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ARCHIV
DER
PHARMAUCIE
Hine Zeitschrift
des
2 allgemeinen deutschen Apotheker -Vereins,
Abtheilung Norddeutschland.
Herausgegeben vom Directorium unter Redaction
von
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L 7. H Ludwig.
Be XIX. Jahrgang.
Im Selbstverlage des Vereins.
In Commission der Buchhandlung des Waisenhauses in Halle a/S.
1869.
Wittstock’sches Vereinsjahr.
ARCHIV
DER
PHARMAUIE
’
Zweite Reihe UÜXXXIX. Band.
Der ganzen Folge CLXXXIX. Band,
Unter Mitwirkung der Herren
C. von Albert, A. de Bary, 0. Faeilides, F. A. Flückiger, R. Göp-
pert, A. Hirschberg, H. Höhn, Th. Husemann, R. Kemper,
H. Köhler, M. F. Löhr, E. Reichardt, Chr. Rump, €. Schacht u.
W. Stromeyer
herausgegeben vom Directorium unter Redaction
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NEW YORK N
BSOTANICAL
Sarpe®:
H. Ludwig
Wittstock’sches Vereinsjahr.
Im Selbstverlage des Vereins.
In Commission der Buchhandlung des Waisenhauses in Halle a/S.
1869.
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PEREPDEIROLSIIITINENFNELIILLIL
A. Originalmittheilungen.
I. Physik, Chemie und Pharmacie.
Ueber die Selbstentzündung poröser stark wasser-
anziehender Substanzen,
von A. Hirschberg in Sondershausen.
J. Persoz hat in einem der Akademie der Wissen-
schaften zu Paris vorgelegten Berichte die Beobachtungen
registrirt, welche bei Gelegenheit einer Selbstentzündung
schwarz gefärbter Seide in einer Pariser Appretur -
Anstalt angestellt worden sind.
Nach diesem: Berichte wird die entfettete Seide bei der
Zurichtung mit 100 bis 200 Gewichtsprocenten fremdartiger
Stoffe belastet und hierdurch das Volumen wie das Gewicht
derselben gleichmässig vergrössert. Zu dieser Verfälschung
werden vorzugsweise Substanzen adstringirender Natur
wie z. B. Catechu, Galläpfel, sodann mehre mineralische
Salze, insbesondere das Nitrosulfat des Eisens (Eisen-
ostbad, bain rouille de fer der Färbereien) verwendet. (Auch
Bleizucker, welcher, da die Näherinnen den Faden vor
&ödem Einfädeln mit den Lippen zu befeuchten gewohnt sind,
@schon Vergiftungszufälle veranlasst hat).
== Die von Persoz untersuchte schwarz gefärbte und zuge-
S richtete Seide enthielt gegen 100 Procent fremde Körper; bis
zu 115°C. erhitzt, verlor dieselbe in 2 Stunden gegen
22 Procent Wasser. Aus dem Erhitzungsapparat an die
freie Luft gebracht ging dieselbe unter Funkensprühen sofort
Arch. d. Pharm. CLXXNXIX. Bds, 1. u. 2. Hft, 1!
2 Ueber die Selbstentzündung porös, stark wasseranzieh. Substanzen.
in Flammen auf. Persoz erklärt dies aus der jähen Anzie-
hung von Wasser aus der mehr oder weniger wasserhalten-
den Atmosphäre, durch dessen Verdichtung dann soviel Wärme
frei wird, dass die Temperatur bis zur Entzündung der im
aufgeschwollenen, schwammigen Zustande befindlichen Seiden-
fasern gesteigert wird; andrerseits werden die organischen
Substanzen, mit denen die Seide belastet worden, durch das
vorhandene Eisensalz oxydirt und beide absorbiren dann um
so rapider und unter bedeutender Temperatur - Erhöhung den
Wasserdampf der Luft.
Eine andere hierher gehörige Erscheinung ist die Selbst-
entzündung türkischroth gefärbter Stoffe und
Garne, als deren Ursache ebenfalls die Absorption vou Ga-
sen, besonders von Sauerstoff und die durch die Oxydation
verursachte Temperaturerhöhung bezeichnet wird. Weiter
sind zu diesen von der Wieck’schen (rewerbezeitung ange-
führten Beispielen, wenn auch in anderer Richtung, noch die
Selbstentzündung des feuchten eng zusammen-
gepressten Heues, das Entbrennen der Futterstoffe über-
haupt (Braunheu), durch welche die Verdaulichkeit und
somit der Nährwerth derselben erhöht wird und die Selbst-
entzündung wollener, mit Delgetränkter Putzlap-
pen zu rechnen.
Speciell hieher gehörig ist, dass, wenn die Kohle zur
Pulverfabrikation so fein gemahlen worden, dass dieselbe
wie Oel fliessend erscheint, solche die Absorption von Luft
und Wasser so rapid bewirkt, dass die Kohle ms Glühen
geräth, wesshalb solche Kohle in eisernen dicht schliessenden
Gefässen aufbewahrt werden muss.
Neuerdings hat in einer amerikanischen Mühle zu Pesth
die Selbstentzündung von Mehl im Siebapparat der
Mühle stattgefunden und ist Schreiber dieses hierbei an
einen gleichen Fall erinnert worden, wo vor Jahren in einer
amerikanischen Mühle in der Nähe seines Wohnortes dem
Mühlknappen bei Oeffnen des Siebapparates bei Licht eine
helle sogleich wieder erlöschende Flamme entgegengeschla-
gen, welche den Flor des Apparates zum Theil zerstörte
Untersuehung d. Wassers d. Ilm u. gewisser Quell- u. Brunnenwässer ete. 3
sich aber nicht weiter verbreitete. Da eine fahrlässige Hand-
habung von Licht vermuthet wurde, so kam der Fall zu
gerichtlicher Kenntniss und sprach Schreiber dieses in dem
von ihm erforderten Gutachten sich dahin aus‘, dass in vor-
liegendem Falle die vermuthete Fahrlässigkeit nicht statt-
gefunden haben dürfte, dass vielmehr durch das wahrschem-
lich zu heisse Gehen der Steine das sehr trockne in den
Siebapparat gelangte staubfeine Mehl die Feuchtigkeit aus der
umgebenden Luft begierig verschluckt habe, wodurch die
Temperatur dermassen gesteigert worden sei, dass eine Selbst-
entzündung des Mehls erfolgte, oder aber dass die explo-
sionsartige Erscheinung davon abgeleitet werden könne, dass
durch das zu heisse Gehen der Steine eine Zersetzung des
Schmiermittels derselben stattgefunden habe und die hieraus
resultirenden Gase mit der Luft ein detonirendes fremisch
gegeben hätten, welches in Berührung mit der Lichtflamme
die erwähnte Erscheinung gezeigt habe. 3
Vergleichende Untersuchung des Wassers der Ilm
und gewisser Quell- und Brunnenwässer der Iim-
gegenden, so wie des eisenhaltigen Mineralwassers
von Berka an der Ilm,
von Prof. Dr. H. Ludwig in Jena.
Die Veranlassung zur Vornahme dieser vergleichenden
Analyse des Ilmwassers von verschiedenen Punkten seines
Laufes war ein im Juni 1863 in der Nähe von Berka an der
Ilm vorgekommenes plötzliches massenhaftes Fische-
sterben in der Ilm. In einem Schreiben vom 9. Juni
1863 vom dortigen Justizamtmann H. heisst es darüber: Seit
24 Stunden sind in der Ilm zwischen Tannroda und Berka
so viel abgestorbene Fische gefunden worden, dass sie von
den Leuten Centnerweise aufgenommen wurden; man ver-
muthet eine Vergiftung des ganzen Wassers. Eine
Untersuchung der eingeschiekten Fische (1 Weissfisch und
1*
4 Untersuchung d. Wassers d. Ilm u. gewisser Quell- u. Brunnenwässer ete.
3 Forellen) ergab weder Arsenik noch andere Metallgifte
(nur eine zweifelhafte Spur von Blei), eben so wenig orga-
nische Gifte, namentlich kein Strychnin, kein Brucin (keine
Krähenaugenüberreste), kein Pikrotoxin (keme Kokkelskör-
nerreste).
Bei meiner Anwesenheit in Berka an der Ilm im Octo-
ber 1863 erfuhr ich, dass die beiden Teiche bei Blan-
kenhain und Schwarza im Juni 1863 zur Wäsche
von circa 3000 bis 4000 Schafen gedient hätten;
dieses Wasser floss bei Tannroda in die Ilm. An einem
Sonntage (den 7. Juni Vormittags 11%, Uhr) hatte man in
Berka das Wasser der Ilm noch klar gesehen; aber Nach-
mittags 5 Uhr floss es plötzlich weissgraugetrübt,
obgleich es durchaus nicht geregnet hatte. Montag den
8. Juni in aller Frühe wurde dann das massenhafte Erschei-
nen der todten Fische beobachtet. .
Nach Maumene und Rogelet enthält ein Vliess von
4 Kilogrammen Schwere 600 Grammen Wollschweiss
(suint., sudorate de potasse), welcher 198 Gramme reines
kohlensaures Kali zu liefern vermag; nach einer anderen
Schätzung reduciren sie diese Menge auf 173 Gramme (W ag-
ner’s chem. Technologie 7. Aufl. 1868. 8. 139.). Obige
4000 Schafe hätten sonach 692,000 Gramme — 692 Kilo-
gramme oder rund 14 Uentner reine Pottasche an das
Wasser abgegeben, ausserdem noch die widerwärtigen ranzi-
gen fetten Säuren des Wollschweisses in Mengen, welche das
Doppelte der Pottasche betragen. Aus diesen plötzlichen
Verunreinigungen des Wassers lässt sich schon jenes massen-
hafte Absterben der Fische erklären.
Um einen Anhaltepunkt für den Nachweis fremder Stoffe
in einem Fiusswasser zu haben, müsste vorher festgestellt
sein, welches die normalen Bestandtheile eines solchen seien;
eine schwierige Aufgabe und nur für jeden Fluss besonders
zu lösen. Ich habe für die Ilm einen Versuch gemacht, die
Zunahme von gelösten Stoffen bei ihrem Laufe von Ilmenau
bis Weimar von Station zu Station zu ermitteln und nachzu-
suchen, welche Stoffe hauptsächlich die Zunahme bedingen,
Untersuchung d. Wassers d. Ilm u. gewisser Quell - u. Brunnenwässer etc. 9
Bei dieser Arbeit sind mir durch Abdampfung der nöthigen
Mengen an Ort und Stelle geschöpften Flusswassers und Ein-
sendung der Trockenrückstände die Herren Apotheker H.
Sänger in Ilmenau, Bischoff in Stadtilm, H. Hinrichs
in Berka behülflich gewesen, wofür ich Denselben auch hier
meinen Dank sage. Bei Untersuchung der Abdampfrückstände
leistete mir Herr Assistent Weinhold wesentlichen Beistand.
I. Ilmwasser bei Ilmenau’ geschöpft (1864).
1000 Gramme desselben enthielten 0,076 Gramme feste
Stoffe gelöst (bei allen Wässern ward klares Wasser zur Un-
tersuchung genommen). Sie bestanden aus kohlensaurem und
schwefelsaurem Kalk, Spuren von Chloriden, stickstoff-
freier organischer Substanz und deutlich nachweisbarer
Phosphorsäure. Salpetersäure nicht nachweisbar.
I. Ilmwasser bei Stadtilm (November 1863)
geschöpft.
1000 Gramme desselben gaben bei 2 Versuchen 0,0689
bis 0,0722, im Mittel 0,0705 Gramme Abdampfrückstand
(abgerundet 0,071 Gramme feste Stoffe). Diese liessen sich
‚trennen in 0,025 Theile stickstoffhaltige organische
Stoffe (Verbrennliches) und in 0,045 Theile anorganische
Substanzen.
Der wässrige Auszug einer Portion ungeglühten Rück-
standes hatte blassgelbe Färbung (ebenso gefärbt war schon
der analoge Auszug des von Ilmenauer Flusswasser stammen-
den Abdampfrückstandes). Als Bestandtheile liessen sich nach-
weisen: Kalk, Talkerde, Schwefelsäure, Kohlensäure und Salz-
säure; dazu noch Spuren von Phosphorsäure und Salpetersäure.
Eine von mir an Ort und Stelle vorgenommene qualita-
tive Untersuchung des Wassers ergab einen Gehalt an dop-
peltkohlens. Kalk und Talkerde mit sehr geringen Men-
gen von Gyps und Spuren von Uhloriden.
III. Ilmwasser oberhalb Berka am 3. October 1863
von mir selbst geschöpft.
1000 Gramme desselben enthielten 0,140 Gramme feste
Btofle gelöst. Diese bestanden aus kohlensaurem Kalk, wenig
6 Untersuchung d. Wassers d. Ilm u. gewisser Quell - u, Brunnenwässer ete.
kohlensaurer Talkerde, kleinen Mengen von schwefel-
saurem Kalk, Spuren von Chloriden,; die gelbgefärbte
organ. Substanz war auch hier zugegen.
IV. Ilmwasser oberhalb Berka im Juni 1864 von
Hr. Apoth. Hinrichs geschöpft und eingedampft.
1000 Gramme desselben enthielten 0,216 Gramme gelöste
feste Stoffe, davon waren 40 Procent verbrennliche und 60 Proc.
unverbrennliche, Der wässrige Auszug des getrockneten (unge-
glühten) Rückstandes hatte bräunlichgelbe Farbe; die organ.
Substanzen gaben geglüht alkalische Dämpfe, waren mithin
stickstoffhaltig.
Als Basen fanden sich Kalk, Talkerde, Natron, als Säu-
ren Schwefelsäure, Salzsäure, aber weder Salpetersäure noch
Phosphorsäure in den in Wasser leichtlöslichen Salzen. Das
in wenig Wasser Unlösliche des Abdampfrückstandes enthielt
kohlens. Kalk, Talkerde, Spuren von Eisenoxyd, schwe-
felsauren Kalk, organische Substanz, thonige Theile.
Ein kleiner Theil des Abdampfrückstandes war von Hrn.
Apoth. Hinrichs theilweise gelöst eingesandt worden. (Das
Spülwasser aus der Abdampfschale). Beim Oeffnen des Ge-
fässes gab sich sowohl am Geruch als gegen Bleiessig - Papier
die Anwesenheit des HS-Gases zu erkennen. Diese Bildung
von Schwetelwasser aus Berkaer Ilmwasser ist insofern inter-
essant als ja im Bad Berka auch natürliche Schwefelquel-
len benutzt werden.
V. Wasser aus der Ilm, oberhalb Weimar (im
Park bei der Brücke) am 3. Octbr. 1863 von mir
selbst geschöpft.
1000 Gramme Wasser enthielten 0,483 Gramme gelöste
feste Stoffe. Darin reichliche Mengen von schwefelsaurem
Kalk, kohlensaurem Kalk, schwefelsaurer und kohlensau-
rer Talkerde, dazu salzsaure Talkerde, organische stick-
stoffhaltige Substanzen und Spuren phosphorsaurer
Salze.
Untersuchung d. Wassers d. Ilm u. gewisser Quell- u. Brunnenwässer ete. 7
"VI 1000 Gramme Ilmwasser enthielten an
gelösten festen Stoffen:
1864 bei Ilmenau 0,076 Gramme
Herbst 1863 bei Stadtilm - 0,074 35%,
Octbr. 1863 bei Berka 0,1404 8%,
Juni 1864 ebendaselbst 2167-8,
Octbr. 1863 oberhalb Weimar im Park 0,483
Die Ilm fliesst bei Ilmenau über Porphyr, zwischen
Ilmenau und Stadtilm über Sandstein und Kalkstein, bei
Berka über Gyps. Dieser bewirkt hauptsächlich die Zunahme
der festen Bestandtheile. Während zwischen Ilmenau und
Stadtilm keine Zunahme der festen Substanzen zu merken
ist, steigt bei Berka der Gehalt an ihnen auf das Doppelte
(im Herbste), bis auf das 3fache (im Sommer) und oberhalb
Weimar bis auf das 6fache.
VI. ZweiQuellwässer ausder Nähe von Stadtilm
ergaben in 1000 Grammen 0,061 Gramme Abdampfrückstand
die eine und 0,102 Gramme feste Stoffe die andere. Das
Mittel beider Bestimmungen 0,081 Promille fester Substanzen
ist nicht weit entfernt von dem Gehalte des Flusswassers bei
Stadtilm. Kohlensaurer Kalk bildet die Hauptmenge der
gelösten Stoffe, Spuren von PO°, zweifelhafte Spuren von
Salpetersäure fanden sich vor, sowie bräunliche stickstoff-
haltige organische Substanz.
Das Wasser aus dem Brunnen im Hofe der
Apotheke des Hr. Bischoffin Stadtilm (am 29. Sept.
1863 von mir qualitativ geprüft) war reich an Kalk, Schwe-
felsäure und Chloriden.
VII. Brunnenwasser aus der SpinnereivonKuhl-
mannin OÖberweimar, im Januar 1867 untersucht.
1000 Gramme desselben hinterliessen 0,625 Gramme
Abdampfrückstand, durch kaltes Wasser theilbar in 0,215
Gramme lösliche und 0,410 Gramme unlösliche Stoffe.
Die leichtiöslichen bestanden aus Talkerde, Natron, Salz-
säure, Schwefelsäure, Spuren von Salpetersäure und aus
organischer Substanz. Die in Wasser unlösl. gewordenen
8 Untersuchung d. Wassers d. Ilm u. gewisser Quell- u. Bruunenwässer ete.
bestanden aus Kalk, Talkerde, Kohlensäure, Kieselerde, Schwe-
felsäure und stickstofffreier organ. Substanz. Phosphorsäure
war nicht nachzuweisen. (Diese Analyse wurde von H. A.
Berg aus Weimar unter meiner Leitung ausgeführt). Ver-
anlassung zur Ausführung dieser Analyse gab die Anwesen-
heit des Herrn Prof. von Pettenkofer aus München in
Weimar, gegen welchen sich Herr Fabrikant Kuhlmann
aussprach, dass das betreffende Wasser seiner Fabrik eins
der reinsten Wässer Weimars sei.
Vergleicht man freilich diese 0,625 Promille gelöster
Stoffe mit dem Gehalte der Wässer Jenas, so stellen sich
letztere bedeutend reiner dar:
1000 Th. Wasser des Leutrabachs in Jena enthalten
0,259 Th. Abdampfrückstand (nach Wackenroder).
1000 Th. Saalwasser (nach Demselben) 0,183 Th. feste
Stoffe, während das Ilmwasser (nach obiger Ermittelung)
deren 0,483 Th. enthält.
IX. Brunnenwasser aus der Hofbuchdruckerei
des Herrn Hermann Böhlau in Weimar
(August 1868 untersucht).
1000 Gramme desselben hinterliessen 1,543 Gramme Ab-
dampfrückstand, mit 0,883 Th. löslichen und 0,660 Theilen in
Wasser unlöslich gewordenen Verbindungen. Die leichtlös-
lichen Salze enthielten viel Natron, namentlich Chlornatrium,
auch etwas Kali, nicht unbeträchtliche Mengen von salpeter-
sauren Salzen und stickstoffreiche organische Substanz.
Die schwerlöslichen und unlöslichen Salze enthielten Gyps,
kohlens. Kalk, wenig kohlens. Talkerde und geringe Mengen
von phosphorsaurem Eisenoxyd. 1000 Th. dieses Wassers
enthielten 0,363 Th. kohlens. Kalk und 0,297 Th. Gyps =
Ca0,S03 + 2HO. Um solches Wasser für dessen Benutzung
im Dampfkessel vom Kalk zu befreien, sind 1'/, bis 2 Pfund
krystallisirte Soda für jede 10 Öentner Wasser nöthig. (Diese
Analyse wurde von meinem Assistenten H. Höhn aus-
geführt).
Untersuchung d. Wassers d. Ilm u. gewisser Quell- u. Brunnenwässer ete. 9
X. Anhangsweise einige Bemerkungen über den Salz-
gehalt des Brunnens im Hofe des pharmaceuti-
schen Instituts.
Im Jahre 1861 wurden aus 1 Liter Wasser desselben
2,420 Gramme Salze erhalten (Stud. Engelhardt aus Ju-
denbach). Im Jahre 1864 (24. Novbr.) ergab 1 Liter dessel-
ben nur 1,800 Gramme Salze (Stud. R. Nobak); im Jahre
1868 nur 1,492 Gramme (Stud. Solbrig). Am 1. April
1869 erhielt ich wieder 1,700 Gramme Salze aus 1000 Grammen
Wasser. Offenbar hat hier mit der Zeit eine Auslaugung des
Bodens stattgefunden; die letzte Steigerung erklärt sich unge-
zwungen aus einer Kuheperiode während der Osterferien,
wo das Wasser sich mehr sättigen konnte. Einige der her-
vortretenden Bestandtheille wurden 1864 von Hr. Nobak
ermittelt. Er fand in 1000 Grammen dieses Brunnenwassers:
Schwefelsauren Kalk (Ca0,SO3) 0,566 Gramme
Kohlensauren Kalk (Ca0,002) VGOTRRAN
Kohlensaure Talkerde (Mg0,C002) 0.082255
Chlornatrium (NaCl) 01432,
Salpetersaures Natron (NaO,NO°) 0,071 R
1,140 Gramme.
Nicht ermittelte Bestandtheile (darun-
ter auch organische Substan-
zen), chem. gebundenes Wasser
(obige Gypsmenge bedarf 0,150 Grm.
Krystallwasser) 0,660 55
Summa 1,800 Gramme.
XI. Wasser des Seebachbrunnens beiBerkaan d. Ilm.
Eine Probe, am 2. Oct. 1863 geschöpft, ergab sich bei
der qualitativen Analyse ungemein reich an G yps (schwefelsau-
rem Kalk), ausserdem enthielt es etwas Bittersalz, etwas
doppeltkohlens. Kalk und doppelt kohlensaure alkanie und
Spuren von salzsauren Nalzen.
XI. Wasser des Stahlbrunnens bei Berka an
der Ilm.
Am 2. Octbr. 1863 habe ich in Gesellschaft des Herrn
Badearztes und Physikers Dr. Ebert eine Probe dieses Was-
10 Untersuchung d. Wassers d. Ilm u. gewisser Quell - u. Brunnenwässer etc.
sers selbst geschöpft und die Anwesenheit des Eisenoxydul-
carbonats in demselben qualitativ sicher nachgewiesen.
Eine von mir unternommene quantitative Analyse, wobei
mich Hr. Apoth. Hinrichs durch Einsendung des Wassers, die
Hrn. Assistent L. Stahl und Stud. Zöllner bei der Analyse
selbst unterstützten, ergab folgende Mengenverhältnisse der
Bestandtheile. Die näheren Angaben über Bestimmung der
einzelnen Bestandtheile muss ich hier aus Mangel am Raum
übergehen. Die Bestimmung der freien Kohlensäure ist nicht
ausgeführt worden, sondern nur die der an Erdalkalien gebun-
den gewesenen und daraus die für Bildung der Bicarbonate
nöthige Menge berechnet worden.
1000 Gramme Berkaer Eisenwasser enthalten:
Doppeltkohlensaures Eisenoxydul(FeO,020*) 0,0043 Grm.
Doppeltkohlensauren Kalk (Ca0,0?0%) 0,0285,
Doppeltkohlensaure Talkerde (MgO,0?04) 0,4238 „
Schwefelsauren Kalk (Ca0,50? + 2HO) 2,7196,5%
Chlornatrium (NaCl) 0:0569 75,
Organische Substanz löslich in Weingeist 0,0532:
Summe 3,2859 Grm.
1 Pfund = 16 Unzen —= 7680 Gran Wasser lieferten
23,637 Gran direct bestimmten Abdampfrückstand.
Carl August Hoffmann hatte 1815 nur 21 Gran
Abdampfrückstand aus 1 Pfunde Berkaer Eisenwassers erhal-
ten; Dr. Rich. Mirus 1847 nur 19 Gran.
Eine Bestimmung des Eisengehaltes durch den Letzteren _
ergab damals eine etwas höhere Zahl als unsere Ermittelung:
nach ihm enthielt damals das Berkaer Eisenwasser 0,0037
Gran Eisenoxydul, entsprechend 0,0082 Gran doppeltkoh-
lensauren Eisenoxyduls in 1000 Grammen.
Als allgemeines Resultat der vorliegenden Analysen von
Fluss-, Quell-, Brunnen- und Mineral - Wässer der Ilmge-
genden ergiebt sich, dass namentlich von Berka bis Weimar
die Wässer reich an Gyps sind. Da auch die organischen
Ueber den Polyhalit im Steinsalze zu Stassfurt, RE
Stoffe darin nicht fehlen, so ist bei Stagnation und
Wärme eine Fäulniss, wobei Schwefelwasserstoflgas auftritt,
die nothwendige Folge.
Jena, den 2. April 1869.
Ueber den Pelyhalit im Steinsalze zu Stassfurt
von Professor E. Reichardt in Jena. *)
Der Polyhalit im Stemsalze zu Stassfurt wurde von mir
zuerst in denjenigen Salzschichten nachgewiesen, welche zwi-
schen dem eigentlichen massiven und sehr reinen Steinsalze
und den Kalisalzen — bunten, bitteren Salzen — liegen und
so den Uebergang vermitteln. Bischof hat diese Abtheilung
als Polyhalitregion bezeichnet. Hier findet sich dieses Mine-
ral in verhältnissmässig nicht starken Schnüren zwischen dem
Steinsalze, dasselbe in ziemlich regelmässiger Richtung durch-
setzend. Sowohl Bischof’s wie meine Analysen haben die
Zusammensetzung des Polyhalites erwiesen.
In neuester Zeit hatte Herr Bergmeister Schöne, Di-
rector des Anhaltinischen Salzwerkes Stassfurt, die Güte, mir
ein Vorkommen zu übersenden, welches in stärkeren Stücken
sporadisch als Einmengung auftritt. Man fand es in dersel-
ben Region, wo der Kainit, den Carnallit zurückdrängend,
sich ausbreitet, sowohl im Kainit, wie im Carnallit. Nach
den in Stassfurt unternommenen Untersuchungen war man
schon veranlasst, Polyhalit zu vermuthen. Beide Stücke,
welche ich erhielt, hatten eine dichte, weisse, körnige Be-
schaffenheit, zeigten hier und da kleine Partien Carnallit und
wurden getrennt der Untersuchung unterworfen, welche mein
Assistent, Herr Dreykorn, ausführte:
Spec. Gew. bei 20°C. — 2,69; Bischof fand bei den
Polyhalitschnüren 2,72, Naumann giebt für Polyhalit über-
haupt 2,7 bis 2,8 an.
Die chemische Untersuchung ergab in 100 Theilen der
Substanz:
*) Vom Hr. Verfasser als Separatabdruck erhalten, Die Red.
12 Ueber den Polyhalit im Steinsalze zu Stassfurt.
Ik II:
Wasser, bei 110°C. entweichend 0,29 0,77
Glühverlust 8,10 6,38
Kali | 7,33. 1098
Natron 3,69 3,14
Kalk 18,92 17,38
Talkerde LS 7,42
Schwefelsäure - 52,53 52,15
Chlor 0,61 1,18
Kieselsäure — 0,12
99,03 99,27.
Bei dem Austrocknen der Substanz bei 110°C. trat
schon saure Reaction hervor, welche sich bei weiterem Glü-
hen verstärkte und so das bekannte Verhalten von MgÜl
erwies. Der Glühverlust muss daher einen Ueberschuss
ergeben, sobald derselbe als Wasser in Rechnung gestellt
wird.
Auf Salze berechnet ergiebt diess, unter Bindung des
U an Mg:
I IM.
Schwefelsaures Kalı 13,53 19,84
h Natron 8,45 7,35
Schwefelsauren Kalk 45,95 42,49
Schwefelsaure Talkerde 21,81 20,27
Chlormagnium 079 1,58
Kieselsäure — 0,12
Wasser, bei 110° C. entweichend 0,29 0,77
Glühverlust - 8,10 6,38
98,92 98,80.
Gefunden wurden bei I. 52,53 Proc. SO3, die Berech-
nung der Salze erfordert 52,54; bei II. gefunden 52,15,
berechnet = 51,74.
Die Formel des Polyhalites KO,S0° + Mg0,50° +
2(Ca0,SO3) -— 2HO verlangt:
Ueber den Polyhalit im Steinsalze zu Stassfurt. 13
K0,S03 28,87
Mg0,SO3 20,01
Ca0,S0? 45,16
HO 5,96.
Berechnet man das oben angegebene Na0,SO? auf KO,SO®
und addirt das Resultat dem andern zu, so ergiebt Il. in
Summe 26,48, II. 28,84 Proc. KO,SO?®, letztere Zahl stimmt
mit derjenigen der berechneten procentischen Zusammen-
setzung nahezu überein.
Die Formel des Polyhalites wurde von H. Rose fest-
gestellt, Analysen von demselben ergaben:
Rose. Reichardt. Bischof. berechn.
nn nn mn
TS EA TI, AN N NAT.
Ca0,S03 42,29 45,62 41,72 43,44 42,64 45,95 42,49 45,16
Mg0,803 18,27 18,97 17,80 20,56 19,76 21,81 20,27 20,01
KO,SO3 27,09 28,39 25,91 26,22 27,90 13,53 19,84 28,87
N40.503° 2,60, 10,61..0 _ u 845 7,35 —
NaCl 15.38... 0.31.2041 1 =, 2349, —
MgO! —_ —_ — 058 — 0,79 1,58 —
So? VO =
HO 6,10 -6,02. 4,90. 7,47 5,75 8,10 6,38. 5,96
98,00 100,24 92,74 98,27 99,5 498,63 98,03 100,00
l. Breitstängeliger Polyhalit angeblich von Hallein;
II. ziegelrother, dünn und grobschaliger von Aussee;
III. grauer Polyhalit von Vic in Lothringen; IV. und V. Po-
Iyhalit von Stassfurt aus der sogenannten Polyhalitregion;
VI. und VII. die beiden neuen Untersuchungen (I. und II.)
von oben.
Die oben schon gegebenen" Zahlen bei Annahme der
Substitution von Natron und Kali, verglichen mit der neuge-
botenen Zusammenstellung ergeben unzweifelhaft Polyhalit, in
welchem ein nicht unwesentlicher Theil des Kali’s durch Na-
tron vertreten ist, sonst stimmen alle Resultate mit denjeni-
gen der Analysen anderer Chemiker überein.
Die Division mit den Aequivalentenzahlen bei dem neuen
Vorkommen ergiebt:
14 Ueber den angebliehen Dextringehalt der essbaren Kastanien.
K0,503 Na0,S03 Mg0,50° Ca0,S03 HO
T. 158: a IT IT a
IE 225 Er Fe RN
Einfache äquivalente Beziehungen zwischen KO,SO® und
Na0,S0® ergeben sich daraus nicht, dagegen stimmen die
Zahlen von (KO,SO3 + Na0,S0® + Mg0,SO°) : Ca0,SO? ziem-
lich überein bei I. wie 5,35 : 5,7,
a U
K0,S0° + Na0,SO3 verhält sich zu MgO0,SO°®, wie
E 2 arg 0
NE 3 3a 2 3,30
Es sind Schwankungen, wie sie von H. Rose sogleich
bei den ersten Untersuchungen der Polyhalite und der Be-
gründung der Formel erhalten wurden und welche immer auf
die mehrfache Vertretung hinzeigen. In dem vorliegenden
Falle erstreckt sich diese besonders auf die Alkalien.
Unaufgeklärt ist jedoch das mit Ausnahme der Analysen
von II. und V. überall gleichmässig auftretende Resultat,
dass die Summe der Bestandtheile um 1— 2 Procente Ver-
luste ergiebt. IV. ist von mir selbst untersucht worden,
VI. und VII. von Dreykorn; derselbe hat mehrfache Con-
trole - Versuche eingelegt, so dass die Genauigkeit der Unter-
suchung eine nur wünschenswerthe ist.
Ueber den angeblichen Dextringehalt der essbaren
Kastanien,
von H. Ludwig.
In der Fortsetzung des Handbuchs der organischen Che-
mie von L. Gmelin, 4. Bd., 1. Abth. 8. 631 (bearb. v. Dr.
Karl Kraut) findet sich in Betreff des Vorkommens des
Dextrins die Angabe: „in den echten Kastanien zu 22,8 bis
23,3 Proc,“ nach Albini (Wiener Acad. Ber. 13, 502.). Nach
diesen Berichten vom Jahre 1854 enthalten die entschäl-
Ueber den angeblichen Dextringehalt der essbaren Kastanien. 15
ten getrockneten Kastanien von verschiedenen Lokalitäten
Italiens $
Cellulose 6,5 — 8,4 Proc.
Proteinartige Substanzen Bar IE,
Lösliches Pflanzeneiweiss 0,9 — 2,1,
Amylum 232 — 380 „
Zucker 17,
Dextrin 22,8 — 38,0 ,„
Fett era
Asche 307 zu38, 5
Die italienische Abhandlung Albinis: „LRicerche chimiche
sul frutto del Castagno“ giebt über die Bestimmung des
Dextrins nur an: „Per avere la destrina, estrassi i grassi
dalle castagne con etere anidro e con alcool assoluto lo zue-
caro; ıl restante ripetutamente con aqua in cui si scioglieva
soltanto la destrina, poiche ]’albumina era divenuta
insolubile. L’estratto acquoso evaporato e disseccato a 100°C.
veniva pesuto.
Bianche Oastagne di Como 23,3 Proc. d. Destrina.
Uastagne veronesi 22.8
Nach Dessaignes findet sich im den essbaren Kasta-
nien kein Quercit, aber etwas Asparagin. (Journ. pharm. 3.
XXV., 25. Liebig-Kopp’s Jahresb. f. 1854. 8. 666.).
Versuche, welche ich gemeinschaftlich mit Herrn Stud.
Aug. Burgemeister aus Creuzburg, Mitglied meines chem.
pharm. Institutes, angestellt habe, um diesen auffällig hohen
Gehalt an Dextrin zu controliren, ergaben das Resultat, dass
in den hier in Jena im Handel zu erlangenden essbaren Ka-
stanien kein Dextrin vorhanden ist.
Am 23. Februar d. J. wurde von mir eine ungeröstete
essbare Kastanie von ihrer braunen Schale befreit, zerschnit-
ten, zerrieben, mit kaltem Wasser angerührt und die durch
suspendirtes Stärkmehl und Zellgewebe milchige Flüssigkeit
auf ein Filter gegeben. Der im Mörser hinterbleibende Ge-
websbrei gab mit Jodwasser intensive Bläuung. Das abge-
schlämmte Stärkmehl zeigte bei 300facher Linearvergrösse-
16 Ueber den angeblichen Dextringehalt der essbaren Kastanien.
„rung theils runde, theils elliptische, theils muschelförmige
Stärkekörnchen mit sehr kleiner Centralhöhle. Die Körnchen
waren kleiner als diejenigen der Kartoffelstärke.
Das klare wässrige Filtrat war fast wasserhell und
nicht merklich gefärbt, röthete nur sehr schwach. das blaue
Lackmuspapier und schmeckte süsslich. Eine Probe des-
selben wurde auf Zusatz von hellbraunem Jodwasser dunkler-
braun, dann hellviolett.
Eisenchlorid färbte eine Probe des wässrigen Auszugs
hellblau ins Grünliche, eine Portion des auf dem Filter
gebliebenen Breies rein blau (eisenbläuender Gerbstoff, vielleicht
Gallussäure).
Beim Kochen blieb der Saft klar (also kein Albumin).
Mit Trommers Probe keine Reduction des Kupfer-
oxyds zu Oxydul. Mit verdünnter Schwefelsäure gekocht,
dann der Trommer’schen Probe unterworfen, starke Re-
duction des Cu?0? zu Gu?O.
Eine Probe des kaltbereiteten wässrigen Auszugs mit
der 10fachen Menge absoluten Alkohols versetzt, gab nur
geringe Trübung und nach 24stündigem Stehen einige
Flöckchen, welche gesammelt keine Reduction des Cu?O? bei
der Trommer’schen Probe zeigten.
Hr. A. Burgemeister wiederholte die Untersuchung mit
15 essbaren Kastanien im Anfang März d.J. Von den geschälten
rohen Kastanien wurden 110 Gramme mit kaltem destill. Wasser
fein zerrieben, der Auszug durch Leinwand colirt, der Rückstand
nochmals mit Wasser zerrieben, abermals colirt, die Colaturen
vereinigt, durch Filtration daraus das Stärkemehl abgeschie-
den, abgewaschen und getrocknet. Es betrug 25 Gramme =
22,72 Procent. Das Filtrat wurde im Wasserbade concen-
trirt, filtrirt und mit dem mehrfachen Volumen starken Wein-
geists versetzt. Der entstandene Niederschlag wurde auf
einem Filter gesammelt, nach dem Auswaschen mit Weingeist
in Wasser gelöst, mit Thierkohle entfärbt und zur Trockne
verdampft. Es hinterblieben 0,20 Gramme gelblich - weisser,
mit dunklen Flocken vermischter Substanz, die sich mit Zu-
rücklassung der Flocken in Weingeist löste. Die Flocken
Ueber Dittmann’s Restorative Powder u. über ein Pulver ähnl. Art. 17
waren in Wasser löslich, gaben aber mit Kupfervitriol nebst
Natronlauge keine Reduction von Kupferoxydul. Die Ge-
sammtmenge der durch Weingeist gefällten Substanz betrug
also nur 0,18 Procent und verhielt sich nicht wie Dextrin.
Jedenfails beruht also die Angabe Albinis auf einem Irr-
thume.
Dr. A. Busse, in seiner Abhandlung über das Vor-
kommen des Dextrins in den Pflanzen (Arch. d. Pharm. 1866.
2 R. 127. Bd. S. 236) fand in den Galläpfeln ebenfalls kein
Dextrin, so wie überhaupt kein Gummi. Der durch starken
Weingeist fällbare Körper schien gerbsäureartiger Natur zu
sein. Er gab mit Jodlösung eine vorübergehend schön
violettrothe Färbung.
Eine ähnliche Färbung bemerkte ich (wie oben angegeben)
bei dem kaltbereiteten wässrigen Auszug der essbaren Ka-
stanien. Wir wissen aber, dass Kleister durch Gerbsäure
gefällt wird. Es wäre also anzunehmen, dass hier eine Auf-
lösung von Spuren von Amylum neben Gerbsäure vorhanden
gewesen sei, welche durch Jodwasser jene vorübergehende
violettrothe Färbung bedingte.
Jena, den 16. März 1869.
Kleinere Mittheilungen von Dr. ©. Schacht, Apotheker
in Berlin.
I. Ueber Dittmann’s Restorative Powder und über
ein Pulver ähnlicher Art.
Vor kurzer Zeit hatte ich Gelegenheit ein dem Ministe-
rium des Cultus etc. eingesandtes Lohpräparat in Pulverform
zu untersuchen. Dasselbe verlor bei 100°C. getrocknet
10,050, Wasser, gab 1,82°/, Asche und enthielt neben viel
Pectin 12,5%, Gerbsäure. Letztere wurde nach der von
Wagner angegebenen Methode bestimmt, welche nach ©. ©.
Cech und Ph. Büchner die beste aller bis jetzt angege-
Arch. d, Pharm. CLXXXIX. Bds. 1. u. 2, Hit, 2
18 Ueber Dittmann’s Restorative Powder u. über ein Pulver ähnl. Art.
benen Methoden der Gerbstoffbestimmung ist. Nach der
Wagner’schen Methode wird eine Gerbstofflösung mit einer
titrirten Lösung von neutralem schwefelsauren Cin-
chonin, welche im Liter 4,523 Gramme dieses Salzes ent-
hält und mit circa 0,1 Gramm essigsaurem Rosanilin
gefärbt ist, so lange versetzt, bis die über dem Niederschlage
befindliche Flüssigkeit schwach röthlich gefärbt ist.
Das zur Auflösung bestimmte neutrale schwefelsaure
Oinchonin wurde nach der von OÖ. Hesse angegebenen Me-
thode auf seine Reinheit geprüft. Eine neutrale Cinchonin-
salzlösung darf mit verdünnter Seignettesalzlösung und auch
mit Jodkalium keine Fällung geben. Das in dem Standge-
fässe meiner Apotheke befindliche schwefelsaure Cinchonin
erwies sich bei näherer Prüfung als ein chininhaltiges
Präparat. Eine andere von J. V. Kiedel entnommene Probe
gab mit Seignettesalzlösung nur eine sehr geringe Fällung
und erwies sich nach einmaligem Umkrystallisiren als voll-
ständig rein. —
Zur Bestimmung der Gerbsäure in dem oben erwähnten
Pulver wurden 10 Gramme mit circa !/, Liter destill. Was-
ser einmal aufgekocht, die durch den Pectingehalt für die
Filtration, auch selbst durch Gaze, ungeeignete Flüssigkeit im
Wasserbade bis zur Hälfte eingedampft, nach dem Erkalten
mit dem gleichen Volumen Weingeists von 0,83 spec. Gewicht
gemischt, filtrirt und durch Erwärmen auf dem Wasserbade
wieder vom Weingeist befreit. Die restirende wässrige Lösung
wurde mit Wasser verdünnt, in !/, Literflasche filtrirt und
diese bis zur Marke aufgefüllt. 50 CC. dieser so erhaltenen
Lösung entsprechen 1 Grm. des zu prüfenden Pulvers. Giesst
man nun in 3—4 kleine, gleich grosse Cylinder je 50 CC.
der Lösung und fügt den ersten 50 CC. der Lösung 10 CC.
der Cinchoninlösung hinzu, den zweiten 50 CC. d. Lösung
15 0C. der Cinchoninlösung, den dritten 50 CC. der Lösung
20 CC. der Cinchoninlösung ete., so werden sich in sämmtli-
chen Cylindern nach !/, —1 Stunde die Niederschläge gut
abgeschieden haben, so dass man die Färbungen der überstehen-
den Flüssigkeiten mit einander vergleichen kann. Hat man so
Ueber d. Bestimm. d. Albumins im Harn vermitt. d. Mehu’schen Lösung. 19
die Reactionsgrenzen festgestellt, so genügt gewöhnlich ein
weiterer Versuch, um die Bestimmung der Gerbsäure zu
Ende zu führen.
Das Dittmann’sche Restorative Powder, wel-
ches übrigens bei weitem nicht so sauber hergestellt wird,
als das andere oben erwähnte Pulver, gab bei 100°0. getrock-
net 11,19%, Wasser, hinterliess 5,6%, Asche und ergab
31°/, Gerbsäure.
II. Ueber die Bestimmung des Albumins im Harn
vermittelst der Mehu’schen Lösung.
Die von Mehu zur Fällung des Albumins angegebene
Lösung ist eine mit Essigsäure versetzte Auflösung von Car-
bolsäure in Alkohol. Dieselbe besteht aus
1 Th. krystallisirter Carbolsäure,
1 Th. Eisessig,
2 Th. Weingeist von 86°.
Zu 100 CC. Harn werden 10 CC. dieser Lösung gesetzt
und das ausgeschiedene Albumin wird auf ein bei 100° 0.
getrocknetes Filter gebracht und gewogen.
Bei Harnen mit geringem Eiweissgehalt erhält man
keine sofortige Fällung,; sondern muss das Gemisch 12 Stun-
den sich selbst überlassen, nach welcher Zeit sich der Nie-
derschlag abgesondert hat.
Ich habe vor kurzer Zeit Gelegenheit gehabt, einen dia-
betischen Harn, welcher auch geringe Mengen Albumin ent-
hielt, zu untersuchen und versäumte nicht, bei der quantitati-
ven Bestimmung des Albumins einen Vergleich zwischen der
gewöhnlichen Bestimmung (siehe Harnanalyse von Neubauer
und Vogel) und der von Me&ehu angegebenen anzustellen.
Arbeitet man genau nach der von Neubauer und Vogel
angegebenen Methode, so erhält man in kurzer Zeit gute
Resultate. Die Filtration und das Auswaschen gehen glatt von
Statten und beide können der vorgenommenen vollständigen
DE:
20 - Notizen über Amylalkohol.
Abscheidung des Eiweisses unmittelbar folgen, auch wenn
nur geringe Mengen von Eiweiss in dem Harn enthalten
sind. Will man dagegen vermittelst der Mehu’schen Lö-
sung das Albumin quantitativ bestimmen und zwar in Harnen
mit geringem Eiweissgehalt, so erfolgt die Abscheidung des
letzteren nicht augenblicklich oder wenigstens nicht nach kur-
zer Zeit.
100 CC. des oben erwähnten Harns gaben nach der alten
Bestimmungsmethode 0,021 Eiweiss bei 100°C. und nach der
Methode von M&hu 0,025 Grm.
Bis jetzt habe ich mich nicht von der Vortrefflichkeit der
Mehu’schen Methode überzeugen können, besonders wenn
die quantitative Bestimmung des Albumins in Harnen von
geringem Albumingehalt stattfinden soll.
Notizen über Amylalkohol
von Dr. R. Kemper, Apotheker in Bissendorf.
a) Zur Darstellung von Amylalkohol.
Vor längeren Jahren schon diente mir Kornfuselöl*) zur
Gewinnung von Amylalkohol; der Siedepunkt wurde damals
nicht ganz genau ermittelt, doch stellte ich aus dem für rein
gehaltenen Antheile amylschwefelsauren Baryt dar und unter-
suchte die zuerst und die zuletzt anschiessenden Krystalle.
Die Formel Ba0,C1°H110,5206 + 2HO verlangt 27,02%, Ba-
ryum; gefunden wurden:
Erste Krystallisation 26,99, Baryum.
Letzte Krystallisation _27,01°/, Baryum.
Aethylalkohol war in dem rohen Fuselöle in ziemlicher
Menge zugegen, doch wurden Propyl- und Butylalkohol nicht
erkannt, wenigstens zeigte sich bei den betreffenden Graden
der Siedepunkt nicht constant.
*) Rohes Kornfuselöl wird in der Brennerei des Herrn Carl Gos-
ling in Osnabrück zu 5 Sgr. pr. Pfund abgegeben.
Notizen über Amylalkohol. nl
Bei späteren Darstellungen kochte ich das Fuselöl (ohne
mich von der Anwesenheit von Aetherarten überzeugt zu
haben) vor der Rectification mit überschüssigem Kalihydrat
und machte die Beobachtung, dass Schütteln mit Kochsalz-
lösung sowohl beim rohen Fuselöle, als auch bei den über
100° überdestillirten Antheilen wenig Nutzen schafft, während
es bei dem Destillate unter 100° bedeutende Wirkung aus-
übt. Zur Erzielung der grössten Ausbeute (1; —!/, des
rohen Fuselöls) bringe ich die durch kohlensaures Kali
entwässerte über 100° siedende Flüssigkeit in einen geräu-
migen Kolben und erhitze mit einer einfachen Weingeistlampe
derart, dass in 12 Stunden etwa 200 Grm. überdestilliren.
Ist man durch öftere Destillationen dahin gelangt, dass die
Hauptmenge erst bei 130° übergeht, so wird die Weingeist-
flamme zweckmässig so regulirt, dass in 12 Stunden nur
etwa 50 Gramme abdestilliren.
Auf diese Weise erhielt ich Amylalkohol, welcher (corri-
girt) einen Siedepunkt von 131 — 132° und ein spec. Gew.
von 0,8131 bei 17° Cels. besass. Dieser Amylalkohol wurde
zu den folgenden Versuchen verwendet.
b) Einwirkung von Chlorkalk auf Amylalkohol.
Schacht *) erwähnt in seiner Arbeit über Chloroform,
dass er durch Destillation von 120 Th. Chlorkalk, 200 Th.
Wasser und 30 Th. Amylalkohol von 132° Siedepunkt ein
Product erhalten habe, welches nach dem Entwässern zum
grössten Theile zwischen 121 und 123° übergegangen sei.
Eine zweite Destillation habe ergeben, dass reiner Amylalko-
hol vorläge.
Es steht diese Angabe in Widerspruch mit der von
Schlagdenhauffen,**) welcher durch Einwirkung von
Chlorkalk auf Kartoffelfuselöl Chloroform, und von Ger-
hard, ***) welcher bei Anwendung von 1500 Grammen
*) Archiv d. Pharm. Octbr.- Novbrhft. 1868. 52.
**) Chem. Centralbl, 1857. 146.
**%*) Ann. Chem, u. Pharm. 122. 363.
22 Notizen über Amylalkohol.
Chlorkalk, 2500 Grammen Wasser und 120 Grammen Amylal-
kohol von 132° Siedepunkt ein Destillat erhielt, welches
neben unverändertem Amylalkohol ein Product von der Zu-
sammensetzung des Butylchlorür, sowie Chloroform
und einen mit Schwefelsäure sich bräunenden
Körper enthielt. Auch eigene frühere Versuche hatten mir
dargethan, dass chlorhaltige Producte entstehen; ich
erzielte damals durch Destillation von 7!/, Pfund Chlorkalk,
2 Pfund Wasser und 150 Grammen Amylalkohol (also auf
1 Th. Amylalkohol 25 Th. Chlorkalk) ein Product, welches
schwerer als Wasser war, keinen constanten Siedepunkt
zeigte und welches sich, als das Quecksilber über 130°
gestiegen war, unter Entwicklung saurer Dämpfe zersetzte.
Es schien mir nun, Schacht’s Angabe gegenüber
wünschenswerth, nochmals den Nachweis zu liefern, dass im
angegebenen Falle chlorhaltige Producte entstehen; einige mit
kleineren Mengen angestellte Versuche hatten gezeigt, dass
wenn bei den von mir beobachteten Gewichtsverhältnissen
die Destillation sofort nach der Mischung vorgenommen
wurde, oder auch wenn man den Wasserzusatz vermehrte,
bei der ersten Destillation eine auf Wasser schwimmende
Flüssigkeit erzielt wurde.
I. 7), Pfund 23 procentiger Chlorkalk wurden mit 6'/, Pfd.
Wasser und 150 Gramme Amylalkohol innig gemischt und
nach 36 stündigem Stehen destillirt. Die auf Wasser schwim-
mende Schicht betrug 40 Gramme; durch Sättigen des wäss-
rigen Destillats mit Kochsalz wurde eine ähnliche Schicht
abgeschieden, deren Gewicht nach abermaliger Destillation
30 Gramme betrug. Beide Flüssigkeiten wurden gesondert
mit kohlens. kalihaltigem Wasser und Quecksilber geschüttelt
und dann entwässert. Bei der ersten begann das Sieden bei
60°, 4, ging unter 100%,/, von da bis 131° und das letzte
Drittel zwischen 131 und 135° über. Wenngleich auch die-
ser letzte Antheil Chlorgehalt zeigte, so dürfte 'derselbe doch
wohl der grössten Menge nach unveränderter Amylalkohol
sein; das Product vom niedrigsten Siedepunkte zeigte sich,
wie bei Gerhard, schwerer als Wasser. — Die durch
Notizen über Amylalkohol. 23
Abscheiden mit Kochsalz erhaltene Flüssigkeit begann eben-
falls bei 60° zu sieden, bis 120° war die Hälfte übergegan-
gen, während der Rest von da bis 122° destillirte; dieses
letztere Destillat zeigte ein spec. Gew. von 0,825.
H. 7!/, Pfund 23%, Chlorkalk wurden mit 2 Pfund
Wasser und 150 Gramme Amylalkohol nach 40 stündigem
Stehen destillirt; es resultirten 55 Gramme einer am Grunde
des mit übergegangenen Wassers befindlichen Schicht, deren
spec. Gew. 1,0195 bis 17°C. war. Nach gehörigem Waschen
wurde zunächst der Chlorgehalt constatirt, dann durch koh-
lensaures Kali entwässert und rectifieirt. Das Sieden begann
ebenfalls bei 60°, das Quecksilber stieg stetig bis 100°, bis
wo etwa 20 Gramme einer nicht sauer reagirenden Flüssig-
keit von 1,100 spec. Gew. übergegangen waren. Es destil-
lirte nun kaum noch etwas über und, als die "Temperatur
erhöht wurde, trat sofort ein saures Destillat auf, welches
mit Silbersalz Fällung gab. Die Operation wurde nun unter-
brochen und der Rest in der Retorte nach Hinzufügen von
Wasser überdestillirt, wobei keine Zersetzung eintrat; dieser
Theil, welcher beim Erhitzen für sich Zersetzung erlitt, war
nun leichter als Wasser. — Durch Sättigen der bei der ersten
Einwirkung erhaltenen wässrigen Flüssigkeit mit Kochsalz
wurden etwa 10 Gramme einer öligen (auf Wasser schwim-
menden) Schicht erhalten, deren erste Tropfen sich bei der
Rectification schwerer .als Wasser zeigten.
Sämmtliche durch Fractioniren aus beiden Versuchen
erhaltenen Flüssigkeiten bräunten sich beim Schütteln mit
Schwefelsäure und waren chlorhaltig., Chlor wurde, nach
dem Uebersättigen mit Salpetersäure, durch Silbersalz nach-
gewiesen, wenn einige Tropfen des Destillats mit Weingeist,
Wasser und reiner Kalkmilch längere Zeit in der Weise
gekocht wurden, dass die condensirten Dämpfe zurückfliessen
mussten. Im Blasenrückstande des zweiten Versuchs zeigte
sich noch überschüssiger Chlorkalk.
Da nun offenbar ein Gemenge verschiedener Verbindun-
gen vorlag, deren Erforschung kein erhebliches Interesse zu
bieten scheint, so begnüge ich mich, die Angabe zu bestäti-
24 Ueber einige Bestandtheile der Hirschtrüffel,
gen, dass bei Einwirkung von Chlorkalk auf Amylalkohol
chlorhaltige Producte gebildet werden. Die entstehen-
den Producte sind nicht unlöslich in Wasser, auch auflöslich
in Amylalkohol. Die Einwirkung ist am energischsten, wenn
beide Stoffe mit wenig Wasser gemengt vor dem Erwärmen
einige Zeit stehen gelassen werden.
Ueber einige Bestandtheile der Hirschtrüffel;
(Elaphomyces granulatus Fries)
von Prof. Dr. H. Ludwig, in Jena.
Diesen Pilz findet man noch in den Apotheken als Bo-
letus cervinus vorräthig, weil er zuweilen als Volksmittel bei
Thieren (als Aphrodisiacum) angewendet und unter dem Namen
Hirschbrunst verlangt wird. Herr Apotheker Dr. Gon-
nermann in Neustadt bei Coburg, hat auf meine Bitte
eine Abbildung des Pilzes und seiner Elementartheile gefer-
tigt.”) Auch das Material für die nachfolgende chemische
Untersuchung war derselbe so freundlich, mir in frischester
Beschaffenheit zu Gebote zu stellen.
Die einzige, aber für die Zeit, zu welcher sie angestellt
wurde, meisterhaft ausgeführte Analyse dieses Pilzes ist von
Heinrich Biltz, Apotheker in Erfurt, dnd in Tromms-
dorff’s neuem Journal der Pharmacie 11. Bd. 2. St. 8. 1—89,
im Jahre 1825 veröffentlicht worden. Er fand:
a) in der äusseren Haut der Schale: bittren
gzelben’Farbstoff, aber weder Zucker, noch Inulin.
b) in der Schale (Peridium):
Fett 0,333 Proc; Eiweissstoff; krystallisirten
Schwammzucker 12,00 Proc; Schleimgummi 10,40
Proe.; freie organ. Säure; saures Ammoniaksalz; sogen. Pilz-
osmazom; schwefels. und phosphors. Kalk; Asche 1,10 Proc.
Durch Behandlung mit Aetzlauge liessen sich noch ausziehen:
*) Gonnermanns Abhandlung und Abbildung findet sich in den
Sitzungsberichten der Gesellschaft Isis, Dresden 1867, Juli, 8. 101.
Ueber einige Bestandtheile der Hirschtrüflel. 25
eiweissartiger Stoff, gefärbter 'gummöser Stoff und sogenann-
tes Fungin;
ec) in den Sporen:
flüchtigen riechenden Stoff; Weichharz 0,325 Proc.;
Hartharz 0,052 Proe.; Eiweissstofl; rothen Farbstoff; Inulin
8,533 Proc.; unkrystallisirbaren Zucker und sogen.
Pilzosmazom, zusammen 2,708 Pro. Gummi 2,083 Proc.;
freie organ. Säure, saure organischsaure Salze des Ammoniaks
und Kalks; schwefels. Kalk, phosphors. Kalk; Mangan, Eisen,
Kieselerde, Clornatrium; Asche 1,25 Proc. Durch Aetzlauge-
Behandlung ausziehbar: rothen färbenden Stoff, eiweissähnl.
Stoff und sog. Fungin;
d) im Sporennetz (Haarnetz, Capillitium): krystallisirten
Schwammzucker, aber kein Inulin.
Ueber das Geruchsprincip der Hirschtrüffel
lesen wir bei Biltz:
Der starke Geruch der frischen Pilze lockt das Wild an;
die Hirsche suchen sie zur Brunstzeit auf, auch Hasen und
Schweine gehen danach und den Kühen werden sie als Aphro-
disiacum gegeben. Zehn Pfund gröblich zerstossene Hirsch-
brunst wurden in die Destillirblase gegeben und darüber so
lange Wasser abgezogen, als es noch Geruch hatte; dieses
Destillat zur Verstärkung auf noch 5 Pfund Hirschbrunst
gegossen und davon 8 Pfund Wasser abdestillirt. Dieses
Destillat sah weisslich. trübe aus und Flocken schwammen
darin. Der Geruch dieses Wassers war ungeheuer, schon von
fern gerochen äusserst ekelhaft widrig, schwammartig und
betäubend, wahrhaftig ein Geruch, um Kühe lustig zu machen
und Menschen ohnmächtig. Der Geschmack war eben so
widrig. Dennoch zeigte sich kein Oel darauf, auch nach lan-
ger Zeit nicht, die Flocken lösten sich nicht in Weingeist.
Das Wasser reagirte weder sauer noch alkalisch und entwickelte
mit Aetzlauge kein Ammoniak. Auch Schwefelwasserstoffgas
entwickelte sich bei der Destillation nicht.
Das Färbende der Sporen. Farbe und Ansehen
derselben, ein schön braunes Pulver, von natürlicher Zartheit
und Feinheit, liessen Biltz hoffen, einen der Sepia ähnlichen
26 Ueber einige Bestandtheile der Hirschtrüffel.
Farbstoff daraus abzuscheiden, was ihm aber durchaus nicht
gelang.
Ueber das sogenannte Inulin der Sporen sagt
Biltz: Das weisse Pulver, welches sich aus dem erkalteten
wässrigen Decoct der Sporen niederschlägt, zeigt die folgen-
den Eigenschaften des Inulins: Es ist zusammenhängend, fein-
körnig, schneeweiss, glanzlos, mager anzufühlen, ohne Geruch
und Geschmack. 1 Th. desselben löst sich m 240 Th. Was-
ser von 10 bis 15°R. aber schon m 5 Th. siedendem Was-
ser zu einer durchsichtigen dicken Flüssigkeit, die beim Er-
kalten starr wird und opalisirt, aber nicht klebt. Das in
heissem Wasser Aufgelöste scheidet sich beim Erkalten nach
und nach ab. Siedender 80 grädiger Weingeist löst kaum
oo; verdünnte Salzsäure und Salpetersäure, conc. Schwefel-
säure und Aetzlauge lösen es bei gewöhnl. Temperatur leicht
ohne Färbung auf. Verdünnte Schwefelsäure löst es bei
mässiger Erwärmung; damit anhaltend gekocht liefert es
krystallisirbaren Zucker. Mit NO gekocht giebt es Oxalsäure.
Die wässrige Auflösung bleibt unverändert auf Zusatz von
Jodlösung, Bleizucker, Bleiessig, Quecksilberchlorid, salpeters.
Hg?O und- HgO, Eisenvitriol, oxals. Kali, Chlorcaleium, Chlor-
baryum, Kalkwasser. Salpetersaures Silberoxyd färbt die Lö-
sung röthlich. Nach und nach setzt sich in allen diesen Mi-
schungen weisser Niederschlag ab, unverändertes sog. Inulin.
Für sich erhitzt schmilzt es, wird braun, bläht sich auf, ver-
brennt mit blauer Flamme, giebt keinen Schwammgeruch, lie-
fert sanre Dämpfe, kein Ammoniak und verbrennt leicht.
Lässt noch etwas Asche, die Kalk, aber keine Phosphorsäure
enthält. In der Schale der Hirschbrunst ist kein sog. Inulin
enthalten, nur die Sporen liefern dasselbe in ausgezeichneter
Reinheit (Biltz).
Den sogenannten Schwammzucker erhielt Biltz
in reichlicher Menge aus den Schalen der Hirschbrunst in
sternförmig gruppirten, feinstrahligen, perlmutterglänzenden
Kryställchen.
Böttger (Beiträge zur Physik und Chemie 44 und 123;
daraus in Rochleder’s Chemie und Physiologie der Pflanzen
Ueber einige Bestandtheile der Hirschtrüffel. wall
1358. 8.97) erkannte den krystallisirbaren Süssstoff der
Hirschbrunst als Mannit.
Die nachfolgenden Untersuchungen habe ich in Gemein-
schaft mit meinem damaligen Assistenten Herın Dr. Arthur
Busse (jetzt Apotheker in Grimma) im Jahre 1866 ausge-
führt; die Pilze selbst waren 1865 (wie oben schon bemerkt
von Hrn. Apoth. Dr. Gonnermann) frisch gesammelt worden.
760 Gramme Hirschbrunst wurden mit kaltem dest. Was-
ser aufgeweicht. Die lederartige Hülle liess sich nun
von dem braunschwarzen pulvrigen Inhalte der
Sporen mit ihren spinnewebeartigen Fäden leicht
trennen. Beim Aufschneiden der vom Wasser durchtränkten
Pilze entwickelte sich ein deutlicher Knoblauchgeruch.
A. Untersuchung des Aufweichwassers, in welchem
vorzüglich die leichtlöslichen Bestandtheile der
lederartigen Hülle sich befinden mussten.
a) Die Flüssigkeit wurde filtrirt, im Wasserbade concen-
trirt und mit Thierkohle behandelt. Die auf einem Filter
gesammelte, mit kaltem Wasser gewaschene Thierkohle wurde
mit Weingeist ausgekocht, vom Auszuge der Weingeist
abdestillirt und der Rückstand mit Aether behandelt. Die
beim Verdunsten des Aetherauszugs hinterbliebene gelb-
braune Masse gab an Wasser etwas Lösliches ab, von
gelber Farbe, bitterem Geschmack, saurer Reaction,
und Fe2Cl? violett färbend. Mit Natronlauge färbte sich die
Lösung dunkelbraun und entwickelten ammoniakalischen
Pilzgeruch; Salzsäure erzeugte Nebel in dem Dunste des
Gemisches.. Das in Wasser Unlösliche mit Weingeist aufge-
nommen, schmeckte ekelhaft knoblauchartig und wurde
durch Bleiessig stark gefällt, mit Kali erwärmt entwickelte es
ebenfalls ammoniakalischen Pilzgeruch. Für weitere Ver-
suche war die Menge des erhaltenen Stoffes zu gering.
b) Der mit Thierkohle behandelte wässrige Auszug wurde
mit Bleizuckerlösung gefällt, der Niederschlag abfiltrirt,
ausgewaschen, unter Wasser vertheilt, durch Schwefelwasser-
stoff zerlegt und die vom PbS getrennte Flüssigkeit zum
Syrup verdampft. Dieser lieferte beim Stehen keine Kry-
28 Ueber einige Bestandtheile der Hirschtrüffel.
stalle (keine Fumarsäure). Beider Trommer’schen Probe
zeigte er Reductiondes Öu?0?zuCu?0. MitKalk-
wasser gab die Säurelösung direct keine Reaction. Mit
Kalkmilch versetzt erstarrte die Mischung zu einem schleimigen
Brei. Das hierbei unlösl. abgeschiedene Kalksalz, gesammelt
und mit verdünnter Schwefelsäure zerlegt, gab eine Säure,
die ebenfalls nicht krystallisirte.v Mit Ammoniak zum Theil
neutralisirt, gab die Säure ebenfalls nichts Krystallinisches.
Die Proben auf Weinsäure, Citronensäure und Aepfelsäure gaben
negative Reactionen. Die Eigenschaften der Metapectin-
säure stimmen am besten mit denen der vorliegenden Säure.
c) Die vom Bleizuckerniederschlage abfiltrirte Flüssigkeit
wurde mit HS vom Blei befreit und zur Syrupsconsistenz
verdunstet. Beim Stehen schieden sich Krystalle aus, welche
ausgewaschen und mit Weingeist ausgekocht sich bis auf
einen geringen Rückstand lösten. Beim Erkalten
krystallisirte aus der weingeistigen Lösung reiner Mannit,
wie die folgenden Resultate der Elementargnalyse zeigen.
Der geringe in Weingeist unlösliche Rückstand bestand
aus schwefelsaurem Kali.
1) 0,300 Gramme der bei 100°C, getrockneten farblosen
siussen Krystalle gaben mit Kupferoxyd verbrannt
0,410 Grm. CO? und 0,221 Grm. Wasser.
Daraus berechnen sich 0,1118 Grm. C= 37,267 9, ©.
und 0,02455 Gramme H —8,18 3 DEE
2) 0,523 Grm. Krystalle gaben b. Verbrennen mit Kupferoxyd
0,747 Grm. 00? = 0,20372 Grm. 0 = 38,952 %, C
und 0,378 Grm. HO = 0,042 Grm. H= 8,030 %/, H.
Die Formel des Mamnits C1?H 1401?
verlangt gefunden wurden
Ir 2.
TR 39,558 37,264) 38,952%
HU 14 7,698 8,183 8,0309,
072 236 52,744 — —
182 100,000
*) Bei der ersten Analyse hat ein kleiner Verlust an Kohlenstoff statt-
gefunden.
Ueber einige Bestandtheile der Hirschtrüffel. 29
Dieser Mannit besass kein Rotationsvermögen für pola-
risirtes Licht, reducirte nicht die Trommer’sche Probe,
gab weder mit Bleizucker, noch mit Bleiessig eine Fällung
und brauchte 4,3 Th. Wasser von 25° bis 28°C. zur Auf-
lösung.
d) Die vom auskrystallisirten Mannit getrennte braune
Mutterlauge wurde mit Aetherweingeist ausgezogen; der
im Aetherweingeist unlösliche Theil der Mutterlauge wurde
in heissem Weingeist aufgenommen und die Lösung zum
Krystallisiren hingestell. Man erhielt weisse Krystall-
drusen von Mannit und braune, harte beim Zer-
beissen knirschende süsse Krystalle, von letzteren
zu wenig, um sie einer genaueren Untersuchung zu unter-
werfen (wahrscheinlich Mykose).
Die Gesammtmenge des Mannits aus 760 Grammen Hirsch-
brunst betrug 7 Gramme, also annähernd 1 Proc. Mannit.
e) Von der ätherischweingeistigen Lösung wurde
der Aetherweingeist abdestillirt und der Rückstand einige
Zeit zum Krystallisiren bei Seite gestellt. Die Masse war
krystallinisch, zerfloss aber bald wieder zu schleimiger Flüs-
sigkeit. In Wasser gelöst gab die Flüssigkeit flockige Nie-
derschläge mit Gerbsäure und mit Quecksilberchlo-
rid. Mit Kalilauge erwärmt, gab dieselbe ammoniaka-
lische Dämpfe mit eigenthümlichem Beigeruch. Zur wei-
teren Untersuchung war die erhaltene Menge zu gering.
B: Dierlederartige-Hülle, (Peridium).
a) 300 Gramme derselben wurden mit Wasser mehremale
nach einander ausgekocht und die filtrirten Abkochungen
durch Abdampfen concentrirt. Dabei fand eine geringe Aus-
scheidung statt, welche gesammelt und auf Platinblech erhitzt
unter Geruch nach gerösteten Brod verkohlte und verbrannte.
Die syrupdicke Flüssigkeit wurde mit Weingeist ver-
setzt, wodurch ein Gummi abgeschieden wurde, das durch
wiederholtes Auflösen in Wasser und Fällen mit Weingeist
gereinigt wurde.
Dieses Mykogummi hinterliess beim Verbrennen noch
etwas Asche und in dieser etwas Mangan (welches schon
30 Ueber einige Bestandtheile der Hirschtrüffel.
Biltz fand); auch kleine Mengen von Stickstoff enthält das-
selbe (giebt mit NaO,HO + CaO geglüht etwa H®N). Bei
jeder neuen Behandlung mit Wasser löste es sich nur theil-
weise darin wieder auf. Wurde es aus der Lösung wieder
durch Weingeist gefällt, so löste sich der Niederschlag aber-
mals nur theilweise in neuem Wasser. Seine wässrige Lö-
sung reagirte neutral, gab mit Barytwasser, so wie mit
Bleiessig dicke Niederschläge; mit Gerbsäure, so wie mit
Quecksilberchlorid keine Fällung, ebensowenig mit Bleizucker,
wie mit salpetersaurem Quecksilberoxydul.
Mit Salzsäure gekocht giebt es dann bei Trommers
Probe keine Reduction des Cu?O? zu Cu?O. Nach langem
Kochen mit verdünnter Schwefelsäure reducirte die Flüssig-
keit das Cu?0? zu Cu?0. Mit Kalilauge gekocht, dann mit
Salzsäure angesäuert, giebt es weder Gallerte noch Nieder-
schlag. Dieses Gummi ist also weder Arabinsäure, noch
Dextrin, weder Inulin, noch Pectin. Da es sich auch nicht
mit Eisenvitriol färbt, so zeigt es keine Analogie mit Apiin.
(Ob gelöste Pilzintercellularsubstanz?). Dieses
Schleimgummi oder Mykogummi, durch Kochen mit
Wasser und mehrmaliges Fällen mit Weingeist erhalten,
drehte in einer Lösung von 0,225 Grammen Mykogummi
in 27 CC. Wasser bei einer Länge der Röhre von 200 Mil-
limeter 2° nach Rechts bei gewöhnl. Temperatur. Nach
der Formel
e
Re FE EN 1,
[el] — « Ip 2 ..0,225
ist das Molecularrotationsvermögen dieses Gummis = + 120°,
wegen dieser Eigenschaft könnte man es auch Mykodex-
trin nennen.
b) Das mit Wasser (unter a) ausgekochte Gewebe wurde
nun mit Weingeist kochend ausgezogen und hierbei eine
violettrothe Tinctur erhalten. Nachdem der Weingeist
abdestillirtt war, blieb nur wenig Rückstand. Mit Wasser
behandelt löste sich der grösste Theil und dieser bestand aus
noch zurückgebliebenem Mannit. Der geringe in Wasser
ungelöste Theil wurde von Aether aufgenommen.
Ueber einige Bestandtheile der Hirschtrüffel. 51
c) Das mit Wasser und Alkohol extrahirte Gewebe wurde
mit Aether ausgekocht; beim Verdunsten des äther. Auszugs
blieb ein geringer fettiger Rückstand, der nach Cumarin
roch, aber an kochendes Wasser kein solches abgab. Das
ungelöst gebliebene Fett besass zwar den Üumaringeruch
noch, zeigte aber nach kurzem Aufbewahren nur noch einen
ranzigen Fettgeruch.
d) Mit ammoniakal. Weingeist ausgezogen, wurden
nach Sättigung des Auszugs mit verdünnter SO3, Eindunsten,
Ausziehen des schwefl. Ammoniaks mit Wasser nur kleine
Mengen eines braunen Extracts erhalten.
e) Mitschwefelsäurehaltigem Wasser ausgezogen,
resultirte ein braungelber Auszug, der nicht weiter unter-
sucht wurde.
C. Die Sporen.
Zur Untersuchung wurden 300 Gramme derselben in Ar-
beit genommen.
a) Aetherischer Auszug. Derselbe liess nach Ent-
fernung des Aethers 0,7 Gramme = 0,233 Procent Fett
zurück, von schwachem eigenthüml. Geruch. An kochenles
Wasser gab es nur Spuren von Säure ab; in diesem wässri-
gen Auszuge wurden durch Fe?Cl?, Bleizucker und Bleiessig
keme Veränderungen bewirkt.
b) Heisser weingeistiger Auszug. Eingedampft
und mittelst Aether von anhängendem Fett befreit, wog das
Extract 0,6 Gramme —= 0,2 Procent. In Wasser löste es
sich vollständig; Bleizucker gab darin keine Fällung, wohl
aber Bleiessig. Die vom Bleiessigniederschlag abfiltrirte
Flüssigkeit, durch HS vom Blei befreit und verdunstet, gab
einen Syrup, welcher zwar das Cu?0? zu Cu?O redueirte (bei
der Trommer’schen Probe) aber nicht krystallisirte, also
Syrupzucker.
Der Bleiessigniederschlag durch HS zersetzt gab
eine Flüssigkeit, welche mit Kalkwasser sich nicht trübte und
beim Erwärmen nur schwache Trübung gab.
32 Ueber einige Bestanätheile der Hirschtrüffel.
c) Heisser wässriger Auszug. Die nach einander
mit Aether und Weingeist ausgezogenen Sporen wurden
mehremale hinter einander mit Wasser ausgekocht. Aus den Ab-
kochungen schied sich beim Erkalten die von Biltz als Inulin
bezeichnete Substanz ab; im Ganzen 6 Gramme — 2 Procent.
Aus der conc. Flüssigkeit wurde durch Zusatz von Weingeist
das noch gelöste sog. Inulin gefällt. Die von demselben
abfiltrirte weingeistige Lösung wurde durch Destillation vom
Weingeist befreit; der Rückstand reducirte das Cu?O? zu Cu?O
bei der Trommer’schen Probe, enthielt also noch Zucker.
Die durch Auflösen in heissem Wasser, Erkaltenlassen
und Auswaschen des dabei wieder ausgeschiedenen Myko-
Inulins (abgekürzt Mykinulin’s) erhaltene reine Sub-
stanz wurde der Elementaranalyse unterworfen.
1) 0,535 Gramme lufttrocknes Mykinulin verloren bei
100°C. getrocknet 0,040 Gramme Wasser — 4,673°/, Wasser.
2) 0,645 Gramme des bei 100°C! getrockneten Myki-
nulin’s gaben mit Kupferoxyd verbrannt 0,981 Gramme
C0?—=0,26754 Gramme C= 41,479 °/, C; und 0,363 Gramme
Wasser — 0,04033 Gramme H = 6,253 °/, H.
3) 0,558 Gramme bei 100°C. getrocknete Substanz gaben
0,895 Gramme CO? — 0,24409 Gramme U = 43,743 9), C
und 0,357 Gramme Wasser — 0,03967 Gramme H—=17,109°/, H.
Die Formel G6?H 220 ??
verlangt gefunden wurden im Mittel
1. 2. 3.
2 42,12 41,479 43,743 42,611,
1 6,41 6,253 7,109 6,681 „,
022-176 51,47 N SF
342 100,00.
Die Formel C?*H??0?? + 2HO verlangt
berechnet gefunden
6257722022 342. — 95,0 95,327°%%
2U0 48 — 55,9 4,673 „
360 1000 100,000.
Ueber einige Bestandtheile der Hirschtrüffel. 33
Eine Prüfung auf etwaigen Stickstoffgehalt durch Er-
hitzen mit Natronkalk und Auffangen des entwickelten Am-
moniak in titrirtem schwefelsäurehaltigen Wasser etc. ergab in
0,5 Grammen Mykinulin nur 0,0007 Gramme N = 0,14%, N,
eine völlig zu vernachlässigende Beimengung. Ein Theil
Mykinulin löst sich bei 22°Cels. in-215 Th. Wasser. Die
Lösung ist rechtsdrehend.. Mit verdünnter Schwefelsäure
gekocht geht es in gährungsfähigen Zucker über, der das
Kupferoxyd bei der Trommer’schen Probe rasch zu Cu?O
reducirt.
Das Mykinulin scheint bei den Pilzen das Inulin und
Amylon der übrigen höhern Pflanzen zu ersetzen und ver-
dient in den übrigen Pilzen aufgesucht zu werden.
Ueberblicken wir die Resultate der vorliegenden Unter-
suchung, so sind sie noch weit entfernt, den Gegenstand zu
erschöpfen. Es fehlen genaue Angaben über die Farbstoffe,
die riechenden sauren und alkalischen Stoffe, die Eiweisskör-
per, die organische Säure, das Mykodextrin, die Aschenbe-
standtheile ete. Der Ausgangspunkt für diese Arbeit war die
Erledigung der Frage, ob wirkliches Dextrin ein Be-
standtheil der Pilze sei, die ja bekanntlich kein
Stärkmehl enthalten, also auch das aus diesem entstehende
Dextrin nicht gut enthalten können.
In der Abhandlung über das Vorkommen von Dextrin
in den Pflanzen (Archiv d. Pharm. 1866, II. Bd. 127, 8. 214.)
hat Dr. A. Busse nachgewiesen, dass das Dextrin in den
höheren Pflanzen bei weitem nicht in dem Maasse und in
der Menge vorkommt, als aus der Häufigkeit des Vorkom-
mens des Amylons geschlossen werden könnte. Am Schlusse
seiner Abhandlung erwähnt er auch eines vergeblichen Ver-
suches, Dextrin in Boletus cervinus nachzuweisen. An diese
Versuche knüpft sich die vorliegende Arbeit. Aechtes Dextrin ist
hiernach in der Hirschtrüffel nicht vorhanden, so wenig wie Amy-
lon, statt dessen einrechtsdrehendes Gummi, welches wie
Arabinsäure durch Bleiessig gefällt wird. Es wird durch
kochendes Wasser der lederartigen Hülle entzogen. Ebenso-
wenig findet sich ächtes Inulin in den Sporen des Elapho-
Arch. d. Pharm. CLXXXIX Bds. 1. u, 2. Hit, 3
34 Ueber einige Bestandtheile der Hirschtrüffel,
myces granulatus, vielmehr ein rechtdrehender inulin-
artiger Stoff C*H??202?--2HO (von der Formel der Ara-
binsäure, mit welcher er aber nichts weiter gemein hat). Die-
ses Myko-Inulin oder abgekürzt Mykinulin zeigt das
schon von Biltz beschriebene negative Verhalten gegen eine
Reihe von Reagentien. Es wird dessen wässrige Lösung
nicht verändert (weder gefällt noch getrübt, noch auffällig
gefärbt) durch Jodwasser, Eisenchlorid, Eisenvitriol, Quecksil-
berchlorid, salpetersaures Quecksilberoxydul, Bleiessig, Baryt-
wasser, Kalkwasser, oxalsaures Ammoniak. Die Mykinulin-
lösung reagirt völlig neutral gegen blaues und rothes Lack-
muspapier und gelbes Üurcumapapier. Mit Kupfervitriollö-
sung erleidet es keine Veränderung, verhindert aber die Fäl-
lung des Kupferoxydhydrats durch Natronlauge; die entstan-
dene klare lasurblaue Lösung kann längere Zeit gekocht
werden, ohne dass sie ihre blaue Farbe verliert:
Nicht zu kurze Zeit (etwa 10 Minuten lang) mit ver-
dünnter Schwefelsäure gekocht, geht das Mykinulin in Zucker
über und die Lösung giebt nun mit Kupfervitriol versetzt
nach Zusatz von überschüssiger Natronlauge beim Erwärmen
sogleich die Reduction des Cu?O? zu Cu?O.*)
Die von Biltz gefundenen grossen Mengen (12 Proc.) von
krystallisirtem Schwammzucker (Mannit nach Bött-
ger und nach unseren oben mitgetheilten Beobachtungen)
sind nicht constant vorhanden, da wir davon nur gegen
1 Proc. gefunden haben.
Die übrigen Süssstoffe der Hirschtrüffel (Glykose und
Mykose) verlangen ein weiteres Studium.
*) Molecular -Rotationsvermögen des Mykinulins. 0,200 Gramme
lufttroeknes Mykinulin C2#H22022 4 2HO wurden in heissem Wasser
gelöst, die klare farblose Lösung betrug 42 Cubikcentimeter nach dem
Abkühlen auf gewöhnl. Temperatur, Davon wurden 27 CC. (entsprechend
0,1286 Grammen lufttrocknen Mykinulins) in ein 200 MM. langes Rohr
gebracht und eine Drehung von 3° nach Rechts beobachtet. Aus
v 27
[elj = « Br: 3 3.0,1086 folgt [e]j = 315° nach Rechts, also ein
weit stärkeres Rotationsvermögen als bei Dextrin.
Jena, den 8. April 1869.
35
II. Naturgeschichte und Pharma-
cognosie.
Mentha piperita, ihre Cultur in Frankreich und ihre
Producte, die Verfälschung des Pfefferminzöls und
deren Erkennungsmiittel ;
nach einer Brochüre von L. Roze.*)
Wenn die Pfefferminze und die daraus dargestellten
Erzeugnisse auch nur einen bescheidenen Platz in dem En-
semble der Industrie und des Handels Frankreichs einnehmen,
so kann doch der Werth des ätherischen Pfefferminzöls, wel-
ches alljährlich von England und von den Vereinigten Staa-
ten aus in Frankreich eingeführt wird, ohne Uebertreibung
auf mehre Millionen geschätzt werden. Hiernach dürfte der
von Roze gemachte Versuch, sein Vaterland von dem eng-
lischen Monopole zu befreien, nicht ganz ohne Bedeutung
sein, zumal da das englische Pfefferminzöl seinen Erfahrun-
gen gemäss keine Superiorität vor der in Frankreich produ-
cirten Waare besitzt. Eine Ausdehnung der Pfefferminzeul-
tur in Frankreich würde ausserdem nach 2 Richtungen hin
Vortheile darbieten. Man würde zunächst darin ein Mittel
sehen müssen, gewisse Bodenarten von besonderer Beschaf-
fenheit in fruchtbringenderer Weise auszunutzen, als dies bei
der gewöhnlichen Bebauung geschieht, und gleichzeitig die
noch einer grossen Entwicklung fähige industrielle Agricultur
fördern. Zweitens würde man auch die Verfälschungen, denen
das importirte Pfefferminzöl unterliegt, durch eine derartige
*) Erschienen unter dem Titel: La Menthe poivree, sa culture en
France, ses produits, falsifieations de l’essence et moyens de la recon-
maitre. Paris 1868. 46 Seiten in 8.
3#
36 Mentha piperita, ihre Cultur in Frankreich und ihre Producte ete.
Cultur im Vaterlande beseitigen, verfälschte Sorten von den
Märkten vertreiben und dadurch wieder eine günstige Rück-
wirkung auf die Cultur der Minze selbst erzielen.
Für Roze war die Veranlassung, sich mit der Cultur
und der Destillation der Mentha zu beschäftigen, in dem durch
gewisse Umstände bedingten Sinken des Preises werthvoller
Ländereien begründet, welche zu Sens (Yonne) am Zusam-
menflusse der Yonne und Vanne in ziemlich beträchtlicher
Ausdehnung sich finden; sie werden mit dem Namen Üourtils
bezeichnet und dienen seit undenklicher Zeit zum Gemüse-
bau, von wo aus sowohl Sens als ein grosser Kreis um
diese Stadt herum mit Gemüse versorgt wurde. Das frag-
liche Terrain ist humusreich, leicht, schwarz und etwas torf-
haltig und wird durch Infiltrationen der Gewässer der Vanne
durch den Untergrund hindurch frisch und feucht erhal-
ten. Da der Boden eine ähnliche Beschaffenheit zeigt, wie
zu Mitcham in der Grafschaft Surrey, bekanntlich der haupt-
sächlichsten Gegend Englands, wo die Minze cultivirt wird,
so glaubte Roze den durch locale Einflüsse entwertheten
Boden, von welchem früher die Hectare 6— 3000 Fr, kostete,
durch die Einführung der Menthacultur auf's Neue heben zu
können.
Dass Roze von den Menthaarten, aus denen durch De-
stillation ätherisches Oel gewonnen werden kann, die Mentha
piperita als diejenige auswählte, welche das meiste, wohl-
riechendste und wohlschmeckendste Oel liefert, bedarf keiner
besonderen Hervorhebung. Wenn er dabei auch die Leichtig-
keit der botanischen Unterscheidung als massgebend hervor-
hebt, so geschieht dies wohl nur, um der beiläufigen Bemer-
kung Raum zu geben, dass alle Stöcke von Mentha viridis,
welche in der Pflanzung existiren, sorgfältig auszurotten sind,
weil sonst diese Minze auf Kosten der Pfefferminze bald den
ganzen Boden einnehmen würde. Nach Roze sind alle mit
gewöhnlicher Fruchtbarkeit begabte Terrains zur Cultur der
Pfefferminze geeignet, am besten behagt ihr leichter, feuchter
und selbst ein wenig sumpfiger Boden, auf weniger reichem
und weniger feuchtem Terrain wächst sie minder kräftig und
Mentha piperita, ihre Cultur in Frankreich und ihre Producte ete. 37
bleibt kleirer, auch liefert sie wenigere und kleinere Blätter.
Ist in letzterem Falle auch der Oelertrag ein relativ grösserer,
so compensirt dieses Mehr an ätherischem Oel doch nicht den
Gewichtsverlust, welcher durch das niedrigere Wachsthum
der eingesammelten Pflanze resultirt, so dass es in der That
zweckmässig erscheint, den passendsten Boden für die Pfeffer-
minze auszuwählen.
Ob ein dürrer Boden, wie von Einigen behauptet wird,
Pfefferminzöl von feinerem Aroma und prickelunderem Geschmack
liefert, ist bis jetzt nicht mit Sicherheit entschieden.
In südlichen Gegenden produciren die Pflanzen und ins-
besondere die Labiaten mehr ätherisches Oel als in kalten
oder gemässigten Klimaten, aber dasselbe ist von schlechterer
Qualität, ein Umstand, welchem gerade das englische Oel der
Pfefferminze seinen Ruf verdankt. Dass sich ähnliche Kli-
mate, wie das von Mitcham, auch im mittleren und nördlichen
Frankreich finden, ist eine ausgemachte Sache und sicher
wird man hier auch ein grösseres Quantum Oel erhalten, zumal
wenn man einen feuchten Boden benutzt, auf welchem die
Vegetationskraft der Pflanze am grössten ist.
Auf dem '/,— !/, Met. tief umgegrabenen Terrain wird
die Pflanzung, je nachdem die Jahreszeit vorgerückt ist, vom
20. April bis zum 15. Mai vorgenommen. Es handelt sich
dabei bekanntlich um die Schösslinge der Mentha piperita, die
man im Frühjahr, wenn sie 1—2 Cm. Höhe erreicht haben,
in dem neuen Terrain vermittelst des Pflanzholzes, '/; Met.
nach jeder Richtung von einander entfernt, anpflanzt. Ist
der Boden nicht sehr feucht und das Wetter nicht regne-
risch, so müssen die Pflänzlinge mindestens einmal begossen
werden, Mitte Juli findet der erste Schnitt statt, wo dann
die Minze einen mehr oder minder hohen Stamm, der mit
einigen Aesten versehen ist, darstellt. Nach diesem ersten
Schnitt gehen von jedem Stamme aus eine Menge von Aus-
läufern, die in kurzen Intervallen Knoten zeigen, welche Wur-
zel schlagen und neue Stämme entwickeln. Im Herbst
bedecken die Schösslinge beinahe ganz den Boden, und die
hie und da aufgeschossenen neuen Stämme liefern eine Art
358 Mentha piperita, ihre Cultur in Frankreich und ihre Producte ete.
Nachernte, die man vor den ersten Nebeln sammeln muss.
Im Ganzen ist die Ausbeute des ersten Jahres nicht sehr
gross, von Juli— November muss zweimal gejätet werden.
Vor Eintritt des Winters bedeckt man die Pflanzen, um sie
vor dem Froste zu schützen und sie in ihrer Vegetation
im Nachjahre zu fördern, mit einer dünnen Strohlage, auf der
man etwas Erde oder Dünger ausbreitet. Im zweiten Jahre
bedeckt die Minze vollständig den Boden, treibt äusserst leb-
haft und wird ?/, Met. und mehr hoch. Zwei Jätungen genü-
gen während des zweiten Jahres im Allgemeinen, auch hier
tällt die Haupternte in den Juli, und im Herbst wird auf dieselbe
Weise wie im ersten Jahre verfahren. Im dritten Jahre ist
das Wachsthum ein geringeres, der Boden bedeckt sich in
diesem und in dem folgenden mit einer unendlichen Menge
von Ausläufern und Schösslingen, nach allen Richtungen hin
verwebt, welche die alten Stämme erdrücken und sich gegen-
seitig schaden. Das Wachsthum der Pflanze ist dann nur ein
sehr geringes und es wird im 4. oder 5. Jahre jedesmal noth-
wendig, neue Pflanzungen anzulegen.
Roze hat den Ernteertrag während einer 6 jährigen Pe-
riode von 1856 — 61 für eine Plantage von 31 Aren Ober-
fläche, auf welcher sich Minze aus verschiedenen Jahrgängen
(vom 1—4.), befand, genau gewogen; er erhielt im Ganzen
26,639 Kilogr., oder jährlich von einer Are 145 Kilogr. in runder
Summe. Hierbei muss jedoch in Anschlag gebracht werden,
dass im Winter 1860— 61 der starke Frost den Pflanzungen
grossen Schaden zufügte, so dass man dreist selbst 155 Kilogr.
als jährlichen Mittelertrag betrachten darf.
In Bezug auf die Destillation des Oleum aethereum men-
thae piperitae ergeben sich eine Reihe von Fragen:
1) Wann muss die Destillation der Pfeffer-
minze geschehen? Nach der beinahe einstimmigen Mei-
nung competenter Personen ist der günstigste Zeitpunkt der,
wo die Blumen aufblühen. Nach dem Blühen liefert die
Pflanze vielleicht mehr Ausbeute, aber das Oel scheint an
Qualität abgenommen zu haben, was auf Veränderungen in
den relativen Verhältnissen des flüssigen ätherischen Oeles
Mentha piperita, ihre Cultur in Frankreich und ihre Producte ete. 39
und des Menthacamphers zu beruhen scheint. Die Blüthezeit
der Mentha piperita dauert ungefähr einen Monat.
2) Muss die Pfefferminze im frischen oder im
trockenen Zustande destillirt werden? In England
destillirt man die Pflanze im Allgemeinen im frischen Zustande,
doch macht man kleine Haufen, die man einige Tage auf den
Feldern lässt, ehe man sie zur Destillation benutzt. Das
Verfahren erfordert grosse Vorsicht, denn die geschnittene
Minze erhitzt sich sehr rasch und wenn vielleicht ein schwa-
cher Beginn von Gährung die Quantität und selbst die Qua-
lität des Oels erhöhen mag, so würde übermässige Erhitzung
dasselbe ganz vernichten können. In Frankreich sind die
Ansichten darüber, ob die Minze frisch oder getrocknet zur
Destillation zu verwenden sei, getheilt. Soubeiran spricht
sich nicht deutlich darüber aus. Meist wird frisch destillirt,
doch lassen Hauchecorne und Ortlieb die Pfefferminze
vollständig oder zu °/, trockenen. Barreswill und Aime
Girard (Dictionnaire de chimie industrielle) geben an, dass
frische Pflanzen Oel von angenehmerem Geruch und in grösse-
rer Menge als trockene liefern. Diese letztere Meinung steht
im direeten Gegensatze zu den Beobachtungen von Roze,
der 1858 bei einem directen im Grossen ausgeführten Ver-
suche, wobei Pflanzen von demselben Alter, an der nämlichen
Stelle und unter denselben Verhältnissen der Vegetation und
Inflorescenz am nämlichen Tage geschnitten, verwendet wur-
den, dieselbe Quantität Oel von 592 Kilogr. frischer, wie von
518 Kilogr. getrockneter (im frischen Zustande gewogener)
Minze erhielt. Es kommen somit 7°, Mehrertrag an Oel
auf die trockene Pflanze, und ausserdem hatte das Product
nicht in demselben Grade den eigenthümlichen Beigeschmack
wie das aus frischem Kraut gewonnene, welchen man bei
dem aus der Destillirblase kommenden Oele wahrnimmt. Die-
ses Factum kann seinen Grund in zwei Verhältnissen haben,
welche vielleicht beide gleichzeitig wirken. Wahrscheinlich
macht sich während des Trocknens eine Art Gährung in den
Pflanzentheilen geltend, die, so zu sagen, zeitigend wirkt,
ähnlich wie bei gewissen Früchten, welche ihr feinstes Arom
40 Mentha piperita, ihre Cultur in Frankreich und ihre Producte ete,
und ihren besten Geschmack erst nach längerer Aufbewahrung
bekommen. In zweiter Reihe nimmt man an, dass die kleinen,
das ätherische Oel einschliessenden Schläuche bei den Labia-
ten vom Chlorophyll im frischen Zustande so wohl gedeckt
sind, dass die Ausziehung ihres Inhaltes schwierig ist, wäh-
rend die trockene Pflanze das Oel minder energisch zurück-
hält. Frisches Kraut muss daher längere Zeit der Abkochung
unterliegen und nimmt desshalb das Oel einen unangenehmen
Krautgeschmack an, welcher bei dem aus trockener Pfeffer-
minze dargestellten nicht zu Tage tritt. Trotzdem hält
Roze die Darstellung des Oels aus trockener Minze für die
Fabrikation im Grossen nicht geeignet, weil die Arbeitskosten
und die nothwendige Errichtung geschlossener Trockenanstal-
ten dieses Verfahren sehr vertheuern und weil bei gehöriger
Sorgfalt auch frisches Kraut ein an Qualität gleiches Oel liefert.
3) Muss man die ganze Pflanze oder einzelne
Theile derselben destilliren? In England destillirt
man die ganze Pflanze, und obschon die Blätter und Blüthen-
spitzen, mit Ausschluss der Stengel destillirt, ein feineres Pro-
duct liefern als die ganze Pflanze, so ginge doch durch
Nichtmitbenutzung der Stengel ein Theil Oel verloren, und da
dann nothwendig auch die Arbeit und die Arbeitskosten sich
mehren würden, so ist ohne Zweifel das englische Verfahren
anzurathen.
4) Muss die Pflanze im unzerkleinerten Zu-
stande oder in kleine Stücke zerschnitten in den
Destillationsapparat gebracht werden? Beide Ver-
fahren liefern dieselbe Ausbeute, und wenn für die Zerklei-
nerung der Umstand sprechen dürfte, dass grössere Mengen
auf einmal zur Destillation kommen können, so werden doch
dadurch Arbeit und Kosten gemehrt, so dass auch hier das
englische Verfahren, die Pflanze im unzerkleinerten Zustande
zu benutzen, den Vorzug zu verdienen scheint.
5) Ist Destillation auf offenem Feuer oder
Dampfdestillation vorzuziehen? Diese Frage ist
höchst streitig. Soubeiran spricht sich folgendermaassen
aus: „Ueber die Vor- und Nachtheile der Dampfdestillation
Mentha piperita, ihre Cultur in Frankreich und ihre Producte ete. 41
zur Darstellung ätherischer Oele ist man noch sehr im Un-
klaren. Von M&ro weiss ich, dass er sich derselben bei meh-
ren Oelen mit Vortheil bedient. Nach Cadet de Gassi-
court soll das durch Dampfdestillation erhaltene Pfeffer-
minzöl von geringerer Quantität sein. Mero erlangte hin-
gegen das entgegengesetzte Resultat.“ Im Traite des odeurs,
des parfums et cosmetiques von Piesse finden sich folgende
Angaben: „Getrocknete Pfefferminzblätter liefern bei Destilla-
tion auf offenem Feuer mehr Oel als bei Dampfdestillation,
auch ist das letztere, wenn es durch Dampfdestillation erhal-
ten wird, specifisch leichter und transparenter. Frische Pfef-
ferminzblätter geben bei beiden Methoden gleiche Quantitäten
Oel.“ Im Allgemeinen bedient man sich in Frankreich der
Dampfdestillation weniger bei Bereitung der ätherischen Oele
als in England.
In Bezug auf die vorstehende Frage fand Roze, dass
die Dampfdestillation ein weniger gefärbtes Product von feine-
rem Aroma und Geschmack liefert, aber, wie schon bemerkt,
lässt sich aus der Pflanze das Oel nur schwierig ausziehen,
und so kann man allein durch Kochen auf offenem Feuer ohne
Verlust an Product manipuliren, wenn man nicht durch Ver-
längerung der Dampfdestillation die Kosten erheblich ver-
grössern will. Man ist übrigens auch mittelst des erstge-
‚nannten Verfahrens im Stande ein durchaus allen Ansprüchen
genügendes Oel zu liefern.
Das Verfahren von Roze bei der Destillation ist das
folgende: Als Apparat dient die gewöhnliche Destillirblase,
wie sie bei Bereitung des Cognacs benutzt wird. Dieselbe
fasst 300 Lit. Der Destillirkolben wird bis zu ?/, seiner
Höhe in einen eingemauerten Ofen gebracht, welcher so
construirt ist, dass die Flamme keinen Punkt der Ober-
fläche des ersteren direct beleckt und dass allein die
gasformigen Verbrennungsproducte mehre Male um den
Kessel herumgehen, bevor sie in den Schornstein treten,
wodurch natürlicherweise einmal an Brennmaterial gespart,
dann aber auch das Anbrennen verhütet wird, zu welchem
letzteren Zwecke Roze noch einen falschen Boden von
42 Mentha piperitä, ihre Cultur in Frankreich und ihre Producte ete.
durchlöchertem :Kupferblech anbringt. Das Destillationspro-
duct wird in der sogenannten florentiner Flasche aufgefangen.
Die kurz am Boden abgeschnittene Pfefferminze wird sorgfältig
von den trotz mehrfachen Jätens stets anhängenden fremden
Krauttheilen gereinigt und Blätter und Stengel in den Kol-
ben kräftig eingedrückt. Oben bleibt ein Raum von !/, Met.
Höhe, um das Gelangen von Flüssigkeit in den Helm zu ver-
hüten. Auf diese Weise fasst der Apparat 40—50 Kilogrm.
frischer Pflanzen, auf welche dann Wasser bis fast zur voll-
ständigen Bedeckung geschüttet wird. Es ist vortheilhaft,
das bei den früheren Destillationen erhaltene, mit Oel gesättigte
Wasser zu benutzen, da dieses bei weiteren Destillationen
kein Pfefferminzöl aus dem neu verwendeten Materiale mehr
aufnimmt, doch fragt es sich, ob dieser ökonomische Vortheil
nicht durch die Verringerung der Qualität des erhaltenen Pro-
ductes aufgewogen wird. Nach Aufstellung des Apparates,
sorfältiger Verkittung der Fugen u. s. w. kann das Feuer im
Anfange kräftig im Gange gehalten werden; sobald aber das
Kochen beginnt, muss es gemässigt werden. Die Operation
erfordert durchschnittlich 2%/, St. und lässt sich somit 5mal
täglich wiederholen. Das im Kessel bleibende Wasser nimmt
schliesslich eine sehr dunkelbraune Farbe und einen äusserst
starken und unangenehmen Geruch an, der sich dem Oele
mittheilen würde, wenn man nicht alle 2—3 Tage den Kes-
sel entleerte und von Grund aus reinigte. Zur Abscheidung
des Oels vom Wasser wird von Roze der von Desmarets
erfundene und von M&ro verbesserte Apparat benutzt.
Ueber den Ertrag an ätherischem Oel, welches die Pfef-
ferminze liefert, giebt Piesse an, dass 50 Kilogr. frischer
Pflanzen 931/, — 1231/, Grm. Oel geben, was einem Kilogr. Oel
auf 460 Kilogr. Pflanze entsprechen würde. Diese Angabe,
auf die in England erhaltenen Resultate bezüglich, lässt sich
nach Roze nur durch das dort geübte Verfahren, die Pfeffer-
minze einige Tage auf den Feldern liegen zu lassen, erklä-
ren, wodurch in Folge der beginnenden Eintrocknung ein Ge-
wichtsverlust resultit. Nach Roze kommt zufolge seiner
Erfahrungen in den Jahren 1856—61, die sich auf 26,639 Kilogr.
“ Mentha piperita, ihre Cultur in Frankreich und ihre Producte ete. 43
in den ersten 24 St, nach dem Abschneiden gewogener und
im unzerkleinerten Zustande destillirter blühender Pflanze
beziehen, 1 Kilogr. Oel durchschnittlich auf 609 Kilogr. Pflan-
zen. Es fanden Schwankungen zwischen 1:548 und 1: 638
statt, die den Jahren 1860 und 1859 entsprechen, woraus
hervorgeht, dass feuchte Jahre der Entwicklung des Oels
günstiger sind als trockene und warme, was wohl im Zusam-
menhange steht mit der Zunahme der Blätter an Zahl und
Grösse bei feuchter Witterung.
Es ist bekannt, dass trotz sorgfältigster Destillation das
frisch destillirte Oel stets einen eigenthümlichen, mehr oder
minder unangenehmen Geschmack und Geruch besitzt, fran-
zösisch als gout de vert oder goüt de feu bezeichnet, welcher
entweder von zu langem Kochen der Blätter und grünen
Stengel oder vielleicht auch bei nicht richtiger Feuerung von
der Beimengung einer geringen Quantität empyreumatischer
Producte herrührt. Da das Oel in diesem Zustande nicht in
den Handel gelangen darf, so muss man es zunächst aus-
waschen, indem man es mit einer grossen Menge frischen
Wassers beschüttet, ohne dabei den Verlust an Oel zu befürch-
ten, das sich bei dieser Manipulation auflöst, da das betref-
fende Wasser später zur Füllung des Kessels dienen kann.
Nach Abscheidung des Wassers in der angegebenen Weise
schüttet man das Oel in Glasflaschen und stellt diese an einem
dunklen Orte, z. B. einen Keller, mehre Monate unverkorkt
hin. Dadurch bessert sich das Aroma des Oels erheblich, und
wenn man die Behälter hinreichend lange Zeit stehen lassen
könnte, würde der Beigeschmack vollständig verschwinden.
Ein Gewichtsverlust durch Verdunstung findet dabei kaum
statt, aber durch die Einwirkung der Luft wird das Oel
gefärbt und dick in Folge von Verharzung und es darf daher
das fragliche Desinfectionsmittel, wenn man so sagen kann,
nur innerhalb gewisser Grenzen in Anwendung gebracht wer-
den. Hat das Oel lange genug gestanden, so filtrirt man
es durch Papier und bringt es in die im Handel üblichen
Gefässe. Nach Einigen soll dasselbe Resultat rascher durch
mehrstündiges Eintauchen der in gleicher Weise entkorkten
44 Mentha piperita, ihre Cultur in Frankreich und ihre Producte ete.
Flaschen in eine Kältemischung bei — 15° oder — 18°
erzielt werden. Immer aber ist das unvergleichlich beste Mit-
tel zur Verbesserung des Pfefferminzöls, es alt werden zu
lassen. Darin liegt nach Roze eines der grossen Geheim-
nisse der englischen Häuser, deren vortreffliche Producte einen
so hohen Preis besitzen. Das so mehre Jahre vor Licht
geschützt aufbewahrte Oel nimmt allerdings einen dunkleren
Ton an und wird ein wenig dicker, aber dafür bekommt es
ein immer angenehmeres Parfüm. Leider lässt sich dieses
Mittel nicht von allen Fabrikanten in Anwendung bringen
und im Allgemeinen erfordern auch, einige Parfümerien von
höchster Feinheit abgerechnet, die Uompositionen, in welchen
Pfefferminzöl ein Ingredienz bildet, kein solches feines Aroma,
dass man sich nicht mit dem sorgfältig dargestellten jüngeren
Oele begnügen könnte.
Bisweilen nimmt das Oel nach dem Uebersteigen kleiner
Wassermengen aus dem Kessel in den Helm und in die Röhre
eine sehr dunkele grüne Farbe an, diese lässt sich leicht ver-
mittelst Filtrirens durch Thierkohle entfernen. Die Filter
werden dann in den Destillirapparat gebracht, um das ihnen
anhängende Oel wieder zu sammeln.
Das in der angegebenen Weise sorgfältig bereitete Oleum
menthae piperitae muss ein grünlichgelbes, klares und durch-
sichtiges Liquidum von leicht ölartiger Consistenz darstellen.
Wird es älter, so nimmt es nach und nach eine dunklere
Farbe an, wobei die grüne Nüance mehr und mehr der gel:
ben Platz macht, und gleichzeitig findet eine Verdickung statt,
bedingt durch Oxydation und daraus resultirender Vermeh-
rung des Menthacamphers 0?°H?°0? gegenüber dem Kohlen-
wasserstof. Nach Ansicht einiger Chemiker ist die Farbe
des Pfefferminzöls ihm nicht inhärent, was sie daraus schliessen
wollen, dass man durch Rectification das Oel farblos machen
kann. Roze theilt diese Ansicht nicht. Man kann allerdings
durch Rectification ein ganz farbloses Liquidum erhalten, aber
dazu bedarf es fractionirter Destillation und nur die ersten
Fractionen sind ungefärbt, während, je länger die Operation
dauert, um so mehr die Nüancen auftreten. Es erklärt sich
Mentha piperita, ihre Cultur in Frankreich und ihre Producte ete. 45
dies dadurch, dass das farblose Eläopten wegen seiner grösse-
ren Flüchtigkeit und wegen seines niedrigeren Siedepunkts
(163°, während der Menthacampher bei 213° siedet) zuerst
übergeht. Das neugewonnene Product ist somit hinsichtlich
seiner Zusammensetzung von dem natürlichen Pfefferminzöl
verschieden; aber allmälig stellt sich der Campher wieder her
und die grüngelbe Färbung kehrt wieder. Wäre diese letz-
tere Folge eines beigemengten Farbstoffes, so müsste die-
ser durch das Kohlenfilter entfernt werden, was aber nicht
geschieht.
Das specifische Gewicht des Pfefferminzöls schwankt
zwischen 0,90 und 0,93, das des Terpenthinöls beträgt unge-
fähr 0,87 und ist die Differenz leider zu gering, um die Ver-
fälschung mit- letzterem durch die Bestimmung des specifischen
Gewichtes entdecken zu können. Das Drehungsvermögen
des Pfeflerminzöls beträgt nach Buignet zwischen — 14,30
und — 34,29, das des Terpenthmöls — 43,50. Da indessen
das Drehungsvermögen für verschiedene Proben desselben
ätherischen Oeles beträchtlich varüirt und nach Pelouze und
Fremy Terpenthinöl von verschiedem Ursprunge die Ebene
des polarisirten Lichtes bald nach links, bald nach rechts
ablenkt, so dürfte auch das Drehungsvermögen kein sicheres
Mittel zur Erkennung von Verfälschungen abgeben. Da die
oxydirende Wirkung der Luft unter dem Einflusse des Lich-
tes kräftiger ist, so erscheint die Aufbewahrung in dunkelen
Gläsern oder an absolut dunklem Orte rathsam.
Das von Roze fabrieirte Oel gefror in einer Kältemi-
schung bei — 18° nicht; es bildeten sich dabei nur in der
Flüssigkeit weisse Wolken, bedingt durch beginnende Tren-
nung des Menthacamphers von dem Eläopten und allmälig
vermöge Wiederauflösung des ersteren bei Rückkehr zur
gewöhnlichen Temperatur verschwindend. Durch Filtration
der erkalteten Masse lässt sich der Campher von dem Hy-
drocarbür trennen.
Isteszweckmässig das Pfefferminzöl zu recti-
fieciren? Wenn man auch durch Rectification ein fast farb-
loses Product erzielen kann, so ist dies doch nicht anzurathen,
46 Mentha piperita, ihre Cultur in Frankreich und ihre Producte ete.
einmal, weil man überhaupt dann nicht mehr das ursprüng-
liche Pfefferminzöl hat, dann aber, weil das Erhitzen, und
zwar je häufiger es angewendet wird, desto mehr, die Fein-
heit des Aromas herabsetzt, endlich weil man mindestens
10%, des Ertrages dabei einbüsst.
Das Publikum und der Handel besitzen eine entschie-
dene Vorliebe für das englische Pfefferminzöl, die gewiss
nur bis zu einem gewissen Grade gerechtfertigt ist. Es
scheint auf der Hand zu liegen, dass eine ebenso sorgfältige
Bereitungsweise und Reinigung zu einem fast immer gleichen
Producte führen muss, namentlich wenn die zur Destillation
dienende Pflanze aus demselben Klima und von einem fast
gleichen Boden stammt. Chemische Differenzen scheinen in
den Pfefferminzarten von verschiedenem Ursprunge bisher
nicht nachgewiesen zu sein. Es müssten dieselben, da das
Eläopten das wohlriechende Prineip ist, dieses in verschiedener
Quantität enthalten, worüber Sicheres bis jetzt nicht vorliegt. *)
Von einer ähnlichen geheimnissvollen Einwirkung des Bodens
und des Klimas, wie sie den Weinen ihr eigenthümliches
Bouquet verleiht, kann wohl kaum die Rede sein und ein
Vergleich des aus wenigen einfachen Bestandtheilen zusam-
mengesetzten Pfefferminzöls mit dem so complicirten Gemenge
des Weines scheint geradezu a priori unzuverlässig. BRoze
glaubt die Superiorität des englischen Pfefferminzöls, inson-
derheit gegenüber dem französischen, überhaupt in Zweifel
ziehen zu müssen und weisst darauf hin, dass gar nicht sel-
ten aus Frankreich Oleum menthae piperitae nach England
importirt wird, um unter einer andern Etiquette als englisches
Product wieder heimzukehren. Die Vorliebe für englisches
Oel erklärt sich ihm zufolge einestheils aus der Präexistenz
dieses Industriezweiges in England, andererseits aus der
Reellität gewisser englischer Häuser, vielleicht auch aus eini-
gen geheim gehaltenen Manipulationen und Handgriffen, aus
dem Gebrauche, das Oel alt werden zu lassen und endlich
*) Es scheint hierfür allerdings der Umstand, dass das schlechtere
amerikanische Oel schon bei O° gefriert, zu sprechen. in
Mentha piperita, ihre Cultur in Frankreich und ihre Producte ete. 47
vor Allem aus dem Umstande, dass der Handel und das Pu-
blikum seit langer Zeit an die englische Waare gewöhnt sind.
Für die Gleichheit des französischen Pfefferminzöls eitirt
Roze die Uebersetzung des oben erwähnten Werkes von
Piesse durch Reveil und darin enthaltene Handelsberichte.
Dass das amerikanische Oel weit geringere Qualität
besitzt, rührt nach Roze von verschiedenen Umständen her.
Dies sind hauptsächlich eine vernachlässigte Cultur, wodurch
aus den Plantagen Species der Mentha von geringerem
Werthe und ebenso eigentliches Unkraut nicht entfernt wer-
den, ferner Nachlässigkeit bei der Destillation, der die Pflanze
unterworfen wird, ohne sorgfältige Reinigung und ohne Aus-
lesen, zuletzt die in Amerika weit häufigere Verfälschung.
Was die Verfälschungen anlangt, so bedient man sich,
um das Volumen des Pfefferminzöls zu vermehren, des Alko-
hols, der fetten Oele und besonders des Terpenthinöls, ausser-
dem wird ätherisches Senföl oder Ingweröl hinzugesetzt, um
dem Oel jenen styptischen, scharfen und brennenden Geschmack
zu geben, der bei einer Anzahl von Consumenten beliebt ist.
Geschickte Fälscher wissen recht gut, dass wenn man Ter-
penthinöl mehrmals über eine Pflanze mit ätherischem Oelge-
halt destillirt, das erstere einen Theil seines specifischen Ge-
ruches verliert und vorwaltend den der Pflanze annimmt.
Dies Verfahren findet Anwendung, wobei aus überflüssiger
Vorsicht noch frisch rectifieirtes Terpenthinöl benutzt wird.
Minder geschickte oder scrupulöse Fälscher mischen die bei-
den ätherischen Oele ohne besondere Kunstgriffe, andere end-
lich bereiten eine Mischung von dem sehr billigen amerikani-
schen Oleum menthae piperitae und den theueren englischen
oder französischen Oelen. Die Mehrzahl der hauptsächlich-
sten Consumenten in Frankreich, Droguisten, Pharmaceuten,
Parfümeure kennt diese Verfälschungen und zieht das so ver-
fälschte Oel dem nur zu höheren Preisen zu habenden ächten
Pfefferminzöl vor. Andere Käufer setzen dagegen volles
Vertrauen auf ihre Lieferanten und zweifeln nicht an der
Aechtheit des von ihnen verwendeten Oels, ja wenn nach
einiger Zeit in dem Gemische der characteristische Geruch
48 Mentha piperita, ihre Cultur in Frankreich und ihre Producte ete.
des Terpenthinöls sich wieder geltend macht und schliesslich
sogar vorherrschend wird, so trösten sie sich mit dem Glau-
ben, dass Pfefferminzöl mit der Zeit in Terpenthinöl sich
umwandele. Nur wenige Händler oder Industrielle giebt es,
welche ausserordentlichen Werth auf die Qualität der ätheri-
schen Oele legen und welche, um sich dieselben rein zu ver-
schaffen, weder vor dem geforderten hohen Preise, noch vor
sorgfältiger Untersuchung zurückschrecken. Bei Bedarf klei-
ner Mengen fabriciren Einige das ätherische Oel selbst, bei
grösserem Bedarfe wenden sie sich direct an den Fabrikan-
ten, wenn es möglich ist, und schützen sich durch Anwendung
der bekannten Reagentien thunlichst vor Verfälschungen.
Um die häufigsten der vorkommenden Verfälschungen,
die zugleich die schädlichsten sind, nämlich diejenigen mit
Alkohol, fetten Oelen und Terpenthinöl zu erkennen, glaubt
Roze die Angaben von Barreswill und Aime& Girard
als besonders wichtig ansehen zu müssen. Hiernach wird
der Zusatz von Alkohol dadurch nachgewiesen, dass man das
Oel mit etwas Kali aceticum schüttelt, welches Salz, indem
es sich in dem Alkohol auflöst, diesen mit nach unten reisst,
wo dann das Oel oben aufschwimmt.*) Ein noch einfacheres
Verfahren besteht nach Roze darin, dass man eine Portion
des zu untersuchenden Oels in eine graduirte Röhre bringt,
die Höhe der Flüssigkeitssäule notirt, ungefähr dieselbe Menge
Wasser hinzusetzt und schüttelt; enthält das Oel Alkohol, so
bemächtigt sich das Wasser desselben, und die Höhe der
Oelsäule nimmt ab.
Der Zusatz eines fetten Oels wird nach Barreswill
und Aime Girard evident, wenn das Oel auf dem Papiere
einen Oelfleck hinterlässt, der nicht durch die Wärme oder
durch Schwenken in der Luft verschwindet. Roze bemerkt
hierzu, dass der Fleck transparent sein muss, da, wenn das
Papier die geringste Spur von Leim enthält, durch Auflösung
des letzteren im ätherischen Oel sich ebenfalls ein Fleck oder
ein Ring bildet, wenn das ätherische Oel auch vollständig
*) Verfahren von Wittstein.
Mentha piperita, ihre Cultur in Frankreich und ihre Producte ete. 49
rein ist. Da 40grädiger Weingeist fette Oele nicht löst, so
trübt, wenn man ein so verfälschtes ätherisches Oel mit der
zehnfachen Menge wässrigen Weingeistes schüttelt, das Fett
den letzteren und trennt sich schliesslich davon, während das
ätherische Oel eine klare Lösung bildet.
Am schwierigsten ist der Nachweis der Verfälschung
mit Terpenthinöl. Alle in früherer Zeit angegebenen Metho-
den sind unzuverlässig, so namentlich auch das Verfahren,
welches auf der Löslichkeitsdifferenz der ätherischen Oele aus
der Familie der Labiaten und des Terpenthinöls beruht;
ebenso das mit Kupferacetat, das in terpenthinhaltigem Oel
angeblich Trübung verursacht, dagegen unverfälschtes Oel
klar lassen soll; endlich auch das M&ro’sche Verfahren mit
Mohnöl. Bis zu einem gewissen Grade kann man mit Hülfe
des Geruchssinnes Mischungen der genannten Art erkennen,
indem man die Differenz der Flüchtigkeit derselben benutzt.
Man lässt einige Tropfen des verdächtigen Oels auf Papier
fallen und schwenkt dasselbe in der Luft, wobei man es zu
wiederholten Malen beriecht und die fremdartigen Gerüche,
die sich bei der Verfiüchtigung entwickeln, bemerkt. Dieses
Verfahren gestattet indessen keine sicheren Schlussfolgerun-
gen. Viel sicherer ist das von Girard und Barreswill
angegebene Experiment, das sich auf die Hydratbildung des
Terpenthinöls durch den Einfluss feuchter Luft gründet. Bläst
man mit dem Munde in eine Flasche, die zu ®/, mit Teerpenthinöl
gefüllt ist, so sanft, dass die Flüssigkeit nicht bewegt wird,
so eondensirt sich ein wenig Feuchtigkeit auf dem Oele und
man sieht weisse Streifen und Nebel sich bilden, die in die
Flüssigkeit hinabsinken. Bei Oleum lavandulae oder ol. men-
thae steigt die Feuchtigkeit nicht unter der Form von Wol-
ken herab, sondern in der von rosenkranzförmig an einander
gereihten Tröpfchen, während diese Oele, mit Terpenthinöl
gemischt, sich wie Oleum terebinthinae verhalten. Je mehr
von letzterem zugesetzt ist, um so deutlicher werden die wol-
kigen Streifen. Die Erscheinung tritt ein bei einem Gehalte
von 5°, Terpenthinöl und es giebt nur wenige ätherische
Arch. d. Pharm. CLXXXIX. Bds. 1.u. 2, Hit. 4
50 Mentha piperita, ihre Cultur in Frankreich und ihre Producte ete.
Oele, in denen eine derartige Verfälschung nicht auf diese
Weise nachgewiesen werden könnte.
Das angegebene Verfahren hält Roze für untrüglich
und leicht auszuführen, obschon "allerdings einige Uebung
dazu gehört. Um die Ausführung zu erleichtern, ist es gut,
dass die Flüssigkeit eine etwas niedrigere Temperatur hat
als die des durch Blasen hervorgebrachten Dunstes, wesshalb
man die Flasche eine Zeit lang vor dem Versuche in kaltes
Wasser halten muss. Mit einer Aeolipyle lässt sich das
Phänomen augenblicklich hervorrufen.
Hat man auf diese Weise die Reinheit des Pfefferminz-
öls constatirt, so muss man noch „die‘ Qualität taxiren. Hier-
bei darf man sich nicht, wie es gewöhnlich geschieht, allein
auf den Geruch verlassen, sondern man muss das Oel auch
auf Zucker kosten und selbst in besonderen Präparaten, wozu
man es zu verwenden gedenkt, probiren.
In Frankreich, wo eine entschiedene Vorliebe für das
englische Pfefferminzöl besteht, kann erst die Zeit, Ausdauer,
absolute Rechtlichkeit und sorgfältige Fabrikation, nicht aber
das vielfach geübte Verfahren, französisches Oel unter eng-
lischer Etiquette zu verkaufen, dem in Frage stehenden
Industriezweige zu seinem Rechte verhelfen, der in grossem
Maasstabe ausgeübt, nicht unansehnlichen Verdienst verspricht.
Der en gros Preis des Pfefferminzöls in Frankreich varlirt
von 40 — 160 Fr. das Kilogrm.; amerikanisches wird höchstens
zu 50 Fr., das einiger englischen Häuser zu 160 Fr., das
französische selten höher als zu 90 Fr. verkauft. Gutes äthe-
risches Pfefferminzöl wird zu 120 Fr. notirt und Roze
erzielte durchschnittlich 110 — 120 Fr. für sein Erzeugniss.
(Der Detailpreis beträgt beiläufig bemerkt meist 250 Fr., wo-
bei es sich noch dazu meist um verfälschte Waare handelt).
Die Berechnungen von Roze nach dem zehnjährigen
Ertrage einer Pflanzung von 31 Aren ergiebt, den Preis von
1 Kilogr. Oel nur zu 100 Fr. gesetzt, als Nettoertrag 6 Fr.
pr. Are im Jahre, was natürlich unter dem wirklich erzielten
Betrage erheblich zurückbleibt.*)
*) 100 Aren (— 1 Hektare) entsprechen 3,9166 Preuss. Morgen.
Mentha piperita, ihre Cultur in Frankreich und ihre Producte ete. 51
Man kann übrigens unabhängig von dem ÖOleum men-
thae während der Destillation auch Aqua menthae sammeln,
wenn man nicht immer das von den vorhergehenden Opera-
tionen stammende aromatische Wasser in die Blase zurück-
bringen will, wodurch man, wie schon oben angegeben, zwar
Verlust an ätherischem Oele vermeidet, aber dafür auch
weniger feines Oel erzielt. Es lässt sich indessen auch durch
Sättigung mit Kochsalz dem destillirten Wasser das ätherische
Oel entziehen. Will man eine gewisse Quantität von Aqua
menthae conserviren, so darf man dazu nur diejenige wählen,
welche an dem ersten Tage nach gründlicher Reinigung des
Apparates gewonnen worden ist. Eigenthümlicher Weise ist in
der Umgegend von Sens das Pfefferminzwasser seit der Einrich-
tung der Roze’schen Destillationsanstalt ein viel consumirtes
Getränk geworden, das, mit Zuckerwasser genossen, theil-
weise als Digestivum gilt, theilweise als die Verdauung
befördernd und leicht eröffnend, von Gesunden genossen wird,
theilweise als Mittel gegen Koliken gilt, die namentlich im
Herbst in der erwähnten Gegend epidemisiren. Auch setzt
man dem Trinkwasser im heissen Sommer etwa 1/,, dieses
Pfefferminzwassers zu, um sich vor Erkältung des Magens
zu schützen. Durch diesen sich mehr und mehr verbreiten-
den Gebrauch wird noch ein allerdings nicht erheblicher Ne-
benverdienst erzielt.
Die vorstehenden Mittheilungen von Roze über die Cul-
tur der Pfefferminze in Frankreich, welche in gedrängter
Kürze einer Brochüre entnommen sind, die der Preisjury bei
der Weltausstellung von 1867 vorgelegt wurde, erscheinen
besonders aus dem Grunde von Werth, weil sie auf eine
langjährige Beobachtung sich gründen und von einem Fabri-
kanten herrühren, dessen Producte verschiedentlich durch
ertheilte Preise, so auch bei der erwähnten allgemeinen Welt-
ausstellung in Paris Anerkennung gefunden haben. Auch
für Deutschland dürfte eine ausgedehnte Cultur der Mentha
piperita zur Darstellung des ätherischen Oels in manchen Ge-
genden zu erspriesslichen Resultaten führen und die Angaben
Roze’s in dieser Beziehung, zumal in Hinsicht der besten
4*
52 Ueber technische Museen ete.
Art der Destillation scheinen, ganz abgesehen von ihrem wis-
senschaftlichen Interesse, auch über die Grenzen von Frank-
reich hinaus, für welches Roze’s Schrift zunächst abge-
fasst ist, von praktischer Bedeutung zu sein. Aus diesem
Grunde glaubten wir, zumal da die ursprüngliche Schrift
Roze’s wohl kaum in Deutschland Eingang gefunden, die
darin enthaltenen Thatsachen dem Leserkreise dieser Zeit-
schrift zugänglich machen zu müssen.
Th. Husemann.
Ueber technische Museen, insbesondere über das
Kensington - Museum.
Vortrag gehalten im Breslauer Gewerbe - Verein
von Professor Dr. Göppert, Geh. Medieinalrath, *)
In älteren Zeiten suchte man bei Gründung eines Mu-
seum so viel Eigenthümliches als möglich zusammenzubrin-
gen, in welche Categorie die alten Kunstkammern und der-
gleichen gehören, wie sie in Deutschland in fast allen grösse-
ren und kleineren Residenzen noch vorgefunden werden. Sie
dienten in jener Zeit mehr zur Befriedigung der Neugierde,
als zu allgemeiner Belehrung, welches Bedürfniss erst in unse-
ren Tagen mehr hervortrat, aber auch kaum erst nach Decen-
nien zählt. Der Einfluss der Naturwissenschaften,
welche die Gegenwart nach allen Richtungen hin beherrschen,
wirkte auch hier entscheidend ein. Unsere grossen Weltaus-
stellungen haben sich diesem Einfluss nicht zu entziehen ver-
mocht. Wie man bei allen naturhistorischen Untersuchungen
jetzt die Entwickelungsgeschichte in Betracht zieht,
so kam man auch hier schon bei vielen Producten auf ihren
Ursprung zurück, berücksichtigte die naturhistorischen Ver-
*) Separatabdruck aus Nr. 4 des Breslauer Gewerbeblattes, vom Hr.
Verf. eingesandt. Die Red.
Ueber technische Museen ete. 53
hältnisse und die technischen Processe, welchen das in Rede
stehende Product bei seiner Darstellung unterworfen ward.
Auch in einzelnen Museen begann man schon dieser
Richtung zu folgen, nirgends aber in so hohem Grade, wie
dies schon seit längerer Zeit in London bei drei grossartigen
Instituten auf höchst nachahmungswerthe Weise geschehen
ist, nämlich in dem botanischen Museum in Kew, in
dem Museum für praktische Geologie und indem
Kensington-Museum in London.
1. Das Museum im botanischen Gartenin Kew
erläutert auf übersichtliche Weise die technischen, oder rich-
tiger, die allgemeinen Verwendungen der Substanzen des
Pflanzenreiches.
Alle Naturproducte sind zugleich mit den daraus gefer-
tigten Kunstproducten aufgestellt, versehen mit zahlreichen
und möglichst erschöpfenden hierher gehörenden Nachweisun-
gen in Bild und Schrift, wovon nur ein Paar Beispiele zur
Erläuterung dienen mögen: Das Zuckerrohr: Abbildung
der Pflanze, genaue Angabe des Vaterlandes, Beschreibung,
Verbreitung durch Cultur, Bereitungsweise des Zuckers in
seinen verschiedenen Stadien, Masse der Production in allen
Theilen der Erde u. s. w.; Guajakholz: Abbildung der
Bäume, chemische Bestandtheile, Structurverhältnisse des Hol-
zes, specifisches Gewicht, rohe Holzblöcke, wie sie in den Handel
gelangen, verschiedene Arten der Bearbeitung, furnirt, polirt,
daraus bereitete Geräthschaften, womöglich auch hier noch,
wie bei vielen anderen exotischen Producten, Verwendungs-
weise in der ursprünglichen Heimath, also mit Rücksicht auf
ethnographische Verhältnisse u. s. w.
2. Das Museum für praktische Geologie
auch gewöhnlich geologisches Museum genannt, (Piccadilly
Jermyn Street 23—32) zum Theil begründet und unter der
Leitung des hochberühmten Murchison, dient ähnlichen
Zwecken in Beziehung auf Mineralien, ist aber noch in Ver-
bindung mit einer Bergschule und einem grossen Hörsaale, in
54 Ueber technische Museen ete.
dem für die arbeitenden Klassen Vorlesungen gehalten wer-
den. Es sind hier nicht nur die Mineralien, die kostbarsten
nicht ausgeschlossen, sondern auch die daraus dargestellten
Produete vorhanden, Gegenstände der Industrie, Gewerbe und
Kunst in einer ganz unglaublichen Mannichfaltigkeit, mit Rück-
sicht auf geschichtliche Entwickelung, aufgestellt, auf so inter-
essante Weise und in so prachtvollen Umgebungen, dass das
Gebäude schon an und für sich, abgesehen von seinem Inhalt
einen höchst befriedigenden Anblick gewährt.
3. Das Kensington-Museum
(South Kensington-Museum . of Science and art) in London,
südlich vom Kensington - Garten, wenige Schritte vom Ein-
gange des Industrieausstellungspalastes des Jahres 1863, ist
in einzelnen der damals erschienenen Reisehandbücher theils
ungenügend, theils auch wohl sehr ungünstig beurtheilt wor-
den, wodurch unstreitig sich Viele aus Missachtung haben
abhalten lassen, es zu besuchen, während es vom englischen
Publikum und mit vollstem Recht sehr hoch gehalten wird,
Eine vortreffliche, von mir vielfach benutzte Schilderung des-
selben enthält das ausgezeichnete Werk von Dr. jur. Her-
mann Schwabe, die Förderung der Kunstindustrie in Eng-
land und der Stand dieser Frage in Deutschland für Staat
und Industrie, Gemeinden-, Schul- und Vereinswesen. Ber-
lin 1866.
Im Jahre 1863, als ich es besuchte, bestand es aus zwei
Abtheilungen.
LH AHahreiTüng:
Sammlungen für das Gebiet der Kunst.
1. Ornamentale Kunst. Zweck dieses Theiles des Mu-
seums die Geschichte, Theorien und praktische Anwendung
der decorativen Künste zu illustriren, in 18 verschiedenen
Abtheilungen.
2. Sculpturen.
3. Architecturen,
Ueber technische Museen cte. 55
4, Bildergallerien.
5. Bibliothek für die Kunstabtheilungen und Sammlun-
gen, verbunden mit Unterrichtsanstalten.
H..=A,btheilnnp:
Sammlung für das Gebiet der Wissenschaft;
gewissermaassen die genetische Abtheilung der
vorigen.
Enthält: 1. Sammlung von Schul- und Unterrichts-
gegenständen, umfasst zunächst eine bereits 15,000 Bände
zählende Bibliothek, naturgeschichtliche Sammlungen aller drei
Reiche; Mineralien, auf das umständlichste etiquettirt mit Na-
men, Fundort, geologische Formation, Angabe der Krystall-
form, Härte und specifisches Gewicht, Bruch, Durchsichtigkeit,
Zerbrechlichkeit, Verhalten vor dem Löthrohr, zu den Säu-
ren ete., technische Verwendung; bei den Kohlen: Modelle
der Kohlengruben, Reinigung und Sortirung der Kohlen u. s. w.
In der Abtheilung Botanik vorzugsweise Pflanzen für
Kunst und Industrie, Faserstoffe, Jute, Flachs, Baumwolle,
Gewürze, Giftpflanzen u. s.w. Zur Illustration dienen grosse
Wandtafeln mit Abbildungen derselben und ihrer Theile, wie
auch ihrer mikroskopischen Structur, geographische Verbrei-
tung, wie z. B. Karten über Verbreitung der Zuckerindustrie.
Die praktisch wichtigen Gegenstände aus dem Gebiete
der Zoologie finden wir ähnlich illustrirt.
Hierzu kommen noch eine grosse Anzahl physikalischer,
chemischer und mechanischer Apparate, dann endlich sogar
noch Apparate für Personen, denen einzelne Sinne fehlen,
wie Taubstumme und Blinde.
2. Abtheilung für Constructions- und Bau-Materialien,
Diese Sammlung ist, wie ich aus dem oben genannten Werke
des Herrn Dr. Hermann Schwabe ersehe, in den letzten
Jahren noch mehr vervollständigt worden. Mich interessirten
ganz besonders die Baumaterialien des Pflanzenreiches, die
Hölzer, zum Theil Acquisitionen der internationalen Ausstel-
lung von 1862, die damals von dem Architect und Erbauer
des Industriepalastes genau untersucht wurden.
56 Ueber technische Museen ete.
Wir finden bei jedem dieser Hölzer wohl an 80 Sorten
und darüber verzeichnet, den botanischen Namen, System,
naturhistorische Familie, Fundort, Beschreibung, Abbildung
des Baumes, des Längs- und Querschnittes, Structur, speci-
fisches Gewicht, Tragfähigkeit des Holzes in der Richtung
der Faser, Tragfähigkeit in entgegengesetzter Richtung, Ela-
stieität, Zähigkeit.
3. Sammlung thierischer Rohstoff- Produete; bestimmt,
ihre verschiedene Verwendung, thierische Substanz zum Zwecke
der Industrie und zum Nutzen der Menschheit zur Anschauung
zu bringen.
4. Museum der Nahrungsmittel, nahm mein besonderes
Interesse in Anspruch. Es zeigt uns in allen seinen
Theilen eine wahrhaft musterhafte Behandlung
eines wissenschaftlichen Gegenstandes impopu-
lären Gewande, wie ich noch niemals gesehen
und mir daher heutvorgenommenhabe sie, Ihnen
hochgeehrte Herren, kürzlichst zu schildern. Die Aus-
stellung bezieht sich also auf die zur Nahrung dienenden
Stoffe (Food Museum). Die erste Idee rührt von Twinning,
die Ausführung von Playfair und Lankaster her. Ihr
Zweck, Kenntniss der Natur und Quellen der Nahrungsmittel,
sseordnet nach chemisch physiologischen Verhältnissen. Jeder
einzelnen Gruppe von Gegenständen dient immer eine mit
hinreichend grossen Buchstaben gedruckte Erläuterung auf
einer unter Glas befindlichen Tafel als Einleitung. Die Ge-
genstände selbst sind meist in Glaskästen, deren sehr viele
vorhanden sind, aufgestellt. Die Nahrungsmittel bestehen
bekanntlich aus denselben Elementen wie der menschliche
Körper. Um dies Verhältniss richtig zu würdigen, erschien
es nothwendig, von einem bestimmten [Gewicht auszugehen
und man nahm daher das Durchschnittsgewicht eines Erwach-
senen mit 154 Pfund als Basis, wonach man nun sämmt-
liche Bestandtheile berechnete:
Zuerst die sogenannten entfernteren oder einfachen Be-
standtheile, dann die näheren alle, selbst das Wasser nicht
ausgenommen, in besonderen Gläsern zur Illustration der auf
Ueber technische Museen ete. 57
der Tafel befindlichen gedruckten Angaben, ausgestellt, mei-
ner Meinung nach ein höchst anschauliches Verfahren. Die
Nahrungsmittel selbst werden eingetheilt, wie wieder auf
einer Tafel verzeichnet ist, I. in direct nothwendige
Nahrungsmittel, II. in accessorische und II. in
medicinischeoder Hülfsnahrungsmittel. Die erste-
ren oder die direct nothwendigen zerfallen 1. in minera-
lische, 2. kohlenwasserstoffhaltige, stickstoff-
freie und 3. stickstoffhaltige Verbindungen.
1. Unter den mineralischen zunächst das Wasser, hier
die Angaben des Wassergehaltes der verschiedenen Nahrungs-
mittel, die Bestandtheile der verschiedenen Wässer nament-
lich der von London wieder in einzelnen Gläsern, nebst Fil-
trir- oder Reinigungsapparaten unter genauer Angabe des
Verfahrens; sowie Kochsalz, die verschiedenen Arten von
Salz und die einzelnen mineralischen Bestandtheile; auch die
Pflanzen, die dergleichen in Nahrungsmitteln liefern, mit
meist guten Abbildungen in grösstem Verhältnisse, wobei auch
selbst die zu Salat dienenden Gewächse nicht vergessen
sind, wie Lattich, Cichorien, Endivien, Kresse, Sellerie, Run-
kelrüben, Rettig, Rapunze, Sauerampfer, Löwenzahn etc.
Die zweite Gruppe, die Kohlenwasserstoff-
verbindungen, oder sogenannte Respirations--
mittel nach Liebig enthalten die als Nahrung dienenden
Algen, die Stärkearten, Abbildungen ihrer Formen so wie
der Pflanzen, von denen sie stammen, z. B. Kartoffeln, Cyca-
deen, Arrow-Root, Jatropha, Cetraria, auch selbst das Modell
einer Victoria regia, Blätter und Blüthen auf einer das Was-
ser .nachahmenden Spiegelglasfläcke. Auf ähnliche, so zu
sagen analytische Weise werden der Zucker und seine ver-
schiedenen Arten instructiv behandelt, ferner an 50 zur Nah-
rung benutzte zuckerhaltige Gemüse, alle bekannte Obstarten,
eben so der Honig, die Fette und fetten Oele, organische
Säuren. Unmittelbar hierauf folgt:
3. Gruppe der stickstoffhaltigen fleischbil-
denden Nahrungsmittel: zunächst die Brotbereitung in
allgemein verständlicher Darstellung, Analysen des Brotes, die
58 Ueber technische Museen cte.
Proteinstoffe, Casein, Albumin, Fibrin, Legumin, sämmtliche
Getreidearten und zwar in allen ihren Varietäten aus der
Familie der Gramineen; die Leguminosen (Erbsen, Bohnen,
Wicken, Linsen, die Erdnuss (Arachis hypogaea), Buchwei-
zen, Pilze, schliesslich auch die Angabe des Verhältnisses
und des Bedürfnisses an Nahrungsmittel bei einzelnen Klas-
sen der Gesellschaft, den Soldaten und Seeleuten, in verschie-
denen Zonen der Erde.
II. Klasse, die accessorischen Nahrungsmit-
tel. Hierher werden gerechnet: Cellulose oder vegetabili-
scher Faserstoff, Gummi oder Schleim, Gallerte, die eigent-
lich nicht assimilirt werden. Tafeln enthalten Angaben über
ihr verschiedenes quantitatives Vorkommen in den Gewächsen.
III. Klasse. Hülfs- oder sogenannte medici-
nische Nahrungsmittel. Alkohol, die verschiedenen
Biere, Weine, Branntwein, ätherischen Oele, Darstellung ihrer
Bereitung, Gewürze, narkotisirende, wohin Kaffee nebst allen
Surrogaten, die Theearten der Erde, Coca, Chokolade, Tabak,
Abstammung, Analysen, Verbrauch, Surrogate und Verfäl-
schungen, zuletzt auch noch das Opium und das Haschisch
aus dem Hanf.
Auf die Darstellung der vegetabilischen Nah-
-rungsmittel folgt nun die der thierischen mit ähnli-
chen Illustrationen: Nahrungsstoffe liefernde Thiere, Säuge-
thiere, Vögel, Fische, Amphibien, Würmer, Insecten, Mol-
lusken sieht man abgebildet aber auch in Originalien aus-
gestopft, getrocknet oder in Spiritus, die Seethiere in einem
Seeaquarium. Erläuterungen über die einzelnen Nahrungs-
stoffe, Milch, Fleisch, Producte, Haare und Oberflächengebilde
aller Art, verleihen auch dieser Abtheilung ein nicht geringe-
res instructives Interesse.
Den Beschluss machen noch: 1. eine Sammlung der Nah-
rungsmittel verschiedener Völker der Erde, welche jedoch
damals erst in der Anlage begriffen schien und wenig mehr
als die der Chinesen enthielt; 2. Specimina der verschiede-
nen Methoden, Nahrungsmittel zu conserviren durch Com-
pression, Einschluss u. s. w.; 3. Substanzen, welche angewendet
Der Charaster der Vegetation im Himalaya. 59
werden, um die Nahrungsmittel zu verfälschen, über 80, nebst
Angabe ihrer Beschaffenheit und ihres Vorkommens, geordnet
nach dem Werke des Dr. Hassal, über die Verfäl-
schung der Nahrungsmittel.
Wenn Sie nun erwägen, dass alle diese Illustrationen
sich in dem geschilderten Zusammenhange und gegenseitigen
Beziehungen auf einander folgen und so zu sagen logisch an
einander gereiht sind, auch ein zweckmässig eingerichteter
und klar geschriebener Führer nicht fehlt, so werden sie
zugeben, dass drese Art der Darstellung wohl als ein wah-
res, schwer zu übertreffendes Muster der Behand-
lung wissenschaftlicher Gegenstände zu betrach-
ten ist, und auch für andere Zweige der techni-
schen Wissenschaften Nachahmung verdient.
Nichtsdestoweniger ist sie bei uns doch so gut
wie unbekannt, wenigstens, so viel ich weiss, bei
keinem der bis jetzt in Deutschland errichteten
gewerblichen Museen genügend beachtet worden.
Dass dieser Vorwurf nicht dem von uns projectir-
ten Museum einstgemacht werden möge, wünsche
ich aufrichtig, und vor allem, dass Sie, hoch-
geehrte Herren, bald in den Stand gesetzt sein
möchten, ein solches zu begründen.
Der Character der Vegetation im Himalaya;
nach Robert von Schlagintweit und Hügel.
Himalaya oder Himäleh, (im Sanskrit Heimath des
Schnees), ist das grosse Gebirge, welches den Südrand von
Uentralasien und die Scheide zwischen Hindostan und Tibet
bilde. Aus den Ebenen Hindostans erhebt sich dieses Rie-
sengebirge stufenweise in 3 Hauptketten zum grossen
Tafellande von Innerasien, von denen die erste meistens
aus Sandstein gebildete Kette sich 3200 Fuss über dem
Meeresspiegel erhebt; während die zweite Kette vorzugs-
60 Der Character der Vegetation im Himalaya.
weise aus Schieferarten besteht, und zwischen 3200 und
8400 Fuss steigt. Die dritte oder Öentralkette, der
eigentliche Himalaya besteht aus Gneis, der von Granit
durchbrochen wird, als Grundgebirge und erstreckt sich im
einer Kammhöhe von 14,700 Fuss, die aber von vielen über
20,000 Fuss hohen, mit” ewigem Schnee bedeckten Gipfeln
überragt wird. Diese Gipfel lassen ®ich in verschiedene
Gruppen eintheilen, von welchen die wichtigsten sind: die m
dem Quellengebiet von Ganges, Dschumna und Set-
ledsch mit dem 24,160 Fuss hohen Randa Dawi als höch-
stem Punkte, sodann an den Quellen des Ghandak mit
dem Dhawalagiri nach Blake 26,340, nach Webb
26,286 Fuss über dem Meere und endlich die Gruppe, deren
höchster Punkt der 26,266 Fuss hohe Tschamaliri ist.
Die Schilderung, welche Prof. R.v. Schlagintweit von
dem Vegetationscharacter des Himalaya entwirft, glaubt er
nicht besser einzuleiten, als indem er auf die bekannten That-
sachen aufmerksam macht, dass in einem jeden grösseren Ge-
birge der Character der Vegetation in verschiedenen Erhe-
bungen über dem Meere ein wesentlich verschiedener sei.
Unter allen den mannichfaltigen Einflüssen, welche den Vege-
tationscharacter in einem Gebirgslande bedingen, sind jene,
welche die Höhe über der Meeresfläche ausübt, so wie die
mit zunehmender Höhe abnehmende Temperatur der Luft und
die Veränderung der Feuchtigkeitsverhältnisse, die wichtig-
sten und bedeutendsten.
Denn während in tiefgelegenen Theilen des Himalaya
eine Vegetation hervortritt, welche mit Recht als eine tropi-
sche bezeichnet wird, zeigen dagegen die höher gelegenen
Regionen des Gebirges nur eine spärliche Pflanzendecke, die
eine Flora hervorbringen, welche von einer tropischen ganz
verschieden ist und unserer europäischen Alpenflor ähnelt.
Da es demnach nicht wohl möglich ist, von dem Vegetations-
character des Himalaya zu sprechen, ohne die Höhenregion,
in welcher sie auftritt, zu berücksichtigen, so hat Professor
v. Schlagintweit für den Himalaya fünf Zonen oder
Vegetationsregionen, wie folgt, angenommen:
Der Character der Vegetation im Himalaya. 61
1) Die Tropenregion zwischen 1,000 u. 3,000 engl. FussErhebung.
2) Die subtrop. Region ,„ 3,000u.6,000 „
3) Die Waldregion 6,0005 000
4) Die Strauchregion ,„ 11,000u.14,000 , 4 *
5) Die Alpenregion von 14,000 zu jenen Höhen, bis zu
welchen überhaupt noch Pflanzen gedeihen.
Die Tropenregion, zwischen 1000 und 3000 Fuss
sich erstreckend, ist besonders gut entwickelt längst des gan-
zen Südfusses des Himalaya. Man findet da die prachtvoll-
sten Palmen, eine Varietät der Dattelpalme, Phoenix acaulis,
baumartige Farrnkräuter, besonders Asophila gigantea, mehre
Arten von Calamus z. B. C. Rotang Willd. ete., mächtige
Bambus-Rohre, Bambusa arundinacea Willd., riesenhafte
Bäume von Magnolien, Cedrelen, Tiks (Tectonia grandis Lin.
suppl.), Sals (Shorea robusta), riesige Feigen- und Gummi-
Bäume und zwischen ihnen Schlinggewächse der verschieden-
sten Art, die sich überall an Stämmen und Aesten empor-
schlingen. Alles bedeckt hier eine wuchernde Vegetation,
zwischen welcher abgestorbene Baumstämme liegen, die nach
einiger Zeit ebenfalls dicht mit Schlingpflanzen überzogen
sind. Die Mannichfaltigkeit der Formen ist so gross, die
Pracht der Blüthen und die Zahl der herrlichsten Pflanzen
ist so unbeschreiblich, dass selbst das eigentliche tropische
Indien keine üppigere Vegetation aufzuweisen hat. Das Ge-
deihen dieser grossartigen Vegetation wird wesentlich von
der Beschaffenheit des Terrains befördert, welches hier sumpfig
ist. Denn Indiens reichbebaute Ebenen verwandeln sich da,
wo sie den Südfuss des Himalaya erreichen, in Sumpfland,
(Tarai in Indien genannt), welches an einigen Stellen nur
einen schmalen Gürtel bildet und an anderen eine Breite von
15 — 20 Stunden einnimmt. So reizend dem Auge die in
dem Tarai vorkommende tropische Vegetation erscheint, so
gefährlich ist sie dem Menschen, denn fast überall auf der
Erde, sind jene Verhältnisse, die sich dem Pflanzenleben
so günstig erweisen, dem menschlichen Organismus sehr
schädlich. Zu jeder Jahreszeit lagert Morgens über den
Tarai- Wäldern und Iangals eine hohe Schicht von fast undurch-
”
”
62 Der Character der Vegetation im Himalaya.
dringlichem Nebel; wenn nun im Laufe des Tages, die direct
herabgesandten, heissen Sonnenstrahlen, deren Kraft nur in
der Regenzeit vorübergehend geschwächt wird, einwirken,
dann scheint der Boden der Tarai zu dampfen, dann entstei-
gen ihm Dünste, mit Unmassen von verwesten organischen
Stoffen geschwängert, welche die bösartigsten Krankheiten und
tödtliche Fieber nicht allein für den Europäer, sondern auch
selbst für die Urbewohner erzeugen, wodurch der Tarai auch
für diese unbewohnbar wird.
In dersubtropischen Region, von 3000 bis 6000 Fuss
über dem Meere, verändert sich der Character der Vegetation;
wir treffen zwar zuweilen Gruppen wie mitten in den Tropen,
aber immer vereinzelt und ohne Zusammenhang. Hier treten
uns schon eine Reihe nicht tropischer Gewächse entgegen,
und man erblickt stellenweise schon die langnadlige Fichte
(Pinus longifolia). In der subtropischen Region cultiviren die
Bewohner das Hinialaya mit Erfolg eine Reihe tropischer
Pflanzen, wie ganz besonders die Bananen oder Plantains (Musa
paradisica Lin.), die Ananas und andere Früchte. Das Klima
dieser Region ist auch dem Europäer nicht gefährlich, obgleich
im Sommer in den engen Thälern oft eine Temperatur
herrscht, die an die heissen Ebenen Indiens erinnert.
In der Waldregion, zwischen 6000 und 11,000 Fuss
Erhebung über dem Meere, tritt uns ein wesentlich verän-
derter Character der Vegetation in Bezug auf die früheren
Regionen entgegen, es ist die begünstigste Zone in Bezie-
hung der Vegetation des ganzen Berglandes, hier fallen vor-
erst eine grosse Menge von Obstbäumen auf, die mit unseren
europäischen identisch sind und deren Früchte hier in ihrem
natürlichen Zustande vollkommener werden. Ueber diesen sehen
wir dann eine Anzahl Nadelhölzer, welche der ganzen Region
einen eigenthümlichen Character geben. Die Nadelholz - Vege-
tation im Himalaya ist am schönsten entwickelt in dem eigent-
lichen Quellengebiete des Ganges, in Kamaon und Garhval.
Im Bhagirathi-Thale, dem Hauptthale des Ganges, sind die
steilen Abhänge, welche das enge Thal einschliessen, nicht
kahl und nackt; denn allenthalben, selbst zwischen den Stein-
Der Character der Vegetation im Himalaya, 63
ritzen, wuchern Gräser und Pflanzen hervor und mächtige
Nadelholzstämme schmücken die Felsen mit einer Pracht,
einer Schönheit und Höhe, wie nur selten in einem anderen
Theile des Gebirges. In kurzen Abständen erheben sich Pi-
nus longifolia, eine mit 2 Zoll langen Nadeln versehene Fichte,
eine riesige Ceder, aber beide prachtvolle Baumarten werden
wieder überragt von einer uralten Cedrus Deodara, der grössten
und schönsten Fichte des Himalaya. Die Nadelholzbäume
wachsen oft an Felsengehängen, die so steil und unzugänzlich
sind, dass des Menschen Fuss sie wohl niemals betreten wird.
Die in dem Himalaya vorkommenden Nadelhölzer sind: Pi-
nus excelsa, P. longifolia, P. Gerardiana; Abies Pindrow,
A. Webbiana; Picea Khutrow; Larix Griffithi; Cedrus
Deodara; Cupressus torulosa, Cupr. Whileyana; Ephe-
dra Gerardiana; Juniperus recurva, J. squamata, J. reli-
giosa; Taxus Wallichiana; Podocarpus nereifolia; Gne-
tum Brunonii.
„Der Character dieser Vegetation in Kaschnur“ sagt
Hügel, „ist nach den verschiedenen Richtungen höchst wech-
selnd, überall zierlich und geordnet. Des Wanderers Schritte
durch die unbetretenen Waldungen und Haine hemmen weder
engverschlungene Schmarotzer- oder Schlingpflanzen, noch zwin-
gen ihn stachelige oder dornige Gewächse zur Vorsicht. Im
Frühlinge bedeckt eine unglaubliche Masse von Biüthen das
Thal; die Dörfer sind im vollen Sinne des Wortes davon ein-
gehüllt und selbst in den Wäldern stehen die Fruchtbäume
in so grosser Menge, dass grosse, weisse und rothe Massen
nach allen Richtungen hervorschimmern, während höhere
Puncte des Gebirgs mit grossblumigem Rhododendron und mit
den gelben Blumen von Berberis prangen. Nach dieser Zeit
ist alles mit dem üppigsten Grün überzogen, das aus der
Ferne gesehen durch nichts unterbrochen wird; aber für den
Nähertretenden ist das anders: für diesen sind die Blumen
zu jeder Jahreszeit in grosser Menge vorhanden.“
Die Nadelhölzer bilden ebenso in ihrer Art einen Urwald
im Himalaya, wie die dichtesten Jangals der ausgedehntesten
Wälder im tropischen Indien; aber wie sehr verschieden ist
64 Der Character der Vegetation im Himalaya.
der Urwald in den höheren Theilen des Himalaya und der
Urwald in Indien. In der Waldregion des Himalaya entfal-
tet sich jeder Baum zu seiner grössten Vollkommenheit; da
ist keine gewaltige Schlingpflanze, da ist kein lästiger Para-
sit, welcher ihn umzieht, welcher ihn seiner besten Säfte
beraubt und ihm den zu seiner ganzen Entwickelung nöthigen
Raum verkümmert. Im Himalaya lassen sich die Baumfor-
men in ihrer Individualität erkennen; da ruht das Auge auf
dem dunkeln Grün und auf den harmonischen Formen der
Bäume und ihrer Blüthen.
In einem Jangals hingegen (einer Art Urwald in Indien)
sucht eine Form die andere zu verdrängen, da herrscht
eine Unregelmässigkeit, ein Chaos, ein Gewirr von Bäumen,
Sträuchern und baumartigen Schlingpflanzen, da wird das
Auge ermüdet durch die grellen Farben, den verschiedenar-
tigsten Gestalten und Formen der Blätter. Der lange Aufent-
halt in einem solchen Jangals in Indien ist sehr schädlich;
der Boden ist feucht und oft zolltief bedeckt mit vermoder-
ten Pflanzenresten, die Luft ist undurchsichtig, schwül und
verpestet mit wmiasmatischen Ausdünstungen; träge und
schlammig fliessen die Bäche durch die Jangals, ihr Wasser
ist auch in den Teichen, Wassergräben warm, es erquickt
nicht, sondern vermehrt vielmehr den Durst und ist sehr
ungesund. Wie ganz anders ist die Waldregion des Hima-
laya; da wehet eine klare, reine und erquickende Luft; da
finden sich kühlende Quellen mit köstlichem Wasser, auch
hier und da rauschende Giessbäche.
In der Waldregion des Himalaya wird die Schönheit der
Vegetation noch durch ein herrliches Klima mit wolkenleerem,
blauen Himmel erhöhet; zwischen Bäumen und Blumen wan-
dert man durch das enge Thal. Da auf einmal ganz uner-
wartet macht das Thal eine Krümmung und plötzlich steht
vor uns ein mächtiger, von blendend weissem Schnee bedeck-
ter Riesenberg, einen grellen Contrast bildend zu dem von
allen Seiten umgebenden saftigen Grün umher.
R. v. Schlagintweit sagt: „diese Erscheinung ist so
urplötzlich und imposant, dass sie mir stets einen tiefen, mächtigen
Der Character der Vegetation im Himalaya. 65
Eindruck hervorrief. Noch heute erinnere ich mich lebhaft
solcher Bilder, wie ich deren viele im Quellengebiete des
Ganges sah. Sie sind es, welche diesen Theil des Himalaya
zu einem der schönsten und reizendsten im ganzen Hochasien
machen.
Ausser den Nadelholzwaldungen finden sich nicht allein
die oben erwähnten Obstbäume in der Waldregion des Hima-
laya, sondern auch andere Laubbäume, besonders Eichen-
arten. Am höchsten hinauf steigt Quercus semicarpifolia,
fast bis zu 12,000 Fuss, es ist ein herrlicher Baum, dessen
Holz sehr geschätzt wird. Der europäischen Steineiche, Win-
tereiche, Quercus Robur £. Linn. steht am nächsten Quer-
cus incana, die ächte Steineiche des Himalaya; doch weder
ihr Holz noch das Holz von Quercus annulata ist besonders
brauchbar.
Die beschriebene Waldregion des Himalaya ist zugleich
jene Zone, welche sich als sehr günstig zur Kultur einer
grossen Anzahl von Getreidearten eignet, die auch von den
Bergbewohnern in solcher Anzahl und Menge, verhältniss-
mässig mit geringem Aufwande von Zeit und Arbeit ange-
baut werden, dass die Bewohner des Himalaya nicht im
Stande sind, die Ernte selbst zu verzehren. Ein bedeutendes
Quantum davon wird noch alljährlich auf Schafe geladen und
über die hohen Schneepässe nach dem rauhen, unwirthlichen
Tibet hinübergeführt.
In den Höhen über 11,000 Fuss werden Bäume immer
seltener; wir nähern uns der Strauchregion von 11,000
bis 14,000 Fuss, welche auf die Waldregion folgt. Characte-
ristisch für diese Region, so wie überhaupt für die Vegetation
des Himalaya im Allgemeinen, ist der Mangel grosser und
zusammenhängender Grasplätze. Mit wenigen Ausnahmen sind
die Thalsohlen des Himalya zu enge, die herabfallenden Ab-
hänge zu steil, um ebene Weiden zu gestatten, wie solche
in unseren weniger steilen Alpen so häufig vorkommen.
Je höher man im Himalaya steigt, um so verkrüppelter
werden die Straucharten und um so weniger zahlreich die
-
Arch. d. Pharm. CLXXXIX. Bds. 1. u. 2. Hft. [9]
66 Der Character der Vegetation im Himalaya.
Pflanzen. Wir sind jetzt an der alpinen Region angelangt,
mit einer nur spärlichen und kümmerlichen Flora, welche der
in unseren Alpen sehr ähnelt und sich in der Nähe der
Schneegrenze fast gänzlich mit wenigen Ausnahmen verliert.
v. Schlagintweit sagt: „Das Bild, welches ich bisher
versuchte, über die Vegetation des Himalaya characteristisch
zu entwerfen, wünsche ich noch dadurch zu vervollständigen,
dass ich zum Schlusse Mittheilungen über die Vegetations-
grenze gebe; das heisst, dass ich jene obersten Grenzen
angebe — in engl. Fussen ausgedrückt — bis zu welchen
noch Bäume, Getreidekulturen, Sträucher und Pflanzen über-
haupt vorkommen; ich füge zum besseren Verständnisse
dieser Grenzen analoge Daten aus unseren europäischen Al-
pen hinzu.“
In unseren Alpen wachsen Bäume hinauf bis zu 6500
Fuss, im Himalaya bis zu 11,800 Fuss.
Ueberraschend ist es im Himalaya zu sehen, wie unge-
mein scharf die Grenze gezogen ist, längst welcher Bäume
in den Thalsohlen oder an den Bergabhängen hinaufwachsen.
Getreidekulturen gehen in den Alpen im Mittel bis zu
5000 Fuss, im Himalaya bis 11,800 Fuss. Sie reichen also
hier nicht über die Baumgrenze hinaus und zwar desshalb
nicht, weil auch die äussersten, das ganze Jahr bewohnten
Orte im Himalaya nicht über die Baumgrenze hinaus ge-
baut sind.
Als oberste Grenze für Straucharten kann man in den
Alpen 8000 Fuss, für den Himalaya 15,200 Fuss annehmen.
Graspflanzen wachsen sowohl in den Alpen, wie auch im
Himalaya noch einige hundert Fuss höher. (Jahresbericht der
Pollichia XXII— XXIV B.). Dr. Löhr.
Ueber die chemischen Vorgänge beim Reifen der Weintraube. 67
Ueber die chemischen Vorgänge beim Reifen der
Weintraube.
Von Julius Schliekum, Apotheker in Winningen. *)
Das Weinjahr 1865, das nur mit den Jahren 1811 und
1822 dieses Jahrhunderts in Vergleich kommen kann, hat
meine Darlegung über das chemische Verhalten der reifen-
den Traube (Generalversammlung der Pollichia 1860) glän-
zend bestätigt. Es zeigte sich, dass die Umwandlung der
Aepfelsäure in Weinsäure und Traubenzucker unabhängig ist
von der Umwandlung des Schleimkerns in Fruchtzucker
und dass zur Production der ersteren nur heisse, länger
andauernde Temperatur, zu derjenigen des letzteren aber,
neben dieser, auch noch Regen zur rechten Zeit nöthig sei.
Die Juni- und Julihitze hatte im Jahre 1865 bewirkt,
dass der grösste Theil der Aepfelsäure in der sich noch
hart anfühlenden Traube die Umwandlung in Weinsäure und
Traubenzucker hatte erleiden können, so dass, als die
Traube anfing weich zu werden, nur noch der indifferente
Schleimkern in Fruchtzucker übergehen musste, was im
vollkommensten Maasse würde erreicht worden sein, wenn der
September nur eine mässige Feuchtigkeit (Regen) gebracht
hätte. So aber musste sich der Schleimkern mit der Feuch-
tigkeit begnügen, die der Boden, von Ende Juli bis gegen
Ende August geben konnte; (der Juli und August brach-
ten 1865 nach Löhr’s Beobachtungen in Köln die normalen
Mengen Regenwasser, nämlich für jeden Monat 396 Cubik-
zoll = einer Höhe von 2 Zoll 9 Linien, wogegen der Septem-
ber für den Monat nur 12 Cubikzoll spendete).
Gegen die Mitte August, als die Traube anfing weich
zu werden, kamen mehre Winzer, die den Jahrgang 1822
und 1834 nicht aus eigener Anschauung kannten, zu mir
und baten um Auskunft, woher es komme, dass die
Traube, so wie sie anfing reif zu werden, schon süss,
nicht wie gewöhnlich sauer schmecke’ Ich entgegnete
*) Pollichia, XVII, XIX, XX. u. XXI
5*
68 Ueber. die chemischen Vorgänge beim Reifen der Weintraube.
den Fragenden, dass diese ihnen fremde Erscheinung mir
einleuchtend sei, und dass, wenn später nur ‘etwas Regen
und warme Witterung eintrete, der Wein von 1865 dem
vorzüglichsten dieses Jahrhunderts beizuzählen sei. Denn die
schwierigste Arbeit, die dem Monate August eigentlich
allein vorbehalten sei, nämlich die Umwandlung der, in der
Traube ursprünglich erzeugten Aepfelsäure, habe durch die
frühzeitige Blüthe schon der Juli mit übernommen, daher die
Natur nur noch die Bedingung des Ueberganges des Schleim-
kerns in Fruchtzucker zu vollziehen habe, welche Umwand-
lung leicht eintreten würde, wenn der gehörigen Wärme,
(Hitze sei nicht gerade nothwendig), Regen zur rechten Zeit
nicht fehle.
Ende September 1865 verlangten die Winzer allgemein
nach einem Regen und die ältesten Winzer äusserten, so wie
Regen komme, der etwas eindringe, so sei die Zeit der Lese
von selbst gegeben, denn dann trete bald edle Fäulniss, d.h.
eine rasche Umwandlung des letzten Restes des Schleimkerns
in Fruchtzucker, ein. Die Traube ist dann vollkommen reif
und folgt dem Naturgesetze der Frucht, den Samen fal-
len zu lassen. Dr. Löhr.
69
III. Physiologie.
Eine neue Theorie des Schlafes,
von Emil Sommer; mitgetheilt von Dr, Löhr.
Ueber keinen Vorgang im thierischen Organismus schwebt
wohl zur Zeit noch ein so tiefes Dunkel, als über den
geheimnissvollen Zustand des Schlafes. Kaum dass man bis
jetzt etwas mehr darüber weiss, als was die blosse sinn-
liche Beobachtung auf empirischem Wege über die mehr
äusseren Verhältnisse des Schlafes, über den Verlauf, die
Dauer und die Wirkung desselben gelehrt hat,
Eine Folge davon ist, dass die Lehre vom Schlafe, wie
sie sich in den physiologischen Werken vorgetragen findet,
einen rein descriptiven Character hat, indem sie die wich-
tige Frage nach der tieferen Bedeutung, dem inneren Wesen
und der eigentlichen Entstehung des Schlafes bisher noch
ganz unbeantwortet und unaufgeklärt lassen und sich ledig-
lich auf die Beschreibung jener mehr äusseren, den Schlaf
begleitenden Momente und Erscheinungen beschränken mussten.
So weit seine Kenntniss der einschlägigen Literatur reiche,
glaubt Sommer aussprechen zu können, dass zur Zeit noch keine
wirkliche physiologische Theorie des Schlafes vorhanden sei,
indem die vor vielen Jahren von Heine aufgestellte Hypo-
these, nach welcher der thierische Schlaf eine Obruirung der
sensitiven Sphäre des Organismus durch den nicht nach
aussen verwandten motorischen Kraftvorrath ist, wohl kaum
noch der Widerlegung bedürfe. *)
*) Der Schlaf ist nach anderen Ansichten der regelmässig und
periodisch wiederkehrende Zustand der Ruhe der Menschen und der Thiere,
70 Mittheilung einer neuen Theorie des Schlafes.
Diese Lücke auszufüllen und eine neue Theorie und
deren Grundzüge zu entwickeln, wie sie ihm seit längerer
Zeit vorschwebte, ist nun der Zweck der folgenden Arbeit.
Die Thatsachen, worauf sich seine Erklärungen der Vor-
gänge bei dem Schlafe stützten, sind folgende:
Schon längst ist bekannt, dass Menschen und Thiere
beträchtlich mehr Sauerstoff einathmen, als sie davon in Form
von Kohlensäure wieder aushauchen. Da nun die Menge der
während des Tages und der Arbeit ausgeschiedenen Kohlen-
säure in Folge des lebhafteren Stoffwechsels bedeutend grösser
ist, als die während der Nacht und des Schlafes ausgeath-
mete, so ergiebt sich hieraus, dass während der Nacht ver-
hältnissmässig viel mehr Sauerstoff eingeathmet wird als
während des Tages.
Einen bestimmteren Ausdruck erhält diese allgemeine
Thatsache durch die neuesten, mit dem bekannten Petten-
kofer’schen Respirationsapparate in München angestellten,
entscheidenden Versuche, aus welchen hervorgeht, dass von
dem durch die Lungen, innerhalb 24 Stunden aufgenommenen
Sauerstoffe nur ein Drittheil während des Tages, die übrigen
zwei Drittheille aber während des Schlafes eingeathmet
werden. Durch die Versuche in dem obengenannten Respira-
tionsapparate hat man nemlich gefunden, dass, nachdem ein
Mann 24 Stunden darin eingeschlossen in vollkommener Ruhe
verbrachte, von der gesammten in dieser Zeit aufgenommenen
Sauerstoffmenge 67°, auf die Nacht und nur 33%, auf den
Tag kamen, während umgekehrt von der in der gleichen
bei welchem die Thätigkeit des Gehirns in Folge seiner vorhergegangenen
Thätigkeit ruht und dabei zur Wiedergewinnung seiner erschöpften Kräfte
aus dem Blute neuen Stoff in sich aufnimmt. Da im Schlafe die Function
des Gehirns fehlt, so ist auch das Bewusstsein aufgehoben; doch gehen
alle unwillkürlichen, vom Rückenmark abhängigen Bewegungen und Ver-
richtungen: Athmen, Herzschlag, Verdauung, ungestört von statten.
Dr
Mittheilung einer neuen Theorie des Schlafes. [pi
Zeit ausgehauchten Kohlensäure 42°/, auf die Nacht und 58°/,
auf den Tag fielen.
Die Bedeutung dieser Zahlen für die physiologischen
Vorgänge im Organismus ist nicht zu verkennen. Denn sie
liefern den Beweis, dass das Blut (wahrscheinlich die Blut-
zellen) oder auch die Gewebe selbst die Eigenschaft besitzen,
den eingeathmeten Sauerstoff in beträchtlicher Menge aufzu-
bewahren und alsdann denselben während der Arbeit nach
Bedürfniss für vitale und dynamische Zwecke zu verwenden.
Der Athmungsprocess gewinnt durch diese Thatsache
zugleich eine ganz neue Seite und die Bedeutung eines förm-
lichen Ernährungsactes, welcher die Aufgabe hat, durch
die Luftwege dem Blute und den Geweben aus der Atmo-
sphäre die unentbehrliche gasförmige Nahrung,
den Sauerstoff, zuzuführen, ebenso wie die Aufnahme der
Speisen und Getränke in den Verdauungskanal dazu dient,
dem Blute und den Geweben die festen und flüssigen Nähr-
stoffe einzuverleiben. Nahrung sind dem Verfasser alle Stoffe,
welche entweder zum Aufbaue des Körpers oder zur Unter-
haltung des Lebens beitragen und der Sauerstoff nimmt
unstreitig eine der wichtigsten Stellen, ja den ersten Rang
unter allen Nahrungsstoffen ein; denn ohne Sauerstoff kein
Leben!
Mit dem ersten Eintritte des Sauerstoffs in die Lungen
und das Blut erwacht das Leben in dem Körper des den
mütterlichen Schooss verlassenden Neugeborenen und nur bei
fortwährender und genügender Zufuhr desselben vermag sich
das Leben zu erhalten. Indem der Sauerstoff dabei sowohl
im Blute wie im den Geweben mit den festen und flüssigen
Körperbestandtheilen zusammen trifft und in ununterbrochene,
thätige Wechselwirkung tritt, bringt er (nach Sommer
höchst wahrscheinlich in Form des activen Ozons) durch seine
Affinitätskräfte jene lange Reihe von Stoffveränderungen und
Kraftwirkungen hervor, welche den Stoffwechsel und den
gesammten Lebensprocess darstellen. Von dem Blutstrome
aus in alle Theile und Organe des Körpers getragen, ruft
12 Mittheilung einer neuen Theorie des Schlafes.
der Sauerstoff sowohl in dem Muskelgewebe wie in der Ner-
ven- und Gehirnsubstanz durch seine energische, bald zer-
setzende, bald Verbindungen knüpfende Action den unauf-
hörlichen Stoffumsatz hervor, als dessen Resultat wir sämmtliche
im Organismus wirkende und nach aussen leistungsfähige
Kräfte, mögen sie nun mechanische oder Muskelkraft, thieri-
sche Wärme, Nervenelektricität oder Gehirnthätigkeit heissen,
betrachten. Der beste Beweis, welchen Antheil der Sauer-
stoff an diesen Vorgängen des Stoffumsatzes und der thieri-
schen Krafterzeugung hat, liegt in den, durch alle Respira-
tionsversuche festgestellten Beobachtungen, dass während kör-
perlicher Thätigkeit und Arbeit weit mehr Sauerstoff ver-
braucht wird, als in der Ruhe, und es verhält sich in dieser
Beziehung mit dem Sauerstoffe ebenso wie mit den übrigen
Nahrungsstoffen.
Ferner spricht dafür die von Georg v. Liebig nachge-
wiesene Thatsache, dass auch der ausgeschnittene, blutleere
Muskel zur Erhaltung seiner Contractions- und Leistungs-
fähigkeit d. h. seiner Lebensthätigkeit des Sauerstoffs bedarf.
Mit einem Worte, es ist der Sauerstoff, welcher durch seine
oxydirende, verbrennende und zersetzende Wirkung den
Stoffumsatz, die Quelle aller organischen Kraftäusserungen,
erregt und hierdurch einen unentbehrlichen Factor in der
Lebensthätigkeit aller Organe bildet. Kurz definirt, ist der
Schlaf, nach der neuen Theorie von Sommer, die von den
vorstehenden Thatsachen abgeleitet ist, ein Zustand der Sauer-
stoffarmuth oder Entsauerstoffung des Organismus, d. h.
derjenige Zustand, in welchem der während der Ruhe im
Blute und den Geweben vorhandene Sauerstoffvorrath, durch
Arbeit und Kraftproduction soweit erschöpft und verbraucht,
und in Folge dessen der Stoffumsatz und die dadurch bedingte
Lebensthätigkeit in den Organen (dem Gehirne, dem Nerven-
systeme, den Muskeln etc.) soweit gelähmt und herabgestimmt
ist, dass dabei der Körper in einen Grad der Unthätigkeit,
Kraftlosigkeit und Bewusstlosigkeit verfällt, die wir eben
Schlaf nennen.
Mittheilung einer neuen Theorie des Schlafes. 73
In ganz besonderer und eigenthümlicher Weise geben sich
die Folgen dieser Sauerstoffarmuth in der sinkenden Thätigkeit
des Denkorganes zu erkennen, das entweder, bei tiefem Schlafe,
seine psychische Functionen ganz unterbricht oder doch, bei
weniger tiefem Schlafe, nur noch vage, ungeordnete, schwan-
kende und unzusammenhängende Bilder und Vorstellungen,
Träume genannt, zu schaffen vermag, welche nach Som-
mer’s Ansicht, für das Gehirn ungefähr dasselbe sind, was
die unsicheren, kraftlosen und schwankenden Bewegun-
gen für den schlaftrunkenen Muskel. Eine weitere Folge
dieser Sauerstoffverarmung und zugleich einen Beweis für
die Richtigkeit seiner Anschauungsweise ist die um vieles
verminderte Excretion durch Nieren und Lungen, indem
bekanntlich die Ausscheidung des Harnstoffes, wie der Koh-
lensäure während des Schlafes auf ein sehr beschränktes,
dem Kraft- und Stoffverbrauche bei der circulatorischen und
respiratorischen Function entsprechendes Maass reducirt ist.
Während so die Thätigkeiten des Organismus, nämlich
der willkürlichen, motorischen und geistigen Verrichtungen
fast vollständig darniederliegen, fährt dagegen die Athmung
ununterbrochen fort, dem Körper neue Mengen Sauerstoff
zuzuführen, von welchem nur ein kleiner Theil zur Wärme-
production verwendet und in Form von Kohlensäure während
der Nacht ausgehaucht wird, indess sich der grösste Theil
des Sauerstoffes im Blute höchst wahrscheinlich auf den
Blutzellen fixirt und ansammelt. Diese Aufspeicherung
von Sauerstoff, oder mit anderen Worten der Schlaf,
hält so lange an, bis dem Körper eine hinreichende Menge
von Sauerstoff zugeführt ist, um den lebendigen Stoffwechsel,
wie derselbe im wachen, thätigen Zustande stattfindet, und
die dadurch bedingte Krafterzeugung in den Muskeln, Nerven,
dem Gehirne u. s. w. wieder in Gang zu setzen. Ist dieser
Moment da, so erfolgt das Erwachen, d. h. die aus der Ein-
wirkung des Sauerstoffs auf die Gewebesubstanz entsprin-
gende Kraftquelle beginnt wieder neu und mächtig zu fliessen
und den Organismus mit neuer Lebenskraft zu durchströmen,
Die durch die Arbeit des vorhergegangenen Tages abgelaufene
74 Mittheilung einer neuen Theorie des Schlafes.
Feder des Organismus ist nun wieder gespannt und der
Schläfer erhebt sich neu gestärkt, denn mächtig regt sich in
Muskeln, Nerven und Gehirn die Fülle der Kraft, welche dem
neu belebten Stoffumsatze entquillt. Daher auch das wohl-
thuende Gefühl der Erquickung und Stärkung, das uns nach
einem gesunden Schlafe stets durchdringt, so wie die frische
Empfänglichkeit des Geistes und der Sinne für äussere Ein-
drücke, daher auch die volle Berechtigung des alten Sprich-
wortes: „Morgenstunde hat Gold im Munde.“
Mit dem Momente des Erwachens beginnt aber auch
schon wieder der Verbrauch des angesammelten Sauerstoffs,
indem derselbe in dem durch ihn erregten Stoffwechsel sich
nach und nach selbst wieder verzehrt, um in Form von Koh-
lensäure, sowie in festen und flüssigen Producten der Rück-
bildung den Körper im Laufe des Tages wieder zu verlas-
sen. Nach längerer oder kürzerer Dauer, in der Regel nach
14 —15 Stunden, je nach dem Kraftaufwande der in dieser
. Zeit geleisteten mechanischen oder geistigen Arbeit, tritt dann
unvermeidlich wieder der Zeitpunkt ein, wo der vorhandene
Sauerstoffvorrath zum grössten Theil wieder erschöpft, in des-
sen Folge der Stoffumsatz auf einen Punkt herabgesunken
ist, bei welchem der Organismus in den Zustand der Abspan-
nung und des Schlafes verfällt.
Während des Wachens und der Arbeit fährt zwar die
Athmung fort, dem Körper immer Sauerstoff zuzuführen. Da
aber, wie aus den im Eingange angeführten Zahlen erhellt,
bei Tage weit mehr Sauerstoff (in Form von Kohlensäure)
ausgehaucht als eingeathmet wird, so würde der Organismus
ohne jene beträchtliche Sauerstoffaufspeicherung den im thäti-
gen, wachen Zustande stattfindenden und für die Kraftpro-
duction unerlässlichen Stoffverbrauch nicht zu decken vermö-
gen und daher niemals einer vollen Thätigkeit und Kraft-
production fähig sein.
Nach der Ueberzeugung von Sommer liegt z. B. die
Ursache der steten Müdigkeit und Kraftlosigkeit bleichsüchti-
ger Frauen zum grössten Theile in der krankhaften, anorma-
len Beschaffenheit der Blutzellen, in Folge deren letztere die
Mittheilung einer neuen Theorie des Schlafes. 75
zu einem thätigen, lebhaften Stoffumsatze für die Dauer des
Tages nicht die erforderliche Sauerstoffmenge aufzunehmen
und zu binden im Stande sind. Fasst man nun die beschrie-
benen Vorgänge zusammen, so ergiebt sich von dem Kreis-
laufe des Schlafens und Wachens folgendes schematische
Bild: |
Der unter gewöhnlichen Umständen eingeathmete Sauer-
stoff reicht zur Hervorbringung der Vorgänge eines kraftvol-
len Stoffwechsels und der dadurch bedingten reichlichen Kraft-
production nicht hin.
Der Körper verfällt daher, wie dieses z. B. bei einem
neugeborenen Kinde der Fall ist, sehr bald in Schlaf, wäh-
rend dessen nun der Organismus Zeit hat, eine beträcht-
liche Menge des Gases dadurch in sich aufzuspeichern, dass
der während dieser Zeit tiefer Ruhe eingeathmete Sauerstoff
nur zum kleinsten Theile im Schlafe (als Kohlensäure) ausge-
schieden, wohl aber zum grössten Theile von den Blutzellen
zurückgehalten und angesammelt wird. Hat diese Ansamm-
lung ihre Grenze erreicht und beginnt dann der Sauerstoff
wieder kräftig in die Getriebe des Stoffumsatzes einzugreifen,
so erfolgt das Erwachen, d. h. der Beginn eines raschen,
erhöhten Stoffwechsels und einer erneuten Körperthätigkeit,
in deren Verlaufe nicht nur der gleichzeitig bei Tage einge-
athmete, sondern auch der während des Schlafes aufgespei-
cherte Sauerstoff allmählich wieder verbraucht und verzehrt
wird.
Ist dieses letztere geschehen, so tritt in Folge der hier-
durch bewirkten Lähmung des Stoffumsatzes wieder der Zu-
stand der Erschöpfung und Erschlaffung und zuletzt der
Schlaf ein.
In ganz ähnlicher Weise, nur in schwächerem Grade
wie der Schlaf wirkt auch die Ruhe, indem durch dieselbe
der Stoffverbrauch gleichfalls sehr reducirt und dadurch dem
Organismus Gelegenheit gegeben wird, einen Theil des ein-
geathmeten Sauerstoff zurückzuhalten und für die nachfolgende
Thätigkeit aufzuspeichern, woraus sich sowohl die stärkende
Wirkung des Ausruhens, wie auch die Thatsache erklärt, dass
a en io 00
76 Mittheilung einer neuen Theorie des Schlafes.
Personen, welche ihren Körper nur wenig durch Arbeiten
anstrengen und den grössten Theil ihrer Zeit in Unthätigkeit
verbringen, oder wie bei Kranken im Bette liegen, eine lange
Zeit des Schlafes entbehren können und daher auch nur gerin-
ges Schlafbedürfniss empfinden. Auch die gewöhnliche Er-
müdung der Muskeln, sowie der übrigen Organe beruht auf
einer vorübergehenden Entsauerstoffung d.h. einer momenta-
nen Krafterschöpfung, indem der Muskel allen in ihm vorhan-
denen Sauerstoff! durch längere Bewegung und Arbeit ver-
braucht und daher zur Erneuerung seiner Leistungsfähigkeit
einiger Zeit der Ruhe bedarf, um den nothwendigen Sauer-
stoff nebst dem sonstigen Ernährungsmateriale aus dem Blute
wieder aufzunehmen.
Ueberhaupt lassen sich nach der Theorie Sommer’s,
eine Reihe bekannter, bei dem Schlafe vorkommender Erschei-
nungen befriedigend erklären, von welchen man sich bisher
keine oder nur eine unvollkommene Rechenschaft geben
konnte. Man versteht nun leicht den ungleichen ‘Verlauf des
Schlafes und den Grund, warum der erste Schlaf zugleich
auch der ruhigste, tiefste, erquickendste und traumloseste ist,
und wesswegen wir aus diesem viel schwerer zu erwecken
sind, als aus dem späteren, viel leiseren Morgenschlafe, der
sich schon mehr dem wachen Zustande nähert, meistens un-
ruhig, reich an lebhaften Träumen ist und aus welchem wir
auch schon durch ein leises Geräusch oder nur schwachen
Nervenreiz aufgeweckt werden können. Denn hier beginnt schon
die Lebens- und Nerventhätigkeit sich zu regen und in Folge
dessen auch die Gehirnfunetion und Sensibilität der Nerven für
äussere Eindrücke sich wieder zu beleben, während dagegen im
Anfange und in der ersten Zeit des Schlafes, wo die Sauer-
stofferschöpfung und Ermattung des Stoffumsatzes sich auf
ihrem Höhepunkte befinden, fast alle Thätigkeit und somit
auch die des Gehirns darniederliegt und daher auch die
Empfindungs- und Sinnesnerven nur noch durch einen starken
Reiz erregt werden. Wird der Schlaf durch äussere Um-
stände übermässig lange verhindert, so erreicht jene Sauerstoff-
erschöpfung, d, h, die Unfähigkeit sich länger aufrecht zu
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Mittheilung einer neuen Theorie des Schlafes. ie
’
erhalten, zuletzt einen solchen Grad, dass nichts, auch die
stärkste Willenskraft nicht mehr im Stande ist, uns vom
Schlafe abzuhalten. In diesem Falle ist der Schlaf nicht nur
tiefer, sondern auch von längerer Dauer. Nach dieser Theo-
vie liegt hier wieder der Beweis, dass wir es im Schlafe mit
etwas an Maass und Zahl Gebundenem zu thun haben und dass
während desselben dem Organismus etwas zurückgegeben
werde, das demselben während des wachen Zustandes ent-
zogen wurde, ohne welches derselbe nicht zur vollen Thätig-
keit zurückkehren kann.
Das kurze Erwachen, das nicht selten den Schlaf unter-
bricht, (aber nur selten bei einem gesunden Schlaf emtritt)
ist jedenfalls Folge störender äusserer oder innerer Ursachen;
dieses Erwachen findet aber nicht leicht in der ersten Zeit
des Schlafes, sondern vorzugsweise gegen Morgen statt, wo
in Folge der bereits ziemlich vorgeschrittenen Sauerstoflan-
häufung die Nerven- und Gehirnthätigkeit wieder etwas zu
erwachen beginnt.
Die Gehirnthätigkeit zeigt sich alsdann gewöhnlich durch
mehr oder minder lebhafte Träume, welche der Auffassung
nach als Product der durch Sauerstoffverarmung und unzu-
reichenden Stoffumsatz gestörten oder halb darnieder liegenden
Functionen des Gehirns zu betrachten sind, wofür besonders
die bekannte Erfahrungssache spricht, dass sich Träume vor-
zugsweise nach Mitternacht einstellen, wogegen in den ersten
Stunden des Schlafes die Thätigkeit des Denkorgans durch
die angeführte Ursache so vollständig aufgehoben ist, dass
selbst die leisen, schwachen Geistesfibrationen (wie
Sommer die Träume nennen möchte) nicht mehr oder nur
selten vorkommen.
Die Richtigkeit dieser Bezeichnung basirt Sommer
auf die Berücksichtigung, wie unbestimmt, matt, schwankend
und formlos die, die Traumbilder zusammensetzenden, Ideen
im Allgemeinen sind. Von Bedeutung ist für die Ansicht
von dem Zustande des Denkorganes während des Schlafes,
dass auch die Gedächtnisskraft ganz oder fast ganz gelähmt
78 Mittheilung einer neuen Theorie des Schlafes.
ist und uns daher nur selten ganz klare Erinnerungen von
gehabten Träumen übermittelt werden. Bei Personen, die
nicht oder nur selten träumen, scheint es von individuellen
Anlagen abhängig, ob das Denkorgan dieser Personen leicht
erregbar und beweglich ist, d.h. durch eine geringe Kraft
(wenig Sauerstoff) in Stoffumsatz und dadurch in Thätigkeit
gesetzt wird oder nicht.
Was nun die Dauer und Frequenz und besonders das
ungleiche Maass des Schlafes in den verschiedenen Lebensaltern
betrifft, so erklärt sich zunächst das erhöhte Schlafbedürfniss im
jugendlichen Alter aus derselben Ursache, aus welcher Kinder
und junge Leute mehr und öfter essen, d.h. aus dem im
jugendlichen Organismus stattfindenden rascheren Stoffwechsel
und den bedeutenden Stoffansätzen oder mit anderen Worten aus
dem Acte des Wachsthums. Es ist kein Zweifel, dass die
Processe der Neubildung und des Aufbaues der Organe auf
chemischen Vorgängen beruhen, an welchen der Sauerstoff,
als mächtigstes Agens des gesammten Uhemismus, einen her-
vorragenden Antheil nimmt, und dass folgerichtig die Körper-
zunahme eines im Wachsen begriffenen Menschen oder Thieres
nicht nur eine gesteigerte Zufuhr und Verbrauch der festen
und flüssigen, sondern auch des gasförmigen Nährstoffes
(Sauerstoffs) nach sich zieht. In Folge dieses vermehrten
Sauerstoffverbrauches sehen wir denn auch Kinder in den
ersten Lebensjahren stets schon nach mehrstündigem Wachen
wieder in Schlaf verfallen, welcher so lange andauert, bis
das Blut wieder eine hinreichende Menge Sauerstoff aufge-
nommen hat, um den Stoffumsatz und die Thätigkeit in den
Geweben wieder zu beleben und für einige Zeit zu unterhal-
ten. Möglicher Weise rührt dieses öftere Schlafen kleiner
Kinder zum Theil auch daher, dass das Blut derselben, viel-
leicht in Folge eines weniger reichen Gehaltes an Blutzellen,
in diesem Alter ein geringeres Vermögen besitzt, Sauerstoff
aufzuspeichern, wodurch natürlich eine öftere Zufuhr von
Sauerstoff nöthig wird.
Wenigstens ist anzunehmen, dass das ungleiche Schlaf-
bedürfniss verschiedener Personen im reiferen Alter auch auf
Mittheilung einer nenen Theorie des Schlafes, 719
ähnlichen Verhältnissen beruhe, dass z. B. bei Personen,
welche nur 4—5 Stunden Schlaf bedürfen, das Blut wahr-
scheinlich durch grösseren Blutzellenreichthum eine stärkere
Anziehung für Sauerstoff hat und in Folge dessen die Fähig-
keit besitzt, den für den Organismus nöthigen Sauerstoffvor-
rath in kürzerer Zeit zu absorbiren und aufzuspeichern, als
bei Solchen, welche 7 bis S Stunden Schlafes bedürfen.
Nach Sommer rührt jedenfalls auch die im Allgemei-
nen kurze Dauer des Schlafes alter Leute von derselben Ur-
sache her, nur dass diese hier in umgekehrter Weise auf-
tritt. Dadurch, dass nämlich die Menge des während des
Schlafes fixirbaren Sauerstoffes im Greisenalter, entweder in
Folge von Blutarmuth, Verminderung der Anzahl der Blut-
zellen oder auch sonstiger innerer Veränderungen des Blutes
beträchtlich vermindert wird, wird zugleich auch die Dauer
des Schlafes abgekürzt.
Der Schlaf wird poetisch ein Bruder des Todes genannt,
und diese Bezeichnung hat in der That auch im wissen-
schaftlichen Sinne wenigstens insofern etwas Wahres, als die
Ursache des Schlafes, die Entsauerstoffung des Organismus,
bis zu einem extremen Grade gesteigert, die Lebensthätig-
keit für immer zum Stillstand bringt und so zur Ursache des
Todes werden kann. Gleichwie der Mangel fester und flüssi-
ger Nahrung den Tod durch Verhungern nach sich ziehen
kann, so giebt es auch einen Hungertod in Folge des Man-
gels an gasförmiger Nahrung d.h. an Sauerstoff. Der soge-
nannte Winterschlaf lässt sich, durch seinen gesammten Cha-
racter, seine Dauer und seinen Verlauf und sein mehr ausnah-
meweises Auftreten nur bei einigen Thiergattungen, nicht
mit dem wirklichen Schlafe vergleichen, es ist kein eigent-
licher Schlaf; sondern das Resultat äusserer, klimatischer,
insbesonders thermischer Veränderungen, welche, wie es scheint,
derartig lähmend und hemmend auf die innere Lebensthätig-
keit gewisser Thiere einwirken, dass der Körper derselben
dadurch in einen wahren Erstarrungszustand geräth.
Die Winterschläfer verfallen bekanntlich in den Winter-
schlaf, sobald beim Beginnen des Winters die Temperatur
80 Mittheilung einer neuen Theorie des Schlafes.
unter emen gewissen Punkt herabsinkt; es gelingt daher
auch mitten im Sommer, den Winterschlaf auf künstlichem
Wege dadurch hervorzurufen, dass man Thiere dieser Art in
einen Eiskeller bringt, sowie andrerseits Winterschläfer im
Winter sogleich aus ihrem Erstarrungszustande erwachen,
wenn man dieselben an einen warmen Ort versetzt. Sonach
ist der Winterschlaf etwas von der äusseren Temperatur Ab-
hängiges und scheint in mancher Beziehung mit dem Still-
stande der Vegetation im Winter einige Aehnlichkeit zu
haben.
Der schlafähnliche Zustand, welcher durch Anwendung
von narkotischen Mitteln erzeugt wird, ist ebenso wenig ein
wirklicher Schlaf, sondern nur als die Wirkung der künstlich
unterdrückten Nerventhätigkeit zu betrachten und daher auch
nur ein Zustand temporärer Betäubung und Empfindungslo-
sigkeit, der niemals die stärkende und erquickende Wirkung
des natürlichen Schlafes hervorbringt, sondern immer nur ein
Gefühl der Ermattung und Abspannung im Körper zurück-
lässt. (Jahresbericht der Pollichia. Bd. XXV—AXX VL. 1868.).
81
EN Foxikologse.
Ueber die Anwendbarkeit des löslichen Eisenoxyd-
saecharates als Antidot in Fällen von Arsen-
vergiftung.
Von Dr. Hermann Köhler, Docenten a. d. Universität Halle.*)
Das: zuerst von Bunsen und Berthold, später von
Späth, Puchelt, Tiersot, Ansroul, Rozieres, La-
tour de Trie uA. als Antidot der arsenigen Säure empfoh-
lene Ferrum oxydatum hydricum wurde von M. A.
Chevallier gelegentlich eines vor den Assisen zu Niort
im März 1868 verhandelten Giftmordprocesses, wobei
ein Obergutachten eingeholt wurde, als das einzige zuverläs-
sige Gegengift der arsenigen Säure bezeichnet und der fran-
zösischen Regierung die Aufnahme des Ferr. oxydat. hydr.
in den Codex medicamentarius dringend ans Herz gelegt. In
demselben Jahre wiederholte Chevallier in den Annales
d’Hygiene publique etc. 1868 Nr. 159. p. 124 die An-
preisung des genannten Mittels und stellte eme Reihe, zum
Theil noch unbekannter, meist in Frankreich beobachteter
Fälle, wo dasselbe an mit Arsen vergifteten Menschen und
Thieren sich hilfreich erwiesen hatte, zusammen. Diese Ab-
handlung Chevallier’s kam in meine Hände, als ich selbst
mit der pharmakologischen Untersuchung des löslichen Eisen-
oxydsaccharates beschäftigt war und allerdings auch eine Prü-
fung dieses Präparates als Antidot der Arsenikalien in Aus-
sicht genommen hatte. Ich kann hierbei nicht verschweigen,
dass ich eine so hohe Meinung, wie Chevallier, vom Fer-
rum oxydat. hydricum nicht hegte, und die Richtigkeit, dass
dasselbe „das allein zuverlässige unter allen bekannten Ge-
*) Separatabdruck aus dem neuen Jahrbuch für Pharmaeie.
Arch. d. Pharm. CLXXXIX Bds. 1. u. 2. Hft. 6
82 Ueber die Anwendbarkeit des löslichen Eisenoxydsaccharates ete.
gengiften der arsenigen Säure“ sei, nur mit der
Beschränkung, dass frisch ausgefälltes Eisenoxydhydrat ange-
wendet wird, gelten lassen konnte. Da es selbst unter diesen
Bedingungen hin und wieder im Stiche liess, kann es nicht
auffallen, dass ein grosser Theil der Toxikologen von der
Eisentherapie der genannten Vergiftung abgekommen war und
sich der Bandlung derselben mit anderen Mitteln immer mehr
und mehr zugewendet hatte. Gleichwohl regte mich Che-
vallier’s Abhandlung zu nochmaliger Aufnahme von Ver-
suchen über das Verhalten des in dem in Rede stehenden
Saccharate enthaltenen Fe?0®? + 6HO zur arsenigen Säure
an, und stehe ich, nachdem dieselben einen gewissen Abschluss
gefunden haben, nicht länger an, die pharmaceutisch inter-
essanten Resultate derselben den geehrten Fachgenossen
bekannt zu machen.
Der Gedanke, das von mir und Hornemann (man
“vgl. Berliner klin. Wochenschrift Nr. XXXVI. 1868 —
Jahrbuch für Pharm. XXX, 158, auch Archiv d. Pharm.
April- Mai 1869) genauer beschriebene Eisenoxydhydrat mit
6 Aequivalenten Wasser in Form des in Wasser löslichen
Saccharates als Antidot der AsO® zu prüfen, lag um so
näher, als sich bei den früher mitgetheilten Untersuchun-
gen bereits das Factum herausgestellt hatte, dass sich
Fe203 + 6HO der AsO? gegenüber ebenso, wie zu ande-
ren anorganischen und concentrirt organischen Säuren verhält,
d.h. in die gewöhnliche Modification des Trisoxydhydrates
verwandelt wird, und mit AsO® zu einer in Wasser und Es-
sigsäure etc. unlöslichen chemischen Verbindung von rostbrau-
ner Farbe, welche ihren physikalischen Eigenschaften nach
dem von Bunsen analysirten 4Fe?0® + 5HO in allen Be-
ziehungen gleichkommt, zusammentritt.
Die Angaben der Autoren über die zur vollständigen
‚Sättigung, resp. Ausfällung aller in einer zu untersuchenden
Flüssigkeit, Mageninhalt ete., enthaltenen arsenigen Säure (als
4 Fe?03,AsO°? + 5HO) erforderlichen Menge Eisenoxydhydrat
gehen sehr weit ausemander. Nach Bunsen ist die 2 —
4fache Quantität Ferrum oxydat. hydricum unter Zusatz von
Ueber die Anwendbarkeit des löslichen Eisenoxydsaccharates ete. 83
Ammoniakflüssigkeit nothwendig; nach Lesueur gehören zur
completen Präeipitation von S— 9 Gran arseniger Säure über
3 Unzen (!) Ferrum oxydat. hydricum (in aqua?), und ist
nach Bouley die zwölffache Menge des letzteren nothwendig.
Dagegen geben Soubeiran, Miquel und Nonat an, dass
alle in der betreffenden Flüssigkeit vorhandene arsenige Säure
auf Zusatz von fünf, und van Hasselt (Husemann) von
10—12 Gewichtstheilen dergestalt als Arseniat ausgefällt
werde, dass in dem von letzterem ablaufenden Filtrate durch
eingeleitetes Schwefelwasserstoffgas kein Niederschlag von
Schwefelarsen mehr zu Stande komme.*) Couerbe fand
bereits, dass das resultirende Eisenarseniat stets emen Ueber-
schuss an freiem Eisenoxyd enthalte, eine Angabe, welche
ich, wie die später mitzutheilenden, hierauf bezüglichen Ana-
lysen darthun werden, im Widerspruch mit Chevallier,
bestätigt gefunden habe. Ferner berichteten die oben bereits
erwähnten Soubeiran, Miquel und Guibourt (Journ. de
Chimie med. 1839. p. 105), dass das Ferrum oxydat. hydri-
eum als Antidot der arsenigen Säure brauchbar sei, falls
Letztere nicht durch einen sie gleichsam einhüllenden Körper
vor der Einwirkung des Eisentrisoxydhydrates geschützt sei.
Chevallier stimmt diesen Autoren bei und erklärt, dass
unter diesem „corps lui servant d’enveloppe“ besonders das
Eiweiss zu verstehen, und aus diesem Grunde das bei ande-
ren Metallvergiftungen, z. B. der durch Sublimat, Kupfer-
salze etc. hervorgebrachten, gebräuchliche Trinkenlassen albu-
min- oder caseinhaltiger Flüssigkeiten in Fällen von Arsen-
intoxication, welche mit Eisenoxydhydrat behandelt werden
sollen, nicht zweckdienlich, sondern schädlich sei. Diese An-
sicht hat sich mir, aus später anzuführenden Gründen, als
vollständig correct erwiesen.
Die Einwirkung des Ferrum oxydat. hydric. auf in den
Magen gebrachte arsenige Säure anlangend, stimmten dage-
gen sämmtliche Autoren darin überein, dass das Ferrum
*) Verf. kam, wie die nachstehenden Versuche beweisen, zu einem
vollständig mit v. Hasselt übereinstimmenden Resultate.
6*
84 Ueber die Anwendbarkeit des löslichen Eisenoxydsaecharates ete.
oxydat. hydrie., um alles Arsen zu binden und einen durch
Brechmittel, die Magenpumpe ete. leicht zu entfernenden, unlös-
lichen Niederschlag zu erzeugen, möglichst bald nach gesche-
hener Vergiftung und im Ueberschuss gereicht werden müsse.
Dass hierbei in jedem Falle, und selbst bei gleichzeitiger
Ingestion von arseniger Säure und Eisenoxydhydrat, kleinere
oder grössere Mengen des gleichfalls Arsenwirkung (wenn
auch nicht Anätzung des Magens!) bedingenden Eisenoxyd-
arseniats von den Saugadern der Magenschleimhaut aufge-
nommen und in den Blutstrom übergeführt werden, war
jedoch allen französischen Beobachtern entgangen. Erst unser
hochverdiente ©. v. Schroff hat auf diesen practisch wich-
tigen Umstand aufmerksam gemacht, und werden meine spä-
ter kurz zu referirenden Thierversuche darthun, dass sich der
durch das lösliche Eisenoxydsaccharat hervorgebrachte Eisen-
arseniatniederschlag in dieser Hinsicht dem durch Ferrum
oxydat. hydricum bewirkten vollkommen analog verhält.
Konnte der Löslichkeit des in Rede stehenden Sacchara-
tes in Wasser wegen ein leichteres und vollständigeres Ein-
treten der Reaction des in demselben vorhandenen Fe?0°-+6H0
auf arsenige Säure oder Arseniate a priori vorausgesetzt wer-
den, so musste, nachdem ich bei den früher veröffentlichten
Versuchen bereits gefunden hatte, dass besagter Eisenoxyd-
arseniatniederschlag nur in angesäuerten Mischungen der
Saccharat- und arsenigen Säure, oder Alkaliarseniat enthalten-
den Lösungen schnell hervorgerufen wird, in der Existenz
freier Säuren im Magensafte ein weiteres, diesen Vorgang
begünstigendes, resp. die antidotarische Wirkung des Eisen-
oxydhydrates der arsenigen Säure etc. gegenüber förderliches
Moment gegeben sein. Auf der anderen Seite mussten jedoch
folgende, bei den früheren Untersuchungen über das lösliche
Eisenoxydsaecharat bereits ermittelte Eigenschaften dieses
Präparates gegen die Anwendbarkeit desselben als
Antidot der AsO®? Bedenken erregen:
1) das Verhalten des im diesem Saccharate ent-
haltenen Fe?0°-+6HO zu den Proteinsubstanzen,
Letztere werden durch dasselbe nicht coagulirt, und konnte
Ueber die Anwendbarkeit des löslichen Eisenoxydsaccharates etc. 85
hieraus möglicherweise auf dieselbe einhüllende Wirkung des
Albumins, Caseins etc. dem Eisenoxydhydrate gegenüber,
welche Guibourt von den nämlichen Körpern für die arse-
nige Säure behauptete, geschlossen werden;
2) die bemerkenswerthe Thatsache, dass aus der mit Neu-
tralsalzlösungen versetzten Eisensaccharatsolu-
tion, namentlich beim Verdünnen der Mischung, unverän-
dertes Fe203+ 6HO von den a. a. O. beschriebenen Eigen-
schaften abgeschieden wird; denn es legte diese Beobachtung
die Befürchtung nahe, dass die Gegenwart neutraler Alkalı-
salze, oder, falls die arsenige Säure andere, schwächere Säu-
ren aus ihren im Mageninhalte vorhandenen, salzartigen Ver-
bindungen austrieb, Arseniäte, im Magensafte, die Entste-
hung des Eisenarseniatniederschlages hindern,
und statt dessen unverändertes Fe?03® + 6HO präeipitirt
werden könnte. Diese Annahme gewann ausserdem durch
die von Hornemann und mir selbst gemachte Beobach-
tung, dass in der wässerigen Auflösung ganz rein dargestell-
ten Eisenoxydsaccharates minimale Spuren zugefügten
beliebigen Neutralsalzes (auch Rhodan- und Ferro-
eyankalium verhalten sich so) genügen, sämmtliches
darin enthaltenes Fe?O®-+6HO zur Abscheidung
zu bringen, wesentlich an Wahrscheinlichkeit. >
Bevor also zur Prüfung des Eisenoxydsaccharates als
Antidot der AsO® durch Thierversuche geschritten werden
konnte, mussten chemische Experimente feststellen:
a) ob mit Hilfe inZucker gelösten Eisenoxydhy-
drates und bei Gegenwart freier Säure aus einer gege-
benen AsO® oder Arseniat enthaltenden Flüssigkeit die
AsO® als Eisenarseniat vollständig gefällt wird;
b)ob das Vorhandensein des Magensaftes, oder grösse-
rer Mengen eiweissartiger Substanzen, oder
neutraler Alkalisalze das Zustandekommen der
bezeichneten Reaction zu verzögern, resp. zu ver-
hindern vermag; und
c) ob das bei Anwendung löslichen Eisensacchara-
tes in arsenhaltigen angesäuerten Flüssigkeiten resulti-
86 Ueber die Anwendbarkeit des löslichen Eisenoxydsaccharates ete.
rende arsenigsaure Eisenoxyd mit dem bei analoger An-
wendung des Ferrum oxydat. hydrie. entstehenden
4 Fe203,As0®+5HO (Bunsen) identisch ist, oder
nicht.
Zur Erledigung der ersten Frage wurden folgende
Versuche angestellt:
Nr. I. Fowler’sche Solution wurde mit ange-
säuerter (10 proc) Eisenoxydsaccharatlösung in
solchem Ueberschuss versetzt, dass die über dem
rostbraunen Niederschlage stehende Flüssigkeit deutlich gelb-
roth gefärbt erschien. Das Präcipitat wurde auf einem Filter
gesammelt, ausgesüsst, getrocknet und behufs späterer quan-
titativer Analyse bei Seite gestellt; das Filtrat dagegen im
Wasserbade bis zur Temperatur des kochenden Wassers
erhitzt und mehre Stunden lang gewaschenes Schwefelwasser-
stoffgas durch dasselbe geleitet. Es entstand kein gelber Nie-
derschlag von Schwefelarsen; Ammoniakzusatz liess dagegen,
zum Beweise im Ueberschuss darin vorhandenen Eisenoxyd-
hydrates, sofort Schwefeleisen ausfallen. Hervorzuheben ist,
dass auch ohne Beifügung von Ammoniak während der Be-
handlung mit HS ein rothes Präcipitat resultiren kann; das-
selbe kommt indess nur bei Gegenwart von Spuren von Chlor-
natrium in dem nicht völlig rein dargestellten Eisensaccharate
zu Stande, und ist weiter nichts, als aus dem angegebenen
Grunde beim Verdünnen und Kochen der genannten Lösung
abgeschiedenes, unverändertes Fe?03 + 6HO. „
Um zu ermitteln, in welchen Mengen das Eisensaccharat
arsenhaltigen Lösungen zugesetzt werden muss, um alle AsO?
aus letzteren in Form des unlöslichen Eisenarseniatnieder-
schlages zu eliminiren,, wurden sowohl Eisenoxydsaccharat, als
Arseniatlösungen von bekanntem Eisen- und Arsengehalte,
erstere aus der Bürette, mit einander vermischt, und mit dem
Eisenzusatze, sobald eine Probe des vom Niederschlage Ab-
filtrirten einen leicht nachweislichen Eisenüberschuss und keine
arsenige Säure mehr enthielt, aufgehört. Im Allgemeinen trat
dieser Zeitpunkt ein, wenn auf 0,01 Grm. AsO? eine Eisen-
saccharatmenge, welche 0,1 Grm. Fe?03 -- 6HO enthielt, ver-
Er |
Ueber die Anwendbarkeit des löslichen Eisenoxydsaccharates etc. 87
braucht worden. Diese Beobachtung stimmt mit van Has-
selt’s Angaben ziemlich genau überein.
Es war ferner zu prüfen, ob die Entstehung des Eisen-
arseniatniederschlages in den mehrfach erwähnten Mischungen
durch das gleichzeitige Vorhandensein der Bestandtheile
des Magensaftes modificirt, d. h. verzögert oder ver-
hindert wird. Zu diesem Behuf stellte ich künstlichen Magen-
saft nach Lehmann’s Vorschrift in der Weise dar, dass der
Magen eines eben "geschlachteten Schweines gereinigt, zwei
Stunden in destillirtes Wasser gelegt, aus letzterem entfernt
und der die Labdrüsen enthaltende Theil desselben durch
gelindes Schaben mit einem Skalpellrücken seiner Drüsen
entkleidet wurde. Es resultirt ein schleimiges Abschabsel,
welches zwei Stunden lang bei gewöhnlicher Temperatur dige-
rirt, mit einigen Tropfen Chlorwasserstoflsäure versetzt, eine
Stunde lang im Wasserbade bei 28°C. erhalten und filtrirt
wird (Berichte der k. sächs. Acad. d. Wiss. 1849. p. 10).
Den nach dieser Vorschrift bereiteten künstlichen Magensaft
benutzte ich zu folgenden Versuchen:
Nr. II. 150C. des qu. Magensaftes wurden bei 28°C.
mit einer concentrirten Auflösung von 1 Grm. (15 Proc. Fe?O3
haltigem) Eisenoxydsaccharat in 50CC. Wasser und 5 CC
solutio Fowleri vermischt. Es entstand der oben beschriebene
rostbraune Eisenarseniatniederschlag (unlöslich in
Zuckersyrup und nach:dem Lösen in HCl und Durchleiten
von Schwefelwasserstoffgas gelbes Schwefelarsen liefernd); das
davon ablaufende, wenig gefärbte Filtrat erwies sich, da
Eisensaccharat in nicht genügender Menge angewandt worden
war, noch in geringem Maasse arsenhaltig.
Nr. II. 5 CC. künstlicher Magensaft, 5 CC. solut. Fow-
leri, nebst 20 CC. kalt bereite AsO® lösung und 2 Tropfen
Chlorwasserstoffsäure wurden mit 20 CC. Wasser, 1,5 Grm.
Eisenoxydsaccharat enthaltend, vermischt und hierdurch der-
selbe Niederschlag, wie beim vorigen Versuche erzeugt; auch
der Nachweis des Arsengehaltes dieses Präcipitates, wurde in
der ebenda angegebenen Weise geführt.
se
88 Ueber die Anwendbarkeit des löslichen Eisenoxydsaccharates etc.
Aus Versuch I. und III. erhellt deutlich, dass die Ge-
genwart der Bestandtheile des Magensaftes die
Reaction des Fe?203? + 6HO im Saccharate auf
die AsO® in (angesäuerten) arsenhaltigen Flüssig-
keiten, sei es in concentrirten, sei es in ‚verdünnteren Mi-
schungen, weder verzögert, noch hindert.
Wie Eingangs bereits bemerkt wurde, haben Soubei-
ran, Miquel und Guibourt vom Ferrum oxydat. hydri-
cum angegeben, dass letzteres die arsenige Säure in allen
Fällen, wo es als Antidot gereicht werde, durch Bildung des
unlöslichen Eisenarseniates unschädlich mache — avec la
restriction quw'il n’est utile que dans les cas ou le poison
nest pas rendu inacessible au tritoxide de fer par un corps
lui servant d’enveloppe — (Chevallier a. a. O. p. 126). Es
musste sonach festgestellt werden, ob sich das im löslichen
Saccharate enthaltene Fe?03 + 6HO in dieser Beziehung dem
Ferrum oxydat. hydricum gleich verhielt, oder nicht. Bei
den zu diesem Zwecke nothwendig werdenden Versuchen
bediente ich mich des dialysirten Hühnereiweisses,
und stellte diese Experimente selbst folgendermaassen an.
Nr. IV. Um von vornherein möglichst ungünstige Ver-
hältnisse walten zu lassen, und namentlich hochgradige Ver-
dünnungen herzustellen, wurde 1,0 Grm. Eisenoxydsaccharat
in 50 CC. Wasser gelöst und davon erst 10, dann 20, später
30 ete. CC. einer aus 5 CO. Magensaft und ebensoviel Eiweiss
und solut. Fowleri bereiteten Mischung zugesetzt. Letztere
blieb auch, nachdem weitere 2,0 Grm. Eisenoxydsaccharat zu-
gegeben worden waren, klar, und war der Eisenarseniatnieder-
schlag erst nach 12stündigem Stehen vollständig abgeschieden.
Dass nicht die Gegenwart des Magensaftes, sondern die-
jenige des Eiweisses an diesem anscheinend wenig ermuthi-
genden Resultate die Schuld trug, beweist folgender Versuch,
bei welchem der Magensaft fortgelassen wurde.
Nr. V. 12,2 CC. obiger Eiweisslösung,
5 ,„ . solut. Fowleri,
2 gtt. acid. hydrochlor. pur. und
2,0 Grm. Eisenoxydsaccharat
I Er ER Ne ef
Ueber die Anwendbarkeit des löslichen Eisenoxydsaccharates ete. 89
wurden bei 28°C. in 220 CC. Wasser aufgenommen. Auch
in dieser stark verdünnten, magensaftfreien Mischung kam das
Arseniatpräcipitat erst nach 12stündigem Stehen zu Stande,
zum Beweise dafür, dass die von Guibourt etc. beobachteten
Bedingungen, unter welchen Ferrum oxydat. hydricum aus arsen-
haltigen Flüssigkeiten keine AsO® niederschlägt (Gegenwart
von das Gift einhüllenden Proteinsubstanzen), auch für das lös-
liche Eisenoxydsaccharat zutreffen. Für die Praxis dürfte
aus vorstehenden Versuchsresultaten die nicht unwichtige Regel
zu ziehen sein, dass in Fällen von Arsenvergiftung,
bei welchen die Eisentherapie eingeschlagen werden soll, das
bei anderweitigen Metallintoxikationen empfoh-
lene Trinkenlassen eiweisshaltiger Flüssigkeiten
nicht nur keinen Nutzen bringt, sondern sogar,
weil es die Bildung des unlöslichen Eisenarseniatniederschlages
im Magen verzögert, entschieden schädlich wirkt.
Da Magensaft, wie Mageninhalt überhaupt, stets neu-
trale Alkalisalze in geringeren oder grösseren Mengen
enthält, so lag mir zur vollständigen Erledigung der zweiten
Frage schliesslich die Prüfung, ob und wie fern genannte
Salze die Wirkung des Fe?0°-+-6HO auf die AsO3, resp. das
Zustandekommen des unlöslichen Eisenarseniatniederschlages
modificiren, um so mehr ob, als ich bei den früher angestell-
ten Untersuchungen gefunden hatte, dass beliebiges neutrales
Alkalisalz in der — namentlich verdünnten oder erwärmten —
wässrigen Eisenoxydlösung eine Abscheidung des unverän-
derten Fe203+6HO0 verursacht, und somit der Gedanke,
dass im arsenhaltigen Mageninhalte par. condit.
möglicherweise nicht Eisenarseniat, sondern
unverändertes Eisenoxydhydrat ausgefällt wer-
den könnte, nahe lag. Bei den in dieser Richtung ange-
stellten Versuchen wurden ebenfalls möglichst ungünstige
Verhältnisse und hochgradige Verdünnungen hergestellt.
Nr. VI. 0,21 Grm. Chlornatrium,
5 CC. künstl. Magensaft,
10 „ sehr concentr. Eiweisslösung und
1,0 Grm. Eisenoxydsaccharat
a N RN EEE
90 Ueber die Anwendbarkeit des löslichen Eisenoxydsaccharates ete.
wurden bei 28° C. in 50 CC. Wasser aufgenommen und die
Mischung eine Stunde lang bei dieser Temperatur erhalten.
Erst nach 6 Stunden begann die Eisenarseniat - Ausscheidung
und war erst am nächsten Morgen vollendet. (Der Arsenge-
halt des in Rede stehenden rostbraunen Niederschlages wurde
durch Auflösen desselben in verdünnter Chlorwasserstofflsäure
'und Zusatz von Schwefelwasserstoflwasser constatirt). Um
sicher zu sein, dass die Verzögerung des Zustandekommens
des Eisenarseniatniederschlages in diesem Falle nicht etwa
von den vorhandenen grösseren Eiweissmengen, sondern von
der (regenwart des Uhlornatriums abhing, wurde das Eiweiss
in dem folgenden Versuche
Nr. VII. gänzlich fortgelassen und eine Mischung von
0,3 Grm. Chlorammonium,
10 CC. künstl. Magensaft, \
45 ,„ Wasser, eine höchst concentrirte Lösung von
6 Grm. Eisensaccharat,
5 CC. solutio Fowleri und
20 ,„ einer gesättigten, kaltbereiteten Lösung von
arseniger Säure hergestellt und längere Zeit bei 28°C. erhal-
ten. _ Hierbei ergab sich das, früher gemachten Erfahrungen
gemäss, durchaus nicht auffallende Resultat, dass sich die
höchst concentrirte Eisensaccharatsolution ganz so verhielt,
als wäre weder Chlorammon., noch Arseniat darin zugegen,
und nach Verlauf von 18 Stunden noch keine Präcipitation
von Eisenarseniat erfolgte. Weiteres Verdünnen oder
Erhitzen der Mischung würde auch hier die Fäl-
lung begünstigt haben. 2
Die bei Versuch VI. und VII. gewonnenen Resultate sind
bei oberflächlicher Betrachtung der Anwendbarkeit
des löslichen Eisenoxydsaccharates als Arsenantidot nicht
eben günstig, und verdient daher hervorgehoben zu wer-
den, dass Mischungsverhältnisse, wie die hierange-
nommenen, thatsächlich in der Wirklichkeit nie-
mals bestehen. Denn der Gehalt des Magensaftes an
festen (organischen und anorganischen) Bestandtheilen über-
haupt schwankt nach Beaumont, Berzelius, Blondlot,
e-
Pet
Ueber die Anwendbarkeit des löslichen Eisenoxydsaccharates ete. 91
Lassaigne und Frerichs beim Menschen, Hunde und
Pferde zwischen 1,27, 1,32 und 1,72 Proc., und ist sonach
ein Reichthum des Mageninhaltes an Neutralsalzen, wie im
VI. Falle (2 Decigrammen auf 67 CC. Flüssig-
keit!) nur denkbar, wenn grosse Dosen Ühlor-
natrium, Chlorammonium, Glaubersalz etc. als
Medicament ingerirt werden. An sich können obige
Versuche also als Kriterien für oder wider die Anwendbar-
keit des Eisenoxydsaccharates als Gegengift der AsO? nicht
dienen, und beweisen vielmehr nur das für die Pra-
xis wichtige Factum, dass zwar bei Gegenwart
grösserer Mengen neutraler Alkalisalze die
Reaction des in dem genannten Präparate ent-
haltenen Fe203+6HO auch stattfindet und nicht
etwa unverändertes Eisenoxydhydrat ausfällt,
dass jedoch diese Einwirkung des Eisenoxydes
auf die arsenige Säure unter den erörterten Be-
dingungen wesentlich verzögert wird, es also
unrationell sein würde, in mit Eisenmitteln behandelten Fäl-
len von Arsenvergiftung (etwa zur Unterstützung der Kur
und beabsichtigten Entfernung des Giftes durch Laxantien)
neutrale Alkalisalze anzuwenden.
Die zur Controle der mitgetheilten angestellten weiteren
Versuche mit Mischungen aus Magensaft, Eiweiss, Natronsal-
zen, Eisensaccharat und arsenigsauren Salzen glaube ich, da
sie mit Obigen übereinstimmende Resultate lieferten, billig
übergehen und mich zur Beantwortung der dritten, die che-
mische Zusammensetzung des in Rede stehenden Eisenarseniat-
niederschlages betreffenden, Frage wenden zu dürfen. — Eine
endgültige Lösung derselben war nur durch die quantita-
tive Analyse des qu. Niederschlages möglich, welche
folgendermaassen ausgeführt wurde. }
Um das braunrothe und den physikalischen Eigenschaften
nach dem von Bunsen beschriebenen Eisenarseniate in
allen Punkten gleichende Präcipitat zwar natron-, chlor- und
zuckerfrei, aber übrigens unverändert zu gewinnen und gleich-
zeitig über den von Couörbe behaupteten, von Öhevallier
N
tr Pd
92 Ueber die Anwendbarkeit des löslichen Eisenoxydsaccharates etc.
dagegen bestrittenen Gehalt an überschüssigem, d. h. nicht an
arsenige Säure gebundenem Eisenoxydhydrat ins Klare zu
kommen, wurde der abfiltrirte Niederschlag zwar gehörig mit
Wasser ausgesüsst, ein Zusatz von Essigsäure zu letzterem
aber, welcher das freie Eisenoxyd in Lösung genommen haben
würde, unterlassen. Als in dem einen Rückstand nicht mehr
hinterlassenden Filtrate kein Ühlorwasserstoff mehr nach-
weislich war, wurden abgewogene Portionen des Nieder-
schlages im Luftbade bei 110°C. so lange getrocknet, bis
gemäss mehrfach wiederholten Wägungen der über SO? erkal-
teten Tiegel eine Gewichtsabnahme derselben nicht mehr zu
constatiren war.*) Hierauf wurde in den tarirten Portionen
Eisenoxyd und AsO3 wie folgt bestimmt.
Die zu analysirende Substanz wurde mit einer Mischung
aus chemisch reinem Salpeter und reiner Soda im Tiegel vor-
sichtig so lange zummengeschmolzen, bis die resultirende
Masse gleichmässig floss, der erkaltete Tiegel in ein destillir-
tes Wasser enthaltendes Becherglas gegeben, und auf diese
Weise eine Trennung des unlöslichen Eisenoxydes von den
resultirenden arsensauren, salpeter- und salpetrigsauren,
löslichen Alkalisalzen bewerkstelligt. Nachdem der Tiegel
von dem den Wänden desselben schlammartig anhaftenden
Eisenoxyde sorgfältig befreit und letzteres mit dem Inhalte
des Becherglases vereinigt worden war, wurde das Eisenoxyd
auf einem bei 110°C. getrockneten, tarirten Filter gesammelt,
bei der nämlichen Temperatur getrocknet, gewogen und als
Eisenoxyd berechnet. Das stark ammoniakalisch gemachte
Filtrat wurde mit ammoniakalischer Mischung aus Chlorammo-
nium und schwefelsaurer Magnesialösung im Ueberschuss ver-
setzt, 12 Stunden stehen gelassen, die sich absetzende arsen-
saure Ammoniak -Magnesia auf einem zweiten, tarirten Filter
gesammelt, mit ammoniakhaltigem Wasser vorschriftsmässig
ausgewäschen, getrocknet, gewogen und auf arsenige Säure
berechnet. Die von Fresenius empfohlene Correctur,
*) Das Trocknen des sehr hygroskopischen Niederschlages ist lange
Zeit fortzusetzen,
N
x
Ueber die Anwendbarkeit des löslichen Eisenoxydsaccharates ete. 93
zu der gefundenen arsensauren Ammoniakmagnesiamenge auf
je 16 CC. der angewandten (ursprünglichen) Flüssigkeit 1 Mil-
ligramm zuzuaddiren, habe ich, weil mir gleich das erste
gewonnene Resultat mit der berechneten Zahl auch ohnediess
genügend zu stimmen schien, und sich bei einer von Dr.
Hornemann durch Behandlung des Arseniats mit HÜl, Eim-
leiten von Schwefelwasserstof!, Ueberführung des Schwefelar-
sens in arsensaures Kali, Verwandlung dieses in arsensaure
Ammoniakmagnesia etc. und Titrirung des Eisens vorgenom-
menen Üontrolanalyse, deren Resultate mitzutheilen ich nicht
befugt bin, gleiche Gewichtsmengen für arsenige Säure und
Eisenoxydhydrat herausstellten, unterlassen. Das von Bun-
sen analysirte arsenigsaure Eisenoxyd (4 Fe203,As0°-++5HO)
war stärker getrocknet als das unsrige und enthielt 9,7 Proc.
(das unsrige 15,2 Proc.) Wasser.
Bunsen berechnete nach den von ihm gefundenen Gewichts-
mengen Eisenoxyd und arseniger Säure die Analyse wie folgt:
4 Fe203. 68,42 Proc.
ASOT ZI ILS
BIO gar
Nach dem jetzt gebräuchlichen .Atomgewichte
des Fe=28 würden sich folgende Zahlen ergeben:
berechnet:
a) bei 9,7 Proc. Wasser | b) hei 15,2 Proc. Wasser.
4Fe?0° : (320) : 68,96 Proc. 65,56 „
AsO3 : (99) : 21,34 „ 20,22 „
5 HO : (45): 9,70 „ 15,22 „
100,00 „und 100,00 ,,
gefunden bei 15,2 Proc. Wasser:
I II. IE
4 Fe?03 : 65,7 Proc. 66,56 Proc. 66,91 Proc.
A503:
5 HO nl I
100,0: 5;
Die Analyse sämmtlicher drei zu verschiedenen
Zeiten dargestellten Niederschlagsproben ergab sonach, bei
94 Ueber die Anwendbarkeit des löslichen Eisenoxydsaccharates ete.
übereinstimmendem AsO®-Gehalte ein bemerkenswerthes Plus
an Eisenoxyd. Oouärbe’s Angabe, wonach beim Vermischen
arsenhaltiger (AsO°) Flüssigkeiten mit Eisenoxydhydrat (Ferr.
oxydat. hydric.) ein überschüssiges Eisenoxyd
enthaltendes arsenigsaures Eisenoxyd resultirt,
erwies sich also auch für die Anwendung des löslichen Eisen-
oxydsaccharates als richtig. Da einer Mischung beider eben
genannter Eisenverbindungen jedenfalls noch weniger cor-
rodirende Eigenschaften, als dem in dieser Hin-
sicht unschädlichen 4Fe?0°3,As0? + 5HO zukommen
dürften, so kann beiden, als Antidot der AsO® zu
verwerthenden Eisenpräparaten auch ein Vor-
wurf aus diesem Verhalten nicht erwachsen.
Sofern endlich, den oben mitgetheilten Ergebnissen der
quantitativen Analyse nach, beim Vermischen angesäuerter
Eisensaccharatlösung mit arsenik-, resp. arseniathaltigen Flüs-
sigkeiten derselbe rostbraune und nach der Formel 4 Fe20,3AsO*
+ 5HO zusammengesetzte Niederschlag, wie bei Anwendung
von Ferr. oxydat. hydric. hervorgerufen wird, so ist vom
chemischen Standpunkte aus betrachtet, em Grund,
warum sich das eine Eisenpräparat nicht ebenso gut wie
das andere als Gegengift der arsenigen Säure eignen sollte,
nicht ersichtlich.
In pharmakologischer Hinsicht gehe ich jedoch
weiter und stelle, wie ich bereits in meiner vorläufigen Mit-
theilung „über in Zuckersyrup und Glycerin lösliches Eisenoxyd-
hydrat“ hervorgehoben habe, das lösliche Eisenoxydsaccha-
rat aus folgenden Gründen weit über das Ferrum
oxydat. hydricum.
1. Esbraucht dasselbe nicht, wie Ferrum oxydat.
hydricum in aqua, zum jedesmaligen Gebrauche
frisch bereitet zu werden; während das längere Zeit
aufbewahrte Eisenoxydtrishydrat sein Wasser verliert
und sich alsdann mit der arsenigen Säure nicht unmittelbar
verbindet, verändert sich rein und sauber dargestelltes Eisen-
oxydsaccharat beim Liegen nicht im Geringsten. Im Juli
1868 bereitetes und nicht einmal in besonders gut schliessen-
BR
au) N N X r r NR
Ueber die Anwendbarkeit des löslichen Eisenoxydsaecharates ete. 95
den Gefässen aufbewahrtes Eisenoxydsaccharat giebt heute
noch dieselbe klare und durchsichtige Auflösung von der
Farbe des Ungarwemes, wie vor sechs Monaten. In Ver-
giftungsfällen, wo citissime! ordinirt wird, ist der Vor-
theil, welchen ein vorräthig zu haltendes und schnell zu
dispensirendes (— noch dazu pulverförmiges —) Medicament
vor einem erst frisch zu bereitenden hat, um so weniger
gering anzuschlagen, als, wenn dergleichen Fälle sich auf dem
Lande ereignen, mit der Absendung eines Boten nach der oft
Stunden weit entfernten Apotheke, und der Beförderung der
Arznei von da nach der Behausung des Patienten an sich
schon viele und das Leben des Patienten in Gefahr bringende
Zeit verloren geht. Hierzu kommt
2) dass das Ferrum hydric. in aqua von den
Patienten weniger gern, als das trockene Eisen-
oxydsaccharat genommen wird. Letzteres, frei von
styptischem Geschmack, wild nur, wenn sehr grosse
Dosen wiederholt ingerirt werden, durch seine Süssigkeit
lästig; die Pat. ziehen es jedoch, wie ich in einem Falle von
Arsenvergiftung beobachtete, selbst unter diesen Umstän-
den dem zwar wenig salzig schmeckenden, aber nach Art
eines feinen Schlammes an Zähnen und Zunge festhaf-
tenden und mühsam hinunterzuschluckenden Fer-
rum hydricum in aqua vor.
3) Beide Präparate werden in sehr grossen
Gaben (da das nicht zur Wirkung gekommene Eisenoxyd
grösstentheils durch den Darm als Schwefeleisen eliminirt
wird) vertragen. Da jedoch das Eisenoxydsaccharat
leicht in Wasser löslich, Ferrum oxydat. hydri-
cum dagegen unlöslich ist, so wird ersterem jeden-
falls (eben dieser Löslichkeit wegen) a priori eine
grössere, resp. schnellere Wirksamkeit als letz-
terem vindicirt werden dürfen,
Musste ich hiernach dem Eisenoxydsaccharate vor
dem Ferrum hydricum den Vorzug geben, so blieb nur
noch die Frage: ob es sich bei mit Arsen vergifteten
Thieren als eben so schnell und zuverlässig Ret-
E73
a ea, ine, ae ehe
96 Ueber die Anwendbarkeit des löslichen Eisenoxydsaecharates ete.
tung bringendes Antidot, wie das Ferrum oxydat. hydricum,
erweise, zu lösen übrig. Die nachfolgenden Thierver-
suche legen für dieBrauchbarkeit desEisenoxyd-
saccharates auch in dieser Beziehung ein günsti-
ges Zeugniss ab. Dass sich Ferrum oxydat. hydri-
cum auch bei mit Arsen vergifteten Thieren hilfreich erweist,
ist längst bekannt, und haben Rozieres und Latour de
Trie das genannte Eisenmittel bereits 1838 in folgendem
Falle von Arsenvergiftung bei Schweinen therapeutisch
mit Glück angewandt.
„Ein Bäcker hatte zwei hochträchtige Zuchtsäue und
bemerkte, dass die im Stalle massenhaft vorhandenen Ratten
den Schweinen das Futter wegfrassen. Um die lästigen
Schmarotzer zu vernichten, vermischte er 8 Liter Maismehl
mit 120 Grm. arseniger Säure, und streute diese Lockspeise,
nachdem die Schweine abgesperrt waren, in den Fresstrog.
Die gefrässigen Säue liessen sich jedoch das Maul nicht ver-
binden, sondern sprengten die Stallthür, stürzten sich auf den
Trog und verspeisten Mehl nebst Arsenik. Als sich alle
durch dieses Gift bedingten Erscheinungen bei denselben zu
äussern anfingen, bereiteten die Berichterstatter 2 Pfund Fer-
rum oxydat. hydricum, wovon die Thiere die eine Hälfte
mit Mehl vermischt begierig auffrassen, während ihnen das
Uebrige mit Gewalt beigebracht werden musste. Sie erschie-
nen hierauf noch 5—6 Tage lang matt und nahmen nur
flüssige Nahrung zu sich; nach dieser Zeit aber waren sie
wohlauf und warfen 15 Tage später gesunde Junge (Che-
vallier a.a. 0. p. 134.).“
Nieht minder günstige Erfolge Erle ich bei 4 mit
arseniger Säure vergifteten Kaninchen und 2 Meer-
schweinchen mit grossen als Gegengift gereichten Dosen
löslichen Eisenoxydsaccharats. Diesen Thieren wur-
den 0,02, 0,04, 0,06 und 0,20 Grm. arseniger Säure und
hierauf die zehnfache Menge Eisenoxydhydrat in Saccharat-
form beigebracht. Sämmtliche Kaninchen blieben am Leben,
und der Tod des einen, mit Gegengift versehenen Meer-
schweinchens war einzig und allein durch Nebenumstände —
a ES a SE a Er SE
Ueber die Anwendbarkeit des löslichen Eisenoxydsaccharates ete. 97
ein bei diesen Thieren höchst seltenes, also nicht zu vermu-
thendes perforirendes Magengeschwür — bedingt. Um nicht
weitschweifig zu werden, will ich von den angestellten Thier-
versuchen nur diejenigen, bei welchen die grössten, die lethale
um das vVierfache übersteigenden Dosen, arseniger Säure
gereicht worden waren, mit Hinweglassung aller nur für
Aerzte interessanten Details mittheilen, und einige auf alle
6 Experimente gemeinsam bezügliche Bemerkungen daran
anknüpfen.
Thierversuch Nr. IV. Einem ausgewachsenen, kräf-
tigen, weiblichen Kaninchen von mittler Grösse wurden am
9. Juni 1868 Nachmittags 34, Uhr 0,1345 Grm. arsenige
Säure, in ein Salatblatt eingewickelt durch Einschieben in
die Fauces und Zuhalten der Schnauze, bis der Bissen hinab-
geschluckt war, beigebracht. Zuvor waren 5 Portionen zu
je 4,0 Grm. (10 Proc.) Eisenoxydsaccharat abgewogen wor-
den, um dem Thiere in Zwischenpausen von 10 zu 10 Minu-
ten auf gleiche Weise ingerirtt zu werden. Zwischen der
Vergiftung und der zuerst äpplicirten Dosis des Gegengiftes
waren gleichfalls 10— 12 Minuten vergangen. Das auf diese
Weise behandelte Kaninchen befand sich jedenfalls unwohl,
erschien collabirt und schleppte die hinteren Extremitäten
nach; Durchfall trat nicht ein.
Da das Thier eine Stunde später noch, wenngleich müh-
sam, zu entfliehen vermochte, aufrecht in der Hasenstellung
dasass, erhielt es um 4!/, Uhr eine zweite, gleichfalls in Sa-
lat eingehüllte Dosis gepulverter arseniger Säure, und das
Gegengift in den oben angeführten Gewichtsmengen und
Zwischenpausen. Auch nach dieser enorm gesteigerten Menge
beigebrachten Giftes erschien das Kaninchen nur während der
ersten halben Stunde, wo es der einzubringenden, beträchtli-
chen Eisenmenge wegen mehrfach unumgängliche Gewalt
erleiden musste, angegriffen, flüchtete, seiner Fesseln ledig,
in die Ecken des Zimmers, schleppte deutlich die Hinterbeine
nach, frass vorgeworfene Blätter nicht, und nahm, wenn es
in Ruhe gelassen wurde, die Stellung, als ob es schliefe, an.
In einen Blechkasten, von dessen nach einer Seite geneigtem
Arch. d., Pharm. CLXXXIX. Bds, 1. u. 2, Hft, 7
98. Ueber die Anwendbarkeit des löslichen Eisenoxydsaccharates etc.
Boden eine Rinne den gelassenen Urin in ein Becherglas
ableitete, während die Faecalstoffe zurückgehalten wurden,
gebracht, liess das Thier um 6 Uhr Abends zuerst 11 CC.
(netto) eines trüben, wolkig erscheinenden und sehr concen-
trirten, aber weder Eiweiss, noch Zucker, noch Arsen (Me-
thode von Reinsch) enthaltenden Urins, und entleerte andert-
halb Stunden später feste, schwarzgraue, trockene und den
Schafexcrementen gleichende Faeces, welche, da kein Urin
gleichzeitig gelassen wurde, für sich gesammelt werden konn-
ten. Behufs Untersuchung auf Arsen wurden dieselben zur
Zerstörung der organischen Substanz mit Chlorwasserstoff-
säure und chlorsaurem Kali im Wasserbade so lange, bis
jede Spur einer Chlorentwickelung aufgehört hatte, gekocht,
die gelbe Flüssigkeit in einen gleichfalls im Wasserbade
befindlichen Kolben filtrirt, und während sie bei 100°C. erhal-
ten wurde, gereinigtes Schwefelwasserstoffgas mehre Stunden
lang hindurch geleitet. Der hierbei resultirende Niederschlag
von Schwefelarsen war in Anbetracht dessen, dass Kaninchen
nicht erbrechen, das ingerirte Gift also nur durch das Nie-
rensecret, oder mit den Faeces entleert werden konnte, sehr
unbedeutend.
Ueber Nacht waren ähnliche, mit Urin durchfeuchtete
Faeces entleert worden, und hatte das Thier bereits wieder
gefressen. In der Zeit von 8 bis 10 Uhr Morgens verzehrte
dasselbe einen Salatkopf mit Appetit, zeigte wieder Theil-
nahme für seine Umgebung und entleerte über 30 CC. eines
vollständig klaren, sedimentlosen und alkalisch reagirenden
Urins. Letzterer wurde, um auf Eisen und Arsen geprüft zu
werden, noch zwei weitere Tag lang gesammelt, das Thier
jedoch, welches vom Mittage desselben 10. Juni ab munter
und wohlauf war, nicht weiter beobachtet. Es hat seitdem
einmal gesunde Junge geworfen und ist sein während des
Versuches etwas schlechter gewordene Ernährungszustand
gegenwärtig ein vortrefflicher.
Die Analyse des Harns geschah nach der Methode von
Marsh, wie sie von Otto (Anleitung zur Ausmittelung der
Gifte, dritte Auflage, 1867, p. 59 ff.) ausführlich erörtert
2 ae
Ueber die Anwendbarkeit des löslichen Eisenoxydsaecharates ete. 99
worden ist. Die Details über die hierbei vorgenommenen
Manipulationen als bekannt voraussetzend, erwähne ich nur,
dass aus dem vereinigten Urin der ersten zwei Tage .nach
der Vergiftung bereits Arsenspiegel dargestellt werden konn-
ten, und sonach die in manchen toxikologischen Lehrbüchern
gemachte Angabe, dass die Elimination in den Organis-
mus gelangten Arsens durch die Nierensecretion erst weit
später, namentlich erst am 6. Tage nach geschehener Ver-
giftung, beginne, für Kaninchen wenigstens nicht zutreffend
zu sein scheint.
Thierversuch Nr. V. Zwei ausgewachsene, mittel-
grosse Meerschweinchen von ungefähr gleichem Ernährungs-
zustande wurden am 30. Juli vorigen Jahres Abends sechs
Uhr mit Hilfe eines eingeführten weiblichen Katheters, in des-
sen Schnabel je 0,2 Grm. gepulverter arseniger Säure geschüt-
tet worden waren, und Nachspritzen von Wasser auf dem-
selben Wege vergiftet. Das Meerschwein «. erhielt genau
in der bei Versuch Nr, IV. beschriebenen Weise in Pausen
von 10 zu 10 Minuten 5 Portionen von je 4,0 Grm. lösl.
Eisenoxydsaccharat; das Thierchen £. dagegen kein Ge-
gengift. Letzteres zeigte die Intoxikationssym-
ptome sofort in prägnanter Weise, verkroch sich, quiekte
ängstlich, schleppte die Beine nach, collabirte schnell und
war nach Verlauf einer Stunde bereits, selbst wenn es mecha-
nisch gereizt wurde, nicht mehr im Stande, sich von der
Stelle zu bewegen. Auf den Rücken geworfen, verharrte es,
zum Beweise ausgesprochener Rückenmarkslähmung, in die-
ser widernatürlichen Lage, schrie zuweilen ängstlich auf,
athmete mühsam und schnell, entleerte nach 2 Stunden, ohne
erbrochen zu haben, dünnen, mit Urin vermischten Koth,
welcher verloren ging, und starb nach 3 Stunden unter
mässig intensiven Zuckungen der Extremitäten. Die Ob-
duction ergab die gewöhnlichen Befunde der Arsenver-
giftung; die von Saikowsky zuerst beschriebene Fett-
entartung der Nierencanäichen und der Leberzellen war
jedoch nicht nachweisbar.
7%*
EEE
N er
100 Ueber die Anwendbarkeit des löslichen Eisenoxydsaccharates ete.
Das Meerschwein « war, nachdem es der Beibrin-
gung der beträchtlichen Mengen Eisensacchara-
tes wegen, eine halbe Stunde lang immerhin hatte Ge-
walt erleiden müssen, sehr angegriffen, verkroch sich, schrie
eontinuirlich und litt, jedenfalls in Folge der seinen Magen
. prall ausfüllenden, abnorm grossen, injicirten Flüssigkeits-
mengen wegen, an Schmerzen oder sonstigen Beschwerden.
Es erbrach sich indess weder, noch bekam es Diarrhöe. In
den oben erwähnten Blechkasten gebracht, sass es theilnahm-
los da, reagirte jedoch auf mechanische Insulte, wie Knei-
pen etc. Nach 1!/, Stunden entleerte es kleine Mengen sedi-
mentösen, übelriechenden Harns, in welchem nach Reinsch’s
Methode Arsen nicht nachweislich war, und dunkelge-
- färbte, trockene und feste Faeces. Nachts elf Uhr war das
Befinden das nämliche; es hatte jedoch von vorgeworfenem
Brote gezehrt; am nächsten Morgen fand ich das Thier in
seinem Behälter todt.
Die Obduetion erwiess, dass das Thier nicht an den
Wirkungen der arsenigen Säure, sondern an
einem inderjüngstverflossenen Nacht zum Durch-
bruche gelangten, übrigens bereits seit mehren
Wochen bestanden habenden runden Magenge-
schwür gestorben war. Gegen die Annahme eines
allerdings zuweilen auch durch Arsen bedingten neuropara-
lytischen Todes, bei welchem die Obduction ebenfalls keine
Anhaltspunkte liefert, spricht das Fehlen von Convulsionen
und Lähmungen; dass die gewaltsame Ausdehnung des bereits
kranken Magens durch specifisch schwere Flüssigkeitsmengen
den lethalen Ausgang befördert haben mag, soll nicht in Ab-
rede gestellt werden; auch in diesem Falle würde das Arse-
nik indess als Todesursache gleichfalls nicht anzuschuldigen
sein. Die weiteren Details dieses Befundes haben nur patho-
logisches Interesse; Fettentartung innerer Organe fehlt auch
hier durchaus.
Aus vorstehenden Thierversuchen ergiebt sich:
1) dass sich das lösliche Eisenoxydsaccharat
als brauchbares Antidot der arsenigen Säure
Ueber die Anwendbarkeit des löslichen Eisenoxydsaccharates ete, 101
bewährte; sämmtlichke mit 0,02, 0,04, 0,06 und
0,20 Grm. dieser Substanz vergifteten und mit 20 Gram-
men und mehr Eisenoxydsaccharat versehenen Kaninchen
zeigten zwar die unter IV. geschilderten Erscheinungen
von Unwohlsein, waren jedoch nach Verlauf von 6 bis
24 Stunden bereits wieder vollkommen hergestellt.
Instructiv endlich war auch Versuch V.; beide Meer-
schweinchen erhielten dieselbe Giftmenge; das Thier,
welchem kein Gegenmittel gereicht worden war, erlag
dem Gifte unter Lähmungs- und Krampferscheinungen
binnen 3 Stunden, während das andere, selbst wenn eine
Wirkung der AsO® auf die Nervencentren statuirt wird,
jedenfalls noch eine Nacht lebte und die Obduction den
Befund der Arsenvergiftung nicht ergab. (In Leber und
Nieren dieses Thieres war Arsen nach Reinsch’s Me-
thode nicht nachzuweisen).
2) Versuch IV. lehrt, dass eine Resorption des
in dem Urin schon nach Verlauf von 24—48
Stunden nachzuweisenden Arsens (und Eisens)
auf jeden Fall, und selbst wenn Gift und An-
tidot fast gleichzeitig gereicht wurden, statt-
findet; es ergiebt sich hieraus für die Praxis die
Regel, dass das gebildete Eisenarseniat durch ein dem
Vergifteten möglichst bald zu reichendes Emeticum aus
Ipecacuanha, bevor grosse Mengen desselben durch
Resorption in die Blutbahn gelangen können, entfernt
werden muss.
3) Die an sämmtlichen vergifteten Thieren — auch nach
Eisenoxydsaccharat - Darreichung — wahrgenommenen
Lähmungssymptome sprechen ebenfalls für eine
sehr rapide Resorption auch des Eisenarseniates.
Da letzterem die Wirkungen des Arsens, mit Aus-
nahme der corrosiven, gleichfalls eigen sind, so
mahnt auch diese Thatsache zu Vorsicht und niemals zu
unterlassender Anwendung von Brechmitteln.
4) Die von Saikowsky beobachteten Fettdegenerationen
der Nieren, Leber und Herzmuskulatur bei Arsenver-
102 Ueber die Anwendbarkeit des löslichen Eisenoxydsaccharates ete.
giftung wurden in vorstehendem V. Falle, weil es zu
ihrem Zustandekommen stets einiger Zeit bedarf, und
hier zwischen Vergiftung und Tod des Thieres nur
3 Stunden lagen, nicht aufgefunden. Rosenbach
(Henle und Pfeufer’s Zeitschr. 1868. I. Heft. p. 36),
welcher mit Sublimat experimentirte, machte dieselbe
Erfahrung. Seine durch subeutane Injection die-
ses Quecksilbersalzes vergifteten Kaninchen, welche übri-
gens noch 1 bis 11!/, Tage lebten, zeigten die erwähnten
Erscheinungen ebenfalls nicht.
Schliesslich erlaube ich mir, auf die, aus den Eingangs
mitgetheilten Resultaten der pharmakologischen und
chemischen Untersuchung folgenden, Regeln für the-
rapeutischeAnwendungdeslöslichen Eisenoxyd-
saccharates bei der Arsenvergiftung, nämlich:
1) Ingestion des genannten Gegengiftes im Ueber-
schuss;
2) zu unterlassendes, gleichzeitiges Trinken
eiweisshaltiger Flüssigkeiten oder
3) laxirender Auflösungen neutraler Alkali-
salze, weil in beiden Fällen die Präcipitation des
4 Fe203,AsO® + 5HO verzögert wird; und
4) möglichst schnelle Herausbeförderung des
eben bezeichneten Niederschlages aus dem
Darmkanal durch zu reichende Brechmittel
nochmals in der Kürze aufmerksam zu machen. Ich selbst
habe in jüngster Zeit einen hiesigen Studenten, welcher grosse
Mengen (mindestens zwei Gramme) arseniger Säure in selbst-
mörderischer Absicht verschluckt hatte, nach diesen Maximen
erfolgreich behandelt, und keine Ursache gehabt, die in diesem
Falle meines Wissens zuerst versuchte Anwendung des lös-
lichen Eisenoxydsaccharates als Arsenantidot (— es waren
120 Gramme dieses Mittels binnen 12 Stunden genommen
worden —) zu bereuen. Die eingehenderen Details über die-
sen Vergiftungsfall werde ich in der Berliner klinischen
Wochenschrift demnächst veröffentlichen.
103
B. Monatsbericht.
I. Physik, anorganische Chemie,
Mineralogie und Geologie.
Ueber einige Thalliumverbindungen und die Stellung
dieses Metalls im System
hat Dr. H. Flemming in der Jenaischen Zeitschrift f. Medi-
cin und Naturwissenschaften 1868, Bd. IV. Heft 1. 8. 33 —
49 Untersuchungen und Betrachtungen mitgetheil. Durch
Herrn Prof. Dr. Geuther wurde der Red. des Archivs ein
Separatabdruck gütigst übermittelt, aus welchem das Nach-
folgende ein Auszug ist.
Das Thalliumoxydul giebt mit Wolframsäure eine
krystall. Verbindung = TIO,WO3; mit Molybdänsäure
kryst. TIO,MoO3; mit Kieselsäure eine kryst. Verbindung
mit 65,2 Proc. TIO und 31,1 Proc. Kieselsäure (über den Ver-
lust von 3,7 Proc. weiss der Verf. keine Rechenschaft zu
geben; er denkt, dass die bei 15000. getrocknete Verbindung
noch Wasser enthalten habe).
Das schmelzende Thallium unter einem Strome von Stick-
gas erhitzt bleibt selbst bei Schmelzhitze des böhm. Glases
unverändert. (Die gleiche Unveränderlichkeit des Metalls
beobachtete Oettinger, als er trocknes H®’Ngas 2 Stunden
lang über in einer Glasretorte befindliches schmelzendes Thal-
lium leitete).
Reine trockene Kohlensäure übt auf blankes Thallium,
selbst bei einer Hitze, welche das böhm. Glas erweichen macht,
nicht die geringste Wirkung aus.
Obgleich nach der von Willm gemachten Entdeckung,
dass beim Erhitzen von oxalsaurem Thalliumoxydul metalli-
sches Thallium entstehe und nach den Resultaten des vori-
gen Versuchs es als selbstverstäudlich anzusehen war, dass
die Oxyde des Thallium durch Kohlenoxydgas reducirt
werden, so stellte doch Flemming den directen Versuch an.
104 Ueber einige Thalliumverbindungen u. die Stellung dieses Metalls ete.
Er leitete über das beim Glühen des salpetersauren Thallium-
oxyduls erhaltene Product (nach Lamy ein Gemenge von
Thalliumoxydul TIO und Thalliumtrioxyd TIO3), das sich in
einem Porzellanschiffichen und dieses wieder in einem böhm.
Glasrohre befand, Kohlenoxyd. Schon nach kurzer Zeit zeig-
ten sich Thallium-Metallkügelchen und es gelang, nach län-
gerem Glühen, das Gemenge der beiden Oxyde vollständig
zu reduciren.
Bei der Reduction des Metalles durch den elektrischen
Strom aus einer salpetersauren Lösung scheidet sich am —
Pole Metall, am + Pole Thalliumtrioxyd in beträchtlicher
Menge als dichte schwarzbraune Masse ab (Böttger beo-
bachtete dasselbe ebenfalls, s. Zeitschr. f. Chem. 1868, p. 57.).
Die Verwandtschaft des Thallium zu Phosphor in der
Glühhitze ist nur gering. Auf eine Lösung von TI0,S03 ist
Phosphor ohne Einwirkung. Phosphorstücke, in eine conc. Lö-
sung von TIO,HO gebracht, bedecken sich fast augenblicklich
mit einer schwarzen Haut, die beim Kochen zu einem metall-
glänzenden Ueberzuge wird.
Phosphorstücke, mit TIO,HO in eine Röhre eingeschlos-
sen und 24 Stunden lang im Wasserbade erhitzt, werden zu
einer schwarzen, am Boden bleibenden Masse, während weiss-
liche kleine Krystalle sich an den Gefässwänden ansetzen.
Beim Oeffnen der Röhre, welche nur wenig Druck zeigt, ist
der Geruch noch Phosphorwasserstoffgas wahrnehmbar; die
in der Röhre befindliche Flüssigkeit enthält viel Thallium
gelöst und etwas phosphorige Säure.
Die schwarze Masse wurde mit ©2S* mehremale behandelt,
aus welchem sich nach dem Abgiessen alsbald rother amor-
pher Phosphor ausschied. Die hinterbleibende Masse wurde
über Schwefelsäure getrocknet, gewogen und hierauf mehre
Stunden lang mit verdünnter SO3 gekocht; es entwickelte
‚sich dabei ein äusserst unangenehmer Geruch, dem des
Schwefeläthyls vergleichbar. Ein geringer Theil, welcher
ungelöst blieb, wurde abfiltrirt und in der mit Na0,00?2 neu-
tralisirten Lösung das Thallium als T1J gefällt. Phosphor-
säure war im Filtrate nicht nachweisbar, 0,4565 Grm.
Substanz gaben 0,664 Grm. TIJ=0,409 Grm. TI=89,6 Proc.
Thallium. Der in Schwefelsäure ungelöst gebliebene Rück-
stand enthielt nur noch geringe Mengen Thallium, dage-
gen viel Phosphor; es mag dies ein Phosphorthallium gewe-
sen sein,
Ueber einige Thalliumverbindungen u. die Stellung dieses Metalls ete. 105
Das Thallium hat das Schicksal gehabt, zuerst zu den
Metalioiden, dann unter die Metalle und hier wieder zu
den leichten und dann zu den schweren gerechnet zu werden.
Crooker glaubte anfangs, als er wohl nur Schwefelthal-
lium und nicht das Metall unter Händen hatte, es gehöre
zur Schwefel-Selen-Gruppe; später jedoch, als er die
Eigenschaften des reinen Metalles studirt hatte, stellte er es
zwischen Blei und Silber.
Lamy, der zuerst das Thallium in reinem Zustande
erhielt, sprach die Ansicht aus, es sei in die Gruppe der
Alkalimetalle zu stellen. Nach ihm hat Dumas sich
ebenfalls für die Lamy’sche Ansicht ausgesprochen. Auch
Willm bekennt sich am Schlusse seiner vortrefflichen „Re-
cherches sur le Thallium “ (Paris 1865; abgedr. in Annales
d. Chim. et de Phys. 4, V, p.5—103) zu der Ansicht von
Lamy, was eigentlich zu verwundern ist, da fast alle von
Willm neugefundenen Thatsachen darauf hinweisen, dass das
Thalliumden schweren Metallen beizuzählen sei. Von deutschen
Gelehrten hat sich mit Bestimmtheit eigentlich nur Werther
bei Gelegenheit seiner Arbeiten über des Thallium für des-
sen Stellung in die Alkaligruppe ausgesprochen; Strecker,
der über die Verbindungen des Thalliumtrioxyds gearbeitet
hat, stellt in seinem Lehrbuche das Thallium unter die
Schwermetalle und beschreibt es unmittelbar hinter dem Blei;
am Schlusse fügt er die Bemerkung hinzu: „Der chemische
Charakter des Thallium ist so eigenthümlich, dass es mit
keinem anderen Metalle verglichen werden kann. Während
es m mehren Beziehungen den Alkalimetallen ähnlich ist,
zeigt es besonders wegen seiner Fällbarkeit durch Schwefel-
ammonium und der leichten Reducirbarkeit durch Zink aus
seinen Salzlösungen mehr Beziehungen zu den schweren Me-
tallen.“
Wöhler stellte es in seinem Grundriss der Chemie eben-
falls neben das Blei. Diejenigen, welche das Thallium zu
den Alkalimetallen rechnen, führen für diese Ansicht an:
1) die Löslichkeit des 'Thalliumoxyduls in Wasser und die
stark alkalische Reaction dieser Lösung;
2) die Fällbarkeit mancher Metallsalze, z. B. der Zinkoxyd-
salze durch das Thalliumoxydul;
3) die Existenz eines Thalliumalkoholats;
4) die leichte Löslichkeit des Thalliumfluorürs, des kohlen-
sauren und schwefelsauren Thalliumoxyduls und die Isomor-
phie des letzteren mit dem schwefelsauren Kali;
5) die Bildung von Thalliumoxydulalaunen;
106 Ueber einige Thalliumverbindungen u. die Stellung dieses Metalls etc.
6) die Löslichkeit der phosphorsauren Thalliumoxydulsalze,
des Cyan-, des Ferro- und Ferrideyanthallium;
7) die Unlöslichkeit des Thalliumplatinchlorids.
Die Aequivalente der Alkalimetalle stehen nach Dumas
in einer interessanten numerischen Beziehung, Man hatte
(1862) die Reihe Li’=7, Na —=23, K—=:39, Bb—=85, 108
— 1123,11. 204, und. es war _ aan — 23; ferner 2.23
+ 39 = 85; sodann 2(23 + 39) = 124 (also nahezu = (s),
endlich 2.23 + 4.39 = 202 (also nahezu = T]).
Durch spätere Forschung wurde das Aequivalent des
Caesium um 10 Einheiten höher gefunden, nämlich Cs = 133,
Willm verbesserte desshalb die Dumas’sche Gleichung
und setzte 4.23 + 39 = 131 (annähernd — (s).
Wie locker und künstlich gemacht dieser Zahlenzusam-
menhang ist, geht am klarsten daraus hervor, dass, wenn
das Aeq. eines Elementes nach genaueren Ermittelungen sich
plötzlich um 10 Einheiten höher stellt, die aufgestellte Rech-
nung den Autoren desshalb um Nichts unwahrscheinlicher
erscheint, sondern, dass es schnell gelingt ein neues Ver-
hältniss herzustellen. Mit demselben Rechte könnte man
das Thallium in die Schwefel - Selenreihe stellen; denn S = 16,
Se’ — 39,5, Tellur = 64 und '2(39;5 2 64) = 207 aaa
hernd = Tl). Dieser Trugschluss allein sollte genügen, um
Dumas’ Argument zu entkräften.
Willm, indem er darauf hinweist, dass das Atomge-
wicht des Thallium, aus seiner specif. Wärme abgeleitet,
sich zu 102 berechnet (analog dem Kalium), sagt, es müsse
das Thallium, ebenso wie das Kalium, als einatomig angese-
hen werden, während das Blei, dessen Aeq. Pb = 103,5 mit
dem berechneten übereinstimme, als 2 atomig zu betrachten
se. Willm übersieht dabei, dass sich aus der angeführten
Thatsache ebensogut eine Aehnlichkeit mit dem Silber ablei-
ten lässt, denn das Aegq. desselben berechnet sich aus der
spec. Wärme gleichfalls nur zu 54, während es doch allge-
mein zu 108 angenommen wird. Nun hat auch in sehr vie-
len anderen Beziehungen das Thallium mit dem Silber kaum
weniger Aehnlichkeiten, als mit dem Blei, und es würde
gewiss, wenn es unter die schweren Metalle zu zählen wäre,
bei beiden seinen Platz erhalten müssen.
Durch das Beispiel des Silbers wird gleichzeitig auch
ein Argument entkräftet, welches Willm als das gewichtigste
für die Placirung des Thallium unter die Alkalimetalle be-
zeichnet, nämlich der Isomorphismus einiger Thaliumoxydul-
Ueber einige Thalliumverbindungen u, die Stellung dieses Metalls ete. 107
salze mit Kalisalzen, besonders der Sulfate.. Durch Mit-
scherlich’s Untersuchungen ist bekannt, dass sehr viele
Silbersalze mit Natronsalzen isomorph sind, so das schwefels,
und unterschwefelsaure Silberoxyd. Zwar hat man bis jetzt
durch Versuche nur festgestellt, dass das Ag0,S?0? mit den
unterschwefligsauren Alkalien und Erdalkalien Doppelsalze
bildet; aber in Folge des oben besprochenen Isomorphismus
würde es höchst wahrscheimlich gelingen, die entsprechenden
Natronsalze in Doppelverbindungen durch Silbersalze vertre-
ten zu lassen, und man könnte vielleicht auch Silberalaune
erhalten. Dadurch würde das Vermögen des TIO,SO3, Alaune
und andere Doppelsalze, wie sie Werther mit isomorphen
Sulfaten der Magnesiareihe erhalten hat, zu bilden, leicht
erklärlich, und, weit entfernt für die alkalische Natur des
Thallium zu zeugen, würde es vielmehr den Beweis liefern,
dass die Thatsachen des Isomorphismus von uns durchaus
noch nicht in ihren letzten Ursachen erkannt sind.
Neben diesem Beispiel des Isomorphismus der Salze sol-
cher Metalle, die ganz verschiedenen Gruppen angehören,
erscheint es unnöthig, noch darauf hinzuweisen, dass Isomor-
phieen zwischen Blei- und Strontian- resp. Baryt-Salzen,
sowie auch zwischen Zinn- und Magnesia- Salzen etc. vor-
kommen. Desshalb hat man indess sich nie bewogen gefun-
den, daraus Schlüsse über die chem. Stellung dieser Körper
zu ziehen.
Eine von Vielen betonte Aehnlichkeit des Thallium mit
dem Kalium soll darin bestehen, dass Chlorthallium mit Pla-
tinchlorid ein unlösliches Doppelsalz bilde. Dieser Umstand
scheint wenig zu beweisen; erstlich ist das Verhalten der
Alkalimetalle selbst in dieser Beziehung verschieden, indem
Chlornatrium-Platinchlorid mit 6 Aeq. HO ein lösliches kryst,
Doppelsalz liefert, während die anderen ÜChloralkalimetalle
unlösliche Doppelsalze geben. Sodann ist durch die Unter-
suchungen von Bonnsdorff’s (Pogg. Annalen Bd. 17, 8.250,
Bd. 19, S. 337) dargethan worden, dass nicht allein Chloride
der Alkalimetalle, sondern auch Chloride der Erdalkalimetalle
und Schwermetalle mit PtC1? Doppelsalze bilden; dieselben
haben die allgemeine Formel RCl,PtC1l?-+xHO. Es sollen
das Strontium- und Calcium-Doppelsalz mit 8 Aeg. HO, das
Baryumsalz mit 4, das Mg-, Fe-, Mn-, Zn-, Od-, Co-, Ni-
und Cu-Salz mit 6 Aeq. HO krystallisiren; die 8 letztgenann-
ten sind isomorph. So wie also hier Mg, Fe, Mn u. s. w.
sich an die Seite des Natrium stellen, ohne dass man daraus
geschlossen ‚hat, sie gehörten in eine Gruppe, ebensowenig
103 Ueber einige Thalliumverbindungen u. die Stellung dieses Metalls etc.
lässt sich behaupten, dass das Thallium, welches sich der
anderen Gruppe der Alkalien rücksichtl. seines Verhaltens zu
PtCl? anschliesst, deswegen nicht unter die schweren Metalle
zu rechnen sein dürfte,
Dass Thallium- Verbindungen die Flamme färben, ist
eine Eigenschaft, die sie bekanntlich nicht allein mit den
Alkalien, sondern auch mit den Salzen des Kupfers (und
Indium) theilen.
Aus dem spectralanalytischen Verhalten des Thallium
und seiner Verbindungen hat W. Allen Miller (Soc. Roy.
London 15. Jan. 1863; Annales d. Chim. et d. Phys. 3. ser.
T. 69, p. 507) ganz die entgegengesetzten Schlüsse gezogen
als die französ. Chemiker. Während nemlich das auf gewöhnl.
Weise im Bunsen-Kirchhoff’schen Apparate erzeugte
Spectrum des Thallium nur die bekannte grüne Linie
zeigt, enthält das Spectrum des zwischen 2 Thalliumdrähten
überspringenden elektrischen Funkens mehre neue Linien,
welche die für die Schwermetalle characteristische Eigen-
schaft zeigen, an den Enden viel intensiver zu sein, als in
den mittleren Theilen. Die Photographie des Spectrum
erinnert am meisten an das des Cadmium und des Zinks,
weniger an das des Blei’s. Miller bekämpft auf Grund die-
ser Beschaffenheit des Spectrum die Lamy-Dumas’sche
Ansicht und ist der Meinung, dass das Thallium in die Nähe
des Blei’s und Silber’s gestellt werden müsse.
Man hat aus dem Umstande, dass blankes Thallium an
der Luft schnell anläuft und sich mit einer Oxydschicht
bedeckt, auf ein grosses Vereinigungsstreben des Metalls mit
Sauerstoff geschlossen; aber abgesehen davon, dass dasselbe
nach Schönbein’s Untersuchungen (Journ. f. pract. Chem.
Bd. 93, 8.35) in trocknem und ozonfreien Sauerstoffgase
ganz unverändert bleibt, spricht auch der Umstand, dass das
Thallium die Kohlensäure und das Wasser nicht zerlegt und
wie Flemming gezeigt hat, durch Kohlenoxydgas aus seinen
Oxyden leicht redueirt wird, desgl. die leichte Reducirbarkeit
aus seinen wässrigen Salzlösungen durch den elektrischen
Strom durchaus nicht für eine grosse Verwandtschaft zum
Sauerstoff.
Es ist zudem eine bekannte Thatsache, dass auch blan-
kes Blei sich nach einiger Zeit mit einer Oxydschicht über-
zieht und die Versuche vieler Chemiker, so die von Els-
ner und Noad (Liebig-Kopp’s Jahresb. f. 1851. S. 616;
chem. techn. Mittheil. 1854—1856,. S. 24) haben gelehrt,
dass es in Berührung mit Wasser und Luft sich äusserst
R
Ueber einige Thalliumverbindungen u. die Stellung dieses Metalls ete. 109
schnell mit weissem Bleioxydhydrat bedeckt, welches von rei-
nem Wasser in nicht unbedeutender Menge gelöst wird, so dass
durch HS braune und schwarze Färbung desselben entsteht.
— Mag auch das Thallium etwas grössere Verwandtschaft
zum Sauerstoff haben, als andere schwere Metalle, jedenfalls
kann dieselbe mit derjenigen, welche die Alkalimetalle zeigen,
nicht verglichen werden, denn dieselben zersetzen bekanntlich
das Wasser und die Kohlensäure unter Feuererscheinung.
Derjenige Umstand, der unstreitig am meisten geeignet
wäre, dem Thallium den Platz unter den Alkalimetallen anzu-
weisen, ist die Löslichkeit des Oxyduls im Was-
ser. Man ist allerdings gewöhnt, die Unlöslichkeit der Oxyde
als eine characteristische Eigenschaft der schweren Metalle,
die Löslichkeit als eine solche der Alkalien und Erdalkalien
anzunehmen; aber es muss constatirt werden, dass innerhalb
der verschiedenen Gruppen sich ausserordentliche Differenzen
in dieser Hinsicht zeigen: KÖO,HO und LiO,HO, Ba0,HO und
Mg0,HO, selenige und tellurige Säure, PO5 und SbO°. Das-
selbe gilt für die Salze der SO3,PO® und CO?: Ba0,SO3 und
Mg0,S0®, HgO,S0O? und PbO,S0O°, phosphorsaur. Kali und
phosphors. Lithion, KO,CO? und LiO,00?.
Dazu kommt die Unlöslichkeit des chromsauren Thallium-
oxyduls, des Chlor-, Jod- und Bromthallium, der Löslichkeit
der entsprechenden Alkalisalze gegenüber. Man sieht daraus,
dass Löslichkeitsverhältnisse der Verbindungen Nichts ent-
scheiden, wenn es sich um die chemische Stellung einer Sub-
stanz handelt.
Es spricht aber ferner gegen die Alkalinatur des Thal-
lium, dass dasselbe noch ein unlösliches Oxyd bildet, wel-
ches, wenn es auch leicht Sauerstoff abzugeben und mit con-
centrirter Salzsäure Chlor zu entwickeln vermag, doch mit
Sauerstoffsäuren Salze bildet und dadurch von den Hyper-
oxyden sich wesentlich unterscheidet.
Wenn man überhaupt zugeben muss, dass die Löslich-
keit des Oxyduls nicht unbedingt ein Criterium für die alka-
lische Natur des Thallium abgiebt, so fällt damit das letzte
Argument für die Lamy-Dumas’schen Auffassung hinweg.
Denn die sonst noch bemerkenswerthen Eigenschaften des
Thallium, so die alkalische Reaction und der laugenhafte Ge-
ruch der Oxydulhydratlösungen und ihre Eigenschaft, Kiesel-
säure zu lösen, so wie die Löslichkeit der Cyanverbindungen,
die Bildung von im Alkohol löslichen Thallium - Alkoholat
werden in der Löslichkeit des Oxyduls eine genügende Er-
klärung finden. Ganz direct gegen die Alkalinatur des
u !,
n
116 Einfluss des Druckes auf chemische Processe.
Thallium sprechen aber ‘vor Allem 3 Eigenschaften des-
selben:
1) die Abscheidung desselben durch Zink aus den wäss-
rigen Lösungen seiner Salze,
2) die Reducirbarkeit seiner Oxydationsstufen durch Koh-
lenoxyd und
3) die Fällbarkeit durch Schwefelammonium.
Will man sich darnach ein Bild von der Stellung des
Thallium im System machen, so würde man sagen müssen,
es sei das Metall, welches die Gruppe der Alkalien und Erd-
alkalien mit der Eisen- und Bleigruppe verknüpfe.
Dr. Flemming führte seine Untersuchungen unter An-
leitung der Herren Prof. Dr. Sonnenschein in Berlin und
Prof. Dr. Geuther in Jena aus und erhielt von Hr. Dr.
Carstanjen in Berlin das erforderliche Material mit Libe-
ralität zur Verfügung gestellt, was er öffentlich dankbar
anerkennt. H.L.
Einfluss des Druckes auf ehemische Processe.
Cailletet hat einen Apparat construirt, bestehend aus
einer mächtigen hydraulischen Presse, welche mit einem guss-
eisernen Reservoir in Verbindung steht, um die Wirkungen
des Drucks auf chemische Processe zu studiren. Dem Re-
servoir ist eine kupferne Röhre angefügt, welche wiederum
mit einer Glasröhre vereinigt ist, welche an dem einen Ende
vermittelst eines Schraubenaufsatzes geschlossen ist, Um
während der Dauer der Versuche einen constanten Druck zu
haben, wurde das Reservoir mit einem zweiten hohlen COylin-
der in Verbindung gesetzt, in welchem sich eine Pumpen-
stange bewegte, die an ihrem Ende mit einer verticalen, zur
Erde geneigten Stange versehen war. Befestigt man an
dem freien Ende dieser Stange Gewichte, so lässt sich der
durch die Pumpe erzeugte Druck berechnen, wenn man die
Oberfläche der Kolbenstange und das angewandte Gewicht
kennt. Cailletet glaubt mit diesem Apparate einen Druck
von 250-300 Atmosphären erzeugen zu können. Seine
Versuche sind indess bei geringerem Druck ausgeführt wor-
den. Bringt man in diesen Apparat eine Zinkplatte und
Chlorwasserstofisäure, so nimmt die Gasentwicklung im dem
Grade, als sich der Druck vermehrt, ab und oft hört dieselbe
2.
Ueber Herstellung einfacher und billiger Eisbehälter. 111
vollständig auf. Die vor und nach der Einwirkung der Säure
gewogene Zinkplatte verliert, wenn die Einwirkung bei gewöhn-
lichem Luftdruck vor sich geht 10,0; bei einem Druck von
60 Atmosphären 4,7, und bei einem Druck von 120 Atmo-
sphären 0,1. Comprimirt man in dem Apparat von Caille-
tet einen Kalkspathkrystall mit Salpetersäure, so verhalten
sich die in derselben Zeit gelösten Mengen bei gewöhnlichem
Luftdruck und bei einem Druck von 150 Atmosphären wie
11,09 :1.
Die Verminderung der chemischen Einwirkung durch den
Druck scheint eine allgemeine zu sein.
Die stärksten Säuren üben fast keine Wirkung aus auf
Eisen, Zinn, Aluminium, wenn man diese Körper unter hohem
Druck aufeinander einwirken lässt. Die Zersetzung des Was-
sers durch den elektrischen Strom wird ebenfalls durch hohen
Druck vollständig verhindert. Ebenso wird die Einwirkung
des Natriumamalgams auf Wasser fast gänzlich aufgehoben.
Indess wird die durch Druck verminderte chemische Thätig-
keit wieder erhöht durch Erhöhung der Temperatur. So
verhalten sich die bei der Einwirkung von verdünnter Schwe-
felsäure auf Zink bei 0° und bei 50° gesammelten Gasmen-
gen wie 1:2,8. In demselben Grade als sich die chemische
Thätigkeit bei hohem Druck vermindert, vermehrt sich dieselbe
im luftleeren Raum. So verhalten sich die bei der Einwir-
kung von Zink auf Schwefelsäure bei gewöhnlichem Druck
und im luftleeren Raume gesammelten Gasmengen, wie 1:1,53,
bei der Einwirkung von Salzsäure auf Aluminium wie 1: 1,68
und bei der Einwirkung von Salpetersäure auf kohlensauren
Kalk, wie 1:2,51. Wenn es nun dem Autor nicht in
allen Fällen geglückt ist, die chemische Action durch Druck
ganz aufzuheben, so scheint der Grund darin zu liegen, dass
die in Contact gebrachten Substanzen sich sehr verschieden
in dieser Hinsicht verhalten. Würde schliesslich der Luft-
druck, den wir jetzt ertragen, plötzlich vermehrt, so würden
eine Menge von Reactionen, welche wir jetzt täglich vor
unsern Augen vor sich gehen sehen, sofort aufhören. (Journ.
de pharmacie et de chimie. Mai 1869.). Sch.
Ueber Herstellung einfacher und billiger Eisbehälter
lese man die Abhandlungen in der Apothekerzeitung
(Leipzig), 1866, Nr. 37; im Neuen Jahrbuch der Pharmacie,
1867, H. 5 u. 6, S. 328; in der pharmaceutischen Central-
112 _Salpeterbildung in den nordwestlichen Provinzen Ostindiens.
halle für Deutschland 1867, Probenummer 3 und in der Zeit-
schrift für Baugewerke, Darmstadt 1865.
Die meisten Apotheker Badens, welche durch Verordnung
vom Jahre 1866 zum Vorräthighalten des Eises zu Heil-
zwecken verpflichtet sind, haben sich durch Abschlüsse
fester Verträge mit Besitzern von Eiskellern oder durch An-
lage von Eishütten, Eiskegeln oder Eiskästen in den Stand
gesetzt, dasselbe jederzeit auf Verlangen abgeben zu können.
Die Grossherzogl. Obermedieinal-Direction in Darmstadt
macht mittelst Ausschreibens vom 20. Febr. 1869 die Apo-
theker des Grossherzogthums Hessen auf den Nutzen und die
Zweckmässigkeit der Anlage von Eisbehältern zu Heilzwecken,
zur Erhaltung von Arzneistoffen, Lebensmitteln, die Darstel-
lung chemischer Präparate etc. aufmerksam. (Apothekerzeitung,
Leipzig, 23. April 1869.). HE
Salpeterbildung in den nordwestlichen Provinzen
Ostindiens.
W. J. Palmer, Arzt in der bengalischen Armee, hat
darüber folgendes mitgetheilt (Journ. Chem. Soc. (2) 6, 318.).
Der Salpeter findet sich in den von den Gebirgsketten
entferntesten Ebenen am reichlichsten. Der Boden besteht
hier aus einem sehr gleichförmigen Alluvium, welches bis auf
200 Fuss Tiefe nur hier und da mit dünnen Thonlagern
(ehemaligen Flussbetten) und noch seltener mit sogenannten
Kunkurs durchsetzt ist. Diese sind zerreibliche steinige
Klumpen, aus Sand, mit einer Hülle von kohlensaurem Kalke
umgeben, bestehend; sie enthalten 15—70 pC. 0a0,00?,
Die Kunkur-Lager sind die einzige steinige Formation auf
100 Meilen längs des linken Gangesufers und die einzige
Quelle für Kalk in den Ebenen Indiens. Die Betten des
Kunkur erstrecken sich in verschiedener Lagerung und Mäch-
tigkeit von 1 bis mehre Meilen Länge. Nur wo diese La-
ger sich finden, und wo das Niveau der natürlichen Gewäs-
ser 20— 40 Fuss unter der Bodenoberfläche steht, ist reich-
lich Salpeter vorhanden.
In diesen Gegenden regnet es 8 Monate des Jahres nicht,
in den übrigen 4 Monaten herrschen tropische Gewitterstürme
wechselnd mit sengender Sonne. Obgleich durch den herab-
stürzenden Regen die Oberflächenschicht der Erde meist in
benachbarte Ströme geschwemmt wird und sehr viel Salpeter
”
Salpeterbildung in den nordwestlichen Provinzen Ostindiens. 113
fortgewaschen 'werden muss, sammelt man doch die grössere
Menge Salpeter in der Regenzeit. Ein Theil davon zieht
sich, gelöst, in die Tiefe, kommt später wieder an die Ober-
fläche und wird von der Sonne getrocknet.
Diese Theile Indiens sind dichter bevölkert als England.
Die Dörfer sind gross und bestehen fast nur aus Erdhütten,
umgeben von einem Erdwall, der m der Regel die Wohnun-
gen einer ganzen Familie mit Seitenverwandten und die Kuh-
ställe der Eingeborenen umschliesst. Die einzigen Abzugs-
kanäle sind Oeffnungen in dem Erdwalle, und die einzigen
darin abziehenden Flüssigkeiten sind Urin und das wenige
überschüssige Wasser, das zum Trimken oder Küchengebrauch
bestimmt war. Alle Wäsche wird an einem benachbarten
Flusse gereinigt. Aller gröbere Abgang wird in ein hierzu
bestimmtes Erdloch geworfen. Die Ueberreste der Pflanzen-
nahrung dieses Volks verschlingen gierig die Hunde, Raben
oder ihr eigenes Vieh. Der festen Excremente entledigen
sich alle Familienglieder täglich in der Morgendämmerung in
die Gebüsche oder auf das Feld. Kuhdünger wird sorgfältig
gesammelt, getrocknet und zum Brennen benutzt.
Die Abzugskanäle münden auf einem kleinen offenen
Platze, wo die Flüssigkeit sich verbreitet und schnell von der
Sonne aufgetrocknet wird. Hier wird auch die tägliche Holz-
asche hingeworfen, und hier geht auch die Salpeterbildung
vor sich.
Mit dem Sammeln des Salpeters beschäftigt sich eine
Menschenkaste, Sorawallahs genannt. Diese macht es zu
ihrem Lebensberuf und verkauft den Salpeter theils zu localem
Gebrauch (Frostmischungen), theils für den Export. Der
Sorawallah prüft die genannten Abzugskanäle und findet er
an oder auf dem schwarzen Rande derselben einen dünnen
schleierartigen krystallinischen Ueberzug, so hat er an oder
nahe unter der Oberfläche der ganzen Umgebung viel Salpe-
ter zu erwarten. Er schabt nun eine ganz dünne Schicht ab,
laugt diese Erde an seinem Manufacturplatze aus, und lässt
die gesättigte Lösung in unglasirten flachen Thonschalen im
heissen Winde und in den Sonnenstrahlen verdunsten. Der
angeschossene Salpeter wird ein- oder zweimal umkrystalli-
sirt, und aus der Mutterlauge nach Kochsalz gewonnen. Das
Sammeln wird an derselben Stelle fortgesetzt und je nach
verschiedenen Localitäten und Jahreszeiten in 1 bis 10 und
mehr Tagen wiederholt. Die Erzeugung von Salpeter findet
stets statt, se lange der Ort bewohnt ist, auch in abnehmen-
der Menge noch einige Jahre, nachdem er verlassen ist.
Arch, d, Pharm. CLXXXIX Bds. 1. u. 2. Hft, 3
114 Durch Silber verunreinigte Salpetersäure,
Die reichliche Salpeterausbeute liefert nur der Harn-
stoff des Urins unter Mitwirkung des Kalks und des Oli-
mas. Eine andere Quelle des Salpeters in den Ebenen
Indiens ist nicht bekannt. (Das Vorkommen des Salpeters
in den Höhlen Üeylons ete. ist vom Verf. nicht erwähnt).
Das zuerst entstandene Kalknitrat wird durch die Pottasche
umgesetzt und das gebildete Kalisalz durch Verdunstung an
die Oberfläche gesogen. Das Kochsalz kommt wohl ebenfalls
aus dem Harne.
Die Bildung des Salpeters wird mit Erfolg in einigen
indischen Gefängnissen bewirkt, wo man, um die Kosten zur
Fortschaffung des Urins zu ersparen, einen Erdplatz zur Auf-
nahme desselben angelegt hat. Man wirft Kalk und Holz-
asche darauf und der gewonnene Salpeter deckt die Gewin-
nungskosten. (Journ. f. pr. Oh. 1868. III. Bd. S. 297 — 300.).
B. E.
Dureh Silber verunreinigte Salpetersäure
beobachtete Alex. Fox (London Hospital).
®
In einem Falle mit Oedem der Beine wies das Kochen
des Urin’s mit NO? Albumin nach; die Diagnose auf Morb.
Brightii wurde aber alsbald corrigirt, als der behandelnde
Arzt in der angewandten Salpetersäure eine Verunreinigung
mit Silber, welches AgUl gegeben hatte, entdeckte. (Medical
Times, March 7. 1868.). IE
Bildung von Stickoxydgas während der Gährung in
den Branntweinbrennereien. Bestimmung des Ammo-
niaks im Safte der Runkeirüben, nach Reiset. —
Ueber die Zersetzung der salpetersauren Salze wäh-
rend der Gährung, nach Scehlösing.
Das Auftreten von Stickoxydgas (gas nitreux) wäh-
rend der alkoholischen Gährung der süssen Säfte wird als
ein sehr ernster Uebelstand angesehen. Die Gährungen wer-
den schleppend und die Weingeistbildung hört auf ohne Wie-
derkehr, wie viel man auch Hefe in die Flüssigkeit der Bot-
tiche bringen möge. Um den Gang der Arbeit in der Bren-
nerei wieder zum regelrechten und die Gährung zu einer rein
Bildung v.Stickoxydgas während d. Gährung in d. Branntweinbrenner ete. 115
alkoholischen zu machen, hat Reiset durch eine lange Reihe
von alkalimetrischen Beobachtungen erkannt, dass die Säfte
eine Menge freier Säuren enthalten müssen, welche 3 Gram-
men einfach gewässerter Schwefelsäure (HO,SO?) auf 1 Liter
durch Maceration erhaltenen süssen Saftes entspricht. Es ist
das in diesen Säften vorhandene Ammoniak, welches allein
schon fast hinreicht, jene Schwefelsäuremenge zu sättigen.
Reiset bestimmte die Menge des Ammoniaks im Rüben-
safte nach der genauen und sinnreichen Methode von Bous-
singault: 30 bis 40 CC. des süssen Saftes wurden in den
Destillirapparat gegeben, hier mit 1 Liter völlig reinem destil-
lirten Wasser gemischt, dem Gemische 5 CC. Kalilauge von
40 Grad zugefügt und nun fractionirt destillirt, bis 2 mal
200 CC. Destillat übergegangen waren, in welchem durch
titrirte Schwefelsäure der Ammoniakgehalt bestimmt wurde.
Reiset fand so im Mittel 0,634 Gramme Ammoniak
im Liter süssen Rübensaft; diese Menge schwankt aber sehr,
je nach der Natur der Rüben und nach der Düngung, welche
der Boden erhalten, auf dem sie gewachsen waren.
Man hat die Bildung von Stickoxydgas während der
Gährung des Rübensaftes aus der Zersetzung der im Safte
vorhandenen salpetersauren Salze zu erklären versucht; wenn
aber diese Ansicht begründet wäre, so begriffe man nicht, wie
ein Zusatz von Schwefelsäure ein untrügliches Mittel gegen
diesen Uebelstand sein könnte. Reiset glaubt im Gegen-
theil, dass man die Bildung von Stickoxydgas einer Oxy-
dation des Ammoniaks zuschreiben müsse, sobald dieses
Alkali sich nicht durch eine starke Säure wie SO3 gesättigt
findet; er hat desshalb die Anwendung dieser Säure nach
den Mengen von Ammoniak geregelt, welche in den Wurzeln
vorhanden waren. Diese practisch verwerthete Beobachtung
Reiset’s hat ausgezeichnete Resultate gegeben; die salpe-
trigen Gährungen treten seitdem nur sehr selten und
völlig als Ausnahmen in den Branntweinbrennereien auf. —
Leplay und Cuisinier haben schon bemerkt, dass beim
Kochen des Rübensaftes und der Rübensyrupe mit ätzendem
Alkali sich Ammoniak entwickele; sie scheinen jedoch anzu-
nehmen, dass diese Ammoniakbildung nur eme Folge der zer-
setzenden Einwirkung der Alkalien auf vorhandene stickstoff-
haltige organische Substanzen sei.
Sie haben berechnet, dass eine Zuckerfabrik, welche
1000 Hectoliter Saft producire, täglich bis zu 300 Kilogramme
schwefelsaures Ammoniak gewinnen könne oder 0,170
Gramme HN aus jedem Liter Rübensaft.
S 20
116 Bildung v. Stickoxydgas während d. Gährung in d. Branntweinbrenner, ete.
Es wäre wünschenswerth, dass man durch eine besondere
Einrichtung der Apparate das Ammoniak sammeln könnte,
welches sich während der ersten Zeit des Eindampfens des
Saftes entwickelt.
Nach Schlösing stammt das Stickoxydgas, welches
sich bei der Gährung des hübensaftes entwickelt, aus der
Reduction der salpetersauren Salze. Nach Rey und Schlö-
sing entwickelt der Tabakssaft bei seiner Fäulniss in
verschlossenen Gefässen Stickoxydulgas, gemengt mit
kohlensaurem Gas und dessen Menge variirt nach der Art
des Tabaks. Er wollte wissen, ob dasselbe aus einer Zer-
setzung salpetersaurer Salze sich bilde und bestimmte nach
seiner Methode zu Anfang und im Verlaufe der Fäulniss die
Menge der Salpetersäure. Dabei konnte er folgende Thatsachen
feststellen: Die salpetersauren Salze zersetzen sich während
der Fäulniss des Saftes; diese Zersetzung ist rasch genug,
um dieselbe durch die Analyse Tag für Tag verfolgen zu
können. Während die salpetersauren Salze sich zersetzen,
lassen die entwickelten Gase nach Absorption der Kohlensäure
ein Gas zurück, welches Stickoxydul (protoxyde d’azote)
enthält; sobald aber die Säfte frei von salpetersauren Salzen
sind, sei es zu Anfang oder im Verlaufe des Versuchs, wenn
diese Salze zerstört sind, so verschwindet auch das Stick-
oxydulgas. Während der Fäulniss des Tabakssaftes findet
also eine innige Beziehung statt zwischen Zerstörung der sal-
petersauren Salze und dem Auftreten des Stickoxydulgases;
keins der beiden Phänomene stellt sich ohne das andere
ein. *)
Schlösing hat diese Versuche auch auf andere Sub-
stanzen ausgedehnt. Indem er Kalisalpeter in Harn löste
und diesen dann faulen liess, erhielt er ein Gemenge von
Stickoxydul- undStickoxydgas (un melange de protoxyde
et de bioxyde d’azote). Zuckerwasser bei der Milchsäuregäh-
rung lieferte dieselben Resultate. Frische Blätter, Wurzeln,
*) Da wir wissen, dass Stickoxydulgas entsteht, wenn salpetersau-
res Ammoniak zum Schmelzen und im geschmolzenen Zustande stärker
erhitzt wird, so kann man sich denken, dass bei der Fäulniss ebenfalls
eine solche Spaltung des salpetersauren Ammoniaks stattfinde: H+NO,NO5 —
N202-++4HO. Also nicht das Ammoniak allein (wie Reiset will) und
‘nieht die Salpetersäure allein (wie Schlösing meint), sondern das
Ammoniak und die Salpetersäure zusammen als salpeter-
saures Ammoniak liefern nach meiner Ansicht das Stickoxydul. Die
Fäulniss ist eben auch hier ein der troekenen Destillation analoger Pro-
cess. (H. Ludwig).
Bildung v. Stickoxydgas während d. Gährung in d. Branntweinbrenner. ete. 117
in verdünnten Salpeterlösungen an der Luft liegen gelassen,
zersetzten die Salpetersäure, sobald der Geruch der Flüssigkei-
ten die begonnene Fäulniss anzeigt. Es scheint sonach
bewiesen zu sein, dass das bei diesen fauligen Zersetzungen
auftretende Stickoxydgas aus der Zersetzung der Nitrate
stammt.
Bei Schlösing’s Versuchen konnte die besprochene
Zersetzung der Nitrate niemals beobachtet werden, wenn die
Flüssigkeiten sauer reagirten; sobald sie aber neutral oder
alkalisch geworden waren, fing die betreffende Zersetzung an
und entwickelte sich oft mit einer solchen Activität, dass
aller absichtlich zugesetzte Salpeter nach einigen Tagen ver-
schwunden war. Ebenso blieben die im natürlich - sauren
Tabakssafte vorhandenen Nitrate bis zu dem Punkte unzer-
setzt, wo dieser Saft, sei es durch das Eintreten einer theil-
weisen Zerstörung der organischen Säuren oder durch Bil-
dung von Ammoniak, alkalisch wurde; von da an aber ver-
schwanden sie (die Nitrate) nach und nach. Fügte man eben
nur so viel Essigsäure hinzu, dass die Reaction der Flüs-
sigkeit eine saure wurde, so blieb der Salpetergehalt, bis
zum Wiederauftreten der alkalischen Reaction ein constanter.
Indem dem Safte jeden Tag eimige Tropfen Essigsäure bei-
gefügt wurden, widerstanden die Nitrate der Zerstörung,
obgleich die Zersetzung der organischen Substanzen augen-
scheinlich weiter vor sich ging.
Um diese verschiedenen Thatsachen zu erklären, muss
man bemerken, dass einerseits die Fäulniss gewöhnlich in
neutralen und alkalischen Mitteln stattfindet, dass andrerseits
die faulenden organischen Substanzen ausserordentlich
kräftige Reductionsmittel sind. Man begreift als-
dann, dass die Nitrate ebenso gut reducirt werden können,
als die schwefelsauren Salze, die dabei in Schwefelmetalle
übergeführt werden.
Diese Ansichten werden durch den Erfolg bestätigt,
welchen die Alkoholfabrikanten erlangten, als sie ihrem Rüben-
safte bei der Gährung eine genügende Schwefelsäuremenge
zusetzten; ohne die Umsetzung des Zuckers in Alkohol und
Kohlensäure zu hindern, haben sie diejenigen Gährungen auf-
gehoben, welche nur in nicht sauren Flüssigkeiten stattfinden,
besonders auch die Milchsäuregährung.*) (Journ. d. pharm.
et d. chim. 4. ser. tom. 8. p. 213 — 216.; Sept. 1868... H.L.
*) Während die Gährung die Reduction begünstigt, sehen wir
doch gleichzeitig auch Oxydationen dabei stattfinden, z.B. aus Alkohol
113 Verunreinigung d. Chlorwasserstoffsaure mit Schwefelsäure ete.
Ueber die Verunreinigung der Chlorwasserstoffsäure
mit Schwefelsäure und mit anderen Oxyden des
Schwefels.
Nach E. R. Squibb entwickelt sich beim Auflösen von
Eisen oder Zink in HÜl Schwefelwasserstoff, sobald die HCl
Schwefelsäure enthält. Dieser Ansicht wiedersprach Maisch
und veranlasste den Autor seine Versuche zu wiederho-
len. Kommt nascirender Wasserstoff mit niedrigen Oxyda-
tionsstufen des Schwefels zusammen, so werden dieselben in
Schwefelwasserstoff, Schwefel und Wasser umgesetzt. Ent-
hält nun frisch bereitete HÜl niedrigere Oxydationsstufen des
Schwefels als die Schwefelsäure, so entwickelt sich HS, wenn
diese Salzsäure zum Auflösen von Eisen und Zink in Anwen-
dung kommt, während die erhaltenen Chloride fast frei von
Sulfalten erscheinen. Wird dagegen dieselbe HU], lange auf-
bewahrt, ebenfalls zu demselben Zweck verwandt, so ist eine
HS Entwicklung nicht wahrzunehmen, während die Chloride
Sulfate enthalten. Die niedrigen in der HÜl enthaltenen
Oxydationsstufen des Schwefels sind nämlich in Schwefelsäure
übergegangen.
Eine Entwicklung von Schwefelwasserstoff! beim Auflösen
von Eisen oder Zink in Salzsäure ist also ein Beweis für die
Gegenwart von niedrigen Oxydationsstufen des Schwefels in
der Salzsäure, nicht aber von Schwefelsäure, die Ansicht von
Maisch war also die richtige. (Americ. Journal of Phar-
macy. Januar 1869.). Sch.
Essigsäure entstehen; man kann also annehmen, dass die Salpeter-
säure durch das bei der Fäulniss entwickelte Wasserstoffgas und Ammo-
niak zu Stickoxyd reducirt, das Wasserstoffgas aber zu Wasser, das Am-
moniak zu Stiekoxydul oxydirt werde, zu dessen Bildung auch die Salpe-
tersäure mit beiträgt. HD.
119
II. Organische Chemie im Allge-
meinen und Phytochemie.
Ueber eine organisirte, im käuflichen Natronbicar-
bonat vorkommende, gährungerregende Materie
von Le Rieque de Monchy.
In allen Lösungen von Natronbicarbonat nimmt man mit
Hilfe des Mikroskopes kleine, Molecularbewegung zeigende
kernartige Gebilde (granulations moleculaires) wahr. Diesel-
ben sind Gährung erregende Zellen pflanzlichen Ursprungs,
welche Stärkmehl in Zucker und Zucker in Alkohol überfüh-
ren. Man behält sie beim Verdünnen concentrirter Bicarbo-
natlösung und Filtriren derselben auf dem Filter zurück.
Nachdem sie wohl mit Wasser ausgesüsst sind, können sie
zu weiteren Versuchen angewandt werden. Die in Zucker -
und Stärkmehlsolutionen durch diese Körperchen hervorgeru-
fenen Umsetzungen will Bechamp als Ernährungsvorgänge
in diesen als organisirt anzusprechenden Pflanzenzellen betrach-
ten. Wie andere Fermente büssen diese Bildungen ihre
gährungserregende Kraft, wenn sie über 100°0. erhitzt wer-
den, ein; auch mit einer 10°, Kalihydratlösung behandelt,
verlieren sie ihre Kraft, ohne darin auflöslich zu sein. Ihre
ursprüngliche Bildungsstätte ist wohl in der Atmosphäre zu
suchen, aus welcher sie in das bereits fertige Bicarbonat
gelangten; während der Darstellung des letzteren in die Lö-
sung gerathen, würden sie bei den hohen Temperaturgraden,
welchen die in Bicarbonat überzuführende Sodalösung ausge-
setzt wird, ihrer gährungserregenden Kraft verlustig gegan-
gen sein. Sie wirken als Ferment je nach dem Medium, in
welches sie gelangen und begünstigen namentlich den Process
der Alkoholgährung. (Academ. des sciences; seance du 24.
Fevrier 1868.). K.
120 Sublimirapparat für Benzoesäure.
Sublimirapparat für Benzoösäure von Chr. Rump.
(Droguenhandlung Rump u. Lehners in Hannover).
Ein runder Kessel aus Eisenblech, gefalzt und genietet,
also weder luftdicht noch wasserdicht gearbeitet, von 18”
(43,5 Centim.) Durchmesser und 12 (29 Centim.) Höhe, mit
flachem Boden, gerader Wandung, mit einem übergreifenden
Deckel zu verschliessen; an 2 gegenüberliegenden Seiten mit
einem 6° (14,5 Centim.) weiten, 6 langen Rohre versehen.
In dem Deckel oben eine 4” weite, mit einem Rande ver-
sehene Oeffnung, worauf eine Kappe von Eisenblech gestülpt
wird, die ihrerseits mit einem Tubus versehen ist zur Auf-
nahme eines durchbohrten Korkes, um ein Thermometer ein-
zulassen, das 3— 4“ (7 —10 ÜÖentim.) in den Apparat einge-
senkt ist, zur Beobachtung und Regulirung der Sublimations-
temperatur. An diesen Apparat schliessen sich die Kästen
zur Aufnahme des Sublimates, bestehend aus 2 leichten mit
Papier ausgeklebten und mit einem aufliegenden Deckel ver-
schlossenen Packkisten von 3‘8“ (106 ÜÖentim.) Länge und
2‘ 3° Breite, in deren einer Schmalseite mitten ein 6” weites
Loch geschnitten ist, woran ein 3” langes Rohr genagelt
wurde, zur Aufnahme der gleichen Rohre des Apparates. Oben
im Deckel befindet sich am entgegengesetzten Ende eine 4
weite Oeffnung, worauf ein circa 1° langes Rohr von Pappe
gesteckt wird, dessen obere Oeffnung eine Tute lose ver-
schliesst.
Der Apparat wird auf einen Windofen gestellt, die Kisten
werden in gehöriger Lage angefügt und in den Apparat ein
eiserner Topf oder eine irdene Schale gegeben, letztere in
Directe Synthese der Cyanwasserstoffsäure. 121
dem Falle, wo freie rohe Benzoösäure sublimirt werden soll,
da diese das Eisen angreift und hierdurch Verlust entsteht.
Man erhitze zunächst den ohne alles und jedes Lutum
zusammengestellten Apparat mit der auf etwas Sand hinein-
gestellten Schale von Töpferwaare auf über 100°, dann werfe
man durch die Oeffnung des kleinen Deckels die rohe Ben-
zoösäure (auf nassem Wege durch Kalk erhalten) in Portio-
nen von !/, Pfund hinein und erhitze, bis das Thermometer
200° bis 240° zeigt, bei welcher Temperatur die Sublima-
tion ohne Störung vor sich geht. Dabei wird der Deckel
oben ebenfalls mit glühenden Kohlen belegt, damit, wenn die
Hitze unten etwas nachlässt, die Säure sich nicht in dem
Sublimirgefässe niederschlagen kann.
In Zeit von 40 Minuten ist fast Y/, Pfund Säure verraucht
und kann man wieder durch den kleinen Deckel nachfüllen.
Ob noch Säure sublimirt, sieht man leicht durch Lüften des
Korkstöpsels; durch Oeffnen des Deckels der Kisten überzeugt
man sich von dem regelmässigen Gange der Sublimation.
Ueberraschend ist es und doch natürlich, dass hierbei von kei-
nem Lutum oder Verkleben die Rede ist, denn durch die
Einrichtung der 2 gegenüberliegenden Oeffnungen kann nicht
allein keine Spannung eintreten, sondern es entsteht auch bei
der Verdichtung in den Kästen ein luftverdünnter Raum, so
dass umgekehrt die äussere Luft auf den Apparat drückt und
desshalb nichts entweicht.
Bei der directen Sublimation aus dem Harze wähle man
als Einsatz einen möglichst weiten Topf und fülle ihn mit
Harz. Hier steigt die Temperatur nicht über 140° und die
Ausbeute ist eine ungemein reichliche.
Dieser Apparat ist auch geeignet für die Sublimation von
Thein und aus Thon gefertigt für die des Jods. (Witt-
steins Vierteljahrsschrift f. pract. Pharm. 1868. Bd. 17. Heft 4.
Ss. 516 —519.). HH.
Direcete Synthese der Cyanwasserstoffsäure.
Das indifferente Verhalten des freien Stickstoffs gegen
die Mehrzahl der andern Körper lässt sich unter dem Einfluss
des elektrischen Funkens beseitigen. M. Berthelot hat
mittelst eines Ruhmkorff’schen Apparates durch ein Ge-
misch von Acetylengas und Stickstoff eine Reihe von elektri-
schen Funken schlagen lassen und hierdurch die Bildung von
122 Direete Synthese der Cyanwasserstoffsäure.
Cyanwasserstoffsäure herbeigeführt. Bei diesem Versuche
bildet sie sich neben Kohle und Wasserstoff’, welche letz-
tere durch eine gleichzeitige Zersetzung des Acetylens gebil-
det werden. Setzt man dem Gasgemisch dagegen von vorn-
herein ein angemessenes Volumen Wasserstoff hinzu, so
beobachtet man keine Abscheidung von Kohle und die statt-
findende Reaction entspricht der Gleichung:
CH? + N?= 2C®HN.
Das Acetylen und der Stickstoff verbinden sich also nach
gleichen Volumen und ohne Condensation, d. h. unter demsel-
ben Verhältnisse, welches sich bei der Verbindung des Cyans
mit dem Wasserstoff zeigt:
C:N?® + H?= 2C®HN.
Die Bildung von ÜCyanwasserstofisäure geht Anfangs
schnell vor sich; je mehr sich aber HCy bildet, um so
langsamer findet sie statt. Bringt man dagegen vor Be-
ginn der Reaction in das, das Gasgemisch enthaltende
Rohr einen Tropfen conc. Kalilauge, um die HCy in dem
Maasse, wie sie sich bildet, zu absorbiren, so kann man ein
bestimmtes Volumen Acetylen gänzlich zum Verschwinden
bringen. M. Berthelot hat auf diese Weise 5/, eines
bekannten Volumens Acetylen zu HÜy umgewandelt, das
letzte !/, wird durch die Einwirkung des Wasserdampfes in
Kohlenoxyd und Kohlensäure umgebilde. Umgekehrt ist
es diesem berühmten Chemiker gelungen, unter Anwendung
eines Ueberschusses von Acetylen, mehr als die Hälfte eines
gegebenen Volumens Stickstoff in HÜy umzuwandeln. Die An-
wesenheit von schon gebildeter HCy hemmt also die Reaction,
indem sich nämlich bei fortgesetztem Durchschlagen elektri-
scher Funken bald Acetylen bildet, d. h. indem die entgegen-
gesetzte Reaction eintritt.
Zwischen H, N, Acetylen und HCy stellt sich also unter
dem Einflusse elektrischer Funken ein gewisses mit den Men-
genverhältnissen variabeles Gleichgewicht her, welches die
Bildung desjenigen der 4 Gase bedingt, das in dem Gemisch
noch nicht oder nicht in zureichender Menge vorhanden ist,
Bei dieser Synthese der Uyanwasserstoffsäure vereinigt sich
zunächst der Kohlenstoff mit dem Wasserstoff zu Acetylen:
GB eHz
und dann das Acetylen mit dem Stickstoff zu ÜUyanwasser-
stoffsäure:
CH? + N? = 2C®2HN.
Es ist bekannt, dass bei der Einwirkung von Stickstoff
auf ein bis zu sehr hoher Temperatur erhitztes Gemenge
Reagens auf Blausäure in Dampfform. — Gehalt d. Aqua Lauro-Cerasi ete. 123
von kohlensaurem Kali und Kohle Cyankalium entsteht, ohne
dass man den Mechanismus dieser Reaction bis jetzt hat
erklären können. M. Berthelot glaubt, dass sich, der
Synthese der HCy gemäss, zuerst Kaliumacetylür CK? bilde
und dass sich dann dieser Körper mit dem N vereinige.
CK? + N? = 2Kl(y.
CK? hat M. Berthelot durch die Einwirkung von Ka-
lium auf kohlensaures Kali erhalten. (Annalen der Chemie
und Pharmacie. Aprilheft 1869.). Sch.
Reagens auf Blausäure in Dampfform
nach Schönbein.
Man tränkt Papier mit einer frisch bereiteten Guajakharz-
tinctur und befeuchtet dasselbe zur Zeit, wo man es gebrau-
chen will, mit einer Lösung von schwefelsaurem Kupferoxyd.
Durch Blausäuredampf nimmt dasselbe sofort eine blaue Farbe
an. Ein einziger Tropfen einprocentiger Blausäure in einem
20 Liter Ballon ist hinreichend, um die Reaction hervorzu-
bringen. Sie soll noch bei einer 120,000,000 fachen Verdün-
nung des Dampfes mit Luft eintreten. (Pharmaceut. Journ.
and Transact. Jan. 1869. Sec. Ser. Vol. X. Nr. VII. P. 431.).
W».
Gehalt der Aqua Lauro-Cerasi an Blausäure.
Umney hat zu verschiedenen Zeiten des Jahres Kirsch-
lorbeerwasser destillirt.
1) Im März erhielt Derselbe das an HCy stärkste De-
stillat; 1000 Th. enthielten 1,26 Th. HCy.
2) Im Juli erhielt Derselbe ein Destillat von mittler
Stärke: 1000 Th. enthielten 1,08 Th. HCy.
3) Im Novbr. zeigte das Destillat den schwächsten
HCy Gehalt: 1000 Th. enthielten 0,64 Th. derselben.
Referent erhieli am 4. Mai 1868 ein Destillat von
0,0345°, HCy und am 19. April 1869 ein Destillat von
0,0390°%, HCy. (Pharm. Journal and Transactions. Februar-
heft 1869.). Sch.
124 Kleine Mengen vw, Methylalkohol ete. — Kenntniss d. Methylaldehyds,
Um kleine Mengen von Methylalkohol bei Gegenwart
von Spir. aether. nitrosi zu entdecken,
verfährt man nach Miller folgendermaassen: eine Unze der
Probe wird mit 20—30 Gran trocknem kohlensauren Kali
geschüttelt und dadurch von freier Säure und theilweise von
Wasser befreit. Nöthigenfalls ist diese Behandlung zu wie-
derholen. Man giesst die Flüssigkeit ab, nimmt davon eine
halbe Unze in eine kleine Flasche und schüttelt mit 150 Gran
trocknem pulvrigen Chlorcaleium. Darnach werden im Was-
serbade 1— 1!/, Drachmen abdestillirt, die den grössten Theil
des Salpeteräthers enthalten. Jetzt fügt man der Flüssigkeit
in der Kochflasche eine Drachme Wasser hinzu und destillirt
eine halbe Drachme Spiritus ab, der zur Prüfung dient und
zwar, indem man ihn mit 30 Gran doppelt chromsauren Kali,
25 Gran conc. Schwefelsäure und einer halben Unze Wasser
versetzt, eine Viertelstunde stehen lässt und darauf eine halbe
Unze abdestillirt. Das Destillat wird mit kohlensauren Na-
tron im Ueberschuss behandelt, auf zwei Drachmen abge-
dampft und bis zur schwach sauren Reaction mit Essigsäure
versetzt, in einer Proberöhre mit zwei Tropfen verdünnter
Essigsäure und einer Lösung von einem Gran salpetersau-
ren Silberoxyds in einer halben Drachme Wasser gemischt
und erhitzt. War Methylalkohol vorhanden, so findet sich
dieser nun in Ameisensäure verwandelt, welche eine Re-
duction des Silbers bewirkt, das sich als Spiegel an die Glas-
wand legt; andernfalls wird die Flüssigkeit bloss dunkler, im
Durchsehn purpurröthlich gefärbt, bleibt aber völlig durch-
sichtig. (Pharmaceut. Journ. and Transact. Febr, 1869. See.
Ser. Vol. X. Nr. VIII. P. 465.). W».
Zur Kenntniss des Methylaldehyds.
Referent hat früher Mittheilung gemacht über die von
A. W. Hofmann dargestellte Schwefelverbindung des Me-
thylaldehyds von der Formel CH2S. Die Darstellung des
Methylaldehyds selbst sollte Gegenstand einer weiteren Un-
tersuchung sein. A. W. Hofmann hat nun der deutschen
chemischen Gesellschaft weitere Mittheilungen über diesen
höchst interessanten Körper gemacht und bemerkt im Anfang
seines Aufsatzes, dass sowohl ein Körper von der Zusammen-
setzung CH?S vor mehren Jahren von Girard dargestellt
ist, als auch eine dem Methylaldehyd isomere Verbindung,
Zur Kenntniss des Methylaldehyds. 125
das Dioxymethylen C?H?O? nach den Untersuchungen But-
lerow’s existire. Die Identität des bei der Oxydation des
Methylalkohols entstehenden Körpers mit dem Dioxymethylen
und die der aus dem Methylaldehyd abgeleiteten Schwefel-
verbindung CH?S mit der von Girard erhaltenen nachzu-
weisen, hat A. W. Hofmann eime Reihe von Versuchen
angestellt.
Der erste Beweis für die Identität des aus dem Methyl-
alkohol durch Oxydation entstandenen Körpers und des Dioxy-
methylens war die Darstellung des von Butlerow erhaltenen
Hexamethylenamins aus der durch Oxydation des Holzgeistes
erhaltenen Flüssigkeit mit Ammoniak durch Verdampfen bei-
der in vacuo. Den zweiten Beweis liefert das Verhalten der
beiden schwefelhaltigen Körper, von denen der eine durch
Einwirkung von Schwefelwasserstoff und Chlorwasserstof! auf
Dioxymethylen, der andere durch Einwirkung derselben Rea-
gentien auf die den Methylaldehyd enthaltende Flüssigkeit erhal-
ten wurde. Die Schmelzpunkte beider Körper liegen bei
216° _Denselben Schmelzpunkt hat auch der von Girard
durch die Einwirkung des nascirenden Wasserstofls auf Schwe-
felkohlenstoff gewonnene Körper, sowie auch die von Huse-
mann durch Erhitzen von Jodmethylen mit Natriumsulfür
erhaltene Verbindung. Das Dioxymethylen und die genann-
ten Schwefelverbindungen sind Polymere des normalen Me-
thylaldehyds und seiner Schwefelverbindung, doch bildet sich
ersteres nicht direct bei der Oxydation des Methylalkohols,
sondern es ist als polymerer Methylaldehyd aus dem Körper
CH?O entstanden. Auch sind die Eigenschaften der beiden
Methylaldehyde sehr von einander abweichend. Der nor-
male ist in Wasser und Alkohol vollkommen löslich, während
sich das Dioxymethylen in diesen Flüssigkeiten vollkommen
unlöslich zeigt; auch der Geruch beider ist ein ganz verschie-
dener. Nach Butlerow hat das Dioxymethylen das Gasvo-
lumgewicht 29,8, wesshalb er demselben die Formel 0°H 0?
gab. A. W. Hofmann hat aber drei neue Gasvolumbestim-
mungen mit dem Dioxymethylen von Butlerow gemacht
und nur Zahlen erhalten, welche zur Formel CH?O berech-
tigen. Butlerow hat diese Versuche bestätigt und es kann
daher nicht bezweifelt werden, dass das sogenannte Dioxy-
methylen im gasförmigen Zustande den Normalaldehyd des
Methylalkohols darstellt. Was nun aber die Moleculargrösse
des Methylaldehyds im starren Zustande ist, hierüber lassen
sich bis jetzt nur Vermuthungen aussprechen.
126 Alkohol a. Flechten. — Um riechende Stoffe im Alkohol zu zerstören.
Der Sulfaldehyd bildet charakteristische Verbindungen
mit Silbernitrat und mit Platinchlorid. Die dem gewöhnlichen
Aldehyd- Ammoniak entsprechende Verbindung des Methyl-
aldehyds ist bis jetzt nicht erhalten worden. (Berichte der
deutschen chemischen Gesellschaft. April 1869.). Sch.
Alkohol aus Flechten.
Nach schwedischen Blättern ist es H. Sten Stenberg
gelungen, die reichen Stärkebestandtheile aus gewissen nor-
dischen Flechtenarten, vor allem aus dem sogen. Rennthier-
moos (Cladophora rangiferina), zunächst durch Wärme und
Säure in Traubenzucker zu verwandeln und nach dessen
Gährung einen Weingeist darzustellen mit aromatischem Ge-
ruch wie bittre Mandeln. (Das Ausland. 13. Febr. 1869.).
TEE B2
Um riechende Stoffe im Alkohol zu zerstören,
den man etwa bei der Bereitung spirituöser Extracte wieder
gewonnen, destillirt man denselben mit einer angemessenen
Menge käuflichen übermangansauren Kalis. (American Journ.
of Fharmacy, Jan. 1869. Third. Ser. Vol. XVII. Nr. I. P.40.),
Wy.
Wirkung der Wärme auf starke Rothweine.
Mares beobachtete die Wirkung der Wärme auf Roth-
wein von Grenache. Der Wein war über 15 Tage mit den
Träbern in der Kufe gewesen und zeigte dann beim Abzie-
hen starken Zuckergeschmack trotz eines Alkoholgehalts von
fast 13°%,. Er wurde dann missfarbig und trübte sich jedes-
mal beim Abfüllen. Es wurden einige Flaschen dieses Wei-
nes erwärmt, die trübe geworden waren entweder durch das
Schütteln beim Transport oder durch atmosphärische Einflüsse.
Die Erwärmung geschah im Wasserbade bei 60°0. Der
Wein wurde in dem Grade klar, als er sich mit der Tempe-
ratur des Wassers ins Gleichgewicht setzte. Es wurde diese
Operation eine gute halbe Stunde fortgesetzt; die Klarheit
Wirkung der Wärme auf starke Rothweine. 127
blieb endlich, ohne dass sich ein Bodensatz gebildet hatte.
Mehrfache Wiederholungen des Versuchs ergaben stets das-
selbe Resultat. Der Wein war klar, die Farbe nicht verän-
dert, der Geschmack ausgezeichnet. Nach etwa einem Mo-
nate bildete sich eine schwache schwarze Linie eines Nieder-
schlages am Boden der Flasche. In den nicht erwärmten
Flaschen entstand ein reichlicher Niederschlag, von dem des
erwärmten Weines ganz verschieden, indem er leicht, beweg-
lieh und voluminös war. Unter dem Mikroskope zeigte er
lebende und todte, fast durchsichtige Fermentkugeln mit kör-
nigem, rothbraunem Farbstoff. Der Niederschlag des erwärm-
ten Weines zeigte undurchsichtige, rundliche Trümmer mit
etwas rothem Farbstoff, keime einzige lebende Fermentkugel.
Beim Ueberfüllen setzte sich der letztere Niederschlag schnell,
der erstere blieb in Suspension, so dass die Flüssigkeit
trübe war.
Andere Alkohol reiche, Zucker haltige Rothweine verhiel-
ten sich ebenso: wenn sie trübe wären, klärten sie sich bei
55 —60° und blieben klar. Auch Weine, die sich von selbst
wieder klärten, waren minder hell als die erwärmten. De-
cantirt man sie und schüttelt sie stark, 'so trüben sie sich
wieder, was unter gleichen Verhältnissen bei dem erwärmten
Wein nicht der Fall ist.
Setzt man demselben Weine 2 Volumprocente 86 procen-
tigen Weingeist zu, sc giebt er nach 15 Tagen einen volu-
minösen Bodensatz, dem des Naturweins sehr ähnlich, von
demselben mikroskopischen Verhalten. Nach mehren Monaten
zeigt dieser Bodensatz zwar noch lebende, transparente Fer-
mentkügelchen, aber der Absatz an sich ist zusammengesun-
ken und weniger volummös als bei dem nicht alkoholisirten
Weine. Getrübte Weissweine, ebenso behandelt, waren auch
nach mehren Monaten noch nicht völlig klar.
Es geht daraus hervor, dass süsse, Alkohol reiche, immer
zur Gährung geneigte Weine durch Wärme von 55 — 60°C.
in der Weise vortheilhaft verändert werden, dass sie auch
ohne Alkoholzusatz (vinage) haltbar sind und dass man zu
diesem Zusatz nur dann seine Zuflucht nehmen darf, wenn der
Wein verschickt werden soll. (Journ. de pharm. et de chim.).
R.
128
Tabelle über die Diehtigkeiten der Essigsäure ete.
ae ee
über die Dichtigkeiten der Essigsäure bei verschiedenen Temperaturen
und ihren Gehalt an Essigsäurehydrat
von A, ©. Oudemans.
Procente
Dichtigkeiten
Procente
Dichtigkeiten
2.00 | b.15° | b.40°9
„|| Essigsäurehydr.
b.0°
b.15°
Procente
et
| ı b.0° | b.150 |
Dichtigkeiten
nur
osouaau pwm- © |Essigsäurehydr.
0,9999
1,0016
1,0033
1,0051
1,0069
1,0088
1,0106
1,0124
1,0142
1,0159
1,0176
1,0194
1,0211
1,0228
1,0245
1,0262
1,0279
1,0295
1,0311
1,0327
1,0343
1,0359
1,0374
1,0390
1,0405
1,0420
1,0435
1,0450
1,0465
1,0479
1,0493
1,0507
1,0520
1,0534
0,9992
1,0007
1,0020
1,0037
1,0052
1,0067
1,0083
1,0098
1,0113
1,0127
1,0142
1,0159
1,0171
1,0185
1,0200
1,0214
1,0228
1,0242
1,0256
1,0270
1,0284
1,0298
1,0311
1,0324
1,0337
1,0350
1,0363
1,0375
1,0388
1,0400
1,0412
1,0424
1,0436
1,0447
0,9924 | 34| 1,0547
0,9936 | 35 | 1,0560
0,9948 | 36 | 1,0573
0,9960 || 37 1,0585
0,9972 | 38 1,0598
0,9984 39 1,0610
0,9996 | 40 | 1,0622
1,0008 | 41 1,0634
1,0020 | 42 1,0646
i ‚0032. 43 1,0657
0044 | 44 1,0668
1,0056 | 45 1,0679
1,0067 | 46 1,0690
1,0079 | 47 | 1,0700
1,0090 | 48 1,0710
1,0101 | 49 |1,0720
1,0112. 50 1,0730
1,0123 | 51 1,0740
1,0134 |52 1,0749
1,0144 | 53 |1,0758
1,0155 | 54 1,0767 |
1,0166 | 55 11, 0775
1,0176 \56 1,0783
1,0187, 57) 1,0791
1,0197 | 58] 1,0798
t 0207 | 159. 1,0806
1,0217 '60 \1,0813
1 ‚0227| “ 1 0820
1% ‚0236 | an 0826
1 ‚0246 1,0832
1.0255 Er ‚1,088 38
1,0264 65 1,0845
1.0274, 66 1, 0851
1,0283 67! hd; "0856
11,0459
1,0470
1,0481
1,0492
1,0502
1,0513
1,0523
1,0533 |
1,0543
11,0552
1,0562
1,0571
1,0580
1,0589
1,0598
1,0607
1,0615
1,0623
1,0631
1,0638
1,0646
1,0653
1,0660
1,0666,
1,0673
1,0679
1,0685
1,0691
1,0697
1,0702
1,0707
1,0712
1,0717
1,0721
1,0460)
31
1,0861
1,0866
1,0871
1,0875
1,0879
11,0883
1,0886
1,0888
11,0891
11,0893
1,0894
11,0896
11,0897
11,0897
11,0896
1,0896
1,0894
‚1,0892
‚1,0889
‚1,0885
1,0881
1,0876
1,0725
1,0729
1,0733
1,0737
1,0740
1,0742
1,0744
1,0746
1,0747
1,0748
1,0748
1,0748
1,0748
1,0747
1,0746
1,0744
1,0742
1,0739
1,0736
1,0731
1,0726
1,0720
1,0713
1,0705
1,0696
1,0686
1,0674
1,0660
1,0644
1,0625
1,0604
1,0580
1,0553
#) Die Dichtigkeit der mehr als 90° Säure konnte, da sie nieht flüssig bleibt,
oberhalb 10° bestimmt werden.
Oxydation d. Essigsäure ete. — Bildung d. Allylalkohols aus Glycerin. 129
Das zu diesen Versuchen benutzte Essigsäurehydrat
stellte sich Oudemans aus käuflichem Eisessig durch Recti-
fication über Braunstein und essigsaures Natron dar und
brachte es durch Destillation und Krystallisation bis zum
Constantbleiben des spec. Gew. Der Schmelzpunkt der so
erhaltenen Säure lag bei 16°,45 und das spec. Gew. war
1,05533 bei 15°; sie kam (bei 763 M.M. Barom.) bei 117°
ins Sieden; der Siedepunkt stieg, nachdem !/, übergegangen
war auf 117%,6 und schliesslich (beim letzten !/, des Destil-
lats) auf 118,2.
Verfasser folgert aus seinen Bestimmungen, dass das
Maximum der Dichtigkeit der Mischung von Essigsäure und
Wasser in keinem Zusammenhange mit einem festen Aequi-
valentverhältnisse von Säure und Wasser stehe, sofern das
Maximum der Dichtigkeit für jede andere Temperatur einer
andern Mischung beider entspricht. (Aus des Verf. Schrift:
das spec. Gew. der Essigsäure und ihrer Gemische mit Wasser.
Bonn 1866.; aus derselben in Wittsteins Vierteljahresschrift.
Heft 2. 1869. pag. 270.). ©. F. Schulze.
Oxydation der Essigsäure zu Oxalsäure.
Man mischt nach Lossen einen Theil essigsauren Na-
trons mit ebensoviel Natronhydrat und mit 2 Th. überman-
gansauren Kali, löst in wenig Wasser auf und kocht die
Lösung ein. Die trockne Mischung erhitzt man schwach bis
das essigsaure Manganoxyd zersetzt ist, löst die Masse in
Wasser, säuert mit Essigsäure an und vermischt mit CaCl,
wodurch oxalsaurer Kalk gefällt wird. (Annal. d. Chem. u.
Pharm. Bd. 148, S. 174.; daraus N. Jahrb. f. Pharm. 1869.
Januar). HR,
Bildung des Allylalkohols aus Glycerin.
Es ist B. Tollens und A. Henninger gelungen, eine
neue Methode zur Gewinnung dieses Alkohols anzugeben.
Bei der Darstellung der Ameisensäure aus Glycerin und
Oxalsäure entsteht als Nebenproduct ameisensaurer Allyläther.
Erhitzt man ein Gemenge von Glycerin und Oxalsäure, so
tritt eine starke Kohlensäureentwicklung ein, weiche sich mit
dem Steigen des Thermometers verlangsamt, um gegen 190°
Arch. d. Pharm. CLXXXIX. Bas, 1. u. 2. Hft. 9
130 Ueber das Löffelkraut - Oel.
von Neuem zu beginnen. Es geht neben anderen Substan-
zen Allylalkohol über, von denen man ihn durch Rectification
und Behandeln mit Kali trennt. Die Analysen geben Zahlen,
welche der Formel C3H®0 entsprechen.
Der Allylalkohol entsteht durch zwei auf einander folgende
Reactionen, indem sich zuerst einfach ameisensaurer Glyce-
rinäther bildet, welcher sich in höherer Temperatur m Was-
ser, Kohlensäure und Allylalkohol zerlegt. Den einfach amei-
sensauren Glycerinäther oder das Monoformin erhielten die
oben genannten Chemiker durch Schütteln des bis auf 190°
erhitzten Gemenges von Oxalsäure und Glycerin mit Aether.
Aus dem Allylalkohol erhält man durch Destillation mit
Jod und amorphem Phosphor nach vorangegangener 24 stündi-
ger Digestion und Mischen mit Wasser Allyljodür und aus
diesem mit Zink, Salzsäure und Alkohol Propylen. (Berichte
d. deutschen chemischen Gesellschaft. 11. Jahrg. Februar 1869.).
Sch.
Ueber das. Löffelkraut - Oel.
Dieses Oel, welches mehrfach mit dem Senföl verwech-
selt wurde, ist von diesem wesentlich verschieden.
Der Siedepunkt des Löflelkraut-Oels liegt zwischen 159
—- 160°, der des Senföls bei 147°. Mit Ammoniak liefert
Oleum Cochleariae eine schön krystallisirende Substanz,
welche bei 135° schmilzt und das Thiosinnamin des Löffel-
kraut-Oels ist. Die Analyse des Oels wie der Ammoniak-
verbindung hat nach A. W. Hofmann ergeben, dass dieser
Körper das Senföl der Butylreihe ist, also:
Be en
Bei der künstlichen Darstellung des Löffelkraut- Oels aus
Butylamin, CS? und HgUl entstand ein Senföl von derselben
Zusammensetzung, doch zeigte schon der Geruch dieses künst-
lich dargestellten Löffelkraut- Oels, dass ein isomerer Körper
erhalten worden war, eine Thatsache, welche auch noch wei-
ter durch die Beobachtung bestätigt wurde, dass die aus die-
sem Senföle dargestellte Ammoniakverbindung schon bei 90°
schmolz. (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft.
März 1869.). Sch.
Ueber den Caprylalkohol aus Rieinusöl. 151
Ueber den Caprylaikohol aus Rieinusöl.
Unter den chemischen Verbindungen, über deren chemi-
sche Constitution trotz wiederholt angestellter Untersuchungen
ein gewisses Dunkel schwebt, ist die aus Ricinusöl darge-
stellte alkoholische Flüssigkeit ein schlagendes Beispiel.
Der Entdecker dieser Verbindung, Bouis, hielt dieselbe
für Caprylalkohol, weil er bei mässiger Oxydation mit NO5
aus derselben Caprylsäure erhielt. Kolbe hält die Verbin-
dung für einen secundären Alkohol und zwar dem Siedepunkt
nach zu schliessen für Methyl- Hexylcarbinol.
C. Schorlemmer hat die chemische Constitution des
sogenannten Caprylalkohols näher studirt und hält Kolbe’s
Ansicht für die richtige. Durch eine mässige Oxydation lässt
sich der Alkohol vollständig in Methylönanthol, also im das
ihm entsprechende Aceton, überführen.
G. Schorlemmer behandelte das erste aus Ricinusöl
erhaltene Destillat solange mit geschmolzenem Aetzkali, bis
dasselbe keine Einwirkung mehr hatte. Von dem erhaltenen
Destillat siedete eine bedeutende Menge zwischen 160° und
178°, namentlich schien der Siedepunkt bei 170° etwas con-
stant zu sein. Natriumbisulfit war ganz ohne Einwirkung,
überhaupt war in der über Aetzkali rectificirten Flüssigkeit
kein acetonhaltiger Körper nachzuweisen. Die zwischen 160°
und 178° siedende Flüssigkeit war ein Gemenge von Koh-
lenwasserstoffen und Caprylalkohol. Der Siedepunkt des rei-
nen Oaprylalkohols liegt bei 181°. Mit einem Gemisch von
2 Th. Kaliumbichromat, 10 Th. Wasser und 3 Th. Schwefel-
säure behandelt erhielt ©. Schorlemmer aus dem Capryl-
alkohol das Methylönanthol, weiches sich mit Natriumbisulfit
zu einer krystallisirten Verbindung vereinigte. Das Aceton
wurde durch Natronlauge abgeschieden, getrocknet und destil-
livt. Es ging vollständig zwischen 170° und 172°C. über,
Lässt man die Oxydation weiter gehen, so erhält man nach
der Behandlung des Destillats mit Natriumcarbonat ein Na-
trinmsalz, welches ein Gemisch von Natriumacetat und Na-
triumeapronat war.
C. Schorlemmer stellte noch das Silber- und das
Baryumsalz der Capronsäure dar, ebenso den Aethyläther die-
ser Säure. Die Flüssigkeit, von der die ölige Uapronsäure
abgenommen worden war, wurde wiederholt destillivt und
mit Silbercarbonat neutralisirt. Es resultirte Silberacetat.
ea
132 Die Verfälschung des Pfefferminz - Oeles.
Auf diese Weise bewies Schorlemmer, dass der
sogenannte ÜOaprylalkohol ein secundärer Alkohol und zwar
nach Kolbe’s Bezeichnung Methyl - Hexylcarbinol
CH?
GlR. e Ä
H ist. Bei der Oxydation geht
OH
derselbe zuerst in das entsprechende Aceton, das Methylön-
anthol, über, welches bei weiterer Oxydation in Capronsäure
und Essigsäure zerfällt. (Annalen d. Chemie. Bd. 147. August-
heft 1868.). Sch.
Die Verfälschung des Pfefferminz - Oeles.
Das beste Oel der in feuchten nordischen Gegenden hei-
mischen Menthba pip. wird nach St. Martin in England
bereitet, und hat das von da exportirte europäischen Ruf.
Anderwärts entartet die Pflanze, und muss man sich alle zwei
Jahre neuen Samen aus England verschaffen; auch die aus
Nord-Amerika kommende‘ Essenz und das auch im Sommer
feste, von China aus auf den europäischen Markt gebrachte,
Po-ho-yo genannte, Pfefferminzöl stehen dem enflischen an
Güte bedeutend nach.
Unter den Verfälschungen des genannten Oeles ist die
durch Oopaiva-Oel die häufigste und wird folgendermaassen
erkannt. Reines, mit Salpetersäure erhitztes Pfefferminzöl
wird mahagonibraun und bleibt flüssig; enthält es dagen Co-
paivaöl, so scheidet sich beim langsamen Erhitzen auf 100°C.
(wobei man sich vor dem Uebersteigen und Umhergeschleu-
dertwerden der Mischung zu hüten hat) aus dem noch heissen
Decocteine butterartige Schicht verharzten Copaiva-Oeles
ab und macht das erkaltete Oel gelatinös. Pfefferminzöl-
Kampher scheidet sich dagegen erst aus dem mit Salpetersäure
behandelten Oele beim Erkalten in Körnern ab. Vrf. räth
ausserdem, das Pfefferminzöl erst 5—6 Monate alt werden
zu lassen und dann der Rectification zu unterwerfen, indem
es dann allmälig den empyreumatischen Geruch nach einer
bei der Destillation sonst mit übergehenden (flüchtigen) Sub-
stanz verliere. Im Destillationsrückstande wird hierauf eine
wie Kautschuk dehnbare Harzmasse behalten. (Bulletin. gen.
de Therapeutique. LXXIL. ». 317.). A
133
III. Botanik und Pharmacognosie.
Oidium Tuckeri.
Edward Tucker, der englische Botaniker, ist kürz-
lich gestorben. Er war der Erste, welcher die Krankheit
des Weinstockes als Folge eines parasitischen Pilzes fest-
stellte und als Berkeley diesen Pilz Oidium Tuckeri taufte,
hatte der Entdecker desselben das seltsame Vergnügen, seinen
Namen fortan in einem grossen Theile Europas in der ausge-
dehntesten Tonleiter vom Missvergnügen bis zur Verfluchung
im Munde von Tausenden zu wissen. Der Fluch löste sich
erst, als es Tucker gelang, ausser der Ursache der Krank-
heit auch deren souveränes Heilmittel zu finden, die Be-
stäubung der erkrankten Pflanzen mit Schwefelpulver.
(Frauendorfer Blätter 1868.). R:>I2
Mikroskopische Flora und Fauna krystallinischer
Massengesteine.
Unter diesem Titel ist von Dr. Gustav Jenzsch, h. s.
Bergrath in Gotha, bei W. Engelmann in Leizig 1868 eine
Schrift erschienen, deren Inhalt von grosser Tragweite für
das Gebiet der Geologie ist, falls sich die darin besprochenen
Entdeckungen bestätigen.
Bei der mikroskop. Untersuchung von Dünnschliffen von
Gesteinen hat Jenzsch das höchst merkwürdige Resultat
erlangt, „dass mitten in den Gemengtheilen echter krystalli-
nischer Massengesteine, in Gesteinen, welche von den meisten
Geologen als Eruptionsgesteine, von keinem für Tuff- oder
Wackenbildungen gehalten werden, zahllose pflanzliche und
thierische Organismen vorkommen.“
Er entdeckte nämlich „dass beim Melaphyr von
Zwickau nicht allein in Hohlraumausfüllungen (und zwar
124 Mikroskopische Flora und Fauna krystallinischer Massengesteine,
ausgezeichnet schön im Calcit), sondern auch in porphyrartig
ausgeschiedenen Gemengtheilen orthoklastischen Fel-
sits und Fettquarzes, so wie mitten in den Krystallen
plagioklastischen Felsits, welcher den Hauptgemeng-
theil der dichten Gesteinsgrundmasse ausmacht, zahllose, höchst
ausgezeichnet erhaltene fossile Organismen enthalten
sind,“ die sogar im Momente der Ausführung ihrer Lebens-
funetionen versteinert waren.
Aehnliche Beobachtungen machte er in den Melaphyr-
gesteinen vom Thüringerwald und den Quarzpor-
phyren von Halle an der Saale, in dessen porphyrar-
tig eingeschlossenen Quarzen er ebenfalls zahlreiche Organis-
men aufland,
Diese bestanden nicht etwa in vereinzelten Pflanzenzel-
len, sondern geben sich als ganz vortrefflich erhaltene mehr-
zellige Algen zu erkennen. Er beobachtete daran sogar
das seitliche Austreten von Zoosporen und viele Entwicke-
lungszustände, sogar Sporenfrüchte. An Platten von Fett-
quarz aus den Melaphyren von Zwickau fand er gut erhal-
tene Algenzellenschichten, welche an mehren Stellen auf eine
auffällige Weise von geradlinigen, gleichsam ausgesägten
Zwischenräumen durchsetzt sind. Diese Aussägungen hält er
für das Werk eines pflanzenfressenden Thieres und
will dasselbe mit ausgestreckteın Rüssel entdeckt haben; er
nennt es ein Infusorium, und beschreibt es näher unter dem
von ihm geprägten Namen Rhynchopristes Melaphyri.
Ebenso fand er im Fettquarz des Melaphyrs von Zwickau
eine Anzahl fossiler Räderthiere, welche ein neues Genus
begründen sollen, dem er den Namen Tricolas giebt.
Nach seinen geologischen Anschauungen müssten die
Gesteinsgemengtheile erst zur Krystallisation gelangt sein,
als bereits die erwähnte Flora und Fauna in den bezüglichen
Eruptionsgesteinen sich verbreitet hatte, Er behauptet nicht,
dass die krystallinischen Massengesteine Sedimentärgebilde
seien, sondern ist der Ansicht „dass der Primordialzustand
der betreffenden Massen, und zwar nachdem dieselben sich
bereits in der ihrem relativen Alter entsprechenden Lagerung
befanden, einem oder mehrfachen Umwandlungsprocessen auf
nassem Wege unterlag und beziehentlich noch jetzt unter-
liegt.“ So wäre denn Jenzsch der erste Naturforscher,
welcher thierische und pflanzliche Organismen in wirklichen
Gemengtheilen krystallinischer Massengesteine angetroffen
hätte. —
Medic. Anwendung der Fucus- und Laminariaarten. 135
Das französische Journal Cosmos hatte die Jenzsch’-
sche Entdeckung der Flora und Fauna in eruptiven Gesteinen
nur ganz im Allgemeinen angezeigt. Darauf erfolgt jetzt in
derselben Zeitschrift von 7. Novbr. 1868 eine Reclamation,
bezüglich des ersten Fundes von Pflanzen in kryst. alten
Gesteinen vom Prof. Crescenzo Montagna in Neapel,
wobei derselbe sich auf eine darüber von ihm schon 1864
verfasste italienische Abhandlung bezieht. Seine Entdeckung
bezieht sich auf ganz andere Pflanzen als die von Jenzsch
gefundenen. Montagna will nämlich Pflanzen, die sonst die
Steinkohlenformation bezeichnen und zwar vorzügl. Arten von
Lepidodendron, häufig Lepidodendron dichotomum
im Cipollin-Marmor, Gneiss, alten Schiefer, in vielen Grani-
ten, im Syenit, in Hornblende-Gebirgsarten, im Diorit von
Edinburg, im dichten Serpentin und Ophiolith, im Smirgel
und im Porphyr von Hilbersdorf gefunden haben. Solche
Fünde, wenn sie sich bestätigen möchten, könnten nur den
Geologen in das höchste Erstaunen versetzen und würden
einen gewaltigen Riss in die ganze bisherige geognostische
Systematik bringen. Dei den eifrigen Bestrebungen der
Männer der Wissenschaft werden unbezweifelt bald sowohl
die Jenzsch’schen als die Montagna’schen angeblichen
Entdeckungen zur näheren Aufklärung gelangen. (Das Aus-
land, 16. Jan. 1869. Nr. 3. S. 68.). Hr
Medie. Anwendung der Fucus- und Laminariaarten ;
nach E. Moride.
Die drei zur Darstellung von Varec-Soda, Jod und Brom
verarbeiteten Laminaria- und Fucusarten der Küsten des
Canales und des atlantischen Meeres sind: Laminaria digi-
tata, saccharina und bulbosa, welche die circa 70,000
Kilogrm. in der Medicin, Photographie und Anilinfarbenindu-
strie pro anno consumirten Jod und Fucus vesiculosus,
nodosus, serratus und fruticosus, welche das Brom
liefern. Verf. stellt hierbei das Gesetz auf, dass, seinen Ana-
lysen nach, (man vgl. dieses Archiv OXXXII. p. 245. 1868.),
eine Alge um so jodreicher sei, je mehr sie Kali und Chlor
im Verhältriss zu den Natronsalzen, und um so mehr Brom
liefere, je mehr sie Schwefelsäure und Natron im Verhält-
niss zu den Kaliverbindungen enthalte. Mit dieser Kenntniss
ausgerüstet, wird man recht wohl die für medicinische Zwecke
136 Ueber den Cocathee und den Paraguaythee (Mate).
dienlichsten unter diesen Algen auszusuchen im Stande sein,
ohne, wie dies früher geschah, die Pflanzen einzuäschern,
eine Operation, welche mit dem Verlust wirksamer Bestand-
theile nothwendig verknüpft ist. Vielmehr scheint Verf. die
nach Humboldt und Boussingault in den Cordille-
ras de los Andes gebräuchliche Anwendung der jod-,
brom- ete. haltigen Fucusarten in Form des Decoctes oder
des spirituösen Auszuges derselben (bätons & goitre) bei
Kropf, Scrofeln und Drüsenanschwellung empfehlenswerth zu
sein. Ohne sich knechtisch an die in Amerika üblichen Vor-
schriften zu binden, glaubt Verf. folgende Anwendungsweise
der genannten Fucus- und Laminariaarten ganz besonders
empfehlen zu dürfen: man sammle die Algen von den sie
tragenden Felsen der Meeresküsten in frischem Zustande,
befreie sie durch kurzdauernde Digestion mit süssem Wasser
von dem ihnen anhängenden Seewasser, trockne sie vorsich-
tig, setze sie so lange, bis sie ihren widerlichen Geschmack
und Geruch verloren haben, der Sonne aus, zerstosse sie in
kleine Stücke, extrahire sie mit wässrigem Weingeist, um
Jod etc. aufzunehmen, die anorgan. Salze dagegen zurückzu-
lassen, titrire den Jodgehalt durch Benzin und unterschweflig-
saures Natron, und bringe denselben auf 1° in der anzuwen-
denden Tinctur, welche Verf. die normale nennt und gern
mit Malagawein oder jodhaltigem Syrup vermischt nehmen
lässt. Salz zum Gebrauch für Bäder wird durch Rösten der
Algen, Zerstossen, Ausziehen derselben mit süssem Wasser und
Eindampfen der wässrigen Extracte bis zur Trockniss darge-
stell. Der Rückstand enthält in 100:
1— 2 Theile Jodüre,
1— 2 „ Bromüre,
40—42 ,„ Kalisalze, und
50—68 ,„ Chlornatrium,
ist in Wasser leicht löslich, und zeigt reizende und auflösende
Wirkungen. (Nach Bulletin de la Soc. de pharm. de la Loire
et Journal de pharm. d’Anvers, im Journ. de med. de Bruzxel-
les. p. 564. 1868.). K.
Ueber den Cocathee und den Paraguaythee (Mate).
Menier giebt in einem vorzüglichen Referat über den
Kaffee, über den Oacao und die Chocolade nebenbei einige
interessante Details über den Cocathee und den Paraguaythee.
Ueber den Cocathee und den Paraguaythee (Mate). 157
Der Cocathee ist das Blatt eines. Bäumchens von 1 bis
2 Met. Höhe, dem Decandolle den Namen Erythroxylon Coca
gegeben hat und welcher in Peru und in einigen andern Re-
publiken Südamerika’s cultivirt wird. Er gedeiht gut nur
auf mässigen Höhen und unter einer Breite, in welcher sich
die Temperatur wenig ändert. Frost kann derselbe nicht ver-
tragen und wenn die Temperatur 20 Grade überschreitet, so
entwickelt sich der kleine Baum sehr rasch auf Kosten seiner
Wirksamkeit. Die Indianer Peru’s machen einen häufigen
Gebrauch von den Blättern des Erythroxylon Coca, welcher
auch in allen angrenzenden Ländern verbreitet ist. Die India-
ner kauen den Üocathee , nachdem sie 12 bis 15 Blätter mit
Speichel befeuchtet und aus diesen kleine Kugeln geformt
haben, in welche von einer aus einer vegetabilischen Asche
bestehenden Paste ein erbsengrosses Stück gebracht worden
ist. Diese alkalisch reagirende Asche nennen die Indianer
llicepta. Diese so hergestellten Kugeln kauen sie wie die
Seeleute den Tabak.
In manchen Gegenden Perus nehmen die Cocaesser statt
der oben genannten Asche frisch gebrannten Kalk, den sie
durch Brennen gewisser Muscheln gewinnen. In anderen
Gegenden bedient man sich einer thonartigen oder kalkarti-
gen Erde. Die Fremden und die Creolen brühen den Üoca-
thee, welcher in dieser Form nach Mantegazza sehr günstig
auf den Organismus wirkt. Das wirksame Princip des Üo-
cathees ist eine krystallinische Substanz, ähnlich dem Caffein
und wird Cocain genannt. Erythroxylon Coca giebt in jedem
Jahre drei Ernten, im März, Juli und October. Die getrock-
neten Blätter werden in länglichen Säcken von Lamawolle
verpackt, welche im Innern mit Bananenblättern garnirt sind.
Jeder Sack wiegt 74—78 Pfund und wird in Peru Tercio
genannt. In den europäischen Handel kommen nur geringe
Mengen von Cocablättern, doch ist der Handel mit denselben
in Südamerika und ÜCentralamerika bedeutend. Man schätzt
den Werth der Production in Bolivia und Peru allein auf
15 Millionen Fres.
Das Mate ist das gedörrte und gepulverte Blatt einer
Varietät der Stechpalme, welche wild und in grosser Menge
in Paraguay wächst. Die Spanier nennen es Ilex paragua-
viensis Jerba.
Diese Pflanze hat das Aussehn des Lorbeers, die Grösse
einer jungen Eiche und bildet ganze Wälder. Bei Villa Rica
in der Nähe der Berge von Maracayu wir die grösste Masse
des Mate geerntet. Die Ernte dauert von December bis
138 Ueber die Jalapencultur bei der Hauptstadt Mexico u. in New York.
August, zu welcher grosse Caravanen, die Proviant und
Schlachtvieh mit sich führen, ausgerüstet werden. Die Ar-
beiter schneiden die Aeste des Baumes in Stücke, rösten die-
selben, indem sie dieselben durch ein freies Feuer zie-
hen, bringen sie in Bündel und hängen sie dann an die obe-
ren Theile einer Art von Laube auf, in deren Mitte man ein
schwaches Feuer, welches durch aromatische Kräuter genährt
wird, erhält. Nachdem der Process des Trocknens vollendet
ist, entfernt man die Asche und breitet auf derselben Stelle
Häute aus, auf welchen man den Mate mittelst einer Holz-
latte entblättert. Die so getrockneten Blätter werden m
Holzmörsern oder vermittelst Mühlsteine gepulver. Man
bringt sie in zusammengenähten Ochsenhäuten in den Handel.
Der Aufguss des Mate ist in Paraguay, in der argentinischen
Republik, in Chili, Peru und in mehren Provinzen Brasi-
liens allgemem im Gebrauch. Zur Herstellung desselben
bringt man das mit etwas Zucker gemischte Pulver in eine
Kürbisfiasche, übergiesst es mit kochendem Wasser und zieht
die Flüssigkeit vermittelst einer Hebervorrichtung ab, beste-
hend aus einer kleinen kupfernen Röhre, welche an ihrem
unteren Ende siebartig durchbohrt ist. Diese heberartige
Röhre heisst bombilla.
Der Aufguss des Mate wirkt wie ein Theeaufguss und
enthält als wirksames Prineip wie letzteres Thein. In Brasi-
lien unterscheidet man zwei Sorten von Mate. Die bessere
Sorte heisst Caamini und wird exportirt, die andere geringere
wird caauäna genannt und hat einen mehr bitteren Geschmack.
Im Jahre 1855 exportirte Brasilien für circa 640,000
Fres.; im Jahre 1865 für 3,435,240 Frcs. Paraguay exportirt
jetzt für mehr als 6 Millionen Fres. (Journal de pharmacie
et de chimie. März 1869.). Sch.
Ueber die Jalapeneultur bei der Hauptstadt Mexico
und in New York; nach @. Naphegyi.
Dreissig Meilen von Vera- Cruz entfernt, 4500° über dem
Meeresspiegel, liegt die 15,000 Einwohner zählende und dem
vorzüglichsten Hafen Mexico’s naheliegende Stadt Jalapa,
welche, der Ueppigkeit der dortigen Vegetation wegen, der
Garten von Eden genannt worden ist. Hier kommen in der
That, ausser Rheum, Ipecacuanba und China, alle Heilpflan-
Ueber die Jalapeneultur bei der Hauptstadt Mexico u. in New York. 139
zen, auch solche, deren Heimath man in Asien zu suchen
gewohnt ist, vor.
Unter dem prächtigen Flor exotischer Gewächse findet
man bescheiden die blaue Glockenblume, welche der Mutter-
pflanze der weltberühmten Radix jalapae angehört, eingestreut.
Bis in die jüngste Zeit hin dachte Niemand daran, diese
kostbare Heilpflanze zu cultiviren. Die Peons (Arbeiter) der
um Jalapa liegenden Haciendas, wenn sie, mit Holzfällen
beschäftigt, auf die an den zarten gabelförmigen Ranken kennt-
lichen Jalapenwurzeln stiessen, suchten sich nur die grossen
Stücke aus und liessen die kleinen, um sie, wenn ausge-
wachsen im nächsten Herbst einzusammeln, zurück. Die
grösseren Stücke wurden auf den Dächern der Indianerhüt-
ten getrocknet, um, wenn die Sonne ihr Werk vollbracht,
in Pfundpartien nach der nächsten „Tienda“ geschafft und
gegen agua ardiente oder ungebleichten Kattun (cotton), wel-
chen die Eingeborenen zu ihren Kleidungsstücken brauchen,
ausgetauscht zu werden.
Die Magazinaufseher, welche für das Pfund nicht mehr
als 15— 20 Cents (in Waaren) gezahlt, brachten grosse sich
ansammelnde Mengen der Wurzel nach Veracruz, von wo
sie mit 1 Dollar pro Pfund bezahlt, für den europäischen
Markt verschifft wurden. Da die Gewinnsucht indess anfing,
auch der kleinen Wurzeln nicht mehr zu schonen, wurde
Convolvulus Jalapa immer seltener, und diess die Ursache
des immer höher steigenden Preises dieser Drogue. Kaiser
Maximilian erliess daher ein auf planmässige Kultur die-
ser Pflanze abzielendes Gesetz an die Präfeeten der Umge-
gend Jalapa’s, und Verf. gab 1865 in einer mexicanischen
Zeitung eine Anleitung, wie die Gartenzucht der Jalape zu
leiten sei, heraus. Da um die Stadt Mexico zahlreiche Con-
volvulaceen wachsen, so machte Verf. einen Versuch, die
Convolvulus Jalapa in jener Gegend einzubürgern, indem er
4 kleine, aus Jalapa zugeschickte Würzelchen unter einen
Wallnussbaum pflanzte. Diess geschah im März, und im
September desselben Jahres fand sich, dass 1 Würzelchen 20,
ein 2tes 16 und jedes der beiden Restirenden 12 Wurzelaus-
läufer (Stolones) angesetzt hatte.
Die von Prof. Don Leopold Rio de la Loza vorge-
nommene Untersuchung dieser Drogue erwies, dass sie ihrer
chemischen Zusammensetzung und Heilwirkung nach von der
bei Jalapa gesammelten durchaus nicht abwich. Seitdem
wird die Jalape von europäischen Gartenunternehmern in der
(Gegend der Hauptstadt Mexico mit Erfolg in grossen Mengen
140 Ueber Manna in lacrymis.
angebaut und in den Handel gebracht. Später siedelte Verf.
in die Gegend von New York über. Bei einem Besuche der
Halbinsel Yucatan fand er, die Zwischenzeit, während welcher
er auf den Steamer wartete, mit Botanisiren ausfüllend, Oon-
volvulus Jalapa- Wurzeln, nahm sie nach New York mit, und
begann daselbst seine Oulturversuche aufs Neue. Sechs bulbi
setzte er im warmen Hause, und sechs andere (im Juli) im
Freien ein, und grub sie im October wieder aus. Es fand
sich dabei Folgendes: die sechs im freien Lande unterge-
brachten hatten sich nicht der Zahl, aber der Stärke und
dem Gewichte nach so vermehrt, dass sie statt 1, 3 bis
4 Unzen wogen; dagegen hatten von den im heissen Hause
gezogenen einige angefangen zu verwelken; andere jedoch,
ohne wesentlich stärker zu werden, eine Zahl Stolonen ange-
setzt. Im letzten Winter brachte Verf. diese in ein warmes
Haus, hielt sie feucht, verpflanzte sie Mitte Mai ins Freie,
und grub sie im September wieder aus. Die Ernte betrug
S Pfund guter Jalapa, zum Beweise, dass sie auch in New
York in der Gartenzucht recht wohl cultivirt werden könnte.
(The Philadelphia medical and surgical Reporter Volume XVII.
18. April 1868. p. 343 — 44.). K.
Ueber Manna in laerymis.
Die Manna verdankt nach Buignet ihre stark das
Licht nach rechts polarisirende Kraft nicht ihrem Zucker, son-
dern ihrem Dextringehalte; die Ablenkung nach rechts bleibt
nach eingeleiteter Gährung dieselbe. Der Dextringehalt der
Manna in lacrymis ist = !/,; die gebräuchlichen Handelssor-
ten enthalten, wie auf gewöhnliche Weise zu bestimmen ist,
noch mehr Dextrin. Der Zucker besteht aus soviel Frucht -
und Traubenzucker, dass sich ihre das Licht polarisirende
Kraft beiderseits compensirt. In der Regel verhalten sich die
unter sich differirenden Zuckermengen der Mannasorten des
Handels zu denen des Dextrins wie 1:2. Manna kommt
hiernach chemisch den Saccharificationsproducten des Stärke-
mehls nahe; wie ausserhalb des pflanzlichen Organismus wir-
ken zur Entstehung der Manna Diastase und ein angemesse-
ner Temperaturgrad gleichzeitig mit. (Sitzung der Academ.
de Medec. 14. Aprü 1868.). K.
141
IV. Zoologie und Zoochemie.
Die Zuckerkrätzmilbe (Acarus sacchari)
nach Robert Nicol.
Verf. warnt vor dem Genusse des unraffinirten Zuckers,
welcher den Acarus sacchari, eine unter dem Mikroskope
den Seekrebsen ähnelnde Milbe, enthält. Letzteres ist nach
Prof. Cameron in Dublin ein sehr lebhaftes und hässli-
ches, ovalgestaltetes, einen mit einer Art Scheere bewaffne-
ten Rüssel vorstreckendes und damit seine Nahrung erhaschen-
des Thierchen mit 8 an den Enden mit Haken versehenen
Beinen. Im Zucker bewegt sich dasselbe äusserst langsam,
auf ebenen, glatten Flächen dagegen sehr schnell vorwärts,
Sprünge, wie Acarus scabiei, macht die Zuckermilbe nicht.
Die Krätzmilbe („itch“ in Amerika genannt) ist, mit dem
appetitlichen Zucker zusammengehalten, kein nettes "Thema
für eine Abhandlung; da ihre Ausbreitung jedoch mit dem
Genusse unraffinirten Zuckers in Zusammenhange zu stehen
scheint, so werden wir nicht umhin können, einige Augen-
blicke bei derselben zu verweilen. Abenzoar hielt dieselbe
für eine Art kleiner, sich in die Haut einbohrender Laus und
erst im Jahre 1683 wurde das Thier von Bonomo richtig
beschrieben, abgebildet und als Ursache einer ekelerregenden
Hautkrankheit erkannt. Pferde, Rinder, Schafe, Hunde haben
je ihre besondere Krätzmilben; beim Menschen, falls er nicht
zu der „ungewaschenen Familie“ des Proletariates gehört,
pflegt dieselbe selten vorzukommen, mit Ausnahme von —
übrigens in der Regel reinlichen — Ladendienern und Arbei-
tern in Zuckerniederlagen, welche meist an Händen und Vor-
derarmen eine eigenthümliche und auf andere Körpertheile
nicht übergehende Art von Krätzausschlag zeigen, von dem
sich in ihre Haut einbohrenden und darin brütenden Acarus
sacchari, welcher dem Acarus scabiei zum Verwechseln ähn-
lich, aber grösser als dieser ist, herrührend. Patienten dieser
Art kommen unter den mit Zucker hantirenden Material-
142 Eine neue Rebenkrankheit.
waarenhändlern ete. um so häufiger vor, als nach Verf. kein
Milben oder eierfreier, unraffinirter Zucker in den Handel
kommt; HillHassall fand unter 72 Zuckerproben 69 mit
Acarus sacchari, während in der Raffinade zwar unkrystalli-
sirter Zucker und Salzbeimischungen, aber keine Krätzmilben,
enthalten sind. Den schlechtesten, unraffinirten Zucker fand
Verf. im „South Dublin Union Workhouse“ vor; er war feucht,
mit Syrup verfälscht, und enthielt neben Pilzsporen, Zuckerrohr-
resten, Eiweiss und Stärkmehl, eine solche Unmasse von Aca-
rusmilben, dass auf 1 Pfund deren mindestens 100,000 kamen;
in 6 Decigrm. fanden sich 50 Stück dieser schon mit unbe-
waffnetem Auge kenntlichen Milben. Die Berührung dieses
Zuckers mit den Fingern bringt natürlich mehr Schaden als
der Genuss desselben, indem selbst tausende dieser Thiere,
in den Magen gebracht, üble Folgen für die Gesundheit
erwiesenermaassen nicht nach sich ziehen. Da man indess
bei dem Gebrauche des milbenreichen, thörichterweise immer
noch für besser „süssend“ geltenden, unraffinirten Zuckers
beständig Gefahr läuft, krätzige Finger und Hände zu bekom-
men, so wird man nachgerade wohl von demselben abkom-
men, und Raffınade in Kaffee und Thee nehmen, welche am
gesündesten, reinsten, und, da sie thatsächlich am besten
süsst, auch am billigsten ist. (Philadelphia med. Reporter,
5. Dechr. 1868. p. 457 —459.). K.
Eine neue Rebenkrankheit.
In den Rebengärten Frankreichs ist eine neue, sehr ver-
heerende Krankheit aufgetreten, über die wir in dem Journ,
d. K. Gartenbau - Gesellschaft in Paris nähere Angaben finden.
Man bezeichnet sie mit dem unpassenden Namen der Aus-
zehrung. Zuerst wurde sie im Jahre 1865 an einigen
Orten im Süden beobachtet, hauptsächlich in der Provence,
wo sie gleich Anfangs so hefüg auftrat, dass ganze Wein-
berge bis auf die letzte Rebe zerstört wurden. Die befalle-
nen Stöcke treiben im Frühjahre viel später aus, als die von
der Pest noch frei gebliebenen; die jungen Triebe sind aus-
nehmend schwach, welken allmählig, verdorren alsdann und
endlich stirbt die ganze Pflanze ab. Ueber die Ursachen der
Krankheit hörte man anfangs, wie das in ähnlichen Fällen
immer zu geschehen pflegt, die verschiedenartigsten Vermu-
thungen aussprechen. Einige glaubten, sie in einer Stö-
Eine neue Rebenkrankheit. 143
rung der chemischen Verhältnisse der Atmosphäre suchen zu
müssen, ohne für diese Ansicht den geringsten Anhalt zu
haben. Gasparin vermuthete, dass ihr ein Mangel an Nah-
rung zu Grunde liege, der seinerseits wieder der anhaltenden
Trockniss nach eineın langen und strengen Winter zuzuschrei-
ben sei. Andere wieder hielten dafür, dass das Mycelium
irgend einer Pilzform im Marke der Rebe auftrete und sich
von hier aus durch das ganze Holz verbreite. Aber ange-
nommen, es sei in der That ein solches Mycelium beobachtet
worden, so hat sich dieses wahrscheinlich erst nach dem Tode
der Pflanze entwickelt und nicht selbst die Krankheit der
Rebe herbeigeführt.
Endlich wurde von der K. Gartenbau -Gesellschaft eine
Commission mit der Aufgabe betraut, die Ursache der den
Wohlstand von Tausenden von Familien bedrohenden Re-
benpest zu ermitteln. An ihrer Spitze stand Planchon.
Dieselbe gelangte bald zu einem sicheren Resultate. Sie ent-
deckte nämlich (was schon, wie man nachträglich erfuhr,
beim ersten Auftreten der Krankheit beobachtet worden war)
an den Wurzeln eine Menge winziger gelber Körperchen,
welche man als Insecten erkannte, verwandt mit den
Blattläusen, aber von diesen hauptsächlich durch die Ab-
wesenheit der Exeretions-Örgane verschieden. Man gab die-
sem Insect den Namen Rhizaphis vastatrix d.h. zer-
störende Wurzellaus. Lässt man auch den angeblichen
generischen Unterschied vorläufig noch auf sich beruhen, so
scheint es doch gewiss zu sein, dass man es hier mit einer
ganz neuen, d.h. noch nicht beobachteten Species zu thun
hat, da das vollkommene Insect, wie die Eier weit kleiner
sind, als bei anderen Arten. Für Weinberge scheint es
unmöglich zu sein, ein Mittel gegen diese Pest in Anwen-
dung zu bringen; sollte letztere aber auch über Spaliere der
Gärten sich ausbreiten, so würde das einzige darin bestehen,
jede kränkelnde Pflanze sammt dem Boden, in welchem sie
wurzelt, dem Feuer zu übergeben, um dadurch die Insecten
und ihre Brut zu vertilgen und die Verschleppung dieser
gefährlichen Schmarotzer zu verhüten. Diese unsere Mitthei-
lung, obgleich die Krankheit in deutschen Rebenständen noch
nicht beobachtet wurde, scheint nichts destoweniger die Auf-
merksamkeit unserer Gärtner zu verdienen, um so mehr, als
sie manche Rebsorten aus Frankreich beziehen und somit die
Gefahr nahe liegt, mit ihnen auch die Rebenpest zu importi-
ren. (Deutsche Gartenzeitung, Erfurt 1868. Nr. 48. S. 382.).
ANE:
144 Der Export v. Blutegeln. — Ueber d. Eichen - Seidenraupe.
Der Export von Blutegeln
aus der Kolonie Victoria (Australien) wird jetzt sehr im Grossen
betrieben und wurden im letzten Jahre mehre Hunderttau-
send nach allen Theilen der Erde, namentlich aber nach Eng-
land, verschickt. H.
Ueber die Eichen - Seidenraupe.
Die langjährige Seuche unter dem Maulbeer - Seidenspin-
ner hat die Einfuhr einer anderen, auf dem Eichenbaum
lebenden Seidenraupe, der Bombyx Yama-mayu
aus Japan veranlasst, von welcher Prof. Dr. Hoffmann
in Leyden eine Partie Eier direct aus Japan bezogen und
nach verschiedenen Ländern und Gegenden Mitteleuropas
hin vertheilt hatte, um damit Versuche zu machen. Ueber
diese Versuche nun liegen aus Frankreich, Holland, Oester-
reich und Preussen Nachrichten vor, nach denen die Zucht
dieses wilden Eichenlaub-Seidenspinners (Yama-
mayu heisst wörtlich Berg- oder wilder Cocon) aus verschie-
denen, theilweise äusseren Ursachen nicht überall gelungen
ist. Dagegen sind die Zuchtversuche mit demselben in
Bayern und namentlich in Bamberg, wo sich der dortige
Gartenbauverein seit 1865 der Sache mit Energie angenom-
men und der Königl. Oberpostmeister Baumann und dessen
Gattin sich persönlich mit ganz besonderer Beeiferung damit
abgegeben haben, ausserordentl. günstig ausgefallen
und als gelungen und maassgebend zu betrachten. Man hat
in Bamberg aus den echten japanischen Eiern schon die
vierte Generation nachgezogen und durch eine genaue Beobach-
tung erfahrungsmässig eine ganz erprobte Behandlung die-
ser Eichen-Seidenraupe kennen gelernt, deren Seide
an Dauerhaftigkeit, Glanz, Weiche, Elasticität, Ergiebig-
keit und Stärke in keiner Weise hinter der Seide des
Maulbeerspinners zurückbleibt. Der ungeheure Vorzug dieser
Raupe besteht darin, dass der Eichenspinner zu seinem Ge-
deihen nicht des milden südlichen Klimas bedarf
und in unseren Eichenwaldungen Futter genug
findet, dass man sogar noch die Eichenschälwaldungen in
dieser Weise ausnützen kann, und dass die Eichbäume durch
die Raupe keinen Schaden erleiden, weil diese sich schon
Mitte Juni einspinnt, bevor die Eichen in den sogenannten
Sommertrieb kommen. Ein wesentliches Moment zur Gesund-
Fluorgehalt des menschlichen Gehirns. 145
heit der Eichenspinnerraupen ist, dass man sie stets mit fri-
schem Wasser versehe, weil sie sich gerne baden. Herr
Baumann hat eine sehr interessante Brochüre über diesen
Gegenstand bei Buchner in Bamberg herausgegeben.
(Allgem. Familien- Zeitung 1869, Nr. 15. 8.254). H.L.
Fluorgehalt des menschlichen Gehirns.
E. N. Horsford. schloss aus dem bedeutenden Gehalt
des Gehirns und der Nerven an Phosphorsäure, welcher nach
verschiedenen Autoren bis 4,5°/, beträgt, dass auch Fluor in
dem Gehirn vorhanden sein müsste, zumal da das Fluor so
häufig die Phosphorsäure in dem Mineralreiche begleitet und
als Fluorcaleium in den Zähnen und in den Knochen vor-
kommt. Die hauptsächlichste Schwierigkeit für einen zuver-
lässigen Nachweis von Fluor liegt in dem Umstande, dass
die für die Nachweisung angewendeten Reagentien manch-
mal selbst Fluor enthalten können. Horsford stellte sich
mit grosser Sorgfalt Kalkerde und Kieselsäure dar, welche
bei der Prüfung kein Anzeichen eines Fluorgehaltes gaben
und untersuchte mit diesen Reagentien das getrocknete Ge-
hirn auf Fluor.
Ein Theil des Gehirns wurde mit dem Kalk gemischt
und in einem Platintiegel geglüht; die geglühte Masse wurde
mit der Kieselsäure 'zerrieben und an dem Boden einer Probir-
röhre mit conc. Schwefelsäure gemischt. In die Probirröhre
war mittelst eines Korkes eine befeuchtete Glasröhre einge-
setzt. Beim Erwärmen der Probirröhre verdichteten sich die
aufsteigenden Dämpfe unter Abscheidung einer weissen Haut
von Kieselsäure, welche also aus dem entwickelten Fluorsili-
cium durch die Einwirkung des Wassers entstanden war.
Ein anderer Theil des Gehirns wurde mit gepulvertem
Kalihydrat und geglühter Magnesia zu einem Teige zusam-
mengerieben, dieser in einem Platingefässe geglüht, mit Was-
serglas gesättigt, zur Entfernung des Wassers nochmals
erhitzt, gepulvert- und in einem Kolben mit Schwefelsäure
gemischt. Beim Erwärmen des Kolbens zeigte sich ein
weisses Pulver in dem befeuchteten Ableitungsrohr. Sämmt-
liche Reagentien, welche bei diesem Versuche gebraucht
wurden, waren vorher auf Fluor geprüft und rein befunden
worden. Aus beiden Versuchen geht hervor, dass das
menschliche Gehirn Fluor enthält. (Annalen der Chemie und
Pharmacie. Februarheft 1869.). Sch,
Arch. d. Pharm. CLXXXIx. Bds. 1, u. 2, Hft, 10
146 Harnsäure e. Glykokoll-Verbindung. — D. Vorkommen v. Gerbsäureete.
Die Harnsäure eine Glykokoll- Verbindung.
In der Sitzung der math. phys. Classe d. Münchener
K. Akad. d. Wissensch. v. 1. Febr. 1868 brachte Herr Baron
von Liebig folgende Notiz des H. Prof. Strecker in Tü-
bingen zur Kenntniss der Akademie:
Die Harnsäure ist eine Glykokoll- Verbindung und in
dieser Beziehung analog der Hippursäure. Bei der Be-
handlung von Harnsäure mit conc. HCl oder HJ (letztere in
kalt gesättigter Lösung ist vorzuziehen) durch Erhitzen auf
170° erhält man salzsaures oder jodwasserstoffsaures Glyko-
koll, Salmiak (oder Jodammonium) und Kohlensäure. Oeffnet
man die abgekühlten Röhren, so entweicht ein sehr starker
Strom von U?0*, die Lösung, mit PbO vom HJ befreit, ent-
wickelt reichlich H?N und giebt beim Verdunsten eine reich-
liche Krystallisation von Glykokoll. Aus 4 Röhren wur-
den etwa 15 Gramme Glykokoll erhalten.
Dasselbe wurde durch die Analyse und die Darstellung
und Analyse der Kupferverbindung identificirt. Die Entste-
hung desselben erklärt sich nach der Gleichung:
G10H4N 08 -- 10HO = C?H°NO* -+ 3C20* + 3H?N.
Aehnlich wie die Hippursäure als die Verbindung von
Benzoesäure mit Glykokoll betrachtet werden kann, so lässt
sich die Harnsäure als Glykokoll- Verbindung der Oyanur-
säure (oder von 3 Mol. Cyansäure) ansehen. (N. Repert. f.
Pharm. 1868. 17. Bd. H. 6. S. 373.). 237
Das Vorkommen von 6Gerbsäure und Gallussäure
in dem Körper eines Käfers, der Calandra granaria oder
des schwarzen Kornwurms, durch welchen auf den
Kornböden bedeutende Verwüstungen angerichtet werden,
wurde von Mitouart und Bonastre entdeckt und
durch weitere Forschungen Bonastre’s und Henry’s
bestätigt. Mittelst Aether, Alkohol oder Wasser lassen sich
obige Stoffe aus diesen Thieren extrahiren. Die gewonnene
Lösung fällt thierische Gallerte, bildet mit Eisensalzen Tinte
und zeigt überhaupt alle charakteristischen Merkmale der
fraglichen Stoffe. (A—K; Zeitschr. des allgem. österreich.
Apotheker-Vereins 1868, Nr. 11. S. 242.). BR ?}
Sn
147
V. Medicin und Pharmacıe.
Einwirkung des krystallisirten schwefelsauren Natrons
auf die Fleeken der Hornhaut; nach D. de Luca.
In seiner langen Praxis ist es D. de Luca beinahe
unmöglich gewesen, durch den Gebrauch der gewöhnlichen
Mittel, die durch verschiedene Ursachen und oft durch die
Wirkung der auf die Augen applicirten sogenannten Heilmit-
tel selbst erzeugten Hornhautflecken zum Verschwinden zu
bringen. Er konnte beobachten, dass Laudanum und alkoho-
lische Flüssigkeiten, sowie adstringirende Substanzen, auf die
Augen wirkend, solche Flecken hervorriefen, die bei einer
Fortsetzung solcher Behandlung bleibend wurden. Man weiss,
dass alkoholische und gerbende Substanzen die Eiweisstoffe
coaguliren und ihre normale Durchsichtigkeit vernichten; D.
de Luca hat desshalb in seiner Praxis bei der Behandlung
der Augenkrankheiten alle diejenigen Materien von jeher
ganz bei Seite gelassen, welche auf irgend welche Weise die
Durchsichtigkeit der verschiedenen Theile des Auges verän-
dern oder beeinträchtigen könnten. Nach mehren unfrucht-
baren Versuchen verfiel er darauf, dass das neutrale krystal-
lisirte schwefelsaure Natron, da es die Eigenschaft besitze,
das Fibrin des Blutes in Aufiösung zu erhalten, auch günstig
auf die Augen wirken könnte, um ganz oder doch theilweise
die Hornhautflecken verschwinden zu machen.
In seinen ersten Versuchen benutzte er eine kaltgesät-
tigte wässrige Lösung des schwefelsauren Natrons, die er
täglich mehremale tropfenweise auf die Kugel des Auges fal-
len liess. Nach mehrtägiger Behandlung befand sich der
Kranke besser und die Flecken nahmen an Ausdehnung ab;
aber man konnte leicht bemerken, dass die Wirkung dieses
Mittels sehr verlängert werden musste, um ein nennenswer-
thes Resultat zu erzielen. In der Folge benutzte D. de
Luea zu demselben Zwecke das zum feinsten Pulver zerrie-
bene krystallisirte Glaubersalz selbst. Dasselbe wurde in
10%
eu nr g’ Ne NE 5
148 Neue Beobachtungen über Oleum phosphoratum.
kleinen Mengen auf die Kugel des Auges fallen gelassen,
während Patient den Kopf fast horizontal halten musste; das
Salz gelangte auf diese Weise aufgelöst durch die Augen-
flüssigkeiten selbst zur Wirkung.
Die nach dieser Methode erhaltenen Resultate waren
zufriedenstellend, denn die Hornhautflecken begannen einige
Tage nach der Behandlung zu verschwinden und die Kran-
ken, welche vor Anwendung des Glaubersalzes gar nicht
sahen, gelangten nach wiederholtem Gebrauche des 2mal
täglich auf die Kugel der Augen gestreuten fein gepulverten
Glaubersalzes nicht allein dazu, Licht von Finsterniss zu unter-
scheiden, sondern selbst auf eine fast bestimmte Weise Be-
wegungen zu bemerken, die vor ihren Augen ausgeführt wur-
den. Die dieser Behandlung unterworfenen Kranken empfin-
den eine angenehme Frische”nach der Einführung des Glau-
bersalzes auf die Augenkugel in dem Augenblicke der Lösung
desselben in den Thränen oder den übrigen Augenflüssig-
keiten. Man weiss ja, dass das krystallisirte Glaubersalz
(Na0,S03 + 10H0) bei seiner Auflösung in Wasser eine
Temperaturerniedrigung hervorbringt.
Das krystallisirte Glaubersalz, m wässriger Lösung, bes-
ser noch als feines Pulver, bringt also nach einer gewissen
Zeit seiner Anwendung die totale oder partielle Opacität der
Hornhaut zum Verschwinden; dies wurde sowohl durch Ver-
suche, angestellt an mehren Individuen im Saale des Hospi-
tals der Incurabili in Neapel, welches de Luca dirigirt,
als auch in der besonderen Klinik desselben erwiesen. (Journ.
d. pharm. et de chimie. 5. Ser. tom. VI. p. 188.).
H.L.
Neue Beobachtungen über Oleum phosphoratum.
GC. Me&hu hat in einer früheren Arbeit gezeigt, dass man
ein gegen die Einwirkung des Lichtes indifferentes Oleum
phosphoratum erhält, wenn das zum Auflösen des Phosphors
bestimmte Mandelöl vor seiner Verwendung bis auf 250°C.
erhitzt wird. Löst man in diesem erhitzten Mandelöl %/;oo
seines Gewichts Phosphor auf, so erhält man ein Product,
welches sich bei Ausschluss der Luft nicht verändert. Von
den fetten Oelen können nicht alle ohne sich zu zersetzen
bis auf 250°C. erhitzt werden. Leberthran und Hanföl schei-
nen sich bei dieser Temperatur zu verändern. Ebenso wenig
entfärben sich alle fette Oele, welche erhitzt worden sind,
Neue Beobachtungen über Oleum phosphoratum. 149
ebenso leicht wie das Mandelöl, doch tritt die schon begon-
nene Entfärbung der Oele, nachdem man dieselben dem
directen Sonnenlichte ausgesetzt hat, viel schneller bei denen
ein, welche bis auf 250° erhitzt worden sind. Das Leinöl
kann als schlagendes Beispiel aufgeführt werden. Gutes rei-
nes Mandelöl, welches bis auf 250°C. erhitzt ist, entfärbt
sieh, nachdem man dasselbe einige Tage dem Sonnenlichte
ausgesetzt hat, vollständig, doch verhalten sich nicht alle
Muster dieses Oels gleich. Man findet im Handel ein Man-
delöl von röthlichem Ansehen, welches durch Hitze nur unvoll-
ständig entfärbt wird, und auf welches das Licht eine nur
äusserst langsame Einwirkung ausübt. Nach Roussin’s
Angaben ist dieses Mandelöl ein Gemisch mehrer Oele
(Pfirsichkernöl und anderer Oele).
Es ist nun nicht nothwendig zur Erzielung eines haltba-
ren Oleum phosphoratum ein Oel in Anwendung zu bringen,
welches sich gut entfärbt; es genügt, dasselbe bis auf 250°C.
zu erhitzen. Nicht die Entfärbung schützt das Oel, sondern
die stattgefundene Zersetzung einiger leicht veränderlicher Be-
standtheile. Obwohl man sagt, dass alle Lösungen des Phos-
phors durch das Licht verändert werden, so glaubt doch
Mehu, dass sobald das Lösungsmittel durch das Licht nicht
zersetzt wird, auch die Phosphorlösung unverändert bleibt;
Luftzutritt muss vermieden werden.
Mehu hat mit einer ganzen Reihe von fetten und flüch-
tigen Oelen ähnliche Versuche angestellt.
So entfärbt sich das Olivenöl nicht vollständig, wenn
man dasselbe bis auf 250° erhitzt hat, sondern zeigt naeh
dem Erkalten eine grüne Farbe. Es löst dann !/,, seines
Gewichts Phosphor und giebt ein zwar gefärbtes, aber durch-
aus haltbares Product. Von den flüchtigen Oelen verhindern
eine ganze Reihe die Phosphorenscenz des Oleum phosphora-
tum, es sind die sauerstoflfreien Oele, während die sauer-
stoffhaltigen sich grade umgekehrt verhalten. Zu letzteren
gehört auch der Kampher. Die sauerstoffhaltigen flüchtigen
Oele wirken fast wie die nicht flüchtigen, von denen man
ein gleiches Volumen dem Oleum phosphoratum hinzu-
setzen muss, um die Phosphorenscenz des letzteren zu ver-
nichten.
Aethylalkohol, Methylalkohol, Essigäther, Phenylsäure in
Alkohol gelöst, Kreosot, Chloroform, Bromäthylen verhindern
nicht die Phosphorenscenz; dagegen augenblicklich Leucht-
gas, Terpenthinöl, Benzin. Besonders verhindern Aether und
or
150 Ueber d. anästhesirenden Wirkungen d. einfach gechlort, Chlormethyls.
Schwefelkohlenstoff schon in kleinster Menge die Phosphores-
cenz des Oleum phosphoratum. (Journal de pharmacie et de
chimie. Janvrier 1869.). Sch.
Ueber die anästhesirenden Wirkungen des einfach
gechlorten Chlormethy!s (Methylendichlorids)
veröffentlicht Prof. Dr. Nussbaum in München folgendes:
In den Spitälern Londons wird jetzt das von Richard-
son empfohlene Methylendichlorid statt des Chloroforms
benutzt. Dasselbe soll rascher und angenehmer wirken und
geringere Uebligkeiten zurücklassen. Das Chloroform ent-
spricht meinen Wünschen in jeder Weise so vollständig,
dass ich selbst nach keinem anderen Mittel suchen werde.
Ich habe bereits über 15 Tausend Menschen damit betäubt
und habe nie das Unglück gehabt, dass ich den Kranken
nicht mehr hätte erwecken können. Wenn aber auch auf
10 Tausend Chloroformirte, wie sich gemäss versuchter Sta-
tistik herausstellt, 1 Unglücksfall trifft, so ist dies in Ver-
gleich zu dem durch das Chloroform gestifteten Nutzen sehr
wenig, wahrscheinlich viel weniger, als bei irgend einem
anderen wirksamen Arzneimittel. Trotzdem könnte man es
nachlässig nennen, wenn ich eime neue Erfindung nicht ver-
suchen würde und desshalb nahm ich auch das Methylen-
dichlorid zur Hand und theile hier das Beobachtete mit.
Das Methylendichlorid sieht aus wie Ohloroform, riecht
ähnlich, vielleicht ein wenig angenehmer und ist brennbar.
(Das Chloroform ist nicht brennbar). Ich habe mich im Bei-
sein von Freunden und bei verschiedenen Veranlassungen
oft selbst mit Chloroform betäubt und habe jetzt natürlich
auch das Methylendichlorid versucht. Die Betäubung mit
letzterem ist keineswegs angenehmer oder rascher. Im 1. Sta-
dium tritt ebenfalls Hustenreiz und Ekel auf, wie beim
Chloroform. Das 2. Stadium, die Excitation, zeigt auclı
nicht die geringste Verschiedenheit: lange Exspirationen,
kurze Inspirationen, Sprechen, Singen, Toben, Muskelcon-
tractionen, kataleptische Zufälle u. a. m. Diesen folgt nun auch
das Stadium der Toleranz, welches mit Erschlaffung des
Gaumensegels und aller Muskeln einhergeht und ohne Re-
flexbewegung zu operiren erlaubt. Wird kein Methylendi-
chlorid nachgegeben, so dauert die Toleranz auch nicht länger
als bei der Chloroform - Narkose. Die Kranken werden sehr
en ı Er ie
Aetherisirter Leberthran. 151
bald wieder unruhig und das Erwachen schien mir bei meh-
ren Narkotisirten viel unangenehmer als nach ange-
wandtem Chloroform. Die Eingenommenheit des Kopfes, die
Brechneigung, so wie das Erbrechen waren ganz ebenso, nur
das volle Bewusstsein kehrte viel später zurück;
viel länger wussten die Kranken nicht, wo sie waren und
was mit ihren geschehen war.
In mehren Fällen fuhren die Patienten rasch zusammen,
als ob sie einelektrischer Schlag getroffen hätte,
was für den Kranken, wie für den Zuschauer unangenehm ist
und bei der Chloroform-Narkose sehr selten gesehen wird.
Meine bisherigen Erfahrungen haben also, mit Ausnahme des
besseren Geruchs keinen Vorzug gezeigt und glaube ich
nicht, dass das Chloroform durch Methylendichlorid ver-
drängt werden wird. Bis jetzt ist es auch noch 20mal theu-
rer als Chloroform, was später sich anders gestalten könnte.
Die Gefährlichkeit ist zweifellos bei allen diesen Betäu-
bungsmitteln die gleiche, denn die Gefahr liegt nicht in der
Vergiftung, welche durch die Beimischung des Stoffes zum
Blute erzeugt wird, sondern darin, dass die im Excita-
tions-Stadium erzeugte Muskelspannung manch-
mal die Luftwege ganz verschliesst, oder was noch
schlimmer ist, dass die Lähmung der Gefühls- und Bewe-
gungs-Nerven, welche an vielen Theilen unserem Wunsche
gemäss eintritt, sich auch auf die Muskeln des Her-
zens und der Respiration ausdehnt. Da aber das
eine wie das andere Mittel solche Muskelcontractionen macht
und solche Lähmungen hervorrufen muss, so ist es lediglich
eine unvorsichtige oder unglückliche Steigerung der beabsich-
tigten normalen Wirkung, wenn ein Unglück eintritt. (Buch-
ners Neues Repertor. f. Pharmacie 1868, Bd. 17. H. 2. S. 102
— 109.). HE:
Aetherisirter Leberthran.
Ein Zusatz von Aether, 2— 12 Minims, etwa 4— 24 Tro-
pfen auf 2 Drachmen Leberthran, soll die Verdauung des
letztern und folgeweise die gute Wirkung bei Phthisikern
erheblich befördern. (Pharmaceut, Journ. and Transact. Jan.
1869. Sec. Ser. Vol. X. Nr. VII. P. 440.). WW.
152 Der sogen. ozonisirte Aether. — Ueb. Emplastrum acidi carbolici.
Der sogenannte ozonisirte Aether,
richtiger hydroxygenirter Aether; welcher mit Erfolg zur
Reinigung der Luft in Krankenzimmern gebraucht wird,
indem man ihn durch ein feines Glasrohr bläst, ist eine
Lösung von Weasserstoffhyperoxyd in Aether, welche man
durch Schütteln einer concentrirten Lösung des erstern mit
dem letztern erhält. Ein wenig Alkohol ist der Lösung
des Wasserstoffhyperoxydes in Aether förderlich. (Pharmaceut.
Journ. and Transact. Jan. 1869. Sec. Ser. Vol. X. Nr. VI.
P. 440.) W».
Ueber Emplastrum acidi earboliei.
Professor Lister, Arzt am Krankenhause in Glasgow,
hat in dem British Medical Journal eine Reihe von Briefen
veröffentlicht, in welchen derselbe sich über das antiseptische
System in der Chirurgie ausspricht.
Das Princip, von welchem derselbe ausgeht, besteht darin,
dass die Luft so schnell als möglich nach der Operation
von der Wunde ausgeschlossen werden und dass der ange-
legte Verband eine constante Quelle von gasförmiger Carbol-
säure in sich tragen muss, damit die Lebenskraft der Keime
verschiedener organischer Gebilde sofort zerstört wird. Bei
Anwendung dieses Mittels wird Fäulniss vermieden und die
Bildung von Eiter unterdrückt. Der erste von Lister m
Anwendung gebrachte Verband bestand aus einem Gemisch
von gekochtem Leinöl und Kreide, dem in dem Verhältniss
von 4:1 Carbolsäure hinzugesetzt war. Später stellte der-
selbe ein Pflaster dar, welches aus Bleipflaster, dem !/, seines
Gewichts Bienenwachs hinzugesetzt wurde, und Carbolsäure
in dem Verhältniss von 10:1 bestand. Dieses Emplastrum
acidi carbolici wurde auf Calico in der Weise gestrichen, dass
die Pflasterschicht circa !/,, Zoll betrug. Lister giebt nun
an, dass, wenn man zur Pflasterdarstellung mehr Bleiglätte
nimmt, als es die Britische Pharmacopöe vorschreibt, eine
Bleiseife von bedeutender Festigkeit resultirt, doch muss
jeder Wasserzusatz vermieden werden. Wird die Glätte und
das Olivenöl in dem Verhältniss, wie es die Pharmacopöe
angiebt, gemischt, so muss eine bestimmte Quantität Wasser
hinzugesetzt werden, um die chemische Verbindung der Fett-
säuren mit dem Bleioxyd zu bewirken. Der Verseifungspro-
cess wird aber grade hierdurch ein langwieriger. Wendet
man dagegen ungefähr die vierfache Menge Glätte an, und
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Ueber Emplastrum acidi carboliei. 153
setzt kein Wasser hinzu, so geht der Process unter lebhafter
Hitze mit grosser Schnelligkeit vor sich. Auf diese Thatsache
gründet sich die folgende Vorschrift zur Bereitung des anti-
septischen Pflasters. Man nimmt
12 Vol. Olivenöl,
12 Gewichtstheile feingepulverte Bleiglätte,
3 Gewichtstheile Wachs,
21/, Gewichtstheil krystallisirte Carbolsäure.
Die Hälfte des Oels erhitzt man mässig, fügt darauf
nach und nach die Bleiglätte hinzu und rührt beständig bis
die Masse dick wird. Dann setzt man die andere Hälfte des
Oels hinzu, rührt wiederum, bis die Masse dick wird. Nach-
dem das Wachs ebenfalls hinzugethan ist, entfernt man das
Gemisch vom Feuer, setzt die Carbolsäure hinzu und mischt
sorgfältig.
Nun bedeckt man das Gefäss, stellt es bei Seite und
lässt die zurückgebliebene Bleiglätte absetzen. Schliesslich
giesst man das Flüssige ab und streicht es auf Calico bis
zur geeigneten Dicke. Dieses so hergestellte Pflaster kann
auch mit der Maschine gestrichen werden und hält sich in
einer Zinnbüchse längere Zeit hindurch vortrefflich. — Bes-
ser als dieses Emplastrum plumbi antisepticum ist folgendes
Lackpflaster.
Man nimmt 3 Theile Schellack und 1 Th. krystallisirte
Carbolsäure, erhitzt den Schellack mit circa Y/, der Carbol-
säure bei mässiger Wärme, bis derselbe vollständig geschmol-
zen ist, fügt dann den Rest der Carbolsäure hinzu und rührt
beständig bis das Gemisch vollständig homogen ist. Durch
Musselin gegossen und in die Pflastermaschine gebracht,
bringt man das Pflaster in einer !/,, Zoll dicken Schicht auf
Calico. Auf die Oberfläche des gestrichenen Pflasters bringt
man nun eine Lösung von Gutta-Percha in 30 Th. Schwefel-
kohlenstof. Nach Verdunstung desselben schneidet man das
Pflaster in passende Streifen und bringt dieselben in eine
Zinnbüchse. Der Ueberzug von Gutta-Percha, durch welchen
die Carbolsäure mit Leichtigkeit hindurch geht, verhindert
das Ankleben an der Haut. Dieses antiseptische Lackpflaster hat
den grossen Vorzug vor dem entsprechenden Bleipflaster, dass
es weder in einer wässrigen noch öligen Flüssigkeit erweicht.
Will man das Lackpflaster auf seinen Rändern mit einem
Klebmittel versehen, so kann man gewöhnliches Heftpflaster
anwenden, dem aber 1°, Carbolsäure hinzugesetzt worden ist.
(Pharmaceutie. Journal und Transactions. January 1869.). Sch.
.
154
VI. Miscellen.
Ueber den Werth der Bezeichnung „,Patent
bei Waaren.
Nicht selten findet man Waaren, auch Maschinen, als
Patent oder patentirte, mit einem K.K. österr. Privileg. aus-
gestattet, in Ankündigungen dem Publikum ausdrücklich
empfohlen. Es wird dadurch der Glaube verbreitet, als
besässen diese Gegenstände einen besonderen, Seitens des
Staates anerkannten Werth, wodurch der letztere sich bestimmt
gefühlt, ihnen einen eigenen Schutz angedeihen zu lassen.
Es ist sicher, dass für viele Dinge Patente nachgesucht wer-
den zu dem alleinigen Zwecke, sie unter dieser Firma bes-
ser an den Mann bringen zu können. Wenn das Manöver
im Ganzen auch ein unschuldiges zu nennen und nur in die
Klasse der Geschäftsreklame zu rechnen ist, so dürfte es
doch angemessen sein, das Publikum mit wenigen Worten
über den reellen Werth des „Patents“ u. s. w. aufzuklären,
da gelegentlich auch einmal eine arge Schwindelei auf
diesem Wege unterläuft.
In allen uns bekannten Staaten, mit Ausnahme zweier,
herrscht bei Ertheilung von Erfindungspatenten das blosse
Anmeldeverfahren, d. h. es macht Jemand bei der betreflen-
den Staatsstelle eine Eingabe, worin er bittet, ihm auf eine
bestimmte Reihe von Jahren das Alleinrecht der Ausbeutung
einer in dem Gesuche näher beschriebenen Erfindung zu
ertheilen. Der Gesuchsteller kann dabei selbst der Erfinder
sein oder im Namen eines Anderen auftreten. Es wird als-
dann nach Entrichtung der betreffenden Spesen, die in man-
chen Ländern sehr hoch sind, ein Dokument verabfolgt, das
„Patent,“ worin dem Gesuchsteller das gewünschte Privileg
ertheilt ist, unbeschadet der Rechte Dritter, welche
nachweisbar die fragliche Erfindung früher gemacht und prak-
tisch verwerthet haben. In letzterem Falle auch dann, wenn
durch gedruckte Beschreibung die Erfindung schon vor der Ein-
| j a A a 2 N an TE Baal 2 2 Basel pr DE De
Ueber den Werth der Bezeichnung „Patent“ bei Waaren. 155
gabe bekannt gewesen ist, wird das Patent ohne Werth, d.h.
der Besitzer desselben kann keinen Anspruch mehr auf staat-
lichen Schutz machen, wenn Andere die Sache ebenfalls aus-
zubeuten suchen. Eine patentirte Erfindung in die-
sem Falle ist also eine solche, für welche — kurz und
bündig — gewisse Spesen der Einregistrirung in
die Patentlisten gezahlt worden sind, nicht mehr
und nicht weniger. Es geht aus der Bezeichnung weder
hervor, dass die Sache neu, noch dass sie gut oder nützlich
ist. Der Staat ladet mit der Patentertheilung dem Publi-
kum gegenüber nicht die mindeste Verpflichtung auf seine
Schultern.
Kaum anders gestaltet sich die Sache in den Staaten,
wo ein etwas abweichendes Verfahren beobachtet wird, in
Baden und in Preussen (auch im Grossherzogth. S.- Wei-
mar-Eisenach). Hier wird nämlich die Eingabe einer sorg-
fältigen Prüfung durch Fachmänner unterzogen, um die Neu-
heit (und Zweckmässiekeit) der angeblichen Erfindung zu
constatiren. Eine grosse Zahl von Gesuchen wird dabei that-
sächlich zurückgewiesen, nicht selten unter Klagen und Be-
schwerden seitens der Erfinder, welche sich zurückgesetzt
fühlen. In den Fällen, wo das Gutachten hinsichtlich der
Neuheit günstig ausfällt, wird em Patent ertheilt, wiederum
jedoch unter Beifügung der stehenden Formel: „unbeschadet
der Rechte Dritter u. s. w.,“ indem ja recht wohl denkbar ist,
dass die Sache dem prüfenden Fachmanne im Bereiche seiner
Erfahrung und in der ihm zugängigen Literatur nicht vor-
kam, gleichwohl aber irgendwo schon von einem Anderen
ausgeführt oder in einer fremden Schrift beschrieben war.
Der Staat übernimmt also durch das Patent auch hier keine
irgend welche Garantie, weder hinsichtl. der Neuheit noch der
Nützlichkeit der Sache; er ertheilt das Patent auf Grund des
Ausspruchs von Sachverständigen, dass die Nicht- Neuheit der
Erfindung nicht nachgewiesen werden könne,
Lasse man sich also im Publikum nicht mehr durch den
Köder „Patent“ irre führen; schreibe man demselben keine
höhere Bedeutung zu, als beliebte es dem Spekulanten die
Bezeichnung „vorzüglich,“ „einzig,“ „noch nie dagewesen, “
auf seine Waare zu setzen, wovon Jedermann gleich weiss,
was er davon zu halten hat. Aber auch Seitens der Indu-
striellen möge man nicht immer glauben, dass jede Waare,
die mit Patent bezeichnet ist, wirklich auf einem Patent ruht
und desshalb eventuell nicht nachgeahmt werden dürfe.
Manche Dinge bleiben immer Patent, auch nachdem das Pri-
156 Ueber den Ursprung des Hexenthums.
vileg längst abgelaufen ist; man hat sich daran gewöhnt,
beide Ausdrücke immer zusammen anzuwenden und der Ver-
fertiger findet auch keinen Anlass die Etiquette umzuändern,
da die Sache so zieht. Andere Dinge sind vielleicht nie Pa-
tent gewesen und werden doch so bezeichnet, oder erlangen
vielleicht das Recht der Aufschrift in einem Duodezstaate,
etwa in Monaco, und durchwandern damit nun kühn die
Welt. Wer sieht ihnen die Abstammung und die Berechti-
gung an? In jedem besonderen Falle, wo sich Jemand durch
die Bezeichnung „Patent“ bei einem Gegenstande näher
berührt fühlt, versäume er nicht, in den Patentlisten seines Hei-
mathlandes nachzusehen, ob die Sache auch wirklich daselbst
geschützt ist. Ist dies nicht der Fall, so steht ihm jeder-
zeit frei, die Sache bei sich nachzuahmen. In Baden werden
seit mehren Jahren Patente bloss noch auf die Zeit von
3 Jahren ertheilt; die Zahl derselben beträgt kaum 40 im
Laufe eines Jahres. Der gewünschte Nachweis ist desshalb
leicht und schnell zu erlangen. (Badische Gewerbezeitung
1868. S. 55. Polyt. Notizblatt Nr. 11. 1868.).
Ueber den Ursprung des Hexenthums;
von Ludwig Mejer.
Der Anfang der eigentlichen Hexenprocesse fällt in das
Jahr 1459, in welchem zu Arras mehre Weiber beschuldigt
wurden, mit dem Teufel ein Bündniss gemacht und mit dem-
selben abscheuliche Feste gefeiert zu haben. Die Gerichte
nahmen die Sache in ihre Hände und zwar fiel, da ein Ab-
fall vom christl. Glauben vorzuliegen schien, der Process
unter das Inquisitionsgericht, welches die Angeschul-
digten nach den über die Ketzergerichte bestehenden Vorschrif-
ten behandelte; die Folter erzwang die Geständnisse der Leug-
nenden und der Tod auf dem Scheiterhaufen war die Strafe
der durch freiwilliges Geständniss oder durch Martern Ueber-
führten. Da jeder der Verurtheilten neue Namen von Theil-
nehmerinnen abgepresst wurden und die Zahl der Opfer
dadurch immer mehr anwuchs: als die Richter besonders
reiche Frauen auszusuchen schienen, um sich durch deren
Vermögen zu bereichern; da erhob sich das Volk gegen jene
Greuel und erzwang die Beendigung der Verfolgungen. Ein
Menschenalter lang dachte man nicht an die Erneuerung jener
Processe.
Ueber den Ursprung des Hexenthums. 157
Erst im Jahre 1484 erschien die Bulle des Pabstes In-
nocenz VIII, welche nun die eigentlichen, ungefähr 200
Jahre ununterbrochen fortdauernden Hexenverfolgungen ein-
leitete. Wie in der Einleitung der Bulle angegeben ist,
wurde dieselbe durch vielfältige Klagen der Geistlichkeit,
besonders am Oberrhein veranlasst, welche nach Rom mel-
dete, dass viele Personen im Beichtstuhle ihre Theilnahme an
den Hexensabbathen bekannt hätten und dass sie der grossen
Ausdehnung der Sünde, der grossen Anzahl der Schuldigen
rathlos gegenüber stände!
Auf Anlass dieser Bulle und im Anschluss daran erschien
1487 der berüchtigte Malleus maleficarum, der
Hexenhammer, ein dickleibiges, von deutschen Dominikanern
verfasstes Werk, welches das Hexenthum gewissermaassen in
ein wissenschaftl. System brachte. Ihr Lehrgebäude begrün-
deten sie durch eine Bibelstelle 1. Mos. 6,2. („Da sahen die
Kinder Gottes nach den Töchtern der Menschen, wie sie
schön waren und nahmen zu Weibern, welche sie wollten.“)
Die praktische Bekämpfung des Hexenwesens durch eine
systematische Erklärung war erst dann möglich, als sich die
Menschheit von dem blinden Buchstabenglauben der Bibel
emancipirt hatte, als Becker in seinem berühmten Werke:
„die verzauberte Welt“ es wagte, die Existenz eines
persönlichen Teufels zu leugnen. Ein Nachlassen der Hexen-
verfolgungen ist schon zwanzig Jahre vor Becker’s Auf-
treten merkbar, ungefähr von 1680 an. Aber der grossen
Menge des Volks galt er als Atheist, selbst in Holland,
dem damaligen Heimathlande aller Freisinnigkeit, war die
Wucht des Aberglaubens noch so stark, dass Becker seines
Predigtamtes entsetzt werden musste.
Thomasius hat das Verdienst gehabt, zuerst jenem
dogmatischen Systeme des Hexenhammers etwas allgemein
Annehmbares entgegengestellt zu haben. Er erklärte kurz-
weg, alle verurtheilten Hexen seien Opfer des blinden Wah-
nes der Richter und des Volkes gewesen; die nach dem Co-
dex des Hexerhammers nothwendigen Geständnisse seien
durch die Richter hineininquirirt und durch die schreck-
lichen Folterqualen wiederum den Angeklagten ausgepresst
worden,
Nach Mejer’s Ansicht hat weder der Hexenhammer
das Hexenthum hervorgerufen, noch haben Becker’s und
Thomasius’ Schriften es abgeschafft. Die historische For-
*
158 Ueber den Ursprung des Hexenthums,
schung, unterstützt durch zahlreiche Processacten hat unum-
stösslich bewiesen, dass dem Hexenthum mehr zu Grunde lie-
gen müsse, als der Wahn der Richter und die Macht der
Folter, mdem die Acten vielfach ein Schuldbe wusstsein
der Angeklagten constatiren, welches sich in freiwil-
ligem Geständniss oder gar in Selbstanklage äusserte.
Mit dem Namen Hexe wurden alle die bezeichnet, denen
man Kenntniss der Gift- und Zauberpflanzen und in Folge
davon auch andere dämonische Kräfte zutraute. Welch’ ein
Spielraum für verschiedene Nüancirungen von Circe bis zur
Jungfrau von Orleans und von dieser bis zu den Hexen,
die uns beschäftigen. Der ersten Hexenform traute das
Volk dämonische Kräfte zur Schädigung von Menschen und
Vieh, zur Erregung von verderblichem Unwetter zu, während
die Hexen dersecundären Formation selbst glaub-
ten, das erlebt zu haben, was der Hexenhammer verurtheilte.
Es sind dies folgende 3 Punkte: 1) die Ausfahrt der
Hexen nach dem Blocksberg; 2) ihre gemeinsame
Feier des Sabbaths mit Tanz und Schmausen;
3) ihr eigenthüml. Verkehr mit dem Teufel da-
selbst, aus welchem die Abschwörung des Chri-
stenthums für sie gefolgert wurde.
In den Processacten treffen wir eine Angabe, die dadurch,
dass sie fast ausnahmslos in jedem Falle wiederholt wird,
für uns eine besondere Bedeutung erhält: jede Person, welche
den Hexensabbath besuchen will, muss sich mit der „Hexen-
salbe“ einreiben. Dieser Hexensalbe muss also eine That-
sache zu Grunde gelegen haben und ihre Erwähnung macht
die Annahme, dass dem Hexenthume em narkotisches
Rauschmittel zu Grunde lag, zu mehr als einer reinen
Hypothese, wir dürfen dies gleichfalls als eine 'Thatsache
ansehen. Der Genuss eines Rauschmittels erklärt auf das
einfachste, wie die daraus folgenden Visionen nicht allein
denen, welche ihr freiwilliges Geständniss auf den. Scheiter-
haufen führte, sondern überhaupt der Mehrzahl aller verur-
theilten Hexen das Schuldbewusstsein einflössen konnten,
welches die Existenz und die lange Dauer der Hexenprocesse
als nothwendig fordern müssen. Nach Mejer erscheint das
Hexenthum durch den Genuss eines Rauschmit-
tels hervorgerufen, welches aus dem durch die
Zigeuner mit nach Europa gebrachten Stech-
apfel (Datura Stramonium) bereitet wurde.
(Die Zigeuner betraten unter der Regierung des Kaiser Si-
gismund zuerst Deutschland).
es z..:
Ueber den Ursprung des Hexenthums. 159
Folgender Bericht des berühmten Orientreisenden Käm-
pfer giebt uns wichtige Aufschlüsse über die Wirkung des
Stechapfels; seine persönlichen Erfahrungen, obwohl schon
zu Ende des 17. Jahrhunderts gemacht, haben auch noch für
uns viel Lehrreiches. Kämpfer erzählt, dass er mit 6 ande-
ren Europäern von Kaufleuten aus der ostindischen Handels-
kaste der Banyanen nach einem Garten in der Nähe von
Gambron (Bender-Abbas) zu einer Mahlzeit eingeladen
war. Während die ersteren Wein vorgesetzt erhielten, ge-
nossen ihre Wirthe, denen das Weintrinken durch die Reli-
gion verboten ist, eine aus dem Samen und den Blät-
tern des Stechapfels, unter Beimischung verschiedener
Gewürze bereitete Latwerge.e Kämpfer, neugierig, deren
Wirkung zu erfahren, kostete davon und fuhr, weil der Ge-
schmack nicht unangenehm war, mit dem Genuss, nach dem
Vorbilde der Banyanen fort; auch die anderen Europäer, ausser
einem, dem die Sache nicht neu war, folgten seinem Bei-
spiele. Alle wurde davon unbeschreiblich lustig; ohne
viel zu reden, umarmten sie einander und lachten sich an.
Als sie nach der Mahlzeit fortritten, schien es ihnen,
„als ob die Pferde durch die Wolken flögen; rings
um sich erblickten sie überall Regenbögen und die
schönsten Farben.“ Zu Hause angelangt, hatten sie
ungemeinen Hunger und alle Speisen, welche sie genossen,
schmeckten ihnen herrlich. Am anderen Tage spürten sie
nicht die geringste Beschwerung im Kopfe, sondern befanden
sich vollkommen leicht und wohl, konnten sich auch an alles,
was ihnen im Rausche vorgekommen war, vollkommen wohl
erinnern.
Nach Horst’s „Zauberbibliothek“ nennt eine ge-
ständige Hexe unter denen, die mit ihr am Hexensabbath
Theil genommen hätten, auch eine Nachbarin. Diese, vor
Gericht geladen, sagte aus: Als sie eines Abends zu jener
Frau gekommen, habe sie dieselbe dabei getroffen, wie sie
auf dem Heerde einen Trank kochte. Auf ihre Frage, was
sie da mache, habe jene ihr erklärt, es sei dies der Hexen-
trank und habe sie sich bemüht, sie zu überreden, doch auch
einmal denselben zu probiren und zugleich ihr die Freuden
geschildert, welche ihrer auf dem Hexensabbath warteten.
Dem Drängen der Nachbarin nachgebend, um sie nicht zu
erzürnen, habe sie scheinbar eingewilligt; sie habe das Ge-
fäss an den Mund gesetzt und während der Zeit dort gelas-
sen, dass jene ihren Trank zu sich nahm. Die goständige
Hexe sei in Folge davon wie leblos neben dem Heerde nie-
160 Ueber den Ursprung des Hexenthums.
dergesunken, sie aber habe sich schnell von jener Stätte des
Grauens entfernt. Am folgenden Tage habe jene Frau sie
gleich darauf angeredet, wie es ihr in der Gesellschaft gefäl-
len habe und ihr vieles erzählt, was sie da erlebt haben
sollte.
Der letzte eigentliche Hexenprocess ist in Würzburg
1749 gegen eine alte vornehme Klosterdame, Maria Re-
nata Sängerin, geführt worden. Sie wurde als Hexe
erkannt, als man entdeckt hatte, dass schon lange andauernde
Quälereien der ihr untergebenen Nonnen durch Giftkräu-
ter veranlasst waren, die sie zu dem Zwecke aus dem Klo-
stergarten entnahm. Es kann dies kaum anders gedeutet
werden, als dass sie bemüht war, einige aus ihrer Gesell-
schaft in ihr Lasterleben mit hineinzuziehen. Jene Dame
war also eine venefica, eine Giftmischerin. Sie
gestand in vollster Ausdehnung alles ein, wonach früher bei
den Hexen inquirirt wurde. Sie giebt an, sie sei schon als
Kind von einem französischen Officier im Hexenwesen unter-
richtet worden. Auch König Jacob I. von England hat sich
von einer zu diesem Zwecke begnadigten Hexe in ihren
Künsten unterweisen lassen.
Der grosse Process gegen die Templer in Frankreich
und Italien (1310) hat eine überraschende Aehnlichkeit mit
den Hexenprocessen. Die gegen jene Ritter vorgebrachten
Anklagepunkte scheinen auf den Visionen zu beruhen, welche
Opium oder Haschisch einzelnen schwachen im Oriente
verführten Seelen vorgegaukelt hatte. Damals, kurz nach
den Kreuzzügen, welche den Hass gegen die Muhamedaner
erbitterter gemacht hatten, spielte „der Baffomet“ eine
ähnliche Rolle, wie in den Hexenprocessen der Teufel.
(Westermann’s ilustrirte deutsche Monatshefte, Mai 1867.).
HL
161
©. Literatur und Kritik.
Die gerichtlich-chemische Ermittelung von Gif-
ten in Nahrungsmitteln, Luftgemischen, Spei-
seresten, Körpertheilen etc. von Dr. Georg Dra-
gendorff, ord. Professor der Pharmacie an der Univer-
sität Dorpat. Mit in den Text eingedruckten Holzschnitten.
St. Petersburg, 1868, Verlag der kaiserl. Hofbuchhandl.
H. Sehmitzdorff (Karl Röttger). Leipzig, E. F. Stein-
acker. 27 Bogen, gross Octav. ‚
Der durch seine gediegenen Arbeiten auf dem Gebiete der pharma-
eeutischen und gerichtlichen Chemie rühmlichst bekannte Herr Verfasser
sagt :!n der vom März 1868 datirten Vorrede zu diesem sehr zeitge-
mässen Werke: „in vielen Staaten übertrage das Gesetz die Ausführung
soleber chemischer Untersuchungen, welche zum Nachweis einer stattge-
habten Vergiftung dienen sollen, dem Apotheker; er wünsche nun,
seinen Schülern und Freunden aus dem Apothekerstande, bei dem Verlan-
gen derselben, den Anforderungen nachzukommen, welche der Staat an
sie stellen könne, einen Wegweiser bei solchen Untersuchungen anzubie-
ten. Es sei seine Aufgabe gewesen, die wichtigeren Methoden, welche die
Wissenschaft gegenwärtig zur Abscheidung und Nachweisung eines Giftes
biete, zusammenzustellen, sowie ihre Vorzüge und Mängel, und den Grad
ihrer Zuverlässigkeit anzudeuten. Zwar lägen in den Anleitungen Schnei-
der’s, Otto’s, Duflos’ und m dem „Handbuche der Toxikolo-
gie* von Th. u. A. Husemann vortreflliche, diesem Gegenstande
gewidmete Arbeiten vor; doch möge sein Wunsch, einzelne seiner, erst
neuerdings in Zeitschriften niedergelegten, Erfahrungen zugänglich, die
Resultate seiner eigenen Untersuchungen nutzbar zu machen, das Erschei-
nen dieser Arbeit rechtfertigen.“
„Er sei prineipiell gegen jeden gesetzlichen Zwang hinsichtlich der
Wege, welche zur Ermittelung eines Giftes eingeschlagen werden sollen,
wolle auch kein Schema aufstellen, dem der Expert blindlings folgen
solle; es sei ihm nur darum zusthun, den Leser zum Prüfen der bezüg-
lichen Fragen aufzufordern, ihm die Auswahl der Methode, die Verfol-
gung des gewählten Weges, sowie die Ausnutzung der gewonnenen Resul-
tate zu erleichtern und anzudeuten, wie weit er dieselben verwerthen
dürfe, damit nicht in Folge einer Competenzüberschreitung auch seine
berechtigten Schlussfolgerungen verdächtigt und in den Augen Derer, die
schliesslich das Urtheil fällen sollen, entwerthet werden.“
„Unter den Methoden seien besonders diejenigen berücksichtiget wor-
den, welche den Zweck hätten, einen in kleiner Menge vorhandenen
giftigen Stoff aus grossen Mengen fremder, namentlich organischer Ge-
mische abzuscheiden und seine Natur zu ermitteln. Er sei auf die Frage
näher eingegangen, wie mehre neben einander vorhandene
Gifte zu sondern seien und babe zugleich so weit als möglich die
Frage ins Auge gefasst, wie die Menge eines im Untersuchungsobjeete
Arch. d. Pharm, CLXXXIX Bas. 1. u. 2, Bft. il
162 Literatur und Kritik.
vorhandenen Giftes zu ermitteln sei, dabei aber nur die Wege berück-
sichtigt, die seiner Ansicht nach gerade für diese Untersuchungen pas-
sen; im Betreff des Ausführlichen verweise er auf die analytischen
Werke von H. Rose, Fresenius, Sonnenschein, Will u.A.“
Die Wirkungsweise der einzelnen Gifte glaubte Verf. nicht
unberücksichtigt lassen zu dürfen und giebt Andeutungen über solche
Symptome, die auch nach dem Tode noch eimige Zeit sichtbar bleiben.
Ktwas eingehender hat er Umstände berührt, die über die Verthei-
lung des Giftes im Thierkörper ermittelt worden seien.
Auch die Besprechung solcher Gifte, für deren Erkennung bisher
charaeteristische Reaetionen fehlen, und bei denen das physiologische
Experiment an die Stelle des chemischen treten müsse, habe er nicht
unterlassen wollen, weil dem Chemiker die Aufgabe zerfalle, jene Gifte
soweit zu isoliren, dass sie der Medieiner zu seinen Versuchen
anwenden könne.
Im Betreff der dem Werke beigegebenen Abbildungen erkemt
Verf. dankend an, dass ihm die Verlagsbuchhandlungen von H. Felix
und Vieweg die Benutzung einiger Abbildungen gestatteten, welche den
in ihrem Verlage erschienenen Werken nach Berg, Fresenius und
Otto zur Zierde gereichen. (Es sind solches die Apparate zur Entwicke-
lung von Schwefelwasserstoffgas nach Deville, Graham’s Dialysator,
Otto’s Modification des Marsh’schen Apparates, der Arsenreductions -
Apparat von Berzelius mit den Modificationen nach Duflos und
Hirsch, die entsprechenden Apparate von Fresenius und vonBabo,
sowie der Apparat von Röllig, die Arsenreductionsröhrehen von Ber-
zelius, der Apparat von E.Mitscherlich zur Nachweisung des Phos-
phors, derjenige von Fresenius u. Neubauer zu demselben Zwecke;
die Abbildungen der nierenförmigen Samen der giftigen Solaneen:
Atropa Belladonna, Datura Stramomium und Hyoscyamus niger, so wie der
Früchte von Conium maculatum). Abbildungen einzelner Gifte, wie sie
sich unter dem Mikroskope darstellen, habe er nicht gegeben, weil er der
Ansicht sei, dass der chemische Expert, falls er das mikroskop. Verhalten
eines Giftes zur Diagnose desselben verwerthen wolle, durchaus die unter
Anderen von Guy, Helwig und Ehrhard angestellten und mit Abbil-
dungen erläuterten Arbeiten selbst wiederholen und sich so aus zuver-
lässigem Materiale die Vergleiehsobjeete verschaffen müsse, welche seine
Resultate um vieles sicherer machen würden, als die besten Abbildungen
es vermögen.
Den reichen Inhalt des vorliegenden Werkes übersehen wir in dem
18 Seiten umfassenden, der Vorrede sich anschliessenden Inhaltsver-
zeichniss und aus dem den Schluss bildenden, 12 Seiten einnehmenden
alphabetischen Register, durch welches auch die kleinste Notiz
zur gehörigen Ausnutzung gelangt (wie beispielsweise für Thallium,
Chrysanilin [im Register steht fälschlich Chrysalin], Solferinoroth,
Strass, Zapfenlagermetall erwähnt werden möge).
In der nur 18 Seiten einnehmenden, aber sehr lehrreichen Einlei-
tung werden unter I. Allgemeine Regeln f. gerichtl. chem. Unter-
suchungen auf Gifte gegeben: über den Zweck solcher Untersuchungen,
Objeete derselben, deren Versendung und Aufbewahrung ; über Zeugen bei
Anstellung der Untersuchung, Protokoll und Corpora delieti, Superrevi-
sion; über Objeete bei Unters. von Leichen, Cautelen bei Unters. exhu-
mirter Leichen, Eintheilung der Objecte zu den verschiedenen Proben,
Einsichtsnahme der Acten durch den Experten; Fragen, die der Expert
beantworten kann; Werth der gerichtl. chem. Analyse für d. Richter;
rn ER 7 Ve I
Literatur und Kritik. 163
Methoden zur Untersuchung auf Gifte; Gesichtspunkte bei Auswahl der
Methoden.
Als Ideal für die gerichtl. Chemie wird aufgestellt, Methoden zu fin-
den, die uns gestatten, aus Gemengen verschiedener Stoffe durch ein
und dieselbe Operation möglichst viel Gifte abzutrennen
und dabei die sonstig vorhandenen Stoffe soweit unversehrt zu lassen,
dass das Material noch auf andere Gifte untersucht werden könne.
Im Betreff der Vertheilung des Untersuchungsmaterials möge man
1) einen Theil zur Untersuchung auf Gifte aus der Zahl der schweren
und leichten Metalle (alkal. Laugen ete.), 2) einen Theil z. Unters.
auf Alkaloide, Ammoniak, Ammoniakderivate (Anilin ete.),
Cantharidin, Pikrotoxin, 3) einen Theil zur Unters. auf stark
ätzende und giftige Säuren und endlich 4) einen Theil zur Unters.
auf flüchtige indifferente Gifte (Alkohol, Chloroform, Nitrobenzin,
äther. Oele ete.), Jod, Chlor, Cyanverbindungen und auf Phos-
phor verwenden.
Es muss so lange als irgend möglich vermieden werden, als Reagen-
tien Stoffe anzuwenden, die selbst zu einer Vergiftung dienen konnten.
Inı II. Theil der Einleitung werden die wichtigeren Reagentien für
gerichtl. chem. Analyse und ihre Prüfung auf Reinheit besprochen: das
Wasser, Alkohoi und Aether, Schwefelsäure, Salzsäure, Salpetersäure,
Essigsäure, Schwefelwasserstoff, Schwefelammonium, Kali- und Natronhy-
drat, Ammoniak, Magnesia, salpeters. u. schwefels. Silberoxyd, Eisenchlo-
rid, Kaliumeiseneyanür, salpeters. NaO,-KO und -H4NO, Weinsäure,
Amylalkohol, Benzin, Zink, metall. Kupfer. Die Behandlung dieses Capi-
tels ist eine durchaus gründliche,
Im speeiellen Theile werden unter A, die Vorproben (von
S. 19— 24) und unter B, das Verfahren zur Abscheidung und
Erkennung der einzelnen Gifte (von S. 25 bis zum Schluss auf
S. 414) besprochen.
Bei den Vorproben hat man besondere Aufmerksamkeit zu verwenden
auf krystallinische Substanzen, metallglänzende Kügelchen und
Splitterchen, auf organisirte pflanzliche oder thierische Stoffe, auf die
Farbe des Untersuchungsobjeetes, Reaction, Geruch. Der Dia-
lyse wird in den meisten Fällen nur als Hülfsmittel bei Vorver-
suchen eine Bedeutung zuerkannt.
Bei der Besprechung der einzelnen Gifte machen den Anfang: die
Gifte aus der Klasse der schweren Metalle, vorzugsweise Ver-
bindungen der Elemente Arsen, Antimon, Zinn, Quecksilber, Kupfer, Blei,
Silber, Wismuth, Kadmium, Zink und Chrom, seltener die von Gold,
Nickel und Kobalt, Eisen, Mangan und Aluminium.
Der Betrachtung der einzelnen Metalle geht ein Capitel über die
Zerstörung der organischen Beimengungen voraus, in welchem
erörtert werden I. die Methode von Fresenius und von Babo, II. die
von Schneider, III. die von Wöhler, IV. die Otto’sche, V. Modi-
fieationen derselben von Drunty, Brandes, Duflos und Hirsch,
VI. die von Graham, VII. die Methode von Schneider und Fyfe,
VIII. die von Danger u. Flandin, IX. Modifieationen derselben von
Filhol, Orfila, Pfaff, X. Methode durch Verkohlung (Schneider’s
gerichtl, Chemie), XI. Methode von Wöhler und von Siebold.
Verfasser giebt den Methoden I und XI den Vorzug und zwar der
Methode I im Allgemeinen und der Meth, XI bei Untersuchung von stark
zersetzten Lieichen.
Folgt die Abscheidung des giftigen Metalles aus der Lösung durch
Schwefelwasserstoffgas. Hervorhebung der Farben der entstehen-
den Niederschläge und ihres Verhaltens gegen Lösungsmittel.
11*
164 Literatur und Kritik.
Bei der Besprechung der einzelnen giltigen ‚Metalle beginnt Verf.
mit dem Arsen und widmet demselben über 33 Seiten (8. 39— 73). Zu-
erst werden die Verbindungen desseiben vorgeführt, dann wird die Frage
erörtert, in welcher Form die verschiedenen Arsenpräparate zur Resorption
gelangen, die Symptome bei Arsenvergiftung, Mumification soleher Lei-
ehen, Erbrechen bei Arsenvergiftung; welche Körpertheile sind auf Arsen
zu untersuchen? Welche Irrthümer sind möglich ? (zufällige Anwesenheit
von Arsen im Körper. Arsengehalt des Eisenockers von Mineralwässern).
Schwinden des Arsens aus den Leichen damit Vergifteter. War aufge-
fundenes Arsen Todesursache? Vergiftung durch den Aufenthalt in Räu-
men mit Arsenfarben. Verarbeitung organ. Gemenge auf Arsen, Fällung
durch HS, vorherige Reduction der Arsensäure, Verarbeitung des Schwe-
telniederschlags. Methoden, um Arsen zu constatiren: (Methode
von Marsh; von Berzelius mit den Modifieationen von Duflos und
Hirsch; von Fresenius und von Babo; von Zwenger; von
Reinsch;; von Osann, Gaultier de Claubry, Bloxamu. A.).
Abscheidung durch Dialyse nach Graham, Buchner und Dragendorff.
Reactionen, um die Identität des erhaltenen metallischen Anflugs mit Ar-
sen darzuthun. Characteristik des Arsens und seiner wichtigsten Verbin-
dungen. Quantitative Bestimmung desselben.
Dem Arsen felgst das Antimon; dieser Abschnitt ergänzt gewisser-
maassen den vorhergehenden. Nach Dragendorff’s Erfahrungen zersetzt
festes Aetzkali Antimonwasserstoffgas vollständig, während Arsenwas-
serstoffgas unzersetzt bleibt; für Antimonwasserstoff ist also Otto’s Em-
pfehlung des Einbringens von Aetzkali neben Chlorealeium in die Trocken-
röhre des Marsh’schen Apparates nicht anwendbar. Folgen Zinn, Gold,
Quecksilber. Die Eigenschaften des letzteren Metalls und seiner Verbin-
dungen sind sehr genau eingehend abgehandelt; so auch die Frage: sind
quecksilberhaltige Zahnplombirungen gesundheitsgefährlich. Die Millon’-
schen Untersuchungen über die Verschiedenheiten des gelben und rothen
Quecksilberoxyds sind berücksichtigt. Es wird tadelnd des Zusatzes
des HgCl zur Tinte gedacht, des Träukens der Eisenbahnschwel-
len mit dem Quecksilbersublimat; das später als Brennmaterial benutzte
Holz hat bereits einige Male Schaden gebracht. Die Nachweisung des
Silbers, Bleis, Kupfers, Wismuths, Kadmium, Zinks,
Nickelsund Kobalts, Eisens, Mangans, Chroms, Urans und
Aluminium werden von 8.105 — 170 in erschöpfender Weise bespro-
chen. Bei dem Silber wird der silberhaltigen Haarfärbemittel gedacht,
beim Blei der gesundheitsgefährlichen Anwendung desselben zu Wasser-
leitungsröhren, des sogenannten normalen Bleigehalts, beim Kupfer
des sogen. normalen Kupfers im T'hierkörper, beim Zink der zinkoxyd-
haltisen Kautschuksauger, beim Nickel und Kobalt der wichtigsten
Trennungsmethoden für beide ähnlichen Metalle. Beim Eisen sind die
unterscheidenden Reactionen des Eisenoxyduls und Oxyds erschöpfend
angegeben. Beim Ferrum hydrogenio reductum wird bemerkt, dass es
ein sammetschwarzes Pulver sei; diese auch in Pharm, Germaniae
aufgenommene Angabe ist jedoch ungenau, da reines Ferr. hydrog. reductum
grau sein muss und eine schwarze Farbe darauf deutet, dass es noch
Oxydoxydul enthält.
Bei Mangan wird darauf hingewiesen, dass grössere Mengen der
Uebermangansäure und ihrer Salze, in den Magen gebracht, voraus-
sichtlich üble Folgen verursachen würden. Beim Chrom wird des vor
Kurzen inCharkow vorgekommenen Vergiftungsfalles mit saurem chroms.
Kali erwähnt, so wie, dass in Husemanns Toxikologie noch von 8 ande-
Literatur und Kritik, 165
ren Fällen die Rede sei. Das salpeters. Uranoxyd müsse nach
Leconte als irritirendes Gift bezeichnet werden.
Wie mit Kupfervitriol, so wird auch mitunter von gewissenlo-
sen Bäckern das aus schlechten Mehlsorten fabrieirte Brod mit einem
Zusatz von Alaun bereitet, um ihm ein besseres Ansehen zu geben.
Den schwermetallischen Giften folgen II. die Gifte aus der Klasse
der alkalischen Erden und Alkalien, mit den Capiteln: Baryum,
giftige Verbind. d. Alkalien und des Calcium. Hier wird darauf aufmerk-
sam gemacht, dass schon verhältnissmässig kleine Mengen aller Kalisalze,
dort, wo sie direet ins Blut injieirt werden, die allerbedenkliehsten Zu-
stände, ja den Tod in kürzester Zeit her beiführ en können, während das
Natronsalz derselben Säure oit in recht beträchtlicher Menge auf letzte-
rem Wege zugeführt werden dürfe (ohne Nächtheil für das Versuchsthier).
Sodann ist auch die Beantwortung der Frage versucht worden, ob auf
einen Erschossenen der Schuss in nächster Nähe abgefeuert worden sei?
(Aufsuchung von Schwefelkalium in den Kleidungsstücken aus der Nähe
der Wunde).
Il. Ammoniak, Ammoniakderivate und Nitrokörper
Hämatoxylinpapie r als Reagens auf freies Ammoniak. Flüch ne e
amidische Substanzen (Trimethylamin ete.): ihre salzs. Ver-
bindungen sind löslich in absolutem Alkohol, währe end Salmiak darin
sehr schwerlöslich ist.
Anilin, Nitrobenzin, Anilinfarben. Die letzteren enthalten
häufig Arsen, oder Quecksilber, oder Zinn. Anhang: Nitroglycerin
(Glonoin, Nobels Sprengöl).
IV. Anästhetiea, Alkohole, ätherische Oele, Harzeete,
Chloroform, Elaylchlorür, Aran’scher Aether. Zur quantitati-
ven Bestimmung des Chloroforms im Blute wird Schmiedebergs Ap-
parat empfohlen.
Alkohol, Aether, Essigäther, Schwefelkohlenstoff. Zur
Nachweisung des Alkohols wird das von Buchheim und Strauch
empioblene Verfahren mitgetheilt. Als Reagens auf Schwefelkohlenstof
alkohol. Bleizuckerlösung (Schwarzfärbung) und ätherische Lösung von
Triäthylphosphin , worin C2St einen kryst. rothen Niederschlag bewirkt.
Nachweisung von Fuselöl im Weingeist durch conc. Schwefelsäure; Ent-
Geekung von Holzgeist im Weingeist.
Prüfung alkoholischer Flüssickeiten auf Alo&, Myrrha, Jalapen-
harz, Lärchenschwamm, Coloquinten, Scammmonium, Ela-
terin, Gummigutt, spanischen Pfeffer, Crocin. Hier wird
Hagers Arbeit über diesen Gegenstani (Pharm. Centralhalle 1865,
pag. 58) citirt und schliesslich hervorgehoben, dass im Ganzen auf diesen
Gebiete der gerichtl. Chemie noch äusserst wenig gearbeitet wor-
den sei.
Unter den äth. Oelen wird das Sadebaumöl, Bittermandelöl
und Senföl hervorgehoben, letzteres aber erst später bei den Üyanver-
bindungen genauer betrachtet.
V. Alkaloide (Seite IE — 517) mit Anhang 1. Digitalin und
Anhang II. Mutterkorn. Neben dem Capitel über das Arsen ist die-
ses über 100 Seiten ee Capitel über Alkaloide das interessanteste
im ganzen Werke, da es die Resultate vieler eigener Untersuchungen des
H. Verf. über die Wirkung von Lösungsmitteln (ausser den gewöhnh-
chen, wie Wasser, Weingeistu. Aether, auch der zum „Ausschüt-
teln“ saurer und alkalischer wässriger Lösungen verdächtiger Gemische
brauchbaren flüchtigen Flüssigkeiten: Chloroform, Benzin, Amyl-
alkohol, Petroleumäther) enthält, deren consequente, aufeinander-
166 Literatur und Kritik.
folgende Benutzung eine Trennung von Alkaloiden, Bitterstoffen,
mancher Säuren ete. ermöglicht. Im allgemeinen Theile wird der
Abscheidungsmethode für Alkaloide von Stas (mittelst Aether) wie billig
die erste Stelle eingeräumt; darauf II. die Methode von Erdmann und
von Uslar (mittelst Amylalkohol), endlich III. eine vom Verf. anfangs
nur für die Nachweisung des Strychnins und Brueins, später als auch für
manche andere Alkaloide brauchbar empfohlene Abscheidungsmethode
(mittelst Benzin und Petroleumäther) beschrieben. Anhangsweise
geschieht der Methoden von Rodgers und Girwood, Prollius, Ra-
bourdin, Husemann und Thomas Erwähnung (welehe Chloro-
form zum „ Ausschütteln“ der Alkaloide aus alkal. Lösung empfehlen).
Die nun folgende Zusammenstellung der Reactionen der wichtigeren
Reagentien auf Alkaloide ist mit ungemeiner Sorgfalt und mit
gewissenhaftester Gründliehkeit ausgearbeitet. Es sind beschrieben die
Reactionen von 1) Phosphormolybdänsäure. 2) Metawolfram-
säure. 3) Phosphorantimonsäure 4) Kaliumquecksilber-
jodid. 5) Kaliumwismuthjodid. 6) Kaliumkadmiumjodid.
7) Kaliumplatineyanür. 8) Kaliumsilbereyanid, (Anhangs-
weise: Kaliumjodid-Quecksilberjodür, Kaliumkupfereyanür,
Kaliumeiseneyanür, Kaliumeisencyanid, Rhodankalium,
Nitroprussidnatrium). 9) Platinchlorid (mit Angabe des Pro-
centgehaltes der Niederschläge an Platin). 10) Goldehlorid (ebenfalls
der Proc.-Gehalt an edlem Metall angegeben; anhangsweise Iridium-
ehloridehlornatrium, Palladiumchlorid und - Chlorür). 11) Queck-
silberchlorid. 12) Saures chromsaures Kali. 13) Pikrinsal-
petersäure. 14) Gerbsäure. 15) Jodirtes Jodkalium und Jod-
tinetur. 16) Concentrirte Schwefelsäure allein, cone. Salpe-
tersäure allein, und concentrirte Schwefelsäure mit Spuren
und mehr Salpetersäure; endlich Fröhde’s Reagens (conc. HO,SO3
mit kleinen Mengen von Na0,Mo0°). |. 287 enthält den von Prof. Dra-
gendorff zur Erkennung der Alkaloide construirten Gang,
welcher hauptsächlich in der successiven Behandlung (Ausschüttelung) der
sauren, dann der alkalisirten Auszüge mit Petroleumäther, Benzin,
Amylalkohol und Chloroform besteht; auch dem Alkohol und
Aether wird bei der weiteren Untersuchung der so isolirten Gemeng-
theile eine Rolle zugetheilt.
Die einzelnen Alkaloide werden nach didaetischen Gründen in nach-
stehender Folge abgehandelt: Die Strychnosalkaloide: Strychnin
und Brucin. (8. 248—263.). Von der Hauptreaction des ersteren gegen
eonc. Schwefelsäure und saures chromsaures Kali wird gesagt: „sehr
schlimm ist es, dass gewisse Derivate des Strychnins z. B. Methyl- und
Aethylstryehnin, die in der Wirkung mit der Muttersubstanz nicht
übereinstimmen, diese Hauptreaction derselben theilen. Der physiolo-
gische Versuch am Frosch dürfe also nie unterbleiben.“ Beim Pseudo-
morphin und Morphin haben wir übrigens ähnliche Uebereinstimmung der
chemischen Reactionen und fehlende Uebereinstimmung der giftigen Wir-
kung; wir vermissen Angabe dieses Umstandes bei den Opiumalkaloiden.
An die Strychnosalkaloide reiht sich das Curarin, diesem folgen
die Chinaalkaloide, Chinin, Chinidin u. Cinchonin (Flücki-
ger’s Beobachtungen im Betreff der Fluorescens der Chininsalzlösungen),
diesen Caffein (Thein) und Theobromin, Piperin (und Cubebin,
obgleich kein Alkaloid), Berberin, Emetin, Atropin (Daturin)
und Hyoseyamin, Aconitin, Veratrin, Physostigmin, die
Opiumalkaloide (namentlich Morphin, Narkotin, Kodein, Pa-
paverin, Thebain, Narcein), Delphinin, Nicotin und Coniin,
Literatur und Kritik. 167
Colehiein (welches übrigens nicht mehr zu den Alkaloiden gerechnet
werden darf), Solanin. Anhangsweise wird des Salicins und Popu-
lins gedacht. Bei Aconitin vermissen wir die Erwähnung der cha-
racteristischen Schärfe im Geschmack der Aconitumtheile. Im Betreff des
Digitalins folgt der Verfasser den Angaben Homolle’s unter Be-
rücksichtigung des neueren Mittheilungen von Nativelle. Als beste
Reaction auf (käufliches) Digitalin nennt er diejenige der Schwefelsäure
im Verein mit Bromwasser, wie sie Otto zuletzt beschrieb.
Sehr wichtig ist es beim Digitalin, die physiologische Reaction
anzustellen, da es bei subeutaner Anwendung kleinster Mengen desselben
an Fröschen leicht gelinge, die exquisite Verlangsamung der Herzbewe-
gung darzuthun.
Beim Mutterkorn wird die Constatirung des „ Trimethylaminge-
ruchs“ (Häringslakengeruchs) und des in schwefelsäurehaltigem Alkohol
mit rother Farbe löslichen farbigen Bestandtheils des Mutterkorns (nach
Jacoby) empfohlen.
VI. Säuren. Stärkere Mineralsäuren: Schwefelsäure,
Salpetersäure, (salpetrige Säure), Salzsäure; Phosphor-
säure. Die organischen Säuren: Essigsäure, Weinsäure und Ci-
tronensäure, Oxalsäure, Mekonsäure, Trinitrophenyl-
säure (anhangsweise Styphninsäure, Ghrysophansäure, Chry-
samminsäure), Phenylsäure (sammt Buchentheer- Kreosot), Canthari-
din, dessen saure Natur der Verf. zuerst erkannte, Pikrotoxin (zwar
nicht sauer, aber wegen seiner Fähigkeit, mit anderen Säuren aus saurem
Wasser in Aether überzugehen, hier aufgeführt), Santonin, giftige
Cyanverbindungen, namentlich Blausäure,;, Flusssäure und
Fluorsilieium; Stickoxyd, Kohlensäure und Kohlenoxyd,
Schwefeiwasserstoff und schweflige Säure Die Oxalsäure
kann durch Aether und Amylalkohol aus ihren sauren wässrigen Lösun-
gen ausgeschüttelt werden. Lösungen der Pikrinsäure in Benzin, Chlo-
roforn: und Petroleumäther sind fast farblos und hinterlassen erst beim
Verdunsten gelbe Pikrinsäure.
Das Cantharidin bietet ein interessantes Beispiel einer Substanz
dar, die für einzelne Thiere ein starkes Gift (so für Kaninchen, Hunde,
Katzen, Enten), für andere, trotzdem es bei ihnen resorbirt und später
secernirt wird, ganz ohne Wirkung zu sein scheint (so für Hühner, Igel,
Frösche). Im Muskelfleische von Hühnern, die mit spanischen Fliegen
gefüttert waren, liess sich Cantharidin deutlich nachweisen. Eine mit
solchem Fleische gefütterte Katze sah der Verfasser unter allen Sympto-
men einer Cantharidinvergiftung sterben.
In den Angaben der älteren Autoren über Aqua Tofana findet man
(nach Dr.) fast überall, dass eine Art dieses, seiner Zeit so gefürchteten
Giftes ein Destillat von Wasser oder Weingeist über Canthariden reprä-
sentire.
Nach Maisch ist die blasenziehende flüchtige Schärfe der Blätter von
Rhus Toxicodendron eine der Ameisensäure Ähnliche, aber Queck-
silberoxydulsalze nicht reducirende Säure,
Die wirksamen Bestandtheile des Euphorbium, des Seidel-
basts, ätherischen Senföls, Anemonols widerstehen der zersetzenden
Einwirkung von starker heisser Kalilauge nicht, wohl aber das Can-
tharidin. Auch der blasenziehende Stoff der sog. Elephantenläuse
(Anacardienfrüchte), das Cardol, wird durch andauernde Wirkung heisser
conc, Kalilauge zerstört.
BR NETT ER IT PRTEU TEN in
168 Literatur und Kritik.
Für die Nachweisung des Pikrotoxins empfiehlt Dr. die Schmidt’-
sche Methode, mit einigen Abänderungen. Die Thierkohle vermei-
det er dabei vollständig.
Als eine sehr ergiebige Quelle von Blausäure bietet sich die Wur-
zel der in Brasilien wachsenden, Stärkemehl liefernden Jatropha Mani-
hot dar.
Unter den Proben zur Erkennung der Blausäure vermissen wir ungern
diejenige von Henry und Humbert. (Bildung von Jodeyan aus Cyan-
silber und Jod).
Zur Bestimmung der Kohlensäure in der Luft bewohnter Räume
empfiehlt d. Verf. besonders Pettenkofers Verfahren der Titrirung
mittelst Barytwasser und Oxalsäure.
Bei Kohlenoxydgas sind die Untersuchungen des kohlenoxydhal-
tigen Bluts vermittelst des Spectralapparats durch Hoppe-Seyler und
die Angaben von Eulenburg über Wirkung des Kohlenoxydgases auf
Palladiumchlorür (welehe Kühne bestreitet) mitgetheilt, mit der Bemer-
kung, dass einzelne Kohlenwasserstoffe, wie sie im Leuchtgase
vorkommen, ebenfalls Palladiumlösung redueiren.
Zur quantitativen Bestimmung des in Luftgemengen vorhandenen
Schwefelwasserstoffgases wird Mohr’s Methode empfohlen.
(Titrirung mittelst arseniger Säure und Jod).
VII. Gifteaus der Gruppehalogener Metalloide. Chlor,
Brom, (reines Brom färbt Amylum nicht; enthält das Brom Spuren von
Jod beigemengt, was meistens der Fall ist, so färbt es das Amylum gelb-
braun), Jod. Die in der Medicin oder Technik benutzten Jodverbin-
dungen lassen sich in 3 Gruppen bringen: 1) solche, in denen das Jod
schwach gebunden ist und leicht frei wird, deren Wirkung sonach der
des freien Jods gleichkommt, z.B. Bromjod, Chlorjod, Jodsehwe-
fel, Amylum jodatum, 2) solche, in denen ein giftiges Metall mit Jod
verbunden ist, bei denen dann eine combinirte Wirkung statt findet z. B.
bei Hg2J,HgJ,ZnJ und CdJ, 3) selche, die selbst in ziemlich grossen Do-
sen ohne Nachtheil vertragen werden. (Jodkalium, Jodnatrium, Jodammo-
nium). Im Harne sucht man nach Jod (und Brom), nachdem man ihn
alkalisch gemacht, eingedampft und durch Erhitzen die org. Stoffe zer-
stört hat. Niemals sollte man, bei Untersuchung von Harn auf Brom
und Jod diese Halogene durch Chlor im unveränderten Harn abscheiden
wollen, um sie durch Chloroform oder (284 auszuschütteln, Gewisse
Harnbestandtheile, z. B. die Harnsäure stören die Reaction und die Fär-
bungen des Chloroforms oder C2S* bleiben aus.
Verf. lässt. zur Abscheidung von Jod aus Jodkalium ete. entweder
Chlorwasser oder Salpetersäure anwenden; empfindlicher ist
salpetrige Säure (KO,NO3 + NO>).
VII. Phosphor. In erster Reihe ist die Destillationsprobe im
Apparate von Mitscherlich aufgeführt; dann Scheerer’s Methode
und Dusart’s und Blondlot’s Nachweisung, mit den Verbesserungen
von Fresenius und Neubauer; die Methode von Lipowitz wira
kurz erwähnt. Die Behauptung von Hoffmann (in Jamaica), dass das
wässrige Destillat eines phosphorhaltigen Gemisches mit Schwefelam-
monium im Wasserbade verdunstet mit Eisenchlorid eine vorüber-
gehende schön violette Färbung gebe, ist dahin zu berichtigen, dass diese
Färbung nicht von einem Phosphorgehbalte herrühre, sondern von der
Reaction des Fe?C13 auf etwas gebildetes unterschwefligsaures Am-
moniak, wie Werther nachwies. -
Einen nicht geringen Theil des vorliegenden Werkes nimmt die Be-
sprechung der physikalischen und chemischen Eigenschaften der einzelnen
Literatur und Kritik, 169
Gifte und ihrer wichtigsten Verbindungen ein, so beim Arsen
diejenige des metallischen Arsens oder Fliegensteins, der arsenigen Säure,
Arsensäure, des Arsenbisuläds und Arsentrisulfids; beim Antimon des Me-
talles, des Antimonoxyds, des Brechweinsteins, Cinis Antimonii, Stibium
oxyd. griseum, Antimonium diaphoretieum , Antimonium erudum, Sulfur
aurat. antimonii, Calearia sulfurato - stibiata, Antimonchlorid, beim Eisen
über das Metall, Ferr. carbonieum, Eisenvitriol, Eisenchlorür, Eisen-
oxyd, Eisenchlorid; beim Cyan über Blausäure, Cyankalium, Cyanzink,
Cyanquecksilber, Cyansilber, Goldeyanür-Cyankalium, Goldeyanid- Cyan-
kalium, Kaliumeiseneyanür, Berlinerblau, Ferrocyanzink, Kaliumeiseneya-
nid, Nitroprussidnatrium, Rhodankalium, Rhodanammonium, Quecksil-
berrhodanür. So werden weit über 40 Seiten des Buches verbraucht mit
Beschreibungen, die sich in jedem guten chemischen Lehrbuche finden.
Jedenfalls ist es dem Leser auf diese Weise sehr bequem gemacht; er
braucht nicht lange zu suchen, um über die betreffenden Verbindungen
im Klaren zu sein. Da die eitirten Beschreibungen genau sind, so kann
dem Hr. Verf. für ihre Aufnahme kein Tadel erwachsen; obendrein sind
dieselben der Raumersparniss halber mit kleiner Schrift gedruckt.
Sehr zu loben ist die Hervorhebung des Hauptsächlichen durch
gesperrten Druck. Ueberhaupt ist der Druck ein sehr reiner,
gefälliger, correeter. Obgleich der H. Verf. zu Ende des Werkes
mit grosser Gewissenhaftigkeit eine Reihe von Druckfehlern berichtigt, so
betrefien dieselben doch häufig nur ein Komma oder einen zu ändernden
Buchstaben und dergl. Diese Correetheit des Drucks und die Lesbarkeit
des Textes ist in unserer vieldruckenden Zeit ein wahres Labsal für den
Kritiker. Auch muss mit Befriedigung hervorgehoben werden, dass Herr
Dragendortf bei der ungemeinen Fülle seiner Citate und Sichtung des
massenhaften Materiales doch niemals sich kränkende persönliche An-
spielungen erlaubte, wie solche leider von gewisser Seite her Mode gewor-
den zu sein scheinen.
Referent ist überzeugt, dass Dragendorfi’s Buch über die gerichtlich -
chemische Ermittelimg von Giften sich bald in den Händen jedes Apothe-
kers befinden werde, dem die wichtige Aufgabe anvertraut worden, solche
Untersuchungen ausführen zu müssen. Es verdient dieses Buch, neben
den Werken eines Wöhler, Fresenius, Will, Husemann und
Otto in Fällen der gerichtlich - chemischen Analyse als Rathgeber zu
dienen und sei dasselbe hiemit unseren Lesern aufs Beste empfohlen.
HD:
Oarl Zelger, geognostische Wanderungen; die Trias Fran-
kens. Würzburg, J. Staudinger 1867.
Zelger hat das Verdienst, die triassischen Gesteine in einer
Gegend, welche bisher wenig bekannt und fast nicht durchforsebt war,
geognostisch bearbeitet und in gründlicher Weise dargestellt zu haben.
Seine Beobachtungen, die durch das beigebrachte Detail den Fachmann
besonders interessiren, werden von Werth sein bei der Vergleichung der
behandelten Formation mit deren Vorkommen anderwärts, beziehungs-
weise in Norddeutschland, wo die Ausbildung dieser Gesteine zum Theil
eine wesentlich andere ist.
Wünschenswerth wäre die Beigabe einer geognostisch colorirten
Karte gewesen, welehe die Verbreitungsverhältnisse veranschaulicht hätte,
170 Literatur und Kritik, N
In Bezug auf Einzelnheiten will ich nur bemerken, dass die Behauptung
einer oolithischen Natur der Schaumkalke p. 25. bisher noch
nicht zweifellos hat hingestellt werden können. Rüdersdorf, obgleich das-
selbe schöne Varietäten dieses Kalkes hat, lässt keine sichere Entschei-
dung zu. Auch ist auffällig, dass im untersten Keuper nicht der Myo-
phoria pes anseris gedacht ist, welche in Thüringen und bei La-
dorf (Bernburg) noch weit über den obersten Muschelkalk hinaufgeht.
Zelger’s Schrift muss als ein sehr gern gesehener Beitrag zur
Kenntniss der triassischen Gebilde und der geognostischen Literatur über-
haupt angesehen werden,
Rüdersdorf, den 17. April 1869. 0. v. Albert.
Entgegnung das Eisensaccharat betreffend.
Der in Nr. 48 der pharmaceutisehen Ceutralhalle von 1868
enthaltene Artikel „über Eisensaecharat“ hat angeblich „mehr-
fache Berichtigungen “ eines von mir in der chemisch - pharmaceutischen
Seetion der vorjährigen Naturforscherversammlung eben darüber gehalte-
nen Vortrages zum Gegenstande. Ehe indess der anonym gebliebene Hr. Verf.
das Eingangs eitirte Schriftstück der Oeffentlichkeit übergab, hätte derselbe
den Lesern seines Blattes soviel Rücksicht erweisen sollen, den von Dr. Hor-
nemann und mir veröffentlichten Aufsatz: „über die in Zucker-
syrup und Glycerinlösliche Modifiecation des Eisenoxydhy-
drates,‘“ auf welchen ich (laut Protocoll vom 22. September) am Schlusse
meines Vortrages verwies, zu lesen und dann erst zur Kritik meiner Angaben
zu schreiten. Letztere ist daher auch demgemäss ausgefallen, enthält zur
Sache absolut Nichts, und würde von mir, zumal der Hr. Redacteur der
ph. Centralhalle in Berlin ansässig ist, sich also auch die Berliner
Kl. W. S. leicht hätte verschaffen können, mit geduldigem Stillschweigen
hingenommen worden sein, wenn mir nicht die Schlussworte der qu. Re-
cension: „die Auflösung des Eisenoxydtrishydrates in Gly-
eerin ist mir früher und heute nicht gelungen, und wäre es
erwünscht, wenn die Herren DD. Köhler und Hornemann
Näheres über die von ihnen beobachtete Lösung mittheil-
ten. Auch aus vielen chemischen Gründen ist mir die
Lösung des Eisenoxydesin Glycerin unwahrscheinlich“ —
die Pflieht einer Beantwortung der betreffenden Kritik auferlegten. In der
Kürze kann ich den Herrn Verf. nur darauf aufmerksam machen, dass er
— von der Originalabhandlung abgesehen — jedenfalls auch das bezüg-
liche Protocoll nur sehr flüchtig gelesen und dabei übersehen hat, dass
wir nach einer mit Hagers „Maceration “ durchaus nichts gemeinhabenden
Methode ein mit 6 Aequiv. Wasser verbundenes Eisenoxyd — also eben
nicht Trisoxydhydrat — dargestellt und beschrieben haben. Da unser
(und Siebert’s) Präparat hiernach von dem Hagerschen
verschieden ist, so konnte dem mit durch Maceration ge-
wonnenem Eisenoxydhydrate experimentirenden Herrn Re-
censenten, auch die (dem Fe?03 + 6HO eigenthümliche) Auflö-
sung eines Eisenoxydtrishydrates in Glycerin nicht gelin-
gen. Wohl oder übel wird daher der Hr. Verf. zur Controle unserer
Angaben das Eisenoxydhydrat mit 6HO nach unserer Vorschrift dar-
stellen, abfiltriren, aussüssen, sofort kräftig auspressen und in Glycerin.
purum suspendiren müssen. Die hierbei erfolgende Auflösung des Eisen-
RER
Eee und Rerik) Ye 171
oxydhydrates in Glycerin ist vollkommen klar und durchsichtig, und
bemerke ich, dass allen sich für diese Frage interessirenden und an mich
wendenden Herren Collegen Proben besagter Glycerinsolution jederzeit
gern zur Disposition stehen, Neuerdings hat übrigens Dr. Horne-
mann gefunden, dass sich das Fe?03 + 6HO auch in Leberthran auflöst,
ein Verhalten, welches dem qu. Präparate eine noch bei Weitem vielsei-
tigere therapeutische Anwendung, als ich anfänglich ahnte, in Aussicht
"stellen dürfte. Sollten auch; hiergegen vielleicht ehemische Gründe des
Hrn. Recensenten sprechen, so können sie, nachdem obige Thatsachen
sicher constatirt sind, natürlich ebenso wenig, als die seinerseits anfäng-
lich erhobenen und geheim gebliebenen in Betracht kommen.
Einmal von dem Autor des beregten Schriftstückes angegriffen, dürfte
es jedoch, wiewohl mit Obigem der einzige gegen mich erhobene sach-
liche Einwand beseitigt ist, auch mir gestattet sein, die in demselben
enthaltenen Unrichtigkeiten aufzudecken, und schliesslich zwei kleine, auf
die in dem qu. Vortrage mitgetheilten Thatsachen übrigens in keiner
Weise bezügliche” Lapsus, welehe sich in das Protocoll eingesehlichen
haben, reumüthig einzugestehen, Wie leicht indess dgl. Schnitzer bei den
unter mancherlei Störungen niedergeschriebenen Protocollen passiren kön-
nen, wird jedem Besucher der Naturforscherversammlungen einleuchten,
und, dass ich selbst an der Möglichkeit ihres Vorkommens nicht zweitelte,
aus meinem Hinweise auf die Originalabhandlung und der Vertheilung der
Letzteren an die geehrten anwesenden Fachgenossen wohl genügend her-
vorgehen.
Zuvörderst ist mir foleender Passus am Ende der Kritik: „obgleich
mir nicht entgangen war, dass ein schlecht ausgewaschenes, noch nasses
Eisenoxyd (Eisenoxydtrishydrat des Verf.!), welches kleine Mengen Ühlor-
ammons und freien Ammoniaks enthält, einen schönen klaren Syrup
liefert, so habe ich nieht diesen Umstand veröffentlicht, weil ein in dieser
Art dargestelltes Präparat unseren gewohnten pharmaceutischen Ansichten
nieht entsprochen hätte und dennoch Nachahmer gefunden haben würde“
— unklar geblieben. Will Verf. hiermit andeuten, dass wir dgl. nasses
und unsauberes Eisenoxydhydrat gelöst und ein dementsprechendes Präpa-
rat geliefert haben? Für diesen Fall muss ich ihn nochmals auf die
Originalmittheilung,, in welcher die das F'reisein des Eisenoxydsaccharates
von Neutralsalzen beweisenden Reactionen ausführlicher, als im Protocoll
angegeben sind, aufmerksam machen, gleichzeitig jedoch bemerken, dass
die kurz zuvor aufgestellte Behauptung, diese Reactionen, z.B. gegen
Rhodan, Ferrocyankalium und tanninsaure Salze seien mit denjenigen des
Polyoxychlorides identisch, lediglich unwahr ist. Ausserdem geht auch
aus dieser Behauptung wieder hervor, dass der Hr. Recensent die Con-
trole unserer Angaben über Fe?03 + 6HO an (— wahrscheinlich durch
Maceration bereitetem) Trisoxydhydrate, welches er mit der von uns
beschriebenen Modification des Eisenoxydhydrates beharrlich identifieirt,
geübt, den wesentlichen Unterschied in der chemischen Zusammensetzung
beider Präparate also, wiewohl er uns kritisiren will, heutigen Tages
noch nicht einmal gemerkt hat.
Oder hat der Hr. Verf. durch obiges Expose andeuten wollen: „ich
hätte diese Köhler-Hornemann’sche Methode längst veröffentlichen
können, wenn es mit meinen gewohnten (!) pharmaceutischen Ansichten
übereinstimmte — ? —; nach dem soeben Gesagten werde ich wohl nicht
weiter hervorzuheben brauchen, wie der Hr. Recensent hiermit einer rein
subjeetiven Ansicht, durch welche an Thatsachen durchaus nichts geän-
dert wird, Ausdruck geben würde.
Ba RR LA NE RT a eis
« &
172 Literatur und Kritik. t:
Weiter kommt der Hr. Recensent mit dem Vorwurfe: ich wisse über-
haupt gar nicht, dass im dialysirten Eisenoxyde ein Polyoxychlorid und
nicht die lösliche Modification des Fe?03 enthalten sei, gegen mich ange-
rückt. Steht der Ausdruck „lösliche Modifieation“ im Protocoll, so ist
dies, wie wohl mir die Differenz zwischen Polyoxychlorid und in HC1
gelöstem Eisenoxyde eine äusserst subtile däucht, selbstredend schon
darum eine Ungenauigkeit, weil ich, wenn Grossinger diese lösliche
_Modification bereits entdeckt, mich gar nicht weiter zu bemühen gebraucht
hätte. Dass ich aber, hiervon abgesehen, schr wohl weiss, woraus Ferrum
oxyd. dialysatum besteht, geht aus dem mit gesperrter Schrift gedruckten
Anfange der dem Hrn. Verf. unbekannt gebliebenen Originalmittheilung:
„sowohl Fleischers Eisenoxydsaccharat - Capseln, als Wagners und
Grossingers Ferrum oxyd. dialysatum bestehen der Hauptsache nach
aus einem sehr basischen Oxychloride des Eisens“ wohl evident hervor.
Ebenso, wie mit diesem Einwande, ficht aber der Hr. Recensent mit
dem mir gemachten Vorwurfe der Unkenntniss der von Hager in fliessen-
dem Latein verfassten Vorschrift, den Syrupus ferri ®%xydati saccharati
darzustellen, in der Luft. Er schliesst diese Unkenntniss aus den Wor-
ten des Protocolls, dass sich unsere Methode durch Einfachheit und Weg-
fall des von Hager und Siebert zum Waschen benutzten Alkohols
auszeichnen; indem ich hierzu bemerke, dass mir eben die auch in das
Protocoll übergegangene Angabe, nach Hagers Methode nicht zum Ziele
gekommen zu sein, die Angriffe des zwar anonym gebliebenen, jedoch
leiekt genug zu errathenden Verfassers besagter Kritik zugezogen haben
dürfte, erkläre ich hiermit ausdrücklich;
1) dass mir an der betrefenden Stelle des Vortrages Hagers Me-
thode, welehe Hornemann und ich gleich im Anfange unserer Unter-
suchungen aufgaben, durchaus nicht vorgeschwebt hat; und
2) dass es auf einem ‘Schnitzer beruht, wenn Hagers Name (im
Protocolle, nicht in der Originalabbandlung!) neben Siebert genannt ist,
Ferner glaubt Verf. mir gegenüber eine Apologie der Siebert’-
schen Methode schreiben zu müssen — ein Lapsus seinerseits, wie ihn
die Originalmittheilung, worin ausdrücklich gesagt ist, dass Dr. Horne-
mann, ehe wir gemeinsam arbeiteten, ganz nach Siebert verfuhr,
jedoch anstatt salpetersaurem Eisenosyde Eisenchlorid und statt Ammoniak
Natronlauge anwandte, lehren wird. Hielt Dr. Hornemann oder ich
selbst dieses Verfahren für irrationell, warum es dann, ohne ven Sie-
bert überhaupt Kenntniss zu haben, anwenden? Dadurch jedoch, dass,
wir durch Verdünnen und Kochen, mit Umgehung des Alkohols, dasselbe
Präparat von mindestens eleicher Güte und Löslichkeit darstellen lehr-
ten, glaubten wir, und glauben wir noch — ohne Siebert irgendwie
zu nahe treten zu wollen —, uns ein kleines Verdienst erworben zu haben.
Ebensowenig endlich ist mir je eingefallen, Sieberts Präparate
einen Gehalt an Chlorwasserstoffsäure anzudichten, was mir der Hr. Re-
censent zweimal — an einem war es jedenfalls genug, vorwirit. Im Pro-
tocolle stehen allerdings die Werte: „Sowohl Hagers, als Sieberts
Präparat, welcher Letzter anstatt Eisenchlorid salpetersaures Eisenoxyd mit
Ammoniak ausfällt, sind chlorwasserstofhaltig;'‘ dass hier aber ein zweiter
Lapsus vorliegt und es hätte: „sind ehlorwasserstof- bezüglich salpeter-
säurehaltig“ heissen sollen, liegt wohl für Jeden, welcher nicht invita Mi-
nerva Recensionen schreibt, nahe genug. Traut mir der anonym geblie-
bene Autor soviel chemische Unwissenheit zu, dass ich im salpetersauren
(N.B. reinen!) Eisenoxyde einen Chlorgehalt vermuthe, so würde er mir
aufrichtig leid thun, falls er mich (— für die Folge bitte ich ıhnm nur
mr
ID ee Literatur und Kritik. 173
um zuvorige Lectüre meiner Veröffentliehungen!) überhaupt mit seiner
Kritik beehrte; traut er mir dagesen die Kenntniss, dass im Eisennitrate
Salpetersäure, und nicht Chlorwasserstoffsäure enthalten ist, zu und
muzt diesen Schnitzer (im Protoeolle!) zweimal auf, so scheint mir der
Hr. Resensent dem Opponenten extra carceres bei Doctorpromotionen
vergleichbar, welcher den ungeduldig des Ende harrenden Doctorandus
noch mit einer Aufzählung der in der Dissertation vorkommenden Druck-
fehler — hinhält. —
Halle, im Januar 1869. Dr. H, Köhler,
Die Chemie der Jetztzeit vom Standpunkte der elektro-
chemischen Auffassung aus Berzelius’ Lehre entwickelt
von ©. W. Blomstrand. XIV. u. 417 $S. Heidelberg,
Carl Winter 1869.
Die Forschungen der letzten Decennien auf dem Gebiete der Chemie
hatten die Ansichten von Berzelius bei den meisten Chemikern in den
Hintergrund treten lassen; die Theorie von Berzelius und die Typen-
theorie wurden als unvereinbare Gegensätze betrachtet. Nach manchen
Kämpfen hat die letztere immer mehr Anhänger gewonnen; von den wis-
senschaftlichen Zeitschriften fand sie Eingang in die Lehrbücher der orga-
nischen und, in neuester Zeit, auch in die der anorganischen Chemie.
Nach Blomstrand ist der reale Inhalt der Typentheorie,
soweit er nicht ganz verlassen, nichts als eine consequente Fort-
entwieklung von Berzelius’ Ideen. Der Gegensatz ist nur ein
scheinbarer; Berzelius” Grundlehbren: die Lehre von den Radicalen, von
den gepaarten Verbindungen, den rationellen Formeln, anfangs hefiüg
bestritten, sind schliesslich in die Typentheorie aufgenommen, die erst
hiermit Gehalt und die Fähigkeit, sich weiter zu entwickeln, erbielt.
In Berzelius’ Lehre sieht Blomstrand demnach die Grundlage der
jetzigen Chemie. Berzelius unterschied stets zwischen Atomen und
Aequivalenten und schrieb ursprünglich die Formel des Wassers H?O;
später, indem er diese beiden Wasserstoffateme als Doppelatom bezeich-
nete, HO. Bei manchen seiner Nachfolger verschwand in den Formela
der Unterschied zwischen Atom und Aequivalent, so dass das Wasser
HO geschrieben wurde.
Es ist nur nothwendig, dass der Gedanke der Untrennbarkeit der
Wasserstoflatome aufgegeben und die Volumatomtheorie zu ihrer vollen
Bedeutung wieder hergestellt werde. Der Begriff der Sättigungscapaeität
der Elemente blieb Berzelius’ fremd; wird er aufgenommen und den
Grundsätzen von Berzelius’ Lehre gemäss entwickelt, so gewinnen
Berzelius’ Lehren damit wieder ihre volle Entwieklungsfähigkeit, andrer-
seits der Begrifl der Sättigungscapacität erst die ganze ihm gebührende
Tragweite.
Im ersten Abschnitte giebt der Verf. eine Darlegung der Theorie von
Berzelius und zeigt ferner, wie sich dieselbe, dem jetzigen Standpunkte
der Wissenschaft angepasst, darstellt; im zweiten wird die Typentheorie
und ihre Entwicklung bis auf die Gegenwart abgehandelt und ein Ver-
gleich zwischen Berzelius’ und Gerhardt’s Theorie angestellt.
Der dritte Abschnitt handelt von der Sättigungscapaeität der Grund-
stofe und ist auch aus dem Grunde ein sehr bedeutungsvoller, weil in
174 Literatur und Kritik,
demselben die Ansichten der bedeutenderen Öhemiker unserer Zeit einer
kritischen Besprechung unterzogen werden. Im vierten Abschnitte werden
die elektrochemischen Verhältnisse besprochen.
Die grossen Fortschritte, welche die Wissenschaft der Typentheorie
verdankt, werden mit Freuden anerkannt, doch sind es vorzugsweise zwei
Punkte derselben, welche der Verf. bekämpft. Zunächst missbilligt der-
selbe das strenge Festhalten an den vier Typen und dann will er, mit
Berzelius, dass die Formeln für chemische Verbindungen rationelle,
möglichst die Lagerung der Atome angebende, seien und dass nicht für
ein und dieselbe Verbindung verschiedene Formeln zulässig seien, je nach
den Reactionen, welche man gerade veranschaulichen will. In der durch
Kekul& zuerst benutzten graphischen Formelsprache wird ein ausseror-
.dentlicher Fortschritt und zugleich der unwiderrufliche Bruch mit den
typischen Grundaxiomen, dass die Formeln nur Reaetions- und in keiner
Weise Constitutionsformeln sein sollen, erblickt. Die Gerhardt ’sche
Theorie ist für den Verf. nur eine besondere Entwicklungsphase der Atom-
theorie von Berzelius, der elektrochemischen Anschauungsweise entklei-
det und äusserlich in fremdartige Formen gebracht. Die neuere Typen-
theorie steht zu der von Gerhardt in demselben Verhältnisse, wie Kol-
be’s chemisches Lehrgebäude zu der ursprünglichen Theorie von Berze-
lius. — Die Schreibweise der Formeln bei Limpricht, Kekule&,
Erlenmeyer und Butlerow, sowie deren Ansichten über Radicale
werden ausführlicher dargelegt.
In dem von der Sättigungscapacität handelnden Abschnitte wird
zunächst eine historische Entwicklung des Begriffs der Atomigkeit gege-
ben und nachgewiesen, wie verschieden sich derselbe gestaltet hat, je nach
der theoretischen Anschauungsweise, von der man ausging. Das typische
System gelangt zur constanten, der Verf., nach Anleitung der älteren
Auffassungsweise, zu der nach bestimmten Regeln wechselnden
Sättigungscapaeität. Nur bei Annahme dieses letzteren Grundsatzes lassen
sich die von Alters her bekannten unorganischen Verbindungen als wahre
Ausdrücke des Atomwerths erkennen, und zeigt sich, dass dieser Atom-
werth am sichersten und vollständigsten aus den Sauerstoffverbindungen
abgeleitet wird. Das Gesetz der Atomigkeit ist dem Verf. nur
ein veränderter Ausdruck des Gesetzes der multiplen Pro-
portionen. ‘Zur Begründung dieser Auffassung weist der Verf. Keku-
l&’s Eintheilung der Verbindungen in atomistische und moleeulare, sowie
die Annahme von Sauerstoffketten in den unorganischen Säuren als unhalt-
bar nach, Hofmann’s und Odling’s Betrachtungsweise dieser Säuren
wird als zur empirischen Auffassung zurückführend angesehen; derartige
Oxydationsproducte von $. g. gesättigten Verbindungen sind für die rein
atomistische Auffassung ganz unverständlich. Der Definition des Atomiei-
tätsbegriffs von Wurtz wird eine viel grössere Tragweite zuerkannt, als
es von diesem selbst geschehen ist. Es werden diese Verhältnisse sehr
ausführlich besprochen, weil der Verf. die Verdienste der genannten For-
scher sehr hoch schätzt. Kolbe wird als Hauptgründer der neuen Lehre
erkannt, weil er gezeigt, dass Kohlensäure und Kohlenoxyd die maass-
gebenden Verbindungsformen für sämmtliche Verbindungen des Kohlen-
stoffs sind.
Nach dem Bekanntwerden der Substitutionstheorie wurde von
manchen Seiten das Todesurtheil über die elektrochemische Theo-
rie für gefällt angesehen, doch sprieht Blomstrand die bestimmte
Ueberzeugung aus, dass man die elektrochemische Kraft annehmen müsse,
wenn man nicht ein für alle mal auf jeden Versuch einer allseitigen Er-
klärung der chemischen Erscheinungen Verzicht leisten wolle. Hinsicht-
Literatur und Kritik. 175
lich der qualitativen Eigenschaften werden die Elemente in zwei Grup-
pen getheilt, in die des Wasserstoffs und die des Sauerstoffs;
in ersterer wechselt der Atomwerth nach unpaaren, in letzterer nach
paaren Zahlen. Die elektrochemische Verschiedenheit der Elemente tritt
am anschaulichsten in der Gruppe des Wasserstofls, die polare Wirkungs-
art vorzugsweise beim Sauerstoff hervor. Nur durch Annahme der Mehr-
atomigkeit und des Wechsels des Atomwerths findet die grosse
Mehrzahl der chemischen Erscheinungen ihre Erklärung. Hervorzuheben
ist, dass ein vorherrschend positives oder negatives Element, wenn es
mit voller Kraft wirkt, immer die niedrigste Sättigungsstufe einnimmt.
Durch eingehende Besprechung vieler Verbindungen des Sauerstofls,
Stiekstoffs und Kohlenstoffs werden die Eigenthümlichkeiten ihrer Wir-
kungsweise erläutert, um die innige Beziehung zwischen dem elektro-
chemischen Gegensatze und dem Gesetze der Sättigung klar zu legen und
daraus gefolgert, dass man sich die materiellen Atome mehr oder
minder vorwaltend positiv oder negatıv und zu gleicher
Zeit polar wirkend zu denken habe. Graphische Formeln zeigen,
dass ein elementares Atom der Sauerstoffgruppe nur 2, 4, 6, 8... Atome
der Wasserstoffgruppe, dass es hingegen eine beliebige Anzahl von zwei-
atomig wirkenden Elementen binden kann. Ein mehratomiges Element
der Wasserstoffgruppe kann sich nur mit 1, 3, 5, 7.. Atomen eines ein-
atomigen Elements vereinigen; ein zweiatomiges Element giebt in der
Regel nur mit 2 Atomen eines mehratomigen der Wasserstofigruppe nor-
male Verbindungen.
Nach Feststellung der Begriffe Radical, Base, Säure, Salz und Paa-
rung wird die Erklärung der Constitution der Doppelverbindungen des
Cyans auf die Haloiddoppelsalze übertragen und gezeigt, dass die in
Doppelatomen wirkenden Haloide ganz den wahren Amphiden in den Am-
phidsalzen zu vergleichen sind, so dass nur relative Unterschiede zwischen
den beiden Gruppen von Combustoren vorhanden sind. — Nachdem schon
früher erörtert worden, dass Chlor und Wasserstoff nicht einmal bei der
im eigentlichen Sinne organischen Substitution dieselbe Rolle spielen,
werden nun auch der Ort, an welchem die Chloratome eintreten, sowie die
verschiedenen Verbindungsformen des Kohlenstoffs besprochen,
Schliesslich wird ein kurzer Rückblick angestellt und eine tabellarische
Uebersicht der Grundstoffe, mit gleichzeitiger Berücksichtigung der Sätti-
gungscapacität und der elektrochemischen Verhältnisse gegeben.
Blomstrand’s Werk wird sich sicher viele Freunde erwerben und
Manche mit den neueren Ansichten versöhnen, welche es ungerechtfertigt
fanden, ganz die von Berzelius aufgestellten Grundlagen zu verlassen.
Die Schilderung des Entwicklungsganges der verschiedenen Theorien, die
Uebung einer durchdachten Kritik, die Vorführung neuer Gedanken,
welche geeignet sind, die Wissenschaft zu fördern und die detaillirte
Bespreehung vieler complieirten Verbindungen, die einen tiefen Ein-
blick in die Constitution derselben gestattet, gewähren ein hohes In-
teresse.
Dr. R. Kemper.
176 Literatur und Kritik.
Die chemische Technologie als Leitfaden bei Vor-
lesungen an Universitäten, technischen Lehranstalten, so
wie zum Selbstunterricht, für Chemiker, Techniker, Ver-’
waltungsbeamte, Apotheker und Gerichtsärztee Von Jo-
hannes Rudolf Wagner, Dr. d. Staatswissenschaften
und der Philosophie, ord. öffentl. Professor der Technologie
an der staatswirthschaftl. Facultät d. k. J. M. Univ. zu
Würzburg et. Siebente, unter Berücksichtigung der
Ergebnisse d. internationalen Industrieausstellung zu Paris
d. Jahres 1867 verbesserte und vermehrte Auf-
lage. Mit 289 Holzschnitten. Leipzig, Verlag v. Otto
Wigand 1868.
Der durch seine gediegenen Jahresberichte über ‘die Fortschritte und
Leistungen der chemischen Technologie (welche seit 1855 bis 1867 in
ununterbrochener Folge in 13 Jahrgängen erschienen) rühmlichst bekannte
Herr Verfasser des vorliegenden bedeutenden Werkes hat, unterstützt durch
Mittheilungen von Seite „docirender und producirender“ Freunde
und Fachgenossen im März 1868 diese neue Auflage desselben erscheinen
lassen. Die früheren Auflagen erschienen: die ite im Septbr. 1850, die
2te im Mai 1853, die 3te im Juli 1856, die 4te im Mai 1859, die 5te
im Mai 1863, die 6te im October 1865. Die erste Auflage mit 146 in
den Text eingedruckten Abbildungen ist klein Octav mit VIII und
520 Seiten, während die vorliegende 7, Auflage eross Octav XVI und
824 Seiten umfasst, und um die Fülle des Stoffes unterzubringen sehr oft
die kleinste Schrift anwenden muss.
Der Inhaltsanzeige ist eine Maasstabelle vorgedruckt. Nach
einer Einleitung (8. 1 — 2.), welche die Definition des Begriffes Technolo-
gie, die Unterschiede zwischen Gewerbelehre, Gewerbekunde und Techno-
logie, der mechanischen und chemischen Technologie enthält, felgt der
I. Abschnitt, die chemische Metellurgie, die Legirungen und die Me-
tallpräparate (S. 3— 127), darauf der Il. Abschnitt, die Technik der
Alkalien (im weiteren Sinne) und Erden (8. 128 -— 378), dann der III. Ab-
schnitt, die Pflanzenstoffe und ihre techn. Anwendung (8. 379 — 557),
der IV. Absehnitt, die Thierstoffe und ihre techn. Anwendung (S. 558
— 635), der V. Abschnitt, die Färberei und der Zeugdruck (8. 636 —
674) und endlich der VI. Abschnitt die Beleuchtung und Heizung.
Im ersten Abschnitte werden nacheinander abgehandelt: Allgemeines
über Metallurgie und metallurg. Hüttenkunde, Eisen, Stabeisen, Stahl,
Eisenpräparate, Kobalt, Nickel, Kupfer, s. Legirungen und Präpa-
rate, Blei und d. Präparate, Zinn, Wismut (ohne h), Zink, Kad-
mium, Antimon, Arsen, Quecksilber, Platin, Silber, Gold,
Aluminium, Magnesium, Galvanotechnik (Galvanoplastik, Me-
tallochromie, Elektrotypie, Glyphographie, Galvanographie).
Im II. Abschnitte: Technik d. Alkalien (im. weiteren
Sinne) und Erden finden wir folgende Kapitel: Kalisalze, Salpeter,
Salpetersäure, Technik der explosiven Körper, Kochsalz, Sodafabri-
kation, Jod- u. Bromgewinnung, Schwefel, Schwefelsäure-
fabrikation, Schwefelkohlenstoff, Salzsäure, Chlorkalk,
Braunstein und Braunsteinprobe, Alkalimetrie, Ammoniak und Anı-
moniaksalze, Glasfabrikation, Seifenfabrikation, Borsäure und Borax,
Kalk und Kalkbrennen, Mörtel, Gyps und Gypsbrennen, Barytpräparate,
Literatur und Kritik. 177
Fabrikation des Alauns, der schwefelsauren Thonerde und der Aluminate,
Eisenvitriol, Ultramarin, Keramik oder Thonwaarenindustrie. Die
Besprechung der Säuren unmittelbar vor oder nach ihren Salzen, sowie
einiger nichtmetallischen Elemente unmittelbar vor oder nach ihren
Säuren hat vom Standpunkt der Technologie und vom didaktischen Ge-
sichtspunkte aus ihre Berechtigung, allein die Logik, wie die Wissen-
schaft der reinen Chemie fordern, dass diess in der Ueberschrift des
Abschnittes angedeutet werde. Diese sollte demnach lauten: Technik der
Alkalien und Erden, der Säuren und ihrer Elemente. Es hätte die-
sen Elementen und den Säuren recht gut ein besonderer Abschnitt gewid-
met werden können. Sonderbar nimmt sich der Eisenvitriol in diesem
Abschnitte aus, da doch die übrigen Eisenpräparate im 1. Abschnitte unter-
gebracht sind. Dem Sauerstoff, diesem Angelpunkte der Chemie,
hätte recht gut ein ganz besonderer Abschnitt gewidmet werden können,
die Lehre von der Heizung wäre dann an die richtige Stelle gekommen
und der Kohlenstoff hätte dann seinen Platz nicht hinter den Pflanzen -
und Thierstoffen, sondern vor denselben erhalten.
Im III. Absehnitte folgen: Technologie der Pflanzenfaser, Baum-
wolle, Papierfabrikation, Stärkemehl, Zuckerfabrikation, die Gährungs-
gewerbe: Weinbereitung, Bierbrauerei, Spiritusfabrikation, Brotbäckerei,
Essigfabrikation, Conservirung des Holzes, Tabak; ätherische Oele und
Harze, Firnisse und Kitte, Ungern vermissen wir einen kurzen Abriss
des Mühlwesens als Einleitung zur Brotbäckerei.
Der IV. Abschnitt behandelt die Verarbeitung der Wolle, der
Seide, die Gerberei, Leimfabrikation, Phosphorfabrikation, Kno-
chenkohle, Milch und Fleisch. Den Phosphor sähen wir lieber in einem
besonderen Abschnitte neben den Säuren und ihren Elementen.
Im V. Abschnitte finden sich die Färberei und Zeugdruckerei im
Allgemeinen, die Theerfarbstoffe, die Pigmente des Pflanzen- und Thier-
reichs, Bleicherei, Färberei und Zeugdruckerei,
Der Vi. Abschnitt handelt A) von der Beleuchtung, hier im
Allgemeinen Beleuchtung mittelst Kerzen, mittelst flüssiger Leuchtstoffe,
Gasbeleuchtung, Sideral- oder Kalklicht, Parafin- oder Solarölindustrie,
Petroleum. B) von der Heizung und zwar Brennmaterialien im Allge-
meinen und im Besonderen: Holz, Holzkohlen, Torf, Braunkohlen, Stein-
kohlen, Koks, Petroleum als Brennstoff, künstliche Brennstoffe; Heizung
und Feuerung: Heizung von Wohnungen und Kesselfeuerung und Rauch-
verzehrung.
Ein Register (10 Seiten, jede mit 3 Columnen) gestattet das leichte
Auffinden der einzelnen Gegenstände des ungemein reichhaltigen Materiales.
Aus der Zahl von 289 Holzschnitten, welche das Werk zieren, mögen
hervorgehoben werden: ein Hochofen, Cylindergebläse, Kupolofen, Frisch-
heerd, Aufwerfhammer, Puddelofen, Flammenofen mit Anwendung von
Generatorgas, Eisenwalzwerk, Maschinen zum Drahtziehen, Oefen zur Blut-
laugensalzbereitung, Oefen zur Kupfer- u. Bleigewinnung, Apparat zur
Darst. v. Bleiweiss in Clichy b. Paris, Schachtofen z. Zinnschmelzen,
Wismutsaigerofen, Oefen zur Zinkdestillation, Antimonaussaigerung u,
Arsensublimation, Queeksilbergewinnung, Glockenofen zur Trennung des
Hg vom Ag, Treibheerd; Auslaugegefässe für KCl aus Carnallit, Kessel
zum Salpetersieden, App. z. Dest. d, NO5, Sulfatöfen, Sodaöfen, App.
z. Jodgewinnung, zur Ausschmelzung u. Destill. d. Schwefels, der Nordh.
Schwefelsäure, Bleikammer f. engl. SO3, Ofen z. Verbrennen d, S, Deni-
trifiecator, Röstofen von Gerstenhoefer, App. v. Peroncel z. Fabrie. v.
C?St, App. zur Gewinnung von HCl, Cl, Chlorkalk, App. v. Will u.
Fresenius zur Braunsteinprüfung, Oefen zur Knochenkohle - Gewinnung nebst
Arch. d. Pharm, CLXXXIX Bds. 1. u. 2. Hft, 10024
178 iateratur und Kritik.”
Verdiehtungsräumen f, die flücht. Produkte, Salmiak - Sublimir - Oefen,
Figuera’s App. zur Ammoniakgewinnung aus gefaultem Harn, Mallet’s
u. Rose’s Apparate zur Ammoniakdestillation aus Gaswässern; Glasöfen,
Glashäfen,, Siemens Ofen mit Gasgenerator, Formenreihe/ beim Glasblasen,
Giesstisch f. Spiegelglas, Bontemp’s Ofen zur Anfertigung von Flint-
glas, App. zur Boraxreinigung, Kalköfen, Gypsbrennöfen, Porzellanofen,
Muffel z. Einbrennen der Farben, Ziegelbrennöfen , Flachsbrecehe, Schwing-
stock, Schwingmesser; Hanfreiber, mikrosk. Bilder der Baumwolle, Wolle
u. Seide, die holländische Stoffmühle (der Holländer der Papiermüller),
App. z. Bleichen der Papiermasse, Maschine zur Verfertigung des endlosen
Papiers, Vergleichung der mikrosk. Bilder der Kartoffel- u. Weizenstärke
(nach Schleiden, was aber nicht angegeben ist; überhaupt ist bei kei-
ner Abbildung angegeben, welehem Werke sie entnommen wurde), Wal-
zenpresse zur Gewinnung des Saftes des Zuckerrohrs, Thierry’s Reib-
maschine, Kleberger’s Pfanne zum Entkalken des Rübensaftes, Tay-
lor’s u. Dumont’s Filter, Pecqueur’s Kipppfanne, Abdampfer nach
Brame, Chevallier u. Peclet, Vacuumpfannen, Centrifugalmaschine
zum Ausschleudern des Saftes aus der kryst. Zuckermasse, Geissler’s
Vaporimeter, Tabari&@’s Ebullioseop, Fuchs’ Hallymeter, die Appa-
rate zur Weingeistdestillation (Spiritusapparate) von Dorn, Pistorius,
Gall u. Schwarz; Falkmann’s Apparat zum Entfuseln des Brannt-
weins, Backofen, Clayton’s Teigknetmaschne, Schützenbach’s
Gradirfässer zur Schnellessigbereitung, Apparat zur Essigsäuregewinnung
nach Döbereiner’s Prineip (mittelst Platinmohr), französ. App. zur
Holzessiggewinnung, Lipowitz’ App. z. Bestimm. der Bindekraft des
Leims. App. zur Reinigung d. Phosphors, Seubert’s App. um Pin
Stangenform zu bringen, Albright’s App. z. Umwandl. des gem. in
rothen Phosphor, Vorrichtung zum Betupfen der Zündhölzchen mit Schwe-
fel und Zündmasse, Kerzenformen, Lampen (antike Lampe, Wormser -
Lampe, Flaschen- oder Sturzlampe, Uhr-, Pump- oder Carcel- Lampe
und Feder- oder Moderateurlampe, Ditmar’s Petroleumlampe), Zusam-
menstellung sämmtlicher Apparate zur Leuchtgasgewinnung (Retorten, Vor-
lagen, Aufsteigeröhren, Condensatoren, Serubber, Reiniger, Gasometer,
Regulator, Gasuhr), Kohlenmeiler, Haufenverkohlung, Meileröfen, schwed.
Verkohlungsofen nach Schwarz, Hessel’s Verkohlungsofen mit Theer-
produetion, Meilerverkokung d. Steinkohle, geschlossene Koksöfen, Ap-
polt’s Koksofen, russischer Ofen, Feilner’s Ofen, Henschel’s Ofen
für Braunkohblen, Heisswasserheizung, Kettenrost von Jackes und Tail-
lefer, Stanley’s mechan. Vorrichtung zum Aufgeben der Kohle bei
Dampfkesselfeuerungen.
Das Hauptgewicht legt der Verfasser auf die Betrachtung der
Rohstoffe und die Art und Weise ihrer Bearbeitung; auch die
Gewerbestatistik wurde thunlichst- berücksichtigt. Gern wäre er
auch, um einem mehrfach ausgesprochenem Wunsche nachzukommen, hier
und da bei den Prüfungsmethoden in grössere Details eingegangen, wäre
es nicht der Verlagshandlung darum zu thun gewesen, das Buch, welches
in vielen Unterrichtsanstalten als Lehrbuch sich eingebürgert, im Wesent-
liehen in unveränderter Bogenzahl zu halten. Verf. verweist deshalb in
genannter Beziehung auf die treffllichen Handbücher der chem. technolog.
Untersuchungsmethode von P. Bolley in Zürich, Alex. Bauer in
Wien und auf Fresenius’ Zeitschrift f. analyt. Chemie. Sehr genau ist
die Anwendung der verschiedenen Präparate angegeben. Die Formulirung
derselben ist theils nach der älteren Weise, theils der Typentheorie ge-
mäss gegeben und das Aeg. des Wasserstofis H — 1 zu Grunde gelegt.
Die chemischen Formeln der Mineralien, Pflanzen- und Thierstoffe sind
ne‘
Literatur und Kritik. 179
mit Genauigkeit notırt und auch die procentische Zusammensetzung ist
angegeben. Von hohem Interesse sind die neuesten Angaben über die
jährliche Produktion der einzelnen Metalle ete. Der Raum gestattet uns
nicht, auf Einzelheiten einzugehen, es muss aber hervorgehoben werden,
dass dieses Werk eine erstaunliche Fülle von Fortschritten auf dem Ge-
biete der techn. Chemie mit der grössten Präcision verzeichnet enthält.
Man entschuldigt deshalb die nicht gerade seltenen sinnentstellenden Druck-
fehler und das Fehlen eines Druckfehlerverzeichnisses mit der sicherlich
nur knapp zugemessenen Zeit, welche bei dem ungeheuren Umfange des
zu bearbeitenden Gebietes dem Herrn Verfasser geblieben sein mag, um
jene neckischen Kobolde aus dem sonst vom Hrn. Verleger trefllich aus-
gestatteten Werke fern zu halten.
Jena, d. 16. März 1869. HL.
Lehrbuch der organischen Öhemie von Dr. Emil
Erlenmeyer. Mit in den Text eingedruckten Holz-
schnitten. I. u. H. Lieferung 434. Leipzig u. Heidelberg.
C. F. Winters Verlagsbuchhandlung. 1867 u. 1868.
Die Einleitung beginnt mit Definition des Begriffs der organischen
Chemie und giebt dann in der Form von Beantwortung gestellter Fragen
Auskunft über die Zusammensetzung organischer Verbindungen, über die
qualitative und quantitative Ermittlung ihrer Bestandtheile, über die Be-
deutung der chemischen Formeln, über das Aequivalent und über das
Atomgewicht eines Elements. Die verschiedenen Ansichten und deren
Grundlagen werden hier kurz erörtert und namentlich hervorgehoben, dass
für Berzelius der Ausdruck H für ein Atom Wasserstoff nur ein halb
so grosses Gewicht repräsentirte, als bei Wollaston dasselbe H als
Zeichen für ein Aequivalent. Nachdem diese Unterschiede später ver-
wischt, sei durch Liebig zuerst wieder darauf hingewiesen, dass man
zwischen Atom und Aequiyalent unterscheiden müsse. Gerhardt hat
dies in der Weise ausgeführt, dass er reine Aequivalentformeln einzufüh-
ren versuchte; es gab dieses Veranlassung zur Annahme verschieden gros-
ser Aequivalentgewichte für manche Elemente. — Der Verf. unterscheidet
monogene Elemente, welche sich nur in einem einzigen Gewichtsver-
hältnisse unter einander verbinden, und polygene, welche sich in zwei
oder mehren Proportionen chemisch vereinigen, und zeigt ferner, dass
nieht nur bei den monogenen ein Aequivalentgewicht eine bestimmt be-
grenzte, eonstante Menge ist, sondern auch dass bei diesen Elementen die
chemische Vereinigung darin besteht, dass 1 Aequivalentgewicht durch
1 Aequivalentgewicht angezogen und gebunden wird. Weitere Betrach-
tungen führen zu dem Resultate, dass dieselben Verhältnisse auch für die
polygenen Elemente maassgebend sind; es wird daher den Gerhardt-
schen verschiedenen Aequivalentgewichten für ein und
dasselbe Element keine Berechtigung zuerkannt. Es wird
gezeigt, dass sich mit 1 Aequiv. Wasserstoff keine geringere Menge als
3 Gewichtstheile Kohlenstoff vereinigt, dass aber der Kohlenstoff
stets nur mit 4 Aegquivalenten wirkt, und dass daher diese 4
Aeq. (zu je 3 Gew. Th.) ein chemisch -atomes Ganze bilden. Am Dime-
thyl wird dargelegt, wie sich Kohlenstoff mit Kohlenstoff chemisch ver-
einigen kann; von andern Chemikern wird hier Substitution des einen
Wasserstoffatoms durch das Radical Methyl angenommen.
12%
1806 Literatur und Kritik.
Um Verwechslung mit den Gerhardtschen Aequivalenten zn vermeiden
nennt Erlenmeyer die chemischen Aequivalente, wie er sie definirt,
Affinivalente. Bei Ermittlung des Aequivalents eines polygenen Ele-
ments ist es erforderlich, diejenige Verbindungsstufe zu Grunde zu legen,
in welcher auf 1 Aeq. monogener Elemente die kleinste Menge des poly-
genen kommt; diese stellt dann das Aequivalentgewicht des polygenen
Elements dar. Ein Atomgewicht ist die Summe der kleinsten Anzahl
von Affinivalentgewichten, in welchen ein Element in chemische Verbin-
dungen eintreten kann, oder: es ist die kleinste Menge Element, welche
mit der grössten Anzahl von Aequivalenten anderer Elemente gleichzeitig
chemisch verbunden sein kann. Bei den monogenen Elementen stimmen
dieselben mit den Aequivalentgewichten überein, bei den polygenen sind
sie 3-, 4-, 5-mal oder höchstens, wie die Erfahrung lehrt, sechsmal so
gross. Bei Feststellung des Atomgewichts leisten Bestimmung des spec.
Gew. der Gase und die der spec. Wärme der Elemente oft grosse Dienste.
— Die Erläuterungen über die stöchiometrischen Gesetze führen zu dem
Resultate, dass die Affinivalente der Elemente je constante Werthe sind
und dass mit einem Affinivalente eines Elements sich niemals mehr und
niemals weniger als ein Affinivalent eines andern oder desselben Elements
vereinigt und ferner, dass von jedem Elemente eine bestimmte unabänder-
liche Anzahl solcher constanter Affinivalente zu gleicher Zeit als ein che-
misch unzerlegbares Ganze, als Atomgewicht, in chemische Verbindungen
eingeführt wird. Die dann dargelegte atomistische Theorie ergänzt den
Atombegriff Dalton’s durch die Annahme, dass die absoluten chemischen
Atome eines Elements eine je unveränderliche Anzahl von Angrifis- oder
Anziehungspunkten resp. Anlagerungsstellen darbieten und zwar ebenso-
viele, als uns die Erfahrung Affinivalente in unsern relativen Atomgewich-
ten erkennen lässt. — Andere Chemiker bezeichnen diese Angriffspunkte
als Affinitäten oder Affinitätseinheiten; der Verf. nennt sie Affinivalente
und unterscheidet uni-, bi-, tri-, quadri-, quingue- und sexaffine
Elemente.
Die Sättigungscapacität oder die Atomigkeit eines Elements wird
durch die Anzahl von Aflinivalenten ausgedrückt, welche ein Atom-
gewicht desselben bei der Bildung chemischer Verbindungen mit ande-
ren Elementen zu erkennen giebt. Der Verf. sieht sich nach den bis
jetzt vorliegenden Erfahrungen veranlasst anzunehmen, dass diese An-
zahl von Affinivalenten für ein jedes Element eine ganz
bestimmte, unabänderliche sei und findet sich hierbei in Wider-
spruch mit andern Forschern, namentlich Buff und Blomstrand,
deren Werke vor kurzem an dieser Stelle besprochen wurden. Erlenmeyer
drückt die Sättigungscapaeität eines Elements nur durch die höchste Zahl
von Affinivalenter aus, welche jemals sein Atom chemisch zu binden ver-
mag. — Es wird sodann der Unterschied zwischen atomistischen und
Aequivalentformeln dargelegt und gesagt, dass die im Lehrbuche ge-
brauchten atomistische sein sollen; darauf folgt eine Atomgewichtstabelle,
in welcher die Elemente nach ihrer Affinivalenz geordnet sind. Den ver-
schiedenen Gruppen sind allgemeine Symbole vorgedruckt, deren Bedeu-
‚tung erst später klar gestellt wird.
Die folgenden Kapitel handeln von der Bereehnung der atomistischen
Formel und der Bestimmung des Atom- resp. Molekulargewichts der Car-
bonide; die Auseinandersetzung ist gedrängt, aber klar. Nach Hof-
mann’s Vorgange wird hier das Gewicht eines Liters Wasserstoffs mit
„Krith“ bezeichnet. — Darauf werden die abnormen Dampfdichten, die
Isomerie und die relative Constitution kohlenstoffhaltiger Verbindungen
besprochen; hier finden wir namentlich die mehrfache Bindung der Koh-
Literatur und Kritik. 181
lenstoffatome erörtert und bildlich dargestellt. — Durch Vereinigung eines
Atoms Kohlenstoff mit 3, 2 und 1 Affnivalent eines andern Elements
erhalten wir uni-, bi- und triaffine Radicale. Die allgemeinen
Symbole für die Gruppen der Elemente nach ihrer Affinivalenz sind:
BE III IV HV Go VI
A, E,I, 0, U, Y;, wenn nun „af“ die mit dem betreffenden Elemente ver-
bundenen Affinivalente bedeutet, so ist z. B. Oaft die Formel für ein voll-
I
gesättigtes Molekül eines quadriaffinen Elements; es würde Yaf> die For-
III
mel für ein uniaffines Radical eines sexaffinen Elements, Uaf? die eines
triaffinen Radicals eines quinqueaffinen Elements darstellen. In der fünf-
ten Gruppe giebt es einige Elemente, namentlich Stickstoff, Arsen, Phos-
phor, welche Verbindungen liefern, in welchen nicht 5 sondern nur 3
Affinivalente eines Atoms gesättigt sind; der Verf. sieht sich gezwungen,
in diesen Verbindungen offene Affinivalente oder „Lücken“ anzunehmen
und bezeichnet eine Lücke mit 1. Die betreffenden Moleküle haben die
allgemeine oder typische Formel Ul2af?, die sich von ihnen ableitenden
I II III
Radieale Ul?af?, Ul2af, Ul2. In der sechsten Gruppe finden sich Ele-
mente (Schwefel, Selen, Tellur), welche Verbindungen mit 2 und vier
ungesättigten Affinivalenten bilden, deren allgemeine Formel durch Yl?aft
und Yl?af? ausgedrückt wird; auch von diesen leiten sich wieder Radieale ab.
Die Erfahrung lehrt uns, dass die Atome mehrer Elemente der 5.
und 6. Gruppe mit einer wechselnden Anzahl von Affinivalenten anderer
Elemente sich chemisch vereinigen können, und wir sahen, wie der Verf.
durch Aufstellung der Lückentheorie diese Thatsache mit der Annahme
einer unveränderlichen Sättigungscapacität in Uebereinstimmung zu brin-
gen sucht. Es führt dieses zu schwerfälligen Formeln und erscheint mir
dennoch nur als ein veränderter Ausdruck für wechselnde Sättigungscapaeität.
Treten Radicale als Sättiger von Kohlenstoftaffinivalenten auf, so sät-
tigen die uniaffinen 1 Affinivalent eines Kohlenstoffatoms, die mehraffinen
können die Affinivalente eines oder verschiedener Kohlenstoffatome sättigen.
Es giebt nur wenige Kohlenstoffverbindungen, deren relative Constitution
von allen Chemikern übereinstimmend betrachtet wird.
Der Verf. ciassifieirt die Carbonide nach den Kohlenstoffkernen und
nennt die betreffenden Verbindungen einfach solehe der Gruppe C!, der
Gruppe ©, der Gruppe C3 u.s. w. Jede Gruppe hat eine Anzahl Stufen,
die, bei gleichem Kohlenstoffgehalt, immer af? anderer Elemente weniger
enthalten, — Eine neue Nomenclatur wird für dringend wünschenswerth
erklärt, doch geglaubt, dass dieselbe nicht einseitig festzustellen, sondern
von einer grössern Anzahl Chemiker zu berathen sei.
Im speeiellen Theile ist die Literatur möglichst vollständig angegeben,
und erfreuen sich diejenigen Substanzen, welche für Pharmaceuten und
Medieiner von Wichtigkeit sind oder ein hervorragend wissenschaftliches
Interesse in Anspruch nehmen, einer ausführlicheren Behandlung.
Die erste Gruppe (Monoearbonide) beginnt mit der H# Stufe; nach
Abhandlung des Methylhydrürs (Sumpfgas) folgt die Reihe der Methyl-
verbindungen und zwar zunächst die des Methyls mit uniaffinen Elementen,
dann mit Sauerstoff -, Schwefel-, Tellur-, Zink -, Queksilber-, Bor -, Stick-
stoff-, Phosphor-, Arsen-, Antimon-, Silieium-, Zimn-, Blei-, Aluminium -,
Wolframradicalen. Daran schliesst sich die Reihe der CH? oder Methylen-
verbindungen in analoger Anordnung, dann die der CH oder Methenyl-
verbindungen, zu denen Chloroform und Ameisensäure zählen. Nach
diesen kommt die Reihe der CN oder Cyanverbindungen, welche mit der
182 Literatur und Kritik, ee
Blausäure CN1?H beginnt; von den für die Blausäure möglichen Formeln hält
Blomstrand diese für die unwahrscheinlichere. Die Gründe des Verf.
für die complieirten Formeln der Eisendoppeleyanide sind mir nicht klar
CNl2
geworden. Die Formel des Cyangases ist | . Wir gelangen nun zur
IV CN1?
Reihe der Cverbindungen, die mit dem vierfach Chlorkohlenstoff beginnt
und zu der u. a. Phosgengas, Kohlensäure, Harnstoff, Schwefelkohlenstoff
zählen.
Zur zweiten oder H? Stufe gehören nur Metbylen Cl?H? und Kohlen-
oxyd CO.
In dem den Schluss der ersten und Anfang der zweiten Lieferung
bildenden Rückblick auf die Monocarbonide und solche Verbindungen,
welche 2 und mehr nicht unter sich verbundene Kohlenstoffatome enthal-
ten, werden viele allgemeine Verhältnisse besprochen, welche von andern
Autoren häufig in der Einleitung abgehandelt werden. Wir erhalten ge-
naueren Aufschluss, wie sich der Verf. die relative Constitution der abge-
handelten Verbindungen, die Vorgänge bei deren Bildung und bei den
stattfindenden Umsetzungen vorstellt. Wir finden hier eine Uebersicht der
Gerhardt’schen Typentheorie, die der Verf. jedoch durch die eingeführte
relative Constitutionsbetrachtungsweise weiter entwickelte, da er dieselbe
zur Unterscheidung vieler isomerer Verbindungen nicht mehr ausreichend
erkannte. Es wird constatirt, dass die ersten Keime zu dieser höhern
Entwicklungsstufe in der von Kolbe vertretenen typischen Betrachtungs-
weise gesucht werden können.
Die zweite Gruppe (Dicarbonide) umfasst die erste oder H$ Stufe mit
9 Reihen, die zweite oder H# Stufe mit 5 Reihen und die dritte oder
H? Stufe mit 2 Reihen. Es finden hier diejenigen Verbindungen ihren
Platz, in welcher 2 Atome Kohlenstoff in direeter Verbindung mit ein-
ander enthalten sind. Formeln, welche die nahen Beziehungen, in wel-
ehen die Dicarbonide zu den Monocarboniden stehen, ausdrücken, geben
in allen denkbaren Combinationen uns ein Bild von denjenigen Verbin-
dungen, welche entstehen können. Denkt man sich C2H$ zusammenge-
H3
setzt aus | und ersetzt ein Atom H durch ein Affinivalent aller der bei
C E
H3
den entsprechenden Methylverbindungen aufgeführten Radieale, so erhal-
ten wir Verbindungen derselben mit dem Radicale C2H5, Aethyl. Da
keine metamere Aethylverbindungen bekannt sind, so lässt sich nicht ent-
scheiden, ob in dem einen oder in dem andern CH? die Substitution statt-
gefunden hat. Werden 2 oder 3 Wasserstoffatome substituirt, so kann
die Substitution an einem, aber auch an beiden CH3 vor sich gehen und
wir erhalten auf diese Weise verschiedene Radicale; bei Substitution von
4 oder 5 Atomen Wasserstoff werden natürlich beide CH3 verändert, doch
können auch hier verschiedene Radicale entstehen. Den durch Substitu-
tion aller 6 Wasserstoffatome bleibenden Kohlenstoffkern an kann man
Diearban, den auf analoge Weise aus der zweiten Stufe resultirenden
| Diearben, den aus der dritten Stufe stammenden Kohlenstofikern
—(
C
|} Dicarbin nennen.
nz BZ EDEN FE deer De a a a
Be Literatur und Kritik. BR 183
- Mit der vollständigen Abhandlung der Dicarbonide schliesst die zweite
Lieferung.
Der Verf. hat in diesen beiden ersten Lieferungen die theoretischen
Verhältnisse mehr berücksichtigt, als es sonst in Lehrbüchern der organ.
Chemie der Fall zu sein pflegt. Auf die Erkenntniss der relativen
Constitutionsformeln wird besonderes Gewicht gelegt, und wir wer-
den zu ernsten Studien angeregt, da die consequente Durchführung der
oben dargelegten Ansichten manche neue Gesichtspunkte eröffnet.
Dr. R. Kemper.
Anleitung zur chemischen Analyse von Pflanzen
und Pflanzentheilen auf ihre organischen Be-
standtheile Von Dr. G. C. Wittstein. _ Nördlingen.
Druck u. Verlag der ©. H. Beck’schen Euchhandlung. 18868.
VII und 356 8. ın 8.
Von dem Herausgeber der Vierteljahrsschrift für practi-
sche Pharmacie, dem uwnermüdlichen Bekämpfer des Geheimmit-
telunwesens, Herrn Dr. Georg Christoph Wittstein in Mün-
chen sind im Jahre 1868 zwei Werke im Druck erschienen, das oben
genannte und eine 2te Auflage seines Grundrisses der Chemie m
2 Abtheilungen, 1. Einleitung u. unorganische Chemie, 1I. Organische
Chemie. Der pharmaceut, Welt wohlbekannt ist dessen Anleitung zur
Darstellung und Prüfung chemischer u. pharmaceutischer
Praeparate (diese alphabetisch angeordnet, mit Acetonum beginnend
und mit Zirconium oxydatum endigend). Sein vollständ. etymologisch-
cehemisches Handwörterbuch mit Berücksichtigung d. Geschichte
u. Literatur der Chemie, seine Register zu Schweigger’s Journ. f.
Physik u. Chemie, zu Buchners Repertorium d. Pharmacie und zu
Liebig’s u. s. w. Annalen der Chemie u. Pharmacie sind ebensoviele
Zeugnisse eiserner Beharrlichkeit im Schaffen nützlicher Werke.
Die vorliegende Analyse von Pflanzen und Pflanzenthei-
len verdankt ihre Entstehung der Ueberzeugung des Verf., dass das ein-
zige vorhandene Werk über phytochemische Analyse (F. Rochleders
Anleitung zur Analyse von Pflanzen u. Pflanzentheilen,
Würzburg 1858) Wege einschlage, welche die Ausführung einer Pflanzen -
Analyse zu einer äusserst mühseligen und zeitraubenden Arbeit machen u.
vor Anstellung sclcher Analysen zurückschrecken. Da er (Wittstein)
nun in dieser Art Arbeiten auch nieht unbewandert sei, so wolle er hier-
mit das Verfahren, welches er seit Jahren befolge und das sich nach öfte-
rer Wiederholung u. Verbesserung als practisch erwiesen habe, veröffent-
lichen, da es bedeutend kürzer und — wie er glaube — nicht minder
genau sei.
Von den 364 Seiten des vorliegenden Werkes sind nur 51 der Be-
schreibung dieses „allgemeinen systematischen Ganges zur Ausführung von
Pflanzenanalysen“ gewidmet (Seite 304— 355). Die übrigen 313 Seiten
enthalten nach kurzem Vorwort, Inhaltsverzeichniss und Einleitung (I—
VIII und 1—4), im 1. Abschnitt der ersten Abtheilung in alphabe-
tischer Reihenfolge die bis jetzt in den Pflanzen gefundenen näheren
Bestandtheile, ihre Darstellung, Eigenschaften u. quantitative Bestimmung
(auf S. 8 mit Abietinsäure beginnend und auf $S. 240 mit Zucker
schliessend).
184 Literatur und Kritik.
Der zweite Abschnitt bringt (auf S. 241— 270) eine „Ueber-
sicht der Pflanzen, welche die im vorigen Abschnitte be-
schriebenen näheren Bestandtheile liefern. Ebenfalls in
alphabetischer Anordnung (mit Abies beginnend und mit Xantho-
xylum piperitum endigend); in 4 Columnen sind unter und neben einan-
der gestellt: die systematischen Namen der Pflanzen, ihre Stellung im
natürlichen System, die untersuchten Pflanzentheile und ihre wesent-
lichen näheren Bestandtheile, z. B.
Beta vulgaris, Chenopodeen, Wurzel, Zucker und Asparagin.
Brayera anthelminthica, Rosaceen, Blüthe, Harz (Kussin) u. Säure
(Hagensäure).
Coffea arabiea, Rubiaceen, Blatt u. Same, Alkaloid (Kaffein — Thein)
und 2 Säuren (Kaffeegerbsäure u. Chinasäure).
Der dritte Abschnitt gibt (auf S. 271— 275) eine „Ueber-
sieht der Familien, welche die im vorigen Abschnitte ge-
nannten Pflanzen enthalten. Sowohl die Familien als die einzelnen
Pflanzenarten sind in alphabetischer Reihenfolge angeordnet (Algen —
Violaceen , bei den letztern folgen auf einander Erythroxylon Coca, Viola
Ipecacuaha u. Viola odorata).
Die zweite Abtheilung enthält im 1. Abschnitt (S. 279 — 286)
eine Besprechung der zur Ausführung von Pflanzenanalysen erforderlichen
Apparate; im 2. Abschnitt (S. 287—303) die hierzu erforderlichen
Reagentien und im 3. Abschnitt wie schon angegeben (von 8. 304 bis
355, Schluss) den systematischen Gang der Pflanzenanalyse.
Der Verfasser ist der Ueberzeugung, dass hinsichtlich der Reihenfolge der
Anwendung von Lösungsmitteln der Zweck der Extraction am besten
erreicht wird, wenn die Pflanzentheile erst mit Aether, dann mit Wein-
geist und hierauf erst mit Wasser behandelt werden; die Behandlung
geschieht mit kaltem, später mit kochendem Wasser, darauf mit
verdünnter Salzsäure, dann mit verdünnter Kalilauge. Neue
Mengen der Pflanzensubstanz werden zur Prüfung auf aetherische
Oele mit Wasser und zur Aufsuchung flüchtiger Säuren mit (PO°)
saurem Wasser oder zur Ermittelung flüchtiger Alkaloide mit
alkalischem (CaO haltigen) Wasser destillirt.
Ein Register enthält das Werk nicht, da es wegen alphabetischer
Anordnung von drei Viertheilen seines Inhalts registermässig angelegt ist,
Wenn durch diese Anordnung das Nachschlagen auch sehr erleichtert wird,
so trägt dieselbe durchaus nicht dazu bei, dem Leser eine klare An-
schauung über den Zusammenhang der Pflanzenbestandtheile mit dem Ha-
bitus der Pflanzen, mit den natürlichen Familien derselben vor Augen zu
führen und doch gerade darin besteht der hohe Genuss, den die Betrach-
tung des Pflanzenreichs vom chemischen Standpunkte aus gewährt. Ein
wesentlicher Mangel von Wittsteins alphabetischer Uebersicht der näheren
Pflanzentheile ist das Fehlen literarischer Hinweisungen auf gute
Pflanzenanalysen, deren wir in neuerer Zeit doch so manche erhalten
haben. Das Studium einer einzigen solchen Analyse fördert mehr als alle
allgemeinen Schemata, mit ihrem Hinweiss auf B, £, 1—-xu.s.w In
dieser Beziehung ist Rochleder’s Chemie u, Physiologie der
Pflanzen (Heidelberg, K. Winter 1858; nur 154 Seiten) dem Analyti-
ker, welchen es um gründliche Belehrung zu thun ist, auch heute
noch unentbehrlich. Herr Dr. Wittstein hätte, ohne das Volumen sei-
nes Werkes viel zu vergrössern, recht gut bei jedem einzelnen Stoffe den
Namen desjenigen Chemikers erwähnen können, der sich am gründlichsten
mit demselben beschäftigte. Es ist dies heutzutage sogar durchaus noth-
wendig, da Krethi und Plethi mit Pflanzenanalysen auf dem Weltmarkte
Literatur und Kritik. 185
erscheinen und neben alten und neuen bewährten Namen aueh solche von noch
unbekannten Grössen, deren Formeln man ein? mit auf den Weg giebt.
Doch wir wollen das Gute, wie es von dem fleissigen Arbeiter im
Weinberge des Herrn uns geboten wird, im Namen junger Laboranten
dankbar annehmen, in der Hoffnung, dass aus dem im Schweisse des An-
gesichts gepflanzten Reis mit der Zeit ein kräftiger Baum werde. Uns
kommt es nicht lächerlich vor, dass G. C. Wittstein unter den Appa-
raten zum Zerkleinern holziger Wurzeln, Stämme und dicker Aeste auch
einer Axt Erwähnung thut. „Die Axt im Hause erspart den
FRSIE
#
Ergebnisse der Spectralanalyse in Anwendung
auf die Himmelskörper. Von William Huggins.
Deutsch mit Zusätzen von W.Klinkerfues. Mit 18 Ab-
bildungen. Zweiter unveränderter Abdruck. Leipzig, Ver-
lag von Quandt & Händel 1869. VIIL. und 82 Seiten
klein Octav. e
Aus einem von Huggins 1866 auf der Naturforscher - Versamm-
lung zu Nottingham gehaltenen Vortrage, welcher dessen höchst inter-
essanten Untersuchungen der Spectra der Himmelskörper zum Gegen-
stande hatte, ist eine kleine Schrift entstanden, welche Herr Prof. Klin-
kerfues in Göttingen durch eine mit Zusätzen versehene Uebersetzung
dem deutschen Publikum näher zu bringen suchte. Davon liegt nun ein
2. unveränderter Abdruck vor.
Nach einer Einleitung, in welcher Newton’s, Wollaston’s,
Fraunhofer’s und Kirehhof’s Verdienste um die Erkenntniss des
Lichts hervorgehoben werden, folgt eine Classification der Spectra (3 Olas-
sen), darauf eine Erläuterung der Beobachtungsmethode, wobei die sau-
bere Abbildung von Huggins Stern-Spectroscop Fig. 1 und 1° das
Verständniss sehr erleichtert. Sodann geht Verf. zu den Resultaten der
Beobachtung über, zuerst buim Mond und den Planeten, aus denen her-
vorzuheben ist, dass keine Spur einer Mond-Atmosphäre zu
erkennen gewesen, wohl aber dass Jupiter und Saturn eine absorbi-
rende Atmosphäre besitzen und dass in den Atmosphären beider Planeten
wahrscheinlich Wasserdampf vorkomme. Das Fehlen besonderer
Linien im Spectrum der Venus kann dem Umstande zugeschrieben wer-
den, dass das Licht wahrscheinlich nicht von der Oberfläche des Plane-
ten, sondern durch Wolken, die in einer gewissen Höhe über dieser
Oberfläche schweben, refleetirt wird.
Folgen die Fixsterne, die Farben der Sterne, die verän-
derlichen Sterne, die zeitweilig sichtbaren Sterne, die
Nebelflecke, die Cometen, die Messung des „inneren“
Glanzes der Nebelflecke, die Messung der Nebelflecke und
Schlussfolgerungen. Letztere lauten: Die neuen Kenntnisse, welche
durch diese Beobachtungen mit dem Prisma gewonnen wurden, sind:
1) Alle helleren Sterne, wenigstens die glänzendsten, haben eine ähn-
liohe Beschaffenheit, wie die Somne.
2) Die Sterne enthalten elementare Stoffe, welche sie mit der Sonne
und der Erde gemeinschaftlich haben (z. B. die das Meer repräsentirenden
Elemente Wasserstoff, Natrium und Magnesium; manche sind frei von
Wasserstoff und Stickstoff).
3) Die Farben der Sterne haben ihren Ursprung in der chemischen
Zusammensetzung der die Sterne umgebenden Atmosphären,
186 Literatur und Kritik,
4) Die Veränderungen in dem Glanze einiger Sterne sind von einer
Aenderung der Absorptionsstreifen ihrer Speetren begleitet.
5) Die Erscheinungen, welche der Stern in der Krone zeigt, schei-
nen anzudeuten, dass grosse Veränderungen, wenigstens in der physischen
Beschaffenheit dieses Gestirns vor sich gehen.
6) Es giebt am Himmel wirkliche Nebel: diese Gestirne beste-
hen aus einem leuchtenden Gas.
7) Die Materie der Cometen ist der der Nebelflecke sehr ähnlich und
vielleicht mit derselben identisch.
8) Die in den Sternhaufen vorkommenden glänzenden Punkte sind
nicht in allen Fällen Sterne derselben Natur wie die isolirten Sterne.
„Stern unterscheidet sich von Stern in seinem Glanze, jeder Nebel
und Sternhaufe hat seine besondere Zusammensetzung; zweifellos hat sie
der Schöpfer mit Weisheit für einen des höchsten Wesens würdigen Zweck
eingerichtet.‘
‘ Die Zusätze des Uebersetzers bestehen in Betrachtungen über den
Einfluss der räumlichen Bewegung der Sterne auf das Spectrum, über die
Wichtigkeit der Spectralmessungen von Doppelsternen, Annahmen über
die Brechbarkeit der Farben, über den Einfluss der Bewegung der Licht-
quelle bei/Brechung durch ein achromatisches Prisma, über den Hellig-
keitswechsel veränderlicher Sterne und einen Nachtrag über B Cassiope-
jae. Im Betreff seiner Zusätze äussert der Herr Uebersetzer, dass sie
Gegenstände behandeln, welche zur Spectralanalyse der Himmelskörper
in naher Beziehung stehen, so die in neuester Zeit auch von Huggins
versuchte Bestimmung der Geschwindigkeit der Sterne im Raume vermit-
telst des Prismas. Bei der hier nothwendig werdenden Kritik des Prin-
eips, welches unter dem Namen des Doppler’schen bekannt ist, musste
ein etwas grösseres Maass von Fachkenntnissen, als im übrigen Buche
vorausgesetzt werden, welche Zusätze einem Theile seiner Leser nicht
unwillkommen sein möchten.
Im Betreff der Figuren stellt Figur 2 die Speetren von Aldebaran
und & Orionis, verglichen mit dem Sonnenspectrum und den Spectren
der chem. Elemente dar, Fig. 3 das Speetrum des Sirius, Fig. 4 das des
Sternes A von « Herculis, Fig. 5 das des orangefarbenen und des
blauen Componenten von 8 Oygni. Fig.6 das des Veränderlichen w
Cephei, Fig. 7 das des Veränderlichen T Coronae, Fig. 8. u. 9. das
Spectrum des Nebelflecks 37 H. IV. im Drachen, verglichen mit dem
Sonnen-Speetrum und den Spectren von Stickstoff, Wasserstoff und Ba-
ryum, Fig. 10 und 11 Nebelflecken, dem Saturn mit seinem Ringe glei-
chend, Fig. 12 Spiralförmiger Nebelfleck, Fig. 13 Ringförmiger Nebel
in der Leyer mit der Stickstofflinie, Fig. 14 Dumb-Bell-Nebel, desgl.
Fig. 15 Orion-Nebel, Fig. 16 Andromeda-Nebel und Fig. 17 Comet I.
1866, Gestalt und Speetrum desselben.
Das vorliegende Werk verdient es, in den Händen jedes Gebildeten
zu sein, der seinen Geist an den grossartigen Entdeckungen seiner Zeit
erheben will; es wird desshalb auch unseren Lesern aufs angelegentlichste
empfohlen.
Talgg 65
Herbarium normale plantarum officinalium et mercatoriarum.
Normalsammlung der Arznei- und Handelspflanzen in ge-
trockneten Exemplaren, enthaltend eine Auswahl von Ge-
wächsen des In- und Auslandes, welche zum Arzneigebrauche
k
ri
2
ei
. * Bibliographischer Anzeiger für Pharmaceuten, 137
dienen oder zum technischen oder ökonomischen Behufe in
den Handel gebracht werden, so wie von solchen, welche
leicht damit verwechselt werden. Unter Mitwirkung mehrer
Botaniker und Pharmacognosten, herausgegeben von Dr. R.
F. Hohenacker. Vierte Lieferung, aus 160 (165) Arten
bestehend. Kirchheim u. T. beim Herausgeber. 1869.
Die in der Ueberschrift genannte vierte Lieferung der Hohenacker’-
schen Sammlung wird den Lesern dieser Zeitschrift ausführlich angekün-
digt durch eine dem Arch. d. Pharm. Juli- August 1869 beigegebene von
dem Herausgeber selbst herrührende Anzeige, in welcher auch auf die
interessantesten unter den ausgegebenen Species aufmerksam gemacht wird.
Für die Besitzer der frühern Lieferungen bleibt einem Referenten kaum
mehr etwas zuzufügen übrig, als etwa, dass die vorliegende jenen in keiner
Weise hinsichtlich der Güte und Vollständigkeit der Exemplare nachsteht.
Denen, welche die Sammlung Hohenacker’s nicht aus eigener An-
schauung kennen, möchten wir dagegen dieselbe, — und insbesondere die
vorliegende Lieferung aufs wärmste empfehlen. Gründliche Pflanzenkennt-
niss und ausgedehnte Verbindungen setzen den Herausgeber mehr als
irgend einen Andern in den Stand, nicht nur die einheimisehen oder bei
uns leicht zu eultivirenden „officinellen“ Pflanzen im weitesten Sinne des
Wortes zu einer instructiven Sammlung zu vereinigen; sondern ganz
besonders die Schwierigkeiten, auf die er selbst aufmerksam macht, mög-
lichst zu überwinden, welche sich der Erlangung vollständiger Exemplare
exotischer Medieinalpflanzen oft entgegenstellen, von denen meistens nur
die offieinellen Theile oder Producte zu uns gelangen. So brinst denn
die vorliegende Lieferung, gleich den früheren, neben einheimischen und
bei uns eultivirten Arten wiederum eine reiche Auswahl exotischer, meist
wild gewachsener. Von Medicinalpflanzen im engeren Sinne des Wortes
2. B. Polygala Senega L. und die, nach des Herausgebers Ansicht zu der
Senega- Wurzel mit beitragende, in Nordamerika jedenfalls angewandte
P. sanguinea L. — Sarracenia purpurea L. — Die sehr verschiedenen
Formen des Fenchels.. — Convolvulus Scammonia in Originalexemplaren,
um so erwünschter als in den deutschen botanischen Gärten die Pflanze,
zwar dem Namen nach allverbreitet, in Wirklichkeit aber verschwunden
oder doch jedenfalls zur Zeit höchst selten ist. Referent hat sie früher
in Gärten gesehen, seit 10 Jahren aber unter ihrem Namen immer ande-
res, meistens Ipomoea sibirica P. erhalten oder gefunden. — Ferner Cin-
namomum Camphora N., C. ceylanieum malabarieum Rh., u. s. f. Wer irgend
für die Stammpflanzen von Droguen und andern vegetabilischen Producten
Interesse hat, der wird in der Sammlung reiche Belehrung finden. Die
Exemplare sind, wie schon erwähnt wurde, reichlich und gut, Proben der
angewendeten Theile meistens beigegeben. Der Preis ist, bei der Reich-
haltigkeit und trefflichen Ausstattung der Sammlung ein mässiger.
4A. de Bary.
Bibliographischer Anzeiger fir Pharmaceuten.
(October 1868 — Febr. 1869.).
Barla, J. B., Iconographie des Orchidees de Nice et des Alpes - Mariti-
mes. Av. pl. 4. Paris, Savy. 80 Fr.
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BR Aus So
FAR N
188 Bibliographischer Anzeiger für Pharmaceuten.
Carius, L., neue Synthese aromat. Säuren. Mit 1 Taf. Sep. - Abdruck.
Marburg, Elwert. 4 Sgr.
Dragendorff, G., die gerichtl.-chem. Ermittelung von Giften in Nah-
rungsmitteln, Luftgemischen ete. M. eingedr. Holzsehn, St. Petersburg,
Schmitzdorff. 2 Thlr. 20 Sgr.
Ettingshausen, €. v., d. fossile Flora d. älteren Braunkohlenformation
der Wetterau. M. Tafeln. Wien, Gerold. 1 Thlr. 10 Sgr.
Exceursions-Taschenbuch d. Flora v. Göttingen, Münden, Heili-
genstadt ete. Göttingen, Reute. 20 Sgr. '
Fresenius, F. C., die psycholog. Grundlagen der Naturwissenschaft.
Wiesbaden, Kreidel, 24 Sgr.
Häckel, E., Natürl. Schöpfungsgeschichte. M. Tafeln, Holzschn. u. Ta-
bellen. Berlin, @. Reimer. 2 Thlr. 15 Ser.
Le Hon, H., l’homme fossile, 2. &d. av. 100 grav. Bruxelles, C. Muquardt.
2 Thlr. 15 Sgr.
Müller, A., die chemische Zusammensetzung d. gebräuchlichsten Nah-
rungsmittel u. Futterstoffe. 3. Aufl. Fol. Dresden, Schönfeld. 20 Sgr.
Pollender, Entstehen, Entwickelg., Bau u. d. chem. Verhalten des Blü-
thenstaubes. M. 4 Taf. 4. Berlin, Dümnler. 1 Thlr. 10 Sgr.
Regeln der botan. Nomenelatur, angenommen v, d. internationalen botan.
Congress zu Paris im August 1867, nebst Einleitg. v. A. de Can-
dolle. Basel, Georg. 16 Ser.
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Röhl, v., fossile Flora d. Steinkohlen - Formation Westphalens einschliess-
lich Piesberg b. Osnabrück. Liefr. 1. M. 6 col. Taf. 4, Cassel, Fischer.
6 Thlr. 15 Sgr. 5
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Engelmann. 1 Thlr. 15 Sgr.
Rossmässler, E. A., das Süsswasseraquarium. 2. Aufl. Ueberarb. v.
E. A. Brehm. Mit Illustrat. Leipzig, Mendelssohn. 1 Thlr. 15 Sgr.
Russow, E., Beitrag z. Kenntniss d. Torfmoose. M.5 Taf. Dorpat,
Gläser. 20 Sgr.
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legii Sanitatis editum. Hamburg, Mauke Söhne. 1 Thlr. 24 Sgr.
Tageblatt d. 42. Versamml. deutscher Naturforscher u. Aerzte in Dresden
v. 18. bis 24. Sept. 1868. 4. M.ı1 Plan. Dresden, Schönfeld. 2 Thlr.
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z. Pflanzengeographie ete. Leipzig, Engelmann. 1 Thlr.
Zeitung, allgem, balneologische; Monatsschrift f. Balneologie,
Hydrologie u. Klimatologie. I. Jahrg. Neuwied, Heuser. 1 Thlr. 15 Sgr.
Becker, Chr. A., der Boraeit, d. Geheimmittel des Paracelsus gegen
den Stein. 2. Aufl. Mühlhausen, Heinrichshofen. 7'/, Sgr.
Fuchs, M.v., die Wuthkrankheit der Thiere in ihrer Beziehung zum
Menschen. Hermannstadt, Filtsch. 5 Sgr.
Grouven, H., ein Besuch in Asnieres u. Kritik d. dort seit einem Jahre
versuchten Methode zur Reinigung des pariser Cloakenwassers. Berlin,
Wigandt u. Hempel. 8 Sgr.
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Morphologie der Gewächse. Leipzig, Engelmann. 1 Thlr. 26 Sgr.
Lenz, H. O., die nützlichen, schädl. u. verdächtig. Schwämme, m. 74 col.
Abb. auf 19 Steintafeln. 4. Aufl, Gotha, Thienemann. 2 Thlr.
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Bibliographiseher Anzeiger für Pharmaceuten. 189
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des Nil). Leipzig, Brandstetter. 1 Thlr. 15 Sgr.
Pollender, A., Wem gebührt die Priorität in der Anatomie der Pflan-
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Dümmler’s Buchhandlung. 7!/, Sgr.
Rabenhorst, L., Bryotheca europaea. Die Laubmoose Europas gesam-
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Reliquiae Kotschyanae. Beschreib. u. Abbild. e. Anzahl unbeschrieb.
oder wenig gekannter Pflanzenarten, welche Th. Kotschy auf seinen
Reisen in d. Jahren 1837 bis 1839 gesammelt hat, herausgegeb. v. G.
Schweinfurt. M. 35 Taf. u. 1 Portr. 4. Berlin, G. Reimer. 8 Thlr.
Roseoe, Kurzes Lehrb. d. Chemie, deutsch bearb. v. Schorlemmer, mit
Holzschn. u. 1 Spectraltafel. 2. Aufl. Braunschweig, Vieweg u. Sohn.
1 Thlr. 20 Sgr.
Tardieu, A., die Vergiftungen in gerichtsärztl. u. klin. Beziehung.
Deutsch v. Fr. W. Theile u. H. Ludwig. Mit 27 Abbild. Erlan-
gen, Enke. 3 Thlr. 10 Sgr.
Zeitschrift f. Epidemiologie u. öffentl. Gesundheitspflege, herausg.
v. H. Pfeiffer u. H. Schuchardt. Neue Folge. I. Jahrg. 12. Nrn,
Darmstadt, Zernin. 1 'Thlr. 18 Sgr.
Bär, W., Chemie f. Schule u. Haus. Popul. Darstell. d. Lehren d. Che-
mie. Mit 342 eingedr. Holzscehn. Leipzig, Gebhardt u. Reisland. 1 Thlr.
Blomstrand, C. W., die Chemie der Jetztzeit v. Standpunkte der
elektrochem. Auffassung u. aus Berzelius’ Lehre entwickelt. ı. Hälfte.
Heidelberg, C, Winter. 1 Thlr. 6 Sgr. 2. Hälfte. 1 Thlr. 6 Sgr.
Correspondenzblatt d. ärztl. u. pharmaceut. Kreis- Vereins im Kogr.
Sachsen. 6. Bd. 12. Nrn. 4. Leipzig, Gräbner. 21 Sgr.
Falk, F., die sanitätspolizeiliche Ueberwachung höherer und niederer
Schulen u. ihre Aufgaben. Leipzig, Veit u. Co. 24 Sgr.
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delberg, Winter. 1 Thlr.
Müller (von Halle), K., das Buch der Pflanzenwelt. E. bot. Reise
um die Welt. 2 Bde. 2. Aufl. Leipzig, Spamer. 3 Thlr. 10 Sgr.
Pieper, C., Schwemmkanäle oder Abfuhr? Dresden, Bach. 15 Sgr.
Pouillet-Müller, Lehrb. d. Physik u. Meteorologie. 7. Aufl, bearb.
v. J. Müller. In 2 Bden. Mit gegen 2000 eingedr. Holzsehnitten,
15 Taf. u. 1 Photogr. I. Bd. Braunschweig, Vieweg u. Sohn. 5 Thlr.
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1. Heft. Mit 16 eingedr. Holzschn. u. Atlas v. 4 color. Taf, Leipzig,
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Die Rädertbiere. Mit 8 Taf. Leipzig, Felix. 22!/, Sgr.
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16 Taf. A. Leipzig, Engelmann. 5 Thlr. 20 Sgr.
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Braunschweig, Vieweg u. Sohn. n. 1 Thlr. 6 Sgr.
Kolbe, H., ausführl. Lehrb. d. organ, Chemie. Mit in d. Text gedruckt.
Holzschn. (A. u. d. T. Graham-Otto’s ausführl. Lehrb. d. Chemie.
3. Aufl. 3—5. Bd.) 3. Bd.‘ 2. Abth, bearb. y. H. v. Fehling 3.
4. Liefr. Braunschweig b. Vieweg u. Sohn. 1 Thlr.
Mittheilungen, die chem. technischen d. neusten Zeit, ihrem wesent-
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Jahre 1867 — 1868. Berlin, Springers Verl. 1%, Thir.
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Chemie ete. umfassend. 2 Thle. 17. Aufl, Braunschweig, Vieweg und
Sohn. 2%/, Thlr.
1) Physik, physik. Geographie, Astronomie u. Chemie. 1 Thlr.
2) Mineralogie, Geognosie , Geologie, Botanik, Physiologie u. Zoo-
logie. 1"/, Thlr.
Bibliographischer Anzeiger für Pharmaceuten. 191
Zängerle, M., Lehrb. d. Chemie n. d. neuesten Ansichten d. Wissen-
schaft f. d. Unterr, an teehn. Lehranstalten bearb. 2. Abth. Speeielle
Chemie. 1. Liefr. München, Grubert. *%, Thlr.
Ahlers, W., die Notabilitäten der Thierwelt darg. in 6 Bilderkränzen.
Berlin, Wiegandt u. Hempel. 2"/, Thlr.
Brehm, A.E,, illustrirtes Thierleben; eine allgem. Kunde des Thierreichs.
104 — 107. Hft. Hildburgh. bibl. Inst. a 4, Thlr.
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23. Hft. Ebend. & 1/; Thlr.
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3. Aufl, Frankf. a. M. liter. Anst. 2 Thlr.
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Gewerbe. Frei bearb. v. F. Stohmann, fortges. v. B. Keri, 2. Aufl.
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Perey, J., die Metallurgie. Gewinnung u. Verarbeit. d. Metalle u. ihrer
Legirungen in prakt. u. theor., bes. chem, Bezieh. Uebertragen u. bearb.
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Finsch, O., die Papageien, monogr. bearbeit. 2. Bd. Leyden, Brill.
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Jahresbericht über d. Fortschritte auf d. Gesammtgebiete d. Agri-
cultur- Chemie. Fortges. v. E. Peters. 10. Jahrg. Das Jahr 1867.
Berlin, Springers Verl. 2 Thlr. 271/, Ser.
Köstlin, O., Studien zur Naturgesch. d. Menschen u. d. Thiere. Stutt-
gart, Metzler’s Verl. 24 ngr.
Spiller, Ph., Grundriss der Physik nach ihrem gegenwärtigen Stand-
punkte f. Gymnasien, Realschulen, polyt. u. Militär- Anstalten. 4. Aufl.
Berlin, C. Heymann. 2 Thlr.
Mittheilungen aus Justus Perthes geograph, Anstalt über wichtige
neue Erforsch. auf d. Gesammtgebiete der Geographie von A. Peter-
mann. Ergänzungsheft. Nr. 24. 4. Gotha, J. Perthes. 28 ngr.
Die transvaalsche od, südafrikanische Republik, beschrieben v. F. Jeppe.
Schützenberger, M. P., die Farbstoffe, m. bes. Berücksicht. ihrer
Anwend. in der Färberei u. Druckerei. Autorisirte deutsche Uebertrag,
Bearb. v. H. Schröder. 1.Lfrg. Berlin, Gerschel. 2, Thlr.
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Deutsch- engl. franz. Herausg. v. Unverzagt. 2. Aufl. Wiesbaden,
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Lucas, E., Pomologische Tafeln z. Bestimm. d. Obstsorten. System.
Zusammenstell. d. Abbild. d. illustr. Handb. d. Obstkunde v. Oberdiek,
Jahn u. Lucas, nebst kurzem erläuternden Text. 2. Bd. Birnen. Imp.
Fol. Ravensburg, Ulmer. 3 Thlr. (1—3:: 6!/, Thlr.)
Jena im März 1869. BE:#1%£
“
192
Anzeigen.
Verlag von F, €. W. Vogel in Leipzig.
Soeben erschien und ist durch alle Buchhandlungen zu beziehen:
Das Muscarin.
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(Agaricus muscarius L.)
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toxikologische Bedeutung und sein Verhältniss zur Pilzvergiftung im
Allgemeinen
von
Dr. Oswald Schmiedeberg,
Docent der Pharmakologie und Diätetik an der Univ. Dorpat
und
Dr. Richard Koppe,
Assistenzarzt der Universitätspoliklinik zu Dorpat.
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Utile cum dulei. Heft VI.
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J. M. Wettig,
Zinnwaarenfabrikant in Erfurt,
Halle, Druck der Waisenhaus-Buchdruckerei,
ARCHIV DER PHARMACIE
OLXXXIX. Bandes drittes Heft.
A. Originalmittheilungen.
I. Chemie, Pharmacie und chemische
Pharmacognosie.
Ueber Bismuthum valerianieum
von Dr. ©. Schacht, Apotheker in Berlin.
Von den Salzen der Valeriansäure, welche für die Phar-
macie von Interesse sind, hat ©. Stalmann in seiner Un-
tersuchung einiger Salze der natürlichen und künstlichen
Valeriansäure (s. Annalen der Chemie und Pharmacie, Bd. 147,
S. 129) die Zink- und Chininsalze beider Säuren von Neuem
analysirt und in Betreff der Chininsalze gefunden, dass Ver-
schiedenheiten zwischen diesen Salzen, welche nach früheren
Angaben vorhanden sein sollten, nicht existiren. Das dritte
für die Pharmacie wichtige Salz der Valeriansäure, das vale-
riansaure Wismuthoxyd, hat C. Stalmann nicht in den
Kreis seiner Untersuchungen gezogen. Der Wunsch, auch
über die Wismuthoxydsalze der beiden Säuren unterrichtet
zu sein und ferner die bei der Lectüre des American Journal
of Pharmacy (Nr. I. u. II. 1869) mir auffallend erscheinende
Notiz, dass in neuester Zeit Wismuthpräparate in den Handel
kämen, welche mit phosphorsaurem Kalk verfälscht wären,
veranlassten mich, mich mit den Wismuthoxydsalzen der Va-
leriansäuren zu beschäftigen. Bis jetzt habe ich indess nur
das Wismuthsalz der künstlichen Valeriansäure unter-
sucht, werde aber in einer späteren Mittheilung auch die Re-
sultate meiner Untersuchungen über das Wismuthsalz der
Arch. d. Pharm. CLXXXIX. Bds. 3. Hft. 13
194 Ueber Bismuthum valerianieum.
natürlichen Valeriansäure geben. Sowohl Wittstein in
seiner „Anleitung zur Darstellung und Prüfung chemischer n.
pharmaceutischer Präparate“ v. Jahre 1867, als auch Duflos
in seinem „chemischen Apothekerbuch “ v. Jahre 1867, geben
Vorschriften zur Darstellung des Bismuth. valerianieum, welche
zwar von einander abweichen, aber dennoch dasselbe Wis-
muthsalz von der Zusammensetzung 3Bi?03-+ 2C10H%03+ 4HO
geben sollen. Dieses Salz enthält 75,8%, Wismuthoxyd und
3,930), Wasser.
Bei der Analyse des in memer Apotheke vorhandenen
Bismuthum valerianic. erhielt ich folgende Resultate:
1) 0,696 Grm. gaben 0,524 Grm. basisches Chlorwis-
muth oder 0,464 Grm. Wismuthoxyd, also 66,6).
2) 0,544 Grm. gaben 0,408 basisches Chlorwismuth oder
0,361 Wismuthoxyd, also 66,3%).
3) 0,581 Grm. gaben bei 110°C. 0,010 Wasser, also
Ba:
Die grosse sich aus dieser Analyse ergebende Differenz
im Gehalte an Wismuthoxyd gab der Vermuthung Raum,
dass hier möglicherweise die oben erwähnte Verfälschung vor-
läge. Nach der sowohl von Hirsch und Wolff in ihrer
„Prüfung der Arzneimittel“ S. 267, als auch nach der von
Ed. Zapp in seiner „Anweisung zur Prüfung und Aufbe-
wahrung der Arzneimittel“ gegebenen Anleitung untersucht,
zeigte sich das in meiner Apotheke befindliche Bismuthum
valerianicum jedoch als vollkommen rein und revisionsmässig
und enthieit keinen phosphorsauren Kalk. Trotzdem war es
nicht das auch von Hirsch und Wolff acceptirte valerian-
saure Wismuthoxyd der Wittstein’schen oder Duflos’-
schen Vorschrift. Um mich über diesen Punkt aufzuklären,
verschaffte ich mir eine Reihe von Proben von Bismuthum
valerianicum, welche aus den verschiedensten Quellen stamm-
ten, machte von jeder Probe eine Reihe von Analysen und
kam zu dem überraschenden Resultate, dass sämmtliche
Proben verschieden in ihrer Zusammensetzung
waren. Bevor ich die Resultate der Analysen folgen lasse,
bemerke ich, dass sämmtliche Wismuthbestimmungen in der
R en FRA en 7 * PUR A -
ur ET Vo BEREE e PALn e
DE Pi h
Ueber Bismuthum valerianieum. 195
Weise gemacht wurden, dass das Bismuthum valerianicum in
der Wärme in Salpetersäure von 1,18 sp. G. gelöst, die Lö-
sung mit dem gleichen Volumen destillirten Wassers ver-
dünnt, darauf durch Hinzufügen von Ammoniakflüssigkeit
grösstentheils von ihrem Ueberschusse an Salpetersäure
befreit und nach Zusatz von Chlorammonium mit viel Was-
ser versetzt wurde. Der erhaltene Niederschlag wurde auf
ein bei 100°0. getrocknetes und gewogenes Filter gebracht,
bei 100°C. getrocknet und gewogen. Ich untersuchte fol-
gende Proben von Bismuthum valerianicum,
I. Aus der Kgl. Hof-Apotheke in Berlin.
1) 0,730 Grm. gaben 0,574 Grm. basisches Chlorwismuth,
2BiO®+-BiCl? oder 0,508 Wismuthoxyd, also 69,59%,.
2) 0,819 Grm. gaben bei 100°C. 0,030 Grm. Wasser,
also 3,55.
3) 9565 Grm. gaben bei 120°C. 0,030 Wasser, also
5,319,,.
4) 0,319 Grm. gaben 0,644 basisches Chlorwismuth oder
0,570 Wismuthoxyd, also 69,60°,.
HI. Von 8.D. Riedel in Berlin,
1) 0,912 Grm. gaben bei 100° 0. 0,056 Grm. Wasser,
also 6,15%),.
2) 0,852 Grm. gaben bei 120°C. 0,065 Wasser, also
7,63%. |
3) 0,852 Grm. gaben 0,701 basisches Chlorwismuth oder
0,620 Wismuthoxyd, aiso 72,66%).
4) 0,840 Grm. gaben 0,685 basisches Chlorwismuth oder
0,606 Wismuthoxyd, also 72,15°,.
5) 0,968 Grm. gaben bei 120°C., 0,073 Wasser, also
7,55%.
6) 0,836 Grm. gaben 0,689 Grm. basisches Chlorwismuth
oder 0,609 Wismuthoxyd, also 72,85%).
II Von Friedrich Witte in Rostock.
1) 0,965 Grm. gaben 0,905 basisches Chlorwismuth oder
0,800 Wismuthoxyd, also 82,91%.
t3.*
196 Ueber Bismuthum valerianieum.
2) 0,768 Grm. gaben 0,722 basisches Chlorwismuth oder
0,638 Wismuthoxyd, also 83,09°],.
IV. Von E. Schering in Berlin.
1) 0,840 Grm. gaben 0,774 basisches Chlorwismuth oder
0,684 Wismuthoxyd, also 81,43 9/,.
2) 0,721 Grm. gaben 0,671 basisches Chlorwismuth oder
0,594 Wismuthoxyd, also 82,39 °/,.
3) 0,767 Grm. gaben 0,711 basisches Chlorwismuth oder
0,629 Wismuthoxyd, also 82,01 °/,.
V. Von Merk in Darmstadt.
1) 0,796 Grm. gaben 0,565 basisches Chlorwismuth oder
0,4994 Wismuthoxyd, also 62,75%).
2) 0,800 Grm. gaben 0,565 basisches Chlorwismuth oder
0,4994 Wismuthoxyd, also 62,43 °/,.
3) 0,750 Grm. gaben 0,5269 basisches Chlorwismuth
oder 0,4649 Wismuthoxyd, also 61,99%). r
Aus den gegebenen Daten ist ersichtlich, dass bei guter
Uebereinstimmung der verschiedenen Analysen einer Probe,
der Wismuthoxydgehalt sämmtlicher untersuchten Proben von
Bismuthum valerianicum um circa 20°, varürt. Ferner geht
aus den Analysen hervor, dass nicht eine einzige der unter-
suchten Proben von Bismuthum valerianicum die Zusam-
mensetzung des nach Wittstein und Duflos zu erhal-
tenden Präparates hat, welches, wie schon oben angeführt ist,
75,80%, Wismuthoxyd enthält. Die sämmtlichen untersuch-
ten Proben von Bismuthum valerianice. waren amorph und
frei von phosphorsaurem Kalk.
VI Das Bismuthum valerianic. der Pharmaco-
poea Germaniae
ist ebenfalls amorph. Die Vorschrift, welche die Pharmaco-
poea Germaniae giebt, ist die alte von Duflos gegebene
(8. Duflos Apothekerbuch 1857. 8. 590.). Das so erhal-
tene valeriansaure Wismuthoxyd soll nach der Formel
Bi?03,C1°H°03 + 2HO zusammengesetzt sein und demnach
67,64%, Wismuthoxyd und 5,25°, Wasser enthalten.
nn "> Oh ee Var nn « an % -
Se RN IR 3
Ueber Bismuthum valerianicum. 197
1) 0,561 Grm. des nach der Pharmacopoea (Grermaniae
dargestellten Bismuth. valerianic. gaben 0,500 basisches Chlor-
wismuth oder 0,4419 Wismuthoxyd, also 78,78°/,.
2) 0,630 Grm. gaben bei 120°C. 0,006 Grm. Wasser,
also 0,96°%,-
VH. Digerirt man frisch dargestelltes basisch kohlensaures
Wismuthoxyd, erhalten durch Fällung einer Lösung von Wis-
muthnitrat mit kohlensaurem Ammoniak in der Hitze, mit über-
schüssigem Valeriansäuremonohydrat, so erhält man schliess-
lich ein amorphes Pulver.
1) 0,890 Grm. desselben gaben 0,791 Grm. basisches
Chlorwismuth oder 0,6991 Wismuthoxyd, also 78,56°/,.
Die Valeriansäure, welche ich zu den beiden vorherge-
henden und überhaupt zu allen meinen Versuchen angewen-
det habe, ist nicht die sogenannte reine käufliche Valerian-
säure, sondern reines Valeriansäuremonohydrat v. Siede-
punkt 175° C., dargestellt aus der käuflichen künstlichen
Säure durch wiederholte fractionirte Destillation. Nur circa
ein Drittel der käuflichen reinen Valeriansäure, welche schon
bei 100°C. zu sieden beginnt, ist wirklich Valeriansäure.
VII. Arbeitet man genau nach der Wittstein’schen
Vorschrift (S. Wittstein’s Anleitungete. 1867.), so
erhält man ein valeriansaures Wismuthoxyd von krystal-
linischer Beschaffenheit, welches aber nicht nach der
Formel 3Bi?0? -- 201%H°03 + 4HO zusammengesetzt ist.
Dasselbe ist frisch gefällt amorph, wird aber sehr schnell
krystallinisch, was man unter dem Mikroskop sehr gut
beobachten kann.
0,743 Grm. verloren bei 100°0. kein Wasser, gaben bei
120°C. 0,0180 Grm. Wasser, also 2,43%,.
0,530 Grm. gaben 0,4760 Grm. basisches Chlorwismuth
oder 0,4207 Wismuthoxyd, also 79,38%,.
Wiederholt habe ich streng nach der Vorschrift. von
Wittstein Bismuthum valerianie, dargestellt, aber nie ein
Salz von der Formel 3Bi203 + 2C1°H°03 + 4HO erhalten.
A Re TAN
198 Ueber Bismuthum valerianicum.
Es wurde bei der Darstellung stets genau soviel kohlensau-
res Natron hinzugesetzt, dass alles Wismuth gefällt war,
doch wurde auch andrerseits ein Ueberschuss von kohlensau-
rem Natron vermieden, sodass also die Flüssigkeit stets sauer
reagirte. Ich habe von verschiedenen Darstellungen herrüh-
rende Proben von Bismuthum valerianicum der Wittstein’-
schen Vorschrift untersucht und folgende Resultate erhalten.
1) 0,5310 Grm. gaben 0,4750 Grm. basisches Chlorwis-
ımuth oder 0,4199 Wismuthoxyd, also 79,08%.
2) 0,9990 Grm. gaben bei 120°C. 0,0214 Grm. Wasser,
also 2,41%).
Da sich das Valeriansäuremonohydrat in der sauren
Wismuthnitratlösung nur sehr schwer löst, so stellte ich mir
zuerst eine alkoholische Lösung von Valeriansäuremonohydrat
her, goss dieselbe zu der kalten Wismuthnitratlösung, ver-
theilte auf diese Weise die Säure durch die ganze Flüssig-
keit und fällte nun mit kohlensaurem Natron aus. Von dem
auf diese Art schliesslich erhaltenen Präparate gaben
0,5530 Grm. 0,5020 basisches Chlorwasmuth oder 0,4437
Grm. Wismuthoxyd, also 80,23°%,. 0,712 Grm. gaben bei
120°C. 0,020 Grm. Wasser, also 2,81°,. Arbeitet man mit
filtrirten Lösungen sowohl des Wismuthnitrats, als auch des
kohlensauren Natrons, sorgt man für das vollständige Aus-
fällen des Wismuthoxyds, so erhält man einen im ersten Mo-
ment amorphen, schnell aber krystallinisch werdenden Nieder-
schlag, welcher aus mikroskopischen Krystallnadeln besteht,
die oft büschelförmig gruppirt sind. Dieser Niederschlag lässt
sich, wie schon Wittstein angiebt, leicht und selbst mit
heissem Wasser ohne Zersetzung auswaschen. Was nun die
Zusammensetzung desselben anbetrifft, so entsprechen die
erhaltenen Zahlen den aus der Formel 2Bi?03-++010H90342HO
berechneten, welcher 80,69%, Wismuthoxyd und 3,140, Was-
ser entsprechen.
IX. Bismuthum valerianicum
nach der von Duflos in seinem Apothekerbuche v. Jahre
1867 gegebenen Vorschrift dargestellt, ist ebenfalls ein kry-
a
RE ER Fr
Ueber Bismuthum valerianicum. 199
stallinisches Pulver. Diese Methode der Darstellung des
valeriansauren Wismuthoxyds erscheint mir als die einfachste,
giebt aber nicht ein Salz von der Formel 3Bi?0°? + 2C01°H°0°
—+4HO, wie Duflos angiebt, sondern eine Verbindung von
der Formel 2Bi?03 + C!0H°03 + 3HO, welcher 79,46°/,
Wismuthoxyd und 4,630, Wasser entsprechen.
1) 0,5430 Grm. gaben 0,4850 Grm. basisches Chlorwis-
muth oder 0,4287 Wismuthoxyd, also 78,94°/,.
2) 0,4630 Grm. gaben 0,4140 basisches Chlorwismuth
oder 0,3659 Wismuthoxyd, also 79,03°),.
3) 0,794 Grm. gaben bei 120°C. 0,026 Wasser, also
3,28%),.
Von einer zweiten Darstellung herrührend gaben
4) 0,5580 Grm. 0,523 basisches Chlorwismuth oder 0,4623
Wismuthoxyd, also 29;769/5:
5) 0,7220 Grm. gaben 0,6450 Grm. basisches Chlorwis-
muth oder 0,5706 Wismuthoxyd, also 79,04%).
6) 0,952 Grm. gaben bei i20°0. 0,039 Wasser , also
4,19%),.
Das krystallinische valeriansaure Wismuthoxyd hält sein
Krystaliwasser hartnäckig zurück und verliert dasselbe erst
bei 120°C.
X. Setzt man zu einer filtrirten Lösung von 2 Th. basi-
schen Wismuthnitrats in 12 Th. Salpetersäure von 1,180 sp.
G. und von 12 Th. destill. Wasser eine concentrirte wässe-
rıge, neutrale Lösung von valeriansaurem Natron, so entsteht
kein Niederschlag, doch trübt sich die Flüssigkeit durch die
freiwerdende Valeriansäure. Fügt man nun zu dieser trüben
Lösung eine Lösung von kohlensaurem Natron, so erhält man
einen krystallinischen Niederschlag, welcher sich aber sofort
zu einer zähen, amorphen Masse zusammenballt, sobald das
Wismuthoxyd vollständig ausgefällt ist. Die über der zähen
Masse befindliche Flüssigkeit reagirt sauer. Lässt man die
Masse mit der Flüssigkeit 12 Stunden stehen, so ist erstere
ganz brüchig geworden, kann abfiltrirt, ausgewaschen und
getrocknet werden,
200 Ueber Bismuthum valerianicum.
0,5270 Grm. gaben 0,4690 basisches Chlorwismuth oder
0,4145 Grm. Wismuthoxyd, also 78,62°%,. Ein anderes Re-
sultat wird dagegen erzielt, wenn nach dem Ausfällen des
Wismuthoxyds zu der Flüssigkeit noch ein Ueberschuss
von kohlensaurem Natron hinzufügt wird. Es tritt dann,
wie schon Wittstein angiebt, eine partielle Zersetzung des
entstandenen valeriansauren Wismuthoxydes ein und man
erhält schliesslich ein Salz, welches weniger Wismuthoxyd
enthält, als das zuerst erhaltene.
0,5420 Grm. gaben 0,430 Grm. basisches Ohlorwismuth
oder 0,380 Wismuthoxyd, also 70,12°),. Das nach den Vor-
schriften von Wittstein und Duflos dargestellte Bismuth.
valerianicum ist also krystallinisch, während das nach
der Pharmacopoea Germaniae erhaltene amorph ist und bei
der Analyse Zahlen giebt, für welche sich eine einfache For-
mel nicht berechnen lässt. Wahrscheinlich liegt hier nur
ein variables Gemenge von Valeriansäure und Wismuthoxyd,
aber keine chemische Verbindung vor.
Die grosse Verschiedenheit in der Zusammensetzung des
käuflichen Bismuthum valerianicum hat zwei Ursachen.
Erstens wenden die Fabrikanten zur Darstellung des Sal-
zes nicht reine Valeriansäure an, sondern das käufliche eng-
lische Fabrikat, welches nur zum Theil aus Valeriansäure beste-
hend verschiedene andere Säuren der Gruppe der fetten Säuren
mit niedrigerem Kohlenstoffgehalt enthält, sodass also immer
ein Gemisch von verschiedenen Wismuthsalzen resultirt; und
zweitens erfolgt die Darstellung des Bismuthum valerianicum
meistens nach der auch von der Pharmacopoea Germaniae
acceptirten Vorschrift, welche aus den oben angeführten Grün-
den nicht zu empfehlen ist. Da sich nun das Bismuthum
valerianicum als ein vortreffliches Mittel gegen Gastrodynie
in neuester Zeit bewährt hat, so ist es durchaus nothwendig,
dass dieses Präparat stets von derselben Zusammensetzung
nach einer leicht ausführbaren Methode dargestellt wer-
den kann.
Ueber die Prüfung des Brechweinsteins auf Arsenik. 201
Die von Duflos in seinem Apothekerbuch v. Jahre
1867 gegebene Vorschrift für die Darstellung des Bismuthum
valerianicum entspricht diesen Anforderungen.
Ueber die Prüfung des Brechweinsteins auf Arsenik.
Von Chr. Rump in Hannover; (Firma: Rump und Lehners).
Es ist mir nicht möglich gewesen, einen Brechweinstein
anzuschaffen, der nicht nach dem Verkohlen einen Geruch
giebt, mag er nun den Stempel purus oder purissimus von
den Fabriken tragen. Dieser Geruch wird dem Arsen zuge-
schrieben. Die Klage über arsenhaltigen Brechweinstein ist
schon alt, nach Berzelius hat Serullas zuerst darauf auf-
merksam gemacht, Berzelius sagt weiter: „Es stammt aus
dem natürlichen Schwefelantimon, welches fast immer Arse-
nik enthält, indem dieser Körper das Antimon in den mei
sten Verbindungen ersetzen kann. Ich habe schon beim An-
timon angegeben, wie man es arsenfrei erhalten kann.“ Wie-
derholte Versuche haben indess ergeben, dass keine von die-
sen dort angegebenen Methoden ein Antimon von der Reinheit
lieferte, dass der daraus bereitete Brechweinstein die s. g.
Wittstock’sche oder die Geruchs-Probe aushielte. Selbst von
der Wöhler’schen Methode sagt Berzelius: „das so erhal-
tene antimonsaure Kali (oder Natron) ist so gut wie voll-
kommen arsenfrei; aber beim strengen Daraufblasen mit
einem Löthrohr auf die Kohle giebt sich doch gewöhnlich ein
schwacher Geruch nach Arsenik zu erkennen.“
Am vollkommensten für vorliegendenden Fall erschien
mir die von Uapitaine angegebene Methode: den Brechwein-
stein zu verkohlen, eine Zeitlang zu glühen und dann durch
etwas Salpeter die Kohle nieder zu brennen. Aber auch der
aus dem so erhaltenen Regulus bereitete Brechweinstein hatte
den fatalen Geruch beim Glühen.
Die preussische Pharmacopöe verlangt vom Schwefelan-
timon, dass dasselbe vollkommen arsenfrei sei, giebt aber lei-
der nicht an, woher man solches beziehen soll, Unser Schwe-
202 Ueber die Prüfung des Brechweinsteins auf Arsenik.
felantimon von der Caspary-Zeche gilt für arsenfrei, der
Brechweinstein daraus hält indess die Probe nicht.
Es geht die Sage, dass das Arsen beim Abdampfen des
flüssigen Chlorantimons zuerst und vollständig als Chlorarsen
wegginge, man also nach Vorschrift der Pharmacopöe ein
arsenfreies Antimonoxyd erhalten müsste. Ich bin indess
geneigt, der Pharmacopöe nur die Absicht dabei unterzulegen,
die überschüssige Säure zu entfernen. Warum auch eine
andere, da sie ja von vornherein alles Arsen im Schwefel-
antimon ausgeschlossen hat. Jedoch hic haeret aqua.
Unter so bewandten Umständen stelle ich die Behauptung
auf, es giebt keinen Brechweinstein, der nicht beim Verkoh-
len und Glühen einen bemerkbaren Geruch ausgiebt, wenn
man eben nur richtig verfährt und gerade keinen Schnu-
pfen hat.
Um die Probe anzustellen, wird der Brechweinstein erst
fein zerrieben und mit etwa dem halben Theil Uremor tartari
gemischt. Diese Manipulation verhindert das Decrepitiren des
Brechweinsteins und trägt zur Bildung eines lockern kohligen
Rückstandes bei. Das Erhitzen geschieht jetzt ganz bequem
auf einem dünnen Streifen Eisenblech (ein breiter Spatel oder
Bruchstücke von eisernen Fassreifen sind ganz passend), über
der Spiritusflamme. Sobald die letzten Antheile von Empy-
reuma verflogen sind, hat die Erhitzung den richtigen Grad
erreicht, man bewegt den Rückstand aus der Flamme unter
die Nase, er geräth in selbstentzündliches Glühen durch die
ganze Masse und gerade in diesem Moment der Reduction
tritt der Geruch hervor, und nach späterm Erhitzen nicht mehr.
Die Vortheile dieses einfachen Verfahrens liegen darin,
dass man nicht in einem mit Deckel verschlossenen Löffel zu
erhitzen braucht, wobei man nicht im Stande ist, den richti-
gen Moment abzupassen. Was sonst ein Nothbehelf scheinen
könnte, ist gerade das Beste.
Es entsteht allen Ernstes die Frage, ob es möglich ist,
einen Brechweinstein zu beschaffen, der den Anforderungen
der Pharmacopöe entspricht, ob nicht der Geruch, wie er
hiebei auftritt, vom Antimon selbst herstammt im Moment der
Ueber die Prüfung des Brechweinsteins auf Arsenik. 205
Reducirung durch die Kohle unter der feinen Vertheilung.
Jedenfalls hat eine genaue Analyse *) "von 2 Unzen Brech-
weinstein, der wie aller übrige die Geruchsprobe nicht hielt,
keine nachweisbare Menge Arsen ergeben, so dass der Ge-
ruch davon nicht herrühren konnte. Weitere directe Ver-
suche haben mich in dieser Ansicht bestärkt. Es wurde
Kali tartaric. mit 1, /, arseniger Säure in Lösung ver-
setzt und eingetrocknet. Bei der Behandlung auf einem
Eisenblech wie beim Brechweinstein war kein Geruch zu
bemerken, selbst nach dem Daraufblasen mit einem Löthrohre
nicht. Ein Gemisch von 1 Th. Bleioxyd und 3 Th. Oremor
tartari mit Wasser digerirt und unter Zusatz von 1], °/, arse-
niger Säure eingetrocknet und wie der Brechweinstein erhitzt
und verkohlt, gab keine Geruchsreaction. Ebenso negativ
fiel das Resultat aus, als statt des Bleies Wismuthoxyd genom-
men wurde. (Es wäre jetzt noch zu untersuchen, wie stark
der Zusatz sein kann, um eine Geruchsreaction zu erhalten,
Für den vorliegenden Fall genügt aber diese negative Probe,
denn ein halbes Procent ist mehr wie zu viel). Brechwein-
stein mit !/, %/, arseniger Säure in Lösung versetzt und wie
oben behandelt, ergab erst anscheinend keinen specifisch ande-
ren Geruch wie ohne diesen Zusatz, jedoch nach Entfernung
der Probe entwickelte sich in der Nase oder deren Geruchs-
nerven ein paarmal vorübergehend ein penetranter Knob- -
lauchgeruch, der vorher bei hunderten von Proben mit Brech-
weinstein nie aufgetreten war, im Gegentheil war derselbe
für die Geruchsnerven keineswegs unangenehm, eigentlich
aber specifisch und unbeschreibbar. Ich möchte ihn im Ge-
gensatz zu dem Knoblauchgeruch des Arseniks, einen Radies-
ähnlichen Geruch nennen. Es geht hieraus mit Evidenz her-
vor, erstens, dass die Arsenikgeruchsprobe gar so äusserst
empfindlich nicht ist, sondern nur als erster roher Versuch
dienen kann, zweitens, dass der beim Brechweinstein unter
allen Fällen nach dem Erhitzen und Verkohlen auftretende
*) Exact nach der Wöhler’schen Methode: Verpuffen mit Natron-
salpeter ete, vorgenommen,
204 Gehalt der präparirten Bleiglätte an metall. Blei.
Geruch dem Antimon zukommen muss. Es würde also zu
der grossen Achnlichkeit, die das Antimon mit dem Arsen
zeigt, — ich erinnere nur an die respectiven Wasserstoff-,
Schwefel- und Sauerstoffverbindungen, — auch noch der Um-
stand kommen, dass es een entfernt ähnlichen Geruch beim
Verflüchtigen erzeugt, der aber bei seiner minderen Flüchtig-
keit nur unter besonders günstigen Umständen auftritt.
In Dulk’s Commentar vom Jahre 1829. I. Th. S. 940
finde ich noch folgende hieher gehörige Notiz. „Bei der
Probe vor dem Löthrohre erzeugt nun zwar das reine Spiess-
glanzmetall keinen dem Arsenik sich annähernden Geruch, es
erregt aber eine leichte reizende Empfindung auf die Geruchs-
nerven, und dabei, wenn man mehre Sorten Spiessglanz hin-
tereinander vor dem Löthrohre geprüft hat, ein starkes Uebel-
sein, wie nach einem Brechmittel.“
Es ist also schon hier die Andeutung gegeben, dass das
Antimon sich unter Geruchsreactionen verflüchtigt. Dass diese
aber auf das Befinden einen Einfluss geäussert hätten, ist
mir nicht vorgekommen, trotz wiederholter Proben. Für
pharmaceutische Zwecke ist alle Gefahr einer schädlichen Infi-
eirung mit Arsen beseitigt, wenn das zur Bereitung von Brech-
weinstein dienende Antimonoxyd als Algarothpulver ange-
wandt wird, und analytisch kein Arsen nachzuweisen ist. Die
Geruchsprobe muss fortan als beseitigt angesehen werden,
denn sie beweist entweder zu wenig oder gar nichts.
Gehalt der präparirten Bleiglätte an metall. Blei;
von Demselben.
Eben lese ich n Wittstein’s Vierteljahrsschrift Bd. 18,
Heft 2 eine Notiz aus der pharm. Centralhalle, dass in einer
präpar. Glätte 18%, metall. Blei gefunden worden seien; dies
veranlasste mich, einige Sorten des Handels darauf zu unter-
suchen und zwar beste deutsche und englische. In beiden
blieb nach dem Auflösen in Essigsäure etwas metallisches
Die Prüfung des Brechweinsteins auf Arsenik. 205
Blei zurück, das bei 20 Grammen 18 Centigramme betrug,
also 9 pr. mille, allerdings ein bedeutender Unterschied gegen
18 pre, jedenfalls nicht sehr störend und wahrscheinlich
schon dagewesen.
Es muss daher vermuthlich ein Druckfehler zu Grunde
liegen und statt 18%, °/,0°/, gemeint sein, das metall. Blei wirkt
bei der Anwendung der Glätte zu Bleiessig nur vortheilhaft
bei etwaiger Anwesenheit von Kupfer, und bei der Bereitung
des Pflasters wird es sich während des Abkühlens zu Bo-
den setzen. Ganze engl. Glätte war fast frei davon. Dage-
gen will das dabei gefundene !/, pre. schwefelsaures Bleioxyd
nicht so viel bedeuten, um den dort daraus gezogenen Schluss
zu rechtfertigen, dass die fragliche Glätte aus schwefelsau-
rem Bleioxyd gewonnen sei.
Die Prüfung des Brechweinsteins auf Arsenik;
vom Apoth. W. Stromeyer in Hannover.
“
Der Vorwurf, welcher der Prüfung des Brechweinsteins
auf Arsenik durch den Geruch mittelst Verkohlung wohl
nicht mit Unrecht gemacht worden, dass sie nämlich bei sehr
geringem Arsengehalte eine unsichere, leicht, zu Täuschungen
und somit bei den Visitationen leicht zu nicht hinreichend
begründeten Ausstellungen führende sei, hat mich veranlasst,
eine andere rasch und sicher auszuführende Prüfungsmethode
ausfindig zu machen, und ich glaube dabei zu einem erwünsch-
ten Resultate gelangt zu sein.
Löst man 2 Gramme Brechweinsten in 115 Gramme
reiner officneller Chlorwasserstoffsäure von 1,124 sp. Gew.
und sättigt mit Schwefelwasserstoffgas, so wird Schwefelanti-
mon nicht ausgeschieden, wohl aber Schwefelarsen, wenn sol-
ches vorhanden ist, und zwar um so besser, wenn die gesät-
tigte Flüssigkeit einer höhern Temperatur ausgesetzt wird.
Die Trennung der beiden Körper gelingt aber nur be-
quem, wenn die Flüssigkeit hinreichend sauer ist. In
206... Die Prüfung des Brechweinsteins auf Arsenik.
einer Lösung von 2 Grm. Brechweinstein in 100 Grm. der
Säure wurde bereits während der Sättigung mit Schwefel-
wasserstoffgas auf der Oberfläche etwas Schwefelantimon aus-
geschieden, welches sich allerdings beim Erwärmen wieder
löste. Von stärkerer Säure genügt ein geringeres Quantum.
Auch ist es nöthig, das Ableitungsrohr des Schwefelwasser-
stoffapparats zuvor mit Ühlorwasserstoffsäure auszuspülen,
um eine Ausscheidung von Schwefelantimon in dem in die
Flüssigkeit tauchenden Schenkel zu verhüten, und dieses zu
wiederholen, wenn man das Glas zum Umschütteln behufs
der Absorption des «Gases unten weggenommen hat.
Von den verschiedenen Versuchen, welche ich angestellt
habe, will ich nur folgende, die Brauchbarkeit der Methode
hinreichend beweisende anführen:
Von einem Brechweinsteine, welcher auf die Weise berei-
tet worden, dass die Arsen enthaltende Antimonchlorürlösung
vor ihrer Fällung durch Wasser einer Kochung in einer Re-
torte so lange unterworfen war, bis die abtropfende Flüssig-
keit mit Wasser stark milchig sich trübte, und von welchem
etwa 0,3 Grm., auf einem Eisenblech mit den bekannten Vor-
sichtsmaassregeln verkohlt, einen nur sehr entfernten, momen-
tanen, nach Herrn Rump’s Ansicht etwa von verdunstendem
Antimon herrührenden, knoblauchähnlichen Geruch entwickelte,
wurden 2 Grm. in 115 Grm. reiner officineller Chlorwasser-
stoffsäure von 1,124 sp. Gew. aufgelöst, die Lösung mit
Schwefelwasserstoffgas gesättigt und 12 Stunden lang in einer
Sandcapelle stehen gelassen. Es war kein Niederschlag ent-
standen, es hatte sich auf dem Boden des Glases nur ein
weisslicher Anflug von Schwefel gebildet.
4 Grm. dieses Brechweinsteins wurden nun mit 0,002 Grm.,
also mit 2 Milligrammen reiner arseniger Säure innig gemischt,
—= 4,000 des Brechweinsteins.
0,3 Grm. dieses Gemisches der Verkohlung unterworfen,
gaben einen allerdings sehr schwachen, aber dennoch für feine
Nasen unverkennbaren Geruch nach Arsen ab.
2 Grm. des Gemisches, welche also nur 0,001 Grm. (1 Mil-
ligramm) arseniger Säure enthielten, wurde in 115 Grm, reiner
Ueber die Bereitung des Brechweinsteins. 207
Chlorwasserstoffsäure von 1,124 sp. Gew. gelöst und wie oben
angegeben mit Schwefelwasserstoffgas behandelt. Bereits wäh-
rend des Durchleitens des Gases entstand eine Trübung der
Flüssigkeit mit einem gelblichen Scheine, und während der
Digestion in der Sandcapelle hatte sich bereits nach wenigen
Stunden unverkennbares gelbes Schwefelarsen in solcher
Menge abgeschieden, dass die Hälfte desselben auch hinrei-
chend characteristisch gewesen sein würde.
In gleicher Weise waren bereits zuvor zwei Proben mit
einem nach der Verkohlung entfernt nach Arsenik riechenden,
von der Rump & Lehners’schen Droguenhandlung hieselbst
verkauften, aus jenem Grunde von einer Seite aber zurück-
gegebenen Brechweinstein angestellt. Für sich gelöst enstand
durch Schwefelwasserstoff kein Niederschlag, dagegen liess
eine Lösung von 2 Grm. desselben mit 0,004 Grm. arseni-
ger Säure versetzt einen sehr reichlichen gelben Niederschlag
fallen.
Meiner Ansicht nach lässt diese Prüfung des Brechwein-
steins auf Arsen für alle Fälle nichts zu wünschen übrig, und
ist geeignet, die Geruchsprobe aus den Pharmacopöen zu
verdrängen. In wie weit sie quantitativ genau zu ermitteln
behalte ich mir vor,
Den entfernt knoblauchähnlichen Geruch, von welchem
oben die Rede gewesen, bin ich geneigt, doch emer auf an-
dere Weise nicht mehr nachweisbaren Spur Arsenik zuzu-
schreiben.
Ueber die Bereitung des Brechweinsteins;
von Chr. Rump in Hannover,
(Vortrag gehalten in der Versammlung von Apothekern zu Hannover
am 8. Juni d. J.).
Wie so viele Präparate, die früher ausschliesslich in
pharmaceutischen Laboratorien angefertigt wurden, ist auch
der Brechweinstein heutigen Tages fast nur noch ein Erzeug-
niss der chemischen Fabriken. Es hat daher weniger phar-
208 Ueber die Bereitung des Brechweinsteins.
maceutisches als allgemein chemisches Interesse, etwas Neues
über die Bereitungsweise desselben mitzutheilen.
Lässt sich aber noch etwas Neues über einen so viel
besprochenen wie bearbeiteten Gegenstand bringen? Kaum
sollte man es glauben und doch ist es so, ich bitte desshalb
meinem Vortrage einen Augenblick Gehör zu schenken.
Wie Sie wissen, war es der befürchtete Arsengehalt des
Brechweinsteins, der mich veranlasste, diesem Präparate meine
besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Die Resultate mei-
ner Bemühungen habe ich mir erlaubt, bei der grossen Wich-
tigkeit des Gegenstandes in medicinisch forensischer Hinsicht,
Ihnen in einem besonderen Artikel vorzulegen. Ich weiss
nun zwar nicht, ob Sie Alle daraus die Ansicht gewonnen
haben, wie ich und mein verehrter Freund Herr Prollius,
mit dessen Hülfe es mir bei meiner mangelnden Einrichtung
nur möglich war, die umfassenden und vielen Versuche anzu-
stellen, die mich erst zu dem Schlusse führten: „dem Anti-
mon muss ein ähnlicher Geruch wie dem Arsenik zukom-
men.“ Unser Bestreben war nur darauf gerichtet, diesen
Geruch vom Tartarus stibiatus zu entfernen, mochte er nun
so wenig zu bedeuten haben, wie er wolle, item es war Ar-
senik, das nach der bisherigen Annahme damit angezeigt
wurde, und so wenig ich sonst darauf zu geben geneigt
wäre, ob z. B. einem Präparate eine Spur Chlor anhaftet, des-
sen Entfernung ihn gleich fast ums Doppelte vertheuert,
konnte es hier gar nicht darauf ankommen, ob der Brech-
weinstein einen Thaler oder sechs kosten würde, das Arse-
nik musste unter allen Umständen entfernt werden.
So gewagt meine Behauptung auf den ersten Anblick
scheinen mochte, dass das Antimon sich mit einem specifi-
schen Geruche verflüchtigt, da kein Lehrbuch davon weiss,
wurde mir doch bald die Genugthuung durch eine Mittheilung
des Herrn Prof. Dr. Wittstein im München, dass der ver-
storbene Prof. Dr. Buchner schon zu demselben Schlusse
fast mit denselben Aeusserungen gelangt war, in Folge einer
im Jahre 1831 gemeinschaftlich mit Dr. Herberger geführ-
ten Untersuchung des Antimons, die er in seinem Repertorium
Ueber die Bereitung des Breehweinsteins. 209
der Pharmacie Bd. 38. S. 331 —395 niedergelegt hat. Es
scheint diese Entdeckung von dort nicht weiter verbreitet zu
sein, denn sonst hätte Wittstock später nicht mit seiner
nach ihm benannten Arsenikprobe durchdringen können.
Diese meine Untersuchung nun veranlasste mich, alles
auf das Antimon und den Brechweinstein Bezügliche in che-
mischen und pharmaceutischen Lehr- und Handbüchern nach-
zulesen und namentlich die beste Bereitungsweise des Brech-
weinsteins festzustellen. Ich selbst hatte früher nie darin
gearbeitet, aber um so mehr waren mir die Schwierigkeiten
im Gedächtniss, die mir schriftlich und mündlich darüber mit-
getheilt waren. Hauptsächlich musste hierbei zunächst die
Möglichkeit im Auge behalten werden, das im natürlichen
Antimon etwa vorkommende Arsen zu entfernen. Hiezu gab
es nur einen Weg, der bestimmt zum Ziele führen sollte, die
Auflösung des Schwefelantimons in Salzsäure und Abdam-
pfen, bis Chlorantimon überzugehn anfängt. Das Antimon-
metall wird von Chlorwasserstoflsäure nicht angegriffen, ein
Zusatz von Salpetersäure giebt aber Veranlassung zu einer
höheren Chlorverbindung, die eine entsprechend höhere Oxy-
dationsstufe zur Folge hat,
Salpetersäure für sich muss ebenfalls verdünnt und mit
Vorsicht angewandt werden, wenn ein brauchbares Oxyd resul-
tiren soll. Schwefelsäure wäre ein schönes und gutes Lö-
sungsmittel, jedoch lässt sie nicht die sichere Entfernung des
Arseniks zu. So blieb denn nichts anderes übrig als Auflösen
des Schwefelantimons in Salzsäure, wie es unsere Pharmaco-
pöe vorschreibt. Hiezu muss das Antimon aufs Feinste gepul-
vert sein, da die Auflösung ohnehin nur schwierig vor sich
geht, so dass ich mich freute, im Commentar von Dulk eine
Methode angezeigt zu finden, die von Henry 1826 empfoh-
len wurde und ursprünglich aus der Dubliner Pharmacopöe
stammt, nemlich die Salzsäure mit anderthalb Procent
Salpetersäure zu versetzen und damit zu erhitzen. Ver-
- suche, die ich darüber anstellte, gaben ein günstiges Resultat,
die Auflösung ging verhältnissmässig rasch und unter geringer
Belästigung vor sich. Das Verhältniss der Säure zum Schwe-
Arch, d. Pharm. CLXXXIX. Bas. 3. Hft. 14
210 Ueber die Bereitung des Brechweinsteins.
felantimon kann man füglich auf 4%, :1 setzen. Wenn man
hin und wieder umschüttelt, kann man die Hitze zum Kochen
steigern, ohne befürchten zu dürfen, dass eine höhere Oxyda-
tion eintrete, was man daran erkennt, dass die Flüssigkeit
eine gelbe Farbe annimmt.
Nun bin ich an den Punkt angelangt, worauf ich Ihre
Aufmerksamkeit richten wollte, weil er noch nirgends berührt
worden ist. Es giebt bekanntlich zwei Oxydationsstufen des An-
timons, das Oxyd und die Säure; weniger bekannt scheint es
zu sein, dass diese beiden Oxydationsstufen eben so leicht in
einander übergehen, wie z. B. die Oxyde des Zinns und des
Eisens. Aus dieser bisher nicht beachteten Thatsache erklä-
ren sich alle Schwierigkeiten und Widersprüche, die bei der
Darstellung des Brechweinsteins auftreten und auch mir erst
eben so unerklärlich wie verdriesslich waren.
Während nämlich alle vorläufigen Versuche mit frisch
gefälltem Algarottpulver die grösste Löslichkeit in Cremor
tartari unter Bildung von Brechweinstein ergaben, ehe die
Lösungen des Antimons in Salzsäure abgedampft waren, miss-
langen die danach ausgeführten grösseren Proben, nachdem
die beiderseitigen Lösungen, in Salzsäure allein sowohl als
auch die mit geringem Zusatz von Salpetersäure angefertigte,
vorschriftmässig abgeraucht und darauf gefällt waren. Bei
der letzteren Lösung war mir nicht entgangen, dass während
des Abdampfens eine Entwickelung von salpetriger Säure
statt fand, dass also hinterher theilweise eine höhere Oxyda-
tionsstufe sich bilden musste, in Folge dessen auch die Lö-
sung eine dunkelgelbe Farbe annahm (von Eisenchlorid her-
rührend). Die ganze Menge Salpetersäure, die zur Aufschliessung
des Schwefelantimons dienen sollte, war also noch nicht ver-
braucht. Sonach scheint mir die Wirkung der Salpetersäure
auf das Schwefelantimon die Bedeutung zu haben, wie das
Schwungrad in der Mechanik, dass es den todten Punkt auf-
hebt, den das sich entwickelnde Schwefelwasserstoffgas auf
die Einwirkung der Salzsäure darstellt. Waren nun die
frischgefällten Oxyde nicht mehr rein löslich, so waren sie es
um so weniger, nachdem sie mit kohlensaurem Natron behan-
Ueber die Bereitung des Brechweinsteins. 211
delt und getrocknet waren. Die vorher rein weissen, oder
mit einem schwachen Stich ins Gelbliche behafteten, Oxyde
wurden schmutzig und grau. Ehe ich mir diese Erscheinung
zurecht legte, war ich geneigt, die weitern Versuche aufzuge-
ben, jedoch die Nettigkeit der anfänglichen Proben war zu
schlagend und veranlasste mich, nochmals daran zu gehn
und einen ganz aparten Weg einzuschlagen. Zunächst war
es klar, dass das Abdampfen vermieden werden müsse, und
dann steht der Anwendung von mit Salpetersäure verschärf-
ter Salzsäure nichts im Wege, wenn man sich nur nicht
beigehen lässt, das angegebene Verhältniss zu überschreiten.
Also 1 Theil fein präpar. Schwefelantimon und
4!/, Theile rohe Salzsäure, der man auf 100 Th.nur 1'/, Th.
rohe Salpetersäure von 1,300 sp. Gew. zugesetzt hat, werden
unter Umschütteln allmählig erhitzt, zuletzt zum Kochen, wo-
bei sich eine Menge Schwefel abscheidet und noch etwas Schwefel-
antimon ungelöst zurück bleibt, was aus oben angedeuteten
Gründen wünschenswerth ist, um eine directe Einwirkung
der Salpetersäure auf das Chlorantimon zu verhüten. Man
giesst die noch warme Lösung vom Bodensatze ab und wäscht
denselben mit etwas Salzsäure auf einem kleinen Filter aus.
(Das Filtriren der ganzen Flüssigkeit kann man füglich umge-
hen). Nach dem Erkalten, besser wenn man länger absetzen
lassen will, hat sich noch etwas Schwefel und etwaiges Chlor-
blei ausgeschieden, und nun giesst man die so geklärte Lö-
sung in Wasser, soviel als zur Ausfällung des Algarottpulvers
genug ist, was man daran erkennt, dass eine abfiltrirte Probe
auf weiteren Zusatz von Wasser nicht mehr getrübt wird.
Hat man hinreichend grosse Gefässe, so kann man das
Auswaschen erst durch Abgiessen und Aufgiessen von Wasser
besorgen, sonst giebt man den Niederschlag gleich auf Leinen
und wäscht so lange aus (Brunnenwasser reicht hin), bis das
Waschwasser es nicht oder nurnoch wenig sauer reagirt. Darauf
lässt man abtropfen und füllt einen Theil des Niederschlages
in eine Porzellanschale, um die Auflösung vorzunehmen. Sie
sehen, ich habe das vorherige Digeriren mit Natron vermie-
den, durfte aber die noch dem Niederschlage anhaftende Salz-
14*
212 Ueber die Bereitung des Breehweinsteins.
säure nicht aus der Acht lassen. Um diese zu binden, bin
ich zu einem eigenthümlichen Auskunftsmittel gekommen, das
in der Praxis wie in der Theorie nichts zu wünschen übrig
lässt, ich setze so lange neutrales weinsteinsaures
Kali zu (kann zu diesem Zwecke ex tempore bereitet
werden), bis die saure Reaction der Flüssigkeit fast ver-
schwunden ist, und erreiche dadurch zweierlei, erstens die
Wegnahme der frei gewordenen Salzsäure und dann zugleich
die Bildung von Brechweinstein.
Das Verfahren ist danach einfach dieses: Man erwärme
einen Theil des breiigen Niederschlages und setze so lange
Weinsteinpulver zu, bis sich alles gelöst hat, etwaige Flocken
von Schwefelantimon abgerechnet (herrührend von dem Schwe-
felwasserstoff, den die salzsaure Lösung noch enthielt und
den man besser nicht erst entfernt). Dann giebt man wie-
der von dem breiigen Oxyd in Ueberschuss zu und halb so
viel Kali tartaricum etwa als man Weinstein verwandt
hat. Es bildet sich wieder zweifach weinsteinsaures Kali,
das seinerseits wieder Antimonoxyd löst. So verfährt man
successive bis am Ende etwas Antimonoxyd im Ueber-.
schuss bleibt, filtrirt und lässt, wenn nöthig, noch etwas
abdampfen und krystallisiren. Ein Jeder, der diese Methode
einmal nachgemacht hat, wird über die Nettigkeit mit mir
einverstanden sein, mit der die Procedur verläuft. Die Weit-
läufigkeit des doppelten Auswaschens und nachherigen Trock-
nens des Niederschlages fällt weg und die Lösung ist rasch
und voliständig. Dazu ist nur nöthig, dass das Schwefelan-
timon frei von Arsen sei, eine Bedingung, die glücklicher-
weise noch leicht zu erfüllen ist.
Frisch gefälltes Antimonoxyd ist in Weinsteinsäure wie
in Essigsäure leicht löslich, während das mit Natron behan-
delte und getrocknete sich schwierig und nur theilweise löst.
Untersuehung der Ophelia Chirata. 215
u
Untersuchung der Ophelia Chirata;
von Heinrich Höhn, Assistent. am chemisch - pharmaceutischen Institute
zu Jena.
Auf das Ersuchen des Herrn Di. Flückiger in Bern
an Herrn Prof. Ludwig hier, in seinem Laboratorium den
Bitterstoff der Ophelia Chirata aufsuchen und näher unter-
suchen zu lassen, unternahm ich die folgende Arbeit.
Das von Herın Dr. Flückiger zur Verfügung gestellte
Material bestand 1) aus den zerschnittenen holzigen Sten-
geln und 2) aus dem blühenden (theilweise schon mit Saamen-
kapseln versehenen) Kraute und betrug dem Gewichte nach je
3 Pfund von den Stengeln und dem Kraute.
I. Untersuchung der Stengel mit Einschluss
der Wurzel.
Zu einer vorläufigen Untersuchung wurden zunächst
500 Grm. derselben in Arbeit genommen, zweimal mit ca.
60 proc. Weingeist ausgezogen und von den vereinigten
Tineturen der Weingeist abdestillirt. Derselbe besass einen
schwach gewürzhaften, enzianähnlichen Geruch. Vom
Destillationsrückstande wurde der letzte Rest von Weingeist
durch Verdunsten entfernt, die Flüssigkeit erkalten gelassen
und die wässrige Lösung von dem entstandenen harz-
artigen Bodensatze abfıltrirt.
Beide wurden getrennt untersucht und ich will erstere
mit a, letzteren mit b bezeichnen. |
Untersuchung der Flüssigkeit a.
Dieselbe wurde (nach der von Kromayer zur Darstel-
lung von Bitterstoffen mehrfach angewandten Methode) mit
frisch geglühter, mit Wasser gewaschener Knochenkohle
eingedunstet, die Kohle mit kaltem Wasser gewaschen, (die
Waschwässer gaben beim Eindampfen braungefärbten,
syrupartigen Zucker) getrocknet und wiederholt mit
starkem Weingeist ausgekocht. Nach Abdestillation desselben
von den vereinigten Auszügen wurde der hinterbleibende
Rückstand, um etwa noch anhängende Gerbsäuren ete. zu
Et Be Kerr in et *
214 Untersuchung der Ophelia Chirata.
entfernen, mit fein zerriebener Bleiglätte zur Trockne ein-
gedampft, die gepulverte Masse mit Weingeist ausgekocht
und nach Verdunsten desselben der Rückstand mit Aether-
weingeist versetzt. Es erfolgte auch nach 1tägigem Stehen
keine Ausscheidung und es wurde nun nach Abdestillation des
Aetherweingeistes die Masse längere Zeit über Schwefelsäure ste-
hen gelassen, jedoch auch hierbei nichts Krystallinisches erhalten.
Der gelbbraune Rückstand blieb syrup- bis honigdick, besass
einenanfangs schwach säuerlichen, hinterherinten-
siv und lange anhaltenden bitteren Geschmack,
reagirteziemlich stark sauerund reducirte, schon
für sich beim Erwärmen die Trommer’sche Probe.
Als versucht wurde, die Lösung desselben in Wasser, die in
der Wärme ziemlich leicht erfolgte, mit Gerbsäure zu
fällen, wurde nur ein sehr geringer, sich bald harzig zusam-
menballender Niederschlag erhalten, während die Lösung noch
intensiv bitter schmeckte. Da sich demnach die Gerbsäure
nicht als Fällungsmittel des fraglichen Bitterstoffes erwies,
wurde der Ueberschuss derselben durch Abdampfen mit
frischgefälltem kohlens. Bleioxyde zur Trockne und
Auskochen des Rückstandes mit Weingeist wieder entfernt,
die weingeistige Flüssigkeit verdunstet und der Rückstand
nun mit Aether aufgenommen, um zu versuchen, ob bei lang-
samem Verdunsten desselben sich Krystalle zeigen würden.
Es hinterblieb jedoch abermals nur eine syrupartige, sauer
reagirende, bräunlichgelbe, stark bittere Substanz, welche beim
Verbrennen eines Pröbchens auf Platinblech eine nicht unbe-
deutende Menge von kohlensaurem Alkali hinterliess.
Es deutete diess darauf hin, dass wohl das saure Alkali-
salz einer bitteren Säure vorliege und es wurde nun,
behufs Entfernung des Alkalis und Isolirung der ersteren der
Syrup mit einer concentrirten Lösung von Oxalsäure und
hierauf mit Aetherweingeist versetzt und von dem ausge-
schiedenen oxals. Alkali (welches sowohl Kali als Natron
enthielt), abfiltrirt. Die überschüssige Oxalsäure wurde durch
Abdampfen mit frisch gefälltem kohlens. Bleioxyde und
Auskochen mit Weingeist entfernt und es hinterblieb nun
A >
.
Untersuchung der Ophelia Chirata. 215
beim Verdunsten die bittere Säure, frei von Alkali, aber
wiederum in Gestalt eines gelbbraunen Syrups, der auch
nach längerem Stehen keine Spur von Krystallisation erken-
nen liess, durch längeres Erwärmen im Wasserbade nur
unvollständig zur Trockne gebracht werden konnte und sofort
wieder Feuchtigkeit anzog und zerfloss. Es war sonach anzu-
nehmen, dass diese bittere Substanz eine amorphe, bit-
tere Säure sei, syrupartig, ähnlich wie die Milchsäure und
Myronsäure.
Die gelbbraune Farbe konnte ihr durch Behandeln mit
Knochenkohle in weingeistiger Lösung nicht entzogen wer-
den, schien demnach ihr eigenthümlich. Der Geschmack war
zuerst etwas säuerlich, hinterher intensiv und anhaltend bit-
ter, der Geruch (namentlich beim Erwärmen hervortretend)
eigenthümlich, etwa mit dem des Enzians zu vergleichen,
im Uebrigen nur schwach. Die Säure zeigte sich leicht lös-
lich in Wasser, namentlich in der Wärme, jedoch immer nur
eine mehr oder weniger trübe Lösung gebend, völlig löslich
in Weingeist und Aether - Weingeist. Sie reducirte beim
Erwärmen rasch die Trommer’sche Probe, ebenso
Silberoxyd in ammoniakalischer Lösung, wurde
durch Alkalien dunkler gefärbt und gab mit Metallsalzen Fäl-
lungen: mit Eisenchlorid röthlichgelbe, mit schwefels. Kupfer-
oxyd schmutzig - grünliche, mit neutralem und basisch - essig-
saurem Bleioxyde gelbe, namentlich mit letzterem schön und
intensiv hellgelbe Niederschläge. Ich bezeichne diesen sau-
ven Bitterstoff mit dem Namen: Opheliasäure,
Da diese selbst nicht krystallisirte, so wurde nun ver-
sucht, ein krystallisirbares Salz derselben darzustellen. Es
wurde desshalb die wässrige Lösung mehre Stunden lang
mit frisch gefälltem kohlens. Bleioxyd digerirt und das Filtrat,
welches sich bleihaltig zeigte, etwas verdunstet. Nach eini-
ger Zeit hatte sich zwar eine geringe Ausscheidung gebildet,
dieselbe war jedoch durchaus amorph.
Ein anderer Versuch, der nach Entfernung des aufge-
nommenen Bleies durch Schwefelwasserstoff mit frischgefäll-
tem kohlensauren Baryt gemacht wurde, ergab ebenfalls ein
216 Untersuchung der Ophelia Chirata.
negatives Resultat, obgleich etwas Baryt in Lösung gegan-
gen war.
Es blieb nur übrig, um eine zur Analyse geeignete Ver-
bindung zu erhalten, die Lösung mit essigs. Bleioxyde zu
fällen und es wurde, nachdem zunächst durch Bleizucker etwa
anhängende fremde Säure, sowie färbende Substanz gefällt
worden, (was allerdings mit etwas Verlust verknüpft war,
da ein Theil der Säure mit gefällt wurde), das Filtrat mit
Bleiessig völlig ausgefällt und der Niederschlag nach völ-
ligem Auswaschen bei 100°C, getrocknet. Er stellte ein
intensiv hellgelb gefärbtes Pulver dar.
Auch alle übrige, aus den restirenden Stengeln sowie
aus dem Kraute noch erhaltene Opheliasäure wurde in glei-
cher Weise in die Bleiverbindung übergeführt.
Untersuchung des in Wasser unlöslichen Rückstandes b.
Derselbe schmeckte noch stark bitter. Er wurde wieder in
Weingeist gelöst, mit Bleioxyd abgedampft, der Abdampf-
rückstand mit Weingeist ausgekocht und das Filtrat verdunstet.
Es schied sich zunächst wachsartige, grünlichgelb
gefärbte Substanz aus, die von der Lösung durch Filtriren
und Waschen mit kaltem, verdünnten W eingeist entfernt wurde.
Bei weiterem Verdunsten erschienen warzige Anhäufungen,
welche jedoch von weicher, klebriger Beschaffenheit waren und
unter dem Mikroskope als aus lauter kugeligen Tröpfehen
bestehend erschienen. Heisses Benzin entzog denselben
ein gelbbraunes, zähes, nicht bitter schmecken-
des Weichharz und es hinterblieb nunmehr eine inten-
siv bitter schmeckende Substanz, welche auch nach
dem Behandeln ihrer weingeistigen Lösung mit Knochenkohle
nicht farblos, sondern nur dunkelgelb erhalten werden
konnte und beim Verdunsten ihrer Lösung in mässig starkem
Weingeiste in harzigen Tropfen sich ausschied, die nach
einigem Stehen fest wurden und krümlig-krystallini-
sche Beschaffenheit annahmen. Ihre Menge betrug nebst
der, aus den übrigen 1000 Grm. Stengeln auf gleiche Weise
ae
RE N
Untersuchung der Ophelia Chirata. 217
erhaltenen nur 0,219 Grm. Unter dem Mikroskope zeigte sie
bei 300 facher Linearvergrösserung lauter einzelne, noch inten-
siv gelb gefärbte Tröpfchen, die aber eine Andeutung von
krystallinischer Structur erkennen liessen und wie Stärke-
körner aus mehren Schichten und Körnern zusammengesetzt
erschienen. Durch Lösen in Aether und Verdunstenlassen
konnten sie nicht in anderer, deutlich krystallisirter Form
erhalten werden.
Es war daher anzunehmen, dass die fragliche Substanz
der eigentliche Bitterstof, das Chiratin, sei. Dasselbe
zeigte ausser der angegebenen Beschaffenheit folgende Eigen-
schaften. Sehr hygroskopisch, zerrieben ein hellgelbes
Pulver darstellend, schwer löslich in kaltem, etwas leichter
löslich in heissem Wasser, leicht löslich m Weingeist, sowie
in Aether, von neutraler Reaction und intensivem,
lange anhaltenden bitteren Geschmacke, die
Trommer’sche Probe nicht redueirend, mit Gerbsäure
eine starke, weissflockige Trübung gebend.
Nachdem nun durch diesen Vorversuch Andeutungen über
die Natur der bitteren Substanzen der Ophelia, sowie über
den zu ihrer Abscheidung einzuschlagenden Weg erlangt
waren, wurden zunächst, die noch übrigen 1000 Grm. Stengel
in Arbeit genommen und dabei in analoger Weise wie oben
verfahren, nur mit dem Unterschiede, dass sogleich der sämmt-
liche Destillationsrückstand von der Tinctur zur Entfernung
verhandener Gerbsäuren und anderer Säuren, mit frisch
gefälltem kohlens. Bleioxyde eingedampft, der so
erhaltene Abdampfrückstand mit Weingeist ausgekocht wurde,
und dass auch der m Wasser unlösliche Theil des so
erhaltenen weingeistigen Extraetes, nachdem er nur in ver-
dünntem Weingeist gelöst worden war (wobei alle wachsar-
tige Substanz hinterblieb), mit Knochenkohle behandelt
wurde, um ihm den Bitterstoff zu entziehen. Durch Aus-
kochen der letzteren mit Weingeist wieder in Lösung erhal-
ten und durch Behandlung mit heissem Benzin von
noch anhängendem Weichharze befreit, resultirte das Chira-
218 Untersuchung der Ophelia Chirata.
tin in der nämlichen Form und mit denselben Eigenschaften
wie zuvor.
Ebenso wurde aus der wässrigen Lösung des weingeistigen
Extractes durch Abdampfen mit Knochenkohle u. s. w. wieder
der saure Bitterstoff, die Opheliasäure, identisch mit der
zuerst erhaltenen, abgeschieden und schliesslich, wie jene, mit
Bleiessig gefällt, als Bleiverbindung zu näherer Prüfung auf-
gehoben.
Die mehrfach erwähnte, ausgeschiedene, wachsartige
Substanz wurde behufs näherer Untersuchung mehrmals in
starkem Weingeist in der Siedehitze gelöst, filtrirt und durch
Erkaltenlassen und langsames Verdunsten wieder ausgeschie-
den. Sie blieb grünlich gefärbt, reagirte sauer und
zeigte sich unter dem Mikroskope aus feinen kugligen
Tröpfchen, geemengt mit einemin sehr feinen, büsch-
BR ligen Nadelnkrystallisirten,
a grünlichgelben Farbstoffe,
—_-°4, bestehend. Getrocknet stellte sie ein
schwach grünlichgelbes Pul-
ver dar, verbrannte beim Erhitzen
mit kautschukähnlichem Geruche und schmolz
bei 2030,50. Es gelang jedoch nicht, durch
Behandeln mit verschiedenen Lösungsmitteln,
Fällen der weingeistigen Lösung mit Blei-
zucker etc. den krystallisirten Farbstoff rein
zu erhalten.
Um zu sehen, was für Säuren an das
Bleioxyd gebunden waren, mit dem der
wässrige Rückstand von der Destillation
der Tinctur abgedampft worden war, wurde
derselbe unter heissem Wasser vertheilt, durch
Schwefelwasserstoff zerlegt, und das
Filtrat eingedampft. Es konnte, ausser wohl nur zufällig
beigemengten, in schönen Nadeln krystallisirtem Gypse, nur
Eisenlösung bläulich- bis grünlich schwarz fär-
bende Gerbsäure nachgewiesen werden und auch nach
Untersuchung der Ophelia Chirata. 219
dem Sättigen der Lösung zur Hälfte mit Kalk, Hinzufügen
der anderen Hälfte und langsamem Verdunsten wurde kein
krystallisirbares Kalksalz einer anderen Säure erhalten.
I. Untersuchung des Krautes.
Hierbei wurde eine etwas andere Methode eingeschlagen,
begründet auf die Eigenschaft des, aus der Wurzel erhalte-
nen neutralen Bitterstoffes (des Chiratins), durch
Gerbsäure gefällt zu werden.
Es wurde demnach das Kraut (1500 Grm.) zweimal mit
60 procent. Weingeist extrahirt, von den Tincturen der
Weingeist abdestillirt und der wässrige Rückstand mit frisch
gefältem kohlens. Bleioxyde eingedampft. Nach dem
mehrmaligen Auskochen der Masse mit Weingeist und
Abdestilliren desselben von dem Auszuge wurde von der
rückständigen Flüssigkeit aller Weingeist durch Verdunsten
entfernt und durch mehrmaliges Behandeln mit heissem
Wasser eine völlige Trennung in eine wässrige Lösung
a und einen harzartigen Rückstand b bewirkt.
Die Lösung a wurde nunmehr nach dem Filtriren noch
warm mit einer Lösung reiner Gerbsäure, unter Vermei-
dung von zu grossem Ueberschuss der letztern gefällt, der
flockige, gElblich-weisse Niederschlag nach einiger Zeit
gesammelt, gut ausgewaschen und mit frisch gefälltem
kohlens. Bleioxyde zur Trockne verdunstet, hierauf die
gepulverte Masse wiederholt mit Weingeist ausgekocht,
die vereinigten Filtrate in der Wärme mit Knochenkohle,
behufs möglichster Entfärbung, behandelt, der Weingeist zum
Theil abdestillirt und die Flüssigkeit mit Aether versetzt.
Da keine Ausscheidung zu bemerken war, wurde der Aether-
weingeist wieder abdestillirt und die intensiv goldgelb
gefärbte Flüssigkeit, die durch Behandlung mit Knochen-
kohle nicht heller erhalten werden konnte, über Schwefel-
säure langsam verdunsten gelassen.
Der Rückstand stellte eine bräunlich-goldgelbe
harzige Masse dar, beim Zerreiben ein hellgelbes Pul-
ver gebend, neutral, von lange anhaltendem stark bit-
Ba Re: "nie. at
220 Untersuchung der Ophelia Chirata.
teren Geschmack, sehr leicht Feuchtigkeit anziehend und
auch im Uebrigen alle Eigenschaften des aus Stengel und
Wurzel erhaltenen Chiratins zeigend, also jedenfalls mit
demselben identisch. Durch Anwendung anderer Lösungs-
mittel, wie Aether und Uhloroform, konnte es ebenfalls
nicht krystallisirt erhalten werden. Seine Menge betrug nur
0,715 Grm.
Der harzartige Rückstand b des weingeistigen
Extractes wurde n Weingeist gelöst. Die grünlich - braune
Lösung schmeckte noch stark bitter. Bei langsamem
Verdunsten derselben schied sich anfangs noch viel Weich-
harz, mit Farbstoff gemengt, aus. Der Rest desselben
wurde durch Ausziehen der völlig zur Trockne gebrachten
Masse mit heissem Benzin entfernt, die Masse sodann in
Weingeist gelöst, mit Aether versetzt, da keine Aus-
scheidung erfolgte, letzterer abdestillirt, mit Knochenkohle
möglichst - entfärbt und langsam verdunsten gelassen. Nach
längerem Stehen über Schwefelsäure resultirte eine, dem auf
gleiche Weise aus den Stengeln erhaltenen Chiratin ganz
analoge Substanz, an Gewicht 0,44 Grm. betragend.
Es blieb nun noch die vom Gerbsäurenieder-
schlage abfiltrirte Flüssigkeit zu untersuchen.
Die überschüssige Gerbsäure wurde durch Abdampfen
mit kohlens. Bleioxyd etc. entfernt und die Lösung als-
dann mit Bleiessig gefällt. Der erhaltene, reichliche und
voluminöse gelbe Niederschlag wurde nach dem Auswaschen
unter warmem Wasser vertheilt, mit Schwefelwasser-
stoff zersetzt, vom Schwefelblei abfiltrirt und verdunstet.
Es hinterblieb eine ziemliche Menge eines stark sauer reagi-
renden, intensiv bitter schmeckenden braunen
Syrups, der sich ganz so verhielt wie die aus den Stengeln
erhaltene Opheliasäure und mit derselben identisch.
Behufs nochmaliger Reinigung, besonders von einem noch
anhängenden Alkaligehalte, wurde dieselbe nochmals in
Wasser gelöst, mit Bleizuekerlösung versetzt und das
Filtrat sodann wieder mit Bleiessig gefällt, die erhaltenen
Niederschläge wurden gut ausgewaschen und getrocknet,
-
>
Ei
Untersuchung der Ophelia Chirata, 221
Der Niederschlag durch Bleizucker war dunkler gefärbt
und an Menge viel geringer; er enthielt demnach jedenfalls
noch Verunreinigungen; der durch Bleiessig erhaltene erschien
rein gelb.
Das Filtrat von der ersten Fällung mit Blei-
essig endlich wurde durch Schwefelwasserstoff vom über-
schüssigen Blei befreit und eingedampft. Es hinterblieb ein
nur-noch schwach bitterlicher, brauner, viel Zucker enthal-
tender Syrup, aus dem bei längerem Stehen ein Theil des
Zuckers krümlig auskrystallisirte.
UI. Es wurde nunmehr zur Elementaranalyse und
näheren Untersuchung des erhaltenen Chiratins,
sowie der Opheliasäure geschritten und zunächst mit
der Bleiverbindung der letzteren begonnen.
Ein Versuch, durch Behandeln mit heissem Wasser die-
selbe beim Erkalten krystallisirt zu erhalten, ergab wegen.
der. geringen Löslichkeit ein negatives Resultat und es musste
also dieselbe in der durch Fällung erhaltenen Form verwen-
det werden.
Bestimmung des Wassergehaltes:
0,926 Gr. Substanz verlor. nach
dem Trocknen bei 100°C. 0,023 Gr. =2,48%/,
1,047 Gr. Substanz verlor. nach
dem Trocknen bei 100°C. 0,022 Gr.—=2,11%
i 4,59
Im Mittel: = —2,3%, HO,
Bestimmung des Bleioxydgehaltes:
0,350 Grm. lufttr. Substanz ergab an PbO,S0°—= 0,309 Grm,
— 0,2273 PbO — 64,94 °/,, oder auf bei
100° getr. Subst. berechnet: 66,47°/, PbO,
0,873 bei 100° getr. Subst. ergab
an PbO,S0°? = 0,792 Grm. = 66,70%, PbO.
Im Mittel: a — 66,58%, PhO.
Beim Glühen im offenen Porzellantiegei verbrannte die
organ, Substanz vollständig unter Zurücklassung metallischen
a a
222 Untersuchung der Ophelia Chirata.
Bleies mit wenig Bleioxyd. Es wurde desshalb bei der Ele-
mentaranalyse zunächst versucht, im Porzellanschiffchen ohne
Hinzumischen von CuO zu verbrennen.
Zunächst wurde jedoch der geringe, noch anhängende
Stickstoffgehalt bestimmt:
1,00 Gr. lufttrockne Substanz mit Natronkalk geglüht ergab:
0,089 Grm. H?NCl,PtC1?, welche 0,0395 Pt hinterliessen
entsprechend 0,0056 N oder 0,56%, N für lufttrockne Substanz.
Dieser geringe Stickstoffgehalt ist also bei Aufstellung der
Formel nicht in Betracht zu ziehen und als unwesentlich zu
bezeichnen.
Elementaranalyse:
0,873 Grm. bei 100°C. getrockneter Substanz ergaben
bei der Verbrennung, nicht mit CuO gemischt, während nur
die entwickelten Gase über glühendes CuO geleitet wurden:
0,129, HO..==.0,0143H.
u. 0,234 CO? = 0,064 C.
Die Verbrennung war jedoch nicht vollständig und es
hinterblieb ein kohlenhaltiges Bleioxyd im Schiffchen, aus
welchem durch Behandlung mit verdünnter Salpetersäure,
Auswaschen und Trocknen noch 0,076 Kohlenstoff erhalten
wurden.
Demnach hätten 0,373 Grm. Substanz ergeben:
0,0143H = 1,64°/, und 0,064 -+ 0,076 C — 0,140 —
16,019, ©.
oder nach Hinweglas-
Also: sung des Stickstoffs:
PbO — 66,58 66,96 :115 = 0, 6—= 6
E46 01.16 HIETEB 7 2:68 = 0
H4r—,.1,647 65 ee 6
N =!) 0,55
0.715222 30: a ee
100,00 100,00 6PbO,C27H 7037
Da jedoch diese Analyse keinen Anspruch auf Genauig-
keit machen konnte, so wurde eine zweite ausgeführt, so
zwar, dass die Substanz mit Kupferoxyd gemischt erhitzt und
zuletzt Sauerstoffigas übergeleitet wurde:
Va A nn u #6 7
BER. EN nu
Untersuchung der Ophelia Chirata. 225
0,903 Grm. bei 100°C. getrocknete Substanz ergaben:
0,160 HO —= 0,01777 H—= 1,96%, H.
u. 0,512 00? = 0,1396 © = 15,46), C.
Gefunden:
Also: Nach Abzug des N: Berechnet:
E07 76658 7 66,96: 117,5 =. 0,6: = PRO
C=1546 1554: 6 =259=360 15,54
H= 196 197: 1 =197=230H 1,9
Ne 055
0=1545 153: 8 =14=2%00 15,92
100,00 100,00 100,00
Hiernach muss der wasserfreien Opheliasäure die
Formel: C2°H2°0?° zugetheilt werden.
Mit dem durch Bleizucker erhaltenen Nieder-
schlage wurde ebenfalls eine Elementaranalyse vorge-
nommen. *) \
Der Bleigehalt derselben ergab sich zu 58,8%, für bei
100°0. getrocknete Substanz.
Der Stickstoffgehalt konnte wegen Mangel an Material
nicht besonders bestimmt werden, und wurde desshalb im
Verhältniss zu dem des Bleiessigniederschlages zu 0,67),
angnommen.
0,972 Grm. (bei 100°C. getr. Substanz) ergaben bei der
Verbrennung: |
0,152 HO = 0,0169 H — 1,74%.
u. 0,616 00? = 0,168 C = 17,28),.
Aeg.
PbO = 58,80 5920:115 =0,53— 2
C=1728 1740: 6 =29 —=12
H= 1A 15: 1 =-19= 7
N= 0,7
00-2151 1,65: 8 =2n1=1l
100,00 100,00 2PbO,C12H 011,
Die Formel 61?H O4! gäbe Beziehung zur Citronensäure:
C1#95011, Doch konnte solche qualitativ nicht nachgewiesen
*) Die Analyse geschah mit dem auf $. 221 beschriebenen Bleizucker-
niederschlag,
224 Untersuchung der Ophelia Chirata,
werden und es zeigte sich der Bleizuckerniederschlag auch
noch schwefelsäurehaltig; sonach lag unreine Substanz
vor und konnte die Analyse keinen genauen Aufschluss geben.
Leimlösung, sowie Brechweinstein gaben keine Fällungen
mit der Opheliasäure; ebenso veränderte Borax die Lösung
derselben nicht.
Elementaranalyse des Chiratins, (es wurde dazu
das mit Gerbsäure gefällte Chiratin verwendet):
I. 0,215 Grm. über Schwefelsäure getrocknete Substanz
lieferten bei Verbrennung mit CuO im Sauerstoffstrome:
0,158 HO = 0,0175 H—= 8,163%,.
u. 0,409 00? — 0,1116 C = 51,908),.
C=51908:6—=865x6—=519 — 03
Hz—.8.1632 14 816 6b — As y SH
O0 —= 39,929: 8 —= 4,99 x 6 = 29,94 — 030
100,000 — 092948038
Gefunden: Berechnet:
HN) 52,0
H=,,84:63 8,0
0-—53929 40,0
100,000. 100,0.
II. 0,194 Grm. über Schwefelsäure getrocknete Substanz
ergaben:
0,141 HO = 0,1566 H—= 8,07°/, H.
u. 0,363 CO? 0,099 C = 51,03%, ©.
ED Re la
E80: 11 — 800, reihe
0 —= 40,%0:8 = 5,11 x 6 — 0%
100,00.
Das Mittel beider Analysen ergiebt:
Berechnete
Gefunden: Procente:
C=5150:6=858 x6=5145 = 0’? 52,0.
H= 811:1—=811=*6—=4866—=H% 8,0.
O0 — 40,40 : 8 = 5,05 x 6 — 30,30 = 03° 40,0.
100,00. 100,0,
Untersuchung der Ophelia Chirata. 225
Hieraus ergiebt sich also für das Chiratin die Formel:
652445030,
Es wurde nun ein Spaltungsversuch mit dem übri-
gen, durch Gerbsäure gefällten Chiratin angestellt und
dasselbe mit verdünnter Salzsäure 2 Stunden lang‘ im
Dampfbade erwärmt.
Ein Theil war dabei zusammengeballt und hatte sich am
Boden angelegt, zugleich dunklere Farbe angenommen, wäh-
rend ein Theil in Lösung gegangen war und ein eigenthüm-
licher, jedoch nur schwacher Geruch auftrat.
Die Lösung wurde abfiltrirt, behufs Entfernung der über-
schüssigen Salzsäure mit frischgefälltem kohlensauren Blei-
oxyde zur Trockne verdampft, der Rückstand mit Weingeist
ausgekocht und das Filtrat verdunstet. Es hinterblieb eine
bittere, sauer reagirende Substanz, welche die
Trommer’sche Probe redueirte, mit Bleiessig
einen gelben Niederschlag gab und sich ganz
analog der Opheliasäure verhielt.
Als eine Lösung derseiben mit Aetherweingeist versetzt
wurde, um etwa gebildeten Zucker auszufällen, konnte zwar
eine ganz geringe Ausscheidung wahrgenommen werden,
welche auch die Trommer’sche Probe reducirte; dieselbe
besass jedoch keinen süssen Geschmack und lieferte
bei einem Gährungsversuche mit Hefe keine Spur
von Kohlensäöureentwicklung. Mithin war kein
Zucker vorhanden.
Das ungelöst am Boden der Schale sitzende Spaliungs-
product wurde durch Waschen mit Wasser von anhängender
Säure befreit, in Weingeist gelöst und diese Lösung durch
Knochenkohle zu entfärben versucht und die Lösung lang-
sam verdunsten gelassen. j
Es hinterblieb eine gelbbraune, amorphe bittere
Substanz, fast gänzlich unlöslich in kaltem und warmem
Wasser, leicht löslich in Weingeist, neutral, nicht mehr
fällbar durch Gerbsäure, für sich die Trommer’sche
Probe nicht reducirend. Sie mag den Namen Chiratoge-
nin führen.
Arch. d. Pharm. CLXXXIX. Bas. 3. Hft. 15
226 Untersuchung der Ophelia Chirata.
Die Elementaranalyse dieses Chiratogenins ergab folgende
procentische Zusammensetzung:
BB ED 2
H=105:1=105 =4 —=24H.
0772083,..8— 26 =1 = 60.
Gefunden: Berechnet:
0 = 68,7 68,42
iu 10,5 10,52
0= 20,8 21,06
100,0. 100,00.
Das Chiratogenin hätte demnach die Formel: C?°H ?*0 $
und es ginge die Spaltung des Chiratins mn Chiratoge-
nin und Opheliasäure nach der Gleichung vor sich:
C52H 45030 — 02642406 — C264 20020 4 AHO,
Man könnte die Formel des Chiratins also wohl auch
schreiben: (C°?H 026) + 4HO.
Ein Versuch, die Opheliasäure durch Kochen mit ver-
dünnter Salzsäure noch weiter zu spalten, gab ein negatives
Resultat.
Da der bei Weitem grösste Theil des Bitterstoffes der
Ophelia aus der Opheliasäure bestand und nur so wenig
Chiratin erhalten werden konnte, so ist wohl anzunehmen,
dass eine derartige Spaltung desselben schon in der Drogue
selbst stattgefunden habe.
Schliesslich mögen noch die Resultate von Aschen-
analysen der Theile von Ophelia Chirata folgen:
28,0 Grm. Stengel hinterliessen nach dem Trocknen
bei 100°C, 24,5 Grm., Verlust an HO demnach: 12,5%, HO.
60,0 Grm. Kraut hinterliessen nach dem Trocknen
52,92 Grm., Wasserverlust demnach: 11,8%, HO.
10,0 Grm. bei 100°C. getrocknetes Kraut ergaben an
Asche: 0,75 Grm. — 7,5%), = 6,61°/, für lufttrocknes Kraut.
10,0 Grm. bei 100° 0. getrocknete Stengel ergaben an
Asche: 0,37 Grm. — 3,7°/, = 3,24), für lufttrockne Stengel.
Untersuchung der Ophelia Chirata. 227
Die Asche vom Kraut ergab folgende procentische
Zusammensetzung:
Nach Abzug von Sand u.
K0=2722,36%, Kohle auf 100 berechnet:
Na0=7= 7,2413 ,, KO = 28,66
0203744.00), Na0O = 2,73
Mg0 = 5,93 „ 630% — 17,94
Ber0% 2,60, MgO = 7,60
1203 3:38,40, Fe202' = 73,33
SO Al203 — 4,35
27910: Si02 — 6,24
SR a Cl — 209
POS — 9,22 „ S03 — 3,74
O2 944 ‚, POS’ 72 1BS
Sand u. Kohle= 21,97 „ 00? = 12,09
100,160. 100,00.
Nach Abzug
des O für Cl = 0,473
99,687.
Auf Salze berechnet, ergiebt diess:
KOCU7 31,69
K0,50° = 5,96
KCl 5,65
Na0,C02 = 4,67
3Ca0,PO5 — 26,21
Ca0,00?2 = 0,74
CaO 3.02
MgO en)
Fe?O3 —= 3,33
A203 ı u 136
Ssı0? 094
99,57.
192
998
Untersuchung der Ophelia Chirata.
TEN EEE NET
Asche der Stengel von Ophelia Chirata.
procentische Zusammensetzung wurde gefunden:
Nach Abzug des Sandes auf
100 Th. berechn. ergiebt diess:
KO 7428070,
NaO 328,
BROS er N
MeO — 9,96 „
Fe203— 1,75 „
120231028,
SE
Ci Se 1494,
BO22 237700755,
Bo re
C07=°=7195,16 ,
Sand“=-#1.1:69 „
98,67.
K0,C0?
KO0,S03
KÜl
Na0,00?
3Ca0,PO>
Ja0,C0?
GaO
MsO
Fe203
A1203
Ssı02
KO’ Na
Na0. 777609
a0 7710,69
MgO. —= 11,44
Fe20° — 2,01
A103 — 1,47
s02.7 7202
& — 2,22
SOFT
Po5= ewig
02: 1748
99,94.
— 39,05
06:88
ne,
10.36
1686
00
|
nen
2,01
Ey;
— 402
99,45.
Die Berechnung auf Salze ergiebt in 100 Th.:
Re
Die
Untersuchung der Ophelia Chirata. 229
Nachsehrift zu der vorstehenden Untersuchung;
von Dr. F. A. Flückiger in Bern.
Das Chirata- Kraut ist zwar in Europa wenig bekannt und
wird selbst in England keineswegs viel gebraucht, obwohl die
British Pharmacopoeia (1867) ihm eine Stelle angewiesen,
wie auch die Pharm. der Vereinigten Staaten 1866. In Indien
aber erfreut sich Chirata seit sehr langer Zeit eines bedeuten-
den Rufes und wird allgemein in den Bazars verkauft. Un-
ter der grossen Zahl der schon in der ältesten indischen
Arzneikunde, z, B. in Susrutas Systema Medicinae*) (unge-
fähr ein Jahrtausend vor Christus) aufgeführten Heilmittel
fehlt auch Chirata nicht. Sie heisst im Sanskrit Kirata-
tikta, d.h. Bitterkraut der Kiratas, eines unreinen (outcast),
in die Bergländer Nordindiens zurückgedrängten Stammes.
Mit vollem Rechte hat daher dieses Kraut bei den englischen
Aerzten in Indien von jeher Beachtung und nun auch in der
Pharmacopoeia of India (London 1868, p. 148.) Aufnahme
gefunden.
Sonderbarerweise hatte Guibourt **) mehre ältere
Beschreibungen und Abbildungen des in früheren Jahrhunder-
ten aus Indien nach Europa gebrachten Calamus aroma-
ticus, odoratus oder verus auf die Chirata zu beziehen
versucht. Der gänzliche Mangel eines Aromas war allerdings
schon von Guibourt selbst hervorgehoben worden, so dass
die Bemerkungen von Fee und von Royle***) genügten,
um die gänzliche Verschiedenheit der geruchlosen Chirata
vom Calamus darzuthun, obwohl die Geschichte des letztern
noch nicht genügend auigehellt ist.
Die Stammpflanze des in Rede stehenden Bitterkrautes,
Opheliaf) Chirata Grisebach, ist zuerst 1814 von
*) Susrutas Ayurvedas, id est medieinae systema a venerabili
D’Hanvantare demonstratum a Susruta discipulo compositum. Ex
sanskr. in lat. sermon. vertit Fr. Hessler. Erlangae, Enke 1844.
**) Histoire naturelle des drogues simples II. (1869.) 549.
*#*) Royle and Headland, Manual of Materia mediea and thera-
peuties. 1865. p. 529.
7) Von oyelisıy segnen, gedeihen, mit Beziehung auf die Heilkräfte
der Pflanze, .
230 Untersuchung der Ophelia Chirata.
Roxburgh unter dem Namen Gentiana Chirayita, später
auch von Wallich, Don (als Agathotes Chirayta), Wight
und Uleghorn abgebildet und beschrieben worden. Sie
ist eine zierliche einjährige Gentianee der Vorberge des Hi-
malaya von Simla an durch Kumaon bis Nepal verbreitet.
In ihrem allgemeinen Aussehen schliesst sich Ophelia Chirata
sehr nahe unserer Erythraea Centaurium an, immerhin mit
manchen sogleich anzudeutenden Unterschieden.
Die Chirata, welche gelegentlich im englischen Handel
zu haben ist, pflegt von sehr geringer Beschaffenheit zu sein
und vorherrschend nur entblätterte Stengel zu zeigen. Das
von Herrn Höhn verarbeitete Kraut dagegen bestand aus
unversehrten *) und vortrefflich erhaltenen Pflanzen, welche
mit Blüthen, Früchtehen und Wurzeln versehen waren, so
dass sich die wesentlichen Merkmale der Art noch gut erken-
nen liessen. Für die gütige Beschaffung dieses zur Unter-
suchung verwendeten Materials bin ich meinem Freunde Da-
niel Hanbury zum höchsten Danke verpflichtet. Es möge
gestattet sein, dasselbe hier kurz zu characterisiren.
Die holzigen Stengel erreichen eine Länge von 2 bis
3 Fuss und !/, Zoll Dicke; sie sind unten cylindrisch und in
Entfernungen von 1!/, bis 3 oder 4 Zoll knotig gegliedert,
in ihren obern Theilen stumpf vierkantig mit herablaufenden
Leistchen. Die Färbung schwankt zwischen braungelb und
dunkelpurpurroth, die Verzweigungen sind mehr grünlich oder
graulich braun. Häufig ist die Wurzel 2 bis 4 Zoll lang
und doppelt so dick als der Stengel; sie bildet eine meist
einfache mit wenig zahlreichen Fasern versehene Pfahlwurzel.
Stärkere Exemplare zeigen eine knieförmige Biegung der
Wurzel, was vielleicht doch auf eine mehr als einjährige
Dauer hinweist. Die Stengel entspringen vorwiegend einzeln
aus der Wurzel, hier und da fand ich aber auch mehrstenge-
lige Pflanzen. Die zahlreichen verlängerten Zweige entspre-
chen in Betreff ihrer Anordnung der Erythraea Centaurium
*) Es wurde erst bei mir, der bequemern Versendung nach Jena zu-
liebe, geschnitten.
N he N Fe
BEN, BITERT
Untersuchung der Ophelia Chirata. 231
und bilden nach oben eine reiche Trugdolde. Die Einfügung
der Blätter und Blüthen mag gleichfalls mit der genannten
einheimischen Gentianee verglichen werden. Die untern Blät-
4 ter der Ophelia erreichen leicht 3 Centimeter Länge und bis
7 Millim. Breite, die obern nehmen rasch an Grösse ab.
Alle sind spitz lanzettlich, ganzrandig, am Grunde herzför-
mig, und, wie die ganze Pflanze, völlig kahl. Je nach der
Grösse zeigen sie 3, 5 oder 7 Nerven, wovon der mittlere
der stärkste ist. Jede Gabel der Scheindolde ist mit zwei
Stützblättchen versehen.
Die gelbe viertheilige radförmige Blumenkrone ist unge-
fähr 12 Millim. lang, im Grunde etwas drüsig. Der Kelch
bleibt an Länge weit hinter der Krone zurück. Die Frucht
ist eine einfächerige an der Spitze zweiklappig aufspringende
Kapsel mit zahlreichen klemen Samen. Der Blüthe kommt
dieselbe starke Bitterkeit zu, welche die Chirata auszeichnet.
Nur der Holzkörper der stärksten Stengel ist nicht bitter;
er schliesst ein ansehnliches Mark ein. Selbst die Zweige
bieten im Querschnitte einen breiten Ring von verholztem
Prosenchym dar, weichem sie eine entsprechende Starrheit
verdanken.
Der volksthümlichke Name der Drogue lautet in Indien
Creyat und ist auf mehre andere Ophelia- Arten übertra-
gen worden. Hauptsächlich aber scheint Andrographis
paniculata Wallich, (Justicia paniculata Burmann) eine
in Bengalen häufige Acanthacee, unter jenem Namen (oder
eigentlich Kiriatha) verstanden zu werden. Dieses nur 1 bis
2 Fuss hohe Kraut schmeckt gleichfalls äusserst bitter, unter-
scheidet sich aber durch abwechselnde, langgestielte Blüthen,
mit rosenrother zweilippiger Krone. Es stellt übrigens nicht
eine Dolde, sondern eine feine Rispe dar.
Während Ophelia Chirata als dukhani (d. h. südliche)
Chiretta oder Creyat bezeichnet wird, heisst Ophelia angusti-
folia Don im Gegensatze dazu pahari (d.h. aus den Bergen
stammende) Chiretta. Diese Art wächst in denselben Gegen-
den wie die wahre Chirata, besitzt aber beinahe lineale
' R - BET EEE Se
232 Extr. Lupulini aether.
Blätter und weisse, violett gefleckte Blumenkronen, welche
kürzer sind als der Kelch.
Ophelia elegans Wight ee ist in den Bergen
Südindieos zu Hause und wird in den dortigen Bazars als
inländischer (country) Creyat bezeichnet. Sie besitzt blaue
Blüthen.
Die indische Pharmacopöe führt endlich noch die weiss-
blüthige ©. densifolia Grisebach (0. multiflora Dalzell)
an. Alle diese Arten werden als ebenso bitter wie die echte
Chirata geschildert und in der That statt derselben in den
nordwestlichen, centralen und südlichen Provinzen Indiens
gebraucht.
Die Ophelia- Arten ersetzen in ihrer Heimath vollkom-
men die in unsere Praxis eingeführten verwandten Pflanzen
der europäischen Flora, und von diesem Gesichtspunkte aus
dürfte die vorstehende, sorgfältige Untersuchung des Herrn
Höhn pharmaceutisches Interesse darbieten. Pharmacopoeia
of India hat ein Infusum und eine mit Cardamomen und
Orangenschalen aromatisirte Tinctur der Chirata aufgenommen.
Extraetum Lupulini aethereum ;
von Chr. Rump in Hannover.
Das Lupulin entbält den wirksamen Bestandtheil des
Hoptens in concentrirter Form, ist desshalb auch in die Phar-
macopöen aufgenommen und ein häufig beliebtes Heilmittel
geworden. Dieses leidet aber an zwei Uebelständen, erstens,
dass es sich mit der Zeit verändert und dann, dass es in der
Regel mit Sand und Staub verunreinigt ist. Beide Uebel-
stände sind nicht zu vermeiden und schwer ganz zu beseiti-
gen. Gutes frisches Lupulin bildet ein goldgelbes Pulver,
das an warmen Händen sich anhängt und klebrig ist, mit
der Zeit wird es dunkler und trocken anzufühlen, wobei der
anfängliche eigenthümliche Geruch sich abschwächt. Alles
Lupulin des Handels ist der gesammelte Staub von den
Extr. Lupulini aether. 253
Hopfenböden, da ein directes Absieben von dem Hopfen nicht
rentiren würde. Dabei wird denn der Sand gelegentlich mit
aufgenommen und ist nur durch wiederholtes Absieben und
Abstäuben zu entfernen, aber auch nur theilweise. Das beste
so gereinigte Lupulin enthält wenigstens noch 16°, Sand
beigemengt, der sich zwischen den Zähnen und im Mörser
unangenehm bemerklich macht. Der einzige Weg ihn voll-
ständig zu entfernen ist das Abschlämmen mit Wasser. Die-
ses nimmt nun allerdings nur wenig von dem bitteren Stoffe
weg, aber das nachherige Trocknen verdirbt und verschlech-
tert das Product. Selbst von dem reinen Hopfen abgesiebtes
Lupulin kann nicht sandirei sein, da während des Wachs-
thums Staub und Sand sich anhängen müssen.
Angesichts dieser Uebelstände, deren Beseitigung ich
mir sehr angelegen sein liess, ohne zu einem direct befriedi-
genden Resultate zu kommen, kam ich auf die Idee
ein ätherisches Extract von dem Lupulin herzustellen, das
allen Anforderungen entspricht, ein stets gleichmässiges
Präparat liefert und den Aerzten wie den Apothekern
empfohlen werden kann. ;
Frisches, möglichst von Sand gereinigtes Lupulin wird
mit der dreifachen Menge Aether überschüttet und einige
Stunden bei Seite gestellt, dann giesst man auf ein Filter
das Flüssige ab, spült den Rückstand so lange mit Aether
nach, als noch beachtenswerthe Färbung eintritt und destillirt
den Auszug so weit ab, dass nach dem Erkalten ein dünn
syrupartiger Rückstand verbleibt.
Wiederholte Versuche haben mir ergeben, dass derselbe
dem gleichen Gewichte reinsten Lupulins entspricht und eine
gleichmässige Anwendung gestattet. Die beste Form der
Anwendung ist wohl die Pillentorm oder eine Verreibung
mit Zucker, die flüssige Form nicht, da der harzartige Kör-
per sich dem Schlunde anhängt. Dies ist der einzig wirk-
same Bestandtheil, denn die einzelnen Lupulinzellen bleiben
nach der Behandlung mit Aether geschmacklos zurück.
In British medicin. Journal wird folgende Formel von
Dr. Dyce Duckworth empfohlen: Lupuline (oder besser
234 Ueber Taunin. — Verdrahten d. Flaschen,
jetzt Extr. Lupulini aeth.) 2 Unz., Spirit. ammon,. arom. 1 Pint.
Die Dosis ist von 20 bis 60 Tropfen. Er schlägt vor, dies
Präparat Tinct. Lupulini ammon. zu benennen und erklärt
es als ein wirksames Hypnoticum bei Schlaf- und Ruhelosigkeit
in Folge nervöser Reizbarkeit und im Delirium tremens.
Gegen diese Formel ist jedenfalls zweierlei zu erinnern,
erst der unnütze Zusatz des aromatischen Oeles und dann
der zu grosse (Grehalt an Ammoniak.
Notizen
von Otto Facilides in Werdau.
1) Ueber Tannin.
In einem bloss für obsolete Sachen reservirten Kasten fand
ich neulich eine Quantität Tannin, das der früher häufig im
Handel vorkommenden leichten Sorte angehörig direct aus
einer spirituös ätherischen Lösung verdampft, Fett und Harz-
theile enthielt. Weder mit kaltem noch mit warmem Wasser
war eine klare Lösung zu erzielen, Filtriren blieb ohne Erfolg,
so dass mein Bestreben, es verwendbar zu machen, auf diese
Weise erfolglos war.
Um ein den Wünschen der Pharm. German. entsprechen-
des Product zu erhalten, übergoss ich 6 Theile dieses Tannin
mit emem Gemische aus 18 Thl. Aether, 41/, Thl. Alkohol
und 9 Thl. Wasser, brachte das Gefäss emige Augenblicke
in eine Schale mit heissem Wasser, so dass eben der Aether
zu kochen begann, und überliess hierauf die Flüssigkeit der
Ruhe. Nach einiger Zeit hatte sich ein gelblich weisser,
bloss in reinem Aether löslicher Niederschlag gebildet, der
durch Filtriren getrennt wurde. Die klare Flüssigkeit, nach
Wiedergewinnung des Aethers und Alkohols, unter den bekannten
Cautelen verdampft, lieferte ein streng vorschriftmässiges Tannin.
2) Beim Verdrahten der Flaschen mit mussi-
renden Getränken
zur Zeit benutzte Zangen sind mit einer scheerenartigen Vor-
richtung zum Abschneiden versehen, leiden aber an dem
Regale von Säuregefässen. — Bismuth. valerianie. 235
Uebelstande, dass sie, wenn auch sonst noch verwendbar,
nach einiger Zeit hinsichtlich der Schneiden untauglich sind.
Diesem Uebelstande lässt sich leicht mit wenig Kostenaufwand
dadurch begegnen, dass die Zangen mit Stahlbacken verse-
hen werden, welche bei Bedürfniss mit neuen auszutau-
schen sind.
3) Regale der Säurengefässe
werden durch nebenbei fliessende Säuren meist angegriffen
und unscheinbar. Um diess zu vermeiden, hat man bei
kleineren Gefässen häufig Untersetzer aus dem verschieden-
sten Material angewendet. Da wo dieses nicht der Fall, und
besonders in den Lagerräumen, fand ich es zweckmässig,
die ganzen Bretter, respective die betreffenden Stellen, mit
einem möglichst homogenen Paraffinüberzug zu versehen.
Bei lackirtem und polirten Holze lässt sich dieses Ver-
fahren weniger gut anwenden, vortheilhafter hingegen bei
rohen Brettern. Im ersten Falle sind untergelegte Cigarren-
brettchen zu empfehlen, die, zu dem Zwecke wie jedes andere
Holzstück so warm als möglich gemacht, (ohne mehr Scha-
den als Nutzen zu erzielen) mit der geschmolzenen Masse zu
wiederholten Malen gut eingerieben werden, bis überhaupt
kein Aufsaugen mehr erfolgt und die ganze Oberfläche mit
einer gleichmässigen Decke versehen ist.
So behandelte Unterlagen wiederstehen ganz vortrefflich
den Einwirkungen der Säuren und Alkalien geraume Zeit.
Zusatz zu der Abhandlung über Bismuthum
valerianiecum auf Seite 193.
von Dr. €. Schacht.
Bismuthum valerianicum von Trommsdorff in
Erfurt.
1,0360 Grm. gaben 0,7450 Grm. basisches Chlorwismuth
oder 0,6585 Grm. Wismuthoxyd, also 63,560, BiO3.
1,601 Grm. gaben bei 120°C. 0,0990 Grm. Wasser, also
6,19%, HO.
a Fee a nn Dee "- FISHER
- > er
236
II. Hiygiene.
Ueber Desinfectionsmittel;
von W, Procter,
Die aus zersetzten organischen Stoffen herstammenden,
sogenannten Effluvien geben, durch die Athmung, oder mit
den Nahrungsmitteln in den Organismus gelangend,
zur Entstehung einer grossen Reihe von Krankheiten,
wie Typhus, Cholera, Wechselfieber, Masern ete. Anlass.
Die Producte dieser Zersetzung organischer Stofle sind
durch ihren fötiden Character einerseits und die Unbeständig-
keit ihrer chemischen Zusammensetzung anderseits ausgezeich-
net; beide Eigenschaften nehmen der Complieirt-
heit dieser organischen Verbindungen proportio-
nal zu, und scheint dasselbe hinsichtlich der Ge-
fährlichkeit dieser Emanationen zu gelten. Während
jedoch auch die Endproducte der Fäulniss, wie Schwefel-
wasserstoff', Schwefelammonium ete. der Gesundheit nach-
theilich sind, bringen sie die obengenannten, zymoti-
schen Krankheiten nicht hervor, sondern versetzen durch
Ausschliessung des Sauerstoffs der Luft den thierischen
Organismus in einen Zustand ven Depression, Prostration und
geringerer Widerstandsfähigkeit den Effluvien gegenüber.
Als solche werden wir daher vielmehr die intermediären und
unbeständigen chemischen Verbindungen, welche bei der Fäul-
niss resultiren, zu betrachten haben.
— Die Entstehung von Blutvergiftung auf diesem Wege hat
H. Barker experimentell bewiesen, indem er die aus einem
Teiche entweichenden gasförmigen Producte in Glasbehälter,
worin Thiere befindlich waren, leitete. Letztere erkrank-
Ueber Desinfeetionsmittel. 237
ten sämmtlich unter Fieber und starben in einer
Luft, welche 4,2 pro Mille HS enthielt. In schlecht
ventilirten Wohnungen der Armen, und in der Luft der Städte
überhaupt, sind die Effluvien in Form kleinster, zuweilen so-
gar mikroskopisch nicht zu isolirender Bildungen organischen
Ursprungs enthalten, welche als Erreger der durch ihre Con-
tagiosität gefährlichen zymotischen Krankheiten durch Dun-
das Thompson, Pasteuru. A. nachgewiesen worden
sind. Pasteur leitete dgl. Luft (mit Hilfe des Aspirators
durch mit Schiessbaumwolle gefüllte Glasröhren) und erhieltnach
Auflösung der Nitrocellulose eime Flüssigkeit, im welcher eine
ganze Reihe niedrigster Organismen, wie Mo iind en, Amoe-
benetc. aufgefunden werden konnten. Dasselbe Resultat ergab
die Untersuchung der von Sümpfen exhalirten Luft, und wurde
zugleich constatirt, dass in dieser Luft Milch sofort
sauer und Fleisch faulig, also Gährung eingeleitet wurde.
Diese kleinsten, in der Luft der Städte oder derjenigen
Orte, wo organig&he Stoffe faulen, überhaupt suspendirten Bil-
dungen organischer Natur, nehmen nicht nur ihrer Menge nach,
der Höhe der in Rede stehenden Luftschichten umgekehrt
proportional zu und ab, sondern variiren auch ihrer Art
nach, je nach ihrer Bildungsstätte. So stellen die in der Luft
von Krankensälen, oder in der Nähe der Mauern von Hospi-
tälern aufgefundenen kleinsten Keime nach Chalvet und Ei-
selt, eigenthümliche, vertrockneten Eiterkörperchen ähnliche
und nur in der Hospitalluft auftretende Bildungen dar. Die
Luft höherer Gebirge, z. B. der Alpen, ist von dgl. Effluvien
uud kleinsten Organismen fast vollkommen frei. Als Prototyp
dieser Bildungen mag die Zelle der Pockenlymphe: (—
also nicht etwa ein gasförmiges Product, —) welche von einem
Organismus auf den andern verpflanzt, ihre Vitalität und die
Fähigkeit, sich innerhalb dieses Organismus selbst zu regene-
riren im allerhöchsten Grade besitzt, und letztere vorsichtig
aufgehoben, eine Zeitlang auch ausserhalb des Thierkörpers
bewahrt, gelten. Man kann sich hiernach eine zweifache Wir-
kungsweise des die sogenannten zymotischen Krankheiten
erzeugenden Virus denken, nemlich entweder
238 Ueber Desinfectionsmittel.
1) eine solche, dass die inden Organismus ge-
langenden kleinsten Keime sich unendlich rasch
und in solehen Mengen vermehren, dass die nor-
malen Bestandtheile des Thierkörpers gleichfalls
in Bildungen derselben Art zu zerfallen schei-
nen; oder
2) eine katalytische d.h. solche, wobei die kleinsten
Mengen des in das Blut gelangenden Virus eine als
Sepsis, oder Fäulniss bezeichnete Zersetzung
desselben einzuleiten im Stande sind.
Der letztere Vorgang ist in seinen Phasen kaum
der Hauptsache nach genauer studirt worden, wenn-
gleich Purkinje bereits nachwies, dass der bei der Cholera
im Blute kreisende Harnstoff durch Contactwirkung
einer als „Extractivstoff“ bezeichneten, specifischen Materie in
das giftige kohlensaure Ammoniumoxyd verwandelt
wird, und es eine allgemein bekannte Thatsache ist, dass in
das Blut von Hunden injieirter Eite, Jauche etc.
eine Vergiftung des Thieres unter typhösen Er-
scheinungen zu erzeugen im Stande ist. Einen gleichen
Effect haben nach Sanderson’s, Davaine’s und Salis-
bury’s Untersuchungen, kleinste in der Luft, — welche
desswegen eine septische genannt wird, — suspendirte Bil-
dungen organischen Ursprungs: Infusorien, Pilzsporen u. s. w.
welche, auf die Eingangs bezeichneten Weisen in den Or-
ganismus gelangend, die sogenannten „zymotischen“
Krankheiten hervorzubringen im Stande sind,
so,dass je nach der Species dieser Krankheits-
erreger, Krankheiten von verschiedenartigen Er-
scheinungen begleitet und mit verschiedenen Na-
men belegt, zum Vorschein kommen. Hierher gehören die
von Davaine im Milzbrandblute der Schafe entdeckten
Bacterien, das von Salisbury während des amerikanischen
Bürgerkrieges im fauligen, den Soldaten gelieferten Stroh
als Ursache des Wechselfiebers nachgewiesene Penicilium,
dessen Existenz übrigens in neuester Zeit von Dr. Wood-
ward, Arzt in der U. St. Army, in Abrede gestellt worden
Ueber Desinfeetionsmittel. 239
ist. Die von Snow in England und Hallier in Deutschland
behauptete Genese der Cholera, Syphilis, der Pockenetc.
aus Sporen verschiedener Pilzspecies und die hierauf bezüg-
lichen sogenannten Culturversuche harren gleichfalls noch
der Bestätigung. Die Möglichkeit nämlich, dass diese Spo-
ren etc. nicht die Ursache, sondern vielmehr das durch die
genannten Krankheitsprocesse gesetzte Product seien, ist dabei
ganz aus dem Auge verloren worden. Dass besonnene und
durch exacte Forschungen bekannte Männer der Wissen-
schaft, nicht nur in Deutschland, sondern auch anderwärts sich
diesen Pilztheorien gegenüber sehr reservirt verhalten, resp.
dieselben theilweise für unhaltbar betrachten, mag folgende
unter dem Titel: „a complaint again it fungi“ von
Erasmus Wilson, Professor der Anatomie, gegebene witzige
Auseinandersetzung beweisen. (British med. Journ. 4. April
1868.). „Die Pilztheorie nahm mit den Dermophyten Gruby’s
ihren Anfang und verstand es, sich in die Deutung aller mög-
lichen Krankheiten einzunisten. Das war ein Gedränge, neue
Genera und Species aufzustellen; ein jeder Forscher, von
Schönlein und Audouin an, hatte seinen Lieblingspilz.
Ein neuer Ritterorden, in der ganzen Christenheit verbreitet,
schien aufzublühen, und jeder Pilz-Ritter in Europa und Ame-
rika erklärte seinen eignen (Leib-) Pilz für den schönsten
(loveliest) unter allen. Doch sollte es noch besser kommen.
Eine neue Schule von Naturforschern wollte beweisen, dass
alle Varietäten der Pilze nur in den Verschiedenheiten ihres
Wohnortes beruhten, und es eigentlich nur einen Pilz gebe,
der auf verschiedene Brutstellen verpflanzt, sich zu den diffe-
renten Pilzen entwickele, welche unachtsame und oberfläch-
liche Beobachter für eben soviele eigene Species erklärt hat-
ten. Als der auswendige Mensch erschöpfend untersucht
war, kam der inwendige daran und die Entdeckungen häuften
sich wieder. ÜCholera-, Diphteritis-, Syphilispilze, Pilze in
internen ÜUysten, Pilze bei der Gonorrhöe wurden beschrieben.
Der Tripperpilz machte das Maass des Blödsinnes (Ab-
surdity) voll. Vor zwanzig Jahren schon kannte man die
Natur und Beziehungen von Pilzen zu sich zersetzenden orga-
re)
240 Ueber Desinfectionsmittel. -
nischen Stoffen recht wohl; zwanzig Jahre sind seitdem ver-
gangen und die Wissenschaft ist, was ihren Stand im der
Pilzfrage anlangt, nicht vorwärts, sondern rück-
wärts gegangen.“ Soweit Wilson, dem die neuesten
Publicationen Halfords in Melbourne über das Gift der
Cobra di Capella entgangen zu sein scheinen. Halford
nimmt nemlich an, dass das Gift der genannten Schlange in
Zellbildungen thierischer Natur, welche mit dem Secret die-
ses Thieres vermöge des Giftzahnes dem Opfer inoculirt wer-
den, bestehe. Wie die Pflanze Sauerstoff und mineralische
Bestandtheile zu ihrer Fortentwickelung bedürfe, so der thie-
rische Stoff, Ferment oder wie man es nennen will, Sauer-
stoff und organisches, resp. animalisches Material, in dem
-Blute des Thieres und dem zur Oxydation des Ersteren noth-
wendigen Sauerstoffe bestehend. Der tödtliche Ausgang bei
der Vergiftung durch Schlangenbiss erfolgt daher durch
Asphyxie. In einer zweiten jüngst erschienenen Fortsetzung
berichtet Halford, die als Träger der Giftwirkung anzuspre-
chenden Zellen seien, wenn eine trächtige Katze von der Cobra
gebissen worden sei, auch im Blute des Fötus aufgefunden
worden. Was nun die antiseptischen und antizymo-
tischen Mittel anlangt, so sind dieselben dreifacher Art,
nemlich entweder
1) oxydirende Desinfectionsmittel; oder
2) Mittel, welche die organische Materie in für
Oxydation oder anderweitige Zersetzung ungün-
stige Verhältnisse versetzen; oder endlich
3) reine empirische, d.h. weder zu 1, noch zu 2
gehörige Mittel.
Ausserdem nimmt Procter noch fixirende Desin-
fectionsmittel d.h. solche, welche, wie Burnett’s Flüs-
sigkeit, sich mit dem gasförmigen Fäulnissproducte zu nicht
flüchtigen, daher die Luft nicht verpestenden Körpern ver-
binden, an. In dem Maasse, wie unsere Kenntnisse über die
hier in Frage kommenden Processe exacter werden, werden
jedenfalls auch die Mittel, welche die Wirkungen derselben
aufheben sollen, an Einfachheit und Zuverlässigkeit gewinnen.
Ueber Desinfectionsmittel. 241
Unter den oxydirenden Potenzen steht selbstver-
ständlich der Sauerstoff in der allotropischen Mo-
dification des Ozons obenan. Am vollkommensten
geht der in Rede stehende Process bei der Verbrennung mit
Hilfe des Sauerstoffs der Luft von statten. Nach den che-
mischen Vorgängen hierbei richtet sich die Anwendbarkeit
der Desinfectionsmittel 1. Ordnung überhaupt; da-
durch dass ihre hauptsächlichste Einwirkung den gas-
förmigen Fäulnissproducten, nicht der sich zer-
setzenden Substanz selbstgilt, oder mit -anderen
Werten: dass sie den Gestank, nicht die diesen
bedingenden Materien zerstören einerseits, und durch
ihre Kostspieligkeit anderseits, wird jedoch die Anwendbar-
keit der oxydirenden Antiseptica denjenigen der 2, Unterab-
theilung gegenüber um so mehr eine beschränkte sein müssen,
als, wie bereits angedeutet wurde, Desodorisation und
Desinfeetion keinesfalls identisch sind. Denn ein
Zusammenhang zwischen der Genese von Infeetionskrankhei-
ten und dem Bestehen stinkender Stoffe ist durch nichts
erwiesen, wenngleich hiermit nicht behauptet werden soll,
dass die an Orten, wo sich Unreinigkeiten anhäufen, sich
entwickelnden Miasmen im concentrirten Zustande keine Krank-
heiten erzeugten; ob sie es, mit reiner Luft verdünnt, vermö-
gen, ist sehr fraglich.
. Balpetrige Säure, welche viel lose gebundenen Sauer-
stoff enthält, oxydirt direct, Chlorgas indirect, indem es Sauer-
stoff frei macht. Die salpetrige Säure wurde bereits in Form
von Dämpfen 1785 von Carmichael Smith zu Win-
chester bei herrschendem pestilentialischen Fieber als
Desinfectionsmittel mit Vortheil angewendet. Die genannte
Säure zerstört die organische Substanz sehr vollständig; den-
noch ist sie ihrer sonstigen Eigenschaften wegen zum Desin-
fieiren in Wohnräumen gegenwärtig nur selten im Gebrauch,
Sie reizt nemlich nicht nur die Luftröhrenschleimhaut in
bedrohlicher Weise, sondern liefert auch mit dem Kalk der
Wände und dem Balkenwerk der Wohnungen zerfliess-
liche Verbindungen, welche dadurch der Entstehung von
Arch. d, Pharm, CLXXXIX. Bds. 3, Hft. 16
242 Ueber Desinfeetionsmittel.
Feuchtigkeit und damit dem abermaligen Umsichgreifen von
Infectionskrankheiten Vorschub leisten. (Crookes).
Das Chlor, wiewohl bereits Berthollet 1774 seine
desinficirenden Eigenschaften erkannt hatte, wurde doch erst
weit später von Guyton Morveau und Dupuytren
practisch verwerthet. Es zerstört alle zu Zersetzung
neigende organische Materie mit grösserer Ener-
gie, als der Sauerstoff selbst, wahrscheinlich deswegen,
weil es den letzteren in statu nascendi wirksam macht. Dass
dagegen Uhlor belebte Materie weniger stark an-
greift, beweist der Versuch von Crookes, welcher Käse-
maden und sehr stinkenden Käsein Schwefelammon
legte und dann Uhlorgas darüber streichen liess.
Aller Gestank wurde alsbald zerstört, während weit längere Zeit
verging, ehe die Maden, welche in Schwefelammonium allein
viel schneller umkamen, vernichtet wurden. Um also üble
Gerüche zu zerstören und bei herrschender grosser Unreinig-
keit energisch zu desinficiren ist Chlorgas das geeignetste
Mittel. Die Nachtheile, mit dem Kalk der Wände
zerfliessliche Verbindungen einzugehen und die
Schleimhaut der Luftwege zu irritiren hat das
Chlor mit der salpetrigen Säure gemein. Will man dieses
Gas aus Chlorkalk entwickeln, so thut man gut, emige Tropfen
Nitrobenzol, welche den üblen Geruch erträglicher machen,
hinzuzufügen.
Jod und Brom, dem Chlor ehemisch nahe ste-
hend, wirken auf analoge Weise. Brom desinficirt
nach Chevallier am energischesten, ist jedoch seines Ge-
ruches und seiner Kostspieligkeit wegen noch wenig im Ge-
brauch. Jod hat dagegen, seit Duroy’s Versuchen über
seine fäulnisswidrigen Eigenschaften und seit Alvaro
Reynoso’s Nachweis, dass es die giftigen Eigenschaf-
ten des ÖCurare zu compensiren im Stande sei, auf
Wynn’s, Williams, Nunn’s und Richardson’s Em-
pfehlungen hin, als Desinfectionsmittel eine mehrfache
Anwendung gefunden,
Ueber Desinfeetionsmittel. - 243
Richardson schlug vor, eine Auflösung von Wasser-
stoffhyperoxyd mit Jod zu sättigen, 21/,°/, Seesalz zuzufügen,
und diese Flüssigkeit in dem zu desinficirenden Raume mit
Hilfe seines für diesen Zweck angegebenen Apparates zu
zerstäuben. Immerhin muss hervorgehoben werden, dass
Jod weit leichter, als Chlor und Brom aus den gasförmigen
in den festen Aggregatzustand übergeht — eine Eigen-
schaft, welche seine Diffusionsfähigkeit in der mit Miasmen
und Fäulnissproducten geschwängerten Luft wesentlich ver-
mindern und seine Brauchbarkeit herabsetzen muss.
Von den bisher besprochenen oxydirenden Desinfections-
mitteln weicht Condy’s Flüssigkeit (Kali hyper-
manganicum) darin ab, dass seine Lösung nur auf
feste Körper, oder in Wasser enthaltene faulende
Substanzen wirkt, zur Desinfection der Luft in Wohn-
räumen etc. jedoch, weil nicht flüchtig, nicht benutzt werden
kann. So geeignet dasselbe auch sein mag, Wasser, welches
faulende, organische Substanzen enthält, Faeces, Secrete von
Krebsgeschwüren u. s. w. zu desinficiren, so steht doch seine
Kostspieligkeit*) seiner allgemeineren Anwendung um
so mehr im Wege, als es, wie andere Oxydationsmittel, zwar
Fäulnissproducte (nicht aber kleinste Organismen, wie Amoe-
ben, Monaden etc.) zerstört und den üblen Geruch dieser
Flüssigkeiten sofort vernichtet, dem weiteren Umsichgreifen
respect. abermaligen Auftreten der Zersetzung jedoch nicht
vorbeugen kann, selbst, wenn die bezeichneten Flüssigkeiten
der Kochhitze ausgesetzt werden.
Wenden wir uns zur zweiten Unterabtheilung,
so haben diejenigen, welche die oxydations- und fäulnisshin-
dernde Wirkung dieser Mittel ihrer Theorie, (wonach hierbei
in allen Fällen kleinste Organismen ins Spiel kommen
müssen) anzupassen bestrebt waren, behauptet, dass sie wei-
*) Das bekannte unreine, aber billig herzustellende Präparat scheint
Verf. nicht zu kennen. Ref.
16 *
244 Ueber Desinfeetionsmittel.
tere Metamorphosen dieser Fäulnisserreger dadurch aufhielten,
dass sie das mit ihnen gesättigte Medium zur Ernährung
organisirter Wesen überhaupt ungeeignet machten. Sehr
hohe und sehr niedere Temperatur grade gehö-
ren hierher, wie man an der Pockenlymphe sieht, welche
auf 140°F. erhitzt und 3 Stunden lang bei dieser Temperatur
erhalten, völlig unwirksam wurde (Henry). Das Erhitzen
zu desinficirender Kleider, Betten, Wäsche ete. in Back-
öfen u. s. w. beruht auf diesem Princip.
:Schwefeldämpfe und schweflige Säure sind das
von Graham am meisten geschätzte, und auch der Chlorine
vorgezogene Desinfectionsmittel. Nicht nur tödten sie kleinste
vegetabilische und animalische Bildungen sofort, sondern
zerstören auch den Fäulnissgeruch und alle hierauf beruhende
Emanationen überhaupt, zersetzen Schwefel- und Phosphor-
wasserstoffgas und verbinden sich mit Ammoniumoxyd
ohne ihre desinfieirende Kraft dabei einzubüssen. Zugleich
desodorisirend und als Mittel der zweiten Ordnung wirkend,
ist SO? eines der ökonomisch am meisten zu empfehlenden,
sichersten und schätzbarsten Desinfectantien, dessen allge-
meiner Anwendbarkeit sich leider sein übler Geruch, und
seine giftigen Eigenschaften in den Weg stellen.
Von Polli wurden unterschwefligsaures Natron
und Magnesia in wässriger Lösung zu gleichen
ZAwecken empfohlen. Die Sulfite tödten alles organi-
sirte Leben, ohne den Fäulnissgeruch zu zerstören. Vielmehr
geben sie, was in verdünnten Solutionen langsam vor sich
geht, allmälig allen Sauerstoff ab und Schwefelwasserstoff
bleibt übrig; dies ist der Grund, warum die bezeichneten Lö-
sungen, ehe dieser Zeitpunkt eingetreten ist, fortgeschüttet
werden müssen. Kalk- und Magnesiasulfit haben A.
Smith und Mc. Dougallinhöchst glücklicher Weise,
mit carbolsaurem Kalk vermischt, als Desinfections-
mittel empfohlen. Indem sich beständig Dämpfe der Säure
der Atmosphäre mittheilen, absorbirt das Mittel Phosphate
und Ammoniak, trocknet aus, und ist daher zur Desinfection
Ueber Desinfeetionsmittel. 245
grosser, nasser Räume z. B. der Viehställe, um somehr geeig-
net, als es, nachdem es seine wohlthätige Wirkung geübt hat,
einen vorzüglichen Dünger liefert. Um nicht wegzubringende
Ansammlungen von Fäcalstoffen, Abzugs -Canäle u. s. w. zu
desinfieiren, ist bisher noch kein besseres Mittel von gleicher
Billigkeit gefunden und in Gebrauch gezogen worden.
Die Carbolsäure, gegenwärtig in sehr reinem Zu-
stande in den Handel kommend, ist demnächst das vorzüg-
lichste fäulnisswidrige Mittel, wenn sie nicht in zu verdünnter
Lösung (— in einer solchen von 1 Carbolsäure zu 500 Was-
ser fault Fleisch —) angewendet wird. Doch verdankt sie
ihre desinficirende Wirkung nicht, wie ehedem
behauptet wurde, ihrer Eigenschaft, Eiweiss zu
coaguliren. (Urookes).
Weniger, als die genannte, die austrocknende und die
mumificirende Kraft der concentrirteren Carbolsäurelösungen,
sind folgende Beobachtungen Lemaire’s (Abstract of me-
dical science. Vol. XLIV.) über den „Einfluss der Car-
bolsäure auf gewisse Fermente“ bekannt geworden.
Sie hemmt hiernach die Weingeist-, Essig- und Milch-
säuregährung, nicht aber die Verwandlung des Amylums
in Zucker durch Diastase, oder die Entstehung des Bit-
termandelöles aus den Mandeln, sie hebt also nur Gäh-
rungsvorgänge, welche auf Entwicklung klein-
ster Örganismen beruhen, auf; verhindert, indem sie
die Structur und Zusammensetzung desselben ändert, die Ge-
rinnung der Milch durch Labmagen (Völcker), vernich-
tet niedere Organismen aller Art, hebt die Kraft der
Pockenlymphe auf, und desinficirt in 4%, Lösung (eine
concentrirtere ist überflüssig) sowohl den Boden, wohin ihre
Lösung gegossen wurde, als die mit Fäulnissgasen imprägnirte
Luft. Ueberall,woschon Feuchtigkeitvorhanden,
und ihre Vermehrung zu fürchten ist, darf Car-
bolsäurelösungnicht angewendet, und muss viel-
mehr durch das vorige, austrocknende Mittel ersetzt werden.
Was von der Carbolsäure gesagt wurde, gilt auch von ihren
Salzen. Ein aus unreinem kohlensauren Ammoniak, wie
246 Ueber Desinfeetionsmittel.
es 'in Gasanstalten abfällt, und unreiner Carbolsäure gefer-
tigtes carbolsaures Ammoniak ist nach L. Parisel’s Em-
pfehlung (These de Paris 1867) der immer noch nicht
ganz wohlfeilen Carbolsäurelösung in den Fällen, wo diese
passt, vorzuziehen. Anhangsweise sind als die Fäulniss-
gase fixirende Desinfectionsmittel die chlorwas-
serstoff-, salpeter- und schwefelsauren Salze des
Blei’s, Eisenetc. mit und ohne Zusatz von Schwe-
felsäure zu nennen. Das Burnett’sche Chlorzink ent-
zieht das Schwefelammonium. Während jedoch gewisse, Am-
moniak und Schwefel enthaltende Verbindungen durch diese
Metalle gebunden werden, bleiben andere, welche selbst wie-
der chemisch verändert werden können, frei. Diese Mittel,
welche oft erneuert werden müssen, passen besonders, wo
es gilt, grosse Massen für eine bestimmte Zeit
billig zu desinficiren.
Je nach dem vorliegenden Falle, wird also eines dieser
Mittel gewählt werden müssen. Mittel aus der 1. und 2. Klasse
zu verbinden wird im der Regel unrationell sein, da es sich
um chemische Processe handelt, und die Folge davon die sein
könnte, dass zwei solche neben einander eingeleitet werden,
sich gegenseitig in ihrer Wirkung als Antagonisten begegnen
und compensiren könnten.
Handelt es sich darum, die Effluvien und Excerete eines
Krankenzimmers zu desinficiren, so wird man nur auf
diese, nicht auf ihre Quelle, (den Kranken) einwirken
können, und Mittel aus der ersten Ordnung in vorsichtiger
Verdünnung anwenden. Ozon, wenn seine Darstellung ein-
fach wäre, würde hier das Beste sein. In der Regel wird
Chlorkalk gewählt; vorzüglicher ist aber auch in diesen
Fällen Jod, dessen Verflüchtigung man durch Regulirung
der Temperatur in der Hand hat.
Für nicht bewohnte Räume steht die schweflige
Säure als desinficirendes Mittel obenan. Die Fenster werden,
während der Schwefel verbrennt, geschlossen, und muss nach
beendeter Procedur der Fussboden gescheuert werden. Bet-
us
Ueber Desinfectionsmittel. 247
ten und Wäsche werden einer trocknen Hitze von 200 —
300° F. ausgesetzt.
Für die Desinfection von Flüssigkeiten verdienen
die Mittel der zweiten Ordnung und die fixirenden
Vertrauen z. B. carbolsaurer Kalk, welcher zugleich die Phos-
phate und Ammoniaksalze bindet, und vortreffliche Düngmit-
tel liefert. Für Stuhlausleerungen ist, wenn die Desinfection
im Zimmer stattfindet, Carbolsäure weniger, als die fixirenden
Mittel Eisenchlorid, Bleinitrat, Chlorzink etc. geeignet. (Wo
man einen Garten etc. zur Disposition hat, wird die Desin-
fection am besten bewirkt, indem man kochendes Wasser,
rohe Salzsäure und etwas chlorsaures Kali in den Nachtstuhl
bringt; es findet dann Zerstörung der organ. Substanz durch
das nascirende Chlor statt. Ref.).
Im Allgemeinen zerstört man Fäulnissproducte, deren
Ursache man kennt und beseitigen will, durch feste oder
flüssige Desinfectionsmittel, um die Diffusion der dabei resul-
tirenden Gase in die Luft (z. B. bewohnter Räume) zu ver-
hindern, wendet dagegen, wenn die Luft durch Gase, Efflu-
vien etc., (deren Ursache wir, wie dies bei den Erregern
zymotischer Krankheiten der Fall ist, nicht kennen), be-
reits verdorben ist, Desinfectionsmittel in gasförmi-
sem Aggregatzustande an, wobei indess nie zu verges-
sen ist, dass alle diese Mittel bei fehlender Ventilation und
ungenügender Reinlichkeit von dauerndem Erfolge nicht
gekrönt sind. (Aus Medical Times and Gazette: 29. February
p- 228; March. 14. p. 283; March. 21. p. 312. 1868.).
Dr. Köhler.
248
B. Monatsbericht.
I. Anorganische Chemie.
Darstellung von Schwefelwasserstoffgas.
Die Aufsuchung von Pflanzenbestandtheilen erfordert häufig
die Zersetzung grosser Mengen von Bleisalzen durch Schwe-
felwasserstoffgas. Die Bereitung dieses Gases mittelst grauem
Schwefelantimon führt häufig, wenn sie nicht sorgfältigst. über-
wacht wird, ein Uebersteigen der Masse mit sich, der Gas-
strom ist unregelmässig u.s. w. Hat die Einwirkung der
Säure eine Zeitlang gedauert, so vermindert sich die Gasent-
wickelung, die mit Chlorantimon gesättigte Flüssigkeit erhitzt
sich und ein Theil des SbCl? kann destilliren und die Resul-
tate verderben; zuletzt zerbricht die Entwickelungsflasche. Um
alle diese Uebelstände zu vermeiden, mischt man nach Mehu
dem fein gepulverten grauen Schwefelantimon ShS? einen
Drittheil seines Gewichtes Quarzsand oder gepulverten reinen
Sandstein (gres de Fontainebleau) hinzu. Nun kann man
gleich anfangs eine grössere Menge Salzsäure aufgiessen und
erhitzen, ohne Aufschäumen und Uebersteigen befürchten zu
müssen, Die Gasentwickelung wird eine regelmässige, sehr
reichliche und das Gas tritt in zahllosen fein zertheilten Bläs-
chen auf, welche das Schwefelantimon nicht mit sich in die
Höhe reissen.
Selten ist es nöthig, die mit SbUl? gesättigte Säure ab-
und frische HCl aufzugiessen; das Gemenge erhitzt sich nur
sehr wenig und destillirt nicht in die Waschflasche über,
selbst bei mässigem Feuer. Der Sand erleichtert die Ent-
wickelung der Gasblasen, vertheilt die Wärme durch die ganze
Masse des Schwefelantimons und gestattet der Säure mehr
Angriffspunkte.
Dasselbe Mittel kann auch bei der Chlorbereitung mit-
telst Braunsteins und Salzsäure angewendet werden. (Journ.
d. pharm. et d. chim. 4. ser. tom. &. pag. 98. Aoüt ee
Darstellung v. Schwefelammonium. — Ueb. Reaction. d. Selenwasserst.ete. 249
Fabrikmässige Darstellung von Schwefelammonium.
P. Spence (Mechanics Magazine. Dinglers polyt.
Journ. 183, 397) bereitet dasselbe in grosser Menge und sehr
billig, indem er schwefels. Ammoniak oder Salmiak mit dem
2fachen Gewicht Sodarückstand (wesentlich Schwefel-
calcium) mengt, in das Gemenge einen Dampfstrahl bläst
und die dadurch entwickelten Dämpfe durch Condensations -
Apparate leitet. Das Destillat besteht aus reinem Schwefel-
ammonium. Auch kann man das Gemenge mit Wasser ver-
setzt der Destillation unterwerfen.*) (Wittsteins Vierteljahrs-
schrift 1868. S. 586.). A
Reaetionen des Selenwasserstoffs auf Metall-
lösungen.
Reeb, Apotheker in Strasburg, hat Selenwasserstoff auf
die Salze von Zink, Mangan, Nickel, Kobalt, Eisen, Sil-
ber, Blei, Quecksilber, Kupfer, Wismuth, Kadmium, Uran,
Chrom, Zinn, Antimon und Arsenik einwirken lassen.
Von allen erhaltenen Reactionen ist die des Selenwas-
serstoffs auf die Quecksilbersalze die interessanteste. Es ist
bekannt, dass Schwefelwasserstoff mit den Quecksilbersalzen
Niederschläge von allen Farben giebt, wenn man dafür Sorge
trägt, dass das Schwefelwasserstoffgas nach und nach in klei-
nen Mengen einwirken kann. Je mehr HS hinzutritt, um so
dunkler wird der Niederschlag, bis sich schliesslich rei-
nes Schwefelquecksilber von schwarzer Farbe gebildet hat.
Selenwasserstoff verhält sich nun gegen die Quecksilber-
salze ganz analog, doch mit dem bemerkenswerthen Unter-
schiede, dass das reine Selenquecksilber weiss ist und dass
beim Beginn der Einwirkung von Selenwasserstoff auf die
Quecksilbersalze der entstandene Niederschlag schwarz ist
und sich nach und nach durch den Hinzutritt grösserer Men-
gen von Selenwasserstoff bleicht. Wegen seiner Giftigkeit
dürfte der Selenwasserstoff in der Analyse wohl schwerlich
*) Auf die Verdichtungsapparate muss man sorgfältige Acht haben,
da sie sich durch Schwefelammonium in fester Form verstopfen können,
in Folge dessen Explosionen entstehen.
250 Neue Reactionen des Phosphors.
Anwendung finden. Auch seine leichte Zersetzbarkeit wäre
ein Hinderniss für dieselbe. (Journal de pharm. et de chimie.
März 1869.). Sch.
Neue Reactionen des Phosphors.
Der Phosphor wird in Ammoniak schwarz, wie schon
vor 50 Jahren Vogel beobachtete. Dieselbe Farbe nimmt
er in ätzendem Kali an und zwar sofort, wenn die Lösung
siedet, oder nach und nach in der Kälte in einer concentrirten
Lösung von Kalihydrat. Ferner ist bekannt, dass der Phos-
phor Gold, Kupfer und andere Metalle aus ihrer Lösung fällt
und dass diese Metalle die Form des Phosphorstücks anneh-
men können, welches zu ihrer Fällung gedient hat.
Lässt man, wie Böttger gezeigt hat, in der Hitze auf
eine Kupfersalzlösung Phosphor einwirken, so bildet sich
Phosphorkupfer von brauner Farbe. Nickles hat nun bei
Gelegenheit einer Phosphorvergiftung mehre neue Beobach-
tungen gemacht, die dahin gehen, dass die soeben erwähnten
Reactionen nicht eintreten, wenn sich der Phosphor im Zu-
stande feinster Zertheilung befindet. So schwärzt sich der
Phosphor weder mit Ammoniak noch mit Kalihydrat, wenn
derselbe statt im compacten Zustande in einem vertheilten, wie
er sich in der Phosphorlatwerge findet, oder ‚gelöst in Schwe-
felkohlenstofl, in Anwendung kommt. Auch verhindert diese
feine Zertheilung des Phosphors seine Reaction auf Kupfer-
sulfatlösung, während der Phosphor in Oel, Alkohol oder
Schwefelkohlenstoff gelöst auf Kupfersulfat einwirkt. Setzt
man daher zu einem Gemisch von Kupfersulfatlösung und
Phosphorbrei z. B. Schwefelkohlenstoff, so tritt sofort die Ein-
wirkung hervor.
Der in Anwendung kommende CS? muss frei von unge-
bundenem Schwefel sein. Nimmt man statt Schwefel hal-
tigen CS? Phosphor enthaltenden, so gelingt es nur in
wenigen Fällen das Metall zu fällen. So giebt z.B. das Ku-
pferchlorid nicht sofort Phosphorkupfer, sondern es bildet
sich zuerst Kupferchlorür als gelblich weisser Niederschlag,
welcher sich erst nach und nach in Phosphorkupfer verwan-
delt. @uecksilberchlorid giebt zuerst Calomel. Wendet man
eine stark ammoniakalische Kupfersulfatlösung an und bringt
in dieselbe eine Stange Phosphor, so erhält man metallisches
Neue Reactionen des Phosphors. 251
Kupfer, welches sich auf der Phosphorstange ablagert und
dieselbe roth färbt. Kommt dagegen Phosphor in CS? gelöst
mit derselben Lösung zusammen, so scheidet sich Phosphor-
kupfer, wie aus der neutralen Kupfersulfatlösung, aus. Bringt
man in eine stark alkalische und concentrirte Lösung von
Zinkoxyd-Kali eine Stange Phosphor, so bekleidet sich die-
selbe mit einer schwarzen Schicht, während sich reine Blasen
Phosphorwasserstoffigas entwickeln. Nimmt man dagegen eine
Lösung von Phosphor in CS?, so bildet sich Phosphorzink als
ein weisser, milchiger Niederschlag, welcher sich zwischen
den beiden Flüssigkeiten ablagert. Nach einiger Zeit ent-
wickelt sich Gas unter Zersetzung des Hydrates des Phos-
phorzinks.
Die Unbeständigkeit des Phosphorzinks bei Gegenwart
von Wasser erklärt den geringen Erfolg, welchen man bis
jetzt bei der Darstellung dieses Körpers auf nassem Wege,
sei es durch Einwirkung von Phosphor auf eine neutrale Lö-
sung von essigsaurem Zinkoxyd, sei es durch Einleiten von
Phosphorwasserstoffgas in dieselbe, gehabt hat. Dem Zinkoxyd -
Kali ähnlich verhält sich das Bleioxyd-Kali. Bei Anwendung
von compactem Phosphor färbt sich derselbe allmählig schwarz,
während derselbe in CS? gelöst sofort auf die Lösung des
Bleioxyd-Kalis einwirkt und neben Bleiphosphat Phosphor-
blei bildet.
Aus den von Nickles angestellten Versuchen ergiebt
sich nun folgendes:
1) Phosphor schwärzt sich, mit Alkalien zusammen ge-
bracht, nicht, sobald er sich im Zustande feinster Zertheilung
befindet.
2) Phosphor wirkt auf Kupfersulfat nicht ein, sobald er
in organischen Substanzen (Phosphorbrei) fein vertheilt ist.
3) Phosphor bildet unter denselben Verhältnissen sofort
Phosphorkupfer, wenn ein Lösungsmittel für denselben z. B,
Schwefelkohlenstoff hinzugefügt wird.
4) Phosphor wirkt in fein zertheiltem Zustande viel ener-
gischer auf Metalllösungen ein, als im compacten.
5) Phosphor in Flüssigkeiten fein zertheilt, kann sich
trotzdem mit Metallen verbinden, sobald die Lösungen der-
selben alkalisch gemacht werden.
Von diesen Thatsachen kann man einige Anwendungen
beim Nachweis von Phosphor in Vergiftungsfällen machen.
Es ist bekannt, dass der Nachweis von Phosphor besonders
schwierig wird, wenn die verdächtige Substanz unter Alko-
hol aufbewahrt worden ist, da in diesem Falle weder der
252 Volumetrische Bestimmung des Jods im käuflichen Jod.
Mitscherlich’sche Apparat noch der von Dusart absolut
zuverlässig ist. Derselbe Fall tritt ein, wenn die verdächtige
Substanz mit OS? in Berührung gewesen ist. Obwohl letzteres
in der Praxis noch nicht vorgekommen ist, so ist doch jetzt
die Möglichkeit vorhanden, weil die Lösung des Phosphors
in Schwefelkohlenstoff unter den Namen „Feu fenien“ gleich-
sam populär geworden ist. Diese Lösung kann auch freien
Schwefel enthalten, wesshalb es vor allen Dingen . nöthig
erscheint, diesen zu entfernen. Es gelingt dies durch Behan-
deln der Lösung mit der Auflösung eines Bleisalzes.
Nach dem Abscheiden des Schwefels behandelt man die
abfiltrirte Flüssigkeit mit einem der oben angegebenen Mittel,
um den Phosphor niederzuschlagen. Welche Farbe der durch
das Bleisalz erhaltene Niederschlag auch haben möge, so ist
es nicht gut, denselben fortzuwerfen, weil derselbe neben
Chlorblei, Bleisulfat und coagulirten organischen Substanzen
phosphorige Säure enthalten kann, welche nachzuweisen nütz-
lich ist, da dieselbe entweder als solche in der verdächtigen
Substanz enthalten war, oder durch langsame Verbrennung
des Phosphors in derselben entstanden ist. (Journal de phar-
macie et de chimie. Februarheft 1869.). Sch.
Volumetrische Bestimmung des Jods im käuflichen
Jod.
Die bekannten Methoden von Bunsen und Mohr, den
Gehalt des käuflichen Jods an reinem Jod zu bestimmen,
geben zwar gute Resultate, sind aber für den Techniker
wegen ihrer schwierigen Durchführung nicht recht geeignet.
Bei der Bunsen’schen Methode verändert sich der Ti-
ter der normalen schwefligen Säure, welche man nur in sehr
verdünntem Zustande anwenden darf, schr schnell, während
bei der Mohr’schen Methode die Erkennung der Endreaction
dem Industriellen Schwierigkeiten bereiten dürfte. Ad. Bo-
bierre in Nantes hat nun die intensiv rothe Färbung, welche
das Benzin durch freies Jod erleidet, zu einer neuen Bestim-
mungsmethode des Jods benutzt, indem er nach Mohr’s An-
gabe eine stark alkalische Lösung von arsenigsaurem Natron,
welcher etwas Benzin zugesetzt ist, auf eine Lösung von Jod
in Jodkalium einwirken lässt.
Wendet man nun Jodlösungen von verschiedenem Gehalt
an, so muss man natürlich auch verschiedene Quantitäten der
el, ie ER ENERGIEN Ne
Ueber die Darstellung wässriger Jodwasserstoffsäure. 253
Jodlösung verbrauchen, bis das Benzin eine rothe Färbung
zeigt. Die ganze Operation verlangt sehr wenig Zeit und
die Endreaction tritt neben der rothen Färbung des Benzins
noch durch die gelbliche Färbung der wässrigen Flüssigkeit
deutlich hervor.
Die anzuwendende Jodkaliumlösung muss concentrirt sein
und für eine Reihe von Versuchen ausreichen. Zur Herstel-
lung der normalen Lösung des arsenigsauren Natrons bringt
man 4,95 Grm. arsenige Säure mit 14,5 Grm. Natriumcar-
bonat und wenig Wasser zusammen und füllt nach erfolg-
ter Lösung bis zum Liter auf. Diese Lösung entspricht einer
Lösung von 12,688 Jod im Liter. Bei der Ausführung der
Jodbestimmung verfährt man folgendermaassen. In eine kleine
Flasche mit eingeriebenem Glasstöpsel bringt man zuerst
10CC. von der Lösung des arsenigsauren Natrons, denen
man 5CC. einer Lösung von Natriumbicarbonat hinzufügt und
schliesslich mit 4 CC. farblosem Benzin versetzt. Ferner wiegt
man eine bestimmte Menge von dem zu prüfenden Jod ab,
löst dasselbe in einer für alle Versuche gleichen Menge der
concentrirten Jodkaliumlösung auf, bringt diese Lösung in ein
1000C. Glas, füllt auf bis zur Marke und giesst den Inhalt in
eine Bürette.e. Lässt man nun die Jodlösung tropfenweise in
die alkalische Lösung des arsenigsauren Natrons fallen, so
bemerkt man, sobald die geringste Spur freien Jodes nach
Ueberführung der AsO® in AsO® vorhanden ist, dass erstens
sich das Benzin roth färbt und dass zweitens die Anfangs
vollkommen farblose wässrige Flüssigkeit eine deutliche gelb-
liche Färbung zeigt. Diese Methode der Jodbestimmung giebt
in kürzester Zeit gute Resultate. (Journal de pharmacie et
de chimie. Janvier 1869.). Sch.
Darstellung wässriger Jodwasserstoffsäure.
Alex. Naumann hat gefunden, dass HS auf Jod, wel-
ches in wasserfreiem CS? gelöst ist, bei Ausschluss von HO
nicht einwirkt. So verliert eine mit HS gesättigte Lösung
von Jod in CS? beim Aufbewahren den Geruch nach HS
nicht, wohl aber, sobald HO hinzugesetzt wird. Diese That-
sachen sprechen gegen die von Winkler angegebene Me-
thode der Darstellung von HJ, welche darin besteht, dass
man in eine Lösung von Jod in OS?, welche mit HO über-
schichtet ist, HS leitet. Bei der Methode von Winkler
254 Um verdünnte Jodwasserstoffsäure darzustellen ete.
geht die Umsetzung fast nur an der Grenzfläche zwischen
US? und HO vor sich.
Alex. Naumann macht nun den Vorschlag, von dem
CS? abzusehen und zuerst im kleinen Maassstabe zu arbeiten,
bis durch grössere Lösungsfähigkeit der entstandenen wässri-
gen Jodwasserstoflsäure für Jod die Reaction lebhafter wird.
Man kühlt ab und fügt, in dem Maasse als die Umsetzung
bei Annäherung an die nicht überschreitbare Grenze sich ver-
langsamt, ausser Jod nach und nach Wasser hinzu. Selbst
ein starker Strom von HS wird auf diese Weise vollständig
verschluckt und es wird eine Säure von nahe 1,56 sp. Gew.
erhalten, von welcher nur ein kleiner Bruchtheil unter 127°
überdestillirt. (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft.
Mitte Mai 1869.). Sch.
Um verdünnte Jodwasserstoffsäure darzustellen,
löst man 2093), Gran Jodkalium in drei Drachmen Wasser,
andrerseits 190!/, Gran Weinsteinsäure in ebensoviel Was-
ser, mischt die Lösungen und stellt sie nöthigenfalls in Eis-
wasser, filtrirt und verdünnt das Filtrat bis zu 2 Unzen.
Diese Säure setzt keinen Weinstein mehr ab. Um sie vor
Zersetzung durch die Luft zu schützen, setzt man ein Mini-
mum unterschwefligsaures Natron zu, 5 Tropfen einer Lö-
sung von 60 Gran des Salzes in einer Unze Wasser sind
ausreichend, zwei Unzen einer stark gefärbten Säure wieder
herzustellen. (American Journ. of Pharmacy. Jan. 1869.
Third. ser. Vol. XVII. Nr.I. P. 41.) Wp.
Als Reagens auf Kali
wendet Plun-Reth saures weinsaures Natron an, wel-
ches bei Bedarf bereitet wird, indem man etwas Weinsäure
in dest. Wasser löst, die Lösung in 2 gleiche Theile theilt,
den einen Theil in der Wärme mit kohlens. Natron genau
neutralisirt, die andere Hälfte der Weinsäurelösung zufügt und
gut durchschüttelt, nöthigenfalls auch filtrirt. Die auf Kali zu
prüfende Flüssigkeit muss schwach sauer sein. (Moniteur
scientifigue). ;
255
II. Organische Chemie im Allge-
meinen und Phytochemie.
Handelsnamen der flüchtigeren Destillationsproduete
des Petroleum.
Rhigolene ist der flüchtigste Bestandtheil des Petro-
leum und wird in Amerika als Anaestheticum benutzt.
Eine Probe dess. gerieth bei 30°C. in lebhaftes Sieden.
Petroleumäther, welcher neben den flüchtigsten
auch eine geringe Menge minder flüchtiger, bei 90°C.
übergehender Kohlenwasserstoffe enthält, wird als Einrei-
bemittel bei rheumatischen und gichtischen Schmerzen ver-
wendet.
Petroleumbenzin heissen die zwischen 80 und 120°
0. destillirenden Petroleum - Bestandtheile. Sie lösen reich-
lich Fette auf und werden wie das eigentliche Benzin als
Fleckwasser benutzt. Von Hirzel'in Plagwitz werden
2 Sorten Petroleumbenzin in den Handel gebracht, die zwi-
schen 80° und 120°C. sieden. Ein von E. de Häen u. Comp.
(chem. Fabrik in List vor Hannover) in den Handel gebrach-
tes Petroleumbenzin zeichnet sich dadurch aus, dass es nur
einen sehr schwachen, nicht unangenehmen Geruch besitzt;
es siedet schon zwischen 60° und 80° Cels.
Ligroin ist ein Gemenge derj. Kohlenwasserstoffe,
welche die verschiedenen Sorten der im Handel vorkommen-
den Petroleumbenzine bilden und dann durch Rectification in
letztere zerlegt werden.
Gasolene oder Kerosolene sind Sorten des flüch-
tigsten Petroleumbenzins, welche mit besonderer Sorgfalt von
den schwerer flüchtigen Antheilen befreit wurden.
Künstliches Terpenthinöl enthält meist diejenigen
Kohlenwasserstoffe, welche zwischen 120° und 150° destilli-
ren. Es ist zu schwer flüchtig, um als Fleckwasser zu die-
nen, aber zu leicht flüchtig für Benutzung als Leuchtöl.
256 Constitution des rheinischen Buchenholztheerkreosots.
Man braucht es zum Verdünnen des Leinölfirnisses, auch
zum Reinigen der Buchdruckerlettern. Da es indessen Harze
wie Copal, Dammar etc. nicht auflöst, so wird seine Anwen-
dung als Surrogat des Terpenthinöls eine beschränkte bleiben.
(Ding gler's polyt. Journ.; daraus in Hagers pharm. Oentral-
halle. 4. Febr. 1869.). DzBE:
Constitution des rheinischen Buchenholztheerkreosots.
Nach den bisher veröffentlichten Arbeiten bestand das
Buchenhoiztheerkreosot aus Guajacol und Kreosol. 8. Ma-
rasse hat zuerst darauf hingewiesen, dass in dem zwischen
200° und 203° siedenden Theile des rheinischen Buchenholz-
theerkreosots Kresylalkohol enthalten ist. Das rheinische
Buchenholziheerkreosot kann man durch wiederholte fractio-
nirte Destillation in drei bei constanten Temperaturen sie-
dende Theile zerlegen, deren erster bei 184° übergeht,
während der zweite bei 2000°-— 203°, der dritte bei 2170 —
220° siedet.
Der bei 184° siedende Theil erstarrt beim Erkalten zu
langen Nadeln und ist Phenylalkohohol.
Der bei 2000— 203° siedende Theil ist ein Gemenge
von Guajacol (Siedepunkt 200%) und Kresylalkohol
(Siedepunkt 203°). Der dritte bei 2170 — 220° siedende Theil
mit Jodwasserstoff im zugeschmolzenen Rohr auf 150° erhitzt
gab Jodmethyl, Homobrenzkatechin und Phlorylalkohol. Letz-
terer wurde durch fractionirte Destillation aus dem Gemenge
abgeschieden. Es siedet bei 220° und hat die Zusammen-
setzung C°SH!°0. Beim Behandeln von Buchenholztheerkreo-
sot mit Salzsäure und chlorsaurem Kali erhielt v. Go-
rup-Besanez Homologe des Chloranils und erklärte die
Entstehung des gechlorten Chinons aus dem Guajacol durch
folgende Gleichung:
G’H30? + 10C1 = C?’H?C1?0? + 6HCI.
Guajacol Tetrachlorguajacon,
während S. Marasse aus reinem Guajacol keine Spur von
Chinon erhielt, sondern gechlortes Chinon mit 7 Atomen C,
welches v. Gorup-Besanez beim Behandeln des Buchen-
holztheerkreosots vom Siedepunkte 2000°—203°C. mit den-
selben Reagentien erhielt. Das Chinon entsteht also aus
dem Kresylalkohol, welcher denselben Siedepunkt hat wie
das Guajacol und bis jetzt desshalb übersehen worden ist,
EN N ne NE ee
1}
Anwendung des Thymols. 257
Das rheinische Buchenholztheerkreosot besteht also nach
den Untersuchungen Marasse’s aus folgenden zwei Reihen:
Phenolreihe: Guajacolreihe:
CSH5(OH) (Siedep. 184°)
Phenylalkohol:
Ce Os (Siedep. 203°) CH? ch (Siedep. 2009).
Kresylalkohol: Guajacol:
OH Ken
C°H3! CH? (Siedep. 220°) C°H? ! CH? (Siedep. 217°),
CH? OCH?
Phlorylalkohol. Kreosot.
(Berichte der deutsch. chem. Gesellschaft 1869. Nr. 4.).
Sch.
Anwendung des Thymols.
Da der widrige Geruch des Kreosots und der Carbol-
säure der chirurgischen Anwendung derselben oft hinderlich
ist, so empfiehlt Bouilhon statt dessen den sauerstoffhalti-
gen Theil des Thymianöls, das Thymol== 0?°H!!0?2 ein
Homologon der Phenyl- und Kresyl- Säure. Man erhält das-
selbe durch Behandlung des Thymianöls mit einer Lösung
von Aetz-Kali oder Äetz-Natron, welche den nicht sauer-
stoffhaltigen Bestandtheil desselben zurücklässt. Die Lösung
wird mit einer Säure zersetzt, das ausgeschiedene Thymol
gewaschen, getrocknet und rectificirt. Das Product krystalli-
sirt selbst bei starkem Abkühlen nicht, während sich aus
dem Thymianöl in der Kälte das Thymol in Krystallen
abscheidet. Es scheinen demnach zwei isomere Modifi-
cationen desselben zu existiren. Der Geruch dieses Körpers
ist angenehm, die antiseptische Wirkung desselben durch
Versuche dargethan. Sollte sich ein grösserer Bedarf dafür
zeigen, so könnte man dazu auch das ätherische Oel von
Ptychotis Adjowän anwenden, welches nach Stenhouse
gleichfalls Thymol enthält. (Pharmaceut. Journ. and Transact.
Jan. 1869, Sec. Ser. Vol.:X. "N. VII. BD. 399).
W».
Arch. d. Pharm. CLXXXIX. Bds, 3. Hft. 17
258 Ueber das Perubalsamöl. — Die Darstellung d. Anemonins.
Ueber das Perubalsamöl.
Das zuerst von Stoltze dargestellte Perubalsamöl,
welches derselbe durch Schütteln des Perubalsams mit Kali-
lauge erhielt, ist später von Fremy, Plantamour, De-
ville und von Scharling untersucht worden. Kraut hat
nun schon vor längerer Zeit die Untersuchung des Perubal-
samöls begonnen und berichtet jetzt über die erhaltenen Re-
sultate, da neuerdings andere Autoren Mittheilungen über
denselben Gegenstand gemacht hatten.
Durch fractionirte Destillation unter vermindertem Druck
und im Kohlensäurestrom lässt sich das Perubalsamöl in drei
Theile spalten:
1) Der erste Antheil geht gegen 200° über und beträgt
sehr wenig. Es besteht aus Benzylalkohol.
2) Der zweite Antheil bildet die Hauptmenge. Er geht
gegen 300° über und wird durch weingeistiges Kali in Ben-
zylalkohol und Benzoesäure zerlegt. Dieser Antheil ist also
Benzoesäure - Benzyläther.
3) Der dritte Antheil des Perubalsamöls geht etwa bei
Quecksilbersiedehitze über und zerfällt mit weingeistigem Kali
im Benzylalkohol und Zimmtsäure. Es ist also Zimmtsäure -
Benzyläther.
Die freie Säure, welche der Perubalsam enthält, ist
Zimmtsäure und sehr wenig Benzoesäure. Kraut glaubt
neben dem Benzylalkohol noch Oxybenzylalkohol in dem rohen
nicht der Destillation unterworfenen Perubalsamöl gefunden
zu haben. (Berichte der deutschen chemischen (Gesellschaft
Mitte Mai 1869.). Sch.
Die Darstellung des Anemonins
nach Dobraschinsky gründet sich auf die Löslichkeit des-
selben in Chloroform. Man schüttelt das wässrige Destil-
lat der Anemone pratensis mit 1,, Volumen Chloro-
form, lässt einige Stunden in Berührung, trennt das Chloro-
form und destillirt es aus dem Wasserbade. Zu dem Rück-
stande fügt man starken Weingeist, erwärmt und lässt
erkalten. Das Anemonin scheidet sich in schönen Krystallen
ab. (Journ. d’Anvers. — Journ. de pharm. et d. chim). R.
259
Ill. Botanik und Pharmacognosie.
Essbare Pilze.
In Mailand, wo der Marktverkauf der Pilze unter poli-
zeilicher Aufsicht steht, dürfen nur folgende verkauft werden:
Namen.
Milanesisch: Italienisch: Botanisch:
Funsg ferre. Fungo poreino. Boletus edulis.
Funsg cocch. Uovolo. Agaricus caesareus.
Spongignoeura Spugnuola. Phallus esculentus.
(Morchella esculenta).
Trifola. Tartufo. Lycoperdon Tuber.
(Tuber spec.).
Der gemeine Champignon ist nicht erwähnt. (Journ. of the
Society of arts. 1868. Juni. 9.528. Botanische Zeitung. 25. Juni
1869. Nr. 26. S. 430.). HE:
Ueber die Zeit der Blüthe und der Fruchtreife bei
den Antipoden (im Garten von Tasmania).
Das Journal of Botany giebt hierüber folgende Notizen:
10. Januar: Melia Azederach fing an zu blühen, Vero-
nica angustifolia in voller Blüthe; 18. Januar: Grevil-
lea robusta ebenso; 25. Januar: Catalpa syringaefo-
lia desgl.; 10. März: Colchiecum autumnale volle Blü-
the; 3. April: Chrysanthemum indicum fing an zu
blühen; 17. Mai: Coronilla glauca und 30. Mai: Pho-
tinia serrulata fingen an zu blühen; 31. Mai: Spiraeä
prunifolia ebenso.
Zeit der Reife:
15. Decbr.: die ersten rothen; 20. Decbr.: die ersten
schwarzen Johannisbeeren; 31. Dechr.: Birne doyenne d’ete
11%
a" a
260 Rieinus communis in Californien,
beginnt zu reifen; 11. Januar: die .erste reife Aprikose;
30. Januar: die schwarzen Maulbeeren fangen an; 1. Febr.:
die Pfirsiche ebenso; 3. Febr.: Kerry - Pipin - Apfel; 11, Febr.:
Windsor- Birne fängt an; 16. Febr.: Birne Bon Chretien
ebenso; 26. Febr.: die grünen Pflaumen ebenso, 12. März:
Coe’s (Goldendrop - Pflaumen ebenso; 9. April: Coe’s späte,
rothe Pflaumen ebenso; 10. Mai: die ersten Weichseln.
Abfall der reifen Samen:
26. Febr.: Epheu; 30. April: Carpinus Betulus.
Abfall der Blätter:
9. März: Hainbuche (die Spitzen fangen an, sich zu gel-
ben); 15. März: Ulmen ebenso; 16. März: Rosskastanie (Blät-
ter werden braun); 20. März: Eiche (Blätter fangen an abzu-
fallen); 4. April: Epheu ebenso; 18. April: Gebirgsesche
ebenso; 24. April: Maulbeerbäume ebenso; 25. Mai: Ailanthus
glandulosus ebenso. (Flora, Regensburg 8. Dechr. 1868. Nr.33.
S..526.). HT
Rieinus eommunis in Californien.
Rieinus gedeiht in allen Theilen Californiens, mit Aus-
nahme der höhergelegenen Districte sehr üppig, perennirt,
erreicht eine Höhe von 12—15 Fuss und hat der Stamm
hier 6 Zoll Durchmesser. Derselbe giebt reichlichen Ertrag,
erfordert weder Anbau noch Aufmerksamkeit, wächst viel-
mehr an den Stellen wild, wo der Same sich zufällig ausge-
sät hat. Die Nachfrage nach Rieinusöl ist zwar an der Pa-
cifie- Küste eine bedeutende, doch hat dieselbe bis hieher
befriedigt werden können. Die Eigenthümer der Oelmühle
in San Francisko beabsichtigen die Rieinuscultur noch weiter
anszudehnen und wird dies Vornehmen von gutem Erfolg
sein. Der Same ist gross und die Ernte desselben fällt in
die drei Monate nach der Getreideernte; schwierig ist nur,
die Pflanze da zu vertilgen, wo der Boden für andere Pro-
duete gebraucht werden soll. Im Jahre 1866 waren 20 Acres
mit Kieinus bestellt und wird Californien in der nächsten
Zeit den ganzen Bedarf der Pacifie- Küste an Rieinusöl decken
können, (Agricultural Report. Washington).
Hbg.
Indigoeultur in Bengalen. 261
Indigoeultur in Bengalen.
Die soeben erschienenen Schilderungen aus Indien von
H.Schlagintweit enthalten hierüber folgende Nachrichten:
Die Cultur des Indigo umfasst noch ausser Bengalen
einen grossen Theil von Hindostan mit Einschluss von Audh;
im Brahmaputrathale, in Assam, sind die Alluvionen des
Flusses nicht ganz so fruchtbar und es scheint dies auch auf
die Qualität des Indigo von erkennbarem Einfluss zu sein.
Indigofera ist eme Leguminose mit rosafarben - grünli-
chen Blüthen, 2 bis 5 Fuss hoch; die Species I. tinctoria
ist die bekannteste und beste.
Schon den Alten war der blaue Farbstoff als „Indi-
eum“ bekannt; die erste Cultur und das Heimathland dürfte
in Cochinchina, vielleicht auch in den südlichsten Thei-
len von China zu suchen sein.
Die Anlage der Indigofelder erfordert tiefes Pflügen des
Bodens und ist nicht mühelos; überdies ist auch die Menge
des Ertrages in den verschiedenen Jahren sehr ungleich, da
so häufig kleine Veränderungen in dem Eintritte der Regen-
zeit hinreichen, zerstörend auf den Farbstoff einzuwirken.
Die Pflanze wird nämlich im Juli, in der Höhe der Regen-
zeit, während sie blüht, geschnitten und gesammelt, und
die Wurzeln, welche in trockenem Boden perennirend sind,
werden gerade in den feuchten, aber besten Indigolagen
durch die klimatischen Verhältnisse zerstört, obwohl man die-
selben auch hier im Boden lässt. Für die Samenzucht wählt
man etwas geschützte und trockenere Lagen, als die eigent-
lichen Felder es sind.
Auf dem Wege nach Darjeling sah Schlagintweit
noch Anfangs April, bei Malda und Dainajpur, die letzten
Saaten streuen, an 12 Pfund Samen auf 1 Acre Land. Um
den Wurzeln die nöthige Entwickelung zu erleichtern, ward
der Boden bereits 4 bis 5 Monate vor der Saat kräftig
gelockert.
Zum Ausziehen des Farbstoffes wird die Pflanze in Kü-
bel mit kaltem Wasser gelegt, aber die ohnehin sehr hohe
Temperatur des Wassers in diesen Breitengra-
den, 28 bis 29° Gels., hat dabei ebenfalls einen nicht
unbedeutenden Antheil. In der ersten Wasserschicht bleibt
die Indigopflanze liegen, bis sie macerirt ist, dann lässt man
den trüben Färbestoff, der auch viele Rinden- und Baststück-
chen, nebst zerkleinerten Blatt- und Blüthentheilen enthält,
in ein zweites Becken ablaufen und hier beginnt nun ein
262 Eine schlaue Verfälschung des Safrans.
eigenthümliches Peitschen der Oberfläche mit
Ruthen, welches den an gröberen Theilen adhärirenden
Färbestoff möglichst trennen (und wohl hauptsächlich zur Ver-
mehrung der Berührung mit der Luft dienen) soll. Der Farb-
stoff senkt sich nun auch vollständig zu Boden, wird dann
in ein 3. Gefäss abgelassen, wo er sich nach kurzer Zeit sehr
gleichmässig als dicke Schicht ablagert, worauf er in Filtern
aus Zeug gesammelt und in flachen Holzformen an der Luft
in Schatten getrocknet wird. ( Westermann's illustr. deutsche
Monatshefte, Dec. 1868. S. 340.). HT
Eine schlaue Verfälschung des Safrans
theilt Jules Caroz, Apotheker zu Paris, mit.
Nachdem Carthamus- und Calendulablumen, Granatäpfel
und Muskelfasern ete. als unbrauchbare Verfälschungsmittel
des Safrans über Bord geworfen worden sind, ist gelegentlich
der letzten Pariser Industrieausstellung eine Falsification,
welche alle früher dagewesenen, sofern sie nur mit dem Mi-
kroskop nachweislich ist, übertrifft, zum Vorschein gekommen.
Das hierbei in den Handel gebrachte Kunstproduct war in fol-
gender, wohlüberlegter und geschiekter Weise dargestellt wor-
den. Samen von Üarex pulicaris oder capillaris war auf ein
Terrain ad hoc, d. h. ein so eingerichtetes Stück Land, dass
stets 1—2 Centimeter Wasser darüber standen, ausgesät
worden. Sowie die jungen Keime sich entwickelten und Oen-
timeterhöhe erreicht hatten, war das Wasser von dem dicht
mit Grassprösslingen besetzten Rasenstücke abgelassen wor-
den. Die fast farblosen, sorgfältig ausgezupften und getrockne-
ten Pflänzchen gleichen nach dem sie mit Crocustinetur
(14 : 100) gefärbt worden sind, den Narben des Uroc. sativus
so täuschend, dass nur das Mikroskop den Betrug ausweist.
Mit Hilfe desselben erblickt man erst den sehr feinen Sten-
gel, an dessen oberem Ende die beiden Cotyledonen aufsitzen
— die Loupe reicht hierzu nicht aus. Ein grosser Theil
der Pariser Apotheker, welche nach der Untersuchung mit
letzterer die weiblichen Blüthentheile des Safrans vor sich
zu haben meinten und durch den niedrigen Preis angelockt
wurden, liessen sich von dem betrügerischen Handlungsrei-
senden aus Tyrol (!) hinters Licht führen. — Dieser immer-
hin gut imitirte Safran sieht matt glänzend, oder wie bestäubt
aus, theilt der Hand ein härtliches Gefühl mit, und ist nicht
so biegsam, wie der ächte. Seine Farbe ist mehr braun,
gleichmässig und weniger ins Purpurrothe spielend; gelbe
Flechten - Flora von Spitzbergen. — Thapsia garganiea. 263
Beimischungen von Staubfädenresten fehlen. Endlich ist der
falsche Crocus, um schwerer zu wiegen und behufs besserer
Haltbarkeit mit fettem Oel imprägnirt; auf Papier gelegt,
hinterlässt derselbe daher einen Fettfleck. (Briefl. Mittheilung
an A. Chevallier ; Journal de Chimie med. 1868. Avril p. 202.).
K;
Flechten-Flora von Spitzbergen.
Während die Flora der Phanerogamen auf der Insel-
gruppe Spitzbergen sowohl an Arten, als auch an Individuen
eine grosse Armuth zeigt, ist im Gegentheil die der Urypto-
gamen in einigen Ulassen sehr reich. Dr. Th. M. Fries
hat in seiner Abhandiung „Lichenes Spitzbergenses“
(1867) über zweihundert Arten Flechten, welche die
Theilnehmer an den schwedischen wissenschaft. Expeditionen
in den Jahren 1858, 1861 und 1864 aus allen Gegenden
Spitzbergens heimgehbracht hatten, mit genauer Angabe der
Fundorte beschrieben, so dass die auf jenem fernen Eilande
vorkommenden Flechtenarten jetzt so gut bekannt sind, als
die irgend eines anderen Landes.
Ein gedrängtes Verzeichniss der sämmtlichen von den
schwedischen Expeditionen in Spitzbergen gefundenen Flech-
tenarten findet man in Petermann’s geograph. Mit-
theilungen 1868. S. 62, (Flora; Regensburg, 8. Dee.
1868. Nr. 33. S. 523.). DH. Dr
Thapsia garganica.
Nach der Mittheilung von Desnoix beruht die reizende
Eigenschaft der afrikanischen Thapsia garganica (Umbelli-
ferae) in der Wurzel, die man von ihrem häutigen Ueberzuge
befreit und mit Weingeist von 60° behandelt. Der Auszug
enthält, ausser dem wirksamen Harze, Tannin, Stärke und
Zucker in grosser Menge, den man dem Harze entziehen
muss, indem man dem alkoholischen Auszuge viel Wasser
zusetzt, wodurch das Harz fast rein gefällt wird. Die so
erhaltene Harzmenge beträgt etwa die Hälfte vom Gewicht
des alkoholischen Extracts,. Der wässrige Theil bläut sich
durch Jod, dann entfärbt er sich und bläut sich von neuem
bei weiterm Jodzusatze, bis endlich bei Jodüberschuss die
blaue Farbe bleibt. Desnoix erklärt dies durch die Wirkung
des Tannins auf das Jod. (Journ. de pharm. et de chim... R.
264
IV. Zoologie und Zoochemie.
Ueber gerichtliche Milchuntersuchungen.
Bonjean kommt durch seine, der franz. Akademie vor-
gelegten Untersuchungen zu folgenden Schlüssen:
1) Das Galactometer oder Instrumente ähnlicher Art
reichen nicht aus, eine Verfälschung der Milch durch Was-
serzusatz nachzuweisen;
2) Das genannte Instrument kann vielmehr zu den
gröbsten Irrthümern Anlass geben und in ganz unverfälschter
Milch einen Wassergehalt vermuthen lassen, welcher in Wirk-
lichkeit nicht existirt, während mit Wasser versetzte Milch
bei der Galactometerprobe untadelhaft erscheinen kann.
3) Namentlich wird gerade frischgemolkene, warme oder
unabgerahmte — also die beste Milch, weil sie geringeres
spec. Gewicht hat, wenn nur die Prüfung mittelst des Ga-
lactometers vorgenommen wird, sich weniger gut, als mittel-
mässige, aber mit etwas Wasser versetzte erweisen;
4) Die Galactometerprobe ist folglich nicht ausreichend
und sollte für forensische Zwecke, wie diess bereits Bou-
chardat forderte, nur eine vollständige Analyse der verdäch-
tigen Milch Giltigkeit haben.
Mit Recht hebt Verf. schliesslich die hohe hygienische
Bedeutung einer strengen, obrigkeitlichen Beaufsichtigung
aller in den Handel gebrachten Milch hervor. (Gaz. med. de
Paris 1868. Nr. 14. p. 191.). K.
Ueber das Vorkommen von Amylon im Eigelb.
In der Sitzung der Acad. d. Sciences vom 31. Dec. 1866
hatte ©. Dareste die Entdeckung angekündigt, dass im
Eigelb mikroskopische Körnchen vorhanden seien, welche sich
unter der Einwirkung von Jod blau färben und deren Form
Ueber das Vorkommen von Amylon im Eigelb. 265
und Structur sehr genau diejenige der Stärkekörner wieder-
- holen. Diese erste Mittheilung vervollständigt derselbe jetzt
durch neue Analogien zwischen diesen Amylonkörnchen des
Eigelbs und denen der Pflanzen. Um diese Körnchen zu stu-
diren, mussten sie von den begleitenden Substanzen des Eigelbs
befreit werden. Dies erreichte Dareste auf folgende Weise:
Er wusch die Eigelbe mit Aether, um ihnen das
selbe Oel zu entziehen; diese Operation muss sehr rasch
ausgeführt werden, um eine Coagulation der im Wasser lös-
lichen Albuminsubstanzen zu verhüten.
Das im Aether Unlösliche wurde nun mit kaltem Was-
ser gewaschen, um alle in Wasser löslichen Eiweiss-
stoffe hinwegzunehmen, sammt dem vorhandenen Zucker.
Zuletzt behandelte er den Rückstand mit Essigsäure. Die-
ser Theil der Operation dauerte über drei Monate.
Während dieser Zeit bildete sich ein Niederschlag von ausser-
ordentlich zarten 'Theilchen, welche einem grossen Theil nach
aus der amyloiden Substanz bestanden. Das mikrosko-
pische Studium dieses Niederschlags gestattete ihm, an den
grössten dieser Körnchen die von Biot beschriebenen opti-
schen Charactere zu constatiren, welche dieselben im polari-
sirten Lichte zeigen.
Diese Körnchen schwellen beträchtlich auf und bersten
zuletzt, sobald man sie der Einwirkung der conc. Schwe-
felsäure, sowie des Aetzkalis und Aetznatrons aus-
setzt. Nichts dem Aehnlichen zeigt sich, wenn Essigsäure
oder Aetzammoniak mit ihnen zusammengebracht wird.
Alle diese Reactionen sind seit langer Zeit von Payen als
characteristisch für das Stärkemehl angegeben worden. Die-
ses animalische Amylon stellt sich jedoch nicht immer
in Form von Körnchen dar, sondern oft in der Form von
gekrümmten Plättchen, welche durch Zerreissung hohler Bläs-
chen entstanden zu sein scheinen. Trecul u. a. Botaniker
haben auch bei gewissen vegetabilischen Amylonarten solche
Formen beobachtet.
Es blieb noch die entscheidende Operation, die Verwand-
lung in Zucker, übrig. Da Dareste nur über sehr kleine
‚Mengen von Substanz verfügen konnte, er sich jedoch vor
jedem Irrthum sicherstellen wollte, so bat er seinen Freund
und Collegen H. Ch. Violette, dessen Arbeiten über die
quant. Bestimmung des Zuckers ihm eine grosse Autorität in
diesen Fragen ertheilen, jene Verwandlung vornehmen zu
wollen. Violette verfuhr folgendermaassen :
266 Ueber flüssiges und trocknes Pepsin.
Der Absatz, vorher gewaschen, um demselben jede Spur
von noch etwa anhängendem Zucker zu entziehen, wurde
durch 20 Minuten langes Kochen mit destillirtem Wasser in
Kleister verwandelt. Nun blieb die Flüssigkeit zum Absetzen-
lassen der ungelösten Substanzen einige Zeit ruhig stehen;
man vermied auf solche Weise jede Anwendung von Papier,
welches seinerseits hätte zuckerbildende Substanz liefern kön-
nen. Die überstehende Flüssigkeit wurde 5 bis 6 Stunden
lang mit einem sauern Wasser gekocht, welches 1 Proc. Schwe-
felsäure enthielt. Die Schwefelsäure wurde alsdann mit kohlens.
Baryt gesättigt, die Flüssigkeit filtrirt und im Wasserbade
abgedampft. Der Abdämpfrückstand wurde in Weingeist wie-
der aufgenommen, die Lösung zur Trockene verdunstet und
der Rückstand in destillirtem Wasser gelöst. Die so erhal-
tene Flüssigkeit reducirte deutlich die Fehling’sche Kupfer-
lösung *) indem sie mit derselben einen Absatz rother Körner
an den Wänden der Schale lieferte.
Nach Dareste existirt also im Eigelb ein dem vegeta-
bilischen Amylon vergleichbares animalisches Amylon. Diese
Thatsache ist eine weitere Analogie zwischen den thierischen
Eiern und den Samen der Pflanzen.
Dareste wird in einer späteren Abhandlung zeigen,
wie das Amylon sich in gewissen Theilen des Eigelbs bildet
und die Art der Vertheilung verschiedener Substanzen, welche
dasselbe zusammensetzen in den zweierlei Arten von Kügel-
chen, woraus das Eigelb gemengt ist. (Journ. d. pharm. et
d. chim. 4. ser. octobre 1868. tom. 8. p. 261—263.). H.L.
Ueber flüssiges und trocknes Pepsin.
Besson hat durch Versuche erkannt, dass Pepsin, im
flüssigen Zustande aufbewahrt, alle seine Eigenschaften behält,
*) Wenn auch die Fehling’sche (Weinsäure-haltige) Kupfer-
lösung zu quantitativen Bestimmungen tauglich sein mag, so ist sie
doch zu feinen qualitativen Proben durchaus verwerflich,
da unter Umständen eben die Weinsäure allein, ohne dass Zucker
zugegen ist, schon eine Reduction des Kupferoxyds zu rothem Kupfer-
oxydul bewirkt und zu Täuschungen veranlassen kann. Zu qualitativen
Zucekerproben bediene ich mich desshalb immer nur der Trommer’schen
Probe: die auf Zucker zu prüfende Lösung wird mit etwas Kupfervitriol-
lösung versetzt, dann mit so viel Natronlauge, dass die Flüssigkeit alka-
lisch, tiefblau und klar geworden ist. Beim Kochen entsteht dann die
Bildung von Kupferoxydul. H.T.
Ueber Beschwerung der Seide. 267
diese aber durch Austrocknen verliert. Besson entnahm
aus dem Magen eines Hundes 200 Grm. Magensaft, der in
zwei Theile getheilt wurde. In 100 Grm. wurden 10 Grm.
klein geschnittenes Fleisch gelegt und auf 35°C. erwärmt. In
weniger als 5 Stunden war eine vollständige Digestion einge-
treten d.h. das Fleisch war in einen durchaus homogenen
Brei verwandelt mit dem charakteristischen Geruche.
Die andern 100 Grm. wurden mit aller Vorsicht getrock-
net, mit Stärke verrieben, in 100 Grm. destillirten Wassers
vertheilt und wie vorhin mit 10 Grm. Fleisch in Contact
gebracht. Es trat keine Digestion ein, sondern nach einiger
Zeit Fäulniss.
Man muss demnach Pepsin im flüssigen Zustande auf-
bewahren und anwenden. Besson suchte die im Mittel in
dem Labmagen eines Kalbes enthaltene Menge des Pepsins
zu bestimmen und fand in jedem Magen andere Mengen je
nach Entwickelung des Organs, Alter des Thieres und Ge-
sundheitszustand.. Die Mittelzahl aus 50 bis 100 Magen
war 0,45 Grm. Pepsin im Kälbermagen d.h. etwa 8 Grm. von
Corvisart’s Amylum-Pepsin. Aus seinen weitern Ver-
suchen zieht Besson den Schluss, dass Syrup. cort. aurant.
das beste Vehikel für Pepsin sei und giebt folgende Vorschrift
für dieses Medicament: Das Pepsin aus 50 Kälbermagen
dampft man vorsichtig bis auf 2,300 Grm. Flüssigkeit ein und
fügt hinzu 11 Grm. Milchsäure, 100 Grm. Tinct. cort. aurant.,
110 Grm. alkoholisches Curagaoextract, filtrirt und löst kalt
in dem Filtrat 450 Grm. Zucker.
30 Grm. dieses Syrups enthalten 0,15 Grm. säuerliches
Pepsin. Das Präparat kann lange Zeit ohne Zersetzung auf-
bewahrt werden, (Journ. de pharm. et de chim.). R.
Ueber Beschwerung der Seide.
F. Goppelsröder untersuchte Seide, welche er von
einer Bandfabrik in Basel erhielt und die durch Meerwasser
havarirt und nachher ausgewaschen sein sollte.
An kaltes Wasser gab dieselbe an organischen Stoffen
einen eiweissartigen und einen leimartigen ab. Ausserdem
wurde gefunden: viel kohlensaurer Kalk, kohlensaure Magne-
sia, Eisenoxyd, Thonerde, Chorcaleium, (Chlormagnesium,
268 Nur ausgewachs. Canthariden sind blasenziehend. — D. Alter d, Pferde.
Chlornatrium. In der Asche: Schwefelsäure, Chlor, Kalk,
Magnesia, Natron, Eisenoxyd, 'Thonerde, Phosphorsäure, Koh-
lensäure. Offenbar rührten diese Stoffe nicht allein aus dem
Meerwasser her.
Gewöhnliche Japanseide verliert beim sogenannten Ab- -
kochen oder Absieden in Seifelösung ungefähr 20 pÜ., diese
verlor jedoch nur 10 pC.
Beschwerungen der Seide mit Palmöl oder Palmseife
oder Bleizucker kommen nicht selten vor. Sie wird dadurch
mit der Zeit oft angegriffen, verliert den Glanz und die
Glätte, und nimmt die Farbstoffe dann auch ungleich auf.
Letzterer Nachtheil zeigte sich deutlich beim Färben der
untersuchten Seide mit Anilingrün. (Journ. f. pr. Ch. 1868.
III. Bd. S. 117—120.). B.E.
Nur ausgewachsene Canthariden sind blasenziehend.
Nach J. Nentwich besitzen ganz junge Canthariden
keine blasenziehende Kraft; auch Thiere mittler Grösse zeig-
ten sich ohne Wirkung. Nur vollkommen ausgewachsene
Thiere zogen Blasen. Das Oantharidin scheint sich erst nach
vollzogenem Begattungsacte auszubilden. Es wird desshalb
bei dem Ankaufe dieser Käfer ganz besonders auf ihre Grösse
zu achten sein. (Zeitschr. d. allgem. österreich. Apoth.- Ver.
Wittsteins Vierteljahrsschrift 1868. S. 598.). HR
Das Alter der Pferde zu erkennen.
Nach dem 8. Jahre des Pferdes wird am oberen Rande
des unteren Augenlides eine Falte oder Runzel sichtbar. Es
soll sich dort mit jedem weiteren Jahre eine neue Falte bil-
den. Da bekanntl. vom 8. Jahre an die Bestimmung des
Alters der Pferde schwierig wird und die Zeichen, welche sonst
als Anhaltepunkt gelten, oft betrügerisch verändert werden,
so verdient diese Angabe die besondere Beachtung der Pferde-
kenner, indem dadurch, wenn sie sich bestätigen sollte, man-
cher Täuschung vorgebeugt würde. (Montfort’s Kosmos.).
269
V. Medicin und Pharmacie.
.
Ueber die Darstellung der offieinellen Tineturen
äussert sich Filhol folgendermaassen. Alle Schriftsteller
über die Darstellung der Tincturen richten ihre ganze Auf-
merksamkeit darauf, wie die der Extraction durch Alkohol,
Aether ausgesetzten Substanzen am Gründlichsten erschöpft
werden. Man befolgt hierbei zwei Methoden: die ältere ist,
dass man die zweckmässig zerkleinerten Substanzen eine
bestimmte Zeit in der bestimmten Flüssigkeit macerirt, filtrirt
und den Rückstand auspresst, um möglichst viel Tinetur zu
erhalten. Bei der zweiten, der Deplacirungsmethode, wird
die Substanz mit dem Lösungsmittel methodisch ausgelaugt
und der in dem Rückstande steckende Rest der Tinctur
durch Wasser oder Alkohol herausgedrängt.
Die zweite Methode giebt in kürzerer Zeit reichhaltigere
Tineturen, die sich jedoch bald trüben und sich weniger gut
halten als die durch Maceration dargestellten Präparate. Fer-
ner kann man die Tincturenreste nicht immer zweckmässig
durch Wasser verdrängen, so dass auch in ökonomischer Hin-
sicht der Vorzug auf Seiten der Maceration zu sein scheint.
Der in den durch Deplacirung erhaltenen Tineturen sich
ablagernde Bodensatz ist nichts weiter als eine wirkungslose
Substanz, die man ohne Nachtheil für die Stärke des Medica-
mentes entfernen kann. Etwas anderes wäre es, wenn der
Bodensatz wirksame Theile enthieltee Man darf doch die
Stärke der Tineturen nicht nach ihrer relativen Dichtigkeit
bemessen oder nach der Menge ihres Trockenrückstandes,
sondern alleinnach der Art dieses Rückstandes, denn es kann
ja ein geringer Rückstand z. B. mehr Alkaloide oder sonstige
wirksame Stoffe enthalten als ein reichlicher Abdampfrück-
stand. Hier ist ein Gebiet für wichtige und weit tragende
Untersuchungen.
Alkohol conservirt nicht in so hohem Grade, als man
allgemein glaubt, und die Tineturen müssen möglichst bald
270 Der Aethersyrup.
nach ihrer Darstellung verbraucht werden, indem sich manche
vegetabilische Principien gerade in alkoholischer Lösung ver-
ändern. Mit einer frischen, schön grünen Blättertinetur z. B.
kann man Fremy’s Chlorophylitransformationen durch Salz-
säure erhalten. Dies ist jedoch nach einigen Monaten nicht
mehr der Fall; die wesentlichsten Charactere des Chlorophylis
sind also verschwunden. Macerirt man die Blumenblätter
von Ranunculus in Alkohol, so erhält man eine goldgelbe
Tinctur, die durch ein gleiches Volumen Salzsäure sehr schön
grün wird. Beim Filtriren bleibt aus der grünen Tinctur
eine gelbe Substanz auf dem Filter, das Filtrat ist rein blau.
Nichts von dem Allen geschieht, wenn die Tinctur einige
Zeit gestanden hat, sie bleibt bei Zusatz von Salzsäure gelb.
Das Xanthin der Blüthen hat sich also verändert wie das
Chlorophyll der Blätter.
Aus sorgfältig getrockneten und gut aufbewahrten Vege-
tabilien wird man natürlich auch gute Tineturen darstellen
können. Es lassen sich aber die trocknen Pflanzenstoffe bes-
ser aufbewahren als die Tincturen, daher geht Filhol’s Mei-
nung dahin: Tineturen nur in kleinen Mengen
anzufertigen und möglichst schnell zu verbrau-
chen. (Journ. de pharm. et de chim.). R.
Der Aethersyrup von Fallieres.
Der von der Societe de pharmacie de Paris vorgeschla-
gene Aethersyrup enthält etwa 10°, Alkohol. Fallieres
wurde um seine Ansicht befragt, ob der hohe Weingeistgehalt
nützlich sei, um die Lösung des Aethers in dem Syrup zu
fördern und um das Präparat zu conserviren. Seine Unter-
suchungen führten zu zwei Schlüssen:
1) Weingeist allein löst Aether in allen Verhältnissen, löst
ihn nicht mit Syrup gemischt; der Weingeist ist kein speciel-
les Lösungsmittel, er verdünnt nur den Syrup, was eben so
gut durch Wasser geschehen kann.
2) Man kann in der Vorschrift den Weingeist beträchtlich
vermindern, indem man beim Zusatz von Weingeist zu leicht
veränderlichen Zuckersäften gewisse Grenzen nicht überschrei-
ten darf, wenn dies nicht nothwendig ist.
Fallieres schlägt desshalb vor, die Hälfte des Wein-
geist fortzulassen, dieselbe Menge Aether beizubehalten und
giebt folgende Vorschrift:
Emulsionirung d. Copaivabalsams od. Terpenthins durch Zucker ete. 271
Zuckersyrup von 35° 475 Grm.
Destillirtes Wasser 158
Weingeist von 86° 33
Aether von 64° 64 ,
33 Grm. von den 158 Grm. Wasser sollen die gestriche-
nen 33 Grm. Weingeist ersetzen. (Journ. de pharm. et de
chiüm.). R.
”
”
Emulsionirung des Copaivabalsams oder Terpenthins
durch Zueker und Honig.
Van de Walle, Apoth. im Brüssel, giebt hierzu fol-
send Vorschrift:
Terpenthin oder Copaivabalsam 50 Gramme,
Weisser Zucker 25 Gramme,
Nicht krystallisirter Honig 25 Gramme,
Destillirtes Wasser 5 Gramme,
Aeth. Pfefferminzöl 0,50 Centigramme,
Anilinroth oder Varminlösung q. s.
Man thut den Üopaivabalsam, den Zucker, Honig und
das Wasser in eine Schale, bringt diese über gelindes Feuer,
wobei man gut umrührt. Nach 10 Minuten nimmt man vom
Feuer, färbt mit Anilin oder Carminiösung und aromatisirt
nach dem Erkalten. Das Product hat den Geruch des Üo-
paivabalsams beinahe völlig verloren, der Geschmack dessel-
ben ist wenig ausgesprochen; seine gallertig zitternde Con-
sistenz und rothe Farbe erinnern an Johannisbeergelee.
Das Wasser spielt bei diesem Präparate eine wichtige
Rolle und ist zur Erlangung der gelatinösen Consistenz noth-
wendig; ist zu wenig Wasser vorhanden, so ist die gallertar-
tige Emulsion wenig beständig und der Copaivabalsam begiebt
sich bald wieder an die Oberfläche. In diesem Falle genügt
es, dem Producte eine neue Quantität Wasser zuzufügen und
das Gemenge ein 2. Mal der Wärme auszusetzen. Anfangs
bilden sich in der Schale 2 Schichten, eine obere aus Copai-
vabalsam, eine untere aus Zucker und Honig. Nach und
nach werden die Schichten gleichartiger und man bemerkt
unendlich viele Bläschen, die sich in der Masse gleichmässig
vertheilen. In diesem Moment emulsionirt sich der Balsam,
die Bläschen verschwinden, wenn die Emulsion vollständig
ist. (Soc. d. pharm. d. Bruzxelles. Journ. de pharm. et d. chim.
4. Ser. Sept. 1868. tom. 8. p. 212.). H.L.
272 Die Verfälschungen d. Lakrizensaftes. — D. Gefahr frischgestr. Zimmer.
Die Verfälschungen des Lakrizensaftes.
Der Lakrizensaft, das Brustbonbon der armen Leute,
wird mit Weizen-Mehl und Kartoffelstärke unter
dem Vorwande, dass es nur mit diesem Zusatze versehen in
Stangenform zu bringen sei, häufig verfälscht. Um diese Beimi-
schung zu erkennen, lässt man nach St. Martin sich 20 Grm.
Lakrizensaft in 250 Grm. kalten, dest. Wasser auflösen, filtrirt
durch ein zuvor tarirtes Filter, trocknet und wägt den Rück-
stand. Die mikroskopische Untersuchung desselben oder Jod-
zusatz zu einer heiss bereiteten Lösung im doppelten Volu-
men Wasser weist die Gegenwart von Amylum nach. Ge-
genwärtig hält man selbst Stärkemehl für ein zu kostbares
Verfälschungsmittel und hat dasselbe vielfach durch fein
gepulverte Holzkohle ersetzt; es heisst in solchen Fäl-
len: „der Saft ist bei der Extraction ein wenig angebrannt.“
Der calabresische Lakrizensaft ist der geschätzteste;
er ist tiefschwarz, glatt, glänzend auf dem Bruch und spröde
und schmeckt süss und etwas herbe zugleich; er kommt mit
der Signatur Oassano oder Pignatelli in den Handel,
und löst sich in kaltem Wasser fast ohne Rückstand auf.
In Bayonne oder Marseille wird er mit der gleichen
Menge fremder Zusätze vermischt und diese Verfälschung in
den Pariser Droguenhandlungen soweit getrieben, dass sich
schliesslich nur noch !/, dieses Lakrizensaftes in Wasser
löst. Das Publicum muss diese verfälschte Waare als ächte
Pignatelli mit 3 Frances pro Kilogramm bezahlen, während
1 Fr. 90 Cent. schon ein hoher Preis ist. Um diesem Unwesen
zu steuern, drucken Droguenhändler, welche sich selbst
achten und solchen Betrug verabscheuen, z. B. Dorvault,
ihren Namen auf jedes Lakrikenstängelchen. Nur solche
Reglisse sollte in. der Pharmacie benutzt werden; denn die
verfälschte lindert den Hustenreiz nicht nur nicht, sondern
vermehrt den Kitzel im Halse sogar. (Journ. de med. de
Bruxelles; Juin 1868. p. 563.). 128
Die Gefahr frischangestrichener Zimmer
für die Bewohner liegt in der Einathmung der Terpen-
thinöldämpfe. Eine Dame schlief eine Nacht in einem sol-
chen Zimmer; sie wurde vom Schlage gerührt und nur mit Mühe
ins Leben zurückgerufen. Man hüte sich also, in mit Oelfarbe
frisch angestrichenen Zimmern bei verschlossenen Fenstern und
Thüren zu verweilen. (Cowrrier de la Oöte). R,
273
C. Literatur und Kritik.
Beiträge zur Kenntniss der chemischen Verän-
derungen fliessender Gewässer. Von Dr. Theo-
dor Poleck, o. ö. Professor in Breslau. Mit einer Karte.
Breslau, Maruschke u. Berendt. 1869. 80 Seiten gr. Octav.
Einladungsschrift zur Habilitationsrede in der kleinen Aula der Uni-
versität Breslau am 6. März d. J., 12 Uhr.
Vorliegende Untersuchung wurde von Herrn Dr. Th. Poleck, (dem
Nachfolger des würdigen Duflos als Lehrer der Pharmacie in Breslau)
in seiner Eigenschaft als chemischer Sachverständiger in einem Process
veranlasst, in welchem es sich um die Feststellung der Bestandtheile von
Steinkohlen-Grubenwässern und deren Einwirkung auf einenklei-
nen Fluss (die Birawka in Oberschlesien, welche unweit der Marien-
hütte bei Orzesche, an der Eisenbahn von Rybnik nach Nikolai entspringt)
und auf früher fischreiche Teiche handelte. Dabei ergaben sich
einige Thatsachen von allgemeinerem Interesse, welche den Verf, bestimm-
ten, die erhaltenen Resultate zu veröffentlichen, um so mehr, als Ana-
lysen von Grubenwässern bis jetzt nur in geringer Zahl vorliegen.
Den Analysen sind die unmittelbar durch die Versuche erhaltenen Zahlen
beigefügt, weil nur so eine Kritik der Resultate einer chemischen Unter-
suchung möglich ist.
Die Seiten 1—7 enthalten Betrachtungen über den Kreislauf des
Wassers, die mechanische u. chemische Arbeit desselben bei der
Umgestaltung der festen Erdrinde, zu dessen Studium besonders Bischof’s
Geologie u. Lersch’s Hyärochemie als Hauptwerke eitirt werden.
Der Lauf der Birawka und die Lage der von ihr durchflo'senen
Teiche wird durch eine nach amtlichen Quellen gezeichnete Karte, welche
der Verf. der Vermittelung des K. Oberbergraths Runge verdankt, vor
Augen geführt. Die geognostischen Verhältnisse wurden der neuen
durch Prof. Römer in Breslau herausgegebenen geognost. Karte von Ober-
schlesien entnommen.
Die chemischen Untersuchungen wurden theils von Dr. Poleck, theils
von Dr, Bretschneider, Director d. landwirthsch. Central - Versuchs-
Station in Saarau ausgeführt. Der Gang derselben ist auf S. 11—13
beschrieben. Folgen die quantitativen Analysen (8. 13 — 44):
I., des Wassers der Birawka vor Aufnahme von Grubenwasser.
II, und III, des Wassers der eonsolidirten Orzescher Grube, unmittel-
bar am Mundloch u. vor seinem Einfliessen in die Birawka.
IV., des Wassers der Birawka, unmittelbar vor dem Einflusse der Was-
ser der Antonglück -, Robert- und Leopoldgrube.
V. u. VI, des Wassers unmittelbar am Mundloch des Stollens der Leo-
poldgrube u. vor seiner Vereinigung mit dem Wasser der Robertgrube.
VII, des Wassers am Mundloch des Stollens der Robertgrube.
VIII u. IX., der Antonglückgrube an der Grube u. unmittelbar vor
seinem Einfluss in die vereinigten Gewässer d. Leopold- u. Robert- Grube,
Arch, d. Pharm. CLXXXIX. Bds, 3, Hft, 18
TO NETT.
974 Titerahm and Kae
X., Wasser der vereinigten Antonglück-, Robert- und Leopoldgrube,
unmittelbar vor seinem Einfluss in die Birawka.
XL, Wasser der Birawka unmittelbar vor Einfluss des Wassers der
Friedrichsgrube.
XII., Wasser unmittelbar aus dem Ausfluss der Friedrichsgrube.
XIIL, Wasser der Friedrichsgrube, unmittelbar vor seinem Einfluss in
die Birawka.
XIV., Wasser des Brettmühlenteichs.
XIV., a, Zusammensetzung des rothen Sediments u. des unmittelbar
darüber stehenden Wassers.
XVL, Wasser des Schlossteichs.
XVII, Wasser des Kupferhammerteichs.
Die Resultate der Analysen und ihre geologische Bedeutung wird auf
8. 455 —63 besprochen und beiläufig auf 1863 veröffentlichte Unter-
suchungen des Herrn Verfassers über die Trinkwasser- Verhältnisse der
Stadt Neisse (mit 45 Wasseranalysen verschiedener Localitäten) Bezug
senommen. 8. 69-—71 die Schlussfolgerungen in 12 Sätzen, Zuletzt eine
tabellarische Uebersicht der Analysen.
Die Schlussfolgerungen lauten:
1) Die Grubenwässer des untersuchten Oberschlesischen Koh-
lenreviers enthalten beim Austritt aus dem Stollen in ihren Bestand-
theilen die Endprodukte der gegenseitigen Einwirkung der in die Grube
von obenher eindringenden, an Sauerstoff reichen Meteorwasser
auf die Steinkohlenschichten; es sind in diesem Falle die Zer-
setzungs- u. Auslaugungs- Produkte der Sehieferthone, welche das
Hangende u. Liegende der Kohlenflötze bilden u. des ihnen analog zu-
sammengesetzten Detritus, welcher gemengt mit organ, Resten die Schie-
ferkohlen formt und die Steinkohle selbst durchdringt, als deren Asche
er beim Verbrennen zurückbleibt.
2) Der Ausgangspunkt aller dieser Processe ist die Oxydation der
Eisenkiese Sie liefern die Schwefelsäure für den Gyps und die
schwefelsauren Salze der MgO, Al?2O3, des MnO, FeO, Fe203 und
NiO, sowie indireet die Kohlensäure zur Bildung u. Lösung der jenen
entsprechenden kohlensauren Salze.
3) ‚Es unterliegt keinem Zweifel, dass die in dem oberirdischen
Laufe d. Grubenwässer direet beobachteten chemischen Veränderungen
schon im unterirdischen Wasserlaufe Platz greifen und zu denselben
Produeten führen. Die Zusammensetzung der Sedimente des ober- u.
unterirdischen Wasserlaufs wird im Allgemeinen zusammenfallen und die
saure oder neutrale Beschaffenheit des aus der Grube tretenden Was-
sers wird von der Menge der in den kohlenführenden Schichten vorhan-
denen Erdcarbonate abhängen. Bei der Friedrichs - u. Leopoldgrube
hat die Sättigung der freien Schwefelsäure u. d. Absatz basischer Eisen-
oxyd- u. Thonerde- Sulfate bereits im unterirdischen Wasserlaufe
stattgefunden, während alle übrigen untersuchten Grubenwässer mit freier
Schwefelsäure und Eisen-, Mangan- u. Nickelsulfaten an
die Oberfläche treten. x
4) Die dureh Oxydation der Schwefelkiese hervorgerufenen Processe
haben mit Sättigung der freien SO3 und der Ueberführung des FeO in
Fe203 ihre Endschaft erreicht. Von da ab beginnt durch den wei-
teren Einfluss des Wassers, der Erdcarbonate und der
organischen Reste ein Rückbildungsprocess, welcher je nach
Umständen wieder zu den Verbindungen führt, die den ersten Anstoss zu
allen diesen Vorgängen gegeben haben.
Literatur und Kritik, 275
5) Das Verhalten des Sediments aus dem Brettmühlenteiche
(in 100 Th. enthält dasselbe 25,78 Theile Fe?O®, 0,11 NiO, 0,62 Mn?O3,
4,61 Al203, 0,32 CaO, 1,96 SiO2, 1,22 SO3, 8,16 HO, 11,97 Th. Hu-
minsubstanzen und 45,00 Th. in HCl Unlössliches) gegen die darüber-
stehenden Wasserschichten u. gegen destillirtes Wasser, die reduei-
rende (und auflösende) Wirkung der organischen Reste
auf Eisenoxydsalze, welche hier schrittweise verfolgt wurde, ist ein
ganz allgemeiner Vorgang, welcher in Verbindung mit dem Ver-
halten des atmosphärischen Sauerstoffs gegen Eisenoxy-
dulsalze dem Eisen die bedeutungsvollste Funktion in den
geologischen Vorgängen anweist.
6) Der Rückbildungsprocess beginnt hier mit einer Auslaugung
der Sedimente, bei welcher die basischen Eisenoxyd-Sulfate
durch Einwirkung des Wassers unter gleichzeitiger Mitwirkung der orga-
nischen Reste, des atmosphärischen Sauerstoffs und der Erdearbonate ihre
Schwefelsäure nach und nach an den Kalk und die Magnesia
abgeben.
Bei ungehindertem Zutritt der Luft entwickelt sich ein
wechselndes Spiel von Reduetions- u. Oxydationsprocessen, in welchen
das Eisenoxyd gewissermaassen als „Verwesungsferment“ fungirt u.
den atmosphär. Sauerstoff so lange auf organische Reste überträgt, als
solehe noch vorhanden sind. Hier endet der Process mit der vollständi-
gen Fortführung der Schwefelsäure als Gyps ete. und der Bildung von
Limoniten, Wiesenerz und Brauneisensteinen, die oft nur eine
Spur von Eisenoxydul enthalten.
Solche Verhältnisse wurden im Brettmühlenteiche beobachtet.
?) Ganz anders gestaltet sich jedoch die Wirkung redueirender organi-
scher Stoffe auf Sedimente analoger Zusammensetzung bei Ausschluss
oder mangelhaftem Zutritt des atmosphärischen Sauer-
stoffs. Hier wird beim Ueberwiegen der organischen Reste
der Reduetionsprocess bis an seine äusserste Grenze sich fortsetzen.
Eisenoxydhydrate werden zu Eisenoxydulcarbonaten, basische
Eisenoxyd -Sulfate zunächst zu Eisenoxydulsulfat und eventuell zu
Schwefeleisen (Schwefelkies), den letzten Produeten dieser Re-
duetionsprocesse. Schwefeleisen- Bildung wurde in der verschlos-
senen Flasche, welche das mit gelösten organischen Substanzen beladene
Birawkawasser enthielt, nach wenigen Wochen beobachtet.
8) Diese im oberirdischen Wasserlaufe der Grubenwässer und in den
Teichen beobachteten und nachgewiesenen Processe müssen sich nothwen-
dig auch in den Gruben, in den kohlenführenden und an Bitumen reichen
Schichten vollziehen.
9) Die Steinkohlenformation ist der eigentliche Herd dieser Re-
duetion der Eisenoxyde, welche aber auch bis in die jüngsten Bildungen
der Gegenwart hinein überall da stattfindet, wo obige Bedingungen, ein
Ueberschuss von organischen Resten u. Mangel an atmosphär. Sauerstoft,
erfüllt sind. Die Bildung der Eisenoxydulsalze wird nothwendig
der Bildung der Eisenkiese vorausgehen müssen, es wird diese letztere
überhaupt erst dann stattfinden, wenn alles Eisenoxydhydrat zu Oxydul
redueirt ist. Daraus erklärt sich ungezwungen, warum die Spath-
und Thoneisensteine meistens völlig frei von Sulfaten und
von Schwefelkiesen auftreten. Die Schwefelsäure wird im ersten
Stadium der Reduction des Eisenoxydhydrats theils durch Wasser, theils
durch Wechselzersetzung mit Erdearbonaten als Gyps fortgeführt. Die
Bildung von Kohlensäure ist die nothwendige Folge aller dieser
Processe. Sie verwandelt das Eisenoxydul in lösliches Bicarbonat und
187
276 Literatur und Kritik.
darin liegt die Möglichkeit seiner Fortführung und Ablagerung an secun-
därer Lagerstätte.e Das Mangan verhält sich in dieser Beziehung wie
das Eisen.
So erklären sich alle Eisenbildungen der Steinkohlen-
formation auf das Ungezwungenste: die Bildung der Thon-
eisensteine und Sphärosiderite, welche letztere oft kaum eine
Spur von Eisenoxyd und Schwefelkies enthalten, ebensowohl, wie die Bil-
dung des Eisenoxydul -Carbonats in den Blackbands u. der durch alle
Kohlenschichten hindurch zerstreuten Schwefelkiese.
10) Das in den Grubenwässern und den Teichen, sowie in den Sedi-
menten nachgewiesene Nickel stammt von Haarkiesen oder Eisen-
nickelkies. Es folgt’/dem Eisen bei der Oxydation als Nickelsulfat,
wird mit dem Eisen als Niekelearbonat gefällt und scheint dann durch
Kohlensäure nur schwer wieder in Lösung zu gehen. Der mehrfach
beobachtete Nickelgehalt der Braun- u. Spatheisensteine findet so seine
einfache Erklärung.
11) Es liegt auf der Hand, dass Grubenwässer von der gefundenen
Zusammensetzung weder zum Trinkgebrauch, noch zum Kochen
oder Waschen Anwendung finden können. Dies gilt aber auch von der
Birawka u. dem Wasser des Brettmühlenteichs. Die beiden anderen Teiche
sind, verglichen mit den normalen Teich- und Flusswässern als harte
Wässer von normaler Zusammensetzung anzusehen.
12) In allen Teichen und Flüssen, deren Sedimente basiche Eisen-
oxydsulfate enthalten, ist die Fischzucht gefährdet, daher Gru-
benwässer, welche solehe Sedimente führen oder veran-
lassen, gradezu als schädlich bezeichnet werden müssen,
Grubenwässer mit Eisenoxydul- Carbonaten werden es wahrschein-
lich nur dann sein, wenn sie den, betreffenden Flüssen und Teichen
eine allzugrosse Menge Kalk- u. Magnesia-Sulfate zuführen,
das Wasser derselben also über einen gewissen Grad hinaus hart machen.
Von den mitgetheilten Analysen hebe ich heraus: diejenigen des Bi-
rawkawassers vor dem Einfluss des Grubenwasser (IT), desselben nach
dem Einfluss verschiedener Grubenwässer, aber noch vor Einfluss des
Friedrichsgrubenwassers (XT), sodann des Wassers der eonsolidirten Or-
zescher Grube unmittelbar am Mundloch (II), frei von Carbonaten;
ferner der Wasser unmittelbar am Ausfluss der Friedrichsgrube (XI),
mit kohlens. Salzen; weiter des Wassers des Brettmühlentei-
ches (XIV) und des Wassers desselben Teiches, nach längerem Stehen
über dem Sediment (dessen Analyse weiter oben mitgetheilt wurde) (XIVa).
In 10000 Theilen Wasser sind enthalten:
Birawkawasser, neutral; vor Einfluss der Grubenwasser (T).
KCl NaCl KO0,S03 Na0,C0?2 Ca0,C0® Mg0,C0?2 Mn0,CO?
0,0158 0,1109 0,0991 0,0022 0,5180 0,0976 0,0193
Fe0,C02 Summe c02 Organische Substanzen entsprechend
0,0435 1,0865 270,6 CC. 0,3426 Tb. KO,Mn20?
S0O3 im Ganzen
0,045.
Birawkawasser (XT), von schwach saurer Reaction.
Eisen, als Oxydul an Ort u. Stelle mittelst KO,Mn20? bestimmt: 0,093 Fe.
Schwache Reaction auf Eisenoxyd an Ort und Stelle.
K0,508 Na0,503 Ca0,S03 MgO,S03 Mn0,SO® Fe?03,3803
0,0451 0,1795 1,9231 0,7620 Ni0,S03 0,1500
nicht bestimmt
Literatur und Kritik. 277
SsiO? Freie SO3 803 im Ganzen HCl co?
0,190 0,294 (?) 2,091 Spuren nicht bestimmt
organ. Substanzen entsprechend
0,0125 KO,Mn?V?,
Summe der Bestandtheile 3,5436. Beide Wässer analysirt von Dr. Poleck.
Orzeschegrubenwasser (II), von stark saurer Reaction
(analys. von Dr. Bretschneider).
Eisen, als Oxydul an Ort und Stelle bestimmt 1,0203 Fe in 10000 Th.
Wasser. Reaction auf Eisenoxyd an Ort und Stelle stark.
K0,S08 Na0,S0° Ca0,S08 Mg0,S03 AI1203,3803 Mn0,803
0,296 0,405 6,218 3,555 1,660 0,979
Ni0,S03 Fe0,S03 Fe203,3503 SiO? freie SO3 SO3 im Ganzen
nicht bestimmt 0,207 5,122 0,460 15519 12,776
HCl c02 gelöste organ. Substanz Summe der Bestandtheile
0,038 nicht bestimmt nicht bestimmt 21,059 in 10000 Th. Wasser.
Friedriehsgrubenwasser (XII), fast neutral; von Dr. Poleck
analysirt. Eisen, als Oxydul an Ort und Stelle bestimmt 0,3401 Fe in
10000 Th. Wasser.
NaCl KO0,S03 Na0,S08 Ca0,S08 Mg0,S0° Mg0,C0O® Mn0,C02
0,0877 0,0520 0,1214 3,7400 0,9000 0,0546 0,1870
Fe0,002 Sı0O2 SO3 im Ganzen C0v2 organ. Substanz entsprechend
0,0106 0,0500 2,8920 297,4CC 0,0068 Th. KO,Mn207.
Summe der Bestandtheile 5,2033.
Wasser des Brettmühlenteichs (XIV), schwach sauer;
analysirt v. Dr. Poleck. Eisen, als Oxydul, an Ort u. Stelle bestimmt
0,0837 in 10000 Th. Wasser.
NaCl K0,503 Na0,S03 Ca0,S0? Mg0,S03 MnO0,S03
0,067 0,072 0,071 2,288 0,764 Ni0,803
nicht bestimmt
Fe203 SiO? SO? im Ganzen co2 organ. Substanz entsprechend
0,040 0,120 1,946, 477,97 CC 0,0179 KO,Mn20”.
Summe der Bestandtheile 3,422 Th. in 10000 Th. Wasser.
Wasser des Brettmühlenteichs (XIVa) nach längerem Stehen über
dem eisenoxydreichen Sediment. Analysirt v. Dr. Poleck.
Von saurer Reaction.
NaCl K0,503 Na0,S03 Ca0,S08 Mg0,S03 Mn0,S03 Ni0,S0O3 Fe0,SO®
0,067 0,072 0,071 2,288 0,764 0,134 0,012 4,947.
2Fe203,S03 SO3 im Ganzen gelöste organ. Substanz entsprech.
1,757 5,0644 0,4788 Th. KO,Mn?0O”.
Bei Erwägung der Umstände, unter denen das eine Mal eine Bildung
von Schwefeleisen aus den Sedimenten unter Wasser statt findet, das
andere Mal aber ausbleibt, ist bloss der Ueberschuss an Eisenoxyd hervor-
gehoben, welcher die Bildung von Schwefeleisen vereitele. Sicherlich
hindert auch die Anwesenheit freier Schwefelsäure in solchen Wäs-
sern die Bildung von Schwefeleisen und erst bei Hinwegnahme derselben
durch die Erdalkalien kann aus der Reaction organischer Stoffe auf die
Sulfate derselben Schwefelwasserstoff entstehen, der seinerseits Eisenoxyd
u. Oxydul in Schwefeleisen verwandelt. Pettenkofers Desinfection durch
Eisenvitriol stützt sich auf diese Eigenschaft sauer reagirender Metallsalze,
die Fäulniss, also auch die HSbildung zu unterdrücken.
278 Literatur und Kritik.
Die vorliegenden Beiträge seien hiermit der Beachtung unserer Leser
als Resultate gründlicher Forschung, denen auch ein hohes practisches
Interesse zukommt, angelegentlichst empfohlen.
H.L.
Die Prüfung chemischer Gifte, ihre Erkennung im
reinen Zustande und Ermittelung in Gemengen. Von
Adolf Duflos, Dr. der Philosophie und der Mediein,
Königl. Geheimen Regierungsrathe und Professor. Ein
Leitfaden bei gerichtlich-chemischen Untersuchungen für
Aerzte, Apotheker, gerichtliche Chemiker und Criminal-
richter. Mit 40 in den Text gedruckten Abbildungen nach
Originalzeichnungen. Ferdinand Hirt, Verlags- und
Königl. Univ.-Buchhandlung. Breslau 1867. (X, u. 208 8.
klein 8.). Preis 1 Thaler.
Während seiner 25jährigen Wirksamkeit als akademischer Lehrer in
Breslau hat der verdienstvolle Herr Verfasser die Verpflichtung gehabt,
die Lehre von den Eigenschaften der wichtigsten, im Handel und in den
Gewerben verbreiteten chemischen Gifte und deren Ermittelung alljährlich
vorzutragen und zu erläutern. Ausserdem gaben ihm zahlreiche, auf amt-
lichem Wege veranlasste gerichtlich - chemische Untersuchungen vielfache
Gelegenheit, diesen Gegenstand allseitig zu prüfen. Um den vielseitig
ihm kundgegebenen Wünschen ehemaliger Zuhörer, welche theils dem
pharmaceut., theils dem ärztl. Fache angehören, zu entsprechen,
hat derselbe nun den wesentlichen Inhalt jener Vorträge in dem vorlie-
genden Werke niedergelegt, die Operationen selbst durch bildliche Dar-
stellung der in den Vorlesungen und in der Praxis benutzten Apparate
veranschaulicht, darin aber ausschliesslich nur solche Reactionen und
Verfahrungsweisen aufgenommen u. empfohlen, von deren Angemessenheit
und hinreichenden Beweiskraft er durch eigene Erfahrung vollgültig über-
zeugt worden ist. Um das Buch auch dem Gerichtsarzte und Cri-
minalrichter geniessbar zu machen, wurde darin jede ausführlichere
chemische Erörterung vermieden, die dem eigentlichen Zwecke desselben
fern steht. Unter den bei erkannter Vergiftung als Gegengift empfoh-
lenen Mitteln sind nur solche genannt, welche den Zweck haben, das
noch vorhandene Gift unschädlich zu machen und dessen wei-
tere nachtheilige Wirkungen zu paralysiren, nicht aber bereits einge-
tretene Beschädigungen des Organismus zu beseitigen. Diese, in der von
Annaberg im Erzgebirge, Juni 1867, datirten Vorrede, niedergelegten
Bemerkungen des vor Kurzem vom öffentlichen Lehramte zurückgetrete-
nen Herrn Verfassers sind bei Beurtheilung des vorliegenden Werkes
wohl zu beachten.
Die in Betracht kommenden Gifte sind in nachstehende Rubriken
vertheilt:
I. Chloroide oder Halogene (Chlor und Chloralkalien, Brom
und Bromalkalimetalle, Jod u. Jodalkalimetalle).
II. Saure Gifte. 1. Mineralsäuren (SO®, NO>, HCI.)
2. Pflanzensäuren, (Oxalsäure, Weinsäure , Citronensäure , Essig-
säure).
III. Alkalische Gifte: Aetzende Alkalien (Aetz- Be - Na-
tron, -Ammoniak, -Kalk, -Baryt, - Strontian).
Literatur und Kritik. 279
Kohlensaure Alkalien (kohlens. Kali, - Natron, - Ammoniak).
Geschwefelte Alkalien oder Schwefellebern. }
IV. Salzige Gifte (Alaun, Salpeter, Salmiak, Chlorbaryum, kohlens
Baryt, chromsaures Kali.
V. Metalloide. Nur der Phosphor.
VI. Metallische Gifte (Arsenikalische -, Antimonial-, Blei-, Wis-
muth -, Zink -, Kupfer -, Quecksilber - und Silber - Gifte).
VII. Cyangifte (Cyanwasserstoff oder Blausäure, blausäurehaltige
Oele u. Wässer, Cyankalium, Cyanzink, Cyanquecksilber.)
VII. Giftige Alkaloide (Coniin, Nicotin, Anilin, Morphin, Strych-
nin, Bruein, Veratrin, Atropin.)
Der Einzelbetrachtung derselben folgt
IX. Allgemeines Verfahren bei Aufsuchungirgend eines
Giftes, wenn keine speciellen Indicien vorhanden sind.
Man prüft zuerst auf freie Säure, dann auf freies Alkali, dann
auf Phosphor nach Scheerer u. Mitscherlich, dann auf Cyan-
gifte, auf Alkaloide, auf Metalle und auf Salze. Zum Schluss
finden wir
X. Einiges betreffend die Abfassung des Berichtes über die Aus-
führung und das Ergebniss einer gerichtlich -chemischen Untersuchung,
Ein genaues Register erleichtert die Auffindung der Einzelheiten.
Mit Bedauern vermissen wir ein Capitel über die Nachweisung von Al-
kohol und Chloroform, so wie ein solches über die Prüfung auf
Bitterstoffe, wie Colcehiein, Digitalin u. Pikrotoxin; von
Metallen hätten Zinn und Eisen einen Platz verdient.
Unter den abgebildeten Apparaten sind hervorzuheben: App, z.
Prüfung org. Gemenge auf Mineralsäuren, App. z, Nachweisung des P
im Wasserstoffstrome n. Blondlot und Dusart; Mitscherlich’s App.
zur Dest. d. P; Glasschornstein zum Auffangen der Verbrennungsproducte
des Marsh’schen Apparats; App. zur Red. d. AsS? auf trocknem Wege;
.Marsh’scher Apparat mit A. W. Hoffmanns Verbesserung; App. zur
Prüf. org. Gemenge auf Arsen durch Dest. mit Salzsäure; Kautschuk-
pipette; Apparat zur Erkennung von Cyanzink; App. z. Abdunsten über
Aetzkalk. Der Apparat, Fig. 20, zur Reduction des Arsens aus AsO3
mittelst Kohle ist verzeichnet, wie ein Vergleich mit Fig. 32 ergiebt,
wo derselbe Apparat abgebildet ist als App. zur Erhitzung amalgamir-
ten Eisendrahts. Auch Fig. 4, App. zur Erkennung der Fruchtsäuren
mittelst cone. Schwefelsäure ist verzeichnet, da die Quantität der Schwe-
felsäure darin viel zu gross und die Richtung der Glasröhre dem Experi-
mentator beim stossweisen Kochen der Schwefelsäure gefährlich werden
muss.
Die Reactionen zur Erkennung der einzelnen Gifte sind durchaus gut
gewählt und alle Stoffvergeudungen vermieden, die Unterschiede ähnlicher
Stofle präcis hervorgehoben, ebenso die schärfsten Proben. Nachdem der
reine Stoff in seinem chemischen Verhalten beleuchtet worden, kommt die
Erörterung seiner Aufsuchung in Gemengen, namentlich in solchen orga-
nischer Natur an die Reihe. Beim freien Chlor wird neben dem KJ-
Stärkekleister- Papier auch das Guajacpapier und das blanke Silberblech
als Reagenz empfohlen; für die Auffindung des latenten in organ. Stoffen
durch Substitution fixirten Chlors die Einäscherung mit kohlens. Natron,
Beim Jod vermissen wir die Aufsuchung desselben in Jodsäure haltigen
Gemengen. Das verschiedene Verhalten der Mineralsäuren gegen Zucker,
Mennige, metallisches Kupfer u. Indiglösung wird klar hervorgehoben,
ebenso das der Pflanzensäuren gegen cone. Schwefelsäure und gegen Kalk-
wasser. Mit Bedauern sehen wir der Oxalsäure (der Sauerklee-
280 Literatur und Kritik.
säure, aus Oxalis Acetosella) den fehlerhaften Namen Kleesäure bei-
gelegt, im guten Deutsch und beim Botaniker ist aber Klee schlecht-
hin = Trifolium, welche Pflanze mit Oxalsäure nichts zu thun hat.*)
Die Unterschiede reiner und kohlens. Alkalien, wie der Chlor- und Schwe-
felalkalien sind genau angegeben ; aber die wässrige Lösung der Schwefel-
lebern giebt nicht, wie 8.39 zu lesen, einen schwarzen, sondern einen
braunrothen Niederschlag mit Bleisalzen. Auch auf S. 114 wird gesagt
„der orangerothe Niederschlag durch HS ist für Antimon charakteristisch, da
kein anderes Metall unter ähnlichen Verhältnissen durch HS mit ähnlicher
Farbe niedergeschlagen wird.‘ Allein das Blei wird aus salzsäurehaltigen
Lösungen durch HS unter Umständen als PbS-+-PbCl mit einer Farbe
gefällt, die derjenigen des frischgefällten SbS3 sehr ähnlich ist. Bei Prü-
fung auf Ammoniak und dessen Salze sucht man vergebens nach dem
Nessler’schen Reagenz, wohl aber ist die Reaction des H3N gegen Cad-
miumoxydsalz als unterscheidend von kohlens. Ammoniak hervorgehoben.
Der Phosphor ist tief eingehend behandelt. Wir finden die vor-
läufige Prüfung mittelst Silbersalpeter nach Scheerer, die Schwefel-
probe nach Lipowitz, E. Mitscherlich’s Destillation im Dunkeln
zur Beobachtung des Leuchtens der Phosphordämpfe und das Verfahren
von Dusart und Blondlot zur Nachweisung von phosphoriger Säure.
Hier (S. 70) wird gesagt, dass ein Auftreten von Schwefelwasserstoff in
dem vorliegenden Falle (nemlich Wasserstoffentwickelung durch Zink aus
verdünnter Schwefelsäure) nieht möglich sei. Aber Kolbe und lange
vor diesem H. Wackenroder haben auf die Bildung von HS aufmerk-
sam gemacht, wenn concentrirte Schwefelsäure zur Beschleunigung der
Wasserstoffentwickelung zu der Mischung von Zink u. verdünnter Schwe-
felsäure des Marsh’schen Apparates gegossen wird.
Den arsenikalischen Giften sind 38 Seiten eingeräumt: a) me-
tallisches Arsen, b) arsenige Säure u. deren Salze, ec) Arsen-
säure u. ihre Salze, d) Schwefelarsen. Als Reagentien u. Reactionen
auf AsO® finden wir Ralkwasser, ammoniakal. Bittersalzlösung, Höllen-
steinlösung , Kupfervitriollösung, Schwefelwasserstoffwasser, Chlorwasser-
stoffsäure u. metallisches Kupfer, Destillation mit Salzsäure, verdünnte
Schwefelsäure und Zink (wo wir dem Druckfehler, Wasserstoff in
statu nascente, anstatt nascendi begegnen, mehremale müssen wir
„status nascens “ lesen). Vergebens hahen wir nach Bunsen’s Kakodyl-
probe gesucht. Auch ist es auffällig, dass die Methode der Herren Fre-
senius u. von Babo (Reduction des Arsens aus Schwefelarsen mittelst
Cyankalium u, kohlens. Alkali unter einem Kohlensäurestrome) ganz mit
Stillschweigen übergangen ist. Der Apparat hiezu ist ja Fig. 22, 8. 81
abgebildet und hätte es nur einiger Sätze bedurft, um diese in der Ge-
schichte der gerichtlichen Chemie Epoche machende Methode den Lesern
des Buches vorzuführen. Ebenso merkwürdig ist das völlige Ignoriren
der Zerstörungsmethode der organ. Substanzen mittelst chlorsaurem Kali
und Salzsäure, da wir doch wissen, dass dieselbe von Duflos zuerst
empfohlen wurde. Auf den Arsengehalt des Glases wird ganz besonders
hingewiesen,
Der Schneider’schen Methode in verbesserter Form
(Destillation von Salzsäure über arsenhaltige organische Gemenge zur
Ueberführung des Arsens als Chlorarsen ins Destillat) ist mit Recht der
erste Platz unter den gerichtlichen Scheidungsmethoden für Arsen einge-
*) 8. 32 soll die saure Reaction essigsäurehaltiger Flüssigkeiten durch
kohlens. Kalk völlig aufgehoben werden, das geht aber nicht.
Literatur und Kritik, 281
räumt worden. Es hätte Erwähnung verdient, dass beim Einbringen von
salzsäurehaltigen Flüssigkeiten in den Marsh’schen Apparat durch Bil-
dung von Zinkflecken Täuschungen entstehen können.
Unter den Spiessglanzgiften ist auch das sogenannte „Alga-
rottpulver“ oder „Pulvis anglicus“ aufgeführt; der Erfinder
hiess aber Algarotti und war Italiener, sein Pulver hat also mit Eng-
land nichts zu thun, hiess vielmehr Pulvis angelieus.
Bei den unterscheidenden Reactionen für die Arsen- und Antimon-
flecken hätten wir gern den Namen des Entdeckers (Apoth. Bischof)
der Löslichkeit der Arsenflecken im unterchlorigsauren Natron gelesen.
Bei Französen sind wir gewohnt, dass sie ihre Entdecker ehren (Beispiel
Javell’sche Lauge und Liqueur de Labarraque). Auch bei der
interessanten Reaction des Antimonoxyds (Schwärzung der Silberlösung),
welche lange übersehen war, bis Bunsen darauf aufmerksam machte,
konnte füglich Bunsen’s Name in Parenthese stehen, da wir denselben
nicht einmal beim Eisenoxydhydrat als Antidotum Arsenici genannt
finden. Solche Unterlassungssünden sind streng zu rügen.
Unter den Reagentien auf Bleisalze vermissen wir ungern das chrom-
saure Kali und das Jodkalium. Von grossem Interesse sind die Mitthei-
lungen des Hrn. Verf. über Bleigeräthe, ihre Einwirkung auf Wasser,
Wein, Salzlösungen, Oel, über bleiische Malerfarben ete.
Beim Kupfer ist nur diesmaragdgrüne Färbung des Flammen-
saums hervorgehoben; bei Benetzung von Kupferoxyd mit Salzsäure und
Glühen vor dem Löthrohr erhält man aber eine rein blaue Färbung
der Flamme. Auf Nr. 6, Zinkische Gifte folgt sogleich Nr. 8,
Queeksilbergifte. Sollte hier etwa Zinn oder Eisen unter Nr. 7
im Manuscripte gestanden haben und ausgefallen sein?
Die Quecksilberverbindungen werden nach ihrer Leicht - oder Schwer-
oder Unlöslichkeit in Wasser oder Salzsäure in acute und nicht acute
Quecksilbergifte eingetheil. Das blanke Kupfer, der mit Platindraht
umwundene Eisendraht, das Zinnehlorür und HS wasser sind die Haupt-
reagentien auf das in Lösung befindliche Quecksilber. Die abweichenden
Reactionen des Quecksilbereyanids sind genau angegeben. Werden mit
Zinnober bemalie Gegenstände mit einer ammoniakalischen Höllen-
steinlösung betupft, so schwärzt sich die benetzte Stelle; eine für Zinnober
characteristische Reaction.
Ob ein silberähnlicher Gegenstand überhaupt Silber enthalte,
erfährt man nach Duflos am schnellsten mit Hülfe der Runge’schen
Probe (Bildung eines purpurrothen Flecken von AgO,CrO3 beim Betupfen
der Legirung mit einem Gemisch aus- 1!/, Th. KO,2Cr03, 16 Th. Wasser
und 2 Th. HO,SO3). Unter den Proben auf Blausäure werden die Ber-
linerblau- und Eisenrhodanid-probe vorangestellt, aber auch die
Silber - und Quecksilberprobe, so wie die Bildung von Jodeyan nicht ver-
nachlässigt. Lassaigne’s Kupferprobe hätte ebenfalls erwähnt zu wer-
den verdient.
Bei den blausäurehaltigen äth. Oelen und Wässern wird auf das
Täuschende des Geruchs und auf den latenten Zustand des HCy
in diesen Gemischen aufmerksam gemacht, auch eine sichere Methode
der Erkennung des Nitrobenzol’s angegeben. Bei der Blausäureprobe
mittelst Eisenchlorür oder Eisenvitriol lässt Duflos erst alkalisch machen,
dann das Eisensalz zufügen , zuletzt mit HCl ansäuren; es ist besser zur
blausäurehaltigen Flüssigkeit erst das Eisenoxydulsalz, dann überschüssiges
Kali (oder Natron) zuzufügen, gut umzurühren und nach mehrminuten-
langem Stehenlassen, mit HCl anzusäuren. Zur Erkennung von Blausäure
282 Literatur und Kritik.
oder Cyankalium neben Blutlaugensalz empfiehlt Duflos Destillation nach
Zusatz von zweifach kohlensaurem Kali.
Bei Besprechung der giftigen Alkaloide und ihrer Ermittelung über-
geht Herr Duflos die Namen eines Stas und Otto mit Stillschweigen;
wir verwundern uns desshalb auch nicht, dass jüngere Arbeiter auf die-
sem Gebiete wie von Uslar, Erdmann, Dragendorff links liegen
gelassen werden. Die Prüfungen auf Alkaloide in Kelehgläsern und Rea-
gireylindern nach Duflos würde Herrn Otto, dem die knolligen Glas-
rührstäbe gewisser Chemiker ein Gegenstand des Bedauerns sind, eben-
falls ein mitleidiges Lächeln abgewinnen; nach diesem feinen Experimen-
tator benutzt man zu Farbenreactionen auf Alkaloide besser weisse Por-
zellanschälchen.
Chemische Formeln sind durch das ganze Buch vermieden,
wohl um den Herren Aerzten und Criminalrichtern keinen Anstoss zu
geben. In Folge dessen mussten bei Besprechung der quantitativen Be-
stimmung der Gifte Reduetionszahlen benutzt werden. Dies geschah
aber zu Anfang des Buches durch Mittheilung von Divisoren und gegen
Ende desselben durch Angabe von Multiplieatoren, eine Inconse-
quenz, die zu Irrungen Veranlassung geben kann.
Den Gegengiften ist grosse Sorgfalt gewidmet.
Die Ausstattung des Buches ist eine vortreffliche. (Druck von Grass,
Barth u. Comp. [W, Friedrich] in Breslau; Holzschnitte von Mez-
ger und Probst in Braunschweig; Papier von H. Hendler zu Alt-
Friedland). Ein Verzeichniss der Druckfehler fehlt, obgleich mir ver-
schiedene derselben aufgefallen sind, z. Be Schwefelhoklenstoff
(S. 13, Z. 8 von oben), Kolensaurem (8. 52, unten), Sticktoff
(S. 53, oben), Phosporsäure (8. 59, unten), Schwefelmetall-
oxyde anst. Schwermetalloxyde (8. 74, Z. 20 v. oben), Mineraltupeth
(S. 155, Z. 20 v. oben); S. 21, Fig. 8 (anstatt 8. 81, Fig. 21) auf Seite
159, Z. 14 von oben. Lignum calubrinum (anstatt L. colubrinum 8. 186.).
Wir wünschen dem Buche die grösste Verbreitung, da dasselbe die
Ergebnisse langjähriger mühsamer Arbeiten in einfacher klarer Weise
wiedergiebt; es verdient neben den Werken von Husemann, Otto und
Dragendorff einen Platz in der Bibliothek eines jeden weiterstreben-
den Apothekers.
H.. bi
Natürliche Schöpfungsgeschichte von Dr. Ernst
Häckel, Professor in Jena. Berlin bei Georg Rei-
mer. 1868. 8. 568.
Ein gutes Buch ist wie die beste Münze, es eireulirt von Hand zu
Hand und lässt in guten Händen einen bleibenden Gewinn zurück. So
möge auch obiges Buch bei Ihnen sich einführen, ob es einen frucht-
baren Boden findet. Es ist entstanden aus einer Reihe freier Vorträge
im Wintersemester 1867 — 68.
Der Verfasser huldigt dem Darvinismus und ist ein eifriger Vor-
kämpfer und Ausbauer dieser Lehre. Dazu gehört ein neuester Vortrag, gehal-
ten von Prof. Häckel im Arbeiterbildungsverein zu Berlin: Ueber Ar-
beitstheilung in Natur und Menschenleben. Mit ı Titelbild
in Kupferstich und 18 Holzschnitten. Aus der Sammlung gemeinver-
ständlicher wissenschaftlicher Vorträge, herausgegeben von Rud, Vir-
Bibliographischer Anzeiger für Pharmaceuten. 283
chow und Fr. v. Holtzendorff. C. G. Lüderitz’sche Verlags-
buchhandlung. (10 Sgr.).
Beide Schriften sind in meinen Händen und gaben mir den interes-
santesten Stoff zum Nachdenken. ”
Was, denk’ ich, wundern wir uns über die Schöpfungskraft der orga-
nischen Materie, da wir ja ganz aus ihr und durch sie bestehen. Raum
und Zeit bestehen nur in unserer Anschauung, in der Natur nicht.
Die Natur arbeitete sich allerdings aus dem Kleinsten und Unbedeutend-
sten in der organischen Welt auf, aber sie schritt sicher vorwärts und
hielt das Errungene fest. Aber wo nnd wie hielt sie es fest? das ist
das Wunder — in dem Keime! Staunen wir billig, aber die Thatsache
liegt offen vor uns, das Sperma und das Ovulum der höheren Pflanzen
und Thiere enthalten in sich die Summe der ganzen Errungenschaften
von Tausenden von Jahrtausenden. Wo ist da Raum, wo ist da Zeit?
Das werdende Hühnchen durchläuft in 25 Tagen den Wandel vom ein-
fachsten Urschleim bis zum ausgebildeten Wirbelthiere und das mit einer
Sicherheit, dass nur selten ein Missgriff stattfindet! Auch der Mensch
würde in noch kürzerer Zeit vielleicht sich bilden, wenn nicht der Zu-
fluss der Masse längere Zeit erforderte.
Nicht anders und ebenso ist es im Leben des Menschen: das Kind
erlernt die Sprache, in wie viel? in zwei bis drei Jahren vom einfach-
sten Lallen an und in einer Vollkommenheit, wozu Jahrtausende gehör-
ten, ehe sie dahin kam. Unser Wissen ist nicht verloren, es pflanzt
sich fort in den werdenden Generationen und erleichtert ihnen den wei-
teren Fortschritt; nebenbei dürfen wir dann auch den Vorschmack einer
aufgeklärten Zukunft geniessen und ahnen, dass dem Menschen nichts
verborgen bleibt, da sich die Natur in ihm selbst entwickelt. Ein Glaube,
dem die Religionen schon huldigten, ihn aber in ein jenseitiges Leben
verlegten.
Rp.
Bibliographischer Anzeiger für Pharmaceuten.
Aus der Natur. Die neuesten Entdeckungen auf d. Gebiete der Na-
turwissenschaften. Neue Folge 1869. 52. Nr. Leipzig, Gebhard und
Reisland. 4 Thlr.
Jacobsen, E., chem. techn. Repertorium. Uebersichtl. geordn. Mitth.
d. neuesten Erfind., Fortschritte und Verbesserungen auf d. Gebiete d,
techn. u. industriellen Chemie mit Hinweis auf Maschinen, Apparate u.
Literatur. 7. Jahrg. 1868. 1. Halbj. Berlin, Gärtner. 18 Sgr.
Schmidt, F., Reisen im Amur-Lande und auf der Insel Sachalin, im
Auftr. d. K. russ. Gesellsch. ausgeführt. Botanischer Theil. St. Petersb,
Leipzig, Voss. 31/, Thlr.
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mit kurzem Text versehen, von W, Gonnermannu. L. Raben-
horst, Heft 1—6. Dresden u. Neustadt bei Coburg 1869,
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populäre Handelsgeographie. 1. Bd. Die Producte der 3 Naturreiche
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Band I: Unorganische Chemie. Dritte Auflage.
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Spectraltafel und drei Tafeln in Holzstich, den Respirationsapparat dar-
stellend. Preis 4 Thlr.
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Magdeburg, Stettin, Leipzig, Frankfurt a/M. u. s. w. verkauft.
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Schlesische Magnesit- Compagnie.
Heinrich Bruck.
Im chemisch - pharmaceutischen Institute zu Jena beginnt am
18. October der Wintereursus. Anfragen und Anmeldungen wolle man
richten an den unterzeichneten Director
Jena im Septbr. 1869. Dr. H. Ludwig, B
a. Prof. an der Universität.
Halle, Buchdruckerei des Waigenhauses.
ARCHIV
DER
PHARMAUIE
Hine Zeitschrift
des
allgemeinen deutschen Apotheker-Vereins,
Abtheilung Norddeutschland,
Herausgegeben vom Directorium unter Redaction
von
H. Ludwig.
XIX. Jahrgang.
Im Selbstverlage des Vereins.
In Commission der Buchhandlung des Waisenhauses in Halle a/S.
1369.
Wittstock’sches Vereinsjahr-
ARCHIV
DER
PHARMAUIE
Zweite Reihe UXL. Band.
Der ganzen Folge CXC. Band.
Unter Mitwirkung der Herren
E. Biltz, A. F. W. Duve, F. A. Flückiger, A. Geheeb, E. Hallier,
H. Höhn, L. Hoffmann, F. Hübner, H. Köhler, Mierzinski, Jul.
Müller, Th. Pusch, €. F. Schulze, R. Stütz u. €. @. Wittstein
herausgegeben vom Directorium unter Redaction
H. Ludwie.
Wittstock’sches Vereinsjahr.
Im Selbstverlage des Vereins.
In Commission der Buchhandlung des Waisenhauses in Halle a,S.
1569.
EREn DI. ®
ARCHIV DER PHARMACIE
OXC. Bandes erstes und zweites Heft.
Annan ann
A. Originalmittheilungen.
I. Chemie, Pharmacie und chemische
Pharmacognosie.
Chemische Analyse der Badequelle von Alexisbad;
von Theodor Pusch, Apotheker in Dessau.
Das zu untersuchende Wasser wurde, — da die Quelle
selbst unzugänglich ist und durch eine Röhrenleitung, wohl
eine Viertelstunde weit, dem Alexisbade zugeführt wird, wo
es als Fontaine zu Tage tritt, aus welcher die Bäder gespeist
werden, — aus dieser letzteren entnommen.
Vorprüfung.
Frisch gefüllt, erscheint das Wasser klar, geruchlos und
zugleich ungefärbt. Der Geschmack ist eisenhaft. Das spec. Gew.
beträgt bei 170,5 C. 1,0076. Die Reaction ist sauer, doch
rührt sie nicht von freier Kohlensäure her, da das mit Kalk-
wasser versetzte Wasser wohl einen Niederschlag gab, der sich
aber in mehr Wasser nicht löste; ferner weil das in einem
Kochfläschehen erhitzte Wasser, dessen Dämpfe durch ein Röhr-
chen sowohl in Kalk-, wie in Barytwasser geleitet wurden, keinen
Niederschlag darin verursachte und endlich, weil das gekochte
Wasser dieselbe saure Reaction beibehielt. Auch blieben, wie
schon die Geruchlosigkeit des Wassers in Aussicht stellte,
die Reactionen mit in Natronlauge gelöstem Bleioxyd, sowie
mit Bleizucker und kohlensaurer Ammoniaklösung befeuchte-
ten Fliesspapierstreifen, erfolglos und bewiesen die Abwesen-
heit von Schwefelwasserstoffgas und eines Schwefel- Alkali-
metalles.
Arch, d, Pharm. CXC. Bds. 1, u, 2, Hft, 11
2 Chemische Analyse der Badequelle von Alexisbad,
Eine mit Gerbsäure versetzte Quantität dieses Wassers
zeigte eine rothviolette Färbung und damit die Anwesenheit
von Eisenoxydul an. Auch trübte sich nach einiger Zeit,
schneller bei Berührung mit der Luft, das auf Flaschen
gefüllte Wasser und setzte braungelbliche Flocken von Eisen-
oxydhydrat ab.
Qualitative Untersuchung.
Es wurden 2000 Grm. des zu untersuchenden Wassers
in einem Glaskolben auf die Hälfte eingekocht, wobei ein
Niederschlag entstand, der auf einem Filter gesammelt, gewa-
schen und in ÜChlorwasserstoffsäure gelöst wurde. Dabei
zeigte sich kein Aufbrausen und die Lösung wurde zunächst
der Untersuehung unterworfen.
1) Ein Theil dieser Lösung gab mit Rhodankalium eine
rothe Färbung und verrieth die Anwesenheit von Eisen.
2) Eine zweite Probe mit Ammoniak aufgekocht, filtrirt
und mit oxalsaurem Ammoniak versetzt, gab bald einen Nie-
derschlag von oxalsaurem Kalk.
3) Nachdem der Kalk vollständig ausgefällt, wurde filtrirt
und mit Ammoniak und phosphorsaurem Natron versetzt. Es
entstand kein Niederschlag von phosphorsaurer Ammoniak -
Magnesia.
4) Eine neue Probe gab mit Chlorbaryum versetzt einen
(in Salpetersäure nicht löslichen) Niederschlag von schwe-
felsaurem Baryt und lieferte zugleich den. Beweis, dass
der Kalk an Schwefelsäure gebunden in dem Niederschlag
vorhanden war.
5). Eine letzte Probe wurde zur Trockne verdampft, mit
Chlorwasserstoffsäure und Wasser behandelt und das Filtrat
einer Lösung von molybdänsaurem Ammoniak in Salpeter-
säure zugesetzt, bis 30° Cels. erwärmt und 4 Stunden stehen
gelassen. Es entstand kein gelber Niederschlag, der das
Vorhandensein von Phosphorsäure dargethan hätte.
Es bestand also der, beim Einkochen des Wassers zur
Hälfte, entstandene Niederschlag aus: Eisenoxyd und
Chemische Analyse der Badequelle von Alexisbad. 3
schwefelsaurem Kalk. Das von jenem Niederschlag
getrennte Filtrat wurde nun untersucht.
1) Eine Probe, mit Chlorwasserstoffsäure angesäuert und
mit Chlorbaryum versetzt, gab sofort einen Niederschlag von
schwefelsaurem Baryt.
2) Mit Salpetersäure angesäuert und mit salpetersaurem
Silberoxyd versetzt, gab eine andere Probe einen Nieder-
schlag von Chlor - Silber.
3) Eine Reaction auf Phosphorsäure mit molybdänsaur.
Ammoniak blieb erfolglos.
4) Eine grössere Quantität jenes Filtrats wurde einge-
dampft und ein kleiner Theil auf Salpetersäure vergeblich
geprüft. Der Rest wurde nun weiter bis zur Trockne ge-
bracht, dann mit starkem Weingeist wiederholt ausgekocht,
das weingeistige Filtrat verdampft und die zurückbleibende
Salzmasse in wenig Wasser gelöst. Die nähere Untersuchung
gab Chlor und Magnesium.
5) Der noch übrige Rest des Filtrats wurde mit Chlor-
ammonium, Ammoniak und oxalsaurem Ammoniak versetzt,
wobei ein Niederschlag von oxalsaurem Kalk entstand.
6) Nachdem der Kalk vollständig ausgefällt war,. wurde
das Filtrat getheilt; 1 Thl. mit Ammoniak und phosphors.
Natron versetzt, gab einen Niederschlag von phosphors. Am-
moniak-Magnesia. Der 2.Thl., zur Trockne verdunstet und
geglüht, wurde zur Entfernung der Magnesia mit frischem
Barytwasser im Ueberschuss versetzt, gekocht und filtrirt;
das Filtrat mit Salmiakzusatz zur Trockne verdampft,
gelinde geglüht und nachher in Wasser gelöst, dann, nach-
dem diese Operation noch einmal wiederholt worden, der
Rückstand in ein wenig Wasser gelöst und in 2 Thl. getheilt.
Der eime wurde vergeblich mit Platinchlorid auf Kali
geprüft, der andere aber gab mit antimonsaurem Kali einen
kryst. Niederschlag von antimonsaurem Natron.
Zur Ermittelung der etwa in geringerer Menge vorhan-
denen festen Bestandtheile des Wassers, wurden 10 Pfund
desselben in einem verschlossenen Arbeitsorte in einer Porcel-
lanschale im Sandbade bis fast zur Trockne verdampft.
1*
4 Chemische Analyse der Badequelle von Alexisbad.
1) Ein Theil des fast trocknen Rückstandes wurde im
Platintiegel gelind geglüht. Die eintretende Schwärzung war
ein Beweis für die Anwesenheit organischer Materie.
2) Ein anderer kleinerer Theil des Rückstandes wurde
mit Kalilauge erhitzt, entwickelte jedoch kein Ammoniak.
3) Ein Theil wurde im Wasserbade mit Chlorwasser-
stoffsäure befeuchtet und scharf ausgetrocknet; dann mit
Öhlorwasserstoffsäure und Wasser aufgenommen, wobei ein
feines Pulver zurückblieb, das sich vor dem Löthrohr als Kie-
selsäure erwies.
4) Der ganze kest jenes Rückstandes wurde portionen-
weise im Platintiegel geglüht.
a) Eine Probe davon mit Wasser erwärmt und mit Chlor-
wasserstoffsäure versetzt, gekocht und filtrirt, gab keine
Reaction auf Phosphorsäure.
b) Eine zweite Probe des geglühten Rückstandes mit Was-
ser erhitzt, mit Chlorcalecium versetzt, filtrirt, der Nieder-
schlag geglüht, mit Wasser und Essigsäure behandelt, zur
Trockne verdampft, mit Wasser erhitzt, filtrirt und gewaschen,
nun getrocknet und geglüht gab keine Reaction auf Fluor.
c) Der noch übrige geglühte Rückstand wurde wiederholt
mit Wasser, dann, nachdem etwas Chlorwasserstoffsäure zuge-
setzt war, ausgekocht, von der Kieselsäure abfiltrirt, mit
wenig Salpetersäure gekocht, Ammoniak zugesetzt, vom Eisen-
niederschlag abfiltrirt und mit Schwefelammon versetzt, im
verschlossenen Kölbchen einen Tag stehen gelassen. Der
Niederschlag abfiltrirt, in Salzsäure gelöst, gekocht, mit Kali-
lauge im Ueberschuss versetzt, wieder gekocht, filtrirt und
mit Chlorammonium auf Thonerde vergeblich geprüft. Dagegen
erwies sich der Rückstand vor dem Löthrohr mit Sodaals Mangan.
Alle weiteren Reactionen namentlich auf Jod, Brom u. Lithion
waren vergeblich. — Es waren also bei der qualitativen Ana-
lyse gefunden worden: Eisen, Kalk, Magnesia, Na-
tron,organ. Materie, Kieselsäure, Mangan, Schwe-
fel- und Chlorwasserstoff-Säure. Auch lässt sich
auf Grund der Beobachtungen bei der qualitat. Untersuchung
schon schliessen, wie die Körper verbunden waren. So dürfte
Chemische Analyse der Badequelle von Alexisbad. h)
der Kalk als schwefelsaurer Kalk, die Magnesia zum Theil
als Chlormagnesium, zum Theil als schwefelsaure Magnesia,
das Mangan vermuthlich als schwefelsaures Manganoxydul
in dem Wasser vorkommen. Ob das Eisen nur als Eisen-
chlorür oder auch als schwefelsaures Eisenoxydul in dem
Wasser enthalten ist, bleibt der Berechnung nach angestell-
ter quantitativer Analyse vorbehalten.
Quantitative Untersuchung.
20 Pfund = 10,000 Grm. von dem fraglichen Wasser
wurden in einer Porzellanschale im Wasserbade, im ver-
schlossenen Arbeitsort, unter Zusatz von Ühlorwasserstoffsäure
zur Trockne verdampft und die Kieselsäure abgeschieden.
Sie wog geglüht 0,1870 Grm.
Die von der Kieselsäure abfiltrirte Flüssigkeit wurde
mit etwas Salpetersäure gekocht und das Eisenoxyd mit Am-
moniak ausgefäll. Nachdem das überschüssige Ammoniak
verjagt war, wurde der Niederschlag im Filter gesammelt,
‚etwas ausgewaschen und aufs Neue (um mitgefallene Magne-
sia zurück zugewinnen) in Uhlorwasserstoffsäure gelöst und
nochmals niedergeschlagen. Dieser Eisenoxydniederschlag
wurde wieder in Chlorwasserstoffsäure gelöst und maassana-
lytisch mit Zinnchlorür und Jodlösung (nach Fresenius)
bestimmt. Es wurden gefunden: 0,6690 Grm. Eisen = 0,8604
Grm. Eisenoxydul.
Bei der Lösung des Eisenoxydniederschlages in Chlor-
wasserstoffsäure war in der Filterspitze ein kleiner Rück-
stand, jedenfalls von Kieselsäure, geblieben, der geglüht und
gewogen 0,008 Grm. betrug und sich bei nachheriger Unter-
suchung auch als aus Kieselsäure bestehend ergab.
Die von dem zweimal niedergeschlagenen Eisenoxyd
abfiltrirten und vereinigten Flüssigkeiten wurden in einem
sie gerade fassenden Kolben mit Ammoniak und Schwefelammo-
nium in mässigem Ueberschuss versetzt und einen Tag lang in
verkorktem Kolben stehen gelassen. Hierauf wurde der Man-
gansulfür- Niederschlag abfiltrirt, mit Schwefelammon. haltigem
Wasser gewaschen, in einem Kölbchen sammt Filter mit
6 Chemische Analyse der Badequelle von Alexisbad.
Chlorwasserstoffsäure gelöst, erwärmt bis zur Vertreibung
des Schwefelwasserstoff, filtrirt, das Filter gut ausgewaschen
und die Lösung mit kohlensaurem Natron gefällt. Der Nieder-
schlag wurde gewaschen, getrocknet und schliesslich geglüht,
bis zwei Wägungen übereinstimmten. Der Rückstand war
Manganoxydoxydul und wog 0,1271, was 0,09164 Mangan
oder 0,1183 Grm. Manganoxydul entspricht.
Das von dem Mangansulfür- Niederschlag getrennte und
mit den Waschwässern vereinigte Filtrat wurde in einem
Becherglase unter Zusatz von Chlorwasserstofisäure zur Hälfte
eingeköcht, filtrirt, der abgeschiedene Schwefel gut ausge-
waschen und das Filtrat mit Chlorammonium, Ammoniak und
oxalsaurem Ammoniak, letzteres im Ueberschuss, versetzt.
Der Niederschlag wurde nach 24 Stunden abfiltrirt, gewaschen,
wieder in Chlorwasserstoffsäure gelöst und nochmals in der-
selben Art niedergeschlagen. Gewaschen, getrocknet und
vorsichtig geglüht, wog derselbe 0,6344 (kohlensaurer Kalk)
entsprechend 0,4353 Grm. Kalk.
Die von dem oxalsauren Kalkniederschlag abfiltrirte Flüs-
sigkeit mit Ammoniak und phosphorsaurem Ammoniak in
geringem Ueberschuss versetzt, gab nach kurzer Zeit einen
Niederschlag von phosphorsaurer Ammoniak - Magnesia, die
im Filter gesammelt, gewaschen und durch Glühen in pyro-
phosphorsaure Magnesia übergeführt 0,699 Grm. wog, was
0,2518 Grm. Magnesia entspricht.
Das von dem Magnesia-Niederschlag gesonderte Filtrat,
wurde im Becherglase zur Trockne verdampft, mit wenig
Wasser und Chlorwasserstoffsäure aufgenommen und im Pla-
tintiegel bei ganz schwacher Hitze zur Trockne gebracht.
Hierauf die Hitze allmählich bis zum Rothglühen gesteigert
und der Rückstand gewogen. Er wog 0,01872 Grm. (—NaÜl) *)
was 0,00993 Grm. Natron entspricht.
Eine neue Quantität von 10 Pfund = 5000 Grm, des
fraglichen Wassers wurde im Wasserbade abgedampft bis
*) Dem NaCl muss phosphorsaures Natron beigemengt geblieben
sein. L.
/
Chemische Analyse der Badequelle von Alexisbad. 7
eine breiige, dunkelbraune Masse zurückblieb. Diese wurde
mit Weingeist von 90° so lange und wiederholt ausgekocht,
bis sich derselbe nicht mehr färbte. Die weingeistige Lö-
sung wurde im Wasserbade abgedampft, der extractartige
Rückstand wiederholt mit Wasser ausgekocht, um das Chlor-
magnesium in Lösung zu bringen, diese dann in einem gewogenen
Porzellantiegel im Wasserbade verdampft, eine kleine Messer-
spitze von Quecksilberoxyd hinzugerührt, ausgetrocknet und
bedeckt geglüht, bis zwei Wägungen übereinstimmendes Re-
sultat lieferten, resp. bis alles Quecksilberchlorid und über-
schüssiges Oxyd verdampft waren. Der Rückstand war
Magnesia, wog 0,02508 Grm. was 0,0609 Grm. Chlormagne-
sium entspricht. Die hier gefundene Magnesia ist von
der früher gefundenen natürlich abzuziehen und als UChlor-
magnesium zu berechnen.
Die nach dem Auswaschen mit Wasser zurückgebliebene
organische Substanz (sog. Extractivstoff) wurde im
Wasserbade getrocknet und betrug gewogen 0,3375 Grm.
1000 Grm. des Wassers mit Chlorwasserstoffsäure ange-
säuert, mit Chlorbaryum versetzt und 24 Stunden stehen
gelassen, gaben einen Niederschlag von schwefelsaurem Baryt,
der gewaschen, getrocknet und geglüht 0,4520 Grm. wog,
was 0,15563 Grm. Schwefelsäure entspricht.
Wieder 1000 Grm. des Wassers wurden mit Salpeter-
säure angesäuert und mit salpetersaurem Silberoxyd versetzt,
so lange ein Niederschlag entstand, der gewaschen, getrocknet
und geglüht 0,2660 Grm. wog, was 0,0676 Grm. Chlor und
0,0695 Grm. Chlorwasserstoff entspricht.
Alle Gewichtsangaben, bis auf die der organischen Ma-
terie und des Chlormagnesium sind das Mittel aus drei
übereinstimmenden Versuchen:
Berechnung.
Nach vorstehender quantitativer Analyse wurden, auf
1000 Grm. Wasser berechnet, gefunden:
8 Chemische Analyse der Badequelle von Alexisbad.
In 1000 Grm.
Kieselsäure 0,01950
Eisenoxydul 0,08604
oder Eisen 0,06692
Manganoxydul 0,01183
Caleciumoxyd 0,04353
Magnesiumoxyd *) 0,01750
Natriumoxyd 0,01282
Chlormagnesium 0,01219
Organ. Materie 0,07750
Schwefelsäure 0,15563
Chlorwasserstoffsäure 0,06950
entsprechend Chlor 0,06760
Der schwefelsaure Kalk erfordert:
Kalk 0,04353
Schwefelsäure 0,05975
0,10328.
Die schwefelsaure Magnesia erfordert:
Magnesia 0,01750
Schwefelsäure 0,03497
0,05247.
Es erfordern:
Natron 0,00993
Schwefelsäure 0,01282 zur Bildung
von: 0,02275 schwefels. Natron.
Manganoxydul 0,01183
Schwefelsäure 0,01332 zur Bildung
von: 0,02515 schwefels. Manganoxydul.
Nach Abzug der im Chlormagnesium enthaltenen Magne-
sia — 0,00768 wurde die schwefelsaure Magnesia berechnet.
Aehnlich wird das in dem Chlormagnesium enthaltene Chlor
mit 0,00911 von der Gesammtquantität des gefundenen Cl
— 0,06761 abgerechnet.
*) Nach Abzug der im Chlormagnesium enthaltenen Magnesia.
Arsenhaltiger Goldschwefel und Natr. bicarbonicum ete. =)
Cl= 0,06761
0,00911
bleiben 0,05850 die an Eisen erfordern
0,04620 um zu bilden
0,10470 Eisenchlorür
für das noch übrige Eisen, als
0,02665 Eisenoxydul
0,02964 Schwefelsäure zur Bildung
von: 0,05629 schwefels. Eisenoxydul erforderlich.
Nach der vorhergehenden Berechnung enthält also die
Alexisbader Badequelle folgende Verbindungen im wasserlee-
ren Zustande:
In 1000 Grm. In 500 Grm.=1 Zoll-Pf.
Kieselsäure 0,01950 0,00975 Grm.
Eisenchlorür 0,10470 0,05235
Schwefels. Eisenoxydul 0,05629 0,02814
Schwefels. Manganoxydul 0,02515 0,01257
Schwefelsauren Kalk 0,10328 0,05164 „,
Schwefelsaure Magnesia _0,06015 0,03007. 7,
Chlormagnesium 0,01219 0,00609 ,,
Schwefels. Natron 0,02275 0,0113775
Organische Materie 0,07750 0,03875
Ä 0,48151 _ 0,24073 Grm.
Arsenhaltiger &oldschwefel und Natr. bicarbonicum,
sowie Prüfung anderer Antimonpräparate auf Arsen;
von Apcetheker Ernst Biltz in Erfurt.
Es ist ein Irrthum, wenn man glaubt, dass sich Schwe-
felarsen in einer Auflösung von Natr. bicarbon. löse,
Allerdings wird Schwefelarsen in geringer Menge von
dem gewöhnlichen (krystallisirten oder englischen) Natr.
bicarbon. aufgenommen, allein nur in dem Maasse, als
dasselbeeinfach kohlensaures Salz enthält (beide
Sorten enthalten zwischen 3 und 6 Proc. davon). Behandelt
10 Arsenhaltiger Goldschwefel und Natr. biearbonieum ete.
man gleiche kleine Mengen frischgefälltes, gut ausgewasche-
nes und noch feuchtes Schwefelarsen, jede mit einem bestimm-
. ten Gewicht kaltgesättigter Lösung verschiedener Sorten Natr.
bicarbon., so sieht man deutlich, dass die schlechtern Sor-
ten mehr davon lösen als die besseren, und dass dies im
Verhältniss ihres grösseren Gehalts an Mono - Üarbonat
geschieht. Ein sehr reines Natr. bicarb. von 99,5 Proc. Bicar-
bonatgehalt, wie man es sich nur im Kleinen darstellen kann
(s. meine Abhandlung*) hierüber) löste nur eine geringe
Spur; so liessen 15 Grm. einer kaltgesättigten Lösung dieses
Natr. bicarbon. mit 3 Tropfen Schwefelarsenmilch (worin
0,0015 Schwefelarsen) versetzt, innerhalb einiger Stunden
eine vor sich gehende Lösung nicht bemerken: das Filtrat
gab mit Salzsäure übersättigt nur eine geringe Opalisirung.
Wurde durch die Bicarbonatlösung vorher Kohlensäure gelei-
tet, so löste sich dann absolut nichts.
Daraus folgte, dass Kohlensäure so gut wie andre Säu-
ren das in Alkalien gelöste Schwefelarsen niederschlagen
müsse. In der That wurde eine frischbereitete Lösung von
Schwefelarsen in einfach kohlens. Natron beim Durchleiten
von Kohlensäure allmählig intensiv gelb und endlich wurde
das Schwefelarsen vollständig wieder ausgeschieden. (Eine
Lösung des Schwefelarsens in kohlens. Natron oxydirt sich
übrigens und besonders in der Verdünnung ziemlich leicht,
und zeigt dann nicht mehr dieses so wie überhaupt das in
diesem Artikel beschriebene Verhalten).
Nun möchte der gewöhnliche und unvermeidliche Gehalt
des Natronbicarbonats an einfachem Carbonat gerade hier viel-
leicht seine einzige nützliche Seite haben, wenn nicht andere
Umstände den guten Erfolg wieder vernichteten, so dass man
z. B. ein halbes Procent Schwefelarsen im Goldschwefel bei
genauer Befolgung der gegebenen Anweisung gar nicht fin-
det! Ich hatte mir behufs erneuter Prüfung der von mir
seit Jahren befolgten Methode zur Auffindung des Arsens,
namentlich zur Feststellung ihres Werthes im Vergleich zu
*) Im nächstfolgenden Hefte d. Archivs.
Arsenhaltiger Goldschwefel und Natr. biecarbonicum ete. 11
anderen Verfahrungsweisen, auch einen arsenhaltigen Gold-
schwefel von dem erwähnten Gehalte dargestellt, aber nicht
etwa reinen Goldschwefel mit dem schwerlöslichen Auripig-
ment gemischt, sondern Antimonsulfid und Schwefelarsen
zusammen niedergeschlagen, so dass das Schwefelarsen also
in derjenigen Form darin enthalten war, in welcher es im
Goldschwefel vorkommen kann. Von diesem Goldschwefel
mischte ich bestimmte Mengen zu reinem Goldschwefel,
fand auch mittelst meiner unten zu beschreibenden Methode
Us. Proc. mit aller Bestimmtheit, mittelst Natr. bicarbonie.
aber nichts, so dass ich endlich zu dem stark arsenhaltigen
griff, und zu meinem Erstaunen auch mit diesem nach der
Behandlung mit Natr, bicarbon. beim Ansäuren des Filtrats
weder Niederschlag noch Opalisirung bekam. Die nähere
Untersuchung lehrte nun Folgendes.
In jedem Goldschwefel kommt Antimonoxyd vor und
wird besonders in dieser feinvertheilten Form leicht von ein-
fach kohlensaurem Natron aufgenommen. Ist der Gehalt
daran nun irgend erheblich, was oft genug der Fall ist, so
nimmt er allein das ganze in dem zur Prüfung auf Arsen
angewendeten Natr. bicarbon. vorhandene einfache Carbonat
in Anspruch, bildet Antimonoxydnatron, die Kohlensäure wird
frei, es ist also eine kohlensäurehaltige Bicarbonatlösung
erzeugt und damit gerade die Bedingung erfüllt, unter wel-
cher, wie oben nachgewiesen, etwa vorhandenes Schwefelar-
sen ganz unberührt bleibt!
In diesem Falle liefert die Methode demnach gar kein
Resultat. Aber auch im günstigeren Falle liefert sie minde-
stens ein ungenügendes Resultat.
Vermischt man nämlich die Auflösung des Natr. bicarbon.,
welche mit antimonoxydhaltigem Goldschwefel einige Zeit in
Berührung gewesen ist und daher Antimonoxyd aufgenom-
men hat, mit einer geringeren Menge einer frischbereiteten
Auflösung von Schwefelarsen in Natr. bicarbonic. (es ver-
steht sich, dass hier immer das gewöhnliche carbonathaltige
gemeint ist), oder in sehr verdünnter einfach kohlensaurer
Natronlösung, so tritt auf der Stelle eine gelbe Färbung ein,
12 Arsenhaltiger Goldsehwefel und Natr. biearbonieum ete.
und es setzt sich nach einiger Zeit ein orangefarbener Nie-
derschlag ab. Dieser Niederschlag ist Schwefelantimon mit
/, des vorhanden gewesenen Schwefelarsens. Erinnert man
sich, dass die Auflösung des Schwefelarsens in Alkalien in
einer Bildung von arsenigsaurem Alkali und Schwefelarsen -
Schwefelalkalimetall besteht, wobei das erstere dem vierten
Theile, das letztere drei Viertheilen des gelösten Schwefel-
arsens entspricht, so begreift man, dass durch Umsetzung
des Antimonoxydnatrons mit dem Schwefelalkalimetall dem
Schwefelarsen das Lösungsmittel genommen wird, und die-
ses Schwefelarsen nebst Schwefelantimon ausgeschieden wer-
den müsse. In Lösung bleibt das arsenigsaure Alkalı und
das überschüssige Antimonoxydnatron, und — durch Ansäu-
ren bekommt man keinen Niederschlag!
Dass die Sache sich natürlich nur so verhält, wenn An-
timonoxyd gegen Schwefelarsen im Ueberschuss steht und
wenn die Flüssigkeit nicht alkalisch sondern doppeltkohlen-
sauer ist, versteht sich. Aber gerade so ist die Sache auch
im vorliegenden Falle: denn Antimonoxyd ist wohl immer und
stets vorher im Goldschwefel vorhanden, als Schwefelarsen,
und die Bicarbonatlösung geht aus dem Zustande schwacher
Alkalität, welche die Aufnahme der fraglichen Stoffe bewirkt,
in den Zustand über, welcher das Beste entweder ganz oder
zum grössten Theile wieder fallen lässt. Nach dem Gesag-
ten umfasst die Anwendung des Natr. bicarbon. folgende Mög-
lichkeiten:
1) Der arsenhaltige Goldschwefel ist frei von Anti-
monoxyd: dann wird durch das gewöhnliche Natr. bicarbon.
der Arsengehalt aufgenommen und im Filtrat durch An-
säuern gefunden, gewiss der seltenste Fall. Aber
unter Umständen nicht einmal ein einfacher Fall, denn Opa-
lisirung und Absatz können ebensowohl nur Schwefelantimon
sein, oder beide Schwefelmetalle zugleich. Ich erhielt we-
nigstens aus einer Sorte Goldschwefel eine Bicarbonatlösung,
welche angesäuert nach einiger Zeit opalisirte und nach eini-
gen Stunden orangefarbige Flocken absetzte. Die Bicarbo-
natlösung war allerdings mehre Stunden mit dem Gold-
Arsenhaltiger Goldschwefel und Natr. biearbonieum ete. 13
schwefel in Berührung gewesen, und hatte wahrscheinlich in
Folge freien Schwefelgehalts des Goldschwefels eine Spur
Schlippe’schen Salzes gebildet.
2) Das Präparat ist zugleich antimonoxydhaltig: dann
wird entweder a) das Schwefelarsen gar nicht berührt,
wenn kein einfach kohlensaures Natron für dasselbe übrig bleibt;
oder b) es tritt bei genügender Menge Carbonat eine mo-
mentane Lösung des Schwefelarsens ein, aber auch die
sofortige Wiederzersetzung derselben mit dem gebildeten An-
timonoxydnatron, so dass das Filtrat nur arsenigs. Natron
und Antimonoxydnatron enthält, wie ich nachgewiesen habe,
und also durch Ansäuren keinen Niederschlag geben kann.
Auch dieser Fall 2b kann noch complicirter werden,
wenn die Einwirkung längere Zeit gedauert hat. Ich liess
einmal den Goldschwefel mit der Bicarbonatlösung mehre
Stunden unter Umschütteln, und dann noch über Nacht ste-
hen. Das Filtrat gab mit Salzsäure schwach angesäuert im
ersten Augenblicke nichts, nach einer Stunde schwache Opa-
lisirung, aus der sich nach einigen Tagen weissliche Flocken
absetzten, deren Farbe ins Fleischrothe spielte. Abfiltrirt
und völlig ausgewaschen lösten sich dieselben in Weinsäure
und gaben mit Schwefelwasserstoff sofort einen orangerothen
Niederschlag; es war also Antimonoxyd gewesen, vielleicht
durch eine Spur Schwefelantimon ins Fleischrothe spielend,
Das Filtrat gab natürlich mit Schwefelwasserstoff einen star-
ken Niederschlag von Schwefelantimon, dem vorhanden gewe-
senen Antimonoxydnatron entsprechend.
Man würde überhaupt den Fall 2b noch einigermaassen
ausnutzen und die Methode verbessern können, wenn man
dem angesäuerten Filtrat gleich Schwefelwasserstoffwasser
zusetzt, und den orangefarbenen Niederschlag auf Arsen
prüft, also das erste Resultat gar nicht abwartet, weil, wie
ich nachgewiesen habe, weder Opalisirung noch Niederschlag
ohne Weiteres für Arsen angesehen werden dürfen. Ich
muss aberdennoch eine Methode verwerfen, welche
trotz Anwesenheit von Arsen in den meisten Fällen ein
negatives, und in günstigeren Fällen oder bei angebrachter
14 Arsenhaltiger Goldschwefel und Natr. bicarbonieum ete,
Verbesserung nur ein Resultat verspricht, welches nur den
vierten Theil des vorhandenen Arsens, und noch dazu erst
nach abermaliger umständlicher Trennung vom Antimon, zur
Anschauung bringt.
Schliesslich noch ein Wort über den Antimonoxydgehalt
des Goldschwefels.
Derselbe ist bekanntlich eine Folge des Trockenproces-
ses, namentlich bei zu hoher Temperatur, aber auch eine
Folge der Zeit unter dem Einfluss von Luft und Licht. Er
wird durch Behandeln mit Weinsäure oder sauerem wein-
sauren Natron gefunden, und in den Büchern ist angegeben,
dass die hierbei erhaltene Flüssigkeit durch Schwefelwasser-
stoff nur gelb gefärbt werden dürfe. Es ist aber nicht ange-
geben, wie viel von dem Präparate man zur Probe verwen-
den soll, die Forderung des Mindestgehaltes ist also eine
sehr relative. Die preussische Pharmacopöe stellt überhaupt
keine Forderung, sondern begnügt sich damit, durch Vorschrift
der Trockentemperatur und der Aufbewahrungsweise pro-
phylactisch zu wirken. In einer weiteren Vorschrift übersieht
sie jedoch die Sache zu sehr und begeht meines Ermessens
einen grossen Fehler. Unter den bekannten Umständen wird
nämlich Goldschwefel leicht sauer, und es liegt nahe zu ver-
muthen, dass mit der Säuerung des Schwefels eine Oxyda-
tion des Antimons parallel läuft. Dies hat die preuss. Phar-
macopöe nicht beachtet, sie lässt solchen sauer gewordenen
Goldschwefel durch blosses Auswaschen wieder gut machen,
und gestattet damit eine ganz bedeutende Vermehrung des
Oxydgehalts, zu deren Beurtheilung die folgende Mittheilung
dienen möge.
Ein Goldschwefel, der bei obiger Behandlung (3,0 Gold-
schwefel, 15,0 kaltgesättigte saure weinsaure Natronlösung,
eine Stunde unter öfteren Umschütteln hingestellt, dann abfil-
trirt und 15,0 Schwefelwasserstoffwasser zugemischt) eine
weingelbe Flüssigkeit gab, aus welcher sich nach einer Stunde
einige orangerothe Flocken absetzten, wurde in einem nur zu
ı/, damit angefüllten weissen Glase zwei Monate am Licht
stehen gelassen, das Glas auch zuweilen geöffnet. So lange
Arsenhaltiger Goldschwefel und Natr. biearbonieum ete. 15
war nöthig, bis der Goldschwefel sauer schmeckte, er
hatte dabei in den letzten Wochen stark schweflige Säure
exhalirt, und gab nun mit Wasser angeschüttelt ein Filtrat,
welches blaues Lacmuspapier zwiebelroth färbte. Dies saure
Wasser gab mit Schwefelwasserstoff keine Spur Schwefelan-
timon, es war also keine Spur Antimonoxyd aufgenommen
werden. Von diesem Goldschwefel wurde nun 3,0 durch Aus-
waschen entsäuert, und ungetrocknet mit 15,0 saurer wein-
saurer Natronlösung wie früher behandelt. Das Filtrat gab
mit Schwefelwasserstoffwasser sofort eine starke Ausscheidung
von Schwefelantimon, und zwar fünfmal so viel als vorher.
Also war mit der Säurung des Goldschwefels auch eine starke
Oxydation des Antimons Hand in Hand gegangen. Nun muss
ausgewaschener Goldschwefel aber doch auch wieder getrock-
net werden. Es wurde daher nochmals 3,0 des sauren Gold-
schwefels ausgewaschen, höchst vorsichtig getrocknet und wie
oben geprüft. Es zeigte sich, dass der Oxydgehalt durchs
Trocknen nochmals gestiegen war und nun ohngefähr das
Siebenfache des ursprünglichen betrug!
Die Operation des einfachen Auswaschens entstandener
Säure entfernt also das zugleich mit der Säurung gebildete
Oxyd nicht nur nicht, sondern fügt durch das Trocknen noch
eine neue Menge desselben hinzu. Ich glaube nicht, dass
ein solches Präparat unsern Anforderungen entspricht.
Die Prüfung der Antimonpräparate auf Arsen.
So lange unsre Gesetzbücher verlangen, dass die Anti-
monpräparate gänzlich frei von Arsen sein sollen, müssen
wir uns bemühen, die Methode zu vervollkommnen, mittelst
deren dies Metall auch in den geringsten Mengen leicht und
sicher nachgewiesen werden kann.
Die Literatur über diesen Gegenstand ist bekanntlich
eine überaus reichhaltige. Ohne sagen zu dürfen, dass ich
sie für mich durch eigene Arbeiten vollständig erschöpft
hätte, glaube ich doch wenig übersehen zu haben. Und mehr
als einmal bin ich, wie auch der vorhergehende Artikel beweist,
nach vieler Mühe und peinlich gewissenhafter Arbeit keines
16 Arsenhaltiger Goldschwefel und Natr. biearbonieum ete.
Besseren belehrt, sondern zu der alten Methode der Oxyda-
tion durch Natronsalpeter zurückgeführt worden, einer Me-
thode, die eben so leicht und sicher zu den befriedigendsten
Resultaten führt, als sie bei ungenügender Kenntniss unsicher
und umständlich erschemen kann. Sie ist mir aber durch
Uebung und scharfe Beobachtung zum untrüglichen Wegwei-
ser geworden, und ich halte sie in der von mir gewählten
Ausführung für eine angenehme, leichte und sichere Arbeit,
ja für fast ebenso fein, wie die Methode von Marsh, die
man noch dazu unmittelbar mit ihr verbinden kann.
Sie besteht also in der bekannten Oxydation des Ar-
sengehalts der Antimonpräparate zu Arsensäure, und in der
leichten Gewinnung des ganzen Arsengehalts in den ver-
schiedenen characteristischen Formen des arsensauren Silber-
oxyds, namentlich in der leichten Trennung desselben von
den so störenden salpetersauren und salpetrigsauren Salzen
u.s.w. für den Fall, dass die Nachweisung des Arsens
mittelst des Marsh’schen Apparats erwünscht scheint.
Zur Characteristik des arsensauren Silberoxyds sind
für die damit weniger Vertrauten einige Vorbemerkungen
nothwendig.
Diese Verbindung ist im Allgememen von rother Farbe
und krystallinischer Beschaffenheit, doch ändert die Farbe wie
bei allen gefärbten Körpern je nach der Zertheilung gewaltig
ab, und ebenso die Beschaffenheit. Wird sie aus sehr ver-
dünnter Lösung abgeschieden, so erscheint sie beinahe flockig
und vom zartesten Fleischroth (fast Weiss), aus weniger ver-
dünnten Lösungen röthlich, chocoladefarben oder ziegelroth
und von pulveriger Beschaffenheit, und endlich in concreter
und concretester Form ist sie krystallinisch und krystallisirt,
von dunkelrother bis schwarzrother Farbe.
Sie gehört ferner zu denjenigen Silberverbindungen,
welche sowohl in Salpetersäure als auch in Ammoniak lös-
lich sind, also nur bei Neutralität der Flüssigkeiten als Nie-
derschlag erscheinen.
Ist nun eine Flüssigkeit nicht neutral, und hat man
darin keine zu geringe Menge Arsensäure, so genügt es,
Arsenhaltiger Goldsehwefel und Natr, biearbonieum ete. 17
nach Zusatz der Silberlösung die Neutralität der Flüssigkeit
Gurch etwas verdünntes Ammoniak oder verdünnte Salpeter-
säure annähernd zu treffen, um eine Ausscheidung des arsen-
sauren Silberoxyds von ziegelrother Farbe und pulveriger
Beschaffenheit zu erhalten. Hat man es dagegen mit Spuren
von Arsensäure zu thun, so reicht der geringste Ueberschuss
an Ammoniak oder Säure hin, das arsensaure Silberoxyd in
Lösung zu behalten, also jedes sichtbare Auftreten zu verhin-
dern. In diesen Fällen muss man zu der wie bekannt so
ausserordentlich feinen NReactionsmanier, zur sogenannten
Ring- oder Schichtprobe greifen, worunter man die Ueber-
einanderschichtung zweier verschiedenartiger Flüssigkeiten
versteht, an deren Grenze dann gewisse Reactionen mit
äusserster Schärfe wahrgenommen werden können. So han-
delt es sich hier um die Uebereinanderschichtung einer ammo-
niakalischen über eine saure Flüssigkeit zum Zweck der Her-
stellung einer absolut neutralen Schicht, welche alsdann an
der Grenze zwischen beiden Flüssigkeiten unbedingt vorhan-
den sein muss: innerhalb dieser Schicht, so dünn sie auch
sein mag, und so wenig die Menge des arsensauren Silber-
oxyds auch beträgt, wird sich dieser Körper dennoch sichtbar
ausscheiden müssen, da er in neutralen Flüssigkeiten unlös-
lich ist. Am besten macht man die zu untersuchende und
mit Silberlösung versetzte Flüssigkeit von vornherein durch
Salpetersäure schwach sauer, und lässt verdünntes Ammo-
niak an der Wand des schief gehaltenen Reagirglases vor-
sichtig so herunterlaufen, dass nur eine höchst geringe Mi-
schung der Flüssigkeiten an der Berührungsstelle eintreten
kann und wenigstens ganz sicher eine obere ammoniakalische
Schicht vorhanden is. Es schwimmt dann also das ver-
dünnte Ammoniak auf einer sauren Flüssigkeit, es bildet sich
eine scharfe, wegen der verschiedenen Lichtbrechung der Flüs-
sigkeiten leicht zu erkennende Grenze, und diese selbst bil-
det eine scheibenförmige Schicht absolut neutraler Flüssigkeit
(gewöhnlich sind in der zu prüfenden Flüssigkeit Spuren von
Chlor vorhanden, wodurch sie in Folge gebildeten Chlorsilbers
schwach opalisirt und sich dadurch fürs Auge um so schärfer
Arch. d. Pharm, CXC. Bds. 1. u. 2. Hft. 2
En]
18 Arsenhaltiger Goldschwefel und Natr. biearbonieum ete.
von der klaren ammoniakalischen Flüssigkeit trennt). Sind
nun irgend erhebliche Mengen arsensaures Silberoxyd gebil-
det worden, so erscheint die beschriebene Grenzschicht im
Reagirglase als fleischfarbener oder chocoladefarbener Ring,
bei kleineren Mengen weiss mit gelblich fleischfarbenem An-
hauch, bei den geringsten Mengen nur weisslich, aber deut-
lich intensiver als die darunter stehende von Ühlorsilber
opalisirende Flüssigkeit. Bei tagelangem Stehen gewinnt
dieser weissliche Ring etwas an Farbe, offenbar weil der in
ihm befindliche Niederschlag sich in der Ruhe dichter zusam-
menlegt.
Sobald nun diese schwächeren und schwächsten Reactio-
nen vorliegen und natürlich eine unbedingte Entscheidung
nicht geben können, wird es nothwendig, den ganzen Gehalt
der zur Verfügung stehenden Flüssigkeit an arsens. Silber-‘
oxyd zur Anschauung zu bringen. Die Ringprobe repräsen-
tirt ja nur den Gehalt eines sehr kleinen Bruchtheiles, näm-
lich nur den der neutralen Schicht, und gelänge es, die ganze
Flüssigkeit absolut neutral zu machen, so würde man eine
durchgängige weissliche Trübung und einen entschiedener
gefärbten Absatz erwarten können. Bekanntlich ist aber eine
absolute Neutralität dieser Flüssigkeiten durch directe Sätti-
gung nicht zu erzielen. Man hat vorgeschlagen, dies durch
Eindampfen der sauren Flüssigkeit zur Trockne zu erreichen.
Allein abgesehen davon, dass die Verdampfung von Salpeter-
säure etwas Lästiges ist (was zwar im Freien oder unter
einem guten Abzug geschehn kann), so ist es auch nicht
ganz leicht, die letzten Reste dieser Säure, welche zuletzt
ziemlich concentrirt wird, aus einer rückständigen Salzmasse
so vollständig auszutreiben, dass absolute Neutralität eintritt
und geringe Spuren arsensauren Silberoxyds färbend auftre-
ten, überhaupt sich ausscheiden können. Und es ist ferner
dazu zu erinnern, dass die Flüssigkeit vorher absolut frei von
Chlor gemacht werden muss, damit sich der Arsengehalt
nicht während des Eindampfens als Chlorarsen verflüchtige
(was auch ganz besonders für diejenigen höchst lästigen Ver-
fahrungsweisen gilt, welche die zu prüfenden und gewöhnlich
Arsenhaltiger Goldschwefel und Natr. bicarbonieum ete. 19
stark salpetersäurehaltigen Flüssigkeiten behufs Prüfung im
Marsh’schen Apparat durch Abdampfen mit Schwefelsäure
von der Salpetersäure befreien lassen). Diese Bemerkungen
gelten eben für Spuren Arsen, denn habe ich genug davon
zugegen, dann erhalte ich auch durch annähernde Neutralisa-
tion eine so grosse Ausscheidung von arsensaurem Silber-
oxyd, dass ich dasselbe abfiltriren, dadurch leicht und ange-
nehm von den salpetersauren Salzen trennen und wie weiter
unten angegeben sofort für den Marsh’schen Apparat ver-
arbeiten kann.
Ich verfahre desshalb umgekehrt, und dampfe
die ammoniakalisch gemachte Flüssigkeit und
zwar im Wasserbade ein. Es ist dies nach der Rich-
tung der Annehmlichkeit sowohl, als noch vielmehr im Erfolg
ein wesentlich besseres Verfahren: denn man kann die Sache
in der Stube abmachen und am hellen Fenster die Erschei-
nung genau beobachten; und andrerseits ist die gänzliche
Entfernung von Ammoniak viel leichter und die absolute
Neutralität sicher zu erreichen. Für den Fall also, dass die
Ringprobe zweifelhaft erscheint, oder überhaupt, wenn ich
Veranlassung habe, das arsensaure Silberoxyd gänzlich abzu-
scheiden, mache ich die, natürlich schon silberhaltige, Flüssig-
keit deutlich ammoniakalisch, bringe sie in einer Porzellan-
schale aufs Wasserbad, und lasse sie, ohne sie zu rühren
oder in Mindesten zu bewegen, verdunsten. Sobald sich hier-
bei das überschüssige Ammoniak gänzlich oder fast gänzlich
verflüchtigt hat, und besonders wenn dieser Punkt ein-
tritt, bevor sich Salze ausscheiden und die Ruhe resp. Gleich-
förmigkeit der Flüssigkeit stören, beginnt die Ausschei-
dung des arsensauren Silberoxyds, und zwar meistens in
mikroskopisch kleinen am Boden sich sammelnden schwarz-
\rothen Krystallen, oder als braunrothe halb flockige, halb
pulvrige Ausscheidung. Man lässt ruhig zur Trockne
eindampfen. Hat irgend Bewegung der Flüssigkeit statt-
gefunden, sei es durch Erschütterungen oder durch zu star-
kes Abdampfen, welches lebhaftere Cireulation der Flüssig-
keitstheilchen bewirkt, so ist das arsensaure Silberoxyd fei-
2%
20 Arsenhaltiger Goldschwefel und Natr. bicarbonicum ete.
ner zertheilt worden, und der Salzrückstand erscheint rosa-
farbig, auch kann die Wand der Porzellanschale hier und da
roth überzogen erscheinen; bei vollkommener Ruhe dagegen
haben sich während des Eindampfens nur die schwarzrothen
Kryställchen am Boden der Schale gezeigt und der salzige
Rückstand erscheint dann weiss mit eingesprengten schwar-
zen Körnern. In jedem Falle weicht man den trocknen
Rückstand mit Wasser auf, und erkennt hierbei sofort, in
welcher Weise die ganze Ausscheidung stattgefunden hat.
Entweder sind nur die schweren Krystalle gebildet worden:
dann steht über denselben die klare Lösung der salpetersan-
ren ete. Salze, und man kann dieselbe durch wiederholtes
Ab- und Aufgiessen mittelst Wasser vollständig und ohne
Filtration entfernen. Oder es steht über einer nur geringen
krystallischen Abscheidung eine röthlich trübe Flüssigkeit:
dann filtrirtt? man und wäscht Schale und Filter vollständig
aus. Hierauf giesst man auf die Krystalle in der Schale (die
auch hier und da röthlichen Ansatz haben wird) Salzsäure,
benetzt auch das Filter mit dem röthlichen Niederschlage
mit Salzsäure, giebt die salzsaure Flüssigkeit der Schale
ebenfalls darauf, wäscht etwas nach, und gewinnt so ein Fil-
trat, welches die ganze Menge der Arsensäure enthält, wäh-
rend auf dem Filter Chlorsilber zurückbleibt. Dies Filtrat
giesst man in den Marsh’schen Apparat, dessen Resultate
ebenfalls nicht auf sich werden warten lassen.
Auf diese Weise wird die ganze Menge des vorhandenen
Arsens in doppelter Form zu leichter und sicherer An-
schauung gebracht, und zugleich die für alle Arsenproben
unerlässliche Darstellung des Arsens in metallischer Form
aufs Leichteste bewerkstelligt. (Das krystallisch abgeschie-
dene schwarzrothe arsensaure Silberoxyd erscheint unter
dem Mikroskop ziemlich deutlich krystallisirt und bräunlich
roth durchscheinend. Der Strich der schwarzen Krystalle auf
mattem Porzellan ist roth).
Dass diese Methode von besonderen Werthe ist, wo das
Arsen in Verbindungen aufgesucht werden muss, welche
viel Salpetersäure enthalten, oder in Flüssigkeiten, welche
Arsenhaltiger Goldschwefel und Natr. bicarbonieum ete. 21
aus der Behandlung arsenhaltiger Schwefelmetalle mit Sal-
peter entspringen, und welche, obwohl sie das Arsen in
oxydirter Form enthalten, sich dennoch nicht für die directe
Behandlung im Marsh’schen Apparat eignen, leuchtet ein;
und dass sie in der von mir empfohlenen Ausdehnung und
Modification einen ausserordentlichen Grad von Feinheit und
Sicherheit, mit Umgehung aller lästigen Operationen bietet,
wird Jeder bestätigt finden, der sich die Mühe nimmt, ein
arsenhaltiges Präparat vergleichsweise nach dieser und nach
den anderen üblichen Methoden zu untersuchen. Auf keinen
Fall wird man aber noch ferner solchen Methoden wie z. B.
der für Tartarus stibiatus empfohlenen Geruchsprobe das
Wort reden, die von allen mir bekannten die zweifelhafteste
scheint, weil die Geruchsnerven der Menschen von ungleich
“ mehr verschiedener Empfindlichkeit sind, als ihre Sehkraft.
Nachdem ich so die Methode in ihren Grundzügen erläu-
tert, gehe ich zu ihrer speciellen Anwendung über.
Schwefelantimon. Für alle Formen desselben ist
die Oxydation mittelst salpetersauren Natrons das beste Mit-
tel, Arsen und Antimon gleich auf den ersten Schlag voll-
ständig zu trennen; das letztere wird in das unlösliche anti-
monsaure, der Arsengehalt in das lösliche arsensaure Na-
tron übergeführt. Man hat nur dafür zu sorgen, dass die
Oxydation vollständig geschieht.
Man bringt einen dünnwandigen Porzellantiegel, der eirca
7,0 Grm. Wasser fasst, zum Glühen und trägt die Mischung
aus 1,5 Grm. des zu prüfenden Schwefelantimons mit 5,0 Grm.
chlorfreien salpetersauren Natron portionenweise ein; bei
Goldschwefel sind 6,0 Grm. salpetersaures Natron nöthig.
Die Oxydation, welche mit Leichtigkeit vor sich geht, ist so
zu leiten, dass die Masse weder überschäumt, noch an ein-
zelnen Stellen unverbrannte rothgelbe Punkte zeigt, die sich
wie Hepar verhalten und bei der späteren Behandlung mit
Silber stören würden. Ist der obere Theil der Tiegelwand
röthlich bespritzt, so streiche man mit einem eisernen Spatel
oder Messer die schmelzende oder weiche glühende Masse
22 Arsenhaltiger Goldschwefel und Natr. bicarbonicum ete.
bis an den Rand herauf und erhitze nochmals, wodurch dann
die Oxydation vollständig wird. Die teigartige weiche Masse
lässt sich nun leicht mit demselben Spatel, während sie noch
heiss ist, zum grössten Theil herausnehmen, wird nach dem
Erkalten zerrieben und in ein Reagirglas oder Kölbchen
gebracht; inzwischen aber wird, was noch im Tiegel hängt,
in demselben zweimal mit Wasser ausgekocht und diese
Flüssigkeit auf die zerriebene Schmelze gegeben. Ist diese
dann durch Erhitzen mit derselben zu einer gleichmässigen
weisslichen Milch aufgeweicht, so wird abfiltrirt, überhaupt
aber zur Lösung und zum Nachwaschen so viel Wasser ver-
wendet, dass man 15,0 Grm. Filtrat erhält. Dasselbe ist
farblos, und enthält den ganzen vorhandenen Arsengehalt
als arsensaures Natron, ausserdem schwefelsaures , salpeter-
saures, salpetrigsaures und freies Natron; ungelöst bleiben
antimonsaures Natron, event. Eisenoxyd, Kupferoxyd, schwe-
felsaures Bleioxyd (dieser Rückstand eignet sich zur Unter-
suchung auf diese fremden Metalle, worüber gelegentlich an
anderem Orte). Das stark alkalische Filtrat wird nunmehr
mit Salpetersäure angesäuert, wobei mehr oder weniger sal-
petrige Säure entweicht; man lässt diese Entwickelung vor-
übergehen, bis keine Blasen mehr aufsteigen (welche die
Schichtprobe stören würden), setzt einige Tropfen starker
Silberlösung zu, vermischt gehörig damit, wartet nochmals die
Beruhigung der Flüssigkeit ab, und lässt endlich einige Tro-
pfen Ammoniak vorsichtig so zufliessen, dass wenigstens keine
gänzliche Mischung eintritt: man muss eine untere, wie schon
erwähnt durch nie fehlende Spuren Chlor, also durch Chlor-
silber opalisirende, und eine klare darüber stehende Flüssig-
keit vor sich haben (das Reagirglas wählt man am Besten
von 3/, Zoll Weite, wobei wenige Tropfen Ammoniak schon
als selbstständige Schicht auftreten und die neutrale Schicht
den nöthigen Umfang erhält. Zwischen dieser unteren opa-
lisirenden und der oberen klaren Flüssigkeit liegt, wie oben
erörtert, die absolut neutrale Schicht, in welcher das arsen-
saure Silberoxyd sich ausscheiden muss und je nach dem
Grade seines Vorhandenseins die oben angegebenen Farben-
Arsenhaltiger Goldschwefel und Natr, bicarbonicum ete. 25
nüancen als weisslicher, gelblichweisser, fleischfarbener oder
röthlicher Ring zeigen wird.
An diesem ersten Haltepunkte der Prüfungsmethode soll-
ten nun meines Ermessens auch die pharmaceutischen Forde-
rungen Halt machen, und sich damit begnügen, dass bei Ver-
wendung von 1'/, Grm. Substanz auf 15 Grm. Prüfungsflüs-
sigkeit sich nur ein rein weisslicher Ring in der neutralen
Schicht zeigen dürfe. Meine mit Goldschwefel etc. von
bestimmtem Arsengehalt wiederholt angestellten Versuche
haben wir nämlich ergeben, dass dann nicht über Y,, Proc.
Schwefelarsen vorhanden ist, während schon !/; bis !/, Proe.
einen deutlich gefärbten Ring giebt; wobei selbstverständlich
das angegebene Üoncentrationsverhältniss der Prüfungsflüssig-
keit genau innegehalten werden muss.
Bis hierher zumal ist der ganze Versuch in einer halben
bis ganzen Stunde beendigt, auch sind dem Erfolg die in der
Flüssigkeit enthaltenen fremden Salze nicht hinderlich, nieht
einmal die reichlich vorhandene salpetrige Säure.
Will man aber weiter gehen, und sich auch über den
geringsten Schein eines weisslichen Ringes Gewissheit ver-
schaffen, so verfährt man folgendermaassen,
Man verdünnt die saure silberhaltige Flüssigkeit mit
dem halben Volum Wasser, filtrirt zur gänzlichen Entfernung
des Chlors das suspendirte wenige Chlorsilber ab, und treibt
dann durch Erhitzen unter tropfenweisem Zusatz der etwa
noch nöthigen Salpetersäure die salpetrige Säure vollständig
aus. Dieselbe muss vollständig ausgetrieben werden, weil
sich salpetrigsaures Silberoxyd besonders in ammoniakalischer
Lösung bei längerem Erhitzen leicht zersetzt, und metallisches
Silber ausscheidet, auch zu braungefärbten Ausscheidungen
Veranlassung geben kann (siehe auch Gmelin’s Handb. 4. Aufl.
III. S. 624 über solche farbige Ausscheidungen, welche sogar
auch roth sein können). Man setzt dies Kochen unter vor-
sichtigem Zusatz von Salpetersäure fort, bis die Blasen der
siedenden Flüssigkeit nicht mehr gelb erscheinen und der
characteristische Geruch der salpetrigen Säure nicht mehr
wahrgenommen wird; für die subtilsten Versuche überzeugt
24 Arsenhaltiger Goldschwefel und Natr. biearbonicum ete.
man sich noch dadurch, dass die erkaltete und verdünnte
Flüssigkeit Jodkaliumkleister nicht mehr bläut, man muss
aber in letzterem die genügende Menge Jodkalium haben,
weil die Silbersalze die Jodstärke zersetzen, eine Reaction
also nur bei Ueberschuss an Jodkalium eintreten kann. Ist
alle salpetrige Säure ausgetrieben, dann verdünne man die
Flüssigkeit wieder auf das anfängliche Volum, übersättige sie
schwach aber deutlich mit Ammoniak und bringe sie zur Ver-
dunstung aufs Wasserbad. Hier wird man nun bei Anwe-
senheit selbst der geringsten Spuren Arsen die oben bereits
ausführlich beschriebenen Erscheinungen wahrnehmen, nament-
lich, und besonders wenn die Flüssigkeit bei annähernder
Neutralität noch verdünnt ist, die Ausscheidung des arsen-
sauren Silberoxyds in kleinen schwarzen Krystallen am Bo-
den der Schale, oder unter Umständen pulvrig und fast flockig,
und dann von hellerer d. h. rothbrauner oder ähnlicher Farbe.
Dem Geübten wird nun zwar mit diesem Anschauungen
jeder Zweifel über die Anwesenheit des Arsens genommen
sein. Allein die endgiltige Darstellung desselben in metalli-
scher Form lässt sich so bequem daran schliessen, dass man
sich die Befriedigung auch dieser Bestätigung nicht versagen
wird. Man lässt desshalb das Ganze ruhig zur Trockne ein-
dampfen, und behandelt den Rückstand, wie ebenfalls oben
angegeben, trennt dadurch das arsensaure Silberoxyd von
den salpetersauren Salzen, zersetzt es mit Salzsäure und
bringt die resultirende Lösung von Arsensäure in den
Marsh’schen Apparat. g
In Schwefelantimon (nigr. und aurant.) habe ich auf diese
Weise noch weniger als !/,, Proc., nach absolutem Gewicht
0,0003 bis 0,0005 Schwefelarsen nachgewiesen.
Tartarus stibiatus. Auch für dieses Präparat kann
ich nur dieselbe Methode empfehlen. Man oxydirt 1,0 Brech-
weinstein mit 370 salpetersaurem Natron, und verfährt mit
dem Product genau ebenso.
_ Wie ich schon ausgesprochen, halte ich die sogenannte
Geruchsprobe nach der Verkohlung nicht für brauchbar, weil
sie Nichts zur Anschauung bringt, der Geruchssinn aber ver-
Arsenhaltiger Goldschwefel und Natr. bicarbonicum etc. 25
schieden an Schärfe und auch verschieden bereitwillig ist.
Für meine Nase hörte z. B. die sichere Entscheidung bei
1, Proc. auf; vielleicht hätte ich auch hier nicht mit Sicher-
heit gerochen, wenn ich nicht sicher gewusst hätte, dass ich
das Arsen hineingethan.
Bei Brechweinstein habe ich nach meiner Methode bis
zu Y., Proc., nach absolutem Gewicht als Minimum 0,00016
Arsen nachgewiesen, indem ich die Operationsflüssigkeit
noch wiederholt theilte.
Auch Bismuth. hydr. nitric. kann man am leichtesten
und sichersten nach dieser Methode prüfen.
Man kocht es ganz einfach mit überschüssiger, chlor-
freier Natronlauge aus, wobei der Arsengehalt, der hier
bereits als Arsensänre vorhanden ist, als arsensaures Na-
tron in Lösung geht. Man übersättigt dann das Filtrat
schwach mit Salpetersäure, setzt Silberlösung zu und ver-
sucht zunächst mit Ammoniak die Ringprobe, bei deren zwei-
felhaftem Resultat man weiter wie oben angegeben verfährt.
Ein absichtlich für diese Zwecke aus käuflichem arsen-
haltigen Wismuth bereitetes Präparat wurde bei Anwendung
von 1 bis 2 Grm. unzweifelhaft schon mittelst der Ringprobe
als arsenhaltig erkannt. Mein Präparat der Officin, welches
ich aus selbstgereinigtem Wismuth dargestellt habe, gab bei
Anwendung von 5 Grm. nicht den geringsten Gehalt zu erken-
nen; das Wismuthmetall aber habe ich durch Schmelzen mit
Salpeter vom Ärsen befreit und habe diese Reinigungsme-
thode, die ich weder schwierig noch kostspielig nennen kann,
oft und stets zu meiner Zufriedenheit ausgeführt.
Ohne noch auf weitere Präparate und ihre Prüfung auf
Arsen einzugehen, versichere ich schliesslich nochmals, dass
diese Ausführungsweise der altbekannten Methode sich mir
besonders durch die Unzweideutigkeit ihrer Resultate und
durch die Ausschliessung aller lästigen Operationen empfoh-
len hat. Sie empfiehlt sich aber noch aus einem andern
Grunde. Während nämlich die übrigen Methoden, und nament-
lich auch die Marsh’sche hauptsächlich nur das Ja oder
Nein beantworten, und dabei nur das „reichlich oder wenig
26 Arsenhaltiger Goldschwefel und Natr. bicarbonicum.
oder Spuren“ als sehr relative Begriffe hinzufügen können,
eignet sich die von mir empfohlene Methode sehr gut dazu,
die Grenze sogenannter pharmaceutischer Reinheit zu ziehen.
Denn bis zur Ringprobe ist sie auch auf Revisionen leicht aus-
führbar, und giebt laut der von mir beim Schwefelantimon
gemachten Bemerkungen die Mittel an die Hand, einen von mir
vorgeschlagenen Maximalgehalt durch Verwendung bestimm-
ter Gewichtsmengen Substanz auf bestimmte Mengen Reactions-
flüssigkeit richtig zu erkennen. Ueber die Ringprobe hinaus
eignet sich die Methode mehr für häusliche Zwecke und
dürfte wohl zu denen gerechnet werden, welche leicht und
sicher bis zu den äussersten Grenzen der sichtbaren Wahr-
nehmung führen.
Kürzlich mehrfach wiederholte Prüfungen von Tart. sti-
biatus nach vorstehender vorzüglicher Methode machen mir
folgenden Zusatz zu der,' schon früher niedergeschriebenen,
Mittheilung wünschenswerth.
Man kann erstens mit 3,0 Natr. nitrieum recht gut 1,5
(statt 1,0) Tart. stibiat. vollständig oxydiren.
Sodann entsteht hierbei viel kohlensaures Alkali, und
bei der Uebersättigung des Filtrats mit Salpetersäure eine
starke Entwicklung von Kohlensäure, die zugleich mit der
Entbindung von salpetriger Säure lange nachhält, so dass die
noch lange aufsteigenden Gasbläschen die neutrale Schicht
unruhig und die Beurtheilung einer stattfindenden Ausschei-
dung von arsensaurem Silberoxyd für den Ungeübten weni-
ger sicher machen. Um diesen kleinen Störungen von vorn-
herein zu begegnen, auch eine mögliche Ausscheidung von
salpetrigsauren Silberoxyd zu verhindern, empfehle ich dess-
halb, das Filtrat mit Salpetersäure ziemlich stark sauer zu
machen, und im Reagirglase einmal aufzukochen.
Dass diese Reactionen einige Uebung erfordern, versteht
sich von selbst; hat man sie einmal erlangt, und die Haupt-
und Nebenerscheinungen kennen gelernt, so stören die letzte-
ren nicht im Mindesten, die Entscheidung ist leicht und
Pharmaceutische Notizen. 27
absolut sicher, und wird in zweifelhaften Fällen durch
die weitere Verfolgung des Processes nach der von mir gege-
benen Vorschrift bestätigt werden.
Pharmacentisehe Notizen
von Julius Müller, Apotheker in Breslau.
1) Rothe Färbung von Jodkaliumlösungen durch
manganhaltiges Filtrirpapier.
Schon wiederholt hatte ich bemerkt, dass die vorräthig
gehaltene Jodkaliumlösung — aus gleichen Theilen Jodkalium
und Wasser bereitet — eine rothe Färbung annahm, die
nicht von etwa ausgeschiedenem Jod herrührte. (Stärkeklei-
ster damit vermischt blieb unverändert, ebenso Chloroform).
Nach der Ursache suchend, fand ich, dass die unfiltrirte Lö-
sung farblos blieb, die filtrirte dagegen stets schon nach eini-
gen Stunden die röthliche Farbe annahm, — das Filtrirpa-
pier also der alleinige Grund sein musste. In der That blieb
die Jodkaliumlösung farblos, sobald ich das betreffende Filter
vorher mit chemisch reiner Salzsäure und dann mit destillir-
tem Wasser sorgfältig ausgewaschen hatte.
Bei näherer chemischer Untersuchung des Papiers fand
ich, dass dasselbe einen bedeutenden Eisengehalt und,
was mir als Grund der Färbung das Wahrscheinlichste schien,
einen nicht unbedeutenden Mangangehalt zeigte.
Nach Anschaffung eines aus anderer Quelle beschafften
Mangan - freien Filtrirpapiers trat die rothe Färbung nicht ein.
2) Bleiglätte mit einem Gehalte an metallischem
Blei.
Eine neulich aus sonst vorzüglicher Handlung Berlins
erhaltenes, mit Plumbum oxydatum chemice purum bezeichnete
Bleiglätte enthielt erhebliche Mengen von metallischem Blei.
Die sonst hier untersuchten käuflichen Glätten waren frei von
metallischem Blei.
28 Beiträge zur Kenntniss der Borweinsäure ete.
3) Baumwolle mit Leinenfaser vermischt ist
untauglich zur Collodiumbereitung.
Zur Bereitung von Collodium erhielt ich nach der so vor-
züglichen Duflos’schen Vorschrift mit Salpeter und Schwe-
felsäure vor Kurzem eine Schiessbaumwolle, die sich in Aether
auch nach dem vorherigen Befeuchten mit Alkohol nur zum
kleinsten Theile löste. Erst zu spät fand ich, dass die als
reinstes Material gekaufte Baumwolle mit Leinenfaser
vermischt war.
Beiträge zur Kenntniss der Borweinsäure, des Bor-
säureweinsteins und Boraxweinsteins;
von Apotheker Adolph Friedrich Wilhelm Duve, stud. chem.
aus Halberstadt, *)
Der Boraxweinsten wurde im Jahre 1732 von einem
Ulmer Arzte Le F&vre zuerst dargestellt. Lemery machte
bald darauf seine Bereitungsweise bekannt und führte ihn als
Heilmittel ein.
Früher vielfach als Stypticum angewendet, ist er in neue-
rer Zeit doch mehr und mehr aus dem Arzneischatze ver-
schwunden, was wohl zum Theil darin begründet ist, dass er
an feuchter Luft leicht Wasser anzieht und damit eine zähe
gummiartige Masse bildet; eine Eigenschaft, die seine Anwen-
dung in Form von Pulver unmöglich macht.
Nach der Vorschrift der älteren Pharmacopöen sollte ein
(Grewichtstheil Borax mit drei Gewichtstheilen Weinstein unter
nöthigem Wasserzusatz durch Kochen in Lösung gebracht,
diese zur Hälfte verdampft und einige Tage bei Seite gestellt
werden. Die klare Flüssigkeit sollte dann von dem ausge-
*) Inauguraldissertation zur Erlangung der Doctorwürde bei der
philosoph. Facultät der Universität Leipzig; Leipzig, Druck von C. G. Nau-
mann (Univ.- Strasse Nr. 15). Vom Hr. Verfasser gütigst eingesandt.
Die Red.
Beiträge zur Kenntniss der Borweinsäure ete. 29
schiedenen Weinstein und weinsauren Kalk getrennt und im
Wasserbade zur Trockne gebracht werden.
Die erste Untersuchung dieses Boraxweinsteins unter- _
nahm Prof. Dulk in Königsberg,*) welcher aus den in der
Verbindung enthaltenen. drei Gewichtstheilen Weinstein und
einem Gewichtstheile Borax (die Aequivalente von Weinstein
188 und Borax 191 sind ziemlich gleich, so dass man ohne
grossen Fehler für 1 Gewichtstheil 1 Aequivalent setzen kann)
die Formel herleitete:
(Na0,2B03,10H0) + 3 En co) "
3(K0,C8H 010) + (Na0,2B0°) + 13HO oder indem er die For-
mel verdoppelte:
2 OSH1020) + + 2(Na0,2BO3) + 30SH:O 12,
Dulk nimmt also in der Verbindung den Borax wasser-
frei und unverändert an, und glaubt, dass sich der Wein-
stein entweder direct mit Borax zu einem löslichen Doppel-
salze vereinigt, oder, dass sich der Weinstein in neutrales
weinsaures Kali und freie Weinsäure zerlegt habe.
Dieser Ansicht trat Duflos**) entgegen, indem er aus
Versuchen über den, allerdings nach einer anderen Vorschrift
bereiteten, Borsäureweinstein, von dem weiter unten die Rede
sein wird, schloss, dass die Borsäure im Stande sei, gegen-
über der Weinsäure als Base aufzutreten und für den Borax-
weinstein die Formel aufstellte:
Kol
5 r €
(Na0,2BO>10H0) -- 3 (u o|
co) Au
Ko | KO
Na0] BO3
Duflos betrachtet demnach den Boraxweinstein als eine
Verbindung von Seignettesalz mit weinsaurer Kali - Borsäure,
in welchem letzteren Salze die Borsäure die Stelle einer Base
C®H2010 42 | | osmt3010) + 3H0.
*) Schweigger’s Jahrbuch der Chemie und Physik, 1822.
**) ebend,
30 Beiträge zur Kenntniss der Borweinsäure ete.
vertritt. Schliesslich sagt jedoch Duflos, was dieser An-
sicht zu widersprechen scheint, dass die Lösung des Borax-
weinsteins bei längerem Stehen Weinsten und weinsauren
Kalk absetze.
Zur Darstellung des in Frankreich officinellen Borsäure-
weinsteins (Creme de tartre soluble) existiren mehre Vor-
schriften, von denen die eine 4 Gewichtstheile und mehr
Weinstein, die andere dagegen nur 3 (ewichtstheile Weinstein
auf 1 Gewichtstheil Borsäure verlangen. Die jetzige franzö-
sische Pharmacopöe schreibt 4 Th. Weinstein auf 1 Th. Bor-
säure vor.
(Aeg. des Weinsteins = 188, Aeq. der kryst. Bor-
säure — 62).
Nach Dulk,*) der auch hierüber Untersuchungen anstellte,
vermag 1 Th. Borsäure 4 Th. Weinstein in ein lösliches Salz
zu verwandeln, und dasselbe ist:
Ko
5 (mo © W400) + 6(B05,3H10) —
4 EN CsH:00) 1 6B03,4(08H 40 10),
Der Weinstein hat sich also nach Dulk’s Ansicht in neu-
trales weinsaures Kali und freie Weinsäure zerlegt, welche
letztere mit der wasserfreien Borsäure verbunden ist. Diese
Betrachtungsweise war ihm desshalb wahrscheinlich, weil er
fand, dass der Weinstein bei der Behandlung mit Borsäure
wasserfrei geworden war, dass also wohl ein Theil der Wein-
säure unter Bildung des neutralen Kalisalzes, sich mit der
Borsäure vereinigt habe.
Duflos**) hielt diese Untersuchungen Dulk’s für unge-
nau und stellte selbst eingehende Versuche über die Sätti-
gungscapacität der Borsäure mit Weinstein an. Er fand, dass
1 Gewichtstheil Borsäure nicht mehr als 3 Gewichtstheile
Weinstein zu binden vermöge, prüfte das chemische Verhalten
dieser Verbindung und da er aus derselben durch Behandeln
mit Mineralsäuren weder Borsäure noch Weinstein abschei-
*) u. **) Schweigger’s Jahrbuch der Chemie und Physik, 1832.
Beiträge zur Kenntniss der Borweinsäure ete. 31
den konnte, so schloss er, dass die Borsäure im Stande sei,
sich mit der Weinsäure zu verbinden, wobei erstere die Stelle
einer Base einnehme. Hiernach stellte er für den bei etwas
über 100° getrockneten Borsäureweinstein die Formel:
10! GsH:010 + BOS3H0 — po5} CSH101
auf und leitete aus dieser die Zusammensetzung des Borax-
weinsteins ab, welchen er, wie oben erwähnt, als ein Doppel-
salz von Seignettesalz mit weinsaurer Kali-Borsäure ansah.
Soubeiran*) beschäftigte sich wiederholt mit der Un-
tersuchung des Borsäureweinstein.. Nach ihm vermag der
Weinstein sich in mehren Verhältnissen mit der Borsäure zu
verbinden, ein vollkommen mit Borsäure gesättigter Weinstein
enthält aber BO? auf or 65H201°%, Alle im Ueberschuss
zugesetzte Borsäure konnte er mit Weingeist wieder entziehen.
In Anschluss an die Duflos’sche Theorie stellte Soubeiran
ebenfalls die Vermuthung auf, dass die Borsäure in der Ver-
bindung wie das Kali als Base auftrete, obgleich doch die
Borsäure die dreifache Menge Sauerstoff von der des Kalis
enthalte.
Es musste auf den ersten Blick befremden, dass erstens
die Borsäure, eine Mineralsäure, gegenüber einer organischen
Säure als Base auftreten könne, und dass ferner der Sauer-
stoff der Borsäure sich zu der mit ihr verbundenen Menge
Säure wie 3:1 verhielte.
Man fand jedoch sehr bald die nöthigen Erklärungen
hierfür, denn die Borsäure ist nicht nur eine sehr schwache
Säure, so dass selbst das zweifach borsaure Natron noch
alkalisch reagirt, sie ist sogar im Stande, gleich einem Alkali
in ihren Lösungen das Curcumapapier zu bräunen. Fälle, in
denen eine Sauerstoffverbindung sowohl die Stelle einer Base
als die einer Säure übernehmen kann, existiren in der Che-
mie mehre, wie z. B. die Thonerde zeigt, welche aus ihren
Lösungen durch Kali zuerst gefällt, bei weiterem Zusatz von
*) Journal de Pharm. XI, 560. Journal de Pharm. XXV, p. 24,
39 Beiträge zur Kenntniss der Borweinsäure ete,
Kali aber wieder gelöst wird, also anfangs als Base, zuletzt
aber als Säure aufzutreten vermag. Ferner weist die Chemie
viele Fälle, in denen der Sauerstoffgehalt der Base zur
Säure wied: 1 steht, in den basischen Salzen auf. Einige
nahe liegende Beispiele liefert uns der Brechweinstein, das
weinsaure Eisenoxyd-Kali ete.
Soubeiran und Öapitaine*) fanden, dass der Bor-
säureweinstein beim Erhitzen auf 280° 8,2%, Wasser —
2 Atome verlor, dieselbe Erscheinung, welche früher von
Liebig beim Erwärmen des Brechweinsteins anf 200° beobach-
tet worden war. Natürlich, dass man hieraus eine Analogie
in der Zusammensetzung beider Salze folgerte, und der Glaube
an die von Duflos ausgesproche Ansicht über die chemische
Constitution beider Präparate noch mehr verstärkt wurde.
Im Jahre 1857 veröffentlichte Heinr. Rose **) eine
Reihe interessanter Versuche über das Verhalten der Borsäure
zur Weinsäure. Er versetzte die Auflösung einer bekannten
Menge Borax mit verschiedenen Mengen Weinsäure und fand,
dass auf Zusatz von 1 Aequivalent Weinsäure zu 1 Aequiva-
lent Borax die grösste Menge Borsäure abgeschieden, bei wei-
terem Zusatz von Weinsäure dieselbe vermindert und bei einem
Verhältniss von 3. Aequivalent. Weinsäure auf 1 Aequivalent
Borax die Abscheidung vollständig verhindert werden konnte.
Diese Resultate führten ihn ebenfalls zu dem Schlusse, dass
die Borsäure sich zur Weinsäure wie eine schwache Base ver-
halten müsse. Bei genauerer Untersüchung der Eigenschaften
der Borsäure stiess er jedoch auf Thatsachen, welche sich mit
der Annahme von der basischen Natur derselben nicht verei-
nigen liessen. Ebenso, und in noch weit grösserem Maasse
müsste sich doch die Borsäure gegen stärkere Säuren, z. B.
Salzsäure, Salpetersäure oder Schwefelsäure als Base ver-
halten. In allen diesen Säuren löst sich wohl die Borsäure
*) Journal de Pharm. XXV, p. 744.
*%*) Journal f. p. Chemie 73, p. 170; Jahresbericht der Chemie und
Physik, Ausführlich: Poggendorff’s Annalen, Bd. 102, p. 545.
Beiträge zur Kenntniss der Borweinsäure ete. 33
beim Erwärmen 'auf, scheidet sich aber beim Erkalten wieder
ab. Um zu entscheiden, welche von den beiden Säuren in der
Verbindung als Base betrachtet werden könnte, unterwarf
H. Rose eine Auflösung von Borsäure in Weinsäure der
Elektrolyse, wobei er, um die Zersetzung der Weinsäure zu
verhindern, eine schwache Grove’sche Kette verwandte.
Nach wenigen Stunden hatte sich am positiven Pole freie
Borsäure ausgeschieden, während sich am negativen Pole Wein-
säure mit Borsäure fand. Es war also erwiesen, dass die
Borsäure der Weinsäure gegenüber eher als Säure wie als
Base auftritt. Schliesslich weist H. Rose noch auf den Unter-
schied zwichen der Bräunung des Öurcumapapiers durch Alka-
lien und Borsäure hin; während beim Eintauchen von Curcuma-
papier in eine alkalische, selbst verdünnte Lösung sofort eine
braunrothe Färbung eintritt, ist bei der Borsäure keine Farben-
veränderung zu bemerken, sondern diese erfolgt erst nach dem
Troeknen des Papiers und ist dann entschieden rothbräunlich.
Schon vor H. Rose, im Jahre 1848, veröffentlichte Dr.
Krug,*) Apotheker in Cidade de Campinas, Brasilien, das
Ergebniss einer Reihe von Versuchen, die er über das Ver-
halten der Borsäure zur Weinsäure, die chemische Zusammen-
setzung des Boraxweinsteins und des Borsäureweinsteins aus-
geführt hatte. Der bei der Bereitung des Boraxweinsteins,
nach der allgemein gültigen Vorschrift aus 1 Theil Borax und
3 Theilen Weinstein, entstehende ganz bedeutende Niederschlag,
welchen man bis dahin für weinsauren Kalk gehalten hatte,
war ihm aufgefallen, er fand bei näherer Untersuchung, dass
der Rückstand zum grössten Theile aus abgeschiedenem Wein-
stein bestand und stellte in Folge dessen neue Versuche über
die Sättigungscapacität des Borax mit reinen Materialien an,
Er wies nach, dass 1 Theil Borax nicht im Stande sei, mehr
als 2 Theile Weinsten in ein lösliches Salz zu verwandeln,
sich mit ihnen chemisch zu verbinden. Den Borsäurewein-
stein betrachtete er wie Duflos, bestehend aus gleichen
Aequivalenten Weinstein und Borsäure. Auf Zusatz von neu-
*) Archiv der Pharmacie, Jahrg. 1848, 2,
Arch. d, Pharm, CXC. Bds. 1. u.2, Hft. 3
34 Beiträge zur Kenntniss der Borweinsäure ete.
tralem weinsauren Kali schied sich aus dessen Lösung Wein-
stein ab, woraus er schloss, dass der Borsäureweinstein
unmöglich ein neutrales Salz sein könne, und da ihm Ver-
suche, die Borsäure mit der Weinsäure direct zu verbinden,
negative Resultate gaben, so verwarf er die von Duflos auf-
gestellte Theorie über die Constitution beider Präparate und
nahm die Existenz einer eigenthümlichen Doppelsäure der
Borweinsäure an. Krug stellte einige neutrale und saure
Salze dieser Säure dar und gab diesen die Formeln:
KONBORN KON. BOT
RO J Boa HOF Ho Bo ART
neutrale saure Salze.
Hieraus leitete er die Constitution der beiden Präparate
ab und betrachtete den Borsäureweinstein als:
2 Io csmt:on) -+ 2(B03,3H0) —
K0,2B0303H2019 22 /K0,0342048
eine Verbindung von waässerfreiem sauren borweinsauren Kali
mit wasserfreiem Weinstein. Bei etwaigen Bedenken gegen
das zweite Glied, den wasserfreien Weinstein, empfiehlt er die
Annahme emer Umwandlung der Weinsäure in die einbasi-
sche Tartrelsäure, führt aber nirgend den Nachweis für die
Existenz dieser Säure. Für den Boraxweinstein aber stellt
Krug die Formel
RR: KÖ\ .
(Na0,2B03,10H0) -+ 2 (101 es140"0) =
\
(Na0,2BO3,05H 4010) + osmmon)
’ KOJ
auf. Also ein Doppelsalz von saurem borweinsauren Natron
mit neutralem weinsauren Kali. Irgend welche Vorstellung
über die Constitution seiner Borweinsäure führt Krug nicht
an, es scheint aber, als ob ec? annehme, die Borsäure addire
sich ohne Weiteres der Weinsäure hinzu.
Bald darauf erschien eine neue Abhandlung über „die
wahre Zusammensetzung des Boraxweinsteins“ vonH. Wacken-
roder,*) das Ergebniss von Versuchen, die derselbe gemein-
_H#H
*) Archiv der Pharmacie 1849, Bd. 58, p. 4.
Mn o> DEN TI ZT RR TE,
Beiträge zur Kenntniss der Borweinsäure ete. 35
schaftlich mit den Assistenten H. Ludwig, H. Custer und E.
Staffel angestellt hatte. Nach diesen kann 1 Th. Borax 2'/, Th.
Weinstein in ein lösliches Salz verwandeln; Wackenroder
stellte daher das Verhältniss von 2:5 auf und leitete aus
dem beim Austrocknen erhaltenen Wasserverlust die Formel:
9 (Na0,2BO3,10H0) + 5 0) SO 10 — 2510 —
4 (K0,C°H 201°) + (KO,BO°) + 2 (Na0,BO°) + (BO3,C5H #019)
ab. Diese etwas complieirte Verbindung besteht aus drei
Gliedern, das erste: 4 (KO,C°H010) betrachtete er als das
neutrale Salz der anomalen Weinsäure, das zweite aus neu-
tralem borsauren Kali und Natron, das letzte Glied BO®?,C°H 010
nennt er weinsaure Borsäure, schreibt also ähnlich der Du-
flos’schen Theorie der letzteren einen basischen Character
zu. Da es ihm nicht gelang, dem Salze mit Weingeist Bor-
säure oder Weinsäure zu entziehen, so nimmt Wackenro-
der das letzte Glied nicht frei, sondern eng verbunden mit
den beiden übrigen an.
Die Differenzen zwischen den Resultaten von Krug und
Wackenroder veranlassten Wittstein*) sich ebenfalls
mit dem Gegenstande zu beschäftigen und bald erschien von
ihm eine Reparation d’honneur der Krug’schen Arbeit. Witt-
stein hielt dessen Ansichten in allen Punkten aufrecht,
bestimmte den Creme de tartre soluble, bestehend aus glei-
chen Atomen -Borsäure und Weinstein, als ein Doppelsalz von
saurem borweinsauren Kali mit neutralem tartralsauren Kali
K0,2B0O3,65H 010 + KO,CSH*O1° und stellte für den Borax-
weinstein die Formel:
=
Na0,0°14010, 2809 4 (Ko) O°1102)
auf. Eine Betrachtungsweise der Constitution dieser hypothe-
tischen Borweimsäure giebt auch er nicht an.
Bei der einflussreichen Stellung, die Wittstein in der
pharmaceutischen Chemie einnimmt, konnte es nicht fehlen, dass
die von ihm empfohlene Abänderung in der Bereitung des
*) Buchners Repertorium 1850, Bd. 106, p. 1.
3 *
36 Beiträge zur Kenntniss der Borweinsäure ete.
Tartarus boraxatus beachtet und bei der Herausgabe der neuen
Pharmacopöen aufgenommen wurde. Die jetzt allgemein maass-
gebenden Vorschriften verlangen daher zwei Theile Weinstein
auf ein Theil Borax.
Gegenüber diesen vielen verschiedenen und zum Theil
widersprechenden Angaben über das Verhältniss und die Zu-
sammensetzung der Präparate ziehen es die meisten Lehrbü-
cher vor, entweder unter einfacher Anführung des Mischungs-
verhältnisses, die Aufstellung der Formeln zu vermeiden oder
die Duflos’sche Betrachtungsweise beizubehalten.*) Feh-
ling **) sagt wörtlich: Wittstein hat weder die Unrichtig-
keit der Angaben von Duflos, noch die Richtigkeit seiner
eigenen hinreichend bewiesen, wesshalb die Angaben von
Duflos noch immer als richtig angenommen werden.
Das Thema, Versuche über die Zusammensetzung des
Boraxweinsteins und das Verhalten der Borsäure zur Wein-
säure anzustellen, wurde mir von meinem hochverehrten Leh-
rer, Herrn Geh.-Rath Professor Dr, OÖ. L. Erdmann freundlichst
überlassen, und wenn ich es wage, in Nachstehendem meine
Resultate denen so bedeutender Chemiker wie Duflos,
H. Rose etc. anzureihen, so fühle ich mich zu der Erklärung
veranlasst, dass mich bei der Ausführung meiner Arbeiten
nicht der Wunsch, mich der einen oder andern Theorie anzu-
schliessen, sondern das Bestreben, die Natur dieser interes-
santen Verbindung womöglich zu ermitteln, geleitet hat,
Bei meinen Versuchen ging ich von den ältesten An-
sichten aus und stellte mir folgende Fragen zur Beant-
wortung:
1) Ist die Borsäure im Stande, sich irgendwie mit der
Weinsäure direct zu verbinden und welche Stelle nimmt sie
der letzteren gegenüber ein?
2) Vermag die Borsäure, auch wenn sie keine directe
Verbindung mit der Weinsäure eingeht, diese in irgend wel-
cher Weise umzuwandeln?
*) Kolbe’s Lehrbuch der organ, Chemie, Gmelin, organ. Che-
mie, Schlossberger.
**) Handwörterbuch der Chemie, 1622,
TEE:
Beiträge zur Kenntniss der Borweinsäure ete. 37
3) Kann sich die Borsäure unter Mitwirkung einer Base
mit der Weinsäure chemisch verbinden, welche Stellung
kommt ihr in diesen Verbindungen zu und in welchen Ver-
hältnissen vermag sie dieselben einzugehen?
4) Welches sind die eine Verbindung bewirkenden Me-
talloxyde?
5) Wie ist die vollkommen gesättigte Verbindung des
Borsäureweinsteins, d. h. wie viel Weinstein vermag 1 Mi-
schungsgewicht Borsäure in ein lösliches Salz zu verwandeln
oder chemisch zu binden und wie ist dessen Constitution aus
den erhaltenen Resultaten abzuleiten?
6) Welches ist eine vollkommen gesättigte Verbindung
des Borax mit Weinstein und wie ist deren Constitution zu
betrachten ?
Für die Weinsäure habe ich die allgemein gültige Be-
trachtungsweise als zweibasische Säure = 2H0,0°H!0!° (un-
ter Beibehaltung der einfachen Atomgewichte für U und OÖ)
angenommen.
Ebenso habe ich mit Rücksicht auf die vielen Meinungs-
verschiedenheiten über die Begriffe: Mischungsgewicht und
Molekül für zusammengesetzte Körper, Säuren, Basen und
Salze die ältere, vielleicht wenig berechtigte Bezeichnung
Aequivalent beibehalten.
Die erste Frage, ob die Borsäure fähig sei, sich mit der
Weinsäure direct zu verbinden, ist eigentlich durch .die Unter-
suchungen von Krug und Wittstein zur Genüge vernei-
nend beantwortet. Beide haben aus den heissen wässrigen Lö-
sungen von 1 Äequivalent Weinsäure mit 2 Aequivalent Bor-
säure letztere beim Erkalten vollständig wieder heraus kry-
stallisirt erhalten. Versuche, die ich in dieser Richtung
anstellte, hatten keinen besseren Erfolg.
1) 12,0 Grm. krystallisirte Weinsäure (1 Aeq.) wurden
mit 9,8 Grm. krystallisirter Borsäure (2 Aeq.) zusammen ver-
rieben und in einem Becherglase mit 50 UC. kalten Wassers
übergossen. Nach dreitägigem Stehen bei 1800, hatte sich
unter öfterem Umschütteln die Weinsäure vollständig, die Bor-
säure aber kaum zum dritten Theile gelöst, die Flüssigkeit
EEE AR ER EEE ee RENATE ET ERST
BR) Beiträge zur Kenntniss der Borweinsäure ete.
wurde daher zur vollständigen klaren Lösung einige Stunden
auf 40—50° erwärmt. Die eine Hälfte derselben wurde
zum Erkalten hingestellt, die andere aber im Exsiccator über
Schwefelsäure verdunstet, Schon nach einigen Stunden hatte
sich aus der ersteren Hälfte Borsäure in beträchtlicher Menge
ausgeschieden, welche durch Filtriren getrennt und mit kaltem
Wasser ausgewaschen wurde. Das Filtrat wurde im Was-
serbade etwa zur Hälfte verdunstet und wieder erkalten gelas-
sen; es schied sich von Neuem Borsäure ab, welche von der
Flüssigkeit getrennt und letztere so lange unterbrochen ein-
gedampft wurde, als es noch gelingen wollte, Borsäure daraus
zu erhalten. Sämmtliche wiedergewonnene Borsäure wurde
auf einem gewogenen Filter vereinigt mit kaltem Wasser
ausgewaschen und bei 100° getrocknet. Das Gewicht dersel-
ben betrug 3,8 Grm. In der Lösung waren aber 4,9 Grm.
Borsäure vorhanden, die übrigen 1,1 Grm. mussten also ent-
weder noch an die Weinsäure gebunden oder mit den Was-
serdämpfen entwichen sein. Der syrupartige Rückstand der
Weinsäurelösung zeigte allerdings die charakteristische grüne
Flammenfärbung der Borsäure, schied aber bei dem Anrühren
mit kaltem Wasser nach zweitägigem Stehen von Neuem
kleine Blättchen von Borsäure aus. Letztere durch Behan-
deln mit Weingeist der Weinsäure vollständig zu entziehen,
wollte mir nicht gelmgen, da die Weinsäure ebenfalls leicht
löslich in Weingeist ist.
Die im Exsiecator verdunstete Lösung zeigte genau das-
selbe Verhalten, auch hier hatte sich Borsäure ‘in grosser
Menge abgeschieden, welche in dem Maasse, als die Flüssig-
keit verdampfte, zunahm. Die zurückbleibende W einsäurelö-
sung zeigte keine Neigung zur Krystallisation und erst nach
mehrtägigem Stehen bildeten sich einige kleine Krystalle von
Weinsäure, in denen ich keine Borsäure nachweisen konnte.
2) Da sowohl Weimsäure als Borsäure leicht in Wein-
geist löslich sind, so vermuthete ich aus der weingeistigen
Lösung eher eine Verbindung beider zu erhalten. 1 Aeg.
Weinsäure wurden mit 2 Aeg. Borsäure in der nöthigen Menge
absoluten Alkohols gelöst und die Lösung, welche lebhaft die
Beiträge zur Kenntniss der Borweinsäure etc. 39
grüne Flammenfärbung zeigte, bei gelinder Wärme (30°) so
lange verdunstet, bis sie eine syrupartige Uonsistenz ange-
nommen hatte. Borsäure hatte sich bis dahin nicht ausge-
schieden; nach zwöltstündigem Stehen in der Winterkälte
war aber die Oberfläche mit zahlreichen, weissen, warzenför-
migen Krystallen bedeckt, welche, zwischen Fliesspapier abge-
presst, auf dem Platinbleche fast reine Borsäure mit einem
unbedeutenden Gehalt an organischer Substanz erwiesen, der
sicher nur von mechanisch beigemengter Weinsäure herrührte.
Beim Anrühren eines Theiles der gummiartigen Masse
mit kaltem Wasser schied sich sofort Borsäure in grosser
Menge ab.
Ein anderer Theil des Rückstandes wurde im Luftbade
bei 100° erwärmt, die zähe Masse wurde dünnflüssig, ent-
wickelte neben reichlichen Weingeistdämpfen einen entschieden
ätherartigen Geruch, färbte sich darauf gelb und nahm in
dem Maasse, als sie an Üonsistenz zunahm, eine braune Farbe
an, wobei der bekannte Geruch, den wir beim Verbrennen
der Weinsäure wahrnehmen, auftrat. Ein Beweis, dass sich
die Weinsäure zersetzt hatte, was um so bemerkenswerther
ist, als die gewöhnliche Weinsäure beim Erwärmen auf 100°
in keiner Weise geändert wird, sondern erst bei einer Tem-
peratur von 170 — 180° anfängt, sich zu zersetzen.
3) Ein Gemisch ‘von Borsäure mit Weinsäure wird an
der Luft feucht; diese Erscheinung, welche zuerst von Sou-
beiran*) beobachtet und später von Wittstein**) näher
geprüft wurde, deutet aber doch wohl auf eine chemische
Veränderung hin, denn weder Borsäure noch Weinsäure
ändern ihr Aussehen beim Liegen an der Luft.
1 Aegq. krystallisirte Weinsäure wurden mit 2 Aeg. kry-
stallisirter Borsäure fein zusammen gerieben. Ein Theil des
Gemenges hatte nach 14tägigem Aufbewahren im Exsiccator
weder das Aussehen noch das ursprüngliche Gewicht verän-
dert. Eine zweite Portion wurde in einem Porcellanschälchen
*) Journal de Pharmacie XI, p. 560.
**) Buchner’s Repert. Bd. 106, Jahrg. 1850.
40 Beiträge zur Kenntniss der Borweinsäure ete.
14 Tage lang der Temperatur eines geheizten Zimmers aus-
gesetzt, nach dieser Zeit war ebenfalls keine Veränderung im
Aussehen vorgegangen, nur hatte sich das Gewicht um etwa
3— 4%, vermehrt. Eine dritte Portion wurde in einen feuch-
ten Keller gestellt, und schon nach wenig Tagen hatte sich
die Masse zusammengeballt, nach 14 Tagen war sie in einen
dicken Brei verwandelt, in welchem ich keine Borsäure mehr
wahrnehmen konnte und das Gewicht hatte um eirca 20%,
zugenommen, Diese letzte Portion wurde nun wieder in ein
geheiztes Zimmer gebracht und bald schieden sich einige
kleine Krystalle von Borsäure aus, ohne dass die Weinsäure
ihre klebrige Beschaffenheit änderte.
1 Aeg. krystallisirte Weinsäure mit 2 Aeq. wasserfreier
Borsäure zusammengerieben, zeigten im Allgemeinen dasselbe
Verhalten, nur erfolgte das Feuchtwerden des Gemenges weit
schneller als bei der wasserhaltigen Borsäure. Beim Vermi-
schen der zähen Masse mit kaltem Wasser schied sich bald
Borsäure in Menge ab und m der filtrirten Lösung konnte
ich nur Spuren freier Borsäure nachweisen. Beim Eindam-
pfen dieser Lösung erhielt ich eine zähe Masse, welche im
hohen Grade zerfliesslich war, keine Neigung zu krystallisi-
ren zeigte und erst nach längerer Zeit Krystalle von Wein-
saure absetzte.
Um schliesslich das Verhalten der Borsäure zur Wein-
säure in höherer Temperatur zu prüfen, wurden 2 Aeg. kry-
stallisirte Borsäure mit 1 Aeq. krystallisirter Weinsäure zusam-
mengerieben und im Luftbade bei 100° erwärmt. Das Ge-
misch blähte sich sofort auf und nahm, unter Auftreten eines
brenzlichen Geruchs eine gelbe Farbe an, die später in braun
überging. Nach 12 Stunden hatte die Masse 18°, ihres Ge-
wichtes verloren, zog an der Luft schnell Feuchtigkeit an
und war schon nach einigen Tagen in eine zähe, klebrige
Substanz verwandelt. Beim Auflösen derselben in Wasser
konnte die Borsäure unverändert wieder erhalten werden.
2 Aeg. wasserfreie Borsäure mit 1 Aeg. krystallisirter,
Weinsäure zusammengerieben wurden im Luftbade bei einer
Temperatur von 100°, die ich später auf 130° erhöhte, erwärmt.
Beiträge zur Kenntniss der Borweinsäure etc, 41
Unter Entwicklung brenzlicher Dämpfe nahm die Masse eben-
falls bald eine braune Farbe an, ohne aber das Volumen
merklich zu ändern; nach 12 Stunden hatte sie nur 4°/, ihres
Gewichtes verloren. Beim Auflösen der klebrigen Masse in
kaltem Wasser schied sich sofort wasserhaltige Borsäure ab.
Bei diesem letzten Versuche hatte also, wie der ver-
schiedene Verlust beweist, die wasserfreie Borsäure der Wein-
säure Wasser entzogen, hatte sie aber ausserdem veranlasst,
sich bei einer Temperatur zu zersetzen, bei der die gewöhn-
liche krystallisirte Weinsäure weder Wasser verliert, noch
sich zerlegt.
Die Fähigkeit der Weinsäure sich mit der Borsäure direct
zu verbinden, muss ich, wie aus diesen Versuchen hervorgeht,
bezweifeln.
4) Das leichte Feuchtwerden eimes Gemenges von Bor-
säure und Weinsäure, die Eigenschaft der letzteren, nach
längerer Berührung mit der Borsäure, die Fähigkeit zu kry-
stallisiren zu verlieren, sowie ihr Wasserverlust und die leichte
Zersetzbarkeit bei einer verhältnissmässig niedern Temperatur
lassen, da, wie erwiesen, die Borsäure nicht verändert wird,
mit Recht auf eine chemische Umwandlung der Weinsäure
schliessen.
Krug*) vermuthete eine Zersetzung der Weinsäure in
Tartrelsäure, ohne indessen irgend welchen Beleg dafür zu
liefern. Versuche, die Wittstein**) in dieser Richtung
anstellte, bestimmten ihn, eine Umwandlung der Weinsäure
in die einbasische Tartralsäure anzunehmen.
2 Aeq. Borsäure wurden mit 1 Aeq. Weinsäure in der
nöthigen Menge Wasser längere Zeit gekocht, darauf erkalten
gelassen, um die Borsäure so viel als möglich wieder abzuschei-
den, alsdann auf ein kleines Volumen verdampft, wieder erkal-
ten gelassen und mit frisch gefälltem kohlensauren Kalk im
Ueberschuss versetzt. Der reichliche Niederschlag enthielt
neben unzersetztem kohlensauren Kalk viel weinsauren Kalk.
*) Archiv der Pharm. 55, p. 17.
**) Buchners Repert. 106, p. 1.
42 Beiträge zur Kenntniss der Borweinsäure etc.
Die überstehende Flüssigkeit dagegen reagirte säuer, sie wurde
abfiltrirt und mit absolutem Alkohol versetzt. Sofort entstand
ein voluminöser Niederschlag, welcher auf einem Filter gesam-
melt, mit Weingeist sorgfältig ausgewaschen, zwischen Fliess-
papier abgepresst und getrocknet wurde. Er enthielt Kalk,
entwickelte beim Erhitzen den Geruch nach verbrennender Wein-
säure, enthielt aber keine Spur Borsäure. In Wasser war
er leicht löslich, seine Lösung reagirte sauer und gab nach
dem Kochen einen Niederschlag von unlöslichem weinsauren
Kalk. Das durch Fällen mit Weingeist erhaltene Salz zeigte
überhaupt alle die Eigenschaften, welche wir beim tartralsauren -
oder isoweinsauren Kalke wahrnehmen.
Dieser Versuch zeigt, dass erstens die Borsäure im Stande
ist, die Weinsäure, ohne sich mit ihr zu verbinden, in die
isomere, aber einbasische Isoweinsäure umzu-
wandeln, dass aber zweitens die Weinsäure dabei nicht
vollständig, sondern nur partiell verändert wird,
In dieser Beziehung muss ich mich den Ansichten W itt-
stein’s, der dieselben Erfahrungen gemacht hat, anschliessen.
Es könnte befremden, dass die Isoweinsäure, welche
bekanntlich erst durch längeres Schmelzen der krystallisirten
Weinsäure zwischen 160 —170° erhalten wird, in diesem
Falle schon bei einer weit niedrigeren Temperatur entstanden
sei. Indessen ist dies nicht das einzige derartige Beispiel.
Schon Fr&my beobachtete, dass ein Gemisch von Zucker
ud Weinsäure bei gewöhnlicher Temperatur feucht wird und
wies nach, dass dies auf einer Umwandlung der Weinsäure
in Isoweinsäure beruhe.
5) Behandelt man Weinstein mit Borsäure bei Gegen-
wart von Wasser in der Siedehitze, so wird das schwer lös-
liche Kalisalz dadurch leicht löslich gemacht; es verliert die
Eigenschaft zu krystallisiren und bildet getrocknet eine gla-
sige Masse, welche sich in Wasser leicht zu einer sauer rea-
girenden Flüssigkeit löst.
Nach Versuch 4 könnte man annehmen, dass das saure
weinsaure Kali einfach durch Behandeln mit Borsäure in neu-
trales, leicht zerfliessliches, isoweinsaures Kali umgewandelt
Beiträge zur Kenntniss der Borweinsäure etc. 43
werde und dass die Borsäure nur mechanisch beigemengt sei.
Wäre dies aber der Fall, so müsste’ sowohl das Kali bei län-
gerem Stehen der Lösung als saures metaweinsaures Kali
niederfallen, als auch die Borsäure wieder vollständig abge-
schieden werden.
Sämmtliche Verbindungen, welche aus der Weinsäure
unter Mitwirkung der Borsäure erhalten werden, haben den
Uebelstand, nicht zu krystallisiren. Willman daher von einer
wirklich chemischen Verbindung reden, so muss alles etwa
mechanisch Beigemengte auf irgend eine Weise entzogen
werden. Hierzu bietet uns der Weingeist das beste Mittel;
sowohl freie Weinsäure als frei Borsäure sind leicht in dem-
selben löslich, ihre Salze dagegen unlöslich oder doch schwer
löslich. Alle derartigen Verbindungen habe ich daher ent-
weder aus der concentrirten wässrigen Lösung mit Wein-
geist gefällt, oder die feingepulverte Substanz wiederholt damit
digerirt.
Um zu bestimmen, mit wie viel Borsäure sich der Wein-
stein zu verbinden vermag, wurden:
A. 37,6 Grm. Weinstein (1 Aeq.) und 24,8 Grm. kıy-
stallisirter Borsäure (2 Aeq.) in einem Kochfläschen mit
80 CC. Wasser übergossen und das Gemisch erwärmt. Beide
lösten sich schnell auf, die Lösung wurde noch zwei Stun-
den im Sieden erhalten und dann erkalten gelassen. Nach
einigen Stunden hatten sich Krystalle von Borsäure ausgeschie-
den, welche auf einem gewogenen Filter gesammelt und mit
kaltem Wasser ausgewaschen wurden.
Die filtrirte Lösung gab beim Verdunsten im Woasser-
bade einen syrupartigen Rückstand, den ich wiederholt und
so lange mit Weingeist digerirte, als derselbe noch Borsäure,
kenntlich an der grünen Flammenfärbung, entzog. Der Weingeist
wurde dann bei gelinder Temperatur verdunstet und die zurück-
bleibende Borsäure mit der zuerst ausgeschiedenen vereinigt.
Das Gewicht derselben betrug nach dem Trocknen 10,9 Grm.
Von 24,8 Grm. Borsäure war also fast die Hälfte wieder abge-
schieden, und da sich dieselbe leicht mit Wasser- und Wein-
geistdämpfen verflüchtigt, so lässt sich mit Recht annehmen, dass
44 Beiträge zur Kenntniss -der Borweinsäure etc.
die fehlenden 1,5 Grm. beim Kochen mit den Wasserdämpfen
entwichen sind und dass 1 Aegq. Weinstein nicht mehr als
1 Aeg. Borsäure zu binden vermöge.
B. 75,2 Grm. Weinstein (2 Aegq.) mit 12,4 Grm, krystal-
lisirter Borsäure (1 Aeqg.) in 300 CC. Wasser gekocht, lösten
sich selbst nach mehrstündigem Kochen nicht, sie wurden
schliesslich durch vermehrten Wasserzusatz in Lösung gebracht
und darauf bei einer Temperatur von — 3° zwei Tage lang sich
selbst überlassen. Es hatte sich eine beträchliche Menge Wein-
stein in Form eines feinen Pulvers abgeschieden. Die klare
Flüssigkeit wurde von dem Niederschlage getrennt, zur Hälfte
eingedampft und von Neuem absetzen gelassen; auch hierbei
erfolgte eine, obwohl geringere, Abscheidung von Weinstein.
Schliesslich wurde die Flüssigkeit bis zur Syrupdicke ver-
dunstet, nach dem Erkalten mit dem gleichen Volumen kalten
Wassers vermischt und 8 Tage sich selbst überlassen. Es
hatte sich wiederum Weinstein ausgeschieden. Sämmtliche
Niederschläge wurden auf einem gewogenen Filter vereinigt,
kalt ausgewaschen und bei 100° getrocknet; ihr Gewicht
betrug 34,8 Grm. An der Hälfte des Weinsteins fehlten mit-
hin 2,8 Grm., welche entweder bei der Operation verloren
gegangen oder noch von der Borsäure gebunden waren. In
Anbetracht der geringen Differenz von 6°/, Weinstein glaube
ich aber annehmen zu dürfen, dass die 12,4 Grm. Borsäure
nur 37,6 Grm. Weinstein chemisch gebunden haben, die übri-
gen 2,8 Grm. aber mechanisch beigemengt waren und bei
längerem Stehen der Lösung ebenfalls hätten abgeschieden
werden können.
Es ergiebt sich daher, dass sowohl 1 Aeq. Weinstein
nichtmehr als1 Aegq. Borsäure, als dassauch 1 Aecg.
Borsäure nicht mehr als 1 Aeg. Weinstein che-
misch zu binden vermag. Dieses Verhältniss wird durch
die Untersuchungen von Duflos, Soubeiran und zum
Theil durch diejenigen von Krug und Wittstein bestätigt.
6) Dieses Salz, welches also 1 Atom Kali, 1 Atom Bor-
säure und 1 Atom zweibasischer Weinsäure enthält, wird von
Beiträge zur Kenntniss der Borweinsäure ete. 45
Duflos als ein neutrales oder richtiger basisches Salz bezeich-
net, in dem 1 At. Metalloxyd durch 1 At. BO? vertreten ist.
N C5H 201° + BO®3HO — ar C>H*01°--4HO.
Die früher erwähnten Untersuchungen H. Rose’s legen
so unwiderlegbar die Voraussetzung der Existenz der Bor-
säure mit basischem Charakter als eine irrige dar, dass es
kaum noch weiterer Belege hiefür bedarf.
Krug*) nahm, um sich darüber zu vergewissern, eine
z
RK EB
Lösung von Brechweinstein (50 s} 008 , versetzte sie mit
Borsäure, brachte letztere durch Kochen in Lösung und behaup-
tete, als er sie beim Erkalten wieder herauskrystallisiren sah, dass
die Borsäure unmöglich die Rolle einer Base spielen könne.
Meiner Ansicht nach ist dieses Beispiel etwas unglück-
lich gewählt, denn angenommen, die Borsäure wäre im Stande,
in irgend einem Salze als Base zu fungiren, so wird sie doch
immerhin einen viel weniger basischen Charakter haben als
das Antimonoxyd, also letzteres nie aus seinen Verbindungen
ausscheiden können.
Denselben Versuch stellte ich in umgekehrter Weise an.
Eine concentrirte Lösung von Borsäureweinstein, den ich aus
1 Aeq. Weinstein und 1 Aeg. Borsäure bereitet hatte, und den
0
wir immerhin als BoO>[ 65H !010 betrachten können, wurde
y
mit frisch gefälltem Antimonoxyd versetzt und anhaltend
gekocht. Nach etwa zweistündigem Kochen war das Anti-
monoxyd zum grossen Theile gelöst, die klare Flüssigkeit
wurde von dem ungelösten Rückstande, der aus reinem Anti-
monoxyd bestand, getrennt und erkalten gelassen. Es schied
sich keine Borsäure ab, ebenso wenig konnte ich freie Bor-
säure in der Lösung nachweisen und beim Verdunsten der-
selben im Wasserbade sowohl als im Exsiccator erhielt ich
eine unkrystallinische, glasige Masse, welche zerrieben ein
weisses Pulver darstellte, dem mit Weingeist weder Weinsäure
*) Archiv der Pharm. 55, p. 17,
46 Beiträge zur Kgnntniss der Borweinsäure ete.
noch Borsäure entzogen werden konnten. Das Salz war in
Wasser leicht löslich, seine Lösung reagirte schwach sauer
und gab beim Behandeln mit Schwefelwasserstoff einen reich-
lichen Niederschlag von Schwefelantimon.
Wenn nun die Borsäure in dem Borsäureweinstein als
Basis enthalten wäre, so hätte doch das schon basische Salz
entweder kein Antimonoxyd chemisch binden oder doch min-
destens freie Borsäure dafür abscheiden müssen. Da aber
weder das Eine noch das Andere eingetreten war, so betrachte
ich diesen Versuch als einen sicheren Beweis dafür, dass die
Borsäure nicht als Base in den Verbindungen mit wein-
sauren Salzen enthalten ist, sondern in irgend einer andern
Beziehung zur Weinsäure steht.
7) 23,5 Grm. neutrales weinsaures Kali (1 Aeg.) wurden
mit 18,6 Grm. krystallisirter Borsäure (3 Aeg.) in Wasser
unter Kochen gelöst und darauf erkalten gelassen, worauf sich
etwas freie Borsäure abschied. Die abfiltrirte Flüssigkeit
wurde auf ein kleines Volumen verdunstet und mit der vier-
fachen Menge absoluten Alkohol versetzt, wobei sich ein
reichlicher pulverförmiger Niederschlag bildete, der wiederholt
mit Weingeist digerirt und auf diese Weise von aller anhängen-
den Borsäure befreit wurde. Der zum Fällen und Digeriren
verwendete Weingeist wurde bei mässiger Temperatur ver-
dunstet und die zurückbleibende Borsäure getrocknet. Das
Gewicht derselben betrug 5,5 Grm.; es war also nahezu der
dritte Theil der in Arbeit genommenen Borsäure wieder erhal-
ten worden und die Verbindung bestand aus 2 At. Kali, 2 At,
E er KON
Borsäure und 1 At. Weinsäure — KOf C3H401° + 2BO3,
Da nun aber die 2KO die Weinsäure vollkommen gesät-
tigt haben, so bleibt den ebenfalls chemisch gebundenen 2BO®
nur die Weinsäure, mit der sie in Action getreten sein kön-
nen und da, wie Versuch 6 erwiesen, die Borsäure nicht als
Base zu fungiren vermag, so ist die Annahme einer
gepaarten oder Doppelsäure, aus Weinsäure und
Borsäure bestehend, vollkommen gerechtfertigt.
Beiträge zur Kenntniss der Borweinsäure ete. 47
Krug und Wittstein nehmen Beide in ihren Arbeiten
über den Boraxweinstein eine eigenthümliche Doppelsäure, die
Borweinsäure, an. Keiner der beiden Herren giebt aber
ebenso wenig einen sichern Beleg für die Existenz, als eine
Vorstellung von der Constitution dieser Säure an.
8) Die Lösung des mit Borsäure gesättigten neutralen
{ 2, ROT
weinsauren Kalis xg [ C>H?010-+-2BO3 reagirt schwach sauer.
Diess brachte mich auf die Vermuthung, dass vielleicht eine
Verbindung der Borsäure mit Weinsäure als dreibasische
Säure existire und aus der Weinsäure, ähnlich der Essig-
schwefelsäure oder Bernsteinschwefelsäure, eine Säure mit
gepaartem Radikale entstanden sei.
Der Vorgang wäre analog dem der Bernsteinschwefel-
säure:
(202 I
CH #" { Z 0 \ 022H0 -+ S20® — 02H 3“! 620? 7 033H0 =
0202[ g204 ;
Bernsteinschwefelsäure.
Bei der Weinsäure müssten nun 2 Atome Borsäure mit
1 Atom zweibasischer Weinsäure in Action treten:
Ü2C 02
G+H404 J [02h 02,2HO + 2(BO3) oder (B206) —
| C202
C4H 3044 ] 0202} 03,3HO.
B20#
Dies würde die Formel einer dreibasischen Borweinsäure
sein, in der wir ein Radikal (B?0*) annehmen müssten.
Um Gewissheit über die Existenz einer solchen Verbin-
dung zu erlangen, löste ich 4,96 Grm. krystallisirter Bor-
säure, 6,0 Grm. krystallisirter Weinsäure und 8,28 Grm. rei-
nen kohlensauren Kalis—3(K0,C0 2?) + 2(BO3)-+ (C®H?010,2HO)
in wenig Wasser, kochte einige Stunden hindurch und liess
dann erkalten. Die Flüssigkeit reagirte stark alkalisch; sie
wurde ziemlich weit eingedampft und in den Exsiccator
gestellt. “Freies kohlensaures Kali krystallisirte zwar nicht
heraus, beim Uebergiessen des getrockneten glasartigen Rück-
48 Beiträge zur Kenntniss der Borweinsäure ete.
standes mit verdünnten Säuren entstand aber sofort ein so
lebhaftes Aufbrausen, dass es keinem Zweifel unterlag, ein
grosser Theil des kohlensauren Kalis sei noch nicht gesät-
tigt und die Hypothese einer dreibasischen Borweinsäure sei
eine falsche; die Basicität der Weinsäure wird also in ihren
Verbindungen mit der Borsäure nicht alterirt.
9) Um nun mit einiger Gewissheit entscheiden zu kön-
nen, welche Stelle die Borsäure in den Salzen der Wein-
säure einnehme, unterwarf ich die Verbindung:
= } CSH4010 ++ 2BO3
der Analyse.
Die directe Verbrennung der Substanz mit Kupferoxyd
gab mir Anfangs ungenaue Resultate, weil sich, wie ich bei
näherer Untersuchung erkannte, neben zweifach borsaurem Kali
mehr oder weniger kohlensaures Alkali gebildet hatte.
Um diesen Uebelstand zu beseitigen, nahm ich die Was-
ser- und Kohlenstoffbestimmungen in zwei Verbrennungen vor;
bestimmte das Wasser wie gewöhnlich in der einen und fand
in der zweiten den Kohlensäuregehalt durch Verbrennen mit
Kupferoxyd, dem ich etwa 5,0 Grm. krystallisirte Borsäure
zugesetzt hatte. Die Borsäure wasserfrei zu machen und dann
zu pulvern, hat seine Schwierigkeiten und giebt nie genaue
Resultate, weil die wasserfreie Borsäure leicht Feuchtigkeit
an der Luft anzieht, die Wasserstoffbestimmungen also stets
ungenau werden müssten. Die Kohlensäure in einer zweiten
Portion, ohne Rücksicht auf den Wassergehalt, zu bestimmen,
empfiehlt sich daher meiner Ansicht nach am meisten.
Durch vorsichtiges Verkohlen und Glühen des Rückstan-
des bis zum Schmelzen wurde die Menge der organischen Sub-
stanz bestimmt und in dem zurückbleibenden einfach borsauren
Kali der Gehalt an Alkali auf indirectem Wege gefunden,
weil die Borsäure eine directe Bestimmung unmöglich macht.
Das borsaure Kali wurde in Wasser gelöst und mit Salzsäure
im Ueberschuss versetzt, die Flüssigkeit eingedampft und zur
Verjagung der überschüssigen Salzsäure bei 100° anhaltend
getrocknet. Die zurückbleibende Salzmasse, bestehend aus Chlor-
Beiträge zur Kenntniss der Borweinsäure ete. 49
kalium und freier Borsäure wurde wieder in Wasser gelöst,
mit einigen Tropfen Salpetersäure, um eine Fällung von Bor-
säure zu verhindern, angesäuert und mit salpetersaurem Sil-
beroxyd gefällt. Aus dem erhaltenen Chlorsilber wurde das
Chlor berechnet und für dieses eine äquivalente Menge Ka-
lium in Anrechnung gebracht. Frühere nach dieser Methode
ausgeführte Analysen hatten mir bei der Bestimmung der
Alkalien und alkalischen Erden in borsauren Verbindungen
stets genaue Resultate gegeben.
10) Die Substanz wurde bei 120° bis zum constanten
Gewicht getrocknet und dann analysirt, es ergaben:
A. Wasserstoffbestimmung:
1) 1,029 Grm. Subst. — 0,088 Grm. HO — 0,0098 H — 0,95%, H.
2) 0,694 —0,0575 „ „ —0,0064 „—0,9 %,
3) 0,826 —=0,068 „ „ =0,0075 „—0,9 %,
rr) ”
” ”
B. Kohlenstoffbestimmung:
1) 0,961 Grm. Subst. — 0,596 Grm. C0?= 0,1625 C—=16,9 %, €.
25182. :,; „ =0,708 „ „ =0193 „—17,05%, ,
3),0,891 »: ,, »=0555 „io, —=01512,=170% ,
U. Kali- und Borsäurebestimmung.
1) 1,305 Grm. Subst. hinterliessen beim Glühen einen
Rückstand von 0,763 Grm. = 58,5%,, welcher nach der oben
angeführten Methode bestimmt, einen Gehalt von 0,4385 KÖ
ergab, so dass für die Borsäure noch 0,3245 Grm. verbleiben.
Dies Salz enthält demnach: 41,5°, organische Substanz,
33,6%, KO und 24,9%, BO®3.
2) 0,946 Grm. Subst. hinterliessen beim Glühen 0,556 Grm.
— 58,75%,. In diesen waren 0,319 Grm. Kali enthalten, so
dass der Borsäure noch 0,237 Grm. verbleiben. Die Verbin-
dung enthält demnach 33,7%, KO, 25,05%, BO® und 41,25%,
organische Substanz.
Arch, d. Pkarm. CXC. Bds, 1. u. 2, Hit, E)
N ee VE
une
50 Beiträge zur Kenntniss der Borweinsäure etc.
Die Zusammenstellung sämmtlicher Analysen ergiebt:
I II. II.
Kali 33,6 33,7 —
Borsäure 24,9 25,05 .—
Kohlenstoff 16,9 17,052 7100
Wasserstoff 0,95 0,9 0,9.
Rest für Sauerstoff 23,65 23,3 u
1005. 100.05
Aus dieser procentischen Zusammensetzung folgt für die
Verbindung die Formel: 2K0,2BO3,0°H?O®,
Und die Berechnung nach dieser Formel giebt:
KO=-33,8°/,, BO’—25,18%,,C—=17,2%/,,H—=0,8%,,0=23,02%,.
Es war also, wie die Analysen beweisen, das neutrale
weinsaure Kali beim Behandeln mit Borsäure nicht allein
wasserfrei geworden, es hatten sich aus der Weinsäure noch
2 Atom Wasser ausgeschieden, an deren Stelle 2 Atom Bor-
säure getreten waren. Die Borsäur& muss sich also in der
That mit der Weinsäure zu einer Doppelsäure, der „Bor-
weinsäure“ verbunden haben, und die Bildung des neutralen
borweinsauren Kali’s ist in der Weise erfolgt:
q c sy 208
= C8H 01° + 2(BO3,3H0) = 0 2(B08) + 8HO.
11) Ferner, eine Lösung des oben erwähnten mit Bor-
säure gesättigten Weinsteins Ho} CSH01° + 503) wurde so
lange mit einer Auflösung von kohlensaurem Kali versetzt,
als noch ein Aufbrausen erfolgte oder, was dasselbe ist,
1 Aeg. neutralen weinsauren Kali’s wurde 1 Aeg. Borsäure
zugefügt, die klare Lösung zur Trockne gebracht und mit
Weingeist behandelt; es konnte weder freie Borsäure noch
Weinsäure entzogen werden. Die Analyse dieses Salzes,
genau in der oben angegebenen Weise ausgeführt, ergab nach
dem Trocknen bei 120° einen Procentgehalt von:
Kali. Borsäure. Kohlenstoff. Wasserstoff. Bleibt für Sauerstoff.
a es ee 18,83 1,35 28,95
IN 37,2 13,7 18,9 1,3 28,9
Es ergiebt sich hieraus die Formel: 2KO,0®H0°,BO?, und
die nach dieser Formel berechnete proc. Zusammensetzung zeigt:
Beiträge zur Kenntniss der Borweinsäure etc. 51
KO=37,3, BO’= 13,9, C=19,1, H= 1,2, 0—=28,5 in 100.
In dieser Verbindung hatte also die Weinsäure 1 Atom
Wasser aufgenommen; der Vorgang bei der Bildung des
Salzes ist demnach:
KO O\ C3H309
= C®H?01° + BO3, 3HO —(ko) (805) + 4HO.
12) Ein mit Borsäure gesättigter Weinstein,
zo) C3H?010 + 503) eine Verbindung, die dem Borsäure-
weinstein, (Ureme de tartre soluble) entspricht, ebenfalls der
Analyse unterworfen, ergab einen Gehalt von:
Kali. Borsäure. Kohlenstoff. Wasserstoft. Bleibt für Sauerstoff,
1: 21,7 16,1 22,3 2,0 30.9 Om
1221,85. ;16,2 22,35 1.9 34,7 Ye:
Die hieraus abgeleitete Formel würde sein: KO,BO3,C8H 40 10
und die von Duflos aufgestellte Theorie von Aue 63H40 10
hätte ihre volle Berechtigung.
Allein, da wir in der vorhergehenden Analyse, Versuch II
ein Salz: En ns kennen gelernt, so müsste doch, ausser
den vielen schon früher angeführten Gründen, bei dieser Ver-
bindung das Kali die Borsäure ausgeschieden, frei gemacht
haben. Nichts berechtigt also dazu, der Borsäure in diesem
sauren Salze eine andere Stelle als in dem neutralen anzu-
weisen und die einzig richtige Formel des mit Borsäure voll-
kommen gesättigten Weinsteins ist:
'K ‘sy 309
2} C5H 401° + BO3,3HO —= EN “ (B08)) + 4HO.
Krug* und Wittstein,**) welche ebenfalls die
Existenz einer Borweinsäure annahmen, wollten neutrale und
saure Salze der Weinsäure mit 2 Aeq. Borsäure kennen.
Man kann allerdings 2 Aeq. Borsäure mit 1 Aeq. Wein-
stein durch Kochen in Lösung bringen und erhält beim Ver-
dunsten im Wässerbade eine glasige Masse, welche zerrieben,
weit weniger hygroscopisch ist, als die übrigen bisher bespro-
*) Archiv der Pharm., Jahrg. 1848, 2.
**) Buchner’s Repert., Bd. 106, p. 1.
4*
D2 Beiträge zur Kenntniss der Borweinsäure etc.
chenen Präparate. Behandelt man jedoch dieses Pulver mit
kaltem Wasser, so bleibt ein Theil der Borsäure entweder
ungelöst zurück, oder es lässt sich doch freie Borsäure in der
Lösung in Menge nachweisen und beim Fällen des Salzes
mit Weingeist erhält man eine Verbindung, welche nur 1 Aeg.
Borsäure auf 1 Aeg. Weinstein enthält. Wittstein sagt
selbst, dass er beim Behandeln dieses Präparates mit Wein-
geist demselben etwas freie Borsäure hätte entziehen können
und schreibt dies einer partiellen Zersetzung durch Weingeist
zu. Die Untersuchungen von Duflos,*) von Soubeiran
et Capitaine,**) die Resultate von H. Rose,***) nach
welchen auf Zusatz von 1 Aegq. zweibasischer Weinsäure zu
1 Aeq. Borax die grösste Menge Borsäure abgeschieden wird,
sowie der von mir angestellte Versuch 5,a beweisen ent-
schieden, dass 1 Aeg. eines sauren weinsauren Alkali’s nicht
mehr als 1 Aeg. Borsäure chemisch zu binden vermag.
Die durch obige Analysen gewonnenen Resultate lassen
nun 1) auf das Vorhandensein einer Doppelsäure, der Bor-
weinsäure, schliessen, welche in den sauren und neutralen
weinsauren Kalisalzen durch directes Zuführen der Borsäure
erhalten wird, die indessen nur in den Salzen existirt, denn
beim Behandeln der borweinsauren Salze mit stärkeren Säu-
ren im Ueberschuss, zerfällt sie sofort in Borsäure und Wein-
säure; sie beweisen uns aber 2) die Existenz zweier
Säuren, mit zwei und einem Atom Borsäure, von
denen die erste nur in neutralen, die zweite hingegen in neu-
tralen und sauren Salzen auftritt und beweisen 3) dass die
Aufnahme der Borsäure stets unter Abscheidung
von 1Lresp. 2Atomen Wasser geschieht.
Zur Unterscheidung dieser beiden Säuren möchte ich die
‘sH3
eine mit 1 Atom Borsäure EN a Monoborwein-
208
säure, die mit 2 Atom Borsäure ol 08 ) aber Dibor-
weinsäure nennen.
*) Schweigger’s Jahrbuch der Chemie und Physik, 1832.
#*) Journal de Pharm. Bd. XXV, p. 24.
###) Poggendorff’s Ann. Bd. 102,
”
Beiträge zur Kenntniss der Borweinsäure ete. 3
Man könnte dies Verhalten der Borsäure zur Weinsäure
als analog demjenigen bezeichnen, welches die Salpetersäure,
einige Alkohol- und Säureradicale (z. B. in der Acetylwein-
säure zuerst von Ballik*) dargestellt, der Aethyl- Acetyl-
weinsäure etc.) zeigen. In diesen Säuren wird 1 oder 2 Atom
Wasserstoff durch Untersalpetersäure, durch Alkohol- oder
Säureradicale vertreten und man könnte hiernach z. B. die
Diborweinsäure ähnlich der Dinitroweinsäure CSHXNO%)2 010
+ 2HO betrachten als CSH%(BO2)?2 01° 4 2HO, also als
eine Weinsäure, in der H durch ein Radical (BO2) vertre-
ten ist.
Es scheint mir eine derartige Hypothese jedoch wenig
zulässig, denn das Verhalten der Borweinsäure ist wesentlich
verschieden von dem der Nitroweimsäure; letztere zerlegt sich
schon bei 30° unter Entwickelung von salpetriger Säure,
Kohlensäure und Hinterlassung einer neuen Säure, der Tar-
tronsäure, die Untersalpetersäure ist also wirklich als solche
vorhanden. Die Salze der Borweinsäure können dagegen bis
gegen 200° ohne Zersetzung erwärmt werden; und dann ist
die Borsäure zu schwierig reducirbar, als dass man das Vor-
handensein von BO? annehmen könnte. Ich glaube daher das
Gesetz von der Bildung der Borweinsäure am richtigsten so
auszudrücken, dass in den borweinsauren Salzen
1 oder 2 Atom Borsäure an Stelle von einem,
resp. 2Atomen Wasser der Weinsäure treten.
15) Da es mir nun daran lag, zu sehen, ob alle Me-
talloxyde fähig wären, borweinsaure Salze zu bilden,'so habe
ich nachstehend noch analoge Verbindungen darzustellen ver-
sucht, von diesen jedoch nur die einer genaueren Analyse
unterworfen, welche mir dazu am geeignetsten schienen, mich
bei den übrigen aber begnügt, zu untersuchen, ob den Prä-
paraten durch Behandeln mit Wasser oder Weingeist entwe-
der freie Borsäure oder Weinsäure entzogen werden konnte.
*) Journal f. p. Chemie, Bd. 74, p. 26.
4, ln x
54 Beiträge zur Kenntniss der Borweinsäure ete.
CP
a) Saures monoborweinsaur. Natron pg (BO3)
sy 309
b) Neutrales monoborweins. Natron 20 ao
' O1 CSH203
c) Neutrales diborweinsaur. Natron nl aa
Die Natronsalze wurden wie die entsprechenden Kali-
salze bereitet und zeigten eben dasselbe Verhalten, es konnte
ihnen weder Weinsäure noch Borsäure entzogen werden und
aus ihren wässrigen Lösungen konnten sie sämmtlich mit
Weingeist als unkrystallinische Pulver gefällt werden.
.Ko ‘sQ 309
d) Monoborweinsaur. Natron-Kali a as
e) Diborweinsaures Natron-Kali N 2
wurden durch Versetzen des Seignettesalzes mit 1 und 2 Ato-
men Borsäure erhalten.
f) Monoborweinsaures Ammoniak-Kali. Eine Lö-
sung von saurem einfach borweinsauren Kali mit Ammoniak
im Ueberschuss versetzt, giebt beim Verdunsten eine glasar-
tige, leicht in Wasser lösliche Masse, welche mit Kali ver-
setzt Ammoniak entwickelt und deren Lösung schwach sauer
reagirt. Durch Weingeist wird das Salz aus seinen Lösun-
gen gefällt. Es würde der Formel: Here Tree ent-
sprechen,
Es geht aus diesem Verhalten der Alkalien hervor, dass
sie sämmtlich im Stande sind, borweinsaure Salze zu bilden,
welche in Wasser sehr leicht löslich, daraus aber nicht kry-
stallinisch erhalten werden können, in Weingeist aber fast
unlöslich sind. Erst durch anhaltendes Trocknen bei etwas
über 100° können diese Salze vollkommen wasserfrei erhal-
ten werden.
g) Monoborweinsaurer Baryt. Chlorbaryum bringt
in einer Lösung von borweinsaurem Kali sofort eine Fällung
hervor, ohne dass Borsäure ausgeschieden wird.
Eine concentrirte, erkaltete Lösung von neutralem monobor-
weinsauren Kali wurde so lange mit Chlorbaryumlösung ver-
Beiträge zur Kenntniss der Borweinsäure ete. 55
setzt, als letztere noch einen Niederschlag erzeugte. Dieser
wurde durch Decantiren getrennt und auf einem Filter mit
kaltem Wasser ausgewaschen. Weder in der decantirten
Flüssigkeit, noch im Waschwasser gelang es mir, Borsäure
nachzuweisen. Der pulverförmige Niederschlag wurde bei
100° getrocknet und dann 1,10 Grm. der Substanz im Platin-
tiegel geglüht. Diese verloren 0,445 Grm. = 40,5%, organ.
Substanz. Der Rückstand wurde in Salzsäure gelöst und
mit verdünnter Schwefelsäure gefällt, er gab 0,806 Grm.
schwefelsauren Baryt, welchem 0,509 Grm. — 46,3%, BaO
entsprechen.
we y9
Eine Verbindung ol ads enthältnach d. Berechnung:
BaO 46,4°/,, BO® 13,6%), org. Substanz
40,0%).
Gefunden wurden: BaO 46,3°%/,, BO 13,2°/,, org. Substanz
40,5%.
Es lässt sich bei der Differenz der Borsäure annehmen,
dass von ihr bei dem Glühen ein geringer Theil mit den
Wasserdämpfen verflüchtigt sei.
h) Diborweinsaurer Baryt. Eine erkaltete Lösung
von neutralem diborweinsauren Kali wurde so lange mit Chlor-
baryumlösung versetzt, als noch eine Fällung entstand. Die
Flüssigkeit enthielt keine Borsäure. Der Niederschlag auf
dem Filter gesammelt, kalt ausgewaschen und wie bei g analy-
sirt, ergab:
BaO = 45,4°/,,BO? —= 20,3°/,, organ. Subst. — 34,3%,,.
Nach der Formel: a 805): hätte die Verbindung
ergeben müssen:
BaO = 45,4°/,,BO®? — 20,3°/,, organ. Subst. — 34,0%,.
Die borweinsauren Barytsalze sind in Wasser unlöslich,
mit Weingeist lässt sich ihnen weder Borsäure noch Weinsäure
entziehen, sie werden durch heisses Wasser nicht zerlegt
und geben erst nach längerm Kochen eine geringe Abschei-
dung von Borsäure, sie zeigen auch unter dem Mikroskope
keine Spur von Krystallisation.
/
26 - Beiträge zur Kenntniss der Borweinsäure ete.
i) Borweinsaurer Kalk. Eine Lösung von borwein-
saurem Kali giebt beim Versetzen mit Chlorcalcium oder sal-
petersaurem Kalk keinen Niederschlag, gleichviel, ob das Kali-
oder das Kalksalz vorwaltet. Die Flüssigkeiten enthalten keine
‘ freie Borsäure. Nach längerem Stehen scheidet sich ein flocki-
ger Niederschlag ab, der aus weinsaurem oder vielleicht meta-
weinsaurem Kalk besteht und keine Borsäure enthält; schnel-
ler erfolgt dieser Niederschlag durch Kochen der Lösung.
Wird dieselbe mit Weingeist gefällt, so erhält man sowohl
Chlorkalium als weinsauren Kalk mit Borsäure im Nieder-
schlage. Dasselbe Resultat erhielt ich bei der Anwendung
von Aetzkalklösung. Eine Auflösung von Borsäure in Wein-
säure giebt auf Zusatz von Kalkwasser oder kohlensaurem
Kalk sofort einen Niederschlag von weinsaurem Kalk, während
Weingeist in der decantirten Flüssigkeit eine Fällung von
isoweinsaurem Kalk, der keine Borsäure enthält, hervor bringt.
Krug*) wollte auf letztere Weise eine sich leicht zersetzende
Lösung von borweinsaurem Kalk erhalten haben. Die Existenz
eines borweinsauren Kalksalzes, welches in Kali- und Kalksal-
zen leicht löslich und daher schwer zu isoliren ist, direct aber
nicht erhalten werden kann, ist mir am wahrscheinlichsten.
Vielleicht, dass weitere Versuche, die ich in dieser Richtung
vorzunehmen gedenke, besseren Erfolg haben.
k) Borweinsauren Kali-Barytundborweins. Kali-
Kalk habe ich durch Behandeln einer Lösung von saurem
borweins. Kali mit den entsprechenden kohlensauren Salzen
erhalten; beide sind in Wasser löslich, zersetzen sich aber
bald unter Abscheidung von weinsaurem Baryt und weinsau-
rem Kalk.
I) BorweinsauresKupferoxyd. Neutraies borwein-
saures Kali mit schwefelsaurem Kupferoxyd versetzt, giebt
keinen Niederschlag, die Flüssigkeit reagirt jedoch sauer und
enthält freie Borsäure. Nach längerem Stehen scheidet sich
ein weissblaues Pulver ab, welches nach dem Auswaschen
mit kaltem Wasser, Kupferoxyd und Weinsäure, aber keine
*) Archiv der Pharm, 1848, 2, p. 20.
a er nl a IN Br u
re i 5 E
Beiträge zur Kenntniss der Borweinsäure etc. 57
Borsäure enthält. Krug*) will auf diese Weise ein borwein-
saures Kupferoxyd erhalten haben, welches als meergrünes Salz
Spuren von Krystallisation zeigte. (Indessen glaube ich auf
diese Angaben Krug’s nicht zu viel Gewicht legen zu dürfen,
da er selbst erklärt, dass Mangel an Zeit und den nöthigen
Hülfsmitteln ihn verhindert hätten, die Versuche mit der
gewünschten Genauigkeit auszuführen.)
Frisch gefälltes Kupferoxyd in eine Lösung von Bor-
säure mit Weinsäure eingetragen, löste sich anfangs bei
mässigem Erwärmen mit Leichtigkeit auf, so lange die
Flüssigkeit noch_stark sauer reagirte. Sobald aber die Lö-
sung nahe an der Neutralisation war, schied sich ein weiss-
grünes Pulver ab, welches aus weinsaurem Kupferoxyd ohne
Borsäure bestand, während sämmtliche Borsäure in der über-
stehenden Flüssigkeit enthalten war. Dies beweist doch nur,
dass das weinsaure Kupferoxyd in überschüssiger Weinsäure
löslich ist, ein borweinsaures Kupferoxyd aber nicht existirt.
m) Borweinsaures Bleioxyd. Eine Lösung von
diborweinsaurem Kali giebt mit salpetersaurem Bleioxyd ver-
setzt einen voluminösen weissen Niederschlag. Dieser wurde
durch Decantiren von der Flüssigkeit getrennt, auf dem Fil-
ter kalt ausgewaschen, zwischen Fliesspapier abgepresst und
bei 100° getrocknet. Die decantirte Flüssigkeit sowohl als
das Waschwasser enthielten freie Borsäure.
1,642 Grm. des getrockneten Salzes der Analyse unter-
worfen, ergaben:
PbO = 60,6°/,, BO?=6,9°%/,, org. Substanz—=32,5%),.
Eine Verbindung von der Zusammensetzung 2 ee
müsste enthalten:
PbO = 54,8°%/,, BO? = 17,2%/,, org. Substanz = 28,0%,.
Die geringe Menge Borsäure, welche die Analyse des
Salzes ergab, beweist zur Genüge, dass sich die Verbindung
zersetzt hatte, oder vielmehr keine Borsäure chemisch gebun-
den hielt, denn es unterliegt keinem Zweifel, dass letztere
*) Archiv der Pharm, 1848, Bd. 2, p. 28,
58 Beiträge zur Kenntniss der Borweinsäure ete.
durch fortgesetztes Auswaschen vollständig hätte entfernt
werden können.
n) Borweinsaures Silberoxyd. Eine erkaltete Auflö-
sung von diborweinsaurem Kali mit salpetersaurem Silber-
oxyd versetzt, giebt sofort einen reichlichen weissen Nieder-
schlag, der durch Decantiren von der Flüssigkeit getrennt
und bei abgehaltenem Lichte, da er anfing sich rothbraun zu
färben, auf dem Filter schnell mit kaltem Wasser ausge-
waschen und zwischen Fliesspapier abgepresst wurde. Die
Flüssigkeit enthielt freie Borsäure.
1,254 Grm. der bei mässiger Wärme getrockneten Sub-
stanz verloren beim Glühen 0,496 Grm. Der Rückstand bestand
aus metallischem Silber und Borsäure. Beide wurden in ver-
dünnter Salpetersäure gelöst und mit Salzsäure gefällt; das
erhaltene Chlorsilber betrug 0,950 Grm., welchen 0,715 Grm.
Ag oder 0,786 Grm. — 61,2%, AgO entsprechen. Für die
Borsäure bleiben nach Abzug der 0,715 Grm. Ag. noch
0,043 Grm. = 3,5%), BO3. Die Verbindung enthielt demnach:
Ag0O = 61,2%),, BO? — 3,5%), org. Substanz 35,3%.
sH 208
Ein Salz von der Zusammensetzung en 2 Bias
müsste aber enthalten:
AgO = 55,8°%,, BO? = 16,8°/,, org. Substanz = 27,4%,.
Auch hier ist der Borsäuregehalt viel zu niedrig und
das Salz kann nur als weinsaures Silberoxyd, dem etwas Bor-
säure mechanisch beigemengt ist, betrachtet werden.
0) Die eigenthümliche Uebereinstimmung, welche das Thal-
lium in einigen Verbindungen z. B. dem Thalliumchlorür mit dem
entsprechenden Bleisalze, in andern aber, z. B. dem Thallium-
oxydul mit dem Kali zeigt, veranlasste mich, Versuche damit
anzustellen. Das saure weinsaure Thalliumoxydul ist in Was-
ser schwer, das neutrale Salz dagegen leicht löslich, wie
Carstanjen*) gezeigt hat; diese Salze verhalten sich also
genau wie die weinsauren Kalisalze und ich führte die Ver-
suche analog dem bei Kali angewandten Verfahren aus.
*) Journ. f. p. Chemie, Bd. 102, p. 140,
Wo, Fee
- Ri,
FE
Beiträge zur Kenntniss der Borweinsäure etc. 59
Eine Lösung von 2 Aeg. Borsäure und 1 Aeq. Wein-
säure wurde so lange mit einer Auflösung von Thalliumoxydul,
das mir von Herrn Geheimrath Erdmann bereitwilligst über-
lassen war, versetzt, als die Flüssigkeit noch sauer reagirte.
Die Lösung enthielt keine freie Borsäure, zersetzte sich beim
Kochen nicht und gab beim Behandeln mit Weingeist einen
unkrystallinischen Niederschlag, welcher Thallion, Borsäure
und Weinsäure enthielt. Die Lösung lieferte beim Verdunsten
sowohl im Wasserbade als im Exsiccator eine glasige Masse,
der ich mit Weingeist keine Borsäure entziehen konnte. Einer
Analyse habe ich das leicht im Wasser lösliche Salz nicht -
unterworfen, glaube ihm aber nach dem chemischen Verhalten
die Zusammensetzung des neutralen diborweinsauren Thallium-
oxyduls zuschreiben zu können,
14) Schliesslich versuchte ich noch, den Aether der
Borweinsäure darzustellen. 2 Aeg. Borsäure wurden mit
1 Aeq. Weinsäure in der nöthigen Menge absoluten Alko-
hol gelöst und in diese mässig erwärmte Lösung so lange
trockenes Salzsäuregas geleitet, als letzteres noch absorbirt
wurde Zur Entfernung der Salzsäure wurde die Lösung
mit Bleioxyd geschüttelt und dann durch Destillation bei 30°
von dem beigemischten Chloräthyl befreit. Der Rückstand
bildete eine gelbgefärbte, angenehm ätherisch riechende Flüs-
sigkeit von ziemlich hohem specifischen Gewicht.
Ein Theil derselben wurde mit ihrem gleichen Volumen
Wasser vermischt, wodurch eine klare Lösung entstand, als-
dann das doppelte Volumen Aether zugesetzt, geschüttelt und
der abgeschiedene Aether abgehoben. In diesem war nur
sehr wenig Weinsäure und Borsäure nachzuweisen und die
Destillation bei 25° gab einen ganz unbedeutenden Rückstand.
Eine zweite Portion wurde bei vorsichtig gesteigerter
Temperatur der Destillation unterworfen; bei constant 80°
ging der grösste Theil derselben als eine wasserhelle, leicht
bewegliche Flüssigkeit über, welche mit intensiv grüner
Flamme brannte, keine Weinsäure enthielt und sicher reiner
Borsäureäther war. Der gelbgefärbte Rückstand in der Re-
torte hatte einen eigenthümlichen Geruch und gab beim
60 Beiträge zur Kenntniss der Borweinsäure ete.
Behandeln mit Wasser und Aether einen Weinsäureäther,
welcher nur Spuren von Borsäure enthielt.
Ein dritter Theil der Flüssigkeit gab beim Verdunsten
bei 30— 40° einen gelben syrupartigen Rückstand, welcher
im Exsiccator bald warzenförmige Krystalle ausschied. Diese,
zwischen Fliesspapier abgepresst, enthielten Borsäure, Wein-
säure und brannten mit leuchtender grüner Flamme.
Ueber die Existenz eines Borweinsäureäthers wage
ich jetzt noch nicht zu entscheiden; es ist wahrscheinlich,
dass derselbe existirt, möglich aber auch, dass er nur ein
Gemenge von Weinsäureäther mit Borsäureäther ist. Jeden-
falls hoffe ich, dass weitere Versuche, die ich darüber anzu-
stellen gedenke, näheren Aufschluss geben werden.
Borsäureweinstein.
(Creme de tartre soluble.)
Dieses schon mehrfach erwähnte officinelle Präparat der
französischen Pharmacopöe ist, wie die Untersuchungen von
Duflos, Soubeiran, Krug und Wittstein, sowie meine
oben angeführten Versuche (5 A und B) beweisen, eine gesät-
tigte Verbindung von 1 Aeg. Weinstein und 1 Aeg. Bor-
säure.
Duflos, Soubeiran und viele Lehrbücher betrachten
denselben als a C°H?0!°%. Dass eine Verbindung der
Borsäure mit basischen Eigenschaften nicht existirt, haben
H. Rose, Wittstein und meine Versuche (6.) hinläng-
lich dargethan. Krug und Wittstein, welche Beide eine
Borweinsäure voraussetzten, stellten nun die Gleichung auf:
2 heran cs:010) + 2(B033H0) =
KO, (2 BO3,C5H 201%) + KO,C8H 01°,
Beide betrachten das zweite Glied der Verbindung
KO,08H 201% als wasserfrei, als tartral- oder isoweinsaures
Kali, und da in der That nach Versuch 4. die Borsäure Wein-
säure in die isomere Isoweinsäure umzuwandeln vermag, so
lässt sich gegen diese Betrachtungsweise nichts einwenden.
: Beiträge zur Kenntniss der Borweinsäure ete. 61
Dagegen kann das erste Glied KO, (2 BO3,C®H 01°) unmög-
lich als wasserfreies saures diborweinsaures Kali angesehen
werden, denn 1. ist die Diborweinsäure zweibasisch und ver-
mag 2. nur neutrale Salze zu bilden. Es müsste demnach
der Verbindung mit Weingeist Borsäure entzogen werden
können. Dies geschieht aber nicht, sondern es werden nach
zwölfstündigem Behandeln nur Spuren von Kali, Borsäure und
Weinsäure von demselben aufgelöst, ein Beweis, dass das
Salz nicht absolut unlöslich in Weingeist ist. Aber auch das
zweite Glied könnte nicht wohl als isoweinsaures Kali existi-
ren, denn die Lösungen des isoweinsauren Kali’s scheiden
beim Stehen nach einiger Zeit saures metaweinsaures Kali
ab. Die Lösung des Borsäureweinsteins geht aber eher in
vollständige Zersetzung über, als dass sich ein Kalisalz aus-
scheidet,
Die Versuche 11. und 12. haben gezeigt, dass die Wein-
säure bei Gegenwart von Alkali 1 Atom Borsäure aufzuneh-
men und dafür 1 Atom Wasser auszuscheiden vermag. Diese
Säure, welche ich Monoborweinsäure genannt habe, ist
im Stande, zwei Reihen von Salzen, saure und neutrale zu
bilden. Es lässt sich hieraus die Constitution des Borsäure-
weinsteins mit Leichtigkeit ableiten.
KO] KO ].-C2H202
Dem yo} CO + BO33H0 = (10) 205)
+ 4HO.
Der Borsäureweinstein ist also „saures monobor-
weinsaures Kali.“
Wird die Lösung dieses Salzes mit neutralem weinsauren
Kali versetzt, so erfolgt unter Bildung des neutralen bor-
weinsauren Salzes eine Fällung von Weinstein. Die ausge-
schiedene Menge entspricht aber nicht genau der durch Rech-
nung gefundenen und dies erklärt sich leicht dadurch, dass
der Borsäureweinstein einen Theil des Weinsteins in iso-
weinsaures Kali umwandelt, dessen Fällung als saures meta-
weinsaures Kali erst nach einiger Zeit und partiell erfolgt.
>»
62 Beiträge zur Kenntniss der Borweinsäure etc.
Der Borsäureweinstein bildet gut ausgetrocknet und zer-
rieben ein leicht lösliches weisses Pulver, welches an der
Luft Feuchtigkeit anzieht, ohne aber zu zerfliessen.
Boraxweinstein.
(Tartarus boraxatus oder Kali tartaricum boraxatum Ph. Germ.)
Es ist zunächst nöthig, den Gehalt eines mit Weinstein
vollständig gesättigten Präparates zu ermitteln, d. h. zu bestim-
men, wie viel Weinstein 1 Aeq. Borax chemisch zu binden
vermag, da hierüber noch die grössten Meinungsverschieden-
heiten herrschen.
Duflos betrachtet den Boraxweinstein zusammengesetzt
aus 1 Aey. Borax und 3 Aeg. Weinstein, nach der Eingangs
dieser Arbeit erwähnten Formel als:
2 (Bos} 0°H4020) + 1.0} CH°O10
Das erste Glied entspricht, wenigstens seinen Bestand-
theilen nach, dem Borsäureweinstein. Existirt daher ein solches
Doppelsalz, so muss es sich doch nothwendiger Weise auch
direct aus 2 Aeq. Borsäureweinstein und 1 Aeg. Seignettesalz
darstellen lassen.
21,4 Grm. Borsäureweinstein (2 Aeq.) und 9,4 Grm. Seig-
nettesalz (1 Aeq.) wurden jedes für sich in möglichst wenig
Wasser gelöst, die erkalteten Lösungen filtrirt und mit ein-
ander vermischt. Nach 24stündigem Stehen hatte sich ein
nicht unbeträchtlicher Bodensatz gebildet; die überstehende
Flüssigkeit wurde decantirt und im Wasserbade zur Hälfte
eingedampft, nach mehrtägigem Stehen hatte sich am-Boden
eine krystallinische Kruste abgeschieden. Die abfiltrirte Lö-
sung wurde dann von Neuem zum Theil verdunstet, zur
Abscheidung bei Seite gestellt und dieses so lange fortge-
setzt, als noch eine Abscheidung erfolgte. Schliesslich wurde
die Lösung zur Syrupdicke eingedampft und nach dem
Erkalten mit dem gleichen Volumen kalten Wassers ange-
rührt. Sofort entstand eine milchige Trübung und nach eini-
gen Stunden hatte sich ein pulverförmiger Niederschlag gebil-
det. Sämmtliche Niederschläge wurden auf einem gewoge-
" Beiträge zur Kenntniss der Borweinsäure etc. 63
nen Filter vereinigt, mit kaltem Wasser ausgewaschen und
bei 100° getrocknet. Ihr Gewicht betrug 4,373 Grm., und sie
bestanden aus reinem sauren weinsauren Kali. In dem zwei-
ten Gliede des Duflos’schen Boraxweinsteins, den 9,4 Grm.
Seignettesalz, sind 1,6 Grm. Kali und 4,4 Grm. Weinsäure
enthalten, welche zusammen 6,0 Grm. Weinstein bilden, aus-
geschieden wurden aber nur 4,373 Grm., also nahezu °/, von
1 Aeg. Weinstein.
64,2 Borsäureweinstein (2 Aeq.) und 28,2 Grm. Seignet-
tesalz (1 Aegq.) genau in der oben angegebenen Weise behan-
delt gaben einen Niederschlag von 14,912 Grm. Weinstein.
In 28,2 Grm. Seignettesalz sind enthalten 24,29 Grm. KO und
13,2 Grm. wasserfreie Weinsäure, welche im Stande sind, mit
0,84 Wasser 18,33 Grm. (1 Aeq.) Weinstein zu bilden, von die-
sen waren 14,912 Grm., also etwa °/, abgeschieden worden.
Bei der Wichtigkeit, welche die Feststellung einer voll-
kommen gesättigten Verbindung hat, wiederholte ich den
Versuch noch öfter, aber immer mit gleichem Erfolge. Es
gelang mir nie, den dritten Theil des Kalis als Weinstein,
KO
also 1 Aecg. 2 C®H 101° vollkommen abzuscheiden, die Menge
betrug stets nur *, bis ”/, eines Mischungsgewichts.
Zur endgiltigen Entscheidung der Sättigungscapaeität
des Borax wurden 19,1 Grm. (1 Aeq.) zweifach borsauren
Natrons und 56,4 Grm. (3 Aeq.) Weinstein mit 300 CC. Was-
ser mehre Stunden hindurch gekocht, alsdann, da der Wein-
‘stein zum Theil noch nicht gelöst war, so viel Wasser zuge-
fügt, um eine klare Lösung zu erzielen. Das Ganze wurde
darauf noch einige Stunden gekocht und dann in die Kälte
gestellt. Nach zwei Tagen hatte sich ein ganz beträchtlicher
Niederschlag gebildet. Die Flüssigkeit wurde nun wie oben
partiell eingedampft und absetzen gelassen, der syrupartige
Rückstand alsdann fast zur Trockne gebracht und erkalten
gelassen. Dieser wurde dann mit 150 CC. kalten Wassers in
Lösung gebracht und acht Tage bei Seite gestellt, es hatte
sich von Neuem ein, wenn auch geringerer Bodensatz gebil-
det. Sämmtliche Niederschläge wurden auf einem Filter
64 Beiträge zur Kenntniss der Borweinsäure etc. =
gesammelt, kalt ausgewaschen und bei 100° getrocknet. Das
Gewicht betrug 16,5 Grm. Von dem dritten Theile des in
Arbeit genommenen Weinsteins = 18,8 Grm. waren also
16,5 Grm. ausgeschieden worden. Die fehlenden 2,3 Grm.
kann man wenigstens zum "Theil in den 180 CC. Flüssigkeit
gelöst betrachten, um so mehr, als sich bei noch längerem
Stehen derselben wiederum Spuren eimer Fällung zeigten,
und es lässt sich ohne Fehler annehmen, dass 1 Aeq. Wein-
stein ausgeschieden wurde, und 1 Aeq. Borax nicht mehr als
2 Aeqg. Weinstein chemisch gebunden enthält.
Zur weiteren Operation stellte ich mir nun einen Bo-
raxweinstein aus 1 Aeg. Borax und 2 Aeg. Weinstem dar,
dessen Lösung selbst nach wochenlangem Stehen nichts
absetzte.
Wackenroder hat, wie schon früher erwähnt, für den
Boraxweinstein das Verhältniss von 2 Aeg. Borax zu 5 Aecg.
Weinstein aufgestellt und daraus die in der Einleitung bespro-
chene Constitution abgeleitet, in welcher complicirten Formel
er der Borsäure einen basischen Character zuschreibt. Abge-
sehen von dieser irrigen Annahme, genügt schon die Diffe-
renz in dem Mischungsverhältnisse, um von einem weiteren
Eingehen auf dessen Theorie abzusehen. Man kann allerdings
durch vermehrten Wasserzusatz noch mehr Weinstein im Lö-
sung bringen, der wahrscheinlich in isoweinsaures Kali umge-
wandelt wird; beim Eindampfen erhält man ihn aber fast
vollständig wieder.
Krug und Wittstein hatten dasselbe Verhältniss von
1:2 aufgestellt und dem Boraxweinstein nach der Gleichung:
01
Na0,2B03,10H0 + 2 (mol cs.) ai
(Na0,2BO3,0°H 201°) + N C3H2019 entstehen lassen.
Ko}
Ich habe gegen diese Constitution dasselbe wie beim
Borsäureweinstein einzuwenden. Ein wasserfreies saures dibor-
weinsaures Natron existirt nicht, wäre solches in der Ver-
bindung vorhanden, so müsste derselben durch Behandeln mit
Weingeist Borsäure entzogen werden können; nach sechs-
Beiträge zur Kenntniss der Borweinsäure ete. 65
stündiger Digestion mit Weingeist hatte das Präparat aber
nur unwägbare Mengen von Kali, Natron, Borsäure und Wein-
säure an denselben abgegeben. Zweitens ist doch die Bor-
weinsäure sicher eine stärkere Säure als die Weinsäure und
würde dem neutralen weinsauren Kali gewiss die Hälfte sei-
nes Kali’s entziehen, um ein neutrales Salz zu bilden.
Zur Analyse wurde das Salz sehr fein zerrieben und bei
120° mehre Tage hindurch bis zum constanten Gewicht
getrocknet.
a) Wasserstoffbestimmung.
1) 1,231 Grm. Subst. mit Kupferoxyd im Sauerstoffstrome
verbrannt, gaben 0,188 HO — 0,0209 H = 1,6°%, H
2) 1,163 Grm. Subst. gaben 0,167 Grm. HO = 0,0186 Grm.
H= 1,7%
b) Kohlenstoffbestimmung.
Die Verbrennung wurde auch hier, wie schon früher,
um die Bildung von kohlensaurem Alkali zu verhindern, mit
Kupferoxyd, dem etwas Borsäure zugesetzt war, ausgeführt.
1) 1,346 Grm. Subst. gaben 1,045 CO? — 0,285 Grm. C
oder 21,16°),.
2) 0,972 Grm. Subst. gaben 0,756 CO? 0,2061 Grm. C
= 21,2%).
Zur Bestimmung der Menge organischer Substanz wurde
das Salz im Tiegel vorsichtig geglüht und gegen Ende der
Operation zur Vertreibung der Kohlensäure eine gewogene
Menge wasserfreier Borsäure zugesetzt. Es verloren dabei:
1) 2,471 Grm. des Salzes = 57,1°/, organ. Substanz.
2) 2,105 ,„ 4 ee dr
Die Verbindung enthält also im Mittel 1,65%, H, 21, 18%/,C
und 57,0°/, organische Substanz, so dass für den Sauerstoff
34,17%, übrig bleiben.
Das im Platintiegel zurückgebliebene Salz, dessen Menge
43°, beträgt, besteht aus Kali, Natron und Borsäure und
zwar ergiebt sich aus den in Arbeit genommenen Materialien
das Verhältniss von 2 Atom Kali, 2 At. Borsäure und 1 At.
Natron von selbst, eine Analyse ist also nicht erforderlich.
In diesen 43%, sind nach der Berechnung enthalten: Kali
Arch. d. Pharm, CXC. Bds. 1. u. 2. Hft. 5
66 Beiträge zur Kenntniss der Borweinsäure ete.
20,7°/,, Natron 6,8°/,, Borsäure 15,5%, und der Boraxweinstein
besteht aus:
KO — 20,7%, NaO — 6,8%, , BO® — 15,5%), C = 21,18%, H
— 1,65%, © — 34,17%.
Nach dieser procentischen Zusammensetzung enthält das
Salz: 2KO, NaO, 2 BO3, C16, H?, 019,
Es lassen sich nach dem früher gezeigten Verhalten der
beiden bekannten Borweinsäuren verschiedene Formeln für den
Boraxweinstein aufstellen.
KO ı C5H208 ' KO\„
1) or (BOS)2 7 Ho! C5H 4010 oder
‘spf208
2) Ko} moye + mo | OHrOR
Namentlich diese letztere Betrachtungsweise gewinnt an
Wahrscheinlichkeit, wenn man die leichtere Löslichkeit des
sauren weinsauren Natrons in Betracht zieht; indessen habe
ich ein Salz, in dem das Natron durch Kali ersetzt war, dar-
gestellt und gefunden, dass die Löslichkeit der Verbindung
in keiner Weise alterirt war. Die zweite Gruppe könnte nun
ferner aus neutralem isoweinsauren Alkali bestehen, wäre dies
aber der Fall, so müsste doch bei längerem Stehen der Lö-
sung wenigstens ein Theil als saures metaweinsaures Kali
oder Natron niederfallen; da dies aber nicht der Fall ist, so .
glaube ich die Anwesenheit von isoweinsaurem Alkali und
die Zulässigkeit obiger beiden Formeln verneinen zu müssen,
Nach den Versuchen 11 und 12 ist die Monoborwein-
säure fähig, neutrale und saure Salze zu bilden; versuchen
wir, dies auf den Boraxweinstein anzuwenden, so erhalten wir:
2KO + NaO + 2BO° + C16H’02 —
KO) 'C2H 027 Na017C02H 20?
KO) (BON Ho I Bon oder
9) KO \ 05H209 nn u C3H 30°
NaOf (BO3) HOJ (BO?)
Beide Formeln sind gleichberechtigt, doch würde ich der
letzteren den Vorzug geben, weil anzunehmen ist, dass das
Beiträge zur Kenntniss der Borweinsäure ete. 67
Kali als stärkere Basis eher ein saures Salz gebildet hat, als
das Natron. Beide Gruppen dieses Doppelsalzes lassen sich
getrennt darstellen, die erste ist monoborweinsäaures
Kali-Natron, die zweite aber saures monoborwein-
saures Kali, der schon häufig erwähnte Borsäureweinstein.
Der Vorgang bei der Bildung des Boraxweinsteins ist
nach dieser Theorie folgender:
Na0, 2BO>, 10H0 + 2 et CSH4010 —
KO ı CH30° , KO) CSHSO®
Neo} (BOS) + 401 (BOS) 7 13HO
Das Natron giebt seine 2 Atome Borsäure an je 1 Atom
Weinstein ab und tritt selbst mit einem Atom Weinstein zu
einem nentralen Salze zusammen, welches mit dem sauren
Kalisalze ein Doppelsalz bildet.
Es hat diese Betrachtungsweise vor allen übrigen nicht
nur den Vorzug der grössten Einfachheit, sie hat auch die
meiste Wahrscheinlichkeit für sich, denn es werden alle Erschei-
nungen durch sie erklärt.
Wird die Lösung des Boraxweinsteins mit Mineralsäuren
versetzt, so entsteht keine Fällung, weil von dem ersten
Gliede der Verbindung, dem neutralen Salze, die Hälfte des
Alkali’s mit der Säure ‘ein lösliches Salz bildet und ebenfalls
leicht lösliches und beständiges saures borweinsaures Alkali
zurücklässt, während der zweite Theil, das saure Salz, gar nicht
alterirt wird. Erst bei vermehrtem Säurezusatz entsteht unter
vollständiger Zersetzung eine Abscheidung von Borsäure und
Weinstein. Auf Zusatz von Weinsäure muss aber aus dem-
selben Grunde schwer lösliches, saures weinsaures Alkali
gefällt werden. Neutrales weinsaures Kali bringt in einer
Lösung von Boraxweinstein nach einiger Zeit eine Fällung
von Weinstein hervor, weil das zweite Glied des Doppelsalzes:
ii e. dem neutralen weinsauren Salze die Hälfte sei-
nes Kali’s entzieht. Dieser Niederschlag ist natürlich nicht
so beträchtlich als beim Borsäureweinstein, denn der Borax-
54
68 Beiträge zur Kenntniss der Borweinsäure ete.
weinstein besteht nur etwa zur Hälfte aus saurem borwein-
sauren Kali.
Als letzten wichtigen Beweis für die Richtigkeit dieser
Betrachtungsweise will ich noch hinzufügen, dass nach der
von mir aufgestellten Formel die gesättigte Verbindung von
1 Aeg. Borax mit 2 Aeq. Weinstein vollkommen erklärt wird;
ein anderes Verhältniss ist unzulässig, denn wenn man auch
durch vermehrten Wasserzusatz noch mehr Weinstein zu lösen
vermag, so wird derselbe bei weiterer Behandlung doch wie-
der vollständig ausgeschieden.
Die aus vorstehenden Versuchen gewonnenen Resultate
führen zu folgenden Schlüssen:
1) Eine directe Verbindung oder Vereinigung der Borsäure
mit der Weinsäure findet nicht statt, wohl aber wird letztere
durch die Einwirkung von Borsäure in die isomere einbasische
Isoweinsäure umgewandelt.
2) Die Annahme Duflos’, dass die Borsäure in ihren
Verbindungen mit den weinsauren Salzen als Base auftrete,
ist eine irrige; die Borsäure trägt in diesen Salzen nicht den
Character einer Base, sondern ist mit der Weinsäure zu einer
Doppelsäure, der Borweinsäure vereinigt. Diese Bor-
weinsäure ist jedoch nur in ihren Salzen bekannt
und lässt sich nicht isoliren.
3) Die Borweinsäure entsteht bei der Einwirkung
der Borsäure auf weinsaure Alkalien, wobei 1 oder 2 Aeg.
HO der Weinsäure durch 1 resp. 2 Aeq. BO3, unter Bildung von
Monoborweinsäure und Diborweinsäure, substituirt
werden. Die Monoborweinsäure vermag neutrale und saure
Salze, die Diborweinsäure dagegen nur neutrale Salze zu
bilden.
4) Die Alkalien haben in hohem Grade die Eigenschaft,
leicht lösliche borweinsaure Verbindungen einzu-
gehen, die alkalischen Erden bilden schwerlösliche oder unlös-
liche Salze und den schweren Metallen scheint die Fähig-
keit, sich mit der Borweinsäure zu vereinigen, gänzlich zu
fehlen,
Ueber das Sennepikrin. 69
5) Der Borsäureweinstein ist eine gesättigte Ver-
bindung von 1 Aeq. Borsäure mit 1 Aeq. Weinstein. Es ist
saures monoborweinsaures Kali =
KO\ C®H30°
HOf BO3
6) Der Boraxweinstein ist eine gesättigte Verbindung
von 1 Aeg. Borax mit 2 Aeg. Weinstein. Er besteht aus
einem Doppelsalzee von monoborweinsaurem Kali-
Natron mit saurem monoborweinsaurenKali, wel-
KOISOEH2035,.KORR CIE 03 :
chem die Formel: ach 203% or g Bos entspricht.
Dieser erste bekannte Fall von der Substitution des
HO in organischen Säuren durch Borsäure macht es wahr-
scheinlich, dass andere organische Säuren, namentlich die der
Weinsäure so nahestehenden Aepfelsäure und Bernsteinsäure,
ein ähnliches Verhalten zeigen. Die Resultate von Ver-
suchen, die ich darüber anzustellen gedenke, werde ich mir
erlauben, später mitzutheilen.
Ueber das Sennepikrin;
vor H. Ludwig und R. Stütz in Jena.
Bereits im Sommer 1864 berichteten wir über diesen
Bestandtheil der alexandrinischen Sennesblätter (Archiv der
Pharmacie Juli— Augustheft 1864. II. R. Bd. 119. 8. 42),
doch konnten wir damals bloss qualitative Versuche mittheilen,
welche mit demselben ausgeführt wurden, da die geringe
Menge, die davon erhalten worden war, keine eingehenderen
Untersuchungen damit zulies. In Folgendem theilen wir
nun die Resultate mit, welche weitere, im Winter 1867/68
damit ausgeführte Versuche ergeben haben.
Zuerst sei nochmals kurz die Darstellung des Bitter-
stoffes erwähnt, welche im Sommer 1867 von R. Stütz im
Laboratorium des Herrn Dr. Mirus hier ausgeführt wurde:
Das spirituöse Extract von 6®, Pfund Folia Sennae
alexandrin., welches im Laufe einiger Jahre bei der Bereitung
70 Ueber das Sennepikrin.
der Fol. Sennae spiritu vini extracta als Nebenproduct ge-
wonnen worden war, wurde in destillirtem Wasser gelöst, die
Lösung, mit ca. 1Y, Pfund gekörnter Knochenkohle
versetzt, unter öfterem Umrühren auf dem Dampfapparate
wieder zur Trockne gebracht, und der Rückstand sodann mit
kaltem dest. Wasser erschöpft. Der dunkelgefärbte Aus-
zug wurde hierauf nochmals mit etwa 1 Pfund Knochenkohle ein-
gedampft und der Rückstand abermals mit dest. Wasser wie
vorher ausgezogen. Die beiden Portionen Knochenkohle, ver-
einigt und getrocknet, wurden nun mit höchst rectificir-
tem Weingeist zweimal hintereinander ausgekocht, die
braun gefärbten Filtrate gemischt und von ihnen der Wein-
geist abdestillirt. Der syrupartige, Lackmuspapier röthende
Rückstand wurde nun in eine Porzellanschale gegossen und
mit ca. 90 Grm. lävigirten, vorher mit dest. Wasser ange-
riebenen Bleioxyd versetzt und im Dampfbade unter öfterem
Umrühren zur Trockne gebracht. Möglichst fein zerrieben,
wurde der Rückstand sodann in einer gut verschlossenen
Flasche mit ca. 300 Grm. höchst rectifirten Wein-
geist einige Tage unter Öfterem Umschütteln digerirt und
das braun gefärbte Filtrat dann zur Entfernung von etwas
gelöstem Bleioxyd mit HS behandelt.
Die von dem ausgeschiedenen PbS abfiltrirte Flüssigkeit
liess beim Stehen in einem verschlossenen Glase eine ziem-
liche Anzahl feiner, gelblicher, seidenglänzender Kryställchen
fallen, welche gesammelt und getrocknet sich bei näherer
Untersuchung als reiner Schwefel erwiesen, jedenfalls
herrührend von dem in die spirituöse Flüssigkeit geleiteten
überschüssigen Schwefelwasserstoffgase. Die von den Schwe-
felkryställchen abfiltrirte Flüssigkeit wurde nun in einer mit
Papier zugedrehten Porzellanschale der langsamen Verdun-
stung überlassen, wobei sich nichts Krystallinisches mehr aus-
schied. Es hinterblieb ein braunes Extract von anfangs
süsslichem, dann aromatisch bitteren und kra-
tzenden Geschmack. Dasselbe wurde nun mit Wasser
wieder zur Lösung gebracht und mit einer wässrigen Lösung
von 10 Grm. Gerbsäure gefällt. Der ausgeschiedene Nie-
Ueber das Sennepikrin. 71
derschlag hatte sich nach längerem ruhigen Stehen der Mi-
schung theilweise in Form einer zusammenhängenden dichten
Masse zu Boden gesetzt, während ein Theil, ohne sich weiter
abzusetzen, in der Flüssigkeit vertheilt blieb und mit dieser
auch durchs Filter ging. Der dichte Niederschlag, welcher
nach unserer früheren Erfahrung das eigentliche Sennepi-
krin enthielt, wurde nun, nachdem er getrennt, mit destillir-
tem Wasser abgewaschen und mit 30 Grm. lävigirten Blei-
oxyd und etwas Wasser innig verrieben worden war, auf
dem Dampfapparate unter öfterem Umrühren zur Trockne
gebracht, der Rückstand sodann zerrieben und einige Mal mit
höchst rectificirtem Weingeist in der Wärme extra-
hirt. Die gemischten Filtrate, welche sich frei von Blei zeig-
ten, wurden nun bei gelinder Wärme eingedunstet. Es hin-
terblieb eine braune extractartige Masse, welche
nicht vollkommen ausgetrocknet werden konnte. Dieselbe
wurde nun mit rectificirtem Aether so lange wieder-
holt behandelt, als derselbe noch etwas aufnahm und sodann
einer Temperatur von etwa 50 bis 60°C. im Trockenschrank
ausgesetzt. Nach etwa 24 Stunden war die Masse nun
vollständig trocken geworden und stellte dann zerrie-
ben ein gelblich weisses, der Gerbsäure ähnliches
Pulver dar, reichlich 3 Grm. an Gewicht. Dieses Pulver,
von uns als Sennepikrin bezeichnet, zeigte folgende Eigen-
schaften:
Es löste sich leicht in Weingeist, schwer in Wasser,
gar nicht in Aether. Die wässrige Lösung wurde durch
Gerbsäure in gelblich weissen Flocken gefällt, die jedoch bei
reichlicherem Zusatz von Gerbsäure wieder verschwanden.
Eisenchlorid färbte die Lösung grünbraun. Eine Probe, in
einem Schälchen mit Ammoniak verrieben, färbte sich fleisch-
farben, während sich Kalilauge damit bräuntee Nach dem
Kochen der wässrigen Lösung mit verdünnter Schwefelsäure
trat nach Zusatz einiger Tropfen Kupfervitriollösung und
Natronlauge bis zur deutlich alkalischen Reaction die Trom-
ıner’sche Probe sehr deutlich ein.
12 Ueber das Sennepikrin.
Zur näheren Erforschung des Sennepikrins, welches, wie
vorstehende Reactionen unzweifelhaft beweisen, zu den Bit-
terstoffen und zwar zu den Eläoglykosiden gehört, wurden
nun im Laboratorium des chem. pharmac. Instituts weitere
Versuche angestellt und vor allen Dingen zur Ausführung
einiger Elementaranalysen geschritten.
I. 0,410 Grm. bei 100°C im Wasserbade längere Zeit aus-
getrocknetes Sennepikrin mit frisch ausgeglühtem CuO in einer
Verbrennungsröhre mit angefügtem Chlorcalciumrohr und Kali-
apparat der Verbrennung im Liebig’schen Ofen unter den
üblichen Cautelen unterworfen, lieferte:
0,291 Grm. HO = 0,03233 Grm. H.
und 0,802 Grm. CO? = 0,21873 Grm. C.
Hieraus ergiebt sich die procentische Zusammensetzung:
0 = 53,349
H— 7,886
— 38,765
100,000.
Nach beendigter Verbrennung, die anscheinend ganz gut
von Statten gegangen war, zeigte sich in der Verbrennungs-
röhre ein geringer russartiger Anflug und die durch die
Verbrennungsröhre gesogene Luft schmeckte etwas brenzlich.
II. 0,368 Grm. wiederum bei 100° im Weasserbade
ausgetrocknetes Sennepikrin wurden wie vorher der Verbren-
nung unterworfen. Es wurden dabei erhalten:
0,750 CO? = 0,2045 C.
0,273 HO = 0,0303 H.
Die daraus berechnete procentische Zusammensetzung:
Gr 55.520
HS en 224
— 364196
100,000.
Diese 2. Verbrennung war jedenfalls vollständig von
Statten gegangen. Sie liefert Zahlen, welche mit der An-
nahme stimmen, dass das Sennepikrin isomer (oder identisch)
Ueber das Sennepikrin. 73
sei mit einem Jalappin, welches 2 Aequivalente Wasser ent-
hält =
03H 56032 + 2HO.
Die aus dieser Formel berechnete procentische Zusam-
mensetzung ist:
C— 55,285
H= 7,859
O0 — 36,836
100,000.
Die III. Elementaranalyse, bei welcher 0,343 Grm.
Sennepikrin angewendet wurden, verunglückte.
IV. 0,270 Grm. vorher etwa 1 Stunde lang im Was-
serbade bei 100°0. ausgetrocknetes Sennepikrin lieferten bei
der Verbrennung mit frisch ausgeglühtem Kupferoxyd
HO = 0,190; H = 0,02111 Grm.
EOLZIO 52H ACH OA 2E RT,
woraus sich die procentische Zusammensetzung ergiebt:
C.— 53,037
H,—,.7,818
0 = 39,145
> 100,000.
Das Resultat dieser Analyse stimmt demnach mit dem
der ersten Analyse fast ganz genau überein.
Nach Mayer besteht die Convolvulinsäure aus
C°2H5°032 + 3HO (siehe Annalen der Chemie u. Pharmacie,
Bd. 95, 1855. pag. 162... Setzen wir Convolvulinsäure
= (062950032 + 2HO, so erhalten wir:
Berechnet. Gefunden. Differenz.
062 — 372 — 53448 53,037 — 0,411
H®?= 52 = 7,471 7,818 + 0,347
034 — 272 —= 39,081 39,145 + 0,064
696. 100,000. 10000.
|
74 Ueber das Sennepikrin.
Nach der ersten Elementaranalyse stellt sich die Ver-
gleichung folgendermaassen heraus:
Berechnet. Gefunden, Differenz.
C= 53,448 53,349 — 0,099
H= 7,471 7,886 -+- 0,415
0— 39,081 38,765 — 0,316
; 100,000. 100,000.
Wassergehalt des Sennepikrins.
I. Es wurden zur Bestimmung desselben 0,401 Grm.
lufttrocknes Sennepikrin in einem reinen, ganz trocknen, vor-
her genau tarirten Reagircylinder einer Temperatur von
100°C, im Wasserbade so lange ausgesetzt, bis die Probe
nichts mehr an Gewicht verlor. Die während des Versuches
im oberen Theile des Reagircylinders sich ansetzende Feuch-
tigkeit wurde mittelst Fliesspapier öfter entfernt. In die
Mündung des Reagircylinders war mittelst eines durchbohrten
Korkes ein oben und unten offenes Glasröhrchen eingefügt,
welches ein Streifchen Lackmuspapier enthielt. Nach einer
Stunde blieb das Gewicht des Sennepikrins constant und
betrug nun der ganze Gewichtsverlust 0,023 Grm., entspre-
chend 5,735°, HO. Nach der Formel C#?H5°H?? + 4HO
sollten entweichen 5,042°/, HO.
Es sind sonach 5,735 — 5,042 = 0,693, HO mehr ver-
loren gegangen, als obige Berechnung verlangt; solches ist
möglicherweise hygroscopisches Wasser. Das Sennepikrin
hatte sich, ohne jedoch irgendwie eine Zersetzung zu erleiden,
ziemlich stark aufgebläht. Das Lackmuspapier im Glasröhr-
chen war unverändert geblieben.
I. Trockenversuch. Derselbe wurde wie oben
angegeben nochmals mit 0,400 lufttrocknem Sennepikrin wie-
derholt. Der nach 3/, Stunden constant bleibende Gewichts-
verlust betrug 0,025 Grm. — 6,25%,. Nach der Formel
6#2H5°032 + 5HO sollte 6,022°/), HO entweichen.
Von 130 bis 202°C. steigend im Paraffinbade erhitzt, ver-
lor das Sennepikrin nur noch 0,002 Grm. HO, wurde schau-
mig und weich, ohne eigentlich zu schmelzen und gab dabei
Ueber das Sennepikrin. 75
keine brenzliche Stoffe ab, ebenso blieb Lackmuspapier unver-
ändert. Die ursprünglich gelbliche Farbe des Sennepikrins
war jedoch einer braunen gewichen und ein eigenthümlicher
aromatischer Geruch war bemerkbar, erinnernd an denjenigen,
welcher beim Kochen des Sennepikrins mit Säure auftritt.
Stiekstoffbestimmung.
0,239 Grm. im Wasserbade getrocknetes Sennepikrin
wurden mit frisch ausgeglühtem Natronkalk geglüht, das dabei
gebildete Ammoniak in Salzsäure aufgefangen und in Platinsal-
miak verwandelt. Es wurden so 0,042 Grm. H*NCl1,PtC1? bei
100°C. getrocknet erhalten, = 0,00263 Grm. N = 1,10°%/, N.
Geglüht hinterliess dieser Platinsalmiak 0,025 Grm. Pla-
tin, entsprechend 1,19°/, N.
Das Plus von 0,09%, N lässt sich jedenfalls dadurch
erklären, dass schon im Platinsalmiak etwas metallisches Pla-
tin vorhanden war, erzeugt aus dem Platinchlorid durch Re-
duction in Folge vorhandener organischer Stoffe. Der Stick-
stoffgehalt kann demnach wohl rund zu 1,0%, angenommen
werden. Es rührt derselbe im Sennepikrin jedenfalls von
noch nicht vollständig entfernten Eiweisskörpern her.
Untersuchung des Sennepikrins auf Rückhalt
von Schwefel.
Zu diesem Versuche wurde das Sennepikrin verwendet,
welches schon zu einem Trocken- und Schmelzversuche im
Paraffinbade benutzt worden war und ursprünglich 0,400 Grm.
betrug. Dasselbe befand sich noch in dem dazu benutzten
Reagireylinder und wurde in demselben mit einigen Tropfen
ganz concentrirter Salpetersäure durch Erwärmen zur Lösung
gebracht. Diese ging unter bedeutendem Aufschäumen vor
sich und färbte sich das Sennepikrin dabei am Rande anfangs
fleischfarben, wurde jedoch sehr bald in eine dunkelbraune
klare Flüssigkeit umgewandelt. Dieselbe wurde mit Wasser
in eine Porzellanschale gespült, mit reinem SO®-freien koh-
lensauren Natron neutralisirt und sodann über der Weingeist-
fiamme unter Umrühren zur Trockne gebracht. Die erhaltene
76 Ueber das Sennepikrin.
braune Masse wurde nun in einem Porzellantiegel bis zur
vollständigen Entfärbung geglüht, nach dem Erkalten in Was-
ser gelöst, die Lösung filtrirt, mit reiner HC] angesäuert und
sodann in einem Glascylinder mit nicht zu wenig BaCl-Lö-
sung versetzt, durch welche eine starke Trübung erzeugt
wurde. Als sich nach längerem Stehen der Niederschlag von
Ba0,S03 abgesetzt hatte, wurde derselbe auf einem gewoge-
nen Filter gesammelt, gut ausgewaschen und nach dem Trock-
nen bei 100°0. gewogen.
Das Gewicht des getrockneten Filters betrug 0,357 Grm.
Das Filter mit dem getrockneten Ba0,SO „ 0,407 „
Demnach waren erhalten worden an Ba0,SO? 0,050 Grm.
Darin sind 0,0069 S entsprechend 1,725°/, Schwefel.
Prüfung auf Phosphor.
Die von dem Ba0,SO® abfiltrirte Fl. wurde nun auf PO®
wie folgt geprüft: Der überschüssige Baryt wurde zuerst mit
verdünnter Schwefelsäure vollständig ausgefällt, hierauf wurde
mit H3N neutralisirt und nun nicht zu wenig von einer kla-
ren Mischung aus Bittersalzlösung, Salmiaklösung und Am-
moniak zugesetzt. Nach 24stündigem bedeckten Stehen hatte
sich nur ein geringer gelblicher leichter und flockiger Nieder-
schlag gebildet, wahrscheinlich eine Spur Fe?0°. Derselbe
gab, auf einem Filter gesammelt und mit einem Tropfen Sil-
berlösung versetzt keine PO°- Reaction.
Phosphor war demnach im Sennepikrin nicht vorhanden.
Untersuchung des Sennepikrins auf mechanisch
beigemengten Schwefel,
Da die Vermuthung nahe lag, dass der gefundene Schwe-
fel dem Sennepikrin bloss mechanisch beigemengt sein könnte,
weil die spirituöse Lösung desselben, um sie von Pb zu befreien
mit HS behandelt worden war (siche oben), wurde nun zur
Untersuchung auf mechanisch beigemengten Schwefel geschritten,
Ein Theil des noch zu Gebote stehenden Sennepikrins
wurde mit rectificirtem Weingeist zur Lösung gebracht. Nach-
dem diese mit Wasser noch etwas verdünnt und der Wein-
Ueber das Sennepikrin. 7
geist in einem Schälchen dann wieder verjagt worden war,
zeigte sich in demselben ein geringer gelblicher Bodensatz.
Von diesem wurde ein Theil der mikroskopischen Untersu-
chung unterworfen und der Rest mit Natronlauge behandelt.
Beide Versuche bestätigten auf das Bestimmteste die Gegen-
wart des $S. Unter dem Mikroskop waren nämlich sehr deut-
lich zu erkennen: Octaöder, rhombische Täfelchen und gekreuzte
Prismen.
Mit einigen Tropfen starker Natronlauge ging der Rest des
noch in dem Schälchen befindlichen Bodensatzes beim Erhitzen
über der Weingeistflamme in eine gelbe Lösung über, welche
durch PbO,A-Lösung geschwärzt wurde. Unsere Vermuthung,
dass das Sennepikrin den Schwefel mechanisch beigemengt
enthielt, hatte sich demnach bestätigt.
Destillation des Sennepikrins mit HCl.
Es wurde hierzu der Rückstand benutzt, welcher durch
Verdampfen der wässrigen Lösung des von Schwefel befreiten
Sennepikrins im Wasserbade erhalten worden war. Derselbe
wurde mit ca. 30 Grm. reimer officineller HC] wieder zur Lö-
sung gebracht, in eine kleine Retorte mit Vorlage gegeben und
im Wasserbade der Destillation unterworfen. Die Flüssigkeit
war anfangs ganz klar und von gelbbrauner Farbe, wenige
Minuten jedoch der Temperatur des kochenden Wasser ausge-
setzt, trübte sie sich unter Abscheidung einer harzigen
Masse, welche anfangs am Boden der Retorte sass, bald darauf
jedoch in Form brauner öliger Tropfen auf der Oberfläche
der Fl. schwamm, welche jetzt einen eigenthümlichen aromati-
schen Geruch zeigte.
Nachdem die Destillation unter Abkühlung der Vorlage
3 Stunden lang fortgesetzt worden war, waren etwa 10 Grm.
einer wasserhellen Fl. übergegangen, von demselben aromati-
schen Geruch wie der des Retorteninhaltes., Dieselbe wurde
in ein Glas gegeben und mit etwa 15 Grm. rectificirtem
Aether übergossen, gut verstöpselt einstweilen bei Seite
gestellt. Der Retorteninhalt wurde nun bis auf die harzige
Masse, welche an der Glaswand festhing, in eine Porzellan-
78 Ueber das Sennepikrin.
schale gegossen, mit reinem kohlensauren Bleioxyd übersättigt
und damit im Dampfbade unter öfterem Umrühren zur Trockne
gebracht, der zerriebene Rückstand hierauf in ein gut zu ver-
schliessendes Glas gegeben und, mit sehr starkem (95°,) Wein-
geist übergossen, unter öfterem Umschütteln einige Zeit dige-
rirt. Das gelblich gefärbte klare Filtrat hinterliess nach dem
Verdunsten in gelinder Wärme einen salzig schmeckenden
Rückstand von krystallinischer Beschaffenheit.
Eine Probe davon unter das Mikroskop gebracht, zeigte
in der That zahlreiche und sehr deutliche kleinere und grössere
Würfelvon Kochsalz — wie sich ergab, rührte das Natrium
desselben aus dem kohlens. Bleioxyd her, welches noch eine
Spur Na0,CO? enthielt — daneben aber auch sehr verschieden-
artig gestaltete Gruppirungen von warzigem Krümel-
zucker, dessen Anwesenheit sich auch durch die Trom-
mer’sche Probe, welche mit dem in der Schale befindlichen
Rest des Rückstandes vorgenommen wurde, bestätigte. Die
Menge des Rückstandes war zu gering, um damit, ausser der
Trommer’schen Probe, auch noch einen Gährungsversuch
auszuführen.
Von dem bei Seite gestellten Destillate wurde nun, nach-
dem es mit dem zugesetzten Aether einige Mal tüchtig durch-
geschüttelt worden war, der letztere wieder getrennt und in
einem Schälchen der freiwilligen Verdunstung überlassen. Es
hinterblieb, auf einer wässrigen Fl. schwimmend, deutlich
erkennbares ätherisches Oel, von dem charakteristischen Ge-
ruch, welcher beim Erhitzen des Sennepikrins mit Säure stets
beobachtet wurde.
Einäscherung des Sennepikrins.
Mit dem noch vorhandenen Rest des Sennepikrins, 0,319
Grm., wurde‘ nun noch eine Einäscherung vorgenommen,
indem derselbe in einem genau tarirten Platinschälchen einer
Weingeistflamme ausgesetzt wurde. Das Sennepikrin schmolz
zuerst zu einer dünnen Flüssigkeit, entzündete sich dann und
verbrannte mit einer grossen, stark russenden Flamme unter
Verbreitung eines brenzlich aromatischen Geruches und Hin-
Ueber das Sennepikrin. 79
terlassung einer kohligen Masse, welche mit Hülfe der Löth-
rohrflamme vollständig in Asche umgewandelt wurde, deren
Gewicht nur 0,001 Grm. = 0,313), betrug.
Die Asche reagirte alkalisch, und war kalkhaltig.
Correction der durch die Elementaranalysen
gewonnenen Zahlen.
I. Verbrennung.
C — 53,349 C — 53,349
Hi} r=2147;886 H= 7,886
Ss — 1,725 O0 = 36,727
Asche = 0,313 97,962.
O0 = 36,727
100,000.
97,962 : 53,349 100:x—= 54,459 9%, C.
97,962: 7,886 = 100:x— 8,050%, H.
97,962 : 36,727 = 100: x — 37,491%, 0.
Im Mittel von 6 Analysen seiner
Jalappinsäure—= CH 56032 —- 3HO
Corrigirte Berechnung für erhielt Mayer (Annalen der Ch.
|
hydratisches Sennepikrin. u. Ph. Aug. 55. Bd. 95. Seite 140.).
C = 54,459 C = 54,380
7, 8:050.. H— 8340
DD 3A 9T O = 37,280
100,000, 100,000.
II. Verbrennung.
Ü — 55,570 C = 55,570
H — 8,234 H = 8,234
S — 1,1725 0 —= 34,158
0) —= 34,158
100,000.
97,962 : 55,570 — 100 : x = 56,726% C.
97,962: 8,234 —100:x— 8,4050, H.
97,962 : 34,158 — 100 : x — 34,869, O,
80
Corrigirte Zusammen-
setzung d. Sennepikrins.
C = 56,726
H— 8,405
O — 34,869
100,000.
IV.
53,037
7,818
=1,125
Asche= 0,313
0: WET. 107
Er 100,000.
97,962 : 53,037 = 100:
7.818.100;
97,962 : 37,107 — 100:
97,962 :
Corrigirte Zusammensetz.
des hydrat. Sennepikrins.
C = 54,140
B=1#7981
Dr: 375879
100,000.
Analyse 1.
Gefunden.
— 54,459
H= 8,050
O0 = 37,491
100,000.
Ueber das Sennepikrin.
Mayer fand im Jalappin im
Mittel von 7 Analysen am
angeführten Orte S. 135.
56,520
8,180
35,300
100,000.
Verbrennung.
C = 53,037
Hr=r1818
Een
97,962
x 54,140°%, C.
x u ysart
x = 37,879, 0.
Mayer fand in der
Jalappinsäure.
54,380
8,340
37,280
100,000.
Die Formel der Jalap-
Analyse IV. pinsäure = 06°H 5603?
Gefunden. + 3H0 verlangt.
54,140 54,620
7,981 7,890
37,879 37,490
100,000. 100,000.
Mayer fand für Jalappinsäure:
Berechnet.
C — 54,620
H— 7,890
O = 37,490
100,000,
Gefunden im Mittel.
54,380
8,340
37,280
100,000.
Ueber afrikanischen Traganth, 81
Analyse II, Die Formel des Jalapins
Gefunden. — (68H 56032 verlangt.
— 56,726 56,660
EM 78,405 7,110
O — 34,869 35,570
100,000. 100,000.
Die Differenz zwischen berechnetem und gefundenen
H = 0,635 (also etwas stark).
Mayer erhielt für Jalapin = C°°H5‘03?,
Berechnet. Gefunden im Mittel.
GC = 56,66 56,52
Dt 8,18
sn 35,30
100,00. 100,00.
Bis auf Weiteres ist also anzunehmen, dass das Senne-
pikrin in seiner Zusammensetzung dem Jalapin 088H56032
und der daraus entstehenden Jalapinsäure C#8H56032 + 3HO
gleicht.
Da Jalapin und Jalapinsäure in Aether leicht lös-
lich sind, aber Sennepikrin darin unlöslich ist, so liegt
hier ein Fall von Isomerie vor.
Die Analysen I und IV stimmen auch mit den
Mayer’schen Analysen des in Aether unlöslichen Convolvu-
lins = ($?H5003? überein. Mayer fand in demselben im
Mittel mehrer Analysen (Ann. d. Chem. u. Pharm. 1855, Bd.
95. 8. 162.):
C = 54,79, H—= 7,96 und O = 37,25 Procent. Unsere
Analyse II. lässt sich jedoch mit dem Oonvolvulin nicht
in einfache Beziehung bringen. *)
Ueber afrikanischen Traganth,
von Dr. F. A. Flückiger in Bern.
Diese Substanz ist eine Ausschwitzung der Stämme von
Sterculia Tragacantha Lindley, eines mässig grossen
*) Man vergleiche meine Notiz ..über das Sennepikrin in der Apo-
thekerzeitung. (Leipzig, 7. Nov. 1867. Nr. 45. 8. 177.). H.L.
Arch. d. Pharm. CXC. Bds. 1. u. 2. Hft, 6
82 Ueber afrikanischen Traganth.
Baumes im westlichen tropischen Afrika zwischen Senegam-
bien und Üongo.
Man kennt verschiedene Pflanzen aus der Ordnung der
Sterculiaceen, welche schleimige Substanzen produciren,
unter ihnen namentlich Sterculia urens Roxb. in Ostin-
dien, welche reichliche Mengen eines traganthartigen Stoffes
ausschwitzt.
Die von mir untersuchte Substanz ist ächt; sie war von
Mr. Baxter gesammelt und an den königl. Garten von Kew
gesendet worden.
Der afrikanische Traganth bildet unregelmässige, knotige,
welliggebogene, tropfenartige oder stalactitische Massen, mehr
oder weniger blasig oder ausgehöhlt, oft über eine Unze schwer,
blassgelblich, zumeist jedoch farblos, in dünnen Stücken fast
durchsichtig, in Masse gesehen aber opak, in Folge unzähli-
ger Risse, wodurch er viel leichter zerreiblich ist, als ächter
Traganth.
Mit 20 Theilen Wasser bildet er eine dicke, geschmack-
lose Gallerte, mit 40 Theilen Wasser wird dieselbe zwar flüs-
siger, aber es löst sich nur eine kleine Menge Gummi wirk-
lich darin auf. Diese filtrirte Flüssigkeit wird weder durch
Bleizuckerlösung, noch durch absoluten Alkohol gefällt, Blei-
essig bewirkt nur schwache Trübung. Die Gallerte selbst
röthet Lackmuspapier. Weder an dünnen Schnitten dieses
Traganthes, noch an seiner Gallerte bemerkt man Spuren von
zelliger Structur, noch Stärkemehl. Hierdurch unter-
scheidet sich der afrikanische Traganth aus Sterculia von
dem aus Astragalus. Zur Formirung von Pillenmassen
scheint mir dieser Traganth vor dem gewöhnl. keinen Vor-
zug zu besitzen. Im fein gepulverten Zustande mehre Tage
einer Temperatur von 100°C. ausgesetzt, verliert er 20,50
Procent an Gewicht. Die Formel C?*H22022 + 10HO ver-
langt genau dieselbe Menge von Wasser.
Dieser Sterculia-Traganth ist unlöslich in Kupferoxyd-
Ammoniak. Mit rauchender Salpetersäure wiederholt gekocht
liefert er reichliche Mengen von Schleimsäure.
a = ine
Ueber afrikanischen Traganth. 853
Das bei 100°C. getrocknete Pulver verlor bei 110°C.
nichts mehr an Gewicht. Beim Einäschern lieferte das ge-
trocknete Pulver 7,8 Procent, vorherrschend aus kohlens.
Kalk bestehende Asche. 0,1220 Grm. dieser Asche lieferten
0,0587 Grm. Kohlensäure (nachdem sie vorher mit kohlens.
Ammoniak benetzt, getrocknet und gelinde erhitzt worden
war), Die Menge des Kalks berechnet sich sonach auf
4,08 Procent in dem trocknen Traganthpulver.
Die Elementaranalyse des gepulverten und getrockneten
Gummis unter Benutzung des Kupferoxyds und eines Sauer-
stoffstromes, durch Dr. Kraushaar in meinem Laboratorium
ausgeführt, ergab:
002 HO
I. 0,3412 Grm. Substanz 0,5066 und 0,1648 Grm,
II. 02982 3 0,4388 „ 0,1524 „ also:
1201374... C und 0,01831 H.
TE 0.1195. ., GC 0.01693
In Procenien.
L. C= 4027. H= 5,37.
IL. 20 40,06. = 5,91,
Da nach dem oben Gesagten 100 Th. rohe Drogue im
getrockneten Zustande nur 100 — 4,08 — 95,92 Grm. aschen-
freier Substanz entsprechen, so erhöhen sich in der letzteren
die Procente des € und H wie folgt:
190 - 417,98 und Hd == 3,59.
E16 Eh
Die Formel des arabischen Gummis Ü?*H?20?? ver-
langt C — 42,12, H —= 6,41 und 0 = 51,47],.
Gemeiner Traganth und andere ähnliche Gummiarten
werden gewöhnlich auf die Formel C??H 20020 bezogen, welche
verlangt:
C = 44,44, H = 6,1710 = 49,39%,
Ich will für jetzt nicht auf die Discussion der Frage
eingehen, ob Gummiarten, Traganth oder Bassorin von der
Formel C2+H 20029 existiren oder nicht. Vielleicht müssen
alle verschiedene Arten dieser Gruppe auf eine und dieselbe
6*
84 Literatur - Nachweis.
Formel bezogen werden. Der afrikanische Traganth wenig-
stens entspricht in dieser Beziehung mehr der Formel für
arabisches Gummi 0?*H ??0 22,
In Hinsicht seines Gebrauches in der Pharmacie und in
der Industrie lässt sich sagen, dass er unbedenklich gleich
der kleinasiatischen Drogue angewendet werden kann. Wenn
der Niger und seine Länder dem Handel geöffnet sein wer-
den, wird der Sterculia- Traganth wohl einen wichtigen Aus-
fuhrartikel bilden. (Als Separatabdruck aus dem Pharmaceu-
tical Journal, May 1869, vom Hr. Verfasser eingesandt. H.L.
Literatur - Nachweis.
1) Dr. A. Beyer, Bericht über die im Sommer 1867
an der Versuchsstation Regenwalde ausgeführten Wassercul-
turversuche. (Landwirthschaftl. Versuchsstationen ° ed. Prof.
Dr. F. Nobbe, Bd. XI, 1869, S. 262 — 287.).
2) Dr. G. Felsko aus Riga, über die Gummisäure
und deren Verbindungen. (Mittheilungen aus dem Laborato-
rium des Prof. Reichardt, landw. Institut, zu Jena). Anna-
len der Chemie u. Pharmacie, März 1869, Bd. 149. S.356 — 371.
3) Dr. Otto Fröhlich, über die Monochlorirotonsäure
und ihre Salze. (Jenaische Zeitschrift f. Mediein u. Natur-
wissenschaften). Bd. V. H.1, 5. 82 — 90.
4) Dr. R. Theile, Assistent am landwirthsch. Institute
zu Jena, über Legumin. (Jenaische Zeitschrift f. M. u. N.
Ba. IV, H. 2., S. 264 — 280. *)
*) Diese Abhandlungen sind theils von den Hrn. Verfassern, theils
durch die Herrn Prof. Dr. Geuther und Reichardt als Separatab-
drücke gütigst eingesandt worden. H.L.
85
ll. Toxikologie.
Bericht über die neuesten, die Mikrosublimation der
Alkaloide betreffenden toxikologischen Arbeiten,
von Dr. Hermann Köhler, Privatdocent zu Halle.
Als Mikrosublimation wird das Verfahren, Pflanzen-
alkaloide etc. durch die mikroskopische und mikrochemische
Untersuchung der bei Sublimation kleiner Mengen derselben
resultirenden Beschläge zu unterscheiden bezeichnet. Wie-
wohl dieser Ausdruck englischen Ursprungs ist, war es
doch ein Deutscher, A.Helwig in Mainz,”*) welcher diese
Methode für forensische Zwecke zuerst fleissig cultivirte und
lebhaft empfahl, nachdem allerdings Arsen-und Antimonbe-
schläge im Marsh’schen Apparat längst mikroskopisch unter-
sucht worden waren, und man auch der Sublimation des Atropins,
Veratrins, Solanins u. a. bereits eingehende Untersuchungen
gewidmet hatte. Helwig experimentirte mit arseniger Säure,
Sublimat, Brechweinstein, Blei, Silber, Kupfer, ferner mit
Morphin, Strychnin, Brucin, Veratrin, Solanin, Atropin, Aconitin,
Coniin, Nicotin und Digitalin, und bildete die erhaltenen Be-
schläge in dem einer Monographie beigegebenen Atlas photo-
graphirter mikroskopischer Präparate ab. Um Wiederholungen
zu vermeiden, bemerke ich nur, dass Helwig’s Verfahren
von demjenigen der späteren Autoren hauptsächlich darin
abweicht, dass er nicht aus einer Porzellanschale sublimirt,
sondern die zu prüfende Substanz auf ein Platinblech bringt
und letzteres für den zu erhitzenden Stoff als Unterlage benutzt.
*) Das Mikroskop in der Toxikologie. Beiträge zur mikro-
skopischen und mikrochemischen Diagnostik der wichtigsten Metall- und
Pflanzengifte, für Gerichtsärzte, gerichtliche Chemiker und Pharmaceuten;
mit Atlas. Mainz. Zabern 1865. 8.
86 Bericht über die neuesten, die Mikrosublimation der Alkaloide ete.
Es ist nicht zu leugnen, dass auf dem Platinblech eine zu
rasche und intensive Erhitzung der Alkaloide ete. stattfindet,
und die Vertauschung desselben mit Porzellan (Guy) oder
durch Eisenblech geschütztes Glas als eine wesentliche Ver-
besserung des Sublimationsverfahrens zu betrachten ist. Die
von Helwig behauptete Sublimirbarkeit des Digitalins
konnte von keinem der später anzuführenden Beobachter con-
statirt werden. Das Digitalin von Nativelle war der-
zeit (1865) noch unbekannt, und konnte Helwig dasselbe,
vorausgesetzt selbst, dass es, worüber mir die Erfahrungen
abgehen, unverändert sublimirt, nicht vor sich gehabt haben.
W. A. Guy*) erlangte vielfach bessere Resultate, als
Helwig, indem er verfuhr, wie folgt. Die der Sublimation
zu unterwerfende Substanz wird in ein Schälchen von Por-
zellan gebracht, mit einem Glasringe von ?/,“ Durchmesser
und !/,“ Dicke umgeben, und auf den Ring eine Fensterglas-
scheibe von Schillingsgrösse gelegt. Letztere dient als Re-
ceptaculum für das in der Regel gut gelingende, wohl ausge-
bildete und zur Unterscheidung der Alkaloide von einander
zu verwerthende Sublimat. !/;oo Gran Strychnin reichte für
14 Mikrosublimationen, wovon 8 krystallinisch erschienen, aus.
Einen körnigen, höchstens Y/,,.. Gran wiegenden Strychnin-
beschlag sublimirte Guy nochmals und gewann unter 5 wei-
teren Beschlägen zwei von ausgezeichnet krystallinischer Form,
so, dass 150. Gran Sirychnin bei vorsichtiger Leitung der
Operation (und Uebung) für den forensischen Nachweis auf
dem Wege der Mikrosublimation ausreichen würde. Hiervon
ist Verf. um so lebhafter überzeugt, als es ihm auch gelang,
aus einer durch Schütteln mit Benzin aus Leichentheilen dar-
gestellten, unter dem Mikroskop durchaus richt krystallinisch
erscheinenden und kaum !/,;.. Grn. wiegenden Spur Strych-
nin durch Mikrosublimation vier ausgezeichnet krystallinische
Beschläge auf der Fensterglasscheibe zu erzielen.
*) On the sublimation of the alealoids. Pharmae. Journal
and Transaetions June — Septemb. 1867; British and Foreign medico -
chirurgical Review XLI. January — April 1868. p. 256. Vrgl. Arch. d,
Pharm. 1868. 135. p. 112 u, 1869. 137 p. 270. (mit Abbildung).
‘
#- Ei
Bericht über die neuesten, die Mikrosublimation der Alkaloide ete. 87
Um gute Resultate zu erlangen, muss die Porzellan-
schale allmälig erwärmt und jede zu starke Erhitzung dadurch,
dass zwischen ersterer und der Flammenspitze ein Abstand
von 3— 4“ beobachtet wird, vermieden werden. Erst wenn
die als Receptaculum für das Alkaloidsublimat dienende Glas-
scheibe nicht anläuft, wird die Lampe dem Porzellan vorsich-
tig etwas genähert, aber, sowie der Beschlag erfolgt ist, da
sonst ein krystallinisches Sublimat ‚nicht erhalten wird, sofort
entfernt. Auf diese Weise lassen sich nicht nur metallische
Gifte z. B. die arsenige Säure, und Alkaloide, sondern auch
Harnstoff, Harn- und Hippursäure, Murexid, Tannin, Benzo&-
und Weinsäure, Camphor und Cantharidin sublimiren. Unter
37 giftigen Substanzen, welche uns hier ausschliesslich inter-
essiren, gaben 15 charakteristische und für ihre Unterschei-
dung von einander zu verwerthende, krystallimische Sublimate.
Bei anderen, — welche, wie Narcein, Papaverin und Para-
morphin, bisweilen deutlich krystallinische Beschläge liefern,
sind die Sublimationen in der Regel wässerig beschaffen und
zeigen Spuren krystallinischen Gefüges. Das jüngst entdeckte
Kıyptopin und von Alkaloidsalzen essigsaures, schwefelsaures,
chlorwasserstoffsaures Strychnin; Chinin-, Chinidin-, Atro-
pinsulfat und essigsaures Morphin sublimiren vollkommen
krystallinisch.
Bei der Sublimation verhalten sich die zu untersuchen-
den Substanzen keineswegs in übereinstimmender Weise.
Nehmen wir Strychnin als typisches Beispiel, so bemerken
wir bei vorsichtig geleiteter Operation, dass es, theilweise
bevor und theilweise nachdem es geschmolzen ist, in wohl-
ausgebildeten Krystallen sublimirt, dass dann ein unkrystalli-
nischer Anflug folgt, und dass endlich eine gelb -bräunliche
jedenfalls durch empyreumatische, aus der Zersetzung des
Alkaloids hervorgehende Producte verunreinigte Sublimation
den Beschluss macht; wie Strychnin verhält sich Cantharidin.
So lange das verfiüchtigte Alkaloid in farbloser Gasform über-
subiimirt, schlägt es sich als Nebel, in welchem hier und da
schneeweisse, theils kreisföormig angeordnete, disseminirte, theils
confluirende, aus wohlausgebildeten Krystallen bestehende
88 Bericht über die neuesten, die Mikrosublimation der Alkaloide ete.,
Flecken wahrzunehmen sind, nieder. Wechselt man, sowie
der Dampf sichtbar aufsteigt, die als Receptaculum für das
Sublimat dienende Glasplatte mit einer frischen, so erhält man
das amorphe, aus lauter eng aneinander gelagerten, selten
confluirenden, farblosen, tropfenförmigen und auch bei wochen-
langer Aufbewahrung sich nicht im geringsten verändernden
Flecken bestehende Sublimat. Noch später resultirt der oben
erwähnte durch Zersetzungsproducte verunreinigte Anflug.
Guy schlägt vor, diese drei verschiedenen Varietäten von
Sublimaten mit den Namen der krystallinischen, wäs-
serigen (watered) und rauchigen (smoked) zu bele-
gen. Erstere anlangend, kommen sowohl gesonderte Kry-
stalle, wie beim Veratrin, als auch Ramificationen wie beim
Solanin (resp. Solanidin) und PBüschel, wie beim Me-
konin, vor.
Die dargestellten Krystalle werden ferner hinsichtlich
ihrer Krystallform und ihres Verhaltens gegen Rea-
gentien geprüft, wobei nicht zu vergessen ist, dass, sollen
Irrthümer vermieden werden, auch die Krystallform des mikro-
chemischen Reagens festgestellt sein muss. Man beginne mit
Flüssigkeiten, welche, wie Wasser, Chloroform, Aether, Amyl-
alkohol, Essigsäure und verdünnte Mineralsäuren, keinen
Rückstand hinterlassen, und bediene sich später ausschliess-
lich der Lösungen von Salzen von einer, oder höchstens zwei
zuvor bestimmten Krystallformen. Von letzteren dürfen
ausserdem, damit die Spur übersublimirten Alkaloid’s ete.
nicht durch einen sich bildenden Haufen mikroskopischer, dem
Reagens angehöriger Krystalle verdeckt werde, stets nur sehr
verdünnte Lösungen angewandt werden (Pikrinsäure 1 : 250,
zweifach chromsaures Kali, Gmelinsches Salz und Nitroprus-
sidnatrium 1: 100 Wasser).
Da aller angewandten Sorgfalt zum Trotz die Sublima-
tion der Alkaloide nicht immer vollständig gelingt, so ist die
Beobachtung Guy’s, dass nicht nur die krystallinischen,
sondern auch die wässerigen‘’ und rauchigen Sublimate mit
den aufgeführten Flüssigkeiten versetzt, charakteristische
Reactionen geben, von Bedeutung.
Bericht über die neuesten, die Mikrosublimation der Alkaloide ete. 89 _
Morphium giebt alledreiFormen von Sublima-
ten und verhält sich jede derselben zu den genannten Rea-
gentien wie folgt:
A. Das krystallinische Sublimat löst sich m
destillirtem Wasser sofort und beim Eintrocknen bleiben zahl-
reiche kleine Krystalle zurück. Bei der Behandlung mit ver-
dünnter Chlorwasserstoffsäure (Y,,) erfolgt gleichfalls com-
plete Auflösung und nach dem Eindunsten bleiben Bündel von
Nadeln am Rande und von cubischen Krystallen im Centrum
des Fleckens übrig. Pikrinsäure (!/,,,) lässt eine dickliche,
dem unbewafineten Auge in reflectirtem Lichte gelb, in durch-
fallendem Lichte schwarz erscheinende Flüssigkeit entstehen;
die aus Krystallen bestehenden Flecken gehen allmälig in Lö-
sung und auf der Oberfläche schwimmt durch flottirende Kry-
stallbündel gebildeter Schaum (scum). Später treten am Ob-
jeetträger selbst zerstreuten Blumenblättern gleichende Kry-
stalle, welche auch nach dem Eintrocknen des Präparates
noch sichtbar und am Rande mit dunkel erscheinenden Massen
umgeben sind, hervor. Kalibichromat (!/,o0) bewirkt Lösung
des Sublimates; moosartige Kıystallformen schwimmen an der
Oberfläche und glänzende, zu Sternen, Rosetten und geflügel-
ten Figuren angeordnete, feingeaderte und auch nach dem
Eintrocknen unverändert bleibende Krystalle schiessen an.
Nitroprussidnatrium (!/;,,) bedingt Bildung von Schaum; Ro-
setten von grossen Krystallen heben sich aus den krystallini-
schen Zeichnungen ab. Nach dem Eintrocknen sind noch
Spuren ungelöst gebliebenen Sublimates nachweislich.
B. Das wässerige Sublimat liefert auf Wasser-
zusatz sofort kleine glänzende, oder grössere, rosettenförmige
und beim Eintrocknen unverändert bleibende Krystalle. Ver-
dünnte Salzsäure bedingt Auflösung des Sublimates und beim
Eintrocknen bleiben kleine und grössere Bündel grossentheils
eubischer Krystalle zurück. Durch zugefügte Pikrinsäure
wird eine dickliche, schaumige Flüssigkeit und Bildung schwar-
zer Flecken in den Kugelbildungen des Sublimates erzeugt.
Krystalle kommen weder hierbei, noch beim Eintrocknen des
die unveränderten, aber fleckig gewordenen Kügelchen zeigen-
un a
90 Bericht über die neuesten, die Mikrosublimation der Alkaloide etc.
den Fleckens zur Beobachtung. Dagegen ruft Zusatz von
saurem, chromsauren Kali die Bildung zahlreicher, glänzen-
der, in Kosetten, geflügelten Formen und anderen Mustern
gruppirter Krystalle, welche auch der eingetrocknete Fleck
sehen lässt, hervor. Einzelne Krystalle schwimmen in der
Flüssigkeit obenauf. Zusatz von Nitroprussidnatrium endlich
hat Bildung von dünneren oder dickeren Krystallen und
Schaumflocken zur Folge. Im trockenen Fleck sind zahlreiche
runde Flecken neben wenig ausgebildeten Nitroprussidna-
triumkrystallen sichtbar.
C. Das rauchige Sublimat geht bei der Behand-
lung mit Wasser in sehr grosse geflügelte und rosettenför-
mige Krystalle über, deren Zahl beständig zunimmt und
welche auch nach dem Eintrocknen unverändert bleiben. Ver-
dünnte Salzsäure löst das Sublimat langsam in breiten, unre-
gelmässigen Fragmenten auf und nach dem Eintrocknen wer-
den cubische Krystalle, keine Bündel, erhalten. Auf Pikrin-
säurezusatz verdickt sich die Flüssigkeit sofort und zahlreiche
dunkle Flecken, Ringe und Linien werden in den das Subli-
mat bildenden Kugeln sichtbar. Von einigen derselben gehen
sparsame, glänzende Krystallbündel und in Sternform grup-
pirte Krystalle aus. Im eingetrockneten Fleck behalten die
Kugelbildungen des Sublimates ihre Gestalt unverändert und
erscheinen die einen goldfarbig, und die andern schwarzstreifig,
mit dunklen Massen am Rande besetzt. Mit Ausnahme der
dem Reagens angehörigen sind im trocknen Fleck Krystalle
nicht wahrzunehmen. Kalibichromat löst das rauchige Subli-
mat sofort und ungemein grosse, schöne, glänzende, anein-
andergereihte Brillanten, oder wundervolle, von einem Mit-
telpunkte entspringenden Federn gleichende Krystalle treten
auf. Ausserdem werden einzelne, sparsam verstreute, 4—
6seitige Prismen darstellende und, wie die oben erwähnten,
auch nach dem Eintrocknen unverändert bleibende Krystalle
sichtbar. Zusatz von Nitroprussidnatrium ruft augenblickliche
Bildung zahlreicher glänzender und in verschiedener Weise
gruppirter Krystalle hervor, Letztere sind durchweg dunkel
und ebenso contourirt. Nach dem Eintrocknen zeigen sich die
Th
Bericht über die neuesten, die Mikrosublimation der Alkaloide ete. 91
Kugeln des rauchigen Sublimates mit vielen dunklen durch
empyreumatische Zersetzungsproducte verunreinigten Krystal-
len erfüllt und zahllose kleinere verbreiten sich über das
ganze Gesichtsfeld. Auch Nitroprussidnatriumkrystalle werden
darunter hin und wieder angetroffen.
Guy hebt schliesslich die Eigenschaft der rauchigen
Sublimate, bei Behandlung mit Keagentien grosse und an
Schönheit und Glanz die aus krystallinischen und wässrigen
Beschlägen weit übertrefiende Krystalle zu erzeugen hervor.
Sie geben an Schnelligkeit und Sicherheit ihres Zustande-
kommens anderen chemischen Reactionen nichts nach. Be-
handelt man essigsaures Morphin oder Strychnin mit Ammo-
niakdämpfen und leitet die Mikrosublimation ein, so erhält
man schneeweisse Beschläge und einen aus Kohle bestehen-
den Rückstand. Die Y,ooo — Yıoooo Gran betragenden Subli-
mate gaben beim Strychnin die Otto’sche Farbenreaction
weit deutlicher, als die beim Extrahiren von Y,ooo Gran
käuflichen Strychnins mit Aether, Benzin etc, und Verdunsten-
lassen des Menstruum resultirenden Rückstände, und hält das
Mikrosublimationsverfahren, was Einfachheit der Manipulation
und Schärfe der zu erlangenden Resultate anbetrifft, mit jeder
der übrigen, in der qualitativ-chemischen Analyse gebräuch-
lichen Methoden den Vergleich aus. Nichts destoweniger
liefern nicht alle Sublimationen von Alkaloiden gleich brauch-
bare Producte. Unter 100 Morphinsublimaten fanden sich nur
10 krystallinische, 50 dicke, gleichförmig runde Beschläge,
20 kleine, schwache und 20 dicke rauchige Sublimate, worun-
ter sich bei mikroskopischer Untersuchung 34 als krystallhal-
tig documentirten, vor.
In einer späteren Arbeit bringt Guy*) we-
sentliche Erweiterungen der im Vorstehenden
referirten Beobachtungen über die Mikrosubli-
mation giftiger Substanzen. Letztere führt er nach
einer verbesserten Methode gegenwärtig so aus, dass er ein
im Centrum mit einer, die Kugel eines 'Thermometers auf-
*) Pharmae. Jeurnal and Transact. February p. 870. 1868.
92 Bericht über die neuesten, die Mikrosublimation der Alkaloide ete.
nehmenden Vertiefung versehenes Kupferblech zur Unterlage
nimmt, in der Mitte zwischen Thermometer und Rand des
Bleches die zu sublimirende Substanz in der in der ersten
Abhandlung beschriebenen Weise anbringt und die Lampe
genau in der Mitte zwischen Untersuchungsobject und Ther-
mometer unter Beobachtung der a. a. ©. gleichfalls berichteten
Vorsichtsmaassregeln daruntersetzt. Auf diese Weise glückte
es Guy, eine bei seiner früheren Untersuchung übrig geblie-
bene, wesentliche Lücke durch Bestimmung der Schmelz- und
Sublimationspunkte einer grossen Reihe giftiger, organischer
und anorganischer Substanzen auszufüllen.
Die in Rede stehenden Körper verhalten sich beim Subli-
miren in dreifach verschiedener Weise, indem sie entweder
a) ohne ihre Form oder Farbe zu ändern und
ohne einen Rückstand zu hinterlassen, sublimiren.
Von den hierhergehörigen Substanzen: Quecksilberchlorür und
-chlorid, arsenige Säure und Üantharidin, interessirt uns letz-
teres ausschliesslich; es sublimirt bei 109°C. Hinsichtlich der
ersteren ist auf das Orginal zu verweisen.
b) Eine zweite Gruppe giftiger, erst sublimirender,
dann schmelzender und hierauf weiter sublimi-
render Substanzen wird von der Oxalsäure, welche
ohne Rückstand zu hinterlassen sublimirt, und von Strychnin
und Morphin, welche Kohle zurücklassen, gebildet.
Es liegt:
«e) der Sublimationspunkt: ß) der Schmelzpunkt:
des Strychnins bei 174°C. 5 bei 222°C.
des Morphins bei 166°0. ; bei 141°C.
c) Zur dritten Klasse endlich, welche erst schmel-
zen, die Farbe ändern und dann unter Zurück-
lassung von Kohle sublimiren, gehören alle übrigen
Alkaloide und viele Glykoside. Verf. bestimmte für
«) denSchmelz- £) denSublimations-
punkt punkt
Aconitin auf ungefähr 60°C. 205°C.
Atropin, ,„ f 69%; 2334
Delphinin , $ 6% 149° „
Bericht über die neuesten, die Mikrosublimation der Alkaloide ete. 93
m ce) denSchmelz- ß$)denSublimations-
punkt punkt
Veratrin auf ungefähr 93°C. 182°C.
Brucin 3 = 115:%% 205.2
Digitalin „ : 495° ,,; 195.
Pikrotoxin „ “ 1600: 1607,
SOlanın ....',, e 21502, 21a0,.,
Mekonin „ . 48.07 823%
Narcein,., i TASNRE AN
Paramorphin ,„ 9807 1:60%>
Papaverin „ er 9895 1950
Kodein = n 105%. 03):
Narkotin „ . 15055 inaL,,;
Kryptopin,, 2 1162. ar
Während Guy eingehendere Details über die physikali-
schen und chemischen Eigenschaften der bei der Mikrosubli-
mation der Alkaloide resultirenden Beschläge nur vom Mor-
phin mitgetheilt hat, beschrieb Waddington*) die nach
der von ihm angegebenen Methode gewonnenen
Sublimate von 8 Alkaloiden, so wie von Salicin
und Pikrotoxin genauer. Guy gegenüber bekämpft Verf.
die Ansicht, dass bei einer kunstgerechten Sublimation der
genannten Substanzen in der unten zu beschreibenden Weise
eine wenn auch nur theilweise, chemische Zersetzung eintre-
ten könne. Die Schwierigkeit des Mikrosublimationsverfahrens
liegt nach W. darin, dass der Sublimationspunkt und derje-
nige Temperaturgrad, bei welchem die Zersetzung beginnt,
bei vielen Alkaloiden äusserst nahe bei einander liegen. Wird
dieser Temperaturgrad richtig getroffen und eingehalten, wo-
bei z.B. bei Papaverin, ein Minus von 1—2°C. einen
sehr wesentlichen Unterschied bedingt, so findet stets eine
Sublimation der gesammten angewandten Alkaloidmenge, und
niemals eine solche einzelner Theile derselben statt. Ebenso
*) Pharmac. Journal etc. March. p. 409. 1868; British medice. -
chir. Review XLI. p. 552. 1868. (LXXXII.). April; Schmidt’s Jahrb,
CXL. p. 30. 1868; Referat von mir.
94 Bericht über die neuesten, die Mikrosublimation der Alkaloide ete,
wenig, als rauchige Krystalle in Guy’s Sinne auftreten, dür-
fen die bei der Mikrosublimation resultirenden Beschläge den
ÜUharakter amorpher Körner zeigen. Vielmehr müssen
stets Krystalle, und zwar von typischen Formen
(vgl. dagegen unten) dabei gewonnen werden. Viel
trägt hierbei die während der Mikrosublimation eingehaltene
Temperatur der als Receptaculum für das Sublimat dienenden
Glasplatte bei; sie darf in der Regel nur wenig niedriger, als
diejenige der die zu sublimirende Substanz aufnehmenden Un-
terlage sein, und ist jede stärkere Abkühlung der ersteren
auf das Gewissenhafteste zu vermeiden. Will man grössere
Mengen, als !/,, Grn. der Alkaloide sublimiren, so thut man
gut, die zu untersuchende Substanz auf das Innigste mit
Glaspulver verrieben anzuwenden. Um die Sublimation vor-
zunehmen, bedarf man eines schwach concaven Eisenblechs,
dessen Mitte durch einen geradverlaufenden Feilstrich mar-
kirt ist. Auf dieses wird ein 3” langes Glasplättchen, wel-
ches die zu sublimirende Substanz trägt, so aufgesetzt, dass
das zu prüfende Alkaloid genau über das Centrum des an
dieser Stelle !/);— !/,” vom Glase abstehenden Eisenblechs
zu liegen kommt. Das Untersuchungsobject wird wie bei
Guy mit einem Glasringe umgeben und auf diesem die als
Vorlage für das Sublimat dienende, nicht zu dünne Glasplatte
angebracht. Letzteres geschieht stets erst, wenn die Opera-
tion im Gange ist; ohne die Geräthschaft erkalten zu lassen
werden mikroskopisch zu untersuchende Proben Anfluges vom
Receptaculum durch Kratzen entfernt, dieses, wenn die resul-
tirenden Krystalle noch keine typische Form zeigen, nachdem
die ursprünglich angewandte Probe vollständig übersublimirt
ist, anstatt der ersten Unterlage auf das Eisenblech postirt,
Sublimation und Auffangen des Sublimates auf einer neuen
Glasplatte wiederholt, und diese Manipulationen so lange, bis
typische Krystalle gewonnen wurden, fortgesetzt. Die sehr
niedrig geschraubte Spirituslampe darf niemals gerade unter
dem Mittelpunkte des Blechs, sondern muss stets ein wenig
seitlich davon Platz finden.
Bericht über die neuesten, die Mikrosublimation der Alkaloide ete. $5
>
Die bei den einzelnen giftigen Substanzen nach dieser
Methode erlangten Resultate lassen sich in der Kürze wie
folgt zusammenfassen.
1) Strychnin wird in wohlausgebildeten charakteristi-
schen Krystallen erhalten; bei während der Sublimation zu
hoch gesteigerter Temperatur bräunt es sich und stösst
asphaltartig riechende Dämpfe aus.
2) Salicin schiesst in Nadeln, kleinen Blättchen und
verschiedenen anderen Krystallformen an.
3) Chinin liefert bei richtig geleiteter Sublimation einen
in Blumenform gruppirten Krystallanfiug, oder sehr feine und
lange, von einem Oentrum auslaufende Fäden. Auch bei zu
hoch gestiegener Temperatur werden krystallinisch erstarrende
Tropfen erhalten.
4) Cinchonin, welches bei der Mikrosublimation hohe
Hitzegrade verträgt, kann leicht in der charakteristischen
Krystallform gewonnen werden.
5) Die Mikrosublimation des Pikrotoxins unterliegt
dagegen grösseren Schwierigkeiten.
6) Morphin schiesst in feinen zu 8 verschlungenen Figu-
ren an; die kleinen Krystalle zeigen Blättchenform. Narcotin,
Narcein und Kodein wurde mehr oder weniger schwierig in
ausgebildeten Krystallen erhalten.
7) Papaverin wurde nach 9 Stunden lang fortgesetzter
Sublimation, wobei es sich nicht im geringsten gelb färbte, in
wedelförmig gruppirten Nadeln niedergeschlagen.
8) Mekonin lieferte Krystallbüschel. Thebain ‘gab eben
so leicht wie Morphin und Strychnin krystallinische Anflüge.
9) Piperin sublimirte bei sehr niedriger Temperatur
gleichfalls krystallinisch.
10) Atropin und Daturin (nach Pereira bei 100° F.
schmelzend) wurden in, sich in allen Punkten gleichenden, farb-
losen Krystallen gewonnen. :
Verf. giebt auch die Vorschrift, die zur Aufnahme des
Sublimates bestimmte Glasplatte vor dem Auflegen auf den Ring
etwas zu erwärmen und berichtet die auffallende Erscheinung,
dass sich gewisse Stoffe, z. B. das Morphin, unabhängig von
96 Bericht über die neuesten, die Mikrosublimation der Alkaloide ete.
einer fehlerhaften Beschaffenheit der zum Receptaculum benutz-
ten Glases anfänglich amorph und in krummen Linien prä-
eipitiren.
Schliesslich darf nicht unbemerkt bleiben, dass sich, im
Widerspruch mit Waddington’s Versicherung, für
die benannten giftigen Substanzen typische Kry-
stalledurch Mikrosublimationgewonnenzuhaben,
die Krystallformen differenter Alkaloide vielfach
durchaus glichen (z. B. des Kodeins und Strychnins) und
anderseits die Sublimation derselben Substanzen
verschieden gestaltete Krystalle, z. B. bald Nadeln,
bald Blättchen etc. lieferte. Diess’der Grund, warum Verf.
übereinstimmend mit Guy, die Darstellung möglichst zahlrei-
cher Sublimate und die Untersuchung derselben mit mikroche-
mischen Reagentien fordert. Letztere ergeben alsdann, z. B.
beim Strychnin, dass die Mikrosublimation von einer chemi-
schen Zersetzung des Untersuchungsobjectes nicht begleitet
gewesen ist.
Legen wir uns nun, nachdem wir die über Mikrosub-
limation seit dem Jahre 1865 veröffentlichten Arbeiten wie-
dergegeben, die Frage vor, ob das bezeichnete Verfahren
für die toxikologische und forensisch-chemische Praxis Be-
deutung gewonnen und als Erfolg versprechende Unter-
suchungsmethode Eingang gefunden hat, so müssen wir die-
selbe im verneinenden Sinne beantworten. Die Gründe
dafür, warum dem nicht anders sein konnte, sind in Folgen-
dem gegeben.
Das sowohl von Guy, als von Waddington gemachte
Zugeständniss, dass die Mikrosublimation nicht nur zuweilen
amorphe, also unbrauchbare Producte liefere, sondern auch
sowohl bei Sublimation differenter Substanzen übereinstim-
mende, als bei gleicher Behandlung derselben Substanz verschie-
den gestaltete Krystalle resultiren, muss das Verfahren gerade
für Fälle, in denen ein minutiöses Untersuchungsmaterial vor-
liegt, in einem, zum mindesten gesagt, zweifelhaften Lichte
erscheinen lassen. Wer könnte ernstlich daran denken, Bruch-
theile von Granen verdächtiger Substanz, wie es nach Wad-
ie a PTR A
er c
Bericht über die neuesten, die Mikrosublimation der Alkaloide ete. 97
dingtons Vorgange beim Papaverin nothwendig wird, S—
9 Stunden lang immer und immer wieder zu sublimiren, wenn
eine Garantie, dass ein stichhaltiges Resultat dadurch gewon-
nen werden wird, nicht gegeben werden kann? Wozu das
Sublimiren, wenn man schliesslich ohne mikrochemische Reagen-
tien doch nicht auskommt? Wenn die Methode bei Anwen-
dung reiner Alkaloide, wie sie Helwig, Guy und Wad-
dington bei ihren Versuchen vorlagen, nicht immer gelingt
— was auch der hochverdiente Otto*) für das Aconitin bestä-
tigt, — wie viel weniger wird dies bei den niemals vollkom-
men rein gewonnenen forensisch - chemischen Untersuchungspro-
dueten, mit welchen weder Guy, noch Waddington expe-
rimentirten, der Fall sein. Doch, hiermit nicht genug, kom-
men noch einige andere sehr wesentliche, gegen die Anwend-
barkeit der Mikrosublimation für forensische Zwecke sprechende
Punkte hier in Betracht.
Sehr richtig hebt Dr. Leonard Sedgwick“*) hervor,
—dass man sich in Fällen, wo man es, wie bei forensischen
Analysen mit einem kärglich zugemessenen und mühsam
vorbereiteten, folglich kostbaren Untersuchungsmaterial zu thun
hat, wohl bedenken sollte, ehe man organische, oft schon bei
niederen Temperaturgraden zersetzbare Körper der Möglich-
keit einer Zerstörung derselben durch die Hitze und der Ver-
flüchtigung durch die Ritzen des Apparates aussetzt.
Wiewohl es ferner durchaus nicht schwer hält, ein Subli-
mat, auch in krystallinischer Form, zu gewinnen, muss doch
nochmals darauf hingewiesen werden, dass, wie auch Sedg-
wick beobachtete, Strychnin und Kodein, Strychnin und San-
tonin, Morphin und Pikrotoxin Beschläge von durchaus der
nemlichen Krystallform liefern, und, dass man zwar typische
Krystalle des reinen Alkaloides gewinnen, aber auch
andere, welche denen differenter Substanzen
*) Anleitung zur Ausmittelung der Gifte z. G. b. gerichtlich che-
mischen Untersuchungen. III. Auflag. 1867. Vorrede. p. IX.
**) Leonard Sedgwick: Transactions of St. Andrews Graduates
Association 1867.; Auszug von PB. Richardson in British and foreign
medico - chirurg. Review, Vol. XLI. January - April 1868. p. 262.
Arch, d. Pharm. CXC. Bds. 1. u. 2. Hit. 7
98 Bericht über die neuesten, die Mikrosublimation der Alkaloide ete.
täuschend ähnlich sehen, erhalten kann — ein um so
schwerer ins Gewicht fallender Uebelstand, als die Bedingun-
gen, unter denen diese unvollkommenen, sich unter ein-
ander in hohem Grade gleichenden Krystallformen zu
Stande kommen, sich grossentheils der Controle entziehen.
Solche Momente sind: kürzere oder längere Sublimationsdauer,
grössere oder geringere Reinheit der zu sublimirenden Sub-
stanz, Natur der noch vorhandenen Beimengungen, Differenzen
der angewandten Hitze und Temperatur des als Receptaculum
für das Sublimat benutzten Glases.
Ist nun die Krystallform des Sublimates aus den eben
angegebenen Gründen für das Alkaloid, von welchem es her-
stammt, nicht unter allen Umständen charakteristisch, so frägt
es sich weiter, ob die in Rede stehenden Untersuchungsobjecte
durch die Mikrosublimation für die auch bei diesem Verfahren
nicht zu umgehende Einwirkung chemischer Reagentien geeig-
neter, oder, mit anderen Worten, die anzustellenden Reactio-
nen dadurch schärfer und characteristischer werden. Letztere
beruhen entweder auf Hervorrufung von Farbenerscheinungen,
oder auf Erzeugung und Wiederauflösung, namentlich
krystallinischer Niederschläge. Farbenreactionen
sind, wo es sich um mikroskopische Objecte handelt, weil
ihre Schärfe der Intensität der angewandten Vergrösse-
rung umgekehrt proportional ist, verwerflich. Amorphe Nie-
derschläge sind für die Unterscheidung in‘so kleinen Mengen
vorliegender Substanzen von einander ebenfalls nicht zu ver-
werthen; bleiben also krystallinische Präcipitate übrig. Da
sie sich nur, wenn Alkaloid wie Reagens gelöst sind, bilden,
so frägt auch Sedgwick, wie wir es oben gethan ha-
ben: warum sublimiren und ein Minimum kostbaren Unter-
suchungsmaterials der Gefahr der Zerstörung durch hohe
Temperaturgrade aussetzen, wenn man doch wieder auf-
lösen muss?
Ohne den Werth der mit Bichromat und Pikrinsäure
anzustellenden Proben auf Alkaloide verdächtigen zu wollen,
hebt Sedgwick besonders die Jodosulfatbildung als
eine der schärfsten und, ihres Verhaltens im polarisirten Lichte
ee + ;
RE s "
; e .
Bericht über die neuesten, die Mikrosublimation der Alkaloide ete. 99
wegen, ausgezeichnetsten und charakteristischen Alkaloid-
reactionen hervor. Ihre Verwerthung für die qualitative, foren-
sisch-chemische Analyse wird voraussichtlich von Jahr zu Jahr
an Ausdehnung um so mehr gewinnen, als man bei einer sehr
niedrigen und Zersetzung des in die Verbindung eingetrete-
nen Alkaloids nicht bedingenden Temperatur das Jod aus
den Jodosulfaten austreiben und den Rückstand nachträglich
noch mit anderen Reagentien behandeln kann. Man nimmt
die Reaction nach Sedgwick in der Weise vor, dass die
auf ein kleines Volumen gebrachte, verdächtige Substanz in
Schwefelsäure haltigem Weingeist aufgenommen, ein Tropfen
Jodtinetur durch Neigen des Objectgläschens nach einer Seite
zufliessen und die Mischung wenige Secunden stehen gelas-
sen wird. Während dieser Zeit ist die Bildung der rothen
oder rothbraunen Jodsulfatkrystalle vollendet.
Thatsächlich lässt sich nicht leugnen, dass die Mikrosub-
limation — was die Besprechung ihrer behaupteten Vor-
züge und Nachtheile in einer wissenschaftlichen Zeitschrift
durchaus nicht ausschliesst — in der toxikologischen, resp.
forensisch- chemischen Praxis, bisher nur wenig Boden gewon-
nen hat. Die neuesten Lehrbücher der gerichtlichen Analyse
von Otto, Dragendorff, Sonnenschein u.s. w. legen
Zeugniss hierfür ab. Otto hat des Mikrosublimationsverfah-
rens, wie gesagt, nur in der Vorrede und Dragendorff
überhaupt gar nicht gedacht. Bei alledem dürfte, wenn aus-
reichendes Material für chemische Feststellung der Natur
eines aus Leichentheilen isolirten Giftes, bez. Alkaloides, oder,
wo davon Nutzen zu erwarten, auch für physiologische Ex-
perimente an Thieren gewonnen, und genug möglichst reine,
den Geschworenen als Corpus delicti vorzulegende Substanz
bei den erwähnten Versuchen übrig behalten worden ist, kein
Grund vorliegen, warum nicht Pröbchen dieser Substanz
Behufs nochmaliger Bestätigung des bereits Ermittelten der
Mikrosublimation und weiteren mikrochemischen Untersuchung
unterworfen werden sollten. Auf die Ueberzeugung der in
dieser Richtung in der Regel wenig empfänglichen Geschwo-
renen werden freilich !/;oo. Gran wiegende Strychninpröbchen
7
100 Chem. Zusammensetz. u. phys. Wirkung gift. Substanzen ete,
oder Stäubchen, documentirten sie sich unter dem Mikroskop
auch als die wohlausgebildetsten und für genanntes Alkaloid
charakteristisch’sten Krystalle, gleichfalls nur einen unbe-
rechenbar geringen Einfluss auszuüben im Stande sein,
Bericht über die neuesten, auf den Zusammenhang
zwischen chemischer Zusammensetzung und physiolo-
sischer Wirkung giftiger Substanzen bezüglichen
Untersuchungen
von Dr. Hermann Köhler, Privatdocent zu Halle.
Ueber die Beziehungen zwischen chemischer Zusammen-
setzung und toxischer Wirkung giftiger Substanzen war bis
vor Kurzem so gut wie gar nichts bekannt; nur Schroff’s
und Stahlschmidt’s Untersuchungen über das Methyl-
stryehnin machten hiervon eine Ausnahme. Mit Freude
musste daher eine von Crum-Brown und Fraser*) über
diesen Gegenstand veröffentlichte Abhandlung, welche des
Neuen viel enthält, begrüsst werden. Verf. glauben, dass
Veränderungen der physiologischen Wirkung giftiger Sub-
stanzen besonders durch Verbindung derselben mit chemischen
Atomcomplexen zu Stande kommen, und haben zuvörderst die
durch Eintritt der Jodüre der Alkoholradicale in die stick-
stoffhaltigen chemischen Verbindungen, welche wir mit dem
Namen der Alkaloide zu bezeichnen pflegen, bedingten
eingehend erforscht. Nach Ansicht der Verf. wird diese Ad-
dition im chemischen Sinne mit Verminderung der „Con-
densation,“ d.h. unvollkommener Sättigung, z. B. des N in
den Ammoniaken, worin er dreiwerthig auftritt, in Zusam-
menhang gebracht. Diese Abnahme der Condensation ist die,
wenn auch nicht einzige, Bedingung für das Zustandekommen
giftiger Wirkungen. Aufdem von Schroff betretenen Wege
der Untersuchung weiter fortschreitend, stellten Verf. die
Jodmethylverbindungen des Strychnins, Brueins,
*) Transactions of the Royal Society of Edinburgh. January. 6, the.
1868. — Crum-Brown and Fraser: Journal of anatomy and physio-
logy II., 224. May 1868.
Chem. Zusammensetz. u. phys. Wirkung gift. Substanzen ete. 101
Thebains, Kodeins, Morphins und Nicotin’s m
folgender Weise dar.
Das feingepulverte Alkaloid wird mit kohlensaurem Kali
behandelt, ein Ueberschuss von in Weingeist gelöstem Jod-
methyl zugegeben, und die Mischung, durch ihr doppeltes
Velumen Spir. vini rectificatiss. verdünnt, 24 Stunden digeriren
gelassen. Jetzt wird der Weingeist abdestillirtt und die
restirende Jodmethylverbindung umkrystallisirt. Da dieselbe
in der Regel in Wasser löslich ist, so dient sie Verf. meisten-
theils auch zur Gewinnung der entsprechenden Schwefelsäure-
verbindung, Während nun Y,,— !Ys, Grn. Strychnin ein
Kaninchen tödtet, wirken 12 Grn. Strychninmethyljodür gar
nicht giftig, und liegt die lethale Dosis der Jodmethylverbindung
bei 20 Grn. (!) Merkwürdigerweise riefen sowohl das Jod-
methylstrychnin, als das gleichfalls untersuchte schwefelsaure
Methylstrychnin bei den Versuchsthieren keinesweges die sich
in Tetanus äussernden Erscheinungen der Strychnin-, sondern
die in Lähmung der intermuskulären Nervenendigungen bei
Intactheit der centripetalen Leitung (sensibl. Nerven) und des
Herzens sich aussprechenden Symptome der Uurarevergif-
tung hervor. Die Rücken- und Extremitätenmuskeln blieben
hierbei schlaff, contractil und von stundenlang andauernder
alkalischer Reaction. Durch die chemische Verbindung des
Strychnins mit Jodmethyl wird also die ursprünglich auf das
Rückenmark gerichtete, centrale Wirkung dieses Alkaloides
dergestalt alienirt, dass nun die peripherischen, motorischen
Nervenendigungen zuerst angegriffen werden. Gleichzeitig
wird aber auch die Intensität der Wirkung überhaupt um das
140fache abgeschwächt,
Ganz ebenso verhielten sich Brucin-, Kodein-, The-
bain- und Morphin-Methyljodür. Die lethale Dosis des
schwefelsauren Methyl-Brucins liegt besonders hoch, diejenige
des in Wasser leichter löslichen, entsprechenden Thebainsalzes
dagegen niedriger; von letzterem waren 8 Gran nöthig, um
den Tod von Kaninchen zu bewirken, während !/, Gran Thebain.
pur. zu gleichem Zwecke ausreicht. Von der entsprechenden
Kodeinverbindung wurden 10 Grains, also die 12fache Menge
Dr
102 Chem. Zusammensetz. u. phys. Wirkung gift. Substanzen ete.
des reinen Alkaloides, nothwendig. Die physiologischen Wir-
kungen des Kodeins wurden übrigens, indem das Alkoholradi-
cal in die Verbindung eintrat, nicht verändert. Die Mor-
phinverbindung ist sehr schwer löslich; 20 Gr., subeutan
injieirt, blieben völlig erfolglos, und während 8 Gr. Morphin
per os beigebracht, zum Tode führten, erwiesen sich die auf
die Höhe von 30 Gr. gesteigerten Gaben der Jodmethylver-
bindung als durchaus erfolglos. Versuche an Menschen bestä-
tigten das über Morphin an Thieren Beobachtete in allen
Punkten. Vier Grains des schwefelsauren Methylmorphins
riefen bei Kaninchen Morphin- Narkose, aber keine Convul-
sionen hervor.
Das Jodmethylnicotin stellt leicht in kaltem Wasser
lösliche Krystalle dar; fünf Grains konnten Kaninchen, ohne
irgend welche Wirkung zu erzeugen, subcutan injicirt werden;
fünfzehn Grains bedingten bedrohliche Vergiftungserschei-
nungen, aber erst 20 Grains waren tödtlich; Convulsionen
blieben auch in diesem Falle aus.
Mit Jodmethyl selbst angestellte Versuche wiesen
nach, das sich nicht etwadie Wirkungen desselben
einfach mit denjenigen des ursprünglich ange-
wandten Alkaloides combiniren. Vielmehr wird,
indem das Jodmethyl in die chemische Verbindung eintritt,
die physiologische Wirkung der genannten Alkaloide nicht
nur wesentlich modificirt, sondern auch in so enormem Grade
abgeschwächt, dass Verf. das Jodmethyl als Antidot der
öfter bezeichneten giftigen Substanzen empfehlen zu dürfen
glauben.
Die Beantwortung der letzteren Frage hat sodann W. B.
Richardson beschäftigt.*) Er experimentirte mit Fröschen,
Kaninchen und Meerschweinchen und bediente sich des Jod-
äthyls und Jodmethyls als Antidot der in Rede stehenden Alka-
loide, besonders des Strychnins und Nicotins, in folgen-
der Weise. Es wurden 3 Lösungen, nemlich
*) Abstract of Report to the British Association for the Advance-
ment of Science 1868.
Chem. Zusammensetz. u. phys. Wirkung gift. Substanzen ete. 103
a) von !/,, Gran Strychnin in 30 Minims- Weingeist und
Wasser,
b) von !/,, Gran Strychnin und 2 Minims Jodäthyl in eben
soviel Weingeist und Wasser, und
c) von2 Minims Jodäthylin ebensoviel Weingeist und Wasser
dargestellt. Ein Frosch bekam von Solut. a) injieirt und verfiel
nach 1'/, Minuten in Tetanus; ein Zweiter bekam von Solut.
b) und verhielt sich ebenso. Frosch Nr. 1 erhielt nun eine
Lösung von fünf Minims Jodäthyl subcutan injieirt; nach zehn
Minuten war der Tetanus vorüber und die abnorme Steigerung
der Reflexerregbarkeit hatte abgenommen. Nach 20 Minuten
war die Erschlaffung der Muskulatur vollständig und nur, wenn
die Haut gereizt wurde, fanden sich leise Zuckungen dersel-
ben ein.
Frosch Nr. 2 wurde sodann 1 Grain Jodäthyl subcutan
injieirt; sofort verschwand der Tetanus und machte completer
Erschlaffung mit Erlöschen der Reflexerregbarkeit Platz. Am
nächsten Morgen waren beide Frösche, ohne dass Aenderungen
in ihrem Befinden eingetreten wären, todt.
Ein antidotarisches Verhalten des Jodäthyls dem Strych-
nin gegenüber war hieraus zwar ersichtlich geworden; da
indess beide Frösche unter wesentlich verschiedenen Sympto-
men zu Grunde gegangen waren, so erschien eine nochmalige
Wiederholung der Versuche geboten. Sie wurde vorgenommen
wie folgt.
Frosch Nr. 3 erhielt erst eine Aufiösung von 10 Minims
reinen Jodäthyls; einige Stunden danach befand er sich anschei-
nend bei unverändertem Wohlsein; dann aber wurden Zeichen
vorhandener Motilitätslähmung bemerklich, und das Thier starb,
nachdem es sich ganz so, wie Frosch Nr. 2 verhalten hatte,
am nächsten Morgen. Hieraus ergab sich, dass bei Frosch
Nr. 1 zu wenig, bei Frosch Nr. 2 zuviel Jodäthyl angewandt,
dass Frosch Nr. 1 am Strychnin zu Grunde gegangen war,
und, dass Jodäthyl an sich Frösche unter den bei Nr. 2
beschriebenen Erscheinungen zu tödten im Stande ist.
Es lag nun die Frage nahe, ob es möglich sei, das Ver-
hältniss der ingerirten Strychnin- und Jodäthyldosen so
104 Chem. Zusammensetz. u. phys. Wirkung gift. Substanzen ete.
genau zu treffen, dass die Wirkungen beider sich gegenseitig
aufheben.
Dieses Verhältniss zu ermitteln ist Richardson für
Strychnin und Jodmethyl sowenig, wie für Nicotin und die
Jod- oder Bromverbindungen der Alkoholradicale gelungen.
Wurden sehr grosse Alkaloiddosen angewandt, so gelang es
zwar, das Leben der Thiere 24— 28 Stunden zu fristen; dann
aber trat regelmässig der Tod ein. Nun war schliesslich zu
ermitteln, ob die Wirkungen der genannten Jodüre und Bro-
müre vorliegenden Falles chemische oder physiologi-
sche, d.h. ob sie in einer chemischen Verbindung des Jod-
salzes mit dem Alkaloid, oder in der die Alkaloidwirkung
xmpensirenden Wirkung des Jod- und Bromäthyls oder
Methyls begründet waren. Zu diesem Behuf wurden anstatt
der Jod- und Bromverbindungen die Nitrite der Alkoholradi-
cale als Gegenmittel des Strychnins und Nicotins versucht.
Der Erfolg war genau derselbe, als wären die Haloidsalze
angewandt worden; es gelang zwar, dem Strychnintetanus
und den vom Nicotin bedingten Convulsionen dadurch vorzu-
beugen; niemals aber wurde der Punkt, wo Alkaloid und
Gegengift sich gewissermaassen in ihrer Wirkung neutralisi-
ren, getroffen, und der Tod trat in allen Fällen ein. Es ist
also nicht die durch den Eintritt der Alkoholverbindung
mit Jod in das Alkaloid gesetzte Veränderung in der chemi-
schen Zusammensetzung des letzteren, welches die physiolo-
gischen Wirkungen desselben verändert, sondern die Aethyl-
und Methylverbindungen erweisen sich (im Widerspruch
mit Brown und Fraser) ihren physiologischen
Eigenschaften und davon abhängigen Wirkungen nach,
in gewissem Sinne als Antagonisten der Alkaloide. Ein thera-
peutischer Gebrauch als Gegengift wird aber von den betref-
fenden Alkoholverbindungen in Fällen von Strychnin- und
Nicotinvergiftung so lange nicht zu machen sein, als die
Feststellung der zur gegenseitigen Aufhebung oder Neutrali-
sation der Wirkungen der Alkaloide sowohl, als der für
kleine Thiere ebenfalls giftigen Jodverbindungen der
Alkoholradicale nicht gelungen ist.
Sta SR
#.
Chem. Zusammensetz. u. phys. Wirkung gift. Substanzen ete. 105
Die neuesten, gleichfalls im höchsten Grade wichtigen
Untersuchungen über denselben Gegenstand sind der französ.
Akademie von Cahours und Jolyet*) mitgetheilt ‚worden.
Sie zeigten nemlich, dass, analog der durch Addition eines Alko-
holradicals erzeugten, abweichenden Wirkung der pflanzlichen
Alkaloide, auch die Substitution eines solchen Radicales im
Anilin ähnliche Differenzen in der Wirkung zur Folge hat.
Während nemlich Anilindämpfe bei Fröschen Krämpfe ver-
ursachen, bewirken die des Methyl-, Aethyl- und Amylani-
lins nur Stupor und, bei stärkerer Einwirkung Aufhören der
Reflexe und Athembewegung, während das Herz unverän-
dert fortschlägt.
Ohne (wie dies Franzosen nicht selten passirt) von
Brown’s und Fraser’s oben referirten Untersuchungen
Kenntniss zu haben, bemerken die Verf. über Methyl- und
Aethylstrychnin, dass sie wie Curare wirken, d.h. die
intramuskulären Nerven lähmen, sensible Nerven und Herz
dagegen intact lassen. (Für Methylstrychnin hat diese
Thatsache schon Schroff constatirt). Nach Unterbindung
der zuführenden Gefässe einer Extremität, treten in letzterer
den bei Strychninvergiftung zu beobachtenden ähnliche,
spontane Krämpfe auf, welche, weil sie nur nach Lähmung
des intramuskulären Nervenausbreitungen zu Stande kommen,
sonst nicht beobachtet werden. Nach 24— 36 Stunden hören
diese Krämpfe auf und die Versuchsthiere erholen sich.
Um bei Warmblütern diese (von Brown und Fraser
nicht erwähnten) langsam entstehenden und nur in langen,
übrigens freien Intervallen auftretenden Krämpfe hervorzu-
bringen, sind 20 Grm. Methyl- und 20—40 Grm. Aethyl-
strychnin, welche, per os applieirt, die Versuchsthiere nicht
tödten, erforderlich.
Die jüngsten Berichte der Verf. beziehen sich auf Aethyl-
coniinund Diäthylconiinjodür (Öompt. rend. 1869. II.
149.). Coniin wirkt bekanntlich an sich dem Curare ähnlich
*) Comptes rendus de l’Academie. LVI. Nr. 22. p. 1151. 1868.
106 Chem. Zusammensetz. u. phys. Wirkung gift. Substanzen ete.
-
und erzeugt u. a. klonische Krämpfe. Durch Eintritt der
Aethylgruppe und des Jods in das Alkaloid wird die Schnel-
ligkeit der Wirkung dieses deswegen bekanntlich im höchsten
Grade gefährlichen Giftes wesentlich herabgesetzt, und kom-
men die den Lähmungen bei warmblütigen Thieren voran-
gehenden Convulsionen bei Anwendung des mit Aethyl etc.
verbundenen Coniins in Wegfall.
Dasselbe gilt von den durch Dr. Siewert hierselbst im
Samen der Lupinen nachgewiesenen Öoniinderivaten: Con-
ydrin und Dimethylconydrin; sie bewirken sehr
allmälig, und ohne zu Convulsionen zu führen, Motilitätsläh-
mung und haben sonach Siewert’s Beobachtungen die über
die geringere Gefährlichkeit des Conydrns (dem Coniin
gegenüber) von früheren Autoren gemachten Angaben
durchaus bestätigt. Die Details seiner interessanten Unter-
suchungen über das Dimethylconydrin steht dieser fleissige
Experimentator soeben im Begriff mitzutheilen. Seinen Ver-
öffentlichungen vorzugreifen, kann nicht in unserer Absicht
liegen, wohl aber dürfen wir hiermit die Gelegenheit ergrei-
fen, auf die Resultate dieser mühevollen und nicht ungefähr-
lichen Arbeit in Voraus aufmerksam zu machen.*) HK.
*) Die in Obigem erwähnte Arbeit des Herrn Dr. M. Siewert
„über die Alkaloide der Lupinusarten “ findet sich jetzt abgedruckt im
Mai-Juniheft 1869 der Zeitschrift für die gesammten Naturwissenschaf-
ten $S. 426— 463. Sie schliesst mit folgenden Ergebnissen:
1) In dem Bitterstoffe der Lupinen ist der Hauptmenge nach eine
krystallisirbare Basis C2°H21NO? enthalten, welche bei 261°C. siedet und
kein vertretbares Wasserstoffatom enthält.
2) Es ist wahrscheinlich, dass der nicht krystallisirbare Theil des
Bitterstoffs, der bei 306 bis 310°C. siedet, aus einem Gemenge mehrer
Bassen (C1#H15NO? und C16H17NO?) beste,
3) Ob kleine Mengen Coniin und Methyleonydrin ursprünglich
vorhanden sind, bleibt ungewiss. HET,
a Ne
107
B. Monatsbericht.
I. Anorganische Chemie.
Verhalten des Palladium zum Wasserstoff.
Graham’s Versuche ergaben, dass ein Palladiumdraht
von 609,14 Mm. Länge als negativer Elektrod einer Was-
ser zersetzenden Batterie 128 Cc. oder das 935 fache Volumen
dieses leichtesten Gases absorbire.
Ausserdem zeigte sich eine Veränderung des spec. Gewichtes;
aus dieser und der gefundenen Menge des Wasserstoff berech-
nete Graham für den eingeschlossenen, verdichteten Was-
serstoff ein spec. Gewicht von 1,986. Die Aufnahme des
Wasserstoffes verringert die Tenacität und die Leitungsfähig-
keit für Elektrieität, doch ist letztere (5,99) noch so hoch,
dass sie zu Gunsten des metallartigen Charakters des Wasser-
stoffs spricht. Diese interessante Palladiumlegirung zeigt stärkere
magnetische Eigenschaften als das Palladium selbst, wesshalb
Graham vorschlägt, den Wasserstoff von den paramagneti-
schen Elementen zu trennen und ihn in Zukunft zu der magne-
tischen Gruppe Fe,Co,Ni zu zählen. (Berichte der deutschen
chemischen Gesellschaft. II. Jahrgang. Februar 1869.). Sch.
Einwirkung des Ammoniaks auf Phosphor.
Die Einwirkung des Ammoniaks auf Phosphor war bis
jetzt nur einmal Gegenstand einer chemischen Untersuchung
gewesen. Vogel hatte nemlich bei seiner Untersuchung über
die Einwirkung des Lichtes auf den Phosphor auch Mitthei-
lungen über die des Ammoniaks auf denselben gemacht,
doch sind dieselben nur unvollständig. Blondiot hat nun
in neuester Zeit Beobachtungen über denselben Gegenstand
veröffentlicht.
108 Einwirkung des Ammoniaks auf Phosphor.
Bei der Einwirkung des Ammoniaks auf den Phosphor
unterscheidet Blondlot zwei Fälle, nemlich den, wo das
Ammoniak bei Gegenwart von Wasser einwirkt und zweitens
den, wo wasserfreies Ammoniak in Anwendung kommt. Die
Producte, welche Blondlot in beiden Fällen erhielt, zeigen
bemerkenswerthe Verschiedenheiten. In der vorliegenden
Arbeit Blondlots beschäftigt sich derselbe nur mit dem
ersten Falle. Alkalien in wässeriger Lösung mit Phosphor
zusammengebracht bewirken unter Wasserzersetzung die Bil-
dung von phosphorsauren oder unterphosphorigsauren Alka-
lien, während sich Phosphorwasserstoff entwickelt. Ist Alkali
im Ueberschuss vorhanden und kann sich der gebildete
Phosphorwasserstoff frei entwickeln, so löst sich die ganze
Menge des angewandten Phosphors. Lässt man dagegen Al-
kali auf Phosphor in geschlossenen Gefässen einwirken, so
vermindern sich bald die Gasblasen, die Gasentwicklung hört
vollständig auf und der zurückbleibende Phosphor erscheint
seinem Ansehen nach kaum verändert. Hat man Kali- oder
Natronhydrat angewendet, so bedeckt sich der Phosphor mit
einer citronengelben, pulverigen und amorphen Schicht. Ist
dagegen Ammoniak in Anwendung gekommen, so erscheint
der Phosphor zuerst braunroth, dann grünlich und zuletzt
schön schwarz. Während dieses Farbenwechsels treten auch
Veränderungen in der Constitution des Phosphors auf. Der-
selbe wird hart, spröde, zerspringt und zerfällt schliesslich in
Staub. Diese Veränderungen gehen mehr oder weniger
schnell vor sich, je nach den Umständen, unter welchen die
Einwirkung des Ammoniaks auf den Phosphor stattgefunden
hat. So ist die Einwirkung des Sonnenlichtes von Einfluss,
obwohl Blondlot auch bei vollständigem Ausschluss des
Lichtes dieselben Resultate erzielt hat, wenn auch erst nach
sehr langer Zeit. Auch der Üoncentrationsgrad des Ammo-
niaks spielt bei der Einwirkung desselben auf den Phosphor
eine bedeutende Rolle. Wendet man eine gesättigte wässerige
Lösung von Ammoniak an, so ist natürlicherweise die Ein-
wirkung eine starke, aber auch ein Gemisch von 1 Th. käuf-
licher Ammoniakflüssigkeit und 2 bis 3 Th. Wasser wirkt
fast nicht weniger stark auf den Phosphor ein. Dagegen ist
die Einwirkung einer Ammoniakflüssigkeit, bestehend aus 1 Th.
solcher des Handels und 10 bis 20 Th. Wasser sehr lang-
sam, wobei sich der Phosphor schmutzig grün färbt ähnlich
dem Quecksilberjodür, während bei stattgefundener vollstän-
diger Umwandlung des Phosphors derselbe schwarz wie Kohle
erscheint. Dieser so veränderte Phosphor behält die Form,
Einwirkung des Ammoniaks auf Phosphor. 109
welche er zuerst hatte. Unter Wasser lässt er sich in einem
Mörser leicht in ein sehr feines Pulver verwandeln. War
die Einwirkung des Ammoniaks auf den Phosphor eine genü-
gend lange, sodass die ganze Masse des Phosphors verändert
wurde, so kann das erhaltene Pulver auf dem Wasserbade
getrocknet werden, ohne dass es sich entzündet. Finden
sich dagegen Spuren unveränderten Phosphors in dem mit
Ammoniak behandelten Phosphor vor, so entzünden sich diese
leicht beim Trocknen des Pulvers.
Von diesen Mengen unveränderten Phosphors kann man
das Pulver leicht befreien, entweder durch Behandeln mit
Schwefelkohlenstoff oder durch Kochen mit einer schwachen
Lösung von Kalihydrat. Nach dieser Behandlung kann das
schwarze Pulver ohne Gefahr des Sichentzündens entweder
an der Luft, ausgebreitet auf Streifen von Filtrirpapier, oder
im Dampfbade bei 100° getrocknet werden. Durch ein Haar-
sieb geschlagen, stellt der so veränderte Phosphor ein kaum
fühlbares, schön schwarzes, nicht hygroscopisches Pulver dar.
Dieses so erhaltene Pulver kann unter Wasser in einem
offnen oder geschlossenen Gefässe ohne merkliche Zersetzung
aufbewahrt werden. Wird es dagegen der Luft ausgesetzt,
so entwickelt es langsam Spuren von Ammoniak und wird
allmählig gelb.
In diesem Zustande zeigt es die Mehrzahl der Eigen-
schaften des amorphen Phosphors. Es unterscheidet sich von
dem letzteren durch die gelbe Farbe und durch den Geruch
nach Phosphorwasserstoff und Schwefelwasserstoff. Selbst in
feuchter Luft bleibt diese Modification des Phosphors trocken.
Am meisten unterscheidet sich die letztere von der des
amorphen Phosphors durch ihr Verhalten gegen Ammoniak,
indem der amorphe Phosphor nicht im mindesten durch Am-
moniak modifieirt wird, während diese gelbe Modification des
Phosphors unter denselben Umständen sofort sich bräunt und
schliesslich ebenso schwarz wird, wie das zuerst angewandte
schwarze Pulver. Es liegt hier eme wirkliche chemische
Verbindung zwischen Alkali und Phosphor vor, welche sich
erst bei 200°C unter Entwicklung von PH? zersetzt. Ueber
die Natur dieses gelben Pulvers hat sich Blondlot noch
nicht endgültig ausgesprochen. (Journal de pharmacie et de
chimie. Janvier 1869.). Sch,
Ra
FR en e
110 Verhalt. d. unterphosphor. Säure ete. — Gerein. Schwefelkohlenstoff.
Verhalten der unterphosphorigen Säure an der Luft.
Die Annahme, dass sich eine Auflösung von unterphospho-
riger Säure an der Luft nicht oxydire, ist von ©. Rammels-
berg als eine unrichtige erkannt worden. Eine aus dem
krystallisirten Barytsalze durch Schwefelsäure erhaltene Auf-
lösung von unterphosphoriger Säure wurde nach längerem
Stehen an der Luft mit kohlensaurem Kalk neutralisirt. Hier-
bei schied sich ein Salz ab, welches frei von kohlensaurem
Kalk war und die Reactionen des phosphorigsauren Kalkes
gab. Die Analyse des Salzes ergab:,
Calcium 28,42%,
Phosphor 22,06 „
Wasser 0,99,
Phosphorigsaurer Kalk von der Zusammensetzung H*Ca?P?O?
+ aq erfordert:
Ca 29,00
P 22,46
aq 6,52.
Die unterphosphorige Säure kann sich also an der Luft
in phosphorige Säure verwandeln. (Berichte der deutschen
chemischen Gesellschaft. I. Jahrg. Nr. 15. August 1868.).
Sch.
Gereinigter Schwefelkohlenstoff.
Millon reinigt Schwefelkohlenstoff auf folgende Art:
Nachdem derselbe mehrmals mit Wasser gewaschen worden,
lässt man ihn in einer geräumigen Retorte 24 Stunden mit
Aetzkalk in Berührung und destillirt dann in eine Vorlage,
welche eine grosse Menge Kupferspäne enthält, die zuvor
geglüht und dann im Wasserstoffstrome redueirt worden sind.
Der Kalk nimmt hierbei eine fast schwarze Farbe an, der
gereinigte Schwefelkohlenstoff aber einen ätherischen, fast an-
genehmen Geruch. Er ist nun geeignet zum Ausziehen der
feinsten Blumengerüche. (Pharmaceut. Journ. and Transact.
Jan. 1869. Sec. Ser. Vol. X. Nr. VII. P. 430.) W».
Neue Bildungsweise des Kohlenoxysulfids.
Er
Der Entdecker dieses Gases, Than in Pesth, ging bei der
Darstellung des neuen Gases von folgenden beiden Gleichun-
gen aus:
Neue Bildungsweise des Kohlenoxysulfids. 111
CONH + H20 = C00 + H®N
CSNH + H?0 = CSO + HN.
Nach A. Ladenburg lässt sich das Auftreten des
Kohlenoxysulfids überall da erwarten, wo eine Kohlensäurebil-
dung beobachtet ist, bei welcher der Sauerstoff 2 verschiedenen
Molekülen entzogen wird, wenn man statt des einen O halti-
gen Körpers einen geschwefelten benutzt. Ladenburg
liess auf Wurtz’schen Cyansäureäther trocknen Schwefel-
wasserstoff einwirken, wobei die entweichenden Gase über
Wasser aufgesammelt wurden. Die Reaction ist eine ziem-
lich lebhafte, der Aether erwärmt sich und erstarrt zu einer
Krystallmasse. Das gewonnene Gas wurde solange mit etwas
angesäuerter Bleiacetatlösung geschüttelt, bis es beim Durch-
leiten durch eine Lösung dieses Salzes keine Bräunung mehr
erzeugte. Der Rückstand betrug mehre 100CC., gab in Ba-
rytwasser geleitet einen Niederschlag von kohlensauren Baryt,
während die davon abfiltrirte Lösung mit Nitroprussidna-
trium die charakteristische violette Färbung der Schwefelver-
bindungen zeigte. Die krystallinische Masse war Diäthylharn-
stol. Die Reaction ging also nach der Gleichung vor sich:
2CONC2H° + HS =
COS + CO(NHC2H°)2.
(Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft. 1. Jahrgang.
Februar 1869.). Sch,
Ir.
Wie unter I angegeben, hatte A. Ladenburg versucht für
das Auftreten des Kohlenoxysulfids eine Regel zu geben, deren
Richtigkeit derselbe für einen speciellen Fall (Einwirkung
von trocknem Schwefelwasserstoff auf Cyansäureäther) nach-
gewiesen hat. Die Allgemeinheit der Regel war dadurch
beschränkt, dass nur dann die Bildung des neuen Gases zu
erwarten war, wenn von zwei verschiedenen Molecülen das
eine Sauerstoff, das andere Schwefel abgab. Da nun theore-
thisch kein Grund vorhanden ist, wesshalb das Kohlenoxy-
sulfids nur aus zwei Molecülen entstehen soll, so suchte
A. Ladenburg nach einem Körper, der selbstständig die
Bildung des Kohlenoxysulfids bewirken konnte. Er wählte
die von Kekule& 1854 entdeckte Thiacetsäure C2H4OS und
erhitzte dieselbe bis gegen 300° Das erhaltene Gas bestand
112 i Zur Geschichte des Kohlenoxysulfids.
etwa zu °/, aus Schwefelwasserstoff, während der Rest Koh-
lenoxysulfid enthielt. (Derichte der deutschen chemischen Ge-
sellschaft. IL. Jahrg. Nr. 3. Februar 1869.). Sch.
Zur Geschichte des Kohlenoxysulfids.
A. W. Hofmann hat vor mehren Jahren gezeigt, dass
das 'Triäthylphosphin das beste Reagenz auf Schwefelkohlen-
stoff ist, indem sich dasselbe mit diesem zu einer in schönen
rothen Nadeln krystallisirenden Verbindung, bestehend aus
1 Mol. Triäthylphosphin und 1 Mol. Schwefelkohlenstoff, ver-
einigt. Die Entdeckung des dem CS? so nahe stehenden
COS liess es wünschenswerth erscheinen, das Verhalten auch
dieses neuen Gases zu dem Triäthylphosphin zu studiren.
Das aus Schwefeleyankalium vermittelst Schwefelsäure
sich entwickelnde Gas bildet in der That mit der oben
genannten Phosphorbase die rothen Krystalle, doch zeigte die
Analyse der erhaltenen Krystalle, dass dieselben mit den von
dem US? gelieferten identisch waren. Es waren also zwei
Fälle denkbar; entweder das UÜOS zerlegte sich bei Gegen-
wart der Phosphorbase in Kohlensäure und US?
2C0S = 002 + 052,
oder aber das entwickelte Gas war noch mit dem bei der
Einwirkung der Schwefelsäure auf Schwefeleyankalium gleich-
zeitig gebildeten CS? verunreinigt. Das COS war allerdings
nach der vom Entdecker desselben angegebenen Methode
gereinigt, doch war es unmöglich, das COS auf diesem Wege
vollständig frei von OS? zu erhalten. A. W. Hofmann
reinigte das COS durch die Phosphorbase selbst vollständig
von dem CS? indem er das sich aus dem Entwicklungskol-
ben entbindende Gas durch eine lange Röhre, welche Baum-
wolle enthielt, die mit einer ätherischen Lösung der Phosphor-
base getränkt war, streichen liess. Die dem Eintritt des
Gases näher liegenden Schichten der Baumwolle färbten sich
nach einiger Zeit roth, während die weiter liegenden Schich-
ten schwächer und schwächer gefärbt waren.
Das so gereinigte COS wurde in Cylindern über Queck-
silber aufgefangen. Es war reines Kohlenoxysulfid. Von
Natronlauge wurde dasselbe unter Bildung von Natriumcar-
bonat und Natriumsulfid absorbirt. Triäthylphosphin, mit-
telst einer gekrümmten Pipette in das über Quecksilber
abgesperrte Gas eingespritzt, lieferte keine Spur mehr von
Kohlens. Salze i. Wasser. — Kohlens.in.d. Biearbonaten u.natürl. Wässern, 113
den rothen Krystallen. Das Triäthylphosphin ist also nach
wie vor das empfindlichste Reagenz auf CS?. (Berichte der
deutschen chem. Gesellschaft. März 1869. Nr. 4.). Sch.
Bestimmung kohlens. Salze im Wasser.
Wenn man nach Chevalet irgend ein kohlens. Salz
mit einem Ammoniaksalze erhitzt, so entsteht kohlensaures
Ammoniak; befindet sich das kohlens. Salz in wässriger Lö-
sung und destillirt man diese nach Zusatz von überschüssi-
gem Ammoniaksalz, so befindet sich sicher alle Kohlensäure
als kohlensaures Ammoniak in der abdestillirten Hälfte, Die-
ses Verhalten benutzt Chevalet zur Bestimmung der koh-
lensauren Salze im Wasser.
200 CC. des filtrirten Wassers bringt man in einen De-
stillirapparat, setzt 0,5 Grm. Chlorammonium hinzu, destil-
lirt 100CC. ab und fängt diese in 10CC. einer sehr ver-
dünnten titrirten Schwefelsäure auf. Man erhitzt dann das sauere
Destillat zum Sieden, um die Kohlensäure zu vertreiben und
bestimmt den Ueberschuss der Schwefelsäure auf gewöhnl.
Weise durch Titriren. Man erhält so die Menge des Ammo-
niaks und folglich auch die der Kohlensäure, welche mit dem-
selben als normales Salz verbunden war. Chevalet hat
diese Methode benutzt, um die Löslichkeit einiger kohlen-
sauren Salze in Wasser zu bestimmen und gefunden, dass
1 Liter Wasser 0,034 Grm. kohlensauren Kalk und 0,106 Grm.
kohlensaure Magnesia zu lösen vermag. (Bull. Soc.. chim.
10,90; Zeitschr. f. Chemie, 1868, 5. Decbr. 8.716). H.L.
Bestimmung der Kohlensäure in den Biecarbonaten
und natürlichen Wässern.
Ch. Lory wendet dazu eine Lösung von phosphor-
saurem Kupferoxydineinemkleinen Ueberschusse
von Salzsäure an, Giesst man diese Lösung in ein Was-
ser, welches Alkalien oder Erdalkalien als einfach- oder dop-
pelt-kohlensaure Salze enthält, so sättigen diese Basen die
Salzsäure des ersten Tropfens des Reagenzes und in Folge
davon scheidet sich das phosphorsaure Kupferoxyd in Form
einer bläulichen Wolke aus. Fährt man mit dem Zusatze
Arch. d. Pharm. CXC. Bds. 1. u. 2. Hft, fe)
114 Salpetrigs. Kali im käufl. Kalisalpeter. — Nachweis. salpeters. Salze ete.
des Reagenzes fort, so löst sich diese Trübung im Ueberschuss
der Säure wieder auf, und man kann den Punkt, wo die
Flüssigkeit wieder klar wird, leicht treffen. Hält man jetzt
inne, so entspricht die Menge des angewandten Reagenzes
der Menge der vorhandenen Basen und folglich auch der
Menge der Kohlensäure. Die Gegenwart von freier Koh-
lensäure im Wasser ist ohne Einfluss auf die Genauigkeit.
Um den Gehalt des Reagenzes festzustellen, löst Lory
2,65 Grm. reines trocknes kohlensaures Natron in 1 Liter
Wasser und sättigt die Flüssigkeit mit Kohlensäure, Die
Kupferphosphatlösung ist so hergestellt, dass gerade 4,4 UC.
erforderlich sind, um die beschriebene Reaction in 100 00.
jenes Alkalicarbonat- Wassers zu bewirken,
Diese 4,4 CC. entsprechen dann 0,22 Grm. gebundener
Kohlensäure in 1 Liter Wasser und man braucht bei jedem
anderen Wasser die Zahl der auf 100 CC. verbrauchten CC.
. )
der Kupferphosphatlösung nur mit —
um direct die Anzahl von Centigrammen Kohlensäure zu
erhalten, die in 1 Liter des Wassers im gebundenen Zustande
enthalten ist. (Compt. rend. 67, 237; Zeitschrift f. Chemie
1868. S. 664.). HB,
= 5 zu multipliciren,
Salpetrigs. Kali im käuflichen Kalisalpeter.
Fast sämmtlicher im Handel vorkommende Kalisalpeter,
selbst der sog. gereinigte, ist durch salpetrigsaures
Kali verunreinigt. Diese Verunreinigung stammt aus dem
zu seiner Darstellung dienenden Natronsalpeter oder Chili-
salpeter. (Polyt. Notizbl.; Industr. Zeit.; Pharm. Presse 1868,
23. Sept.). Ha:
Nachweisung salpetersaurer Salze im Wasser.
Thomas P. Blunt empfiehlt, das Wasser mit Na-
triumamalgam längere Zeit (etwa 12 Stunden lang) in
einer lose verschlossenen Flasche stehen zu lassen. Durch
den nascirenden Wasserstoff wird die Salpetersäure in Am-
moniak verwandelt und dieses kann nachher vermittelst des
Nessler’schen Reagenzes (alkalisches Jodquecksilber - Jodka-
u ”.
Ueb.d. Einwirkung d. Wassers a. Blei. — Bleiröhren m. inner. Zinnüberzug. 115
lium) sehr scharf erkannt werden. Enthält das Wasser gleich-
zeitig Ammoniak, so muss dieses durch Verdunsten des
mit Kali versetzten Wassers entfernt werden. Diese Reaction
ist noch feimer als die mit Eisenvitriol und conc. Schwefel-
säure. (Chem. News. 16. Oct. 1868, 179; Zeitschr. f. Chem.
1868, 5. Decbr. 734.). Hab:
Ueber die Einwirkung des Wassers auf Blei.
Prof. Parkes in Netley macht auf die von ihm, wie
auch bereits von vielen Anderen, beobachtete Thatsache auf-
merksam, dass die Einwirkung, welche Wasser auf Blei aus-
übt, nicht immer den für diese Erscheinung angeführten Ur-
sachen zugeschrieben werden kann. Kürzlich hat Dr. Frank-
land eine merkwürdige Beobachtung gemacht, welche bezügl.
dieser Frage einiges Licht verbreitet. Der genannte Chemi-
ker fand nemlich, dass Wasser, welches die Eigenschaft
besitzt, auf Blei oxydirend einzuwirken, diese Eigenschaft ver-
liert, sobald es durch em Filter von Thierkohle gegan-
gen ist. Seiner Beobachtung zufolge rührt diese Erscheinung
von einer geringen Menge von phosphorsaurem Kalk
her, die das Wasser aus der Thierkohle aufnimmt.
Bei der Vergleichung zweier natürlicher Wässer, nem-
lich des Wassers aus dem Kentflusse, von welchem Blei
stark angegriffen wird und aus dem Flüsschen Wyrnwy,
welches, obgleich es sehr weich ist, auf Blei nicht einwirkt,
fand er in letzterem einen bestimmbaren Gehalt an phosphor-
saurem Kalk, während die Gegenwart dieses Salzes im Was-
ser des“Kent nicht nachgewiesen werden konnte. Mit Hülfe
dieser Beobachtung möchte ein grosser Theil der Wider-
sprüche in den Angaben über die Wirkungen von weichem
Wasser auf Blei zu erklären sein. (Journ. of the Soc, of
arts; Dingler’s polyt. Journ. B. 191. S. 171.; Polyt. Notiz-
blatt 1869. Nr. 5. 8. 80.). H.L.
Bleiröhren mit innerem Zinnüberzuge.
Die Herren Hamon und Lebreton-Brun in Nantes
sind patentirt für ein Verfahren, Röhren aus Blei mit inne-
rem Zinnüberzug oder vielmehr ausgefüttert mit einem Zinn-
rohre herzustellen. Diese Röhren haben den Vortheil, viel-
116 Neue alkalimetrische Methode zur Bestimmung gefärbter Laugen.
facher Verwendung fähig zu sein, bei denen einfache Blei-
röhren nicht gebraucht werden können, weil das Blei von
den durchfliessenden Flüssigkeiten (wie Regenwasser, See-
wasser, Bier, Wein ete.) angegriffen würde. Zudem sollen
sie nicht mehr kosten als gewöhnl. Bleiröhren ohne Zinnfütte-
rung; denn die grössere Widerstandsfähigkeit des Zinnes
macht es möglich, für gleichen Widerstand dem Rohre eine
bedeutend geringere Wandstärke zu geben, als den gewöhn-
lichen Bleiröhren.
-So hat z. B. ein Rohr von 3,4 MM. Blei- und 1,0 MM.
Zinn -Wandstärke ebenso grosse Widerstandsfähigkeit als ein
gewöhnl. Bleirohr von 6 MM. Wandstärke; ersteres wiegt
für laufenden Meter bei 27 MM. Durchmesser 4,589 Kilogr.
und kostet (93 Fres. für 100 Kilogr.) 4,27 Fres.; letzteres
wiegt für laufenden Meter 7,110 Kilogr. und kostet (60 Fres.
für 100 Kilogr.) genau dasselbe. Nach angestellten Unter-
suchungen können diese Zinn - Bleiröhren ebenso gebogen wer-
den, wie einfache Bleiröhren, ohne dass der Zusammenhang
der beiden Metalle darunter im Geringsten leidet. Hamon
und Lebreton-Brun verfertigen ihre Röhren, indem sie
einen Rohrstutz aus Zinn in einen solchen aus Blei einführen
und dann beide zusammen ausziehen. Den Druck erzeugen
sie vermittelst emer hydraulischen Presse.
Diese Notiz des Polytechn. Oentralblatts verdient gewiss
die Aufmerksamkeit der Mechaniker. (Hamburger Gewerbe-
blatt 1868, Nr. 19; Schweizer. Wochenschr. f. Pharm. 1868.
Nr. 20.). HD}
Neue alkalimetrische Methode zur Bestimmung
gefärbter Laugen.
Nach der gewöhnlichen Methode sättigt man das Alkali
mit einer titrirten Säure und bestimmt den Sättigungspunkt
durch die Färbung der hinzugefügten Lackmustinctur.
Strohl hat ein anderes Mittel angegeben, um den Sät-
tigungspunkt zu bestimmen. Er setzt der Lauge eine bestimmte
Menge essigs. Natrons hinzu und zwar genügt 0,1 Grm. des-
selben. Man nimmt 50 CC. der Lauge, fügt 0,1 des essigs. Nal-
zes hinzu und soviel Wasser, dass der Kolben bis zur Hälfte
gefülltist. Das Erwärmen muss vorsichtig stattfinden, so dass
das Sieden vermieden wird. Von der titrirten Säure lässt
man Tropfen für Tropfen hinzufliessen und erhitzt, sobald der
‚Glas für chemische Geräthschaften. 117
Sättigungspunkt bald erreicht ist, zum Sieden. Färbt sich nun
der in dem rechtwinklig gebogenen Ausströmungsrohr befind-
liche Streifen von blauem Lackmuspapier nicht, so müssen vor-
sichtig noch ein Paar Tropfen Säure durch die in der zwei-
ten Durchbohrung des Korkes befindliche Trichterröhre in den
Kolben gelangen. Nach dem Säurezusatz wird wieder er-
wärmt et. Man macht natürlicherweise noch einen zweiten
Versuch, bei dem die Trichterröhre sauber mit Wasser abge-
spült wird. Für 0,1 Grm. essigs. Natrons müssen bei Anwen-
dung einer in halbe UC. getheilten Bürette zwei Theilstriche
von den verbrauchten CC. der Säure abgezogen werden.
(Journal de pharm. et de chimie. Aprilheft 1869.). Sch.
Glas für chemische Geräthschaften.
Bei seinen Untersuchungen über die Atomgewichte fand
J. S. Stas, dass die gewöhnlichen Gläser für chemische
Geräthschaften bei gewöhnl. Temperatur von HCl und NO?
angegriffen werden, die harten böhmischen und überhaupt alle
thonerdefreien und sehr kieselerdereichen Gläser dagegen der
Einwirkung heisser conc. Säuren fast unbegränzt lange wider-
stehen. Da aber letztere Glasarten sehr schwer schmelzbar
und daher schwierig zu verarbeiten sind, so bemühte er sich,
ein von Säuren nicht angreifbares und zugleich nicht allzu-
strengflüssiges Glas anzufertigen und stellte in dieser Bezie-
hung Versuche in einer Glashütte an. Dabei ergab sich, dass
ein genügend kieselsäurereiches Glas mit Kalk- und Na-
tronbasis obigen Anforderungen ebenso gut entspricht, und
da ein Gemisch gleicher Aeg. kohlens. Kalis und kohlens.
Natrons bekanntl. weit leichter schmelzbar ist, als das leicht-
flüssigste der beiden kohlens. Salze, so versuchte Stas, die
Schwerschmelzbarkeit obiger Glassorten dadurch in etwas zu
mindern, dass er in ihnen das Kali oder Natron durch gleiche
Aeg. von Kali und Natron ersetzte. Er bestimmte daher den
Glassatz so, dass das resultirende Glas bestand aus: 77,0 Proc.
Kieselsäure, 7,7 Kali, 5,0 Natron, 10,3 Kalk, also gleiche
Aeq. KÖ und NaO enthielt. Das so erhaltene etwas gelb-
liche, sehr harte Glas entsprach den Anforderungen; es war
nicht allzu schwierig zu verarbeiten und widerstand der Ein-
wirkung der Säuren auf das Vollkommenste. (Deutsche In-
dustrie- Zeitung 1868. S. 76. Polyt. Notizbl. Nr. 6. 1868.).
H.:l2
118 Smalte. — Eisenoxyd-oxyd. — Urs. versch. Färb. d. Eisenhohof.-Schlacken.
Analyse einer Smalte.
A.C. Oudemans jun. analysirte eine prächtige, feurige,
ultramarmähnliche Smalte mit folgendem Resultate:
Kieselsäure 63,7
Bleioxyd 2,7
Kobaltoxydul 5,7
Kali 20,1
Thonerde 4,0
Eisenoxyd 1,3
Wasser 1,7
3082.
Von Nickeloxydul war keine Spur zu finden. (Journ.
f. pr. Ch. 1869. 1. Bd. S.55.). B. E.
Eisenoxyd - oxydul.
Durch Fällung eines Gemisches von schwefelsaurem
Eisenoxydul und -Eisenoxyd zu gleichen Aequivalenten mit
kohlensaurem Natron erhält man nach Attfield einen Nieder-
schlag, der vom Magnet sofort angezogen wird. Nicht so,
wenn jede Lösung für sich gefällt und der Niederschlag aus der
einen mit dem der andern gemischt wird. Nach kurzer Zeit
beginnt aber die Attraction des Magnets und ist nach einigen
Stunden ebenso stark, wie bei dem ersten Präcipitate. Es
scheint also nachträglich eine Verbindung der beiden Nieder-
schläge stattzufinden. (Pharmac. Journ. and Transact. See.
Ser. Vol. IX, Nr..X. P. 464.). W».
Ursache der verschiedenen Färbungen der Eisenhoh-
ofen - Schlacken.
Nach ©. M&ne (Compt. rend. 63,797. Dingler’s polyt.
Journ. 183, 141) beruhen die Färbungen solcher Schlacken
auf der Gegenwart verschiedener Oxydationsstufen des Eisens
in veränderlichen Verhältnissen. Man findet:
in den schwarzen Schlacken dieses Metall als 6FeO + Fe?O3
» » blauen als 2FeO + 2Fe?0°
» » grünen „ FeO + Fe?20°
>». gelben „ 2FeO + 3Fe?0°
» » orangerothen als FeO + 3Fe?O® und
„ purpurrothen als Fe?O3.
(Wittstein’s Vierteljahrsschr. f.pract. Pharm. 1868. S.571.). H.L.
P
vr
Bereitung des neutralen Ferrum sesquichloratum solutum. 119
Bereitung des neutralen Ferrum sesquichloratum |
solutum.
Die bekannte Bereitungsmethode dieses Präparates, beste-
hend im Auflösen von überschüssigen Eisen in Salzsäure ver-
mittelst der Wärme, Erhitzen bis zum Aufhören der Gas-
entwicklung, Filtriren und Hineinleiten eines Chlorstroms etc.,
scheint ein vollkommen neutrales Product geben zu müssen,
Nach Bouilhon kann das nach dieser Methode dargestellte
Eisenpräparat trotzdem freie Chlorwasserstoffsäure enthalten.
Nach der Einwirkung der Salzsäure auf das Eisen finden
sich trotz der beendigten Gasentwicklung kleine Mengen von
freier Säure in der Flüssigkeit, welche nun auch in das
Eisenchlorid mit übergehen. Ferner ist bekannt, dass erstens
sich eine wässrige Lösung von Chlor nur kurze Zeit hindurch
hält, indem unter Wasserzersetzung sich der Wasserstoff mit
dem Chlor verbindet, während Sauerstoff frei wird und zwei-
tens, dass chemische Einwirkungen durch Wärme, bisweilen
auch durch das Licht befördert werden. Erhitzt man selbst
bei mässiger Temperatur eine Lösung von Eisenchlorid, welche
Chlor enthält, so findet die oben erwähnte Reaction zwischen
Chlor und Wasser statt. Wenn sich auch ein Theil des
Chlors entwickelt, so wird doch immer ein anderer Theil auf
die Elemente des Wassers einwirken, Salzsäure bilden -und
Sauerstoff entstehen lassen.
Man wird also ein Product erhalten, welches umsomehr
Säure enthält, als die Flüssigkeit mit Chlor gesättigt war,
auch wenn man von einer vollkommen neutralen Eisenchlo-
rürlösung ausgegangen ist. Bouilhon giebt nun folgende
Methode an, um eine durchaus neutrale Eisenchloridlösung
zu erzielen. Man lässt reine und gehörig verdünnte Chlor-
wasserstoffsäure auf überschüssiges Eisen einwirken, erwärmt,
um die Einwirkung zu beschleunigen, bis zur vollendeten
Gasentwicklung, hierauf verdampft man die Eisenchlorürlösung
bis zur gehörigen Concentration, decantirt und lässt an einem
kühlen Ort krystallisiren. Nach 10—12 Stunden giesst man
die Mutterlauge ab, wäscht die gut abgelaufenen Krystalle
schnell ab, löst sie in vorher ausgekochten Wasser auf, filtrirt
und leitet in die fast gesättigte Lösung Chlor. Der Strom
muss langsam sein, da die Absorption nicht allzuschnell vor
sich geht; auch vermeidet man bei einem langsamen Chlor-
strom die Erwärmung der Flüssigkeit. Schliesslich erhält
man also Eisenchloridlösung, welche freies Chlor enthält.
Dieser fügt man eine Lösung von Eisenchlorür hinzu, lässt die
120 Syr. Ferri hypophosphorosi. — Darstell. v. pyrophosphors. Eisenoxyd.
Flüssigkeit, nachdem man nach jedesmaligen Zusatz tüchtig
durchgeschüttelt hat, einige Stunden stehen und prüft mit
Kaliumeisencyanid, bis eine Spur von Eisenchlorür im Ueber-
schuss vorhanden ist.
Das Vorhandensein einer kleinen Menge Eisenchlorür
schadet nichts, da dieses sich mit einer äquivalenten Menge
des Chlorides zu einem Eisenchlorür -chloridsalz verbindet,
welches letztere sich ohne Zersetzung hält. Zuletzt setzt
man die genügende Menge Wasser hinzu, bis das richtige
sp. Gewicht erreicht ist. Dieses von Bouilhon angegebene
Verfahren weicht also von dem gewöhnlichen in folgenden
Punkten ab:
1) in der Anwendung von reinem, säurefreien, krystalli-
sirten Eisenchlorür,
2) in der Entziehung des in der Eisenchloridlösung ent-
haltenen Chlors durch eine in sehr geringem Ueber-
schuss hinzugesetzte Eisenchlorürlösung,
3) in der Anwendung einer concentrirten Eisenchlorürlö-
sung zur Vermeidung der nach dem Behandeln mit
Chlor zu concentrirenden Eisenchloridlösung.
(Journal de pharm. et de chimie. Februarheft 1869.). Sch.
Syrupus Ferri hypophosphorosi.
Man zersetzt unterphosphorigsauren Kalk mit schwefel-
saurem Eisenoxydul in Aequivalenten. Es scheidet sich
schwefelsaurer Kalk ab, das Eisensalz bleibt in Lösung, ver-
unreinigt mit einer übrigens nicht zu beachtenden Menge
Gyps. Die Lösung wird mit einer beliebigen Menge Syr.
sacchari gemischt. (Pharmac. Journ. and Transact. See. Ser.
Vol. IX. Nr. X. P. 461.). WW».
Darstellung von pyrophosphorsaurem Eisenoxyd.
Pyrophosphorsaures Eisenoxyd durch citronensaures Am-
moniak in Lösung zu bringen, hat zuerst E. Robiquet der
Academie der Mediein zu Paris vorgeschlagen. Derselbe
löste den gelatinösen Niederschlag in citronensaurem Ammo-
niak auf unl stellte vermittelst dieser Lösung einen Syrup
Wiederherstellung von Manganhyperoxyd zur Bereitung v. Chlorgas. 121
dar. Procter wiederholte die Darstellung nach der von
Robiquet angegebenen Methode und erhielt ebenfalls einen
Syrup. Nach der von Dr. Squibb für die U. S. Pharma-
copöe gegebenen Vorschrift resultirt ein Präparat in Blättern.
2Na0,HO,PO5S + 24HO wird in 2NaO,PO5 verwandelt.
Die Lösung des letzteren in Wasser wird mit einer Lösung
von schwefelsaurem Eisenoxyd bei einer 32°C. nicht über-
steigenden Temperatur gemischt. Der resultirende breiartige
Niederschlag wird ausgewaschen und in citronensaurem H®N
gelöst. Auch diese Vorschrift giebt oft ein mangelhaftes Re-
sultat. Duffield hat dieselbe modifieirt und zu einer in
jeder Beziehung brauchbaren gemacht. Man nimmt den Nie-
derschlag, welchen man aus 8!/, oz. pyrophosphorsaurem Na-
tron erhalten hat (er wiegt ungefähr 6!/, mal mehr), 1 Pint.
Ammoniakflüssigkeit und 6 oz. Citronensäure.
Das pyrophosphorsaure Eisenoxyd wird mit dem Ammoniak
gemischt und 6—8 Stunden lang auf dem Woasserbade bei
mässiger Wärme erhitzt. Darauf werden unter fortwährendem
Rühren 6 oz. Citronensäure, die in 2 Pint. destill. Wasser
gelöst sind, hinzugefügt, bis das H?N neutralisirt und der
Niederschlag gelöst ist. Man filtrirt und dampft ein bis zum
dicken Syrup, bestreicht Glasplatten und lässt wie üblich
trocknen.
“Der Unterschied zwischen dieser von Duffield angege-
benen Methode und der der U. S. Pharmacopöe liegt darin, dass
man bei der letzteren pyrophosphorsaures Eisenoxyd in einer
Lösung von ceitronensaurem Ammoniak hat, d.h. also ein ein-
faches Gemisch von zwei neutralen Salzen, während bei der
Duffield’schen Methode pyrophosphorsaures Ammoniak und
Eisenoxyd in freiem Zustande existiren, von denen sich das
letztere mit der nun hinzugefügten Citronensäure vereinigt
und dann als citronensaures Eisenoxyd mit dem pyrophos-
phorsauren H®N in dem Präparate gemischt vorliegt.
In dem Präparate der U. S. Ph. existirt also das Eisen
als Pyrophosphat, während dasselbe in dem Duffield’schen
Präparate als citronensaures Eisenoxyd vorhanden ist. (Ame-
ricain Journal of Pharmacy. Januar 1869.). Sch.
Wiederherstellung von Manganhyperoxyd zur Berei-
tung von Chlorgas nach Weldon.
Nachdem die Einwirkung der Salzsäure auf das Mangan-
hyperoxyd stattgefunden, versetzt man die im Apparat befind-
122 Ueber Zinkphosphür.
liche, Manganchlorür, Eisenchlorid etc. nebst freier Salzsäure
enthaltende Flüssigkeit mit Kalkmilch, wodurch Manganoxydul
und Eisenoxyd gefällt werden, und leitet hierauf einen Strom
atmosphärischer Luft hinein, welche das Manganoxydul sofort
höher oxydirt. Man lässt absetzen und zieht die Chlorcalei-
umlösung vom Niederschlage ab, der alsdann sofort wieder
zur Chlorentwicklung mit Salzsäure geeignet ist. (Pharmae.
Journ. and Transact. Sec. Ser. Vol. IX. Nr. VIII. p. 382.).
m».
Ueber Zinkphosphür.
Vigier verwirft alle bisher gebräuchlichen Anwendungs-
weisen des Phosphors als entweder (des Geschmacks wegen)
für den Patienten unerträglich, oder unzuverlässig in der Wir-
kung, und empfiehlt als allen Anforderungen genügend das
Zinkphosphür. Diese Verbindung besitzt eine graue Farbe,
ist krystallinisch, hält sich unverändert und hat eine bestimmte,
durch atmosphärische Einflüsse nicht alienirte Zusammen-
setzung. Im Magen bildet sich daraus Phosphorwasserstoff,
welcher auf den Organismus ganz ebenso, wie in Oel gelöster
Phosphor selbst wirkt (?Ref.). Die Phosphüre anderer Metalle
besitzen, nach Verf’s. Angabe, weniger schätzenswerthe Eigen-
schaften, als dasjenige des Zinks. Dosis und Form der An-
wendung anlangend, so zieht Vigier Pillen, welche 8 Milli-
gramme Zinkphosphür enthalten, entsprechend 0,002 Grm.
Phosphor der Theorie und 0,001 Grm. Phosphor der Wirkung
nach (? Ref.) in Gebrauch und steigert die Dosis allmälig bis
auf 0,04 Grm. — 0,01 Grm. theoretischen und 0,005 Grm.
wirksamen P. Letztere Gabe zeigt sich schon energisch
wirksam; sie wurde indess 25 —85 Tage lang regelmässig
fortgenommen gut vertragen, wie Dujardin Beaumetz,
welcher das Mittel bei der fortschreitenden Lähmung mit glän-
zendem Erfolge anwandte, versichert. (Noel Gueneau de
Mussy am Hötel-Dieu hat zwar die Heilerfolge bestä-
tigt, beobachtete jedoch in gewissen Fällen Symptome begin-
nender Phosphorintoxication, welche ihn das Medicament auf
7 Tage auszusetzen zwangen; (vgl. Gazette des höpitaux
48. 50. 1868. Ref.). Die Pillen werden verordnet:
Phosphor. zinci 0,88 Grm.
Suceci liquir. 1,3 »
Syrupi simpl. 09 ,„
Verfälsehung v. Bismuth. subnitric. — Molecularumlagerung v. Zinn ete. 123
M. f. pill. Nr. 100; obduc. argento foliato. Personen,
welche Pillen nicht hinunterschlucken können, giebt man Pul-
ver: 0,4 Grm. Zinkphosphür und 5 Grm. Amylum in 50 Theile
getheilt. Passenderweise wird man zu Pillen anfänglich 0,2,
dann 0,4 u. s. w. Grm. Zinkphosphür auf hundert Pillen ver-
ordnen. (Eine Vorschrift, dieses Zinkpräparat auf leichte und
wenig kostspielige Weise darzustellen, fehlt vorerst noch; ob
es sich auch ferner in der Praxis bewährt, wie seine enthu-
siastischen Lobredner behaupten, wird abzuwarten sein. Ref.).
Gazette medie. de Lyon; Gaz. des höpitaux. 53, 1868). K.
Verfälschung von Bismuthum subnitrieum.
Redwood fand in mehren Proben dieses Präparates eine
Verunreinigung mit phosphorsaurem Kalk. Howard
schlägt folgende Untersuchungsmethode vor, welche noch Spuren
von jener Beimengung erkennen lässt: zu einem Theil des Präpa-
rates, welches in verdünnter Salpetersäure gelöst wird, setzt
‘man 2 Theile Citronensäure, die vorher in etwas Wasser gelöst
worden ist, fügt überschüssiges Ammoniak hinzu und. kocht
eine Zeit lang, wo bei Gegenwart von phosphorsaurem Kalk
ein Niederschlag entsteht. (Pharm. Journ. and Trans. Aug.
u. Sept. 1868.; aus demselben im Jahrbuch für Pharmaeie.
Band XXX1T. Heft 1.).
Häufiger möchte wohl die Verunreinigung mit Ammo-
niak vorkommen, die in der Regel so stark ist, dass man
beim Verreiben mit kohlensaurem Natron, das Ammoniak ganz
deutlich riecht. Wahrscheinlich fällen die Fabrikanten den
letzten Rest des Wismuthoxyds mit H?N aus und mischen
diesen Niederschlag dem früher erhaltenen bei.
0. Schulze.
Molecularumlagerung von Zinn bei starker Kälte.
Staatsrath Dr. Fritsche aus St. Petersburg lenkt die
Aufmerksamkeit auf ein eigenthümliches Phänomen, welches
bei reinem Bankazinn in Petersburg beobachtet worden
ist. Bei — 40° erfolgte eine Molecular- Umlagerung, ein
theilweises spontanes Zerfallen grosser Blöcke zu stänglichen
124 Antim, lösl. in Eisen. — Jährliche Quecksilberproduction.
Formen und die Entstehung von Hohlräumen. (Mitth. über d.
42. Vers. d. Naturf. u. Aerzte in Dresden v. 18 — 24. Sept.
1868; Isis, 1868.), Hi
Antimon löslich in Eisenoxydsalzen.
Zur Trennung von Antimon und Zinn taucht man einen
Eisenstab in die Lösung der beiden Metalle, wodurch jenes
gefällt wird, während dieses gelöst bleibt. Hierzu ist jedoch
Ausschluss der Luft erforderlich, denn wenn sich durch deren
Einwirkung die Eisenlösung höher oxydirt, so löst sich das
anfangs ausgeschiedene Antimon unter Reduction derselben
theilweise oder ganz wieder auf. Es ist bekannt, dass sich
Schwefelantimon in Eisenchloridlösung unter Bildung von
Eisenchlorür und Abscheidung von Schwefel auflösen lässt.
(Pharmaceut. Journ. and Transact. March. 1869. Sec. Ser.
Vol. X. Nr. IX. p. 512.). WW».
Jährliche Quecksilberproduetion
auf der ganzen Erde = 61,000 Centner. Hiervon liefern:
Californien (Neu- Almaden) 28,000 Ctr.
„ andere Gruben 1200028
Spanien 20,000
Peru 300075
Frankreich, Deutschland, Oesterreich 2500
Der Verbrauch, welcher wesentlich auf die Ausbringung
von Silber und Gold hinauskommt, beträgt für Bolivia, Chile,
Peru und Mexico jährlich zur Silbergewinnung 23 ‚000 Ctr.
Für China und Japan zur Silbergewinnung und Zinnober-
darstellung 10,000 Ctr. Für Australien und Californien zur
Gold- und Silbergewinnung 6000 Otr. Für Europa und die
Vereinigten Staaten von Nord - Amerika 12000 Ctr, Bei einem
Gesammtverbrauch von 51,000 Centnern in der alten und neuen
Welt erscheint sonach der Bedarf hinlänglich gedeckt.
(Zeitschr. f. d. gesammten Naturwissenschaften, De 1868.
S. 312.). Be BR
125
II. Organische Chemie im Allge-
meinen und Phytochemie.
Ueber Rosenölstearopten von Flückiger.
Das Rosenölstearopten besteht nach Blanchet und Sell
aus Kohlenstoff und Wasserstoff zu gleicher Atomzahl und
macht daher eine Ausnahme von den meisten andern Stea-
roptenen, die auch Sauerstoff enthalten und Ü vorwiegend
gegen H. Das Material zu dieser Untersuchung wurde dem
Verfasser von Hanbury geliefert, der es selber aus Mit-
cham-Rosen dargestellt. Im Sonnenlichte geschmolzen kry-
stallisirt das Rosenstearopten beim Erkalten in abgestumpften
sechsseitigen Pyramiden, theilweise nimmt es auch eine eigen-
thümlich gewundene fast Sförmige Gestalt an. Wegen ihrer
grossen Refractionskraft zeigen diese Krystalle unter dem
polarisirenden Mikroskop eine prachtvolle Farbenerscheinung.
Man erhält das Stearopten rein durch wiederholtes Auflö-
sen in Chloroform, Fällen mit Weingeist und mehrstündiges
Erhitzen bis 100°C. Dieses reine Stearopten krystallisirt
nach dem Schmelzen. und Abkühlen so leicht und vollständig,
dass man dadurch im Stande sein würde, unter dem Mikro-
skop etwaige fraudulente Beimischungen von Walrath, fetten
Säuren oder Wachs sogleich zu erkennen.
Es ist völlig geruchlos und riecht keineswegs angenehm
nach Rosen, wenn es erhitzt wird, vielmehr unangenehm nach
Fett oder Wachs. Es lässt sich nicht sublimiren; bei 32°
schmilzt es, entwickelt bei 150° Dämpfe, fängt bei 272° an
zu sieden und kocht vollständig bei 275°, zugleich braun
werdend, bei 300° ist es schwarz. Da das Rosenstearopten
durch Destillation gewonnen wird, so ist dieser Mangel an
Flüchtigkeit auffallend, man erkennt daraus die Wirkung
der Diffusion der Dämpfe. Die Zusammensetzung des Stea-
roptens ist in der That = C!#H!®, wie schon Blanchet
gefunden. Von Kalium wird es beim Schmelzen nicht verän-
dert. Rauchende Salpetersäure löst es erst nach mehrtägi-
126 Glycerin - Gewinnung in Nordamerika.
gem Erhitzen im Wasserbade völlig auf, die Lösung trübt
sich etwas beim Erkalten ohne jedoch Oeltropfen abzuschei-
den. Destillirt man die überschüssige Salpetersäure ab, so
riecht ‘das Destillat unverkennbar nach Buttersäure.
Ausserdem bildet sch Ameisensäure und eine andere
Säure, deren Natur nicht constatirt ist. Auch Oxalsäure
krystallisirt zuweilen im Halse der Retorte. Der Destillations-
rückstand löst sich in wenig Wasser mit Hinterlassung eini-
ger öliger Tropfen, vielleicht Baldriansäure. Aus der
wässrigen Lösung erhält man Krystalle von Bernstein-
säure, die das Hauptproduct der Oxydation ist. Demnach
verhält sich das KRosenstearopten ähnlich dem Paraffin.
(Pharmac. Journ. and Transact. Sec. Ser. Vol. X. Nr. IH.
p. 147.). WW».
Glycerin - Gewinnung in Nordamerika.
Bekanntlich werden in Nordamerika, namentlich in Cinein-
nati, jährlich gegen 2 Millionen Schweine auf Pöckelfleisch,
Speck und Fett verarbeitet. Das durchschnittliche Gewicht
der dortigen schwersten Schweine beträgt gegen 400 Pfund,
ja 7 dergl. wogen sogar 5040 Pfund netto, was einen Durch-
schnitt von 720 Pfund giebt. Während nun dort die Fabri-
kation der fetten Säuren resp. der Stearinkerzen und der
Seife in grossartigem Maasstabe betrieben wird und dieser
Industriezweig in grosser Blüthe steht, hat man erst jetzt ange-
fangen, dem Glycerin, welches in den letzten acht Jahren
unbeachtet geblieben, seine Aufmerksamkeit zuzuwenden. Zu
diesem Ende wird das Fett in grossen Gefässen bei einer
Temperatur von 350 — 400 Grad mit Wasser behandelt, wo-
durch es sich in fette Säuren und Glycerin spaltet. Derartiges
Glycerin, welches den unangenehmen Geruch des bei der Sei-
fenfabrikation entfallenden nicht hat, wird gegenwärtig in zwei
oder drei Fabriken dargestellt, welche jährlich gegen 500,000
Pfund im Werthe von 200,000 D. liefern, ein Preis, welcher
nur ein Viertel so hoch ist als der des englischen Glycerins,
Der Census von 1866 wies in den vereinigten Staaten
einen Bestand an 24,693,534 Stück Schweinen nach. Unter
Hinzurechnung des jährlichen Verbrauchs im Lande selbst,
dürfte der Bestand auf 35'/, Millionen zu veranschlagen sein,
beinahe so viel als zusammen in ganz Europa. (Agricultural
Report. Washington). Hbg.
Mannit u. Harz d. Oelbaums. — Einwirk. v. Fünffach-Chlorphosph, ete. 127
Mannit und Harz des Oelbaumes.
De Luca hat in den Blättern, den Blüthen und
den jungen Früchten von Olea europäa Mannit nach-
gewiesen und bei Erforschung des Vorkommens desselben in
verschiedenen Vegetationsperioden folgende Resultate erhalten.
In ganz jungen Blättern existirt Mannit nur in ganz
geringen Mengen, der Gehalt daran nimmt mit dem Weachs-
thum der Blätter zu, verringert sich in der Blüthezeit und
beim Gelbwerden der Blätter. In verwelkten und in den von
selbst abgefallenen Oelbaumblättern fehlt Mannit ganz. Die
Blüthen enthalten eine grosse Menge Mannit vor der Be-
fruchtung; in den nach derselben abgefallenen Blüthen findet
man keine Spur mehr davon. Ganz junge Oliven sind
mannithaltig; dieser Süssstoff schwindet aber mit der Grösse-
zunahme der Früchte, und in den völlig reifen Oliven,
welche das Maximum der Oelbildung erreicht haben, ist er
verschwunden.
Aehnlich wie der Mannit verhält sich auch das Chloro-
phyll, so dass die Annahme nahe liegt, dass diese beiden
Stoffe zu der Bildung des fetten Oeles beitragen.
Man kann die Anwesenheit des Mannits in den Blättern
leicht erkennen, wenn man dieselben in kaltem Weingeist
einige Zeit stehen lässt; in Folge der stattfindenden Wasser-
entziehung krystallisirt der Mannit auf der Oberfläche der
Blätter aus. De Luca hat sowohl die physik. Eigenschaften,
als auch die Elementarzusammensetzung des Oelbaummannits
bestimmt und mit denen des gewöhnlichen Mannits gleich
gefunden.
Oelbaumharz. Aus dem Öelbaum schwitzt ein insge-
mein als Oelbaumgummi bezeichnetes Harz aus, welches
brüchig ist, bei etwa 130°C. schmilzt, sich im siedenden
Weingeist löst und beim Erhitzen oder Reiben an einem vor-
her erwärmten Körper einen vanilleartigen Geruch verbrei-
tet. Man benutzt es desshalb in der Parfümerie und kann
es mit Terpenthin zu wohlriechendem Siegellack zusammen
schmelzen. (Journ. d. connarss. med. chir. Daraus im N.
Jahrb. f. Pharm. Januar 1869. S. 38.). BT:
Einwirkung von Fünffach -Chlorphosphor auf
Zuckerarten.
Wird nach A. Baeyer Traubenzucker mit einem Ge-
menge von PC]? und POC]? mit Wasser gekocht, so scheiden
128 Trauben - Analysen.
sich amorphe farblose Flocken ab, die sich beim Kochen mit
Wasser lösen. Wegen der eintretenden Bräunung des Zuckers
konnte auf diesem Wege die Reaction nicht zu Ende geführt
werden. Baumwolle verhält sich ähnlich. Erhitzt man dage-
gen Schiessbaumwolle mit etwa 6 Theilen Fünffach - Chlor-
phosphor und etwas Phosphoroxychlorid auf 200°, so löst sich
dieselbe ohne alle Bräunung in dem Phosphoroxychlorid auf.
Verjagt man letzteres und den aufgelösten Fünffach - Chlor-
phosphor bei 170°C. durch einen trocknen Luftstrom, so
bleibt eine zähe farblose Flüssigkeit zurück, die beim Erkal-
ten zu einem spröden Gummi erstarrt. Die Substanz hat
einen scharfen Geruch nach Chlorphosphor u. ist in Aether und
Weingeist löslich. In Wasser ist dieselbe unlöslich, beim
Kochen damit findet eine Zersetzung statt und es restirt eine
schmierige Masse. Die Substanz ist vermuthlich ein Chlorid
der Cellulose oder des Zuckers, ähnlich den Chloriden des
Mannits. (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft.
II. Jahrg. Nr. 3. Februar 1869.). Sch.
Trauben - Analysen.
Die von Dr. A. Classen in Aachen analysirten sehr
reifen Trauben waren im September 1868 auf dem Trauben-
markte zu Kreuznach gekauft.
1) Franken oder Oesterreicher. 2) Weisse Gutedel.
3) Rothe Grutedel.
Nach dem Abpflücken der Beeren blieben 4 pC. Stengel
zurück.
An Saft wurde gewonnen von 1) 57,7 pC.; von 2) 63,4
pC.; von 3) 68,8 pO. der abgepflückten Beeren.
Der Saft enthielt in 10000 Th.:
#3 22 AR
Feste Bestandtheile bei 10000. 1644 1897 2046
Traubenzucker 1499 - 1624 1740
Freie Säure (als Aepfelsäure
berechnet) 72 68 48
Asche 27,83. 30,95. 40,08.
Quantitative Bestimmung der Glykose. 129
In 100 Th. Asche waren enthalten:
1 2. 3.
Chlor 0,39 0,74 0,59 pC.
Schwefelsäure 3,67 5475 489°,
Phosphorsäure 16,67 16,16 14,05 „
Kieselsäure 2,73 1,45 1,65 =,
Kali 64,25 66,37 715 ;
Natron 0,43 1,16 E45
Magnesia 4,74 2,84 262%
Kalk 6,61 4,65 30908
Eisenoxyd 0,32 0,48 04085
Manganoxyd 0,18 0,39 0,45 „
(Journ. f. pr. Ch. 1869. 1. Bd. Ss. 9 — 10.). B.E.
Quantitative Bestimmung der Giykose.
(Aus einer briefl. Mittheilung des Herrn Apoth. Herb in Pulsnitz.)
Schon öfters bin ich von Collegen um chemisch reinen
Traubenzucker (zur Controle von Zuckerbestimmung) ange-
gangen worden. Gewöhnlich lautete meine Antwort, dass es
keinen chemisch reinen Traubenzucker gebe, sie aber kry-
stallisirten Rohrzucker in Form des weissen Candis in Wasser
lösen, die Lösung mit verdünnter SO®? einige Stunden bei
60°C, digeriren, und dann damit die Kupferlösung normiren
möchten, wofern sie es nicht vorzögen, die Kupferlösung abzu-
messen, einzudampfen, zu glühen und das CuO als solches
zu bestimmen.
220,55 Grm. CuO==100,00 Grm. C12H12012,
Die Wirkungswerthe der Kupferlösung sind übrigens
noch nicht festgestellt, da 9, 10 und 11 Aeg. CuO zu Oxy-
dul reducirt werden sollen. Die mittlere Angabe scheint der
Wahrheit am nächsten zu liegen, da sie von unseren vor-
‚nehmsten Chemikern acceptirt ist. Dem entsprechend lautet
die Gebrauchsanweisung zu meiner Normalkupferlösung zur
quantitativen Bestimmung des Traubenzuckers (Harnzuckers):
„Man bringt genau 10 CC. der Kupferlösung in eine
Porzellanschale, fügt 40 CC. Wasser hinzu, erhitzt zum gelin-
den Sieden und lässt aus einer Bürette die Zuckerlösung
(Harn ete,) tropfenweise zufliessen, bis die Flüssigkeit völlig
farblos erscheint und sich das Kupferoxydul schnell als rothes
Pulver abscheidet. Ein Tropfen Ferrocyankalium - Lösung auf
Arch, d. Pharm. CXC. Bds. 1, u. 2. Hft. 9
ae 1 1 CR 01 A RE
130 Citronensaft. )
eine Glasplatte gebracht darf keine röthliche Trübung hervor-
bringen, wenn man einen Tropfen der Flüssigkeit, die man
hat absetzen lassen, dazu giebt.“
„10 CC, Normalkupferlösung entsprechen 0,050 Grm.
Zucker.“ (Pharmac. Centralhalle. 14. Jan. 1869.). D.
Citronensaft.
Die Schiffe der englischen Marine sollen alle ein gewis-
ses Quantum Citronensaft an Bord haben, wovon den Matrosen
zur Verhütung des Scorbuts ausgetheilt wird. Auch sind
Bestimmungen über die Qualität desselben getroffen, die indess
sehr häufig nicht befolgt werden. Diess veranlasste Stod-
dart, Untersuchungen anzustellen, wie ein richtiger Citronensaft
beschaffen sei. Der Saft von im Februar ausgepressten Citro-
nen (Citrus Limonum) hatte durchschnittlich ein spec. Gew.
von 1,044 und einen Gehalt von 48 Gran Üitronensäure in der
Unze. Ausserdem enthielt er 3,19 Gran Gummi und Zucker und
2,28 Gran unorganische Salze. Eine andere Portion derselben
Citronen, Ende Mai gepresst, lieferte einen Saft, dessen spec,
Gew. — 1,041, Gehalt an Citronensäure 41,04, Gummi und
Zucker 4,01, unorgan. Salze 2,88 war. Ein im Juli bereiteter
Saft hatte 1,027 spec. Gew., aber die Uitronensäure war daraus
gänzlich verschwunden und in Zucker und Kohlensäure ver-
wandelt. Der Zucker ging dann später in die Alkohol-,
schliesslich in die Essiggährung über.
Freie Kohlensäure giebt sich im Citronensaft, der eine
Zeitlang aufbewahrt worden, schon durch den Geruch, unzwei-
felhaft aber durch die Bildung von kohlensaurem Kalk beim
Einleiten des sich daraus beim Erhitzen entwickelnden Gases
in Kalkwasser zu erkennen. Mit der Kohlensäure zugleich
bildet sich Glykose:
1'/, (Ö12H5014) 4 30 — 012412012 + 3020%,
Der Saft der Früchte von Citrus Limetta hatte ein spec.
Gew. = 1,037 und einen Gehalt von 32,22 Gran Citronensäure
in der Unze. Er war aromatischer als der der Limonen.
Es ist bekannt, dass die Citronsäure, mit Kalihydrat
geschmolzen, sich in Oxalsäure und Essigsäure verwandelt,
aber selbst wenn Kalilauge in der Kälte mit Citronensaft in
Berührung ist, lässt sich nach einigen Tagen Oxalsäure nach-
weisen,
Digitalingehalt der Digitalis. — Krystallinisches Digitalin. 131
Citronensaft giebt beim behutsamen Abdampfen ein dunkel-
braunes Extract, von so eigenthümlichem Geruch und Ge-
schmack, dass ein Geübter schon daran erkennen kann, ob
der Saft echt war oder nicht. (Pharmaceutical Journ. and
Transact. October 1868. Sec. Ser. Vol. X. Nr. IV. p. 203. f.).
Wp.
Digitalingehalt der amerikanischen und der
deutschen Digitalis.
Samuel P. Duffield hat drei verschiedene Handels-
sorten untersucht:
1) Englische Folia digitalis.
2) Amerikan.
3) Deutsche
Er wandte die in der U. S. Pharmacopöa angegebene
Methode an, welche die etwas modificirte Wittstein’sche
ist, und erhielt folgende Resultate:
1) 1 Pfund Engl. der englischen Digitalis gab 63,60
Grains Digitalin.
2) 1 Pfund Engl. der amerikanischen Digitalis gab
65,01 Grains.
3) 1 Pfund Engl. der deutschen Digitalis gab 56,50 Grains.
In 1000 Theilen also:
1) Englische Digitalis 9,08 Grains.
2) Amerikanische ‚, 9,30
3) Deutsche R 8,00,
Duffield nimmt an, dass die Differenz in dem Digi-
talingehalt der verschiedenen Digitalissorten hauptsächlich
darin ihren Grund hat, dass in den mehr oder weniger bei-
gepackten Stengeln weniger Digitalin im Verhältniss enthal-
ten ist, als in den Blättern. Mit den Blättern und Stengeln
von Hyoscyamus verhält es sich nach Duffield ebenso.
Nach dem Autor enthalten die amerikanischen Digitalisblätter
am meisten Digitalin. (Americain Journal of Pharmacy. Ja-
nuar 1869.). Sch.
” ”
” ”
”
Krystallinisches Digitalin.
Das krystallinische Digitalin findet sich nach Nativelle‘
in dem mit Wasser erschöpften Rückstande der Blätter von
9%*
132 Krystallinisches Digitalin.
Digitalis purpurea. 100 Th. grob gepulverter Blätter werden
mit einer Lösung von 100 Th. Wasser und 25 Th. krystalli-
sirtem essigsauren Bleioxyd übergossen und 12 Stunden lang
macerirt; darauf in einem Deplacirapparate mit Wasser er-
schöpft, bis man 300 Th. Flüssigkeit erhalten hat. Den
getrockneten Rückstand erschöpft man mit Weingeist von
50° u. fügt zu der ungefähr 300 Th. betragenden weingeistigen
Flüssigkeit eine Lösung von 4 Th. krystallisirtem essigsauren
Bleioxyd. Das Filtrat versetzt man mit einer Lösung von 2 Th.
phosphorsaurem Natron. Der entstandene Niederschlag wird
abfiltrirt, das Filtrat im Wasserbade vom Weingeist befreit,
Der Destillationsrückstand ist ein Gemisch des krystallinischen
Digitalins und einer anderen krystallinischen Substanz. Der-
selbe wird mit dem doppelten Gewicht Weingeist von 60°
übergossen und kalt gestellt. Es scheidet sich zuerst die
krystallinische Substanz aus, darauf nach einigen Tagen das
krystallinische Digitalin, welche mit schwachem Weingeist von
35° gewaschen und dann in der nöthigen Menge heissen
Weingeist von 80° gelöst wird. Die weingeistige Lösung wird
mit Thierkohle erhitzt und durch Destillation von ungefähr
der Hälfte ihres Weingeists befreit. Aus der restirenden wein-
geistigen Lösung scheiden sich in der Kälte Krystalle aus.
Diese Krystalle werden getrocknet, in eine Flasche mit Glas-
stöpsel gebracht und mit 20 Th. weingeistfreiem Chloroform
übergossen. Es löst sich nun allein das krystallinische Digi-
talin. Der Chloroformauszug wird zur Trockne eingedampft
und dann mit 10 Th. Weingeist von 80° gelöst und die Lö-
sung mit Thierkohle behandelt. Aus dem Filtrat krystallisirt
das Digitalin in feinen Nadeln. Aus 1000 Th. der mit Was-
ser erschöpften und gepulverten Digitalisblätter erhält man
1 Th. reines krystallinisches Digitalin. Dasselbe ist N frei,
geruchlos, von äusserst bitterem Geschmack, kaum löslich in
Wasser, leicht löslich in Chloroform. Weingeist von 90°
löst bei gewöhnlicher Temperatur das -Digitalin leicht; 12 Th.
dieses Weingeists lösen 1 Th. Digitalin. In Aether, Benzin
ist es fast unlöslich. Die Elementaranalyse gab Zahlen,
welche zur Formel C5°H°03° führten.
Die zweite oben erwähnte krystallinische Substanz, welche
sich zuerst mit dem krystallinischen Digitalin ausscheidet, ist
durch Auflösen in Weingeist von 80°, Behandeln mit Thier-
kohle und Kıystallisation leicht rein zu erhalten. Diese
Substanz ist noch nicht analysirt, ist unlöslich in Wasser,
Chloroform, und absolutem Alkohol. Mit Schwefelsäure
färbt sich dieselbe johannisbeerroth; die ebenso gefärbte Lö-
Salze des Coniins. 133
sung wird bei Wasserzusatz gelb. Salpetersäure löst sie
ohne Färbung auf. Chlorwasserstoffsäure löst sie unvollstän-
dig ohne Färbung auf.
Das krystallinische Digitalin löst sich dagegen in Schwe-
felsäure mit grüner Farbe auf, welche durch Bromdämpfe
johannisbeerroth wird; Salpetersäure löst dasselbe ohne Fär-
bung auf, die Lösung wird gelblich und bleibt so auch bei
Wasserzusatz; Chlorwasserstoffsäure löst dasselbe mit grünlich
gelber Farbe auf, welche nach und nach smaragdgrün wird.
Bei Wasserzusatz scheidet sich das Digitalin als Harz aus.
(Journal de pharm. et de chimie 1869. Aprilheft). Sch.
Salze des Coniins.
Es ist eine bekannte Thatsache, dass sich das Coniin
leicht durch die Einwirkung des Sauerstoffs der Luft unter
Bräunung zersetzt und desshalb als nicht sehr geeignet für
den therapeutischen Gebrauch erschein. Wären die Salze
des Coniins beständiger und übten dieselben eine ähnliche
Wirkung auf den Organismus aus, wie das reine Coniün, so
wäre es vortheilhaft, letzteres durch seine Salze zu ersetzen.
Von diesen ist aber nur das chlorwasserstoffsaure Salz nach
den Angaben seines Entdeckers Werthheim beständig. Die-
ser stellte das Salz durch Zusammenbringen der Dämpfe sei-
ner Componenten dar. George Ü. Olose, welcher über
die chemischen und physiologischen Eigenschaften des chlor-
wasserstoffsauren Coniims Versuche angestellt hat, stellte das
Salz durch Auflösen von 30 Grains Coniin in zwei Fl. Drach.
verdünnter Salzsäure und Abdampfen auf dem Wasserbade dar.
Close fand, dass das HCl- Öoniin hygroscopisch, aber nicht
zerfliesslich ist. Er nahm selbst zuerst !/, Grain, dann 1 Grain
desselben und empfand die Wirkungen in hohem Grade,
Mit Schwefelsäure, Oxalsäure und Citronensäure konnte er
das Coniin nicht verbinden.
Der Autor macht den Vorschlag, das chlorwasserstoff-
saure Coniin direct aus der frischen Pflanze oder den Früch-
ten darzustellen und ist nicht in Zweifel, dass sich das Salz
bei weitem besser für den medicinischen Gebrauch eigne,
als das reine Alkaloid. (Americain Journal of Pharmacy.
Januar 1869.). Sch.
134 Was ist Opium ?
Was ist Opium?
Wenn im Opium etwa ein Drittel an wohlcharakterisir-
ten Körpern, Alkaloiden, Säuren etc. vorkommt, woraus besteht
der Rest? Diese Frage hat Flückiger zu beantworten versucht.
Ein gutes türkisches, 10 Proc. Morphium enthaltendes Opium
wurde vollständig ausgetrocknet, gepulvert und auf einem
Filter zunächst mit Benzol ausgewaschen, bis dieses nichts
mehr löste, dann getrocknet, gewogen und ohne es vom Fil-
ter zu nehmen, mit Weingeist eben so behandelt. Das Ben-
zol hatte hauptsächlich Narcotin und Kautschuk gelöst, die
durch Essigsäure zu trennen sind, nebenbei Spuren von Fett.
Im Weingeist war der grösste Theil der Alkaloide gelöst,
nebst Zucker, ein wenig Harz und Farbstoff. Letzterer ist
sehr veränderlich. Nach dem Weingeist zog Wasser vorzugs-
weise eine gummiartige Substanz aus, die von neutralem
essigsauren Bleioxyd, aber nicht von kieselsaurem Natron
gefällt wurde und mit arabischem Gummi nicht überein-
stimmte. Nach dem Wasser zog Essigsäure einige Salze und
etwas Farbstoff aus. Bei der schliesslichen Behandlung mit
Ammoniak schwoll das Pulver stark auf und gab eine kleb-
rige, schwer zu filtrirende Lösung, die mit einer Säure oder
mit Weingeist oder selbst Kochsalz versetzt, einen gallertar-
tigen Niederschlag von Pectinsäure gab. Diese Säure ist
bisher nicht als Bestandtheil des Opium erkannt, sie scheint
aber constant vorzukommen, da Fl. sie in mehren Sorten von
Opium fand. Ob sie auch im indischen Opium vorkommt, ist frag-
lich, da der indische Opiumsaft flüssiger ist als der türkische.
Der mit Ammoniak extrahirte Rückstand schwoll nicht auf in
Wasser, welches überhaupt keine Wirkung mehr darauf zeigte.
Es geht daraus hervor, dass Bassorin kein Bestandtheil des
Opium ist, wie man bisher angenommen. Das so von allem
Löslichen befreite Opium zeigte unter dem Mikroskope nur
noch Reste der Kapsel, die beim Erhitzen eine Asche hinter-
liessen, welche einen Theil der Salze des Opium enthielt,
während der andere bereits durch die Lösungsmittel entfernt
worden war. Sie bestand hauptsächlich aus schwefelsauren
Alkalien und Gyps.
Zehn Gramme Opium wurden auf obige Weise behan-
delt. Im Folgenden sind die Resultate, nach Procenten
berechnet, angegeben. Das Opium gab ab:
Verbesserte Methode der Opiumprüfung (Morphinbestimmung). 135
4,50 Narcotin.
Ei ueol nn 1653 Kautschuk mitSpuren von Fett.
Weingeist 57,67 darunter etwa 20 Proc. unbekannte
Körper.
Wasser 9,67 gummiartige Substanz.
Essigsäure 1,73 Salze, etwas Pectinsäure und Farbstoff.
Ammoniak 7,33 Lackmus röthende Pectinsäure.
Durch Verbren-
nung wurden 10,38 (Cellulose) zerstört, es blieben
2,39 Asche; d. ganze Aschengehalt betrug 5,32.
100,00.
Die Pectinsäure wird nicht sofort rein erhalten, sie
scheint stets von etwas Humussubstanz begleitet zu sein;
durch Auflösen in Ammoniak und Fällung mit Weingeist
wird sie fast farblos und frei von unorganischen Verunreini-
gungen und giebt dann, mit Wasser gekocht, eine fast nicht
wahrnehmbare vollkommen durchsichtige Gallerte, die von
essigsaurem Bleioxyd etwas verdickt, aber nicht getrübt und
erst durch Ammoniakzusatz reichlich gefällt wird. Zuweilen
wird die Pectinsäure durch Säuren allein aus der ammoniaka-
lischen Lösung nicht gefällt, man muss dann Weingeist hinzu-
fügen. In dem frischen Safte von Mohnkapseln und in die-
sen selbst konnte F]. keine Pectinsäure auffinden, nach Sace
aber enthält der Mohnsamen 22 Proc. Pectin. (Pharma.
Journ. and Transact. Octbr. 1868. Sec. Sec. Vol. X. Nr. IV.
p- 208.). Wn.
Verbesserte Methode der Opiumprüfung (Morphin-
bestimmung) von A. Guilliermond.
Man nimmt 15 Grm. Opium, von verschiedenen Broden
abgeschnitten, zertheilt sie durch Reiben im Mörser genau in
110 Grm. Weingeist von 70 Vol. Proc., gleich 120 C.C.
Wenn man sich überzeugt hält, dass die Auflösung so voll-
ständig als möglich stattgefunden habe, was etwa nach
!/, Stunde der Fall sein wird, bringt man das Gemisch wie-
der auf das Gewicht von 125 Grm., indem man durch Zusatz
von 70 grädigem Weingeist das hieran Fehlende ergänzt. Nun
schüttelt man durcheinander, damit die weingeistige Opium-
tinctur in allen Theilen eine gleichförmige werde und filtrirt
in eine Flasche mit weiter Mündung 80 C.C. dieser Tinctur
136 Opiumprüfung.
ab; diese Menge repräsentirt genau ?/, des angewandten
Opium, nemlich 10 Grm. Man lässt nun, ohne umzurühren,
auf den Grund des Glases mittelst einer kleinen unten aus-
gezogenen Glasröhre 2 Grm. Aetzammoniakflüssigkeit
fliessen, eine Operation, welche auch leicht mit Hülfe eines
Salleron’schen Tropfenzählers sich ausführen lässt.
Man zieht die Röhre nach und nach heraus, ohne die Flüs-
sigkeit zu bewegen, und verschliesst das Glas, um jede Ab-
dunstung zu vermeiden. Nach 36 Stunden hat sich das
Morphin in wohlausgebildeten körnigen Krystallen abgeschie-
den, die noch etwas röthlich gefärbt sind; wenn es von Nar-
cotin begleitet ist, krystallisirt dieses m weissen glänzenden
Nadeln, welche in der Mehrzahl der Fälle durch Schlämmen
mit Wasser von den Krystallen des Morphins getrennt werden
können. Der Niederschlag, mit siedendem Wasser gewaschen,
drückt in einem decimalen Verhältniss die Menge des Morphins
im Opium aus, (Journ. de pharm. et de chim. 4. ser. tom. 6.
p. 102 — 107.). Bee d}
Opiumprüfung nach 6. Fleury.
Man nimmt 2 Grm. Opium, zerschneidet es in dünne
Scheibehen und lässt diese in einem verschlossenen Kölbchen
mit 8 C.C. Wasser maceriren, welchem man etwa 15 Tropfen
oxalsaures Ammoniak zugefügt hat. Dieser Zusatz hat
den Zweck, den mekonsauren Kalk zu zersetzen, des-
sen Gegenwart später die Bestimmung des Morphins stören
würde. Man bewegt während vierstündigen Stehens häufig
das Gemisch.
Darauf bringt man dasselbe in einen Mörser, worin man
das Opium gut zerreibt; man bringt das Ganze auf ein Filter
von dichtem Filtrirpapier; nach dem Ablaufen des Flüssigen
wäscht man mit 2 C.C. Wasser nach; diese Waschung wird
noch 2 mal, mit 2 und mit 1 C.C. Wasser wiederholt.
Die Flüssigkeiten werden in einem Ballon mit kurzem
Halse vereinigt; man kennt ihr Volumen, weil man das Was-
ser mittelst einer graduirten Burette hinzugegossen hat; man
fügt ein gleiches Volumen Weingeist von 80 bis 85 Vol.
Proc. und soviel Aetzammoniak hinzu, dass die Flüssigkeit
nach dem Umschütteln ammoniakalischen Geruch behält.
Man verstopft und lässt 24 Stunden stehen, während welcher
Zeit man zuweilen umschüttelt. Dann bringt man die Flüs-
Darstellung einer geruchlosen Opiumtinctur, 157
sigkeit auf ein kleines Faltenfilter, und das Innere des Bal-
lons wie das Filter werden mit 8 oder 10 C.C. Weingeist
von 40 Vol. Proc. nachgewaschen. Es bleiben Krystalle von
Morphin beinahe farblos zurück und nur Spuren von Narcotin,
da letzteres in dem schwachen Weingeiste löslich ist. Man
lässt das im Ballon adhärirende Morphin in demselben und
trocknet das Filter auf dem Trichter selbst.
Nachdem man das Filter in den Ballon gegeben, giesst
man in denselben 10 0.C. titrirte Oxalsäure, welche nach
einigen Augenblicken das Morphin aufgelöst. Um sich zu
vergewissern, ob ein Ueberschuss von Säure zugegen ist,
fügt man einige Tropfen weingeist. Tinctur des St. Martha -
Holzes hinzu, welche der Flüssigkeit eine gelbe Färbung
ertheilen müssen; sobald sich eine rosenrothe Färbung zeigt,
muss man noch 5 C.C. Oxalsäurelösung hinzufügen; dies ist
jedoch nur in seltenen Fällen noch nöthig. Man fügt nun
10 C.C. Wasser hinzu und hebt mit Hülfe einer Pipette
10C.C. Flüssigkeit heraus, die man in einen kleinen Kolben
von weissem Glase fallen lässt. Es ist nützlich, noch einen
Tropfen Tinctur des Holzes von St. Martha in jeden Kolben
fallen zu lassen. Nun hat man nur nöthig, die überschüssige
Säure mit titrirter Natronlösung zu neutralisiren,. indem man
mit dem Ballon beginnt, welcher das Filter enthält, weil der
erste Versuch gewöhnlich weniger genau ausfällt als der
zweite. Man hört mit dem Zusatz der Natronlösung auf, sobald
die gelbe Farbe in eine schwach rosenrothe übergeht, was statt-
findet, ehe sich noch ein Niederschlag einstellt. Um die nöthigen
titrirten Flüssigkeiten darzustellen, geht man von der That-
sache aus, dass ein gutes Opium 10 Proc. krystallisirtes Mor-
phin enthalten müsse. Um 0,1 Grm. wasserfreies Morphin zu
neutralisiren, bedarf man 0,0221 Grm. kryst. Oxalsäure CH 208
+ 4HO, 10 C.C. einer Lösung von 4,42 Grm. dieser Säure
in 1 Liter, sättigen also 0,2 Grm. Morphin. (Journ. d. pharm.
et d. chimie. 4. Ser. tom. 6. p. 99 — 102.). Hot
Darstellung einer geruchlosen Opiumtinetur.
Philip ©. Milemann acceptirt den von Albert E.
Ebert gemachten Vorschlag, statt des Aethers Benzin zur
Beseitigung des Riechstoffes anzuwenden und giebt eine Me-
thode an, um grössere Mengen geruchloser Opiumtinctur in
138 Rhöadin und Rhöagenin,
guter und gleichmässiger Qualität darzustellen. Man nimmt
trocknes, ziemlich fein gepulvertes Opium 10 Unzen, reines
Benzin 3 Pinten, Weingeist 2 Pinten und die nöthige Menge
Wasser. Man macerirt das Opium 24 Stunden lang mit
2 Pinten Wasser, presst aus und wiederholt dieselbe Opera-
tion noch zweimal mit derselben Menge Wasser. Nachdem
sämmtliche erhaltene Flüssigkeiten gemischt und in eine Flasche
gegossen sind, fügt man das Benzin hinzu, schüttelt, entfernt
das Benzin und erwärmt, bis jede Spur von Benzin entfernt
ist. Nachdem die restirende Flüssigkeit filtrirt ist, wird
Wasser hinzugefügt, bis die Masse 6 Pinten beträgt, zu wel-
„cher schliesslich die 2 Pinten Weingeist hinzugegossen wer-
den. (Americain Journal of Pharmacy. Januar 1869.). Sch.
Rhöadin und Rhöagenin.
OÖ. Hesse hat die Untersuchung über diese beiden
Stoffe fortgesetzt und giebt an, dass das Rhöadin aus sei-
ner Lösung in kochendem Weingeist beim Erkalten in
farblosen dünnen sternförmig gruppirten Nadeln krystalli-
sirt, während das Rhöagenin unter denselben Umständen in
rectangulären Blättchen anschiesst. Die essigsaure Lösung
des Rhöadins gesteht auf Zusatz von Jodkaliumsolution zu
einer dichten weissen Krystallmasse von Rhöadinhydrojodat.
Die wässerige Lösung des Hydrojodats färbt sich beim länge-
ren Kochen roth, indem ein ''heil des Rhöadins in Rhöagenin
übergeht. Diese Zersetzung geht bei Zusatz von Schwefel-
säure oder Salzsäure vollständig vor sich, wobei sich die Lö-
sung purpurroth färbt. Uebergiesst man Rhöagenin mit kal-
ter verdünnter Schwefelsäure, so verwandelt es sich zunächst
in eine farblose harzige Masse, welche sich bald mit pracht-
voller Purpurfarbe löst. Wird die Lösung gekocht, so erhält
man eine ganz dunkelpurpurne Färbung derselben und beim
Erkalten der Lösung scheiden sich kleine Prismen ab, die im
durchfallenden Lichte braunroth, im reflectirten Lichte aber
grün aussehen. In der Lösung befindet sich ausser dem Chro-
mogen Rhöagenin und zwar bis 99°, vom angewandten Rhöa-
din. Das Rhöagenin bildet mit Oxalsäure, Chlorwasserstoff-
säure und Salpetersäure gut krystallisirende Salze.
Das Rhöagenin findet sich nicht in Papaver Rhöas
vor. Ebenso wenig enthält das Opium und das aus mehren
Basen bestehende sogen. Porphyroxin Rhöadin, wohl aber ein
>
Narcein als Arzneimittel. — Prüfung des Chininsulfates. 139
anderes Alkaloid, welches mit Schwefelsäure dieselbe schöne
Farbenreaction giebt, wie das Rhöadin. (Annalen der Chemie
und Pharmacie. Januarheft 1869.). Sch.
Nareein als Arzneimittel.
Eulenburg wendet das Narcein innerlich an und auch
äusserlich als subcutane Injection. Innerlich eine leicht ange-
säuerte Lösung von 0,1 Grm. reinem Narcein in 30 Grm. destil-
lirtem Wasser, die lange Zeit klar bleibt. Die Dosis varürt
zwischen 10 bis 25 Milligrm. Zu subcutanen Injectionen-»
wandte E. eine Lösung von 0,05 salzsaurem Narcein in
4 Grm. destillirten Wasser an. Diese Lösung trübt sich
bald. Die Menge des injicirten Narceins variirt zwischen 5
bis 10 Milligrm. Es wurde gegen zahlreiche schmerzhafte
Affectionen damit experimentirt und das Narcein als beruhi-
gend und narkotisch erkannt und als Surrogat des Morphins,
vor dem es in vielen Fällen sogar den Vorzug verdient.
(Bull. de therapeutique. — Journ. de pharm. et de chim.).
Pr.
Prüfung des Chininsulfates.
Um das Chinidin zu finden, schlägt Stoddart zwei Me-
thoden vor:
1) In einer geschlossenen Glasröhre werden 0,60 Grm.
des verdächtigen Salzes in 0,50 Grm. mit 3 Grm. Wasser
verdünnter Schwefelsäure gelöst; dieser Lösung fügt man zu:
7,50 Grm. Schwefeläther, 0,18 Grm. Weingeist und 2 Grm.
einer 1/,, Aetznatrenlösung. Nach dem Durchschütteln lässt
man 12 Stunden Ruhe und findet dann Chinidin, Cinchonin
und, wenn es vorhanden ist, Cinchonidin an der Grenzlinie
zwischen Aether und schwefelsaurem Natron. Das Chinidin
erscheint als ölige Schicht, das Cinchonidin krystallinisch.
2) Die zweite, von Stoddart hauptsächlich angewandte
Methode ist allen Besitzern eines Mikroskopes empfohlen und
beruht auf dem verschiedenen Aussehn, welches unter dem
Mikroskope die krystallinischen Niederschläge zeigen, die man
durch Fällung einer gesättigten, neutralen Chininsulfatlösung
mit Schwefeleyankalium (10 Grm. auf 45 Grm. Wasser) erhält.
(Pharm. journ. — Journ. de pharm. et de chim.). R.
140 Reinigung des Chinoidins,
Reinigung des Chinoidins.
In dem Chinoidin des Handels hat de Vry bisweilen
30% fremde Stoffe nachgewiesen. Das Reinigungsverfahren
gründet sich auf die Beobachtung Pasteur’s, dass 9 Th.
Chinoidin, die man lange Zeit in einem Mörser gerieben und
geknetet hat, in einer Lösung von 2 Th. neutralem oxalsau-
ren Ammoniak unter Ammoniakentwickelung sich lösen und
die fremden Substanzen dabei abgeben. Aber während
Pasteur bei gewöhnlicher Temperatur arbeitet, räth de
Vry zur Anwendung von Wärme. Das Verfahren ist nun
folgendes:
Man erhitzt in einem eisernen Gefässe 9 Th. Chinoidin
mit einer verdünnten Lösung von 2 Th. neutralen oxalsau-
ren Ammoniak, bis sich kein Ammoniak mehr entwickelt.
Wenn das Unlösliche sich während des Siedens an den Wän-
den des Gefässes absetzt, muss man von Zeit zu Zeit
destillirtes Wasser zusetzen, damit dieser Absatz immer
bedeckt und mit der ammoniakalischen Lösung in Berührung
bleibe. Sobald die Ammoniakentwickelung aufhört, lässt man
völlig erkalten und sieht zu, ob die Flüssigkeit sich noch
durch Woasserzusatz trübt. Im diesem Falle verdünnt man
mit Wasser, filtrirt und fällt das Filtrat mit einem Ueber-
schuss von Natronlauge.
Der klebrige Niederschlag kann durch gelinde Wärme
am Boden des Fällungsgefässes vereinigt werden, ‘die klare
alkalische Flüssigkeit wird decantirt und der Chinoidinnieder-
schlag mehrmals mit destillirtem Wasser gewaschen. Das so
gereinigte COhinoidin ist noch klebrig, verliert nur langsam
bei 100—110°C. das eingeschlossene Wasser und wird nach
dem Austrocknen hart und zerreiblich.
Die Anwendung des oxalsauren Ammoniaks bei diesem
Verfahren hat den Zweck, den Kalk abzuscheiden, den das
Uhimoidin des Handels gewöhnlich einschliesst. (Journ.
d’ Anvers. — Journ. de pharm. et de chim.). R.
141
III. Botanik und Pharmacognosie.
Bestandtheile des Beerentangs,
Fucus bacciferus (raisin du Tropique).
Öorenwinder analysirte Tange, die er an den Felsen-
riffen der Normandie oder auf den Dünen von Dünkir-
chen gesammelt hatte. Beständig fanden sich in den Aschen
derselben beträchtliche Mengen Phosphate. Die Tange haben
keine eigentlichen Wurzeln und heften sich an die Oberfläche
fester Körper, ohne dieselben zu durchdringen; sie müssen
also den zu ihrer Organisation nöthigen Phosphor im Meere
selbst finden. Corenwinder untersuchte nicht allein Tange
aus unsern Klimaten, sondern auch solche, die mitten im
Ocean, weit entfernt von allen Küsten sich finden, und welche
die Seeleute „Tropentrauben“ nennen, die Botaniker
Fucus s. Sargassum natans, S. bacciferum. Corenwinder
fand darin:
organische stickstoffhaltige u. stickstofffreie Substanz 76,627
Mineraltheile 20,373
100,000.
Der Stickstoff betrug im vollkommen trockenen Tange
bis 0,8%,. Die Aschenanalyse dieser Meerespflanze ergab:
Chlornatrium 41,750
Kalı 2,685
Natron 9,557
Magnesia 12,397
Kaik 12,774
Schwefelsäure 12,513
Kohlensäure 4,827
Phosphorsäure 1,026
Kieselerde, Eisen u. s. w. 2,471
100,000.
Es muss sich also Phosphor im Meere finden, selbst in
den weit vom Lande entfernten Strichen, obgleich man im
142 Die Wasserpest.
Meerwasser denselben noch nicht entdeckt hat.*) (Journ.
de chim. medicale. — Journ. de pharm. et de chim.). R.
Die Wasserpest,
Elodea canadensis, auch Anacharis alsıinastrum
genannt ist nach Schür ein vortreffliches Desinfectionsmittel.
Sie ist im Stande die Unreinigkeiten, welche durch die
Canalisation der Städte in die Flüsse geleitet werden, vollstän-
dig aufzusaugen und die Düngstoffe derselben aufzuspeichern.
Nach E. Siermann enthält die Asche der Pflanze:
Kohlensäure 31,96
Kieselsäure 10,34
Schwefelsäure 0,83
Chlor 1,50
Kalı 6,21
Natron 4,12
Kalk "39,38
Magnesia 7,10
Eisenoxyd 1,01
98,46.
In der agrieultur-chemischen Versuchsstation zu Dahme
wurden in 100 Theilen der frisch gesammelten Pflanze gefunden:
Feuchtigkeit 77,300
Organische Stoffe 17,674
Kali 0,431
Natron 0,244
Kalkerde 2,600
Magnesia 0,437
Eisenoxyd 0,082
Phosphorsäure 0,142
Kieselsäure 0,805
Chlor 0,124
Sand 0,161
100,000.
(Industrieblätter 9. 1869.). Schlz.
*) Corenwinder übersieht hier, dass Clemm, Beyer, Mialhe u.
Forchhammer im Meerwasser Spuren von Phosphorsäure gefunden
haben. Jackson fand im Meerwasser aus 100 Ellen Tiefe von —1?
nur Spuren, in dem aus 450 Ellen Tiefe genommenen, 6°6 warmen Wasser,
aber in 1 Grm. Seesalz 0,06 Phosphorsäure. (Zu bezweifeln; das wäre
ja über !/,. des Gesammtrückstandes!) [8. Lersch, Hydrochemie. 8. 297.
Berlin 1864.]. R.
Wulfenia earinthiaca. — Australische Gummibäume, 143
Wulfenia earinthiaeca.
Allen Botanikern ist bekannt, dass Wulfenia carin-
thiaca nur in Kämthen vorkommt und zwar auf den den
sogenannten Gartner Kofel umschliessenden, ungefähr 5000
Fuss hohen Kühweger-, Watschinger- und Kron-Alpen; sie
wächst auf fettem, aus der Verwitterung schwarzer Kalkschie-
fer entstandenen Boden mit Nordwest- Exposition. Ihr Ge-
deihen ist derart, dass es grosse Abhänge giebt, wo nicht ein
Grashalm das Dickicht der Wurzelblätter durchdringen kann;
wo die Bestände locker, da findet sich auch Rhododen-
dron hirsutum und Geranium sylvaticum.
Auf demselben Gebirgszuge kommen auch Pädarota
Bonarota und P. agyria vor, deren erstere den oberen
Gailthaler und südlichen Tyroler Alpen, letztere allen Gebir-
gen Unterkärnthens, der Steiermark, Kroatiens, Krains und
Dalmatiens anhängig sind. (Oarinthia; daraus in Flora. Nr. 26.
15. Oct. 1868.). HH:
Australische Gummibäume.
Dr. F. Müller giebt im Journ. of Botany neuere Nach-
richten über dieselben.
Der höchste bekannte Baum war der Kauri-Euca-
lyptus (E. colossea) in einem der herrlichsten Wälder
des Warren-Flusses im westlichen Australien. Er erreichte
eine Höhe bis gegen 400 Fuss. In dem hohlen Stamme eines
Kauri können sich drei Reiter mit ihren Rossen bequem tum-
meln. Nach G. W. Robinson erreicht aber E. amygda-
lina an den Quellen der Flüsse Yarra und Latrobe eine
Höhe von 500 Fuss. Er fand bei Berwik einen Stamm die-
ser Art, der 4 Fuss vom Erdboden einen Umfang von 81 Fuss.
hatte. Ein in der Nähe von Dandenong umgefallener Stamm,
gleichfalls von dieser Art, war 420 Fuss lang, einer am
Black-Spure, 10 engl. Meilen von Healesville entfernt, sogar
450 Fuss. Ein dritter Stamm mass vom Erdboden bis zum
ersten Ast 295 und dann bis zur eigentlichen Krone noch
70 Fuss. Der Durchmesser am ersten Ast betrug 4 Fuss,
und weiter hinauf 3 Fuss. (Flora; Regensburg, 28. Oct.
1868. Nr.28.). HR
144 Dalmatische Pfianzen. — Ananas - u. Orangen - Cultura. d. Bahamainseln,
Dalmatische Pflanzen.
In einem bis zum Meeresspiegel herabreichenden Ka-
stanienwalde, welcher Baum in Dalmatien nur an
einigen Punkten der Boche waldbildend auftritt, wurde P.
Ascherson aus Berlin in der Nähe von Oattaro unter
den blühenden Gewächsen auch von einigen Bekannten aus
der Hejmath, wie die schöne Lunaria rediviva, Olino-
podium vulgare, Prunella alba und Cytisus nigri-
cans begrüsst. Ebenso überraschte es ihn, auf dem Schutt-
delta eines im Winter herabstürzenden Bergstromes, auf
gröblich zerkleinertem Kalkgeröll neben dem grossen
Schöllkraut der Mittelmeergestade (Glaucium flavum)
auch eine der Zierden unserer Nord- und Ostseedünen, das
distelähnliche Doldengewächs Eryngium maritimum anzu-
treffen.
Als eine pflanzengeographisch sehr merkwürdige That-
sache berichtet er die Existenz einer wilden, von der ange-
bauten Pflanze sofort durch ihre mehrjährige Dauer zu
unterscheidenden, sonst sehr ähnlichen Roggenart (Secale
dalmaticum Vis.) um Castellborgo bei Cattaro, also in der
heissesten Küstenzone. (Flora; Regensburg, d. 28. Oct. 1868.
Nr. 28.). H.L,.
Ananas- und Orangen -Culiur auf den Bahamainseln.
Der Boden und das Klima der Bahamainseln ist zur
Cultur aller tropischen und subtropischen Fruchtarten geeig-
net. Grosse Anpflanzungen von Orangenbäumen und
Cocospalmen sind auf diesen Inseln, besonders auf Provi-
dence, Eleuthera vorhanden. Fruchtbäume der verschie-
densten Art umgeben die Wohnungen der Bewohner und
wachsen in grosser Ueppigkeit, ohne dass man ihnen irgend
eine Pflege angedeihen lässt. Von Orangen wurden 1855
schon 1,368,000 Stück und 1864 1,765,000 Stück vorzugs-
weise nach New-York exportirt. Das Tausend wird mit
30 bis 32 S. (10 bis 102/, Thaler) bezahlt.
Mit der Cultur der Ananas fing man vor etwa 100
Jahren bei Governor’shafen, Tarpumbay und Rocksound auf
Eleuthera an; während der letzten 20 Jahre aber ist die
Ananas-Cultur auf dieser Insel und auf St. Salvador ganz
allgemein geworden. Ein Morgen Land enthält durchschnitt-
Waldverminderung in Indien. 145
lich 2000 Dutzend Setzlinge der Zuckerhut- Varietät und
. 1600 Dutzend der Cuba- Varietät. Die erste Ernte im 2. Jahre
liefert etwa 1500 Dutzend Früchte und die 2. und 3.
1000 Dutzend. Das durchschnittliche Gewicht einer Frucht
der ersten Varietät ist 3 Pfund und das der anderen 3!/, Pfund.
Die Häfen von New- York und London sind die beständigen
Märkte für diese Früchte. Die erste Schiffsladung Ananas
ging 1842 nach England. 1855 wurden dahin 16,469 Dutzend
Früchte im Werthe von 3415 Pfund Sterl. (22,744 Thaler)
verschifft und 1864 61,500 Dutzend im Werthe von 8516
Pf. St. (56,716 Thaler). Im Ganzen wurden ausgeführt 1855
75,119 Dutzend (im Werthe von 84,335 Thlr.) und 1864
277,000 Dutzend (Werth 195,670 Thlr.). Die Cultur- und
Verschiffungskosten belaufen sich auf 18. bis 18. 6D.
(10 bis 15 Ngr.) pro Dutzend, während der Verkaufspreis
meist 2—4S. beträgt.
Der geringe Vorrath an gutem, für die Anzucht von Ana-
nas geeigneten Boden hindert die fernere Ausdehnung dieser
Cultur, ebenso fehlt es auch an Arbeitskräften. In einem
Jahre finden 2 Ernten statt. Ausser den Ratten richten
auch die Landkrabben grossen Schaden an; letztere befal-
len die Ananasfelder gleich den Heuschrecken, marschiren
gerade durch dieselben und verzehren jede Frucht, die ihnen
in den Weg kommt. (—r. Flora, allg. bot. Zeitung. 8. Dee.
1868, Nr. 33. S. 524.) ENTE
Waldverminderung in Indien.
L. R. Markham, der die Cultur der Chinabäume in
Indien eingeführt hat, warnt vor den nachtheiligen Folgen,
welche die Ausrodung der Wälder im südlichen Indien zur
Folge haben müsse. Wenn auch die Wälder keinen oder
nur einen geringen Einfluss auf die Grösse des Regenfalls
haben, so entscheiden sie doch die Bewegung des gefallenen
Wassers, welches auf kahlen Gebieten rasch und plötzlich, aut
bewaldeten langsam und nach und nach abrinnt. Die Ausro-
dung des Waldes hat also stets zur Folge, dass die Schwan-
kungen im Woasserstande der Flüsse heftiger werden und
die Flüsse selbst aus dauernden Wasserrinnen sich mehr
und mehr in periodische verwandeln. Im Hochlande Süd-
indiens hat sich seit etwa 20 Jahren eine sesshafte englische
Arch, d. Pharm. CXC. Bas. 1. u, 2. Hft. 10
146 Chinacultur auf Tenerife, — Schistostega osmundacea.
Bevölkerung niedergelassen, die ersten wahren Pflanzer
angelsächsischen Blutes, die hauptsächlich den Wald ausroden,
um Kaffee und neuerdings auch Thee und Ohinarinde
zu bauen. Diese letztere Bodeneultur ersetzt übrigens mit
der Zeit, was sie zerstörte, denn sie erbaut wiederum Wald
an der Stelle des ausgerodeten Waldes.
Schon nach 4 Jahren erreichen die Uhinabäume eine
Höhe von 20 Fuss und gewähren durch ihre prächtige Be-
laubung hinreichenden Schatten. Der Kaffeestrauch ist
dagegen ein wahrer Waldmörder, denn die Kaffee-
plantagen hinterlassen nach ihrer kurzen Vegetationsperiode
einen völlig ausgesogenen kahlen Boden.
Die jähen Regenfluthen haben sich in Folge der Wald-
ausrodung in Indien stark gesteigert, so dass nichts übrig
bleiben wird, um das allzurasche Abfliessen des gefallenen
Regens zu hindern, als die Anlage von Seen durch
künstliche Stauung. (Flora; Regensburg, d. 15. Oct. 1868.
Nr. 26.). H.T:
Chinaeultur auf Tenerife.
Nach einigen bereits angestellten Versuchen ist Aussicht
vorhanden, dass die Cultur der COinchona-Arten im Thale
von Orotava auf Tenerife gelingen werde. (Flora; Nr. 28.
vom 28. Oct. 1868.). .
Schistostega osmundacea,
das Leuchtmoos, ist von Herrn Apotheker Adelbert
Geheeb in Geisa auch im Rhöngebirge, in Sandsteinspal-
ten bei Unter-Breizbach, zwei Stunden nördlich von
Geisa aufgefunden worden. (Aus einem Briefe des Hr. A.
@Geheeb vom 12. Novbr, 1869 an d. Unterzeichneten). Hl
147
IV... Zoochemie.
Ueber die Gänsegalle und die Chenotaurocholsäure.
R. Otto hat die Gänsegalle einer erneuten Untersuchung
unterworfen, nachdem schon früher Gmelin und Tiede-
mann, dann Marsson und zuletzt Heintz und Wisli-
cenus dieselbe untersucht hatten. Marsson hatte die Ver-
muthung ausgesprochen, dass in der Gänsegalle das Natrium-
salz einer eigenthümlichen schwefelhaltigen Säure enthalten
sei, für welche er den Namen Chenocholinsäure in Vorschlag
brachte. Heintz und Wislicenus gaben der schwefelhal-
tigen Säure den Namen Ühenotaurocholsäure und zeigten,
dass neben dem Natrium- noch ein Kaliumsalz dieser Säure
in der Gänsegalle enthalten sei.
Ferner zeigten Heintz und Wislicenus, dass die
Chenotaurocholsäure der wesentlichste Bestandtheil der Gän-
segalle und dass dieselbe der Taurocholsäure der Ochsen-
galle entsprechend zusammengesetzt sei, indem die Chenotau-
rocholsäure mit Alkalien in Taurin und in eine der Cholsäure
entsprechende Substanz, die Chenocholsäure, zerfällt. Letztere
gaben für die Formel 0?’H*?0* der Chenotaurocholsäure
die Formel 6?°’H*’NSO®,- für welche aber die bei der
Analyse des Natriumsalzes dieser Säure gefundenen Werthe
nicht stimmten. Um nun diese Differenz zu beseitigen, hat
R. Otto die Untersuchung der Säuren der Gänsegalle wie-
der aufgenommen. Die Arbeit wurde mit circa 800 Gänse-
gallen ausgeführt. Die Gänsegalle stellt eine dickliche Flüs-
sigkeit von intensiv dunkel grüner Färbung dar. Sie
besitzt einen unangenehmen ranzigen Geruch, reagirt mei-
stens schwach alkalisch und giebt mit salpetrige Säure ent-
haltender Salpetersäure die Gmelin’sche Gallenfarbstoff-
reaction.
R. Otto fand, dass in 100 Theilen Galle enthalten sind:
Schleim 31
Fett, Uholesterin und Farbstoff 0,4
Gallensaure Salze und anorganische Salze 17,1
Wasser 79,9
100,0.
Asche 2%
10*
148 Ueber die Gänsegalle und die Chenotäurocholsäure.
Die Asche besitzt eine weisse Farbe, schmilzt bei Roth-
gluth und enthält vorzüglich schwefelsaures Natron, schwe-
felsaures Kali, etwas Chlornatrium, phosphorsauren Kalk
und Spuren von phosphorsaurer Talkerde. Das Fett der Gän-
segalle besteht aus Glyceriden flüssiger Säuren. Die sich
in dem öligen Fette bildenden Krystalle bestehen nach
R. Otto aus Cholesterin.
Wird die von Schleim und Farbstoff befreite weingeistige
Gallenlösung mit Aether versetzt, so fallen die in der Galle
enthaltenen gallensauren Salze anfangs pflasterartig nieder. Mit
der Zeit wird der Niederschlag krystallinisch; die Krystalle
zerfliessen an der Luft.
R. Otto stellte nun aus diesem Gemische von gallen-
saurem Natron und Kali das reine Natronsalz dar, analysirte
dasselbe und gab ihm die Formel 0°°’H’'NaNS07 Nimmt
man nun an, dass sich die Chenotaurocholsäure ebenso wie die
übrigen bekannten analog zusammengesetzten Grallensäuren
beim Kochen mit Alkalien in Taurin und in ene N- und S-
freie Säure spalte, so müsste für letztere, die Chenocholsäure,
die Formel = C?’H?60° sein. Dem ist aber nicht so. Die
Chenocholsäure hat die Formel 0?’H*04. Hierans folgt, dass
die Chenotaurocholsäure sich entweder ohne Aufnahme von
H?O in Taurin und Chenocholsäure spalte: U2?H>1INSO?
—(2?H’NSO3 -+ G27”H 4410, oder, dass das chenotaurocholsaure
Natron, aus dessen Analyse die Formel der freien Chenotau-
rocholsäure abgeleitet ist, noch 1 Mol. H?O, welches nicht zu
seiner Constitution gehört, zurückgehalten habe, dass also
02°H50NaSO? gleich sei C2’H°NaSO® + 1 Mol. Krystallwas-
ser. Die zweite Annahme hat sich bestätigt. Das reine Na-
triumsalz der Öhenotaurocholsäure hat die Formel
OH NANSO®
Die Chenotaurocholsäure bildet im freien Zustande eine
in Wasser und Weingeist lösliche, völlig amorphe Masse.
Auf dem Platinblech erhitzt verbrennt sie unter Ausstossen
eigenthümlich myrrhen - ähnlich riechender Dämpfe und hinter-
lässt eine reichliche Menge sehr voluminöser, schwer ver-
brennlicher Kohle. Beim Erhitzen mit Alkalien zerfällt sie in
Taurin und Chenocholsäure. Letztere wurde früher von
Heintz und Wislicenus in kleinen Krystallen erhalten,
während R. Otto dieselbe stets nur als amorphe, hellgelb-
liche Masse erhielt,
Versuche über Harnstoff und Oxamid. 149
Das Baryumsalz dieser Säure hat die Formel:
(C27H4302)2
en
(Annalen der Chemie und Pharmacie. Februarheft 1869.).
Sch.
Versuche über Harnstoff und Oxamid
von A. Geuther, J. E. Marsh und E. Scheitz haben zu
folgenden Ergebnissen geführt:
1) Ameisenharnstofft (Formylharnstoff) =
C®H*N?O* (metamer dem Oxamid) entsteht nach Scheitz
= Einwirkung von Ameisensäure auf Harnstof. Es wurde
1 Mgt. bei 1009 getrockneten Harnstoffs mit 1 Mgt. Amei-
sensäure (erhalten aus trockenem ameisens. Bleioxyd und
trocknem HS) in einem Kochfläschehen zusammengebracht und
dieses, da nach einiger Zeit bei gewöhnl. Temperatur keine
Einwirkung zu bemerken war, mit einem umgekehrten Küh-
ler in Verbindung gebracht und allmählig im Wasserbade
auf 100° erhitzt. Der Harnstoff ging hierbei in Lösung. Als
die Einwirkung einige Zeit gedauert hatte, wurde der Inhalt
durch freies Feuer bis zum Sieden erhitzt. Da eine Gasent-
wickelung begann, wurde nach kurzer Zeit das Feuer entfernt
und erkalten gelassen. Die dabei immer dicker werdende
Flüssigkeit erstarrte nun zu einem Brei kleiner weisser Kry-
stalle, ihrem Aussehen nach wesentlich verschieden von denen
des Harnstoffs und des ameisens. Ammoniaks. Sie waren in
absol. Alkohol sehr schwer löslich und konnten damit von
noch vorhandenem Harnstoff, von Ameisensäure und etwa
gebildetem ameisens. Ammoniak befreit werden.
Sie entwickelten mit kalter Natronlauge übergossen kein
Ammoniak. Um zu sehen, ob sie ameisens. Harnstoff seien,
wurde der Versuch wiederholt, aber, nachdem der Harnstoff in
Lösung gegangen war, sogleich verschlossen und erkalten
gelassen. Nach Verlauf von etwa 12 Stunden erschienen
aber grosse durchsichtige säulenförmige Krystalle von Harn-
stoff. Nach weiteren 24 Stunden ruhigen Stehens fingen die
Harnstoffkrystalle an einzelne weisse Punkte zu zeigen, die
sich nach und nach vermehrten und deren Ansehen ganz dem
der zuerst erhaltenen glich; ihre Untersuchung zeigte, dass sie
150 Versuche über Harnstoff und Oxamid.
dieselbe Verbindung waren, als die zuerst erhaltenen, nem-
lich Ameisenharnstoff — C*H4N2O0* Die Analyse des-
selben ergab:
berechnet” gefunden
11.
091,3 21,9. 22,9
H7—=r245 4,7 4,9
N 38 — 314
025364 ee ee
100,0
Die Bildung desselben geschieht nach der Gleichung
O2H#N 20? + 02H 20* — ©*H*N20° + 2HO.
Der Ameisenharnstoff löst sich leicht in Wasser,
sehr schwer in kaltem, leichter in heissem absol. Alkohol.
Aus letzterer Lösung krystallisirt er naclı dem Verdunsten
des Alkohols unverändert, aber aus der‘ wässrigen Lösung
erhält man ihn nicht wieder, mag man in der Wärme, oder
in der Kälte über Schwefelsäure das Wasser verdunsten las-
sen; er zerfällt dabei in Harnstoff und Ameisensäure. Na-
tronlauge entbindet in der Kälte aus ihm kein Ammoniak,
aber sogleich beim Kochen; in der Flüssigkeit ist dann Amei-
sensäure nachweisbar. Wird die wässrige Lösung des Amei-
senharnstoffs mit fein geschlämmtem gefällten Quecksilberoxyd
gekocht und heiss filtrirt, so erhält man nach dem Erkalten
eine geringe Menge einer dichten weissen Verbindung, ganz
vom Aussehen des Harnstoff- Quecksilbers; dabei findet keine
Metallreduction statt. Eine solche findet erst nach längerem
Erhitzen statt oder gegen Ende des Verdunstens über Schwe-
felsäure. Zu den charakteristischen Eigenschaften des Amei-
senharnstoffs gehört noch die, bei 159° unverändert zu einer
farblosen Flüssigkeit zu schmelzen, die beim Erkalten wieder
weiss erstarrt.
Im Oelbade stärker erhitzt zersetzt er sich; zuerst ent-
weicht reichlich Ammoniak, dann ÜUyanwasserstoff und als
Rückstand bleiben Oyanursäure und poröse Kohle.
2) Acetylharnstoff = CCHeN20% Wird 1 Mgt.
Harnstoff mit 2 Mgten Essigsäureanhydrid einige Zeit bis zum
Siedepunkte des Anhydrids erhitzt und dann erkalten gelassen,
so scheidet sich auf Zusatz von Wasser Acetylharnstoff
aus, der durch Umkrystallisiren aus heissem Wasser leicht
rein erhalten werden kann. Nur wenn die Erhitzung zu
lange gedauert hat, enthalten die Krystalle etwas Uyanursäure
beigemengt, die durch Kochen der wässrigen Lösung mit
> sd." # en
2
Versuche über Harnstoff und Oxamid. 151
kohlensaurem Silberoxyd leicht entfernt werden kann. Diese
. Analyse ergab:
berechnet gefunden
IE 11.
Cs — 35,3 34,8 35,4
Hs— 5,9 59 61
N 205 = —
04 —3E3 — —
100,0.
Derselbe besass alle Eigenschaften, welche Zinin (Ann.
Ch. u. Pharm. Bd. 92, p. 405) für denselben angegeben hat.
Er entsteht nach der Gleichung: C?H4N?0? + 2(C*H?0?)
— CCHSN?O* + C?H?O*. Diese Bildung geht so leicht von
Statten, dass solches die bequemste Methode seiner Darstel-
lung ist.
3) Benzoylharnstoff. Erhitzt man Benzo@säurean-
hydrid mit Harnstoff zu gleichen M. G., so findet” bei 120°
die Schmelzung des Harnstoffs unter dem geschmolzenen An-
hydrid statt, ohne dass ein gleichförmiges Gemisch entstände;
auch durch Umschütteln kann ein solches nicht erhalten wer-
den. Lässt man erkalten, so kryst, der Harnstoff wieder
unter dem flüssigen Anhydrid. Hält man die Temp. aber
einige Zeit bei 120°, so tritt vollständige Mischung der Flüs-
sigkeiten ein und beim Erkalten entsteht eine terpenthin-
artige Masse, die selbst nach tagelangem Stehen nur
wenig Krystallbildung zeigt. Sie löst sich vollkommen und
leicht in absol. Alkohol, enthält demnach keinen Benzoylharn-
stoff. Wird dieselbe nun einer Temp. von 140 — 150° län-
gere Zeit ausgesetzt, so beginnt die Abscheidung kleiner
säulenförmiger Krystalle. Hat die Erhitzung lange genug
gedauert, so kryst. beim Erkalien die ganze Masse wieder
leicht. Wird dieselbe nun mit kaltem absol. Alkohol behandelt,
so bleibt ein Rückstand von Cyanursäure und von Ben-
zoylharnstoff, während neben überschüssigem Anhydrid
auch Benzamid in Lösung geht. Durch wiederholtes Um-
krystallisiren aus ammoniak. Wasser entfernt man die Cya-
nursäure, welche in Lösung bleibt, und erhält man den Ben-
zoylharnstoff in farblosen nadelförmigen Krystallen, die
im kalten Wasser sehr schwer löslich sind. Sie besitzen die
von Zinin dafür angegebenen Eigenschaften, kryst. aus
Alkohol in Blättchen, schmelzen bei 200° (208°), geben
auf dem Platinblech vorsichtig erhitzt zuerst den Geruch von
Benzonitril und hinterlassen einen Rückstand von Üyanur-
säure; im Röhrchen über ihren Schmelzpunkt erhitzt, beginnt
152 Versuche über Harnstoff und Oxamid.
die Masse zu schäumen und erfüllt sich mit Nadeln von Cya-
nursäure, indem Benzamid sublimirt. Die Ausbeute an Ben-
zoylharnstoff ist immer nur gering.
4) Harnstoff und Metalloxyde. Liebig fand für
die Verbindung des Harnstoffs mit Silberoxyd die Formel
3AgO,0?H*N?O? und für die 3 Quecksilberoxydverbindungen
die Zusammensetzung 2Hg0,C?H*N?0? — 3Hg0,0?HN 20?
und 4Hg0,C®H?N?O2, also Verbindungen ohne Austritt von
Wasser.
Die essigs. Salze des CuO und HgO werden durch eine
Harnstofflösung nicht gefällt.
5) Harnstoff und nascirender Wasserstoff
(durch Zn und Essigsäure entwickelt). Durch dieses Reductions-
verfahren wird nach Versuchen von Marsh der Harnstoff
nicht verändert; seine Beständigkeit reducirenden Einflüssen
gegenüber ist viel grösser als die des Oxamids.
6) OXamid und nascirender Wasserstoff. Nach
Versuchen von Scheitz wird durch Einwirkung von Zink
und Essigsäure das Oxamid n Glykolsäure und Ammo-
niak verwandelt; eine Bildung von Glykokoll konnte hier-
bei nicht wahrgenommen werden,
7) Oxamid und Ameisensäure. keine Ameisen-
säure, selbst wenn dieselbe im Ueberschuss längere Zeit im
verschlossenen Rohr mit Oxamid auf 100° erhitzt wird, ist
nach Marsh ohne Wirkung auf dasselbe. Bei stärkerer Er-
hitzung (von 125° an bis auf 250°) zerfällt die Ameisen-
säure in Kohlenoxyd und Wasser, welches letztere das Oxa-
mid in oxalsaures Ammoniak verwandelt. Es entsteht
also kein Ameisenoxamid (Formyloxamid).
8) Oxamid und Essigsäureanhydrid sind bei
140 — 160° ohne Wirkung aufeinander.
9) Oxamid mit Benzoäösäureanhydrid auf 170°
erhitzt bleibt unverändert. Auf 200°C. erhitzt bildet sich
etwas Benzamid.
10) Oxamid mit Kupferoxyd. Marsh hat die
schon von Toussaint erhaltene Verbindung 5CuO,2C04H N ?O
aufs Neue untersucht, diese ungewöhnliche Zusammen-
setzung bestätigt, und dieselbe völlig wasserfrei gefunden.
Durch die Fähigkeit des Oxamids, sich mit gewissen Me-
talloxyden direct zu vereinigen, unterscheidet es sich wesent-
lich von Glykokoll. Ausser der Verbindung des Oxamids mit
CuO ist nur noch die von Dessaignes erhaltene Queck-
silberoxydverbindung HgO,C*H*N?O* bekannt. Mit Blei-
oxyd und Silberoxyd konnte Pelouze das Oxamid nicht
Ueber die dem Harnstoff entsprechende Schwefelverbindung. 153
vereinigen; auch Geuther und seinen Mitarbeitern gelang
es nicht, eine Silberoxydverbindung desselben zu erhalten,
Eine heisse Oxamidlösung wirkt nicht ein auf die neu-
tralen essigs. Salze des FeO, Fe?O°,MnO,NiO,SnO und HgO.
Die Lösung des essigs. Hg?’O wird durch dieselbe beim Ko-
chen reducirt.
Geuther betrachtet die Oxaminsäure Ü*H®NO® als
Azo-hydroxyessigsäure (Azoglykolsäure), das Oxa-
mid C?H!N’O* als Azo-hydroxyacetamid (Azoglyko-
koll oder Azoglykolamid), die Carbaminsäure C2H®’NO%
als Azo-hydroxymethylalkohol und den Harnstoff
(Carbamid) C®H!N?O°? als Azo-hydroxymethylamin=-
[C2H(HO2,N)],H?N. (Jena’ische Zeitschr. f. Med. u. Naturw.
BaraV. H.1..8:1— 15). HE
Ueber die dem Harnstoff entsprechende Schwefel-
verbindung.
Es ist bekannt, dass Wöhler vor längerer Zeit die
merkwürdige Umwandlung, welche eine wässerige Lösung
von eyansaurem Ammonium bei ihrem Eindampfen zur Trockne
erleidet, entdeckt hat. Das cyansaure Ammonium geht
dabei in den isomeren Harnstoff über
Yo) 4
Ch | 0) 2 AN N?
NH#/ — ne] 2
Cyansaures Ammonium und sulfocyansaures Ammonium sind
Salze von sehr ähnlicher Constitution, und das letztere sollte
also auch beim Erhitzen eine dem Harnstoff entsprechende
Schwefelverbindung geben
IN (c)“ |
UN N:
SI) ER 2 ”
Sulfoeyansaures Ammonium Sulfocarbamid.
Liebig, Völckel und Hofmann haben sich mit die-
ser Umwandlung des sulfocyansauren Ammoniums in Sulfo-
carbamid beschäftigt, ohne jedoch ein günstiges Resultat zu
erzielen. Hofmann hat zwar eine Reihe von Substitutions-
produeten des schwefelhaltigen Harnstoffs dargestellt, doch
ist ihm die Isolirung des Sulfocarbamids nicht gelungen.
154 Ueber die dem Harnstoff entsprechende Schwefelverbindung.
S. E. Reynolds hat nun in neuester Zeit nicht nur gezeigt,
dass das Sulfocarbamid direct aus dem sulfocyansauren Am-
monium dargestellt werden kann, sondern dass auch diese
Darstellung nach einem dem W öhler’schen Verfahren ganz
ähnlichen von Statten geht. Reynolds überzeugte sich,
dass die grössere Stabilität des sulfocyansauren Ammonium
das hauptsächlichste Hinderniss für die moleculare Umlage-
rung der darin enthaltenen Bestandtheile abgebe.
Bei dem cyansauren Ammonium genügt die Temperatur
des siedenden Wassers, um die Umwandlung desselben in
Harnstoff eintreten zu lassen; das sulfocyansaure Ammonium
bleibt dagegen bei 100° unverändert, wird aber bei 170 —
180° leicht zersetzt.
Reynolds hat nun das sulfocyansaure Ammonium
längere Zeit in einem Oelbade bei 170° erhitzt, dasselbe
nach dem Abkühlen bis auf 100° mit emem gleichen Ge-
wichte warmen Wassers von 80°C, behandelt und die Lö-
sung der Krystallisation überlassen.
Die erhaltenen Krystalle wurden abgepresst, wiederholt
umkrystallisirt und mit grösster Vorsicht der Analyse unter-
worfen. Die Analyse 2 Zahlen, welche mit den aus der
Formel CH*N?S berechneten übereinstimmen. Reynolds
hatte demnach das Sulfocarbamid
(CS) |
H2 (N?
H:
erhalten. Wird der neue Harnstoff mit Wasser in einer
zugeschmolzenen Röhre einige Stunden lang auf 140°0.
erhitzt, so wird er wieder zu sulfocyansaurem Ammonium
umgewandelt, wie aus der intensiven rothen Färbung zu
ersehen ist, welche die Flüssigkeit bei dem Zusatz eines
Eisenoxydsalzes annimmt. Reines Sulfocarbamid giebt mit
Eisenoxydsalz keine Färbung. Das Sulfocarbamid schmilzt
bei 149°C. Mit Salpetersäure bildet dasselbe eine schön
krystallisirende Verbindung, dagegen keine mit Chlorwasser-
stoffsäure und Oxalsäure. Mit Cold, Platin und Silber stellte
Reynolds ebenfalls Verbindungen des Sulfocarbamids dar;
auch gelang es ihm, das Sulfocarbamid durch Behandlung mil
feuchtem Siiheroxyd in Carbamid überzuführen.
Von Quecksilberverbindungen des Sulfocarbamids schei-
nen mehre zu existiren. Beim Vermischen einer fast neu-
tralen Lösung von salpetersaurem Quecksilberoxyd mit einer
Harn v. Pers., welche Chlorof. eingeathm. hab.ete. — Reaect. a. Albumide. 155
etwas verdünnten Lösung von Sulfocarbamid entstand ein
Niederschlag von der Zusammensetzung
2(CS)-HENE 53H 200573120:
Diese Quecksilberverbindung des Sulfocarbamids geht
bei längerem Waschen in die Verbindung (CS)“H*N?. 4Hg”O
über, indem Harnstoff und Wasser elimiirt werden. (An-
nalen der Chemie und Pharm. Maiheft 1869... 27. Mai 1869.
Sch.
Der Harn von Personen, welche Chloroform einge-
athmet haben, redueirt Kupferoxyd zu Oxydul,
wie wenn Zucker vorhanden wäre;
diese Reduction rührt aber vom Chloroform her.
Von der Gegenwart desselben überzeugt man sich, indem man
einen Luftstrom durch den Urin leitet, dann durch ein roth-
glühendes Porcellanrohr und schliesslich in einen Liebig’-
schen Kaliapparat, welcher eine Lösung von salpetersaurem
Silberoxyd enthält. Es findet eine Fällung von Chlorsilber statt.
(Fharmaceut. Journ. and Transact. Febr. 1869. Sec. Ser.
Vol.X. Nr. VIII. p. 486.). Wr.
Reaction auf Albumide nach Fröhde.
Man behandelt die Eiweisskörper im festen Zustande
mit molybdänsäure-haltiger Schwefelsäure, wodurch sie
intensiv blau gefärbt werden. Die Schnitte von Samenkör-
nern, besonders der Getreidesamen, sowie die Muskelfa-
sern zeigen diese Reaction deutlich. (Gewisse Reagentien
verhindern die blaue Färbung. (Ann. Chem. Pharm. 145,
376.). (
156
V. Medicin und Pharmacie;
Toxikologie.
Anwendung von Kaliwasserglas fur chirurgische
Verbände.
Shun schlägt Kaliwasserglas für feste Verbände vor
bei Knochenbrüchen oder bei Krankheiten, die Unbeweglich-
keit des kranken Gliedes verlangen. Man nimmt zu den
Verbänden leinene oder baumwollene Binden oder im Noth-
falle ungeleimtes Papier und bestreicht mittelst eines grossen
Pinsels den Verband mit dem Kaliwasserglase, das schnell
trocknet und fest wird. Die Hauptvorzüge dieses Verfah-
rens sind:
1) Die Billigkeit;
2) die Einfachheit, die keinen weitern Apparat verlangt;
3) die Leichtigkeit, mit welcher diese Substanz trocknet
und schon in 5 — 6 Stunden erhärtet;
4) die Undurchdringlichkeit* und Festigkeit des Ueber-
zugs, der trotzdem schon durch warmes Wasser entfernt
werden kann.
(Union pharm. -—— Journ. de pharm. et de chim.). R.
Resorption des Phosphors bei der Phosphor-
vergiftung.
Mialhe kam, als er, gelegentlich eines abzugebenden
Gutachtens, Thierversuche über die Aufsaugung des in den
Magen gebrachten Phosphors anstellte, von seiner früheren
Behauptung, dass ausschliesslich die Alkaliverbindungen den
Uebergang dieses Giftes in die Blutbahn vermittelten, zurück.
Vielmehr fand er, dass die in dem Speisebrei vorhandenen
Fette, welche Phosphor wie Schwefel lösen, bei diesem Vor-
De ee
= 5
Terpenthinöl als Antidot des Phosphors. 157
gange die hervorragendste Rolle spielen. Sie dienen dem
P als Vehikel; mit ihnen geht derselbe in die Säftemasse
über, gelangt mit dem Blute in alle Organe des Körpers,
durchdringt alle Bestandtheile der thierischen Gewebe, und
ruft auf diese Weise auch ihr bekanntes Leuchten im Dun-
keln hervor. Ebenso rührt der von ihnen sich entwickelnde
knoblauchähnliche Geruch von Phosphordämpfen her. Denn
der Phosphor soll nach M. tagelang im Blute unverändert
kreisen. Mit den Fetten geht der P keine chemische Ver-
bindung ein; sie halten ihn nur in Lösung und befähigen
ihn, in .die Organbestandtheile des Körpers zu diffundiren.
Mit Tardieu (und Anderen Ref.) nimmt Mialhe an, dass
Phosphor als soicher seine Giftwirkung übt; ja, er geht noch
weiter, und nimmt an, dass auch in das Blut gelangender
Phosphorwasserstofi in Wasser oxydirt und auch hierbei Phos-
phor ausgeschieden werde. Für die Praxis folgt aus dem
Angeführten, dass mit Phosphor Vergifteten fette Nah-
rung schadet, sie also auf schmale Kost zu setzen sind;
ausserdem sind saure Getränke und Abführmittel zu reichen.
Aether oder Chloroform sind für Phosphor deswegen schlechte
Menstrua, weil sich aus ihnen der Phosphor bei Berührung
mit dem wässrigen Mageninhalte in feinzertheiltem und die
Resorption desselben bei Gegenwart von Fetten begünstigen-
dem Zustande abscheidet. (Union medie.; 4. Juin 1868.).
K.
Terpenthinöl als Antidet des Phosphors.
In der Zündhölzchenfabrik von Black und Bell zu
Strafford sucht man die den Arbeitern aus Phosphor - Inha-
lationen erwachsenden Gefahren durch Terpenthin, welcher
die spontane Oxydation des P. hindert, aufzuheben. Die bei
der Chimicage und Trempage beschäftigten Arbeiter tragen
daher ein oben offenes Weissblechgefäss mit Terpenthinöl
gefüllt auf der Brust. Nach Letheby wird durch diese
Maassregel der Ertstehung des P-Nekrose und anderer In-
toxicationskrankheiten dergestalt vorgebeugt, dass dieselbe
sanitätspolizeilich in England eingeführt werden wird. (Nach
Journ. de Bruxell. Novb. 1867. Journ. de chimie med. Avril
1868. p. 212... Dr. Köhler. Vergl. auch Archiv d. Pharma-
cie 1867, Bd. 129, S. 253. DH. Ha
ne
158 Anwendbarkeit des Terpenthinöls als Gegengift ete.
Anwendbarkeit des Terpenthinöls als Gegengift
bei Phosphorvergiftungen.
Bei seinen Untersuchungen über die Anwendbarkeit des
Terpenthinöls als Gegengift bei Phosphorvergiftungen ging
Personne von folgenden Gesichtspunkten aus:
1) Man weiss seit langer Zeit, dass das Terpenthinöl
und andere Kohlenwasserstoffe dem Phosphor die Fähigkeit
nehmen, in der Dunkelheit zu leuchten, d. h. also Dämpfe zu
entwickeln und bei niedriger Temperatur zu verbrennen.
2) Man weiss durch Letheby, dass in einer engli-
schen Streichhölzerfabrik zu Strafford zum Schutz der Arbei-
ter gegen den durch die Phosphordämpfe auftretenden Kinn-
backenkrampf, dieselben ein kleines offnes mit Terpenthinöl
gefülltes Gefäss auf der Brust tragen, so dass Nase und
Mund stets von Terpenthinöldämpfen umspült werden.
3) Hat Dr. Audant bei einem durch Streichhölzer ver-
suchten Selbstmorde die Beobachtung gemacht, dass der Un-
glückliche durch Terpenthinöl, welches derselbe, um seinen
Tod zu beschleunigen, eingenommen hatte, gerettet wurde.
Personne hat nun eine Reihe von Versuchen mit Hun-
den gleichen Alters und möglichst gleicher Stärke angestellt.
Er operirte folgendermaassen:
1) Fünf Hunde erhielten nur Phosphor.
2) Fünf Hunde erhielten Terpenthinöl, ein bis zwei Stun-
den nach dem Phosphor.
3) Fünf Hunde erhielten Terpenthinöl sogleich nach dem
Phosphor.
Sämmtliche Hunde waren seit dem Abend des vorigen
Tages nüchtern.
Die Einführung des Phosphors und des Terpenthinöls
geschah vermittelst einer Magensonde, welche in den Magen
durch die Nabelöffnung eingeführt wurde.
Die Menge des eingeführten Phosphors war 0,1 — 0,3 Grm.
Derselbe war gelöst worden im Mandelöl, welches vermittelst
Eigelbes in eine Emulsion übergeführt war, so dass also das
Gift unter den für die Absorption günstigsten Bedingungen
verwandt wurde. Das Terpenthinöl wurde in Dosen von
10,0 Grm., ebenfalls in Form einer Emulsion, gegeben. Die
Versuche begannen am 13. Januar d. J. und dauerten bis zum
27. Februar.
Sämmtliche Hunde, welche nur Phosphor erhielten, starben.
Von den fünf Hunden, welche Phosphor und 1—2 Stun-
den später Terpenthinöl erhielten, starb nur einer,
N ER RE N EN eV
a > ee
Auffällige Erscheinungen bei Anwendung von Calomel ete. 159
Dasselbe Resultat erzielte Personne bei den letzten
fünf Hunden, welche das Gift und das Gegengift zu gleicher
Zeit erhalten hatten.
Das Terpenthinöl wirkt hier nicht wie die gewöhnlichen
Gegengifte, welche in der Regel mit dem Gifte unlösliche
oder indifferente Verbindungen eingehen, sondern es verhin-
dert, wie Personne glaubt, die Verbrennung des Phosphors
in dem Blute der vergifteten Thiere. Der Phosphor wirkt
tödtlich durch die Verhinderung der Haematose des Blutes,
dessen Sauerstoff er an sich reisst. Das Blut wird schwarz
und sein Phosphorgehalt kann nach der Mitscherlich’-
schen Methode nachgewiesen werden. Das Terpenthinöl ver-
hindert die Absorption des Sauerstoffs des Blutes durch den
Phosphor, so dass letzterer, ohne dem Organismus zu schaden,
ausgeschieden wird. Carles hat in diesem Fall die Gegen-
wart des Phosphors im Urin nachgewiesen. (Journal de phar-
macie et de chimie. Mai 1869.). Sch.
Auffällige Erscheinungen bei Anwendung von Calo-
mel als äusserliches Augenmittel gleichzeitig mit dem
innerlichen &ebrauche des Jodkalium.
Ein Mädchen von 6 Jahren mit scrophulöser Augen-
entzündung (conjunctivitis granulosa, Keratitis diffusa, mit
Trübung und Verschwärung der Hornhaut) wurde von Dr.
Hennequin behandelt, zuerst mit Atropinlösung (1:100),
Compressen mit heissem Kamillenblüth. Infusum, innerlich
Leberthran und Eisenjodür-Syrup, wobei der Zustand der
Kranken sich schon besserte.
Da nach dem Verschwinden der entzündlichen Erschei-
nungen und der Vernarbung des Ulcerationen die Flecken der
Hornhaut noch sichtbar waren, verordnete Hennequin Ein-
blasungen von Üalomelpulver, die jedoch ziemlich lange
gemacht wurden, ohne dass die Opacität der Hornhaut sich
irgendwie vermindert hätte, aber auch ohne irgend welche
unangenehme Nebenerscheinungen. Nachdem 3 Wochen lang
jede Behandlung unterlassen worden, kam Hennequin zu
den Einblasungen von Calomel zurück und verschrieb gleich-
zeitig der Kranken Jodkaliumlösung in der Dose von
0,50 Grm. täglich. Von da an sah er die Einblasungen von
Calomel, die kurz vorher eine völlige Unschädlichkeit zeigten,
160 Werth der Carbolsäure als Desinfeetionsmittel,
unmittelbar die schwersten Zufälle bewirken, namentlich den
Wiederausbruch der Entzündung, die doch völlig getilgt
schien und durch keine andere Ursache hervorgerufen sein
konnte.
Das Auge war injieirt, schmerzhaft, die Augenlider
ödematisch geschwollen. Auflegen von Üompressen mit kal-
tem Wasser waren nöthig, um die Entzündung zu beschwich-
tigen, und die Einblasungen von Üalomel, wurden wie sich
von selbst versteht, unterbrochen.
Sobald es möglich war die Augenlider zu öffnen, um
sich von dem Zustande der Augen Rechenschaft zu geben,
bemerkte Hennequin, dass die Verletzung, der Ausgangs-
punkt der Zufälle, auf jeder Seite der Vertiefung zwischen
dem Auge und dem unteren Augenlide ihren Sitz hatte.
Hier war die Conjunctiva aufgeschwollen, ödematisch, graulich
und bildete eine Verdickung, welche das untere Augenlid
vorschob. Nach einigen Tagen übrigens ging die Heilung
glücklich von Statten und der Zufall hatte nicht nur keine
nachtheilige sondern die glückliche Folge, dass die Trübung
der Hornhaut, welche bis dahin allen Mitteln widerstanden
hatte, rasch verschwand, so dass man diese dazwischen
gekommene Entzündung als die Ursache der Auflösung der
Keratitis ansehen konnte. (Gaz. hebd.; daraus im Journ. d.
pharm. et d. chim.). HI:
Werth der Carbolsäure als Desinfeetionsmittel.
Prof. Parkes am Netley-Hospital stellte über den
Werth bestimmter Desinfectionsmittel, namentlich
der Carbolsäure, über die zur Entfaltung ihrer vollen
Wirkung erforderliche Menge bei verschiedenen Temperatu-
ren und unter anderen, von äusseren Einflüssen. abhängigen
Bedingungen, Versuche an. Diese ergaben, dass der Carbol-
säure zwar der höchste Werth unter den genannten Mitteln
zuerkannt werden könne, die Menge, in welcher diese Säure
angewendet werden müsse, jedoch grösser sei, als man ge-
wöhnlich glaube. 60 Gran krystall. Carbolsäure genügten bei
50°F. nicht, die von einem Menschen in 24 Stunden entleer-
ten Fäcalmassen zu desodorificiren und der Vibrionenbildung
in denselben vorzubeugen. Krystallisirte reine Car-
bolsäure, gleichviel aus welcher Fabrik stam-
#
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4
E
a nd
Carbolsäure - Vergiftung. i6i
mend, erwies sich weniger wirksam, als flüssige,
unreine Präparate; zwei ganz verschieden zusammenge-
setzte Desinfectionspulver wirkten in gleich grossen Mengen
angewandt, gleich intensiv. Diese grossen und den Kosten-
punkt erhöhenden, für die Desinfection nothwendig werdenden
Quantitäten Carbolsäure lassen eine frühzeitige, nachhaltige
Wirkung dieser in Gebrauch zu ziehenden Mittel besonders
wünschenswerth erscheinen.
Die Ausdünstungen der Abzugscanäle durch chemische
Mittel allein unschädlich zu machen, hält Parkes ausserdem
für unmöglich und glaubt die Sorge für schnellen Abfluss der
in den Rinnsteinen etc. fortgeleiteten Schmutzwässer als
Grundbedingung für die Erhaltung eines guten Gesundheits-
zustandes in Städten erklären zu müssen. Ueber die Wir-
kungen, welche diese Emanationen auf den menschl. Kör-
per ausüben, giebt Verf. nach Versuchen an sich
selbst Folgendes an.
Zuerst werden die Ausbreitungen des Geruchs- und
Geschmacksnerven afficirt: es zeigt sich vermehrter Speichel-
fluss, nach 30—50 Minuten von Uebligkeit und Brechneigung
gefolgt; alsbald sich hinzugesellende Frostschauder, Pro-
stration und Kopfweh (3—4 Stunden nachdem die Dünste
eingeathmet sind) liefern für eine Mitleidenschaft des gesamm-
ten Organismus den Beweis. Diese Erscheinungen dauerten
20—24 Stunden an; zu Diarrhöen kam es nicht. Durch
Desinfection der Schmutzkanäle mit grossen Mengen Carbol-
säure lässt sich, wie Parkes durch Experimente nachweist,
der Entstehung dieser Vergiftung vollständig vorbeugen. (The
Lancet. 1868, Nov. 21. »p. 676.). K.
Carbolsäure - Vergiftung.
Nachstehender Fall ereignete sich im Borough Asylum
for Insane zu Norwich. Ein 43jähriger (Geistes-) Kranker
verschluckte eine Unze zum Desinfieiren dienender Carbol-
säure. Dr. F. Sutton sah Pat. 5 Minuten nach geschehe-
ner That; letzterer lag bewusstlos auf einem Lehnstuhle, das
Gesicht war blass und in Schweiss gebadet, Pupillen ver-
engt; der Puls (100) weich, aussetzend; der Athem schnar-
chend und nach Carbolsäure riechend; Lippen und Finger-
spitzen livid. Die Magenpumpe förderte wenig, ebenso rie-
chenden Mageninhalt; Erbrechen trat nicht ein, und starb
Arch. d. Pharm. CXC. Bde. 1. u. 2. Hft, dal,
162 Carbolsäure bei Verbrennungen.
Pat. nach 1'/, Stunden. Die Obduction ergab verfärbte und
angeätzte Mundwinkel, weisse Mundschleimhaut, schrundige
Zunge, bräunlich verfärbten, runzligen, trockenen Oesophagus,
und Magen-Darmentzündung. (Medical Times and Gazette.
1868.). K.
Carbolsäure, bei Verbrennungen empfohlen
von Allan Wilson.
Auf verbrühte oder verbrannte Theile applicire man
folgende Carbolsäure-Emulsion:
1) man mische 30 Theile Provenceröl mit Kalkwasser,
und setze 1 Theil Carbolsäure zu;
2) ist die Emulsion hergestellt, so werden Leinwand - Com-
pressen in dieselbe getaucht und auf die verbrannten Haut-
partieen applicirt;
3) um diese Ueberschläge feucht zu erhalten, wird von
Zeit zu Zeit auf ihre nach Aussen gewandte Seite mittelst
eines Federbartes frische Emulsion aufgestrichen, und
4) über die Compressen ein Guttapercha-Gewebe (damit
getränkte Leinwand) gelegt. Dieser Verband hält die schäd-
lich auf Wundflächen wirkenden Bestandtheile der atmosphä-
rischen Luft ab, desinfieirt und lässt Heilung ohne Eiter-
bildung zu Stande kommen. Hieraus folgen zwei weitere
hoch anzuschlagende Vortheile dieser Behandlungsweise; nem-
lich Verhütung der Aufsaugung von Eiter durch die Lymph-
gefässe, resp. der bei Verbrennungen häufig beobachteten
consecutiven Blutvergiftung durch Eiter (Pyämie) und Ent-
stehung erheblicher, den Patienten entstellender Narben. In
zwei Fällen von sehr hochgradiger Verbrennung des Vorder-
arms, Gesicht's und der Brust durch heisses Wasser und
Thee bei einer 40jährigen Dame und einem 2 jährigen Kinde,
wurde, nachdem die gewöhnlich übliche Mischung aus Oel
und Kalkwasser die Hilfe versagt hatte, und das Kind bereits
in heftiges Wundfieber und Schlummersucht verfallen war,
durch obigen Carbolsäureverband ein glänzender Heilerfolg
in kürzester Zeit erzielt. (Lancet, 1868. 1. p. 181.).
a) ee
Carbolsäure-Pflaster. 163
Carbolsäure - Pflaster nach Martindall.
Die Carbolsäure ist bekanntlich ein sehr wirksames An-
tisepticum, ihre Anwendung empfiehlt sich demnach auch bei
der Behandlung von Wunden, um in denselben die organi-
schen Keime der Gährung und Fäulniss zu zerstören, dazu
eignet sich das folgende Pflaster:
Baumöl 12 Tihle.
Bleiglätte 12 x
Gelbes Wachs 3 Pr
Krystallisirte Carbolsäure 2%,
Man erhitzt die Hälfte des Oels gelinde und fügt allmä-
lig die Glätte hinzu, bis die Masse steif wird, dann wird unter
Umrühren die me Hälfte hinzugethan Ed weiter erhitzt,
bis wieder ein Steitwerden eingetreten. Darnach wird das
Wachs und endlich die Carbolsäure zugemischt. Man lässt
etwas abkühlen, die überschüssige Glätte absetzen und
streicht auf Calico die Pflastermasse aus. Nebenbei gesagt
soll die Pflasterbildung bei dem obigen Verhältnisse von Oel
und Glätte sehr rasch von Statten gehn.
Ein anderes Pflaster ist dies:
Schellack 3 Thle.
Kryst. Carbolsäure 1 Thl
Man erhitzt den Schellack mit !/, der Säure über gelin-
dem Feuer bis zum Schmelzen, nimmt ab und fügt die übrige
Carbolsäure hinzu. Nachdem man durch Musselin colirt, streicht
man das Pflaster auf der Maschine aus und überpinselt das-
selbe mit einer Lösung von Gutta-Percha in Schwefelkoh-
lenstoff.
Zu gleichen Zwecken, wie das Carbolsäure - Pflaster wer-
den auch carbolschwefelsaure- (phenylschwefelsaure)- Salze,
namentlich das Natron- und Zinksalz angewendet. Das
erstere erhält man, indem 2 Volumtheile reine Carbolsäure
mit halb soviel conc. Schwefelsäure gemischt, 5 Minuten lang
bei 132 — 135° erhitzt, nach dem Abkühlen mit 6— 8 Thlen.
Wasser verdiinnt und schliesslich mit kohlensaurem Natron
neutralisirt werden. Nach dem Abdampfen schiesst das Salz
in schiefen rhombischen Prismen an, es wird durch Abgiessen
und Trocknen auf Fliesspapier von einer braunen Mutter-
lauge befreit.
Das Zinksalz wird durch Neutralisation mit Zinkoxyd
gewonnen. Es bildet farblose rhombische, in Wasser leicht
lösliche Tafeln. (Pharmaceut. Journ. and Transact. 1869.
Sec. Ser, Vol. X. p. 390. Ibid. p. 428.). Wp.
Er
164 Sehr hohe Chinind. — Verg.d. Elater. — Verg. d.d. Früchtev.Momord.ete,
Sehr hohe Chinindosen.
Forwood machte auf die enormen Chinindosen, welche
der Organismus verträgt, aufmerksam. Dr. Filler in Ala-
bama giebt Dosen zu 20 Gran (dreistündlich) bei F. remittens,
und hat sie selbst in der Reconvalescens genommen. Ja, bei
yellow fever gab Dr. Dennyn Vortragendem in 24 Stun-
den dreistündlich 30 Gran. Der Pat. genas, während die mit
kleineren Dosen behandelten zu derselben Zeit Erkrankten,
starben.
Files berichtet einen Fall, wo binnen 12 Stunden
300 Gran Chinin. sulf. ıirrthümlich genommen waren. —
(Intermittens- Fall). Statt einer Unze Lös. von N; ll ad Zi)
nahm Pat. die gesammte Unze bis auf !/, (also ? 3% Pat.
bekam danach nur Ohrenklingen. Forwood a giebt
nie mehr als 5— 10 Gr. 3—6 stündlich. (Proceedings of the
medical Society of Harford county. Philadelphia med. and surg.
Reporter. 1868. p. 196.). K.
Vergiftung durch Elaterium.
Wie vorsichtig man mit heroischen Abführmitteln, beson-
ders bei durch Krankheit erschöpften Personen sein müsse,
beweist folgender Fall. Dr. A. Craig berichtet über einen
Todesfall in Folge der Darreichung von 0,4 Gran Elaterium
an eine 70 jährige, an Wassersucht leidende Dame. Dieselbe
bekam danach mehr als 12 wässrige Stuhlentleerungen und
starke Prostration; trotz der von Craig verordneten
Stimulantien und kleinen Dosen Opium, verbunden mit Blei-
zucker, zeigte sich noch alle 5 Minuten wässrige Diarrhöe
und am folgenden Morgen trat der Tod ein. (Americain.
Journ. of Pharm. daraus in N. Journ. f. Pharm. Januar 1869.
H.L.
Vergiftung durch die Früchte von Momordica
Elaterium.
Im August v. J. wurde G.G. Enguita zu einem 6 jährigen,
übrigens gesunden Bauernsohne aus der Gegend von Saragossa
gerufen, welcher am vorverflossenen Nachmittage in der Gegend
Vergiftung durch Coloquinthen. 165
des Wohnhauses mit daselbst in grosser Menge wachsenden
Früchten der Esels- oder Springgurke (Momordica Elaterium ;
cohombrillo amargo in Spanien genannt) gespielt und davon
gegessen hatte. Gegen Abend erkrankte er in Folge dessen
unter copiösem Erbrechen grüngefärbter Massen, warf sich
unruhig im Bett’ umher und verfiel gegen eilf Uhr Nachts in
Delirien. Dabei war sein Gesicht geröthet, er blickte wild und
unstät um sich und zeigte Beisssucht und Beschwerden, Flüs-
sigkeiten zu schlucken, weite, wenig auf Lichteindrücke
reagirende Pupillen, roth injicirte Bindehaut des Auges,
Mundklemme (Trismus) und mit Zuckungen abwechselnde
Starrkrämpfe in den Rücken- u. Extremitätenmuskeln. Ausser-
dem bestand Erhöhung der Körpertemperatur; die heisse
Haut fühlte sich trocken an und der bei Druck äusserst
empfindliche Unterleib war durch Darmgase aufgetrieben.
Der Puls war klein, weich und wenig entwickelt. Durch
Brechmittel, warme Ueberschläge auf den Leib und Klystiere
von Asa fötida wurde der Kleine in der Kürze wiederher-
gestellt. Die Erscheinungen der hier vorliegenden Vergif-
tung durch Elaterium erinnerten an diejenigen der Wasser-
scheu, bei welcher indess zwischen den Anfällen lichte
Augenblicke bestehen, und an die durch gewisse Sola-
neen, namentlich Solanum Dulcamara, Atropa Bella-
donna und Datura Stramonium hervorgerufenen. —
Vorstehender selten zur Beobachtung kommender Fall von
Elateriumvergiftung würde wesentlich an Interesse gewonnen
haben, wenn Verf. eine Isolirung des Giftes aus dem grün-
gefärbten Mageninhalte der Kranken versucht oder bewirkt
hätte. (Durch Eindampfen der Magencontenta im Wasser-
bade, Extraction des Rückstandes mit Weingeist, Filtration
durch den Wasserbadtrichter, Abdestilliren des Weingeistes,
Ansäuern und Schütteln des Rückstandes mit reinem Petro-
leumäther u. s. w. würde Verf. sehr wahrscheinlich mit Reindar-
stellung einer zur Anstellung der Reaction mit concentr.
Schwefelsäure ausreichenden kleinen Mengen krystallinischen
Elaterins, zum Ziele gekommen sein. Ref.). (El Siglo medico;
periödico de Medicina y furmacia, 1868. p. 22.).
176
Vergiftung durch Coloquinthen; von Chas.
Meymott Tidy. 3
Eine junge, verheirathete Dame nahm zur Wiederher-
stellung ihrer angeblich durch Erkältung fortgebliebenen Men-
166 Glycerin gegen Brandwunden.
struation 8—12 Grm. Coloquinthen. (Letztere werden in
England unter dem Namen „bitter apple“ von Krämern
verkauft, und dienen ausserdem im ungeschälten Zustande,
etwa wie bei uns (itronen, als Decoration von Materialge-
schäften). Nachdem die Dame für 3 Pence genannten Pul-
vers verschluckt hatte, wurde sie von heftigem Laxiren und
Erbrechen ergriffen, und starb am nächstfolgenden Nachmit-
tage. Aus dem sechszehn Unzen betragenden Inhalte des
auffallend blass — nicht entzündet — erscheinenden Magens
konnte „Colocynthin“ nicht isolirt werden. Der Nachweiss
von 0,06 Grm. dieses Stoffes gelang Verf. in 300 Grm.
Flüssigkeit (über das eingeschlagene Verfahren findet sich
Nichts angegeben). Da constatirt war, dass die Verstor-
bene für 3 Pence nicht mehr als 8—12 Grm. Coloquinthen
beim Spezereihändler bekommen haben konnte, so prüfte Verf.
an Hunden (!), binnen welcher Zeit verschiedene Dosen}Colo-
quinthen bei diesen Thieren den Tod herbeizuführen im Stande
sind, und fand, dass
30 Grm. einen Hund in 5 Stunden tödten,
22,5 7 ” ” ” 5 ”» ”
22,5 -,, B De RER 5 während auch nach
22,5 „ bei ein. Hunde Genesung eintrat; dass dagegen nach
SR EN ASRRARER „ in 18 Stunden der Tod; nach
EN EELFLNDZ, N der Tod und nach
aa RD ya , der Tod eintrat;
während nach derselben Gabe in einem 4. Falle Genesung
erfolgte.
Tidy zieht aus diesen Beobachtungen den durchaus
nieht gerechtfertigten Schluss, dass Goloquin-
then unsicher wirken. Erwiesen würde dies nur sein,
wenn Verf. Coloquinthen derselben Art — (nicht etwa auch
die vielfach nach England importirten ägyptischen) — und
während desselben Vegetationszustandes der Pflanze gesam-
melte Früchte verfüttert, und Versuchsthiere von genau dem
nämlichen Gewichte und Ernährungszustande angewandt hätte.
(Lancet, 1868.). K.
Glycerin gegen Brandwunden.
J. Fuchs empfiehlt aus eigener und bei Anderen ge-
machter Erfahrung dringend das Glycerin als Heilmittel bei
Verbrennungen. Als durch die Explosion einer Spirituslampe
die grössere Hälfte seines Gesichts mit ziemlich tiefgehenden
Brandwunden bedeckt war, verhinderte sofortiges und täglich
Ueber Liquor Opii sedativus, 167
öfter wiederholtes Bepinseln mit Glycerin jede Blasen- und
Eiterbildung und vermittelte binnen 8 Tagen vollständige Hei-
lung ohne eine Spur von Narben zu hinterlassen. (Breslauer
Gewerbeblatt. Dinglers polyt. Journ. _Wittsteins Vierteljahrs-
schrift 1868. 8. 601.). Aula
Ueber Liquor Opii sedativus.
Bevor ich das Referat über die im Januarheft 1869 des
Pharmaceutical Journal and Transactions von Herrn T. B.
Groves veröffentlichte Arbeit beginne, will ich mir erlauben,
einige Bemerkungen über die Zusammensetzung und über die
Darstellung des Untersuchungsobjects vorauszuschicken:
Liquor Opii sedativus (Black drops, schwarze 'Tro-
pfen) war ein in den drei frühern britischen Pharmacopöen
heimisches Präparat. Der Gehalt an Opium schwankte natür-
lich sehr nach den einzelnen Vorschriften, doch kann man
annehmen, dass derselbe durchschnittlich den der Tinet. Opü
spl. unserer Pharmacopöe bedeutend übertrifft. So enthalten
10 Th. der 'Tinet. Opii spl. Ph. Bor. das Lösliche aus 1 Th.
Opium, während bei der letzten Ph. Dubl. das Verhältniss
4:1 und bei der Ph. Edinb. 3:1 sich findet.
Der Liquor ‚Opii sedativus Battleyi s. acetic. der ver-
schiedenen britischen Pharmacopöen und der Pharm. of the
United States wird erhalten durch Digestion ete. eines wech-
selnden Gemisches von Opium, Muscatnuss, Saffran und
Zucker mit Acet. concenirat. In der British Pharmacopöia
des Jahres 1867 ist dieses Präparat nicht mehr vorhanden.
T. B. Groves wurde durch die vorzügliche Abhandlung
vonDeane und Brady über mikroskopische Untersuchungen
in Beziehung auf „Pharmacie“ bestimmt, sich ebenfalls mit
ähnlichen Untersuchungen zu beschäftigen und wählte nun den
Liquor Opiü sedativus als Untersuchungsobject.
Zwei flud OQOunces (1 Fl. Oz. = 28,4 CC.) Laudanum
(Tinet. Opii crocat) wurden gemischt mit vier Unzen Wasser,
dann bis auf 1!/, Unzen eingedampft und bei Seite gestellt.
Während des Verdampfens und späterhin schied sich eime
beträchtliche Menge einer harzähnlichen Materie aus. Das Filtrat,
mit 1/, Unze Weingeist von 0,838 (Rectified Spirit) gemischt,
stellt den Liquor Opü sed. Nr. 1 dar. Der harzähnliche
Rückstand, in Weingeist von 0,838 gelöst und mit Chlor-
wasserstoflsäure angesäuert, wurde mit Wasser gemischt,
168 Ueber Liquor Opii sedativus.
darauf der Weingeist verjagt und die Lösung nach dem Er-
kalten filtrirt. Dieses Filtrat enthielt alle in saurem Wasser
löslichen Stoffe und reagirte folgendermaassen. Eisenchlorid
gab eine intensiv rothe F ärbung, welche Meconsäure charak-
terisirt; Ammoniakflüssigkeit gab einen in Aether vollständig
löslichen Niederschlag; die ätherische Lösung, der freiwilligen
Verdunstung ln gab einen blassen, amorphen Rück-
stand, welcher nach der "Behandlung mit Weingeist von 0,838
einen reichlichen Büschel von sternförmigen Krystallen lieferte,
von denen einige das Licht polarisirten. Es ist also klar,
dass proof spirit (Spiritus tenuior der British Pharmae.) sp.
Gew. 0,920, bestehend aus 5 Th. Weingeist von 0,838 und
3 Th. dest. Wasser, mehr Meconsäure, Narcotin und Narcein
löst als eine gleiche Menge Wasser.
Der mit Nr. 1 bezeichnete Liquor gab einen nach der
von Deane und Brady angegebene Art und Weise her-
gestellten Rückstand, welcher sehr verschieden von dem
des Liquor Opii sedat. Battley’s war und auch bei wei-
tem geringer ausfiel. Sowohl der Groves’sche Liquor
Nr.1 als auch der Battley’sche Liquor Opii sedativ, zeigte
eine saure Reaction. Zwei Drachmen von jedem und eben-
falls von dem Laudanum zur Trockniss verdampft, gaben
sehr verschiedene Rückstände:
Battley’s Liquor gab 4 Grains,
Nvt nur Spuren,
Laudanum 0,5. Gr.
Die Asche von Battley’s Liquor bestand aus schwefel-
saurem und kohlensaurem Kalk und das Waschwasser war
neutral, während die Asche des Laudanum aus kohlensaurem
Kalı und aus einem Kalksalz bestand.
Groves stellte nun einen zweiten Liquor Opii dar, indem
er zwei Drachmen rohes Opium 1!/, Stunden mit zwei Un-
zen Wasser kochte, die Säure des erhaltenen Decocts mit
Kalkmilch neutralisirte, darauf die Flüssigkeit auf ein Filter
brachte und bis auf 15 Drachmen auswusch. Zu dem Filtrat
wurden 5 Drachmen Weingeist von 0,838 und vier Tropfen
verdünnte Schwefelsäure gesetzt. Diese Flüssigkeit gab ein
gutes Ergebniss von mikroskopischen Krystallen, aber doch
nicht in dem Maasse, als es erwartet wurde. Narcotin war
nicht vorhanden; auch war die ganze Menge der Meconsäure
entfernt worden. Zwei Drachmen zur Trockniss verdampft
und der Rückstand geglüht, gaben 5 Grain Asche, welche
aus Oaleiumsulfat, Caleiumcarbonat und Calciumchlorid bestand,
Ueber Liquor Opii sedativus. 169
Bei der Concentration der Flüssigkeit durch Verdampfen
erfolgte eine undeutliche Krystallisation. Ferner stellte Gro-
ves noch folgenden Versuch an. Er kochte !/, Stunde lang
zwei Drachmen rohes Opium mit zwei Unzen Wasser, brachte
die Flüssigkeit auf eim Filter und wusch aus, bis das Fil-
trat wieder zwei Unzen betrug. Das Filter selbst wurde
ausgepresst, die Flüssigkeiten gemischt und mit Calciumcar-
bonat die freie Meconsäure entfernt. Nach der Filtration
wurde bis auf 11 Drachmen vorsichtig eingedampft und 4 Drach-
men Weingeist von 0,838 hinzugesetzt. Durch den Wein-
geistzusatz entstand ein Niederschlag von Calciummeconat.
Der Filterrückstand wurde ausgewaschen und in ver-
dünnter Chlorwasserstoffsäure gelöst. Die Lösung war bitter,
enthielt aber nur Spuren von Meconsäure und war frei von
Schwefelsäure. Ammoniak im Ueberschuss und Aether entzog
derselben eine beträchtliche Menge von Narcotin, welches
schön krystallisirt erhalten wurde Die Behandlung mit
Essigäther bewies die Abwesenheit von Morphin. Der schliess-
lich erhaltene Liquor gab bei seiner spontanen Verdunstung
eine geringere Krystallisation als der wirkliche Liquor Opü
sedativus. Durch weitere Versuche, die alle anzuführen zu weit
führen würde, hat Groves folgende Vorschrift zur Bereitung
eines Liquor Opii, welcher denselben Gehalt wie die Tinct.
Opiü BD. P. hat, gegeben.
Nimm Opium pulverat. 1!/, Unzen,
Schlemmkreide. x 4 u
W eingeist v. 0,838 5. Fl. „
destillirtes Wasser q. s.
koche !/, Stunde das Opium und die Kreide mit 1 Pinte (circ.
!/, Liter) destillirt. Wasser, filtrire und wasche nach, bis das
Filtrat 15 Unzen beträgt, zu denen schliesslich der Weingeist
gesetzt wird. Nach eimigen Tagen wird die Flüssigkeit noch
einmal filtrirt. Die physiologische Wirkung dieses Präparates
ist mit der des Opium verglichen worden. Man hat gefun-
den, dass dasselbe die narcotischen Wirkungen des Opium
giebt, ohne die so oft beklagten Nachwirkungen desselben zu
haben. Groves hält seinen Liquor Opü für eine Verbesse-
rung des Ext. Opii liquid. B. P., aber nicht für ein Substitut
des Liquor Opii sedativ. Dattley's. Sch.
170
C. Literatur und Kritik.
Die Gesetzgebung der Vereinigten Staaten von Nord - Amerika,
.regulirend die Ausübung der Pharmacie; nach J. M. Maisch’s
Report on legislation, regulating the practice of Pharmacy
in the United States. (Philadelphia, Merrihew et son 1868.)
Der Amerikanische Apotheker - Verein oder die Amerikanische Phar-
maceutische Vereinigung (The American pharmaceutical Association) suchte
sich eine genaue Kenntniss der in Nordamerika existirenden Gesetze
hinsichtlich der Pharmacie zu verschaffen, um danach eine gleichförmige
Controle der Pharmacie in den verschiedenen Staaten zu erzielen.
In Folge dessen sendete er durch seinen Secretair Hr. John Maisch
ein Circular an verschiedene Staaten und ein solches nebst einer Einlage
an den Gouverneur des Staates oder Territoriums, welches das Mitglied
gebeten wurde, an den Adressaten zu befördern.
Diese Einlage lautete:
An Seine Excellenz den Gouverneur von ....
Sir:
Ich habe die Ehre, Ihnen das beigeschlossene Circular zu übereichen,
welches die gesetzliche Regulirung der Ausübung der Pharmacie betrifft,
und die Stellung, welche in dieser Frage von der Amerikanischen Phar-
maceutischen Association (jetzt gebildet aus 727 Droguisten und Pharma-
ceuten), ansässig in allen Theilen der Vereinigten Staaten, einschliessend
DE. in Ihrem Staat eingenommen wird.
In Betracht der Wichtigkeit des Vorhabens und in der Absicht,
hilfreiche Auskunft zu erhalten, bitte ich Sie sehr respeetvoll, mich, so
wie unseren Verein, mit Copien von Gesetzen oder Theilen von Gesetzen
zu versehen, welche über die Ausübung der Pharmacie handeln, und mit
jeder andern Auskunft, die Sie mögen für geeignet halten.
Ich bin, Sir, ete. John M. Maisch, bleibender Secretair,
In Folge dessen hat der Secretair officielle Antwort erhalten, ent-
weder direet oder indirect, von den Gouverneuren oder Staats - Secretairen
der folgenden Staaten und Territorien:
Alabama, Minnesota,
Florida, Missisippi,
Georgia, Missouri,
Illinois, Newada,
Jowa, Neu - Mexico,
Kansas, Neu - York,
Kentucky, Pennsylvanien,
Massachusetts, Rhode - Island
Michigan, Pr Wisconsin,
Literatur und Kritik, 171
Offieiell unbeantwortet ist also die Frage geblieben von den Staaten:
Maine, Vermont, Conneeticut, Neu- Yersey, Maryland,
Virginien, Nord- und Süd-Carolina, Louisiana, Texas,
Arcansas, Indiana, Ohio, Tennessee, Californien, Oregon
und anderen mehr.
Der Staat von Neu-York hat am 11. März 1839 ein Gesetz erlassen:
Das Volk des Staates Neu - York, repräsentirt durch Senat und Assam-
blee, verordnet folgendes:
„Niemand soll hinfort in der Stadt Neu-York das Geschäft eines
Apothekers, oder das, Mediein zu präpariren und zu dispensiren, oder
Doetor-Recepte zu präpariren und aufzumachen, beginnen, ohne vorher
das Diplom des Collegiums der Pharmacie der Stadt Neu-York erhalten
zu haben, oder mit einem Diplom von einem regelrecht constituirten
Collegium der Pharmacie oder Mediein versehen zu sein, oder ohne ein
Examen vor den Censoren der medieinischen Societät einer der Landschaften
dieses Staates bestanden zu haben, und mit einem Zeugniss seiner Quali-
fication für das Geschäft eines Apothekers von solchen Censoren versehen
worden zu sein; dieses Diplom oder Zeugniss soll er dem Secretair des
Collesiums der Pharmacie vorzeigen und von diesem unentgeldlich regi-
strirt werden.
Irgend eine Person, welche gegen das Gesetz verstösst, soll mit
51 Thalern für jede Uebertretung bestraft werden und diese Strafgelder
sollen durch den Distriet- Attorney an die Kasse des Neu - York Dispensarys
zu seinem Gebrauch bezahlt werden.
Das Gesetz soll Personen nicht betreffen, welche zu dieser Zeit im
Geschäft sind, oder licensirte Aerzte.‘
Dieses Gesetz ist ein todtes Schriftstück in dem Gesetzbuch, weil
das Dispensary die Uebertreter nicht verfolgt.
Dagegen hat Neu- York [Pharmac. Zeit. 1869 No. 51] neuerdings
ein anderes Gesetz ausgegeben, wonach Niemand berechtigt sein soll,
ärztliche Verordnungen anzufertigen, der nicht zwei Jahr in einer Apo-
theke gelernt, oder Graduirter eines medicinischen oder pharmaceutischen
Collegiums ist, es sei denn, dass die Anfertigung unter der besonderen
Aufsicht einer, die oben erwähnten Eigenschaften besitzenden Person
geschieht.
Zuwiderhandlungen werden mit einer Geldbusse bis 100 Dollars oder
Gefängniss bis zu sechs Monaten bestraft, hat jedoch eine solche Zuwider-
handlung den Tod eines Menschen zu Folge, so kann eine Geldbusse von
1000 bis 5000 Dollars oder Gefängnissstrafe von 2 bis 4 Jahren oder nach
Ermessen des Gerichtshofes beides zugleich verhängt werden.
Pennsylvanien hat in Hinsicht der Pharmacie ein Gesetz, aber
allein die Landschaft von Lycoming betreffend, ist also zum grössten
Theil ohne ein solches.
Eine regelrechte Licenz wird in Pennsylvanien durch Bezahlung einer
gewissen Summe Geldes zur gemeinschaftlichen Staatskasse erhalten, für
die Fabrieation von Patent - Medieinen ete, muss eine besondere Licenz
gelöst werden.
Der Staat Georgien hat 1867 ein Gesetz erlassen:
Keine Person soll in diesem Staat einen Droguen- oder Apotheker-
laden eröffnen, ohne vorher eine Licenz von dem medieinischen Collegium
des Staats erhalten zu haben.
Wer zuwider handelt, soll mit nicht weniger als 1000 und nicht
mehr als 5000 Dollars gestraft werden ete. ete.
172 Literatur und Kritik.
Droguisten, welche vor dem 27. Deebr. 1847 im Geschäft waren, sind
davon ausgenommen.
Ebenso enthält das Gesetzbuch von Georgien folgende Vorbeugungs -
Maassregel in Betracht von Verschen, - welche von Droguisten und
Apothekern gemacht werden können:
„Wenn ein Verkäufer von Droguen und Mediein selbst oder durch
seinen Agenten, sei es wissentlich oder nachlässig, einen falschen Artikel
oder Mediein abgiebt und dadurch Schaden anrichtet, entweder dem Käu-
fer, oder seinen Patienten, oder seiner Familie, oder seinem Eigenthum,
soll der Verkäufer verantwortlich sein. Wenn Tod des Käufers erfolgt,
soll in Betracht der Wittwe oder Kinder gehandelt werden, als in Fällen
von physischer Verletzung.“
In Canada ist die Gesetzgebung in Hinsicht auf die Ausübung der
Pharmacie eben so wenig zu Ende gebracht.
In Maryland hat den Senat ein Gesetz passirt, ist aber im Hause
der Repräsentanten noch nicht abgemacht worden, wegen Mangel an Zeit.
Staat Illinois hat 1853 das folgende Gesetz erlassen:
Alle Droguisten und andere Personen , welche Mediein im Detail ver-
kaufen, sollen auf jede Flasche oder Paquet, das von ihnen verkauft wird,
eine Signatur befestigen, mit dem Namen der Mediein, welche darin ent-
halten ist, entweder geschrieben, oder gedruckt.
Personen, zuwider handelnd, sollen mit nicht weniger als einem, und
mit nicht mehr als 5 Dollars gestraft werden.
In Hinsicht auf Verfälschung der Droguen hat
Massachusetts ein Gesetz, wonach eine Strafe nieht über 400
Dollar, oder Gefängniss nicht über ein Jahr für die Verfälschung von
Droguen und Medieinen bestimmt ist; die gefälschten Droguen und Medi-
einen sollen eonfiseirt und vernichtet werden.
Kentucky hat über denselben Gegenstand:
Wenn irgend Jemand betrügerischerweise, mit der Absicht, es zu ver-
kaufen, irgend Etwas, bestimmt zu Nahrung, oder Getränk, oder irgend
eine Drogue oder Mediein mit einer Substanz verfälscht, gefahrbringend
für die Gesundheit, soll er mit Gefängniss bestraft werden, nicht über ein
Jahr und einer Strafe, nicht 500 Dollar übersteigend, und der verfälschte
Artikel soll, nach Verordnung des Gerichtshofes, vernichtet werden.
Wisconsin’s Gesetzgebung enthält etwa dasselbe.
Virginien hat fast auf dieselbe Weise eine vorbeugende Verord-
nung. — In Hinsicht des Verkaufs der Gifte befiehlt das Gesetz von
Neu-Mexico: alle Gifte sind in englischer und spanischer Sprache
zu signiren.
Das Gesetz von Massachusetts sagt in dieser Angelegenheit:
Wenn Jemand Arsen, Strychnin, Sublimat, oder Blausäure ver-
kauft, ohne ein geschriebenes ärztliches Recept, so soll diese Person eine
Notiz des Verkaufes machen, des Artikels, der Quantität und der Person,
an welche dasselbe übergeben worden ist, bei Strafe von nicht weniger
als 50 Dollaren.
Das Gesetz von Pennsylvanien sagt in derselben Angelegenheit:
Niemand soll Morphium, Strychnin, Arsen, Blausäure oder Sublimat
verkaufen, ausser auf ärztliche Verordnung, oder zur persönlichen Ver-
wendung eines achtungswerthen volljährigen Einwohners; in allen Fällen
eines solchen Verkaufs soll das Wort „Gift“ sorgfältig und leserlich an
dem Artikel angebracht werden, und wenn er anders als auf ärztliche
Verordnung verkauft wird, soll der Apotheker oder Droguist in einem
Register, welches für diesen Zweck zu halten ist, den Namen und die
Literatur und Kritik. 173
Wohnung der Person, an welche es verkauft wurde, notiren, sowie die
verkaufte Menge und das Datum.
Eine Person, gegen dieses Gesetz fehlend, soll mit nicht weniger
als 50 Dollaren bestraft werden.
Neu-York hat in dieser Hinsicht:
Niemand soll irgend ein Gift verkaufen oder ausgeben, ohne in ein
Buch, das für diesen Zweck gehalten wird, den Namen der Person, die
das Gift empfängt, und ihre Wohnung notirt zu haben, zugleich mit dem
Namen und der Wohnung einer Person, als Zeuge des Verkaufs, ausser
auf die verschriebene Verordnung oder das Recept eines regelrecht auto-
risirten practizirenden Arztes, dessen Namen solcher Verordnung beige-
fügt sein muss. Solches Buch soll offen für Inspecetion gehalten werden.
Niemand soll irgend ein Gift, oder giftige Substanz verkaufen, aus-
geben und darüber disponiren, ausser auf Verordnung oder das Recept
eines regelrecht autorisirten Arztes, ohne an das Glas, Büchse oder Paquet,
welches solche giftige Substanz enthält, den Namen und die Wohnung sol-
cher Person, und das Wort „Gift“ (poison), gedruckt mit rother Dinte,
darauf befestigt zu haben, zugleich mit dem Namen des Giftes, darauf
gedruckt oder geschrieben in grossen und leserlichen Charakteren.
Diese Maassregel soll die folgenden giftigen Substanzen betreffen,
ausser wenn sie in grossen Quantitäten über ein Pfund und darüber ver-'
kauft werden, nemlich Arsen und seine verschiedenen Präparationen,
Oxalsäure, Sublimat, Chloroform, Bleizucker, Brechweinstein, Opium und
seine Präparate, Bittermandelöl, Cyan - Kalium, - Quecksilber, - Silber und
-Zink, schwarzen Nachtschatter, Bilsenkraut, Schierling, Blausäure, Aco-
nitin und seine verschiedenen Präparate, Atropin und seine Salze, Can-
thariden, Crotonöl, Daturin und seine Salze, Delphinin und seine Salze,
Digitalin und seine Präparate, Krähenaugen und seine Präparate, Ela-
terium, Mutterkorn und seine Präparate, Veratrin und seine Salze, ost-
indischen Hanf und seine Präparate.
Wer gegen dieses Gesetz fehlt, soll nicht über 50 Dollar gestraft
werden.
Dieses Gesetz soll bloss für incorporirte Städte von 1000 und mehr
Einwohner in diesem Staate Geltung haben.
Das Gesetz von Michigan geht noch weiter:
Jeder Apotheker, Droguist oder eine andere Person, welche verkau-
fen oder abgeben sollte Arsen, Sublimat, oder eine Substanz oder Flüs-
sigkeit, welche giftig genannt wird, oder Brechweinstein, ohne das Wort
„Gift“ und den wahren Namen desselben darauf geschrieben oder gedruckt
zu haben vermittelst einer Signatur, die an das Gefäss, Büchse oder
Paquet befestigt ist, welches dasselbe enthält, soll nicht über 100 Dollar
gestraft werden.
Ferner verordnet das Volk von Michigan:
Jeder Apotheker, Droguist oder eine andere Person, welche Arsen,
Sublimat, Blausäure oder andere Gifte verkauft, soll eine Notiz des
Datums des Verkaufes des Artikels und der Menge desselben, so wie der
Person, an welche es übergeben worden ist, und ihrer Wohnung machen;
dise Notiz soll offen für die Inspection irgend eines Polizei - Officianten
oder Arztes während der Geschäftsstunden des Tages sein, und jede Ver-
nachlässigung in dieser Hinsicht soll, wenn überwiesen, mit nicht über
50 Dollar bestraft werden.
Sollte sich der Apotheker, Droguist oder andere Personen, von wel-
chen das Gift verkauft war, einen falschen Namen geben, so sollen sie
nicht über 50 Dollar gestraft werden.
Das Gesetzbuch von Wisconsin enthält;
:&
SE Ba Literatur und Kritik.
Jeder Apotheker ete. soll bei Verkauf von Gift in ein Buch 1) Namen
Alter und Geschlecht der Person registriren, welche das Gift erhalten hat
2) die verkaufte Quantität, 3) den Gebrauch, zu welchem es verlangt
wird, 4) Tag und Datum, an welchem es erhalten wurde, 5) Namen
und Wohnort der Person, für welche es in Empfang genommen
wurde, 6) soll er sorgfältig den Namen „Gift,, auf ein solches Gefäss
‘oder Paquet markiren, 7) niemals giftige Artikel an Minorenne abgeben.
Irgend Jemand, welcher dagegen fehlt, soll mit nicht weniger als
20 und nieht mehr als 100 Dollar bestraft werden, nach der Entscheidung
eines Gerichtshofes in competenter Jurisdietion.
Dieses Gesetz soll gelten von dem Tage seiner Veröffentlichung ab.
4. März 1869.
Missisippi hatin dieser Hinsicht ein vorbeugendes Gesetz erlassen ;
es enthält ungefähr dasselbe und hat noch den Zusatz, dass Keiner
Arsen, in Quantitäten geringer als ein Pfund, verkaufen soll, ausser auf
eines Doctors Verordnung, wenn es nicht vorher mit Kienruss oder Indigo
en worden ist, in dem Verhältniss von 1 Unze des EIBÜHENE zu
9 Unze des letztern auf ein Pfund Arsen. —
Ausserdem sind folgende Mittheilungen eingegangen:
Aus Columbia, Brazos County, Texas:
Hier sind keine Gesetze, welche die Ausübung der Pharmaeie betreffen.
Ausser in den grösseren Städten ist der Droguenhandel in den Händen von
Handeltreibenden, und jeder Arzt hat seine eigenen Medieinen bei sich und
fertigt sie selbst an. Es ist nicht zu erwarten, dass für eine lange kom-
mende Zeit Gesetze, diesen Gegenstand betreffend, werden erlassen werden.
Ebenso können alle Ihre anderen Fragen verneinend beantwortet werden.
Aus Panama wird geschrieben:
Es sind keine Gesetze in dieser Republik (Columbia), welche
die Ausübung der Pharmacie betreffen oder reguliren; sie ist völlig frei,
und wird ausgeübt von Personen, dieselbe genügend verstehend, oder nicht.
Pharmaeie, als eine Wissenschaft, ist selten in Columbia anzutreffen,
sie hat mehr den Charakter eines Handels- Geschäfts. Es sind in Colum-
bia weder Gesellschaften noch Vereine für den Fortschritt und den Schutz
der Pharmacie. Eine bestimmte Lehrlingszeit ist unbekannt.
Von den Staats- Aemtern ist Folgendes eingegangen:
Staat Neu-York, Executive- Departement.
Albany, 22. Juli 1868.
Theurer Herr!
Der Gouverneur heisst mich, Ihnen den Empfang Ihres Werthen vom
20. d. Mts. nebst Einlage zu melden, und Ihnen für die Eröffnungen,
welche Sie melden, zu danken. Es ist gerathen, die von Ihnen
gemachten Angaben in einer Denkschrift der nächsten Legislatur vorzulegen.
Hochachtungsvoll G. J. Hastings, Secretair.
An John Miller, Präsident der Amerikanischen Pharmaceutischen
Association:
Literatur und Kritik, 175
Staat Florida, Executive - Office.
Tallahansee, 22. Juli 1868,
An J. M. Maisch, Secretair der Pharmaceutischen Association.
Sir!
Ich bin von Sr. Excellenz dem Gouverneur von Florida angewiesen
worden, Sie in Kenntniss zu setzen, dass bis zu diesem Datum keine
Gesetzgebung von Belang hinsichtlich der Ausübung der Pharmacie in
diesem Staat stattgefunden hat.
Hochachtungsvoll ete,
G. B. Canse, Secretair.
Staat Missouri, Staats - Seeretair- Amt.
Stadt Jefferson, 23. Juli 1868.
An Herrn J. M. Maisch.
Sir!
Ihre Mittheilung vom 16. Juli 1868, adressirt an Sr. Excellenz, Gou-
verneur Fletscher, ist seinem Amt übergeben worden und in Antwort
darauf will ich Sie in Kenntniss setzen, dass der Staat Missouri keine
Gesetze, die Pharmacie anbelangend, besitzt.
Hochachtungsvoll etc.
Franeis Rodmann, Staats - Secretair.
Staat Alabama, Executive-Departement, Montgomery, 24. Juli 1868.
An Herrn J. M. Maisch.
Sir:
Sr. Excellenz, W. H. Smith, Gouverneur von Alabama, bezeugt den
Empfang Ihres Werthen vom 14., betreffend Pharmaeie, und weist mich
an, dasselbe zu beantworten. Die Gesetzbücher von Alabama sind völlig
stillschweigend über den Gegenstand der Pharmaeie.
Hochachtungsyoll ete.
D. L. Dalton, Seeretair.
Staat Kansas, Staats - Secretair - Amt.
Topeka, 28. Juli 1868.
An Herrn J. M. Maisch.
Theurer Herr!
In Antwort auf Ihr Cireular, das an den Gouverneur des Staates
gerichtet war, bin ich von ihm angewiesen worden, Ihnen bekannt zu
machen, dass bis jetzt unsere Gesetzgebung kein Gesetz über Pharmacie
enthält.
Hochachtungsvoll ete.
R. J. Barker, Staats -Secretair.
176 Literatur und Kritik.
Neu-Mexico, Executive - Office.
Santa Fe, 29. Juli 1868.
An Herrn J. M. Maisch, Seeretair der Amerik. Pharmae, Gesellschaft.
Sir!
Ich habe die Ehre, Ihnen den Empfang Ihres Circular- Briefes über
den allgemeinen Gegenstand der Pharmacie in den Vereinigten Staaten
bekannt zu machen und Ihre Anfragen, die Gesetze betreffend, welche in
dieser Hinsicht in diesem Territorium in Kraft sind.
In Antwort darauf habe ich zu bestätigen, dass kein allgemeines Gesetz
über Pharmacie in Neu - Mexico existirt,
In unseren Gesetzbüchern befindet sich bloss ein specielles Gesetz,
betreffend den Verkauf von Giften, fordernd, dass bei dem Verkauf der-
selben durch Droguisten, sie sorgfältig in spanischer und englischer
Sprache signirt sein sollen.
Ein Gesetz über diesen Gegenstand ist sehr wesentlich überall, und
es wird mir Vergnügen machen, an der nächsten Sitzung unserer Gesetz-
gebung im December Theil zu nehmen und ein Gesetz zu empfehlen, wel-
ches das Publicum schützt und die Projecte Ihrer Association befördert.
Hochachtungsvoll ete,
H. H. Heath, Gouverneur von Neu - Mexico.
Staat Minnesota, Executive - Departement.
St. Paul, 1. August 1868.
An Herrn J. M. Maisch, Secretair der Amerik. Pharmac. Association:
Sir!
Gouverneur Marshall weist mich an, Ihnen den Empfang Ihres
Geehrten vom 14. Juli bekannt zu machen, mit seiner Einlage, und ant-
wortet darauf:
Ich habe zu sagen, dass hier keine Gesetze in Kraft sind, und keine
zur Ausführung vorliegen, regulirend oder betreffend den Gegenstand
Ihrer Anfrage. Es ist nach meiner Kenntnissnahme kein pharmaceutischer
Verein in Minnesota, aber ich mag darüber nicht genügend informirt sein.
Hochachtungsvoll ete.
P. P. Jennison, Secretair.
Staat Nevada, Executive- Departement.
Carson-City, 19. August 1868.
Theurer Herr!
Ich bin durch Sr. Excellenz, Gouverneur H. G. Blasdel, aufgefordert
worden, den Empfang Ihres Cireular - Briefes vom 1. Juli 1868 anzuer-
kennen, worin Anfragen gemacht werden, betreffend Gesetze dieses Staates
über die Ausübung der Pharmaeie ete. und darauf zu antworten, dass _
jetzt kein Gesetz in diesem Staat existirt (welcher indess noch sehr jung
ist) über irgend einen Gegenstand, über welchen Sie Auskunft wünschen,
noch eine gesetzlich etablirte Ausübung der Pharmaeie, noch ist irgend
ein medicinisches oder pharmaceutisches Institut in diesem Staate.
Hochachtungsvoll etc.
Thomas Wolls, Secretair,
#
Literatur und Kritik. 177
An ). M. Maisch, Secretair der Amerik. Pharmac. Association.
Staat Rhode-Island, Secretair’s - Amt.
Providence, 24. August 1868.
An J. M. Maisch!
Theurer Herr: Ich habe Ihr Circular, betreffend Gesetze über die
Ausübung der Pharmacie empfangen und in Antwort bitte ich, mir zu
erlauben, zu constatiren, dass hier keine Gesetze über diesen Gegenstand
existiren, nicht einmal, um den Verkauf der Gifte zu reguliren.
Ich bin etc.
J. R. Bartlett, Secretair.
Staat von Jowa, Executive- Departement.
Des Moines, 1. September 1868.
Theurer Herr!
Ihr Brief mit eingeschlossenem Circular ist zu Handen.
Gouverneur Merrill weist mich an, Ihnen seine Sympathie mit
dem Projecte Ihres Vereins auszudrücken und hofft seinen Erfolg. Wenig
Gesetze sind über Pharmacie erlassen worden und er hofft, es könne in
dieser Hinsicht gewiss viel mehr gethan werden.
Hochachtungsvoll
Ance. S. Runnels, Secretair.
Von Kentucky ist noch ein Gesetz eingegangen:
Dass ein Collegium oder Institut der Pharmaecie eingerichtet werden
möge, durch welches alle Apotheker, bevor sie die Licenz erhalten,
geprüft werden sollen, und die Ausübung der Pharmaeie und der Gift-
handel regulirt werden soll.-
In Folge dieser erhaltenen Mittheilungen fasste der Verein den Beschluss:
Ein Committe zu ernennen, um ein Gesetz auszuarbeiten, welches die
gesammte Ausübung der Pharmacie regulirt,. und dasselbe den Gesetz-
gebungen der verschiedenen Staaten und Territorien zur Annahme vorzu-
legen, zusammen mit einem Memorial, die Verpflichtungen der Profession
gegen das Publicum auseinandersetzend und seinen wirklichen und beach-
tenswerthen Zustand,
Das Committe soll aus 3 Mitgliedern bestehen, nämlich: W. Wright,
für Neu-York, Vorsitzender, Fr. Stearns, Detroit und Michigan, und
Prof. J. Faris Moore, Baltimore und Maryland.
Einstimmig wurde diesem Committe hinzugefügt der Präsident, Prof.
Ed. Parrish, Philadelphia, und der Secretair Professor J. M. Maisch,
Philadelphia.
Es ist aus diesem Allen zu ersehen, dass die Vereinigten Staaten,
die unirte Staats - Gewalt derselben, in der Pharmacie so wenig ein allge-
meines Gesetz besitzt als in der Medicin.
Die Amerikanische Pharmaceutische Association constituirte
sich im Jahre 1852 zu Philadelphia aus Apothekern und Droguisten von
verschiedenen Theilen der Union und alle darin bestehenden Collegien
und Societäten beschlossen, alle Jahre eine Sitzung zu halten, um seine
Objecte mehr und mehr auszubilden, und nahm das Folgende an,
Arch. d, Pharm, CXC, 1. u, 2. Hit. 12
N A ru 5 6 a
178 Literatur und Kritik.
Das Objeet desselben soll sein:
1) den Droguen - Markt zu verbessern durch Hinderung der Einfuhr
geringer, verfälschter oder verdorbener Droguen und ihrer Ver-
fälschung im Lande;
2) Verhältnisse zwischen Droguisten, Pharmaceuten, Aerzten und dem
Publieum herzustellen, gegründet auf allgemeine Prineipien, welche
zum allgemeinen Besten beitragen ;
3) die Kunst und Wissenschaft der Pharmacie zu befördern;
4) den Eintritt und die Anstellung im pharmaceutischen Geschäft zu
reguliren; endlich
5) Empirie zu unterdrücken und wo möglich den Medicinhandel
an regelrecht erzogene Droguisten und Apotheker zu überweisen.
Mitgliedschaft:
1) Jeder Pharmaceut oder Droguist ete. und jeder Lehrer der Phar-
macie, Chemie und Botanik, welcher vorzüglich in Pharmacie
und Materia medica interessirt ist, welcher willig ist, die Sta-
tuten der Gesellschaft zu unterschreiben, ist zum Mitgliede wählbar.
2) Eine wählbare Person möge sich schriftlich, mit der Beischrift
von 2 Mitgliedern in guten Verhältnissen an ein Glied des Exe-
cutive Committe wenden, und dieses das Gesuch an das Com-
mitte rapportiren.
2/, der Mitglieder bei Ballotement sind erforderlich zur Erwählung.
3) Niemand soll als Mitglied betrachtet werden, der nicht die Con-
stitution unterzeichnet hat und zur Kasse 3 Dollar bezahlt, als
jährlichen Beitrag. Durch 2 Drittheile der Stimmen können Mit-
glieder entlassen werden, für ungeeignetes Benehmen u. s. w.
Rheden. LABR:
Handverkaufs-Taxe für Apotheker. Nach rationellen
Principien ausgearbeitet und herausgegeben von Dr. G.
Hartmann. 2, neu durchgesehene und verbesserte Aufl.
Magdeburg 1869. Commissions - Verlag der Creutz’schen
Buchhandlung. 104 u. VI Seiten, mit Tabellen.
Nachdem wir nun reichlich ein Jahr Zeit gehabt haben, uns mit der
Hartmann’schen Handverkaufstaxe vertraut zu machen, können wir aus
voller Ueberzeugung die Erklärung abgeben, dass dieselbe uns so lieb
geworden ist, dass wir sie im Geschäft schwer vermissen würden. Bei
fleissigem, consequenten Gebrauch derselben und der dazu gehörigen Tabellen
lernten auch die Lehrlinge sicher und schnell mit derselben umgehen.
Es muss zugegeben werden, dass die bei dem Ausarbeiten der Hand-
verkaufstaxen bisher geübte reine Empirie den Apothekern einen guten
Theil des Handverkaufes entfremdet, ja sogar theils das Misstrauen des
Publieums erregt hat.
Verfasser war nun, so weit uns bekannt, der erste, der nach
rationellen Principien eine Taxe auszuarbeiten strebte; es ist ihm
dies vollständig gelungen. Bereits waren diese Prineipien schon durch
die Erfahrung erprobt, da die Magdeburger Collegen nach denselben schon
eine Reihe von Jahren ihre Handverkaufspreise bemessen hatten.
an an) Zr
Y
Literatur und Kritik. 179
Der praktische Apotheker von heute verkennt gewiss keinen Augen-
blick, dass es mehr denn je jetzt sich nöthig macht, den Handverkauf in
der Apotheke rationell zu betreiben. Wir stimmen dem Verfasser des
Aufsatzes in No. 50 der Bunzl. Zeit. (v. 23. Juni 1869), überschrieben:
„das kaufmännische Ziel“ ganz bei, wenn er sagt: Man reformire
von innen heraus und führe schon den Lehrling darauf hin, was man
kaufmännische Ordnung und Pünktlichkeit nennt. Der Apotheker soll nie
vergessen, dass auch er Kaufmann ist, er darf daher nicht versäumen,
kanfmännisch zu rechnen.
Wenn wir hier zunächst ganz allgemein die Prineipien zur Feststel-
lung der Preise für wirklich rationell, mit Ueberlegung und grosser Sach-
kenntniss zusammengestellt bezeichnen, so wollen wir dazu bald noch
bemerken, dass auch die Zusätze im Text der Taxe, betreffend die Syno-
nyme (im Hinblick auf die Lehrlinge), sowie die, welehe zur genauen
Bezeiehnung der Droguensorten gemacht sind, und endlich die Notizen
bei starkwirkenden oder giftigen Substanzen (Kreosot, Charta arsenicosa)
für sehr zweckmässig erachten.
Wir gestehen gern zu, dass locale Verhältnisse es bedingen können,
bei Festsetzung der Preise z. B. von Vegetabilien und Droguen abweichend
zu verfahren von den Hartmann’schen Preisen, da nämlich, wo wie meist
in den Thüringischen Herzogthümern die in Preussen bestehenden gesetz-
lichen Verzeichnisse der Artikel, mit denen allein Apotheker handeln,
oder welche Niehtapotheker doch nur in grössern Mengen abgeben dürfen,
mangeln — und wo es Nichtapothekern, durch Verleihung einer Concession,
theilweise sogar gestattet ist, Kleinhandel mit rohen einheimischen Vege-
tabilien und Droguen zu treiben.
Hier muss der Apotheker seine Preise denen jener Geschäfte mög-
lichst anpassen und noch billigere Preise stellen, als die in der Hartm.
Taxe. Dem Umstände, dass auch in Preussen häufig Kaufleute ungesetz-
lichen Handel mit Droguen und Chemicalien treiben, hat bereits die Hart-
mannsche Taxe Rechnung getragen bei den betreffenden Artikeln.
Der $. 6. der Gewerbeordnung für den norddeutschen Bund wird binnen
kurzem den Erfolg haben, dass eine Verordnung des Bundespräsidium
feststellt, welche Apothekerwaaren dem freien Verkehr zu überlassen
sind. Es ist anzunehmen, dass diese Angelegenheit von einem sehr frei-
sinnigen Standpuncte aus behandelt werden wird und wir bei vielen Arti-
keln eine vermehrte Concurenz bekommen, — Grund genug, unsere Han-
verkaufspreise nach einem rationellen System zu normiren!
Wenden wir uns nach diesen allgemeinen Bemerkungen über die vor-
liegende Taxe speciell zu den Prineipien, die sich in 24 $$. zusammenge-
stellt finden, so müssen wir zunächst hervorheben, dass sehr angemessen
die Preise für 1, 10, 100 Gramm und 1 Pfund als Gewichtsgrössen ange-
nommen worden sind.
Sämmtliche Handverkaufsartikel werden in 3 Klassen eingetheilt; für
jede Klasse ist ein Zeichen gewählt, welches — in einer besonderen
Spalte — einem jeden Artikel beigesetzt ist, um darnach sofort die Klasse
erkennen zu können und wie derselbe demnach in den Tabellen zu behan-
deln ist,
Die 1. Klasse bilden die Nichteoncurrenz-Artikel (°), die
2. Klasse dieunbedingten Concurrenz-Artikel(X), die 3. Klasse
die bedingten Concurrenz-Artikel (*),
Bei den Nichteoncurrenz-Artikeln entspricht selbstredend der
Handverkaufspreis fast durchweg dem Recepturpreis. Nichts war seither
unzweckmässiger und schädlicher, als im Handverkauf Niehteoneurrenzartikel
bedeutend billiger abzugeben, als die Preise der Recepturtaxe besagen;
oe
130 Literatur und Kritik.
einmal musste das Publicum gerechten Anstoss daran nehmen, zweitens
entging den Apothekern damit ein guter Theil eines Nutzens, auf den sie
durchaus nicht verzichten können. —
Nur bei den ° Artikeln ist der Pfundpreis gegen den Detailpreis um
25°, niedriger berechnet, er tritt mit dem !/, Pfund ein, da aber, wo
der Pfundpreis über und bis 5 Sgr. beträgt, erst bei dem 1/, Pfund. Bei
den X und * Artikeln ist der Pfundpreis hingegen um ca. 40, resp. 50%,
niedriger gestellt, als der 10 Grammpreis. Wir weisen auf dieses Ver-
hältniss vorzugsweise hin, weil uns hinlänglich bekannt ist, dass es noch
vor kurzem in den meisten Apotheken üblich war, bei allen 3 Klas-
sen von Handverkaufsartikeln den Pfundpreis gleichmässig
zu normiren, und zwar durchschnittlich um 25%, billiger zu setzen, als
den Detailpreis. Erst in der Hartmann’schen Taxe finden wir eine andere
Auffassung; indem der Verfasser faetisch jeden Taxartikel in eine der
obigen 3 Klassen einreihete, war es ihm möglich, mit Hülfe der beigegebenen
Tabellen (wegen der Uebergangspreise) sein Prineip consequent durchzuführen.
Durch die Steigerung der Detailpreise wird dafür eine Entschädigung
gewährt, dass die Pfundpreise der 2. und namentlich der 3. Klasse billiger
gestellt sind, als es in den meisten Apotheken bisher geschehen sein mag;
diese Ermässigung der Pfundpreise war aber unerlässlich nöthig, weun
man der Concurrenz wirksam begegnen wollte. Da von vielen Artikeln
in der Regel nur kleine Mengen und seltener !/, Pfund und mehr gekauft
werden, gewähren diese höhern Detailpreise der Hartmann’schen Taxe
wieder eine Entschädigung für den Ausfall bei Entnahme von !/, Pfund
bis 1 Pfund ete. Das Püblicum selbst merkt bei seinen kleineren Ein-
käufen wenig oder gar nicht auf die Preisdifferenz, auch lässt sie sich
gewiss demselben gegenüber sehr wohl rechtfertigen. —
Der Nutzen an den X und * Artikeln, den die Hartmann’sche Taxe
gewährt, richtet sich wieder sehr rationell — je nach dem hohen oder
niedrigen Einkaufspreis eines Artikels. Wir finden die im $. 10 der Prin-
eipien zur Taxe aufgestellte Skala völlig mit unsern eigenen Anschauungen
übereinstimmend. Gewiss ist dieselbe manchen unter uns neu gewesen,
doch wurde sie bei Prüfung von uns für angemessen erachtet und wir
befreundeten uns schnell mit derselben.
Es darf hier nicht geleugnet werden, dass über das Verhältniss des
Nutzens, den die verschiedenen Handverkaufsartikel gewähren müssen,
bei vielen Apothekern, vor allen den jüngern, unklare und unrichtige
Ansichten herrschten, weil sie leider als Gehülfen gewöhnlich wenig Ver-
anlassung- hatten, sich mit dieser Angelegenheit zu beschäftigen.
Wir Alle sind deshalb dem Herrn Verfasser sehr zum Danke ver-
pfliehtet, dass er in das Halbdunkel Licht gebracht hat; war doch der
Gegenstand wichtig genug! Jetzt sind diese wohlbegründeten Prineipien
Gemeingut Aller geworden; namentlich der junge Besitzer einer Apotheke
ist über das unsichere Verhältniss durch diese Taxe hinweggekommen, —
Wir erwähnen hier ferner, dass uns auch die Art der Ermittelung
der 1 und 10 Grammpreise bei den theuren X und * Artikeln rationell
und richtig erscheint, ($. 12). Ebenso richtig bemessen sind die Zuschläge
für Zerkleinerung der Droguen und Chemicalien ($. 13). Die Höhe des
Zuschlags wurde unter Berücksichtigung des Verlustes durch Eintrocknen
und Verstäuben und der Arbeitszeit gefunden und diese Summe zu dem
ermittelten Pfundpreis hinzugerechnet.
Mittelst dieser Tax-Prineipien ist es jetzt sehr leicht für einen nicht
in der Taxe aufgenommenen Artikel den richtigen Preis zu berechnen,
wobei zuerst natürlich die Klasse festgestellt werden muss, in welche
derselbe gehört. —
Literatur und Kritik. 181
Es bleibt uns noch übrig, der Uebergangspreise und der damit zusam-
menhängenden Tabellen Erwähnung zu thun. Ein Jeder sieht wohl ein,
dass es unerlässlich ist, dem Publicum gegenüber dergleichen Uebergangs-
preise vom 10 Gramm zum !/, Pfundpreis zu beobachten. Da wir gesehen
haben, dass die Detailpreise dieser Taxe so wesentlich von den Pfund-
preisen abweichen, musste um so mehr eine allmälige Ueberführung
geschehen, sie musste aber verschieden ausfallen, je nachdem ein Artikel
zu den °, X und * Artikeln gehört. Auch/diese Aufgabe hat die Hartmann’-
sche Taxe aufs beste gelöst. Die Tabellen A und B dienen zur schnellen
und sichern Ermittlung der verschiedenen Uebergangspreise. Je nachdem
das Publicum, wie in der Mehrzahl der Fälle, nach Geld (Tabelle B),
oder nach dem Gewicht (Tabelle A), eine Waare verlangt, sind die
vor der Taxe oder die hinter der Taxe eingehefteten Tabellen zu
benutzen. Eine unerlässliche Abrundung der Preise, so wie sonstige
Zweckmässigkeitsveränderungen fehlen hier so wenig wie anderswo in der
Taxe. Es kann deshalb nicht verwundern, dass in den Tabellen manche
Sätze zwischen den Preisen fehlen, da die Tabellen andernfalls zu volumi-
nös geworden wären. In solch einem Falle ist es geboten, den am näch-
sten liegenden höheren oder niedrigeren Preis sich anzupassen, der sich
in den Tabellen vorfindet. — Die Erfahrung hat uns gezeigt, dass der
Gebrauch der Tabellen nach kurzem, consequenten Gebrauch auch dem
Lehrling geläufig wird und dass derselbe bald die Uebergangspreise der
gangbarsten Artikel auswendig lernt. Der Gebrauch der Tabellen im
Geschäft muss streng zur Pflicht gemacht werden!
Wir können hier nur wiederholen, dass der geehrte Herr Verf. uns auf
jeder Seite seines Werkchens gezeigt hat, dass er seinen Stoff völlig
beherrschte, und dass sich das Ganze als durchaus zweckmässig, und
wohl überlegt uns darstellt. Dabei ist der die Prineipien enthaltende Text
klar und allgemein verständlich abgefasst. (Man lasse sich durch die
anscheinend vielen Regeln ja nicht von vorn herein gegen die Taxe ein-
nehmen!) Die Einrichtung des ganzer Werkehens lässt daher nichts zu
wünschen übrig. ebenso auch die Ausstattung desselben.
Wir sind aber dem Verfasser zu um so grösserem Danke verpflichtet,
als er sich — halb gezwungen -— auch noch dem Risico unterzog, diese
2. verbesserte Auflage in den Selbstverlag zu übernehmen, obgleich die
1000 Exemplare der ersten Auflage in den Apotheken erst vor Jahresfrist
in Gebrauch genommen worden waren. Möchten die Herrn Collegen durch
recht zahlreiche Abnahme des Werkchens und Einführung desselben, da,
wo es bisher noch nicht geschah, dem Collegen Hartmann den Beweis
liefern, dass sie seine Bestrebungen anerkennen und zu würdigen wissen.
Ist doch diese Taxe die uns bekannte einzige, auf rationetlen Prineipien
beruhende! 'Thue darum ein Jeder das Seine! — Referent hofft mit dieser
etwas ausführlicher Darlegung vielen seiner Collegen einen guten Dienst
erwiesen zu haben,
Jena. R. M.
Pharmacopoeae recentiores, Anglica, Gallica, Ger-
maniae, Helvetica, Russiae, inter se collatae.
Seripsit, praefatus est et indicem triplicem adjeeit H. Ha-
ger, Phil. Dr. Vratislaviae 1869.
Es ist eine sehr nützliche, und darum verdienstliche Arbeit, welcher
der Herr Verf. in vorliegendem Werkchen seine Zeit und viele Mühe
gewidmet hat.
182 Literatur und Kritik.
Er begegnet mit derselben zunächst dem, besonders in Grenzländern
und grösseren Verkehrsstädten stets gefühlten Bedürfniss, Auskunft und
Belehrung in alle den Verlegenheiten zu finden, welche aus der Unbe-
kanntschaft mit fremden Arzneiformen und -formeln, so wie aus den
differirenden Eigenschaften gleichnamiger Arzneimittel erwachsen können,
und seine Arbeit ist um so zeitgemässer als die wichtigsten Pharmacopöen
gerade in den letzten vier Jahren neu erschienen sind. In dieser Beziehung
treten wir zuerst dem sachlichen Inhalt des Buches näher, und finden
da ein reiches, buntes Bild aufgestellt aus den Repräsentanten fast aller
Zeitalter, eine grosse Menge bei uns längst veralteter Mittel neben den
neuen und neuesten, sammt einer reichen Auswahl von Magistralformeln.
Der Raum gestattet hier nur, dies zu constatiren, auch würde eine, an
sich nutzlose, Blumenlese dem Interesse vorgreifen, welches die Lectüre
des Buches selbst gewährt.
Wichtiger als ein Blick auf die Liste der anderwärts offieinellen ein-
fachen und zusammengesetzten Mittel ist die Einsicht in die Verschieden-
heiten der überall und unter demselben Namen offieinellen Mittel.
Wir erfahren dabei, dass der Gehalt am wirksamen Bestandtheil zuweilen
nur wenig, mitunter aber ganz erheblich differirt, und wollen dies an
einigen Beispielen zeigen. Wir wählen Aqua Amygd. amar. und ag. Lauro-
cerasi, Syrupus Ferri iodati und Vinum stibiatum, und setzen den Haupt-
bestandtheil überall = 1. Die Gehaltsverhältnisse sind für:
Gall. Helv. Germ, Brit. Russ.
Ad Aruyod. Au. m 0 g612.2°,800, 0
Ag. Laurocerasi 1: 2000. 961. 300. ? -
Syr. Ferri iod. 1: 200. 120. 20. 182. 8/1.
Vinum stibiat. 1: 300. 240, 250. 204. 272708
Welche gewaltigen Differenzen bei Syrup. Ferri iodati, diesem heroi-
schen Mittel!
An Verschiedenheiten andrer Art erwähnen wir nur beiläufig, dass
z. B. Ph. Brit. das Jod zur Tinetur mittelst Jodkalium lösen, Ph. Gall.
den Schwefelwasserstoff aus Schwefelantimon und Salzsäure bereiten lässt
und dergleichen. Und zum sachlichen Inhalt bemerken wir endlich, dass
uns keine erheblichen Irrthümer aufgestossen sind. Dass übrigens bei
einer so unfangreichen und in vielen Beziehungen rein mechanischen Arbeit
ab und zu eine der Aufgabe des Buches widersprechende Auslassung oder
ein kleiner Fehler unterläuft, möchte kaum zn vermeiden sein. Wir führen
hierzu an, dass z. B. bei Acetum der abweichende Gehalt der preussischen
von der deutschen Pharmacopöe nicht angegeben ist; dass Acetum anti-
septicum Ph. Gall. nicht unter Acetum aromaticum gehört, sondern einen
eigenen Artikel bilden musste, und dafür der Vinaigre arom. des höpit.
unter die gewöhnlichen aromatischen Essige zu setzen war, dass es uns
zweifelhaft ist, ob das präcipitirte Calomel der Ph. Gall. nach dem Wort-
laut derselben „weisser Präcipitat“ oder nicht vielmehr „weisses präci-
pitirtes Calomel“ heisst, dass man bei Syrup. Violarum zu der Meinung
kommen muss, die Ph. Germ. lasse im Gegensatz zu sämmtlichen übrigen
Pharmacopöen die Blüthen mit den Kelehen verarbeiten, und vielleicht
noch eine oder die andere ähnliche Kleinigkeit,
Zur Beurtheilung des theoretischen Standpunctes dieser vergleichenden
Uebersicht verschiedener Pharmacopöen bemerken wir Folgendes:
1) Sie ist in lateinischer Sprache abgefasst, als der allein ange-
messenen Sprache für alle Werke, welche vielen verschieden sprechenden
Nationen zugleich nützlich werden können und sollen, und deren Gebrauch
weniger in einer zusammenhängenden Lectüre, als in der Einzelbenutzung
- Literatur und Kritik. 183
der in ihnen enthaltenen Thatsachen, Gesetze, Statistik und dergleichen
besteht, also für wissenschaftliche Hand- und Gesetzbücher, welche
grossen gemeinsamen Zwecken dienen.
Für englische und französische Recepte, welche häufig in der betref-
fenden Landessprache geschrieben werden, enthält sie sowohl im Text
als auch in zwei vollständigen Registern die englischen und französischen
Namen der Arzneimittel.
2) Die Anordnung der Artikel ist die alphabetische, und ist von die-
ser nur abgewichen worden, sofern es sich zur Ersparung unnöthig wie-
derholten Textes empfahl, die einzelnen officinellen Theile einer Pflanze
unter deren Namen oder dem pharmacognostischen Substantivum zu regi-
striren, oder analoge Präparate unter einer gemeinsamen Formel zusammen
zu fassen. Hierbei führen die Register des Werkes leicht über die Schwie-
rigkeiten hinweg, einen dieser Artikel im Texte aufzufinden; z. B. Tinct.
Gentianae Ph. Germ. nicht unter dem Hauptartikel Tinct. Gentianae,
sondern unter Tinet. Absinthii Ph. Germ., denn der Hauptartikel Tinct.
Gentianae ist die französische Colleetivvorschrift für eine Reihe Tineturen
der Pharm. Galliea, u. s. w. (Nicht ganz consequent in dieser Beziehung
bildet Ol. Hyoseyanıi infus. Phar. Russ. einen besonderen Artikel, dieses
gehörte vielmehr «icht hinter Ol. Hyose. Ph. Germ, zum Hauptartikel
Ol. Chamomillae coct.)
3) Die Nomenelatur gehört der neueren Richtung an, und ist conse-
quent durchgeführt (mit wenigen Ausnahmen, z. B. Acet. concentratum,
welches noch als Hauptbezeichnung figurirt). Wir billigen dies im Inter-
esse der Ausschliessung falscher Bezeiehnungen, unterlassen aber nicht,
auf die Irrwege hinzuweisen, die man betreten hat und denen auch der
Herr Verfasser durch Aufnahme des vielbesprochenen „solutum‘“ gefolgt
ist. Diese Bezeichnungsweise halten wir weder für besser als die frühere,
noch überhaupt für durchführbar; in ersterer Beziehung bedarf sie nemlich
eines weitläufigen Commentars zur Rechtfertigung der für dieselbe gesteck-
ten Grenzen, und sollen andrerseits die bisher gesteckten Grenzen fallen,
so würden wir neben den passenden Camphora soluta, Jodum solutum ete.
auch die unpractischen Namen Hydrogenium chloratum solutum, Oleum
Foenieuli solutum und hundert andere acceptiren müssen. Können wir
auch die Bezeichnungsweise „Liquor “ eine richtige nicht nennen, so ist
es doch noch weniger richtig, diese einmal eingebürgerte Benennung ohne
Noth (denn sie ist nicht absolut falsch) und ohne gründliche Besserung
(wie wir gezeigt haben) abzuschaffen.
4) Der Synonymik ist zur Genüge Rechnung getragen, indem nicht
nur der Text, sondern auch die drei sehr guten Register kaum eine Lücke
finden lassen. Wir suchten nur Cremor Tartari vergeblich.
5) Die eigentliche Statistik endlich finden wir nicht ganz übersichtlich
behandelt, sofern bei den Artikeln die betreffende Pharmacopöe zuweilen
am Anfang, zuweilen am Ende, zuweilen gar nicht genannt ist (Ferrum
aceticum solutum). Das Letztere ist fast durchweg der Fall bei den Sim-
plieibus, während es doch ganz wünschenswerth erschiene, hierbei sogleich
zu sehen, in welchem Lande das Mittel noch gebräuchlich ist, Zwar
ergiebt sich aus der beigefügten Benennung in der Muttersprache z. B.,
dass die Semina quatuor frigida in Frankreich noch offieinell sind, allein
bei vielen andern Artikeln (z.B. Opopanax) lässt dies im Stich, wogegen
bei Rana esculenta die Statistik so vollständig ist, wie wir sie consequent
durehgeführt wünschten. — Es ist uns ferner nicht ersichtlich geworden,
warum bei den Compositis und bei den Präparaten bald die eine, bald die
andere Pharmacopöe den Vorzug geniesst, ihre Vorschrift gross gedruckt
184 Literatur und Kritik,
und in abgesetzten Zeilen vorausgeschiekt zu sehen, während die anderen
Vorschriften klein gedruckt und in fortlaufenden Zeilen nachfolgen.
Selbstverständlich beeinträchtigen diese kleinen Inconsequenzen die
Brauchbarkeit des Buches ebenso wenig, als die übrigen hiernotirten kleinen
Omissa und Errata; ihre Berücksichtigung wird aber bei einer erneuten
Auflage nicht ohne Nutzen sein. Jedenfalls wird das Werk dem gefühlten
Bedürfniss bereits jetzt vollkommen entsprechen, und dem internationalen
Verkehr auf unserem Gebiete in zweckmässiger und möglichst zuverlässiger
Weise dienen können. Und endlich empfehlen wir das Studium desselben
anch denjenigen, welche berufen sind, dafür zu wirken, dass unsere Gesetz-
bücher nicht auf Grund einseitiger Anschauungen in zu engen Grenzen
gehalten, sondern den thatsächlichen Verhältnissen entsprechend abgefasst
werden. Nicht die Aufnahme eines einseitig empfohlenen Mittels in die
Pharmacopöe kann bewirken, dass dasselbe gebraucht wird, sondern der
Gebrauch der Mittel muss bewirken, dass sie in die Pharmacopöen
kommen. — 2.
Dr. Hugo Trommsdorff, die Statistik des Wassers
und der Gewässer, ihre Wichtigkeit und bisherige Ver-
nachlässigung. Vortrag, gehalten im (Gewerbeverein zu
Erfurt, und Anleitung zur maassanalytischen Be-
stimmung der organischen Stoffe und ihrer
Zersetzungsproducte, sowie der mineralischen
Bestandtheile in dem zu gewerblichen und
häuslichen Zwecken dienenden Wasser. Zum
Gebrauche für Techniker, Fabrikanten, Pharmaceuten, Che-
miker und Aerzte. Erfurt, in Commission bei Hugo
Neumann. 1869. 58 Seiten gross Octav.
Der Herr Verfasser empfiehlt in dieser zeitgemässen Schrift die
Hydrotim6trie, wie sie in England von Dr. Clark, in Frankreich
von Boudron und Boudet eingeführt worden ist (mittelst einer alko-
holischen Seifenlösung die Härte des Wassers zu messen), dem deutschen
Publieum und hat sich bemüht, Verbesserungen und Erweiterungen der-
selben zu ersinnen. Ihm genügte die Enbloc-Bestimmung der Erdsalze
(Kalk- und Magnesiasalze) jedoch nicht und — immer abgesehen von
den organischen Stoffen und ihren Zersetzungsprodukten im Wasser —
suchte er noch eine ganze Reihe von Bestimmungen mit der Seifenlösung
möglich zu machen: die des Gypses, des kohlensauren Kalkes, der Mag-
nesiasalze und des Kochsalzes. Alle diese wünschenswerthen Angaben
verschafft er sich durch folgende Reihe von Titrirungen:
Bestimmung des Härtegrades des Wassers:
1) im ursprünglichen Zustande,
2) nach der Ausfällung des Kalkes durch oxals. Ammoniak,
3) nach dem Abfiltriren des durch Kochen abgeschiedenen kohlen-
sauren Kalkes,
4) nach dem Ausfällen des im gekochten Wasser noch enthaltenen
Kalkes (der hauptsächlich hier als Gyps vorhanden ist),
5) nach dem Ausfällen der Schwefelsäure mit salpetersaurem Baryt u.
6) nach dem Ausfällen des Chlors durch salpetersaures Silberoxyd.
Literatur und Kritik. 185
„Weiss ich beispielsweise, dass die Härte eines gekochten Wassers
noch 16° ist, so erhalte ich durch Zusatz einer Lösung von salpetersaurem
Baryt von 16° eine Flüssigkeit von 32°; nun entsteht bei Gegenwart von
schwefelsauren Salzen ein Niederschlag von schwefelsaurem Baryt, welcher
den Härtegrad proportional der Menge Salz, welche sich gebildet, sinken
macht; titrire ich nach dem Filtriren und finde, dass der Härtegrad auf
20 herabgesunken ist, so sind die fehlenden 12° für schwefelsaure Salze in
Anrechnung zu bringen. Auf analoge Weise wird der Chiorgehalt
ermittelt. “
Zur Bestimmung der organischen Substanzen dient das ver-
besserte Schulze’sche Verfahren mittelst übermangansaurem Kali, Natron-
lauge, Oxalsäure etc.
Zur Ammoniakbestimmung (der colorimetrischen) benutzt erdie
Färbungen in Folge eines Zusatzes des Nessler’schen Reagenzes
(alkalische Lösung von HgJ in KJ) zum Wasser;
Zur colorimetrischen Bestimmung der salpetrigen Säure dient
eine nach Vorschrift des Apotheker Dr. Richter in Köln bereitete
haltbare Lösung von Stärkekleister, Chlorzink und Jodzink im Wasser
und zur Salpetersäurebestimmung die von Prof. Marx in Stutt-
gart (Zeitsch. für analyt. Chem. 1868, 4. Heft, p. 413) empfohlene, auf
der Entfärbung der Indigolösung beruhende empirische Titrirmethode unter
Anwendung conc. Schwefelsäure bei 100°C. und darüber.
Sämmtliche Methoden werden mit grosser Präcision beschrieben und
sind mit Umsicht durchgeprüft worden.
In dem einleitenden Vortrage finden wir als Beispiele von Städten,
welche sämmtliche Brunnen untersuchen liessen, Köln und Zürich auf-
geführt. „Dass auch der Anfang zu einer allgemeinen Statistik des
Wassers bald gemacht werde, dazu haben wir einige Hoffnung, da bereits
von den Staaten Europas die Organisation der Arbeiten auf diesem Felde
erstrebt wird; der internationale statistische Congress hat sich bei seiner
letzten Zusammenkunft, Ende Sept. 1867 in Florenz, zum ersten Male
mitder Hydrographie beschäftigt und die vorgeschlagenen Propositionen
einstimmig genehmigt. Die in den einzelnen Sectionen zur Annahme gelang-
ten Propositionen hat der Director des statistischen Bureaus in Florenz,
Maestri, in einer kleinen Brochure zusammengefasst, welcher die fol-
genden, die Hydrographie betreffenden Paragraphen entnommen sind:
I. In jedem Staate ist die Hydrographie aller Wasserbecken zu
studiren und sind die Ergebnisse dieser Studien zu veröffentlichen.
Weun ein Bassin verschiedenen Staaten angehört, so ist zu wünschen,
dass die Regierungen sich vereinbaren, um die Hydrographie auf über-
einstimmende Weise (uniformement) zu bearbeiten.
II. Das hydrographische Studium soll die nützlichen und schädlichen
Gewässer umfassen, sowohl die, welche man gegenwärtig nutzbar macht,
als die, welehe man unbenutzt dem Meere zufliessen lässt.
III. Man soll die Wässer uutersuchen an sich, unter geologischem
Gesichtspunkte und in Bezug auf ihre Anwendung; in Ansehung der
Hygiene und ihrer Benutzung im thierischen Leben, in der Industrie und
im Handel.
IV. Sind zu studiren die Wässer, welche häuslichen Zwecken dienen
oder in Fabriken gebraucht werden; die medieinischen und die Mineral-
wässer, das Wasser der Gossen (des €goüts) in seinen Beziehungen -zum
Leben der Bevölkerungen.
V. Die auf der Erdoberfläche fliessenden und die Grundwässer
(eaux souterraines); die stagnirenden Wässer und die der Seen und Teiche.
186 Literatur und Kritik.
VI. Die Untersuchung soll geschehen in Bezug auf die Topographie
und Geologie und in Rücksicht auf ihre Ausnutzung behufs der Schif-
fahrt, der Bewässerungen und in ihrer Anwendung als bewegende Kraft. —
Dieser letzte Gesichtspunkt bietet grosses Interesse, sobald man in näherer
oder fernerer Zeit, Mangel an Steinkohlen, in Folge Erschöpfung der
existirenden Bergwerke, zu fürchten beginnt.
VII. Weiter wird man die Wässer untersuchen auf schädliche
Bestandtheile, sei es, dass sie in Bewegung sind, oder in Sümpfen
stagniren.
VII. Endlich schlägt die Section dem Congress vor, den dringenden
Wunsch auszusprechen, dass bei den hydrographischen statistischen Arbeiten
das metrische Maass- und Gewichts-System angewendet werde.“
Das vorliegende Werkehen ist der Beachtung unserer Leser aufs
Angelegentlichste zu empfehlen.
HD.
Dr. E. Reichardt, Prof. in Jena, Grundlagen zur Beur-
theilung des Trinkwassers, zugleich mit Berücksichtigung
seiner Brauchbarkeit für gewerbliche Zwecke. Für Behör-
den, Aerzte, Apotheker und Techniker veröffentlicht. Jena,
Verlag von Carl Döbereiner. 1869. 27 Seiten Octav.
Das Grossherzogl. S. Staatsministerium zu Weimar ordnete an, die
Fluss,- Quell- und Triebwässer des Landes chemischen Untersuchungen zu
unterwerfen und übertrug die Ausführung dem Professor Reichardt und
dem Unterzeichneten, denen der Geh. Hofrath Gerhardt als medieinischer
Sachverständiger beigegeben wurde. Die vorliegende Arbeit wurde für
die Beurtheilung der Wasseruntersuchungen als Grundlage angenommen
und gelangt zur Veröffentlichung wegen der allgemeinen Bedeutung des
Gegenstandes. Sie enthält:
I. Wahl des Materials, A. Quellwasser, B. Trieb- und Flusswasser.
1I. Gang der Untersuchung. A. Füllung des Wassers.
Instruction zur Füllung (Diese ist auch besonders zu beziehen:
pro Dutzend 12 Sgr. bei ©. Döbereiner, Jena).
B. Chem. Untersuchung. Anforderungen der Wiener Commission.
Abdampfrückstand. Organische Substanz. Alkalische Erden. Chlorwasser-
stoffsäure, Schwefelsäure, Salpetersäure, Härte.
Rückblick. Anforderungen an gutes Wasser.
Als Grenzen der Güte von Wasser können vorläufig gelten:
Für 100,000 Theile Wasser:
10 bis 50 Theile fester Rückstand
18 Theile Gesammtkalk (d. i. CaO und das Aequivalent
von Kalk für die vorhandene MgO)
0,4 Theile Salpetersäure
3 bis 5 Theile organische Substanzen
0,2 bis 0,8 Theile Chlor und
0,2 bis 6,3 Theile Schwefelsäure.
Literatur und Kritik. 187
Dr. E. Meitzen (in Köln am Rhein), Plan einer chemischen
Lehrmethode für Industrielle. Oder: Wie erlernt der
Industrielle in möglichst kürzester Frist die Chemie derart,
dass er sie selbstständig zum Nutzen seines Faches ver-
wenden kann? Leipzig 1867, Verlag von Eduard Heinrich
Mayer. Köln, M. Lengfeld’sche Buchh. (E. H. Mayer.)
53 Seiten klein Octav und eine Arbeitstafel.
Diese Blätter sind vorzugsweise für herangereifte Personen bestimmt,
die sich noch in kurzer Zeit in die Chemie hineinarbeiten wollen. Sie
sollen ihnen in möglichster Kürze ein Licht auf den Gegenstand ihres
Strebens werfen, so dass sie deutlich die Zahl und die Themata der
Abschnitte und Arbeiten, die Art ihrer practischen Behandlung, die
grössere oder geringere Schwierigkeit ihrer Ausführung, die Umrisse
der respectiven Zeiträume der Erlernung und die Möglichkeit eines unver-
gleichlich rascheren Vorschreitens, als bisher gewöhnlich in den speeiellen
Theilen, erkennen können. Es soll schliesslich dem mit chemischen Dingen
völlig Unbekannten ein vorläufiger klarer Begriff von Chemie gegeben
werden. Ein gänzlich unbekanntes Feld wünscht der Eintretende vorher mit
einem Blicke zu überschauen; die vorliegenden Blätter sind dazu bestimmt,
ihm dafür eine vollständige Uebersicht sowohl im Ganzen als in seinen
speciellen Theilen zu geben.
Als Hauptriechtung werden 3 Thesen vorangeschickt:
1) Ohne Lehrer und ohne Handthätigkeit lässt sich die Chemie
nicht erlernen.
2) Diese Handthätigkeit muss so früh als möglich eintreten.
3) Der Lehrgang muss gleich anfangs ein analytischer sein.
Es wird in der Chemie möglich, auch den Anfänger schon in dem
Zusammenwirken mehrer und vieler Körper gleichzeitig zu orientiren.
Solehes geschieht durch das Gesetz der Polarität.
Beim speciellen Lehrgange beginnt man mit den häufigeren Ele-
menten (etwa 36), nach der Reihenfolge ihrer Polarität. Man ver-
schaffe sich die Ansicht eines Alkalimetalls, eines Erdmetalls (die gewöhnl.
Metalle sind ja bekannt), des Jods, Broms, Chlors. Bei jedem Elemente
beachte man ihre natürlichen Vorkommnisse. Folgt die Betrachtung der
Aggregatzustände, des spec. Gewichts. Dann gehe man an die Sanerstoff-
verbindungen, die Gegensätze von Basen und Säuren, mache sich den
Begriff der Salze und Doppelsalze klar (es wird ein passendes Schema:
Alaun vorgeführt). Das Sättigungsvermögen führt zu den Aequivalent-
gewichtsverhältnissen. Nun beginnt die Handthätigkeit. Klassification der
Metalle. Gruppirung der löslichen und unlöslichen Verbindungen. Qua-
litative Analyse. Erläuterung derselben durch eine instructive Tafel.
Quantitative Analyse, Maassanalyse (Titrirung), Gewichtsanalyse, Ein-
richtung eines Arbeitsplatzes.
Der Herr Verf. schliesst seine interessanten Betrachtungen mit den Wor-
ten: „Somit übergebe ich dieses Schriftehen denen, die der chemischen Kennt-
nisse bedürfen, nicht um hieraus solche zu erlernen, sondern um ihnen
den Weg zu zeigen, der einzuschlagen sein wird, um keine Zeit zu ver-
schwenden, und ihnen die Wissenschaft sogleich interessant zu machen,
besonders um sie im Lehrgang und dem Begriff der Chemie zu orientiren.“
Das vorliegende Schriftchen ist allen Industriellen, die sich dem Studium
der Chemie hingeben möchten, ohne doch darauf allzuviel Zeit verwenden
zu können, mit Recht zu empfehlen. Hal:
188 Literatur und Kritik.
Dr. G. Weber, Stabsarzt in Stettin, Staatliche Beschrän-
kung oder Freigebung des Apotheker-Gewer-
bes?’ Stettin 1869, Verlag von Th. von der Nahmer.
(Besonderer Abdruck aus der v. Horn’schen Vierteljahrs-
schrift für gerichtliche und öffentliche Medicin). 69 Seiten
gross Octav.
Eine Beleuchtung der Frage, ob die Beschränkung der Concurrenz
in der Anlage von Apotheken und die Feststellung einer bestimmten
Arzneitaxe in sanitätspolizeilichem Interesse dauernd geboten ist, oder ob
event. unter welchen Bedingungen die Freigebung des Apothekergewerbes
zulässig erscheint.
Der Herr Verfasser theilt die Besorgnisse Wald’s (Schutz des
Gemeinwohls und nicht Willkür der Arzneiverkäufer. Berlin 1863), wenn
letzterer behauptet: „Es ist der Natur der Sache gemäss, dass sich sofort
mit Einführung der Gewerbefreiheit gewissenlose Subjeete mas-
senhaft in ein Fash drängen werden, welches jeder Art von Schwindel
und Ausbeutelung des Publicums ein so sicheres Gebiet darbietet, wie die
Bereitung und der Verkauf der Arzneien‘“ (a. a. O. S. 58).
Die Vorwürfe, die man der Arzneitaxe macht, erscheinen dem Ver-
fasser ungerechtfertigt. .‚Unsere Apotheker-Ordnung mit der staatlich
festgesetzten Taxe bewirkt, dass das Volk die Arzneien verhältnissmässig
billig kauft, billiger jedenfalls durchschnittlich als in den Ländern
mit freier Concurrenz. Es liegt demnach kein Grund vor, der für Auf-
hebung der Taxe maassgebend wäre. “
„Die Beibehaltung der Beschränkung der Concurrenz im Apotheker -
Gewerbe, wie die Beibehaltung der Taxe erscheinen ihm in sanitäts-
polizeilichem Interesse durchaus geboten und zwar weil
- unserem Volke damit mehr als voraussichtlich und vergleichsweise bei
freiem Gewerbe die Gewissheit gegeben ist, zum Schutz seiner Gesund-
heit, seines Lebens in den Apotheken möglichst gute und auch ver-
hältnissmässig billige Arzneimittel zu erlangen, und weil
er ferner bei diesem System gleichzeitig eine ausreichend genügende
Vertheilung der Apotheken dem Lande gesichert glaube. Eins
sei bei dem Concessionsverfahren unbedingt mehr gewährleistet als bei
der freien Concurrenz, das sei die Güte der Arzneien; — Eins mehr
verhütet, das sei die Verfälschung derselben. Sanitätspolizeilich aber
scheine ihm darnach ein System seinem Werthe nach zuallermeist abge-
messen werden zu müssen. Die Beispiele Frankreichs, Belgiens, Hollands
dürfen uns nicht irre führen. Die Apothekeneinriehtungen dieser Länder
mögen einzelne Vortheile haben, aber sie führen unbedingt grosse Nach-
theile mit sich. Verfasser fühlt sich schliesslich aus innerster Ueberzeu-
gung gedrungen, das nachzusagen, was P. Frank (Supplementbände
zur medicin, Polizei, Tübingen 1812. Bd.I. S. 72) zur Empfehlung
seiner neuen Apotheker - Ordnung sagte: „Diese Gesetze treten dem gewis-
senhaften Apotheker nicht zu nahe, sie wachen für die Sicherheit der
Apotheker und für das Beste des Publicums. “
Diese mit grosser Sachkenntniss und Belesenheit verfasste Schrift ist
unseren Lesern aufs Wärmste zu empfehlen.
H.L.
Literatur und Kritik. 189
Bibliotheca pharmaceutica oder Verzeichniss aller auf
dem Gebiete der Pharmacie in den letzten 20 Jahren, 1849 —
1868, im deutschen Buchhandel erschienenen Bücher und
Zeitschriften. Ein bibliographisches Handbüchlein für Phar-
maceuten, Medicinalbehörden und Buchhändler. Bearbeitet
von Adolph Büchting, Buchhändler. Mit einem aus-
führlichen Sachregister. Nordhausen 1869; Verlag von
Adolph Büchting. 5 Bogen kl. Octav. Ladenpreis 10 Sgr.
Man wird in diesem Cataloge nichts vermissen, was in den letzten
20 Jahren auf dem Gebiete der Pharmacie Lesenswerthes erschienen
ist; auch Erscheinungen auf dem Gebiete der reinen Chemie, der
Mikroskopie u. s.w. sind erwähnt, sobald solche mit speeiellem Bezug
auf Pharmacie bearbeitet worden sind. Alle Schriften über gerichtliche
Chemie, über Harnanalyse sind aufgenommen. Von Pharmaco-
pöen, Arzneitaxen und sonstigen offieinellen Büchern hat der Ver-
fasser ausnahmsweise die verschiedenen Auflagen aufgenommen. Das ange-
fügte, möglichst speciell gehaltene Sachregister macht die Bibliothek
sehr interessant und practisch brauchbar. So finden wir unter der Rubrik:
Verfälschung der Arzneimittel die Autorennamen: Aschoff, Che-
vallier, Duflos, Henkel, Hirsch, Pohlner, F. X. Schmidt, Wittstein,
Wolf, Zapp und bei Verfälschung der Nahrungsmittel die
Namen: Artmann, Chevallier, Friedreich, Gottlieb, Klenke, Mair, deren
Werke dann in der Bibliotheea pharmaceutica verzeichnet sind unter
Angabe des Verlags, des Preises ete.
Das Büchlein wird hiermit der Beachtung unserer Leser empfohlen.
HreD:
Verzeichniss sämmtlicher von der Kais. Akade-
mie der Wissenschaften seit ihrer Gründung
bis letzten October 1868 veröffentlichten
Druckschriften. Wien, Carl Gerold’s Sohn 1869,
300 Seiten in Octav.
Die erste Abtheilung (S. 1— 35) enthält periodische Werke bei-
der Klassen der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften: Almanach,
Anzeiger, Archiv für österreich. Geschichte, Denkschriften der mathemat.
naturwissenschaftl. Klasse, der philosoph. historisch. Klasse, Fontes rerum
Austriacarum, Jahrbücher d. K. K. Central- Anstalt für Meteorologie und
Erdmagnetismus, Monumenta Habsburgica, Sitzungsberichte beider Klassen.
Die zweite Abtheilung (8. 37 —41.) Werke einzelner
Autoren und kleinere Schriften, darunter solche von Arner, Hebra, Pro-
kesch - Osten, Unger.
Die dritte Abtheilung (S. 42— 296) enthält alphabetisch geord-
net alle Separatabdrücke aus dem Archiv, dem Notizenblatte, den Denk-
schriften, Sitzungsberichten, und der feierlichen Sitzung der Kais. Akad. der
Wiss., so wie aus den durch die Akademie herausgegeb. Jahrb, d. K.K. Cen-
tral - Anstalt für Meteorol. u. Erdmagnetism., nebst Beilagen zu den Sitzungs-
berichten. Wir finden hier angezeigt: Abhandlungen von Alois von Auer, L. v.
Barth, Alex. Bauer, A. v. Baumgartner, v. Bibra, Giovanni Bizio, C. Böhm,
Joseph Anton Böhme, Ami Boue, Ernst Brücke, R. Clausius, Joh. Nepo.
Özermak, Ch. G. Ehrenberg, A. v. Ettingshausen, E. Fenzl, G. v. Frauen-
190 Literatur und Kritik.
feld, A. Freund, K. Fritsch, H. v. Gilm, W. F. Gintl, J. Gottlieb, Graf
A. Grabowski, J. Grailich, R. Günsberg, Juan Gwosdew, W. v. Hai-
dinger (S. 112 — 124.) W. Hallwachs, J. v. Hammer- Purgstall, Franz
v. Hauer, Th. v. Heuglin, Hinterberger, H. Hlasiwetz, F. v. Hochstetter,
F. Hruschauer, J. Hyrtl, A. Kauer, A. Kenngott, R. Kner, K. W.
Knochenhauer, F. Kolenati, v. Kollar, 'Th. Kotschy, K. Kreil, A. v.
Kremer, V. v. Lang, K. Langer, Gustav CO. Laube, H. Leitgeb, Ud. Lerch,
F. Leydoldt, Leyer u. Köller, Adolf Lieben, A. Lielegg, E. Lippmann,
Karl v. Littrow, Alex. Löwe, J. Loschmidt, C. Ludwig, E. Ludwig,
H. Luschka, E. Mach, Mädler, Magnus, G. Malin, R. Malin, J. R. Mayer,
J. Moser, K. Nachbauer, J. Natterer, Nentvich, M. v. Orth, Papousek,
P. Partsch, Patera, H. v. Payer, A. v. Perger, L. Pfaundler, E. Pfeiffer,
A. Pleischl, J. Pohl, A. Pokorny, Quadrat, Redtenbacher, H. W. Rei-
chardt, S. Reisek, E. Reitlinger, Remak, Rembold, Reslhuber, A. E.
Reuss, R. Richter, Friedrich Rochleder (S. 222— 226), K. Rokitansky,
F. Rolle, Alex. Rollett, J. v. Russegger, J. Sachs, J. Schabus, E. Schä-
fer, A. Schafarik, K. v. Scherzer, Aug. Schleicher, A. Schmidt, J. F.
Julian Schmidt, Oskar Schmidt, F. C. Schneider, A. Schrauf, Anton
Schrötter, R. Schwarz, v. Schwarzer, J. Seegen, J. G. Seidl, Setschenow,
J. Skoda, E. v. Sommaruga, $. Stampfer, J. Stanek, J. Stefan, F, Stein-
dähner, C. A. Steinheil, Dionys Stur, E. Suess, K. v. Than, Tscherinoff,
G. Tschermak, J. J. v. Tschudi, F. v. Uchatius, F. Ullik, Franz Unger,
Aug. Vogl, J. E. de Vry, A. v. Waltenhofen, Sartorius v. Waltershausen,
K. Wedl, A. Weiss, E. Weiss, J. Wiesner, Welwitsch, Th. Wertheim,
Wesselsky, E. Willigk, A. Winkler, Friedrich Wöhler, J. Wolff, B. v.
Wüllerstorff-Urbair, F. Zantedeschi, v. Zepharovich, K. Zerrenner, L.
Zeuschner, F. X. Zippe, F. Zirkel, K. A. Zittel, K. Zulkowsky.
Als Anhang: (S. 297 — 300) Wissenschaftl. Publicationen der No-
vara-Expedition. Reise der österreich. Fregatte Novara um die Erde
in den Jahren 1857, 1858, 1859 unter dem Befehl des Commodore B. von
Wüllerstorf-Urbair.
Dieses mühsame Werk wird allen denen, welche zu ihren Arbeiten
der Druckschriften der Wiener Akademie bedürfen, von grossem Nutzen sein,
Jah 05
Populär-wissenschaftliche Vorträge über einige
Capitel derChemie fürJedermann. Die Genuss-
mittel. Bearbeitet von Dr. Georg Langbein. Mit
mehren in den Text gedruckten Holzschnitten. Leipzig
u. Heidelberg, ©. F. Winter’sche Verlagshandlung. 1869,
VIII u. 103 Seiten kl. Octav.
Das vorliegende Schriftehen enthält das allgemein Wissenswerthe
über Wasser, Milch, Butter und Käse, Kaffee, Thee, Cacao, Essig,
Fleisch, Stärkmehl, Bier, Wein, einige Speisezusätze (Zucker, Fett,
Kochsalz, Pfeffer, Zwiebel, Senf) und Tabak; in der Einleitung (4 Seiten)
eine chemische Aequivalententafel, Bemerkungen über spec. Gew., Säuren,
Basen, Salze, chem. Zersetzung. Dasselbe bezweckt, dazu beizutragen „die
Wissenschaft zum Gemeingut des Volks zu machen“ und
kann als ein solcher Beitrag auch dem Pharmaceuten (dem Vermittler
zwischen Wissenschaft und Leben) empfohlen werden. BE.
Berichtigung.
S. 12. Z. 20 v. o. statt vorher ]. mehr.
Bücher - Anzeigen. _ 191
Bücher-Anzeigen.
Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn in Braunschweig.
(Zu beziehen durch jede Buchhandlung.)
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zu der Einleitung in die Krystallographie und in die krystallographische
Kenntniss der wichtigeren Substanzen.
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Königl. sächs. Hofrath, Professor der Chemie an der königl. Akademie
für Forst- und Landwirthe zu Tharand und k. s. Apothekenrevisor,
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oder die Lehre von den Operationen, von den Reagentien und von dem
Verhalten der bekannteren Körper zu Reagentien, sowie systematisches
Verfahren zur Auffindung der in der Pharmacie, den Künsten, Gewer-
ben und der Landwirthschaft häufiger vorkommenden Körper in ein-
fachen und zusammengesetzten Verbindungen. Für Anfänger und
Geübtere bearbeitet von
Dr. C. Remigius Fresenius,
Geh. Hofrathe, Direetor des chemischen Laboratoriums zu Wiesbaden und
Professor der Chemie, Physik und Technologie am landwirthschaftlichen
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Erschienen sind bis jetzt:
Erster Band: Physikalisches, Allgemeines und Theoreti-
sches der Chemie, von den Professoren Buff, Kopp und
Zamminer in Giessen und Heidelberg, zweite Auflage In
zwei Abtheilungen.
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Zweiter Band: Anorganische Chemie, von Professor Otto in
Braunschweig, vierte Auflage (in drei Abtheilungen).
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15 Sgr.
3te Abth., compl. in 12 Lfrgn. Preis (a Lfrg. 15 Sgr.) 6 Thlr.
Dritter bis fünfter Band: Organische Chemie, von Professor
Kolbe in Leipzig.
Dritter Band, complet in 11 Lieferungen. Preis (a Lieferung
15 Sgr.) 5 Thlr. 15 Sgr.
Vierter Band, complet in 10 Lieferungen. Preis (a Lieferung
15 Sgr.) 5 Thlr.
Fünfter Band, bearbeitet von Prof. Kolbe in Leipzig und Prof.
H. v. Fehling in Stuttgart. Erschienen ist:
2te Abtheilung von Prof. H. v. Fehling, complet in 7 Lieferun-
gen. Preis (a Lieferung 15 Sgr.) 3 Thlr. 15 Sgr.
Die 1° Abtheilung befindet sich unter der Presse.
Im Verlage der Buchhandlung des Waisenhauses in Halle ist
soeben erschienen:
Zur Geschichte
der deutschen Kleingewerbe
im 19. Jahrhundert.
Statistische und nationalökonomische Untersuchungen
von Gustav Schmoller.
1869. 45 Bog. 8. geh. 2 Thlr.
PS
In ermässigten Preisen wird vom 1. Septemb. an Magnesit ab Lager:
Magdeburg, Stettin, Leipzig, Frankfurt a/M.u. s. w. verkauft,
Frankenstein in Schlesien.
Schlesische Magnesit - Compagnie.
Heinrich Bruck.
Halle, Buchdruckerei des Waisenhauses,
ARCHIV DER PHARMACIE
UXU. Bandes drittes Heft.
A. Originalmittheilungen.
I. Chemie und Pharmacie.
Prüfung des Natr. biecarbonie. auf Gehalt an einfach
kohlens. Natron.
Vom Apotheker Ernst Biltz in Erfurt.
Schon frühere Versuche hatten mir gezeigt, dass man mit
Bittersalzlösung nur bei sehr grossem Gehalt an ein-
fach kohlens. Natron im Bicarbonat deutliche und unzweifel-
hafte Resultate erhält, und ich hatte mich desshalb dieser
Methode nie mehr bedient. Um so verwunderter war ich,
dieselbe in neuester Zeit und zwar von so maassgebender
Seite empfohlen zu sehen, dass sie vielleicht allgemein für
eine gute gehalten und eine Quelle von Täuschungen und
Streitigkeiten werden könnte. Sie ist aber meines Ermessens
vollkommen unbrauchbar für die in der Praxis vor-
kommenden Fälle, ja auch über diese hinaus ganz unzu-
verlässig, wenn die Öoncentrationsverhältnisse der Prüfungs-
flüssigkeiten nicht auf das Bestimmteste bezeichnet werden.
Ich behaupte nemlich nichts weniger, als dass unter Um-
ständen sogar ein Gehalt von 30°, Carbonat durch Bitter-
salzlösung nicht gefunden werden kann.
Es bedarf kaum der Erwähnung, dass man bei diesen.
Versuchen die Probeflüssigkeiten so einzurichten hat, dass
möglichst wenig Bicarbonat gelöst, dagegen die ganze Menge
des vorhandenen Carbonats von dem Wasser aufgenommen
wird. Es ist ferner bekannt, dass man diese Flüssigkeit zu
der Bittersalzlösung zutröpfen muss und nicht umge-
Arch. d. Pharm. CXC. Bds, 3. Hft, 13
194 Prüfung d. Natr. biearbonie. auf Gehalt an einfach kohlens. Natron.
kehrt, weil kohlens. Magnesia in Natronbicarbonatlösung sehr
löslich ist, die etwa gebildete kohlens. Magnesia also gar nicht
zur Erscheinung käme. Nach diesen beiden Richtungen haben
nun allerdings die in den Büchern angegebenen Verfahrungs-
weisen einige Grenzen gesteckt; allein diese Grenzen sind
noch viel zu weit gezogen, und ich begreife nicht, wie man
dabei befriedigende Resultate erhalten haben kann. Der Feh-
ler in den gegebenen Vorschriften ist ein doppelter. Auf der
einen Seite löst sich beim Anschütteln mit der fünffachen
Menge Wasser so viel doppelt kohlens. Natron, dass dasselbe
mit Hülfe der freien Kohlensäure, welche in Folge der Zer-
setzung des vorhandenen einfach kohlens. Natrons mit dem
Bittersalz auftritt, ganz bedeutende Mengen kohlensaurer
Magnesia zu lösen vermag; und auf der andern Seite ist
übersehen worden, dass die kohlens. Magnesia auch in Was-
ser löslich ist, dass also die anzuwendenden Bittersalzlösungen
nicht verdünnt sein dürfen. Nun ist aber die Consequenz in
Gesetzbüchern eine wichtige Sache, und wenn ich in denselben
(Pharmacopöa Germaniae) bei den Reagentien vorgeschrieben
finde, dass die schwefelsaure Magnesia in 9 Theilen Wasser
gelöst sein soll, so muss ich folgerichtig annehmen, dass sie
vorkommenden Falles so angewendet werden soll. Mit die-
ser Zehntel-Bittersalzlösung kann man aber das einfach
kohlens. Natron im Bicarbonat erst finden, wenn seine Menge
über dreissig Procent beträgt, bis 30 Procent aber nicht, weil
die nicht unbedeutende Löslichkeit der kohlens. Magnesia in
Wasser (1:2500) den geringen Niederschlag verhindert,
welchen eine concentrirtere Bittersalzlösung in diesem Falle
gezeigt haben würde.
Um das Bedenkliche dieser Methode, welche viel besser
dazu dienen kann, Bicarbonat im Carbonat zu finden, als
umgekehrt, überzeugend darzuthun, und sie aus den maass-
gebenden Büchern für immer zu entfernen, habe ich in syste-
matischer Weise eine Reihe von Versuchen angestellt. Ich
habe mir Mischungen aus reinem Bicarbonat mit 5, 10, 20,
30 und 40 Procent einfach kohlens. Natron gemacht, und die
bei der Behandlung mit der fünffachen Menge Wasser erhal-
Prüfung d. Natr. biearbonie. auf Gehalt an einfach kohlens. Natron. 195
tenen und filtrirten Flüssigkeiten auf ihr Verhalten gegen
dreierlei Bittersalzlösungen (in 2, 4 und 9 Theilen Wasser)
geprüft. Ich habe die Mischungen sowohl nur ganz kurze,
als wie längere Zeit mit dem Wasser angeschüttelt, und habe
vom Filtrat das eine Mal nur,wenige Tropfen, das andre
Mal bis zum gleichen Volum zu den Bittersalzlösungen
gesetzt, und dabei gefunden, dass bis incl. 20 Procent in kei-
nem der 36 Fälle eine Trübung eintrat. Bei 30 Procent erlit-
ten die beiden stärkeren Bittersalzlösungen eine Trübung,
jedoch nur auf Zusatz des gleichen Volums der Probeflüssig-
keiten, während der durch einige Tropfen erzeugte‘ Nieder-
schlag durch Umschütteln in der Bittersalzlösung wieder ver-
schwand (Einfluss der Löslichkeit der kohlens. Magnesia im
Wasser der Bittersalzlösungen.. Bei 40%, endlich trübte
sich auch die Zehntel-Bittersalzlösung, doch erst nach eini-
ger Zeit!
Nachdem ich hiermit zugleich das Bedenkliche der offi-
ciellen Reagentienlösungen dargethan, kann ich nicht umhin,
ihnen überhaupt vorläufig jeden Werth abzusprechen. Wozu
diese Lösungen von bestimmtem Gehalt in Fällen, wo darauf
nichts ankommt? und wozu der bestimmte Gehalt in den kri-
tischen Fällen, wenn er irre führen kann? Hindern etwa die
in der preuss. Pharmacopöe für Chlorbaryum und salpeter-
sauren Baryt angegebenen Solutionsverhältnisse, dass man
mit beiden beim directen Eintröpfeln in die officinelle Salz -
und Salpetersäure Niederschläge, aber nicht von schwefelsau-
rem Baryt, bekömmt? Also für den Unkundigen sind sie
kein Präservativ, und für den Unterrichteten sind sie müssig.
Von weit grösserer Wichtigkeit ist die Methode des Rea-
girens, worüber in Zukunft unbedingt genaue Vorschriften
in die Pharmacopöen aufgenommen werden müssen, um die
Beurtheilung eines chemischen Arzneimittels dem Einfluss der
Willkühr zu entziehen, und Gesetz und Gesetzesausführung
im Sinne des pharmaceutischen Standpunktes logisch zu ver-
knüpfen. Dieser sachgemässe Weg ist erst in neuerer Zeit,
zuerst von der preuss. Pharmacopöe beim Jodkalium, sodann
eonsequent von der deutschen Pharmacopöe betreten worden,
13*
196 Prüfung d. Natr. biecarbonie. auf Gehalt an einfach kohlens. Natron.
jedoch haben beide Gesetzbücher das Ziel nicht erreicht. Es
fehlt noch die Angabe der zu untersuchenden Gewichtsmenge
des Arzneimittels, und es fehlt die Bestimmung der Concen-
trationsverhältnisse, innerhalb welcher die Reaction zur Er-
scheinung kommen soll (siehe auch Duflos über die Prüfung
der Phosphorsäure auf Arsen, in der Vorrede zu seiner
„Prüfung der Arzneimittel “).
Doch zurück zur Sache.
Modificirt man die Methode dahin, dass man das zu
prüfende Bicarbonat mit nur dem gleichen Gewicht Was-
ser schüttelt, so sind die Resultate etwas günstiger.
Man erhält bei 10°, einfach kohlens. Natron ein Filtrat, wel-
ches jede der drei Bittersalzlösungen (bei tropfenweisem Zu-
satz vorübergehend, bei gleichem Volum dauernd) trübt.
Auch bei 8°/, findet dies noch statt, nur in schwächerem
Grade. Bei 6'/, Procent trübt sich aber nur noch die stärkste
Bittersalzlösung und bei 6 bis 5 Procent hört Alles auf,
auch das vorsichtigste Verfahren und das genaueste Beobach-
ten lässt keine Spur einer Erscheinung erkennen. (Will Jemand
diese Versuche wiederholen, so mache ich vor Allem darauf
aufmerksam, dass er nicht sein Bicarbonat der Offiein für
rein hält, und diesem etwa die Procente trocknen einfach
kohlens. Natrons zusetzt, denn die Krystallrinden des Handels
enthalten bereits mindestens 2!/, Procent einfaches Carbonat,
durchschnittlich aber vier Procent!)
So hört denn also die an sich schon geringe Brauchbar-
keit dieser Methode gerade da ganz auf, wo das Bedürfniss
für die pharmaceutische Praxis eben anfängt.
Bevor ich nun die vorzügliche Anwendbarkeit des Queck-
silberchlorids für den fraglichen Zweck erörtere, und
nachweise, wie dieselbe nur durch die Ungenauigkeit in den
Angaben des einzuhaltenden Verfahrens den Vorwurf der
Subjectivität auf sich laden konnte, will ich meine Ansichten
über die im Handel vorkommenden Sorten Natrum bicarboni-
cum mittheilen.
Im Handel kommen bekanntlich das sogenannte reine
Fabricat in Krystallrinden, und das englische (übrigens auch
Prüfung d. Natr. bicarbonic. auf Gehalt an einfach kohlens. Natron. 197
in Deutschland fabricirte) in halb pulveriger halb stückiger,
gleichsam gesinterter Waare vor, das erstere über doppelt so
theuer als das letztere. Diesem Preisverhältniss entspricht
aber der innere Gehalt keinesweges. In der: Hauptsache
nemlich, im Gehalt an einfachem Carbonat, stehen beide nicht
selten auf gleicher Stufe, und häufig verräth schon der Ge-
schmack, dass das billige Fabrieat ebenso gut ist als das
theure, zumal auch der Gehalt an fremden Salzen häufig auf
gleicher Stufe steht. In der That beweist die Analyse, dass
die Fabrication des sogenannten englischen Bicarbonats
namentlich in Deutschland sehr vervollkommnet worden, die des
theuren krystallisirten Salzes dagegen nicht fortgeschritten
ist. Man wird fragen, was an einem rein krystallisirten Salze
überhaupt noch verbessert werden kann. Nun, vor Allem
das, dass man das schöne Präparat nicht durchs
Trocknen wieder verdirbt. Und hierin scheint man
allerdings im Allgemeinen fehlerhaft zu verfahren, sonst
könnten die Rinden nicht so viel einfaches Carbonat enthal-
ten. Entweder versieht man’s mit der Wärme, oder mit der
Zeit des Trocknens, Wärme und lange Trockenzeit
sind aber die beiden Feinde des Bicarbonats. Man
spreche mir nicht von Massenfabrication, die eine umständ-
liche Sorgfalt und das Einhalten aller Bedingungen nicht
gestatte, sondern man liefere, was man zu liefern recht wohl
im Stande ist, und was verlangt und ja auch reichlich be-
zahlt wird.
Nach der preussischen Pharmacopöe soll das Präparat
nur „eine sehr geringe Menge“ Chlornatrium, schwefelsaures
und kohlensaures Natron enthalten dürfen. Betreffs des Chlor-
natriums und schwefelsauren Natrons würde man darunter
doch höchstens !/, Procent verstehen; wie viel nun aber an
kohlensaurem Natron? Ich bezweifle, dass man sich darüber
Rechenschaft gegeben hat, sonst würde man das kohlensaure
Natron nicht auf gleiche Stufe mit den beiden andern Salzen
haben stellen können. Nach meimer Ansicht ist nicht mehr
zu verlangen, als dass das Präparat nicht über drei
Procent einfaches Üarbonat enthalte, Sehen wir,
198 Prüfung des Natr. biearbonie. auf Gehalt an einfach kohlens. Natron.
was die Handelswaare leistet, und was überhaupt geleistet
werden kann.
Die theuren Krystallrinden lösen sich ziemlich klar in
Wasser, sind mehr oder weniger frei von schwefelsaurem
Natron, und zeigen mehr oder weniger Chlornatrium; bei
meinen Analysen fand ich drei, vier, auch fünf und noch mehr
Procent einfach kohlens. Natron, äusserst selten unter drei
Procent.
Das billige sogenannte englische Bicarbonat, meist von
blendender Weisse, löst sich meist ebenso klar in Wasser,
zeigt meist nur ebensolche Spuren schwefels. Natrons, und
auch nur wenig Chlornatrium. Ich fand in verschiedenen
Sorten 4!/, bis 5!/, Procent einfaches Carbonat.
Hieraus ist wohl sehr klar ersichtlich, dass die Preis-
verhältnisse beider Fabricate ihrem Gehalt nicht im Ge-
ringsten entsprechen, da man die Krystallrinden doppelt so
hoch bezahlt, als das andere Fabricat und dabei ausserdem
noch in die Lage kommen kann, etwas Schlechteres für
den doppelten Preis zu kaufen! Wenn man nun bedenkt,
dass man mit einem Verlust von nur 20 Procent etwa (beim
Arbeiten im Kleinen) durch Auswaschen des einfachen Car-
bonats und der letzten Spuren fremder Salze aus dem bil-
ligen Fabricate ein noch reineres Präparat als die besten
Krystallrinden zu fast dem halben Preise herstellen kann,
so wird man nicht in Zweifel sein, welches Präparat den
Vorzug verdient. Man führt dies in derselben Weise aus,
wie man z. B. Kalisalpeter vom Chlorkalium, überhaupt
schwerlösliche Salze von leichtlöslichen durch Deplaciren rei-
nigt, und hat nur dabei zu beachten, dass man ein sauberes,
klar lösliches Rohmaterial wählt, und das Trocknen bei Ver-
meidung von Wärme durch Pressen zwischen Fliesspapier
und mehrfaches Wechseln desselben thunlichst beschleunigt.
Etwas einfaches Carbonat regenerirt sich trotzdem während
der Trockenzeit, allein im Durchschnitt erhält man bei rich-
tiger Behandlung Präparate mit nur 1!/, bis höchstens 2 Pro-
cent einfachem Carbonat, zugleich fast absolut frei von Glau-
bersalz und Kochsalz. (Dass man im Grossen, wo man
Prüfung des Natr. bicarbonic. auf Gehalt an einfach kohlens. Natron. 199
bei fabrieationsmässiger Auslaugung weniger Bicarbonat ver-
liert, trotz Massenfabrication ein ebenso ausgezeichnetes Prä-
parat und äusserst billig wird liefern können, bezweifele ich
nicht, da man die Trockenzeit auch im Grossen durch Anwen-
dung der Centrifugalkraft und zweckmässige Circulation trock-
ner kalter Luft ausserordentlich abkürzen kann).
Bei meinen vielen Versuchen über diesen Gegenstand
habe ich gefunden, dass sich ein absolut reines Präparat von
100 Procent Bicarbonat beim Trocknen an der Luft nicht
gewinnen lässt. Schon der einfache Versuch, dass ein aufs
Vollständigste ausgewaschenes Präparat, wobei die abfliessen-
den Tropfen keine Spur einer Reaction auf Carbonat gaben
(siehe weiter unten), nach dem raschesten Trocknen an der
Luft bei erneuter Behandlung mit wenig Wasser auf einem
Filter eine Lauge abfliessen lässt, welche sofort und stark
auf Carbonat reagirt, beweist, dass eine Verflüchtigung von
Kohlensäure während dieses kurzen Trocknens stattgefunden
hat. Einigermaassen lässt sich dies durch Trocknen mittelst
Weingeist verhüten. ‘Entfernt man nämlich nach dem voll-
ständigen Auswaschen alles Wässrige durch Deplaciren mit-
telst Alkohol (zuletzt absolutem), presst darauf das Salz zwi-
schen Fliesspapier und beschleunigt das Trocknen durch häu-
figes Wenden, so erhält man das günstigste Resultat: die
Analye ergab mir
0,138 Procent Carbonat
gegen 99,862 » Bicarbonat.
Wäscht man nicht mit Weingeist nach, beschleunigt aber
das Trocknen durch vielfaches Pressen zwischen Fliesspapier,
und so häufiges Wenden, dass über dem Trockenprocess
höchstens zwei Stunden vergehen, so zeigte dasselbe Präparat
1,221 Procent Carbonat
gegen 98,779 „ Bicarbonat.
Mit weiterer Dauer der Trockenzeit erhielt ich immer
steigenden Carbonatgehalt, und dauerte das Trocknen einen
ganzen Tag, so war er auf 2,760 Procent gestiegen. Hier-
nach ist nun der erhebliche Einfluss der Trockenzeit ausser
Zweifel gesetzt, der der Wärme ist ja hinreichend bekannt,
200 Prüfung des Natr. biearbonie. auf Gehalt an einfach kohlens. Natron.
und man begreift daher leicht, dass beide Umstände das Prä-
parat bei ungenügender Beachtung derselben über die Ge-
bühr entwerthen können. Ohne Zweifel werden die dünnen
Krystallrinden meist besser sein, als die dicken, weil sie
rascher trocknen, allein auch dünne Rinden können durch
Wärme verdorben werden, und da man den Gehalt durchs
Ansehen nicht erkennt, so muss man stets das ganze gekaufte
Quantum pulverisiren und mischen, und hiervon das Resultat
nehmen. Dies Resultat ist aber eben so ungenügend, dass
man, wie oben angeführt, in den meisten Fällen über 3 Pro-
cent, und gewöhnlich 4 Procent Carbonat findet, gewiss ein
höchst’ ungünstiges Ergebniss im Vergleich zu dem Carbonat-
gehalt des kaum halb so theuren sog. englischen Fabricats.
Fast scheint es überflüssig anzugeben, dass auch bei diesem
sowohl für die Analyse als für den Gebrauch das hergestellte
Pulver einer grösseren Partie gut gemischt werden muss.
Aber als besonders interessant möchte ich das Resultat der
Untersuchung der härtesten Theile des sog. englischen Fabri-
cates erwähnen. Von einem solchen, dessen gemischtes Pul-
ver den Gehalt von 5!/, Procent Carbonat zeigte, zeigten die
anfänglich schon pulverigen Theile nur 4,28 Procent, dagegen
die Remanenz vom Stossen, also die härtesten Theile der gan-
zen Partie, 10,49 Procent! Dies erklärt sich leicht aus dem
Zusammensintern des Salzes während der Darstellung,
wobei einerseits ein Theil desselben der Absorption der Koh-
lensäure verschlossen wird, andrerseits bereits gebildetes Bi-
carbonat durch die stattfindende Erhitzung die Kohlensäure
wieder verliert.
Zu den mitgetheilten Zahlen bemerke ich, dass sie aus
der auch den Wassergehalt ergebenden Analyse so berechnet
worden sind, dass nur das Procentverhältniss zwischen ein-
fachem und Bicarbonat ausgedrückt wird; denn nur dieses
hat hier Werth, und Präparate mit Gehalt fremder Salze
sind überhaupt hier ausgeschlossen. Ergab nun z. B. die
Analyse
Prüfung des Natr. bicarbonie. auf Gehalt an einfach kohlens. Natron. 201
1,214 Carbonat,
98,280 Bicarbonat,
0,506 Verlust, d.i. variirender Wassergehalt des Üarbo-
nats, oder überhaupt anhängende Feuchtigkeit,
100,000
so berechnet sich hieraus das reine Procentverhältniss zwi-
schen Carbonat und Bicarbonat zu
1,221 Carbonat,
98,779 Bicarbonat,
100,000,
Zur Analyse selbst bemerke ich ferner, dass dieselbe in
der Voraussetzung der Abwesenheit fremder Salze sich ein-
fach aus dem Glührückstand und aus dem Kohlensäuregehalt
berechnet. In den Büchern finden sich zur Berechnung weder
specielle Anweisung, noch Beispiele; da die Berechnung jedoch
hierbei leicht auf irrige Voraussetzungen basirt wird, so
erlaube ich mir, die Berechnungsweise hier anzuführen.
Es verhält sich der normale Glührückstand (Na0,C0®)
von 100 Theilen Natronbicarbonat, nemlich 63,095 : dem nor-
malen Kohlensäuregehalt (Ü?0*) von 100 Theilen Natronbi-
carbonat, nämlich 52,581 — der in 100 Theilen des zu prüfen-
den Präparats gefundene-Glührückstand : x, d.h. zu derjeni-
gen Menge Kohlensäure, welche in der dem gefundenen Glüh-
rückstande entsprechenden Menge Bicarbonat enthalten sein
müsste, Nun wird die in 100 Theilen des Präparates
gefundene Menge Kohlensäure stets kleiner als x sein; die
Differenz entspricht einer vorbandenen Menge einfach kohlens.
Natrons, welche eben dieser fehlenden Kohlensäure bedurft
hätte, um Bicarbonat zu bilden. Sie wird gefunden aus der
Proportion 22:53 (C02:Na0,CO?) — fehlende Kohlensäure : c,
c ist also das in 100 Theilen des Präparats vorhandene Carbo-
nat. Sodann zieht man die jener Differenz gleiche Kohlensäure-
menge, weil sie im Carbonat enthalten ist, von der Total-
menge der in 100 Präparat gefundenen Kohlensäure ab, und
findet die Menge Kohlensäure (y), welche vorhandenem Bi-
carbonat entspricht. Nun setzt man 52,381 : 100=y:b,
Ne NR NNE N U!
202 Prüfung des Natr. biearbonie. auf Gehalt an einfach kohlens. Natron,
wobei b das gesuchte Bicarbonat bedeutet. Und endlich
100 — (b + c)= hygroscopisches Wasser.
Aus den so für b und ce gewonnenen Zahlen sind dann
die von mir mitgetheilten reinen Procentverhältnisse zwischen
Carbonat und Bicarbonat abgeleitet, um diese Verhältnisse
unabhängig vom varürenden Gehalt an hygroscopischem Was-
ser klar zur Anschauung zu bringen.
Endlich kann ich nicht unterlassen, darauf aufmerk-
sam zu machen, dass man bei der Ausführung der Analyse
mit der Feststellung des Glührückstandes sehr vorsichtig ver-
fahren und das Präparat zur Austreibung des Wassers und
des zweiten Atoms Kohlensäure längere Zeit sehr gelinde
erhitzen muss, bevor man glüht. Erhitzt man sofort sehr
stark, so bilden sich durch Einwirkung des Wasserdampfs
auf das kohlensaure Natron ganz erhebliche Mengen
von Aetznatron, wie sich durch die bekannte Reaction mit
Silberlösung nachweisen lässt. Das Aequivalent des Natron-
hydrats ist aber kleiner als das des kohlensauren Natrons,
als welches es dann mit gewogen werden, und das Verhält-
niss zwischen Natron und Kohlensäure fälschlich günstiger
ergeben würde. — Die Kohlensäurebestimmung geschieht im
Apparat von Fresenius und Will.
Nach dieser Mittheilung analytischer Ergebnisse, welche
vor Allem auf den geringen Werth des theuren krystallisir-
ten Natrum bicarbonicum des Handels aufmerksam machen
müssen und sollen, gehe ich zur Erörterung des Verfahrens
über, den Gehalt an Carbonat im Bicarbonat durch Queck-
silberchlorid nicht bloss sicher nachzuweisen, sondern auch die
Variationen desselben sehr genau zu bestimmen. Es erscheint
mir nothwendig, die vielfach verschmähte Reaction in ihrer
Natur und Bedeutung näher zu erörtern.
Bekanntlich ist der Niederschlag, welchen einfach koh-
lensaures Natron in Quecksilberchloridlösung erzeugt, weder
kohlensaures noch reines Quecksilberoxyd, sondern ein nach
den angewandten Verhältnissen wechselndes Gemenge von
9 2.) 1 Be
| TER HER EN
Prüfung des Natr. biearbonie. auf Gehalt an einfach kohlens. Natron. 203
Quecksilberoxyd mit Quecksilberoxychiorid, dem auch durch
überschüssig zugesetztes kohlensaures Natron der Chlorgehalt
nicht entzogen werden kann. Es liegt dies an der geringen
Affinität der Kohlensäure zu Quecksilberoxyd, und an der
grossen Neigung des Quecksilberchlorids, mit Quecksilberoxyd
eine Reihe basischer Verbindungen zu bilden, die um so rei-
cher an Chlor sind, je weniger wirksames Alkali vorhan-
den war, oder anders ausgedrückt, je mehr des Alkalis durch
die frei werdende Kohlensäure noch fester als im Üarbonat
gebunden, nämlich zur Bildung von Bicarbonat gezwungen
wurde. Die Bildung von Bicarbonat folgt aber einfach daraus,
dass der erwähnte Niederschlag wie bekannt keine Koh-
lensäure, aber Chlor enthält, und dass für den im Nieder-
schlag enthaltenen Antheil Chlor ein Theil des kohlensauren
Natrons unberührt geblieben ist; dies letztere muss offenbar
die Kohlensäure aufnehmen, welche das im ersten Moment
gebildete kohlensaure Quecksilberoxyd entlässt, um mit Queck-
silberchlorid zu jener interessanten Verbindung, dem Queck-
silberoxychlorid, zusammenzutreten. In dem Maasse jedoch,
in welchem hierdurch Alkalibicarbonat erzeugt wird, wird das
kohlensaure Quecksilberoxyd beständiger, ein Theil bleibt mit
dem Alkalibicarbonat verbunden gelöst, und daher kommt es,
dass aus einer Lösung von Quecksilberchlorid durch Zusatz
des Aequivalents kohlensauren Natrons der Quecksilbergehalt
nicht vollständig ausgefällt wird, die Flüssigkeit vielmehr
noch reich an Quecksilber bleibt. Dass dasselbe als koh-
lensaures Quecksilberoxyd mit Natronbicarbo-
nat verbunden vorhanden ist, werden die weitern Betrach-
tungen ausser Zweifel setzen. (Aus 5,0 Quecksilberchlorid
fielen durch das Aequivalent einfach kohlensauren Natrons nur
2,62 Niederschlag, worin 22 Procent Quecksilberchlorid).
Vermischt man ferner Quecksilberchlorid in Lösung mit
seinem Aequivalent doppelt kohlensauren Natrons, so tritt
im ersten Moment nur eine weissliche Opalisirung ein, der
nach ganz kurzer Zeit eine eigenthümliche Röthung der Flüs-
sigkeit und ein dunkelcarmoisinrother Absatz folgt. Die weiss-
liche Öpalisirung bleibt während dem bestehen, sie
=
204 Prüfung des Natr. bicarbonie. auf Gehalt an einfach kohlens. Natron.
verwandelt sich also nicht — wie vielfach angegeben wird —
in den rothen Niederschlag, sondern setzt sich nach längerer
Zeit auf demselben in weisslichen oder gelblichweissen
Flocken, manchmal auch krystallinisch ab. Ich habe diese
Verbindung noch nicht hinlänglich viel und hinlänglich rein
isoliren können, kann daher ihre Zusammensetzung noch nicht
angeben. Der dunkelrothe Niederschlag ist Quecksilberoxy-
chlorid, und enthält keine Spur Kohlensäure (Aus
5,0 Quecksilberchlorid fielen durch das Aequivalent doppelt-
kohlensauren Natrons nur 1,06 Niederschlag, worin 45 Procent
Quecksilberchlorid; dies stimmt so ziemlich mit der Formel
2HgCl + 3Hg0). Während seiner Bildung entweicht
Kohlensäure, was man sowohl durch den Augenschein als
beim Lüften des Stöpsels des Glases, in welchem die Mi-
schung vorgenommen wurde, wahrnehmen kann. Die Flüssig-
keit enthält aber noch den grössten Theil des Natronbicarbo-
nats und reichlich Quecksilber gelöst, Giesst man nach dem
Absetzen des rothen Niederschlags, was binnen kurzer Zeit
abgeschlossen erscheint, die weisslich opalisirende Flüssigkeit
ab, so setzen sich aus ihr binnen Tagesfrist nochmals schwarze
Körner ab, die unter dem Mikroskop als Krystalldrusen
erscheinen mit deutlich vorgestreckten, braunroth durchschei-
nenden Rhombocderspitzen. Unter Umständen erhielt ich
schwarze Krystalle von solcher Grösse, dass sich schon unter
der Loupe deutlich rhombische Flächen erkennen liessen.
Alle diese schwarzen Krystalle geben auf Biscuitporzellan
einen hochrothen Strich; alles, vom carmoisinroth bis zum
schwarz ist dieselbe chemische Verbindung: @Quecksilber-
oxychlorid, und wir haben es hier also mit der gewöhnlichen
Erscheinung zu thun, dass eine gefärbte chemische Verbin-
dung, je nachdem sie sich rasch aus Flüssigkeiten abscheidet,
pulverig und hellgefärbt, oder, wenn langsam erzeugt, dunkler
und krystallischer auftritt, einer Erscheinung also, welche
bestimmte Zustände aus bestimmten Verhältnissen folgen lässt.
Wir werden gleich sehen, dass die augenblickliche röthliche
Ausscheidung des Quecksilberoxychlorids der chemischen Zu-
sammensetzung der Mischung entspricht, während die allmäh-
Prüfung des Natr. bicarbonie. auf Gehalt an einfach kohlens. Natron. 205
lige sich als eine Folge secundärer Einwirkungen heraus-
stell. — Auch wenn sich endlich nichts mehr aus der
beschriebenen Flüssigkeit absetzen will, enthält sie neben dem
Natronbicarbonat noch reichlich Quecksilber gelöst, und zwar
bedeutend mehr, als bei der Zersetzung durch einfach kohlen-
saures Natron. Daraus geht hervor, dass bei Anwesenheit
von mehr doppelt kohlensaurem Natron auch mehr kohlen-
saures Quecksilberoxyd gelöst bleibt, resp. sich nicht freiwil-
lig zersetzt. Und daraus folgt endlich, dass ein gewisser
Ueberschuss von doppelt kohlens. Natron über das Aequiva-
lent des Quecksilberchlorids jeden rothen Niederschlag, zuletzt
überhaupt jede Bildung von Quecksilberoxychlorid verhindern
wird. So ist es m der That. Steigert man die Menge des
Natronbicarbonats bis über das 15—20fache des Aequiva-
lents, so erfolgt auch nach längerer Zeit kein Absetzen schwar-
zer Krystalle. Also existirt in wässriger Lösung eine Ver-
bindung von kohlensaurem Quecksilberoxyd und
Natronbicarbonat, welche bei Anwesenheit von viel Bi-
carbonat durch die vorhandenen Chlorverbindungen nicht zer-
setzt wird, während die letzteren bei mangelndem Bicarbonat
sofort zur Bildung des Quecksilberoxychlorids disponiren.
(Die Disposition zur Bildung dieses Körpers ist im Allgemei-
nen eine grosse. Man bemerkt z. B. bei ruhigem Stehen der
Flüssigkeit über dem ersten dunkelrothen Absatz, dass der-
selbe mit Kohlensäureperlen wie übersäet ist, die sich ver-
grössern und endlich aufsteigen. Diese Erscheinung rührt
nicht davon her, dass der Niederschlag Kohlensäure ent-
lässt, sondern davon, dass er, wenn auch mikroskopisch klein,
dennoch ein krystallisirter Körper ist, und dass die bereits
gebildeten Krystalle durch Flächenanziehung die in der Flüs-
sigkeit schon vorhandene Disposition zur Bildung desselben
Körpers unterstützen. Desshalb findet seine fernere secundäre
Bildung hauptsächlich an ihrer Oberfläche statt, an derselben
Stelle natürlich auch das Austreten freier Kohlensäure aus der
Flüssigkeit, und die Abscheidung des Körpers erfolgt in
der dunkelsten fast schwarzen Färbung, weil sich grosse
Krystalle und langsam bilden. Diese Krystallisation setzt
RE
206 Prüfung des Natr. biearbonie. auf Gehalt an einfach kohlens. Natron.
sich so lange fort, bis das Natronbicarbonat das Uebergewicht
bekömnt und das noch in der Flüssigkeit vorhandene kohlen-
saure Doppelsalz vor der freiwilligen Zersetzung schützt. —
Eine wichtige Eigenschaft des Quecksilberoxy-
chlorids ist ferner, sich leicht in Chlornatrium-
lösung zu lösen).
Die eben erörterten Vorgänge sind nun auch maassge-
bend, wenn Mischungen aus doppelt- und einfach kohlensau-
rem Natron auf Quecksilberchlorid wirken. Befinden sich
beide Carbonate zusammen nur im Aequivalentverhältniss
gegen letzteres, so wird stets mehr kohlensaures Quecksilber-
oxyd gebildet, als das vorhandene Bicarbonat in Lösung zu
halten vermag: beim Ausscheiden zersetzt sich das kohlens.
Quecksilberoxyd sofort, giebt die Kohlensäure ab und das
Quecksilberoxyd tritt mit Chlor und Quecksilber zum Oxy-
chlorid zusammen, dessen Zusammensetzung und Farbe den
obwaltenden Verhältnissen entspricht, d. h. bei überwiegendem
Carbonat rascher und heller (bräunlich roth), bei wenig Üar-
bonat gegen viel Bicarbonat langsamer und dunkler erscheint.
Uebersteigt aber die Menge beider Carbonate das Aequiva-
lentverhältniss, ist namentlich von vornherein das Bicarbonat
im Ueberschuss vorhanden, so werden die Niederschläge im-
mer weniger schnell und immer weniger hell und pulvrig
fallen, sie werden bei immer grösserer Menge von Bicarbonat
endlich carmoisinroth und schwarzroth krystallinisch, langsam
und spärlich, und zuletzt gar nicht mehr erscheinen. Und
diese Erscheinungen werden — immer ein und dersel-
ben Menge Quecksilberchlorid gegenüber — in
stets derselben Weise und aufs Genaueste den vorhandenen
Carbonaten entsprechen. Ausdrücklich erwähne ich auch,
dass bei allen diesen Versuchen, so wie bei der nachher zu
beschreibenden Prüfungsmethode, die rascheste Mischung der
Flüssigkeiten erforderlich ist, welche auf einander wirken
sollen. Die Erscheinungen sind dann, wie gesagt, immer
sicher zu beurtheilen und rein objectiv.
Man gebe sich z. B. nur die Mühe, zehn Gramme käuf-
lichen möglichst chlorfreien Natronbicarbonats auf einem klei-
Prüfung des Natr. bicarbonie. auf Gehalt an einfach kohlens. Natron. 207
nen Filter mit Wasser zu deplaciren, und das Abfliessende
in kleinen aber immer gleichen Portionen von 2 Grammen
durch Vermischen mit stets derselben Menge Quecksilber-
chlorid, z. B. sechs Tropfen der kaltgesättigten wässrigen Lö-
sung zu prüfen. Die ersten Portionen werden sofort bräun-
lichroth gefällt werden (Quecksilberoxyd mit Quecksilber-
oxychlorid), dann wird die Farbe aus dem Braunroth in’s
Hochroth übergehen (pulvrig krystallmisches Oxychlorid), es
werden dann Portionen kommen, welche momentan nur die
weissliche Opalisirung zeigen, nach einiger Zeit aber die
erwähnten schwarzen Krystalldrusen absetzen (krystallisirtes
Oxychlorid), und endlich kann es bei der weisslichen Opalisi-
rung verbleiben, ohne dass auch nach längerer Zeit irgend
ein gefarbter Absatz entsteht. Was repräsentiren nun die
abfliessenden Portionen anderes als Flüssigkeiten, in denen
zunächst das leicht lösliche einfache Carbonat vorwaltet, dann
das Bicarbonat, dann dieses allein und in grossem Ueber-
schuss gegen Quecksilberchlorid steht? Und sind diese Flüs-
sigkeiten nicht wie Auflösungen verschiedener zu prüfender
Präparate zu betrachten? Das Verhalten derselben wird im
Verständniss ihrer Zusammensetzung dem aufmerksamen
Beobachter nicht nur die Richtigkeit alles von mir Gesagten
beweisen, sondern auch aufs Klarste den richtigen Weg
erkennen lassen, der zur Feststellung einer untrüglichen
Prüfungsmetliode des käufiichen Natronbicarbonats durch Queck-
silberchlorid führen muss.
Dieser richtige Weg ist nun ganz einfach der, stets
“eine bestimmte Menge Quecksilberchlorid gegen eine bestimmte
Menge des vollständig in Wasser gelösten Präparates in Wir-
kung zu setzen (oder gegen eine partielle Lösung desselben,
welche stets ganz gleichmässig hergestellt wird).
Der falsche Weg dagegen ist der, sich unbestimmter Men-
gen einer bald concentrirten bald verdünnten Quecksilber-
chloridlösung gegen bald totale, bald zweifelhafte partielle Lö-
sungen des zu prüfenden Präparates zu bedienen.
Der erstere Weg giebt natürlich niemals abweichende
Resultate, beim letzteren wechselt das Resultat nach den
AN Keünte: y+ aY ER IR
208 Prüfung des Natr. biearbonie. auf Gehalt an einfach kohlens. Natron.
Zufälligkeiten, denen man sich in die Hand gegeben, und
denen die Methode ihren unverschuldeten Misscredit und den
Vorwurf der Subjectivität verdankt. Sie ist aber nicht nur
ganz objectiv, sondern auch so genau, dass man den Gehalt
reinen Bicarbonats bis auf halbe Procente sicher bestimmen
kann.
Zu ihrer sichern Ausführung rufe ich nun folgende That-
sachen ins Gedächtniss zurück:
1) Einfach kohlens. Natron im Aequivalent gegen Queck-
silberchlorid fällt aus dessen Lösung sofort ein braunrothes
(Gemisch von Quecksilberoxyd und Quecksilberoxychlorid als
pulvrigen Niederschlag.
2) Doppelt kohlens. Natron im Aequivalent gegen Queck-
silberchlorid fällt aus dessen Lösung hochrothes Oxychlorid
als krystallinischen Niederschlag.
3) Gemische aus Uarbonat und Bicarbonat, wenn zusam-
men im Aequivalent gegen Quecksilberchlorid, geben Nieder-
schläge, welche zwischen denen sub 1 und 2 genannten je
nach Verhältniss analoge Zwischenstufen bilden.
4) In allen drei Fällen bleibt ein erheblicher Theil Queck-
silber in Lösung, weil die Disposition zur Bildung von Oxy-
chlorid viel Chlor in den Niederschlag führt, und das freiblei-
bende Natron als doppeltkohlensaures eine entsprechende Menge
kohlensaures Quecksilberoxyd in Lösung zu halten vermag.
5) Während bei diesen Mischungen im Aequivalentver-
hältniss die sub 4 genannten Kräfte sich das Gleichgewicht
halten, wird bei Vermehrung des Alkalibicarbonats die Lös-
jichkeit des kohlens. Quecksilberoxyds erhöht, und die Bil-
dung des Oxychlorids unterdrückt. Die durch Letzteres
erzeugten charakteristischen Trübungen und Absätze erscheinen
daher in abnehmendem Grade und langsamer, je mehr Bicar-
bonat vorhanden ist, und sie erscheinen innerhalb gewisser
Zeit gar nicht, sobald die erforderliche Menge Bicarbonat
zugegen ist. Also wird das Ausbleiben der Trübungen und
das Verzögern der Absätze anzeigen, in wie weit diesem
Erforderniss genügt ist.
Prüfung des Natr. biearbonie. auf Gehalt an einfach kohlens. Natron. 209
6) Das Quecksilberoxychlorid löst sich leicht in einer
Auflösung von Ohlornatrium au Die Methode ist dess-
halb nicht anwendbar auf Präparate, welche
erhebliche Mengen Chlornatrium enthalten. Dem
diese verhindern oder verzögern die Erscheinung des Queck-
silberoxychlorids. 1 Gramm des Präparats,_ mit Wasser und
überschüssiger Salpetersäure zu 10 Grammen Flüssigkeit ge-
löst, darf mit Silberlösung nur eine ganz leise Opalisirung
geben.
Auf diesen Thatsachen beruht die Methode. Sie erkennt
daher als Criterium an, dass gewisse nach Gewicht bestimm-
bare Mengen von Kohlensäure, Alkali und Quecksilberchlorid
entweder sofortige braunrothe Niederschläge, oder langsam
erscheinende hochrothe krystallinische Ausscheidungen, oder
noch später eintretende schwarzrothe Krystallisationen hervor-
bringen. Diese Gewichts- und Zeitverhältnisse hat die Me-
thode festzustellen.
Man verfährt folgendermaassen:
1 Theil Quecksilberchlorid wird in 20 Theilen Wasser
gelöst und die Lösung filtrirt.
Von dem zu prüfenden Natr. bicarbonic. werden für jeden
Versuch 2 Gramme in 30 Grammen Wasser kalt gelöst, und
zwar in einem verschlossenen Glase, welches nicht viel mehr
als diese Lösung fasst, und auch nicht durch heftiges Schüt-
teln, sondern durch Umschwenken oder sonstige geeignete
Bewegung. (Beı Lösung im offenen Gefäss, besonders aber
durch Schütteln entweicht Kohlensäure, wovon man sich
leicht überzeugen kann, wenn man eine in halbgefülltem
Gefässe durch Schütteln bereitete Lösung mit einer in ziem-
lich gefülltem Glase durch vorsichtige Bewegung bereiteten
vergleichsweise mit der entsprechenden Menge Quecksilber-
chloridlösung prüft: die Methode ist so fein, dass auffallende
Unterschiede hervortreten).
Die unten vorgeschriebene Menge Quecksilberchloridlö-
sung wird nun in ein Becherglas (von nicht über 100 Gram-
men Inhalt) sehr genau abgewogen, sodann die Natronbicar-
bonatlösung rasch hinzugegossen, zur sicheren Mischung noch
Arch. d, Pharm, OXC. Bads. 3. Hft, 14
* 910 Prüfung des Natr. biearbonie. auf Gehalt an einfach kohlens. Natron.
einmal umgeschwenkt und das Becherglas zur besseren
Beobachtung der Erscheinungen auf eine weisse Unterlage
gestellt.
Erscheint nun bei Anwendung von 5 Grammen (= 5,0)
(Juecksilberchloridlösung innerhalb drei Minuten nur eine
weissliche Opalisirung, aber weder ein röthlicher Bodenbe-
schlag (den man besonders von der Seite gut beobachten
kann), noch eine röthliche oder bräunliche Trübung, so ent-
hält das Natrum bicarbonicum O0 bis höchstens 4 Proc. einfaches
Carbonat neben 100 bis 96 Procent Bicarbonat. Treten die
genannten Erscheinungen früher ein, so ist der Gehalt von
Carbonat grösser als 4 Procent und kann aus der Stärke der
Erscheinungen geschlossen werden, dass er wenig grösser
oder bedeutend grösser ist.
Derselbe Wortlaut gilt für
6,0 Grm. Quecksilberchloridlös. geg. Natr. bicarb. v.0—3 Pr. Carb.
6,5 „ „ ” ” ” „ 0—2 „ „
7,0 „ ” FR) „ „ ” 04 ” „
1
7,5 P2) ” „ „ „ ” Vz fg „ „
(Ein Präparat von absolut 100 Procent Bicarbonat habe
ich nicht darstellen können).
Beispiele. Der Anwendung der Methode geht immer
die allgemeine Prüfung voraus, insbesondere auf Chlor, weil
dieses, wie erwähnt, die Ausscheidung des rothen Niederschlags
entsprechend verhindert oder verzögert. Bei Lösung von
1 Grm. Bicarbonat in Wasser und Uebersättigung mit Salpeter-
säure zu 10 Grammen Flüssigkeit darf durch Silberlösung nur
eine ganz leise Opalisirung eintreten. Dieser Anforderung
entspricht die Mehrzahl der Präparate, selbst der sogenannten
englischen. Schwefelsaures Natron ist ohne Einfluss auf den
chemischen Process der Methode, eine starke Reaction auf
Schwefelsäure verwirft das Präparat schon an sich.
Sodann prüft man mit 6,0 Grammen Quecksilberchlorid-
lösung genau nach obiger Anweisung, und erfährt, ob das
Präparat über oder unter 3 Procent Carbonat hält; im erste-
ren Falle wiederholt man die Prüfung mit 5,0, im andern
Falle mit 6,5 Quecksilberchloridlösung, und so weiter, und
Prüfung des Natr. bicarbonie, auf Gehalt an einfach kohlens. Natron. 211
erfährt dabei den Gehalt genau bis auf halbe Procente. Zum
Beweis theile ich Folgendes mit.
Ich empfing vor einiger Zeit Muster eines völlig schwe-
felsäurefreien Präparats (was selten der Fall ist. Um es auf
einfach kohlens. Natron zu prüfen, liess ich ein Pfund pulve-
risiren und mischen; weniger sollte man sich nie als Muster
geben lassen, und namentlich nicht einzelne Krystallrinden
untersuchen. ÜChlornatrium enthielt es nur eine Spur. Ich
probirte nun 2 Gramme davon zunächst mit 6,0 Quecksilber-
chloridlösung. Innerhalb drei Minuten erfolgte keine Reaction;
ich wiederholte darauf die Probe mit 7,0 Quecksilberlösung
(die Zwischenstufe von 6,5 hatte ich damals noch nicht fest-
gestellt), und da ich wusste, dass diese Menge bei 1 bis
2 Procent Carbonat innerhalb drei Minuten gar keine oder
nur schwache Erscheinungen giebt, so schloss ich aus der
innerhalb zwei Minuten eintretenden relativ starken Erschei-
nung, dass das Präparat etwa 2!/, Procent Carbonat enthalte.
So gute Krystallrinden waren mir aber in den letzten Jah-
ren nicht vorgekommen, ich misstraute daher meiner Probe,
und unternahm die Analyse. Diese ergab:
2,549 Carbonat,
96,638 Bicarbonat,
0,813 hygroscop. Wasser.
100,000
oder in reiner Procentverhältnissen 2,569 Carbonat gegen
97,431 Bicarbonat, und meine Probe hatte mich also nur um
!/, Procent getäuscht.
Dieser Tage empfing ich wiederum Muster, worunter
eins fast frei von Chlornatrium und Glaubersalz. Mit 6,0
Quecksilberchloridlösung geprüft, zeigte sich nach der ersten
Minute ein röthlicher Bodenbeschlag und gleich darauf eine
deutliche röthliche Trübung der Flüssigkeit; es enthielt also
über drei Procent Carbonat. Darauf mit 5,0 Quecksilberlö-
sung geprüft, zeigte sich nach der zweiten Minute ein äusserst
schwacher röthlicher Bodenbeschlag, und eine kaum sichtbare
röthliche Trübung. Das Präparat enthielt also auch über
14*
i Be "u >, ein
312 Prüfung des Natr. bicarbonie. auf Gehalt an einfach kohlens. Natron,
4 Procent Carbonat, da aber die Erscheinung eine so schwache
war, so entschied ich mich für 4!/, Procent. Hierauf unter-
nahm ich die Analyse. Sie ergab:
4,36 ÜUarbonat,
3,84 Bicarbonat,
1,80 hygroscop. Wasser
oder in reinen Procentverhältnissen 4,44 Carbonat gegen
95,56 Bicarbonat.
Dies sind gewiss befriedigende Resultate.
Gern gebe ich zu, dass es zu einiger Sicherheit für
solch Urtheil auch hinreichender Uebung bedarf, allein die-
selbe ist so schwer nicht zu erlangen, und schon die einma-
lige Durcharbeitung der in diesem Aufsatz angeführten Reac-
tionen wird Verständniss der Erscheinungen und mit demsel-
ben auch richtiges Urtheil zu eigen machen. Ich unterlasse
aber nicht zu bemerken, dass man Behufs Anfertigung der
verschieden procentigen Mischungen aus Natr. bicarbonicum
und carbonicum nicht bloss das erstere zu analysiren, sondern
auch das letztere genau zu untersuchen hat, ob es nicht
Aetznatron enthalte, Dies ist aber häufig der Fall, und
würde natürlich unrichtige Resultate geben. Sogar, oder
gerade das reinste, sowohl trockne als krystallisirte, weil
es durch Glühen von doppelt kohlens. Natron bereitet wird,
enthält zuweilen viel Aetznatron.
Nachdem ich hiermit die Vorzüglichkeit der Anwendung
des Quecksilberchlorids bewiesen zu haben glaube, will ich
noch erwähnen, dass man sich zur oberflächlichen Beurtheilung
eines Präparates auch der partiellen Lösung desselben in
folgender einfachen, allerdings weniger sicheren Weise bedie-
nen kann. Man schüttelt 3 Gramme des Präparats in einem
circa 30,0 fassenden Reagirglase mit 15 — 20,0 Wasser durch
ein paar Armschläge an, und lässt sofort wieder absetzen;
dann tröpfelt man in die klar abgesetzte Flüssigkeit 10 Tro-
pfen kaltgesättigte Quecksilberchloridlösung ein, und bewegt
gelinde, um in den oberen Schichten einige Mischung zu
bewirken. Blosse weissliche Opalisirung erklärt das Präparat
Prüfung des Natr. bicarbonic. auf Gehalt an einfach kohlens. Natron. 213
für gut (unter 3 Procent Oarbonat); baldige aber geringe Rö-
thung für auf der Grenze stehend (3—3%/, Procent) und
starke Röthung oder gar sofortige bräunlichrothe Fällung für
ganz verwerflich. Natürlich gilt dies ebenfalls nur für mög-
lichst chlorfreie Präparate. Der Versuch kann etwas ver-
schieden ausfallen, je nachdem das Präparat feiner oder grö-
ber gepulvert ist, und also mehr oder weniger Bicarbonat
während der raschen Operation mit in Lösung geht. Die
Reactionserscheinungen sind mit solch einer partiellen Lösung
absolut stärker, relativ aber durchaus nicht schärfer unter
einander abgegrenzt, als es bei den totalen der Fall ist, und
die Schwierigkeit der nöthigen gleichmässigen Herstellung so
wie die grössere Umständlichkeit (genaue Temperaturbeobach-
tung, Filtration u. s. w.) lassen keinen Augenblick in Zweifel,
dass die totale Lösung den Vorzug verdient.
Auch bei einigem Chlorgehalt ist meine Methode wenig-
stens insofern zu einem Urtheil geeignet, als ein fragliches
Präparat, wenn es trotz dieses Chlorgehalts die bezeichnete
Erscheinung giebt, um so bestimmter zu verwerfen ist.
Auf keinen Fall rathe ich zu emer blossen und nur flüch-
tigen Kohlensäurebestimmung, Man soll hierzu zwei Gläser
mit dem Präparat und verdünnter Säure tariren, die Säure
im Ueberschuss zum Bicarbonat bringen, und nach beendigter
Uebersättigung den Gewichtsverlust bestimmen. Hierbei
erhält man aber so viel Kohlensäure zu wenig, dass man ein
Präparat um 3%/, Procent zu schlecht beurtheilen kann. Denn
die Saturationsflüssigkeit erkältet sich stark (daher das Glas
stark mit Thau beschlägt, welcher abzuwischen ist), und hält
bedeutende Mengen Kohlensäure durch Absorption zurück.
50,0 Flüssigkeit von so niedriger Temperatur können 0,2
Kohlensäure absorbiren, was auf 5,0 Substanz einen enormen
Fehler giebt. Und wenn man die ganze Menge der gefun-
denen Kohlensäure auf Bicarbonat berechnet, während ein
Theil derselben dem immer vorhandenen Carbonat angehört,
so ist dies ein Fehler, der zwar in entgegengesetzter Rich-
tung wirkt, gewiss aber nur höchst zufällig den ersten com-
pensiren wird.
214 Bemerkungen über die Sulfide des Antimons.
K
Zum Schluss wiederhole ich, dass man augenblicklich an
das Handelspräparat keine höheren Anforderungen stellen
kann, als dass es nicht über 3 Proc. Carbonat enthalte, dass
also 2,0 Grm. davon in 30,0 Grm. Wasser nach Vorschrift gelöst
und zu 6,0 Grm. der Zwanzigstel Quecksilberchloridlösung gegos-
sen erst nach drei Minuten eine spärliche Ausscheidung von
Quecksilberoxychlorid geben dürfen. Man verwirft hiermit
schon die grosse Mehrzahl der mit purum crystallisatum
bezeichneten theuren Krystallrinden, von denen ich erst kürz-
lich eine Probe & 18 Thaler mit weit über 6 Procent Carbo-
nat erhielt! Mögen Fabrikanten auf die von mir vorgeschla-
gene Bearbeitung des sogenannten englischen Natr. bicarbon.
aufmerksam werden, welches jetzt nur 6 bis 7 Thaler kostet,
und aus welchem sich leicht ein vorzügliches Präparat mit
nur 11/, Procent Carbonat für 9 bis 10 Tlialer wird gewin-
nen lassen.
Bemerkungen über die Sulfide des Antimons;
von G. C. Wittstein.*)
Seite 395 des 3. Heftes meiner Vierteljahrsschrf. für
pract. Pharm. (1869) ist die Thatsache, dass das Anti-
mon, besonders wenn es sich im Zustande der höchsten Säu-
rungs- (oder Chlorungs-) Stufe befindet, durch Schwefel-
wasserstoff anfangs nicht orangeroth, sondern gelb nieder-
geschlagen wird, wieder zur Sprache gebracht, und da es
doch nicht unwichtig war, sich zu vergewissern, ob es sich
hier um eine bloss physikalische Erscheinung handele oder
ob derselben auch eine chemische Reaction zu Grunde liege,
so entschloss ich mich zu einigen Versuchen darüber.
In letzterer Beziehung erschien es nämlich, bei der
grossen Aehnlichkeit, welche die Metalle Antimon und Ar-
sen miteinander haben, nicht unmöglich, dass die höchste
*) Als Separatabdruck aus der Vierteljahrsschrift vom Hrn. Verf.
eingesandt. Die Red.
Bemerkungen über die Sulfide des Antimons. 21a
Oxydationsstufe des Antimons sich gegen Schwefelwasser-
stoff ebenso verhalte wie die des Arsens, d. h. dass zuerst,
unter Abscheidung von Schwefel, antimonige Säure (Antimon-
oxyd — SbO?®) erzeugt werde und diese alsdann in SbS?
übergehe, der Niederschlag also in diesem Falle keine che-
mische Verbindung von Sb mit 55, sondern ein (Gemenge
von 2S und SbS? sei.
a) Zu diesem Behufe wurde körniges antimonsaures
Kali (das Reagens auf Natron) in Salzsäure gelöst, die Lö-
sung mit einer angemessenen Menge reiner Weinsäure
versetzt, dann noch so viel Wasser zugemischt, dass sie das
SOfache Gewicht des angewandten Antimoniats betrug und
ein mässiger Strom Schwefelwasserstoffgas hineingeleitet. Die
erste Trübung, welche entstand, war ecitronengelb wie arse-
niges Sulfid, aber schon nach kaum einer Minute nahm sie
eine helle orangerothe Farbe an und änderte dann die Nü-
ance nicht weiter. Als der Niederschlag so reichlich, wie ich
ihn bedurfte, niedergefallen zu sein schien, wurde die Flasche
verkorkt, die Flüssigkeit nach gehörigem Absetzen filtrirt,
der Filterinhalt von aller anhängenden Säure durch Waschen
befreit und ein wenig davon unter das Mikroskop gebracht.
In Häufchen beisammen zeigte der Niederschlag Orange-
farbe, aber hinreichend, d. h. so vertheilt, dass die Partikel-
chen nur nebeneinander zu liegen kamen, eine rein gelbe
Farbe. Um jedes einzelne Theilchen (Körnchen) aber deut-
lich unterscheiden zu können, bedurfte es einer 400fachen
linearen Vergrösserung. Der Niederschlag war übrigens
ganz homogen, sämmtliche Körnchen besassen gleiche Farbe
und Form, ein Gemenge schien mithin nicht vorzuliegen.
Der an der Luft ohne Anwendung künstlicher Wärme
im Schatten getrocknete Niederschlag besass eine schön hell
orangerothe Farbe, welche durch Zerreiben kaum merklich
blässer wurde. Dabei verhielt er sich elektrisch wie Colo-
phonium, indem sich der grösste Theil an die Mörserfläche
und das Pistill festhing.
Obgleich das Mikroskop wohl schon darüber entschieden
hatte, dass der Niederschlag nur Ein chemisches Ganze war,
216 Bemerkungen über die Sulfide des Antimons.
liess ich doch auf einen Theil des Pulvers noch Schwefel-
kohlenstoff einwirken.*) Es gab aber an denselben nichts ab.
10 Gran des Pulvers verloren bei 100 °C. nur 0,07812Gr.
am Gewichte, also noch nicht 1 Proc. In der Formel SbS°
-+ HO beträgt der Wassergehalt 4,26 Proc.
Die rückständigen 9,92188 Gr. erst mit starker Salpe-
tersäure behandelt, dann mit Salzsäure, hierauf mit Wein-
säure versetzt und mit Wasser verdünnt, gaben 3,0045 Gr.
Schwefel und aus der abfıltrirten Flüssigkeit durch Fällen
mit Chlorbaryum 6,6800 Gr. schwefelsauren Baryt=0,9176Gr.
Schwefel,
Sämmtlicher Schwefel betrug also . 3,9221 Grm. Die
Formel SbS? verlangt 3,9294 Gr.
b) In die von dem Niederschlage a getrennte Flüssig-
keit wurde abermals Schwefelwasserstoff geleitet, bis eine
ohngefähr gleiche Menge Präcipitat erzielt war. Die erste
Trübung sah wiederum citronengelb aus und bald folgte eine
hell orangerothe.
Unter dem Mikroskope dieselbe Beobachtung wie in a.
Der getrocknete Niederschlag schien um ein Geringes
dunkler zu sein wie a, und war gleichfalls sehr elektrisch.
8,7 Gr. des lufttrocknen Niederschlags verloren bei
100°0. 0,075 Gr.
Die restirenden 8,625 Gr. gaben 2,1246 Gr. Schwefel
und 8,2500 Gr. schwefelsauren Baryt = 1,1331 Gr. Schwefel,
mithin zusammen 3,2577 Gr. Schwefel. Die Formel SbS?
verlangt 3,2673 Gr. Schwefel.
c) Die von dem Niederschlage b getrennte Flüssigkeit
wurde nunmehr mit Schwefelwasserstoff ausgefällt; wiederum
fiel das Präcipitat im ersten Momente rein gelb und dann hell
orangeroth nieder, es war auch unter dem Mikroskope bei
gehöriger Zertheilung rein gelb, getrocknet von derselben
Nüance wie a und sehr elektrisch.
*) Mein Schwefelkohlenstoff musste zu diesem Behufe erst aus dem
Wasserbade rectifieirt werden, denn er enthielt freien Schwefel aufgelöst.
Bemerkungen über die Sulfide des Antimons. 217
Bekanntlich löst sich das höchste Schwefelantimon in
Salzsäure unter Entwicklung von Schwefelwasserstoff und
Abscheidung von Schwefel auf. Wenn dieser Process genau
der Gleichung
SbS® + 3HC1 = SbCl? + 25 + 3HS
gemäss verläuft, so muss sich aus der Menge des abgeschie-
denen Schwefels die Zusammensetzung dieses Schwefelanti-
mons ermitteln lassen.
Von dem bei 100° getrockneten Niederschlage e liefer-
ten aber 9,320 Gr. nur 1,0625 Gr. Schwefel, während 9,320 Gr.
SbS? 3,691 Gr. Schwefel enthalten und ?/, desselben 1,4764 Gr.
betragen. Es waren mithin, statt 2,2146, 2,6285 Gr. Schwe-
fel als Schwefelwasserstoff entwichen, und die Solution ent-
hielt neben SbUl? auch eine kleine Menge SbC]’. Auf die-
sem Wege ist also die Analyse nicht genau auszuführen.
Wahrscheinlich steht die Quantität des neben SbUl? erzeugten
SbC]® im geraden Verhältniss zu der Stärke der angewand-
ten Säure. Meine Salzsäure hatte ein spec. Gewicht von 1,13.
d) Bei dieser Gelegenheit hielt ich es auch nicht für
überflüssig festzustellen, ob der in Antimonoxydlösungen durch
Schwefelwasserstoff entstehende Niederschlag wasserfrei oder
ein Hydrat ist. Ich selbst betrachtete ihn bis jetzt als Hy-
drat, und wahrscheinlich ist es vielen Andern ebenso gegangen,
Beim Einleiten von Schwefelwasserstoffgas in eine mit
Salzsäure stark angesäuerte und mit viel Wasser verdünnte
völlig klare Brechweinsteinlösung sehen die ersten Portionen
Niederschlag zwar nicht rein orangeroth, aber auch nicht
rein gelb aus, und weiterhin bemerkt man nur einen gesät-
tigt orangerothen Niederschlag.
Dieser Niederschlag erscheint unter dem Mikroskope
ganz ebenso wie die obigen drei, d. h. in Haufen orange
und in feinster ‘Vertheilung gelb. Getrocknet haben die
Stückchen eine lebhafte kermesrothe Farbe, etwa wie geglü-
hetes und dann fein gepulvertes Eisenoxyd. Der zerriebene
Niederschlag ist rein und tief orangeroth, und hängt sich
weder an den Mörser noch an das Pistill, verhält sich also
nicht elektrisch wie SbS°.
213 Gelb. Farbst. d. Blüth. v. Euphorb. Cyparis.
5,8906 Gr. des lufttrocknen Niederschlags verloren bei
100°C. 0,0781 Gr., also 1!/, Proc. In der Formel SbS?-++- HO
beträgt der Wassergehalt 5,03 Proc.
Die rückständigen 5,8125 Gr. gaben, auf die in a ange-
führte Weise zersetzt, 0,970 Gr. Schwefel und 4,875 Gr.
schwefelsauren Baryt — 0,670 Gr. Schwefel, mithin zusammen
1,6400 Gr, Schwefel.
Die Formel SbS? verlangt 1,6412 Gr. Schwefel.
Aus vorstehenden Beobachtungen lassen sich folgende
Schlüsse ziehen:
1) Antimonsäure verhält sich gegen Schwefelwasserstoff
der Arsensäure nicht analog, d. h. sie reducirt sich nicht
zunächst zu Antimonoxyd, sondern fällt gleich als das ihr
entsprechende Sulfid SbS? heraus.
2) Der in der ersten Periode des Einleitens auftretende
gelbe Niederschlag verdankt seme Farbe nur der feinen Ver-
theilung, denn wenn man den weiterhin orangeroth ausse-
henden Niederschlag unter dem Mikroskope aufs Feinste ver-
theilt betrachtet, so zeigt er gleichfalls eine gelbe Farbe.
3) Auch der in Antimonoxydlösungen durch Schwefel-
wasserstofl erzeugte Niederschlag besitzt, feinst vertheilt,
eine gelbe Farbe.
4) Beide durch Präcipitation erhaltene Sulfide des Anti-
mons, SbS® und SbS°, sind wasserfrei.
5) Bei der Behandlung des SbS® mit mässig concen-
trirter Salzsäure scheiden sich weniger als ?/;, des Schwefels
aus, die Lösung enthält mithin neben SbCl? noch SbCl?.
Darstellung und Zusammensetzung des gelben Farb-
stoffes der Blüthen von Euphorbia Cyparissias L.
Von Heinrich Höhn, Assistenten am chem. pharm. Institute zu Jena.
Zur Darstellung dieses krystallisirbaren Farbstoff’s
werden die frischen Blüthen mit ca. 60 procentigem Wein-
geist ausgezogen, von der Tinctur wird der Weingeist zum
Gelb. Farbst. d. Blüth. v. Euphorb. Cyparis. 219
grössten Theil abdestillirt, die rückständige Flüssigkeit von
dem ausgeschiedenen Fett und grünen Weichharz durch Fil-
triren getrennt und das Filtrat mit Bleiessig gefällt.
Der gut ausgewaschene Niederschlag wird unter war-
mem Wasser vertheilt, durch HS zersetzt und das Filtrat ein-
gedunstet. Nach einigem Stehen über Schwefelsäure schei-
den sich gelblichgrüne Krusten aus, von denen noch mehr
erhalten werden, wenn die dunkelbraungefärbte syrupdicke
ssigkeit mit Weingeist aufgenommen und behufs Entfer-
nung von Zucker, gebildeten Huminsubstanzen etc. mit Aether
versetzt, von der vom reichlichen braunen Niederschlage
abfiltrirten ätherweingeistigen Lösung der Aetherweingeist
abdestillirt und die rückständigen Flüssigkeit abermals der
langsamen Verdunstung überlassen wird.
Ebenso giebt das Schwefelblei, nachdem es gut ausge-
waschen worden, durch Ausziehen mit heissem Weingeist und
Abdestilliren desselben noch weitere Menge in grüngelben
Krusten und warzigen Anhäufungen sich ausscheidenden rohen
Farbstoffes.
Behufs weiterer keinigung wird derselbe gut mit kaltem
Wasser ausgewaschen, zur Beseitigung noch anhängenden
grünen Weichharzes und Chlorophylles mit wenig Aether
digerirt, hierauf mit AÄetherweingeist aufgenommen, wobei
noch etwas braungefärbte Substanz zurückbleibt und die Lö-
sung der langsamen Verdunstung überlassen.
Der nun schon ziemlich rein gelbe, in krystallinischen
Krusten ausgeschiedene Farbstoff wird von der Mutterlauge
getrennt und in heissem Wasser, dem ca. 3— 4°/, Weingeist
zugefügt werden, gelöst. Das Filtrat trübt sich alsbald bei’m
Erkalten und es scheidet sich der Farbstoff zum allergrössten
Theile in gelben krystallinischen Partikelchen aus, welche
durch nochmaliges Umkrystallisiren aus kochendem, weingeist-
haltigem Wasser völlig rein und von schöner rein gelber Farbe
erhalten werden. —
Auch durch Auskochen der frischen Blüthen mit Wasser,
Fällen der filtrirten Abkochung mit Bleiessig (oder Bleizucker)
220 Gelb, Farbst. d. Blüth. v. Euphorb. Cyparis.
kann man bei Behandlung des Bleiniederschlages nach obiger
Methode den Farbstoff darstellen.
Die Ausbeute ist nur gering; 10 Pfund frische Blüthen
lieferten etwa 3 Grm. reine Substanz.
Der auf diese Weise von mir dargestellte Farbstoff zeigt
nun folgende Eigenschaften:
Er besitzt eine rein gelbe Farbe, die noch bei 300 facher
Linear - Vergrösserung unter dem Mikroskope intensiv hervor-
tritt. Er krystallisirt in feinen Nädelchen, welche sich bei
mikroskopischer Betrachtung als vier-, seltener 6seitige Säu-
len mit gerader, bisweilen jedoch auch schiefer Endfläche
erweisen; auch bemerkt man viele sphenoidische Gestalten,
die meist strahlenförmig gruppirt sind.
Nicht immer jedoch gelingt es, ihn so krystallisirt zu
erhalten, sondern er scheidet sich aus seiner heissen wässri-
gen Lösung bisweilen auch körnig-amorph oder in kuglig-
warzigen Anhäufungen aus, welche Andeutung von sternför-
mig gruppirten Nadeln zeigen.
Bei vorsichtigem Erhitzen sublimirt er bei einer noch
unter dem Schmelzpunkte liegenden Temperatur (bei circa
220°C.) in gelben Flocken glänzender Nädelchen, welche unter
dem Mikroskope betrachtet, aus vielen sehr feinen 4 seitigen
Säulen bestehen. Weiter erhitzt schmilzt er (bei 273 —
274°C.) zu einer dunkelbraunen Masse.
Der Farbstoff besitzt keinen Geruch, aber bitterli-
chen, etwas zusammenziehenden Geschmack.
Er löst sich in 11000 Th. kalten, 3400 Th. kochenden
destillirten Wasser, ferner in 23,7 Th. kalten absoluten Alko-
hol_und in 272 Th. absoluten Aether (von 0,720 spec. Gew.).
Schon sehr geringer Weingeistgehalt des Aethers erhöht die
Löslichkeit darin bedeutend. So lösten schon 171 Th.
Aether von 0,730 spec. Gew. 1 'Th. Farbstoff.
Die heissgesättigte wässrige Lösung scheidet beim Er-
kalten fast alles Gelöste wieder aus.
Die Lösungen röthen nicht unbedeutend blaues Lackmus-
papier und entspricht auch das sonstige Verhalten (Fällbarkeit
durch Metallsalze, Löslichkeit in Alkalien etc.) dem einer Säure.
Gelb. Farbst. d. Blüth. v. Euphorb. Cyparis. 221
Die Lösungen in reinem oder kohlensaurem Alkali be-
sitzen eine dunkelgelbe bis rothgelbe Farbe, die beim An-
säuern in hellgelb übergeht.
Bleiessig und Bleizuckerlösung werden schön orangegelb,
Kupfervitriol, (ebenso essigsaures Kupferoxyd) schmutzig grün-
lich - braun, saälpetersaures Quecksilberoxyd, sowie auch - Queck-
silberoxydul bräunlich - grün, Quecksilberchlorid (in der Wärme)
schmutzig braungelb, Barytwasser, sowie Kalkwasser in der
Siedehitze flockig gelbbraun, Alaunlösung in der Siedehitze
orangegelb (vollständig erst auf Zusatz von essigsaurem Na-
tron), Zinnchlorür flockig röthlich -braun gefällt.
Nicht gefällt werden Brechweinstein-, sowie Leimlösung.
Silberlösung wird in der Wärme reducirt, namentlich
leicht auf Zusatz von etwas Ammoniak; ebenso salpeters.
Quecksilberoxydul und alkalische Kupferoxydlösung.
Eisenoxydulsalze geben mit der wässrigen Lösung keine
besondere Färbung; dagegen färbt sich Eisenchlorid schon in
ganz verdünnter Lösung schön grün damit. Auf Zusatz
von mehr Eisenchlorid wird die Lösung nach einiger Zeit
rothbraun; Ammoniak fällt dieselbe dunkelbraun.
Concentrirte Schwefelsäure löst den Farbstoff leicht und
mit tiefgelber Farbe; beim Verdünnen mit Wasser scheidet
er sich in gelben Flocken wieder aus.
Auch in concentrirter Essigsäure, sowie in Salpetersäure
ist er leicht löslich. Letztere Lösung besitzt eine dunkel-
rothbraune Färbung, scheidet beim Verdünnen mit Wasser
braune Flocken aus, wird durch längeres Kochen hellgelb und
enthält dann Oxalsäure.
Kochen mit verdünnter Schwefelsäure lässt den Farb-
stoff unverändert, er ist kein Glykosid. Chromsaures
Kali und concentrirte Schwefelsäure wirken sehr rasch darauf
ein und die Lösung nimmt bald eine schön apfelgrüne Fär-
bung an.
Beim Destilliren mit chromsaurem Kali und verdünnter
Schwefelsäure erhält man ein saures Destillat, welches ammo-
niakalische Silberlösung redueirt und wahrscheinlich Ameisen-
säure enthält,
222 Gelb. Farbst. d Blüth. v. Euphorb. Cyparis.
Eine wässrige Lösung des Farbstoffs verändert beim Eindun-
ten ihre Farbe, wird immer dunkler und hinterlässt schliesslich
einen schön rothen Rückstand, der nicht mehr in Wasser und
Weingeist löslich ist. Es findet dabei wohl eine Oxydation
statt; interessant ist es, dass der Farbstoff in der Pflanze
selbst nach dem Verblühen diese rothe Farbe annimmt.
Die angegebenen Eigenschaften nun, mit Ausnahme der
Löslichkeitsverhältnisse und des Schmelzpunktes, sowie auch
das Verhalten bei der Darstellung und Reinigung zeigen so
grosse Uebereinstimmung mit dem von Moldenhauer dar-
gestellten und untersuchten Luteolin (s. dessen Abhandlung
darüber in den Annalen der Uhemie und Pharmacie, neue
Reihe, Band XXIV, Seite 180) dass die Vermuthung nahe
lag, der Farbstoff der Euphorbia Cyparissias möchte wohl
damit identisch sein oder doch in sehr naher Beziehung zu
demselben stehen.
Die folgenden Untersuchungen über seine Zusammen-
setzung zeigen nun auch Letzteres in hinlänglichem Maasse.
2 Elementaranalysen mit reinem Farbstoff von einer Dar-
stellung ergaben folgende Resultate:
0,351 Gr., welche in auf 100°0. erwärmten Sand unter
der Luftpumpe getrocknet worden waren, lieferten bei Ver-
brennung mit Kupferoxyd und nachfolgendem Sauerstoff-
strom 0,680C0? und 0,155 HO, entsprechend 52,85%, C und
4,62%, H.
0,381 Gr. auf gleiche Weise getrocknete Substanz erga-
ben 0,743 C0? und 0,166 HO, entsprechend 53,08%, C und
4,57%, H.
Das Mittel beider Analysen ist:
Gefunden: Berechnet:
= 52,97 : 6 = 8,83 = 40 53,09
3,459: el — 20 4,43
ÖO— ADAAS Dan 28 42,48
100,00. 100,00.
Bei einer dritten Elementaranalyse, die mit demselben,
nur nochmals umkrystallisirten Farbstoff, ausgeführt wurde,
Gelb. Farbst. d. Blüth. v. Euphorb. Cyparis. 223
lieferten 0,239 Gr. (diesmal bei 100°C. anhaltend getrocknete
Substanz) 0,5875 CO2 und 0,110 HO.
Gefunden: Berechnet:
C=5543:6—= 924 —=40 55,30
H= 423521423 =48 4,15
N 340341789, 04=22 40,55
100, 00. 100, 00.
Hiernach unterschiede sich der fragliche Farbstoff also
nur um ein + von 4, bez. 6HO und 20 vom Molden-
hauer’schen Luteolin = C*°H!#016 und könnte mithin als
die Säure desselben angesehen werden.
Ein abweichendes Resultat lieferte eine Verbrennung des
Farbstoffes von einer vorjährigen Darstellung, der sich aller-
dings auch durch leichtere Krystallisirbarkeit und leichtere
Löslichkeit in heissem Wasser unterschied.
0,197 Gr. unter der Luftpumpe getrocknete Substanz
ergaben 0,327 CO? und 0,0885HO, entsprechend 45,18%), ©
und 4,99°/, H.
Gefunden: Berechnet:
VE DS EL — 45,20
EB 2971 eg 7 5,07
= 49,83: 8—623—533 749713
100, ‚00. 100 00.
Nimmt man diese Formel als C*°H260°? an, so unter-
scheidet sie. sich von den vorigen abermals Auseh ein + von
20 und 6 bez. 8HO,
Diese stufenweise Zunahme um je 6HO und 20 ist
auffällig genug, und könnte man sie in der Pflanze vor sich
gegangen denken.
Um womöglich das Aequivalent des Farbstoffes festzu-
stellen, wurde eine Kupfer- und eine Bleiverbindung des-
jenigen, der die Formel C?°H?°0?* ergeben hatte, darge-
stellt und analysirt.
Erhalten wurden dieselben durch Fällen der heissgesät-
tigten wässrigen Lösung mit essigsaurem Bleioxyd, bezüglich
”
224 Gelb. Farbst. d. Blüth. v. Euphorb. Cyparis.
neutralem essigsauren Kupferoxyd, Auswaschen und Trocknen
im Wasserbade.
a) Untersuchung der Kupferverbindung:
0,199 Gr. Substanz hinterliessen beim Glühen 0,042 Gr.
Kupferoxyd = 21,1%,. (Etwa entstandenes Cu?O oder metal-
lisches Cu war durch Benetzen mit NO° und nochmaliges
Glühen wieder in CuO übergeführt worden.)
0,394 Gr. Substanz lieferten bei der Verbrennung 0,618
CO? und 0,120 HO, entsprechend 42,78%, C und 3,38%, H.
Gefunden: Berechnet:
H9F=2141027 3173 az 21,20
C — 4218206 a ee) 42,70
0538: 1 — 398 ud 3,37
0 e32347: 8 =409 =23 39379
100,00. 100,00,
Daraus berechnet sich also die Formel: 30uO0,C?0H 19023,
oder für den reinen Farbstoff: C*#0H??O?‘, diese Formel ent-
spricht aber der gefundenen: C*°H?°0?* und unterscheidet
sich von derselben nur durch ein Mehr von 2HO.
b) Untersuchung der Bleiverbindung:
0,101 Gr. Substanz lieferten 0,060 schwefelsaures Blei- |
oxyd, entsprechend 43,73%, PbO.
0,321 Gr. ergaben bei der Verbrennung 0,400 60? und
0,075 HO = 33,99°/, C und 2,60°/, H.
0,448 Gr. Substanz lieferten 0,532 CO? und 0,1065 HO
= 32,37%), C und 2,64°/, H.
Im Mittel demnach:
Gefunden : Berechnet:
Eb0,— 43,73: 111,5 — 0.395273 44,15
B72— 133.182: 6. psarı 00 33,26
HN 79,621: 200 2 9 2,01
072 72047:7.8 - =ab0 20,08
100,00. 100,00,
Gelb. Farbst. d. Blüth. v. Euphorb. Cypariss. 225
Nach dieser Formel: 3PbO,C*?H!1?01? hätte der reine
Farbstoff die Formel: C*?H 22022, da letztere jedoch nicht mit
den übrigen, von denen wenigstens 4 übereinstimmen, in Ein-
klang zu bringen ist, so ist wohl eher anzunehmen, dass bei
dem Bleiniederschlage die Wasserstoffbestimmung etwas zu
hoch ausgefallen ist.
Zieht man das Mittel sämmtlicher Analysen, so resultirt:
G40 H20 Q2%4
G40 H2? 0%
G40 427 033
G40 Yıs 022
G40 }22 026
G42 H22 Q22
G242H9 1290151
6
Mithin dürfte es wohl gerechtfertigt erscheinen, wenn
— (40921025,
man die zuerst gefundene Formel G*°H?°0?* als richtig und
zugleich auch als das Aequivalent ausdrückend, annimmt, wo-
nach der gelbe Euphorbiafarbstoff als die 3basische Säure des
Luteolin’s zu betrachten und als Luteinsäure zu bezeich-
nen ist. 3
Es ist dies wieder ein neues Beispiel, dass gleichartige,
oder doch wenigstens sehr nahe verwandte Verbindungen in
oft ganz verschiedenen Pflanzenfamilien, wie hier. in den
Euphorbiaceen und Resedaceen, auftreten.
Noch ist zu erwähnen, dass der Farbstoff beim Schmel-
zen mit Kalihydrat reichlich Protocatechusäure liefert.
Man könnte ihn sich entstanden denken aus Protocate-
chusäure und Zucker nach der Gleichung:
202571803) + 612912012 — G40H 200 24 + 4HO,
wogegen freilich der Umstand spricht, dass durch Kochen
mit verdünnter Säure kein Zucker aus dem gelben Euphor-
biafarbstoff abgespalten wird.
Jena, den 15. August 1869.
Arch. d. Pharm. CXC. Bds. 3. Hft, u 15
296 Ueber Aqua Amygdalar. amararum.
Ueber Aqua Amygdalarım amararum;
von Apoth. Franz Hübner in Halberstadt.
Obwohl ich weiss, dass ich vielen meiner Herren Colle-
gen in Nachstehendem nicht Neues sage, und obwohl über
Ag. Amygdal. amar. schon so unendlich Viel geschrieben wurde,
so weiss ich doch auch, dass die Darstellung desselben hier
und da immer noch Schwierigkeiten macht, in sofern, als die
vorgeschriebene Höhe des Blausäuregehalts nicht selten uner-
reicht bleibt.
Den Grund hiervon hat man, zum Theil nicht mit Un-
recht, in einer absichtlichen Verfälschung der im
Handel vorkommenden bitteren Mandeln mit
süssen gesucht, — recht oft aber ist die wahre Ursache
ein Fehler, ein ausser Acht gelassener, unwichtig scheinender
Umstand bei der Darstellung des Bittermandelwassers.
Die Vorschrift d. Pharmacop. borussic. edit. VII. ist
zweckentsprechend und liefert jederzeit, vorausgesetzt, dass
man es nur mit bitteren Mandeln zu thun hat, ein genügend
kräftiges Präparat, — nur muss dieselbe genau be-
folgt werden! — Es ist durchaus nothwendig, dass die
vom fetten Oel befreiten Bittermandelkuchen recht fein
gepulvert werden, — es ist ferner ebenso nothwendig, dass
ein genügendes Quantum weichen Wassers angewendet
werde: auf einen Theil Placenta etwa sieben Theile und, wenn
es der Raum gestattet, noch .etwas mehr Wasser.
Das hieraus hergestellte dünnflüssige Gemisch hat
mir fast jederzeit, nachdem ich es noch 12bis 15 Stun-
den ineinem verschlossenen Gefässe hatte mace-
riren lassen, mittelst Dampfdestillation ein Wasser
von höherem Blausäuregehalt geliefert, als es die Pharmacopöe
verlangt, so dass ich es meistens noch verdünnen musste.
Den vorgeschriebenen Weingeist gebe ich nur zur Hälfte
in die Blase, die zweite Hälfte in die Vorlage: ich habe
bemerkt, dass das Wasser so eine bleibend angenehmere, weni-
ger milchähnliche Trübung annimmt, als wenn man sämmtli-
chen Weingeist dem Mandelbrei in der Blase zumischt.
Ueber Aqua Amygdalar, amararum. 227
Zu der ziemlich häufig noch angewendeten Darstellungs-
weise des Destillats durch freies Feuer, was ja in Be-
treff des Anbrennens bei der nöthigen Vorsicht und der
genügenden Wassermenge ziemlich ungefährlich ist, rathe
ich, — nach meinen Erfahrungen wenigstens — nicht: ich
habe stets eine geringere ÜUyanausbeute gehabt, was wohl
darin seinen Grund hat, dass bei aller Vorsicht doch ein
stärkeres Erhitzen einzelner Mandeltheile an den Wandungen
der metallenen Blase, wodurch eine theilweise Zersetzung des
ÜUyanwasserstoffs herbeigeführt wird, unvermeidlich ist; — bei
der Methode durch Dampf kann das nicht vorkommen.
In der Nichtbeachtung der erstgenannten zwei Erfor-
dernisse:
1) der Anwendung recht fein gepulverter Mandel-
kuchen;
2) der Anwendung einer genügenden Wassermenge
liegt meistens die Hauptursache des ungenügenden HCy -Ge-
halts. — Einer meiner früheren Defectare legte z. B. eines
Tages — (wohl nur aus Irrthum) — 12 Pfund Mandelkuchen,
mit einer ungenügenden Wassermenge zu einem dicklichen
Brei angemacht, anstatt 3 Pfund derselben in die zinnerne
Dampfblase, und erhielt, obgleich nur die auf 3 Pfund berech-
neten 4!/, Pfund Destillat übergezogen wurden, ein Wasser,
welches aus zwei Unzen nur 2%, Gran Öyansilber lieferte
— anstatt der verlangten 6?/, bis 7 Gran, — obgleich sich
viermal so viel Mandeln in der Blase befunden hatten, als
nöthig waren. — Der dickliche Mandelbrei war natürlich. bei
Einwirkung der Wärme zu einer ziemlich dichten Masse
zusammengequollen, welche dem einströmenden Wasserdampf
nur wenige Kanälchen zum Durchstreichen darbot, innerhalb
welcher die Blausäurebildung eingeleitet wurde, während die
ganze übrige Mandelmasse ausser Angriff geblieben war,
— ein Beweis also, wie nothwendig die richtige Wasser-
menge ist, so dass der Inhalt der Blase während der De-
stillation in ununterbrochenem Wallen bleiben kann,
Vor längerer Zeit wurde mir von einem Berliner Dro-
guenhause der Auftrag: 100 Pfund Pfirsichkerne (als Nucl.
15*
228 Ueber Aqua Amygdalar. amararum.
Persicor. in den Droguenlisten aufgeführt) auf ihren Gehalt
an fettem Oel und ihre Productionsfähigkeit von Blausäure
zu prüfen, — und erhielt folgende recht erfreuliche Resultate:
Nach sorgfältiger Entfernung der darin sich vorfindenden
Steinschalen und sonstigen Fremdartigkeiten, welche in Summa
5 Pfund betrugen, erhielt ich, also aus 95 Pfund Kernen
durch die erste kalte Pressung:
25 Pfund filtrirtes, klares, schwach ıöthlichgelbes, dem
Ol. Sesami ähnliches Oel;
durch die zweite warme Pressung:
S Pfund filtrirtes, klares, dunkler gefärbtes Oel,
60 ,„ Placenta und
2 „Verlust incl. der auf den Filtern zurück geblie-
benen Unreinigkeiten; Summa: 95 Pfund.
Das fette Oel, freilich nicht als Oleum Amygdalarum
verwerthbar, ist aber sehr wohl für äusserliche Zwecke, zu
Haaröl u. drgl. zu verwenden.
Die 60 Pfund Placenta, etwa 92 Pfund Kernen entspre-
chend, lieferten, recht fein gepulvert, und, wie oben ausein-
andergesetzt, mittelst Wasserdampf destillirt, 92 Pfund eines
sehr kräftig und rein riechenden Wassers von einer der Ag.
Amygdal. amar. ganz gleichen Trübung, aus welchem ich
in zwei Unzen 8 Gran trocknen Cyansilbers erhielt, wozu
also noch ein Zusatz von circa 18 Pfund destillirten Wassers
nöthig war, um ein Präparat zu erhalten, welches den an Ag.
Amygdal. amar. gestellten Anforderungen: — in zwei Unzen
= 6?/, Gran Cyansilber resp. in 720 Theilen einen Theil was-
serfreier Cyanwasserstoflsäure -—— entsprach. Am Boden der
verschiedenen, das Destillat enthaltenden Flaschen sammelten
sich nach einigem Stehen zahlreiche Tröpfehen von Bitter-
mandelöl an.
Bei den damals — vor etwa drei Jahren — ganz ausser-
gewöhnlich und auch heute noch ziemlich hohen Preisen der
bittern Mandeln; — was ja auch der Grund der absichtlichen
Verfälschung mit den etwa um 5 Thl. pro Centner billigeren
Die Hamburg- Altona’er Ausstellungen im Jahre 1869. 229
süssen Mandeln ist, — durfte sich wohl die Darstellung von
Ag. Amygdal. amar. aus Pfirsichkernen empfehlen: das De-
stillat ist genau dasselbe.
Die Hamburg - Altona’er Ausstellungen im Jahre 1869.
Im Jahre 1865 versammelten sich zum erstenmale die
Gärtner, Gartenfreunde und Botaniker Deutschlands in Mainz,
um über, ihnen naheliegende, sowohl theoretische wie prac-
tische Fragen sich zu besprechen. Gleichzeitig wurde eine
Ausstellung von Pfianzen und den Gartenbau berührenden
Maschinen u. dgl. m. veranstaltet. Die Idee des Üongres-
ses fand Anerkennung, es wurde der zweite Üongress im
Jahre 1867 in Erfurt abgehalten und daselbst Hamburg als
derjenige Ort bestimmt, in welchem die dritte Versammlung
im Jahre 1869 tagen sollte. Die bis dahin mit dem Con-
gresse verbundenen Ausstellungen trugen stets ein natio-
nales Gepräge; das hamburger Comite jedoch beschloss nach
reiflicher Ueberlegung, dass, da die Horticultur sich nicht
auf einzelne Länder beschränke, sondern das Gemeingut
aller Nationen sei, die in Hamburg stattfindende Garten-
bauausstellung von jedem sich für diese Interessirenden
beschickt werden könne, dass diese Ausstellung eine inter-
nationale werde. Dieser Beschluss wurde überall freudig
aufgenommen, und die Anmeldungen liefen so zahlreich ein,
dass der ursprünglich dazu bestimmte Raum, 1,700,000 O Fuss,
sich als zu klein erwies, und ein zweiter, ca. 50,000 0 Fuss
grosser Platz mit verwendet werden musste. Der Ausstel-
lungspark besass, auf den ehemaligen Festungswällen errich-
tet, ein landschaftliches Gepräge. Was speciell die ausgestell-
ten Pflanzen und Gegenstände anbelangt, so war deren Menge
eine so bedeutende, dass es vieler Kräfte bedürfen würde, wollte
man eine in alle Einzelnheiten gehende Beschreibung liefern.
Ohne uns an eine gewisse Ordnung zu binden, wollen wir
bloss dasjenige mittheilen, was uns beim Durchgehen des
230 Die Hamburg - Altona’er Ausstellungen im Jahre 1869.
Ausstellungsparkes als bemerkenswerth auffiel. Da waren es
denn vorzugsweise die Orchideen, welche durch ihren eigen-
thümlichen Bau der Blüthen, den Wohlgeruch, den diese aus-
athmen, durch die schöne Färbung der Blätter am meisten
Aufsehen und Bewunderung erregten. Wie wunderbar schön
ist z. B. das goldnetzige Blatt von Anecochylus argenteus,
das kupferglänzende der Liparis corruscans, das dunkel borstige
der Pegonia discolor, während Pegonia nervilia auf den hell-
grünen herzdreieckigen Blattplatten dunkle Flecke besitzt.
Eine wahrhaft prachtvolle Orchidee ist Anecochylus Daw-
sonianus, nicht minder Microstylis lugubris, Goodyera
Weitchii, mit zum Theil gelben Blättern, Monochylus regium
mit braunem Blatt und weisser Mittellinie.
Blühende Orchideen waren wegen ihres Geruches bevorzugt,
und so sahen wir die ausgestellten Üollectionen stets von
Besuchern belagert. Vor allen verdient genannt zu wer-
den Trichotosia ferox, eine Stengelorchidee mit zweizeiligen
breit lanzettlichen, spitzen Blättern, von denen, ziekzackige
Trauben langkiemiger Blüthen herabhängen; alle Organe
der Pflanze sind rostroth behaart. Die gelbe Blüthe der Catt-
leya Dowiana besitzt eine purpurviolette hellgeaderte Lippe;
während Cattleya eldorada ihres herrlichen Farbenschmelzes
wegen gerechtes Aufsehen erregte. Ein besonders kräftiges
Pflanzenexemplar war das Odontoglossum phalanopsis, dessen
grosse Blüthen von reinem Weiss mit der purpurvioletten
Lippe auf drei Blüthenstauden sassen; Odontoglossum Uros-
kinneri hat grün und braun marmorirte Hüllen, und weisse
und violette dreieckige Lippenplatten. Caelogyne pandurata
trug eine stattliche Traube grosser grüner Blüthen mit schwar-
zen Flecken auf der Lippe. Polycyenis muscifera trug eine
aufrechte Traube gelblicher, braun gefleckter Blüthen, deren
Säule man mit einem Schwanenhalse vergleicht, während das,
erst vor Kurzem aus Borneo eingeführte Cypripedium Storei
in der Lippe wirklich die Form eines Damenschuhes darbie-
tet. Wir könnten noch eine grosse Menge der interessan-
testen Orchideenformen beschreiben, doch ist der uns zuge-
wiesene Raum ein zu beschränkter, um in Einzelnheiten einzu-
Die Hamburg- Altona’er Ausstellungen im Jahre 1869. 231
gehen. Den Orchideen reihen wir die Palmen an, welche
nicht nur zahlreich in neuen, seltenen” sondern auch in bereits
bekannteren Exemplaren vertreten waren, und von denen
mehre wahre Prachtstücke genannt werden können. Ein der-
gleichen Prachtexemplar ist das, dem Grossfürsten Constan-
tin gehörende, Encephalartos Altensteini. Der etwa drei
Ellen hohe, kräftige Stamm besitzt etwa vier Ellen lange
Blätter. Für den Pharmaceuten und Techniker war die Isonandra
Gutta, von den Sundainseln, interessant, weil diese Palme es
hauptsächlich ist, deren Milchsaft die Guttapercha_ liefert.
Eine sehr niedliche Palme ist Cocos Weddeliana mit den
unterseits silbergrauen Wedelfiedern; ferner Croton undulatum
mit Jänglichen, grossen, lederartigen, dunkelgrünen, roth und
gelb gefleckten Blättern; Croton maximum mit gleichen doch
hellgelb gefleckten und gestreiften Blättern. Eine ganz neue
Erscheinung ist die Lincuala celebica, eine Fächerpalme mit
handspaltigem Wedel, alle Zipfel breit, der mittlere der brei-
teste, alle vorn gestutzt und ausgefressen. Die Carludovica
imperialis mit am Grunde rothen Blattscheiden und längli-
chen oben an der Spitze tief zweispaltigen, tief spitzigen
Blättern ist desshalb merkwürdig, weil einige dieser Arten
das Material zu den Panamahüten liefern. Zur Decoration
der Eingangshalle des Warmhauses lieferte der unter Lei-
tung des bekannten Botanikers, Professor Dr. Reichenbach,
stehende hamburger botanische Garten mehre stattliche Pal-
menexemplare, wie: zwei Hochstämme von Encephalartos Al-
tensteinii; Encephalartos caffer; Ceratozamia longifolia; Co-
cos plumosa, reflexa; Phönix sylvestris, Livistona chinen-
sis u.m.a. Nicht minder schön wie die Palmen präsentiren
sich die Dracänen, und sind neben Uycadeen, Farn, Yucca,
Agaven, die begehrtesten und am liebsten gesehenen Decorations-
pflanzen. Von Dracänen waren mehre schöne. Exemplare aus-
gestellt, so Guettarda speciosa, deren rundes, spitzes, schild-
ständiges Blatt auf der excentrischen Einfügungsstelle einen
rothen Fleck trägt; Dracäna marmorata mit länglichen, spitzen,
dunkelgrünen, gelbgrün gefleckten Blättern, die Flecken haben
wiederum eine dunkelgrüne Stelle; Dracäna lentiginosa aus
232 Die Hamburg -Altona’er Ausstellungen im Jahre 1869.
Neuseeland mit starren blaugrünen, schmalen Blättern. Unter
den Uycadeen ist vorzugsweise Stangeria paradoxa zu beach-
ten. Die ersten Blätter dieser Pflanze, welche getrocknet
nach Europa kamen, wurden als ein Farn bestimmt. Der
Entdecker, Gueinzius, um Fruchtwedel des Farns ersucht,
schrieb, die könne er nicht senden, die Pflanze trage Beeren.
Während nun Gueinzius, der, in seiner Art, Recht hatte,
ausgelacht worden ist, liess sich Dr. Stanger in Natal von
demselben zwei Exemplare schenken, und sendete sie, als
seine Entdeckung, nach England. Wenn Gueinzius die
Priorität der Entdeckung nachträglich zuerkannt worden ist,
so lässt sich der einmal der Pflanze gegebene Name nicht
mehr ändern.
Ein in ihrer Art ebenso von der Natur bevorzugtes Exemplar,
wie das bereits erwähnte Encephalartos Altensteinii, war eine Cy-
cas revoluta mit drei Köpfen. Hier können wir einer herrlichen
Sammlung ausgezeichnet schöner Marantaceen erwähnen.
Die neuste von allen ist die erst vor Kurzem aus Peru einge-
führte Maranta Bismarckeana rutilans mit langgestielten Blät-
tern, deren grüne Oberseite eine schimmernd dunkelgrüne
Streifung besitzt, während die Unterseite braun, und zwar
von jener Farbennüance ist, welche unter dem Namen couleur
Bismarck im Handel sich befinde. Maranta glaucophylla
erregte mit ihren unterseits rothvioletten Blattstielen und
graugrünen Blattplatten Aufsehen. Wenn die Palmen, Dra-
cänen, ÜUycadeen, Aroideen, Farne durch ihre verschiedenen
Blattformen sich bemerkbar machen, so sind es die Kan-
nenpflanzen, Nepenthes, welche durch die eigenthümliche
Art und Bildungsweise der Kannen bewundert werden.
In dem Warmhause der besagten Ausstellung befand
sich eine Üollection dieser Pflanzen, welche den Besucher
anzog. Von alten den ausgestellten, meist kräftigen Pflanzen,
war es Nepenthes Rafflesiana, welche am unteren Stammtheile
Blätter mit kurz, und am oberen Blätter mit lang ausgezo-
genen Kannen besass. — Eine der merkwürdigsten Pflanzen
war das Anthurium Scherzerianum, eine Aroidee, mit feuer-
rother Scheide und gleichgefärbtem Kolben; dann Spathiphyl-
Die Hamburg - Altona’er Ausstellungen im Jahre 1869, 233
phyllum sp., dadurch ausgezeichnet, dass der Kolben über
dem Scheidegrunde frei wird. In der Nähe waren ferner
zwei merkwürdige Gewächse ausgestellt: Monstera Leneana,
welche durch ihr schönes, fiederspaltig durchlöchertes Laub
vortheilhaft sich hervorhob, und eine Nesselstaude, als
Urtica nova species angeführt. Der etwa vier Fuss hohe
Stengel dieser Pflanze besitzt langgestielte, breit eiförmige,
spitze Blätter, mit starker Sägerandung. Das an der Pflanze
angeheftete Etiquet belehrte uns, dass diese Pflanze am
Missisippi und in Louisiana in ausgedehntem Maasse des Bastes
wegen cultivirt wird. Die Pflanze ist eine perennirende,
pflanzt sich durch Ableger leicht fort, und giebt jährlich drei
bis vier Ernten. Die schöne lange Faser lässt sich für sich,
oder mit Wolle oder mit Baumwolle gemischt, verspinnen. —
Seltsam im ganzen Habitus war eine als Azalea species (?)
angeführte japanische, braunborstige Holzpflanze mit borsti-
gen Wedelblättern.
MitAgaven, Yucca, Bonapartea u. dgl. m. war die
Ausstellung reichlich beschickt worden, aus denen sich Agave
Besseriana, eine herrliche, graugrün bereifte Pflanze, deren
schmale Blätter schwarzbraune Spitzen und eben solche Rand-
stacheln haben, vortheilhaft hervorhob. Aus der grossen Zahl
der Kalt- und Warmhauspflanzen erwähnen wir noch, als auffal-
lend im Form, Habitusete.: Rapata pandanoides, stammlos,
Blätter dreizeilig, Scheiden breit, oben abgerundet zusammen-
geschlagen, auf dem Rücken stachlig, in kurzen schmalen
geflügelten Stiel übergehend, von dem sich die untere, gerun-
dete, längliche, spitze Platte absetzt. Das jüngste Blatt
erscheint sitzend, schwertförmig. Ferner, eine stattliche Me-
lastoma mit schönem, braun steifhaarigem Stengel, die jungen
Blätter und der Mittelnerv sind dunkelbraun, die grossen
fast runden, unten gerundeten, oben spitzef, sägezähnigen
Blätter sind oberseits dunkelgrün. Endlich Aristolochia
Duchartrei mit graugrünen, herzförmig dreieckigen Blättern;
am älteren Stammtheile brachen die Blüthen hervor mit dem
länglichen, pfeifenkopfartigen, gekrümmten Rohr, und einem breit
herzförmig spitzen Saum, der an den Wänden eingerollt ist.
a a vol 196 a RR
234 Die Hamburg - Altona’er Ausstellungen im Jahre 1869.
Die ganze Blüthe ist ochergelb mit höchst sonderbaren, den-
dritartigen, dunkelbraunen Flecken. Durch Vorführung einer
Collection, von etwa 100 Arten, schön cultivirter, ganz rein
gehaltener Cactus, will man wohl für diese, in den mannig-
faltigsten Formen auftretende Pflanze Propaganda machen.
Als Seltenheiten befanden sich da: Üereus queretarensis,
Echinocactus Sausieri, ein prächtiger Cereus tuberosus, und
eine an Hirnkorallen (Mäandrina) erinnernde Opuntia clava-
rioides. Ein Zimmerterrarium aus Glas und Bronce, mit auf-
sesetzter Kuppel und unterstellter Heizung, enthielt eine An-
zahl hübscher Einwohner, darunter viele Farneund Ly-
copodiaceen, und mahnt uns, des Platycerium grande
nicht zu vergessen, eines Farnkrautes mit Wedeln, die an
das Geweih eines Elenthiers erinnern.
Wenn wir über mehrfach vertretene Quercus, Conife-
ren, Rosen, Dahlienete. zu einem anderen Gegenstande über-
gehen, so geschieht es nicht etwa, weil die vorgeführten Frei-
landpflanzen weniger interessant waren, sondern desshalb,
weil eben durch die enorme Betheiligung und massenhafte
Ausstellung eine eingehende Besprechung von einem Einzel-
nen nicht ausführbar ist.
Nichts kann mehr zum rascheren Erkennen der Pflanzen,
besonders der in der Mediein gebräuchlichen, und deren Ver-
fälschungen und Verwechslungen, beitragen, als ein wohl
angelegtes und richtig bestimmtes Herbarium. Aber nicht
ein Jeder hat die dazu nöthige Geschicklichkeit und Geduld,
und auch Gelegenheit, sich mit dem Einsammeln, regelrechten
Einlegen der Pflanzen zu befassen. Viele, welche sich die
Mühe nahmen, ein selbst gesammeltes Herbarium anzule-
gen, wurden in Folge der sich zeigenden Missgeschicke beim
Einlegen und Präpariren bald müde, und liessen den Muth
sinken, aus dem einzigen Grunde, weil ihnen jene praetischen
Handgriffe fehlten und nicht bekannt waren, deren man sich
bedienen muss, um ein schönes Pflanzenpräparat zu erhalten.
Einer der begünstigten Sammler ist Apotheker A, E.
Weber in Jena. Die Pflanzen des von demselben ausgestellten
Herbarium pharmaceuticum mit etwa 350 Arten und Herbarium
‚Die Hamburg - Altona’er Ausstellungen im J ahre 1869. 235
homoeopathicum mit etwa 150 Arten sahen so frisch, so elegant
und rein aus, waren so instructiv eingelegt, wie man selten der
Art zu sehen bekommt. Herr A. E.Weber würde sehr viele,
sogar Jene, welche jahrelang sich mit dem Einlegen der Pflan-
zen befassen, erfreuen, wenn er sein Practicum im Einsam-
meln und Einlegen der Pflanzen veröffentlichen möchte.
C. M. L. Hestermann in Hamburg stellte ebenfalls
mehre, sehr gut eingelegte und bestimmte Herbarien aus, darun-
ter ein pharmaceutisches mit ca. 300 Pflanzen, ein Herbarium
von ÖOstsee- und Nordseealgen, ein Uryptogamenherbarium,
sowie eine Sammlung von Holzarten, Rinden- Längs- und
Querschnitte, und eine Productensammlung, enthaltend
mehr als 200 der im täglichen Leben, in den Gewerben und
der Mediein am meisten vorkommenden Producte. Unentbehr-
Jich zum speciellen Studium der Coniferen ist Hochstetter’s
Coniferen - Herbarium. Auf 400 Papptafeln, Grossquart, sind
die bis jetzt bekannten und bestimmten Üoniferen in allen
ihren einzelnen Theilen sehr sauber und correct vorgeführt.
Kein Vortrag, er mag noch so geistreich, so gediegen
und in verständlicher, fliessender Sprache gehalten sein, kann
das greifbare Modell ersetzen. Zur Erläuterung der verschie-
denen Blüthenformen eignen sich desshalb die, von Robert
Brendel in Breslau ausgestellten, aus Draht und Masse im
vergrösserten Maassstabe dargestellten Modelle. Sie sind von
solcher Grösse, und im Durchschnitte gehalten, dass es dem
Schüler möglich ist, von seinern Platze aus, genau das ganze
Modell im allen seinen einzelnen Theilen zu übersehen. Für
Gärtnerschulen und landwirthschaftliche Anstalten ist empfeh-
lenswerth das vom Commerzienrath H. Arnoidi in Gotha
ausgestellte „naturgetreue Obstkabinet,“ 120 Früchtemodelle
aus Papiermach@ gearbeitet und naturgetreu colorirt. Einen
entschieden wissenschaftlichen Werth besitzen die mikroskopi-
schen Präparate des J. D. Möller in Wedel. Diese Präpa-
rate wurden schon auf der petersburger Gartenbauausstellung
im Jahre 1869 mit der goldenen Medaille prämürt. Sie sind
mit grosser Umsicht aus allen Naturreichen ausgewählt, und
sehr sorgfältig bereite. Eine sehr interessante Sammlung
236 Die Hamburg - Altona’er Ausstellungen im Jahre 1869,
war ferner die, von dem Gartenbauvereine in Essen
ausgestellte „Flora der Steinkohlenzeit in Westphalen, am Rhein
u. dgl. m.,“ es gehört jedoch zur näherer Eingehung in die
Einzelnheiten viel mehr Zeit, Musse und Gelegenheit, als hier
vergönnt war. Dr. Altum und Dr. Landois in Münster
beschickten die Ausstellung mit einer Reihe plastischer Na-
turbilder, welche voll Leben und Wahrheit, von einer schar-
fen Beobachtungsgabe und grossem Fleisse den Ausstellern
Zeugniss gaben. Wir schauen hinein in das Leben der Moll-
maus, eines der Hauptschädiger des Pflanzenlebens, beobachten
die Laufkäfer auf ihren Raubzügen, die Sylphiden im Ge-
schäfte der Aasvertilgung, ergötzen uns an dem Haushalte der
Eidechsen, sehen in die Burgverliesse der Mordwespen voll
gefangener, gelähmter Raupen, aufbewahrt für die künftige
Brut, die Rosenblattläuse sammt den aus ihnen ausgeschlüpf-
ten Inquilinen; die im Forst und in den Obstgärten so ver-
derblichen Winter - Schmetterlinge, die Eichengallwespen mit
ihren sonderbaren Productionen; erkennen die hohe Bedeutung
der gedankenlos verfolgten Spitzmäuse für die Gartencultur,
und überraschen viele andere 'Thiere inmitten ihres Familien-
lebens und ihrer gesegneten oder verhängnissvollen Thätigkeit.
Das in wissenschaftlichen Kreisen rühmlichst bekannte Mu-
seum Godefroy in Hamburg, von dessen Bestehen jedoch,
eigenthümlicherweise, die wenigsten Hamburger Kenntniss
haben, hat eine interessante Collection exotischer Nutzhölzer,
Faserstoffe, Baumschwämme, Repräsentanten der tropischen
Käferfauna, Herbarien u. dgl. m., ausgestellt. Vorzugsweise
ist eine aus 50 Blöcken in halber Stammesdicke bestehende
Sammlung australischer Hölzer, in der Umgegend von Port
Mackay gesammelt, als Unicum zu betrachten. Die Stücke
sind an der Längsseite behobelt, zur Hälfte polirt, und, so
weit es eben möglich, von Prof. Schenk in Leipzig bestimnt.
Ausser diesem ist von dem besagten Museum noch exponirt:
eine eigenthümliche Leistenbildung auf den Wurzeln von
Eucalyptus; ein mit Stacheln besetzter Baum einer Euphor-
biacee, getrocknete Früchte aus Australien und den Südsee-
inseln; ein Blüthenschaft von der australischen Graspalme,
Die Hamburg- Altona’er Ausstellungen im Jahre 1869. 237
prachtvolle Baumpilze, ein von Prof. H.G. Reichenbach in
Hamburg bestimmtes Herbarıum, enthaltend etwa 300 Arten
Pflanzen, in der Umgegend von Bristone (Moreton Bay) gesam-
melt, und endlich ein Fascikel noch nicht bestimmter Farn
von den Südseeinseln. Eine zweite Sammlung Holzarten in
320 Längs- und 20 Querschnitten, von denen erstere zur
Hälfte polirt, stellte C. N. Plambeck in Hamburg aus.
Manche Arten mögen wohl mehrfach vertreten sein, doch
sind manche Exemplare darin vorhanden, welche sehr
schwer aufzutreiben sind, wie z. B. das Luftholz, Camagan,
Schlangenholz, Amboinaholz, grünes Ebenholz u.m.a. Die
ganze Sammlung hat einen hohen Werth und eignet sich vor-
zugsweise für ein technologisches Museum. Aus Norwegen
(Königl. Gut Ladegaardso&n bei Öhristiania) waren 23
auf einer Seite polirte Längsschnitte dort vorkommender Hölzer,
sämmtlich botanisch bestimmt, ausgestellt. Die Sammlung ist
merkwürdig durch das Vorkommen so vieler Arten in einem
klemen Bezirk im hohen Norden.
Interessant, doch mehr im merkantilen oder ökonomi-
schen Sinne, war die Vorführung der verschiedenen Nahrungs-
mittel, der Droguen u. dgl.m. In einem eigends erbauten
Pavillon stellten W.S. Wolf & Karpeles in Hamburg eine
vollständige Sammlung chinesischer, Assam- und Javathee’s
aus, darunter einige Seltenheiten, wie den Poochon, einzelne
Blätter in runde thalergrosse Form zusammengepresst, und
Assam Bohea, durch einfaches gewöhnliches Behandeln der
Blätter jedoch ohne Gährung erhaltene Sorte. Verschiedene
Sorten Kaffee stellten J. E. Kiesel und P. J. Nicolay aus,
während de Witt in Amsterdam Rohzucker der 15 Rüben-
zuckerfabriken Hollands ausstellte. Interessant waren ausser-
dem von diesem ausgestellte Kasten, enthaltend 80 Sorten
Rohrzucker mit Bezeichnung der Handelsbenennungen und
Herkunftsorte. Als bereits die Gartenbauausstellung einige
Tage eröffnet gewesen, gelangte woch eine von der Acker-
bauschule der Union und Industriecompagnie in Juiz deFora
(Provinz Minas) in Brasilien übersendete Collection diverser
Gegenstände, zur Ausstellung. Es waren dies brasilianische
238 Die Hamburg - Altona’er Ausstellungen im Jahre 1869.
Producte aus den Provinzen Minas Geraöz, S. Paolo, Rio
de Janeiro, welche Zeugniss gaben von dem Reichthum
dieses gesegneten und in steter Entwickelung begriffenen
Landes. Wir fanden in dieser höchst interessanten Samm-
lung unter anderem das Mehl aus den Knollen der Mandioca
(Jatropha Manihot), schneeweiss, getrockneten Brodkrumen ähn-
lich, im tropischen Amerika das allgemeine Nahrungsmittel.
Das aus den Wurzeln gewonnene Amylum (Tapioca) wird als
leichte Krankenspeise empfohlen und kommt immer mehr in
Aufnahme. Ein mit Manihot bepflanzter Acker soll ebenso-
viel Nahrung geben, als 6 Acker mit Weizen bestellt. Ferner
das Satzmehl aus der Maranta arundinacea, das wohlbekannte
Arrow-root, und endlich das Mehl aus dem weissen und gel-
ben Mais, in gleicher Weise durch Einquellen und Rösten
in flachen Kasten bereitet, wie die Mandioca. Ausser meh-
ren Sorten Kaffee, Rohrzucker, Spirituosen, fordert der, dem
Thee naheverwandte, Matte (Ilex paraguayensis) unsere Auf-
merksamkeit. In zweierlei Form: als Pulver und Blätter-
thee ausgestellt, ähnelt derselbe dem Geruch, Ansehen und
Geschmacke nach dem besten chinesischen Thee und wird
wohl diesem bald starke Concurrenz bereiten. Unter den
übrigen zahlreichen Genussmitteln befindet sich auch das Co-
rymbyry, ein aus dem gegohrenen Safte von Apfelsinen berei-
tetes, rum- oder branntwein -artiges Getränk.
Die Droguensammlung enthält mehre Harze und Gummata,
darunter das Harz von Araucaria brasiliensis, eigenthümliche
in Brasilien dargestellte ätherische Oele, ein aus brasilianischen
Pflanzenstoffen bereitetes Eau de Cologne, gewürzhafte Pastil-
len, eine Reihe Eisen-, Kupfer-, Zink-, Blei-, Mangan- und
Quecksilberpräparate.
Wenige Tage vor der hamburger Gartenbauausstellung
wurde in der Nachbarstaüt Altona eine allgemeine Industrie-
ausstellung eröffnet. Diese, in Folge der in der letzten Zeit
und namentlich dieses Jahr vielseitig stattfindenden Ausstel-
lungen, wenig (rund etwa von 2300 Ausstellern beschickte) Expo-
Die Hamburg - Altona’er Ausstellungen im Jahre 1869. 239
sition, bietet, was Chemicalien, naturwissenschaftliche Gegen-
stände, Apparate u. dgl. m. anbelangt, nicht viel des Neuen
und Eigenthümlichen. Da, nach ‘dem unerforschlichen Rath-
schlusse des Local- Comite’s, den französischen Ausstellern
nicht nur ein eigenes Üomite, eine eigene Abtheilung, wo
alles französisch, bis auf die Diener, ja sogar eine eigene Jury,
bewilligt worden ist, so wollen wir auch bei Besprechung der
ausgestellten Gegenstände die der französischen Abtheilung
für sich berühren. Was wir von Chemicalien sahen, war
weder neu noch selten. Von hamburger Fabriksfirmen stell-
ten Joh. Diet. Bieber, Stoltzenberg & Uffhausen,
Gillmeister & Sibeth und Robert Schönfeldt ans.
Die erstgenannte Firma stellte aus: schön krystallisirtes Oaf-
fein, Acid. benzoicum, Gallussäure, neutrales Eisenchlorid, Col-
loxylin, Collodium, Quecksilberjodid, Jalapenharz, blausäure-
freies Bittermandelöl und viele andere Präparate eigener Fa-
brieation, und gepulverte Droguen. Vor allem jedoch ver-
diente eine Schale mit Jodum resublimatum Beachtung. Diese
besagte Fabrik verarbeitet jährlich an 5000 Pfund Jod zu
Jodkalium und Jodsalzen, und sind diese und die Bromsalze
Forceartikel derselben. Stoltzenberg & Uffhausen brach-
ten ausser einigen äther. Oelen, Aether, Säuren und Quecksil-
berpräparaten salpetersaures Uranoxyd zur Anschauung. Sehr
schönes Stibium sulfur. aurant., das schönste auf der ganzen
Ausstellung, stellte Rob, Schönfeldt aus, nicht minder wa-
ren seine übrigen Präparate (grosse Krystalle von Plumb.
nitrie., Tart. emetic., Stibium chlorat.) tadellos. Gill-
meister & Sibeth hatten ausser einigen ätherischen
Öelen, Eisenpräparaten, auch noch Benzin und Butteräther
zur Ausstellung gebracht. Von Auswärtigen wäre hier vor-
erst Dr. Schuchardt im Görlitz zu nennen. Seine, in einem
Kasten an der Wand, sehr bescheiden ausgestellte Collection
wird vielfältig ganz übersehen. In der Art, die unscheinbar-
sten Gegenstände in das beste Licht zu stellen, sind die
Franzosen wahre Meister und haben die Deutschen noch viel
von ihnen zu lernen. Vergleicht man die Ausstellung des
pariser Fabrikanten Camus & Co. mit der eines Deutschen,
\
240 Die Hamburg - Altona’er Ausstellungen im Jahre 1869.
so ist der Unterschied ein augenscheinlicher. Während der
deutsche Aussteller von dem Grundsatze ausgeht, dass der
ausgestellte Gegenstand sich selbst empfehlen müsse durch
seine Güte, tadellose Reinheit u. s. f., verfertigt der Franzose
eigene Schaustücke für die Exposition, welche das Publieum
auf ihn aufmerksam machen. So auch hier; während, wie
erwähnt, das Publicum den in der deutschen Abtheilung aus-
gestellten Chemicalien wenig oder keine Beachtung schenkte,
blieb Jeder vor den Grünspan- und Kupfervitriolkrystallisa-
tions - Kunststücken des pariser Camus & Oo. stehen. Trotz
des guten Rufes, dessen sich die Präparate des Dr. Schu-
chardt erfreuen, blieben diese vielfältig unbeachtet, woran
die zu einfache Ausstellung zum grössten Theile Schuld hat.
Aus der grossen Zahl der ausgestellten Präparate finden wir
als besonders erwähnenswerth: chemisch reine Borsäure, sowohl
geschmolzen wie auch in grossen Krystallen, verschiedene
Kupferoxyd- und Oxydulsalze, Tannin, schönes übermangan-
saures Kali, chemisch reines kohlensaures Kali und Kalihydrat.
Die Producte der stassfurter Fabriken nahmen eine
ganze Abtheilung in Anspruch. Die Verarbeitung der das Salzla-
ger in Stassfurt begleitenden Kali- und Magnesiasalze (Kie-
serit, Carnallit, Kainit) zu Dünger, wie auch zu anderweitigen
Kali- (Chlorkalium, schwefelsaures Kali) und Magnesia - Salzen
(Chlormagnesium, schwefelsaure Magnesia) ist eine sehr grosse
geworden, und beschäftigt eine grosse Anzahl von Fabriken,
Es haben hier ausgestellt ausser der königl. Berginspection,
die Herren Vorster & Grüneberg, Dr. Ad. Franck,
Ziervogel & Tuchen, N. F. Löfass, Friedr. Müller
und F. H. Lücke.
Allen verdienen Vorster & Grüneberg vorgezogen
zu werden, als ihnen das Problem zuerst gelang, schwefel-
saures Kali in kohlensaures umzuwandeln. Ihre Pottasche, bis
98°), kohlensaures Kali haltend, ist nicht nur blendend weiss
und völlig löslich, sie ist in den hochgrädigen Sorten auch
völlig frei von schwefelsauren Salzen. Die übrigen Präparate
dieser Herren waren tadellos. Diesen können angereihet
werden die Präparate der Firma Dr. Franck, des Begründers
Die Hamburg'-Altona’er Ausstellungen im Jahre 1869. 241
der Stassfurter Industrie. Das von demselben ausgestellte
Bromkalium jedoch zeigte unregelmässige Krystallisation,
war nicht rein weiss, sondern feucht, und sah wie bestäubt
aus. Die übrigen genannten Firmen haben Lobenswer-
thes geleistet. In demselben Locale stand vereinzelt und
von den Meisten übersehen krystallisirte Kryolithsoda aus
der Fabrik von Beste & Co. in Harburg, und Liebig-
Horsford’s Backpulver von Dr. Marquart in Bonn.
Wir müssen bedauern, dass diese Firma, wie auch
Trommsdorff, Schering, de Haen u. A. nicht aus-
gestellt haben. Da, wie bereits erwähnt, der bei weitem
grösste Theil der Stassfurter Producte als Düngematerial
verwendet wird, so wollen wir denn auch hier gleich jener
Fabriken erwähnen, welche sich vorzugsweise mit die-
sem Fabrikationszweige befassen. Ausser den Kalisalzen
sind es die phosphorsauren löslichen Verbindungen, welche
man dem Boden zuführt, und es werden zu diesem Zwecke
nicht nur die Phosphoritlager Deutschlands und Spaniens in
Anspruch genommen, sondern es wird dieser letztere auch,
mit Kali- und Ammoniaksalzen in verschiedenen Mengen ver-
mischt, in den Handel gebracht.
Die Fabrik von Emil Günsfeldt in Hamburg beschäf-
tigt sich speciell mit der Darstellung des Superphosphates
und andrer Düngemittel. Eduard Ohme in Leipzig stellte
ausser deutschem und’ Estremadura-Phosphorit in einzelnen
Stufen und gepulvert, auch Muster von der Verwerthung der
Wollwaschwässer aus. Aetzammoniak, salpetersaures Ammoniak,
Naphtaöle bei 130° und 170° überdestillirt, als Producte
der trocknen Destillation der Steinkohlen, brachte die anonyme
Gesellschaft der Kohlenbrennereien zu Jemappes zur Anschau-
ung. Die Producte der trocknen Destillation des Holzes:
Theer, Holzkreosot, essigsauren Kalk, Essigsäure, stellte Ju-
lius Carlson in Gryt und Arboga aus. Hier können wir
die Desinfectionsmittel von Schrader & Berend in Schöne-
feld bei Leipzig erwähnen, als dieselben ihrem Zwecke ent-
sprechen und verhältnissmässig wohlfeil im Preise stehen.
Die Firma Hartmann & Hauers in Hannover stellte
Arch, d. Pharm. CXC. Bds. 3. Hft. 16
242 Die Hamburg - Altona’er Ausstellungen im Jahre 1869.
89 proc. Pottasche, gewonnen aus dem Fettschweisse der Schaf-
wolle, dann Zinnober in verschiedenen Qualitäten und Nüan-
cen aus. Die unter der Leitung des bekannten H. Nöllner
stehende chemische Fabrik von Thorl & Heidtmann brachte
eine Pyramide ausgezeichnet schöner Kalisalpeterkrystalle zur
Anschauung; der gleichzeitig ausgestellte raffinirte Campher
war von seltener Schönheit. Wenn wir aus der grossen
Menge der ausgestellten mehr oder minder guten Lacke, Far-
ben, Firnisse bloss einige hervorheben, so geschieht es darum,
weil diese wirklich nennenswerth sind. Da sind die Farben
des Apothekers J. Görcke in Landsberg allen anderen vor-
zuziehen. Eine kleine Anleitung zur Kenntniss und näheren
chemischen Untersuchung der Malerfarben auf ihre Güte und
Reinheit kann nicht nur dem Maler, sondern auch dem Che-
miker empfohlen werden. Schönes Bleiweiss in verschiedenen
Sorten lag aus den Fabriken von Pieschel & Co. in Mag-
deburg und Maynz & Wolff in Offenbach vor. Wir haben
bereits erwähnt, dass die hamburger chemischen Fabriken
ausser verschiedenen Präparaten auch ätherische Oele ausge-
stellt hatten. Hier müssen wir auch die alt bekannte Firma
H. Zeise in Altona erwähnen, deren Ausstattung an densel-
ben Mängeln leidet, die wir bereits bei Besprechung der Aus-
stellung des Dr. Schuchardt erwähnten, wenn auch die
ausgestellten Oele nichts an Güte zu wünschen übrig lassen.
Aeusserlich schön haben ferner ausgestellt Brüder Müller
in Brünn, Jul. Kurzhals in Tetschen und Schimmel & Co,
in Leipzig. Die ätherischen Oele dieser drei Firmen sind in
den betreffenden Kreisen zu wohl bekannt, als dass es noch
nöthig wäre, das Weitere über ihre Reinheit und Feinheit
des Geruchs zu bemerken. An Parfümerien verschiedener
Art war kein Mangel, unter allen stand jedoch obenan die
weit und breit bekannte Firma Kamprath & Schwartze in
Leipzig. — Aussteller solcher drei Artikel sind es, welche
im Laufe weniger Jahre populär, richtiger kosmisch geworden
sind. Es sind dies: das Fleisch- und Malzextract und
die condensirte Milch. Das Erstere wird nun in mehren
Fabriken Amerikas und Australiens im grossartigen Maass-
Die Hamburg - Altona’er Ausstellungen im Jahre 1869. 243
stabe bereitet. Von diesen Fabriken stellten Liebig’s
Extract of Meat-Compagnie, dann A. Benites & Co. in
Buenos- Ayres aus; beide empfehlenswerth. Das Malzextract
verdankt seine Verbreitung mehr der Reclame, welche dem-
selben hauptsächlich durch eine Person zu Theil geworden
ist. Wir müssen uns hier Hoff’s erinnern, der durch
sein, unter dem Namen Malzextract verkauftes leichtes Bier,
der Urheber der Malzextractindustrie geworden ist. Ausser
dem eben Bemerkten, dessen Producte eigentlich nicht hierher
gerechnet werden können, haben mehre Aussteller wirkliches
Malzextract, theils nach bestimmten Vorschriften (©. Hin-
richs in Greifswald nach Vorschrift des Prof. Dr. Trom-
mer), theils mit, theils ohne Hopfenzusatz (Liebe in Dresden,
Röstel in Landsberg), ja einer sogar (J. Kahl in Hamburg)
ein Malzextract gebracht, welches zweimal die Linie passirte,
ohne an seiner Güte Abbruch zu leiden. —
Die dritte im Bunde dieser Extractindustrie ist die con-
densirte Milch. Schon vor Jahren versuchte man, die Milch,
welche ein unentbehrlicher Artikel des menschlichen Lebens
ist, vor dem raschen Zersetzen zu bewahren und dieselbe
für längere Zeit aufzubewahren. Aus der Zahl der verschiede-
nen Vorschläge bewährte sich das, von der Anglo- Swiss Con-
densed - Milk- Company in Cham zuerst in grösserem Maass-
stabe angewendete Verfahren (Eindampfen der Milch unter
Zusatz von Zucker und kohlensaurem Natron) am besten.
Diesem Unternehmen folgten bald andere, und so sehen wir
denn auch hier, ausser der bemerkten, von J. v. Liebig patro-
nisirten, Gesellschaft, die condensirte Milch der deutsch-
schweizerischen Milchextract- Gesellschaft in Kempten, des
Chemikers J. Paul Liebe in Dresden, und Amtsrathes
Gustav Palm in Otusz (Posen). — Die Kemptener Gesell-
schaft brachte noch condensirten Kaffee mit Milchextract,
Cacao mit condens. Milch, Pastillen von Fleischextract mit
condens. Milch, und als Specialität condens. Eselinnenmilch. —
Die unter dem Namen Liebig’s Nahrungsmittel bekannten
Präparate sind von J. Paul Liebe und Apotheker Röstel
ausgestellt worden; dessen, Rueff’s (Frankfurt a/M.) und
16%
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244 Die Hamburg - Altona’er Ausstellungen im Jahre 1869.
Ferd. Grimm’s (Dresden) ausgestelltes Senfpapier, entspre-
chen völlig den an sie gestellten Anforderungen, nicht nur
was die Qualität sondern auch was die äussere Ausstattung
anbelangt. Grimm war auch ferner durch seine, mit vollem
Rechte empfehlenswerthen Wachs- und Pflasterausguss -
papiere, sowie noch andere Papier- und Pappwaäaren vertre-
ten. Ellesat in Neumünster stellte Kapseln, Düten, Beutel,
F.M. Lenzner in Stettin Pulver- und Pillenschachteln, sowie
ein Musterbuch recht geschmackvoller Apothekersignaturen
aus. — Eine Collection Apothekerwaaren aus dem sogenann-
ten Sanitätsgut war von der in Moabit bei Berlin befindlichen
Firma Hermann Schomburg gebracht worden, Thonwaa-
ren, Apparate zur Chlorentwickelung, Woulf’sche Flaschen
u. dgl. m. waren sehr empfehlenswerth von Gebrüder Nord-
mann in Trebin bei Altenburg ausgestellt worden. Wer
vielfach mit Säuren etc. umzugehen hat, und dauerhaftere Ge-
fässe als von Glas anwenden will, dem können wir die von
H. Rost & Co. in Harburg fabrieirten Guttaperchakannen,
Trichter, Schalen, Löffel, Flaschen u. A. m. empfehlen.
Aubert, Gerard & Co. in Harburg stellten ausser vielen
anderen Guttapercha- und Kautschukgegenständen auch das
sehr gut gearbeitete Modell eine Hochdruck - Dampfmaschine
aus Hartgummi aus. Die nicht nur in Hamburg sondern
auch in weiteren Kreisen bekannte Handlung pharmaceutischer
Utensilien von Carl Stelling im Hamburg stellte ein grosses
Sortiment technisch -chemisch -pharmaceutischer Utensilien,
Glas-, Porzellan- und Metallwaaren, eine sehr schön gear-
beitete Mohr’sche Wage, vollständige Reagenzkasten, Haus-
apotheken u. A. m. aus. Von Letzteren stellte auch die homöo-
pathische Centraloffiein in Leipzig, Dr. Wilmar Schwabe,
verschiedene kleinere und grössere homöopathische Apotheken
aus. Ueber Apotheker W. A. Herb’s in Pulsnitz ausge-
stellte Hausapotheken, und vorzugsweise dessen technische
Prüfungsapparate des Weitläufigen zu reden, hiesse Wasser
ins Meer tragen, da dessen Apparate allseitig als die besten
anerkannt worden sind. Prof. Dr. Hirzel in Leipzig rich-
tete eine kleine Gasanstalt auf dem Ausstellungsplatze ein.
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Die Hamburg - Altona’er Ausstellungen im Jahre 1869. 245
Wenn wir auch zu jenen uns zählen, welche diesem genialen
Apparate eine weite Verbreitung wünschen, so zweifeln wir
doch sehr, dass sich diese Art Beleuchtung für ganze Städte
eignen dürfte. Von naturwissenschaftlichen Gegenständen war
Entsprechendes vorhanden. Das königl. landwirthschaftliche
Museum in Berlin stellte Modelle von vergrösserter Bienen-
wabe nebst Entwickelung und Anatomie der Bienen; ver-
grösserte Seidenraupe zur Veranschaulichung ihrer Anatomie;
Darstellung der Entwickelung der Fische. — Endlich ausser
verschiedenen auf die Cultur und landwirthschaftlichen Ver-
hältnisse Preussens bezughabenden Publicationen auch noch
eine Mustersammlung der in den verschiedenen Ländern Euro-
pas gebauten Weizenarten und eine Uebersicht der verschie-
denen Wollverarbeitungsmethoden in natürlichen Mustern.
J. A. Heese in Berlin stellte aus: ein recht gut arrangirtes
Tableau des Entwickelungsganges der Bombyx mori, cyn-
thia, Mylita, nebst Proben von Rohseide. Die von J. D. Möl-
ler in Wedel ausgestellten mikroskopischen Präparate haben
wir bereits bei der Skizzirung der hamburger Gartenbauaus-
stellung rühmlich erwähnt. Mehr zu Schulzwecken geeignet
ist die von Bade in Altona zusammengestellte Collection land-
und forst- wirthschaftlich nützlicher und schädlicher Insecten,
und die vom Grubendirector Heymann in Bonn systema-
tisch geordnete Mineraliensammlung von etwa 100 Species
und Varietäten.
Wir erwähnten gleich am Anfange, dass den französi-
schen Ausstellern eine eigene Abtheilung, dass denselben
sogar eine eigene Jury zugestanden worden, dass dieselben
demnach eine eigene Abtheilung in der Ausstellung bildeten.
Trotzdem, dass eben durch diese Ausnahmestellung das Ein-
heitliche der Exposition verloren gegangen, so müssen wir
eingestehen, dass diese Abtheilung, entrückt dem vielköpfigen
und vielsinnigen Local-Comite, die best arrangirte und
effectvollste gewesen. Nicht nur die äussere Ausstattung
des den französischen Ausstellern überlassenen Raumes, son-
dern speciell die einzelnen Standorte waren sehr geschmack-
voll, theilweise prachtvoll decorirt. Auch die Franzosen
246 Die Hamburg - Altona’er Ausstellungen im Jahre 1869.
brachten, was Chemikalien anbelangt, nichts Neues oder Sel-
tenes, aber, was und wie sie ausstellten, war dahin berechnet,
das Publicum auf sich aufmerksam zu machen. So die bereits
erwähnten Pariser Camus & Öo., welche ausser rohem und
raffınirten essigsauren Natron in grossen und kleinen Kry-
stallen, Grünspan, essigsaurem Kalk und Eisessig, auch
Krystallisationskunststücke von Bleizucker, Kupfer- und Eisen-
vitriol ausstellten. Aber durch Vorführung dieser Kunst-
stücke brachten sie es dahin, dass ihre Exposition bemerkt und
ihr Name bekannt wurde. Die Compagnie Parisienne
d’eclairage et de chauffage par le gaz stellte Produete
aus den Rückständen der Canalabfälle nach Pelouze’s Patent,
dann Producte aus den Abfällen der Gasbeleuchtung, Theer, Am-
moniakliquor, Chlorammonium, und salpetersaures Ammoniak,
sodann flüssige und krystallisirte Phenylsäure, rohes und
gereinigtes Naphtalin, krystallisirten Schwefel, Anilin, Nitro-
benzin, Benzin und Benzol, alles von vorzüglicher Schönheit
und Reinheit in brillanter Ausstattung.
Forgeois-Duhamel aus Paris, welcher sich vorzugs-
weise mit der Verwerthung der Rückstände von Petroleum
und Schieferölen beschäftigt, brachte ausserdem einige Eisen -,
Kupfer- und Zinkpräparate; Mathieu-Plessy sehr schöne
Gallus- uud Pyrogallussäure, weisses Colloxylin und Collodium.
Die Ausstellung der Albuminpräparate von Bandinelli&Co,
in St. Germain en Laye zerfällt in zwei Abtheilungen: in
eine industrielle und eine wissenschaftliche. Das für den Handel
bestimmte Albumin wird aus dem Blute von allen Thiergat-
tungen mit Ausnahme des Schweines erhalten. Das wissen-
schaftliche Albumin enthält auf Glastafeln eingetrocknete Pro-
ben der, im Serum verschiedener Thiergattungen, von Ochsen,
Kühen, Schafen, Kälber und Schweinen, vorkommenden Albu-
minstoffe. Die Producte sind vollkommen und rasch löslich.
Wie man geschmackvoll Medicamente abzugeben in der Lage
ist, konnten wir aus den von J. Lenoir in Paris "und
B. Dupuy und Ch. Delacre in Brüssel ausgestellten Proben
von abgefassten Medicamenten, Thee’s, Tropfen, Pflaster, Sal-
‘ben u. dgl. m. lernen. Leider legen noch die meisten (deut-
Die Hamburg - Altona’er Ausstellungen im Jahre 1869. 247
schen Apotheker keinen Werth auf eine reine, saubere,
äussere Ausstattung der Medicamente! — Bei der Skizzirung
der brasilianischen Producte auf der hamburger Gartenbauaus-
stellung bemerkten wir bereits, dass das Tapioca (Satzmehl
aus den Wurzeln der Jatropha Manihot) immer mehr in Auf-
nahme komme. Unter den Ausstellungsgegenständen von
Boudier in Paris befindet sich ein Präparat, die Tapioca -
Bouillon, welches im trocknen Zustande Tapioca und Fleisch-
brühe enthält. Es genügt, dieses Product einige Minuten
sieden zu lassen, um eine gute Suppe zu erhalten. Die Ta-
pioca - Bouillon lässt sich gut und in jedem Klima aufbewahren,
selbst in geöfineten Büchsen, und ist nützlich in allen Fällen,
in welchen man schnell eine Suppe braucht, und in der Jah-
reszeit, in welcher die Fleischbrühe sich nicht aufbewahren
lässt. Prachtvoll weissen Krystallzucker in grösseren und
kleineren Krystallen stellte E. J. Menier in Paris aus.
Fleischextract, ausschliesslich aus Ochsenfleisch bereitet, brachte
die Compagnie Frangaise „of Meat.“ Das Product dieser Ge-
sellschaft kann den bereits erwähnten (Liebig’s und ©. A.
Benites & Co.) würdig angereiht werden. Mikroskopische
Präparate, Anatomie und Morphologie der Pflanzen betreffend,
nebst sehr guten und nicht theuren Mikroskopen, stellte W e-
mans& Co. in Paris aus.
Die weltberühmte Firma Brequet in Paris bracht ausser
mehren Chronometern, sehr gute Aneroidbarometer, elektrische
Zünd- und Sprengapparate, und eine ganze Üollection diver-
ser Telegraphenapparate, sowohl für's Haus wie auch für
öffentliche Zwecke. Von den Fabrikaten isolirter Leitungs-
drähte, zu verschiedenen elektrischen Maschinen unum-
gänglich nöthig, müssen vorzugsweise jene der Madame Bo-
nis in Paris hervorgehoben werden, da die mit Seide oder
Baumwolle wmsponnenen Kupfer- und Eisendrähte vollkom-
men leitungsfähig und isolirt sind. Wir haben bis jetzt über
die ausgestellt gewesenen Sodawasser- Apparate keine Mit-
theilung gebracht, aus dem Grunde, weil ausser den, dem
Gange nach, guten und empfehlenswerthen Apparaten von
Hermann Lachapelle & Ch. Glower in Paris, die noch
248 Das Chloralhydrat.
ausgestellten Apparate, als ausser Betrieb, sich der Beurthei-
lung entzogen. Tischapparate, sogenannte Liebig’sche, zur
Bereitung der kohlensauren Wässer, haben Mehre ausge-
stellt, wir erwähnen bloss die besten Erzeuger dieser practi-
schen Apparate, Henry Maldinet & J. M. Durafort in
Paris.
Den Glanzpunkt der französischen Abtheilung jedoch
bildete die Ausstellung der Producte der französischen Colo-
nien (Martinique, Guadeloupe, Guyana, Senegalgebiet, Reunion,
Madagascar etc.). Dieselbe, sehr zahlreich mit Producten und
Erzeugnissen dieser Colonien beschickt, bietet für den Phar-
makologen ein grosses Interesse, und verlangt der Reich-
haltigkeit wegen (sie zählt über 2000 Nummern) ein inni-
geres Eingehen auf die Einzelnheiten, was wir uns zu thun
vorbehalten.
Dr. Mierzinsky.
Das Chloralhydrat.
Das von J. v. Liebig im Jahre 1830 entdeckte Chloral
ist vor Kurzem als Chloralhydrat von Dr. OÖ. Liebreich
als Anaestheticum und Hypnoticum in den Arznei-
schatz eingeführt worden, hat die grösste Aufmerksamkeit in
Fachkreisen erregt und verspricht nach den bisher in der
ärztlichen Praxis erzielten Resultaten auch in Zukunft eine
nicht unbedeutende Rolle unter den Heilmitteln zu spielen.
Das chemisch reine Chloralhydrat (C2C1?0H + H?O)
bildet weisse nadelförmige Krystalle, hat einen eigenthümlichen,
stechenden Geruch, einen etwas bittern, in concentrirter Lö-
sung im Halse geringen Reiz verursachenden Geschmack,
schmilzt und sublimirt leicht, und hält sich in mit Glasstöp-
seln verschlossenen Gefässen, auch in wässeriger Lösung,
lange Zeit unzersetzt. Bei der Dispensation sind gläserne,
porzellanene oder silberne Geräthschaften anzuwenden.
Das Chloralhydrat löst sich leicht in destillirtem Was-
ser, erst bei längerem Aufbewahren und bei Berührung mit
Das Chloralhydrat, 249
atmosphärischer Luft zeigen sich Spuren von Salzsäure, die
vorsichtig mit wenig Ammoniak neutralisirt werden müssen,
wenn die Lösung zu subcutanen Injectionen verwendet wer-
den soll.
Die Dosirung des Chloralhydrat richtet sich, wie
beim Morphium, nach der Individualität des Patienten, oder
wie beim Chloroform nach dem zu erreichenden Zwecke,
Für die innerlich anzuwendenden Lösungen empfiehlt
Dr. ©. Liebreich einen Zusatz von Mucil. Gummi arab.
oder Syrup. cort. aurant., doch ist zu beachten, alkalisch
reagirende Vehikel oder Corrigentien den Lösungen fern zu
halten, weil durch dieselben das Chloralhydrat zer-
setzt wird.
Dr. ©. Liebreich führt in seiner Brochüre (erschienen
bei ©. Müller, 29 Bendlerstrasse Berlin, 2. Auflage, Preis
16 Sgr.) über Chloralhydrat folgende Receptformeln an,
welche bei Anwendung kleinerer oder grösserer Dosen leicht
zu modificiren sind:
Rec. Hydratis chlorali 2,5 Rec. Hydratis chlorali 4,0
Agq. destill. Aq. destill.
Mueil. gummi arab. A& 15,0 Syr. cort. aurant. ä& 15,0
m.d.s, Auf einmal zu nehmen. m. d. s. Abends einen Esslöf-
(Als gewöhnl. Hypnotieum). fel voll zu nehmen.
| (Als gewöhnl. Hypnoticum).
Rec. Hydrat. chlorali 4,5 (bis 8,0!) Rec. Hydrat. chloral. 2,0
Ag. destill. Aq. dest, 150,0
Syr. cort. aurant. ä& 15,0 Syr. cort. aurant.
m.d.s. Auf einmal zu nehmen. Mueil. gummi arab. 35 15,0
(Bei Delirium Potatorum). m. d. s. Stündlich einen Ess-
löffel voll zu nehmen.
(Als Sedativum).
Rec. Hydrat. chlorali 5,0 Rec. Hydrat. chloral. 5,0
Aq. destill. 10,0 Solve in.aq. dest. quantum suf-
d. s. Einen Theelöffel voll in fieit, ut mensura centimetri eu-
einem Glase Wein, Bier, oder borum (Cubikcentineter) sit de-
Limonade zu nehmen. cem. d. s. 1 bis 4 Cubikcenti-
(Hypnoticum). meter subeutan als Hypnoticum
oder als Nachhilfe zu injieiren.
Berlin, Oct. 1869. E. Schering.
(Fabrik chem. Producte 21, Chaussee - Strasse).
250
II. Botanik.
Schistostega osmundacea, das Leuchtmoos, auch im
Rhöngebirge.
Im 106. Bande des Archivs der Pharmacie findet
sich auf Seite 235 eine Notiz über dieses Moos, welches
durch sein smaragdgrünes Leuchten von jeher die Aufmerk-
samkeit und Bewunderung der Gebirgsreisenden erregt hat.
Dieser seltene, niedliche Bürger der deutschen Moosflora gehört
nun auch unserm moosreichen Rhöngebirge an! Zwei
Stunden nördlich von Geisa, wo der basaltische Oechsen-
berg, der letzte Rhöngipfel, seine Abhänge in das Ulster-
thal sendet, liegt, im Buntsandstein eingebettet, das Dörfchen
Unter-Breizbach; einige hundert Schritte westlich, am
Eingange eines Wiesenthals, wächst in Sandsteinspalten am
schroffen Abhang das liebliche Moos, — in einer Ueppigkeit
und Schönheit der Exemplare, wie sie die meinigen aus Sach-
sen, Baden, Thüringen und selbst England kaum zu zeigen
vermögen, Dagegen waren diesen Sommer nur wenig Früchte
zu finden.
Die Heimath dieses wunderbaren Moospflänzchens ist das
gemässigte und nördliche Europa; in Norwegen, Schweden,
England und Schottland ist es ziemlich häufig, fehlt dagegen
gänzlich in Frankreich und in den südlichen Küstenländern.
Milde führt in seiner trefflichen „Moosflora von Nord -
und Mitteldeutschland“ (1869) folgende deutsche Standorte
an: Schlesien (an vielen Stellen, namentlich im Riesenge-
birge), den Harz, die sächsische Schweiz, Thürin-
gen (Oberhof, Gotha und Rudolstadt), das Fichtelgebirge,
den Schwarzwald und Westphalen.
Br TB
Schistostega osmundacea, das Leuchtmoos, auch im Rhöngebirge. 251
Die Sandsteinformation scheint das Leuchtmoos vorzugs-
weise zu bewohnen; es gedeiht aber auch auf Porphyr wie
auf Granit. In dunklen Höhlungen und Felsspalten, zu denen
der Strahl der Sonne nur schwachen Zutritt hat, entwickelt
sich der bleibende Vorkeim der Schistostega, einer Con-
ferve nicht unähnlich. Er besteht aus kugeligen Zellen, welche
von sehr grossen Chlorophylikörnern erfüllt sind. Und diese
Zellen des Vorkeims sind es, welche das Licht so gewal-
tig zurückspiegeln, dass jene Localitäten in ihrem sanften
Smaragdglanze einen feenhaften Anblick gewähren. Die
ausgebildete Pflanze leuchtet nicht! — Kein Wun-
der daher, dass die alten Botaniker Vorkeim und entwickel-
tes Moos für zwei verschiedene Pflanzen hielten und dass
selbst der altehrwürdige Bridel jenen Vorkeim als eine Alge,
mit dem Namen Catopridium smaragdinum, beschrie-
ben hat. — Erst Unger sah in ihm die keimende Schi-
stostega.
Der hiesige Standort hat mir ein reiches Material gelie-
fert und ich verfehle nicht, dasselbe allen sich dafür Inter-
essirenden bereitwilligst, und natürlich gratis, zur Verfü-
gung zu stellen. In einem Briefe lassen sich Hunderte von
Exemplaren dieses Mooses versenden, das so recht einen Po-
Iypodium - Wedel im winzigsten Maasstabe darstellt.
Geisa, im November 1869.
Adelbert Geheeb.
252
Neuestes und angeblich „„bestes‘ Mittel, schaal,
sauer und trübe gewordenes Lagerbier wieder her-
zurichten.
Von einem hiesigen Brauer wurde mir ein unter obigem
Namen öffentlich angepriesenes Mittel zu einer Untersuchung
auf seine Bestandtheile übergeben. Es war direct von dem
Verfertiger August Siegerist aus Mengen (Wür-
temberg) bezogen und dafür der Preis von 40 Xr.=11!/, Sgr.
bezahlt worden; diese Menge sollte ausreichen, 1 Eimer des
verdorbenen Bieres wieder herzustellen.
Die mir übergebenen Sachen bestanden aus:
I. einer Pappschachtel, welche eine, in Weachspapier
eingehüllte, teigige Masse enthielt, die schwach nach Hop-
fen roch;
ll. einem weissen, viereckigen, 45 Grm. fassenden, ver-
siegelten Glase, dessen Siegel die beiden Buchstaben A. 8.
zeigte; es enthielt eine braune saure Flüssigkeit;
III. einer Pappschachtel, darin 60 Grm. eines weissen
geschmacklosen Pulvers und
IV. einer grössern Pappschachtel mit °/, Pfund eines weissen
Pulvers.
Die beigegebene Gebrauchsanweisung lautete: Man nehme
die mit I bezeichnete Masse und bringe sie in einen Bier-
kübel mit 2 Maas Wasser zusammen, schlage sie mit einem
Hefenbesen so lange, bis alles gut vermengt und schaumartig
geworden ist, dann lässt man 1°/, Maas von dem kranken
Bier dazu und rührt !/, Stunde lang mit dem aufgestülp-
ten Arm fleissig um, dann wird die mit II bezeichnete Flüs-
sigkeit unter Umrühren zugegeben, wo eine flüssige sulzige
Masse entsteht, die hierauf in das Fass gebracht wird.
Hierauf wird das mit III bezeichnete Pulver in einem
Kübel ebenfalls mit 3—4 Maas Bier angerührt, mit einem
Besen durchgeschlagen, in das Fass gebracht und mit einem
Stocke, onne dabei die Hefe aufzurühren, so lange umgerührt,
bis alles oben heraus will, dann wird der Spund aufgesetzt,
nach 5 Minuten wieder abgenommen, damit man sieht, wenn
Bier - Bouquet, 253
es aufhört zu arbeiten; ist nun alles ruhig, so lässt man
absetzen und nach 48 Stunden ist das Bier hell, aber viel-
leicht noch etwas sauer; um diese Säure zu entfernen und
das Bier zu beleben, setzt man im Abziehfässchen auf je
10 Maas einen Löffel voll von dem moussirenden Pulver
Nr. IV. und verspundet fest.
Wenn genau nach Vorschrift gehandelt wird, so kann es
nieht fehlen, und kann ein solches Bier als das feinste ausge-
schenkt werden.
Die mit I bezeichnete Masse bestand der Hauptsache
nach aus Leim, der jedenfalls mit einem Hopfendecoct
schwach parfümirt und mit Sand zur Paste gemacht worden
war. Wahrscheinlich enthielt dieses Gemisch auch Knor-
pel u.dgl., da sich die Masse, nach der Entfernung des San-
des, nicht vollständig löste und unter dem Mikroskope noch
Zellen zu sehen waren. Auch Rudera von Fleischfasern
waren sichtbar.
Nr. II. bestand aus einer Weinsäurelösung, die mit
Syr. commun. braun gefärbt war. Die Weinsäure wurde
auskrystallisirt und als solche bestimmt.
Nr. DI. war gepulverter Marmor.
Nr. IV. enthielt Natronbicarbonat.
Abgesehen von dem höhern Preise, den die Consumenten
zahlen müssen, ist es aus sanitätspolizeilichen Rücksichten
jedenfalls strafbar, ein derartiges Bier als gutes zur Verwen-
dung zu bringen.
Jena, im November 1869. C. F. Schulze.
Bier - Bouquet.
Auf der Versammlung der Weimar. Apotheker in Berka
a/d. Ilm, Ende Aug. d. Jahres, theilte mir mein Freund Apoth.
Ruickoldt aus Buttstädt eine goldgelbe Tinctur mit, welche
in gewissen Etablissements zwischen Gotha und Hildburghausen
zur Aromatisirung der Biere angewendet wird. Eine qualitative
Untersuchung, welche Hr. Stud. pharm. Alex. Kaufmann
in meinem Beisein mit dieser aromatischen Flüssigkeit vorge-
nommen hat, ergab, dass dieselbe aus einer Auflösung von
Citronenöl und ätherischem Nelkenöl in fuseligem
Weingeist, gefärbt mit Curcuma bestand. Ein mit sol-
chem Bouquet gewürztes Bier ist eben kein reines Bier
mehr, obgleich es manchem Gaumen behagen mag. H.L,
RATE Re
.. a re
254
B. Monatsbericht.
T. Anorganische Chemie.
Ueber die Brauchbarkeit der Dialyse für den Nach-
weis von Quecksilber in organischen Massen.
L. Riederer hat durch eine grosse Anzahl von Ver-
suchen gezeigt, dass das dialytische Verfahren bei der Un-
tersuchung von organischen Massen auf Quecksilber mit Er-
folg angewendet werden kann.
Riederer giebt ferner an, dass es vortheilhaft sei, nicht
die Gesammtmenge der mit Salzsäure und chlorsaurem Kali
zerstörten Substanzen zu dialysiren, sondern die von der
erstmaligen Zerstörung erhaltene Lösung zuerst mit Schwe-
felwasserstoff zu fällen, den Niederschlag wieder mit wenig
Salzsäure und chlorsaurem Kali zu lösen und diese Lösung
erst auf den Dialysator gegen circa 500CC. Wasser während
5 Tage zu geben und dann die Dialyse nach dem Eindam-
_ pfen des Rückstandes noch einmal zu wiederholen. Die schliess-
lich erhaltenen Schwefelquecksilberniederschläge werden dann
mit Ammoniak und Schwefelammonium und mit verdünnter
Salpetersäure ausgewaschen, um sowohl Spuren von organi-
scher Substanz, als auch vorhandenes Schwefelkupfer fortzu-
nehmen. (Neues Repertorium für Pharmacie. Bd. XV.
Heft 5. Mai 1868.). Sch.
Ueber Prat’s angebliche Zerlegung des Fluors.
P. Cillis Versuche, in chem. Laboratorium des Carls-
ruher Polytechnikum angestellt und in der Zeitschr. f. Che-
mie (1868, 12. Nov. H. 21. S. 660) veröffentlicht, führen ihn
zu dem Schlusse, dass die Angabe von Prat, das bisher für
ein Element gehaltene Fluor bestehe aus einem neuen Ele-
mente und Sauerstoff, auf einem Irrthum beruhen müsse. Es
gelang nicht, durch Zusammenschmelzen von Flussspath mit
Zur Kenntniss des Indium. 259
chlorsaurem Kali Prat’s Fluor zu erhalten, auch nicht des-
sen Fluorsilber. Blankes Silber wurde von dem aus der Mi-
schung sich entwickelnden Gase gar nicht angegriffen. In
der Schmelze fand sich weder Kalk, noch Kalı.
Zur endgültigen Controle mischte Cillis 6 Grm. geschmol-
zenes chlorsaures Kali mit 3 Grm. Fluorcaleium (welches vor
dem Wägen mit HÜ]l ausgezogen, getragknet und geglüht
war), brachte die Mischung zwischen zwei Pfropfen von gerei-
nigtem Asbest in eine Verbrennungsröhre von böhm. Glase,
leitete einen Strom trockner Luft durch das etwas erwärmte
Rohr und schmolz dasselbe dann an einem Ende ab. Das
Gewicht der erkalteten Röhre = 76,355 Grm. Das Rohr
wurde in Magnesia eingebettet stark geglüht; es wog nach
dem Erkalten gereinigt 74,030 Grm. Mithin 2,325 Grm. Glüh-
verlust; für 6 Grm. KO,C10° berechnen sich 2,350 Grm. oder
36,16°%, Sauerstoff. Das Volumen des über Wasser aufge-
fangenen Sauerstoffgases betrug nach einer rohen Messung
1600 — 1700 C.C. bei 15°C. und 0,76 M. B.
Zum Vergleiche wurden 3 Grm. desselben geschmolzenen
chlorsauren Kalis ohne Flussspath geglüht und daraus 830C.C.
Sauerstoffgas erhalten; 6 Grm. KO,Ci05 würden also ohne
CaF 1660 C©.C. Gas gegeben haben..
Prat’s neues Fluor existirt sonach in Wirklichkeit nicht.
BE
Zur Kenntniss des Indium.
Das ungemein sparsame Vorkommen des Indium in weni-
gen Mineralien und Producten hatte bis jetzt nur wenige
Chemiker veranlasst, sich mit der Darstellung und mit den
Eigenschaften desselben zu beschäftigen. Dasselbe wurde
bisher hauptsächlich in Blenden und blendehaltigen Erzen
aufgefunden, deren Indiumgehalt zwischen 0,0062%, und
0,1%, schwankte.e R. E. Meyer hat in neuster Zeit ver-
sucht, das Indium aus einem zinkischen Ofenrauche von
der Juliushütte bei Goslar und aus Freiberger Zink darzu-
stellen.
Das erst genannte Material enthielt aber so wenig In-
dium, dass Meyer die Bearbeitung desselben aufgab, und
aus dem Freiberger Zink konnte nach den bisher angege-
benen Methoden ein vollständig eisenfreies Zink nicht erhal-
ten werden,
956 Zur Kenntniss des Indium.
Da nun die Darstellung eines gut krystallisirenden Sal-
zes das beste Mittel ist, die Reinigung eines Metalles mit
Erfolg durchzuführen, so bemühte sich Meyer, trotz der
schon von den Entdeckern des Indium erkannten äusserst
geringen Neigung der Indiumsalze zum Krystallisiren, ein
krystallisirendes Indiumsalz aufzufinden. Das essigsaure In-
dium, erhalten dureh Auflösen von Indiumhydroxyd in Eis-
essig und Eindampfen, bis eben die ersten Spuren der Krystal-
lisation sich zeigen, krystallisirt von allen Salzen des Indium
am besten. Das Umkrystallisiren muss geschehen durch Auf-
lösen in Eisessig und Eindampfen dieser Lösung, da eine
neutrale und selbst eine mit Essigsäure angesäuerte wässe-
rige Lösung von Indiumacetat durch Kochen, ja schon durch
Abdampfen bei niedriger Temperatur, gefällt wird. Da das
von Meyer angewandte Rohmaterial nur einen Indiumgehalt
von 0,014°/, besass, so musste derselbe circa 1 Ctr. Zink
verarbeiten. Von den Salzen des Indium, welche von Wink-
ler, der die meisten derselben dargestellt und beschrieben
hat, noch nicht untersucht worden sind, hat R. E. Meyer
folgende dargestellt. Jodindium von der Formel InJ? bildet
sich beim Erwärmen eines Gemenges von metallischem In-
dium mit etwas mehr als der aquivalenten Menge Jod in
einer Atmosphäre von trockner Kohlensäure.
Bromindium wurde auf ähnliche Weise dargestellt, ebenso
Chlorindium InCl?. Indiumhydrosulfid wird erhalten durch
Schwefelammonium aus Indiumlösungen. Beim Auflösen die-
ser als weisser Niederschlag erscheinenden Verbindung in
jeder beliebigen Säure geht dieselbe stets erst in gelbes In-
diumsulfid unter Entwicklung von H?S über.
Schwefelsaures und chromsaures Indium krystallisiren
nicht. Ameisensaures Indium bildet kleine, sehr lösliche Kry-
stalle; weinsaures Indium ist amorph. Das essigsaure Indium
dient, wie schon oben bemerkt, zur Reindarstellung des
Indium, ist aber in hohem Grade zersetzbar und kann von
constanter Zusammensetzung nicht erhalten werden. Von
krystallinischen Doppelsalzen des Indium hat Meyer das
Chlorammonium- Chlorindium von der Formel ANH*Cl, 3InOl?,
2H°O und das Chlorkalium-Chlorindium von der Formel
2KCl,InCl? + H?O dargestellt.
Das Chlorindium-Chlorlithium bildet büschelförmig grup-
pirte Nadeln, die aber äusserst zerfliesslich sind. Das
Cyankalium-Cyanindium erhält man in Lösung, wenn zu einer
Indiumlösung Cyankalium bis zum Verschwinden des anfäng-
lich gebildeten Niederschlags gesetzt wird. In fester Form
Zur Kenntniss des Indium. 257
lässt es sich nicht erhalten, da durch Eindampfen die Lösung
vollständig gefällt wird. Dieses Verhalten dient zur Schei-
dung und Bestimmung des Indium, Blausäure schlägt aus
einer essigsauren Indiumlösung kein Cyanid nieder (Unter-
scheidung von Zink und Cadmium).
Cyankalium bewirkt in Indiumlösungen eine weisse Fäl-
lung, im Ueberschuss des Reagenzes löslich. Die Lösung trübt
sich durch starke Verdünnung nach einiger Zeit, Beim Ko-
chen scheidet sich alles Indium als Hydroxyd ab.
Dieses merkwürdige Verhalten zeichnet das Indium vor allen
anderen Metallen aus und dient zur Abscheidung des Indium,
sowie zur quantitativen Trennung desselben vom Eisen. Die Be-
stimmung des Indium geschieht in Form von Oxyd und zwar
am Besten durch Glühen des Nitrats. Ueber die Fällbarkeit
des Indium durch Schwefelammonium hat Meyer mehre
quantitative Versuche gemacht. Das aus Indiumlösungen mit-
telst Schwefelammonium gefällte Hydrosulfid geht beim Er-
wärmen mit diesem Reagenz in Lösung, aus welcher es sich
beim Erkalten wieder abscheidet. Auch in der Kälte wird
etwas Indiumhydrosulfid gelöst. Gelbes Schwefelammonium
darf zur quantitativen Fällung des Indium nicht in Anwen-
dung kommen, ebenso wenig farbloses Schweielammonium,
wenn es sich um sehr genaue Arbeiten handelt. Was die
quantitative Scheidung des Indium von Eisen anbetrifft, so
ist es Meyer gelungen, eine leicht ausführbare und voll-
kommene quantitative Methode aufzufmden und zwar beruht
dieselbe auf der Eigenschaft einer mit einem Ueberschusse
von ÜUyankalium versetzten Indiumlösung, beim Kochen das
Indium in Form von Hydroxyd fallen zu lassen. Zum Ge-
lingen der nach dieser Methode der quantitativen Scheidung
des Indium von Eisen vorgenommenen Analyse sind ganz
bestimmte Bedingungen einzuhalten. Es werden die geglüh-
ten Oxyde des Indium und des Eisens gemeinsam gewogen
und dann in schwefelsaure Lösung übergeführt, am Besten
durch Schmelzen mit saurem schwefelsauren Kali und
Lösen der Schmelze in Wasser. Die Lösung wird in der
Siedhitze annähernd durch Soda neutralisirt, jede Spur freier
Kohlensäure durch Kochen entfernt und nach dem vollständi-
gen Erkalten Cyankaliumlösung bis zur stark alkalischen
Reaction hinzugefügt. Die durch das entstandene rothe Blut-
laugensalz roth gefärbte Lösung wird auf das 9— 10 fache
mit Wasser verdünnt und dann zum Sieden erhitzt. Das
Indiumhydroxyd scheidet sich hierbei in grossen weissen
Flocken ab, die sich beim Kochen zu einem weissen, amorphen
Arch. d, Pharm. CXC. Bds. 3, Hit, 17
258 Solidifieation d. Quecksilbers. — D. Quantit. d. Silbersf. Photographieen.
und leicht auszuwaschenden Pulver zusammenballen und wird
auf die gewöhnliche Weise in Indiumoxyd übergeführt und
dann gewogen. Eine gute Sorte des käuflichen Cyankalium
ist für diese Scheidungsmethode anzuwenden.
Diese Methode der quantitativen Scheidung des Indium
und des Eisens wird mit Vortheil zur Reindarstellung des
Indium angewendet, nachdem man das letztere schon vom
grössten Theile seines Eisengehaltes befreit hat. Versetzt
man dann eine schwefelsaure Indiumlösung, welche nur wenig
Eisen enthält, mit Cyankalium, so erhält man bei grösseren
Mengen einen starken weissen, sehr voluminösen Nieder-
schlag, welchen ein Ueberschuss des Reagenzes zu einer farb-
losen Flüssigkeit löst. Durch Kochen dieser Lösung nach star-
ker Verdünnung erhält man chemisch reines Indiumhydroxyd.
(Annalen der Chemie und Pharmac. Maiheft 1869.).
Sch.
Solidifieation des Quecksilbers.
Von practischer Wichtigkeit ist die von H. Wurtz
gemachte Beobachtung, dass das Quecksilber durch Zu-
satz von 1!/, Procent Natrium in einen festen Körper über-
geführt wird, der mit Leichtigkeit transportirt und an Ort
und Stelle ohne Schwierigkeit von dem Natrium wieder
befreit werden kann. (R. Wagner’s technology. Studien).
Hbg,.
Die Quantität des Silbers für Photographieen.
Die Menge des in Europa alljährlich zu photographischen
Zwecken verwendeten Silbers wird zu der kaum glaublichen
Höhe von 500 Centnern veranschlagt. I?
ET SE Be
259
II. Organische Chemie im Allge-
meinen und Phytochemie.
Weinsaures Chinidin
von der Zusammensetzung 040H ?#N?O2, 205H 601? + 6HO er-
hielt OÖ. Hesse, als er das neutrale Chinidintartrat mit der
etwa zehnfachen Menge Wassers übergoss, das Gemisch zum
Kochen brachte und so lange Weinsäure hinzusetzte, bis sich
fast Alles gelöst hatte. Die sich nach der Filtration beim
Erkalten ausscheidenden Krystalle des neuen Salzes sind
schöne, lange, weisse Prismen und werden durch kochendes
Wasser sogleich zersetzt, mdem das neutrale Tartrat gebildet
wird. (Annalen d. Oh. u. Pharm. OXLVIL 241 — 243.).
@.
Ueber den Emetingehalt der offieinellen Ipeeaeuanha
und der von Carthagena.
Es kann heute nicht entschieden werden, ob unsere offi-
cinelle Radıx Ipecacuanhae, welche seit fast 200 Jahren
nach Europa gebracht wird, absolut dieselbe ist, welche die
Indianer vor der Occupation Brasiliens durch die Portugiesen
verwandt haben, weil die verschiedenen Länder Südamerikas
nicht dieselbe Wurzel d.h. nicht dieselbe Varietät der Üe-
phaälis Ipecacuanha liefern. Seit einer langen Reihe von
Jahren behauptet die brasilianische Radix Ipecacuanhae den
ersten Platz und ist desshalb auch allein offieinell. Die-
selbe stammt her von der ÜCephaälis Ipecacuanha Richard,
welche nach Weddell ausschliesslich in Brasilien wächst,
während in anderen Theilen Südamerikas eine andere Sorte
Ipecacuanhawurzel erzielt wird, welche vor ungefähr 20 Jah-
ren zuerst im europäischen Handel erschien und Ipecacuan-
hawurzel von Neu-Granada oder Carthagena genannt wurde,
173
260 Ueb. d. Emetingehalt d. offieinellen Ipecacuanha u. d. v. Carthagena.
Diese Wurzel stammt von einer Varietät, welche von
Guibourt bestimmt und Ipecacuanha annele majew oder
Ipecacuanha gris blanc de Merat genannt wurde. Obwohl
nun nach Weddell die Uephaälis Ipecacuanha nur in Brasilien
vorkommen soll, so scheint doch aus den Untersuchungen von
Triana, welche derselbe während der pariser Ausstellung.
ausgeführt hat, hervorzugehen, dass die Ipecacuanha von Neu -
Granada zwar zu dem Genus Cephaälis gehört, aber zu einer
von den Botanikern noch nicht bestimmten neuen Art. Diese
Ansicht stimmt mit der schon früher von Guibourt ausge-
sprochenen überein.
Die ersten Sendungen dieser neuen Ipecacuanhawurzel,
welche über Havre nach Europa kamen, fanden bei den
Droguisten keine gute Aufnahme, weil die Wurzeln wahr-
schemlich in eimer ungünstigen Zeit gesammelt waren und
hierdurch sich in ihrem Aussehen so sehr von der brasiliani-
schen Wurzel entfernten, dass man dieselbe für eine falsche
Ipecacuanha erklärte.
Nach 4 bis 5 Jahren hatte sich nun unter den Expor-
tenren die Meinung herausgebildet, dass die Ipecacuanha von
Neu -Granada ebenso wirksam sei, wie die brasilianische und
es dauerte auch nicht lange, bis der Export der jetzt mit
mehr Sorgfalt cultivirten Wurzel eine bedeutende Ausdehnung
gewann, so dass wohl bald der Augenblick kommen wird, wo
der Handelswerth beider Wurzeln derselben sein wird. Wenn
nun ‚auch die Droguisten sich für Verwendung der neuen
Wurzel erklärten, ‚so waren anderseits die Apotheker Frank-
reichs in Betreff des therapeutischen Werthes derselben doch
nicht ohne Bedenken, weil weder Erfahrungen über die phy-
siologischen Wirkungen der neuen Wurzel, noch vergleichende
Analysen über den Emetingehalt beider Wurzeln bekannt
waren. Lefort hat nun letztere angestellt und folgenden
Weg eingeschlagen. Eine bei 100°C. getrocknete und gewo-
gene Quantität der gepulverten Wurzel wird zuerst mit star-
kem, lauwarmen Weingeist extrahirt, darauf mit Weingeist,
welcher mit dem gleichen Volumen Wasser verdünnt ist. Die
erhaltenen Lösungen werden gemischt und im Wasserbade
zur Syrupconsistenz eingedampft. Der erhaltene Rückstand
wird mit dem 15 bis 20fachen Volumen destill. Wassers ver-
dünnt, filtrirtt und das Filtrat mit einer eoncentrirten Tannin-
lösung versetzt. Es entsteht ein starker Niederschlag von
gerbsaurem Emetin.
Der sorgfältig ausgewaschene Niederschlag wird auf ein
gewogenes Filter gebracht, bei 100°C. getrocknet und
Ueb. d, Emetingehalt d. offieinellen Ipeeacuanha u, d, v. Carthagena. 261
gewogen. Wollte man das Emetin als solches bestimmen, so
müsste man zur Zersetzung des gerbsauren Emetins Alkalien
oder alkalische Erden anwenden, da Bleioxydhydrat das Tan-
nat des Emetins nicht zerlegt. Bei der Zersetzung des Tan-
nats durch Alkalien oder alkalische Erden wird aber stets
ein Theil des freien Emetins zersetzt. Lefort hat nun
gefunden, dass die brasilianische Wurzel mehr Tannat giebt,
als die von Neu-Granada.
Radix Ipecacuanh. Brasil.
(Gerbsaures Emetin aus 100 Grm. Pulver.
I. Versuch 1,441 Grm.
lI. Versuch 1,458 ,,
Radix Ipecacuwanh. von Uarthagena oder Neu-
Granada.
l. Versuch 1,550 Grm.
II. Versuch 1,3025
Lefort hat ferner gefunden, dass das Nitrat des Eme-
tins sehr wenig in Wasser löslich ist und dass eine wässrige
Lösung des Emetinacetats mit Kaliumnitrat einen voluminö-
sen Niederschlag giebt, welcher sich zu einer braunen,
extractföormigen Masse zusammenballt, welche unlöslich in
Wasser und sehr leicht löslich in Weingeist ist.
Lefort hat nun, zur Controle seiner ersten Bestimmun-
gen des Emetins als Tannat, dasselbe auch als Nitrat bestimmt
und zwar auf folgende Weise. Die gepulverte Wurzel wird
mit starkem Weingeist vollständig erschöpft, die erhaltene
Tinctur auf dem Wasserbade verdampft und der hückstand
mit siedendem Wasser ausgezogen. Die wässrige Lösung
wird möglichst eoncentrirt und mit einigen Tropfen einer
gesättigten Lösung von Kaliumnitrat versetzt. Der entstan-
dene Niederschlag wird in Weingeist gelöst und die Lösung
in einer gewogenen Schale zur Trockniss verdampft und
gewogen. Lefort erhielt folgende Resultate.
Nitrat des Emetins aus 100 Grm. Wurzel.
Radix Ipecacuanh. Brasil. 1,350 Grm.
n u de Carthagena 1,082
Es geht also auch aus diesen Controlversuchen Lefort's
hervor, dass die brasilianische Wurzel reicher an Emetin ist,
als die von Neu-Granda oder v. Carthagena. Was nun die
sonstigen Eigenschaften der Radix Ipecacuanh. de Carthagena
anbetrifft, so ist noch hervorzuheben, dass der Geruch dersel-
262 Ueber d. Darstellung, Eigenschaften u. Zusammensetzung d. Emetins.
ben weniger stark ist, als der der brasilianischen, dass ferner
die Farbe der aus Wurzel von Neu-Granada dargestellten
weingeistigen Tinetur weniger intensiv ist, als die der andern
und dass dieser Unterschied von einem stärkeren Gehalt der
brasilianischen Wurzel an Harz herrührt. (Journal de phar-
macie et de chimie. März 1869.). Sch.
Ueber die Darstellung, Eigenschaften und Zusammen-
setzung des Emetins.
Lefort hat das Emetin nach der von Leprat angege-
benen Methode, die er in etwas verbesserte, dargestellt.
Die gepulverte Ipecacuanha wird in einem Deplacirapparat
zuerst mit Weingeist von 86°, darauf mit Weingeist von 56°
erschöpft. Die erhaltenen Auszüge werden gemischt und
auf dem Wasserbade bis zur Syrupconsistenz verdampft.
Der Rückstand, welcher das Emetin in Verbindung mit einer
organischen Säure, der Ipecacuanhasäure enthält, wird in eine
Flasche mit Glassstöpsel gebracht, darauf auf je 100 Th. des
angewandten Pulvers 2 Th. Kalihydrat, welches in wenig
Wasser gelöst ist, und ein der erhaltenen Mischung gleiches
Volumen Chloroform hinzugefügt. Das Gemenge wird tüch-
tig durchgeschüttelt und mehre Tage sich selbst überlassen.
Da sich eine alkalische Lösung des Emetins sehr leicht bei
Zutritt der Luft bräunt, so muss die Flasche ganz gefüllt
sein. Nach einigen Tagen hat sich das emetinhaltige Chloro-
form abgeschieden. Dasselbe wird mittelst einer Pipette abge-
hoben und die restirende Flüssigkeit noch einmal mit Chlo-
roform behandelt. Die erhaltenen Ohloroformauszüge werden
filtrirt und im Wasserbade der Destillation unterworfen. Der
Rückstand im Destillationsgefässe ist Emetin, gemischt mit
einem Harz, welches man durch Behandeln des Rückstandes
mit einer schwachen Säure entfernt, Die erhaltene Salzlö-
sung des Emetins fällt man mit Ammoniak, doch muss ein
Ueberschuss des Fällungsmittels vermieden werden. Das
Emetin scheidet sich als ein voluminöses Pulver aus, welches
nach dem durch Decantation beförderten Auswaschen mit
destillirtem Wasser auf ein Filter gebracht wird.
Sollte dieses Emetin noch geringe Mengen der harzigen
Substanz enthalten, so behandelt man dasselbe mit etwas
Aether, Das reine Emetin ist ein weissliches, fast geruchlo-
Künstliche Bildung von Alizarin aus Anthracen. 263
ses, bitter schmeckendes Pulver, schmilzt bei 70°C,, färbt sich
an der Luft braun, löst sich in allen Verhältnissen in Wein-
geist und Chloroform. In Aether und in fetten Oelen ist es fast
unlöslich. Die fixen Alkalien lösen das Emetin sehr leicht,
Ammoniak fast gar nicht. Salzsäure, Schwefelsäure, Phosphor-
säure und Essigsäure bilden mit dem Emetin amorphe und
in Wasser leicht lösliche Salze. Salpetersäure bildet dagegen
mit dem Emetin merkwürdiger Weise eine schwer lösliche
Verbindung, welche für das Emetin ganz besonders charakte-
ristisch ist. Tannin, Sublimat, Jodquecksilber - Jodkalıum
fällen das Emetin aus seinen wässrigen und weingeistigen
Lösungen. Die Elementaranalyse giebt Zahlen, welche zur
Formel C$°H*?N?01% führen. Das chlorwasserstoffsaure Eme-
tin hat die Zusammensetzung:
CEO -N2O0LR IHOR:
das schwefelsaure Emetin ist C®0H?#N2016% 4 SO? zusam-
mengesetzt. (Journal de pharmacie et de chimie. April 1869.).
Sch.
Künstliche Bildung von Alizarin aus Anthracen.
C. Gräbe und ©. Liebermann haben früher gezeigt,
dass das Alizarin ein Derivat des Anthracens ist. Das An-
thracen ist ein Bestandtheil des Steinkohlentheeröls. Jetzt
ist es diesen Ohemikern gelungen, aus dem Anthracen künst-
lich das Alizarin darzustellen und die Identität dieses künst-
lichen Alizarins mit dem aus der Krappwurzel festzustellen.
Gelingt es, diese Entdeckung technisch verwendbar zu machen,
so wird dieselbe für die Krappindustrie von grosser Wichtig-
keit sein. (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft.
IT. Jahrgang. Nr. 1. Januar 1869.). Sch.
Das Nähere siehe in denselben Berichten 8. 505; auch
im Auszug in Böttgers polytechn. Notizblatt, 1869, Nr. 24.
S. 369, NEBWE:
264
11I. Botanik und Pharmacognosie.
Die wichtigsten in Afrika zur Bredbereitung
benutzten Getreidesorten.
In der Sitzung des naturwissenschaftl. Vereins f. d, Pro-
vinz Sachsen und Thüringen in Halle vom 28. Octbr. 1868
legte Herr Dr. Köhler zwei einer ägyptischen Mu-
mie entnommene Weizenähren (von Triticum com-
positum Linne) vor. Dieselbe Species wird gegenwärtig
noch angebaut und ist es bekannt (aber sehr oft bezweifelt
worden), dass der dem Mumienweizen entnommene Samen
mehrfach gesät wurde und nach mehre Jahrtausende hindurch
latent gebliebener Keimkraft aufging und Früchte trug. Auch
im Haller botanischen Garten wurden derglei-
chen Versuche nach Bericht des Herrn Inspector
Paul mit Erfolg angestellt.
Neben diesem Weizen nehmen der Mais und die Durra
in Aegypten, Nubien, den Nigerländern, der Goldküste u. s. w.
die erste Reihe unter den Getreidearten ein. Namentlich hat
der Mais eine enorme Verbreitung von Aegypten und Ara-
bien an bis zu den Kafferländern hinab, und wird fast durch-
gehends genau auf dieselbe Weise zubereitet, vorausgesetzt,
dass die betreffenden Völkerstänme die ersten Anfänge einer
gewissen Uultur zeigen.
Da der ungekochte Mais Verdauungsbeschwerden, ja Ma-
gen- und Darmentzündung erzeugt, so wird er roh überhaupt
nicht gegessen ; vielmehr wird er von der Blattscheide befreit
und entweder über niedrigem Feuer geröstet oder mit sammt
den Hüllen gekocht. Die jüngeren grünen Körner werden
in dieser Form von den Colonisten wie Erbsen gern verzehrt
und die Eingebornen von Ebo, Altcalabar, Gaboon und
Kongo kochen Suppen mit Palmöl, Fisch und Garnelen
daraus. In Aschante, Papo, Dahomey, an der Gold-
küste und m Yoruba wird aus Mais Brod, Kankie, und
ein Getränk, Pitto, zubereitet. Um Kankies zu gewinnen,
werden die Maiskolben einen Tag in Wasser macerirt, dann
Die wichtigst. in Afrika z. Brodbereitung benutzten Getreidesorten. 265
zwischen 2 Steinen, wovon der eine cylindrisch und der
andere eine Art Hohlrinne ist, zerrieben. Nach 3maliger
Wiederholung dieser Operation ist ein sauer reagirendes gro-
bes Mehl die Ausbeute, welches zu Teig geknetet und zu
mannsfaustgrossen, mit Maisblättern und Blattscheiden um-
wickelten Klössen geformt und in Wasser ein paar Stunden
gekocht, oder in eigens dazu von Lehm und Thon gefertig-
ten Backöfen gebacken wird. Pitto ist ein verhältniss-
mässig rationell gebrautes Maisbier von bitterem Geschmack;
letzteres ist den Afrikanern keineswegs eigenthünlich, son-
dern auch die Peruaner und andere südamerikan. Stämme
bereiten ein berauschendes Getränk aus Mais, welches sie
Chicha de marjo oder Jora nennen.
Gleichfalls ausgedehnt ist die Cultur der Durra, Do-
wah, Akkoko, Baba, Ghafully (arabisch), welche von
Holeus Durra (Sorghum vulgare; Andropogon
Linne) abstammt. Die Goldküste ist das eigentliche Mut-
terland dieser Grasart, welche von den Wüstenstämmen, den
Einwohnern von Sudan, von der Bai von Biafera und von
Kongodistriet ebenso, wie von den Aegyptern, Arabern und
Nubiern cultivirt wird und den in den fernen Westen ver-
kauften Negern in Gestalt ihres allen übrigen Nahrungsmit-
teln vorgezogenen Guineakorns nach den Kaffee-, Zucker-
und Baumwollen- Plantagen der neuen Welt gefolgt ist.
Sorghum vulgare wird in Arabien und Aegypten (Kairo)
u. 8. w. zum Brodbacken allgemein benutzt und kommt nach
Forskal in 4 Varietäten vor: 1) als Holcus Durra
(Arabien, Aegypten); 2) Holcus Dochna, in Arabien,
Darfur und am rothen Meere gebräuchlich, nach Burkhart
in Aegypten unbekannt; 3) Holcus exiguus, am Nil im
November blühend und 4) Holcus racemosus in Yemen.
Es wird von den Eingeborenen eine Art Pudding, Ba-
zeen genannt, daraus bereitet (Golf von Guinea, Goldküste)
und Brod, welches die an der grossen Wüste ansässigen
Stämme auf ihren Wanderungen begleitet, daraus gebacken.
Ebenso wie aus Mais wird aus Durra Bier gebraut, welches
Bonza heisst (Akim in Dahomey).
In Nubien, Nufe und Nordafrika überhaupt ist man in
der Bierbereitung weiter; Gewürze (Pfeffer), Honig u. s. w.
werden in irdenen Töpfen mit dem Durramalz zur Gährung
gebracht. Die beste Art dieses Gebräues heisst an Ort und
Stelle Om-belbel d.i.: „Mutter der Nachtigall,“ weil die
davon Trinkenden zu singen anfangen. Dr. Köhler verweist
hinsichtl. weiterer Details auf die Mittheilungen des an der
266 Neue Gewinnungsart des Bernsteins. — Bernstein v. Australien.
afrikan. Westküste stationirten englischen Staff Surgeon , Dr.
W.F.Daniell im Pharm. Journal. (Zeitschr. f. d. ges. Nat. -
Wissensch. Sept. Octbr. 1868. 8. 349.). HE:
Neue Gewinnungsart des Bernsteins.
Zu den vielleicht seit Jahrtausenden betriebenen Ge-
winnungsarten d. Bernsteins durch Schöpfen und Stechen ist
in den letzten Jahren eine weitere hinzugekommen, die Bag-
gerei im Kurischen Hafl. Zur Offenhaltung der Fahrstrasse
von Königsberg oder Kranz nach Memel waren auf dem Ku-
rischen Haff von Seiten d. K. Preuss. Regierung Bagger
stationirt, mit welchen gelegentlich auch Bernstein aus dem
Haffgrunde zu Tage gebracht wurde. Dies veranlasste, wie
der Preuss. Staats-Anzeiger berichtet, die Firma Bre-
ber und Stantien in Memel, von der Regierung gegen
Uebernahme der Verpflichtung, diese Fahrstrasse offen
zu erhalten und gegen Pacht das Recht der Bern-
steingewinnung im Kurischen Haff zu erwerben und dieselbe
in grossem Umfang zu betreiben. Es sind bei Schwarz-
ort auf der Kurischen Nehrung 9 Dampfbagger und 3 Hand-
bagger ungefähr 6 Monate des Jahres hindurch Tag und
Nacht mit der Bernsteingewinnung beschäftigt. Eine Arbei-
tercolonie giebt 600 Arbeitern in der Woche Obdach. Ma-
schinen- Werkstätte, Schiffszimmerplatz, Hafenanlagen, Maga-
zine und Lagerbäume etc. schliessen sich an dieselbe an und
der Erfolg des Unternehmens war ein bedeutender, denn es
werden ungefähr 73,000 Pfund Bernsten im Werthe von
etwa 180,000 Thalern in einem Jahre gewonnen; für jeden
Tag also 400 Pfund im Werth von 1000 Thalern. Aller-
dings sind auch die Kosten bedeutende und die Unterneh-
mer müssen ein grosses Anlage- und Betriebskapital verzin-
sen und amortisiren. (Buchners N. Rep. f. Pharm. 1868.
Bastn, Hert 11. :S,.694). HI:
Bernstein von Australien.
Die Entdeckung eines Bernsteinlagers in Australien
wurde zu Grassy Gully in der Nähe von Bokewood
gemacht und seitdem graben einige Arbeiter in diesem La-
ger, auch hofft man in der Nachbarschaft noch andere solche
Lager aufzufinden. Ein Mineralog vom Fach zu Ballarat
giebt von der gefundenen Substanz folgende Beschreibung:
Die mir zur Prüfung übergebene harzige Substanz ist unzwei-
Ueber Pinus silvestris, P. Pumilio u. P. Mughus. 267
felhaft Bernstein und wurde meines Wissens nicht bloss vor-
übergehend in dieser Colonie angetroffen, wesshalb sie als
eine neue Bereicherung der Mineralien unserer Öolonie gel-
ten kann.
Die Farbe dieser Substanz ist braun, gelblich weiss
gestreift; dieselbe ist durchsichtig, von muschligem Bruch
und Wachsglanz. Spec. Gew. 1,1. Beim Reiben wird sie
elektrisch; beim Erhitzen liefert sie empyreumatisches Oel
und Bernsteinsäure, auch stimmt sie in den übrigen Eigen-
schaften mit dem braunen europäischen Bernstein überein.
(Pharm. Journ. and Transactions. Febr. 1868; Buchner's N.
Repert. f. Pharm. 1868, bd. 17, Heft 5. S. 316.). aß ih:
Ueber Pinus silvestris, P. Pumilio und P. Mughus.
Prof. Koch aus Berlin theilt bezüglich einer scharfen
Unterscheidung von Pinus Pumilio u. Pinus silvestris
mit, dass die Sprossen bei P. Pumilio im Winter ganz stumpf,
bei P. silvestris aber spitz seien. Prof. A. Braun bemerkt,
dass der Unterschied beider Pinusarten sehr gross sei und
sich bis in die Ebenen herunter erhalte. Er erklärt den vom
Prof. Koch angegebenen Unterschied als mit der Form der
Nadeln zusammenhängend und giebt als weitere Unterschiede
an, dass
1) die Rinde der P. Pumilio nie so dick angeschwollen
sei, wie die der P. silvestris, sondern fein u. glatt ablösbar.
2) stehen die jungen Zapfen der P. Pumilio aufrecht
und haben keinen Stiel, während die der P. silvestris sehr
bald hängend u. mit einem ziemlich langen Stiel versehen seien;
3) fallen die am Grunde der kätzchenförmigen männlichen
Blüthen befindl. Deckblätter bei P. silvestris schon vor
oder während des Aufblühens ab, während sie bei P. Pumilio
oft noch nach 2 Jahren stehen.
Prof. Fenzl aus Wien theilt bezügl. des Streites über
Pinus silvestris und P. Mughus Jacg. mit, dass ihm
Jacquin persönlich versichert habe, es liege hier ein Irr-
thum seines Vaters zu Grunde, welcher die nordische Pinus
silvestris, wenn sie im Norden Deutschlands vorkomme, für
verschieden von unserer P. silvestris gehalten und ihr den
Namen Pinus Mughus gegeben habe. (Aus den Verhandl.
d. Sect. f. Bot. u. Pflanzenphysiol. d. 43. Versamml. d. Natur-
forscher und Aerzte zu Innsbruck 1869; in Botan. Zeitung,
29. Oct. 1869. Nr. 44. S. 749.). BR
IV. Zoochemie und Zoologie.
Ueber die Aufsuchung von Ammoniak in thierischen
Flüssigkeiten und über das Verhalten desselben in
einigen seiner Verbindungen.
E. Brücke wendet hierzu folgendes Verfahren an. Er
nimmt eine flache Dose aus Glas mit aufgeschmirgeltem
Deckel. An letzteren klebt er mittelst Wachs eine weisse
Porzellanscherbe. Iliese benetzt er mit sehr verdünnter
Schwefelsäure oder auch mit Lösungen von Weinsäure oder
Öxalsäure, alle vorher auf Ammoniak geprüft. Nun lässt er
in die Dose direct aus der Ader eines Hundes Blut rinnen
und setzt den Deckel auf, nachdem der Rand Behufs bessern
Verschlusses mit etwas Oel benetzt war. Das Ganze bleibt
eine Stunde bei 18— 20°C. stehen. Nach Verlauf derselben
wird der Deckel abgehoben und auf die Scherbe Nessler-
sches Reagenz getröpfelt. Dies weist deutlich Ammoniak
nach. Gegenversuche mit Wasser statt Blut blieben. resul-
tatlos.
Das Nessler’sche Reagenz wird nach Hadow’s
Vorschrift bereitet: 2!/, Unzen Jodkalium werden in 10 Un-
zen Wasser gelöst und so lange Sublimatlösung zugefügt,
als der Niederschlag noch durch Schütteln wieder aufgelöst
werden kann. Dann fügt man 6 Unzen Kali, im gleichen Ge-
wichte Wasser gelöst, hinzu und verdünnt das Ganze mit
Wasser bis zum Volumen von 1 Quart.*)
Auf obige Weise geprüft giebt Kaninchenblut Ammoniak
ab. Speichel entwickelt bedeutende Mengen von Ammoniak.
Auch bei directem Zusatze von Nessler’schem Reagenz zu
Speichel bräunt sich derselbe stark.
Frisches Hühnereiweiss zeigt gleichfalls Ammoniakent-
wicklung. Harn entwickelt Ammoniak, auch wenn er ent-
schieden sauer reagirt; trüber, nur schwach saurer, mehr.
*, Ein guter Vorrath von Reagenz ! Hals
_
_ Ueber d. Aufsuchung v. Ammoniak in thierischen Flüssigkeiten ete. 269
Das Befremdliche der Ammoniakentwicklung aus saurer
Flüssigkeit verliert sich, wenn man die Erscheinung im Zu-
sammenhange mit andern 'T'hatsachen betrachtet.
So ist schon längst bekaunt, dass wohl alle Ammoniak-
salze in Lösung sich zersetzen, indem Ammoniak entweicht.
Selbst bei gewöhnlicher Temperatur und aus den Salzen der
stärksten anorganischen Säuren geschieht dies. Desshalb röthet
ammoniakalischer, oder mit Ammoniak im Ueberschuss ver-
setzter normaler Urin Lackmuspapier, wenn er auf letzterem
eintrocknet. Die Lösungen aller auf dieses ihr Verhalten
geprüfter Ammoniaksalze verhalten sich so. Kohlensaures
gab die schwächste Spur von Roth, ein Beweis, dass das
Ammoniak immer noch flüchtiger ist als die Kohlensäure.
Auffälliger ist es, wenn Flüssigkeiten, in denen gar kein
Ammoniak nachweisbar ist, solches abdunsten.
Z.B. Kine Lösung von künstlich dargestelltem Harn-
stoff, mit kohlensaurem Kalk oder kohlensaurer Magnesia oder
gewöhnlichem phosphorsauren Natron versetzt, entwickelt
Ammoniak. Ebenso entwickelt sich Ammoniak, wenn man
Harnstoff in Aetzkalilösung zergehen lässt. Trotzdem lässt
sich in diesen Flüssigkeiten durch directen Zusatz des Ness-
ler’schen Reagenzes nur Harnstoff und nicht Ammoniak nach-
weisen. Es entsteht nur der weisse, von Harnstoff herrüh-
rende Niederschlag.
Der Verf. kommt: desshalb auf die Idee, dass nicht nur
die Entwicklung, sondern vielleicht auch die Bildung des
Ammoniaks lediglich an der Oberfläche der Flüssigkeit statt-
finde.
Die Thatsache, dass der reine Harnstoff in alkalisch
reagirenden Flüssigkeiten Ammoniak entwickelt, führt auf die
Trüglichkeit verschiedener zur Aufsuchung des Ammoniaks
empfohlener Methoden.
Kalilauge ist zu verwerfen, da selbst eine so stabile Ver-
bindung, wie die Harnsäure, die Probe nicht aushält. Magne-
sia usta, die später empfohlen wurde, ist gleichfalls unbrauch-
bar, da sie auch mit dem Harnstoff Ammoniak liefert. Verf.
hat nichts gefunden, was er mit vollem Vertrauen empfehlen
könnte.
Ausgedehntere Anwendung scheint ihm eine Flüssigkeit
finden zu können, die er dadurch bereitet, dass er Bleizuckerlö-
sung so viel Kalilösung zusetzt, dass sie rothes Lackmuspapier
bläut, andrerseits aber, mit blauem Lackmuspapier geprüft,
beim Eindringen von der direet benetzten Stelle aus noch
einen entschieden rothen Rand hervorbringt. Wenigstens ent-
970 Ueber d. Vorkommen d. Harnstoffs in d. Milch d. Herbivoren.
wickelt eine solche Lösung aus Harnstoff kein Ammoniak,
während sie solches aus Ammoniaksalzen reichlich entwickelt.
Als allgemein entscheidend kann man indess auch die
Anwendung dieses Reagenzes nicht ansehen, so lange man das
Verhalten anderweitiger Verbindungen von Stickstoffgehalt
ausser den Ammoniaksalzen in der zu untersuchenden Flüssig-
keit nicht kennt.
Ebenso wenig weiss Verf, bis jetzt, wie man entscheiden
will, ob das Blut Spuren von Ammoniaksalzen enthält oder
ob das Ammoniak, welches entweicht, lediglich Zersetzungs-
produet anderweitiger stickstoffhaltiger Substanzen ist. Dass
das Blut, wenigstens das des Hundes, keine irgend wie
beträchtliche Mengen von Ammoniaksalzen enthält, davon hat
sich Verf. durch zwei Versuche, . die negative Resultate erga-
ben, überzeugt. Das Blut wurde im gleichen Volum Blei-
zuckerlösung aufgefangen, gemischt und ein Theil in den
Dosen geprüft; die übrige Flüssigkeit wurde filtrirt, das
Filtrat mit Oxalsäure gefällt, wieder filtrirt und mit Kali
übersättigt.
Diese Flüssigkeit zeigte durch directen Zusatz des Ness-
ler’schen Reagenzes Ammoniak nicht an und ebenso wenig
die erstere in den Dosen.
Das Verhalten einer Substanz zu Nessler’s Reagenz
kann auch zur Entscheidung der Frage dienen, ob dieselbe
ein wahres Ammoniaksalz sei oder nicht. Es wird an den
Streit über die Constitution des Murexids erinnert, welches
von Fritzsche für saures purpursaures Ammoniak erklärt
wird. Nun entwickelt das Murexid zwar mit Kali Ammoniak,
aber auch schon durch Einwirkung von kohlensaurer Magne-
sia. Bei directem Zusatz des Nessler’schen Reagenzes zeigt
es die Erscheinungen anderer Ammoniaksalze jedoch nicht.
(Aus den Sitzungsber. d. K. Acad. d. Wissenschaft zu Wien
übergeg. ins Journ. f. pr. Chem. Jahrg. 1868. U. bd. 8.478
— 497.). B. E.
Ueber das Vorkommen des Harnstoffs in der Milch
der Herbivoren nach Lefort.
Seitdem Dumas und Pr&vost normalen Harnstoff im
Blute angezeigt haben, suchten die Chemiker — und oft mit
Erfolg — auch in andern Flüssigkeiten des Organismus die-
Ueber d. Vorkommen d. Harnstofis in d. Milch d. Herbivoren. 271
ses letzte Oxydationsglied der stickstoffhaltigen Bestandtheile
der Eiweisskörper. Millon fand normalen Harnstoff in
beträchtlicher Menge in dem Humor vitreus der Augen von
Mensch, Rind und Hund, ebenso in der wässrigen Flüssig-
keit der vordern Augenkammer, was Wöhler und Mar-
chand bestätigen. Etwas später fand Wurtz Harnstoff in
der Lymphe und der Flüssigkeit des Ductus thoracicus.
Poiseuille und Gobley zeigten durch zahlreiche quanti-
tative Analysen, dass diese Substanz, durch das arterielle
Biut den Nieren zugeführt, nicht völlig wieder ausgeschie-
den werde. Es ist zweifellos festgestellt worden, dass der
grössere Theil des Harnstoffs in die Circulation übergeht, um
neue Transformationen zu erleiden, mit einem Worte, dass
dieses Immediatprincip nicht wesentlich excrementelles Pro-
duct sei.
In der Milch gesunder Herbivoren ist der Harnstoff
noch nicht gesucht, in der Milch kranker Thiere z. B.
bei Morbus Brightii ist er schon gefunden worden. Lefort
verfuhr nach folgender Methode: 8 Liter Molken, aus der
Milch zweier völlig gesunder Kühe dargestellt, wurden etwas
unter 100° eingedampft, und von Zeit zu Zeit durch Filtration
die abgeschiedenen Käse- und Eiweissstoffe entfernt. Die
syrupähnliche Flüssigkeit gab nach dem Erkalten eine grosse
Menge Milchzucker mit einigen der weniger löslichen Salze
der Milch gemischt.: Die von dem Bodensatze getrennte
Flüssigkeit wurde in Weingeist von 85° geschüttet und im
Wasserbade erwärmt, um die völlige Lösung des Harnstofts
in dein wässrig weingeistigen Vehikel zu bewirken. Die Lö-
sung wurde filtrirt, im Sandbade bis zur Syrupconsistenz
eingedampft und nach dem Erkalten mit concentrirter, reiner
Salpetersäure behandelt. z
Nach 48 Stunden hatte sich ein reichlicher Bodensatz
gebildet, leicht löslich in Wasser, schwach gelb gefärbt, der
neben salpetersaurem Harnstoff eine beträchtliche Menge sal-
petersaures Kali, je nach Verhältniss der Concentration und
Säure der Mischung, enthielt. Der wässrigen Lösung wurde
kohlensaurer Baryt zugesetzt und im Sandbade bis zur Con-
sistenz eines weichen Extractes eingedampft. Dieses mit
starkem Weingeist aufgenommen gab eine gelbe Lösung,
die sehr viel in prismatischen Nadeln krystallisirten Harn-
stoff lieferte.
‚8 Liter Molken, 10 Liter reiner Milch entsprechend,
gaben 1,5 Grm. salpetersauren Harnstoff, leicht erkennbar an
2372 Darstellung des Alloxans.
seinen Krystallen und seiner unlöslichen Verbindung mit
salpetersaurem Quecksilberoxyd. (Journ. de pharm. et de
chim.). R.
Darstellung des Alloxans.
J. v. Liebig giebt folgende Methode an, nach welcher
man von einer gegebenen Menge reiner Harnsäure sehr nahe
das theoretisch berechnete Quantum Alloxan erhält. Die
Harnsäure wird zuerst in verdünnter Salpetersäure aufgelöst.
Man mischt 1 Thl. roher Salpetersäure von 1,42 spec. Gew.
mit 8 bis 10 Thl, heissem Wasser von 60 bis 70°ÜC., und
trägt in diese verdünnte warme Salpetersäure in hohen
Bechergläsern die Harnsäure in kleinen Portionen ein, bis die
Flüssigkeit eine zwiebelrothe Farbe annimmt. Man erhitzt
sie jetzt mit dem Rest der suspendirten Harnsäure zum Sie-
den und filtrirt.
Aus dieser Lösung wird das gebildete Alloxan durch
Zinnchlorür in der Form von Alloxantin ausgefällt. Zu die-
sem Zwecke versetzt man eine concentrirte Zinnlösung im
Salzsäure mit ihrem gleichen Volumen roher Salzsäure und
giesst diese Lösung unter Umrühren in die Alloxanlösung.
Es entsteht nach wenigen Minuten ein weisser, feiner, pulver-
förmiger Absatz von Alloxantin, von dem man die obenste-
hende Flüssigkeit abgiesst; diese wird aufs Neue mit Zinn-
chlorür versetzt, so lange sich noch Alloxantin abscheidet.
Wenn die Flüssigkeit bei erneuertem Zusatz von Zinnchlo-
rür eine gelbe Farbe annimmt, so ist der Fällungspunkt
überschritten.
Alles gefällte Alloxantin wird auf Filtern gesammelt, mit
destillirtem Wasser ausgewaschen, auf Ziegelsteinen getrock-
net, zerrieben und sodann mit einer Mischung von 2 'Thl.
rauchender Salpetersäure von 1,5 spec. Gew. und 1 Thl.
käuflicher Säure von 1,42 spec. Gew. zu einem dicken Brei
angefeuchtet. Man lässt diese Mischung einige Tage stehen,
bis sie sich in Wasser vollständig löst. Man breitet jetzt
den salpetersäurehaltigen Brei von Alloxan auf reine Ziegel-
steine aus, lässt ihn vollständig an der Luft austrocknen und
erhitzt ihn in einer weiten Porzellanschale auf dem Wasser-
bade unter beständigem Umrühren, bis man keine Spur von
Salpetersänre mehr riecht.
Schutz der Vögel. 273
Die trockene Masse wird alsdann in heissem Wasser bis
zur Sättigung aufgelöst, filtrirt und die Lösung der Krystal-
lisation überlassen. Die Alloxankrystalle, welche man er-
hält, sind in der Regel ganz farblos, wasserhell und frei
von Salpetersäure; sie halten sich beim Aufbewahren unver-
ändert. (Annalen d. Oh. u. Pharm. CXLVII, 366 — 369.).
G.
Schutz der Vögel.
In ganz Preussen, den neuen wie den alten Landesthei-
len, gilt eine Verordnung, wonach gewisse nützliche Vogel-
gattungen, welche schädliche Insecten, Säugethiere etc. in Feld
und Wald vertilgen, in keiner Zeit des Jahres gefangen oder
getödtet werden dürfen. Wo einzelne Ausnahmen statuirt,
wo z. B. einzelne der exemten Vögel in Dohnenstrichen
gefangen werden, darf dies doch nur erst nach dem 15. Octo-
ber jedes Jahres geschehen.
Die in dem Verbote begriffenen Vögel sind folgende:
Drossel (Sing-, Mistel-, Schwarzdrossel); Nachtigall,
Rothkehlchen, Gartenrothschwanz, Hausrothschwanz, Blaukehl-
chen, Waldlaubsänger, Fitissänger, Grasmücke (gelbe und
graue) und Schwarzkopf; Wiesenschmätzer (schwarz- und braun-
kehliger); Zaunkönig; Wiesen- und Baumpieper; Bachstelze
(weisse, gelbe und graue); Haus- und Rauchschwalbe; Flie-
genfänger; Baum- und Mauerläufer; Meise; Kleiber (Specht-
meise, Blauspecht); Goldhähnchen; Buchfink, Stieglitz (Distel-
fink), Zeisig, Blutfink (Dompfaff, Gimpel); Ammer; Lerche;
Ziegenmelker; Mauerschwalbe; Wiedehopf; Mandelkrähe;
Wendehals; Kuckuck; Specht; Wachtel; Pirol; Staar; Storch;
Rabe, Nesselkrähe, Saatkrähe, Dohle; Schleiereule, Sumpf-
ohreule, Waldohreule, Steinkautz; Bussard (der rauchfüssige
und der Mäusebussard). (Illustr. Familien- Journal 1869
Nr. 34. S. 126.).
Zr
Arch. d. Pharm. CXC, Bds, 3, Hft, 18
274
V. Medicin und Pharmacie;
Toxikologie.
Vergiftung durch mit Grünspan gefärbte Confituren;
nach J. Parolari.
In Salo ereignete sich folgender Fall: eine gesunde
und blühend aussehende Dame verzehrte am 17 Januar 1868
des Morgens nüchtern grün gefärbte Confetti, ihrer Masse
nach zusammen soviel wie eine kleine Nuss betragend.
Nach einer Stunde wurde sie von heftigem Magenschmerz,
Brechneigung und so imtensiven, anfallsweise auftretenden
Zuckungen in Armen und Beinen, besonders im linken Arme,
befallen, dass man sie, um Selbstverletzungen vorzubeugen,
während der Paroxysmen auf dem Bett festhalten musste.
In der krampffreien Zeit war sie sehr aufgeregt, weinte
bald und lachte bald ausgelassen. Auch klagte sie über
Kopfweh und Brustbeklemmung. Angewandte Brech- und
Abführmittel besserten diese Zustände, welche die Dame
gleichwohl 24 Stunden an das Bett fesselten, allmälig.
Die chemische Untersuchung der Confetti wies einen
erheblichen Gehalt derselben an basisch essigsaurem Kupfer-
oxyd, welches die Vergiftungserscheinungen bedingt hatte,
nach. (Gazz. medica Ialiana Lombardia 1868. Nr. 7. p. 50.).
K.
Ueber die Giftigkeit gefärbter Oblaten.
. FE. Goppelsröder untersuchte 212 aus verschiedenen
Verkaufsläden zu Basel durch die Polizei bezogene Oblaten-
muster, wobei sich folgende Resultate herausstellten.
Alle rothen Oblaten enthielten Mennige. Drei ver-
schiedene Proben davon 17,444, 13,529 und 33,992 pC. Ein
Stück Oblate 0,136, resp. 0,100 und 0,149 Grm.
Einfluss des Rauchtabaks auf die Entstehung von Augenkrankheiten. 275
Viele der weissen Oblaten enthielten kohlensaures
Bleioxyd. Eine Probe dieser 1,668 pC. (PbO,CO2).
Die gelben Oblaten waren meist, die canariengelben
immer mit Chromgelb (chromsaur. Bleioxyd) gefärbt.
Die blauen und grünen Oblaten enthielten hier und da
Berlinerblau und Chromgelb, manche Ultramarin.
Die schwarzen Oblaten sind wahrscheinlich mit Blau-
holz und Eisen gefärbt.
Die hell- und dunkelrosarothen Oblaten sind nicht giftig;
in ihrer Asche fand sich nur Thonerde.
Die chamoisgefärbten und chocoladebraunen enthielten viel
Eisenoxyd.
Die übrigen Modefarben enthielten ausser Thonerde und
Eisenoxyd keine Metallverbindungen.
Bei den weissen, strohgelben, hellbläulichgrauen, blauen
und grünen lässt sich aus der Färbung kein Schluss ziehen.
Die schwarzen, violetten, rosagefärbten und braunen Oblaten
möchten stets unschädlicher Natur sein. Die schwarzen und
braunen sind, vom sanitarischen Standpunkte aus betrachtet,
am meisten zu empfehlen. (Journ. f. pr. Ch. 1868. III. Bd.
Ss. 121 — 123.). B.E.
Einfluss des Rauchtabaks auf die Entstehung von
Augenkrankheiten.
Dr. Loureiro, Königl. General - Inspecteur der Tabaks -
Manufactur zu Lissabon, nennt unter den Folgen der Tabaks -
Dämpfe, ausser Zerrüttung der Constitution, frühem Greisen-
alter und kurzer Lebensdauer der Arbeiter, bestimmte Augen-
krankheiten;, nemlich: Blepharitis, Blepharoconjunctivitis,
Mydriasis und Amaurosis, Ausserdem macht er auf das
häufige Vorkommen gewisser Geisteskrankheiten (Paralys.
univers., Paraplegie und Hirnerweichung) aufmerksam, welche
in Krankenhäusern, Asylen ete. sich anhäufen und in den
Sterbelisten eine hervorragende Stelle einnehmen. Durch
Tabaksmissbrauch kann und muss eine ganze Nation entarten
— ein Punkt der sorgsamsten Aufmerksamkeit der Regie-
rungen würdig, und ebenso beachtungswerth, wie die Pflege
der Kinder in der frühesten Kindheit. (Academie de mede-
cine; Seance du 30 Juillet 1867. Gaz. de Paris 1867. Nr. 32.
p. 502.). K.
18*
276 Gefährlichk. d. Kautabaks. — Vergiftung d. Trochisci Santonini.
Gefährlichkeit des Kautabaks.
P.H. van der Weyde weist in einem auf eine Reihe
von giftigen, für die Hygiene wichtigen Substanzen bezügli-
chen Aufsatze auf die grossen Gefahren des in Amerika so
viel gebrauchten Kautabaks hin. Diese bestehen zum Theil
in denjenigen, welche der Schnupftabak auch bietet, nemlich
in chemischer Bleivergiftung, hervorgerufen durch die Stan-
niolverpackung, welche in Amerika eine wirkliche Bleiver-
packung ist und die nach van der Weyde dadurch, dass
die Tabakskauer die Hülle beim Abbeissen mit in den Mund
zu nehmen pflegen, bereits mehrfach zu Saturnismus chroni-
cus Veranlassung gegeben hat. Viel gefährlicher sind jedoch
die Verfälschungen des Kautabaks, namentlich in Folge der
Anwendung von scharfen Säuren auf indifferente Blätter z. B.
Rumexarten, wozu Antimonverbindungen, Kupfersalze, Eisen-
vitriol, Kalialaun, Uhromalaun und selbst Sublimat verwendet
werden. Selbst Blätter giftiger Pflanzen z. B. von Helle-
borus werden dabei untergeschoben. (Medic. and Surgie. Rep.
Vol. XVIU. Nr. 14. p. 381.; aus demselben in Jahrb. für
Fharmacie 1869. Heft 2.). ©. Sch.
Vergiftung durch Trochisei Santonini.
©. J. Synders theilt zwei Fälle von Santoninvergiftung
mit. Der erste Fall betraf eine Erwachsene, wo Santonin-
vergiftung nach einer Dosis von 4 Gran, die von einem
holländischen Apotheker verkauft worden war, eingetreten
war. Im zweiten Falle, der in der Praxis von J. van der
Starss vorkam, hatte ebenfalls ein holländischer Apotheker
an den Vater eines an Würmern leidenden Kindes 20 St.
Santoninzeltchen verkauft, wovon jedes einen halben Gran
enthielt. Das Kind erhielt davon 1 St., da es ihm jedoch gut
schmeckte, so wusste es sich in den Besitz der übrigen zu
setzen und naschte davon noch 11!/, St, welche 6 Gran San-
tonin entsprechen. Sehr bald stellten sich convulsivische
Zuckungen ein, es wurde unruhig und ängstlich, lief im höchst
auffallender Weise immer einige Schritte rückwärts, wobei
es schrie, fiel dann bewusstlos nieder und bekam später Te-
tanus mit Rückwärtsziehen des Kopfes, dann trat Erbrechen
ein, wodurch noch 3!/, Wurmkuchen entleert wurden. Das
Kind war etwas betäubt, hatte erweiterte Pupillen und
Al ce #7 SE
"Vergift. durch d. Saft v. Rhus toxicod. — Verfälsch. d. Bieres d. Pikrins, 277
beschleunigten Puls; durch Emetica wurde der Zustand geho-
ben. (Niederl. Tydschr. voor Geneesk. Afd. I. p. 69.; aus
derselben in Jahrb. f. Pharm. 1869. Heft 2.). 0. Sch.
Vergiftung durch den Saft von Rhus toxieodendron;
von W. R. Sanders.
Ein 26jähriger kräftiger Gärtner hatte um einen homöo-
pathischen Droguenhändler zu versorgen, Sprösslinge von
Rhus toxicod. gesammelt, und waren dabei seine unbe-
handschuhten Hände mit dem im frischen Zustande milchi-
gen und nach dem Trocknen dunkel gefärbte Borken bil-
denden Safte des Giftsumachs in Berührung gekommen.
Die entstandenen schwärzlichen Flecken liessen sich nur
gleichzeitig mit der Epidermisschicht der Haut abkratzen und
hatten erst 4 Tage später Blasenbildung und die alsbald zu
schildernden Beschwerden im Gefolge. An der Beugeseite
der Vorderarme, Handgelenke, Augenlider, des Gesichts und
Penis, sowie am Hodensacke und der Innenfläche beider
Schenkel bildeten sich von rothem Hofe umgebene Blasen auf
der rosenartig geschwollenen und schmerzhaften Haut aus.
Sie hatten Stecknadelkopfs- bis Dreipfennigstücksgrösse, wa-
ren mit Blutwasser gefüllt, bestanden 1— 2 Tage und mach-
ten einer sich später abschilfernden Borkenbildung Platz.
Umherziehende Schmerzen, Steifigkeit der Gelenke und Stuhl-
verstopfung gingen neben dem Ausschlage, welcher sonst
Störung des Allgemeinbefindens nicht bedingte, her. Vor-
stehender Fall war der erste dieser Art, welcher in Schott-
land vorgekommen ist. (Edinburgh. Journal XII. Nr. OLH.
p. 714. February 1868.). K.
Verfälschung des Bieres durch Pikrinsäure.
Seitdem der Hopfen enorm im Preise gestiegen ist, wird
das Bier in Lyon vielfach mit Welterschem Bitter (Pikrin-
säure) versetzt. Dieses jedenfalls nicht unschädliche Bier
besitzt eine wenig angenehme und sehr lange nachschmeckende
Bitterkeit, welche am meisten an das Brennen stark mit
Ingwer gewürzter Speisen erinnert. Ferrand und der ver-
un
278 Ueb, d. physiol. Wirkungen äthyl. Alkaloide. — Vergift. Strümpfe.
storbene Lassaigne wurden nach dem Genuss solchen Bie-
res ernstlich krank, und bezweifelt Ersterer keinen Augen-
blick, dass es auch bei daran gewöhnten Personen Ver-
dauungsbeschwerden zur Folge habe. Auch m Paris
wird dieselbe Verfälschung des Bieres geübt. (Durch Ein-
bringung einiger weissen Wollenfäden in das verdächtige
Bier, welches dieselben dauernd gelb färbt, ist dieser Betrug
bekanntlich leicht zu entdecken, (Journ. de Chimie med. 1868.).
K.
Ueber die physiologischen Wirkungen äthylirter
Alkaloide.
Es ist schon lange bekannt, dass die Substitution eines
oder mehrer Aequivalente eines Alkoholradicals für ein
oder mehre Aequivalente Wasserstoff, welche in nichts die
chemischen Eigenschaften verändert, Aenderungen in den
physiologischen Wirkungen hervorzubringen im Stande ist.
F. Jolyet und Andr. Cahours haben neben Anilin,
seinen Derivaten und höheren Homologen, auch die Methyl-
und Aethylderivate des Strychnins in Bezug auf ihre phy-
siologischen Wirkungen untersucht. Während das Jodür des
Strychnins die energischsten Convulsionen erregt, hat das
Jodür des Methyl- und des Aethyl-Strychnins nur paraly-
sirende Eigenschaften. Bei dem Coniin tritt bei Einführung
eines Alkoholradicals an die Stelle von Wasserstoff nur eine
Abschwächung, keine Abänderung seiner physiologischen
Wirkung ein. So fehlt z. B. die Krampfperiode, welche der
paralytischen bei der Üoniinvergiftung vorangeht, vollständig
bei den mit Aethylconiin oder Diäthylconiin vergifteten Thie-
ren. (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft. II. Jahrg.
Februar 1869.). Sch.
)
Vergiftete Strümpfe.
Dr. Webber in London beobachtete nach Tragen von
Strümpfen, welche von einer höchst achtbaren City -Firma
stammten, hartnäckige Fussübel; das Haus musste die Ordres
von 6000 Paar für den Export bestimmter Strümpfe und
Neue Form für Arzneimittel. 279
grosse Mengen gelieferter Waare zurücknehmen. Namentlich
hatten hellrothe und gelbe Strümpfe Fussausschläge im
Gefolge, und erwies sich der Umstand, dass die Schuld hier-
von wirklich in der Farbe der getragenen Strümpfe lag,
dadurch, dass eine Tänzerin, welche bei der Aufführung des
„Dogen von Venedig“ ein doppelfarbiges Tricot angelegt,
sich am rechten mit dem hellrothen Strumpfe bekleideten
Fusse ein gefährliches Exanthem zuzog, während der andere
Fuss gesund blieb, und in einem anderen Falle die Form und
Ausdehnung des Ausschlages genau den rothen Streifen
des getragenen Strumpfes entsprach. Der zur Verwendung
gekommene Farbstoff soll Chrysanthin, als „Victoria-
Orange“ in den Handel gebracht, gewesen sein. (BDayrı-
sches ärztl. Intelligenzblatt 1868. Nr. 41. Beilage p. 599.).
1%
Neue Form für Arzneimittel.
Professor Almen in Upsala hat eine neue Form zur
Herstellung von Arzneimitteln erfunden. Dieselbe besteht in
dünnen Leimblättern oder dünnen Scheiben von Gelatine,
jede von diesen in, mit Rücksicht auf den Gehalt der Arznei,
bestimmter Stärke. Diese medicinische Gelatine wird m der
Art bereitet, dass man entweder eine entsprechende Quanti-
tät Leim in warmem Wasser auflöst und dieser Auflösung
das Arzneimittel zusetzt, oder dass man den Leph in einer
Infusion oder einem Decoct der Arznei sich auflösen lässt.
Die Auflösung wird auf giner ebenen Fläche ausgegossen
und, wenn sie erstarrt ist, in eine gewisse Anzahl gleich
grosser und gleich dicker Stückchen getheilt, so dass jedes
derselben folglich dieselbe Quantität des zugesetzten Medica-
ments enthält. Um die Sprödigkeit der Gelatine zu vermin-
dern, setzt man der Mischung etwas Glycerin zu. Nach der
Behauptung des Professor Almen soll sich die Kraft der
Arznei in Form einer Gelatine besser erhalten, als in jeder
andern. (Leipzig. Illustrirte Zeitung, 8. Mai 1869.).
C. Literatur und Kritik.
Hermann Wagner, Deutsche Flora. Eine Beschreibung
sämmtlicher in Deutschland und der Schweiz einheimischen
Blüthenpflanzen und Gefässeryptogamen. Stuttgart, Julius
Hoffmann 1869. 8. 1. u. 2. Liefg. 128 pp.
Dieses Unternehmen ist ein sehr zweckmässiges. Das Werk ist hübsch
ausgestattet. Der Druck ist sauber, das Papier ist gut. Viele Arten sind
durch einfache aber saubere und verständliche, eingedruckte Holzschnitte
erläutert.
Weniger sind wir mit der Anordnung des Stoffes einverstanden. Es
ist das System von De Candolle benutzt, welches durchaus kein Aufsteigen
vom Einfacheren zum Verwickelteren und überhaupt gar keine morpho-
logisch begründete Stufenleiter repräsentirt.
Nun ist allerdings eine Flora kein Lehrbuch der Morphologie, jeden-
falls aber darf sie dem Anfänger das Studium der Morphologie nicht
erschweren, wie sie es nothwendig thut, wenn sie mit den Ranunculaceen
beginnt und mit den Gefässeryptogamen schliesst.
Irren wir nicht, so ist der Verfasser überhaupt in der Morphologie
und Histologie schlecht bewandert, wenigstens sollte man das schliessen
aus groben Verstössen gegen diese Theile der Botanik, wie sie gleich
auf der ersten Seite vorkommen, wo z. B. der Verfasser von den Dicoty-
ledonen sagt: „Der Stengel besteht im Innern aus einem Mark, das
umgeben ist von einem oder bei mehrjährigen Stengeln aus mehren
Ringen zusammenhangender, faseriger Gefässe, umschlossen von der Rinde.“
Bei der Charakteristik der Ranunculaceen ist einer der wichtigsten Charak-
tere, nemlich die schraubige Anordnung der Carpellblätter und Staub-
blätter, unberücksichtigt geblieben.
Mit der Nomeneclatur können wir ‚uns nicht immer einverstanden
erklären, so z. B. sind die Arten der schwierigen Gattung Thalietrum
unrichtig angegeben. Die Gattung Anemone umfasst Pulsatilla, Anemone
und Hepatica, ohne dass auch nur Unterabtheilungen gemacht wären.
Dergleichen verwirrt die Anfänger. Manche deutsche Namen sind
falsch, so z. B. sagt der Verfasser „Küchenschelle “ statt: „Kuhschelle“
(Kühchenschelle). Es mag das von Manchen als unwesentlich angeschen
werden, traurig aber bleibt es immer, wenn wir Pflanzengelehrten uns
von den Bauern bezüglich der Pflanzennamen in unserer Muttersprache
müssen berichtigen lassen.
Wenn wir auch Einzelnes zu tadeln haben, so können wir doch
nicht umhin, das Unternehmen im Ganzen als ein sehr lobenswerthes zu
bezeichnen, und namentlich die sauberen Abbildungen werden dasselbe
jedem Liebhaber der deutschen Flora und besonders den angehenden
Floristen unentbehrlich machen.
H.
Literatur und Kritik, os
Dr. Hermann Hager, Botanischer Unterricht in 150 Lec-
tionen. Für angehende Pharmaceuten und studirende Medi-
ciner. Berlin 1869. Julius Springer, mit 834 in den Text
gedruckten Holzschnitten. 8. 636 pp.
Der ungemein fleissige und strebsame Herr Verfasser, der bekannte
Herausgeber der ‚„pharmaceutischen Centralhalle“ hat sich auch an die
Botanik gewagt in einem sehr voluminösen Bande. Ob mit demselben
Glück, wie es ihm beim „ersten Unterricht des Pharmaceuten “ gelungen
ist, möchten wir fast bezweifeln.
Die Botanik ist eine Wissenschaft, die man nicht aus Büchern lernen
kann. Es ist daher auch die Eintheilung in Lecetionen ziemlich überflüssig,
ja sie kann sogar schädlich wirken, wenn sie nemlich den jungen Phar-
maceuten veranlasst, sich nach Maassgabe des Lehrbuchs zum Examen
„einzupauken.“ Wir halten indessen das pharmaceutische Publicum
durchschnittlich für so gebildet, dass derartige Dinge ihm nicht nach-
-theilig werden. Die Abbildungen des Buches sind gut und klar, freilich
anderen Werken entlehnt,so namentlich der Botanik von Leunis. Ganz
unklar ist im ersten Abschnitt die Unterscheidung von Mineral, Pflanze
und Thier. Sehr lobenswerth ist die genaue Berücksichtigung der Ortho-
graphie, Etymologie und der prosodischen Regeln. Die Zellenlehre wird
so vorgetragen, wie sie vor etwa 10— 12 Jahren ausgebildet war. Ohne
genaue Kenntniss des Plasma und seiner Eigenthümlichkeiter ist die heu-
tige Zellenlehre unverständlich. Vom Plasma muss man ausgehen, dann
erst von der Zelle reden.
Die Hefe (Cryptococeus) wird nach einem längst antiquirten Stand-
punkt durch generatio aequivoca erzeugt und wird hier als bestimmte
Pilzspecies aufgefasst, während sich leicht genug beweisen lässt, dass
Cryptococeus aus dem Plasma sehr verschiedener Pilze hervorgehen kann.
Verfasser redet noch von einer „wandständigen Zellenbildung,“ eine
Ansicht Pringsheims,, welche längst als unrichtig widerlegt worden ist.
In dieser Weise findet man durch das ganze Buch manches Richtige
und Klare neben ebensoviel Falschem und Unklaren.
Wir erwähnen nur noch Einiges. Die Erklärung des Pilzgewebes,
Flechtengewebes und Algengewebes (p. 40, Lection 12) ist ganz unklar
und kann den Anfänger nur verwirren.
Weit werthvoller ist derjenige Theil, welcher von der beschreibenden
oder systematischen Botanik handelt. So ist z. B. die Familie der Um-
belliferen recht gut bearbeitet.
Hätte sich der Herr Verfasser auf die beschreibende Botanik in
seiner Darstellung beschränkt, so könnten wir sein Werk weit unbeding-
ter dem Anfänger empfehlen. Bei Benutzung der ersten 40 Lectionen
aber können wir diesem nur die allergrösste Vorsicht anrathen.
H.
Dr. J. R. Strohecker. Systematische Anleitung zu botani-
schen Excursionen. München 1869. 8. 206 pp.
Leider ist das vorliegende elende Machwerk nicht das einzige aus
der Feder des Verfassers. Wir haben schon früher unser Bedauern aus-
sprechen müssen, dass man wagt, dem deutschen Publieum Derartiges zu
bieten. Auch die eben genannte Schrift wird nur deshalb hier erwähnt,
um ‚vor ihrem Ankauf .zu warnen.
282 Literatur und Kritik.
Wer in ihr eine „Anleitung zu botanischen Excursionen‘“ sucht, was
doch der Titel verspricht, der wird sich arg betrogen finden. Anleiten
wird das Buch überhaupt Niemanden, höchstens den Anfänger irre leiten.
Man sollte kaum glauben, dass Jemand die Dreistigkeit besässe, unter
obigem Titel eine Anzahl von Pflanzen der Flora aufzuzählen und mit
schlechten Diagnosen zu versehen, ohne. irgend eine andere Anorduung
als die ohngefähre Zeitfolge. In der Besprechung der ‚„Monographieen, “
d. h. schlechter Arten - Diagnosen, kommt dieselbe unsinnige Bezeichnungs-
weise zum Vorschein, die wir schon früher rügen mussten, Bezüglich -
der Etymologieen beruft sich Verfasser auf das Wittstein’sche etymolo-
gisch - botanische Handwörterbuch und trotzdem passiren ihm Fehler wie:
Symphitum statt Symphytum, Münze statt Minze, Ranke statt Rauke,
hyppopithys statt hypopitys und unzählige andere.
Wir haben einen zu hohen Begriff von dem gesunden Sinn der deut-
schen Pharmaceuten, als dass wir glauben könnten, obige Schrift könnte
erhebliche Abnehmer unter ihnen finden. H.
Dr. Carl D. Ritter von Schroff, K. K. Regierungsrath,
Professor der allgemeinen Pathologie, Pharmacognosie und
Pharmacologie an der Universität zu Wien, Lehrbuch
der Pharmacognosie, mit besonderer Berücksichtigung
der Oesterreichischen Pharmacopöe vom Jahre 1869. Zweite
vermehrte Auflage. Wien 1869. W. Braumüller. 665 pp.
Ein Buch wie das vorliegende, welches sich bereits einen bedeutenden
Namen in der ersten Auflage erworben hat, bedarf der besonderen Empfeh-
lung nicht.
Die Ausstattung des Werkes ist sehr schön, nur vermissen wir
Abbildungen, ohne die, wenigstens für den Anfänger, die Pharmacognosie
nicht verständlich gemacht werden kann. Da es, so z. B. im Lehrbuch
von Schleiden, vortreflliche histologische Abbildungen giebt, so hätten
solehe ohne allzugrosse Kosten beschafft werden können,
Mit der Eintheilung nach dem Pflanzensystem können wir uns nicht
einverstanden erklären, da sie dem Anfänger die Uebersicht erschwert.
Die von Schleiden angebahnte Eintheilung nach den Pflanzennamen, von
denen die Droguen stammen, ist für die botanische Pharmacognosie die
empfehlenswertheste.
Uebrigens erstreckt oben genanntes Handbuch sich auf die Droguen
aller drei Naturreiche.
Bezüglich der niederen Pflanzen steht Verfasser bisweilen auf einem
etwas antiquirten Standpunkte. So z. B. spricht er bei den Algen von
„Conferva rivularis und Conferva glomerata.“ Für das Mutterkorn
erwähnt er „de Barry“ als solchen, welcher der Forschung von Tulasne
über das Mutterkorn vollste Anerkennung gezollt und meint, dass wir die
Naturgeschichte desselben als geschlossen ansehen können. De Bary hat
bekanntlich nichts über das Mutterkorn gearbeitet, dagegen haben Julius
Kühn und Hallier* wesentliche. neue Beiträge zur Kenntniss der Morpho-
logie der Claviceps purpurea Tul. geliefert und die Kenntniss vom Mutter-
korn als eine durchaus noch nicht abgeschlossene dargestellt. Diese
Arbeiten scheinen dem Herrn Verfasser unbekannt geblieben zu sein.
*) E. Hallier, Phytopathologie, die Krankheiten der Culturgewächse.
Leipzig 1868,
Literatur und Kritik. 283
Wenn wir hier Einzelnes moniren, so haben wir andererseits um so
mehr den Takt hervorzuheben, mit welchem der Verfasser meistens die
gediegensten Quellen benutzt. So ist bei der Sarsaparille die klassische
Arbeit von Schleiden zu Grunde gelegt, das einzig brauchbare, was über
diese wichtige Drogue geschrieben wurde. H.
Utile cum dulci, Heft VIII, chemische und botanische
Studienpoesieen. Breslau, Maruschke & Berendt, 1869.
12. 54 pp.
Wir haben bereits einige frühere Nummern dieser Sammlung hier
besprochen und haben jene als eine Lektüre bezeichnet, welche zwar
nicht wissenschaftlichen Werth habe, wohl aber dem von der Arbeit
ermüdeten Pharmaceuten eine Abendstunde mit harmloser Heiterkeit wür-
zen könne. Weit weniger günstig müssen wir uns über das oben erwähnte
Machwerk äussern. Man kann einerseits nichts daraus lernen und anderer-
seits ist die ganze Witzelei so fade und abgeschmackt, dass schwerlich
selbst bei geringsten Ansprüchen Jemand Gefallen daran finden kann.
Mehrfach, so z. B. auf Seite 44—47 verfällt der Verfasser so sehr in
das Cynische und Gemeine, dass sich schwerlich Jemand finden dürfte,
der diese geist- und witzlosen Reime mit Vergnügen lesen könnte.
187.
W. Gonnermann und L. Rabenhorst, Mycologia
Europaea. Abbildungen aller in Europa bekannten Pilze.
Mit kurzem Text. Dresden und Neustadt bei Coburg 1869,
Heft 1 — 6.
Der Beginn dieser Riesenarbeit wird bei allen Mycologen, welche
es ehrlich mit ihrer Wissenschaft meinen, die lebhafteste Freude erregen.
Rabenhorst ist als Formenkenner in der Cryptogamenwelt so berühmt,
dass sein Name allein genügen würde, dem Werk unbedingtes Vertrauen
und die beste Aufnahme zu sichern. Und Dr. Gonnermann hat sich als
vortrefflicher Zeichner der Pilze längst bewährt.
Eine Abbildung aller bis jetzt bekannten Europäischen Pilze ist nun
aber überdies ein ganz dringendes Bedürfniss, da es eigentlich kein ein-
ziges dem jetzigen Stande der Forschung Rechnung tragendes Kupferwerk
giebt.
Die Abbildungen der bis jetzt erschienenen Hefte sind von Gonner-
mann direct auf den Stein gezeichnet. Die Ausstattung ist vortreflich,
die Zeichnungen sind höchst sauber und, soweit wir ein Urtheil darüber
haben, correct, auf schönem Papier in Folio.
Die Tafeln enthalten zunächst sogenannte höhere Pilze, nämlich
folgende:
Amanita pantherina D. C., A. Seeretanii Rab., A. caesarea Pers., A.
eitrina Pers., A, rubescens Pers., A. muscaria Pers., A. puella Rab. A.
vaginata Lam., A. strobiliformis Vitt. Rab., A. excelsa Fr. Rab., A. por-
phyria Alb. & Schwein., A. virosa Rab,, A. aspera Pers., A. phalloides
Lk., A. muscaria formosa Pers., A. Mappa Fr., A. solitaria Seer, Die
12. Tafel führt in recht instructiver Weise die Anatomie von Amanita
muscaria vor Augen. Das 3. Heft beginnt mit der artenreichen Discomy-
cetengattung Peziza, wovon folgende Arten abgebildet werden: P. tube-
rosa, P. protraeta, P. badia, P. helvelloides, P, cibarium, P. suleata,
284 Literatur und Kritik.
P. abietina, P. onotiea, P. ollaris, P. aurantia, P. leporina, P. cochleata,
P. Gonnermanni, P. violacea, P. purpurascens, P. ancilis, P. geaster,
P. omphalodes, P. cupularis, P. vesiculosa, P, polytrichi, P, carbonaria,
P. coceinea, P. nigrella, P. lancoloma, P. flammea, P. lugubris, P. epi-
thelephora, P. macrochaeta, P. Equiseti, P, Leineri, P. erumpens, P.
Abietis, P. Cupressina, P. virginea, P. Cenangium, P. echinophila, P.
firma, P. virgultorum, P. applanata, P. fructigena, P. cyathoidea, P.
rutilans, P. coronata, P. tubaeformis.
Das 4. Heft kehrt wieder zu den Hymenomyceten zurück und zwar
zur grossen Gattung oder vielleicht richtiger Gattungsgruppe Agarieus.
Der essbare Champignon (Ag. campestris) wird in zahlreichen Varie-
täten abgebildet. Darauf folgt eine schöne Gruppe des Hallimasch: Ag.
melleus und eine Varietät desselben. Ferner sehen wir: Ag. caperatus,
Ag. mutabilis. Das 5. Heft enthält eine grosse Anzahl kleiner blattbewoh-.
nender Ascomyceten der Gattung Sphaerella. Wir wollen die Leser mit
einer Aufzählung derselben nicht ermüden.
Das 6. Heft enthält einige Boletus- Arten. In dem uns vorliegenden
Exemplar ist der Text nur für die ersten beiden Hefte vorhanden. MH.
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Im Verlage von Ferdinand Enke in Erlangen ist soeben erschienen
und durch alle Buchhandlungen zu beziehen:
Die technisch verwendeten
Gummiarten, Harze und Balsame,
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erschienen:
Der Arbeiterfreund.
Zeitschrift des Gentral- Vereins in Preussen
für das Wohl der arbeitenden Klassen.
Im Auftrage des Central - Vereins
und unter Mitwirkung der Vorstands-, Ausschuss- und
correspondirenden Mitglieder:
Akad.-Director Dr. Baumstark, Reg.-Rath Rich. Böckh, Prof. Dr.
Rud. Gneist, Prof. Dr. V. A. Huber, Prof. Kalisch, Dr. med.
S. Neumann, Lud. Parisius-Gardelegen, Prof. Dr. Schmoller,
H. Schulze-Delitzsch, Dr. H. Schwabe, Prof. Dr. Tellkampf,
Dr. G. Varrentrapp, Ministerial-Rath Aug. Vischers u. A,
herausgegeben von
K, Brämen
Jahrg. V—VIHO. 1867—69. Preis für den Jahrg. von 4 Heften
(32 Bog. gr. 8) 2 Thlr.
ud Nu 2 1 DASS EEE FE RE
7 N . 3
2 ie
Regi
285
ster
über Band 137, 138, 139 und 140 der zweiten Reihe des
. Archivs der
Pharmacie.
Jahrgang 1869.
(Die erste Zahl zeigt den Band, die zweite die Seite an).
5
A.
Abbildung eines Apparateszur Sub-
limation der Benzoesäure 159, 120. |
— eines Luftfiltrirapparates |
138, 206, 207, 208, 209.
— von Acacia Verek Guillemin et
Perrotet 138, 232.
— von Arachis hypogaea 137, 70.
Abietit 138, 263.
Acacia Verek Guillemin et Perrotet,
abgebildet 138, 232.
Acetylharnstoff 140, 150.
Acidumbenzoicum, Apparat zur
Sublimation derselben 139, 120.
Aether einiger Kohlenstoffsäuren,
und Einwirkung des Aethernatrons
auf dieselber
— ozonisirter oder hydroxygenirter
13915%
Aetherisirter Leberthran
139, 151.
Aethernatron, Einwirkung des-
selben auf die Aether einiger Koh-
lenstoffsäuren 138, 157.
Aethernatron-Krystalle
138, 137.|
138, 136
Aethersyrup von Fallieres
139, 270.
Aetzmittel mit Zinkcehlorid
138, 276.
Afrikan. Brodbereitung 140, 164.
— Traganth 140, 81.
Arch. d. Pharm. CXC. Bas. 3. Hft,
Sachregister.
dieselben
140, 155.
Albumide, Reaction auf
|Albumin im Harn, vermittelst der
M&hu’schen Lösung zu bestimmen
139, 19.
— und dessen Zersetzungsproducte
durch Kali 138, 19.
Aldehydin 137, 257.
Alexisbad, Analyse der Badequelle
40, 1.
Algenschleim 137, 23%
Alizarin aus Anthracen künstlich
darzustellen 140, 263.
Alkalimetrische Methode zur
Bestimmung gefärbter Laugen
140, 116.
Alkaloide, aethylirte, physiolog.
Wirkungen derselben 140, 278.
— Mikrosublimation derselben
140, 85.
Alkohol aus Flechten 139, 126.
— riechende Stoffe darin zu zerstören
139, 126.
Allylalkohol, aus Glycerin ge-
bildet 139, 22%
Alo&, Preisarbeiten der Lehrlinge
über dieselbe 13762198
Allophansäureaether 137,257.
Alpenkräutertrank von Nikolaus
Back&, Stuttgart 137, 241.
Altona-Hamburger Ausstellung
von 1869 140, 229.
Alter, das der Pferde zu erkennen
139, 268.
Ambra, australische 137, 166,
19
286
Ameisenharnstoff 140, 149.
Amerika, Auswanderung dahin
137, 175.
— die Neger daselbst 137. 1,0%:
Ammoniak, Aufsuchung desselben
in thier. Flüssigkeiten 140, 268.
— Einwirkung desselben auf den
Phosphor 140, 107.
Ammoniak - Bestimmung im
Runkelrübensafte 139, 1a
Ammoniakbromhydrat gegen
Keuchhusten 138, 275.
Amylalkohol, Darstellung dess.,
Einwirkung des Chlorkalks auf dens.
139, 20.
Amylon im Eigelb 139, 264.
Anacharis Alsinastrum
140, 142.|
Anaesthesirende Wirkungen des
einfach gechlorten Chlormethyls
(Methylendichlorids) 139.150.
Ananas- und Orangeneultur auf
den Bahamainseln 140, 144.
Anemonin - Darstellung
139, 258.
Anstrich, frischer, der Zimmer ist
gefährlich 139,272.
Anthracen, Gewinnung von Ali-
zarın aus demselben 140, 263.
Antimon, löslich in Eisenoxyd-
salzen 140, 124.
Antimonigsaure Salze
137, 253.
Antimonoxyd- Verbindungen
137, 253.
Antimonpräparate, ihre Prü-
fung auf Arsen 140, 9.
Antimonsulfide 140, 214.
Antipoden, Zeit der Blüthe und
der Fruchtreife bei denselben
139, 259.
Anzünden von Holzkohlen
137, 116.
Apparate, Abbildungen
138, 206, 207, 208, 209.
Apparat zur Benzoösäure - Subli-
mation 189,120:
Aqua Amygdalarum amara-
rum 140, 226.
— Lauro-cerasi, Gehalt an Blau-
säure al
Arachis hypogaea, Erdnuss
137, 70.
Arsenhaltiger Goldschwefel
und Natron biearbonie. 140, 1.
wi
Sachregister.
in Brechweinstein nach-
zuweisen 15920%
Arsenausmittelung, Empfind-
lichkeit der verschied. Methoden
Lada»
zum Viehfutter
1381 198
Arsenvergiftung, Bildung von
Schwefelarsen in den Leichen mit
As O3 Vergifteter 137, 37,232
— lösliches Eisenoxydsaccharat als
Antidot 139, 81.
Artern, Flora und Fauna des Sool-
Arsen
Arsenbeigabe
grabens daselbst 137, 84.
Arzneimittel, neue Form für
| dieselben 140, 279.
Aufblähen der Wiederkäuer
187,269
Augenkrankheiten durch Tabak-
rauchen veranlasst 140, 275.
Austellungen in Altona und Ham-
burg 1869 140, 229.
Australische Ambra 1387, 166.
— Blutegel 137, 228.
—_— — 139, 144.
— Wolle 137, 180.
Australisches Fleisch, Versen-
dung dess. nach England 138, 159.
Auswanderung nach Amerika
137, 175:
|Azoren, Eruptionsgase in der Nähe
derselben 137, 253
B.
Bachwasser, Einfluss von Gäh-
rungspilzen aus Zuckerräffinerien
auf dasselbe 138, 258.
Back&’s Alpenkräutertrank 137, 241.
Bäder, allgemeine, Labiatenöle in
denselben als Stimulantia 138, 169.
Bahamainseln, Ananas- und
Orangeneultur 140, 144.
Baldriansaures Wismuthoxyd
139,193.
Bamboo muchroom 188, 268.
Banka, Insel, Zinngruben 137, 62.
Baumpflege in Russland 138, 146.
Baumwolle mit Leinenfaser ver-
mischt ist untauglich zur Collodium-
bereitung 140, 28.
Bäume, beständige Form derselben,
abhängig von der Umdrehung der
Erde 138, 145.
Bdellium, Etymologie v. 138, 252.
Sachregister.
Bdellium von Senegal 138, 232.
Beerentang, Bestandtheile dess.
140, 141.
Beleuchtungsmethode, neue,
mit Sauerstofigas 138,193:
Bengalen, Indigocultur daselbst
139, 261.
Benzoesäure, Apparat zur Subli-
mation derselben 19120.
Benzoylharnstoff 140, 151.
Berka’er eisenhaltiges Mineralwasser
139, 3.
Bernstein von Australien 140, 266.
Bernsteingewinnung 140, 266.
Bertricher Thermen 1Blch ale
Bier, neuestes und angeblich ‚be-
stes‘“ Mittel, schaal, sauer und trübe
gewordenes Lagerbier wieder herzu-
richten 140, 252.
— verfälscht mit Pikrins. 140, 277.
— Bouquet, 140, 253.
Bismuthum nitrieum, Prüfung
auf Arsen 140, 25.
— subnitriecum 140, 123.
— valerianicum 139.193:
Bittermandelwasser 140, 229.
Blausäure, dampfförmige, Reagens
auf dieselbe lag
— directe Synthese ders. 139, 121.
Blausäuregehalt derAquaLauro-
cerasi 1990129:
3lausäurevergiftung, Blutbe-
schaffenheit dabei 157, 46.
Blei, Einwirkung des Wassers auf
dasselbe 140, 115°
— metallisches in der Bleiglätte
139, 204.
Bleiglätte, enth. metall. Blei
139, 204,
Bleiröhren mit innerem Zinnüber-
zug 140, 115.
Blutbeschaffenheit bei Blau-
säure-Vergiftung 157, 46.
Blutegel, australische 137, 268.
Blutegel-Export aus der Colo-
nie Vietoria, Australien 139, 144.
Blüthezeit bei den Antipoden
139, 259.
Bockius’ Kräuterbrustsyrup
137, 249.
Boraxweinstein 140. 28, 62.
Borsäuregewinnung in Üentral-
italien EYE re
Borsäureweinstein 140, 28, 60.
Borweinsäure 140, 28.
287
Bovista, Lycoperdon, gegen Ner-
venkrankheiten 187,158:
Brandwunden, Glycerin dagegen
140, 166.
Braunsteinprüfung 1838, 219.
Brechweinstein auf Arsen zu
prüfen 139, 201, 205.
u 140, 24.
— Verbindungen desselben mit sal-
petersauren Salzen 158, 198.
— zu bereiten 2
Brodbereitung in Afrika 140, 2
Bromgewinnung
64.
in Stassfurt
138, 2%
Brustsyrup, Kräuter-, des F.W.
Bockius in Otterberg 137, 249.
Brunnenwasseranalysen 139, 7.
Buchenholztheer-Kreosot rhei-
nisches 139, 256.
Buchhandlung, Mode’sche in Ber-
lin, Poststrasse Nr. 28, treibt Ge-
heimmittel-Handel 137, 249.
Bundu, Eigenschaften dieses Gottes-
urtheils-Giftes der Gabons 137, 173.
C.
Calabarbohnen 137, 34%
Calandra granaria (der schwarze
Kernwurm) enthält Gerb- und Gal-
lussäure 139, 146.
Californische Früchte
138, 148.
Californischer Rieinus com-
munis 139, 260.
Calomel als äusserliches Augen-
mittel 140, 159.
Canchalagua von Chile (Ery-
thraea chilensis) 138, 267.
Canthariden, nur ausgewachsene
sind blasenziehend 139, 268.
Caprylalkohol aus Rieinusöl
137, 258.
— 139, 131.
Capsicin 138, 261.
Caragaheen, nordamerikanisches
138, 268.
Caragaheenschleim 137, 159.
Carbolsäure bei Verbrennungen
empfohlen 140, 162.
— Werth ders. als Desinfeetions-
mittel 140, 160.
Carbolsäure-Pflaster 139,152.
— — 140, 163.
Carbolsäure-Vergiftung
140, 161.
192
288
Caucasus, Mineralwasser dess.
138, 253.
Charta nitrata 138, 170.
Chemie, Fortschritte derselben
137, 96.
Chenotaurocholsäure 140, 147.
Chinabäume, ihre Cultur auf Java
und in Indien 137, 153. |
Chinacultur auf Tenerife 140, 146.
Chinidin, weinsaures 140, 259.
Chinindosen, sehr hohe 140, 164. |
Chininlösungen, Schimmeln der-
selben 137, 155.|
Chininsulfat, Prüfung dess.
140, 139.
Chinoidin, Reinigung dess.
140, 140.
Chiratin 139.7213;
Chirurgische Verbände, Kali-
wasserglas für dieselben anwendbar
140. 156.
Chloralhydrat 140, 248.
Chloreyan, auf Zinkaethyl einwir-
kend 197,139:
Chlorkalkprüfung 138, 219.
Chlorkohlenstoff von Julin
137, 261.
Chlormagnesium-Cylinderzum
Drummond’schen Licht Ilayte de
Chlormethyl, einfach gechlortes,
anaesthesirende Wirkungen dess.
139, 150
Chlorodyn, Combination v. Mor-
phin und Chloroform 137, 249.
Chloroform liefert Methylendi-
ehlorid 137, 143.
— Nachweisung in organ. Gemengen
137, 261.
— zum Aufsuchen von Galle im Harn
138, 22742
Chloroformhaltiger Harn re-
dueirt Cu202 zu Cu2O 140, 155.
Chlorwasserstoffsäure, durch
Säuren des Schwefels verunreinigt
eb Ste
Cholera, Harnbeschaffenheit bei
ders. ilaje,. Bra
Cholesterin, identisch mit Hydro-
earotin 137, 24.
— ın der Gerste 137,259
— im Mutterkorn 157, 36.
Chromsaures Kali zu prüfen
138, 219.
Sachregister.
Citronensaft 140, 130.
Citronensäure gegen Krebsschmer-
zen 138, 274.
Cocathee 139, 136.
Coelebagyne ilieifolia Sw.
138, 149.
Coffein, Vorkommen desselben
138, 116.
Collodium mit Morphin 138, 170.
— zur Bereitung ist eine mit Leinen-
faser vermischte Baumwolle un-
tauglich 140, 28.
Coloquinten, Vergiftung durch
dies. 140, 165.
Conchinin 137, 130.
Confituren mit Grünspan gefärbt,
verursachten Vergiftungen 140, 274.
|Coniinsalze 140, 133,
Conydrin u. Dimethyleonydrin in
| den Lupinensamen 140, 106.
|Copaivabalsam zu emulsioniren
(durch Zucker und Honig) 139, 271.
Cumarin und Homologen dess.,
ihre künstliche Bildung 138, 262.
|Cyan, Nachweis dess. im Cyansilber,
137, 56.
Cyansilber, Nachweis des Cyans
in demselben 137,56.
Cyansilberbäder, Wiederge-
winnung des Silbers aus denselben
|
|
138, 12.
Cyanverbindungen des Mangans
137036:
Cyanwasserstoff, direete Syn-
these dess. 139.:121,
Cylinder (Kalk-, Magnesia- und
MgCl-) zum Drummond’schen Licht
137, 7.
Cytisus Laburnum, Vergiftung
durch die Rinde ders. 1537, 174.
D.
Dalmatische Pflanzen 140, 144.
Desinfectionsmittel 139, 236.
Dextringehalt, angeblicher der
essbaren Kastanien 139142
Diborweinsäure 140, 52.
Diehlorchinon 138, 209.
Digitalin, krystall. 140, 151.
Digitalingehalt der amerikan. u.
d. deutschen Digitalis 140, 131.
Digitalis, Gehalt ders. an Digi-
talin 140, 131.
Cinnamomum-Arten nach Mi-
quel 138, 264.
Dimethyleconydrin in den Lupi-
nensamen 140, 106.
Sachregister. 289
Dittmann s Restorative Powder|Erdwachs (Ozokerit) aus Galizien
1397 17. 137, 261.
Dracaena Draco, das grösstelEruptionsgase in der Nähe der
Exemplar 138, 145.| Azoren 137, 255.
Driffield-oil 157, 249.|Erythraea chilensis (Canchalagua)
Druck, Einfluss dess. auf chem. 138, 267.
Prozesse 139, 110.|Essigprüfung 138, 219.
Drummond’sches Licht, Kalk-,
MgO- u. Mg Cl-Cylinder hierzu
137, 7.
Düngerbereitung mittelst Salz-
säure aus thierischen Stoffen jeder
Art 137, 148.
E.
Eau des Fe&es 137%, 249:
Eiche, eine tausendjährige 138, 147.
Eichen-Seidenraupe (Yama-
mayu)
Eigelb, Amylon in demseiben
139, 264.|
Einreibung gegen Zona von Cr&-
pinel 138, 168.
Eisbehälter ER
Eisenchloridlösung 140, 119.|
Eisenhohofenschlacken,
sache ihrer Färbungen 140, 118.
Eisenoxyd, pyrophosphorsaures
140, 120.
Eisenoxydhydrat, eyanhaltiges
138, 135.)
Eisenoxydhydrat, in Zucker-
syrup und in Glycerin löslich
138, 6.
Eisenoxyd-oxydul 140, 118.
Eisenoxydsaecharat, lösliches
Anwendbarkeit dess. als Antidot in
Fällen von Arsenvergiftung 139, 81.
Eisenoxydsalze lösen Antimon
140, 124.
Eisenoxydul, unterphosphorigsau-
res, Syrup dess. 140, 120.
Elaterium, Vergiftung 140, 164.
Elektrische Heilmittel 137, 167.
Elodea canadensis 140, 142.
Emetin 140, 259, 262.
Emplastrum acidi carboliei
139, 152.
Enthüllung von Geheimmitteln
137, 249.
Epilepsie, Dr. Killisch’s Heil-
mittel gegen dieselbe 137, 247;
138, 119.
Erdnuss, Arachis hypogaea (mit
Abbild.) 137, 70.
139, 144.|
Ur-!
Essigsäure aus essigs. Kalk
137, 322
|— Dichtigkeiten ihrer Gemische mit
Wasser 139, 128.
— Oxydation derselben zu Oxalsäure
139, 129.
Etiquetten 137, 35.
Euphorbia Cyparissias L., krystall.
gelber Farbstoff (Luteinsäure) in
derselben 140, 218.
Extraet. Lupulini äther. 139, 232.
Explosion von schlagenden Wet-
tern auf einem Schiffe 137, 116.
F.
Farbstoff der Faulbaumrinde
EHER
— gelber, (Luteinsäure) in den Blüther
der gemeinen Wolfsmilch (Euphor-
bia Cyparissias 1L.). 140, 218.
Faulbaumrinden-Farbstoff
137, 8.
Fauna u. Flora des Soolgrabers zu
Artern 137, 84.
— — mikroskop., krystall. Massen-
gesteine 139, 133.
F&es, Eau des 137, 249.
Ferrum sesquichloratum solutum
140, 119.
Feuerwerkskörper, Selbstent-
zündung derselben 137,258
Filtrirpapier, ein Mangangehalt
desselben bewirkt rothe Färbung
der Jodkaliumlösungen 140, 27.
Finnen in den Muskeln des Rindes
137, 161.
Flaschen mit mussirenden Geträn-
ken zu verdrahten 139, 234.
Flechten, Alkohol aus denselben
139,262
Flechtenflora von Spitzbergen
139, 263.
Flecken der Hornhaut durch kry-
stallisirtes schwefelsaures Natron
zum Verschwinden gebracht
139, 147.
Fleisch, Bestimmung dess. nach
der Thierspecies 138, 161.
290
Fleisch, Finnen im Rindfleisch
137, 161.
— weich zu kochen 137, 270.
Fleischbeschau in Thüringen
1a 168
Fleisehextract 138, 215.
Fleischextraet-Liqueur
137, 249.
Fleischversendung aus Austra-
lien nach England 138, 159.
Flora u. Fauna des Soolgrabens zu
Artern 137, 84.
— — mikroskop., kryst. Massenge-
steine 139, 133.
Fluor, Prat’s angebl. Zerlegung
dess. 140, 254.|
Fluorgehalt des menschlichen Ge-
hirns 139, 145.
Fluorverbindungen, ihre Con-
stitution 137,2113.
Form, neue, für Arzneimittel
140, 279.
Formylharnstoff 140, ‚149.
Fortschritte der Chemie 137, 96.
Frostbeulen, Salbe dagegen
|
138, 276.
Fruchtreife bei den Antipoden |
1895259:
Früchte, californische 138, 148.
Fucus baceiferus 140, 141.
Fueus- und Laminariaarten,
Mediein. Anwendung derselben
139, 135.
Furunkelneubildung, Theer
gegen dieselbe 138, 168.
6
Gabons, Gottesurtheilsgift derselben
(das Bundu) 157, 173.
Gährung, Zersetzung salpeters.
Salze bei derselben 139, 114.
Gährungserregende organisirte
Materie im künstl. Natronbicar-
bonat 139, 211198
Gährungspilze aus Zuckerraffine-
rien, Einfluss derselben auf das
Bachwasser 138, 258.
Galizisches Erdwachs (Ozokerit)
137, 261.
Galle im Harn durch Chloroform zu
entdecken 188,271:
Gallerte aus Algen 137.159:
Gallussäure und Gerbsäure im
schwarzen Kornwurm 139, 146,
Sachregister.
Galvan, Ketten mit Pikrinsäure
158, 124.
Gänsegalle 140, 147.
Gasolene 1395298.
Geheimmittel- Enthüllungen
137, 249.
Geheimmittel- Untersuchun-
gen 137, 241.
Gehirn des Menschen ist fluorhal-
tig 139,7149:
Gehrig-Zehle’sche Zahnhalsbänder
137, 249.
Gelatine, eigenthümliche Reaction
derselben 138, 272.
Gelber Farbstoff (Luteinsäure) in
den Blüthen von Euphorbia Cypa-
rissias L. 140, 218.
Genevoıx’ Rosskastanienoel
137, 2452
Gerb- und Gallussäure finden sich
auch im schwarzen Kornwurm
x 139, 146.
Gerichtl. chem. Nachweis von
Morphin u. Narkotin 138, 67.
Gerste, Cholesterin in derselben
137, 253%
Gewebe unverbrennlich zu machen
137, 251.
Gewürznelken, Reaction ihrer
Praeparate gegen NO3 und Fe?03
137, 129.
Gicht, Pulver von Haden wider
dieselbe 138, 167.
Gifte, Schmelztemperaturen organ.
u. anorgan. 137, 270.
Glas für chemische Geräthschaften
140, 117.
Glaubersalz, krystallisirtes wirkt
auf die Hornhautilecken 139, 147.
Glycerin, Bildung von Allylalko-
hol aus demselben 139, 129.
— gegen Brandwunden 140, 166.
Glyceringewinnung in Nord-
amerika 140, 126.
Glykokollverbindungen, zu
ihnen gehörtnach Strecker auch
die Harnsäure 139, 146.
Glykose, Quantitative Bestimmung
derselben 140, 129.
Goldlack 137,177
Goldregenrinde, Vergift. durch
dieselbe 137, 072
Goldschwefel, arsenhaltiger, Prü-
fung mittelst Natr. bicarbon.
140, 9.
Sachregister.
Gottesurtheilsgift der Gabons
(das Bundu) 157, 173.
Granatbaumrinde 137, 263.
Grundwasser, das und die Ty-
phusstatistik, nach Pettenkofer|
138, 276.|
Grünspan-Vergiftung 140, 274.
Guaco-Pflanzen 138, 156.|
Guajacol, Synthese desselben |
138, 259.|
Guano 138, 163.
— der angebliche, der Insel Som- |
brero 137, 269. |
Gummi vom Senegal 138, .232.|
Gummibäume, Australische
140, 143.
Gummisäure und ihre Salze
140, 84.
Gurunussbaum im Münchener bo-
tanischen Garten 138, 148.
Gyps, Löslichkeit dess. 137, 252.
H.
Hamburg-Altonaer Ausstellun-
gen 140, 229.
Hammelfleisch und Rindfleisch, |
Versendung desselben aus Austra- |
lien nach England 158, 159.
Harn, Entdeckung des Zuckers in
demselben 138, 166.|
— Nachweisung von Harnstoff in
dems. 137, 269.
Harn von Personen, welche Chloro-
form eingeathmet haben, reducirt|
in Folge eines Chloroformgehalts
Kupferoxyd zu Oxydul 140, 155.
Harnanalyse am Krankenbette,
Reagirnecessair v. Herb. 138, 219.|
Harnbeschaffenheit b. Cholera-
kranken 138, 273.)
‘ Harnfarbstoff, Urochrom
138, 270.
Harnsäure, eine Glykokoll-Ver-
bindung 159, 146.
Harnstein, Analyse eines solchen
138, 66.
Harnstoff 140, 149.
— Darsteilung 158, 270.
— die demselben entsprechende
Schwefelverbindung 140, 153.
—- Nachweisung desselben im Urin
137, 269.
— Vorkommen dess, in der Milch
Honig
der Herbivoren 140, 270.
291
Härte-.des Wassers zu prüfen
138, 219.
Hecht, ein grosser 137, 177.
Heilmittel, elektrische 137, 167.
— gegen Epilepsie von Dr. Killisch
137, 247,
Hexenthum, über den Ursprung
desselben 139, 156.
Himalaya, Charakter der Vegeta-
tion in demselben 139, 59.
Hirschtrüffel (Elaphomyces gra-
nulatus Fries), Analyse einiger
Bestandtheile derselben 139, 24.
Holzessig, roher 137, 257.
‚Holzkohlen, Anzünden derselben
157, 116.
138, 158.
Hopfenproben, Zusammensetzung
verschiedener 131, 145,
Hornhautflecken, Einwirkung d.
krystallisirten schwefels. Natrons
auf dieselben 139.47.
Hube’s Nussschalen - Extraet
135.243,
Hydrocarotin identisch mit Cho-
lesterin 137, 24.
Hydroxygenirter Aether
139, 152.
I.
Ilmwasser 139, 3.
Indigocultur in Bengalen
139, 261.
Indium 140, 256.
Infusum Sennae compositum
137, 34.
Insecten,' Naphtalin gegen dies.
138, 159,
‚Ipeeacuanha, Emetingehalt ders.
140, 259.
J.
Jalape, Cultur ders. 138, 151;
Jalapencultur bei der Haupt-
stadt Mexiko und in New-York
139, 138.
James’ Stomachin 137, 249.
Jod, volumetrische Bestimmung dess.
im käuflichen Jod 1397252
Jodinhalationen geg. Schnupfen
138, 275.
Jodkalium innerlich und Calomel
äusserlich (als Augenmittel) zu-
gleich angewendet sind unverträg-
lich 140, 159,
292 Sachr
Jodkaliumlösungen werden
durch Mangangehalt des Filtrir-|.
papiers rothgefärbt 140, 27.
Jodwasserstoffsäure, wässrige,
darzustellen 139, 253, 254.
Julin’s Chlorkohlenstoff 137, 261.
K.
Kaffein, Vorkommen des. 138, 116.
Kainit, Vorkommen in Stassfurt
138,.133:\
Kali, salpetrigsaures, Darstellung
138, 129.
— saures, wWeinsaures Natron ein
Reagens auf dass. 139, 254.
— traubensaures, im Rothwein
137, 142.
Kalichromat zu prüfen 138, 219.
Kaliwasserglas, für chirur-
chische Verbände 140, 156.
Kalk-, Magnesia- und Chlormag-
nesium - Cylinder zum Drummond’-
schen Licht lade
Kalksteine zu prüfen 138, 219.
egister.
Kohlensäure mit Phenol verbind-
bar 138, 149.
Kohlensäurebestimmung in
den Bicarbonaten und den natürl.
Wässern 140, 113.
Kohlensäuregas, welches nach
Einathmung von Sauerstoffgas aus-
sehaucht wird 137, 169.
Kohlensäuregehalt der Luft
137, 117.
Kohlenstoffsäuren, Einwirkung
des Aethernatrons auf die Aether
einiger dieser Säuren 1838, 137.
— sauerstoffreiche, Einwirkung von
HCl auf dieselben 138, 259.
Kornwurm, schwarzer, enthält
Gallus- und Gerbsäure 139, 146.
Krankenbett, Harnanalyse am,
Reagirnecessair v. Herb. 138, 219.
Kräuter-Brustsyrup des F. W.
Bockius in Otterberg 137, 249.
Krebsschmerzen, Citronensäure
gegen dieselben 138, 274.
Kreosot, rheinisches aus Buchen-
Karte, pflanzengeographische, der) holztheer 139, 256.
Nilländer 137, 265.|Kreuzdornbeeren 137, 119.
Kartoffeln, Bestandtheile ders. Kupfervitriol zu prüfen 138, 219.
137, 144. L
Kastanien, essbare, angeblicher x
Dentringehalt derselben
Kaukasische
138, 253.
Kautabak, Gefährlichkeit desselben
140, 276.
139, 32.
37, 249.
139, 255.
Ammoniakbrom-
Kensington-Museum
Kent’s, Dr., Pectorin
Kerosolene
Keuchhusten,
13974122)
Mineralwasser
Labiatenöle, als Stimulantia in all-
gemeinen Bädern 138, 169.
Lagerbier, neuestes und angeblich
„bestes“ Mittel, schaal, sauer und
trübe gewordene Biere wieder her-_
zurichten, v. Siegrist 140, 252.
Lakritzensaft, Verfälschung dess.
139, 272:
und Fucusarten,
|
Laminariıa-
hydrat dagegen 138, 275.| medicin. Anwendung derselben
Kieselsäure, isomere Zustände der- 139,:135-
selben und Polyatomieität der Lebenszähigkeit der Lewisia re-
Säuren 138, 130.| diviva 138, 148, .
Killisch’s, Dr., Heilmittel gegen|Leberthran, aetherisirter
Epilepsie JS SAT. 139,151:
_ — 138, 119.|Leeithin 138, 162.
Kirsehlorbeerwasser, Gehalt — — 138, 269.
desselben an Blausäure 139, 123.|Legumin 140, 84.
Klotten’s Stärkeglanz 1537, 246.|Leguminosen, giftige 137, 263,
Kohlenoxysulfid
LAOSALOFTRL, TE
Kohlensaure Salze im Wasser
zu bestimmen 140, 113.
Kohlensaures Natron in dop-
pelt kohlens. Natron aufzufinden
140, 193.
Lepidolith zur Darstellung von
Lithium carboniecum 13701372
Lerp 138, 116.
Leuchtmoos, Schistostega osmun-
dacea, kommt auch auf dem Rhön-
gebirge vor 140, 146,
N 140, 250,
Sachregister. 293
Leueinähnlicher Körper Mata 138, 150.
138, 57.|Mate 139, 136.
Lewisia rediviva, Lebenszähig- | Medieinalverfügungen d. nord-
keit derselben 138, 148.
Lieht, Einwirkung desselben auf
die Pflanzen 138, 120.
Lichtintensität, grosse, des im
Sauerstofigas verbr ennenden Mag-
nesium 137, 118.
Liebig’s Fleischextract 137, 283.
erein. 199,.255
Limonenkrankheit 138, 150.
Liquor opii sedativus 140, 167.
Lithium earbonicum aus Lepi-
dolith FILE.
Löffelkrautöl 139, 130.
Lopezwurzel von der Insel Re-
union 137, 149.
Luft, Kohlensäuregehalt derselben
all:
Luftdruckfiltrirapparat
138, 205.
Lupinen, Alkaloide in denselben
140, 106.
Lupulinextract, aether. 139, 232.
Luteinsäure, kryst. gelber Farb-
stoff in Euphorbia Cyparissias L.
140, 218.
Lyeoperdon Bovista gegen Ner-
venkrankheiten 137, 158.
Lycopodium, falsches 138, 151.
M.
Magnesia, Chlormagnesium - und
Kalkeylinder zum Drummond’schen
Lichte 131527:
Magnesit von Frankenstein
139, 284.
re 140, 192.
Magnesium, grosse Lichtintensität
desselben beim Verbrennen im
Sauerstoffgase 137, 118.
Mangan, Cyanverbindungen dess,
157, 136.
Mangangehalt des Filtrirpapiers
bewirkt rothe Färbung der Jodka-
liumlösungen 140, 27.
Manganhyperoxyd, Wiederher-
stellung dess, 140, 121.
Manna in laerymis 139, 140.
Mannit und Harz des Oelbaumes
140, 127.
Massengesteine, krystallinische,
mikroskop. Flora und Fauna ders,
139, 133.
Arch, d, Pharm, CXC. Bds, 3, Hit,
amerik. Gouvernements 138, 111.
Meer, rothes, Analyse des Wassers
dess. 98, 255.
Menschengehirn fluorhaltig
139, 145.
Mentha piperita, ihre Cultur in
Frankreich 139533:
Messe, von Nischnij- Nowgorod
IST SEZE:
Metalle, Vermögen Wasserstofigas
einzuschliessen 138, 124.
Methylaldehyd 139, 124.
Methylalkohol bei Gegenwart
von Spirit. nitrico-äthereus zu ent-
decken 139, 124.
Methylcehlorid (einfach gechlor-
tes) anästhesirende Wirkung dess.
139, 150.
Methylendichlorid, anästhesi-
rende Wirkungen dess. 139, 150.
— aus Chloroform 137,5 143:
Mikrosublimation der Alka-
loide 140, 85.
Milch der Herbivoren enthält Harn-
stoff 140, 270.
Milehuntersuchungen, gericht-
liche 139, 264.
Mineralschätze des westlichen
Nordamerika 137, 254.
Mineralwasser von Alexisbad
Analyse dess. 140, 1.
Mineralwässer des Caucasus
138, 253.
Mode’sche Buchhandlung, Berlin,
Poststrasse Nr. 28, vertreibt Ge-
heimmittel 137, 249.
Monoborweinsäure 140, 32.
Monochlorerotonsäure
140, 84,
Morphin, geriehtl, chem. Nachweis
dess. 138, 6
Morphinbestimmung, nach
Guillermond 140, 135.
Morphin-Collodium 138, 170.
Morphinreaetionen 137, 129.
Müllers Nussöl-Extract 137, 244.
Museen, technische, namentl. das
Kensington-Museum 139, 52.
Muskeln der Rinder, Finnen in
denselben 137, 161.
ıM utterkorn, Cholesterin in dem-
selben 137, 36,
20
.
294 Sachregister.
N. Oleum Olivarum album 137, 32.
Nah ttel Erk \— ‚phosphoratum 139, 148.
Nohrungenittel, Brkemuns (Onlvendr, Times 81, 8
Naphtalin gegen Insecten ‚Ophelia Chirata, Untersuchung
138. 150.| 139, 213, 229.
2 a ER
Narcein als Arzneimittel 140, u E E
Narkotin, Nachweis dess. in ge- peu F : 2 }
richtl. chem. Fällen 138.60 14 ss Fra Berliner 137, 158.
Natron, doppelt kohlens. auf Ge-| Liquor opii sedativus 140, 167.
halt an einfach kohlens. Natron zu Opiumprüfung 140, 135,136.
prüfen 140, 193.
— saures weinsaures, ein Reagens auf
Kali 139, 254.|
— schwefelsaures, kryst. wirkt auf|
die Flecken der Hornhaut 139, 147.
Natronbicarbonat käufliches ent-
hält gährungserregende organisirte
Materie 1392619:
Natron biearbonicum auf Ge-
halt ameinfach kohlensaurem Natron
zu prüfen 140, 193.
Neger in Amerika 134, 17%
Nerium Oleander 31, 150.
Neurin, Identität des künstl. und
des natürl. 138, 139.
Nicotin, Bestimmung dess. im Ta-
bak 1377433
Nilländer, pflanzengeographische
Karte ders. 137, 265.
Nischnij-Nowgorod, Messe
137, 178.
Nitroprussidverbirdungen
137, 137%
Nordamerika, die Mineralschätze
des westlichen 130,254:
Nordamerikan. Caragaheen
138, 268.
— Medieinalverfügungen 138, 111.
Nussoel-Extract y. H. Müller
137, 244.
Nussschalenextract v. Ad. Hu-
be in Stettin 154,243:
Ö.
Oberdorfer Schwefelquelle, All-
gäu IE TAN
Oblaten, Giftigkeit gefärbter
140, 274.
Oelbaum, Mannit und Harzgehalt
dess. 140, 127.
Oidium Tuckeri 1594133,
Oil, Driffield - 137, 249.
Oleander (Nerium Öleander) und)
Opiumtinctur, Darstell. einer ge-
|
|
\
|
ruchlosen 140, 137.
'Orangen- u. Ananas-Öultur auf
den Bahamainseln 140, 144.
Oxalsäure durch Oxydation der
Essigsäure gebildet 139, 129.
— freie, in d. männl. Büthen des
Wallnussbaums 137, 142:
Oxamid 140, 149.
‚Oxaminsäure== Azoglykolsäure
140, 153.
|Ozonisirter Aether 1395 1922
|Ozokerit aus Galizien 137, 261.
Ozon, Dichtigkeit dess. 137, 250.
— Geschichte dess. 137, 102
P.
Palladium, Verhalten dess. zum
Wasserstoff 140. 107.
Paraffinkerzen schwarz zu fär-
ben 138, 144.
Paraguaythee (Mate) 139, 136.
Patent, über den Werth dieser
Bezeichnung bei Waaren 139, 154.
Pectorin 137, 249.
Pepsin, flüssiges und trocknes
139, 266.
Perubalsamöl 139, 258.
Petroleum, Handelsnamen der flüch-
tigeren Destillationsprodukte dess.
139, 255
Petroleumäther 139, 255.
Petroleumbenzin 13352255
Pfefferminze, Cultur derselben
139,735:
Pfefferminzöl, Verfälschung dess.
139, 132.
Pferde, das Alter derselben zu er-
kennen 139, 268.
Pferdeschlächterei 137, 177.
Pflanzen, seltenere, Thüringens
137, 266,
Pflanzengeographische Karte
der Nilländer von Schweinfurth
seine Eigenschaften 137, 160.
137, 265.
Sachregister.
Pflaster mit Carbolsäure
139, 152.
Pharbitis Nil Choisy 138, 135.
Phenol mit Kohlensäure verbind-
bar 138, 144.|
Phenylsäure zur Abscheidung des
Strychnins 137, 133.
Phosphor, Einwirkung des Ammo-
niaks auf dens. 140, 107.
— neue Reaetionen desselben
139, 250.
— Resorption dess. bei der Phos-
phorvergiftung 140, 156.
— Terpenthinöl als Antidot dess.
140, 157, 158.
Phosphorchlorid, Einwirk. dess.
auf Zuckerarten a0. 197.
Phosphor-Ermittelung, die
medico-legale STE Ahrler
Phosphorhaltiges Oel
139, 148.
Photographien mit verschiedenen
Farben 138, 123.|
— Silberverbrauch zu denselben
140, 258.
Physiolog. Wirkung und chem. |
Zusammensetzung giftiger Substan-
zen 140, 100.
Physostigmin 134, 134.
Pikrinsäure zur Bierverfälschung
140, 277.
— zu galvan. Ketten 138, 124.|
Pilze, Einfluss der Gährungspilze
aus Zuckerraffinerien auf das Bach-
wasser 138, 258.
— essbare 139, 259.
Pimentkörner, Reaction ihrer
Praeparate gegen NO5 u. Fe?03
137, 129.
Pinusarten 140, 267.
Polyatomicität der Säuren
138, 130.
Polyhalit von Stassfurt 139, 11.
Pottasche-Prüfung 138, 219.
Preisliste von Gehe et Comp. in
Dresden, Notizen aus derselben
Sr alral,
Pulver von Patterson 138, 167.
— wider die Gicht 138, 167.
— wider den Rheumatismus
138, 167.
Puzzuolo bei Neapel, Thermen der
Solfataren daselbst 138, 195.
Pyrophosphorsaures Eisen-
oxyd 140, 120.|
295
0.
Quecksilber, durch Dialyse in
organ. Massen aufzufinden 140, 254.
— zu solidifieiren 140, 258.
Queeksilberchlorür als äusser-
liches Augenmittel 140, 159.
Quecksilberproduktion, jähr-
liche 140, 124.
R.
Raisains du Tropique
140, 141.
Ratten, trichinenhaltig 138, 160.
Rauchtabak, Einfluss desselben
auf die Entsteh. v. Augenkrankheiten
140, 275.
Reagirnecessair zur Harnanalyse
am Krankenbette 138, 229.
Rebenkrankheit, neue, verursacht
durch Rhizaphis vastatrix 139, 142.
Regale zu Säuregefässen 139, 234.
|Restorative Powder von Ditt-
mann 139,267
Reunion, Insel, Produkte ders.
139, 149.
Rheumatismus, Pulver wider
138, 167.
Rhigolene 139, 255.
Rhizaphis vastatrix, die Ur-
sache einer neuen Rebenkrankheit
139, 142.
Rhöadin und Rhöagenin
140, 138.
Rhöagenin 140, 138.
Rhöngebirge, zur Flora desselben
zählt auch Schistostega osmundacea,
das Leuchtmoos 140, 250,
Rhus Toxicodendron, Vergif-
tung durch den Saft dess. 140, 277.
Ricinus communis 192198
— — in Californien 139, 260.
Ricinusöl, Caprylalkohol aus dems.
137, 258.
Riechende Stoffe im Alkohol zu
zerstören 139, 126.
Rinder, Finnen in den Muskeln
derselben 137, 16T.
Rindfleisch, australisches , dessen
Versendung nach England
138, 159.
Rosenölstearopten 140, 125.
Rosskastanien-Oel vonGene-
voix, Apoth. in Paris 137, 245.
20 *
296
Rothes Meer, Analyse des Wassers
dess. 138, 255.
Rothwein, traubensaures Kali in
dems. 137, 142.
— Wirkung der Wärme auf starken
139, 126.
Russisch. Schwarzerde
Su lANT.
— Talghandel 1layrla 1):
— Theehandel 134, 178.
Russland, Baumpflege 138, 146.
S.
Salbe des Einsiedlers Johann Treitler
137, 249.
— gegen Frostbeulen 38, 276.
— Taxberechnungen einiger 158, 112.
Salpeter enthält häufig salpetrig-
saures Kali 140, 114.
Salpeterbildung in Ostindien
139, 112.|
Salpeterpapier 135.2.170:
Salpetersaure Salze im Wasser
nachzuweisen 140, 114.
— — Verbindung ders. mit Brech-
weinstein 138, 198.
— — Zersetzung ders. während der
Gährung 159, 114.
Salpetersäure, käufliche, enthält
zuweilen Silber 139,214
Salpetrigsaures Kali 138, 129.
— — im käuflichen Kalisalpeter
140, 114.
Salzsäure zu Düngerbereitung aus
thierischen Stoffen jeder Art
137, 148.
— Verunreinigung derselben durch
Säuren des Schwefels 1839, 118.
Safranverfälschung 139, 262.
Santoninzeltehen, Vergiftung
damit 140, 276.
Sargassum bacciferum
140, 141.
Sauerstoffbeleuchtung, neue
Methode derselben von Joseph
Philipps 138, 193.
Sauerstoffgas, seine therapeu-
tische Anwendung 137, 169.
Säuregefässe, Regale für dieselben
139, 234.
Säuren, polyatome 138, 130.
Schimmeln der Chininlösungen
137, 155;
Behistostega osmundacea
140, 146,
Sachregister.
Schistostega osmundacea, d.
Leuchtmoos, auch im Rhöngebirge
140, 250.
Sehlacken von Eisenhohöfen, Ur-
sache ihrer Färbungen 140, 118.
Schlaf, neue Theorie desselben
139, 69.
Schlagende Wetter, Explosion
derselben auf einem Schiffe
137, 116.
Schlangengift, Wirkung dess.
137, 175.
Schleim aus Algen 134.108
Schlemm’s Serapion -Zeltchen
137, 249.
Schmelztemperaturen organ.
und anorgan. Gifte 137, 270.
|Sehnupfen, Jodinhalationen gegen
denselben 138, 275.
Schwarzerde, russische 137, 147.
Schwarzfärbung von Paraffin-
kerzen 138, 144.
Schwefel, löslich in Königswasser
140, 255.
Schwefelammonium fabrikmässig
darzustellen 139, 249.
Schwefelantimon, Prüfung dess.
auf Arsengehalt 140, 21.
Schwefelarsen, Bildung dess. in
Leichen mit Arsen Vergifteter
137, 37, 43.
Schwefeleyanwasserstoff-
äther, die dem Senföl entspr.
Isomeren dess. 137, U
Schwefelkohlenstoff, Reinigung
dess, 140, 110.
Schwefelquelle zu Oberdorf im
Algäu 136%
Schwefelsaures Natron, kryst.,
wirkt auf die Flecken der Horn-
haut 139, 147.
Schwefelwasserstoff darzu-
stellen 139, 248.
Seide, Beschwerung derselben
139, 267.
Seidenraupe, Eichen- (Yama-
mayu 139, 144.
Seifen, Werthbestimmung derselben
138, 13.
Selbstentzündung poröser, stark
wasseranziehender Substanzen
: 139, %
Selenwasserstoff, dess. Wirkung
auf Metalllösungen 139, 249.
Senegalgummi 138, 232.
ur REEL EN Per ‚
Sachregister.
Senföl, Isomeren
— nach Belieben zu produeiren
137, 140.
Sentpapier 157, 141.
Senna, Infus. Sennae compos.
1334:
Sennepikrin 140, 69.
Serapion - Zeltchen des Dr.|
Schlemm 137, 249.
Siegrist’s Mittel, sauer, schaal|
|Talghandel, der russische
und trübe gewordenes Lagerbier
wieder herzurichten 140, 253.
Silber in der käuflichen Salpeter-
säure 1a JuE
— Wiedergewinnung desselben aus
Cyansilberbädern 138, 12.
Silberverbrauch für Photogra-
phien
stellen 137, 140.
Smalte 140, 118.
Sodaprüfung 138, 219.
Solfataren von Puzzuolo bei
Neapel 138, 195.|
Sombrero-Guano, sogenannter
137, 269.
Soolgraben zu Artern, Flora u.
Fauna dess.
Spiroptera sanguinolenta
137, 268.
Flechtenflora
139, 263.
von P. J. Klotten
Spitzbergen’s
Stärkeglanz,
in Köln 137, 246.
Stassfurter Brom-Gewinnung
138, 127.
Stempelkissen, elastische, von|
Herb 138:92831.
Steinkohlen, welche Pflanzen
dienten z. ihrer Bildung? 137, 264.
Stickoxydbildung bei der Gäh-
rung in den Branntweinbrennereien
158), alle
Stimulantia, Labiatenöle als
solche in allgemeinen Bädern
138, 169.
Stomachir von James 137, 249.
Strümpfe, vergiftete 140, 278.
Stryehnin, Abscheidung dess. d.
Phenylsäure 137, 133.
Stryehnos potatorum 138, 116.
Sublimirapparat für Benzoe-
säure 139, 120:
Sulfide des Antimons 140, 214.
Sulfocarbamid 140, 155.
|Tasmania,
140, 258. |
Sinapismen nach Belieben herzu-
137, 84. |
297
137, 141.|Sylvin, Vorkommen dess. 138, 133.
|Syphonflaschen von J. M.
Wettig in Erfurt 139, 192.
|Syrupus Ferri hypophospho-
140, 120.
rosi
T.
Tabak, Bestimmung des Nicotins
in dens. 1315 1332
1372 1732
Tannin 139, 25%
Tartarus boraxatus 140, 28.
— stibiatus auf Arsen zu prüfen
140, 24.
Zeit der Blüthe und
Fruchtreife im Garten das. (bei
den Antipoden) 139, 259.
Taxbereehnungen einiger $al-
ben 138, 112.
Taxe, Veränderungen der Königl.
Preuss. Arzneitaxe für 1869
157, 188.
Technische Museen, namentl.
das Kensington Museum 139, 52.
Temperaturen, bei denen organ.
und anorgan. Gifte schmelzen
137, 270.
Tenerife, Chinacultur daselbst
140, 146.
Terpenthin durch Zucker und
Honig zu emulsioniren 139, 271.
Terpenthinöl als Antidot des
Phosphors 140, 157, 158.
— Formel für die Anwendung dess.
138, 169.
— künstliches 139,255:
Thallium und Verbindungen dess.
139, 103.
Than-mo 138, 268.
Thapsia garganica 139, 263.
Theehandel, der russische
137, 178.
Theer gegen Furunkelneubildung
138, 168.
Thermen von Bertrich 138, 1
— der Solfataren von Puzzuolo bei
Neapel 138,- 195%
Thüringen, seltenere Pflanzen
137, 266,
—- Trichiniasis und Fleischbeschau
daselbst 137, 164...
Thymol, Anwendung desselben
139, 257.
.
Va a an N
9
DE ee
Pi
«7
eh BE] To
SEN OR Pair
298
Tineturen, offieinelle, darzustellen
139, 269.
Toxikologie, Mikrosublimation
der Alkaloide 140, 85.
Traganth, afrikan. 140, 81.
Traubenanalysen 140, 128.
Traubensaures Kali im Roth-
wein 137, 112,
Treitler’s (des Einsiedlers) Salbe
137, 249.
Triaethylphosphin, das empfind-
liehste Reagenz auf CS? 140, 113.
Triehinen in den Ratten und in
einem Waschbären 138, 160.
— und Trichinose 137, 162.
Triehiniasis und Fleischbeschau
in Thüringen 137, 164.
Triehlorphenol 138, 209.
Trinkwasseranalyse, nach
Frankland 137, 110.
Tropentrauben 140, 141.
Tschornosem, russische Schwarz-
erde 137, 147.
Typhus-Statistik u. das Grund-
wässer, nach Pettenkofer 138, 276.
Tyrosin ähnlicher Körper
138, 57.
U.
Ueberjodsaure Salze 137, 112.
Unterphosphorige Säure
140, 110.
Unterphosphorigsaures Ei-
senoxydul, Syrup desselben
140, 120.
Urin, Nachweis v. Harnstoff darin
137, 269.
Urochrom
138, 270.
Urinfarbstoff,
V.
Valeriansäure, einige Salze der
natürl. u. d. künstl. 138, 140.
— natürliche und künstl. 137, 258.
Valeriansaures - Wismuth-
oxyd 139, 193.
Verbrennlichkeit von Geweben
aufzuheben 137, 251.
Verbrennungen, Carbolsäure
gegen 140, 162.
»Verdrahten der Flaschen mit
mussirenden Getränken 139, 234,
Verfälsehte Nahrungsmittel und
ihre Erkennung 138, 141.
Sachregister.
Viehfutter, Arsenbeigabe, zu dem-
selben 138, 157.
Vögel, Schutz derselben 140, 273.
W.
Waaren, Werth der Bezeichnung.
„Patent“ bei dens.. 139, 154.
Waarenbericht von Gehe etComp,
138, 171.
Wachsarten, chem. Untersuchung
ders. 138, 142.
Wärme, ihre Wirkung auf starke
Rothweine 139, 126.
Waldverminderung in Indien
140, 145.
Wallnussbaum, Oxalsäure in den
männl. Blüthen dess. 137, 142.
Wa-mo, Bamboo muchrom, Thanmo
138, 268.
Waschbären bergen Trichinen
138, 160.
Wassereultur-Versuche
140, 84.
Wasser, Einfluss von Gährungspil-
zen aus Zuckerraffinerien auf das
Bachwasser 138, 258.
— Einwirkung dess. auf Blei
140, 115.
eisenhaltiges Mineralwasser zu
Berka an der Ilm 13910:
— Gehaltprüfungsapparat zur qua-
litativren und quantitativen Unter-
suchung desselben von Herb
138,
228.
— Härte dess. zu prüfen 138, 219.
— Mineralwässer des Caucasus
138, 253.
— des rothen Meeres, Analyse
138, 255.
Wasserpest 140, 142.
Wasserstoff, Verhalten dess. zum
Palladium 140, 107.
Wasserstoffgas, Einschliessung
dess. durch Metalle 138, 124.
Weinsäure, Bestimmung derselben
als weinsaurer Kalk 138, 202.
— Einwirkung von cone. HCl auf
dieselbe 138, 260.
Weinsaures Chinidin 140, 259.
— Natron, saures, ein Reagenz
auf Kali 1397254.
Weintrauben, chemische Vorgänge
beim Reifen ders, nach Julius
Schliekum 139, 67
Literatur und Kritik. 299
Wetter, schlagende, Explosion
ders, auf einem Schiffe 137, 116.
Wettig’s Syphonflaschen 139, 192.
Wiederkäuer, Aufblähen derselben
137, 269.
Wismuthoxyd, salpetersaures, |
basisches‘; Verfälschung desselben
140, 123.
— valeriansaures 1391982]
Wismuth-Valerianat 139, 193.|
Wolfsmileh (Euphorbia Cypa-
rissias) gelber Farbstoff in der|
Blüthe ders. (Luteinsäure) 140, 218.|
Wolle-Einfuhr aus Australien |
137, 180.|
Wulfenia carinthiaca 140, 143.|
Wurzel von Jean Lopez u. a. Pro-|
dukte d. Insel Reunion 137, 149.|
|
Ir |
Yama-mayu (Eichenseidenraupe) |
139, 144.
2. |
Zahnhalsbänder von Zehle und,
Gehrig 137, 249.
Zekle-Gehrig’sche Zahnhalsbän-
der 137, 249.
Zeltechen, Serapion-, des Dr.
Schlemm 137, 249.
Zimmer, Gefahr frischangestrichener
139, 272.
Zinkäthyl, dessen Einwirkung auf
Chlorcyan 137, 139.
Zinkchlorid als Aetzmittel
138, 276.
Zinkphosphür 140, 122.
Zinn, Molecularumlagerung dess. bei
starker Kälte 140, 123.
Zinngruben der Insel Banka
137, 62.
Zona, Einreibung gegen 138, 168.
Zucker, Entdeckung dess. im Harn
138, 166.
Zucekerarten, Einwirkung des
PC]5 auf dieselben 140, 127.
Zuckerkrätzmilbe sky alzuik
Zuckerraffinerien, Einfluss der
Gährungspilze aus dies. Raffinerien
auf das Bachwasser 138, 258.
Zusammensetzung, chemische,
und physiolog. Wirkung giftiger
Substanzen 140, 110.
Il. Literatur und Kritik.
Andree, K., Globus. Anz. 138, 284. |
Berichtigung 140, 190.
Beyer, A., Bodenstudien 137, 240.)
Bibliographischer Anzeiger
für Pharmaceuten v. H. Ludwig
139, 187.)
—_—— 139, 283.
Birnbaum, Leitfaden der chem. |
Analyse angez. 139, 192.|
Blomstrand, C. W., die Chemie |
der Jetztzeit, Krit. von R. Kem-|
per 139, 173.
Buchner, Aerztliches Intelligenz-
blatt 137, 282.|
Bücher-Anzeigen 140, 284.
Büchting, Adolph, Bibliotheca
pharmaceutica; angez. v. H. Lud-
wig 140, 189.
Buff, Studium der Chemie; angez.
v.H. Ludwig 137, 280. |
Casselmann und Frederking,
Lehrb. der ges. Pharmacie u. ihrer
Hültswissenschaften 1.’Th. 1. Abth. |
Krit. v. Hirschberg 137, 273.'
Doebrich G. und E. Reıichardt
über die von den Erdbestandthei-
len absorbirten Gase 137, 240.
Dragendorff, Dr. Georg, gericht-
lich - chemische Ermittelungen von
Giftstoffen, Kritik v. H. Ludwig
139, 161.
Dufles, Dr. Adolf, die Prüfung
chemischer Gifte; Krit.v. H. Lud-
wig 139, 278.
Dünkelberg, der Culturingenieur,
angez. 138, 284.
Ecker, Archiv für Anthropologie
angez. 138, 284.
Erlenmeyer, Lehrb. der organ.
Chemie, Krit. v. R. Kemper
139, 179:
Fresenius, Dr. C. R., Anleitung
z. qualitat. chem. Analyse, 13, Aufl.
140, 191.
Friekhinger, das Apothekerwesen
in Bayern, angez. v.Danckwortt
137, 281,
RT
Pe
rd LE ne >,
lach mn
a Ne > De
EB
Da
Er
en
Re
er.
Ba ah
z
300
Geuther, A., über die Bildung der
Aethylessigsäure u. Aethyldiacetsäure
137, 240.
— über die sog. Diaethoxalsäure
137, 240.
— über Constitution einiger Sili-
ciumverbindungen und Einiges, was
sich auf d. Mischungsgewicht des
Silicium bezieht 137, 240,
Gonnermann W. und Raben-
horst, Mycologia Europaea. Dres-
den u. Neustadt 1869. Krit. von
Hallier 140, 283.
v. Gorup-Besanez, Dr. E. F,
Lehrbuch der Chemie. Angezeigt
138, 284.
— Lehrbuch der Chemie angez.
139, 284.
Graham Otto’s, ausführl. Lehr-
buch der Chemie 140, 191.
Hager, Dr. Herm., Botanischer Un-
terricht in 150 Leetionen. Berlin,
J. Springer 1869. Kritikv. Hal-
lver 140, 281.
— Pharmacopoeae recentiores ange-
zeigt vv. H. Ludwig 137, 282.
—- Pharmacopoeae recentiores, An-
glica, Gallica, Germaniae, Hel-
vetica, Russiae, inter se collatae.
Krit. von E. Biltz, 140, 181.
Haeckel, Prof. Dr. Ernst, Ar-
beitstheilung in Natur- u. Men-
schenleben, angez. v. Chr. Rump
139, 283.
— natürl. Schöpfungsgeschichte an-
gez. v. Ch. Rump 139, 282.
Hartmann, Dr. G., Handverkaufs-
Taxe für Apotheker; Krit. von Dr.
R. Mirus 140, 178.
Heinrich, Reinhold, Untersu-
ehung über den Stoffwechsel wäh-
rend der Vegetation der Weizen-
pflanze 137, 240.
Himmelmann, d. Apotheker 1869.
Krit. v. H. Ludwig. 138, 282.
Hoffmann, Otto, Utile cum dulei,
Krit. v. E. Hallier. Heft IV.
137.184,
—- -5H. VII. 1087502:09:
— — — H. vll. 139, 192.
— — — H. VII. 140, 283.
Hohenacker, R. F., Herbarium
normale plantarum offieinalium et
mereatoriarum. Krit. von A. de
Bary SISB:
Literatur und Kritik.
Huggins, William, Ergebnisse der
Spectralanalyse in Anwendung auf
die Himmelskörper. Angez, v. H.
Ludwig 13937183:
Köhler, H., über die Anwendbar-
keit bleierner Utensilien und Lei-
tungsröhren f. d. Hausgebrauchs-
wasser 137, 240.
— Entgegnung, das Eisensaccharat
betreffend 139, 170.
Kopp, Hermann, Sechs Tafeln mit
Netzen von Krystallmodellen
140, 191.
Langbein, Dr. Georg, die Genuss-
mittel; angez. von H. Ludwig
140, 190.
Maisch, J. M., die Gesetzgebung
der Vereinigten Staaten von Nord-
Amerika, regulirend die Ausübung
der Pharmacie; im Auszug vonL.
Hoffmann. 140, 170.
Marquart, Lehrb. der pract. und
theoret. Pharmacie. 2. Aufl. 3 Bde.
bearb. von H. Ludwig u. Hal-
lier. Krit. von Hirschberg
137, 275.
Meitzen, Dr. E,, Plan einer che-
mischen Lehrmethode f. Industrielle;
angez. von H. Ludwig 140, 187.
Opel, vollständiges Wörterbuch zur
Pharm. Germaniae; Krit. von R.
Mirus 137, 276.
Poleck, Prof. Dr. Theodor, Bei-
träge zur Kenntniss d. chem. Ver-
änderungen fliessender Wässer. An-
gez. von H. Ludwig 159, 273.
Regnault - Streeker, Kurzes
Lehrbuch der Chemie. Bd. I, An-
organ. Chemie. 8. verb. Auflage.
Bd. II. Organ. Chemie. 5. verb. Aufl.
Angez. 138, 284.
Reichardt, E., Prof. Dr., über
Entfernung u. Verwerthung d. Dün-
gerstoffe in d. Städten 137, 240,
— über die Gase, welche durch Er-
hitzen von Eisenoxyd- und Thon-
erdehydrat ausgetrieben werden
137, 240.
— Grundlagen zur Beurtheilung des
Trinkwassers; angez. von H. Lud-
wig 140, 186.
Ruchte’s, Dr. J., Repetitorien 1)
Rep. d. Mineralogie; 2) Rep. d.
Chemie; 3) Rep. der Zoologie.
Krit. von H.Ludwig 137, 181.
Autorenregister.
Scehmiedeberg, ©. u.R.Koppe,
das Muscarin, das gıftige Alkaloid
des Fliegenpilzes, ang. 139, 192.
Schmoller, G., Zur Geschichte d.
deutschen Kleingewerbe im 19. Jahr-
hundert
Schnitzlein, Botanik, Krit. von
Hallier 137, 278.
Schroff, Carl, Dr. Ritter v., Lehr-
buch der Pharmacognosie. Wien,
Braumüller 1869. Krit. von Hal-ı
lier 140, 282.
Stöckhardt, Dr. J. A., die Schule
der Chemie, 15. Aufl. 140, 191.
Strohecker, J. R., Repetitorium d.
syst,. medie. Botanik; Krit. von E.
Hallier
— Repetit. d. allgem. Botanik, Krit.
von E. Hallier 137, 187.
— Systematische Anleitung zu bota-
nischen Exeursionen. München 1869.
Kritik von Hallier 140, 281.
Trommsdorff, Dr. Hugo, die Sta-
tistik des Wassers u. d. Gewässer.
Angez. von H.Ludwig 140, 184.
Verzeichniss sämmtl. v. d. Kais.
Akad. d. Wissenschaft. seit ihrer
Gründung bis letzten October 1868
IM.
A.
Ader u. Baeyer, Aldehydin
137, 257.
Albert, C. von, Krit. v. Carl Zel-
ger’s geognost. Wanderungen (die
Trias Frankens) 139, 169.
Almen, neue Formen für Arznei-
mittel 140, 279.
Anderson, Th., der rohe Holzessig
137, 257.
Ascherson, dalmatische Pflanzen
140, 144.
Attfield, Eisenoxyd - oxydul
140, 118.
B.
Baeyer, A., Einwirkung von fünf-
fach Chlerphosphor auf Zucker-
arten
— und Ader, Aldehydin 137, 257.
Bail, Cobus, über die Aloe
137, 193,
140, 192.
137, 185.|
301
veröffentl, Druckschriften, Wien,
C. Gerolds Sohn angez. v. H. Lud-
wig 140, 189.
Wagner, Hermann, deutsche Flora.
Stuttgart, J. Hoffmann 1869. Krit.
von Hallier 140, 280.
— J. R., die chemische Technologie.
7. Aufl. Krit. von H. Ludwig
139, 176.
Weber, Dr. G., Staatl. Beschrän-
kung oder Freigebung des Apothe-
ker-Gewerbes; angez. v. H.Lud-
|
wig 140, 188.
|Weidinger, Waarenlexikon der
chem. Industrie und Pharmacie.
Angezeigt von H. Ludwig
138, 192.
Wittstein, G. C., Anleitung zur
chem. Analyse von Pflanzen. Krit.
von H. Ludwig 1395183:
|Wöhler’s Grundriss der organ.
Chemie, 7. umgearb. Aufl. v. Dr.
R. Fittig, Krit. von H. Lud-
wig 138, 277.
Zelger, Carl, die Trias Frankens,
geognostische Wanderungen. Krit,
von C. v. Albert 139, 169.
Autorenregister.
Baillon, H, Coelebagyne ilieifolia
Sw. 138, 149.
Baird, Diesing, Dujardin,
Rudolph, über Spiroptera san-
guinolenta 137, 268.
Barclay u. Denny, Citronensäure
gegen Krebsschmerzen 138, 274.
Bart, Paul, Abscheid. d. Strychnin-
salze durch Phenylsäure 137, 133.
Barth, L., Verbindung von Phenol
mit Kohlensäure 138, 144.
Bary, A. de, Anzeige u. Kritik v.
R. F.Hohenacker’s Herbarium
normale plantarum offieinalium et
mercatoriarum 139, 186.
Basset, über Julin’s Chlorkohlen-
stoff 137, 261.
Bender, R., die Thermen von Ber-
trich 138, 1
140, 127.) — Thermen der Solfataren von Puz-
zuolo bei Neapel 138, 195.
Bernstein, die elektrischen Heil-
mittel 137, 167.
2
ee.
”
X,
302
Berthelot, M., direete Synthese
der Cyanwasserstoffsäure 139, 121.
Besson, über flüssiges und trocke-
nes Pepsin 139, 266.
Betz, Nachweis von Harnstoff im
Urin 137, 269.
Beyer, A., Wassereultur - Versuche
140, 84.
Biltz, Ernst, arsenhaltiger Gold-|
schwefel u. Natron bicarbonie., so-
wie Prüfung anderer Antimonprae-
parate auf Arsen 140, 9.
— Kritik von Dr. H. Hagers Phar-
macopoeae recentiores 140, 185.
— Natron bicarbonic. auf Gehalt an
einf. kohlens. Natron zu prüfen
140, 193.
Binz, Schimmeln der Chininlösun-
gen 137,0155%
Blondlot, Einwirkung des Ammo-
niaks auf Phosphor 140, 107.
Blunt, Thomas P., Nachweisung
salpeters. Salze in Wasser
140, 114.
Bobierre, Ad., Volumetrische Be-
stimmung des Jods im käufl. Jode
139, 252.
Bonastre, Henry u. Mitouart
Vorkommen von Gerb- und Gallus-
säure im schwarzen Kornwurm
139, 146.
Bonjean, sgerichtl. Milchuntersu-
chungen 139, 264.
Boucherie, Salzsäure zu Dünger-
bereitung aus thierischen Stoffen
jeder Art 137, 148.
Bouilhon, Bereitung des neutralen
Ferrum sesquichloratum solutum
140, 119.
— Anwendung des Thymols 139, 257.
Braun, A., über Pinusarten
140, 267.
Brücke, E., Aufsuchung von Am-
moniak in thier. Flüssigk.
140, 268.
Brückner, Lampe et Comp.
über Liebig’s Fleischextraet
137, 283.
Buchner, A., Bildung v. Schwefel-
arsen in dem Leichen mit arseni-
ger Säure Vergifteter 137, 37, 43.
— Blutbeschaffenheit bei Blausäure-
vergiftung 157, 46.
Schwefelwasser von Oberdorf im
Algäu 1a
|
Autorenregister.
Buignet, Manna in Lacrymis
139, 140.
\
Je
Cahours und Jolyet, physiolog.
Wirkung äthylirter Alkaloide
140, 278.
Cailletet, Einfluss des Druckes auf
chemische Prozesse 139, 110.
Caminiti, Morphin - Collodium
135, 170.
Caroz, Jules, schlaue Verfälschung
des Safrans 139, 262.
Carreau Salbe gegen Frostbeulen
138, 276.
Chevalet, Bestimmung kohlensau-
rer Salze im Wasser 140, 113.
Chevallier, Wa-mo, Bamboo-mu-
chroom, Than-mo 138, 268.
Cillis, P., über Prat’s angebl. Zer-
legung des Fluors 140, 254.
Clarke, Selbstentzünd. von Feuer-
werkskörpern 137, 251.
Classen, A., Traubenanalysen
140, 128.
Close, George C., Salze des Coni-
ins 140, 133.
Corenwinder, Bestandtheile von
Fueus baceiferus (Sargassum bacei-
ferum) 140, 141.
Craig, A., Vergiftung durch Ela-
terium 140, 164.
Crepinel, Einreibung gegen Zona
138, 168.
Cunisset, Anwendung des Chloro-
forms, um Galle im Harne zu ent-
decken 138, 271.
D.
Dancekwortt, W., Anzeige von
Friekhinger’s Apothekerwesen
in Bayern 137, 281.
Dann&cey, Formel für die Anwen-
dung von Terpenthinöl 138, 169.
Dareste, C., Vorkommen von Amy-
lon im Eigelb 139, 264.
Denny und Barelay, Citronen-
säure gegen Krebsschmerzen
138, 274.
De Luca, Mannit und Harz des
Oelbaumes 140, 127.
Diakonow, C., chemische Consti-
tution des Leeithins 138, 269.
Diesing, Spiroptera sanguinolenta
137, 268,”
Autorenregister.
Dobraschinsky, Darstellung des
Anemonins 139, 258.
Dragendorff, gerichtl. chem.
Nachweis des Morphins u. Narkc-
tins in thierischen Flüssigkeiten u.
Geweben 138, 67.
— d. russische Schwarzerde 137, 147.
Dubrunfaut, Einwirkung d. Lich-
tes auf die Vegetation 138, 120.
Duchemin, galvan. Ketten mit Pi-
krinsäure 138, 124.
Duffield, Samuel, P. Digitalin-
gehalt d. amerikan. u. d. deutschen
Digitalis 140, 131.
Dujardin, Spiroptera sanguino-
lenta 137, 268.
Duve, Adolph Friedr. W., über Bor-
weinsäure, Borsäureweinstein und
Boraxweinstein 140, 28.
E.
Eaton, James H. u. R. Fittig,
die Cyanverbindungen des Mangans
137, 136.
Ebert, Robert, über die Alo&
137, 196.
Enders, Levin, Notiz über Fleisch-
extract 118, 215.
Enguita G. G., Vergiftung durch
die Früchte von Momordica Ela-
terium 140, 164.
Erdmann, O. L., Darstell. des
salpetrigs. Kalis 138, 129.|
Narcein als Arznei-
140, 139.
Eulenburg,
mittel
R:
Facilides, O., Infus. Sennae com-
positum 137, 34.
— Regale d. Säurengefässe 139, 234.
— über Tannin 139, 234.
— Verdrahten der Flaschen mit mus-
sirenden Getränken 139, 234.
Falliöres’ Aethersyrup 139, 270.
Fane, Unterschiede in dem anschei-
nend gleichen Verhalten des Mor-
phins und der Praeparate aus Ge-
würznelken-od. Pimentkörner gegen
NO>5 u. Fe2Cl3. 137, 129.
Faust, Aug., Farbstoff der Faul-
baumrinde 197,78:
— über Triehlorphenol u. Dichlor-
303
Felletär, E., Capsiein, basisches
138, 261.
Felsko, G., Gummisäure und ihre
Verbindungen 140, 84.
Fenzl, über Pinusarten 140, 267.
Filehol, Darstellung offieineller
Tineturen 139, 269°
Fittig R. und James H. Eaton,
die Cyanverbindungen des Mangans
137, 136.
Flemming, H., Thalliumverbin-
dungen u, systemat. Stellung des
Thallium 139, 103.
Fleury, @., Opiumprüfung
140, 136.
Flückiger, F. A., Arachis hypo-
gaea, die Erdnuss (mit Abbild.)
137, 70.
— Gummi und Bdellium vom Sene-
gal 138, 232,
— über Lerp, Strychnos potatorum
und Coffein 138, 116.
— über Ophelia Chirata 139, 229.
— Was ist Opium? 140, 134.
— Rosenölstearopten 140, 125.
— über afrikan. Traganth 140, 81.
— und Obermaier, Ueber Ca-
ragaheenschleim 137, 159.
Forwood, sehr hohe Chinindosen
140, 164.
|Fouqu&, die Eruptionsgase in der
| Nähe der Azoren 137, 255.
Fox, A., Silber in der käuflichen
Salpetersäure 139, 114.
Franck, Empfindlichkeit der ver-
schiedenen Methoden d. Arsenaus-
mittlung 137, 173.
Frank, A., Vorkommen u. Bildung
von krystall. Sylvin u. Kainit
Franequi und van de Vyv£re,
Entdeckung des Zuckers im Harne
138, 166.
Frappier, Wurzel von Jean Lopez
u. a. Producte der Insel Reunion
13150448;
chinon 138, 209.)
Fritsche, Moleeularumlagerung v,
Zinn bei starker Kälte 140, 123.
im Steinsalzwerk von Stassfurt
138, 133.
— Bromgewinnung in Stassfurt
138, 127.
Frankland, über die Fortschritte
der Chemie 137, 96.
— Trinkwasseranalyse 137, 110.2
4%
I"
a De Bl erh.
”
TTV
N
Br
©
304
Fröhde, A., Reaction auf Albumide |
140, 155.
— Identität von Hydrocarotin und
Cholesterin 137,24.
Fröhlich, Otto, Monochloreroton-
säure und ihre Salze 140, 84.|
Fuchs, J., Glycerin gegen Brand-
wunden 140, 166.
6.
Gal, H., Einwirkung des Chloreyans
auf Zinkäthyl 137, 139.
Gehe et Comp, Notizen aus der
Preisliste derselben v. April 1869
ofen
Geheeb, A., Schistostega osmun-
dacea, Leuchtmoos auf dem Rhön-
gebirge 140, 146.
m 140, 250.
Geuther, A., Einwirk. d. Aether- |
natrons auf die Aether einiger)
Kohlenstoffsäuren 138, 137. |
— Einwirkung von Salzsäure auf
sauerstoffreiche Kohlenstoffsäuren
138, 259.
— J.E. Maisch und E. Scheitz,
über Harnstoff u. Oxamid 140, 149.
— und E. Scheitz, Zusammen-
setzung der Aethernatron - Krystalle
138, 136.
Gibb, Ammoniakbromhydrat gegen
Keuchhusten 138, 275.
Göppert, technische Museen, bes.
das Kensington - Museum 139, 52.
Goppelsröder, F., Beschwerung
der Seide 139, 267.
— Giftigkeit gefärbter Oblaten
140, 274.
v. Gorup-Besanez, Synthese des
Guajacols 138, 259.
Gräbe, (0. und Liebermann,
künstl. Bildung von Alizarin aus
Anthracen 140, 263.
Graham, Verhalten des Palladium
gegen Wasserstoff 140, 107.
Groves, T. B., über Liquor Opii
sedativus 140, 167.
Guibourt, über die Guaco genann-
ten Pflanzen 138, 156.
Guilliermond, A., verbesserte
Methode der Opiumprüfung (Mor-
phinbestimmung) 140, 135.
Guy, Temperaturen, bei denen or-
ganische und anorganische Gifte
schmelzen 137, 270.
Autorenregister.
H.
Haden, Pulver wider die Gicht
138, 167.
Hahn, Carl, über d. Alo& 137, 197.
Hallier, Prof. Dr. E., Kritik von
Gonnermann u.Rabenhorst’s
Myecologia Europaea 140, 283.
Hermann Hager’s botan.
Unterricht in 150 Lectionen
140, 281.
— Utile cum dulei 137, 184, 279;
139, 192; 140, 283.
— Kritik von Schnitzlein’s Bo-
tanik 187,278:
— C. Ritter v. Sehroff, Lehrb.
d. Pharmacognosie 140, 282.
— Strohecker, Repetitor. d. allg.
Botanik 134,187.
Repetit. d. syst. medie. Botanik
137, 185.
Syst. Anleit. zu botanischen
Excursionen 140, 281.
'— — H. Wagner’s deutsche Flora
140, 280.
— Sendschreiben wegen Prof. Dr.
A. de Bary in Halle 137, 195.
Hamberger, Paul, über die Aloe
137, 199.
Hamon und Lebreton - Brun,
Bleiröhren m. innerem Zinnüberzug
140, 115.
Hanbury,D., Cultur der Jalape
138, 151.
Hardy, Theer gegen Furunkelneu-
bildung 138, 168.
Harz, C. O., Analyse eines Berliner
Opium 137, 158.
— Granatbaumrinde 1310, 263.
Henkel, Borsäure- Gewinnung in
Oentralitalien 157,20,%
Hennequin, auffällige Erscheinun-
gen bei Anwendung von Calomel
als äusserliches Augenmittel gleich-
zeitig mit d. innerlichen Gebrauch
des Jodkalium 140, 159.
Henry, O. u. Humbert, Nach-
weis von Cyan im Cyansilber
137, 56.
— Bonastre u. Mitouart, Vor-
kommen von Gerb- und Gallussäure
im schwarzen Kornwurm 139, 146.
Herb, W. A., Apparate z. Prüfung
v. Essig, Pottasche, Soda, Braun-
stein, Chlorkalk, Kalksteinen,
Autorenregister.
Kupfervitriol, Kalichromat, der
Härte d. Wassers ; Reagirnecessair
zur Harnanalyse am Krankenbett;
elastische Stempelkissen 138, 219.
Herb, W. A., quantit. Bestimmung
der Glykose 140, 129.
Hercher, Hermann, über d. Aloe
137, 201.
Hesse, O., über das Conchinin,
157, 130.
— Physostigmin 137, 134.
— Rhöadin u. Rhöagenin 140, 138.
— weinsaures Chinidin 140, 259.
Hewson, A., Lycoperdon Bovista,
ses. Nervenkrankheiten 137, 158
Hirschberg, A., Kritik v. Cas-
selmann über Frederking’s
Lehrb. d. Pharm. IO@E273:
— — vonH. Ludwig u. E. Hal-
lier’s Bearbeit. v. Marquarts
Lehrb. d. Pharm. 187,521205:
— Selbstentzündung poröser, stark
wasseranziehender Substanzen
BER aR
Höhn, Heinr., über den gelben
Farbstoff v. Euphorbia Cyparissias
L. 140, 218.
— Untersuchung der Ophelia chirata
139, 213:
Hoffmann, B., Ozokerit oder Erd-
wachs aus Galizien 137, 261.
— L., Anzeige von J. M. Maisch,
Gesetzgebung der Verein. Staaten
im Betreff d. Pharm. 140, 170.
— — Medieinalverfügung der nord-
amerikanischen Gouvernements
ören. Ahle
— — Taxberechnung einiger Salben
138, 112.
— — die Veränderung d. k. Preuss.
Arzneitaxe f. 1869 137, 188.
— A.W., Kohlenoxysulfid 140, 112.
— — Löffelkrautöl 139,130.
— — Methylaldehyd 139, 124.
— — d. d. Senföl entspr. Isomeren
des Schwefeleyanwasserstoffäthers
137, 141.
Hornemann, H.u. H. Köhler,
üb. die in Zuckersyrup u. Glycerin
lösliche Modification d. Eisenoxyd-
hydrates 158, 6.
Horsford, E.N., Fluorgehalt des
menschlichen Gehirns 139, 145.)
Hübner, Franz, Aqua Amygdala-ı
rum amararum 140, 226.
305
Hügel, Vegetation im Himalaya
139, 59.
Humbert u. OÖ. Henry, Nachweis
von Cyan im Cyansilber 137, 56.
Husemann, Th., Mentha piperita
(nach einer Brochüre von L. Roze)
139, 35.
I.
Irmisch, Th., seltenere Pflanzen
Thüringens 137, 266.
J.
Jelinek, Sammlung von Sporen-
pflanzen 137, 265.
Jenzsch, Gustav, mikroskopische
Flora und Fauna krystallinischer
Massengesteine 139, 133.
Jolyet und Cahours, physiolog.
Wirkung äthylirter Alkaloide
140, 278.
Kellner, O., über Dr. Joseph
Philipps neue Methode d. Sauer-
steffbeleuchtung 138, 193.
|Kemper, R., über Amylalkohol
139, 20.
— Krit. v. Erlenmeyers Lehrb,
d. organ. Chemie 139, 179.
— Krit. vv. Blomstrands Chemie
der Jetztzeit 1397 1738
Kletzinsky, Gewebe unverbrenn-
lich zu machen 137, 251.
Kelrotiz,. We,
gegen Epilepsie 138, 119.
Klug, Gustav, über die Alo&
137, 195.
Knoch, J., Finnen in den Muskeln
der Rinder 137, 161.
Koch, über Pinusarten 140, 267.
Köhler, Dr. H., Anwendbarkeit d,
löslichen Eisenoxydsaccharates als
Antidot in Fällen von Arsenver-
giftung 139, 81.
— die wichtigsten in Afrika zur
Brodbereitung benutzten Getreide-
arten 140, 264.
— über Desinfeetionsmittel nach
Procter 1390230
— Zusammenhang zwischen chem,
. Zusammensetzung und physiolo-
Killisch’s Heilmittel
— Entgegnung, das Eisensaccharat
betreffend 139777085
— Mikrosublimation der Alkaloide,
140, 85.
RE?
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[me =
De ER
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a
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SUR
x
ob
306
gischer Wirkung giftiger Sub-
stanzen 140, 100.
Köhler, Dr. H., und H. Horne-
mann über die in Zuckersyrup u.
Glycerin lösliche Modification des
Eisenoxydhydrates 138, 6.
Körte, W., Arsenbeigabe z. Vieh-
futter
Kostka, F., üb. Dr. Killisch’s
Heilmitel geg. Epilepsie 137, 247.
Kraut, Perubalsamöl
Kreischer, welche Pflanzen dienten
zur Bildung der Steinkohlen ?
137, 264.
Kühn, Einfluss von Gährungspilzen
aus Zuckerraffinerien auf das Bach-
wasser 138, 258.
L.
Ladenburg über Kohlenoxysulfid
140, 110.|
Lea, Carey, eigenthümliche Reaction
der Gelatine
Lebaigue, Mittel, nach Belieben
Senföl zu produeiren und tragbare
Sinapismen herzustellen 137, 140.
Leboeuf, Lucien, Analyse d. Can-
chalagua (Erythraea chilensis)
138, 267.
Lefort, Darstellung, Eigenschaft u.
Zusammensetzung des Emetins
140, 262.
— Emetingehalt v. Rad. Ipecacuanha
140, 259.
— Kreuzdornbeeren 137, 119.
— Löslichkeit des Schwefels in
Königswasser 140, 255.
— Vorkommen des Harnstoffes in
d. Milch d. Herbivoren 140, 270.
— u. Robinet, Analyse d. Wassers
aus dem rothen Meere 138, 255.
Le Rieque de Monchy, organi-
sirte, im Natronbiearbonat vor-
kommende gährungserregende Ma-
terie 139,119:
Letheby, Terpenthinöl als Antidot
des Phosphors 140, 157.
Liebermannu. ©. Gräbe, künstl.
Bildung v. Alizarin aus Anthracen
140, 263.
Lieceke, Bestimmung d. Nicotins
im Tabak 137, 133.
Lies-Bodart, chemische Unter-
suchungen über die Wachsarten
138, 142.
138, 157.
139, 258. |
138.272. |
Autorenregister.
Liebig, J. von, Darstellung von
Alloxan 140, 272.
Limousin, therapeut. Anwendung
d. reinen Sauerstoffgases u. Menge
der dabei ausgehauchten Kohlen-
säure 137, 169.
Lind, Senfpapier 137, 141%
Lintner, K., Vorkommen v, Chole-
sterin in der Gerste 137, 259.
Lister, Emplastrum aecidi carboliei
139, 152.
Löhr, Character der Vegetation im
Himalaya, nach R. v. Schlag-
intweit u. Hügel 1397 59.
— chem. Vorgänge beim Reifen der
Weintrauben, nach J. Schlickum
139, 67.
— neue Theorie des Schlafs, nach
Emil Sommer 139, 69.
Lory, Ch., Bestimmung d. Kohlen-
säure in den Bicarbonaten u. den
natürl. Wässern 140, 113.
Lossen, Oxydation der Essigsäure
zu Oxalsäure 199129}
Loureiro, Einfluss d. Rauchtabaks
anf die Entstehung v. Augenkrank-
heiten 140, 275.
Luc, Jodinhalationen geg. Schnupfen
138, 275.
Luca, de, Einwirkung des kryst.
schwefels. Natrons auf die Flecken
der Hornhaut 139, 147.
Ludwig, H., Anzeige von Adolph
Büchting’s Bibliotheca pharma-
ceutica 140, 189.
— — von Buff’s Studium d. Chem.
137, 280.
— — von H. Hager’s Pharmaco-
poeae recentiores 137, 282.
— — von William Huggins
Ergebnissen d. Anwendung d. Spec-
tralanalyse auf Erforschung der
Himmelskörper 139, 185.
— — vonDr. Georg Langbein’s
Genussmitteln 140, 190.
— — Dr. E. Meitzen’s Plan einer
chemisch. Lehrmethode für Indu-
strielle 140, 187.
— — des Verzeichnisses der Druck-
schriften der k. öst. Academie der
Wissenschaften 140, 189.
von Theodor Poleck’s
Beiträgen zur Kenntniss d. chem.
Veränderung fliessender Gewässer
139, 273,
Autorenregister. 307
Ludwig, H., Anzeige von Prof.
E. Reichardt’s Grundlage zur
Beurtheilung des Trinkwassers
140, 186.
— — von Ruchte’s Repetitorien der
Chemie, Mineralogie und Zoologie
1357, 181.
— — v.Dr. Hugo Trommsdorff,
Statistik des Wassers 140, 184. |
— — von Dr. G. Weber’s Staatl.
Beschränkung oder Freigebung d.|
Apothekergewerbes 140, 188,
— — von G. Weidinger’s Waa-|
renlexikon der chem. Industrie und
d. Pharmacie 138, 192.
— Bibliograph. Anzeiger f. Pharma-
ceuten 139, 187, 283.
— über sogenanntes Bierbouquet
140, 253.
— Nachweisung des Chloroforms in
organischen Gemengen 137, 262.
— Cholesterin im Mutterkorn
137, 36.
-—— Nachweis von Oyan im Oyansilber,
Ludwig, H., Kritik von Woeh-
ler’s Grundriss d. organ, Chemie,
7. Aufl. bearb. von R. Fittig
138, 277.
— u. R. Stütz, über das Senne-
pikrin 140, 69.
M.
Marasse, $., Constitution des rhei-
nischen Buchenholztheer - Kreosots
139, 256.
Mar&s, Wirkung der Wärme auf
starke Rothweine 139, 126,
Markham, L. R., Waldverminde-
rung in Indien 140, 145.
Marsh, J. E., über Harnstoff u.
Oxamid 140, 149.
Martenson, Bestimmung der Wein-
säure als weinsaurer Kalk
138, 202.
— ein Luftdruckfiltrirapparat
138, 205.
— Verbindungen des Brechweinsteins
mit salpetersauren Salzen 138, 198.
nach Humbert u. OÖ. Henry
137, 56.|
— angebl. Dextringehalt d. essbaren
Kastanien 130, NE
— Empfangsanzeige von Prof. Dr.
Hallier’s Sendschreiben wegen
Prof. Dr. A. de Bary in Halle
137, 95.
— einige Bestandtheile der Hirsch-
trüffel (Elaphomyces granulatus
Fries.) 139, 24.
— vergleichende Untersuchung des
Wassers der Ilm und gewisser
Quell- und Brunnenwasser d. Ilm-
gegenden , sowie des eisenhaltigen
Mineralwassers von Berka an der
Ilm 1565, %
— Bemerkung über Senegalgummi
138, 236.
— Kritik von Dragendorff’s ge-
riehtlich - chem. Ermittelung von
Giftstoffen 139, 161.
— — von Adolf Duflos Prüfung
chemischer Gifte 1390278:
— — vonDr. Himmelmann, der
Apotheker, Jan. Febr. 1869
138; 282.
— — von J. R, Wagner’s chem.
Technologie 139, 176.
— — von G.C. Wittstein’s An-
Martin, St., die Verfälschung des
Pfefferminzöls 139, 132.
— Verfälschung des Lakritzensaftes
139, 272,
M&hu’s Lösung zur Bestimmung d.
Albumins 139, 19.
— Oleum phosphoratum 139, 148.
— Schwefelwasserstoff 139, 248.
Mejer, Ludwig, über den Ur-
sprung des Hexenthums 139, 156.
Mene, C©., Ursache der verschied.
Färbungen d. Eisenhohofen-Schlak-
ken 140, 118.
M&nier, Cocathee und Paraguaythee
(Mate) 139, 136.
Meyer, R. E., über Indium
140, 256.
Mialhe, Resorption des Phosphors
bei der Phosphorvergiftung
140, 156.
Mierzinsky, die Hamburg - Alto-
naer Ausstellungen 1869; 140, 229.
Mierzinski, St., Gewinnung von
Lithion earbonicum aus Lepidolith
1374,11
Milemann, Philip C., Darstellung
einer geruchlosen Opiumtinetur
140, 137.
Miller, Entdeckung kleiner Mengen
v. Methylalkohol bei Gegenwart v,
leit z. Pflanzenanalyse 139, 183.
Spiritus nitrico -äthereus 139, 124.
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er
308
Millon, Reinigung des Schwefel-
kohlenstoffs 140, 101,
Mirus, R., Krit. von Dr. Hartmann’s
Handverkaufstaxe für Apotheker
140, 178.
— Kritik von Opel’s Wörterbuch z.
Pharm. Germaniae 137, 276
Mitouart, Bonastre u. Henry,
Vorkommen von Gerbsäure und
Gallussäure im schwarzen Korn-
wurm 159, 146.
Miquel Cinnamomum - Arten
138, 264.
Moride, mediein. Anwendung der
Fueus- und Laminariaarten
139, 135.
Müller, F., australische Gummi-
bäume 140, 143.
— über giftige Leguminosen
137, 263.
— Heinr., Calabarbohnen 137, 34.
—- Joh., Zinngruben der Insel Banka
137, 62.
— Julius, Baumwolle mit Leinen-
faser vermischt ist untauglich zur
Collodiumbereitung 140, 28.
— — Bleiglätte mit einem Gehalt
an metallischem Blei 140, 27.
— — rothe Färbung von Jodkalium-
lösungen durch manganhaltiges
Filtrirpapier 140, 27.
Musset, beständige Form der Bäume,
abhängig von der Umdrehung der
Erde
N.
Naphegyi, Jalapencultur bei der
Hauptstadt Mexico u. in New York
139, 138.
Nativelle, kryst. Digitalin
140, 131.
Naumann, Alex., Darstell. wäss-
riger Jodwasserstoffsäure 139, 253.
Nentwich, J., nur ausgewachsene
Canthariden sind blasenziehend
139, 268.
Ney, J., Wiedergewinnung d. Sil-
bers aus Cyansilberbädern 138, 12.
Nickles, neue Reactionen d. Phos-
phors 139, 250.
— Trichinen u. Trichinose 157, 162.
Nicol, Robert, d. Zuckerkrätzmilbe
139, 141.
Nussbaum, anaesthesirende Wir-
kungen des
138, 145.|
einfach gechlorten |
Autorenregister,
Chlormethyls (Methylendichlorids)
139, 150.
0.
OÖbermaier u. Flückiger, über
Caragaheenschleim 137, 159.
Oberreit, Johannes, über die Alo&
157, 202.
Otto, R., medico -legale Phosphor-
ermittelung 137,173:
— Gänsegalle, Chenotaurocholsäure
140, 147.
Oudemans, Analyse einer Smalte
- 140, 118.
— Tabelle über die Diehtigkeit der
Essigsäure bei verschiedenen Tem-
peraturen u. ihr Gehalt an Essig-
säurehydrat 139, 128.
Palmer, Salpeterbildung in den
nordwestl. Provinzen Indiens
139, 112.
Parkes, Einwirkung des Wassers
auf Blei 140, 115.
— Werth der Carbolsäure als Des-
infeetionsmittel 140, 160.
Parolari, Vergiftung durch mit
Grünspan gefärbte Confituren
140, 274.
Patterson’s Pulver 138, 167.
P&cholier u. St. Pierre, die
giftigen Eigenschaften der Bundu,
eines Gottesurtheil-Giftes der Ga-
bons 137, 173.
Pelouze, Naphthalin gegen In-
sceten 138, 159.
Pereira, Pulver wider den Rheu-
matismus 138, 167.
Perkin, W. H., Methylendiechlorid
aus Chloroform 137922
Personne, Terpenthinöl als Gegen-
gift bei Phosphorvergiftung
140, 158,
Pettenkofer, die Typhusstatistik
und das Grundwasser 138, 276.
Pfeiffer, L., Trichiniasis und
Fleischbeschau in Thüringen
137, 164.
Philipps, Jos., Darstellung von
Kalk - Magnesia- u. Chlormagne-
sium-Cylindern z. Drummond’schen
Lichte 131.
— neue Methode der Sauerstoffbe-
leuchtung, mitgetheilt von ©. Kell-
ner 138, 193,
Autorenregister. 309
Phipson, traubensaures Kali im|Riemann, H., Einwirkung cone.
Rothwein 137, 142.| HCl auf Weinsäure in höherer Tem-
Plun-Reth, Reagens auf Kali| peratur 138, 260.
(saures weinsaures Natron) |Robinet u. Lefort, Analyse des
139, 254.| Wassers aus dem rothen Meere
Poggiale, Löslichkeit des Gypses 138, 255.
137, 252. Robiquet, pyrophosphorsaures
Potyka, J., Essigsäure aus essigs.| Eisenoxyd 140, 120.
Kalk 137, 32.\Rochleder, Abietit 138, 263.
Prai, über die Constitution d. Fluor- — freie Oxalsäure in den männl.
verbindungen 137, 113.) DBlüthen des Wallnussbaums
— angebliche Zerlegung des Fluors 137, 142.
140, 254.|Ross-Browne, Mineralschätze des
Procter, über Desinfeetionsmittel westl. Nordamerika 137, 254.
139, 236.,Rudolphi, Spiroptera sanguinolenta
Pusch, Theodor, Analyse der Bade- 137, 268.
quelle von Alexisbad 140, 1. ‚Rump, Ch., Anzeige von Ernst
Haeckel’s natürl. Schöpfungs-
R. geschichte und dessen Arbeitsthei-
lung in Natur u. Menschenleben
Rabe u. Vogel, Bestandtheile der 1390283.
Kartoffel 137, 144.|— DBereitung des Breehweinsteins
Rammelsberg, C., überjodsaure 139, 207.
Salze 137, 112.| — Extract. Lupulin. äther. 139, 232.
— Verhalten d. unterphosphorigen — Gehalt der Bleiglätte an metall.
Säure an der Luft 140, 110.| Blei 139, 204.
Reeb, Reactionen des Selenwasser- — Prüf. des Brechweinsteins auf Ar-
stoffs auf Metalllösungen 139, 249. sen 139, 201.
Reder, Paul, über die Aloe ‚— Sublimirapparat für Benzoesäure
137, 203. 139, 120.
Redwood, Verfälschung von Bis-
muthum subnitrieum 140, 123.
Reich, H. Böhnke-, Notiz zur
Etymologie von Baelkın 138, 252.
Reichard t, E., Polyhalit im Stein-
salze zu Stassfurt as an
— H. W., die von der Noyaraexpe-
dition mitgebrachten Sporenpflan-
zen 197,0, 269:
Reinsch, H., Cyanhaltiges Eisen-
oxydhydrat 138, 135.
Reiset, Aufblähen der Wiederkäuer|
137, 269.
— Bestimmung des Ammoniaks im |
Runkelrübensafte 139, 114.
— Bildung v. Stickoxydgas während,
der Gährung in den Branntwein- |
brennereien 139, 114.)
Reynolds, die dem Harnstoff ent-
sprechende Schwefelverbindung
140, 153.
Riederer, Brauchbarkeit der Dia-
lyse für den Nachweis von Queck-
silber in organ. Massen 140, 254.
Arch. d, Pharm. CXC. Bas. 3, Hft,
|— Dittmann’s
S.
Saintpierre u. P&cholier über
das Gottesurtheilsgift der Gabons
(das Bundu) 137, 173.
Sanders, Vergiftung durch den Saft
von Rhus Toxieodendron 140, 277.
Schacht, C., Analyse eines Harn-
steins
— Bestimmung des Albumins im
Harne vermittelst der Me&hu’schen
Lösung 139, 19,
— Bismuthum valerianicum
139, 193, 235.
Restorative Powder
SIR
‚Seheitz über Ameisenharnstoff (For-
mylharnstoff‘) 140, 149,
| — über Harnstoff u. Oxamid
140, 149.
|— E.u.A. Geuther, Aethernatron-
| krystalle u. ihre Zusammensetzung
138, 136,
‚Schering, Chloralhydrat 140, 248,
21
PEN RT RN RT RUE BT ARE TRÄER EN)
138, 66.
EWR SMALTIERER, x
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310
Schlagintweit, Robert von, Cha-
raeter d. Vegetation im Himalaya
139,59:
Indigoeultur in Bengalen
139, 261.
Sehliekum, Julius, chemische Vor-
SEN
gänge beim Reifen der Weintrauben
1396:
Schlösing, Zersetzung salpeter-
saurer Salze während der Gährung
Seh HE
über die
Schmieden, Theophil,
Bedeutung der Gerbstoffe im Pflan- |
zenreiche 19,3 203.
Scehnitzlein, die für die Pharma-
cognosie wichtigsten Arten der Gat-
tung Cinnamomum, nach Miquel
138, 264. |
Schönbein, Reagens auf dampf-
förmige Blausäure 139, 123
Schorlemmer, C., Caprylalkohol
aus Rieinusöl
Scehür, über die Wasserpest
140, 142.
Schulze, Aug., über die Aloe
137, 198.
— €. F., neuestes und angeblich
„bestes ‘‘ Mittel, schaal, sauer und
trübe gewordenes Lagerbier wieder
herzurichten 140, 252.
— Franz, Werthbestimmung der
Seifen 138, 13.
Schweinfurth, pfianzengeogra-
phische Karte der Nilländer
157, 265.
Shanghelly, Pharbitis Nil Choisy
138, 135.
Shun, Anwendung von Kaliwasser-
glas für chirurgische Verbände
140, 156.
Siemann, E., Asche der Wasser-
pest (Elodea canadensis) 140, 142.
Siewert, über die Alkaloide der
Lupinusarten 140, 106.
— Zusammensetzung verschiedener
Hopfenproben 137, 145.
Smirnow, Mineralwässer d. Cau-
casus 138, 253.
Sommer, Emil, neue Theorie des
Schlafs 139,69.
Sondermann, L., Flora u. Fauna
d. Soolgrabens zu Artern 137, 84.
Soret, J. L., Dichtigkeit des Ozon
137, 250.
137, 258. |
139, 131.|
Autorenregister,
Spence, fabrikmässige Darstellung
von Schwefelammonium 139, 249.
Squibb, Verunreinigung der HCl
durch SO3 und andere Oxyde des
Schwefels 139,118:
Stalmann, C., natürliche u. künst-
liche Valeriansäure 137, 258,
|— einige Salze der natürlichen und
künstl. Valeriansäure 138, 140.
Stas, J. 8., Glas für chemische
Geräthschaften 140, 117.
Sten Stenberg, Alkohol aus Flech-
ten 139, 126.
Stoddart, Früfung d. Chininsulfats
| auf Chinidin 140, 139.
— (itronensaft 140, 130.
— über den Honig 138, 158.
|Streeker, die Harnsäure eine Gly-
| kokoll - Verbindung 139, 146.
Strohl, neue alkalimetrische Metho-
de z. Bestimmung gefärbter Laugen
140, 116.
|Stromeyer, W., Prüfung d. Brech-
weinstein auf Arsen 139, 205.
Stütz, R. u. H. Ludwig, über d.
Sennepikrin 140, 69.
Sutton, F., Carbolsäurevergiftung
140, 161.
Synders, Vergiftung d. Trochisei
Santonini
140, 276.
T.
Terreil, krystallisirte Autimonoxyde
u. Antimonoxyd - Verbindungen (an-
timonigsaure Salze) 137, 253.
Theile, R., über Albumin und
dessen Zersetzungsproducte durch
Kali 38, 19.
— über einen neuen, dem Tyrosin
u. Leuein ähnl. Körper 138, 57.
— über Legumin 140, 84.
Thorpe, E., Kohlensäuregehalt d.
Luft 13% 117.
Thudichum, das Urochrom, der
Farbstoff des Urins 138, 270.
Tidy, Chas. Meymott, Vergiftung
durch Coloquinthen 140, 165.
Tollens u. Henninger, Bildung
des Allylalkohols aus Glycerin
139, 129.
Topinard, Labiatenöle als Stimu-
lantia in allgemeinen Bädern
138, 169.
Copaivabalsams oder Terpenthins
durch Zucker u. Honig 139, 271.
We b ber, vergiftete Strümpfe
140, 278.
Wegner, Martin, über die Alos
137, 200.
über Nitroprussidver-
1820, 1a.
Weıth,W.,
bindungen
Autorenregister. 311
"U. |Weldon, Wiederherstellung von
Umney, Gehalt der Aqua Lauro - Manganhyperoxyd zur Bereitung
cerası an Blausäure 1397 123.02 %0% Chlorgas 140, 121.
Weyde, van der, Gefährlichkeit d.
Y Kautabaks 140, 276.
: ü Williams, John, Darstellung des
Van de Vyvere und Franequi,|) Harnstoffs 138, 270.
Eintdeckung des Zuckers im Harne | Wilm, Th. u. G. Wischin, Allo-
a.) b 138, 166.) phansäureäther 137, 257.
Vigier, über Zinkphosphür Wilson, Allan, Carbolsäureemul-
140, 122.| sion b. Verbrennungen 140, 162.
Vogel u. Rabe, Bestandtheile der| Wisehin, G, u. Th. Wilm, Allo-
Kartoffel \ 157, 144.| phansäureäther 137, 257.
Vohl, Salpeterpapier 138, 170.| Wittstein, Sulfide des Antimons
Yry, de, Reinigung d. Chinoidins 140, 214.
140, 140.|Wurtz, A., Identität des künstl.
Ww. und des natürlichen Neurins
ET 138, 139.
Walle, van der, Emulsionirung des| _ H., Solidification d. Queeksilbers
140, 258.
Wyss, Beschaffenheit des Harns im
Reactionsstadium der Cholera '
138, 273.
2.
Zundel, Bestimmung des Fleisches
nach der Thierspecies 138, 161,
Halle, Buchdruckerei des Waisenhauses.
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