De err
>
. c
ee nz
=
u a Ha
”
Ba
an,
es
LARR
v-
Fir:
IkY
ee ER .
w;
EEE u ww
w-.)
al en Fe
ne ee
ARCHIV
PHARMAZIE
herausgegeben
vom
Deutschen Apotheker-Verein
unter Redaktion von
E. Schmidt und H. Beckurts.
Band 244.
— pa EOTANICAL
N GARDEN
N
MIORA Ku
/
BERLIN
Selbstverlag des Deutschen Apotheker -Vereins.
1906.
herausgegeben
vom
" Deutschen Apotheker-Verein
unter Redaktion von
E. Schmidt und H. Beckurts.
Band 244. Heft 1.
Qo' E
KIORA RUN
BERLIN.
Selbstverlag des Deutschen Apotheker -Vereins.
1906.
INHALT.
Rupp, Ueber das Quecksilberoxycyanid . Rh 3
. Wintgen und 0. Keller, Ueber die Zune en von Be N
>» Traube und F. Wiuter, Synthese des 3-Methylhypoxanthins . ER,
. Goelsmann, Ueber die Alkaloide von Anagyris foetida , . |
. Rosenthaler, Notiz über die beim Mischen von Chloroform und Aether ’E
eintretende I hat cr > i $
. May, Chemisch-pharmakognostische Untersuchung der ‚Früchte von
Sapindus Rarak DC. \ ER Ä a.
. Pieverling, Hydrargyrum oxycyanatum ar ,
. Echtermeier, Beiträge zur Kenntnis der Chinasäure .
Linde, Zur Kenntnis der Verholzung i
h Kaisner, Beitrag zur Kenntnis der Diffusion der Gase . E
. Schmidt, Ueber die mydriatisch wirkenden Alkaloide der Daturaarten
. Scholtz, Ueber die Halogenalkylate des Sparteins ;
. Frerichs und 0. Rentschler, Ueber die Einwirkung von ‚santhogen-
sauren Salzen auf Derivate der Moncchloressigsäure “
EEmasud o razam
Eingegangene Beiträge.
. und HB. Frerichs, Ueber den Nachweis einer Veronalvergiftung.
. Schulze, Ueber das Aconitin und das Aconin.
ga
(Geschlossen den 6. III. 1906.)
DEUTSTHE DIAMAL-GESELSHIAF Tn.b.H. MÜNCHEN]
Diastase-u.eiweilshaltiges
Malzpräparart
Trocken re oder dickfluss1g.
‚G!. MALZBONR
DD: HUSTEN Sc or Ns‘
HAMBURGIE
„LEIPZIG. IE
A nzeigen.
, Seite zum Preise von M 50.—; !/a Seite zum Preise von M 30.,—; 4] Seite zum ;
reise von M 20.—; i, Seite zum Preise von M 10.—. Die Grundschrift ist P tit,
Beilsge-Gebühr für das Tausend der Auflage — z. 2.4200 — M 10.—. Für Beilagen, welche
nicht dem Format des „Archiv“ entsprechen, bleibt besondere Ve reinb: rung vorbehal e
E. Rupp: Quecksilberoxycyanid. 1
Mitteilungen aus dem pharmazeutisch-chemischen Institut
der Universität Marburg.
193. Ueber das Quscksilberoxycyanid.
®
FE
(Eingegangen den 18. XII. 1905.)
Ein neuerdings mehr und mehr in Aufnahme kommendes Queck-
silberpräparat scheint das Merkurioxycyanid zu sein. Um dessen Er-
forschung machten sich in jüngster Zeit besonders die Herren E. und
K.Holdermann verdient!). Sie ermittelten die günstigsten Darstellungs-
bedingungen des Präparates, prüften dessen Eigenschaften und Um-
setzungsverhältnisse und arbeiteten eine ebenso einfache wie exakte
Bestimmungsweise aus, mittelst derer festgestellt wurde, daß die im
Handel befindlichen Präparate nur teilweise aus Oxycyanid neben meist
sehr viel Cyanid bestehen.
{ Es sind damit eine Reihe praktisch wichtiger Resultate gewonnen,
so daß diese aus dem Laboratorium der Hilda-Apotheke in Karlsruhe
hervorgegangenen Arbeiten als äußerst erfreulich und dankenswert zu
begrüßen sind.
Da die Herren Holdermann ausdrücklich bemerken, daß sie
ihrerseits die Untersuchung über diesen Körper nun abgeschlossen
‚haben, möchte ich mir zu bemerken erlauben, daß das von K. Holder-
R mann beigebrachte experimentelle Material auch in Bezug auf theoretische
Gesichtspunkte verwertbar ist und jedenfalls von neuem dartut, daß
nach dieser Richtung noch nicht völlige Klarheit besteht. In erster
Linie muß die Frage nach der Konstitution des Quecksilberoxycyanids
' interessieren, nachdem von K. Holdermann von neuem bestätigt
worden ist, daß demselben die konstante Zusammensetzung HgO -HgCya
zukommt. Es kann kaum Zweifel darüber herrschen, daß diese F'rage
nur mit Berücksichtigung der ausgesprochenen Neigung des Quecksilbers
Komplexionen zu bilden einer befriedigenden Lösung entgegengeführt
werden kann,
Die Eigenschaften des Quecksilberoxyeyanids und seine Umsetzungs-
verhältnisse bleiben großenteils undurchsichtig und unerklärlich, wenn
man dasselbe als eine „Doppelverbindung* von Quecksilberoxyd und
1) Archiv 242, 32 u. 243, 600.
Arch. d. Pharm. COXXXXIV. Bds. 1. Heft. 1
APR S6=- 1
Von E. Rupp. NE‘
(Vorläufige Mitteilung.) BO’
2 E. Rupp: Quecksilberoxycyanid.
Quecksilbercyanid im althergebrachten Sinne ansieht. Betrachtet man
hingegen seine Bildungs- und Konstitutionsverhältnisse im Lichte der
Gleichung: Hs6
oe
HgCya + HgO = 09
so präsentiert sich die Sachlage wesentlich anders.
Zunächst leuchtet ohne weiteres ein, daß eine solche Verbindung
keine Merkurikationen in Lösung senden kann — wenigstens nicht
primär —, sondern das Quecksilber in Form eines zusammengesetzten
Ions enthält. Bei Umsetzungen des Oxycyanids mit anderen Körpern
wird der zweiwertige Komplex
o- Hs =
Hg —
bezw. die einwertige Gruppierung
o- HsCy
Hg —
eine Rolle spielen können. Von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet,
dürfte die Konstitution verschiedener von K.Holdermann gewonnener
Umsetzungsprodukte sich unschwer deuten lassen. Solches dürfte
namentlich auch für die Umsetzung des Oxycyanids mit Jodkalium
zutreffen. Es wird versucht werden einiges experimentelle Material
hierfür zu beschaffen, welches weiterhin dazu angetan sein soll, die
Annahme der komplexen Natur des Oxycyanids zu stützen.
Auf eine solche scheint mir namentlich auch der Widerspruch
hinzuweisen, welcher zwischen den Eigenschaften und dem Dissoeiations-
grad des Quecksilberoxycyanids besteht. Das Quecksilbereyanid ist in
wässeriger Lösung nur zu einem verschwindend geringen Prozentsatze
in seine Ionen f
Hg
gespalten, infolgedessen äußerst reaktionsträge und nach den von
Paul und Krönig erkannten Beziehungen zwischen Dissociationsgrad
und antiseptischer Wirkung, nur wenig bakterizid. Das Oxycyanid
ist wesentlich reaktionsfähiger und außerdem wird ihm — allerdings
nicht unbestrittenermaßen — eine kräftige antiseptische Wirkung
nachgerühmt. Beides ließ erwarten, daß der Dissociationsgrad des
Oxycyanides wesentlich höher sein würde als derjenige des Cyanids.
K.Holdermann bestimmte denselben und fand ihn wider alles Erwarten
noch ganz erheblich niedriger als beim Oyanid. Er nimmt darum als
möglich an, daß hier die Regel nicht zutrifft. Ich möchte dieses Nicht-
zutreffen dahin auslegen, daß jene Gesetzmäßigkeit hier offenbar gar
nicht in Frage kommt, weil keine Verbindung des Merkuriions vorliegt,
und erblicke hierin einen weiteren Beweis für die komplexe Natur des
Oxycyanides.
A
a. 2 u 1 Zul. Zu u
M. Wintgen u. O. Keller: Leeithin. 3
Aus dem bygienisch-chemisch-n Laboratorium der
Kaiser Wilhe!ms-Akademie.
Ueber die Zusammensetzung von Lecithinen.
Von M. Wintgen und OÖ. Keller.
(Eingegangen den 20. XII. 1905.)
In einer Arbeit über den Lecithingehalt in Pflanzensamen haben
E. Schulze und E. Steiger!) darauf hingewiesen, daß die für den
Phosphorgehalt der ätherisch-alkoholischen Extrakte gefundenen Zahlen
einwurfsfreier sind als jene, welche für den Lecithingehalt hieraus
durch Berechnung gefunden werden.
Sie hoben hervor, daß die Lecithinwerte nur unter der Voraus-
setzung richtig wären, daß das Untersuchungsmaterial außer Lecithin
keine in Alkohol und Aether lösliche Phosphorverbindungen enthielte.
Allerdings wären, wie sie einschränkend hinzufügten, außer Leeithin
derartige Verbindungen bisher nicht nachgewiesen, und auch glyzerin-
phosphorsaure Salze seien nach Amanbe Hoppe-Seiler’s in Alkohol
und Aether unlöslich.
Fast 2 Jahrzehnte sind seit jener Publikation vergangen, und
zahlreiche Arbeiten, die inzwischen über Lecithine erschienen sind,
haben unsere Kenntnisse über ihr Vorkommen im Pflanzen- und Tier-
reiche, über ihre Eigenschaften und ihre Reindarstellung erweitert.
Hierbei hat sich herausgestellt, daß die Lecithine keineswegs
einheitlicher Natur sind; ihr abweichendes Verhalten gegenüber einzelnen
Lösungsmitteln, sowie Verschiedenheiten in Aussehen, Konsistenz und
chemischer Zusammensetzung weisen darauf hin.
Diese Unterschiede sind nicht allein bei Lecithinen verschiedenen
Ursprungs, sondern auch bei solchen Präparaten beobachtet worden,
die aus dem nämlichen Ausgangsmaterial gewonnen wurden, wie
Ulpiani°), Laves®) und andere nachgewiesen haben. Gewiß mag in
manchen Fällen die nicht konstante Zusammensetzung auch durch die
ungenügende Reinheit der Präparate bedingt gewesen sein, indem nur ein
Rohleeithin vorgelegen hat, teilweise aber müssen die beobachteten Unter-
‘4) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 13, S. 379 u. fi.
2) Atti R. Accad. dei Lincei Roma (5) 10I. Ref. d. Chem. Central-
blattes 01, 2, 193.
8) Vortrag auf der Naturforscherversammlung in Kassel; Ref. i. d.
Chem.-Ztg. 1903, No. 78,
i*
a
ar.
»
4 M. Wintgen u. O. Keller:" Leecithin.
schiede, die namentlich im verschiedenen Phosphorgehalt zum Ausdruck
kamen, auf andere Ursachen zurückgeführt werden.
So sind gewisse Unterschiede in der Zusammensetzung durch die
Verschiedenheit der im Lecithin vorkommenden Fettsäuren bedingt,
indem ähnlich, wie bei den Fetten im Lecithin Fettsäuren verschiedener
Art verestert sind.- |
Aber auch andere, größere Schwankungen, als sie durch die ver-
schiedene Konstitutionsgröße der im Lecithin enthaltenen Fettsäuren
hervorgerufen sein können, sind beobachtet worden.
Stocklasa!) isolierte aus Haferkeimen ein Leeithin mit 4,23%
Phosphor.
E. Schulze und S. Frankfurt?) haben aus Gerste ein Lecithin
mit 2,23% P gewonnen und auch im Roggenlecithin einen ähnlichen
Phosphorgehalt gefunden. Sie sprachen dies Lecithin allerdings als
ein Rohlecithin an, aber auch bei späteren Untersuchungen fanden
E. Schulze und E. Winterstein?) in Lupinen und Bohnen Lecithine,
die nach dem Verfahren von Bergell*) gereinigt waren und nur
3,1—3,3% P enthielten. Ferner hat E. Koch?) aus Gerste und Malz
Lecithine mit nur 2,4 und 2,3% P gewonnen.
Der Phosphorgehalt der hier zusammengestellten Leeithine ist
also mit einer Ausnahme gegenüber den für Lecithin berechneten
Werten ein außerordentlich niedriger. Beträgt er doch für dieses, je
nach dem er auf Distearyl-, Dioleyl- oder Dipalmityl-Lecithin bezogen
wird, 3,84%, 3,83% und 4,13%.
Aehnlich stark abweichende Werte im Phosphorgehalt konnten
wir an Pflanzenlecithin, das wir aus Sojabohnen isoliert hatten, fest-
stellen. Ebenso erhielten wir mit Lecithin aus Eigelb, das wir teils aus
dem Handel bezogen und gereinigt, teils selbst hergestellt hatten, Werte,
die nicht völlig mit obigen, berechneten Werten in Einklang standen.
Mit Rücksicht hierauf sei zunächst die Darstellung dieser Lecithine
näher erörtert.
A. Pflanzenleeithin.
Zur Gewinnung von Pflanzenlecithin waren wir von der Soja-
bohne ausgegangen. Wir hatten dieses Ausgangsmaterial gewählt,
da nach Stocklasa®) der Lecithingehalt mit dem Eiweißgehalt in den
1) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 37, S. 188.
2) Landw. Vers.-St. 43, 307—18.
8) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 40, S. 101.
4) Ber. d. d. chem. Ges. 33, S. 2584—86.
5) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 37, S. 188.
6) Ber. d. d. chem. Ges. Bd. 29. °
ee ui
ee a
ORTE
. M. Wintgen u. O. Keller: Leeithin. 5
Pfianzen steigt, und somit eine relativ große Ausbeute erwartet werden
konnte. Verarbeitet wurden 832g schwarze und 787 g braune Soja-
bohnen. Nach Angabe des Lieferanten waren letztere frisch, erstere
dagegen mehrere Jahre alt. In der Tat erwiesen sich auch nur die
braunen Bohnen als keimfähig.
Die vermahlenen Bohnen wurden im Wassertrockenschrank ge-
trocknet!), sodann in Soxhlet’schen Apparaten mit Aether extrahiert
und von den Auszügen der Aether abdestilliert. No.I lieferte — die
weiteren Zahlenangaben beziehen sich auf wasserfreie Substanz —
152,8 g = 20,05% Fett von grünlichbrauner Farbe, No. II 165g =
22,75% Fett von hellbrauner Farbe.
Die entfetteten Samen wurden nach den Angaben von Schulze
und Winterstein?) mit Alkohol, zuerst in Soxhlet- Apparaten,
darauf durch direktes Erwärmen des Pulvers mit 50—60° warmem
Alkohol von 96% extrahiert. Von den Auszügen wurde die Haupt-
menge des Alkohols abdestilliert und die Rückstände verarbeitet, wie
weiter unten angegeben ist.
I. Aetherextrakt der Sojabohnen.
Der Extrakt wurde mit absolutem Alkohol mehrfach aus-
geschüttelt und dann noch unter häufigerem Umschütteln mehrere
Male mit Alkohol drei Stunden auf dem Wasserbade bei 50—60°
digeriertt. Von den vereinigten Auszügen wurde der Alkohol großen-
teils abdestilliert und nach Abscheiden des gelösten Fettes alkoholische
Kadmiumchloridlösung zugefügt. Es trat nur eine schwache Fällung
ein, die auch wenig zunahm, als das Gemisch in einer Kältemischung
auf — 12° abgekühlt wurde.
Die Leeithinmenge, die hieraus durch Zersetzung der Chlor-
kadmiumverbindung mit Ammoniumkarbonat gewonnen wurde, betrug
etwa je 0,5 g. In dem ausgeschüttelten Fett ließen sich nur noch
Spuren von Phosphorsäure nachweisen, wie die Prüfung einer ver-
seiften und sodann veraschten Probe ergab.
II. Alkoholextrakt der Sojabohnen.
Die alkoholischen Extrakte wurden auf !/; ihres Volumens ein-
geengt, und das in ihnen gelöste Lecithin als Lecithin-Chlorkadmium
gefällt. Durch Einstellen in eine Kältemischung trat noch eine weitere
reichliche Abscheidung ein. Der gewonnene gelblichweiße Niederschlag
wurde nach dem Auswaschen mit abgekühltem Alkohol und Aether
1) Ha0-Gehalt der schwarzen Bohnen (I) 8,41%, Ha0-Gehalt der braunen
Bohnen (II) 7,87%.
2) loc. cit.
6 M Wintgen u. O. Keller: Lecithin.
im Exsikkator getrocknet und, nach Anreiben mit absolutem Alkohol
auf dem Wasserbade, mit Ammonkarbonat zerlegt. Vom Filtrat wurde
die Hauptmenge des Alkohols abdestilliert, der Rest bei 50—60° ab-
gedunstet. Das so erhaltene Lecithin wurde in Aether gelöst, filtriert
und mit dem 2/sfachen Volumen Aceton von neuem ausgefällt.
Innerhalb 24 Stunden hatte sich das Lecithin als fester Bodensatz ab-
geschieden. Dieser wurde noch wiederholt mit kleinen Mengen frischen
Acetons durchgeknetet, bis eine Probe des letzteren beim Verdunsten
kaum noch einen Rückstand hinterließ, und sodann im Exsikkator ge-
trocknet.
Aus Soja I wurden auf diesem Wege noch 5,5 g, aus Soja II
noch 7 g reines, in Alkohol und Aether klar lösliches Lecithin ge-
wonnen, das sich in Konsistenz und Farbe von dem aus Eigelb her-
gestellten bezw. von gereinigtem Handelslecithin kaum unterschied.
In beiden Lecithinen wurde der Phosphor- und Stickstoffgehalt
bestimmt. Die Methoden, nach denen diese Bestimmungen ausgeführt
. wurden, waren folgende. Etwa 0,3 g Substanz wurden mit der 8 bis
10Ofachen Menge eines Gemisches von Kaliumnitrat- und Kaliumkarbonat
allmählich erhitzt, bis die organische Substanz verbrannt und eine
farblose Schmelze erhalten war. In der Schmelze wurde dann in be-
kannter Weise die Phosphorsäure, nach vorausgegangener Fällung mit
Ammoniummolybdat, als Magnesiumpyrophosphat bestimmt.
Der Stickstoffgehalt wurde nach der Methode von Kjeldahl
ermittelt.
Der Gehalt an P und N betrug hiernach
für Leeithin aus Soja I 2,51% P und 1,84% N,
” ” ” b>) II 2,96 ” 9 ” 1,9 n n®
B. Handelslecithin aus Eigelb.
Das vorliegende Rohmaterial bildete eine braune, salbenartige
Masse von starkem, fettartigem und zugleich etwas ranzigem Geruch.
In Alkohol war es völlig löslich. Der Gehalt an Phosphor betrug
3,49%, der Gehalt an Stickstoff 2,25%. Das Präparat wurde nach
dem Verfahren von Bergell gereinigt. In der Farbe wurde es
hierdurch etwas heller; auch unterschied es sich von dem Rohleeithin
durch seinen schwächeren, nicht unangenehmen Geruch.
Es löste sich leicht und völlig klar in Alkohol und Aether,
Methylalkohol und Schwefelkohlenstoff, etwas schwerer in Benzol und
schwer in Essigäther bei gewöhnlicher Temperatur.
Durch Zusatz von Aceton zu einer ätherischen Lösung bis zur
beginnenden Trübung, die mit etwas Alkohol wieder beseitigt wurde,
as re
M. Wintgen u. O. Keller: Leeithin. 7
gelang es, bei langsamem Verdunsten einer kleinen Probe Krystalle zu
erzielen. Diese besaßen blätterige Form und bildeten büschelartige
Gruppen. Doch waren nur wenige davon durchsichtig, die meisten
waren gelb bis braun gefärbt. Bei 115—117° schmolzen sie unter
starkem Aufschäumen; ein Erweichen trat bereits vorher ein.
Das gereinigte Lecithin enthielt 3,79% P und 2,37% N.
C. Selbst hergestelltes Leeithin aus Eigelb.
Zur Gewinnung von Ei-Lecithin wurden 195 g Eidotter, die von
12 Eiern herrührten, verarbeitet.
I. Aetherextrakt.
Das Eigelb wurde mit % Liter Aether übergossen und einige
Zeit kräftig durchgeschüttelt. Das Verfahren wurde solange wieder-
holt, bis der abgegossene Aether farblos war. Von den vereinigten
Auszügen wurde der Aether abdestilliert. Der Rückstand bestand
aus tiet orangegelb gefärbtem Oele und einer halbfesten, schmierigen
Masse. Diese wurde von dem Oele durch Absaugen getrennt, in
Aether gelöst und mit soviel Aceton versetzt, bis keine weitere
Fällung mehr erfolgte. Der Niederschlag wurde nach 24 Stunden zur
Entfernung von zurückgebliebenem Fett und Cholesterin mehrmals
mit Aceton gewaschen, wieder in Aether gelöst und mit der doppelten
Menge absolutem Alkohol versetzt. Der kleine, aus weißen Flocken
bestehende Niederschlag, der nach einiger Zeit auftrat und nach
Zuelzer!) aus Tripalmitin besteht, wurde abfiltriert, das Filtrat auf
ein kleines Volumen eingedampft, mit Aether von neuem aufgenommen
und das Leecithin wiederum mit Aceton gefällt. Das Auswaschen
bezw. Durchkneten des Niederschlages mit Aceton wurde dann solange
fortgesetzt, bis dieses farblos abliefe Das so gewonnene Leecithin
betrug nach dem Trocknen im Exsikkator etwa 7 g.
II, Alkoholextrakt.
Das mit Aether extrahierte Eigelb wurde behufs Zersetzung von
Leeithineiweiß noch dreimal mit absolutem Alkohol je 2 Stunden lang
auf dem Wasserbade am Rückflußkühler zum Sieden erhitzt.
Von den vereinigten Auszügen wurde die Hauptmerge des
Alkohols abdestilliert, und der Rest des Alkohols bei mäßiger Wärme
verdunstet., Der Rückstand wurde in Aether gelöst und in der vorher
angegebenen Weise mit Aceton gefällt und ausgewaschen. Die Aus-
beute betrug ca. 6 g Lecithin.
1) Zeitschr. f. physiol. Chem. 1899, S. 255.
8 M. Wintgen u. O. Keller: Leecithin.
Das aus dem ätherischen Auszuge gewonnene Leeithin war stark
orangegelb gefärbt und besaß eine ziemlich feste, bröcklige Konsistenz;
das des Alkoholauszuges war hellbraun und salbenartig. Beide Proben
besaßen einen wenig angenehmen Geruch. In Alkohol und Aether
waren sie klar löslich. Der Phosphor- und Stickstoffgehalt der beiden
Lecithine betrug
im ätherischen Auszuge 3,69% P und 25 % N,
„ alkoholischen „ Fa be Re DE,
In folgender Tabelle sind die für Phosphor und Stickstoff bei
den einzelnen Lecithinen gefundenen Werte nochmals zusammengestellt.
| Gehalt an Verhältnis
Art des Lecithins 5 von Stickstoff
Stickstoff | Phosphor |zu Phosphor
Berechnet für:
Distearyl-Leeithin . . . Th 1,73 3,84 1:2,22
Handelslecithin aus Eigelb AA: 2,25 3,49 1:1,55
Dasselbe, gereinigt . . 2,37 3,78 1:41,59
Ei-Leeithinv, selbst hiireitellt % aus
dem ätherischen Auszuge . . . 2,50 3,69 1:1,48
Dasselbe, aus dem alkoh. Auszuge 2,51 3,97 1:1,42
Aus braunen Sojabohnen ar
Runzup). ur. ©, 1,90 2,96 1:1,56
Aus schwarzen Sojabohnen (alkoh,
REN); wife = 1,84 2,51 1:1,27
Der für Ei-Lecithin gefundene Gehalt an Phosphor stimmt in
dem gereinigten Handelspräparate mit dem berechneten annähernd
überein, der des selbst hergestellten Ei-Lecithins bleibt etwas zurück.
Ob die Ursache hierfür in ungenügender Reinheit zu suchen ist, indem
das Präparat noch etwas Fett oder Cholesterin enthält, oder, ob sie
auf kohlenstoffreichere Fettsäureradikale, wie sie von Laves!) im
Eierlecithin beobachtet wurden, zurückzuführen ist, mag dahingestellt
bleiben. Immerhin scheint die klare Löslichkeit der. Präparate in
Alkohol und Aether und die Art der Darstellung — Fällung und
'Auswaschen mit Aceton — gegen obige Stoffe zu sprechen.
Im Gegensatz zu dem Gehalt an Phosphor ist der Stickstoff-
gehalt der vier‘ untersuchten Ei-Lecithine mit 2,25—2,51% zu hoch, da
er sich für reines Lecithin zu 1,73—1,86% berechnet.
1) loc. cit.
M. Wintgen u. O. Keller: Lecithio. ‚ 9
Auch von anderer Seite scheinen ähnliche Beobachtungen gemacht
zu sein. So wird in einem Berichte von J. D. Riedel!) zur Prüfung
der Lecithine bemerkt, daß der Stickstoffgehalt sich zur Bestimmung
des Lecithins weniger als der Phosphorgehalt eigne, weil auch eine
geringe Verunreinigung mit Ammoniaksalzen oder anderen stickstoff-
haltigen Substanzen sehr leicht möglich sei.
In der Tat könnte es möglich erscheinen, daß bei der Reinigung
von Leeithin nach dem Verfahren von Bergell, wo das Kadmium-
doppelsalz des Leeithins durch Ammoniumkarbonat zerlegt wird, bei
nicht genauer Innehaltung der Vorschrift ein zu hoher Stickstoff-
gehalt durch in Lösung gegangenes Ammonsalz verursacht wird. Da-
gegen aber spricht die klare Löslichkeit in Alkohol und Aether, die
wir bei den nach diesem Verfahren gewonnenen Lecithinpräparaten °
feststellen konnten. Weiterhin wurde auch ein zu hoher Stickstoff-
gehalt bei dem selbst gewonnenen Eierlecithin beobachtet, wo das
Verfahren von Bergell nicht angewandt worden war.
Zersetzungsprodukte in Form von anorganischen Ammoniak-
verbindungen konnten ebenfalls nicht vorliegen, denn die direkte
Prüfung auf Ammoniakverbindungen durch Aufkochen mit Magnesium-
oxyd ergab ein negatives Ergebnis.
Hiernach könnten also nur organische Stickstoffverbindungen,
die sich den Fällungs- und Lösungsmitteln des Leecithins gegenüber
analog diesem selbst verhalten, als etwaige Verunreinigungen in Frage
kommen, und es ist nicht von der Hand zu weisen, daß solche in Form
von eiweißartigen Verbindungen mit dem Lecithin lose verbunden sind.
In viel höherem Maße als im Ei-Lecithin weicht in den Pflanzen-
lecithinen der Phosphorgehalt von den berechneten Werten ab. Ebenso-
wenig entspricht das Verhältnis von Stickstoff zu Phosphor dem für
Leeithin berechneten, wie aus obiger Tabelle hervorgeht.
Die Art der Darstellung und das Verhalten der Präparate den
verschiedenen Lösungsmitteln gegenüber, schließen die Annahmen aus,
daß die Präparate als Rohleeithin anzusprechen wären. Wahrscheinlicher
ist es, daß in diesen Pflanzenlecithinen mit so niedrigem Phosphor-
gehalt nur lecithinähnliche Verbindungen vorliegen.
Mit Rücksicht auf diese wechselnde Zusammensetzung der ver-
schiedenen als Lecithin isolierten Substanzen hat bereits W. Koch?) vor-
geschlagen, sie unter dem Gruppennamen Lecithane zusammenzufassen.
Er will hierunter jene wachsartigen, hygroskopischen Substanzen ver-
standen wissen, zu deren Aufbau ÖOrthophosphorsäure, die höheren
1) Entnommen d. Apoth.-Ztg. 1905, No. 11.
2%) Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 37, S. 181—88.
10 - _ M. Wintgen u. O. Keller: Lecithin.
gesättigten und ungesättigten Fettsäuren, stickstoffhaltige Gruppen
und Glyzerin beitragen.
Diesem Vorschlage ist auch auf Grund unserer Befunde durchaus
zuzustimmen.
Die von Schulze und Steiger!) seinerzeit erhobenen Bedenken,
die alkohol- und ätherlösliche organische Phosphorsäure auf Leeithin
umzurechnen, erscheint hiernach durchaus berechtigt. In der Praxis
des Nahrungsmittelchemikers wird dem auch insofern Rechnung ge-
tragen, als bei entsprechenden Untersuchungen in der Regel der Gehalt
an alkohol- und ätherlöslicher Phosphorsäure und nicht der hieraus
berechnete Lecithingehalt angegeben wird.
Für die seit einiger Zeit im Großbetriebe hergestellten Lecithine,
welche medizinischen Zwecken dienen, hat Fendler°) vorgeschlagen, den
Gehalt an reinem Lecithin nach ihrem Phosphor- und Stickstoffgehalt
zu deklarieren, während in dem Riedel’schen Handelsberichte, wie
bereits ausgeführt wurde, nur die Bewertung nach dem Gehalte an
Phosphor empfohlen wird.
Diese Forderungen werden jedoch nur für das aus Eigelb
gewonnene Lecithin erhoben werden können.
Eine sichere Gewähr für ein einheitliches Produkt ist damit
aber noch nicht gegeben, wie aus den weiteren Ausführungen
Fendler’s über das Verhalten des von ihm untersuchten Leeithins
Alkohol und Aether gegenüber hervorgeht.
Auch darüber gibt der Phosphor- und Stickstoffgehalt der
Leeithine keinen genügenden Aufschluß, ob das betr. Präparat rein
in dem Sinne ist, daß es keine Veränderungen erlitten hat. Nun ist
bekannt, daß Lecithin leicht oxydieren soll, und nach Laves soll dies
um so leichter erfolgen, je reiner das Präparat ist. Da sich aus
Lecithin Glyzerinphosphorsäure leicht abspalten läßt, so ist anzunehmen,
daß auch diese sich als dessen Zersetzungsprodukt zu bilden vermag.
Entgegen einzelnen in der Literatur vorhandenen Angaben), ist jedoch
freie Glyzerinphosphorsäure, wie hier angestellte Versuche ergeben
haben, leicht in Alkohol, etwas schwerer in Aether löslich. Eine Ab-
nahme des Phosphorgehaltes würde also bei Anwendung der bisher
gebräuchlichen Bestimmungsmethoden auch in zersetztem Lecithin, das
freie Glyzerinphosphorsäure abgespalten hat, nicht nachzuweisen sein.
Man wird daher zur Prüfung der Reinheit von Lecithin sich
nicht auf die Bestimmung des Phosphor- und Stickstoffgehaltes
1) loc. eit.
2) Apoth.-Ztg. 1905, No. 3.
8) Loebisch, Realenzyklopädie der Pharmazie.
W. Traube u. F. Winter: 3-Methylhypoxanthin. 11
beschränken dürfen. Ob die Bestimmung der Jodzahl und freien Fett-
säuren Anhaltspunkte für die Beurteilung ergibt, darüber wird erst
naeh weiteren Untersuchungen ein Urteil abgegeben werden können.
Schlüsse aus dem Phosphor- oder Stickstoffgehalt der Pflanzen-
lecithine auf ihre Reinheit zu ziehen, erscheint auf Grund unserer
und älterer Untersuchungen nicht angängig.
Sollten Pflanzenlecithine für medizinische Zwecke ebenfalls Ver-
wendung finden, dann würde es sich empfehlen, sie, dem Vorschlage
von W. Koch entsprechend, als Lecithane zu bezeichnen, und ihr
Ausgangsmaterial anzugeben; für das aus Eigelb hergestellte Präparat
dagegen erscheint es angebracht, den Namen Lecithin beizubehalten
und von Bezeichnungen wie Lecithol und ähnlichen Namen abzusehen.
Arbeiten aus dem pharmazeutischen Institut der
Universität Berlin.
Mitgeteilt von H. Thoms.
Synthese des 3-Methylhypoxanthins.
Von Wilhelm Traube und Friedrich Winter.
(Eingegangen den 21. XII. 1905.)
Der eine von uns hat vor einigen Jahren!) gezeigt, daß man die
weitverbreitet im tierischen und pflanzlichen Organismus sich findenden
Xanthin- oder Purinbasen, welche von E. Fischer durch Umwandlung
der Harnsäure zuerst künstlich dargestellt worden waren, auch durch
direkte Synthese von der Essigsäure bezw. Oyanessigsäure aus
leicht aufbauen kann.
Durch Kombination von Harnstoff mit Cyanessigsäure erhält man
das 4-Amino-2, 6-dioxypyrimidin:
eur age
| |
Hi CHa bezw. HO in "
|
NH—C=NH N—C.NH,3,
das auf dem Wege über eine Isonitrosoverbindung ohne Schwierigkeit
übergeführt werden kann in das 4, 5-Diamino-2, 6-dioxypyrimidin:
NH-CO N=C-OH
| | La}
co Says bezw. HOC C-NBH;
| I 1
NH-C-NHz N-C-NH;.
i) Ber. d. d. chem. Ges. 33, S. 1371 und 3035.
12 W. Traube u. F. Winter: 3-Methylhypoxanthin.
Die letztere Base geht sodann beim Behandeln mit starker
Ameisensäure in Xanthin,
NH—CO ‘
|
CO €—NH
[v pie DS
NH—C——N
über, indem als Zwischenprodukt ein Formylderivat des Diamins
entsteht. 2
Ersetzt man bei dieser Reihenfolge von Reaktionen von vornherein
den Harnstoff durch Guanidin oder durch methylierte Harnstoffe, so
erhält man Guanin resp. methylierte Xanthine, wie das
1,3-Dimethylxanthin oder Theophbyllin und das durch weitere
Methylierung leicht in Theobromin und Kaffein überführbare 3-Methyl-
xanthin.
Es ist etwas später!) gelungen, auf einem ganz ähnlichen Wege
auch das Hypoxanthin oder Sarkin synthetisch darzustellen und
zwar unter Verwendung des Schwefelharnstoffes. Man gelangte so
zunächst nicht zum Hypoxanthin,
N—00
|
NO C-NH\
| l CH
NHIOGsEN Te
selbst, sondern zu einem schwefelhaltigen Derivat desselben, dem
2-Thiohypoxanthin,
N-CO
SC C-NH
| | I>CH;
NEON
doch ließ sich dieser Schwefelkörper durch Oxydationsmittel wie
Wasserstoffhyperoxyd oder Salpetersäure leicht in das Hypoxanthin
überführen.
Die Methylierung”?) des letzteren läßt sich nach M. Krüger
direkt ausführen durch Erhitzen der Base in wässerig-alkoholischer
Lösung mit Jodmethyl und Alkali. Es entsteht auf diesem Wege
nicht ein einfach methyliertes Produkt, sondern gleich ein Dimethyl-
hypoxanthin, dessen Konstitution später von E. Fischer als die eines
1, 7-Dimethylhypoxanthins ermittelt wurde.
Monomethylierte Hypoxanthine, bei denen das Methyl am
Stickstoff haftet, sind der Theorie nach vier verschiedene möglich,
von denen zwei, nämlich das 7- und 9-Methylhypoxanthin bereits
1) Liebigs Annalen 331, S. 64.
2) Zeitschr. f. pbysiolog. Chemie 18, S. 434.
W. Traube u. F. Winter: 3-Methylhypoxanthin. 13
bekannt sind. Diese Verbindungen, in denen beider das Methyl im
Glyoxalinring sich befindet, sind von E. Fischer dargestellt worden.
Er erhielt das 7-Methylhypoxanthin aus dem 7-Methyl-2, 6-dichlor-
purin durch Behandeln mit Alkali und darauffolgende Reduktion des
zunächst entstandenen 7-Methyl-6-oxy-2-chlorpurins!). Das 9-Methyl-
hypoxanthin?) wurde durch Einwirkung von salpetriger Säure auf das
9-Methyladenin gewonnen.
Wir haben versucht, einesder nochunbekannteneinfach methylierten
Hypoxanthine darzustellen, bei denen das Methyl im Pyrimidinkern
sich befinden mußte.
Es wurde dafür dieselbe Reaktionsfolge benutzt, die zum Hypo-
xanthin selbst geführt hatte, nur daß statt des Schwefelharnstoffes
dessen Monomethylderivat als Ausgangsmaterial diente.
Der Methylschwefelharnstoff reagiert mit Natriumcyanessigester
beim Kochen in alkoholischer Lösung unter Alkoholabspaltung und
Ringschluß. Es bildet sich dabei das in Alkohol schwer lösliche
Natriumsalz des 3-Methyl-4-amino-6-oxy-2-thiopyrimidins®), das auch
als 3-Methyl-4-amino-2-thiouracil aufgefaßt werden kann.
NH3a COOCsHz NH co
sc - CH, = &HOH-+ 0 CH, bezw.
NH (CH5) CN N (CH,)—C=NH
——C (OH) NH: co
sc CH bezw. sh CH
No) _UNE, NH) nn,
In diesem Kondensationsprodukte war die Stellung des Methyls
zunächst zweifelhaft.
Je nach der Art, in der sich der Methylschwefelharnstoff an den
Cyanessigester anlagert, konnte der entstehende Körper entweder an
erster oder an dritter Stelle methyliert sein.
Um diese Frage zu entscheiden, wurde der Körper durch wieder-
holtes Eindampfen mit 3% iger Wasserstoffsuperoxydlösung vom Schwefel
befreit. Der farblose Rückstand wurde aus Wasser umkrystallisiert
und erwies sich identisch mit dem von W. Traube) früher dar-
1) Ber. d. d. chem. Ges. 30, S. 2409.
2) Ber. d. d. chem. Ges. 31, S. 113.
3) Streng genommen, läßt sich diese Verbindung nicht auf den Typus
des Pyrimidins zurückführen; nur um die Analogie mit den entsprechenden
nichtmethylierten Verbindungen zum Ausdruck zu bringen, ist diese Be-
zeichnung übernommen.
4) Ber. d. d. chem. Ges. 33, 3039.
14 W. Traube u. F. Winter: 3-Methylhypoxanthin.
Pr
gestellten 3-Methyl-4-amino-2, 6-dioxypyrimidin, wie aus direkter Ver-
gleichung beider Körper hervorging. Aus dieser Uebereinstimmung‘
ist mit Sicherheit zu schließen, daß auch der schwefelhaltige Körper,
ebenso wie das aus diesem gewonnene, später zu beschreibende Methyl-
hypoxanthin, das Methyl an dritter Stelle enthält.
Salpetrige Säure wirkt in der Kälte, rascher beim schwachen
Erwärmen, auf das 3-Methyl-4-amino-6-oxy-2-thiopyrimidin ein, unter
Wasserabspaltung und Entstehung einer gut krystallisierenden Iso-
nitrosoverbindung, die mit Alkalien tief rot gefärbte Salze bildet.
NH Or: NIE age
| | | |
Be Cr +O0NOH „ — „H0O,178.6 C=NOH
| | |
N (CH;)--C=NH N (CH) — C=NH
Durch Kochen mit gelbem Schwefelammon wird diese Isonitroso-
verbindung zu einem Diamin, dem 3-Methyl-4, 5-diamino-2-thiouracil,
oder 3-Methyl-4, 5-diamino-6-oxy-2-thiopyrimidin reduziert.
No 3 ER
| |
sc ART ie bezw. HS—C ie
| |
N(CH,)—C—NH; N(CHs)—C—NH3
Dasselbe wurde zur Ueberführung in ein Monoformylderivat
mehrere Stunden lang mit konzentrierter Ameisensäure am Rückfluß-
kühler gekocht. Der Formylkörper schied dabei sich zum Teil schon
während des Kochens in der Hauptmenge beim Erkalten der Lösung
als gelber krystallinischer Niederschlag ab.
N co N. co
| F | Kia
HS—C GE +HOOCH = 0 + E C-N<oyo
| |
N(CH3)—C—NH3 N(CH,)—C—NB;
Die Verbindung verlor beim Erhitzen selbst auf hohe Temperatur
kein Wasser; um die Wasserabspaltung und damit den Ringschluß
zum Purinderivat zu bewerkstelligen, wurde der Körper zuerst in sein
Kaliumsalz übergeführt, das beim darauffolgenden Erhitzen bei ca. 250°
ein Molekül Wasser abgab.
N——00 = 23 .b =
I | H |
HS-C c-NH—C< gr H0 + Be RN
| |
N(CH,J)—CNHs N(CH)—C-N
Aus dem so erhaltenen Kaliumsalze ließ sich das Thiohypoxanthin
durch verdünnte Säure abscheiden.
W. Traube u. F. Winter: 3-Metbylhypoxanthin. 15
Zur Entfernung des Schwefels haben wir den letzteren Körper
mit 25%,iger Salpetersäure auf dem Wasserbade erwärmt. Dabei wird
der Schwefel vollständig zu Schwefelsäure oxydiert, und an die Stelle
der Hydrosulfürgruppe im Tbiohypoxanthin tritt ein Wasserstoffatom.
Der entstandene schwefelfreie Körper ist das 3-Methylhypoxanthin:
N co
I dt
H-C C-NH_
N(CH,)—C— N”,
3-Methyl-4-amino-6-oxy-2-thiopyrimidin: C;H-N3 OS.
10 g Methylschwefelharnstoff wurden zu einer Lösung von 2,6g
Natrium in 65 ccm absolutem Alkohol gegeben und dem Gemisch
12,6 g Cyanessigester zugefügt. Es entstand eine klare Lösung, die
am Rückflußkühler ca. vier Stunden lang gekocht wurde. Während
des Kochens schieden sich an den Wänden des Gefäßes allmählich
krystallinische Krusten ab, deren Stärke beim Abkühlen der Lösung
beträchtlich zunahm. Nach dem völligen Erkalten wurde der Alkohol
von dem Niederschlage abgegossen und auf einem Uhrglase auf dem
Wasserbade verdampft. Der Abdampfrückstand sowie der Niederschlag
wurden in Wasser gelöst und mit verdünnter Essigsäure angesäuert.
Es entstand ein Niederschlag, und schließlich erstarrte die ganze Masse
zu einem dicken Brei farbloser Krystalle. Diese wurden durch Ab-
saugen von der Flüssigkeit getrennt, und mit Wasser, Alkohol und
Aether gewaschen. Aus 10 g Methylschwefelharnstoff wurden ca. 17 g
des Kondensationsproduktes erhalten. Der Körper löst sich leicht in
heißem Wasser und krystallisiert daraus in schönen farblosen Nadeln.
Zur Analyse wurde er bei 150° getrocknet.
1. 0,2136 g Substanz gaben 0,2999 g COs und 0,088 g Ha0.
2. 0,1134 „ - „ 26,4 cem N (750 mm, 18°).
3. 0,2128 „ A „ . 0,3122 g BaSO,.
Berechnet für C;H-N30S: Gefunden:
C 38,21 38,28%
H 445 4,57,
N 26,75 26,54 „
S 20,38 20,15 „.
3-Methyl-4-imino-5-isonitroso-6-0oxy-2-thiopyrimidin: C; H, N; OsS.
5 g des Kondensationsproduktes wurden in der berechneten Menge
Normalnatronlauge gelöst, mit etwas mehr als der berechneten Menge
Natriumnitrit — 2,4 g NaNO,; — versetzt und zu der Lösung ein
‚großer Ueberschuß von Essigsäure, etwa das Zehn- bis Zwölffache der
16 W. Traube u. F. Winter: 3-Methylhypoxanthin.
berechneten Menge, gegeben. Die Flüssigkeit färbte sich bald tief
violett, während der beim Säurezusatz entstandene dicke Niederschlag
anfangs rosa gefärbt war. Erst beim längeren Stehen nahm der Nieder-
schlag eine violettgrüne Färbung an, die nach dem Trocknen des
Körpers an die Farbe des Zinkstaubes erinnerte. Gegen Ende der
Reaktion, deren Dauer zwischen vier und sechs Stunden schwankte,
wurde das Gemisch auf dem Wasserbade gelinde erwärmt. Stärkeres
Erwärmen am Anfang des Versuches und größerer Säureüberschuß
beschleunigten die Reaktion, beeinträchtigten jedock die Ausbeute.
Bei der angegebenen Versuchsanordnung war die Ausbeute nahezu
quantitativ. Nach beendeter Reaktion wurde der Isonitrosokörper
durch Absaugen von der Flüssigkeit getrennt und mit kaltem Wasser
und darauf mit Alkohol und Aether gewaschen. In viel kochendem
Wasser löst sich der Körper und krystallisiert beim Erkalten aus der
Lösung in violettgrünen Nadeln. Er bildet mit Alkalien schön rot
gefärbte Salze, von denen das Ammoniaksalz verhältnismäßig schwer
löslich ist. Das Baryumsalz bildet derbe braune Nadeln, die meist
sternförmig grupviert sind. Zur Analyse wurde der Isonitrosokörper
mehrfach aus heißem Wasser umkrystallisiert.
1. 0,1696 g Substanz gaben 0,2018 g COs und 0,051 eg H3s0.
2. 0,1036 „ E- „272 ccm N (756 mm, 200).
Berechnet für C5HgN408$: Gefunden:
+ 0::82,25 32,44%
H 3,22 8,34 „
N 30,10 29,87 .-
3-Methyl-4, 5-diamino-6-oxy-2-thiopyrimidin: C, Hs N, OS.
Die zur Reduktion von 10 g des Isonitrosokörpers ungefähr er-
forderliche Menge gelben Schwetelammons wurde zum Sieden erhitzt
und der Körper portionenweise in die siedende Flüssigkeit eingetragen.
Die Lösung färbte sich unter lebhaftem Aufschäumen sofort tiefrot,
die Farbe schlug aber bald in Gelbbraun um. Während der Dauer der
Reaktion, die unter beständigem schwachen Kochen ausgeführt wurde,
prüfte man wiederholt, ob noch genügend Schwefelwasserstoff in der
Lösung war; erforderlichenfalles mußte noch etwas Schwefelammon
zugegeben werden. War der Isonitrosokörper vollständig in die
Flüssigkeit eingetragen, so wurde noch so lange gekocht, bis die
Hauptmenge des Schwefelwasserstoffs verjagt war, und der Schwefel
sich in dichten zusammengeballten Massen abgeschieden ‚hatte. Die
gelbe Flüssigkeit wurde schließlich noch heiß vom Schwefel abgesaugt.
Beim Erkalten krystallisierte daraus die Diaminobase in derben gelben
Nadeln, die sich auf dem Boden“des Gefäßes absetzten. Um die Base
W. Traube u. F. Winter: 3-Methylhypoxanthin. 17
vom anhaftenden Schwefel zu befreien, wurde sie mehrmals aus heißem
Wasser umkrystallisiert. Die Krystalle zeigten auch nach dem Be-
handeln mit Tierkohle eine schwach gelbe Färbung. Im Durchschnitt
wurden aus 10 g Isonitrosokörper 6—7 g der Diaminobase erhalten.
Durch Auskochen des abgeschiedenen Schwefels mit Wasser wurde
noch eine zweite Krystallisation gewonnen.
Die Base reduziert ammoniakalische Silberlösung schon in der
Kälte und löst sich leicht wie in Säuren so auch in Alkalien. In
Alkohol ist sie auch beim längeren Kochen nahezu unlöslich.
1. 0,2336 g- Substanz gaben 0,2994 g CO3 und 0,0952 g Ha0.
2. 0,1324 „ . „8380 ccm N (758 mm, 220).
3. 0,3121 „ F „ 0,4197 g BaS0..
Berechnet für C;H3N,0S: Gefunden:
C 34,88 34,94 9,
H 4,65 4,53 „
N 32,55 32,43 „
S 18,60 18,46 „.
Formylderivat des 3-Methyl-4, 5-diamino-6-0xy-2-thiopyrimidins:
Os Hz N; Os S.
5 g des Diamins wurden mit ungefähr der 15fachen Menge
starker Ameisensäure 2 Stunden lang am KRückflußkühler gekocht.
Zuerst trat Lösung ein, nach einiger Zeit schied sich in der kochenden
Lösung ein gelber Niederschlag ab, der sich beim Abkühlen der
Flüssigkeit beträchtlich vermehrte. Nach dem völligen Erkalten wurde
die Säure von dem Niederschlage abgegossen und verdampft. Es hinter-
blieb ein gelber Rückstand, der zu dem Niederschlage gefügt wurde.
Da der Körper in Wasser und anderen Lösungsmitteln nur sehr wenig
löslich ist, mußte er durch Umfällen gereinigt werden. Zu diesem
Zwecke wurde er in Wasser möglichst fein verteilt und durch vor-
sichtigen Zusatz von Natronlauge in Lösung gebracht. Die Lösung
wurde mit Tierkohle gekocht, mit Essigsäure versetzt und rasch
filtriert, worauf sich die Formyiverbindung wieder abschied. Wenn
der Körper zweimal in der angegebenen Weise behandelt war, bildete
er vollkommen farblose, feine Nadeln. Aus 5 g Diaminobase wurden
3 g des reinen Formylkörpers erhalten.
1. 0,122 g Substanz gaben 0,1602 g CO» und 0,0464 g H30.
2. 0,1041, . »„ .25,7 ccm N (756 mm, 21°),
Berechnet für CgHgN403$: Gefunden:
C 36,00 35,81%
H 4,00 4,22,
N 28,00 27,94 „.
Arch. d. Pharm. UOXXXXIV. Bds. 1. Heft. 2
18 W. Traube u. F. Winter: 3-Methylbypoxantbin.
3-Thiohypoxanthin: C,H,N,OS.
Das Formylderivat selbst spaltet beim Erhitzen kein Wasser ab,
wohl aber sein Kaliumsalz. Das Natriumsalz erwies sich als hygro-
skopisch und war infolgedessen nicht zu verwenden. Um das Kalium-
salz zu isolieren, wurden 3 g des Formylkörpers in der für ein Molekül
berechneten Menge Normalkalilauge gelöst und die Lösung mit
ca. 150 ccm absolutem Alkohol versetzt. Dabei scheidet sich das
Kaliumsalz in langen farblosen Nadeln ab, die nach kurzer Zeit die
ganze Flüssigkeit zu einem dicken Brei erstarren lassen. Erfolgte
auf erneuten Alkoholzusatz keine Krystallabscheidung mehr, so wurde
der Niederschlag durch Absaugen von der Flüssigkeit getrennt, mit
Alkohol und Aether gewaschen und auf dem Wasserbade getrocknet.
Hierbei gab das Salz Krystallalkohol ab und verlor beträchtlich an
Volumen. Man trocknete sodaun den Körper noch einige Zeit bei
120° und erhitzte ihn schließlich zwei Stunden lang im Luftbade auf
250°, wobei ein Molekül Wasser entwich.
3,2476 g Substanz verloren bei 2500 — 0,2535 g Hs.
Berechnet für C,H; N,SOK + H30: Gefunden:
Hs0 7,56 7,80%.
Der nach dem Erhitzen verbleibende Rückstand wurde in wenig
Wasser gelöst und aus der Lösung das Methylthiohypoxanthin durch
verdünnte Essigsäure abgeschieden. Das Hypoxanthinderivat ist in
Alkohol unlöslich und löst sich in Wasser und verdünnten Säuren
auch beim längeren Kochen nur in sehr geringer Menge auf. Aus
der heißen wässerigen Lösung krystallisiert es in großen, blätterigen
Krystallen, die meist rosettenförmig angeordnet sind. In Alkalien ist
es leicht löslich; durch wiederholtes Fällen aus der alkalischen Lösung
und Behandeln mit Tierkohle wurde der Körper gereinigt und bildete
alsdann farblose, mikroskopische Krystalle.
1. 0,1014 g Substanz gaben 0,1475 g COz und 0,031 g Hs0.
2. 0,1132 „ 5 „..30,5 ccm N (754 mm, 199).
3. 0232 „ = „ 0,293 g BaS0,-
Berechnet für C3H,N40S: Gefunden:
C 39,56 39,66 %
H 3,29 339,
N 30,77 30,71,
Ss 17,58 17.34..
3-Methylhypoxanthin: C,H, N4O. -
Zur Entfernung des Schwefels aus dem Methylthiohypoxanthin
wurde 1 g Substanz auf einem Uhrglase mit 5 ccm 25%iger Salpeter-
säure übergossen und auf dem Wasserbade gelinde erwärmt. Dabei
W. Traube u. F. Winter: 3-Methylhypoxanthin. 19
löste sich die Substanz in der Säure, und es trat eine heftige Ent-
wickelung von Stickstoffdioxyd ein. Solange die lebhafte Gasentwickelung
anhielt, mußte die Lösung vom Wasserbade entfernt werden. Alsdann
wurde noch so lange auf dem Wasserbade unter Umrühren erwärmt,
bis nur noch vereinzelte Gasblasen in der Flüssigkeit aufstiegen. Die
Lösung wurde filtriert, mit Ammoniak übersättigt, nochmals filtriert
und auf einem Uhrglase zur Trockne eingedampft. Der Rückstand,
aus 3-Methylhypoxanthin und Ammoniumsalzen bestehend, war schwach
gelb gefärbt. Er wurde mit kaltem Wasser ausgezogen und enthielt
dann keinen Schwefel mehr. Das neue Methylhypoxanthin ist in
heißem Wasser ziemlich leicht löslich. Bei gewöhnlicher Temperatur
löst sich ein Teil desselben in ca. 210 Teilen Wasser. Von Alkohol
wird es auch beim längeren Kochen nur wenig aufgenommen. Zur
Reinigung wurde es in kochendem absoluten Alkohol suspendiert und
durch vorsichtigen Wasserzusatz in Lösung gebracht. Beim Erkalten
schied. sich aus der Lösung das Methylhypoxanthin in feinen Nadeln
ab, die anfänglich schwach gelb gefärbt waren, aber nach zweimaligem
| Umkrystallisieren und Behandeln mit Tierkohle vollkommen farblos
erschienen. Aus 3 g Methylthiohypoxanthin wurden im Durchschnitt
1,5 g reines Methylhypoxanthin erhalten.
1. 0,244 g Substanz gaben 0,428 g CO, und 0,0856 g Ha0.
2. 0,138 „ : „ 441 ccm N (761 mm, 18°).
3. 0,114 „ n »„ 370 5 nm (758 „ , 199).
Berechnet für C,H, N40: Gefunden:
C 48,00 47,82%
H 4,00 3,89 „
36,97
N 37,33 a
\ 37,22 „.
Mit Alkalien bildet das 3-Methylhypoxanthin gut krystallisierende
Salze. Uebergießt man es mit der berechneten Menge nicht zu ver-
dünnten Alkalis, so tritt zunächst Lösung ein, nach kurzem Stehen
jedoch scheiden sich aus der Lösung die Salze krystallinisch ab, so
das Ammoniaksalz in feinen verästelten Nadeln und das Naätriumsalz
in langen, seideglänzenden Nadeln.
Auch in verdünnten Mineralsäuren ist das 3-Methylhypoxanthin
leicht löslich, jedoch erfolgte selbst nach längerem Stehen aus den
Lösungen keine Krystallabscheidung.
Durch Essigsäure wird das 3-Methylbypoxanthin aus alkalischen
Lösungen in Form mikroskopischer Krystalle ausgefällt.
Mit Platinchlorid entsteht beim längeren Stehen ein gelber
Niederschlag säulenförmiger Krystalle.
I*
20 G. Goeßmann: Alkaloide von Anagyris foetida.
Beim Erhitzen auf 280° zersetzt sich das Methylhypoxanthin
langsam, ohne zu schmelzen.
Silbernitrat fällt aus der sauren Lösung des Purinkörpers einen
weißen, krystallinischen Niederschlag, der sich aus heißer, verdünnter
Salpetersäure leicht umkrystallisieren läßt und unter dem Mikroskop
in oktaädrischen Formen erscheint.
Aus einer ammoniakalischen Lösung des Methylhypoxanthins
scheidet Silbernitrat dagegen eine gallertartige Masse ab.
Das Methylhypoxanthin zeigt hiernach einer Silberlösung gegen-
über ein ähnliches Verhalten wie das Hypoxanthin selbst, welches
bekanntlich mit Silbernitrat in saurer Lösung eine krystallinische, in
ammoniakalischer Lösung eine amorphe Fällung gibt.
Ueber die Alkaloide von Anagyris foetida).
Von Dr. G. Goeßmann.
(Eingegangen den 3. I. 1906.)
Von der Firma E. Merck in Darmstadt wurde früher unter
dem Namen Anagyrinum hydrobromicum ein Alkaloid in den Handel
gebracht, das sich nach Untersuchungen von Partheil und Spasski
(l. ec.) als nicht einheitlich erwies, sondern in Cytisin, C}ıH}4Ns0, und
ein zweites Alkaloid von der Formel N,;Ha3N30 zerlegt werden
konnte. Jedoch gelang es bisher nicht die letztere Base, auf welche
sich die Bezeichnung Anagyrin übertrug, in analysierbarem Zustande
darzustellen, vielmehr wurde die Zusammensetzung derselben nur
indirekt ermittelt. Es mußte daher immerhin zweifelhaft erscheinen,
ob das Anagyrin im engeren Sinne wirklich einen einheitlichen Körper
darstelle oder noch weiter in verschiedenartige Bestandteile zerlegbar
sei; bezw. wäre es von Interesse, dasselbe in reinem, analysierbarem,
womöglich krystallisiertem Zustande zu erhalten. Von diesem Gesichts-
punkte aus wurde es nicht für überflüssig gehalten, die Untersuchung
des Anagyrins erneut in Angriff zu nehmen.
Zur Darstellung der Rohalkaloide aus den Anagyrissamen wurde
nach den Angaben von Partheil und Spasski (l.c.) verfahren. Die
gereinigte, konzentrierte, schwach essigsaure Lösung der Rohalkaloide
wurde alkalisch gemacht und wiederholt mit Chloroform ausgeschüttelt.
Die Chloroformlösung hinterließ nach dem Abdestillieren des Chloro-
1) Literatur: Partheil und Spasski, Apoth.-Ztg. 1895; Schmidt,
Litterscheid und Klostermann, Arch. der Pharm. 238 (1900), 184 ff.
G. Goeßmann: Alkaloide von Anagyris foetida. 21
forms im Vakuumverdampfapparat das Alkaloidgemisch, COytisin und
Anagyrin, als zähe, bräunliche Masse.
Eine Trennung der beiden Basen wurde zunächst durch Destillation
im Vakuum zu erreichen gesucht. Nach Entfernung geringer Mengen
Chloroform, die von dem Alkaloidgemisch hartnäckig zurückgehalten
werden, begann die Destillation bei: 9—10 mm Druck bei etwa 190°,
indem die Temperatur allmählich bis auf 237° stieg. Der bei letzterer
Temperatur übergehende Teil wurde getrennt aufgefangen. Beide
Fraktionen waren zähe, honiggelbe, harzige Massen, die zweite etwas
härter als die erste. Um zü prüfen, ob und inwieweit eine Trennung
der beiden Basen gelungen sei, wurde je eine Probe der beiden
Fraktionen in wenig sehr verdünnter Salzsäure gelöst und mit einigen
Tropfen Quecksilberchloridlösung versetzt. (Nach Partheil und
Spasski wird nämlich in schwach salzsaurer Lösung nur Anagyrin
als Quecksilberdoppelsalz ausgetällt, während Cytisin in Lösung bleibt.) °
Da in beiden Anteilen bei gleicher Konzentration ein ziemlich gleich-
großer Niederschlag entstand, konnte auf eine gelungene Trennung der
beiden Alkaloide nicht geschlossen werden. Die zweite Fraktion
wurde sodann nochmals destilliert. Sie ging zwischen 235—238° bei
10 mm Druck gleichmäßig und anscheinend unverändert über, so daß
also auch hierdurch eine Trennung richt erzielt werden konnte.
Nunmehr wurde eine Trennung der beiden Alkaloide nach der
von Partheil und Spasski angewandten Methode, welche die oben-
erwähnte, verschiedene Löslichkeit der Quecksilberdoppelsalze in salz-
säurehaltigem Wasser benutzt, versucht. Es wurde jedoch beobachtet,
was auch schon Litterscheid (l. c.) feststellte, daß eine Trennung
auf diesem Wege nicht ohne erhebliche Verluste möglich ist, weil in
schwach salzsaurer Lösung das Mitfallen von Cytisinquecksilberchlorid
nicht zu vermeiden ist, in stärker salzsaurer Lösung aber auch Ana-
gyrinquecksilberchlorid löslich ist. Auch die von Litterscheid
angewandte Reinigungsmethode durch Einleiten von Chlorwasserstoff
in die konzentrierte alkoholische Lösung der Alkaloide ist kaum
geeignet die Verluste zu verringern, da die Chloride der beiden
Alkaloide nur aus sehr konzentrierter absolut alkoholischer Lösung in
guter Ausbeute ausfallen, aber auch um so unreiner, je konzentrierter
die Lösung ist.
Es wurde nun versucht durch Ueberführung in die Oxyde mittels
Wasserstoffsuperoxyd eine Trennung herbeizuführen, da Oytisinoxyd
aus Wasser leicht krystallisiert !), Anagyrinoxydaber nach Litterscheid
2) M. Freund und A. Friedmann, Ber. d. d. chem. Ges. 34
(1901), 605.
22 G. Goeßmann: Alkaloide von Anagyris foetida.
in Wasser außerordentlich leicht löslich ist. Aber selbst nach wochen-
langem Stehen der Lösung der Rohalkaloide in 3%igem Wasserstoff-
superoxyd trat keine Abscheidung von Krystallen ein.
Schließlich wurde zu der von Litterscheid nur unter Vor-
behalt empfohlenen Trennungsmethode mittels Phenylsenföl gegriffen,
und zwar wurden die Rohalkaloide in der gleichen Menge absoluten
Alkohols gelöst, überschüssiges Phenylsenföl zugesetzt und drei Tage
lang stehen gelassen. Der ausgeschiedene Phenyleytisinthioharnstoff
wurde abgesaugt und mit Alkohol ausgewaschen. Das Filtrat wurde
auf dem Wasserbade im Vakuum eingedampft. Der dabei hinter-
bleibende Rückstand roch noch stark nach Phenylsenföl. Er wurde
mit stark verdünnter Salzsäure kurze Zeit auf dem Wasserbade er-
wärmt, wobei er sich größtenteils auflöste. Der ölige Rückstand schied
nach dem Erkalten lange, farblose Nadeln ab, die sich als Xanthogen-
anilid erwiesen (Schmp. 72—74°). Das Oel war überschüssiges Phenyl-
senföl, das durch Verunreinigungen braun gefärbt war. Das in dem
Phenyleytisinthioharnstoff enthaltene Cytisin und das in der salzsauren
Lösung befindliche Rohanagyrin entsprachen zusammen einer Ausbeute
von etwa 90% des angewandten Rohalkaloidgemisches.
Die salzsaure Lösung des Rohanagyrins wurde alkalisch gemacht,
mit Chloroform ausgeschüttelt und die Chloroformlösung im Vakuum
eingedampft. Der Rückstand wurde im Vakuum bei 30 mm Druck
destilliert. Schon unterhalb 200° gingen sehr geringe Mengen eines
Körpers über, der sich in silberglänzenden Krystallschuppen an den
Wänden der Vorlage ansetzte. Dieser Körper konnte als Diphenyl-
thioharnstoff identifiziert werden. Die Hauptmasse des Alkaloids ging
bei über 245° in anscheinend gleichmäßiger Zusammensetzung über.
Das so gewonnene Alkaloid war eine spröde, honiggelbe, kolophon-
artige Masse, die sich leicht zu einem gelblichen Pulver zerreiben ließ,
an der Luft aber sehr schnell feucht und zäh wurde, Die Ausbeute
an destilliertem Anagyrin betrug etwa 64% des Rohalkaloids. Alle
Krystallisationsversuche scheiterten.
Die Analyse des destillierten und im Vakuumexsikkator über
Schwefelsäure, bezw. in einem Vakuum von 20 mm bei ee; getrockneten
Alkaloids lieferte folgende Werte:
1. 0,2004 g' Substanz gaben 0,5299 g COs und 0,1569 g Hs0.
2. 0,2480 „ h „.1.0,6604 .:,.' 320
3. 0,1702 ,; - „ 17 ccm feuchten Stickstoff bei 160 und
762,5 mm eromekirstand.
4. 0,2010 g Substanz gaben 19,7 ccm {areiiie Stickstoff bei 160 und
771 mm Barometerstand.
G. Goeßmann: Alkaloide von Anagyris foetida. 23
Gefunden: Berechnet für
K 2. 5 4. (3; Hs Ng0:
C 72,11 72,62 _ _ 73,17%
H 8,70 8,66 . = _ 8,94 „
N — _ 11,73 11,63 11,38 „.
Diese Zahlen stehen, wie ersichtlich, nicht im Einklang mit der
aufgestellten Formel des Anagyrins, lassen aber auch eine andere
Formel nicht berechnen. Es lag daher die Vermutung nahe, daß das
Alkaloid noch durch Cytisin verunreinigt sein könnte, indem vielleicht
die Fällung des Cytisinharnstoffderivats keine vollständige war. Um
auf Cytisin zu prüfen, wurde eine geringe Menge des Alkaloids in
Benzol gelöst (in alkoholischer Lösung findet bei kleinen Mengen von
Cytisin mit Phenylsenföl keine Ausscheidung von Phenylcytisinthio-
harnstoff statt) und einige Tropfen Phenylsenföl zugesetzt. Ein Nieder-
schlag trat auch nach längerem Stehen und bisweiligem Umschütteln
nicht ein, wohl aber auf Zusatz von wenig Cytisin. Demnach mußte
das Alkaloid als frei von Cytisin betrachtet werden. Ob nun etwa
ein Gemisch verschiedener tertiärer Basen vorliegt oder ob Ver-
unreinigungen anderer Natur vorhanden sind, müssen weitere Unter-
suchungen lehren. Zweifellos dürfte die Phenylsenfölmethode, die von
Litterscheid wieder verlassen wurde, zur Trennung des Cytisins
vom Anagyrin sehr geeignet sein, indem sie durchaus befriedigende
Ausbeuten lieferte und eine exakte Trennung des Cytisins vom
Anagyrin gestattet. Ihr Wert wird noch durch den Umstand erhöht,
daß es auch gelang aus dem Phenyleytisinthioharnstoff das Cytisin auf
einfache Weise wiederzugewinnen.
Die Zerlegung des Phenylcytisinthioharnstoffs gelang vollständig
durch fünfstündiges Erhitzen desselben mit konzentrierter Salzsäure
auf 150° im geschlossenen Rohr. Beim Oeffnen der Bombe machte
sich ein starker Geruch nach Schwefelwasserstoff bemerkbar. Es hatte
eine Ausscheidung gelblich weißer Krystallblättchen stattgefunden, die
sich beim Verdünnen des Bombeninhaltes mit Wasser auflösten. Eine
geringe Menge ausgeschiedenen Schwefels blieb zurück. In einem Vor-
versuch ließ sich Anilin und Cytisin nachweisen, indem die salzsaure
Lösung alkalisch gemacht und zuerst mit Aether, dann mit Chloroform
ausgeschüttelt wurde. Nach Verdunsten des Aethers durch Eingießen
in heißes Wasser konnte in letzterem Anilin durch die Chlorkalkreaktion
nachgewiesen werden. Die Chloroformlösung hinterließ beim Eindunsten
einen krystallinischen Rückstand, der mit Eisenchlorid eine dunkelrote
Färbung, mit Bromwasser einen orangefarbigen Niederschlag gab
(Cytisin). Die Reaktion bei der Aufspaltung des Phenyleytisinthio-
24 L. Rosenthaler: Chloroform-Aether.
harnstoffs dürfte wohl nach folgenden Gleichungen vor sich gegangen sein:
1. OST OH.No + HCI = &H,CNS + HN: Cu H„NO-HOl.
2. CH; CNS £ 2H30 + HCI = CO; + HS + &Hs-NHz-HCl.
Aus der Hauptmenge der salzsauren Lösung wurde das Cytisin
gewonnen, indem das Anilin nach dem Alkalischmachen mit Wasser-
dämpfen abgetrieben und der Rückstand mit Chloroform ausgeschüttelt
wurde. Beim Verdunsten des Chlorotorms im Vakuum hinterließ das-
selbe eine gelblichweiße, krystallinische Masse. Die Ausbeute aus
10 g Phenyleyiisinthioharnstoff betrug 5 g, entsprechend 86% der
theoretischen.
Zur genaueren Prüfung auf Identität und Reinheit wurden 43 g
dieses Rückstandes zu 100 ccm Wasser gelöst und davon 10 cem nach
der Jodeosinmethode titriert. Es wurden 22,2 cem */;o HCl zur Neu-
tralisation verbraucht. Für 4,3 g Cytisin berechnen sich 22,6 ccm.
Der Rückstand war also ziemlich reines Cytisin, was auch durch das
optische Drehungsvermögen bestätigt wurde. Dasselbe war [@]p = — 119°,
Partheil gibt für Cytisin an: [e]p = —119° 57‘.
Mitteilungen aus dem pharmazeutischen Institut der
Universität Strassburg i. E.
Notiz über die beim Mischen von Chloroform und
Aether eintretende Temperaturerhöhung.
Von L. Rosenthaler.
(Eingegangen den 15. I. 1906.)
Wenn man Chloroform und Aether zusammenmischt, wie es z. B.
für die Ausführung einiger Alkaloidbestimmungen nach dem Deutschen
Arzneibuch nötig ist, so tritt in der Flüssigkeit stets eine Temperatur-
erhöhung ein. Ich zweifle zwar nicht daran, .daß diese Erscheinung
schon von allen beobachtet worden ist, welche diese Bestimmungen aus-
geführt haben. In der Literatur scheint jedoch keine derartige Be-
obachtung wiedergegeben zu sein. Es seien deshalb hier einige
orientierende Versuche mitgeteilt, die ich über diesen Gegenstand an-
gestellt habe. Verwendet wurden absolutes Chloroform (Molekular-
gewicht 119,5) und absoluter Aether (Molekulargewicht 74).
I. 59,5 g Chloroform und 37,0 g Aether, beide die Temperatur
+ 15,2 besitzend, wurden mit einander gemischt. Das Thermometer
O0. May: Sapindus Rarak’ DC. 25
stieg auf 30,2%. Nachdem die Flüssigkeit wieder auf + 15,2° ab-
gekühlt war, wurden nochmals 37,0 g Aether (von + 15,2°) hinzu-
gefügt. Die Temperatur erhöhte sich nochmals auf 18°.
II. 15,0 g Chloroform und 18,5 g Aether, beide von der Temperatur
+ 15,1° wurden zusammengemischt. Die Temperatur stieg auf 27,1°.
Der auf + 15,19 abgekühlten Mischung wurden nochmals 15,0 g
Chloroform (von derselben Temperatur) hinzugefügt. Die Temperatur
stieg auf 20,5%. Ein nochmaliger Zusatz derselben Menge Chloroform
zu der auf + 18° abgekühlten Flüssigkeit ergab nochmals eine
Temperatursteigerung von 2,2°,
Bromoform und Aether geben gleichfalls beim Zusammenmischen
eine kleine Temperaturerhöhung.
Die Ursache der beobachteten Temperaturerhöhungen hat man
wohl darin zu suchen, daß Aether mit diesen Körpern zu Verbindungen
zusammentritt, in denen der Sauerstoff vierwertig ist. So ist folgender
Vorgang denkbar:
CaH
E00. CH GC, — ee
Chloroform Aether CO; H.
Zur eingehenden Prüfung dieser Hypothese müßten u. a. genaue
kalorimetrische Versuche angestellt werden, deren Ausführung ich
indes gerne anderen überlasse.
CaHs
Mitteilungen aus dem pharmazeutischen Institut der
Universität Strassburg i. E.
Chemisch-pharmakognostische Untersuchung
» der Früchte von Sapindus Rarak D(C.
Von OÖ. May.
(Auszug einer Inaugural-Dissertation, Straßburg 1905.)
(Eingegangen den 18. I. 1906.)
Sapindus Rarak DC. war wegen eines morphologischen -Unter-
schiedes im Bau der Blüte von den älteren Botanikern aus der Gattung
Sapindus entfernt worden. Hooker stellte für diese Art die neue
Gattung Dittelasma auf, während Baillon sie in die Gattung Pancovia
einreihte. Radlkofer'!) veröffentlichte im Jahre 1878 eine ein-
gehende Untersuchung der Gattung Sapindus, die er folgendermaßen
charakterisierte:
1) Sitzungsber. d. matb.-physik. Klasse d. Kgl. bayer. Akad. 1878.
26 0. May::’Sapindus Rarak DC.
„Die Gattung Sapindus läßt sich kurz bestimmen als die Gemein-
schaft derjenigen Sapindaceen, welche in nicht aufspringende flügellose
Fruchtknöpfe (cocei) zerfallende, schwachdrupöse, d. h. mit einem
dünnen Endokarpe aus bandartigen, in mehreren Lagen sich schief
kreuzenden, sklerenchymatischen Zellen versehene Früchte besitzen
und im Fleische dieser in größeren Parenchymzellen Saponin ent-
halten... .. r
Da Sapindus Rarak DC. sich dieser Charakteristik sehr gut
unterordnete, reihte Radlkofer die Art wieder in die Gattung
Sapindus ein, und zwar bildet sie nun mit Sapindus toment. Kurz und
Pancovia Delawayi Franchet die 4. Sektion „Dittelasma“ der Gattung.
Das Saponin ist aber bei den Sapindusarten nicht allein auf die Früchte
beschränkt. Nach Radlkofer enthalten auch die Blätter solches in
Zellen, die als kleine durchsichtige Punkte sichtbar sind. Ferner darf
es nun wohl auch als ein regelmäßiger Bestandteil der Rinden an-
gesehen werden, nachdem Peckolt') in der Rinde von Sapindus
saponaria L. und ich in der von Sap. Mukorossi G@. Saponin fanden.
Außer dieser gleichmäßigen Verteilung des Saponins in den
Früchten, Blättern und Rinden aller Sapindusarten konnte ich in den
Früchten einen weiteren gemeinsamen Inhaltsstoff feststellen. Sie
enthalten relativ viel sauer phosphorsaures Salz (wahrscheinlich
KHsPO,), und zwar konnte ich dies außer für die Früchte von Sap.
Rarak DC. noch für die von Sap. Mukorossi G. und Sap. trifolatus
nachweisen, so daß hiermit ein weiterer Beweis, wenn es eines solchen
überhaupt- noch bedürfte, für die Richtigkeit der von Radlkofer
betonten Zugehörigkeit von Sap. Rarak DC. zur Gattung Sapindus
erbracht wäre. Da sich das sauer phosphorsaure Salz in einem
wässerigen Auszug der Früchte sowohl durch seine stark saure
Reaktion, als auch durch Magnesiamixtur oder molybdänsaures Ammon
leicht nachweisen läßt, könnte es zur weiteren Charakteristik der
Gattung herangezogen werden. In der oben angeführten von
Radlkofer gegebenen Zusammenfassung der Merkmale der Gattung
wäre dann hinter dem Worte „Saponin“ einzufügen: „und ein sauer
phosphorsaures Salz, das durch Lackmus und die gewöhnlichen
Phosphorsäurereagentien nachweisbar ist, enthalten .....
Die vorliegenden Früchte von Sapindus Rarak DC. waren mir
. durch Vermittelung von Herrn Professor Schaer vom Buitenzorger
Institut in bekannter Gefälligkeit zur Verfügung gestellt worden.
Ihr anatomischer Bau ist dem von Radlkofer als typisch für Sapindus-
früchte aufgestellten Bau der Früchte von Sap. saponar. L. sehr ähnlich.
1) Ber. d. d. pharm. Ges. 1902, XII, 13.
O0. May: Sapiodus Rarak DC. 27
Die auseinandergefallenen drupösen Spaltfrüchte sind an den heller
gefärbten holzigen Verwachsungsstellen dachförmig abgeplattet. Der
Samen ist an dem zentralen Winkel der Fruchtschale befestigt und
besitzt eine glänzend schwarze, steinharte Schale, die mit Ausnahme
der mit langen weißen Haaren bedeckten Ansatzstelle ebenso wie die
Fruchtschale gänzlich kahl ist. Der endo- und perispermlose Keim ist
außerdem noch von einer braunen brüchigen Samenhaut umgeben, die
oberhalb des Nabels eine taschenförmige Vertiefung bildet, in die das
Würzelchen des Embryo eingebettet ist.
Die trockenen Früchte wiegen im Mittel 3,4 g, wovon 2,2 g auf
die fleischige Fruchtschale und 1,2g auf den Samen entfallen. Sie
haben einen Durchmesser von 22—25 mm. .
Die durchschnittlich 2,5 mm dicke Fruchtschale läßt schon
makroskopisch 4 Teile unterscheiden: 1. ein hautartiges zähes dunkel
gefärbtes Exokarp, 2. ein den größten Teil des Perikarp ausmachendes
weiches Mesokarp, 3. ein den inneren Abschluß der Fruchtschale
bildendes sehr resistentes Endokarp und 4. die holzige, hellbraune
nicht differenzierte Verwachsungsstelle der Teilfrüchte.
Das Exokarp besteht zunächst aus einer Lage stark verdickter
Epidermiszellen, die mit einer dicken Kutikula bedeckt sind. Auf sie
folgen 7—9 Reihen kollenchymatisch verdickter, tangential gestreckter
Zellen, die gänzlich mit einer braunen harzartigen Substanz erfüllt sind.
Das sich an diese Zellen anschließende Meso- oder Sarkokarp
besteht in den äußeren Schichten gleichfalls aus tangential gestreckten
Zellen mit stark verdickten Membranen. Nach innen zu wird das
Lumen auf Kosten der Membran größer und die Gestalt der Zellen
wird polyedrisch. Diese Zellen sind als der eigentliche Sitz des
Saponins zu betrachten. Sie gaben mit konzentrierter H,SO, die
charakteristische Farbenreaktion und zwar nimmt die Intensität der
Färbung von außen nach innen zu. Einzelne dieser Zellen sind gänzlich
mit Krystalldrusen oder großen Einzelkrystallen von Caleiumoxalat
angefüllt. In ihrem Zellsafte ist außer Saponin das oben erwähnte
sauer phosphorsaure Kalium gelöst, das sich nach Entfernung des
Saponins mit Magnesiamixtur nachweisen läßt. Der innere Teil des
Mesokarps ist von einem engen Gitter kollateraler Gefäßbündel durch-
zogen, die aus meist spiralig, selten ringförmig verdickten Gefäßen und
polyedrischen Siebröhren bestehen.
Das Endokarp wird von einer dünnen außerordentlich zähen Haut
gebildet. Sie besteht aus langgestreckten ring- oder schraubenförmig
verdickten Sklerenchymzellen, die teilweise ganz mit quadratischen
Krystallen von Caleiumoxalat angefüllt sind. H,;PO, ist in ihnen nicht
nachzuweisen,
28 O0. May: Sapindus Rarak DC.
Der die Verwachsungsstelle der Fruchtwand bildende Teil läßt
keine Differenzierung wie die oben beschriebene erkennen. Er besteht
größtenteils aus langgestreckten verholzten Zellen mit sehr kleinem
Lumen und wenigen Steinzellen, sowie aus dem Frruchtstiel kommenden
Gefäßbündeln, die von langen Parenchymzellen begleitet werden.
Die Epidermis der steinharten Samenschale besteht aus 5 Reihen
regelmäßig sechskantiger radial gestreckter Säulenzellen mit stark
verdickten Membranen. Die daran anschließenden Zellen der Mittel-
schicht, die gleichfalls stark verdickte Membranen haben, sind außen
wie die Epidermiszellen radial gestreckt und gehen allmählich in
polyedrische über. Die innerste nur durch ein loses Gewebe mit der
harten Schale verbundene spröde Samenhaut besteht aus einer Lage
runder Faserzellen mit relativ großem Lumen und mehreren Reihen
regelmäßig nebeneinander gelagerter kleiner Parenchymzellen. An dem
Nabel durchbricht sie auch die äußeren Schichten und nimmt die aus
dem Fruchtstiel eintretenden Gefäßbündel auf.
Der Embryo, der kein Nährgewebe besitzt, wird von einer dünnen
Kutikula umgeben. Die fleischig öligen Kotyledonen bestehen aus
dünnwandigen, großlumigen polyedrischen Zellen, in denen sich zahl-
reiche Oeltröpfchen, Stärke und Proteinkörner erkennen lassen. Kon-
zentrierte H,SO, gibt nur eine schwache Saponinreaktion.
Darstellung des Saponins aus den Fruchtschalen von Sapindus
Rarak DC.
Zu den Schwierigkeiten, die die Reindarstellung von Saponin
infolge seiner chemisch - physikalischen Eigenschaften schon im all-
gemeinen zu bereiten pflegen, kamen bei Verarbeitung der Fruchtschalen
von Sap. Rarak DC. noch zwei weitere hinzu, wodurch die Isolierung
bezw. Reinigung des darin enthaltenen Saponins außerordentlich er-
schwert war.
In erster Linie war die bereits erwähnte Anwesenheit des sauer
phosphorsauren Salzes sehr störend, da dieses schon bei schwachem
Erwärmen des Materials partielle Spaltung des Saponins bewirkte.
Versuche, die harzigen Inhaltsstoffe der Fruchtschalen durch kalte
Extraktion im Flückiger’schen Extraktionsapparate oder im Perkolator
durch geeignete Lösungsmittel zu beseitigen, scheiterten an der großen
Hygroskopität und der damit zusammenhängenden Neigung zum
Zusammenbacken der gepulverten Droge. Ich war deshalb auf warme
Extraktion angewiesen, die ich mit 90%igem Alkohol vornahm, nach-
dem ich vorher durch Zusatz von Magnesiumoxyd die Säure neutralisiert
hatte. Aus den alkoholischen Auszügen suchte ich nach Möglichkeit
die harzigen Verunreinigungen durch Schütteln mit Petroläther zu
0. May: Sapiedus Rarak DC. 29
entfernen, bevor ich durch Zusatz von Aether das Saponin ausfällte.
Die zweite der angedeuteten Schwierigkeiten lag. in der verminderten
Reaktionsfähigkeit des so gewonnenen Rohsaponins gegenüber basischem
Bleiacetat und Baryumhydroxyd. Ich konnte infolgedessen die auf diesen
Salzen basierende Blei- resp. Barytmethode nicht zur Reinigung meines
Saponins anwenden. Versuche, Magnesiumoxyd, Zink- oder Aluminium-
hydroxyd zur Reinigung heranzuziehen, verliefen resultatlos, dagegen
gelangte ich durch längeres Kochen alkoholischer Lösungen mit
neutralem Bleihydroxyd zu einem fast reinen Präparat, das ich durch
fraktionierte Fällung alkoholischer Lösungen durch Aether vollends
reinigte. Es gelang mir so, allerdings unter großem Substanzverlust,
genügende Mengen eines tadellos weißen und, soweit es sich bei Saponin
beurteilen läßt, analysenreinen Produktes darzustellen.
Eigenschaften und Reaktionen des Sapindussaponins.
Das Saponin aus Sap. Rarak DC. ist, wie die meisten bis jetzt
dargestellten Saponine, amorph und gleicht ihnen auch in seinen
anderen Eigenschaften. Wässerige Lösungen schäumen in Verdünnungen
1:10000 noch deutlich. Seine Löslichkeitsverhältnisse sind folgende:
Wasser in allen Verhältnissen, Methylalkohol 4,61%, Aethylalkohol
absol. 1,75%, derselbe 96%ig 2,86% (Lösungsvermögen mit H30-Gehalt
steigend), Amylalkohol (spez. Gew. 0,82) 0,2% Aceton (spez. Gew.
0,798) 0,17%. In Aether, Petroläther, Essigäther, Chloroform, Benzol
und Schwefelkohlenstoff ist es völlig unlöslich. ‚
Die Untersuchung der physiologischen Wirkung meines Saponins
hatte Herr Prof. Kobert in freundlichster Weise übernommen, wofür
ich ihm auch an dieser Stelle bestens danke. Als Grenze der hämo-
lytischen Wirkung ergibt sich nach seinen Versuchen: 1. für l1%iges
Hundeblut: für völlige Lösung eine Verdünnung des Saponins 1:15000,
für teilweise Lösung eine Verdünnung 1:25000; 2. für 1%iges Kaninchen-
blut: für völlige Lösung eine Verdünnung 1:12000 und für teilweise
Lösung eine solche von 1:20000.
Von den Reaktionen meines Saponins sei nur erwähnt, daß
basisches Bleiacetat und Baryumnydroxyd zwar Niederschläge er-
zeugen, die aber nicht entfernt quantitativ ausfallen, also weder zur
Reinigung des Rohsaponins noch zur quantitativen Bestimmung des
Saponins in der Droge benutzt werden können. Doppeltchromsaures
Kali spaltet analog dem sauerphosphorsauren Kali Saponinlösungen beim
Erwärmen, da in beiden Fällen durch Hydrolyse freie Säure entsteht.
Die übrigen Reaktionen sind den bereits früher für andere Saponin-
substanzen beschriebenen sehr .ähnlich.
30 O0. May: Sapindus Rarak DC.
Elementaranalysen.
Die Verbrennungen führte ich im Bajonettrohre unter Zuhilfe-
nahme von Sauerstoff und eines Gemisches von Bleichromat (90%) und
Kaliumdichromat (10%) nach dem von Rosenthaler!) angegebenen
Verfahren aus und erhielt folgende Resultate:
1 0,1878 g Saponin lieferten 0,3455 g COz und 0,1231 g Ha0.
2. 0,2011 „ E $ 0,3697 „ „ 01837 ,ERS.;
3. 0,1850 „ $ = 0,3436 „ „ „0 BA Ro,
4. 0,1616 „ = u 0,2985 5,75 „« "OD
In 100 Teilen:
E 2. 3. 4, Mittel: Berechnet für Cs Hsg 010:
C 5017 50,1 50,64 50,37 50,32 50,53
H 080 734...807....760 7,57 7,36
0 42,56 42,56 41,29 42,08 42,11 42,11.
Acetylierung des Sapindussaponins.
Zur Einführung von Acetylgruppen erhitzte ich 3 g Saponin
mit 3 g entwässertem Natriumacetat und 18 g Essigsäureanhydrid
4 Stunden im Glyzerinbad auf 110° bezw. 120°. Den durch Eingießen
des Reaktionsgemisches in Wasser abgeschiedenen Ester entfärbte ich
durch Erhitzen mit Kohle in alkoholischer Lösung am Rückflußkühler
und filtrierte die alkoholische Lösung dann in mit HCl angesäuertes
Wasser, wobei der Ester als weißer flockiger Niederschlag ausfiel.
Den Niederschlag wusch ich auf dem Filter bis zum Verschwinden
der sauren Reaktion aus, löste ihn in Aether und schüttelte diese
Lösung mehrmals mit Wasser aus. Nach freiwilligem Verdunsten des
Aethers blieb der Ester als rein weiße amorphe Masse zurück. In
- den meisten organischen Lösungsmitteln ist er leicht löslich, doch
scheidet er sich immer wieder amorph ab. Nur aus einer gesättigten
Eisessiglösung erhielt ich einzelne schlecht ausgebildete Nädelchen.
In Wasser ist er völlig unlöslich, Durch Kali-, Natron- und Baryt-
lauge wird er verseift.
Elementaranalysen des Acetylesters.
1. 0,2234 g Substanz lieferten 0,4341 g COa und 0,1321 g Hs0.
BrIOHHUR, A % 033
3. 0,1762 „ 5 $ 0,3448:5>'',: yeiDjloBsn, u
In 100 Teilen:
i; 2. 8: Mittel: Berechnet für Cjs Hgg Oju (OCCHz)e
C 52,9 5327 53,31 53,18 53,16
H 656 6,43 6,64 6,54 6,33
O0 40,49 40,30 40,05 40,28 40,51.
1) Dieses Archiv 1905, Heft 7.
O0. May: Sapindus Rarak DC. 31
Mafsanalytische Bestimmung der Acetylgruppen.
Zur Verseifung des Esters erhitzte ich ihn in alkoholischer Lösung
mit % N.-KOH im Ueberschuß am Rückflußkühler % Stünde auf dem
Wasserbade und titrierte nach Erkalten unter Benutzung von Phenol-
phthalein als Indikator mit % N.-HCl zurück. Es verbrauchten:
1. 0,1984 g Ester 3,9 com %, N.-KOH = 0,1092 KOH, entsprechend
0,1170 CH, COOH.
2. 0,2178 g Ester 42 cem % N.-KOH = 0,1174 KOH, entsprechend
0,126 CH, COOH.
3. 0,8342 g Ester 16,0 ccm % N.-KOH = 0,448 KOH, entsprechend
0,48 CH, COOH.
In Analyse No. 3 bestimmte ich die Essigsäure zur Kontrolle noch
durch Destillation mit Wasserdampf. Zur Neutralisation des Destillats ver-
brauchte ich
4, (0,8342 g Ester) 15,8 ccm 14 N.-KOH = 0,4424 KOH, entsprechend
0,4732 CHz COOH.
Unter Zugrundelegung der Formel Cjs Haa 010 (OC CH;3), mit dem
Molekulargewicht 632 würden darin enthalten sein nach
1. PA 7 4. Mittel: Berechnet:
372 365 364 358 364,7 360 Essigsäure.
Bestimmung der Molekulargröfse des Acetylesters.
Die Molekulargewichtsbestimmungen führte ich nach der kryo-
skopischen Methode in Benzollösungen aus. Die angegebenen Daten
sind jeweils Mittel von drei gut übereinstimmenden Ablesungen.
Konstante für Benzol K — 5000.
Ester (p) | Benzol (G) Erniedrg. (E) | M= = =
1. 0,14i8 g 9,85 g 0,070 1028
2. 0,2208 „ Di. 0,110 896
3. 0,772 „ 20,85 „ 0,20 930
Da eine Differenz von 0,005° schon einen Unterschied von
nahezu 50 des KResultates bewirkt, sind die scheinbar großen
Schwankungen zwischen den einzelnen Bestimmungen erklärlich.
Rosenthaler!) fand für einen aus Gypsophila-Saponin hergestellten
Ester ganz ähnliche Werte (955, 877, 1003). Als Mittel aus obigen
drei Bestimmungen ergibt sich M = 951, woraus folgt, daß das Molekül
des Esters aus dem 1% fachen der aus der Elementaranalyse berechneten
Formel Cs Haas O1, (OCCH;3);; M = 632 besteht. Ich stellte deshalb
1) Disses Archiv 1905, Heft 7.
32 O0. Mai: Sapindus Rarak Di
für das Saponin aus Sapindus Rarak DC. die Formel O4 H4501; auf,
in der 9 Hydroxylwasserstoffatome durch Acetyl ersetzbar sind, unter
Bildung des Esters Ca, H33 01; (OCCH3;);; M = 948.
Weil!) gibt für sein aus den Früchten von Sap. Mukorossi G,
hergestelltes Saponin Cj7 Has O,, als Elementarzusammensetzung an.
“ Kruskal?) hatte für sein aus Sap. saponar. L. dargestelltes Saponin,
das dem meinigen in physiologischer Beziehung nach Prof. Kobert
sehr ähnlich ist, zunächst die Formel Oje Hs, O0 aufgestellt, die sich
nur durch ein Mehr von 1 H von der meinigen unterscheidet. Er
änderte jedoch später?) unter der Annahme, daß je 2 Mol. Saponin
noch 1 Mol. HsO gebunden hielten, seine ursprüngliche Formel und
gab der Formel Cj7 Has 0,0 (resp. 207 Has 010 + H3s0) den Vorzug.
Die angeführten Analysenresultate meines Saponins und seines Esters
in Verbindung mit den Molekulargewichtsbestimmungen veranlaßten
mich an der von mir aufgestellten Formel Os H,O}, festzuhalten,
wenn es auch keinem Zweifel unterliegen dürfte, daß die drei bis jetzt
untersuchten Sapindussaponine sowohl physiologisch als auch chemisch
nahe mit einander verwandt sind, was letzteres wiederum für die
Zugehörigkeit von Sapindus Rarak DC. zur Gattung Sapindus spricht.
Die Spaltungsprodukte des Sapindussaponins.
Ich spaltete mein Saponin durch Erwärmen mit 5%iger HCl
oder H;SO, am Rückflußkühler, bis im Filtrat des Sapogenins kein
Zucker mehr nachzuweisen war. Die Menge des Sapogenins betrug
nach einmaliger Reinigung durch Eingießen der alkoholischen Lösung
in Wasser im Mittel von mehreren quantitativ ausgeführten Spaltungen
19,8% des angewandten Saponins. Zur Darstellung eines analysenreinen
Präparates führte ich das Sapogenin nach Entfärbung mit Tierkohle in
die Bleiverbindung über und regenerierte es daraus mit Schwefelsäure,
Elementaranalysen des Sapogenins.
1. 0,1576 g Substanz lieferten 0,3960 g CO; und 0,1219 g Hs0.
2. 0,2185 „ * * 0,5, 0,1701 „ r
3. 0,241 „ r 2 0,6041 „om split,
In 100 Teilen:
1; 2, 3. Mittel: Berechnet für C4Bg0:
C 68,52 68,40 68,32 68,41 68,57
H 859 864 8,84 8,69 8,57
0 22,89 22,96 22,84 22,90 22,86.
1) Beitr. zur Kenntnis der Saponinsubst. u. ihre Verbrtg. Inaug.-Diss.
Straßburg 1901.
2) Kruskal, Ueber einige Saponinsubstanzen. Inaug. -Diss, Dorpat 1890.
8) Arbeiten des pharmakol. Instituts Dorpat. No. VI. Stuttgart 1891.
OÖ. Mai: Sapindus Rarak DC. 33 -
Bestimmung der Molekulargröfse des Sapogenins.
Die Bestimmungen führte ich nach der kryoskopischen Methode
unter Benutzung von Eisessig als Lösungsmittel aus.
Konstante für Eisessig 3900.
| | .
Sapogerin (p) Eisessig (G) Erriedrg. (EM —= „B:p“
| E-G
| | urTT
1. 0,1937 22,00 0,14 | 236
2. 0,1712 13,30 | 0,22 228
3. 0,2118 18,04 0215 | 212
Mittel — 225.
Da die nach der Elementaranalyse berechnete Formel C,H,0
nur ein Molekulargewicht von 70 hat, kommt dem Sapogenin das
Dreifache dieser Formel, also Cs H}s O3; M = 210 zu.
Aus ea. 5 g des bei der Spaltung erhaltenen Zuckers stellte ich
durch 2stündiges Erwärmen mit 10 g salzsaurem Phenylhydrazin, 15 g
essigsaurem Natrium und 100 g Wasser die Osazone dar. Ihr Schmelz-
punkt lag bei 180%. Durch ca. 50maliges Umkrystallisieren teils aus
Wasser, teils aus verdünntem Weingeist, gelang es mir, daraus zwei
Osazone zu isolieren, deren Schmelzpunkte bei 160 und 196° lagen,
also einem Pentosazon und Hexosazon entsprachen. Der normal bei
205° liegende Schmelzpunkt des Hexosazons ist offenbar durch geringe
Beimengung von Pentosazon beeinflußt, doch war die Menge der
Fraktionen am Schlusse so klein geworden, daß ein weiteres Um-
krystallisieren unmöglich war.
Zur quantitativen Bestimmung der Pentose benutzte ich die von
Krüger und Tollens!) angegebene Salzsäure-Phloroglueidmethode.
Die Hexose bestimmte ich mit dem Lohnstein'schen Gärungs-
saccharimeter.
1. 1,263 g Saponin lieferten 0,298 g Phloroglucid, die 0,3313 g oder
26,23% Arabinose entsprechen.
2. 1,234 g Saponin lieferten 0,292 g Phloroglucid, die 0,3247 g oder
26,31% Arabinose entsprechen.
3. 1,344 g Saponin enthielten 0,41 g oder 30,51% Hexose.
4. 1.234 g Saponin enthielten 0,3896 g oder 31,49% Hexose.
Unter Zugrundelegung der Formel Cs, H,0,; berechnen sich
bei einem Gehalt von je einem Molekül Pentose und Hexose in einem
Saponinmolekül 26,36% Pentose und 31,58% Hexose, womit die erhaltenen
Resultate hinreichend übereinstimmen, um die Anwesenheit je eines
Pentose- und Hexosemoleküls in dem Saponinmolekül als erwiesen zu
erachten.
1, Grünhut, Ztschr. f. anal. Chemie 1901, S. 554.
Arch. d. Pharm. COXXXXIV. Bds. 1. Heft. 3
34 O0. Mai: Sapindus Rarak DC.
Quantitative Bestimmung des Saponins und der anorganischen Bestandteile
der Fruchtschale.
Drei quantitative Bestimmungen des Saponins, die ich durch
Ausziehen der Fruchtschalen mit Methylalkohol und Reinigen des
Rohsaponins nach der Alkoholmethode BUHEN ergaben im Mittel
einen Gehalt von 13,5%.
Die Fruchtschalen enthalten 2,3% Asche, in der K, Na, Ca, Mg,
Spuren von Fe und Mn, ferner HsSO,, H; PO, und Spuren von HCl
nachzuweisen waren.
Wegen des für die Sapindusfrüchte charakteristischen Gehaltes
an sauer phosphorsaurem Salz, bestimmte ich den Phosphorsäuregehalt
der Asche quantitativ. Sie enthält 22,16%.
Untersuchung des Oels der Samen von Sapindus Rarak DC.
Der von der Schale befreite Embryo enthält 26,17% eines gelben,
nicht trocknenden Oels vom spez. Gew. 0,911 bei 15° C.
Die Bestimmung der Konstanten und Variabeln ergab folgende
Werte:
Säurezahl »s1=.013!5 1% 5,345; Jodzahlusti . OEL id Deigans:
Verseifungszahl . . . 170,21; Reichert Meißl’sche Zahl 0,7;
Aetherzahll . . . .. 164,865; Hehner’sche Zahl . . . 80,05.
Die aus dem Oele isolierten wasserunlöslichen Fettsäuren hatten
bei 15° ©. eine halbweiche butterartige Konsistenz und waren gelblich-
braun getärbt. Ihre Neutralisationszahl betrug 189,45, einem mittleren
Molekulargewichte von 296,8 entsprechend, die Jodzahl des Fettsäure-
gemisches betrug 73,48, woraus sich auf einen Gehalt von 80,5% Oel-
säure schließen läßt. Zur Trennung der gesättigten Fettsäuren von
den ungesättigten benutzte ich die von Farnsteiner!) angegebene
Methode, die hierzu die verschiedenen Löslichkeitsverhältnisse der
fettsauren Bleisalze in Benzol verwendet. Die Jodzahl der ungesättigten
Fettsäure betrug 82,81, ein Beweis, daß außer Oelsäure keine höhere
ungesättigte Fettsäure vorhanden war, da sich sonst eine höhere Jod-
zahl ergeben müßte. Die Identität der Oelsäure stellte ich außerdem
noch durch ihre Ueberführung in Elaidinsäure mittels HNOs und durch
Analyse ihres Baryumsalzes fest. 1,35 g des Baryumsalzes in Benzol
gelöst, im Scheidetrichter quantitativ mit verdünnter HCl zersetzt, die
wässerige Lösung heiß mit Hz SO, versetzt, lieterten 0,5545 BaSO, =
0,3263 Ba. Das hieraus berechnete Molekulargewicht der Säure von
284,2 stimmt mit dem theoretischen der Oelsäure (282) hinreichend
überein, um in Verbindung mit der Jodzahl die Abwesenheit einer
zweiten ungesättigten Säure neben Oelsäure zu beweisen,
1) Zeitschrift f. Unters. d. Nahr.- u. Genußm. 1898, S. 394,
v. Pieverling: Hydrargyrum oxycyanatum. 35
Der Schmelzpunkt der gesättigten Säuren lag bei 57°. Ihre
Trennung nahm ich durch fraktionierte Fällung der alkoholischen Fett-
säurelösung mit Magnesiumacetat vor'), wobei ich nach öfterem Um-
krystallisieren 2 Fraktionen erhielt, die konstant bei 61,5° und 70,8°
schmolzen, also aus Palmitin- und Stearinsäure bestanden. Nach
Benedict-Ulzer?) besteht ein Gemisch aus diesen Säuren vom
Schmp. 57,50 aus 20% Stearin- und 80% Palmitinsäure. Die wasser-
unlöslichen Fettsäuren des Samens von Sapindus Rarak DC. bestehen
demnach aus 80,5% Oelsäure, 15,6% Palmitinsäure und 3,9% Stearinsäure,
Hyärargyrum ER a
Von Dr. v. Pieverling.
(Eingegangen den 19. I. 1906.)
In der kürzlich erschienenen Abhandlung über den antiseptischen
Wert des Quecksilberoxycyanids, veröffentlicht im Archiv d. Pharm.
Bd. 243, S. 673, kommt K. Holdermann, anschließend an eine von
mir in früheren Jahren der Fachliteratur übergebenen Notiz, welche
einer verlassenen Versuchsperiode angehört, zu der unzutreffenden
Annahme, meine Pastili hydrargyri oxycyanati seien zur Erhöhung
der Löslichkeit unter Zusatz von Natriumchlorid hergestellt.
K. Holdermann scheint demnach meine Pastillen seit Jahren nicht
in Händen gehabt und von meinem in der Pharm. Centralhalle 1901,
XLIL, S. 449 abgedruckten Bericht keine Kenntnis zu haben. Denn
seit dieser Zeit, und auch schon etwas früher, etwa seit den im Jahre
1899 von v. Sicherer im hygienischen Institut der Universität
München durchgeführten Untersuchungen über den antiseptischen
Wert des Quecksilberoxycyanids, enthalten meine Pastillen Natrium-
chlorid überhaupt nicht mehr. Die Folgerungen und Bemerkungen,
die Holdermann seiner verdienstlichen Betrachtung über die Ver-
wendung von Natriumchlorid zur Darstellung leicht löslicher Oxycyanid-
pastillen anfügt, sind demnach unter der als irrig bezeichneten Voraus-
setzung, sofern dieselben auf meine im Umlauf befindlichen Pastillen
bezogen werden wollten, hinfällig.
Durch Holdermann’s Ausführungen erscheint im weiteren-der
Hinweis angeregt, daß nach Chibret (Jahresber. d. Fortschr. d. Med,
1888, 1390) das Quecksilberoxycyanid sechsmal, nach Merck’s Index
(1897) zehnmal stärker antiseptisch wirkt als Sublimat. Auch Boer
1) Heintz, Journal f. prakt. Chemie LXVI, 1.
2) Benedict-Ulzer, Analyse der Fette u. Wachsarten IV. Aufl., S. 230.
53*
36 v. Pieverling: Hydrargyrum oxycyanatum.
(Med.-chirurg. Rundsch. 1891) u. a. berichten, daß dieses Quecksilber-
salz als stärkeres Antiseptikum sich erweist als Sublimat. Th. Paul
und B. Kroenig teilen diese Meinung in Bezug auf die sporentötende
Kraft desselben nicht. Die Dissertationsschrift Koehler’s, der an-
scheinend zu ähnlichen Ergebnissen gelangt ist, wie die vorgenannten,
ist mir nicht bekannt. In der Chem.-Ztg. 1899 habe ich im Anschluß
an die für mich entscheidenden Untersuchungen v. Sicherer’s hervor-
gehoben, daß die sporentötende Kraft des Quecksilberoxyeyanids
geringer ist als die des Sublimats.
Wenn dieser je nach den Ansprüchen bestehenden Divergenz
der Meinungen unerachtet die Verwertung des Oxyceyanids als Anti-
septikum in steter Zunahme begriffen ist und von zahlreichen Chirurgen,
welche seit Jahren meine Pastillen ausschließlich verwenden, aus
praktischen Erfahrungen heraus durch die befriedigendsten Urteile
gefördert wird, so muß angenommen werden, daß nicht die keim-
tötende Energie allein, wie beim experimentellen Versuch in Bezug
auf das vergleichsweise erforderliche Zeitmaß, sondern auch andere
spezifische Eigenschaften des Salzes, so namentlich eine eminent ent-
wickelungshemmende Kraft für den Wert und den Erfolg
desselben als Antiseptikum in Betracht kommen, und daß besonders
mit der letzteren den Anforderungen der Praxis in höherem Maße
gedient ist. Hierfür spricht u. a. die Tatsache, daß kein Geringerer
als Lister schon im Jahre 1889 auf die außerordentlich hohe ent-
wickelungshemmende Energie der Quecksilbercyaniddoppelsalze hin-
gewiesen und dieselben bei voller Würdigung ihrer geringeren sporen-
tötenden Eigenschaft gleichwohl als die besten Antiseptika empfohlen
und verwertet hat. Für das Oxycyanid im besonderen bestätigt
v. Sicherer (Münch. Med. Wochenschr. No. 29, 1900) diese hervor-
ragende Eigenschaft durch den zur Vermeidung von Fehlerquellen bei
vergleichenden Keimversuchen nötigen, nachdrucksamen Hinweis, daß
Spuren nicht beseitigter Oxycyanidlösung (1:500, ohne Natriumchlorid)
genügen, um die durch die vorausgegangene Desinfektion in dieser
Lösung geschwächten Bakterien (Staphylokokken, Milzbrandsporen)
am Auskeimen im Thermostaten zu verhindern.
Nach den bisherigen günstigen Erfahrungen vieler Jahre erscheint
es nicht angezeigt, eine Verstärkung der von Chibret als ausreichend
bezeichneten Lösung von 1:1000—1500 allgemein zu befürworten.
Für besondere Zwecke, zur Behandlung von Lues, Blennorrhoea
ndonatorum, Fisteln u. a. kommen ohnedem beträchtlich stärkere
Lösungen zur Anwendung. Quecksilbercyanid für sich veranlaßt nach
vielfältigen Beobachtungen starke Reizerscheinungen und übertrifft
das basische Oxycyanid erheblich an Giftwirkung.
P. Echtermeier: Chinasäure. 37
Mitteilung aus dem pharmazeutischen Institute
der Herzoglichen technischen Hochschule zu Braunschweig.
Von H. Beckurts.
Beiträge zur Kenntnis der Chinasäure.
Von P. Echtermeier,
(Eingegangen den 24. I. 1906.)
Untersuchungen über die Chinasäure liegen in reicher Zahl vor,
da dieselbe wegen ihrer großen Verbreitung in der Natur schon lange
das Interesse der Forscher erweckte. Im Jahre 1790 wurde sie von
Hofmann in den Chinarinden!) entdeckt. Später wurde sie auch in
den Kaffeebohnen?), im Heidelbeerkraut®), Wiesenheut) und in den
Blättern der Zuckerrüben’) aufgefunden.
Mit der Aufklärung und Konstitution der Chinasäure beschäftigten
sich namentlich Vauquelin®), Liebig und Wöhler’), Baup,
Hesse°), und diese stellten verschiedene Formeln dafür auf. Aber
erst in neuerer Zeit gelang es durch die Arbeiten von R. Fittig und
W.F.Hildebrand°), Erwig und Koenigs'®), sowie von Eykmann!')
mit Sicherheit die Konstitution der Chinasäure festzustellen.
Durch Einwirkung von Essigsäureanhydrid auf Chinasäureäthyl-
ester stellten Fittig und Hildebrand den Tetraacetylchinasäure-
äthylester?) dar, und später gelang es Erwig und Koenigs die
freie Tetraacetylchinasäure'?) zu erhalten. Durch genannte Forscher
wurde festgelegt, daß die Chinasäure außer der Karboxylgruppe noch
vier alkoholische Hydroxylgruppen enthält.
Was die Stellung der Hydroxyle anbetrifft, so ergibt sich aus
der Bildung von Protokatechusäure'*), welche durch Einwirkung von
1) Crell’s Ann. 2, 314.
2) Zwenger u. Siebert, Ann. Chem. 1, 77.
8) Zwenger, Ann. Chem. 115, 108.
4) Loew, Jr. pr. (2), 19, 310.
5) v. Lippmann, Ber. 34, 1159 (1901).
6) Annales de chimie et de physique (1), 59, 162.
7) Ann. Chem. 51, 146.
®) Ann. Chem. 110, 336.
9) Ann. Chem. 193, 194.
10) Ber. 22, 1461.
11) Ber. 24, 1297.
12) Ann. Chem. 193, 194 (1878).
18) Ber. 22, 1457 (1889).
14) Ann. Chem. 193, 197, 200, 232,
38 P. Echtermeier: Chinasäure.
Bromwasserstoffsäure oder Bromwasser auf Chinasäure unter Ab-
spaltung von Wasser und Benzoesäure nach folgender Formel entsteht:
daß sich eine Hydroxylgruppe in y-Stellung zur Karboxylgruppe be-
finden muß. Eine andere nimmt die Stellung neben der Karboxyl-
gruppe ein, während die dritte sich zu dieser in Para-Stellung befindet,
da die Chinasäure die Eigenschaft hat, leicht Kohlensäure abzuspalten,
sich also wie eine «-Oxysäure verhält und beim Erhitzen mit kon-
zentrierter Schwefelsäure in Hydrochinondisulfosäure verwandelt wird.
Nachdem Eykmann!) durch Vergleiche der Leitfähigkeit der China-
säure mit anderen Oxysäuren festgestellt hat, daß sich die vierte
Hydroxylgruppe in B-Stellung zur Karboxylgruppe befindet, muß der
Chinasäure eine der beiden folgenden Formeln zugeschrieben werden:
1. u.
CH-OH CH-OH
Ei EA
HsC\ JCH-OH OH-HC| CH,
OH-0-C0OH OH-0-C0OH
Sie ist demnach die einbasische, fünfwertige Säure des Hexa-
hydrobenzols, also eine Tetraoxyzyklohexankarbonsäure.
Da das pharmazeutische Institut eine größere Menge chemisch
reiner Chinasäure von der hiesigen Chininfabrik erhalten hatte, habe
ich auf Veranlassung des Herrn Geh. Medizinalrat Professor
Dr. H. Beckurts eine Untersuchung der Säure angestellt und bei
dieser Gelegenheit teilweise schon bekannte Derivate einer noch-
maligen Prüfung unterzogen.
Die zu den folgenden Versuchen re Säure war aus China-
rinden gewonnen und, vermutlich über das Caleiumsalz hinweg ge-
reinigt, in schönen, großen monoklinen Prismen vom Schmp. 162°
erhalten worden.
Da die sogenannte Chinarinde außer einem Gerbstoff und der
Chinasäure verschiedene Basen enthält, die wegen ihrer therapeutischen
Wirkung große Wichtigkeit erlangt haben und vermutlich in Form
chinasaurer Salze in der Rinde vorliegen, habe ich einige dieser Salze
dargestellt. Die chinasauren Alkaloide zeigen große Unterschiede in
Beziehung auf ihr Krystallisationsvermögen und ihren Wassergehalt.
Größtenteils bilden sie Sirupe, die manchmal erst nach monatelangem
Stehen im Exsikkator über Schwefelsäure in fester Form erhalten
werden konnten.
1) Ber. 24, 1300 (1891).
P. Echtermeier: Chinasäure. 39
Cinchoninsalz der Chinasäure: C,H430g- CH NaO + 10H30.
Zur Darstellung des Salzes wurden 3 g Cinchonin in Alkohol
gelöst und zu dieser Lösung 2 g Chinasäure in wässeriger Lösung
hinzugefügt. Der Alkohol wurde auf dem Wasserbade verdunstet,
und der Rückstand im Exsikkator der Ruhe überlassen. Nach Verlauf
einiger Wochen schied sich das Cinchoninsalz in weißen, warzen-
förmigen Gebilden ab. Es ist leicht löslich in Wasser und Alkohol,
fast unlöslich in Aether. Gegen 190° färbt es sich braun und schmilzt
unter Zersetzung bei 195—196° zu einer braunroten Flüssigkeit zu-
sammen. z
Analysen:
0,1428 g des bei 1500 getrockneten Salzes gaben 0,3348 g COg =
63,95 % C und 0,0814 g H30 = 6,33 % H.
Berechnet für die Formel Cy,Hz4Na07: Gefunden:
Cyg = 312 = 64,19% 63,95%
Hy 5 346,99, 6,33 „
Ns = 28==75,7%6 „ E=
u: ig, Yu
486 — 99,98%,
1. 0,3142 g der wasserhaltigen Substanz gaben bei 190 und 765 mm
Druck 11,8 ccm feuchten N = 433% N.
2. 0,4373 g gaben bei 160 und 770 mm Druck 15,8 ccm feuchten N =
427%, N. |
Berechnet auf die Formel Gefunden:
[07 Ha4Na 07 + 10 H;0: 1. 2.
N = 420% 4,33 4,27%.
Chinidinsalz der Chinasäure: [67 H330s- Oro H>4N3 03 -)- 2Hs0.
2g Chinasäure und 3,37 g Chinidin wurden in heißem Wasser
in Lösung gebracht, filtriert und, um eine ölige Abscheidung des Salzes
zu vermeiden, mit Alkohol versetzt. Nach einiger Zeit schied sich
das Salz im Exsikkator in Gestalt warzenförmiger Krystalle aus,
welche bei 178—179° schmolzen. Diese waren leicht löslich in Wasser
und Alkohol, unlöslich in Aether.
Analysen:
1. 4,0478 g Substanz verloren beim Erhitzen auf 1500 0,2722 g H,O =
6,72% Hs0.
2. 0,2544 g der wässerhaltigen Substanz gaben bei 190 und 765 mm
Druck 11 ccm feuchten N = 5,01% N.
Berechnet für die Formel Gefunden:
Cr Has Na Og + 2Hs0: 13 2.
H30 —= 6,52% 6,2% —
N“ 2507, = Wbotg.
40 P. Echtermeier: Chinasäure.
Cinchonidinsalz der Chinasäure: C-H}30g: CıoHaaNaO + 4H50.
Eine wässerige Lösung der Chinasäure wurde mit der berechneten
Menge alkoholischer Cinchonidinlösung versetzt. Die Mischung wurde
heiß filtriert und der Alkohol auf dem Wasserbade verdunstet. Beim
Erkalten schieden sich perlmutterartig glänzende Nadeln aus, welche
sich gegen 210° braun färbten und unter Zersetzung bei 216°
schmolzen. Sie waren leicht löslich in Alkohol und Wasser, schwer
löslich in Aether. Das chinasaure Cinchönidin unterscheidet sich von
den im vorhergehenden beschriebenen Alkaloidsalzen wesentlich durch
sein ausgeprägtes Krystallisationsvermögen, während die anderen Salze
erst nach längerer Zeit, öfter erst nach monatelangem Stehen im
Exsikkator über Schwefelsäure nur mühsam zur Krystallisation
gebracht werden konnten, scheidet sich das chinasaure Cinchonidin
bereits schon nach Verlauf einiger Stunden in Krystallen aus.
Analysen:
1. 0,3246 g Substanz gaben bei 190 und 762 mm Druck 13,5 ccm
feuchten N = 479% N.
2. 0,3020 g Substanz gaben bei 140 und 768 mm Druck 12,6 ccm
feuchten N = 4,96 4% N.
Berechnet für die Formel Gefunden:
Cog Hg Na 07 + 4 Hs0: j; 2.
Co = 312 = 55,91% —_ _
Er ER — —:
Na. 128, — 5,02, 479 4,96%
On = 176 = 31,54, — _
558 = 99,98%
Chininsalz der Chinasäure: O,H150g: CaoHs4aNa03 + 3H;0.
Das Chininsalz erhält man leicht, wenn man die berechneten
Mengen von Chinasäure und Chinin unter Erwärmen in Wasser löst.
Beim Erkalten der Lösung scheidet sich das Salz nach mehrstündigem
Stehen aus der braun gefärbten Lösung in Gestalt brauner Blättchen
ab. Diese wurden aus Wasser unter Zusatz von Tierkohle um-
krystallisiert und so in weißen sternförmigen Krystallen erhalten. Sie
schmolzen bei 187—188° zu einer braunen Flüssigkeit zusammen.
Analysen:
1. 1,8568 g lufttrockene Substanz verloren beim Erhitzen auf 1400
0,1726 g H,O = 9,29%.
2. 0,3988 g lufttrockene Substanz gaben bei 230 und 750 mm Druck
17 ccm Stickstoff —= 4,73%.
Berechnet für die Formel Gefunden:
Cor Hs; N90g E= 3H50: }. 2;
H50 = 9,47% 929% —_
N =49, — 4,739,
P. Echtermeier: Chinasäure. 41
Außerdem wurde dargestellt das:
Strychninsalz der Chinasäure: C,H;30g: Caı HsaNa03 + H30.
Dieses Salz wurde in derselben Weise wie die vorhergehenden
dargestellt. Es erstarrt nach längerer Zeit im Exsikkator zu einer
weißen, steinharten Krystallmasse.. In Alkohol und Wasser ist es
leicht löslich, unlöslich in Aether.
Analysen:
1. 0,2253 g Substanz gaben 0,5071 g COg —= 61,39% C und 0,1349 g H,O
= 6,65% H.
2. 0,3636 g Substanz gaben bei 170 und 756 mm Druck 14,8 ccm
feuchten N = 4,7% N.
Berechnet für die Formel Gefunden:
Cog Has Na Og En Hs0: 1. 2.
Co = 336 —= 61,76% 61,39% _
He = 36 = 6,62, 6,65 „ —
Ns ='28 =' 514, _ 4,7%
0, = 144 = 26,46 „ _ 2
544 — 99,989,
Silbersalz der Chinasäure: (OH), C,H, COO Ag.
Dasselbe wurde schon früher von Woskresensky, Baup und
Clemm untersucht und analysiert. Diese haben es durch Umsetzung
der Säure mit Silberkarbonat erhalten. Ich habe es folgendermaßen
dargestellt: Eine wässerige Lösung der Chinasäure wurde mit etwas
mehr als der berechneten Menge frisch gefällten Silberoxyds versetzt
und unter stetem Umrühren solange auf dem Wasserbade gelinde er-
wärmt, bis neutrale Reaktion eintrat. Alsdann wurde vom über-
schüssigen Silberoxyd abfiltriert und die Lösung auf flachen Schalen
an einem dunkelen Orte der freiwilligen Verdunstung überlassen. Es
wurde so in weißen, warzenförmigen Gebilden erhalten, die sich am
Licht bald gelb färbten. (Erwähnt sei noch, daß ich das Natriumsalz
auch, allerdings erst nach neun Monate langem Stehen im Vakuum-
exsikkator, fest erhalten habe. Das Kalium- und Ammoniumsalz konnte
nicht krystallisiert gewonnen werden.)
Chinasäuremethylester: (OH),C,H7COOCH;.
Da der Aethylester‘) der Chinasäure einen etwas gelblich ge-
färbten Sirup bildet, der auch nach monatelangem Stehen im Vakuum-
exsikkator über Schwefelsäure nicht zur Krystallisation gebracht werden
konnte und daher nur schwer rein zu erhalten ist, versuchte ich, ob
1) Hesse, Ann. Chem, 110, 340.
42 P. Echtermeier: Chinasäure.
der bisher in der Literatur noch nicht beschriebene Methylester etwa
Krystallisationsvermögen zeigen würde, Die Darstellung desselben
geschah durch Umsetzung von chinasaurem Silber und Jodmethyl in
methylalkoholischer Lösung in folgender Weise:
20 g chinasaures Silber wurden in ca. 70 g Methylalkohol
suspendiert und mit 15 g Jodmethyl versetzt. Das Gemisch wurde
auf dem Wasserbade mehrere Stunden in einem mit Rückflußküblung
versehenen Kolben erhitzt. Alsdann wurde noch heiß vom abgeschiedenen
Jodsilber abfiltriert und mehrmals mit heißem Metbylalkohol nach-
gewaschen. Der Alkohol wurde auf dem Wasserbade verdunstet und
.der zurückbleibende etwas gelblich gefärbte Sirup im Exsikkator über
Schwefelsäure zur Krystallisation der Ruhe überlassen. Nach ungefähr
5 Tagen erstarrte der Rückstand zu einer weißen, strahligen Krystall- °
masse. Dieselbe wurde zur Reinigung auf Tonscherben gestrichen und
nach dem Trocknen aus Methylalkohol unter Zusatz von Tierkohle
umkrystallisiert. Es resultierten so kleine weiße Nadeln, welche nach
wiederholtem Umkrystallisieren aus Methylalkohol gegen 126° zu einer
milchigen Flüssigkeit zusammenschmolzen, die erst bei 142—143° klar
wurde. Der Methylester ist leicht löslich in Wasser, Methyl- und
Aethylalkohol, unlöslich in Aether, Benzol und Petroläther.
Analyse:
0,1573 g Substanz gaben 0,2681 g CO; = 46,48% C und 0,0975 g H>0
= 1,07% :H.
Berechnet für die Formel (OH)4 C,H7 COO CH3: Gefunden:
GG =% = 46,60% 46,48%
Bir 14-0680, 7,07 „
a Da 15: LE
206 = 100,00%
Phenylester der Chinasäure: (OH), 0, Hr COO Cs H;.
Im allgemeinen lassen sich die Phenylester der aliphatischen
sowie der aromatischen Säuren leicht nach der Methode von Seifert!)
durch Erhitzen von 1 Mol. Phosphoroxychlorid auf 3 Mol. der Säure
und 3 Mol. Phenol auf ca. 125° gewinnen. Trotz zahlreicher Versuche
bei Innehaltung verschiedener Temperaturen gelang es mir bis jetzt
noch nicht den Phenylester analysenrein und in guter Ausbeute zu
erhalten. Als Reaktionsprodukt erhielt ich bei ca. 125° ein gelbes
Oel, welches beim Erkalten zu einer gelben, harten, glasartigen Masse
erstarrte. Dieselbe war leicht löslich in Wasser, unlöslich in Aether.
Beim Kochen mit viel Alkohol ging ein Teil in Lösung, der sich beim
Versetzen mit Aether als ein weißes, flockiges Pulver abschied. Dasselbe
1) Jr. pr. Ch. (2) 31, 472.
P. Echtermeier: Ühinasäure, 43
wär äußerst hygroskopisch und zersetzte sich bei 122° unter lebhaftem
Aufschäumen. In kleiner Menge erhielt ich aus der alkoholischen Lösung
noch einen in schönen, derben Nadeln krystallisierenden Körper, derselbe
schmolz scharf bei 151—152°. Welcher von beiden der Phenylester
ist, konnte wegen der geringen Menge nicht entschieden werden. Ich
hoffe aber demnächst weiteres darüber berichten zu können. Vermutlich
hat sich außer dem Phenylester der Phosphorsäureester der China-
säure gebildet.
Einwirkung von Ammoniak auf Chinasäuremethylester.
Um das Amid der Chinasäure zu erhalten wurden 5 g Chinasäure-
methylester in einer Stöpselflasche mit konzentriertem Ammoniak
mehrere Stunden mittels Schüttelmaschine geschüttelt und alsdann zur
Seite gestellt. Da sich nach einigen Tagen keine Krystalle abgeschieden
hatten, wurde die Lösung auf flache Teller gegossen und an einem
säurefreiem Orte der freiwilligen Verdunstung überlassen. Es hinter-
blieb ein etwas gelblich getärbter Sirup, der auch beim längeren Stehen
im Vakuumexsikkator nicht zum Krystallisieren gebracht werden
konnte. Ich versuchte nun durch Erhitzen des Esters mit Ammoniak,
sowohl im offenen wie im geschlossenen Gefäß, zum Amid zu gelangen.
In beiden Fällen resultierte wieder ein nicht krystallisierendes Oel,
das nicht analysenrein erhalten werden konnte.
Einwirkung von Hydrazinhydrat auf Chinasäuremethylester.
Die Einwirkung von Hydrazinhydrat auf den Methylester wurde
in dem Sinne unternommen, um nach der bekannten Curtius’schen
Synthese!) über das Säurehydrazid und Azid hinweg die Karboxyl-
gruppe der Chinasäure durch die Amidogruppe zu ersetzen. Da der
Methylester in der Kälte, nicht mit Hydrazinhydrat reagierte, wurde
er in absoluten Alkohol gelöst und mit etwas mehr als der berechneten
Menge Hydrazinhydrat versetzt und diese Mischung einige Stunden
auf dem Wasserbade unter Rückflußkühlung erhitzt. Da keine Aus-
scheidung von Krystallen erfolgte, wurde die Lösung durch Erhitzen
auf dem Wasserbade vom Alkohol befreit. Es, resultierte ein gelb-
braun gefärbtes Oel, welches nicht zum Erstarren gebracht werden
konnte. Beim Schütteln der wässerigen Lösung des Oeles mit Benz-
aldehyd schied sich ein gelber, flockiger Niederschlag ab, er zeigte
den Schmp. 93°, bestand also aus Benzalazin. Es hatte folglich keine
Einwirkung stattgefunden.
1) Jr. pr. Ch. (2), 50, 275 (189).
44 P. Echtermeier: Chinasäure.
Verhalten des Chinasäuremethylesters gegen Phenylhydrazin und Anilin.
Versuche, welche ich unter verschiedenen Bedingungen anstellte,
um Phenylhydrazin und Anilin mit dem Chinasäuremethylester in
Reaktion zu versetzen, verliefen nicht besser als bei der Anwendung
von Ammoniak und Hydrazinhydrat. In beiden Fällen wurden wieder
gefärbte Sirupe erhalten, die zwar nach längerer Zeit erstarrten, aber
durch Umkrystallisieren nicht analysenrein erhalten werden konnten.
Da die geplanten Umsetzungen mit dem Methylester der China-
säure erfolglos verlaufen waren, versuchte ich das Chlorid der China-
säure darzustellen, um aus diesem durch Umsetzung die gewünschten
Körper zu erhalten. Wie Graebe!) gezeigt hat, wirkt Phosphor-
pentachlorid zerstörend auf Chinasäure, unter Bildung von Metachlor-
benzoylchlorid, ein. Es wurde daher zur beabsichtigten Darstellung
des Chlorides die Methode von Hans Meyer?) angewandt. Diese
beruht auf der Umsetzung der Säure oder eines Salzes derselben
mittelst Thionylchlorid und wurde oft mit gutem Erfolg zur Gewinnung
der Chloride von Oxysäuren angewandt, wo hingegen die Anwendung
von Phosphorpentachlorid ergebnislos verlief oder zerstörend wirkte.
Beim mehrstündigen Erhitzen der Chinasäure mit der sechsfachen
Menge Thionylchlorid trat weder Reaktion noch Lösung der Säure
ein. Nachdem auch dieser Versuch leider zu einem negativen Resultate
führte, stellte ich die Tetraacetylchinasäure®), die Erwig und Koenigs
durch Einwirkung von Chinasäure mit Essigsäureanhydrid bei Gegen-
wart von Zinkchlorid erhalten hatten, in größerer Menge dar, in der
Hoffnung aus derselben das Chlorid mittelst Thionylchlorid zu gewinnen
und daraus durch Umsetzung mit geeigneten Körpern und späterer
vorsichtiger Verseifung zu den gewünschten Körpern der Chinasäure
zu gelangen. Bei dieser Gelegenheit habe ich auch die Tetraacetyl-
chinasäure, sowie deren Derivate einer eingehenden Untersuchung
unterworfen und bin dabei zu denselben Resultaten wie Erwig und
Koenigs gelangt.
Zur Darstellung der Tetraacetylchinasäure verfuhr ich
nach dem von Erwig und Koenigs angegebenen Verfahren: 5g fein
gepulver#te Chinasäure wurden mit 20 ccm Essigsäureanhydrid und
einem erbsengroßen Stück Zinkchlorid erhitzt. Nach ungefähr zehn
Minuten trat unter heftiger Reaktion Lösung der Chinasäure ein. Die
Lösung wurde noch !/, Stunde im Sieden erhalten und dann durch
wiederholtes Abdampfen unter Zusatz von Alkohol vom überschüssigen
1) Ann. Chem. 138, 197.
2) Monatsh. Chem. 22, 109.
8) Ber. 22, 1461.
P. Echtermeier: Chinasäure. 45
Essigsäureanhydrid befreit. Es hinterblieb ein dickflüssiger, gelbbraun
gefärbter Rückstand, derselbe wurde mit Aether aufgenommen und
mehrmals mit Wasser gewaschen. Die ätherische Lösung wurde mit
verdünnter Sodalösung bis zum Verschwinden der sauren Reaktion im
Scheidetrichter geschüttelt und nach Trennung von der ätherischen Schicht
mit verdünnter Schwefelsäure angesäuert. Das sich abscheidende heligelb
gefärbte Oel wurde wieder mit Aether aufgenommen und die ätherische
Lösung nach wiederholtem Waschen mit Wasser über Chlorcaleium ge-
trocknet. Beim Verdunsten des Aethers im Vakuumexsikkator resultierte
zunächst ein zähes Oel, welches allmählich krystallisiert erstarrte und nach
dem Abpressen mittelst Filtrierpapier den Schmp. 132—136° zeigte,
also mit dem von Erwig und Koenigs für Tetraacetylchinasäure
gefundenen übereinstimmte. Aus der neutral reagierenden Aether-
lösung wurde nach Verdampfen des Aethers in geringer Menge ein
krystallinisches Produkt gewonnen, welches bereits nach einmaligem
Umkrystallisieren aus Alkohol in schönen krystallinen Nadeln vom
Schmelzpunkt 132° erhalten wurde, folglich aus Triacetylchinid
bestand. Zur näheren Charakterisierung wurde noch der Aethyl-
ester aus tetraacetylchinasaurem Silber und Jodäthyl dargestellt.
Derselbe wurde in schönen Krystallen aus Aetherlösung erhalten und
schmolz bei 135—136°, der Schmelzpunkt stimmte demnach mit dem
von Erwig und Koenigs angegebenen überein.
Der Methylester der Tetraacetylchinasäure wurde durch Um-
setzung aus dem Silbersalz mit Methyljodid als ein etwas gelblich
gefärbter Sirup erhalten, der trotz monatelargem Stehen im Exsikkator
nicht fest wurde.
Phenylester der Tetraacetylchinasäure: (C3H3 05), CsH; COO Cs H;.
Wie schon erwähnt, gelang es nicht den Phenylester der China-
säure. in befriedigender Ausbeute zu erhalten, da vermutlich die bei
der Reaktion entstandene Phosphorsäure esterifizierend oder abspaltend
auf die freien Hydroxylgruppen eingewirkt hatte. Durch Acetylierung
der Hydroxyle mußte die schädliche Wirkung der Phosphorsäure auf-
gehoben werden, da nicht anzunehmen war, daß bei der in Betracht
kommenden Temperatur eine Abspaltung der Acetylgruppen eintreten
würde. Der Versuch bestätigte diese Annahme. Der Phenylester der
Tetraacetylchinasäure wurde nach der Methode von Seifert!) auf
folgende Weise in guter Ausbeute erhalten:
5 g Tetraacetylchinasäure wurden mit der berechneten Menge
Phenol in einem Reagensglase im Oelbade auf ca. 125° erhitzt. Das
1) Jr. pr. Ch. (2), 31, 472.
46 P. Echtermeier: Chinasäure.
geschmolzene, etwas rötlich gefärbte Gemisch wurde mit einigen Tropfen
Phosphoroxychlorid nach und nach versetzt. Es trat sofort Reaktion
unter Entwickelung von Salzsänredämpfen ein; das Produkt wurde
noch solange erhitzt, bis keine Salzsäure mehr entwich und dann zur
Befreiung von gebildeter Phosphorsäure in Wasser gegossen. Das
sich ‘ausscheidende rötlich gefärbte Oel wurde wiederholt mit Wasser
gewaschen und dann aus verdünntem Alkohol umkrystallisiert, in
Gestalt derber, farbloser Krystalle erhalten, diese zeigten den Schmp. 163°.
Nach dreimaligem Umkrystallisieren schmolzen sie scharf bei 167° und
waren leicht löslich in heißem Alkohol und Eisessig, unlöslich in kaltem
Wasser und Aether.
Analysen:
1. 0,1349 g Substanz gaben 0,2877 g CO, —= 58,23% C und 0,0572 g H50
— 471% H
ir 0,1532 g Substanz gaben 0,3227 g 009 = 57,45% C und 0,0792 g H,O
= 5,04%H
Berechnet für die Formel Gefunden:
(CyHs 03)4 0, Hr 161010107: H;: l- 2,
(a — 252 = 51,19% 58,23 57,45%
Hay 24, 560, 4,71. 0,49,
Op 160) = 36,410, = —
436 — 99,99%
Einwirkung von Thionylchlorid auf tetraacetylchinasaures Silber.
5 g Silbersalz wurden in einem mit Rückflußkühler versehenen
Kölbchen mit Thionylchlorid versetzt. Es trat sofort lebhafte Reaktion
und Erhitzung unter Entwickelung von schwefliger Säure und Ab-
scheidung von Chlorsilber ein. Die Erhitzung wurde durch Kühlung
gemindert, und das Gemisch nach Beendigung der Hauptreaktion noch
einige Zeit auf dem Wasserbade erhitzt. Die Flüssigkeit wurde über
Glaswolle abfiltriert und das überschüssige Thionylchlorid unter Er-
wärmen auf 40° im Vakuum entfernt. Es hinterblieb eine etwas gelb
gefärbte, zähe Masse. Es gelang mir aber bis jetzt noch nicht das
Chlorid näher zu charakterisieren.
Versuche der Benzoylierung der Chinasäure.
Um einen weiteren Beweis über die Anwesenheit der vier
Hydroxylgruppen in der Chinasäure zu liefern, habe ich diese unter
verschiedenen Bedingungen zu benzoylieren versucht und bin dabei zu
verschiedenen Resultaten gelangt. Die Benzoylierung wurde 1. nach
Schotten-Baumann, 2. durch Erhitzen eines Gemisches von 1 Mol.
Chinasäure mit 4 Mol. Benzoylchlorid auf 130—140°, 3. nach
P. Echtermeier: Chinasäure. 47
Denninger') in Pyridinlösung, 4. durch Erhitzen über freier Flamme
von 1 Mol. Chinasäure und 4 bezw. 6 Mol. Benzoylchlorid bei Gegenwart
von Zinkchlorid ausgeführt. Letzterer Versuch wurde in der Absicht
unternommen, daß bei Gegenwart von Salzsäuredämpfen und höherer
Temperatur Kohlensäureabspaltung stattfände und man vielleicht auf
diese Weise zu dem noch unbekannten benzoylierten Tetraoxyhexa-
hydrobenzol gelangen würde, oder sich bei Anwesenheit von Zinkchlorid
Kondensationsprodukte bilden würden.
1. Benzoylierung nach Schotten-Baumann.
Diese Methode erwies sich bei der Benzoylierung der Chinasäure
nicht für zweckmäßig, da durch die Natronlauge teilweise wieder Ab-
spaltung der eingetretenen Benzoylgruppen stattfand.
2. Einwirkung von 4 Mol. Benzoylchlorid auf 1 Mol.
Chinasäure bei einer Temperatur von 130— 140°,
15 g feingepulverte Chinasäure wurden in einem mit Rückfluß-
kühlung versehenen Kolben mit 45 g Benzoylchlorid versetzt und
zunächst vorsichtig im Oelbade erhitzt. Bei ungefähr 130° trat Ent-
wickelung von Salzsäuredämpfen ein, die in großer Menge aus dem
wit einem Chlorcaleiumrohre versehenen Kühlrohre entwichen. Das
Gemisch wurde häufig umgeschüttelt und nach Beendigung der Haupt-
reaktion noch solange auf 140° erhitzt, bis sämtliche Chinasäure in
Lösung gegangen und keine Salzsäureentwickelung mehr auftrat. Im
oberen Teile des Kolbens, sowie im Kühlrohre hatten sich in geringer
Menge glänzende, weiße Nadeln abgeschieden, die bei 120—121°
schmolzen und aus Benzoesäure bestanden. Beim Erkalten erstarrte
der Kolbeninhalt zu einem weißen porzellanartigen Kuchen. Dieser
wurde zur Entfernung von noch enthaltender Benzoesäure und Salz-
säure solange mit Wasser gekocht, bis Silbernitratlösung im Weasch-
wasser keine Trübung mehr hervorrief. Das schneeweiße, zurück-
bleibende Produkt wurde in Aether gelöst und die ätherische Lösung
bis zur neutralen Reaktion mit verdünnter Sodalösung im Scheide-
trichter. durchgeschüttelt. Es bildeten sich so drei Schichten. Die
unterste bestand aus einem zähflüssigen Oele, die mittlere enthielt die
Sodalösung, während die obere Schicht die ätherische Lösung war.
Das zähflüssige Oel erstarrte nach einiger Zeit zu einer weißen
Krystallmasse, welche schwer löslich in kaltem Wasser und unlöslich
in Aether war. Zur Entfernung von etwa beigemengtem benzoesaurem
Natrium wurde diese wiederholt mit Wasser gewaschen und zur
1) Ber. 28, 1322 (1895).
48 P. Echtermeier: Chinasäure.
weiteren Reinigung von anderen vielleicht beigemengten Produkten
mit Aether ausgezogen.
Die Elementaranalyse der bei 90° bis zur Gewichtskonstanz
getrockneten Substanz ergab folgende Werte:
0,2483 g Substanz gaben 0,6100 g COg = 67,00% C und 0,1062g Hs0
—. 44% H:
Berechnet für die Formel (C7 H5, 09), CsH7CO0O Na: Gefunden:
C = 66,66% 67,00%
H.—= A2Br 4,10 „.
Krystallwasserbestimmungen:
1. 0,3046 g der lufttrockenen Substanz verloren beim Erhitzen auf
ca. 900 0,0153 g H50 = 5,02%, H30.
2. 0,2896 g Substanz verloren 0,0155 g H,O = 5,354, Hs0.
Berechnet für die Formel Gefunden:
(Cr H; Oo) CesHr COONa 4 2Hs0: 1: 2.
Hs0 —= 5,40% 5,02 : 5,359.
Verseifung:
Die Verseifung des Natriumsalzes bewirkte ich durch einstündiges
Kochen einer gewogenen Menge des Salzes mit einem Ueberschuß von
!/ıo N.-NaOH in wässeriger Lösung und darauffolgendes Zurücktitrieren
mit '/ıo N.-HCl. Als Indikator wurde Phenolphthalein verwandt.
0,3719 g getrockneter Substanz brauchten zur Verseifung 24 ccm
Yo N.-Na0OH = 25,81% NaOH.
Berechnet für die Formel (C7H, 05) C,H, COONa: Gefunden:
NaOH = 25,39% 25,81%.
Aus den gefundenen Werten geht hervor, daß der vorliegende
Körper das Natriumsalz der Tetrabenzoylchinasäure ist.
Die mittlere Schicht gab beim Ansäuern mit H,SO, einen weißen,
flockigen Niederschlag, der nach dem Umkrystallisieren aus verdünntem
Alkohol bei 120—121° schmolz, folglich aus Benzoesäure bestand.
Die ätherische Lösung wurde zuerst mit schwefelsäurehaltigem
Wasser und darauf mit Wasser bis zur neutralen Reaktion gewaschen.
Nach dem Trocknen des Aethers über Chlorcalcium und darauffolgendem
Verdunsten desselben, hinterblieb ein fast farbloser Sirup, der nach
einigen Tagen im Exsikkator fest wurde. Derselbe war löslich "in
heißem Alkohol und reagierte neutral. Aus der alkoholischen Lösung
schied er sich stets unter öligen Beimischungen ab. Auf Zusatz von
Wasser entstand eine milchige Trübung unter Bildung weißer, klebriger
Klumpen. Aus Eisessig sowie Essigäther erhielt ich denselben in
geringer Menge in weißen, kleinen krystallinischen Nadeln, welche bei
90° zusammensinterten und dann bei 107—108°. schmolzen,
P. Echtermeier: Chinasäure. 49
Analysen:
1.0, 1611 g der lufttrockenen Substanz gaben 0,3906 g CO, = 66,10% C
und 0,0630 g H30 = 4,35% H.
2. 0,1720 g Substanz gaben 0,4197 g COg — 66,54% C und 0,0744 g H30
= 481% H.
Berechnet für die Formel Gefunden:
CogHag 0g + Hs0: 1. 2.
C = 66,66% 66,10 66,54%
ER 435 4,81 ,„.
Es liegt also vermutlich ein Tribenzoylchinid vor, welches
1 Mol. Krystallwasser enthält. Leider war es mir wegen der erhaltenen,
geringen Menge des Körpers nicht möglich eine Krystallwasser- und
Benzoylbestimmung auszuführen.
Es sei an dieser Stelle kurz erwähnt, daß ich noch einen Körper
in kleiner Menge isolierte, welcher aus Eisessig umkrystallisiert bei 174°
zusammenbackte und bei 150—182° schmolz. Derselbe enthielt 73,3% ©
und 4,34%H. Es gelang mir jedoch nicht ihn näher zu charakterisieren.
Darstellung der Tetrabenzoylchinasäure: (C,H; 03), CsH7 COOH +2H30.
Zur Darstellung der Säure wurde das Natriumsalz mit viel Wasser
in Lösung gebracht. Beim Ansäuern mit verdünnter Schwefelsäure
schied sich die Säure gallertartig ab. Diese wurde abgesaugt und
wiederholt mit heißem Wasser nachgewaschen. Sie ist leicht löslich
in Alkohol und Aether, fast unlöslich in heißem Wasser. Die luft-
trockene Säure sinterte gegen 116° zusammen und schmolz bei 137—138°.
Bei 100° getrocknet schmolz sie, ohne vorher zu sintern, bei 137—138°,
Analysen;
1. 0,2703 g der lufttrockenen Substanz gaben 0,6444 g CO; = 65,01% C
und 0,1027 g Hs0 = 4,18% H.
2. 0,1343 g Substanz gaben 0,3209 g COz = 65,16% C und 0,0478 g
Eu 3 N 4 HE
3. 0,1093 g Substanz gaben 0,2616 g 003 = 65,27% C und 0,0457 g
Hs0 = 4,65% H.
4. 0,1571 g Substanz gaben 0,3772 g CO; = 65,48% C und 0,0669 g
H;0 = 4,73% H.
Berechnet für die Formel Gefunden:
(CH; 05)4CsH7 COOH 4 2H30: 1. 2 zu 4.
C= 65,22% 65,01 65,16 65,27 65,48%
H.— 74964 4,18 .391 465 473.
Krystallwasserbestimmung:
1,1217 g der lufttrockenen Substanz verloren beim mehrstündigen Er-
hitzen auf 95° 0,0325 g H30 —= 2,9% H;0.
Berechnet für
(CH50J4CEHCOOH + H50: (CrHzOg4CHH7COOH +2H,;0: Gefunden:
2,87 5,57% 29%
Arch. d. Pharm. COXXXXIV. Bds. 1. Heft. 4
50 P. Echtermeier: Chinasäure.
Die Säure verliert also beim Erhitzen auf 95° nur 1 Mol. Krystall-
wasser. Daß dieselbe mit 2 Mol. krystallisiert, geht aus den oben an-
geführten Analysen hervor. Ein stärkeres Erhitzen auf höhere
Temperatur war wegen Zersetzung nicht zweckmäßig.
Verseifung:
0,3471 g Substanz brauchten 27 ccm 1/ıo N.-Na0OH = 31,57% NaOH.
Berechnet für die Formel Ca; HggOj0o + 2H30: Gefunden:
NaOH = 31,05% 31,57 %
Da bei der Bezoylierung der Chinasäure außer den 4 Benzoaten
noch verschiedene Nebenprodukte sich bilden können, außerdem die
durch Verseifung des Benzoylchlorids und der Tetrabenzoylchinasäure
sich teilweise bildende Benzoesäure eine fast gleiche prozentuale
Zusammensetzung besitzt, so war es durch die Elementaranalyse allein
nicht möglich einen sicheren Aufschluß über die Zusammensetzung der
Säure zu gewinnen. Es wurde deshalb eine Bestimmung der ein-
getretenen Benzoylgruppen ausgeführt.
Zu dieceem Zwecke wurde die Methode angewandt, welche von
R. und H. Meyer!) ausgearbeitet und erst im vorigen Jahre von
R. Meyer und E. Hartmann?) vervollkommnet wurde Die Methode
beruht im wesentlichen darauf, daß man eine Menge der Substanz mit
ca. 5 g reinem Aetznatron und 50 ccm vorher über Pottasche destilliertem
Methylaikohol einige Stunden unter Rückfluß erhitzt. Nach dem
Erkalten wird mit 50 cem Phosphorsäure (spez. Gew. 1,104) versetzt
und die in Freiheit gesetzte Benzoesäure mit Wasserdampf überdestilliert.
Die Destillation ist beendigt, sobald das Destillat neutrale Reaktion zeigt.
Das Destillat wird ohne vorheriges Einengen durch Abdampfen direkt
mit "/ıo N.-Natronlauge oder "/ıo N.-Barytwasser unter Anwendung von
Phenolphthalein titriert. Zweckmäßig ixt es, dem Wasser, welches den
Dampf liefert, zur Absorbierung der darin vorhandenen Kohlensäure
einige Stücke Kalkhydrat hinzuzufügen und die Bestimmung an einem
mözlichst säurefreien Orte auszuführen. Unter Beobachtung der an-
geführten Vorsichtsmaßregeln gelingt es leicht den Gehalt an Benzoe-
säure bis auf 1--2% zu bestimmen.
Benzoylbestimmung.
0,2815 g der lufttrockenen Substanz gebrauchten 17,10cem ’/jo N.-Na0H —=
0,2086 g Benzoesäure — 74,11%.
Berechnet für die Formel (CH; 03), 08H; COOH + 2H30: Gefunden:
Benzoesäure — 75,77% 74,11%.
1) Ber. 28, 2965 (1895).
2) R. Meyer und E. Hartmann (Dissertation Braunschweig 1905).
2 ae
a hen Zen ee
a ln 0
P. Echtermeier: Chinasäure. 51
Silbersalz der Tetrabenzoylchinasäure.
Zur näheren Charakterisierung der Säure wurde noch das Silber-
salz dargestellt. Zunächst wurden stets zu hohe Werte gefunden.
Vor allen Dingen ist es unbedingt notwendig, die Tetrabenzoylchinasäure
vorher wiederholt mit Wasser zu kochen, um auch die letzten Spuren
von anhaftender Benzoesäure zu entfernen, da ja die geringsten Mengen
einen zu hohen Silbergehalt liefern würden. Die so gereinigte Säure
wurde in Aether gelöst, und die filtrierte Aetherlösung mit einer
wässerigen Silbernitratlösung versetzt. Auf vorsichtigem Zusatz von
Ammoniak fällt das Salz als weißer, käsiger Niederschlag aus. Dieser
wurde abgesaugt und zur Befreiung von noch unveränderter Tetra-
benzoylchinasäure zuerst wiederholt mit Aether gewaschen und dann
mit heißem Wasser behandelt. Das Silbersalz ist unlöslich in Wasser
und in Aether, schwer löslich in heißem Wasser und leicht löslich in
Alkohol und Ammoniak. Beim längeren Stehen am Licht nimmt es
eine gelbbraune Färbung an. Wie die Analyse zeigt, krystallisiert es
mit 3 Mol. Krystallwasser.
Analysen:
1. 0,3413 g der bei 1050 getrockneten Substanz gaben 0,0493 g Ag =
14,44% Ag.
2. 0,5244 g gaben 0,0803 g Ag —= 15,31% Ag.
Berechnet für die Formel Gefunden:
(C7 H5 0314 CgH7z COOAg: 1. 2.
Ag = 15,10% 14,44 15,31%.
Krystallwasserbestimmung.
0,5659 g der lufttrockenen Substanz gaben 0,0415 g Hy0 = 7,33% H;0.
Berechnet für die Formel (C; H,03)4 C;H7C00 Ag + 3H30: Gefunden:
H30 = 7,06% 7,33%
Tetrabenzoylchinasäureäthylester: (C;H;03), C,H, COOCsH;.
Der Aethylester wurde durch Umsetzung des Silbersalzes mit
Jodäthyl in alkoholischer Lösung erhalten. Aus verdünntem Alkohol
umkrystallisiert bildet er ein weißes amorphes Pulver, welches in
Aether und heißem Alkohol löslich und unlöslich in Wasser ist. Bei
134° backt der Ester zu einer braunen Masse zusammen.
Darstellung des Chlorides der Tetrabenzoylchinasäure.
5 g tetrabenzoylchinasaures Natrium wurden mit der dreifachen
Menge Thionylchlorid versetzt. Schon in der Kälte tritt lebhafte
Reaktion unter Abscheidung von Chlornatrium ein. Nach Beendigung
der Hauptreaktion wurde noch einige Zeit auf dem Wasserbade
4*
52 P. Echtermeier: Chinasäure.
erwärmt. Darauf wurde vom ausgeschiedenen Chlornatrium abfiltriert
und das überschüssige Thionylchlorid im Vakuum entfernt. Es hinter-
blieb ein dickflüssiges Oel. Beim Versetzen mit Aethylalkohol trat
Entwickelung von Salzsäuredämpfen auf, und es schied sich ein weißer,
flockiger Körper ab. Nach dem Waschen mit Sodalösung und Um-
krystallisieren aus Alkohol zeigte derselbe neutrale Reaktion und
schmolz bei 134°, war also mit dem aus dem Silbersalz dargestellten
Aethylester identisch. Es mußte demnach das Chlorid der Tetra-
benzoylchinasäure entstanden sein. Leider gelang es mir bis jetzt
noch nicht, dasselbe in genügender Ausbeute und Reinheit zu erhalten.
3. Benzoylierung der Chinasäure in Pyridinlösung.
Um möglichst sämtliche Nebenprodukte, welche sich bei der
Benzoylierung bilden, zu vermeiden, wurde die Benzoylierung in
Pyridinlösung nach A. Denninger!) vorgenommen.
5 g fein gepulverte Chinasäure wurden in der fünffachen Menge
Pyridin in Lösung gebracht. Unter Abkühlung und Umschütteln der
Lösung wurden nach und nach 15 g Benzoylchlorid hinzugefügt. Es
trat lebhafte Erwärmung unter Abscheidung eines weißen Krystall-
breies ein. Nach einigen Stunden wurde derselbe zur Entfernung des:
Pyridins mit schwefelsäurehaltigem Wasser gewaschen, in Aether auf-
genommen und die ätherische Lösung bis zum Verschwinden des
Pyridingeruches zuerst mit verdünnter H,SO, und dann mit Wasser
gewaschen. Beim freiwilligen Verdunsteu der mit Chlorcaleium ge-
trockneten Aetherlösung schied sich in beträchtlicher Menge ein an
den Gefäßwänden fest anhaftender krystallinischer Körper aus. Dieser
wurde aus Alkohol umkrystallisiertt und so in schönen glänzenden
Krystallen vom Schmp. 148° erhalten. Sie waren löslich in Aether
und heißem Alkohol, unlöslich in kaltem Wasser und Sodalösung und
zeigten neutrale Reaktion.
Analysen:
1. 0,1921 g Substanz gaben 0,4878 g 005 = 69,25% C und 0,0754 g
H,0 = 4,35% H.
2. 0,1576 g Substanz gaben 0,4031 g CO, —= 69,73% C und 0,0634 g
Hs0 = 4,45% H.
Berechnet für die Formeln:
0 (GHOg4CHEHCO, .
(CH5 09)5 GE | rn No Gefunden:
0 GH,007 1. 2.
C— 69,13 70,78, 6925 69,73%,
H= 453 4,49, 4357 A4b,.
1) Ber. 28, 1322 (1895).
I ERDE WE EEE WEN E DEBEREREDE
P. Echtermeier: Cbinasäure. 53
Da die Elementaranalyse allein nicht genügenden Aufschluß gab,
ob der betreffende Körper aus Tribenzoylchinid oder einem gemischten
Anhydrid besteht, wurde zu dessen Charakterisierung Benzoyl-
bestimmungen, eine Verseifung und eine Molekulargewichtsbestimmung
ausgeführt.
Benzoylbestimmungen:
1. 0,5608 g Substanz gaben 0,4282 g Benzossäure —= 76,35%
2. 0,4880 „ 4 nahe 5 re
Verseifung:
0,4100 g Substanz brauchten zur Verseifung 33,70 cem 1/jo N.-Na0H =
32,84% NaOH.
Molekulargewichtsbestimmung:
0,4205 g Substanz verursachten in 9,1464 g Phenol gelöst eine Gefrier-
punktserriedrigung von 0,75. Daraus berechnet sich M = 459.
Berechnet für die Formeln:
(C,H; O2a0HzCON
3 (6)
1)
C-HrOs)a C,H cl Gefunden:
BE et RODO CoH,C07 1. 2.
Benzoesäure — 75,31 84,97% 76,35 77,50%
NaOH 32.92 33,70 „ 32,84 _
M — 486 712 459 _
Durch die erhaltenen Werte bei den verschiedenen Bestimmungen
ist mit Sicherheit bewiesen, daß der betreffende Körper ein Tri-
16)
benzoylchinid von der Formel (CH; 02)a rO< | ist.
(6)
Es hatte also bei der Benzoylierung in Pyridinlösung eine Wasser-
abspaltung stattgefunden, und es mußte sich folglich noch Benzoesäure
gebildet haben. Diese wurde durch Darstellung und Analyse des
Silbersalzes nachgewiesen. Es wurden 47,23% Silber statt 47,16% der
theoretisch berechneten Menge gefunden. Außerdem hatte sich in
geringer Menge Tetrabenzoylchinasäure gebildet.
Durch die schnelle und leichte Darstellung des Tribenzoylchinids,
sowie durch sein großes Krystallisationsvermögen und seinem scharfen
Schmelzpunkt dürfte dieser Körper neben dem Triacetylchinid zum
Nachweis kleiner Mengen von Chinasäure besonders geeignet sein.
4. Einwirkung von 4 Mol. Benzoylchlorid auf I Mol. Chinasäure bei
Gegenwart von Zinkchlorid über freier Flamme.
Wie schon im vorhergehenden kurz erwähnt, wurde dieser
Versuch in der Hoffnung unternommen, daß sich bei höherer
Temperatur Kohlensäure aus der sich bildenden Tetrabenzoylchina-
säure abspalten würde und man durch darauf folgende Verseifung zu
54 P. Echtermeier: Chinasäure.
dem bis jetzt noch unbekannten Tetraoxyhexahydrobenzol gelangen
könnte.
10 g gepulverte Chinasäure wurden mit 30 g Benzoylchlorid
unter Rückfluß zum Sieden erhitzt. Es trat sofort stürmische Ent-
wickelung von Salzsäure und nach einiger Zeit Aufschäumen des Ge-
misches unter Entweichen von Kohlensäure auf. Nach Beendigung
der Reaktion und völliger Lösung der Chinasäure ließ ich die braun
gefärbte Lösung erkalten. Darauf wurde der Krystallkuchen zur Ent-
fernung von Benzoesäure, Salzsäure und Zinkchlorid mit Wasser
gekocht, wiederholt mit Wasser gewaschen und das so gereinigte
Produkt mit viel Aether behandelt. Ein großer Teil löste sich in
dem Aether mit brauner Farbe auf, während ein Teil in Form eines
weißen Pulvers ungelöst blieb. Dieses wurde auf einem Filter ge-
sammelt und wiederholt mit Aether gewaschen. Aus viel heißem
Alkohol wurde es in Gestalt feiner seidenglänzender Nadeln erhalten,
welche bei 199° scharf schmolzen und unlöslich in Aether und Wasser,
löslich in heißem Alkohol und Eisessig waren und neutrale Reaktion
zeigten. Nach vielen vergeblichen Versuchen gelang es mir endlich,
den entstandenen Körper mit Bestimmtheit zu charakterisieren. Er
besteht aus Dibenzoylhydrochinon. Es war aus der Ühinasäure
nicht nur, wie erwünscht, Kohlensäure abgespalten, sondern zu gleicher
Zeit auch Wasser ausgetreten. Da die Kohlensäureabspaltung erst
nach Auflösung der Chinasäure erfolgte, so ist die Annahme wahr-
scheinlicher, daß sich zunächst Tetrabenzoylchinasäure gebildet, und
diese durch die Salzsäuredämpfe und höhere Temperatur in Dibenzoyl-
hydrochinon, Kohlensäure und 2 Moleküle Benzoesäure zerlegt worden
ist. Immerhin müßte zur Entstehung Dibenzoylhydrochinons noch
eine Oxydation erfolgt sein:
(C H;03)4 CsH, COOH + O= C,H; (Or H;03)a +20; H; COOH + H30.
Die Elementaranalyse ergab folgende Werte:
1. 0,1179 g Substanz gaben 0,3261 g CO, = 75,43% C und 0,0491 g H,0 =
4,62%, H.
. 2. 0,1216 g Substanz gaben 0,3372 g CO; = 75,62% C und 0,0465 g Hs,0 =
4,25% H.
3. 0,1223 g Substanz gaben 0,3421 g COg = 76,28% C und 0,0470 g H,O =
4,25% H.
Berechnet für die Formel Gefunden:
(C, Hz Oa)a 07 B;: L; ‚2. 3.
Cop = 240 = 75,47% 75,43 75,62 76,28%
Hu= 14= 44l, 4,62 425 425,
= 64 — 20.12, _ u. =
318 — 10,00%
u en Au,
P. Echtermeier: Chinasäure. 55
Da der Körper in Phenol löslich war und daraus wieder
unverändert auskrystallisierte, wurden zur näheren Charakterisierung
noch zwei Molekulargewichtsbestimmungen nach Eykmann ausgeführt.
Molekulargewichtsbestimmungen:
1. 0,2961 g Substanz verursachten in 8,1889 g Phenol gelöst eine Ge-
frierpunktserniedrigung von 0,89. M — 302
2. 0,4031 g Substanz in 8,0147 g Phenol gelöst brachten eine Gefrier-
punktserniedrigung von 1,26 hervor. M = 299.
Berechnet für die Formel Gefunden:
Cap H14 0%: I; 2,
M = 318 302 299.
Elementaranalysen und Molekulargewichtsbestimmungen stimmen
also gut auf die Formel Cs, Hı4 O4-
Zum Beweise, daß der betreffende Körper wirklich aus Dibenzoyl-
hydrochinon bestand, wurde nach Schotten-Baumann aus Hydro-
chinon und Benzoylchlorid Dibenzoylhydrochinon dargestellt. Das so
erhaltene weiße Pulver wurde aus viel heißem Alkohol umkrystallisiert
und so in weichen glänzenden Nadeln vom gleichen Schmelzpunkt,
nämlich 199°, erhalten. Um die Identität der beiden Körper fest-
zustellen, wurde von einem Gemisch beider der Schmelzpunkt bestimmt,
dieses schmolz ebenfalls bei 199%. Damit ist mit Sicherheit bewiesen,
daß der fragliche Körper Dibenzoylhydrochinon ist, da andernfalls der
Schmelzpunkt herabgedrückt worden wäre.
Wöhler!) hat bei der trockenen Destillation der Chinasäure
als Hauptprodukt neben mehreren anderen Körpern und beim Erwärmen
einer wässerigen Lösung mit Bleisuperoxyd Hydrochinon erhalten.
Ferner hat Hesse?) bei der Einwirkung von konzentrierter Salzsäure
auf Chinasäure und Erhitzen des Gemisches im zugeschmolzenen
Rohre auf 140—150° neben Paraoxybenzoesäure Hydrochinon erhalten.
Was nun die Entstehung von Dibenzoylhydrochinon bei der
Benzoylierung der Chinasäure anbetrifft, so dürfte sie wesentlich
durch die sich bei dem Prozesse entwickelnde Salzsäure bedingt sein.
Ebenfalls ist auch die Innehaltung einer bestimmten Temperatur von
Wichtigkeit. Unter 135—140° findet keine Bildung von Dibenzoyl-
hydrochinon statt, während bei höherer Temperatur dieser Körper in
beträchtlicher Menge entsteht. Der Zusatz von Zinkchlorid ist nicht
unbedingt notwendig, begünstigt aber vielleicht eine schnellere Ab-
spaltung. Da dieser Körper in Aether fast unlöslich ist, sich also
von den übrigen entstehenden Nebenprodukten, welche sämtlich in
1) Ann. Chem. 51, 145.
®) Ann, Chem. 200, 238,
56 P. Echtermeier: Chinasäure.
Aether löslich sind, leicht isolieren läßt und schon nach einmaligem
Umkrystallisieren aus Alkohol bei 198—199° scharf schmilzt, so ergibt
sich hieraus eine zweckmäßige Methode zum Nachweis von China-
säure. Da die Entstehung dieses Körpers auch schon bei Anwendung
kleiner Mengen von Chinasäure gelingt, so dürfte der angegebene
Nachweis den Vorzug verdienen, vor der bisher üblichen Methode der
Ueberführung von Chinasäure in Chinon.
Einwirkung von starker Salpetersäure auf Chinasäure bei eh
von Phosphorsäureanhydrid.
In der Literatur findet man bis jetzt keine Angaben über die
Einwirkung von Salpetersäure auf Chinasäure. Es war daher von
Interesse, diese zu studieren und zu sehen, ob Chinasäure Nitrierungs-
oder Oxydationsprodukte liefert, oder ob durch Oxydation eine ein-
greifende Spaltung derselben eintritt.
In letzter Zeit haben R. Behrend und H. Osten gute Erfolge
bei Nitrierungsversuchen von Säuren bei Anwesenheit von Phosphor-
säureanhydrid!) erzielt, und ich habe mich daher bei der Nitrierung
der Chinasäure im wesentlichen nach ihren Angaben gerichtet.
Der Prozeß gestaltete sich folgendermaßen:
20 ccm starker Salpetersäure (spez. Gew. 1,5) wurden in einer
Stöpselfiasche unter Eiskochsalzkühlung allmählich mit 8 g Phosphor-
pentoxyd versetzt. Das so bereitete Gemisch wurde unter häufigem
Umschütteln noch 1 Stunde stehen gelassen, und dann nach und nach
mit 10 g fein gepulverter Chinasäure versetzt. Nach einiger Zeit
war die Säure in Lösung gegangen. Nach weiteren 24 Stunden wurde
das Gemisch mit Eiswasser versetzt, wobei sich eine weiche, weiße
Masse abschied. Diese wurde mehrmals mit Eiswasser gewaschen, in
Aether aufgenommen, und um die letzten Reste von Säure zu ent-
fernen, im Scheidetrichter wiederholt mit Wasser durchgeschüttelt.
Die ätherische Lösung wurde mit Chlorcalecium getrocknet, filtriert
und der Aether auf dem Wasserbade veıtrieben. Es hinterblieb ein
hellgelbes Oel, welches nach einigen Stunden krystallinisch erstarrte.
Aus verdünntem Alkohol umkrystallisiert ergab es schöne, weiße,
seidenglänzende Nadeln, welche unter Zersetzung und Gasentwickelung
bei 157° schmolzen und saure Reaktion zeigten und stickstoffhaltig waren.
Am Schlusse dieser Arbeit sei noch kurz erwähnt, daß ich
versuchte die Chinasäure, sowie die Tetraacetylchinasäure mit Phenolen
zu kuppeln. Durch Kondensation fetter und aromatischer Säuren mit
1) R. Behrend und H. Osten, Ueber Nitrierung bei Gegenwart von
Phosphorsäureanhydrid. Dissertation, Hannover 1905.
O. Linde: Verholzung. 57
ein- und mehrwertigen Phenolen bei Gegenwart von Zinkchlorid gelingt
es meist leicht, wie verschiedene Forscher!) gezeigt haben, Oxyketone
zu erhalten.
Beim mehrstündigen Erhitzen von Chinasäure und Phenol mit
Zinkchlorid auf 155° erhielt ich einen dunkelroten Farbstoff. Dieser
war unlöslich in Wasser, in Sodalösung und Natronlauge löste er sich
mit gelber Farbe auf und wurde daraus auf Zusatz von Säuren wieder
unverändert ausgefällt. Die Tetraacetylchinasäure lieferte einen
ähnlichen Farbstoff. Ob tatsächlich eine direkte Kuppelung der
Chinasäure mit Phenol stattgefunden hat, oder aus der Chinasäure
beim Erhitzen mit Zinkchlorid durch Wasserabspaltung eine neue
Säure entstanden ist, welche sich mit dem betreffenden Phenol
kondensiert hat, darüber hoffe ich in nächster Zeit näher zu berichten.
Ferner gedenke ich den bei der Nitrierung erhaltenen Körper noch
näher zu charakterisieren, und Oxydationsversuche der Chinasäure mit
Kaliumpermanganat, Chronisäuremischung und Wasserstoffsuperoxyd
anzustellen.
Mitteilung aus dem pharmazeutischen Institute
der Herzoglichen technischen Hochschule zu Braunschweig.
Von H. Beckurts.
Zur Kenntnis der Verholzung.
Von ©. Linde.
(Eingegangen den 24. I. 1906.)
Verholzte Zellwände geben mit Körpern verschiedener Art eine
ganze Reihe von Farbenreaktionen, von denen manche ihrer Stärke
wegen geeignet sind, die mehr oder weniger fortgeschrittene Verholzung
an Schnitten unter dem Mikroskop erkennen zu lassen. Am meisten
angewendet werden wohl von derartigen Reagentien Phlorogluzin in
Verbindung mit Salzsäure und Anilinsalze in saurer Lösung.
Daß auch Schwefelsäure eine solche Farbenreaktion mit ver-
holzten Zellwänden gibt, scheint noch nicht bekannt zu sein; in der
von mir daraufhin durchgesehenen Literatur finde ich wenigstens keine
Angabe darüber, sondern überall ist nur angeführt, daß konzentrierte
Schwefelsäure die verholzten Membranen löst, und zwar unter
Schwärzung. Legt man trockene Holzstückchen in konzentrierte
1) Ber. 6, 1245 (1873). Ber. 230, 43 und 183. Journ. pr. Chem. 23,
147 (1881). Am. Chem. Journ. 5, 83. Am. Chem. 270, 235.
58 O0. Linde: Verholzung.
Schwefelsäure, so nehmen sie braune, dann braunschwarze Farbe an.
Wird die Schwefelsäure jedoch mäßig verdünnt, so färbt sich manches
Holz, z. B. Koniferenholz, erst stark gelb, dann grünlichgelb,
dann grasgrün. Die grüne Farbe behält es in der Säure längere
Zeit; die Säure selbst bleibt farblos. Am besten eignet sich für diese
Reaktion eine Schwefelsäure (Ac. sulfur. pur. des Deutschen Arznei-
buches), die mit 40—50% ihres Gewichtes Wasser verdünnt, also etwa
63—70%ig ist. Leidlich gut geht die Reaktion noch mit einer
Schwefelsäure, der 60% Wasser zugemischt sind. Ich bevorzuge
eine mit 50% Wasser verdünnte Schwefelsäure, die annähernd das
spez. Gew. 1,56 besitzt, und die im folgenden als 65%ige bezeichnet
werden mag.
Die Reaktion mit Schwefelsäure ist nur eine makroskopische;
für mikroskopische Zwecke ist sie nicht gut verwendbar, weil die
Färbung hierfür nicht stark genug ist und weil sich die Zellwände
durch Quellung zu sehr verändern.
Bringt man Schnitte von Koniferenholz, die in der angegebenen
Weise grün gefärbt sind, in Wasser, so werden sie zunächst deutlich
blau, dann blaugrau, dann erst entfärbt. Da nun bei Behandlung
der Schnitte mit der Schwefelsäure zuerst Gelbfärbung auftritt, die
darauf folgende Grünfärbung aber in Wasser zunächst einer Blau-
färbung Platz macht, so darf man wohl schließen, daß das Grün aus
Gelb und Blau zusammengesetzt ist.
Auf das im Koniferenholz enthaltene Harz: und ätherische Oel
ist die Reaktion nicht zurückzuführen; denn Holzschnitte, die durch
mehrmaliges Auskochen mit Alkohol und Aether von diesen Substanzen
befreit waren, zeigten die Reaktion ebenso schön, wie andere.
Die gleichen Erscheinungen treten auf, wenn man an Stelle der
Schwefelsäure rauchende Salzsäure!) anwendet. Bereits 1834 hatte
Runge beobachtet, daß Phenol mit Fichtenholz bei Gegenwart von
Salzsäure eine Reaktion gibt, eine Blaugrünfärbung. Später wurde
durch Tangl (1874), namentlich aber durch Höhnel (1877) nach-
gewiesen, daß die anderen Holzarten mit Phenol und Salzsäure gleich-
falls eine Farberreaktion geben, daß also hier eine „Lignin“-Reaktion:
vorliegt. Diese ist dınn auf die Gegenwart von Koniferin in den«
verholzten Membranen zurückgeführt worden. H. Warnecke?) war-
es, der 18S8 darauf aufmerksam machte, daß Phenol bei dieser Reaktion
1) Nach V. Grafe (Monatsb. f. Chem. 1904, S. 1029, durch Apoth.-Ztg.-
1905, S. 602) eignet sich Bromwasserstoffsäure besser für die Reaktion
als Salzsäure. Ich vermute, daß auch starke Jodwasserstoffsäure mit Holz-
Grünfärbung gibt.
2) Pharmaz. Ztg. 1888, S. 574.
OÖ. Linde: Verholzung. 59
garnicht notwendig ist, sondern daß starke, und zwar rauchende, Salz-
säure hierzu allein genügt. Allerdings erhält man damit eine mehr
grüne Farbe.
Während offizinelle Salzsäure (spez. Gew. 1,124) für sich auf
Fichtenholz fast garnicht einwirkt, gibt sie damit Blaugrünfärbung,
wenn das Holz vorher mit weingeistiger Phenollösung (1:10) durch-
tränkt war. In rauchender Salzsäure aber zeigen mit Phenollösung
getränkte Fichtenholzspäne ein Grün, das mehr nach Blau hinneigt,
als sonst.
Wie Phenolzusatz bei Verwendung von Salzsäure eine reinere
Blaufärbung bedingt, so auch bei 65%iger Schwefelsäure. Besonders
auffallend wird dies, wenn man mit Phenol und Schwefelsäure behandelte
Schnitte in Wasser bringt und mit solchen vergleicht, die nur mit der
Säure behandelt wurden. Wendet man neben Schwefelsäure Phenol
zu der Reaktion an, dann braucht die Säure auch nicht so stark zu
sein, wie sonst. Mit ihrem gleichen Gewicht Wasser verdünnte, also
47—49% ige Schwefelsäure, die für sich mit Koniferenholz keine Grün-
färbung mehr erzeugt, sondern nur schwache Gelbfärbung, färbt bei
Phenolzusatz das Holz blaugrün, wenn auch nur sehr langsam.
Bringt man die mit 65%iger Schwefelsäure ohne und mit Phenol-
zusatz grüngefärbten, dann in Wasser entfärbten Schnitte'), nachdem
man sie zwischen Fließpapier ausgedrückt, wieder in die Säure, so
tritt nicht erst Gelbfärbung ein, sondern bei den vorher mit Phenol-
lösung getränkten Schnitten augenblicklich Blaufärbung, die dann in
Blaugrün und Grün übergeht, bei den anderen direkt eine blaugrüne,
dann grüne Färbung. Werden die entfärbten Schnitte aber völlig
getrocknet, dann werden sie in der Säure sofort grün. Dies läßt sich
mit den gleichen Schnitten öfter wiederholen.
Es war nun festzustellen, ob sich andere Hölzer gegen 65 %ige
Schwefelsäure ebenso verhalten, wie Koniferenholz. Dabei zeigte sich,
daß dies nicht der Fall ist. Ich habe kaum 2 Hölzer gefunden, die
in dieser Beziehung genau das gleiche Verhalten zeigten; ja, es scheinen
sogar Unterschiede vorhanden zu sein zwischen Stamm- und Astholz
derselben Pflanze. Während einige Hölzer in der Säure fast noch
schöner grün werden, als Koniferenholz, nehmen andere eine gelbliche
oder gelbe, dann schmutzig braungrüne Farbe an, und dazwischen
finden sich alle möglichen Uebergänge.
Stark gelb, dann gelbgrün, dann grasgrün wird außer
Koniferenholz (von Pinus silvestris, Picea excelsa, Abies alba, Larix
1) Die mit Phenol behandelten Schnitte entfärben sich in Wasser’ nicht
ganz, sondern werden hellrötlich.
60 O0. Linde: Verholzung.
decidua, Juniperus communis) das Holz von Lonicera Periclymenum
(fast noch schneller und schöner), Populus-Arten, Acer platanoides und
Robinia Pseudacacia.
Gelblich oder gelb, dann schmutzig braungrün mit allen
möglichen Abstufungen wird das Holz von Solanum Dulcamara, Tilia
grandifolia, Betula alba, Quercus pedunculata, Quassia amara, Picrasma
excelsa, Fagus silvatica, Carpinus Betulus, Guajacum offieinale, und
von diesen am wenigsten grün, sondern mehr braun, das der letzt-
genannten drei Pflanzen.
In der Mitte zwischen diesen beiden Abteilungen steht das
Holz von Ulmus campestris, Fraxinus excelsior und Platanus occidentalis.
Auch bei den in der zweiten Gruppe genannten Hölzern, die
durch 65%ige Schwefelsäure allein nicht grün werden, lassen sich
grüne Töne erzielen, wenn man die Schnitte vorher mit Phenollösung
behandelt.
Werden Späne von Koniferenholz zur Entfernung des Xylans
mehrmals mit 5%iger Natronlauge ausgekocht, dann geben sie nach
dem Auswaschen keine Gelb- oder Grünfärbung mehr mit 65%iger
Schwefelsäure, sondern werden darin nur mißfarbig graubraun oder grau.
Im Jahre 1904 machten ©. Hartwich und M. Winckel!) die
Beobachtung, daß die offizinelle Myrrhe mit Vanillin-Salzsäure
eine Rotfärbung gibt. Sie stellten ferner fest, daß es zwei Be-
standteile der Myrrhe sind, auf welche diese Reaktion zurückzuführen
ist, nämlich die mit Bleiacetat nicht fällbare Harzsäure und das
ätherische Oel. Da man nun in der Literatur die Annahme verbreitet
findet, daß manche Holzstoffreaktionen, wie die mit FPhlorogluzin,
darauf beruhen, daß in den verholzten Membranen Vanillin?) in äther-
artiger Form gebunden vorhanden ist, so schien es mir interessant,
das Verhalten von Myrrhe zu Holz bei Gegenwart von Salzsäure bezw.
Schwefelsäure festzustellen.
Ich benutzte zunächst die offizinelle Myrrhentinktur. Fichten-
holzspäne wurden damit durchtränkt und nach einiger Zeit halbtrocken
in Salzsäure (spez. Gew. 1,124) gebracht. Sie färbten sich hierin
aber nicht rot, wie nach obiger Theorie zu erwarten war, sondern
schmutzig braunviolett. Besser, als Myrrhentinktur eignet sich das
1) Archiv der Pharmazie 1904, S. 475.
2) Daneben auch Koniferin, Brenzkatechin und Methylfurfurol. Vergl,
Monatshefte für Chemie 1904, S. 1029.
OÖ. Linde: Verholzung 61
ätherische Myrrhenöl!) für die Reaktion. Ich durchtränkte
Fichtenholzspäne mit einer Lösung von 1 T. Myrrhenöl in 50 T.
Alkohol, ließ sie halbtrocken werden und brachte sie dann in die
Säure. In rauchender Salzsäure wurden sie augenblicklich stark
violett, in offizineller Salzsäure (spez. Gew. 1,124) sofort blau-
violett, in verdünnter Salzsäure (1 + 1) sehr langsam violettblaa.
Der Farbenton hängt von der Stärke der Säure ab; je dünner diese,
um so reiner blau ist er. 65%ige Schwefelsäure färbte die mit
Myrrhenöl behandelten Schnitte rotviolett, mit gleichviel Wasser
verdünnte Schwefelsäure violett.
Bringt man die auf diese Weise gefärbten Schnitte in Wasser,
so werden sie alle zuerst reiner blau, später allmählich entfärbt. Mit
Alkohol und Aether ausgekochte Fichtenholzspäne verhalten sich
ebenso. Auffallend ist aber das Verhalten von mit Natronlauge aus-
gekochten und somit vom Xylan befreiten Fichtenholzspänen gegenüber
Myrrhenöl-Salzsäure bezw. -Schwefelsäure. Diese färben sich nämlich
in rauchender Salzsäure augenblicklich und sehr stark rot, in offizineller
Salzsäure schön rot mit Stich in Violett, in verdünnter Salzsäure
(1-1) sehr langsam rosa, in 65%iger Schwefelsäure rot mit Stich
in Gelb, in mit gleichviel Wasser verdünnter Schwefelsäure rot.
Als ich die Reaktion mit der gleichen Myrrhenöllösung (auf-
bewahrt in einem weißen Glase und nicht vor Licht geschützt) nach
einigen Monaten an Fichtenholzspänen vornahm, fiel sie negativ aus.
-Die Lösung ist also nicht haltbar. Sie hatte auch einen besonderen
Geruch angenommen, der an den von Spir. Aetheris nitrosi oder Acet-
aldehyd erinnerte. Die Lösung gab dann mit Vanillin und Salzsäure
auch keine Rotfärbung mehr, wie es mit der frischen der Fall war.
Zieht man Fichtenholzspäne mit (möglichst wenig) offizineller
Salzsäure 4—% Stunde bei gewöhnlicher Temperatür aus und gießt
die Säure ab, so färbt sie sich auf Zusatz von Myrrhenöl rot (mit
Phlorogluzin ebenfalls rot, mit Anilinsalzen gelb). Das gleiche ist der
Fall bei Verwendung von 65%iger Schwefelsäure und solcher, die mit
gleichviel Wasser verdünnt ist, nicht aber bei verdünnter Salzsäure (1-1).
Außer Fichtenholz untersuchte ich verschiedene andere Hölzer
auf ihr Verhalten gegen Myrrhenöl-Salzsäure und fand, daß bei ihnen
die Reaktion ebenfalls eintrat, aber verschieden schnell und stark.
Fast augenblicklich und stark blauviolett färbten sich das
Holz anderer Koniferen, ferner das von Lonicera Periclymenum, Acer
platanoides, Populus pyramidalis, Ulmus campestris und Tilia grandifolia;
ziemlich schnell und stark das von Solanum Dulcamara, ferner
1) Eine chemische Untersuchung des Myrrhenöls ist im Gange.
-
Lign. Quassiae surinamense und jamaicense und Lign. Guajaci; schwach
und langsam das Holz von Alnus glutinosa, Fagus silvatica, Betula
alba, Quercus pedunculata und Carpinus Betulus; am schwächsten das
von Robinia Pseudacacia.
62 O0. Linde: Verholzung.
Erwärmt man nach Kaiser!) gleiche Raumteile furolfreien Amyl-
alkohol und konzentrierte Schwefelsäure auf dem Wasserbade auf
90°, bis geringe Gasentwickelung eintritt, und kühlt das rotgelb
gefärbte Gemisch ab, so färbt sich darin Holz kräftig indigoblau.
Reines Filtrierpapier wird rot gefärbt. — An Stelle des gewöhnlichen
. Amylalkohols kann man auch das offizinelle Amylenhydrat verwenden.
In dem Säure-Amylalkoholgemisch gehen offenbar beim Erwärmen
tief greifende Zersetzungen vor sich; darauf deutet die eintretende
Färbung der sirupdicken Flüssigkeit hin und besonders der Umstand,
daß sich ein starker Geruch nach Schwefeldioxyd entwickelt. Auf
welchem der dabei entstehenden Körper die von Kaiser angegebene
Reaktion beruht, bleibt nocb zu untersuchen.
Die Rotfärbung von Fließpapier ist nun nicht etwa eine spezifische
Zellulosereaktion. Asbest, mit dem Reagens getränkt, färbt sich
ebenfalls rot, ja das Reagens für sich nimmt schon diese Farbe an,
wenn man es auf einem Uhrglase in dünner Schicht ausstreicht. Die
Rotfärbung des Reagens selbst, wie des damit getränkten Fließpapiers,
‚verschwindet bei Zusatz von Wasser.
Um die Blaufärbung von Holz zu erhalten, läßt man am besten
das Reagens auf die Schnitte einige Minuten einwirken und behandelt
diese dann mit offizineller Salzsäure. Bringt man die blau gefärbten
Schnitte in Wasser, so wird die Färbung heller und verschwindet
dann langsam.
Mit Natronlauge ausgekochtes Holz färbt sich in dem Reagens
schön violettrot, ganz ähnlich wie bei Verwendung von Myrrhenöl-
Salzsäure.
Salzsaure Vanillinlösung wird durch Kaiser’s Reagens schön
rot gefärbt.
1) Chemiker-Ztg. 1902, S. 335.
G. Kaßner: Diffusion der Gase, 63
Mitteilungen aus der pharmazeutischen Abteilung
des chemischen Instituts der Königlichen Universität
Münster i. W.
Beitrag zur Kenntnis der Diffusion der Gase.
Von Georg Kaßner.
(Eingegangen den 27. I. 1906.)
Im Januar des Jahres 1901 war von mir zum Zwecke der
Uebung in der Gasanalyse und dem der Demonstration der einschlägigen
Methoden durch Erhitzen von geschmolzenem, also wasserfreiem
Natriumacetat im Gemisch mit Natronkalk ein Quantum Methan her-
gestellt worden.
CH; COONa -1- Na0H = N300; + CH..
Bei der Untersuchung erwies sich dies Gas frei von Sauerstoff,
Kohlendioxyd und Wasserstoff. Dagegen wurde in ihm ein Betrag
von 0,6% Kohlenoxyd gefunden.
Die Reinheit des nach Absorption des letzteren verbleibenden
Gasrestes war durch eine Verbrennungsanalyse in der von Hempel
empfohlenen Explosionspipette mit Quecksilberfüllung ermittelt worden.
Es betrug die zur Untersuchung abgemessene Gasprobe (CH,) 7,2 cem,
hierzu wurde Luft gemischt, so daß ein Gesamtvolum von 98,2 „
resultierte, mithin Luft darin = 91,0 cem
Nach der Explosion betrug das restierende Volumen 83,5 ccm,
folglich ergab die erste, durch Kondensation von Wasserdampf ent-
standene Kontraktion 99,2 —83,5 = 14,7 ccm. Nach Hinwegnahme
der gebildeten Kohlensäure mit Kalilauge verblieben als Resultat
dieser, der zweiten Kontraktion, 76,5 ccm. Die zweite Kontraktion
selbst also betrug 83,5 —76,5 = 7,0 ccm.
Da nun ein Drittel der Summe der ersten und zweiten Kon-
traktion, d. h. also der Gesamtkontraktion Methan ist, so ergibt sich
1 x1,7+7=72.
Angewandt waren. . . 7,2 ccm
GRGHÄBI, era rate a; a
folglich war das von Kohlenoxyd befreite Gas reines Methan.
Von diesem Gase wurden nun drei Proben in verschiedener Weise
aufbewahrt, um zu sehen, wie sich seine Zusammensetzung im Laufe
der Zeit gestalten würde.
64 G. Kaßner: Diffusion der Gase.
Es wurde ein Teil des Gases in eine mit zwei eingeschliffenen
und gefetteten Hähnen versehene Gasprobenröhre, sogenannte Schlag-
wetterröhre eingefüllt. . (Probe A.)
Ein größseres Quantum wurde in eine mit gut eingeschliffenem
Glasstöpsel versehene enghalsige Flasche zu ca. 500 cem Inhalt gebracht
und auch hier durch viskoses Hahnfett gute Dichtung bewirkt. Die
Flasche wurde außerdem am Stopfen noch mit einem zusammenhängenden
Paraffinüberzug versehen. (Probe B.)
Endlich wurde ein Rest von etwa 400 ccm Gas in einem um-
gekehrt mit dem Halse in ein Becherglas und daselbst in Wasser
tauchenden Glaskolben aufbewahrt. Der Kolben lag auf dem Rande
des Becherglases auf, sodaß die Verdunstung von Wasser, dessen ver-
dampfter Anteil etwa alle Jahre durch vorsichtiges Nachgießen von
Wasser ergänzt wurde, nur sehr gering war. Das Volumen des
Gases war im Laufe der Zeit deutlich kleiner geworden, das Sperr-
wasser zeigte Entwickelung grüner Algen. (Probe ©.)
Die Höhe der das Gas von der atmosphärischen Luft trennenden
"Wasserschicht betrug annähernd 20 cm. Wegen des Kolbenhalses aber
‘war der für die Diffusion der Gase in Betracht kommende Wasserweg
‚etwa um die Hälfte größer, mochte also anfangs ca. 30 cm betragen haben.
Untersuchung der Gasproben.
Probe A. Von dieser war bereits im Jahre 1903 eine Analyse
ausgeführt worden, welche indes nichts Auffälliges bot, d. h. keine
wesentliche Abweichung von der im Jahre 1901 gefundenen Zusammen-
setzung. Das zur Analyse erforderliche Gasquantum wurde damals
aus der bis dahin ganz gefüllten Schlagwetterröhre durch Verdrängen
mit Wasser herausgebracht und so kam es, daß der weiter bis zum
Jahre 1906 liegende Gasrest sich in einem zu ®/,; mit Wasser gefüllten
Raum befand. Die Untersuchung dieses Restes ergab nun 1906
folgende Zahlen:
Abgemesen . . . 8,00 ccm Gas
Dazu’getilit), “7 HL
Gesamtvolumen . . 99,00 „.
Nach bewirkter Explosion betrug der Rückstand 85,4 ccm, somit
1. Kontraktion 99 — 85,4 = 13,6 cem; nach Hinwegnahme der Kohlen-
säure verblieben 78,8 ccm, somit 2. Kontraktion 85,4 — 78,8 = 6,6 ccm.
Aus der Gesamtkontraktion 13,6 + 6,6 = 20,2 berechnet sich, durch
Multiplikation mit "/s, der Gehalt an CH,.
Gefunden wurden also 6,73 ccm statt 8 ccm des ursprünglich
reinen Gases. Die Probe besaß demnach nur den Prozentgehalt von 84,1.
G. Kaßner: Diffusion der Gase. 65
15,9% des Gases sind durch Diffusion mit der im Wasser gelösten
Luft verschwunden, bezw. durch Luft ersetzt worden.
Probe B. Die nach fünfjährigem ruhigen Stehen im Verschluß
noch völlig dicht erscheinende Flasche wurde unter Wasser geöffnet
und eine größere Probe des Gases entnommen, um es zunächst von
der Spur Kohlenoxyd zu befreien. Das hiervon freie Gas ergab
folgende Zahlen:
Abgemessen . . . . 6,4 ccm Gas
Dazu gefüllt. . . . 888 „ Taf
Gesamtvolumen mithin 95,2 „.
Nach bewirkter Explosion betrug der Rückstand 83,2 ccm, somit
1. Kontraktion 95,2 —83,2 = 12 ccm; nach Hinwegnahme der Kohlen-
säure verblieben 77 ccm,somit beträgt die2. Kontraktion S3,2—77=6,2ccm.
Gesamtkontraktion daher 18,2. !/3- 18,2 = 6,07 cem ist also das Volumen
des noch vorhandenen Methans.
Es sind hiernach 6,07 statt 6,4 oder noch 94,8% des Gases nach
fünfjähriger Aufbewahrung in mit Hahnfett dicht gehaltener Flasche
zefunden worden.
Probe C. Da hierbei‘ eine weniger gute Haltbarkeit der Gas-
probe erwartet werden konnte, als in den vorher untersuchten Proben A
und B, so wurde die hier zur Untersuchung entnommene Probe, ohne
erst auf etwaigen noch vorhandenen Kohlenoxydgehalt Rücksicht zu
nehmen, sofort dem Explosionsverfahren ausgesetzt. Es zeigte sich
indessen, daß die abgemessenen 20,6 ccm des Gases, gemischt mit
77,9 ecm Luft, nicht ohne weiteres zur Explosion gebracht werden
konnten, dazu war offenbar der Gehalt an CH, zu gering geworden.
Erst nach Zumischung von reinem Wasserstoffgas gelang auch hier
die Verbrennung des Methans.
Es wurde nun hier nur die sich nach Hinwegnahme der Kohlen-
säure einstellende Volumverminderung, also die sogenannnte 2. Kon-
traktion gemessen, und diese gleich 90,4 —85,6 = 4,8 ccm gefunden.
Da nun das Volumen der gebildeten Kohlensäure infolge der
Verbrennungsreaktion OH;,+ O3-+ O3 = H3;0 + H3s0 + CO; gleich dem
Volumen des vorhanden gewesenen Methans ist, so ergibt sich nach
dieser Methode, freilich etwas weniger genau als aus der Berechnung
unter Berücksichtigung der Gesamtkontraktion das in 20,6 ccm der
Probe © gefundene Methan = 4,8 cem.
Es sind mithin von dieser Probe infolge fünfjährigen Stehens
über Wasser nur ca. 23,3% übrig geblieben. Der Rest von 76,7%
Arch. d. Pharm. COXXXXIV. Bds. 1. Heft. 5
66 E. Schmidt: 'Daturaalkaloide.
bestebt somit aus Luft, welche durch das Sperrwasser in dieser langen
Zeit hindurchgewandert ist, während das’ verloren gegangene Methan
den umgekehrten Weg gemacht hat.
Daß das Volumen des Gases -der Probe C. im Laufe der Zeit
geringer geworden ist, hat seinen guten Grund in dem Unterschiede
der Löslichkeitskoeffizienten von Luft und Methan. Der Koeffizient
für Methan ist = 0,03498, für Luft dagegen = 0,01704, ist also für
ersteres Gas etwas über doppelt so groß, sodaß das Verschwinden des
Methans rascher erfolgen muß, als der Ersatz durch Luft.
Die hier mitgeteilten Fälle dürften übrigens ein erfreuliches Bild
von der Diffusionsdichtigkeit der gewöhnlichen Hahnfette ergeben, mit
denen in der Regel die eingeschliffenen Glasstöpsel und Glashähne
versehen werden. Auch sind sie ein Belag für den sich geltend
machenden Einfluß von Wasser als Sperrflüssigkeit auf die Zusammen-
setzung der über demselben aufbewahrten Gase.
Mitteilungen aus dem pharmazeutisch-chemischen Institut
der Universität Marburg.
194. Ueber die mydriatisch wirkenden Alkaloide
der Daturaarten.
Von Ernst Schmidt.
l. Datura alba.
Gelegentlich der Untersuchung der Alkaloide einiger mydriatisch
wirkender Solanaceen, über welche ich vor kurzem im Archiv der
Pharmazie Mitteilung machte, wies ich auf die eigentümlichen Ver-
hältnisse hin, die nach den vorliegenden Literaturangaben bezüglich
der Qualität der Alkaloide in den verschiedenen Organen von Datura
alba Nees obwalten sollen. Während die Blüten der in China heimischen
Pflanze nach Browne 0,485, nach Hesse sogar 0,51% Scopolamin
enthalten, konnten J. Shimoyama und F. Koshima (Apoth.-Ztg.
1892, 458) aus den Samen der in der Provinz Chibo wild wachsenden
Datura alba fast ausschließlich nur Hyoscyamin, neben sehr wenig
Atropin isolieren.
Nach Dragendorff (Die Heilpflanzen) und anderen : Autoren ist
Datura alba Nees identisch mit der als Datura fastuosa bezeichneten
Solanace. Da mir von den Samen letzterer Daturaart, zu Kultur-
zwecken, von J. ©. Schmidt in Erfurt bezogen, 450 g zur Verfügung
E. Schmidt: Daturaalkaloide. 67
standen, erschien es mir, im Anschluß an meine früheren Arbeiten,
nicht ohne Interesse zu sein, dieselben einer Prüfung zu unterziehen.
Von diesen Samen war die eine Hälfte als Datura fastuosa, flor. alb.
plen., die andere Hälfte als Datura fastuosa, flor. coerul. plen. bezeichnet.
Beide Proben wurden, obschon sie äußerlich keine wesentlichen Ver-
schiedenheiten zeigten, getrennt untersucht.
Das zur Isolierung der in diesen Samen enthaltenen Alkaloide
benutzte Verfahren, war das von mir für die Untersuchung anderer
Solanaceen verwendete,
Die grob gepulverten, sehr fettreichen Samen wurden mit Alkohol
bei 30—40° möglichst extrahiert, die erhaltenen Auszüge bei mäßiger
Wärme von Alkohol befreit, die Rückstände mit Wasser verdünnt
und durch Ausschütteln mit Petroleumäther von Fett befreit. Die in
den Petroleumäther mit übergegangenen Alkaloide wurden demselben
durch Schütteln mit salzsäurehaltigem Wasser entzogen.
Um die in den von Fett befreiten Extrakten enthaltenen Basen
zu isolieren, wurden dieselben mit Natriumbikarbonat alkalisiert und
alsdann wiederholt mit Aether-Chloroform ausgeschüttelt. Dem Aether-
Chloroform konnten hierauf die aufgenommenen Alkaloide leicht durch
Ausschütteln mit salzsäurehaltigem Wasser wieder entzogen werden.
Die auf diese Weise erhaltenen Alkaloidlösungen waren kaum gefärbt,
sodaß dieselben direkt zur Fällung mit Goldchlorid verwendet werden
konnten.
Die in obiger Weise erschöpften Extrakte wurden alsdann mit
viel Aether-Chloroform übergossen, hierauf mit konzentrierter Pottasche-
lösung versetzt und sofort in der Schüttelmaschine ausgeschüttelt.
Dem Aether-Chloroform wurde dann das noch aufgenommene Alkaloid
ebenfalls durch salzsäurehaltiges Wasser entzogen und diese Auszüge
gesondert mit Goldchlorid einer Prüfung unterzogen. Außer einigen
Kryställchen eines, aus Hyoscyamin- und Atropingoldchlorid bestehenden
Gemisches, resultierten hier jedoch nur kleine, zur weiteren Unter-
suchung unzureichende Mengen von amorphen Golddoppelsalzen.
A. Samen von Datura fastuosa, flor. coerul. plen.
(230 g.)
Goldehlorid rief in den Lösungen, welche durch Ausschütteln des
Petroleumäthers und der Aether-Chloroformauszüge des mit Natrium-
bikarbonat alkalisierten Extraktes mit salzsäurehaltigem Wasser er-
halten waren, eine reichliche, krystallinische Fällung hervor. Nach
zweimaligem Umkrystallisieren aus heißem, salzsäurehaltigem Wasser
wurden hieraus 1,05 g eines bei 207—209° unter Aufschäumen
schmelzenden Doppelsalzes erhalten, welches nach seiner charakte-
5*
68 E. Schmidt: Daturaalkaloide.
ristischen Form, dem Schmelzpunkte und dem Goldgehalte aus
Scopolamingoldchlorid bestand.
0,346 g enthielten 0,1056 g Au.
Gefunden: Berechnet für Cy7HgıNO,, HC1-AuQ]:
Au 30,52 30,57.
Aus dem Filtrate der direkten Fällung mit Goldchlorid, sowie
aus den Mutterlaugen des durch Umkrystallisation gereinigten
Scopolamingoldchlorids schieden sich nach dem Eindampfen und darauf-
tolgendem freiwilligen Verdunstenlassen zunächst noch einige Kryställchen
von Scopolamingoldchlorid ab, alsdann erfolgte eine Abscheidung von
wenig glänzenden, zu kleinen Rosetten gruppierten feinen Krystall-
flittern. Mit letzterer Krystallisation, bezw. nach derselben, erfolgte
die Abscheidung eines öligen Goldsalzes in rotgelben, durchscheinenden
Tröpfchen. Da letztere bei der Aufbewahrung jener Flüssigkeit im
Eisschranke alsbald erstarrten, so ließen sich dieselben leicht sowohl
von dem direkt in Rosettenform ausgeschiedenen Golddoppelsalze, als
auch von der Mutterlauge (M) durch Auslesen trennen.
Bei der Umkrystallisation aus heißem, salzsäurehaltigem Wasser
verwandelte sich das zunächst rosettenförmig ausgeschiedene Gold-
doppelsalz in glänzende, bei 1651—162° schmelzende Blättchen, die nach
dem Aeußeren, dem Schmelzpunkte und dem Goldgehalte aus Hyoscy-
amingoldchlorid bestanden. Die Menge dieses Doppelsalzes betrug
0,170 g.
0,170 g enthielten 0,05305 g Au.
Gefunden: Berechnet für Cy7HsgNO;, HC1-Aul]z:
Au 31,21 31,30.
Das zunächst ölig ausgeschiedene Golddoppelsalz lieferte, nachdem
es krystallinisch erstarrt, alsdann in heißem, salzsäurehaltigem Wasser
gelöst und schließlich die Lösung der freiwilligen Verdunstung über-
lassen war, zunächst noch eine kleine Menge von Hyoscyamingoldchlorid
(Schmp. 159—161°), alsdann vereinzelte mattgelbe, knöpfchenartige,
bei 136—138° schmelzende Gebilde von Atropingoldchlorid.
Schließlich resultierten noch geringe Mengen von klebrigen Massen,
welche ebensowenig wie die aus der Mutterlauge (M) ausgeschiedenen
Produkte ähnlicher Beschaffenheit weiter untersucht wurden, da die
Gesamtmenge zu gering war.
B. Samen von Datura fastuosa, flor. alb. plen.
(220 g.)
Die Resultate, welche bei der Untersuchung der Samen dieser
Daturaart erzielt wurden, stimmen im wesentlichen mit denen überein,
welche sich bei der im vorstehenden eingehender dargelegten Prüfung
E. Schmidt: Daturaalkaloide. 69
der Datura fastuosa flor. coerul. plen. ergaben. Die Menge der im
reinen Zustande isolierten Golddoppelsalze war jedoch etwas geringer,
als dort. Dagegen war die Quantität der aus den letzten Mutterlaugen
abgeschiedenen klebrigen, amorphen Golddoppelsalze etwas beträchtlicher,
als bei den Samen von Datura fastuosa, flor. coerul. plen.
An reinem Scopolamingoldehlorid vom Schmp. 206—209°
gewann ich hier 0,91 g.
0,222 g enthielten 0,0678 g Au.
Gefunden: Berechnet für C;7Hs3ı NO, HCl-Au Cl:
30,54. 30,57.
An reinem Hyoscyamingoldchlorid vom Schmp. 160—162°
erhielt ich 0,11 g; Atropingoldchlorid beobachtete ich nur in
vereinzelten kleinen, warzenförmigen Gebilden (Schmp. 134—136°),
Vergleicht man die Resultate der vorstehenden Untersuchungen
mit denen, welche Shimoyama und Koshima bei der Prüfung der
japanischen Samen von Datura alba erzielten, so macht sich qualitativ
und quantitativ ein großer Unterschied bemerkbar. Genannte Forscher
erhielten aus 1 kg Samen etwa 0,90 g Hyoscyamingoldchlorid, entsprechend
einem Gehalte von 0,041% Hyoscyamin, und kaum 0,05g Atropin-
goldchlorid, wogegen ich aus 230 g der Samen von Datura fastuosa,
flor. coerul. plen. mehr als 1,05 g Scopolamingoldchlorid, entsprechend
einem Gehalte von 0,216% Scopolamin, und mehr als 0,170 g Hyos-
cyamingoldchlorid, entsprechend einem Gehalte von 0,034% Hyoseyamin,
isolierte. Die Samen von Datura fastuosa, flor. alb. plen. lieferten
mir 0,20% Scopolamin und 0,023% Hyoscyamin.
Wie weit die großen Differenzen, welche in den von Shimoyama
und Koshima erzielten Resultaten im Vergleich zu den von mir
gemachten Beobachtungen obwalten, auf den Einfluß klimatischer oder
sonstiger Verhältnisse zurückzuführen sind, vermag ich nicht zu ent-
scheiden. Daß das Alter der Pflanzen und das Entwickelungsstadium
derselben einen gewissen Einfluß auf die Qualität und Quantität der
Mydriatika ausüben, habe ich früher bei Atropa Belladonna bereits
beobachtet. Aehnliches konnte Herr Dr. A. Kircher bei Datura
arborea konstatieren, wie aus nachstehender Mitteilung hervorgeht.
ll. Datura arborea.
Von Dr. Adolf Kircher.
Im Anschluß an. die Untersuchungen über die mydriatisch
wirkenden Alkaloide der Datura arborea (Arch. d. Pharm. Bd. 243,
S. 323) wurden auch die Samen genannter Pflanze einer diesbezüglichen
Prüfung unterworfen.
70 E. Schmidt: Daturaalkaloide.
Die Isolierungsmethode der Alkaloid-Golddoppelsalze, welche ich
bei dem, in einer Menge von 50 g vorliegenden Material anwandte,
habe ich bereits bei der Verarbeitung der Organe von Datura Metel
eingehend erörtert (Arch. d. Pharm. Bd. 243, S. 311).
A. Mit Natriumbikarbonat alkalisierter Auszug,
Die erhaltene, schwach salzsaure Lösung der Pflanzenbasen
lieferte mit Goldchloridlösung durch fraktionierte Fällung zunächst
zwei Goldsalze mit Fp. 190° und 154°. Nach dem Umkrystallisieren
ergab die erste Fraktion die typischen, sägeförmig ausgezackten
Krystalle des Scopolamingoldchlorids (Fp. 208°), und die zweite die
charakteristisch kleinen, zu moosähnlicher Form gruppierten Blättchen
des Hyoscyamingoldchlorids (Fp. 161°). Das Mengenverhältnis beider
Doppelsalze war etwa 1:3.
B. Mit Kaliumkarbonat nunmehr stark alkalisierter Auszug.
Nach der Umwandlung der noch vorhandenen Alkaloide in die
Hydrochloride erhielt ich durch Goldchloridlösung noch kleine Mengen
von Hyoscyamingoldchlorid (Fp. 151°, umkrystallisiert 160°) und einige
ölige Tropfen, vermutlich von Atropingoldchlorid.
Abgesehen von den kleinen, vielleicht präexistierend vorhandenen
Mengen Atropins, enthält somit auch der Samen von Datura arborea,
Scopolamin und Hyoscyamin, jedoch in einem Verhältnis von
etwa 1:4 und nicht, wie ich nach meinen früheren Untersuchungen
der übrigen Organe dieser Pflanze erwarten konnte, Scopolamin als
Hauptalkaloid.
Bei den früheren Untersuchungen von Datura arborea, welche
mit einem stattlichen, im hiesigen botanischen Garten kultivierten,
blühenden Exemplare zur Ausführung gelangten, ergab sich, daß
dieselbe in allen zur Prüfung gelangten Teilen als Hauptalkaloid das
Scopolamin enthielt, obschon sich überall auch Hyoscyamin als
Nebenalkaloid nachweisen ließ.
Die bemerkenswerten Unterschiede, welche in der Qualität der
Alkaleide bei den untersuchten Samen, im Vergleich zu den früher
geprüften sonstigen Organen der Datura arborea obwalten, dürften
auf die verschiedenen äußeren Verhältnisse zurückzuführen sein, unter
denen die betreffenden Pflanzen gewachsen waren. Das frühere Unter-
suchungsmaterial war im hiesigen botanischen Garten kultiviert, wo-
gegen die jetzt geprüften Samen, welche durch J. ©. Schmidt in
Erfurt bezogen waren, von ausländischen PAanzen stammten, da die
hier gezogenen Exemplare unter dem Einflusse der klimatischen Ver-
hältnisse nicht zur Samenreife gelangen.
E. Schmidt: Daturaalkaloide. 71
Um zu sehen, ob auch bei den hier kultivierten Pflanzen das
Alter und das Entwickelungsstadium einen Einfluß auf die Art der
vorhandenen Alkaloide ausübt, habe ich 100 g der getrockneten Achse
und 60 g der Wurzel einer bereits verblüten und zum größten
Teil entblätterten Datura arborea von neuem auf die Art der vor-
handenen Pflanzenbasen geprüft.
Die Untersuchung der Achse ergab als Resultat die Gegenwart
von relativ viel Hyoscyamin und wahrscheinlich wenig Scopolamin.
Bei der Gewinnung der Aurochlorate nämlich erhielt ich besonders
eine zweite Fraktion, die umkrystallisiert sich in seiner typischen
Form als reines Hyoscyamingoldchlorid erwies (Fp. 162°), Die erste
Fällung, an Menge sehr gering, gestattete nicht ein Umkrystallisieren,
jedoch lag, nach dem Aussehen und Schmelzpunkt derselben zu urteilen,
wohl unreines Scopolamingoldchlorid vor.
Die Wurzel enthielt nur wenig Hyoscyamin und etwas mehr
Atropin, welches als Goldsalz zunächst in öligen Tropfen zur Ab-
scheidung gelangte.
Die im vorstehenden skizzierten, von den Resultaten meiner früheren
Untersuchungen abweichenden Befunde können nur durch die ver-
schiedene Beschaffenheit der untersuchten Pflanzen eine Erklärung finden.
Die früher von mir untersuchten Organe der Datura arborea:
Blüten, Blätter, Stamm und Wurzel, stammten, wie bereits erwähnt,
von einer älteren, etwa 1,5 m hohen, noch in normaler Entwickelung
begriffenen, blühenden Pflanze, wogegen die jetzt untersuchten Organe:
Achse und Wurzel, einer jüngeren, bereits verblüten und zum größten
Teil entblätterten, mehr oder minder im Absterben begriffenen, etwa
1 m hohen Pflanze angehörten. Da die früher untersuchte und die
jetzt geprüfte Pflanze sonst unter gleichen Bedingungen im hiesigen
botanischen Garten kultiviert waren, so kann die Verschiedenheit in
dem Alkaloidgehalte derselben nur durch die wesentliche Differenz in
dem Alter und in dem Entwickelungsstadium bedingt sein.
Daß jedoch eine Datura-Spezies unter gleichen biologischen Ver-
hältnissen in einem bestimmten Entwickelungsstadium fortgesetzt die
gleiche Art der Alkaloide erzeugt, zeigt die der Datura arborea ver-
wandte Datura Metel. Diese Pflanze, welche im hiesigen botanischen
Garten in den Jahren 1902, 1903, 1904 und 1905 unter gleichen Be-
dingungen kultiviert worden war, habe ich fortgesetzt in dem gleichen
Entwickelungsstadium: zur Blütezeit, auf die Art der Alkaloide unter-
sucht und hierbei meine frühere Beobachtung, daß wir es hier mit
einer „typischen“ Scopolaminpflanze zu tun haben, nur bestätigt
gefunden.
72 M. Scholtz: Spartein.
Mitteilung aus der pharmazeutischen Abteilung des
chemischen Instituts in Greifswald.
Ueber die Halogenalkylate des Sparteins.
Von M. Scholtz.
(Eingegangen den 15. II. 1906 )
Vor 1% Jahren veröffentlichte ich gemeinsam mit P. Pawlicki
eine Abhandlung über die Halogenadditionsprodukte des Sparteins'),
in der wir den Nachweis zu führen suchten, daß durch Addition zweier
verschiedener Halogenalkyle an Spartein in verschiedener Reihenfolge
zwei verschiedene Verbindungen erhalten werden, woraus der Schluß
gezogen wurde, daß die beiden Stickstoffatome des Sparteins in ver-
schiedener Weise innerhalb des Moleküls gebunden sind. Die Ein-
wirkung von Halogenalkylen auf Spartein ist inzwischen auch von
Moureu und Valeur?) untersucht worden, die zu anderen Resultaten
gelangten, aus denen sie auf eine symmetrische Struktur des Moleküls
gegenüber den beiden Stickstoffatomen schließen. Ich habe infolge-
dessen unsere Versuche wiederholt und gefunden, daß die früheren
Angaben zum Teil irrtümlich sind. Herr Pawlicki, dessen Analysen
unseren Schlußfolgerungen zu Grunde lagen, ist wenige Monate nach
Beendigung der Arbeit gestorben. Unter diesen Umständen beschränke
ich mich auf die Wiedergabe der Resultate meiner erneuten Unter-
suchung, durch welche die früheren Angaben zu berichtigen sind.
Daß das Spartein als zweisäurige Base funktioniert, geht aus
einer Reihe schon früher von Stenhouse?), Mills®) und Bamberger’)
dargestellter Salzehervor. Trotzdem gelingt es außerordentlich schwierig,
zwei Halogenalkyle an das Alkaloid anzulagern. Die schon vonMills
beobachtete Eigentümlichkeit des Sparteins, beim Erhitzen mit Jod-
äthyl in alkoholischer Lösung nicht das Dijodäthylat Cı; Hase Na(C>s H, J)3
zu bilden, sondern das jodwasserstoffsaure Monojodäthylat Cıs Has Ns -
CG,H;,J:- HJ zeigt, daß das Alkaloid leicht zersetzend auf Halogen-
alkyle wirkt unter Abspaltung von Jodwasserstoff. Diese Neigung,
Jodwasserstoff abzuspalten, ist so groß, daß manche Halogenalkyle
beim Erwärmen mit Spartein nur jodwasserstoffsaures Spartein liefern.
1) Arch. d. Pharm. 242, 513 (1904).
3) Compt. rendus 140, 1601, 1645; 141, 49, 117, 261 (1905).
8) Ann. d. Chem. u. Pharm. 78, 15 (1851).
4) Ann. d. Chem. u. Pharm. 125, 71 (1863).
5) Ann. d. Chem, u. Pharm. 235, 376 (1886).
M. Scholtz: Spartein. 73
Jodäthyl lagert sich bei gewöhnlicher Temperatur langsam, beim
Erwärmen auf 100° schnell an, erhitzt man aber mit einem Ueberschuß
von Jodäthyl auf i50°, so entsteht lediglich jodwassersaures Spartein.
Ebensowenig ist die Anlagerung eines zweiten Halogenalkyls durch
Erhitzen von Sparteinjodmethylat mit Jodäthyl oder von Spartein-
jodäthylat mit Jodmethyl zu erreichen, sondern das Sparteinmonojodalkylat
bleibt bei niederer Temperatur unverändert, während bei höherer
Temperatur Zersetzung unter Bildung des bei 230° schmelzenden jod-
wasserstoffsauren Sparteins stattfindet.
Einige Halogenalkyle sind überhaupt nicht zur Anlagerung an
Spartein za veranlassen, sondern werden schon vorher unter Jod-
wasserstoffabspaltung zersetzt. So resultiert beim Behandeln von
Spartein mit Jodessigsäuremethylester schon in der Kälte, sowie beim
Erwärmen von Spartein mit Amyljodid auf dem Wasserbade lediglich
jodwasserstoffsaures Spartein. Wie Methyljodid lagert sich aber
Benzyljodid leicht bei Zimmertemperatur an, unter Bildung von
Sparteinjodbenzylat, Cj5 Has Na - C,H, -CHa3J, das, aus Wasser um-
krystallisiert, farblose Blättchen vom Schmp. 168° bildet.
0,1435 g Substanz gaben 0,3060 g COa und 0,0909 g Ha0.
0,1864 „ ni „ 0,0973 „ AgJ.
Berechnet für Cs Has Ng-C, H7J: Gefunden:
C 58,4 58,2
3-05 7,1
I 281 28,2
Doch entsteht auch neben diesem Ammoniumjodid eine geringe
Menge Sparteinjodhydrat. Beim Erwärmen des Jodbenzylats mit
Jodessigsäuremethylester auf dem Wasserbade entsteht wiederum
lediglich das jodwasserstoffsaure Salz. Es könnte hiernach scheinen,
als ob das zweite Stickstoffatom des Sparteins überhaupt nicht fähig
wäre, Jodalkyl zu addieren, doch lassen sich zwei Verbindungen dar-
stellen, in denen zweifellos jedes der beiden Stickstoffatome an vier
organische Radikale und ein Halogenatom gebunden ist. Es ist das
einmal das in der früheren Abhandlung beschriebene Additionsprodukt
von ortho-Xylylenbromid an Spartein, C,;HssNa- C,H, (CH3» Br)..
Zum Beweise, daß sich hier beide Stickstoffatome in fünfwertigem
Zustande befinden, habe ich die Verbindung in wässeriger Lösung mit
Silberoxyd behandelt. Das stark alkalisch reagierende Filtrat wurde
mit Salzsäure angesäuert und mit Platinchlorid versetzt. Das aus-
fallende, in kaltem Wasser schwer, in Salzsäure leicht lösliche Platin-
salz wird beim Umkrystallisieren aus heißem Wasser als klein-
krystallinisches Pulver erhalten, das bei 218° unter Zersetzung
74 M. Scholtz: Spartein.
schmilzt. Wie die Platinbestimmung zeigt, entspricht es der/|Zu-
sammensetzung Cı; Has Na - Ca Hz Cl, - PtC];.
0,3299 g Substanz gaben 0,0856 g Pt.
Berechnet für C3Hg4NaPt(Ül;: Gefunden:
Pt 26,1 26,0.
Eine andere Diammoniumverbindung des Sparteins haben
Moureu und Valeur durch Erhitzen des Alkaloids mit über-
schüssigem Jodmethyl auf 180—190° erhalten. Die hierbei ent-
stehende, äußerst leicht lösliche und hygroskopische Verbindung haben
die genannten Autoren nicht genau charakterisiert, schließen aber aus
der Analyse der aus Alkohol umkrystallisierten Verbindung, daß sie
das mit 1 Mol. Alkohol krystallisierende Dijodmethylat in Händen
hatten. Da die Verbindung zur Analyse wenig geeignet ist, so habe
ich sie, auf demselben Wege dargestellt, ebenfalls mit Silberoxyd be-
handelt, durch Salzsäure in das Chlorid übergeführt und aus diesem
das Platinsalz gewonnen. Aus heißem Wasser läßt es sich gut um-
krystallisieren und stellt dann orangefarbene Nadeln dar, die der Zu-
sammensetzung Cj; Hs, Na(CH; Ol), PtC], entsprechen.
0,2862 g Substanz gaben 0,0828 g Pt.
Berechnet für CyHgssNsPtC];: Gefunden:
Pt 29,0 28,9.
Moureu und Valeur haben nun bei der Darstellung des Mono-
jodmethylats und Monojodäthylats außer den schon bekannten Ver-
bindungen noch ein zweites Reaktionsprodukt derselben Zusammen-
setzung erhalten, diese neuen Verbindungen betrachten sie aber nicht
als Strukturisomere des von Bamberger beschriebenen Jodmethylats
und Jodäthylats in dem Sinne, daß das Halogenalkyl das eine Mal an
das eine, das andere Mal an das andere Stickstoffatom getreten ist,
sondern als Stereoisomere, und zwar aus folgendem Grunde. Den
beiden Jodmethylaten, die sich durch Löslichkeit und optisches Ver-
halten unterscheiden, und die sie «- und «a‘-Jodmethylat nennen, ent-
sprechen zwei jodwasserstoffsaure Jodmethylate, C}5Hss Na - CH3J «HJ
(a-- und «a’-Verbindung), von denen das erste mit dem von mir früher
dargestellten identisch ist. Beide Jodmethylat-Jodhydrate geben, auf
232° erhitzt, Jodmethyl ab, und es hinterbleibt in beiden Fällen
dasselbe jodwasserstoffsaure Spartein. Ständen die beiden Jodmethylat-
Jodhydrate zu einander im Verhältnis der Strukturisomerie, wäre also
in dem einen der Jodwasserstoff an das Stickstoffatom a, das Jodmethyl
an den Stickstoff b gebunden, in dem anderen aber umgekehrt, so hätten
bei der Abspaltung des Jodmethyls zwei verschiedene Sparteinjodhydrate
hinterbleiben müssen, da ja der Jodwasserstoff an verschiedene Stickstoff-
M. Scholtz: Spartein. 75
atome gebunden wäre. Den Einwand, daß bei der hohen Temperatur
von 232% eine Wanderung des Jodwasserstoffes von einem Stickstoff-
atom an das andere sehr leicht möglich wäre, suchen Moureu und
Valeur dadurch zu entkräften, daß beim Erhitzen von jodwasserstoff-
saurem Spartein mit überschüssigem Jodmethyl auf 135° neben dem
Jodmethylat-Jodhydrat « auch eine geringe Menge der «a‘-Verbindung
entsteht. Hier war das eine Stickstoffatom von vornherein besetzt,
das Jodmethyl muß sich also bei beiden Jodmethylat-Jodhydraten an
demselben Stickstoffatom befinden. Aus diesen Versuchen folgern
Moureu und Valeur, daß ein durch die Struktur des Sparteins
bedingter Unterschied zwischen den beiden Stickstoffatomen nicht
besteht, und daß die von ihnen aufgefundene Isomerie nur sterischer
Natur sein kann. Diese Beweisführung dürfte indessen kaum genügen,
um die symmetrische Struktur des Sparteins gegenüber den beiden
Stickstoffatomen zu beweisen, denn auch die Temperatur von 135°
schließt eine Wanderung des Jodwasserstoffs von einem Stickstoff zum
andern nicht aus.
Die von ihnen angenommene Stereoisomerie stellen Moureu und
Valeur in Analogie mit der von mir bei dem alkylierten Koniin und
Konhydrin aufgefundenen!), bei denen es sich gezeigt hatte, daß bei
der Addition eines Halogenalkyls zwei Formen auftreten, die nur durch
die stereochemischen Verhältnisse des fünfwertigen Stickstoffs ihre
Erklärung finden können, und schreiben schließlich, überzeugt von der
symmetrischen Struktur des Sparteinmoleküls, auf Grund der von
ihnen erhaltenen Abbauprodukte unter Vorbehalt dem Alkaloid eine
der beiden folgenden Formeln zu:
CH CH
CH, “nn CHa CHs um, CHa
| |
]
CH3| Ne CHa
N
oder
Jet no,
CH, CH, m CH— CH — CH: m CHs
| Im
CHa Is CHa CHa__ bar, CHa
N Pr
Hierbei ist indessen übersehen, daß keine dieser beiden Formeln
die Bedingung erfüllt, welche die durch das fünfwertige Stickstoffatom
verursachte Stereoisomerie erfordert. Alle bisher bekannten Beispiele
von dem Auftreten stereoisomerer Formen am fünfwertigen Stickstoff
1) Ber. d. d. chem. Ges. 37, 3627 (1904), 38, 595 u. 1289 (1905).
76 M. Scholtz: Spartein.
haben sich nur beim asymmetrischen Stickstoff gefunden, bei dem
alle fünf Valenzen in verschiedener Weise gebunden sind, und beim
alkylierten Koniin und Konhydrin habe ich gezeigt, daß die Isomerie
nicht auftritt, wenn zwei gleiche Radikale am Stickstoff stehen. Die
beiden obigen Formeln enthalten aber keinen asymmetrischen Stickstoff,
von ihnen können sich also auch keine stereoisomeren F'ormen ableiten.
In Anbetracht des therapeutischen Interesses, welches die
Halogenalkylate der Alkaloide mehr und mehr gewinnen, habe ich
Herrn Privatdozent Dr. Hildebrandt in Halle ersucht, einen Vergleich
der physiologischen Wirkung des Sparteinjodmethylats und -benzylats
mit der des Sparteins selbst anzustellen. Herr Hildebrandt, dem ich
auch hier für seine Untersuchung meinen besten Dank sage, teilt hier-
über folgendes mit:
„Jodwasserstoffsaures Spartein (Mol.-Gew. 362), Sparteinjod-
methylat (Mol.-Gew. 376) und Sparteinjodbenzylat (Mol.-Gew. 452)
zeigen sämtlich bei Fröschen in Mengen von 7,2, bezw. 7,5, bezw. 9,0 mg
(Verhältnis der Molekulargewichte) die Wirkung, die Fick im Jahre
1873 beim salzsauren Spartein beobachtet hat: die spontanen Be-
wegungen hören auf, schließlich tritt völlige motorische Lähmung ein,
die Nerven reagieren auch auf starke elektrische Ströme nicht und die
Atmung hört auf, während das Herz noch pulsiert. Immerhin trat
bei den Halogenalkylaten des Sparteins die Allgemeinwirkung früher
ein. Hinsichtlich der Wirkung auf das Herz machten sich insofern
Unterschiede bemerkbar, als im Falle der Halogenalkylate die Intensität
der Herzschläge stundenlang normal blieb, während beim jodwasserstoff-
sauren Spartein sehr bald eine beträchtliche Verlangsamung der Herz-
schläge eintrat, indem sie von 36 auf 12 pro Minute innerhalb einer
Stunde herabgingen, wobei die einzelnen Zusammenziehungen immer
weniger kräftig wurden. Diese Wirkung haben im Jahre 1895
Cushny und Matthews beim Sparteinsulfat beobachtet und als direkte
Herzwirkung erkannt. Da diese den Herzmuskel schädigende Wirkung
den Sparteinjodalkylaten nicht zukommt, so war zu erwarten, daß bei
ihnen eine weitere für das Spartein nachgewiesene Wirkung in höherem
Grade zum Ausdruck kommen würde. Nach Beibringung von Spartein
verliert, wie Fick fand, der Herznerv des Frosches seine elektrische
Erregbarkeit; der durch Muskarin, das die Hemmungszentra in hohem
Grade erregt, erzeugte Herzstillstand wird durch Spartein ähnlich wie
durch Atropin beseitigt. Bei den Halogenalkylaten war in der Tat
die Wirkung noch deutlicher, als Fröschen, denen durch Injektion von
Muskarin das Herz in diastolischen Zustand versetzt war, 7 bis 9 mg
H. Frerichs u. O. Rentschler: Xanthogenharnstoffe etc. 77
injiziert wurden. Es scheint hieraus hervorzugehen, daß für das
Zustandekommen dieser eigenartigen Wirkung (Lähmung der Herz-
hemmungsnerven) des Sparteins nicht das Vorhandensein des tertiären
Stickstoff maßgebend ist, wohl aber durch ihn die schädigende Wirkung
auf das Herz bedingt ist. Versuche an Kaninchen ergaben. daß die
dem Spartein eigene Atmungslähmung in gleicher Weise von den
Halogenalkylaten hervorgerufen wird. 0,3 g Sparteinjodmethylat
zeigten bei einem Kaninchen von 1100 g Gewicht binnen 40 Minuten
die gleiche toxische Wirkung, wie 0,3 g des jodwasserstoffsauren
Salzes. Trotz der an sich günstigen Wirkung der Halogenalkylate
auf das Herz erscheint wegen der die Atmung schädigenden Wirkung
ihre therapeutische Verwendung in hohem Grade bedenklich.“
Mitteilungen aus dem Pharmazeutischen Institute der
Herzog]. technischen Hochschule zu Braunschweig.
Von H. Beckurts.
Ueber die Einwirkung von xanthogensauren Salzen
auf Derivate der Monochloressigsäure.
Von H. Frerichs und OÖ. Rentschler.
(Eingegangen den 25. II. 1906.)
Im nachstehenden wollen wir eine Anzahl Verbindungen
beschreiben, die erhalten wurden durch Einwirkung von methyl-,
äthyl-, propyl- und benzylxanthogensaurem Kalium bezw. Natrium
auf Chloracetylharnstoffe und Chloracetylarylamine. Die hierbei er-
haltenen Verbindungen waren beständig und krystallisierten durchweg
gut. Namentlich gegen konz. Säuren waren die erhaltenen Körper
sehr beständig, sie lösten sich z. B. glatt in konz. Schwefelsäure und
schieden sich beim Verdünnen mit Wasser unverändert ab. Bei der
Einwirkung von Alkalien traten jedoch tiefgehende Umsetzungen ein,
es gelang uns jedoch nicht, die entstehenden Produkte zu fassen. Auf
Zusatz von Säuren zu der Lösung in Alkalien entwickelte sich stets
Schwefelwasserstoff. Versuche, durch Quecksilberoxyd eine Ent-
schwefelung herbeizuführen, gelangen nicht.
Methylxanthogenacetylharnstoff:
NH3 (0/6) NH 16/6) CH3S CS 16) CH; = C; Hs Na Sa OÖ.
Gleiche Moleküle Chloracetylharnstoff und methylxanthogensaures
Kalium wurden in alkoholischer Lösung etwa 5 Minuten im Sieden
78 H. Frerichs u. O. Rentschler: Xanthogenharnstoffe etc.
erhalten und darauf das ausgeschiedene Chlorkalium abfiltriert. Aus
dem Filtrate schieden sich beim Erkalten eine reichliche Menge farb-
loser Nadeln ab, die aus Alkohol umkrystallisiert bei 170—171°
schmolzen. Dieselben waren löslich in Alkohol und Eisessig, fast un-
löslich in Wasser und Aether.
Analysen:
1. 0,1022 g Substanz gaben 0,2310 g BaS0, = 31,03% S.
2. 0,1797, n „ bei 220 und 755mm Druck 21,3 ccm feuchten
Stickstoff — 13,63% N.
Berechnet für die Formel C,HgNaS30;: Gefunden:
3. 0,77 31,03%
N 13,46 13,63 „.
Aethylxanthogenacetylharnstoff:
NH3 10/6) NH co CHa S CS OÖ 169 H; — Os HıoN>a Sa O3.
Auf dieselbe Weise wie der Methylxanthogenacetylharnstoff
wurde dieser Körper aus äthylxanthogensaurem Kalium und Chlor-
acetylharnstoff in Form büschelförmig gruppierter langer Nadeln er-
halten, die bei 177—178° schmolzen. Gegen Lösungsmittel verhielt
sich derselbe wie die entsprechende Methylverbindung. |
Analysen:
1. 0,1093 g Substanz gaben 0,2320 g BaS0O, —= 29,15% S.
2. 0,1560 „ h „ bei 220 und 755 mm Druck 17,2 ccm feuchten
BRAIN,
Berechnet für die Formel 0,H,oNgS3 03: Gefunden:
Ss 28,83 29,15%
N 12,61 12,41 „.
PropyIxanthogenacetylharnstoff:
NH; 16/6) NH Co CHa Ss Cs Ö [07 H7 = [07 Hıa Na Sa O:.
Durch Einwirkung von propylxanthogensaurem Kali auf Chlor-
acetylharnstoff wurde diese Verbindung in Form langer farbloser
Nadeln erhalten, die bei 168—169° schmolzen. Dieselben waren
löslich in Eisessig, schwer löslich in Alkohol, fast unlöslich in Wasser
und Aether.
Analysen:
1. 0,2100 g Substanz gaben 0,4130 g BaS0O, = 27% 8.
2. 0,1840 „ 5 „ 0,2400 „ CO; = 35,54% C und 0,0825 g H50
— 4,98% H.
Berechnet für die Formel C7,HjaNaSg9 03: Gefunden:
GC 35,59 35,54%
H 5,08 4,98 „
Ss 29712 dns
H. Frerichs u. O. Rentschler: Xanthogenharnstoffe etc. 79
Benzylxanthogenacetylharnstoff:
NH3 co NHCO CHsS Cs Ö CH3 C,H; = Cyı H3s Sa Na O;.
Zur Darstellung dieses Körpers wurde zunächst benzyl-
xanthogensaures Natrium dargestellt, welches in der Literatur
noch nicht beschrieben wurde. Durch Einwirkung von 23,0 metallischem
Natrium auf 106,0 Benzylalkohol wurde Natriumbenzylalkoholat als
krystallinische Masse erhalten. Dasselbe wurde mit ca. 200 ccm Aether
verrieben und unter guter Kühlung nach und nach mit 85,0 Schwefel-
kohlenstoff versetzt. Das gelbe krystallinische Produkt wurde abgesogen,
mit Aether gewaschen und über Schwefelsäure getrocknet. Es stellte
wenig ausgebildete Blättchen dar, die in Wasser und Eisessig leicht,
schwerer in Alkohol löslich, in Aether und Chloroformfast unlöslich waren.
Analyse:
0,2074 g Substanz gaben beim Abrauchen mit konzentrierter Schwefel-
säure 0,0700 g NagSO, = 10,94% Na.
Berechnet für die Formel 0gH,SgO Na: Gefunden:
Na 11,16 10,94 %.
Beim Erhitzen einer Lösung von 6,0 Chloracetylharnstoff in etwa
50 ccm Alkohol erstarrte die Flüssigkeit nach Zusatz von 10,0 benzyl-
xanthogensaurem Natrium alsbald zu einem Krystallbrei. Derselbe wurde
nach dem Erkalten abgesogen, mit Wasser gewaschen und aus Alkohol
umkrystallisiertt. Die auf diese Weise erhaltenen farblosen Nadeln
schmolzen bei 165°, waren schwer löslich in Alkohol, fast unlöslich in
Aether, Chloroform und Eisessig.
Analyse:
0,1131 g Substanz gaben 0,1850 g BaSO, = 22,45% S.
Berechnet für die Formel C,,H72Sa N30;: Gefunden:
22,54 22,45%.
Methylxanthogenacetylmethylharnstoff:
CH; NHCO NH 16/6) CH; SCSOCH; Sa C; Hıo Na Sa O3.
15 g methylxanthogensaures Kali wurden in etwa 30 ccm Alkohol
gelöst und einer siedenden weingeistigen Lösung von 15 g Chloracetyl-
methylharnstoff zugesetzt und 5 Minuten im Sieden erhalten. Die nach
dem Erkalten ausgeschiedenen Krystalle wurden aus 90%igem Alkohol
umkrystallisiert und in Form farbloser Blättchen erhalten, die bei 176°
schmolzen.
Dieselben waren schwer löslich in Alkohol und Eisessig, fast
unlöslich in Wasser und Aether.
Analysen:
1. 0,1615 g Substanz gaben 0,3400 g BaS0O, = 28,91% S.
2. 0,1555 „ 5 „ bei 250 und 760 mm Druck 18ccm feuchten
N = 1294, N.
80 H. Frerichs u. OÖ. Rentschler: Xanthogenharnstoffe etc.
Berechnet für die Formel 0,HjoN3S30;: Gefunden:
S 28,83 28,91%
N 12,61 12,9 „.
AethyIxanthogenacetylmethylharnstoff:
CH; NH co NH co CHa S 16; so [67 H; 5 [67 Hs Na Sa O3.
Diese Verbindung wurde der Methylverbindung analog aus äthyl-
xanthogensaurem Kaliund Chloracetylmethylharnstoff in Form glänzender
Blättchen erhalten, welche bei 185° schmolzen. Die Löslichkeits-
verhältnisse waren dieselben wie bei der Methylverbindung.
Analysen:
er 0,111 g Substanz gaben 0,1439 g CO; = 35,35% C und 0,052 g H,0 =
’ “Berechnet für die Formel C;HgNa820;: Gefunden:
C 35,60 35,35%
H 5,09 5,20 „.
Propylxanthogenacetylmethylharnstoff:
CH; NH co NH 16/6) NH3> S C Ss (6) Oz H; — [67 Hs Na Sa O;.
Dieser Körper wurde aus propylxanthogensaurem Kali und Chlor-
acetylmethylharnstoff auf gleiche Weise, wie die entsprechenden Methyl-
resp. Aethylverbindungen erhalten. Derselbe stellte farblose Nadeln
dar, die bei 175—176° schmolzen. Sie lösten sich schwer in Alkohol
und Eisessig, und waren fast unlöslich in Wasser und Aether.
Analyse:
0,1268 g Substanz gaben bei 280 und 759 mm Druck 14,5 cem feuchten
N= 11,61% N.
Berechnet für die Formel Cz3H44 Na 8905: Gefunden:
N 11,20 11,61%.
BenzylxanthogenacetyImethylharnstoff:
CH; NH Co NH CO CHsa Ss Cs Ö CHa [67 H; Ir [077° Hıs Na Sa O;.
Diese Verbindung wurde analog dem Benzylxanthogenacetyl-
harnstoff aus benzylxanthogensaurem Natron und Chloracetylmethy!-
harnstoff in Form farbloser Nadeln erhalten, die bei 1839— 190° schmolzen.
Dieselben waren schwer löslich in Alkohol, fast unlöslich in Wasser,
Chloroform, Aether und Eisessig.
Analysen:
1 d 0,067 g Substanz gaben 0,118 g CO, = 48,03%, C und 0,0290 g H,O —
: £ 2, ON g Substanz gaben bei 28° und 759mm Druck 9,5 ccm feuchten
Berechnet für die Formel Cjs Hj4 Na Sa Oz: Gefunden:
C 48,32 48,03%
H 4,70 ‚80 „
N 9,40 er
(Fortsetzung folgt.)
4 TE
Der Erfolg des von uns hergestellten speziellen Schwefelpräparats
N "viele sogenannte Ersatzmittel hervorgerufen, welche nicht identisch
“mit unserem Präparat sind und welche obendrein unter sich verschieden
sind, wofür wir in jedem einzelnen Falle den Beweis antreten können. a
Da ‚diese angeblichen Ersatzpräparate anscheinend unter Mißbrauch
_ unserer Markenrechte auch manchmal fälschlicherweise mit
Be | Ichtihyol SER
ae oder |
Ammonium sulfo-ichthyolicum MR
"gekennzeichnet werden, trotzdem unter dieser Kennzeichnung nur unser |
> spezielles Erzeugnis, welches einzig und allein allen klinischen Versuchen
- zugrunde gelegen hat. verstanden wird, so bitten wir um gütige Mit- PAR Kr
- teilung zwecks gerichtlicher Verfolgung, wenn irgendwo tatsächlich 7
solche Unterschiebungen stattfinden. FE
a Ichthyol-Gesellschaft
BR Cordes, Hermanni & Co.
Be | HAMBURG. :
rennen (mm za EEE Me BEL HEBEL ck TE LTE EEE man BEL Sm ar nn Er a
R ‘= u Bi 7
REN) . Dährzucker ES
Ar als Zusatz zur Kuhmilch, beste Dauernahrung für ge- ER
R sunde und kranke Säuglinge vom frühesten Lebensalter an
3 an, klirisch hewährt bei akuten u.chronischen Verdauungs- he
x störungen. Detailpreis der Büchse von !,Kilo Inhalt ME. 1.50; 1° PE
Detailpreis der Büchse von 300 gr. Inhalt ME. 1.—. x /
In verbesserte Liebigsuppe in Pulverform.
Br Die Büchse & Y, Kilo Inhalt ME. 1.50. «
Ex : Es wohlschmeckendes, kräftigendes s A
2 = Nährpräparat für Kinder u. Er- ih
ge Nährzucker Kakao, wachsene, Kranke u. Genesende. BY,
EIER Detailpreis der Büchse von !/, Kilo Inhalt Mk.1.80. Rx
Far In den meisten Apotheken. LA
an Be ce
1 Nährmittelfabrik München, «. m. ». #., in Pasing.
Was ein Anastigmat leistet.
Br 5 Viele sind sich über die optische Leistung des Anastigmates nicht im Klaren. Sollen ER:
- einwandfreie Bilder erzielt werden, muß das Aufnahmeobjektiv zwei Eigenschaften besitzen: De
- Lichtstärke und Randschärfe. Diese beiden vornehmsten Tugenden vereinigt in sich der AR N
. Anastigmat. Die anderen Objektive besitzen stets nur eine der Eigenschaften, ist Licht- "BE L
_ stärke vorhanden, fehlt Randschärfe und umgekehrt. Doch nicht alle Anastigmate sind en ?:
gleichwertig, ebenso verschiedenartig wie die Konstruktion ist die Leistungsfähigkeit. Der j
RER erste Anastigmat ist bekanntlich der Doppel- Anastigmat von Goerz, Berlin, gewesen und Zur
diese Objektive haben Weltruf erlangt, unter den späteren Konstruktionen haben sich uf
- Grund ihrer Leistungen die Aristostigmate von Meyer, Görlitz, einen ehrenvollen Platz Ar
gesichert. Beide Objektiv-Typen werden in die bekannten Union-Cameras der Firma A
_ .Stöckig & Co., Dresden, Bodenbach, Zürich, ausschließlich montiert und dadurch haben
sich diese Apparate schon seit Jahren eine führende Stellung auf dem Camera -Markte Y
ner, Wer sich für Photokunst interessiert, schenke dem Prospekt Beachtung, der
‚‚uuserem heutigen Blatte beiliegt.
E. HEUER
coOTTA-DRESDEN
empfiehlt als zuverlässigste Anaesthetica
Aether pro narcosi | |
Chloroform. puriss, | MakeE-H
G W) Öriginalprodukte „Heyden“.
$ Außer anderen Präparaten sind von uns in die Medizin eingeführt;
Salicylsäure, salicylsaures Natrium, salieylsaures Wismut,
Salol, Solveol, Creosotal, Duotal, Xeroform, Orphol, Itrol,
Collargol, Acoin, Salocreol, Calodal,
Salit billiges, schnell schmerzstillendes Einreibemittel bei rheumatischen
» Erkrankungen aller Art,
Unguentum Heyden (Salbe aus Calomelol),
gegen Syphilis, von Geheimrat Neisser, Breslau, als diskreter Ersatz der
grauen Salbe empfohlen, auch als diskretes Antiparasitikum,
Novargan nahezu reizloses Silberpräparat: „Zur Zeit bestes
Mittel bei akuter Gonorrhöe“.
Wir fabrizieren ferner Acetylsalicylsäure, in Substanz und als leicht zerfallende
Tabletten, Guajakol, Benzonaphtol, Hexamethylentetramin, Bismut. subnitr, etc,
Verkauf durch den Gross - Drogenhandel,
Chemische Fabrik von Heyden, Radebeul-Dresden.
NININININININININININS |
Soeben erschien ein Neudruck der |
Ergänzungstaxe ER Die geehrten Leser werden
zur Deutschen Arzneitaxe 906. gebeten bei Bestellungen auf
In Leinen gebunden M 250, bei Vor- | die Anzeigen unserer Zeitschrift
einsendung franko zu beziehen vom
Deutschen Apotheker-Verein
Berlin C2. |
INININININININININIWIN Deren
Druck von Denter & Nicolas, Berlin C., Neue Friodddtakrnnn 4.
” = l
Zu beziehen durch die Medizinal- Drogenhäuser. N
' Bezug nehmen zu wollen. "WE
” I ra a EL
De a U eh ET P, Wa gl e
a ne er BER Bene 2 a Er er
ee = Da Een * RE =
net ER ILL RE-
ins.
UWJ =M ;
EEE 5 : » a
A | =
© [e) 5 fe) ,
| N n 5 & 2
> Br = a E =
e < RE ET : a =
m x R. > a © ‚= 2 < 2
? 2 > S, ee E B-- = 2 & =
r | i = So 8 oO 5 E <— ra [u nn.
= = = a a =. = 5 >
27). - B- xd 8 = Bun fa} 2
E | a SE
Er < EL 5 = m E g
SIE ur: 2 » #
Be 2 Pr “ 5 <
RS; +» > 8
| \ B : u
| N. ® - E =:
nn 8:2 i =
RENTEN ENREND. RE RO REDE 1 0703
NS BR Et
INHALT.
H. Frerichs und O. Rentschler, ve ne ae >
xanthogensauren Salzen auf Derivate der a DER
(Schluß) 72 Er EL
G. und H. Frerichs, cher er Nachwä einer Veronalvereiiidne Se
P. Richter, Zur Kenntnis des Guajakharzes. . . x 90;
M. Herder, Ueber einige neue allgemeine Kikaloliredssenän BE
deren mikrochemische Verwendung... re ar
K. Holdermann, Ueber Quecksilberoxyceyanid . .. 133
H. Schulze, Ueber das Akonitin und das Akonin aus Acanlkarı
Napellus ER 136
L. van Itallie und c. H. Nieuwiand; a. die” Sanen ind er
das ‚Oel, von‘'Moringa pterygosperma . . 2. 2 en Be
Eingegangene Beiträge.
L. van Itallie und C. H. Nieuwland, Ueber den surinamensischen
Copaivabalsam.
Dieselben, Ueber die Samen und das Oel der Vogelbeeren.
H. Schulze, Ueber das Akonitin und Akonin äus Aconitum Napellus..
C. Hübner, Beiträge zur Kenntnis der Schweelkohle. S
L. Vanino und F. Hartl, Ueber einige neue organische Doppelsalze \%
mit Wismutchlorid.
L. Rosenthaler,. Nachtrag.
(Geschlossen den 26. IV, 1906.)
deskeslesde sasbacleclach sesdeshsdesleslsle sslzshesh sende seckeslesizch snslesde oesdesleskesdeskesdesdesdesdandeske
Diese Zeitschrift erscheint in zwanglosen Heften (in der Regel
monatlich einmal) in einem jährlichen Umfange von 40 bis
50 Bogen. Ladenpreis für den Jahrgang Mk. I12,—.
Alle Beiträge für das „Archiv“ sind an die
Archiv- Bedaktion
Herrn Geh. Reg.-Rat Professor Dr. E. Schmidt in Marburg (Hessen)
oder Herrn Geh. Med.-Rat Professor Dr. H. Beckurtsin Braunschweig,
alle die Anzeigen u. s. w., überhaupt die Archiv-Verwaltung und
die Mitgliederliste betreffenden Mitteilungen an den
Deutschen Apotheker-Verein
Berlin C. 2, Neue Friedrichstr. 43
einzusenden.
A er
Anzeigen.
MERTERENERENERENEERENNN?
4
ya Seite zum Preise von M 50.—; Y? Seite zum Preise von M 30.-—; 3 Seite zum
18 etit.. “>
reise von M 20.—; 1/, Seite zum Preise von M 10.—. Die Grundschri
Beilage-Gebühr für das Tausend der Auflage — z. 2.4200 — M 10.—. Für Beilagen, welche
nicht dem Format des „Archiv“ entsprechen, bleibt besondere Vereinbarung vorbehalten.
Fre Te Eu: en
Da heil ale un Zn aaa er Ba BE nl a nn
ne
H. Frerichs u. OÖ. Rentschler: Xanthogenharnstoffe etc. 81
Methylxanthogenacetyläthylurethan:
CaH;0CONHCOCH3:3SCSO CH; = CHH,ı 04 SaN. LIBR
. 4,0 aus Chloracetylchlorid und Aethylurethan erhaltenes Chlor- YEW
etylurethan = CsH,OCONHCOCH3C|l wurden in etwa 20 ccm "OTA
ißem Alkohol gelöst und unter Erwärmen am Rückflußkühler mit 4°
ner alkoholischen Lösung von 4,0 methylxanthogensaurem Kali ge-
mischt. Das Reaktionsgemisch wurde etwa 5 Minuten im Sieden
erhalten und dann noch heiß vom Chlorkalium abfiltriert. Das Filtrat
wurde bis zur eben entstehenden Trübung mit Wasser verdünnt. Nach
einiger Zeit schieden sich glänzende Blättchen ab, die aus heißem
Alkohol umkrystallisiert bei 92—93° schmolzen. Dieselben waren
löslich in Aether, heißem Alkohol, Eisessig und Chloroform, so gut
wie unlöslich in Wasser.
Analyse:
0,1104 g Substanz gaben 0,217 g BaSO, = 27,17% Schwefel.
Berechnet für die Formel C7H;ı0483N: Gefunden:
S 27,00 27,17%.
Aethyixanthogenacetyläthylurethan:
C;H,0C0O NHCO CH3S Cs (0) CsH; >>; O3 H,3 0; SaN.
Die Verbindung wurde ganz analog dem entsprechenden Methyl-
produkt aus molekularen Mengen äthylxanthogensaurem Kali und Chlor-
acetyläthylurethan gewonnen, in Form glänzender Nadeln, welche bei
103—104° schmolzen. Dieselben waren leicht löslich in Aether, Eis-
essig und Chloroform, schwer löslich in Alkohol, unlöslich in Wasser.
Analyse:
0,124 g Substanz gaben 0,2299 g BaSO, = 25,46% Schwefel.
Berechnet für die Formel C3H1s 04 SaN: Gefunden:
Ss 25,50 25,46 %.
Propylxanthogenacetyläthylurethan:
CG;H;,0CONHCOCH5SCSOC;,H; = C;H,5 0483N.
Diese Verbindung wurde aus propylxanthogensaurem Kali und
Chloracetyläthylurethan erhalten und zwar durch Umkrystallisieren
aus verdünntem Alkohol in Form farbloser Nadeln, welche bei 93—94
schmolzen. Dieselben waren löslich in heißem Alkohol, Aether, Eis-
essig und Chloroform, unlöslich in Wasser.
Analyse:
0,1064 g Substanz gaben 0,1870 g BaSO, = 24,13% S.
Berechnet für die Formel CyHj; O4SaN: Gefunden:
S 24,15 24,13%,
Arch. d. Pharm. CCXXXXIV. Bds. 2. Heft, 6
NAY 26 1906
82 H. Frerichs u. O. Rentschler: Xanthogenharnstoffe etc.
Methylxanthogenacetanilid:
107 H; NH CO CHa SCS OCH3 == Co H,ı NS3 O:.
Eine alkoholische Lösung von 6,5 g Chloracetanilid wurde nach
Zusatz von 6,0 g methylxanthogensaurem Kali 5 Minuten im Sieden er-
halten, wobei sich reichlich Chlorkalium abschied. Letzteres wurde
durch Filtration entfernt und hierauf Wasser bis zur eben entstehenden
Trübung hinzugefügt. Beim Erkalten schieden sich lange farblose
Nadeln ab, welche aus Alkohol umkrystallisiert bei 190—191° schmolzen.
Dieselben lösten sich in Aether und Chloroform, waren schwer löslich
in Alkohol und Eisessig, unlöslich in ‘Wasser.
Analyse:
0,0440 g Substanz gaben 0,0860 g BaS0, —= 26,84% 8.
Berechnet für die Formel Cjo Hıı NSg 0a: Gefunden:
S 26,55 26,84%.
Aethylxanthogenacetanilid:
Os H; NH 16/6) CHs Ss CS O0 H; er Cı Hıs NSa Os».
Dieser Körper wurde auf gleiche Weise wie die entsprechende
Methylverbindung aus 5,7 g Chloracetanilid und 6 g äthylxanthogen-
saurem Kali dargestellt und krystallisierte in langen farblosen Nadeln,
welche bei 98—99° schmolzen. Sie lösten sich in Aether, Essigäther
und Eisessig, schwerer in Alkohol und waren in Wasser unlöslich. -
Analyse:
0,2160 g Substanz gaben 0,400 g BaSO, = 25,42% 8.
Berechnet für die Formel CyHıs N32 0a: Gefunden:
Ss 251 25,42%.
PropylIxanthogenacetanilid:
Os H, NH [0/0] CH; S Cs [0167 H; Tz Cıa Hs; NSa O2.
Dieser Körper wurde dem vorhergehenden analog aus propyl-
xanthogensaurem Kali und Chloracetanilid in Form farbloser schuppen-
förmiger Blättchen erhalten, die bei 86—-87° schmolzen. Die
Löslichkeitsverhältnisse waren dieselben wie bei der entsprechenden
Aethylverbindung.
Analyse:
0,146 g Substanz gaben 0,2555 g BaS0, = 24% 8. r
Berechnet für die Formel C3H1s NSg 03: Gefunden: ”
Ss 23,79 24%.
H. Frerichs u. O. Rentschler: Xanthogenharnstoffe etc. 83
Aethylxanthogenacetmethylanilid:
CH; NCH, CO CH5S CS 00, H; = C12H15 NSy Or.
Eine alkoholische Lösung von 5,0 g äthylxanthogensaurem Kali
wurde nach Zusatz von 7,8 g Chloracetmethylanilid einige Minuten im
Sieden erhalten, wobei sich reichlich Chlorkalium abschied. Letzteres
wurde entfernt und die gebildeten büschelförmig gruppierten langen
Nadeln aus Alkohol umkrystallisiert. Dieselben schmolzen bei 85—86°
und lösten sich in Aether, Chloroform, Essigäther und Eisessig,
schwieriger in Alkohol, in Wasser waren sie so gut wie unlöslich.
Analysen:
1. 0,1220 g Substanz gaben 0,212 g BaS0, = 23,85% S.
2. 0,1270 „ n „ bei 290 und 758 mm Druck 6 ccm feuchten
— 514% N.
Berechnet für die Formel Cj3H;; NS2 03: Gefunden:
S 23,80 23,85%
N 5,20 5,14 „.
Aethylixanthogenacetbenzylanilin:
107 H; (Cs H; CH3) N (6/6) CH; sc so Ca H; =3 Ois H;s NSa O3.
Dieser Körper wurde erhalten durch Einwirkung gleicher
Moleküle Chloracetbenzylanilin und äthylxanthogensaures Kalium in
siedendem Alkohol. Das hierbei abgeschiedene Chlorkalium wurde
durch Filtration entfernt und das warme Filtrat bis zur eben ein-
tretenden Trübung mit Wasser versetzt. Es schieden sich alsdann
derbe Krystalle ab, welche nach dem Umkrystallisieren aus verdünntem
Alkohol bei 65—66° schmolzen. Dieselben lösten sich leicht in Aether,
Chloroform und Eisessig, schwieriger in Alkohol, nicht in Wasser.
Analyse:
0,196 g Substanz gaben 0,2599 g BaS0, = 18,22% S.
Berechnet für die Formel Cjg Hg NSg Oa: Gefunden:
Ss 18,55 18,22%.
Methylxanthogenacet-p-toluidid:
C H; NH [6/6] CH; S C so CH; = Cu Hıs NS O2.
Gleiche Moleküle Chloracet-p-toluidid und methylxanthogensaures
Kali wurden in alkoholischer Lösung einige Minuten im Sieden erhalten
und dann das abgeschiedene Chlorkalium durch Filtration entfernt.
Beim Erkalten schieden sich Nadeln ab, die aus Alkohol umkrystallisiert
bei 164—165° schmolzen. Dieselben waren löslich in Aether, Chloro-
form und Eisessig, schwer löslich in Alkohol, unlöslich in Wasser.
84 H. Frerichs u. ©. Rentschler: Xanthogenharnstoffe etc.
Analyse:
0,0921 g Substanz gaben 0,170 g BaS0, — 25,35% S.
Berechnet für die Formel C;ı Hısg NSs O3: Gefunden:
Ss 25,10 25,35%.
AethyIxanthogenacet-p-toluidid:
[67 H7 NH: [6/6] CH3 Ss C so O3 H; Er Oja H;; NS3 Os.
Dieser Körper wurde auf analoge Weise wie die Methylverbindung
aus Chloracet-p-toluidid und äthylxanthogensaurem Kali in Form langer
Nadeln erhalten, welche bei 136° schmolzen und in Chloroform leicht -
löslich, schwieriger in Alkohol, jedoch fast unlöslich in Aether, Eis-
essig und Wasser waren.
Analyse:
0,1482 g Substanz gaben bei 250 und 757 mm Druck 7,5 ccm feuchten N
— 561% N.
Berechnet für die Formel CjaH1; NSg 0a: Gefunden:
N 5,20 5,61%.
PropylIxanthogenacet-p-toluidid:
C H; NH [616] CHa S Ö S16) [07 H; a Oıs Hır NSa Os.
Diese Verbindung wurde auf gleiche Weise wie vorhergehende
aus 5,0 g propylxanthogensaurem Kali und 3,8 g Chloracet-p-toluidid
erhalten. Die aus Alkohol umkrystallisierten glänzenden Nadeln
schmolzen bei 132—133°. Die Löslichkeitsverhältnisse waren dieselben
wie bei der entsprechenden Aethylverbindung.
Analyse: i
0,1494 g Substanz gaben 0,243 g BaSO, = 22,33% S.
Berechnet für die Formel Cjs Hı7 NSg O3: Gefunden:
S 22,61 22,33%.
AethyIxanthogenacet-m-toluidid:
[67 H7 NH 16/6) CH; SCS 00a H; = Oja Hıs; NS Os.
Dieser Körper wurde auf die gleiche Weise wie die p-Toluidid-
verbindung aus Chloracet-p-toluidid und äthylxanthogensaurem Kali
erhalten. Derselbe stellte büschelförmig gruppierte Nadeln dar, welche
bei 82° schmolzen. Die Löslichkeitsverhältnisse waren die gleichen
wie die der entsprechenden Paraverbindung.
Analysen:
1. 0,1173 g Substanz gaben bei 280 und 760 mm Druck 5,7 cem feuchten
N= 533% N.
2. 0,1526 g gaben 0,2653 g BaS0, = 23,85% 8.
H. Frerichs u. 0. Rentschler: Xanthogenharnstoffe etc. 85
Berechnet für die Formel Ca Hj; NSa Os: Gefunden:
S 23,80 23,85%
N 5,20 5,33 „.
Aethylxanthogenacetdiphenylamin:
(Os H;)a NCO CHa SCS OCs H; En On H;7 NSa Os».
Alkoholische Lösungen von 16,0 g äthylxanthogensaurem Kali
und 24,0 g Chloracetdiphenylamin wurden gemischt und einige Minuten
im Sieden erhalten. Das vom entstandenen Chlorkalium heiß ab-
geschiedene Filtrat wurde bis zur eben entstehenden Trübung mit
Wasser versetzt und zur Krystallisation beiseite gestellt. Das Reaktions-
produkt wurde aus Alkohol umkrystallisiert, wobei glänzende Blättchen
mit dem Schmp. 111° erhalten wurden. Dieselben waren leicht löslich
in Chloroform, schwerer in Alkohol und Eisessig, unlöslich in Wasser
und Aether.
Analyse:
0,1265 g Substanz gaben bei 230 und 756 mm Druck 5,2 ccm feuchten
N = 460% N.
Berechnet für die Formel Cy7 Hr NS> 03: Gefunden:
N 423 4,60%.
Aethylxanthogenacet-o-anisidid:
Cs H,(OCH;3) NHCO CHs SCS [0167 H; —— 1076) H;; NSa Os».
Eine alkoholische Lösung von 7,2 g Chloracet-o-anisidid wurde
noch heiß mit einer solchen von 3,4 g äthylxanthogensaurem Kali
gemischt, einige Minuten erhitzt, und das ausgeschiedene Chlorkalium
durch Filtration entfernt. Das Filtrat wurde mit Wasser bis zur eben
entstehenden Trübung versetzt, wobei sich ein dunkles Oel absetzte, das
im Scheidetrichter mit Aether extrahiert wurde. Die ätherische Lösung
wurde mit Chlorcalcium getrocknet, filtriert und zum Abdunsten beiseite
gestellt. Es entstand nach einigen Tagen eine feste Krystallmasse,
welche aus Alkohol umkrystallisiert wurde. Es waren feine Nadeln,
welche bei 53—54° schmolzen, in Aether, Chloroform und Eisessig sich
leicht lösten, schwieriger in Alkohol, nicht in Wasser.
Analyse:
0,100 g Substanz gaben 0,174 g BaS0, = 0,0239 g S = 23,90% S.
Berechnet für die Formel C,3H}; NSa O3: Gefunden:
Ss 23,80 23,90%,
86 G. u. H. Frerichs: Veronalvergiftung.
Ueber den Nachweis einer Veronalvergiftung.
Von G. und H. Frerichs. |
In der Tages- und Fachpresse ist im Laufe des Sommers 1905
über einen tödlich verlaufenen Vergiftungsfall berichtet worden, der
durch die Verwechselung zweier Arzneimittel in einer Apotheke ver-
anlaßt worden war. Durch das gegen die Anfertiger des Rezeptes,
einen Apothekergehilfen und -Lehrling durchgeführte gerichtliche Ver-
fahren, welches mit der Verurteilung des Gehilfen und der Freisprechung
des Lehrlings endete, ist eine vollständige Klarstellung des Falles nicht
erfolgt. Der Patient hatte an Stelle der als Bandwurmmittel ver-
ordneten Kamala ein weißes Pulver erhalten und war kurz nach dem
Einnehmen des Pulvers in einen tiefen Schlaf verfallen und trotz aller
ärztlichen Bemühungen nach etwa 65 Stunden verstorben.
In den uns von der Staatsanwaltschaft übergebenen Leichenteilen
konnten wir mit Sicherheit Veronal nachweisen, auf welches wir
besonders deshalb unser Augenmerk richteten, weil die undeutliche
Schrift des Wortes Kamala uns eine Verwechselung desselben mit
Veronal als möglich erscheinen ließ.
Da nun in der Literatur über den Nachweis von Veronal nur
einige wenige Angaben gemacht worden sind, teilen wir den von uns
eingeschlagenen Gang der Untersuchung mit.
Zur Untersuchung waren unter anderem eingeliefert:
Teile der Leber, Milz und Nieren, Magen und Teile des
Darmes, 3 Flaschen mit Harn, von denen die eine etwa 10 ccm
enthielt, die bei der Sektion der Harnblase entnommen waren.
Der Inhalt der beiden anderen Flaschen betrug 178 und
270 ccm.
Nach einer von B. Molle und H. Kleist!) ausgeführten Unter-
suchung wird in den Körper eingeführtes Veronal zum größten Teil
durch den Harn unverändert wieder ausgeschieden und kann aus diesem
durch Ausschütteln mit Aether nach vorausgegangener Konzentration
durch Eindampfen isoliert werden.
Auf Grund der Angaben dieser Autoren haben wir die Unter-
suchung in folgender Weise ausgeführt:
Es wurde zunächst der bei der Sektion entnommene Harn mehrere
Male mit je etwa 20 ccm Aether ausg»schüttelt und der Aether auf
einem Uhrglase verdunstet. Hierbei hinterblieb ein Rückstand, welcher
1) Diese Zeitschrift 1904, 401.
G. u. H. Frerichs: Veronalvergiftung. 87
deutlich krystallinische Struktur zeigte. Die Menge des Rückstandes
war aber nicht groß genug, um denselben mit Sicherheit als Veronal
erkennen zu können.
Es wurde dann die Hälfte der einen der beiden anderen Harn-
mengen direkt ohne vorheriges Eindampfen so oft mit je etwa 30 bis
50 ccm Aether ausgeschüttelt, bis eine Probe des Aethers schließlich
keinen Rückstand n.ehr hinterließ. Beim Verdunsten der Gesamtmenge
der ätherischen Ausschüttelungen hinterblieb ein bräunlich gefärbter
krystallinischer Rückstand, welcher in etwa 20 ccm heißem Wasser
gelöst wurde. Die bräunlich gefärbte Lösung wurde mit einer kleinen
Menge gereinigter Tierkohle erhitzt, und das farblose Filtrat in einem
kleinen Glasschälchen durch Abdampfen konzentriert. Beim Erkalten
schieden sich in reichlicher Menge farblose Krystalle ab, welche ab-
filtriert, mit wenig Wasser gewaschen und an der Luft getrocknet
wurden. Die Eigenschaften dieser Krystalle wurden dann mit reinem
Veronal verglichen.
1. Die wässerige Lösung einer kleinen Menge der
Krystalle reagierte deutlich sauer. Ebenso verhält sich eine
wässerige Lösung von Veronal.
2. Die Krystalle lösten sich leicht in Ammoniakflüssigkeit
und in Natronlauge. Aus den so erhaltenen Lösungen schieden
sich auf Zusatz von verdünnter Salzsäure Krystalle ab.
Veronal zeigte genau das gleiche Verhalten.
Die durch Salzsäure aus der alkalischen Lösung ab-
geschiedenen Krystalle zeigten, unter dem Mikroskop
betrachtet, die gleiche Krystallform wie die aus Veronal durch
Auflösen in Natronlauge und Zusatz von Salzsäure erhaltenen
Krystalle.
3. Eine wässerige Lösung der Krystalle wurde mit
einigen Tropfen Quecksilberchloridlösung und darauf mit einem
Tropfen Natriumkarbonatlösung versetzt. Es entstand ein
weißer Niederschlag. Das gleiche Verhalten zeigte auch das
Veronal.
4. Eine kleine Menge der Krystalle wurde mit etwas
metallischem Natrium zum Glühen erhitzt, die Schmelze in
wenig Wasser gelöst und mit Hilfe der Berlinerblaureaktion
auf Oyanwasserstoff geprüft. Da die Reaktion positiv ausfiel,
enthielten also die Krystalle Stickstoff und stimmten auch in
dieser Beziehung mit dem Veronal überein.
5. Die Krystalle zeigten genan den gleichen Schmelzpunkt
wie reines Verona. (Das zu der Bestimmung benutzte
Thermometer zeigte 187—188°.)
88 G. u. H. Frerichs: Veronalvergiftung.
Ein Gemisch der Krystalle mit Veronal zeigte ebenfalls
den gleichen Schmelzpunkt wie reines Veronal.
6. Beim Erhitzen im Reagensrohre sublimierten die
Krystalle in gleicher Weise wie reines Veronal.
Die Krystalle stimmten also in ihren Eigenschaften so voll-
kommen mit Veronal überein, daß dieselben mit Bestimmtheit als
Veronal angesprochen werden konnten. Besonders die unter 5. an-
gegebene Probe, die Bestimmung des Schmelzpunktes des Gemisches
der Krystalle mit Veronal, schließt jeden Zweifel an der Identität der
Krystalle mit Veronal aus, da bekanntlich ein Gemisch organischer
Körper von gleichem Schmelzpunkt einen niedrigeren Schmelzpunkt
zeigt, wenn die Körper nicht identisch sind, während ein Gemisch
identischer Körper natürlich keine Schmelzpunktserniedrigung zeigt.
Nach Erledigung dieser Untersuchung wurden auch die aus dem
bei der Sektion entnommenen Harn erhaltenen Krystalle, soweit die
Menge derselben dieses zuließ, in ihren Eigenschaften mit Veronal
verglichen, und da sie in den unter 1—4 angegebenen Eigenschaften
mit dem Veronal übereinstimmten, konnte das Vorliegen von Veronal
auch in diesem Falle als sicher angenommen werden.
Zur quantitativen Bestimmung des Veronals wurde die zweite
Hälfte des Harns in gleicher Weise wie beim qualitativen Nachweis
mit Aether bis zur Erschöpfung ausgeschüttelt. Der beim Verdunsten
des Aethers hinterbleibende Rückstand wurde in heißem Wasser gelöst,
und die Lösung mit Tierkohle entfärbt, die vorher mehrere Male mit
Wasser ausgekocht war. Die farblose Lösung wurde dann auf einem
gewogenen Uhrglase eingedampft und der Rückstand bis zum gleich-
bleibenden Gewichte getrocknet. Die Menge des auf diese Weise in
völlig reinem Zustande erhaltenen Veronals betrug 0,053 g, sodaß also
in der Gesamtmenge der einen Harnprobe 0,106 g Veronal enthalten war.
Die zweite Harnprobe wurde direkt der quantitativen Bestimmung
unterworfen, in gleicher Weise wie die erste. Es wurden in der
Gesamtmenge 0,089 g farbloser Krystalle ermittelt, die in ihren
Eigenschaften ebenso mit reinem Veronal übereinstimmten, wie die aus
der ersten Probe erhaltenen.
Die Gesamtmenge an reinem Veronal, die in den beiden Harn-
proben enthalten war, betrug also 0,195 g.
Der Magen und die Teile des Darmes wurden in erster Linie
ebenfalls auf das Vorhandensein von Veronal untersucht, gleichzeitig
wurde dabei aber auch Rücksicht auf das mögliche Vorhandensein
anderer Gifte genommen. Etwa die Hälfte der 417 g betragenden
Gesamtmenge wurde zerkleinert und nach Zusatz von Wasser und
Weinsäure in der üblichen Weise durch Destillation auf das Vorhanden-
G. u. H. Frerichs: Veronalvergiftung. l 89
sein flüchtiger Gifte untersucht, wobei sich die Abwesenheit derselben
ergab.
Der bei der Destillation verbliebene Rückstand wurde dann durch
Abdampfen soweit wie möglich vom Wasser befreit und darauf nach
dem Verfahren von Stas-Otto auf Alkaloide untersucht, wobei etwa
vorhandenes Veronal auch gefunden werden mußte. Zu diesem Zwecke
wurde der Rückstand dreimal mit der nötigen Menge siedenden
Alkohols ausgezogen. Der alkoholische Auszug wurde in der üblichen
Weise der Reinigung unterworfen und die schließlich resultierende
wässerige, weinsäurehaltige Flüssigkeit, etwa 15—20 ccm, sechsmal
mit Aether ausgeschüttelt. Beim Verdunsten des Aethers hinterblieb
ein krystallinischer Rückstand, der in heißem Wasser gelöst wurde.
Die nach dem Eindampfen der durch Tierkohle entfärbten Lösung ver-
bleibenden Krystalle wurden mit wenig Wasser gewaschen, um kleine
Mengen von Weinsäure zu entfernen, welche beim Ausschütteln der
weinsauren Flüssigkeit mit in den Aether übergegangen waren.
Nach dem Trocknen zeigten die Krystalle alle Eigenschaften des
Veronals. Die Menge war aber erheblich geringer als die des aus dem
Harn isolierten Veronals.
Die weitere Untersuchung auf Alkaloide ergab die Abwesenheit
derselben. Auch die Untersuchung der Rückstände auf metallische
Gifte ergab das Nichtvorhandensein derselben.
Aus den Teilen der Leber, Milz und Nieren konnten auf die
geschilderte Weise kleine Mengen von Veronal isoliert werden. Andere
Gifte waren auch hier nicht vorhanden.
Da die chemische Untersuchung das Vorhandensein von Veronal
mit Sicherheit ergeben hatte, so mußte der Schluß gezogen werden,
daß der Patient an Stelle der Kamala Veronal erhalten hatte, und
daß dadurch der Tod verursacht sei.
Ueber den Vergiftungsfall ist nun von E. Harnack!) vor
einiger Zeit ein längerer Aufsatz veröffentlicht worden, der uns erst
jetzt zu Gesicht gekommen ist. Der genannte Autor ist zu dem
Resultat gekommen, daß gegen den von uns ausgeführten Nachweis
des Veronals Einwendungen nicht zu machen seien, nur ist er der
Ansicht, daß es wünschenswert gewesen sei, daß wir eine quantitative
Analyse des isolierten Veronals, mindestens eine quantitative Stickstoff-
bestimmung ausgeführt hätten. Dagegen können wir nur einwenden,
daß wir eine solche quantitative Analyse für absolut überflüssig halten,
denn die Identität zweier organischer Stoffe läßt sich mit viel größerer
Sicherheit durch qualitative Reaktionen, natürlich nur, wenn die Stoffe
1) Münch. med. Wochenschr. 1905, 2269,
a” “Fr Fa 7
v > 4
90 P. Richter: Guajakharz.
charakteristische Reaktionen zeigen, und durch die Bestimmung des
Schmelzpunktes, ganz besonders aber durch die Bestimmung des
Schmelzpunktes eines Gemisches der fraglichen Substanz mit einem
Testobjekt, nachweisen. Man wird auch niemals eine quantitative
Analyse eines in gerichtlichen Fällen gefundenen Alkaloides ausführen,
wenn man die Identität durch qualitative Reaktionen unzweifelhaft
festgestellt hat.
Außerdem ist es stets wünschenswert, das gefundene Gift als
Beweismaterial aufzuheben und nicht zu quantitativen Analysen zu
verbrauchen.
Harnack schreibt ferner noch, es könne der Einwand erhoben
werden, daß im Verhältnis zu der eingenommenen Menge Veronal
— 10 g —, die im Harn gefundene Menge sehr gering ist, da nach-
gewiesen sei, daß das Veronal bis zu 70% im Harn unverändert wieder-
gefunden werden kann und demnach mit Leichtigkeit aus dem Harn
mehrere Gramm Veronal hätten isoliert werden können. Obgleich dieser
Punkt mehr medizinisches als chemisches Interesse bietet, wollen wir
doch darauf aufmerksam machen, daß die geringe Menge des gefundenen
Veronals in diesem Falle kaum auffällig ist. Dem Patienten ist
1% Stunde nach dem Einnehmen der Magen ausgepumpt und mit einer
Lösung von Kaliumpermanganat durchgespült worden. Der Magen-
inhalt ist leider weggeschüttet worden, sodaß sich die Menge des noch
im Magen vorhandenen Veronals nicht mehr ermitteln ließ.
Ferner könnte der Harn erst nach Infusionen von physiologischer
Kochsalzlösung erhalten werden, sodaß also kein normaler Harn vorlag.
Mitteilung aus dem chemisch-pharmazeutischen Institut
der Universität Halle.
Zur Kenntnis des Guajakharzes.
Von Paul Richter.
(Eingegangen den 12. III. 1906.)
Im Holz und in der Rinde verschiedener Pflanzen häufen sich in
Harzgängen vegetabilische Sekrete auf, welche man als Harze bezeichnet.
Sie ergießen sich entweder freiwillig aus entstandenen Spalten oder
auch aus künstlichen Einschnitten nach außen. Die Harze stellt man
nur wegen ihrer ähnlichen physikalischen Eigenschaften zusammen,
denn in chemischer Hinsicht sind die Harzdrogen keine reinen Ver-
bindungen, sondern Gemenge verschiedener harzartiger Körper.
P. Richter: Guajakharz. 91
Nach Tschirch’s!) Untersuchungen finden sich in den Harzen
als Hauptbestandteile folgende Körper:
1. Resine (Harzester oder deren Spaltlinge),
2. Resinolsäuren (Harzsäuren),
3. Resene (indifferente Körper unbekannter Zusammensetzung).
Vertreter aller drei Gruppen sollen sich nur in sehr wenigen Harzen
befinden.
Das Guajakharz, in welchem nach bisherigen Untersuchungen als
Harzsäuren die Guajakharzsäure, Guajakonsäure und Guajacinsäure
enthalten sind, würde somit zur zweiten Gruppe zu rechnen sein.
Pätzold?) will allerdivgs auch einen resenartigen Körper entdeckt
haben, welcher von ihm selbst noch nicht näher untersucht worden ist.
Analytische Untersuchungen über die Harze liegen im allgemeinen
wenig vor, und man kann sagen, daß das Guajakharz mehr als andere
Harze Gegenstand vieler Untersuchungen, hauptsächlich in letzteren
Jahren gewesen ist, ja man kann es wohl zu den besterforschten
Harzen zählen.
Die Stammpflanze des Harzes, Guajacum officinale, zu der Familie der
Zygophylleen gehörend, ist ein auf den westindischen Inseln und in Venezuela
wachsender, immergrüner Baum. Das Harz ist in dem dunkelgrünen Kernholz
bis zu 26% enthalten und wird infolge von Einschnitten in den Stamm oder
durch Ausschmelzen aus dem Stamm gewonnen. Das erstere bildet die
Handelssorte Resina Guajaci in granis, das zweite führt den Namen Resina
Guajaci in massis. Es hat eine grünbraune Farbe, schwach aromatischen
Geruch, kratzenden Geschmack und einen glasglänzenden, muscheligen Bruch
und ist sehr spröde. In Alkohol, Eisessig, Chloroform ist es leicht löslich,
zum Teil löslich in Aether, Benzol, unlöslich dagegen in Schwefelkohlenstoff,
fetten Oelen, Petroläther.
Das Holz, welches sich durch seine große Härte und Schwere aus-
zeichnet, wird in Gestalt großer Scheiben oder Blöcke aus Stamm und Aesten
geschnitten und meistens in St. Domingo und Puerto Cabello verschifitt. Im
Anfang des 16. Jahrhunderts ist es nach den Angaben von Francesco Delgado
und Fernandes de Oviedo nach Europa, und zwar zunächst nach Spanien
eingeführt worden, um gegen die damals in Europa weit verbreitete Syphilis
als Heilmittel zu dienen, denn als solches war es in Amerika unter den
Indianern schon längst bekannt. Es wurde dann auch mit diesem Holze in
kurzer Zeit großer Erfolg erzielt, wie z. B. im Jahre 1517 von Nikolaus
Poll®8) und 1518 von Leonhard Schmaust).
1, A. Tschirch: Die Harze und Harzbehälter, Leipzig 1900.
2) Pätzold: Inaugural-Dissertation, Straßburg 1901.
8) Nicolaus Poll: De Cura morbi gallici per lignum Guajacum
libellus 1517.
4) Leonhard Schmaus: De morbo gallico tractatus Salisburgi 1518.
92 P. Richter: Guajakharz.
Im Jahre 1519 wurde sodann von Ulrich von Hutten!) eine hoch-
interessante Schrift über das Guajakholz und seine Anwendung gegen Syphilis
veröffentlicht. Die Heilkraft des Guajakholzes wurde hauptsächlich dem in
ihm enthaltenen Harze zugeschrieben. Das Holz ist auch heute noch in der
Pharmacopoea germanica als offizinelle Droge aufgeführt, und es hat im
Jahre 1895 E. Riecke?) die Heilwirkung desselben wieder festgestellt.
Das Hauptinteresse am Guajakholz resp. -Harz nimmt aber jetzt nicht
mehr die Medizin, sondern die Chemie für sich in Anspruch, hauptsächlich
durch die Eigenschaft des Harzes, sowohl unter dem Einfluß der Luft und des
Lichtes als auch von Oxydationsmitteln wie Eisenchlorid, Chromsäure, Blei-
superoxyd, Chlor etc. eine charakteristische Blaufärbung zu liefern.
Ueberblickt man die seither über das Guajakharz gelieferten Arbeiten,
so erstrecken sie sich hauptsächlich auf die Produkte der trockenen Destillation
des Harzes, auf die Trennungsmethoden der als Hauptbestandteile im Harze
enthaltenen Harzsäuren und auf die Ursachen der Blaufärbung derselben.
Die trockene Destillation des Guajakharzes wurde zuerst von
Unverdorben?) im Jahre 1826 vorgenommen, wobei er zwei ölige Produkte
erhielt, von denen er das leichtere und flüchtigere Guajacen benannte,
während er das schwerere als Guajakbrandsäure bezeichnete. Im Jahre 1854
stellte Deville®) für das leichtere Produkt, welches zwischen 118—120°
siedete, die Formel C,H;30 auf, von Völckel5) wurde es dann Guajol
genannt. v. Gilm®) bestätigte 1858 die Angaben der beiden letzteren
Forscher über Guajol, und Herzig”?) wies dann 1882 nach, daß es mit dem
von Lieben und Zeisel®) dargestellten Tiglinaldehyd:
CH;—CH==C (CH,)—-CHO,
identisch ist.
In Uebereinstimmung mit den obigen Beobachtungen erhielten
O0. Doebner und E. Lücker?) bei der trockenen Destillation des Harzes
neben noch drei anderen Bestandteilen Tiglinaldehyd und zwar aus 400 g
Harz 20 g. Letzteren identifizierten sie durch sein Verhalten gegen Phenyl-
hydrazin, sowie gegen ß-Naphtylamin und Brenztraubensäure 10),
Das schwerere Destillationsprodukt Unverdorben’s, die Guajak-
brandsäure, wurde 1843 ebenfalls neben dem leichteren von Sobreroll) bei
ı) Ulrich de Hutten: De Guajaci medicina et morbo gallico liber
unus Morguntiae 1519.
2) E. Riecke: Die Syphilis und der Guajak, Inaugural-Dissertation,
Halle a. S., 1895.
8) Unverdorben: Poggendorf’s Annalen, Bd. 7, 316.
4) Deville: Journ. f. prakt. Chemie, Bd. 33, 316.
5) Völckel: Liebig’s Anualen, Bd. 89, 348.
6) von Gilm: Liebig’s Annalen, Bd. 106, 379.
?) Herzig: Wiener Monatshefte, Bd. 118, 1882.
8) Lieben und Zeisel: Ber. d. chem. Gesellsch., Bd. 114, 932,
9) Doebner und E. Lücker: Archiv der Pharm., Bd. 234, 1896.
19) Doebner: Ber. d. chem. Gesellsch. 27, 2023.
il) Sobrero: Liebig’s Annalen, Bd. ‘48, 19.
|
|
u TE Me re
P. Richter: Guajakharz. 93
der trockenen Destillation erhalten und von ihm als Pyroguajaksäure, von
Pelletier und Deville!) als Guajacylwasserstoff bezeichnet, und von
letzterem als nach der Formel C,H; 03 zusammengesetzt erkannt. Völckel?)
nannte es Guajakol. Durch Gorup-Besanez?) wurde es als Brenzkatechin-
Monomethyläther Cs Horn Ha erkannt.
Weitere Untersuchungen der Destillationsprodukte von Hlasiwetz
und Nachbauert) ließen neben Guajakol noch das homologe Kreosol
CH
CE COCh, erkennen, welches auch späterhin von O0. Doebner und
OH
E. Lücker5) nachgewiesen wurde.
Während von Unverdorben, Sobrero und Völckel nur ölige
Destillationsprodukte erkannt wurden, erwähnen Pelletier und Deville®)
eine im Harz vorkommende, krystallinische Substanz. Ebermayer”) nannte
diesen Körper Pyroguajacin und stellte für ihn die Formel C,4H,405 auf,
nach der Analyse von Pelletier und Deville berechnete er die Formel
04 H1 O3.
Außer Pelletier und Deville und Ebermayer wurde auch von
Wieser, Herzig und Schiff, O0. Doebner und E. Lücker Pyroguajacin
nachgewiesen und genauer untersucht.
Wieser®) gab nach seinen Analysen dem Pyroguajacin die Formel
CjsHj8 05, stellte ferner Acetyl- und Benzoylverbindungen desselben dar,
welche beide für zwei Hydroxylgruppen sprachen. Durch Destillation des
Pyroguajacins mit Zinkstaub erhielt er einen Kohlenwasserstoff von der
Formel Cj9Hjs, welchen er Guajen nannte.
Durch Oxydation des Guajens mit Chromsäure stellte er ein Guajen-
chinon von der Formel CjsH;003 dar. Durch Schmelzen des Pyroguajacins
mit Kalihydrat gewann er einen krystallinischen Körper, welcher nach seinen
Analysen der Formel CjgHj3 03 entsprach. Eine Strukturformel für Pyro-
guajacin aufzustellen, gelang ihm nicht. Das im Jahre 1896 von O. Doebner
und E. Lücker?) dargestellte und analysierte Pyroguajacin gab andere
Zahlen, welche zu der von Deville angegebenen Formel C;gHs90; passen.
1897 wiesen Herzig und Schiff10) im Pyroguajacin eine Methoxylgruppe
nach, erhielten durch Destillation mit Zinkstaub den schon erwähnten
1) Pelletier und Deville: Liebig’s Annalen, Bd. 52, 402,
2) Völckel: Liebig’s Annalen, Bd. 89, 345.
89) Gorup-Besanez: Liebig’s Annalen, Bd. 143, 166; Bd. 147, 247.
4) Hlasiwetz und Nachbauer: Liebig’s Annalen, Bd. 106, 339, 382;
Bd. 119, 277.
5) OÖ. Doebner und E. Lücker: Arch. d. Pharm., Bd. 234, 518.
6) Pelletier und Deville: Liebig’s Annalen, Bd. 52, 402.
?) Ebermayer: Journ. f. prakt. Chem., Bd. 62, 291—29.
8) Wieser: Wiener Monatshefte 1, 1880.
9) 0. Doebner und E. Lücker: Arch. d. Pharm., Bd. 234, 606.
10, Herzig und Schiff: Wiener Monatshefte 18, 714; 19, 95—103.
94 P. Richter: Guajakharz.
Kohlenwasserstoff Cj3 Ha und stellten ihren Analysen entsprechend die Formel
Cys Hy O3 auf.
Sie halten das Pyroguajacin für ein Monomethoxymonooxyguajen von
der Formel Canon
Durch Destillation des Guajakharzes mit Zinkstaub erhielt Bötsch!)
neben Kreosol, Toluol, Meta- und Para-Xylol, wenig Pseudocumol, auch den
Kohlenwasserstoff von der Zusammensetzung Cja Hja.
Mit der Zusammensetzung des Guajakharzes haben sich schon früher
Thierry?) und Rhigini?) beschäftigt, welche die Guajaksäure in glänzenden
Nadeln gewannen. Dem Studium des Harzes widmeten sich dann 1841
Buchner®), Jahnd), Johnston®), Pelletier und Deville”). Nach den
Analysen der beiden letzteren besitzt die Guajaksäure von Thierry die
Formel CjaH;s 05. Pelletier®) isolierte eine Substanz, welche er analysierte
und Guajacin nannte. Riegel?) erwähnt 1847 bei der Analyse des Harzes
die Untersuchungen von Brande, Pfaff, Jahn, Buchner, Unverdorben,
Schacht, Sobrero, Deville, Trommsdorf und gibt als von ihm gefundene
drei Bestandteile an: 1. Guajaksäure, 2. Guajacin und 3. einen gummiartigen
Extraktivstoff. Jonas!?) nannte ein Produkt, welches er durch die Einwirkung
von Chlor auf eine weingeistige Lösung des Guajakharzes erzeugte, Guajak-
harzsäure. 1859 gelang es Hlasiwetz1l) durch Behandlung des Guajakharzes
mit alkoholischem Kali ein krystallinisches Kalisalz zu gewinnen, aus welchem
durch Abscheidung mit verdünnter Salzsäure ein krystallinischer Körper mit
saurem Charakter erhalten wurde. Die Analysen von Dr. von Gilm über
diesen Körper ließen auf die Formel C4Hz, 0, und auf eine zweibasische
Säure schließen. Hlasiwetz gab ihr zum Unterschied von der Guajaksäure
den Namen Guajakharzsäure. Durch trockene Destillation dieser Säure
erhielt er das schon früher erwähnte Pyroguajacin und Guajakol. 1862 gelang
es Hadelich12) einige weitere Bestandteile des Harzes zu ermitteln. Beim
Auskochen des Harzes mit Kalkmilch fand er in der Lösung zunächst die
von Thierry dargestglite Guajaksäure und einen gelben Farbstoff, das
Guajakgelb. Das durch Filtrieren von dem Farbstoff getrennte Gemenge
wurde getrocknet und nach dem Verfahren von Hlasiwetz mit alkoholischem
Kali die Guajakharzsäure als Kalisalz abgeschieden. Aus der alkoholischen
1) Bötsch: Wiener Monatshefte 1, 615, 1880.
2) Thierry: Journ. d. Pharm. 1841, S. 381.
3) Rhigini: Journ. d. Chimie medicale 1836, S. 355.
4) Buchner: Buchner’s Repert. N. R., Bd. 25, 370.
5) Jahn: Weckenroder’s Archiv, Bd. 33, 269.
6) Johnston: Liebig’s Annalen, Bd. 44, 330.
?) Pelletier und Deville: Liebig’s Annalen, Bd. 52, 402.
8) Pelletier: Liebig’s Annalen, Bd. 40, 305.
9) Riegel: Arch. d. Pharm. 52, 313, 1847.
10) Jonas: Arch. d. Pharm. 52, 313, 1847.
ıl) Hlasiwetz: Liebig’s Annalen, Bd. 112, 182; 119, 266; 130, 346.
22) Hadelich: Journal f. prakt. Chem. 87, 321.
ee
P. Richter: Guajakharz. 95
Mutterlauge gewann er nach dem Verdunsten des Alkohols und nach dem
Ansäuern mit verdünnter Essigsäure durch Aetherextraktion die in Aether
lösliche Guajakonsäure und das in demselben unlösliche ß-Harz.
Für Guajakonsäure stellt er die empirische Formel Cj9Hgo O;,, und für
das B-Harz Cao Hso O6 auf.
Nach geraumer Zeit haben sich dann OÖ. Doebner und E. Lücker!)
wit der Untersuchung des Harzes beschäftigt. Sie benutzten zur Darstellung
der Harzsäuren das von Hlasiwetz und Hadelich beschriebene Verfahren
mit geringen Aenderungen und nennen das B-Harz Guajacinsäure:
O0. Doebner und E. Lücker bestätigen die Gegenwart von Guajak-
gelb und gewinnen außerdem ein ätherisches Oel, das Guajaköl, Guajaksäure
können sie dagegen nicht auffinden. Das Guajaköl und Guajakgelb trennen
sie von den Säuren auf Grund der Tatsache, daß beide in Alkalikarbonaten
löslich sind. Das Guajaköl wurde wegen Mangel an Substanz nicht näher
untersucht, vom Guajakgelb konnten sie entgegen den Angaben von Hadelich
den Nachweis liefern, daß es vollständig stickstofffrei ist.
Von OÖ. Doebner und Sauer?) wurden ferner die Harzsäuren nach
einer modifizierten Trennungsmethode dargestellt, welche auf der verschiedenen
Löslichkeit der Säuren in Lösungsmitteln beruht. Man entzieht dem mit
Sand gemischten Harze zunächst mittelst Benzol die Guajakharzsäure und
die Guajakonsäure, Guajacinsäure bleibt, weil in Benzol unlöslich, zurück.
Aus der Benzollösung wird dann mittelst Petroläther die Guajakonsäure
gefällt, während die Guajakharzsäure in Lösung bleibt und schließlich durch
alkoholische Kalilauge als Kalisalz gefällt wird.
Kurz vor Abschluß meiner Versuche über das Guajakharz wurde noch
von Pätzold®) in seiner Inaugural-Dissertation eine weitere Trrennungs-
methode der Harzbestandteile angegeben, welche hier noch erwähnt
werden soll.
Durch die Resultate der in der neuesten Zeit publizierten Harz-
untersuchungen von Tschirch hielt es Pätzold für geboten, gewisse Vor-
sichtsmaßregeln zu ergreifen, um irgend welche Zersetzung der Harzbestand-
teile durch angreifende Agentien zu vermeiden. Er läßt zunächst eine Anzahl
der gebräuchlichsten Lösungsmittel auf das Harz einwirken und hält den
Aether, in welchem nur das B-Harz unlöslich ist, für das geeignetste.
Durch Behandlung des Guajakharzes mit Aether erhält er einen in
Aether löslichen, und einen unlöslichen Teil. Durch Schütteln der ätherischen
Lösung mit 1% Sodalösung gewinnt er aus der letzteren neben dem Guajak-
gelb und der Guajaksäure noch Vanillin; durch darauffolgendes Schütteln
mit Kalilauge entzieht er der ätherischen Lösung Guajakharzsäure und
Guajakonsäure. Aus der Lösung erhält er dann noch ätherisches Oel und
einen resenartigen Körper, welcher von ihm nicht näher untersucht wurde.
1) 0.Doebner und E.Lücker: Arch. d. Pharm., Pd. 234, 1896; desgl.
E. Lücker: Beiträge zur Erkenntnis des Guajakharzes, Inaugural-Dissert.,
Rostock 1892.
2) O0. Doebner und Sauer: Arch. d. Pharm., Bd. 234, S. 610.
8) Pätzold: Inaugural-Dissertation, Straßburg 1901.
96 P. Richter: Guajakbarz.
Aus dem in Aether unlöslichen Teil, dem ß-Harz, gewinnt er durch
Auskochen mit Wasser Saponin.
Die bei seiner Untersuchung erhaltenen Resultate stellt er, wie folgt,
zusammen:
1. Die schon von Hadelich aus dem Harze dargestellten Bestand-
teile: Guajaksäure, Guajakgelb, Guajakharzsäure, Guajakonsäure und $-Harz,
sind als solche im Harze enthalten und nicht etwa erst unter der Einwirkung
der Agentien, die zu ihrer Darstellung benutzt wurden, entstanden.
2. Als neue Bestandteile wurden aufgefunden: ein ätherisches Oel
und Vanillin neben einer nicht weiter untersuchten, vielleicht unter den Begriff
der Resene zu stellenden, vaselinartigen Substanz.
3. Das Guajakgelb ist ein phenolartiger Körper, dem die Formel
Cj0Hg03 + Hs0 zukommt.
4. An der Oxydationsreaktion beteiligt sich auch das ß-Harz.
5. Es erscheint sehr zweifelhaft, ob die Guajakonsäure als einheitlicher
Körper aufzufassen ist.
Experimenteller Teil.
Auf Veranlassung des Herrn Professor O. Doebner beschäftigte
ich mich zunächst mit den Produkten der trockenen Destillation des
Guajakharzes und der Guajakonsäure. Das zu meinen Versuchen ver-
wendete Guajakharz bezog ich von Oaesar & Loretz zu Halle a. S.,
in fein gepulvertem Zustande.
Trockene Destillation des Guajak-Harzes.
Wie schon in der Einleitung erwähnt, wurde die trockene
Destillation des Harzes von verschiedenen Bearbeitern vorgenommen
und als Destillationsprodukte des Guajakharzes 1. Tiglinaldehyd,
2. Guajakol, 3. Kreosol, 4. Pyroguajacin, und 5. bis zu 300° siedende
Oele von kreosolartigem Geruch gewonnen. Während bisher die
Destillationen nur unter gewöhnlichem Luftdrucke stattgefunden haben,
zog ich es vor, um eine möglichst große Ausbeute zu erhalten und.
um tiefere Zersetzungen des Harzes beim Erhitzen auf höhere
Temperatur zu vermeiden, die trockene Destillation im Vakuum vor-
zunehmen.
Eine 10 Liter fassende, tubulierte Retorte, welche 800 g ge-
pulvertes Guajakharz enthielt, wurde mit einer Brühl’schen Vorlage
und einem verkürzten Manometer verbunden und an die Saugpumpe
angeschlossen. Durch den Tubus der Retorte wurde eine Kapillare,
welche das Thermometer enthielt, eingefügt, um bei der Vakuum-
Destillation durch geringe Luftzufuhr das Sieden des Harzes zu er-
leichtern. Nachdem der Apparat in der geschilderten Weise zusammen-
gesetzt war, wurde er zunächst auf seine Dichtigkeit geprüft. Als
P. Richter: Guajakharz. 97
das Manometer ein konstantes Vakuum von 22 mm Druck anzeigte,
wurde die Retorte im Luftbade (nicht über freier Flamme) erhitzt.
Das Harz schmolz zu einer braunen Masse und kam allmählich unter
starkem Aufblähen zum Kochen.
Es ist nötig, die Retorte nur bis zu einem Viertel mit Harz an-
zufüllen und sehr langsam auf höhere 'T'emperatur zu erhitzen, da sonst
ein Ueberspritzen des Harzes durch sein starkes Aufblähen un-
vermeidlich ist.
Von 80° ab ging zunächst ein hellgelbes, leichtflüssiges Oel über,
bei höherer Temperatur wurden die Destillationsprodukte immer dunkler
und dickflüssiger, bei 270° ging dann ein großer Teil konstant über,
welcher im Retortenhals zu einer hellgelben, festen, harzähnlichen,
durchsichtigen Masse erstarrte.e. Die Bildung brenzlich riechender,
brauner Dämpfe zeigte dann tiefere Zersetzung und somit das Ende
der Destillation an. In der Retorte blieb eine poröse, glänzende Kohle
zurück. Die Menge des Destillates betrug aus 800 g angewendetem
Harz 485 g.
Das Destillationsprodukt wurde hierauf mit Wasserdämpfen be-
handelt, mit welchen 87 g übergingen. Dieser mit Wasserdämpfen
flüchtige Teil. wurde dann in Aether aufgenommen und die ätherische
Lösung solange mit verdünnter Natronlauge ausgeschüttelt, bis dieselbe,
welche sich anfangs dunkelbraun färbte, farblos blieb und auf Zusatz
von verdünnter Salzsäure keine Trübung mehr eintrat. Die hierauf
mit Chlorcaleium‘ getrocknete, ätherische Lösung wurde durch
Destillation vom Aether befreit, und der Rückstand unter gewöhn-
lichem Drucke fraktioniert. Er destillierte bei 118° über und wurde
durch sein Verhalten gegen Phenylhydrazin und $-Naphthylamin mit
Brenztraubensäure als Tiglinaldehyd (13 g) identifiziert.
Die Analyse ergab folgende Werte:
1. 0,1320 gaben 0,1136 H3O und 0,3454 CO.
2. 0122 „ 0105 „„’os72 „
Berechnet für Gefunden:
(5; Hg0: 1: 2.
C 71,43 71,36 71,36
H 9,52 9,56 9,57.
Der in Natronlauge gelöste Teil wurde mittelst Salzsäure ab-
geschieden, in Aether aufgenommen, der Aether nach vorherigem
Trocknen mit Chlorcalcium abdestilliert und der Rückstand der
fraktionierten Destillation bei gewöhnlichem Drucke unterworfen.
Zwischen 195—220° destillierte die Hauptmenge (60 g), ein anfangs
farbloses, später gelbliches Oel, über. Die Temperatur stieg dann
schnell höher und es ging bei 275° eine kleine Menge dickes gelbliches
Arch. d. Pharm. OOXXXXIV. Bds. 9. Heft. 7
98 P. Richter: Guajakharz.
Oel über, welches im Kondensationsrohr der Retorte beim Erkalten
zu Krystallen erstarrte.e Nach dem Umkrystallisieren aus Alkohol
und Wasser zeigte es den Schmelzpunkt 183° und wurde als Pyro-
guajacin erkannt.
Das Destillat vom Siedepunkt 195—220° wurde noch verschiedene
Male der fraktionierten Destillation unterworfen, und so zwei Fraktionen
erhalten, von denen die eine zwischen 202—204°, die andere zwischen
219— 221° siedete.
Die erste Fraktion gab mit Eisenchlorid Grünfärbung und re-
duzierte ammoniakalische Silberlösung. Die Analysen derselben ergaben
folgende Zahlen:
1. 0,2002 gaben 0,1204 Hz0 und 0,4965 CO;.
2..0,2130:, 70322075 „. 0,5285
Berechnet für Gefunden:
Cr Hg 0»: 1, 2.
C 67,74 67,64 67,67
H 6,45 6,68 6,51.
Die andere Fraktion vom Siedepunkt 219—221° gab mit Eisen-
chlorid Blaugrünfärbung und reduzierte ebenfalls ammoniakalische
Silberlösung. Die Analysen dieser zweiten Fraktion ergaben:
0,1521 gaben 0,0897 Hz0 und 0,3472 COz.
Berechnet für C3Hj00s: Gefunden:
C 62,34 62,26
H 6,49 6,55.
Aus diesen Daten ergibt sich die Identität der ersten Fraktion
mit Guajakol und der zweiten Fraktion mit Kreosol.
Der mit Wasserdämpfen nicht flüchtige Teil wurde in Aether
gelöst und hierauf solange mit verdünnter Natronlauge geschüttelt,
bis dieselbe farblos blieb. Nachdem die ätherische Lösung mit Chior-
calcium getrocknet, und der Aether verdunstet war, blieb eine dicke
ölige von Krystallen durchsetzte Masse zurück, welche beim Fraktionieren
im Vakuum von 14 mm Druck zwischen 180—200° überging. Beim
Erkalten schieden sich Krystalle aus, welche nach öfterem Um-
krystallisieren den Schmelzpunkt 183° zeigten und als Pyroguajaecin
festgestellt wurden.
Der mit Wasserdämpfen nicht flüchtige aber in verdünnter
Natronlauge lösliche Teil wurde aus dieser mit verdünnter Salzsäure
als eine dicke, bräunliche Masse abgeschieden, in Aether aufgenommen,
mit Chlorcalcium getrocknet und der fraktionierten Destillation im
Vakuum unterworfen. Bei 24 mm Druck ging zwischen 200—230°
eine sehr geringe Fraktion über, die Temperatur stieg dann sehr
schnell auf 275°, und wurde zwischen 275—281° die Hauptmenge auf-
TE
P. Richter: Guajakharz. 99
gefangen. Diese nun nochmals bei 4 mm Druck destilliert, ging
zwischen 255—260° über. Sie stellte eine hellgelbe, durchsichtige,
harzähnliche Masse mit muscheligem Bruch dar, aus welcher sich nach
dreitägigem Stehen nadelförmige Krystalle ausschieden.
Ich versuchte nun, die Krystalle in reinem Zustande zu ge-
winnen, was mir auch nach sehr vielen Versuchen mit verschiedenen
Lösungsmitteln gelang. Ich fand, daß das Auflösen der Substanz in
Benzol und darauffolgendem Zusatz von Petroläther .bis eben zur
beginnenden Trübung das geeignetste Mittel zur Gewinnung der
krystallinischen Substanz war. Bei langsamem Verdansten des
Lösungsmittels schieden sich weiße, nadelförmige Krystalle in Büscheln
ab. Als Mutterlauge blieb eine dicke, schmierige, dunkelbraune Masse
zurück. Durch öfteres Umkrystallisieren des Körpers aus Benzol und
Petroläther und darauf aus wässerigem Alkohol wurde er in schönen
Nadeln vollständig rein gewonnen. Bei 80° getrocknet, hat er den
Schmelzpunkt 107°, ist löslich in Aether, Alkohol, Chloroform, Eis-
essig, Benzol, Ligroin und heißem Wasser, unlöslich in Petroläther
und kaltem Wasser. Ferner ist er löslich in Ammoniak und Natron-
lauge, woraus er durch Kohlensäure wieder abgeschieden wird, ein
Beweis für seinen phenolartigen Charakter. In kalter, konzentrierter
Schwefelsäure löst er sich mit violetter, in heißer dagegen mit rot-
violetter Farbe, ist nicht sublimierbar, und durch chromsaures Kali in
Eisessig nicht oxydierbar. Mit schmelzendem Kalihydrat im Silber-
tiegel auf 230° erhitzt, veränderte er sich nicht.
Wird die Schmelze in Wasser gelöst und Salzsäure im Ueber-
schuß hinzugefügt, so scheidet sich der Körper wieder in Nadeln vom
gleichen Schmelzpunkt 107° ab.
“Die Elementar- Analyse ergab:
1. 0,1135 gaben 0,0636 Hz0 und 0,2891 COs.
2. 01242 °, 7 00724 „- „ 03154 ',
Berechnet für Gefunden:
Ce Ha 05: r 2.
C 69,51 69,47 69,25
H 6,09 6,23 6,48.
Benzoylverbindung des bei 107° schmelzenden Körpers.
Die Benzoylierung des Körpers fand nach der Schotten-
Baumann’schen Reaktion statt. Der Körper wurde in Natronlauge
gelöst und mit einem Ueberschuß von Benzoylchlorid bei stark
-alkalischer Reaktion unter Kühlung anhaltend geschüttelt. Nach
geraumer Zeit bildete sich ein weißer, käsiger Niederschlag, welcher
nach längerem Schütteln vollständig fest wurde. Nachdem das so
7*
100 P. Richter: Guajakharz.
entstandene Produkt bis zur neutralen Reaktion mit Wasser aus-
gewaschen war, wurde es aus heißem Alkohol umkrystallisiert. Die
Benzoylverbindung stellt dann farblose, prismatische, säulenförmige
Krystalle dar, welche, bei 100° getrocknet, den Schmelzpunkt von
143° haben.
Die Elementaranalyse ergab Zahlen, welche für die Formel
Cjs HısOs (CH, O), stimmen.
1. 0,1235 gaben 0,0575 H;0 und 0,3326 COs.
2. 0,1164 „ 00564 „ „.Q847:,
Berechnet für Gefunden:
Ce Hs 05(C7 H5 O)s: 1: 2.
C 73,88 73,45 73,73
H 5,22 5,17 5,38.
Die Formel würde also dafür sprechen, daß der krystallinische
Körper zwei Hydroxylgruppen besitzt.
Trockene Destillation der Guajakonsäure.
Die zur trockenen Destillation benutzte Guajakonsäure wurde
von mir nach dem Verfahren von Hadelich dargestellt. Es wurden
aus dem angewendeten Harze 71% Guajakonsäure erhalten, neben dieser
gewann ich noch die Guajakharzsäure, Guajacinsäure und Guajakgelb,
das Guajaköl konnte nicht erhalten werden.
Da es mir nur an der Gewinnung der Guajakonsäure lag, ließ
ich die quantitative Bestimmung der anderen Bestandteile außer acht.
Die Guajakonsäure erhielt ich durch Lösen in heißem Benzol und
Eingießen dieser Lösung in Petroläther als weißes, lichtempfindliches
Pulver, welches im Vakuum getrocknet, den Schmelzpunkt 76—78°
zeigte.
Die Produkte der trockenen Destillation der Guajakonsäure sind
zuerst von Doebner und Lücker untersucht worden. Dieselben
erhielten aus 100 g Guajakonsäure 36 g Rohdestillat, in welchem sie
durch Fraktionierung folgende Produkte feststellten: 1. Tiglinaldehyd
(5 8), 2. Guajakol (8 g) und 3. Pyroguajacin (4 g). In den sich
entwickelnden Gasen wurde neben Kohlensäure Methan nachgewiesen.
Die trockene Destillation der Guajakonsäure wurde von mir,
nicht wie von Doebner und Lücker unter gewöhnlichem, sondern
wie die des Harzes unter vermindertem Drucke ausgeführt. Sie lieferte
neben Tiglinaldehyd, Guajakol und Pyroguajacin noch mehrere andere
Produkte.
Der Destillationsapparat wurde wie vorher mit einigen Ver-
besserungen zusammengesetzt. Anstatt der Retorte wurde ein
P. Richter: Guajakharz. 101
Claisen’scher Kolben mit möglichst weitem Kondensationsrohr
benutzt und dieser mit einem Brühl’schen Apparat verbunden,
zwischen letzterem und dem Manometer wurde noch eine Saugflasche
eingeschoben, welche gut abgekühlt wurde und den Zweck hatte,
leichtflüchtige Dämpfe zu kondensieren. Nachdem ein konstantes
Vakuum von 22 mm erreicht war, wurde der Kolben mit 175g Inhalt
im Luftbade allmählich erhitzt.
Die Säure schmolz zu einer rotbraunen Flüssigkeit. Bei 80°
fing eine hellgelbe Flüssigkeit an überzugehen, als 150° erreicht waren
— Fraktion I— wurde die Vorlage gewechselt. Das Thermometer
stieg in kurzer Zeit auf 255° — Fraktion II —, zwischen 255—263°
— Fraktion III — destillierte eine hellgelbe, zähflüssige Masse über,
zwischen 263—280° — Fraktion IV — das Endprodukt, eine hell-
braune, beim Erkalten festwerdende, harzähnliche Substanz. Erhalten
wurden:
Fraktion I, 80-1400 . . . .„ 14g
j II, 140-2550 . 21... 8
III, 255-2630. or, 02%
IV, 263—2800 . . . . 16,
In der Saugflasche hatte sich ein hellgelbes Oel kondensiert,
welches zum Teil als Tiglinaldebyd zum Teil als Guajakol identifiziert
wurde. Die erste Fraktion bestand auch zum größten Teil aus
Tiglinaldehyd und Guajakol.
Die zweite Fraktion konnte ihrer geringen Menge wegen als
Zwischenfraktion angesehen werden und wurde nicht näher untersucht.
In der dritten Fraktion bildeten sich nach eintägigem Stehen
Krystalle, welche unter dem Mikroskop denselben Habitus zeigten,
wie die bei der trockenen Destillation des Harzes gewonnenen Krystalle
vom Schmelzpunkt 107°. Die Substanz wurde nun in Benzol gelöst
und bis zur beginnenden Trübung mit Petroläther versetzt. Nach
einigem Stehen bildeten sich dann nadelförmige Krystalle in Büscheln,
welche nach mehrmaligem Umkrystallisieren denselben Schmelzpunkt
107° und dieselben Eigenschaften, wie der aus dem Harz erhaltene
Körper, zeigten. -
Die Analysen dieses Körpers und auch die der nochmals dar-
gestellten Benzoylverbindung gaben dieselben Werte:
Die Elementaranalyse des bei 107° schmelzenden Körpers gab:
0,1139 gaben 0,0640 Hz0 und 0,2897 CO,.
“ Berechnet für CjHs0;: Gefunden:
C 69,51 69,37
H 6,09 6,24.
102 ‚P. Richter: Guajakharz.
Die Analyse der Benzoylverbindung vom Schmelzpunkt 143° gab
folgende Zahlen:
0,1206 gaben 0,0594 Hz0 und 0,3255 COz.
Berechnet für Cyp H;8 05 (C7H5;O)a: Gefunden:
C 73,88 73,61
H: .:5,22 5,47.
Die Mutterlauge des bei 107° schmelzenden Körpers wurde noch-
mals mit Benzol und Petroläther versetzt und unter allmählichem
Verdunsten des Lösungsmittels längere Zeit stehen gelassen. Nach
14 Tagen hatten sich wiederum Krystalle abgeschieden, welche durch
Auswaschen mit einem Gemisch von Benzol und Petroläther von der
Mutterlauge befreit wurden. Bei Betrachtung unter dem Mikroskop
erkannte man, daß es kein einheitlicher Körper, sondern ein Gemisch
von säulen- und nadelförmigen Krystallen war.
Es war nun die nächste Aufgabe ein geeignetes Trennungsmittel
dieser beiden Körper zu finden.
Da ich in den nadelförmigen Krystallen den schon in der dritten
Fraktion abgeschiedenen Körper vom Schmelzpunkt 107° vermutete,
und dieser in heißem Wasser löslich ist, versuchte ieh eine Trennung
mit kochendem Wasser, welche auch zum Ziele führte. Das Gemisch
wurde so lange mit Wasser ausgekocht, bis das Filtrat beim Erkalten
absolut nicht mehr getrübt wurde. Die aus der wässerigen Lösung
erhaltenen Krystalle wurden bei 80° getrocknet, und zeigten denselben
Schmelzpunkt, wie die oben gewonnenen,
Der im Wasser unlösliche Rückstand, welcher sich zu einer festen
Masse zusammengeballt hatte, wurde mehrmals aus Eisessig unter Zu-
satz von Wasser bis zur beginnenden Trübung umkrystallisiert, und
bei 100° getrocknet.
Er bildet kleine, säulenförmige Krystalle vom Schmelzpunkt 133°,
ist löslich in Alkohol, Aether, Chloroform, Benzol und Eisessig,
unlöslich in Wasser und Petroläther. Löslich ist er ferner in Aetz-
alkalien und Ammoniak, woraus er durch Kohlensäure wieder ab-
geschieden wird, was für einen phenolartigen Körper spricht. In
konzentrierter Schwefelsäure löst er sich mit schön violetter Farbe.
Die Analyse gab nachstehende Werte:
1. 0,1186 gaben 0,0794 H3O und 0,3216 COs.
2. 0,1083 ;,...0,0687 U - „...0,2778
Die Formel CjsH,s0; würde diesen Zahlen entsprechen.
”
Berechnet für Gefunden:
Cs H18 05: ik 2.
C 74,42 73,95 74,06
H 6,98 744 7,46.
EEE 2
EB
j
P. Richter: Guajakharz. 103
Weitere Versuche mit diesem Körper anzustellen, war der
geringen Menge wegen leider nicht möglich.
Das Produkt der vierten Fraktion wurde nochmals bei 22 mm
Druck fraktioniert, und destillierte die Hauptmenge zwischen 270—273°
über. Diese Substanz krystallinisch zu bekommen, gelang mir nicht;
sie bildet eine hellbraune, durchsichtige, harzige Masse, ist in Alkohol,
Aether, Benzol, Chloroform, Eisessig löslich, unlöslich in Wasser und
Petroläther. In Aetzalkalien löst sie sich unter Dunkelfärbung auf und
wird ebenfalls durch Kohlensäure ausgeschieden.
Durch Oxydationsmittel, wie z. B. Eisenchlorid, Bleisuperoxyd etc.
wird in den verschiedenen Lösungen dieser Substanz eine intensive
Blaufärbung hervorgerufen, welche aber sehr wenig beständig ist.
Die Elementaranalyse,gab folgende Werte:
1. 0,2031 gaben 0,1260 HsO und 0,5438 CO;.
2720,2018719, 7 09! "VS,
Die Zahlen stimmen am besten für die Formel C34 Ha: O-.
Berechnet für Gefunden:
Cg4 Has O7: IE 2.
C 73,12 73,02 72,98
H 6,81 BEI Te,
Benzoylverbindung der zwischen 270—273° bei 22 mm Druck
siedenden Substanz.
Da sich die Lösung der Substanz, wie vorher erwähnt, in
Natronlauge nach kurzer Zeit stark dunkel färbt, und ich darin eine
Oxydation der Substanz vermutete, wurde das Benzoylieren nicht nach
der Schotten-Baumann’schen Methode sondern nach der von
A. Einhorn!) vorgenommen.
Die Substanz (5 g) wurde mit Benzoylchlorid (5 g), worin sie
sich mit fuchsinroter Farbe löste, vermischt und unter Eiskühlung und
fortwährendem Umrühren Pyridin (8 g) eingetragen. Nach einigen
Stunden Stehen wurde die Masse mit verdünnter Schwefelsäure mehr-
mals behandelt, um das überschüssige Pyridin zu entfernen. Hierauf
wurde die halbfeste Masse in Aether aufgenommen, mit verdünnter
Natronlauge zur Beseitigung der etwa entstandenen Benzoesäure ge-
schüttelt, die ätherische Lösung mit Chlorcalcium getrocknet, der
Aether verdunstet, und aus Alkohol unter Zusatz von Wasser als
weißes, voluminöses Pulver, welches den Schmelzpunkt 77—78° zeigt,
erhalten. In Natronlauge ist die Benzoylverbindung unlöslich, ein
Beweis für die Benzoylierung sämtlicher Hydroxylgruppen. Die
1) Einhorn: Liebig’s Annalen Bd. 301, 5, 105.
104 P. Richter: Guajakharz.
Analysen lieferten Zablen, welche für eine Tribenzoylverbindung von
der Formel C3,H3;0; (C-H;O); sprechen.
1. 0,1442 gaben 0,0800 Hz0 und 0,3992 CO;.
2. 01864 ,; 01008 „ :„ 0,5160 „
Berechnet für Gefunden:
Cg; Hg5 07 (Cr H5; O)e: h 2,
C 75,86 75,50 75,49
HL 5,75 ioig 6,16 6,01.
Eine zweite Vakuumdestillation der Guajakorsäure lieferte zum
Teil andere Destillationsprodukte, als die erstere. Den Grund für die
Bildung der verschiedenen Produkte glaube ich auf die Ausführung
der Destillation zurückführen zu können. Während die erste
Destillation, welche unter sehr langsamen. Erhitzen der Säure auf
höhere Temperatur stattfand und 7 Stunden in Anspruch nahm, haupt-
sächlich größere Mengen niedrigsiedender Produkte lieferte, entstanden
bei der zweiten Destillation, welche von Anfang an unter sehr starkem
Erhitzen vorgenommen wurde und binnen 4 Stunden volauyer war,
zum großen Teil sehr hochsiedende Produkte.
250 g Guajakonsäure lieferten bei einem Vakuum von 22 mm
Druck folgende Fraktionen:
(Destillationszeit 4 Stunden.)
I. Fraktion, 80-1200 . . . 8g
I. r 120—1600° . . . 40,
II. e 160—200° . . . 20,
IV. 3. 200—2500 „", 723,
V, > 250-2800 . . . 90,
In der Vorlage und in der I. Fraktion waren Tiglinaldehyd und
Guajakol vorhanden. Tiglinaldehyd wurde durch seinen Siedepunkt
118° und durch sein Verhalten gegen Phenylbydrazin, sowie gegen
ß-Naphthylamin und Brenztraubensäure identifiziert.
Guajakol, vom Siedepunkt 204°, wurde durch die Eigenschaft
mit Eisenchlorid grün gefärbt zu werden und ammoniakalisches Silber
in der Kälte zu metallischem Silber zu reduzieren, als solches erkannt.
Auch zeigt die Analyse Werte, welche für die Formel C,H; 05
stimmen.
0,2208 gaben 0,1316 H3O und 0,5470 CO».
Berechnet für C7 Hg 03: Gefunden:
C 67,74 67,56
H 6,45 6,63.
In der zweiten Fraktion bildeten sich nach 3tägigem Stehen in
geringer Menge Krystalle, welche mittelst Benzol von der Mutterlauge
getrennt wurden. Der krystallinische Körper war in Benzol schwer
P. Richter: Guajakharz. 105
löslich und wurde aus diesem umkrystallisiert und bei 100° getrocknet.
Er bildet säulenförmige Krystalle vom Schmelzpunkt 203°, ist löslich
in Alkohol, Aether, Chloroform, Eisessig, unlöslich in Petroläther.
Durch weiteres Fraktionieren der dritten Fraktion wurde ein
hellbraunes, dickflüssiges Oel gewonnen, welches bei 22 mm Druck
zwischen 170—174° übergeht. Es hat einen kreosolartigen Geruch,
färbt sich beim Stehen an der Luft vollständig dunkel, gibt mit
Eisenchlorid in alkoholischer Lösung eine schöne grüne Färbung und
löst sich in Aetzalkalien unter sofortiger Dunkelfärbung.
Die Elementaranalyse gab folgende Werte:
1. 0,2206 gaben 0,1314 H30 und 0,5454 CO;.
2. 0297 „ 01369 „ „05628 „
Berechnet für Gefunden:
C7 Hg 07 oder (Ca Hs 0,): ik 2.
C_ 67,74 67,42 67,41
H 6,45 6,62 6,68.
Benzoylverbindung der zwischen 170—174° bei 22 mm Druck
& übergehenden Substanz.
Die Benzoylverbindung wurde, wie die der bei 270—273° siedenden
Substanz der vorhergehenden Destillation, nach dem Verfahren von
Einhorn dargestellt. Das Oel löste sich in Benzoylchlorid mit
smaragdgrüner Farbe. Die erhaltene Benzoylverbindung, aus Alkohol
umkrystallisiert, bildete kleine, säulenförmige Krystalle, welche, bei
80° getrocknet, den Schmelzpunkt 103° haben.
Die Analyse gab Zahlen, welche für die Formel O,H703 (C,H;0)
oder C,4H1404 (C;H;O)z sprechen.
1. 0,1840 gaben 0,0916 H30 und 0,4952 COs.
8, 0,1801, .543.,00806 nt 04862,
Berechnet für Gefunden:
C Hr Os (Cr H; 0) oder Cu Hy 0% (Cr H; O)a: 1. 2.
73,68 73,40 73,62
H 527 5,53 5,50.
Aus der vierten Fraktion, welche nur 5 g betrug, schieden sich
nach dreiwöchentlichem Stehen blättchenförmige Krystalle ab, welche
den Schmelzpunkt 183° hatten und sich als Pyroguajacin erwiesen.
Die fünfte Fraktion, nochmals einer Destillation bei 22 mm Druck
unterworfen, lieferte ein Produkt, welches zwischen 270—273° übergeht
und mit dem Destillationsprodukte von demselben Siedepunkt der ersten
Destillation identisch ist. Sowohl die Analyse der reinen Substanz,
als auch die der Benzoylverbindung zeigen dieselben Zahlen.
106 P. Richter: Guajakharz.
Die Analyse der Substanz gab:
0,2005 gaben 0,1278 HsO und 0,5372 CO;.
Berechnet für Cg4 Ha, 0;: Gefunden:
C 3,12 73,07
H..,681 . 7,08.
Die Analyse der Benzoylverbindung gab:
0,1212 gaben 0,0642 H,O und 0,3353 CO.
Berechnet für Ca, Ha; 07 (CH; O)>: Gefunden:
C 75,86 75,45
H:; 6,5 5,88.
Ueber die Guajakonsäure.
Auf weitere Veranlassung des Herrn Prof. O. Doebner stellte
ich noch Versuche über die Natur der Guajakonsäure und ihre Be-
ziehungen zu dem Guajakblau an.
Es lag mir nun zunächst daran, eine möglichst reine Guajakon-
säure zu erhalten. Bei der sehr leichten Oxydierbarkeit der nach den
bisherigen Methoden dargestellten Guajakonsäure mußte ich mein
Augenmerk hauptsächlich auf die seither zur Isoligrung dieser Säure
aus dem Harze angewendeten Agentien richten. Um sämtliche Agentien
fern zu halten, welche irgend eine Einwirkung auf die Guajakonsäure
haben konnten, verwarf ich die Trennungsmethoden von Hadelich
und Herzig und Schiff, und bevorzugte die modifizierte Trrennungs-
methode von Doebner, bei welcher nur indifferente Agentien zur
Verwendung kommen, und welche darauf beruht, daß Guajacinsäure
in heißem Benzol unlöslich, Guajakonsäure und Guajakharzsäure darin
löslich sind, und daß aus der Benzollösung durch Petroläther nur die
_ Guajakonsäure gefällt wird, während die Guajakharzsäure gelöst bleibt.
Die mir nach Abschluß meiner Arbeit bekannt gewordene
Trennungsmethode von Pätzold!) halte ich, trotzdem er mit sehr
verdünnten Lösungen .von Aetzalkalien arbeitete, wegen der außer-
ordentlichen Empfindlichkeit. der Guajakonsäure, für nicht ganz ein-
wandfrei.
Da mir vor allen Dingen an der Gewinnung der Guajakonsäure
lag, legte ich auf Reindarstellung der Guajakharzsäure, Guajacinsäure
und der anderen Nebenbestandteile keinen Wert.
500 g gepulvertes Harz wurden mit der fünffachen Menge Seesand
vermischt, die Mischung so oft in einem Kolben mit Rückflußkühler
mit heißem Benzol extrahiert, bis vom Benzol nichts mehr aufgenommen
wurde. Die Guajakonsäure und Guajakharzsäure lösten sich in Benzol,
1) Pätzold: Inaugural-Dissertation, Straßburg 1901.
0 EL WERE ETW
P. Richter: Guajakharz. 107
während die Guajacinsäure ungelöst zurückblieb. Beim Erkalten der
Benzollösung schied sich ein Teil der Guajakonsäure aus, welcher
abfiltriert wurde. Nachdem von den vereinigten Filtraten ?/; des
Benzols abdestilliert waren, wurde die Lösung zur Trennung der
Guajakonsäure von der Guajakharzsäure mit der genügenden Menge
Petroläther versetzt, wodurch die in Petroläther unlösliche Guajakon-
säure vollständig ausgefällt wurde, während die Guajakharzsäure in
Lösung blieb. Die Guajakonsäure wurde dann von der Mutterlauge
abfiltriert.
Zur Reinigung der Guajakonsäure von der noch etwa anhaftenden
Guajaeinsäure und Guajakharzsäure, wurde sie zunächst zur Befreiung
von der Guajaeinsäure mit der fünffachen Menge Seesand gemischt,
und im Extraktionsapparat solange mit Aether behandelt bis vom
Aether nichts mehr gelöst wurde. Hierauf wurde die ätherische
Lösung, um die Guajakharzsäure vollständig zu entfernen, in Petrol-
äther unter fortwährendem Umrühren eingegossen, wodurch die
Guajakonsäure als weißes, amorphes, sehr lichtempfindliches Pulver
erhalten wurde.
Eine Probe mit alkoholischem Kali auf Guajakharzsäure geprüft,
erwies, daß noch Spuren von derselben vorhanden waren, und wurde
deshalb die erhaltene Guajakonsäure nochmals ausgefällt und so voll-
ständig rein erhalten. Sie wurde im Vakuum getrocknet und zeigte
den Schmelzpunkt 70—73°. Ein Trocknen bei höherer Temperatur
hielt ich nicht für angebracht, da sich die Säure schon bei 40° blau-
grün färbte, also offenbar eine Oxydation stattfand.
Bei der Reindarstellung der Säure bemerkte ich, wie schon
Pätzold, daß je reiner die Säure wurde, sich die Löslichkeitsverhält-
nisse änderten, so brachte ich bei dem letzten Reinigungsversuche die
Säure mit Aether allein nicht in Lösung, sondern mußte ein Gemisch
von Aether und Chloroform verwenden. Das Eingießen der ätherischen
Lösung in den Petroläther darf nur in feinem Strahl stattfinden, da
sonst die Säure schmierig wird, auch ist es im Sommer notwendig,
den Petroläther durch Eis gut abzukühlen. Sämtliche Versuche müssen
wegen der Lichtempfindlichkeit der Säure in einem dunklen Raume
ausgeführt werden.
Die Guajakonsäure in diesem Zustande der Reinheit der
Elementaranalyse zu unterwerfen, hielt ich nicht für maßgebend, denn
die von verschiedenen Autoren ausgeführten Untersuchungen derselben
zeigen sowohl in den analytischen Prozentzahlen, wie im Schmelzpunkt
erhebliche Abweichungen, sodaß sehr wahrscheinlich kein einheitlicher
Körper vorliegt. Von dieser Voraussetzung ging ich aus, und war
108 P. Richter: Guajakharz.
es mein Bestreben, durch Behandeln mit Lösungsmitteln eine Trennung
herbeizuführen.
Je 10 g der Guajakonsäure wurden in verschiedenen Lösungs-
mitteln, wie Alkohol, Aether, Benzol, Chloroform, Eisessig, ferner in
Gemischen von Alkohol und Aether, Benzol und Petroläther, Eisessig
und Wasser etc. gelöst, und diese Lösungen an einem dunklen Orte
längere Zeit sich selbst überlassen. Um die Lösungsmittel nicht allzu
schnell verdunsten zu lassen, wurden die Lösungen in Bechergläser
getan und mit Uhrgläsern bedeckt.
An den ersten vier Tagen konnte an den sämtlichen Lösungen
nichts Besonderes bemerkt werden; am fünften Tage hatte sich die
Benzollösung, welche jetzt durch Verdunsten des Benzols sirupartig
geworden war, getrübt. Eine kleine Probe auf dem Uhrglase unter dem
Mikroskop betrachtet, ließ kleine, rhomboedrische Krystalle erkennen.
In den sämtlichen anderen Lösungen waren keine Krystalle zu ent-
decken, größtenteils hatte sich die Guajakonsäure harzig abgeschieden.
Zunächst löste ich eine größere Menge Guajakonsäure in Benzol
und ließ die Lösung 14 Tage an einem dunkelen Orte stehen. Während
dieser Zeit hatten sich in der Lösung eine ziemliche Menge Krystalle
abgeschieden, von denen sich der größte Teil am Boden des Becher-
glases festgesetzt hatte. Zur Trennung der Krystalle von der Mutter-
lauge versetzte ich die dickflüssige Lösung mit wenig Benzol, saugte
dann dieselbe auf der Saugplatte ab, und wusch sie mit Benzol nach.
In das Filtrat wurde nochmals Benzol gegossen-und acht Tage stehen
gelassen, innerhalb welcher Zeit sich wiederum Krystalle, aber diesmal
nur in geringer Menge, gebildet hatten. Dieselben wurden wie vorher
von der Mutterlauge getrennt, und zur letzteren zum dritten Male
Benzol gegeben und wiederum sich 14 Tage selbst überlassen. Irgend
welche Abscheidung von Krystallen hatte nicht mehr stattgefunden,
auch nachdem die Lösung noch 14 Tage gestanden hatte. Die Mutter-
lauge hielt ich nun für vollständig von der krystallinischen Substanz
befreit. Nachdem das Benzol verjagt war, blieb eine braune, harzige,
durchsichtige Substanz, die ich als a-Guajakonsäure bezeichnen will,
zurück. Dieselbe in krystallinischen Zustand überzuführen, gelang mir
trotz vieler Versuche nicht. Ich löste sie nun in einem Gemisch von
Aether und Chloroform, und goß sie unter fortwährendem Umrühren
in gut abgekühlten Petroläther ein, wobei sie als weißes, sehr licht-
empfindliches Pulver erhalten wurde.
Die «-Guajakonsäure bei höherer Temperatur zu trocknen, war
nicht möglich, da sie sich bei 40° schon blau färbte. Längere Zeit
im Vakuum getrocknet, behielt sie ihre weiße Farbe bei. Beim Er-
hitzen im Schmelzröhrchen schmolz sie bei 73° mit grüner Farbe,
en
P. Richter: Guajakharz. 109
welche bei 101° in Braun überging. Sie löst sich leicht in Alkohol,
Eisessig, Chloroform, schwer löslich ist sie dagegen in Aether, Benzol,
unlöslich in Petroläther und Wasser. In konzentrierter Schwefelsäure
löst sie sich mit schmutzigroter Farbe, welche auf Zusatz von Wasser
schmutziggrün wird. Unter dem Einfluß von Oxydationsmitteln gibt
sie die bekannte Blaureaktion, welche sehr intensiv auftritt, und sich
gegen die mit der früheren dargestellten Guajakonsäure erzeugte
Bläuung durch ihre lange Haltbarkeit auszeichnet,
Weitere Untersuchungen über die «-Guajakonsäure und die Dar-
stellung des Guajakblaus und die bei denselben erhaltenen Resultate,
werde ich in einem späteren Teile meiner Abhandlung mitteilen.
Den aus der Guajakonsäure abgeschiedenen krystallinischen Körper
will ich mit dem Namen ß-Guajakonsäure bezeichnen. Um diese von
der noch anhaftenden «-Guajakonsäure zu befreien, wurde sie zunächst
aus heißem Benzol umkrystallisiert, und hierauf aus heißem, absoluten
Alkohol. Das Umkrystallisieren mußte solange fortgesetzt werden,
bis die Mutterlauge mit Eisenchloridlösung nicht mehr die geringste
Blaufärbung hervorrief.
Die 8-Guajakonsäure krystallisiert in kleinen Rhomboedern und
hat, bei 100° getrocknet, den Schmelzpunkt 127°. Sie ist unlöslich in
Wasser und Petroläther, schwer löslich in Benzol, Aether, Alkohol,
leicht löslich in Chloroform und Eisessig. In konzentrierter Schwefel-
säure löst sie sich mit schön kirschroter Farbe, welche auf Zusatz
von Wasser unter Abscheidung derselben als weißes Pulver vollständig
verschwindet. Direkte oder indirekte Oxydationsmittel, wie Mangan-
und Bleisuperoxyd, salpetrige Säure, Chlor, Brom, Jod, Kalium-
permanganat, Eisenchlorid, Chromsäure, als auch aktiver, gasförmiger
Sauerstoff, wirken auf den Körper nicht ein, bringen eine Blaufärbung
nicht hervor.
Durch die vorstehend beschriebene Art der Gewinnung der
B-Guajakonsäure halte ich es für erwiesen, daß dieselbe nicht erst
durch Einwirkung der Agentien entstanden, sondern im Harze prä-
formiert vorhanden ist.
Doebner und Lücker bezeichnen unter Vorbehalt die Guajakon-
säure als einheitlichen Körper, während späterhin Pätzold die
chemische Individualität mit Recht anzweifelte.e Denn vorstehende
Untersuchungen haben den definitiven Beweis ergeben, daß die Säure
kein einheitlicher Körper ist, sondern sich durch Lösungsmittel in
zwei Körper trennen läßt, von denen der eine leicht oxydierbar
ist, der andere aber gegen sämtliche Oxydationsmittel sich indifferent
verhält.
or AIR STE Te
Se Ur “ FM
110 P. Richter: Guajakharz.
Die Analyse der $-Guajakonsäure ergab folgende Werte:
1. 0,1328 gaben 0,0887 H,O und 0,3419 CO;
2. 01377 „ 0086 „ „0343 „.
Diese Zahlen stimmen zur Formel Cs; Has O;.
Berechnet für Gefunden:
Ca Has O5: % 2.
6.0.7039 70,22 70,14
H 7,26 7,42 7,42.
Benzoylverbindung der ß-Guajakonsäure.
Das Benzoylieren fand nach der Schotten-Baumann’schen
Methode statt. Durch häufiges Umkrystallisieren aus absolutem
Alkohol wurde der Körper vollständig rein gewonnen. Er bildet
säulenförmige Krystalle, welche bei 100° getrocknet, den Schmelzpunkt
138° haben. Er ist unlöslich in Wasser, Alkalien und Petroläther,
fast unlöslich in Aether, leicht löslich in Alkohol, Chloroform und
Eisessig. Die Unlöslichkeit in Alkalien zeigt die Benzoylierung sämt-
licher Hydroxylgruppen an. h
Die Analysen gaben Zahlen, welche für eine Dibenzoylverbindung
von der Formel Cs; H,O; (C;H;O); sprechen.
1. 0,1195 gaben 0,0656 Hs0 und 0,3264 CO».
2. 0,1261 . „ 0,0681 „ „ 0,3427 „
Berechnet für Gefunden:
Ca1 H34 05 (C; Hz, O)a: 1 2.
C 74,20 74,49 74,12
H 6,00 6,10 6,00.
Vergleicht man die von Doebner dargestellten Kondensations-
produkte von Tiglinaldehyd mit Guajakol, Kreosol und Pyrogallol-
dimethyläther mit der ß-Guajakonsäure, so zeigt sich, daß die letztere
mit diesen Produkten drei Eigenschaften teilt:
l. sich in konzentrierter Schwefelsäure mit blutroter Farbe zu
lösen,
2. die Bläuung durch Oxydationsmittel nicht zu zeigen,
3. zwei freie Hydroxylgruppen zu besitzen.
Der Formel Ca; Hs, 0; entsprechend, könnte man die B-Guajakon-
säure als ein Kondensationsprodukt von Tiglinaldehyd mit Kreosol
und Pyrogalloldimethyläther ansehen und nachstehende Struktur-
Formel aufstellen:
| CH; | 1
je CE ns HOCH,
BED REI? G OH
CH=O-08V OH
C, HOCH,
NOCH,
Birne a
P. Richter: Guajakharz. 111
Durch trockene Destillation der ß-Guajakonsäure wurde Tiglin-
aldehyd und ein zwischen 200—300° siedendes, kreosolartig riechendes
Oel erhalten. Die Destillationsprodukte näher zu identifizieren, mußte
ich leider unterlassen, da die Ausbeute sehr gering war.
a-Guajakonsäure.
Die Analysen der «-Guajakonsäure lieferten folgende Zahlen:
1. 0,1138 gaben 0,0648 H30 und 0,2862 COz.
2. 01126 „ 0062 „ „0,2832
OR 0030, a a
Berechnet für Gefunden:
CaHy 076 Ca Hy Og ‘ 3% 2. 3
C 68,75 68,40 68,59 68,59 68,59
H 6,25 6,73 6,33 6,33 6,35.
Eine zweite Probe, welche auf dieselbe Weise dargestellt war
und längere Zeit gestanden hatte, gab dieselben Zahlen:
1. 0,1606 gaben 0,0920 Ha0 und 0,4036 COz.
2. 0,1541 „ 00904 „ „0,3890 „
Gefunden:
C 68,53 68,88
H 6,863 6,51.
Behandlung der a-Guajakonsäure mit schwefliger Säure.
Die Säure wurde eine halbe Stunde mit wässeriger, schwefliger
Säure gekocht, dann durch Auswaschen von der schwefligen Säure
befreit, getrocknet, in einer Mischung von Aether und Chloroform
gelöst, und durch Eingießen dieser Lösung in Petroläther als weißes
Pulver erhalten. Diese Säure im Vakuum getrocknet, schmilzt bei
101° zu einer braunen Masse, ohne vorher bei 71° die Grünfärbüng
anzunehmen, besitzt aber noch die starke Lichtempfindlichkeit.
Die Analysen gaben fast genau dieselben Zahlen, und läßt sich
daraus schließen, daß die schweflige Säure auf die elementare Zu-
sammensetzung der «a-Guajakonsäure keine Einwirkung hat.
1. 0,1526 gaben 0,0868 H30 und 0,3860 CO;.
2. 01470 , 00834 „ „03696 „
Gefunden:
C 68,98 68,57
H 632 6,30,
112 P. Richter: Guajakharz.
Benzoylverbindung der @-Guajakonsäure,
Die «-Guajakonsäure wurde in Benzoylchlorid gelöst und all-
mählich unter Eiskühlung und Umrühren Pyridin eingetragen. Nach
zweistündigem Stehen wurde das Gemisch zur Entfernung des Pyridins
mit verdünnter Schwefelsäure behandelt, dann in Aether aufgenommen
und mit verdünnter Natronlauge zur Beseitigung entstandener Benzoe-
säure geschüttelt. Nachdem die ätherische Lösung getrocknet und der
Aether verdunstet war, wurde die entstandene Benzoylverbindung in
heißem, absolutem Alkohol gelöst, bis zur beginnenden Trübung
Wasser zugesetzt und durch Erkaltenlassen in Eis- und Salzmischung
als weißes Pulver erhalten. Bei 100° getrocknet hat die Benzoyl-
verbindung den Schmelzpunkt 133—135° und den Geruch nach ranziger
Butter. Sie ist unlöslich in Wasser, Alkalien, fast unlöslich in Aether,
schwer löslich in Benzol, Alkohol, leicht löslich in Eisessig und
Chloroform.
Die Analysen gaben Zahlen, welche auf eine Tribenzoylverbindung
schließen lassen.
1. 0,1190 gaben 0,0562 Hz0 und 0,3236 CO;.
2..0,1158 7: „1.0.0553. 05:4, OBllezz
Berechnet für Gefunden:
[0PP) Haa Og (Cr H; O)s: 1. 2,
C 73,90 74,16 74,19
H 5,44 ’ 5,25 5,30.
Elementaranalysen der a-Guajakonsäure.
a-Guajakonsäure a-Guajakonsäure a-Guajakonsäure
I. Probe II. Probe mit SOg behandelt
Gefunden:
1. 2. 3. t. 2. 1. 2. Mittel
C 68,59 6859 68,59 68,53 68,88 68,98 68,57 68,68
H- 63 63 635 6,36 6,51 6,32 6,30. 6,36
0 25,08 25,08 25,06 25,11 24,61 24,70 25,13 24,96
Berechnet für
Ca H940g: _ CaaHsg Os:
C 68,75 68,40
H 6,25 6,73
O0 25,00 24,87
Benzoylverbindung der Guajakonsäure
Gefunden: Berechnet für
% 2. Mittel Ca Has Og (Cr H; O)g:
C 7416 74,19 74,18 73,90
H x5,95°2:530 5,37 5,44
0 20,59 2051 20,45 20,66
. P. Richter: Guajakharz. 113
Ueber das Guajakblau.
Wie in der Einleitung erwähnt, hat das Guajakharz durch seine
Eigenschaft, mit Oxydationsmitteln eine charakteristische Blaufärbung
zu liefern, das Interesse verschiedener Chemiker in hohem Maße auf
sich gelenkt.
Zunächst war es Schönbein, welcher sich eingehender mit der
Blaureaktion des Guajakharzes beschäftigte. Vor ihm war schon
bekannt, daß die Bläuung des Harzes durch Einwirkung von Chlor
erzielt wird. Nach den Erfahrungen von Schönbein!) haben die
gleiche Wirkung Brom und Jod. Durch die große Aehnlichkeit der
chemischen Wirkungsweise, welche Chlor, Brom und Jod mit dem von
ihm entdeckten Ozon zeigten, kam er nach mehreren Versuchen zu
dem Resultate, daß auch durch Ozon die Bläuung hervorgerufen wird.
- Da er das Ozon ebenso wie de la Rive und Berzelius für aktiven
Sauerstoff hielt, so nahm er an, daß die gebläute Guajaktinktur eine
lose Verbindung des Guajaks mit aktivem Sauerstoff enthalte, und
bezeichnete einen derartigen Körper als Ozonid.
Ferner ist von Schönbein gezeigt worden, daß dieses Vermögen
der Blaufärbung in einem ausgezeichneten Grade neben Chlor, Brom,
Jod und Ozon, den Superoxyden des Mangans, Bleis und Silbers, dem
übermangansauren Kalium, dem chromsauren Kalium, den unterchlorig-
sauren Alkalien, dem Eisenchlorid, dem Kupferchlorid und auch dem
fein verteilten Platin zukommt. .
Hadelich?) und auchSchaer?) stellten fest, daß die Guajakonsäure
der die Blaufärbung liefernde Körper ist. Schaer°) berichtet über die.
Blaureaktion in seiner Monographie über die Anwendung der Guajakharz-
lösung als Reagens und faßt die Agentien, welche die alkoholische Guajakon-
säurelösung in Blau überzuführen vermögen, in zwei Gruppen zusammen:
1. Ozon und solche Verbindungen, welche die Reaktionen des’
Ozons geben, z. B. salpetrige Säure, Hypochloride, Superoxyde
und die Salze des Eisens und des Kupfers.
2. Diejenigen Agentien, die auf Ozonübertragung beruhen.
Doebner) teilt die Agentien in zwei Kategorien:
1. Direkte oder indirekte Oxydationsmitte],
2. aktiver, gasförmiger Sauerstoff (Ozon) beziehungsweise gewöhn-
licher Sauerstoff unter Mitwirkung von Substanzen, welche ihn
in den aktiven, ozonisierten Zustand verwandeln.
1) Schönbein: Poggendorf’s Annalen Bd. 67, 73 und 75.
2) Hadelich: Journ. f. prakt. Chem. Bd. 37.
8) Schaer: Forschungsberichte über Lebensmittel und ihre Be-
ziehungen zur Hygiene etc., Jahrgang 189.
4) Doebner: Arch. d. Pharm. Bd. 234, 1896.
Arch. d. Pharm. COXXXXIV. Bds. 2. Heft. 8
114 P. Richter: Guajakharz. -
Doebner stellte ein Guajakblau aus Guajakonsäure und ver-
dünnter Eisenchloridlösung dar, welches von ihm analysiert wurde und
für welches mit Reserve die Formel C»Hs00, aufgestellt wurde.
Das von der Guajakonsäure aufgenommene Sauerstoffatom hält
er in ähnlicher Weise wie das eine Sauerstoffatom im Wasserstoff-
superoxyd für außerordentlich lose gebunden.
Nachdem es mir gelungen ist, die Guajakonsäure, welche bisher
zur Darstellung des Blaus benutzt wurde, in zwei Körper zu trennen,
von denen der eine — «a-Guajakonsäure — die Eigenschaft der Blau-
färbung besitzt, während der andere — ß-Guajakonsäure — gegen
Oxydationsmittel vollständig indifferent ist, will ich im nachstehenden
über einige Versuche der Oxydation der «-Guajakonsäure und en
Beobachtungen berichten.
Es gelang mir nach vielen Versuchen mit den verschiedensten
Oxydationsmitteln und Lösungsmitteln eine Methode zu finden, welche
mir für die Oxydationszwecke die besten Resultate lieferte. Es sei
noch bemerkt, daß Pätzold das von ihm dargestellte Blau fast nach
derselben Methode gewann, doch sind die Abweichungen in der elemen-
taren Zusammensetzung beider Präparate sehr bedeutende.
Zur Oxydation der «-Guajakonsäure wurde dieselbe in Chloro-
form gelöst und mit Bleisuperoxyd längere Zeit geschüttelt. Der
Zusatz von Bleisuperoxyd geschah in kleinen Portionen, und zwar so
lange, bis eine intensive, tief dunkelblaue Färbung der Lösung erreicht
war. Der höchste Grad der Blaufärbung ließ sich auch erkennen, in-
dem man Tropfen der Flüssigkeit auf Filtrierpapier brachte. Ein
Ueberschuß von Bleisuperoxyd und zu langes Schütteln oder Stehen,
rief eine Blaugrünfärbung der Lösung hervor. Es mußte somit eine
weitere Oxydation oder auch Reduktion vor sich gehen. Dieselbe
Erscheinung wurde auch bei zu konzentrierten Lösungen wahrgenommen.
Es eignet sich am besten zu diesem Versuche eine Lösung der
a-Guajakonsäure in Chloroform, im Verhältnis 1:20. Die nach
Schütteln mit Bleisuperoxyd und nachherigem Filtrieren erhaltene
Chloroformlösung des Blaus hielt die Farbe acht Tage lang, auch
beim Erhitzen blieb die Farbe bestehen. Die Lösung wurde dann
nach öfterem Filtrieren unter fortwährendem Umrühren in Aether ein-
gegossen, wobei sich das Blau zum Teil als feines, tief dunkelblaues
Pulver abschied, welches abfiltriert wurde, und nach gutem Auswaschen
mit Aether auf dem Filter im evakuierten Exsikkator von braunem
Glas über Chlorcalcium getrocknet wurde. Hierbei nahm das im
feuchten Zustande intensiv dunkelblaue Pulver eine etwas hellere
Farbe an.
P. Richter: Guajakharz. 115
Der Farbstoff lieferte beim Analysieren am ersten Tage folgende
Zahlen:
1. 0,1174 gaben 0,0623 H30 und 0,2810 CO.
2. 0122 „ 0063 „, 08040 „
Gefunden:
C 65,28 65,18
H 5,89 5,87.
Nach eintägigem Stehen lieferten die Analysen Werte mit
höherem Kohlenstoffgehalt:
1. 0,1264 gaben 0,0650 H30 und 0,3085 CO3.
2. 0102 „ 00554 5 028 „
Gefunden:
C 66,56 66,17
H 57 5,91.
Am dritten Tage lieferte der Farbstoff, welcher etwas verblaßt
war, wieder andere Zahlen:
1. 0,1034 gaben 0,0563 H30 und 0,2559 CO,.
2. 0103 „ 00554 .„ „..02616 „
Gefunden:
C 67,49 68,40
H 6,05 5,90.
Wie aus den ausgeführten Analysen zu ersehen ist, nimmt der
Sauerstoff des Blaus von Tag zu Tag unter Verblassung ab, es ist
also das von der a-Guajakonsäure aufgenommene Sauerstoffatom sehr
lose gebunden. Ich hielt es nun nicht für ausgeschlossen, daß die
Methode des Ausfällens durch Aether und die Form, in welcher das
Blau erhalten wurde, irgend welchen Eirfluß auf den Farbstoff haben
könnten. Ich oxydierte deshalb nochmals «-Guajakonsäure nach der
vorher beschriebenen Methode und fällte den gelösten Farbstoff nicht
durch Eingießen in Aether aus, sondern ließ das Chloroform im
Vakuum verdunsten. Es blieb so der Farbstoff als feste, tiefblaue
Masse mit Metallglanz zurück, welche zu Pulver zerrieben, und im
braunen Exsikkator über Chlorcaleium getrocknet wurde. Beim Ver-
dunsten des Chloroforms auf dem Wasserbade oder an der Luft ging
die blaue Farbe allmählich in eine grüne über.
Die Elementaranalyse gab nachstehende Werte:
1. 0,1402 gaben 0,0707 H3O und 0,3108 CO;.
2. 0,1543 ° „00789 „ „0342 „
1. Gefunden: 9
C 60,46 60,84
H 5,60 5,68.
116 P. Richter: Guajakharz.
Nach mehrtägigem Stehen im Vakuum behielt es dieselben
Werte bei:
1. 0,1214 gaben 0,0593 HsO und 0,2700 CO.».
2. 0,1386; :„-. .0,0696. 08) Da zE
Gefunden:
C 60,66 60,67
H 5,43 5,58.
Einen weiteren Versuch machte ich noch mit dem durch Fällung
gewonnenen Guajakblau, indem ich es in Chloroform löste, nochmals
mit Bleisuperoxyd behandelte, und dann aus der filtrierten Lösung das
Chloroform: im Vakuum verdunstete. Zu Pulver zerrieben, und im
Vakuum getrocknet gab es Werte, welche mit denen des durch Ver-
dunsten des Chloroforms erhaltenen Blaus übereinstimmten:
1. 0,1394 gaben 0,0703 H,O und 0,3112 CO;.
2. 0,1469. „. 00745 „., 03275,
Gefunden:
C 60,88 60,80
H- 5,63 5,63.
Die Resultate der drei letzten Elementaranalysen lassen mit
Bestimmtheit erkennen:
1. daß das Fällen des Blaus durch Aether irgend einen Einfluß
auf dasselbe haben muß,
2. daß das durch Verdunsten des Chloroforms erhaltene Blau
der reine Farbstoff ist,
3. daß die «a-Guajakonsäure sich vollständig an der Oxydation
beteiligt und nicht noch durch andere, nicht oxydable Körper
verunreinigt ist.
Reduktion des Guajakblau.
Das feinpulverisiertte Guajakblau wurde längere Zeit mit
wässeriger, schwefliger Säure bei 50° geschüttelt. Das Blau wurde
zu einem hellbraunen Pulver reduziert. Nachdem das Reduktions-
produkt von der schwefligen Säure getrennt und gut ausgewaschen
war, wurde es in einer Mischung von Chloroform und Aether auf-
genommen, die Lösung durch Chlorcalcium getrocknet und hierauf in
Petroläther eingegossen, wobei es sich als weißes, lichtempfindliches
Pulver abschied, welches im Vakuum getrocknet bei 99—101° zu
einer braunen Masse schmolz. Ebenso wie die mit SOs behandelte
a-Guajakonsäure zeigt es beim Erhitzen im Schmelzröhrchen die Grün-
färbung bei 72° nicht. Mit konzentrierter Schwefelsäure übergossen
löst es sich mit schmutzigroter Farbe, welche auf Zusatz von Wasser
P. Richter: Guajakharz. 117
schmutziggrün wird. Die Analysen stimmen mit denen der reinen
«@-Guajakonsäure und denen der mit SOg behandelten vollständig
überein:
1. 0,1632 gaben 0,0920 HzO und 0,4096 CO,.
2, 01598 „ 00866 „ „0,3838 „
Gefunden:
C 68,45 68,50
H 626 6,30.
Das Reduktionsprodukt wieder durch Behandlung mit Bleisuper-
oxyd zu Blau oxydiert, lieferte folgende Zahlen:
0,1427 gaben 0,0711 H,O und 0,3187 CO%.
Gefunden:
C 60,91
H: ’ 5,53. 2
Sämtliche Analysen mußten bei der schweren Verbrennbarkeit
der Substanz im offenen Rohre im Sauerstoffstrom ausgeführt werden.
Durch die Reduktion des Farbstoffes zu einem Produkt, welches
dieselbe elementare Zusammensetzung als die a-Guajakonsäure hat,
und durch Oxydation wieder ein Blau lieferte, welches in der Analyse
dieselben Zahlen, wie das direkt aus der «-Guajakonsäure gewonnene
zeigt, ist wohl ein zweiter deutlicher Beweis erbracht, daß die von
mir dargestellte a-Guajakonsäure die das Blau liefernde Substanz in
chemisch reinem Zustande ist.
Das Guajakblau bis auf 100° erhitzt gab Sauerstoff ab, schmolz
zu einer hellbraunen, durchsichtigen Masse, welche zu Pulver zerrieben,
den Schmelzpunkt 85° hatte, und beim Behandeln mit Oxydations-
mitteln wieder in Blau übergeführt werden konnte.
Die Analysen gaben folgende Zahlen:
1. 0,1742 gaben 0,0947 H3O und 0,4196 CO;.
2. 01824 „ 0104 „ „ 0416 „
Gefunden:
C 65,69 66,02
H 6,04 6,35.
Beim Erhitzen auf 120° wurde ebenfalls eine hellbraune, durch-
sichtige Masse erhalten, welche die Blaureaktion lieferte und deren
Elementaranalyse den Zahlen der «a-Guajakonsäure entsprachen:
1. 0,1467 gaben 0,0863 HsO0 und 0,3711 CO2.
2. 01504 „ 0084 „ „ 037% „
Gefunden:
C 68,99 68,82
H 654 6,53.
118 P. Richter: Guajakharz.
Am Schluß meiner Arbeit sei es mir gestattet, mit aller Reserve
eine Formel für die Guajakonsäure aufzustellen. Der empirischen
Formel Cag Hsg OÖ, könnte entsprechen die Formel:
CH OH, es
ca=6_ca/| OH
| |
CH=(-—-CH > 00068;
BA
OCHz
Hz
OCHz
Es ist dann nicht ausgeschlossen, daß dem Guajakblau folgende
Formel zukommt:
CH, CH
a Dei
ra
Beim Erhitzen auf 100° gab das Blau unter Entfärbung Sauer-
stoff ab, und zeigte die Analyse Werte, welche für die Strukturformel
stimmen würden.
Erhitzen auf 120° bewirkte dann die Abspaltung des letzten
aufgenommenen Sauerstoffatoms, und die zurückbleibende Substanz
entsprach der empirischen Formel der a-Guajakonsäure Css Ha, Os.
119
00'°8 | 00'883 | u 00'°3 | vE'gE | )
939 | 00'9 ar | 989 Ä ag'q H
ne a 1: | — <1'89 117°19 h)
ee) Lo ?3pg&tg | &- | 9'377 8) OLgecch)
SE re man VESDIREREBTUSEEN 17%
16'72 0 5: ı m gg'ge 1:0
S 3 eG Lei 16 Be ae u Ara Le 3 ge‘g IH
en ee a ):2:: Be = | ..80'89 7209 | ®)
nee 0 EIS lern SD ur Be A = er Er A Fa En ee A a SUSE, ;E
5 OHIN
re ' r | |
2 0 ir | eye | 1888| ga'ge 0808 | 6098 | MEER | LEER | LEE | TEE | BEEE | F6EE | 0
2 9 | 9 | ge | 709 | gg'e ı 089 | 989 | 09° | eg’ | ggg | eva | 899 | ode H
e 88'389 | 6689 | 2099 | 69°%9 . 1609 0889 | «#89 | 78'09 | 08'09 || 2909 | 9909 ! w8og | 9r09 | 9
3 rs A 2 1 ni 2 =F |
Be Sin 5 © lenken | aarkaufec a Brze Frame © | |
| sOJJUPOJT-"I4np nerqyeleng | 'pixo spemydou ;
yzyıg23 0081 ae Jayıyaa o00T mei | (eL 'e)
nergqyeleng | nerqgsfenn) | ®Uu sop ynpoag | Sep pynposg ner U9UUOAM9D nerqyelenn nejqyefeng | 5
| | -suoyepÄxQ | -suorynpay dungfeg Yang
I}
II | |
£ :uapungan)
snejqyeleng sep uosfjeueiIejuoweI}
120 M. Herder: Mikrochemischer Alkaloidnachweis.
Mitteilungen aus dem pharmazeutischen Institut der
Universität Strassburg.
Ueber einige neue allgemeine Alkaloidreagentien
und deren mikrochemische Verwendung.
Von M. Herder.
(Auszug aus der Inauguraldissertation Straßburg 1905.)
(Eingegangen den 13. III. 1906 )
Schon seit einigen Jahrzehnten ist man bestrebt, Mittel und Wege
zu finden, die es ermöglichen, den Sitz der Alkaloide innerhalb der
Pflanzengewebe festzustellen.
Die erste eingehendere Arbeit über diesen Punkt ist die von
Errera, Maistriau und Clautriau: „Premieres recherches sur la
localisation et la signification des alcaloides dans les plantes“. Auch
vor und nach dieser Arbeit findet man solche, die sich teils mit
einzelnen Pflanzen und deren Alkaloiden beschäftigen, teils im all-
gemeinen von dem mikrochemischen Nachweise der Alkaloide in den
Pflanzen handeln.
In diesen Arbeiten wurden die Alkaloide entweder dadurch nach-
gewiesen, daß durch geeignete Reagentien Niederschläge mit denselben
hervorgerufen wurden, oder aber daß durch Farbenreaktionen deren
Sitz ermittelt wurde.
Die Niederschläge werden teils durch Flüssigkeiten, teils durch
Dämpfe erzeugt. Die meisten Methoden sind aber nicht absolut zu-
verlässig, da teilweise auch noch andere Stoffe mit denselben Reagentien
Niederschläge geben, teilweise auch amorphe oder wenig sichtbare
Niederschläge entstehen, so daß eine genaue Bestimmung unmöglich wird.
Ebenso ist der Nachweis durch Farbenreaktionen ein sehr
schwieriger, da hierzu meist konzentrierte Säuren, wie Schwefelsäure
oder Salzsäure etc., angewandt werden.
Die Unsicherheit in den Methoden äußert sich auch schon darin,
daß die angegebenen Resultate oft nicht- übereinstimmen, ja sich
manchmal direkt widersprechen.
Eine Verbesserung, eventuell die Auffindung einer neuen Methode
war daher der Zweck vorliegender Arbeit.
Um einen gewissen Fortschritt zu ermöglichen, mußte ich mich
zunächst eingehender mit dem Verhalten der einzelnen reinen Alkaloide
zu verschiedenen Reagentien beschäftigen und ebenso mit dem physika-
lischen Verhalten der so entstandenen Alkaloidniederschläge.
M. Herder: Mikrochemischer Alkaloidnachweis. 121
Die Resultate dieser Untersuchungen schicke ich in einem all-
gemeinen Teile dem speziellen Teile voraus, der sich mit dem Nachweise
von Alkaloiden in einigen Pflanzen beschäftigt.
Allgemeiner Teil.
In den ersten drei Abschnitten des allgemeinen Teiles der Ab-
handlung wird das Verhalten der Alkaloide zu Aluminiumsulfat,
Kobalt- und Nickel-Kaliumeyanid, sowie zu den Kadmiumdoppel-
verbindungen behandelt. Durch diese Reagentien jedoch werden die
meisten Alkaloide nur in konzentrierten Lösungen gefällt, weshalb
diese Verbindungen zum mikrochemischen Nachweise der Alkaloide
nicht zu verwenden sind.
Im vierten Abschnitte werden sodann die Niederschläge von
Alkaloiden mit Kaliumquecksilberjodid und diesen analogen Quecksilber-
verbindungen behandelt.
A. Niederschläge in wässeriger Lösung.
Eines der empfindlichsten Reagentien auf viele Alkaloide ist das
Mayer’sche Reagens: Kaliumquecksilberjodid. Doch läßt sich dasselbe
zum mikrochemischen Nachweise von Alkaloiden innerhalb der Gewebe
nur schwer gebrauchen, da dasselbe meist nur amorphe Niederschläge
liefert und außerdem auch leicht auf Eiweißstoffe, Peptone etc. wirkt.
Das Wässern der Schnitte und nachheriges Behandeln mit Schwefel-
wasserstoff, wie es Gerock und Skippari!) angeben, ist sehr um-
ständlich und liefert, wie auch schon Barth?) angibt, bei dunkel
gefärbten Schnitten keine zuverlässigen Resultate.
Obwohl vorauszusehen war, daß auch die analogen Verbindungen,
in denen an Stelle von Kalium die entsprechenden Alkalien oder Erd-
alkalien gesetzt wurden, wie Rubidium-, Caesium-, Caleium-, Strontium-
und Baryum-Quecksilberjodid, keine krystallinischen Niederschläge
liefern, so versuchte ich doch, mit denselben einige Reaktionen, und
zwar zunächst mit reinen Alkaloiden, vorzunehmen. In der Literatur
hatte ich bisher noch nirgends Angaben darüber gefunden, und ich
will daher hier etwas genauer meine Resultate mitteilen, besonders da
sich hierbei die Tatsache herausstellte, daß die Schwerlöslichkeit der
Niederschläge sowohl bei den Alkali- als auch bei den Erdalkali-
verbindungen mit dem Atomgewichte des betreffenden Alkali resp.
Erdalkalimetalles wuchs. Diese Zunahme der Schwerlöslichkeit mit
der Zunahme des Atomgewichtes will ich an zwei Alkaloiden von
verschiedener Empfindlichkeit nachweisen. Zur Vervollständigung der
1) Jahresberichte der Pharmazie 1892.
2) Barth, Dissertation 1898, „Studien über den mikrochemischen
Nachweis von Alkaloiden in pharmazeutisch verwendeten Drogen“.
122 M. Herder: Mikrochemischer Alkaloidnachweis.
Uebersicht habe ich auch noch die entsprechenden Lithium-, Ammonium-
und Natriumverbindungen aufgenommen. Außerdem habe ich jedesmal
zu dem betreffenden Reagens das abgerundete Atomgewicht des be-
treffenden Alkali- resp. Erdalkalimetalles gesetzt:
l. Aconitinum hydrochloricum.
Lithiumquecksilberjodid . . . „. Li = 7 1:29000
Ammoniumquecksilberjodid . . .:NH4,= 18 1:33000
Natriumquecksilberjodid . . . . Na = 23 1:36000
Kaliumquecksilberjodidd . . . . K = 39 1:40000
Rubidiumquecksilberjodid. . . . Rb = 85 1:60000
Caesiumquecksilberjodid . . . . Cs =133 1:80000
Calciumquecksilberjodidd . . . . Ca = 40 1:45000
Strontiumquecksilberjodid . . . Sr = 87 1:60000
Baryumquecksilberjodidd . . . . Ba =137 1:82000
Bei der Untersuchung muß genau darauf geachtet werden, daß
man sofort beobachtet und möglichst gleich intensive Trübungen als
Grenze annimmt. Fast genauer und besser sieht man bei Akonitin
die Zunahme der Unlöslichkeit in einer Lösung 1:3000. Man versetzt
am besten gleiche Mengen, z. B. je 5 ccm dieser Lösung in gleich-
weiten Reagensgläsern mit je einem Tropfen des betreffenden Reagens.
Man erhält dadurch eine ganz deutlich abgestufte Skala. Die Intensität
der Trübung resp. des Niederschlages wächst vom Lithium bis zum
Caesium und dann wieder vom Calcium bis zum Baryum. So ruft
die Lithiumlösung nur eine leichte, die Ammonium- und Natrium-
verbindungen stärkere Trübungen hervor, während die Kalium-
verbindung schon einen sehr schwachen, die Rubidium- und Caesium-
verbindungen deutliche Niederschläge hervorrufen. Die Calcium-
verbindung bewirkt ebenfalls nur einen sehr schwachen, während
Strontium und Baryum einen starken Niederschlag liefert. Doch ist
auch hier ein sofortiges Beobachten nötig, da die Trübungen und
Niederschläge stark zunehmen und dann die Uebersicht leidet.
2. Strychninum nitricum.
Lithiumquecksilberjodid.. . . . Li = 7 1: 50000
Ammoniumquecksilberjodid. . . NH,= 18 1: 63000
Natriumquecksilberjodid. . . . Na = 23 1: 80000
Kaliumquecksilberjodid . -. . . K = 39 1:120000
Rubidiumquecksilberjodid . . . Rb = 85 1:145000
Caesiumquecksilberjodid. . . . Cs =133 1:200000
Caleiumquecksilberjodid. . . . Ca = 40 1:150000
Strontiumquecksilberjodidd - . . Sr = 87 1:185000
1: 220000
Baryumquecksilberjodid ... . . Ba = 137
M. Herder: Mikrochemischer Alkaloidnachweis. 123
Untersucht wurden außerdem noch eine Reihe von Alkaloiden
aus möglichst vielen Pflanzenfamilien. Die Empfindlichkeit zeigt
hierbei sehr große Differenzen, so z. B. wird Berberin mit Baryum-
quecksilberjodid noch in einer Verdünnung von 1:500000 deutlich
getrübt, während Colchicin auch in einer* Lösung 1:1000 nur eine
ganz schwache Trübung zeigt. Der größte Teil der Alkaloide weist
jedoch eine reichlich starke Empfindlichkeit besonders gegen Oaesium-
und Baryumquecksilberjodid auf, sodaß gerade diese beiden sehr wohl
zum mikrochemischen Nachweise der Alkaloide in den Pflanzen benutzt
werden können.
Die meisten Niederschläge sehen bei sofortiger Betrachtung
unter dem Mikroskop amoıph aus oder weisen doch keine besonders
charakteristische oder gar krystallinische Formen auf. Läßt man sie
dagegen 24 Stunden stehen, dann gehen viele in die krystallinische
Form über.
Bevor ich nun zu weiteren Untersuchungen schritt, versuchte
ich die erhaltenen Niederschläge qualitativ und quantitativ zu unter-
suchen. Denn im allgemeinen hat man die mit Kaliumquecksilberjodid
erhaltenen Niederschläge als Doppelverbindungen von Alkaloidjodid
(Alkaloidhydrojodat) mit Quecksilberjodid betrachtet; danach würde
also das Alkali- resp. Erdalkalimetall keinen Einfluß auf die Zusammen-
setzung des Niederschlages haben. Man sollte daher auch bei all
diesen Reagentien dieselbe Empfindlichkeit erwarten. Ob nun das
Alkali- resp. Erdalkalijodid doch einen Bestandteil des Niederschlages
ausmacht, oder ob die Schwerlöslichkeit in den verschiedenen Salz-
lösungen eine verschiedene ist, konnte nicht entschieden werden, da
einerseits kein konstant zusammengesetzter Niederschlag zu erhalten
war, andererseits der Niederschlag schon beim Auswaschen sich wieder
zersetzte.
Dieses Verhalten hätte auf die Verwendung der angeführten
Reagenslösungen beim mikrochemischen Nachweise der Alkaloide in
den Drogen keinen Einfluß gehabt. Weniger angenehm war jedoch
die Tatsache, daß fast sämtliche Niederschläge zunächst nur amorph
ausfielen, wodurch ein sicherer Nachweis immer erschwert wird, da
diese amorphen Niederschläge sehr schwer in den Geweben zu erkennen
sind. Ich versuchte nun, ob. die Verhältnisse vielleicht durch Ver-
wendung anderer Lösungsmittel als Wasser bessere würden.
B. Niederschläge in alkoholischer Lösung.
In alkoholischer Lösung war die Empfindlichkeit der Reagentien
eine zu geringe, sodaß an eine Verwendung zu mikrochemischen Unter-
suchungen nicht zu denken war.
124 M. Herder: Mikrochemischer Alkaloidnachweis.
C. Niederschläge in Chloralhydratlösung.
Da ich nun von der Annahme ausging, daß wohl auch die
amorphen Niederschläge gut zu verwenden wären, wenn sonst der
Schnitt durch geeignete Mittel aufgehellt wurde, so untersuchte ich
das Verhalten der Niederschläge zu Chloralhydratlösung, die be-
kanntlich zum Aufhellen von Schnitten verwendet wird. Dabei ergab
sich die eigentümliche Tatsache, daß all diese Niederschläge relativ
schwer löslich sind. Wie schon Mauch!) nachgewiesen hat, lösen
sich alle reinen Alkaloide, wie alle Alkaloidsalze ziemlich leicht in
Chloralhydratlösung auf. Andererseits kann man auch sehr leicht die
angeführten Reagentien ebensogut wie in Wasser in Chloralhydrat-
lösung von beliebiger Konzentration lösen. Ich prüfte nun alle die
schon früher aufgeführten Alkaloide, indem ich dieselben nach der
Reihe in 3N%iger, A0%iger, 60%iger und 80%iger Chloralhydratlösung
löste, mit den Reagenslösungen, die jedesmal mit der gleichen Chloral-
hydratlösung von gleicher Konzentration hergestellt waren, auf ihre
Empfindlichkeit. Hierbei fand ich, daß in 30%iger und 40%iger
Chloralhydratlösung sehr viele Niederschläge noch in ausreichend
verdünnten Lösungen entstehen, sodaß danach die Anwendung von
wenigstens 30% Chloralhydrat auch zum mikrochemischen Nachweise
der Alkaloide innerhalb der Gewebe möglich ist. Die Niederschläge
wurden auch wieder unter dem Mikroskop betrachtet, und ich kam
hierbei zu dem merkwürdigen Resultate, daß fast sämtliche Nieder-
schläge sofort krystallinisch ausfielen. Daß diese beiden Tatsachen,
sowohl die relativ schwere Löslichkeit der meisten Niederschläge, als
auch die sofortige Krystallbildung dieser Niederschläge, von ganz
hervorragender Bedeutung waren, liegt auf der Hand. Denn einerseits
wird durch die Anwendung von Chloralhydrat der Schnitt aufgehellt,
andererseits hat die Chloralhydratlösung die Fähigkeit, alle Gewebe
sehr schnell zu durchdringen, wodurch wieder das in ihr enthaltene
Reagens sehr schnell nach allen Teilen der Gewebe gelangt. Infolge
der Schwerlöslichkeit der Alkaloidniederschläge in der Chloralhydrat-
lösung entsteht aber dann beim Zusammentreffen der in der Pflanze
enthaltenen Alkaloide und den Reagenslösungen sofort an Ort und
Stelle der Alkaloide ein Niederschlag. Auf diese Weise wird ein
Diffundieren des Alkaloides verhindert, und sind somit falsche Schlüsse
weit eher ausgeschlossen. Außerdem ist in den meisten Fällen der
krystallinische Niederschlag in dem sonst aufgehellten Gewebe sehr
gut zu erkennen.
1) Mauch, Dissertation 1898, „Ueber physikalisch-chemische Eigen-
schaften des Chloralbydrates und deren Verwertung in pharmazeutisch-
chemischer Richtung“.
M. Herder: Mikrochemischer Alkaloidnachweis. 125
Nähere Angaben über die Anwendung dieser Methode werde ich
in der Einleitung des speziellen Teiles meiner Arbeit machen.
Da in 30%iger Chloralhydratlösung manche Alkaloide noch fast
quantitativ ausfielen, so hoffte ich auf diese Art eventuell quantitative
Methoden zur Alkaloidbestimmung in Drogen darauf aufbauen zu
können. Die diesbezüglichen Versuche, die übrigens nicht die
gewünschten Resultate lieferten, sind in der Originalarbeit eingehender
beschrieben.
Spezieller Teil.
Bevor ich zur Untersuchung der einzelnen Drogen übergehe,
möchte ich im allgemeinen einige Worte über die Anwendung der
Reagentien sagen. Angewandt wurden als empfindlichste Lösungen
immer Caesiumquecksilberjodid nnd Baryumquecksilberjodid. Bei
letzterem könnte man mir die Einwendung machen, daß das Baryum
in vielen Fällen mit den in den Drogen enthaltenen Säuren Nieder-
schläge geben möchte, wodurch dann sehr leicht Trugschlüsse entstehen
könnten. Gegen solche Trugschlüsse habe ich mich auf verschiedene
Weise gesichert. Erstens untersuchte ich die Drogen niemals allein
mit Baryumquecksilberjodid, sondern verwendete immer nebenher noch
das Caesiumquecksilberjodid, welches ja keine schwer löslichen Salze
geben kann. Außerdem zog ich einen Teil der Schnitte, wie es
Erröra!) vorschlägt und wie es auch Barth?) machte, mit Alkohol,
dem 5% Weinsäure zugesetzt war, aus. Auf diese Weise konnte ich
immer alkaloidfreie und alkaloidhaltige Schnitte miteinander vergleichen.
War ein Niederschlag nur in den alkaloidhaltigen Schnitten erhalten
worden, während die alkaloidfreien einen solchen nicht aufwiesen, so
konnte ich wohl mit Sicherheit einen Irrtum für ausgeschlossen halten.
Trotzdem prüfte ich das Verhalten meiner Erdalkalireagentien zu den
verschiedensten Salzlösungen, die in den Pflanzen vorhanden sein
können, so z. B. die Salze der Oxalsäure, Weinsäure, Kohlensäure, -
Salzsäure, Schwefelsäure, Gerbsäure, Chinagerbsäure etc. Es wurden
natürlich nur sehr verdünnte Lösungen zu den Versuchen verwendet,
um möglicht dieselben Verhältnisse wie in der Pflanze zu erhalten.
Ein Teil dieser Salze gibt wohl in wässeriger Lösung einen Nieder-
schlag, der aber durch 30%ige Chloralhydratlösung wieder gelöst
wurde. Direkt unlöslich waren hiervon nur die Oxalate, die auch in
Chloralhydratlösung von höher als 30%iger Stärke nicht gelöst wurden.
Da aber, wie bekannt, die Oxalate meist nur als oxalsaurer Kalk in
1) Annales de la societe belge de microscopie 1891. Err&ra: „Sur la
distinction microchimique des alcaloides et des matieres prote'ques“.
2) Barth, Dissertation 1898. £
126 M. Herder: Mikrochemischer Alkaloidnachweis.
den Pflanzen vorkommen, und da immer auf einzelne besondere Zellen
beschränkt sind, so braucht man gegen die Anwendung der Erdalkali-
reagentien in diesem Falle anch kein Bedenken zu tragen, da die Oxal-
säure hier schon an ein Erdalkali gebunden ist; außerdem ist eine
Umsetzung nicht möglich, da der oxalsaure Kalk auch durch eine höhere
als 30%ige Lösung von Chloralhydrat nicht in Lösung gebracht wird.
Um Wiederholungen zu vermeiden, möchte ich den Gang der
mikrochemischen Untersuchungen im großen und ganzen kurz voraus-
schicken. Bei den einzelnen Drogen werde ich dann jeweils auf
spezielle Untersuchungen eingehen.
Die Schnitte wurden nicht allzu dünn hergestellt, damit immer
noch wenigstens eine Zelllage mit vollständig erhaltenen Wandungen
vorhanden war. Dies ist nötig, da aus Zelltrümmern die sich bildenden
Krystalle sehr leicht herausgeschwemmt werden, besonders beim
Bedecken mit dem Deckglas. Die Schnitte wurden dann in einen
Tropfen der betreffenden Reagenslösung eingelegt, und zwar legte ich
immer mehrere Schnitte in einen Tropfen, um im Verhältnis zur Anzahl
der Zellen eine möglichst kleine Menge Reagenslösung zu erhalten.
Auf diese Weise erreichte ich die größtmögliche Empfindlichkeit, was
ohne weiteres klar ist. Die Reagenslösungen waren jedesmal möglichst
frisch bereitet, und zwar verwandte ich als Lösungsmittel statt Wasser
eine 30%ige Chloralhydratlösung. Sobald die Schnitte in die Reagens-
lösung eingelegt waren, wurden sie mit einem Deckglase bedeckt. Um
ein Verdunsten der Flüssigkeit zu verhindern und eine längere Auf-
bewahrung zu ermöglichen, wurde das Deckgläschen am Rande mit
Canadabalsam umgeben, der die Schnitte mitsamt der Flüssigkeit voll-
ständig luftdicht nach außen hin abschloß. Zu gleicher Zeit wurden
vom Alkaloid befreite (sogenannte negative Schnitte), wie ich schon
früher angegeben habe, auf genau dieselbe Art behandelt und auf
diese Weise ein Vergleich zwischen alkaloidhaltigen und alkaloidfreien
Schnitten ermöglicht. Beobachtet muß längere Zeit werden, da öfters
die Niederschläge erst nach einigem Stehen eintreten. Ich habe alle
Schnitte wenigstens 24 Stunden stehen lassen und während dieser Zeit
häufig nachgesehen. Meist nehmen während dieser Zeit die Krystalle
auch an Größe zu. Außerdem wird durch das längere Einwirken der
30%igen Chloralhydratlösung auf den übrigen Zellinhalt letzterer in
den meisten Fällen gelöst oder doch so weit aufgehellt, daß ein Erkennen.
des Niederschlages bedeutend erleichtert wird.
In einigen Fällen, wo die Krystallbildung gar nicht oder doch nur
schwer zu erkennen war, benutzte ich weitere Reagentien, indem ich
das erste Reagens zunächst mit Wasser auswusch und dann das zweite:
auf den’zuerst gebildeten Niederschlag einwirken ließ. Ein zu langes
%
M. Herder: Mikrochemischer Alkaloidnach weis. 127
Auswaschen der Schnitte ist zu vermeiden, da sonst auch leicht die
zuerst entstandenen Niederschläge mit ausgewaschen werden. Näheres
über diese Anwendung weiterer Reagentien findet sich jeweils unter
den betreffenden Abschnitten. Um die Krystallbildung eventuell unter
dem Mikroskop sehen zu können, was besonders bei alkaloidreichen
Drogen möglich ist, z. B. bei Cinchona, änderte ich die Methode in-
sofern, als ich die Schnitte zunächst in einen Tropfen Wasser brachte,
mit dem Deckglas bedeckte und dann von der Seite einen Tropfen
Reagenslösung zufließen ließ. Auf der anderen Seite saugte ich durch
Filtrierpapier das Wasser ab, sodaß nun die Reagenslösung an dessen
Stelle trat. Wohl sieht man hierbei die Krystallbildung, aber zur
Feststellung der Lokalisation eignet sich diese Anwendung der Methode
nicht, da durch das Absaugen eine Strömung in der Flüssigkeit ent-
steht, welche die doch immerhin kleinen Kryställchen mit sich fort-
reißt, soweit dieselben nicht in den Zellen noch eingeschlossen sind.
I. Fibraurea chloroleuca.
a) Reaktionen mit reinem Berberin: Das Berberin gibt in
wässeriger Lösung mit Oaesium- und Baryumquecksilberjodid einen
Niederschlag, der, sofort betrachtet, ohne besondere Form ist, käsig
zusammengeballt aus sehr kleinen Teilchen bestehend, schön goldgelb.
Bei längerem Stehen geht der Niederschlag in Kryställchen von
drusenartiger bis federförmiger Gestalt über. Hier und da findet
man vereinzelte kleine Nädelchen.
Mit 30%iger Chloralhydratlösung ist der Niederschlag fast sofort
krystallinisch.
Empfindlichkeitsgrenze:
a) in wässeriger Lösung:
1. mit Caesiumquecksilberjodid . . . . 1:300000
2. mit Baryumquecksiberjodid . . . . 1:500000
b) in 30%iger Chloralhydratlösung:
1. mit Caesiumquecksilberjodid . . . . 1:65000
2. mit Baryumquecksilberjodid . . . . 1:80000
b) Reaktionen mit der Pflanze: Die Pflanze hatte ich aus
Java erhalten. Von derselben stand mir das Rhizom mit den kleinen
Wurzeln zur Verfügung.
Die mikrochemische Untersuchung des berberinhaltigen Rhizoms
mit Wurzel zeigte, daß hier das Berberin hauptsächlich in den
Wandungen der die Gefäße begleitenden Sklerenchymfasern abgelagert
war; gegen die Gefäße hin nahm es an Menge zu, und sehr oft fund
es sich in den Gefäßwandungen und von diesen in das Lumen hinein-
krystallisierend.. Aber auch im Parenchymgewebe fand sich dıs
128 M. Herder: Mikrochemischer Alkaloidnachweis.
Berberin in einzelnen Zellen, hier allerdings im Zellinhalte und nicht
in den Zellwandungen. Die Berberinkrystalle waren schön drusenartig
ausgebildet und von gelber Farbe, stimmten auch mit denen im
Reagensglase erhaltenen überein. Die vom Alkaloid befreiten Schnitte
gaben keine Reaktion.
2. Hydrastis canadensis.
a) Reaktionen mit den reinen Alkaloiden: Reaktionen
mit reinem Berberin sind dieselben wie die unter Fibraurea chloroleuca
angegebenen.
Reaktionen mit Hydrastin: Hydrastin gibt in wässeriger Lösung
mit Caesium- und Baryumquecksilberjodid einen Niederschlag, der,
sofort betrachtet, aus kleinen staubartigen Pünktchen besteht. Nach
längerem Stehen erkennt man etwas größere Körperchen, die aber
auch nicht ausgesprochen krystallinisch sind.
In 30%iger Chloralhydratlösung erscheint der Niederschlag sofort
in größeren Körperchen und scheinbar krystallinisch. Derselbe ist
weiß gefärbt, sodaß er sehr leicht vom Berberinniederschlag zu unter-
scheiden ist.
Empfindlichkeitsgrenze:
a) in wässeriger Lösung:
1. mit Caesiumquecksilberjodiid . . . . 1:30000
2. mit Baryumquecksilberjodiid . . . . 1:38000
b) in 30%iger Chloralhydratlösung:
1. mit Caesiumquecksilberjodidd . . . . 1:2000
2. mit Baryumquecksilberjodiid . . . . 1:2400
Canadin verhält sich fast genau wie Hydrastin und ist durch die
Form des Niederschlages nicht davon zu unterscheiden.
b) Reaktionen mit der Droge: Von dieser Droge, die mir
von B.idgefort, Ala, zugeschickt worden war, stand mir das
Rhizom mit den anhaftenden Wurzeln zur Verfügung.
Bei Rhizom und Wurzel wurden die Alkaloide nur im Parenchym-
gewebe aufgefunden, während die übrigen Gewebeteile von Alkaloiden
frei zu sein scheinen. Die hier und da in den Gefäßteilen auftretenden
Kryställchen waren jedenfalls durch Bedecken der Schnitte mit dem
Deckglase dorthin geschwemmt worden. Es gelang mir auch sehr gut
Berberin neben den beiden anderen Alkaloiden nachzuweisen infolge
des verschiedenen Aussehens der Niederschläge. Eine besondere
Lokalisation des einen oder anderen Alkaloides war jedoch nicht zu
erkennen.
3. Strychnos nux vomica.
a) Reaktionen mit den reinen Alkaloiden: Reaktionen
mit Strychnin: Das Strychnin gibt in wässeriger Lösung mit Caesium-
aß
M. Herder: Mikrochemischer Alkaloidnachweis. . 129
und Baryumquecksilberjodid einen Niederschlag, der zunächst aus kleinen,
federartigen, zierlichen Körperchen besteht, welche bei längerem Stehen
an Größe zunehmen. In 30%iger Chloralhydratlösung erhält man teil-
weise dieselben Formen, aber es finden sich auch schöne stäbchen-
förmige Einzelkrystalle, welche oft zu Rosetten zusammengelagert sind.
In großer Verdünnung findet man oft sehr schöne kantige Einzelkrystalle.
Empfindlichkeitsgrenze:
a) in wässeriger Lösung:
1. mit Caesiumquecksilberjodid . . . . 1:200000
2. mit Baryumquecksilberjodid . . . . 1:220000
b) in 30% iger Chloralhydratlösung:
1. mit Caesinmquecksilberjodid . . . . 1:40000
2. mit Baryumquecksilberjodid . . . . 1:43000
Reaktionen mit Brucin: Das Brucin gibt in wässeriger Lösung
mit Caesinm- und Baryumquecksilberjodidlösung einen Niederschlag von
kleinen Flitterchen ohne besondere charakteristische Form; bei längerem
Stehen gehen dieselben in hakenförmig gekrümmte, bandförmige Kry-
ställchen über, die aber auch noch sehr klein sind. In Chloralhydrat
erhält man dieselbe Form, wie eben angegeben, auch sehr klein.
Empfindlichkeitsgrenze:
a) in wässeriger Lösung:
1. mit Caesiumquecksilberjodid . . . . 1:40000
2. mit Baryumquecksilberjodidd . . . „. 1:41000
b) in 30%iger Chloralhydratlösung:
1. mit Caesiumquecksilberjodid . . . . 1:10000
2. mit Baryumquecksilberjodid . . . . 1:11000
b) Reaktionen mit der Pflanze: Diese Pflanze hatte ich
ebenfalls von Java erhalten, und zwar standen mir die Wurzel, die
Stammrinde und die Blätter zur Verfügung.
Wurzel: Bei Behandlung mit meinen Reagentien Aut in
folgenden Gewebeteilen ein Niederschlag, der aber sehr schwer zu er-
kennen war: im Korkgewebe, dann im ganzen Parenchym der Rinde,
in den Markstrahlen und den sie verbindenden Brückchen. Da nun
der Niederschlag sehr undeutlich war, behandelte ich die Schnitte, die
zunächst in dem Reagens längere Zeit gelegen hatten, nach mehrmaligem
Auswaschen mit Wasser, mit chromsäurehaltiger Schwefelsäure resp.
mit Salpetersäure. Ich erhielt auf diese Art deutliche Farbenreaktionen,
sowohl die bekannte Violettfärbung mit der chromsäurehaltigen Schwefel-
säure, als auch mit der Salpetersäure die bekannte Rotfärbung. Die
Brucinreaktion war am deutlichsten im Kork und dem darunter liegenden
Parenchym, also in der Rinde, während die Strychninre *ion am
Arch. d. Pharm. CCOXXXXIV. Bds. 2. Heft. 9
.
132 M. Herder: Mikrochemischer Alkaloidnachweis.
Empfindlichkeitsgrenze:
a) in wässeriger Lösung:
1. mit Caesiumquecksilberjodid . . . .. 1:1300
2. mit Baryumquecksilberjodiid . . . . 1:1300
b) in 30%iger Chloralhydratlösung:
1. mit Caesiumquecksilberjodid . . . . } unter
2. mit Baryumquecksilberjodiid . . . .„J1:1000
b) Reaktionen mit Conium-Früchten: Obwohl die
Empfindlichkeit in Chloralhydrat sehr gering ist, versuchte ich doch wie
bisher in den Schnitten die Alkaloide nachzuweisen, doch konnte ich
einen Niederschlag nicht erhalten. Nun legte ich die Schnitte zunächst
in wässerige Reagenslösung, die immerhin empfindlicher ist als die
Chloralbydratlösung. Auch hierbei konnte ich keinen Niederschlag
erkennen, obwohl Barth angibt, daß er mit Kaliumquecksilberjodid
einen weißen Niederschlag, der aus Tröpfchen besteht, erhalten habe.
Ich habe daher, wie ich schon früher angegeben, nach einer Methode
gesucht, die mir eventuell den Niederschlag deutlicher hervortreten
lassen konnte. Ich ließ zunächst die Schnitte in wässeriger Baryum-
quecksilberjodidlösung einige Stunden liegen, wusch sie dann kurz mit
Wasser aus und brachte sie dann in eine 0,5%ige, mit ein paar Tropfen
Salzsäure angesäuerte Kalibichromatlösung, die mit 30%iger Chloral-
hydratlösung hergestellt war. Ein direkter Niederschlag war auch
diesmal nicht zu erkennen. Es trat aber an einigen Stellen eine
deutlich gelbe, an manchen Stellen sogar braungelbe Färbung ein,
während das übrige Gewebe sozusagen farblos blieb. Am stärksten
trat diese braunrote Färbung in den beiden letzten Zellreihen der
Fruchtwand auf. Weiter trat eine, wenn auch nur gelbe Färbung in
der Parenchymschicht, welche die Gefäßbündel nach außen umschließt,
auf, dann auch in den Siebteilen, die zu beiden Seiten der Gefäße
liegen. Die Epidermis und die zunächst darunter liegende Parenchym-
zellenreihe, ebenso die Gefäße und Holzfasern blieben ungefärbt. Auch
das übrige Parenchym und das Endospermgewebe des Samens mit dem
Embryo färbten sich nicht. Da nun diese Färbungen in alkaloidfreien
Schnitten nicht eintraten, muß ich annehmen, daß die Färbung den
Sitz des Alkaloides anzeigt. Jedenfalls wurde durch die wässerige
Reagenslösung doch ein, wenn auch nur sehr geringer Niederschlag
erzeugt, der dem Auge aber erst sichtbar wurde, nachdem er sich mit
Kaliumbichromat umgesetzt hatte. Wenn man in Betracht zieht, daß
sich danach das Alkaloid nur auf sehr wenige Zellen beschränkt, so
ist es erklärlich, daß in diesen sich das Alkaloid in sehr konzentrierter
Form befindet und daher noch einen schwachen Niederschlag liefern
kann, der dann erst durch das zweite Reagens sichtbar wird.
u
K. Holdermann: Qnecksilberoxycyanid. 133
Ueber Quecksilberoxycyanid.
Von Dr. ing. Karl Holdermann.
(Eingegangen den 22. III. 1906.)
Es sei mir gestattet, nochmals zu diesem Thema das Wort zu
ergreifen, teils, weil ich mir zu den im letzten Heft dieses Archivs
erschienenen Mitteilungen von E. Rupp und v. Pieverling einige
Bemerkungen erlauben möchte, teils um einige neue Tatsachen mit-
zuteilen, die ich durch gelegentliche Versuche aufgefunden habe.
Ueber die Frage der Konstitution des Quecksilberoxycyanids
habe ich mich in meiner früheren Abhandlung nicht weiter geäußert;
ich habe dieselbe offen gelassen und in den Reaktionsgleichungen die
empirische Formel HgO-Hg(CN); benützt, weil, wie E. Rupp
richtig bemerkt, zu ihrer Aufklärung eine Reihe von Versuchen nötig
ist, zu deren Ausführung mir die Zeit fehlte. Sehr wahrscheinlich
ist für das feste Salz die Konstitution CON— Hg— O0 — Hg—CN, die
auch in Roscoe-Schorlemmer’s ausführlichem Lehrbuch der
Chemie, II. Band, 1879, S. 328, aufgenommen ist. Um die Umsetzungen
des gelösten Salzes mit Hilfe der Ionentheorie deuten zu können, ist es
erforderlich, die Art der gebildeten Ionen aufzuklären. Wenn nun
E. Rupp annimmt, daß das Salz CN-HgOHg-CN sich spaltet in
(CN-HgOHg-)' und CN’, bezw. (-HgOHg-)'' und 2CN’, so kann
ich mich dieser Anschauung nicht anschließen. Denn wie die Um-
setzungen des Salzes zeigen, reagiert in den Lösungen nicht das Oyanion
(es gibt z. B. mit Silbernitrat so wenig wie Quecksilbercyanid einen
Niederschlag), sondern es reagiert, wie schon die alkalische Reaktion
seiner Lösung zeigt, mit OH‘-Ionen. Diese sind es ebenfalls, welche
beim Zusatz der Halogenalkalien die stark alkalische Reaktion ver-
ursachen, die man mit Hilfe der von Rupp angenommenen Ionen-
spaltung nicht erklären könnte. Die Formel CON-HgOHg:-CN kommt
also wahrscheinlich nur dem festen Salz zu, für die sie durch vor-
züglich stimmende Analysen und durch folgende interessante Reaktion
bewiesen ist: Erhitzt man nämlich eine innige Mischung aus den
berechneten Mengen von trockenem gelben Quecksilberoxyd und Queck-
silbercyanid, so erfolgt bei einer bestimmten Temperatur plötzlich eine
Verpuffung von gleicher Art, wie sie reines Oxycyanid. veranlaßt.
Wasser ist also bei der Bildung des Doppelsalzes nicht beteiligt.
Anders muß man die Konstitution des gelösten Salzes annehmen. Da
134 K. Holdermann: Qaecksilberoxycyanid.
dieses Hydroxylionen bildet, muß es aus dem genannten Salz unter
Wasseraufnahme entstanden sein und folgende Konstitution besitzen.
Hg-CN vv CN
Dieses ist zu einem geringen Betrag dissociiert in Hydroxylion
und das komplexe Ion HgCN‘.
He<on 2 —z (HgoN)’ + CM“.
Diese Annahme hat sich durch die Molekulargewichtsbestimmung
bestätigt.
Für das Molekulargewicht des Oxycyanids wurden in
wässeriger Lösung bei verschiedenen Konzentrationen mittelst der
Beckmann’schen Gefriermethode folgende Resultate erhalten.
Konzentration Erniedrigung Molekulargewicht
0,625 0,0640 181
0,76 0,0700 201
0,975 0,086 ° 210
1,22 0,1020 217
1,31 0,1080 225
Das berechnete Molekulargewicht für HgsO (CN), ist 468, für
Hg(OH)(CN)= 243. Für letzteres ist die Uebereinstimmung mit den
gefundenen Werten, besonders bei den höheren Konzentrationen, wo
die Versuchsfehler geringer sind, eine gute.
Die Zusammensetzung der Umsetzungsprodukte, deren Erforschung
Herr Professor Rupp dankenswerterweise in Aussicht gestellt hat,
wird ergeben, ob meine Schlußfolgerungen richtig sind. Ueber die
Beschaffenheit der elektrolytischen Spaltprodukte könnte allerdings nur
die Hittorf’sche Ueberführungsmethode einen sicheren Aufschluß
geben. Auf jeden Fall ist die Bildung eines komplexen Ions sehr
wahrscheinlich, und die antiseptische Wirkung wird, wie Rupp am
Schlusse seiner interessanten Betrachtungen anführt, weniger von den
Quecksilberionen, deren Menge infolge der Komplexbildung ver-
schwindend gering ist, als vielmehr von den Eigenschaften des
komplexen Ions abhängen. Ueber diese läßt sich von vornherein
nichts aussagen, wie ja der Vergleich des Cyanions mit: dem Ferro-
cyanion in treffender Weise zeigt. Die geringe antiseptische Wirk-
samkeit von Quecksilbercyanidlösungen, in denen infolge der Spaltung
HgCN; =» (HgCN)'’—+ CN’ ebenfalls das Komplexion (HgCN)' an-
zunehmen ist, spricht jedoch nicht für besondere antiseptische Eigen-
schaften dieses Komplexions, Ich möchte dabei nochmals darauf
K. Holdermann: Quecksilberoxycyanid. 135
hinweisen, daß den Untersuchungen, welche für das Präparat günstig
lauter, in der Tat Resultate aus experimentellen Arbeiten und aus der
Praxis gegenüberstehen, welche dahin lauten, den hohen Desinfektions-
wert nicht als unbestritten hinzunehmen, sondern in der Anwendung
des Präparats sehr vorsichtig zu sein. Welche von den beiden Be-
urteilungen die richtige ist, kann ich nicht entscheiden; ich möchte
nur darauf hinweisen, daß die Zunahme der Verwendung und das
Ausbleiben einer Infektion für die Wirksamkeit des Präparats durchaus
nicht beweisend ist.
Daß die Zubereitung der v. Pieverling’schen Pastillen eine
Aenderung erfahren hat, ist mir allerdings leider entgangen; die Ver-
wendung der neutralen Tartrate zur Erhöhung der Löslichkeit ist
sehr interessant, da eine Umsetzung, wie beim Natriumchlorid, hier
nicht (wenigstens nur spurenweise) stattfindet, die Löslichkeitserhöhung
also nicht leicht erklärlich ist. Eine Erhöhung des Wirkungswertes
dürfte jedoch hier nicht zu erwarten sein, nachdem die Wirkung des
Chlornatriums aufgeklärt ist. —
Bei Durchsicht der Literatur über die Molekulargewichts-
bestimmung von Quecksilbereyanid fand ich zufällig in einer Arbeit
von L. Prussia!) eine Notiz, daß beim Versetzen einer wässerigen
Lösung der Doppelverbindung Merkuricyanid-Merkuriacetat mit Natron-
lauge ein krystallinischer Niederschlag von Quecksilberoxycyanid er-
halten wird. Ich habe diese Reaktion untersucht, um daraus eine
einfache
Darstellungsmethode des Quecksilberoxycyanids
auszuarbeiten.
Denn wenn es auch gelungen ist, die Ausbeuten bei der Dar-
stellung aus Quecksilberceyanid und gelbem Quecksilberoxyd befriedigend
zu gestalten, so ist die Darstellung der Verbindung immer noch um-
ständlich, da ein Teil des Oxyds stets in fast kolloidale Verteilung
übergeht und die klare Filtration außerordentlich erschwert. Schon
früher habe ich deshalb versucht, das Cyanid mit Oxyd „in statu
. nascendi“ zu vereinigen und habe zu diesem Zweck eine heiße Lösung
von äquivalenten Mengen Quecksilbercyanid und Quecksilberchlorid
mit der berechneten Menge Normalkalilauge versetzt. Die Versuche
mißglückten, neben einem Niederschlag von Quecksilberoxyd wurde ein
Produkt erhalten, welches aus gelben Nadeln (wahrscheinlich Oxy-
chlorid) und weißen Prismen (wahrscheinlich Hg(CN)s2KC|) bestand.
Die Wahl des Merkuriacetats ist deshalb eine glückliche, weil Doppel-
verbindungen mit Acetaten sehr unbeständig sind, so daß die Bildung
1) Gazz. chim. ital. 28, II (1898), 116.
136 H. Schulze: Akonitin und Akonin.
des Oxycyanids nicht gestört wird; sie verläuft, wie ich mich über-
zeugte, sehr glatt und liefert ein reines Produkt in fast theoretischer
Ausbeute bei leichter Arbeitsweise. Man muß jedoch darauf achten,
daß das Merkuriacetat frei von Merkurosalz ist, was wegen der Ver-
unreinigungen der Essigsäure nicht immer zutrifft; Merkuroacetat
veranlaßt die Entstehung dunkler, unbrauchbarer Produkte.
Um das Oxycyanid nach dieser Methode herzustellen, löst man
125 g Merkuriacetat und 105 g Merkuricyanid in etwa 11 fast kochendem
Wasser, filtriert, wenn nötig und fügt nun unter fortwährendem Um-
rühren etwa normale Natronlauge hinzu, bis ein Tropfen der Lösung
Phenolphtaleinpapier rötet. Man verbraucht etwa 800 cem der Lauge.
Die Nähe des Endpunktes des Zusatzes gibt sich durch die plötzliche
Krystallisation des Oxycyanids zu erkennen. Man läßt nun erkalten,
saugt nach eintägigem Stehen ab, wäscht mit kaltem Wasser nach
und trocknet an der Luft. Die Mutterlauge kann noch einmal zur
Auflösung derselben Mengen der Quecksilbersalze dienen, wodurch die
Ausbeute erhöht wird. Das so erhaltene Oxycyanid ist ein ganz
reines lockeres Produkt, das allerdings meist etwas gefärbt ist.
Ich habe mich nach meinem ausdrücklichen Verzicht auf dieses
Thema nur deshalb zu vorliegender Mitteilung entschlossen, weil ich
annehmen darf, daß diese Angaben, speziell die neue Darstellungs-
methode, für die Ausführung weiterer Untersuchungen sich als
förderlich erweisen werden.
Mitteilungen aus dem pharmazeutisch-chemischen Institut
der Universität Marburg.
Von Ernst Schmidt.
195. Ueber das Akonitin und das Akonin aus
Aconitum Napellus.
Von Dr. Heinrich Schulze.
(Eingegangen den 1. III. 1906.)
Die blau blühenden Arten des Genus Aconitum waren schon im
Altertum und den arabischen Aerzten des Mittelalters als starke Gift-
pflanzen bekannt und haben bis heute teils als Heilmittel, teils als
Gifte eine große Rolle gespielt; so wird Aconitum ferox bei einigen
indischen Bergvölkern!), Aconitum Fisheri?) bei den Aino in Japan
noch jetzt als Pfeilgift verwendet.
1) Flückiger und Hanbury, Pharmakographia 12.
2) Mitteilung von Dr. K. Makoschi, Tokio.
H. Schulze: Akonitin und Akonir. 137
Es kann daher nicht wundernehmer, daß sich die Aufmerksamkeit
der Chemiker schon frühzeitig diesen Drogen zugewendet hat; daß
dabei Aconitum Napellus zuerst in Frage kam, ist bei dem häufigen
Vorkommen der Pflanze, die überdies auch im großen kultiviert wird,
natürlich.
Verhältnismäßig kurze Zeit nach der Entdeckung des ersten Alkaloides,
des Morphins, durch Sertürner, stellte der Genfer Apotheker Peschier im
Jahre 1820 nach derselben Methode, die jenen zur Auffindung des Morphins
geführt hatte, aus den Blättern von Aconitum Napellus ein Alkaloid dar, das
er Akonitin!) nannte, ohne jedoch eine nähere Beschreibung desselben zu
liefern.
Ebenfalls aus den Blättern haben dann Geiger und Hesse?) im Jahre
1833 das Alkaloid isoliert. Sie erhielten es in derselben Weise, in welcher
sie kurz vorher auch das Atropin bereitet hatten: sie extrahierten die Blätter
mit Alkohol, versetzten mit Schwefelsäure, filtrierten vom ausgeschiedenen
Gips ab und destillierten den Alkohol ab. Den Rückstand versetzten sie mit
Wasser und fällten mit Pottasche die unreine Base, die sie wieder in Alkohol
lösten und mit Tierkohle behandelten. Das Filtrat wurde eingedampft, der
Rückstand mit Schwefelsäure aufgenommen, dann mit Kalkmilch alkalisch
gemacht und mit Aether ausgeschüttelt.
Sie erhielten so das Alkaloid als weiße, körnige, glasglänzende, amorphe
Masse von bitterem, dann scharfem und kratzerdem Geschmack. Die
„Schärfe“ sehen sie als Verunreinigung an, die dem Akonitin innig anhafte,
und welche nur durch wiederholtes Binden an Säuren und Zerlegen mit Basen
zu entfernen sei. Das von Schärfe fast ganz befreite Akonitin sei sehr giftig,
ebenso giftig wie das scharfe.
Eine Analyse der so erhaltenen Base haben diese Forscher nicht aus-
geführt.
Zwei Jahre später beschrieb O. Henry?) ein Verfahren zur Darstellung
von Alkaloiden, das auf Fällung derselben mit Gerbsäure beruht. Nach
dieser Methode hat er auch aus einem wässerigen Extrakte von Akonit-
blättern ein amorphes, bitteres Alkaloid isoliert, das er als Akonitin ansieht.
Im gleichen Jahre berichtete dann Brandes®) über die Arbeit von Geiger
und Hesse und teilte eine Verbesserung der Darstellungsmethode des
Akonitins mit. Weitere Bereitungsweisen des Alkaloides, welche alle dasselbe
aus dem Kraute gewinnen, und deren Beschreibung zu weit führen würde,
teilten Turnbulld), dann Berth&emot®) mit.
Während aber diese Autoren sämtlich sicherlich kein reines Akonitin,
sondern, wie aus ihren Beschreibungen hervorgeht, ein Gemenge von viel
1) Trommsdorfi’s N. Journ. d. Pharm. 5, St. I, 9.
2) Annalen 7, 276.
8) Journ. de Pharm. 1835, 213—231; C. 35, 448.
4) Annalen 9, 122—129; C. 35, 85—86.
5) Summarium 5, 485; C. 37, 718.
6) Bull. de therap. I, 13, 28—32; C. 37, 733.
138 H. Schulze: Akonitin und Akonin.
Pikrakonitin mit wenig Akonitin in den Händen gehabt haben, stellte
J. Morson!) zum ersten Male krystallisiertes Akonitin dar. Zu diesem
Zwecke zog er die Wurzeln mit Alkohol aus, behandelte das Extrakt mit
verdünnter Schwefelsäure, um ein fettes Oel abzuscheiden, fällte dann die
saure Lösung mit Ammoniak, krystallisierte den Niederschlag aus Aether um
und behandelte dann nochmals mit Tierkohle. Das so dargestellte Akonitin
brachte er später als englisches Akonitin in den Handel.
Wenn diese Bereitungsart auch keine ideale Darstellungsmethode des
Akonitins ist, so hat sie doch vor den vor ihr benutzten den großen Vorzug
der Einfachheit voraus und gerade dadurch und durch das Vermeiden der
Anwendung von ätzenden Alkalien führte sie zu einem krystallisierten Produkt.
Es ist sehr zu bedauern, daß diese Methode seitens der deutschen Chemiker
gänzlich unbeachtet geblieben ist, sonst hätte eine derartige Verwirrung, wie
sie in der Folge sich in den Anschauungen über das Akonitin breit machte,
wohl kaum Platz greifen können. Hierbei darf freilich nicht verschwiegen
werden, daß in späterer Zeit auch ein amorphes Produkt als englisches
Akonitin in den Handel kam, und daß zur Fabrikation desselben zuweilen
wohl auch Bishknollen (von Aconitum ferox), die kein Akonitin, sondern
Pseudoakonitin enthalten, verwendet wurden?); immer aber zeichnete sich das
englische Akonitin vor anderen Präparaten durch seine große Wirksamkeit aus.
Wie schon vorher bemerkt, hatten Geiger und Hesse eine Analyse
ihres Akonitins nicht ausgeführt, im Jahre 1850 suchte dann v. Planta®) in
seiner Arbeit: „Untersuchungen über die Zusammensetzung einiger natürlich
vorkommender Salzbasen“, diese Lücke auszufüllen und stellte dabei die
erste Formel für das Akonitin auf: CgoH47 NO44, Mol.-Gew. 533,66 (0 —= 8);
nach heutiger Schreibweise Cga H4, NO,, die er auf die Analyse des aus dem
Kraute dargestellten und nach einem ziemlich umständlichen Verfahren
gereinigten amorphen Akonitins und auf die des Goldsalzes der Base gründete.
Er gibt weiter an, daß auf 100° erhitztes Akonitin beim Ueberleiten von
Salzsäuregas zwei Aequivalente HCl auf ein Aequivalent Akonitin aufnähme,
daß demnach dabei ein saures Salz entstünde. Von seinen Angaben über das
Verhalten des Akonitins gegen Reagentien ist bemerkenswert, daß er findet,
daß in den Lösungen der Salze Ammoniumkarbonat und Natriumbikarbonat
keinen Niederschlag hervorrufen; Angaben, welche auf reines Akonitin nicht
zutreffend sind.
Im Jahre 1851 stellte dann Bley‘) aus den Wurzeln Akonitin in
geringer Menge dar und gab einige Reaktionen desselben an.
Die nun folgende Periode in der Geschichte unseres Alkaloides ist
dadurch gekennzeichnet, daß sich in ihr eine große Unsicherheit in den An-
schauungen über das Akonitin geltend machte, die hauptsächlich wohl dadurch
verursacht wurde, daß man die pharmakologische Seite der Frage allzusehr
1) Poggend. Annalen 6, 175; Arch. Pharm. [2] 18, 87—88 (1839).
2) E. Schmidt, Pharm. Chemie 2, 1315; vergleiche dagegen auch
Flückiger, Arch. Pharm. [3] 141, 196; C. 70, 210.
8) Annalen 74, 247; C. 50, 561.
4) Arch. Pharm. [2] 67, 129—133,
H. Schulze: Akonitin und Akoönin. 139
betontel), die chemische Seite derselben dagegen mehr in den Hintergrund
treten ließ. Vor allem hatte man nicht erkannt, daß man bei der Darstellung
des Akonitins ätzende Alkalien und erhöhte Temperaturen vermeiden müsse,
und man betrachtete die nach unzweckmäßigen Methoden gewonnenen amorphen
und daher mehr oder weniger unreinen Alkaloidgemische, die zum Teil wohl
nur wenig Akonitin enthielten, und die demgemäß auch sehr große Unter-
schiede in ihrer physiologischen Wirkung zeigten, als reine Akonitine und
schloß daraus auf eine chemische Verschiedenheit derselben. Außer dem
englischen unterschied man ein deutsches und ein schweizerisches Akonitin
und war geneigt, sie als ebensoviele chemische Individuen zu betrachten.
Dabei stimmten aber dis einzelnen Marken der verschiedenen Akonitinsorten
in ihrer Wirksamkeit durchaus nicht überein. Die zahlreichen Veröffent-
lichungen von Fr. Hübschmann?), der als Fabrikant von Akonitin sich in
dieser Frage eines besonderen Ansehens erfreute, haben wohl auch ein gutes
Teil dazu beigetragen, die ohnehin schon herrschende Verwirrung noch zu
vermehren.
Von den Arbeiten chemischen Inhaltes ist zunächst die von Liegois
und Hottot3) zu erwähnen, die im Jahre 1863 ein Akonitin in folgender
Weise darstellten: Sie zogen Akonitknollen mit 85%igem Alkohol, der mit
Schwefelsäure angesäuert war, aus, befreiten dann den Auszug auf dem
Wasserbade von Alkohol und schüttelten den Rückstand mit Aether aus, um
ein Oel zu entfernen. Nach dem Verjagen des Aethers machten sie die
wässerige Lösung mit Magnesia aikalisch und schüttelten abermals mit Aether
aus. Das nach dem Verdunsten des Aethers hinterbliebene Rohakonitin lösten
sie in Schwefelsäure, entfärbten mit Tierkohle und fällten fraktioniert mit
Ammoniak. So erhielten sie das Alkaloid als einen rein weißen Niederschlag;
daß sie aber in diesem Präparate immer noch kein reines Akonitin in den
Händen gehabt haben, geht aus ihrer Beschreibung desselben hervor. Nach
ihren Angaben enthält das Akonitin, dessen Schmelzpunkt sie als 85° an-
geben, und welches sie nicht krystallisiert erhalten konnten, 25% Hydrat-
wasser. Sie nehmen im Aconitum Napellus die Existenz zweier Alkaloide
an, ihr amorphes Produkt, das weit giftiger ist, und das krystallinische (?)
Produkt des Handels. Nach einem Berichte Boudetst) über die Arbeit
Hottots, in dem er auch eine von Hottot angegebene Modifikation der
oben mitgeteilten Darstellungsvorschrift beschreibt, hat Stahlschmidt eine
Analyse dieses Akonitins ausgeführt und die Formel zu CggH47011 Na bestimmt.
Th. Groves5) gewann im Jahre 1868 die Base dadurch, daß er die
Knollen mit salzsaurem Alkohol extrahierte, den Weingeist aus dem Auszuge
1) v. Schroff, Arch. Pharm. [2] 81, 53; N. Repert. d. Pharm, 20, 705;
C. 72, 136; Buchn. n. Repert. 3, 115 etc.
2) Schweiz. Wchschr. f. Pharm. 2, No.5; Arch. Pharm. 1858, Ergänzungs-
heft; Wittstein’s Vierteljhrschr. 14, 101; C. 65, 655; Schweiz. Wchschr. für
Pharm. 68, 26; Arch. Pharm. [2] 135, 266.
8) Journ. de Chim. et de Pharm. 1863, 130; C. 64, 558.
4) Journ. de Chim. et de Pharm. 45, 305.
5) Pharm. Journ. Transact: II. ser. 8. vol., No.3; Arch. Pharm. [2] 134, 128.
140 H. Schulze: Akonitin und Akonin.
abdestillierte und das ausgeschiedene Fett entfernte. Aus dem klaren Filtrate
wurde durch Quecksilberjodidjodkali das Alkaloid ausgefällt, der Niederschlag
in Alkohol gelöst, mit Silbernitrat umgesetzt und aus dem Filtrate das Queck-
siiber durch Schwefelwasserstoft entfernt. Aus der so erhaltenen Lösung
schied er durch Pottasche das unreine Akonitin ab, aus dem er durch Auf-
lösen in verdünnter Salpetersäure bei der freiwilligen Verdunstung des
Lösungsmittels krystallisiertes Akonitinnitrat gewann. Aus dem Nitrat
wurde durch Ammoniak die freie Base in Freiheit gesetzt und aus Alkohol
krystallisiert erhalten.
Zwei Jahre später stellte dann Flückiger!) in einer vergleichenden
Studie die Verschiedenheit des von v. Schroff aufgefundenen und fälschlich
als englisches Akonitin bezeichneten Alkaloides, für welches er die Be-
zeichnung Pseudakonitin vorschlägt, von dem Akonitin aus Aconitum Napellus
fest. Nach ihm ist das im Handel vorkommende englische Akonitin stets
aus Aconitum Napellus dargestellt. Es ist übrigens zweifelhaft, ob die Base,
die Flückiger als Pseudakonitin bezeichnet, mit dem Alkaloid identisch
ist, das wir heute so bezeichnen?).
Im folgeuden Jahre berichtete Th. Husemann über die Geschichte
der verschiedenen Akonitalkaloide®), und H. Duquesnelt) teilte seine
Darsteilungsmethode des Akonitins mit, die deshalb von besonderem Interesse
ist, weil nach ihr zuerst zweifellos krystallisiertes Akonitin dargestellt wurde,
und weil fast alle späteren Vorschriften zur Akonitinbereitung, auch die des
Verfassers, auf ihr beruhen.
Duquesnel läßt die Knollen mit starkem Alkohol, dem 1% Wein-
säure zugesetzt ist, ausziehen und den größten Teil des Weingeistes unter
Abschluß der Luft bei einer 60° nicht übersteigenden Temperatur ab-
destiliieren. Die wässerige Lösung des Rückstandes wird mit Aether vom
Farbstoffe befreit, mit Bikarbonat gesättigt und mit Aether ausgeschüttelt.
Aus diesen ätherischen, mit Petroläther versetzten Lösungen krystallisiert
das Alkaloid beim Verdunsten in farblosen rhombischen oder hexagonalen
Tafeln, deren Zersetzungspunkt er bei 1300 findet. Als empirische Formel
gibt er Cu HyoNOn an (O —= 8; nach heutiger Schreibweise Cy H„NO5o).
Nach seinen Angaben ist die Base linksdrehend; aus den Lösungen ihrer
Salze wird sie als sehr leichtes amorphes Produkt gefällt, das ein Hydrat
des Akonitins darstellt. Das Hydratwasser entweicht bei 100%, ohne daß
das Pulver sein Aussehen ändert.
Das so dargestellte Akonitin, das trotz des zu niedrigen Schmelz-
punktes doch wohl ziemlich rein war, wurde in der Folge als französisches
Akonitin in den Handel gebracht.
Einen wesentlichen Fortschritt in der Kenntnis des Akonitins ver-
danken wir den zahlreichen Arbeiten von C. R, Alder Wright), von
1) Arch. Pharm. [3] 141, 196; C. 70, 210.
2) Mandelin. Arch. Pharm. 13] 23, 97—102; Ber. 18, R. 637.
3) N. Jahrb. d. Pharm. 34, 79; C. 71, 626.
4) Compt. rend. 73, 207; C. 7, 483; Amblis 160, 341.
5) Becket u. Wright, Chem. News 82, 231; Ber. 8, 1466; C. 76, 54;
H. Schulze: Akonitin und Akonin. 141
welchen ich allerdings nur diejenigen unten anführe, die sich auf die
Alkaloide des Aconitum Napellus beziehen.
Ohne auf die einzelnen Arbeiten näher einzugehen, möchte ich doch
zusammenfassend über die endgültigen Resultate dieser Forschungen, die an
die von Th. Groves anknüpfen, berichten.
Wright fand zunächst, daß bei der Darstellung von Akonitin aus
den Wurzeln die Methode von Duquesnel die besten Resultate liefere,
daß aber alle früheren Forscher, auch Duquesnel, kein völlig reines
Akonitin in den Händen gehabt hätten, und daß es durch mehrfaches Um-
krystallisieren aus Aether nicht gelingt, die Base ganz rein darzustellen. Er
erreicht die Reinigung durch Ueberführung des annähernd gereinigten
Alkaloides in ein Salz (HBr) und nachheriges Freimachen derselben. Die
Formel bestimmt er zu Ca Hy NOj;a.
Außer dem krystallisierten Alkaloid, für welches Wright den Namen
Akonitin reserviert wissen will, kommen noch zwei andere im Aconitum
Napellus vor, ein amorphes, stark bitteres, nicht giftiges, dessen Salze
krystallisierbar sind, und dem die Formel C, Ha NO,9 zukommt, und welches
er Pikrakonitin nennt, und ein weiteres amorphes, dessen Salze ebenfalls
nicht krystallisieren. Bezüglich dieser amorphen Alkaloide spricht er die
Vermutung aus, daß sich diese vielleicht erst im Gange des Ausziehungs-
verfahrens aus dem Akonitin bilden.
Wright war auch der erste, der sich mit der Konstitution des
Akonitins beschäftigt hat. Beim Behandeln mit Säuren, am besten mit Wein-
säure, geht nach ihm das Akonitin unter Verlust von Wasser in Apoakonitin
über, eine Base, deren Eigenschaften denen des Akonitins sehr ähnlich sind.
Aetzalkalien spalten das Akonitin in Benzoesäure und Akonin, das er
als amorphe Base, deren Salze ebenfalls nicht krystallisierbar sind, beschreibt.
Bei der Behandlung mit wasserfreier Benzoe- bezw. Essigsäure geht
das Akonitin in Benzoyl- bezw. Acetylapoakonitin über, von denen das
Benzoylapoakonitin auch aus _Akonin durch Behandeln mit Benzoesäure-
anhydrid entsteht.
Die Beziehungen zwischen diesen Derivaten erläutert er durch folgendes
Schema:
2 Abspaltung von HgO —0
Cas Hg; NO; OH Akonitin ®—> (CyH3;NO, 2 —OH Apoakonitin
[7 OCOCH; —OCOCH;
| Hydrolyse liefert Benzoesäure und
Y or Benzoesäureanhydrid —;,
Cg Hz; NO, OH Akonin = —> (3sH3sNO, 2 —OCO C,H;
VDibenzoylapoakonin
= Benzoylapoakonitin.
Wright, Pharm. Journ. & Transact. III. ser, No. 326. Ber. 9, 1803;
Wright, Journ. chem. soc. 31, I, 143; C. 77, 39; Wright u. Luff, Jourr.
chem. soc. 33, 338; C. 78, 633; Wright, Pharm. Journ. & Transact. II. ser.,
No. 533, 217; Arch. Pharm. [3] 18, 234.
142 H. Schulze: Akonitin und Akonin.
Wenn auch in der Folgezeit ein Teil dieser Resultate sich als irrig
erwiesen hat, so ist es doch unstreitig das Verdienst Wright’s, die Ver-
schiedenheit des Akonitins vom Pseudoakonitin bewiesen und festgestelit zu
haben, daß die Hydrolyse des Akonitins Benzoesäure liefert, während bei
der des Pseudoakonitins Veratrumsäure (3, 4-Dimethoxybenzoesäure) entsteht.
Das folgende Jahrzehnt hat nur wenige Resultate gezeitigt, welche
unsere Kenntnis der Konstitution des Akonitins wesentlich gefördert hätten,
dagegen haben einige Medizinalvergiftungen, die durch Verwechselung des
sogenannten englischen Akonitins mit dem sogenannten deutschen verursacht
waren, den Anstoß zu zahlreichen Arbeiten gegeben, welche die einzelnen
Handelspräparate einer vergleichenden Untersuchung unterwarfen.
Von diesen ist zunächst die Arbeit von A. Schneider!) zu nennen,
der nach verschiedenen Methoden Akonitin dargestellt und das Verhalten
seiner Präparate gegen eine Reihe von Alkaloidreagentien studiert hat. Wenig
später veröffentlichte P. C. Plugge?) vergleichende physiologische Versuche
über die giftige Wirkung verschiedener Akonitinpräparate. Im Jahre 1884
berichtete dann Th. Husemann?) über Akonitin und Akonitpräparate, und
im gleichen Jahre teilten Laborde und Duquesnelf) gelegentlich einer
pharmakologischen Studie über Akonitinpräparate einige Eigenschaften des
Akonitins mit. Ebenfalls in das Jahr 1884 fallen die Forschungen von
J. Buntzen und H. P. Madsen), die eine größere Anzahl von Handels-
präparaten des Akonitins, krystallisierte und amorphe sowie solche, die von
H. P. Madsen aus Akonitwurzeln verschiedener Herkunft dargestellt waren,
auf ihre physiologische Wirkung geprüft haben und dabei als erste die Ueber-
zeugung aussprachen, daß die Unterschiede in der Wirksamkeit der ver-
schiedenen Akonritinsorten nur durch die größere oder geringere Reinheit
derselben bedingt sei.
Zu dem Resultate, daß im Aconztum Napellus, unerachtet der klimatischen
und Bodenverhältnisse nur ein krystaliisiertes Alkaloid vorhanden sei, kam
auch K. F. Mandelin®) in einer interessanten chemisch -pharmakologischen
Studie, in der er auch die Literatur über den Gegenstand eingehend
behandelt.
Seiner Bemerkung, daß es für das reine Akonitin keine Farbenreaktion
gäbe, und daß der gerichtlich-chemische Nachweis desselben wegen seiner
leichten Zersetzlichkeit und bei dem Mangel an charakteristischen Spezial-
reaktionen nur ausnahmsweise in den günstigsten Fällen gelingen könne, wird
man wohl zustimmen dürfen, dagegen dürfte seine Angabe, daß Japakonitin
mit Akonitin identisch sei, zum mindesten zweifelhaft sein.
1) Arch. Pharm. [3] 19, 401—415. r
2) Arch. Pharm. [3] 20, 20—37.
8) Pharm. Zig. 29, 185 —186.
4) Deutsche Med.-Ztg. 4, 781; C. 84, 62.
5) Coinpte rendu du congres international des sciences medicales
Kopenhagen 1885.
6) Arch. Pharm. [3] 23, 97—102, 129—141, 161—177; Ber. 18, R. 637.
Hilbhalker Akonitin und!Allörin.i 143
Eine Arbeit rein chemischen Inhalts lieferte im folgenden Jahre
A. Jürgens!), der Akoritin aus den Knollen von Aconitum Napellus nach
einer Methode darstellt, welche sich von der von Duquesnel wesentlich nur
dadurch unterscheidet, daß er ohne Weinsäurezusatz auszieht, und die
alkoholischen Extrakte unter vermindertem Drucke einengt. Er erhielt so
krystallinisches Akonitin in einer Ausbeute von 0,2%; einen Schmelzpunkt
seines Präparates gibt er nicht an. Die empirische Formel, die er aus der
Analyse der freien Base und ihres Goldsalzes ableitet, stellt er als Osg Hyr NOya
auf. Außer dem Goldsalze, das er nur undentlich krystallinisch erhielt, stellte
er noch das bromwasserstoffsauere Cs Hyr NOjaHBr + 2% aq, das salzsauere
Ca Hyr NO;aHCI + 3% aq, und das jodwasserstoffsauere Salz, Ca; Hy, NO7sHJ +
. 3%, aq, krystallisiert dar, von denen er das letztgenaunte, wegen seiner Schwer-
löslichkeit, zum mikrochemischen Nachweis des Akonitins in toxikologischen
Fällen vorschlug. Bei der Einwirkung von Jod auf die Base erhielt er eine
krystallisierte Verbindung, Ca Hy; NOja Je, die er als das Hydrojodid eines
jodierten Akonitins, CggH4s JNO]HJ, auffaßte; eine analoge Verbindung erhielt
er mit Brom.
Von seinen Ausführungen über die amorphen Basen, die sich in den
Akonitknollen finden, möchte ich nur anführen, daß er es für unwahrscheinlich
hält, daß das von Groves und Wright aufgefundene Pikrakonitin in den
Knollen präexistiere.
Kurz vor der Arbeit von Jürgens hatte übrigens C. F. Bender?)
eine Darstellungsmethode unserer Base angegeben, die sich mit der von
Wright völlig deckt.
Ueber die Resultate von Jürgens berichtete G. Dragendorff auf
der 60. Naturforscherversammlung in Wiesbaden und teilte dabei weiter mit,
daß Akonitin bei der Hydrolyse in Benzoesäure und Pikrakonitin gespalten
werde, welches letztere weiter in Methylalkohol und Akonin zerfalle; Angaben,
die sich in der Folge als nicht zutreffend erwiesen haben.
In demselben Jahre publizierte J. Williams?) eine neue Art der Akonitin-
bereitung, bei der er die Knollen mit Amylalkohol extrahiert, diesem Auszuge
durch Ausschütteln mit Schwefelsäure die Base entzieht und diese mit Soda-
lösung fällt. Sonderbarerweise teilt er mit, daß das aus 33% Alkohol in
feinen Nadeln krystallisierende Akonitin ein Hydrat darstelle, ebenso sei das
amorphe, durch Ammoniak gefälite Alkaloid ein Hydrat.
Eine weitere Studie über Handelspräparate des Akonitins wurde 1888
von Thudichum®) veröffentlicht.
Während man so bis zum Ende der achtziger Jahre nur wenig über
die Resultate von Wright herausgekommen war, hat das letzte Jahrzehnt des
vorigen Jahrhunderts durch eine Fülle von Arbeiten über die Chemie des
Akonitins ziemlich Klarheit in diese verworrene und schwierige Materie gebracht.
1) Pharm. Ztg. für Rußland 24, 721—725, 745—752, 762—769, 778—785,
794—800; Ber. 19, R. 351.
2) Pharm. Centralhalle 26, 433; Ber. 19, R. 170.
8) Pharm. Journal & Transact. [3] 18, 238; Liebigs Jahresber. 87.
4) Pharm. Post. 21, 186; C. 83, 610.
144 H. Schulze: Akonitin und Akonin.
Nach der Methode von J. Williams stellten 1891 E. Richards und
Ashley Roger!) Akonitin aus frischen und getrockneten Knollen dar, von
denen die frischen 0,71%, die getrockneten 0,14% der Base lieferten. Die
Krystallformen derselben erklären sie für hexagonal und sprechen die Ver-
mutung aus, daß das Alkaloid aus zwei Körpern «a-Akonitin, Schmp. 182—184?
und ß-Akonitin, Schmp. 178—180° bestehe; von diesen sei die B-Form sechsmal
toxischer, als die «-Form. Die späteren Forschungen haben diese Angabe
nicht bestätigt.
Das Jahr 1891 ist für die Geschichte des Akonitins auch deshalb
bemerkenswert, weil in ihm eine Arbeit von W. R. Dunstan erschien, welche
die erste in einer langen Reihe von Experimentaluntersuchungen bildet, die
dieser Forscher mit seinen Schülern auf dem Gebiete der Akonitalkaloide
ausgeführt hat.
Wenn ich über diese Arbeiten nicht, wie über die von Wright, im
Zusammenhange und mit Ausscheidung dessen, was später von ihm selbst als
irrtümlich erkannt wurde, berichte, so geschieht dies einerseits des historischen
Interesses halber, andererseits um zu zeigen, mit welchen Schwierigkeiten
selbst ein so erfahrener Forscher auf diesem schwierigen Gebiete zu kämpfen
hatte; es liegt mir dabei aber vollständig fern, die Verdienste, die er sich um
die Klärung der Akonitinfrage unstreitig erworben hat, irgendwie verkleinern
zu wollen.
In Gemeinschaft mit W. H. Ince?) analysierte Dunstan die Rohbase
aus Aconitum Näpellus und fand mit der Wrightschen Formel Cz, H43 NO;3g
übereinstimmende Werte; nachdem aber die Base durch Ueberführung in das
bromwasserstoffsauere Salz und Regenerierung gereinigt war, erhielt er sie in
rhombischen Tafeln, Schmp. 188,5°, die von A. E. Tutton?) gemessen wurden.
Als Formel stellt er eine von der Wrightschen nicht sehr abweichende:
Ca: H45s NOJs auf; er beschreibt ferner ein normales Goldsalz, Ca Hy; NOjHAuC],,
Schmp. 135,50 und ein basisches Doppelsalz Cg3 Hy, NO;3 AuCl,, Schmp. 1290,
Beim Erhitzen für sich oder unter Druck spaltet sich das Akonitin in Benzoe-
sänre und eine amorphe Base, das Akonin Ca, Hg NO;, dessen Goldsalz die
Formel Ca, HB, NO], HAuC], besitzt. Beim Erhitzen mit gesättigter Weinsäure-
lösung findet er ebenso wie Wright, daß dabei Akonitin in Dehydro-Apo-
akonitin übergehe. Diese Base, die bei 186,50 schmilzt, bildet drei Goldsalze,
Ca Ha NO, ı H Au 101 7 Schmp. 1410, ein Salz Ca, Ha NO, H Au Cl; +1 24. das
mit dem Akonitinaurichloride isomer sei und leicht in dieses übergehe, und
ein basisches Salz Ca; Hy NO„1 AuCl,, Schmp. 147,50,
Mit J. C. Umneyt%) stellte Dunstan im folgenden Jahre Akonitin aus
frischen Wurzeln dar. Sie erschöpften diese mit Amylalkohol, schüttelten
die amylalkoholischen Lösungen mit 10%, Schwefelsäure aus, machten dann
die sauere Lösung, die sie vorher zur Entfernung der Harze mit Chloroform
behandelt hatten, mit Ammoniak alkalisch und schüttelten mit Aether aus.
!) Chemiker-Ztg. 15, Repert. 18; C. 91 I, 804.
2) Journ. chem. soc, 59, 271—287; C. 91 I, 803.
®) Journ. chem. soc. 59, 288—290; C. 91 I, 829.
4) Journ. chem. soc. 61, 385—394; C. 92 II, 632.
H:. Schulze: Akonitin und Akonin. 145
Dieser nahm die Hauptmenge der Alkaloide auf, ließ aber noch einen Teil
in Lösung, aus der man ihn durch Ausschütteln mit Chloroform gewinnen
konnte, und der als Akonin amwgesehen wurde. Der in Aether leicht lösliche
Teil war gummiartig und konnte nicht direkt krystallisiert erhalten werden.
Durch Ueberführung in das Hydrobromid gelang es jedoch, ihn in einen kry-
stallinischen Teil, Akonitinhydrobromid, und ein nicht krystallisierendes Salz,
dessen Base, als Napellin bezeichnet, gummiartig und von bitterem Geschmacke
ist, zu zeriegen. Das Napeilin sieht er als verschieden an von dem Pikra-
konitin von Wright.
Im Anschlusse an diess mehr präparative Arbeit studierte Dunstan
mit F. W. Passmorel) die Hydrolyse unseres Alkaloides, wobei er feststellt,
daß die Angaben von Dragendorff hierüber nicht zutreffend sind. Beim
Erhitzen von Akonitin mit Wasser auf 1500 entstehe weder Pikrakonitin noch
Methylalkohol, sondern neben unverändertern Akonitin finde sich im Reaktions-
produkt Benzoesäure und Akonin:
CH NOja + H30 = Ca Hy NO + CsH5CO>H.
Die Versuche durch Einwirkung von Benzoesäureanhydrid auf Akohin
Akonitin zu syrthetisieren, führten nicht zum Ziel, dagegen gelang es an-
geblich durch Behandeln von Akonin mit Benzoesäureester bei 1300 Apo-
akonitin zu erhalten, das leicht in Akonitin übergehe. Vom Akonin, das
bisher weder selbst, noch in Form feiner Salze krystallisiert erhalten worden
war, bekamen sie das Chlor-, Brom- und Jodhydrat, sowie das Sulfat (?) in
krystallisiertem Zustande; die freie Base stellten sie aus dem Sulfate mit
Aetzbaryt als hygroskopische gummiartige Masse, Schmp. 130°, deren
wässerige Lösung rechts dreht, dar. Die Lösungen der Salze sind dagegen
linksdrehend. Bei der Oxydation mit Kaliumpermanganat erhielten sie Oxal-
säure; ein Jodmetbylat des Akonins konnten sie nicht erhalten, dagegen
reagiere das Akoritin mit Jodmethyl unter Bildung von Ca Has NO]nCH3J;
eine Angabe, welche Dunstan später selbst als irrtümlich erkannt hat.
Wenig später teilten A. Ehrenberg und C. Purfürst?) die Resultate
ihrer Untersuchungen über das Akonitin mit. Sie stellten fest, daß man
beim Umkrystallisieren dieses Alkaloides aus Aether leicht durch minimale
Mengen eines Zersetzungsproduktes, das die Krystalle wie ein Lack .überzieht,
verunreinigte, aber anscheinend völlig reine Krystalle erhalte, und daß dieses
Zwischenprodukt sich auch bei der Reinigung durch Darstellung eines Salzes
und Regenerierung aus demselben bilden könne. Für ihr ganz reines
Akonitin finden sie Schmp. 193—194° und teilen ihm die Formel Ca HaNO,
zu. Mit Hilfe der Zeisel’schen Methode weisen sie in ihm vier Methoxyl-
gruppen nach. Bei der Hydrolyse der Base durch Wasser und durch Alkalien
entsteht zuerst Benzoesäure und Pikrakonitin, welches weiter unter Wasser-
aufnahme in Methylalkohoi und Napellin zerfällt, das endlich unter noch-
maliger Wasseraufnahme in Essigsäure und Akonin übergeht.
Ca HaNO, + E30 = (3, Hg NO + C7He0g
Akonitin. Pikrakonitin.
1) Journ. chem. soc. 61, 395—404; C. 92 I, 713.
2) Journ. für praktische Chemie 45, 604—613; C. 92 II, 219.
Arch. d. Pharm. UCXXXXIV. Bds. 2, Heft. 10
146 H. Schulze: Akonitin und Akorin.
05; H3gNO)n—+ H30 = C4 Hy NO + CH3OH
Pikrakonitin. Napellin.
(4; Hy NO) + H30 = Ca5Hg5 NO, + CaH4 05
Napellin. Akonin.
Diese Formulierung des Vorganges hat sich freilich als nicht zutreffend
erwiesen, immerhin bleibt es das Verdienst dieser Forscher, unter den
Produkten der Hydrolyse des Akonitins Essigsäure nachgewiesen zu haben.
Bei der Destillation des Akonins mit Aetzbaryt erhielten sie neben Kohlen-
wasserstoffen Methylamin und eine Base, von welcher sie nicht entscheiden
konnten, ob in ihr Chinolin oder Tetrabydrochinolin vorliege. Diese letztere
Angabe dürfte etwas zweifelhaft sein, zumal da sie ein Nitrosamin dieser
Base erhalten haben wollen, dessen Bildung sich doch kaum mit dem Vor-
liegen von Chinolin vereinigen ließe.
Das nächste Jahr (1893) brachte wieder einige Veröffentlichungen von
W. R. Dunstan. In Gemeinschaft mit C. F. Harrison!) unterwarf er das
neben dem Akonitin in den Akonitknollen vorhandene und als Napellin be-
zeichnete Alkaloid einer Untersuchung. Nach dieser kommt das Napellin in
den Wurzeln in ebenso großer Menge, manchmal sogar in größerer, vor als
das Akonitin, von dem es sich durch seine leichtere Löslichkeit in Aether
leicht trennen läßt. Die so erhaltene Rohbase kann durch Lösen in Chloro-
form, in dem sie leicht löslich ist, von den meisten Verunreinigungen befreit
werden und wird dann leicht in Form eines Salzes rein erhalten. Sie
bezeichnen die Base, die sie als isomer mit dem Akonitin betrachten, als
Isakonitin. Das Alkaloid selbst ist amorph und in alkoholischer Lösung rechts-
drehend. Von den Salzen steliten sie das salzsauere Salz, Cg Ha NO;sHCI +
1 aq, das Hydrobromid, Ca, H4; NO;sHBr, und das Hydrojodid Ca By; NO, HJ;
krystallisiert dar. Die Lösungen der Salze schmecken ebenso wie die freie
Base, stark bitter und sind linksdrehend. Es gelang ihnen nicht, ein normales
Goldsalz der Base zu erhalten; der durch Fällen der salzsaueren Lösung der
Base mit Goldchlorid erhaltene gelbe amorphe Niederschlag wurde beim
Umkrystallisieren aus Alkohol in fast farblosen Krystallen erhalten und
besaß die Zusammensetzung eines Aurichlorisakonitins, Cg3 H44(AuCls) NOje-
Bei der Hydrolyse zerfällt Isakonitin in Benzoesäure und Akonin, liefert also
dieselben Spaltungsprodukte, wie das Akonitin, von dem es sich aber auch
durch seine weit geringere Giftigkeit unterscheidet.
Os Hs; NO + H30 = Ca Hg NO + 07H 0%.
Im Anschluß an diese Arbeit berichteten W. R. Dunstan und
F. Carr?) über die Untersuchung einer Reihe von Handelssorten des
Akonitins und wenig später?) teilten sie ihre Versuche über die Umwandelung
von Akonitin in Isakonitin mit. Es’ gelang ihnen, Akonitin durch längeres
Kochen des bromwässerstoffsaueren Salzes oder durch Erhitzen desselben im
Rohr auf 110—115° in das isomere Isakonitin zu verwandeln; noch besser
gelinge die Umwandelung bei Gegenwart von 2% Bromwasserstoff, sei dagegen
1) Chem. News. 67, 106-107; C. 93 I, 655.
2) Chem. News 67, 107; C. 931, 655.
8) Journ. chem. soc. 63, 991—994; C. 93 IL, 586.
H. Schulze: Akonitin und Akonin. 147
bei Anwendung konzentrierter Bromwasserstofisäure oder anderer Akonitin-
salze nicht ausführbar. Sie sprechen daher die Vermutung aus, daß
möglicherweise das Isakonitin aus den Spaltungsprodukten des Akonitins,
dem Akonin und Benzoesäure durch die Einwirkung des Bromwasserstoffes
gebildet werde. Der Versuch, die Bildung von Isakonitin bei der Verseifung
von Akonitin mittelst Alkalien als erstes Umwandlungsprodukt nachzuweisen,
mißlang.
Unmittelbar auf diese Mitteilung folgte eine weitere Studie über die
Aurichloride des Akonitins, die Dunstan in Gemeinschaft mit H. Jowett!)
ausgeführt bat. Fällt man eine salzsauere Lösung von Akonitin mit Gold-
chlorid, so entsteht ein gelber amorpher Niederschlag, der bei 1370 schmilzt.
Das amorphe Salz kann in drei krystallisierte Modifikationen übergehen, die
chemisch identisch, ohne Krystallwasser, nach der Formel Ca, Hy, NOjgH AuCh
zusammengesetzt sind, die sich aber durch ihren Schmelzpunkt und ihre
Krystallform voneinander unterscheiden. Durch Krystallisation aus Alkohol
oder Aceton und Wasser, oder aus Chloroform und Aether entstehen gelbe
Nadeln vom Schmp. 135,5%, «a-Modifikation. Durch Lösen des amorphen
Salzes, oder der «-Form in absolutem Alkohole entsteht die B-Form, Schmelz-
punkt 1520, deren Krystallform der der a-Form ähnlich, aber nicht mit ihr
identisch ist, und welche durch Krystallisation aus verdünntem Aceton wieder
in diese zurückverwandelt wird. Aus der Lösung des B-Akonitinaurichlorids
in Chloroform erhielten sie die y-Form, derbe Säulen, Schmp. 1760, durch
Schichten mit Aether. Bei der Krystallisation aus verdünntem Aceton geht
die y-Form in die «-Form, aus absolutem Alkohol in die B-Form über.
Einen wesentlichen Fortschritt in der Kenntnis der Alkaloide des
Aconitum Napellus brachte dann das folgende Jabr (1894).
Zunächst wiesen W. R. Dunstan und C. F. Harrison?) durch
Vergleich der von Groves dargestellten Originalpräparate des Pikrakonitins
mit ihrem Isakonitin nach, daß das erstere nur nicht ganz reines Isakonitin
gewesen sei, daß demnach beide Alkaloide identisch seien. Außerdem glauben
sie im Aconitum Napellus noch eine weitere omorphe Base, die krystallisierte
Salze bildet, in geringer Menge nachgewiesen zu haben und nennen diese
Homoisakonitin. Demnach kämen im Sturmhut Akonitin, Isakonitir, Homo-
isakonitin, Akonin und eine beträchtliche Menge einer Base, die weder selbst
krystallisiert, noch krystallisierte Salze liefert, vor.
Zu wesentlich anderen Resultaten als Dunstan und seine Mitarbeiter
kamen M. Freund und P. Beck?) in ihrer ersten Mitteilung über das
Akonitin, für das sie die Formel C4HyaNO,, oder C4 Hy, NO, aufstellen.
Für die Hydrolyse desselben geben sie folgende Deutung des Reaktions-
verlaufes. Beim mehrstündigen Kochen mit Wasser wird das Akonitin zer-
setzt, wobei das Benzoat des Isakonitins, Akonin und Essigsäure auftreten.
Das Isakonitin und die Benzoesäure bilden sich dabei nach den folgenden
Gleichungen:
1) Journ. chem. soc. 63, 994—999; C. 93 II, 587.
2) Journ. chem. soc. 65, 174-176; C. 94 I, 470.
3) Ber. 27 I, 433—436,
10*
148 H. Schulze: Akonitin und Akonin.
CzaHy NOu + H30 = CH,COOH + Ca HNO
Akonitin. Isakonitin.
C4H4rNOyı + Ha0 = CH; COOH + Cr Ha NO
Akonitin. Acetylakonitin.
Den Körper Ca} Ha NOjo konnten sie nicht isolieren, da er leicht unter
Wasseraufnahme in Essigsäure und Akonin zerfällt, welches letztere auch
durch Verseifung des Isakonitins mit alkoholischer Kalilauge entsteht:
CH; NO, + Hs0 = GH,COOH + CyH4NO,
Isakonitin. Akonin.
Das Isakonitin erkennen auch sie gleichfalls als identisch mit dem
Pikrakonitin von Wright und schlagen, wegen des bitteren Geschmackes
der Base, vor, diesen Namen wieder aufzunehmen, zumal da es sich ja gezeigt
habe, daß sie kein Isomeres des Akonitins sei, und somit der Name Isakonitin
seine Berechtigung verloren habe. Diese Gründe sind als berechtigt an-
zuerkennen, und der Verfasser wird sich daher in der Folge des Namens
konn für diese Base bedienen, wenn auch W. R. Dunstan für sie
später den Namen Benzakonin vorgeschlagen hat.
Das vorläufige Resultat ihrer Arbeitn fassen M. Freund und P. Beck
dahin zusammen, daß das Akonitin als Acetyibenzoylakonin CE NO
aufzufassen sei; gleichzeitig bemerken sie, daß damit die Angaben von
Dunstan und Passmore, die aus dem Akonin durch Benzoylierung Apo-
akonitin dargestellt haben wollten, unwahrscheinlich geworden seien.
Fast gleichzeitig, vielleicht etwas früher (auf den Streit, der sich um
die Priorität dieser Entdeckung erhobl), möchte ich hier nicht näher ein-
gehen), kamen W. R. Dunstan und F. Carr?) gleichfalls zu der Ansicht,
daß das Akonitin bei der Hydrolyse ein Molekül Essigsäure abspalte,
Sie fanden, daß es beim längeren Erhitzen auf seinen Schmelzpunkt
188—190° etwa 10% seines Gewichtes an Essigsäure verliere und dabei in
eine neue Base, das Pyrakonitin, übergehe.
O3 Hy NO12 = CaH403 + Ca Ha NO
Akonitin. Pyrakonitin.
Ebenso verlaufe die Reaktion bei Anwendung von Salzen des Akonitins;
dagegen konnte eine Bildung von Pyrakonitin bei der Erhitzung von Isakonitin
oder von Akonin nicht beobachtet werden. Das Pyrakonitin stelle einen nicht
giftigen, optisch inaktiven Firmis dar, der selbst nicht zur Krystallisation
gebracht werden könne, wohl aber krystallisierte Salze bilde, von denen sie
das Hydrobromid Cy Hy NOJHBr, Schmp. 2800, «ap = —46047', das salz-
sauere, Schmp. 2490, und das jodwasserstoffsaure Salz, Schmp. 220,50, be-
schreiben. Die Lösungen dieser Salze schmecken stark bitter.
Beim Erhitzen der neuen Base mit Wasser oder verdünnten Säuren
unter Druck zerfällt sie unter Aufnahme der Elemente des Wassers in
Benzoesäure und eine neue Base, das Pyrakonin.
1) Siehe hierüber W. R. Dunstan, Ber. 27, 664; M. Freund,
Ber. 27, 732; Ber. 28, 192—19; Dunstan und Carr, Ber. 28, 1379.
2) Chem. News 69, 70; C. 94 I, 555.
H. Schulze: Akonitin und Akonin, 149
Cz Hu NOjo + H30 = Cy4HgNOg + CrHaOs
Pyrakonitin. Pyrakonrin.
Die gleiche Reaktion gehe sehr leicht, selbst in der Kälte, mit Aetz-
alkalien von statten, verlaufe dagegen schwer bei Anwendung von Ammoniak;
ein Resultat, das nicht sehr verwunderlich ist.
Das Pyrakonin wird als eine amorphe Base, deren Eigenschaften denen
des Akonins sehr ähnlich sind, beschrieben. Von krystallisierten Salzen
stellten sie das in Würfeln krystallisierende salzzaure Pyrakonin CgH37 NO,
HCI + H,O, Schmp. 159%, «np = — 1020 7° dar.
Im Anschlusse an diese Mitteilung berichteten sie über ihre Unter-
suchungen über die Hydrolyse des Akonitins!),
Schon früher hatten sie gezeigt, daß beim Kochen schwach angesäuerter |
Akonitinsalzlösungen die Salze langsam in solche des Isakonitins (Pikrakonitins)
übergingen. Sie fanden jetzt, daß dieses Resultat weit schneller und voll-
ständiger durch Erhitzen der neutralen Lösung auf 120—130% erzielt werde.
Sie erkennen das Pikrakonitin als erstes Zwischenprodukt der Umwandelung
des Akonitins in Akonin, wobei es sowohl bei der Spaltung mit verdünnten
Säuren, als auch bei der mit Wasser allein primär gebildet wird, dagegen
gelang ihnen der Nachweis der Entstenung desselben bei der Verseifung des
Akonitins mit Aetzkalien nicht, da unter diesen Umständen die Reaktion zu
schnell zu Ende geht.
Einen sehr wichtigen Beitrag zur Kenntnis unseres Alkaloides brachte
die ausführliche Mitteilung der Versuche von M. Freund und P. Beck?).
Durch eine große Reihe von Analysen der Base, auch solcher, die sie aus
dem Bromid und aus dem Goldchloriddoppelsalze regeneriert hatten, und
einiger ihrer Salze, stellten sie die Formel zu C4Hy7NO,, fest, gegenüber
der von Dunstan angegebenen Formel C33; Hy; NOja. Die doppelte Molekular-
formel, die Paul und Kingzett dem Japakonitin zuschreiben, schließen sie
durch eine Molekulargewichtsbestimmung nach der Gefrierpunktsmethode aus
und beweisen die Identität ihres. Alkaloides mit dem von Dunstan, dessen
Akonitinkrystalle Tutton gemessen hatte, durch die von H. Traube aus-
geführte Messung der Krystalle ihrer Base, welche die krystallographische
Identität beider Präparate ergab. Den Schmelzpurkt finden sie höher als
Dunstan bei 194--1950.
Nach ihren Versuchen existiert das Apoakonitin, dessen von Wright
aufgestellter Formel ihre Analysenresultate am nächsten kommen, überhaupt
nieht, sondern ist identisch mit Akonitin.
Freund und Beck haben ferner eine Reihe von Salzen des Akonitins,
das Hydrobromid, das Nitrat und die «a- und die B-Modifikation der von
Dunstan und Jowett beschriebenen drei isomeren Goldsalze dargestellt,
von denen sie die erstgenannten, mit Ausnahme der Aenderungen, die durch
ihre abweichende Akonitinformel bedingt sind, mit den früheren Angaben
übereinstimmend zusammengesetzt finden. Von den Goldsalzen stellen sie
fest, daß die ß-Form mit einem Molekül Krystallalkobol nach der Formel
1) Chem. News 69, 70; C. 94 I, 556.
2) Ber. 27, 720—733.
150 | H. Schulze: Akonitin und Akonin.
Ca H47 NO1HAuCh + CgHg 0 krystallisiere, und daß die «-Form drei Moleküle
Krystallwasser, entsprechend der Formel C,H, NO,,HAuCl, + 3aq besitze;
Dunstan hatte diese Salze als krystallwasserfrei betrachtet.
Beim längeren Kochen mit Wasser geht das Akoritin in Lösung und
zerfällt dabei, wobei Essigsäure frei wird. Die erste aus der Lösung aus-
krystallisierende Verbindung ist Pikrakonitinbenzoat, C33H45 NO70 CH; COOH,
Schmp. 203—204%. Das aus diesem darstellbare Pikrakonitin ist eine amorphe
Base, die gegen 1250 schmilzt, es ist identisch mit dem Napellin von Ehren-
berg und Purfürst und mit dem Isakonitin von Dunstan. Es enthält
ebenso wie das Akonitin noch vier Methoxylgruppen, die nach der Methode
von Zeisel bestimmt wurden. Von den Salzen wurde das Hydrobromid,
(35H; NOpnHBr, Schmp. 282°, das Chlorhydrat, CaH,;NO,HCI, das in zwei
Formen auftritt, die bei 217 bezw. 2700 schmelzen und das Hydrojodid
krystallisiert erhalten. Der Schmelzpunkt des letzteren liegt bei 204—205°;
Dunstan und Harrison hatten 246° angegeben. Das Goldchloriddoppel-
salz der Base konnten sie nur als gelbes amorphes Pulver, das zwischen 125
und 155° schmolz und normale Zusammensetzung zeigte, erhalten, dagegen
mißlang der Versuch, dis von Dunstan und Harrison beschriebene farb-
lose Aurichlorverbindung vom Schmp: 2040 darzustellen.
Nach dem Pikrakonitinbenzoat krystallisiert aus dem Reaktionsgemenge
das Acetat der Base aus. In dieser Fraktion wurde die Gegenwart von
Essigsäure durch die Darstellung des Silberacetats nachgewiesen.
Aus dem Rückstande, aus dem sie vorher noch etwas unverändertes
Akonitin und Pikrakonitin entfernt hatten, konnten sie noch Akoninchlorhydrat,
das die ihm von Dunstan und Passmore zugeschriebenen Eigenschaften
besitzt, isolieren. Während diese aber dem getrockneten Salze die Formel
Oz, Hyı NO, HC! zuschreiben, führten ihre Analysen zu der Formel
C5;H4N0;HCI. Auch im Akonin wiesen sie nach Zeisels Methode vier
Methoxylgruppen nach.
Akonin entsteht ebenfalls bei der Verseifung von Pikrakonitin mit
alkoholischer Kalilauge.
Beim Behandeln von Pikrakonritin mit Essigsäureanhydrid erhielten sie
eine bei 255—256° schmelzende Verbiudung, die sie als ein Monoacetylderivat
ansprechen.
Ebenfalls im Jahre 1894 berichteten W.R. Dunstan und H. Jowett!)
über die Einwirkung von Jod auf Akonitin. Zunächst untersuchten sie das
zuerst von Jürgens durch Einwirkung von Jod auf Akonitin in ätherischer
Lösung erhaltene krystallinische Produkt, das dieser als das jodwasser-
stoffsauere Salz eines Jodakonitins CO Ha JNOJnHJ aufgefaßt hatte, und aus
dem er durch Behandeln mit Ammoniak Jodakonitin als braunes amorphes
Pulver dargestellt zu haben glaubte. Sie wiesen nach, daß diese Krystalle
ein unbeständiges Akonitinperjodid darstellten, das nur unter Jodverlust
umkrystallisiert werden könne. Aus den braunen Krystallen steliten sie durch
mehrfaches Umkrystallisieren, wobei-die Farbe immer heller wurde, farbloses
Akonitinhydrojodid her, aus dem sie reines Akonitin darstellen konnten. Bei
1) Chem. News 69, 239; C. 94 I, 1154.
H. Schulze: Akonitin und Akonin. 151
der Einwirkung von Jod auf Lösungen von Akonitin in verschiedenen Lösungs-
mitteln erhielten sie dagegen ein Gemisch von Akoninjodhydrat, Akonitin-
perjodid und einer amorphen neutralen Substanz, die ihnen Jodakonitin zu
sein scheint, aber nicht gut charakterisiert werden konnte. Die Bildung dieser
Verbindungen erfolgt nach den Gleichungen:
2 O3 H45 NO1a + Ja = CH; NO13HJ + Ca Hy INOna.
Cs Has NO,HJ En x Ja = Cs Has NOya HJ x Ja.
Das Jodakonitin, das sie nicht krystallisiert erhalten konnten, beschreiben
sie als ein graues, undeutlich bei 2080 schmelzendes Pulver, das der Formel
Cg3 Hy JNOj;g entsprechend zusammengesetzt sei und keine basischen Eigen-
schaften mehr besitze.
Gleichzeitig berichtigen sie eine frühere irrtümliche Angabe von
Dunstan und Passmore, die bei der Einwirkung von Jodmethyl auf
Akonitin einen Körper erhalten hatten, den sie für Akonitinjodmethylat bielten.
Bei näherer Untersuchung stellte es sich jetzt heraus, daß dieser Körper,
der nach dem Umkrystallisieren Schmp. 2260 zeigte, identisch sei mit.dem
Akonitinhydrojodid. Sie vermuten, daß die Einwirkung von Jodmethyl auf
Akonitin nach folgender Gleichung verlaufe:
2 CH, NO + CHgJ = Ce Hy, (CH3) NO4a + CH; NOJaHJ.
Das hiernach zu erwartende Methylakonitin konnten sie jedoch nicht
isolieren. Sie erhielten eine unreine Base, die ein bei 2180 schmelzendes
Hydrobromid liefere, das sich aber schnell unter Bildung von Akonitin zersetze.
Im folgenden Jahre (1895) publizierte Dunstan mit F. Carr!)
eine Studie über die Acestylderivate des Akonitins und des Benzakonins
(Pikrakonitins), die hauptsächlich in der Absicht ausgeführt wurde, das
Pikrakonitin durch Acetylierung in Akonitin überzuführen und so eine partielle
Synthese desselben zu bewirken. Diese Versuche schlugen fehl, jedoch
stellten sie dabei eine Anzahl von Acetylderivaten der beiden Basen dar,
deren Analysen ihnen eine weitere Bestätigung der von Dunstan vor-
geschlagenen Formeln (5; H, NO;, (Pikrakonitin) und Ca, Hy; NO;s (Akonitin)
bilden, die aber mit den von Freund und Beck aufgestellten im Wider-
spruche ständen. Sie finden weiter, daß Essigsäureanhydrid auf Akonitin
nicht einwirkt; durch kurze Einwirkung von Acetylchlorid auf die Base er-
hielten sie ein Diacetylakonitin CgaH;3 NOjJCHZ CO), Schmp. 148%, durch
längere (24 Stunden) Behandlung mit Acetylchlorid erhielten sie ein Triacetyl-
akonitin Schmp. 206— 2070, Caa Hs (CH, CO),NO%.
Als sie Essigsäureanhydrid auf eine Lösung von Pikrakonitin in
Chloroform einwirken ließen, bekamen sie eine amorphe Base, deren Salze
krystallisierbar sind; das Hydrobromid schmilzt bei 265%. Beim Erhitzen mit
Wasser im Einschlußrohr zerfällt die Base wieder in Pikrakonitin und
Essigsäure.
Zu einem höher acetylierten Produkte, einem Triacetylpikrakonitin
Cy Hjo(CH; CO) NO, gelangten sie, als sie Essigsäureanhydrid bei 1000 oder
nach der Liebermann’schen Methode auf Pikrakonitin reagieren ließen.
Diese bei 255—2560 schmelzende krystallisierte Base scheint ihnen mit dem
1) Journ. chem soc. 67, 459—467;; C. 95 I, 69.
152 H. Schulze: Akoritin und Akorin.
von Freund dargestellten Acetylderivat des Pikrakonitins identisch zu sein,
das dieser als Monoacetylprodukt aufgefaßt hatte.
Ein mit dieser Base isomeres Produkt stellten sie dadurch her, daß sie
eine Lösung von Pikrakonitin in Chloroform mit Acetylchlorid in der Kälte
zusammenbrachten. Dieses Triacetylpikrakoritin Schmp. 1620 krystallisiert
selbst und gibt krystallisierte Salze, darunter ein Aurichlorid. Bei weiterer
Einwirkung von Acetylchlorid auf die Base entsteht ein bei 2110 schmelzendes
Tetraacety!pikrakonitin Cgı Hgg (CHz CO), NO7,, das ein farbloses Goldsalz vom
Schmp. 2250 liefert. Diese Base ist nicht identisch mit dem oben beschriebenen
Triacetylakonitiv, sondern isomer. Von ihr unterscheidet sie sich durch ihre
geringere Giftigkeit und durch die Krystallform.
Aus Pyrakonitin erhielten sie bei der Behandlung mit Acetylchlorid
ein krystallisiertes Triacetylpyrakonitin Schmp. 2030.
Die neue Formel für das Benzakonin (Pikrakonitin), Caı Hg NO,,, stützen
sie hauptsächlich darauf, daß bei der Entstehung des Körpers aus dem Akonitin
aus diesem ein Molekül Essigsäure abgespalten wird. Sie wenden sich dann
gegen dis Angaben von Freund, welcher kein farbloses Aurichlorderivat des
Pikrakonitius, sondern nur ein normales gelbgefärbtes amorphes Aurichlorid
erhalten konnte und bestätigen ihre frühere Angabe, daß diese farblose Ver-
bindung ohne Schwierigkeit und auch krystallisiert erhalten werden könne.
Den Goldgehalt der Verbindung finden sie der von ihnen angenommenen
Formel Cz} Hys (Au Cia) NO;; entsprechend.
Im Anschluß an diese Arbeit untersuchten W. R. Dunstan und
H. Jowett!) nochmals die früher von ihnen dargestellten Akonitinaurichloride.
Im "Gegensatz zu den Angaben von M. Freund und P. Beck, welche die
a-Modifikation Schmp. 1350 mit 3H,0 krystallisierend finden, stellen sie die
Richtigkeit ihrer früheren Angabe, daß das Salz krystallwasserfrei sei, fest,
auch die Angabe Freunds, daß die B-Form mit einem Molekül Krystallalkohol
krystallisiere, finden sie nicht bestätigt.
Ueber Versuche, durch Berzoylierung vos Akonin zum Pikrakonitin
zu gelangen, berichteten W.R. Dunstan und F. Carr?) am Ende des Jahres.
Wie ich vorausschicken möchte, gelang ihnen diese Synthese nicht, dagegen
stellten sie einige neue Derivate des Akonins dar.
Werden äquimolekulare Mengen von Benzoesäureanhydrid und Akonin
in Chloroform gelöst zusammengebracht, so bildet sich bei gewöhnlicher
Temperatur Dibenzoylakonin C4Hg(CeH; CO), NOp, Schmp. 2650, dessen
Hydrobromid Schmp. 2610 und dessen Goldsalz, gelbe Tafeln vom Schmp. 212°
krystallisiert erhalten wurden. Bei der Hydrolyse der Base erhielten sie neben
Akonin die berechnete Menge Benzoesäure. Die Einwirkung eines großen
Ueberschusses von Benzoesäureanhydrid führt zu einer krystallisierten Base
Schmp. 1900, die nicht untersucht wurde. Benzoylchlorid, mit Chloroform
verdünnt, reagiert auch beim Erwärmen nicht auf Akonin.
Beim längeren Stehen von Akonin mit Acetylchlorid bei gewöhnlicher
Temperatur wird eine in kleineren Prismen vom Schmp. 1960 krystallisierende
1) Chem. News 71, 99; C. 95 I, 694.
2) Chem. News 72, 729; C. 96 I, 208.
H. Schulze: Akonitin und Akonin. 153
Verbindung gebildet, die bei der Verseifung eine der Formel Ca4 Hg, (CHR CO)J4NO1o
entsprechende Menge von Essigsäure liefert, demnach also ein Tetraacetyl-
akonin darstellt.
Das nächste Jahr (1896) brachte die letzte rein chemische Arbeit
Dunstans über das Akonitin (solche pharmakologischen Inhaltes hat er über
Akonitin noch 1898 mit Th. Cash, Proc. Royal Soc. 62, 338—347 und eben-
falls mit Th. Cash, 1900, Proc. Royal. Soc. 68, 384—389 veröffentlicht). Mit
Th. Tickle und D. H. Jackson!) studierte er die Einwirkung von Methyl-
alkohol auf Akonitin. Wird dieses, oder eines seiner Salze mit Methylalkohol
im Rohr auf 120—130° erhitzt, so wird ein Molekül Essigsäure abgespalten
und eine Methylgruppe aufgenommen, wobei Methylbenzakonin (Methylpikra-
akonitin) entsteht.
Ca Has; NO;a + CH,OH = CHZ3COOH + Ca Ag NOn.
Die Zusammensetzung der neuen Base stellten sie durch Analyse,
Bestimmung der abgespaltenen Essigsäure und Methoxylbestimmung fest.
Die neue Base, Schmp. 210—211°, krystallisiert selbst und gibt krystallisierte
Salze, von denen sie das Hydrochlorid und das Hydrobromid darstellten, ohne
sie näher zu beschreiben. Bei der Verseifung spaltet sie Benzoesäure ab
und geht in einen Körper über, der Methylakonin zu sein scheint, aber nicht
weiter untersucht wurde.
Zum Schlusse dieser historischen Ausführungen möchte ich kurz
das zusammenfassen, was bis jetzt an sicheren Resultaten über die
Konstitution des Akonitins bekannt geworden ist.
Zunächst ist durch die Untersuchungen von M. Freund und
P. Beck und die von Dunstan und seinen Schülern sichergestellt,
daß Akonitin Acetylbenzoylakonin ist, und daß es bei der Hydrolyse
unter intermediärer Bildung von Pikrakonitin i. e. Benzoylakonin in
Essigsäure, Benzoesäure und Akonin zerfällt. Ferner hatten Ehren-
berg und Purfürst und später Freund und Beck gezeigt, daß im
Akonitin und Pikrakonitin vier Methoxylgruppen vorhanden sind;
außerdem war es bekannt, daß im Akonitin, außer den durch Essig-
säure und Benzoesäure veresterten Hydroxylgruppen, noch freie vor-
handen sind, jedoch war über die Anzahl derselben nichts Genaueres
bekannt.
Während also über die Beziehungen des Akonitins zu seinen
Spaltungsprodukten Klarheit herrscht, ist dies hinsichtlich seiner
empirischen Formel durchaus nicht der Fall.
Von den vielen für dasselbe vorgeschlagenen Formeln, jeder
Forscher hatte ja bisher eine andere Zusammensetzung für die Base
gefunden, kommen nur die von M. Freund und P. Beck aufgestellte
Formel C4,H4,NO,:, neben der sie auch die Formel C;;,H4;NO,ı als
möglich hingestellt hatten, und die von W. R. Dunstan verteidigte
1) Chem. News 74, 120; ©. 96 II, 791.
154 H. Schulze: Akonitin und Akonin.
Formel O3; H4; NOjs, die ihrerseits von der von Wright gefundenen
Formel C33;H43 NOja nur wenig abweicht, in Frage.
Um nun in dieser Beziehung Klarheit zu schaffen, habe ich, ehe
ich an meine eigentliche Aufgabe, die Untersuchung des Akonins,
heranging, eine ziemlich große Anzahl von Analysen des Akonitins
und seiner Salze ausgeführt. Das hierzu benutzte Material habe ich,
um von zweifellos aus Aconitum Napellus stammenden Materiale aus-
zugehen, zum kleineren Teile selbst dargestellt, zum größeren Teile
von E. Merck-Darmstadt bezogen. Das letztere Material wurde vor
der Verwendung aus Methylalkohol umkrystallisiert und zeigte dann
Schmelzpunkt 197—198°, ebenso wie das von mir selbst dargestellte
Material. Die krystallographische Untersuchung von beiden Präparaten
ergab Werte, die mit denen, die A. E. Tutton bei der Messung der
Akonitinkrystalle Dunstans gefunden hatte, völlig übereinstimmen.
Die Identität der beiden Präparate ist demnach zweifellos.
Aus den bei der Analyse der freien Base, des Hydrobromides
und des a-Aurichlorides gefundenen Resultaten geht mit Sicherheit
hervor, daß für die Formel des Akonitins nur die von Freund vor-
geschlagene C3,H,, NO;,ı, oder die um zwei Weasserstoffatome ärmere
Formel Cz,H,; NO, in Frage kommen kann.
Eine Entscheidung darüber, welche der beiden Formeln die tat-
sächlich richtige ist, möchte ich wegen der geringen Differenz in ihrer
prozentischen Zusammensetzung zurzeit noch nicht treffen, jedenfalls
steht es aber fest, daß die von Dunstan vorgeschlagene Formel der
tatsächlichen Zusammensetzung des Akonitins nicht entspricht. Der
bei der Analyse des Akonitins festgestellte Befund wurde durch die
Resultate der Analyse des Akonins, des Methylpikrakonitins und des
Aethylpikrakonitins weiter bestätigt.
Bezüglich der Salze des Akonitins, die ich für diesen Zweck
dargestellt hatte, möchte ich bemerken, daß ich das Hydrobromid,
außer in der schon seit Jürgens bekannten Form mit 2?/s aq, auch
aus Alkoholäther in kleinen Krystallen erhalten habe, die '/saq ent-
halten. Von den Goldsalzen habe ich nur die «-Form dargestellt und
fand, daß diese in Uebereinstimmung mit den Angaben von Freund
und Beck drei Moleküle Krystallwasser enthält, während Dunstan
sie als krystallwasserfrei angesehen und diese Angabe auch dem
Befunde Freunds gegenüber aufrecht erhalten hatte.
Bekanntlich zerfällt das Akonitin bei tagelangem Kochen mit
Wasser, oder beim Erhitzen damit im Einschlußrohr auf 150—160°,
in Benzoesäure, Essigsäure und Akonin. In weit glatterer Weise
erreicht man die vollständige Hydrolyse des Alkaloides, wenn man
statt im Einschlußrohr die Base im Dampftopfe bei 6—-7 Atmosphären
H. Schulze: Akonitio und Akonin. 155
Druck spaltet. Die Ausbeute wird dadurch so verbessert, daß über
85% der theoretischen Menge an krystallisiertem Akoninchlorhydrat
gewonnen wurden.
Das Akonin selbst konnte nicht krystallisiert erhalten werden,
dagegen wurden das Chlorhydrat, Cs H3,NO;,HCI +2 aq, bezw.
Ca; H4 NOgHCI + 2 aq, Schmelzpunkt 175—176°, und das Bromhydrat
Schmelzpunkt 225°, das 1'/saq enthält, krystallisiert erhalten. Das
Sulfat krystallisiert, entgegen den Angaben von Dunstan und
Passmore, nicht.
Wie schon M. Freund und P. Beck gefunden haben, enthält das
Akonin vier Methoxylgruppen, die nach der Methode von Zeisel durch
Jodwasserstoff abgespalten werden können. Diese Angabe kann ich
bestätigen, außer diesen vier Methoxylgruppen enthält aber die Base
noch eine an Stickstoff gebundene Methylgruppe, deren Vorhandensein
nach der Methode von Herzig und Hans Meyer nachgewiesen wurde.
Auffallenderweise gelingt die Abspaltung des N-Methyls aus dem
Akonin nur schwierig und nicht ganz vollständig; ein Verhalten, das
an das des Yohimbins!) erinnert.
Salpetrige Säure wirkt nicht, oder doch nur oxydierend auf den
Körper ein; jedenfalls konnte ein Nitrosamin des Akonins auf keine
Weise dargestellt werden.
Das Akonin ist daher eine tertiäre Base, die eine Methylgruppe
an Stickstoff enthält.
Bekanntlich reagieren tertiäre Basen in der Regel in der Weise
mit Jodmethyl, daß dieses, unter Bildung eines jodwasserstoffsauren
Salzes einer Ammoniumbase, an den Stickstoff der Base angelagert
wird. Trotz mannigfach variierter Versuchsbedingungen konnte aber
ein derartiges Additionsprodukt nicht erhalten werden. Dieses Ver-
halten des Akonitins steht übrigens nicht allein da, auch sonst sind
schon eine ganze Reihe von tertiären Basen bekannt geworden, die
ebenfalls nicht mit Jodmethyl reagieren?).
Auch gegen Wasserstoffsuperoxyd, mit dem sonst tertiäre Basen,
deren Stickstoff an drei verschiedene Kohlenstoffe gebunden ist, was
ja in unserem Falle zutrifft, leicht Aminoxyde liefern®), verhält sich
das Akonin negativ. Worauf diese Indifferenz der Base zurückzuführen
ist, darüber lassen sich zur Zeit Vermutungen noch nicht anstellen.
Außer der Einwirkung des Jodmethyls wurde auch die des
Methylsulfates auf das Akonin studiert, einesteils weil dieses Reagens
in manchen Fällen, in welchen die Darstellung eines Jodmethylates
1) Spiegel, Ber. 38, 2828.
2) Decker, Ber. 24, 1945; Ber. 35, 1144 ff.
8) Freund, Ber. 37, 1946.
156 H, Schulze: Akonitin und Akonin.
direkt nicht gelingt, doch auf dem Umwege über das methylschwefel-
sauere Salz der quartären Base die Darstellung des Methyljodid-
additionsproduktes ermöglicht'), und andererseits weil es etwa vor-
handene Hydroxylgruppen phenolartigen Charakters leicht in die ent-
sprechenden Methoxylgruppen überführt?). Auch hierbei gelang es
trotz aller Bemühungen nicht ein am Stickstoff methyliertes Akonin
zu erhalten; auch die Einführung weiterer Methoxylgruppen in die
Base konnte nicht erzielt werden, so daß das Vorhandensein von
phenolartigen Hydroxylgruppen im Akonin wohl als ausgeschlossen zu
betrachten ist.
Was die Rolle der neun Sauerstoffe im Akonin anbelangt, so
sind, wie schon mehrfach bemerkt wurde, vier derselben in Form von
Methoxylgruppen vorhanden. Phenylhydrazin und Hydroxylamin
wirken auf die Base nicht ein; demnach war die Anwesenheit von
Aldehyd oder Ketongruppen schon an sich unwahrscheinlich geworden,
und es hat sich gezeigt, daß die übrigen fünf Sauerstoffatome des
Akonins in ihm als Hydroxylgruppen vorhanden sind, und zwar liegen
diese, wie aus ihrem Verhalten gegen Methylsulfat mit ziemlicher
Sicherheit hervorgeht, als alkoholische Hydroxylgruppen vor.
Zwar gelang es bisher nicht in das Akonin mehr als vier Acetyl-
gruppen einzuführen. Das Tetraacetylakonin C33H,NO;s bezw.
Os3H4 NO;js, Schmelzpunkt 231—232°, das durch Behandeln von
Akonin mit Acetylchlorid oder nach der Liebermann’schen Methode
erhalten wurde, hat sich durch seine leichte Bildungsweise und seine
gute Krystallisationsfähigkeit als recht geeignet zur Identifizierung
des Akonins erwiesen. Denn da das Akoninchlorhydrat schon durch
geringe Verunreinigungen an der Krystallisation verhindert wird, so
ist es in vielen Fällen nur darch die Darstellung des Tetraacetyl-
akonins gelungen, das Vorliegen von unverändertem Akonin einwandfrei
nackzuweisen. Ob übrigens das von Dunstan und Carr beschriebene
Tetraacetylakonin, Schmelzpunkt 196°, wit dem von mir erhaltenen
identisch ist, mag bei der großen Differenz im Schmelzpunkte dahin-
gestellt bleiben.
Daß aber auch das letzte Sauerstoffatom im Akonin ebenfalls
als Hydroxyl vorhanden ist, geht aus dem Verhalten des Akonitins
und des Pikrakonitins, die ja Acetylbenzoyl bezw. Benzoylakonin
sind, hervor.
Bei der Behandlung von Akonitin bezw. von Pikrakonitin mit
Acetylchlorid hatte Dunstan ein Triacetylakonitin, Schmp. 206—207°,
1) Decker, Ber. 38, 1144.
2) Ullmann, Ber. 33, 2476; Annalen 327, 104.
H. Schulze: Akonitin und Akonin. 157
und ein Tetraacetylpikrakonitin, Schmp. 211°, erhalten. Diese Ver-
bindungen, von denen er hervorhob, daß sie isomer, nicht identisch
seien, betrachtete er als Stütze seiner Akonitinformel, die ja um ein
Sauerstoffatom reicher ist, als die Freunds. Und in der Tat hätte
sich wohl das Vorliegen zweier isomerer Tetraacetylbenzoylakonine
ungezwungen nur schwer mit der Formel von Freund erklären lassen,
es hat sich aber bei der Nachprüfung der Angaben Dunstans gezeigt,
daß bei der Behandlunze von Akonitin und von Pikrakonitin mit
Acetylchlorid zwar Tetraacetylbenzoylakonine entstehen, daß aber die
so erhaltenen Produkte nicht isomer, sondern zweifellos identisch sind.
Das Tetraacetylpikrakonitin = Triacetylakonitin CH; NO, bezw.
C,oH5ı NO, Schmp. 207—208°, gibt ein amorphes Goldsalz von
normaler Zusammensetzung; das farblose Aurichlorderivat des Tetra-
acetylpikrakonitins, Schmp. 225°, das Dunstan beschrieben hat, habe
ich nicht erhalten können.
Während beim Erhitzen des Akonitins mit Wasser eine voll-
ständige Aufspaltung der Base erfolgt, geht die Reaktion beim Ersatz
des Wassers durch Alkohole in etwas anderer Weise vor sich. Erhitzt
man Akonitin mit Methylalkohol zwei Stunden im Rohr auf 120 bis
130°, so wird Essigsäure abgespalten, und an die Stelle derselben tritt
ein Methoxylrest.
Ca4Hg7 NO; + CHZOH = CH, COOH + Ca Hgr NOGo-
Daß in der Base, die selbst krystallisiert und krystallisierte
Salze bildet, eine Methoxylgruppe mehr enthalten ist, geht daraus
hervor, daß sowohl bei der Methoxylbestimmung in der freien Base,
als auch im Bromhydrat, fünf Methoxylgruppen gefunden wurden. Da
das Bromhydrat, das mit drei Molekülen Krystallwasser krystallisiert
und Schmp. 188—189°® zeigt, vor der Analyse mehrfach aus Wasser
umkrystallisiert wurde, so ist es ausgeschlossen, daß etwa durch das
Vorliegen von Krystallalkohol eine Täuschung verursacht sein könnte.
Auch das Chlorhydrat der Base, Schmp. 190°, enthält drei Moleküle H>O.
Die analoge Reaktion wie mit Methylalkohol geht, wenn auch
mit geringerer Ausbeute, mit Aethylalkohol vor sich, scheint also
allgemein zu sein.
Ca4H47 NO, + CaH,OH = CH;COOH + CH NOo-
Ebenso auffällig, wie die Bildungsweise des Methylpikrakonitins,
ist das Verhalten desselben bei der Hydrolyse.
Erhitzt man nämlich die Base in essigsaurer Lösung mit einem
großen Ueberschusse von Wasser 24 Stunden auf 150—160°, so zerfällt
sie unter Bildung von Benzoesäure, Methylalkohol und Akonin.
Cg Hy NO) + 2H30 = (gH; COOH + CHzOH + C3 Hy NO.
158 H. Schulze: Akonitin und Akonin.
Sehr bemerkenswert ist dabei die Beständigkeit der Base gegen-
über dem Akonitin, das schon bei sechsstündigem Erhitzen auf 150 bis
160° vollständig in seine Komponenten zerfällt, während das Methyl-
pikrakonitin, das an Stelle des Essigsäurerestes des Akonitins einen
Methoxylrest enthält, nach . 24stündigem Erhitzen auf die gleiche
Temperatur noch nicht völlig zerfallen ist. Diese große Beständigkeit,
vereint mit der Tatsache, daß bei der Hydrolyse gleichzeitig mit dem
Benzoylrest auch der Methoxylrest abgespalten wird, scheinen auf eine ,
enge Beziehung der Acetylgruppe zur Benzoylgruppe im Akonitin,
vielleicht auf eine benachbarte Stellung derselben, hinzuweisen.
Bei der Einwirkung von Brom auf Akonin wird nur ein Per-
bromid gebildet; eine Substitution durch das Halogen oder eine Addition
desselben findet nicht statt.
Diese Indifferenz gegen Brom weist schon auf einen gesättigten
Charakter des Akonins hin, der durch das Verhalten der schwefel-
sauren Lösung der Base gegen Permanganat sichergestellt wird.
Wie nämlich Willstätter!) gefunden hat, läßt sich die
v. Baeyer’sche Permanganatprobe auf Doppelbindungen auch zur
Prüfung der Alkaloide verwenden, sofern man nicht in neutraler,
sondern in schwefelsaurer Lösung arbeite. Das Akonitin erweist
sich bei Ausführung dieser Probe beständig gegen Permanganat;
Doppelbindungen im Sinne A. v. Baeyer’s sind also in ihm nicht
enthalten. Auch das Akonitin und das Tetraacetylakonitin sind
übrigens gegen Permanganat beständig.
Wesentlich anders, als in schwefelsaurer Lösung, verhält sich
Akonin in alkalischer Lösung gegen Permanganat. Hierbei wirkt es
energisch reduzierend auf dasselbe ein; interessant ist dabei, daß bei
dieser Oxydation reichlich Acetaldehyd entsteht. Das Hauptprodukt
der Oxydation stellte eine amorphe Masse dar, die noch Alkaloid-
reaktionen gab, aber trotz aller Mühe nicht in krystallisierter Form
erhalten werden konnte. Nebenbei entstand eine geringe Menge von
Oxalsäure.
Ein etwas günstigeres Resultat wurde bei der Oxydation mit
Chromsäure erzielt. Auch hierbei wurde das Auftreten von Acet-
aldehyd, allerdings in weit geringerem Maße, und von Methylamin
beobachtet. Aus dem Reaktionsprodukte ließ sich ein kleinerer Teil
abscheiden, der basische Eigenschaften besitzt, während dem größeren
Anteile gleichzeitig basische und saure Eigenschaften zuzukommen
scheinen. Aus diesem letzteren Anteile, der übrigens nicht einheitlich
ist, konnte bisher noch nichts Krystallisiertes abgeschieden werden.
1) Ber. 28, 2279; Ber. 37, 2353.
L. van Itallie und C. H. Nieuwland: Moringasamen. 159
Aus dem basischen Anteile konnte ein Chlorhydrat vom Schmp. 213°
krystallisiert erhalten werden. Als Formel dieses Salzes ergab sich
(4 Hg NOgHCI -1- 3 ad bezw. Ca Hg; NOgHCI + 3 2a;
die letztere Formel ist die wahrscheinlichere.
Die Base, die diesem Salze zugrunde liegt, bezeichne ich vorläufig
als Oxydationsprodukt Ia.
Aus den Mutterlaugen des Salzes vom Schmp. 213° krystallisierte
bei sehr langem Stehen ein von diesem verschiedenes Chlorhydrat in
geringer Menge aus, das aber noch nicht untersucht werden konnte.
Die Bildung des Oxydationsproduktes Ia findet nach folgender
Gleichung statt:
05 H4uNO5 +20, = C03+3H30 + CaaHs5;NOs.
Das nach dieser Gleichung abgespaltene Kohlenstoffatom war im
Akonin als Methoxylgruppe vorhanden, denn bei der Methoxylbestimmung
in der neuen Base ergab sich, daß diese von den ursprünglich im
Akonin enthaltenen vier Methoxylgruppen nur noch drei enthält,
dagegen ist die Methylimidgruppe in ihr noch enthalten.
Eine nähere Unterhaltung dieses Oxydationsproduktes konnte
bisher, wegen der geringen Menge der erhaltenen Substanz nicht statt-
finden, es hat sich aber bei der Untersuchung des Verhaltens der Base
gegen Permanganat in schwefelsaurer Lösung die interessante Tatsache
ergeben, daß die neue Base gegen Permanganat unbeständig ist, aus
dem gesättigten Akonin entsteht also bei der Oxydation eine un-
gesättigte Verbindung.
(Fortsetzung folgt.)
Kleinere pharmakognostische Mitteilungen
aus dem Chemisch-pharmazeutischen Laboratorium
der Reichs-Tierarzneischule zu Utrecht.
Von L. van Itallie und ©. H. Nieuwland.
(Eingegangen den 11. IV. 1906.)
I. Ueber die Samen und das Oel von
Moringa pterygosperma.
Behensamen und Behenöl sind in den letzten Jahren mehrmals
untersucht worden. So von Lewkowitsch (Analyst 28, 1903, S. 343).
Es möge gestattet sein auch hier einige unserer Ergebnisse mitzuteilen.
Die Samenschale beträgt 30%, der Samenkern 70% vom Gewichte
der Samen. Aus den Kernen konnte mittels Petroläthers 36,4% fettes
Oel erhalten werden.
158 H. Schulze: Akonitin und Akonin.
Sehr bemerkenswert ist dabei die Beständigkeit der Base gegen-
über dem Akonitin, das schon bei sechsstündigem Erhitzen auf 150 bis
160° vollständig in seine Komponenten zerfällt, während das Methyl-
pikrakonitin, das an Stelle des Essigsäurerestes des Akonitins einen
Methoxylrest enthält, nach . 24stündigem Erhitzen auf die gleiche
Temperatur noch nicht völlig zerfallen ist. Diese große Beständigkeit,
vereint mit der Tatsache, daß bei der Hydrolyse gleichzeitig mit dem
Benzoylrest auch der Methoxylrest abgespalten wird, scheinen auf eine,
enge Beziehung der Acetylgruppe zur Benzoylgruppe im Akonitin,
vielleicht auf eine benachbarte Stellung derselben, hinzuweisen.
Bei der Einwirkung von Brom auf Akonin wird nur ein Per-
bromid gebildet; eine Substitution durch das Halogen oder eine Addition
desselben findet nicht statt.
Diese Indifferenz gegen Brom weist schon auf einen gesättigten
Charakter des Akonins hin, der durch das Verhalten der schwefel-
sauren Lösung der Base gegen Permanganat sichergestellt wird.
Wie nämlich Willstätter!) ‘gefunden hat, läßt sich die
v. Baeyer’sche Permanganatprobe auf Doppelbindungen auch zur
Prüfung der Alkaloide verwenden, sofern man nicht in neutraler,
sondern in schwefelsaurer Lösung arbeitet. Das Akonitin erweist
sich bei Ausführung dieser Probe beständig gegen Permanganat;
Doppelbindungen im Sinne A. v. Baeyer’s sind also in ihm nicht
enthalten. Auch das Akonitin und das Tetraacetylakonitin sind
übrigens gegen Permanganat beständig.
Wesentlich anders, als in schwefelsaurer Lösung, verhält sich
Akonin in alkalischer Lösung gegen Permanganat. Hierbei wirkt es
energisch reduzierend auf dasselbe ein; interessant ist dabei, daß bei
dieser Oxydation reichlich Acetaldehyd entsteht. Das Hauptprodukt
der Oxydation stellte eine amorphe Masse dar, die noch Alkaloid-
reaktionen gab, aber trotz aller Mühe nicht in krystallisierter Form
erhalten werden konnte. Nebenbei entstand eine geringe Menge von
ÖOxalsäure.
Ein etwas günstigeres Resultat wurde bei der Oxydation mit
Chromsäure erzielt. Auch hierbei wurde das Auftreten von Acet-
aldehyd, allerdings in weit geringerem Maße, und von Methylamin
beobachtet. Aus dem Reaktionsprodukte ließ sich ein kleinerer Teil
abscheiden, der basische Eigenschaften besitzt, während dem größeren
Anteile gleichzeitig basische und saure Eigenschaften zuzukommen
scheinen. Aus diesem letzteren Anteile, der übrigens nicht einheitlich
ist, konnte bisher noch nichts Krystallisiertes abgeschieden werden.
1) Ber. 28, 2279; Ber. 37, 2353.
L. van Itallie und C. H. Nieuwland: Moringasamen. 159
Aus dem basischen Anteile konnte ein Chlorhydrat vom Schmp. 213°
krystallisiert erhalten werden. Als Formel dieses Salzes ergab sich
C4HpNOgHCI+3aq bezw. Cy Hg NOgHCI + 3ag;
die letztere Formel ist die wahrscheinlichere.
Die Base, die diesem Salze zugrunde liegt, bezeichne ich vorläufig
als Oxydationsprodukt Ia.
Aus den Mutterlaugen des Salzes vom Schmp. 213° krystallisierte
bei sehr langem Stehen ein von diesem verschiedenes Chlorhydrat in
geringer Menge aus, das aber noch nicht untersucht werden konnte.
Die Bildung des Oxydationsproduktes Ia findet nach folgender
Gleichung statt:
CHuNO5+ 20, = C0,+3H,0 + Cy4Hgs NO;.
Das nach dieser Gleichung abgespaltene Kohlenstoffatom war im
Akonin als Methoxylgruppe vorhanden, denn bei der Methoxylbestimmung
in der neuen Base ergab sich, daß diese von den ursprünglich im
Akonin enthaltenen vier Methoxylgruppen nur noch drei enthält,
dagegen ist die Methylimidgruppe in ihr noch enthalten.
Eine nähere Unterhaltung dieses Oxydationsproduktes konnte
bisher, wegen der geringen Menge der erhaltenen Substanz nicht statt-
finden, es hat sich aber bei der Untersuchung des Verhaltens der Base
gegen Permanganat in schwefelsaurer Lösung die interessante Tatsache
ergeben, daß die neue Base gegen Permanganat unbeständig ist; aus
dem gesättigten Akonin entsteht also bei der Oxydation eine un-
gesättigte Verbindung.
(Fortsetzung folgt.)
Kleinere pharmakognostische Mitteilungen
aus dem Chemisch-pharmazeutischen Laboratorium
der Reichs-Tierarzneischule zu Utrecht.
Von L. van Itallie und ©. H. Nieuwland.
(Eingegangen den 11. IV. 1906.)
I Ueber die Samen und das Oel von
Moringa pterygosperma.
Behensamen und Behenöl sind in den letzten Jahren mehrmals
untersucht worden. So von Lewkowitsch (Analyst 28, 1903, S. 343).
Es möge gestattet sein auch hier einige unserer Ergebnisse mitzuteilen.
Die Samenschale beträgt 30%, der Samenkern 70% vom Gewichte
der Samen. Aus den Kernen konnte mittels Petroläthers 36,4% fettes
Oel erhalten werden.
160 L. van Itallie und C. H Nieuwland: Moringasamen.
Die entölten Kerne ergaben folgende zahlen:
Wasser . 6,08%
Stickstoff . al. P. 008
Eiweiß (N xX6 2): Ta
Zellulose . 5,45 „
Asche ‚5,05 „
Ein Teil des Eiweißes ist wahrscheinlich als ein Nuclein zugegen,
welches mit 2% HCl enthaltenden Wassers extrahiert werden kann.
Auch konnten Spuren eines Alkaloids mit scharfem Geschmacke nach-
gewiesen werden. Auch Hooper und Greshoff haben früher auf
die Anwesenheit eines Alkaloids hingewiesen.
Das Behenöl lieferte folgende Zahlen:
Spezifisches Gewicht (15) 0,9120
Säurezahl 13,5
Freie Säure (als O: Bank be
rechnet) . 6,8%
Verseifungszaki 187
Esterzabl . 173,5
Jodzahl Erg ; 72,4
Reichert- Meißlsche Zahl 0,49
Hehaersche Zahl. 95,2.
Von den in Wasser nicht löslichen Fettsäuren bestanden 71,1%
aus Oelsäure. Die Jodzahl der abgeschipfenten Oelsäure betrug 86,4,
die Refraktion (25°) 1,4586.
Das Behenöl scheidet, wie bekannt, bei 10—12° einen festen Teil
aus. Das von diesem abgegossene Oel lieferte folgende Zahlen, wobei
auch die von Lewkowitsch erhaltenen Zahlen Erwähnung finden mögen.
van Itallie Lewkowitsch
und Nieuwland & b
Spezifisches Gewicht (15°) 0,9129 0,914 0,9124
Säurezall . £ 9,9 8,7 7,2
Freie Säure (als Ollsatre)! 4,9% 4,4% 3,6%
Verseifungszahl . 187,4 189,2 196,3
Esterzahl ah ie er 173,9 187,6
adzahlı. "vr. ',. ME Seen 70,7 70,1.
Die aus Behenöl abgeschiedene Oelsäure lieferte bei der Oxydation
nach Hazura Dioxystearinsäure.
Das aus dem Oel erhaltene Phytosterin besaß den Schmp. 134—135°.
en zu aeg und die Eeliee hiervon war, daß viel billige,
> minderwertige Apparate gekauft wurden, sehr zum Schaden der Photo-Kunst. Seit jedoch
einige Großfirmen den Verkauf selbst der besten Apparate gegen monatliche Zahlungen in
die Hand genommen haben, ist ein erfreulicher Umschwung eingetreten. Die billige Camera
verschwindet mehr und mehr. Wie sehr die neue Verkaufsmethode, die natürlich eine
besondere Organisation und große Kapitalkraft verlangt, einem Bedürfnis entgegengekommen
ist, beweist die enorme Entwicklung der in Frage kommenden Firmen, Tonangebend für den
Verkauf gegen erleichterte Zahlung ist der Camera-Großvertrieb Union, Hugo Stöckig & Co.,
dessen Vertriebsgebiet drei-Länder umfaßt: Deutschland mit Sitz Dresden, Oesterreich-
- ‚Ungarn mit Sitz Bodenbach und die Schweiz mit Sitz Zürich. Diese Firma liefert seit
zwei Jahren ihre bekannten Union-Cameras ausschließlich mit Anastigmaten der Weltfirmen
- Göerz-Berlin, sowie Meyer-Görlitz und zwar zu Bedingungen, wie sie entgegenkommender
"nicht denkbar sind. Der neueste Camera -Prospekt liegt unserem heutigen Blatte bei,
. AICHTHYOL.
Der Erfolg des von uns hergestellten speziellen Schwefelpräparats
hat viele sogenannte Ersatzmittel hervorgerufen, welche nicht identisch
mit unserem Präparat sind und welche obendrein unter sich verschieden
sind, wofür wir in jedem einzelnen Falle den Beweis antreten können.
Da diese angeblichen Ersatzpräparate anscheinend unter Mißbrauch
- unserer Markenrechte auch manchmal fälschlicherweise mit
Ichthyol
oder
Ammonium sulfo=-ichthyolicum
gekennzeichnet werden, trotzdem unter dieser Kennzeichnung nur unser
spezielles Erzeugnis, welches einzig und allein allen klinischen Versuchen
zugrunde gelegen hat, verstanden wird, so bitten wir um gütige Mit-
teilung zwecks gerichtlicher Verfolgung, wenn irgendwo "tatsächlich
solche Unterschicbungen stattfinden.
Ichthyol- Geseilschäle
Cordes, Hermanni & Co.
HAMBURG.
Dr. Ernst Kraft,
| Winke für die Ausführung chemisch - bakteriologischer
| Arbeiten auf dem Gebiete der Harn-, Sputum-, Faeces- etc.
Untersuchungen.
Broschiert Mark 1,— portofrei.
Bestellungen sind zu richten an den
Deutschen Apotheker-Verein
Berlin O.2.
Es wird, wenn nieht gleichzeitig Zahlung erfolgt, nur unter Nachnahme expediert,
RE DRESDEN {st Ye
empfiehlt als zuverlässigste Anaesthetica ST
Aether pro narcosi | RN
Chloroform. puriss. arke E. '
Zu beziehen durch die ae.
(HB) driginalprodukte „Aeyden“,
Außer anderen Präparaten sind von uns in die Medizin eingeführt: -
en salicylsaures Natrium, salicylsaures Wismut,
Collargol, Acoin, Salocreol, Calodal,
Sal it billiges, schnell schmerzstillendes Einreibemittel bei rheumatischen |
; Erkrankungen aller Art, wo
Unguentum Heyden (Salbe aus Galomelol),
‚gegen Syphilis, von Geheimrat Neisser, Breslau, als diekiaten Ersatz der
grauen Salbe empfohlen, auch als Aiakretee Antiparasitikum, Au
a Baron nahezu reizloses Silberpräparat: „Aug Zeit. bestes
Mittel bei akuter Gonorrhöe“.
Verkauf 3dran den Gross- Drogenhandel.
Chemische Fabrik von Heyden, Radebeul- Dresden.
= Mechling’s =
China - Eisenbitter
Ueber 600 ärztliche Atteste
Sehr lohnender Handverkaufsartikel
Zu beziehen durch alle Engros-
firmen eventl. durch
E. Mechling, pharm. Präp.
Mülhausen i.E.
— Proben kostenfrei. —
Soeben erschien ein Neud
ee.
zur Deutschen Arzneitaxe 1901
In Leinen gebunden M 250, bei Vor-
einsendung franko zu, beziehen vom
deutschen re Br
Berlin C2.
Druck von Denter & Nicolas, Berlin C., Neue Friedrichstrasse 43. ,
Beltz
"Ihe
.
7
ARCHIV
DER rk -
ee; ne
| PHARMAZIE |
4%
herausgegeben 5
eg, - vom
_ Deutschen Apotheker-Verein
: unter Redaktion von # R
E. Schmidt und H. Beekurts. ER
Band 244. Heft 3. F
o
HORARUM:.
&
30, 2, BERLIN.
_ Selbstverlag des Deutschen Apotheker -Vereins.
1906.
ö
ER ‚Ausgegeben den 25. Mai 1906.
N peflis. (Schluß) . a
ce Hübner, ne zur Kenntnis, der Schweelkohle. =S
= besonderer ee des Ba EI E
H. Haehn, Eine neue Bildungsweise der Ketone a we =
- L. Rosenthaler, Nachtrag . er Bee
E. Schmidt, Ueber die Umwandlung ans Ephedrins in 1 Psoudo
ephedrin . N ee
Eingegangene Beiträge,
u. Binde, Ueber Ephedrin und Pseudoephedrin. re
Derselbe, ‚Ueber Styrylaminbasen und deren Beziehung ; zum. ‚Ephe
0. und Pseudoephedrin. |
‚50 Bogen: Ladenpreis für den Jahrgang Mk. 12, — 7 3>
Alle Beiträge für ra „Archiv“ sind an die -
Archiv- Redaktion
' Herrn Geh. Reg.-Rat Professor Dr. E. Schmidt in Marburg (Hessen
oder Herrn Geh. Med.-Rat Professor Dr. H. Beckurts in Braunschwe
alle die Anzeigen u. s. w., überhaupt die Ar ER
die Mitgliederliste betreffenden Mitteilungen an den
Deutschen Apotheker-Verein Br
Berlin C. 2, Neue Friedrichstr. a8; 75 Fr
- einzusenden. .
Anzeigen.
d., 4lı Seite zum Preise von M 50.—; , Seite zum Preise von M 30.—; de
Te Preise von M 20.—; 1!/, Seite zum | Feige von M.10.—, Die Geundschrift” ‚is!
Beilage-Gebühr für das Tausend der Auflage — z. 2.4200 — M 10.—. Für Beilagen,
nicht dem Format des „Archiv“ entsprechen, bleibt besondere Vereinbarung vorb
_L. van Itallie u. C. H. Nieuwland: Copaivabalsam. 161
Kleinere pharmakognostische“Mitteilungen
aus dem Chemisch-pharmazeutischen Laboratorium
der Reichs-Tierarzneischule in Utrecht. LIBRA!
Von L. van Itallie und ©. H. Nieuwland. Bi; Ye
SOTANI
(Eingegangen den 11. IV. 1906.)
II. Ueber den surinamensischen Copaivabalsam.
In einem früheren Bande dieser Zeitschrift (242, 1904, S. 539
bis 546) brachten wir einige Mitteilungen über den surinamensischen
Copaivabalsam, wobei Mitteilungen über den Harzkörper für später in
Aussicht gestellt wurden. Die bei der fortgesetzten Untersuchung
erhaltenen Ergebnisse haben jedoch nicht unseren Erwartungen ent-
sprochen, so daß durch die hier folgenden Mitteilungen unsere Kenntnis
dieses Körpers nur wenig gefördert wird.
Wie wir in der genannten Abhandlung schon mitgeteilt haben,
wurde der Balsam in Aether gelöst und die Lösung erst mit einer
5%igen Ammoniumkarbonatlösung, dann mit einer 5%igen Natrium-
karbonatlösung ausgeschüttelt. In der ätherischen Lösung blieben also
das ätherische Oel und die Resene, welche, nach Entfernung des
Aethers, durch Destillation mit Wasserdampf geschieden wurden. Aus
der Lösung in Ammoniumkarbonat wurden durch verdünnte Säure nur
Spuren eines Harzkörpers abgeschieden. Die Hauptmenge des Harzes
war in die Natriumkarbonatlösung übergegangen.
Harz.
Aus der Natriumkarbonatlösung wurden die Harzsäuren mittels
verdünnter Schwefelsäure als eine schneeweiße Masse abgeschieden,
welche sich als ein weicher Bodensatz in der Schale absetzte. Die
Masse wurde einige Male mit heißem Wasser ausgewaschen, dann mit
dem gleichen Volum Spiritus gemischt und im Wasserbade getrocknet.
Der zurückbleibende Rest war spröde und hatte eine gelbbraune Farbe.
Das Harz war im Verhältnis 1: 1000 ganz löslich in Aether,
Chloroform, Benzol, Amylacetat und Petroläther; löslich bis auf
«Wenige Flocken in Spiritus (von 95 Vol.-pCt.), absolutem Alkohol,
Methylalkohol und Eisessig; in N.-Kalilauge war das Harz nicht, in
"T%iger Kalilauge aber.leicht löslich.
bau‘ Die Säurezahl dieses Harzes betrug 171, die Verseifungszahl
9175, so daß fast keine Harzester anwesend waren. Wir haben ver-
= Arch. d. Pharın. COXXXXIV. Eds. 8. Heft. 11
-
3
“
GARD
&
162 L. van Itallie u. C. H. Nieuwland: Copaivabalsam.
sucht durch fraktionierte Fällung verdünnter Lösungen der Harzsäuren
in schwacher Kalilauge, mittels Baryum-, Blei- und Silbersalzen eine
Trennung in verschiedene Säuren zu erzielen, jedoch ohne Erfolg;
ebenso wenig gelang es durch Lösung in verschiedenen Lösungsmitteln
und darauffolgende langsame Verdampfung einen krystallisierten Körper
zu erhalten; bei den zuletzt genannten Versuchen schieden sich sirup-
artige Produkte ab, gemischt mit wenigen kleinen Krystallen, welche
nicht rein zu erhalten waren, und welche wahrscheinlich (auf Grund
von der krystallographischen Untersuchung) identisch sind mit dem
unten genannten Sesquiterpenalkohol; endlich haben wir noch versucht
mit Dimethylsulfat eine krystallisierte Methylverbindung zu erhalten,
jedoch verlief auch dieser Versuch erfolglos. Vorläufig haben wir
daher die Untersuchung des Harzes eingestellt.
Resene.
Die Resene bildeten anfänglich eine hellbraune, klare, schwach
grün-fluoreszierende, zähe Masse, welche nach einigen Wochen trübe
geworden war durch die Ausscheidung kleiner Krystalle.
Nachdem augenscheinlich eine Vermehrung dieser Krystalle nicht
mehr eintrat, haben wir die Resene mit Spiritus ausgekocht, die
Lösung von dem nicht gelösten Teile getrennt und: durch Eindampfen
konzentriert. Die konzentrierte Lösung schied nach einiger Zeit wieder
kleine Krystalle ab. Da es nicht gelang, die eigentlichen Resene
zur Krystallisation zu bringen, so wurde auch von der näheren Unter-
suchung dieser Körper abgesehen.
Sesquiterpenalkohol.
Die erhaltenen Krystalle wurden einige Male aus einer Mischung
von Aether und Alkohol umkrystallisiert. Sie waren dann farb- und
geruchlos und schmolzen bei 114—115°. Den Cholestolreaktionen
gegenüber verhielten sie sich als die Verbindung, welche wir aus dem
ätherischen Oel des surinamensischen Oopaivabalsams erhalten hatten
(Arch. d. Pharm. 242, S. 542), mit welcher sie auch den Schmelz-
punkt gemein haben. Wir gehen wohl nicht fehl, wenn wir beide
Körper als identisch betrachten.
Zwar ließ die kleine Menge der Krystalle, welche uns zur Ver-
fügung stand, nicht zu, das Studium des Sesquiterpenalkohols weiter
zu verfolgen. Wir haben aber doch aus dem Alkohol das Sesquiterpen
mittelst wasserfreier Ameisensäure abgespalten.
Dieses Sesquiterpen bildet frisch bereitet eine sehr schwach
gelbe und fast geruchlose Flüssigkeit. Sie besitzt fast nicht den
L. van Itallie u. C. H. Nieuwland: Copaivabalsam. 163
typischen Copaivabalsamgeruch. Der Luft ausgesetzt, geht das an-
fänglich dünnflüssige Sesquiterpen sehr bald in einen festen harzartigen
Körper über.
Daß es sich hier wirklich um ein Sesquiterpen handelte, geht
hervor aus den folgenden Daten.
Spezifisches Gewicht (150%) . . 0,952
Siedepunkt (759 mm) . . . . 2529
Optische Drehung an . . . . — 61,70
Refraktion (15%). . . . . . 1,5189
Bei der Molekulargrößebestimmung nach Beckmann mit
Benzol als Lösungsmittel wurde als Siedepunktserhöhung gefunden,
bei Anwendung von 270 mg Substanz und respekt. 9 und 13,4 ccm
des Lösungsmittels, 0,4700 und 0,310°, woraus sich die Molekular-
gewichte 204,3 und 207 berechnen.
Die Formel C;;Hs, verlangt 204, sodaß die erhaltenen Zahlen
mehr als befriedigend sind.
Farbenreaktionen des Gopaivabalsams.
Als eine sehr charakteristische Reaktion für den surinamischen
Copaivabalsam wurde von uns bezeichnet (Arch. der Pharm. 242,
S. 541) die Blaufärbung, welche hervortritt, wenn zu der Lösung
eines Tropfens Balsam in 1 ccm Kssigsäureanhydrid ein kleiner Tropfen
Schwefelsäure gebracht wird.
Verschiedene andere Sorten Copaivabalsam, welche der eine von
uns inzwischen untersucht hat, gaben diese Reaktion nicht.
Der April-Bericht (1905) von Schimmel & Co. enthielt einige
Mitteilungen über Para-, Bahia- und Angostura-Copaivabalsam, welche
genannte Firma aus erster Hand bekommen hatte. Man darf also
annehmen, daß diese Balsame noch nicht mit Kolophonium gefälscht
worden sind.
Die Firma Schimmel & Co. hatte die Güte, uns eine kleine
Quantität dieser Balsame zur Verfügung zu stellen. Wir haben mit
diesen die Schwefelsäure- Essigsäureanhydrid-Reaktion angestellt und
erhielten die folgenden Resultate:
Köskiilene Reaktion mit Schwefelsäure-
Essigsäureanhydrid
|
Para-Copaivabalsam. ...| ziemlich flüssig dunkles Blaugrün, später
dunkles Blauviolett
Bahia-Copaivabalsam ... dünnflüssig blau
Angostura-Copaivabalsam | ziemlich dickflüssig dunkelviolett
11*
164 L. van Itallie u. ©. H. Nieuwland: Vogelbeeren.
Der Bahiabalsam, welcher auch in anderer Hinsicht (Gehalt an
ätherischem Oel 61,93%; spez. Gew. 0,9603; Säurezahl 57,90; Ver-
seifungszahl 67,40) mit dem Surinamschen Balsam viel übereinstimmt,
nähert sich diesen auch in Betreff der genannten Farbenreaktion
am meisten.
II. Ueber die Samen und das Oel der Vogelbeeren.
Aus den Samen von Sorbus Aucuparia kann mittels Petroläthers
21,9% eines fetten Oeles erhalten werden.
Der entölte Samen ergab bei der Analyse folgende Zahlen:
Wasserunnse UL Jaltakısf sy
Stickstoff . . 5 Su Den
Eiweiß (N x 6,25) . rn PRRBERIE
Zellulose un ss nei
Asche‘; is career
Kohlehydrate ar Binköge be-
rechnet) . „9°. su HOT. Buy.
Vogelbeerenöl bildet eine süßschmeckende, dünnflüssige, schwach
gelbbraune Flüssigkeit, welche an der Luft schnell trocknet. Sie ergab
bei der Untersuchung folgende Zahlen:
Spezifisches Gewicht ig . 0,917
Refraktion (150%). . . . 1,4753
Säurezahl - „u ." „er „all! 2,85
Verseifungszahl . . . . . 208,0
Esterzahl ,. + 4. +» Kae Burn TeD,G
Jodsahl. , u./0 5 ..
Jodzahl der Fettsäuren zB
Säurezahl der Fettsäuren . 230,2.
Aus 10 g Pulver der entölten Samen konnten nach Digestion
und darauf folgender Destillation mit Wasser 7,29 mg Blausäure
erhalten werden.
Utrecht, April 1906.
H. Schulze: Akonitin und Akonin. 165
Mitteilungen aus dem pharmazeutisch-chemischen Institut
der Universität Marburg.
Von Ernst Schmidt.
Ueber das Akonitin und das Akonin aus Aconitum
Napellus.
Von Dr. Heinrich Schulze.
(Eingegangen den 1. III. 1906.)
(Schluß.)
Experimenteller Teil.
Darstellung von Akonitin aus Akonitknollen.
10 kg Tub. Aconiti plv. gr. wurden mit 121 95%igem Alkohol
übergossen und, unter häufigem Umrühren, eine Woche stehen gelassen.
Dann wurde die tüberstehende Flüssigkeit abgelassen, der Rückstand
ausgepreßt, und der so erhaltene alkoholische Auszug nach dem Filtrieren
im Vakuum bei ca. 50 mm Druck zur Sirupdicke eingedampft. Der
abdestillierte Alkohol konnte zur weiteren Extraktion der Akonit-
knollen benutzt werden. Im ganzen wurden diese viermal ausgezogen;
die beiden letzten Male unter Zusatz von etwas Weinsäure; die beiden
letzten Auszüge lieferten aber nur noch geringe Mengen von Akonitin,
so daß zur Darstellung des Akonitins eine zweimalige Extraktion
vollständig ausreichend ist. Die im Vakuum eingedickten Extrakte
vereinigte man und verdünnte sie, zur Abscheidung von Fett und
Harz, mit dem gleichen Volumen Wasser. Nach eintägigem Stehen
hatte sich die Flüssigkeit fast vollständig geklärt und wurde dann,
zur Trennung von ausgeschiedenem Harz und Fett, durch ein an-
gefeuchtetes Filter filtriert und das klare Filtrat so lange mit Petrol-
äther ausgeschüttelt, als derselbe noch gefärbt wurde. Der hierzu
gebrauchte Petroläther diente zur Auflösung des abfiltrierten Rück-
standes, da in diesen Fett- und Harzmassen noch eine beträchtliche
Menge von Akonitin enthalten ist. (Die so erhaltene ätherische Lösung
wurde später auf dieses Alkaloid verarbeitet.) °
Die vom Fett und Harz befreite, bräunlich gefärbte wässerige
Lösung wurde mit starker Sodalösung so lange versetzt, als noch
ein Niederschlag entstand. Die Hauptmenge des Alkaloides schied
sich dabei als gelblichweißer Niederschlag aus, der anfangs amorph
war, allmählich aber krystallinische Struktur annahm. Nach dem Ab-
saugen, Auswaschen mit wenig Wasser und Trocknen stellte er ein
gelblichweißes, mikrokrystallinisches Pulver dar. Durch Lösen in
166 H. Schulze: Akonitin und Akonin.
Methylalkohol und freiwilliges Verdunstenlassen der Lösung ließ sich
das Akonitin in noch etwas gefärbten, gut ausgebildeten Krystallen
erhalten, deren Menge 16 g betrug.
Durch mehrfaches Umkrystallisieren aus Methylalkohol konnte
das Alkaloid in ganz schwach gelblich gefärbten, schön ausgebildeten
Krystallen vom Schmp. 197° erhalten werden. Zur weiteren Reinigung
wurde das Alkaloid in das bromwasserstoffsaure Salz übergeführt, das
gut krystallisiert, und aus diesem durch Ammoniak wieder in Freiheit
gesetzt. Das so erhaltene Akonitin war farblos und schmolz bei
197— 198°.
Die .vom Alkaloidniederschlage abfiltrierte Lösung wurde vier-
mal je eine Stunde mit dem gleichen Volumen Aether auf der Schüttel-
‚maschine geschüttelt. Den schwach gelblich gefärbten ätherischen
Auszug schüttelte man zur Isolierung des aufgenommenen Alkaloids
mit sehr verdünnnter Salzsäure aus, befreite die ‚salzsaure Lösung
durch Erwärmen vom Aether und versetzte mit Sodalösung im Ueber-
schuß. Der entstandene Niederschlag wurde mit wenig Wasser
gewaschen, in möglichst wenig Essigsäure gelöst, und die essigsaure
Lösung dann durch vorsichtigen Zusatz von Sodalösung fraktioniert
gefällt. Die zuerst ausgefällten Anteile, die die Hauptmenge der
färbenden Stoffe enthalten, wurden gesondert verarbeitet; die später
erhaltenen Anteile waren nur wenig gefärbt. Diese wurden nach
dem Absaugen und Auswaschen getrocknet und in Methylalkohol
gelöst. Beim Verdunsten der methylalkoholischen Lösung hinterblieb
eine bräunlich gefärbte, amorphe Masse, die wahrscheinlich zum größten
Teile aus Pikrakonitin bestand. Durch weiteres Ausschütteln mit
Aether ließ sich den Mutterlaugen noch eine weitere Menge dieser
amorphen Basen entziehen.
Durch Ueberführung in das bromwasserstoffsaure Salz konnte
aus diesem amorphen Gemisch noch eine kleine Menge von bromwasser-
stoffsaurem Akonitin gewonnen werden. Die hinterbliebene Menge
von amorphen Basen gab zwar bei der hydrolytischen Spaltung
beträchtliche Mengen von Benzoesäure, es gelang aber, trotz vieler
Bemühungen, nicht aus ihnen Akoninchlorhydrat in krystallisierter
Form zu erhalten. Daß aber in dem erhaltenen Sirup Akonin ent-
halten ist, geht daraus hervor, daß aus ihm durch Behandeln mit
Acetylchlorid Tetraacetylakonin, wenn auch nicht in guter Ausbeute,
erhalten wurde.
Die mit Aether erschöpften Mutterlaugen wurden dann wieder-
holt mit Chloroform ausgezogen. Aus dieser Lösung ließ sich durch
Ausschütteln mit verdünnter Salzsäure noch eine beträchliche Menge
eines amorphen, wasserlöslichen Alkaloides isolieren. Auch hier gelang
H. Schulze: Akonitin und Akonin. 167
es nicht, aus diesem Basengemisch krystallisiertes Akoninchlorhydrat
zu erhalten, dagegen gelang es aus diesen Basen durch Behandeln mit
Acetylchlorid Tetraacetylakonin in geringer Menge darzustellen.
Eine nicht unbedeutende Menge von Akonitin war noch in den
Harz- und Fettmassen, die aus den zur Darstellung der Hauptmenge
des Akonitins dienenden Extrakten durch Wasser ausgefällt waren,
enthalten. Zur Reindarstellung derselben wurde die Lösung dieser
Massen in Petroläther mehrmals mit 1% Salzsäure ausgeschüttelt, und
die schwach bräunlich gefärbte salzsaure Lösung dann vorsichtig mit
Soda übersättigt, wodurch ein fast weißer mikrokrystallinischer Nieder-
schlag ausfiel, der sich als schon ziemlich reines Akonitin erwies.
Nach dem Umkrystallisieren betrug die Menge desselben 3 g.
Das so erhaltene Akonitin zeigte die von Freund und Beck!)
beschriebenen Eigenschaften, insbesondere auch den Schmp. 197—198°.
Zufügen möchte ich nur, daß Holzgeist sich als sehr geeignetes
Krystallisationsmittel erwiesen hat. Als identisch mit dem selbst dar-
gestellten Akonitin erwies sich nach dem Umkrystallisieren aus Methyl-
alkohol des Aconitin. eryst. Merck ex Aconito Napello, so daß die für
die weitere Untersuchung erforderlichen größeren Mengen der Base von
der Firma E. Merck, Darmstadt, bezogen werden konnten. Die Identität
der beiden Präparate wurde, außer durch die Mischprobe, die den
unveränderten Schmp. 197—198° zeigte, durch die Darstellung einiger
Salze, die völlig übereinstimmten, sichergestellt.
Die Analyse ergab:
1. Angew. Subst. 0,2371, gef. 0,5462 CO,, 0,1512 H50 = 62,86%, C, 7,13%, H.
By „02284 , 0,5263. „ 01452 „ —= 6284, „ ln,
SR „02366 „ 0,5452 „ 01489 „ — 62,85, „ 7,04, „
pr „ 02042 „ 042 „ 01086 „ —=6320, „ 7,06, ,
Rt „ 023 „ 0510 „ 01430 „ = 6286, „ 713, ,
Die Analysen 1—5 wurden im Schiffehen im offenen Rohr ver-
brannt, während die späteren Analysen durchweg im geschlossenen
Rohr mit Kupferoxyd gemischt ausgeführt wurden. No. 1 und 2 wurden
mit Akonitin Merck, das den Schmp. 193° zeigte, ausgeführt, zu
No. 3—5 Akonitin Merck, zweimal umkrystallisiert, Schmp. 197—198°,
benutzt.
6. Angew. Subst. 0,1895, gef. 0,4386 CO,, 0,1248 H,O — 63,12% C, 7,37%, H.
BKL, „. 02022. „. 0,1676 ?.01083) ) zn 710,
Be, „ 01893 „ 0439 „ 01266 „ =6330, „ 7,48, ,
Be 02190: 05074, Oldb „ — 83.19;5% RBB E
RR 0 „ 0,1899 „ 04400 „ 01856 „ —=6319, „ 740, „
1) Ber. 27 I, 433.
2. ei
en I
PT a BR?"
168 H. Schulze: Akonitin und Akonin. -
No. 6—9 wurden mit selbst dargestelltem Akonitin, No. 10 mit
Akonitin Merck, die beide Schmp. 197—198° zeigten, ausgeführt. Der
Güte des Herrn Geheimrat E. Schmidt-Marburg verdanke ich die
Resultate einiger Analysen, die er im Jahre 1883 mit von ihm selbst
dargestellten, aus Holzgeist krystallisiertem Akonitin erhielt. Das
Präparat zeigte Schmp. 195—196°.
1. Gefunden: 63,15%, C, 7,09% H.
2. . 35,5 2,
3. f 62,99, „ 7,10, „
Diese Daten stimmen gut mit den von mir erhaltenen Analysen-
resultaten überein und bilden eine sehr willkommene Bestätigung
derselben.
Berechnet für O4 HyNOy: 63,22%, C, 7,34% H.
n „ CuHsNOn: 6341, „ 705, „
” „ C3eH5NO;e: 61,17, „ 700, „
Eine Bestimmung des Molekulargewichtes des Akonitins nach der
kryoskopischen Methode ist bereits von M. Freund und P. Beck
(l. c.) ausgeführt, ich habe mich daher, um genauere Werte zu erhalten,
der Titration zur Ermittelung der Molekulargröße bedient. Hierzu
wurden bekannte Mengen von Akonitin in überschüssiger (150 ccm),
annähernd "/joo Schwefelsäure gelöst, auf 250 ccm aufgefüllt, und in je
50 ccm der Lösung, die nicht zur Bindung des Alkaloides verbrauchte
Menge der Schwefelsäure durch Rücktitration mit ”/joo Kalilauge er-
mittelt. Als Indikator diente Jodeosin in ätherischer Lösung. Der
Gehalt der annähernd ”/ıoo Schwefelsäure wurde in je 200 cem der
Säure auf gravimetrischem Wege bestimmt. Aus drei gut überein-
stimmenden Analysen ergab sich der Gehalt derselben als 0,511505 g
H;SO, im Liter. Die "/joo Kalilauge wurde, mit Jodeosin als Indikator,
so eingestellt, daß je 20 cem der "/joo Schwefelsäure 20 cem der ”/;oo Kali-
lauge bis zur eben sichtbaren Rotfärbung verbrauchten!). Aus der zur
Bindung des Alkaloides erforderlichen Menge Schwefelsäure wurde dann,
unter der Annahme, daß ein Molekül der Base ein Aequivalent der
Säure bindet, die Molekulargröße berechnet.
1. Angewandt je 0,11322 g Akonitin.
Verbraucht zur Bindung der Base: 1. 16,85 ccm "/;oo HaSOy,,
2. 16,825 ccm, 3. 16,85 ccm.
Gefundenes Molekulargewicht: 1. 644,18, 2. 645,13, 3. 644,18.
2. Angewandt je 0,10698 g Akonitin.
Verbraucht zur Bindung der Base: 1. 16,0 ccm,. 2. 15,95 ccm,
3. 16,05 ccm.
Gefundenes Molekulargewicht: 1. 641,01, 2. 643,02, 3. 639,01.
1) Wegen der zweckmäßigsten Art der Ausführung der Titration siehe
Feldhaus, Dissertation. Marburg 1903,
H. Schulze: Akonitin und Akonin. 169
Berechnet MolJ.-Gew. für Cu Hr NO,1: 645,397
O4 HaNO;,: 643,382
Csa Has NO5s: 647,382.
» » n
” n n
Die Herren Privatdozent Dr. A. Schwantke undK.Schwantke-
Marburg hatten die Liebenswürdigkeit, die von mir selbst dargestellten
Akonitinkrystalle, die aus deutscher Akonitwurzel dargestellt und aus
Methylalkohol krystallisiert waren, einer eingehenden Messung zu
unterwerfen. Diese Herren, denen ich auch an dieser Stelle hierfür
bestens danken möchte, teilten mir über das Resultat ihrer Unter-
suchungen das Nachstehende mit:
Beobachtungen von Tutton:
Gemessen Berechnet Grenzen
b/p = 010:110 6116 6123 60 43—62 21
p/a = 110:100 2844 28 37 27 06—29 21
b/p’ = 010:120 4253 42 30 _
b/o = 010:121 5742 —_ 56 36—58 23
o/m = 121:101 3218 3217 31 24—32 49
Achsenverhältnis: 0,5456 :1: 0,3885.
Beobachtungen von Schwantke:
Gemessen Berechnet Grenzen
6129 6125 60 23—62 19
28 28 2835 27 25—29 25
42 23 42 32 41 43—42 58
5739 _ 57 02—58 05
32 21% 32 21 31 42—32 53
Achsenverhältnis: 0,54492:1:0,38917.
Aus diesen Resultaten geht mit Sicherheit hervor,
daß das von Dunstan aus englischer Akonitwurzel dar-
gestellte Akonitin, das den Messungen von A. E. Tutton
zu Grunde gelegen hat, nicht nur chemisch, sondern
auch krystallographisch mitdeutschem krystallisiertem
Akonitiu völlig identisch ist. Damit ist der in jüngster
Zeit von Dunstan!) aufgestellten Behauptung, daß sein
englisches Akonitin von dem deutschenkrystallisierten
Akonitin, dem auch er jetzt die Formel C,H,,NO,ı bez.
CH, N0,ı zuerteilt, verschieden sei, wohl endgültig der
Boden entzogen worden.
1) Journ. chem. soc, 87, 1650—53, C. 1905, II, 1802.
170 H. Schulze: Akonitin und Akorin. ,
Akonitinhydrobromid.
Dieses Salz stellte ich durch Neutralisation einer methyl-
alkoholischen Lösung von Akonitin mit verdünnter wässeriger Brom-
wasserstoffeäure dar. Die Lösung wurde zuerst der freiwilligen Ver-
dunstung überlassen, dann der letzte Rest des Wassers im Exsikkator
über Schwefelsäure entfernt. Der aus feinen Nädelchen bestehende
Rückstand wurde in wenig absolutem Alkohol gelöst, und die alko-
holische Lösung vorsichtig mit absolutem Aether überschichtet. Ich
erhielt so wasserklare, derbe, zu sägeförmigen Aggregaten vereinigte
Nädelchen, die bei 206—207° unter Aufschäumen schmelzen. Aus der
Analyse geht hervor, daß diese Modifikation des Akonitinhydrobromids
!/a Molekül Krystallwasser enthält. Diese Modifikation des Salzes, die
noch nicht beschrieben ist, verliert ihr Krystallwasser beim Trocknen
bei 110°,
Angew. Substanz 0,4052, gef. Verlust 0,0051 = 1,25% Ha0.
i „‚vo52 „ en
Berechnet für C4 Hy NO HBr + % ag: 1,22% Ha 0.
» » CuHsNO,HBr + %aqg: 128, „
Durch Lösen des Salzes in Wasser erhält man bei der frei-
willigen Verdunstung desselben das Akonitinhydrobomid in schönen,
sechsseitigen, tafelförmigen Kryställchen, deren Schmelzpunkt nach dem
Trocknen bei 115—120°, ebenfalls bei 206 bis 207° gefunden wurde.
Die wasserhaltige Substanz zeigt keinen scharfen Schmelzpunkt; es
beginnt bei ca. 160° an zu sintern, schmilzt aber erst gegen 200° voll-
ständig. Es enthält 2'!/, Molekül Krystallwasser.
Angew. Substanz 0,5267, gef. Verlust 0,0311 = 5,90% Hs0.
Berechnet für C4 Hy, NO,,HBr +24% aq: 5,84% Hs0.
» 5 uH@NO„HBr +2% ag: 585, „
Die Elementaranalysen wurden mit bis zur Konstanz getrocknetem
Materiale ausgeführt.
1. Angew. Subst. 0,2374, gef. AgBr 0,0610 — 10,92% Br.
A „ 02375, „ 0,4845 CO,, 0,1484 H50 = 55,64%, C, 6,99%, H.
EEE „ 02140, „ 033°) 01331 ea
Pe „ 02522, „ 05020 „ 0,1468 „ = 5584, „ 6,70, „
Die Analysen 1—3 wurden mit aus Akonitin Merck, No. 4
wurde mit aus selbst bereitetem Akonitin dargestelltem Hydrobromid
ausgeführt. Die aus den beiden Ausgangsmaterialien erhaltenen Salze
erwiesen sich durch Krystallform und Schmelzpunkt der getrockneten
Salze, sowie durch die Mischprobe als völlig übereinstimmend.
Berechnet für C,H, NO,,HBr: 56,17% C, 6,66% H, 11,01% Br.
£ „ C4uHsNO„HBr: 56,33, „ 6,40, „ 11,04, „
Er » CH; NOaHBr: 54,37, ” 6,36 „ » 10,98 „ n
H. Schulze: Akonitin und Akonin. 171
Akonitinaurichlorid.
Durch die Arbeiten von W. R. Dunstan und H. Jowett!),
sowie von M. Freund und P. Beck sind mehrere Modifikationen
dieses Salzes bekannt zeworden. Da es für die Zwecke der vor-
liegenden Arbeit nur darauf ankam, die Identität des käuflichen
Akonitins Merck ex Aconito Napello mit sicher aus Aconitum
Napellus dargestelltem Alkaloid nachzuweisen, sowie darum die
empirische Zusammensetzung des Akonitins zu ermitteln, so be-
schränkte ich mich darauf, die sogenannte a-Modifikation des Akonitin-
aurichlorids darzustellen.
Eine Lösung von Akonitin in Aceton wurde mit einem sehr
geringen Ueberschusse von Salzsäure versetzt und etwas mehr als die
berechnete Menge von Goldchloridlösung zugegeben. Beim freiwilligen
Eindunsten der Lösung schieden sich lange, goldgelbe Nädelchen ab,
die bei 136,5° schmelzen. Entgegen den Angaben von Dunstan und
in Uebereinstimmung mit den Angaben von Freund enthält das Salz
drei Moleküle Krystallwasser, die es langsam bei 115° abgibt.
Auch hier erwiesen sich die aus selbst dargestelltem Akonitin
erhaltenen Präparate und die, die aus Akonitin Merck bereitet waren,
als völlig übereinstimmenad.
1. Angew. Subst. 0,3196, gef. Verlust 0,0160 = 5,06% Hs0.
ae » 0388, » » 01-492, „
3. n » 0,3945, „ n 0,0201 = 5,09, „
Berechnet für C4Hn NO HAuC], En 3 aq: 5,20% Ha 0.
“ „ CuHsNO0,HAuC, +3aq: 521, „
Für die Elementaranalysen wurde bei 115° bis zur Konstanz
getrocknetes Material verwendet.
4. Angew. Subst. 0,2380, gef. 0,0474 Au = 19,91% Au.
Bias „ 0,2334, „ 0,0468 „ — 20,05, „
Billa, „ 02248, „ 0,0450 „ = 20,06, „
IE 3 „ 02653, „ 0,3992 CO,, 0,1244 H30 = 41,04%, C, 5,25% H.
re „. 03036, „ 0,4600 „ 0,1408 „ —=4132, „519, „
ze »...08496,. „.:03713 .. 01087 ,„.-— 4137, „49.00
- Die Analysen No. 3 und No. 9 wurden mit aus selbst dar-
gestelltem Akonitin bereitetem Aurichlorderivat ausgeführt.
Berechnet für C,H, NO„,HAuC];: 41,40% C, 4,90% H, 20,01% Au.
. „ CsHsNOHAuC!;: 41,49, „ 471, „ 20,05, „
Pr - Cas Hy; NOjs HAulI;: 40,11, P 4,69, Pi 19,97, »
1) Journ. chem. soc. London 63, 994—998 und London chem. Soc. 7II,
9; C. 93 II, 587; C. 95 I, 69.
172 H. Schulze: Akonitin und Akonin.
Akoninchlorhydrat.
Anfänglich wurde zur hydrolytischen Spaltung des Akonitins das
Verfahren von Dunstan und Passmore!) benutzt. Als weit zweck-
mäßiger hat sich jedoch folgende Abänderung des Verfahrens derselben
erwiesen. ;
20 g Akonitin wurden in Portionen von je 5g im Porzellanbecher
abgewogen, dazu die zwanzigfache Menge Wasser gegeben, und das
Alkaloid in diesem möglichst fein verteilt. Die so hergerichteten
Becher wurden im Dampftopf 5—6 Stunden lang auf einen Druck von
6—7 Atmosphären (160—170°) erhitzt. Nach dem Erkalten war der
Inhalt der Becher nur schwach gelblich gefärbt; am Boden hatte sich
eine geringe Menge einer teerartigen Masse abgesetzt. Die Inhalte der
vier Becher wurden vereinigt, mit 40 ccm "/1 Salzsäure versetzt und
eingedampft.
Beim Erkalten der auf ein kleines Volumen eingeengten Lösung
krystallisierte Benzoezäure aus, von der ich die Flüssigkeit durch
mehrfaches Ausschütteln mit Aether befreite. Nachdem dann der
gelöste Aether durch einen Luftstrom verjagt war, wurde mit wenig
Tierkohle aufgekocht und filtriert. Die so erhaltene Lösung, die fast
farblos war, hinterließ beim Eindampfen einen nur sehr wenig ge-
färbten Sirup, aus dem beim Erkalten schön glänzende, ziemlich große
Krystalle des Akoninchlorhydrates auskrystallisierten.
Ausbeute an krystallisiertem Salz 15—15,5 g = 85—88% der
theoretischen Ausbeute.
Diese Abänderung der Methode von Dunstan und Passmore
vermeidet einerseits die Unbequemlichkeit des Arbeitens mit Einschluß-
röhren und gestattet gleichzeitig, größere Mengen von Akonitin auf
einmal zu verarbeiten, andererseits liefert sie weit weniger gefärbte
Lösungen und deshalb bessere Ausbeuten.
Das salzsaure Akonin ist leicht löslich in Wasser und Alkohol,
der Schmelzpunkt liegt bei 175—176°.
Das Akoninchlorhydrat enthält zwei Moleküle Krystallwasser, die
selbst bei 115—120° noch nicht völlig entweichen. Das bei dieser
Temperatur bis zur Konstanz getrocknete Salz gibt Werte, die zwischen
1!/a—2 aq liegen?).
Angew. Subst. 0,3398, gef. Verlust 0,0201 = 5,5 % Hs0.
r „ : 04152, „ ä 0,0228 —= 5,49, 5
Auch die Elementaranalyse des so getrockneten Salzes gab etwas
zu geringe Werte für Kohlenstoff.
1) Journ. chem. soc. 1892 I, 3%.
2) M. Freund und P. Beck, Ber. 27, 732.
En
H. Schulze: Akonitin und Akonin. 173
Angew. Subst. 0,2077, gef. 0,4244 (03!) = 55,73% C.
Angew. Subst. 0,1912, gef. 0,3906 COs, 0,1348 H3,0 —= 55,72% C,
7,89% H.
Leicht und vollständig verliert dagegen das Salz sein Krystall-
wasser beim Erhitzen auf 100° im Vakuum.
1. Angew. Subst. 0,4723, gef. Verlust 0,0288 — 6,09% Ha0.
2. . Pa ı 71, Sg „si970,0879:59,607, ;
3. R PERS EIN 1 7. 4 | PoRapR nu 00803 = 697. 5
Berechnet für C3y H, NO,HCI + 11%, aq: 4,80% Hy0.
” ” Ca; Hgo NO,HCI + 11% ag: 4,82 »»
e: „ CH NOgHCI + 2aqg: 630, „
. „ C5HgNO,HCI + 2aqg: 6,32, „
4. Angew. Subst. 0,2230, gef. 0,4580 CO,, 0,1532 Hz0 — 56,02% C, 7,68% H.
5. ” I EBERBET SEELEN ETAGE, o, — DESR u U
6. n SEE 7 uBl, . Oluee. „ . — 0018. 2 ER m
7. „ „ 02208, „ 04538 „ 0158, =5605, „ 789,5;
8. > „ 0,254, „ 0,0668 AgCl = 6,49% Cl.
9. $ u a al al)
Das Akonin enthält vier Methoxylgruppen, die sich durch
siedenden Jodwasserstoff nach der Methode von Zeisel abspalten lassen.
10. Angew. Subst. 0,3547, gef. 0,6047 AgJ —= 22,51% CHz0 —= 10,89%, CH;z.
11. ” a LER TR nr. in „om KU0R 50m
Bei manchen am Stickstoff alkylierten Basen?) läßt sich das
N-Alkyl schon bei längerem Kochen mit Jodwasserstoffsäure als Jod-
methylabspalten. Es wurde daher Akoninchlorhydrat im Zeisel'schen
Apparat in üblicher Weise mit Jodwasserstoff gekocht. Nachdem sich
die Silberlösung geklärt hatte, was nach ca. zwei Stunden der Fall
war, legte ich mit frischer Silberlösung beschickte Kölbchen vor und
kochte weitere sieben Stunden mit Jodwasserstoff. Es trat während
dieser Zeit nicht die geringste Trübung auf, auch beim Verdünnen der
Silberlösung mit Wasser trübte sich diese nicht.
12. Angew. Subst. 0,3488, gef. 0,6090 AgJ = 22,72% CH30.
Als aber im Apparat von Herzig und H. Meyer das Akonin-
chlorhydrat der Prüfung auf Methylimidgruppen unterworfen wurde,
zeigte sich, daß außer den vier Methoxylgruppen noch eine Methylimid-
gruppe in ihm vorhanden ist.
13. Angew. Subst. 0,3466, gef. 0,7009 AgJ = 12,92% Gesamtmethyl.
däst. . „ 03782, „ 0,6540 „ und 0,1366 AgJ = 22,85%, CH,O
OR. und 2,31% N.-Methyl.
1) Die Wasserbestimmung ging verloren.
2) M. Busch, Ber. 35, 1563; Goldschmidt und Hönigschmidt,
Ber. 36, 1850; Decker, Ber. 36, 261, 2895.
174 H. Schulze: Akonitin und Akonin.
Ber. für C3 H,, NO,HCl: 55,99% C, 7,90% H, 6,62% Cl, 23,16% CH;0,
2,8% N-CH,, 14,01% Gesamtmethyl.
Ber. für C3 Hz, NO,HCI: 56,20% C, 7,55% H, 6,64% Cl, 23,25% CH;0,
2,81% N-CH;z, 14,07% Gesamtmethyl.
Ber. für C, Hz; NOnHC1: 53,55% C, 7,49% O, 6,59% Cl, 23,08% CH;0,
2,79% NCH;, 13,96% Gesamtmethyl.
Akonin (freie Base).
Zur Darstellung von freiem Akonin wurde Akoninchlorhydrat in
möglichst wenig Wasser gelöst, gesättigte Sodalösung im Ueberschuß
zugegeben, und die klare Lösung oftmals (12—15 mal) mit Chloroform
ausgeschüttel. Die Lösungen der Base in Chloroform wurden mit
Natriumsulfat entwässert, filtriert und jede für sich, um eine eventuelle
Bildung von Akoninchlorhydrat zu vermeiden, bei gelinder Wärme bis
auf ein Drittel abdestilliert. Den Rückstand überließ ich der frei-
willigen Verdunstung und trocknete ihn dann im Vakuum über
Schwefelsäure. Die Base stellt dann einen nur wenig gefärbten
Firnis dar, der zerrieben ein weißes, lockeres, ziemlich hygroskopisches
Pulver gibt, das anfangs süßlichen, dann bitteren Geschmack besitzt.
Infolge ihrer amorphen Beschaffenheit zeigt die Base einen von der
Schnelligkeit des Erhitzens im hohen Maße abhängigen Schmelzpunkt,
der bei schneller Erhitzung gegen 130° liegt. Das Akonin ist leicht
löslich in Wasser und Alkohol, ziemlich leicht löslich auch in Chloro-
form, etwas löslich in Benzol, fast unlöslich in Aether und Petroläther.
Salze des Akonins.
Zur Darstellung des Akoninhydrobromids wurde freies Akonin
in Wasser gelöst und mit verdünnter Bromwasserstoffsäure neutralisiert.
Aus der auf ein kleines Volumen eingeengten Lösung schieden sich
nach dem Erkalten bei der freiwilligen weiteren Verdunstung des
Wassers glänzende, ziemlich große, derbe Krystalle aus, die denen des
Chlorhydrates sehr ähnlich sind. Das Salz enthält, wie es scheint,
1'/s Moleküle Krystallwasser, die es bei 100° im Vakuum abgibt.
Das bis zur Konstanz getrocknete Salz schmilzt unscharf unter Auf-
schäumen gegen 225°.
Angew. Subst. 0,3190, gef. Verlust 0,0144 = 4,51% H30.
„03292, „ » 0046 —44, „
Be für C,H, NOgHBr + 114, aq: 4,45% Hs0.
z » CsHBNOpHBr+1% ag: 446, 5
Die Br-Bestimmung im getrockneten Salze ergab:
Angew. Subst. 0,2948, gef. 0,0954 AgBr — 13,77% Br.
Berechnet für C,H, NO,gHBr: 13,78% Br.
» n Cg5 Hgg NO, HBr: 13,83 „ Pr
H. Schulze: Akonitin und Akonin. 175
Das Akoninnitrat wurde in der Weise dargestellt, daß ich eine
wässerige Lösung von Akoninchlorhydrat so lange mit neutraler Silber-
nitratlösung versetzte, bis ein weiterer Zusatz keine Trübung mehr
erzeugte. Aus der filtrierten Lösung wurde der geringe Ueberschuß
von Silber durch Schwefelwasserstoff entfernt, vom Schwefelsilber ab-
filtriert, und die klare Lösung eingedampft. Es hinterblieb eine
schwach gelblich gefärbte, dickzähflüssige Masse, die auch bei langem
Stehen (drei Monate) keine Abscheidung von Krystallen zeigte, auch
durch Lösen der Masse in absolutem Alkohol und vorsichtiges Ueber-
schichten mit Aether gelang es nicht, das Salz in krystallisierter Form
zu erhalten.
Das Sulfat wurde auf analoge Weise aus Akoninchlorhydrat und
Silbersulfat bereitet. Auch hier gelang es nicht, den schwach gelblichen,
dickflüssigen Rückstand zur Krystallisation zu bringen. W. R. Dunstan
und F. W. Passmore!) haben bei der Darstellung dieses Salzes das
Auftreten von feinen Nädelchen beobachtet, die sie als Krystalle des
Akoninsulfates ansprechen; eine Analyse derselben haben sie nicht aus-
geführt. Ich habe das Salz mehrfach in Mengen von je 10g dar-
gestellt, da ich dasselbe zu Oxydationen verwendet habe. Bei einigen
Darstellungen wurde ebenfalls die Krystallisation von sehr geringen
Mengen feiner weißer Nädelchen beobachtet, die sich jedoch als
Caleciumsulfat erwiesen. Dieser geringe Kalkgehalt, der 0,01 g aus
10 g Sulfat nicht überstieg, dürfte wohl aus dem Glase und der Glasur
der benutzten Gefäße stammen.
Das Akoninaurichlorid fällt aus konzentrierteren Lösungen des
salzsauren Salzes als gelber amorpher Niederschlag aus, der in Wasser
schwer, in Alkohol und Aceton leicht löslich ist, sich aber aus diesen
Lösungsmitteln nur in amorpher Form abschied.
Weitere Salze des Akonins wurden, da sie ein größeres Interesse
nicht besitzen, nicht dargestellt.
Einwirkung von Hydroxylamin und von Phenylhydrazin auf Akonin.
] g Akoninchlorhydrat wurde in wenig Wasser gelöst, 0,13 g
Hydroxylaminchlorhydrat und 0,5 g krystallisierte Soda zugegeben, und
die Mischung 2 Stunden im Reagenzglase im Wasserbade erhitzt.
Beim Eindampfen der Lösung auf ein kleines Volumen schied sich ein
gelbliches (fast farbloses) Oel aus, das beim Erkalten wieder in Lösung
ging. Die erkaltete Lösung trübte sich beim Erwärmen sofort wieder.
Nach dem Abkühlen wurde die Mischung mit Aether ausgezogen, und
die ätherische Lösung dann mit sehr verdünnter Salzsäure aus-
1) Jouro. chem, soc. 1892, I, 39.
176 H. Schulze: Akonitin’und Akonin.
geschüttelt. Die so erhaltene wässerige Schicht hinterließ nach dem
Eindunsten eine geringe Menge von Akoninchlorhydrat, das durch
Krystallform und Schmp. 175,5° identifiziert wurde. Die ätherische
Schicht war ohne Rückstand flüchtig. Der mit Aether extrahierten
Lösung ließ sich durch mehrfaches Ausschütteln mit Chloroform und
nachfolgendes Ausschütteln der Chlorotormschicht mit verdünnter Salz-
säure eine beträchtliche Menge von Akoninchlorhydrat entziehen. Die
Bildung eines Oxims findet demnach unter den angegebenen Bedingungen
nicht statt.
Zur weiteren Prüfung auf Ketongruppen wurde Akoninchlor-
hydrat und die entsprechende Menge entwässerten Natriumacetates in
Eisessig gelöst, Phenylhydrazin zugegeben und einige Zeit gekocht.
Eine Einwirkung ließ sich jedoch nicht wahrnehmen; bei Wasserzusatz
blieb die Mischung vollständig klar. |
Ebenso verlief der Versuch als Wasser an Stelle von Eisessig
als Lösungsmittel angewandt wurde. Auch hier ließ sich, selbst bei
längerem Erwärmen, eine Einwirkung nicht feststellen.
Einwirkung von salpetriger Säure auf Akonin.
0,2g Akoninchlorhydrat wurden in Wasser gelöst, mit einigen
Tropfen 10%iger Salzsäure versetzt, und zu der stark abgekühlten
Lösung einige Körnchen Kaliumnitrit zugegeben. Nach zwölfstündigem
Stehen in der Kälte wurde erst mit Aether, dann mit Chloroform aus-
geschüttelt. Beide Lösungsmittel hinterließen beim freiwilligen Ver-
dunsten nur einen sehr geringen Rückstand, der die Liebermann’sche
Reaktion nicht gab. Die mit Aether und Chloroform ausgezogene
Lösung wurde bei gelinder Wärme abgedunstet, und der Rückstand
mit absolutem Alkohol ausgezogen. Beim Verdunsten der alkoholischen
Lösung hinterblieb ein gelblich gefärbter, sirupartiger Rückstand, der
aber ebenfalls die Nitrosoreaktion nicht gab.
Die Bildung eines Nitrosamins findet demnach nicht statt.
Einwirkung von Phenylisocyanat auf freies Akonin.
1 g Akonin löste ich in 80 ccm über Na getrocknetem Benzol
und gab 1,5 g Phenylisocyanat hinzu.
Nach eintägigem Stehen wurde bei gelinder Wärme der größere
Teil des Benzols abdestilliert, und die noch warme Lösung mit Petrol-
äther bis zur eben beginnenden Trübung versetzt. Beim Erkalten
schied sich ein scheinbar krystallinischer Niederschlag aus, der zuerst
mit einer Mischung von Petroläther und Benzol, dann mit Petroläther
ausgewaschen wurde. Dieser scheinbar krystallinische Niederschlag
H. Schulze: Akonitin und Akonin. 177
erwies sich aber unter dem Mikroskop als aus kleinen Kügelchen
bestehend; auch bei Krystallisationsversuchen aus Petroläther -+- Benzol
schieden sich immer wieder die erstarrten, amorphen Tröpfchen ab.
Die bei verschiedenen Darstellungen dieses Körpers erhaltenen Zahlen
für Stickstoff schwankten sehr; auch als Akonin mit Phenylisocyanat
im geschlossenen Rohre auf 100° erhitzt und der als Nebenprodukt
gebildete Diphenylharnstoff möglichst sorgfältig entfernt wurde, gelang
es nicht, zu einem Produkt von konstanter Zusammensetzung zu
gelangen, ebensowenig führte Erhitzen auf 120—130° zum Ziel.
Da ihre amorphe Beschaffenheit die weitere Untersuchung dieser
Reaktionsprodukte als aussichtslos erscheinen ließ, so wurden die Ver-
suche damit abgebrochen.
Tetraacetylakonin.
Zwei Gramm Akoninchlorhydrat wurden in einem reichlichen
Ueberschusse von Acetylchlorid gelöst, und die Lösung 36 Stunden im
zugeschmolzenen Rohr bei Zimmertemperatur stehen gelassen. Dann
brachte ich den Röhreninhalt in ein Schälchen und ließ das über-
schüssige Acetylchlorid im Vakuumexsikkator verdunsten. Die zurück-
bleibende Masse wurde im Scheidetrichter in wenig Wasser gelöst, mit
Soda alkalisch gemacht und mehrmals mit Aether ausgeschüttelt. Beim
freiwilligen Verdunsten der ätherischen Lösung blieb eine weiße
Krystallmasse zurück, die durch mehrmaliges Umkrystallisieren aus
Alkohol gereinigt wurde. Ausbeute 1,5g. Aus Alkohol krystallisiert,
stellt der Körper ziemlich lange, weiße, seidenglänzende Nadeln dar,
die bei 231—232° unter Zersetzung schmelzen. Die neue Base ist
löslich in Alkohol, Aether, Chloroform, Essigester und Benzol, schwer
löslich in Ligroin.
Die zur Trockne gebrachten Mutterlaugen lieferten bei noch-
maliger Behandlung mit Acetylchlorid weitere Mengen dieses Körpers.
Größere Mengen davon wurden aus den Mutterlaugen von der Dar-
stellung des Akoninchlorhydrates, aus denen dieses Salz nicht mehr
krystallisiert erhalten werden konnte, dargestellt. Das so erhaltene
Produkt läßt sich durch mehrmaliges Umkrystallisieren aus Alkohol
leicht rein erhalten; auf diese Weise lassen sich die sonst kaum ver-
wertbaren Reste von der Akonindarstellung mit Vorteil ausnutzen.
Zur Bestimmung der Acetylreste wurde ca. 0,3 des Körpers im
Rundkolben mit 30 ccm frisch bereiteter, kohlensäurefreier, annähernd
normaler Kalilauge verseift, die erkaltete Lösung mit Phosphorsäure
angesäuert und im Wasserdampfstrom, der aus ausgekochtem Wasser
entwickelt wurde, und unter Anwendung eines Stutzer’schen Aufsatzes
die abgespaltene Essigsäure abdestilliert. Im Destillate wurde durch
Arch. d. Pharm. COXXXXIV. Bds. 3. Heft. 12
178 H. Schulze: Akonitin und Akonin.
Titration mit "/,o Kalilauge, unter Verwendung von Phenolphthalein als
Indikator, die Menge der Essigsäure bestimmt.
Die Analyse ergab:
Angew. Subst. 0,2197, gef. 0,4774 COs, 0,1388 Hs0 —= 59,26% C, 7,07% H.
Angew. Subst. 0,2162, gef. 0,2960 AgJ = 18,09% Methoxyl.
Angew. Subst. 0,2894, verbraucht zur Titration der abgespaltenen
Essigsäure 17,5 ccm "/io KOH = 0,10475 C3H,03 — 36,2% Essigsäure.
Angew. Subst. 0,3122, verbraucht 18,7 ccm "/io KOH = 0,1127 CsH,0sa
— 3585% Essigsäure.
Berechnet für CggHyNOss: 59,34% C, 7,40% H, 18,6% Methoxyl,
35,98% Essigsäure.
Berechnet für CssH4NO1: 59,52%, C, 7,11%, H, 18,65%, Methoxyl,
36,09% Essigsäure.
Berechnet für CH NO: 57,36% C, 7,07% H, 18,54% Methoxyl,
35,87% Essigsäure.
In der Hoffnung, nach der Liebermann’schen Methode zu einem
höher acetylierten Produkte zu kommen, wurden 1,0 salzsaures Akonin
mit 2 g frisch geschmolzenem Natriumacetat und 10 cem Essigsäure-
anhydrid 1 Stunde am Rückflußkühler erhitzt. Während des Erhitzens
schied sich etwas Chlornatrium aus. Dann befreite ich das Reaktions-
produkt auf dem Wasserbade von überschüssigem Essigsäureanhydrid
und löste den gelblichen, zähen Rückstand in wenig Wasser. Die
Lösung wurde im Scheidetrichter mit Aether überschichtet, Sodalösung
zugegeben und sofort ausgeschüttet. Das Ausziehen mit Aether
setzte ich solange fort, als beim Abdunsten einer Probe des Aethers
noch ein Rückstand hinterblieb. Die getrockneten ätherischen Lösungen
wurden der freiwilligen Verdunstung überlassen. Es hinterblieb eine
nur wenig gefärbte, firnisartige Masse, aus der sich einige Krystall-
drusen ausschieden. Beim Befeuchten mit Alkohol erstarrte das
Produkt zum größten Teile in aus feinen Nädelchen zusammengesetzten
halbkugeligen Krystallaggregaten. Die von wenig Oel durchtränkten
Krystallmassen wurden durch Aufstreichen auf Ton und Waschen mit
wenig Alkohol gereinigt. Nach dem Umkrystallisieren aus verdünntem
Alkohol schmolz die Substanz bei 231—232°. Ausbeute etwas über
0,6 g. Der Körper ist identisch mit Tetraacetylakonin. Die Be-
stimmung der gebundenen Essigsäure, die in der oben angeführten
Weise vorgenommen wurde, ergab:
Angew. Subst. 0,4000 g, verbraucht zur Titration 24 ccm Ali KOH =
gef. 0,14366 Essigsäure —= 35,91 %.
Es ließ sich also auch nach der Liebermann’schen Acetylierungs-
methode, die häufig höher acetylierte Derivate ergibt, als sie durch
Anwendung von Acetylchlorid erhalten werden können, ein solches
nicht darstellen.
HB. Behulse: -Akonitin und Akonin. 179
Versetzt man die salzsaure Lösung der Base mit Goldchlorid, so
fällt ein amorpher, in Wasser schwer löslicher, hellgelber Niederschlag
aus, der das Tetraacetylakoninaurichlorid darstellt. Das Salz ist leicht
löslich in Alkohol und Aceton, scheidet sich aber aus diesen Lösungs-
mitteln beim freiwilligen Verdunsten derselben in öliger Form ab.
Das platinichlorwasserstoffsaure Salz der Base, das ebenfalls
nicht krystallisiert erhalten werden konnte, ist in Wasser ziemlich
leicht löslich.
Einwirkung von Chloracetylchlorid auf Akoninchlorhydrat.
Die Einwirkung von Chloracetylcblorid auf Akonin wurde haupt-
sächlich deshalb studiert, um durch eine Halogenbestimmung des
erhaltenen Produktes in einfacher und genauer Weise Aufschluß über
die Anzahl der im Akonin enthaltenen acylierbaren Hydroxylgruppen
zu erhalten. Es wurden 1 g Akoninchlorhydrat mit einem reichlichen
Ueberschusse von Säurechlorid drei Tage im zugeschmolzenen Rohre
stehen gelassen, der ungefärbte Röhreninhalt durch Erwärmen auf
dem Wasserbade von überschüssigem Chloracetylchlorid befreit, und
der Rückstand in Wasser gelöst. Aus der filtrierten Lösung fiel durch
Sodalösung ein weißer, amorpher Niederschlag aus, der abgesogen, mit
wenig Wasser nachgewaschen und auf Ton getrocknet wurde. Der
Körper ist sehr leicht zersetzlich, schon durch Erwärmen mit Alkohol
wird er verändert. Aus Petroläther und Benzol, sowie aus Essigäther-
Petroläther wurde der Körper nur in amorphen Flocken erhalten.
Beim Stehen an der Luft zerfließt der ursprünglich in Wasser nicht
lösliche Körper zu einer amorphen, schmierigen Masse, die dann zum
größten Teile in Wasser löslich ist. Eine Analyse war daher nicht
ausführbar.
Triacetylakonitin.
4 g Akonitin wurden mit 20 cem Acetylchlorid drei Tage im
geschlossenen Rohr bei gewöhnlicher Temperatur stehen gelassen.
Nach dem Oeffnen des Rohres brachte ich ihren Inhalt in eine Schale
und erwärmte diese auf dem Wasserbade bis zum Verschwinden des
Geruches nach Acetylchlorid. Der im Rohre verbliebene Teil wurde
ebenfalls zur Verjagung des Acetylchlorids erwärmt, wobei ein Luft-
strom durch das Rohr gesogen wurde. Der farblose, zähe Rückstand
wurde in Wasser gelöst, die klare Lösung im geringen Ueberschusse
mit Natriumkarbonat übersättigt, und der so erhaltene weiße amorphe
Niederschlag auf einem Saugfilter gesammelt, abgesogen und mit
Wasser ausgewaschen. Nach dem Trocknen wurde der neue Körper
aus Alkohol bis zur Konstanz des Schmelzpunktes umkrystallisiert.
Ausbeute über 3 g.
12*
180 H. 8 chulze: Akonitin und Akonin.
Aus Alkohol krystallisiert die Base in feinen zu Kugeln vereinigten
weißen Nädelchen vom Schmp. 207—208°,
Der Körper ist löslich in Alkohol, Benzol, Chloroform, Essigester,
nicht besonders löslich in Aether, nicht löslich in Wasser, Petroläther
und Ligroin.
Aus den zur Trockne gebrachten Mutterlaugen, sowie aus dem
Ausschüttelungsrückstand der mit Chloroform ausgezogenen Wasch-
flüssigkeiten von der Darstellung des Körpers, ließen sich durch Be-
handeln mit Acetylchlorid weitere Mengen der Base erhalten.
Da bei der geringen Differenz in der prozentischen Zusammen-
setzung der beiden in Frage kommenden Körper, des Diacetyl- bezw.
Triacetylakonitins, die Elementaranalyse nicht zur Entscheidung darüber
dienen konnte, ob der eine oder der andere Körper vorliege, so habe
ich mich darauf beschränkt, die Bestimmung der abgespaltenen Säure
vorzunehmen. Zur Bestimmung derselben wurde in der beim Tetra-
acetylakonin angegebenen Weise verfahren, nur wurde, wegen der
schweren Löslichkeit des Körpers, die Verseifung unter Druck bei
130° vorgenommen. Die Bestimmung der Essigsäure + Benzoesäure
ergab:
Angew. Subst.: 1. 0,4022 g. 2. 0,4075 g. 3. 0,4714 g.
Verbraucht zur Titration der Säuren:
1. 24,9 ccm 2/i KOH. 2. 25,5 ccm "/io KOH. 3. 30,8 ccm "/jo KOH.
Ber. Verbrauch für Triacetylakonitin: 1. 26,1ccm. 2. 26,5ccm. 3. 30,6 ccm.
= % „ Diacetylakonitin: 1. 221 „ 2. 22,4 „ 3.259 „
In einem Falle versuchte ich auch eine Trennung der Essigsäure
von der Benzoesäure. Das Destillat wurde oftmals mit größeren
Mengen von Ligroin ausgeschüttelt, und die wässerige Lösung dann
titriert. Die Trennung gelingt offenbar nur unvollkommen, denn der
gefundene Wert für Essigsäure ist zu hoch.
Angew. Subst. 0,3651. Verbraucht zur Titration der Essigsäure 19,7 ccm
n/)o KOH = 0,11792 g Essigsäure = 32,309, Essigsäure.
Berechnet für CyH;zg NO, 31,12% Essigsäure.
” ” CoH5ı NO, 31,20 „ n
Daß in dem Körper Triacetylakonitin vorliege, wird ferner durch
die Analyse seines Goldchloriddoppelsalzes bestätigt. Dieses
wurde durch Zutropfenlassen einer salzsauren Lösung der Base zu
überschüssiger Goldchloridlösung als amorpher, gelber Niederschlag
erhalten, der abgesogen und mit möglichst wenig Wasser nachgewaschen
wurde. Nach dem Trocknen stellt das Salz ein amorphes, kanarien-
gelbes Pulver dar, das in Alkohol und Aceton leicht löslich ist. Es
gelang nicht, das Salz krystallisiert zu erhalten; aus Alkohol und aus
Aceton scheidet sich der Körper beim freiwilligen Verdunsten des
H. Schulze: Akonitin und Akonin. 181
Lösungsmittels als amorphe, ölig-harzige Masse aus. Beim Erhitzen
verändert es von 125° an die Farbe und sintert zwischen 140 und 145°
zu einer dunkelfarbigen Masse zusammen, ohne jedoch einen eigentlichen
Schmelzpunkt zu zeigen.
Der Goldgehalt, der bei zwei Präparaten verschiedener Dar-
stellung vermittelt wurde, gab für Substanz, die im Vakuum über
Schwefelsäure bei gewöhnlicher Temperatur bis zur Konstanz getrocknet
war, folgende Werte. (Beim Trocknen bei 100° verändert die Substanz
unter Abgabe von Salzsäure die Farbe, und Gewichtskonstanz wird
nicht erreicht.)
Angew. Subst. 0,3822, gef. Au 0,0671 = 17,55% Au.
e „03132, „ „ 00554 —= 1768, „
Berechnet für Triacetylakonitinaurichlorid Ca HsNO,;,HAuCl, 17,74% Au.
n ” CyHsı NO4 HAu CO E70 »
n > Barslekonluinsunchlerid C;g Hz; NO; HAuC), 1844, „
„ » » Ca, Hy NO, HAuC), 18,47 „ »
Das Platinchloriddoppelsalz des Triacetylakonitins wird beim
Fällen einer etwas konzentrierteren Lösung des Chlorhydrates der
Base mit Platinchlorid als fleischfarbener amorpher Niederschlag
erhalten, der in Wasser nicht unbeträchtlich, in Alkohol und Aceton
leicht löslich ist. Beim Trocknen im Vakuum über Schwefelsäure
gab es schon bei gewöhnlicher Temperatur Salzsäure ab, und gab
daher bei der Analyse einen zu hohen Gehalt an Platin.
Tetraacetylpikrakonitin.
Das zur Darstellung des Tetraacetylpikrakonitins verwendete
Pikrakonitinhydrobromid stellte ich in folgender Weise dar: 5 g
Akonitin wurden mit der zwanzigfachen Menge Wasser im Autoklaven
2!/; Stunde auf zwei Atmosphären Druck erhitzt. Es war dann voll-
kommene Lösung des Akonitins eingetreten. Den Inhalt des Porzellan-
bechers versetzte ich dann mit etwas mehr als der berechneten Menge
Salzsäure und dampfte auf ein kleines Volumen ein. Die konzentrierte
Lösung wurde nach dem Erkalten einmal mit Aether ausgeschüttelt,
um die geringe Menge der abgespaltenen Benzoesäure zu entfernen,
dann mit Soda alkalisch gemacht und mehrmals mit Aether ausgezogen.
Die ätherischen Lösungen, die das Pikrakonitin enthalten, wurden
vereinigt, filtriert und der freiwilligen Verdunstung überlassen. Das
Pikrakonitin hinterblieb als wenig gefärbter, in Wasser unlöslicher
Firnis, der in verdünnter Bromwasserstoffsäure gelöst wurde. Aus
der eingeengten Lösung krystallisierten farblose, derbe Prismen des
Salzes aus. Schmp. 232°; bei einer zweiten Darstellung wurde eben-
falls Schmp. 232° bemerkt.
182 H. Schulze: Akonitin und Akonin.
Ausbeute etwas über vier Gramm des Hydrobromids.
Der mit Aether ausgezogene Rückstand enthält noch etwas
Akonin, das als Akoninchlorhydrat gewönnen werden konnte 2,5 g
des so gewonnenen Pikrakonitinhydrobromids wurden mit einem reich-
lichen Ueberschusse von Acetylchlorid im geschlossenen Rohre vier
Tage bei gewöhnlicher Temperatur stehen gelassen. Beim Oeffnen
des Rohres zeigte sich nur wenig Druck. Den fast farblosen Röhren-
inhalt befreite ich durch mäßiges Erwärmen auf dem Wasserbade vom
überschüssigen Acetylchlorid und löste den schwach gelblich gefärbten
Rückstand in Wasser. Durch vorsichtigen Zusatz von Sodalösung
wurde die klare Lösung alkalisch gemacht, und der entstandene weiße
Niederschlag mit Chloroform ausgeschüttelt; die Extraktion mit
Chloroform wurde noch mehrmals wiederholt. Die Chloroformschichten,
die das Acetylderivat enthalten, trocknete ich mit Natriumsulfat,
destillierte dann von dem klaren Filtrate den größten Teil des Chloro-
forms ab und überließ den Rückstand der freiwilligen Verdunstung.
Es hinterblieb eine weiße Krystallmasse, die aus Alkohol umkrystallisiert
wurde. Feine weiße Kryställchen, die bei 207—208° schmelzen, der
Schmelzpunkt ändert sich bei weiterem Krystallisieren aus Alkohol nicht.
Ausbeute 1.9 g umkrystallisiertes Produkt.
Das Tetraacetylpikrakonitin zeigt in seinen Eigenschaften und
Aussehen die allergrößte Aehnlichkeit mit dem Triacetylakonitin. Als
gleiche Mengen von Triacetylakonitin und von Tetraacetylpikrakonitin
aus Alkohol zusammenkrystallisiert wurden, zeigten das Gemisch der
beiden Körper, reines Triacetylakonitin und reines Tetraacetyl-
pikrakonitin gleichzeitig neben einander am gleichen Thermometer
erhitzt, den gleichen Schmp. 207—208°. Die beiden Verbindungen
sind demnach identisch, nicht wie W. R. Dunstan und F. Carr!)
angegeben, isomer.
Die Analyse ergab:
Angew. Subst. 0,3000, gef. 0,3609 AgJ = 15,89% Methoxyl.
„0,4328, verbraucht zur Titration der abgespaltenen
en 275 ccm A/ıo KOH.
Berechnet für CyoHss NO44: 16,08% Methoxyl.
„ CyHs NO: 16,13, %
Barcchiefes Verbrauch an "/jo KOH 28,1 ccm.
Die Bestimmung der Essigsäure + Benzoesäure erfolgte in der-
selben Weise, wie beim Triacetylakonitin.
Zum weiteren Vergleich der beiden Körper wurden 05 g Tetra-
acetylpikrakonitin in der eben ausreichenden Menge Salzsäure gelöst
1) Journ. chem. soc. London, 67, 459—467.
H. Sehulze: Akonitin und Akonin. 183
und in überschüssige Goldchloridlösung eingetropft, der entstandene
gelbe Niederschlag abgesogen und mit wenig Wasser gewaschen. Nach
dem Trocknen stellte das Salz ein kanariengelbes, nicht wie von
Dunstan (l. e.) angegeben weißes, amorphes Pulver dar, das unscharf
gegen 140° schmilzt. In seinem Aussehen und in seinen Eigenschaften
gleicht es dem Triacetylakonitinaurichlorid, das unscharf zwischen
140 bis 145° schmilzt, durchaus. Dunstan gibt (]. c.) für sein farb-
loses „Aurichlorderivat“ des Triacetylakonitin den Schmelzpunkt 225°
an. Ein derartiges Salz konnte nicht erhalten werden. Zur Gold-
bestimmung wurde das Präparat im Vakuum über Schwefelsäure bis
zur Konstanz getrocknet.
Angew. Subst. 0,3542, gef. 0,0638 Au = 18,01% Au.
Berechnet für CyHssON],HAuCk: 17,74% Au.
Pr n Co Hzı N0,,HAuQ];: 17,76 »
Einwirkung von Brom auf freies Akonin.
2 g Akonin wurden in 50 ccm Chloroform gelöst, und eine
5%ige Lösung von Brom in Chloroform !) in kleinen Portionen zu-
gesetzt. Verbraucht wurden bis zum deutlichen Ueberschuß an Brom
ungefähr 14 g der Lösung. Beim Einfallen der ersten Tropfen färbte
sich die Flüssigkeit rötlich, bei weiterem Zusatz schied sich an den
Gefäßwandungen eine gelbliche harzige Masse ab, und die Lösung
färbte sich unter Trübung orangefarbig. Eine Entwicklung von Brom-
wasserstoff war nicht zu bemerken. Nach längerem Stehen klärte
sich die Flüssigkeit fast vollständig und war dann nur wenig gefärbt.
Die gelben Harzmassen löste ich in Alkohol und vereinigte sie mit
dem geringen Rückstande, der beim Verdunsten des Chloroforms
zurückblieb. In diese Lösung wurde, nach dem Verdünnen mit Wasser,
Schwefelwasserstoff eingeleitet, wobei unter Abscheidung von Schwefel
Entfärbung eintrat. Die filtrierte farblose Lösung wurde bei mäßiger
Wärme auf ein kleines Volumen eingedampft; sie färbte sich dabei
schwach bräunlich. Nach wochenlangem Stehen begann der Sirup zu
krystallisieren und erstarrte allmählich zu einem Brei von Kryställchen,
die auf Ton abgesogen und dann aus Wasser umkrystallisiert wurden.
Es ließen sich so glänzende derbe Kryställchen erhalten, die dem
bromwasserstoffsauren Akonin durchaus glichen. Menge 0,7—0,8 g.
Die Analyse des noch nicht ganz reinen Salzes ergab das Vor-
"liegen von Akoninhydrobromid.
>
1) Das benutzte Chloroform war mehrmals mit Wasser ausgeschüttelt
und dann über frisch ausgeglühtem Natriumsulfat getrocknet worden.
184 H. Schulze: Akonitin und Akonin.
Angew. Subst. 0,2636. Verlust beim Trocknen bei 1000 im Vakuum
0,0130 = 4,93% Ha0.
Angew. Subst. (getrocknet) 0,2447, gef. 0,0826 AgBr — 14,369, Br.
Berechnet für C,H, NOgHBr +14, aq: 4,45% Ha0.
n » Cs; Hs, NO, HBr — 1% » 4,46 » n
ir „ CH NO,HBr: 13,78 „ Br.
” n Ca5 H;g NOg HBr: 13,83 nn»
Die Mutterlaugen des Salzes, die nicht mehr zur Krystallisation
zu bringen waren, wurden durch Behandeln mit Chlorsilber in das
salzsaure Salz übergeführt und zur Trockne gebracht. Der Rück-
stand konnte in der beim Tetraacetylakonin beschriebenen Weise in
das Acetylderivat verwandelt werden. Menge des erhaltenen Produktes
0,3 g. Der Körper krystallisierte in weißen Nädelchen, die bei 231°
schmolzen und sich als frei von Halogen erwiesen. Die Analyse
zeigte, daß in ihm Tetraacetylakonin vorliege.
Angew. Subst. 0,3974. Verbraucht zur Titration der abgespaltenen
Essigsäure 24,3 ccm "/jg KOH = 0,1454 g Essigsäure — 36,61%.
(Dies etwas zu hohe Resultat wurde dadurch verursacht, daß zur Ver-
seifung des Acetylderivates kohlensäurehaltige Kalilauge verwendet worden war.)
Einwirkung von Methylsulfat auf Akonin.
Zunächst wurde der Versuch gemacht, das Akonin mit Methyl-
sulfat nach Art der Schotten-Baumann’schen Methode in Reaktion
zu bringen. Hierzu löste ich 2g Akonin in wenig Wasser und setzte
10 g 10%ige Natronlauge (eine Lauge höherer Konzentration scheidet
die Base aus konzentrierter Lösung aus) hinzu. Die alkalische Flüssig-
keit wurde mit 8 g Methylsulfat versetzt und unter häufigem Um-
schütteln zwei Stunden stehen gelassen. Nach dieser Zeit war die
alkalische Reaktion des Gemisches verschwunden, und es war noch
eine beträchtliche Menge von unverbrauchtem Methylsulfat vorhanden.
Es wurde daher wenig Natronlauge zugegeben und weiter geschüttelt;
der Zusatz von Natronlauge wurde beim Verschwinden der alkalischen
Reaktion wiederholt und mit dieser Behandlung fortgefahren, bis das
Methylsulfat völlig verschwunden war. Zu der klaren Lösung setzte
ich Sodalösung bis zur stark alkalischen Reaktion zu und extrahierte
im Scheidetrichter zwölfmal mit Chloroform. Die beim Verdunsten der
Chloroformlösung hinterbliebene Masse wurde in Wasser gelöst und
mit l1%iger Salzsäure neutralisiert. Da das so dargestellte Salz beim
Eindampfen nur ‘geringe Neigung zur Krystallisation zeigte, so führte
ich es in der beim Tetraacetylakonin beschriebenen Weise in das
Acetylderivat über.
|
|
H. Schulze: Akonitin und Akonin. 185
Das erhaltene Produkt schmolz bei 231—232°; die Analyse
bestätigte das Vorliegen von Tetraacetylakonin.
Angew. Subst. 0,3722, gef. Essigsäure 0,13528 g = 35,35%,
Berechnet für Ca, Hy NOjs: 36, 5% Essigsäure.
n n Cgg Hy NOss: 35,98 „ ”
Da demnach auf diese Weise eine Methylierung nicht erzielt
werden konnte, so wurden 2 g Akonin in 20 cem absolutem Methyl-
alkohol gelöst und eine erkaltete Lösung von 0,5 metallischem Natrium
in 10 ccm Methylalkohol, sowie 2,8 g Methylsulfat hinzugegeben. Nach
einiger Zeit schied sich allmählich ein geringer fiockiger Niederschlag
aus. Nach mehrtägigem Stehen wurde die Mischung in einer flachen
Schale der freiwilligen Verdunstung überlassen. Hierbei schieden sich
tafelförmige Krystalle ab, die wohl aus einem Gemenge von methyl-
schwefelsaurem und schwefelsaurem Natrium bestanden, denn nach dem
Veraschen auf dem Platinblech gab der Rückstand starke Schwefel-
säurereaktion. Der Verdunstungsrückstand wurde mit Wasser auf-
genommen, alkalisch gemacht und vielfach mit Chloroform ausgeschüttelt.
Beim Verdunsten des Chloroforms verblieb auch hier eine firnis-
artige Masse, die mit 1%iger Salzsäure genau neutralisiert wurde.
Die mit wenig Tierkohle behandelte Lösung gab nach dem Ein-
dampfen schöne große Krystalle, die bei 175—176° schmolzen. Der
Körper erwies sich als Akoninchlorhydrat.
Angew. Subst. 0,5734, gef. Verlust 0,0361 = 6,29% Hsa0.
Die Chlorbestimmung im bei 100° im Vakuum getrockneten Salz
MR
Be Angew. Subst. 0,3106, gef. 0,0838 AgCl = 6,87% Cl.
Die Methoxylbestimmung im krystallwasserhaltigen Salz ergab:
Angew. Subst. 0,3118, gef. 0,5028 AgJ = 21,31% Methoxyl.
Ber. für Cs, H4 NO,HCI + 2aq: 6,30% Hg, 21,70% Methoxyl.
n „ &5H»N0,HCl +2 „ 632, 21,78 „ ”
„rn %H4uNO,HCI 6,62, CI.
» CH NO;HCI 6,64, „
Zuletzt wurde noch die direkte Einwirkung des Methylsulfates
auf Akonin studiert. 1 g Akonin wurde im zugeschmolzenen Rohr
mit einem Ueberschusse von Methylsultat 48 Stunden bei gewöhnlicher
Temperatur stehen gelassen und dann noch eine halbe Stunde im Wasser-
bade erwärmt. Hierbei färbte sich das Gemisch bräunlich, gleichzeitig
trat eine schön dunkelgrüne Fluoreszenz auf; offenbar war damit eine
tiefergreifende Zersetzung des Körpers verbunden. Das in dem
Reaktionsprodukte noch vorhandene Methylsulfat zersetzte ich durch
vorsichtigen Zusatz von 1l0%iger Natronlauge und erschöpfte die
Flüssigkeit mit Chloroform vollständig.
186 H. Schulze: Akonitin und Akonin.
Die beim Verdunsten der Chloroformlösung hinterbliebene, gelb-
bräunliche, firnisartige Masse wurde in das Chlorhydrat verwandelt,
das aber nicht krystallisiert erhalten werden konnte. Es wurde daher
versucht, es in der bekannten Weise als Acetylderivat zu isolieren.
In dem erhaltenen Produkte zeigte sich auch eine geringe Menge von
Kryställchen, es gelang jedoch bisher nicht, diese von den hartnäckig
anhaftenden firnisartigen Verunreinigungen zu trennen.
Einwirkung von Jodmethyl auf Akonin.
In mannigfach variierter Weise versuchte ich das Akonin durch
Jodmethyl zu alkylieren. Zunächst wurden 0,1 Akonin in 38 ccm
Chloroform gelöst und etwas mehr als die berechnete Menge Jodmethyl
zugegeben. Da auch nach zwölfstündigem Stehen im geschlossenen
Gefäß eine Einwirkung nicht zu bemerken war, so wurde das Gemisch
eine halbe Stunde auf dem Wasserbade unter Rückflußkühlung erhitzt.
Auch hierbei trat keine Reaktion ein, denn nach dem Verjagen des
‚Jodmethyls und des Chloroforms erwies sich der Rückstand als Akonin.
Da auf diese Weise eine Alkylierung nicht erreicht werden
konnte, wurden eine Lösung von 1 g Akonin in 3 ccm Methylalkohol
und ein reichlicher Ueberschuß von Jodmethyl im zugeschmolzenen
Rohr drei Stunden auf 100° erhitzt. Beim Erkalten teilte sich der
schwach gelblich gefärbte Röhreninhalt in zwei Schichten, von denen
die untere nur sehr wenig gefärbt war. Der Inhalt der Röhre, die
beim Oeffnen nur wenig Druck zeigte, wurde in eine Schale gespült
und mit Methylalkohol nachgewaschen. Beim freiwilligen Verdunsten
im Dunkeln hinterblieb eine gelbliche firnisartige Masse, die in Alkohol
sehr leicht löslich war. (Die Jodide von Ammoniumbasen sind ge-
wöhnlich in Alkohol sehr schwer löslich.) Da das Produkt nicht
krystallisiert erhalten werden konnte, so führte ich es durch Schütteln
der wässerigen Lösung mit Chlorsilber in das salzsaure Salz über.
Dieses hinterblieb beim Verdunsten des Lösungsmittels als schwach
gelblich gefärbter Sirup, der auch bei längerem Stehen nicht
krystallisierte.e. Er wurde daher im Vakuum über Schwefelsäure zur
Trockene gebracht, und der weiße hygroskopische Rückstand in der
üblichen Weise auf das Acetylderivat verarbeitet. Das so erhaltene
Produkt erwies sich durch Krystallform und Schmelzpunkt 231—232°,
sowie durch Analyse als Tetraacetylakonin.
Angew. Subst. 0,3268, verbraucht zur Titration der abgespaltenen Essig-
säure 19,8 ccm ”/o KOH = 36,26%, Essigsäure.
Berechnet für Ca Hy NOss: 35,98% Essigsäure.
” ” Cs H47 NOje: 36,09 ” ”
H. Schulze: Akonitin und Akonin. 187
Demnach hatte sich nur das jodwasserstoffsaure Salz des Akonins
gebildet. Da möglicherweise die Reaktion bei Ausschluß eines Lösungs-
mittels in anderer Weise verlaufen konnte, so erhitzte ich 1 g Akonin
und 5 ccm Jodmethyl im geschlossenen Rohr eine Stunde auf 100°.
Beim Erwärmen löste sich das Akonin im Jodmethyl auf, nach Verlauf
einer Stunde aber hatten sich zwei Schichten gebildet, von denen die
obere, gelblich gefärbte, beim Erkalten zu einer amorphen Masse er-
starrte, die alkalische Reaktion zeigte und sich als Akonin erwies.
Es wurde deshalb eine gleiche Mischung im Bombenrohr eine Stunde
auf 120—130° erhitzt. Beim Oeffnen des Rohres zeigte sich nur wenig
Druck; neben einer nur schwach gelblich gefärbten Flüssigkeit hatte
sich eine schwach bräunliche harzartige Masse abgeschieden. Das Jod-
methyl wurde durch Verdunstenlassen entfernt und der Rückstand in
Wasser gelöst. Diese Lösung zeigte saure Reaktion, in ihr waren
einige, anscheinend von Perjodiden herrührende Flöckchen suspensiert,
zu deren Zersetzung sie mit einigen Blasen Schwefelwasserstoff be-
handelt wurde. Der nach dem Filtrieren und Eindampfen erhaltene
Rückstand zeigte auch bei langem Stehen keine Neigung zur
Krystallisation und wurde deshalb durch Umsetzung mit Chlorsilber
in das salzsaure Salz verwandelt. Auch dieses krystallisierte selbst
bei wochenlangem Stehen nicht; nach dem Behandeln mit Acetyl-
chlorid in der beim Tetraacetylakonin beschriebenen Weise gelang es,
neben etwas firnisartiger, spröder Masse eine reichliche Menge von
Tetraacetylakonin, Schmp. 231°, zu erhalten. Als gleiche Teile des
so erhaltenen Produktes und reinen Tetraacetylakonins zusammen aus
Alkohol krystallisiert wurden, zeigte das so erhaltene Gemisch keine
Depression des Schmelzpunktes.
Methylpikrakonitin.
Da es von Interesse schien, zu untersuchen, ob beim Erhitzen
von Akonitin mit Methylalkohol auf höhere Temperatur die gleiche
Aufspaltung eintrete, wie beim Erhitzen mit Wasser, wurden 4 g
Akonitin mit 30 ccm Methylalkohol im geschlossenen Rohr 2 Stunden
auf 120—130° erhitzt. Den nur wenig gefärbten Röhreninhalt befreite
ich durch freiwillige Verdunstung von überschüssigem Methylakohol
und nahm den schwach bräunlich gefärbten, nach Benzoesäureester
riechenden Rückstand unter Zugabe von einigen Tropfen Essigsäure
mit Wasser auf. Die trübe Lösung wurde nach längerem Stehen
filtriert, und das Filtrat mit Sodalösung im geringen Ueberschusse
versetzt. Die dadurch entstandene Fällung wurde mit Aether aus-
geschüttelt, der bei der freiwilligen Verdunstung des Aethers hinter-
bliebene Rückstand in wenig absolutem Aether gelöst und mit
188 H. Schulze: Akonitin und Akonin,
Petroläther überschichtet. Die so erhaltene Krystallmasse (3 g) wurde
bis zur Konstanz des Schmelzpunktes umkrystallisiert. Schmp. 210
bis 211°,
Es ist nicht ganz leicht, in dieser Weise den Körper krystallisiert
zu erhalten. Besser kommt man zum Ziel, wenn man nach der
folgenden Methode, die es beim Aethylpikrakonitin allein ermöglicht,
die Base in krystallisierter Form darzustellen, arbeitet.
Nimmt man die Fällung der Base aus der essigsauren Lösung
in der Weise vor, daß man auf dem Wasserbade erwärmt, Sodalösung
im geringen Ueberschusse zugibt und die entstandene Fällung in der
Flüssigkeit noch einige Zeit erwärmt, so nimmt das Produkt direkt
krystallinisches Gefüge an. Die ausgewaschene und getrocknete Roh-
base kann direkt aus Methylalkohol umkrystallisiert werden.
Das Methylpikrakonitin krystallisiert aus Aether-Petroläther in
farblosen, rechtwinkligen Täfelchen, die zu kugelförmigen Aggregaten
vereinigt sind, aus Methylalkohol Wasser in derben, stark glänzenden
Prismen. Löslich in Aether, Alkohol, Methylalkohol, Chloroform,
Essigester und Benzol, nicht löslich in Petroläther und Wasser. Die
Analyse ergab:
Angew. Subst. 0,2308, gef. 0,5415 COg,, 0,1615 H30 = 63,99% C, 7,83% H.
s = 0,2224, : „0,5224. , 0,1560 SE BE ERBE
02110 „ 04960 „ 0154 „ =6411, „ 797,»
b,]
: ; 0,2754 0,5188 AgJ — 24,89% Methoxyl.
- it DATE, 5 Ber 4
Berechnet für C3 Hy, NOj:- 64,14% C, 7,67% H, 25,12% Methoxyl.
ai „ CaHsNO,: 64,35, „ 7,37, „ 25,20, is
» „ CaHsNOu: 62,00, „ 7,32, „ 25,04, A
Salze des Methylpikrakonitins.
Das salzsaure Salz wurde durch Neutralisation der freien Base
mit Salzsäure erhalten. Aus der eingeengten Lösung krystallisierten
bei längerem Stehen ziemlich derbe, glänzende, rechtwinklige Täfelchen
des gesuchten Salzes aus. Es enthält drei Moleküle Krystallwasser,
die es beim Liegen an der Luft nicht abgibt, beim Trocknen im Vakuum
bei 100° aber leicht verliert. Schmelzpunkt des getrockneten Salzes
bei 190° unscharf unter Zersetzung. Das Salz schmeckt, ebenso wie
das Hydrobromid, außerordentlich bitter.
Angew. Subst. 0,3038, gef. Verlust 0,0228 — 7,50% H30.
L „ 0549 „ „ 07-78, %
Angew. Subst. (getr.) 0,2717, gef. 0,0594 AgCl — 5,40% Cl.
03251 „ 0070 „—54, „
0,2350 ,„ 0,5200 COs, 0,1630 H30 = 60,35% COs, 7,76% H.
” n )
n n ”
H. Sehulze: Akonitin und Akonin. 189
Berechnet für Ca Hy, NOpHCI + 3aq: 7,63% Ha0.
ö „ CaHsNOnHCIl +3 „ 765, „
Berechnet für CaH, NOnHCI: 60,57% C, 7,39% H, 5,2% Cl.
- ” Ca H5; NO„HCI: 60,75 „ " 7,11 »» 5,43 n'n
Das bromwasserstofisaure Salz wurde auf analoge Weise, wie
das Hydrochlorid, erhalten. Aus Wasser kleine, derbe, rechtwinklige
Täfelchen, die mit denen des salzsauren Salzes isomorph sind. Auch
dieses Salz enthält drei Moleküle Krystallwasser, die es beim Stehen
an der Luft nicht verliert, wohl aber in Vakuum bei 100° leicht ab-
gibt. Schmelzpunkt des getrockneten Salzes bei 188—189° unscharf
unter Zersetzung.
Angew. Subst. 0,5127, gef. Verlust 0,0366 = 7,13% Ha0.
P „ 05459 „ 4: "a0 708, >,
Angew. Subst. (getr.) 0,4276, gef. 0,1159 AgBr = 11,53% Br.
2 2» 02234 „ 0,4630 CO, 0,1436 H30 — 56,52% C, 7,19% H.
j =» 03310 „ 0,5546 Ag] — 22,14% Methoxyl.
3 DT RE - ARE an.
: v2, 2 a OBEOE EL sihe
Ber. für Cg Hr NO„HBr + 3ag: 7,18% H30.
» » CsHsNOn,HBr +3 „ 720, „
» n CgHnNOWHBr: 56,71% C, 6,92% H, 11,45% Br, 22,21% Methoxyl.
2 0. H„NOnHBr: 5687, „ 665, , 1149, , BMI... m
Das Goldchloriddoppelsalz des Methylpikrakonitins, das durch
Fällen der salzsauren Lösung der Base mit Goldchlorid erhalten wurde,
ist ein hellgelbes amorphes Pulver, das in Wasser schwer, in Alkohol
und Aceton leicht löslich ist, das aber aus diesen Lösungsmitteln nicht
krystallisiert erhalten werden konnte.
Das Platinchloriddoppelsalz ist in Wasser ziemlich leicht löslich,
so daß man aus verdünnteren Lösungen der Base durch Platinchlorid
überhaupt keinen Niederschlag erhält.
Spaltung des Methylpikrakonitins.
Die hydrolytische Spaltung des Methylpikrakonitins ist mit
ziemlichen Schwierigkeiten verbunden. Nach mehreren vergeblichen
Versuchen, bei denen der größte Teil des Ausgangsmaterials un-
verändert zurückerhalten wurde, gelang es auf folgende Weise eine
Spaltung der Base durchzuführen. 4g Methylpikrakonitin wurden mit
‚wenig Wasser fein zerrieben, soviel Essigsäure zugegeben, daß eben
Lösung eintrat, und mit 200 ccm Wasser in Porzellanbechern 20 Stunden
im Dampftopf auf 6—7 Atmosphären Druck erhitzt. Nach dem Er-
190 H. Schulze: Akonitin und Akonin,
kalten wurde der Inhalt der Becher mit 40 ccm */, Salzsäure versetzt
und auf ein mäßiges Volumen eingedampft. Der erkalteten Flüssigkeit
entzog ich durch Ausschütteln mit Aether die Benzoesäure und ver-
setzte den Rückstand nach dem Verjagen des gelösten Aethers noch
warm mit Sodalösung. Es entstand ein geringer flockiger Niederschlag
von unverändertem Methylpikrakonitin, das bei längerem Stehen auf
dem Wasserbade krystallinische Form annahm. Hiervon wurde ab-
filtriert, und das Filtrat nach dem Erkalten mit Aether durch-
geschüttelt, um die letzten Anteile des Ausgangsmaterials zu entfernen.
Die alkalische Lösung machte ich dann schwach sauer und dampfte
fast zur Trockne ein. Der Rückstand wurde mit reinem geglühten
Sande verrieben, die Mischung etwas angefeuchtet und mit trockener
Sode vermischt, die bröcklige Masse im Vakuumexsikkator getrocknet
und dann im Soxleth’schen Apparate mit Chloroform extrahiert.
Nach dem Verdunsten des Chloroforms hinterblieb eine rötlich
gefärbte firnisartige Masse, die sich fast vollständig mit alkalischer-
Reaktion in Wasser löste. Die wässerige Lösung der Base wurde
vorsichtig mit 1%iger Salzsäure schwach sauer gemacht, mit wenig
Tierkohle behandelt und zum Sirup eingedampft. Es krystallisierten
beim längeren Stehen derbe, glänzende, rhomboedrische Kryställchen
aus, die bei 175° unter Aufschäumen schmolzen. Ausbeute 3 g
krystallisiertes Salz. Die Analyse ergab das Vorliegen von Akonin-
chlorhydrat.
Argew. Subst. 0,5954, gef. Verlust 0,0366 — 6,14% H30.
= „ (getrocknet) 0,2460, gef. 0,4340 AgJ = 23,31% Methoxyl.
5 s 5 0,2918,. 0 BHRIT Zu h
Berechnet für Cs Hy, NO,HCI + 2aq: 6,30% Hs.
5 „ Cs5HsNO,HCI + 2aq: 6,32,
E „ C35H;,ıN0,HCl: 6,62% Cl, 23,16% CH;O.
5 „ C5HgNO,HCI: 664, „ 2325,
Zur weiteren Identifizierung wurde der Rest des so erhaltenen
Akoninchlorhydrates, von dem die Ausbeute im ganzen 3 g betragen
hatte, in der üblichen Weise mit Acetylchlorid in das Tetraacetyl-
akonin übergeführt, dessen Schmelzpunkt bei 231° gefunden wurde.
Die Analyse bestätigte das Vorliegen dieses Körpers.
Angew. Subst. 0,3294, gef. 0,4509 AgJ = 18,09% Methoxyl.
Angew. Subst. 0,4262, verbraucht zur Titration der abgespaltenen Essig-
säure 25,22 ccm "/jp KOH = 35,57 % Essigsäure.
Es wird also auffallenderweise bei der Hydrolyse des Methyl-
pikrakonitins nicht nur der Benzoylrest, sondern auch der an die Stelle
des Acetylrestes getretene Methoxylrest abgespalten.
BT
H. Schulze: Akonitin und Akonin. 191
Aethyipikrakonitin.
Die Darstellung dieser Base geschah in ähnlicher Weise wie die
des Methylpikrakonitins. Akonitin (4 g) erhitzte ich mit der zehn-
fachen Menge absolütön Alkohols zwei Stunden im Rohr auf 120—130°,
befreite nach dem Erkalten den schwach bräunlich gefärbten Röhren-
inhalt bei mäßiger Wärme vom überschüssigen Alkohol und löste den
bräunlichen, firnisartigen, nach Benzoesäureester riechenden Rückstand
mit Hilfe von wenig Essigsäure in Wasser.
Nach einigem Stehen wurde die etwas trübe Lösung filtriert und
mit Sodalösung im geringen Ueberschusse versetzt. Der hierdurch
entstandene Niederschlag wurde abgesogen, mit Wasser gewaschen und
getrocknet.
Das Aethylpikrakoritin ist nur schwierig in krystallisierter
Form zu erhalten, es gelang dies jedoch auf folgende Weise. Die
rohe Base wurde in wenig Salzsäure enthaltendem Wasser gelöst und
mit wenig Tierkohle behandelt. Nach dem Filtrieren wurde die noch
warme Lösung mit Soda gefällt, und der entstandene Niederschlag noch
einige Zeit in der Flüssigkeit erwärmt. Hierbei ballte er sich zu-
sammen und nahm ein krystallinisches Gefüge an. Der Niederschlag
wurde dann gesammelt, ausgewaschen und auf Ton abgepreßt, die
getrocknete Rohbase, die noch gelblich gefärbt war, in Aether gelöst
und soviel Petroläther zugegeben, daß ein Teil der Base ausgefällt
wurde. Der ausgefällte Anteil riß den größten Teil der färbenden
Verunreinigungen mit, so daß der in Lösung verbleibende Rest nach
dem Verdunsten des Lösungsmittels als farbloser Firnis zurückblieb.
Dieser wurde in salzsäurehaltigem Wasser gelöst und abermals in der
Wärme durch Sodalösung gefällt. Das so erhaltene krystallinische
Produkt konnte nun aus Methylalkohol umkrystallisiert werden.
Der Körper wurde so in derben, farblosen, stark glänzenden, flächen-
reichen Kryställchen vom Schmelzpunkt 188° erhalten. Er ist leicht
löslich in den gebräuchlichen organischen Lösungsmitteln, nicht löslich
in Petroläther und Wasser. Die Analyse gab folgende Werte:
Angew. Subst. 0,2030, gef. 0,4780 COs, 0,1412 H,0 = 64,22%, C, 7,96% H.
: a, OR OR a Bee ea
Berechnet für CH NOpo: 64,62% C, 1,82% H.
n B) C4HaNOjo: 64,81 2») 7,52, n
Einwirkung von Hydroperoxyd auf Akonin.
Nach mehreren Versuchen, bei denen infolge von Anwendung
höherer als Zimmertemperatur nur braungefärbte, nicht krystallisier-
bare Produkte erhalten waren, verfuhr ich in folgender Weise.
192 H. Schulze: Akonitin und Akonin.
1 g Akonin wurde in 10 ccm Wasser gelöst, und 10 ccm einer
30%igen Wasserstoffsuperoxydlösung zugegeben. Es trat sofort eine
Gasentwicklung auf, die nach einer Woche ihr Ende noch nicht erreicht
hatte. Die Flüssigkeit wurde dann bei Zimmertemperatur über Aetz-
kalk verdunstet, da Trocknen, selbst bei nur mäßig erhöhter
Temperatur, eine Braunfärbung und Verschmierung des Rückstandes
bewirkt. Hierbei trocknete sie zu einem farblosen Firnis ein, der
alkalische Reaktion zeigte, und der daher in wenig Wasser gelöst, mit
Salzsäure im geringen Ueberschusse versetzt und abermals über Aetz-
kalk eingeengt wurde. Es hinterblieb ein farbloser zäher Rückstand,
der von undeutlichen Kryställchen durchsetzt war. Durch Abpressen
auf Ton gelang es, eine geringe Menge eines weißen, undeutlich
krystallinischen Salzes zu erhalten, das unscharf gegen 165° unter
Dunkelfärbung schmolz. Dasselbe schied weder aus Jodkalium Jod
aus, noch rief es in einem klaren Gemisch von schwefliger Säure und
Chlorbaryumlöung eine Trübung hervor; demnach liegt sicher in dem
Körper kein Oxyd vor. Ein Umkrystallisieren war wegen der geringen
Menge des Salzes nicht möglich.
Zur Prüfung, ob in dem Reaktionsprodukt überhaupt noch un-
verändertes Akonin vorhanden sei, wurden die Tonplatten, die zum
Abpressen des Körpers gedient hatten, mit Wasser ausgezogen, die
wässerige Lösung über Kalk verdunstet, und der zurückgebliebene,
zähe Rückstand dann noch im Vakuum über Schwefelsäure getrocknet.
Die so erhaltene stark hygroskopische Masse wurde mit der geringen
Menge des krystallinischen Produktes vereinigt und in der üblichen
Weise mit Acetylchlorid behandelt. Bei der Aufarbeitung des
Reaktionsproduktes wurden 0,2 g Tetraacetylakonin erhalten, das durch
den Schmelzpunkt 231— 232° identifiziert wurde. Ein zusammen-
krystallisiertes Gemisch von gleichen Teilen desselben mit notorisch
reinem Tetraacetylakonin zeigte den gleichen Schmelzpunkt.
Oxydation von Akonin mit Permanganat.
Akonin verhält sich gegen Permanganat in schwefelsaurer Lösung
sehr resistent. Als eine Lösung von 0,1 g Akonin in Wasser mit
Schwefelsäure angesäuert und einige Tropfen */io KMnO, zugegeben
wurden, nahm die Rotfärbung der Flüssigkeit erst nach 5 Minuten
merklich ab, und erst nach 15 Minuten war sie fast verschwunden.
Ganz anders verhält sich Akonin in alkalischer Lösung gegen
Permanganat, wobei ich in folgender Weise verfuhr. Das aus 2 g
Akoninchlorhydrat dargestellte Akoninsulfat wurde in Wasser gelöst
und Barytwasser bis zur alkalischen Reaktion zugegeben. Das Filtrat
versetzte ich allmählich mit 2%iger Baryumpermanganatlösung in
ae
Br F
nz
kleinen Portionen. Es fand momentan Abscheidung von Braunstein
statt, gleichzeitig trat ein intensiver Geruch nach Acetaldehyd auf.
Als eine längere Zeit beständige Rotfärbung der Flüssigkeit erreicht
war, wurde von dem aus BaSO, und Mn Os bestehenden Niederschlage
abfiltriert, der Rückstand zur Zersetzung des Braunsteins mit schwefliger
Säure behandelt, und das einen dünnen Brei darstellende Gemisch mit
einem Tropfen konzentrierter Schwefelsäure eingedampft, Aus dem
hinterbleibenden Gemenge von Mangansulfat und Baryumsulfat ließ
sich durch Extrahieren mit Aether eine geringe Menge von Oxalsäure
isolieren, die durch Schmelzpunkt und Reaktion mit Chlorcalcium in
essigsaurer Lösung identifiziert werden konnte.
Aus dem Filtrate, das das Hauptreaktionsprodukt enthält, wurde
das Baryum durch Schwefelsäure ausgefällt und eingedampft. Der
Rückstand trocknete beim freiwilligen Verdunsten zu einer amorphen,
gelblichen Masse ein, in der einige wenige nadelförmige Kryställchen
eingebettet waren. Diese erwiesen sich als Kaliumsulfat, da das
benutzte Baryumpermanganat nicht völlig frei von Alkali war. Da
die Hauptmenge nicht zum Krystallisieren gebracht werden Konnte,
wurde sie durch Umsetzung mit Chlorbaryum in das salzsaure Salz
übergeführt. Da auch dieses nicht krystallisiert erhalten werden
konnte, so wurde versucht, das Oxydationsprodukt, das noch Alkaloid-
reaktionen gab, in Form des Acetylderivates rein darzustellen. Das
salzsaure Salz wurde deshalb mit einem Ueberschusse von Acetyl-
chlorid 24 Stunden im zugeschmolzenen Rohr stehen gelassen und dann
in derselben Weise, wie beim Tetraacetylakonin, weiter verfahren.
Beim freiwilligen Verdunsten der ätherischen Lösung des Reaktions-
produktes hinterblieb ein schwach gelblich gefärbter Körper, der zu
einer harten, spröden, glänzenden Masse eintrocknete. Trotz vieler
Versuche gelang es nicht, den Körper in krystallisierter Form zu
erhalten; auch das Goldsalz desselben krystallisiert nicht.
H. Schulze: Akonitin und Akonin. 193
Oxydation des Akonins mit Chromsäure.
Nach einigen Vorversuchen gab eine Methode, die derjenigen,
die Merling bei der Oxydation des Tropins benutzt hatte, nachgebildet
war, zufriedenstellende Resultate. 2 g Akoninchlorhydrat wurden in
das Sulfat verwandelt, dieses unter Zugabe von 1,5 g Schwefelsäure
in 100 cem Wasser gelöst und 1 g Chromsäure hinzugegeben. Die
anfangs schön rotgelbe Flüssigkeit färbte sich beim Stehen auf dem
Wasserbade .allmählich grünlich, gleichzeitig trat ein, wenn auch
schwacher, so doch unverkennbarer Geruch nach Acetaldehyd auf.
Nach Verlauf einer Stunde war die Oxydation vollendet, und die
Lösung im durchfallenden Lichte in diinner Schicht rein grün gefärbt.
Arch. d. Pbarm. CCXXXXIV. Bds. 3. Heft. 13
194 H. Schulze: Akonitin und Akonin.
Es wurde dann stark verdünnt und das Chrom und die Schwefelsäure
durch vorsichtigen Zusatz von Barytwasser vollständig ausgefällt. Der
aus Baryumsulfat und Chromhydroxyd bestehende Niederschlag wurde
abgesogen und mit heißem Wasser ausgewaschen. Das schwach
alkalische, gelblich gefärbte Filtrat säuerte ich wieder, weil die
alkalische Flüssigkeit sich beim Eindampfen zu stark färben würde,
mit Schwefelsäure an und dampfte ein kleines Volumen ein. Nach
dem Erkalten wurde die braungefärbte Lösung mit Aetzbaryt wieder
alkalisch gemacht, wobei der charakteristische Geruch des Methylamins
auftrat, der entstandene Niederschlag abgesogen, ausgewaschen, und
das braungefärbte alkalische Filtrat fünfzehnmal mit reichlichen Mengen
von Chloroform ausgeschüttelt. Die vereinigten und getrockneten
Chloroformlösungen hinterließen beim Verdunsten eine braune, firnis-
artige Masse, die in Wasser mit alkalischer Reaktion löslich ist. Die
so erhaltene Masse, die ein Gemenge von mindestens zwei verschiedenen
Basen enthält, wurde als Oxydationsprodukt I, der nicht in Chloroform
übergehende Anteil, der noch in dem wässerigen Rückstande von der
Ausschüttelung enthalten ist, als Oxydationsprodukt II bezeichnet.
Die alkalische Lösung des Oxydationsproduktes I wurde mit
Salzsäure neutralisiert, mit wenig Tierkohle behandelt und eingedampft.
Beim Stehen krystallisierten aus dem braungefärbten Sirupe winzige
Nädelchen aus, die in absolutem Alkohol schwer löslich sind. Die
Masse wurde daher mit Alkohol, dem etwas Aether zugesetzt war,
verrieben und das Ungelöste, das aus feinen, etwas bräunlich gefärbten
Nädelchen bestand, abfiltriertt und mit Alkoholäther ausgewaschen,
Oxydationsprodukt la.
Der in Alkohol leichter lösliche Anteil des Oxydationsproduktes I,
den ich als Oxydationsprodukt Ib bezeichnen möchte, stellt einen in
Wasser sehr leicht löslichen, stark braun gefärbten Sirup dar, der
Alkaloidreaktionen gibt; bei längerem Stehen scheiden sich auch aus
ihm kleine derbe Kryställchen aus, jedoch gelang es bisher infolge der
sehr leichten Löslichkeit dieses Salzes nicht, es in reiner Form dar-
zustellen. Hoffentlich wird die weitergeführte Untersuchung Klarheit
über die Natur dieses Körpers schaffen.
Der Rückstand von der Ausschüttelung mit Chloroform
(Oxydationsprodukt II) wurde mit Schwefelsäure vorsichtig schwach
sauer gemacht, vom entstandenen Baryumsulfat abfiltriert und bei
gelinder Wärme auf ein kleines Volumen eingedampft. Durch Aether
und durch Chloroform läßt sich dem Rückstande, der noch Alkaloid-
reaktionen gibt, nur sehr wenig entziehen. Durch Lösen in Alkohol
und Zugabe von Aether gelang es auch dieses Produkt in zwei Teile
zu zerlegen, von denen das erste, Oxydationsprodukt Ila, in diesem
‘ang
Ir
eH
>-i#
Lösungsmittel nicht löslich, das zweite, Oxydationsprodukt IIb, dagegen
löslich ist.
Mit der Untersuchung dieser Produkte bin ich noch beschäftigt,
H. Schulze: Akonitin und Akonin. 195
Oxydationsprodukt la.
Das in der im vorhergehenden Abschnitt beschriebenen Weise
gewonnene Oxydationsprodukt Ia, das in Form des salzsauren Salzes
vorliegt, wurde in einer Menge von 5% des in Arbeit genommenen
Akoninchlorhydrates gewonnen. Durch Lösen in der eben aus-
reichenden Menge Wasser, Versetzen mit dem mehrfachen Volumen
absoluten Alkohols und Schichten der klaren Mischung mit Aether
gelang es, das Salz in feinen weißen Nädelchen vom Schmp. 213° zu
erhalten. Nach dem Trocknen bei 100° im Vakuum schmilzt es gegen
220° unter Aufschäumen. Das Salz ist leicht löslich in Wasser,
schwer in absolutem Alkohol. Es enthält drei Moleküle Krystallwasser,
die es bei 100° im Vakuum leicht abgibt.
Angew. Subst. 0,4496, gef. Verlust 0,0454 = 10,03% Hs0.
7 „05786, „ „ 0,0582 = 10,16, „
5 „05188, 05-0056 = 10, „
Berechnet für C4yH7 NOgHCI + 3aq: 9,69% HsO.
n » C34 Ha; NO,HCI — 3 „" 9,73 »»
Angew. Subst. (getr.) 0,2752, gef. 0,0788 Ag Ci — 7,08% C.
h $ „ 02216, „ 0,064 „ =7,07, ,
S £ „ 0,1822, „ 0,3822 CO,, 0,1248 H,0 = 57,21%, C, 7,66% H
r n „ 0,199, „ 04204 „,01328 „ =57,50, „, 7,45, „
Ä f „ 02100, „ 0,4430 „,0,1436 „ = 57,52, 2 765 m
Die Methoxylbestimmung nach Zeisel ergab, daß in dem Körper
nur noch drei Methoxylgruppen vorhanden sind.
Angew. Subst. (getr.) 0,2548, gef. 0,3506 g AgJ = 18,18% Methoxyl.
Nach der Methode von Herzig und H. Meyer ergab sich, daß,
außer den drei Methoxylgruppen noch die am Stickstoff gebundene
Methylgruppe des Akonins erhalten geblieben ist.
Angew. Subst. 0,2304, gef. 0,3160 AgJ = 18,12% Methoxyl und gef.
0,0616 AgJ = 1,71% an Stickstoff gebundenes Methyl.
Wenn diese letztere Bestimmung auch nur nicht ganz zwei
Drittel der berechneten Menge an Methylimid gab, so ist doch,
wenigstens qualitativ, der sichere Nachweis einer Methylimidgruppe
in diesem Oxydationsprodukte geliefert.
Berechnet für C4Hg7NOgHC]: 57,17% C, 7,60% H, 7,04% Cl, 18,47%
Methoxy), 2,98% N.-Methyl.
Berechnet für C,H, NO,HC1: 57,40% C, 7,23% H, 7,06% Cl, 18,55%
Methoxyl, 2,99% N.-CHz.
13*
196 C. Hübner: Schweelkohle.
Der Körper bildet mit Goldchlorid ein leicht lösliches Doppelsalz.
Die freie Base, die aus dem Chlorhydrat durch Alkali in Freiheit
gesetzt und mit Chloroform ausgeschüttelt wurde, stellt einen farb-
losen, in Wasser löslichen Firnis dar, der bisher nicht krystallisiert
erhalten wurde. |
Versuche, die Konstitution dieses Oxydationsproduktes näher zu
erforschen, konnten wegen der schweren Zugänglichkeit des Körpers
bisher noch nicht angestellt werden, nur das Verhalten gegen Per-
manganat wurde geprüft. Hierzu wurde ca. 0,05 g des Körpers mit
Silbersulfat in das schwefelsaure Salz verwandelt, das überschüssige
Silber durch Schwefelwasserstoff entfernt, dieser dann völlig verjagt
und nach Zusatz von einigen Tropfen Schwefelsäure auf einige Kubik-
zentimeter eingedampft. Die so erhaltene Lösung zeigte gegen ver-
dünnte Permanganatlösung energische Reduktionswirkung; demnach
sind in der neuen Base Doppelbindungen im Sinne A. v. Baeyer’s
anzunehmen.
Die vorliegende Arbeit wurde in den Jahren 1904 und 1905 im
pharmazeutisch-chemischen Institut der Univertität Marburg ausgeführt.
Es ist mir eine angenehme Pflicht, dem Direktor desselben, Herrn
Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. E. Schmidt, für die vielfache Anregung
und Förderung, die er mir in dieser Zeit hat zuteil werden lassen,
auch an dieser Stelle herzlichst zu danken.
Aus dem chemischen Institut der Universität Halle.
Mitgeteilt von OÖ. Doebner.
Beiträge zur Kenntnis der Schweelkohle.
Von Ourt Hübner.
(Eingegangen den 10. IV. 1906.)
Unter Schweelkohle!) versteht man eine erdige Braunkohle, die
sich sehr wesentlich von einer anderen Art Braunkohle, der Feuerkohle,
unterscheidet. Sie ist eine bitumenhaltige Kohle, die in Schweelereien
trocken destilliert wird, und bildet so das Hauptausgangsmaterial für
die jetzt hochentwickelte Mineralölindustrie. Was ihr Vorkommen
1) Bei der Abfassung dieses Teiles der Arbeit dienten in der Hauptsache
als Führer: Dr. W. Scheithauer, Die Fabrikation der Mineralöle u. s. w.
und Max Vollert, Der Braunkohlenbergbau im Oberbergamtsbezirk Halle
und in den angrenzenden Staaten.
C. Hübner: Schweelkohle. 197
anbetrifft, so wird bei weitem der größte Teil in der Provinz Sachsen
gefördert, und zwar befinden sich die Hauptlagerungsstätten bei
Halle a. S., Halberstadt und Aschersleben und vor allem in der Gegend
zwischen Weißenfels und Zeitz und in der Umgebung der Mansfelder
Seen bei Eisleben. Meist trifft man sie dort nur in geringen Tiefen
an. Ueber die Entstehung der Schweelkohle sind verschiedene Hypo-
thesen aufgestellt worden. Als die wichtigste und wohl auch die
richtigste erscheint diejenige v. Fritsch’s!), welcher nach umfassenden
Untersuchungen zu der Ansicht gekommen ist, daß die Schweelkohle
das Produkt von Harzen der Nadelbäume und Laubgewächse sei,
während die Feuerkohle ein Umwandlungsprodukt der eigentlichen
Holzsubstanz der Bäume vorstelle. Der Behauptung einiger Forscher,
daß die Schweelkohle an der Stelle, wo sie gefunden wird, auch ge-
bildet sei, tritt v. Fritsch?) mit der Begründung entgegen, daß
Braunkohle und Schweelkohle nie zusammen auftreten, was nach obiger
Annahme doch der Fall sein müßte. Man muß vielmehr annehmen,
daß die harzigen Ausgangsprodukte der Schweelkohle erst durch das
Wasser dorthin zusammengeschwemmt sind, wo sie jetzt gefördert wird.
Die Schweelkohle bildet in grubenfeuchtem Zustande eine mehr
oder minder plastische, teilweise auch schmierige und sich fettig an-
tühlende Masse. Die Menge der durch Destillation aus ihr entstehenden
Kohlenwasserstoffe, welche sie allein zu Schweelereizwecken tauglich
macht, ist eine äußerst wechselnde, und werden durch Abnahme der-
selben mehr oder weniger scharfe Uebergänge zur Feuerkohle gebildet.
Das spezifische Gewicht der Schweelkohle ist ungefähr 1,0, die besseren
Sorten haben ein solches von 0,9. Die beste Schweelkohle, deren
spezifisches Gewicht noch unter 0,9 liegt, bezeichnet man als Pyropyssit.
Zu bemerken ist jedoch, daß von anderen Forschern für den Pyropyssit
auch höhere Zahlen des spezifischen Gewichtes gefunden worden sind;
so von Grotowsky?) 1,004, von Bischof*) 1,25, von Wackenroder’°)
und von E. Riebeck®) 1,112; dazu mögen das mehr oder weniger
verschiedene Material und die verschiedenen Bestimmungsmethoden
der Anlaß gewesen sein. Der Pyropyssit wurde früher in der Gegend
von Granschütz und Gerstewitz in größeren Mengen gewonnen, ist aber
1) Ueber die Entstehung der Braunkohle, bes. der Schweelkohle, Ver-
handlungen des IV. allgemeinen Bergmanntages zu Halle a. S. 1889.
2) M. Vollert, Der Braunkohlenbergbau im Oberbergamtsbezirk
Halle a. S. und in den angrenzenden Staaten, S. 6.
8) Zeitschrift für Berg-, Hütten- und Salinenwesen 24, 354.
4) Bischof, Lehrbuch der phys. und chem. Geologie.
5) Archiv der Pharm. (2) 60, 14.
6) Inaugural-Dissertation, Freiburg i. Br. 1880.
24 Er B
198 C. Hübner: Schweelkohle. E
jetzt so gut wie abgebaut. Im trockenen Zustande hat die Schweel-
kohle je nach ihrer Reinheit, gelbe bis weißliche Farbe und zeigt
erdigen Bruch und matten Glanz. Sie schmilzt bei 150—200°, eine
Eigenschaft, wodurch sie sich sehr von der Feuerkohle unterscheidet,
die beim Erhitzen an der Luft, ohne vorher zu schmelzen, brennt.
Ein ferneres Unterscheidungsmerkmal zwischen Schweelkohle und
Feuerkohle ist, daß beim Behandeln der Feuerkohle mit konzentrierter
Salpetersäure Pflanzenteile abgeschieden werden, während dies bei der
Schweelkohle nicht der Fall ist.
Um die Zusammensetzung der Schweelkohle resp. des Pyropyssits zu
ergründen, sind mehrfache Forschungen neo worden; Scheithauer!)
schreibt darüber:
„Die ersten Untersuchungen über die Bestandteile des Pyropyssits sind
von Wackenroder?) und später im Jahre 1852 von. Brückner?®) aus-
geführt; sie haben durch nach einander folgende Extraktionen mit Aether
und Alkohol und sich daran anschließende Destillationen eine ganze Reihe
von Wachs- oder Harzprodukten gefunden, die sie als eigene isolierte Körper
angesehen und ihnen besonlere Namen und Formeln beigelegt haben. So
unterscheidet Brückner Leukepetrin mit der Formel C,H,50,; und ferner
noch fünf andere hochmolekulare Verbindungen; darauf weiter einzugehen
halten wir für unnötig, da spätere Forscher, wie Schwartz und E. Riebeck,
festgestellt haben, daß der Pyropyssit aus einem Gemenge von verschiedenen
Substanzen besteht, aus denen einzelne zu isolieren sehr schwer ist.
Schwartz) stellte eine Säure, Oxycerotinsäure CH;,0,, daraus dar,
während es Riebeck®) nicht möglich war, trotz sorgfältiger Untersuchung
das Resultat von Schwartz zu bestätigen und einen einheitlichen Körper
zu erhalten. Beide haben den Pyropyssit analysiert und fanden:
Schwartz E. Riebeck
Hygroskopisches Wasser . . . . 20,86 4,4
Organische Substanz . . . . . 68,26 83,97
Asche“ 2 + ‚mente Mr 11,63
Auf wasserfreie Substanz berechnet:
Organische Substanz . . . ... . 86,2 87,8
NT 121
Daraus geht zweifellos hervor, daß beide dasselbe Material in den
Händen gehabt haben, und daß es Schwartz nur vor der Analyse nicht so
scharf als E. Riebeck getrocknet hatte.
!) Scheithauer, Die Fabrikation der Mineralöle u. s. W.
2) Arch. d. Pharm. (2), 60, 14.
8) Journ. f. prakt. Chem. 57, 1.
4) Dingl. polyt. Journ. 232, 465476,
5) Inaugural-Dissertation, Freiburg i. Br. 1880. Beiträge zur Kenntnis
des Pyropyssits. E
C. Hübner: Schweelkohle, 199
Die Elementaranalyse ergab nach:
Grotowsky!) Teuchert?) E. Riebeck Karsten®) Brückner Schwartz
C.... 66,24 61,72 63,60 68,92 79,24 74,19
H... 1055 9,54 10,76 10,30 13,13 11,46
ee GUE 1,14 = — —_ u
0... 13,34 8,87 13,54 20,78 7,31 14,35
Asche 9,86 18,73 12,10 -- _ u
Durch Digestion des Pyropyssits mit ätzenden Alkalien entsteht eine
tiefbraune Lösung, aus der durch Salzsäure ein schwarzer Körper ausfällt,
der von Wackenroder Huminsäure genannt wurde, und von dem er 22,56%
und E. Riebeck 29,32% fand. Die Huminsubstanz der Braunkohle besteht
aus 62,3—66,5% Kohlenstoff und 3,7—4,6% Wasserstofft).
Durch Extraktion des Pyropyssits mit Aether, Ligroin oder Alkohol
erhält man wachsartige Körper, die man wohl als Harzsäuren anzusehen hat.
Nach E. Riebeck ist er ein Gemenge verschiedener Oxydationsprodukte oder
besser gesagt, ein Gemenge verschieden weit gediehener Oxydationen, die
entweder von einem oder wahrscheinlicher von mehreren Kohlenwasserstoffen
derivieren. Schweelt man den durch Extraktion mit Ligroin erhaltenen
Körper, so gewinnt man einen Teer, der etwa 19% Paraffin von 520 Schmelz-
punkt enthält>).“
Aus diesen Ausführungen ist zu ersehen, daß, trotz verschiedener
Forschungen, die Ansichten über die eigentliche Zusammensetzung der Schweel-
kohle ziemlich stark auseinandergehen. Das eine steht jedenfalls fest, daß
es nicht leicht ist, aus dem Gemenge der verschiedenen Bestandteile einzelne
zu isolieren und genau zu charakterisieren. Durch meine Untersuchungen,
welche ich später ausführlicher beschreiben werde, glaube ich immerhin einige
Berechtigung zu der Annahme zu haben, daß nicht, wie E. Riebeck meint,
in den Bestandteilen der Schweelkohle ein Gemenge verschiedener Oxydations-
produkte eines oder mehrerer Kohlenwasserstoffe zu sehen ist, sondern daß
man es hier in der Hauptsache mit einer Reihe in ihren Eigenschaften sehr
ähnlicher, möglicherweise ketonartiger Körper zu tun hat, deren Ursprung
wahrscheinlich in den Fetten resp. Fettsäuren der Laub- und Nadelbäume,
aus denen, unserer Annahme nach, die Schweelkohle entstanden ist, zu
suchen ist.
Experimenteller Teil.
Um einen Einblick in die Bestandteile der Schweelkohle zu
gewinnen, wurden folgende, aus Schweelkohle hergestellte Produkte)
einer näheren Untersuchung unterzogen:
1) Zeitschrift für Berg-, Hütten- und Salinenwesen 24, 356.
2) Boltze, Zeitschrift für die gesamte Naturwissenschaft 1877, 1.
8) Zincken, Die geologischen Horizonte der fossilen Kohlen, S. 107.
4) M. Conrad und M. Gutzeit, Berl. Ber. 1886, S. 2844.
5) Scheithauer, Jahresbericht des Techniker-Vereins der sächs.-thür.
Mineralöl-Industrie 1889, S. 11.
Es sei mir gestattet, Herr Dr. Krey, Direktor der Fabrik Webau
der A. Riebeck’schen Montanwerke, weicher mir diese in Webau her-
gestellten Produkte in ausgiebigstem Maße zur Verfügung stellte, an dieser
Stelle bestens dafür zu danken.
200 C. Hübner: Schweelkohle,
I. In Benzol löslicher Teil der Schweelkohle.
II. In Benzol unlöslicher Teil der Schweelkohle.
III. In Aether löslicher Teil einer zuvor mit Benzol erschöpften
Schweelkohle.
I. In Benzol löslicher Teil der Schweelkohle.
A. Destillation desselben.
Zunächst wurde der Benzolextrakt einer weniger reinen Schweel-
kohle untersucht. Dieser bildet eine schwarze, in trockenem Zustande
spröde Masse und erwies sich als unlöslich in Natronlauge, Natrium-
karbonat und Salzsäure, während er sich in Aether teilweise löste.
Es lag die Vermutung vor, man könne auf dem Wege der frak-
tionierten Destillation unter vermindertem Druck einige Körper aus
diesem Benzolextrakt isolieren und von diesen aus einen Rückschluß
auf die eigentliche Zusammensetzung der Schweelkohle selbst ziehen.
Im nachstehenden wird gezeigt werden, daß dieser Versuch als wiß-
lungen betrachtet werden muß.
In einer geräumigen Retorte mit aufgesetztem Thermometer wurde
der obige Benzolextrakt der fraktionierten Destillation zunächst bei ge-
wöhnlichem Druck unterworfen. Es wurden zwei Fraktionen gesammelt:
a) bis 300° eine flüssige Fraktion von dunkelbrauner Farbe und
stechendem Geruch;
b) über 300° eine zunächst gelbe, später dunklere, zum Erstarren
neigende Fraktion von stechendem Geruch. Diese letztere Fraktion
war in Benzol, Schwefelkohlenstoff, Chloroform und. Aether in der
Kälte vollständig, in Eisessig und Aceton zum Teil in der Kälte löslich;
in kaltem Alkohol löste sie sich so gut wie gar nicht, während sie in
warmem Alkohol vollständig löslich war.
Diese beiden Fraktionen wurden nunmehr unter vermindertem
Druck destilliert und lieferten dabei folgende acht neuen Fraktionen:
Fraktion | Siedepunkte Druck Farbe Aggregat-Zustand
1 20—1000 | 50—15 mm | hellgrün flüssig
2 100—1300 | 15—12 „ grün e
3 130—150° | 12—10 „ | dunkelgrün n
B 150-1750 | 10—8 „ braun 3
(Abscheidung y. Krystallen)
5 175—2200 | 10—8 „ R fest
6 220—2400 | 10—8 „ n „24
7 240—260° | 10— 8 „ 4 N
8 260—2800' | 10-8 „ h
D)
GC. Hübner: Schweelkohle. 201
Wie aus dieser Tabelle ersichtlich, geht die Farbe der einzelnen
Fraktionen mit steigendem Siedepunkt von Hellgrün zu Braun über;
die bis 150° bei ca. 10 mm Druck siedenden Bestandteile sind noch ganz
flüssig, während in der Fraktion 150—175° sich bereits krystallinische
Körper bemerkbar machen; oberhalb von 175° sind die Destillations-
produkte sämtlich fest.
Es war interessant, festzustellen, ob die erhaltenen Fraktionen
schwefel- oder stickstoffhaltig seien. Zu diesem Zwecke wurden die
einzelnen Fraktionen mit metallischem Natrium geschmolzen und in
diesen Schmelzen auf Schwefel und Stickstoff in bekannter Weise geprüft.
Dabei ergaben sich folgende Resultate:
Fraktion Siedepunkt Schwefel Stickstoff
20—100° S wor
100—130° _ _
130—1500 —
150—1750
175—2200
220— 2400
240— 260°
260—280 0
Diese Tabelle zeigt, daß Stickstoff sich in keiner der acht
Fraktionen nachweisen ließ, während es gelang, Schwefel in den von
20—100° und von 175—280° siedenden Anteilen festzustellen. Die
Fraktionen von 100—175° waren schwefelfrei.
Von weiteren Untersuchungen dieser einzelnen Fraktionen wurde
nunmehr abgesehen, da anzunehmen war, daß der beigemengte Schwefel
stets störend wirken würde. Es wurde vielmehr zu den weiteren Ver-
suchen ein Benzolextrakt einer sehr reinen Schweelkohle herangezogen.
Auch dieser bildete eine schwarze, spröde Masse, welche etwas löslich
in Aether, aber unlöslich in Natriumkarbonat, Natronlauge und Salz-
säure war.
n[nC m wm" |
nunmnı |
|
Destillation des Benzolextraktes einer sehr reinen
Schweelkohle.
250 g dieses Benzolextraktes wurden bei gewöhnlichem Druck
aus einer Retorte destilliert und lieferten dabei 175 g Destillat, welches
zum Teil flüssig war, während es zum Teil zum Erstarren neigte. Es
war von gelber Farbe und unterschied sich demnach schon dadurch
von dem Destillationsprodukt des Benzolextraktes einer weniger reinen
Schweelkohle, welches dunkelbraune Farbe hatte, Zur Entfernung des
202 G. Hübner: Schweelkohle.
beigemengten Wassers wurde das Destillat in Aether aufgenommen
und die ätherische Lösung längere Zeit über Chlorcaleium getrocknet.
Es sei erwähnt,- daß sich hierbei ein in weißen Blättchen krystalli-
sierender Körper ausschied, der jedoch, nur in geringen Mengen ge-
bildet, sich aus der ätherischen Lösung nicht isolieren ließ. Nachdem
der Aether abdestilliert war, wurde das nunmehr von Wasser befreite
Destillat der fraktionierten Destillation im Vakuum unterworfen.
Zunächst wurden folgende sechs Fraktionen gesammelt:
Fraktion Siedepunkt | Druck Aggregat-Zustand
1 30—1100 58—38 mm flüssig
2 110—1500 38 mm «
3 150—1750 sg”, R
4 175—1839 33 ; 5
5 183—1950 2 „ flüssig, teils fest
6 195 — 2200 20 „ fest
Ehe diese Fraktionen weiter fraktioniert wurden, wurden sie auf
etwa vorhandene Phenole und Säuren geprüft, und zwar geschah diese
Untersuchung in der folgenden Weise:
Eine geringe Menge der zu prüfenden Fraktion wurde im
Scheidetrichter mit verdünnter Natronlauge versetzt und längere Zeit
gut durchgeschüttelt, wobei etwa vorhandene Säuren oder Phenole
sich in der Natronlauge lösen mußten. Darauf wurde Aether zugesetzt
und nochmals geschüttelt. Hierbei gehen nur die vorhandenen Kohlen-
wasserstoffe in den Aether, während etwaige Phenole und Säuren in
der Natronlauge gelöst bleiben. Wird nun die Natronlauge aus dem
Scheidetrichter abgelassen, so müssen, wenn man dieselbe mit ver-
dünnter Salzsäure bis zur sauren Reaktion versetzt, die vorhandenen
Säuren und Phenole ausfallen. Es gaben, auf diese Weise behandelt,
Fraktion 1 mit Salzsäure keine Fällung
er ; Fällung
” 3 n n BD)
» a » ” ”
in Bi n Trübung
53% 6 " schwache Trübung.
Während demnach in den Fraktionen 2—4 Phenole oder Säuren
mit Bestimmtheit sich nachweisen ließen, waren in Fraktion 1 gar
keine und in Fraktion 5 und 6 nur geringe Spuren vorhanden. Es
wurden nunmehr die fünf ersten Fraktionen systematisch im Vakuum
weiter fraktioniert.
C. Hübner: Schweelkohle. 203
Im folgenden seien von den dadurch erhaltenen Fraktionen die-
jenigen zusammengestellt, welche einigermaßen genaue Siedepunkte
aufweisen: Aggregat-Zustand
A. 115-1200 bei 33 mm Druck flüssig
B. 120-1250 „ 40 „ # y
C. 125—1300 „ 37 „ 4 %
D. 180-1350 „ 36 5 y n
E. 140-1450 „ 40-39 mm Druck „
F. 145—1500 „ 39-37 „ ’
G. 150—1550 „ 37 mm Druck r
H. 130-1350 „ 12 „ = -
L 155-1650 „ 12 „ N >
K. 160-1650 „ 12 „ > “
L. 190-2000 121), 4 fest.
Wie oben bereits bemerkt, war Fraktion 6, 195—220° bei
20 mm Druck, nicht weiter im Vakuum fraktioniert worden; da
Alkohol als das geeignetste Krystallisationsmittel sich erwies, wurde
sie sofort aus Alkohol umkrystallisiert. Sie krystallisierte daraus in
feinen, weißen Nädelchen, die nach mehrmaligem Umkrystallisieren den
konstanten Schmelzpunkt 52—53° zeigten.
Die Elementaranalyse dieses Körpers gab folgende Resultate:
1. 0,1330 g Substanz gaben 0,4142 g COs und 0,1794 g Ha0.
2. 0,1340 „ 5 DEPDANTD or rar ABLE ia.
Gefunden:
1 2
C 8493 8491
H 15,12 15,17.
War aus diesen Zahlen schon zu ersehen, daß der Körper ein
Kohlenwasserstoff von der allgemeinen Formel CnaHz»n-+2, also ein
Paraffin sei, so wurden noch zur Feststellung der Molekularformel
dieses Körpers zwei Molekulargewichtsbestimmungen ausgeführt und
zwar mittels der Methode der Gefrierpunktserniedrigung in Benzol.
Es wurden als Molekulargewicht die Werte 296,2 und 301,3
gefunden.
Nimmt man von den bei diesen beiden Molekulargewichts-
bestimmungen erhaltenen Werten das Mittel, so findet man das
Molekulargewicht des Kohlenwasserstoffes
M = 301,3.
Dieses Resultat würde einigermaßen auf die Formel Css His
stimmen, welcher das Molekulargewicht M = 310 entspricht.
Berechnet für Gefunden:
Caa His: R. = 2.
C 85,16 841,93 84,91
H 14,84 15,12 15,17.
204 G. Hübner: Schweelkohle.
Ein Kohlenwasserstoff von solcher Zusammensetzung ist das
Docosan. Krafft!) hat dieses aus einem Keton Cg3 H40, welches er
durch Erhitzen von palmitinsaurem und heptylsaurem Baryum erhielt,
synthetisch durch Behandeln mit Phosphorpentachlorid und einer
Mischung von Jodwasserstoffsäure und Phosphor dargestellt. Der
Siedepunkt des so gewonnenen Paraffins Cag Hys liegt bei 224,5° bei
15 mm Druck, sein Schmelzpunkt bei 44,4%. Den gleichen Schmelz-
punkt hat der von Krafft?) durch fraktionierte Vakuumdestillation
von Rohparaffin erhaltene Kohlenwasserstoff CagHss. Das hier durch
Vakuumdestillation des Benzolextraktes einer sehr reinen Schweelkohle
isolierte Paraffin zeigt jedoch, wie oben bereits angegeben, den Schmelz-
punkt 53°. Demnach ist anzunehmen, daß man hier einen dem Docosan
isomeren Kohlenwasserstoff vor sich hat. Eine nähere Untersuchung
mußte aus Mangel an Material unterbleiben.
Von den flüssigen Destillationsprodukten des Benzolextraktes
einer sehr reinen Schweelkohle, die nach Prüfung ihrer Natrium-
schmelzen sich übrigens sämtlich als schwefel- und stickstofffrei er-
wiesen, im scharfen Gegensatz zu den Destillationsprodukten des
Benzolextraktes einer weniger reinen Schweelkohle, wurde nunmehr
Fraktion H, deren Siedepunkt bei 12 mm Druck bei 130—135° lag,
der Elementaranalyse unterworfen:
1. 0,1452 g Substanz gaben 0,4522 g COg und 0,1748 g Hs.
2. 0,1063 „ = „. 0,3282. 5 Jergiiais Re
Gefunden:
ie 2:
C 831,93 84,20
H 1349 13,86.
Aus den Resultaten dieser Analysen war zu ersehen, daß die
analysierte Fraktion außer Kohlenstoff und Wasserstoff noch Sauer-
stoff enthielt; zur Entfernung der in Spuren beigemengten sauerstoff-
haltigen, wahrscheinlich phenolartigen Körper, wurde die Fraktion H
im Scheidetrichter längere Zeit mit verdünnter Kalilauge geschüttelt.
Darauf wurde Aether zugesetzt und nochmals geschüttelt, wobei die
Kohlenwasserstoffe in den Aether gingen, während die sauerstoff-
haltigen Körper in der verdünnten Kalilauge gelöst blieben. Diese
Operation wurde mit stets neuer Kalilauge so lange fortgesetzt, bis
eine Probe der dem Schütteltrichter entnommenen Kalilauge auf
Zusatz von verdünnter Salzsäure sich nicht mehr trübte. Danach
wurden die beiden Schichten getrennt und die ätherische über
1) Ber. dtsch. chem. Ges. 15, 1711.
2) Berl. Ber. 1888, S. 2256.
C. Hübner: Schweelkohle, 205
geschmolzenem Chlorcaleium getrocknet. Nach dem Trocknen wurde
der Aether abdestilliert und der Rückstand — eine gelbe Flüssigkeit
von eigentümlichem Geruch — nunmehr nochmals im Vakuum destilliert.
Die Hauptmenge des Destillates ging bei 26 mm Druck bei 130— 150°
über, ohne daß auch nur einen Augenblick ein Stillstand des T'hermo-
meters hätte beobachtet werden können. Von einer weiteren Analyse
dieser Fraktion wurde abgesehen, da man es auch hier anscheinend
mit einer Mischung mehrerer Kohlenwasserstoffe zu tun hatte.
. Veberhaupt wurde nunmehr Abstand genommen von dem Versuch,
aus den Destillationsprodukten des Benzolextraktes einer reinen
Schweelkohle Aufschluß zu erhalten über die Zusammensetzung der
Schweelkohle selbst. Feststellen ließ sich auf Grund der ausgeführten
Untersuchungen nur, daß bei der Destillation des Benzolextraktes
einer reinen Schweelkohle in großer Menge Kohlenwasserstoffe von
der allgemeinen Formel Cn H:n +2 gebildet werden.
Ohne Zweifel befinden sich jedoch auch sauerstoffhaltige Körper
unter den Destillationsprodukten dieses Extraktes.
B. Behandlung des Benzolextraktes mit Lösungsmitteln.
Wie bereits oben mitgeteilt, hatte es sich bei einem dies-
bezüglichen Versuche gezeigt, daß der Benzolextrakt zum Teil löslich
in Aether war. Auf diese Erfahrung stützen sich in der Hauptsache
die nunmehr mit dem Benzolextrakt angestellten Untersuchungen.
100 g des Benzolextraktes einer sehr reinen Schweelkohle
wurden in einem Soxhlet’schen Extraktionsapparat mit Aether voll-
ständig erschöpft, was ungefähr S—10 Stunden in Anspruch nahm.
Dabei ergab sich, daß der Aether ca. 50 g des Benzolextraktes auf-
genommen hatte.
a) In Aether lösliche Anteile des Benzolextraktes.
Der nach dem Abdestillieren des Aethers zurückbleibende
Extrakt bildete eine schwarze, zähe Masse. Er erwies sich als leicht
löslich in Benzol, Aceton und Essigester, während er sich in Petrol-
äther nur wenig löste. In Weingeist war er in der Kälte etwas, in
der Wärme mehr löslich. Dieses Lösungsmittel schien nach den an-
gestellten Versuchen das beste Krystallisationsmittel zu sein, denn es
wurde bei einer geringen Menge des Extraktes festgestellt, daß derselbe,
aus Weingeist umkrystallisiert, sich als ziemlich hellbrauner Körper
ausschied, der unter dem Mikroskop betrachtet, in feinen Nädelchen
krystallisierte.
So wurde denn der gesamte, in Aether lösliche Teil des Benzol-
extraktes in einem geräumigen Kolben mehrmals hintereinander mit
206 C. Hübner: Schweelkohle.
einer genügenden Menge Weingeist auf dem Wasserbade erwärmt und
die jedesmal erhaltene Lösung heiß filtriert. Beim Erkalten der
Lösungen schied sich ein hellbrauner Körper aus, welcher abgesaugt
und noch etwas mit Weingeist ausgewaschen wurde. Er wurde
nunmehr noch verschiedene Male aus heißem Weingeist umkrystallisiert,
bis sein Schmelzpunkt sich nicht mehr änderte. Derselbe lag jetzt
konstant bei 77—78,5°. Der Körper krystallisierte in fast weißen,
mikroskopisch feinen Nädelchen, die, unter dem Mikroskop betrachtet,
einen durchaus einheitlichen Eindruck machten.
Eine Prüfung der Natriumschmelze dieses Körpers auf Schwefel
und Stickstoff ergab, daß er frei von diesen beiden Elementen war.
Zur gänzlichen Verjagung des Weingeistes, aus dem der Körper
umkrystallisiertt war, wurde er bei ca. 105° einige Zeitlang ge-
schmolzen und darauf analysiert. Beifolgend die Resultate der Analysen:
1. 0,1233 g Substanz gaben 0,3640 g CO; und 0,1501 g H;0.
2. 0,1562 „ r »:.20,4580 „51, noch EA
Berechnet für Gefunden:
Cs HB30: 1. 2.
C 80,00 80,18 79,98
u 135 13,59 13,34
0 6,67 E= _
Die Analyse führte, wie ersichtlich, zu der Formel Cs H30.
Es wurde nunmehr versucht, den Körper etwas näher zu
charakterisieren, und seien diese Versuche im folgenden wiedergegeben.
Einwirkung von Brom auf den Körper 0,H%0.
Eine geringe Menge dieses Körpers wurde in einem Reagensglas
in wenig Chloroform gelöst und zu dieser Lösung mehrere Tropfen
einer Lösung von wenig Brom in Chloroform gegeben. Die rote
Farbe der Bromlösung veränderte sich nicht, ein Zeichen dafür, daß
der Körper Cs Hss0 kein Brom addierte. Durch diesen Versuch
wurde festgestellt, daß er der Reihe der gesättigten Verbindungen an-
gehört.
Es lag zunächst die Möglichkeit vor, daß der obige Körper ein
Alkohol wäre. Wenn dies in der Tat der Fall gewesen wäre, so
hätte er mit Benzoylchlorid eine Benzoylverbindung liefern und bei
der Oxydation mit Chromsäure zu einer Säure oxydiert werden müssen.
Beide Versuche ergaben negative Resultate, wie aus dem nachstehenden
zu ersehen ist.
Einwirkung von Benzoylchlorid.
5 g der Substanz wurden in einem kleinen Kölbcehen mit über-
schüssigem Benzoylchlorid ca. 3 Stunden lang im Oelbade auf etwa
TEE
0. Hübner: Schweelkohle. 207
105° erhitzt. Das gebildete Produkt wurde darauf in Wasser ge-
gossen, an der Saugpumpe abgesaugt, auf einem Tonteller getrocknet
und fein zerrieben. Danach wurde es zur Entfernung des über-
schüssigen Benzoylchlorids im Scheidetrichter hinlänglich mit Natrium-
karbonatlösung ausgeschüttell. Nochmals abgesaugt und gut mit
destilliertem Wasser ausgewaschen, wurde es nunmehr aus absolutem
Alkohol so lange umkrystallisiert, bis der Schmelzpunkt ein konstanter
war. Derselbe lag bei 64—65°. Der Körper destillierte, ohne einen
Rückstand zu hinterlassen. Die Elementaranalyse lieferte folgendes
Resultat:
0,1273 g Substanz gaben 0,3748 g COg und 0,1482 g H30.
Gefunden:
C 80,29
H 13,05.
Hieraus war zu ersehen, daß die bei der Analyse des vermeint-
lichen Benzoylierungsproduktes gefundenen Werte durchaus mit denen
der Analyse des Ausgangsproduktes übereinstimmten. Es konnte also
keine Benzoylierung stattgefunden haben. Schien hiernach die
Annahme schon berechtigt, daß der Körper Ce H33,0 kein Alkohol
sei, so wurde dieselbe noch bestärkt durch das vollkommen negative
Resultat, welches die Oxydation des Körpers mit Chromsäure lieferte.
Oxydationsversuch.
5 g der Substanz wurden in einem Kölbchen in heißem Eisessig
gelöst und zu dieser Lösung allmählich eine ebenfalls heiße Lösung
von Chromsäure in Eisessig hinzugesetzt. Es fand eine lebhafte Oxy-
dation statt. War genügend Chromsäurelösung hinzugesetzt worden,
so wurde diese Mischung nunmehr zur Vollendung der Operation
ca. eine halbe Stunde am Rückflußkühler gekocht. Nachdem sodann
bei absteigendem Kühler ein großer Teil des Eisessigs abdestilliert
war, wurde der Rest mit Natronlauge abgestumpft. Darauf wurde
die Flüssigkeit mit Ammoniak alkalisch gemacht, einige Zeit gekocht
und das ausgeschiedene Chromihydroxyd abfiltriert. Zur Entfernung
der noch vorhandenen Chromsäure wurde das Filtrat jetzt mit ver-
dünnter Schwefelsäure angesäuert und mit Alkohol gekocht, bis die
Flüssigkeit eine grüne Farbe angenommen hatte, ein Zeichen dafür,
daß die Reduktion der Chromsäure vollendet war. Nun wurde noch-
mals mit Ammoniak versetzt bis zur alkalischen Reaktion, aufgekocht
und das ausgefällte Chromihydroxyd abfiltrier. Das ammoniakalische
Filtrat wurde darauf mit verdünnter Salzsäure angesäuert, um die
etwa gebildete Säure auszufällen. Es gab jedoch keinen Niederschlag,
auch beim Schütteln der Flüssigkeit mit Aether wurde von diesem
208 C. Hübner: Schweelkohle.
nichts aufgenommen. Der Körper Cs Hz50 wurde demnach durch die
Oxydation mit Chromsäure nicht in eine Säure übergeführt, vielmehr
wahrscheinlich in Kohlensäure und Wasser zersetzt.
Die Oxydation der Substanz mit konzentrierter Salpetersäure
führte ebenfalls zu keinem greifbaren Resultate. Folgte aus diesen
Versuchen, daß der Körper kein Alkohol sein konnte, so ergab sich
aus seiner absoluten Unlöslichkeit in Alkalien mit Bestimmtheit, daß
in ihm keine Säure vorlag.
Danach wurde die Frage aufgeworfen, ob man ihn vielleicht als
den Ester einer Säure anzusehen hätte. Um dies festzustellen, wurde
versucht, den Körper unter Druck mit konzentrierter Salzsäure auf-
zuspalten, was im folgenden beschrieben sei.
Spaltungsversuch mit konzentrierter Salzsäure.
2g des Körpers Oje H33 0 wurden mit 20 cem reiner, konzentrierter
Salzsäure in ein Bombenrohr eingeschlossen und dieses ca. 5—6 Stunden
im Schießofen auf 110—120° erhitzt. Das Rohr wurde nach dem
Erkalten geöffnet und das Reaktionsprodukt in Wasser gegeben, an
der Saugpumpe abfiltriert und mit destilliertem Wasser gründlich aus-
gewaschen. Wenn der angewandte Körper in der Tat ein Ester war,
so mußte er beim Erhitzen mit konzentrierter Salzsäure unter Druck
in eine Säure und einen Alkohol gespalten worden sein. Das Reaktions-
produkt mußte demnach teilweise in Natriumkarbonatlösung löslich
sein. Es erwies sich jedoch bei einer Probe darauf als gänzlich un-
löslich in Alkalien. War hierdurch schon so gut wie festgestellt, daß
der Körper kein Ester war, so wurde auch noch durch den Schmelz-
punkt, welchen das Reaktionsprodukt nach einmaligem Umkrystallisieren
sus Weingeist zeigte — er lag bei 75° — nachgewiesen, daß es mit
dem Ausgangsprodukt identisch war.
Es steht nach diesen Versuchen somit fest, daß der Körper
Cs H320, der der Reihe der gesättigten Verbindungen angehört, weder
als eine Säure, noch als ein Alkohol, noch als ein Säureester an-
zusprechen ist. Er muß vielmehr wahrscheinlich als ein Keton an-
gesehen werden.
Diese Annahme gewinnt an Wahrscheinlichkeit durch die Tat-
sache, daß er beim Erhitzen lebhaft Kohlenoxyd abspaltet. Es wurde
dies folgendermaßen festgestellt:
Eine geringe Menge des Körpers wurde im Reagensglas vorsichtig
über seinen Schmelzpunkt erhitzt, wobei eine lebhafte Gasentwickelung
stattfand. Durch nachstehende Proben wurde das entweichende Gas
als Kohlenoxyd erkannt:
C., Hübner: Schweelkohle. 209
1. Das Gas brannte mit blauer, für Kohlenoxyd sehr charakte-
ristischer Flamme;
2. Beim Einleiten des entweichenden Gases in eine wässerige
Lösung von Palladiumchlorür wurde schwarzes Palladium abgeschieden;
ebenfalls, wie bekannt, eine sehr charakteristische Reaktion auf
Kohlenoxyd.
Es war nunmehr interessant, die Zusammensetzung .des neben
. Kohlenoxyd entstehenden Destillationsproduktes festzustellen.
Destillation des Körpers 0,H30.
5 g des Körpers wurden in einem kleinen Destillierkölbchen mit
aufgesetztem Thermometer der Destillation bei gewöhnlichem Druck
unterworfen. Oberhalb von 300° ging ein in der Wärme flüssiges, in
der Kälte festes Destillat über, welches mehrmals aus Weingeist um-
krystallisiert wurde. Es nahm dabei ziemlich weiße Farbe an, doch
konnte der Schmelzpunkt nur zwischen 50 und 60° liegend festgestellt
werden. Bei der Destillation verblieb in dem Kölbchen ein geringer,
kohlenartiger Rückstand. Das Destillationsprodukt addierte kein Brom
und lieferte bei der Elementaranalyse folgendes Resultat:
0,1130 g Substanz gaben 0,3458 g COs und 0,1440 g Ha0.
Gefunden:
C 83,46
H 14,28.
Hieraus erhellt, daß bei der Destillation des Körpers Cs H33 0,
welche unter Kohlenoxydabspaltung vor sich geht, ein Körper entsteht,
der seiner Zusammensetzung nach noch nicht als reiner Kohlenwasserstoff
anzusehen ist, sondern noch Spuren Sauerstoff enthält, wenn auch die
Annahme naheliegt, daß dieser Sauerstoff nur von einem bei der
Destillation gebildeten Nebenprodukt herrührt, und daß in der Haupt-
sache ein paraffinartiger Kohlenwasserstoff gebildet wird,
b) in Aether unlösliche Anteile des Benzolextraktes.
Die in Aether unlöslichen Teile des Benzolextraktes bildeten
eine schwarzbraune, körnige Masse, welche sich als vollständig unlöslich
in Alkalien erwies. 20 g dieses Produktes wurden in einem kleinen
Kolben mit ca. 100 g Eisessig ausgekocht und die Flüssigkeit heiß
durch ein doppeltes Filter filtriert. Beim Erkalten schied sich im
Filtrat ein anscheinend in Nädelchen krystallisierender Körper aus von
schmutzig weißer Farbe, der abgesaugt und auf dem Tonteller getrocknet,
den Schmp. 85—86° zeigte. Zurück blieb eine schwarze, in der Hitze
flüssige, in der Kälte feste Masse, die noch mehrmals mit Eisessig
ausgekocht wurde, wobei aus dem Filtrat wieder der obige Körper
gewonnen wurde. Dieser war in warmem Aceton nur wenig löslich
Arch. d. Pharm. CCXXXXIV. Bds. 3. Heft, 14
a ae
210 C. Hübner: Schweelkohle.
und fiel beim Erkalten der Lösung wieder als weißer, voluminöser
Niederschlag aus. In Chloroform löste er sich leicht, krystallisierte
aber gleichfalls undeutlich. Am besten krystallisierte er aus Eisessig.
Die in Aether unlöslichen Anteile des Benzolextraktes wurden infolge-
dessen nach obigem Verfahren mit Eisessig behandelt und das zunächst
gewonnene Rohprodukt dann mehrmals aus Eisessig bis zum konstanten
Schmelzpunkt umkrystallisiert.
Man erhielt auf diese Weise einen fast weißen, in mikroskopisch
feinen Nädelchen krystallisierenden Körper, dessen Schmelzpunkt bei
82—83° lag. Eine Prüfung der Natriumschmelze des Körpers auf
Schwefel und Stickstoff ergab, daß er schwefel- und stickstofffrei war.
Im folgenden seien die Resultate wiedergegeben, welche die Elementar-
analyse lieferte:
1. 0,1366 g Substanz gaben 0,3919 g COa und 0,1570 g Hs0.
2. 0,1077 „ = »..08100 5: 5, OB
Berechnet für Gefunden:
CjaHya0: 1: 2.
C 78,26 78,24 78,50
H 13,04 12,88 13,14
0 8,70 _ _
Es ist augenscheinlich, daß man es hier mit einem, dem früher
beschriebenen Körper sehr ähnlichen zu tun hat, deren Haupt-
unterscheidungsmerkmal nur das ist, daß der erstere in Aether leicht,
der zweite darin absolut unlöslich ist. Er lieferte ebenfalls keine
Bromverbindung und ließ sich auch nicht oxydieren usw., genau wie
der in Aether lösliche Körper. In Alkalien war er gleichfalls unlöslich.
Ob nun die Formeln Cs H330 und C5Hs,0 als die richtigen
gelten müssen, oder ob man ein Mehrfaches derselben annehmen mag,
muß dahingestellt bleiben, da durch die ungenügende Löslichkeit der
Körper in den verschiedensten Lösungsmitteln die Molekulargewichts-
bestimmungen, welche nach der Methode der Gefrierpunktserniedrigung
ausgeführt wurden, keine greifbaren Resultate lieferten.
Der Extrakt, aus dem die beiden Körper Cs HssO und Cs H,O
gewonnen waren, war im Jahre 1902 in der Fabrik Webau der
A. Riebeck’schen Montanwerke aus reiner Schweelkohle dargestellt
worden. Später wurde noch einmal ein Benzolextrakt einer reinen
Schweelkohle, der ebenda im Jahre 1903 gewonnen war, genau wie
der frühere durch Extraktion mit Aether weiter behandelt. Auch
hier erhielt man:
a) einen in Aether löslichen Körper, dessen Schmelzpunkt nach
mehrmaligem Umkrystallisieren aus Weingeist konstant bei 76—77°
lag; nachstehend die Resultate der Elementaranalyse:
C. Hübner: Schweelkohle. 211
1. 0,1232 g Substanz gaben 0,3654 g CO und 0,1490 g Ha0.
20100 5 OB OB
Gefunden:
L 2.
80,89 80,94
1355 13,63.
ß) einen in Aether unlöslichen Körper, der, mehrmals aus Eis-
essig umkrystallisiert, den konstanten Schmp. 82—83° zeigte; die
Elementaranalyse lieferte folgendes Resultat:
1. 0,1165 g Substanz gaben 0,3390 g COs und 0,1386 g Ha 0.
a 1 WEB 7.2 0EREO
Gefunden:
1. 2.
7936 78,91
13,33 13,40.
Beide Körper waren ebenfalls mikrokrystallinisch.
Wie ersichtlich, enthalten die beiden Körper des zweiten Benzol-
extraktes je ca. 1% Kohlenstoff mehr als die aus dem ersten Benzol-
extrakt gewonnenen. Da sie in genau gleicher Weise dargestellt
wurden, wie die ersteren Körper, und da sie auch dieselben Eigen-
schaften aufwiesen wie diese, so ist anzunehmen, daß die kleine
Differenz im Kohlenstoffgehalt nur darauf zurückzuführen ist, daß die
Körper bei der Elementaranalyse beide Male in verschiedenen Graden
der Reinheit vorgelegen haben. Es ist somit wahrscheinlich, daß die
Körper des ersten Benzolextraktes identisch mit denen des zweiten sind.
Jedenfalls steht nach den angestellten Untersuchungen fest, daß
der Benzolextrakt einer reinen Schweelkohle und damit die reine
Schweelkohle selbst einige Körper enthält, denen die allgemeine
Formel Ca H»nO zukommt, und die bei der Destillation des Benzol-
extraktes wahrscheinlich unter Kohlenoxydabspaltung sich an der
Bildung der Paraffine beteiligen. Wie man sich diese Körper, die, wie
früher bereits bemerkt, wahrscheinlich als Ketone anzusehen sind,
entstanden denken muß, darüber können natürlich nur Vermutungen
laut werden. Schließen wir uns der Ansicht v. Fritsch’s!) an, daß
die Schweelkoble aus dem Harz der Bäume, und zwar sowohl der
Nadelhölzer wie der Laubgewächse der Tertiärzeit — von letzteren
wiederum der zu jener Zeit üppig gedeihenden Palmen, Wachsbäume
(Myrica-Arten), Feigen und anderen harzreichen Gewächse dieser
Gattung — entstanden ist, so liegt die Vermutung nahe, daß obige
Körper aus den in den Pflanzen enthaltenen Fetten bezw. Fettsäuren
1) Ueber die Entstehung der Braunkohle, besonders der Schweelkohle.
Verhandlungen des vierten allgemeinen Bergmanntages zu Halle a. S. 1889.
14*
212 C. Hübner: Schweelkohle.
bei der innerhalb von Jahrtausenden vor sich gegangenen Umwandlung
der Pflanzen zur Schweelkohle gebildet sind.
Il. In Benzol unlöslicher Teil der Schweelkohle.
Der in Benzol unlösliche Rückstand bildete eine braune, körnige
Masse, die sich etwas in Natriumkarbonat- und Natriumhydroxydlösung
mit brauner Farbe löste. Auf Zusatz von Salzsäure fiel aus diesen
Lösungen ein braunschwarzer, flockiger Niederschlag aus, der demnach
als Säure angesprochen werden mußte. Um zur näheren Untersuchung
diese Säure in größerem Maße zu gewinnen, wurde folgendermaßen
verfahren:
500 g des in Benzol unlöslichen Teiles der Schweelkohle wurden
dreimal hintereinander mit je 1Y/a1 10%iger Natriumkarbonatlösung in
einem geräumigen Kolben ca. 3 Stunden lang auf dem Wasserbade
erwärmt. Nach dem Erkalten wurde von Ungelöstem abfiltriert und
die vollständig klare Lösung nunmehr mit verdünnter Salzsäure bis
zur sauren Reaktion versetzt. Die hierdurch ausgefällte Säure wurde
an der Saugpumpe abfiltriert und solange mit kaltem, destillierten
Wasser ausgewaschen, bis das Filtrat mit Silbernitrat und Salpeter-
säure keinen Chlorsilberniederschlag mehr gab. Darauf wurde sie in
einer Porzellanschale auf dem Wasserbade getrocknet. Auf diese
Weise wurden ca. 30 g Säure erhalten. Die Prüfung der Natrium-
schmelze der Säure auf Schwefel und Stickstoff ergab eine ziemlich
starke Schwefelreaktion, während Stickstoff nicht nachgewiesen werden
konnte. Ehe die Säure analysiert wurde, wurde sie nochmals in
Natriumkarbonatlösung gelöst, die Lösung filtriert und aus dem Filtrat
mit verdünnter Salzsäure die Säure wieder ausgefäll. Nachdem sie
abgesaugt und gut mit destilliertem Wasser ausgewaschen war, wurde
sie in gleicher Weise wie vorher getrocknet. Bei dem Versuche, sie
auf dem Platinblech zu verbrennen, zeigte sich, daß sie nicht voll-
ständig verbrannte, sondern einen kleinen Kohlerückstand hinterließ.
Sie wurde nunmehr im Rose’schen Tiegel im Sauerstoffstrome verbrannt.
Dabei hinterblieb nicht der geringste Rückstand. Als eine wesentliche
Eigenschaft der Säure wurde festgestellt, daß sie stark hygroskopisch
war. Sie -wurde deshalb vor einer jeden Elementaranalyse sorgfältig
bei 105° bis zum konstanten Gewicht getrocknet.
Nachstehend die Resultate, welche die Analyse!) ergab:
1. 0,1240 g Substanz gaben 0,2742 g COg und 0,0508 g Hg0.
2. 0,1490 „ e BA EEE
3. 0,1432 „ % »... 03150, nu: Oisenı 5
1) Die Säure wurde mit Bleichromat im Sauerstoffstrome verbrannt.
ea du 14
er
OPERETTE VE
Pi
GC. Hübner: Schweelkohle. 213
Gefunden:
1 2 3
C 60,31 59,72 59,99
H 459 443 4,48.
Die Schwefelbestimmungen in der vorliegenden Säure wurden
nach der Methode von Carius im Bombenrohr mit rauchender Salpeter-
säure ausgeführt und führten zu folgendem Ergebnis:
1. 0,1640 g Substanz gaben 0,0972 g BaSO,.
2. 0,1034 „ „ ur TOOBE RE,
Gefunden:
2. 2.
Ss 814 8,55.
Nimmt man von sämtlichen Kohlenstoff-, Weasserstoff- und
Schwefelbestimmungen das Mittel, so findet man die Zusammensetzung
der Säure:
C 60,00
H 4,48
Ss 8,34
0 27,18.
Wollte man hiernach für die Säure eine Formel aufstellen, so
würde dieselbe Os Hz4 Sa Oıg lauten müssen. Dafür berechnen sich
nämlich Kohlenstoff, Wasserstoff, Schwefel und Sauerstoff folgender-
maßen:
C 59,84
H 4,46
8.. 839
O 27,31.
Ueber die Eigenschaften der Säure läßt sich folgendes sagen:
Sie bildet im trockenen Zustande eine braunschwarze, körnige
Masse, die sich spielend leicht in Ammoniak und Natriumkarbonat-
lösung, etwas schwerer in Natronlauge löst. In Aether, Petroläther
und Benzol ist sie unlöslich, während sie sich in heißem Wasser wenig,
in Alkohol etwas mehr löst.
Im Reagensglas erhitzt, schmilzt sie nicht. Ihrer ganzen Be-
schaffenheit nach ist die Säure anscheinend unter die Huminsäuren zu
rechnen. Sie ist wie diese unkrystallisierbar, doch unterscheidet sie
sich von den aus der Braun- bezw. Schweelkohle bisher isolierten
Humissäuren durch ihren Schwefelgehalt. Scheithauer') gibt an,
daß man durch Digestion des Pyropyssits mit ätzenden Alkalien eine
tiefbraune Lösung erhält, aus der durch Salzsäure ein schwarzer
1) Die Fabrikation der Mineralöle usw.
214 C. Hübner: Schweelkohle.
Körper ausfällt, der von Wackenroder Huminsäure genannt wurde;
die Huminsubstanz der Braunkohle soll aus 62,3—66,5 % Kohlenstoff
und 3,7—4,6% Wasserstoff!) bestehen. Ferner stellte Hoppe?) aus
Braunkohle eine Huminsäure Ca HagO,n dar, deren Baryumsalz der
Formel BaC3Hs5s0;ı entsprach. Beide Male ist von einem Schwefel-
gehalt der Huminsäure nicht die Rede, und war derselbe im vorliegenden
Falle — 8,39% — doch ein ziemlich beträchtlicher.
Destillation der Säure mit Kalk.
5 g der Säure wurden, mit 25 g fein pulverisiertem Aetzkalk
innig gemischt, der Destillation bei gewöhnlichem Druck unterworfen.
Hierbei ging eine hellgelbe Flüssigkeit von stechendem Geruch über.
Zur Entfernung des beigemengten Wassers wurde dieselbe in Aether
aufgenommen und die ätherische Lösung über Chlorcaleium getrocknet.
Nach dem Verdunsten des Aethers blieben ca. 2 Tropfen einer stark
merkaptanartig riechenden, braunen Flüssigkeit zurück. In der Natrium-
schmelze dieses Destillates konnte mit Bestimmtheit Schwefel nach-
gewiesen werden, während Stickstoff nicht vorhanden war. Schien
somit schon durch den Geruch sowie durch den Schwefelgehalt die
Annahme nicht unberechtigt, daß das entstandene Destillationsprodukt
merkaptanartige Körper enthalte, so gewann diese noch mehr an
Boden dadurch, daß das Destillat, mit alkoholischer Sublimatlösung
versetzt, einen weißen Niederschlag gab, der für Merkaptane sehr
charakteristisch ist.
Bekannt ist nun, daß Merkaptane neben anderen schwefelhaltigen
Körpern unter den Destillationsprodukten der Braunkohle vorkommen.
Demnach geht man wohl nicht fehl, wenn man annimmt, daß diese
schwefelhaltigen Körper sich von einer oder mehreren solchen ge-
schwefelten Säuren ableiten, wie die oben beschriebene.
Ill. In Aether löslicher Teil einer zuvor mit Benzol erschöpften
Schweelkohle.
Zum Schluß wurde noch ein Aetherextrakt einer zuvor mit
Benzol erschöpften Schweelkohle etwas näher untersucht. Die Unter-
suchungen können, was ich vorausschicke, nicht als abgeschlossen be-
trachtet werden, da der untersuchte Extrakt nur in geringer Menge vorlag.
Der Aetherextrakt bildete eine rotbraune, amorphe Masse vom
Schmelzpunkt 55—60°.
1) M. Conrad und M. Gutzeit, Berl. Ber. 1886, S. 2844.
2) H. 13, 108.
GC. Hübner: Schweelkoble. 215
Er war in heißem Eisessig und Alkohol fast vollständig löslich
und schied sich aus dem Filtrat nach dem Erkalten amorph wieder
aus. Im Reagensglas erhitzt, spaltete er lebhaft Kohlenoxyd ab. In
Natriumkarbonatlösung und in Natronlauge löste er sich etwas mit
brauner Farbe. Die klare, filtrierte Lösung gab mit verdünnter Salz-
säure einen Niederschlag, der seiner Bildungsweise nach als Säure an-
gesehen werden mußte. Um diese Säure zu isolieren, wurde die ganze,
ca. 7 g betragende Menge des Aetherextraktes, zwei bis drei Stunden
lang in einem Kolben mit einer hinreichenden Menge 10%iger Natrium-
karbonatlösung auf dem Wasserbade erwärmt, die Lösung nach dem
Erkalten filtriert und das klare Filtrat mit verdünnter Salzsäure bis
zur sauren Reaktion versetzt. Die so ausgefällte Säure wurde an
der Saugpumpe abgesaugt, gut mit destilliertem Wasser ausgewaschen
und in einer Porzellanschale auf dem Wasserbade getrocknet. Auf
diese Weise wurden ca. 0,5 g der Säure, die eine braune, amorphe
Masse bildete, gewonnen.
Versuche, die Säure umzukrystallisieren, mißlangen vollständig.
Von der früher beschriebenen Säure unterschied sie sich vor allem
durch ihre Löslichkeitsverhältnisse; sie löste sich nämlich sehr leicht
schon in der Kälte in sämtlichen gebräuchlichen Lösungsmitteln als
Aether, Alkohol, Eisessig, Petroläther, Chloroform, Aceton und Essig-
äther. Auch war sie im Gegenteil zu der oben beschriebenen Säure
schwefelfrei; Stickstoff enthielt sie nicht. Ihrem Charakter nach ist
sie wohl auch als Huminsäure anzusehen. Bei 70° fing sie an zu
sintern und war bei ca. 100° erst geschmolzen. In Ammoniak,
Natronlauge und Natriumkarbonatlösung löste sie sich leicht in der
Kälte. Von einer Elementaranalyse mußte der geringen Menge wegen,
in der sie gewonnen war, abgesehen werden.
x
216 L. Vanino u. F. Hart!: Wi-mutchloriddoppelesalze.
Mitteilung aus dem chemischen Laboratorium der
Königlichen Akademie der Wissenschaften zu München.
Ueber einige neue organische Doppelsalze
mit Wismutchlorid.
Von L. Vanino und F. Hartl.
(Eingegangen den 15. IV. 1906.)
Im Anschluß an frühere Arbeiten eines der Verfasser!) wurden
weitere Versuche angestellt über die Bildung von Doppelsalzen zwischen
organischen Verbindungen mit Wismutchlorid.. Zur Darstellung der
Doppelsalze wurde wie früher das Wismutchlorid (Kahlbaum) je nach
der Löslichkeit des betreffenden organischen Körpers in möglichst
wenig Aceton, Alkohol oder Aether gelöst und durch wenige Tropfen
konzentrierter Salzsäure vollkommen klar gemacht. Die filtrierten
Lösungen wurden noch heiß zu der konzentrierten Lösung der or-
ganischen Base tropfenweise und unter stetem Umschütteln gegeben
und zwar in einfachem Verhältnis der Molekulargewichte. Die Salze,
die dabei ausfallen, enthalten die beiden Bestandteile meist nicht mehr
im gleichen Verhältnis, doch wurde zunächst davon abgesehen, durch
Aenderung des ursprünglichen Verhältnisses neue Verbindungen dar-
zustellen. Meist erfolgt die Bildung des Niederschlages momentan
beim Zusammengießen, außerdem aber beim Abktihlen auf gewöhnliche
Temperatur. Die Niederschläge wurden abgesaugt und auf Ton ge-
trocknet. Das Wismut wurde als Sulfid bestimmt.
I. Diphenylaminwismutchlorid.
Diphenylamin und Wismutchlorid wurden im einfachen Verhältnis
der Molekulargewichte in möglichst wenig Aceton gelöst, und das
Wismutchlorid heiß zur Diphenylaminlösung gegeben. Es entsteht
sofort ein sehr reichlicher, weißer Niederschlag mit einem ganz
schwachen Stich ins Bläuliche. Das getrocknete Präparat wird bei
längerem Stehen an der Luft zuerst gelb, dann grün. Mit NOsH,
NO;H und H30, entsteht Blaufärbung. In Aceton, Alkohol, Aether,
Chloroform ist der Körper unlöslich, dagegen in konzentrierter Salz-
oder Salpetersäure leicht löslich; im Exsikkator läßt sich die Substanz
leicht aufbewahren. Beim Kochen mit Wasser wird sie nicht zersetzt,
1) Ber. d. d. chem. Ges. 33, 2271 ff; 34, 416—20 und 406; 35, 663—66
und 36, 3682 ff. Ferner Ztschr, f. anorg. Chem. 28, 219 u. ff.
L Vanino u. F. Hartl: Wismutchloriddoppelsalze. 217
dagegen setzt sie sich mit Jodkalium zu einer rotgelben Substanz um.
Beim Uebergießen mit Schwefelwasserstoffwasser wird das Salz sofort
schwarz gefärbt. Durch Kochen mit Formaldehyd und Kalilauge wird
das Wismutchlorid äußerst lebhaft reduziert zu Bi (auch das Jodsalz);
ebenso scheidet unterphosphorige Säure Bi ab, das sich wie ein Silber-
spiegel an das Glas anlegt. Kochen mit Kalilauge zersetzt das Salz
nur teilweise unter Abscheidung von gelbem Bia0;. Es sind schön
ausgebildete Krystalle des monoklinen Systems.
Berechnet auf Gefunden:
NH (CeH3)aBi lg: 1. 2. & 4,
Bi 43,03% 43,26% 43,28% 43,35% 43,28%
C 2981, 30,01 „ _ _ B
N 289, 2,71, _ _ _
H 227, 2b, = =
2. p-Nitrosodiphenylaminwismutchlorid.
10 g Nitrosodiphenylamin wurden in Aceton gelöst und kalt zu
einer Lösung von 15,8 g Wismutchlorid in Aceton gegeben. Es ent-
steht ein dicker Krystallbrei von schwarzer Farbe, unlöslich in
Aceton, Alkohol und Aether, dagegen leicht löslich in konzentrierter
Salzsäure. Es entsteht dabei eine tief blaue Lösung, aus der beim
Verdünnen mit Wasser ein starker flockiger Nieterschlag ausfällt.
Die Flüssigkeit wandelt dabei ihre Farbe in Rotviolett um. Durch
erneutes Behandeln mit konzentrierter Salzsäure geht der Niederschlag
nicht wieder in Lösung; beim Einleiten von SHa3 geht er aber allmählich
in Bigz$S; über. Auf Gooch filtriert, gibt der Niederschlag an das
Waschwasser, besonders an Alkohol tiefrote Färbung ab, und es hinter-
bleibt reines BigsS;. Beim Kochen mit Wasser gibt es an das Wasser
eine rotviolette Färbung ab. Jodkalium bewirkt auch beim Kochen
keine Umsetzung, auch Kalilauge scheidet kein BisO; ab. Mit HCOH
und KOH tritt leicht Reduktion ein, während unterphosphorige Säure
nicht einwirkt. Die Krystalle sind sehr glänzende Nadeln des rhom-
bischen Systems.
Berechnet auf Gefunden:
(CaH;)aN-NO-Billz: Ir 2.
E Bi 40,59% 40,48% 40,46%
C 2812, 28,22 „ _
: EB RE ER, En
N 546, 543, 5,56%.
3. 2-Nitrosodimethylanilin-3-Wismutchlorid.
10 g Nitrosodimethylanilin wurden in Aceton gelöst und zur
Auflösung von 21 g BiCl; gegeben. Es scheidet sich sofort ein dicker
218 L. Vanino u. F. Hartl: Wismutchloriddoppelsalze.
gelbbrauner Niederschlag ab, unlöslich in Aceton, Alkohol, Aether,
Benzol und Chloroform, löslich in Salzsäure und Salpetersäure. Er
wird beim Kochen mit Wasser nicht zerlegt, reagiert dagegen mit
Jodkalium unter Bildung eines tiefrot gefärbten Niederschlages. Mit
SH; wird er sofort schwarz gefärbt, mit Kalilauge wird er nicht
zerlegt. Mit HCOH und KOH tritt beim Kochen Reduktion ein.
In unterphosphoriger Säure löst er sich erst vollständig auf, dann wird
er reduziert. Er ist ein mikrokrystallinisches Pulver.
Berechnet auf Gefunden:
20,H4-NO-N (CH3)a-3Billz: 1; 2. 3. 4.
Bi 50,20%, 49,94% 49,84% 49,92% 49,96%
C 15,44, Se, — =
N 450, nr Bi _ _ _
H 1,60, 1,51 „ _ _ _
4. Aldehydammoniakwismutchlorid.
Beim Zusammengießen einer Acetonlösung von Aldehydammoniak
mit Wismutchlorid, gleichviel in welchen Mengenverhältnissen, entsteht
ein hellbrauner Niederschlag, der sich selbst in verdünnter Salz- und
Salpetersäure leicht: löst, gegen die organischen Solventien aber be-
ständig ist. Kochen mit Wasser oder Kalilauge verändert den Körper
nicht, mit Jodkalium färbt sich der Niederschlag sofort braunrot.
Kalilauge und Formaldehyd bewirken unter lebhafter Gasentwickelung
Reduktion zu metallischem Wismut, ebenso unterphosphorige Säure.
Mit schwefelwasserstoffhaltigem Wasser übergossen, tritt sofort
Schwarzfärbung ein. Der Körper ist anscheinend nach dem regulären
System krystallisiert. Wie sich bei der Analyse herausstellte, enthält
der Körper jedenfalls nicht das gewöhnliche Aldehydammoniak, sondern
die polymerisierte, wasserfreie Form (CH;-CH-NH), d. h. ein
polymeres Aethylidenimin.
Berechnet auf Gefunden:
(CHg-CH- NH)g-3 BiCle: 1. 2. u,
Bi 58,29% 58,32% 58,24% 58,48%,
07 601 5 6,45 „ _ u
5 TG Fr JR 1,58 „ _ _
N. 381, 3,92 „ _ _
5. Methylaminchlorhydratwismutchlorid.
2,5 g Methylaminchlorhydrat wurden in absolutem Alkohol gelöst
und mit einer alkoholischen Lösung von 11,6 g BiCl; versetzt. Es
bildet sich ein sehr schön krystallisierter, glänzend weißer Niederschlag,
der mit Alkohol ausgewaschen und auf Ton getrocknet wurde. Das
u a
L Vanino u. F. Hart!: Wismutchloriddoppelsalze. 219
Salz wird durch Wasser zerlegt, wobei BiOCI1 ausfällt; mit Jodkalium
entstehen gelbe Krystalle. Schwefelwasserstoff bewirkt sofort Schwarz-
färbung. Durch Kalilauge wird es leicht zerlegt unter Abscheidung
von BigO;. Formaldehyd und Kalilauge reduzieren das BiÜl; zum
metallischen Bi. In unterphosphoriger Säure löst sich das Salz erst
auf, dann tritt Reduktion ein. Die Krystalle sind lange, biegsame,
eng verfilzte Nadeln des hexagonalen Systems.
Berechnet auf Gefunden:
3CHs,-NH;3-CIH-2BiCl;: 4: 2. & 4.
Bi 50,06 50,40% 49,74% 49,87% 49,98%
6: 43 4,28 „ _ —_ --
N 5,05 497, 4,90% u —_
H 216 2,35 „ _ n --
6. Rheumatinwismutchlorid.
Das Rheumatin (C,H, OHCOO : Ca, Ha3 Na O - Cs H,OHCOOH) gibt
in Aceton oder Alkohol gelöst, mit Wismutchlorid einen weißen,
krystallinischen Niederschlag. In Alkohol, Aether, Aceton, Benzol usw.
ist er unlöslich, dagegen in Salzsäure und Salpetersäure leicht löslich.
Beim Kochen in Wasser oder Kalilauge ist der Körper beständig.
Kalilauge und Formaldehyd scheiden Wismut ab. In unterphosphoriger
Säure löst sich der Körper erst auf, bei längerem Kochen tritt Reduktion
ein. Mit Jodkalium reagiert der Körper ebenfalls erst beim Kochen
unter Bildung eines orangeroten Niederschlages.. Beim Uebergießen
mit Schwefelwasserstoff tritt Schwarzfärbung ein. Die Krystalle er-
scheinen als kleine, dicht verfilzte Nadeln.
Berechnet auf Gefunden:
(34 Hz4* Na: 07 -2BiCle: 5 2. a 4. 5.
Bi 34,36 34,34% 34,71% 34,56% 34,58% 34,29%
C 33,69 33,39 „ _ E= — E
H 2,80 2,99 „ _ _ — —
N 231 2,37 „ _ —_ — E=
7. Chinapheninwismutchlorid.
Chinaphenin, ein braunrotes Pulver von der Formel
co ee gibt, in Aceton gelöst, beim Zusammen-
gießen mit einer Wismutchloridacetonlösung einen starken gelben Nieder-
schlag, der zuerst zu Klumpen geballt ist. sich aber bei leichtem
Schütteln zu einem feinen Pulver verteilt. Dieses ist unlöslich in
Alkohol, Aceton u. s. w., löst sich aber leicht in Salz- und Salpeter-
säure. Der Niederschlag, der nachher mit Schwefelwasserstoff ent-
220 L. Vanino u. F. Hartl: Wismutchloriddoppelsalze.
steht, muß sehr stark mit Schwefelkohlenstoff ausgewaschen werden,
da sich sehr viel Schwefel abscheidet. Wasser- und Kalilauge
zersetzen den Körper nur teilweise, mit Jodkalium gibt er einen
gelben Niederschlag. Kalilauge und Formaldehyd scheiden Wismut
ab, ebenso unterphosphorige Säure, in der sich der Körper zuerst
vollständig löst. Schwefelwasserstoff färbt ihn sofort schwarz. Die
Krystalle erscheinen als dicke, unvollkommen ausgebildete Täfelchen.
Wie die Analysen ergaben, spaltet das Chinaphenin bei der Ver-
einigung mit Wismutchlorid unter dem Einfluß der wenigen Tropfen
konzentrierter Salzsäure jedenfalls Alkohol ab.
Berechnet auf Gefunden:
200,0 dBiCh: i: 2. 8.
Bi 42,31%, 42,499, 42319, 42,539,
C 26,36, 26,74 , 3° — =>
#T.Ar2 36, 26; rt
N 342, 3,52 Ra
8. Piperazinwismutchlorid.
Das Piperazin wurde ebenfalls in Aceton gelöst, und mit Wismut-
chlorid versetzt. Der entstehende Niederschlag fällt zuerst, in Klumpen
zusammengeballt, aus, läßt sich aber leicht verschütteln zu einem feinen
weißen Pulver, das in den organischen Lösungsmitteln unlöslich ist,
sich aber in verdünnter Salzsäure leicht löst. Durch Kochen mit
Wasser wird BiOC]1 abgeschieden, durch Kochen mit Kalilauge Bis O;.
Mit Jodkaliumlösung bildet sich sofort ein orangefarbiger Niederschlag,
mit SHz entsteht sofort Schwarzfärbung. In unterphosphoriger Säure
löst sich der Körper auf, dann tritt Reduktion ein; ebenso reduziert
Kalilauge und Formaldehyd. Der Körper besteht aus kleinen
quadratischen Krystallen.
Berechnet auf Gefunden:
SNH<CH CH NH-3BiCh: 1. 2. 3.
Bi 55,96% 55,11% 55,16% . 55,17%
C 8,60, 825, _ _
A 179% 2,00 „eis = =
N 5,02, 4,87 „ _ _
Noch bemerken möchten wir, daß bis jetzt über diese Körper
keine physiologischen Versuche angestellt wurden.
ih
x
H. Weiß: Aegiceras majus G. 221
Mitteilungen aus dem pharmazeutischen Institut der
Universität Strassburg i. E,
Pharmakognostische
und phytochemische Untersuchung der Rinde und
der Früchte von Aegiceras majus G. mit besonderer
Berücksichtigung des Saponins.
Von H. Weiß.
(Auszug aus der Inauguraldissertation Straßburg 1906.)
(Eingegangen den 27. IV. 1906.)
Unter den zahlreichen Fischfangpflanzen, deren betäubende oder
tötende Wirkung einem der darin vorhandenen Saponinstoffe zu-
zuschreiben ist, mag hier als eine der eigenartigsten die Myrsinacee
Aegiceras majus @. genannt werden. Schon Rumphius!) erwähnt die
fischtötende Eigenschaft des Rindenpulvers von Aegiceras minus, einer
Art derselben Gattung. Spätere botanische Schriftsteller sagen dasselbe
von Aegiceras majus G., unter welchem Namen dann auch von
Hooker die verschiedenen Abarten zusammengefaßt worden sind.
Von einer ähnlichen Wirkung der Früchte von Aegiceras ist hier
dagegen nirgendwo die Rede.
Als typisches Glied der Mangrove, jener nur den Tropen zu-
kommenden Küstenformation, ist der Strauch auf der östlichen
Hemisphäre überall da anzutreffen, wo die Küste seichte Beschaffenheit
besitzt, also hauptsächlich an den Flußmündungen und im Mündungs-
delta der großen Ströme. Das mir durch freundliche Vermittelung
von Herrn Prof. Ed. Schaer aus Brit. Indien zur Verfügung stehende
Material, Rinde und Früchte, entstammte den Mangrovewäldern des
Gangesdelta in der Provinz Bengalen.
Die botanischen Beschreibungen von Aegiceras, die mir sowohl
vonRumphius und Rheede?), als auch von botanischen Schriftstellern?)
der neueren Zeit vorlagen, befassen sich neben allgemeinen Merkmalen
hauptsächlich mit den charakteristischen anatomischen Eigentümlichkeiten,
die durch Anpassung der Pflanze an ihr Substrat bedingt sind. Nach
diesen Gesichtspunkten kann dann auch manche Beobachtung erklärt
werden, die mir bei Ausführung der pharmakognostischen Untersuchung
der Rinde und der Früchte besonders auffel.
1) Rumphius, Herbarium amboinense Bd. III, S. 124.
2) Rheede, Hortus Malabaricus lib. VI, S. 65.
8) Karsten, G., Bibliotheca botanica Heft 22 (1891). Goebel, K.,
Pflanzenbiologische Schilderungen, 1. Teil, II.
222 H. Weiß: Aegiceras majus G.
Pharmakognostischer Teil.
I. Untersuchung der Rinde.
Die mir vorliegende Rinde bestand teils aus jüngeren röhren-
förmig aufgerollten Stücken mit silbergrauem mattglänzendem Korke,
teils aus älteren Rindenstücken, welche wegen der schon eingetretenen
Borkenbildung ein graubraunes muscheliges Aussehen zeigten. Die
Innenseite war von rotbrauner Farbe und zart längsgestrichelt. Der
Bruch war kurz und spröde. Auf der Bruchfläche gewahrte man
glänzende weiße Punkte, die aus Oalciumoxalatkrystallen bestanden.
Das Lupenbild des Querschnittes (Fig. 1) zeigt eine ziemlich
breite braune Korkschicht und hieran anschließend die primäre Rinde
mit einzelnen darin eingestreut liegenden Steinzellgruppen, sogenannten
Nestern. Eine dichte Reihe von solchen Steinzellnestern bildet die
Grenze zwischen primärer und sekundärer Rinde. Hier endigen auch
die letztere durchziehenden Markstrahlen.
Auf einem Querschnitt durch die primäre Rinde (Fig. 2) bemerkt
man zunächst das dunkle Korkgewebe, bestehend aus typischen Kork-
zellen, die aus einem Phellogen hervorgegangen sind. Nach innen zu
folgt normales Parenchymgewebe, angefüllt mit einem rotbraunen
Inhalt. Dieser setzt sich hauptsächlich aus den Phlobaphenen, den
Oxydationsprodukten des Gerbstoffs zusammen. Die durch ihre Größe
auffallenden Steinzellen (Fig. 4) besitzen stark verdickte, getüpfelte
Wände, wodurch der Rinde eine große Widerstandsfähigkeit verliehen
wird. Begleitet sind die Gruppen von einem dichten Kranz von
Krystallkammerfasern. Diese finden sich zwischen den einzelnen
Steinzellen oder ziehen in langer Reihe über dieselben hinweg. Die
Markstrahlen der sekundären Rinde (Fig. 3) sind teilweise einreihig,
bestehen jedoch meist aus zwei Zellreihen. In ihrer Nähe sieht man
einzelne kleine Bündel von PBastfasern, die auf dem Längsschnitt
(Fig. 5) an den verdickten und verholzten Wänden mit zahlreichen
Tüpfeln und dem schmalen Lumen kenntlich sind. In der primären
Rinde sind typische Bastfasern schwer zu entdecken; letztere sind den
benachbarten Steinzellen sehr ähnlich und scheinen hier einen Ueber-
gang zwischen den beiden Sklerenchymelementen zu bilden. Auch die
Bastfasern werden allseitig in dichter Reihenfolge von Krystallkammer-
fasern umsäumt.
Als wichtigster Bestandteil der Rinde kommt zunächst das
Saponin in Betracht. Nach Bancroft!) soll es in großer Menge in
1) J. H. Maiden, Indigenous vegetable drugs Dep. of Agric. Sidney,
Misc. Public. No. 256 (1899).
.
5
A
2 H. Weiß: Aegiceras majus 6. 223
der Rinde vorhanden sein, welche Behauptung jedoch nach dem
Ausfall der quantitativen Bestimmung (s. d.) hinfällig geworden ist.
Der Sitz des Saponins in der Rinde ließ sich durch eine der bekannten
Reaktionen mit Sicherheit nicht feststellen, da die sonst auftretenden
charakteristischen Färbungen durch den anwesenden Farbstoff zu sehr
beeinträchtigt wurden. Außerdem ist Stärke in Form von zusammen-
gesetzten Körnern im Parenchymgewebe reichlich vertreten.
2. Untersuchung der Früchte.
Die hakenförmig gebogenen Früchte besitzen eine zähe leder-
artige Fruchtschale, die an ihrer Basis noch die Reste der Kelch-
blätter und ein kurzes rundes Stielchen trägt. Das Innere der heller
oder dunkler braun gefärbten Fruchtschale füllt der große, lose darin
liegende Keimling vollständig aus. Außen ist er schwarzbraun, innen
gelblichweiß oder durch Chlorophyll vielfach noch grün gefärbt. Der
Embryo setzt sich zusammen aus dem stark entwickelten hypokotylen
Gliede und den beiden dünnen Keimblättern. Am spitzen Ende sitzt
ihm noch der Rest der Samenschale als dünne braune Haut mützchen-
artig auf. Damit verwachsen läuft an der konkaven Seite der ver-
längerte Teil der Placenta als langer dünner Strang bandartig herab.
Näheres in Bezug auf botanische Einzelheiten findet sich in dem oben
schon zitierten Werk von Goebel und bei Schimper').
Das Lupenbild des durch den oberen spitzen Teil der Frucht
geführten Querschnittes zeigt als äußere Umhüllung die Fruchtwand,
darunter die Samenschale und die beiden flach gegen einander liegenden
Kotyledonen. Der in der Mitte liegende Spalt wird weiter unten
durch das hypokotyle Glied ausgefüllt.
Der mikroskopische Querschnitt durch die Fruchtwand zeigt
zunächst unter der Cuticula eine kleinzellige, dickwandige Epidermis.
Auf diese folgt eine Schicht sklerenchymatischer Elemente, die sich
auf dem Längsschnitt als typische Fasern erwiesen. Die Parenchym-
zellen sind diekwandig, durch Tüpfel mit einander verbunden und von
kleinen Interzellularräumen unterbrochen. In der Mitte der Parenchym-
schicht erblickt man einzelne, im Umkreise der Fruchtwand gleich-
mäßig verteilte Gefäßbündelquerschnitte. Sie besitzen kollateralen
Bau und bestehen aus einer Anzahl kleiner Gefäße mit nach außen
vorgelagertem Siebteil. Eine Reihe dickwandiger Elemente, die sog.
innere Epidermis schließt die Fruchtwand nach innen ab.
| 1) Schimper, A. W.F. Die indo-malayische Strandflora. Mitteilungen
aus den Tropen Heft 3, 1891.
224 H. Weiß: Aegiceras majus G.
Auf einem durch den oberen spitzen Teil des Embryo geführten
Querschnitt bemerkt man zunächst als äußere Schicht die dünne
Samenschale, bestehend aus zwei Reihen dünnwandiger kleiner Zellen
und einer dritten dunkelbraunen F'arbstoffschicht. Die Kotyledonen
besitzen unter der kleinzelligen Epidermis ein aus zarten Parenchym-
zellen gebildetes Gewebe, welches mit großen Mengen Stärke voll-
gepfropft ist. Der zwischen den Kotyledonen befindliche Spalt ist
mit Schleim angefüllt, den die am Grunde des Spaltes sichtbaren
Drüsenhaare absondern. Es sind dieses gestielte, ein- bis mehrzellige
Drüsenköpfchen. Das hypokotyle Glied zeigt denselben zartwandigen
Zellenbau; es ist gleichfalls -mit Stärke dicht gefüllt und durch
Chlorophyll grünlich gefärbt. Die Stärkekörner sind sehr klein, mit
einem Spalt in der Mitte, meistens einzeln, zuweilen auch zu Klumpen
zusammengeballt.
Phytochemischer Teil.
I. Der in CHCI, lösliche Anteil der Rinde.
Bevor ich zur Hauptaufgabe meiner Arbeit, der Darstellung des
Saponins schritt, benutzte ich einen kleinen Teil der gepulverten Rinde
zu einer Voruntersuchung auf weitere darin noch vorkommende
wichtige Inhaltsstoffe, z. B. Alkaloide. Zu diesem Zwecke zog ich
das Rindenpulver nacheinander mit Petroläther, Aether, Chloroform,
Weingeist, Wasser, angesäuertem Wasser und 5%iger Natronlauge
aus. Außer Saponin, welches durch Weingeist und Wasser heraus-
gelöst wurde, waren durch die übrigen Lösungsmittel keine weiteren
wichtigen Inhaltsstoffe, wie Glykoside und Alkaloide ausgezogen
worden.
Nur das Chloroform hatte einen Körper aufgenommen, der beim
Verdunsten des Lösungsmittels als dunkle harz- oder kautschukähnliche
Masse hinterblieb. Zur Gewinnung größerer Mengen dieser Substanz
extrabierte ich das gesamte Rindenpulver im Flückiger’schen
Extraktionsapparate so lange, bis das Chloroform ungefärbt abtropfte.
Die beim Verdunsten des Lösungsmittels zurückbleibende spröde,
grünlich-braune Substanz enthielt als hauptsächlich färbenden Bestand-
teil das Chlorophyll. Durch Behandeln des gepulverten Rückstandes
mit 70%igem Weingeist in der Kälte wurde es zum größten Teile
entfernt. Siedender absoluter Alkohol zerlegte die Substanz in einen
darin löslichen und einen unlöslichen Teil. Beim Erkalten der
alkoholischen Lösung fiel eine gelbe voluminöse Masse aus, die sich
nach dem Entfernen des anhängenden Alkohols und Trocknen im
Vakuum über Schwefelsäure leicht zerreiben ließ. Das gelbe Pulver
wurde durch Kochen der alkoholischen Lösung mit Tierkohle und
“
“.
nA
Querschnitt durch die ı |
3 Querschnittes.
st
Parenchym.
1%
k = Korkgewebe.
sekundäre Rinde.
Markstrahlen.
m =
en.
Fig. 4.
214:1.
Fig. 1
Lupenbild des Querschnittes.
Eine Steinzellengruppe mit Oxalatkrystallen o.
86:1.
}
| B
\ k>}
3 [e}
=
ı a 8
7 ja
En Ss B=
; RE ®
a > & en
& 2 a
z Ih Az >}
Tr 3 sa
‘ x U \ ö S | Pr #
ER a ; ; el © 8
ven “=>, RESRLIESEN Te)
{ . R re, ER
ern 5:3:
nn 7 u Bl 7 A es o
; 3 FE ha =. .8
RT m Fe:
LE N r FRE hin =
En - 5
i EI - ei
nd } a r
ri 3
I r
x
SH
k = Korkgewebe
NEE
en
en
Caleiumoxalatkrystalle.
sR = sekundäre Rinde.
m —= Markstrahlen.
k = Kork. pR = primäre Rinde.
st = Steinzellengruppen.
Längsschnitt einer Bastfasergruppe
214 :1:
Krystallkammerfasern.
(radial).
0)
Fig. 3.
> nun
A EEE
N N Ne. FT 7 Ne
Längsschnitt einer Bastfasergruppe
|.
86
Querschnitt durch die sekundäre Rinde.
214:1.
(radial).
Bastfasern.
sk
Steinzellen.
st
Caleiumoxalatkrystalle.
Markstrahlen,
Parenchym. m
p
Krystallkammerfasern.
o
o
H. Weiß: Aegiceras majus G. 225
mehrmaliges Umkrystallisieren aus Benzol weiter gereinigt. Der
hierbei resultierende, gelblichweiße Körper zeigte jedoch noch keinen
konstanten Schmelzpunkt. Durch Anflösen in heißem Chloroform
erzielte ich nochmals eine Trennung, da schon beim Erkalten ein Teil
abgeschieden wurde, Die davon getrennte Lösung überließ ich der
freien Verduustung, wobei sich nach und nach kleine Büschel aus-
schieden, die durch strahlenförmige Vereinigung kleiner spitzer
Nädelchen entstanden waren.
Nachdem aus Chloroform mehrfach umkrystallisiert war, erhielt
ich ein rein weißes, leichtes Produkt, dessen Schmelzpurkt bei 83 bis
84° lag. Es löst sich vollkommen in kaltem Chloroform, in der Wärme
auch in Benzol, absolutem Alkohol, Eisessig und Schwefelkohlenstoff,
fällt aber beim Erkalten zum Teil wieder aus. Unlöslich ist es auch
beim Erhitzen in Aether, Petroläther, Aceton, Wasser und wässerigen
Alkalien.
Die mit dem über Schwefelsäure im Vakuum getrockneten
Präparate ausgeführten Elementaranalysen ergaben folgende Resultate:
1. 0,1655 g Substanz ergab 0,4697 g CO, und 0,196 g H30.
2. 0,1027 „ { n» 02988, „ 01106 ,„ „
3. 0,1105 „ R HE03138 55V, „ 01288, „
Gefunden: Berechnet für
: 2. 3. Im Mittel Ca Ha 0a:
C 77,41 7776 77,45 77,54 77,7%
H 13,27 13,06 13,07 13,13 129,
0 — _ —_ 9,33 9,4 „.
Um das Vorhandensein von alkoholischen Hydroxylgruppen fest-
zustellen, versuchte ich durch Erhitzen der Substanz mit Essigsäure-
anhydrid und entwässertem Natriumacetat ein Acetylderivat dar-
zustellen. Eine Anlagerung von Acetylgruppen war jedoch nicht ein-
getreten, da alkoholische Kalilauge ohne Einwirkung blieb.
Tschirch und O. Müller!) haben mit den aus Kautschuk und
Guttapercha isolierten Estern und Harzalkoholen dem Phytosterin
ähnliche Reaktionen erhalten. Die mit der vorliegenden Substanz
nach dieser Richtung hin ausgeführten Versuche blieben ohne wesent-
lichen Erfolg.
Weitere orientierende Untersuchungen über die nähere Kon-
stitution, d. h. über die Frage, in welche Körperklasse vorliegende
Substanz einzureihen ist, konnten wegen Mangel an genügend reinem
‚Material nicht ausgeführt werden.
1) Tschirch und O. Müller, dieses Archiv Bd. 243, H. 2, S.'129.
Arch. d. Pharm. COXXXXIV. Bds. 3. Heft. 15
226 H. Weiß: Aegiceras majus 6.
2. Das Rinden-Saponin.
Die Voruntersuchung hatte die leichte Löslichkeit des Saponins
in verdünntem Weingeist ergeben. Zur Darstellung größerer Mengen
wurde die zuvor von den kautschukartigen Stoffen befreite Rinde mit
70%igem Weingeist bis zur Erschöpfung extrahiert. Das dickflüssige,
dunkelbraun gefärbte alkoholische Extrakt wurde vom Alkohol durch
Destillation befreit, zur Trockne eingedampft und dann in absolutem
Alkohol gelöst. Aus dieser Lösung wurde durch überschüssigen
Aether das Rohsaponin als dunkle, schmierige Masse ausgefällt.
Durch mehrmaliges Wiederauflösen in Weingeist und fraktionierte
Fällung mit Aether wurden immer noch mehr oder minder braun
gefärbte Niederschläge von Rohsaponin erhalten. Zur weiteren
Reinigung versuchte ich mehrere der bekannten Methoden, meistens
jedoch ohne Erfolg, in Anwendung zu bringen. Zuerst benutzte ich
die von Kobert'!) empfohlene Bleimethode, die deshalb von Wichtigkeit
ist, weil sie gestattet bei Auwesenheit zweier Saponinsubstanzen eine
Trennung derselben in die Saponinsäure und das neutrale Sapotoxin
vorzunehmen. Ich stellte dabei fest, daß ich es hier nur mit einer
einheitlichen Substanz, einem neutralen Saponin zu tun hatte. Eine
wirkliche Befreiung von den verunreinigenden Bestandteilen vermochte
ich sowohl mit dieser Methode, als auch mit der von Rosenthaler?)
angewandten Bleihydroxydmethode nicht zu erzielen. Die Baryt-
methode von Rochleder?) ließ sich deshalb nicht verwenden, weil
nur ein Teil des Saponins durch Barytwasser gefällt wurde.
Die günstigsten Resultate lieferte mir die von Greene‘) zuerst
in Anwendung gebrachte Magnesiamethode, wenngleich auch hierbei
die vollständige Entfernung der Gerb- und Farbstoffe nicht vollkommen
gelang. Beim Eindampfen der wässerigen und alkoholischen, noch
wenig gefärbten Saponinlösungen trat eine auffallend dunklere Ver-
färbung ein, die höchstwahrscheinlich auf spontane Oxydation durch
den Sauerstoff der Luft zurückzuführen ist. Auf diese Erscheinung
von Herrn Prof. Schaer aufmerksam gemacht, machte ich mit einem
wässerigen, schwach alkoholischen Auszuge der Rinde einige be-
stätigende Versuche gegenüber einigen stärker und schwächer alkalisch
reagierenden Substanzen (anorganischen und organischen Salzen, sowie
1) Kobert, Arch. f. experiment. Pathologie u. Pharmakologie 1887,
Bd. 23, S. 233.
2) Rosenthaler, Phytochem. Untersuchung der Fischfangpflanze
Verbascum sinuat. Inaug.-Dissert. Straßburg 1901.
8) Wiener Akad. Ber.: Rochleder u. Schwarz, Bd. 11, S. 335;
Rochleder u. Payr Bd. 45, S. 7.
4) Greene, Americ. Journ. of Pharm. vol. 50 (4. Reihe, Bd. 8), S. 250.
H. Weiß:)lAegiceras majus G. 227
Alkaloiden). Schon die geringsten Spuren dieser Stoffe verursachten,
besonders bei gleichzeitiger Erwärmung auf dem Wasserbade, eine
auffallend dunklere Färbung der Flüssigkeit.
Durch öfteres Auflösen in absolutem Alkohol und Fällen mit
Aether erhielt ich nach und nach ein reineres Produkt, welches nach
dem Trocknen im Vakuum über Schwefelsäure und nachfolgendem
Zerreiben ein gelblichweißes Pulver lieferte. Es zeigt alle dem Saponin
zukommenden charakteristischen Eigenschaften. Die wässerige Lösung
schäumt sehr stark, selbst noch bei Anwesenheit minimalster Mengen.
Sie besitzt die Eigenschaft, fein gepulverte Körper, z. B. Bleisulfid
und Kohle in Suspension zu halten. Auf dieses Verhalten ist auch
die Fähigkeit zurückzuführen, Terpentinöl zu emulgieren und Queck-
silber zu töten. Fehling’sche Lösung wird nach dem Spalten mit
Salzsäure reduziert.
Von neutraler Bleiacetatlösung wird das Aegiceras-Saponin nicht
gefällt, von gesättigter Barythydratlösung nur unvollständig, dagegen
bewirkt Bleiessig eine vollkommene Fällung. Dieses Verhalten beweist
neben der neutralen Reaktion der wässerigen Saponinlösung, daß hier
nur ein einheitlicher Körper, ein neutrales Saponin vorliegen kann.
Aegiceras-Saponin ist leicht löslich in Wasser, verdünntem
Alkohol jeder Stärke und in Methylalkohol. In absolutem Alkohol
löst es sich in der Wärme vollständig, fällt jedoch aus konzentrierten
Lösungen bei genügender Kälte wieder aus. In anderen Lösungs-
mitteln, wie Amylalkohol, Aceton ist es schwer löslich, in Aether,
Petroläther, Chloroform, Benzol und Schwefelkohlenstoff unlöslich.
In konzentrierte Schwefelsäure gestreut, gibt das vorliegende
Produkt eine den meisten Saponinen zukommende Farbenreaktion. In
der Umgebung der einzelnen Teilchen färbt sich die Schwefelsäure
zuerst gelbrot, wird vom Rande fortschreitend allmählich kirschrot bis
violett, welche Färbung sich später der ganzen Flüssigkeit mitteilt
und einige Zeit bestehen bleibt.
Elementaranalysen.
Die Verbrennungen wurden im Bajonettrohr mit vorgelegtem
Kupferoxyd nach der von Rosenthaler!) angegebenen Methode aus-
geführt. Verwendet wurde bei 110—120° bis zum konstanten Gewicht
getrocknete Substanz. Ich erhielt dabei als Mittel aus drei Elementar-
analysen folgende prozentische Zusammensetzung:
C=4,7% H=73% 0= 4,89%,
Der im Verhältnis zum Wasserstoff zu niedrig gefundene Kohlen-
stoffgehalt zeigt im Vergleich zu allen früher analysierten Saponinen
1) Rosenthaler, ds. Archiv 1905, Bd. 24, H. 7.
15*
228 H. Weiß: Aegiceras majus G.
an, daß das Analysenmaterial ein noch nicht völlig reines Produkt
sein konnte.
Da die vollständige Beseitigung der verunreinigenden Bestandteile
des Saponins nach den bisher gebräuchlichen Methoden wenig Aussicht
auf Erfolg hatte, versuchte ich durch Darstellung des Acetylderivates
näheren Aufschluß über die Konstitution des Saponins zu erhalten.
Die Acetylverbindung kann leichter in genügender Reinheit dargestellt
werden und durch Ausführung der Elementaranalyse, Bestimmung der
Molekulargröße, Verseifung des Esters auf die Zusammensetzung des
reinen Saponins geschlossen werden. Die Acetylierung geschah in
folgender Weise:
2 g Saponin wurden mit 2 g entwässertem Natriumacetat und
12 g Essigsäureanhydrid drei Stunden im Glyzerinbade bei 110°, zuletzt
bei 120° erhitzt. Der in Wasser unlösliche, bräunlich gefärbte Ester
wurde bis zur neutralen Reaktion ausgewaschen, in Alkohol gelöst
und durch Kochen mit Kohle entfärbt. Die entfärbte Lösung wurde
nach den Angaben von Stütz!) in viel mit Salzsäure angesäuertes
Wasser filtriert, wobei sich der Ester leicht in weißen Flocken absetzte.
Auf einem Filter gesammelt, wurde er so lange mit Wasser aus-
gewaschen, bis das Ablaufende nicht mehr sauer reagierte. Der Filter-
rückstand endlich wurde in Aether gelöst und die ätherische Lösung
so lange mit Wasser geschüttelt, bis auch dieses keine saure Reaktion
mehr zeigte. Nach dem Verdunsten des Lösungsmittels hinterblieb
das Acetylsaponin als eine fast weiße amorphe Substanz, welche sich
in Aether, Essigäther und Alkohol leicht löste. Mit dem über Schwefel-
säure im Vakuum getrockneten Präparate wurden bei der Elementar-
analyse folgende Werte erhalten:
1. 0,1728 g Substanz ergab 0,3628 g COga und 0,1036 g H30.
2. 0,1730 „ * „7.086256 zog 0,1030 „Ana
3. 0,1643 „ r 5.034331, ie re
Gefunden: Berechnet für
3; 2. 3. Im Mittel Cga Has 016:
C 57,27 57,15 56,99 57,14 57,30%
+ 902 667 7 6,84 6,75 „
0° — _ — 36,02 36,96 „.
Das Molekulargewicht wurde durch Gefrierpunktserniedrigung
nach der Methode von Raoul im Beckmannschen Apparate mit der
Benzollösung des Esters bestimmt. Es wurde berechnet nach der Formel:
k-p
n A-G
1) Stütz, Ann. d. Chem. Bd. 217, 1883.
M=
H. Weiß: Aegiceras majus G. 229
worink = 5000 die Konstante für Benzol,
p = 0,2853 g das Gewicht der Substanz,
A = 0,0550?) die Gefrierpunktserniedrigung und
G = 12,859 g, das Gewicht des Lösungsmittels bedeutet, also
5000 - 0,2853
— 0,055 . 12,589 8,
Das gefundene Molekulargewicht ist mithin das dreifache der
berechneten einfachen Formel: Cy4H4s 01 = 712. Sie muß lauten:
Cjoa Hısı Oss = 2136.
Bei der Verseifung von 0,4070 g Ester mit alkoholischer % N.-
Kalilauge und Rücktitration mit % N.-Schwefelsäure wurden 6,95 ccm
% N.-Kalilauge verbraucht. Diese 6,95 ccm entsprechen einem Gehalt
von 0,1946 g KOH, welche von 0,1495 g CH,;3CO gebunden werden.
0,4070 g Ester enthalten 0,1495 g CH; CO, 712 g mithin:
0,4070: 0,1495 = T12:x
x = 261,4 g.
a = 6,06 = 6 Acetyl-
gruppen auf, oder bei dreifacher Molekulargröße 18.
Nach Abzug dieser 18 Acetylgruppen von der Molekularformel
des Acetylsaponins gelangt man zu der des Saponins, welche einem
reinen Ausgangsprodukt entsprechen würde:
Cyoa Hıss Oss
— CO 36H 3 013
= C g5Hıos O0 oder Cs Hyo 012 (OH)ıs,
was einer einfachen Molekularformel von Oag Has O10 oder Cag Hz0 O4 (OH)s
entspricht.
Die Acetylverbindung weist demnach
Spaltungen des Aegiceras-Saponins.
Vorversuche hatten die leichte Spaltbarkeit des Saponins durch
verdünnte Säuren ergeben. Eine abgewogene Menge Substanz wurde
mit 2% iger Schwefelsäure durch längeres Erhitzen zuerst auf dem
Wasserbade, später im Glyzerinbade bei 120° in ihre Komponenten
Sapogenin und Zucker gespalten. Die hierbei erhaltene Menge Roh-
sapogenin betrug im Mittel aus zwei Bestimmungen 20,4%. Der
Versuch, das braun gefärbte Spaltungsprodukt durch Kochen der
alkoholischen Lösung mit Tierkohle zu entfärben, gelang nur un-
vollkommen. Auch die vielfach bewährte Reinigungsmethode durch
Fällen des Sapogenins mit Kaliumhydroxyd in absolut alkoholischer
Lösung war hier nicht von dem gewünschten Erfolge begleitet. Mit
1) Mittel aus 4 Bestimmungen,
230 H. Weiß: Aegiceras majus G.
den geringen bei diesen Reinigungsmethoden schließlich zurück-
bleibenden Mengen war es nicht mehr möglich Elementaranalysen
auszuführen.
Bei dem zweiten Spaltungsprodukte, dem Zucker, haben neuere
Untersuchungen von Plzäck!) am Cyclamin, von Rosenthaler?) an
einer größeren Anzahl von Saponinen gezeigt, daß sich darin neben
Hexosen auch Pentosen befinden können. Beim Aegiceras-Saponin ließ
sich durch nachstehende charakteristische Reaktion ebenfalls das Vor-
handensein von Pentosen nachweisen. Wurde der Auflösung einiger
Kryställchen Orcin in überschüssiger rauchender Salzsäure etwas
neutralisierte Zuckerlösung zugegeben und die Mischung einige Zeit
im Sieden erhalten, so trat zuerst eine rosa, nachher gelbgrüne Färbung
ein, schließlich erfolgte Abscheidung von blaugrünen Flocken, die sich
in Amylenhydrat mit blaugrüner Farbe klar auflösten. Die quantitative
Bestimmung der Pentosen durch Anwendung des von Tollens und
seinen Mitarbeitern?) ausgearbeiteten Phloroglucidverfahrens ergab die
Anwesenheit von 12,96% Pentosen.
Von den Hexosen ließ sich mit Sicherheit nur das Vorhandensein
von Galaktose nachweisen. Bei der Oxydation der Galaktose durch
Salpetersäure nach der Vorschrift von Tollens*®) bildete sich Schleim-
säure, charakterisiert durch ihren Schmelzpunkt bei 212° und die beim
Erhitzen des schleimsauren Ammoniums auftretenden Pyrroldämpfe.
Letztere wurden gekennzeichnet durch die Rotfärbung eines mit Salz-
säure befeuchteten Fichtenspans.
Weiter stellte ich aus einem Teile des Zuckers Osazone dar.
Durch häufige Umkrystallisation der gelb gefärbten Substanzen aus
verdünntem Alkohol gelangte ich zu einem Osazon, welches bei 193 bis
194° konstanten Schmelzpunkt zeigte. Es mußte sich also hier um
ein Galaktosazon handeln, welches bei dieser Temperatur schmilzt.
Eine quantitative Bestimmung der Hexosen konnte aus Mangel an
genügendem Ausgangsmaterial nicht ausgeführt werden.
Quantitative Bestimmung des Saponins in der Rinde.
Die quantitative Bestimmung des Rindensaponins wurde in ganz
ähnlicher Weise ausgeführt, wie es schon früher bei der qualitativen
Darstellung beschrieben worden ist. Die dabei erhaltenen Resultate
können jedoch wegen der schwierigen Reinigung nur auf annähernde
1) Plzäck, Ber. d. d. chem. Ges. 1903, S. 1761.
2) Rosenthaler, ds. Archiv, Bd. 243, H. 4, S. 247.
8) Ber. d. d. chem. Ges. 24 (1891) III, S. 3581.
4) Tollens, Ann. d. Chem. 232 (1886), S. 186.
H. Weiß: Aegiceras majus G. 231
Werte Anspruch machen. 100 g Rinde lieferten bei der
1. Bestimmung 0,92 g Saponin = 0,92%
2. a 0,85 „ - = (0,85 „
8. z 1,10 „ . = 1,10,
Also ist im Durchschnitt der Saponingehalt der Rinde mit
0,94—1% anzunehmen, ein Ergebnis, welches mit. den Angaben
Bancrofts (s. Pharmakognost. Teil) stark in Widerspruch steht.
3. Das Samen-Saponin, _
Wie schon am Eingang erwähnt wurde, fanden sich in der mir
zugänglichen Literatur nirgendwo Angaben über ein Vorhandensein
des Saponins in den Früchten. Es war daher anschließend an die
Untersuchung der Rinde von Interesse zu erfahren, ob auch den
Früchten ein Gehalt an Saponin zukommt. Bei einer Voruntersuchung
stellte sich heraus, daß nur die Samen diesen Stoff enthalten, während
die Fruchtschale gänzlich frei davon ist.
Die Darstellung des Rohsaponins aus den Samen wurde wie bei
der Rinde durch Ausziehen mit verdünntem Weingeist und Fällen mit
Aether vorgenommen. Das Rohsaponin wurde dann weiter nach der
Magnesiamethode gereinigt, was hier bei weitem nicht die Schwierigkeit
bot, wie die Reinigung des Rindensaponins. Das nahezu rein weiße
Produkt, welches hierbei erhalten wurde, trocknete ich bis zur Gewichts-
konstanz bei 110° und führte damit einige Elementaranalysen und
Aschebestimmungen aus. Die Analysenresultate wiesen jedoch in
Uebereinstimmung mit den Elementaranalysen des Rindensaponins im
Verhältnis zum Wasserstoff zu niedrige Mengen Kohlenstoff auf. Es
waren also auch hier Verunreinigungen mit organischen Verbindungen
von niedrigerem Kohlenstoffgehalte vorhanden. Eine Befreiung davon
war nach den beim Rindensaponin gemachten Erfahrungen nur durch
Ueberführung in die Acetylverbindung zu erwarten.
Aus einer größeren Menge frischer Früchte, die ich inzwischen
durch freundliche Vermittelung von Herrn Prof. Schaer aus Calcutta
erhalten hatte, stellte ich mir wiederum ein Rohsaponin dar. Zur
Trennung von beigemengten Kohlehydraten bediente ich mich mit
Erfolg der früher schon erwähnten Bleimethode. Auch die wässerige
Lösung des Samensaponins wurde nur durch Bleiessig gefällt, ein
Beweis dafür, daß hier ebenfalls ein neutrales Saponin vorlag. Das
durch Zerlegen der Bleiverbindung mit verdünnter Schwefelsäure
erhaltene gelbe Produkt wurde durch Auflösen in Weingeist und
Fällen mit Aether weiter gereinigt. Ich erhielt dann nach dem
232 H. Weiß: Aegiceras majus G.
Trocknen im Vakuum über Schwefelsäure ein gelblichweißes Pulver,
von dem der größte Teil zur Darstellung des Acetylderivates Ver-
wendung fand. Die Ausführung der Acetylierung geschah genau so
wie beim Rindensaponin angegeben ist. Der gebildete Ester blieb nach
dem Verdunsten des Lösungsmittels als weiße amorphe Substanz zurück,
die über Schwefelsäure getrocknet wurde. Die Elementaranalyse zeigte
folgende Werte:
1. 0,1775 g Substanz ergab 0,3733 g COg und 0,1110 g H30.
2. 0,2037 „ 5 n WA297 2, v Oe
3. 0,2087 „ EB 743D,4420:,2 0,2013, 5
Gefunden: Berechnet für
HL. 2. >. Im Mittel Ca H48 016:
C_ 57,35 57,53 57,60 57,49 57,30%
HB 2700 002° 7024 7,08 6,75,
0° — — 35,43 30,95 „i
Die Molekulargewichtsbestimmung, mit der Benzollösung des
Esters ausgeführt, hatte folgendes Ergebnis:
Nach der Formel:
_k:p
oa
berechnet sich nach Einsetzung der verschiedenen Werte (kf. S. 229)
das Molekulargewicht zu:
M- 5000 - 0,6493
0,08').18,7132
Der gefundene Wert ist also auch hier der dreifache der
berschneten einfachen Formel C34H4s 01 = 712. Diese muß demnach
lauten: C1oaHı4 Oys = 2136.
Die Bestimmung der Acetylzahl geschah in doppelter Ausführung.
Unter Zusatz von je 10 ccm !/s N. alkoholischer Kalilauge wurde der
Ester durch halbstündiges Erwärmen auf dem Wasserbade verseift und
dann der Ueberschuß an Alkali durch Titration mit "/a N.-Salzsäure
bestimmt (die in Klammern stehenden Zahlen beziehen sich auf die
zweite Bestimmung):
0,5445 g (0,5897 g) Ester verbrauchten 9,05 (9,85) ccm "/s N.-
Kalilauge. Darin sind enthalten 0,252 (0,2758) g KOH, welche von
0,1945 (0,2117) g CH,CO gebunden werden. 0,5445 (0,5897) g Ester
entsprechen demnach 0,1945 (0,2117) g CH,;CO. 712 g also
0,5445 (0,5897) :0,1945 (0,2117) = 712:x
x = 254,5 (255,8) g CH, CO,
= 2168.
1) Mittel aus 4 Bestimmungen.
H. Weiß: Aegiceras majus G. 233
254,5 (255,8
a)
= 5,92—6 Acetylgruppen auf oder bei der dreifachen Molekularformel
18 Acetylgruppen.
Nach Abzug dieser 18 Acetylgruppen von der ermittelten
Molekularformel des Esters gelangt man zu einem Saponin von der
Zusammensetzung:
Die Acetylverbindung weist demnach
CyoaHıss Oss
— C 36H 38018
=C 66 Hıog Oso oder Cas Hg 012 (OH)ıs,
was einer einfachen Molekularformel von Oga Has O10 oder Cag Hz, 0, (OH)s
entspricht.
Werden die oben erhaltenen Resultate mit denen verglichen,
welche die Acetylverbindung des Rinden-Saponins lieferte, so fällt
sofort die fast völlige Uebereinstimmung ins Auge. Die Abweichungen
in den Elementaranalysen bewegen sich in solchen Grenzen, daß eine
Berechnung für die gleiche Formel Cag Hz, 0,0 erfolgen konnte. Die
Unterschiede der durch Gefrierpunktserniedrigung bestimmten Molekular-
gewichte und ebenso diejenigen, welche die bei der Verseifung des
Esters erhaltener Werte zeigen, bewegen sich in engen Grenzen.
Die Annahme, daß das Saponin der Rinde mit dem Saponin der
Samen identisch sei, erscheint, da beide gleiche Zusammensetzung be-
sitzen, hiernach wohl berechtigt.
In der physiologischen Wirkung zeigen beide Saponine jedoch
einige Unterschiede. Herr Prof. Kobert in Rostock, dem ich die
nachstehenden Angaben verdanke, hatte die Liebenswürdigkeit mit
beiden Saponinen einige vergleichende Versuche in Bezug auf ihre
Wirksamkeit anzustellen. Das in physiologischer Kochsalzlösung
schwer lösliche Samen-Saponin wirkt auf die roten Blutkörperchen
zehnmal stärker lösend ein, als das in physiologischer Kochsalzlösung
leicht lögliche Rinden-Saponin.
Aut Fische üben beide Substanzen in gleicher Weise typische
Saponinwirkung aus. Noch bei einer Auflösung von 1:50000 in Wasser
trat der Tod ein. Dagegen übten kleine Dosen auf Frösche und
Warmblüter keine Wirkung aus.
234 H. Haehn: Ketone.
Arbeiten aus dem pharmazeutisch-chemischen Laboratorium
der Universität Königsberg i. Pr.
Mitgeteilt von A. Partheil.
Eine neue Bildungsweise der Ketone.
Von Dr. Hugo Haehn.
(Eingegangen den 2. V. 1206.)
Die Liebig-Dumas’sche Kalksalzdestillation führt bekanntlich
bei Anwendung eines einheitlichen Kalksalzes zu Ketonen. Essigsaures
Calcium liefert z. B. Aceton:
CH3 - CO 0
CH3-C007°
Spaltet man aus Karbonsäuren gleichzeitig Wasser und Kohlen-
säure ab, so kann man auch zu dieser Stoffklasse gelangen. Caleium-
karbid, in einem Reagensglase mit einer wasserfreien fetten Mono-
karbonsäure übergossen, erzeugt schon in der Kälte eine lebhafte Gas-
entwickelung. Beim Erwärmen wird die Einwirkung stärker und das
entweichende Gas gibt, in ammoniakalische Silberlösung geleitet, einen
weißen Niederschlag, der in trockenem Zustande beim Erwärmen heftig
explodiert und sich als Acetylensilber erweist.
Leitet man die Dämpfe von Monokarbonsäuren über. erhitztes
Caleiumkarbid, so erhält man neben anderen Produkten Ketone. Die
Ca = CH;-C0-CH, + CaC0;.
Das Rohketon sammelt sich als bräunliche, fluoreszierende
Flüssigkeit in der Vorlage an, und das Wasser erzeugt mit dem
Caleciumkarbid Acetylen und Calciumoxyd, beziehungsweise Valcium-
hydroxyd.
Es liegt die Vermutung nahe, daß die entstandene Oalciumbasis
mit den Säuredämpfen unter Salzbildung reagiere, und das Entstehen
der Ketone fortan als Produkt der Liebig-Dumas’schen Kalksalz-
destillation anzusehen ist. Jedoch ist es nicht so. Ich nehme aus
Gründen, die ich später anführen werde, an, daß das Oalciumkarbid
aus zwei Molekülen Säure Wasser abspaltet
H R CO
et So
R: COOH R:007
H. Haehn: Ketone, 235
und das Anhydrid der Säure bildet, welches nun bei der gegebenen
Temperatur durch neues Caleiumkarbid katalytisch in Kohlensäure
und das entsprechende Keton zerlegt wird
R-CO\
0 = (09 -+R:CO-R.
R-C0/ e
Als Stützpunkt für diese Theorie führe ich zunächst das Ver-
halten des Essigsäureanhydrids gegen erhitztes Calciumkarbid an. Es
bildet sich in beträchtlichen Mengen Aceton. Auch glühender Zink-
staub gibt diese Reaktion, wie Jahn!) gezeigt hat.
Eine fernere Tatsache, die gegen eine intermediäre Salzbildung
bei der Karbiddestillation spricht, ist die, daß die Ketonbildung in
unserem Fall bei viel niedrigerer Temperatur stattfindet als bei der
trockenen Destillation der Kalksalze. Bei der Buttersäure wurden
diese Verhältnisse genauer untersucht, und es stellte sich heraus, daß
bereits bei 285° Dipropylketon entsteht. Der buttersaure Kalk
hingegen fängt erst bei 320° an zu schmelzen, bei 330° kann man
etwas Keton nachweisen und bei 350° ist etwa ein Drittel des Salzes
noch unzersetzt.
Das Verhalten der Isovaleriansäure spricht ebenfalls dafür, daß
wir es hier mit einer anderen Reaktion zu tun haben. E. Schmidt?)
hat konstatiert, daß sich bei der trockenen Destillation von isovalerian-
saurem Kalk vorzugsweise Valeral neben wenig Valeron bildet. Auch
Dilthey°®) fand in neuerer Zeit ein ähnliches Resultat. Bei der
Caleiumkarbiddestillation hingegen ist dieses Verhältnis gerade um-
gekehrt: wenig Valeraldehyd und viel Valeron. Anfangs ist das Roh-
keton frei von Aldehyden, erst später lassen sich kleine Menger nach-
weisen. Das hat wahrscheinlich seinen Grund in dem entstandenen
Caleiumoxyd, das die Aldehyibildung bedingt. E. Schmidt?) hat
bereits den günstigen Einfluß dieser Basis bei der Aldehydsynthese
aus fettsauren Salzen beobachtet.
Endlich möchte ich noch auf die Resultate Jahn’s°) hinweisen,
der die Einwirkung von Zinkstaub auf Essigsäure und Buttersäure
untersuchte. Auch er erhielt Ketone und kommt zu dem Schlusse,
daß diese Reaktion nicht als Zinksalzdestillation aufzufassen sei, sondern
daß es sich um eine Kontaktwirkung des Zinkstaubes handele.
1) Ber. d. chem. Goes. 13, II, 2107.
2) Ber. d. chem. Ges. 5, 600.
8)_ Ber. d. chem. Ges. 34, II, 2115 (1901).
4) loc. eit.
5)_loc._cit.
ER
236 : H. Haehn: Ketone.
Die praktische Ausführung der Calcinmkarbiddestillation gestaltet
sich folgendermaßen:
Ein Verbrennungs- oder Porzellanrohr wird mit erbsengroßen
Stücken von Calciumkarbid gefüllt. Damit durch dasselbe nach der
Zersetzung keine Verstopfung des Rohres eintritt, legt man in kleinen
Abständen, die nach der Vorlage zu größer werden können, lose
Asbestpfropfen dazwischen. Dort, wo die Säure durch einen Tropf-
trichter in das Rohr eintritt, muß die Asbestwatte im Ueberschuß
sein. Mittelst Vorstoß befestigt man am Ende des Rohres eine Saug-
flasche als Vorlage. Man läßt nun etwas Säure in die Asbestwatte
einsaugen und erwärmt das Rohr auf einem nach der Vorlage zu
etwas geneigten Verbrennungsofen. An der Stelle, wo die Säure mit
dem Karbid zunächst in Berührung kommt, lasse man das Rohr so
lange kalt, bis der übrige Teil des Ofens die gewünschte Temperatur
hat. Alsdann erwärme man mit kleinen Flammen, worauf die Reaktion
beginnt. Das Destillat ist gelb bis schwach braun gefärbt und reagiert
gegen Lackmus neutral. Wenn Säure auftritt, so geht die Destillation
zu schnell oder das Karbid ist nicht genügend hoch erhitzt. Um die
Tropfen der ausfließenden Säure zählen zu können, setzt man auf den
Scheidetrichter einen Stopfen mit Glasrohr. Die Spitze desselben
taucht in die Flüssigkeit und die eintretenden Luftblasen geben das
Maß der Ausflußgeschwindigkeit der Säure an. Die Hauptmenge des
.Karbids wird nicht zersetzt. Sie reagiert noch mit Wasser, aber
langsam. Auf Zusatz von etwas Salzsäure wird die Reaktion sofort
lebhaft.
Beispiele:
Ameisensäure.
Wird Ameisensäure über schwach erhitztes Calciumkarbid geleitet,
so tritt ein äußerst lebhafter Zerfall beider Stoffe ein. In der stark
abgekühlten Vorlage sammelt sich kein Destillat an, da die Ameisen-
säure in Wasser und Kohlenoxyd zerfällt
H-CO0OH = 0 +C0.
Die entweichenden Gase wurden in stark verdünntes Blut geleitet,
das, spektroskopisch untersucht, noch auf Zusatz von Schwefelammon
das charakteristische Absorptionsspektrum zeigte.
Essigsäure.
Essigsäure liefert bei der Karbiddestillation eine schwach gelb
gefärbte, eigentümlich riechende, leicht bewegliche Flüssigkeit. . Wird
sie destilliert, so geht zur Hauptsache ein bei 62° konstant siedendes
Gemisch von Aceton und einem primären Alkohol, wahrscheinlich
Methylalkohol, über.
H. Haehn: Ketone. 237
Mit dieser Fraktion konnten sämtliche Acetonreaktionen erhalten
werden. Aus o-Nitrobenzaldehyd und wenig Natronlauge bildete sich
Indigo. Die Natriumnitroprussidreaktion sowie die Reynold’sche
Probe traten ebenfalls prompt ein. Mit Jod und Kalilauge schied sich
Jodoform ab, allerdings nur in geringer Menge. Aceton entsteht nach
folgender Gleichung:
2CH3-COOH = CH;-CO -CH, + H30 + CO,.
Zum Nachweis des primären Alkohols wurde die Substanz mit
amorphem Phosphor und Jod behandelt. Das entstandene Halogen-
alkyl führte ich mit Silbernitrit in die Nitroverbindung über, die sich
mit salpetriger Säure in die charakteristische Nitrolsäure verwandelte.
- Propionsäure.
Das Diäthylketon wird in reichlicher Menge erhalten, wenn man
über mäßig erhitztes Karbid die Dämpfe von Propionsäure leitet
2C3H5:COOH = CgH5-CO-C3H5 + H,O + CO;
Das Rohdestillat nimmt man in Aether auf und schüttelt zur
Entfernung der geringen Säuremenge mit Sodalösung oder 2% iger
Natronlauge. Alsdann wäscht man mit Wasser bis zur neutralen
Reaktion aus, trocknet mit Chlorcalcium und destilliert, nachdem der
Aether verjagt worden ist. Bei 103° siedet das reine Keton.
Aus 50 g Säure erhielt ich 28g Rohketon, (die Theorie fordert
29 g) woraus durch mehrmalige Destillation 10 g reines Diäthylketon
erhalten werden konnten. Es ist eine wasserhelle Flüssigkeit von keton-
artigem Geruch.
Analyse.
0,1990 g Substanz mit CuO verbrannt, gaben 0,5074 g COs und
0,2090 g H30.
Berechnet für C;H,0: Gefunden:
C 69,76 . 6953
H 11,62 11,66.
Zur weiteren Identifizierung des Ketons stellte ich mit Hilfe von
Thiele’s Semikarbazidlösung das Semikarbazon dar
Fü Kite
+ H3N—NH-CO-NH=H:s0-+ C:N—NH-CO-NHa
|
CaH; CaH;
Zu Hydrazinsulfat gibt man die berechnete Menge Soda und
Kaliumeyanat in Wasser gelöst, und wenn das Diäthylketon in ver-
dünnter alkoholischer Lösung zugefügt wird, scheidet sich nach einiger
Zeit das Semikarbazon in weißen Krystallen ab. Aus Alkohol bekommt
man silberglänzende Blättchen, die den von Dilthey angegebenen
Schmelzpunkt von 139° zeigen.
238 H. Haehn: Ketone.
n-Buttersäure.
Das Dipropylketon C;H; - CO - C,H, erhält man ganz analog wie
das Diäthylketon. Die Ausbeute beträgt 30%. Es siedet zwischen
144—145°. Es konnte auch durch sein Semikarbazon, das bei 133°
schmilzt, charakterisiert werden. Die Zersetzungstemperatur der Butter-
säure wurde als 285° gefunden, und zwar im elektrischen Röhrenofen.
Das Thermoelement befand sich zwischen Glasrohr und Ofen.
Analyse.
0,1604 g Substanz mit CuO verbrannt, gaben 0,4340 g COs und
0,1762 g Hs 0.
Berechnet für 7 H40: Gefunden:
C 73,68 a
H 12,28 12,20.
Isovaleriansäure.
Aus 50 g Säure bekommt man 20 g Destillat. Dasselbe ist braun
gefärbt, fluoresziert grünlich und reagiert gewöhnlich schwach sauer.
Zu Beginn der Reaktion ist es frei von Aldehyden, später lassen sich
kleinere Mengen nachweisen. Die ätherische Lösung wird öfters mit
Natronlauge geschüttelt und mit Wasser gewaschen. 15g Rohketon
destilliert, gaben folgende Fraktionen:
60— 850 — ca. 0,1 g
85—1200—=1 g
120—1450 — 25 „
15-100 =5 „
Kolbenrückstand =6 %„.
Die Fraktion 85—120° ist eine milchige Flüssigkeit, die Valer-
aldehyd (Sdp. 92°) enthält. Fuchsinschweflige Säure wird sofort gerötet.
Nach Dilthey!) befindet sich Valeron in der Fraktion 145—180° des
Rohketons, das er aus isovaleriansaurem Kalk erhalten hat. Meine
entsprechende Fraktion zeigt dieselben Eigenschaften, die Dilthey von
seiner Substanz angibt. Das Semikarbazon ist leicht erhältlich, schmilzt
bei 95°, und ist demnach ein Gemisch der beiden isomeren Semikarbazone
des Valerons.
Benzoesäure.
Bei dunkler Rotglut reagiert Calciumkarbid auch mit Benzoe-
säure unter Bildung von Benzophenon. Um die Ausbeute zu erhöhen,
wendet man ein Vakuum von ca. 20 mm an. Es resultiert ein braunes
Oel, das beim Impfen mit Benzophenon sofort erstarrt. Aus Alkohol
erhält man zolllange Nadeln vom Schmp. 49°,
1) loc. cit.
E. Schmidt: Ephedrin und Pseudoephedrin. 239
Wird das Benzophenon mit salzsaurem Hydroxylamin in alko-
holischer Lösung mehrere Stunden auf dem Wasserbade erhitzt, so
entsteht sein Oxim
C,H5-C0-CgHg + NHg- OH = HgO + CeH5:C -CyH;
NOH.
Der Schmp. 140° stimmt mit dem in der Literatur angegebenen
überein.
Die Ausbeuten hängen wesentlich von der Reaktionstemperatur
ab. Aus diesem Grunde sollen künftig die Karbiddestillationen mit
konstanter Heizquelle ausgeführt werden.
Nachtrag.
Von L. Rosenthaler.
Im Anschluß an meine Veröffentlichung über die beim Mischen
von Chloroform und Aether eintretende Temperaturerhöhung werde
ich von mehreren Seiten in dankenswerter Weise darauf aufmerksam
gemacht, daß diese Erscheinung schon wiederholt beobachtet, aber auch
beschrieben worden ist und zwar, wie es scheint, zuerst von Bussy
und Buignet (Journal de Pharm. et de Chim. 1864, t. 46, III ser.
p. 404).
Mitteilungen aus dem pharmazeutisch-chemischen Institut
der Universität Marburg.
196. Veber die Umwandlung des Ephedrins in
Pseudoephedrin.
Von Ernst Schmidt.
(Eingegangen den 2. V.,1906.)
Vor einiger Zeit machte ich in dieser Zeitschrift (1904) die
Mitteilung, daß es mir, im Verein mit Herrn Dr. F. Flaecher,
gelungen sei, das Ephedrin: CuoH1,NO, in das damit isomere
Pseudoephedrin zu verwandeln und zugleich auch letztere Base mit
dem Nagai’schen Isoephedrin zu identifizieren. Die Umwandlung
des Ephedrins wurde damals durch fünfstündiges Erhitzen von Ephedrin-
hydrochlorid mit der zehnfachen Menge Salzsäure von 5% auf 170 bis
180° bewirkt. Unter diesen Versuchsbedingungen ist jedoch die Aus-
240 E. Schmidt: Ephedrin und Pseudoephedrin.
beute an Pseudoephedrin nur eine wenig befriedigende, da hierbei ein
Teil des Ausgangsmaterials, unter Bildung von öligen, benzylchlorid-
artig riechenden Produkten, eine tiefer greifende Zersetzung erleidet.
Ich habe mich daher bemüht ein Verfahren zu finden, welches die
Darstellung von Pseudoephedrin aus Ephedrin in glatterer Weise
ermöglicht. Dieses Ziel wurde dadurch erreicht, daß Ephedrinhydro-
chlorid mit der zehnfachen Menge Salzsäure von 25% 12 Stunden
lang im Wasserbade erhitzt wurde. Das kaum gefärbte, klare
Reaktionsprodukt lieferte alsdann ohne erhebliche Schwierigkeiten,
neben unverändert gebliebenem Ephedrin, reichliche Mengen von
Pseudoephedrin.
Eine vollständige Umwandlung des Ephedrins in Pseudoephedrin
gelang jedoch auch unter diesen Versuchsbedingungen nicht. Das
Resultat war auch im wesentlichen das gleiche, als die Einwirkungs-
dauer der Salzsäure von 12 auf 24 Stunden ausgedehnt wurde. Es
scheint bei diesem Umwandlungsprozesse ein Gleichgewichtszustand
zwischen dem angewendeten Ephedrin- und dem gebildeten Pseudo-
ephedrin-Hydrochlorid einzutreten. Wurde das zurückgewonnene
Ephedrinhydrochlorid, welches in seinen chemischen und optischen
Eigenschaften noch vollständig mit dem naturellen Hydrochlorid über-
einstimmte, von neuem mit Salzsäure in obiger Weise erhitzt, so
wiederholte sich der gleiche Vorgang, indem neben unverändertem
Ephedrinhydrochlorid abermals beträchtliche Mengen von Pseudo-
ephedrinhydrochlorid resultierten.
Das auf diese Weise gewonnene Pseudoephedrin ist
chemisch, optisch und krystallographisch, identisch mit
der naturellen Base, wie die Versuche, welche Herr H. Emde
auf meine Veranlassung in größerem Umfange ausführte, lehrten.
Bei dieser Umlagerung ist es nicht allein bemerkenswert, daß
eine stark linksdrehende Base (Ephedrin) in eine noch stärker
rechtsdrehende (Pseudoephedrin) verwandelt wird, sondern daß auch
zugleich eine Verschiebung in der Stellung der OH-Gruppe in der
Seitenkette eintritt. Die durch erschöpfende Methylierung aus Ephedrin
und Pseudoephedrin erhaltenen ungesättigten Alkohole C,H,-OH
differieren in ihren Siedepunkten sehr beträchtlich, so daß es sich bei
der Isomerie dieser beiden Alkaloide wohl nur um Strukturisomerie
handeln dürfte.
Herr H. Emde, welcher sich auch mit diesen und verschiedenen
anderen, hierzu in Beziehung stehenden Versuchen beschäftigte, wird
demnächst hierüber in dieser Zeitschrift eingehend berichten.
x
EN FR a
Mährzucker
ale RR zur Kuhmilch, beste Dauernahrtng für ge-
ara und kranke Säuglinge vom frühesten Lebensalter
- an, klinisch bewährt bei akuten u. chronischen Verdauungs-
störungen. Delailpreis der Büchse von ', Kilo Inhalt Mk. 1.50;
Detailpreis der Büchse von 300 gr. Inhalt "Mk. 1.—.
verbesserte Liebigsuppe hi * Eupverfora
Die Büchse ä Ho Kilo. Inhalt Mk.
=, A les, kräftigendes
hährzucker-Kakas, Nährpräparat für Kinder u. Er-
wachsene, Kranke u. Genesende,
Detailpreis der Büchse von !/s Zr Inhalt MK. 1.80.
In den meisten Apotheken.
Ni Ren München, 6. m. ». m. in Pasing,
ICHTHYOL.
- Der Erfolg des von uns hergestellten speziellen Schwefelpräparats
‚hat viele sogenannte Ersatzmittel hervorgerufen, welche nicht identisch
mit unserem ‚Präparat sind und welche obendrein unter sich verschieden
sind, wofür wir in jedem einzelnen Falle den Beweis antreten können.
Da’ "diese angeblichen Ersatzpräparate anscheinend unter Mißbrauch
unserer Markenrechte auch manchmal fälschlicherweise mit
- — — Ichthyol
oder .
Ammonium sulfo-ichthyolicum
- gekennzeichnet werden, trotzdem unter dieser Kennzeichnung nur unser
spezielles Erzeugnis, w elches einzig und allein allen klinischen Versuchen
zugrunde gelegen hat, verstanden wird, so bitten wir um gütige Mit-
+
teilung zwecks gerichtlicher Verfolgung, wenn irgendwo tatsächlich = =
solche Unterschiebungen stattfinden.
Ichthyol- Gesellschaft
Cordes, Hermanni & ie
HAMBURG.
.. E ”
u N
N
x
Dr. Ernst Kraft,
Winke für die Ausführung chemisch - baktorlolgischan |
. Arbeiten auf dem Gebiete der Harn-, Sputum-, Faeces- etc.
Untersuchungen.
Broschiert Mark 1,— portofrei.
Bestellungen sind zu richten an den
Deutschen Apotheker-Verein
Berlin C.2.
ES wird, wenn nicht gleichzeitig Zahlung erfolgt, nur unter Nachnahme expediert,
“ g - f; Ö N
"E ee
Fnpehll als ee Anaesthetica
| Aether pro narcosi
| Chloroform. puriss. |
Zu beziehen durch die Medizinal- a
Außer anderen Präparaten sind von uns in die Medizin eingeführt: i
‚Salicylsäure, salicylsaures Natrium, salicylsaures Wismut
[| Salol, Solveol, ‚Creosotal, Duotal, Xeroform, Orphol, Itrol,
a | Collargol, Acoin, Salocreol, Calodal,
er : Salit, beste Einreibung bei Rheumatosen, iy
Unguentum Heyden (Salbe aus Salome,
diskreter Ersatz der grauen Salbe Meer);
4 Novargan, „Zur Zeit bestes Mittel bei akuter Gonorrhöe“, = 5
» von Diphtherie etc.,
en
0 morol neues, völlig reizloses Silberproteinat zur lokalen Behandlung.
B | en al „ Kohlensäureverbindung
des Santalols, Antipoherkhelciee
Injektion Hirsch, ‘Bismut. bisalieyl., Bismut. bitannie.
_Wir fabrizieren ferner Acetylsaliceylsäure, in Substanz und als jeicht an
- f Tabletten, Guajakol, Benzonaphtol, Hexamethylentetramin, EINE subnitr. etc
er Verkauf durch den Gross - Drogenhandel.
Chemische Fabrik von Heyden, ‚Radebeul- Dresden.
= Mechling’s =
China -Eisenbitter
Ueber 600 ärztliche Atteste
Sehr Iohnender Handverkaufsartikel
Zu beziehen durch alle Engros-
firmen event]. durch
E. Mechling, pharm.Präp.
Mülhausen i.E.
— Proben kostenfrei. — j
re
u =
Ergänzungstaxe S
zur Deutschen Arzneitaxe 1906. =
In Leinen gebunden M 2.50, bei Vor
einsendung franko zu beziehen vom
Deutschen Apstkekrr- Yard 3
Berlin C 2.
Druck von Denter & Nicolas, Berlin C., Neue Friedrichstrasse43.
2 Res £
| i [ H Ä
Y A
‚SIR Ne N N ‘ Br Vo,
} © Sm SE ,, . j
A PN Er : r
H h - . ,
r - ,. %
{ YEAR =
I SAROMI
a
[ 3
r R ’
s
,*
PHARMAZIE |
herausgegeben
=
vom
Deutschen Apotheker-Verein
unter Redaktion von
E. Schmidt una H. Beckurts.
"Band 244. Heft 4
| BERLIN.
_ Selbstverlag des Deutschen Apotheker -Vereins.
ar 71906.
Ausgegeben den 11. August 1906.
E Günzel, Ueber Sie Alkaloide der Oolumbownrzei “
HB. Emde, Ueber Styrylaminbasen und deren Beziehungen zum
und Pseudoephedrin ot
x 6. Mai und C. Rath, Kolorimetzisehn Banane kleinen Mensen Mörphtn N
Sg; Tröger und F. Schaub, Ueber die Einwirkung en Säure auf fe
Diazo-m-toluolchlorid bezw. -sulfat. . . . Ko
1. aröyer und M. Franke, Ueber die Einwirkung von schwetliger Säure vr
“auf Diazobenzolsulfat lee
.d. Tröger, G. Warnecke und F. Schaub, Diener de vermalliehb Kon: “
. stitutionsformel der bei der Einwirkung von SOg auf Diazo-m-toluol
entstehenden Sulfonsäure, CH N4S0, . . .. . . .
Eingegangene Beiträge.
j. Tröger, H. Berlin und M. Franke, Konstitutionsformel der hei) er Ein-
rue von SOsa auf Diazobenzolsalz Sn Sulfosäuren.
(Geschlossen den &n "Vu. SR
EN EFEREE
er monatlich einmal) in einem jährlichen Umfahge von [ty bi
\ 50 Bogen. Ladenpreis für den Jahrgang Mk. 12,—.
Alle Beiträge für das „Archiv“ sind an de 1
Archiv- Redaktion neo
Herrn Geh. Reg.-Rat Professor Dr. E. Schmidt in Marburg an)
oder Herrn Geh. Med.-Rat Professor Dr. H. Beckurts in Braunschweig,
alle die Anzeigen u. s. w., überhaupt die Archiv-Verwaltung und
die Mitgliederliste betreffenden Mitteilungen an den
Deutschen Apotheker-Verein
Berlin C. 2, Neue a. ..
ee
Kr Stan "Seite zum Preise von M 50.—; 1 Seite zum Preise von M 30.—;
' BEBIr®, von M ja 1/, Seite zum Preise von M 10.—. Die Grundschrift i
H Emde: Ephedrin und Pseudoephedrin. 241
Mitteilungen aus dem pharmazeutisch-chemischen Institut
der Universität Marburg.
Von Ernst Schmidt.
197. Beiträge zur Kenntnis des Ephedrins und
Pseudoephedrins. NEW Yoı
Von Dr. Hermann Emde. BOT ANIC;
(Eingegangen den 12. V. 1906.) GARDEN
a) Umwandlung des Ephedrins in Pseudoephedrin.
Sowohl Nagai'), als auch E. Schmidt und Flaecher?) erhielten
bei der Darstellung von Iso- bezw. Pseudoephedrin aus Ephedrin durch
Erhitzen mit Salzsäure von 5% auf 180°, infolge des Auftretens von
Produkten tiefergreifender Zersetzung, besonders eines dickflüssigen,
benzylchloridähnlich riechenden Oeles, nur wenig Pseudoephedrin.
Später beobachtete jedoch E. Schmidt?), daß, wenn man Ephedrin
mit Salzsäure von 25% längere Zeit im Wasserbade erhitzt, keine
derartige ölige Abscheidung erfolgt, also anscheinend keine tiefer-
greifende Zersetzung stattfindet. Wurde die so erhaltene Lösung nach
dem Eindanıpfen mit Natriumkarbonat übersättigt, so entstand zunächst
eine milchige Trübung und beim Stehen in der Kälte schließlich eine
reichliche Ausscheidung von krystallisiertem Pseudoephedrin; Ephedrin-
chlorhydrat gibt nur in sehr konzentrierter Lösung eine ölige, in
Wasser leicht lösliche Abscheidung.
Bei den Versuchen, die ich auf Veranlassung von Herrn Geheimrat
Prof. Dr. E. Schmidt in der angedeuteten Richtung in größerem
Umfange anstellte, ergab sich ein verhältnismäßig einfaches Verfahren,
nach dem sich Ephedrin zu Pseudoephedrin umlagern läßt, ohne daß
dabei eine nennenswerte Menge sekundär zersetzt wird. Ich verwandte
zu diesen Versuchen ein von E. Merck in Darmstadt bezogenes
Ephedrinchlorhydrat, das nach wiederholtem Umkrystallisieren aus
Alkohol den Schmp. 216° besaß. Zur Umlagerung desselben verfuhr
ich in folgender Weise:
Je 10 g salzsaures Ephedrin und 100 g Salzsäure von 25%
erhitzte ich in einer Volhardschen Röhre 24 Stunden lang im
Wasserbade. Die Flüssigkeit erschien dann meist gelblich gefärbt.
Beim Erkalten schied sich aus ihr nichts ab; dagegen verblieb beim.
1) Chem.-Ztg. 1890, I, 441.
2) Arch. d. Pharm. 1904, 380.
8) Ibidem 1906, 239.
Arch. d. Pharm. COXXXXIV. Bds. 4. Heft. 16
No
=
op)
AUG 301]
242 H. Emde: Ephedrin und Pseudoephedrin.
Verdampfen derselben auf dem Wasserbade ein gelblicher, krystallinischer
Rückstand. Zerreibt man dieses Reaktionsprodukt fein und spült es
mit Aceton auf ein Filter, so braucht man nur mit wenig Aceton
nachzuwaschen, um dasselbe rein weiß zu erhalten. Beim Verdunsten
des Acetons hinterbleibt wenig eines braunen Oeles von scharfem
Geruch, sowie eine geringe Menge krystallisiertes Pseudoephedrin-
chlorhydrat, das nach dem Abpressen zwischen Filtrierpapier mit der
Hauptmenge des in nachstehender Weise isolierten Pseudoephedrins
verarbeitet werden kann. Die in Aceton unlösliche Masse besteht aus
den Chloriden des Ephedrins und des Pseudoephedrins. Zur Trennung
dieser beiden Basen löst man sie in der nur eben hinreichenden Menge
heißen Alkohols von 96% und läßt die Lösung langsam erkalten.
Hierbei scheidet sich zunächst unverändert gebliebenes salzsaures
Ephedrin ab. Häufig ist ihm jedoch bereits etwas salzsaures Pseudo-
ephedrin beigemischt, was man daran erkennt, daß eine Probe, in
Wasser gelöst, sich mit gesättigter Natriumkarbonatlösung trübt oder
ölige Tröpfchen abscheidet. In diesem Falle löst man am besten
das Gemisch in etwas mehr Alkohol und läßt nochmals krystallisieren.
Die alkoholische Mutterlauge bringt man alsdann zur Trockne, löst
den Rückstand in wenig Wasser und setzt gesättigte Natriumkarbonat-
lösung in starkem Ueberschusse zu. Es scheidet sich dabei das Pseudo-
ephedrin zunächst als gelbes bis bräunliches Oel von angenehmem
Geruche in der Flüssigkeit ab. Nach einigem Stehen an kühlem Orte
erstarrt diese Ausscheidung krystallinisch und zwar um so schneller,
je weniger Ephedrin ihr beigemischt ist; aus ganz reinem Pseudo-
ephedrinchlorhydrat scheidet sich die Base auf Zusatz von Soda sofort
in Form zarter filziger Nadeln aus. Nach dem Abfiltrieren des Pseudo-
ephedrins schüttelt man die wässerige Lösung dreimal mit dem gleichen
Volum Aether aus; derselbe hinterläßt dann beim Verdunsten, außer
mehr oder weniger zähflüssigem Ephedrin, krystallisiertes Pseudo-
ephedrin, das man zusammen mit dem von der Sodalösung abfiltrierten
schließlich aus Aether umkrystallisiert. In den letzten ätherischen
Mutterlaugen ist meist ein Gemisch von Ephedrin und Pseudoephedrin
enthalten, aus dem keine krystallinischen Abscheidungen mehr zu
erzielen sind; man behandelt dieses Gemisch am besten zusammen mit
dem unverändert zurückgewonnenen oder mit einer weiteren Menge
Ephedrinchlorhydrat von neuem mit Salzsäure. .
Aus 10 g salzsauren Ephedrins erhielt ich auf diese Weise in
einer Operation 3—4 g reines Pseudoephedrin. Durch wiederholte
Behandlung mit Salzsäure kann man jedoch das unverändert gebliebene
Ephedrin successive zum größten Teil noch in Pseudoephedrin ver-
wandeln.
H. Emde: Ephedrin und Pseudoephedrin. 243
Das auf diese Weise erhaltene künstliche Pseudoephedrin besitzt
ebenso wie die naturelle Base den Schmp. 117,5; das zunächst un-
verändert zurückgewonnene Ephedrinchlorhydrat läßt sich durch
Umkrystallisieren aus Alkohol leicht in glashelle, säulenförmige Krystalle
vom Schmp. 216° überführen.
Um weiter festzustellen, daß es sich bei beiden Produkten in der
Tat nur um diese Verbindungen handelt, verglich ich die spezifische
Drehung derselben mit der von Flaecher!) für Pseudoephedrin und
von Miller?) für Ephedrin bestimmten. Ich benutzte dazu den
Landolt-Lippichschen Polarisationsapparat und ein Rohr von
200 mm Länge; bei der Herstellung der Lösungen, sowie beim
Beobachten des Drehungswinkels hielt ich die Temperatur von 20°
ein. In möglichster Annäherung an die von Flaecher angewandten
Mengenverhältnisse löste ich jedesmal 0,1250 g Substanz in einem
Pyknometer, das bei 20° 24,9255 g Wasser faßte.
I. Freies, aus Ephedrin umgelagertes Pseudoephedrin bewirkte,
in absolutem Alkohol gelöst (Gewicht der Lösung 20,0670 g) eine
Ablenkung von + 5,13°; hieraus berechnet sich [a]n =+51,24°.
Flaecher beobachtete an der naturellen Base eine Ablenkung von
+ 4,728° und berechnete [«a]p = + 49,83%.
II. Die zu dieser Bestimmung benutzte Base neutralisierte ich
mit verdünnter Salzsäure und überließ die Lösung der Krystallisation.
Ich erhielt lange farblose Nadeln vom F.-P. 180,5°. Von E. Merck
in Darmstadt bezogenes Pseudoephedrinchlorhydrat zeigte nach wieder-
holtem Umkrystallisieren aus absolutem Alkohol denselben Schmelz-
punkt. Ich beobachtete für das durch Umlagerung erhaltene Pseudo-
ephedrinchlorhydrat in wässeriger Lösung (Gewicht der Lösung
25,1287 g) eine Ablenkung von + 6,18°; hieraus berechnet sich
[al = + 61,73%. Flaecher beobachtete + 5,95° und berechnete
[«]p = + 62,05°.
III. Bei dem unverändert zurückgewonnenen Epbedrinchlorhydrat,
das nach dem Umkrystallisieren aus Alkohol bei 216° schmolz,
beobachtete ich in wässeriger Lösung (Gewicht der Lösung 25,1294 g)
eine Ablenkung von —3,50°; daraus berechnet: sich le] = —34,96°,
Miller beobachtete bei ähnlicher Konzentration im 100 mm-Rohr:
— 1,833° und berechnete [a] = —36,66°.
Ergibt sich schon aus diesen Resultaten die Identität der ver-
glichenen Körper, so lieferte die krystallographische Untersuchung
einen weiteren Beweis dafür, daß das aus Ephedrin umgelagerte
Pseudoephedrin identisch ist mit dem naturellen.
1) Arch. d. Pharm. 1904, 382.
2) Arch. d. Pharm. 1902, 485.
16*
244 H. Emde: Ephedrin und Pseudoepbedrin.
Zur Erzielung meßbarer Krystalle löste ich das durch Umlagerung
erhaltene Pseudoephedrin und die naturelle, von E. Merck bezogene
Base in Aether und ließ diese Lösungen in kleinen mit Uhrgläsern
bedeckten Bechergläsern freiwillig verdunsten. Ich erhielt auf diese
Weise prächtig ausgebildete Krystalle.
Herr K. Schwantke hatte die Liebenswürdigkeit, diese
Krystalle miteinander zu vergleichen. Es sei mir gestattet, Herrn
K. Schwantke auch an dieser Stelle bestens für seine Mühewaltung
zu danken. Herr Schwantke wird über diese Untersuchungen an
anderem Orte ausführlich berichten; er teilt mir als Hauptergebnis
folgendes mit:
„Die mit „Pseudoephedrin, Umlagerungsprodukt“ bezeichneten
Krystalle gehören dem rhombischen System an. Sie zeigen die
Kombinationen:
(001) OP,
(101) P%,
(011) Po,
(012) ! Pa.
Die Basis (001) ist in der Regel vorherrschend ausgebildet, sodaß
die Krystalle mehr oder weniger dick tafelförmig sind. Doch sind an
kleineren Individuen auch die Domen (101) und (011) ziemlich groß,
namentlich auf der oberen Hälfte, wenn die Krystalle auf der Basis-
fläche liegend gewachsen sind, sodaß dann die Flächen (001) auf beiden
Seiten verschieden groß ausgebildet sind. Die Messung der Krystalle
wird erschwert durch den Umstand, daß sie außerordentliche Plastizität
besitzen und sich bei leisestem Druck schon stark verbiegen. Aus den
Mitteln der gemessenen Winkel von (001):(101) und (001):(O11) ergab
sich das Achsenverhältnis a:b:c = 0,84142:1:1,8563.
Die mit „Pseudoephedrin, naturelle Base“ bezeichneten Krystalle
stimmen in der Form vollkommen mit dem Umlagerungsprodukt
überein, ebenso in der Plastizität. Die Winkelmessungen ergaben
innerhalb der Fehlergrenzen dieselben Werte; das Achsenverhältnis ist
0,84492:1:1,8598. An der Identität der beiden Substanzen ist
krystallographisch nicht zu zweifeln.“
Die vorstehend wiedergegebenen Beobachtungen liefern den Beweis,
daß durch die angegebene Behandlungsweise das linksdrehende Ephedrin
zu einem sehr beträchtlichen Teile in das rechtsdrehende Pseudoephedrin
umgewandelt wird. Pseudoephedrin kann jedoch nicht als optische
Antipode des Ephedrins betrachtet werden, da — abgesehen von
anderen Gründen — seine Drehung nach rechts erheblich stärker ist
als die des Ephedrins nach links, und weiter bei der Umlagerung keine
Racemkörper gebildet werden. Vielmehr müssen die beiden Alkaloide
H. Emde: Ephedrin und Pseudoephedrin. 245
strukturell von einander verschieden sein; es ist anzunehmen, daß in
ihnen, bei sonst gleicher Konfiguration, die Hydroxylgruppe an nicht
korrespondierenden Kohlenstoffatomen steht.
Das Ephedrin erfährt nicht nur eine Veränderung, wenn es mit
Salzsäure erwärmt wird, sondern auch beim Erwärmen für sich und
mit Alkalien.
Als ich von festem Ephedrin, daß ich durch Soda aus Ephedrin-
chlorhydrat-Merck abgeschieden hatte, den Schmelzpunkt bestimmte,
beobachtete ich, daß im Schmelzröhrchen der weitaus größte Teil sich
bei 38° zu einem durchsichtigen gelblichen Oele verflüssigte, dagegen
einige zarte Krystallblättchen erst gegen 100° schmolzen. Auf Grund
dieser Beobachtung erwärmte ich 2g krystallisierten Ephedrins dreimal
12 Stunden lang in einem trockenen, verkorkten Reagensglase im
Wasserbade. Während die Hauptmenge sich fast sofort verflüssigte,
blieben auch diesmal einige feine Krystallblättchen fest; ihre Menge
schien bei längerem Erwärmen zuzunehmen. Nach dem Erkalten
zeigte sich, daß sich die zähflüssige Hauptmenge, ebensowenig wie die
Krystalle in kaltem Wasser löste, während sich freies Ephedrin
leicht in Wasser löst. Nachdem ich durch Zusatz von wenig Alkoho!
und Erwärmen Lösung herbeigeführt hatte, ließ ich verdunsten. Hierbei
schied sich ein öliger Körper ab, der sich bei längerem Stehen an der
Luft zum großen Teile in breite Krystallnadeln verwandelte, die jedoch
im Exsikkator schnell wieder zu einem öligen Liquidum zusammenflossen.
Versetzt man ferner eine nicht zu konzentrierte wässerige Lösung
von Ephedrinchlorhydrat mit überschüssiger gesättigter Natrium-
karbonatlösung, so erfolgt klare Mischung. Erwärmt man aber das
Gemisch einige Zeit auf dem Wasserbade, so scheiden sich ölige
Tropfen ab, die sich beim Erkalten nicht wieder lösen. Durch Aether
kann man sie der Flüssigkeit entziehen; beim Verdunsten des Aethers
hinterbleibt ein öliger Rückstand, der sich in Wasser beim Erwärmen
löst. Läßt man diese Lösung freiwillig verdunsten, so scheiden sich
aus ihr feine weiße Nadeln vom F.-P. 78° ab; ihre Menge ist im
Verhältnis zu der des angewandten Ephedrinchlorhydrats gering. Die
von diesen Krystallen abfiltrierte wässerige Flüssigkeit gibt mit Kali-
lauge eine starke milchige Trübung; erwärmt man das Gemisch einige
Zeit im verschlossenen Kolben auf dem Wasserbade, so scheiden sich
ölige Tropfen in der Flüssigkeit ab, die sich bei monatelangem Stehen
wohl abplatten und eigenartige Formen annehmen, aber nicht fest
werden.
Welcher Art die Veränderungen sind, die das Ephedrin nach
den eben beschriebenen Versuchen beim Erwärmen für sich und mit
Alkalien erfährt, wird der Gegenstand weiterer Untersuchungen sein.
246 H. Emde: Ephedrin und Pseudoephedrin.
b) Einwirkung von Jodmethyl auf Pseudoephedrin.
War die Annahme richtig, daß die Verschiedenheit zwischen
Ephedrin und Pseudoephedrin auf der Stellung der Hydroxylgruppe
beruht, so mußte das Pseudoephedrin bei der Methylierung, die ja nur
am Stickstoffatom erfolgt, andere Derivate liefern, als das Ephedrin,
vorausgesetzt, daß hierbei nicht eine ähnliche, nur rückläufge Um-
lagerung erfolgt wie beim Behandeln des Ephedrins mit Salzsäure.
Das Verhalten des Ephedrins gegen Jodmethyl ist schon von
E. Merck!) und später von E. Miller?) eingehend studiert worden;
über die Methylierung des Pseudoephedrins liegen dagegen bis jetzt
keine Versuche vor. -
Methylpseudoephedrin.
Um den Verlauf der Reaktion zwischen Pseudoephedrin und
Jodmethyl kennen zu lernen, löste ich etwa 2 g naturelles Pseudo-
ephedrin (Merck) in reinem Methylalkohol, fügte 10 g Jodmethyl
hinzu und erwärmte das Gemisch gelinde auf dem Wasserbade. Es
erfolgte hierbei bald eine stürmische Reaktion, bei der die Flüssigkeit
ins Sieden geriet. Nachdem ich das Gemisch noch !/, Stunde auf dem
Wasserbade erwärmt hatte, überließ ich es der Verdunstung. Es
hinterblieb ein klebriger Rückstand.
Die eine Hälfte dieses Rückstandes löste ich zur weiteren
Charakterisierung in Wasser und digerierte die Lösung solange mit
frisch gefälltem Chlorsilber, bis sich kein Jod mehr in ihr nachweisen
ließ. Einen Teil der vom Halogensilber abfiltrierten Lösung versetzte
ich hierauf solange mit Goldchloridlösung, bis keine Fällung- mehr
eintrat. Der hierdurch ausgeschiedene krystallinische Niederschlag
ließ sich durch Umkrystallisieren aus salzsäurehaltigem Wasser leicht
in goldgelbe Blättchen verwandeln. Sie erweichten bei 119° und
schmolzen bei 123°. Goldbestimmung und Elementaranalyse ergaben,
daß diese Krystalle aus dem Aurichlorat des Methylpseudoephedrins
bestanden: C,H, (CH;)NO, HCl, AuCl;.
1. 0,2614 g hinterließen beim Glühen 0,0993 g Au.
2. 0,2134 g lieferten 0,1997 g COs und 0,0710 g Hs0.
Analysen:
Tkeorie: 1. Fer 3.
C,ı = 132,00 25,42 _ 25,52
Hs = 18,14 ’ iB. 3,
Ve 3.08 — —_
N = 14,04 2,70 —_ —
Ch = 14181 27,31 — —
Au = 197,20 37,98 37,99 _
519,19 99,98
1) Mercks Bericht 1893, Darmstadt.
2) Arch. d. Pharm. 1902, 490.
H. Emde: Ephedrin und Pseudoephedrin. 247
Aus der Mutterlauge resultierte zunächst das nämliche Goldsalz,
dann schieden sich dunklere warzenförmige Krystalle vom F.-P. 126
bis 128° ab.
0,1969 g davon enthielten 0,0763 g Au = 38,79%; sie bestanden also
aus dem Aurichlorat des unveränderten Pseudoephedrins, denn es berechnen
sich für CyHss NO, HCl, Au Olg: 39,04 y/ Au.
Aus einem anderen Teile der mit Chlorsilber behandelten Lösung
stellte ich durch Zusatz von Natriumkarbonatlösung und Ausäthern
die freien Basen dar. Es resultierten hierbei Tafeln vom F.-P. 116
bis 117°, die den charakteristischen, angenehmen Geruch des Pseudo-
ephedrins besaßen, und ein dickflüssiges öliges Liquidum von blumen-
artigem Geruche. Die Krystalle bestanden nach Form, Schmelzpunkt
und sonstigem Verhalten aus unverändert gebliebenem Pseudoephedrin;
das Oel vermutlich aus Methylpseudoephedrin. Dies letztere scheint
nur sehr schwierig zu krystallisieren. Ich habe später gelegentlich
der Darstellung des Methylpseudoephedrinmethylammoniumhydroxyds
wiederholt freies Methylpseudoephedrin erhalten, aber stets nur als
öliges Liquidum von ähnlichem Geruche wie das Pseudoephedrin.
Methylpseudoephedrinmethyljodid.
Aus der zweiten Hälfte des klebrigen Reaktionsproduktes, das
ich durch Behandeln von Pseudoephedrin mit Jodmethyl erhalten hatte,
stellte ich in derselben Weise wie vorher die freien Basen dar. Ich
erhielt auch hier mehr krystallisiertes Pseudoephedrin als öliges
Methylpseudoephedrin. Die methylalkoholische Lösung der Basen
erwärmte ich alsdann mit 5g Jodmethyl 2 Stunden lang am Rückfluß-
kühler auf dem Wasserbade. Nach dem Verdunsten der Lösung
hinterblieb ein etwas bräunlicher, durchweg krystallinischer Rückstand;
beim Umkrystallisieren aus Methylalkohol resultierten durchsichtige,
vielflächige, derbe Krystalle vom F.-P. 205°. Im Vakuumexsikkator
wurden sie undurchsichtig, ohne zu zerfallen.
0,2233 g Substanz lieferten 0,1635 g AgJ.
Gefunden: Berechnet für CjoH44(CHz)NO, CH3J:
J = 39,52 39,56%,
Aus dem Filtrate vom Jodsilber stellte ich, nachdem ich das
überschüssige Silber durch Salzsäure ausgefällt und die Flüssigkeit
auf ein mäßiges Volum eingedampft hatte, das Golddoppelsalz dar.
Es krystallisierte aus viel Wasser in glänzend goldgelben, nadelförmigen,
oft fächerartig gruppierten Krystallen von F.-P. 194—195°,
0,2325 g Substanz lieferten 0,0853 g Au.
Gefunden: Berechnet für CjoH14/CH3) NO, CH3 Cl, Au]:
Au = 36,69 36,98%,
248 H. Emde: Ephedrin und Pseudoephedrin.
Nach diesen Vorversuchen habe ich das Methylpseudoephedrin-
methyljodid aus 8 g Pseudoephedrin, das ich durch Umlagerung aus
Ephedrin erhalten hatte, dargestellt. Hierbei zeigte sich, daß beim
Behandeln von Pseudoephedrin mit Jodmethyl neben dem quaternären
Jodid stets auch beträchtliche Mengen der tertiären Verbindung ge-
bildet werden, selbst wenn Jodmethyl in großem Ueberschusse mehrere
Stunden lang bei Wasserbadtemperatur einwirkt.
Um die tertiäre von der quaternären Verbindung zu trennen,
löst man die Jodide in etwa der zehnfachen Menge Wasser und setzt
sie mit feuchtem Silberoxyd um. Hierbei scheidet sich die tertiäre
Base zum großen Teile aus und ballt sich mit dem Jodsilber zu einer
schmierigen, zähklebrigen Masse zusammen, die sich an die Gefäß-
wandung anlegt. Von Aether wird die tertiäre Base aufgenommen;
‚durch Ausschütteln mit Aether kann man sie daher leicht isolieren,
während die quaternäre Base in der wässerigen Lösung verbleibt.
Die durch Verdunsten des Aethers erhaltene Base von blumenartigem
Geruche läßt sich alsdann durch erneute Behandlung mit Jodmethyl
in die quaternäre Verbindung überführen.
Aus den beschriebenen Versuchen geht hervor, daß die Ein-
wirkung von Jodmethyl auf Pseudoephedrin in ähnlichem Sinne ver-
läuft wie die auf Ephedrin, indem in das Molekül des Pseudoephedrins
gleichzeitig sowohl eine als auch zwei Methylgruppen eingeführt
werden können.
-
c) Vergleich der aus Ephedrin und Pseudoephedrin durch Methylierung
erhaltenen Verbindungen.
Der Schmelzpunkt des Methylpseudoephedrinmethyljodids und der
des entsprechenden Golddoppelsalzes (205° bezw. 194—195°) liegt dem
von Merck und von Miller (l. c.) für die entsprechenden Verbindungen
des Ephedrins ermittelten (203° bezw. 190—191°) sehr nahe; der von
Miller für das Golddoppelsalz des Metbylephedrins angegebene Schmelz-
punkt deckt sich sogar annähernd mit dem, welchen ich für das ent-
sprechende Pseudoephedrindoppelsalz gefunden habe. Da es bei dieser
Sachlage nicht ausgeschlossen erschien, daß Pseudoephedrin bei der
Methylierung dieselben Verbindungen liefert wie das Ephedrin, so
habe ich die schon von E. Merck und von Miller durchgeführte
Methylierung des Ephedrins wiederholt, um die hierbei erhaltenen
Verbindungen mit denen zu vergleichen, die aus dem Pseudoephedrin
entstehen. Es ergab sich dabei, daß die Verschiedenheit, die
zwischen den beiden isomeren Alkaloiden besteht, durch
den Eintritt von Methylgruppen nicht aufgehoben wird.
H. Emde: Ephedrin und Pseudoephedrin. 249
Ephedrin Pseudoephedrin
Golddoppelsalze der tertiären | Gelbe Blättchen und Gelbe Blättchen,
Verbindung: Nadeln, F.-P. 126° F.-P. 1230
CjoHu(CH;) NO, HCl, Au Os,
Quaternäre Jodide: ı Derbe Krystalle, Derbe Krystalle,
Cy H44(CH;) NO, CH; J | F.-P. 1990 F.-P. 2050
Quaternäre Golddoppelsalze: Breite, mäßig schwer | Form und Löslichkeit
CyoH4s(CH,3)NO,CH3 01, AuCl, | lösliche Nadeln, wie nebenstehend,
| F.-P. 190—1910 F.-P. 1940
Qaaternäre Platindoppelsalze: | Mäßig schwer lösliche, | Kleine rötliche Nadeln,
[CyoHıs(CHs)NO,CHgC1],,PtCl; | rötliche Nadeln von | beträchtlich leichter
mehreren Zentimetern |lösl. als nebenstehend,
' Länge, F.-P. 2500 F.-P. 204—205°
Aus vorstehender Tabelle geht hervor, daß der Unterschied im
Schmelzpunkt besonders groß ist bei den quaternären Platindoppelsalzen;
er beträgt mehr als 40°. Weiter ist das Platindoppelsalz des Methyl-
pseudoephedrinmethylchlorids wesentlich leichter löslich als das des
Methylephedrinmethylchlorids und besitzt keine so hohe Krystallisations-
fähigkeit wie dieses.
Zu dem gleichen Resultate wie der im vorstehenden dargelegte
Vergleich führte auch die krystallographische Untersuchung der
quaternären Jodide, die Herr K. Schwantke auszuführen die Güte
hatte. Ich verdanke Herrn Schwantke die Mitteilung, daß das
Methylpseudoephedrinmethyljodid im rhombischen System krystallisiert.
Die Kombination ist die Form eines Oblongoktaeders, gebildet aus
einem Vertikalprisma (110) und Brachydoma (011); das Achsenverhältnis
ist 0,64227:1:1,2088. Das Methylephedrinmethyljodid zeigt Formen
des rhombisch sphenoidisch (tetraedrisch) hemiedrischen Systems. Die
gewöhnliche Kombination ist eine kurz prismatische Ausbildung durch
zwei Vertikalprismen, die an den beiden Enden vorherrschend durch
Sphenoid (Tetraeder) begrenzt werden; das Achsenverhältnis ist
0,97926 : 1: 0,76088.
Um zu entscheiden, cb die krystallographisch zwischen den beiden
quaternären Jodiden bestehende Verschiedenheit auch bei den Jodiden
der ursprünglichen Basen zu konstatieren ist, habe ich Pseudoephedrin-
und Ephedrinjodhydrat in gut ausgebildeten Krystallen dargestellt.
Das erstere schmilzt bei 172°, das letztere bei 155—156°, nachdem es
sich bereits bei etwa 140° zusammengezogen hat und allmählich durch-
sichtig geworden ist. Das Pseudoephedrinjodid ist rhombisch-holoedrisch,
das Achsenverhältnis ist 0,60282:1:1,3722; das Ephedrinjodid ist
rhombisch-hemiedrisch, das Achsenverhältnis ist 0,73703 :1:0,28643,
250 H. Emde: Ephedrin und Pseudoephedrin.
Wie schon erwähnt, wird Herr K. Schwantke seine krystallo-
graphischen Untersuchungen später an anderem Orte ausführlich ver-
öffentlichen; es sei mir gestattet, ihm auch an dieser Stelle für seine
Mitteilungen bestens zu danken.
d) Spaltung des Methylpseudoephedrinmethylhydroxyds.
War die Vermutung richtig, daß das Pseudoephedrin die Hydroxyl-
gruppe an einem anderen Kohlenstoffatome enthält als das Ephedrin,
so mußte die quaternäre aus dem Pseudoephedrin gewonnene Ammonium-
base bei der Spaltung im Sinne der Reaktion von A. W. Hofmann
einen anderen Alkohol liefern als die entsprechende Ephedrinammonium-
base. Der Versuch hat diese Annahme bestätigt.
Die für diesen Spaltungsversuch erforderliche Ammoniumbase
bereitete ich durch Umsetzen von reinem Methylpseudoephedrinmethyl-
jodid mit feuchtem Silberoxyd. Hierbei trat bereits deutlicher Geruch
nach Trimethylamin auf; Aether entzog der wässerigen Lösung wenig
eines rötlichen Oeles, das angenehm aromatisch roch, jedoch verschieden
von dem später bei der Spaltung erhaltenen Alkohol.
Vorversuche zeigten, daß die Spaltung der Ammoniumbase des
Pseudoephedrins im Sinne der A. W. Hofmann’'schen Reaktion, ebenso
wie bei dem Ephedrin, schon durch wiederholte Destillation der
wässerigen Lösung erzielt werden kann; auch hier erfolgt die Spaltung
um so glatter, je konzentrierter die wässerige Lösung ist, die zur
Destillation gelangt. Schon die ersten übergehenden Tropfen waren
milchig getrübt; sie rochen nach Trimethylamin und reagierten alkalisch.
Im Destillat zeigten sich bald Oeltröpfchen. Als die Lösung bis auf
einen geringen Rest abdestilliert war, setzte ich wenig Wasser zu und
destillierte von neuem bis fast zur Trockne.. Diese Operationen
wiederholte ich etwa zehn- bis zwölfmal. Die Dämpfe reagierten
dann nicht mehr alkalisch und zeigten nicht mehr den Geruch nach
Trimethylamin. Der Destillationsrückstand war braun gefärbt; auf
Zusatz von Wismutjodidkalium, nach dem Ansäuern, lieferte er nur
noch eine Trübung, keine Fällung. Die Spalturg konnte daher als
beendet betrachtet werden. Um auch noch die an den Wandungen
des Kolbens haftenden Anteile des Alkohols zu gewinnen, destiilierte
ich schließlich noch einige Zeit mit Wasserdämpfen.
Um das Trimethylamin von dem entstandenen Alkohol zu trennen,
machte ich das gesamte Destillat mit Salzsäure schwach sauer und
schüttelte es hierauf wiederholt mit Aether aus, der die zahlreichen
Oeltröpfchen des Alkohols leicht aufnahm.
Die wässerige Lösung lieferte, nachdem sie auf ein mäßiges
Volum eingedampft und dann mit Platinchloridlösung versetzt war,
H. Emde: Ephedrin und Pseudoephedrin. 251
bei der freiwilligen Verdunstung nur die charakteristischen Oktaeder
des Trimethylaminplatinchlorids:
0,2246 g Substanz lieferten 0,0826 g Pt.
Gefunden: Berechnet für [N (CHg)s HCl]a PtC];:
Pt = 36,78 36,91%.
Die ätherische Lösung entwässerte ich zunächst mit frisch ge-
glühter Pottasche und destillierte dann den Aether ab. Bei der
weiteren direkten Destillation stieg das Thermometer nicht über 196°.
Im Kölbchen blieb eine schmierige, braune Masse zurück, da der
Alkohol sich teilweise bereits beim Destillieren zersetzt. Nach vier-
maliger Destillation erhielt ich schließlich nicht ganz 1g einer hellen,
wenig gelben Flüssigkeit von eigenartigem, etwas scharfen Geruch.
Den Siedepunkt dieser Flüssigkeit bestimmte ich, da die beim
Fraktionieren erhaltenen Werte wegen der kleinen Menge un-
zuverlässig erschienen, nach der Methode von Siwolobow'); derselbe
lag bei 197—199°.,
0,1270 g Substanz lieferten 0,3748 g COs und 0,0857 g Hs0.
Theorie: Analyse:
(g = 108,00 80,55 80,49
Hi = 10,08 7,52 7,55
056, 9 11,96 (Differenz).
134,08 100,00
In Chloroform gelöst, absorbierte der Alkohol reichlich Brom;
dieses Additionsprodukt erstarrte jedoch weder bei längerem Stehen
über Aetzkalk, noch in einer Kältemischung.
Nach der Elementaranalyse und nach dem Verhalten gegen Brom
ist der bei der Spaltung des Methylpseudoephedrinmethylhydroxyds
erhaltene Alkohol als isomer mit dem Zimmtalkohol anzusehen, ebenso
wie das entsprechende Spaltungsprodukt des Ephedrins.
Die Vorgänge bei der Spaltung des durch erschöpfende
Methylierung des Pseudoephedrins erhaltenen Dimethylpseudoephedrin-
ammoniumhydroxyds lassen sich durch die Gleichung zum Ausdruck
bringen: 167 Hy (OH)N (CH3)a :OH = CO, Hs - OH -1- H,O 1 N (CH3)s-
e) Spaltung des Methylephedrinmethylhydroxyds.
Um einesteils den bei der Spaltung der Pseudoephedrinammonium-
base erhaltenen Alkohol direkt mit dem vergleichen zu können, der
unter den gleichen Bedingungen aus dem Ephedrin gebildet wird,
anderenteils, um die Natur der Base aufzuklären, die Miller neben
Trimethylamin bei der Spaltung des Methylephedrinmethylhydroxyds
I) Ber. d. d. chem. Ges. 19, 79.
252 H. Emde: Ephedrin und Pseudoephedrin.
erhielt, habe ich die bereits von Miller!) beschriebene Methylierung
und Spaltung des Ephedrins nochmals durchgeführt. Ich verfuhr
hierbei genau wie beim Pseudoephedrin, wobei ich die Beobachtung
Miller's im wesentlichen bestätigen konnte. Ebenso wie bei dem
Pseudoephedrin erhielt ich jedoch an stickstoffhaltigen Spaltungs-
produkten nur Trimethylamin, das ich durch sein Platindoppelsalz
charakterisierte. Letzteres schmolz bei 216° unter Zersetzung.
0,2377 g Substanz enthielt 0,0876 g Pt.
Gefunden: Berechnet für [N (CH5)s HCl] Pt C];:
Pt 36,85 36,91%.
Miller erhielt bei der Spaltung des Methylephedrinmethyl-
hydroxyds außer Trimethylamin noch zwei andere Basen, von denen
die eine im Platingehalt ihres Doppelsalzes mit dem Methylephedrin-
methylplatinchlorid übereinstimmte, jedoch nicht bei 248°, sondern bei
216—226° schmolz. Der Platingehalt des Doppelsalzes der zweiten
Base deutete auf ein Doppelsalz der ersteren Base mit Trimethyl-
amin hin.
Miller sagt von diesen Basen: „Daim allgemeinen die Ammonium-
basen sich nicht unzersetzt mit den Wasserdämpfen verflüchtigen, so
mag es zunächst dahingestellt bleiben, welcher Art-die in jenem
Platinsalze enthaltene Base ist. Bemerkt sei nur, daß ein Ueber-
spritzen bei der Destillation ausgeschlossen war.“
Von vornherein erschien es wahrscheinlich, das es sich bei der
fraglichen Base nicht um die quaternäre, sondern nur um die tertiäre
Verbindung des Ephedrins handeln konnte. Miller hat selbst nach-
gewiesen, daß sich aus Ephedrin und Jodmethyl zwar in der Haupt-
menge Dimethylephedrinjodid, stets aber, wenn auch in bescheidenem
Umfange, Methylephedrinjodhydrat bildet. Ferner hat Miller an-
gegeben, daß sich die entsprechenden freien Basen durch Ausschütteln
der wässerigen Lösung mit Aether leicht von einander trennen lassen.
Dagegen beobachtete er bei der Darstellung der zur Spaltung ver-
wandten Ammoniumbase, daß dieselbe von dem Jodsilber hartnäckig
festgehalten wurde, sodaß letzteres nach wiederholter Digestion mit
Wasser und Alkohol immer noch alkalische Reaktion und einen eigen-
artigen alkalischen Geruch besaß.
Nach den Erfahrungen, die ich bei der Darstellung des Dimethyl-
pseudoephedrinhydroxyds gemacht habe, ist anzunehmen, daß die „vom
Jodsilber hartnäckig festgehaltene“ Base nicht die quaternäre, sondern
die bei der Methylierung des Ephedrins gleichzeitig gebildete tertiäre,
nämlich Methylephedrin, war. Zur Prüfung dieser Annahme habe ich
1) Arch. d. Pharm. 1902, 494 ff.
H. Emde: Ephedrin und Pseudoephedrin. \ 253
die durch Umsetzen von Methylephedrinmethyljodid mit feuchtem
Silberoxyd erhaltene Lösung, sowie das dabei gebildete Jodsilber
sorgfältig mit Aether ausgeschüttelt. Das Jodsilber zeigte nach dieser
Behandlung keinen Geruch mehr, dagegen besaß es noch eine alkalische
Reaktion, die aber in der Gegenwart von überschüssigem Silberoxyd
ungezwungen eine Erklärung findet. Die Aetherauszüge schüttelte
ich wiederholt mit salzsäurehaltigem Wasser aus, um sie alsdann durch
Destillation vom Aether zu befreien. Es hinterblieb hierbei nur eine
geringe Menge eines bräunlichen Oeles von angeuehmem Geruch. Da-
gegen hinterließ die Ausschüttelung mit salzsäurehaltigem Wasser
nach dem Eindunsten eine beträchtliche Menge eines fast weißen,
krystallinischen Rückstandes.
Die wässerige Lösung desselben setzte ich mit Silberoxyd um
und destillierte alsdann die filtrierte Flüssigkeit in derselben Weise,
wie ich es bei den quaternären, aus dem Pseudoephedrin und dem
Ephedrin dargestellten Basen ausgeführt hatte. Die ersten Tropfen
des Destillats zeigten bereits einen blumenartigen Geruch, ohne daß
jedoch das Auftreten von Trimethylamin oder die Abscheidung von
Oeltröpfchen eines Alkohols zu konstatieren war. Letzteres war auch
dann nicht der Fall, als die Flüssigkeit bis fast zur Trockne ab-
destilliert wurde. Der Destillationsrückstand, der ölige Beschaffenheit
zeigte, wurde nach jedesmaliger Verdünnung mit wenig Wasser noch
sechsmal der Destillation unterworfen.
An Aether gab das mit Salzsäure angesäuerte Destillat kaum
etwas ab, dagegen lieferte es schön krystallisierende Gold- und Platin-
doppelsalze.
Das Goldsalz krystallisierte in derben Nadeln und Säulen vom
F.-P. 126°; Miller gibt für das Goldsalz des Methylephedrins 121°
bis 123° an.
0,1845 g Substanz lieferten 0,0703 g Au.
Gefunden: Berechnet für C;oH,4(CH,)ON, HCl, Au Cl;:
Au = 38,10 37,98%.
Das entsprechende Platinsalz resultierte bei freiwilliger Ver-
dunstung der Lösung in feinen Nadeln, die je nach der Dicke hellgelb
bis orangerot gefärbt waren. Dieses Doppelsalz begann bei etwa 160°
zu erweichen, wobei die Färbung dunkler wurde; bei 180—182°
wurde es durchsichtig, um sich bei 187—189° aufzublähen. Das Ver-
halten dieses Doppelsalzes zeigt eine gewisse Aehnlichkeit mit dem,
das Miller an dem Platindoppelsalze des Methylephedrins beobachtete.
Da dieses Doppelsalz bei der Analyse einen für Methylephedrinplatin-
chlorid zu niedrigen Platingehalt (22,3%) ergab, so krystallisierte ich
dasselbe unter Zusatz von Platinchlorid und der Mutterlauge nochmals
254 H. Emde: Ephedrin und Pseudoephedrin.
um. Hierbei resultierten orangerot gefärbte, gut ausgebildete Nadeln,
die durchaus nicht mehr wie die früher erhaltenen das von Miller
für das Platindoppelsalz des Methylephedrins angegebene eigentümliche
Verhalten beim Erhitzen zeigte, sondern scharf bei 198° unter Auf-
blähen schmolzen, nachdem sich die Masse kurz vorher zusammen-
gezogen hatte.
0,1569 g Substanz enthielten 0,0402 g Pt.
Gefunden: Berechnet für [CjoH14CH3NO, HCI]PtCI;:
Pr = 25063 25,37 %.
Aus diesen Versuchen geht einerseits hervor, daß sich das
Methylephedrin von dem Dimethylephedrinhydroxyd durch obige Be-
handlungsweise trennen läßt; andererseits, daß es, wenn auch nicht
gerade leicht, mit Wasserdämpfen flüchtig ist. Berücksichtigt man,
daß Miller die zur Spaltung benutzte Ammoniumbase anscheinend
nicht von Methylephedrin durch Ausschütteln mit Aether vollständig
befreit hat, so dürfte es sich bei den fraglichen Pladindoppelsalzen
nicht um die der quaternären Base, sondern wohl nur um die des
Methylephedrinchlorhydrates, gemischt mit mehr oder weniger
Trimethylaminplatinchlorid, gehandelt haben. -
Die Angaben, die Miller über die Eigenschaften des durch
Spaltung des Methylephedrinmethylhydroxyds erhaltenen Alkohols
macht, kann ich nur bestätigen. Den Siedepunkt des Alkohols fand
ich nach der Methode von Siwolobow!) zwischen 212° und 216°,
im Mittel also bei 214°. Der Geruch des Alkohols war nicht
wesentlich verschieden von dem desjenigen, welcher aus dem Pseudo-
ephedrin erhalten wurde. In Aether gelöst, absorbierten beide reichlich
Brom, jedoch gelang es bei der geringen Menge nicht, ein Brom-
additionsprodukt in krystallisierter Form zu erhalten. Das Gleiche
war der Fall bei dem Chlorid, das ich aus dem Bromadditionsprodukt
des Alkohols, den ich aus Ephedrin erhalten hatte, durch Behandeln
mit gasförmigem Chlorwasserstoff herstellte.e Auch bei längerem Auf-
bewahren über Aetzkalk trat keine Krystallisation ein:
Obschon ich den fraglichen Alkohol bisher noch nicht weiter
identifizieren konnte, so deutet doch der Siedepunkt desselben darauf
hin, daß es sich dabei um a-Phenylallylalkohol C,H,-CH(OH)-
CH = CH; handelt. Dieser Alkohol, den Herr Professor A. Klages?)
synthetisch dargestellt hat, siedet nach einer gütigen Privatmitteilung
bei 214° unter 746 mm Druck, also bei derselben Temperatur, die ich
im Mittel bei dem Alkohol aus dem Ephedrin beobachtete. Dieser
synthetisch dargestellte Alkohol, welchen Herr Professor Klages in
1) Ber. d. d. chem. Ges. 19, 79.
2) Sitzungsber. d. chem, Ges. z. Heidelberg vom 18. XI. 1905.
J. Gadamer: Alkaloide der Columbowurzel. 205
liebenswürdigster Weise zur Verfügung stellte, weicht allerdings im
Geruche von dem ab, den ich aus Ephedrin isolierte.
Sollte sich bei der weiteren Untersuchung die Identität dieser
beiden Alkohole ergeben, so müßte die Hydroxylgruppe im Ephedrin
an dem Kohlenstoffatom der Seitenkette stehen, das dem Benzolkern
benachbart ist. Aus dem zweiten Teile der vorliegenden Arbeit ergibt
sich ferner, daß die Base C,H; CH(OH)CH3CH3N (CH;,);- OH nicht
identisch ist mit der quaternären Ammoniumbase des Ephedrins oder
des Pseudoephedrins. Hierdurch wird es wahrscheinlich gemacht, daß
die Methylimidgruppe im Ephedrin nicht wie bei der synthetisch dar-
gestellten Base endständig sein kann. Ob jedoch die Struktur des
Ephedrins durch die Formel
C;H;,-CH-CH- CH;
|
OH N<CH,
zum Ausdruck gelangt, sollen erst die weiteren Untersuchnngen lehren,
die nach diesen Beobachtungen in Angriff genommen sind.
Mitteilungen aus dem pharmazeutischen Institut der
Universität Breslau.
6. Ueber die Alkaloide der Columbovrurzel.
2. Mitteilung.
Von J. Gadamer.
(Eingegangen den 30. V. 1906.)
In einer vorläufigen Mitteilung habe ich im Jahre 1902!) gezeigt,
daß die Angaben Gordin’s, nach welchen, entgegen den bisherigen
Annahmen, die Columbowurzel kein Berberin enthalte, richtig seien und
die Ergebnisse meiner kurzen Studie in folgenden Sätzen zusammengefaßt:
1. Die Columbowurzel enthält mindestens zwei berberinartige,
mit Berberin nicht identische Alkaloide.
2. Die Columboalkaloide sind gelb gefärbt und gehen bei der
Reduktion in farblose Hydroverbindungen über, die sich im Gegensatz
zum Ausgangsmaterial mit Aether ausschütteln lassen.
3. Berberin selbst ist in Radix Columbo nicht enthalten, und
4. die Columboalkaloide sind, wie das Berberin, quartäre Basen,
die bei der Reduktion in tertiäre Hydroverbindungen übergehen.
1) Dieses Archiv 240, 450.
256 J. Gadamer: Alkaloide der Columbowurzel.
Mit dem eingehenden Studium der Verhältnisse habe ich sodann
vor einigen Jahren Herrn Apotheker Günzel betraut. Die Ergebnisse
seiner Arbeit sind keine endgültigen, da Herr Günzel aus Gründen
privater Natur seine Arbeit plötzlich abbrechen mußte. Die Fort-
setzung der interessanten Studien hat dann vor einiger Zeit Herr
Dr. Feist übernommen, der zu gegebener Zeit selbst über die Resultate
seiner Forschungen berichten wird.
Sind demnach die Resultate Günzel’s noch durchaus
fragmentarisch, so halte ich es doch für geboten, sie jetzt schon der
Oeffentlichkeit zu übergeben, da sie trotz der großen Lücken das
Interesse der Fachgenossen erwecken dürften.
Meine früher ausgesprochene Anschauung hat durch die Arbeiten
Günzel’s vollständige Bestätigung erfahren und — ich darf darin wohl
vorgreifen — in noch höherem Maße durch die von K. Feist. Die
Columboalkaloide sind in der Tat vollständige Analoge des Berberins,
so vollständig, daß die Verschiedenheiten, soweit es sich bis jetzt
übersehen läßt, nur auf die Anzahl der Hydroxylgruppen, die Art
ihrer Verätherung und ev. ihre Stellung zurückzuführen sird, während
der Kern derselbe wie im Berberin sein dürfte. Diese Annahme war
auch in praktischer Beziehung fruchtbringend.. Die Trennung der
einzelnen Alkaloide — wir kennen jetzt bereits drei — ist mit großen
Schwierigkeiten verknüpft, da die freien Basen, ähnlich wie beim
Berberin, schwer zugänglich sind. Man ist daher auf die Isolierung
durch immer und immer wiederholtes Umkrystallisieren der Salze
angewiesen, eine sehr mühselige und wenig lohnende Beschäftigung,
da bei der Aehnlichkeit der Basen unter sich auf diese Weise eine
wirklich vollkommene Trennung von einander kaum zu erreichen ist.
Die Ergebnisse der Analysen weichen daher z. T. nicht unerheblich
von den berechneten Werten ab, derart, daß z. B. die Formel für das
Alkaloid A nach den Analysen des Jodides eher zu CoHsNO;-J als
zu Os, Has NO, -J angenommen werden müßte. Die Tatsache aber, daß
bei fünf Sauerstoffatomen in der Molekel 4 Methoxglgruppen vorhanden
sind, ließ die erstere Formel ausgeschlossen erscheiten und zu Gunsten
der zweiten entscheiden. Die weitere Untersuchung hat dann auch
die Richtigkeit dieses Schlusses bewiesen.
Auf die näheren Beziehungen der Oolamhonietaiie zu einander
und zum Berberin jetzt schon einzugehen, erscheint nicht angemessen.
Ich hoffe jedoch, binnen kurzem an anderer Stelle darüber Mitteilung
machen zu können, während die ausführliche Publikation K. Feist's
seiner Zeit in diesem Archiv einen Platz finden wird.
E. Günzel: Alkaloide der Columbowurzel. 257
Ueber die Alkaloide der Columbowrurzel.
Von E. Günzel.
Die Wurzel der ostafrikanischen Menispermacee „Jateorrhiza
palmata“ ist bisher, trotzdem sie. in die neuesten Arzneibücher als
heilkräftige Droge aufgenommen ist, nur von wenigen Forschern
eingehend untersucht worden, zum Teil wohl auch, weil die von
C. Bödeker im Jahre 1849 in den Annalen der Pharmazie!) ver-
öffentlichte Arbeit: „Chemisch-physiologische Untersuchung einiger
Stoffe aus der Familie der Menispermeen“ alles bisher über die
Columbowurzel bekannte zusammenfaßt und fehlende wichtige Angaben
ziemlich erschöpfend ergänzt.
Zuerst bekannt und Gegenstand näherer Untersuchung war der
von Wittstock?) aufgefundene Bitterstoff: „Das Columbin“, welches
von Gustav Rose?) und Liebig*), von ersterem in physikalischer,
von letzterem in chemischer Beziehung, untersucht wurde. Bödeker
bestätigte durch seine Analysen den Befund Liebig’s, konnte jedoch
nicht eine sichere Formel für das Columbin aufstellen, da seine Be-
strebungen das Molekulargewicht dieses Körpers zu ermitteln zu
keinem Resultat führten. Aus verschiedenen Elementaranalysen
berechnete er die Formel Caı HııO-,, indessen hielt er sich durch
Analogieschlüsse auf andere in der Columbowurzel enthaltene Körper
für berechtigt, diese Formel zu verdoppeln, also zu O,aHss 014 fest-
zusetzen (nach jetziger Schreibweise: Ca} H3s07). Außer diesem
Columbin fand Bödeker noch einen zweiten stickstofffreien Körper,
welcher allerdings nur in amorphem Zustande isoliert werden konnte;
er zeigte die Eigenschaften einer schwachen Säure, und wurde darum
mit dem Namen: „Columbosäure“ belegt.
Im Vordergrunde des Interesses steht ein dritter stickstoff haltiger
Körper, den Bödeker ebenfalls in nicht unerheblichen Mengen aus
der Columbowurzel isolierte, und welchen er als identisch mit Berberin
ansah. In der Tat sind die aus der Columbowurzel isolierten Basen
dem Berberin sehr ähnlich; auch lieferten die Elementaranalysen
Bödeker’s auffallend übereinstimmende Resultate mit den von Fleit-
mann?) ausgeführten Elementaranalysen des Berberins. Da nun das
I) Ann. 69, 37.
%) Poggendorf’s Ann. 19, 298.
8, Ibid. 9, 441.
4) Ibid. 21, 30.
5) Ann. 59, 160 ff. [1846].
Arch. d. Pharm. CCOXXXXIV., Bds. 4. Heft. 17
258 E. Günzel: Alkaloide der Columbowurzel.
Berberin ein ziemlich verbreitetes Alkaloid ist, und außerdem die
Berberideen den Menispermeen sehr nahe stehen, so erschien das Vor-
handensein des Berberins in der Columbowurzel als sehr wahrscheinlich,
und bis vor wenigen Jahren rechnete man Jateorrhiza palmata zu den
Berberin führenden Pflanzen. Da erschien im Frühjahr 1902 im
Archiv der Pharmazie (Band 240, Seite 146) eine Mitteilung von
H. M. Gordin in Cincinnati über das Vorkommen und den Nachweis
des Berberins in Pflanzen. Gordin prüfte die in der Literatur als
berberinhaltig angegebenen Pflanzen nach einem von ihm gefundenen
Verfahren, und fand hierbei, daß verschiedene Pflanzen zu Unrecht
für berberinhaltig galten; zu diesen gehörte unter anderen auch
Jateorrhiza palmata. Diese Tatsache wurde durch Gadamer (Archiv
der Pharmazie, Band 240, Seite 450) bestätigt. Er kam zu dem
Schlusse, daß die Columbowurzel mindestens zwei, zwar dem Berberin
ähnliche, aber nicht mit Berberin identische Alkaloide enthalte. Diese
Tatsachen mußten größeres Interesse erregen, da bisher Berberin das
einzige Alkaloid seiner Art war, welches in der Natur beobachtet
worden ist, während allerdings eine Anzahl von Alkaloiden (tertiäre
Basen) bekannt sind, die zum Berberin in mehr oder weniger naher
Beziehung stehen. Ich unterzog mich daher auf Veranlassung von
Herrn Prof. Gadamer gern der Aufgabe, unsere Kenntnisse über die
Columboalkaloide zu erweitern.
Darstellung der Columboalkaloide.
Um eine genügende Menge Untersuchungsmaterial zu erhalten,
verarbeitete ich zunächst 20 kg von der Firma J. D. Riedel, Berlin,
gelieferte Radix Colombo. Die in Querscheiben geschnittene Droge
wurde zunächst grob gepulvert und darauf im Christ'schen Extraktions-
apparat mit 96%igem Alkohol ausgezogen, die angewendete Menge
lieferte 2,6 kg dickes Extrakt. Dieses Extrakt wurde auf dem
Wasserbade in einer Mischung aus je 2,6 kg Wasser und 96 %igem
Alkohol gelöst, und die erkaltete Lösung mit 20 kg Alkohol und
darauf mit 2,6 kg Aether gemischt. Nach Zusatz des Aethers schied
sich eine dextrinartige, klebrige Substanz ab, welche sich fest an den
Boden des Gefäßes ansetzte, so daß man die überstehende Extrakt-
lösung klar abgießen konnte.
Von dieser Lösung wurden 20 kg abdestilliert, der Rückstand
mit einer zur vollkommenen Lösung hinreichenden Menge Wassers
aufgenommen und die wässerige Lösung einmal mit Aether aus-
geschüttelt. Neben Fettsubstanzen nahm der Aether vornehmlich das
Columbin aus der wässerigen Lösung auf. Letztere wurde in ein“
a nn
a. are
a EV
E. Günzel: Alkaloide der Columbowurzel. 259
geräumige Porzellanschale abgelassen und durch Erwärmen auf dem
Wasserbade vollständig von Alkohol und Aether befreit, darauf mit
Kieselgur geklärt und filtriert. Aus dem klaren Filtrat fällte ich
die Colombobasen mit 25%iger Jodkaliumlösung; der erhaltene Nieder-
schlag wog im lufttrockenen Zustand 90,0 g. Er bestand aus einer
dunkelbraunen, von vielen gelben Partikelchen durchsetzten, krümeligen
Masse. Zur Reinigung wurde derselbe zweimal mit ungefähr %1
Alkohol am Rückflußkühler auf dem Woasserbade eine Stunde lang
ausgekocht, und darauf durch Filtration die tiefbraune Lösung von
dem ungelösten, orangefarbenen, krystallinischen Pulver getrennt. Im
lufttrockenen Zustand wog dieses 59,0 g. Zur weiteren Reinigung
wurde dasselbe mehrfach aus heißem Alkohol umkrystallisiert, bis sich
schließlich ein goldgelber Körper in wohlausgebildeten, nadelförmigen
Krystallen abschied. Im lufttrockenen Zustand lag sein Schmelzpunkt
bei + 224° ©., nachdem etwa bei + 180° C. Schwärzung eingetreten
war. Die Base dieses Jodides erhielt den Namen: Columbamin.
Aus der dunkelbraunen alkoholischen Lösung schieden sich ebenfalls
allmählich Krystalle ab; dieselben waren jedoch wesentlich dunkler,
ihr Schmelzpunkt lag im lufttrockenen Zustand bei + 210° C.; offenbar
repräsentierten sie das Jodid einer anderen Base: des Alkaloides „B*.
Zunächst nahm ich die Untersuchung des Columbamins in Angriff.
Da mir nun die aus 20 kg Wurzel erhaltene Ausbeute für die zur
Erforschung der Konstitution voraussichtlich vielen Versuche und
Analysen bei weitem nicht ausreichend erschien, galt es zunächst eine
genügende Menge Ausgangsmaterial herzustellen. Um den mit der
Extraktion der Rohdroge verbundenen großen Zeitverlust zu ver-
meiden, wurden 5 kg trockenes weingeistiges Columboextrakt von der
Firma Wolfrun in Augsburg und je 1kg wässeriges und wein-
geistiges Extrakt von J. D. Riedel, Berlin, bezogen. Bei einem mit
je 20,0 g Extrakt angestellten Vorversuch zeigte das wässerige Extrakt
einen Alkaloidgehalt von 3,6% und das weingeistige einen solchen von
5,4% Die Verarbeitung geschah nun in der gleichen Weise, wie
vorhin angegeben, die Ausbeute an Rohalkaloiden betrug 235,08. Zum
Zweck der Reinigung wurde das Jodid der Base B ebenfalls durch
Kochen mit wenig Alkohol in Lösung gebracht, und der hauptsächlich
aus Columbaminjodid bestehende Rückstand aus heißem Alkohol um-
krystallisiert. Um das in den Mutterlaugen gelöste Columbaminjodid
zu erhalten, destillierte ich die Hälfte des Alkohols ab, indessen
krystallisierte auch während mehrerer Tage nur eine geringe Menge
aus, anscheinend wurde das Alkaloidsalz durch gelöste harzige Ver-
unreinigungen am Auskrystallisieren gehindert. Deshalb destillierte
ich den Alkohol völlig ab und nahm die zurückbleibende schmierige
1 Yie
260 E. Günzel: Alkaloide der Columbowurzel.
Masse mit heißem Eisessig auf. Nach einigen Tagen hatten sich an-
sehnliche Krystallmassen abgeschieden; diese wurden aus heißem
Alkohol umkrystallisiert und mit Krystallen von gleichem Schmelz-
punkt vereinigt. Auch Essigäther, Aceton und Methylalkohol eignen
sich zum Umkrystallisieren des Columbaminjodids.
Bemerkt sei noch, daß Bödeker einen wesentlich anderen Weg
einschlug, um aus dem Columboextrakt die Alkaloide zu gewinnen.
Er löste das Extrakt in heißem Kalkwasser und filtrierte die heiße
Lösung. Das Filtrat wurde dann mit Salzsäure neutralisiert und nach
abermaliger Filtration mit Salzsäure übersäuert; es sollte dann nach
einigen Tagen ein reichlicher, krystallinischer Niederschlag des
Alkaloidsalzes eintreten. Indessen hatte ein nach seinen Angaben
geleiteter Versuch nicht den angegebenen Erfolg, auch nach mehr-
tägigem Stehen trat keine krystallinische Ausscheidung ein; es wurde
darum von einer Ausführung dieser Methode in größerem Maßstabe
Abstand genommen.
Jodid des Columbamins.
Das nach angegebenem Verfahren erhaltene Columbaminjodid
bildet orangefarbene Krystallnadeln von durchdringend bitterem
Geschmack und intensivem Färbungsvermögen. In Wasser ist es schwer
löslich, erteilt ihm aber eine gelbbraune Farbe, in kaltem Aethyl- und
Methylalkohol löst es sich nur wenig, reichlicher in heißem Alkohol und
Eisessig, beim Erkalten scheiden die heißgesättigten Lösungen den
größten Teil des Salzes in schön ausgebildeten Krystallnadeln wieder ab.
Der Schmelzpunkt liegt, wie bereits erwähnt, bei + 224° ©.
nachdem bei ca. + 180° C. Schwärzung eintritt. Die Analysen
lieferten folgende Resultate:
. 0,1840 g verloren bei 1000 0,001 g = 0,5% Hs0.
0199, 5» 100 0,002 „—0,1, ,
. 0409, , „ 100° 002 „05, „
0,2341 „ gaben 0,4237 g COg und 0,1018 g H30.
04 neh. DAOBBE, wre. er
0,2391 „ „ 72 ccm feuchten Stickstoff T = 23°, B — 755 mm.
0,195, „ 62cm „ nm, „aM,
0,2080 „ lieferten 0,1010 g Ag).
U.3790 "0 Nana
Gefunden: Berechnet für
ı. 2 3.04 5 6 7 & 9 (yHaN0,J;MG— 483,18:
eorunospumr
00er ai
Gele suis au gel meulsiuhbe 49,8
mw isch Rees 4,6
Built deal 7 Bebresrich 2,9
nie ahesfiokhluäeueeih Tre 26,3,
ee 2 „7 24 ug Ws
£. Günzel: Alkaloide der Colambowurzel. 261
Die Jodbestimmungen wurden im Bombenrohr ausgeführt, ein
Versuch das Jod aus der wässerigen Lösung des Jodides mit AgNOs
zu fällen mißlang, da die Abscheidung von Ag.J nicht quantitativ
eintrat. Diese Daten weisen zunächst darauf hin, daß das Jodid, wie
das des Berberins, wasserfrei krystallisiert, und führen zur Formel
CoHaNO0;J. Wir werden jedoch sehen, daß diese Formel wenig
wahrscheinlich ist, und vermutlich Csı Haa NO; J der Wahrheit entspricht.
(Die Differenz dürfte von einem Gehalt an Base B herrühren.)
Um einen Einblick in die Konstitution des Moleküls zu gewinnen,
führte ich einige Methoxylbestimmungen nach Zeisel aus. Dieselben
ergaben folgendes:
2) 0,3376 g = 0,4173g Ag) = 33,1% OCH;.
b) 0,1989, = 0349, „ = 29, n
c) 0,2107, = 03647, „ =29, »
Berechnet man für die Formel Co Hs NO, J vier OCH;-Gruppen,
so entspräche dies 25,7% OCH,, nimmt man aber 40CH; im Molekül
des Columbaminjodides an, und behält gleichzeitig die Vorstellung bei,
daß das Columbamin dem Berberin sehr nahe steht, und nur viel-
leicht durch Variation der Seitenketten sich von letzterem unter-
scheidet, so muß dem Columbamiojodid die Formel Cs; Has NO; J zu-
kommen, auf diese Formel berechnet entsprechen vier OCH;-Gruppen
25,0% OCH;.
Die immerhin auch hier noch erhebliche Differenz zwischen den
berechneten und gefundenen Prozenten an OCH3-Gruppen, konnte
vielleicht darin ihren Grund haben, daß im Molekül des Columbamins
tatsächlich nur drei OCH3-Gruppen neben einer Methylimidgruppe ent-
halten sind, welche bei der Bestimmung nach Zeisel auch teilweise
abgespalten wird; daher führte ich auch eine N.-Methylbestimmung
nach Herzig und Meyer aus, dieselbe verlief aber völlig negativ.
Die wenig genauen Resultate, welche die Analyse des Jodides lieferte,
mögen wohl dadurch bedingt sein, daß das angewandte Salz noch nicht
völlig analysenrein war. Das Jodid des Columbamins erwies sich
nämlich, wie ein nachträglich angestellter Versuch lehrte, als schwach
perjodidhaltig, so wurde z. B. eine wässerige Lösung des Columbamin-
jodides durch reduzierende Agentien (Schwefelwasserstof) merklich
heller gefärbt. Dadurch läßt sich auch der für die Formel Ca Has NO; J
zu hoch gefundene Jodgehalt, und. teilweise auch der zu niedrig
gefundene C-Gehalt erklären. Hauptsächlich dürften jedoch diese
Differenzen auf einen Gehalt an Base B zurückzuführen sein.
Günstigere Resultate lieferte die Analyse des Chlorides und des
saueren Sulfates.
262 E. Günzel: Alkaloide der Columbowurzelk
Columbaminchlorid.
Durch Digestion eines Grammes Columbaminjodid mit feuchtem
Silberchlorid und einer zur Lösung des Alkaloides hinreichenden Menge
Wassers erhielt ich nach erfolgter Filtration eine wässerige Lösung
des Columbaminchlorides. Diese Lösung wurde zur Krystallisation
eingedampft und die abgeschiedenen gelbbraunen Krystalie in wenig
Alkohol gelöst und die alkoholische Lösung mit Aether überschichtet.
Im Laufe eines Tages schieden sich wohlausgebildete, gelbe
Krystallnadeln ab; diese wurden abgesaugt und schmolzen im luft-
trockenen Zustand bei + 198° C. (unscharf). Um ausreichendes
Analysenmaterial zu erhalten, führte ich nun weitere 10,0 g Columbamin-
jodid in das Chlorid über. Da das Jodid perjodidhaltig war, löste ich
es in heißem Wasser und leitete, in die heiße Lösung einige Blasen
Schwefelwasserstoff, um die Perjodide zu reduzieren. Der überschüssige
Schwefelwasserstoff wurde durch Kohlensäure verdrängt und darauf
die wässerige Lösung nach Zugabe von 8,0 g feuchten Chlorsilbers
einige Stunden auf dem Dampfbade erwärmt. Die Reaktion verlief
quantitativ, denn eine abfiltrierte Probe mit Chlorsilber: digeriert und
wiederum abfiltriert, hinterließ einen in Ammoniak völlig löslichen
Rückstand, auch gab ein Tropfen des Filtrates mit Goldehlorid nur
eine Gelbfärbung; bei Gegenwart von unzersetztem Jodid hätte eine
Abscheidung von Jod eintreten müssen. Die gesamte Chloridlösung
wurde von dem ausgeschiedenen Jodsilber abfiltriert und zur Kry-
stallisation gebracht. Das Chlorid krystallisierte in zwei verschiedenen
Krystallformen, nämlich in dunkelbraunen Säulen und orangefarbenen,
zu Drusen vereinigten Nadeln. Eine Trennung der verschiedenen
Krystalle ließ sich auf mechanischem Wege leicht ausführen. Die
säulenförmigen Krystalle schmolzen lufttrocken bei + 184° C., die
orangefarbenen Nadeln bei + 194° C., in beiden Fällen trat zwischen
160 und 170° Schwärzung ein. Ein Teil der säulenförmigen Krystalle
wurde durch Lösen in Alkohol und Ueberschichten mit Aether um-
krystallisiert, es schieden sich nun feine. gelbe Nadeln aus, deren
Schmelzpunkt bei + 196° C. lag. Diese Krystallnadeln waren aller-
dings etwas heller, als die anfangs aus der wässerigen Lösung aus-
geschiedenen, indessen ließen die gleiche Krystallform und der nahezu
gleiche Schmelzpunkt eine Identität beider Körper nicht ausgeschlossen
erscheinen. Die Verschiedenheit der aus der wässerigen Lösung aus-
geschiedenen Krystalle beruhte auscheinend nur auf einem verschiedenen
Wassergehalt derselben, wie ja auch das Berberinchlorid in zwei
Formen, nämlich mit 2 und 4 Molekülen Wasser krystallisiert. Daß
hier tatsächlich ähnliche Verhältnisse vorliegen, zeigte die Wasser-
bestimmung.
in
E. Günzel: Alkaloide der Columbowurzel. 263
I. Gelbe Krystallnadeln.
a) Aus Wasser krystallisiert: 0,1788 g verloren 0,0194 g = 10,8% Ha0.
b) Aus Alkohol-Aether krystallisiert: 0,9104 g verloren 0,1000 g
= 10,9% H30.
II. Braune, säulenförmige Krystalle.
a) 0,2072 g verloren 0,0322 g = 15,5% Hs0.
b) 0,5422 „ „0,0856 „u 158 4
Berechnet für
Cs; Ha NO,Cl -H 2% Hs0: Cgı H-3 NO, Cl + 4H,0:
H30 — 10,04 15,2:%.
Demnach besitzen die gelben, nadelförmigen Krystalle 214 Mol. und
die braunen, säulenförmigen 4 Mol. Krystallwasser. Die Chlorbestimmungen
im lufttrockenen Chlorid unterstützen dieses Resultat:
a) Gelbe Nadeln mit 10,8% H30: 0,1954 g = 0,0647 g AgCl = 82 % Cl,
berechnet für Ca} Hs3 NO, Cl + 21% Hs0 = {is PT
b) Braune Säulen mit 15,5% Hs30: 0,1685 g — 0,0508g AgCl = 7,45, „,
berechnet für Ca; Hg NO, Cl + 4Ha = 7,45 „ »
Im wasserfreien Zustand ist der Chlorgehalt in beiden Krystalltormen
der gleiche.
a) Gelbe Nadeln bei 1000 getrocknet: 0,1569 g = 0,0551 g Ag0l=8,7% Cl,
b) Braune Säulen „ 1000 r 0,1642 „—0,0570, „ =86, »
berechnet für C; H3N0;C1=88, y
Die Elementaranalyse des Chlorides lieferte folgende Werte:
0,1292 g = 0,2945 g 00a = 62,2% C
> 0123 „EU — 5.0 H
Berechnet für Ca} Hg NO0,Cl: 62,4% C und 5,5% H.
Das Goldsalz des Columbamins
entstand nach Zugabe einiger Tropfen Goldchloridlösung zu einer
wässerigen Columbaminchloridlösung als ein amorpher, an Eisenhydroxyd
erinnernder Niederschlag. Es ist in Wasser unlöslich, in Alkohol
äußerst schwer löslich, aus der heiß bereiteten alkoholischen Lösung
scheidet es sich kleinkrystallinisch ab.
Das Platinsalz des Columbamins
entstand als amorpher, gallertartiger Niederschlag nach Zugabe einiger
Tropfen Platinchloridlösung zu einer wässerigen Columbaminchlorid-
lösung; beim Erwärmen wurde es krystallinisch.
Das Columbaminnitrat
erhielt ich in hellbraunen, wohlausgebildeten Krystalldrusen durch
Eindampfen des Filtrates einer mit Silbernitratlösung versetzten
wässerigen Columbaminjodidlösung nach Entfernung des Silber-
überschusses durch Schwefelwasserstoff.
BE Ark
264 E. Günzel: Alkaloide der Columbowurzel.
Das saure Sulfat des Columbamins.
Zur Darstellung des sauren Sulfats digerierte ich 10,0 g
Columbaminjodid mit einer wässerigen Silbersulfatlösung, löste das
gebildete Sulfat in warmem Wasser und filtrierte die Sulfatlösung
vom ausgeschiedenen Jodsilber ab. Im Filtrat wurde das überschüssige
Silber durch Einleiten von Schwefelwasserstoff beseitigt, und das
Filtrat vom Silbersulfidniederschlag bis zur völligen Vertreibung des
Schwefelwasserstoffs erwärmt. Von der erhaltenen Lösung dampfte
ich ein Drittel zur Krystallisation ein, den übrigen Teil verwendete
ich zu einem später zu erwähnenden Versuche. Die ausgeschiedenen
Krystalle wurden aus Alkohol umkrystallisiert und stellten dann gut-
ausgebildete, gelbe Krystalltäfelchen dar, welche zwischen + 220° und
222° 0. schmolzen. Das Sulfat ist anscheinend wasserfrei; die Wasser-
bestimmung lieferte folgendes Ergebnis:
0,8569 g verloren: 0,0159 g = 1,85%.
Für die Formel: Ca; Hgg NO-.-HSO, berechnet, entspricht 1 Mol. Krystall-
wasser 3,7% Hs0.
Die Elementaranalyse lieferte folgendes Resultat:
a) 0,2704 g — 0,5416 g COs + 0,1408 g Ha0 —= 54,6%, C und 5,8% H.
b) 0,2374°, — 04727, , 101215... mE er Bu
Berechnet für Ca Hs, NO, HSO, = 54.2, SIE 9 5,0, „
Die Schwefelsäurebestimmung gelang nicht durch Ausfällen der
Schwefelsäure aus der wässerigen Salzlösung mittelst Baryumchlorid, da
ganz erhebliche Mengen Baryumsulfat gelöst bleiben. So erhielt ich von:
0,3346 g Substanz nur 0,0394 g BaS0, = 11,1% SO,.
Die Bestimmung nach Carius ergab folgendes:
0,2082 g = 0,0997 g BaS0, = 19,7 % SO,.
Berechnet für C3, Ha NO;,-HSO, = 20,65 „
n
Columbaminpentasulfid.
Im Archiv der Pharmazie, Band 228, S. 631, berichtet Schreiber
über die Einwirkung des gelben Schwefelammoniums auf Berberinjodid.
Nach seinen Angaben behandelte ich auch das Columbaminjodid.
Nachdem ich mich durch einen Vorversuch überzeugt hatte, daß durch
Einwirkung von gelbem Schwefelammonium auf ammoniakalische
Columbaminjodidlösung ein Sulfid des Columbamins entsteht, löste ich
ein Gramm Columbaminjodid in Ammoniak und gab zu dieser Lösung
gelbes Schwefelammonium im Ueberschuß. Die während eines Tages
ausgeschiedenen grünschwarzen Krystalle wurden abgesaugt und mit
Alkohol und Aether ausgewaschen, bis letzterer farblos ablief. Ein
Versuch, den erhaltenen Körper aus Alkohol umzukrystallisieren,
mißlang, es trat hierbei Zersetzung ein unter Ausscheidung von
Schwefel. Das übrige Material wurde zwischen Filtrierpapier
P E. Günzel: Alkaloide der Columbowurzel. 265
| getrocknet und, nachdem der Schmelzpunkt der Krystalle bei + 139° ©.
ermittelt war, sofort der Analyse unterworfen.
Es wurden zwei Schwefelbestimmungen nach Carius ausgeführt:
1. 0,2072 g Substanz = 0,2601 g BaS0, = 172% S.
IL. 02008 „0, 086, el, ,
Berechnet für [Ca Hg NO;)JS; = 17,9, „
Es hatte sich also Columbaminpentasulfid gebildet; auch das
Berberin bildet nach Schreiber unter den gleichen Versuchsbedingungen
Polysulfidee Um zu erfahren, welcher Art die beim Behandeln des
Columbaminpentasulfides mit Alkohol eingetretene Zersetzung war,
wurde der Alkohol bei mäßiger Wärme größtenteils abgedunstet. Es
schieden sich gelbe bis gelbrote Krystallnadeln aus. Unter der Lupe
konnte man neben diesen Krystallen deutlich weiße Oktaeder beobachten,
die durch das Mikroskop ausschließlich als Schwefel identifiziert
wurden. Der Schmelzpunkt der gelbroten Krystalle lag bei + 196° ©.
Um zu erfahren, ob in ihnen überhaupt noch eine Schwefelverbindung
vorlag, wurde ein Teil derselben auf einem Uhrglase mit einigen
Tropfen verdünnter Schwefelsäure befeuchtet, mit einem zweiten Uhr-
glase, an: dessen Innenseite ein kleiner Streifen Bleipapier befestigt
war, bedeckt und gelinde erwärmt. Eine schwache Bräunung des
Bleipapieres trat nun an einer Kante desselben auf, wahrscheinlich von
dem beigemengten elementaren Schwefel herrührend. Eine Schwefel-
verbindung repräsentierten demnach diese Krystalle nicht. Es lag aber
auch in ihnen keine Jodverbindung vor, denn eine schwach salpetersaure
Lösung derselben gab auf Zusatz von Silbernitrat nur eine geringe
Ausscheidung von Schwefelsilber. Die Lösung nahm eine rotbraune
Farbe an, wahrscheinlich durch einen Oxydationsvorgang.
Die reduzierte Base (Tetrahydrocolumbamin).
Gadamer hatte durch Reduktion des Columbaminnitrates mit
Zink und Schwefelsäure, Uebersättigen des Reduktionsproduktes mit
Ammoniak und Ausäthern desselben, eine in Alkohol leicht lösliche,
farblose Base erhalten vom Schmp. + 137—138°C. Auf dieselbe
Weise versuchte ich aus dem Columbaminjodid die reduzierte Base zu
gewinnen. Zu diesem Zwecke wurden 2,0 g Columbaminjodid in
heißem Wasser gelöst, und die Lösung mit Zink und Schwefelsäure
auf dem Wasserbade bis zur fast völligen Entfärbung erwärmt. Da
sich beim Erkalten das Jodid der reduzierten Base in weißen Kristallen
abschied, wurde die Lösung noch heiß filtriert, das Filtrat mit Ammoniak
übersättigt und ausgeäthert. Die ätherische Lösung der reduzierten
Base wurde mit wasserfreiem Natriumsulfat entwässert und darauf die
ut. an
tn ER TE
ee,
.
266 E. Günzel: Alkaloide der Columbowurzel.
Hauptmenge des Aethers abdestilliert. Aus dem Rückstand krystallisierte
die reduzierte Base in gelblichweißen, sehr licht- und luftempfindlichen
Krystallen aus. Die an den Wandungen der Krystallisierschale
haftenden Krystalle färbten sich bald gelb bis braunrot. Um aus-
reichendes Analysenmaterial zu erhalten, behandelte ich 10,0 g
Columbaminjodid in der gleichen Weise. Die ausgeschiedenen
Krystalle wurden auf mechanischem Wege von dunkel gefärbten
Anteilen befreit und zunächst aus Aethylalkohol und darauf aus
Methylalkohol umkrystallisiertt. Aus den rotgefärbten Mutterlaugen
gelang es durch Eindampfen und Zugabe eines gleichen Volumen
Wasser eine weitere Abscheidung von Krystallen zu bewirken, welche
ebenfalls noch einmal aus Methylalkohol umkrystallisiert wurden. Die
so erhaltene reduzierte Base krystallisierte in weißen, durchsichtigen
Krystallschuppen, ihr Schmelzpunkt lag bei +142°C. Die Wasser-
bestimmung zeigte, daß die reduzierte Base wasserfrei krystallisiert:
0,8162 g Substanz verloren bei 100° 0,0045 g = 0,55% Hs0.
I. Die Elementaranalyse lieferte folgendes Resultat:
a) 0,2102 g = 0,5346 g COa und 0,1289 g H50 = 69,49%, C und 6,9% H.
b).:i0,2325 5: 0,6056, 7° „13,710,1460 Zi neeB9 BEE ED
Berechnet für Cs} Hs; NO, = 371,23 — 67,9, 5 „ 685 „
I. Die Methoxylbestimmung ergab:
a) 0,2687 g = 0,7032 g AgJ = 34,6% OCH;.
Berechnet für 4 OCH;3-Gruppen = 33,4% OCH;.
Auffällig ist der zu hohe Befund an Kohlenstoff, der durch
Analysenfehler bei der guten Uebereinstimmung der Resultate nicht
zu erklären sein dürfte.
In dem Rückstand der Methoxylbestimmung schieden sich gelbe
Krystalle ab; diese wurden abgesaugt und aus Wasser umkrystallisiert.
Es schied sich ein hellgrauer krystallinischer Körper aus, der sich aber
bald durch Sauerstoffaufnahme dunkler färbte, ebenso nahm auch die
anfangs hellbraune Mutterlauge schnell einen dunkleren Farbenton an.
Aus der wässerigen Lösung dieses Jodides schieden Kalilauge und
Ammoniak die freie Base als hellgrauen Niederschlag aus, welcher sich
im Ueberschuß des Fällungsmittels leicht löste. Beim Umschütteln wurde
die Lösung dunkelgrün. Ein Teil der ammoniakalischen Lösung wurde
auf einem Uhrglase im Vakuumexsikkator verdunstet, auch hier färbte
sich die Lösung durch Oxydation dunkelgrün, eine Krystallisation war
nicht zu bemerken. Einen Teil der Jodidlösung führte ich mittelst
feuchten Chlorsilbers in das Chlorid über. Die Chloridlösung reduzierte
Goldehlorid unter Grünfärbung schon in der Kälte nahezu momentan,
Platinchlorid wurde erst beim Erwärmen reduziert, Versuche, aus der
Be
Re
}
E. Günzel: Alkaloide der Columbowurzel. 267
wässerigen Chloridlösung Krystalle zu erhalten, mißglückten, da sowohl
beim Eindampfen, wie auch beim Verdunsten im Vakuumexsikkator
durch Oxydation die Lösung intensiv braun gefärbt wurde.
Das Chlorid des reduzierten Columbamins
krystallisierte aus der salzsauren Lösung der reduzierten Base
in weißen Krystallnadeln aus; diese sind in kaltem Wasser nahezu
unlöslich und scheiden sich aus der heiß bereiteten wässerigen Lösung
beim Erkalten fast vollständig wieder aus. Natronlauge scheidet aus
dem salzsauren Salz die freie Base ab, ein Ueberschuß von Natronlauge
schien den Niederschlag wieder teilweise zu lögen. Um dies sicher
festzustellen, wurde eine mit Natronlauge übersättigte Lösung des
reduzierten salzsauren Columbamins in zwei Teile geteilt, der eine
wurde mit Ammoniumchlorid versetzt, und darauf beide Teile mit
Aether ausgeschüttelt. Aus der mit Ammoniumchlorid versetzten Probe
gelangten weiße Krystalle zur Ausscheidung, welche bei + 142° C.
schmolzen, also mit der reduzierten Base identisch waren, die Aus-
schüttelung des anderen Teils lieferte beim Verdunsten nur ein dünnes,
weißes Salzhäutchen. Die Base scheint also eine freie Phenolhydroxyl-
gruppe zu enthalten.
Das Goldsalz der reduzierten Base.
Goldchlorid bewirkt in der wässerigen Lösung der salzsauren
reduzierten Base einen fleischfarbigen, amorphen Niederschlag, welcher
in Wasser unlöslich, in Alkohol hingegen löslich ist. Beim Verdunsten
der alkoholischen Lösung scheidet sich das Goldsalz in schönen, tafel-
förmigen Krystallen ab, ohne Beimengung von Goldflittern. Der
Schmelzpunkt des Goldsalzes liegt bei + 201° C. Beim Kochen mit
Wasser zersetzt sich das Goldsalz unter Abscheidung eines Goldspiegels.
Das Platinsalz der reduzierten Base.
Platinchlorid bewirkt in der warmen, wässerigen Lösung des
reduzierten Columbaminchlorides einen gelblich-weißen, aus mikro-
skopischen Krystallrosetten bestehenden Niederschlag, welcher in Alkohol
sehr schwer löslich ist. In einer unterkühlten Lösung des reduzierten
salzsauren Columbamins entsteht durch Platinchlorid ein amorpher
Niederschlag. In der kaltgesättigten Lösung des salzsauren reduzierten
Columbamins ruft Platinchlorid nur eine Opalescenz hervor. Um das
Platinsalz in analysenreiner Form zu erhalten, wurde eine warme,
wässerige, filtriertte Lösung von 0,5 g des salzsauren reduzierten
Columbamins mit einer filtrierten Platinchloridlösung vereinigt, und
268 E. Günzel: Alkaloide der Columbowurzel.
der entstandene Niederschlag abgesaugt und getrocknet. Das trockene
Platinsalz ist ein feines, orangefarbenes Krystallpulver, sein Schmelz-
punkt liegt bei + 228° C., es krystallisiert wasserfrei.
(0,3874 g Substanz verloren 0,0032 g = 0,83% Hs0.
Platinbestimmung:
0,3769 g Substanz ergaben 0,0607 g Pt = 16,1%.
Berechnet für [Cza, Hz NO,]3H>PtCl, = 1151, 978 —= 16,9%, Pt.
Der zu niedrige Platingehalt dürfte durch mit niedergerissenes
Chlorhydrat zu erklären sein.
Versuch einer elektrolytischen Reduktion des sauren Golumbaminsulfates.
Die Hauptmenge der durch Umsetzen des Columbaminchlorides
mit Silbersulfat erhaltenen Sulfatlösung diente zu diesem Versuch.
Die Versuchsanordnung war folgende: Die mit Schwefelsäure
angesäuerte Sulfatlösung umgab in einem großen Becherglas eine mit
verdünnter Schwefelsäure gefüllte Tonzelle, in welche die Anode ein-
tauchte, die Kathode befand sich in der Alkaloidsalzlösung und bestand
aus einem großen, die ganze Tonzelle umfassenden Platindrahtnetz.
Die Elektrolyse wurde mit einem Strom von 3,5 Ampere ausgetührt.
Zuerst entstand auf der Alkaloidsalzlösung ein gelber Schaum, später
ein gelber Niederschlag, welcher nach etwa tünfstündiger Elektrolyse
abgesaugt wurde. In dem Filtrat wurde die Elektrolyse noch einen
Tag lang ununterbrochen fortgesetzt, eine Abscheidung trat jetzt nur
noch in geringem Maße ein. Den abgesaugten, gelben Körper kry-
stallisierte ich aus Wasser um. Im lufttrockenen Zustand schmolz er
bei + 240° C. Ein Salz der reduzierten Base repräsentierte er an-
scheinend nicht, denn durch Ammoniak konnte die freie Base nicht
abgeschieden werden.
Platinchlorid bewirkte einen amorphen Niederschlag, der allmählich
krystallinisch wurde. Der Schmelzpunkt dieses Platinsalzes lag bei
+ 228° C.
I. Die Wasserbestimmung lieferte folgendes Resultat:
0,4936 g Substanz verloren 0,0206 g = 4,2% Hs0.
II. Die Elementaranalyse:
a) 0,2554 g — 0,4687 g COg und 0,1270 g H50 = 50,1% C und 5,6% H.
b) 0,2162, — 0,398, »„ » 0104, „ =49,» n Dis»
Leider reichte das Material zu weiteren Bestimmungen nicht aus,
die gefundenen Werte gestatten keinerlei Schlüsse auf die Natur der
Substanz.
Die elektrolysierte Alkaloidsalzlösung wurde mit Wasser ver-
dünnt und erwärmt, um ausgeschiedene Teilchen wieder in Lösung zu
RS
H. Emde: Styrylaminbasen. 269
bringen. In einem Teil der Lösung wurde die überschüssige Schwefel-
säure mit Baryumkarbonat neutralisiert und die vom ausgeschiedenen
Baryumsulfat abfiltrierte Lösung zur Krystallisation gebracht; es
bildeten sjch gelbe Krystalldrusen. In dem Rest der Lösung wurde
das Alkaloid durch Jodkaliumlösung als Jodid gefällt und letzteres
aus heißem Alkohol umkrystallisiert. Das so erhaltene Jodid schmolz
unscharf bei + 220° C.
I. Die Wasserbestimmung derselben ergab:
0,4938 g Substanz verloren 0,0070 g = 1,4% Ha.
II. Die Elementaranalyse:
0,2344 g = 0,4254 g COs und 0,0988 g Hs0 = 49,5% C und 4,79%, H.
Die Elementaranalyse stimmt für das Columbaminjodid, ebenso
wie für ein Dihydrocolumbaminjodid, da ja der geringe Unterschied
dieser beiden Körper durch eine Elementaranalyse kaum zum Ausdruck
kommt.
Leider konnte ich diese Frage nicht mehr in gewünschter Weise
lösen, da mich persönliche Verhältnisse zwangen, diese Arbeit plötzlich
abzubrechen. .
Mitteilungen aus dem pharmazeutisch-chemischen Institut
der Universität Marburg.
Von Ernst Schmidt.
198. Ueber Styrylaminbasen und deren Beziehungen
zum Ephedrin und Pseudoephedrin.
Von Dr. Hermann Emde.
Im Anschlusse an die von E. Miller und von F. Flaecher (l. c.)
ausgeführten Untersuchungen über das Ephedrin und das Pseudoephedrin
hat bereits E. Schmidt!) synthetische Versuche angestellt, um zu
Basen zu gelangen, welche in Beziehung zu jenen Alkaloiden stehen.
Als Ausgangsmaterial diente für diese Zwecke das Styrylchlorid
G,H;-CH:CH:-CH3:-Cl, welches glatt Trimethylamin addiert. Dieses
Additionsprodukt wurde weiter, zur Aufhebung der Doppelbindung,
mit Brom in Reaktion versetzt, das auf diese Weise gewonnene
Dibromid alsdann durch Kochen mit Wasser in ein Bromhydrin ver-
wandelt und dieses schließlich durch nascierenden Wasserstoff von
Brom befreit:
I) Arch. d. Pharm. 1905, 73—73,.
270 H. Emde: Styrylaminbasen.
CsH;-CH: CH-CHa- N (CH3)g- Cl, Styryltrimethylaminchlorid.
CgH;-CHBr-CHBr-CHg-N (CH3)3 Ci, Dibromid.
C, Hz: CH(OH)-CHBr: CHg- N (CH3)g Ci, Bromhydrin.
CsH5-CH(OH)-CHg-CHa-N(OHs)pCl, Reduktionsprodukt.
Dieses Reduktionsprodukt wurde in Gestalt; seines Golddoppel-
salzes isoliert. Es glich im Aeußeren und in den Löslichkeits-
verhältnissen dem Golddoppelsalze, welches E. R. Miller seinerzeit
aus dem Methylephedrinmethylchlorid erhalten hatte, nur lag der
Schmelzpunkt etwas niedriger (170°) als der der Millerschen Ver-
bindung. -
Da 100 g Styryltrimethylaminchlorid nur etwa 3 g reinen Gold-
salzes lieferten, habe ich auf Veranlassung von Herrn Geheimrat
E. Schmidt versucht, auf andere Weise zu .dieser Verbindung zu
gelangen. Diese Versuche hatten besonderes Interesse, nachdem ich
beim Pseudoephedrin, wie Miller beim Ephedrin, die erschöpfende
Methylierung durchgeführt und bei der Spaltung des Methylpseudo-
ephedrinmethylhydroxyds einen Alkohol erhalten hatte, der noch
niedriger siedet (198°) als der aus dem Ephedrin gewonnene.
Ich habe zu diesem Zwecke zunächst Styrylamin, Styrylmethyl-
amin, Styryltrimethylamin und Styrylpyridin in Form der betreffenden
Chloride, sowie einige Derivate und Doppelsalze davon dargestellt.
Dabei hat sich ergeben, daß zum Isolieren und Charakterisieren dieser
Basen in erster Linie die Platin- und Golddoppelsalze geeignet sind,
weniger die Quecksilberdoppelsalze. Ferner habe ich untersucht, wie
sich die Doppelbindung des Styrylrestes C,H; - CH : CH - CHa— in diesen
basischen Körpern bei Anlagerungsversuchen verhält. Namentlich
versuchte ich die Doppelbindung in den Styrylaminbasen durch Addition
von unterchloriger Säure aufzuheben und die auf diese Weise erhaltenen
Chlorhydrine hierauf durch nascierenden Wasserstoff vom Chlor zu
befreien, z. B.:
C,H;-CH:CH-CHa-N (CH3);, Cl, Styryltrimethylaminchlorid.
(08H; -CH(OH)-CHC!1-CHga-N (CH,), Cl, Chlorhydrin.
Ce HBs- CH (OH) . CHa S CHa -N (CHa)a Cl, Reduktionsprodukt.
Styrylchlorid C, H,- CH: CH- CHaCl.
Nach @. Ramdohr!?) erhält man das Styrylchlorid durch Ein-
wirkung von trockenem Chlorwasserstoffgas auf krystallisierten Zimmt-
alkohol. Im Anschlusse an diese Angaben verfuhr ich zur Gewinnung
des Chlorids wie folgt:
In einem Rundkolben ließ ich auf 100 g krystallisierten, von
Kahlbaum bezogenen Zimmtalkohol zunächst in der Kälte trockenes
1) Liebigs Jahresberichte 1858, 446.
u u Due
Br BR 2
ir
H. Emdie: Styrylaminbasen. 271
Chlorwasserstoffgas einwirken, wobei sich der Zimmtalkohol verflüssigte
und Rotweinfarbe annahm. Sobald die Hauptmenge des angewandten
Zimmtalkohols in ein öliges Liquidum verwandelt war, führte ich das
unten sich verjüngende Zuleitungsrohr bis auf den Boden des Kolbens
ein. Nachdem der Chlorwasserstoff einige Stunden lang in der Kälte
auf den Zimmtalkohol eingewirkt hatte, erhitzte ich das Reaktions-
produkt unter stetem Einleiten von Chlorwasserstoffgas solange auf dem
Wasserbade, bis eine Gewichtszunahme um nahezu 30 g erreicht war.
Es bildeten sich hierbei allmählich zwei Schichten: eine untere, milchig
getrübte, und eine obere, bei weitem größere, klar rotweinfarbige. Nach
Beseitigung der unteren Schicht im Scheidetrichter wusch ich das
zurückbleibende Styrylchlorid zur Entfernung gelöster Salzsäure
wiederholt mit gesättigter Kochsalzlösung, in der ich etwas Soda
aufgelöst hatte. Das Ausschütteln mit verdünnter Sodalösung oder
mit Wasser allein empfiehlt sich nicht, da Styrylchlorid mit diesen
Flüssigkeiten beim Schütteln Emulsionen bildet, die sich häufig nur
schwer trennen. Man trocknet schließlich mit Chlorcaleium und erhält
so das Styrylchlorid als klare, tiefrote Flüssigkeit von eigenartigem,
etwas scharfem Geruch.
Bei der Darstellung des Styrylchlorids ist besonderer Wert
darauf zu legen, daß dasselbe keinen unveränderten Zimmtalkohol mehr
enthält, da dieser die Isolierung der mit Hilfe des Styrylchlorids
dargestellten Verbindungen wesentlich erschwert.
Additionsprodukte aus Styrylchlorid mit Ammoniak und Aminbasen.
I. Styrylamin C,H; -CH: CH-CB;: NH;.
Ramdohr!) gibt an, daß Ammoniak in wasserfreier, alkoholischer
Lösung auf Styrylchlorid bei gewöhnlicher Temperatur nicht einwirkt.
Dagegen resultierte Styrylamin, als Styrylchlorid mit der zehnfachen
Menge alkoholischen Ammoniaks drei Tage lang erhitzt wurde. Nach
Th. Posner?) ist jedoch unter diesen Bedingungen die Ausbeute an
dieser Base außerordentlich schlecht, da hierbei im wesentlichen
Di- und Tristyrylamin gebildet werden. Im Gegensatze zu den
Beobachtungen Ramdohr’s fand E. Schmidt?), daß sich Styrylamin
in befriedigender Ausbeute erhalten läßt, wenn Styrylchlorid S Tage
lang mit der zehnfachen Menge alkoholichen Ammoniaks bei gewöhnlicher
Temperatur in Berührung bleibt.
1) Liebigs Jahresberichte 1858, 448.
%) Berichte der deutschen chem. Geselisch. 26, 1858.
8) Arch. d. Pharm. 1905, 78.
272 H. Emde: Styrylaminbasen.
Zur Darstellung des Styrylamins ließ ich Styrylchlorid nach den
Angaben von E. Schmidt 8 Tage mit der zehnfachen Menge
alkoholischen Ammoniaks von 10% in einer Glasstöpselflasche bei
gewöhnlicher "Temperatur stehen, verjagte dann das überschüssige
Ammoniak durch Erwärmen, säuerte hierauf die Flüssigkeit mit wenig
Salzsäure an und destillierte den Alkohol ab. Zur Isolierung des
gebildeten Styrylamins schüttelte ich den krystallinischen, nur wenig
klebrigen Rückstand nach den Angaben Posner’s (l. c.) in einem
geräumigen Scheidetrichter längere Zeit mit gleichen Teilen kalten
Wassers und Aethers. Dabei löste der Aether die klebrigen Bestand-
teile, das Wasser das Styrylaminchlorhydrat; Di- und Tristyrylamin-
chlorid schwimmen dagegen ungelöst als weiße Krystallmasse zwischen
den beiden Flüssigkeiten.
Nach dem Eindampfen hinterläßt die wässerige Lösung das
Styrylaminchlorhydrat als fast weißen, krystallinischen Rückstand, der
sich aus salzsäurehaltigem Wasser oder aus Alkohol-Aether leicht
umkrystallisieren läßt. Die Mutterlaugen enthalten stets etwas Chlor-
ammonium; man behandelt sie daher zur Gewinnung des darin ent-
haltenen Styrylamius am besten mit festem Aetzkali, wobei Ammoniak
entweicht und sich freies Styrylamin als Oel auf der Oberfläche
sammelt. Man trennt letzteres hierauf durch Ausäthern und ver-
wandelt es schließlich in das Chlorhydrat zurück.
Aus 50 g Styrylchlorid erhält man auf diese Weise bis zu 15 g
reinen Styrylaminchlorhydrates.
Th. Posner gibt (l.c.) als Schmelzpunkt des Styrylaminchlorids
210° an; ich fand ihn stets höher, nämlich bei 236°; vor dem Schmelzen
zieht sich Styrylaminchlorhydrat unter Bräunung zusammen.
1. 0,1860 g Substanz lieferten 0,1571 g AgCl.
2. 0,2636 „ 2 R aus einer anderen Darstellung 0,2236 g.
Gefunden: Berechnet für
1: 2. 0, HaNCl:
Cl 20,88 20,84 20,90%.
Das Platindoppelsalz des Styrylamins ist bereits von Ramdohr
und von Posner dargestellt; es besitzt nach dem Umkrystallisieren
aus Wasser den Schmp. 217—218°.
Das Golddoppelsalz des Styrylamins konnte ich zunächst nicht
in krystallisiertem Zustande erhalten. Dampfte ich verdünnte Lösungen
des Styrylaminchlorhydrates nach Zusatz von Goldchloridlösung ein
oder überließ das Gemisch der freiwilligen Verdunstung, so regultierte,.
wenn die Lösung eine genügende Konzentration erlangt hatte, stets
nur ein Goldsalz in öliger Form. Als ich jedoch eine kalt gesättigte
Lösung des Chlorhydrates in salzsäurehaltigem Wasser tropfenweise
ad
H. Emde: Styrylaminbasen. 273
mit Goldchloridlösung versetzte, verursachte jeder Tropfen eine hell-
gelbe, anscheinend amorphe Fällung, die sich jedoch in wenigen
Augenblicken, besonders schnell beim Schütteln oder Reiben, in tief
ziegelrote Blättehen von oft ansehnlicher Größe verwandelte. Hat
man genügend Goldchloridlösung zugesetzt, so wird die über den
Blättchen befindliche Flüssigkeit völlig klar und erleidet auch auf
weiteren Zusatz von Goldchlorid keine Veränderung.
Das Styrylamingoldchlorid schmilzt bei 138—139° zu einer hell-
gelben Flüssigkeit, die von abgeschiedenem Golde getrübt ist. Bei
mehrstündigem Trocknen im Wassertrockenschranke fließt es zu einer
graugelben undurchsichtigen Masse zusammen, ohne dabei erheblich an
Gewicht zu verlieren.
0,2469 g Substanz lieferten 0,1025 g Au.
Gefunden: Berechnet für CgHjs NCl, Au:
Au 41,52 41,68%.
Quecksilberdoppelsalz des Styrylamins. Versetzt man eine
nicht zu verdünnte Lösung des Styrylaminchlorhydrates mit Queck-
silberchloridlösung, so entsteht eine starke milchige Trübung, die beim
Schütteln krystallinisch wird. Aus heißem Wasser umkrystallisiert,
bildet dieses Quecksilberdoppelsalz weiße, filzige Nadeln und Blättchen,
die bei 189° schmelzen. Die Analysenwerte führen zu der Formel:
(CH; .-CH:CH- CHa NHsH Cl)aHgOls:
1. 0,3699 g Substanz lieferten 0,3460 g AgCl.
2. 0,1846 „ e z 0,0714 g HgS und 0,1752 g AgCl.
Gefunden: Berechnet für
Hi; 2 Cs Ha Na Cy Hg:
Hg — 33,32 32,78%.
Cl 23,13 23,47 23,25 „
Styrylacetamid C,H;,-CH:CH- CH; NHCOCH;..
Zur Darstellung dieses Amids fügte ich zunächst zu 1 g freien,
in Aether gelösten Styrylamin unter Kühlung allmählich 0,6 g Acetyl-
chlorid. Beim Einfallen jedes Tropfens erfolgte lebhafte Reaktion,
die jedoch bei weiterem Zusatze nachließ; es bildeten sich hierbei
direkt weiße Nadeln, sodaß schließlich der Inhalt des Glases erstarrte.
Das Reaktionsprodukt löste ich, nachdem ich den Aether hatte
verdunsten lassen, in absolutem Alkohol und überschichtete diese
Lösung mit Aether. Auf diese Weise erhielt ich weiße, seiden-
glänzende, chlorhaltige Blättchen, die bei etwa 200° zu erweichen
begannen und bei 238° unter Bräunung schmolzen.
0,1870 g lieferten 0,1527 g AgCl, entsprechend 20,19% Cl. Styrylamin-
chlorhydrat enthält 20,90% Cl.
Arch. d. Pharm. CCXXXXIV. Bds. 4. Heft. 18
274 H. Emde: Styrylaminbasen.
Da nach diesem Analysenbefunde unter obigen Bedingungen keine
Acetylverbindung entstanden war, erwärmte ich den durch Verdampfen
der Mutterlaugen erhaltenen krystallinischen Rückstand 2 Stunden
lang mit einem reichlichen Ueberschuß von Acetylchlorid am Rückfluß-
kühler auf dem Wasserbade. Nach dem Verjagen des Acetylchlorids
resultierte ein braunes öliges Liquidum, welches jedoch nach einigen
Stunden krystallinisch erstarrte.. Durch Umkrystallisieren aus Alkohol
von etwa 60% ließ sich dieses Produkt in lange chlorfreie Nadeln
verwandeln, welche bei 87,5° schmolzen. Die Elementaranalyse ergab
Werte, die mit dem Styrylacetamid O,H,;- CH:CH-CH3 NHCOCH;
in Einklang stehen.
0,1875 g Substanz lieferten 0,5179 g COs und 0,1258 g Ha.
Gefunden: Berechnet für C4HON:
0..033 75,37%
3 7/51 7,48 „
Styrylbenzamid 0,H,-CH:CH- CH3- NH- COC,H;.
Posner!) hat diese Verbindung durch Einwirkung von Benzoyl-
chlorid auf Styrylaminhydrochlorid, bei Gegenwart von Natronlauge,
in Form von Oeltröpfehen erhalten, die bei längerem Stehen in der
Kälte erstarrten. Durch Umkrystallisieren aus absolutem Alkohol
resultierte dieses Amid in Nadeln vom F.-P. 94—95°,
Ich habe das Styrylbenzamid durch direkte Einwirkung von
Benzoylchlorid auf freies Styrylamin dargestellt; aus Alkohol von 80%
wurde es in Form von breiten glänzenden Blättchen erhalten, die den
von Posner angegebenen Schmelzpunkt besaßen.
Auch diese Verbindung neigt ebenso wie das Styrylacetamid
beim Umkrystallisieren zu öliger Abscheidung.
Einwirkung von Jodmethyl auf Styrylamin.
Zur Methylierung versetzte ich freies Styrylamin in methyl-
alkoholischer Lösung unter Kühlung mit der gleichen Menge Jodmethyl
und ließ das Gemisch hierauf mehrere Tage bei gewöhnlicher Temperatur
stehen. Als ich alsdann das Reaktionsprodukt der Verdunstung über-
ließ, erhielt ich gelbliche Krystallblättchen. Zur weiteren Reinigung
löste ich dieselben in absolutem Alkohol und überschichtete diese
Lösung mit Aether. Die hierdurch ausgeschiedenen weißen Nadeln
schmolzen bei 178°; ihr Jodgehalt stimmte auf die Formel O,H;-
CH: CH: CH3; N(CH3)3J:
0,1728 g Substanz lieferten 0,1335 g Ag).
Gefunden: Berechnet für CjaH1sNJ:
J 48,61 41,74%.
1) Berichte der deutschen chem. Gesellsch. 26, 1860.
H. Emde: Styrylaminbasen. 275
Aus dem Filtrate vom Jodsilber stellte ich ein Gold- und ein
Platindoppelsaiz dar, nachdem ich vorher das überschüssige Silber
durch Salzsäure ausgefällt hatte. Das Golddoppelsalz bildete schöne
gelbe Fiederblättchen, welche bei 185° schmolzen, das entsprechende
Platindoppelsalz krystallisierte in feinen, rötlichen Nadeln, die bei
232—234° unter Zersetzung schmolzen.
0,1256 g dieses Platindoppelsalzes lieferten 0,0387 g Pt.
Gefunden: Berechnet für (C,H;-CH : CH-CHaN (CH), Ch), PtC];:
Pt 25,36 25,649,
Nach den vorstehenden Analysenresultaten bestand das durch
Methylieren des Styrylamins gebildete krystallisierte Reaktionsprodukt
aus Styryltrimethylaminjodid. Um zu konstatieren, ob außer diesem
quaternären Jodid noch weitere Methylderivate des Styrylamins ge-
bildet waren, führte ich die in der Mutterlauge des Styryltrimethyl-
aminjodids noch enthaltenen Produkte durch frisch gefälltes Chlor-
silber in die Chloride über und versetzte alsdann die eine Hälfte der
vom Halogensilber abfiltrierten Flüssigkeit mit Platin-, die andere mit
Goldchloridlösung. In beiden Fällen entstanden krystallinische Nieder-
schläge, die ich aus Wasser umkrystallisierte.
Das Golddoppelsalz stimmte in Aussehen, Schmelzpunkt und
Goldgehalt überein mit dem aus dem Filtrate der quantitativen Jod-
bestimmung erhaltenen:
0,1219 g Substanz enthielten 0,0466 g Au.
Gefunden: Berechnet für CjaH;s NCl, Au:
Au 38,23 38,28%.
Die Menge dieses krystallisierten Golddoppelsalzes war jedoch
nur gering im Verhältnis zu der des Platindoppelsalzes, welches aus
der anderen Hälfte obiger Flüssigkeit resultierte. Erst als die Mutter-
lauge desselben fast völlig verdunstet war, schied sich noch ein öliges
Goldsalz in ansehnlicher Menge ab. Alle Versuche, dasselbe in die
krystallisierte Form überzuführen, mißlangen; es ist anzunehmen, daß
dies ölige Goldsalz im wesentlichen das des bei der Methylierung un-
verändert gebliebenen Styrylamins war.
Das entsprechende Platindoppelsalz bestand nach dem Um-
kıystallisieren aus kleinen rötlichweißen Krystallplättchen von wenig
einheitlichem Aussehen, die bei 223—225° unter Zersetzung schmolzen.
Ein nochmaliges Umkrystallisieren änderte weder das Aussehen noch
den Schmelzpunkt dieses Produktes.
0,2254 g Substanz lieferten 0,0632 g Pt.
Gefunden: Berechnet für Cs Ha NaCl, Pt:
Pt 28,10 28,79%.
18*
276 H. Emde: Styrylaminbasen.
Auch hier lag also im wesentlichen das Doppelsalz des un-
veränderten Styrylaminchlorhydrates vor, gemischt mit wenig Styryl-
trimethylaminplatinchlorid.
Unter den angegebenen Bedingungen hat sich somit ein beträcht-
licher Teil des Styrylamins der Methylierung entzogen. Das hierbei
durch Einwirkung von Jodmethyl auf Styrylamin gebildete Produkt
bestand nur aus Styryltrimethylaminjodid, dem Jodid derselben Base,
deren Chlorid als Additionsprodukt von Styrylchlorid und Trimethyl-
amin resultiert.
II. Styryltrimethylaminchlorid C,H;-CH:CH-CHsN (CH;);, Cl.
Zur Darstellung dieser Verbindung löste ich nach den Angaben
von E. Schmidt!) 50 g Styrylchlorid in ebensoviel absolutem Alkohol,
fügte 70 g einer 33%igen absolutalkoholischen Trimethylaminlösung zu,
wobei Erwärmung eintrat, und überließ dann das Gemisch 48 Stunden
sich selbst. Da eine Probe des Reaktionsproduktes nach dieser Zeit
sich noch trübe in salzsäurehaltigem Wasser löste, so schüttelte ich
dasselbe zur weiteren Reinigung, nachdem das ungebundene Trimethyl-
amin und der Alkohol abdestilliert war, mit schwach salzsäurehaltigem
Wasser und Aether aus. Der Aether nahm hierbei einige Gramm
eines roten Oeles vom Geruche des Styrylchlorids auf. Aus der
wässerigen Flüssigkeit erhielt ich dagegen durch Eindunsten einen
fast farblosen Sirup, der bei längerem Stehen über Aetzkalk zu einer
weißen Masse von strahlig-krystallinischem Gefüge erstarrte. Da dieses
Reaktionsprodukt so hygroskopisch war, daß es an der Luft in kurzer
Zeit zerfloß, so verwandelte ich einen Teil davon zur Identifizierung
in das Golddoppelsalz, das nach dem Umkrystallisieren aus
heißem Wasser in Form glänzender, häufig farnwedelartig gruppierter
Nadeln und Blättchen resultierte.e Der Schmelzpunkt desselben lag
bei 185°; EB. Schmidt und F. Flaecher geben 181° an.
0,2762 g Substanz lieferten 0,1053 g Au.
Gefunden: Berechnet für Cj;5H7s NChk Au:
Au 38,13 38.289,
Das Platindoppelsalz des Styryltrimethylaminchlorids ist
ebenso wie das Goldsalz bereits von E. Schmidt und F. Flaecher
dargestellt; ich fand den Schmelzpunkt desselben bei 228—230°, bei
welcher Temperatur es sich unter Schwärzung und Zersetzung aufblähte.
Das Quecksilberdoppelsalz des Styryltrimethylaminchlorids
scheidet sich auf Zusatz von einer Quecksilberchloridlösung zu einer
Lösung desselben, die ziemlich verdünnt sein kann, zunächst ölig aus,
1) Arch. d. Pharm. 1905, 75.
H. Emde: Styrylaminbasen. 277
wird jedoch bald, besonders beim Schütteln, krystallinischh Beim
Umkrystallisieren aus heißem Wasser erhält man es in großen, zarten,
am Rande oft gefaserten Blättchen von weißer Farbe; es schmilzt
bei 171°.
Die analytischen Resultate würden auf die Formel (C,H; -
CH:CH- CHa - N(CH3)3 Ol)a Hg Cla + % Hg Ola führen:
1. 0,6999 g Substanz lieferten 0,2946 g HgS und 0,6038 g Ag(l.
2. 0,2557 „ u & En m EIG nu
3. 0,2794 „ 5 ir 0,1184 „ „ aa 6
Gefunden: Berechnet für
E 2. ds Cs Hrg N; Cl, Hps:
Hg 36,27 35,40 36,51 36,17%
CI 21,33 21,22 21,35 21.38 5
Das Pikrat des Styryltrimethylaminchlorids fällt sofort körnig
aus, wenn die wässerige Lösung desselben mit Pikrinsäure versetzt
wird; aus heißem Wasser krystallisiert es in prächtigen gelben Nadeln.
Es schmilzt bei 159°.
II. Styrylmethylamiuchlorid C5H;- CH: CH- CH3- NH(CH;), HCl.
Das Styrylmethylaminchlorid beansprucht insofern besonderes
Interesse, als es die Möglichkeit bietet, bei Aufhebung der Doppel-
bindung durch Anlagerung von Wasser, zu einem Isomeren des Ephedrins
und Pseudoephedrins zu gelangen.
Zur Darstellung dieser Verbindung mischte ich unter Kühlung
25 g Styrylchlorid mit 75 g 33%iger absolut alkoholischer Methyl-
aminlösung. Nachdem ich das Gemisch 8 Tage lang sich selbst über-
lassen hatte, destillierte ich das ungebundene Methylamin auf dem
Wasserbade in einem trockenen, kohlensäurefreien Luftstrom ab; dabei
begannen sich, als sich die Flüssigkeit bis etwa auf die Hälfte ver-
ringert hatte, Krystalle abzuscheiden, und die Flüssigkeit fing an heftig
zu stoßen, sodaß es zweckmäßig schien, die Destillation abzubrechen.
Nach dem Abdunsten des Alkohols hinterblieb ein krystallinischer,
mit unverändertem Styrylchlorid durchsetzter Rückstand. Zur Ent-
fernung des Styrylchlorids schüttelte ich die Masse in einem ge-
räumigen Scheidetrichter mit viel Wasser und der gleichen Menge
Aether, wobei nichts ungelöst blieb. Es resultierte hierbei eine rötlich
gefärbte wässerige und eine ätherische Lösung von gelblicher Farbe.
Zur Isolierung des etwa gebildeten Styrylmethylaminchlorhydrates
dampfte ich die wässerige Lösung auf dem Wasserbade bis zum
Krystallhäutchen ein und ließ sie dann langsam erkalten. Hierbei
erstarrte die Flüssigkeit zu einer dunkelroten, dicklichen Masse, in
278 H. Emde: Styrylaminbasen.
welcher zahlreiche weiße, glänzende Blättchen zu bemerken waren.
Durch scharfes Absaugen mit der Wasserstrahlpumpe und Abpressen
der restierenden bräunlichen Krystallmasse zwischen Tonplatten
konnten diese Blättchen von nahezu weißer Farbe erhalten werden.
Dieses Produkt kann dann entweder aus viel Aceton oder aus Alkohol
und Aether in der Weise umkrystallisiert werden, daß man eg in der
‘Wärme in einer eben hinreichenden Menge absoluten Alkohols löst,
hierauf noch das gleiche Volum erwärmten absoluten Alkohols zusetzt,
filtriert und dem noch warmen Filtrate schließlich soviel Aether in
kleinen Anteilen zumischt, bis die ersten Krystallblättchen sich ab-
zuscheiden beginnen; beim Stehen erfüllt sich dann rasch die ganze
Flüssigkeit mit zarten, gekrümmten, weißen Blättchen.
Die Mutterlaugen verarbeitet man, nachdem sie durch Eindampfen
konzentriert worden sind, in ähnlicher Weise. Dieselben mischen sich
schließlich mit Wasser nur‘ dann noch klar, wenn die zugefügte
Wassermenge gering ist, wogegen auf Zusatz von viel Wasser eine
starke milchig-ölige Trübung entsteht. Dieser ölige Bestandteil, der
eine gewisse Aehnlichkeit mit Styrylchlorid besitzt, läßt sich durch
Ausschütteln mit Aether nur unvollkommen entfernen.
Aus 25 g Styrylchlorid habe ich nach obigen Angaben etwa
10 g reines Styrylmethylaminchlorid gewonnen; etwa ebensoviel un-
verändertes Styrylchlorid erhielt ich dabei zurück.
Ein Distyrylmethylaminchlorid scheint bei der Einwirkung von
Methylamin auf Styrylchlorid unter den angegebenen Bedingungen
nicht gebildet zu werden.
Reines Styrylmethylaminchlorid schmilzt bei 151,5°. Dasselbe
ist nur wenig hygroskopisch.
1. 0,4773 g Substanz lieferten 0,3747 g AgCl.
2. 0,1880 „ n eh 0,4479 g CO, und 0,1309 g H30.
3. 0,1489 „ R n; 0,3565, „ „ Ommsa.,
5 Analyse:
I heorie: 1. 9, 3,
C,g 120,00 65,36 — 65,02 65,31
H,, 14,10 7,68 — 7,69 8,00
N 14,04 7,65 — —_ —
Cl 35,45 19,31 1941 — _
183,60 100,00
Das Platindoppelsalz des Styrylmethylaminchlorids kry-
stallisiert auch aus ziemlich unreinen Lösungen gut in rötlich-gelben
Nadeln; es ist in Wasser mäßig schwer löslich. Es schmilzt bei 212°
unter lebhaftem Aufblähen, nachdem es sich vorher geschwärzt hat.
B
H. Emde: Styrylaminbasen. 279
1. 0,2084 g Substanz lieferten 0,0573 g Pt.
2. 0,2243 „ 5 5 0,2825 g COg und 0,0799 g Ha0.
Berechnet für CgoHsgNaCh Pt =
Gefunden: (CgH5-CH:CH-CH3NH (CHg) HCH)gPtCk:
1. Pt 27,50 27,68%,
9, 5C 34,35 34,10 „
"Am 39 4,01 ,.
Das Golddoppelsalz des Styrylmethylaminchlorids scheidet
sich, besonders aus konzentrierten Lösungen, leicht ölig ab. Verwendet
man jedoch zu der Herstellung desselben reines Styrylmethylamin-
chlorid in so verdünnter Lösung, daß auf Zusatz von Goldchloridlösung
keine Fällung entsteht, so erhält man das Doppelsalz beim Verdunsten-
lassen der Lösung in Form tief goldgelber glänzender Blättchen vom
F.-P. 103°.
0,2492 g Substanz lieferten 0,1002 g Au.
Berechnet für
Gefunden: C,H,-CH:CH- CH, NH(CH;), HC1, Aul, =
Cy Hy NC, Au:
Au 40,21 40,464,
Das Quecksilberdoppelsalz des Styrylmethylaminchlorids
scheidet sich gleichfalls leicht ölig ab; durch vorsichtiges Um-
krystallisieren aus Wasser läßt es sich jedoch in Form weißer Nadeln
erhalten, die oft sternförmig gruppiert sind; der Schmelzpunkt desselben
liegt bei 166%. Die analytischen Daten führen zu der Formel:
Os H;-CH . CH:CHs3-NH (CH;) H 0, Hg Ola.
0,3956 g Substanz lieferten 0,2031 g HgS und 0,3706 g AgCl.
Gefunden: Berechnet für CyoH;4NCl,Hg:
Hg 44,24 44,00%
Cl 23,17 23,40 „.
Aus dem Fitrate von obiger Chlorsilberbestimmung stellte ich,
nach dem Ausfällen des überschüssigen Silbers mittelst Salzsäure, ein
Platindoppelsalz dar, das in Aussehen, Schmelzpunkt und Platingehalt
mit dem oben beschriebenen Platindoppelsalze des Styrylmethylamin-
chlorids übereinstimmte.
0,2000 g Substanz lieferten 0,0547 g Pt.
Gefunden: Berechnet für CrgHsgNa Cl, Pt:
Pt 27,35 27,68%.
Die unter ziemlich gleichen Bedingungen hergestellten Queck-
silberdoppelsalze des Styrylamins, Styryltrimethylamins und Styryl-
methylamins sind, wie aus vorstehendem hervorgeht, nicht analog
zusammengesetzt, während die entsprechenden Platin- und Golddoppel-
salze analoge Zusammensetzung aufweisen.
EZB
280 H. Emde: Styrylaminbasen.
Das Pikrat des Styrylmethylaminchlorids fällt auf Zusatz von
Pikrinsäure zu einer wässerigen Lösung desselben zunächst ölig, teil-
weise auch flockig aus; durch Umkrystallisieren aus heißem Wasser
jedoch, in dem es mäßig schwer löslich ist, resultiert es in gelben
Blättchen vom F.-P. 147°.
z
IV. Styrylpyridinchlorid C, H;-CH:CH-CH3;-N C,H, Cl.
Zur Darstellung dieser Verbindung mischte ich 4 g Styrylchlorid
unter Kühlung mit 2,5 g Pyridin. Da sich die anfangs klare Mischung
nach einiger Zeit trübte und sich allmählich darin zwei Schichten
bildeten, erwärmte ich das Ganze wohl verschlossen 4 Stunden lang
auf dem Woasserbade, wobei ich häufig kräftig schüttelte. Die so
entstandene trübe, dickliche Flüssigkeit entmischte sich beim Stehen
nicht; in Wasser löste sie sich zum großen Teile. Zur näheren
Charakterisierung des Reaktionsproduktes stellte ich aus einer filtrierten
wässerigen Lösung desselben Platin- und Golddoppelsalze dar.
Das Platindoppelsalz fiel auf Zusatz von PJatinchlorid zu
obiger Lösung direkt körnig aus; durch Umkrystallisieren aus viel
heißem Wasser resultierte es in ansehnlichen orangefarbenen Nadeln
und Blättchen, die bei 220—222° unter Aufblähen schmolzen, nach-
dem sie sich vorher geschwärzt hatten.
0,2107 g Substanz lieferten 0,0508 g Pt.
{ Berechnet für (C,H;-CH:CH-CHg3-NC,H;,-Cl)PtCh, =
Gefunden: Cog Hg NaClgPt:
Pt 24,11 24,36 %,.
Das Golddoppelsalz des demnach gebildeten Styrylpyridin-
chlorids ist noch schwerer in Wasser löslich als das Platindoppelsalz
Es schied sich auf Zusatz von Goldchlorid zu einem anderen Teile
obiger Lösung in fester Form ab und wurde durch Umkrystallisieren
aus viel heißem Wasser, in dem es, bevor es sich löste, zu einem roten
Liquidum zerfloß, bei langsamem Erkalten der Lösung in Form zarter
glänzender Blättchen vom F.-P. 101,50 erhalten.
0,2648 g Substanz lieferten 0,0970 g Au.
REIN: Berechnet für C;,H5;-CH:CH-CH>NC,H,C1, Aut; =
EASIEBERN C4H4NC, Au:
Au 36,63 36,85%
Das Quecksilberdoppelsalz des Styrylpyridinchlorids fiel auf
Zusatz von Quecksilberchlorid zu einer Lösung desselben milchig ölig
aus und setzte sich bald in zähen, weißlich trüben Tropfen ab. Es
erwies sich als in Alkohol leicht löslich; in kaltem Wasser löste es
sich schwer, besser in heißem, das stark mit Salzsäure_angesäuert
}
H. Emde: Styrylaminbasen. 281
war, jedoch gelang es mir nicht, es durch Umkrystallisieren aus einem
dieser Lösungsmittel in die krystallisierte Form überzuführen.
Wenn auch das Pikrat des Styrylpyridinchlorids wie das Queck-
silberdoppelsalz zunächst ölig ausfällt und sich nach dem Lösen in
viel heißem Wasser leicht ölig abscheidet, so läßt es sich doch aus
Wasser, dem etwa 10% Alkohol zugesetzt sind, in Form kleiner gelber
Nadeln vom F.-P. 146° erhalten.
Das Styrylpyridinchlorid selbst habe ich aus seinem Gold-
salze in der üblichen Weise nach Abscheiden des Goldes mittels
Schwefelwasserstoff in Form eines wenig gelb gefärbten Liquidums
erhalten, das bei monatelangem Stehen über Aetzkalk wohl zähe, aber
nicht krystallinisch wurde.
Da das Styrylpyridinchlorid für den engeren Zweck der vor-
liegenden Arbeit zunächst nicht in Frage kommt, so habe ich mit
dieser Verbindung vorläufig keine weiteren Versuche angestellt, sondern
mich damit begnügt, im vorstehenden die Bildung desselben aus Pyridin
und Styrylchlorid bewiesen zu haben.
Ueber das Verhalten der Styrylaminbasen gegen Halogenwasserstoff,
Wasserstoff und unterchlorige Säure.
Denkt man sich die Doppelbindung im Styrylamin, Styrylmethyl-
amin und Styryltrimethylamin durch Anlagerung von Wasser gelöst,
so gelangt man zu Aminoalkoholen, die in naher Beziehung zum
Ephedrin und zum Pseudoephedrin stehen. Nicht nur aus diesem
Grunde, sondern auch an und für sich erschien es daher von Interesse,
die Reaktionsfähigkeit der Doppelbindung in den drei genannten Basen
kennen zu lernen.
Die Reaktionsfähigkeit der Doppelbindung im Styrylreste C,H, -
CH: CH - CHs— ist an Verbindungen, in welchen derselbe sich mit
Gruppen elektronegativen Charakters verknüpft findet, vielfach eingehend
studiert worden, vornehmlich an der Zimmtsäure C,H; CH:CH- COOH.
Es hat sich dabei ergeben, daß die Doppelbindung in der Zimmtsäure
leicht durch Anlagerung der verschiedensten Atome und Atomgruppen
gelöst wird. Richter’s Lehrbuch der organischen Chemie!) sagt
hierüber: „Als ungesättigte Säure addiert sie leicht Wasserstoff, Brom-,
Jodwasserstoff, Brom, Chlor und unterchlorige Säure unter Bildung
von Hydrozimmtsäure, ß-Brom-, ß-Jodhydrozimmtsäure, Phenyl-e,
ß-dichlor-, -a, B-dibrompropionsäure oder Zimmtsäuredichlorid, Zimmt-
säuredibromid und ß-Phenyl-«a-chlormilchsäure“. Dahingegen ist bisher
kaum untersucht worden, ob die Doppelbindung im Styrylreste dann,
1) Zehnte Auflage 1905, 355.
282 H. Emde: Styrylaminbasen. \
wenn derselbe mit elektropositiven Gruppen verknüpft ist, eine ähnliche
Reaktionsfähigkeit besitzt. Posner!) hat bei seinen Versuchen, an
Styrylamin Jod- oder Bromwasserstoff anzulagern, stets nur ölige
Produkte erhalten, aus denen sich keine krystallisierenden Körper
isolieren ließen. E. Schmidt?) hat das Dibromadditionsprodukt des
Styryltrimethylaminchlorids dargestellt.
Auf Veranlassung von Herrn Geheimrat Prof. Dr. E. Schmidt
habe ich nun Untersuchungen über die Reaktionsfähigkeit der Doppel-
bindung an den drei oben erwähnten Basen angestellt, und zwar vor-
nehmlich am Styryltrimethylaminchlorid, weil einesteils diese Base
leicht rein zu erhalten ist, anderenteils die Gold- und Platindoppelsalze
derselben sich durch große Krystallisationsfähigkeit auszeichnen. Bei
diesen Versuchen hat sich jedoch herausgestellt, daß es bei dem Styryl-
trimethylaminchlorid entweder garnicht oder doch nur in sehr un-
vollkommener Weise gelingt, Brom- oder Jodwasserstoff an die durch
Doppelbindung vereinigten Kohlenstoffatome anzulagern; Wasserstoff,
aus Natriumamalgam entwickelt, wurde von dem Styrylaminhydrochlorid
sogar überhaupt nicht addiert. Das Styryltrimethylaminchlorid tritt
zwar mit Wasserstoff in Reaktion, jedoch bleibt dabei die Doppel-
bindung erhalten, indem das Styryltrimethylaminchlorid als solches direkt
eine Spaltung erfährt. Nur mit unterchloriger Säure lieferte Styryl-
trimethylaminchlorid in größerem Umfange ein Additionsprodukt, welches
in Gestalt seines Gold- und Platindoppelsalzes isoliert werden konnte.
I. Anlagerungsversuche mit Bromwasserstoff.
Fittig und Binder?) erhielten durch Einwirkung von rauchender
Brom- und Jodwasserstoffsäure auf Zimmtsäure Brom- bezgl. Jod-
hydrozimmtsäure, die beide durch siedendes Wasser in Phenylmilch-
säure C,H; - CH(OH)CH3 COOH übergeführt wurden. Im Hinblick
auf diese Ergebnisse versuchte ich zunächst, Bromwasserstoff an
Styryltrimethylaminchlorid bei gewöhnlicher Temperatur anzulagern.
Zu diesem Zwecke wurden 5 g Styryltrimethylaminchlorid unter
Eiskühlung in einer braunen Glasstöpselflasche mit ungefähr 10 ccm
bei 0° gesättigter Bromwasserstoffsäure gemischt, darauf die klare
Flüssigkeit unter weiterer Kühlung mit gasförmigem Bromwasserstoff
gesättigt und alsdann das Gemisch acht Wochen lang sich selbst über-
lassen. Nach dieser Zeit wurde das Reaktionsprodukt, das eine
dickliche schwarze Flüssigkeit bildete, auf deren Oberfläche ölige
1) Ber. d. d. chem. Ges. 26, 1863.
2) Arch. d. Pharm. 1905, 76.
8) Ann. d. Chem. u. Pharm. 195, 131 ff.
H Emde: Styrylaminbasen. 283
Tröpfchen zu bemerken waren, bei gelinder Wärme auf dem Wasser-
bade eingedampft und dann eine Probe davon solange mit feuchtem
Chlorsilber digeriert, bis das Filtrat mit Goldchlorid keine Brom-
reaktion mehr gab. Aus dem Filtrate wurden alsdann Gold- und
Platindoppelsalze dargestellt, indem die betreffenden Reagentien solange
zugesetzt wurden, bis keine Fällung mehr eintrat. Die krystallinischen
Niederschläge wurden darauf abgesogen, im braunen Vakuumexsikkator
zur Trockge gebracht und darauf analysiert; die Mutterlaugen wurden
der freiwilligen Verdunstung überlassen.
Das so erhaltene, nicht umkrystallisierte Golddoppelsalz schmolz
unscharf etwas über 170°.
0,2200 g Substanz lieferten 0,0810 g Au.
Berechnet für
Gefunden: Cya Ho NCh Br Au: Cya Hjs NC, Au:
Au 36,83 33,08 38,28%.
Aus der Mutterlauge dieses Golddoppelsalzes schied sich fast
nur Styryltrimethylamingoldchlorid ab. Außer letzterer Verbindung
resultierte noch eine geringe Menge tiefroter Nadeln vom F.-P. 155°,
die jedoch zu einer Goldbestimmung nicht hinreichten, da es mir nicht
gelang dieses Produkt in größerer Menge zu erhalten.
Das nicht umkrystallisierte Platindoppelsalz schmolz unter Zer-
setzung und Aufblähen bei 225—228°.,
0,1915 g Substanz lieferten 0,0476 g Pt.
Berechnet für
Ca Has Na Ole BrPt: [0Py1 Hze Na Ole Pi:
Pt 24,86 21,13 25,64%,
Aus der Mutterlauge dieses Platindoppelsalzes schieden sich
wenige Nadeln von Aussehen und Schmelzpunkt des Styryltrimethyl-
aminplatinchlorids ab.
Aus diesen Resultaten geht hervor, daß unter den angegebenen
Bedingungen eine wesentliche Anlagerung von Bromwasserstoff an
Styryltrimethyiaminchlorid nicht eingetreten war.
Um zu entscheiden, ob bei Anwendung höherer Temperatur das
Ergebnis ein anderes wäre, wurde 1 g Styryltrimethylaminchlorid mit
ungefähr 10 ccm ebenso konzentrierter Bromwasserstoffsäure wie beim
ersten Versuche in ein Rohr eingeschlossen und das Gemisch 2 Stunden
lang im Wasserbade erwärmt. Das Reaktionsprodukt zeigte nach
dieser Behandlung dasselbe Aussehen wie das vorige; nach längerem
Aufbewahren über Aetzkalk bildete es eine tiefdunkle, zäh-dickliche
Masse, auf der sich wohl eine Haut bildete, ohne daß aber Kry-
stallisation eintrat. Gold- und Platindoppelsalz wurden davon in
Gefunden:
284 . Emde: Styrylaminbasen.
derselben Weise dargestellt wie beim ersten Versuche; die Menge
beider war gering.
0,0799 g des Platinsalzes enthielten 0,0193 g Pt.
Gefunden: Berechnet für Cg4 Hgg Na Cl, Pt:
Pt 25,42 25.619,
Das entsprechende Golddoppelsalz resultierte nach dem Um-
krystallisieren aus Wasser in gelben Blättchen von Aussehen und
Schmelzpunkt des Styryltrimethylamingoldchlorids.. Letzterem waren
ebenfalls wenige derbere, rote Krystalle beigemischt, die sich jedoch
nicht scharf genug mechanisch trennen ließen, um eine genaue Be-
stimmung des Schmelzpunktes zu ermöglichen.
Styryltrimethylaminchlorid addiert somit unter den angegebenen
Bedingungen, weder bei gewöhnlicher Temperatur, noch bei der des
Wasserbades, Bromwasserstoff in nennenswertem Umfange, vielmehr
entstehen zum größten Teile harzige Zersetzungsprodukte, während
ein Teil des Ausgangsmaterials unverändert bleibt. Nur das in
geringer Menge erhaltene rote Golddoppelsalz vom F.-P. 155° deutet
darauf hin, daß in bescheidenem Maße ein Additionsprodukt gebildet
wird, wolür folgender. Versuch als weiterer Beleg dienen kann:
Filtrierte wässerige Lösungen des Reaktionsproduktes aus beiden
Versuchen wurden hei gewöhnlicher Temperatur solange mit Silber-
nitratlösung versetzt, bis sich kein Halogensilber mehr abschied; als
darauf nach dem Filtrieren von neuem Silbernitrat hinzugefügt wurde,
blieben die Flüssigkeiten zunächst klar, dagegen schied sich beim
Erwärmen auf dem Wasserbade aus beiden Lösungen allmählich von
neuem Bromsilber‘, allerdings nur in geringer Menge, ab. Dies zuletzt
ausgeschiedene Bromsilber dürfte durch den addierten 1romwasserstoff
gebildet sein.
II. Anlagerungsversuche mit Jodwasserstofl.
Um das Verhalten der Doppelbindung im Styryltrimethylamin-
chlorid g’ gen Jodwasserstoff kennen zu lernen, brachte ich 5 g Styryl-
trimethy] .minchlorid unter Kühlung mit 15 g Jodwasserstoffsäure
(spez. Gew. 1,27) zusammen und überließ das Gemisch 8 Tage lang
sich selbst. Das Reaktionsprodukt, das im Aussehen dem bei den
Versuchen mit Bromwasserstoff erhaltenen glich, wurde darauf durch
Erwärmen auf dem Wasserbade möglichst von überschüssigem Jod-
wasserstoff befreit. Beim Aufbewahren über Aetzkalk erstarrte das
Reaktionsprodukt zum größten Teile zu glänzenden, tiefschwarzen
Krystallplättchen, die von einem dicklichen schwarzen Oele durchsetzt
waren.
H. Emde: Styrylaminbasen. 285
Zur näheren Charakterisierung des Reaktionsproduktes wurde
eine Probe nach dem Abpressen zwischen Tonplatten in Alkohol
gelöst, die dunkelgefärbte Lösung durch vorsichtigen Zusatz von
schwefliger Säure entfärbt und nach Hinzufügung eines gleichen
Volums Wasser der freiwilligen Verdunstung überlassen. Als die
Lösung hinreichende Konzentration erlangt hatte, schieden sich aus
ihr weiße Drusen aus, die bei 178° schmolzan, ein Schmelzpunkt, der
darauf hinwies, daß diese Krystalle identisch waren mit dem durch
Methylierung von Styrylamin erhaltenen Styryltrimethylaminjodid. In
der Tat lieferten sie nach dem Umsetzen mit Chlorsilber ein Goldsalz
vom Aussehen und Schmelzpunkt des Styryltrimethylamingoldchlorids.
Andere krystallisierbare Bestandteile konnten aus den obigen
schwarzen Krystallen nicht isoliert werden; es gelang weder dieselben aus
Alkohol, noch aus wässeriger Jodwasserstoffsäure umzukrystallisieren.
Um einen Anhaltspunkt dafür zu gewinnen, ob überhaupt Jod-
wasserstoff an die durch Doppelbindung vereinigten Kohlenstoffatome
addiert worden war, behändelte ich eine Probe des Reaktionsgemisches
nach dem Lösen in verdünntem Alkohol, ebenso wie es bei dem durch
Einwirkung von Bromwasserstoff erhaltenen Reaktionsprodukt zur
Ausführung gelangte, zunächst in der Kälte, dann, nach dem Filtrieren,
in der Wärme mit Silbernitratlösung. Es schied dabei auch hier in
der Wärme von neuem Halogensilber in zwar bescheidener, aber doch
anscheinend größerer Menge ab, als dies bei den mit Bromwasserstoff
behandelten Proben der Fall war. Die von Silber befreite Lösung
lieferte ein Goldsalz, das sich aus Wasser zunächst ölig abschied,
jedoch aus verdünntem Alkohol in Form großer, blätteriger Krystalle
vom Schmp. 104° resultiertte. Da dieser Schmelzpunkt mit dem des
Golddoppelsalzes übereinstimmt, welches das Reduktionsprodukt des
Styryltrimethylaminchlorhydrins liefert (s. später), so führte ich in
der angegebenen Weise die Gesamtmenge der schwarzn Krystalle in
ein Golddoppelsalz über. Dieses erweichte bei 106°, um jedoch erst
bei 140° klar zu schmelzen. Durch häufiges Umkrystallisieren ließ
sich daraus ein leichter löslicher Anteil in gut ausgebildeten Nadeln
isolieren, die konstant bei 151° schmolzen.
Der Goldgehalt dieses letzteren Doppelsalzes führt zu der Formel
(gH;-CH(OH)-CHa-CHg-N (CH3), C), Au Ch;.
0,1989 g Substanz enthielten 0,0733 g Au.
Gefunden: Berechnet für Ca H»ONC Au:
Au 36,85 36,98%.
Den schwerer löslichen Anteil des Golddoppelsalzes konnte ich
bei der geringen Menge, über die ich verfügte, vorläufig nicht rein
286 H. Emde: Styrylaminbasen.
erhalten; der Schmelzpunkt desselben liegt wesentlich tiefer als der
des leichter löslichen Anteils. /
Aus äußeren Gründen habe ich die Versuche mit Styryltrimethyl-
aminchlorid und Jodwasserstoff nicht fortgesetzt; dies wird jedoch von
anderer Seite geschehen.
III. Anlagerungsversuche mit Wasserstoff.
Nachdem sich ergeben hatte, daß sich die Doppelbindung im
Styryltrimethylaminchlorid gegen Brom- und Jodwasserstoff wesentlich
weniger reaktionsfähig erweist, als dies in der Zimmtsäure der Fall ist,
führte ich im Hinblicke darauf, daß, wie Erlenmeyer und Alexejew')
gezeigt haben, die Doppeibindung in der Zimmtsäure leicht durch An-
lagerung von Wasserstoff in alkalischer Lösung gelöst wird, ent-
sprechende Anlagerungsversuche zunächst am Styrylamin aus,
Zu diesem Zvrecke fügte ich zu einer möglichst konzentrierten
wässerigen Lösung von 1 g Styrylaminchlorid nach und nach unter
ständigem Umschütteln 50 g 2%igen Natriumamalgams. Da sich hierbei
bald ein bräunlicher, öliger Körper abschied, setzte ich darauf soviel
Alkohol zu, bis sich derselbe wieder löste, trug nochmals 50 g Natrium-
amalgam in kleinen Anteilen ein und erwärmte zum Schlusse das Ganze
noch einige Zeit gelinde auf dem Wasserbade. Die vom Quecksilber
abgegossene Flüssigkeit engte ich nach dem Ansäuern mit Salzsäure
auf dem Wasserbade ein und zog den durch Trocknen in Vakuum-
exsikkator erhaltenen krystallinischen Rückstand wiederholt mit heißem
absolutem Alkohol aus. Hierbei blieb Chlornatrium ungelöst, wogegen
die alkoholische Lösung nach dem Verdunsten weiße Krystalle hinter-
ließ, die wie das Styrylaminchlorhydrat bei 236—238° unter Bräunung
schmolzen. Die aus diesem Produkt dargestellten Gold- und Platin-
doppelsalze bewiesen weiter, daß diese Krystalle nur aus unverändertem
Styrylaminchlorhydrat bestanden.
Das Golddoppelsalz bildete rote Lamellen und Fiederblättchen;
es schmolz bei 138°, wobei es sich unter Abscheidung von Gold-
partikelchen trübte.
0,1769 g Substanz lieferten 0,0740 g Au.
Gefunden: Berechnet für CgHjs3 N Ch Au:
Au 41,83 41,68%,
Das Platindoppelsalz bestand aus eigelben kleinen Nadeln und
schmolz bei 218—220°, indem es sich unter Schwärzung aufblähte.
0,2492 g Substanz lieferten 0,0714 g Pt.
Gefunden: Berechnet für CjgHs4 NaCl, Pt:
Pt 28,75 28,83 %.
1) Annalen d. Chem. u. Pharm. 121, 375.
H. Emde: Styrylaminbasen. 287
Nach diesem negativen Ergebnis wiederholte ich den Reduktions-
versuch in der Weise, daß ich zu einer wässerigen Lösung von 1,5 g
Styrylaminchlorbydrat von vornherein soviel Alkohol hinzufügte, daß
die Abscheidung eines öligen Körpers überhaupt nicht erfolgte. Auch
bei diesem Versuche gewann ich jedoch nur das unveränderte
Ausgangsmaterial zurück.
0,2535 g des mit Natriumamalgam behandelten Styrylaminchlorhydrates
lieferten 0,2167 g AgQl.
Gefunden: Berechnet für CyHjNCl:
Cl 21,14 20,90%,
Das unveränderte Vorhandensein der Doppelbindung wies ich in
dem Reaktionsprodukte in folgender Weise nach:
Als zu einer mit Schwefelsäure angesäuerten Lösung dieses
Chlorhydrates einige Tropfen stark verdünnter Kaliumpermanganat-
lösung hinzugefügt wurden, trat sofortige Entfärbung ein; ebenso
verhielt sich ursprüngliches Styrylaminchlorhydrat. Weiter absorbierte
die freie Base, welche aus dem mit Natriumamalgam behandelten Chlor-
hydrat nach Versetzen der wässerigen Lösung mit Kalilauge und
Ausschütteln mit Chloroform gewonnen wurde, reichlich Brom; das
dabei gebildete Bromadditionsprodukt resultierte durch Umkrystallisieren
aus Alkohol in Form glänzend weißer Krystalle, die bei 162° schmolzen.
Das auf dieselbe Weise aus ursprünglichem Styrylaminchlorhydrat
dargestellte Bromadditionsprodukt hatte dasselbe Aussehen und schmolz
bei 164°,
Damit dürfte erwiesen sein, daß Styrylaminchlorhydrat unter den
angegebenen Bedingungen Wasserstoff uicht addiert.
Versuche, die ich in ähnlicher Weise am Styryltfimethyl-
aminchlorid anstellte, lieferten dagegen ein anderes Resultat.
Nach einigen Vorversuchen trug ich in eine Lösung von 5 g
Styryltrimethylaminchlorid in ca. 20 ccm Wasser unter Eiskühlung im
Verlaufe von 2 Stunden 100 g 2%igen Natriumamalgams ein, wobei
ich durch die Flüssigkeit, um sie möglichst neutral zu halten, nicht
nur ständig einen starken Kohlensäurestrom hindurchleitete, sondern
auch von Zeit zu Zeit einige Tropfen verdünnte Schwefelsäure hinzu-
fügte. Eine Wasserstoffentwickelung war erst nach einiger Zeit zu
bemerken, obschon sich das Natriumamalgam von Anfang an rasch
verflüssigte.. Bei diesem Reduktionsversuche schied sich ein öliger
Körper aus, und zwar anfangs milchig verteilt, dann in erheblicher
Menge als Schicht auf der Oberfläche. Dabei trat ein Geruch auf,
welcher an den des Zimmtalkohols erinnerte.
Von der vom Quecksilber abgegossenen Flüssigkeit wurde zunächst
der ölige Bestandteil möglichst im Scheidetrichter getrennt; durch
288 H. Emde: Styrylaminbasen.
Ausschütteln mit Aether konnte noch eine geringe Menge desselben
Produktes gewonnen werden. Da dieses Reaktionsprodukt reichlich
Brom absorbierte, so wurde zu dessen Identifizierung zu einer
ätherischen Lösung desselben soviel ätherische Bromlösung hinzugefügt,
bis eine schwache Gelbfärbung bestehen blieb» Nach dem Verdunsten
des Aethers resultierten gelbliche Nadeln, die sich durch Um-
krystallisieren aus Alkohol von 80%, obwohl leicht ölige Abscheidung
erfolgte, in Form gut ausgebildeter, weißer Nadeln vom F.-P. 67°
erhalten ließen.
Cariusbestimmung und Elementaranalyse ergaben Werte, die zu der
Formel CgH,-CHBr-CHBr-CH;z führten:
1. 0,2025 g Substanz lieferten 0,2716 g AgBr.
2. 0158, , ER BANTE De
he „02738 g CO, und 0,0691 g Hs0.
Theorie: 1. re Ho 3,
C, 108,000 38,85 ee
Hı 10,076 3,62 ‚be
Bra 159,920 57,53 57,08 57,42
277,996 100,00
Die Zusammensetzung, der Schmelzpunkt und die sonstigen
Eigenschaften des analysierten Bromids stimmen mit denen des Dibrom-
additionsproduktes des a-Phenylpropylens vollkommen überein, dessen
Schmelzpunkt von Perkin!) bei 67° getunden wurde. Der bei der
Behandlung von Styryltrimetbylaminchlorid mit Natriumamalgam
gebildete ölige Körper ist somit nichts anderes als «a-Phenyl-
propylen, der dem Zimmtalkohol zugrunde liegende Kohlenwasserstoff
Os H; - CH: CH . CH;.
Um auch die in der wässerigen, vom Quecksilber abgegossenen
Lösung enthaltenen Reaktionsprodukte zu identifizieren, stellte ich aus
derselben Gold- und Platindoppelsalze her.
Das Golddoppelsalz schied sich auf Zusatz von Goldchlorid zu
der angesäuerten, wässerigen Lösung als hellgelber, krystallinischer
Niederschlag ab; durch Umkrystallisieren aus salzsäurehaltigem Wasser
resultierte es in kompakten, tiefgelben Nadeln und Blättchen, die bei
241—243° unter Zersetzung schmolzen und beim Uebergießen mit
Kalilauge einen intensiven Geruch nach Trimethylamin entwickelten.
Der Goldgehalt steht ebenfalls mit dem des a
im Einklang.
0,3224 g Substanz lieferten 0,1591 g Au.
Gefunden: Berechnet für N (CH3)g, HCI + AuClz:
Au 49,35 49,419,
1) Jahresber. über die Fortschritte der Chemie 1877, 382.
H. Emde: Styrylaminbasen. 289
Aus der Mutterlauge des analysierten Golddoppelsalzes schied
sich beim Verdunstenlassen nur noch eine geringe Menge derselben
Verbindung ab.
Das entsprechende Platindoppelsalz resultierte in Form von tief-
roten glänzenden Oktaedern, die bei 222—224° unter Schwärzung und
Zersetzung schmolzen. Die Analyse ergab folgende Werte:
0,2874 g Substanz lieferten 0,1058 g Pt. .
Gefunden: Berechnet für (N (CHg)g, HC1)a Pt C];:
Pt 36,81 36,91%.
Nach diesen Beobachtungen verläuft die Reaktion zwischen
Styryltrimethylaminchlorid und Wasserstoff nicht, wie man erwarten
sollte, nach der Gleichung:
CsH3;-CH:CH-CH3-N(CH;)3 Cl _ Ha P= CeH3;-CHa- CHs-CHa-N(CH;3)s3 Cl,
sondern es tritt unter Anlagerung von Wasserstoff eine Spaltung des
Ausgangsmateriales ein, die sich durch folgende Gleichung ver-
anschaulichen läßt:
C,H; -CH:CH- CHa . N (CH3)s Cl — Ha =
C;H;:CH:CH-CH; + N (CH;),, HCl.
Diese Spaltung erfolgt so glatt, daß man sie mit Vorteil ver-
werten kann, um mit Hilfe derselben «--Phenylpropylen darzustellen.
Die obige Reaktion erinnert in gewissem Sinne an die Spaltung
quaternärer Ammoniumbasen nach A. W. Hofmann, wie dieselbe von
E. R. Miller bei dem Methylephedrinmethylhydroxyd und von mir bei
dem Methylpseudoephedrinmethylhydroxyd durchgeführt wurde.
Um zu konstatieren, ob die Styrylbasen als solche etwa zu einer
direkten Spaltung neigen, habe ich unter den gleichen Bedingungen
sowohl die Chloride der quaternären Ammoniumbasen des Ephedrins
und Pseudoephedrins, als auch das Chlorhydrin des Styryltrimethyl-
aminchlorids mit Natriumamalgam behandelt, ohne jedoch eine analoge
Spaltung zu beobachten. Es scheint daher, als ob das Eintreten
derselben an das Vorhandensein der Doppelbindung geknüpft ist, obschon
dieselbe dabei unverändert bleibt.
IV. Anlagerungsversuche mit unterchloriger Säure.
Die nachstehenden Versuche gelangten an der Hand der Angaben
zur Ausführung, welche in der Literatur über das Verhalten der
Zimmtsäure gegen unterchlorige Säure vorliegen. Glaser!) wies zuerst
nach, daß Zimmtsäure die Elemente der unterchlorigen Säure direkt
addiert; Erlenmeyer und Lipp°) haben dann später das Glaser’sche
1) Annalen d. Chemie und Pharmazie 147, 80.
2) Ibidem 219, 183.
Arch. d. Pharu. CCXXXXIV. Bda. 4. Heft. 19
290 H. Emde: Styrylaminbasen.
Verfahren abgeändert und zugleich nachgewiesen, daß Zimmtsäure bei
der Behandlung mit unterchloriger Säure zum größten Teile Phenyl-
chlormilchsäure C,H;-CH(OH)-CHC1- COOH liefert, während ein
anderer Teil unverändert bleibt und eine weitere Menge unter Bildung
von Chlorstyrol zersetzt wird.
Um das Verhalten der Styrylaminbasen gegen unterchlorige Säure
kennen zu lernen, stellte ich zunächst Versuche mit dem einfachsten
Repräsentanten derselben, dem Styrylamin, an.
Zur Orientierung über den Reaktionsverlauf löste ich 1 g Styryl-
aminchlorhydrat in 5 ccm Wasser und fügte unter Kühlung allmählich
20 ccm einer Unterchlorigsäurelösung zu, die nach Erlenmeyer und
Lipp (l. c.) durch Einleiten von Chlor in eine mit Eiswasser gekühlte
Lösung von 143 g krystallisierter Soda in 1 1 Wasser unter Licht-
abschluß hergestellt war. Dabei trat starke milchige Trübung ein,
nach zwölfstündigem Stehen im Eisschranke klärte sich die Flüssigkeit
unter Abscheidung öliger Tröpfchen, die nach Chlorstyrol rochen,
während die wässerige Flüssigkeit nur noch schwachen Geruch nach
unterchloriger Säure besaß.
Zur Charakterisierung der entstandenen Reaktionsprodukte wurde
die abgegossene wässerige Flüssigkeit mit Gold- und Platinchlorid
versetzt, wobei im ersteren Falle eine leichte Trübung, im zweiten
eine starke krystallinische Fällung entstand.
Aus einer Probe des mit Goldchlorid versetzten Teiles schieden
sich beim Verdunstenlassen ziegelrote, breite Nadeln und Blättchen
ab, die bei 138° schmolzen; beim Verdunsten der Hauptmenge jedoch
resultierte nur ein öliges Goldsalz, das sich trotz mannigfacher
Versuche nicht in die krystallisierte Form überführen ließ. Nach
diesem Verhalten dürfte es sich bei dem vorliegenden Produkte wohl
nur um das schon mehrfach beschriebene Styrylamingoldchlorid
gehandelt haben.
Das entsprechende Platindoppelsalz bildete nach dem Um-
krystallisieren aus Wasser helle Plättchen, die in Aussehen, Schmelz-
punkt und Platingehalt mit Styrylaminplatinchlorid übereinstimmten.
0,2348 g Substanz lieferten 0,0667 g Pt.
Berechnet für
fi :
Refundan CeHgNaClgPt: CjgHsg OgNgQlgPt:
Pt 2841 28,83 24,95%,
Die Mutterlauge dieses Platindoppelsalzes lieferte beim Ver-
dunstenlassen gleichfalls nur Styrylaminplatinchlorid.
Aus diesen Ergebnissen ging hervor, daß das Styrylaminchlorid
bei der Einwirkung der unterchlorigen Säure zum größten Teile an-
scheinend unter Bildung von Chlorstyrol tiefergreifend zersetzt worden
H. Emde: Styrylaminbasen. 291
war. Der Rest desselben war unverändert geblieben, da eine Addition
von unterchloriger Säure nicht konstatiert werden konnte.
Dasselbe Resultat hatte ein zweiter Versuch, welcher unter An-
wendung konzentrierter, im Ueberschuß befindlicher unterchloriger
Säure zur Ausführung gelangte. Bei diesem Versuche wurde direkt
in 25 cem frisch bereiteter Unterchlorigsäurelösung unter Kühlung
1 g Styrylaminchlorhydrat gelöst, wobei sofort eine starke milchige
Trübung eintrat, die sich wie beim ersten Versuche nach einigem
Stehen zu Oeltröpfchen verdichtete. Zu der abgegossenen wässerigen
Flüssigkeit, die stark nach unterchloriger Säure roch, wurde soviel
schweflige Säure zugefügt, bis dieser Geruch verschwunden war. Zur
Charakterisierung der unter diesen Bedingungen entstandenen Reaktions-
produkte wurde auch hier die eine Hälfte der Lösung mit Platin-
chlorid, die andere mit Goldchlorid versetzt, wodurch im ersteren
Falle eine starke Fällung eintrat, während im zweiten die Lösung
klar blieb.
Das nicht umkrystallisierte Platindoppelsalz bestand aus Styryl-
aminplatinchlorid:
0,1511 g Substanz lieferten 0,0433 g Pt.
Gefunden: Berechnet für Cjg Hs Na Cl, Pt:
Pt 28,66 28,83%.
Das Golddoppelsalz schied sich beim Verdunsten der Lösung in
roten Blättchen ab, die in Aussehen, Schmelzpunkt und Goldgehalt
mit Styrylamingoldchlorid übereinstimmten.
0,0559 g Substanz lieferten 0,0231 g Au.
Gefunden: Berechnet für C,gHja N Cl, Au:
Au 41,32 41,68%.
Es war demnach auch unter diesen Versuchsbedingungen keine
Addition von unterchloriger Säure an das Styrylaminchlorid eingetreten.
Wesentlich anders als das Styrylaminchlorid verhielt sich das Styryl-
trimethylaminchlorid, auf welches ich in ähnlicher Weise unter-
chlorige Säure einwirken ließ.
Als 2 g Styryltrimethylaminchlorid unter Kühlung mit 50 ccm
Unterchlorigsäurelösung geschüttelt wurden, trat in der Lösung nur
eine schwache Trübung auf, die beim Stehen im Eisschranke unter
Bildung eines schwachen öligen Bodenbelags nach einigen Stunden
verschwand. Die Lösung selbst roch nach dieser Zeit nur noch
schwach nach unterchloriger Säure.
Zur Charakterisierung der gebildeten Reaktionsprodukte wurde
ein Teil der Lösung mit soviel Platinchloridlösung versetzt, daß nichts
mehr ausfiel, die rötliche krystallinische Fällung wurde hierauf ab-
19*
a;
292 H. Emde: Styrylaminbasen,
gesogen, mit wenig Wasser ausgewaschen und nach dem Trocknen im
Vakuumexsikkator analysiert. Beim Erhitzen erweichte das auf diese
Weise erhaltene Platindoppelsalz bei etwa 200° und nahm eine feurig-
rote Färbung an, um bei 210—212° unter lebhaftem Aufblähen zu
schmelzen. Hierbei blieb die Färbung zunächst bestehen, um dann
durch Braun in Schwarz überzugehen. Das Platindoppelsalz des
unveränderten Styryltrimethylaminchlorids schwärzt sich dagegen schon
vor dem Schmelzen.
0,3869 g Substanz lieferten 0,0855 g Pt.
Gefunden: Berechnet für C44 Hg N; 03 Cl; Pt:
Pt 22,11 22,53%.
Aus der Mutterlauge dieses Platindoppelsalzes schieden sich beim
Verdunsten rote derbe Warzen ab, die bei 212° schmolzen und sich *
dabei wie das zuerst erhaltene Platindoppelsalz verhielten; auch im
Platingehalt stimmte dieses Doppelsalz mit ersterem überein.
0,2369 g Substanz lieferten 0,0536 g Pt.
Gefunden: Berechnet für Ca) Hzg Na 03 ClgPt:
Pt 22,67 22,53%.
Das entsprechende Golddoppelsalz schied sich zunächst ölig ab;
durch vorsichtiges Umkrystallisieren aus salzsäurehaltigem Wasser ließ
es sich jedoch in Form goldgelber Blättchen und Nadeln erhalten, die
bei 130—132° schmolzen.
1. 0,2215 g Substanz lieferten 0,0767 g Au.
2. 0,1613 „ = = 0,1509 g COs und 0,0484 g H,O.
Gefunden: - Berechnet für Ca H7 NO CI, Au:
1. Au 34,47 34,74%
o, C 25,52 25,36 „
:: 3,36 3,37.
Nach diesen Resultaten konnte es nicht zweifelhaft sein, daß
sich bei der Einwirkung von unterchloriger Säure auf Styryltrimethyl-
aminchlorid das Chlorhydrin des letzteren gebildet hatte. Da aus
Zimmtsäure undHOCI nur Phenyl-a-chlor-8-milchsäure: Cs H,- CH(OH)-
CHCI-COOH, nicht aber Phenyl-$-chlor-“-oxypropionsäure OsH;-
CHCI-CH(OH)-COOH entsteht, so dürfte dem Additionsprodukt
aus Styryltrimethylaminchlorid und unterchloriger Säure wohl die
folgende Formel zukommen: C;H;- CH(OH)-CHC1-CH3N (CH3;), Cl.
Jedenfalls erfolgt auch hier die Addition von HOCI, ebenso wie bei
der Zimmtsäure nur in einem Sinne, da stets nur eine Art von
Platin-, bez. Golddoppelsalzen beobachtet werden konnte.
Als später größere Mengen von Styryltrimethylaminchlorid mit
unterchloriger Säure in Reaktion versetzt wurden, ergab sich, daß
H. Emde: Styrylaminbasen. 293
auch hier, ähnlich wie bei der Bildung von Phenylchlormilchsäure aus
Zimmtsäure und unterchloriger Säure, stets ein nicht unbeträchtlicher
Teil des Ausgangsmaterials unverändert bleibt, auch wenn ein Ueber-
schuß von unterchloriger Säure angewandt wurde, Als z.B. 10 g
Styryltrimethylaminchlorid unter Kühlung in 100 ccm frisch bereiteter
Unterchlorigsäurelösung gelöst wurden, lieferte eine Probe der deutlich
nach unterchloriger Säure riechenden Lösung mit Platinchlorid ein
Doppelsalz, welches sich der Hauptmenge nach in heißem Wasser löste,
nachdem es vorher ölig zusammengeflossen war. Eine kleine Menge
des Doppelsalzes blieb dagegen beim Kochen mit Wasser fest und
ging nur schwer in Lösung. Der leichter lösliche Anteil konnte durch
Umkrystallisieren aus Wasser leicht rein in Form roter Warzen und
Krusten gewonnen werden, die nach Schmelzpunkt und Platingehalt
aus dem Doppelsalze des Chlorhydrins bestanden:
0,2763 g Substanz enthielten 0,0603 g Pt.
Gefunden: Berechnet für C54 Has Na 03 ClgPt:
Pt 22,56 22,53%.
Der schwerer lösliche Anteil des Platindoppelsalze wurde durch
wiederholtes Umkrystallisieren aus heißem Wasser in die Form von
Nadeln, welche das Aussehen und den Schmelzpunkt des Styryltrimethyl-
aminplatinchlorids besaßen, übergeführt.
Die Versuche, auch ein Additionsprodukt aus Styrylmethyl-
aminchlorid und unterchloriger Säure darzustellen, verliefen resultatlos.
Beim Zusammenbringen der beiden Komponenten wurde anscheinend
die ganze Menge des Styrylmethylaminchlorids unter Abscheidung
eines öligen Körpers zersetzt, obschon die Versuchsbedingungen
mannigfach geändert wurden. Dieser ölige Körper erwies sich, im
Gegensatze zu dem bei der Einwirkung von Styrylaminchlorid auf
unterchlorige Säure erhaltenen, als geruchlos. Versuche, denselben in
krystallisierter Form zu erhalten, waren bisher ohne Resultat, sodaß
ich vorläufig über die Natur dieses Produktes keine Angaben machen kann.
Aus der von dem öligen Körper abfiltrierten wässerigen Lösung
konnten nur geringe Mengen zähflüssiger Platindoppelsalze gewonnen
werden, die nicht in eine krystallisierte Form übergeführt werden
konnten. Ebensowenig ließ sich daraus das Platindoppelsalz von etwa
unverändert gebliebenen Styrylmethylaminchlorids isolieren, obschon
sich dasselbe durch große Krystallisationsfähigkeit auszeichnet. Nur
einmal wurde durch Fällung mit absolutem Alkohol ein krystallisiertes
Platindoppelsalz erhalten in Form von glänzenden, rötlich gelben
Kryställchen, die bei 222° unter Schwärzung und Zersetzung schmolzen.
Die Analyse ergab, daß dieses Doppelsalz aus Methylaminplatinchlorid
bestand.
294 H. Emde: Styrylaminbasen. |
0,2840 g Substanz lieferten 0,1170 g Pt.
Gefunden: Berechnet für (NH3 NH;, HCl)» PtC];:
Pt 41,20 41,304,
Auch bei Anwendung von reiner unterchloriger Säure in
wässeriger Lösung ergab sich kein besseres Resultat.
Reduktion des Chlorhydrins des Styryltrimethylaminchlorids.
Im Hinblick auf die Möglichkeit, von dem Additionsprodukt des
Styryltrimethylaminchlorids und der unterchlorigen Säure durch Ersatz
des organisch gebundenen Chlors durch Wasserstoff zu einem Isomeren
des Methylephedrin- bezgl. Methylpseudoephedrinmethylchlorids zu
gelangen, versuchte ich dieses Chlorhydrin zunächst mittelst Wasserstoff
zu reduzieren, der aus Zink und Schwefelsäure entwickelt wurde.
Zu diesem Zwecke gab ich zu einer Lösung von Styryltrimethyl-
aminchlorid in der berechneten Menge wässeriger, unterchloriger Säure
granuliertes, mit Platinchlorid angeätztes Zink und tropfenweise soviel
verdünnte Schwefelsäure, daß 1 Stunde lang lebhaft Wasserstoff ent-
wickelt wurde. Dabei überzog sich die Oberfläche der Flüssigkeit
mit einem dünnen, schillernden Häutchen, gleichzeitig trübte sie sich
etwas und nahm einen angenehmen Geruch an; durch Ausschütteln
mit Aether wurden jedoch nur Spuren dieses angenehm riechenden
Körpers gewonnen. N
Als zur Charakterisierung der Reaktionsprodukte ein Teil der
filtrierten, wässerigen Lösung mit Goldchlorid versetzt wurde, schieden
sich tiefgelbe Flocken in reichlicher Menge ab, die sich durch Um-
krystallisieren aus heißem Wasser, obwohl sie sich leicht ölig abschieden,
in Form glänzender, zarter Blättchen umkrystallisieren ließen. Da
jedoch beim Umkrystallisieren dieses Golddoppelsalzes aus heißem
Wasser leicht Zersetzung unter Abscheidung von metallischem Gold
eintrat, erschien es angebracht, dieses Golddoppelsalz ohne Anwendung
von Wärme in der Weise umzukrystallisieren, daß die konzentrierte,
alkoholische Lösung desselben mit einer reichlichen Menge Wasser
versetzt wurde, worauf sich das Goldsalz in glänzenden, zarten Blättcher
abschied, die nach dem Trocknen im Vakuumexsikkator bei 174—176°
schmolzen.
1. 0,1917 g Substanz lieferten 0,0717 g Au.
2. 0,2270 „ ” 0,0849 „
Nach a Unkrreallisieren aus Alkohol lag der Schmelzpunkt
bei 176—1800,
3. 0,1696 g Substanz lieferten 0,0641 g Au.
Gefunden: Berechnet für
1. 2. 3. Cya Hao ONC, Au:
Au 3740 3740 37,79 36,98%.
H. Emde: Styrylaminbasen. 295
Aus den alkoholhaltigen Mutterlaugen dieses unter 1., 2. und 3.
analysierten Golddoppelsalzes schieden sich beim Verdunsten goldgelbe
Nadeln aus, die in dem Aussehen, Schmelzpunkt (132—134°) und
Goldgehalt mit dem Chlorbydringolddoppelsalze übereinstimmten:
4. 0,2115 g Substanz lieferten 0,0737 g Au.
Gefunden: Berechnet für CygH;g ON Cl, Au:
Au 34,85 34,74 9.
Auch die zinkhaltige, von der ursprünglichen Fällung des Gold-
doppelsalzes abfiltrierte Mutterlauge lieferte beim Verdunsten lediglich
das Golddoppelsalz des Chlorhydrins:
5. 0,1582 g Substanz enthielten 0,0554 g Au = 35,10%.
Wenn es sich auch bei den unter 4. und 5. analysierten Gold-
doppelsalzen nur um das Goldsalz des unveränderten Chlorhydrins
handelte, so deutete doch bei den unter 1., 2. und 3. analysierten
Golddoppelsalzen der mit dem Umkrystallisieren steigende Schmelzpunkt
und Goldgehalt daraufhin, daß hier ein Gemisch von Styryltrimethyl-
amingoldchlorid mit dem ersteren Golddoppelsalze vorlag. Obschon das
Golddoppelsalz des Styryltrimethylaminchlorids etwas schwerer löslich
ist als dasjenige des Chlorhydrins, so sind doch die Unterschiede in
der Löslichkeit so gering, daß eine exakte Trennung ber beiden Gold-
doppelsalze bei kleinen Mengen durch Krystallisation kaum möglich ist.
Wenn demnach überhaupt bei dem geschilderten Versuche eine
Einwirkung des Wasserstoffs stattgefunden hatte, worauf die
Abscheidung des angenehm riechenden, öligen Nebenproduktes hinweist,
so war dies doch nur in geringem Umfange der Fall.
Ich wiederholte daher obigen Versuch, ließ aber diesmal den
Wasserstoff 3 Tage lang einwirken; die durch Ausäthern erhaltene
Menge des öligen Zersetzungsproduktes war hierbei kaum größer als
beim ersten Versuche.
Die wässerige, zinkhaltige Flüssigkeit wurde hierauf mit hin-
'reichend Platinchlorid gefällt und das ausgeschiedene, krystallinische
Platindoppelsalz alsdann in soviel salzsäurehaltigem Wasser in der
Wärme gelöst, daß sich beim Erkalten nur wenig abschied. Diese
erste Abscheidung bestand nach dem Aussehen, Schmelzpunkt und
Platingehalt aus Styryltrimethylaminplatinchlorid:
0,2510 g Substanz lieferten 0,0636 g Pt.
Gefunden: Berechnet für Co Hgg Na Cl, Pt:
Pt 25,34 25,64%.
Aus der Mutterlauge wurden nach dem Eindampfen derbe rote
Nadeln erhalten, die bei 214—216° unter Schwärzung und Aufblähen
schmolzen.
296 H. Emde: Styrylaminbasen.
\
1. 0,2729 g Substanz lieferten 0,3441 g COg und 0,1198 g H30.
2. 0,2677 „ n 2 0,3582, 54.2: 7ytı OR
Gefunden: Berechnet für:
1, 2. 1. Chlorhydrin. 2. Reduktionsprod. 3. Ausgangsmat.
C 34,38 34,46% 33,30 36,19 37,90
H 491 490, 4,43 5,06 4,77
Nach vorstehenden Daten dürfte das analysierte Salz ein Gemisch
gewesen sein aus dem Platindoppelsalz des Styryltrimethylaminchlorids
und demjenigen des Chlorhydrins. Die zinkhaltige Mutterlauge der
ursprünglichen Fällung lieferte beim Verdunsten nur letzteres:
0,3202 g Substanz enthielten 0,0722 g Pt.
Gefunden: Berechnet für Ca, Hg 0a Na C!sPt:
Pt 22,55 22,539,
Auch dieser Reduktionsversuch, bei dem Wasserstoff in saurer
Lösung 3 Tage lang einwirkte, hatte somit nur negativen Erfolg. Das
Gleiche war der Fall, als das reine Platindoppelsalz des Chlorhydrins
mehrere Stunden lang mit Zink und verdünnter Schwefelsäure behandelt
wurde Durch Zusatz von Goldchlorid und Umkrystallisieren der
entstandenen öligen Abscheidung konnte lediglich das Goldsalz des un-
veränderten Chlorhydrins gewonnen werden.
Wenn auch durch Wasserstoff, der aus Zink und Schwefelsäure
entwickelt wurde, im Chlorhydrin des Styryltrimethylaminchlorids das
organisch gebundene Chlor nicht zu eliminieren war, so war dies dech
mit Wasserstoff, der aus Natriumamalgam entwickelt wurde, der Fall.
Zu diesen Reduktionsversuchen wurde zunächst aus 4 g Styryl-
trimethylaminchlorid und der berechneten Menge reiner, wässeriger,
unterchloriger Säure von 7% eine Lösung des Chlorhydrins und daraus
alsdann dessen Platindoppelsalz dargestellt.
0,2658 g Substanz dieses Platindoppelsalzes lieferten 0,0595 g Pt.
Gefunden: Berechnet für Ca, Hg Og3Na0lg Pt:
Pt 22,39 22,539,
Zur Orientierung über den Reaktionsverlauf wurden etwa 0,5 g
dieses reinen Platindoppelsalzes in Wasser gelöst und diese Lösung
nach und nach mit soviel 2%igem Natriumamalgams versetzt, daß
3—4 Stunden lang lebhaft Wasserstoff entwickelt wurde. Hierbei trat
weder ein Geruch noch die Abscheidung eines öligen Körpers auf.
Zur Charakterisierung der Reaktionsprodukte wurde alsdann die
eine Hälfte der vom Quecksilber abgegossenen, mit Salzsäure an-
gesäuerten Flüssigkeit mit Goldchlorid-, die andere mit Platinchlorid-
lösung versetzt.
Auf Zusatz von Goldchlorid erfolgte zunächst eine ölige Ab-
scheidung, die jedoch durch vorsichtiges Umkrystallisieren aus heißem
H. Emde: Styrylaminbasen. 297
Wasser in zarte, faserige Blättchen vom F.-P. 103° übergeführt
werden konnte.
0,1736 g Substanz lieferten 0,0642 g Au.
. Gefunden: Berechnet für Ci H9ON Cl, Au:
Au 36,98 36,98%.
Auf Zusatz von Platinchlorid entstand keine Fällung, jedoch
schieden sich beim Verdunsten der Lösung rote Drusen ab, die bei
216— 218° unter Schwärzung und Zersetzung schmolzen.
0,1552 g Substanz lieferten 0,0382 g Pt.
Gefunden: Berechnet für CH 03 NaCl, Pt:
Pt 24,52 24,48%.
Aus diesen analytischen Daten geht hervor, daß durch Ein-
wirkung von Natriumamalgam auf das Platindoppelsalz des Chlor-
hydrins das organisch gebundene Chlor durch Wasserstoff ersetzt
worden war. Dem so erhaltenen Körper dürfte, entsprechend der auf
ähnliche Weise aus Phenylchlormilchsäure entstehenden Phenylmilch-
säure !), die. Formel:
C,H; CH (OH) CH, CH3 N (CH;);: OH
zukommen.
Es ist jedoch, wie weitere Versuche ergaben, nicht nötig, zur
Darstellung dieses Reduktionsproduktes das reine Platindoppelsalz des
Chlorhydrins zu verwenden, vielmehr kann man direkt eine Lösung
von Styryltrimethylaminchlorid in wässeriger unterchloriger Säure,
obschon dieselbe außer dem Chlorhydrin stets noch eine beträchtliche
Menge unveränderten Styryltrimethylaminchlorids enthält, unmittelbar,
ohne Isolierung des Chlorhydrins, der Einwirkung von Natrium-
amalgam unterwerfen. Dabei wird das unveränderte Styryltrimethyl-
aminchlorid gespalten in «-Phenylpropylen und Trimethylamin, Produkte,
die sich leicht entfernen lassen, sodaß folgender Weg zur Darstellung
des Reduktionsproduktes eingeschlagen werden kann.
Styryltrimethylaminchlorid bringt man unter Kühlung mit der
berechneten Menge unterchloriger Säure in wässeriger Lösung
zusammen, läßt die Mischung 12 Stunden im Eisschranke stehen,
filtriert hierauf durch ein angefeuchtetes Filter und schüttelt sie als-
dann in einer verschlossenen Flasche mit Natriumamalgam von 2%,
von dem man nach und nach soviel zusetzt, daß schließlich mindestens
1 Stunde lang eine lebhafte Wasserstoffentwickelung stattfindet. Anfangs
verflüssigt sich hierbei das Amalgam, ohne daß Wasserstoffbläschen auf-
steigen. Man schüttelt darauf die vom Quecksilber abgegossene
1) Glaser, Annalen der Chemie und Pharmazie 147, 86.
298 H. Emde: Styrylaminbasen.
wässerige Lösung mit Aether, der das «a-Phenylpropylen aufnimmt,
aus und leitet dann durch die Flüssigkeit so lange einen Luftstrom,
bis nur noch ein schwacher Geruch nach Trimethylamin zu bemerken
ist. Säuert man hierauf die wässerige Lösung mit Salzsäure an und
versetzt sie darauf mit Platinchlorid, so erhält man beim Verdunsten-
lassen ein rotes körniges Platindoppelsalz, das in Wasser ziemlich
leicht löslich ist und durch mehrmaliges Umkrystallisieren aus Wasser
in Form roter Warzen und Drusen, die bei 219° unter Zersetzung
schmelzen, rein erhalten werden kann.
Aus 4 g Styryltrimethylaminchlorid erhielt ich auf diese Weise
nahezu 1,5 g des reinen Platindoppelsalzes. .
1. 0,2204 g Substanz lieferten 0,0539 g Pt.
2. 0,2565 „ 4 E 0,3383 g COa und 0,1162 g H.«O.
Gefunden: Berechnet für C4yHa03 NaCl, Pt:
1. Pt 24,44 24,47%
9 C 35,97 36,19 „
} m. 8 5,06 „.
Beim Bestimmen des Platingehaltes dieses Doppelsalzes durch
Glühen fiel mir auf, daß sich während einer bestimmten Phase der
Analyse ein angenehmer Geruch entwickelte, der lebhaft an den der
Alkohole erinnerte, die durch Spaltung der quaternären Ammonium-
basen des Ephedrins und Pseudoephedrins erhalten worden waren.
Auf der Innenseite des Tiegeldeckels waren gleichzeitig wasserhelle
Tröpfchen auf teerartigem Untergrund zu bemerken, denen ah an-
genehme Geruch zuzukommen schien.
Ein ganz ähnlicher Geruch trat auch auf, als die aus einer kleinen
Menge des Platindoppelsalzes mittels Silberoxyd dargestellte freie Base
in wässeriger Lösung der Destillation unterworfen wurde; allerdings
trat hier dieser Geruch erst hervor, als das im Destillat vorhandene
Trimethylamin durch Salzsäure gebunden worden war. Außerdem
waren in den letzten übergehenden Anteilen kleine Oeltröpfchen zu
bemerken.
Es scheint also das Reduktionsprodukt des Chlorhydrins als freie
Base durch Destillation in wässeriger Lösung in ähnlicher Weise
gespalten zu werden, wie die mit ihr isomeren quaternären Ammonium-
basen des Ephedrins und Pseudoephedrins. Dieses Reduktionsprodukt
ist jedoch mit den entsprechenden Ammoniumbasen des Ephedrins und
Pseudoephedrins nicht identisch, sondern nur isomer, und
zwar dürfte die Verschiedenheit dieser Basen auf verschiedene Struktur
zurückzuführen sein. Aus den in der nachfolgenden Tabelle
a
H. Emde: Styrylaminbasen. 299
| Synthetische Quaternäre Ammoniumbase
; des
| Bm | des Ephedrins Pseudoephedrins
Golddoppelsalz |Faserige, glänzende| Breite, ziemlich Form und Löslich-
CiHgpONC,Au | hellgelbe | schwer lösliche | keit wie neben-
| Blättchen Nadeln stehend
| F.-P. 1030 F.-P. 190—1910 F.-P. 1940
Platindoppelsalz | Rote ziemlich | Rote, mäßigschwer | Kleinere, leichter
C4H40gNsCl, Pt leicht lösliche lösliche Nadeln von | lösliche Nadeln wie
Drusen bedeutender Größe nebenstehend
F.-P. 216—2180 F.-P. 2500, F.-P. 204—2050
zusammengestellten Daten ergeben sich zwischen den Gold- und Platin-
doppelsalzen der synthetiseh dargestellten Base und den entsprechenden
Doppelsalzen des Ephedrins und Pseudoephedrins, besonders im Schmelz-
punkte, so große Differenzen, daß dieselben nicht nur durch optische
Aktivität bez. Inaktivität bedingt sein können. Es dürfte daher wohl
anzunehmen sein, daß die Formel
C,H; : CH(OH)- CHz- CHs-NH- CH;
weder dem Ephedrin noch dem Pseudoephedrin zukommt. Die weiteren
Versuche, welche in dieser Richtung bereits in Angriff genommen
sind, werden hierfür wohl noch mehr Anhaltspunkte liefern.
Die vorliegende Arbeit wurde in den letzten Semestern im
pharmazeutisch-chemischen Institut der Universität Marburg ausgeführt.
Es ist mir eine angenehme Pflicht, dem Direktor desselben, Herrn
Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. E. Schmidt, unter dessen Leitung die Arbeit
entstand, auch an dieser Stelle für die gütige Unterstützung und das
Wohlwollen, das er mir während des Studiums bewiesen, ehrerbietigen
Dank auszusprechen.
300 C. Mai u. C. Rath: Morphinbestimmung.
Kolorimetrische Bestimmung kleiner Mengen Morphin.
Vorläufige Mitteilung aus dem Laboratorium für
angewandte Chemie an der Kg]. Universität München.
Von ©. Mai und C. Rath.
(Eingegangen den 5. VII. 1906.)
Seit längerer Zeit mit einer Untersuchung über den Morphin-
gehalt der Mohnkapseln beschäftigt, hatte sich uns der Mangel eines
Verfahrens fühlbar gemacht, das die quantitative Bestimmung sehr
kleiner Morphinmengen, d. h. Mengen von weniger als 1 mg, in ver-
hältnismäßig einfacher und hinreichend sicherer Weise gestattet.
Da ein solches Verfahren insbesondere auch für die gerichtlich-
chemische Praxis von Bedeutung sein würde, versuchten wir die ver-
schiedenen Farbenreaktionen des Morphins zu benutzen, um durch
kolorimetrischen Vergleich der damit erhaltenen Färbungen mit solchen
an Lösungen von bekanntem Morphingehalte vielleicht zu einem gang-
baren Wege zu gelangen.
Wenn unsere diesbezüglichen Versucheauchnochnicht abgeschlossen
sind, so sehen wir uns doch mit Rücksicht auf eine inzwischen erfolgte
Veröffentlichung von Georges und Gascard'), die einen ähnlichen
Gedanken wie wir verfolgten, veranlaßt, die bisher erhaltenen Er-
gebnisse schon jetzt mitzuteilen.
Es wurden zunächst drei Reaktionen des Morphins in Betracht
gezogen, nämlich seine Einwirkung auf Jodsäure, sowie sein Verhalten
gegen das Fröhde’sche Reagens und gegen Formaldehyd-Schwefelsäure.
Aus wässeriger Jodsäurelösung wird durch Morphin bekanntlich
Jod frei gemacht; wir hofften diese Reaktion nun in der Weise für
den beabsichtigten Zweck verwerten zu können, daß entweder die
durch das ausgeschiedene Jod verursachte Färbung direkt kolorimetrisch
vergleichbar sein würde, oder daß durch Ausschütteln des Jodes mit
Schwefelkohlenstoff oder Chloroform oder auch durch Anwendung von
Stärkelösung kolorimetrisch vergleichbar gefärbte Flüssigkeiten zu
erhalten wären.
Diese Annahmen erwiesen sich indessen als nicht ohne weiteres
zutreffend. :
Die Färbung durch das abgeschiedene Jod ist bei stark verdünnten
Lösungen viel zu gering, um direkt vergleichbare Werte zu ergeben.
1) Journ. Pharm. Chim. 1906, 23, 513.
C. Mai u. C. Rath: Morphinbestimmung. 301
Sie setzt außerdem ganz reine Morphinlösungen voraus, die in der
Praxis nicht immer vorliegen, da jede färbende Verunreinigung das
Ergebnis naturgemäß mehr oder weniger stark beeinflußt. Beachtung
verdient vielleicht der von Georges und Gascard!) vorgeschlagene
Zusatz von Ammoniak, wodurch die Färbung an Tiefe beträchtlich
zunimmt.
Die Versuche, das Jod durch Ausschütteln mit Chloroform,
Schwetelkohlenstoff usw. anzureichern, führten bisher ebenfalls nicht
zu befriedigenden Erfolgen, ebenso diejenigen, die auf die Bildung von
Jodstärke hinzielten; wir gedenken die Versuche in dieser Richtung
indessen noch fortzusetzen.
Die zweite von uns in Betracht gezogene Reaktion, die bekannte
Violettfärbung des Morphins mit Fröhde’s Reagens, einer Lösung
von 1—50 mg Ammoniummolybdänat in 1 ccm Schwefelsäure, führte
gleichfalls nicht zu einem praktisch verwertbaren Befunde. Die dabei
auftretende Färbung ist zwar sehr tief, sie verträgt aber keine
Verdünnung.
Einen besseren Erfolg ergab dagegen die dritte in Anwendung
gezogene Reaktion, nämlich die Violettfärbung des Morphins mit einer
Mischung von etwa 2 Tropfen 40%iger Formaldehydlösung mit 3 ccm
Schwefelsäure, die als Marquis’sches Reagens bekannt ist.
Es wurde in der Weise verfahren, daß l ccm einer wässerigen
Morphinchlorhydratlösung 1:1000 in einem kleinen halbkugeligen Glas-
schälchen auf dem Wasserbade verdampft, der Rückstand mit 1 ccm
des Reagenses verrührt, die tief violett gefärbte Flüssigkeit in kleine
Röhrchen von etwa 10 mm Weite übergeführt und darin unter Nachspülen
des Schälchens mit 4 cem Schwefelsäure verdünnt wurde. Bei An-
wendung von 1 mg Morphinchlorhydrat entsteht so eine fast un-
durchsichtige, violettblaue Flüssigkeit, während bei geringeren Morphin-
mengen die Tiefe der Färbung in deutlich erkennbarem und kolorimetrisch
leicht vergleichbarem Grade abnimmt. Die Grenze der Empfindlich-
keit dürfte mit etwa 0,00003 g Morphin erreicht sein, mit welcher
Menge eine eben noch vergleichbare Blaufärbung entsteht. Noch
geringere Morphinmengen sind zwar mit Hilfe dieser Reaktion noch
qualitativ erkennbar, doch vertragen die dabei auftretenden Färbungen
keine Verdünnung mehr und sind daher nicht mehr vergleichbar. Wir
glauben, daß durch Herstellung geeigneter Normallösungen sich auf
diese Weise die Bestimmung von Milligrammbruchteilen von Morphin
ermöglichen läßt, behalten uns weitere Mitteilungen darüber indessen
noch vor.
1) 2.2.0.
r rc RE
\ 2
302 J. Tröger u. F. Schaub: Diazo-m-toluolderivate.
Mitteilung aus dem pharmazeutisch-chemischen Laboratorium
der Herzogl. technischen Hochschule zu Braunschweig.
Ueber die Einwirkung von schwefliger Säure auf
Diazo-m-toluolchlorid bezw. -sulfat.
Von J. Tröger und F. Schaub.
(Eingegangen den 20. VII. 1906.)
In früheren Mitteilungen!) ist gezeigt worden, daß beim Einleiten
von SO>-Gas in eine aus m-Toluidin bereitete Diazolösung eine blut-
rote Sulfonsäure gebildet wird, für die auf Grund ihres Verhaltens
die folgende Konstitutionsformel C-H-N:N- C;HgNH-NH-SO3H an-
genommen wurde. Da diese Sulfonsäure außerordentlich voluminös
bei ihrer Bildung sich abscheidet, so schließt sie trotz guten Absaugens
und Nachwaschens mit Wasser immer anorganische und organische
Produkte ein, die bei manchen Umsetzungen, welche mit der Sulfonsäure
ausgeführt wurden, sich sehr unliebsam bemerkbar machten, so daß wir
schließlich auf Grund umfassender Versuche uns genötigt sahen, bei
allen Reaktionen, die mit der Sulfonsäure ausgeführt werden sollten,
von einem analysenreinen Material auszugehen. Es sind nun in den
früheren Mitteilungen schon die Wege angegeben, die man zur Reinigung
der Sulfonsäure einschlagen kann. Weitere Reinigungsversuche, bei
denen relativ große Sulfonsäuremengen verarbeitet wurden, haben uns
belehrt, daß bei diesen früher beschriebenen Reinigungsverfahren gewisse
Vorsichtsmaßregeln einzuhalten sind, wenn man ein analysenreines
Material erhalten will. Die Analyse kann einzig und allein über die
Reinheit der Sulfonsäure entscheiden. Wir haben deshalb zur Kontrolle
früherer Angaben bereits schon früher beschriebene Salze der Sulfon-
säure aus unreinem und gereinigtem Material dargestellt und führen
außer den schon bekannten Salzen, die mit anorganischen Basen bereitet
sind, auch solche an, bei denen wir die Sulfonsäure mit organischen
Basen zur Umsetzung brachten.
Bereits in der ersten Mitteilung über diesen Gegenstand ist ver-
merkt, daß man die Sulfonsäure durch wiederholtes Auskochen mit
Wasser oder über ihr Kaliumsalz reinigen kann. Zur Darstellung des
letzteren ließen wir die freie Sulfonsäure auf eine wässerige Lösung
1) Journ. prakt. Chem. (2) 68, 297 u. 72, 511.
J. Tröger u. F. Schaub: Diazo-m-toluolderivate, 303
von essigsaurem Kalium einwirken, die Sulfonsäure ist eine stärkere
Säure als die Essigsäure, treibt letztere aus dem Kaliumsalz aus und
man braucht das gebildete Kaliumsalz der Sulfonsäure nur durch Um-
krystallisieren aus Wasser zu reinigen. Durch Eintragen des trockenen
Kaliumsalzes in verdünnte Mineralsäure erhält man schließlich die
krystallisierte Sulfonsäure, die durch Auswaschen und Trocknen im
Vakuumexsikkator analysenrein sein müßte. Daß dies aber nicht immer
so ist, zeigt nachstehender Fall. Die Sulfonsäure war in der an-
gedeuteten Weise bereitet und lieferte folgende Analysenwerte:
C = 54,82, 54,32, 54,38, 54,37%; H = 5,43, 5,59, 5,5, 5,2%; S = 7,44
und 7,24%.
Da die reine Sulfonsäure der Formel C4HN4SO; = CrH;-
N:N-C,H;,-NH-NH:SO3zH entspricht und für ©, H und S sich die
Werte 52,5, 5,0 und 10,0% berechnen, so lag mithin kein reines
Material vor und der niedrige S-Gehalt spricht für eine partielle Ab-
spaltung der SO;H-Gruppe, die eine Erniedrigung im Gehalte des S
und eine Erhöhung im C-Gehalte zur Folge haben mußte. Es liegt
also, wenn man größere Mengen der Sulfonsäure über das Kaliumsalz
reinigt, die Gefahr vor, daß, wenn man beim Umkrystallisieren des
Salzes zu lange erhitzen muß, eine hydrolytische Spaltung im Sinne
der Gleichung
CHrN :N-C7He-NH-NH-SO;H + Hs0 = H3S0, + CaH7N : N: C7Hg-NH-NH3
eintritt. Daß aber die nur abgesaugte und gut ausgewaschene Sulfon-
säure nach dem Trocknen im Vakuumexsikkator über Schwefelsäure
nicht rein ist, bestätigen die nachstehenden Analysen, die 50,85% C
und 6,44% H sowie 50,50% C und 6,45% H ergaben. Die Sulfonsäure
ist also durch eine C-ärmere und H-reichere Verbindung verunreinigt.
Daß aber diese Beimengung sich nach dem anderen, schon früher
beschriebenen Verfahren, d. h. durch Auskochen des Roh-
produktes mit Wasser beseitigen läßt, zeigen die folgenden
Analysen, die mit Sulfonsäure verschiedener Herkunft ausgeführt sind.
Analysen.
1. 0,0284 g Substanz gaben 0,0545 g COg und 0,0130 g H30, entsprechend
52,35% C und 5,06% H.
2. 0,0855 g Substanz gaben 0,1635 g COg und 0,0399 g Ha0, entsprechend
52,04% C und 5,05% H.
3. 0,1240 g Substanz gaben 0,2366 g COz und 0,0601 g H30, entsprechend
52,04% C und 5,42% H.
4. 0,1414 g Substanz gaben 0,1094 g BaSO,, entsprechend 10,63% S.
5. 0,1463 g Substanz gaben 0,1104 g BaSO,, entsprechend 10,35% S.
6. 0,1444 g Substanz gaben 21,8ccm N bei 190 und 764 mm, entsprechend
17,36 % N.
\ Bu
304 J. Tröger u. F. Schaub: Diazo-m-toluolderivate.
Berechnet für die Formel Gefunden:
CH N, S0;: 1. 8; 3. 4, 5. 6.
C 525% 52,35 52,04 2,4 — _ _
A. 506 505 54 — _ _
N 475, _ _ _ _ — 17,36
S 100, — = — 1,8 1035 —
Wie schon oben betont, ist es notwendig, daß man zu weiteren
Umsetzungen eine Sulfonsäure verwertet, deren Reinheit man durch
die Analyse festgestellt hat, da, wie oben gezeigt, eine über das Kalium-
salz hergestellte Sulfonsäure nicht analysenrein zu sein braucht.
„Es empfiehlt sich daher, behufs Gewinnung einer
reinen Sulfonsäure vonder Zusammensetzung O,4HjsN,SO;
die Reinigung des Rohproduktes, wie solches bei Ein-
wirkung von SO, auf Diazo-m-toluolsalz in wässeriger
Lösung entsteht, durch Auskochen mit Wasser zu be-
werkstelligen unddasso gereinigteProdukt im Vakuunm-
exsikkatorüber SchwefelsäurebiszurGewichtskonstanz
zu trocknen.“
Im nachstehenden sind außer den früher schon beschriebenen
Salzen (K, Na, NH,) noch einige Salze der Sulfonsäure mit Anilin,
p-Toluidin und p-Xylidin beschrieben, die behufs Kontrolle der für
die Sulfonsäure aufgestellten Formel C,H, N4SO, dargestellt und
analysiert sind.
Kaliumsalz der Sulfonsäure C,4H;ısN,SO;. Zur Darstellung
dieses Salzes gibt man die feste Sulfonsäure zu einer konzentrierten
wässerigen Lösung von essigsaurem Kalium und krystallisiert das in
der Kälte bereits sich bildende Kaliumsalz aus der mit Wasser hin-
reichend verdünnten Reaktionsflüssigkeit um. Da die Essigsäure in
der vorliegenden Verdünnung auf das Kaliumsalz nicht reagiert, so
braucht man das Kaliumsalz nicht erst abzusaugen. Würde man zur
Bereitung des Kaliumsalzes Kaliumkarbonat wählen, so wäre die Ab-
spaltung der SO,3H-Gruppe noch eher zu befürchten sein, als wenn
man das betreffende Salz mit Kaliumacetat bereitet, in welchem Falle
die Essigsäure eher günstig als nachteilig wirkt. Daß aber auch mit
Kaliumacetat eine gewisse Vorsicht zu beachten ist, lehrt das obige
Beispiel.
Das in obiger Weise aus reiner Sulfonsäure bereitete Kalium-
salz C,H; N4(SO,zK) gab nach dem Trocknen bei 105° und Ab-
rauchen mit H,SO, einen Gehalt von 10,91 bezw. 10,92% K (die Formel
des wasserfreien Salzes verlangt 10,89% K). Ein aus einer (über das
Kaliumsalz bereiteten) S-ärmeren Sulfonsäure dargestelltes Kaliumsalz
J. Tröger u. F. Schaub: Diazo-m-toluolderivate. 305
gab 10,44 bezw. 10,48% K, ein Beweis dafür, daß es schwierig ist,
von einer partiell gespaltenen Sulfonsäure zu reinen Derivaten zu
gelangen.
. Natriumsalz der Sulfonsäure. Das mit essigsaurem
Natrium analog der Kaliumverbindung aus der analysenreinen Sulfon-
säure gewonnene Natriumsalz C,,H,;SO;Na lieferte bei der Analyse
folgende Werte 6,65, 6,47 und 6,85% Na. Obige Formel verlangt
6,72% Na. Bei einer früher beschriebenen Darstellungsweise dieses
Salzes war Nasa CO, benutzt. Dieses ersetzt man zweckmäßiger durch
Natriumacetat.
Ammoniumsalz der Sulfonsäure. An Stelle des früher
zu diesem Zwecke verwendeten wässerigen Ammoniaks bedient man
sich vorteilhafter einer Lösung von essigsaurem Ammonium, die man
durch Neutralisieren von Ammoniak mit verdünnter Essigsäure bereitet.
Ein kleiner Ueberschuß von Essigsäure ist ohne Nachteil. Das gut
krystallisierende Ammoniumsalz, C,H, N,SO,;,NH,, scheidet sich
aus der heißen vorher mit Wasser hinreichend verdünnten Reaktions-
flüssigkeit aus. Bei der Analyse gab es 9,40 und 9,42% S, während
obiger Formel ein S-Gehalt von 9,49% entspricht.
Anilinsalz der Sulfonsäure, C4uH,N4SO;H (C,H, NB;5).
Anilin, in Wasser suspendiert, wird bis zum Verschwinden des ersteren
mit verdünnter Essigsäure versetzt, in diese Lösung von essigsaurem
Anilin trägt man die rote Sulfonsäure ein und krystallisiert nach Zufügen
einer ausreichenden Menge Alkohol um. Es ist so viel Alkohol hinzu-
zufügen, daß das Anilinsalz beim Erwärmen in Lösung geht. Die
filtrierte heiße Flüssigkeit scheidet beim Abkühlen das Anilinsalz in
bräunlichen Krystallen ab, die bei 151—152° schmelzen. Zur Be-
seitigung etwa anhaftenden essigsauren Anilins wäscht man die
gesammelten Krystalle mit wenig Wasser nach.
Analysen.
1. 0,0670 g Substanz gaben 0,1417 g CO und 0,0320 g Ha0, entsprechend
57,7% C und 5,3% H.
2. 0,0651 g Substanz gaben 9,ö5ccm N bei 190 und 756 mm, entsprechend
16,66% N.
3. 0,0636 g Sabstanz gaben 9,22ccm N bei 130 und 755 mm, entsprechend
16,93% N.
Berechnet auf die Formel Gefunden:
Ca HaN; S0;: ar 2, 3.
C 5811% 57,70 — _
H 1195” 53 — _
N 169 „ — 16,66 16,99
Arch. d. Pharm. CCXXXXIV. Eds. 4. Heft. 20
306 J. Troeger u. F. Schaub: Diazo-m-toluolderivate.
p-Toluidinsalz der Sulfonsäure, O,4Hı;N4SO3H (C-H7NB;3).
Zur Bereitung dieses Salzes schmilzt man p-Toluidin unter etwas
Wasser, neutralisiert mit Essigsäure und verfäbrt im übrigen wie
beim Anilinsalz beschrieben. Das Salz erhält man in dunkelgelben
blätterigen Krystallen, deren Schmelzpunkt bei 154° lag. Zuweilen
findet man diesen Schmelzpunkt, da beim Schmelzen Zersetzung ein-
tritt, auch etwas höher oder etwas niedriger.
Analysen.
1. 0,1605 g Substanz gaben 0,3473 g CO3 und 0,0863 g H,O, entsprechend
59,01% C und 5,97% H.
2. 0,1147 g Substanz gaben 16,3 ccm N bei 230 und 760 mm, entsprechend
16,01% N.
3. 0,0676 g Substanz gaben 9,4 ccm N bei 170 und 757 mm, entsprechend
16,04%, N.
Berechnet auf die Formel Gefunden:
Ca Has N; S0;5: Y, 2. 3.
C 59,02% 5901 — —_
H 5,3, 597° — _
N 164 „ — 16,01 16,04
p-Xylidinsalz der Sulfonsäure, C,4Hı5N4SO;3H (05H; NB;).
Das den obigen Salzen analog bereitete p-Xylidinsalz bildet hellbraune
bei 165° schmelzende Krystalle.
Analysen:
1. 0,0664 g Substanz gaben 0,1471 g CO, und 0,0351 g H30, entsprechend
60,41% C und 5,9% H.
2. 0,0865 g Substanz gaben 11,8 ccm N bei 13,750 und 746 mm, ent-
sprechend 15,76 % N.
3. 0,0801 g Substanz gaben 10,9 ccm N bei 13° und 751 mm, entsprechend
15,88% N.
4. 0,0694 g Substanz gaben 9,3 ccm N bei 17,50 und 752 mm, entsprechend
15,53 % N.
5. 0,0788 g Substanz gaben 0,0418 g BaSO,, entsprechend 7,28% S.
Berechnet auf die Formel Gefunden:
Csg Hy N4 S0;: 1; 2. 8: 4. b.
G.599% Bl — _ — —
Bıro@ln, 5,9 _ _ _ -
3.726} _ _ _ — 7128
N 15,87, — 15,76 15,88 15,53
Durch all die angeführten Salze wird aber die schon früher auf-
gestellte unitäre Formel für die Sulfonsäure, C44Hıs N, SO;, bestätigt.
Es sind eben nur, um eine analysenreine, für weitere Umsetzungen
J. Tröger u. M. Franke: Diazobenzolsulfat. 307
brauchbare Säure zu erhalten, die oben angeführten Versuchsbedingungen
einzuhalten. Zum Schluß sei erwähnt, daß wir auch auf andere Weise
eine Reingewinnung der Sulfonsäure versuchten, indem wir von vorn-
herein eine Beimengung anorganischer Salze, die von der stark
voluminösen Sulfonsäure leicht eingeschlossen werden können, zu ver-
meiden suchten. Dies glaubten wir dadurch zu erreichen, daß wir
festes Diazo-m-toluolsulfat in Eisessiglösung mit Amylnitrit diazotierten
und die mit Eiswasser verdünnte Diazolösung mit SOg-Gas behandelten.
Man vermeidet zwar hierdurch anorganische Beimengungen, doch ist
auch hier zur weiteren Reinigung der Sulfonsäure ein Auskochen mit
Wasser nötig. In Anbetracht dieser nicht vereinfachten Darstellungs-
weise dürfte sich daher der oben angegebene Weg zur Reinigung der
Sulfonsäure empfehlen.
Mitteilung aus dem pharmazeutisch-chemischen Laboratorium
der Herzogl. technischen Hochschule zu Braunschweig.
Usher die Einwirkung von schwefliger Säure auf
Diazobenzolsulfat.
Von J. Tröger und M. Franke.
(Eingegangen den 20. VII. 1906.)
In einer früheren Mitteilung!) ist die Gewinnung einer blutroten
Sulfonsäure C,H, N4SO, beschrieben. Dieselbe entsteht, wenn
man SO3-Gas in eine wässerige Lösung von Diazobenzolsulfat bezw.
-chlorid einleitet. Bereits nach kurzem Einleiten tritt Rotfärbung der
Reaktionsflüssigkeit ein, und nach mehrstündigem Stehen der mit SO3
gesättigten Flüssigkeit ist das ganze Gefäß mit der stark voluminösen
blutroten Sulfonsäure erfüllt, deren Menge beim scharfen Absaugen
mittelst der Saugpumpe sich scheinbar stark vermindert. Das auf-
fallende an dieser roten Sulfonsäure ist ihre Bildung, die von gewissen
Versuchsbedingungen abhängig ist. Bekanntlich leitet man ja nach
der Gattermann’schen Sulfinsäuresynthese in Diazolösungen, die aus
aromatischen Aminen bereitet sind, SOs-Gas in großer Menge ein,
ohne hierbei eine Abscheidung eines derartig gefärbten, wasserschwer-
bezw. unlöslichen Produktes zu beobachten. Daß bei dieser bekannten
Synthese, z. B. bei der Darstellung von Benzolsulfinsäure, beim Ein-
leiten von SO3 in Diazobenzolsulfatlösung keine derartige Abscheidung
1) Journ. prakt. Chem. (2), 72, 529.
20*
308 J. Tröger u. M. Franke: Diazobenzolsulfat.
erfolgt, dürfte wohl seinen Grund darin haben, daß die bei diesem
Prozesse angewandte Säuremenge eine größere ist, als bei dem von
uns eingeschlagenen Verfahren. Gattermann verwendet z. B. auf
10 g Anilin im ganzen 60 g konzentrierte H,SO,, während wir etwa
auf die gleiche Menge Anilin die Hälfte Säure benutzen. Nach
Gattermann erhalten wir beim Einleiten von SO, in die Diazolösung
einfach ein wasserlösliches schwefligsaures Diazosalz, während der von
uns eingeschlagene Weg zu einer so gut wie in Wasser unlöslichen
gefärbten Sulfonsäure führt. Trotzdem sind diese beiden genannten
Reaktionsprodukte nicht die einzigen möglichen Produkte, die bei der
Einwirkung von SO, auf Diazobenzolsaiz entstehen können, sondern
schon W. Koenigs!) erhielt bei dieser Reaktion ein sogenanntes
Sulfazid, CH; NH-NH-SO,C,H;, einen weißen Körper, dessen
Konstitution von E. Fischer aufgeklärt wurde. Zu diesem gleichen _
weißen Sulfazide gelangten wir gelegentlich unserer Versuchsreihen,
als wir zu einer Diazobenzolsulfatlösung, die beim Einleiten von SOs-
Gas die blutrote Sulfonsäure abschied, eine gesättigte wässerige Lösung
von schwefliger Säure zufügten. Dieses weiße Sulfazid ist aber keines-
wegs ein Zwischenprodukt bei der Gewinnung der roten Sulfonsäure,
höchstens ein Nebenprodukt, denn es läßt sich auf keinerlei Weise in die
blutrote Sulfonsäure überführen. Es gibt deshalb für die Bildung der roten
Sulfonsäure nur eine Erklärung, nämlich, daß sie sich nur bei gewissen
Konzentrationsverhältnissen der wässerigen Diazolösung bildet, bei
größerer Verdünnung erhält man das Sulfazid, während bei Anwesenheit
von viel überschüssiger Säure, wie es nach der Gattermann’schen
Synthese geschieht, nur schwefligsaures Diazosalz sich bildet. Es
muß daher bei einer gewissen Konzentration Neigung zur Bildung des
Sulfazids, bei einer anderen Neigung zur Bildung der Sulfonsäure vor-
handen sein. Daß bei großer Verdünnung die Bildung der Sulfon-
säure ausgeschlossen ist, lehrte ein Versuch, bei dem auf etwa 15 g
Base 2 Liter wässerige Diazolösung mit SOs-Gas behandelt wurden.
Daß bei größerer Verdünnung mehr Neigung zur Bildung des Sulfazides
vorliegt, beweist die obige Angabe, daß beim Einleiten von SOa in
eine Diazobenzolsalzlösung die rote Sulfonsäure entstand, während ein
anderer Anteil der gleichen Diazolösung, der mit einer wässerigen
Lösung von schwefliger Säure versetzt war, das weiße Sulfazid ab-
schied. Von diesem Gesichtspunkte ausgehend, haben wir daher bei
der Darstellung der Sulfonsäure möglichst konzentrierte Diazolösungen
gewählt und sind hierbei zu annähernd reiner Sulfonsäure in relativ
guter Ausbeute gelangt.
nn *
1) Ber. 10, 1531.
J. Tröger u. M. Franke: Diazobenzolsulfat. 309
Vorläufig glauben wir uns die Entstehung der roten Sulfonsäure
so erklären zu können, daß wir annehmen, SOs wirke auf die Diazo-
lösung reduzierend und sulfurierend ein, und die hierbei gebildete
Hydrazinsulfonsäure C,H; NH-NH-SO;H kuppelt sich mit noch nicht
umgesetzter Diazolösung zur Sulfonsäure C;H;N:N-C;,H,NH-NH-
SO;H.
Besonders auffallend ist, daß von den von uns bisher geprüften
Aminen, die wir diazotierten und deren Diazolösungen wir mit SOs-Gas
behandelten, nur m-Toluidin und Anilin unter Bildung von solchen
rotgefärbten Sulfonsäuren reagierten. Ob auch noch außer diesen
beiden andere Amine unter abgeänderten Versuchsbedingungen analog
reagieren, soll durch spätere Versuche noch entschieden werden.
Darstellung der Sulfonsäure: CjsH13aN,SO;=C;H;N:N-
CsH4-NH-NH-SO,;H. Werden 15g Anilin in Gegenwart von 3—500 g
Wasser und 50 g konzentrierter H3SO, in der üblichen Weise diazotiert,
so fällt beim nachherigen Einleiten von SOs-Gas in die gut ge-
kühlte Diazolösung die blutrote Sulfonsäure aus, die nach längerem
Stehen das ganze Gefäß als voluminöse Masse erfüllt. Nach mehr-
stündigem Stehen saugt und preßt man die Sulfonsäure ab und wäscht
möglichst wenig mit Wasser nach, da diese Sulfonsäure in Wasser
leichter löslich ist als die analoge Sulfonsäure, die aus m-Toluidin sich
gewinnen läßt.
Reinigung der rohen Sulfonsäure. Da die Sulfonsäure
stark voluminös ausfällt, so schließt sie selbstredend von der
Diazotierung herrührende Alkalisalze ein, von denen sie nicht, wie
es bei der analogen, aus m-Toluidin bereiteten Sulfonsäure geschah,
durch Auskochen mit Wasser befreit werden kann, da sie ja schon
von kaltem Wasser etwas gelöst wird. Andererseits enthält aber das
Rohprodukt noch mehr oder weniger organische Nebenprodukte, von
denen man es befreien muß, wenn man die Sulfonsäure für anderweitige
Umsetzungen in analysenreinem Zustande erhalten will. Das Roh-
produkt kann daher außer den anorganischen Salzen das als Nebenprodukt
zuweilen gebildete Sulfazid C,H;-NH-NHSO;C,H; enthalten, eventuell
auch phenolartige Körper, die beim Stehen der Reaktionsflüssigkeit
aus nicht zur Umsetzung gelangter Diazolösung sich bilden können.
Wir haben schließlich nach verschiedenen Versuchen die Reinigung
der Sulfonsäure über ihr Ammoniumsalz als besten Weg erkannt. Zu
diesem Zwecke trägt man die rohe Sulfonsäure in eine aus Essigsäure
und wässerigem Ammoniak bereitete Lösung von essigsaurem Ammon
ein und krystallisiert nach Zusatz einer hinreichenden Menge Wasser
das Ammoniumsalz um. Auch hier ist es vorteilhaft, das Um-
krystallisieren ohne vorherige Trennung des Reaktionsproduktes von
310 J. Tröger u. M. Franke: Diazobenzolsulfat.
der Ammoniumacetatlösung auszuführen. Sofort nach dem Filtrieren
der heißen- wässerigen Lösung scheidet sich ds Ammoniumsalz in
braunen glänzenden Krystallblättchen ab. Will man direkt die Sulfon-
säure haben, so empfiehlt es sich, die heiße Lösung des Ammonium-
salzes bei beginnender Krystallisation mit verdünnter Schwefelsäure
zu versetzen. Die auf diese Weise zur Abscheidung gelangende
Sulfonsäure ist nicht so voluminös und läßt sich daher besser durch
Absaugen von der anhaftenden Flüssigkeit trennen. Da die Sulfonsäure
kein langes Auswaschen verträgt, so muß man sie scharf absaugen und
abpressen, und höchstens ganz zuletzt darf man mit etwas Wasser die
gut abgesaugte Sulfonsäure nachwaschen. Die schließlich im Vakuum-
exsikkator über Schwefelsäure getrocknete Sulfonsäure gab bei der
Analyse einen Schwefelgehalt von 10,5%, während die Formel O,3H}aN4SO;
einen S-Gehalt von 10,96% verlangt.
Die auf die beschriebene Art bereitete und gereinigte Säure
erwies sich für alle Umsetzungen als genügend rein, doch wurden zur
Kontrolle der früher aufgestellten Formel noch die nachstehenden Salze
dargestellt und analysiert.
Ammoniumsalz der Sulfonsäure, CH, N,SO,NH..
Das in der oben angedeuteten Weise gewonnene Salz krystallisiert in
bräunlichen Krystallblättchen und eignet sich, wie schon erwähnt, wegen
seiner Krystallisationsfähigkeit zur Reinigung der mit Sulfazid und
anderen Beimengungen verunreinigten Sulfonsäure.
Analysen.
1. 0,1202 g Substanz gaben 24,1 ccm N bei 170 und 744 mm, entsprechend
22,77% N.
2. 0,1154 g Substanz gaben 0,0868 g BaSO,, entsprechend 10,33% S.
Berechnet auf die Formel Gefunden:
CH N; 505: B> 2.
S 10,36% — 1033
N 22,65, 22,77 _
Anilinsalz der Sulfonsäure, CjsHı N,SO,;H (C,H; NH;3).
Trägt man die feste Sulfonsäure in eine wässerige Lösung von essig-
saurem Anilin ein, das man durch vorsichtigen Zusatz von verdünnter
Essigsäure zu Anilin, das in Wasser suspendiert ist, bereitet, so erhält
man das gelbgefärbte Anilinsalz. Gibt man jetzt so viel Alkohol zu
der Reaktionsflüssigkeit, daß beim Erhitzen das Salz gerade gelöst
wird, so scheidet sich beim Filtrieren der heißen Lösung das Anilinsalz
in schönen großen goldglänzenden Blättern ab, die bei etwa 165° unter
Zersetzung schmelzen.
J. Tröger u. M. Franke: Diazobenzolsulfat. all
Analysen.
1. 0,1328 g Substanz gaben 0,2734 g COs und 0,0586 g Ha 0, entsprechend
56,14% C und 4,9% H.
2. 0,1025 g Substanz gaben 16,6 ccm N bei 21° und 764 mm, entsprechend
18,44% N.
Berechnet auf die Formel Gefunden:
CieHje N; >07 ’ A 2.
C 56,1% 56,14 _
H134,9:; 4,9 .-
N 182, _ 18,44
p-Toluidinsalz der Sulfonsäure, C}3Hıı N4 503 H (Cr H-NB;3).
Das analog dem Anilinsalz bereitete p-Toluidinsalz bildet orangefarbene
glänzende Kryställchen, die bei etwa 172° unter Zersetzung schmelzen.
Wir fanden den Zersetzungspunkt zuweilen auch wohl etwas niedriger,
z. B. bei 166°.
Analysen.
1. 0,1458 g Substanz gaben 0,3072 g CO3 und 0,0686 g Ha0, entsprechend
57,46% C und 5,22%, H.
2. 0,1276 g Substanz gaben 20,2 ccm N bei 16° und 748 mm, entsprechend
18,07% N.
Berechnet auf die Formel Gefunden:
Cie Hsı N; S0;: 7 .2.
C 57,14% 57,46 -—
HAB, 5,22 —
N 17,54, — 18,07
p-Xylidinsalz der Sulfonsäure, CjsH,ı N,SO;H (0; H;NH;3).
Das mittelst essigsaurem p-Xylidin bereitete p-Xylidinsalz bildet nach
dem Umkrystallisieren eine leichte, goldgelbe, wollige Krystallmasse,
deren Schmelz- und Zersetzungspunkt bei etwa 177° liegt.
Analysen.
1. 0,1270 g Substanz gaben 0,2721 g COa und 0,0544 g Ha0, entsprechend
58,43% C und 5,61% H.
2. 0,1040 g Substanz gaben 15,3 ccm N bei 170 und 744 mm, entsprechend
16,62% N.
3. 0,1774 g Substanz gaben 26,6 ccm N bei 190 und 763 mm, entsprechend
17,18% N. -
Berechnet auf die Formel Gefunden:
x Coo Hag N5 SO: F 2. 3.
6.58.17 58,43 —_ _
H 5,9 n 5,61 ne —
N 16,9, =) HR 77
z tm =
I Me
312 J. Tröger, G. Warnecke u. F. Schaub: Diazo-m-toluolsulfosäure.
Wir haben auch noch versucht, eine Reinigung der Sulfonsäure
Cı2Hıa N,SO, dadurch zu umgehen, daß wir frisch bereitetes Anilin-
sulfat in Eisessiglösung mit Amylnitrit diazotierten und die mit Eiswasser
verdünnte Diazolösung mit SO, sättigten. Die hierbei resultierende
Sulfonsäure enthielt aber gleichfalls Sulfazid C,H; NH-NH:S0,0,H,
beigemengt, muß also trotzdem über ihr Ammonsalz gereinigt werden.
Daß nach dieser Methode die Beimengung anorganischer Salze ver-
mieden wird, ist von Vorteil. Vollkommen würde diese Methode erst
sein, wenn man Versuchsbedingungen ermitteln kann, bei denen
Sulfazidbilduug ganz vermieden wird, doch dürfte hierzu eine größere
Versuchsreihe noch notwendig sein.
Mitteilung aus dem pharmazeutisch-chemischen Laboratorium
der Herzoglichen technischen Hochschule zu Braunschweig.
Veber die vermutliche Konstitutionsformel
der bei der Einwirkung von S0, auf Diazo-m-toluol
entstehenden Sulfonsäure, 0, H.,N,80,.
Von J. Tröger, G. Warnecke und F. Schaub.
(Eingegangen den 28. VII. 1906.)
In einer vorangegangenen Mitteilung!) über den gleichen Gegen-
stand hat der eine von uns in Gemeinschaft mit W. Hille und
P. Vasterling gezeigt, daß die blutrote, wasserunlösliche Sulfon-
säure, C}4 Hıs8 Ns SO,, die beim Einleiten von SO, in eine Diazo-
m-toluollösung sich bildet, durch Oxydation ihre Alkalisalze mit frisch
gefälltem HgO ihren Farbstoffeharakter verliert, diesen äber wieder
erhält, wenn man mit Schwefelwasserstoff oder Schwefelammon das
Oxydationsprodukt behandelt. Wir haben hier einen außergewöhnlichen
Fall, daß durch Anlagerung von 2 H-Atomen der Farbstoffcharakter
erzeugt wird, während er nach Wegnahme derselben wieder ver-
schwindet. Auf Grund dieses Verhaltens haben wir für die rote
Sulfonsäure die Konstitutionsformel
C-H-N:N:-C, He NH: NH.S0O;H
gewählt. Mit dieser Konstitutionsformel steht im Einklang, daß die
Alkalisalze der Sulfonsäure beim Erhitzen mit HgO Salze einer um
2 H-Atome ärmeren Säure
ee Ei au nn O,H-N:N-C;Hg3N:N-S0;H
1) Journ. prakt. Chem. (2) 72, 5il.
J. Tıöger, G. Warnecke u. F. Schaub: Diazo-m-toluolsulfosäure. 313
lieferten, und daß man bei der Reduktion der Alkalisalze der letzt-
genannten Säure mittels Schwefelammon die Salze der ursprüng-
lichen Sulfonsäure wieder gewinnt. Auch die leichte Abspaltbarkeit
der (SO,3H)-Gruppe, die sich zuweilen bei der Reinigung des Roh-
materials unliebsam bemerkbar machen kann, läßt sich durch obige
Formel leicht erklären. Ferner wird hierdurch die Bildung des früher
‚N
beschriebenen Azids C-H-N:N-C, HoN< | verständlich, welches bei
N
Einwirkung von salpetriger Säure unter gleichzeitiger Abspaltung der
(SO;H)-Gruppe entsteht.
Am besten aber wird der Hydrazincharakter der blutroten Sulfon-
säure durch das reduzierende Verhalten derselben gegen ammoniakalische
Silberlösung, sowie durch ihr Verhalten gegen aromatische Aldehyde
erklärt.
Einwirkung von ammoniakalischer Silberlösung auf
die Sulfonsäure C,4HjN,;,SO,. Trägt man die rote Sulfonsäure
in eine ammoniakalisch gemachte Silberlösung ein, so tritt entweder
schon in der Kälte oder beim gelinden Erwärmen Silberspiegelbildung
ein, und das Gefäß sowie alle Gegenstände, die mit der Reaktions-
flüssigkeit in Berührung kommen, erscheinen mit einem ziemlich fest-
haftenden prächtigen Silberspiegel überzogen. Neben dem metallischen
Silber entsteht als Reaktionsprodukt ein ockergelber Körper, der sich
von dem Silber durch Behandeln mit verdünnter warmer Salpetersäure
befreien läßt. Für den Fall, daß Silber und Reaktionsprodukt sich gut
abgeschieden haben, was jedoch durchweg nur selten der Fall ist, genügt
es auch, das mit dem Silber abfiltrierte Reaktionsprodukt mit heißem,
verdünntem Alkohol auszuziehen. Aus dem heißen Filtrate scheiden
sich dann die hellgelben Krystalle eines Silbersalzes von der
Zusammensetzung C;H;N:NC-H,N-N -SO;3 Ag ab.
Analyse.
0,2134 g Substanz gaben 0,0552 g Ag, entsprechend 25,86 % Ag.
Berechnet auf die Formel (44H N4S03 Ag: Gefunden:
Ag 25,41% 25,86.
Dieses erhaltene Silbersalz ist identisch mit dem früher!) be-
schriebenen Salze, das man erhält, wenn man ein Alkalisalz der roten
Sulfonsäure mit frisch bereitetem HgO oxydiert, und das hierbei
resultierende Alkalisalz C-H-N:N-C;H,N:N-SO,;M mit Silbernitrat
in wässeriger Lösung fällt. Das in der ammoniakalischen Silberlösung
enthaltene Ag3O spielt die gleiche Rolle wie in dem genannten Falle
das HgO, d. h. oxydiert die beiden H-Atome der Hydrazingruppe,
!) Journ. prakt. Chem. (2) 72, 516,
314 J Tröger, &. Warnecke u. F. Schaub: Diazo-m-toluolsulfosäure.
das überschüssige NH; führt diese oxydierte Sulfonsäure in ihr NH;-
Salz über, das mit Silberlösung sich zum Silbersalz umsetzt.
Einwirkung von ammoniakalischer Kupferlösung auf
die Sulfonsäure, Cs Hıs N SO3. Gibt man die feste rote Sulfonsäure
zu einer mit überschüssigem Ammoniak versetzten Kupfersulfatlösung,
so scheidet sich beim gelinden Erwärmen ein lockerer ledergelber
Niederschlag aus. Filtriertt man diesen ab und süßt den Rückstard
auf dem Filter mit heißem Wasser aus, so geht der Rückstand all-
mählich in Lösung und aus dem tieforangegelb gefärbten Filtrate
scheidet sich ds Ammoniumsalz, O,H,N:N-C, Hs, N:N-SO;,NH,
in Form von dunkelgelben Kryställchen ab. Auffallend ist hierbei,
daß man in der Kupferlösung keine Kupferabscheidung beobachtet,
auch beobachtet man keine Abscheidung von Cus(OH), bezw. CugO,
es sei denn, daß der ledergelbe Salzniederschlag das CuaO einschließt.
Daß aber das in der ammoniakalischen Kupferlösung enthaltene CuO
die H-Atome der Hydrazingruppe beseitigt hat, geht daraus hervor,
daß das gebildete Ammoniumsalz mit HCl keine blutrote Sulfonsäure
liefert: Erwärmt man jedoch das Ammoniumsalz mit Schwefelammon
und säuert dann mit Mineralsäure an, so gelangt man wieder zu der
roten Sulfonsäure. Das Schwefelammon hat die vom CuO wegoxydierten
H-Atome wieder angelagert.
Analyse.
0,1070 g Substanz gaben 19,8 ccm N bei 260 unr 765 mm, entsprechend
20,7% N.
Berechnet auf die Formel 0,4 H17 Ns SO5: Gefunden:
N 20,9% 20,7.
Versuch, die Sulfonsäure, H;,N:N-C,H,N:N- SO,;H
zu isolieren. Zu diesem Zwecke wurde das Kaliumsalz der Sulfon-
säure ,H-N:N- C,H, NH-NH:.SO,;,H mit frisch gefälltem HgO
oxydiert. Das heiße wässerige Filtrat lieferte beim Abkühlen orange-
rote, perlmutterglänzende Blättchen des Kaliumsalzes, O,H,N:N-
C-H3N:N-SO;3K. Um aus diesem Salze die freie Sulfonsäure zu
isolieren, wurde die Lösung desselben nach dem Versetzen mit HzSO,
wiederholt mit Aether ausgeschütteltl. Die getrocknete ätherische
Lösung hinterließ nach dem Abblasen des Aethers ein Oel, das beim
Aufbewahren im Vakuumexsikkator fest wurde, sich aber stark färbte. Es
wurde deshalb von einer weiteren Untersuchung dieser Sulfonsäure
Abstand genommen und nur ein Teil des noch nicht fest gewordenen
Oeles mit Nag CO, aufgekocht und heiß filtriert. Das aus dem Filtrat
beim Abkühlen in orangegelben Blättchen abgeschiedene Natrium-
salz C,H;N:N-C,HgN:N-SO;Na ist dunkler gefärbt als das ent-
sprechende Kaliumsalz. 0
J. Tröger, G. Warnecke u. F. Schaub: Diazo-m-toluolsulfosäure 315
Analyse.
0,0972 g des bei 105° getrockneten Na-Salzes gaben 0,0212 g NagS0,,
entsprechend 7,06% Na.
Berechnet auf die Formel C,;H,3 N4SO, Na: Gefunden:
Na 6,77% 7,06.
Kondensationsversuche der Sulfonsäure O,4H,N4S03
mit aromatischen Aldehyden. Die reduzierenden Eigenschaften,
welche die Sulfonsäure der ammoniakalischen Silberlösung sowie dem
HgO gegenüber zeigte, ließen in uns die Vermutung aufkommen, daß
wir es in der Sulfonsäure mit einer Hydrazinsulfonsäure von nach-
stehender Konstitutionsformel C-H-N:N- C,H,NH: NH: SO;,H zu
tun haben. Am einfachsten hätte sich die von uns aufgestellte Formel
experimentell beweisen lassen, wenn wir entweder unter Abspaltung
der SO;H-Gruppe zu dem Hydrazin O-H-N:N- C,H, NH - NHa gelangt
wären, oder wenn der synthetische Aufbau sich hätte erreichen lassen.
In gewissem Sinne scheinen unsere diesbezüglichen Experimente für
unsere Annahme zu sprechen, doch sind diese Versuche noch nicht
vollständig abgeschlossen, so daß wir vorläufig nicht auf dieselben ein-
gehen wollen. So einfach der Fall der Abspaltung der SO;H-Gruppe
auch scheint, so schwierig gestaltet er sich in der Praxis. Abgespalten
wird die SO,H-Gruppe wohl sehr leicht, aber ebenso leicht kann auch
eine weitere Zerstörung des Hydrazins eintreten. Erhitzt man z. B.
die Sulfonsäure im Rohr mit Wasser oder ganz stark verdünnten
Mineralsäuren, so verkohlt die bei der Abspaltung der Sulfonsäure-
gruppe auftretende HsSO, die organische Substanz und man erhält
statt des Hydrazinsalzes einen kohlehaltigen Rückstand.
Wir haben schließlich vorläufig auf die Reingewinnung des
Hydrazins verzichtet und haben uns zunächst damit begnügt, daß wir
das bei der Spaltung gebildete Hydrazin gleich mit aromatischen
Aldehyden zur Umsetzung brachten und die Konstitution der hierbei
entstehenden Kondensationsprodukte aufzuklären versuchten. Bei diesen
Kondensationen haben wir die Abspaltung der Sulfonsäure entweder in
alkoholischer Suspension mit Eisessig oder etwas konzentrierter HzSO,,
oder in Eisessig allein bewerkstelligt. Während Eisessig allein uns
bei der analogen Umsetzung der aus Diazobenzolsalz mit SO3 bereiteten
Sulfonsäure C}jaH;sN,SO; mit aromatischen Aldehyden vorzügliche
Dienste leistete, wie an anderer Stelle gezeigt werden wird, bewährte
sich dieses Verfahren nicht immer bei der aus Diazo-m-toluolsalz be-
reiteten Sulfonsäure, da es ab und zu vorkam, daß das Reaktions-
produkt noch unangegriffene rote Sulfonsäure einschloß. Man tut daher
meist besser, wenn man die fein zerriebene Sulfonsäure in Alkohol
suspendiert, etwas konzentrierte H,SO, zugibt und dann nach Zufügen
Be; Bid? be 2.6
316 J. Tröger, @. Warnecke u. F. Schaub: Diazo-m-toluolsulfosäure.
des Aldehydes auf dem Wasserbade erwärmt. Hierbei tritt bei be-
ginnender Reaktion immer eine schöne blauviolette oder tiefblaue
Färbung ein und je nach der größeren oder geringeren Löslichkeit des
Reaktionsproduktes scheidet sich dasselbe entweder schon während des
Erwärmens oder erst nach dem Erkalten der Reaktionsflüssigkeit ab.
Unveränderte rote Sulfonsäure darf nirgends mehr zu sehen sein, wenn
die Reaktion richtig verlaufen ist.
Zaweilen leistete auch das Erhitzen der Sulfonsäure mit dem
Aldehyde in einer Suspension von Alkohol und Eisessig gute Dienste.
Hierbei ist zu beachten, daß, falls beim Erwärmen die violette Färbung
der Reaktionsflüssigkeit ausbliebe, es an Eisessig fehlt. Die violette
Farbe rührt von der Lösung einer schwefelsauren Verbindung her, ein
Farbenumschlag weist auf die durch den Alkohol bedingte Abspaltung
der HsSO, hin. Am besten beobachtet man diesen Zersetzungsvorgang,
wenn man ein fertiges stahlblaues oder kantharidengrünes Reaktions-
produkt absaugt, und die abgesaugte tiefblau oder violett gefärbte
Flüssigkeit mit Wasser oder Alkohol zusammentrifft. So prächtig die
unten zu beschreibenden Körper auch sind, so hat die Aufklärung
ihrer Konstitution eine Unsumme von Arbeit und Analysenmaterial
erheischt. Das Arbeiten wurde zur reinen Gefühlssache, eine Unzahl
von Kleinigkeiten war fortwährend zu berücksichtigen bei der Bildung,
Reinigung und Analyse dieser Verbindungen, Kleinigkeiten, die, als
sie unberücksichtigt blieben, uns viele Irrwege gehen ließen. So haben
wir anfangs bei den Aldehydkondensationen die hydrolytische Spaltung
der Sulfonsäure durch Alkohol und Schwefelsäure ausgeführt, glaubten
dann im Eisessig, der uns bei der aus Diazobenzol gewonnenen Sulfon-
säure CjgaH;a N,SO,;, so gute Dienste geleistet, ein besseres Vehikel
gefunden zu haben und sind doch schließlich wieder nach vielen Ent-
täuschungen zu Alkohol und Schwefelsäure zurückgekehrt, indem wir
nur ab und zu die Schwefelsäure durch Eisessig ersetzten.
Am meisten irre geleitet haben uns aber die Analysen, besonders
die N-Bestimmungen, die in vielen Fällen einzig und allein bei der
Frage nach der Konstitution dieser Verbindungen Aufschluß geben
konnten, und deren Ausführung uns gerade außergewöhnliche Schwierig-
keiten bereitete. Vor allem aber ist bei allen den angeführten Ver-
bindungen notwendig, daß man sich durch eine vollständige Elementar-
analyse von der Reinheit der in Arbeitzu nehmenden Sulfonsäure überzeugt
hat, deren Reinigung in der vorhergehenden Arbeit beschrieben ist.
Kondensationder Sulfonsäure O4H,N4SO; mit Benz-
aldehyd. Uebergießt man die reine, fein zerriebene Sulfonsäure
mit etwas Alkohol, fügt etwas konzentrierte HsSO, zu und erwärmt
nach Zusatz von Benzaldehyd auf dem Wasserbade, so tritt Violett-
J. Tröger, G. Warnecke u. F. Schaub: Diazo-m-toluolsulfosäure. 317
färbung der Reaktionsflüssigkeit ein, die Sulfonsäure verschwindet und
an ihrer Stelle beginnt die Abscheidung des Reaktionsproduktes, das,
je nach den Bedingungen, in Form violettblauer Kryställchen oder
auch wohl in Form grünblauer bis schwärzlicher metallisch glänzender
Blättchen erhalten wird. Arbeitet man mit Eisessig als Vehikel, so
erscheint das Reaktionsprodukt metallisch und grünschwarz gefärbt,
während man es in Alkohol und Eisessig von violetter Farbe erhält.
Ein solches in Eisessigsuspension erhaltenes H3SO,-Produkt
bildete grünschwarze metallisch glänzende Blättchen und gab bei der
Analyse einen Prozentgehalt an HzSO,, der auf eine H,SO,-Ver-
bindung eines Hydrazons stimmt. Unseres Wissens sind Säureadditions-
produkte von Hydrazonen nicht bekannt, selbst, wenn man in einem
solchen H,SO,-Additionsprodukte nur eine lose Bindung zwischen dem
Hydrazon und der angelagerten H,SO, annimmt, so bleibt trotzdem
noch die auffallende Färbung solcher Additionsprodukte auffallend und
könnte nur ihre Erklärung in dem an die Hydrazongruppe gebundenen
Azoreste finden.
Analyse.
0,0948 g Substanz gaben 0,0516 g BaSO,, entsprechend 22,9% H,SOQ,.
Berechnet auf die Formel Ca} Ho Ng4:HgS0;: Gefunden:
HsS0, 23,0% 22,9.
Diese Analyse stimmt also sehr gut auf eine HsSO,-Ver-
bindung eines Hydrazons, &gH;CH:N-NH-C,H,N:NC-H;-H3S0,
und steht im Einklang mit den Analysenwerten, die wir mit dem
freien Hydrazon erhielten, welches aus dieser Hs SO,-Verbindung durch
Umsetzung mit wässerigem Ammoniak erhalten wird.
Wird die oben genannte H,SO,-Verbindung mit wässerigem NH;
übergossen, so verwandelt sich das schwarzgrüne Produkt momentan
in einen orangefarbenen Körper, der aus Alkohol krystallisiert in
orangeroten glänzenden Krystallen erhalten wird, die bei 159—160°
schmelzen. Es liegt, wie eine große Zahl von Analysen beweisen, ein
Hydrazon von der Formel C;H;CH:N-NH-C,H,N:NC-H- vor.
Analysen.
1. 0,0684 g Substanz gaben 0,1940 g COg und 0,0436 g H,O, entsprechend
77,35% C und 7,08%, H.
2. 0,0588 g Substanz gaben 0,1653 g COs und 0,0330 g Hs0, entsprechend
76,66% C und 6,23% H.
3. 0,0500 g Substanz gaben 0,1416 g CO, und 0,0296 g H,O, entsprechend
77,20% C und 6,57% H.
4. 0,0486 g Substanz gaben 0,1378 g CO, und 0,0273 g H30, entsprechend
77,32% C und 6,22% H.
5. 0,0474 g Substanz gaben 0,1346 g COs, entsprechend 77,44% C.
6. 0,0516 g Substanz gaben 0,1462 g CO, entsprechend 77,26% C.
u »Dense K a,
318 J. Tröger, G. Warnecke u. F. Schaub: Diazo-m-toluolsulfosäure.
7. 0,0922 g Substanz gaben 0,2620 g CO3 und 0,0534 g HsO, entsprechend
77,48% C und 6,43%, H.
8. 0,0661 g Substanz gaben 0,1848 g COg und 0,0366 g H30, entsprechend
76,24% C und 6,15%, H.
9. 0,0646 g Substanz gaben 10 ccm N bei 21° und 761 mm, entsprechend
17,5% M:
Berechnet auf die Formel Gefunden:
Co HaoN;: ıW 2. 3, 4, 5. 6. T; Start:
C 76,83% 77,35 76,66 77,20 77,32 77,44 77,26 77,49 76,24 —
13 2 7,08 6,23 6,57 62 — — 643 615 —
N 1707 -— -.-.-..-.-—-..-.— 175
Wie aus dem Nachstehenden ersichtlich wird, erfolgt die Kon-
densation zwischen Benzaldehyd und der Sulfonsäure nicht immer in der
Weise, daß unter Spaltung der Hydrazinsulfonsäure C-H-N:N-O,H; NH:
NH-S0;H in Hydrazin O,H-N:N-C,H,NH-NH3 und H3S0, 1 Mol.
des gebildeten Hydrazins sich mit 1 Mol. Benzaldehyd zum Benzyliden-
hydrazon C,H; CH:N-NH:C,HeN:NC-,H, umsetzt, sondern es kann
auch, wie schon früher von dem einen von uns am Salicylaldehyd ge-
zeigt worden ist, eine Kondensation eintreten, bei der 1 Mol. Aldehyd
und 2 Mol. Hydrazin zur Umsetzung gelangen, so daß also die Reaktion
im Sinne der nachstehenden Gleichung erfolgt.
C;H;,COH +2C,H7N:N:C7HsNH- NH-SO,H + 2H,0 =
2H3SO, + H30 + CH, CH (Cs Hı5 Ny)a.
Da bei allen unseren Umsetzungen Benzaldehyd immer im Ueber-
schuß vorhanden war, so können die bei dieser Reaktion in Betracht
kommenden Mengen von Aldehyd und Sulfonsäure nicht ausschlag-
gebend sein und der verschiedene Verlauf der Reaktion muß von Be-
dingungen herrühren, die wir trotz vieler Versuche, die zu diesem
Zwecke ausgeführt sind, bislang noch nicht ermitteln konnten. Da
nun, wenn 2 Mol. Hydrazin mit 1 Mol. Aldehyd reagieren, man zu
einer Verbindung vom Molekulargewicht 568 kommen mußte, während
ein aus 1 Mol. Aldehyd und 1 Mol. Hydrazin entstehendes Hydrazon
das Molekulargewicht 328 besitzt, so wurde zur weiteren Kontrolle
der obigen analytischen Daten Molekulargewichtsbestimmungen auf
ebullioskopischem und kryoskopischem Wege mit dem vermeintlichen
Hydrazon ausgeführt.
Angewandte Substanz. . . .» 2. ...0126 g
Lösungsmittel (Benzol) . . . . . . .14,4023 „
Siedepunktserhöhung . . . » . ....008
Konstante...» . = % 2.9, =. De Fo
Gef. Mol.-Gew. . . . 2. une. 7:
Eine auf kryoskopischem Wege ausgeführte Molekulargewichts-
bestimmung führte zu einem etwas niedrigeren Werte, zeigt aber
gleichfalls, daß nur das Hydrazon vorliegen kann.
FE
N
J. Tröger, 6. Warnecke u. F. Schaub: Diazo-m-toluolsulfosäure. 319
Angewandte Substanz. . . » . . . . 0,0892 g
Lösungsmittel (Benzol) . . » » ...13771 „,
Depression im Erstarrungspunkt . . . 0,125
san ieönalıe. 0, Decker Fa
BHMalBew RUHE NE ZZ:
Nachstehend sollen die Analysen von zwei Produkten verzeichnet
sein, die von verschiedenen Herstellungsweisen herrührten und erkennen
lassen, daß nicht die H3SO,-Verbindung des oben genannten Hydrazons,
sondern eine HsSO,-Verbindung von einem Kondensationsprodukte
Ca; Has Ns vorliegt.
Analysen.
1. 0,1609 g Substanz gaben 0,0593 g BaSO,, entsprechend 15,5% HgS0O,.
2. 0,0849 g Substanz gaben 0,1945 g COz und 0,0503 g Ha0, entsprechend
62,47% C und 6,58%, H.
3. 0,0752 g Substanz gaben 0,1754 g CO und 0,0366 g Ha0, entsprechend
63,6% C und 5,4% H.
Berechnet auf die Formel Gefunden:
O5 Hgg N8 50%: 1 2. 3.
C 61% _ 62,47 63,6
H DIE — 6,58 5,4
H3S0O, 14,71, 15,5 _ _
Wenn die Analysen auch kleine Differenzen aufweisen, so scheint
doch daraus hervorzugehen, daß die H, SO,-Verbindung des Hydrazons
nicht vorlag. Aeußerlich unterschied sich das analysierte Kondensations-
produkt kaum von der H3SO,-Verbindung des Hydrazons, sodaß also
einzig und allein die Analyse Aufschluß geben kann, in welchem Sinne
die Kondensation erfolgt ist.
Weiter oben baben wir eine H,S0, Bestimmung einer H3S0;-
Verbindung des Hydrazons angegeben, die 22,9% H;zSO, ergeben hatte,
während die Formel GH;CH:N-NH:C,H,N:N-C,Hr-H3SO, 23%
H>SO, verlangt.
Nachstehend soll noch die Elementaranalyse einer solchen H,S0;-
Verbindung folgen, bei der die Kondensation in Eisessig ausgeführt
war und ein grünes metallisch glänzendes Produkt ergeben hatte. Die
Analyse stammt von einem Produkte einer anderen Darstellung.
Analysen.
1. 0,0658 g Substanz gaben 0,1416 g COs und 0,252 g H30, entsprechend
58,7% C und 4,39%, H.
2. 0,0616 g Substanz gaben 0,1336 g CO und 0,0218 g Hg30, entsprechend
59,1% C und 3,93% H.
Berechnet auf die Formel Gefunden:
Ca, Ha N4S0;: 1. 2.
6,591% 58,7 59,1
H.'B4, 43 3,98.
320 J. Tröger, G. Warnecke u. F. Schaub: Diazo-m-toluolsulfosäure.
Abgesehen vom zu niedrig gefundenen Wasserstoff stimmen die
Analysen auf die HsSO,-Verbindung eines Kondensationsproduktes
C,H; CH (C,H; N4)2.
Das Auffallende an diesen Kondensationen ist, daß verschiedene
H>SO,-Verbindungen entstehen können, wofür sowohl die HsSO,;-
Bestimmungen als auch die Elementaranalysen von Produkten ver-
schiedener Darstellung sprechen. Trotzdem haben wir bei den mit
Ammoniak erhaltenen HsSO,-freien Umsetzungsprodukten bei unseren
Versuchen scheinbar immer das obige Hydrazon unter den Händen
gehabt. Ob sich auch das Kondensationsprodukt mit höherem Molekular-
gewicht aus seiner HzSO,-Verbinudung in reinem Zustande fassen läßt,
müssen weitere Versuchsreihen entscheiden.
Kondensation der Sulfonsäure Oj4Hı8 N4SO3 mit m-Nitro-
benzaldehyd. Läßt man die rote Sulfonsäure auf m-Nitrobenzaldehyd
in einer Suspension von Alkohol und wenig konzentrierter Schwefel-
säure bei Wasserbadwärme reagieren, so erhält man ein dunkeles
HsSO,-Produkt, dessen Analyse wir nicht ausführten. Setzt man
dieses Produkt mit wässerigem Ammoniak um, so resultiert ein dunkel-
braunroter Körper, der, nach dem Waschen und Trocknen aus Benzol
umkrystallisiert, schöne Kryställchen von gleicher Färbung lieferte.
Daß in dem so gereinigten Produkte ein Hydrazon von der
Zusammensetzung OsH4(NO;)CH:N-NH-C7,H,N:NC,H, vorliegt,
beweisen die folgenden Analysen.
Analysen.
1. 0,1208 g Substanz gaben 0,3004 g COs und 0,0556 g Ha0, entsprechend
67,82% C und 5,11% H.
2. 0,1121 g Substanz gaben 0,2784 g COg und 0,0490 g H30, entsprechend
67,73% C und 4,9% H.
3. 0,0578 g Substanz gaben 0,1443 g COg und 0,0309 g H30, entsprechend
68,08% C und 5,93%, H.
: 4. 0,1659 g Substanz gaben 27,5 ccm N bei 21° und 758 mm, entsprechend
18,81%, N.
Berechnet auf die Formel Gefunden:
Ca H;e N; Os: 1. 2. 3. 4.
C 67,56% 67,82 67,73 68,08 _
Hure 5,11 4,9 5,93 _
NUT , _ _ —_ 18,81
Ob in diesem Falle in dem bei 177° schmelzenden Produkte ein
Hydrazon von der Formel O,H4,(NO:)CH:N-NHC,H,N:NC-H,
vorliegt oder ein Kondensationsprodukt von der Zusammensetzung
C,H, (NO;) CH (C44H1;N,)e, vermochte mit Sicherheit nur die
N-Bestimmung zu entscheiden, da die Schwankungen im C- und H-Gehalte,
wenn man mit eventuellen Unregelmäßigkeiten bei der Verbrennung eines
Nitroproduktes rechnet, nicht allzu groß sind. (Fortsetzung folgt.)
”
:
fr
+
de
gekennzeichnet werden, trotzdem unter dieser Kennzeichnung nur unser.
spezielles Erzeugnis, welches einzig und allein allen klinischen Versuchen °
zugrunde gelegen hat, verstanden wird, so bitten wir um gütige Mit-
ey u & U 2
gr
us e_ 4
EN
. Fe W
onruvor.
Der Erfolg des von uns hergestellten speziellen Schwefelpräparats
hat viele sogenannte Ersatzmittel hervorgerufen, welche nicht identisch
- mit unserem Präparat sind und welche obendrein unter sich verschieden
sind, wofür wir in jedem einzelnen Falle den Beweis antreten können.
Da diese angeblichen Ersatzpräparate anscheinend unter Mißbrauch.
unserer Markenrechte auch manchmal fälschlicherweise mit
Ichihyol
oder
Ammonium sulfo=-ichthyolicum
teilung zwecks gerichtlicher Verfolgung, wenn irgendwo tatsächlich
solche Unterschiebungen stattfinden.
Ichthyol-Gesellschaft
Cordes, Hermanni & Co.
HAMBURG.
Nur noch 'Anastigmate!
Obwohl seit der Erfindung des ersten Doppel-Anastigmates, des Goerz’schen,
eine Unmenge Anastigmat-Typen aufgetaucht sind, gilt das Goerz-Fabrikat noch heute
als bestes, ihm fast ebenbürtig werden die Fabrikate der optischen Anstalt Meyer, Görlitz,
bezeichnet. Die Anastigmate beider Weltfirmen werden schon seit Jahren ausschließlich
in die Union-Cameras der Firma Stöckig & Co. montiert und dadurch, sowie die gediegene P
Konstruktion der Apparate, haben die Union-Cameras eine enorme Verbreitung gefunden
und z. B. die Kodaks fast verdrängt. Viel zu der großen Verbreitung haben auch die _
günstigen Zahlungsbedingungen, welche die Firma Stöckig gewährt, beigetragen. Es lassen
sich die besten Apparate ohne fühlbare Ausgabe erwerben. Wer einen guten und dabei
preiswerten Apparat zu kaufen wünscht, prüfe den unserem heutigen Blatte beiliegenden
Prospekt genannter Firma.
SER” Die geehrten Leser werden
gebeten, bei Bestellungen auf
die Anzeigen unserer Zeitschrift
Bezug nehmen zu wollen. WE
Be
* sn
NININININININININININS
Ergänzungstaxe
zur Deutschen Arzneitaxe 1906.
In Leinen gebunden M 2.50, bei Vor-
einsendung franko zu beziehen vom
deutschen Apotheker-Verein
Berlin C2.
YaAYAYAYaYaYaYaYaYaYaYIN
-E. HEUER
COTTA-DRESDEN.
empfiehlt als zuverlässigste Anaesthetica ET
Aether pro narcosi | araru
Chloroform. puriss. | Rn
Zu beziehen durch die Medizinal - Drogenhäuser.
Heyden.
x © Außer anderen Präparaten sind von uns in die Medizin eingeführt: i
Be ersäure, salicylsaures Natrium, salicylsaures Wismut, | 3
| Salol, Solveol, Creosotal, Duotal, Xeroform, Orphol, Itrol, |
el, Collargol, Acoin, Salocreal; Calodal, ST PR
3 | Salit, beste Einreibung bei Rheumatosen,
- Unguentum Heyden (Salbe aus Galbmeihl
diskreter Ersatz der Ba Salbe (Neisser),
|Novargan, „Zur Zeit bestes Mittel bei akuter BEN BATE
Fi 10Omorol neues, völlig reizloses Sifberpeateiuaks zur lokalen Behandlung Bi
, von Diphtherie etc., ER
2 L Blenal, Kohlensäureverbindung des Santalols, Antigonorrhoieum,
A: Injektion Hirsch, Bismut. bisalicyl., Bismut. bitannic. _
Zn, BE ! Wir fabrizieren ferner Acetylsalicylsäure, in Substanz und als leicht zeit
Rn Tabletten, Guajakol, Benzonaphtol, Hexamethylentetramin, Bismut. Mulne
ME: Verkauf durch den Gross - Drogenhandel.
5 a ©
Chemische Fabrik von Heyden, Radebeul- Dresden. er
Soeben erschien die dritte verbesserte und vermehrte Auflage der Broschüre:
ZZ | Erklärung der
MB technischen Prüfungsmethoden
des
Deutschen Arzneibuches IV.
Von
Prof. Dr. Georg Heyl, Obermedizinalrat in Darmstadt.
Preis 60 Pf. portofrei.
Zu Deren vom
Deutschen Apotheker -Verein, Berlin C. ER
Druck von Denter & Nicolas, Berlin C., Neue Friedrichstrasse 48. 27
. Pr RN,
x Bern
‚
4
ARCHIV
DER
PHARMAZIE.
herausgegeben
Deutschen Apotheker-Verein
unter Redaktion von
E. Schmidt und H. Beckurts.
Band 244. Heft 5.
o
HORA RUM.
NE
BERLIN.
Selbstverlag des Deutschen Apotheker -Vereins.
1906.
Ausgegeben den 22. September 1906.
“f
e%
r
7
Au
er)
’
»
#
er dıe vermu
etiintionleföriiel der "bei der Einwirkung v von SOg auf Di /
entstehenden Sulfonsäure, CıaHıs Na, S03 (Sebluß)
J. Tröger, H. Berlin und M. Franke, Ueber die email Konslikäl
formel der bei der Einwirkung von SOg auf Diazobenzolsalz ent-
=; "stehenden Sulfonsäure, CysH1gN4SOg .» - » 2. 2. 0 2. 38
-F. Kraft, Ueber das Mutterkorn . . . A
Mm. Wintgen, Ueber den Solaningehalt Be Kartoffeln a he K
L. Rosenthaler, Alkalische Quecksilberjodidlösung. als Rengens, ER
Hydroxylgruppen . . . EBEN 373 5 3
- Ame Pictet, Untersuchungen über die Alkaloide des Tabaks SR IT
es Derselbe, Ueber die Bildungsweise der Alkaloide in den Pflanzen . . a ‚2
W. Greshoff, Ueber die Verteilung der Blausäure in dem Pflanzenreiche KR
WE
J
Eingegangene Beiträge.
E:# Erurts, Ueber den Kakao.
K&. Gorter, Baptisiaglykoside. a
-E. Rupp, Weitere Anwendung der jodometrischen Bestimmungsmethoden.
I. Thoms, Ueber das Myrrhenöl. Be...
7 dr (Geschlossen den 14. IX. 1906.)
= Sal |
; 3 Diese Zeitschrift erscheint in zwanglosen Heften (in der Regel =
monatlich einmal) in einem jährlichen Umfange von 40 bis
50 Bogen. Ladenpreis für den Jahrgang Mk. 12,—.
Alle Beiträge für das „Archiv“ sind an die EN
Archiv-BRedaktion
Herrn Geh. Reg.-Rat Professor Dr. E. Schmidt in Marburg Blasen)
_ oder Herrn Geh. Med.-Rat Professor Dr. H. Beckurts in Braunschweig,
‚alle die Anzeigen u. s. w., überhaupt die Archiv-Verwaltung m
die Mitgliederliste betreffenden Mitteilungen an den
Deutschen Apotheker-Verein
Berlin C. 2, Neue Friedrichstr. ER
einzusenden. }
Neem
Anzeigen. L 3
4), Seite zum Preise von M 50.—; !/, Seite zum Preise von M 30.-; 1 Seite zum ar
Preise von M 20.—; 1; Seite zum Preise von M 10.—. Die Grundschrift ist Petit. ” oo
"Beilage-Gebühr für das Tausend der Auflage — z. Z.4300 — M 10.—. Für Beilagen, welche
might dem Format des „Archiv“ entsprechen, bleibt besondere Vereinbarung vorbehalten. as E
J. Tröger, G. Warnecke u. F. Schaub: Diazo-m-toluolsulfosäure. 321
Kondensation der Sulfonsäure C44Hıs N4SO,; mit p-Nitro-
benzaldehyd. Dieser Versuch hat uns am meisten Schwierigkeiten
bereitet. Glatt verläuft die genannte Kondensation sowie auch die
Umsetzung des hierbei entstehenden Hs SO,-Produktes mit wässerigem
NH;. Sowie man aber an das Umkrystallisieren dieses mit NH; er-
haltenen H,SO,-freien Produktes geht, da treten zuweilen unerwartete
Schwierigkeiten ein und das ziemlich gut aussehende Rohprodukt
gibt beim Reinigen meist unerquickliche Körper. Diese Reinigungs-
versuche haben wir recht oft wiederholt und scheint noch der beste
Weg zur Reinigung darin zu bestehen, daß man die Lösung des
Rohproduktes in Benzol langsam verdunsten läßt. Auf diese Weise
konnten wir tief rotbraun gefärbte, glänzende Blättchen erhalten, die
bei 160—161° schmolzen und deren N-Bestimmung für ein Hydrazon
Os H, (NO3) CH:N-NH [07 H; N . NO, H7 spricht.
Analyse,
0,1294 g Substanz gaben 21,8 ccm N bei 28% und 763 mm, entsprechend
18,6% N.
Berechnet auf die Formel Cgı HıgN5 Os: Gefunden:
N 188% 18,6.
Die ursprüngliche Hz SO,-Verbindung war zwar krystallinisch,
doch zeichnete sie sich nicht durch besondere Krystallisationsfähigkeit
aus. In einer Suspension von Alkohol und Eisessig bereitet, bildete
diese HzSO,-Verbindung ein blaugrünes feinkrystallinisches Produkt,
dessen Ha SO,-Gehalt uns Aufschluß hätte geben können. Wir haben
jedoch von dieser Analyse Abstand genommen, nachdem uns bei einer
solchen Bestimmung nach Carius das Rohr beim Aufblasen nach dem
Erkalten explodierte.
Kondensation der Sulfonsäure C4HıN,SO; mit
Salicylaldehyd. Ueber diesen Kondensationsversuch ist schon
früher!) berichtet worden. Wir waren gelegentlich unserer früheren
Versuche, die wir in Alkoholsuspension in Gegenwart von wenig kon-
zentrierter Schwefelsäure ausführten, zu einem grünlichschwarzen
krystallinischen Reaktionsprodukte gelangt, dessen Analyse auf die
Formel C,H,(OH)(C44H1; N4)a- Ha SO, zu stimmen schien. Es wäre
demnach ein Kondensationsprodukt aus 1 Molekül Salicylaldehyd und
2 Molekülen Hydrazin entstanden. Als wir neuerdings unter scheinbar
den gleichen Bedingungen den Versuch wiederholten, d.h. die Sulfonsäure
in Alkoholsuspension in Gegenwart von wenig konzentrierter Schwefel-
säure mit Salicylaldehyd bei Wasserbadwärme reagieren ließen, erhieltem
1) J. prakt. Chem. [2], 72, 520.
Arch. d. Pharm. CCXXXXIV. Bds. 5. Heft. al
322 J. Tröger, G. Warnecke u. F. Schaub: Diazo-m-toluolsulfosäure.
wir ein grünschimmerndes krystallinisches Reaktionsprodukt, dessen
Analyse Werte gab, die auf die H,SO,-Verbindung eines Hydrazons
stimmten.
Analysen.
1. 0,0933 g Substanz gaben 0,1943 g CO; und 0,0465 gHa0, entsprechend
56,8% C und 5,589, H.
2. 0,0645 g Substanz gaben 0,1351 g CO, und 0,0289 g H,O, entsprechend
57,12% C und 4,97% H.
Diese Zahlen sowie eine H, SO,- Bestimmung, bei der infolge
geringer Verluste statt 22,17% H,SO, nur 20,2% H,SO, gefunden
wurden, sprachen aber entschieden für die H, SO,-Verbindung des
Hydrazons, CH,(OH)CH:N-NH-C, Hs N: NC,H; -H,SO, - und
nicht für die H,SO,-Verbindung von der Zusammensetzung 0; H, (OH)
(Ch Hıs Ns). -H2 SO,, auf welche unsere früheren Analysenwerte
stimmten. Da das früher beschriebene Kondensationsprodukt aus
einem einheitlichen gut krystallisierten Produkte bestand, so liegt nur
die eine Möglichkeit vor, daß die Reaktion in zweierlei Sinne ver-
laufen ist.
Berechnet auf die Formeln Frühere und jetzige Analysen:
Ca; Hag N, SO;: Ca; Hgg N8 SO;:
C 57,01% 61,58%, 61,16 60,87 61,36 2,01 — — |568 57,12
H 4%, 6,57, 485 526 499 517 — — 5,58 4,97
HsSO, 22,17, 14,37 „ -— 0... B8 B6 | — —
Unter welchen Bedingungen sich aber das eine oder andere
Kondensationsprodukt zu bilden vermag, können wir vorläufig nicht
entscheiden. Weitere Versuchsreihen, mit denen wir uns demnächst
befassen werden, sollen diese noch offene Frage klären.
Kondensation der Sulfonsäure C4H„N4SO, mit Zimmt-
aldehyd. Die mit Zimmtaldehyd in Eisessig bei Wasserbadwärme zur .
Reaktion gebrachte Sulfonsäure lieferte kleine blaugrüne Krystalle
einer H, SO,-Verbindung, deren Analysen nicht auf die H, SO,-Ver-
bindung des Hydrazons, sondern vielmehr auf eine H, SO,-Verbindung
eines aus 1 Mol. Aldehyd und 2 Mol. Hydrazin entstandenen Reaktions-
produktes stimmen. Es scheint sonach ein analoger Fall, wie beim
Salicylaldehyd eingetreten zu sein.
Analysen.
1. 0,0878 g Substanz gaben 0,2052 g COa und 0,0432 g H30, entsprechend
63,74% C und 5,47% H.
2. 0,0948 g Substanz gaben 0,2235 g CO 3 und 0,0487 g Ha 0, entsprechend
64,29% C und 5,7% H.
J. Tröger, G. Warnecke “ F. Schaub: Diazo-m-toluolsulfosäure. 323
3. 0,0962 g Substanz gaben 0,2256 g COs, entsprechend 63,9% C,
Wasserstoffbestimmung verunglückt.
4. 0,1107 g Substanz gaben 0,0366 g BaSO,, entsprechend 13,89%
HB3SO,.
5. 0,1508 g Substanz gaben 0,0501 g BaSO,, entsprechend 13,93% Ha SO,.
Berechnet auf die Formel Gefunden:
CH Ns so, . 1, 2. 3. 4, b.
C 64,16% 63,74 64,29 89 —
H 5,78, 549 57 — _ _
H>sSO, 14,16, —- ..—..-— 1389 13,93
Hiernach scheint also ein Kondensationsprodukt in Form
einer HaSO,-Verbindung vorzuliegen von der Formel
Os H; CH:CH-CH (Cha Hıs N;)2 - Hr SO...
Hiermit steht auch die Analyse der H, SO,-freien Verbindung
im Einklang, die man aus obigem H, SO,-Produkt durch Umsetzung
mit kaltem wässerigen Ammoniak erhält. Wird dieses gelbrote Produkt
durch Umkrystallisieren aus Alkohol gereinigt, so erhält man ein
gelbrotes, kleinkrystallinisches, bei 124° schmelzendes Pulver.
Analyse.
0,0597 g Substanz gaben 0,1639 g CO; und 0,0353 g Hy0, entsprechend
74,8% C und 6,57% H.
Berechnet auf die Formel O3, HgsNs: Gefunden:
C 74,74% 74,8
B..64'. 6,57
Auf Grund der angeführten Analysen glauben wir wohl berechtigt
zu sein zu der Annahme, daß Zimmtaldehyd und die Sulfonsäure eine
H,SO,-Verbindung eines Kondensationsproduktes O0,H,CH:
CH-CH(C,4Hı5 N.) ergeben haben.
Kondensation der Sulfonsäure C,,Hı6s N,SO; mit m-Brom-
benzaldehyd. Da die Versuche mit Salicylaldehyd und mit Zimmt-
aldehyd nicht immer normal verliefen, so glaubten wir am besten die
Frage, ob 1 Mol. Aldehyd mit 1 oder mit 2 Molekülen in Reaktion
tritt, dadurch entscheiden zu können, daß wir zur Kondensation einen
halogensubstituierten Aldehyd wählten und in dem mit der Sulfonsäure
resultierenden Kondensationsprodukte den Halogengehalt ermittelten.
Zu diesem Zwecke wählten wir m-Brombenzaldehyd und bereiteten
diesen, indem wir m-Nitrobenzaldehyd mit SnÜCl, reduzierten, das
Reduktionsprodukt diazotierten, die Diazolösung in siedende Ou: Br;-
Lösung eintrugen und den gebildeten m-Brombenzaldehyd mit Wasser-
dampf übertrieben. Der so erhaltene Brombenzaldehyd bildet ein
dunkelgelbes bis bräunlichgelb gefärbtes Oel.
21*
324 J. Tröger, G. Warnecke u. F. Schaub: Diazo-m-toluolsulfosäure.
Als wir diesen Aldehyd mit der Sulfonsäure in Alkohol-Eisessig-
suspension bei Wasserbadwärme erhitzten, entstand ein grünschimmerndes
krystallinisches Reaktionsprodukt von kantharidengrüner Farbe.
In diesem prachtvollen Reaktionsprodukte liegt eine H, SO,-
Verbindung vor, doch vermögen wir vorläufig weder aus den H, SO,-
Bestimmungen noch aus der Elementaranalyse uns ein Bild über die
Konstitution dieses Körpers zu machen.
Analysen.
1. 0,1572 g Substanz gaben 0,3012 g CO, und 0,0728 g H30, entsprechend
52,25% C und 5,15% H.
2. 0,1314 g Substanz gaben 0,2520 g COa und 0,0614 g H30, entsprechend
52,30% C und 5,19% H.
3. 0,1542 g Substanz gaben 0,0512 g BaS0O,, entsprechend 13,94%, HaSO,.
Es liegt hier weder die H; SO,-Verbindung eines Hydrazons
CH; Br-CH:N-NH-C, H, N:NC,H, noch die H, SO,-Verbindung
von einem Kondensationsprodukte Cs H, BrCH (C,H; N,): vor. Um
mit Sicherheit die Frage nach der Konstitution dieser prachtvoll
krystallisierten Hz SO,-Verbindung entscheiden zu können, sind weitere
Versuche im Gange, über die demnächst berichtet werden soll. Setzt
man nun dieses erwähnte H, SO,-Produkt mit wässerigem NH; in der
Kälte um, so erhält man einen orangeroten Körper, der zweimal aus
Alkohol krystallisiert, orangefarbene glänzende Blättchen vom
Schmp. 137° lieferte. Wir haben diesen Körper wiederholt dargestellt
und gelangten immer zu dem gleichen Ergebnis.
Analysen.
1. 0,0586 g Substanz gaben 0,1328 g COa und 0,0280 g H30, entsprechend
61,80% C und 5,30% H.
2. 0,0756 g Substanz gaben 0,1729 g COs und 0,0366 g Ha0, entsprechend
62,37%, C und 5,37% H.
3. 0,0847 g Substanz gaben 0,0370 g AgBr, entsprechend 18,58%, Br.
4. 0,0479 g Substanz gaben 0,0204 g AgBr, entsprechend 18,12% Br.
5. 0,0923 g Substanz gaben 0,0405 g AgBr, entsprechend 18,67% Br.
6. 0,0622 g Substanz gaben 0,0270 g AgBr, entsprechend 18,47%, Br.
Die vorstehenden Analysen, die mit Produkten verschiedener
Herkunft ausgeführt sind, lassen ebensowenig wie diejenigen des
H, SO,-Produktes einen sicheren Schluß auf die Zusammensetzung
des Bromkörpers zu. Die Elementaranalysen des bei 137° schmelzenden
Produktes stimmen wohl auf ein Hydrazon von der Formel
0 H,BrCH:N-NH-C;, HH N:NC,H,, nicht aber stehen hiermit im
Einklang die Brombestimmungen, bei denen doch Produkte verschiedener
Herkunft zur Analyse gelangten. Wir vermögen daher vorläufig noch
J. Tröger, @. Warnecke u. F. Schaub: Diazo-m-toluolsulfosäure.. 325
keine bestimmte Formel für dieses bei 137° schmelzende Produkt auf-
zustellen. Vielleicht ist es nicht ausgeschlossen, daß dieser Körper
mit !/s Mol. Krystallalkohol krystallisiert, doch sind das nur Ver-
mutungen, solange wir unsere Annahme nicht experimentell bestätigt
haben, was bei der Fortführung unserer Versuche geschehen soll.
Berechnet auf die Formeln
CgH4BrCH: N-NH-G, HBgN: N CzH;: Ca, HjoN,Br + % Cal, 0:
C 61,91% 6A,
H 466, 5,12,
Br 19,6 „ 185 „
Zusammenfassung.
1. Die bei Einwirkung von SO,-Gas auf Diazo-m-toluolsalzlösung
gewonnene Sulfonsäure C,4Hı6s NıSOs besitzt den Charakter einer
Hydrazinverbindung und kommt ihr vermutlich die Konstitutions-
formel GC H; N:N- C, Hs NH-NH:- SO; H zu.
2. Ammoniakalische Silberlösung führt die Sulfonsäure über in
das Silbersalz, OH; N:N-C, H,N:N- SO; Ag.
3. Ammoniakalische Kupferlösung gibt mit der Sulfonsäure das
Ammoniumsalz, & H;N:N-C, H,N:N-SO; NH..
4. Oxydiert man das Kaliumsalz der Sulfonsäure mit HgO, so
resultiert das orangerote Kaliumsalz, C,H, N:N-C; H3N:N-SO;K;
aus diesem fällt Mineralsäure keine gefärbte Sulfonsäure, Aether ent-
zieht aber eine ölige, allmählich fest werdende, aber nicht rein zu
erhaltende Sulfonsäure, die ins Natriumsalz, ©, H,N:N-C,H,N:
N-SO,Na übergeführt wurde.
5. Die Sulfonsäure spaltet beim Erhitzen mit aromatischen
Aldehyden in einer Suspension von Eisessig oder von Alkohol und
wenig konzentrierter Schwefelsäure bezw. Alkohol und Eisessig die
SO;H-Gruppe ab und gibt mit dem bei der Spaltung auftretenden
Hydrazin Hydrazone bezw. anders konstituierte Kondensationsprodukte
in Form von stahlblau oder kantharidengrün gefärbten krystallisierten
Verbindungen, aus denen wässeriges Ammoniak die angelagerte H, SO,
abspaltet. Untersucht sind in dieser Hinsicht Benzaldehyd, p- und
m-Nitrobenzaldehyd, Salicylaldehyd, Zimmtaldehyd und m-Brom-
benzaldehyd.
6. Analog verhalten sich alle Aldehyde sowie Körper mit Keton-
oder Aldehydgruppen.
326 J. Tröger, H. Berlin u. M. Franke: Sulfonsäure CjsH1aN4SO;.
Mitteilung aus dem pharmazeutisch-chemischen Laboratorium
der Herzoglich technischen Hochschule zu Braunschweig.
Ueber die vermutliche Konstitutionsformel
der bei der Einwirkung von S0, auf Diazobenzolsalz
entstehenden Sulfonsäure, C,H.N,S0,.
Von J. Tröger, H. Berlin und M. Franke.
(Eingegangen den 2. VIII. 1906.)
Die aus Diazobenzolsalz und SO, bereitete Sulfonsäure!)
C2Hı2N,SO; dürfte aller Wahrscheinlichkeit nach die Konstitutions-
formel GH; N:N-CsH,NH-NH-SO;H besitzen. Hierfür spricht
wenigstens das früher?) schon beschriebene Verhalten gegen HgO und
gegen salpetrige Säure. In nachstehendem sollen weitere Versuche
beschrieben werden, durch welche die früher schon aufgestellte
Konstitutionsformel gestützt wird. Bei allen nachstehend verzeichneten
Versuchen ist immer eine analysenreine Sulfonsäure verwendet worden,
deren Reinigung nach den in der vorangegangenen Abhandlung ge-
machten Angaben erfolgte. Die Reinheit der Sulfonsäure wurde
jedesmal durch eine vollständige Elementaranalyse festgestellt.
Einwirkung von ammoniakalischer Silberlösung
auf die Sulfonsäure O,.H1N,SO;:. Trägt man in eine, mit
NH; im Ueberschuß versetzte wässerige Silbernitratlösung die blutrote
Sulfonsäure ein, so erfolgt entweder schon in der Kälte oder beim
gelinden Erwärmen auf dem Wasserbade eine prachtvolle Silberspiegel-
bildung und die Abscheidung eines durch metallisches Silber stark
verunreinigten dunkelgelben Silbersalzes. Da die Flüssigkeit trüb
durch das Filter geht, so löst man zunächst am besten durch Erwärmen
mit etwas konzentrierter Salpetersäure das fein verteilte Silber und
krystallisiert schließlich das ungelöst bleibende Silbersalz aus wässerigem
Alkohol. Man gelangt auf diese Weise zu einem aus bräunlich-gelben
Krystallen bestehenden Silbersalze, CGHs N:N-GH,N:N-S80; Ag.
Analyse.
0,1644 g Substanz gaben 0,0446 g Ag, entsprechend 27,12% Ag.
Berechnet auf die Formel CjgHgN4SOg Ag: Gefunden:
Ag 27,2% 27,12.
1) Vergl. Journ. prakt. Chem. (2), 72, 5li und die vorhergehenden
Abhandlungen.
2) loc. cit,
J. Tröger, H. Berlin u. M. Franke: Sulfonsäure CjsHjsN4SO,. 327
Dieses Silbersalz ist identisch mit demjenigen, welches man
erhält, wenn man das Kaliumsalz der Sulfonsäure, OsHsN:N-
C,H, NH-NH-SO;K, mit frisch bereitettem HgO in wässeriger
Lösung oxydiert und das hierbei entstehende Kaliumsalz, CH; N:N-
CGH,N:N-SO;K, in wässeriger Lösung mit AgNO; umsetzt. Die
ammoniakalische Silberlösung hat daher die beiden H-Atome der
Hydrazingruppe in der roten Sulfonsäure entzogen und über das NH;-
Salz dieser oxydierten Sulfonsäure hat sich das analoge Ag-Salz ge-
bildet.
Einwirkung von ammoniakalischer Kupferlösung
auf die Sulfonsäure, C,.H,N,SO;,. Trägt man in eine mit
überschüssigem Ammoniak versetzte Kupfersulfatlösung die rote
Sulfonsäure ein, so verschwindet deren rote Farbe und beim Erwärmen
bleibt ein ledergelber Niederschlag in der Flüssigkeit suspendiert.
Sammelt man denselben nach dem Erkalten der Flüssigkeit auf dem Filter
und zieht ihn dann mit siedend heißem Wasser aus, so scheidet sich aus
dem erkaltenden stark gefärbten Filtrate das in ledergelben feinen
Nadeln krystallisierende Ammoniumsalz der oxydierten Sulfonsäure
ab. Daß diesem Salze die Formel C,H; N:N-C,H,N:N-SO; NH,
entspricht, beweist die nachstehende Stickstoffbestimmung.
Analyse.
0,0944 g Substanz gaben 19,1 ccm N bei 22° und 761,5 mm, entsprechend
22,97% N.
Berechnet auf die Formel CjaH;s N; S0;: Gefunden:
N 22,8% 22,97.
Daß das NH,-Salz der oxydierten Sulfonsäure vorliegt, erkennt
man daran, daß aus der Lösung dieses Salzes Mineralsäure keine ge-
färbte Verbindung abscheidet, während man die ursprüngliche blutrote
Sulfonsäure erhält, wenn man vor dem Ansäuern das Ammoniumsalz
mit Schwefelammon reduziert hat.
Kondensationsversuche der Sulfonsäure, C,2Hı: N,SO;
mit aromatischen Aldehyden. Läßt man auf die in Eisessig
suspendierte Sulfonsäure bei Wasserbadwärme die rote Sulfonsäure
einwirken, so erfolgt die Abspaltung der SO;H-Gruppe und das aus
dem gebildeten Hydrazin und dem Aldehyd entstehende Kondensations-
produkt vereinigt sich mit der aus der SO;H-Gruppe entstehenden
H;,SO, zu einem stahlblauen, violetten oder kantharidengrünen kry-
stallinischen H2»SO,-Produkte. Diese H, SO,-Produkte krystallisieren
durchweg vorzüglich und sind nach dem Absaugen und Trocknen an
der Luft oder über Schwefelsäure sehr beständig. In trockenem Zu-
stande werden alle durch NH;3-Gas oder wässeriges Ammoniak in
328 J. Tröger, H. Berlin u. M. Franke: Sulfonsäure CjsH4aN3SO;.
orangegelbe bezw. rote H,SO,-freie Verbindungen verwandelt. In
einzelnen Fällen erreicht man die vollständige Abspaltung der H»S0,
auch schon durch Kochen mit Wasser.
Um reine Kondensationsprodukte zu erhalten, ist vor allem not-
wendig, von einer absolut reinen Sulfonsäure auszugehen, d. h. deren
Reinheit analytisch festzustellen.
Kondensation der Sulfonsäure C2»H.N,SO,; mit
Benzaldehyd. Wird die mit Eisessig übergossene und mit Benz-
aldehyd versetzte Sulfonsäure auf dem Wasserbade erwärmt, so tritt
eine schöne blauviolette Färbung der Reaktionsflüssigkeit ein und
entweder schon während des Erwärmens oder nach dem Erkalten
scheiden sich schöne stahlblaue Nädelchen einer H, SO,-Verbindung
ab. Diese Verbindung wird nach dem Absaugen mit wenig Eisessig
nachgewaschen und erst an der Luft, schließlich im Vakuumexsikkator
über Schwefelsäure getrocknet.
Uebergießt man diese stahlblaue H,SO,-Verbindung mit wässerigem
Ammoniak, so geht sie fast momentan in ein orangegelbes Produkt
über, während die farblos bleibende Ammoniakflüssigkeit die H,SO,
als Ammonsulfat enthält. Das durch Umsetzung mit NH; erhaltene
Produkt saugt man ab, wäscht mit wässerigem NH, nach und trocknet
es über Aetzkali. Nach dem Trocknen, aus Benzol umkrystallisiert,
erhält man das Reaktionsprodukt in glänzenden rotgelben blätterigen
Krystallen, deren Schmelzpunkt bei 168,5—169® liegt.
Die Analyse spricht für die Bildung eines Hydrazones,
CH; N:N: GG HANH-N:CH- Cs 3:.
Analysen.
1. 0,0591 g Substanz gaben 0,1647 g CO, und 0,0294 g H50, entsprechend
76,0% C und 5,53% H.
2. 0,1104 g Substanz gaben 0,3097 g COs und 0,0486 g Ha0, entsprechend
76,5% C und 4,9% H.
3. 0,0906 g Substanz gaben 15,7ccm N bei 260 und 764 mm, entsprechend
19,33% N.
Berechnet auf die Formel Gefunden:
Co Hıs N4 : 3; 2. 3.
C 76,00% 76,00 76,5 —
H.;5,33„ 5,53 4,9 —
N 18867, == — 19,33.
Frage nach der Konstitution des ursprünglichen,
aus der Sulfonsäure CR.H,ıN,SO; und Benzaldehyd ent-
stehenden Kondensationsproduktes. Da wir anfangs beim
Reinigen des mit NH; aus dem genannten Kondensationsprodukte
entstehenden Körpers (Schmp. 168,5°), den wir später als ein Hydrazon
u u
J. Tröger, H. Berlin u. M. Franke; Sulfonsäure CjgH,gNgSO,. 329
erkannten, auf mancherlei Schwierigkeiten stießen, so suchten wir die
Frage nach der Konstitution der genannten Verbindung durch eine
vollständige Analyse der H, SO,-Verbindung zu entscheiden. Mußte
doch aus der H, SO,-Menge das Molekulargewicht sich ermitteln lassen.
So wunderbar diese H»SO,-Verbindung aber auch krystallisiert er-
halten wird, so daß es außer allen Zweifel ist, daß wir es hier mit
einem einheitlichen chemischen Individuum zu tun haben, so sind wir
doch bei den fortgesetzten Analysen, die wir mit Produkten verschiedener
Herkunft ausführten, in unseren Erwartungen stark enttäuscht worden.
Anfangs mochte es wohl seinen Grund darin haben, daß wir wohl von
einer über das Kaliumsalz gereinigten Sulfonsäure ausgingen, daß wir
aber uns nicht von der wirklichen Reinheit dieser Sulfonsäure durch
eine vollständige Analyse überzeugt hatten.
Wie schwankend die Analysenwerte sein können, mögen nach-
stehende H,SO,-Bestimmungen lehren, die mit prächtig krystallisierten
Kondensationsprodukten verschiedener Herkunft ausgeführt sind. Diese
Bestimmungen haben wir einerseits so ausgeführt, daß wir das stahl-
blaue Kondensationsprodukt, in dem bekanntlich eine H,SO,;-Verbindung
vorliegt, nach dem Uebergießen mit NH; einige Zeit stehen ließen und
nach dem Abfiltrieren und Nachwaschen des hierbei gebildeten Hydrazons
in dem mit HCl angesäuerten Filtrate die H;SO, mittelst BaC]; fällten.
Da möglicherweise sich etwas H3SO, bei dieser Analysierweise der
Bestimmung hätte entziehen können, so haben wir ferner nach Carius
mit HNO, im Rohr die organische Substanz zerstört und dann die
H>sSO, in bekannter Weise gefällt. Ein und dasselbe Produkt nach
beiden Methoden analysiert, gab die gleichen Resultate, ein Beweis,
daß der ersten Methode, wenn man sie bei diesem Körper!) anwendet,
ebenso zuverlässige Resultate gibt wie die zweite. In einigen Fällen
fiel es auf, daß bei Zusatz des BaCls nicht sofort, sondern erst nach
einigem Kochen die BaSO,-Fällung entstand, während meist diese
Fällung ganz normal verlief. Man könnte hiernach glauben, die SO;H-
Gruppe sei bei der Kondensation überhaupt nicht abgespalten worden.
Dem ist aber nicht so, denn sonst könnte die geringste Spur von NH3
nicht derartig rasch auf diese fragliche Verbindung reagieren. Daß
NH; aber nicht salzbildend, sondern HzSO, abspaltend wirkt, lehrt
einerseits die Analyse des mit NH, erhaltenen S-freien Produktes,
andererseits der Umstand, daß Pyridin denselben Körper liefert
wie NH;.
1) Nicht bei allen H3SO,-Verbindungen läßt sich dieses Verfahren an-
wenden, da bei manchen die ammoniakalische Flüssigkeit außer Ammonsulfat
auch organische Stoffe gelöst enthält.
330 J. Tröger, H. Berlin u. M. Franke: Sulfonsäure C;gH,gN4SO;.
Bei H3SO,-Bestimmungen erhielten wir im Laufe unserer Unter-
suchungen folgende Werte: 21,1, 23,7, 22,9, 20,9, 20,99, 21,17, 19,47,
20,05, 21,9, 22,9, 20,47, 23,7 und 23,83% HzSO,. Die Elementar-
analyse ergab, an einigen Produkten ausgeführt, folgende Zahlen:
58,63% C, 4,82% H, 58,37% C, 4,67% H, 56,43% C, 4,7% H, 56,48% C,
5,13% H, 58,49% C, 4,67% H, 57,32% C, 4,97% H. Die Analysen,
die mit ein und demselben Produkte ausgeführt sind, stimmen gut
überein, es kann also nicht an der Art des Analysierens liegen,
sondern nur an dem Körper selbst, wenn unsere Analysen so wenig
befriedigend ausfielen. Der anfangs zu niedrig gefundene H3SO,-Gehalt
könnte für eine partielle Abspaltung der angelagerten Säure sprechen.
Dies ist aber so gut wie ausgeschlossen, da mit einer solchen Ab-
spaltung ein deutlich wahrnehmbarer Farbenumschlag hätte verbunden
sein müssen. Es scheint daher, daß die Schwankungen in den Analysen-
werten doch von geringen Verunreinigungen herzurühren scheinen, die
entweder von einer nicht genügend reinen Sulfonsäure oder von einer
bei der Kondensation auftretenden sekundären Reaktion stammen. Auch
die N-Bestimmungen ließen viel zu wünschen übrig und gaben meist
etwas zu hohe Werte.
Bezüglich der Konstitution der H3SO;-Verbindung sind vielerlei
Möglichkeiten denkbar, doch scheint es uns in Anbetracht der Analysen-
zahlen, die wir bei analog dargestellten Produkten erhielten, als das
Wahrscheinlichste, daß in den stahlblauen Nädelchen die H3S0,;-
Verbindung des Hydrazons, (OH; N:N-QC,H,NH-N:CH-OsH,)-
H;SO, vorliegt. Eine solche Verbindung verlangt: 24,6% H,SO,,
57,3% C und 4,52% H.
Auf diese Zahlen stimmen einige Hz SO,-Bestimmungen sowie
auch die Elementaranalyse eines scheinbar besonders reinen Produktes.
Da ein derartiges H,SO,-Produkt sich nicht, ohne daß es zersetzt
wird, reinigen läßt, so haben wir schließlich das zeitraubende
Analysieren aufgegeben, hoffen aber gelegentlich einer späteren
Untersuchung noch einmal auf diesen Punkt zurückzukommen. Denn
auffallend ist entschieden, daß ein Hydrazon, dem doch eigentlich gar
kein basischer Charakter zukommen kann, mit Mineralsäuren derartige
gefärbte Additionsprodukte zu bilden vermag.
Kondensation der Sulfonsäure CaH»N,SO; mit
m-Nitrobenzaldehyd. Zur Gewinnung dieses Kondensations-
produktes wurde die analysenreine Sulfonsäure in Eisessig, dem einige
Tropfen Alkohol zugesetzt waren, suspendiert und das Ganze nach
weiterem Zusatz von m-Nitrobenzaldehyd auf dem Wasserbade erwärmt.
Man erhält so nach dem Erkalten bezw. schon während des Erwärmens
J. Tröger, H. Berlin u. M. Franke: Sulfonsäure C;gH,gN4S0,. 331
stahlblaue Krystallnadeln, in denen die Hs,SO,-Verbindung eines
Hydrazons, OsH,(NO,)CH:N-NH-C,;H,N:NOsH;,:H5SO, vorliegt.
Analysen.
1. 0,0512 g Substanz gaben 0,0270 g BaSO,, entsprechend 22,07 % H3SO,.
2. 0,0794 g Substanz gaben 0,1512 g COs und 0,0305 g Hs0, entsprechend
51,93% C und 4,26% H.
3. 0,0747 g Substanz gaben 0,1420 g COy und 0,0280 g H30, entsprechend
51,84% C und 4,16% H.
Berechnet auf die Formel Gefunden:
Co Hy N; SO: z. 2. 3.
C 514% — 519 51,84
H 3,84 „ _ 426 4,16
H3S0, 22,12, 2,07 — _
Uebergießt man das trockene H3SO,-Produkt mit wässerigem
NH;,, so erhält man, ohne daß die ammoniakalische Flüssigkeit irgend
welche Färbung annimmt, ein orangerotes Reaktionsprodukt, das nach
dem Trocknen über Aetzkali oder Chlorcaleium, aus Benzol um-
krystallisiert, tief rote Nadeln liefert, die bei 198—199° schmelzen.
In diesem Produkte liegt, wie die Analyse zeigt, das Hydrazon
CGsH:NO:CH:N NH-GsH,N:N-OsH5 VOr.
Analyse.
0,1088 g Substanz gaben 19,6 ccm N bei 26° und 763 mm, entsprechend
20,1% N.
Berechnet auf die Formel Cj9Hıs N5 O3: Gefunden:
N 203% 20,1.
Kondensation der Sulfonsäure C.aH.N,SO, mit
p-Nitrobenzaldehyd. Läßt man auf die in Eisessig suspendierte
Sulfonsäure den genannten Aldehyd bei Wasserbadtemperatur reagieren,
so gelangt man zu einem blauschwarzen H,SO,-Produkt, das nach
dem Absaugen und Nachwaschen mit wenig Eisessig mit wässerigem
NH; umgesetzt wurde. Hierbei resultierte ein rotgelbes Produkt,
das aus Benzol in prächtigen tiefroten Nadeln vom Schmp. 173°
erhalten wird.
Daß in dem erhaltenen Produkte das Hydrazon, OsH,(NO,)CH:
N-NH-CsH,N:NCsH; vorliegt, bestätigen die nachstehenden Analysen.
Analysen.
1. 0,1830 g Substanz gaben 0,4446 g CO, und 0,0728 g H30, entsprechend
66,25% C und 4,40% H.
2. 0,1719 g Substanz gaben 0,4188 g CO, und 0,0688 g Hs0, entsprechend
66,45% C und 4,40% H.
3. 0,0992 g Substanz gaben 17,7 ccm bei 26° und 763 mm, entsprechend
19,9% N.
332 J. Tröger, H. Berlin u. M. Franke: Sulfonsäure CjgHjaN4SOs.
Berechnet auf die Formel Gefunden:
Cy Hys N; Os: 1: 2. 3.
C 66,01% 66,25 6645 —
H 4,06, 440 440 —
N 203 „ _ — 199.
Kondensation der Sulfonsäure C2»H.N,SO; mit
Salicylaldehyd. Läßt man auf die in Eisessig suspendierte
Sulfonsäure bei Wasserbadwärme Salicylaldehyd einwirken, so gelangt
man zu einem kantharidengrünen krystallinischen H23SO,4-Produkte.
Letzteres, mit wässerigem Ammoniak umgesetzt, bildet einen orange-
gelben Körper, der nach dem Trocknen über Aetzkali aus Benzol
gereinigt wurde. Hierbei erhält man goldgelbe Blättchen vom
Schmp. 205—206°.
Daß in diesem Produkte ein Hydrazon von der Zusammen-
setzung CsH,(OH)CH:N-NH-0sH,N:NCO,H, vorliegt, bestätigen
nachstehende Analysen.
Analysen.
1. 0,0816 g Substanz gaben 0,2150 g CO3a und 0,0399 g Hs0, entsprechend
71,86% C und 5,43% H.
2. 0,0855 g Substanz gaben 0,2259 g CO und 0,0397 g Hg0, entsprechend
72,05% C und 5,15% H.
3. 0,0718 g Substanz gaben 0,1910 g COs und 0,0380 g Hg0, entsprechend
72,54% C und 5,88% H.
4. 0,0823 g Substanz gaben 0,2177 g COs und 0,0355 g Hs0, entsprechend
72,14%, C und 4,8% H.
5. 0,0766 g Substanz gaben 0,2048 g COs, entsprechend 72,39% C,
H-Bestimmung verunglückt.
6. 0,0408 g Substanz gaben 6,6 ccm N bei 23° und 761 mm, entsprechend
18,16% N.
Berechnet auf die Formel Gefunden:
Co H;s N; O0: dr 2. 3: 4. 5. 6.
C 72,15% 71,86 72,05 72,54 7214 239 —
HB 55,06, 5.43 .515.:.5,8 748 _ —
N 17,72, — _ u _ — 18,16.
Da bei unseren Versuchen, die wir mit der analogen Sulfonsäure
der m-Toluolreihe ausgeführt haben, die Kondensation nicht immer
unter Bildung eines Hydrazons von statten geht und unsere Analysen
des vorgenannten Reaktionsproduktes zuweilen auch zu ganz anderen
analytischen Daten geführt hatten, so haben wir, da genannter Körper
relativ leicht in Benzol löslich war, das Molekulargewicht durch
Siedepunktserhöhung ermittelt.
J. Tröger, H. Berlin u. M. Franke: Sulfonsäure CjaHys3N4S0,. 333
I. II.
Angewandte Substanz . . 0,1155 g 0,095 g
Lösungsmittel (Benzol). . 17,83 „ 19,07.:
Konstante für Benzol . . 26,7 26,7
Siedepunktserhöhung . . 0,05 0,04
Mol.-Gew. 346 332,5.
Der Formel CioHıs N4O entspricht das Mol.-Gew. 316. Es liegt
somit ein Hydrazon vor.
Kondensation der Sulfonsäure C,H, N4SO; mit Anis-
aldehyd. Läßt man auf die in Eisessig suspendierte Sulfonsäure bei
Wasserbadtemperatur Anisaldehyd reagieren, so erhält man nach
vollendeter Reaktion beim Erkalten der Reaktionsflüssigkeit stahlblaue
Nädelchen des Kondensationsproduktes. Dasselbe besteht, wie die
nachstehenden Analysen beweisen, aus der HzS0O,-Verbindung
des Hydrazons, CgH,(OCH,)CH:N-NH-OgH,-N:N- OsH;-H3SQ,.
Analysen.
1. 0,1146 g Substanz gaben 0,2340 g CO, und 0,0614 g Hg, entsprechend
55,7% C und 5,9% H.
2. 0,1250 g Substanz gaben 0,0686 g BaSO,, entsprechend 23,04% HaSO,.
Berechnet auf die Formel Gefunden:
CyoHHN4SO;: ik, 2.
C 56,07% 55,7 E=
H 3 AR 5,9 _
HsS0, 229 „ _ 23,04.
Abgesehen vom H,, der bei der Verbrennung nach Dennstedt
etwas zu hoch ausfiel, stimmt die Analyse auf die oben erwähnte
Verbindung. Setzt man diese H, SO,-Verbinduug mit wässerigem
Ammoniak in der Kälte um, so gelangt man zum freien Hydrazon,
Os H, (OCH;) CH :N-NH. Os H, N:N- Os HB;. Dasselbe bildet ein
orangegelbes Produkt und wird aus wässerigem Alkohol in Form
eines gelben krystallinischen Produktes vom Schmp. 132° erhalten.
Analysen.
1. 0,0682 g Substanz gaben 10,4 ccm N bei 24° und 760 mm, entsprechend
17,1% N.
2. 0,0550 g Substanz gaben 0,1418 g COs und 0,0296 g H30, entsprechend
70,31% C und 5,97% H.
Berechnet auf die Formel Gefunden:
Co H,sN,0 s 1, 2.
C 70,27% —_ 70,31
H- 549, _ 5,97
N 16,97, Arche
In dem H,SO,-Produkte des obigen Hydrazons ist die H,SO,
verhältnismäßig schwach gebunden. Kocht man z. B. die H,SO;-
Verbindung kurze Zeit mit Wasser, so läßt sich im sauer reagierenden
Bar
ET
334 J. Tröger, H. Berlin u. M. Franke: Sulfonsäure C1gHj5N4SO;.
Wasser die Schwefelsäure nachweisen und an Stelle der ursprünglich
stahlblauen Nädelchen erhält man ein dunkelgelbes H.,SO,-freies
Produkt. Auffallend ist, daß die abgespaltene H2,SO, bei dieser
Verdünnung ohne Reaktion ist. Gibt man jetzt zu der sauren
Flüssigkeit etwas stärkere Säure, z. B. die übliche verdünnte HCl
(12,5%), so erhält man wieder ein tief blau gefärbtes Additionsprodukt,
dessen nähere Untersuchung erst später fortgesetzt wird, wenn wir
auch andere Mineralsäuren an die angeführten Hydrazone anlagern werden.
Kondensationder Sulfonsäure OH, N,SO; mit Zimmt-
aldehyd. Läßt man auf die in Eisessig suspendierte Sulfonsäure
den genannten Aldehyd bei Wasserbadwärme reagieren, so gelangt
man zu einem kantharidengrünen krystallinischen Hs SO,-Produkte,
in dem die H3SO,-Verbindung eines Hydrazons vorliegt. Zwei mit
dem krystallisierten Rohprodukte ausgeführte Hs SO,-Bestimmungen
gaben Werte, die, wenn sie auch nicht sehr scharf stimmen, doch
deutlich erkennen lassen, daß es sich um eine HsSO,-Verbindung
des Hydrazons, &H;CH:CH-CH:N-NH- 0, H,N:NO,H, - H3S0,
handelt. Analysen.
1. 0,1290 g Substanz gaben 0,0684 g BaSO,, entsprechend 22,3% H3SO,.
2. 0,1230 g Substanz gaben 0,0650 g BaSO,, entsprechend 22,3% H3S0Q,.
Berechnet auf die Formel Gefunden:
Cor Hso N S0:: ® 2.
H3S0, 231% 22,3 22,3.
Setzt man das kantharidengrüne Reaktionsprodukt mit wässerigem
Ammoniak um, so gelangt man zu einem rotgelben H3SO,-freien
Produkte, das aus Alkohol in rotgelben glänzenden blätterigen oder
nadelförmigen Krystallen erhalten wird, die bei 167° schmelzen.
Analysen.
1. 0,0796 g Substanz gaben 12,4 ccm N bei 27° und 764 mm, entsprechend
17,29% N.
2. 0,0811 g Substanz gaben 0,2290 g COs und 0,0385 g H,O, entsprechend
77,0% C und 5,27% H.
Berechnet auf die Formel Gefunden:
Car HysN«: A: 2.
3% u 77,0
DH. -053, _ 5,27
N 1718, 17,29 _
Wir haben schließlich noch weitere Aldehyde mit der Sulfonsäure
kondensiert und sind immer zu tiefblau oder kantharidengrün gefärbten
Hs SO,-Verbindungen gelangt, die mit Ammoniak H, SO,-freie orange-
gelbe bezw. rote Hydrazone liefern. In dieser Hinsicht noch geprüft sind
m-Brombenzaldehyd, Cuminol und Piperonal. Auch Ketone
der aromatischen Reihe reagieren in analoger Weise. Da aber nicht
J. Tröger, H. Berlin u. M. Franke: Sulfonsäure CjgHısN4SOs. 335
bloß H,.SO, mit den Hydrazonen dunkelgefärbte Additionsprodukte
liefert, sondern auch andere Mineralsäuren wie HCl und HNO, mit
den freien Hydrazonen derartig dunkelgefärbte Produkte geben, so
werden wir vor allem bei der Fortsetzung unserer Versuche unser
Hauptaugenmerk auf die mit HCl und HNO; entstehenden Additions-
verbindungen zu lenken haben.
Zusammenfassung.
1. Einwirkung von SOs auf Diazobenzolsalzlösung gibt eine
blutrote Sulfonsäure C}2 Hı2 NıSO; neben wenig Sulfazid, C;H,;-NH-
NH-SO,C,H;. Der über das Ammoniumsalz gereinigten Säure scheint
die Konstitutionsformel OsHsN:N - CH, -NH-NH.-SOsH zuzukommen.
2. Mit ammoniakalischer Silberlösung liefert obige Sulfonsäure
unter Silberspiegelbildung das Silbersalz von der Zusammensetzung
GH; N:N-CsH,N:N-SO; Ag. Dieses Silbersalz ist identisch mit
demjenigen, welches man erhält, wenn man ein mit HgO oxydiertes
Alkalisalz der Sulfonsäure mit Silbernitrat umsetzt.
3. Erhitzt man obige Sulfonsäure mit ammoniakalischer Kupfer-
sulfatlösung, so resultiert das Ammoniumsalz, CHs N:N-CsH,N:N-
SO; NH..
Alle bisher untersuchten aromatischen Aldehyde geben mit der
in Eisessig suspendierten Sulfonsäure beim Erwärmen auf dem Wasser-
bade tiefblau- bis blauviolettgefärbte Reaktionsflüssigkeiten, aus denen
sich, je nach der Löslichkeit in der Wärme bezw. beim Abkühlen
tiefblaue bis kantharidengrüne H, SO,-Verbindungen abscheiden. Diese
gut krystallisierenden H, SO,-Verbindungen scheinen H, SO,-Additions-
produkte von Hydrazonen zu sein. Letztere bilden sich aus dem bei
der Spaltung der Hydrazinsulfonsäure entstehenden Hydrazin und dem
zur Reaktion gelangenden Aldehyde. In trockenem Zustande sind
diese H, SO,-Verbindungen sehr beständig, zuweilen sogar gegen Wasser
in der Kälte, heißes Wasser zerlegt sie mehr oder weniger leicht
unter Abspaltung von H»SO,. Die aus den H, SO,-Verbindungen mit
wässerigem NH; erhaltenen freien Hydrazone sind orange, gelb oder rot
gefärbt, krystallisieren gut aus Benzol oder Alkohol und geben mit
allen starken Mineralsäuren blaue oder grüngefärbte Additionsprodukte.
Von derartigen Hydrazonen sind diejenigen von Benzaldehyd, p- und
m-Nitrobenzaldehyd, Salicylaldehyd, Anisaldehyd und
Zimmtaldehyd dargestellt und analysiert worden. Ferner sind
dargestellt, jedoch noch nicht analysiert, analoge Hydrazone des m-Brom-
benzaldehyds, des Cuminols und des Piperonals.
5. Alle aromatischen Ketonverbindungen geben mit der Sulfon-
säure analoge Hydrazone, deren Untersuchung fortgesetzt wird.
336 F. Kraft: Mutterkorn.
Ueber das Mutterkorn.
Von Dr. F. Kraft,
Privatlaboratorium in Brugg.
(Eingegangen den 3. VIII. 1906.)
Unter der beschränkten Zahl der heute noch bei der wissen-
schaftlichen Heilkunde in Ansehen stehenden Drogen hat sich das
Mutterkorn eine bervorragende Stellung zu erhalten gewußt. Desto
auffälliger ist es, daß die chemische Erforschung der Droge mit den
Forderungen der Jetztzeit durchaus nicht Stand gehalten hat. Es
erhellt diese Unzulänglichkeit recht schlagend aus dem Umstande,
daß die neuen Pharmakopöen noch keine quantitativen Wertbestimmungs-
methoden des doch zu den Separanden zählenden Mutterkornes auf-
genommen haben. Nicht daß es zwar an einer ganz brauchbaren Be-
stimmungsmethode der Alkaloide des Mutterkornes, der Keller’schen!),
fehlte, dagegen erachteten es die pharmazeutischen Gesetzgeber mit
gutem Rechte als durchaus noch nicht erwiesen, daß die Mutterkorn-
alkaloide die Träger der spezifischen Heilwirkung desselben bilden;
ebensowenig konnten die bis vor kurzem bekannten übrigen Mutterkorn-
körper dieses Zutrauen für sich beanspruchen.
Die durch die Namen Ergotsäure, Sclerotinsäure, Sphacelinsäure,
Pikrosclerotin, Ekbolin, Ergotin etc. repräsentierten älteren Arbeiten
führten nur zu durchaus unbefriedigenden Rohsubstanzen, weshalb
sich uns eine Besprechung derselben erübrigt.
Im Jahre 1875 gelang es Tanret?) aus dem Mutterkorn ein
krystallisiertes Alkaloid, das Ergotinin, zu erhalten; später fand er
dann noch eine zweite, krystallisierte, spezifische Mutterkornsubstanz,
das Ergosterin, eine Art Phytosterin. Tanret glaubte im Ergotinin
auch den Heilkörper der Droge gefunden zu haben, indessen war er
nicht imstande, dieser Annahme Geltung zu verschaffen; in chemischer
Richtung dagegen sind Tanret’s Arbeiten durchaus zuverlässiger Art.
Im Jahre 1884 veröffentlichte Kobert?) die Entdeckung dreier
neuer Mutterkornkörper: Ergotinsäure, Sphacelinsäure und
Cornutin. Diese sind jedoch nach des Autors eigenen Angaben nicht
chemische Reinkörper, sondern bloß physiologisch reine Präparate; sie
sollten angeblich wohl charakterisierte und konstante physiologische
1) Schweiz. Wochenschrift f. Chemie u. Pharm. 1894.
2) Compt. rend. 1875, S. 896.
8) Arch. f. exp. Path. u. Pharm. Bd. 18, S. 316.
F. Kraft: Mutterkorn. 337
Wirkung zeigen. In der harzartigen Sphacelinsäure glaubte Kobert
das die zur Geburt nötigen Kontraktionen des Uterus auslösende
Agens gefunden zu haben, während er das Alkaloid Cornutin als ein
stark krampferregendes, nachher lähmendes Gift erklärte, das nicht
der eigentlich wehentreibende Bestandteil des Mutterkornes sei. Wie
weit es mit dieser physiologischen Reinheit bestellt war, zeigte am
besten Kobert’s eigene Fortsetzung seiner Untersuchungen!) in denen
er eher zum entgegengesetzten Schlusse gelangte; von jetzt ab erklärte
er das Cornutin als den die medizinische Mutterkornwirkung hervor-
zurufenden Körper. Dieser auffällige Wechsel in der Beurteilung
entspringt eben dem Umstande, daß diese weder durch Darstellungs-
weise noch durch Eigenschaften genügend charakterisierten Präparate
einfach Gemische von wechselnder Zusammensetzung waren. Später
beschränkt sich dann Kobert auf die erweiterte Ansicht, daß ein
Alkaloid der Träger der therapeutischen Mutterkornwirkung sei.
Ausgehend von der zweiten Veröffentlichung Kobert’s arbeitete
1896 Keller?) eine Darstellungsmethode und eine quantitative Be-
stimmungsmethode des Mutterkornalkaloides aus, kam aber hierbei zur
Einsicht, - daß sein reines Alkaloid, das er zugleich als das einzige
des Mutterkornes erklärte, identisch sei mit dem Ergotinin Tanret,
welches hinwiederum schon früher von Kobert als unwirksam
bezeichnet worden war. Ferner halten sowohl Keller als Tanret
das Kobert’sche Cornutin für teilweise zersetztes Ergotinin. Trotz
diesen nicht aufgeklärten Widersprüchen behielt Keller für das reine
Alkaloid den Namen Cornutin bei und betrachtete es weiterhin als
Träger der Mutterkornwirkung.
Im Jahre 1902 unterwarf dann Santesson?) die Keller'schen
Originalpräparate einer pharmakologischen Prüfung und kam zum
Schlusse, daß Cornutin Keller nicht die fruchtabtreibende Wirkung
des Secale cornutum bedingen könne; dagegen zeigten die Präparate
eine sonstige zwar nicht sehr starke Giftwirkung.
Im Jahre 1897 erschien eine Arbeit „Ueber den spezifisch
wirksamen Bestandteil des Mutterkorns von Jakobj“*).
Gleichwie vordem Kobert baut Jakobj vornehmlich auf Grundlage
des pharmakologischen Experimentes auf und findet, daß nicht ein
Alkaloid sondern eine stickstofffreie Substanz phenolartiger Natur die
Wirkung in sich berge; diese seine wirksame Substanz, das Sphacelo-
toxin, ist mehr hypothetischer Natur. Zufolge ihrer Zersetzlichkeit
1) Centralblatt f. Gynäkolog. 1886, No. 20.
2) Keller, Schweiz. Wchschr. f. Chem. u. Pharm. 1896, S. 65.
8) Santesson, Skandinav. Arch. f. Physiologie, Bd. XIII, 1902.
4) Jakobj, Arch. f. exp. Path. u. Pharmakologie, Bd. 39, S. 85.
Arch. d. Pharm. COXXXXIV. Bds. 5. Heft. 22
338 F. Kraft: Mutterkorn.
konnte er sie in freiem Zustande ohne teilweise Zersetzung nicht
gewinnen und überhaupt nur jeweilen Spuren derselben erhalten.
Sphacelotoxin soll jedoch die Eigenschaft besitzen, sich sowohl an
Basen wie an Säuren des Mutterkornes, anzulagern. Eine solche Ver-
bindung mit einer Säure ist das Chrysotoxin und eine ebensolche
mit einem Alkaloide das Secalintoxin. Bei der Reinigung verliert
das Secalintoxin seine Wirksamkeit; in reinem Zustande heißt es
Secalin, was aber nichts anderes ist als Ergotinin. Die Mehrzahl
seiner physiologischen Versuche hat Jakobj mit dem Chrysotoxin
ausgeführt. Dieses wird einfach durch fraktionierte Petrolätherfällung
des Aetherauszuges des Mutterkornes erhalten. Vom chemischen
Standpunkte aus betrachtet lassen sich an Jakobj’s Arbeit viele
Einwendungen machen.
Unter Zusammenfassung der bisherigen Resultate ergibt sich
also, daß das von Tanret dargestellte Alkaloid Ergotinin bis jetzt
der einzige aus dem Mutterkorn ausgeschiedene aktive spezifische
Reinkörper war, und daß die Ansichten der 'Pharmakologen über die
Materie sehr auseinandergehen und überdies recht unsicher sind, da
ihnen die vor allem erst nötige sichere chemische Grundlage. zu ihren
Hypothesen noch mangelte.
Zur Ausführung meiner eigenen Untersuchungen bediente ich
mich russischen Mutterkornes der Jahrgänge 1901—1905, jeweilen
frisch geliefert als Pulver IIIT—IV durch die Firma Caesar & Loretz
in Halle.
Nach den bisherigen Arbeiten über Mutterkorn war anzunehmen,
daß die wirksame Substanz in den Aetherauszug übergehe, und es
wurde daher in erster Linie dieser in Untersuchung genommen.
Das Mutterkorn enthält ca. ein Drittel seines Gewichtes an
fettem Oel, und um diesen lästigen Ballast zuerst zu entfernen, wurde
früher gewöhnlich die gepulverte Droge erst mit Petroläther entfettet.
(Die helle Färbung des ausgezogenen Oeles bietet hierbei ein Kriterium
für die frische Qualität der Droge.) Ich machte jedoch die Erfahrung,
die mir von Caesar & Loretz bestätigt wurde, daß auch bei sorg-
fältigster Extraktion immer mindestens 5% Oel zurückblieben; um
vollständige Entfettung zu erzielen, mußte das erschöpfte Pulver
mehrmals neu gepulvert und wieder ausgezogen werden. Unter diesen
Umständen zog ich vor, das Oel erst aus dem Aetherextrakte aus-
zuscheiden. Auch der vollständigen Aetherextraktion bietet das Pulver
zähen Widerstand. Selbst kleine Mengen kann man kaum im Soxhlet-
apparate in einigen Tagen erschöpfen, und größere Quantitäten kann
F. Kraft: Mutterkorn. 339
man im Perkolator mehrere Wochen lang mit tiber dreißigfacher Menge
Aether perkolieren ohne ans Ziel zu gelangen. Am besten bewährte
sich die von Keller bei der Mutterkornanalyse im kleinen angewandte
Schüttelmethode.
In einer tubulierten Flasche von 10 Litern Inhalt werden 3 kg
Mutterkornpulver mit 800 g Wasser und 4,5 kg Aether eine Stunde
lang geschüttelt, dann die Einfüllöffnung mit einem Stück Gaze über-
bunden, der Tubulus ebenfalls geöffnet und die Flasche auf einen
Perkolator umgestülpt, der als Filtriermaterial eine mehrere Zentimeter
hohe Schicht von grobem Bimssteinpulver enthält. Die Aetherlösung
läuft blank und glatt in einigen Stunden ab. Das in der Flasche
verbliebene feuchte Pulver wird noch zehnmal mit je 2,5 kg Aether
(ohne weiteren Wasserzusatz) in derselben Weise behandelt und ist
dann nahezu völlig erschöpft. Die Auszüge werden, zur Vermeidung
des Stoßens, unter Zusatz von einigen kleinen Stücken gebrannten
Tones abdestilliert und die ölige Lösung am Vakuum im Wasserbade
unter beständigem Umschwenken des Rundkolbens von Aether möglichst
befreit. Der ca. 1,2 kg betragende Auszug wird gewogen und mit
der 2,5fachen Gewichtsmenge Petroläther versetzt, wodurch reichlich
hellgrüngelbe flockige Ausscheidung entsteht. Man läßt zwei Tage
lang absitzen, hebert die klare Oellösung möglichst ab und filtriert
den Rest durch eine Hülse von Filtrierpapier von 3 cm Durchmesser
und 30 cm Länge, die man in ein passendes unten ausgezogenes Glas-
rohr hineinlegt; der Brei wird unter Umrühren mit einem Glasstabe
so oft mit Petroläther ausgewaschenr, bis dieser farblos bleibt und
auch bei längerem Daranstehenlassen kein Fett mehr aufnimmt, und
dann im Vakuum getrocknet.
Das durch Abdestillieren der Petrolätherlösung erhaltene Oel
erwies sich bei der Prüfung am Tier als unwirksam, und es ließ sich aus
demselben nur eine kleine Menge derselben Alkaloide gewinnen, die sich
in der Fällung befinden, sodaß also auf diese Art das Oel in befriedigender
Weise von den übrigen Körpern des Aetherauszuges abgetrennt wird.
Der in einer Ansbeute von ca. 5°/oo durch die Petrolätherfällung
erhaltene „entfettete Aetherauszug“ bildet ein goldgelbes, trockenes,
nicht mehr fettiges Pulver. Entgegen den Angaben Jakobj’s ist er
in Aether sehr schwer löslich; 15 g desselben mußten im Soxhlet-
apparate 10 Tage lang mit Aether behandelt werden, bis dieser keine
Gelbfärbung mehr annahm. Jeden Tag wurde die Substanz aus der
Patrone genommen, getrocknet und fein verrieben; auch der Aether
wurde zur Vermeidung von Zersetzung jeden Tag gewechselt. Schließlich
verblieben in der Patrone 1,5 g einer grauschwarzen Substanz,
Die Aetherlösungen wurden vereinigt und auf 1 kg abdestilliert, und
22*
340 F. Kraft: Mutterkorn.
gaben beim Abkühlen und Stehen flockige Ausscheidung, welche
abfiltriert und mit etwas Aether gewaschen 1,0 g betrug.
Aetherunlösliche und aus Aether abgeschiedene Substanz ent-
halten denselben Körper, nämlich dasvon Tanret entdeckte Ergosterin,
begleitet von etwas Alkaloid.. Durch wiederholtes Umkrystallisieren
aus Methylalkohol wird esrein erhalten. Die heiß dargestellten Lösungen
desselben in verschiedenen Medien zeigen die Eigentümlichkeit, beim
Erkalten zu gelatinieren, ein Verhalten, das sich bei vielen Versuchen
zur Analysierung der Grundsubstanz unangenehm bemerkbar machte.
Zur weiteren Verarbeitung wurde die Aetherlösung nun mit
1% iger Weinsäurelösung erschöpfend ausgeschüttelt, wozu ca. 15 Aus-
züge mit je 200—-100 g Säurelösung nötig waren. Bei der ersten
Ausschüttelung tritt gerne etwas Emulsion auf, hervorgerufen durch
nochmalige Ausscheidung von Ergosterin, nachher trennen sich die
Schichten gut. Die filtrierten, völlig klaren Weinsäureauszüge wurden
mit 500 g Aether überschichtet, mit Soda übersättigt, ausgeschüttelt
und die Lauge mit weiteren Portionen Aether erschöpft. Die ätherische
Alkaloidlösung ist ziemlich gelb gefärbt; sie wurde mit Natriumsulfat
getrocknet, abdestilliert und hinterließ hierbei 5,5 g zitronengelb
gefärbtes Alkaloid. Ein kleiner Teil der Alkaloide ging gewöhnlich
nicht in die Aetherlösung über, sondern schwimmt ausgeschieden
zwischen Lauge und Aetherschicht; durch Abfiltrieren abgetrennt er-
wies er sich als Ergotinin, ca. 0,5 g.
Die ausgeätherten Weinsäureauszüge waren noch recht gelb;
säuerte man dieselben wieder an und ätherte sie nun nochmals aus, 30
gaben sie an den Aether ca. 0O,1g einer orangegelben harzigen
Substanz ab. A.
Die ursprüngliche, von Alkaloiden befreite Aetherlösung wurde
nun mit Natriumsulfat getrocknet und abdestilliert auf 15 g, wobei
sich 0,5 g eines gelben Körpers ausschieden. B.
Hiervon abfiltriert wurde die Aetherlösung weiter auf 10 g ab-
destilliert und mit ganz niedrig siedendem Petroläther so lange ver-
setzt, als noch Fällung entstand.
Die abgegossene Petrolätherlösung hinterließ 2,7 g braungelbes,
halbfestes Oel. Dasselbe löst sich in jedem Verhältnis in Petrol-
äther und ist nichts anderes als fettes Mutterkornöl, das bei der
ersten Petrolätherfällung mitgerissen worden war und sich auch durch
Auswaschen nicht hatte entfernen lassen.
Die gelbe Petrolätherfällung betrug 234g. C.
Die Fraktionen A, B und C sind stickstofffreie, gelbe
Körper sauerer Natur, die sich in Soda lösen und, wie wir später
sehen werden, in genetischem Zusammenhange stehen.
F. Kraft: Mutterkorn. 341
Die Säure A ist wasserlöslich, aber amorph und nicht in
analysierbare Form zu bringen.
Fraktion B läßt sich durch Auskochen mit wenig Methylalkohol
in zwei Säuren zerlegen. Die Methylalkohollösung gibt beim Erkalten
noch ein wenig Ergosterinausscheidung und enthält im übrigen eine
wasserunlösliche, gelbe, amorphe Säure. Der größere Teil
jedoch von Fraktion B bleibt vom Methylalkohol ungelöst als krystalli-
nisches gelbes Pulver zurück. Diese Säure kann durch Umkrystallisieren
aus Chloroform rein erhalten werden und soll Secalonsäure genannt
werden.
Fraktion © läßt sich durch Methylalkohol ebenfalls in Secalon-
säure und in die wasserunlösliche, gelbe, amorphe Säure trennen.
Hiermit war der „entfettete Aetherauszug“ vollständig
zerlegt und hatte dabei geliefert:
Ergosterin . . . . . 16,6%
Renlaide... 6% 1 All —
Gelbe Mutterkornsäuren 20 „
Mutterkornöl. .... 18 „
Der entfettete Aetherauszug wurde noch auf verschiedene
andere Arten in Angriff genommen; in relativ glatter Weise läßt sich
eine Trennung des Gemisches auch folgendermaßen erreichen:
10 g entfetteter Aetherauszug werden mit 30 g Eisessig ver-
rieben bis zur feinen Verteilung, durch ein gehärtetes Filter abfiltriert
in 450 g Wasser hinein, der Filterinhalt mehrmals mit kleinen
Portionen Eisessig (zusammen 20 g) nachgewaschen und scharf ab-
gesaugt. In Eisessig unlöslich verbleiben 1,75g. 1.
Die Eisessiglösung wird beim Eintropfen in Wasser teilweise
gefällt, so daß man eine stark milchig trübe Mischung von 10% Essig-
säuregehalt erhält; auf Zusatz von 10 g Natriumacetat erfolgt jedoch
Ausflockung und der Niederschlag kann dann glatt und schnell ab-
filtriert werden; er wird auf gehärtetem Filter ausgewaschen, abgesaugt
und über Schwefelsäure im Vakuum getrocknet: Wasserfällung.
Die essigsaure Lösung wird mit Ammoniak übersättigt, die
Fällung abfiltriert, ausgewaschen und getrocknet, und gab so 2,758
Alkaloid. I.
Durch diese einmalige Behandlung wird aber durchaus keine
vollständige Abtrennung der Alkaloide bewirkt; die Wasserfällung
ist immer noch ein dem Ausgangskörper ähnliches Gemisch; sie wird
in gleicher Weise mit Eisessig behandelt und gibt hierbei ab:
in Eisessig unlöslichen Rückstand 0,2g Is,
Alkaloid 0,8g Il.
342 F. Kraft: Mutterkorn.
Eine dritte gleiche Bearbeitung ergibt:
in Eisessig unlöslichen Rückstand 0,3g ];,
Alkaloid 0,2g II;.
Die vierte Bearbeitung gibt:
in Eisessig unlöslichen Rückstand O,1g L.
Alkaloid 0,05g Il,,
womit also nahezu Erschöpfung eingetreten ist; die Wasserfällung
selbst ist immer noch ganz beträchtlich.
Die ammoniakalischen Mutterlaugen der Alkaloidfällungen halten
immer eine Spur Alkaloid zurück, wie durch Mayer’sches Reagens
verraten wird; dasselbe läßt sich aber auch durch Aether nicht völlig
aus den großen Flüssigkeitsmengen herausbekommen. Ueberdies sind
die Laugen noch gelb gefärbt; sie werden daher wieder angesäuert
und ausgeäthert. Der Aether gibt beim Abdestillieren einen Rückstand
von gelber, amorpher Säure, 0,05g. II.
Die Wasserfällung wird zur weiteren Aufarbeitung im
Soxhletapparate mit leichtsiedendem Petroläther ausgezogen, welcher
1,7 g Mutterkornöl aufnimmt. IV.
In Petroläther unlöslich verbleiben 1,7 g. Diese lösen sick ohne
Rückstand in 7,5 g Eisessig, geben aber beim Eingießen in Wasser
wieder O,lg Alkaloid ab. II;..
Um nun auch die Mutterkornsäuren auszulösen, wird die Eisessig-
lösung künftighin abwechselnd in Wasser und in überschüssiges 2%iges
Ammoniak hineingetropft. Auch durch Ammoniak fällt, gleichwie
vordem durch Wasser, die Hauptmenge wieder aus, ein beträchtlicher
Teil der Säuren aber bleibt in dem verdünnten Ammoniak gelöst und
wird aus diesem teils durch Salzsäure in Flocken ausgeschieden, teils
noch durch Ausäthern erhalten, 0,7 g gelbe Säure. Ill.
Die weiteren Auszüge geben abwechselnd:
Gelbe Säure . . . . 0,15 Ill
Alkaloid . . . . . 015 IR
Gelbe Säure. . . . 0,05 II,
Alkaloid . . . . . 0,05 II
Gelbe Säure . . . . 0,02 Illz
Alkalid . . .. . 0031
Bei fortgesetztem Ausziehen erfolgen zwar keine festen Aus-
scheidungen mehr, dagegen sind die ammoniakalischen Auszüge immer
noch gelb und die sauren geben noch Reaktion mit Mayer’schem
Reagens. Von der Ausgangssubstanz sind noch 0,2 g vorhanden; diese
ist ganz schwarz geworden, enthält aber immer nochä#Stickstoff und
somit noch Alkaloid.
F. Kraft: Mutterkorn. 313
Auszüge I, und Is sind Ergosterin; sie geben mit kochendem
Methylalkohol eine nicht gelb gefärbte Lösung, die beim Erkalten
gelatiniert.
Auszug I; besteht zum Teil aus Ergosterin, das sich in heißem
Methylalkohol löst, zum Teil aus Secalonsäure, die als gelbes
krystallinisches Pulver vom Methylalkohol ungelöst verbleibt.
Auszug I, besteht ganz aus Secalonsäure.
Die Auszüge II, sind Alkaloidgemenge von strohgelber Farbe.
Die Auszüge III,-, sind gelbe amorphe Säuren, teils wasser-
löslich, teils wasserunlöslich.
Das Gesamtergebnis ist folgendes:
Ergosterin . . . . 2. 20
Alkaloide. . . . 2 ..413
Secalonsäure
0,35
097 | = 10 g entfetteter
A lb
BERGEARR a r Säuren .ı7 Aetherauszug.
Unzerlegter Rückstand. 023
ORIRE e 2°. 7° 0,08
Wie aus dem Angeführten ersichtlich, ist dieser Aetherauszug
ein kompliziertes Gemenge, dessen Zerlegung eine recht langwierige
Aufgabe darstellte, vorab durch den Gehalt an Ergosterin mit seiner
Eigenschaft, gelatinierende Lösungen zu geben und seiner mehr kolloid-
als krystalloidartigen Natur. Aber auch die Alkaloide und Säuren
sind größtenteils amorph und in ihrem chemischen Charakter wenig
ausgeprägt, die Säuren ganz schwach und die Alkaloide sowohl mit
basischen als mit phenolartigen Gruppen ausgerüstet. Diese chemisch
trägen Kolloidkörper nebst Fett schließen sich durch Flächenanziehung
zu recht zähen Verbindungen zusammen. Daß hier nicht chemische
Bindungen vorliegen, beweist gerade das Verhalten bei der Trennung
vermittelst der Eisessigmethode. Wirklich chemische Bindungen müßten
bei dem zur Verwendung kommenden großen Ueberschuß von 10%
Essigsäure oder von 2% Ammoniak gelöst werden und gelöst bleiben,
während hier die einen ausfallenden Kolloide immer erhebliche Mengen
der anderen aus der Lösung wieder mitreißen. Behandelt man ferner
nur mit einem einzigen Lösungsmittel, z. B. mit Säure, so kann man
anscheinend zu völliger Erschöpfung der Alkaloide gelangen, entfernt
man dann aber zwischen hinein eine andere Gruppe, z. B. das Fett, so
lassen sich nachher wieder neue Mengen Alkaloide entziehen.
Mit bloßen Lösungsmitteln und mit fraktionierten Fällungen ist
dem Gemenge nicht beizukommen und daher liegen in den zahlreichen
Jakobj’schen Mutterkornkörpern bloße Gemische vor.
344 F. Kraft: Mutterkorn.
Ein stickstofffreies Phenol konnte ich in dem Aetherrohkörper
nicht entdecken, dagegen täuscht der Umstand, daß die Alkaloide
freie Hydroxylgruppen besitzen, sich in Laugen leicht lösen, ferner
aus den sauren Lösungen schon durch bloß teilweise Absättigung der
Säure ausgeschieden werden, gerne ein solches vor. Auch enthalten
die Rohalkaloidlösungen stets etwas der gelben Säuren, die sich bei
der Ausscheidung den Alkaloiden anhängen.
Zur Darstellung und Untersuchung der Säuren und Alkaloide
wählt man statt der geschilderten allgemeinen Methode besser Spezialwege.
Secalonsäure und ihre Derivate.
Infolge ihrer Schwerlöslichkeit geht diese nur unvollständig in
den Aetherauszug über; sie wird dem Mutterkorn besser durch Chloro-
form entzogen. Man behandelt gut entfettetes Mutterkornpulver im
Perkolator mit Chloroform, wobei aber zur Erschöpfung von 3 kg
Mutterkorn immerhin etwa 14 Tage nötig sind. Man destilliert die
Auszüge ab, entfernt das Chloroform möglichst aus dem öligen Rück-
stande durch Erwärmen am Vakuum und behandelt mit Petroläther,
bis ein trockenes graugrünes Pulver hinterbleibt. Dieses verreibt man
mit der 2,5fachen Menge kaltem Eisessig, filtriert den dünnen Brei
ab, wäscht mehrmals mit kleinen Mengen Eisessig aus und saugt
scharf ab. Von der auf dem Filter verbleibenden zitronengelben Masse
läßt man den Eisessig abdunsten, kocht sie mehrmals mit wenig Methyl-
alkohol aus zur Entfernung von Ergosterin und krystallisiert dann aus
der 50fachen Menge Chloroform so oft um, bis der Schmelzpunkt
konstant bleibt. Die Ausbeute beträgt ca. 2%/00 Secalonsäure.
Die Secalonsäure bildet mikroskopisch feine, zitronengelbe Nadeln
vom Schmp. 244°; sie ist unlöslich in Wasser und in Petroläther,
fast unlöslich in Schwefelkohlenstoff, Tetrachlorkohlenstoff, sehr schwer
löslich in Methylalkohol und Aether, ziemlich löslich in Essigäther;
sie löst sich in 160 T. kochendem und ca. 200 T. kaltem Alkohol,
ferner in 100 T. kochendem Benzol und in 50 T. kochendem Eisessig,
beim Erkalten scheidet sie sich größtenteils wieder aus. Zum Um-
krystallisieren eignen sich am besten Chloroform oder Aceton; von
beiden bedarf sie bei Siedetemperatur ca. 50 T. zur Lösung. Die
Chloroformlösung muß im Heißwassertrichter filtriert werden, da sie
unter Wiederausscheidung von 90% der Säure schnell zu einem dicken
Brei der zitronengelben Nädelchen gesteht; die Acetonlösung scheidet
langsam und weniger vollständig goldgelbe Prismen aus, welche
beträchtliche Größe erreichen können. Mit solchen, fein verrieben und
bei 110° getrocknet, wurde die Elementaranalyse ausgeführt,
F. Kraft: Mutterkorn. 345
1. 0,1585 g Substanz lieferten 0,3501 g COs und 0,0712 g Ha0.
2. 0,1506 „ * u 03501 44% :.n: :00682 , m
3. 0,1528 „ a x OBBII 21 m cn
Berechnet für Gefunden:
C44H14086: E 2. 3.
C 60,40% 60,24 60,39 60,54
H 5,07, 5,02 5,06 5,07.
Die Secalonsäure löst sich leicht in Alkalien und in Soda unter
Kohlensäureentwickelung, dagegen nicht in Kalkwasser oder in Magnesia-
aufschwemmung; es sind also bloß ihre Alkalisalze wasserlöslich. Die
alkoholische Lösung reagiert gegen Lackmus schwach sauer; mit Eisen-
chlorid gibt sie rotbraune Färbung, keine Fällung, mit Silbernitrat
ebenfalls keine Fällung und beim Kochen unter Ammoniakzusatz wird
Silbernitrat nicht reduziert. Die Salze sind also sehr leicht löslich in
Säure, ebenso wie in einem Ueberschuß von Ammoniak. Stellt man
eine neutrale Ammonsalzlösung her, indem man eine sehr verdünnte
Ammoniaklösung mit einem Ueberschuß der Säure verreibt und von
der ungelösten Säure abfiltriert, so gibt diese Lösung wohl mit den
verschiedensten Salzen Fällungen, die besonders untersuchten Silber-
und Erdalkalisalze wiesen aber keinen konstanter Gehalt an Base auf.
Die amorphen, gelatinösen Salze werden schon beim Auswaschen mit
Wasser dissoziiert und gehen milchig durch das Filter, ferner tritt
mit der Secalonsäure selbst durch das Ammoniak eine Veränderung
ein. Aus der frisch bereiteten Alkalilösung kann die Secalonsäure in
der Hauptmenge unversehrt und noch krystallisationsfähig wieder mit
Mineralsäure ausgefällt werden (immerhin löst sich diese ausgefällte
Säure teilweise in Magnesiawasser); bei kurzem Stehen aber färbt
sich die Kalilösung orange und beim Kochen intensiv rotbraun und es
wird nun durch Salzsäure nur noch aus der konzentrierten Lösung
ein braunes, nicht krystallisierbares Harz gefällt, in der verdünnten
Lösung entsteht keine Fällung mehr.
Von schön zitronen- bis goldgelber Farbe kann diese neue
wasserlösliche Säure erhalten werden, wenn man 1 g Secalon-
säure in 25 g Sodalösung 20% 10—14 Tage lang bei einer Temperatur
von ca. 20° stehen läßt. Diese Lösung behält dann ihre hellgelbe
Farbe bei; beim Ansäuern gibt sie nur noch ganz schwache Fällung
und aus dem Filtrate hiervon kann die neue Säure mit Aether aus-
gezogen und durch Abdestillieren der Aetherlösung im Vakuum ge-
wonnen werden. Ein Geruch nach weiteren Zersetzungsprodukten
läßt sich bei dieser Umwandlung nicht beobachten. Auch diese helle
Modifikation läßt sich nicht krystallisiert erhalten; sie ist in kaltem
Wasser schwer löslich, ziemlich leicht in heißem und scheidet sich
346 F. Kraft: Mutterkorn.
beim Erkalten amorph aus; sehr leicht löst sie sich in Alkohol und
in Aether, dagegen fast garnicht in Chloroform und in Benzol. Die
Säure schmilzt unscharf bei 200°; längere Zeit über 100° erhitzt
verliert sie an Gewicht und wird wieder wasserunlöslich, hierbei bildet
sich eine kleine Menge der aus Chloroform krystallisierbaren Secalon-
säure zurück, die Hauptmenge aber bleibt in Chloroform unlöslich,
sodaß also bei dieser Gewichtsabnahme zwei Reaktionen zusammen-
wirken. Salze von konstantem Gehalte konnten auch von dieser Säure
nicht erhalten werden, doch war der Metallgehalt größer als bei den
entsprechenden Secalonsäuresalzen.
Das Verhalten zwischen der Secalonsäure und
ihrem wasserlöslichen Derivate ist ganz dasjenige eines
Laktons und der zugehörigen Oxysäure, und zwar weist die
leichte Wasseraufnahme schon durch Soda bei gewöhnlicher Temperatur
auf die Gegenwart einer ö-Laktonbindung hin.
Eine weitere charakteristische Reaktion der Secalonsäure bildet
die Abgabe von Wasser und Kohlensäure bei längerem Erhitzen über
den Schmelzpunkt. In einem starken weiten Reagensglase, das in
dem doppelt durchbohrten Abschlußkorke ein Gaszu- und ein Ab-
leitungsrohr trug, wurde die Säure durch ein Schwefelsäurebad
mehrere Stunden lang bei 255—60° geschmolzen gehalten, während
ein kohlensäurefreier, trockener Luftstrom langsam darüber weg in
eine Vorlage mit Baryumhydratlösung geleitet wurde. Die Substanz
bläht sich unter Abgabe von Gasblasen auf, im Ableitungsrohr setzen
sich Tropfen von Wasser ab und die Barytlösung wird kräftig getrübt.
Die braune Schmelze wird nach Aufhören der Gasentwickelung er-
kalten gelassen; sie fällt etwas heller aus, wenn das Erhitzen im
Vakuum bei etwas niederer Temperatur statt im Luftstrome geschieht.
Die Schmelze ist nicht einheitlicher Natur, die Hauptmenge aber löst
sich in heißem Benzol und scheidet sich beim Erkalten reichlich mit
zitronengelber Farbe wieder aus; der in dem Benzol verbliebene
Anteil wird durch Petroläther ausgefällt.
Auch dieses zweite Derivat der Secalonsäure ist nicht Krystallisiert
zu erhalten. Das zitronen- bis orangegelbe Pulver löst sich in warmem
Methyl- oder Aethylalkohol und scheidet sich beim Erkalten in
Kügelchen wieder aus, ferner löst es sich sehr leicht in Chloroform;
in Wasser ist es unlöslich. Mit 10% Sodalösung fein verrieben und
geschüttelt, bleibt die Substanz ungelöst, beim Kochen aber geht sie
langsam nach und nach in Lösung; Alkalien lösen sie leicht ohne
Erwärmen und aus dieser Lösung kann sie unverändert durch Salz-
säure wieder ausgefällt werden. Erwärmt man dagegen die alkalische
Lösung kurze Zeit auf dem Wasserbade, so fällt durch Salzsäure ein
F. Kraft: Mutterkorn. 347
neuer gelber Körper aus, der sich nun leicht in Soda löst und also
wieder eine richtige Säure darstellt, während der vorhergehende seine
Löslichkeit in Laugen wohl nur einer Hydroxylgruppe verdankte.
Nach den Untersuchungen von Fittig!) geben Laktonsäuren
bei der trockenen Destillation Kohlensäure ab, eine solche dürfte daber
auch hier vorliegen. Die gleichzeitige Abspaltung von Wasser deutet
auf eine in ß-Stellung zu diesem Karboxyl befindliche Hydroxylgruppe
hin, die sich zugleich ausscheidet unter Entstehung einer Doppelbindung.
Hiernach wäre die Secalonsäure C, ıH,4s0s eine Oxylactonsäure, die B-Oxy-
säure eines Laktons, aus welcher durch Behandeln mit Soda eine Dioxy-
dikarbonsäure (wasserlösliche Secalonsäure) entsteht. Durch Erhitzen
bildet sich das reine Lakton, das endlich durch Erwärmen mit Lauge in
die zugehörige einfache Oxysäure übergeht. Das sechste bei diesen
Ausführungen noch nicht berücksichtigte Sauerstoffatom der Secalon-
säure ist ebenfalls in Hydroxylform vorhanden und zwar als Phenol-
hydroxyl, es bewirkt die Löslichkeit des einfachen Laktons in Alkalien.
Identisch mit diesen Derivaten der Secalonsäure sind die im
Mutterkorn gefundenen gelben amorphen Säuren, ja sie dürften in der
Hauptsache wohl erst bei der Verarbeitung aus dieser entstanden sein;
immerhin bildet die wasserlösliche Dioxydikarbonsäure einen normalen
Bestandteil der Droge, wie aus dem Umstande hervorgeht, daß ein
ätherischer Mutterkornauszug beim Ausschütteln mit verdünnter Wein-
säure neben Alkaloid immer ein wenig dieser Säure abgibt.
Der Secalonsäure ähnlich konstituierte Säuren, teils auch von
gelber Farbe, wurden in der naheverwandten Gruppe der Flechten,
deren Pilze ja gleich wie das Mutterkorn der Familie der Ascomyceten
angehören, schon mehrere gefunden, so die Vulpinsäure von Spiegel?).
Es läßt sich daraus der Schluß ziehen, daß auch in den Flechten
der Pilz und nicht die Alge der Erzeuger dieser
charakteristischen Flechtensäuren ist.
Alkaloide.
Zur Darstellung dieser Körperklasse empfiehlt es sich, die
Aetherauszüge nicht erst abzudestillieren und das Oel abzutrennen,
da die Wiederauflösung des Rohkörpers große Mühe bereitet, sondern
man schüttelt direkt aus.
Bei seiner Alkaloidbestimmungsmethode verwendet Keller ent-
fettetes Mutterkorn, schließt dasselbe erst durch Magnesia auf und
1) Annal. Bd. 255, 1.
2) Annal. Bd. 219.
348 F. Kraft: Mutterkorn.
zieht es dann mit Aether aus; vergleichende Versuche zeigten mir
aber, daß man ebensogut von nichtentfettetem Mutterkorn ausgehen
kann, und daß der Aether auch ohne vorangehende Magnesiabehandlung
die gleiche Menge Alkaloid aufnimmt, was darauf hinweist, daß die
Alkaloide in freiem Zustande vorliegen.
Man extrahiert also die Droge in der oben geschilderten Weise
mit Aether, läßt den ersten Auszug unversehrt, destilliert dagegen
die weiteren zusammen auf dasselbe Gewicht ab, mischt die beiden
und schüttelt sie bis zur Erschöpfung mit Mengen von je %—-4 1
%%iger Weinsäurelösung aus. Wenn die Aetherauszüge völlig blank
sind, so geht das Ausschütteln ganz glatt von statten, muß aber bis
zur völligen Erschöpfung sehr oft wiederholt werden. Als Lösungs-
mittel eignet sich am besten Weinsäure, da sie mit diesen Alkaloiden
leichtlösliche Salze bildet; die Salze der anorganischen Säuren dagegen
sind alle schwerlöslich, „sie scheiden sich in den Ausschüttelungen aus
und bilden Schlicker oder geben wenigstens Anlaß zu Verlusten.
Die völlig klar filtrierten Ausschüttelungen werden vorweg mit
Soda übersättigt, das ausgeschiedene Alkaloid auf einem Filter ge-
sammelt, ausgewaschen, abgesaugt und über Schwefelsäure getrocknet.
Ein gutes Mutterkorn liefert eine Ausbeute von 2-2,5°0 an
Rohalkaloid. Obschon dasselbe so gut wie unlöslich ist in Wasser,
so halten dennoch die großen Mengen Flüssigkeit, aus denen es aus-
gefällt wurde, nicht unerheblich Alkaloid zurück. Durch Ausäthern
kann es zwar vollständiger gewonnen werden, die Ausschüttelungen
nehmen aber immer auch etwas gelbe Säure auf, die dann mit in den
Aether geht und ein intensiv gelb gefärbtes Alkaloid liefert. Ich
glaubte aus diesem Grunde auch längere Zeit an die Existenz eines
gelben Alkaloides, bis sich herausstellte, daß diese Farbe nur der
hartnäckigen Verunreinigung durch Säure zuzuschreiben sei.
Aus dem Rohalkaloid läßt sich durch Krystallisation aus Methyl-
oder Aethylalkohol leicht das bekannte Ergotinin gewinnen, daneben
verbleibt aber der größere Teil amorph. Die früheren Bearbeiter
Tanret und Keller, hielten dieses amorphe Alkaloid für identisch
mit dem krystallisierten, bloß für weniger rein oder teilweise zersetzt.
Die Salze der beiden Modifikationen zeigen keine durchgreifende Ver-
schiedenheit, leicht löslich sind die Acetate, Tartrate und Citrate, sehr
schwer löslich die Oxalate und die Salze der anorganischen Säuren.
Sie wurden gewöhnlich dargestellt durch Lösen der Alkaloide in
Aether und Fällen dieser Lösung mit den gasförmigen oder in Alkohol
gelösten Säuren; es sind aber sehr unerquickliche Körper, durch den
Säureüberschuß verschmieren sie leicht und beim Trocknen geben sie
die Säure größtenteils wieder ab, sodaß auch die leicht löslichen Salze
u er a A}
F. Kraft: Mutterkorn. 349 »
teils unlöslich werden. Durch direkte Behandlung mit verdünnten
Säuren werden die Alkaloide schwer angegriffen. Eine glatte Lösung
läßt sich nur durch Verreiben mit 3—5 T. Eisessig erhalten und
diese kann man dann nach Belieben mit Wasser verdünnen und klar
filtrieren, nötigenfalls unter Zusatz von etwas Infusorienerde. An
Hand dieser Lösung zeigte es sich nun, daß in der Löslichkeit der
Sulfate ein gradueller Unterschied besteht, der eine Trennung und
Reindarstellung ermöglicht und beweist, daß wir es mit zwei ver-
schiedenen Alkaloiden zu tun haben.
1 T. trockenes Rohalkaloid wird kalt gelöst in 3 T. Eisessig
und mit Wasser auf 300 T. verdünnt. Die Lösung ist gewöhnlich
durch suspendierte geringe Mengen von Alkaloidzersetzungsprodukten
schwach dunkel milchig getrübt und muß geklärt werden durch
Filtration durch ein dichtes Filter unter Zusatz von einer Messerspitze
voll Kieselgur. Das Filter wird mit Wasser nachgewaschen, bis das
Filtrat 400 T. beträgt und dieses mit einer filtrierten Lösung von
1 T. wasserfreiem Natriumsulfat in 100 T. Wasser versetzt, worauf
sofort Ausscheidung des Sulfates des amorphen Alkaloides erfolgt,
während dasjenige des Ergotinins in Lösung bleibt. Nach etwa zwei-
stündigem Stehen wird der Niederschlag durch ein gehärtetes Filter
abfiltriert und zuletzt scharf abgesaugt. Der Niederschlag ist von
gelatinöser Beschaffenheit und filtriert daher langsam aber immerhin
glatt. Das Absaugen muß erst zuletzt, dann aber sehr gründlich unter
Zusammendrücken des Niederschlages geschehen, da man nicht gut
auswaschen kann. Das noch feuchte Sulfat wird wieder mit etwas
Wasser verrührt, reichlich Aether und die eben zur Zersetzung nötige
Menge Soda zugegeben und bis zur Lösung geschüttelt, die Aether-
lösung abgezogen, mit Natriumsulfat entwässert und am Vakuum ohne
Erwärmen abdestilliert. Bei sorgfältigem Arbeiten hinterbleibt das
amorphe Alkaloid rein und farblos.
Die vom ausgeschiedenen Sulfat abfiltrierte Lauge wird mit Soda
ausgefällt, das Alkaloid abgesaugt, ausgewaschen und über Schwefel-
säure getrocknet; dann schüttelt man es in einem kleinen Erlenmeyer
mit 1,5 T. Methylalkohol, worin es größtenteils unlöslich ist, läßt eine
Stunde kühl stehen, gießt die Lauge ab und wäscht die Krystalle mit
wenig Methylalkohol ab. Durch Umkrystallisieren aus Methylalkohol
erhält man das reine Ergotinin. Die abgegossene Methylalkohol-
lösung enthält noch eine Mischung der beiden Alkaloide. Sie wird
ohne Erwärmen am Vakuum abgedunstet und kann von neuem der-
selben Trennung unterworfen werden. Sie wurde natürlich auch auf
verschiedene Weise weiter zu fraktionieren versucht, es konnte aber
kein anderes Alkaloid darin gefunden werden.
« 350 F. Kraft: Mutterkorn.
Das amorphe Alkaloid bleibt also auch in reinem Zustande
amorph, dagegen beweist gerade die Art seiner Darstellung, daß es
ein vom Ergotinin verschiedenes, chemisches Individuum ist. Mit zu-
nehmender Reinheit eines Körpers pflegt seine Löslichkeit abzunehmen;
bei Ausscheidung von Salzen aus Lösungen scheiden sich stets zuerst
die reinsten Fraktionen aus, während Verunreinigungen und Gemische
in Lösung bleiben. Wäre das Rohalkaloid bloß ein einziger, wegen
ungenügender Reinheit noch teilweise amorpher Körper, also Roh-
ergotinin, so müßte das erstausgeschiedene Sulfat die reinste Fraktion
bilden, daher das daraus gewonnene Alkaloid am schwierigsten löslich
und am reinsten sein und am leichtesten krystallisieren.. Da nun aber
gerade das Umgekehrte der Fall ist, indem das Alkaloid der ersten
Fraktion leicht löslich ist und nicht krystallisiert, dasjenige der Mutter-
lauge aber krystallisiert und. die leichter löslichen Salze bildet, so
kann das erstausgeschiedene nicht amorphes Ergotinin sein, sondern
muß einen besonderen chemischen Körper repräsentieren, den ich
Hydroergotinin benennen will.
Ergotinin.
Nach dem Rechte der Priorität gebührt dem krystallisierten
Alkaloide der von Tanret gewählte Name Ergotinin; Tanret hat
sein Alkaloid früher und sofort in reinem Zustande dargestellt, was
beim Cornutin anfänglich durchaus nicht der Fall war. Ueberdies
knüpfen sich an den Namen Cornutin mehrere nicht bewährte Hypothesen,
sodaß ich dem allerdings weniger gut gewählten Namen Ergotinin den
Vorzug gebe. Zu den bereits bekannten Eigenschaften kann ich noch
folgendes beifügen: Ergotinin fängt bei 210° an sich zu bräunen und
zu sintern und schmilzt bei 219°. Reines Ergotinin, ebenso wie das
amorphe Alkaloid, besitzen nicht die ihnen zugeschriebene Licht-
empfindlichkeit und es geht durch Licht ebensowenig wie durch Hitze
das krystallisierte in das amorphe über. In trockenem Zustande sind
beide ganz beständig, dagegen werden sie durch Erhitzen oder durch
chemische Agentien sehr leicht in schwarze oder grünschwarze amorphe
Zersetzungsprodukte umgewandelt; jedes Lösen in Eisessig und Wieder-
ausfällen durch Soda oder Ammoniak ist von etwas Zersetzung begleitet.
Hydroergotinin
ist ein farbloses, trockenes, amorphes Pulver, in denselben Medien,
jedoch leichter löslich als Ergotinin. Ergotinin bedarf zur Lösung
60 resp. 80 T. kochenden Aethyl- oder Methylalkohol, und beim Erkalten
scheidet sich die Hauptmenge wieder aus, Hydroergotinin löst sich in
jedem Verhältnis in kalten Alkoholen. Zum Zeichen der Reinheit
F. Kraft:, Mutterkorn. 351
darf die Lösung in 2 T. kaltem Methylalkohol bei mehr-
tägigem Stehen keine Krystallausscheidung geben und sich
nicht grün färben von zersetztem Alkaloid. Ergotinin löst sich in
150 T. kochenden Benzols, Hydroergotinin schon in 5 T. und scheidet
sich beim Erkalten schnell wieder ab, jedoch nur amorph. Beim
Schütteln in Handwärme löst es sich in 25 T. Benzol und auch diese
Lösung gibt beim Abkühlen sofort Abscheidung aber nur in Form
von Kügelchen; auch wenn man die hiervon abgegossene gesättigte
Lösung freiwillig im Kühlen abdunsten läßt, so bilden sich nur amorphe
und teilweise zersetzte Ausscheidungen. Die mit Hilfe von 3 T. Eis-
essig bereitete wässerige Lösung wird bei einem Verhältnis von 1:5000
noch von gleichviel Natriumsulfat, gelöst in 100 T. Wasser, sofort
gefällt; eine Lösung im Verhältnis von 1:7000 trübt sich erst nach
und nach. Das Sulfat des Hydroergotinins braucht also ca. 8000 T.
Wasser zur Lösung, das Sulfat des Ergotinins unter gleichen Ver-
hältnissen nur 500 T.
Die beiden Alkaloide zeigen also ganz ausgeprägt verschiedene
Eigenschaften, dagegen besteht zwischen ihnen eine nahe Verwandt-
schaft. Wie erwähnt, gibt die konzentrierte Methylalkohollösung des
Hydroergotinins bei tagelangem Stehen in der Kälte keine Krystallisation,
erhitzt man aber einen Moment zum Sieden, so krystallisiert beim
Abkühlen sofort reichlich Ergotinin aus; durch mehrstündiges Kochen
am Rückflußkühler erfolgt die Umwandlung vollständig ohne anderweitige
Zersetzung. Dieselbe tritt auch ein, wenn man die essigsaure Lösung
des Hydroergotinins einige Zeit kocht, das entstehende Ergotinin wird
hier aber von Zersetzungsprodukten begleitet. Auch die entgegen-
gesetzte Umwandlung läßt sich erzielen. Man löst 1 T. Ergotinin in
3 T. Eisessig und verdünnt mit Wasser auf 100 T.
10 g dieser frisch bereiteten 1%igen Lösung mit 30 g Wasser
verdünnt geben mit 10 g 1%iger Natriumsulfatlösung keine Fällung.
Nach eintägigem Stehen gibt die 1%ige Lösung bei derselben
Prüfung sofort Trübung und nach einigen Minuten ziemliche Aus-
scheidung.
Nach zehntägigem Stehen erfolgt bei der Prüfung sofort
kräftige Fällung von Hydroergotininsulfat.
Diese gegenseitige Ueberführbarkeit der beiden Alkaloide deutet
darauf hin, daß das amorphe jedenfalls das Hydrat des krystallisierten
ist. Durch die Analyse läßt sich diese Annahme bei der amorphen
Natur und dem hohen Molekulargewicht der Substanz nicht kon-
trollieren. Ein krystallisiertes Platindoppelsalz oder ein Pikrat sind
vom Hydroergotinin ebensowenig wie vom Ergotinin erhältlich, die
Körper sind zu schwache Basen und zu zersetzlich.
352 F. Kraft: Mutterkorn.
Wasserlösliche Basen.
Außer den spezifischen Alkaloiden finden sich im Mutterkorn
noch wasserlösliche Basen, wie das von Brieger nachgewiesene Cholin
und Trimethylamin. Beim Stehen an einem feuchten Orte strömt jedes
Mutterkornpulver sehr bald intensiven Methylamingeruch aus, der
einer Spaltung von Betain seinen Ursprung verdanken dürfte. Die
Droge wurde auch auf diese wasserlöslichen Basen einer erneuten
Untersuchung unterworfen und hierzu die von Jahns!) besonders
ausgearbeitete und warm empfohlene Jodkaliumwismutmethode benutzt.
3 kg mit Chloroform erschöpftes Mutterkorn wurden mehrmals
mit durch Schwefelsäure leicht angesäuertem Wasser durchgeknetet
und abgepreßt, die vereinigten Auszüge mit einem Ueberschuß von
Bleiessig versetzt, mit Soda leicht alkalisch gemacht und die Blei-
fällung abkoliert und abgepreßt. Aus der Lösung wurde der Blei-
überschuß mit Natriumphosphat gefällt, das Filtrat mit Schwefelsäure
leicht angesäuert, durch Abdampfen stark konzentriert, filtriert, mit
Schwefelsäure stark angesäuert, mit Kraut’scher Jodkaliumwismut-
lösung gefällt und acht Tage stehen gelassen. Die Flüssigkeit blieb
ziegelrot und milchig getrübt, am Boden des Gefäßes aber hatte sich
ein dunkelroter krystallinischer Absatz in ziemlicher Menge gebildet,
der sich glatt abfiltrieren und auswaschen ließ. Er wurde mit frisch
gefälltem feuchtem Silberkarbonat verrieben bis zum Verschwinden
der Rotfärbung, der gelbe Brei abgesaugt, ausgewaschen, die bräunlich
gelbe Lösung mit Salzsäure leicht angesäuert, auf dem Wasserbade
zum Sirup verdampft und über Schwefelsäure gestellt, wo sich nach
längerem Stehen reichlich farblose große Krystalle ausschieden. Aus
80%igem Alkohol mehrmals umkrystallisiert, bilden sie schöne große
Prismen vom Schmp. 227°; die sehr konzentrierte wässerige Lösung
dagegen läßt monokline Tafeln auskrystallisieren. Es liegt ein salz-
saures Salz vor, das nach Schmelzpunkt identisch ist mit salzsaurem
Betain, wie auch durch das Platindoppelsalz bestätigt wurde. Auf
Zusatz von Platinchlorid zu einer konzentrierten Lösung des Salzes
entstand keine Fällung, erst durch Zusatz von Alkohol gestand die
Mischung zu einem Brei hellgelber, feiner Nädelchen. Diese wurden
nochmals in wenig warmem Wasser gelöst und mit Alkohol gefällt
und dann die wässerige Lösung über Schwefelsäure krystallisieren -
gelassen, worauf schöne Tafeln des Platindoppelsalzes auskrystallisierten
mit dem Schmp. 242°,
0,2170 g Platindoppelsalz gaben 0,0657 g Pt = 30,27%, berechnet für
Betainplatinchlorid (C;H,ı NOg-HCl)aPtCl, = 30,26% Pt.
!) Arch. d. Pharm, Bd. 235, 152.
F. Kraft: Mutterkorn. 353
Die von der Betainkrystallisation abfiltrierte Mutterlauge wurde
im Exsikkator völlig zur Trockne gebracht und dann mit kaltem
absolutem Alkohol behandelt, wobei noch etwas Betainchlorhydrat
ungelöst blieb. Die alkoholische Lösung gab bei langem Stehen im
schwach evakuierten Exsikkator an der Gefäßwandung schöne
"Kırystallisation von zu weißen Drusen vereinigten Prismen. Einmal
ausgeschieden sind sie in absolutem Alkohol nicht mehr löslich wohl aber
in heißem verdünnntem Alkohol; auch diese Lösung krystallisiert
erst bei längerem Stehen im Vakuum. Durch Krystallisation aus
wenig Wasser im Vakuum wird der Körper dann völlig gereinigt; er
bildet farblose Prismen vom Schmp. 200°, die an der Luft Wasser
anziehen und zerfließen und sehr sauer reagieren. Ein salzsaures
Salz liegt nicht vor, sondern eine wirkliche Säure, offenbar die der
Kobert’schen Ergotinsäure zu Grunde liegende, die ich bei direkter
Darstellung nicht hatte rein erhalten können. Ihre weitere Unter-
suchung erfolgt im nächsten Abschnitte.
In der absolut alkoholischen Mutterlauge fand sich dann noch
nach den Angaben von Brieger!) salzsaures Cholin; weitere Basen
konnte ich darin nicht entdecken.
Secaleamidosulfonsäure.
Unter den von Kobert?) dargestellten Mutterkornsubstanzen
befindet sich eine wasserlösliche Säure von sehr eigentümlichen Eigen-
schaften, die Ergotinsäure. Sie ist ebenfalls eine nur physiologisch,
nicht chemisch reine Substanz; als Säure bekundet sie sich durch
ihre intensiv saure Reaktion, sie soll aber zugleich ein Glykosid sein,
indem sie bei der Hydrolyse zerfällt in ein dextrinartiges Kohlehydrat
und ein amorphes Alkaloid; (was bei dieser Zersetzung aus der sauren
Gruppe wird, darüber erhalten wir keine Auskunft).
Zur Nachprüfung wurde mit Aether erschöpftes Mutterkorn-
pulver unter Digestion mehrmals mit Wasser ausgezogen; die Auszüge
wurden durch Zusatz von Bleiacetat gereinigt und im Filtrate die
Ergotinsäure durch Bleiessig und Ammoniak ausgefällt.e Vom ab-
gesetzten Niederschlag wurde die Lauge abgehebert, derselbe mehr-
mals mit Wasser angesüßt, dann abkoliert, etwas ausgewaschen und
intensiv abgepreßt. Der Bleiniederschlag wurde in Wasser zerteilt,
die Aufschwemmung auf dem Wasserbade erwärmt und durch Ein-
leiten von Schwefelwasserstoff zerlegt, das Filtrat unter Einleiten von
Schwefelwasserstoff abgedampft, im Vakuum zur Sirupsdicke gebracht
1) Brieger, Ueber Ptomaine, 1887, III. T.
2) Kobert, Arch, f. exp. Path. u. Pharm., Bd. 18.
Arch. d. Pharm. CCXXXXIV. Bds. 5. Heft. 23
354 F. Kraft: Mutterkorn.
und mit Alkohol ausgefällt, gewaschen und über Schwefelsäure ge-
trocknet.
Die so nach Kobert’s Angaben erhaltene hell bräunlichgelbe,
hygroskopische Masse macht durchaus den Eindruck eines Rohkörpers,
was sie auch nach Maßgabe ihres einfachen Darstellungsprozesses sein
muß. Sie schmeckt etwas süß und reduziert Fehling’sche Lösung
intensiv, schon ohne vorhergehendes Kochen mit Säure; Zucker ist
also von vornherein darin enthalten, wie denn Zuckerarten überhaupt
durch Bleiessig und Ammoniak gefällt werden.
Auskochungen mit Alkohol gaben beim Erkalten weiße
krystallinische Ausscheidung. Durch wiederholtes Lösen in wenig
Wasser und fraktionierte Fällung konnte diese gereinigt und zuletzt
durch Krystallisieren aus Wasser in großen rhombischen Prismen vom
Schmp. 166° rein erhalten werden. Dieselben sind Mannit, der
schon früher im Mutterkorn gefunden wurde. Ebensolcher dürfte auch
das dextrinartige Kohlenhydrat gewesen sein, das Kobert durch an-
haltendes Behandeln mit Kohle, oder durch fraktionierte oft wieder-
holte Fällungen erst mit ammoniakalischem Bleiessig und dann mit
Alkohol aus der Ergotinsäure erhielt. Diese Operation, ebenso wie
die vermeintliche Hydrolyse sind keine Zersetzung, sondern einfache
Zerlegung in die schon vorhandenen Bestandteile gewesen.
Die Masse reagiert wirklich intensiv sauer und da sich im
analytischen Gange keine der gewöhnlichen anorganischen oder
organischen Säuren nachweisen ließ, so muß sie eine spezifische neue
Säure enthalten, die sich auf folgende Weise isolieren ließ: Die Roh-
substanz wurde in Wasser gelöst und mit frisch gefälltem Bleikarbonat
12 Stunden lang auf dem Wasserbade digeriert, wodurch unter Kohlen-
säureentwickelung Blei in Lösung ging. Dann wurde vom ungelösten
Bleikarbonat abfiltriert, das Filtrat durch Ammoniak gefällt, das
Bleisalz abfiltriert und ausgewaschen, mit Schwefelwasserstoff wieder
zerlegt, die Lösung der Säure unter Einleiten von Kohlensäure fast
zur Trockne verdampft und mit Alkohol fraktioniert gefällt. Die
ersten. Fraktionen sind dunkelbraunss Harz, die späteren zwar schön
hell, dunkeln aber beim Trocknen nach und sind amorph und sehr
hygroskopisch. Die Säure enthält Stickstoff und organisch gebundenen
Schwefel, sie ist in organischen Solventien unlöslich, ihre Salze sind
in Wasser leicht löslich. Eine weitere Reinigung wollte nicht gelingen,
bis sich mir bei der Darstellung der wasserlöslichen Mutterkornbasen
nach der Jodkaliumwismutmethode dieselbe Säure in schön reiner Form
darbot. Wie dort erwähnt, bildet sie farblose Prismen vom Schmelz-
punkte 200°, leicht löslich in Wasser mit intensiv saurer Reaktion;
mit Silbernitrat unter Zusatz von etwas Ammoniak entsteht eine weiße
F. Kraft: Mutterkorn. 355
Fällung, die sich beim Kochen nicht reduziert. Die Säure gibt als
solche keine Schwefelsäurereaktion, wohl aber nach dem Verschmelzen
mit Soda und Salpeter; ihre Kalischmelze gibt sowohl Schwefelsäure-
als Schwefligsäurereaktion, der Schwefel ist also in Form einer Sulfo-
gruppe in dem Körper enthalten, die ihm wohl auch seine intensiv
saure Reaktion verleiht. Durch die Glühprobe mit metallischem Kalium
läßt sich ferner Stickstoff nachweisen. Beim Diazotieren entsteht kein
mit R-Salz sich kuppelnder Diazokörper, wohl aber tritt hierbei
Stickstoffentwickelung ein, der Stickstoff ist also als aliphatische
Amidogruppe vorhanden.
Die exsikkatortrockene Substanz zeigt beim Erhitzen auf 130°
keine Gewichtsabnahme. Die Analysen, welche wegen Mangel an
Substanz nur je einfach ausgeführt werden konnten, lieferten folgende
Zahlen:
0,1985 Substanz mit Bleichromat verbrannt gaben 0,2406 CO; und
0,0950 H30.
0,1070 Substanz mit Soda und Salpeter verschmolzen gaben 0,0460 BaSO,.
0,1182 Substanz mit verdünnter Schwefelsäure und Kaliumnitrit erwärmt
gaben 2,8 ccm N bei 16° und 738 mm.
Die letztere Untersuchung erfolgte nach der Bestimmungsmethode für
aliphatische Amingruppen, in Dr. Hans Meyer’s Anleit. z. quant. Bestimmung
der organ. Atomgruppen, S. 81.
Gefunden:
C:, 33,05%
ER2 nn.
: u SEN ERT
N 267,
0 53,03 „
welche Zahlen zu der Formel führen:
NH
C,;H3aSNO,s oder O,;Ha, 01<g0,H
wonach ich die Substanz Secaleamidosulfonsäure benennen möchte.
Da wir uns nicht nur die chemische Untersuchung des Mutter-
korns zur Aufgabe gemacht hatten, sonder& auch die Entscheidung
der Frage nach dem medizinisch wirkenden Bestandteile, so wurden
die isolierten Präparate einer pharmakologischen Prüfung unterworfen,
welche auszuführen Herr Prof. Dr. A. Jaquetin Basel die Güte hatte.')
Der durch Ausziehen mit Aether und Fällen mit Petroläther
erhaltene und dem Jacobj’schen Chrysotoxin entsprechende entfettete
1) Ich spreche Herrn Prof. Jaquet auch an dieser Stelle meinen
verbindlichsten Dank für seine gefällige Mitwirkung aus.
23*
356 F. Kraft: Mutterkorn.
Aetherauszug zeigt in gewissem Grade die charakteristische Wirkung
auf den Uterus, aber nur bei bestimmter Art der Anwendung. Als
Pulver oder in öliger Verreibung per os dem Hahn oder trächtigen
Tieren beigebracht, ist er ganz unwirksam, verreibt man ihn aber mit:
etwas verdünnter Natronlauge und benutzt das Filtrat zur Subkutan-
injektion, so tritt beim trächtigen Meerschweinchen Abort und beim
Hahn Blaufärbung des Kammes ein, jedoch sind zur Auslösung der
Wirkung beim Meerschweinchen 0,25 g Rohsubstanz (=50 g Mutter-
korn) nötig. Auch durch Fällung der Aetherlösung der Rohsubstanz
mit gasförmigem Ammoniak oder mit weingeistigem Kaliumhydrat
wurden etwas aktive Präparate erhalten, die Wirkung ist aber unsicher
und überdies sind diese Fällungen ebenfalls wieder komplexer Natur,
da sowohl die Säuren als die Alkaloide des Mutterkorns mit Alkalien
Verbindungen eingehen.
Bei den aus diesem Rohprodukt isolierten Reinkörpern ist die
abortive Wirkung ganz verschwunden.
Die Secalonsäure und ihre Derivate sind vollständig physiologisch
inaktive Körper.
Den Alkaloiden Ergotinin und Hydroergotinin wandten wir ent-
sprechend den von unseren Vorgängern an sie geknüpften Hypothesen
unsere besondere Aufmerksamkeit zu. Sie kamen subkutan zur An-
wendung und es wurden zu diesem Zwecke die absolut reinen
Alkaloide sowohl durch Säure als durch Lauge in Lösung gebracht.
Man löst dieselben in Eisessig und verdünnt entweder_mit Wasser oder
übersättigt leicht mit Lauge; die alkalische Lösung scheint die promptere
Wirkung zu haben. Folgendes sind einige der charakteristischsten
Protokolle:
0,02 g Ergotinin in möglichst wenig Eisessig gelöst, mit Wasser
verdünnt einem trächtigen Meerschweinchen injiziert: Tod nach 24 Std.
an aufsteigender Lähmung, kein Abort.
Ein gleicher Versuch an einem zweiten trächtigen Meerschweinchen
zeigt dieselbe Wirkung, Tod nach 36 Std., kein Abort.
0,018 Hydroergotinin gelöst in 2 Tropfen Eisessig und 4 ccm
Hs0, und 4 Tropfen 10% NaOH zugefügt, einem jungen Hahn injiziert:
Piept beständig, Kamm blaurot, zuweilen Zittern der Beine, am
anderen Tage tot.
0,01 Hydroergotinin wie vorher einem jungen Hahn injiziert:
Piept beständig, Zittern des Kopfes und der Flügel, Zuckungen des
Schwanzes, zuweilen heftiges Schütteln des Kopfes, Kamm dunkel
blaurot, Gang etwas ataktisch. Erholt sich mit Ausnahme der Kamm-
spitzen, die schwarz bleiben.
F. Kraft: Mutterkorn. 357
0,01 Hydroergotinin einem trächtigen Meerschweinchen bei-
gebracht. Sofort nach der Injektion einige lebhafte Konvulsionen;
berubigt sich dann wieder. Es treten dann wieder kurze Zuckungen
des Kopfes und der Beine ein, Uterus sehr empfindlich auf Palpation,
Am anderen Tage haben die Zuckungen aufgehört, das Tier erscheint
normal. Nach weiteren 2 Tagen 0,025 Hydroergotinin, keine Wirkungen
außer Zuckungen und Unruhe; erst 4 Tage später wirft das Tier
4 unreife tote Junge.
0,05 Hydroergotinin gelöst wie oben, einem trächtigen Meer-
schweinchen injiziert: schreit bei der Injektion, Zuckungen und klonische
Krämpfe, hat den ganzen Nachmittag heftige Wehen, Uterus schmerz-
haft auf Palpation. Am anderen Tage tot, im Bauche 4 tote reife Junge.
0,04 Hydroergotinin einem trächtigen Kaninchen beigebracht,
schreit und zappelt bei der Injektion; erhält am zweiten Tage nochmals
0,05; stirbt am dritten Tage an Lungenentzündung ohne geworfen
zu haben.
Ergotinin, Meerschweinchen, trächtig, erhält 11 Uhr 0,05 in
0,25 g Eisessig und 5 g Wasser gelöst, schreit und reagiert heftig bei
der Injektion. 4 Uhr: Tier ist krank, jammert periodisch, gleichzeitig
fühlt sich der Bauch hart an und ist auf Druck empfindlich. 8 Uhr:
Tier liegt auf der Seite, atmet schwach und langsam, schreit von Zeit
zu Zeit, Herzschläge kaum zu fühlen, Schnauze zyanotisch, auf Palpation
des Bauches schwache Reaktion. Stirbt ohne geworfen zu haben; im
Uterus fünf unreife Föten.
Außer den reinen Alkaloiden wurde auch das Alkaloidrohgemenge
einer wiederholten Prüfung unterzogen. Die unter sehr schonenden
Umständen ausgeführte Darstellung des Rohalkaloides (Ausziehen des
Mutterkorns mit Aether, Ausschütteln der Auszüge mit schwacher
Weinsäurelösung und Ausfällen mit Soda) schließt eine Zersetzung aus,
und wenn ein weiteres Mutterkornalkaloid meiner Aufmerksamkeit
entgangen wäre, so müßte es doch in diesem Rohalkaloid enthalten
sein. Dasselbe unterscheidet sich aber nicht in seiner Wirkung von
den Reinalkaloiden; 0,01 g bewirkten beim trächtigen Meerschweinchen
klonische Konvulsionen ohne Abort und 0,02—0,03 g führten den Tod
herbei ebenfalls ohne Abort.
Aus diesen Tierexperimenten geht in unzweideutiger
Weise hervor, daß den Alkaloiden die therapeutisch
verwertete Wirkung des Mutterkornes, den Uterus zu
Kontraktionen anzuregen und dadurch abortiv und
hämostyptisch auf denselben einzuwirken, durchaus abgeht.
Dagegen sind die beiden nahe verwandten Alkaloide
Krampfgifte, welche in mäßiger Dosis den Tod der
358 F. Kraft: Mutterkorn.
Versuchstiere durch Lähmung verursachen. Auch diein
toxikologischer Richtung so wichtige und interessante
gangränbildende Wirkung ist auf die Alkaloide, speziell
das Hydroergotinin (Ergotinin wurde auf diese Eigenschaft
nicht geprüft) zurückgeführt, sodaß die Alkaloide also
gerade nur die schädlichen und unerwünschten Neben-
wirkungen des Mutterkornes bedingen. Als besonders
wichtiges Resultat muß noch hervorgehoben werden, daß
die abortive Wirkung einerseits und die Krampf und
Gangrän erzeugende andererseits Funktionen von ganz
verschiedenen Mutterkornbestandteilen sind, während
man dieselben bisher mit einander eng verbunden hielt,
sodaß z. B. Jakobj insbesondere nach der Fähigkeit
Gangrän zu bilden die Wirksamkeit seiner Präparate
bewertete.
Unsere Befunde stehen in scheinbarem Widerspruch mit den
Ergebnissen früherer Mutterkornforscher, in Wirklichkeit liegt der
Unterschied aber nur in der Auslegung derselben. Kobert und
Jacobj glaubten ihre Tierexperimente mit Reinkörpern auszuführen,
während es, wie ich im Laufe meiner Arbeit zeigte, nur die ihrer
Zerlegung äußerst zähen Widerstand entgegensetzenden Rohkörper
waren. Am entfetteten Aetherextrakte konnten auch wir, gleich jenen
beiden Forschern, eine abortive Wirkung wahrnehmen, jedoch nur
eine verhältnismäßig recht schwache und oft schwankende. Diese
beiden Eigenschaften weisen darauf hin, daß die ursprüngliche sich
bei der Weiterverarbeitung verlierende Wirksamkeit nur einer quantitativ
geringfügigen quasi Verunreinigung zuzuschreiben ist. Die andere
Möglichkeit, daß nämlich der wirksame Körper bei der Verarbeitung
zerstört worden sei, glauben wir dadurch ausgeschlossen zu haben, daß
wir den Rohkörper auf mehrfach variierte Weise in Angriff nahmen
und auch die Zwischenstufen am Tiere prüften. Dank ihrer wenig
positiven Eigenschaften muß sich die kleine Menge des Aktivkörpers
bei der Verarbeitung stets in den wässerigen Mutterlaugen verloren
haben; es muß eine wasserlösliche, durch Aether nicht entziehbare,
weder eigentlichen Basen- noch Säure- noch Phenolcharakter besitzende
Substanz sein.
Als wir eben zu dieser Einsicht vorgeschritten waren, meldete
Professor E. Vahlen!) die Entdeckung eines neuen krystallisierten
Mutterkornkörpers, des Clavin, das die typische Mutterkornwirkung
besitzt. Damit war die Weiterführung unserer Arbeit erübrigt; ihre
1) E. Vahlen, Deutsche medizin. Wochenschrift 1905, S. 1263.
ia)
F. Kraft: Mutterkorn. 359
Veröffentlichung wird aber gerade jetzt eine willkommene Ergänzung
derjenigen von Vahlen sein').
Zusammenfassung der Resultate:
Als spezifische Stotfe finden sich im Mutterkorn:
das Ergosterin (Tanret);
zwei Alkaloide:
das krystallisierte Ergotinin (Tanret),
das amorphe Hydroergotinin;
eine Gruppe gelbgefärbter Lactonsäuren:
die Secalonsäyre und ihre amorphen Ver-
wandten;
eine weiße, von der Secalonsäure unabhängige Säure:
die Secaleamidosulfonsäure;
ferner die auch sonst verbreiteten Stoffe:
Betain,
Cholin,
Mannit.
Die Alkaloide sind Krampf und Gangrän erzeugende Gifte, nicht
aber die Träger der spezifischen, Uteruskontraktionen hervorrufenden
Mutterkornwirkung.
Die Mutterkornkörper von Kobert und von Jakobj sind keine
chemischen Individuen, sondern Gemenge veränderlicher Natur der
obigen Reinsubstauzen, die ihre physiologische Wirksamkeit sämtlich
den Alkaloiden, hauptsächlich dem Hydroergotinin, verdanken. Das
Cornutin Keller’s und das Secalin Jakobj’s sind identisch mit
Ergotinin; der Ergotinsäure liegt die Secaleamidosulfonsäure zu Grunde.
1) Die Darstellung der zahlreichen Ergotine und Secaleextrakte des
Handels gründet sich meistens auf die Annahme, daß die Mutterkornalkaloide
die therapeutische Wirkung bedingen, und es ist vielen dieser Präparate eine
ganz gute Wirkung zuzuerkennen. Dieser Umstand ist aber von keiner
Beweiskraft zu Gunsten der Alkaloide, und andererseits werden diese
Präparate nur indirekt von meiner Beweisführung betroffen.
Die Ergotine sind wässerige oder alkoholische Extrakte, aus denen
die Ballastsubstanzen, wie Fett, Farbstoffe und Schleim möglichst entfernt
wurden. Das Reinigungsverfahren ist also ein negatives, und es muß dabei
eine Substanz von den Eigenschaften des Clavins noch weit eher in dem
Extrakte verbleiben als die Alkaloide. Im Gegenteil sind die Alkaloide
wohl oft ohne Willen und Wissen größtenteils ausgeschieden worden, z.B.
aus dem Mutterkornextrakte der Ph. Helvetic. III durch die Behandlung mit
Salzsäure, in anderen Fällen durch ihre Eigenschaft, sich anderen ausfallenden
Kolloiden anzulagern. Nach meinen Ausführungen werden die Darsteller gut
tun, diese Alkaloide noch sorgfältiger zu entfernen.
360 M. Wintgen: Solaningehalt der Kartoffeln.
Ueber den Solaningehalt der Kartoffeln.
Von Dr. M. Wintgen.
Die Bedeutung, welche der Kartoffel als einem der wichtigsten
Nahrungsmittel bei den meisten Kulturvölkern zukommt, läßt es
begreiflich erscheinen, daß frühzeitig die Aufmerksamkeit des Chemikers
und des Arztes auf einen in ihr enthaltenen Bestandteil gelenkt wurde,
der in größeren Mengen für den menschlichen Organismus giftige
Eigenschaften besitzt, das Solanin.
Dieses im Jahre 1820 von Defosses!) in re nigrum
entdeckte Glykosid wurde wenige Jahre später von Baup?) auch aus
Kartoffelkeimen isoliert- In den vierziger Jahren des vorigen Jahr-
hunderts hat dann Wackenroder?°) als erster das Solanin in der
Kartoffel quantitativ zu bestimmen gesucht und 5 mg aus 1kg Kartoffeln
erhalten.
Zahlreiche Untersuchungen sind dieser ersten im Laufe der
folgenden Jahrzehnte gefolgt. Nach einer Zusammenstellung, die
G. Meyer‘) in einer Arbeit „Ueber Vergiftungen durch Kartoffeln“
über den Solaningehalt bringt, sind 3 1 kg Kartoffeln 5—680 mg
Solanin gefunden worden.
Der Gehalt an Solanin ist nach diesen Werten ein außerordentlich
verschiedener, doch wird man nicht fehlgehen in der Annahme, daß
die Methodik der Gewinnung der leichten Zersetzlichkeit des Glykosides
nicht immer völlig Rechnung getragen haben dürfte, sodaß Verluste
entstanden sind, und daß andererseits das gewonnene Solanin nicht
stets völlig rein gewesen ist, sodaß der Solaningehalt zu hoch ge-
funden wurde.
Immerhin würde auch bei erheblicher Reduktion jener beobachteten
Höchstwerte der Solaningehalt ausreichend erscheinen, um mehrfach
beobachtete Erkrankungen, die auf Kartoffelgenuß zurückgeführt werden
mußten, mit ihrem Solaningehalt in Verbindung bringen zu können.
Massenerkrankungen, die in den Jahren 1892 und 1893 im Elsaß
unter den Mannschaften verschiedener Truppenteile auftraten und auf
den Genuß von Kartoffeln zurückgeführt wurden, gaben Schmiedeberg
und Meyer’) Anlaß, eingehende Untersuchungen über den Solanin-
1) Journ. de Pharmacie Paris 1820, 4.
2) Annales de chimie et de physique Paris 1826, 31.
8) Archiv der Pharmazie, 33.
4) Archiv f. experim. Pathol. u. Pharmakol., 36.
5) Militärärztl. Zeitschrift 1904.
M. Wintgen: Solaningehalt der Kartoffeln. 361
gehalt in Kartoffeln anzustellen. Meyer arbeitete mehrere quantitative
Gewinnungsmethoden für Solanin aus und untersuchte hiernach:
1. gesunde Kartoffeln nach verschieden langer Lagerzeit;
2. kranke und gefaulte Kartoffeln.
Erhebliche Unterschiede im Solaningehait wurden hierbei von
neuem beobachiet.
In anscheinend gesunden, ungeschälten und rohen Kartoffeln
wurden 42 bis 206 mg') Solanin, in noch nicht völlig ausgereiften
Frühkartoffeln 236 mg gefunden. Während der Keimung, in den
Monaten März bis Juli, wurde eine kleine Zunahme an Solanin von
90 auf 112 mg trotz Entfernung der Keime beobachtet, duch geht aus
der Arbeit nicht mit Sicherheit hervor, daß immer von derselben
Lieferung Kartcffeln zur Verfügung standen.
In geschälten Kartoffeln wurde durchschnittlich nur halb so viel
Solanin als in ungeschälten gefunden.
Kranke Kartoffeln schließlich enthielten, wenn sie ganz faulig
waren, kein Solanin mehr, und in fleckigen, teils holzig harten, teils
weichen, sowie eingeschrumpften Kartoffeln, schwankte der Gehalt
innerhalb der auch bei gesunden Proben gefundenen Werte. Nur in
zwei Proben wurde der außerordentlich hohe Gehalt von 520, ja sogar
von 1340 mg Solanin festgestellt. Beide Proben waren anormal.
Erstere bestand aus Keimknollen, das sind kleine Knollen, die sich
beim Lagern aus ausgetriebenen, alten Kartoffeln am Ende der Keime
im Frühjahr zu bilden vermögen, letztere bestand aus vorjährigen,
14—16 Monate alten Kartoffeln, welche stark eingeschrumpfit waren,
und in schwarzen unter der Schale liegenden Stellen Pilzwucherungen
aufwiesen. Die Befunde gaben zu der Vermutung Anlaß, daß der
hohe Solaningehalt auf bakterielle Ursachen zurückzuführen sei.
Versuche, auf gesunde Kartoffeln das infizierte Gewebe überzuimpfen,
gelangen nur unvollständig. Immerhin ließ sich nach einigen Monaten
bei einem solchen Versuch eine Zunahme von Solanin nachweisen.
Die Vermutung, daß durch Bakterien oder durch Pilze eine
Erhöhung des. Solaningehaltes verursacht werde, erhielt anscheinend
eine weitere Bestätigung durch mehrere Veröffentlichungen von
Schnell?). Dieser hatte 1898 in geschälten, rohen Kartoffeln, deren
Genuß Erkrankungen verursacht hatte, 380 mg Solanin und nach ihrer
Abkochung noch 240 mg Solanin gefunden. Sodann ermittelte er
durch eine Reihe weiterer Untersuchungen von Kartoffeln, welche
Fleckbildung unter der Schale zeigten, daß diese kranken Gewebsteile
1) Die angegebenen Werte beziehen sich stets auf 1 kg Kartoffeln.
2) Apotheker-Zeitung 1898, 13, 775 und 1900, 15, 133.
362 M. Wintgen: Solaningehalt der Kartoffeln.
im Durchschnitt 33% mehr Solanin enthielten, als die weißen, anscheinend
noch gesunden Teile der gleichen Knollen. Die betreffenden Werte
waren allerdings viel kleiner, als die erst gefundenen; sie betrugen in
6 Bestimmungen 32—96 mg in den verfärbten, und 28—64 mg in den:
weiß erscheinenden Stellen. Schnell folgerte aus seinen Befunden,
daß die Fleckbildung mit dem erhöhten Solaningehalt in ursächlichem
Zusammenhang stehe, ließ es jedoch unentschieden, ob Bakterien oder
Pilze die Solaninbildner seien.
Eine Entscheidung in dieser Frage glaubte bald darauf Weil!)
bringen zu können, der auf Veranlassung von Schnell sich mit dem
Studium der die Fleckbildung verursachenden Erreger beschäftigt hat.
Aus seiner Veröffentlichung geht hervor, daß er 13, anscheinend bisher
nicht bekannte Bakterien aus kranken Gewebsteilen der Kartoffeln
isolieren konnte, von denen 2 Solanin bilden sollten. Er bezeichnete
sie als Bacterium solaniferum non colorabile und Bacterium solaniferum
colorabil°. Weil kommt auf Grund seiner Untersuchungsergebnisse
zu dem Schluß, daß das Vorkommen von Solanin in Kartoffeln lediglich
durch Bakterieneinwirkung hervorgerufen werde.
Im Auftrage der Medizinalabteilung des Kriegsministeriums hat
sich bald darauf auch das Laboratorium der Kaiser Wilhelms- Akademie
mit der Untersuchung von Kartoffeln auf ihren Solaningehalt beschäftigt,
und ist hierbei auch eine Nachprüfung der Arbeiten letztgenannter
Autoren erfolgt.
Die Gesichtspunkte für die Arbeit waren folgende:
1. Ist in guten, anscheinend gesunden Kartoffeln der Solanin-
gehalt bei den einzelnen Sorten gleichmäßig, und nimmt er
beim Lagern, zumal zur Keimzeit, zu?
2. Welchen Einfluß üben Krankheiten auf den Solaningehalt der
Kartoffeln aus?
3. Wird durch die von Weil als Solaninbildner bezeichneten
Bakterien Solanin wirklich gebildet?
Bevor mit diesen Untersuchungen begonnen wurde, erschien es
vorerst nötig, festzustellen, ob die zur Isolierung des Solanins in Aus-
sicht genommenen Methoden seine quantitative Gewinnung gewähr-
leisteten, und ob ferner die Prüfungsmethoden zu sicheren Schlüssen
auf die Reinheit des Solanins berechtigen.
In kurzen Zügen möchte ich die beiden Verfahren, die zur Ge-
winnung des Solanins angewandt wurden, und von denen das nächst-
beschriebene von Meyer?) veröffentlicht und empfohlen worden ist,
angeben.
I) Archiv f. Hygiene 1900, 38, 330.
2) Militärärztl. Zeitschrift 1904.
M. Wintgen: Solaningehalt der Kartoffeln. 363
Die zerriebenen Kartoffeln werden abgepreßt, der Preßsaft fast
zur Trockene eingedampft, nachdem seine sauere Reaktion zuvor durch
Ammoniak abgestumpft worden ist, und ebenso wie der Preßrückstand
wiederholt mit heißem Alkohol extrahiert. Die vereinigten alkoholischen
Auszüge werden nach dem Eindampfen mit schwefelsäurehaltigem
Wasser aufgenommen und hieraus durch Ueberzättigen mit Ammoniak
das Solanin gefällt. Das abfiltrierte, gut ausgewaschene Solanin wird
von neuem in Alkohol gelöst, filtriert und in einem Schälchen nach dem
Verdunsten des Alkohols bei mäßiger Wärme zur Wägung gebracht.
Nach der zweiten Methode wurden die Kartoffeln ebenfalls zer-
rieben und abgepreßt, nur wurde der Preßrückstand mit kaltem Alkohol
der mit !/s°/, Eisessig angesäuert war, im Perkolator bis zur Er-
schöpfung extrahiert. Das Perkolat wurde nach dem Neutralisieren
mit Ammoniak mit dem alkoholischen Auszuge des eingedickten Preß-
saftes vereinigt, der Alkohol abgedampft und der Rückstand nach
Methode I weiter verarbeitet.
Die Genauigkeit beider Methoden wurde in der Weise nach-
geprüft, daß zwei Kartoffelproben von je 500 g nebeneinander ver-
arbeitet, und der einen 0,05 g Solanin zugesetzt wurden, das bei 100°
getrocknet war. Die Differenz zwischen dem gefundenen Solaningehalt
beider Proben betrug 5l mg. Ein gleich gutes Ergebnis wurde nach
der Methode II erzielt, wo nur 20 mg Solanin der einen Kartoffel-
probe beim Verarbeiten zugesetzt wurden. Auch hier betrug die
Differenz beider Bestimmungen 21 mg Solanin.
Die Versuche, die Reinheit des Solanins nicht lediglich durch
Farbreaktionen, sowie auf Grund seiner äußeren Beschaffenheit fest-
zustellen, sondern auch auf andere Weise Kriterien für die Reinheit
zu gewinnen, haben zu keinem Ergebnis geführt. Er gelang mir und
meinen Mitarbeitern weder durch Lösen des Solanins in Säure von
bekanntem Gehalt und Feststellung des Säureverbrauchs durch Rück-
titration, unter Verwendung der verschiedensten Indikatoren, eine
brauchbare Bestimmungsmethode zu erhalten, noch lieferten andere
Versuche, durch die eine quantitative Ueberführung des Solanins in
Solanidin angestrebt wurde, ein brauchbares Ergebnis. Schließlich
will ich hervorheben, daß auch die Bestimmung des Schmelzpunktes
als sicheres Kriterium für die Reinheit des Solanins nicht heran-
gezogen werden konnte, da die Angaben hierüber keineswegs über-
einstimmen und nach unseren Versuchen eine Zersetzung, ohne daß
ein scharfer Schmelzpunkt beobachtet wurde, erfolgte.
Es mußte daher genügen, das Solanin möglichst farblos zu gewinnen
und seine Identität durch eine Reihe von Farbreaktionen nachzuweisen.
Hierzu wurde Selen-, Tellur- und Aethyl-Schwefelsäure benutzt.
364 M. Wintgen: Solaningehalt der Kartoffeln.
Das Solanin wurde teils in krystallinischer, teils in amorpher
Form zur Wägung gebracht. War dasselbe etwas gefärbt, so wurde
es durch Lösen in schwefelsäurehaltigem Wasser, Ausfällen mit
Ammoniak und Aufnahme des abfiltrierten Solanins in Alkohol gereinigt.
Namentlich aus kranken Kartoffeln gelang es nicht, in allen Fällen
sofort das Solanin weiß zu erhalten. Bei diesen war das erst er-
haltene Solanin in der Rege) durch organische Zersetzungsprodukte
verunreinigt und braun gefärbt und gab die Identitätsreaktionen nur
unscharf. In schwefelsäurehaltigem Wasser löste es sich nur un-
vollkommen unter Zurücklassen eines harzigen Rückstandes, in dem
Solanidin nicht nachweisbar war. Erst nach ein- bis mehrmaliger
Reinigung in der oben geschilderten Weise wurde es gelblichweiß bis
weiß erhalten.
I. Solaningehalt in gesunden Kartoffeln.
Untersucht wurden Kartoffeln 1898er und 1899er Ernte. Neben
zwei in Berlin gehandelten Marken „Edelsteiner“ und „Rote Dabersche*,
von denen für die fortlaufenden Untersuchungen größere Mengen gekauft
wurden, verdankte das Laboratorium weitere Proben teils guter, teils
kranker Kartoffeln Herrn Prof. v. Eckenbrecher, dem Leiter der
Deutschen Kartoffelkulturstation in Berlin, dem ich auch an dieser
Stelle meinen Dank für seine Unterstützung aussprechen möchte.
In der Regel wurden !/s—1 kg Kartoffeln für die einzelnen
Untersuchungen verwendet und kamen, von einem Versuch abgesehen,
nur rohe Kartoffeln zur Prüfung. Hatten die Kartoffeln bereits Keime
getrieben, so wurden diese vor der Verarbeitung sorgfältig entfernt.
Nur in einzelnen Fällen wurden Bestimmungen in geschälten Kartoffeln
ausgeführt, dann aber stets der Gehalt der Schalen an Solanin mit-
bestimmt; denn der Solaningehalt geschälter Kartoffeln ist nicht ver-
gleichbar, da die äußeren Schichten solaninreicher sind, ein gleich-
mäßiges Schälen aber infolge der verschiedenen Gestalt und dem je
nach der Länge der Lagerzeit mehr oder weniger weit fortgeschrittenen
Schrumpfungszustande nicht durchführbar ist.
In Tabelle I sind die in guten Kartoffeln gefundenen Solanin-
mengen zusammengestellt.
„Edelsteiner“ und „Rote Dabersche“ hatten demnach bereits im
Oktober, also kurz nach der Ernte, den relativ hohen Gehalt von
83 bezw. 86 mg, Solanin. Eine Zunahme des Solaningehaltes während
der neun und elf Monate langen Lagerung wurde trotz starken Aus-
keimens nicht beobachtet. Er betrug bei „Edelsteiner“ im August 1899
73 mg gegenüber 83 mg im Oktober 1898; bei „Rote Dabersche“ 89 mg
im Juni 1899, dagegen 86 mg im Jahre vorher.
M. Wintgen: Solaningehalt der Kartoffeln. 365
Tabelle I.
Kartoffeln 1898er Ernte.
8 ARTEN PREF
> | Bezeichnung der | Zeit der 2 FR: | Aeußere Beschaffenheit EEicke
2 Kartoffelsorte | En der Kartoffeln nmsä
‘suchung [3 5*
No. e | wohne hen
1. Weiße Edelsteiner |Oktober98| 500 | gesund, Schnittfläche normal | 0,0832
2 Ion n ee | 500 desgl. 0,0888
Are: \. = Novbr. 98| 500 desgl. 0,0892
lg $ 4 500 desgl. 0,0880
ls h Anfang | 500 |etwas geschrumpft und zu | 0,0724
März 99 | keimen anfangend
6| „ > Ende 500 desgl. 0,0688
März 99
7 8 < April 99 500 | stark geschrumpft und viele | 0,0720
| Keime zeigend
IWO0, Rt Juli 99 500 |sehr stark geschrumpft mit | 0,0730
| sehr viel Keimen
ERIE- In in August 98 500 desgl. 0,0733
10, Rote Dabersche |Oktober98 500 | gesund, Schnittfläche normal | 0,0860
BET. a April 99 500 | geschrumpft, viele Keime | 0,0940
| | zeigend
12| , R Juni 99 | 500 desgl. 0,0890
13 | Richter’sImperator|| April 99 | 1000 | gesund, nur winzige Keime | 0,0228
| zeigend
14 | Prof. Oehmicher \Anf.Mai99 1000 | ohne Keime 0,0444
15 Richters Edel- | Mitte 1000 | wenige kleine Keime 0,0180
| steiner Mai 99
16 Ruhm von Haiger |EndeMai99 1000 | schwach gekeimt 0,0172
Kartoffeln 1899er Ernte.
17 | Malta-Kartoffeln Juni 99 | 500 | normal 0,0260
18 Frühkartoffeln ' Juli 99 | 500 | desgl. 0,0250
| (weiße Nieren) |
19 Prof. Orth 'Novbr. 99 | 1000 | desgl. 0,1059
20 Weiße Riesen | „ 500 | desgl. 0,0406
21| Domäne Dalem ‚Januar 00 | 750 |stark geschrumpft, schwach | 0,0620
| | gekeimt
22| Edelsteiner ‚Februar00) 500 |schwach gekeimt 0,0600
23 2 ' Anfang | 500 | gekeimt, sonst normal 0,0550
| | März U0 |
24 |Rote Dabersche Üktober99 1000 | normal 0,0935
BE a ülnE 'Dezbr. 99 | 500 | desgl. 0,0924
26 „ % ‚Januar 00 | 500 | desgl. 0,0800
27| „ & ‚Februar00| 500 | hatten gekeimt 0,0660
28 e ı März 00 | 500 desgl. 0,0900
366 M. Wintgen: Solaningehalt der Kartoffeln.
Beträchtlich weniger Solanin wurde in vier anderen Kartoffel-
sorten gefunden, die im April 1899 aus frisch geöffneten Mieten ent-
nommen waren. Diese Kartoffeln sahen sehr frisch aus, zeigten keine
oder nur sehr geringe Keimbildung und enthielten 17—44 mg Solanin. -
Aehnlicher Art waren die Untersuchungsergebnisse von Kartoffeln
der nächstfolgenden Ernte, wo Malta-Kartoffeln, eine Sorte Früh-
kartoffeln und fünf Sorten Spätkartoffeln, darunter wiederum „Edel-
steiner“ und „Rote Dabersche“, auf ihren Solaningehalt geprüft wurden.
In den Malta- und Frühkartoffeln wurde 25 und 26 mg Solanin ge-
funden, während als Maximalgehalt in der Spätkartoffel „Prof. Orth“
107 mg ermittelt wurden. Weiterhin ergaben Lagerungsversuche, die
mit der Marke „Rote Dabersche“ von Oktober 1899 bis März 1900
angestellt wurden, keine Zunahme von Solanin, obwohl Keimung der
Kartoffeln in den letzten Monaten eingetreten war. Die Befunde
waren 93 mg im Oktober und 90 mg im darauffolgenden März.
Also auch hier wiederum große Schwankungen im Solaningehalt
zwischen den einzelnen Sorten und keine Beobachtung einer Zunahme
des Solanins beim Lagern.
Il. Solaningehalt in kranken Kartoffeln.
Es hatte ursprünglich der Plan bestanden, mit Unterstützung des
inzwischen verstorbenen Herrn Geh. Reg.-Rates Prof. Frank die
Krankheitsform der betreffenden Kartoffeln festzustellen und möglichst
nur Sorten mit einheitlichen Krankheitserscheinungen auf ihren Solanin-
gehalt zu prüfen. Ferner sollten neben diesen kranken Kartoffeln
auch gesunde, welche von demselben Felde stammten, mituntersucht
werden.
Auch hierfür hatte sich unser Laboratorium der Unterstützung
der Kartoffelkulturstation zu erfreuen. Diese sandte im Frühjahr 1899
aus frisch geöffneten Mieten von vier verschiedenen Kartoffelsorten
gesunde und kranke Proben ein; ebenso erhielten wir im Herbst des-
selben Jahres mehrere frisch geerntete Proben von mehreren anderen
Sorten zugeschickt.
Eine einheitliche, auf den gleichen Erreger zurückzuführende
Krankheit lag aber, wie von Frank festgestellt wurde, weder bei den
eingemietet gewesenen, noch bei den frisch geernteten Kartoffeln vor.
Die Krankheitserscheinungen wiesen vielmehr auf Mischinfektion hin
und waren zum Teil ziemlich weit fortgeschritten. Graue Flecken
unter der Schale, wie sie mit der Vermehrung des Solaningehaltes in
ursächlichem Zusammenhang gebracht werden, wurden hin und wider
bemerkt, doch ließen sich Pilzwucherungen, wie sie Schnell beobachtete,
nicht darin feststellen. ?
M. Wintgen: Solaningehalt der Kartoffeln. 367
Bakteriologische Untersuchungen, die anfangs mit infizierten
Gewebsteilen angestellt wurden, ergaben weiterhin auf Kartoffelgelatine
ein so reiches Wachstum der verschiedensten Bakterienarten, daß es
nicht möglich erschien, sie alle zu isolieren und auf die Fähigkeit,
Solanin zu bilden, zu prüfen. Die Kartoffeln wurden daher nur
chemisch auf ihren Solaningehalt untersucht. Wie aus Tabelle II
hervorgeht, wurde bei den eingemietet gewesenen kranken Kartoffeln
der 1898er Ernte nur in einem Falle ein um 7 mg höherer Solanin-
gehalt als in gesunden Kartoffeln gefunden, bei den anderen Proben
dagegen eine Abnahme des Solaningehaltes gegenüber gesunden
Kartoffeln beobachtet.
Tabelle II.
Kartoffeln 1898er Ernte.
| I zeit der Solaningehalt
Bezeichnung der | Unt Beschaffenheit herachnat. auf
No. ' Unter-
Kartoffel der kranken Kartoffeln 1 kg
' suchung
| krank |gesund
1| Richter’sImperator | April 99 |die kranken Teile sind‘ 0,0220 | 0,0228
l teilweise zusammenge-,
schrumpft, das Parenchym
| | braunundteilweiseerweicht
2| Prof. Oehmicher Anfang [sehr stark gefault und zu- 0,0204 0,0444
Mai 99 sammengeschrumpft,weißes |
N Pilamycel unter der Schale | |
3 Richter’s Edel- Mitte Kartoffeln zeigen viele ‚0,0250 | 0,0180
' steiner | Mai 99 schwarze Stellen. Letztere |
| I sind weich, faul und nicht | |
| I tief ins Innere eindringend |
4 Ruhm von Haiger | Ende |braunschwarz, schmierig 0,0120 0,0172
| Mai 99 und stark zusammenge- |
schrumpft; fast völlig ver-
dorben
Kartoffeln 1899er Ernte.
Iaghhenener Weiße | IOeREbe, 99 | wenige graue Flecke unter |0,0636 | —
' der Schale zeigend
|
a
6 Weiße Riesen "Oktober 99| wurden als naßfaul be- I
| zeichnet
7. Rote Dabersche ‚Dezemb.99 trockenfaul, in den äußeren ‚0,0660
| | Sehichten krank | 0,0800
BR. 4 Januar 00 | wie im Dezember 100373 |
9 Weiße Kartoffeln | Januar 00 | teilweise angefault, zeigten 0,1025 0,0620
I | ' Pilzwucherungen unter der,
| | | Schale
Von Kartoffeln der 1899 er Ernte waren infolge des trockenen
Sommers nur wenig kranke Proben erhalten worden. Bei diesen
368 M. Wintgen: Solaningehalt der Kartoffeln.
Untersuchungen wurde der Solaningehalt teils in den gesunden, teils in
den kranken Kartoffeln höher gefunden. Irgendwelche sichere Schlüsse
auf einen Zusammenhang zwischen Krankheit und Solaningehalt lassen
sich hieraus jedoch nicht ziehen, da seitens der Kartoffelkulturstation-
mitgeteilt wurde, es sei infolge des seltenen Vorkommens kranker
Kartoffeln in dem betreffenden Sommer zweifelhaft, ob die gelieferten
Kartoffeln einer Sorte immer von den gleichen Feldern herrührten.
Ein Einfluß des Bodens aber erscheint nicht ausgeschlossen.
Um so wertvoller für die Beurteilung mußte daher die Unter-
suchung von Kartoffeln erscheinen, welche im Sommer 1900 aus dem
Elsaß übersendet wurden und nach einer Mitteilung Schnell’s jene
grauen Flecke besaßen, die einen höheren Solaningehalt bedingen sollen.
Die Kartoffeln stammten von der 1899er Ernte und waren teilweise
bereits angefault. Sie wurden geschält und die weichfaulen Stellen
sorgfältig ausgeschnitten. Graufleckige Stellen in noch harten Gewebs-
teilen wurden nur in einem Teil der Kartoffeln vorgefunden. Sie
saßen dicht unter der Schale und drangen in der Regel wenig tief in
das Innere ein. Von diesen Kartoffeln wurden die Schalen, die weich-
faulen Teile, die feckigen Stellen und die gesund erscheinenden Stellen
gewogen und für sich auf Solanin untersucht.
Die Ergebnisse gibt Tabelle III wieder. In den fauligen Stellen
waren nur Spuren von Solanin nachweisbar. Die graufleckigen Stellen
enthielten, auf 1 kg berechnet, 18 mg Solanin, die gesunden Teile
12 mg, während die Hauptmenge in den Schalen saß.
Tabelle II.
| 5 “83 s Solanin,
N arz28 Gefunden berechnet Aussehen
ji E22 | Solanin |auf 1 kg des Solanins
as” Substanz
faulen Stellen . . . . , 184 g| Spuren _ —
gesunden weißen Teilen. 1924 „' 0,0230 ; 0,0119 | weiß krystallinisch
grauen Flecken. . . . | 385 „ 0,0070 . 0,0182 | weiß amorph
Schalen. . . . ..... | 398 „; 0,0535 | 0,1344 | teilweise krystallinisch
der vollständigenKartoffel |2891 „ 0,0835 | 0,0289 —_
Wenn somit zwar die Angaben Schnell’s, daß die grau-
fleckigen Stellen mehr Solanin als die gesunden Teile der Kartoffel
enthielten, ihre Bestätigung fanden, so kann doch der hieraus gezogenen
Folgerung, der höhere Solaningehalt sei auf Solaninbildner zurück-
zuführen, nicht zugestimmt werden. Ich glaube ihn viel ungezwungener
auf die ungleiche Verteilung des Solanins in der Kartoffel zurück-
M. Wintgen: Solaningehalt der Kartoffeln. 369
führen zu sollen. Nach Angaben der Literatur soll etwa die Hälfte
des Solanins in den Schalen sitzen. Bei diesen Kartoffeln betrug der
Solaningehalt der Schalen sogar 64% des Gesamtgehaltes. In zwei
anderen Kartoffelproben entfielen rund 60 und 75% des Solanins auf
die Schalen. Aber auch nach deren Entfernung ist der Solaningehalt
kein gleichmäßig verteilter. Geschälte Kartoffeln, die zum zweiten
Male geschält wurden, enthielten in dieser zweiten Schale wiederum
mehr Solanin als im Kern.
Es ist somit erwiesen, daß das Solanin vornehmlich in den
peripheren Schichten sitzt und nach innen zu abnimmt.
Ill. Versuche, Solaninbildung auf künstlichem Nährboden durch Bakterien
zu erzeugen.
Wie ich bereits vorher erwähnte, hatte Schnell’s Annahme,
daß durch bakterielle Einwirkung eine Steigerung des Solaningehaltes
der Kartoffeln eintrete, durch die Arbeiten Weil’s anscheinend eine
Bestätigung erfahren. Weil hatte zwar nicht auf der lebenden
Kartoffel, wohl aber auf steriler Kartoffelbrühe durch Impfung mit
zwei von ihm aus kranken Kartoffeln isolierten Bakterien, die er
Bacterium solaniferum non colorabile und Bacterium solaniferum
colorabile genannt hatte, Solaninbildung beobachtet.
Ich gebe seine Versuchsmethodik kurz an: Kartoffeln wurden
zerrieben, mit Wasser zu einem dünnen Brei angerührt, abgepreßt und
mit soviel Wasser nachgewaschen, daß aus 500 g Kartoffeln 11 Brühe
erhalten wurde. Nach dem Absitzen der Stärke wurde die kolierte
Flüssigkeit in Literkolben abgespült und eine Stunde lang bei 120°
sterilisiert; biernach soll stets eine klare Brühe erhalten worden sein.
Die Kolben wurden sodann mit den Bakterienkulturen teilweise geimpft
und ihr Inhalt von Zeit zu Zeit nach Eindampfen der Flüssigkeit nach
der Methode von Meyer auf Solanin untersucht. Ungeimpft gebliebene
Kolben dienten als Kontrollproben. Weil hatte nach dieser Methode
in,je 6 1 Brühe, die 3 kg Kartoffeln entsprachen, und mit dem erst-
genannten Bakterium (I) geimpft waren, 41 mg, in den mit Bakterium II
geimpften 73 mg Solanin gefunden; kein Solanin dagegen in den
ungeimpft gebliebenen Kontrollproben.
Diese Bakterienkulturen ließen wir uns kommen, und haben mit
dem als dem stärkeren Solaninbildner bezeichneten Bacterium solani-
ferum colorabile in einer Reihe von Versuchen die Prüfung auf Solanin-
bildung wiederholt.
Im Gegensatz zu obigen Befunden wurde in der ungeimpften
Brühe stets Solanin gefunden und ein Unterschied im Solaningehalt
zwischen den geimpften und ungeimpft gebliebenen Nährböden nicht
Arch. d. Pharm. COXXXXIV. Bds. 5. Heft. 24
370 M. Wintgen: Solaningehalt der Kartoffeln.
festgestellt. Wohl wurde zuweilen, wie aus der Zusammenstellung in
Tabelle IV hervorgeht, in derselben Versuchsreihe ein kleiner, bis
mehrere Milligramm betragender Unterschied im Solaningehalt zwischen
den einzelnen Nährböden beobachtet, aber es fehlte jede Gesetzmäßigkeit.
Bald war in dem geimpften, bald in dem ungeimpften Kolben der
Solaningehalt etwas höher und dürften diese Unterschiede als kleine
Versuchsfehler anzusprechen sein.
Ungleich größer war die Verschiedenheit im Solaningehalt
zwischen den einzelnen Versuchsreihen, da im Laufe der sich mehrere
Monate hinziehenden Untersuchungen jedesmal frisch gekaufte Kartoffeln
verwendet wurden.
Eine Erklärung für die Ergebnisse der Weil’schen Arbeit ver-
mag ich nicht sicher zu geben. Weil scheint bei der Art seiner
Versuchsausführung von der Annahme ausgegangen zu sein, daß Solanin
in dem Preßsafte der Kartoffeln nicht vorhanden und in unlöslicher
Form in der Kartoffel enthalten ist. Dies ist jedoch unrichtig. Solanin
ist auch als reines Glykosid in Wasser nicht völlig unlöslich, in der
Kartoffel aber liegt es überhaupt nicht frei, sondern an eine organische
Säure gebunden vor, ist also infolgedessen noch löslicher. Berücksichtigt
man dann weiter, daß der Preßsaft schwach sauere Reaktion besitzt,
so ist von vornherein anzunehmen, daß Solanin darin enthalten sein
wird. Allerdings ist es nicht ausgeschlossen, daß beim Eindampfen
des Preßsaftes, sofern die sauere Reaktion nicht mit Ammoniak ab-
gestumpft wird, Zersetzungen des Solanins eintreten und in Alkohol
fast unlösliches Solanidin gebildet wird. Diesen Zusatz von Ammoniak
scheint Weil unterlassen zu haben, wenigstens berichtet er in “seiner
Arbeit hierüber nichts. Aber auch hiermit würde nur ein Teil der
Weil’schen Ergebnisse seine Erklärung finden.
Auf Grund unserer Uutersuchungsergebnisse kann eine Solanin-
bildung durch das Bacterium solaniferum colorabile als wahrscheinlich
oder gar erwiesen nicht mehr angesehen werden.
Damit fällt aber auch die weitere Folgerung, welche Weil aus
seinen Versuchsergebnissen glaubte ziehen zu sollen, nämlich, daß das
Vorkommen von Solanin lediglich auf bakterielle Ursachen zurück-
zuführen sei. Diese Annahme mußte schon mit Rücksicht darauf, daß
Solanin in einer ganzen Reihe von Vertretern einer bestimmten Pflanzen-
familie regelmäßig vorkommt, daß es bei diesen in den verschiedensten
Teilen, insbesondere in den Samen und Früchten, auftritt, daß es ferner
bei der Kartoffel gerade in der Keimzeit als intermediäres Produkt in
jungen Keimen selbst in großen Mengen vorkommt, der Gehalt hieran
bei weiterem Wachstum aber wieder zurückgeht, als mindestens gewagt
erscheinen.
37
halt der Kartoffeln.
Solaninge
M. Wintgen
| |
— - Be = = 02100 | 9220'0 duo TI ZI
sıq
— _— = — a 600 | 07200 ydweduın | +7 ‘eg
I [wos | ——|sero‘o Calorıo'o (a |gero‘o (a RR
gran ydaome | sep [man woges — [ogro'o (e ogro'o (® at1o‘o (e dad 8 Te
: ST
np egsciy(q yosturppegstag | qosıuırgs£ıy | GFT0°0 (9 |0600°0 (a |ETTO'O (a |0cT0'o (A 2 +
ydaoum ‘gp93 (w| ydıomm ‘qj03 “giom yaıpwarz|ftay, umz ‘gun 00100 (® |0010°0 (® 00100 ( 987100 (* | yduradan Lv
T0'0 yduı
yostuıppegsäuy co0g0'0 (4 |9620°0 (A a
= 1ösop grom — — 10180'0 (e [92800 ( yduod a
yosıuprgskag yosrurpeIsÄay k Y%
- gran = yorqpos — | 9920°0 - ydapsın | 42
ydıome ydaowr En | 00100 (q 8000 (cal Sr KR } R:
‘gras yarparz | “grommpurgpes | "TASap — lorro‘o (® |ooTo'0 (® | 0010'0 yduyoa a
ydıome | yosturjegskay ydıoue ydıoue m.
gramypırqpad ‘gıom ‘grommanqgas | graamprgpos | C600°0 | SIT00 | 08100 - yydumadun Sa
En q v EEE ERERReN.
aynıg I9p Junjje}sıeq AI9p ydeu Sunjfejsieq I9p ydeu ‚yduıodun dunayny
oder dep | der | oeLo [äniga)se| oder vi oder or | oieLo | °P0 %;
7 z a a j —— | yduaeg |j-Syonsıo‘
opınAa uepunJod (afgoM1ey 3 006) op moZ
saydfaA ‘suruefog sop Noyuayegasag SIsgnoy
oynıg Io] IT ne uruejog ue eyay
'OunIgle7JoJ1ey Joyydmpoßun pun 1ojydweß ur uyuejos
"AI PTIeq®eL
a:
372 M. Wintgen: Solaningehalt der Kartoffeln.
Weiter würde es auch befremden, warum so relativ selten Solanin-
vergiftungen durch Genuß von Kartoffeln beobachtet werden, da ja
alle Kartoffeln Solanin enthalten, mithin nach Weil durch die spezifischen
Erreger infiziert wären.
Ich bin mit meinen Ausführungen zu Ende und möchte die Er-
gebnisse der Arbeit in folgenden Sätzen zusammenfassen:
1. Der Solaningehalt der Kartoffeln ist bei den einzelnen Sorten
durchaus verschieden, im allgemeinen aber beträchtlich kleiner als nach
den Durchschnittszahlen in der Literatur zu erwarten wäre.
2. Eine Zunahme des Solanins bei längerem Lagern wurde auch
in gekeimten Kartoffeln, wenn die Keime sorgfältig entfernt wurden,
nicht beobachtet.
3. Ein durch Erkrankung bedingter höherer Solaningehalt gegen-
über gesunden Kartoffeln hat sich nicht sicher feststellen lassen.
4. Solaninbildung durch Bakterien auf Kartoffelnährböden nach
dem Verfahren von Weil ist nicht bestätigt worden.
Bezüglich der Frage über das Vorliegen einer Solaninvergiftung
möchte ich zum Schluß darauf hinweisen, daß die Wahrscheinlichkeit _
von Solaninvergiftungen, wie sie in früherer Zeit mehrfach beobachtet
wurden, durch die Ergebnisse dieser Arbeit in keiner Weise gestützt
werden. Die gefundenen Solaninmengen waren in keinem einzigen Falle
auch nur annähernd so groß, daß sie akute Krankheitserscheinungen,
selbst beim Genuß von 1 kg Kartoffeln, hervorzurufen vermocht hätten.
Dagegen sei erwähnt, daß Massenerkrankungen, die sicher auf den Genuß
von Kartoffeln zurückzuführen waren, in letzter Zeit mehrfach nicht
mit dem sehr gering gefundenen Solaningehalt in Zusammenhang ge-
bracht werden konnten. Neuerdings hat Dieudonne bei einer Massen-
erkrankung im Jahre 1904 als Ursache der Vergiftungserscheinungen,
welche durch Kartoffelsalat verursacht waren, Bacterium Proteus, bezw.
seine Stoffwechselprodukte festgestellt und im Anschluß hieran die
Vermutung ausgesprochen, daß auch manche früher beobachtete Massen-
erkrankungen nicht immer eine Solaninvergiftung gewesen ist:
L. Rosenthaler: Erkennung von Hydroxylgruppen. 373
Mitteilung aus dem pharmazeutischen Institut der
Universität Strassburg i. E,
Alkalische Quecksilberjodidlösung als Reagens auf
Hyäroxylgruppen.
Von L. Rosenthaler.
(Eingegangen den 15. VIII. 1906.)
Bei Versuchen, mit denen ich das Verhalten von Neßler’s
Reagens gegen einige Glykoside und Kohlenhydrate prüfte!), war mir
aufgefallen, daß auch diejenigen unter ihnen, welche alkalische Kupfer-
lösung nicht reduzierten, doch leicht durch Neßler’s Reagens an-
gegriffen wurden: Beim Erwärmen wurde letzteres sehr bald reduziert.
Zur Erklärung dieser Tatsache kamen zwei Möglichkeiten in Betracht:
1. Neßler's Reagens wirkt stärker spaltend als alkalische Kupfer-
lösang. 2. Neßler's Reagens bringt Oxydationen in den nicht
hydrolysierten Glykosiden hervor. War letzteres richtig, dann mußten
es die Hydroxylgruppen der Glykoside und Kohlenhydrate sein, die
der Oxydation unterlagen, und dann war es wahrscheinlich, daß auch
andere hydroxylhaltige Körper mit Neßler’s Reagens dieselben
Erscheinungen zeigten. Ich habe infolgedessen eine Anzahl derartiger
Körper auf ihr Verhalten gegen Neßler’s Reagens untersucht.
Die Versuche wurden so vorgenommen, daß die zu prüfenden
Körper mit Neßler’s Reagens erhitzt wurden. Nach dem Eintreten
des Siedens wurde noch 1 Minute mit dem Erhitzen fortgefahren.
Auf diese Weise wurden zunächst folgerde Körper?) untersucht:
A. Einwertige Alkohole.
1. Primäre Alkohole: Methyl- und Aethylalkohol, Aethylen-
chlorhydrin, Allyl-, Dibrompropyl-, normaler Butyl-, Isobutyl]-,
normaler Oktyl- und Oetylalkohol; ferner Benzyl- und Zimmt-
alkohol.
2. Sekundäre Alkohole: Trichlorisopropylalkohol, sek. Butyl-
alkohol, Benzhydrol und Menthol.
8. Tertiäre Alkohole: Tert. Butylalkohol, Amylenhydrat,
Dimethylphenyl- und Triphenylkarbinol.
B. Mehrwertige Alkohole: Glykol, Propylenglykol, Glyzerin,
Pentaerythrit, Mannit, Pinakon.
1) Pharm. Centralhalle 1906, S. 581.
2) Für die freundliche Ueberlassung eines großen Teils der aufgezählten
Körper bin ich Herrn Prof. Dr. Thiele sehr zu Dank verpflichtet.
374 L. Rosenthaler: Erkennung von Hydroxylgrupper.
C. Oxysäuren (mit alkoholischem Hydroxyl): Milchsäure, Wein-
stein- und Zitronensäure; Chinasäure.
D. Phenole.
1. Einwertige Phenole: Phenol, o-, m- und p-Xylenol, Guajakol,
Kreosol und Tbyinol.
2. Mehrwertige Phenole: Resorcin, Brenzkatechin, Hydrochinon,
Orein und Phloroglucin.
E. Phenolsäuren: Salicylsäure und Gallussäure.
Außerdem a-Dichlorhydrin, Milchsäure- und Trichlormilchsäure-
äthylester.
Von den meisten dieser Körper wird Neßler’sches Reagens
unter den oben geschilderten Versuchsbedingungen reduziert, und
zwar von allen Körpern mit primär- oder sekundär-
alkoholischer Hydroxylgruppe mit Ausnahme von Benz-
hydrol, Oktyl- und Cetylalkohol. Wenn man aber die drei letzten
Körper einige Stunden mit Neßler'’s Reagens am Rückflußkühler
erhitzt, so werden sie gleichfalls oxydiert, am wenigsten der
Cetylalkohol. Offenbar werden diese Körper um so schwerer an-
gegriffen, je schwerer sie in Wasser (und wässeriger Alkalilauge)
löslich sind. Bei den leichtlöslichen Alkoholen, Methyl- und Aethyl-
alkohol, Glyzerin u. a. findet die Einwirkung schon in der Kälte sehr
rasch statt.
Die Körper mit tertiär-alkoholischem Hydroxyl reduzieren
Neßler’s Reagens nicht. Tertiärer Butylalkohol und Amylenhydrat
geben unter den von mir eingehaltenen Versuchsbedingungen lediglich
gelbe Niederschläge, und auch als Amylenhydrat mit Neßler'’s Reagens
drei Stunden lang am Rückflußkühler erhitzt wurde, waren nur Spuren
von metallischem Quecksilber zu sehen.
Das Verhalten, welches die phenolische Gruppen besitzenden
Körper gegen Neßler’s Reagens zeigen, ist weniger übersichtlich als
das der Alkohole. Keine Reduktion bewirken Phenol, Salicylsäure
Guajakol, Thymol, Resorein, Phloroglucin und Orcin. Die anderen
Phenole wirken reduzierend, doch so, daß bei den Xylenolen und ganz
besonders bei der o- und p-Verbindung die Reduktion nur äußerst
schwach und auch bei Kreosol nicht sehr bedeutend ist, während
Hydrochinon, Brenzkatechin und Gallussäure stark reduzierend wirken.
(Brenzkatechin gibt in der Kälte zunächst mit Neßler’s Reagens
eine starke Grünfärbung.)
Aehnlich wie Neßler’s Reagens verhält sich auch eine andere
alkalische Quecksilberjodidlösung, die Sachsse’sche Flüssigkeit, nicht
dagegen die nach Knapp genannte alkalische Quecksilbereyanidlösung.
Man kann zwar auch mit ihr alkoholische Körper oxydieren, aber ihre
A. Pictet: Alkaloide des Tabaks. 375
Einwirkung ist eine viel weniger energische, und man kann sie z. B.
mit Aethylalkohol lange am Rückflußkühler erhitzen, ohne mehr als
ganz schwache Ausscheidungen von (uecksilber zu erhalten.
Was aus allen diesen Körpern unter dem Einfluß der alkalischen
Quecksilberjodidlösungen wird, bedarf noch weiterer Untersuchung.
Die primären Alkohole werden wohl zunächst zu Aldehyden oxydiert
werden, die dann durch das Alkali weiter verändert werden; dagegen
dürfte es möglich sein, Ketone aus sekundären Alkoholen mit Hilfe
von Neßler'’s Reagens zu gewinnen, da dieses durch einige Ketone,
z.B. Aceton, Diäthyl- und Methyläthylketon, wenigstens beim Reagens-
glasversuch, nicht reduziert wird!). Jedenfalls läßt sich das Neßler’sche
Reagens zur Prüfung auf primär- und sekundär-alkoholische Hydroxyl-
gruppen anwenden und zur Unterscheidung dieser von tertiären.
Handelt es sich um einen Oxyaldehyd, dessen Aldehydgruppe ja
gleichfalls auf Neßler’s Reagens reduzierend wirkt, so muß diese,
ehe man auf Alkoholgruppen prüft, aut bekannte Weise oxydiert werden.
Als weitere Nutzanwendungen aus den beschriebenen Reaktionen
kommen in Betracht: die Prüfung des Amylenhydrats auf Gärungs-
amylalkohol und die der Zitronensäure auf Weinsteinsäure. Ferner
mahnt das Verhalten alkalischer Quecksilberjodidlösungen gegen
hydroxylhaltige Körper zur Vorsicht bei ihrer Verwendung zum
Nachweis und zur Bestimmung des Zuckers in der Harnanalyse.
Untersuchungen über die Alkaloide des Tabaks.
Von Ame Pictet.
Bei Betrachtung der zahlreichen Arbeiten, deren Gegenstand der
Tabak gewesen ist, möchte es scheinen, daß seine chemische Zusammen-
setzung jetzt bis in die kleinsten Details bekannt sein müßte. Indessen
ist dies durchaus nicht der Fall. Zwar besitzen wir zur Genüge genaue
Angaben über die mineralischen Bestandteile und die in dem Tabak
enthaltenen organischen Säuren, sowie über das hauptsächliche Alkaloid
desselben, das Nikotin, wogegen wir über die sonstigen basischen
Bestandteile sehr wenig wissen. Ueber die in dem Tabak enthaltenen
Harze, Terpene oder Kampfer, denen zwar keine physiologische Wirkung
zukommt, auf die jedoch das Aroma zum Teil zurückzuführen ist, ist
1) Auch auf doppelte Bindung ist, wie aus dem Verhalten gegen Zimmt-
säure zu entnehmen, Neßler’s Reagens ohne Einfluß.
376 A. Pictet: Alkaloide des Tabaks.
fast nichts bekannt. Weiter sind wir noch nicht genau orientiert über
die Veränderungen, denen diese verschiedenen Substanzen bei der Ver-
brennung des Tabaks unterliegen, sowie über die Produkte, welche
hierbei einen guten oder schlechten Einfluß auf den Raucher ausüben.
Ueber alle diese Punkte haben die bisher ausgeführten Untersuchungen
nur unvollständige und sich häufig widersprechende Resultate geliefert.
Die Ursache hiervon liegt zunächst in dem Umstande, daß die aus
dem Tabak isolierten Substanzen meistens flüssig oder nicht krystalli-
sierbar sind, und weiter auch darin, daß sich dieselben an der Luft
leicht oxydieren, infolgedessen verharzen und Eigenschaften annehmen,
die die weitere Untersuchung sehr erschweren.
Die Widersprüche, welche über die Natur und Beschaffenheit
der Tabakbestandteile obwalten, werden nach meiner Ansicht auch
dadurch bedingt, daß die Zusammensetzung des Tabaks von einer Art
zur anderen eine viel wechselndere ist, als man denkt, einer Tatsache,
welche viele Autoren vernachlässigt haben Rechnung zu tragen.
Ich habe leider keine neuen Mitteilungen über die neutralen oder
saueren Bestandteile des Tabaks zu machen. Ich werde mich daher
nur an die Alkaloide desselben halten, welche mich von verschiedenen
Gesichtspunkten aus in den. letzten Jahren beschäftigt haben. Die
Resultate, zu denen ich hierbei gelangt bin, sind bisher nur in frag-
mentarischer Gestalt veröffentlicht worden; sie finden sich dem Maße,
wie dieselben erhalten wurden, zerstreut in verschiedenen Zeitschriften).
Als Ganzes, vervollständigt durch einige bisher nicht veröffentlichte
Beobachtungen, habe ich diese Untersuchungen zum ersten Male in
einem Vortrage dargelegt, welchen ich am 2. Juni in der chemischen
Gesellschaft zu Paris gehalten habe, dessen Inhalt im nachstehenden
zur Kenntnis der Leser dieser Zeitschrift gebracht werden soll.
Das Nikotin, welches bereits im Jahre 1809 von Vauquelin
beobachtet und 20 Jahre später von Posselt und Reimann isoliert
wurde, hat lange Zeit als das einzige Alkaloid des Tabaks gegolten.
Es war dies eine bemerkenswerte Tatsache, da die Pflanzen, welche
Alkaloide produzieren, im allgemeinen mehrere Alkaloide erzeugen,
die häufig infolge ihrer Aehnlichkeit in den chemischen Eigenschaften
nur schwierig von einander zu trennen sind. Heute wissen wir jedoch,
daß der Tabak in dieser Beziehung keine Ausnahme von der Regel
macht, da derselbe, im Einklang mit anderen Vegetabilien, neben dem
1) Compt. rend. 132, 971; 137, 860. — Arch. des Sc. phys. et nat.
(4. periode) 4, 313; 5, 113; 7, 15; 12, 209; 17, 401; 19, 429. — D. chem. Ges.
28, 1904; 30, 2118; 31, 2018; 33, 2353 u. 2355; 34, 696; 37, 1225 u. 2792;
38, 1946 u. 1951.
A. Pictet: Alkaloide des Tabak. 377
Nikotin noch eine ganze Reihe von anderen organischen Basen, wenn
auch nur in relativ kleiner Menge enthält.
Den ersten Anhalt, welcher uns in dieser Richtung geliefert
wurde, verdanken wir Etard, der in einem, dem Nikotin in dem
Wurtz’schen Diktionär gewidmeten Artikel auf die Tatsache hinweist,
daß bei der Destillation des Rohnikotins gegen Ende des Versuchs
stets eine Erhöhung der Temperatur zu konstatieren ist, die die Gegen-
wart eines anderen Alkaloids in dem Tabak anzuzeigen scheint.
Ein ‘wenig später hat A. Gautier!) angezeigt, daß er aus dem
Tabak von Lot mehrerer Alkaloide isoliert habe, von denen die einen
sauerstoffhaltig, die anderen sauerstofifrei waren, und zwar unter
letzteren eine Base, der die Formel eines Homologen des Nikotins
zukam. Jedoch sah Gautier sich auf diese eine Mitteilung beschränkt;
es ist sehr bedauerlich, daß er, wenigstens soweit meine Kenntnis
reicht, seine Erfahrungen nicht weiter verfolgt hat. Ich habe mich
für berechtigt gehalten, dieselben wieder aufzunehmen. Da ich für
meine Arbeiten eine sehr große Menge von Nikotin darzustellen hatte,
so habe ich diese Gelegenheit benutzt, um die Nebenprodukte dieser
Darstellung einer Prüfung zu unterwerfen und die darin enthaltenen
Nebenalkaloide aufzusuchen. Den größten Teil dieser Untersuchungen
habe ich gemeinsam mit Herrn A. Rotschy ausgeführt, beendet habe
ich dieselben neuerdings mit Herrn G. Court.
Das Ausgangsmaterial, dessen wir uns für diese Arbeiten be-
dienten, war nicht der Tabak selbst. Wir haben uns einen Teil der
Extraktionsarbeit dadurch erspart, daß wir den konzentrierten Saft
der Zigarrenfabrik von Ormond in Vevey benutzten. Diese Säfte
werden dadurch erhalten, daß man trockene Tabakblätter (in diesem
besonderen Falle aus Kentucky stammend) sehr kurze Zeit in lau-
warmem Wasser mazerieren läßt und den Auszug dann im Vakuum
bis zu 40° B. eindampft. Dieses Extrakt enthält ungefähr 10% Nikotin.
Wir isolierten dasselbe durch ein sehr einfaches Verfahren, indem wir
es durch Zusatz von Soda frei machten und dann durch Wasserdämpfe
abdestillierten.
Bei der Aufsuchung der Nebenalkaloide haben wir unser
Augenmerk einesteils auf das so erhaltene Rohnikotin gerichtet,
anderenteils aber auch auf die alkalische, als Rückstand verbleibende
Flüssigkeit. Indem wir letztere mit Aether auszogen, konnten wir
daraus zwei Basen isolieren, welche wir weiter durch fraktionierte
Destillation trennten. Von diesen Basen ist die erste flüssig und
besitzt die Zusammensetzung CjoHı1aNs, enthält also zwei Atome
1) Compt. rend. 115, 993; Bull. de la soc. chim. 7, 468.
378 A. Pictet: Alkaloide des Tabaks.
Wasserstoff weniger als das Nikotin; wir bezeichneten dieselbe als
Nikotein; die zweite fest, entsprechend der Formel CjoHsNs>,
Nikotellin genannt.
Bei der Rektifikation des Rohnikotins konnten wir zwei Neben-
fraktionen isolieren, von denen die eine schon unter 100°, die andere
etwas höher als das Nikotin überging. Die erste dieser Fraktionen
enthält eine Base der Formel O,H,N, die zweite ein Isomeres des
Nikotins, welchem wir den Namen Nikotimin gegeben haben.
Die Menge, in welcher diese vier neuen Alkaloide sich in dem
Tabaksafte finden, ist eine geringe; auf je 100 g Nikotin haben wir
ungefähr erhalten:
Nikotein;.. (ya Tegin ek
Nikotimin;:;, yuo «in men.
Base :C4HsN.- ur. Sun O2
Nikotellin 45.505 4.144/0. Dokus
Das Gesamtgewicht der Nebenalkaloide überstieg in dem Tabak-
safte, welchen wir untersuchten, nicht 3% von dem Gewicht des Nikotins.
Ich habe jedoch den Eindruck gewonnen, daß die Zahl der
Alkaloide des Tabaks keineswegs durch diese ersten Untersuchungen
erschöpft ist. Nicht allein der Tabak von Kentucky scheint mir noch
gewisse Basen zu enthalten, welche dem von uns angewendeten
Extraktionsverfahren entgangen sind, sondern ich glaube auch, daß
man noch andere Alkaloide entdecken wird, wenn man sich nicht an
eine einzige Art des Tabaks hält, vielmehr die verschiedenen
Varietäten desselben mit berücksichtigt. Zu dieser Kategorie von
Basen dürften ohne Zweifel die Alkaloide gehören, welche Gautier
aus französischem Tabak erhalten hat. Letztere Untersuchung könnte
jedoch nur dann vun Erfolg und Nutzen sein, wenn dieselbe im großen
und mit umfangreicheren Hilfsmitteln zur Ausführung gelangte, als
die sind, welche im Laboratorium zur Verfügung stehen. Dieselbe
würde z. B. leicht zu realisieren sein, wenn jemals das Nikotin oder
eines seiner Derivate eine therapeutische Anwendung finden sollte,
die seine Extraktion durch ein industrielles Verfahren erforderlich machte.
Von Eigenschaften der Tabakalkaloide sind die des Nikotins
in physikalischer und physiologischer Beziehung so bekannt, daß ich
mich auf das beschränke, was auf seine chemische Konstitution
Bezug hat.
Konstitution des Nikotins.
Aus den zahlreichen Arbeiten, welche ausgeführt sind, um die
Konstitution des Nikonitins festzustellen, scheinen mir drei Haupt-
resultate hervorgegangen zu sein, welche fast allein genügen, um
A. Pictet: Alkaloide des Tabaks. 379
dieses Problem zu lösen. Wie in vielen ähnlichen Fällen ist es die
Oxydation, welche dieselben geliefert hat:
1. Oxydation mit Chromsäure (Huber)');
2. Oxydation durch Ferricyankalium (Cahours und Etard)?);
3. Oxydation durch die successive Einwirkung von Brom und
Barytwasser (Pinner)?).
Bei der Behandlung des Nikotins mit Chromsäure erhielt Huber
im Jahre 1867 eine Säure der Formel C;H;NOs, welche er Nikotin-
säure nannte, und welche später von Hoogewerff und van Dorp®)
als Pyridin-B-Karbonsäure erkannt wurde:
CH
HC ID C.C0-0H
Be
Aus diesen Beobachtungen folgt, daß das Nikotin ein Derivat
des Pyridins ist, in welchem ein Atom Wasserstoff durch das Radikal
C;H;oN ersetzt ist: CH
HOT. C-C;HjoN
HOl_ n CH
Dieses Radikal hat die Zusammensetzung des Piperidins; man
betrachtete das Nikotin daher ziemlich allgemein als ein Piperidyl-
Pyridin oder als ein hexahydrogenisiertes Dipyridyl. Unter den drei
theoretisch möglichen Formeln gab man aus verschiedenen Gründen
der folgenden den Vorzug:
a |
Be 0-80 2 CHa
u
Die weniger energische Oxydation mit Ferricyankalium bewirkt
nur eine Abspaltung von vier Atomen Wasserstoff aus dem Nikotin,
unter Bildung einer Base CjoHıoNa, welche Cahours und Etard als
ein dihydrogenisiertes Dipyridyl betrachteten und als Isodipyridin
bezeichneten, zum Unterschied mit dem damit isomeren Dipydrin,
welches Anderson beim Erhitzen von Pyridin mit Natrium erhalten
1) Ann. d. Chem. 141, 271.
2) Bull. de la soc. chim. 34, 452.
8) Ber. d. d. chem. Ges. 26, 292.
4) Rec. des Pays-Bas 1, 1 und 107.
Dt A
380 A. Pictet: Alkaloide des Tabaks.
hatte. Das Isodipyridin unterscheidet sich merkwürdigerweise von
dem Nikotin durch seine optische Inaktivität und durch seinen
Charakter als einsäurige Base. Der Verlust von vier Atomen Wasser-
stoff hebt somit die Asymetrie eines Kohlenstoffatomes und die
Basizität eines Stickstoffatomes auf.
Bei der Oxydation des Nikotins mit Brom- und Barytwasser
gelangte Pinner zu einem nicht minder interessanten Resultate.
Hierbei erfolgte eine Spaltung des Nikotinmoleküls in drei Teile, unter
Bildung von Nikotinsäure, Malonsäure und Methylamin. Hieraus: kanı
man schließen, daß von den fünf Kohlenstoffatomen der Gruppe C;HjoN
vier durch eine normale Kette zu einem Pyrrolkern vereinigt sind,
während das fünfte Kohlenstoffatom als Methylgruppe an das Stickstoff-
atom gebunden ist. Diese Tatsache, welche die Möglichkeit des
Vorhandenseins eines Piperidinkerns in dem Molekül des Nikotins aus-
schließt, veranlaßte Pinner die folgende Formel für dieses Alkaloid
vorzuschlagen, in welcher das Piperidinradikal durch das des N-Methyl-
pyrrolidins ersetzt ist: e CHz. | CH,
HC -T>c-——-cHQ [CH
| N: CH;z
no on
Diese neue Interpretation steht mit der Mehrzahl der beobachteten
Tatsachen im Einklang; sie bringt besonders die optische Inaktivität
und den einbasischen Charakter des Isodipyridins zum Ausdruck, indem
letzteres hiernach als eier BR All ae anzusprechen ist:
CH
2 | (a
HC. il la
Es; a CH,
HC\___CH
N
Auf Grund dieses Schlusses schlug Blau!) vor, den Namen Iso-
dipyridin durch Nikotyrin zu ersetzen.
. Die von Pinner dem Nikotin zuerteilte Formel ist zwar sehr
wahrscheinlich, aber sie war noch nicht absolut sicher bewiesen. Dieselbe
wurde daher noch ziemlich lebhaft diskutiert. Besonders machten
Etard und Blau ernste Einwendungen und erwarteten die GSRRIKNS
Bewahrheitung erst durch die Erfahrung.
Dies geschah, als ich mich anschickte, auf dem Wege der Synthese
zu einer Entscheidung dieser Frage zu gelangen. Es erschien auf den
ersten Blick nicht schwierig, die durch die Pinner’sche Formel ver-
1) Ber. d. chem. Ges. 27, 2536.
A. Pictet: Alkaloide des Tabaks. 381
anschaulichte Atomgruppierung künstlich zu reproduzieren und durch
das dabei erzielte Resultat die Frage zu lösen.
Ich muß heute bekennen, daß das Unternehmen, welchem ich mich
gewidmet habe, sich als viel schwieriger herausgestellt hat, als ich er-
wartete. Abgebrochen und mehrfach wieder aufgenommen, hat mich
dasselbe acht Jahre lang beschäftigt, und wenn ich diese Untersuchungen
zu einem guten Abschluß bringen konnte, so ist dies der intelligenten
und ausdauernden Hilfe meiner beiden ausgezeichneten Mitarbeiter,
Herrn Pierre Cr&pieux und Herrn Arnold Rotschy zu verdanken.
Es liegt nicht in meiner Absicht an dieser Stelle alle die successiven
Operationen dieser langen Synthese darzulegen oder die hierzu er-
forderlichen 14 Zwischenprodukte zu beschreiben. Ich möchte nur in
großen Zügen die Ideen, welche uns geleitet haben, hier erörtern.
Synthese des Nikotins.
Unsere Arbeit ist in drei Teile zerfallen:
1. Die Synthese des Nikotyrins,
2. die Umwandlung des Nikotyrins in inaktives Nikotin durch
Reduktion,
3. die Spaltung des inaktiven Nikotins.
Der erste Teil dieser Arbeit ist unter Mitwirkung von Herrn
Cre&pieux, der dritte Teil unter der von Herrn Rotschy erledigt
worden.
Um die Synthese des Nikotyrins zu realisieren, handelt es sich
' nicht allein um die Einfügung eines Pyridinkerns in einen Pyrrolkern,
sondern auch um die Einfügung an der gewünschten Stelle, d. h., daß
sich der Anlagerungspunkt im Pyridinkern in der ß-Stellung, in dem
Pyrrolkern in der a-Stellung befand. Die erste dieser Bedingungen
konnte dadurch erfüllt werden, daß wir als Ausgangsmaterial ein
B-Derivat des Pyridins wählten, und zwar die Nikotinsäure. Zur
Realisierung der zweiten Bedingung haben wir eine Beobachtung von
Ciamician und Magnaghi!') verwertet. Diese Forscher haben
gezeigt, daß beim Erhitzen des N-Acetyl-Pyrrols auf 280° eine
molekulare Umlagerung eintritt, indem die Acetylgruppe sich von dem
Stickstoffatom loslöst, um an dem benachbarten Kohlenstoffatom ein-
zutreten: pe PSsCH HC———7CH
| | I
HC DJ CH Bol | C-C0—CHz
N-C0O—CH; NH
Wir haben unsererseits gefunden, daß die Radikale Methyl, Phenyl,
Naphthyl etc. unter den gleichen Bedingungen einer ganz ähnlichen
ı) Ber. d. chem. Ges. 18, 1828.
382 A. Pictet: Alkaloide des Tabaks.
Wanderung fähig sind. Wir konnten daher hoffen, daß das Gleiche
auch bei dem Radikal Pyridyl der Fall sein würde, eine Reaktion,
welche gestatten würde ausgehend von dem N-Pyridyl-Pyrrol (I) zu
dem «a-Pyridyl-Pyrrol (II) zu gelangen.
HC
CH HC — CH
cH HC ch 2a Br:
HC I Igk 08
L. no Se N 1. tr
HC.
HC! __!cH a
N
Wir haben den ersten dieser Stoffe dadurch dargestellt, daß wir
die Nikotinsäure (I) mit Hilfe der Hofmann'’schen Reaktion in
8-Amidopyridin (II) verwandelten:
CH CH
HC c.c0-0H HC c.NHs
I. | 11.
HC\___CH HC\__- Be:
N N
und dieses mit Schleimsäure, entsprechend dem allgemeinen Verfahren
zur Darstellung von Pyrro! nach Schwanert!) der Destillation uater-
warfen (A).
Nachdem wir diese Verbindung erhalten hatten, haben wir
dieselbe durch ein bis zur schwachen Rotglut erhitztes Glasrohr
destilliert. Hierbei konstatierten wir die fast vollständige Umlagerung
(B) zu einem Isomeren, welches unter anderem dadurch charakterisiert
war, daß es ein Kalium:alz lieferte, das nach Analogie nur ein Salz
des a-Pyridyl-Pyrrols sein konnte:
CcO-OH
CH-OH HC_CH
a | 5450 Es er
HC-”Sc.NH, CH-OH r En
A. + | = 2 C 2 = I \
HC\__'CH CH-OH HOW: ner SeH
N | N
CH-OH
|
C0-0H
B-Amidopyridin. Schleimsäure. N-Pyridyl-Pyrrol.
H HC—— CH
Me.
3 BO cn | + HC a
HC S CH HC CH HC. A CH
N-Pyridyl-Pyrrol. a-Pyridyl-Pyrrol.
1) Ann. d. Chem. 116, 278.
A. Pictet: Alkaloide des Tabaks, 383
Betrachtet man die Formel des a-Pyridyl-Pyrrols, so findet man,
daß sie sich von der des Nikotyrins nur durch das Vorhandensein der
Gruppe NH an Stelle der Gruppe N-COH, unterscheidet. Es blieb
daher nur noch übrig diese Base, zur Umwandlung in Nikotyrin, am
Stickstoffatom des Pyrrolkerns zu methylieren, was durch Einwirkung
von Jodmethyl auf das Kaliumsalz derselben realisiert wurde.
Zur Umwandlung des Nikotyrins in Nikotin bedurfte es weiter
der Addition von vier Atomen Wasserstoff am Pyrrolkern, und zwar
derartig, daß der Pyridinkern nicht gleichzeitig angegriffen wurde.
Diese Reduktion der einen Hälfte des Nikotyrinmoleküls bot einige
Schwierigkeiten; dieselbe gelang, indem ich zunächst ein Atom Halogen
in dasselbe einführte. Dieses Halogenatom tritt in den Pyrrolkern ein
und macht denselben leichter zugänglich für die Reduktion, und zwar
derartig, daß bei der Einwirkung von Zinn und Salzsäure nur der
Pyrrolkern allein angegriffen wird. Man erhält indessen dabei nicht
direkt ein Tetrahydroprodukt, welches das Nikotin darstellen würde,
vielmehr werden nur zwei Atome Wasserstoff addiert unter Bildung
einer Base der Formel CjoHıaNa: Dihydronikotyrin.
Um die Reduktion zu beenden, muß die Operation wiederholt
werden, indem das Dihydronikotyrin zunächst abermals mit Brom be-
handelt und dann von neuem mit Zinn und Salzsäure reduziert wird.
Das auf diese Weise schließlich erhaltene Produkt besitzt die Zusammen-
setzung und alle Eigenschaften des naturellen Nikotins, mit einziger
Ausnahme des optischen Drehungsvermögens. Dasselbe stellt das
optisch inaktive Nikotin dar, sodaß um die Synthese zu vollenden
noch übrig blieb, diese Base in ihre beiden optischen Modifikationen
zu zerlegen.
Dieser letzte Teil unserer Arbeit erforderte, als der nicht am
wenigsten delikate, eine genügend große Menge von Substanz, deren
Herstellung auf dem beschriebenen Wege der Synthese zu lange Zeit
in Anspruch genommen haben würde. Wir waren daher gezwungen,
einen vorteilhafteren Weg zur Erlangung des inaktiven Nikotins aus-
findig zu machen.
Herr Rotschy und ich fanden, daß, wenn man eine wässerige
Lösung des Hydrochlorids oder besser noch des Sulfats des naturellen
Nikotins etwa 40 Stunden lang auf 200° erhitzt, die optische Aktivität
vollständig verloren geht. Die Base, welche wir auf diese Weise er-
hielten, erwies sich in jeder Beziehung als identisch mit dem synthetisch
dargestellter, optisch inaktiven Nikotin. Wir haben dieselbe daher
benutzt für unsere weiteren Spaltungsversuche.
Das Verfahren, welches wir hierzu nach einigen Vorversuchen
anwendeten, war dasselbe, das von Ladenburg zur Spaltung des
384 A. Pictet: Alkaloide des Tabaks.
synthetisch dargestellten Coniins benutzt wurde, die fraktionierte
Krystallisation der Bitartrate. Mischt man das inaktive Nikotin mit
einer sehr konzentrierten wässerigen Lösung von Rechts-Weinsäure
im Verhältnis von einem Molekül der Base mit zwei Molekülen der.
Säure und überläßt die Mischung sich selbst, so scheiden sich bald
Krystalle aus. Dieselben wurden durch wiederholte Krystallisation
aus Wasser gereinigt, und zwar so lange, bis ihr Schmelzpunkt und
ihr Drehungsvermögen konstant waren. Die Krystalle sind dextrogyr;
sie bestehen aus dem Rechts-Bitartrat des Links-Nikotins. Bei der
Zerlegung durch ein Alkali lieferten sie eine linksdrehende Base,
welche ein Drehungsvermögen besitzt, das sich dem des naturellen
Nikotins außerordentlich nähert: — 161° anstatt — 166°. Die voll-
ständige Synthese des Nikotins war hiermit realisiert,
unter Bestätigung der Formel, die demselben von Pinner zuerteilt
worden war.
Wir haben diese Gelegenheit benutzt, um auch das Rechts-
Nikotin darzustellen. Dasselbe mußte sich in der wässerigen Mutter-
lauge des Bitartrats der Links-Base vorfinden. Wir haben indessen
daraus kein krystallisierbares Salz abscheiden können; die Base, welche
wir auf Zusatz von Alkali daraus erhielten, war nur schwach rechts-
drehend. Es ist uns jedoch gelungen das gesteckte Ziel unter An-
wendung eines Verfahrens zu erreichen, welches von Marckwald!)
in einem ähnlichen Falle benutzt worden war. Indem wir diese schwach
rechtsdrehende Base mit Links-Weinsäure verbanden, erhielten wir
ein Links-Bitartrat des Rechts-Nikotins, welches absolut in allen seinen
Eigenschaften dem zuerst gewonnenen Bitartrat glich, auch das gleiche
Drehungsvermögen besaß, nur im entgegengesetzten Sinne. Bei der
Zerlegung dieses Salzes durch ein Alkali resultierte Rechts-Nikotin
mit einem Drehungsvermögen von + 163°,
Es war interessant, diese neue Base vom physiologischen Gesichts-
punkte aus einer Prüfung zu unterziehen, da man bisher nur eine sehr
. geringe Zahl von Angaben findet über die Wirkung, welche die ver-
schiedenen optischen Modifikationen ein und derselben Substanz auf
den tierischen Organismus ausüben. Chabrie*) hat beobachtet, daß
die Links-Weinsäure nahezu zweimal so stark toxisch für das Meer-
schweinchen ist, als die Rechts-Weinsäure. Piutti®) hat eine
Differenz in dem Geschmack des Rechts- und des Links-Asparagins
bemerkt. Ein ähnliches Faktum ist von Menozzi und Appiani?)
1) Ber. d. chem. Ges. 29, 43.
2) Compt. rend. 116, 1410.
8) Gazz. chim. ital. 17, 126 u. 182.
4) Acc. dei Lincei 1893 (2), 421.
A. Pictet: Alkaloide des Tabaks. 385
für die beiden Formen der Glutaminsäure konstatiert. Ganz neuer-
dings hat endlich Cushny°) von dem gleichen Gesichtspunkte aus
die beiden optischen Modifikationen des Hyoscyamins und deren Racem-
form, das Atropin, studiert. Cushny fand dabei erhebliche Unter-
schiede in der physiologischen Wirkung, und zwar stand die des
Atropins in der Mitte von den beiden anderen Basen, dem + und —
Hyoscyamin.
Die vergleichende Prüfung der beiden optisch aktiven Nikotine,
welche von Herrn Professor Mayor in Genf ausgeführt wurde, hat
am Meerschweinchen und am Kaninchen in gleicher Weise sehr
bemerkenswerte Verschiedenheiten in der Wirkung ergeben, und zwar
nicht allein in der Giftigkeit (das Rechts-Nikotin ist ungefähr zweimal
weniger giftig als das Links-Nikotin), sondern auch in den bei der
Einspritzung hervorgerufenen Symptomen. Die Details dieser Unter-
suchungen sind an anderer Stelle veröffentlicht®). Dieselben bestätigen,
das was bereits bekannt war, und zeigen, daß in gleicher Weise sich
die niederen Organismen und gewisse Zellen der höheren Tiere ver-
schieden verhalten gegen die stereochemischen Isomeren derselben Ver-
bindung.
Nikotein: C,oHıaNa>.
Das Nikotein ist ebenso wie das Nikotin eine farblose, stark
alkalische Flüssigkeit, die sich in jedem Verhältnis mit Wasser mischt
und bei — 30° in einer Mischung von fester Kohlensäure und Aether
noch nicht fest wird. Das Nikotein unterscheidet sich indessen von
dem Nikotin durch seinen Siedepunkt, welcher 20° höher liegt (266 bis
267°), durch sein höheres spez. Gew. (1,077 bei 12°), durch seinen
Geruch, welcher an den der Petersilie erinnert, und endlich durch sein
Drehungsvermögen, welches ungefähr viermal schwächer ist (— 46°
bei 17°). Während die Salze des Nikotins den polarisierten Licht-
strahl nach rechts ablenken, sind die des Nikoteins, ebenso wie die
Base selbst, linksdrehend.
Was die Konstitution des Nikoteins anbetrifftt, so haben die
ersten Beobachtungen, die ich mit Herrn Rotschy machte, ergeben,
daß es, ebenso wie das Nikotin, einen Pyridinkern und einen Pyrrol-
kern enthält. Die beiden Alkaloide dürften somit einander sehr nahe
stehen. Da das Nikotein in schwefelsaurer Lösung Kaliumpermanganat
sofort entfärbt, was bei dem Nikotin nicht der Fall ist, so glaubten
wir, daß dasselbe ein Nikotin sein könnte, dessen Pyrrolkern nicht
vollständig reduziert ist.
5) Journ. of Physiol. 30, 176.
6) Archives des sc. phys. et nat. 17, 418.
Arch. d. Pharm. OCOXXXXIV. Bds. 5. Heft. 25
1
386 A. Pictet: Alkaloide des Tabaks.
Wenn in der Tat zwischen dem Nikotein und dem Nikotin die
angegebene Beziehung obwaltete, so müßten beide Basen bei mäßiger
Oxydation dasselbe Nikotyrin liefern. Zur Prüfung dieses Verhaltens
habe ich die wässerige Lösung des Nikoteins mit Silberoxyd erhitzt.
Ich war dabei überrascht, daß selbst nach mehrstündigem Erhitzen
die Bildung eines Silberspiegels nicht eintrat, während dies bei dem
Nikotin bereits nach wenigen Augenblicken der Fall ist. Es hatte
sich somit keine Oxydation vollzogen. Indessen war eine Veränderung
des Nikoteins eingetreten. Als ich die wässerige, von dem Silberoxyd
abfiltrierte Lösung einer Prüfung unterzog, fand ich nicht mehr das
Nikotein, sondern eine andere Base vor, die ich mit dem Dihydro-
nikotyrin identifizieren konnte, welches ich als erstes Reduktions-
produkt des Nikotyrins erhalten hatte. Es war somit unter dem
Einfluß des Silberoxyds, welches vermutlich ähnlich wie ein Alkali
gewirkt hatte, eine Isomerisation des Nikoteins eingetreten. Diese
Isomerisation erfolgt durch die Verschiebung einer doppelten Bindung;
sie ist analog z. B. der Umwandlung des Eugenols in das Isoeugeno|.
Theoretisch existieren drei Isomere der Formel Co Hıa Na, welche
entstehen, wenn zwei Atome Wasserstoff aus dem Pyrrolkern des
Nikotins austreten:
on #078 Beh er
Ho 7 —C Pe IE HC f q c——HC \ er Ei
HO\__-CH "21 aov. HOAN2IM GB di
A II. 42
CH HC DR 2] CH
HC Mi "> c— HC = Er an
Ho! __IcH | ar
oma
In meiner ersten Mitteilung über das Nikotein glaubte ich dieser
Base die Formel III zuerteilen zu sollen, die Formel I für das syn-
thetisch dargestellte Dihydronikotyrin vorbehaltend.. Bei näherer
Prüfung der Frage habe ich jedoch meine Meinung über diesen Punkt
geändert. Es ist bekannt, daß die Reduktion der Gruppe
— CH=CH—CH=CH—
immer die Gruppe —CH3s— CH=CH—CHs— liefert.
Nun aber existiert die erste dieser Gruppen in dem Nikotyrin.
Die Hydrogenisation dieser Base dürfte daher eine Verbindung von
der Formel III liefern. Dies würde infolgedessen diejenige sein, welche
dem Dihydronikotyrin zukommt. Dem Nikotein des Tabaks ist somit
A. Pictet: Alkaloide des Tabaks. 387
eine der beiden anderen Formeln zuzuerteilen. Die einzig mögliche
Formel, welche der optischen Aktivität des Alkaloids Rechnung trägt,
ist jedoch die Formel II, welche ein asymetrisches Kohlenstoffatom
enihält. Die Isomerisation des Nikoteins erfolgt unter dem Einfluß
des Silberoxyds daher dadurch, daß die Form A? in die Form 4® übergeht.
Diese Unbeständigkeit des Nikoteins bedingt, daß man dasselbe
weder durch Oxydation des Nikotins, noch durch Reduktion des
Nikotyrins erhalten kann, ebenso ist dieselbe ein ernstes Hindernis
für die synthetische Darstellung dieser Base.
Die physiologischen Eigenschaften des Nikoteins sind von Herrn
Dr. Veyrassat!) zum Gegenstande einiger Untersuchungen gemacht
worden. Aus denselben geht hervor, daß das Nikotein sich in seiner
Wirkung auf den Organismus sehr dem Nikotin nähert. Es unter-
scheidet sich jedoch durch die Giftigkeit, welche ein wenig stärker
ist, und durch einige sekundäre Symptome, wie das Fehlen des Phänomens
der Zusammenziehung und des Erkalten der Extremitäten.
Bezüglich der übrigen Alkaloide des Tabaks kann ich mich nur
kurz fassen, da die geringe Menge, welche wir bisher davon in Händen
hatten, ein eingehenderes Studium derselben nicht gestattete.
Nikotimin Co Hı4 Na.
Das Nikotimin, ein Isomeres des Nikotins, gleicht dem Nikotin
viel mehr als das Nikotein. Sein Siedepunkt ist nur um wenige Grade
höher, auch sein Geruch und seine physikalischen Eigenschaften sind
dem Nikotin sehr ähnlich. Das Nikotimin unterscheidet sich jedoch
davon durch seinen chemischen Charakter, indem es eine sekundäre
Base ist.
Letztere Tatsache hat es uns allein ermöglicht, diese Base zu
isolieren. Bei der Annäherung der beiderseitigen Siedepunkte läßt -
sich eine Treänung des Nikotins und Nikotimins durch fraktionierte
Destillation nicht bewirken. Wir konnten dieselbe nur realisieren
durch Behandlung des Rohnikotins, bezw. der höher siedenden Fraktionen
desselben, mit salpetriger Säure oder mit Benzoylchlorid, bei Gegenwart
von Soda. Hierbei entsteht ein Nitrosamin, bezw. ein Benzoylderivat,
aus denen man die sekundäre Base durch Verseifung im reinen Zu-
stande gewinnen kann.
Das Nitrosamin und das Benzoylderivat des Nikotimins besitzen
noch basische Eigenschaften. Dies beweist, daß das Nikotimin neben
der NH-Gruppe noch ein zweites, tertiäres Stickstoffatom enthält.
I) Archives des sc. phys. et nat. (4) 12, 220.
388 A. Pictet: Alkaloide des Tabaks.
Das Nikotimin scheint einen Pyrrolkern nicht zu enthalten.
Seine sauren Lösungen nehmen keine Rosafärbung an, wenn man die-
selben verdampft, ebensowenig zersetzen sich die Salze bei hoher
Temperatur unter Entwickelung von Dämpfen, die einen Fichtenholzspan
rot färben (Pyrrolreaktion). Diese Tatsachen veranlassen mich, zu
glauben. daß die Isomerie des Nikotins und des Nikotimins durch die
folgenden Formeln zum Ausdruck gelangt:
CHs
ee HsC en: CHa eier HC. CH,
Bo“ ei allge ebene er Sera,
HCL___-CH Kaya Hc|__/cH er
i Nikotin. x Nikotimin.
Das Nikotimin würde somit die Konstitution besitzen, welche
man früher dem Nikotin zuschrieb.
Nikotellin Co HB; Na.
Das Nikotellin ist in jeder Beziehung sehr verschieden von den
drei im vorstehenden besprochenen Tabakalkaloiden. Es ist fest und
krystallisiert in kleinen prismatischen Nadeln von rein weißer Farbe.
Es schmilzt bei 147—148° zu einem farblosen Liquidum, welches ohne
Zersetzung einige Grade über 300° siedet. Es ist wenig löslich in
Wasser und in Aether. Seine wässerige Lösung ist neutral gegen
Lackmus; die sauren Lösungen röten sich nicht beim Eindampfen. In
überschüssiger verdünnter Schwefelsäure gelöst, entfärbt es Kalium-
permanganat nicht. Unter den Tabakalkaloiden liefert es allein ein in
Wasser wenig lösliches Bichromat.
Alle diese Eigenschaften weisen dem Nikotellin einen besonderen
Platz an in der Gruppe der Alkaloide, welche uns beschäftigt. Sie
zeigen, daß es, trotz seines geringen Wasserstoffgehaltes, keine doppelten
Aethylenbindungen besitzt und keinen Pyrrolkern enthält. Es nähert
sich durch viele seiner Eigenschaften den Dipyridinen, deren Zusammen-
setzung es auch besitzt. Es ist jedoch, wie es scheint, nicht identisch
mit einem der bis jetzt bekannten vier Dipyridine, von denen theoretisch
sechs existieren.
Base C,H35N.
Wenn man das Rohnikotin der Destillation unterwirft, so
beobachtet man, daß die Flüssigkeit bei 80° anfängt zu sieden.
Zwischen dieser Temperatur und 90° geht ein farbloses, sehr beweg-
liches, stark alkalisch reagierendes Liquidum über von einem penetranten,
an Piperidin erinnernden Geruche. Bei dem Studium dieser Base
A. Pictet: Bildungsweise der Alkaloide. 389
habe ich dieselbe, im Verein mit Herrn Court, mit dem Pyrrolidin
identifizieren können:
Hat foates JOH
H5C ___ CH
NH
Auf die Gegenwart dieser sehr flüchtigen Base ist der un-
angenehme, ammoniakalische Geruch des Rohnikotins zurückzuführen,
der sich vollständig durch die Rektifikation verliert.
Man muß sich fragen, ob das Pyrrolidin in dem Tabak präexistiert
oder ob dasselbe sich erst durch Zersetzung des Nikotins unter dem
Einfluß der verschiedenen Extraktionsmethoden gebildet hat. Es ist
nicht leicht, diese Frage bestimmt zu beantworten. Ich habe mich
jedoch überzeugt, daß das reine Nikotin bei siebenstündigem Kochen mit
einer 20%igen Aetznatronlösung kein Pyrrolidin liefert. Es ist daher
wenig wahrscheinlich, daß eine solche eintreten kann bei der Destillation
des Tabaksaftes mit verdünnter Sodalösung. Noch weniger wahrschein-
lich erscheint es mir, daß es sich bei der Konzentration des sauren
Tabaksaftes, die bei einer niedrigen Temperatur im Vakuum stattfand,
bildet. Ich betrachte daher vorläufig das Pyrrolidin als präexistierend
in den Tabakblättern.
Wenn sich dieses Faktum bestätigt, so würde das Pyrrolidin das
einfachste vegetabilische Alkaloid sein, sowohl nach Zusammensetzung,
als auch nach Konstitution, welches wir gegenwärtig kennen,
Ueber die
Bildungsweise der Alkaloide in den Pflanzen.
‚Von Ame Pictet.
Die Beobachtungen, welche in der vorstehenden Abhandlung
niedergelegt sind, stellen zwar nicht die Konstitution aller Alkaloide
des Tabaks fest, immerhin die der beiden hauptsächlichsten, des
Nikotins und des Nikoteins. Sie lehren, daß das Molekül dieser
Basen durch Vereinigung von zwei Kernen, einem Pyridinkern und
einem Pyrrolkern, von denen der erstere normal, der andere ganz oder
teilweise reduziert und am Stickstoffatom methyliert ist, gebildet ist.
Diese beiden Kerne sind durch eine einfache Bindung zusammengefügt,
welche das «a-Kohlenstoffatom des einen mit einem ß-Kohlenstoffatom
des anderen vereinigt. Durch diese Konstellation wird in bemerkenswerter
Weise eine asymetrische Struktur des Gesamtmoleküls herbeigeführt.
390 A. Pictet: Bildungsweise der Alkaloide.
Es liegt die Frage nahe: durch welchen Prozeß haffsich ein
solcher Atomkomplex in der vegetabilischen Zelle aufbauen können?
Diese Frage knüpft an das viel allgemeinere Problem der Entstehung
der Alkaloide in den Pflanzen an, ein Problem, welches die Chemiker
und Physiologen bereits mehrfach beschäftigt hat, aber, in Ermangelung
von genügenden experimentellen Unterlagen, noch weit entfernt von
seiner Lösung ist.
Ich möchte über diese Frage hier einige Ideen entwickeln, welche
mir auf eine einfache Weise die Bildung der Tabakalkaloide zum
Ausdruck zu bringen scheinen.
Man nimmt jetzt allgemein wohl an, daß die Alkaloide, nicht,
wie man früher glaubte, als Assimilationsprodukte der Pflanze an-
zusprechen sind, welche dieselbe aus sehr einfachen Materialien bildet,
um sie alsdann weiter zum Aufbau komplizierter Verbindungen, wie
der Eiweißstoffe, des Chlorophylis etc. zu verwenden, Stoffe, die vom
biologischen Gesichtspunkte aus die wesentlichen Bestandteile. ihrer
Gewebe ausmachen. Alles drängt vielmehr zu der Annahme, daß. die
Alkaloide, gerade im Gegenteil, nur Ausscheidungs- bez. Desassimilations-
produkte sind, welche durch teilweise Zerstörung dieser komplizierten
Materialien im Laufe des Stoffwechsels und der Respiration der Pflanze
gebildet werden. Sie sind stickstoffhaltige Abfallprodukte zellularer
Umwandlung. Sie entsprechen dem, was im animalischen Organismus
der Harnstoff, die Harnsäure, die Hippursäure, das Glykokoll, die
Gallenpigmente etc. sind.
Diese Anschauung beruht in erster Linie auf der Beobachtung,
daß die Alkaloide in denjenigen Geweben entstehen, in denen sich die
größte vegetative Tätigkeit entfaltet und wo infolgedessen die Eiweiß-
stoffe der schnellsten Zerstörung unterliegen. Sie steht auch im
Einklang mit der Tatsache, daß alle bekannten Alkaloide, mit wenigen
Ausnahmen, zyklische Verbindungen sind, welche den Stickstoff in
sehr beständigen, geschlossenen Ketten enthalten. Es ist verständlich,
daß bei dem Zerfall der Eiweißsubstanzen, welche bekanntlich stickstoff-
haltige Kerne einschließen, diejenigen sich in dem Rückstand dieser
Zersetzung befinden werden, welche am längsten widerstandsfähig sind.
Dieser Punkt gestattet einen Schritt weiterzugehen und die Frage
aufzuwerfen, welches ist für jede besondere Gruppe der Alkaloide die
ursprüngliche Substanz, aus der dieselbe hervorgeht. Bei dieser Unter-
suchung könnte die Natur des stickstoffhaltigen Kerns nützliche
Anhaltspunkte liefern. Es erscheint z. B. wahrscheinlich, daß das
Koffein und seine Verwandten, welche durch den doppelten Purinkern
charakterisiert sind, als Abkömmlinge der Nukleine, die denselben
Kern enthalten, anzusehen sind. Diese Basen würden so einen
A. Pictet: Bildungsweise der Alkaloide. 391
ähnlichen Ursprung haben, wie der, den man der Harnsäure und den
Xanthinbasen des tierischen Organismus zuschreibt.
Man könnte ebenso in dem Strychnin und Brucin, welche Derivate
des Indols sind, Reste der Tryptophangruppe der Eiweißstoffe erblicken.
Für die viel größere Zahl von Alkaloiden, welche den Pyrroikern
enthalten, würde man die Wahl zwischen zwei Hypothesen haben. Die
bemerkenswerten Arbeiten von Emil Fischer, von Nencki und von
Küster haben die Existenz dieses Kerns in zwei, in dem Pflanzen-
reiche sehr verbreiteten Substanzen, den Albuminen und dem Chlorophyll
dargetan. Die eine oder die andere dieser Substanzen könnte durch
ihren Zerfall die pyrrolhaltigen Alkaloide erzeugen. Ich stehe nicht
an bei dieser Alternative den Albuminen den Vorzug zu geben. Aus
der konstanten Bildung von «a-Pyrrolidinkarbonsäure, welche bei der
Hydrolyse von allen Albuminen erfolgt, geht hervor, daß dieselben
einen vollständig reduzierten, mit einer in der «a-Stellung befindlichen
Seitenkette versehenen Pyrrolkern enthalten. Im Gegensatz hierzu
scheint mir der im Chlorophyll enthaltene Pyrrolkern nicht reduziert
und mit zwei, in der Stellung 8 und $‘ befindlichen Seitenketten ver-
sehen zu sein. Nun enthalten aber alle gegenwärtig bekannten Pyrrol-
Alkaloide (Nikotin, Hygrin, Kokain, Atropin etc.) einen reduzierten
Pyrrolkern, der stets von einer in der a-Stellung befindlichen Seitenkette
begleitet ist. Ihre Ableitung von den Albuminen scheint mir daher
nicht zweifelhaft zu sein.
Es bleiben noch die Alkaloide übrig, die einen Pyridinkern ent-
halten. Dieses sind die zahlreichsten und zugleich die nicht am
wenigsten wichtigen, da dieselben die Alkaloide des Opiums, der
Chinarinde, des Pfeffers, des Schierlings, der Arekanuß, der Granat-
rinde etc. umfassen. Welcher Ursprung ist denselben zuzuschreiben’?
Hier befinden wir uns gegenwärtig in einer großen Schwierigkeit. Der
Pyridinkern existiert weder in den Albuminen, noch in dem Chlorophyll,
noch in den Nukleinen, Lecithinen oder einer anderen komplexen
vegetabilischen Substanz. Wo können daher die zahlreichen, den
Pyridinkern enthaltenden Alkaloide herstammen?
Ich glaube, daß man die Entstehung dieser Alkaloide erklären
kann, indem man annimmt, daß sie nicht, wie die Pyrrol-Alkaloide,
die direkten 'Ueberbleibsel des Zerfalls komplizierterer Substanzen
repräsentieren, sondern erst aus diesen Ueberbleibseln durch sekundäre
Phänomene entstehen, welche erst nachträglich die Natur ihres Kernes
modifizieren.
Diese Hypothese stützt sich auf eine gewisse Zahl von
Beobachtungen oder Erfahrungen, von denen hier einige angeführt
sein mögen!
392 A. Pictet: Bildungsweise der Alkaloide.
1. Das gleichzeitige Auftreten von Basen mit Pyridinkern und mit
Pyrrolkern in gewissen Vegetabilien, wie Koka, Tabak, Mohrrüben');
2. die Konstitution von mehreren Alkaloiden, wie Atropin,
Kokain, Nikotin, bei welchen wir einen Pyridinkern vereinigt mit einem
Pyrrolkern in demselben Molekül finden;
3. die große Analogie, welche zwischen gewissen Alkaloiden,
welche verschiedenen Pflanzen angehören, wie dem Hygrin und dem
Conhydrin einerseits und dem Tropin und Pseudopelletierin anderer-
seits, obwalten, Basen, die nur darin differieren, daß der Pyrrolkern
der einen durch einen Pyridinkern bei der anderen ersetzt ist, während
der Rest des Moleküls sonst nahezu der gleiche geblieben ist.
Diese Tatsachen scheinen mir eine scharfe biochemische Beziehung
zwischen den beiden Kernen zu enthüllen.
Die Arbeiten, welche in der Pyrrolreihe und in der seiner
Derivate ausgeführt sind, lehren weiter, daß es eine der bemerkens-
wertesten Eigenschaften dieser Verbindungen ist, sich dadurch in
Pyridinderivate umzuwandeln, daß sie in ihren Kern ein fünftes
Kohlenstoffatom einfügen. Das erste Beispiel dieser Tatsache ist
bereits im Jahre 1881 durch Ciamician und Dennstedt?) bekannt
geworden, indem es gelang, Pyrrolkalium durch Behandlung mit
Chloroform in B-Chlorpyridin zu verwandeln. Später haben zahlreiche
Beobachtungen dieser Forscher und ihrer Schüler, sowohl in der
Pyrrolreihe, als auch in der des Indols, gelehrt, daß es sich hierbei
um eine allgemeine Reaktion handelt. Ich habe selbst?) konstatiert,
daß die methylierten Pyrrole schon durch die alleinige Einwirkung von
Wärme sich in Pyridinderivate verwandeln. Das «-Methyl-Pyrrol
lagert sich zu Pyridin, das «-Methyl-Indol zu Chinolin, das Methy]-
Phthalimidin in Isochinolin, das Methylkarbazol in Phenanthridin um.
In allen diesen Fällen öffnet sich der Pyrrolkern an der Stelle einer
Doppelbindung und läßt das ergänzende Kohlenstoffatem sich zwischen
den a- und $-Kohlenstoffatomen der ursprünglichen Kette einschieben:
CH
HC. 708 Ho = CR
I a |
HC, 0-CH;R HC CH
a-Methyl-Pyrrol. Pyridin.
I) Herr Court und ich haben aus den Blättern der Mohrrüben zwei
fiüchtige Basen isoliert, von denen die eine N-Methylpyrrolidin, die
andere Piperidin zu sein scheint.
2) Ber. d. chem. Ges. 14, 1153.
8) Arch. des sc. pbys. et nat. (4), 19, 429.
A. Picetet: Bildungsweise der Alkaloide. 393
Ich möchte hinzufügen, daß in der jüngsten Zeit ein ähnliches
Phänomen in dem tierischen Organismus beobachtet worden ist.
Ellinger!) hat gezeigt, daß das Tryptophan (Skatolamidoessigsäure)
nach der Einführung in den Magen des Hundes sich im Harn in der
Form von Kynurensäure (7-Oxy-Chinolin-B-Karbonsäure) wiederfindet.
Ich glaube, daß man den Mechanismus dieser Umwandlung derartig
interpretieren muß, daß man annimmt, daß das Tryptophan sich zunächst
durch Oxydation in Skatolkarbonsäure verwandelt, die dann eine ganz
ähnliche intramolekulare Umlagerung erleidet, wie wir dieselben
in vitro herbeiführen können:
CH CH
no > 00H cu N Bo TS 00H; 00:08
wald eo "ch
Ben 0 > HC___-< CH
CH NH CH NH
Tryptophar,
CH C.OH
HEN C0-C0-0H
CN N
Kynurensäure.
Wir finden daher auch im tierischen Organismus die Tendenz,
welche die Pyrrolderivate zeigen, sich durch eine Art der Erweiterung
ihres Kerns in Pyridinderivate umzulagern, sobald ihnen das zu dieser
Umwandlung erforderliche Kohlenstoffatom geliefert ist. Diese Neigung
zur Umlagerung dürfte sich auch in dem pflanzlichen Organismus
bemerkbar machen und hierdurch der Ursprung der Pyridin- Alkaloide
eine Erklärung finden. Dieselben dürften sich von den Pyrrol-Alkaloiden,
dem ersten Zerfallprodukte der Albumine, ableiten, und zwar durch
eine spätere Erweiterung ihres Kernes. Es bleibt nur noch übrig
diejenige Substanz zu finden, welche in der Pflanze jenes Ergänzungs-
Kohlenstoffatom liefert.
Man hat schon seit langer Zeit bemerkt, daß die Alkaloide einer
und derselben Pfianze in vielen Fällen, wenn man nur ihre empirischen
Formeln ins Auge faßt, als Glieder einer homologen Reihe erscheinen.
In jedem Falle, wo man sich Rechenschaft über die Ursache dieser
Homologie geben konnte, fand man, daß ein oder mehrere Atome
Wasserstoff des einfachsten Alkaloids durch Methylgruppen ersetzt
waren, sei es, daß dieselben in Hydroxyl-:OH, oder in Imidgruppen: NH,
eingetreten waren.
1) Ber. d. chem. Ges. 37, 1801.
394 A. Pictet: Bildungsweise der Alkaloide.
Diese Beziehung findet sich fast in allen Gruppen der Alkaloide
wieder. Man beobachtet dieselbe bei den Alkaloiden des Schierlings,
dem Coniin und Methylconiin, den Alkaloiden der Arekanuß, dem
Arekaidin und dem Arekolin, bei den Kokabasen, dem Benzoylecgonin
und den: Kokain, bei den Chinaalkaloiden, dem Cuprein und dem
Chinin, bei den Opiumbasen, dem Morphin und dem Codein, sowie dem
Laudanin und dem Laudanosin, bei den Basen des Kaffees, dem Xanthin,
Theobromin und Koffein etc.
Das bemerkenswerte ist dabei, daß das Radikal Methyl das einzige
ist, welches sich auf diese Weise in den Alkaloiden findet, sei es, daß
dasselbe an Sauerstoff oder an Stickstoff gebunden ist. Niemals hat man
bisher in einer Pflanzenbase das Radikal Aethyl oder ein kohlenstoff-
reicheres Alkyl gefunden.
Da das Radikal Methyl sich weder in den Produkten des Zerfalls
des tierischen Organismus, noch unter den Zersetzungsprodukten der
Proteinsubstanzen, erhalten durch rein chemische Agentien, findet, so
muß man annehmen, daß es erst nachträglich in das Molekül der
Abfallprodukte des pflanzlichen Organismus eingeführt ist. Nachdem
die Alkaloide einmal in den Geweben der Pflanze abgelagert sind,
befinden sie sich unter dem Einfluß eines methylierend wirkenden
Agens. Welches ist nun dieses Agens? Ich kann kein anderes er-
blicken, als den Formaldehyd.
Nach der Baeyer’schen, später von Bach entwickelten Theorie,
welche gegenwärtig allgemein angenommen ist, bildet der Formaldehyd
das erste Assimilationsprodukt des Kohlenstoffs in der Pflanze. Es ist
dasjenige, welches sich zuerst in den Blättern der Pflanze durch
Reduktion der Kohlensäure bildet. Wenn man dasselbe nicht in den
vegetabilischen Geweben wiederfindet, so liegt die Ursache hiervon in
dem Umstande, daß der Formaldehyd sich dort sofort polemerisiert und
hierdurch die Bildung von Zucker und Stärke veranlaßt.
Ich sehe jedoch keinen Grund, daß dieser Formaldehyd sich nur
mit sich selbst kondensiert, und daß er sich nicht auch mit anderen
Substanzen, die ihm in den Geweben begegnen, besonders mit den
Phenolen und den sekundären Basen, verbinden soll, unter Bildung von
Anisolen oder von tertiären methylierten Basen.
Diese Methylierung durch den Formaldehyd ist nicht nur eine
einfache Behauptung. Sie vollzieht sich in vitro. Eschweiler!)
hat konstatiert, daß der Formaldehyd in 40% wässeriger Lösung bei
120—140° auf die Salze des Ammoniaks und der primären und sekundären
Amine reagiert, unter Bildung der entsprechenden Methylderivate;
1, Ber. d. chem. Ges. 38, 880.
A. Pictet: Bildungsweise der Alkaloide. 395
gleichzeitig tritt hierbei eine Bildung von Wasser und von Kohlensäure-
anhydrid auf:
2R>NH +3CH20 = 27,>N-CH,+ 00: + Ha0.
Tollens!) hat ferner schon vor langer Zeit gezeigt, daß der
Formaldehyd sich bei Gegenwart von Aetzkalk, Aetzbaryt oder einigen
ihrer Salze in Methylalkohol und in Ameisensäure verwandelt. Ich
habe ferner kürzlich im Verein mit Herrn Breslauer?) beobachtet,
daß diese Reaktion sich auch bei Gegenwart eines Phenols vollzieht,
indem dabei eine gewisse Menge des entsprechenden Anisols gebildet wird.
Ich erachte daher, daß man mit Recht in dem Formaldehyd das
methylierend wirkende Agens der Pflanze erblickt, so daß es sich
erklärt, warum das Radikal Methyl das einzige ist, dem man begegnet,
und zwar nicht allein bei den Alkaloiden, sondern auch bei anderen
vegetabilischen Produkten, mit Ausschluß jeden anderen Alkyls.
Ich gehe noch weiter, indem ich glaube, daß der Formaldehyd
auch diejenige Substanz ist, welche in Pyrrolderivaten das erforderliche
Kohlenstoffatom liefert, um sie in Pyridinderivate umzuwandeln, die
vielleicht weniger giftig für die Pflanzen sind oder in Anbetracht ihrer
basischen Eigenschaften als Salze leichter diffundieren.
Durch eine ähnliche Reaktion dürfte die Indolgruppe der Albumine
den Chinolinkern der Chinaalkaloide erzeugen und vielleicht kann man
in dem Chlorophyll, welches nach den letzten Küster’schen Arbeiten
einen Isoindolkern einzuschließen scheint, die Quelle erblicken, aus der
die Alkaloide mit Isochinolinkern, wie die des Opiums, stammen.
Was den Mechanismus dieser Reaktion anbetrifft, so kann man
entweder die intermediäre Bildung eines Methylderivates oder noch
einfacher die eines Methylenderivates annehmen. In dem speziellen
Falle der Tabakalkaloide würde nach meiner Ansicht diese letztere
Hypothese auf die befriedigendste Weise die Bildung des asymetrischen
Kohlenstoffkerns erklären. In der Tat, wenn auf der einen Seite das
Pyrrol, auf der anderen Seite der Formaldehyd gegeben sind, so kann
durch gegenseitige Einwirkung dieser Substanzen, wenn meine
Annahmen richtig sind, nur ein Produkt mit asymetrischer Struktur
resultieren.
Man weiß, daß die Aldehyde beim Zusammenbringen mit Pyrrol
oder seinen Derivaten nicht auf die Gruppe NH, sondern auf eine der
Gruppen CH des Kerns einwirken. Wenn der Angriff in der «-Stellung
erfolgt, was keineswegs unwahrscheinlich ist, muß der Formaldehyd
1) Ber. d. chem. Ges. 16, 919.
2) Noch nicht veröffentlichte Beobachtung.
396 A. Pietet: Bildungsweise der Alkaloide.
ein Methylen-Pyrrol der folgenden Formel liefern:
BHO - za ER —— CH
|
HC Je CEO) KT2CH
„NEE
Setzen wir jetzt den Fall, daß diese Verbindung der Umwandlung
in ein Pyridinderivat unterliegt, so kann dieselbe sich nur in einem
der Kerne vollziehen, so daß der andere intakt bleibt. Es muß dann
‚ein Pyridylpyrrol entstehen; und wenn der Eintritt des Methylen-
Kohlenstoffatoms, wie in den anderen Fällen, zwischen dem Kohlenstoff-
atom in der «a- und B-Stellung des Kerns erfolgt, so muß ein B-Pyridyl-
pyrrol gebildet werden:
ae, -
a | |
EC ann Gem nee
een
Bei dieser Reaktion tritt eine Abspaltung von zwei Atomen
Wasserstoff ein, welche vielleicht am Pyrrolkern gebunden werden.
Nehmen wir noch eine durch Formaldehyd bewirkte Methylierung,
welche diesmal am Stickstoffatom stattfindet, da wir es- jetzt mit einem
basischen Pyrrolin zu tun haben, an, so gelangen wir zu 2 Formel,
wenn nicht des Nikotins, so doch des Nikoteins.
Es liegt nahe, diese Reihe von Annahmen durch den Versuch zu
bewahrheiten; ich habe zu diesem Zwecke mit Herrn Aug. Billiet
mit dem Studium der Einwirkung des Formaldehyds' auf das Pyrrol
begonnen. Wir sind jedoch dabei von vornherein, welches auch die
getroffenen Vorsichtsmaßregeln waren, auf eine Schwierigkeit gestoßen,
welche in der Bildung von viel komplizierteren Kondensationsprodukten,
als es das Methylen-Pyrrol ist, bestehen. Indessen haben wir bei der
Destillation dieser Produkte über Zinkstaub die Bildung von «a-Picolin
konstatiert. Dieses bereits bei dem ersten Versuche erzielte Resultat
zeigt immerhin, daß es möglich ist, eine Pyridinbase zu erhalten, wenn
man von dem Pyrrol und dem F'ormaldehyd ausgeht.
In der allerjüngsten Zeit ist es uns auf eine andere Weise ge-
lungen, das Methylen-Pyrrol zu erhalten, und zwar durch Behandlung
des Pyrrolkaliums mit Methylenchlorid. Wir hoffen dasselbe durch
Einwirkung von Hitze in Pyridyl-Pyrrol umlagern zu können und so
zu der ersten Bestätigung der im vorstehenden dargelegten Hypothese
zu gelangen.
Fam.
Fam.
Fam.
Fam. :
Fam.
Fan.
Fam.
Fam. 5
Ei
W. Greshoff: Blausäurevorkommen. 397
Ueber die Verteilung
der Blausäure in dem Pflanzenreiche.
Von Dr. W. Greshoff,
Direktor des Kolonial-Museums in Harlem.
Dicotyl. Polypetal. Fam. 1—90.
Ranunculaceae.
Aquilegia vulgaris (—, Jorissen 1884), A. chrysantha (n.B.,
Greshoff 1906).
Thalictrum aquilegifolium (A., v. Itallie 1905).
Cruciferae.
Lepidium sativam (—, Schulze 1860).
Bixaceae (n.B.)).
subf. Pangieae („Hydrocyaniferae“).
Gynocardia olorata (Greshoff 1890).
Hydnocarpus inebrians, H. alpinus (Greshoff 1890),
H. anthelminthicus (Power 1905).
Kiggelaria africana (Wefers Bettink 1891).
Pangium edule, P. ceramense (Greshoff 1889).
Ryparosa caesia, R. longepedunculata (Greshoff 1891).
Taraktogenos blumei (Greshoff 1892), T. kurzii (Power 1904)
Trichadenia zeylanica (Greshotf 1890).
Sterculiaceae.
Stereulia (Pteroceymbium) sp. (n.B., v. Romburgh 1897).
Tiliaceae.
Echinocarpus (Sloanea) sigun (B., Greshoff 1892).
Linaceae.
Linum usitatissimum, L. perenne (A., Jorissen 1884).
Rutaceae.
? Citrus medica.
Dichopetalaceae.
Chailletia cymosa (Dunstan 1903).
Olacaceae.
Ximenia americana (B., Ernst 1887), X. elliptica (B).
Celastraceae.
Kurrimia zeylanica (n.B., v. Romburgh 1897).
398
Fan. :
Fam. !
Fam.
Fam.
Fam.
66.
ot
or
W. Greshoff: Blausäurevorkommen.
Rhamnaceae.
Rhamnus frangula (—, Lehmann 1874).
Sapindaceae.
Cupania sp. (n.B., v. Romburgh 1897).
Schleichera trijuga (B., Thümmel 1889).
Anacardiaceae.
Corynocarpus laevigatus (B., Easterfield 1903).
Leguminosae-Papilionaceae.
Lotus arabicus, L. australis (Dunstan-Henry 1900).
Indigofera galegoides (B., v. Romburgh 1893).
Phaseolus lunatus (A., Davidson 1884).
Vieia sativa (B., Ritthausen 1870), V. angustifolia, V.
canadensis, V. hirsuta (—, Bruyning-v. d. Harst 1899),
V. macrocarpa (—, Guignard 1906).
Rosaceae (B.)).
subf. Pomoideae.
Amelanchier vulgaris (Wicke 1851), A. canadensis, A
alnifolia (Greshoff 1896).
Chamaemeles sp.
Cotoneaster integerrima (Wicke 1851), C. microphylla
(Greshoff 1896).
Crataegus oxyacantha (Wicke 1851), ©. orientalis (Gres-
hoff 1896).
Eriobotrya japonica (Wicke 1851).
Nuttalia cerasiformis.
ÖOsteomeles sp.
Photinia (Heteromeles) arbutifolia (Lustig 1882).
Pyrus (Cydonia, Malus, Mespilus, Sorbus), sp. div.: P. aria,
P. aucuparia, P. cydonia, P. japonica, P. malus, P.
mespilus, P. pinnatifida P. torminalis (+ 1850), P.
spectabilis, P. ringo (Greshoff 1896).
subf. Prunoideae.
Prunus amygdalus, P. laurocerasus (Schrader 1803), P.
armeniaca, P. persica (Vauquelin 1803), P. padus (Berge-
mann 1812), P. avium, P. cerasus, P. domestica, P.
occidentalis, P. pennsylvanica, P. spinosa, P. undulata
(+ 1850), P. seronita (Perot 1852), P. lusitanica
(Flückiger 1879), P. virginiana (Schimmel 1890), P.
alleghaniensis, P. bessiei, P. divaricata, P. paniculata,
P. pendula (Greshoff 1896), P. subhirtella (v. d. Ven 1898),
P. adenopoda, P. javanica (v. Romburgb 1898).
Fam.
Fam.
Fam.
Fam.
Fam.
Fam.
Fam.
Fam.
Fam.
Fam.
Fam.
Fam.
Fam.
67.
91.
92.
96.
100.
116.
122.
129.
W. Greshoff: Blausäurevorkommen. 399
Pygeum africanum (Welwitsch 1860), P. parviflorum,
P. latifolium (Greshoff 1890).
subf. Spiraeeae.
Spiraea aruncus, S. sorbifolia, S. japonica (Wicke 1851),
S. kneiffii (Greshoff 1906).
Saxifragaceae.
Ribes aureum (—, Jorissen 1884), R. nigrum, R. rubrum
(—, Hebert 1898), R. grossularia (—, Guignard 1905).
Combretaceae.
? Combretum constrictum (7 B.).
Myrtaceae.
? Psidium montanum (? B.).
Melastomaceae.
Memecylon sp. div. (B., v. Romburgh 1899).
Samydaceae.
Homalium (Blackwellia) sp. div. (B., v. Romburgh 1899).
Passifloraceae.
Passiflora quadrangularis, P. laurifolia, P. princeps (n.B,
v. Romburgh 1897).
Tacsonia sp. (n.B., v. Romburgh 1898).
Dicotyl. Gamopet. Fam. 91—136.
Caprifoliaceae.
Sambucus nigra, S. ebulus (B., Guignard-Bourquelot 1905).
Rubiaceae,
Plectronia dicocca -(B., v. Romburgh 1898).
Compositae.
Chardinia xeranthemoides (—, Eichler 1862).
Xeranthemum annuum (B., Greshoff 1899).
Sapotaceae.
? Isonandra (Bassia) mottleyana (? B.).
Lucuma bonplandia (B., Altamirano 1876), L. mammosa (B.).
? Payena latifolia (? B.).
Asclepiadaceae.
Gymnema latifolium (B., Greshoff 1890).
Convolvulaceae.
Ipomoea dissecta (B., Prestoe 1874), I. sinuata (B..
v. Romburgh 1894).
Bignoniaceae.
? Osmohydrophora nocturna (? B.).
400
Fam.
. 160.
. 198.
W. Greshoff: Blausäurevorkommen.
Dicotyl. Monochlamyd. Fam. 137—172.
Euphorbiaceae.
Bridelia ovata (—, v. Romburgh 1899).
Elateriospermum tapos (—, v. Romburgh 1899).
Hevea brasiliensis, H. spruceana (A., v. Romburgh 1893).
Jatropha angustidens (A., Heyl 1902).
Manihot utilissima (A., Henry 1830), M. bankensis,
M. glaziovii (A., Greshoff 1892).
Ricinus communis (—, Ritthausen 1870).
2. Urticaceae.
Sponia virgata (—, v. Romburgh 1899).
Monocotyl. Fam. 173—207.
Araceae. ;
Arum maculatum (n.B., Jorissen 1884).
Colocasia gigantea (n.B., v. Romburgh 1897).
Cyrtosperma lasioides, C. merkusii (n.B., Greshoff 1890).
Lasia aculeata, L. zollingeri (n.B., Greshoff 1890).
. Gramineae.
Glyceria aquatica (—, Jorissen 1884).
Panicum sp. div. (B., Brünnich 1903).
Sorghum vulgare (B*., Dunstan-Henry 1902).
Stipa hystrieina, S. leptostachya (—, Hebert 1904).
Gymnospermae. Fam. 208—210.
Uryptogamae. Fam. 211—
Fungi.
? Hygrophorus agathosmus, H. cerasinus (? B.).
Marasmius oreades (B., Loesecke 1871).
? Pholiota radicosa (? B.).
? Russula foetens (? B.).
IE TE“
ICHTHYOL.
Der Erfolg des von uns hergestellten speziellen Schwefelpräparats
hat viele sogenannte Ersatzmittel hervorgerufen, welche nicht identisch
mit unserem ‚Präparat sind und welche obendrein unter sich verschieden
sind, wofür wir in jedem einzelnen Falle den Beweis antre*en können.
Da "diese angeblichen Ersatzpräparate anscheinend unter Mißbrauch
. unserer Markenrechte auch manchmal fälschlicherweise mit
Be Ichthyol
oder
Ammonium sulfo-ichthyolicum
gekennzeichnet werden, trotzdem unter dieser Kennzeichnung nur unser
spezielles Erzeugnis, welches einzig und allein allen klinischen Versuchen
zugrunde gelegen hat, verstanden wird, so bitten wir um gütige Mit-
teilung zwecks gerichtlicher Verfolgung, wenn irgendwo tatsächlich
solche Unterschiebungen stattfinden.
Ichthyol- Gesellschaft”
Cordes, Hermanni & Co.
HAMBURG.
<”
AS? _ Mährpräparate: |
SE fäährzucker - Kakao
Eisen - Hährzucker 1. 3 mr
N 0, dat. sacch 1.
Eisen-fi Mährzucker-Kakao vi: 1Y As Dose von il. ke Inn. MR 2
| ———— Leicht verdauliche Eisenpräparate.
ffährpräparate:
flährzucker u. verbess. Liebigsuppe
in ‚Pulverform in Dosen von !/, kg Inhalt zu Mk. 1.50.
in Dosen von 1/, kg Inhalt
zu Mk. 1.80.
DR H.H. Aerzten Literatur und Proben kosten- und spesenfrei.
in Pasing bei München.
Nährmittelfabrik München, G. m. b. H.,
EEE Die geehrten Leser werden
gebeten, bei Bestellungen auf
die Anzeigen unserer Zeitschrift
Bezug nehmen zu wollen. "W@E
ER
zur Deutschen Arzneitaxe 1906.
In Leinen gebunden M 250, bei Vor-
einsendung franko zu beziehen vom
Deutschen Apotheker-Verein
Berlin C2.
INININININININININININ
E "HEUER
coTTA- DRESDEN
empfiehlt als zuverlässigste Anaesthetica _
er pro narcosi | IE
| Chloroform, puriss. | TUE
Zu beziehen durch die Medizinal - -Drogenhäuser.
Heyden.
Außer anderen Präparaten sind von uns in die Medizin eingeführt:
ee: salicylsaures Natrium, salicylsaures Wism
Collargol, Acoin, Salocreol, Calodal,
Salit, beste Einreibung bei Rheumatosen,
Unguentum Heyden (Salbe aus Catomelo), :
diskreter Ersatz .der n Salbe (Neisser),
ne | Novargan, „Zur Zeit bestes Mittel bei akuter Gonorrhöe‘, Fe;
Omorol neues, völlig reizloses Silberproteinat zur lokalen Behandlung }
» von Diphtherie etc.,
Blenal, Kohlensäureverbindung des Santalols, _Antigonorrhoieum
Injektion Hirsch, Bismut. bisalicyl., Bismut. bitannic.
I Wir fabrizieren ferner Acetylsalicylsäure, : in'Substanz und als leicht zerfallen« q
Tabletten, Guajakol, Benzonaphtol, Hexamethylentetramin, Bismut. subnitr. etc.
Verkauf durch den Gross- Drogenhandel. ‚
Chemische Fabrik von Heyden, Radebeul- Dresden. a
Soeben erschien die dritte verbesserte und vermehrte Auflage der Broschüre:
Erklärung der
technischen Prüfungsmethoden |
des
A ee Pam 5;
Mei = >‘ > -w#,
ee a
Deutschen Arzneibuches IV.
Von
Prof. Dr. Georg Heyl, Obermedizinalrat in Darmstadt.
Preis 60 Pf. portofrei. a
Zu beziehen vom
Deutschen Apotheker - Verein, Berlin 0.2.0
Druck von Denter & Nicolas, Berlin C., Neue Friedrichstrasse 48.
ARCHIV
| PHARMAZIE
herausgegeben
vom
Deutschen Apotheker-Verein
unter Redaktion von
E. Schmidt und H. Beckurts
Band 244. Heft 6.
HORA RUM.
&
BERLIN.
Selbstverlag des Deutschen Apotheker-Vereins.
1906.
Ausgegeben den 27. Oktober 1906.
%) G. Barzer und H. Dale, die Mutterkornalkaloide.
K. Gorter, Die Baptisia-Giy osid |
ie Bes
E. Rupp und M. Horn, Üebar' eine vo J
bei Gegenwart von Chlor- und BromToilen| DENE I BR RR
K. Lewinsohn, Ueber das Myrrheröl . . . 2. 2 22.2.
0. Gaebel, Ueber das Hordenin . . . . . 2 2 2...
H. Telle, Ueber Kamala und Rottlerin . Er
0. Simon, Ueber Cetrarsäure . . BEE NOS EN ERET:
MW. Wollenweher, Ueber Filzgechdute RE DER AN REDEN
Eingegangene Beiträge.
L. Rosenthaler und F. Türck, Ueber die absorbierenden Eigenschaften.
schiedener Kohlesorten. ae,
L. Rosenthaler, Bemerkungen zu vorstehender Abhandlung.
E. Rupp, Gehaltsbestimmung von galenischen Präparaten des Aue
A. Jolles, Ueber Lävulosurie und über den Nachweis der Lävulose im Harn. N
K. . Beta Untersuchungen über die Bestandteile der Blätter von Carpinus “
etulus. i
„ Luther, Ueber Methylenverbindungen und einige andere. Derivate der
m-Dioxybenzole.
M. Scholtz, Ueber die Alkaloide der Pareirawurzel. |
A. Heiduschka, Ueber das Verhalten einiger Körper bei tiefen Tem eraturen.
E. Rupp und M. Horn, Ueber die Titration von Ferrosalzen mit Alkali BRojodil:
(Geschlossen den 20. X. 1906.)
| STHHENEINEREINFNERKERETENKENERRERREREERERRE a
| Diese Zeitschrift erscheint in zwanglosen Heften (in der Regel |
monatlich einmal) in einem jährlichen Umfange von 40 bis 3
50 Bogen. Ladenpreis für den Jahrgang Mk... 3
Alle Beiträge für das „Archiv“ sind an die
Archiv- Bedaktion
. Herrn Geh. Reg.-Rat Professor Dr. E. Schmidt i in Marburg (Hana)
oder Herrn Geh. Med.-Rat Professor Dr. H. Beckurts in Braunschweig,
alle die Anzeigen u. s. w., überhaupt die Be a und E-
die Mitgliederliste betreffenden Mitteilungen an den
Deutschen Apotheker-Verein
Berlin C. 2, Neue Friedrichstr. 43
einzusenden.
Da aan
Anzeigen.
ı/, Seite zum Preise von M 50.--; !/, Seite zum Preise von M 80.—; 1]; Seite: zum
Preise von M 20.—; !/; Seite zum Preise von M 10.—. Die Grundschrift ist Petit.
Beilage-Gebühr für das Tausend der Auflage — z. Z.4300 — M 10.—. Für Beilagen, welche
nicht dem Format des „Archiv“ entsprechen, bleibt besondere VeroichiA UNE vorbehalten.
K. Gorter: Baptisia-Glykoside. 401
IBR
Die Baptisia-Glykoside. En
x YvY
Von Dr. K. Gorter. BOTANICAL
e (Eingegangen den 28. VIIT. 1906.) BARDEN
Bei der Verarbeitung der Wurzel von Baptisia tinctoria RBr.
habe ich damals zwei Glykoside abgeschieden, welche ich als Baptisin
und Baptin beschrieben habe!). Das Baptisin wurde in größerer
Ausbeute erhalten, während vom Baptin nur geringe Spuren auf-
gefunden wurden. Das nämliche Glykosid fand ich in einer „Kon-
zentration“ von Merck, welche auch unter dem Namen Baptisin in
den Handel kommt.
Als ich später wieder einmal Baptisia-Konzentration von Merck
untersuchte, fand ich darin ein ganz anderes Glykosid, das ich Pseudo-
baptisin?) genannt habe. Zur Erklärung dieser Tatsache zog ich
damals die Möglichkeit heran, daß vielleicht zwei verschiedene Baptisia-
Spezies als Baptisia tinctoria in den Handel kämen. Man hat ja in
verschiedenen Sorten derselben Gattung wohl oftmals ganz verschieden
zusammengesetzte Substanzen beobachtet. Ich nenne hier z. B. Datura
Metel, die 1.-Scopolamin und Datura Stramonium, die der Hauptsache
nach Hyoscyamin enthält; in Papaver Rhoeas fand man das Alkaloid
Rhoeadin, dagegen fand Pavesi?) diese Substanz nicht in Papaver
dubium, wohl aber ein anderes Alkaloid, das er Aporhein nannte.
Ich bin jetzt in der Lage gewesen, aus einer Wurzel, die an-
geblich von Baptisia tinctoria RBr. stammte, das Pseudobaptisin
abzuscheiden. 4!/; kg gemahlene Wurzel wurde mehrmals mit 93%
Alkohol heiß extraxiert. Der Alkohol wurde abdestilliert. Aus dem
rückständigen braunen Sirup krystallisierte nach längerem Stehen das
Glykosid aus. Die Wurzel wurde danach noch mit 50% Weingeist
extrahiert, dieser gleichfalls abdestilliertt und der Rückstand zur
Krystallisation bei seite gestellt. Die vereinigten Krystallisationen
wurden mehrmals aus verdünntem Alkohol umkrystallisiert. Die Aus-
beute war etwa 40 g reines Pseudobaptisin.
Die Mutterlauge des Pseudobaptisins schied bei Verdünnung mit
Wasser 150 g eines: zähen braunen Harzes aus, das mit heißem Wasser
ausgeknetet und dann erst an der Luft, später über Schwefelsäure
1. = IRRE:
S I) Arch. d. Pharm., Bd. 235, 30.
eo 2) Arch. d. Pharm., Bd. 235, 494.
„u 9 Ch. Centr.-Bl. 1905, Bd. I, S. 26.
> Arch. d. Pharm. COXXXXIV. Bds. 6. Heft, 26
402 K. Gorter: Baptisia-Glykoside.
getrocknet wurde. Es konnte dann leicht zu einem braunen Pulver
zerrieben werden.
Auch wurde noch Andeutung eines anderen Glykosides erhalten,
das aus dem Filtrat des Harzes nach Reinigung desselben mit Blei-
zuckerlösung durch Bleiessig und Ammoniak niedergeschlagen wurde.
Cytisin fand sich auch in Spuren vor und wurde in gleicher Weise
dargetan, wie ich es früher beschrieben habe.
Das Pseudobaptisin krystalliiiertt aus verdünntem Alkohol
gewöhnlich mit 4 Mol. Wasser. Ueber Schwefelsäure verliert es hier-
von 2'/, Mol.
5,5190 g verlieren im Exsikkator 0,3750 g.
Gefunden: Berechnet für CyH30014 + 4Ha0:
Hs0 6,79% 2% Hs0 6,92%.
Die exsikkatortrockene Substanz lieferte bei der Elementaranalyse
folgende Zahlen:
129,9 mg gaben 60,0 mg H,O und 253,9 mg COs».
Gefunden: Berechnet für CyH304+ 1%Ha0:
C 53,20% .
I 7EROLT 5,45 „.
In Methylalkohol löste sich die Substanz leicht auf. Nach
12stündigem Stehen hatten sich Krystalle abgesetzt, die zwischen
Fließpapier getrocknet, bei 125° C. keine Gewichtsabnahme zeigten
und also aus wasserfreiem Pseudobaptisin bestanden.
Früher!) habe ich gemeint, diese Substanz habe die Zusammen-
setzung Car H390:ı4 + 1Y/aH3O + CH,OH, wobei es mir auffallend
war, daß sie schon über Schwefelsäure sowohl den Methylalkohol, als
auch das Wasser verlor. In der Verbindung Ca H300;4 + 1V/aH30 ist
das Wasser aber sehr fest gebunden und wird erst bei 125° abgegeben.
Ich habe jetzt gefunden, daß das wasserfreie Pseudobaptisin sich
viel schwerer in Methylalkohol löst wie das wasserhaltige; daher ist
die gesättigte Lösung dieses metastabil in Bezug auf jenes, und erklärt
es sich, daß dieses sich in jenes umwandeln kann. Bei dieser Sach-
lage war es a priori wahrscheinlich, daß das wasserfreie Pseudobaptisin
sich unter geeigneten Umständen auch aus anderen Lösungen ab-
scheiden würde. In der Tat fand ich, daß eine bei 50° gesättigte
Lösung des wasserhaltigen Pseudobaptisins allmählich die anhydrische
Substanz abschied, wenn sie mit dieser geimpft wurde. In heißem
Wasser löste sich das wasserhaltige Pseudobaptisin zuerst beinahe
ganz auf, dann entstand aber in kurzer Zeit eine schwerlösliche
krystallinische Fällung von wasserfreiem Pseudobaptisin. eE
1) Arch. d. Pharm, Bi. 235, 497.
K. Gorter: Baptisia-Glykoside. 403
Das anhydrische Pseudobaptisin löst sich nicht in Aceton und
Tetrachlorkohlenstoff. Mit verdünntem Alkohol gekocht, löst es sich
langsam auf; in Methylalkohol ist es schwer löslich. Heißes Nitro-
benzol und 5% Natronlauge lösen es leicht auf. Aus letztgenannter
Lösung wird es durch Kochsalz nicht gefällt. (Unterschied von dem
Spaltungsprodukt Pseudobaptigenin.. Beim Erhitzen im Vakuum in
einem Bad von siedendem Resorcin zersetzte sich die Substanz all-
mählich. Es resultierte ein wenig eines gelben sirupförmigen Destillates
und Pseudobaptigenin, das sich nicht verflüchtigte, und an seinem
Schmelzpunkte und dem Verhalten Natronlauge gegenüber charakterisiert
wurde.
Pseudobaptisin wird durch Säuren und auch durch Emulsin
hydrolisiert!). Es scheidet sich dabei Pseudobaptigenin aus. Dieses
löst sich nicht in Wasser, Essigester und Tetrachlorkohlenstoff, dagegen
schwer in siedendem 96% Alkohol. Auch löst es sich beim Erwärmen
in Eisessig und Nitrobenzol. Aus Nitrobenzol wurde es in Nädelchen
krystallisiert erhalten vom Schmp. 298°. Wird diese Substanz einige
Zeit mit Alkohol und wenig Schwefelsäure gekocht, dann erhöht sich
der Schmelzpunkt auf 303—304°.
Das Pseudobaptigenin löst sich leicht in verdünnter Natronlauge;
aus dieser Lösung wird durch Kochsalz eine Natriumverbindung aus-
gesalzen als Büschel von Krystallnadeln. Diese wurden abgesogen,
mit Kochsalzlösung sorgfältig gewaschen und bei 95° getrocknet. Die
Substanz, ein Gemenge von Pseudobaptigenin-Natron und Chlornatrium,
wurde wie folgt analysiert.
100 bis 200 mg wurden mit wenig Wasser übergossen und mit
2/oo Salzsäure titriert (Methylorange als Indikator). Das hierbei ab-
geschiedene Pseudobaptigenin wurde abfiltriert und mit Wasser aus-
gewaschen. Im Filtrat bestimmte ich nach Hinzufügen von etwas
Magnesiumoxyd das Chlornatrium maßanalytisch. Von der gefundenen
Menge Chlornatrium wurde die der zugefügten Salzsäure äquivalente
Menge abgezogen. In dieser Weise wurde das Kochsalz in der an-
gewandten Mischung bestimmt, die Differenz gab die Menge reines
Pseudobaptigenin an. Aus der verbrauchten Zahl der Kubikzentimeter
®'so Säure wurde der Natriumgehalt berechnet. Es wurden folgende
Daten erhalten.
I. 109,4 mg Pseudobaptigenin-Natron verbrauchten 6,66 ccm n/sn Salzsäure
II. 1671 „ 5 y F' 10,10 „ "fo fi
Gefunden: Berechnet für C;H}068Na + Ha0:
Na I. 700% IL 6,9% 7,01%
1) Siehe Arch. d. Pharm. Bd. 235, 490.
26*
404 K. Gorter: Baptisia-Glykoside.
Bei 125° verloren 160,0 mg 8,5 mg an Gewicht.
Gefunden: Berechnet für Ci; H} 0g8Na + Ha0:
Hs0 5,31% 5,449.
Die bei 1250 getrocknete Substanz gab folgende Zahlen bei der Analyse
140,0 mg verbrauchten 0,92 ccm "/so Salzsäure.
Gefunden: Berechnet für Cj5;H;ı 06Na:
Na 7,29% 7,42%.
Pseudobaptigenin-Natron löst sich infolge hydrolytischer
Dissoziation in Wasser nicht klar auf; hinzugefügtes Phenolphthalein
wird rot gefärbt; durch Alkohol wird die Dissoziation zurückgedrängt
und die Flüssigkeit entfärbt. Es löst sich leicht in verdünnter Natron-
lauge. Aus dieser Lösung wird das Pseudobaptigenin durch Säuren,
selbst durch Kohlensäure, gefällt. Aus Alkohol krystallisiert, zeigte
es den Schmp. 303—304°.,
Das Molekulargewicht des Pseudobaptigenins läßt sich durch
Titrieren mit "/s, Natronlauge und Phenolphthalein als Indikator ziemlich
genau verifizieren.
249,5 mg wurden mit 30 ccm 96% Alkohol übergossen, wenig Phenol-
phthaleia hinzugesetzt und bei gelindem Erwärmen "/gu Natronlauge zugeträufelt,
bis zu eben bleibender Rotfärbung. Es wurden 18,74 ccm verbraucht.
Gefunden: Berechnet für C45Hj0 05:
Mol.-Gew. 266 270.
Auch Ammoniak löst das Pseudobaptigenin bei gelinder Er-
wärmung. Es scheidet sich nach 12stündigem Stehen in langen farb-
losen Nadeln vom Schmp. 304° wieder aus.
Das Pseudobaptigenin reduziert die Fehling’sche Lösung nicht,
ammoniakalische Silberlösung zeigte nach längerer Zeit nur schwache
Reduktion.
Es gelang nicht durch Einwirkung von Phenylhydrazin ein
Hydrazon zu erzielen. Dazu wurde die Substanz in alkoholischer
Lösung mit salzsaurem Phenylhydrazin und essigsaurem Natron
erwärmt; auch wurde der gleiche Zweck ohne Erfolg in Eisessiglösung
angestrebt.
Weiter habe ich noch versucht, das Pseudobaptigenin-Natron mit
Jodäthyl zu einem Aethyl-Pseudobaptigenin umzusetzen. Dazu wurden
diese Substanzen in molekularen Mengen mit etwas absolutem Aethyl-
alkohol im zugeschmolzenen Rohre während zweier Stunden auf 150°
erhitzt. Der Rohrinhalt war nach dem Erkalten teilweise in Nadeln
krystalliiiertt. Beim Umkrystallisieren resultierte Pseudobaptigenin,
das sich in Alkohol schwer, und ein neuer Körper, der sich in heißem
Alkohol leicht löste und in Nadeln krystallisierte. Die Ausbeute war
E. Rupp u. M. Horn: Bestimmung von Jodiden. 405
etwa 25% vom Ausgangsmaterial. Im Vakuum konnte die Substanz
unzersetzt destilliert werden. Der Schmelzpunkt wurde bei 169°
gefunden. Eisenchlorid gab mit der Acetonlösung keine Färbung.
Die Elementar- Analyse gab folgende Zahlen:
86,3 mg gaben 225,6 mg (Os und 38,3 mg Ha0.
Gefunden:
C 71,31%,
H 49,.
Hieraus geht hervor, daß jedenfalls das erwartete Aethyl-Pseudo-
baptigenin nicht entstanden ist. Ob die Substanz die Zusammensetzung
C2H,ı00; hat, worauf diese Analyse hinweist, wäre noch weiter zu
prüfen. Ich hoffe in nächster Zeit dieser Reaktion noch näher zu
treten und darüber und auch über anderweitige Versuche in dieser
Zeitschrift zu berichten.
Buitenzorg (Java), Juli 1906.
Mitteilungen aus dem pharmazeutisch-chemischen Institut
der Universität Marburg.
199. Ueber eine volumetrische Bestimmung von
Jodiden bei Gegenwart von Chlor- und Brom-Ionen.
Von E. Rupp und M. Horn.
(Eingegangen den 2. IX. 1906.)
Die bevorzugte Methode der titrimetrischen Bestimmung von
Jodionen bei Gegenwart von Cl‘ und Br’ bedient sich der Zersetzlichkeit
der Jodide durch Ferrisalze im Sinne der Gleichung
Fe + J’= Fe" + J.
Das abgespaltene Jod wird in Jodkaliumlösung übergetrieben
und mit Thiosulfat gemessen.
Für Zwecke dieses Destillationsverfahrens findet man in einer
Reihe von Lehrbüchern Eisenchlorid als geeignetes Ferrisalz aufgeführt,
obwohl schon von Mohr!) darauf hingewiesen wird, daß bei Anwendung
von Ferrichlorid die letzten Spuren von Jod nur sehr schwer über-
treibbar sind und Ferrisulfat den Vorzug verdient.
Dieses wird praktischerweise in Form des Eisenalauns ver-
wendet, wie dies von Treadwell?) vorgeschrieben wird.
1) Titriermethoden VI. Aufl., S. 297.
2) Quant. Anal. 3 Aufl., S. 481.
406 E. Rupp u. M. Horn: Bestimmung von Jodiden.
Vergleichsweise mögen hier einige Destillationsproben aufgeführt
werden, die wir mit einer 5,92%igen Lösung reinsten Jodkaliums
ausführten.
Da 1KJ=1J= 1Thiosulfat, so entsprechen 0,0166 g KJ=1 cem
n/jo Th., und 0,296 g KJ=5ccm der Lösung = 17,62 ccm Th/o.
1. Mit Eisenchlorid:
5 ccm KJ-Lösung + 20 ccm offizinellen Eisenliquor + 20 cem
verdünnte Salzsäure. Destillat = 17,1—17,3 cem "/;, Thioslft. = 97,05
bis 98,2%.
Dasselbe ohne Säurezusatz. Destillat = 16,8—17,2 cem ?/;, Thioslft.
= 95,35— 97,62%.
Sämtliche Proben mußten annähernd bis zur Trockene abdestilliert
werden, da bis zuletzt andauernd Jod abgegeben wird. Dies hart-
näckige Festhalten von Jod, besonders in ungesäuerter Lösung, und
die beim Erhitzen sich bald einstellende Trübung nebst den schwankenden
und unterwertigen Resultaten, lassen vermuten, daß es sich hier um
eine teilweise Bildung schwer zersetzlicher Oxychloridjodide handelt.
Jedenfalls ist die Anwendung von Eisenchlorid keineswegs zu be-
fürworten.
2. Mit Eisenalaun:
5 cem KJ-Lösung + 5 g Eisenammonalaun in konzentrierter
Lösung + 5 cem verdünnte Schwefelsäure. Destillat = 17,5 bis
17,6 ccm *, Thiosulfat = 99,32—99,89 %.
Die Resultate sind weit konstanter und genau. Für ein weit-
gehendes Abdestillieren ist auch hier Sorge zu tragen, da sonst
wiederum Fehlbeträge bis zu einigen Prozenten zu gewärtigen sind.
Zwecks rascherer und vollständiger Austreibung des Jods, empfiehlt
es sich, die Destillation in einem durch den Verschlußstopfen des
Siedekolbens zugeleiteten Kohlensäurestrom vorzunehmen.
Um nun von der eine Methode stets komplizierenden Destillations-
notwendigkeit loszukommen, emanzipierten wir uns vollständig von den
Ferrisalzen und suchten Permanganat in saurer Lösung zur Verwendung
heranzuziehen:
2KMnO, + 10KJ + 8H3S0, = 2MnS0, + 6KsaS0, + 8H,0 + 10J.
Das momentan sich ausscheidende Jod sollte alsdann im Reaktions-
gemische mit Thiosulfat gemessen werden.
1KJ = 1J = 1 Thioslft., 0,0127 g J = 0,0166 g KJ = 1 cem ”/, Thioslft.
Erforderlich hierzu war es das im Ueberschuß angewandte Per-
manganat vor der Titration vollkommen zu zerstören. Dies ist durch
einen reichlichen Oxalsäurezusatz mit Sicherheit erreichbar, wie die
unter den verschiedensten Bedingungen in Bezug auf Permanganat-
E. Rupp u. M. Horn: Bestimmung von Jodiden. 407
konzentration und die Reihenfolge der Ägentienzusätze angestellten
Proben erwiesen.
Als Versuchsobjekt diente oben verwendete Jodkaliumlösung
5 ccm = 0,296 ge KJ = 17,62 ecm "/ıo Thiosulfat. Das Kaliumper-
manganat wurde als 1%ige Lösung erstellt. Nach Berechnung erfordert
1g KJ = 0,194 g KMnO,, also rund ", seines Gewichtes zur Um-
setzung (5 cem KJ-Lösung = 6 cem Permanganatlösung).
Die aus Jodid, saurer Permanganatlösurg und Oxalsäure
bestehenden Reaktionsproben wurden nach der Mischung verschieden
lange Zeiträume sich selbst überlassen, schließlich wurde zur Lösung
des ausgeschiedenen Jods etwas Jodkalium zugesetzt und mit ”/o Thio-
sulfat austitriert.
I. Zur verdünnten sauren Permanganatlösung das Jodid und
zuletzt die Oxalsäure gefügt.
10 ccm Pgt + 25 ccm Hs0 + 25 ccm verd. HsS0O, +5 ccm KJ +3 g 0x
nach 1 Std. 17,67 ccm Th/o.
„RIOTEC y
Rh „
„a @orEi66 5 Y
Ba Et A» a Ä
ta, Su aZGE $
ll. Zur verdünnten sauren Permanganatlösung die Oxalsäure
und zuletzt die Jodidlösung gefügt.
10 ccm Pgt + 25 ccm H30 + 25 ccm verd. HBSO, +3 g Ox-+5ccemKJ
nach 3 Std. 17,7 ccm Thyo.
u. 8 Samt GbO. in 2
arilb® tes 2 7
Be AIEE ..w,
III. Zur neutralen verdünnten Permanganatlösung das Jodid,
dann Oxalsäure und schließlich Schwefelsäure gefügt.
Nach 3 Std. 17,6 ccm ao Th.
IV. Die verdünnte Jodidlösung gesäuert, die Oxalsäure und
zuletzt das Permanganat zugefügt.
Nach 1 Std. 17,68 ccm Th/jo.
17,78
Ss
3
SINDOoOoODDyHr m
Ss 3 yrumy 3 3 wg
m
=
> [e\
De}
ST |
I, mn His0s 3 3 3
D 1
„m
408 E. Rupp u. M. Horn: Bestimmung von Jodiden.
V. Die unverdünnte saure Permanganatlösung mit dem ‚Jodid
und schließlich der Oxalsäure versetzt.
10 cem Pgt + 25 ccm verd. SO, +5 ccm KJ+3g Ox
nach 2 Std. 19,1 ccm Th/yo.
» 5 n 21,0 ” »
vI.—VI. Bis zum fünffachen Ueberschuß große Permanganat-
mengen angewandt.
Pgt +25 ccm H30 + 25 cem verd. HsS0, +3g Ox +5 ccem KJ
10 ccm Pgt nach 6 Std. 17,62 ccm Thy;o.
10 j 15 „ 17,62
n n n n
10 5 gi a re,
0 cn ee ee
DB aber: Tann Ken ae In Zu
I nigint ) anüyue@rn„. 087, BazESehe
30 ” ” 2) 6 „ 17,53 ” ”
5cem KJ+25 ccm H50 + 25 cem verd. HsS0, +3g Ox + Pgt
10 ccm 3 Std. 17,61 ccm Thyyo
35 „Ale
35,2 „ 2A
5 „ 5 sad3b An
VIIL—X. Mit Salzsäure gesäuert.
10 ccm Pgt +25 cem H30 + 25 ccm verd. HCl +5 ccm KJ+3g 0x
nach 10 Std. 16,07 ccm Th/;o-
10 ccm Pgt +25 cem H3,0 +5 ccem KJ +25 cem verd. HOI1+3g 0x
nach 3 Std. 17,70 ccm Th/jo.
10 ccm Pgt +25 ccm HHO +5 cem KJ+3 g 0x +25 ccm verd. HCl
nach 3 Std. 17,70 ccm Thyyo.
Die Versuchsreihen I—VII besagen, daß Schwefelsäure das
geeignetere Säuerungsmittel ist. Versuchsreihe V lehrt, daß man in
verdünnten Lösungen zu arbeiten hat.
Die Reihenfolge der Agentienzusätze ist belanglos. Zur
Kontrollierung der Permanganatmenge möchten wir vorschlagen, dieses
zuletzt zuzufügen. Die Reaktionsdauer mit reichlichem Oxalsäure-
zusatz belaufe sich auf ca. 3 Stunden.
Es würde demnach die Arbeitsweise zur Bestimmung von Jodiden
folgende sein:
Eine geeignete Substanzmenge wird in einer Glasstöpselflasche
in ca. 50 ccm Wasser gelöst, mit etwa 25 ccm verdünnter Schwefel-
säure angesäuert und ca. 3g Oxalsäure in Substanz zugesetzt, ohne
weiter auf deren Lösung zu achten. Nun bringt man soviel ca. l1%ige
Kaliumpermanganatlösung hinzu, bis die beim Umschwenken an der
Flaschenwandung hochsteigenden Schichten deutliche violette Färbung
E. Rupp u. M. Horn: Bestimmung von Jodiden. 409
zeigen. Das Reaktionsgemisch läßt man nun ca. 3 Stunden stehen,
wobei zur Beförderung der Lösung abgeschiedenen Mangansuperoxyd-
hydrates zuweilen umgeschüttelt werden kann. Alsdann setzt man
ca. 1g Jodkalium zu und titriert das freie Jod mit "/jo Thiosulfat.
0,0127 g J = 1 ccm "/ıo Thiosulfat.
Bei einem zu erwartenden Thiosulfatverbrauch von etwa
8—25 ccm wird man ohne weiteres 10 ccm der l1%igen Permanganat-
lösung in Anwendung bringen. Es entspricht dies bei den gebräuch-
lichsten Jodiden einer anzuwendenden Substanzmenge von etwa
0,2— 0,4 g.
Es war nun weiterhin zu erweisen, daß diese Bestimmungsweise
von Jodionen auch durchführbar ist bei Anwesenheit von Chlor-
und Bromionen trotz der Verwertung von Permanganat.
Es erhellt dies aus nachstehenden Versuchsreihen, bei denen
5 cem obiger Jodidlösung = 17,62 ccm "/ıo Thiosulfat mit einer drei-
fachen Menge von Chlorid bezw. Bromid und einer sechsfachen Menge
an Chlorid + Bromid gemischt, zur Reaktion gebracht wurden.
1. Bei Gegenwart von Cl.
5ccem KJ+0,5g NaCl+25cem Hs0O +25 ccm verd. H3S0O,+3g 0x
+ 10ccm KMnO,
nach 16 Std. 17,59 ccm Th/yo-
5cem KJ+1g NaCl + 25ccm Hs0 + 25 ccm verd. H3S0O, + 10 ccm
KMnO, +3g 0x
nach 3 Std. 17,55 ccm Th/jo.
n 4 n 17,62 » »
„uoat zuteil. ,
10 ccm KMnO, + 25 ccm H30 + 25 ccm verd. H3S0, + 3g Ox +
(5 cem KJ+1g NaCl)
nach 4 Std. 17,55 ccm Th/yn.
2. Bei Gegenwart von Br‘.
5ccm KJ+05. KBr + 25 ccm H30 + 25 ccm verd. H3S0, +
3g 0x + 10 ccm KMnO0,
nach 3 Std. 17,60 ccm Thyıo.
5cem KJ + 1g KBr +25 ccm H30 + 25 ccm verd. H3sS0O,;, +
3g 0x + 10 ccm KMnO,
nach 1 Std. 17,80 ccm Th/yo
Sn RT
n 3.7760,
u BD ARE2T „nor;
4050. u
wo Are
u
410 E. Rupp u. M. Horn: Bestimmung von Jodiden.
10 com KMnO, + 25 cem H30 + 25 ccm verd. H3S0, + 38 0x +
(5 ccm KJ +1 gKBr)
nach 16 Std. 17,62 ccm Th/;o
„h Vs, UT %
3. Bei Gegenwart von Cl’ + Br‘.
5cem KJ-+ 1g NaCl + 1g KBr + 25 ccm H30 + 25 ccm verd.
H550, + 3 g 0x + 25 ccm KMn(,
nach 6 Std. 17,44 ccm Th/yo
Mitar DEsuen 1° 7 ar R
30 com KMnO, + 25 ccm H30 + 25 ccm verd. HsS0, +3g 0x +
(5 cem + 1 g NaCl + 1 g KBr)
nach 6 Std. 17,24 ccm Th/jo.
5 ccm KJ+ 1g NaCl + 1g NaBr + 25 ccm H5s0 + 25 cem verd.
HsS0, + 3 g Ox + 10 ccm Pgt
nach 2 Std. 17,70 ccm Th/jo
»„ 3 „ 1760 „ „
n 3 ” 17,55 b) ”
un an a "
Das Aussehen der Reaktionsgemische ist hier ein wesentlich
anderes. Das abgespaltene Jod hält sich mehr oder weniger in der
chlor- bezw. bromwasserstoffsauren Flüssigkeit gelöst. Diese bleibt
daher dauernd jodbraun gefärbt. Ferner ist von einer auch nur vor-
übergehenden Violettfärbung durch überschüssige Chamäleonlösung
nichts zu bemerken, so daß dieser Anhaltspunkt für die Permanganat-
bemessung verloren geht. Entbundenes Brom wird durch die Oxalsäure
in Ionenform zurückgeführt.
Man verfährt daher bei stark chlorid- bezw. bromidhaltigen
Untersuchungsobjekten wie folgt:
Ca. 0,25—0,5 g Substanz werden zu ca. 50 ccm in Wasser gelöst
und mit ca. 25 ccm verdünnter Schwefelsäure nebst 3 g Oxalsäure
versetzt. Zuletzt fügt man 10 ccm 1%ige Chamäleonlösung zu. Nach
ca. 3 Stunden Stehens setzt man ca. 1 g Jodkalium zu und titriert
mit "/;o Thiosulfat. Bei einem Titrationsverbrauch von erheblich weniger
als 10 ccm wiederholt man den Versuch mit entsprechend mehr Substanz
oder weniger Permanganat, ohne im übrigen die Versuchsbedingungen
zu ändern.
Es läßt sich mit Einbeziehung dieses Verfahrens eine einfache
titrimetrische Trennung von J‘ und C/‘, J‘ und Br‘, J’ und Br’ + C!‘
zur Durchführung bringen, indem man zunächst eine Bestimmung des
Gesamthalogens nach Volhard und weiterhin eine Titration des
E. Rupp u. M. Horn: Bestimmung von Jodiden. 411
Jodids im Sinne der beschriebenen Methode vornimmt. Aus der
Differenz beider Resultate ist alsdann das Resthalogen berechenbar.
lccm n/oAgNO,; = 0,003545 g CI’
Be ee Fr —= 0,007996 „ Br‘
1, %p ” = 0,0127 „)J‘
1 „ "ho Thioslft. = 0,0127 „J".
Der Vollständigkeit wegen sollen auch hierzu einige der ge-
fandenen Versuchswerte angefügt werden:
J’ +Cl: Argentometrischer Summenwert von 10 ccm "/io KJ + 10 cem
2/;o NaCl, berechnet 20 ccm "/jn Ag = 100%; gefunden 20,04 ccm =
100,2 %.
2/0 Thiosulfatwert für J‘ bei denselben Substanzmengen be-
rechnet 10 ccm = 100%; gefunden 10,03 ccm = 100,3 %.
J‘ + Br‘: Argentometrischer Summenwert von 10cem ?/io KJ+ 10 cem
2/o K Br, berechnet 20 cem "/jo Ag = 100%; gefunden 20,05 ccm =
100,25 %.
2/0 Thiosulfatwert für J‘ bei den gleichen Substanzmengen
berechnet 10 cem = 100%; gefunden 10,04 ccm = 100,4 %.
‘+ (Br‘+CN: Argentometrischer Summenwert von 10cem "/o KIJI+
10 ecm */io NaCl + 10 cem "/io KBr, berechnet 30 cem "/jo Ag =
100 %; gefunden 30,07 cem = 100,25 %.
2/0 Thiosulfatwert für dasselbe Salzgemisch berechnet 10ccm =
100 %; gefunden 10,05 ccm = 100,5 %.
Bei der argentometrischen Bestimmung jodidhaltiger Salzgemische
hat man dem stark zu Einhüllungserscheinungen neigendem Silberjodid
derart Sorge zu tragen, daß man die Salzlösung in einer Glasstöpsel-
flasche auf mindestens 100 ccm mit Wasser verdünnt, dann säuerten
wir mit wenig verdünnter Salpetersäure an und setzten unter lebhaftem
Umschwenken die überschüssige Silberlösung zu. Nun wird solange
kräftig geschüttelt, bis das Halogensilber sich ballt und die Lösung
klar übersteht. Die Ag-Rücktitration mittels Rhodanlösung nach Zusatz
von Eisenalaun und hinreichend Salpetersäure erfolgt direkt im Reaktions-
gemische.
Die Jodidbestimmung wurde genau nach der für Cl‘ resp.
Br’-haltige Salzgemische gegebenen Vorschrift ausgeführt.
412 K. Lewinsohn: Ueber das Myrrhenöl.
Arbeiten aus dem pharmazeutischen Institut der
Universität Berlin.
Mitgeteilt von H. Thoms.
Ueber das Myrrhenöl.
Von Dr. Kurt Lewinsohn.
(Eingegangen den 7. IX. 1906.)
Das destillierte Myrrhenöl war bereits Walter Ryff (1545),
Valerius Cordus (1540) und Conrad Gesner (1555) bekannt.
Beobachtungen über die Gewinnungsweise und Ausbeuten des Oeles
machten im 18. und 19. Jahrhundert Fr. Hoffmann, Caspar
Neumann, J. R. Spielmann, Thielebein, Braconnot, Pelletier
und Rudolf Brandes'). Das Oel wurde in stark wechselnder Aus-
beute erhalten, und zwar in Schwankungen von 2,5—10%. Welche
Umstände hierbei in Frage kommen, soll weiter unten erörtert werden.
Von den Bestandteilen des ätherischen Oeles der Herabolmyrrhe
ist bisher keiner isoliert und erkannt worden, und die wenigen Autoren,
die sich mit der Untersuchung des Herabolmyrrhenöls befaßt haben,
beschränken sich darauf, die physikalischen Eigenschaften zu be-
schreiben und stimmen in ihren Angaben durchaus nicht überein. Die
mannigfachen Abweichungen bei der Beobachtung der physikalischen
Konstanten sind nach Gildemeister und Hoffmann „vielleicht darauf
zurückzuführen, daß bei der Darstellung im kleinen die schweren An-
teile leicht im Harze verbleiben und nur das spezifisch leichtere Oel
übergeht“, andererseits auch darauf, daß die Herkunft des Oeles eine
so verschiedene ist, und schließlich kommt auch das jeweilige
Destillationsverfahren der Fabriken dabei wesentlich in Betracht.
Myrrhenöl siedet nach Köhler?) von 220° bis 325° nach
Tucholka®) von 260° bis 280° und hat einen Drehangswinkel von
[alp = —67° 54. Gladstone*) fand eine Drehung von — 136°,
Ruickholdt?’) untersuchte 1845 das Myrrhenöl und fand durch die
Analyse Zahlen, die annähernd auf C,oH,,O0 stimmten. Hierdurch
1) Vergl. E. Gildemeister u. Fr. Hoffmann: Die ätherischen Oale,
Berlin 1899. Verlag von J. Springer.
2) Arch. d. Pharm. 228, 291.
8) Arch. d. Pharm. 235, 298.
4) Journ. chem. Soc. 17, 1.
5) Arch. d. Pharm. 91, 10.
K. Lewinsohn: Ueber das Myrrhenöl 413
veranlaßt, untersuchte Flückiger!) 1876 das Oel auf Carvon und
fand, daß dieser Körper im Myrrhenöle nicht vorhanden ist.
Es ist als Fehler bei den bisherigen Untersuchungen zu bezeichnen,
daß die Autoren das Rohöl stets direkt der fraktionierten Destillation
bei gewöhnlichem Drucke unterworfen haben, ohne Rücksicht auf
durch einfache Reagenzien zuvor leicht abscheidbare Bestandteile
genommen zu haben. Auch wurde von keinem der bisherigen
Bearbeiter des Oeles eine fraktionierte Destillation der Kohlenwasser-
stoffe über metallischem Natrium unter vermindertem Drucke versucht.
Meine Arbeiten über das Myrrhenöl, welche ich auf Anregung
und unter Leitung des Herrn Prof. Dr. Thoms im Pharmazeutischen
Institut der Universität Berlin ausgeführt habe, lieferten Ergebnisse,
die geeignet sind, die Zusammensetzung verschiedener Handelspräparate
Myrrhenöl und eines aus Herabolmyrrhe selbst destillierten Oeles
aufzudecken.
Myrrhenöl I.
Dieses von der Firma Schimmel & Co. in Miltitz bezogene Oel
war dickflüssig, gelbbraun, roch angenehm nach Myrrhe und zugleich
terpentinartig. Es siedete bei 12 mm zwischen 56° und 190° und
reagierte sauer. Das spezifische Gewicht war 1,015 bei 19° und
betrug [@]p = — 40,3° bei 19°.
Das längere Zeit in ein Kältegemisch gestellte Oel schied ganz
geringe Mengen winzig kleiner Krystalle ab, die aber zur Untersuchung
nicht ausreichten.
1. 0,15 g Substanz: 0,456 g CO, und 0,1296 g Hs0.
2. 0,2005 g Substanz: 0,6072 g COg und 0,1685 g Hs0.
1 2
C 82,9 82,63%,
H 96 9,33 „.
Aus dem hohen Sauerstoffgehalte konnte geschlossen werden,
daß außer Terpenen noch andere Körper vorhanden sein müssen, an
deren Isolierung mir vor allem lag. Ich stellte infolgedessen mit einer
geringen Menge des Oeles einige Versuche an, und auf Grund der
hierbei gemachten Beobachtungen behandelte ich dann die Gesamtmenge
wie folgt:
Der Aldehyd.
300 g Myrrhenöl wurden mit dem doppelten Volumen Aether
versetzt und im Scheidetrichter mit einer der Gesamtlösung gleichen
Menge konzentrierter Natriumbisulfitlösung 8 Tage lang unter Licht-
abschluß und möglichster Vermeidung von Luftzutritt vorsichtig
1) Berichte 9, 471.
414 K. Lewinsohn: Ueber das Myrrhenöl.
geschüttelt. Unmittelbar beim Zusatze der Natriumbisulfitlösung
bemerkte ich das Ausfallen von krystallisierenden Flocken, die sich
reichlich vermehrten. Sie wurden gesammelt, mit Natronlauge zerlegt
und das Gemisch mit Aether ausgeschüttelt, der beim Verdampfen
ein aromatisch riechendes, gelbbraunes, zähflüssiges Oel von stark
reduzierender Wirkung hinterließ.
Ich vermutete in diesem Körper einen Aldehyd.
1. 0,1774 g Substanz: 0,3515 g COs und 0,951 g H;0.
2. 0,2255 g Substanz: 0,6701 g CO, und 0,1702 g Hs0.
Gefunden: Berechnet für CjoHıa0:
C 81,65 81,22 81,08%
H 589 841 8,11 „.
Bei 12 mm Druck siedete der Körper bei 116°, ohne sich zu
zersetzen.
Zusammensetzung und Verhalten des Körpers machen die An-
nahme wahrscheinlich, daß es sich hier um Cuminaldehyd oder
Cuminol von der Formel O,0oHıs0 handelt. Daß dieser Aldehyd
tatsächlich vorliegt, konnte durch Darstellung seines Oxydations-
produktes, der Cuminsäure, sowie durch die Untersuchung seines Oxims
und Semikarbazons sicher gestellt werden.
Oxydation des Aldehyds.
1 g Aldehyd schüttelte ich mit einer Lösung von 0,8 g Kalium-
permanganat in 200 g Wasser, bis die Färbung des Permanganats
völlig verschwunden war. Gleichzeitig verschwand auch der starke
Geruch des Aldehyds. Die vom Manganschlamme abfiltrierte Flüssig-
keit säuerte ich mit Schwefelsäure an, es entstand ein weißlicher,
reichlicher Niederschlag, den ich mit Aether aufnahm. Nach dem
teilweisen Verdunsten des letzteren krystallisierte ein Körper in
schönen, farblosen, prismatischen Nadeln heraus. Nach mehrmaligem
Umkrystallisieren aus viel Aether und unverdünntem Alkohol erhielt
ich glänzende Krystalle, die bei 114°—115° schmolzen.
Die Analyse lieferte Werte, die auf die Formel CjoHıa Os
(Cuminsäure) sich beziehen lassen:
0,151 g Substanz: 0,4041 g COs und 0,105 g H;0.
Gefunden: Berechnet für CyoH1s Os:
C 72,98 73,2%
H 739 1B5-
Um mich davon zu überzeugen, daß der vorliegende Körper in
der Tat Cuminsäure ist, isolierte ich Cuminaldehyd aus römischem
Kümmelöl, unterwarf den so gewonnenen Cuminaldehyd der Oxydation
mit Kaliumpermanganat und vermischte die auf solche Weise dar-
K. Lewinsohn: Ueber das Myrrhenöl. 415
gestellte und mehrmals für sich umkrystallisierte Cuminsäure mit
der vorher erhaltenen. Der Schmelzpunkt dieser Mischung lag bei
1130°—114°, sodaß dadurch die Identität beider Körper bewiesen war.
Das Oxim.
Zur weiteren Identifizierung des Cuminaldehyds stellte ich nach
der von V. Meyer!) angegebenen Methode das Oxim dar mit dem
Unterschiede, daß ich, da es sich um einen im Wasser unlöslichen
Aldehyd handelte, iu wässrig-alkoholischer Lösung arbeitete. Nach
dreimaligem Umkrystallisieren des Reaktionsproduktes aus Alkohol
hatte dieses den Schmp. 56° und gab mit dem aus römischem Kümmelöl
in analoger Weise hergestellten Aldoxim vom Schmp. 58° eine ganz
unbedeutende Schmelzpunkterniedrigung, was nicht zu verwundern ist,
da die Angaben über den Schmelzpunkt des Aldoxims in der Literatur
Abweichungen zeigen, je nach dem Material, von dem man aus-
gegangen ist.
Eine Stickstoffbestimmung des Oxims lieferte folgende Werte:
0,1611 g Substanz: 11,8 ccm N bei 764 mm Barometer und 20°.
Gefunden: Berechnet für CyoH3NO:
8,48 8,65%
Das Semicarbazon.
Zur weiteren Charakterisierung des Cuminaldehyds stellte ich
ein Semicarbazon nach dem von Zelinsky°) ausgearbeiteten Ver-
fahren dar. Nach zweimaligem Umkrystallisieren des Reaktions-
produktes aus heißem Alkohol wurden perlmuttartig schillernde Blättchen
vom Schmp. 201° erhalten.
0,1763 g Substanz: 10,8 ccm N bei 762 mm Barometer und 20°,
Gefunden: Berechnet für C,H ON::
N 701 6,834,
Ein Gemisch der Semikarbazone des Cuminaldehyds aus Myrrhenöl
und aus römischem Kümmelöl wies den gleichen Schmelzpunkt auf,
sodaß hierdurch die Identität beider bewiesen ist.
Cuminaldehyd ist bisher nur im römischen Kümmelöl, im Oele
von Cicuta virosa und neuerdings im Ceylon-Zimmetöl®) aufgefunden
worden.
Der Cuminaldehyd ist leicht veränderlich. Er wird bei Luft-
zutritt schnell braun und verharzt. Hieraus erklärt es sich wohl auch,
daß früheren Untersuchern, welche das Myrrhenöl nicht im Vakuum
1) Berichte d. d. chem. Ges. 15, 2783.
®2) Berichte d. d. chem. Ges. 30, 1541.
8) Journ. pr. Chem. 66, 55.
416 K. Lewinsohn: Ueber das Myrrhenöl.
destillierten, sondern bei normalem Luftdruck, die Anwesenheit des
Cuminaldehyds im Myrrhenöl entgangen ist, da bei der hohen Temperatur
eine Zersetzung des leicht veränderlichen Aldehydes eintrat.
Schon Gerhardt und Cahours haben gelegentlich der Unter-
suchung des römischen Kümmelöles die Beobachtung gemacht, daß der
Cuminaldehyd sich nur bei Luftabschluß unverändert destillieren läßt
und teilweise verharzt, wenn man ihn längere Zeit bei Luftzutritt im
Sieden erhält.
Die Säuren.
Zur Isolierung der freien Säuren schüttelte ich die vom Aldehyd
befreite und mit Wasser gewaschene ätherische Lösung des Oeles
mehrere Male mit 5%iger Sodalösung gut aus. Die gereinigten
wässerigen Ausschüttelungen wurden mit verdünnter Schwefelsäure
angesäuert, wobei sich ein gelblicher flockiger Niederschlag abschied.
Er wurde mit Aether aufgenommen, der Aether mit Wasser gewaschen
' und im luftverdünnten Raume bei ganz geringer Erwärmung abdestilliert:
Es hinterblieben die Säuren als ein dunkelbrauner, dickflüssiger Rück-
stand von etwa 3 g, d. h. 1% des Oeles, der in einer Kältemischung
teilweise erstarrte. Der Geruch erinnerte an Fettsäuren, hatte aber
gleichzeitig ein starkes Aroma.
Flüchtige Säuren.
Den Säurerückstand schüttelte ich mit Wasser an und unterwarf
ihn solange der Destillation mit Wasserdämpfen, bis die zuletzt über-
gehenden Anteile keine saure Reaktion mehr zeigten. Das Destillat
wurde mit Sodalösung genau neutralisiert und auf dem Wasserbade
zur Trockne verdampft. Das zurückbleibende Natriumsalz wurde mit
Alkohol aufgenommen, die Lösung filtriert und eingedampft. Der
hinterbleibende Rückstand wurde in 50 g Wasser gelöst und mit
Silbernitratlösung im Ueberschuß versetzt. Es entstand ein weißer,
bald grau werdender flockiger, käsiger Niederschlag, der sich zusammen-
ballte und am Boden festsetzte. Er wurde abfiltriert, mit Wasser gut
nachgewaschen und im Vakuumexsikkator unter Lichtabschluß getrocknet.
Er betrug etwa 1,2 g und bildete trocken ein amorphes Pulver.
Um die Säure näher zu charakterisieren, nahm ich eine Silber-
bestimmung vor, die folgende Resultate gab:
1. 0,1754 g Substanz: 0,1104 g Ag, d. s. 62,99% Ag.
2. 0,1912 g Substanz: 0,1200 g Ag, d. s. 62,76% Ag.
Essigsaures Silber enthält 64,67% Ag, propionsaures Silber 59,66% Ag,
buttersaures Silber 55,37% Ag.
Es läßt sich aus den erhaltenen Zahlen kein sicherer Schluß
auf die Art der vorliegenden Säure ziehen. Es ist wahrscheinlich,
K., Lewinsohn: Ueber das Myrrhenöl. 417
daß hier ein Gemisch verschiedener Säuren vorliegt. Ich kochte
daher, um eine etwaige Trennung der Säuren vorzunehmen, den Körper
mit Wasser, worin er sich bis auf einen kleinen Rückstand löste. Das
Filtrat dunstete ich ein und erhielt beim Erkalten kleine, silberglänzende
Krystalle, die schnell abgesaugt und im Vakuumexsikkator bei Licht-
abschluß getrocknet wurden.
1. O,i111 g Substanz: 0,0719 g Ag, d. h. 64,71% Ag.
2. 0,1511 „ Substanz: 0,0981 g Ag, d. h. 64,92 „ Ag.
Berechnet für CH; COOAg: 64,67% Ag. Beim Uebergießen des
Rückstandes mit verdünnter Schwefelsäure machte sich bei gelindem
Erwärmen der charakteristische Geruch nach Essigsäure bemerkbar.
Die übrig gebliebene Menge des Silbersalzes war so gering, daß eine
C- und H-Bestimmung sich nicht mehr ermöglichen ließ. Mit Sicherheit
konnte nur erwiesen werden, daß die isolierte Säure des Myrrhenöles
mit Essigsäure identisch ist, und zwar wurden 0,143% freie Essig-
säure aufgefunden.
Nicht flüchtige Säuren.
Der bei der Destillation mit Wasserdämpfen verbliebene Rück-
stand wurde mit Aether aufgenommen und die ätherische Lösung zur
Bindung der Säuren mit einer 2%igen Ammoniaklösung ausgeschüttelt.
Die gelbbraune Lösung wurde durch vorsichtiges Erhitzen und
anhaltendes Durchleiten eines Luftstromes von Ammoniak befreit und
mit Bleiacetatlösung versetzt. Es entstand ein hellbrauner Niederschlag,
welcher abgesaugt und bei gelinder Wärme getrocknet wurde. Es
hinterblieben 3,2 g Bleisalz als gelbbraunes, staubiges Pulver.
Trennung der gesättigten und ungesättigten Säuren.
Die Bleisalze werden mit etwa 125 ccm wasserfreiem Aether
einige Tage lang digeriert, das im Aether ungelöst gebliebene Bleisalz
abfiltriert, mehrere Male mit Aether nachgewaschen und mit 25 %iger
Salzsäure 10 Minuten lang auf dem Wasserbade erwärmt.
Die so isolierte Säure wurde als gelblicher, krystallinischer Rück-
stand erhalten, der nach mehrmaligem Umkrystallisieren aus Aether
und Alkohol weiße, glänzende, schuppige Blättchen lieferte, die bei
629 schmolzen.
0,2221 g Substanz: 0,6083 g COs und 0,2521 g Hz0.
Gefunden: Berechnet für Cjg Hga O3:
C 74,69 74,93%
H 12,61 12,58 „.
Ein Gemisch der aus Myrrhenöl isolierten Säure mit Palmitin-
säure zeigte keine Depression des Schmelzpunktes, sodaß dadurch die
Identität beider bewiesen war.
Arch. d. Pharm. UCXXXXIV. Bds. 6. Heft. 27
418 K. Lewinsohn: Ueber das Myrrhenöl.
Die ungesättigte Säure.
Das in Aether unlösliche Bleisalz wurde mit Salzsäure zerlegt
und die ätherische Lösung der in Freiheit gesetzten Säure verdunstet. .
Es hinterblieb ein geringfügiger, klebriger, dicker, gelber, moschusartig
riechender Rückstand, den weiter zu verarbeiten die geringe Menge
nicht zuließ. Nur soviel konnte festgestellt werden, daß Kalium-
permanganatlösung schon in der Kälte stark reduziert wurde.
Die Phenole.
Die von Aldehyd und den Säuren befreite ätherische Lösung des
Oeles wurde mehrere Male mit destilliertem Wasser gewaschen und
dann mit dem gleichen Volumen 2%iger Kalilauge gut ausgeschüttelt.
Die vereinigten alkalischen Ausschüttelungen wurden mit Aether
gewaschen und mit verdünnter Schwefelsäure angesäuert. Die Flüssigkeit
trübte sich stark und entwickelte kresolartigen Geruch. Die Phenole
wurden mit Aether ausgeschüttelt, die ätherische Lösung mit Wasser
gewaschen und mit entwässertem Natriumsulfat getrocknet. Nach
Abdunsten des Aethers bei gewöhnlicher Temperatur im Vakuum
hinterblieb ein gelbrotbrauner, dickflüssiger Rückstand von etwa 3 g,
der kresolartig roch und im Kältegemisch teilweise erstarrte. Zur
näheren Charakterisierung führte ich den Körper in die Benzoyl-
verbindung über.
Benzoylverbindung des Phenols.
Die Benzoylverbindung schied sich als dunkelbraune, plastische
Masse ab; sie wurde unter Wasser geknetet und auf eine Tonplatte
gestrichen. Dei auf dieser verbleibende Rückstand löste sich in Ligroin
vollkommen auf, und nach zweimaligem Umkrystallisieren aus Ligroin
wurden reinweiße, große Krystalle erhalten, die nach mehrmaligem
Umkrystallisieren aus verdünntem Alkohol derbe, rhombische Krystalle
vom Schmp. 69° bildeten.
Die Analyse derselben lieferte Werte, die auf Benzoyl-Eugenol
bezogen werden konnten:
0,1336 g Substanz: 0,3701 g COs und 0,0727 g Hs0.
Gefunden: Berechnet für 077 Hi8 03:
C 75,65 76,1%
H 6,05 6,0 „.
Mit gleichen Teilen reinen Benzoyleugenols vermischt, zeigte der
Körper keine Schmelzpunktdepression.
Es ist somit nachgewiesen, daß die Hauptmenge des in dem
Myrrhenöle enthaltenen Phenols Eugenol ist.
en m
u Lu
Da. due 5 a
K. Lewinsohn: Ueber das Myrrhenöl. 419
Der vorher beobachtete Kresolgeruch ließ die Vermutung auf-
kommen, daß neben dem Eugenol noch Kresol vorhanden ist. Aller
Wahrscheinlichkeit nach handelt es sich um m-Kresol, denn während
die Benzoylverbindung von o- und p-Kresol feste Körper bilden, gibt
m-Kresol eine flüssige Benzoylverbindung, die in den Tonteller ge-
drungen war und das völlige Erhärten der ursprünglichen Benzoyl-
verbindung verhindert hatte. Mangel an Material verhinderte mich,
das Kresol mit voller Sicherheit als m-Kresol zu kennzeichnen. Die
gewonnene Menge Benzoyleugenol betrug etwa 1g, was einem Gehalte
von 0,23% freiem Eugenol im Myrrhenöl entspricht.
Weitere Aufarbeitung des von Aldehyd, Säuren und Phenolen
befreiten Oeles.
Die mit Natriumbisulfitlösung, Sodalösung und Kalilauge aus-
geschüttelte ätherische Lösung des Myrrhenöles wurde mit Wasser
gewaschen, mit trockenem Natriumsulfat entwässert und durch gelindes
Erwärmen im Vakuum vom anhaftenden Aether befreit. Es hatte
sich sowohl der Geruch, wie die Farbe, die Konsistenz und die
prozentuale Zusammensetzung des Oeles verändert. Die Analyse ergab
jetzt folgende Werte:
0,1624 g Substanz: 0,4623 g CO, und 0,1327 g Hs0.
Gefunden: Ursprüngliches Oel:
C_ 77,69 82,9%
H , 908 96,
0 13,23 75 .-
Durch den hohen Sauerstoffgehalt des balsamartig fließenden Oeles
veranlaßt, fahndete ich auf etwa anwesende Ketone, welche an Bisulfit
vielleicht nicht bindbar waren, und suchte durch längeres Einstellen
in eine Kältemischung eine krystallinische Abscheidung zu erhalten,
was aber nicht gelang. Ebenso gaben die Versuche, aus dem Oel ein
Oxim, Hydrazon und Semikarbazon darzustellen, ein negatives Resultat.
Carvon, welches Ruickholdt im Myrrhenöl nachgewiesen haben
wollte, war also in dem mir vorliegenden Oele sicher nicht vorhanden.
Prüfung auf Ester.
Zum Nachweise, ob veresterte Alkohole oder Phenole vorliegen,
kochte ich 5 g des Oeles mit 25 g 2%iger alkoholischer Kalilauge
‘ mehrere Stunden am Rückflußkühler und destillierte den Alkohol auf
dem Wasserbade ab. Der Destillationsrückstand wurde mit Wasser
verdünnt, mit Aether von anhängendem Oel befreit, die klare, wässerige
Flüssigkeit mit Schwefelsäure angesäuert und mit Aether ausgeschüttelt.
Nach dem Verdunsten des Aethers im Vakuum blieben nur Spuren
einer harzartigen klebrigen Substanz’ zurück. Nennenswerte Mengen
Ester waren hiernach in dem Oele nicht vorhanden.
27*
420 K. Lewinsohn: Ueber das Myrrhenöl.
Verhalten des Oeles zu Petroläther.
Um das Oel weiter zu charakterisieren, behandelte ich es mit
Petroläther und machte dabei die Beobachtung, daß dadurch eine
Trennung des Oeles von einem festen Körper erzielt werden konnte.
Etwa 125 g des vorliegenden, balsamartigen Oeles verrieb ich nach
und nach in einem geräumigen Mörser mit 500 g Petroläther. Es
fielen gelbbraune Flocken aus, die ich, da sie Neigung zum Verharzen
zeigten, so schnell wie möglich absaugte und solange . mit Petroläther
nachwusch, bis ein hellgelbes, stäubendes amorphes Pulver zurückblieb.
Der im Vakuumexsikkator getrocknete Körper, etwa 30% des Oeles
ausmachend, gab bei der Analyse die folgenden Werte:
0,115 g Substanz: 0,3045 g CO; und 0,082 g H30.
Gefunden:
C 72,22%,
H +, 708...
Im Reagenzglase erhitzt, zersetzte sich der Körper unter Ver-
breitung eines brenzligen Geruches. Mit Natronlauge und Sodalösung
gekocht, löst er sich langsam auf und wird durch verdünnte Schwefel-
säure unverändert wieder gefällt. Er ist unlöslich in Aether, Toluol,
Benzol, löslich in Alkohol, Eisessig, Chloroform.
Auf Grund einer Arbeit Tschirchs!) „Untersuchungen über
die Sekrete“, in der er sich besonders mit der Herabol-Myrrhe befaßt,
muß angenommen werden, daß bei der Myrrhe die Harzkörper aus
dem Oele hervorgegangen sind, und diese Annahme gewinnt noch an
Wahrscheinlichkeit, wenn man bedenkt, daß kein Oel so leicht und so
rasch verharzt wie das Myrrhenöl. Während früher ganz allgemein
angenommen wurde, daß alle Harze aus den Oelen hervorgehen, hat
Tschirch die Theorie aufgestellt und sie durch Versuche gestützt,
daß eine solche Umwandlung nur in beschränktem Maße stattfindet.
Die Harzsäuren stehen zwar zu den Terpenen in Beziehung, können
aber nicht als aus ihnen durch einfache Autoxydation hervorgegangen
betrachtet werden. Hier bei der Myrrhe liegen, wie es scheint, die
Dinge anders.
Ich habe nun, wie weiter unten ausgeführt ist, die gleiche
Erfahrung einer Autoxydation des Myrrhenöles zu einem Harzkörper
gemacht, wie Tschirch, und zwar habe ich gefunden, daß sich vor-
nehmlich die hochsiedenden Sesquiterpene an dieser Harzbildung be-
teiligen, da ein sesquiterpenfreies Myrrhenöl, wie ich es selbst durch
Hindurchleiten gespannter Wasserdämpfe durch das gut zerkleinerte
Harz darstellen konnte, mit Petroläther keinen Harzkörper abschied.
1) Arch. d. Pharm. 1905, 641.
ku A en 5
K. Lewinsohn: Ueber das Myrrhenöl, 421
Um den Harzkörper näher zu charakterisieren, stellte ich einige
Versuche an: Die alkoholische Lösung reagierte schwach sauer und
wurde mit Bleiacetat gelb gefällt. Meine Vermutung, daß ich es mit
einem der von Tschirch als Myrrhole und Myrrholole bezeichneten
Körper zu tun habe, bestätigte sich nicht, da der Körper bei 105° zu
sintern beginnt und bei 115° geschmolzen ist, während die von
Tschirch bearbeiteten Körper erst bei einer 100° höher liegenden
Temperatur schmelzen.
Reduktionsversuch.
Von der Annahme ausgehend, daß in dem Harzkörper das
Oxydationsprodukt eines Kohlenwasserstoffs vorliegt, versuchte ich
durch Sauerstoffentziehung zu einem Kohlenwasserstoff zurückzu-
gelangen.
Ich löste zu dem Zwecke 6 g des Körpers in 30 g Amylalkohol -
auf, gab solange metallisches Natrium hinzu, bis keine Gasentwickelung
mehr stattfand und erwärmte einige Zeit. Nach dem Erkalten wurde
mit verdünnter Schwefelsäure zerlegt und mit Aether ausgeschüttelt.
Die ätherisch-amylalkoholische Lösung, die dunkelgelb gefärbt war,
trennte ich von der wässerigen im Scheidetrichter, trocknete sie über
Natriumsulfat und dunstete den Aether im Vakuum bei gewöhnlicher
Temperatur ab; den Amylalkohol verjagte ich bei 15 mm Druck und
49°. Der Kolbeninhalt wurde beim weiteren Erhitzen immer dicker
und dunkler und, da ich ein vollständiges Verharzen befürchtete, hörte
ich bei 135° und 13 mm Druck mit dem Erhitzen auf. Die gelbbraune,
dicke Flüssigkeit roch schön aromatisch nach Oedernholz und wurde,
um sie von harzigen Bestandteilen zu befreien, mit Wasserdampf
destilliert. Auf dem Destillate schwamm eine gelbe Oelschicht, die
ebenfalls aromatisch, cedernholzartig roch und ausgeäthert wurde.
Die ätherische Lösung wurde mit Natriumsulfat entwässert und im
Vakuum vom Aether befreit. Der Rückstand war eine durch Spuren
Wasser getrübte Flüssigkeit, die nach dem Erhitzen bald klar und
bernsteingelb wurde.
Das spezifische Gewicht der öligen Flüssigkeit, im 1 ccm Pykno-
meter festgestellt, war 0,923 bei 19°,
1. 0,1872 g Substanz: 0,5844 g COsa und 0,194 g Hs0.
2. 0,1312 g Substanz: 0,4084 g COz und 0,1336 g Hs0.
Gefunden:
RR i; II.
C 8,14 84,88%
H 1159 11,31,.
Hieraus geht hervor, daß durch die Einwirkung des Natriums
in amylalkoholischer Lösung eine starke Sauerstoffentziehung statt-
422 K. Lewinsohn: Ueber das Myrrhenöl.
gefunden hatte, die allerdings nicht soweit vorgeschritten war, daß als
Endprodukt nur ein Kohlenwasserstoff erhalten wurde.
Der Siedepunkt des Oels spricht indes dafür, daß im wesentlichen
ein Sesquiterpen vorliegt.
Es war möglich, durch die Darstellung eines gut krystallisierenden
Salzsäureanlagerungsproduktes einen weiteren Beweis für das Vor-
handensein eines Sesquiterpens zu erbringen.
0,0986 g Substanz: 0,099 g AgCl.
Gefunden: Berechnet für C,; H42HCl:
Cl 25,01 25,64,
Der Schmelzpunkt des Salzsäureanlagerungsproduktes liegt bei
115—117°, übereinstimmend mit demjenigen, welcher für das Cadinen-
dihydrochlorid beobachtet worden ist, so daß die Wahrscheinlichkeit
nahe liegt, daß es sich hier um Oadinen handelt. Diese Annahme
erscheint um so mehr berechtigt, als aus einem Myrrenöle des Handels
(siehe später) ein Sesquiterpen isoliert werden konnte, welches hin-
sichtlich seiner Eigenschaften dem Cadinen sehr nahe steht, und dessen
Salzsäureanlagerungsprodukt, mit dem aus reinem Oadinen dargestellten
vermischt, eine nur unbedeutende Schmelzpunktserniedrigung zeigte.
Das entharzte Oel.
Das im Petroläther gelöst gebliebene Oel befreite ich von seinem
Lösungsmittel durch Abdunsten desselben im Vakuum. Das vorher
dunkle, balsamartige Oel bildete nunmehr eine leicht bewegliche, hell-
gelbe Flüssigkeit, die zwischen 40 und 90° bei 15 mm siedete.
0,1582 g Substanz: 0,4737 g COz und 0,1323 g HsO.
Gefunden:
C 81,66%
H 932,
Fraktionierte Destillation über Natrium.
Ich unterwarf 25 g des noch von Spuren Petroläthers ver-
unreinigten Oeles der Destillation über Natrium im Vakuum, und
nachdem ich es durch wiederholtes Erhitzen von den letzten Teilen
anhaftenden Petroläthers befreit hatte, erhielt ich nach oftmaligem
mühsamen Fraktionieren bei 15 mm Druck folgende Fraktionen:
1. Von 56—66° etwa 15 g einer farblosen, charakteristisch
riechenden, leicht beweglichen Flüssigkeit, deren Analyse auf die
Formel CjoHıs stimmende Resultate ergab:
0,2122 g Substanz: 0,6842 g COs und 0,2272 g HsO.
Gefunden: Berechnet für CyoHje:
C 87,94 88,29,
H 11,89 11,8 „.
i
i
Keen re ee v
er u 2 2
;
SE
riechenden,
K. Lewinsohn: Ueber das Myrrhenöl.
2, Von 70—80°, etwa 7,5 g einer farblosen,
leicht beweglichen Flüssigkeit,
ergab, die ebenfalls auf die Formel C,oHıs sich beziehen ließen:
0,1551 g Substanz: 0,5004 g COg und 0,1675 g Ha0.
Gefunden: Berechnet für CjoHje:
C 87,09 88,2%
H 12,07 EL:
terpentinartig
deren Analyse Werte
Fraktion I.
Der Versuch, Cineol in dieser Fraktion nachzuweisen, lieferte
ein negatives Resultat. Ebenso wenig gelang es, ein Nitrosochlorid
oder ein Nitrosit zu erhalten. Die Fraktion wurde nochmals durch
Uebertreiben mit Wasserdämpfen gereinigt. Das so erhaltene Terpen-
gemisch — denn um ein solches handelte es sich augenscheinlich —
zeigte bei 20° eine Rechtsdrehung von [a |p = 52,5°.
Nach langem mühsamen Fraktionieren des Terpengemisches im
Vakuum über Natrium erhielt ich folgende Fraktionen bei konstantem
Siedepunkte:
Terpen | Druck | Temperatur | Aussehen | Drehung Geruch
1 | 20 mm 54—560 farblos — 27,75 terpentinartig
2 | 20 „ 73—760 gelblich inaktiv zitronenartig
3 rigen 78—800 farblos + 80 terpentinartig
Terpen 1.
Farblos, von terpentinartigem Geruch und Siedepunkt bei 20 mm
Druck zwischen 54 und 56°. Spez. Gew. 0,845 bei 19°. Nach der
Vorschrift von Wallach!) stellte ich das Nitrosochlorid dar, was gut
gelang. Der Schmelzpunkt desselben lag bei 103°.
1. 0,1812 g Substauz: 0,1309 g AgCl.
2. 0,222 g Substanz: 0,1602 g AgCl.
Gefunden: Berechnet für
1. 2. CH, NOC1:
Ci 1709 17,75 17,59 %.
Die Stickstoff bestimmung lieferte folgende Werte:
0,1268 g Substanz: 7 ccm N bei 765 Barometer und 20°,
Gefunden: Berechnet für C„H;, NOCH:
N 6,7 6,45 %.
Zur Erhärtung, daß das vorliegende Terpen mit Pinen identisch
ist, wurden noch das Nitrolbenzylamin und das Nitrolpiperidin in
bekannter Weise dargestellt.
1) Liebig’s Annalen 245, 251.
424 K. Lewinsohn: Ueber das Myrrhenöl.
Terpen 2.
Flüssigkeit von schwachgelber Farbe, zitronenartigem Geruche
und Siedepunkt bei 20 mm Druck zwischen 73 und 76°. Spez. Gew. 0,847
bei 17°. Das Terpen ist optisch inaktiv. ‘Von den bekannten Teerpenen
konnte es sich daher nur um Dipenten, Oarvestren oder Terpinen handeln.
Das Tetrabromid.
Nach vielfach wiederholten Versuchen gelang es mir nach dem
von Baeyer und Villiger'!) modifizierten Verfahren ein Bromid zu
erhalten. Ich verdünnte das Terpen mit dem gleichen Volumen Amyl-
alkohol, fügte das doppelte Volumen Aether hinzu und tropfte unter
starkem Abkühlen ganz allmählich Brom ein.
Die rotbraune Flüssigkeit schied nach 24 Stunden Krystalle ab,
die sich nach mehrtägigem Stehen in dem Maße wie der Aether ver-
dunstete, vermehrten. Die Krystalle wurden schnell abgesaugt, im
Vakuumexsikkator auf dem Tonteller getrocknet und zeigten nach
häufigem Umkrystallisieren aus Essigäther den Schmp. 124°,
Die Brombestimmung lieferte folgende Resultate:
1. 0,153 g Substanz: 0,255 g AgBr.
2. 0,1771 g Substanz: 0,2949 g AgBr.
3. 0,2111 g Substanz: 0,3521 g AgBr.
Gefunden: Berechnet für
1% 2. 3. CjoHjs Br;:
70,51 70,46 70,57 70,17%.
Es steht daher mit Sicherheit fest, daß das vorliegende Terpen
Dipenten ist.
Trotz vielfacher Versuche gelang es nicht, das Nitrosochlorid
und Dichlorhydrat des Dipentens in brauchbarer Form darzustellen,
wahrscheinlich weil, wie Wallach?) hervorhebt, hierzu von einem
ganz reinen Dipenten ausgegangen werden muß.
Terpen 3.
Dieses bildete eine farblose Flüssigkeit von terpentinartigem
Geruche und siedete bei 20 mm Druck zwischen 78 und 80°. Spez.
Gew. 0,847 bei 20°. Der Drehungswinkel betrug [«a]p = + 80° bei 20°.
Von der Erfahrung ausgehend, daß Limonen sehr häufig mit
Dipenten gleichzeitig in ätherischen Oelen angetroffen wird, außerdem
durch die starke Drehung und den Siedepunkt veranlaßt, der ebenfalls
auf Limonen hindeutete, fahndete ich auf dieses Terpen und stellte
das Tetrabromid nach Wallachs Angaben her. Beim Bromieren der
1) Berichte 27, 448.
3) Liebig’s Annalen 245, 267.
K. Lewinsohn: Ueber das Myrrberö!. 425
gutgekühlten Lösung schied sich sofort ein Bromprodukt in reichlicher
Menge aus. Nach dem Absaugen und mehrmaligen Umkrystallisieren
aus Essigäther zeigte der Körper den Schmp. 115°. Er bildet
rhombische Krystalle.
Die Brombestimmung ergab, daß vier Atome Brom eingetreten waren.
1. 0,231 g Substanz: 0,3871 g AgBr.
2. 0,153 g Substanz: 0,2559 g AgBr.
Gefunden: - Berechnet für
E >» CyoHssBri:
a a wi
Limonentetrabromid schmilzt bei 103°, Dipententetrabromid bei 125°.
Es kann demnach das vorliegende Terpen weder Limonen noch
Dipenten sein. Denn Dipenten ist stets optisch inaktiv, das Limonen-
tetrabromid hat einen um 12° niedrigeren Schmelzpunkt.
Es ist aber aus der Leichtigkeit, mit der sich das Tetrabromid
darstellen läßt, ferner aus dem Siedepunkte, der ungefähr mit dem des
Limonens zusammenfällt, zu ersehen, daß das vorliegende Terpen Oo Hıs
zur Gruppe des Limonens gehört.
Dafür spricht auch
das Salzsäureadditionsprodukt.
Ich verdünnte das Terpen mit kaltem Petroläther, den ich mit
metallischem Natrium völlig entwässert hatte, stellte die Lösung in ein
Kältegemisch und leitete langsam trockenes Salzsäuregas ein, bis die
Flüssigkeit vollkommen gesättigt war, was etwa 7 Stunden in Anspruch
nahm. Ich vermied dabei jedes Erwärmen, dunstete sodann den Petrol-
äther im Vakuum ab und behielt einen hellbraunen-Krystallbrei zurück,
den ich, um ihn von freier Salzsäure zu befreien, zehnmal mit ent-
wässertem Petroläther aufnahm, und immer wieder durch Abdunsten
im Vakuum reinigte, bis er in durchsichtigen, hellbraunen, großen
Krystallen zurückblieb, die ebenfalls bei 6° zu einem dicken, stark
nach Muskat riechenden Oele schmolzen.
Aus der Analyse ersah ich, daß eine Salzsäureanlagerung statt-
gefunden hatte:
1. 0,174 g Substanz: 0,1412 g AgCl.
2. 0,1555 g Substanz: 0,128 g AgCl.
Gefunden: Berechnet für
z 2. CyoHis HCl:
Cl 20,05 20,35 20,58 %.
Der niedrige Schmelzpunkt dieses Chlorhydrats bestätigte, daß
das Terpen mit keinem der bekannten identifiziert werden konnte.
426 K. Lewinsohn: Weber das Myrrhenö!.
Das Nitrosochlorid.
Nach dem bei „Terpen 1“ angegebenen Verfahren stellte ich das
Nitrosochlorid dieser Fraktion dar. Es bildete ein dunkelrotes dickes
Oel von angenehm aromatischem Geruche. Die Analyse lieferte folgende
Werte:
0,1301 g Substanz: 0,0945 g AgCl.
Gefunden: Berechnet für CjoHıs NOCH:
cl 1791 . 17,59 9.
Dies Nitrosochlorid zersetzte sich schon nach kurzer Zeit und
bestätigte durch seine ölige Beschaffenheit die Annahme, daß das vor-
liegende Terpen mit einem der bekannten nicht identisch ist, da die
Nitrosochloride der bekannten zur Limonengruppe gehörigen Terpene
krystallisierte Körper ergeben.
Der in so reichlicher Menge mit Petroläther fällbare Körper und
das Fehlen von hochsiedenden Anteilen in dem von mir untersuchten
Myrrhenöl läßt die Frage berechtigt erscheinen, ob zwischen diesen
beiden auffälligen Tatsachen irgend welche Beziehungen bestehen
könnten. Es ist bekannt, daß die hochsiedenden Anteile ätherischer
Oele sich häufig polymerisieren oder in Harze übergehen. Es erschien
deshalb erforderlich, auch Myrrhenöle anderer Provenienz auf ihre Zu-
sammensetzung zu untersuchen. Zu dem Zweck führte ich Kontroll-
versuche an zwei fabrikmäßig hergestellten und einem selbst destillierten
Myrrhenöle aus, deren Ergebnisse ich weiter unten zusammenstellen
werde.
Da Myrrhenöl ein wenig gangbarer Artikel ist und nur von einer
beschränkten Anzahl von Fabriken überhaupt geführt wird, konnte
ich nicht erfahren, wie lange Zeit seit der Destillation der jeweiligen
Oele verstrichen war.
Myrrhenöl Il. .
Das von der Firma F. Sachsse in Leipzig bezogene Myrrhenöl
bildete eine gelbbraune, zähfließende, angenehm nach Myrrhe riechende
Flüssigkeit vom spez. Gew. 1,007 bei 19°. Das Oel siedete bei 15 mm
zwischen 52° und 200°. Die polarimetrische Drehung betrug bei 18°
[ea]lp = —51,25°. Reaktion des Oeles schwach sauer.
Die Analyse ergab folgendes Resultat:
0,1714 g Substanz: 0,1555 g H3O und 0,3889 g CO».
C 82,584,
H 95.
Nach dem vorstehend erörterten Verfahren konnten aus dem Oele
gegen 1% Cuminaldehyd, 0,9% Palmitinsäure, geringe Mengen Essig-
K. Lewinsohn: Ueber das Myrrhenöl, 427
säure, 0,4% Eugenol und unbedeutende Mengen m-Kresol isoliert werden.
Mit Hilfe von Petroläther gelang es mir, einen hellgelben, amorphen
Harzkörper zu isolieren, jedoch in wesentlich geringerer Menge, als
es bei dem ersten Oele der Fall war, nämlich etwa 3%, während die
Menge bei dem ersten Oele etwa 32% betrug.
0,081 g Substanz: 0,2096 g CO, und 0,0574 g Ha0.
C 67,97%,
H 758 ,„.
Die Terpene.
Das vom Petroläther befreite Oel trieb ich mit gespannten Wasser-
dämpfen bis auf etwa 6% harzigen Rückstand über und isolierte durch
mehrmalige Destillation über Natrium im Vakuum folgende Terpene:
I. Von 50—53° bei 15 mm Druck etwa 3%;
II. Von 70—74° bei 15 mm Druck etwa 7%.
Der Siedepunkt und das spezifische Gewicht von Terpen 1
(0,8601 bei 21°) charakterisierte dieses als Pinen. Die optische
Inaktivität, der Siedepunkt und das spezifische Gewicht von Terpen 2
(0,849 bei 19°) ließen dieses als Dipenten erkennen.
Das Sesqniterpen.
Beim weiteren Fraktionieren gelang es mir bei 15 mm Druck
zwischen 151° und 154° eine dicke, fast farblose Flüssigkeit konstant
überzutreiben, die etwa 24% des Oeles ausmachte, sehr leicht verharzte,
dabei gelbe Farbe annahm und aromatisch nach Cedernholz und
patschuliartig roch. Spez. Gew. 0,911 bei 21°.
Der Ausfall der Elementaranalyse sprach dafür, daß es sich um
ein Sesquiterpen handelte.
0,194 g Substanz: 0,618 g COa und 0,2111 g H30.
Gefunden: Berechnet für Cj; Hg:
C 86,5 88,24%
H 11,41 11,76 „.
Die Analyse stimmte nicht gut, da während des Wägens und
Einfüllens eine Sauerstoffaufnahme stattgefunden hatte.
Nach abermaligem Behandeln mit metallischem Natrium gab die
Analyse bessere Resultate:
0,137 g Substanz: 0,4391 g COa und 0,142 g H30.
Gefunden: Berechnet für Cj; Hs:
C 886 884 9%
H 11,61 18,70 „:
Das Sesquiterpen war optisch aktiv. Die polarimetrische Drehung
betrug [a]p = +30,4°, Eine nähere Charakterisierung des Sesqui-
terpens ließ sich trotz vielfacher Bemühungen nicht ermöglichen.
428 K. Lewinsohn: Ueber das Myrrhenöl.
Das hochsiedende Oel.
Der hochsiedende Rückstand des von dem bis 160° bei 12 mm
Druck übergehenden Anteilen befreiten Oeles besteht aus verschiedenen, _
mehr oder minder sauerstoffreichen Körpern, die sich nicht unzersetzt
destillieren lassen. Die Menge dieser bis 195° bei 12 mm Druck über-
getriebenen dickflüssigen Anteile betrug etwa 10%.
Der letzte Rückstand.
Etwa der dritte Teil des verwandten Oeles blieb als dickes,
schwarzes Harz, das an der Luft erhärtete, glänzendes Aussehen hatte
und leicht zerreiblich war, zurück. Es löste sich leicht in Aether,
Eisessig, Aceton, Schwefelkohlenstoff, Benzol, Chloroform, schwer in
Alkohol, garnicht in Ligroin.
Myrrhenöl Ill.
Das von der Firma H. Hänsel in Pirna in Sachsen bezogene
Myrrhenöl bildete eine rotbraune, dicke, stark nach Myrrhe riechende
Flüssigkeit vom spez. Gew. 1,0145 bei 19°,
Siedepunkt bei 15 mm zwischen 55° und 212°.
Die polarimetrische Drehung betrug bei 18° [«Jlp = — 69,5°.
Reaktion schwach sauer.
0,1301 g Substanz: 0,1068 g H30 und 0,3889 g COs.
C 81,58%
#13:08,21,,
Cuminaldehyd ließ sich in diesem Oel nicht nachweisen, wohl
aber wurden erhalten neben geringen Mengen Essigsäure 0,6% Palmitin-
säure, kleine Mengen Eugenol und gegen 1% m-Kresol.
Auch bei diesem Oele betrug die Menge des mit Petroläther
isolierten, gelben, amorphen Harzkörpers nur etwa 7,5%.
0,1868 g Substanz: 0,4111 g COa und 0,1501 g H30.
C 73,6%
Br73
Die Terpene.
Das im Vakuum von Petroläther befreite Oel trieb ich mit ge-
spannten Wasserdämpfen bis auf etwa 12% harzigen Rückstand über
und isolierte durch mehrmalige fraktionierte Destillation über Natrium
im Vakuum folgende Terpene:
I. Bei 60° und 15 mm Druck etwa 1%,
U. Von 76—80° bei 15 mm Druck etwa 11%.
Terpen I erwies sich als Pinen, Terpen II als Dipenten,
K. Lewinsohn: Ueber das Myrrhenöl. 429
Ob das Dipenten aber als solches in dieser Menge von vornherein
in dem Oele vorhanden war oder erst durch das fortgesetzte Erhitzen
aus dem Pinen!) entstanden ist, läßt sich nicht mit Bestimmtheit be-
haupten, doch hat man ähnliche Wahrnehmungen bei vielen ätherischen
Oelen gemacht.
Das von den Terpenen befreite Oel nahm eine ziemlich dicke
Konsistenz an und wurde infolge der trotz des angewandten Vakuums
unvermeidlichen Aufnahme von Sauerstoff aus der Luft beim Unter-
brechen der Destillation rotbraun.
Ich ließ das Oel daher 24 Stunden über metallischem Natrium
stehen und unterwarf es dann der weiteren Destillation.
Das Sesquiterpen.
Durch fortgesetztes Fraktionieren gelang es mir bei 12 mm
Druck zwischen 163° und 168° eine hellgelbe, dicke, an der Luft
dunkel werdende, angenehm aromatisch riechende und sehr leicht ver-
harzende Flüssigkeit überzutreiben.
Ihre physikalischen Eigenschaften berechtigten zu der Annahme,
daß es sich um ein Sesquiterpen handle. Das spezifische Gewicht, im
1 cem-Pyknometer bestimmt, war 0,926 bei 20°. l[alp = + 22,75
bei 20°,
Es war mir nicht möglich, das Sesquiterpen so schnell zur
Wägung zu bringen, daß eine Sauerstoffaufnahme aus der Luft voll-
kommen verhindert wurde, doch ging aus den bei der Analyse ge-
fundenen Zahlen deutlich hervor, daß sich meine Vermutung, es liege
ein Sesquiterpen der Formel C,; Hs, vor, bestätigte.
0,2101 g Substanz: 0,551 g COa und 0,8492 g Hy0.
Gefunden: Berechnet für (45H:
C 87,45 88,24%
H 11,02 11,76 „.
Einwirkung von Salzsäure.
Zur Darstellung eines Salzsäureadditionsproduktes arbeitete ich
in Eisessiglösung. Die lilafarbene Flüssigkeit stellte ich einige Tage
in Eismischung beiseite und erhielt nach dem Absaugen der anhaftenden
Lauge und nach öfterem Waschen mit Alkohol aus beiden Lösungen
schöne, weiße Krystalle, die nach mehrmaligem Umkrystallisieren aus
Essigäther bis 1,5 cm lange, glänzende farblose Nadeln vom Schmelz-
punkte 115—117° bildeten.
1. 0,1432 g Substanz: 0,1471 g AgCl.
2. 0,2015 g Substanz: 0,206 g AgCl.
1) Liebig’s Annalen 227, 300/301.
430 K. Lewinsohn: Ueber das Myrrhenöl.
Gefunden: Berechnet für
1; 2. Cy5 Hag Clg:
Ci. 25,14. 25,11 25,6%
Der Versuch, Wasser an das Sesquiterpen anzulagern, mißlang.
Nachfolgend sind die Konstanten verschiedener Sesquiterpene
tabellarisch zusammengestellt:
Siede- Spez. Brom- |Salzsäure- | Wasser-
Dreh | |
punkt "wuns Gew. | produkt | produkt | anlager.
Oedineni ıalelBT- 2700 — 98,56 | 0,918 | Nadeln | Prismen | —
| Schmp. ' Schmp.
| 1250 1180, 1310
Caryophylien. .| 258—2600| Be 0,9085 | flüssig | flüssig | festes Pr.
| Sm. 950
Cloven...... 261—2630| — 0,930 _ =
Humulen ... .,263—2660| — 0,9001 _ = ze
Cedren :.:.:. „| 261— 2620| — 60°, _ Br == =
| 479,54
Cubeben...... 255— 260° _ _ — 2 19:
1 7 22 BE | 2550 | 22 6 2 e-
Patchoulen ....\254—2560 — 0,939 pe Pi je
Gusjen .. =... 124-1380 — 01 | — rt 2
beil3mm
Santalen ....| 2600 | — — nn = ri
1. Sesquiterpen | 163—165°0 + 22,75 | 0,926 E= Nadeln _
aus Myrrhenöl | bei 12mm | Schmp.
| | | | 115-1170
2. Sesquiterpen | 151—1540| — | 091 PR er: >
aus Myrrhenöl bei 1} mm |
Das Sesquiterpen des Myrrhenöls, dessen Salzsäureanlagerungs-
produkt sehr schön krystallisiert und den Schmp. 115—117° besitzt,
zeigt zwar ein dem Cadinen ähnliches Verhalten, jedoch bin ich auf
Grund der von mir erhaltenen Konstanten nicht in der Lage, die
Idertität dieses Sesquiterpens mit dem Cadinen mit Sicherheit zu
behaupten.
Das hochsiedende Oel.
Obgleich ich beim weiteren Destillieren nicht über 175° bei
12 mm Druck erhitzte, zersetzte sich das Oel unter teilweiser Ab-
spaltung von Wasser. Eine Weiterverarbeitung, Reinigung und
Trennung der erhaltenen Produkte versprach kein Resultat. Die bis
205° bei 12 mm Druck übergehenden, trüben zähflüssigen Anteile
machten etwa 16% aus. Nahezu die Hälfte des verwandten Oeles
bildete ein unangenehm, nach Zersetzungsprodukten brenzlig riechendes,
sprödes Harz von schwarzgrüner Farbe, das in den meisten organischen
Lösungsmitteln löslich war.
K. Lewinsohn: Ueber das Myrrhenöl. 431
IV. Selbstdargestelltes Myrrhenöl.
Da die vorher untersuchten drei Oele in ihrer Zusammensetzung
nicht übereinstimmten und das jeweilige Alter des Oeles dieselbe
offenbar wesentlich beeinflußt, so lag es mir daran, noch ein frisch
destilliertes, nicht fabrikmäßig hergestelltes Oel zum Vergleiche heran-
zuziehen. Ich stellte daher das Myrrhenöl selbst wie folgt dar:
1 kg gut zerstoßene Myrrhe, die ich durch die Bromreaktion als
Herabol-Myrrhe charakterisiert hatte, wurde. in einem Mörser mit
reinem Seesand vermischt, mit der vierfachen Menge Wasser in einem
Glaskolben übergossen und mit gespannten Wasserdämpfen der
Destillation unterworfen, was vier Tage in Anspruch nahm. Mit den
Wasserdämpfen ging ein farbloses, erst später hellgelb werdendes Oel
über. Dem wässerigen Destillate wurde das Oel mit Aether entzogen,
der schwach weingelb gefärbte Aether im Scheidetrichter abgehoben,
mit Chlorcaleium entwässert und über Natriumsulfat 24 Stunden lang
stehen gelassen. Der Aether wurde im Vakuum schnell abgedunstet,
wobei ich eine Erhitzung über 10° in Anbetracht des überaus leicht
oxydablen Oeles vermied.
Das resultierende Oel war von weingelber Farbe, roch sehr
angenehm und wurde in einer Ausbeute von 28g, d. h. 2,8% erhalten.
Da aber Verluste unvermeidlich sind und bei der Destillation im kleinen
erfahrungsgemäß Spuren Oeles immer noch im Harze verbleiben, darf
wohl ein größerer Gehalt in der vorliegenden Myrrhe angenommen
werden.
Spez. Gew. 1,001 bei 15° und 0,997 bei 20° [en = — 70,25°.
Reaktion neutral.
1. 0,122 g Substanz: 0,1038 g Hs0.
2. 0,1568 g Substanz: 0,1353 g H30 und 0,484 g COs.
1. 2.
is 84,28%,
H 85 8,62 „.
Es ist zu bemerken, daß die drei älteren Oele saure Reaktion
zeigten, während das frisch destillierte Oel neutral reagierte. Wie
ein mit einer Probe ausgeführter Vorversuch lehrte, enthielt das frisch
destillierte Oel zwar keine freien Säuren, hingegen in reichlicher Menge
veresterte, sodaß als ziemlich sicher anzunehmen ist, daß sich die
freien Säuren erst bei der Aufbewahrung bilden.
Ferner ist die Dichte bei dem selbst dargestellten Oele eine
geringere als die der anderen fabrikmäßig erzeugten.„-E. Gildemeister
und Fr. Hoffmann führen dies darauf zurück, daß bei der Darstellung
im kleinen die schwereren Anteile leicht im Harze verbleiben und nur
432 K. Lewinsohn: Ueber das Myrrhenöl.
das spezifisch leichtere Oel über geht, eine Beobachtung, die an einer
ganzen Reihe von Oelen, zumal: bei solchen, die aus Harzen gewonnen
werden, gemacht worden ist.
Zuletzt hat Tschirch!) festgestellt, daß „neben einem mit Dampf
übertreibbaren Anteile des Oeles noch ein zweiter Anteil vorhanden
ist, der erst beim Destillieren mit Alkali übergeht. Es ist dies offenbar
der verharzte, also wohl polymerisierte Teil des Oeles, der durch das
Destillieren mit Alkalien wieder „entharzt“, depolymerisiert wird“.
Es ist nicht unmöglich, daß die,Fabriken zur Erzielung größerer
Ausbeuten, sobald mit Wasserdampf nichts mehr übergeht, zu dem
Rückstande im Destillationskolben 1°/ou Kaliumhydroxyd fügen, weiter
destillieren und so neue Mengen ätherischen Oeles erhalten.
Daraus, daß ich nur das mit Wasserdämpfen flüchtige Oel aus
dem Harze gewann und auf das sekundäre Oel verzichtete, erklären
sich dann auch die übrigen Verschiedenheiten, die sich im Laufe der
Arbeit ergaben, so z. B. die geringere Ausbeute, das Verhalten zu
Petroläther, die niedrige Siedetemperatur, das Fehlen der Sesquiterpene,
das niedrige spezifische Gewicht.
Aus dem selbst destillierten Oele vermochte ich 0,5% Cumin-
aldehyd, 0,5% Eugenol, kleine Mengen m-Kresol, hingegen keine
freie Säure zu isolieren. Da ich aus einem Vorversuche gesehen hatte,
daß sich bei der Verseifung des Oeles harzartige Produkte bilden, so
suchte ich vorher sein Verhalten zu Petroläther festzustellen und ver-
setzte das Oel daher mit dem doppelten Volumen Petroläther. Während
aber aus den anderen Oelen ein gelbes Pulver in reichlicher Menge
ausfiel, löste sich das von mir selbst destillierte Oel, das übrigens seine
hellgelbe Farbe beibehalten hatte, klar in Petroläther auf, ein Zeichen,
daß der aus den älteren Oelen ausgefällte Harzkörper nicht von vorn-
herein in denselben als solcher vorhanden ist, sondern sich erst durch
das Alter und im Laufe der Arbeit bildet.
Verseifung des Oeles.
Nachdem das Oel vom Petroläther durch Abdunsten im Vakuum
völlig befreit worden war, hinterblieben noch 23 g, von denen !1 g
wie folgt verseift wurden:
Das hellgelbe Oel wurde mit der dreifachen Menge 5%iger
alkoholischer Kalilauge 12 Stunden auf dem Wasserbade am Rückfluß-
kühler gekocht. Die Flüssigkeit wurde dunkler und nahm braune Farbe
an. Der Alkohol wurde sodann mit Hilfe eines Linnemann’schen
Aufsatzes, dessen drei Kugeln mit Glasperlen gefüllt waren, abdestilliert
1) Arch. d. Pharm. 1905, 645.
K. Lewinsohn: Ueber das Myrrhenöl. 433
und dabei beobachtet, daß der abdestillierte Alkohol ein wenig terpen-
artig roch und auf Zusatz von Wasser opalisierte. Es waren also
geringe Mengen von Terpen mit destilliert, die aber zu unbedeutend
waren, um berücksichtigt zu werden. Der dunkel gefärbte Destillations-
rückstand wurde nach dem Erkalten dreimal mit destilliertem Wasser
ausgeschüttelt und mit Aether vom Oele befreit. Die klare, wässerige
Flüssigkeit untersuchte ich näher auf folgende Weise: Eine Probe
der wässerigen Lösung wurde mit Kohlensäure gesättigt, um etwa
gelöste Phenole abzuscheiden, und mit Aether geschüttelt. Nach dem
Verdunsten des letzteren blieb ein so geringfügiger, gelbroter Rückstand
von phenolartigem Geruche, daß ich auf Phenolester keine Rücksicht
zu nehmen brauchte. Die wässerige Lösung gab, mit verdünnter
Schwefelsäure versetzt, eine starke, milchige Trübung. Ich säuerte
daher die Gesamtmenge mit verdünnter Schwefelsäure an und unterwarf
sie zur Ermittelung der flüchtigen Säuren solange der Destillation mit
Wasserdämpfen, bis das Destillat kaum mehr sauer reagierte. Der
zuerst übergehende Teil des Destillates war trübe und ließ Oeltröpfchen
erkennen, die als gelbliche Flocken auf und in der wässerigen Flüssigkeit
umherschwammen. Es war in kleinen Mengen eine krystallisierte
Säure, welche sich als Palmitinsäure erwies, mit den Wasserdämpfen
übergegangen. Die Hauptmenge der Palmitinsäure wurde mit Aether
aus dem Destillationsrückstande ausgezogen.
Die von der Palmitinsäure abfiltrierte Flüssigkeit wurde genau
neutralisiert und daraus das Silbersalz dargestellt. Die feinen glänzenden
Krystalle erwiesen sich als Silberacetat. Denn mit gleichen Teilen
arseniger Säure gemischt und im Glühröhrchen erhitzt, entwickelten
sie den widerlichen Geruch nach Kakodyl. Die zweite veresterte
Säure war demnach Essigsäure. Das Oel enthielt etwa 1% derselben.
Die aus der wässerigen Seifenlösung durch Aether ausgeschüttelten
unverseifbaren Anteile wurden zur Reinigung wiederholt mit Wasser
gewaschen und über entwässertem Glaubersalz getrocknet. Das nach
dem Verdunsten des Aethers im Vakuum gewonnene dunkelbraune
Oel wurde zur Entfernung des verharzten Anteiles mit Wasserdampf
übergetrieben, ausgeäthert, getrocknet und vom Aether befreit. Es
hinterblieben etwa 3 g eines hellgelben terpentinartig riechenden Oeles,
dessen Menge aber zum fraktionierten Destillieren nicht ausreichte.
Immerhin konnte ich feststellen, daß zwei verschiedene Terpene vor-
lagen, deren Siedepunkte bei 13mm Druck zwischen 50° und 62° liegen.
Die Terpene.
Da die Säuren nur etwa 2% ausmachten, unterwarf ich den
zweiten Teil des von Petroläther befreiten Oeles der fraktionierten
Arch, d. Pharm. COXXXXIV. Bds. 6. Heft. 28
ae ee nr
E
3
Destillation, ohne es vorher zu verseifen, um so die Bildung harzartiger
Produkte nicht zu begünstigen. Der Vorlauf enthielt noch Spuren
Petroläthers.. Zwischen 52° und 62° bei 13 mm Druck ging die
Hauptmenge als eine fast farblose Flüssigkeit über, deren Geruch
lebhaft an Zitronenöl erinnerte. Durch sorgfältiges Destillieren gelang
es mir, diese Fraktion in einen von 52—54° und einen von 58—62°
siedenden Bestandteil zu zerlegen.
Das niedrig siedende Terpen charakterisierte sich durch sein
spezifisches Gewicht (0,86 bei 19°), seinen Siedepunkt und sein sonstiges
Verhalten als Pinen.
Das zweite Terpen war optisch aktiv ([f«a] = + 34,6°). Es konnte
sich daher nicht um Dipenten handeln.
Das Dipenten unterscheidet sich vom Rechts-Limonen aber nur
in seinen physikalichen Eigenschaften. Außerdem durch den Siedepunkt
und den ausgesprochenen zitronenartigen Geruch auf Limonen gewiesen,
versuchte ich das Terpen näher zu charakterisieren und stellte nach
dem Verfahren von Wallach das Tetrabromid dar, dessen Schmelz-
punkt nach dem Umkrystallisieren aus Essigäther bei 104° lag. Limonen-
tetrabromid schmilzt bei 104—105°. Es ist somit bewiesen, daß das
vorliegende Terpen mit Rechts-Limonen identisch ist.
434 K. Lewinsohn: Ueber das Myrrhenöl.
Zusammenfassung der Untersuchungsresultate.
1. Die Zusammensetzung des Myrrhenöles ist eine wechselnde,
bedingt durch die Herkunft des Myrrhenharzes, die Darstellungsweise
des Oeles und das Alter desselben.
2. In drei von den vier zur Untersuchung vorliegenden Myrrhen-
ölen ist Cuminaldehyd bis zu 1% gefunden und mit Natriumbisulfit-
lösung isoliert worden.
3. Eugenol und geringe Menge m-Kresol ist in allen vier Oelen
angetroffen und durch Ausschütteln mit Kalilauge dem Oele ent-
zogen worden.
4. Aeltere Oele zeigen saure Reaktion infolge Anwesenheit von
freier Essigsäure und Palmitinsäure.. Diese Säuren sind im frisch
destillierten Oele in veresterter Form vorhanden.
5. Mit Petroläther läßt sich aus älteren Oelen ein Harz isolieren.
Letzeres kann durch Reduktion in einen Kohlenwasserstoff übergeführt
werden. welcher ein krystallisierendes Salzsäureanlagerungsprodukt
liefert, das vermutlich mit Cadinendihydrochlorid identisch ist.
6. Durch fortgesetztes Fraktionieren über Natrium im Vakuum
lassen sich verschiedene Kohlenwasserstoffe von der Zusammensetzung
CjoHıs isolieren. Pinen, Dipenten und Limonen sind als solche
identifiziert worden. Der vierte Kohlenwasserstoff der Formel Co His
TE U U EEE WE
G. O0. Gaebel: Hordenin. 435
gehört zur Limonengruppe, zeigt eine polarimetrische Drehung von
+ 80° und gibt ein krystallisiertes Tetrabromid und Salzäure-
additionsprodukt.
7. Es läßt sich nicht mit Bestimmtheit behaupten, ob das Dipenten
als solches von vornherein in dem Myrrhenöle vorhanden ist oder ob
es sich erst aus den Pinen, bezw. Limonen bildet und ob das neue
Terpen C,oHıs nicht eine Uebergangsstufe von Limonen zum Dipenten
ist. Immerhin hat diese Annahme eine große Wahrscheinlichkeit.
8. Zwei Sesquiterpene der Formel C,;Hs,; vom spez. Gew. 0,926
bezw. 0,911, die bei 163° und 12 mm bezw. 151° und 15 mm siedeten,
konnten mit bekannten Sesquiterpenen mit Sicherheit nicht identifiziert
werden. Es hat allerdings den Anschein, daß das eine Sesquiterpen,
welches ein gut krystallisierendes Salzsäureanlagerungsprodukt liefert,
dem Cadinen nahe steht, bezw. mit ihm identisch ist.
Mitteilung aus dem pharmazeutischen Institut der
Universität Breslau.
7. Ueber das Hordenin.
1. Vorläufige Mitteilung.
Von Dr. G. Otto Gaebel.
Anfang dieses Jahres war es Leger!) gelungen, aus den bei der
Gerstenmalzfabrikation abfallenden Malzkeimen des Handels einen
alkaloidähnliehen Stoff zu isolieren, den er Hordenin nannte.
Leger hatte den Stoff nach dem Stas’schen Verfahren mittels
Aether gewonnen. Näheres über die Isolierungsmethode hatte er nicht
angegeben. Auch war es nicht ersichtlich, in welcher relativen Menge
sich der Stoff isolieren ließ. Bei der chemischen und physikalischen
Untersuchung des Hordenins hatte Leger im wesentlichen folgendes
festgestellt.
Das Hordenin stellt farblose, nahezu geschmacklose Prismen dar,
schmilzt bei 117,8° (korr.) und sublimiert ohne merkliche Zersetzung.
Es ist leicht löslich in Alkohol, Aether und Chloroform. In Wasser
löst es sich gleichfalls ziemlich reichlich. In alkoholischer Lösung ist
es optisch inaktiv. Hordenin ist eine starke, einsäurige, tertiäre Base
1) Compt. rendus 142, 108—110.
28*
436 G. O0. Gaebel: Hordenin.
mit ausgeprägtem Phenolcharakter und löst sich dementsprechend in
Alkalien und Säuren. Auch ist es zur Bildung gut krystallisierender
Salze und anderer Derivate befähigt. Es rötet in wässeriger Lösung
Phenolphthalein, wird von schmelzendem Kali kaum angegriffen und.
reduziert Kaliumpermanganat schon in der Kälte. Zusammensetzung
und Molekulargröße entsprechen der Formel C,,H1; NO.
Die Entdeckung des Hordenins interessiert vornehmlich in
zweierlei Hinsicht.
Da es in den Malzkeimen enthalten ist, d. h. in den nach dem
Darren des Braumalzes beim sogenannten Putzen desselben losgelösten
Wurzelkeimen des Keimpflänzchens, so ist es nicht ausgeschlossen, daß
es sich auch in den im fertigen Malz befindlichen Blattkeimen vor-
findet. Von forensischem Interesse ist es also, zu wissen, ob sich die
alkaloidähnliche Base auch im Malz selbst und in den verbreiteten
Malzpräparaten, wie Malzextrakt, Malzkaffee, schließlich auch im
Bier nachweisen läßt.
Ferner regte die Entdeckung des Hordenins die Frage an, in
welcher Beziehung es zu den übrigen in keimenden Samen bereits
vorgefundenen Stoffwechselprodukten stehe. -Ehe man jedoch daran
denken konnte, mit einiger Aussicht auf Erfolg an die Lösung dieser
Fragen heranzugehen, war es notwendig die Kenntnisse über die neue
Base zu erweitern. .
Ich habe es daher zunächst unternommen, die Konstitution des
Hordenins zu ermitteln.
Die Möglichkeit der Ausführung bot mir Herr Professor
Dr. Gadamer, der mir die Mittel des hiesigen pharmazeutischen
Institutes in liebenswürdiger Weise zur Verfügung stellte, wofür ich
ihm auch an dieser Stelle meinen besten Dank ausspreche.
Gewinnung des Hordenins.
Nach einigen Vorversuchen führte ich die Gewinnung des
Hordenins in folgender Weise aus. Drei Kilogramm lufttrockne Malz-
keime wurden zwei Tage lang im Christ’schen Extraktionsapparat
mit 96 %igem Alkohol ausgezogen. Den heiß abgelassenen, schwarz:
braunen Extrakt ließ ich einen Tag stehen, filtrierte die abgeschiedenen
Stoffe ab und dickte das Filtrat auf dem Wasserbade bis zur Sirup-
konsistenz ein. Den stark sauer reagierenden Rückstand versetzte ich
mit etwa einem Liter Wasser. Nach eintägigem Stehen wurde wieder
abfiltrier. Das klare Filtrat wurde im Scheidetrichter mit Kalium-
karbonat alkalisch gemacht und wiederholt mit Aether ausgeschüttelt.
Wie ich aus Vorversuchen ersehen konnte, nimmt die erste Aether-
X
#,
ELLE ETBEERELWERBEL NEE u
G. O0. Gaebel: Hordenin. 437
ausschüttelung den größten Teil einer färbenden Substanz auf, die bei
der späteren Abscheidung und Reinigung des Hordenins störend wirkt.
Ich befreite daher die zu extrahierende Flüssigkeit zum größten Teil
von dieser Substanz zunächst durch einmaliges Ausschütteln mit wenig
Aether. Darauf schüttelte ich etwa zehnmal mit größeren Mengen
Aether aus. Die auf etwa 300 ccm eingeengten Aetherausschüttelungen
wurden mit frisch ausgeglühtem Kaliumkarbonat getrocknet und
schließlich bis zur Trockne abgedampft. Der braune Rückstand, der
bald krystallinisch erstarrte, wurde mit absolutem Aether wiederholt
ausgekocht, wobei eine braune Verunreinigung ungelöst blieb. Die
noch schwach gelb gefärbte, ätherische Lösung wurde noch mit frisch
geglühter Tierkohle behandelt. Aus dem farblosen Filtrat schied sich
beim Einengen das Hordenin in weißen Krystallen ab, die scharf
bei 117,5 (unkorr.) schmolzen.
Die Ausbeute betrug etwa 6 g, entsprechend 0,2% der luft-
trockenen Keime. Sie kann jedoch sicher noch erhöht werden, denn
es zeigte sich, daß die alkalische Lösung durch das zehnmalige Aus-
schütteln mit Aether noch nicht erschöpft war.
Bestimmung der Konstitution des Hordenins.
Entsprechend den Angaben Leger’'s, daß Hordenin eine tertiäre
Base mit ausgesprochenem Phenolcharakter sei, löste es sich leicht in
Alkalien und Säuren und gab sowohl mit Millon’s Reagens schon in
der Kälte starke Rötung, als auch intensive WViolettfärbung bei
Anstellung der Piria’schen Reaktion. Mit den üblichen Alkaloid-
reagentien entstanden starke Fällungen.
Da das Hordenin nach Leger die empirische Formel Co Hı; NO,
Phenolcharakter und die Eigenschaften einer tertiären Base besitzt,
so lag die Vermutung sehr nahe, daß man es in ihm mit einem
Phenol zu tun habe, das in o-, m-, oder p-Stellung zur Hydroxylgruppe
eine Seitenkette besitze, in der sich das tertiäre Stickstoffatom befinde.
Ein Versuch, diese Seitenkette zur Karboxylgruppe zu oxydieren und
damit das Hordenin in eine Oxybenzoesäure überzuführen, mußte ohne
weiteres zeigen, ob diese Vermutung richtig sei.
Zur Ausführung dieses Versuches wurde zunächst eine geringe
Menge des Hordenins der Kalischmelze unterworfen. In Ueberein-
stimmung mit der Beobachtung Leger’s griff jedoch schmelzendes
Kali die Base nicht nachweisbar an. Sie konnte zum größten Teil
unverändert ausgeäthert werden.
Wie voraus zu sehen war, führte auch Kaliumpermanganatlösung
nicht ohne weiteres zum Ziel. Ein Gramm der Base erforderte zur
438 G. O0. Gaebel: Hordenin.
Oxydation etwa 10 & KMn(,;; sie war also vollständig verbrannt.
Es konnte nur eine minimale Menge eines bei 95° schmelzenden Stoffes
isoliert werden.
Die Hydroxylgruppe mußte offenbar geschützt werden. Nach
verschiedenen Vorversuchen geschah dies durch Methylieren mit
Dimethylsulfat unter Anlehnung an die Schotten-Baumann'’sche
Methode.
1,5 g der Base wurde in wenig Kalilauge gelöst und längere
Zeit mit einem Ueberschuß von Dimethylsulfat geschüttelt. Nachdem
durch Erwärmen das übrig gebliebene Dimethylsulfat zerstört worden
war, wurde das Reaktionsgemisch, woraus sich mit Aether nur Spuren
eines Stoffes ausziehen ließen, direkt, ohne das entstandene Methy-
lierungsprodukt zu isolieren, der Oxydation mit KMnO,-Lösung unter-
worfen. Die Oxydation geschah in alkalischer Lösung in Wasserbad-
wärme unter allmählichem Zutropfen einer gesättigten KMnO,-Lösung.
Es wurden etwa 4 g KMnO, verbraucht. Nach dem Entfärben des
überschüssigen Kaliumpermanganats mit Alkohol wurde vom aus-
geschiedenen Braunstein abfiltriert. Das farblose Filtrat wurde etwas
eingeengt, wobei sich Kaliumsulfat abschied, und mit Salzsäure ver-
setzt. Es schieden sich in reichlicher Menge Flocken aus, die mit
Aether aufgenommen wurden. Die abfiltrierte ätherische Aus-
schüttelung hinterließ beim Abdampfen ein nach Anis und Fenchel
riechendes, gelbliches Oel, das bald krystallinisch erstarrte, in einer
Menge von etwa 0,4 g. Beim Versuch, das erhaltene Produkt aus
Alkohol-Wasser umzukrystallisieren, machte sich ein ölförmiger Körper
störend bemerkbar, den ich für ein unvollständiges Oxydationsprodukt
hielt. Ich brachte daher die alkoholisch-wässerige Lösung zur Trockne
und oxydierte den Rückstand nochmals vorsichtig mit KMnO,, das
Oxydationsprodukt wurde nun wieder wie zuerst gewonnen. Aus
heißem Wasser umkrystallisiertt, konnte es leicht mit der wohl-
bekannten Anissäure identifiziert werden. Wie Anissäure rötet es
sich in der Wärme mit Millon’s Reagens, ist leicht löslich in Alkohol
nnd krystallisiert aus heißem Wasser, worin es ziemlich leicht löslich
ist, in schneeweißen, geruchlosen Nadeln aus, die scharf den Schmelz-
punkt 184° zeigten. Am selben Thermometer schmolz, der Instituts-
sammlung entnomınene, frisch umkrystallisierte Anissäure gleichfalls
bei 184°; ebenso war dies mit einem Gemisch des von mir erhaltenen
Körpers mit Anissäure der Fall.
Mit der Isolierung dieser p-Methoxybenzoesäure war die Kon-
stitution des Hordenins soweit festgelegt, daß man es als ein in Para-
stellung zur Hydroxylgruppe substituiertes Phenol ansprechen konnte,
dessen Seitenkette neben dem N-Atom noch 4 C-Atome und 10 H-Atome
G. 0. Gaebel: Hordenin. 439
enthielt. Da das Hordenin optisch inaktiv ist, kommen nur zwei
Formeln in. Betracht:
OH OH
ng
L | | und IL. |
Nuss TR s
CH N<ch® OHa— CH, . N<CH®
wovon die erste aus Gründen allgemeiner Natur geringere Wahr-
scheinlichkeit für sich hatte. Die Entscheidung hierüber brachte das
Ergebnis des Hofmann’schen Abbaus. Außer anderen Produkten
„CBs
entstand hierbei nicht N-CH; , sondern N(CH);, die Ausführung
NGEH;
geschah in folgender Weise:
2 g Hordenin wurden in wenig Methylalkohol gelöst und mit
Methyljodid im Ueberschuß am Steigrohr auf dem Wasserbade erhitzt.
Beim allmählichen Verdunsten schieden sich schon in der Wärme
schneeweiße, wohlausgebildete Krystalle ab. Dieselben wurden noch
mit Aether, worin sie unlöslich sind, gewaschen. Die Ausbeute war
bei der Annahme, daß ein Molekül CH; .J addiert würde, quantitativ.
— 2,5 g dieses Hordeninmethyljodids wurden in Wasser gelöst und
mit frisch gefälltem Silberoxyd versetzt. Die stark alkalische, nach
Trimethylamin riechende Flüssigkeit wurde abfiltriert. Das Filtrat
wurde in einem Siedekölbchen bis zur Trockne abdestilliertt und der
Rückstand schließlich vorsichtig der trockenen Destillation unterworfen.
Die Destillationsprodukte wurden in vorgelegter Salzsäure aufgefangen.
An der Wandung blieb schließlich ein in der Kälte erstarrender
Körper (X) zurück. Dieser löste sich leicht in Kalilauge und wurde
durch Salzsäure in gallertartiger Form wieder ausgeschieden. Er gab
mit Millon Rotfärbung. Er wurde nicht weiter untersucht. In der
Vorlage hatten sich einige Oeltropfen (Y) angesammelt, die mit Aether
ausgeschüttelt werden konnten. Auch dieses Produkt wurde nicht
näher untersucht. Während der Destillation konnte deutlich die
Absorption eines Gases beobachtet werden, das stark nach Trimethyl-
amin roch. Die von den Oeltropfen befreite, vorgelegte salzsaure
Flüssigkeit hinterließ beim Abdampfen eine weiße, strahlig
krystallinische Masse. Sie wurde in wenig Wasser gelöst und mit
Goldchlorid versetzt, worauf ein dicker orangegelber Niederschlag
entstand. Aus Wasser umkrystallisiert, schied sich das Goldsalz in
den charakteristischen, farnkrautähnlichen Krystallen des Trimethylamin-
goldchlorids aus. Eine Goldbestimmung ergab 49,2%, berechnet für
Trimethylamingoldchlorid: 49,4%.
5
s
440 G. O0. Gaebel:. Hordenin.
Aus meinen Versuchen geht also mit großer Wahrscheinlichkeit
hervor, daß dem Hordenin die Formel
OH
a
Ai
—e
CHa—CHaN (CH;)a
zukommt.
Kurz nach Beendigung dieser Versuche erhielt ich Kenntnis von
weiteren Untersuchungen Leger’s!) zwecks Konstitutionsermittelung
des Hordenins. Auch Leger hatte den Hofmann’schen Abbau
ausgeführt, wobei er, genau übereinstimmend mit meinen Ergebnissen,
Trimethylamin und die Stoffe X und Y erhalten hatte. Die Resultate
meiner Versuche sind somit als gute Bestätigung der seinigen an-
zusehen. Auch auf dem Wege der Oxydation hatte Leger die Kon-
stitution des Hordenins aufzuklären versucht. Jedoch war es ihm, da er
seine Base direkt mit Salpetersäure behandelt hatte, nur gelungen,
Oxalsäure und Pikrinsäure zu isolieren, sodaß hiermit nur wenig
erreicht war. Obwohl nun seine Vermutung, daß Hordenin als
p-Oxyphenyldimethyläthylamin aufzufassen sei, richtig ist, so kann
doch erst die von mir erhaltene Anissäure als vollgültiges Beweismittel
hierfür angesehen werden.
Auf Grund der durch Leger’s und meine Versuche ermittelten
Kenntnis der Konstitution des Hordenins ist es nun auch möglich, zu
einer Vorstellung von der Entstehung dieser Base und ihrer Beziehung
zu den übrigen, in keimenden Samen gefundenen Stoffen zu gelangen.
In dieser vorläufigen Mitteilung möchte ich darüber nur bemerken,
daß ich es nicht für wahrscheinlich halte, daß die Base als ein stick-
stofthaltiges Endprodukt der Zelltätigkeit der jungen Pflanze an-
zusehen ist. Vielmehr bin ich der Ansicht, daß das Hordenin unter die
Zahl der mit dem Keimungsvorgang verbundenen Eiweißspaltungs-
produkte aufzunehmen ist, die besonders durch die Arbeiten E. Schulze's
zu Tage gefördert worden sind. Ueberzeugend hat dieser Autor nach-
gewiesen, daß das im ungekeimten Samen enthaltene Eiweiß beim
Keimen der Samen zum Zweck der Translokation dieselbe Zersetzung
erfährt, wie bei der Hydrolyse durch verdünnte Säuren, nämlich’ zu
Amidosäuren. Diese primär krystallinischen Amidosäuren erfahren
bei ihrer Verwendung zur Regeneration des Eiweißes im jungen Keim-
pflänzchen mannigfaltige Umwandlungen zu sekundären Produkten.
Ist es nun auch noch nicht gelungen, unter diesen sekundären Produkten
ähnlich konstituierte Basen wie das Hordenin zu finden, so ist doch
1) Chem. Centralbl. 1906, II, 889.
H. Telle: Kamala und Rottlerir. 441
die Möglichkeit der normalen Bildung solcher Basen aus den ent-
sprechenden Amidosäuren in der Pflanze nicht ausgeschlossen, wie die
Entstehung des Oxyphenyläthylamins aus Tyrosin durch Bakterien,
Pankreasautolyse oder Erhitzen auf 270° lehrt. Ein solches sekundäres
Produkt des Stoffwechsels könnte das Hordenin sein. Als Mutter-
substanz des Hordenins wäre demnach eine @-Dimethylamido-B-Oxy-
phenylpropionsäure anzusehen, die nichts anderes als Dimethyltyrosin
vorstellte. Ist diese hypothetische Säure überhaupt existenzfähig,
wovon ich mich durch einen Versuch, sie zu synthetisieren, überzeugen
will, so ließe sie sich vielleicht in einem bestimmten Stadium keimender
Gerste nachweisen. Ich denke in nächster Zeit an die entsprechenden
Versuche herantreten zu können.
Aus dem pharmakologischen Institut der Universität Leipzig.
Ueber Kamala und Rottlerin.
Von Dr. Hans Telle,
Korps-Stabsapotheker beim XIX. Armee-Korps.
(Eingegangen den 25. IX. 1906.)
Die Kamala ist schon mehrfach auf ihre chemischen Bestandteile
untersucht worden; dennoch erschien es wünschenswert, die neueren
Angaben und Resultate eingehender zu prüfen und besonders das
genauere Studium des Rottlerins, eines der Hauptbestandteile dieser
Droge, und seiner Spaltungsprodukte ins Auge zu fassen. Gern
nahm ich deshalb auf Anregung des Herrn Professor Dr. R. Boehm
die Untersuchungen auf, über deren Ergebnis ich nachstehendes
berichte.
Zuvor sei es mir zur Einführung in diese Materie gestattet,
einiges über die Untersuchungsresultate früherer Forscher und über
die Kamala selbst anzuführen.
Die offizinelle Kamala hat als Stammpflanze den immer grünen
dioecischen Baum bez. Strauch Mallotus philippinensis Müller Arg.
(Croton philippinense Lamarck, Echinus philippinensis Baillon, von
Roxburgh zu Ehren des 1749 zu Straßburg geborenen Missionärs
Rottler „Rottlera tinctoria“ genannt), welcher zur Familie der
442 H. Teile: Kamala und Rottlerin.
Euphorbiaceae, Abteilung Crotaceae gehört und in Oeylon, Indien,
China und Australien einheimisch ist.
Die Droge bildet ein leichtes, nicht klebendes, rotes Pulver.
Es besteht aus roten unregelmäßig kugeligen Drüsen und gelblichgrau
aussehenden, meistens ein- seltener mehrzelligen luftführenden Haaren,
Emergenzen der Fruchtepidermis. Die ein rotes Sekret tührenden
Drüsen besetzen die 3fächrige S—10 mm große Frucht ziemlich dicht
und kommen auch vereinzelt an den Blütenstielen und auf der unteren
Blattseite vor. Durch die Art und Weise der Gewinnung kommen
auch kleine Pflanzenbruchstücke,. Staub und Sand in die Droge.
Dieselbe wird entweder einfach von den Früchten abgeschlagen oder,
wie aus Cuttack!) berichtet wird, durch starkes Schütteln der von
den Rispen abgestreiften Früchte in Körben, unter die ein Tuch aus-
gebreitet ist, gewonnen. Aus den Samen der Kamalafrtichte preßt
man nachher ein fettes Oel, welches teils zum Brennen, teils als Ab-
führmittel benutzt wird.
Nach dem deutschen Arzneibuche darf die Kamala höchstens
6% Glührückstand hinterlassen. Flückiger und Hanbury°) halten
aber schon eine Kamala mit über 3% Asche für verfälscht. In wie
hohem Grade Verfälschungen vorkommen, geht aus den Angaben von
A. Perkin?) hervor, der einen Aschegehalt von 46—56% fand. Die
Droge ist geschmack- und geruchlos, nur beim Erwärmen tritt ein
eigenartiger aromatischer Geruch auf.
An Aether, Alkohol, Eisessig und Schwefelkohlenstoff gibt
Kamala ungefähr 80% Harz ab; in siedendem Wasser löst sich
fast nichts.
Schon im 5. Jahrhundert v. Ch. wird dem Kamalabaum, den
man nach dem ritualistischen Werke Kausitaki-Sutra „Kampila“
nannte und in Indien zu gottesdienstlichen Zwecken verwandte, Er-
wähnung getan). In Indien und China benutzte man die Drüsen
schon sehr frühzeitig entweder direkt oder auch in Verbindung mit
Soda, Alaun, zum Orangefärben von Seide. Der englische Arzt
Irvine®) machte zuerst 1841 auf seine wurmtreibende Wirkung auf-
merksam; erst später gebrauchte man die Drüsen in Form von Pasten
auch gegen Flechten (Herpes eircinatus) mit Erfolg.
So kam es, daß die Kamala 1864 in die englische und 1882
schließlich in die deutsche Pharmacopöe Aufnahme fand.
1) Catalogue of the contributions from India to the London exhibition,
Calcutta 1862, pag. 118, No. 2087.
2) Flückiger, Pharmakognosie des Pflanzenreichs, S, 261.
8) Journal of the Chemical Society 1893, Bd. 63.
4) Flückiger (I. c.).
RE
H. Telle: Kamala und Rottlerin. 443
Die erste chemische Untersuchung der Kamala führte Anderson!) im
Jahre 1855 aus und fand, daß der konzentrierte Aetherauszug eine gelbe,
seidenglänzende, krystallinische Masse von der Zusammensetzung Cjı Hjo0s
absetzte, die er Rottlerin nannte. Dieser Körper löst sich schwer in kaltem
Alkohol, leicht hingegen in Aether und wurde in Alkalien zu einer tiefroten
Flüssigkeit aufgenommen. Mit Brom gab die Substanz unter rascher Ent-
färbung ein nicht krystallisierbares Substitutionsprodukt; mit Salpetersäure
entstand zuerst ein gelbliches Harz, schließlich Oxalsäure. Aus dem mit
siedendem Alkohol bereiteten Auszug isolierte Anderson ein Harz vom
Schmp. 1000 und ein fast farbloses Wachs. Leube?) und Oettingen?)
hingegen glückte es nicht, bei ihren Untersuchungen aus Kamala einen
krystallinischen Stoff zu erhalten. Der erste beschreibt zwei amorphe Harze,
von denen das eine bei 800, das andere bei 1910 schmilzt. Auf eine kurze
Notiz von A. G. Perkint) hin veröffentlichte im Jahre 1887 L. Jawein?)
seine Untersuchungen; dieselben bestätigen Anderson’s Angaben hinsichtlich
des Rottlerins, nur findet Jawein bei der Elementaranalyse 70% C und
5,36% H, die Anderson’sche Formel C}}Hı0o0, verlangt aber nur 69,47%, C
und 5,26% H. Dieser Forscher stellte das Rottlerin durch Extraktion mit
Schwefelkohlenstoff' oder Benzol im Soxhletapparat her. Das aus der
Extraktionsflüssigkeit beim Erkalten abgeschiedene Harz löste er in möglichst
wenig des Lösungsmittels in der Wärme auf, ließ erkalten, absetzen, löste
wieder und sofort, bis endlich nach wiederholtem Umkrystallisieren aus
Schwefelkohlenstoff oder Benzol, darauf aus Alkohol und Essigäther und
zuletzt nochmals aus Benzol, ein krystallinischer, stark glänzender ockergelber
Körper resultierte, der den Schmelzpunkt bei 200° hatte. — Die eingehendsten
Untersuchungen über Kamala und seine Zersetzungsprodukte bewerkstelligte
aber A. G. Perkin®) in den Jahren 1893 und 1895. Derselbe konnte aus
dem dunkelbraunen Harz, welches bei der Extraktion der Kamala mit Aether
resultierte, sechs verschiedenartige Körper isolieren und zwar Rottlerin, von
ihm Mallotoxin genannt, Isorottlerin, Homorottlerin, ein Wachs und zwei
Harze. Ferner fand er bei der Wasserdampfdestillation der Kamala geringe
Mengen eines ätherischen Oeles und beim Auskochen mit Wasser, Eindampfen
und weiterem Behandeln des Rückstandes einen zuckerähnlichen Körper,
welcher Fehling’sche Lösung reduzierte. Zur Darstellung des Rottlerins
digerierte Perkin die Kamala mit der sechsfachen Menge kalten Schwefel-
kohlenstoffes 24 Stunden lang unter öfterem Umschütteln, filtrierte ab und
destillierte Schwefelkohlenstoff soweit über, bis sich auf der Flüssigkeit eine
rotbraune, unter dem Mikroskope krystallinisch erscheinende Masse abschied.
Dieselbe wurde gesammelt, mit Schwefelkohlenstoff gewaschen und stellte so
das noch durch Krystallisation zu reinigende Rohrottlerin dar. Aus dem
1) Jahresberichte der Chemie 1855, S. 669.
2) Jahresberichte der Chemie 1860, S. 562.
8) Dissertation (St. Petersburg 1862, in russischer Sprache).
4) Berliner Berichte 19, II, S. 3109.
5) Berliner Berichte 20, I, S. 182.
6) Journ. of the Chemical Society 1893, Bd. 63; 1895, Bd. 67.
444 H. Teile: Kamala und Rottlerin.
sirapdicken Filtrate setzten sich nach längerem Stehen gallertartige Bestand-
teile ab, die beim Umkrystallisieren weiteres Rohrottlerin ergaben. Versetzte
man nun das durch Erwärmen auf dem Wasserbade ganz vom Schwefel-
kohlenstoff befreite Residuum mit überschüssigem Methylalkohol, so fiel ein
anfangs gelber, durch mehrfache Krystallisation fast weißer Körper von
krystallinischer Struktur aus, für den Perkin die Formel C;,H,,03 und den-
Schmp. 82° festsetzte (Perkin’s Wachs). Um noch mehr Rottlerin und die
beiden oben erwähnten Bestandteile zu gewinnen, kochte Perkin die einmal
kalt mit Schwefelkohlenstoff ausgezogene Droge mehrmals mit demselben
Lösungsmittel aus und verarbeitete das Produkt wie bereits angegeben. Die
vollkommen mit Schwefelkohlenstoff erschöpfte Kamala zog man nun wieder-
holt mit Aether aus, destillierte das Lösungsmittel ab und versetzte das
Residuum mit dem sechsfachen Volumen Chioroform. Diese Mischung setzte
beim längeren Stehen Krystalle ab, welche aus Chloroform und Aether um-
krystallisiert, das Isorottlerin —= (CjsHja0; ergaben. Aus der Mutterlauge,
der das Isorottlerin entzogen war, destillierte man das Chloroform ab,
extrahierte den Rückstand mit Benzol und schlug aus den gesammelten
Benzolauszügen das gelbe schwerschmelzende Harz mit Petroläther nieder.
Bei der Krystallisation des Rohrottlerins aus Toluol blieb in diesem Lösungs-
mittel unlöslich das Homorottlerin — Cg;,H3s0; in ganz geringen Mengen als
geibe krystallinische Masse zurück.
Für meine Arbeiten ist das Rottlerin der wichtigste Körper, und deshalb
will ich auch etwas eingehender über die Perkin’schen Untersuchungs-
resultate berichten.
Perkin krystallisiertte das oben erwähnte Rohrottlerin 2—3mal aus
Chloroform, Toluol und Benzol unter Anwendung von Tierkohle und beschrieb
das reine Präparat als einen matt glänzenden, fleischfarbigen Körper, welcher
aus dünnen, durchsichtiger Plättchen besteht. In Aether, Chloroform, Toluol
und Benzol ist das Rottierin leicht löslich, nur spärlich löst es sich in
Schwefelkohlenstoff und Eisessig, aus welchem es aber in schönen Gruppen gut
ausgebildeter Nadeln auskrystallisiert. Als Schmelzpunkt ergab sich 191—191,5 0;
als Formel Cj}Hj003. Bei der Destillation mit Zinkstaub und Natronkalk
lieferte es eine geringe Menge eines nach Dibenzyl riechenden Oeles. Bottlerin
wird leicht durch eine kalte Brom-Schwefelkohlenstofflösung angegriffen;
Alkalikarbonate und -Hydrate lösen es in der Wärme zu einer orangefarbenen
Lösung auf, die beim Kochen einen Geruch von Benzaldehyd abgibt. Eisen-
chlorid färbt eine alkoholische Rottlerinlösung braun. Bei der Einwirkung
von kochendem Essigsäureanhydrid auf Rottlerin, Jangsamen Eindampfen der
Flüssigkeit auf dem Oelbade und darauffolgenden Eingießen in kaltes Wasser
resultierte eine gelbe harzige Masse, die nach dreimaliger Krystallisation aus
Methylalkohol den Schmelzpunkt von 130—135° hatte. Perkin spricht diesen
Körper als Diacetylrottlerin von der Formel C,;H}40; oder C}1Hg05(CaH30)g
an. Beim Schmelzen mit Pottasche und weiterem Behandeln des Reaktions-
produktes stellte Perkin als Zersetzungsprodukte Essigsäure und Benzoe-
säure fest; bei der Kalischmelze zeigte sich als Endprodukt neben den zwei
erstgenannten Säuren Phloroglucin. Bei der Oxydation mit Wasserstoffsuper-
oxyd in Aetznatronlösung lieferte Rottlerin neben Essigsäure und Benzoe-
u ee ee
’ >
a EEE
E
ö
2
x
H. Telle: Kamala und Rottlerin. 445
säure auch Benzaldehyd. Perkin nimmt an, daß letzteres eines der ersten
Oxydationsprodukte zur Benzoesäure ist. Bei der Einwirkung von kalter und
warmer Salpetersäure auf das Ausgangsprodukt waren Perkin in seinen
ersten Versuchen Fehler unterlaufen, indem er die erhaltenen drei Säuren
als stickstofffreie angesprochen hatte; er selbst wies aber in seinen späteren
Untersuchungen nach, daß sämtliche Säuren stickstoffhaltig und zwar Nitro-
säuren sind. Er fand 1. die bei 2820 schmelzende als p-Nitrozimmtsäure,
2. die bei 2260 schmelzende als o-Nitrozimmtsäure, welche er aber nicht
ganz rein erhalten konnte, und schließlich 3. die bei 2320 schmelzende als
p-Nitrobenzoesäure. Aus den Mutterlaugen der zwei ersten Säuren isolierte
er noch einen Körper, der bei 1050 schmolz und offenbar aus p-Nitrobenz-
aldehyd bestand. Die p-Nitrobenzoesäure konnte auch bei der Einwirkung
kochender Salpetersäure auf die beiden oben beschriebenen Harze und Iso-
rottierin erhalten werden.
Durch die Siedepunktsbestimmung (Rottlerin-Chloroformlösung) erhielt
Perkin für das Molekulargewicht des Rottlerins den Wert 485. Die Analyse
der Rottlerinsalze, von denen das Natriumsalz gut krystallisiert, stützte
dagegen die Annahme, daß Rottlerin eine einbasische Säure der Formel
Oz H:009 (Mol.-Gew. 570) ist. Die ältere Formel C„,H,00z muß biernach
verdreifacht werden, und in dem oben erwähnten Acetylrottlerin wären dann
6 Acetyle anzunehmen.
P. Bartolloti!) hat sich ebenfalls mit der Untersuchung der Kamala
beschäftigt. Er hält das Anderson’sche Rottlerin, das Perkin’sche
Mallotoxin, das Jawein’sche und das von der Firma Merck in den Handel
gebrachte Kamalin für identisch. Durch Schütteln einer Lösung von Rottlerin
in überschüssigem Natronkarbonat mit Benzoylchlorid, wiederholtes Lösen
des anfangs öligen, später krystallinischen Reaktionsgemisches in Benzol und
Fällen mittelst Petroläther, erhielt er ein Dibenzylrottlerin von der Formel
C,ıH30z(C7H;0). Bei der Oxydation des Rottlerins mit Kaliumpermanganat
in der Kälte resultierten Benzoesäure und Oxalsäure. Mit Jodwasserstoff
und amorphem Phosphor im Rohr bei 210—220° erhitzt gab Rottlerin ca. 30%
vom Ausgangsmaterial eines angenehm riechenden Oeles, welches aus einem
Gemisch von Kohlenwasserstoffen bestand. Die Fraktionen von 140—1500
und 230—240° hatten ungefähr die gleiche Zusammensetzung von der Formel
CoHis oder Ca Hjs- ES
Die Kamala, welche ich zu meinen Untersuchungen verwandte,
stammte von der Firma Caesar & Loretz, Halle. Sie entsprach in
allen Punkten den Anforderungen des deutschen Arzneibuches, das von
dieser Droge einen Aschegehalt von höchstens 6% fordert. Zuerst
stellte ich eine kleine Portion Rottlerin nach der Perkin’schen
Methode her, deren Unzweckmäßigkeit aber sehr bald an den Tag
kam. Dieselbe ist nicht nur durch das wiederholte Auskochen der
Droge mit Schwefelkohlenstoff, dem ein kaltes Ausziehen mit letzterem
1) Gazetta chim. 1894, 24 und Atti d. R. ac. d. Lincei 1895 1/571—576.
446 H. Telle: Kamala und Rottlerin.
vorausgehen muß, umständlich, sondern auch gefährlich und teuer.
Aus diesen Gründen nahm ich zur Darstellung des Rottlerins das
Anderson’sche Verfahren wieder auf und modifizierte es wie tolgt.
In Portionen von zirka 1!/; kg zog man die Kamala im
Mohr’schen Apparat solange mit Aether aus, bis das ablaufende
Lösungsmittel nur noch gelblich gefärbt erschien. Das konzentrierte
Aetherextrakt setzte bald einen rotbraunen glänzenden Körper ab, der
auf dem Filter ein wenig mit Aether gewaschen, hauptsächlich aus
Rottlerin bestand. Das so gewonnene Präparat war stark mit
anhaftenden Harzen verunreinigt und mußte deshalb wiederholt aus
Benzol oder Chloroform umkrystallisiert werden, bis es als rein und
harzfrei angesprochen werden konnte. Die filtrierte ätherische Extrak-
tionsflüssigkeit wurde durch Abdestillieren vom Aether befreit und
auf dem Wasserbade zum Extrakt eingedampft.
Das dunkelbraun aussehende Residuum hatte muscheligen Bruch,
löste sich vollkommen in Chloroform und Alkohol, in Schwefelkohlenstoff
und Benzol rur teilweise. Es bestand der Hauptsache nach aus
amorphen Harzen, die bei meinen weiteren Unternehmungen nicht
berücksichtigt wurden.
Aus der mit Aether ausgezogenen Kamala wurde nun die Haupt-
menge Rottlerin dadurch gewonnen, daß man die jetzt hellgelb aus-
sehende Droge 2—3 mal mit Benzol auskochte,. Durch Abdestillieren
des Lösungsmittels engte man die erhaltene Flüssigkeit auf die Hälfte
ein und ließ nun das Rottlerin auskrystallisieren, wobei es verhältnis-
mäßig rein sich abschied, sodaß es nur 2—3mal aus Benzol, Chloro-
form oder Toluol, was unstreitig die besten Krystallisationsmittel sind,
umkrystallisiert zu werden brauchte, um ein analysenreines Präparat
zu liefern. Nach obenstehender Methode habe ich aus 1 kg Kamala
zirka 715,0 g Extrakt und 100,0—120,0 g Rottlerin erhalten.
Das so gewonnene Rottlerin ist ein lachsfarbener Körper, der
aus konzentrierten Lösungen in feinen Nadeln, aus verdünnten in
Platten, am besten aus Benzol auskrystallisiert. Sein Schmelzpunkt
konnte nach wiederholtem Reinigen auf 203°—204° festgesetzt werden.
Perkin gibt den Schmelzpunkt zu 191°, Jawein zu 200° C. an.
Das Präparat löste sich vollständig und leicht in Aether, Chloro-
form, Alkohol, Benzol, Essigäther, schwer in Eisessig, aus welchem es
aber in recht schönen Nadelbüscheln auskrystallisierte.. Vollkommen
reines, bei 100° C©. getrocknetes Rottlerin ergab bei der Elementar-
analyse folgende Werte: :
1. 0,1900 g gaben 0,0942 g H30 und 0,4850 g CO,
2. 01876 5,» 0089, 5 0, m
H. Telle: Kamala und Rottlerin. 447
Gefunden: Berechnet für
r 2. Cu Hyo Og:
C 6962 69,61 69,47
H 5,51 5,02 5,26.
Bestimmung des Molekulargewichtes des Rottlerins.
Da Perkin vermutet, daß durch häufigeres Kochen einer Chloro-
form-Rottlerinlösung Zersetzung des Moleküls eintritt, bestimmte ich
das Molekulargewicht nach der Baumann und Fromm’schen Versuchs-
anordnung'!) und fand folgende Werte:
1. 0,2346 g in 10,0 g Naphtalin gelöst, erniedrigten den Erstarrungs-
punkt um 0,340 C, entsprechend dem Molekulargewicht 483.
2. 0,1958 g in 10,0 g Naphtalin gelöst, erniedrigten den Erstarrungs-
punkt um 0,280 C., entsprechend dem Molekulargewicht 489,5.
Der Mittelwert dieser Bestimmung ist 486.
Nach der Zusammensetzung der von Perkin sorgfältig unter-
suchten Salze des Rottlerins müßte das Molekulargewicht desselben
570 betragen. Wie schon erwähnt, erhielt Perkin nach der
Beckmann’schen Methode (Bestimmung des Siedepunktes in Chloro-
form) das Molekulargewicht 485, also das nämliche Resultat, das ich
nach der Fromm’schen Methode erhielt. Es muß vorläufig dahin-
gestellt bleiben, wie diese Differenzen zu erklären sind. Jedenfalls
kann zur Zeit die Perkin’sche Rottlerinformel O;3H3,05 noch nicht
als ganz sicher begründet angesehen werden.
Nachdem verschiedene Vorversuche gezeigt hatten, daß sich aus
Rottlerin teils durch Behandlung mit Barythydrat, teils durch die
Natronlauge-Zinkstaubmethode, welche zum Aufschluß der Konstitution
der Filixkörper führte, wenn auch in geringerer Ausbeute Phenole der
Phloroglucinreihe gewinnen lassen, habe ich die Einwirkung von Alkalien
auf Rottlerin unter verschiedenen Bedingungen genauer studiert.
Die Ergebnisse waren je nach der Methode der Bearbeitung ver-
schieden. Eine glatte Zersetzung des Rottlerinmoleküls gelang auf
keine Weise.
Zunächst möchte ich die Resultate derjenigen Versuche dar-
legen, in welchem ich Baryumhydroxyd ohne gleichzeitig anwesende
Reduktionsmittel auf Rottlerin einwirken ließ.
Das Hauptergebnis war, daß sich auf diese Weise nur Methyl-
phloroglucin aus Rottlerin abtrennen läßt, daneben aber ein dem
Ausgangsmaterial noch sehr ähnlicher roter krystallinischer Körper ent-
steht. Das Hauptprodukt der Reaktion wird von amorphen Harzen gebildet,
aus welchen chemisch definierbare Körper nicht mehr zu erhalten waren.
1) Ber. d. deutsch. chem. Ges. 24, 1432,
448 H. Telle: Kamala und Rottlerin.
Spaltung des Rottlerins mittelst Barythydrat.
25,0 g reines Rottlerin wurden im Mörser mit kaltgesättigtem
Barytwasser angerieben und in letzterem gelöst, die Lösung in einen
geräumigen Kolben filtriert und die klare Flüssigkeit 10 Minuten im
Kochen erhalten. Bei dieser Manipulation trat alsbald ein starker
Geruch nach Benzaldehyd auf. Anfangs sieht die Rottlerin-Baryt-
lösung klar rotbraun aus, bei etwa 60°C. trübt sie sich und setzt bei
80—90° C. einen gelbbraunen amorphen Niederschlag ab, den man
nach dem Auswaschen mit Wasser auf einem Tonteller zur Trockne
brachte. Das braun aussehende Filtrat kochte man nun *!/s Stunde
lang und ließ es, mit Salzsäure stark angesäuert, 24 Stunden stehen.
Hierauf filtrierte ich das abgeschiedene Harz ab, wusch ein wenig mit
Wasser nach und schüttelte das mit Natriumkarbonat bis zur stark
alkalischen Reaktion versetzte Filtrat 5—6 mal mit Aether aus. Aus
dem Destillationsrückstand des Aethers erhielt ich nach wiederholtem
Auskochen desselben mit Benzol zum Zwecke der Beseitigung harz-
artiger Verunreinigungen, Auflösen des Rückstandes in Essigäther und
fraktionierter Fällung dieser Lösung mit Xylol reines Methylphloro-
glucin. Die Ausbeute betrug 10—15% der angewandten Rottlerin-
menge; es schmolz bei 214° und gab bei der Elementaranalyse nach-
stehende Zahlen:
1. 0,1656 g gaben 0,0817 g H50 und 0,3670 g CO;
2. 0,1481, 0,0785), 1sıls--DBeb he
Gefunden: Berechnet für
‚a 2. C7Hg O5:
C 60,44 60,12 " 60,00
H 5,48 5,88 5,70.
Der beim Kochen der Barytlösung in dieser entstandene Nieder-
schlag wurde im Soxhletapparat mit Aether ausgezogen. Aus der
ätherischen Lösung schied sich alsbald ein rotbrauner Körper ab.
Nach Beendigung der Aetherextraktion sammelte ich diese Abscheidung
auf einem Filter. Nach dem Verdunsten des anhaftenden Aethers löste
sich die rotbraune trockene Substanz verhältnismäßig leicht in Chloro-
form und auf vorsichtigen Zusatz von absolutem Alkohol zu dieser
Lösung schieden sich langsam prachtvolle, violettbraune wohlaus-
gebildete vielfach zu Drusen vereinigte Rhomboeder ab. Auf zu
reichlichem Alkoholzusatz fällt aus der Chloroformlösung gelbes nicht
krystallisierbares Harz aus.
Weitere aber nicht bedeutende Mengen des gleichen Körpers
gewann ich noch durch nachträgliches Auskochen des bereits mit
Aether erschöpften Barytniederschlags mit Essigäther. — Die erwähnten
)
H. Telle: Kamala und Rottlerin. 449
Krystalle verbrannten ohne Rückstand auf dem Platinblech, waren
also frei von Baryum; sie schmolzen bei 235° C. und gaben bei der
Elementaranalyse folgende Resultate:
1. 0,1883 g gaben 0,0889 g H30 und 0,4812 g COs
res ande, 088,
Gefunden: Berechnet auf die Formel
1. 2. (C1H1o03)s:
C 69,69 69,27 69,47
H 5,24 5,48 5,26
Das Ergebnis der vorstehenden Versuche kann dahin zusammen-
getaßt werden, daß durch Einwirkung von Barythydrat auf Rottlerin
1. Methylphloroglucin im Betrage von 10—15% abgespalten
wird. Andere Homologe der Phloroglucinreihe waren unter den
Spaltungsprodukten sicher nicht vorhanden;
2. ein Teil des Rottlerins wird in einen krystallisierten Körper
von gleicher Zusammensetzung, aber anderer Krystallform und anderem
Schmelzpunkt übergeführt, den ich als d-Rottlerin bezeichne. —
In einer zweiten Reihe von Versuchen unterwarf ich das Rottlerin
dem gleichen Verfahren, das bei der Untersuchung der Stoffe der
Filixgruppe früher von R. Boehm!) ausgearbeitet worden ist. Auch
bei der Untersuchung des Rottlerins hat es sich bewährt, insofern es
die Auffindung einiger weiterer krystallisierbarer Spaltungsprodukte
des Rottlerins gestattete und über die Konstitution wenigstens eines
großen Teiles des Moleküls dieser Substanz Aufschluß gab.
Starke Natronlauge-Zinkstaub-Spaltung.
50,0 g feingepulvertes Rottlerin werden innig mit 100,0 g Zink-
staub gemischt, darauf in einem geräumigen Kolben 250,0 g 15% iger
Natronlauge versetzt und dieses Gemisch 10 Stunden auf dem kochenden
Wasserbad unter öfterem Umschütteln am Rückflußkühler erhitzt. Um
die Reaktion, d. h. die Wasserstoffentwickelung rascher einzuleiten,
tut man gut, obigem Gemenge 2—3 Tropfen Platinchloridlösung hinzu-
zufügen. Nach 1lOstündiger Dauer unterbrach ich die Digestion, da
wiederholte Beobachtung ergeben hatte, daß bei längerer Dauer die
Ausbeute an krystallisierbaren Abbauprodukten sich eher verringerte
als vermehrte.
Das Reaktionsprodukt, nach dem Absetzen des Zinkstaubes eine
klare, rotbraune, eigentümlich aromatisch riechende Flüssigkeit, filtrierte
ich nach vorheriger Verdünnung mit warmem Wasser in verdünnte
Schwefelsäure (1:3) hinein und wusch den Zinkstaub auf dem Filter
1) Liebigs Annalen der Chemie 1893 [302], S. 171.
Arch. d. Pharm. COXXXXIV, Bds. 6. Heft. 29
450 H. Telle: Kamala und Rottlerin.
bis zum Verschwinden der alkalischen Reaktion im Filtrat mit
warmem Wasser aus. Die gesammelten, in verdünnte Schwefelsäure
aufgefangenen Filtrate, in welchem sich alsbald ein voluminöser gelb-
licher Niederschlag abschied, blieben über Nacht sich selbst überlassen.
Hierauf wurde vom Niederschlag abfiltriert, über dessen weitere
Behandlung später berichtet werden wird.
Das mit Soda alkalisch gemachte Filtrat lieferte nach 6—8
maligem Ausschütteln mit Aether und Abdestillieren desselben eine
harzige dunkelbraune Masse, die bei der Spaltung entstandenen
Phenole. Aus der bei alkalischer Reaktion durch Ausschütteln mit
Aether erschöpften Flüssigkeit, die außer den Phenolen auch etwaige
bei der Spaltung entstandene in Woassser lösliche Säuren enthalten
mußte, wurde zunächst durch einen Luftstrom aller Aether verjagt,
dieselbe hierauf mit verdünnter Schwefelsäure angesäuert und die
saure Flüssigkeit der Destillation mit Wasserdampf unterworfen, so
lange das Destillat sauer reagierte. Die nicht mit Wasserdämpfen
flüchtigen Stoffe erhielt ich endlich noch durch Ausschütteln der
sauren Flüssigkeit mit Aether nach beendeter Wasserdampfdestillation.
Nach vorstehend beschriebenem Verfahren wurden aus 50,0 g
Rottlerin folgende Produkte erhalten:
1. Harz, 18,0—20,0 g, abgeschieden durch Filtration der
Zn-Na-Spaltung in verdünnte Schwefelsäure.
2. Phenolgemenge, 15,0—16,0g, erhalten durch Ausschütteln
mit Aether des Filtrats von 1 in alkalischer Lösung.
3. Wasserdampfdestillat durch Wasserdampfdestillation
der vom Aether befreiten und mit Schwefelsäure angesäuerten
Flüssigkeit von 2.
4. Harz der sauren Ausschüttelung 11,0—12,0g, durch
Aetherausschüttelung des Destillationsrückstandes von 3.
Die weitere Bearbeitung des durch Filtration der Zink-Natron-
Spaltung in verdünnte Schwefelsäure erhaltenen voluminösen gelblichen
Harzes (1) gestaltete sich nicht zu einer einfachen. Es gelang trotz
vieler Versuche nicht, das Harz direkt zum Krystallisieren zu bringen,
da es in Alkohol, Aether und Chloroform leicht, in Wasser kaum
löslich war. Aehnlich verhielt sich auch das Harzgemenge der sauren
Ausschüttelung (4). Durch wiederholtes Auskochen beider Produkte
mit Wasser, Einengen des Filtrates auf ein Minimum, resultierte in
kaum 0,2% Ausbeute ein anfangs grau aussehender, in feinen, zu
Büscheln vereinigten Nadeln krystallisierender Körper. Beim Aus-
kochen trat ein aromatisch riechender, die Schleimhäute reizender
Geruch auf. Da die Krystallisation aus Wasser der zu geringen, aus
Alkohol, Aether oder Chloroform der zu leichten Löslichkeit wegen
H. Telle: Kamala und Rottlerin. 451
nicht geignet war, löste ich die unreinen Krystallmassen in der aus-
reichenden Menge Alkohol und setzte der filtrierten gelben Flüssigkeit
vorsichtig Wasser hinzu. Durch dieses Verfahren erhielt man ein
vollkommen weißes, stark seidenglänzendes Produkt, welches sich leicht
in Aether, Alkohol, Benzol, Chloroform, schwer hingegen in Wasser
lötte und nach 2—3maligen Umkrystallisieren bei 185—185,5° C.
schmolz. Beim Zerreiben wurde der Körper sehr elektrisch; derselbe
gab bei der Elementaranalyse folgende Werte:
1. 0,1374 g gaben: 0,0783 g Hg0, entsprechend 6,33%, H und 0,3643 g
CO3, entsprechend 72,31% C.
2. 0,1580 g gaben: 0,0935 g H30 entsprechend 6,57% H und 0,4199 g
CO,, entsprechend 72,47%, C.
Die wässerige Lösung dieses Körpers reagierte stark sauer, gab
auf Zusatz von Eisenchlorid eine schwache Trübung. Silbernitrat,
Schwefelsäure und Baryumchlorid riefen sowohl in ursprünglicher als
auch in ammoniakalischer Lösung keine Fällung hervor. Auf Zusatz
von essigsaurem Blei entstand ein weißer, flockiger Niederschlag. Der
Körper erzeugte weder in einer ammoniakalischen Silbernitratlösung
einen Silberspiegel, noch reduzierte derselbe Fehling’sche Lösung.
Uebergießt man eine kleine Menge des weißen Pulvers mit konzentrierter
Schwefelsäure, so färbt sich dieselbe unter Auflösung des Körpers.
bräunlich, beim Erhitzen dieses Gemisches entstanden die Schleim-
häute stark reizende Dämpfe. Kaliumpermanganat trat ebenfalls
nicht in Reaktion. —
Die Isolierung der Phloroglucine aus dem amorphen Gemenge
von Phenolen und harzähnlichen Stoffen (2) war mit sehr großen
Schwierigkeiten verbunden. Das Rohprodukt hatte einen sehr
penetranten, lange anhaftenden, eigentümlich aromatischen Geruch
und zeichnete sich stets durch eine starke Fichtenspanreaktion aus.
Durch Behandlung mit Wasser ließen sich zwar die krystallisier-
baren Phenole leicht von einem großen Teil amorpher harziger Massen
trennen, das Wasser nahm aber hierbei unvermeidlich zugleich eine
so reichliche Menge harzartiger, klebriger Stoffe auf, daß die Phenole
aus der wässerigen Lösung auch nicht ohne weiteres rein zu gewinnen
waren.
Es wurde gewöhnlich so verfahren, daß man den in Wasser
gelösten und von dem unlöslichen Harz abfiltrierten Teil des Roh-
produktes von neuem aus alkalischer Lösung mit Aether ausschüttelte,
den zuweilen, aber durchaus nicht immer schon krystallisierten
Destillationsrückstand des Aethers dann häufig wiederholt 6—10 mal
mit kleinen Mengen Benzol auskochte, bis letzteres nichts Erhebliches
mehr aufnahm.
29*
452 H. Telle: Kamala und Rottlerin.
Die Benzolauskochungen blieben gesondert ca. 24 Stunden in
der Kälte stehen. Dabei schieden sich an den Gefäßwänden langsam
in schmierigen Massen eingebettete Krystalle ab. Die davon ab-
gegossenen Benzollösungen wurden vereinigt, das Benzol davon wieder
abdestilliert und die Rückstände sodann abermals durch wiederholtes
Auskochen mit Benzol in darin leicht resp. schwieriger löslichen An-
teile getrennt. Die aus den heißen Benzollösungen auskrystallisierten
Massen digeriert man zweckmäßig einzeln nochmals mit wenig heißem
Benzol, gießt letzteres ab und nimmt dann den an der Gefäßwand
anhaftenden Rückstand in möglichst wenig heißem Benzol auf. Aus
diesem scheidet sich dann langsam in gut ausgebildeten Krystallen
mehr oder weniger farbloses Dimethylphloroglucin aus. Zur
definitiven Reinigung für die Analyse wird es zweckmäßig in Essig-
äther gelöst und aus dieser Lösung durch fraktionierte Fällung mit
Xylol zuletzt in analysenreiner Form gewonnen. Das beschriebene
Verfahren ist deshalb außerordentlich zeitraubend und mit enormen
Verlusten verbunden, weil den Phenolen eine amorphe harzartige
Substanz äußerst hartnäckig anhaftet, die in allen Lösungsmitteln fast
ebenso wie die Phenole selbst löslich ist. Die Ausbeute an Dimethyl-
phloroglucin war eine relativ gute, obwohl die rein erhaltene Menge
sicher kaum den 10. Teil des wirklich vorhandenen Phenols ausmachte.
Es schmolz bei 162° und gab die charakteristische Reaktion mit
Eisenchlorid.
Methylphloroglucin, welches in kochendem Benzol zwar außer-
ordentlich wenig, aber doch etwas löslich ist, wird bei obigem Ver-
fahren sukzessive durch die wiederholte Benzolbehandlung als un-
löslicher Anteil beseitigt. Seine Hauptmenge findet sich in dem vom
Benzol nicht gelösten Anteil des Rohphenolgemenges. Um es daraus
in reiner Form zu erhalten — durch die häufige Benzolbehandlung
hat die Substanz allmählich ihre harzig-klebrige Eigenschaft verloren
— löst man das Pulver in Wasser, filtriert, schüttelt aus alkalischer
Lösung nochmals mit Aether aus, behandelt den Aetherrückstand
nochmals einige Male mit heißem Benzol und gewinnt dann Methyl-
phloroglucin annähernd rein durch fraktionierte Fällung seiner Essig-
ätherlösung mit Xylol. Geringfügige Beimengungen von Dimethyl-
phlöroglucin sind zuweilen auf keine Weise mehr zu entfernen.
Es ist kaum zu bezweifeln, daß das Rohphenolgemenge auch
Trimethylphlorogluecin enthält. Es spricht dafür die stets vor-
handene charakteristische Reaktion mit Ferrichlorid. —: Die Abtrennung
des Trimethylphlorogucins aus dem Rohgemenge in Krystallisierter
Form gelang aber nur in so winzigem Maßstabe, daß weder Schmelz-
punktbestimmung noch Analyse möglich waren.
H. Telle: Kamala und Rottlerin. 453
So ist es also zunächst nur gelungen, Mono: und’ Dimethyl-
phloroglucin als Spaltungsprodukte des Rottlerins einwandfrei nach-
zuweisen. Normales Phlorogluein konnte nicht aufgefunden
werden.
Auffallend war der Umstand, daß die ölige harzige amorphe
Substanz, welche die Phenole stets begleitete, in kaltem Wasser nur
wenig, in heißem Wasser aber reichlich löslich war und immer eine
milchige emulsionsartige Trübung aller Lösungen bedingte, auch nach
Abtrennung der krystallisierbaren Phloroglucine immer noch eine sehr
starke Fichtenspanreaktion gab und sich auch sehr eigentümlich gegen
Eisenchlorid verhielt. Die Lösung färbte sich auf Zusatz von einem
Tropfen erst schön dunkelblau — sofort aber verschwand diese
Färbung wieder unter Abscheidung eines fast farblosen sehr voluminösen
Niederschlags.
Wenn es auch sehr wahrscheinlich ist, daß diese amorphe, in
relativ großer Menge bei der Rottlerinspaltung gebildete Substanz
ein Phloroglucinderivat ist, so ist es doch trotz vielfacher Be-
mühungen nicht gelungen, den Stoff in eine analysierbare Form
zu bringen.
Die bei der Elementaranalyse gefundenen Zahlen sind folgende:
a) Für das Methylphloroglucin.
0,1592 g gaben 0,0781 g Hs0 und 0,3522 g CO,.
Gefunden: Berechnet für C7H30;:
C 60,33 60,00
H 5,45 5,70.
b) Für das Dimethylphloroglucin.
1. 0,1633 g gaben 0,0983 g H30 und 0,3733 g CO;
2 ACT TE Bee ee
Gefunden: Berechnet für
1. 2. CgHy O2:
C 62,34 62,26 62,3
H 6,68 6,78 6,5.
Das durch Wasserdampfdestillation aus der durch Ausschütteln
mit Aether in alkalischer Lösung von Phenolen befreiten und mit
Schwefelsäure wieder angesäuerten Flüssigkeit erhaltene. Säuregemenge
wurde mit verdünnter Natronlauge schwach alkalisch gemacht und
hierauf bis zur beginnenden Krystallisation auf dem Wasserbade ein-
gedampft. Aus der Lösung des Rückstandes in möglichst wenig
Wasser schied sich auf vorsichtigen Zusatz von Schwefelsäure unter
Entwickelung von Kohlensäure und Auftreten eines starken Geruches
454 H. Telle: Kamala und Rottlerin.
nach Fettsäuren ein Oel ab, das nach längerem Stehen in der Kälte
krystallinisch erstarrte. Die Krystalle wurden von der Flüssigkeit ab-
filtriert, zwischen Fließpapier abgepreßt und 1—2 mal aus heißem Wasser
umkrystallisier. Aus konzentrierter Lösung schied sich die Säure
zunächst auch wieder in öliger Form ab, aus verdünnteren Lösungen
krystallisierten gut ausgebildete schneeweiße Nadeln aus. Die Lösung
reagierte sauer. Die trockenen Krystalle schmolzen bei 48—49°, Nach
dem Schmelzpunkt und dem Ergebnis der Elementaranalyse schien
Hydrozimmtsäure vorzulegen.
1. 0,1805 g gaben 0,1075 g H30 und 0,4785 g (Oz.
2. 0153 „ „ 01006, 5» 0A, „
Gefunden: Berechnet für
1% 2. Cg H;, CH, CH3, COOH:
C 7229. 72,27 72,00
H 6,81 7,06 6,66.
Die Annahme, daß es sich um Hydrozimmtsäure handelt, wurde
durch die Analyse des Silbersalzes und die titrimetrische Bestimmung
des Molekulargewichts bestätigt. Das Silbersalz erhielt ich durch
Fällung der mit Ammoniak versetzten wässerigen Lösung mit Silber-
nitrat. Der mit Wasser gewaschene Niederschlag wurde aus heißem
Wasser umkrystallisiert.
1. 0,0988 g Silbersalz gaben 0,0415 g Ag.
2. 0,0850 „ > u. 200368. 4
Gefunden: Berechnet für
1. 2 C,H, CH3 CHa COOAg:
Ag 42,00 41,11 42,02.
Eine abgewogene Menge der reinen krystallisierten Säure wurde
in überschüssiger '/ıon-Kalilauge gelöst und mit !/;on-Salzsäure zurück-
titriert. Als Indikator diente Phenolphtalein, der Umschlag war
sehr scharf.
1. 0,1661 g Säure verbrauchten 0,0621 g KOH entsprechend dem
Molekulargewicht 149,78.
2. 0,2485 g Säure verbrauchten 0,0924 g KOH entsprechend dem
Molekulargewicht 150,6.
Nach obigen Daten ist die gefundene Säure mit Hydrozimmt-
säure identisch.
Das von der Hydrozimmtsäure möglichst befreite Filtrat reagierte
noch stark-sauer und roch nach Essigsäure. Um die noch neben den
Fettsäuren in Lösung befindliche Hydrozimmtsäure vollends zu be-
seitigen, unterwarf ich die Flüssigkeit abermals der Wasserdampf-
destillation. Die zuerst überdestillierten 400 ccm dampfte ich nach
H. Telle: Kamala und Rottlerin. 455
dem Neutralisieren mit Natronlauge wiederum fast zur 'Trockne ein
und behandelte den Salzrückstand wie oben. Nach dem Abtrennen
der letzten öligen Abscheidungen der Hydrozimmtsäure mit Hilfe
eines Scheidetrichters wurde dann die klare saure Flüssigkeit nochmals
mit Wasserdampf destilliert und die Destillate zu je 60 ccm in mehreren
Fraktionen getrennt aufgefangen. Es ergab sich, daß nur eine einzige
Fettsänre, nämlich Essigsäure vorlag. Zur Analyse diente das Silber-
salz, das aus den mit Ammoniak versetzten Destillaten durch Fällen
mit Silbernitrat und Umkrystallisieren des Niederschlages aus kochendem
Wasser rein gewonnen wurde.
1. 0,1045 g Silbersalz gaben 0,0670 g Ag.
2. 0,1268 „ 3 „ EOS,
3. 0,2500 „ 4 5 OLCHO 5;
Gefunden: Berechnet für
1. 2. 3. CH, COOAg:
Ag 6411 64,51 64,40 64,64.
Durch die Digestion des Rottlerins mit 15% Natronlauge und
Zinkstaub sind also als Spaltungsprodukte folgende Körper erhalten
worden:
1. Methylphloroglucin,
2. Dimethylphlorogluein,
3. eine nur in sehr kleinen Mengen erhältliche krystallisierte
Säure vom Schmelzpunkt 185—185,5° C. von noch unbekannter
Konstitution,
4. reichliche Menge von Hydrozimmtsäure,
ö. Essigsäure.
Spaltung mit 2% Natronlauge und Zinkstaub.
Da das Auftreten von Trimethylphloroglucin bei der Spaltung
nach der im vorstehenden beschriebenen Methode zwar als sehr wahr-
scheinlich angesehen, aber nicht einwandfrei bewiesen werden konnte,
wurde versucht, durch Modifikation des Spaltungsverfahrens zu einem
besseren Ergebnis zu gelangen.
Vorversuche lehrten, daß die Phenole aus dem Rottlerinmoleküle
schon durch Einwirkung von schwacher Natronlauge in der Siedehitze
abgetrennt werden. Es gelang denn auch auf diesem freilich sehr zeit-
raubenden Wege schließlich auch noch das Trimethylphlorogluein
krystallinisch und in für die Analyse ausreichender Menge aus den
Spaltungsprodukten zu isolieren. Zugleich trat unter diesen Versuchs-
bedingungen, allerdings nur in minimalen Mengen, ein weiteres neues
flüchtiges Spaltungsprodukt auf.
456 H. Telle: Kamala und Rottlerin.
10,0 g fein gepulvertes Rottlerin wurde innig mit 100,0 g Zink-
staub gemengt und in einem geräumigen Kolben mit einer Mischung
von 150 ccm 15%iger Natronlauge und 1200,0 g Wasser 8—9 Stunden
am KRückflußkühler auf freiem Feuer vorsichtig erhitzt. Hierbei
bemerkte man, daß die aus dem anfangs stark schäumenden Reaktions-
gemisch emporsteigenden Dämpfe sich zu einer milchigen, nach
Kampfer riechenden Flüssigkeit im Rückflußkühler verdichteten. Unter
dem Mikroskop zeigten sich in diesem Verdichtungsprodukte zierliche
farnwedelähnliche Krystallgebilde. Um nun diesen neuauftretenden
flüchtigen Körper zu gewinnen, verband man den Spaltungskolben
durch ein gebogenes Rohr mit dem abwärts gerichteten Kühler, der
seinerseits an seinem Ausflußende eine Vorlage hatte. Beim Kochen
konnten somit die Dämpfe entweichen, wurden im Kühler verdichtet
und der Ablauf in dem Vorlagekolben aufgefangen. Das aus dem
Spaltungsgemisch als Dampf entweichende Wasser ersetzte ich aus
einem am Kolben angebrachten Scheidetrichter. Nach einiger Zeit
schieden sich in dem als Vorlage dienenden Kolben geringe Mengen
von weißen Krystallen ab; die überstehende Flüssigkeit roch stark
nach Kampfer. Die wenigen Krystalle sammelte man durch vor-
sichtiges Abgießen der Flüssigkeit und zuletzt durch Filtrieren, die-
selben ergaben einen Schmelzpunkt von 170—172° C. Um aus dem
Destillat noch mehr von dem flüchtigen Körper zu gewinnen, wurde
die Flüssigkeit mehrmals mit Aether ausgeschüttelt; der Destillations-
rückstand des Aethers war ein aromatisch nach Kampfer riechendes
Krystallgemenge, was aber zur Analyse nicht ausreichte. Der Geruch
nach Kampfer war aber so charakteristisch und auch die Krystallform
und der Schmelzpunkt demjenigen des Kampfers so ähnlich, daß das
Auftreten dieses Körpers als Spaltungsprodukt des Rottlerins immer-
hin eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat. Trotz mannig-
faltiger Modifikation des Verfahrens wollte es leider bis jetzt nicht
gelingen, bezüglich dieses Punktes zu besseren Resultaten zu gelangen.
Auch fehlt es zur Zeit noch an Methoden, um kleine Kampfermengen
mit Sicherheit zu identifizieren.
Nach 8—9stündiger Dauer unterbrach man den Spaltungsversuch,
verdünnte die Flüssigkeit mit viel warmem Wasser und filtrierte nach
dem Absetzen des Zinkstaubes in verdünnte Schwefelsäure (1:5)
hinein. Da es bei diesem Versuche nur noch auf die Gewinnung der
Phloroglueine ankam, wurde das saure, vom ausgeschiedenen Harz
befreite Filtrat direkt 6—8mal mit Aether ausgeschüttelt; als
Destillationsrückstand der Aetherausschüttelung resultierte ein braun-
grünliches harzähnliches, sirupdickes Phenolgemenge. In dasselbe war
bei der Aetherausschüttelung auch die entstandene Hydrozimmtsäure
H. Telle: Kamala und Rottlerin. 457
hineingekommen; um diese zu entfernen, nahm man das Phenolgemisch
mit schwefelsäurehaltigem Wasser auf und unterwart dasselbe bis zur
schwachsauren Reaktion des Destillats einer Wasserdampfdestillation.
Die so von der Hydrozimmtsäure befreiten Phloroglucine wurden
schließlich dem alkalisch gemachten Rückstand durch Ausschütteln
mit Aether entzogen.
Bei der Verarbeitung des Rohphenolgemenges wurde in der
Hauptsache in der bereits oben ausführlich dargelegten Weise ver-
fahren. Das von allen Gliedern der Phloroglucinreihe in kleinen
Mengen am schwierigsten zu reinigende Trimethylphloroglucin findet
sich, da es in heißem Benzol leichter als die übrigen Homologen
löslich ist, in den ersten Benzoldekokten des Phenolgemenges.
Man läßt dieselben längere Zeit in der Kälte stehen, bis nichts
mehr an den Wänden auskrystallisiert, preßt hierauf das Benzol ab
und löst die von letzterem sorgfältig durch gelindes Erwärmen
befreiten Krystallisationen in möglichst wenig heißem Wasser. Aus
der, wo nötig zur Beseitigung von Schmieren mit wenig Tierkohle
behandelten Lösung krystallisieren dann die charakteristischen granat-
roten Nadeln des Trimethylphloroglucinhydrats aus, denen aber mehr
oder weniger Dimethylphloroglucin äußerst hartnäckig anhaftet. Die
Krystalle müssen daher wiederholt und so lange aus heißem Wasser
umkrystallisiertt werden, bis die Lösung keine Fichtenspanreaktion
mehr gibt.
Die Ausbeute an reinem Phenol ist infolgedessen sehr gering,
während sein einwandfreier qualitativer Nachweis mit Hilfe der
charakteristischen Farbe und Form der Krystalle sehr leicht geführt
werden kann. Sowohl die Krystallwasserbestimmung als auch die
Eiementaranalyse des Trimethylphloroglueins, das getrocknet bei
184° schmolz, ergaben folgende mit den berechneten gut überein-
stimmende Zahlen.
0,2152 g lufttrocken, verloren über Schwefelsäure 0,0520 g Hs0.
Gefunden: Berechnet für CgH;s0g + 3H30:
Hs0 24,4 24,32.
Elementaranalyse.
0,1589 g, krystallwasserfrei, gaben 0,1036 g Hz30 und 0,3735 g CO.
Gefunden: Berechnet für C9Hj20;:
C 64,10 64,28
H 7,24 7,14.
Durch die im vorstehenden angegebenen Untersuchungen ist der
Nachweis erbracht, daß bei der Spaltung des Rottlerins drei Homologe
des Phloroglucins: Methyl-, Dimethyl-, und Trimethylphloroglucin auf-
458 H. Telle: Kamala und Rottlerin.
treten, daß außerdem Hydrozimmtsäure und Essigsäure gebildet wird.
Die anderweitigen Spaltungsprodukte konnten mit Sicherheit noch
nicht charakterisiert werden. Doch erscheint die Möglichkeit nicht
ausgeschlossen, daß das Rottlerin auch einen zur Kampfergruppe ge-
hörigen Molekularkomplex enthält.
Trotz aller äußerlichen Verschiedenheit schließt sich sonach das
Rottlerin seinem Verhalten nach eng an die Körper der Filixsäure-
reihe an, der es ebenso wie die Bestandteile der Kosoblüten und des
Pannarhizoms nicht bloß hinsichtlich seiner pharmakologischen Eigen-
schaften als Bandwurmmittel, sondern auch nach dem Aufbau
seines Moleküls angehört.
Das gleichzeitige Auftreten der drei Homologen dürfte analog
wie bei den Filixkörpern!) auf die Verkettung eines Mono- und
Dimethylphloroglucinmoleküls durch eine Methylengruppe zurück-
zuführen sein.
CHs CHs
|
Ö C
HOC Fa re):
Ydakalı
Bine 2a
' CH. a
|
ÖH OH
Buttersäure tritt bei der Rottlerinspaltung nicht auf. Legt man
für Rottlerin die Formel O33H35,0, zugrunde, so bleiben nach Abzug
der in den beiden durch Methylen verbundenen Phloroglucinringen
enthaltenen 16 Kohlenstoffatome noch 17 Kohlenstoffatome übrig.
Davon gehören sicher 9 weitere einem dritten Benzolring an, der als
Zimmtsäurerest in dem Molekül vorhanden ist, über dessen Ver-
bindung mit der Phloroglucingruppe aber noch nichts ausgesagt
werden kann.
Es kann so also vorläufig über 25 Kohlenstoffatome disponiert
werden, da man nicht entscheiden kann, ob die gefundene Essigsäure
nicht einer sekundären Zersetzung ihre Entstehung verdankt.
1) R. Boehm, Liebig’s Annalen 318, S. 260.
O0. Simon: Cetrarsäure. 459
Aus dem pharmakologischen Institut der Universität Leipzig.
Ueber Cetrarsäure.
(II. Mitteilung.)
Von Dr. O. Simon.
(Eingegangen den 25. IX. 1906.)
Da ich infolge Ausscheidens aus meiner Stellung als Assistent
des Leipziger pharmakologischen Instituts verhindert bin, die Unter-
suchungen über Cetrarsäure weiter fortzusetzen, sei es mir gestattet,
einige nach dem Erscheinen meiner ersten Abhandlung über diesen
Gegenstand!) gewonnene Ergebnisse hier mitzuteilen.
Durch meine früheren Untersuchungen ist für Cetrarsäure die
Formel CsoHıs O9 sichergestellt, außerdem ein Carbonyl und ein
Methoxyl nachgewiesen. Bei Berücksichtigung aller sonstigen von mir
früher mitgeteilten Tatsachen muß man es wenigstens als wahrscheinlich
bezeichnen, daß die Substanz der Monomethylester einer Dicarbon-
säure ist.
Bei den Versuchen, die Konstitution der Säure durch ihren Ab-
bau aufzuklären, hat trotz vieler anderweitiger Bemühungen nach wie
vor nur die Methode der Spaltung mit Natronlauge und Zinkstaub
greifbare Resultate geliefert.
Daß man auf diesem Wege Orcin aus Cetrarsäure in beträcht-
licher Menge erhält, ist schon in der früheren Abhandlung?)
mitgeteilt. Bei der sorgfältigeren Aufarbeitung des bei der Spaltung
gewonnenen und von anderweitigen Stoffen befreiten Phenolrohgemenges
gelang es nun fernerhin, noch ein zweites Phenol aufzufinden,
das sich bei genauerer Untersuchung als ein Homologes
des Orcins und zwar als 1-2-Dimethyl 3-5-Dioxybenzol
erwies. Ich erhielt es durch wiederholtes Auskochen des bereits von
der Hauptmenge des Orecins und der später zu beschreibenden Ketone
befreiten Rückstandes des Phenolgemenges?) mit Benzol.
Beim Erkalten der Benzoldekokte scheiden sich zuerst harzige
Massen ab, von denen wiederholt abgegossen wird. Aus den klaren
Lösungen kommen dann beim allmählichen Verdunsten langsam gut aus-
1) Dieses Archiv 240, 521 (1902).
2) 1. c. S. 547 ff. a
8) Bezüglich der Einzelheiten der Bearbeitung vergl. die I. Mitteilung
Le. 83587:
460 O. Simon: Cetrarsäure.
gebildete Krystalle. Man reinigt sie durch Digestion mit Wasser und
etwas Tierkohle und erhältnach wiederholtem Umkrystallisieren aus wenig
heißem Wasser schließlich bis 5 cm lange, glänzende farblose sechsseitige _
Prismen. Beim Trockner über Schwefelsäure verlieren sie den Glanz
und schmelzen dann konstant bei 135—136°. Die wässerige Lösung
gibt eine sehr schwache bläuliche Fichtenspanreaktion; ein Tropfen
Ferrichlorid färbt sie momentan indigblau, welche Färbung aber
unter Abscheidung eines grauweißen Niederschlages rach abblaßt.
Ammoniakflüssigkeit färbt die wässerige Lösung allmählich rot; beim
Erwärmen letzterer mit Natronlauge und Chloroform erhält man eine
gute Homofluoresceinreaktion (grüne Fluorescenz). Chlorkalklösung
ruft nach einiger Zeit Rotfärbung hervor; ammoniakalische Silber-
lösung wird in der Kälte reduziert.
0,1467 g gaben 0,3757 CO., entsprechend 0,1025 C und 0,0987 Hs0,
entsprechend 0,0109 H.
Berechnet für C3H;0 03: Gefunden:
C 69,56 69,85
H.11:7:25 7,48.
Das Benzoylderivat des Phenols (durch Schütteln seiner Lösung
in 20%iger Sodalösung mit Benzoylchlorid erhalten) schmolz nach
dem Umkrystallisieren aus Alkohol bei 101—102°C.
0,1194 g gaben 0,3337 COs, entsprechend 0,0910 C und 0,0598 Hs0,
entsprechend 0,0066 H.
Berechnet für CgHg(CO Ce H3)a 03: Gefunden:
C 76,30 76,22
H.-: 5,20 5,56.
Die vorstehenden Befunde lehren, daß das fragliche Phenol
identisch ist mit demjenigen Homologen des ÖOrcins, welches ich
künstlich durch die Spaltung von Methylenbisorein mit Natronlauge
und Zinkstaub dargestellt, in einer besonderen Abhandlung!) genauer
beschrieben und als (1-2) Dimethylphendiol (3.5) charakterisiert habe.
un
CH SCH
HOC L. l _—_C0OH
H
Aus dem synthetisch aus Methylenbisorcin dargestellten Phenol
hatte ich früher durch Einwirkung von überschüssigem Brom in Eisessig
das Ketobromid CgHgBr;0s (Schmp. 128—129° gewonnen?). Das
I) Liebig’s Annalen 329, 301.
2) Liebig’s Annalen ]. c. 329, 307.
O0. Simon: Cetrarsäure. 461
aus Cetrarsäure erhaltene 1-2 Dimethylphendiol (3-5) lieferte
zunächst bei vorsichtiger Bromierung zwei niederere Bromierungs-
stufen des Phenols.
0,4 g wurden in Chloroform suspendiert mit 1,1 g Brom (4 Mol.)
versetzt. Nach dem freiwilligen Verdunsten des Lösungsmittels blieb
ein krystallinischer Rückstand, großenteils löslich in Benzol. Davon
ungelöst blieben Krystalle (Schmp. nach dem Umkrystallisieren 112°),
deren Bromgehalt dem Tribrom-1-2-Dimethylphendiol (3-5)
entsprach:
0,1570 g gaben 0,2357 AgBr, entsprechend 0,1003 Br.
Berechnet für C3H7Br, 05: Gefunden:
Br 64,00 63,88.
Die abfiltrierte Benzollösung wurde mit Ligroin vermischt;
während des Verdunstens auf einer Wärmeplatte schieden sich farb-
lose Nadeln (Schmp. 98°) ab, deren Zusammensetzung einem Dibrom-
derivat entsprach.
1. 0,1576 g gaben 0,1842 CO,, entsprechend 0,0502 C und 0,0425 Hs0,
entsprechend 0,0047 H.
2. 0,0913 g gaben 0,1188 AgBr, entsprechend 0,0506 Br.
Berechnet für CgHgBra 03: Gefunden:
C 32,43 31,88
H 2,70 2,99
Br 54,05 55,37.
Durch weiteres Bromieren dieser Krystalle mit überschüssigem
Brom in Eisessig erhielt ich endlich große vielflächige Krystalle (nach
dem Umkrystallisieren aus heißem Eisessig Schmp. 127°) des oben
erwähnten Ketobromids CO; Hs, Br; Os.
0,0702 g gaben 0,1162 AgBr, entsprechend 0,0494 Br.
Berechnet für C3HgBr4 0a: Gefunden:
Br 70,48 70,44.
Schon in meiner ersten Mitteilung’) habe ich kurz zwei weitere
krystallisiertte Substanzen erwähnt, die bei der Spaltung von
Cetrarsäure mit Natronlauge und Zinkstaub entstehen. Zahlreiche
spätere Versuche lehrten, daß diese Spaltungsprodukte konstant auf-
treten. Ich konnte aber kein Verfahren ausfindig machen, um die
sehr spärliche Ausbeute zu verbessern und war daher auch nicht im
Stande, die Konstitution dieser zu dem sehr zersetzlichen Produkte
endgültig festzustellen.
1. c. 8. 548.
462 O0. Simon: Cetrarsäure.
Der eine der beiden fraglichen Körper, den ich vorläufig als
Spaltungsprodukt A bezeichne, befindet sich in dem harzartigen
Niederschlage, der nach der Einwirkung von Natronlauge und Zink- -
staub auf Cetrarsäure beim Einfließen des alkalischen Filtrats in ver-
dünnte Schwefelsäure sich abscheidet. Man erhält ihn durch wieder-
holtes Auskochen dieses Harzes mit Wasser, wobei ein Teil als braune,
unter siedendem Wasser schmelzende Masse ungelöst bleibt, während
sich aus dem gelbgefärbten Filtrate feine, geruchlose hellgelbe, brennend
schmeckende Nadeln abscheiden; zunächst aus kochendem Wasser um-
krystallisiert, schmolz die Substanz unscharf bei 125—130°. Durch
weiteres Umkrystallisieren aus Xylol oder verdünntem Alkohol, Auf-
lösen der Krystalle in Sodalösung und Ausschütteln dieser alkalischen,
intensiv gelben und die Haut färbenden Lösung mit Aether, erzielte
ich schließlich schön gelbgefärbte Nadeln vom Schmp. 129—132°
(Exrstarrungspunkt 121°), leicht sublimierbar in zitronengelben Nadeln,
und leicht löslich in organischen Lösungsmitteln, mit Ausnahme von
Benzol und Petroläther, schwierig löslich in heißem Wasser. Von
Lösungen der Alkalien und Alkalikarbonate werden die Krystalle
leicht unter gelber Färbung der Lösung aufgenommen. Ferrichlorid
färbt die wässerige Lösung grün. Der Körper ist methoxylfrei und
krystallisiert ohne Krystallwasser.
Bei der Elementaranalyse erhielt ich Resultate, die, bei Berück-
sichtigung des kryoskopisch ermittelten Molekulargewichtes von 180,
die Autstellung einer sicheren Bruttoformel nicht gestatteten. Für die
aus später anzugebenden Gründen wahrscheinlichste Formel Oj0H130g
wurde um 1% zu wenig Kohlenstoff gefunden.
1. 0,1760 g gaben 0,4230 COs, entsprechend 0,1154 C und 0,0948 HsO,
entsprechend 0,0105 Hs0.
2. 0,2017 g gaben 0,4844 COs, entsprechend 0,1321 C und 0,1150 H3O,
entsprechend 0,0127 H.
3. 0,1571 g erniedrigten den Erstarrungspunkt von 10,0 Naphthalin um
0,610, entsprechend dem Mol.-Gew. 180.
Berechnet für Gefunden:
CjoHıa O3: 1. 2.
C 66,66 65,55 65,49
H 6,66 5,98 6,33
Mol.-Gew. 180 180.
Anilid. Aus der alkoholischen Lösung der reinen Krystalle
(0,6 g) schieden sich auf Zusatz von 15 Tropfen Anilin langsam
schön rot gefärbte glänzende Nadeln aus, die nach dem Absaugen und
Abwaschen mit etwas Alkohol bei 184°. unter Zersetzung schmolzen,
und in organischen Lösungsmitteln mit intensiv gelber Farbe sich
O0. Simon: Cetrarsäure. 463
lösten. Durch Umkrystallisieren aus Ligroin wird der Schmelzpunkt
nicht geändert, sodaß es bei der ohnehin schlechten Ausbeute (aus
0,6 g 0,3 g Anilid) ratsam ist, das Umkrystallisieren zu unterlassen.
Die Analysen dieses Körpers stützen ziemlich gut die Formel
CoHı0 0: :- Cs H; NH..
1. 0,1459 g gaben 0,4029 CO,, entsprechend 0,1099 C und 0,0848 H30,
entsprechend 0,0094 H.
2. 0,0630 g gaben 0,1756 COg, entsprechend 0,0479 C und 0,0382 H,O,
entsprechend 0,0042 H.
3. 0,0926 g gaben bei 22°C. und 752,5 mm Druck 5 ccm Stickgas,
entsprechend 0,00565 N.
Berechnet für Gefunden:
CjoH1o Os: Cg H; NH3: T: 2. 3.
C 75,29 75,31 7601 —
H 6,66 65 63° —
N 5,48 -- — 6,10.
Aus dem bisher Mitgeteilten läßt sich nur entnehmen, daß das
Spaltungsprodukt A ein Karbonyl enthält und wahrscheinlich ein
Keton ist; einen Schritt weiter führten die folgenden Versuche.
Bei der Einwirkung von Brom in großem Ueberschuß auf
die in Eisessig verteilten Krystalle entstand ein in derben Rhomben
krystallisierendes Bromid, das in der Kälte von Sodalösung nicht an-
gegriffen wurde und durch Abwaschen damit gut gereinigt werden
konnte; nach dem Umkrystallisieren aus Ligroin schmolz es bei 129°
unter Zersetzung.
1. 0,1340 g gaben 0,1061 CO, entsprechend 0,0289 C und 0,0206 HsO,
entsprechend 0,0023 H.
2. 0,1615 g gaben 0,2702 AgBr, entsprechend 0,1149 Br.
- 3. 0,1301 g gaben 0,2182 AgBr, entsprechend 0,0928 Br.
4. 0,1790 g gaben 0,1396 COs, entsprechend 0,0381 C und 0,0210 Hs0,
entsprechend 0,0023 H.
5. 0,1762 g gaben 0,2954 AgBr, entsprechend 0,1257 Br.
6. 0,1616 g erniedrigten den Erstarrungspunkt von 10,0 Naphthalin um
0,260, entsprechend dem Mol.-Gew. 435.
Aus der Formel C}oHıa03 läßt sich direkt kein Bromid ableiten,
dessen Zusammensetzung den obigen Werten entspräche; sie passen
hingegen befriedigend zu der Formel C3H,Br405s, die dem oben er-
wähnten Ketobromid des 1-2-Dimethylphendiols (3-5) zukommt.
Berechnet für Gefunden:
107 He Br; Os : 1. 2. 3. 4, 5;
C 21,15 21,59 — — . 21,265 —
H 1,32 169 °— —_ 130 —
Br 70,48 — 7119 7087 — 71,33
Mol.-Gew. 454 435.
464 O0. Simon: Cetrarsäure.
Da auch der Schmelzpunkt des Bromids (129°) und sein sonstiges
Verhalten mit den Eigenschaften des bezeichneten Ketobromids
übereinstimmen, darf man die Identität beider Körper zum mindesten
als wahrscheinlich ansehen. Das Spaltungsprodukt A (C,oHı20;)
könnte dann vom 1-2-Dimethylphendiol3-5 (C;zH;00s) durch Ersatz
eines H durch die Ketongruppe —CO-CH;, abgeleitet werden, welch
letztere bei der Einwirkung von Brom im Ueberschuß — analog wie
es beim Filieinsäurebutanon der Fall ist!) — abgespalten würde.
CH; CH;
€ C
CH,“ 3 CH BCC—SN CBra
HOC\__-CHO ocl_ 00
) Ü
CO-CHz Bra
Ein zweiter, dem soeben beschriebenen ähnlicher krystallinischer
Körper findet sich in dem Stoffgemenge, das aus dem Spaltungsprodukte
der Cetrarsäure nach Abscheidung der durch Säure fällbaren harzigen
Stoffe, durch Ausschütteln mit Aether in alkalischer Lösung gewonnen
wird (Phenolgemenge). Nimmt man dieses Gemenge in heißem Wasser
auf, so scheiden sich aus dem Filtrate nach dem Erkalten feine gelbe
Nadeln ab. Die Reinigung dieses Stoffes war mit großen Schwierig-
keiten verbunden, und ich kann nur sehr wenig über ihn aussagen.
Vielleicht können indessen doch die wenigen Daten späteren Unter-
suchern von einigem Nutzen sein. Nach wiederholtem Ausschütteln
aus alkalischer Lösung mit Aether, Umkrystallisieren aus Ligroin,
heißem Wasser und zuletzt aus Xylol schmolz die über Schwefelsäure
getrocknete Substanz bei 119—121°. Obwohl ich keine Formel auf-
stellen kann, seien die Ergebnisse der Elementaranalyse und Molekular-
gewichtsbestimmung mitgeteilt.
1. 0,1093 g gaben 0,2547 COs, entsprechend 0,0694 C und 0,0602 Hs0,
entsprechend 0,0067 H (63,55% C, 6,119 H).
2. 0,1622 g gaben 0,3788 COs, entsprechend 0,1033 C und 0,0820 Hs0,
entsprechend 0,0091 H (63,69% C, 5,61% H).
3. 0,1626 g gaben 0,3760 CO., entsprechend 0,1025 C und 0,0828 Hs0,
entsprechend 0,0092 H (63,06% C, 5,65% H).
4. 0,1780 g erniedrigten den Erstarrungspunkt von 10,0 Naphthalin um
0,760, entsprechend dem Mol.-Gew. 164.
Durch Einwirkung von Anilin auf die in Alkohol gelösten
Krystalle in der Kälte erhielt ich ein Anilid, das in orangegelben
Prismen krystallisierte und unter Zersetzung bei 189—190° schmolz.
1) Vergl. Liebig’s Annalen 318, 235.
O0. Simon: Cetrarsäure. 465
1. 0,1849 g gaben 0,4974 CO,, entsprechend 0,1356 C und 0,1020 H30,
entsprechend 0,0113 H (73,36% C, 6,13% H).
2. 0,1674 g gaben 0,4513 COg, entsprechend 0,1231 C und 0,0916 H,O,
entsprechend 0,0102 H (73,52%, C, 6,08% H).
3. 0,2080 g gaben bei 130 C. und 754 mm Druck 13,45 ccm Stickgas,
entsprechend 0,01583 g (7,61%) N.
4. 0,1511 g gaben bei 119 C. und 742 mm Druck 8,35 ccm Stickgas,
entsprechend 0,00976 g (6,46%) N.
Bei der Behandlung mit Brom im Ueberschuß unter Eisessig
entstand auch aus diesem Körper ein sodaunlösliches Bromid (derbe
Rhomben vom Schmp. 116—121°).
1. 0,1844 g gaben 0,1182 CO,, entsprechend 0,0322 C und 0,0307 H30,
entsprechend 0,0034 H (17,48% C, 1,85% H).
2. 0,1589 g gaben 0,2860 AgBr, entsprechend 0,1217 (76, ‚o8%) Br.
Verhalten der reinen Cetrarsäure gegen Brom. Läßt
man Brom im Ueberschuß auf fein pulverisierte Cetrarsäure entweder
direkt oder nach vorheriger feiner Verteilung der Substanz in Eisessig
oder Chloroform einwirken, so findet sehr langsam Reaktion statt.
Das Gemenge verwandelt sich allmählich (nach mehreren Stunden) in
einen Brei nadelförmiger Krystalle, die nach dem Umkrystallisieren
aus heißem Eisessig oder absolutem Alkohol bei 181—185° schmelzen.
Das Bromid ist in allen Lösungsmitteln sehr schwierig löslich, in
Sodalösung langsam unter sehr träger Kohlensäureentwickelung.
Zahlreiche Analysen, die ich mit Präparaten verschiedener Darstellung
ausführte, gaben nicht immer übereinstimmende Resultate und lassen
vermuten, daß Cetrarsäure zunächst zwei Atome Brom aufnimmt, und
dieses Bromid dann, besonders beim Umkrystallisieren aus heißen
Lösungsmitteln, allmählich Kohlensäure abspalte. Das Bromderivat
ist noch methoxylhaltig, gibt aber nicht mehr die für Cetrarsäure
charakteristische Blaufärbung mit alkoholischer Salzsäure.
1. 0,1260 g gaben 0,2047 CO,, entsprechend 0,0558 C und 0,0463 H3s0,
entsprechend 0,0051 H.
2. 0,1732 g gaben 0,2816 CO3, ee 0,0768 C und 0,0565 Hs0,
entsprechend 0,0063 H.
3. 0,1817 g gaben 0,2925 CO,, entsprechend 0,0798 C und 0,0556 H3s0O,
entsprechend 0,0062 H.
4. 0,1616 g gaben 0,2590 CO3, entsprechend 0,0706 C und 0,0522 H,O,
entsprechend 0,0058 H.
5. 0,1395 g gaben 0,0946 AgBr, entsprechend 0,0403 Br.
6. 0,1845 g gaben 0,1234 AgBr, entsprechend 0,0525 Br.
7. 0,2299 g gaben 0,1512 AgBr, entsprechend 0,0643 Br.
8. 0,2437 g gaben 0,1787 AgBr, entsprechend 0,0760 Br.
9. 0,2795 g gaben 0,2013 AgBr, entsprechend 0,0857 Br.
Arch. d. Pharm. CCXXXXIV. Bds. 6. Heft. SU
466 W. Wollenweber: Filixgerbsäure.
10. 0,1486 g gaben 0,0997 AgBr, entsprechend 0,0424 Br.
11. 0,2504 g gaben 0,0989 AgJ, entsprechend 0,0130 Methoxyl.
12. 0,1747 g gaben 0,0755 AgJ, entsprechend 0,00997 Methoxyl.
Berechnet für
CoH;s Bra Og: Cjo H;s Bra Or:
GC 0285 44,42
H 2,85 3,10
Br 28,50 31,00
OCH, 5,5 6,0
Gefunden:
mosigs5asgtadig: 5, IB EFT U 7 7
C 44.30 434 430 371 — --El=BiE gm Mae ao
H 407: 3,63 339, 359...—ns —0 Sei oe Ber
Br = 0-00 238,85 28,46 27,98 31,20 30,64 8,54 — —
OCHE „.ır — u. SrurTi San en ah RR learn Oder u 5.70
Aus dem pharmakologischen Institut der Universität Leipzig.
Ueber Filixgerbsäure.
(II. Mitteilung.)
Von Dr. W. Wollenweber.
(Eingegangen den 25. IX. 1906.)
Von den chemischen Bestandteilen des offizinellen Filixrhizoms
haben in erster Linie diejenigen praktisches Interesse, welchen die
Droge und das aus ihr hergestellte galenische Präparat, das ätherische
Extrakt, ihre Wirksamkeit und ihre Anwendung als Wurmmittel ver-
dankt. Es sind dies die zahlreichen Glieder der Filixsäuregruppe,
deren Darstellung und chemische Untersuchung innerhalb der letzten
zehn Jahre durch die Arbeiten von R. Boehm!) zu einem gewissen
Abschluß gekommen ist, und die nicht den eigentlichen Gegenstand
der vorliegenden Arbeit bilden, obwohl an einzelnen Stellen derselben
auf sie Rücksicht zu nehmen sein wird.
Durch die histiologische Untersuchung der Filicineenrhizome?)
ist man zu dem Ergebnis gekommen, daß diese im gewissen Sinne
spezifischen Stoffe in den eigentümlichen inneren Drüsen entstehen,
welche im Grundgewebe der. unterirdischen Stämme und der Basen
1) Liebigs Annalen 302, 171; 307, 250; 318, 230.
2) Vergl. Anatom. Atlas der Pharmakognosie. Dr. A. Tschirch und
Dr. Oesterle.
W. Wollenweber: Filixgerbsäure. 467
der Blattstiele nicht bloß von Aspidium filix mas, dem eigentlichen
Wurmfarn, sondern auch von Aspidium atamanthicum (Rhizoma
Pannae), Aspidium marginale, Aspidium rigidum und Athyrium filix
femina, sowie von Polystichum spinolosum nachgewiesen worden sind.
In der Tat sind auch allen diesen Farrenkräutern wurmtreibende
Wirkungen eigentümlich, wenn auch bis jetzt nur aus Aspidium filix
mas, Athyr. filix femina, Polystisch, spinolosum und Aspid. atamanthie.
die verschiedenen Körper der Filixsäuregruppe in reinem Zustande
isoliert worden sind.
Die Berücksichtigung der außer diesen wurmtreibenden Stoffen
in den verschiedenen Farrenkräutern und besonders in Aspidium filix
mas enthaltenen chemischen Bestandteile bietet zunächst weniger
praktisch - pharmazeutisches als phytochemisches Interesse. Eine
Anzahl in dieser Richtung von mir angestellter Beobachtungen sollen
in den vorliegenden Blättern mitgeteilt werden.
Wenn man zunächst wieder an die histiologischen Befunde bei
Rhizoma filicis anknüpft, so ergeben sich als sichtbare Bestandteile vor
allem reichliche Mengen von Amylum in Form kleiner, aber gut aus-
gebildeter Stärkekörner und fein verteilte Fetttröpfchen. Ueber den
verhältnismäßig hohen Fettgehalt der Rhizome gibt am besten das
offizinelle ätherische Extrakt Aufschluß, das zu 70-—75% aus fettem
Oel besteht. Legt man für die Ausbeute an ätherischem Extrakt,
wie sie aus trokenem, gutem Herbstrhizom erhalten wird, einen
Durchschnittswert von 6% zu Grunde, so würde sich der Fettgehalt
des trockenen Rhizoms auf ca. 4—4,5 % belaufen.
Der hohe Gehalt des Wurmfarns (sowie auch vieler anderer
Filieineendrogen) an Gerbstoff ist lange schon bekannt. Ein blankes
Messer hinterläßt beim Durchschneiden frischer Farrenblätter oder
-Stämme dunkelgrünschwarze Spuren auf den Schnittflächen und be-
schlägt sich selbst mit einer schwärzlich grünen Schicht. Vorsichtig
hergestellte mikroskopische Schnitte durch Blattstiele oder Rhizome
von Filix mas lassen farblosen Zelleninhalt erkennen, während nach
längerem Liegen an der Luft sowohl wie nach längerer Aufbewahrung
in Spiritus die Zellmembranen sich mehr oder weniger dunkelbraun
färben. Diese Färbung rührt von einer Imbibition der Zellhäute
mit Gerbstoff her, der in der frischen Pflanze im Zellsafte farblos
aufgelöst ist. (N.B. Rasch getrocknetes und gepulvertes Filixrhizom
weist noch größtenteils farblose Zellmembranen auf.)
Mit der genaueren Untersuchung der Filixgerbsäure hat sich zuerst
Luck, später Malin und zuletzt Reich im hiesigen pharmakologischen
Institut beschäftigt. Ich werde später noch auf die Resultate dieser
Autoren zurückkommen. Einige später von Herrn Professor
30*
468 W. Wollenweber: Filixgerbsäure.
R. Boehm gemachte Beobachtungen veranlaßten ihn, mir die noch-
malige Untersuchung der Filixgerbsäure vorzuschlagen.
Zur Lösung dieser Aufgabe erschien es erforderlich, an frischem _
und getroeknetem Material Vorversuche, besonders über das Verhalten
gegen verschiedene Lösungsmittel anzustellen. Hierüber möchte ich
zuerst berichten.
Befeuchtet man mit dem Saft eines eben durchschnittenen frischen
Filixrhizoms einen Fichtenspan und übergießt ihn hierauf mit
rauchender Salzsäure, so tritt allmählich eine mehr oder weniger
intensive Rotfärbung auf, wie sie auch durch verschiedene Phenole
und durch Pyrroldampf hervorgerufen wird.
Herr ProfessorR.Boehm, welcher die Fichtenspanreaktion
frischer Filixrhizome (auch Aspidium marginale und rigidum geben die
gleiche Färbung) zuerst beobachtet hat, ermächtigt mich zu der
Mitteilung, daß es ihm niemals gelungen ist, auch nur Spuren von
Phlorogluein oder Homologen desselben in wässerigen oder weingeistigen
Auszügen von Farrenrhizomen nachzuweisen. Die Reaktion muß daher
von anderweitigen Bestandteilen herrühren.
Ein großes frisches Filixrhizom mit den Blattbasen, möglichst
von Erde gesäubert, wurde fein zerschnitten, in einer Hackmaschine
zermahlen, zum dicken Brei mit Brunnenwasser aufgerührt, 24 Stunden
stehen gelassen und hierauf durch ein Colatorium gepreßt. Die trübe
Colatur färbte den mit HCl befeuchteten Fichtenspan langsam und
nicht sehr intensiv rot. Das klare Filtrat dieser noch feine Gewebe-
reste enthaltenden Colatur gab die Spanreaktion garnicht, wohl aber
auf Zusatz von Eisenchlorid eine rasch nach braun umschlagende
Grünfärbung.
Die Hälfte der Colatur wurde mit Alkohol gefällt, das Alkohol-
filtrat eingedampft, bis er sich milchig trübte. Nun gab die Flüssig-
keit eine sehr intensive Spanreaktion. Der die letztere verursachende
Stoff ist also zunächst in Wasser weniger als in Alkohol löslich.
Bereits mit Aether behufs fabrikmäßiger Darstellung von
ätherischen Filixextrakt erschöpftes Pulver von Filixrhizomen, wovon
dem pharmakologischen Institut von der Firma Caesar & Loretz
in Halle eine größere Menge zur Verfügung gestellt wurde, gab an
kaltes Wasser bei längerer Maceration damit nur sehr unbedeutende
Mengen von Gerbstoff ab. Nachdem eine Quantität dieses Pulvers
mehrere Tage mit heißem Wasser digeriert worden war, verwandelte
sich eine vorher in Wasser gequollene und durch Kalkbehandlung
enthaarte Kaninchenhaut, die in einem geeigneten Gefäße mehrere
Tage lang mit dem wieder erkalteten wässerigen Brei des Pulvers in
Berührung gebracht war, in Leder. Da es sich, wie ich hier vor-
W. Wollenweber: Filixgerbsäure. 469
greifend bemerkte, im späteren Verlaufe der Untersuchung heraus-
gestellt hat, daß der natürliche Gerbstoff des Filixrhizoms fast in
allen Verhältnissen (kaum weniger als Tannin) in kaltem Wasser
löslich ist, ist der Umstand, daß sowohl frisches als getrocknetes Rhizom
an kaltes Wasser nur sehr wenig Gerbstoff abgibt, bemerkenswert
und läßt vermuten, daß im Zellsafte die Gerbsäure mit irgend einem
anderen Stoffe in schwerlöslicher Form verbunden ist.
Die Behandlung des Rhizoms mit Wasser oder sehr verdünntem
Weingeist verbot sich übrigens, weil die so erhaltenen Auszüge infolge
der reichlich vorhandenen Stärke schleimig und unfiltrierbar werden.
Ich lasse nun zunächst die Resultate einiger Versuche folgen,
welche über das Verhalten des trockenen Filixrhizompulvers zu ver-
schiedenen Lösungsmitteln Aufschluß geben.
Es war nicht ohne praktisches Interesse, genauer festzustellen,
wieviel luft- oder exsikkatortrockenes Filixpulver an Aether, Benzol
und Petroläther abgibt, und wie lange Zeit zur völligen Erschöpfung
des Pulvers erforderlich ist.
Die Versuche wurden mit je 60,0 g luft- resp. exsikkatortrockenem
Filixrhizompulver im Soxhlet’schen Apparat ausgeführt. Die
Extraktionsflüssigkeit, in welcher sich gewöhnlich nach dem voll-
ständigen Erkalten ein geringer Niederschlag absetzte, wurde von
diesem abfiltriert, das Filter mit Aether resp. mit den anderen Lösungs-
mitteln nachgewaschen und schließlich nach dem Abdestillieren des
Lösungsmittels die Extraktmenge gewogen.
Ueber die Resultate gibt nachstehende tabellarische Zusammen-
stellung Aufschluß:
Lösungsmittel:
Dauer
1. Aether | 2. Benzol | 3 Petroläther
der wi
Ex- Extraktmenge aus Extraktmenge aus Extraktmenge aus
$raktion 60 g Rhizom 60 g Filixrhizom 60 g Filixrhizom
__ | exsikkator- ' exsikkator- R | exsikkator-
lufttrocken | tioekon lufttrocken | trocken lufttrocken | Gebcheil
3 Std. | 49g 47 8 488g | 428g 41g | 42 g
6 n 6,0 n I 5,4 n 5,6 n | 5,5 n 6,0 n 5,8 n
8 6,0 „ 53, _ _ _ | —
Be Spez. Gew. | Spez. Gew.
0,732 | 0,732
"608g | 59g = = ei | =
Iris ie usa 578 | 57g 598 | 588
> Wege Bu Be u TR aielne ; 569%;M pdazig
470 W. Wollenweber: Filixgerbsäure.
Durch 6 stündige Extraktion werden also dem Filixpulver so-
wohl durch Aether wie Benzol und Petroläther ziemlich gleiche
Mengen von ca. 10 % Extrakt entzogen. Durch langdauernde
Extraktion bis zu 24 Stunden wird die Extraktausbeute nicht mehr
gesteigert.
Die mit Aether spez. Gew. 0,732 hergestellten Extrakte waren
etwas trübe, alle übrigen klar und durchsichtig; erstere bildeten nach
langem Stehen einen Bodensatz, in welchem Filixsäurekrystalle zu
erkennen waren.
Alkohol.
Alkoholisches Filixextrakt ist bekanntlich im Handel käuflich.
Reich hat es teilweise als Material für die Darstellung seiner Filix-
gerbsäure benutzt.
Ich habe gefunden, daß die Beschaffenheit und die Bestandteile
‚des Extraktes verschieden sind, je nach dem Wassergehalt des ver-
wendeten Alkohols und je nach der Temperatur, bei welcher die
Extraktion vorgenommen wird.
1. 300,0 g Rhizompulver wurden mehrere Tage lang in der
Kälte mit Weingeist von 50 Vol.-pCt. maceriert, wobei das Pulver
sehr stark aufquoll. Die abgepreßte und schließlich klar filtrierte
Tinktur hinterließ nach dem Abdestillieren des Alkohols und Ein-
dampfen auf dem Wasserbad ein nicht trocknendes, dickes, klebriges
Extrakt von zugleich süßem und adstringierendem Geschmack, trübe
löslich in Wasser und nur teilweise in Alkohol.
Der in heißem Weingeist lösliche Teil bestand größtenteils aus
Rohrzucker, enthielt außerdem eisengrünenden Gerbstoff, aber keine
Spur von Phloroglucin, obwohl die Flüssigkeit intensiv den mit Salz-
säure befeuchteten Fichtenspan rötete.
Von weiteren Versuchen mit schwachem Alkohol wurde ab-
gesehen, weil die Trennung der verschiedenen Stoffe aus dem Extrakt
mit zu großen Schwierigkeiten verbunden war.
2. 300,0 g Rhizompulver wurden auf dem Wasserbad mehrere
Tage lang mit 10 Teilen Alkohol von 96° digeriert. Die Ausbeute
an Extrakt betrug 50 g. Das Extrakt ist von braungrünlicher Farbe
und stark adstringierendem Geschmack, in Wasser nur teilweise unter
starker Trübung löslich.
Durch Aceton (ca. 10 T.) ließ sich aus dem Extrakt ein amorphes,
fast farbloses Pulver abscheiden, welches, wie die spätere Untersuchung
ergab, aus viel Rohrzucker und wenig Gerbstoff bestand.
Vom Filtrate wurde das Aceton völlig abdestilliert und der
grünbraune dicke Rückstand mit Aether aufgenommen. Dabei blieben
reichliche Mengen eines rotgelblichen amorphen Pulvers ungelöst, das
W. Wollenweber: Filixgerbsäure. 471
nach dem Abwaschen mit Aether die Eigenschaften der von Reich
beschriebenen Filixgerbsäure zeigte und wie diese in kaltem Wasser
nahezu unlöslich war. Die von diesem Pulver getrennte ätherische
Lösung hinterließ nach dem Abdestillieren des Aethers ein fettiges,
dem offizinellen ähnliches Extrakt. Durch Verreibung mit gebrannter
Magnesia konnten daraus Rohfilixin und aus diesem Filixsäure etc.
isoliert werden.
Durch Behandlung mit heißem Alkohol werden dem Filixrhizom
also Zucker, Gerbsäure und jedenfalls ein großer Teil des Fettes und
der Filixsäure-Körper entzogen. Die Trennung dieser Bestandteile
gelingt befriedigend durch Aceton und nachher Aether.
Durch 96° Weingeist erhält man nur einen Teil des reichlich
im Rhizom enthaltenen Rohrzuckers. Annähernd vollständig gewinnt
man letzeren bei Anwendung von Weingeist 90°.
3. 100,0 g gut getrocknetes Rhizompulver wurde bei Wasserbad-
temperatur mit Weingeist von 90° erschöpft, und die Tinkturen zur
Extraktdicke gebracht. Die Ausbeute betrug hier 20 g Extrakt.
Daraus isoliert 7,5 g (oder % Rohrzucker, 2,6 g Gerbstoff, 10 g
ätherlösliche Stoffe (Filixsäure etc., Fette). Um zu erfahren, in wie-
weit die letzteren Substanzen — die Hauptbestandteile des offizinellen
ätherischen Extraktes — bei der Digestion mit 90° Weingeist gelöst
werden, habe ich 64,0 g des bereits mit heißem 90° Weingeist
erschöpften Pulvers nach dem Trocknen im Soxhlet’schen Apparat
noch mit Aether erschöpft, und erhielt so nur noch 0,4 g Extrakt.
Es scheint demnach, als ob diese Stoffe dem Rhizom durch heißen
Alkohol eher noch vollständiger als durch Aether entzogen werden.
Der Zuckergehalt des Filixrhizoms.
Ueber den Zuckergehalt des Filixrhizoms hat zuerst in den
20er Jahren des vorigen Jahrhunderts Gebhard!) gearbeitet und
beschreibt einen süßen Extraktivstoff ohne jede nähere Angabe.
Später veröffentlichte Bock?) in einer längeren Abhandlung über die
off. Filixwurzel einen Befund von 11% Rohrzucker, den er nicht weiter
charakterisiert und den er auf sehr umständliche Weise von der Gerb-
säure getrennt hatte.
Die jüngsten Mitteilungen über den Filixzucker stammen aus
dem Pharmakologischen Institut der Universität Christiania, wo
Andersen?) über das Vorkommen von Zucker bei Kryptogamen
1) Pfaffs System der Materia medica.
2) Archiv d. Pharm. 1851, S. 271—272.
3) Landwirtschaftliche Versuchsstationen Bd. 34, S. 408.
472 W. Wollenweber: Filixgerbsäure.
arbeitete. Dieser Autor, dem es nur darauf ankam, den Zucker als
Saccharose zu identifizieren, gibt nichts über den Prozentgehalt an;
nur bezeichnet er die von Bock angegebenen 11% „als wahrscheinlich
viel zu hoch“. Andersen wandte zur Gewinnung des Rohrzuckers
ein von E. Schulz!) beschriebenes Verfahren durch Fällung mit
Strontiumhydrat an, mit dem auch ich gute Erfolge erzielt habe. Zur
Charakterisierung seines Rohrzuckers dient ihm nur das spezifische
Drehungsvermögen, das bekanntlich [«Jp = + 66,5 ist. Die Polari-
sationen wurden mit 5 und 10%igen Lösungen ausgeführt.
Außer durch seine Krystallform, seinen süßen Geschmack und
sein spezifisches Drehungsvermögen, für dasich [a]p + 66,6 und 66,42
fand, habe ich den von mir gewonnenen Zucker noch durch sein Ver-
halten zu Fehling’scher Lösung vor und nach dem Invertieren mit
verdünnter Salzsäure als Rohrzucker nachgewiesen. Auch habe ich
die umständlichen Methoden zu seiner Isolierung verlassen und bin
auf einfachere Weise zu einer quantitativen Bestimmung gelangt.
Aus heißbereiteten alkoholischen Auszügen des vorher mit
Aether erschöpften Rhizompulvers lassen sich leicht reichliche Mengen
krystallisierter Saccharose gewinnen, wenn man die durch Destillation
eingeengte Tinktur längere Zeit in der Kälte stehen läßt. Dabei
krystallisiert aber natürlich nur ein Teil des Zuckers aus. Um den
Rest zu gewinnen, verjagt man den Alkohol vollständig, behandelt
das rückständige Extrakt solange mit Aceton, bis der darin unlösliche
Teil pulvrig geworden ist, und läßt das Pulver dann unter Eisessig
stehen. Hierbei geht es langsam in krystallisierten Rohrzucker über.
Die Ausbeuten schwankten zwischen 7,5 und 7,8% auf trockenes
Rbizompulver bezogen.
Die natürliche Filix-Gerbsäure.
Bei den verschiedenen zahlreichen Versuchen, das spirituöse
Filixextrakt in seine einzelnen Bestandteile zu zerlegen, war es auf-
gefallen, daß der gerbstoffähnliche Anteil in seinen Eigenschaften Ver-
schiedenheiten aufwies. Das spirituöse Extrakt war, wie oben bemerkt,
zunächst durch Acetonfällung von der Hauptmenge des Rohrzuckers
befreit worden. Der in Aceton lösliche Anteil gab nach dem Ab-
destillieren des Acetons Fett und die Stoffe der Filixsäuregruppe an
Aether ab, während hierbei der Gerbstoff als mehr oder weniger
rotgefärbte pulvrige Masse ungelöst zurückblieb. Diese möglichst
von ätherlöslichen Stoffen befreite amorphe Masse verhielt sich in
den einzelnen Versuchen, namentlich hinsichtlich ihrer Löslichkeit in
1) Zeitschrift für Physiologische Chemie 1902,
W. Wollenweber: Filixgerbsäure. 473
Wasser verschieden. Wiederholt war sie darin nahezu unlöslich und
stimmte dann auch in den sonstigen Eigenschaften mit der von Reich
beschriebenen Filixgerbsäure überein. In anderen Fällen aber wurden
von Wasser schon in der Kälte erhebliche Mengen aufgenommen, und
die wässrige Lösung gab dann außer der Ferrichloridreaktion (Grün-
färbung) gewöhnlich auch eine mehr oder weniger starke Span- und
Vanillinsalzsäurereaktion. Aus diesen Beobachtungen durfte der
Schluß gezogen werden, daß die bisher bekannte, von Luck, Malin
und Reich beschriebene wasserunlösliche Gerbsäure jedenfalls nicht die
einzige Form ist, in welcher Gerbstoff im Filixrhizom vorkommt.
Es war nun meine Aufgabe, den Ursachen der beobachteten
Verschiedenheiten nachzuforschen und den Gerbstoff oder die Gerb-
stoffe — denn es war immerhin ja nicht ausgeschlossen, daß mehrere
vorhanden waren — einwandsfrei rein darzustellen.
Ehe ich meine eigenen weiteren Resultate mitteilte, ist es wohl
zweckmäßig, kurz über die Darstellungsmethoden zu referieren, nach
welchen Luck, Malin und Reich die Filixgerbsäure erhielten.
Luckt) stellte die Gerbsäure, die er Tannaspidsäure nannte, 1851 aus
dem spirituösen Filixextrakt dar. Er versetzte den weingeistigen Auszug
nach dem Abdestillieren eines Teils des Alkohols mit Wasser, etwas Salz-
säure und Glaubersalz. Die hierdurch abgeschiedenen Massen sammelte er
auf Spitzbeuteln, wusch mit Glaubersalzlösung aus, verteilte dann den ab-
gepreßten Niederschlag nochmals in Wasser und digerierte ihn unter Luft-
abschluß ca. % Stunde mit Wasser und Salzsäure. Dann wurde der Nieder-
schlag sorgfältig ausgewaschen, getrocknet und endlich so lange mit Aether
extrahiert, bis dieser nichts mehr aufnahm. Luck bemerkt ausdrücklich,
daß die so gewonnene „Tannaspidsäure“ in Wasser unlöslich sei. Wie Reich
gezeigt hat, stimmt sie in ihren wichtigsten Eigenschaften mit der von ihm
selbst gewonnenen Filixgerbsäure überein.
Malin?2), der unter Hlasiwetz arbeitete, kam es mehr darauf an,
die Zersetzungsprodukte der Filixgerbsäure kennen zu lernen. Auf ihre
Reindarstellung hat er weniger Arbeit verwendet. Die Methode der Dar-
stellung bestand bei ihm darin, daß er den wässerigen Auszug des Filix-
rhizoms mit Bleizucker fällte, den Bleiniederschlag durch Schwefelwasserstoff
zerlegte und das Filtrat vom Schwefelblei auf dem Wasserbad verdampfte.
Das jedenfalls unreine Produkt war ein braunes, hygroskopisches Pulver, das
mit Wasser eine trübe Lösung gab.
Reich gewann die Filixgerbsäure als zweifellos einheitlichen Körper,
nachdem er verschiedene Verfahren auf ihre Brauchbarkeit hin geprüft hatte,
ausschließlich durch fraktionierende Fällung des in 10% Weingeist aufgelösten
spirituösen Extraktes mit Bleizucker. Die sorgfältig mit Wasser aus-
gewaschenen Niederschläge zersetzte er unter 30% Weingeist mit Schwefel-
I) Annal. 54, 119 und Jahrb. f. prakt. Pharm. 22, 159.
2) Annal. 143, 276.
474 W. Wollenweber: Filixgerbsäure.
wasserstoff. Die Filtrate vom Schwefelblei lieferten schließlich durch vor-
sichtiges Eindampfen und einige hier nicht wiederzugebende Reinigungs-
methoden den Körper als amorphes zimmtbraunes Pulver. Reich selbst
bezeichnet es als in Wasser in der Kälte sehr wenig, beim Kochen etwas
mehr lösliches Pulver, welche Angaben ich an den noch im Pharmakologischen
Institut vorhandenen Präparaten bestätigen konnte. Eine Spanreaktion war
mit Reich’scher Filixgerbsäure auf keine Weise zu erhalten. Auf die
sonstigen Resultate der Reich’schen Untersuchungen werde ich später
zurückkommen.
Aus dem Mitgeteilten ist ersichtlich, daß diejenigen beiden
Autoren, welche sich bisher ıwit der Reindarstellung des Filixgerbstoffes
beschäftigten, Luck und Reich, diesen als in Wasser nahezu un-
löslichen Körper erhielten.
Bei meinen Voruntersuchungen war ich zu der Einsicht gekommen,
daß, wenn die Bleifällung bei der Gerbstoffdarstelluong umgangen
werden sollte, ein Extraktionsmittel angewandt werden mußte, das den
Gerbstoff leicht und vollständig aufnahm, zugleich aber möglichst
wenig von dem so reichlich vorhandenen Rohrzucker auflöste. Als
solches konnte nur absoluter Alkohol in Frage kommen. Außerdem
mußte, um möglichst wenig Zucker zu lösen, bei der Extraktion eine
höhere Temperatur vermieden werden. Das Verfahren, das zu dem
gewünschten Ziele führte, war folgendes:
Gut getrocknetes Filixrhizompulver wurde in einem Perkolator
mit absolutem Alkohol bis zur Erschöpfung extrahiert, die alkoholischen
Tinkturen in kleinen Portionen von höchstens 100 ccm im luft-
verdünnten Raume und bei möglichst niederer Temperatur abdestilliert
und die bei der Destillation der einzelnen Portionen verbliebenen
Extrakte gesammelt.
Beläßt man das bei den einzelnen Destillationen erhaltene Extrakt
im Destillierkolben und füllt successive auf das Extrakt neue Portionen
von Tinktur nach, so daß also das Extrakt wiederholt und längere Zeit
der Destillationstemperatur ausgesetzt wird, so kann, wie ich beobachtet
habe, der Gerbstoff auch bei diesem Verfahren in mehr oder weniger
unlöslicher Form resultieren.
Die vereinigten Extraktportionen übergießt man dann mit viel
reinem Aether. Nach gutem Durchschütteln setzt sich am Boden des
Gefäßes der Gerbstoff als dichte Masse von der grün gefärbten
ätherischen Lösung ab. Letztere läßt sich nach einiger Zeit gut und
klar von dem Bodensatz abgießen und liefert nach dem Abdestillieren
des Aethers einen fettigen Rückstand, der im wesentlichen nur die
Bestandteile des ätherischen Filixextraktes enthält und wie dieses
bequem nach der Magnesiamethode auf die Körper der Filixsäuregruppe
W. Wollenweber: Filixgerbsäure. 475
verarbeitet werden kann. Der ätherunlösliche Bodensatz wird noch
wiederholt mit kleineren Mengen Aether abgewaschen und läßt sich
dann leicht in zusammenhängenden, nicht klebrigen Klumpen aus dem
Gefäß herausnehmen. In diesem Stadium ist der Gerbstoff zwar leicht
in kaltem Wasser löslich; die wässerige Lösung ist aber infolge des
Vorhandenseins von noch etwas Fett und anderen ätherlöslichen
Stoffen milchig getrübt, gibt jedoch eine starke Spanreaktion. Um
den Gerbstoff weiter zu reinigen, extrahiert man ihn längere Zeit im
Soxhlet’schen Apparat so lange mit Aether, bis dieser nichts mehr
aufnimmt. Hiernach gibt er dann mit Wasser eine klare Lösung. Ich
habe endlich das so gewonnene Prbdukt, ein hell rötlichgelbes trockenes
Pulver, nochmals in kaltem Wasser gelöst, die wässerige Lösung
filtriert und in flachen Schalen auf dem Wasserbad zur Trockne ein-
gedampft. Der Verdampfungsrückstand, eine leicht zu Pulver
zerreibliche, absolut nicht klebrige Masse ist reine Filixgerbsäure. Das
Pulver muß völlig klar und in jedem Verhältnis in kaltem Wasser
löslich sein, und die 1% wässerige Lösung darf im Polarisationsapparate
keine Rechtsdrehung erkennen lassen. Eine solche zeigt, wenn vor-
handen, die Verunreinigung mit kleinen Mengen von Rohrzucker an.
Das Pulver hinterließ bei der Veraschung keine wägbaren Mengen von
Mineralbestandteilen. Die Ausbeute ist eine sehr gute. Ich erhielt
wiederholt 7,8% (auf trockenes Rhizompulver berechnet) reine, wasser-
lösliche Gerbsäure, während Reich nur 2,7% erhielt.
Die von mir isolierte Gerbsäure ist nun aber ganz bestimmt
nicht identisch mit dem von Reich dargestellten und analysierten
Produkte. Sie unterscheidet sich vor allem darin, daß sie fast un-
begrenzt in kaltem Wasser löslich ist, und daß die wässerige Lösung
den mit Salzsäure befeuchteten Fichtenspan ebenso rötet, wie es der
Zellsaft des frischen Filixrhizoms tut. Da, wie meine weiteren Unter-
suchungen ergaben, ein zweiter Gerbstoff in der Droge nicht vorhanden
ist und ferner gezeigt werden wird, daßsich die lösliche Filixgerbsäure
leicht in die von Reich beschriebene unlösliche Form überführen
läßt, so ist die Annahme berechtigt, daß der von mir isolierte Stoff
der natürlichen Filixgerbsäure, der von Reich beschriebene aber
einem durch die Darstellungsmethode entstandenen Umwandlungs-
produkte derselben entspricht. Nur in einem Punkte glaube ich, daß
auch meine Filixgerbsäure nicht mehr ganz vollständig ihrem ur-
sprünglichen natürlichen Zustande entspricht, nämlich in der Farbe.
Der im frischen Rhizom enthaltene Gerbstoff ist bestimmt farblos, wie
ich bereits bemerkte. Meine Präparate waren stets von rötlichgelber
Farbe, die beim Eindampfen wässeriger Lösungen immer noch erheblich
nachdunkelte. Durch Versuche in kleinem Maßstabe habe ich mich
476 W. Wollenweber: Filixgerbsäure.
aber überzeugt, daß es wohl möglich sein dürfte, bei vollständiger
Vermeidung des Luftzutritts und höheren Temperaturen — also beim
Einengen aller Lösungen in Vakuum — die Gerbsäure auch noch in
ganz in farblosem Zustande herzustellen. Sie hat die Eigenschaft,
sich unter dem Einfluß des Luftsauerstoffes und der Wärme rasch
rötlich bis rot zu färben.
Der Mitteilung der analytischen Resultate seien noch einige
weitere Notizen über die Eigenschaften der löslichen Filixgerbsäure
vorangeschickt. ;
Sie ist stickstoffhaltig. Ihre Löslichkeit in Wasser entspricht
etwa derjenigen des Tannins. In absolutem Alkohol ist sie in ganz
reinem Zustande in der Kälte etwas weniger leicht löslich, in allen
Verhältnissen aber in 90% Alkohol. Es sei hier nochmals auf den
etwas auffallenden Umstand hingewiesen, daß aus der Wurzel direkt
— gleichviel ob frisch oder trocken — Wasser den Gerbstoff nur
ganz spärlich aufnimmt. Gegen Methylalkohol verhält sich die Gerb-
säure ähnlich wie gegen Aethylalkohol. Von Essigäther und reinem
Aceton wird nur wenig gelöst, während ein Gemenge von Aceton
und Alkohol große Mengen auflöst. In Aether, Benzol, Petroläther,
Schwefelkohlenstoff und Chloroform ist die lösliche ebenso wie die
wasserunlösliche Filixgerbsäure fast unlöslich. Glyzerin und Eisessig
lösen sie beide nicht sehr reichlich; von Alkalien und Alkalikarbonaten
werden sie leicht und mit rotbrauner Farbe aufgenommen. Wässerige
Lösungen haben auch noch in ziemlicher Verdünnung die Eigen-
tümlichkeit, stark zu schäumen wie Seifenlösungen. Säuren erzeugen,
der wässrigen Lösung tropfenweise zugesetzt, in derselben voluminöse
Niederschläge, was bekanntlich auch bei Tanninlösungen der Fall ist.
Die Ferrichloridreaktion der wasserlöslichen Filixgerbsäure hat die
Eigentümlichkeit, daß die Grünfärbung sehr vergänglich ist und rasch
in eine bräunliche Mißfärbung übergeht.
Charakteristische Reaktionen gibt die verdünnte wässerige Lösung
mit Barythydrat und Chlorkalk; Zusatz des ersteren bewirkt zunächst
ganz ähnlich wie bei einer Tanninlösung eine himmelblaue Fällung,
wobei aber die blaue Farbe bald in eine hellrote übergeht. Versetzt
man die wässerige Lösung tropfenweise mit Chlorokalklösung, so ent-
steht ein dunkelbrauner bis schwarzgrüner Niederschlag, der sich nach
Zusatz der ersten Tropfen beim Umschütteln unter gelbroter Färbung
der Flüssigkeit wieder auflöst, auf weiteren Zusatz des Reagens aber
bestehen bleibt und bei einem gewissen Ueberschuß des letzteren sich
bis zitronengelb aufhellt!. Die wässerige Lösung gibt außerdem eine
starke Lieben’sche Jodoformreaktion. In Filixgerbsäurelösung gelegte
Stücke durch Wasser- und Kalkbehandlung gequollener und ent-
W. Wollenweber: Filixgerbsäure. re
haarter Kaninchenhaut nehmen den Gerbstoff rasch auf und verwandeln
sich in einigen Tagen in elastisches Leder, genau wie in einer
Tanninlösung.
Leim- und Eiweißlösungen, ebenso die Lösungen der Salze des
Strychnins und Chinins werden voluminös gefällt.
Fehling’sche Lösung und ammoniakalische Silberlösung werden
beim Erwärmen reduziert, indem sich bei der Silberlösung ein Silber-
spiegel bildet. Der Geschmack des Fulvers und der wässerigen Lösung
ist stark zusammenziehend, aber nicht bitter.
Beim Erhitzen der Gerbsäure auf 100° findet Wasserabgabe statt,
bei 112° tritt unter starkem Aufblähen der Substanz ein Erweichungs-
punkt ein, während erst bei 250° eine langsame tiefergreifende Zer-
setzung eintritt, die schließlich mit Verkohlung endet. Durch Ein-
dampfen wässeriger Lösungen auf dem Wasserbad wie durch Erhitzen
der trockenen Substanz im Trockenschrank auf 100° C. werden die
oben beschriebenen Eigenschaften der löslichen Filixgerbsäure, ins-
besondere ihre Wasserlöslichkeit nicht verändert.
Zum Zwecke der Analyse wurde reine luft- und exsikkator-
trockene Substauz bei 100° bis zur Gewichtskonstanz getrocknet.
Dabei verloren von Präparaten verschiedener Darstellung:
1. 0,8575 g 0,0297 H3O, entsprechend 3,46%.
2. 0,5715 „ 00191 „ ; 3,34 „
3. 0,9150 „ 0,0245 „ S 3,23 „
4. 0,8090 „ 0,0245 „ R 3,64 „
5. 0,9260 „ 0,0310 „ = 3,35 ;
6. 0,8120 „ 0,0300 „ 3,69 „
Im Mittel: 3,45 „ H3O.
Bei der Elementaranalyse der bei 100° bis zur Gewichtskonstanz
erhitzten Substanz gaben:
0,3126 g bei 752 mm u. 150 4,1 ccm Stickgas, entsprechend 0,0048 g N.
0,5465 5, „ 758 „ „155072 „ r Pr 0,0083 „ „
0,4518, „ 758 „ „155052 „ - " 0,0061 „ „
0,4451 „ „ 758 „ „ 150 61 „ “ % 0,0071, „
0,1259 g 0,2505 CO, und 0,0605 Ha0.
0,1259 „ 0,2505 „ „ 0053 „
0,1212 „ 0,2420 „ „ 00570 „
0,2310 „ 0,4650 „ „ 01102 „
In Prozenten:
2ER
17 as 1: m 6. 7. 8.
0 DE _ _ 6496 Bit Be 5
ae er Zn a
N 152° 13 15 10 — ai wu ae
478 ! W. Wollenweber: Filixgerbsäure.
Vorstehende Daten entsprechen, wenn man die Zahl der Kohlen-
stoffatome in der von Reich begründeten Filixgerbsäure-Formel bei-
behält, befriedigend der Formel: C,H4aNOg + 2H30.
Berechnet für Gefunden:
Ca Ba NOss + 2 Ha 0: im Mittel
C 54,55 54,45
H 4,88 5,16 '
N. : 1,55 1,55
H5s0 3,84 3,45
Wird die bei 100° getrocknete, noch vollständig wasserlösliche
Gerbsäure im Trockenschranke successive auf höhere Temperaturen
erhitzt, so nimnıt sie allmählich eine viel dunklere Färbung an und
verliert mehr und mehr die Wasserlöslichkeit. Ich fand, daß die bei
125° C. bis zur abermaligen Gewichtskonstanz getrocknete Substanz
in ihrer Zusammensetzung der Reich’schen Gerbsäure entspricht, und
daß die in dem Temperaturintervall von 100—125° weiter abgegebene
Wassermenge annähernd genau vier Molekülen entspricht.
Vier Präparate verschiedener Darstellung, vorher bei 100°
konstant, verloren beim Erhitzen auf 125°
1. a) 0,5770 g 0,0389 Hs0, entsprechend 6,75%.
b) 0,4225 „ 0,030 „ £ 7,58 „,
2. a) 0,5100 „ 0,0364 „ I 7,14 „
b) 0,4412 „ 0,0324 „ ; 7,34 „
3. a) 0,7315 „ 0,052 „ x 7,41 ,
b) 0,7500 „ 0,0525 h 7,00 „,
4. a) 0,5440 „0,0455 „ x 7,99 „
b) 1,0520 „ 0,0900 „ i 8,55 „
Im Mittel: 7,47 „
Berechnet: 7,98 „
Zu nachstehenden Analysen wurde die im Schiffehen bei 100°
vorher bis zur Konstanz getrocknete Substanz verwendet und nochmals
der beim Erhitzen bis auf 125° eintretende Wasserverlust bestimmt.
1. 0,1500 g verloren bei 125° 0,0115 Hs0, entsprechend 7,66%; die
rückständigen 0,1385 g gaben: 0,2986 COs, entsprechend 0,0814 g C und
0,0548 Ha0, entsprechend 0,0061 H.
2. 0,3845 g verloren bei 125° 0,0293 H30, entsprechend 7,64%; die
rückständigen 0,3552 g gaben bei 762 mm und 180 5,18 ccm Stickgas, ent-
sprechend 1,69 N.
Berechnet für Gefunden:
Ca Hge NO + 4H50: 1: 2.
C 59,27 58,80 —_
H 433 4,40 —_
N 1,2 — 1,69
Hs0 7,98 7,66 7,64
W. Wollenweber: Filixgerbsäure. 479
Bei den weiter folgenden Analysen wurde die bei 125° bis zur
Gewichtskonstanz getrocknete Substanz verbrannt:
3. 0,4135 gaben bei 752 mm und 200 6,7 ccm Stickgas, entsprechend
0,0076 N.
4. 0,3563 gaben bei 752 mm und 20° 5,20 ccm Stickgas, entsprechend
0,0059 N.
5. 0,2390 gaben 0,5181 COs und 0,0912 H30.
6. 0,2135 „ 04662 „ „. 0,0804
n
Berechnet für Gefunden:
Cu Hes NOses: 1, 2. 3. 4.
C 59,27 _ — 5912 59,53
H 433 —_ — 424 4,18
N 1,68 1,83 1,65 _ _
Eine mit der Reich’schen Filixgerbsäure in der Zusammensetzung
und in den äußeren Eigenschaften gleiche Substanz entsteht also aus
der von mir dargestellten wasserlöslichen Gerbsäure schon durch ein-
faches Erhitzen auf 125°. Ich konnte ferner nachweisen, daß man
von der wasserlöslichen Gerbsäure zu dem Reich’schen Präparate
auch auf dem Wege der Bleifällung gelangen kann. Ich benutzte
reine wasserlösliche Substanz und verfuhr genau nach der von Reich
(a. a. O.) angegebenen Methode der Bleitällung und der Isolierung des
Gerbstoffes aus dem Bleiniederschlag. Die exsikkatortrockene Substanz,
die nach Reich bei 100° noch Wasser verliert, wurde nach dem
Erhitzen auf 100° bis zur Gewichtskonstanz verbrannt.
1. 0,3041 g verloren 0,0072 Hs0, entsprechend 2,37%,
2. 0,1805 „ ” 0,0045 „ = 2,49 „
3. 0,2412 „ ö 0,0058 „ 4 2,41,
4. 0,5002 g gaben bei 752 mm und 210 8,10 ccm Stickgas, entsprechend
0,0091 N.
5. 0,3871 g gaben bei 752 mm und 21° 5,70 ccm Stickgas, entsprechend
0,0064 N.
6. 0,1200 g gaben 0,2603 COs und 0,0468 Hs0.
7. 0,3483. ,, „7 Oel 2 el 1443
n
Berechnet für Gefunden:
Cu Hgs NOjs + Ha0: im Mittel
C 5927 59,33
HH 43 4,46
N 168 1,74
HO3 2,12 2,42
Auch die bei 125° getrocknete oder die nach dem Verfahren
von Reich dargestellte Filixgerbsäure gibt bei Temperaturen über 125°
480 W. Wollenweber: Filixgerbsäure.
noch Wasser ab. Ich erhitzte auf 148°, bis von neuem sich Gewichts-
konstanz eingestellt hatten. So verloren:
1. 0,1583 g 0,0065 Hs0, entsprechend 4,31% und gaben: 0,1518 g
0,3420 COs, entsprechend 0,0933 C und 0,0568 Hg0, entsprechend 0,0063 H;
es verloren ferner:
2. 0,3681 g 0,0160 Hs0, entspechend 4,349, und gaben: 0,3821 g bei
762 mm und 180 6,00 ccm Stickgas, entsprechend 0,007 g N.
Diese Resultate sprechen dafür, daß noch 2 Mol. Wasser aus
C;ı Hase NOJg ausgetreten sind.
Berechnet für Gefunden:
Cu HgaNO;s + 2H3a0: Eu 2.
C 61,97 61,46 _
H 4,03 4,17 _
N 1,76 —_ 1,82
Hs0 4,37 4,31 4,34
Aus dem Mitgeteilten ergibt sich, daß die Gerbsäure des Filix-
rhizoms in hohem Maße zur Anhydridbildung befähigt ist. Die von
mir nachgewiesenen Hydrationsstufen und Anhydryde sind folgende:
1. Natürliche Filixgerbsäure — zweckmälig vielleicht als
Proto-Filixgerbsäure zu bezeichnen, sehr leicht löslich in
Wasser; entspricht lufttrocken der Formel C,ı His NO;, und gibt
bei 100°, ohne ihre Löslichkeit im Wasser zu verlieren, zwei Moleküle
Wasser ab: Oa Ha NOss + 2Hs0
2. Filix-Gerbsäureanhydrid: — Reich’s Filixgerb-
säure, in kaltem Wasser sehr wenig löslich, entsteht aus Proto-
Filixgerbsäure durch Erhitzen auf 125° oder durch Bleitällung, durch
Abgabe von vier Molekülen Wasser: Ca Ha NOga=Cyu Ha
NO] +4H3 O
3. Zweites Filix-Gerbsäureanhydrid,in Wasser unlös-
lich, entsteht aus dem vorhergehenden bei 148° durch Abgabe von zwei
weiteren Molekülen Wasser: Osı Haze NO1s = Caı Haa NOj8 + 2 H3 OÖ
Im ganzen gibt also reine lufttrockene Protofilixgerbsäure
beim Erhitzen bis auf 148° acht Moleküle Wasser ab. Einen dieser
Annahme entsprechenden Gewichtsverlust erhielt ich auch in zwei
Versuchen, in welchen exsikkatortrockene Protofilixgerbsäure
auf 140° bis zur Konstanz das Gewichtes getrocknet wurde.
1. 0,8575 g verloren 0,1343 HgO, entsprechend 15,66%.
2. 0,5715 „ = 0,0896 „' - 15,72 „
Berechnet für Gefunden:
Ca Hgg NOss + 8 Hs0: 4, 2.
Hs0 15,3 15,6 15,7
(F r'me*"ung folgt.)
ed Er DE vr - ge 1 .
ICHTHYOL.
Der Erfolg des von uns hergestellten speziellen Schwefelpräparats
hat viele sogenannte Ersatzmittel hervorgerufen, welche nicht identisch
mit unserem räparat sind und welche obendrein unter sich verschieden
sind, wofür wir in jedem einzelnen Falle den Beweis antreten können.
Da diese angeblichen Ersatzpräparate anscheinend unter Mißbrauch
unserer Markenrechte auch manchmal fälschlicherweise mit
Ichthyol
oder
Ammonium sulfo-ichthyolicum
gekennzeichnet werden, trotzdem unter dieser Kennzeichnung nur unser
spezielles Erzeugnis, welches einzig und allein allen klinischen Versuchen
zugrunde ;elegen hat, verstanden wird, so bitten wir um gütige Mit-
teilung zwecks gerichtlicher Verfolgung, wenn irgendwo tatsächlich
solche Unterschiebungen stattfinden.
Ichthyol-Gesellschaft
‘Cordes, Hermanni & Co.
HAMBURG.
An Hand der‘
$ ‚Glogowski-
Ss
GR Karlolhek”
läßt sich in jedem, selbst dem
größten Betriebe eine nie versagende
Uebersichtlichkeit und Kontrolle des
Ganzen, wie jedes einzelnen Teiles erreichen.
Die Glogowski-Kartothek wirbt Kunden, treibt
Geld ein, erinnert zn Termine, weist Umsatz und
Verdienst nach, kontrol!’ rt Personal und Material, spart
Zeit, Arbeit und Geld, weiß alles, paßt für jeden Betrieb!
In Gebrauch bei vielen Behörden, Instituten, kommerziellen
und industriellen Klein-, Mittel- und Großbetrieben jeder Art,
Aerzten, Juristen etc. etc. Reichhaltige Spezial-Literatur sowie
Vorführung kostenlos.
GLOGOWSKI & Co.
BERLIN, Friedrich-Straße 83
E. RE
COTTA-DRESDEN \
empfiehlt als zuverlässigste Anaesthetica TE a
Aether pro narcosi | 1
Chloroform. Surfes, | Marke E.H. |
Zu beziehen durch die Medizinal-Drogenhäuser.
Außer anderen Präparaten sind von uns in die Medizin eingeführt: BE
Salicylsäure, salicylsaures Natrium, salieylsaures Wismut, |
Salol, Solveol, Creosotal, Duotal, Xeroform, Orphol, Itrol, Se
Collargol, Acoin, Salocreol, Calodal, ihr
Salit, beste Einreibung bei Rheumatosen,
_Unguentum Heyden (Salbe aus . Catomelo, | |
diskreter Ersatz der grauen Salbe (Neisser),
Novargan, „Zur Zeit bestes Mittel bei akuter Gonorrhöe“,
neues, völlig reizloses ‚Silberproteinat zur lokalen Behandlung
Omorol, von Diphtherie etc., a
Blenal, Kohlensäureverbindung des Santalols, Antigonorrhoicum,
Injektion Hirsch, Bismut. bisalieyl., Bismut. bitannie.
Wir fabrizieren ferner Acetylsalicylsäure, in substanz und als leicht zerfallende
Tabletten, Guajakol, Benzonaphtol, Hexamethylentetramin, Bismut. subnitr. ‚etc.
Verkauf durch den Gross - Drogenhandel.
Chemische Fabrik von Heyden, Radebeul- Dresden. =
Soeben erschien die dritte verbesserte und vermehrte Auflage der Broschüre a
Erklärung der . ke
technischen Prüfungsmethoden .
Deutschen Arzneibuches IV.
Von
Prof. Dr. Georg Heyl, Obermedizinalrat iu Darmstadt.
Preis 60 Pf. portofrei.
Zu beziehen vom
Deutschen Apotheker - Verein, Berlin C. 2.
Einliegend eine Beilage der Firma Ernst Leimkugel, Cigarrentabrik 3
und Versandhaus, Bremen O., Besselstr. 4.
Druck von Denter & Nicolas, Berlin C., Neue Friedrichstras o 48.
wi.
ie Ui HE a NE > a a A + ar I P,
FRE To 0a Se SEE 1 7 rn Re GL EWT n a
RE EEE Er 5
ARCHIV
DER
PHARMAZIE
herausgegeben
vom
Deutschen Apotheker-Verein
unter Redaktion von
E. Schmidt und H. Beekurts.
Band 244. Heft 7.
\\
HORA RUM
| BERLIN.
Selbstverlag des Deutschen Apotheker -Vereins.
Ausgegeben den 15. November 1906.
23
|
==
Er
er
=
verschiedener Koblensortan
L. Rosenthaler, Bemerkungen zur Gore ne Athandlucie =
E. Rupp, Ueber DIN von galenischen Präparaten. des
Arzneibuches: ; ° ..-; == SS er DE NE er
A. Jolles, Ueber Lävulosurie cd Che den N allein der hans im Harn
G. Barger und H. H. Dale, Die Mutterkornalkaloide . . . 2...
M. Ssholtz, Ueber die Alkaloide der Pareirawurzel .
W. Fühner, Beitrag zur Kenntnis der Thalleiochinreaktion. _ EEE
_E. Wedekind, Beiträge zur Kenntnis des Santonins, en
ss H. Thoms, Ueber das Rottlerin.
%
:
AG
Eingegangene Beiträge.
(Geschlossen den 8. XI. 1906.)
FIHHNENNARERNAUNERNENRRFERREHRRREREHEETFERN.G
Diese Zeitschrift erscheint in zwanglosen Heften (in der Regel
monatlich einmal) in einem jährlichen Umfange von 40 bis
50 Bogen. Ladenpreis für den Jahrgang Mk. I2,—.
Alle Beiträge für das „Archiv“ sind an die
Archiv-BRedaktion
Herrn Geh. Reg.-Rat Professor Dr. E. Schmidt in Marburg (Hessen)
oder Herrn Geh. Med.-Rat Professor Dr. H. Beckurts in Braunschweig,
alle die Anzeigen u. s. w., überhaupt die Archiv-Verwaltung und
die Mitgliederliste betreffenden Mitteilungen an den
Deutschen Apotheker-Verein
‘ Berlin C. 2, Neue Friedrichstr. 43° = 2
einzusenden. - TE
2%
Anzeigen. u
il, Seite zum Preise von M 50.—; !/ Seite zum Preise von M 30.—;. a Seite zum
Preise von M 20.—; !/; Seite zum Preise von M 10.—. Die Grundschritt ist. Petit.
Beilage-Gebühr für das Tausend der Auflage — z. 2.4300 — M 10.—. Für Beilagen, welche 2
nicht dem Format des „Archiv“ entsprechen, bleibt besondere Vereinbarung vorbehalten. _ ö
oO
W. Wollenweber: Filixgerbsäure. 481
Bestimmung des Molekulargewichts der Filixgerbsäure.
Aus der Elementaranalyse berechnet sich für die lösliche natür-
liche Filixgerbsäure nach der Formel C,ı Hs NOga + 2Hz O das
einfachste Molekulargewicht 938, während es für das von Reich
beschriebene Anhydrid C,, Hs, NO,s + HaO 848 beträgt.
Eine direkte Molekulargewichtsbestimmung nach der Beckmann-
schen Gefrier- oder Siedepunktsmethode konnte Reich mit seinem
Produkte nicht ausführen, da es ihm am geeigreten Lösungsmittel
fehlte. Ich habe nun Molekulargewichtsbestimmungen nach der
Beckmann’schen Gefrierpunktsmethode ausgeführt, indem ich als
Lösungsmittel Wasser verwandte:
Filixgerbsäure C,H4NOsg + 2Hs0 Mol.-Gew. — 938.
I
|
Wasser Substanz Gefrierpunkts- Mol.-Gew.
& g ' Erriedrigung (scheinbares)
20 0,5247 0,101 490
20 1,0760 0,208 481
20 0,4993 | 0,100 461
20 1,1000 0,220 463
20 0,2430 0,050 450
20 0,1215 0,028 460
Im Mittel wurde also das Molekulargewicht = 467 gefunden, was
ziemlich genau der Hälfte des berechneten einfachsten Molekular-
gewichts entspricht. Ich habe auch noch Bestimmungen in kon-
zentrierteren Lösungen ausgeführt, ohne wesentlich andere Resultate
zu erhalten; mit sehr stark verdünnten Lösungen zu arbeiten, verbot
sich übrigens wegen der Unsicherheit der Ablesung bei der geringen
Depression.
Um eventuell noch anderweitige Anhaltspunkte für die Molekular-
größe der Filixgerbsäure zu gewinnen, wurden vergleichende Unter-
suchungen mit dem Kolloid- Tannin angestellt; ich verglich die
Fähigkeit reinen Tannins und reiner Proto-Filixgerbsäure, durch
Pergamentpapier zu diffundieren. Ganz entscheidend konnten diese
Versuche natürlich schon deshalb nicht sein, weil bekanntlich auch
die Molekulargröße des Tannins nicht ganz sicher feststeht. Immerhin
mußte der Vergleich einiges Interesse bieten. Es ergab sich, daß
Filixgerbsäure ganz bedeutend rascher diffundierte als Tannin.
Die Versuche wurden in der Weise ausgeführt, daß wässerige
» Lösungen von Tannin und Filixgerbsäure von bekannter Konzentration
=
Ye)
un
Ze
in je eine Hülse aus Pergamentpapier eingefüllt und diese Hülse
Arch. d. Pharm. COXXXXIV. Bds. 7. Heft. 31
482 W. Wollenweber: Filixgerbsäure.
wiederum in ein mit Wasser gefülltes Becherglas eingehängt wurde.
Das Wasser wurde nach je 24 Stunden erneuert und die wässerige
Lösung eingedampft. Durch Wägung des Rückstandes der Außen-
flüssigkeit ließ sich leicht die diffundierte Menge berechnen, ebenso
zur Kontrolle der Rückstand der in der Hülse zurückgebliebenen Lösung.
Tannin.
Im Dialysator 15 ccm einer 5% igen Lösung.
Tannin im Dialysat. in Gramm
fs De
Nach 4h . 22... Freien 00
ER -
Lösliche Filixgerbsäure.
Im Dialysator 10 ccm einer 5%igen Lösung.
Gerbsäure im Dialysat. in Gramm
—
? 2. 3. %%
Nah 4h . . . .. . 01000 0,1009 0,1009 0,1005
„48, ..K 0199 019er 01
man >22. 02903 0,2892 0,2903 0,2900
Es waren also aus der Tanninlösung binnen 192 Stunden
4,6 bis 4,7% des vorhandenen Tannins, aus der Lösung der Filixgerb-
säure aber innerhalb 72 h schon 58% der gelösten Substanz durch die
Membran diffundiert.
Filixgerbsäure diffundiert also mindestens ca. llmal so rasch
durch Pergamentpapier als Tannin, dessen Molekulargewicht man nach
Walden'!) und Kraft?) zu ca. 1600 anzunehmen hätte. Das
Molekulargewicht der Filixgerbsäure muß also erheblich niedriger sein.
Uebrigens liefeıte der Diffundierversuch noch ein weiteres
Kriterium für die Einheitlichkeit des Stoffes, indem die Rückstände
der Außenflüssigkeit sowohl wie der Innenflüssigkeit gleiche charakte-
ristische Reaktionen gaben und die Stickstoffbestimmungen fast gleiche
Werte lieferten. j
1. In der Außenflüssigkeit:
0,3822 g Substanz bei 752 mm Bar. 210° — 49 ccm N = 0,W5g N =
1,44% N.
2. In der Innenflüssigkeit:
0,3625 g Substanz bei 752 mm Bar. 210 = 5,0 ccm N = 0,0056 g N=
1,54% N.
1) Ber. 31, 3169.
2) Ber. 32, 1613.
W. Wollenweber: Filixgerbsäure. 483
Die Basicität der Filixgerbsäure.
Da die Bestimmung der Basieität der Proto-Filixgerbsäure durch
Titrieren wegen der intensiven Färbung der Lösungen nicht gut aus-
führbar war, versuchte ich sie durch die Analyse eines Salzes zu
bewerkstelligen. Die Alkalisalze konnten wegen ihrer leichten Lös-
lichkeit in Wasser hierzu nicht verwendet werden. Als geeignet
erschien das Baryumsalz, das aus der mit Ammoniak versetzten
wässerigen Lösung des Gerbstoffs auf Zusatz von Baryumchlorid als
amorpher rotbrauner Niederschlag ausfällt.
Dieser Niederschlag wurde durch Abpressen, häufiges Dekan-
tieren mit Wasser und Nachwaschen mit Wasser bis zum Verschwinden
der Chlorreaktion gereinigt. Das getrocknete Salz ist ein rotbraunes,
amorphes Pulver, das sich in sämtlichen gebräuchlichen Solventien
nicht löst und von verdünnten Mineralsäuren kaum angegriffen wird.
Zur quantitativen Bestimmung wurde das bei 100° konstant
gemachte Salz im Platintiegel vorsichtig verascht, der Rückstand in
verdünnter Salzsäure aufgenommen, die filtrierte Lösung mit Schwefel-
säure ausgefällt und das Baryumsulfat in Rechnung gebracht.
1. 0,3046 g Salz gaben 0,1052 g BaSO, = 0,0616 g Ba.
2. 0,3617 „ % ® Din A195 — 0,0728 „ >
1. 2. Im Mittel:
20,22 20,13 20,18%.
Wenn schon die äußeren Eigenschaften darauf hinwiesen, daß
ein dem von Reich erhaltenen Baryumsalz ähnlicher Körper ent-
standen war, so wurde dieses durch die Analysen noch mehr bestätigt,
da Reich einen dem vorstehenden fast gleichen Prozentgehalt an
Baryum gefunden hatte (19,71% Ba).
Es ist hiernach anzunehmen, daß schon bei der Bildung der
Baryumverbindung die labilere Form der Protofilixgerbsäure unter
Wasseraustritt in das stabilere Anhydrid übergeht, analog wie es ja
auch bei der Bleitällung der Fall zu sein scheint. Das von mir
erhaltene Baryumsalz kann daher über die Basicität der Protofilixgerb-
säure keinen Aufschluß geben. Es entspricht lediglich der schon von
Reich genauer untersuchten Verbindung des Anhydrid Cs, Hz NO1s
(C4ı Has NO 1s)2 Ba3, wo 6 durch Metalle ersetzbare Weasserstoff-
atome durch 3 Baryumatome substituiert sind.
Berechnet für Gefunden
(Ca Hag NOjs)a Bag im Mittel:
Ba 19,90 20,17.
Einwirkung von Brom auf Filixgerbsäure.
Reich hat ein Bromderivat der Filixgerbsäure (CO, Has NO1s)
isoliert und ihren Bromgehalt bestimmt. Er fügte zu einer Lösung
31*
484 W. Wollenweber: Filixgerbsäure.
der Säure in 2% Kalilauge tropfenweise unter Umrühren Brom im
Ueberschuß und erhielt einen orangeroten Niederschlag, den er ab-
saugte und nach reichlichem Waschen mit Wasser auf Ton trocknete.
Reich schreibt ausdrücklich, daß er nur in alkalischer Lösung ein
einheitliches Produkt erhalten hätte. Mir ist es nun gelungen, aus
Protofilixgerbsäure direkt ein Bromderivat zu erhalten, indem ich
lösliche Säure in möglichst wenig Wasser aufnahm und mit Brom im
Ueberschuß verrührte. Unter starker Erwärmung und unter spontaner
Entwicklung reichlicher Mengen weißer Bromwasserstoffnebel resultierte
ein orangerotes Pulver, das nach gutem Auswaschen mit Wasser auf
Ton getrocknet wurde. Das amorphe Pulver besaß einen schwachen
eigenartigen Geruch und war in kaltem Wasser wenig, in heißem
Wasser etwas reichlicher löslich. Aether, Chloroform, Benzol, Eis-
essig lösten es nicht oder doch nur sehr wenig, während Alkohol und
Aceton es mit gelbbrauner Farbe vollständig aufnahmen. Salpeter-
saures Silber verursachte in alkoholischer Lösung keinen Niederschlag,
während Eisenchlorid mit schwarzgrüner Farbe reagierte. Beim Lösen
in Alkalien und wieder Ausfällen mit verdünnten Säuren scheidet sich
die Verbindung unverändert aus. Rauchende Salpetersäure zersetzt
bei gelindem Wärmen das Pulver vollständig.
Ich habe Produkte nach der Reich’schen Methode und durch
direktes Bromieren analysiert und in beiden Fällen übereinstimmende
Resultate erhalten. Die Brombestimmungen wurden mit über Kalk
getrockneter Substanz nach der Methode von Carius ausgeführt.
A.
Analysen der Bromverbindung nach Reich in alkalischer Lösung
bereitet.
1. 0,2946 g Substanz gaben 0,2832 g AgBr entsprechend 0,1205 g Br.
2. 0,2867 „ e „ROBTRO FE 4 OT;
3. 0,1862 „ 4 „ 0,2141 „ CO, und 0,0446 g H30.
Gefunden:
E: 2. imMittel 3.
Br 40,90 41,09 41,00 _
CE — _ - 31,36
H — -- = 2,63.
B.
Analysen der Bromverbindung durch direktes Bromieren in wässeriger
Lösung bereitet.
1. 0,3185 g Substanz gaben 0,3102 g AgBr entsprechend 0,1320 g Br.
2. 0,2815 „ A 4. ORTOLT TE 5 O4...
3. 0,1982 „ 4 „. 0,2273 „ COg und 0,0504 g H30.
W. Wollenweber: Filixgerbsäure. 485
Gefunden:
1, 2. imMittel 3.
Br 41,44 40,82 41,13 _
2 = er
H — _ _ 2,81.
Meine Analysen ergaben erheblich höhere Bromwerte, als sie von
Reich gefunden worden, der für sein Bromderivat die Formel
Cs Hsı BriaNa O3; aufstellte, die halbiert (Cs Haz Bre NOJ9) entspricht
Reich ist bei der Aufstellung dieser Formel nicht von dem Anhydrid
Cs Has NO;s, sondern von dessen Hydrat CO; Hz, NO,s+-H30 aus-
gegangen und seine Formel könnte auch geschrieben werden
Cu H» Bre NO,s+2 H>0.
Meine analytischen Ergebnisse führen auf das höchste Hydrat
der Protofilixgerbsäure Cu Hs NO9a +2 Ha0 = Cu, H4 NO 5, bezogen
zu der Formel
Ca HuoBrs NO oder O4 Has Bra NO 18 + 2 H30,
wobei ich es, da das Präparat nicht bei 100° getrocknet werden
konnte, unentschieden lassen muß, welcher der beiden Ausdrücke den
Vorzug verdient. Auf »alle Fälle ist ersichtlich, daß Protofilixgerb-
säure zwei Atome Brom mehr aufnimmt als das Anhydrid.
Die Spaltungsmethode mit Zinkstaub und Natronlauge, gab
Reich bei Filixgerbsäure nur spärliche Kesultate, doch konnte
er Phlorogluein und Protocatechusäure nachweisen. Mir kam es mehr
darauf an zu untersuchen, wie das Stickstoffatom im Filixgerbsäure-
molekül gebunden ist. Ich habe verschiedene Spaltungen versucht und
gelangte schließlich zu Resultaten, die der Annahme nicht ungünstig
gegenüberstehen, daß das Stickstoffatom in einem Pyrrolring gebunden
ist. Zu diesen Spaltungen stellte ich mir zunächst eine große Mengs
Filixgerbsäureäthyläther her, der sich stets als stickstoffhaltig erwies
und mischte 1 Teil mit 2 Teilen Natronkalk und 4 Teilen Zinkstaub,
Das vorsichtig verriebene Gemisch füllte ich in eine Röhre und erhitzte
es, indem ich einen Wasserstoffstrom durchleitete. In der Vorlage, die
aus einem leeren Gefäß und aus einem dahintergeschalteten Gefäß mit
angesäuertem Wasser bestand, sammelten sich aus 25 g Filixrot einige
Tropfen und aus 160 g ca. 2 g einer anfangs hellgelben rasch sich
bräunenden Flüssigkeit von stark alkalischer Reaktion und starker
Spanreaktion. Die des öfteren mit Aether gereinigte Flüssigkeit roch
charakteristisch nach Pyrrol und war wie dieses mit Wasserdämpfen
flüchtig. In Wasser und verdünnten wässerigen Alkalien war sie
unlöslich, in Aether dagegen leicht löslich. Mit verdünnten Säuren
schied sich aus der Lösung nach längerem Kochen ein rotes Pulver
ab (Pyrrolrot). Mit Chinon und verdünnter Schwefelsäure bildeten
486 H. Beckurts: Kakao und Schokolade.
sich gefärbte Produkte. Wie ich schon erwähnte, färbte sich ein mit
Salzsäure befeuchteter Fichtenspan anfangs blaßrot, dann rasch karmin-
rot. Diese Reaktion, die noch bis vor kurzem als Identitätsreaktion _
auf Pyrrol galt, ist allerdings nach neuen Untersuchungen von
C. Neumann!) für Pyrrol nicht beweisend.
Eine Stickstoffbestimmnng mit der noch wahrscheinlich sehr
unreinen Flüssigkeit ergab 16,93% N gegenüber dem berechneten
Gehalt von 20,89% N.
Die sichere Identifizierung des erhaltenen Produktes als Pyrrol
ist mir demnach und auch mit Hilfe von Pikrinsäure nicht gelungen.
Wenn auch nach den übrigen Reaktionen eine große Wahrscheinlichkeit
dafür vorhanden ist, so ist doch zu bedenken, daß auch für den Fall,
daß wirklich Pyrrol vorliegen sollte, dieses auch einer sekundären
Reaktion seine Entstehung verdanken könnte.
Mitteilungen aus dem pharmazeutischen Institut der
Herzog]. technischen Hochschule zu Braunschweig.
‚ Veber Rakao und Schokolade.
Von H. Beckurts.
Nachdem fast zehn Jahre vergangen sind, seit die Verein-
barungen zur einheitlichen Untersuchung und Beurteilung
von Kakao und Schokolade nach den Beschlüssen der auf An-
regung des Kaiserlichen Gesundheitsamtes einberufenen Kommission
Deutscher Nahrungsmittel-Chemiker?) festgestellt sind, dürfte der Zeit-
punkt für eine kritische Durchsicht derselben und die Ausarbeitung
eines neuen Entwurfes für dieselben nicht zu früh gewählt sein, be-
sonders, wenn man berücksichtigt, daß gerade in den letzten 5 Jahren
die Literatur über Kakao und Schokolade sehr angeschwollen ist,
und Kakao sowie Schokolade eine immer größere Bedeutung als
Nahrungs- und Genußmittel gewonnen haben. Auf Veranlassung des
Ausschusses der Freien Vereinigung Deutscher Nahrungsmittel-
Chemiker habe ich unter sorgfältiger Berücksichtigung der Interessen
der Hygiene, des konsumierenden Publikums, aber auch der berechtigten
1) Zeitschrift f. physikal.. Chem. 31, 574. Centralbl. 1901, I., 763.
Centralbl. 1904, II, 1435.
2) Vereinbarungen zur einheitlichen Untersuchung und Beurteilung von
Nahrungs- und Genußmitteln. Berlin. Verlag v. J. Springer, Heft I—-IIl.
H. Beckurts: Kakao und Schokolade. 487
Interessen der Industrie neue Leitsätze für die Untersuchung und Be-
urteilung von Kakao und Schokolade aufgestellt, welche der dies-
jährigen Versammlung der Freien Vereinigung Deutscher Nahrungs-
mittel-Chemiker in Nürnberg zur Kenntnisnahme und Beurteilung vor-
gelegt und mit ihrer Begründung in der Zeitschrift für Untersuchung
von Nahrungs- und Genußmitteln, Band 12, Heft 1 und 2, abgedruckt
worden sind. Bei dem hohen Interesse, welches die Schokoladen- und
Kakaowaren für die Pharmazie besitzen, dürften die nachstehenden
Ausführungen auch für die Leser dieser Zeitschrift von Interesse sein.
Ueber den Verkehr mit Kakao und Schokolade bestehen zur
Zeit außer den„Vereinbarungen“nachdie Verkehrsbestimmungen
Deutscher Nahrungsmittelfabrikanten, welche im Deutschen
Nahrungsmittelbuch') niedergelegt sind, und die Verbands-
bestimmungen deutscher Schokoladefabrikanten, welchen
beiden aber, ebenso wie die „Vereinbarungen“ die gesetzliche
Autorität noch mangelt. Bei den nachfolgenden Ausführungen sind
die in diesen Bestimmungen niedergelegten Grundsätze verglichen, und
versucht in dem Entwurfe zu den neuen Vereinbarungen solche
Bestimmungen zu bieten, welche allen berechtigten Interessen gerecht
zu werden versuchen.
T:
A. Begriffsbestimmungen und Beurteilungsgrundsätze.
I. Kakaomasse.
„Kakaomasse ist das Produkt, welches durch Mahlen und
Formen der gerösteten und entschälten Kakaobohnen gewonnen wird“,
so lautet die Festsetzung im Deutschen Nahrungsmittelbuch.
Nach $ 1 Absatz b der Verbandsbestimmungen ist Kakaomasse
„das in Formen gebrachte Mahlprodukt der gerösteten und enthülsten
Kakaobohnen, während ich Ihnen vorschlage:
„Kakaomasse ist ein durch Erwärmen und Verreiben aus den
gerösteten und enthülsten Kakaobohnen ohne Entnahme von Fett
und ohne irgend einen Zusatz hergestelltes und in Formen ge-
brachtes Produkt.“
Demnach decken sich alle drei Definitionen ihrem Inhalte nach,
weshalb Sie wohl auch Ihr Einverständnis damit ausdrücken werden,
wenn ich für die Beurteilung vorschlage:
„Kakaomasse darf keinerlei fremde pflanzliche Beimengungen
(Stärke aller Art, Mehl), keine fremden Mineralstoffe und kein
1) Herausgegeben vom Bunde Deutscher Nahrungsmittelfabrikanten und
-Händler. Heidelberg 1905. C. Winter’s Universitätsbuchhandlung.
488 H. Beckurts: Kakao und Schokolade.
fremdes Fett enthalten. Die Reinigung von Kakaoschalen (Kakao-
staub und Kakaokeime) ist so weit zu treiben, als nach dem Stande
der Maschinentechnik möglich ist.
Kakaomasse hinterläßt 3 bis 5% Asche und enthält 52 bis
56% Fett.“
Erläuternd möchte ich bemerken: In den bisherigen „Verein-
barungen* ist der Gehalt an Mineralstoffen in Kakaomasse zu
2bis5% angegeben. Mit Recht hat, wie ich glaube, zuerst Welmans
getadelt, daß die Grenzen etwas weit gezogen sind, da sowohl nach
den in König’s Chemie der menschlichen Nahrungsmittel 4. Aufl.,
Bd. I, S. 1025 angeführten Analysen, wie auch nach seinen eigenen
Untersuchungen und auch den meinigen unter 3% Asche in gerösteten
Kakaobohnen und in Kakaomasse nicht gefunden wurde. Die wenigen
sich in der Literatur findenden Angaben über einen geringeren Gehalt
an Asche in rohen, ungeschälten Bohnen können nicht in Betracht
kommen, weil sich einmal beim Rösten der Gehalt an Mineralstoffen
etwas erhöht, zumal durch Abnutzung der Reibflächen in den Zer-
kleinerungsmaschinen Mineralstoffe aufgenommen werden können, und
endlich weil Bohnen mit geringerem Aschengehalt niemals für sich
allein, sondern stets mit solchen von höherem Aschengehalt verarbeitet
werden dürften. Deshalb tut man gut, als untersten Gehalt der
Bohnen an Asche 3% festzusetzen.
Obwohl mit 5% der Höchstgehalt an Asche etwas hoch angesetzt
ist — vergl. die Tabelle aus König —, so ist es meines Erachtens
richtiger an dieser Zahl nichts zu ändern.
Der Gehalt an Fett ist in den „Vereinbarungen“ bisher zu
48—54% angegeben; der Durchschnittsgehalt ist zu 50% angenommen.
Nach den Feststellungen von P. Welmans!) ist der Durchschnitts-
gehalt an Fett mit 50% bisher zu niedrig angegeben; er beträgt
55,35 % der Mindestgehalt an Fett wurde zu 54, der Höchstgehalt zu
56,26% gefunden. Die früher erhaltenen niedrigen Werte haben ihre
Ursache darin, daß es bei dem Zerkleinern der Bohnen zwecks Fett-
bestimmung nur selten gelingt, das Fett so bloß zu legen, daß es voll-
ständig zur Extraktion gelangen kann, weil viele Zellen dem Zerrissen-
werden entgehen, und weil die Extraktionsmittel nicht durch die Zell-
haut dringen können. Sollten aber wirklich einmal Kakaobohnen mit
niedrigen Fettgehalten vorkommen, dann ist die Annahme eines Durch-
schnittsgehaltes von 55 % Fett statt wie bisher 50 % auch unbedenklich,
weil, wie Welmans richtig austührt, wohl kaum eine Sorte Bohnen
für sich allein, sondern stets Gemische derselben verarbeitet werden.
1) Zeitschr. öffentl. Chem. 1903, 9. 206.
H. Beckurts: Kakao und Schokolade. 489
Auch S. H. Davies und B. G. Me Lellan') fanden unabhängig
von Welmans den Fettgehalt der Kakaomasse im Durchschnitt zu
54,44% und glauben, daß in der ungenügenden mechanischen Zer-
trümmerung der Zellwände die Ursache der trüher, namentlich von
Zipperer, erhaltenen geringeren Werte zu suchen sei.
II. Kakaopulver.
„Kakaopulver, entölter (auch löslicher Kakao) ist mehr
oder minder entölte Kakaomasse in Pulverform. Mit Alkalien be-
handelte Kakaopulver dürfen nicht über 9,5 % Mineralbestandteile
(Asche) enthalten“; so lauten die Festsetzungen im Deutschen
Nahrungsmittelbuch.
Nach $ 1 Absatz ce der Verbandsbestimmungen Deutscher
Schokoladenfabrikanten ist „Kakaopulver das durch teilweises
Abpressen der in der gerösteten und enthülsten Kakaobohne enthaltenen
Kakaobutter gewonnene Erzeugnis“.
Nach den „Vereinbarungen“ sind „entölter Kakao,
Kakaopnlver, löslicher Kakao, aufgeschlossener Kakao fast
gleichbedeutende Bezeichnungen für eine in Pulverform gebrachte
Kakaomasse, nachdem dieser durch Auspressen bei gelinder Wärme
ungefähr die Hälfte des ursprünglichen Fettgehaltes entzogen wurde.
Kakaopulver enthält wechselnde, d. h. willkürliche Mengen Fett und
es wird daher, je nachdem mehr oder weniger Fett entzogen wurde,
der Aschengehalt größer oder kleiner sein. Deshalb ist der gefundene
Aschengehalt auf Kakaomasse mit 50 % Fett oder auf fettfreie Kakao-
masse umzurechnen, und wird daher der Aschengehalt nach dieser
Umrechnung,
a) bei nicht mit Alkalien aufgeschlossenem Kakaopulver
derselbe sein müssen, wie bei Kakaomasse,
b) bei mit kohlensauren Alkalien aufgeschlossenem Kakao ein
größerer sein, doch darf die Zunahme 2% des entölten Pulvers
nicht übersteigen.“
Somit bestehen wesentliche Unterschiede in den Anforderungen,
welche an Kakaopulver zu stellen sind.
Ich schlage für die neuen Vereinbarungen die folgende kurz ge-
faßte Begriffserklärung vor:
„Kakaopulver, entölter Kakao, löslicher Kakao, auf-
geschlossener Kakao sind gleichbedeutende Bezeichnungen für eine
in Pulverform gebrachte Kakaomasse, nachdem diese durch Aus-
pressen bei gelinder Wärme von einem Teil des ursprünglichen
Fettgehaltes befreit und in der Regel einer Behandlung unter
1) Journ. Soc. Chem. Ind. 1904, 23, 480—482.
490 H. Beckurts: Kakao und Schokolade.
Zusatz von Kalium- bezw. Natriumkarbonat oder Ammonium-
bezw. Magnesiumkarbonat unterworfen bezw. einem starken Dampf-
druck ausgesetzt worden ist.“
Diese Begriffserklärung deckt sich inhaltlich mit derjenigen im
Deutschen Nahrungsmittelbuch und mit den Verbandsbestimmungen.
Dagegen gehen die von mir formulierten Anforderungen bei der
Beurteilung des Kakaopulvers weit über die seither sonst gestellten
Forderungen hinaus.
„Kakaopulver, entölter Kakao, löslicher Kakao, aufge-
schlossener Kakao darf keinerlei fremde pflanzliche Beimengungen
(Stärke aller Art, Mehl ete.) und kein fremdes Fett enthalten,
muß auch, soweit es maschinentechnisch möglich ist, von Kakao-
schalen befreit sein.
Die Feststellung eines Mindestfettgehaltes ist erwünscht, bleibt
aber vorbehalten.
Bei nur gepulvertem Kakao und bei mit Ammoniumkarbonat
behandeltem bezw. starkem Dampfdruck ausgesetztem Kakaopulver
ist der Gehalt an Asche, je nachdem mehr oder weniger Fett
entzogen wurde, größer oder kleiner; er muß auf Kakaomasse mit
%» Fett umgerechnet, der gleiche sein wie bei Kakaomasse.
Das mit kohlensauren Alkalien (Holländisches Verfahren) bezw.
Magnesiumkarbonat aufgeschlossene Kakaopulver darf, auf Kakao-
masse mit 55% Fett umgerechnet, nicht mehr als 8% Asche
hinterlassen. Der Gehalt an Wasser darf 6% nicht übersteigen.“
Der Aschengehalt ist abhängig von dem benutzten Aufschließungs-
verfahren und dem Grade der Entölung.
Es ist bestimmt worden, daß bei dem nicht mit kohlensauren
Alkalien aufgeschlossenen Kakaopulver der Aschengehalt auf Kakao-
masse mit 55% Fett umgerechnet werden soll, weil, wie ich eingangs
schon erwähnte, dies der Durchschnittsgehalt der Kakaomasse an Fett
ist. Bei dem mit kohlensauren Akalien aufgeschlossenen Kakaopulver
darf nach den „Vereinbarungen“ die Zunahme der Aschenmenge 2%
des entölten Pulvers nicht übersteigen. Diese Forderung steht im
Widerspruch mit der Bestimmung der Zollverwaltung in $ 1 Absatz a
der Ausführungsbestimmungen zu dem Gesetz, betreffend die Vergütung
des Kakaozolles bei der Ausfuhr von Kakaowaren vom 22. April 1892,
wonach Kakaopulver bis zu 3% Alkalien enthalten darf. Diese
Bestimmung ist mit Rücksicht darauf, daß Kakaoasche bereits eine
natürliche Alkalität, entstanden aus der Umwandlung der organisch
snuren Alkalien in Karbonate bein Glühen, besitzt, durch Bundesrats-
beschluß vom 3. November 1898 in bis zu 3% bei der Herstellung
zugesetzten Alkalien umgewandelt worden.
H. Beckurts: Kakao und Schokolade. 491
Ob infolge dieser zollamtlichen Bestimmungen, oder weil die in
den „Vereinbarungen“ festgelegte Menge Alkali zu gering bemessen
ist, muß dahingestellt bleiben, jedenfalls enthalten selbst die Kakao-
pulver angesehener deutscher Schokoladenfabriken nicht unbeträchtlich
mehr Kaliumkarbonat, als in den „Vereinbarungen“ vorgesehen ist.
Schon Zipperer!) gibt an, daß die Menge des Kaliumkarbonats so
zu berechnen ist, daß 1,5—2, höchstens 3 Teile auf 100 Teile des zu
präparierenden entfetteten Präparats treffen. Filsinger?) hat deshalb
die Meinung vertreten, man solle die bundesrätlich für Exporteure
zugelassenen 3% zugesetzter Alkalien für Kakaopulver gestatten. In
dem neuen Entwurfe ist vorgeschlagen worden, daß mit kohlensauren
Alkalien aufgeschlossene Kakaopulver, umgerechnet auf Kakaomasse
mit 55% Fett, nicht mehr als 8% Asche hinterlassen dürfen.
Die Menge des zugesetzten Alkalis erfährt man unter Berück-
sichtigung der natürlichen Alkalität und der in der Asche vorhandenen
Alkaliphosphate durch Ermittelung der Alkalität der wässerigen
Lösung der Asche. Uebermäßig alkalische Kakaopulver verraten sich
durch alkalischen Geschmack und Verringerung des natürlichen Aromas.
Die natürliche Alkalität, welche Filsinger zu 0,75% Kalium-
karbonat berechnete, fand P. Welmans?), auf Kaliumkarbonat berechnet,
a) in ungeschälten, gerösteten Bohnen zu 0,596—1,125%,
b) in geschälten, gerösteten Bohnen zu 0,323—0,872%,
c) auf Puderkakao mit 33'/;% Fett, bei Annahme von 55%
Fett in den Bohnen, bezogen, zu 0,478—1,292%, während Lührig
noch etwas höhere Werte fand.
Selbstverständlich übersteigt der in Wasser unlösliche Teil der
Asche bei den nicht mit kohlensauren Alkalien behandelten Kakao-
pulver wesentlich den in Wasser löslichen Teil, während bei dem mit
Alkalikarbonat präparierten Kakao das Verhältnis umgekehrt ist.
Des weiteren ist als oberste Grenze für Feuchtigkeit ein Gehalt
von 6% festgesetzt. Der Wassergehalt ist vom Grade der Entfettung,
der Feinheit des Pulvers, der Luftfeuchtigkeit und der Verpackungs-
weise abhängig. Nach dem „Deutschen Nahrungsmittelbuch“ ist zwar
von der Aufstellung von Grenzzahlen für den Gehalt an Feuchtigkeit
abzusehen, da dieser in erheblichem Grade von Dauer und Art der
Aufbewahrung abhängig ist.
Eine obere Grenze festzusetzen scheint aber doch notwendig, weil
nach den vorliegenden Untersuchungen häufig größere Mengen von
i) Paul Zipperer, Die Schokoladenfabrikation. Berlin, G. Fischer’s
Verlag.
2) Zeitschr. öffentl. Chem. 1905, 11, 8.
8) Zeitschr. öffentl. Chem. 1903, 9, 211.
492 H. Beckurts: Kakao und Schokolade.
Feuchtigkeit im Kakaopulver sich finden. Darin liegt aber nicht nur
ein Betrug, sondern auch der Nachteil, daß feuchte Pulver, da sie für
Pilzwucherungen einen guten Nährboden darstellen, leichter zum -
Verderben neigen, als solche mit normalem, 5% betragendem Wassergehalt.
Endlich stellt eine neue Forderung für Kakaopulver die Fest-
setzung eines Mindestgehaltes an Fett dar.
Die Veranlassung zur Aufstellung dieser Forderung ist die Tat-
sache gewesen, daß neuerdings Kakaopulver, welche unter starker
Fettabpressung hergestellt sind, in den Handel gebracht werden, und
weil es bedenklich erscheint, fettarme Kakaopulver unbeanstandet im
Verkehr zu belassen. Vermutlich hängt diese neuerdings eingeführte
erhebliche Fettabpressung damit zusammen, daß das Kakaofett eine
außerordentliche Preissteigerung erfahren hat, weil sein Verbraüch,
namentlich zur Herstellung von überfetteter Schokolade erheblich
zugenommen hat.
Selbstverständlich ist zur Darstellung von Kakaopulver eine teil-
weise Entfettung der Kakaomasse unerläßlich, was ja auch schon in
den Begriffserklärungen der „Vereinbarungen“ zum Ausdruck gekommen
ist. Unter Entölen des Kakao verstand man aber früher nur die Ent-
fernung von so viel Fett, als zur Herstellung eines pulverförmigen
Präparates nötig ist. Die neuerdings auftretenden Bestrebungen suchen
unter wörtlicher Auslegung des Ausdruckes „Entölen‘‘ die Vorstellung
zu wecken, als ob die vollständige Entfernung des Fettes das anzu-
strebende Ziel bei Herstellung von Kakaopulver sei.
Nach J. König') wurde bei der Untersuchung von 58 Kakao-
proben in- und ausländischen Ursprunges ermittelt:
Fett: Mehr als. . . 2...:25% 20-25% : 13-15%
Zahl der Proben . . .. .. 47 9 2
— % der Gesamtproben . . 81,0 15,5 3,5%
A. Juckenack?), welcher die Frage, ob Kakao mit einem
höheren Fettgehalt oder Kakao mit einem niederen Fettgehalt den
Vorzug verdient, zuerst und zwar vor Jahr:sfrist ia der Versammlung
der Vereinigung deutscher Nahrungsmitteichemiker in Dresden auf-
rollte, hat durch weitere Untersuchung von 30 Kakaopulvern deutschen
und holländischen Ursprunges dargetan, daß von 24 deutschen
Fabrikaten enthielten:
Fett. 2 22200002000. 25—35% 20—25% 13-15%
Zahl der Proben . . . 19 1 4
= % der Gesamtproben 19 4 17%
1) J. König, Die menschlichen Nahrungs- und Genußmittel, 4. Aufl.,
Bd. I, S. 1028.
2) Ztschr. f. Unterl. d. Nähr- u. Genußm. 1905, 10, 41.
H. Beckurts: Kakao und Schokolade. 493
urd bei 6 holländischen Fabrikaten in 4 Fällen mehr als 29%, in
2 Fällen 20 bis 25% Fett vorhanden waren.
Der gegen früher außergewöhnlich häufig beobachtete geringe
Fettgehalt des Kakaopulvers findet seine Illustrierung in den An-
preisungen eines Fabrikates „Doppelkakao“, bis auf 15% vom Kakao-
öl befreit, welcher, weil der Wert des Kakaopulvers nur in den fett-
freien Kakaobestandteilen liege, an hohem Nährwert und leichter
Verdaulichkeit alle anderen Kakaopulver übertreffen soll.
Ein Kakaopulver ist um so billiger, je fettärmer es ist!
Zum Entziehen von etwa 85% Fett ist ein außerordentlich hoher
Druck, sowie läugere Einwirkung desselben nötig, womit eine wesent-
liche Temperatursteigerung verbunden ist. Infolgedessen sind, wie
A. Juckenack ausführt, Veränderungen in der Zusammensetzung
der Bestandteile des Kakaopulvers unausbleiblich, wodurch der Geruch
und der Geschmack nachteilig beeinflußt werden. Schon Zipperer hatte
früher auf den strobigen Geschmack aufmerksam gemacht, welchen
stark ausgepreßter Kakao annimmt, und Welmans sowie Hueppe
haben neuerdings hervorgehoben, daß die starke Entfettung von außer-
ordentlich ungünstiger Wirkung auf den Geschmack des Kakaopulvers
ist, auch deshalb, weil mit dem Fett auch die aromatischen Bestand-
teile eine Abnahme erfahren.
Neben dem ungünstigen Einfluß, welchen zu starke Entfettung
auf Geruch und Geschmack ausübt, sind aber auch andere Nachteile
zu verzeichnen. Zunächst stellte R. ©. Neumann fest, daß die
Suspensionsfähigkeit der fettarmen Kakaopulver — Reichardt’s
„Pfeunig-Kakao“ mit 12,4% Fett und „Monarch“ mit 13,5% Fett —,
obwohl diese am feinsten pulverisiert waren, im fertigen Getränk am
ungünstigsten war. Fettreichere Kakaopulver mit 27—33% Fett
erhielten sich fast zehnmal so lange in homogener Suspension.
Durch die zu starke Entiettung wird ferner das natürliche Ver-
hältnis der Bestandteile zueinander, welches für die gesamte Wirkung
entscheidend ist, ungünstig beeinflußt und statt einer Verbesserung
des Präparates wird trotz relativer Erhöhung des Eiweißgehaltes eine
unverkennbare Verschlechterung herbeigeführt. Auch scheint es nach
Beobachtungen von A. Juckenack, daß durch starke Entziehung von
Fett das Kakaopulver hygroskopisch wird.
Der wichtigste Nachteil besteht aber wohl darin, daß durch die
starke Entfettung mit dem Fett ein wertvoller Nährstoff entfernt,
mithin .der Nährwert von Kakaopulver erheblich vermindert wird,
denn das Fett müssen wir als den wertvollsten Bestandteil des Kakaos
bezeichnen, da weder die Proteinstoffe noch die Stärke des Kakaos
die gleiche Bedeutung wie 50% Kakaobutter besitzen. Juckenack
494 H. Beckurts: Kakao und Schokolade.
hat berechnet, daß durch die Entfettung von 30% auf 14,3% der Nähr-
wert um mehr als 25% herabgesetzt wird. F. Hueppe führt in seiner
beachtenswerten Schrift über Untersuchungen von Kakao!) aus, daß
der Nährwert eines bis auf 15% entfetteten Kakaopulvers gegenüber
einem 30% Fett enthaltenden Kakaopulver ganz bedeutend abgenommen
hat, nämlich im Verhältnis von 357 : 254.
Neuerdings hat R. O. Neumann’) eingehende Stoffwechsel-
versuche mit fettreichem und fettarmem Kakao, auch mit reiner Kakao-
butter am Menschen angestellt. Aus der zur Zeit erst im Auszuge
vorliegenden Arbeit ist zu entnehmen, daß bei alleiniger Kakaozufuhr die
Ausnutzbarkeit des Kakao-Eiweißes das Minimum von 45 %erreicht, daß
bei gemischter Kost die Gesamtausnutzbarkeit des Nahrungs-Eiweißes
durch Kakaozufuhr herabgesetzt wird, daß ferner aber auch die Eiweiß-
ausnutzung der gemischten Nahrung von dem Fettgehalte des Kakao
abhängt. Je mehr Fett dem Kakao abgepreßt wird, desto mehr sinkt
die Eiweißausnutzung. 100 g Kakao mit 34,2% Fett ergaben 45%,
100 g Kakao mit 14,2% Fett 24,3% Ausnutzung.
Im reinen Zustande wird nach R. 0. Neumann das Kakaofett
genau so verwertet, wie das Fett der Normalnahrung, nämlich zu 95%,
im Kakao selbst ist die Ausnutzung geringer. Gibt man Kakao allein,
so werden 87,1%, bei gemischter Nahrung und Kakao aber 89,6% aus-
genutzt. Je größer der Fettgehalt des Kakao, desto besser ist die
Ausnutzung des Fettes der Gesamtnahrung.
R. OÖ. Neumann schlägt vor, den Mindestgehalt von Fett im
Kakao zu 30% festzusetzen, während Hueppe 20% als den Minimal-
gehalt: anerkennen will und Juckenack im Einvernehmen mit der
vorigjährigen Versammlung unserer Vereinigung einen Fettgehalt von
25% für normale Ware fordert.
Dagegen wird von seiten der Fabrikanten fettarmer Kakaopulver
geltend gemacht, daß die Herstellung solcher tatsächlich einen Vorteil
gegenüber der früher ausschließlich möglichen Gewinnung fettreicherer
Kakaopulver und eine technische Errungenschaft bedeute, gegenüber
der die deutschen Kakaofabrikanten in ihrer Mehrheit rückständig
seien. Auch sprechen sich Fr. Schmidt?) ebenso wie E. Harnack,
letzterer ohne sich auf experimentelle Grundlage stützen zu können,
zugunsten der Herstellung fettarmer Kakaopulver aus.
1) Untersuchurgen über Kakao mit besonderer Berücksichtigung der
holländischen Aufschließungsmethode von Prof. Dr. F.Hueppe,. Berlin 1905.
A. Hirschwald. ;
2) Münch. med. Wochenschr. 1906, 481; vergl. auch Ztschr. f. Unters.
d. Nahr.- u. Genußm. 1906, 12, 101.
8) Zeitschr. öffentl. Chem. 1905, 11, 291.
H. Beckurts: Kakao und Schokolade. 495
Da aber die Ergebnisse aller Versuche dafür zu sprechen scheinen,
daß ein Kakaopulver mit höherem Fettgehalte dem stark abgepreßten
vorzuziehen ist, und da ich der Ansicht bin, daß ein Kakao nur soweit
entfettet werden sollte, als zur Erzielung eines Kakaopulvers un-
bedingt nötig ist, so erachte ich grundsätzlich die Festsetzung eines
Minimalfettgehaltes für unbedingt erforderlich, die Festsetzung der
Grenzzahl selbst aber sollte meines Erachtens so lange unterbleiben,
bis weitere Untersuchungen vorliegen.
Was endlich die Frage des Würzens anlangt, so sind wohl die
aufgeschlossenen Kakaopulver meist leicht gewürzt. Das Würzen
dürfte aber wohl in der Regel als eine Fälschung nicht angesehen
werden, ebenso wenig wie das Würzen der Schokolade, das aus-
drücklich erlaubt ist, da es sich auch wohl bei Kakaopulver um Ver-
leihung eines typischen Aromas für bestimmte Handelssorten, dagegen
wohl nicht um die Verleihung des Scheines besserer Beschaffenheit
bei minderwertiger Ware handelt.
III. Schokolade.
Nach dem „Deutschen Nahrungsmittelbuch“ darf die
Bezeichnung Schokolade nur Fabrikaten gegeben werden, welche aus
geröstetem und enthülstem Kakao und Zucker, mit oder ohne Zusatz
von Kakaobutter, Vanille, Vanillin, Zimmt, Nelken oder anderen
Gewürzen hergestellt sind.
Der Gehalt an Zucker darf in der Schokolade nicht mehr als
70%, und wenn zulässige andere Stoffe zugesetzt sind, dann darf die
Summe dieser und des Zuckers nicht mehr als 70% ausmachen.
Für Speiseschokolade, Schokolade zum Rohessen gelten dieselben
Grundsätze wie für Schokolade, nur daß in ihnen noch Zusätze von
Wal- oder Haselnüssen, Mandeln bis zu 5% sowie von Milchstoffen
zulässig sind.
Die Verbandsvorschriften besagen, daß unter dem Namen
Schokolade nur feilgehalten und verkauft werden darf: eine Mischung
von geröstetem und enthülstem Kakao und Rohrzucker, auch mit einem
Zusatz von Kakaobutter, Vanille, Vanillin, Zimmt, Nelken und anderen
Gewürzen.
Nach den „Vereinbarungen“ enthalten Schokoladen wechselnde
Mengen von Zucker und Fett, und soll der Aschengehalt nicht unter
1% und nicht über 2,5%, Zucker- und Fettgehalt zusammen nicht mehr
als 85% betragen.
In den weiter unten ahgedrucktiih Leitsätzen ist gesagt worden:
„Schokolade ist eine Mischung von Kakaomasse mit Rohr-
oder Rübenzucker nebst einem entsprechenden Zusatz von Gewürzen
A u Te ae
496 H. Beckurts: Kakao und Schokolade.
(Vanille, Vanillin, Zimmt, Nelken). Manche Schokoladen enthalten
außerdem einen Zusatz von Kakaofett; Speise- und Dessert-
schokoladen bisweilen Zusätze von Mandeln und Nüssen. Milch-
schokolade ist unter Zusatz von Milch bezw. Rahm hergestellt.
Schokoladenmehle sind Mischungen aus Kakaopulver und Zucker“,
und hinsichtlich der Beurteilung:
„Schokoladen dürfen außer einem entsprechenden Zusatz von
Gewürzen keinerlei fremde pflanzliche Beimengungen (Stärke aller
Art, Mehl etec.), kein fremdes Fett und keine fremden Mineral-
bestandteile enthalten und müssen, soweit es maschinentechnisch
möglich ist, von Kakaoschalen befreit sein.
Die ohne Deklaration zu verkaufende Schokolade besteht aus
33,9—50% Kakaomasse bezw. einer Mischung von Kakaomasse
und Fett und 66,5—50% Zucker, sodaß in derselben Zucker und
Fett nicht mehr als 85% betragen.
Schokoladen mit einem höheren Gehalte an Zucker als 66,5%
sind als „stark gezuckerte“ zu deklarieren, doch darf auch in-
diesen der Zuckergehalt 70% nicht übersteigen.
Schokoladen, welche Mehle enthalten, müssen mit einer diesen .
Zusatz anzeigenden, deutlich erkennbaren Bezeichnung versehen
sein, doch darf die Summe des Mehlzusatzes und des Zuckers
nicht mehr als 70% betragen.
Der Gehalt an Asche muß mindestens 1% und darf nicht
mehr als 3% betragen.“
Bei dieser Feststellung ist angenommen worden, daß Kakaomasse
bis zu 55% Fett enthalten kann. Mit Rücksicht darauf, daß fett-
reiche Schokoladen immer mehr dem Geschmack des Publikums ent-
sprechen, ist die vorgeschlagene Aenderung getroffen worden und
durch die Begrenzung des Gehaltes an Zucker und Fett eine Garantie
geschaffen, daß der Gehalt an fettfreier Kakaomasse nicht unter einem
bestimmten Mindestgehalt (d. i. etwa 15%) sinkt.
Mehr als 66,5% Zucker kann man der Schokolade nur zusetzen,
wenn man größere Mengen von Fett zufügt und die fettfreie Kakao-
masse entsprechend verringert. Solche Schokoladen mit erhöhtem
Zuckergehalt unter Zusatz von Kakaofett entsprechen einem Bedürfnisse
des Publikums. Es würde sich nicht rechtfertigen, die Herstellung
solcher Schokoladen zu verbieten. Wohl aber ist man berechtigt, für
derartige Schokoladen den Deklarationszwang zu fordern unter gleich-
zeitiger Beschränkung der Höhe des Zuckerzusatzes durch Festsetzung
einer oberen Grenze für diese. Diese Bestimmung ist zum ersten Male
im „Deutschen Nahrungsmittelbuch“, allerdings ohne Deklaration,
festgelegt worden, daher empfehle ich in der Vorlage, daß
H. Beckurts: Kakao und Schokolade. 497
Schokoladen mit einem höheren Gehalt an Zucker als 65,5 % als „stark
gezuckert“ zu deklarieren sind, doch auch dann der Zuckergehalt
70% nicht übersteigen darf.
Demnach unterliegen schon Schokoladen mit mehr als 66,5% Zucker-
gehalt der Deklarationspflicht. Ich glaube, daß durch die vor-
geschlagenen Festsetzungen die gegen die Bestimmungen der „Verein-
barungen“ mit Recht erhobenen Beschwerden eine der Praxis ent-
sprechende Berücksichtigung gefunden haben.!)
Des weiteren ist gefordert worden, daß der Gehalt an Asche
mindestens 1% und nicht mehr als 3% betrage. Den Mindestgehalt
an Asche aut 1% festzusetzen empfiehlt sich, nachdem für Kakaomasse
der Mindestaschengehalt auf 3% angenommen ist. Bei der früheren
Annahme eines Minimalgehaltes von 2% Asche hätte für Schokolade
ein Mindestgehalt von 0,6 % an Mineralbestandteilen festgesetzt werden
müssen. Der Höchstgehalt der Schokolade hat aber von 2,5 % auf
3% erhöht werden müssen, nachdem der Höchstgehalt an Asche für
Kakaomasse zu 5% festgesetzt war.
Obwohl das „Deutsche Nahrungsmittelbuch“ wie auch die Ver-
bandsvorschriften über den zulässigen Aschengehalt Vorschriften nicht
geben, sind solche von mir aufgenommen worden. Dies rechtfertigt
sich wohl mit Rücksicht auf die Bestimmung, daß in Schokoladen
fremde Mineralbestandteile nicht vorkommen sollen.
Daß bei Schokoladen, welche Mehl enthalten, dieser Zusatz
deklariert werden muß, bedarf keiner Erläuterung, auch nicht die
Forderung, daß die Summe des Mehlzusatzes und des Zuckers nicht
mehr als 70 % betragen soll.
Die Begrenzung des Gewürzzusatzes „bis zu 1%“ ist gestrichen
worden, schon weil es an Methoden fehlt, den Gewürzgehalt
zu bestimmen.
IV. Schokoladenpulver.
Schokoladenpulver ist nach dem „Deutschen Nahrungs-
mittelbuch“ eine Zusammensetzung von Kakaomasse oder Kakao-
pulver mit höchstens 70% Zucker und einem Gehalt an Gewürzen wie
bei Schokolade.
Die Verbandsvorschriften Deutscher Schokoladen-
fabrikanten enthalten über Schokoladenpulver nichts, ebenso
wenig die „Vereinbarungen“. Es erscheint notwendig, den Begriff
„Schokoladenpulver“ festzulegen, doch genügt die im „Deutschen
Nahrungsmittelbuch“ aufgenommene Feststellung durchaus nicht. In
demselben wird zu der oben angeführten Bestimmung in einer An-
1) Vergl. Zeitschr. öffentl. Chem. 1904, 10, 7,
Arch. d. Pharm. CCXXXXIV. Bas. 7. Heft. 32
498 H. Beckurts: Kakao und Schokolade.
merkung auf S. 110 gesagt, daß Schokoladenpulver gleichbedeutend
mit gepulverter Schokolade sei. Das ist auch meine Ansicht. In den
Ausführungen im Nahrungsmittelbuch liegt also offenbar ein Wider-
spruch, da doch Schokolade nicht aus Kakaopulver, sondern aus
Kakaomasse hergestellt wird. Daneben sind auch wohl die Bedenken
nicht von der Hand zu weisen, daß eine bloße Mischung von Kakao-
pulver mit 70% Zucker in Bezug auf Fettgehalt von sehr ver-
schiedener Zusammensetzung, physiologischer Wirkung und Geldwert
sein muß, da wie ja schon ausgeführt, der Fettgehalt der Kakao-
pulver zur Zeit in sehr weiten Grenzen schwankt.
Daraus ergibt sich die Notwendigkeit einer eindeutigen Fest-
legung des Begriffes „Schokoladenpulver“. Zweifellos kann es sich
bei Herstellung von Schokoladenpulver nur um Mischungen aus
Kakaomasse mit Zucker handeln in demselben Mengenverhältnis, wie
es geformte Schokolade zeigt.
Daher darfich wohl auf Zustimmung rechnen, wenn ich vorschlage:
„Schokoladenpulver ist gleichbedeutend mit ge-
pulverter Schokolade und wie diese zu beurteilen.“
Uebereinstimmen können wir mit den weiteren Ausführungen im
„Deutschen Nahrungsmittelbuch“, daß Schokoladenpulver von dem
kakaohaltigen sogenannten Suppenpulver zu unterscheiden ist.
Suppenpulver und ähnliche Fabrikate können beliebige für die Er-
nährung geeignete Stoffe enthalten, sie sind jedoch nicht als Schokoladen-
waren anzusehen, wenn sie auch Bestandteile der Kakaobohnen ent-
halten, sie dürfen deshalb auch nicht unter Bezeichnungen feilgehalten,
verkauft oder sonst in Verkehr gebracht werden, die geeignet er-
scheinen, den Eindruck auf den Käufer oder Konsumenten zu machen,
als handle es sich bei ihnen um Kakaowaren.
Dagegen betrachte ich die sogenannten Schokoladenmehle
als Mischungen von Kakaopulver mit Zucker, über deren Verhältnis
zueinander mangels geeigneter Erfahrungen heute keine Mitteilungen
gemacht werden könren.
V. Kuvertüre, Speiseschokolade etc.
Kuvertüre oder Ueberzugsmasse ist in den „Verein-
barungen“ wie die Schokolade behandelt, ohne irgend welche Rück-
sicht auf Zusätze zu nehmen, dagegen sollen nach dem „Deutschen
Nahrungsmittelbuch“ für Kuvertüre ebenso wie für Speise- und
Dessertschokolade wohl dieselben Grundsätze wie für Schokolade
gelten, nur daß in ihnen noch Zusätze von Wal- oder Haselnüssen,
Mandeln etc. bis zu 5% für zulässig erachtet werden. Die Vorschriften
des Verbandes Deutscher Schokoladenfabrikanten lauten ebenso. Daß
H. Beckurts: Kakao und Schokolade. 499
Kuvertüre wie Speiseschokolade behandelt werden muß, unterliegt
wohl keinem Zweifel.
Ich schlage deshalb die gleiche Fassung wie im „Deutschen
Nahrungsmittelbuch“ vor. Da häufig gerade die Kuvertüren auf
fremde Fette zu prüfen sind, so erscheint der Hinweis gerechtfertigt,
daß durch die Erlaubnis eines begrenzten Zusatzes von Nüssen und
Mandeln durch das in diesen vorkommende Fett auch die chemischen
und physikalischen Konstanten beeinflußt werden können.
Milchstoffe finden sich in der Kuvertüre nicht, wohl aber in der
Milchschokolade. Deshalb finden Sie die Definition: Milchschokolade
ist unter Verwendung eines Zusatzes von Milch oder Rahm her-
gestellt. Eine obere Grenze für diesen Zusatz vorzuschreiben, muß
vorläufig in Ermangelung geeigneten Materials unterbleiben.
Die Bestimmung, daß Zusätze von Stoffen zu diätetischen
und medizinischen Zwecken zulässig sind, daß die Summe
dieser Zusätze und des Zuckers nicht mehr als 70% ausmachen darf,
deckt sich mit den Festsetzungen im „Deutschen Nahrungsmittelbuch“
und bedarf wohl keiner Begründung.
B. Untersuchungsverfahren.
Im übrigen möchte ich zu den bei den verschiedenen Kakao-
präparaten gleichmäßig gestellten Forderungen sowie über die vor-
geschlagenen Untersuchungsverfahren noch folgendes bemerken:
I. Fettbestimmung.
Als Extraktionsmittel für Fett ist Aether beibehalten,
Petroläther dürfte auch wohl trotz der entgegenstehenden Aeußerungen
von S. H. Davies und B. G. Mc. Lellan!) endgültig aufgegeben
sein, wenn dieser auch Theobromin nicht löst; denn selbst niedrig-
siedender Petroleumäther enthält immer noch Spuren hochsiedender
Körper, welche sehr fest dem Fett anhaften und erst bei 150° flüchtig
sind. Die geringen Mengen Theobromin, welche mitgelöst werden,
können unberücksichtigt bleiben. Wenn es sich um genaue Ermitte- -
lungen des Fettgehaltes handelt, ist auf ein sehr sorgfältiges Zer-
reiben der Kakaomasse besonders Bedacht zu nehmen. Nötigenfalls ist
die einmal schon extrahierte Substanz nochmals zu verreiben und
wiederholt zu extrahieren.
Darüber, daß Beimengungen fremder Fette zu den Kakao-
präparaten, weil sie minderwertig und leichter dem Verderben aus-
gesetzt sind und daher die Haltbarkeit, ferner den Wohlgeschmack der
1) Journ. Soc. Chem. Ind. 1904, 23, 480—482.
32*
500 H. Beckurts: Kakao und Schokolade.
Kakaopräparate beeinträchtigen, unzulässig sind, besteht wohl kein
Zweifel. Die Bestimmung der Jodzahl und Verseifungszahl, des
Schmelzpunktes und des Brechungsindex, des weiteren die Baudouin-.
sche Reaktion, welche für die Prüfung der Reinheit des Kakaofettes
vorgeschlagen sind, genügen wohl für diesen Zweck.
Auch sind keine Tatsachen bekannt geworden, welche eine
Aenderung in der Festsetzung der physikalischen und chemischen
Konstanten des Fettes erwünscht erscheinen lassen. Zwar beobachtete
F. Strube!) bei langsamem Erkalten größerer Blöcke von „Samana“-
Kakaobutter leichtflüssige Fraktionen des Fettes, welche sich durch
eine ungewöhnlich hohe Jodzahl, 53,06—58,3 statt 34—838, sowie
durch die Refraktometeranzeige im Zeiß’schen Butterrefraktometer
(46—47,8) beträchtlich von normalem Kakaofett unterschieden. Diese
Beobachtungen bieten aber keine Veranlassung zu einer Veränderung
der Konstanten, da der Nahrungsmittel-Chemiker wohl kaum auf solche
Zahlen stoßen wird, zumal die von Strube untersuchten Anteile
Ausscheidungen aus einer größeren Menge Kakaofett mit normaler
Jodzahl und normaler Refraktometeranzeige waren.
Nach den „Vereinbarungen“ soll bei zuckerreichen Kakaowaren
der Zucker zweckmäßig zuvor auf einem Filter durch Auswaschen
mit Wasser beseitigt, der Inhalt des Filters nach dem Trocknen mit
dem Filter in die Patrone gegeben und zwecks Fettbestimmung mit
Aether ausgezogen werden. Demgegenüber hebt Welmans hervor,
daß beim Auswaschen der Schokolade auf einem Filter mit Wasser
Fettverluste zu befürchten sind, und daß der Filterinhalt beim Trocknen
derart zusammenbackt, daß er sich nachher nur schwer pulverisieren
läßt, weshalb die Fettextraktion nur unvollkommen gelingt. Da nun
der Zuckergehalt der Fettextraktion nicht hinderlich ist, so ist in den
neuen Vorschlägen die obige Bestimmung in Wegfall gekommen.
Bei der Untersuchung von Kakaomasse sollte man aber niemals
versäumen, den Aetherextrakt auf Geruch und Geschmack zu
prüfen. Kakaopräparate, welche aus minderwertigen Kakaobohnen
(havarierter oder verdorbener Ware) hergestellt sind, geben einen
übel riechenden und’ unangenehm schmeckenden Aetherextrakt. In
dem fertigen Kakaopräparat kann man infolge künstlicher Parfümierung
oft die Herkunft nicht erkennen.
II. Zuckerbestimmung.
Was die polarimetrische Bestimmung des Zuckers in
der Schokolade anlangt, so läßt sich der bei dem in den „Verein-
barungen“ vorgeschlagenen Verfahren in der Nichtberücksichtigung
1) Zeitschr. öffentl. Chemie 1905, 11, 215.
H. Bockurts: Kakao und Schokolade. 501
des Volums des Bleiessigniederschlages liegende Fehler vermeiden,
wenn man nach dem Verfahren von Woy') arbeitet, bei welchem zur
Vermeidung langwierigen Filtrierens und Auswaschens bei unbekanntem
Volumen eines unlöslichen Teiles durch Auffüllung zu zwei ver-
schiedenen Volumen das Volumen des unlöslichen Teiles genau
bestimmt und danach das Ergebnis korrigiert wird.
III. Gehalt an Kakaoschalen.
In den Leitsätzen kehrt für alle Kakaopräparate die Forderung
wieder, daß dieselben frei von Kakaoschalen sein müssen, soweit
dies maschinentechnisch möglich ist. Mehr kann nicht verlangt
werden, denn es ist ja bekanntlich technisch nicht möglich, die Schalen
vollkommen von den Kernen zu befreien. Ob mehr oder weniger
Schalenreste bei den Kernen verbleiben, hängt von der Konstruktion
der Kakaoschälmaschinen, den Bohnensorten, der Art des Röstens und
von dem mehr oder weniger starken Anhaften der Schalen an den
Kernen ab.
Nach Zipperer?) enthalten die Kakaobohnen durchschnittlich
15,34% Schalen. König gibt den Höchstgehalt zu 20,09, den Niedrigst-
gehalt zu 12,28 und das Mittel zu 15,45% an. Welmans fand in den
gereinigten Rohbohnen 13,30, in den gerüsteten Bohnen 12,4% im Mittel.
Den unvermeidlichen Gehalt an Schalen gibt Welmans zu 1 bis
2%, der sich im Puderkakao infolge der Entfettung um so mehr erhöht,
je stärker die Entfettung ist. Danach ist es verständlich, daß mit
dem bloßen Nachweis der für Kakaoschalen charakteristischen Gewebs-
elemente, worauf die mikroskopische Untersuchung hinweist, eigentlich
nicht viel zu machen ist. Einzelne bei der mikroskopischen Unter-
suchung gefundene Schalenteilchen geben noch nicht das Recht, einen
Kakao wegen Schalengehaltes zu beanstanden. Notwendig ist, die
Menge der gefundenen Schalenteilchen festzustellen oder abzuschätzen.
Man kann dabei an die Herstellang von Vergleichsproben mit
bestimmtem Schalengehalt denken und danach den Gehalt an Schalen
abschätzen; doch ist dieser Weg wegen der geringen äußeren Form-
verschiedenheit der Kakaokerne und Kakaoschalen schwer ausführbar.
Nun hat Filsinger°) zuerst darauf hingewiesen, daß die Ver-
schiedenheit der spezifischen Gewichte der Kakaoschalen und Kakao-
kerne eine Trennung dieser durch Schwemmen mit Wasser gestattet.
1) Zeitschr. öffentl. Chemie 1898, 4, 255.
2) Untersuchungen über Kakao und dessen Präparate. L. Voß, Hamburg-
Berlin.
8, Zeitschr. öffentl. Chemie 1899, 5, 27.
502 H. Beckurts: Kakao und Schokolade.
Unter Berücksichtigung des Umstandes, daß die Schalen bis zu
25% wasserlösliche Bestandteile enthalten, welche mithin bei dem
Schlämmverfahren verloren gehen, sodaß statt 100 nur 75 Teile -
gefunden werden, und daß daher der gefundene Schalengehalt um !/,
vermehrt werden muß, fanden Filsinger und auch Welmans?) statt
10% zugefügter Kakaoschalen davon 9,3—9,6% wieder.
Paul Drawe?) gab zur Ausführung eines solchen Schlämm-
verfahrens die folgende Vorschrift:
2 g Kakaopulver werden in einer Porzellanschale mit 100 g
Wasser angerührt, worauf unter beständigem Umrühren mit einem
Glasstabe gekocht -wird, bis vollständige Benetzung des Pulvers statt-
gefunden hat und bis der Schaum, der von der am Pulver haftenden
Luft herrührt, sich auf der Oberfläche gesammelt hat und schließlich
vergangen ist. Der Brei wird dann fünf Minuten der Ruhe überlassen,
worauf man die obere Hälfte abgießt, die Schale wieder mit Wasser
füllt, umrührt, nach einigen Minuten wieder abgießt, und diese Be-
handlung so oft wiederholt, bis das Schlämmwasser klar ist und man
die zurückgebliebenen schweren Teile des Kakaopulvers getrennt im
Wasser schwimmen und sich auf dem Boden der Porzellanschale ab-
setzen sieht. Ist diese Erscheinung eingetreten, so bringt man den
Inhalt der Schale durch Rühren in kreisende Bewegung, wartet, bis
Ruhe eingetreten ist, und gießt das Wasser vom Bodensatze ab.
Dieses Verfahren wird solange wiederholt, bis das Wasser keine
schwimmenden Teile mehr enthält, worauf der Bodensatz in einen
getrockneten und gewogenen Gooch-Tiegel gebracht, getrocknet und
gewogen wird. Drawe multipliziert das so erhaltene Schalengewicht
mit 1,43, weil nach seiner Berechnung Kakaoschalen bei der be-
schriebenen Behandlung etwa 30% ihres Gewichtes durch Lösung und
Wegschlämmen ihrer Bestandteile verlieren. Selbstverständlich ist die
mikroskopische Untersuchung des Bodensatzes unerläßlich.
Wenn nun auch durch das Schlämmverfahren unter Berück-
sichtigung des Verlustes an wasserlöslichen Bestandteilen 95% der
Schalen wieder gewonnen werden können, so liegt die Sache doch
wesentlich anders, wenn die Kakaoschalen, was jetzt häufig geschieht,
sehr fein gepulvert dem Kakao beigemengt werden. Dann versagt
das Schlämmverfahren vollständig, indem die fein gepulverten Kakao-
schalen mit der Kernsubstanz abgeschlämmt werden. In solchen Fällen
kann unter Umständen der Aschengehalt zum Nachweise der Kakao-
schalen dienen, der durch Schalenzusatz erhöht wird. Märcker fand
1) Zeitschr. öffentl. Chemie 1899, 5, 479.
2) Zeitschr. öffentl. Chemie 1903, 9, 161.
H. Beckurts: Kakao und Schokolade, 503
in den Schalen 6,383—7,92% Welmans 8,52—8,74% Asche, während
die Kerne etwa 5% Asche liefern. Lührig!) konnte bei der Be-
stimmung der Schalenasche an selbst entschälten Bohnen erhebliche
Schwankungen feststellen. In einigen Fällen waren die Aschengehalte
der Schalen sogar niedriger als bei den Bohnen der gleichen Sorte,
während in anderen Fällen wahrscheinlich infolge des Rottens erheblich
höhere Aschenwerte erhalten wurden.
Infolge dieser Schwankungen im Aschengehalte, eignet sich dieser
nur wenig zum Nachweise von Schalen im Kakao und ist derselbe nur
mit großer Vorsicht hierzu zu verwenden. Es erscheint möglich, daß
die Alkalität der Asche, wenigstens bei den von Alkalizusatz freien
Schokoladen, brauchbare Ergebnisse zum Nachweise der Schalen
ergibt; die seither von Lührig gemachten Erfahrungen gestatten aber
eine sichere Verwertung trotz der nachgewiesenen höheren wasser-
löslichen Alkalität der Schalenasche zur Zeit noch nicht.
Aus dem Rohfasergehalt wollte L. Legler?) schon 1883 eine Bei-
mischung von Schalen zum Kakao erkennen können, wobei er mit
Henreberg und Stohmann annahm, daß die Schalen 10,23—16,16%,
die Kerne 2,14—3,09% Rohfaser enthalten. Doch mußte er sich bald
überzeugen, daß der Bestimmung große Unsicherheit anhaftet, wenn
es sich um den Nachweis eines geringen Schalenzusatzes handelt. Auch
Lührig, welcher den Durchschnittsgehalt der Schalen an Rohfaser
zu 13% feststellte, während sich in König’s Nahrungsmittelchemie
17,1% als Durchschnittswert findet, erkannte beiden großen Schwankungen
die Unzulässigkeit der Bestimmung der Rohfaser zum Nachweise der
Schalen.
Auch fehlt es an zuverlässigen Angaben über den Rohfaser-
gehalt der Bohnen und Schalen. Die in der Literatur sich findenden
Angaben sind nach unbekannten oder verschiedenen Methoden aus-
geführt, worauf schon Filsinger?) aufmerksam machte. Derselbe
brachte auch zuerst zuverlässige Angaben über Bestimmungen der
Rohfaser, welche nach dem neuen Verfahren von J. König‘) aus-
geführt sind.
In den „Vereinbarungen“ müssen unter den Untersuchungs-
verfahren die Methoden zur Bestimmung der Rohfaser ohne Zweifel
durch Aufnahme des von König angegebenen Verfahrens vervollständigt
werden, nachdem einwandsfrei nachgewiesen ist, daß die nach dem bisher
empfohlenen Verfahren erhaltene Rohfaser nicht pentosanfrei ist.
1) Ztschr. f. Unters. d. Nahr.- u. Genußm. 1905, 9, 263.
2\ Repert. analyt. Chemie 1884, 36%.
8) Zeitschr. öffentl. Chemie 1900, 6, 223.
4) Ztschr. f. Unters. d. Nahr.- u. Genußm, 1698, 1, 3.
504 H. Beckurts: Kakao und Schokolade.
Auch Jodzahl und Säurezahl des Kakaofettes hat man versucht
zum Nachweise von Kakaoschalen dienstbar zu machen. Nach
Welmans sind die Jodzahlen des Fettes der Kakaoschalen 45,25 bis -
48,06, also erheblich höher als diejenigen des Fettes der Kakaokerne,
ebenso die Säuregrade nach Burstyn, welche Welmanns für Schalen-
fett zu 16,97—37,8 fand, während sie für reines Kakaofett 9—10,56
betrugen. Doch dürften auch diese Zahlen von sehr untergeordneter
Bedeutung sein und nur als Verdachtsmomente in Frage kommen,
weil bei einem Schalenzusatz von nur 10% die Erhöhung der Jodzahl
und Säurezahl selten so groß sein dürfte, um mit Bestimmtheit auf
Schalenzusatz schließen zu können.
Auch die Erniedrigung des Proteingehaltes durch Schalenzusatz
kann für den Nachweis desselben in Betracht kommen, da der Protein-
gehalt auf fettfreie Trockensubstanz berechnet, bei Kernen 30—32%,
bei Schalen 15—16% ausmacht.
Die größte Aussicht auf praktische Verwertung scheint bisher
noch die Bestimmung der Furfurolzahl bezw. der Gehalt an
Pentosanen zu haben.
Warnier!) bestimmte zuerst den Gehalt an Pentosanen in Java-
Kakaobohnen zu 2,49 % und zu 2,68% in van Houten’s Kakaopulver.
Dekker?) nahm diese Bestimmungen wieder auf und gab eine Methode
zur Bestimmung der Pentosane auf Grund der Furfurol-Phloroglucin-
reaktion. Nach ihm schwankt der Pentosangehalt der Kerne zwischen
2,17 und 2,41%, derjenige der Schalen zwischen 8,18 und 9,63%. Er
folgert daraus, daß es durch die Pentosanbestimmung mithin möglich
ist, eine Beimischung von 10% Schalen im Kakao bestimmt nach-
zuweisen, da diese den Pentosangehalt auf 3% erhöht, eine Zahl, welche
reine Kotyledonen nicht erreichen. Den Angaben Dekker’s wider-
sprechen solche von R. Jaeger?), welcher in Gemeinschaft mit
E. Unger schon früher‘) Pentosanbestimmungen auch in Kakao aus-
geführt hat. Nach diesen Forschern geben auch Hexosen bei der
Destillation mit 12 %iger Salzsäure Fällungen mit Phloroglucin, welche
nicht durch Furfurol veranlaßt werden, diese Fällungen entstehen
aber nicht mit Barbitursäure, die daher den Vorzug vor dem Phloro-
glucin verdiene. Aber bei Anwesenheit von Hexosen neben Pento-
sanen müsse auch bei Anwendung von Barbitursäure eine Trennung
beider Zuckerarten vor der Destillation vorgenommen werden. Wenn
1) Rec. Trav. Chim. d. Pay-Bas 1899, 17, 377.
2) Pharm. Centralh. 1905, 46, 863.
8) Zeitschr. f. Unters. d. Nahr.- u. Genußm. 1905, 10, 761.
4) Ber. Deutsch. Chem. Gesellsch. 1902, 35, 4440 und 1903, 36, 2222.
H. Beckurts: Kakao und Schokolade. 505
die Pentosanmenge nicht größer als 1,3% bei normalem Fettgehalt von
25% im Kakaopulver ist, ist nach Jaeger die Gegenwart von Schalen
nicht anzunehmen, wohl aber, wenn sie größer als 1,8% ist. Dann ist
es notwendig, erst völlig zu entfetten und darauf die Bestimmung aus-
zuführen, deren Werte 2,3% nicht übersteigen dürfen.
Das ist in kurzen Umrissen der augenblickliche Stand unserer
Kenntnisse über den Nachweis und die Gehaltsbestimmung von Kakao-
schalen in Kakao und Schokolade. Die Angaben lauten noch zu
widersprechend, um der Aufnahme eives bestimmten Verfahrens das
Wort reden zu können. Die Ermittelung des Schalengehaltes in
Kakao und Schokolade ist eben noch nicht in unbedingt einwandfreier
Weise gelungen. Bei dem großen Interesse, welches dieser Frage zu-
gewandt wird, — ich erinnere nur an das Preisausschreiben des
Verbandes Deutscher Schokoladenfabrikanten vom Jahre 1904 — darf
erwartet werden, daß vielleicht schon in Jahresfrist, wenn über
diese Vorschläge zu den „Vereinbarungen“ in der Versammlung deutscher
Nahrungsmittelchemiker abgestimmt wird, auch eine einwandfreie
Methode zur Ermittelung des Schalengehaltes in Kakaopräparaten sich
finden wird. Allen darauf bezüglichen Bestrebungen ist im Interesse
der Sache ein voller Erfolg zu wünschen. Für jetzt habe ich mich
darauf beschränkt, die mikroskopische Untersuchung namentlich mit
Bezug auf den Nachweis von Schalenteilchen etwas zu vervollständigen.
IV. Bestimmung der Xanthinbasen.
Zur Bestimmung der Xanthinbasen war in den „Verein-
barungen“ an erster Stelle das Verfahren von Eminger und Hilger!)
vorgeschlagen worden. Das Verfahren gibt infolge der vorherigen
Entfettung und auch wohl infolge des zersetzenden Einflusses des beim
Neutralisieren der Schwefelsäure stets angewandten, wenn auch nur
kleinen Ueberschusses, von Barythydrat auf Theobromin zu niedrige
Werte. Die Verfahren, welche zur quantitativen Bestimmung der
Xanthinbasen empfohlen worden sind, sind sehr zahlreich. Sie wurden
neuerdings von J. Dekker?) einer kritischen Durcharbeitung unter-
zogen. Dabei hat sich ergeben, daß wohl allen Methoden gewisse
Mängel anhaften, welche in Umständlichkeit der Ausführung, zeit-
raubender Extraktion, Unreinheit der zur Wägung gebrachten Basen
bestehen. Von den durch Dekker geprüften Verfahren sind es
zweifellos die Verfahren von Mulder, Süß und Beckurts, die in
erster Linie Beachtung verdienen. Das Mulder’sche Verfahren ist
1) Forschungsberichte über Lebensmittel 1894, 1, 292,
2) Schweizerische Wochenschr. f. Chem. u. Pharm. 1902, 40, No. 45, 46, 47.
506 H. Beckurts: Kakao und Schokolade.
auf stärkemehlhaltige Präparate nicht anwendbar, bei dem Süß’schen
Verfahren bedingt das vorherige Entfetten einen, wenn auch kleinen,
doch immerhin bemerkenswerten Fehler. Das Beckurts’sche Ver-
fahren ist, wenn es auch reine Basen liefert, in seiner Ausführung
etwas umständlich. An dem Dekker'’schen Verfahren haben Welmans!)
und Fromme?) Kritik geübt.
Das Auswaschen des mit gebrannter Magnesia gekochten Kakaos
ist nicht durchführbar. Schon beim erstmaligen Abfiltrieren der
Flüssigkeit wird diese eher kalt, als sie vom Rückstande getrennt
werden könnte. Bei wiederholter Kochung wird die Flüssigkeit
schleimig. Die vorgeschriebene Wassermenge und ebenso die vor-
geschriebene Menge Magnesia sind zu gering bemessen; die erhaltenen
Basen sind nicht aschenfrei.
Welmans hat einige wichtige Abänderungen an den Dekker’schen
Verfahren vorgeschlagen. Aber auch in dieser Form haften dem
Verfahren noch verschiedene Mängel an. Zunächst ist die zur
Extraktion vorgeschriebene, später abzudampfende Wassermenge unnötig
groß, auch verursacht das Auswaschen des Kakaos häufig Schwierig-
keiten. Sobald Stärke und Zucker zugegen sind, ist auf eine quanti-
tative Filtration der Kakao-Magnesia- Abkochung überhaupt nicht mehr
zu rechnen. Wenn Zucker gegenwärtig ist, so hinterbleibt beim
Verdunsten des wässerigen Filtrats auch mit Sand eine so zähe und
hygroskopische Masse, daß behufs Pulverung selbst ein heißer Mörser
nur schwer über diese Schwierigkeit hinweg hilft. Endlich muß nach
diesem Verfahren stets der Aschengehalt der Basen bestimmt werden,
weil fein zerriebener Quarzsand nur zu leicht mit durchs Filter geht.
In den Entwurf ist ein von mir und Fromme ausgearbeitetes
Verfahren aufgenommen worden, welches verhältnismäßig einfach ist,
auch bei stärke- und zuckerhaltigen Kakaos brauchbar ist und reine
Xanthinbasen liefert. Bei diesem Verfahren wird durch Kochen mit
verdünnter Schwefelsäure jedweder störende Einfluß der Stärke auf-
gehoben, und werden die Xanthinbasen schnell aus ihren Ver-
bindungen frei gemacht und an Schwefelsäure gebunden. Darauf tritt
eine Behandlung mit überschüssiger gebrannter Magnesia in genügend
aber nicht überflüssig verdünnter wässeriger Lösung ein, wodurch die
Basen in Freiheit gesetzt werden, der Farbstoff zur Abscheidung
gelangt und das Fett unschädlich gemacht wird. Ein Auswaschen des
hierbei verbliebenen Rückstandes wird dadurch umgangen, daß nur
ein gewisser Teil des kalten Filtrates verwendet wird. Das die freien
1) Pharm. Ztg. 1902, 47, 798 und 858.
2) Apoth.-Ztg. 1903, 18, 59.
H. Beckurts: Kakao und Schokolade. 507
Basen enthaltende, nur ganz schwach gelbliche Filtrat hinterläßt einen
Verdunstungsrückstand, welcher in Wasser aufgenommen, die Basen
an Chloroform durch Ausschütteln, Extraktion oder Perforation
ieicht abgibt.
V. Sonstige Untersuchungsverfahren.
Unerwähnt blieben unter den Untersuchungsverfahren der Nach-
weis von Farbstoffen und von sogenannten Fettsparern, was
Ihre Billigung finden dürfte.
Als Fälschung von Kakaowaren ist selbstverständlich das
Färben derselben zu betrachten. Von Farben sind braune und rötliche
Teerfarben und Sandelholz, auch Eisenocker und roter Bolus gefunden
worden. Das Färben geschieht, um der Ware ein gefälligeres Aus-
sehen zu geben, und um bessere Ware vorzutäuschen, als in Wirklich-
keit vorliegt. Was den Nachweis von Teerfarben anlangt, so fand
Schmitz-Dumont!) einen Unterschied zwischen braunen Teer-
farben und Kakaofarben darin, daß die Fällung des 70 %igen alkoho-
lischen Auszuges mit Bleiessig bei reinem Kakao grüngrau bis gelb-
grüngrau, die darüber stehende Flüssigkeit farblos ist, während bei
Anwesenheit von Teerfarbstoffen die über dem Niederschlage stehende
Flüssigkeit stets gefärbt ist.
Nach Riechelmann und Leuscher?) ist der absolut alkoho-
lische Auszug bei reinem Kakaopulver farblos, höchstens mit einem
schwachen Stiche ins Gelbliche; dagegen wird bei mit Sandelholz
gefärbten Kakao ein gefärbter Auszug erhalten, welcher sich auf
Zusatz von Eisenchlorid violett färbt, während reiner Kakaoauszug
hierbei unverändert bleibt. Die Reaktion tritt etwas verschieden auf,
je nachdem extrahiertes oder unextrahiertes Sandelholz vorliegt. Bei
Gegenwart des letzteren entsteht auf Zusatz eines Tropfens verdünnter
Eisenchloridlösung sofort eine tief violette Färbung, welche längere
Zeit erhalten bleibt, während, um extrahiertes Sandelholz nach-
zuweisen, der Tropfen Eisenchloridlösung vorsichtig auf die Oberfläche
des alkoholischen Auszuges geschichtet werden muß, um dem charakte-
ristischen yioletten Ring zu erhalten. Beim Mischen entstehen un-
definierbare Verfärbungen.
Sehr große Verbreitung findet neuerdings die sogenannte „Ueber-
füllung“ der Schokoladen mit Zucker, zu welchem Zwecke ein Zu-
satz von Kakaobutter zu der Schokolade gemacht werden muß. Neuer-
dings hat nun Welmans darauf hingewiesen, daß gewisse Körper,
wie Dextrin, Gelatine, namentlich aber Traganth in den kleinsten
1) Zeitschr. öffentl. Chemie 1903, 9, 313.
2) Zeitschr. öffentl. Chemie 1902, 8, 203.
508 H. Beckurts: Kakao und Schokolade.
Mengen die Schokolade befähigen, größere Mengen von Zucker aufzu-
nehmen, was sonst nur durch Erhöhung der Kakaofettmenge möglich
ist. Der Zusatz von Traganth u. dergl. ist aber billiger, weshalb für
diese Mittel die Bezeichnung „Fettsparer“ eingeführt ist.
Der Nachweis des Traganths, welcher hauptsächlich als Fett-
sparer Verwendung zu finden scheint, ist nicht leicht, zumal nur außer-
ordentlich geringe Mengen desselben zur Erreichung des beabsichtigten
Zweckes notwendig sind. Abgesehen von der höchst geringen Menge
des Zusatzes besteht die Schwierigkeit des Nachweises desselben
darin, daß die Körner der Traganthstärke der Kakaostärke ähnlich
sind und die übrigen Bestandteile des Traganths charakteristische _
Reaktionen nicht geben. Von Filsinger!) ist folgendes Verfahren
zum Nachweise der Traganths angegeben worden:
Man reibt 10—20 g der vollkommen entfetteten Schokolade mit
Wasser an, spült in einem 100 cem-Zylinder und überläßt zur
Quellung 24 Stunden der Ruhe. Nach dieser Zeit wird vom Boden-
satze abgegossen und dieser mehrere Male mit Wasser ausgewaschen.
Bei dem Durchmustern des so behandelten Rückstandes mit einer
starken Lupe treten die Traganthpartikel als farblose, schwach
getrübte, sagoähnliche Kügelchen auf, welche weder chemisch noch
mikroskopisch bemerkenswerte Eigenschatten darbieten und an der
Luft zu sehr kleinen, gelblich gefärbten Schüppchen eintrocknen.
In traganthhaltigem Kakaopulver findet man meist einen geringeren
Gehalt an Fett und größere Mengen Feuchtigkeit.
II.
Leitsätze.
A. Vorbemerkungen.
1. Die Kakaobohnen sind die Samen des Kakaobaumes (Theo-
broma Oacao L.). Sie liegen in einer gurkenähnlichen, 10—20 cm
langen und 5—7 cm dicken Frucht zu etwa 25 in einem rötlich gelben
Fruchtmuse eingebettet, sind im frischen Zustande weiß und werden
beim Trocknen braun. Die vom Fruchtfleische befreiten Bohnen
werden entweder direkt an der Sonne getrocknet (ungerotteter oder
Sonnen-Kakao) oder zuvor in Haufen, auch in Butten, aufeinander-
geschichtet oder in die Erde gegraben, einer Gärung, dem sogenannten
Rotten, unterworfen und dann an der Sonne oder bei gelinder Feuer-
hitze getrocknet (gerotteter Kakao).
Durch das Rotten wird aus dem in der frisch farblosen Kakao-
bohne enthaltender Glykosid durch Einwirkung eines diastatischen
1) Zeitschr. öffentl. Chemie 1903, 9, 9.
H. Beckurts: Kakao und Schokolade. 509
Fermentes Kakaorot gebildet, welches auf Aroma und Geschmack der
Kakaobohne von erheblichem Einfluß ist. Die nur getrockneten Bohnen
besitzen einen etwas herben und bitteren Geschmack, während der
Geschmack der zuvor gerotteten Bohnen ein milder, aromatischer ist.
Zu den wichtigsten Bestandteilen der Kakaobohnen gehören:
Theobromin, Koffein, Kakaofett, Stärke, Gerbstoff, Farbstoff, Mineral-
bestandteile, Eiweißkörper.
Farbstoff (Kakaorot), Theobromin und Koffein dürften nicht
präexistierend in den Kakaobohnen vorhanden sein, sondern aus einem
Glykoside beim Rotten und weiterhin beim Rösten der Bohnen ent-
stehen, welches dabei durch Mitwirkung eines diastatischen Fermentes
in Glykose, Kakaorot und ein Gemenge von Theobromin und Koffein
gespalten wird. Ueber die Zusammensetzung der Kakaobohnen gibt
nachstehende Tabelle von Weigmann Aufschluß:
In der Trocken-
= \ 2o|
I Suse | | sa| „ substanz
z.1o5| 8 Tr 2.82 |,.S © Kr
maızste|ı State ebelas |, n
E 8, je a1. | > 3|2= == 2 s5|l|353|
Kakaobohnen | & |25|73 ı2 2828| 312 18£|e8$8
| ea| | o£-|5 seele
| IR = | BER 38 |
1 za 2
| j I
| 0 01, | o o 0 o
| % | % u) o!'n [)) ni 03 % I» %
]
Rohe, ungeschälte | 7,93 14,19 1,49] 45,57] 5,85) 17,07| 4,78 461 15,41 1,62149,49
Geröstete, ungeschälte || 6,79] 14,13 1,58 46,19) 6,09] 18,04, 4,63 14,16 | 15,56, 1,69149,56
„ geschälte | 5,58) 14,13] 1,55 50,09) 8,77|13,91| 3,93 13,59 | 14,96 1,64:53,04
Verknetete Masse || 4,16) 13,97 1,56) 53,03, 9,02] 12,79) 3,40 13,63 14,88| 1,66/56,08
Kakaoschalen 11,19] 13,61[0,76, 4,21] 43,191) |17,16 9,882] 15,32| 0,85! 4,74
2. Kakaomasse ist ein durch Erwärmen und Verreiben aus
‚den gerösteten und enthülsten Kakaobohnen ohne Entnahme von Fett
und ohne irgend einen Zusatz hergestelltes und in Formen gebrachtes
Produkt.
3. Kakaopulver, entölter Kakao, löslicher Kakao, auf-
‚geschlossener Kakao sind gleichbedeutende Bezeichnungen für eine
in Pulverform gebrachte Kakaomasse, nachdem diese durch Auspressen
bei gelinder Wärme von einem Teile des ursprünglichen Fettgehaltes
befreit und in der Regel einer Behandlung unter Zusatz von Kalium-
bezw. Natriumkarbonat oder Ammonium- bezw. Magnesiumkarbonat
unterworfen bezw. einem starken Dampfdruck ausgesetzt worden ist.
Kakaopulver kommt nur ausnahmsweise unverändert in den
‚Handel. Fast alle Kakaofabriken verreiben die Masse unter Zugabe
1) Mit 8,73% in Zucker überführbaren Stoffen.
2) Mit 4,06% Sand.
510 H. Beckurts: Kakao und Schokolade.
von Natrium- oder Kaliumkarbonat (holländisches Verfahren) oder
verwenden Ammoniak, Ammoniumkarbonat oder ein Gemenge dieser
verschiedenen Alkalien oder endlich Magnesiumkarbonat. Hierdurch _
wird eine Aenderung der mechanischen Struktur des Kakaos bewirkt;
es setzen nach dem Uebergießen des Kakaopulvers mit kochendem
Wasser die unlöslichen Bestandteile sich nicht so schnell zu Boden,
als ohne jede Behandlung mit Alkalien, und wird diese veränderte
Eigenschaft des Kakaos von den Fabrikanten als „Löslichkeit“ be-
-zeichnet. Statt „löslicher Kakao“ wäre wohl richtiger „aufgeschlossener
Kakao“ zu sagen. Einzelne Fabriken setzen die Kakaomasse einem
hohen Dampfdrucke aus und bewirken hierdurch nicht nur eine bessere
Löslichkeit in dem soeben erwähnten Sinne, sondern es werden die
Nährstoffe dadurch auch tatsächlich zum Teil in eine löslichere Form
übergeführt.
4. Schokolade ist eine Mischung von Kakaomasse mit Rohr-
oder Rübenzucker nebst einem entsprechenden Zusatz von Gewürzen
(Vanille, Vanillin, Zimmt, Nelken etc.). Manche Schokoladen enthalten
außerdem einen Zusatz von Kakaofett (Kakaobutter), Speise- und
Dessert-Schokoladen bisweilen Zusätze von Mandeln und Nüssen.
Milch-Schokolade ist unter Verwendung eines Zusatzes von Milch
bezw. Rahm hergestellt. Schokoladenmehle sind Mischungen aus
Kakaopulver und Zucker.
5. Kakaobutter ist das durch Abpressen aus der Kakaomasse:
gewonnene Fett.
B. Beimengungen und Verfälschungen.
Verfälschungen von Kakao und Schokolade kommen häufiger vor;
sie können bestehen:
1. in dem Zusatze von Mehl und Stärke aller Art;
2.in dem Zusatze von Mineralstoffen (Eisenoxyd, Bolus,
roter Ocker);
3. in dem Zusatze von Farbstoffen (Teerfarbstoffe, Sandelholz);
4. in dem Zusatze von fein zerriebenen Kakaoschalen und.
Kakaokeimen;
5. in der übermäßigen Entziehung von Fett;
6. in dem Ersatze von Kakaofett durch billigere Fette pflanz-
lichen und tierischen Ursprungs (Rindstalg, Dikafett [von
Mangifera gabonensis], Kokosfett, Kakaoline [von flüssigen
Glyceriden befreites Kokosfett], Nukoine [Gemisch von Palm-
kern- und Kokosfett], künstliche Kakaobutter [durch Kochen.
von Paraffin und minderwertigem Fett mit Kakaoschalen her-
gestellt], Sesamöl, Margarine);
H. Beckurts: Kakao und Schokolade. bil
7. in dem Zusatze von sog. Fettsparern, wie z. B. Traganth,
Gelatine, Dextrin.
8. Schokoladen können unter Zuhilfenahme von Kakaobutter
durch Zusatz eines übermäßigen Zuckerzusatzes gefälscht
werden, auch anderen Zucker als Rohr- bezw. Rübenzucker
enthalten.
C. Untersuchungsverfahren.
Die Probeentnahme hat an verschiedenen Stellen oder von
verschiedenen Stücken bezw. aus dem Inhalt verschiedener Gefäße
des Vorrats so zu erfolgen, daß die entnommene Probe einem guten
Durchschnitt entspricht. Die Verpackung geschieht in kleinen Papp-
schachteln oder Gläsern mit Korkstöpseln, sodaß während des Versandes
und der Aufbewahrung weder Wasserverlust eintreten, noch Feuchtig-
keit angezogen werden kann,
I. Chemische Untersuchung.
Die chemische Untersuchung wird sich zumeist erstrecken auf
die Bestimmung des Gehaltes an Wasser, Asche, Fett und dessen
Reinheit, Stärke, unter Umständen auch Zucker und fremde Farb-
stoffe. Diesen Bestimmungen werden sich nur von Fall zu Fall die
Feststellungen des Gehaltes an Theobromin (Koffein) und an Rohfaser,
sowie die mikroskopische Untersuchung anreihen.
Die für die chemische Untersuchung bestimmten Proben sind
möglichst fein zu pulvern.
a) Bestimmung des Wassers.
5 g der Substanz werden nach hinreichender Zerkleinerung in
einem Trockenschranke bei 100—105° bis zum konstanten Gewicht
getrocknet.
b) Bestimmung der Asche.
5 g Substanz werden in einer ausgeglühten und gewogenen
Platinschale durch eine mäßig starke Flamme verkohlt. Die nach
mäßigem Erhitzen noch vorhandene Kohle wird darauf mit heißem
Wasser ausgelaugt, das Ganze durch ein Filter von bekanntem Aschen-
gehalt in ein kleines Becherglas filtriert und mit möglichst wenig
Wasser nachgewaschen. Das Filter mit dem Rückstande wird alsdann
in der Platinschale getrocknet und vollständig verascht, bis keine
Kohle mehr sichtbar ist. Nach dem Erkalten der Schale wird das
Filtrat hinzugegeben, auf dem Wasserbade eingedampft und nochmals
schwach geglüht, nachdem der Inhalt der Schale mit wenig Ammonium-
karbonat befeuchtet ist.
512 H. Beckurts: Kakao und Schokolade,
Wenn außer der Bestimmung der Gesamtasche auch eine solche
der in Wasser löslichen und unlöslichen Anteile der Asche erforder-
lich ist, so erwärmt man die Gesamtasche in der Platinschale auf dem
Wasserbade mit Wasser, filtriert das Unlösliche ab, wäscht es mit
Wasser nach, glüht und wägt.
Zur analytischen Alkalitätsbestimmung ist die Titration in
füiltrierter Lösung vorzunehmen, also nur die wasserlösliche Alkalität
zu bestimmen.
c) Bestimmung des Fettes.
5 2 Kakaopulver bezw. 10 g Schokolade werden mit gleichen
Teilen reinen Quarzsandes verrieben, das Gemenge wird in eine aus
entfettetem Filtrierpapier hergestellte Papierhülse gebracht und in
einem geeigneten Extraktionsapparate bis zur Erschöpfung (18 Stunden)
mit Aether ausgezogen. Nach Vollendung der Extraktion wird der
Aether aus dem Extraktionskölbchen abdestilliert, der Rückstand eine
Stunde im Wassertrockenschranke getrocknet, im Exsikkator erkalten
gelassen und gewogen. Die geringen Mengen Theobromin, welche durch
den Aether gelöst werden, bleiben unberücksichtigt.
An die Bestimmung der Fettmenge hat sich in allen Fällen seine
Untersuchung auf Reinheit anzuschließen. Diese erstreckt sich auf:
1. Bestimmung des Schmelzpunktes. Reines Kakaofett
schmilzt bei 32—34°. (Die mit dem Kakaofett gefüllte Kapillare
muß mindestens 24 Stunden vor der Schmelzpunktbestimmung an einem
kühlen Orte aufbewahrt sein.)
2. Bestimmung des Brechungsindex. Der Brechungsindex
liegt bei 40° zwischen 46 und 47,8.
3. Bestimmung der Jodzahl. Die Jodzahl beträgt 34—38°.
4. Bestimmung der Verseifungszahl. Die Verseifungszahl
beträgt 190—204.
5. Der Nachweis von Sesamöl geschieht mit Hilfe der
Baudouin’schen Reaktion (vergl. Heft I, S. 102 der „Verein-
barungen‘“). |
Unter Umständen leisten auch gute Dienste:
1. Die Björklund’sche Aetherprobe. 3g Fett werden mit 6 g
Aether in einem verschlossenen Reagenzglase auf 18° C. erwärmt.
Bei Gegenwart von Wachs entsteht eine trübe Lösung. Ist die
Lösung klar, so stellt man das Röhrchen in Wasser von 0° und
beobachtet die Zeit, nach welcher eine Trübung eintritt. Bei Gegen-
wart von Rindstalg tritt bereits vor Ablauf von 10 Minuten eine
deutliche Trübung ein, während bei reinem Kakaofett erst nach
H. Beckurts: Kakao und Schokolade. 513
10—15 Minuten eine Trübung zu beobachten ist. Beim Erwärmen
auf 18—20° verschwindet dieselbe wieder.
2. Die Filsinger'sche Alkohol-Aetherprobe: 2 g Fett
werden in einem graduierten Röbrehen geschmolzen und mit 6 ccm
einer Mischung aus 4 Teilen Aether und 1 Teil Alkohol geschüttelt
und bei Zimmertemperatur beiseite gestellt. Reines Kakaofett liefert
eine klarbleibende Lösung.
d) Bestimmung der Stärke.
In 5 g Kakao, bezw. 10 g Schokolade, welche durch Aether von
Fett und durch verdünnten, 70 volumprozentigen Alkohol von Zucker
befreit worden sind, wird die Stärke nach den bei den allgemeinen
Untersuchungsmethoden angegebenen Verfahren bestimmt (vergl. Heft I,
S. 14 der „Vereinbarungen“).
e) Bestimmung der Rohfaser.
5 g Kakao bezw. 10 g Schokolade werden entfettet und in dem
entfetteten Pulver wird nach den bei den allgemeinen Untersuchungs-
methoden angegebenen Verfahren (vergl. Heft I, S. 16, der „Verein-
barungen“) oder nach dem von J. König!) angegebenen Verfahren die
Rohfaser bestimmt.
f) Bestimmung des Theobromins und Koffeins.
Das Koffein, welches nur in sehr geringer Menge vorhanden
ist, kann bei der Bestimmung des Theobromingehaltes in der Regel
vernachlässigt werden, wie überhaupt die Bestimmung dieser beiden
Körper nur dann zu erfolgen hat, wenn bei der Bestimmung von
Wasser, Fett, Asche, Stärke, Zucker etc. der Verdacht einer Ver-
fälschung oder Abweichung von der normalen Beschaffenheit des
Kakaos oder der Kakaopräparate hervortritt, oder wenn ein bestimmter
Gehalt an Theobromin ausbedungen ist.
a) Zur Bestimmung des Theobromins einschließlich
des Koffeins empfiehlt sich das folgende Verfahren:
6 g gepulverter Kakao bezw. 12 g gepulverte Schokolade werden
mit 200 g einer Mischung von 197 g Wasser und 3 g verdünnter
Schwefelsäure in einem tarierten (1 Liter-) Kolben am Rückfluß-
kühler !/a Stunde lang gekocht. Hierauf fügt man weitere 400 g
Wasser und 8 g damit verriebener Magnesia hinzu und kocht noch
eine Stunde. Nach dem Erkalten wird das verdunstete Wasser genau
ergänzt. Man läßt darauf kurze Zeit absitzen und filtriert 500 g,
entsprechend 5 g Kakao bezw. 10 g Schokolade, ab unı verdunstet
1) Zeitschr. f. Unters. d. Nabr.- u. Genußm. 1898, 1,3.
Arch. d. Pharm. CCXXXXIV. Bds. 7. Heft. 33
514 H. Beckurts: Kakao und Schokolade.
das Filtrat für sich oder in einer Schale, deren Boden mit Quarzsand
belegt ist, zur Trockne.
Sofern das Filtrat ohne Quarzsand verdunstet wurde, wird der .
Rückstand mit einigen Tropfen Wasser verrieben, mit 10 cem Wasser
in einen Schüttelzylinder gebracht und achtmal mit je 50 ‘ccm
heißem Chloroform ausgeschüttelt. Das Chloroform wird durch ein
trockenes Filter in ein tariertes Kölbchen filtriert, das Filtrat durch
Destillation von Chloroform befreit, der Rückstand (= Theobromin
+ Koffein) bei 100° bis zur Gewichtskonstanz getrocknet und
gewogen.
Man kann auch den Rückstand mit etwas Wasser verreiben
und mit 25 ccm Wasser in einem geeigneten Perforator auf Chloro-
form schichten und mit letzterem 6—10 Stunden perforieren.
Ist das Filtrat, über Quarzsand geschichtet, zur Verdunstung
gebracht, so kann man den fein verriebenen Rückstand in einem
geeigneten Fettextraktionsapparate mit Chloroform bis zur Erschöpfung
ausziehen.
ß) Zur getrennten Bestimmung von Theobromin und
Koffein übergießft man den Verdunstungsrückstand des Chloroforms
mit 100 g Tetrachlorkohlenstoff, läßt eine Stunde bei Zimmertemperatur
unter zeitweiligem Umschütteln stehen und filtriert. Die filtrierte
Lösung wird durch Destillation von Tetrachlorkohlenstoff befreit, der
Rückstand wiederholt mit Wasser ausgekocht, die wässerige Lösung in
einer gewogenen Schale eingedampft und bei 100° bis zur Gewichts-
konstanz getrocknet (Koffein). Das im Kolben ungelöst gebliebene
Theobromin, ferner das Filter, werden ebenfalls mit Wasser wieder-
holt ausgekocht, dieses verdampft und der Rückstand bei 100°
getrocknet und gewogen (Theobromin). |
g) Bestimmung des Zuckers.
Die Bestimmung des Zuckers in-der Schokolade kann auf
polarimetrischem und auf gewichtsanalytischem Wege geschehen.
1. Die polarimetrische Bestimmung wird nach dem Ver-
fahren von Woy!) ausgeführt, welches den durch das Volumen des
Bleiessigniederschlages entstehenden Fehler vermeidet.
2. Zur Ausführung der gewichtsanalytischen Bestimmung
entfettet man eine abgewogene Menge (5 g) Schokolade ‚mit Aether,
extrahiert sodann den Zucker mit verdünntem Alkohol und wägt den
nach dem WVerjagen des Alkohols verbleibenden Rückstand vom
alkoholischen Auszuge, um danach eine annähernde 1%ige Lösung
1) Zeitschr. f. öffentl. Chem. 1898, 4, 5.
H. Beckurts: Kakao und Schokolade. 515
herzustellen. Ein Teil dieser Lösung wird nach Heft I, S. 7 der
„Vereinbarungen“ invertiert, mit Bleiessig entfärbt, durch Natriumsulfat
entbleit, und der Invertzucker nach Allihn bestimmt. Bezüglich der
Bestimmung des gärungsfähigen Zuckers neben Saccharose in der
Schokolade wird auf das Gesetz vom 27. Mai 1596 bezw. 6 Januar 1903,
betr. die Besteuerung des Zuckers, nebst den vom Bundesrat erlassenen
Ausführungsbestimmungen zum Zuckersteuergesetze vom 27. Mai 1896
und 18. Juni 1903 (Anlage E.)!) Anleitung zur Ermittelung des
Zuckergehaltes der zuckerhaltigen Fabrikate hingewiesen.
II. Mikroskopische Untersuchung.
Kakao ist anatomisch nur schlecht charakterisiert. Bei der
mikroskopischen Untersuchung ist hauptsächlich auf die Fett,
Aleuron und Stärke führenden Parenchymzellen, sowie die Pigment-
zellen und die Trichome bezw. deren Bruchstücke zu achten. Ebenso
ist die Epidermis mit ihren Farbstoffkörnern charakteristisch.
Schalenteilchen, wenn nicht zu sehr zerkleinert, sind zu erkennen
an ihren eigentümlichen Epidermiszellen und Skleroiden.
Die Entfettung der Proben mit Aether - Alkohol vor der
mikroskopischen Untersuchung ist zu empfehlen.
Zur Erkennung fremder Stärke, soweit diese nicht verkleistert
ist, ist der mikroskopische Nachweis geeignet. Ein Vergleich mit
Zählpräparaten kann eine annähernde Schätzung der Menge der Stärke
ermöglichen.
D. Anhaltspunkte zur Beurteilung.
1. Kakaomasse darf keinerlei fremde pflanzliche Beimengungen
(Stärke aller Art, Mehle etc.), keine fremden Mineralstoffe und kein
fremdes Fett enthalten. Die Reinigung von Kakaoschalen (Kakao-
staub, Kakaokeime) ist so weit zu treiben, als es nach dem Stande
der Maschinentechnik möglich ist. Kakaomasse hinterläßt 3—5 % Asche
und enthält 52—56 % Fett.
2. Kakaopulver, entölter Kakao, löslicher Kakao,
aufgeschlossener Kakao darf keinerlei fremde pflanzliche Bei-
mengungen (Stärke aller Art, Mehl etc.) und kein fremdes Fett
enthalten, muß auch, soweit es maschinentechnisch möglich ist, von
Kakaoschalen befreit sein.
Die Festsetzung eines Mindestfettgehaltes ist erwünscht, bleibt
aber vorbehalten.
Bei nur gepulvertem Kakao und bei mit Ammoniumkarbonat
behandeltem, bezw. starkem Dampfdruck ausgesetztem Kakaopulver
1) Zeitschr. f. Unters. d. Nahr.- u. Genußm. 1903, 6, 1077.
33*
516 H. Beckurts: Kakao und Schokolade.
ist der Gehalt an Asche, je nachdem mehr oder weniger Fett entzogen
wurde, größer oder kleiner; er muß, auf Kakaomasse mit 55% Fett
umgerechnet, der gleiche sein wie bei Kakaomasse.
Das mit kohlensauren Alkalien (Holländisches Verfahren)
bezw. Magnesiumkarbonat aufgeschlossene Kakaopulver darf, auf
Kakaomassen mit 55 % Fett umgerechnet, nicht mehr als 8% Asche
hinterlassen. Der Gehalt an Wasser darf 6% nicht übersteigen.
3. Schokoladen dürfen außer einem entsprechenden Zusatz
von Gewürzen keinerlei fremde pflanzliche Beimengungen (Stärke aller
Art, Mehl etc.), kein fremdes Fett und keine fremden Mineralbestand-
teile enthalten und müssen, soweit es maschinentechnisch möglich ist,
von Kakaoschalen befreit sein.
Die ohne Deklaration zu verkaufende ‚Schokolade besteht aus
33,5—50% Kakaomasse bezw. einer Mischung von Kakaomasse mit
Fett und 66,5—50 % Zucker, sodaß in derselben Zucker und Fett nicht
mehr als 85 % betragen.
Schokoladen mit einem höheren Gehalt an Zucker als 66,5 % sind
als „stark gezuckerte“ zu deklarieren, doch darf auch in diesen der
Zuckergehalt 70% nicht übersteigen.
Schokoladen, welche Mehl enthalten, müssen mit einer diesen
Zusatz anzeigenden, deutlich erkennbaren Bezeichnung versehen sein,
doch darf die Summe des Mehlzusatzes und des Zuckers nicht mehr
als 70% betragen.
Der Gehalt an Asche darf 2,5% nicht übersteigen.
4. Schokoladenpulver ist gleichbedeutend mit gepulverter
Schokolade und wie diese zu beurteilen.
5. Kuvertüre oder Ueberzugsmasse, ebenso Speise- und
Dessertschokolade müssen den an Schokolade gestellten
Anforderungen genügen, dürfen aber Zusätze von Nüssen und Mandeln
bis zu 5% enthalten.
6. Zusatz von Stoffen zu diätetischen oder medizinischen
Zwecken zu Schokolade ist zulässig, doch darf die Summe dieses
Zusatzes und des Zuckers nicht mehr als 70% ausmachen.
L. Rosenthaler u. F. Türk: Kohlenadsorbtion. 517
Mitteilung aus dem pharmazeutischen Institut
der Universität Strassburg i. E.
Ueber die adsorbierenden Eigenschaften verschiedener
Kohlensorten.
Von L. Rosenthaler und F. Türk.')
(Eingegangen den 26. IX. 1906 )
Zur Entfärbung und Reinigung von Chemikalien bedient man
sich mit Vorliebe der Kohle, trotz der manchmal nicht unbeträcht-
lichen Verluste, die mit dieser Operation verknüpft sind und die man
gewöhnlich auf Rechnung der Verunreinigungen schreibt. Es ist indes
bekannt, daß Kohle auch andere Stoffe als Farbstoffe za adsorbieren
vermag. Ueber die Größe der Adsorption fehlen exakte Angaben,
ganz besonders für solche Stoffe, die für die Pfanzenchemie in Betracht
kommen. Wir haben deshalb mit der vorliegenden Studie versucht,
diese Lücke auszufüllen. Um Resultate zu erhalten, die für die
Praxis von Beachtung sind, haben wir die adsorbierenden Eigenschaften
mehrerer Kohlensorten unter den zur Entfärbung gewöhnlich ein-
gehaltenen Bedingungen geprüft und die Versuche durch Anwendung
verschiedener Lösungsmittel weiter variiert.
Die Kohlensorten.
Folgende Kohlensorten gelangen zur Verwendung:
1. Tierkoble (Knochenkohle), 2. Fleischkohle, 3. Pflanzenblut-
kohle, 4. Blutkohle, 5. Lindenkohle, 6. Schwammkohle.
Sämtliche Präparate waren, mit Ausnahme von Blutkohle, feine
Pulver und gaben an die zur Anwendung kommenden Lösungsmittel
mehr oder minder viel ab. Als zu unrein, um direkt zu den Ver-
suchen dienen zu können, erwiesen sich Pflanzenblutkohle, Blutkohle
und Schwammkohle. Zur Reinigung wurden sie in bedeckten Tiegeln
geglüht, dann mit Salzsäure und zuletzt mit Wasser ausgewaschen.
Von alle Kohlen wurde der Aschengehalt bestimmt und die Asche
qualitativ untersucht, da die Aschenbestandteile vielleicht für die
1) Vergl. F. Türk: Ueber die adsorbierenden Eigenschaften ver-
schiedener Kohlensorter, Inauguraldissertation; dort auch Literaturangaben.
518 L. Rosenthaler u. F. Türk: Kohlenadsorbtion.
Erklärung einiger Erscheinungen herangezogen werden mußten.
Es enthielten:
Tierkohle 7,7% Asche, bestehend aus SiO3, Fe, Spuren von Ca und Mg.
Fleischkohle 9,35% Asche, bestehend aus SiO3 Fe und Spuren von Ca.
Pflanzenblutkohle 19,5% Asche, bestehend aus SiOg und Fe.
Blutkohle 7,1% Asche mit Fe.
Lindenkoble 3,00% Asche, bestehend aus SiO,, Fe, Ca und Spuren
ey» wm m
von Mg.
6. Schwammkohble 25,4% Asche mit SiOga, Fe und Ca.
Für Pflanzenblut-, Biut- und Schwammkohle beziehen sich vor-
stehende Angaben auf die gereinigten und wieder getrockneten Präparate.
Da die Adsorptionsversuche meist auf gewichtsanalytische Weise
vorgenommen wurden, so war es nötig zu bestimmen, wieviel jede
Kohle unter den eingehaltenen Versuchsbedingungen an die Lösungs-
mittel abgab. Zu diesem Zwecke wurden 2,5 g Kohle mit 50 g
Lösungsmittel eine Stunde am Rückflußkühler auf dem Dampfbade
erhitzt, dann abfiltriertt und mit 100 ccm desselben Lösungsmittels
ausgewaschen; Filtrat und Waschflüssigkeit wurden zusammen im
gewogenen Kölbchen oder Porzellanschälchen verdunstet, und der Rück-
stand (= 1. Auskochung in der Tabelle) bis zum konstanten Gewicht
im Dampfschrank bei 70° getrocknet. Die auf dem Filter verbliebene
Kohle wurde dann nochmals mit 100 g desselben Lösungsmittels erhitzt
und der in Lösung gegangene Anteil (= 2. Auskochung) in der
gleichen Weise bestimmt. Nur bei Wasser unterblieb die zweite
Auskochung, weil sie für die späteren Versuche unnötig war.!) Ueber
die gefundenen Werte (inGramm), die nachher stets in Abzug gebracht
wurden, gibt die folgende Tabelle Aufschluß:
| e \ Rleisch- | Pflanzen- Linden- | Schwamm -
Baer kohle | bintkohle | Bintkohle | Tone | kohle
Wasser . . 0.0098 0,0140 | 0,0175 | 0,0090 | 0,0170 | 0,0010
ist . Auskochung ' 0.0065 0,0070 | 0,0070 | 0,0050 | 0,0080 | 0,0055
Weingei \ 0,0030 0.0045 |, 0,0040 | 0,0045 | 0,0030 | 0,0040
ne: in Auskochung | 0.0075 , 0,0045 | 0.0040 | 0,0035 | 0,0065 | 0.0030
2. 0.0020 , 0.0030 | 0.0030 | 0,0625 | 0.0025 | 0,0030
Essiräther j1. Ausköchung 0,0035 0,0065 | 0,0060 | 0,0045 | 0,0065: | 0.0025
8 12 0.0020 | 0.0035 | 0,0045 0,0035 | 0.0040 \0,0010
en Me Auskochung 0.0025 | 0,0010 | 0.0040 , 0.0020 0.0035 | 0,0015
0 » 0,0025 0,0020 | 0,0020 | 0,0030 | 0,0015 | 0,0010
1) Es hatte sich bereits bei den ersten Adsorptionsversuchen gezeigt,
daß die zweite wässerige Auskochung nur minimale Mergen der aus
wässeriger Lösung adsorbierten Substanzen in Lösung bringen konnte; sie
wurde deshalb unterlassen.
L. Rosenthaler u. F. Türk: Kohlenadsorbtion. 519
Allgemeines über die Versuche.
Die Versuche wurden u.a. mit folgenden, soweit nötig, bei 100° bis zur
Gewichtskonstanz getrockneten Körpern, als Typen der wichtigsten
Pflanzenstoffe vorgenommen: Codein und Öoffein, Salicin, Pikrotoxin,
Gallusgerbsäure, Gallussäure und Oxalsäure, oxalsaures Kalium, Indigo,
Dextrose.. Sie wurden, wenn möglich, in 1%iger Lösung angewendet.
Die mit ihnen in Berührung gebrachte Kohlenmenge betrug immer
fünfmal so viel als die in der Lösung vorhandene Substanzmenge.
Die Versuche wurden für die sechs ersten Körper mit 50 g Lösung
in der Weise ausgeführt, die oben für die Bestimmung der aus den
Kohlen herauslösbaren Anteile beschrieben wurde, mit Ausnahme der
wässerigen Kodein- und Koffeinlösungen, aus denen die Basen mit
Chloroform ausgeschüttelt wurden. Oxalsäure, oxalsaures Kalium und
Indigo wurden mit Permanganat, Dextrose mit Fehling’scher Lösung
in der üblichen Weise bestimmt, nachdem die eventuell angewandten
nichtwässerigen Lösungsmittel abdestilliertt und die Rückstände mit
Wasser aufgenommen waren. Die ermittelten Resultate sind in
folgenden Tabellen enthalten:
I. Kodein.
a) In Wasser:
| Adsorbierte Durch zweite Aus-
Hl A . I )
Kohlensorte | 208 | he Menge ' kochung gelöst
2 | ‚ absolut | in Proz. | absolut | in Proz.l)
Tierkohle | 0,5040 ' 0,0050 | 0,5035 | 99,9 en =
Fleischkoblle | 05105 | 0,0035 ' 0,5070 99,3 E— =
Pflanzenblutkohle | 0,5190 | 0,1710 | 0,3480 | 67,0 _ _
Biutkohle ' 0,5210 | 0,5010 “ 0,0200 338 I — _
Lirdenkoblle | 05170 | 05155 ' 0,0015 | 031. — _
Schwammkohle | 0,4940 | 0,4630 0,0310 | 6,3 _
b) In Weingeist:
Tierkohle " 0,4900 0,715 | 03185 | 650 | 00550 | 1783
Fleischkohlle 05000 0.2465 | 02535 | 507 | 00565 | 223
Pflanzenblutkoble | 0,4770 , 04115 | 0,0655 | 137 | 0.0200 | 305
Blutkohle ' 05335 | 05120 | 00115 22 00080 , 876
Lindenkoblle | 0,5165 | 0,5165 | au | ei — »lloruek
Schwammkohle | 0,5255 | 0,5105 | 0,0150 28 | 0080 | 1
1) Die in dieser Rubrik aufgeführten Zahlen beziehen sich auf die
adsorbierte Menge.
=
520 L. Rosenthaler u. F. Türk: Kohlenadsorption.
c) In Essigäther:
| Adsorbierte Durch zweite Aus-
A Eh:
Kohlensorte Ku | FREE Menge kochung gelöst
x absolut | in Proz. | absolut | in Proz.
T
Tierkohle 0,4970 | 0,2335 | 0,2635 53,0 0,0365 13,8
Fleischkohle ' 0,5030 | 0,2940 | 0,2090 41,6 0,0265 12,7
Pflanzenblutkohle | 0,5025 | 0,4300 | 0,0725 14,4 0,0155 21,4
Blutkohle 0,5000 | 0,4990 | 0,0010 0,2 _ -
Lindenkohlle | 0,4980 | 0,4980 |. — = _ 2
Schwammkohle | . 0,5130 0,5130 — _ — —_
d) In Aceton:
| |
Tierkohle \ 0,4940 | 0,2395 | 0,2545 51,5 0,0380 14,9
Fleischkohle | 0,4965 | 0,3205 | 0,1760 35,4 0.0435 24,7
Pflanzenblutkohle | 0,4940 | 0,4330 | 0,0610 12,3 0,0185 30,3
Blutkohle \ 0,4845 0,4845 _ _ _ _
Lindenkoble ı 0,5100 | 0,5100 _ = — —
Schwammkohle | 0,5010 | 0,5010 —_ _ Er
e) In Chloroform:
Tierkohle | 0,4980 | 0,4320 | 0.0660 13,3 0,0220 | 33,3
Fleischkohle | 0,5000 | 0,4230 | 0,0770 15,4 0,0070 91
Pflanzenblutkohle | 0,4890 | 0,4830 | 0,0060 1,2 0,0020 33,3
Biutkohle ı 0,4785 | 049785 | — _ _ —
Lindenkohle | 0,5025 | 0505 | — = Fr =
Schwammkohle | 0,4990 | 0490 — — la re
| |
II. Koffein!).
a) In Wasser
Mm | | I | |
Tierkohle | -0,5085%) -— —02):-0,80250h-10001@ 6 — =
Fleischkolle | 0,4970 _ 0,0190 | 0,4780 2 — | =
Pfanzenblutkohle | 0,4350 | 02115 | 0285| 53 — ..—
Blutkohle \ 0,4975 | 0,4720 0,0855 | 51 — se
Lindenkohle ' 0,5140 | 0,4%5 | 0,0185 | 3,6 _ —
Schwammkohle | 0,5055 | 0,4610 | 0,0445 8,8 I SBTZUTE 65
b) In Weingeist.
I!
Tierkoble | 0,5290 | 0,1100 | 0,4190 | 79,2 | 0,1180 28,2
Fleischkohlle | 0,5075 | 0,2580 | 0,2495 | 49,2 | 0,0585 23,4
Pflanzenblutkohle | 0,4960 | 0,3935 | 0,1025 | 20,7 0,0355 34,6
Blutkoble ' 0,5095 | 0,5080 | 0,0015 | 0,3 0,0015 100
Lindenkoblle | 0,4955 | 0,4870 | 0,0115 | 2,3 0,0050 43,5
Schwammkoble | 0,5115 | 0,4955 0,0160 | 3,1 0,016 100
1) Die Koffeinrückstände wurden im Dampftrockenschrank (bei 60— 700)
bis zum konstanten Gewicht getrocknet. Dabei war eine Gewichtsabnahme
durch Verflüchtigung des Koffeins entgegen anderen Angaben in keinem
Falle festzustellen. !
L. Rosenthaler u. F. Türk: Kohlenadsorbtion.
c) In Essigäther.
521
Adsorbierte
| Durch zweite Aus-
| I |
Kohlensorte | ee: | ae | Menge kochung gelöst
l Pa | j absolut ‚in Proz. | absolut | in Proz.
Tierkohle ' 0,5220 | 0,1730 | 0,3490 , 66,9 | 0,1350 38,7
Fleischkohle | 0,5155 | 0,3655 , 0.1500. 291 0,0550 36,7
Pflanzenblutkohle | 0,5060 | 0,4510 | 0,0550 10,9 | 0,0330 60,0
Blutkohle \ 0,5070 | 000 | — -BRUAO. (a | alda ai
Lindenkohlle | 04915 | 0,4670 0,0245 50 | 0,0085 | 143
Schwammkohle | 0,5010 | 0,4860 00150 30 | 0,015 100
d). In Chloroform.
Tierkohle 0,5190 | 0,4655 | 0,0535 | 103 | 0,0090 116,8
Fleischkohle 0,4995 | 04800 | 00195 39 | 0.0060 | 308
Pflanzenblutkohle 0,5005 ' 0,4815 ' 0,0190 | 3,8 0,0080 44,4
Blutkohle 0,4900 | 0,4900 = = en _
Lindenkohle 05015. 0,4680 | 0,0335 67 0,0045 13,4
Schwammkohle 0,5045 | 0,4970 | 0,005 1,5 | 0,0075 ' 100
III. Salicin.
a) In Wasser.
Tierkohle | 04965 | 0,0075 | 0,4890 | 28,5 en s=
Fleischkohle | 0,5310 0,0400 | 0,4910 | 92,5 _ =
Pflanzenblutkohle | 0,5170 | 03465 | 0,1705 33,0 > =
Blutkohle | 0,4905 | 0,4830 , 0,0095 | 15 a N
Lindenkoble 0,5500 0,5500 ı _ _ el Wien.
Schwammkohle | 051855 | 0 — | —_ _ 10
2: b) In Weingeist.
Tierkohle | 0,495 | 0,3750 | 0,1195 | 242 0,0510 42,7
Fleischkohle | 0,5315 | 0,4540 | 0,0775 146 | 0.0395 51,0
Pflanzenblutkohle | 0,5130 | 0,4960 |, 0,0170 | 33 ', 9,0110 64,7
Blutkohle \: 0,5010 | 0,4960 0,0050 ° 1,0, 0,0050 100°
Lindenkohlle | 0520| 0550| — , 17
Schwammkohle | 0,5080 | 060 |°—- 1-1 — =
IV. Pikrotoxin.
a) In Wasser.
Tierkohle 0,2635 | 0,0020 | 02615 | 992 b ac _
Fleischkohle | 0.2555 | 0,0065 | 0.2490 ı 975 2a _
Pilanzenblutkohle 0,2480 | 0,1465 | 0,1015 40,9 _ —_
Blutkohle ' 0,2460 0,2365 | 0,0095 3,9 =; Teldo
Lindenkohlle | 0,2840 | 0,2840 en er a ab
Schwammkohle | 0,2855 | 0,2840 | 0,0015 0,5 + -
|
}
522 L. Rosenthaler u. F. Türk: Kohlenadsorbtion.
b) In Weingeist.
| Adsorbierte Durch zweite Aus-
A 2 I
. Kohlensorte ae u, Menge ' kochung gelöst
er absolut in Proz. absolut | in Proz.
Tierkohle 0,4815 0,4680 0,0135 2,8 0,0095 70,4
Fleischkohle 0,4980 0,4865 0,0115 2,3 0,0075 65,2
Pflanzenblutkohle | 0,4940 0,4940 —_ _ —_ | —
Blutkohle | 0,5030-| 05030 _ — — —
Lindenkoble | 0,5450 | 0,5450 Ri ae = _
Schwammkohle | 0,5130 | 0,5130 0 _ —_
c) In Essigäther.
Tierkohle 0,5035 | 0,4975 | 0,0060 1,2. | 0,0025 | 41,7
Fleischkohle ‘0,4975 | 0,4910 0,0065 1,3 0,0020 30,8
Pflanzenblutkohle | 0,5235 | 0,5205 ' 0,0030 0,6 —_ —
Biutkohle | 0,4850 | 0,4850 —_ _ _
Lindenkohle 0,5160 0.5160 — E= —_ —
Schwammkohle | 0,4945 | 0,4945 _ — —_ _
d) In Aceton.
Die Versuche mit Aceton ergaben ein auffallendes Resultat. Von
allen Kohlen wurde nicht das Geringste adsorbiert.
V. Gallusgerbsäure.
a) In Wasser.
|
Tierkohle | 0,5240 | 00110 | 0,5130 | 97,8 » au
Fleischkohle | 04970 | 0.0065 | 0,4905 | 98,7 2 ET
Pilanzenblutkohle | 0,5065 | 0,0805 0,4260 84,1 _ _
Biutkohle | 05085 | 04360 | 00785 | 143 $ 7
Lindenkohlle |, 0,5060 | 0,4720 | 0,0340 6,7 = a2
Schwammkohle | 05515 | 0,4840 | 0,0675 | 122 x a%
b) In Weingeist.
Tierkohle 0,5610 | 0,1010 | 0,4600 82,
0 0,0195 4,2
Fleischkohle 0,5205 | 0,0995 0,4210 80,9 0,0240 5,7
Pflanzenblutkohle | 0,5110 | 0,3535 0,1575 30,8 0,0220 14,0
Biutkohle | 0,5115 | 0,4920 0,0195 3,8 0,0025 12,8
Lindenkohle 0,5110 | 0,4930 0,0180 3,5 0,0040 22,2
Schwammkohle | 0,5285 | 0,5215 0,0070 1,3 0,0030 42,9
ec) In Essigäther.
Tierkohle 0,5030 | 0,0730 0,4300 | 85,5 0,0200 | 4,6
Fleischkohlle | 0,5120 0,0845 | 0,4275 83,5 0,019 | 4,6
Pflanzenblutkohle | 0,5150 0,3770 0,1380 26,8 0,0200 14,5
Biutkohle 0,5220 0,4835 0,0385 7,4 0,0025 6,5
Lindenkohle ' 0,4975 0,4705 0,0270 5,4 0,0030 11,1
Schwammkohle | 0,5185 0,4970 0,0215 | 4,2 0,0045 21,0
L. Rosenthaler u. F. Türk: Koblenadsorbtion.
d) In Aceton.
en ————————Ä
523
er er | Adsorbierte Durch zweite Aus-
Kohlensorte ir Filtrat Menge kochung gelöst
Pre 5 abs olut | in Proz. absolut . in Proz.
Tierkohle 0,5140 | 0,1100 ' 0,4040 78,6 0,0350 8,7
Fleischkohle 0,4920 | 0,1470 0,3450 70,1 0,0195 5,6
Pflanzenblutkohle 0,5165 0,4120 | 0,1045 20,2 0,0195 18.7
Blutkoble 0,5105 0,5055 | 0,0U50 1,0 0,0025 50,0
Lindenkohle 0,5105 ' 0,5015 ' 0,0090 1,8 0,0040 44.4
Schwammkohle | 0,5730 | 0,5575 | 0,0155 2,7 0,0025 16,1
VI. Gallussäure.
a) In Wasser.
Tierkohle 0,4985 | 0,0035 0,4950 99,3 - —
Fleischkohle 05320 | 0,0620 | 0,4700 88,3 - -
Pflanzenblutkohle | 0,5195 | 0,2245 0,2950 56,8 = =
Blutkohle ‚05135 | 0,4770 , 0,0365 7,1 EB
Lindenkoble 0,4960 | 0,4950 0,0010 0,2 ne
Schwammkohle 0,5265 0,4935 0,0330 | 6,3 u
b) In v mei
Tierkohle 04785 | 03140 | 01645 | 344 | 00800 | 207
Fleischkohlle | 0,5020 0.3500 ' 0,1520 30,3 0,0265 17,4
Pilanzenblutkohle | 0,5000 0,4435 0,0565 11,3 0,0280 49,6
Blutkohle 0,5065 0.5000 0,0065 1,3 0,0040 61,5
Lindenkohle 05280 >O.Ba80. [er SEraiganue = I:
Schwammkohle | 0,5095 | 0,5000 | 0,0095 1,9 0,0070 73,7
c) In Essigäther.
|
Tierkohle 0,4810 | 0,2395 | 0,2415 | 50,2 0,0490 20,3
Fleischkohlle | 0,5175 | 0,3650 0,1525 1. 29,5 0.0400 26,2
Pflanzenblutkohle | 0,5230 0,4665 | 0,0565 ' 10,8 0,0240 42,5
Blutkohle 0,5140 | 0,4995 | 0,0145 | 2,8 0.0080 55,2
Lindenkolle | 0.509 | 05080 | 00015 ' 03 Atos
Schwammkohle | 0,5020 | 0,4995 0,0025 0,5 _ _
d) In Aceton.
Tierkohle | 0,5495 | 0,3915 | 0,1580 | 28,7 0,0365 23,1
Fleischkohlle | 0,5005 0.3635 ' 0,1370 27,4 0,0320 23,4
Pflanzenblutkohle 0,5055 | 0,4645 | 0,0400 | 7,9 0,0185 46,2
Blutkohle 0,5220 | 0,5165 | 0,0055 1,0 0,0055 | 100
Lindenkohle 0,5130 ' 0,5120 | 0,0010 0,2 _
Schwammkohle | 0,4975 | 0,4945 0,0030 0,6 = —
524 L. Rosenthaler u. F. Türk: Kohlenadsorbtion.
VII. Oxaisäure.
In Wasser.
h | Angew. | u | Adsorbierte Durch zweite Aus-'
Kohlensorte vi Menge kochung gelöst
Menge | Filtrat | kam s
| absolut | in Proz. | absolut in Proz.
1 | | 2 |
Tierkoble ' 0,5280 | 03949 | 0,1331 25,2 |
Fleischkoble | 0,5155 | 0,3994 0,1161!’ 225 io —
Pfanzenblutkohle | 0,5005 | 0,4299 | 0,0706 | 14,1 _ | _
VII. Kaliumoxalat.
In Wasser.
Tierkohle 05335 | 05053-! VooBB2ı 53 | — Mr
Fleischkoble 05270 | 04867 00403 7,6 _ —_
Pflanzenblutkohle | 0,5120 | 0,4698 0,0422 82 _ =
Die nun folgenden Versuche mit Indigo und Dextrose unter-
scheiden sich von den vorhergehenden in der Weise, daß das Aus-
waschen und die zweite Auskochung unterblieb. Beim Indigo wurde
beispielsweise folgendermaßen verfahren: 10 ccm der mit Schwefel-
säure hergestellten wässerigen Lösung (entsprechend 0,03987 Indigo)
wurden mit Wasser auf 100 ccm verdünnt, die Lösung mit 0,2 g
Kohle (wiederum das fünffache) versetzt und unter Vermeidung eines
Wasserverlustes eine Stunde auf dem Dampfbade erwärmt. 50 ccm
des Filtrats wurden dann mit Permanganat titriert. In entsprechender
Weise wurde auch bei Dextrose verfahren. Die Endtitration wuıde,
wie erforderlich, in ca. 1%iger Lösung vorgenommen.')
IX. Indigo.
In Wasser:
| Angewandte { Adsorbiert
Kohlensorte | Menge | Im Filtrat absolut | in Prozent.
I
Tierkoble ........ 0,03987 _ ' 0,03987 100
Fleischkoble ...... ' 0,03987 0,00174 | 0,03813 95,6
Pfianzenblutkohle ... ' 0,03987 0,02958 0,01029 25,8
Bäutkohle .- ..; u: 0,03987 0,03886 0,00101 2,5
Lindenkoble ...... 0,03987 | 0,0394 | 0,00043 11
Schwammkohle..... ' 0,03987 0,03828 0,0015 4,0
1) In beiden Fällen wurde durch Kontrollversuche das Verhalten der
wässerigen Kohlenauszüge gegen Kaliumpermanganat und Fehling’sche Lösung
festgestellt. Fehling’sche Lösung wurde nicht reduziert; dagegen war ein
kleiner Permanganatverbrauch (1—2 Tropfen der benutzten Lösung) vor-
handen, der hier, wie übrigens schon bei den Versuchen mit Oxalsäure, in
Abzug gebracht ist.
L. Rosenthaler u, F. Türk: Kohlenadsorbtion. 525
X. Dextrose.
a) In Wasser:
Angewandte | k : ET
Kohlensorte Menge | Im Filtrat | - absolnt an en
- T T
Tierköhle .;.. . EN. 0,5200 0,3060 0,2140 41,2
Fleischkohle ...... 0,5215 0,3357 0,1858 35,6
Pflanzenblutkoble ... 0,4930 0,3836 0,1094 | 22,2
BIBIEBNIE. Tv. 0,5255 0,5142 0,0113 2,2
Lindenkohle ...... 0,5140 0,5035 0,0105 2,0
Schwammkohle ...... \ 0,5135 0,5035 0,0100 2,0
b) In Methylalkohol:
Tierkohle ........ 0,5190 04648 | 002 | 104
Fleischkohle ...... 0,5175 0,4648 ' .. 0,0527 | 10,2
Pflanzenblutkohle ... 0,5025 0,4648 | 00377 | 7,5
Blutkoble ........ 0,5070 0,4935; | 0.0137..-| 2,7
Lindenkoble ...... 0,5190 051422 | 0,0048 | 0,9
Schwammkoble..... 0,5060 |... .0,505 0,0025 0,5
Weitere Versuche bezweckten einen Einblick zu gewinnen einer-
seits in den zeitlichen Verlauf des Adsorptionsvorganges und anderer-
seits in das Verhältnis zwischen Konzentration und Adsorption. Die
zunächst aufgeführten Versuche mit Kodein, Gallussäure, Oxalsäure
und Kaliumoxalat wurden in derselben Weise vorgenommen, wie die
seither beschriebenen nur mit dem Unterschied, daß die Einwirkungs-
dauer der Kohle statt 1 Stunde nur 5 Minuten betrug.
Fünf Minuten-Versuche.
I. Kodein.
a) In Wasser.
|
Angewandte . Adsorbiert
Kohlensorte \ Menge Im Filtrat | absolut | in Prozent.
u l
Tierkanle ; ...„aerın. 0,4945 0,0030 0,4915 99,4
Fleischkoble ...... 0,4979 0,0220 0 4750 95,6
Pflanzenblutkohle ... | 0,4985 0,2130 0,2855 57,3
b) In Weingeist.
| |
Tierkoble ........ 0,4965 03605 0,1360 | 27,4
Fleischkoble ...... 0,4985 0,3840 0,1145 23,0
Pflanzenblutkohle .. 0,5010 0,4560 0,0450 9,0
526 L. Rosenthaler u. F. Türk: Kohlenadsorbtion.
c) In Essigäther.
' Angewandte | Adsorbiert
Koblensorte ' Menge | Im Filtrat | absolut ji Prozent.
Tierkohle . ....... ' 05060 | 0,4150 0,0910 18,0
Fleischkohle ...... \ 05020 0,3920 0,1100 21,9
Pflanzenblutkohle ... 0,4905 0,4350 | 0,0550 112
‘ d) In Aceton.
Tierkoble ........ | 0,5165 | 0,3675 | 0,1490 28,6
Fleischkohle ....... 0,4870 | 0,3755 | 0,1115 22.9
Pflanzenblutkohle ...|ı 04800 0,4220 | 0,0580 12,1
e) In Chloroform.
Tierkohle . ....... | 0,5030 | 0,4895 0,0135 2,7
Fleischkohle ...... | 0,5040 0,4550 0,0490 9,7
Pflanzenblutkohle .... 0,5185 | 04920 | 0,0215 41
II. Gallussäure.
a) In Wasser. -
m |
Tierkohle ........ | 05050 | 0,0075 | 0,4975 98,5
Fleischkohle . ... ... | 0,5125 0.0595 0,4530 88,4
Pflanzenblutkohle .... 0,5055 0,2875 | 0,2180 431
b) In Weingeist.
Tierkohle ........ \ 0,5035 | 0,3605 0,1430 28,4
Fleischkohle ......, 05ld5 | 0,3800 0,1345 26,1
Pflanzenblutkohle ... 0519 | 0,4865 0,0330 6,3
l
ec) In Essigäther.
Tierkoble ........ \ 0,5245 | 0,3525 | 0,1720 32,8
Fleischkohle ...... \ 0,4900 0,3545 0,1355 27,6
Pflanzenblutkohle ... | 05040 | 0,4860 0,0180 3
d) In Aceton:
|
Tierkohle . 2... | 0509 | 0,3330 0,1765 34,6
Fleischkoble .. .... 05085 | 0,3900 0.1185 23,3
Pflanzenblutkohle ... 0,5260 | 0,4980 0,0280 5,3
III. Oxalsäure.
In Wasser:
Tierkohle ........ ' 05470 0,4380 | 0,1090 19,
Fleischkohle ....... \ 05280 | 0,4487 0,0793 15,0
Pflanzenblutkohle ... 0,5410 | 0,4900 0,0510 94
L: Rosenthaler u. F. Türk: Kohlenadsorbtion. 527
IV. Kaliumoxalat.
In Wasser:
f
‚Anrewandte
F Adsorbiert
Kohlensorte Menge‘ | Im Filtrat u
—n u —— ——— — m me — m — m mn nn —— — — — .. n —
TMorEöble . . . sr | 0,5070 | 0,4935 0,0135 | 2,7
Fleischkoble ...... 0,5330 | 0,5137 0,0193 3,6
Pflanzenblutkohle ... 0,4835 0,4597 0,0238 | 4,9
Konzentrations-Versuche.
Zu den Konzentrationsversuchen wurde in erster Linie Koffein
benutzt. Die Lösungsmittel waren teils ein Gemenge von 75 Volum-
teilen Weingeist und 25 Volumteilen Chloroform, teils reines Chloro-
torm. Je 50 cem der Lösungen wurden mit 2,5 g Tier-, Fleisch- oder
Pflanzenblutkohle versetzt und 1. % eventuell 1 Stunde in der Kälte,
2, % Stunde auf dem Dampfbade, 3. sechs Stunden auf dem Dampf-
bade unter oft wiederholtem Umschütteln stehen gelassen. Die
Kölbchen, in denen die Versuche angestellt wurden, waren samt Inhalt
genau gewogen und wurden am Rückflußkühler so vorsichtig erhitzt,
daß, obgleich die Flüssigkeiten ins Sieden kamen, die Verdunstungs-
verluste, die überdies nach dem Erkalten ersetzt wurden, höchstens
0,5 g betrugen, sodaß eine wesentliche Konzentrationsänderung durch
Verdunstung nicht eintrat. Von den wiederum unter möglichster
Vermeidung von Verdunstung erhaltenen Filtraten wurden je 20 ccm
im gewogenen Kölbchen abdestilliert und die Rückstände bis zum
konstanten Gewicht getrocknet. Von.den so gefundenen Zahlen
wurden die Mengen löslicher Substanzen, welche die Kohlen unter
diesen Versuchsbedingungen an die Lösungsmittel abgaben, abgezogen.
Sie betrugen für 20 ccm des Weingeist-Chloroformg&misches bei Tier-
kohle 2 mg, bei Fleischkohle 3,5 mg und bei Pflanzenblutkohle 5,5 mg,
für 20 ccm Chloroform bei denselben Kohlen resp. 1,5, 1,5 und 8 mg.
Cotfein.
I. Versuche in Weingeist-Chloroform-Mischung.
1. Mit Tierkohle.
a) 0,5%ige Lösung.
Adsorbiert
. Angewandte i
Versuchsbedingung Menge Im Filtrat skädiet:. iD
Kenn) mm | me | Aaaıı 0 mB
% , auf Dampfbad 0,1000: 00805 | 0065 | 695
i I
L. Rosenthaler u. F. Türk: Kohlenadsorbtion.
528
b) 1%ige Lösung.
Versuchsbedingung | Angewandte Im Filtrat | Adsorbiert |
I Menge | absolut | in Prozent.
34 Std. bei 200..... 0,2000 | 0,0845 0,1155 | 57.75
Yiaay 200 „10 wer 0,2000 | 0,0850 0,1150 57,5
% „ auf Dampfbad 0,2000 0,0810 0,1190 59,5
ce) 2.494 %ige Lösung.
1, Std. bei 20°..... \ 0,4988 0,3040 | 0,1948 39,05
Tigi85 BOB: | 0,4988 0,3040 | 0,1948 39,05
% „ auf Dampfbad 0,4988 0,2980 | 0,2008 40,25
d) 4,9575% ige Lösung. |
3, Std. bei 200..... | 0,9975 0,7460 0,2515 25,22
1 2HH3ünnTc, \" 0,9975 0,740 | 0,2485 24, 91
% , auf Dampfbad | 0,9975 0,7070 | 0,2905 29, 12
2. Mit Fleischkohle.
a) 0,503%ige Lösung.
|
1, Std. bei 200... ... \ 0,1006 | 0,0430 | 0,0576 57,26
% „ auf Dampfbad | 0,1006 | .0,039 0,0611 60, 74
Bea : "0,1006 0,0400 0,0606 60,24
b) 1.002%ige Lösung.
1, Std. bei 200. .... 0,2004 | 0,1095 0,0909 45,36
% ,„ auf Dampfbad | 0,2004 0,1065 0,0939 46,85
die 5 0,2004 0,1050 0,0954 47,6
c) 2.496 %ige Lösung.
1, Std. bei 200..... | 0,4992 0,3520 | 0,1472 29,49
% „ auf Dampfbad | 0,4992 0345 | 01517 3039
Ba i 0,4992 0,3465 | ‚0,1527 30,59
d) 4,8615%ige Lösung.
1%, Std. bei 20°. ....ı 0,9723 0,7970 0,1753 18,03
% „ auf Dampfbad | 0,9723 | 0,7845 0,1878 19,32
a d 0,9723 | 0,7730 0,1993 20,5
3. Mit Pflanzenblutkohle.
a) 0,5095 %ige Lösung.
1, Std. bei 200... .. 0,1019 0,0825 0,0194 19,04
% ,„ auf Dampfbad 0,1019 0,0795 0,0224 21 98
6er 5 0,1019 | 0,0785 0,0234 22,97
L. Rosenthaler u. F. Türk: Kohlenadsorbtion,
b) 0,9995 Yige Bspung-
529
. ee andis 1 Adsorbiert
Versuchsbedingung Menge Im Filtrat AP SBREEa.
—— = T
% Std. bei 200..... | : 0,1998 0,1720 | 0,0279 13,96
% „ auf Dampfbad 0,199 | 01710 | 0,0289 14,45
0 77298 n' ' 0,1999 | 0,1670 0,0329 16,46
c) 2,5 bige Lösung. 3 £ fl
1, Std. bei 200. 0,5000 0,4620 | 0,0380 7,6
% „. auf Dampfbad 0,5000 0,4380 | 0,0620 12,4
en 7 0,5000 0,4490 0,0511 10,22
d) 4,9955 ige Lösung.
1, Std. bei 200..... | 0,9991 0,9485 0,0506 5,06
% „ auf Dampfbad | 0,9991 0,939 0,0596 5.97
BE A | 0,9991 0,9365 0,0626 6,27
U. Versuche mit Chloroform.
1. Mit Tierkohle.
a) 0,4985 ige Lösung.
1, Std. bei 200, k 0,0997 0,0655 | 0,0342 34,3
1.: 8 200,.2P.0,0 0,0997 0,0655 0,0342 34,3
%; auf Dampfbad 0,0997 | 0,0655 0,0342 343
b) 1,907 %ige Lösung.
1, Std. bei 200..... 0,2014 0,1485 0,0529 26,27
Kan 209 74 0,2014 0,1480 0,0534 26,51
% » auf Dampfbad 0,2014 0,1485 0,0529 26,27
c) 2,5035 ,ige Lösung.
14 Std. bei 200..... 0,5007 0,4125 0,0882 17,62
ur 200 au» 0,5007 0,4150 0,0857 17, 12
% » auf Dampfbad 0,5007 0,4150 0,0857 17, 12
h d) 4,9935 %ige Lösung.
14 Std. bei 200.....| 0,9987 0,8820 0,1167 11,71
zone, 200.....| 0,9987 0,8790 0, 1197 11,99
% „ auf Dampf bad 0,9987 0,8750 0,1237 12,39
2. Mit Fleischkohle.
a) 0,5030%ige Lösung.
1, Std. bei 200..... | 0,1006 0,0745 0,0261 w 25,95
% „.auf Dampfbad 0,1006 0,0715 0,0291 28,93
er ph 0,1006 0,0725 0.0281 27,93
Arch. d. Pharm. OCXXXXIV. Bds. 7. Heft. 34
530 L. Rosenthaler u. F. Türk: Kohlenadsorbtion.
b) 1,010%ige Lösung.
2 Angewandte . Adsorbiert
Versuchsbedingung enge Im Filtrat ahssler ee
1 Std. bei 200... .. 0,2020 0,1605 0,0415 20,55
% ,„ auf Dampfbad 0,2020 0,1585 0,0435 21,54
a » 0,2020 0,1590 0,0430 21,29
c) 2,496% ige Lösung.
1, Std. bei 200..... 0,4992 0,4360 0,0632 12,66
% „ auf Dampfbad 0,4992 0,4375 0,0617 12,36
BE MERe ACHBSE 0,4992 0,4370 0,0622 12,46
d) 4,9925 %ige, Lösung.
|
1, Std. bei 20°... .., \" 0,9985 0,9175 0,0810 811
% ,„ auf Dampfbad | 0,9985 0 9135 0,0850 851
| 5 ' 0,9985 0,9115 0,0870 8,71
3. Mit Pflanzenbluikohle.
a) 0,5010%ige Lösung.
1, Std. bei 200..... 0,1002 0,0900 0,0102 10,2
% „ auf 00 | 0,1002 0,0910 0.0092 8,2
6 3 0,1002 0,0875 0.0127 12,7
b) 1,0025%ige Lösung.
% Std. bei 200..... ' 0,2005 0,1870 0,0135 | 6,73
% „ auf Dampfbad ı 0,2005 0,1855 0.0150 7,48
Fed Mr | 0,2005 | 0,1855 0,0150 | 7,48
c) 2,496 Lige Lösung.
14 Std. bei 20°. , 0,4992 | 0,4775 0,0217 4,35
% ,„ auf Dampf bad 0,4992 0,4775 0,0217 4,35
Bes ® 0,4992 0,4760 0,0232 4,65
d) 4,987%ige Lösung.
1% Std. bei 200..... | 0,9974 0,9780 0,0194 1,95
An auf er bad | 0,9974 0,9740 0,0234 2,35
Be 0,9974 0,9720 0,0254 2,55
Zu Konzentrationsversuchen in wässeriger Lösung, für die Koffein
sich wegen seiner Schwerlöslichkeit nicht eignete, wurde Dextrose
genommen, und zwar wurden je 50 ccm der Flüssigkeit mit 2,5 g
Tierkohle eine Stunde unter öfterem Umschütteln stehen gelassen.
L. Rosenthaler u. F. Türk: Kohlenadsorbtion. 531
Dexirose.
eg Angewandte Th en x norklent en
Kar Menge absolut | in Prozent.
0,524 0,2620 0,1365 0,1255 | 479
1,044 0,5220 0,3139 0,2081 39,9
2,557 1,2785 0,9296 0,3489 27,3
5,028 2,514 2,0142 0,4998 19,9
| |
Eine andere Reihe von Versuchen wurde zur Aufklärung der
Frage unternommen, inwieweit die Anwendung von Kohle als
Reinigungsmittel gefärbter Pflanzenauszüge zulässig ist, d. h. in
welcher Weise die Ausbeute an den darin enthaltenen wirksamen
Stoffen durch Adsorptionsverluste beeinträchtigt wird. Gleichzeitig
sollte das Adsorptionsvermögen mit dem Entfärbungsvermögen ver-
glichen werden und außerdem ermittelt werden, ob das Entfärbungs-
vermögen der Kohlen zur Vereinfachung von Alkaloidbestimmungen
und dergleichen herangezogen werden könnte. Die Versuche wurden
so ausgeführt, daß Alkaloidbestimmungen in Drogen in vergleichender
Weise mit und ohne Kohle durchgeführt wurden. Zur Entscheidung
obiger Frage konnten dann u. a. die Gewichtsmenge und die Färbung
des jeweils resultierenden Alkaloidrückstands herangezogen werden.
Versuche mit Opium und Chinafluidextrakt, über deren Einzelheiten
die Inauguraldissertation von F. Türk Auskunft gibt, zeigten, daß
Adsorptions- und Entfärbungsvermögen der verschiedenen Kohlen
ungefähr Hand in Hand mit einander gehen und daß, wie von vorn-
herein zu erwarten war, eine Anwendung der Kohlen zu Alkaloid-
bestimmungen und dergleichen in allen Fällen nicht in Betracht kommt,
wo wässerige Flüssigkeiten entfärbt werden müssen. Dagegen schien
eine derartige Anwendung bei Koffeinbestimmungen möglich, da hier
die Entfärbung in Chloroformlösung vorgenommen wird und in dieser,
wie die früheren Versuche zeigten, eine Adsorption so gut wie nicht
eintritt. Um dies auch für die Bedingungen sicher zu stellen, unter
denen die Bestimmungen nachher ausgeführt wurden, machten wir
folgenden Versuch: 0,4745 g Koffein wurden mit etwa 5 g reinem
Seesand vermischt, im Flückiger’schen Extraktionsapparat über
eine Mischung von 2,5 g Tierkohle und 10 g Seesand geschichtet und
6 Stunden mit Chloroform extrahiert. Das so wiedergewonnene Koffein
wog 0,4740 g. Wir führten die Koffeinbestimmungen demgemäß in
folgender Weise aus: 5 g der Droge (Tee, Pasta Guarana, gebrannter
Kaffee) wurden mit gewaschenem Seesand gemischt, mit Wasser in
34*
532 L. Rosenthaler u. F. Türk: Kohlenadsorbtion.
einer Porzellanschale gut durchfeuchtet!) und auf dem Dampfbade
so lange erwärmt, bis das Gemisch eben noch feucht war. Dann
wurde es in einem Flückiger’schen Extraktionsapparat, dessen
Abflußrohre mit einem Wattebausch verstopft war, über ein Gemenge
von 2,5 g Kohle und 10 g Seesand geschichtet und 6 Stunden mit
Chloroform extrahiert. Die nach dem Verdunsten des Chloroforms
bleibenden Rückstände, die bei Anwendung von Tier- und Fleischkohle
nahezu farblos waren, wurden in etwa 20 ccm heißem Wasser gelöst.
Die Lösung wurde dann durch Erhitzen vollends von Chloroform
befreit, analog dem empfehlenswerten Katz’schen Verfahren mit
weißem Wachs (0,2 bis 0,5 g) versetzt und nachdem dieses geschmolzen
war, unter kräftigem Schütteln abgekühlt. Die Filtrate wurden zuletzt
in gewogenen Schälchen abgedampft, die Rückstände bis zum konstanten
Gewicht getrocknet. Die Resultate waren bei Anwendung der ver-
schiedenen Kohlensorten die folgenden:
a) Pasta Guarana.
e ' Koffeingehalt Farbe des Farbe
Kohlensorte N Prozent Chloroformauszugs| des Koffeins
Tierkohle,;,10E.x458 . zw 3:39 fast farblos fast weiß
Fleischkoble ........ N 3,33 a er
Pflanzenblutkohle ..... 3,41 schwach gelb | schwach gelb
Biutkohle noJossuuriad . 3,49 rötlichbraun | stark gelb
Lindenrkohle. ...:.... | 3,59 | 3 | .
Schwammkoble....... 3,47 5 2
Ohne Kohle nach Methode Katz || 3,27 iQ schwach gelb
| l | .
b) Tee.
Tierkoble .......55 ra 3,29 farblos schwach gelblich
Fleischkohlle ........ | 3,31 fast farblos gelblich
Pflanzenblutkohle ..... | 3,37 ' gelblich grün r
Blutkohle -.,.\.\..« . aus 3,71 dunkelgrün hellgrün
Lindenkoble......... | 3,61 | 2 2.
Schwammkohle....... | 3.67 3
Ohne Kohle nach Methode Katz | 2,95 grün schwach gelblich
Die Koffeinbestimmung in gebranntem Kaffee ergab sowohl
nach der beschriebenen Methode, als der von Katz 1,51%. Das dabei
erhaltene Koffein war indes schon bei Verwendung von Tierkohle
gelblich gefärbt, sodaß Vergleichsversuche mit den übrigen Kohlen
unterlassen wurden.
1) Ein Zusatz von Alkalien ergab, wie Kontrollversuche zeigten, keine
erhöhte Ausbeute.
L. Rosenthaler u. F. Türk: Kohlenadsorbtion. 533
Versuche, die nach einer der geschilderten im Prinzip gleichen
Methode, bei der jedoch Alkalien zur Anwendung kamen, mit China-
rinde und Strychnossamen angestellt wurden, ergaben kein günstiges
Resultat.
Die Schlüsse, die aus unseren Versuchen gezogen werden können,
sind folgende:
1. Die von uns benutzten Kohlensorten zerfallen bezüglich ihres
Adsorptionsvermögens in zwei Gruppen, in eine stark und eine
wenig oder garnicht adsorbierende. In die erste gehören Tier-,
Fleisch- und Pflanzenblutkohle, in die zweite Blut-, Linden- und
Schwammkohle. Am stärksten adsorbiert die Tierkohle, etwas
weniger die Fleischkohle, beträchtlich weniger die Pflanzenblut-
kohle.
2. Die Adsorption ist für eine und dieselbe Kohle abhängig von dem
Lösungsmittel der zu adsorbierenden Substanz. Sie ist am stärksten
für die wässerige Lösung, geringer für Weingeist, Methylalkohol,
Essigäther, Aceton, am geringsten für Chloroform.
3. Die Geschwindigkeit, mit der die Adsorption vor sich geht, ist
abhängig von den Umständen, welche die Größe der Adsorption
nach 1 und 2 beeinflussen. Sie ist demgemäß am größten für
Tierkohle und die wässerige Lösung der zu adsorbierenden Substanz.
Sie ist wenig abhängig von der Temperatur.
4. Aus konzentrierten Lösungen wird relativ weniger adsorbiert als
aus verdünnten.
5. Alle Umstände, welche die Adsorption begünstigen, wirken in
in demselben Maße hindernd, wenn man versucht, die adsorbierten
Substanzen wieder in Lösung zu bringen!).
6. Das Entfärbungsvermögen der Kohlen ist abhängig von ihrem
Adsorptionsvermögen.
Für die Anwendung der Kohlen als Entfärbungsmittel ergibt sich:
I. Die Kohlen müssen vor ihrer Verwendung sorgfältig gereinigt
werden und zwar entweder durch wiederholtes Auskochen
mit dem zu benutzenden Lösungsmittel oder durch Ausglühen
und darauffolgendem Auswaschen mit Säuren und Wasser.
1) Wie schwer adsorbierte Substanzen wieder in Lösung zu bringen
sind, zeigt auch folgender Versuch: 2,5 g Tierkohle, die aus einer wässerigen
Lösung 0,5040 g Kodein adsorbiert hatten, wurden mit 100 g einer 1%igen
wässerigen Salzsäure ausgekocht. In Lösung gingen 0,0150 g Kodein. Eine
zweite Auskochung mit 100 g einprozentiger alkoholischer Salzsäure entzog
0,2670 g, sodaß mit diesen zwei Auskochungen erst 55,95% des festgehaltenen
Kodeins gewonnen wurden.
534 L. Rosenthaler u. F. Türk: Kohlenadsorbtion.
II. Man wende möglichst wenig Kohle an.
III. Zur Erzielung einer Entfärbung ist es nicht notwendig, die
zu entfärbende Flüssigkeit mit Kohle zusammen zu erwärmen;
es genügt, mehrere Stunden bei gewöhnlicher Temperatur
stehen zu lassen?). i
IV. Die Entfärbung ist am besten nicht in wässeriger Lösung
vorzunehmen, weil in dieser die Verluste am größten sind.
Die Lösung sei möglichst konzentriert (s. 4).
V. Leicht oxydable Stoffe sollen nicht mit Tierkohle entfärbt
werden, weil sie dadurch gleichzeitig teilweise oxydiert werden
können?).
VI. Tierkohle und Fleischkohle lassen sich zu einer einfachen
Koffein-Bestimmungsmethode verwenden.
VII. Bei quantitativen Bestimmungen z. B. der des Zuckers in
Wein und anderen Flüssigkeiten darf eine Entfärbung mit
Kohle nicht stattfinden, außer, wenn nachgewiesen ist, daß
eine Adsorption der zu bestimmenden Substanz unter den
Versuchsbedingungen nicht stattfindet.
1) Man kann zu Entfärbungen auch ein ähnliches Verfahren anwenden,
wie wir es zu den Koffeinbestimmungen verwendet haben und wie es bereits
von Rochleder empfohlen wurde.
2) Auf die oxydierende Wirkung der Kohlen, über die bereits einige
Literaturangaben vorliegen, wurden wir durch das Aussehen der Rückstände
aufmerksam, die bei den meist gewichtsanalytisch durchgeführten Versuchen
zur Wägung gelangten. Sie waren, obgleich immer reine Substanzen an-
gewendet wurden, und die Kohlen keine färbenden Substanzen ergaben, häufig
stark gefärbt. Wir haben darauf die Wirkung der Kohlen auf Guajakon-
säure, Aloin, Jodkalium, Benzkatechin, Pyrogallol u. dergl. geprüft. Am
stärksten oxydiert Blutkohle, die selbst Jodkalium oxydiert, die einzige nicht
oxydierende ist die Lindenkohle. Freie Basen befördern, wie nach den von
Prof. Schär früher ausgeführten Versuchen zu erwarten war, auch hier die
Oxydation. Kodein z. B. war stets mehr gefärbt als Kodeinphosphat. Bei
oxydablen Alkaioiden wendet man deshalb zur Entfärbung besser die Salze
als die freien Basen an.
L. Rosenthaler: Bemerkungen zur vorhergehenden Abhandlung. 535
Bemerkungen zur vorhergehenden Abhandlung.
Von L. Rosenthaler.
(Eingegangen den 26. IX. 1906.)
Diejenige Kohle müßte ohne Zweifel als Entfärbungsmittel am
geeignetsten sein, die zwar stark entfärbt, aber möglichst wenig ad-
sorbiert. Eine solche Kohle findet sich unter den untersuchten nicht
und dürfte wohl auch kaum existieren, da, wie die Versuche zeigen,
diejenigen Kohlen, die stark entfärben, auch stark adsorbieren und
umgekehrt. Das Entfärbungsvermögen ist von dem Adsorptions-
vermögen abhängig. Damit ist indes nicht erklärt, warum, nach all-
gemeiner Annahme, die Kohle gerade für entfärbende Substanzen
ein besonderes hohes Adsorptionsvermögen besitzt, und warum, wie
dem Praktiker nur zu wohl bekannt, die Kohle manchmal als Ent-
färbungsmittel völlig versagt. Zur Erklärung des ersten Umstandes
ist zunächst darauf hinzuweisen, daß die färbenden Substanzen in der
Regel in geringerer Konzentration vorhanden sein werden, als
die zu entfärbenden, und daß infolgedessen die ersteren in relativ
höherem Maße adsorbiert werden. Wichtiger noch ist der Umstand,
daß das Adsorptionsvermögen der Kohlen gegenüber verschiedenartigen
organischen Körpern (nur von diesen soll hier die Rede sein) ein sehr
verschiedenes ist. Als Beispiel dienen folgende Tabellen; die erste
gibt an, welche Adsorption die aufgeführten Stoffe in 1%iger
wässeriger, die zweite, welche sie in l1%iger weingeistiger Lösung
erleiden, wenn sie mit der 5fachen Menge Tierkohle bis zum Ein-
treten des Gleichgewichtszustandes in Berührung gebracht werden.
1. Adsorption aus wässeriger Lösung.
|
Angewandte, Adsorbiert
Substanz |
BITSOIE IT RT 18 ee absolut | in Prozent
Harnstof 2222220. | 0,501 0098 | 1856
Dralsäure’t. Sinmer. rt 0,5280 0,1331. | 25,20
Doaxziröse;,. «or. Kain 0,5200 02140 | 41,16
Balosa..; .... „ee I . 0,5726 04718 | 82,40
2. Adsorption aus weingeistiger Lösung.
Angewandte Adsorbiert FR
Substanz & |
| Menge absolut in Prozent
Resorzin. 222.2... 0,4903 0,1246 | 25,4
Hydrochinon ...... | 042 | 01247 25,23
Acetanilid........ | 0495 02142 | 43,32
Cholesterin ....... 108176 1990,5176 | 100
536 E. Rupp: Gehaltsbestimmungen von galenischen Präparaten.
Diese Beispiele (und ähnliche lassen sich aus den in der vor-
hergehenden Abhandlung mitgeteilten Tabellen entnehmen) zeigen, daß
ein Zusammenhang zwischen dem Molekulargewicht der Körper und .
ihrer Adsorbierbarkeit besteht. Je größer das erstere ist, desto mehr
wird in der Regel adsorbiert.e. Die Befreiung einer Substanz von
einem sie begleitenden färbenden Körper wird demgemäß um so leichter
eintreten, je größer das Molekulargewicht des färbenden, je kleiner
das des zu entfärbenden isf. Da die Farbstoffe vielfach ein beträchtlich
größeres Molekül besitzen werden, als die durch sie verunreinigten
Körper, so wird auch meist durch Kohle eine Entfärbung eintreten.
Liegen die Dinge umgekehrt oder ist das Molekulargewicht des
färbenden Körpers nur wenig größer als das des zu entfärbenden, so
wird die Kohle eine Entfärbung nicht hervorbringen. Es ist indes
nicht ausgeschlossen, daß diese Regeln Ausnahmen erleiden, wenn sehr
hochmolekulare Körper, z. B. Eiweißstoffe, vorliegen. Bestände
zwischen der Adsorbierbarkeit der Körper und ihrem Molekulargewicht
eine strenge Proportionalität, so wäre damit das Prinzip für eine neue
Methode der Molekulargewichtsbestiimmung gegeben. Es weist indes
nur ein Teil der Resultate auf eine derartige Proportionalität hin, so
daß ich es vorläufig unentschieden lassen muß, ob die in Frage
stehenden Beziehungen nur für nahe verwandte Körper gelten oder
ob anstelle des Molekulargewichts nicht eine davon abhängige Größe
(es ist an das Molekularvolum zu denken) in die Rechnung eingeführt
werden muß.
Mitteilungen aus dem pharmazeutisch-chemischen Institut
der Universität Marburg.
200. Ueber Gehaltsbestimmungen von galenischen
Präparaten des Arzneibuches.
Von E. Rupp.
1. Mitteilung.
(Eingegangen den 3. X. 06.)
Die Herstellung von galenischen Präparaten im Apotheken-
laboratorium ist erfahrungsgemäß in steigender Abnahme begriffen.
Es mag darum wünschenswert erscheinen, der praktischen Parmazie
mit Methoden zur Hand zu gehen, welche in einfacher Weise die
Vorschriftsmäßigkeit bezogener Präparate zu kontrollieren gestatten.
E. Rupp: Gehaltsbestimmungen von galenischen Präparaten. 537
Ich möchte in einer Reihe von Mitteilungen über diesbezügliche
Gehaltsbestimmungen berichten, bei denen mit Beschränkung auf das
verfügbare Reagentienmaterial im Sinne der Vorrede des Arzneibuches
möglichst allgemein die Maßanalyse benutzt werden wird.
Nachstehend sollen des ausführlicheren die offizinellen Zu-
bereitungen des Quecksilbers behandelt werden, über die ich
in einem kurzen Referate auf der 78. Versammlung deutscher Natur-
forscher und Aerzte zu Stuttgart berichtet hatte.
Die Bestimmungen betreffen die quantitative Ermittelung von
metallischem Quecksilber in Emplastrum Hydrargyri und Unguentum
Hydrargyri cinereum, von Quecksilberoxyd in Unguentum Hydrargyri
rubrum, von weißem Präzipitat in Unguentum Hydrargyri album und
von Quecksilberchlorid in den Sublimatpastillen nebst Verbandstoffen.
Die ersteren drei Präparate werden vorteilhaft nach der mit L. Krauß
veröffentlichten Methode!) bestimmt, die auf der Titration chlorionen-
freier Merkurinitratlösungen mit ”/,s Rhodanlösung beruht. Für die
letzteren Präparate kommt die Bestimmung des metallisch abgeschiedenen
Quecksilbers mit "/jo Jodlösung in Betracht, eine Methode, die seit
meiner ersten Publikation?) hierüber noch weiter vereinfacht werden
konnte.
Emplastrum Hydrargyri.
3 g einer in erbsengroße Stückchen zerkleinerten Durchschnitts-
pr>be werden mit 20 ccm chlorfreier Salpetersäure vom spez. Gew. 1,4°)
in einem weithalsigen Erlenmeyerkölbchen auf schwach siedendem
Wasserbade ca. 10 Minuten erhitzt. Damit sich kein Quecksilber ver-
flüchtigt, bedeckt man die Kolbenmündung mit einem wassergefüllten
Uhrglase oder Porzellanschälchen. Nachdem man sich überzeugt hat,
daß in dem sandig abgesessenen Bleinitrat keine dunkleren Quecksilber-
teilchen mehr. wahrnehmbar sind, verdünnt man, den Deckschalen-
boden abspülend, mit ca. 25 ccm Wasser, schwenkt um und erhitzt
nochmals einige Minuten, bis das Fett klar aufgeschichtet ist. Nun
läßt män völlig erkalten, so daß die Fettmasse zu einer Scheibe
erstarrt. Von dieser wird die Lösung durch ein Flöckchen Watte
in einen 100 ccm-Kolben abgegossen, dann zerstückt man die Fett-
scheibe und spült 4—5mal mit ca. 5 com Wasser ab, die Lösung
1) Beri. Ber. 35, 2016.
2) Archiv 243, 300.
8) Wofern die 65%ige Säure des Handels nicht vorrätig ist, verwendet
man ein Gemisch von 15 ccm Acidum nitricum pur. und 5 ccm Acidum
nitricum fum. Bei Anwendung von nur 25%iger Säure gewinnt das Queck-
silber Zeit sich zu Kugeln zu vereinigen und der Lösungsprozeß dauert als-
dann erheblich länger.
538 E. Rupp: Gehaltsbestimmungen von galenischen Präparaten.
jedesmal in den Maßkolben verbringend bis ca. 75 ccm Flüssigkeit
resultieren!). Dieser setzt man zur Oxydation von salpetriger Säure
und etwa vorhandenem Mercurosalz körnchenweise soviel Kalium-
permanganat (ca. 0,5 g oder ca. 10 cem einer 5%igen Lösung) zu bis
dauernde Rotfärbung bezw. Abscheidung von Mangansuperoxydhydrat
auftritt. Zu deren Entfernung setzt man eine Messerspitze voll Ferro-
sulfatpulver zu und schüttelt kräftig um, worauf der Braunstein sehr
bald in Lösung geht?). Die so geklärte Flüssigkeit wird nun mit
Wasser auf 100 ccm ergänzt, durchmischt und filtriert, ohne eine durch-
gehende Trübung von Bleisulfat weiter zu beachten. Die Filtration ist
an und für sich überflüssig, um ein Verfetten der Pipetten zu ver-
meiden jedoch empfehlenswert.
25 ccm Filtrat werden in einem Erlenmeyerkolben mit 1—2 ccm
Eisenalaunlösung ev. zur Zurückdrängung der durch Hydrolyse des
Eisensalzes hervorgerufenen Gelbfärbung auch noch mit Salpetersäure
versetzt und mit */;o Rhodanlösung auf deutliche Braunrotfärbung
titriert.
Sollverbrauch für 25 cem Filtrat = 15 ccm "0 Rhod. = 0,15 g
Hg = 20%.
Berechnung:
Hg" + 2CyS‘ = Hg(CyS);
200 g Hg = 2 Rhodan
TEN = !/io „ = 1000 ccm */ıo Lösung
BOle, = lcem "io Rhod.
Merkurosalze setzen sich mit Rhodanion in folgender Weise um:
2Hg’ + 2CyS‘ = Hg(CyS)? + Hg.
Es wird also metallisches Quecksilber abgeschieden, das sich
durch eine schmutzig graue Anfärbung des Titrationsgemisches zu
erkennen gibt, während in reinen Merkurilösungen farbloses Rhodanid
abgeschieden wird.
Unguentum Hydrargyri cinereum.
Man verfährt in durchaus derselben Weise wie bei Emplastrum
Hydrargyri angegeben.
1) Es konnte nach diesem Waschprozesse niemals mehr Quecksilber
in der Fettmasse mit Schwefelwasserstoffwasser nachgewiesen werden.
2) Es ist nicht angängig die Lösung vom Braunsteinhydrat abzufiltrieren,
da letzteres Quecksilber zurückhält, vermutlich in Form von Manganiten.
Ozalsäure als Permanganatzerstörer ist nicht zulässig, von wegen der
Bildungsmöglichkeit unlöslichen Quecksilberoxalats. Bei Weinsäure wurde
die Beobachtung gemacht, daß sie in großem Ueberschusse und im Kontakt
mit MnOs eine Wiederreduktion von Merkurisalz berbeiführen kann.
E. Rupp: Gehaltsbestimmungen von galenischen Präparaten. 539
Dem höheren Quecksilbergehalte dieses Präparates entsprechend
genügt es, von 2 g gut durchmischten Materiales auszugehen, das auf
einem Stückchen Pergamentpapier abgewogen und samt letzterem in
den Lösungskolben verbracht wird. Bei einem normalen Gehalte von
33% Hg erfordern alsdann berechneterweise 25 ccm der auf 100 ccm
ergänzten Lösungsflüssigkeit bei der Titration 16,65 ccm "/ıo Rhodan
= 0,1665 g Hg.
Unguentum Hydrargyri rubrum.
5 g einer Durchschnittsprobe werden mit 25 g offizineller
25%iger Salpetersäure in einem Erlenmeyerkölbchen auf dem Wasser-
bade erhitzt, bis die Fettmasse sich völlig entfärbt. Nachdem dies
durch öfteres Umschwenken sehr rasch erreicht ist, vermischt man
mit ca. 20 ccm Wasser, erwärmt noch etwas nach und läßt alsdann
in Ruhe erkalten. Die Lösung wird mit Hilfe eines kleinen Trichters
durch ein Wattestöpfchen in einen 100 ccm-Kolben abgegossen, die
Paraffinsalbe 3—4mal mit ca. 10 ccm Wasser mittels Glasstabes etwas
durchgeknetet und die Lösung jedesmal durch den Wattestopfen mit
der Hauptflüssigkeit vereinigt. Man setzt nun etwas Permanganat-
lösung zu, nimmt die Rotfärbung nach 1—2 Minuten durch etwas
Eisenvitriol wieder weg und komplettiert mit Wasser auf 100 cem?).
Zur Titration werden 50 cem mit 1—2 ccm Eisenalaunlösung versetzt
und mit "/ıö Rhodanlösung auf Umschlag titriert. Sollverbrauch
23,1 ccm = 0,25 g HgO = 10%.
l ccm ”/ıo Rhod. = 0,0108 g HgO.
Unguentum Hydrargyri album.
5 g Durchschnittsmaterial werden in einem Erlenmeyerkölbchen
mit 25 g verdünnter Salzsäure unter öfterem Umschwenken im Wasser-
bade erwärmt. Nach etwa 10 Minuten ist aller Präzipitat in Lösung
gegangen. Man. vermischt mit ca. 30 ccm Wasser, läßt im Wasserbad
aufschichten und stellt alsdann zur Erkaltung bei Seite. Die Lösung
wird in einen 100 cem-Kolben abgegossen und die Fettmasse des
öfteren mit Wasser abgespült bis das Flüssigkeitsvolum auf 100 ccm
ergänzt ist.
1) Nach Vorschrift mit ausschließlicher Anwendung von Paraffinen
hergestellte Präparate erfordern keine Spur von Permanganat, und ließe sich
die Titration selbst ohne vorherige Absonderung des Fettes durchführen.
Da man jedoch ev. mit einem Gehalt an organischen Fetten zu rechnen haben
wird, welche die Bildung nitroser Gase veranlassen, so ist eine Permanganat-
probe unter allen Umständen angezeigt.
540 E. Rupp: Gehaltsbestimmungen von galenischen Präparaten.'
Vom Filtrate werden 25 ccm in einer etwa 100 ccm fassenden
Glasstöpsellasche mit 0,5—1 g Jodkalium versetzt, wobei der erst
entstehende Niederschlag von Quecksilberjodid als Quecksilberjodid-
jodkalium in Lösung geht. Diese wird mit 15—20 ccm offizineller
Natron- oder Kalilauge alkalisch gemacht und hierauf mit einem
Gemisch von 2—3 ccm Formaldehyd und 10 cem Wasser versetzt,
worauf momentane Reduktion zu metallischem Quecksilber erfolgt.
Nach nunmehriger Säuerung mit ca. 25ccm verdünnter Esssigsäure (30%)
gibt man 20 cem "/jo Jodlösung zu und schwenkt häufig um. Hat
man sich nach einigen Minuten überzeugt, daß alles Quecksilber in
Lösung gegangen ist, so wird der Jodüberschuß mit oder ohne An-
wendung von Stärkelösung als Indikator durch */,. Thiosulfatlösung
zurücktitriert. Nach der Berechnung sollen hierzu 10,05 ccm erforderlich
sein, was einem */;o Jodverbrauch von 9,95 ccm entspricht = 0,125 g
Hg-NH3-Cl = 10%.
Vorgang:
Hg +29 -+2KJ = KaHgJ,.
1HgNH,Cl =1Hg = 2J
0,01257 g f = 1 ccm "/ıo Jod.
Pastilli Hydrargyri bichlorati.
Die Bestimmung beruht auf derselben Grundlage wie diejenige
des Präzipitats. Nach der früher gegebenen Vorschrift!) bedurfte es
einer viertelstündigen Reduktionsdauer in der Siedehitze. Bei vor-
heriger Ueberführung des Sublimats in Quecksilberjodidjodkalium
vereinfacht sich das Verfahren wie folgt:
1 Pastille zu 1 g HgCls-Sollgehalt wird zu 100 ccm in Wasser
gelöst, bei Durchschnittsproben 5 Pastillen = 500 ccm. 20 ccm dieser
Lösung werden in einem Glasstöpselglase mit ca. 1 g Jodkalium ver-
setzt und die klare Lösung mit etwa 10 ccm offizineller Lauge alkalisch
gemacht. Nach Zusatz einer Mischung von 2—3 cem. Formaldehyd
und ca. 10 ccm Wasser wird nach Verlauf von etwa 1 Minute mit
ca. 25 cem verdünnter Essigsäure angesäuert. Hernach bringt man
das metallische Quecksilber durch Zusatz von 25 ccm "Jo. Jod
in Lösung und titriert den Ueberschuß hieran mit */ıo Thiosulfat
zurück.
Sollverbrauch bei 1 g-Pastillen: 10,25 ecm T#/ıo = 14,75 cem "ho
= 0,2 g HgCls = 100%. 0,01355 g HgCls = 1 ccm "In.
1) Archiv 243, 300,
E. Rupp: Gehaltsbestimmungen von galenischen Präparaten. 541
Sublimat -Verbandstoffe.
Die Reduktionsmethode ist von Utz!) mit gutem Erfolge auf
die Bestimmung von Sublimat in Verbandwatten etc. ausgedehnt
worden. Die Vorschrift lautet: „5 g des zu untersuchenden Verband-
stoffes bringt man in einen Glasstöpsel-Erlenmeyerkolben und übergießt
mit destilliertem Wasser, sodaß der Verbandstoff vollständig damit
durchtränkt und bedeckt ist. Hierzu gibt man unter Umschwenken
10 ccm eines Gemisches gleicher Teile offizineller Kali- oder Natron-
lauge und erwärmt dann "/;, Stunde auf dem Wasserbade. Nach dem
Erkalten setzt man 5 ccm Eisessig hinzu, ferner 5 ccm "/ıo Jod, ver-
schließt den Kolben und stellt einige Zeit beiseite; die Flasche schüttelt
man öfters um. Dann titriert man unter Anwendung von Stärkelösung
als Indikator den Ueberschuß an Jod mit Thiosulfat zurück. Gegen
das Ende der Titration muß man nach jedesmaligem Thiosulfatzusatz
den Kolben verschließen und kräftig durchschütteln.“ (1 ccm "o =
0,01355 g HgClz.)
Die Bestimmung ist an Einfachheit wohl kaum zu übertreffen.
Es wird dadurch sowohl die unverändert gebliebene als auch die in
wasserunlöslicher Form auf der Faser fixierte Sublimatmenge angezeigt.
Da nun kaum ein Zweifel sein kann, daß die antiseptische Wirkung
der Watte je nach der Bindungsform des Quecksilber eine quantitativ
verschiedene ist, so wird sicherlich von mancher Seite immer noch
vorgezogen, allein den wasserlöslichen Sublimatanteil zu bestimmen,
die Watte also nach dem Denner’schen Extraktionsverfahren?) vor-
zubehandeln. Die Arbeitsweise ist alsdann folgende: „20 g Sublimat-
watte werden in einem Zylinder oder Becherglase mit 500 ccm Wasser
etwa zwei Stunden hindurch, während welcher Zeit man den Verband-
stoff von Zeit zu Zeit mit einem Glasstab durcharbeitet, ausgezogen.
Alsdann wird die Watte ausgepreßt und die Flüssigkeit filtriert“.
250 ccm Filtrat werden mit ca. 1g Jodkalium und alsdann mit 10 ccm
offizineller Natronlauge versetzt. Zur klaren Lösung fügt man ein
Gemisch aus 3 ccm Formaldehyd und 10 ccm Wasser. Fünf Minuten
hernach wird mit 25 ccm verdünnter Essigsäure angesäuert und mit
5 ccm "jo Jodlösung nebst ca. 5 cem Chloroform tüchtig durch-
geschüttelt. In der jodreichen Chloroformschicht geht das am Boden
1 Pharm. Post 1905, No. 35.
2) Es kann hierfür die im Ergänzungsbuche III, S. 172 gegebene
Fassung beibehalten werden, da entsprechende Kontroliversuche ergeben
haben, daß ähnlich voluminöse und verdünnte Auszüge mit guter Genauigkeit
nach der Reduktionsmethode bestimmbar sind.
542 A. Jolles: Lävulosurie.
sitzende Quecksilber rasch in Lösung!). Ist von solchem nichts mehr
zu bemerken, so wird der Jodüberschuß zurückbestimmt, — am
genauesten mit "/,, oder */ioo Thiosulfatlösung.
Verbrauchte Kubikzentimeter /;o J X 0,1355 = Prozente Hg Cl;.
Es wäre speziell vom kriegschirurgischen Standpunkte aus wohl
nicht uninteressant, während einer längeren Versuchsdauer mit Proben
derselben Sublimatwatte, oder für diesen Zweck wohl praktischer
Sublimatgaze, vierteljahrsweise beide Bestimmungsweisen (Gesamt-Hg-
Gehalt, HgCls-Gehalt) durchzuführen und an Schalenkulturen gleich-
zeitig den Abfall des desinfektorischen Effektes zu ermitteln.
Ueber Lävulosurie und
über den Nachvreis der Lävulose im Harn. ?)
Von Adolf Jolles-Wien.
(Eingegangen den 4. X. 1906.)
Zum Nachweis von Zucker im Harn bedienen wir uns der
Reduktionsproben, der Gärungsprobe und der Polarisation. Auch die
Phenylhydrazinprobe, durch welche die Glykosazone mit charak-
teristischen Krystallen nnd konstantem Schmelzpunkte von 204—206°
gebildet werden, ist in zweifelhaften Fällen geeignet, die Anwesenheit
von Zucker im Harne sicher zu stellen. In der Regel wird Dextrose
ausgeschieden, bei welcher bekanntlich die Polarisation eine Rechts-
drehung ergibt. Es kommen aber auch Fälle vor, bei welchen die
Polarisation des Harnes infolge der Ausscheidung von Fruchtzucker
(Lävulose) eine Linksdrehung ergibt. Bei kombinierter Ausscheidung
von Dextrose und Lävulose ergeben naturgemäß die Titrations- und
gewichtsanalytischen Methoden, sowie die Gärungsprobe höhere Werte,
als die Polarisation. Es kann aber auch der Fall eintreten, und einen
solchen Fall habe ich selbst zu beobachten Gelegenheit gehabt, daß die
1) Während nach der ursprünglichen Methode, bei der das Quecksilber
in dichterer Form niederfällt, der Chloroformzusatz stets erforderlich war,
ist er bei der Fällung aus jodkaliumhaltiger Lösung zumeist entbehrlich. Der
feinst verteilte Quecksilberschleier geht in der Regel schon beim Zufließen-
lassen der Jodflüssigkeit in Lösung.
2) Nach einem am 16. September 1906 in der Abteilung für Pharmazie
auf der Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Stuttgart
gehaltenen Vortrage.
A. Jolles: Lävulosurie, 543
Polarisation nur eine minimale, auf etwa 0,1% Zucker hinweisende
Drehung ergibt, während die Gärung und die Reduktion 1,2% Zucker
anzeigte.
Lion hat sogar in der Münchener med. Wochenschrift (No. 26,
1903) einen Fall beschrieben, bei welchem der Harn trotz starker
Gärung und starker Reduktion ein optisch inaktives Verhalten ge-
zeigt hat. Es ist klar, daß hier zufällig solche Mengenverhältnisse
vorlagen, daß die Rechtsdrehung infolge des Dextrosegehaltes gerade
gleich und entgegengesetzt war der Linksdrehung infolge des Lävulose-
gehaltes, was bei einem Mischungsverhältnisse von etwa 1 Teil Dextrose
auf 1,8 Teile Lävulose annähernd zutrifft.
Das Resultat der polarimetrischen Untersuchung bei Gegenwart
von Dextrose kann außer Lävulose die linksdrehende B-Oxybutter-
säure und die gepaarten Glykuronsäuren beeinflussen. Der störende
Einfluß von Albumin kommt nicht in Betracht, da die polarimetrische
Untersuchung in dem enteiweißten Harne vorgenommen werden
soll. Was nun die gepaarten Glykuronsäuren betrifft, so
können dieselben in pathologischen Harnen, namentlich in Fieber-
harnen, zuweilen in relativ erheblichen Mengen auftreten und unter
Umständen die Rechtsdrehung sehr geringer Traubenzuckermengen
aufheben oder vermindern. Nach der Vergärung müßte aber ein
solcher Harn deutliche Linksdrehung und nach Trommer eine Reduktion
zeigen, was ich in dem von mir erwähnten Falle nicht konstatieren
konnte. Die B-Oxybuttersäure kommt bekanntlich bei schweren Fällen
von Diabetes vor und zwar gleichzeitig mit Aceton und Acetessig-
säure, was ebenfalls bei meinem Falle auszuschließen war. Auch bei
Gegenwart von ß-Oxybuttersäure zeigt der vergorene Harn eine
Linksdrehung.
Die Tatsache, daß die polarimetrische Methode zur Bestimmung
des Traubenzuckers im Harn vielfache Anwendung findet, macht die
Differenzen erklärlich, die nicht selten bei der Zuckerbestimmung eines-
und desselben Harnes — in verschiedenen Laboratorien ausgeführt —
konstatiert werden. Es wird eben in einem Institute die polarimetrische,
in einem anderen die titrimetrische Methode mit Fehling’scher
Lösung oder die Gärungsprobe durchgeführt, wobei auf etwaige
Fehler, welche durch normale oder pathologische Harnbestandteile
bewirkt, oder auf Fehler, welche durch Arzneistoffe bedingt werden,
keine Rücksicht genommen wird. Wenn wir absehen von den Fehler-
quellen der angewendeten Methoden, so ist zu berücksichtigen, daß-
auf die Resultate der polarimetrischen Methode namentlich die
Anwesenheit von Lävulose und von gepaarten Glykuronsäuren, auf
die Ergebnisse der Reduktionsmethoden vor allem die Anwesenheit
5414 A. Jolles: Lävulosurie.
von Harnsäure und Kreatinin einen mehr oder minder. störenden
Einfluß ausüben können. Dazu kommt der nicht zu unterschätzende
Fehler durch Arzneimittel, welcher bekanntlich die Resultate aller .
Zuckermethoden mehr oder weniger beeinflußt. Ich erinnere bei dieser
Gelegenheit an eine von mir bereits im Jahre 1893 gemachte
Beobachtung!), derzufolge nach Einnahme von Benzosol im Harne
eine Verbindung von komplizierter Zusammensetzung auftritt, welche
links dreht. Auf Grund der polarimetrischen Untersuchung hat der
behandelnde Arzt in einem solchen Falle beträchtliche Zuckermengen
übersehen. In jüngster Zeit habe ich ebenfalls einen Harn unter-
sucht, der Linksdrehung zeigte, trotz Abwesenheit von Lävulose und
gepaarten Glykuronsäuren. Gärungsprobe und Titration lieferten
0,6% Traubenzucker. Die nähere Prüfung ergab, daß der betreffende
Patient infolge Gonorrhöe durch längere Zeit Sandelöl in. Kapseln
eingenommen hat, welches Präparat bekanntlich eine erhebliche Links-
drehung zeigt. Es ist mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß
die Linksdrehung des Harnes mit der Medikation in diesem Falle im
Zusammenhange steht. — Aber abgesehen von dem störenden Einflusse
durch Arzneimittel war ich wiederholt in der Lage, in Harnen von
Diabetikern Differenzen zwischen der polarimetrischen und titrimetrischen
Methode bezw. der Gärungsprobe festzustellen, die auf Traubenzucker
berechnet 0,2 bis 0,9% betragen. In allen diesen Fällen war B-Oxybutter-
säure nicht nachweisbar. Gepaarte Glykuronsäuren waren nurin minimalen
Mengen vorhanden, da die Harne beim Kochen mit Orecin und Salz-
säure oder mit Bial’schem Reagens keine Spur einer Reaktion zeigten.
Auch zeigten die Harne nach der Vergärung keine Drehung und
nur in einzelnen Fällen konnte eine geringe Reduktion konstatiert
werden. — Eiweiß war wohl in drei Fällen vorhanden, konnte aber
auf die Drehung keinen Einfluß ausüben, da die Bestimmungen im
enteiweißten Harne vorgenommen wurden. Hingegen lieferten diese
Harne beim Erhitzen mit etwas Resorcin und Salzsäure sofort die
charakteristische Rotfärbung. Nach dem Vergären fiel die
Seliwanoff’sche Reaktion negativ aus.
Nach diesen Ereignissen konnte wohl auf die gleichzeitige An-
wesenheit von Dextrose und Lävulose geschlossen werden. Ueber
die Anwesenheit von Lävulose in Zuckerharnen ist schon wiederholt
in der Literatur berichtet worden. Von besonderem Interesse. sind
die Mitteilungen von Rosin und Laband (Z. f. klin. Medizin Bd. 47,
182 bis 197), welche in 16 Fällen bei Diabetikern neben der Dextrose
auch Lävulose konstatieren konnten. Es gelang den Verfassern auch
Fruktose im Blute nachzuweisen.
1) Wiener medizin. Presse No. 9, 1893.
A. Jolles: Lävulosurie, 545
Außer in diabetischen Harnen war ich zweimal in der Lage, im
Harne nur die Anwesenheit von geringen Mengen von Lävulose zu
konstatieren. Der behandelnde Arzt vermutete in dem jeweiligen
Falle Traubenzucker, weil die Trommer’sche Probe eine starke
Reduktion gab. Die polarimetrische Untersuchung ergab eine Drehung
von —2,6° V bezw. —1,8° V. Die titrinetrische Untersuchung ergab
auf Lävulose berechnet 0,24% bezw. 0,16%. Polarisatien und Reduktions-
werte stimmten also für Lävulose. Die Seliwanoff’sche Reaktion
war in beiden Fällen stark positiv. Nach der Vergärung war in
beiden Fällen die Drehung 0. Nachdem jedoch linksdrehende ver-
gärende Körper mit Seliwanoff’scher Reaktion außer Lävulose
nicht bekannt sind, so dürften diese beiden Fälle nach dem Harn-
befunde als reine Lävulosurie aufzufassen sein. Ob es sich nur
um eine vorübergehende bezw. alimentäre Lävulosurie handelt, ent-
zieht sich meiner Beurteilung, da ich nicht mehr Gelegenheit hatte,
die Harne dieser beiden Patienten zu untersuchen.
In der Literatur sind auch Fälle von sogenannten Frucht-
zucker-Diabetes von W. Schlesinger (Deutsches Archiv für klinische
Medicin 76, 233—289) und H. Rosin (Salkowski-Festschrift 105—124)
veröffentlicht worden. Schließlich sei noch erwähnt, daß H. Strauß
(Deutsche med. Wochenschrift 1901, No. 44 und 45) die Lävulosurie
als diagnostisches Merkmal für das Bestehen einer Leberkrankheit
verwertet hat, indem nach seinen Erfahrungen an Leberkranken
besonders leicht Lävulosurie zu erzeugen war. Jedenfalls hat in
jüngster Zeit das Auftreten und der Nachweis der Lävulose im Harn
ein erhöhtes Interesse gewonnen, welcher Umstand mich veranlaßt
hat, mich mit den Methoden der Lävulose-Bestimmung im Harn etwas
eingehender zu befassen.
Bezüglich der qualitativen Reaktion von Seliwanoff muß ich
auf Grund meiner Erfahrungen bemerken, daß die Probe nicht als
einwandfrei bezeichnet werden kann, da ich in hochkonzentrierten,
urobilinreichen Harnen eine Rotfärbung erhielt, die auf die Anwesen-
heit von Lävulose hindeutete, trotzdem die nähere Prüfung ein
negatives Resultat lieferte. In solchen Fällen. gibt der von Rosin
vorgeschlagene spektroskopische Nachweis in dem mit kohlensaurem
Natron neutralisierten und mit Amylalkohol ausgeschüttelten Harne
ebenfalls keine Entscheidung, weil durch das Erhitzen mit Salzsäure
Farbstoffe resultieren, die in Amylalkohol übergehen und die spektro-
skopische Untersuchung sehr störend beeinflussen. Ich habe versucht,
die Seliwanoff’sche Reaktion zu modifizieren, um den störenden Ein-
fluß des längeren Kochens und der Konzentration der Säure zu
eliminieren. Allein in allen Fällen entsteht schon durch die Ein-
Arch. d. Pharm. UCXXXXIV. Bds. 7. Heft. s 35
546 A. Jolles: Lävulosurie.
wirkung der HC] auf den Harn eine Rotfärbung, die eine eventuelle
Lävulose-Resorein-Reaktion vortäuschen würde. Ob es sich möglicher-
weise auch um hydrolytische Einwirkungen auf normale kohlehydrat-
artige Komplexe, vielleicht Polysaccharide, handelt, bleibt einer
späteren Untersuchung vorbehalten. Jedenfalls ist es relativ noch am
zweckmäfßigsten, die Seliwanoff’sche Reaktion in der Weise aus-
zuführen, daß man 10 ccm Harn mit einer Messerspitze Resorcein und
etwa 3 ccm 10%iger Salzsäure bis zum Kochen erhitzt. Eine beim
Kochen sofort auftretende Rotfärbung weist auf Lävulose hin.
In Kombination mit der polarimetrischen Methode und der Gärungs-
probe gibt diese Reaktion sicherlich wertvolle Anhaltspunkte. Was
nun die quantitative Lävulose-Bestimmung im Harne betrifft, so habe
ich zunächst die üblichen titrimetrischen Methoden einer Prüfung
unterzogen. Zu diesem Zwecke habe ich verschiedene Mengen von
chemisch reiner Lävulose (Merk) abgewogen und in je 100 ccm
normaler Harne gelöst. Alsdann wurden jedesmal 10 ccm Fehling’sche
Lösung mit 50 ccm einer Natronlauge von ca. 20° Be. in einer Porzellan-
schale zum Sieden erhitzt und aus einer Bürette die zu untersuchenden
Harne so lange zufließen lassen, bis die Blaufärbung verschwunden
ist, und die gelbe Farbe des Harnes erkennbar ist.
Nur muß die Titration kontinuierlich unter Kochen und Um-
rühren erfolgen, bis der Farbenübergang erreicht ist, alsdann ist die
Titration als beendet anzus®hen. Die in manchen Handbüchern für
Harnanalysen angeführten Reaktionen zur Prüfung auf noch vor-
handenes Kupfer sind in praxi bei Harnen nicht durchführbar, weil
selbst bei überschüssigem Zusatze von Harn Kupfer bei Unterbrechung
des Kochens noch nachweisbar ist, was man übrigens an der grünen
Färbung der Flüssigkeit schon erkennen kann. Wird jetzt das
Kochen fortgesetzt, dann verschwindet die grüne F'arbe und es resultiert
wieder die gelbe Harnfarbe.
Wahrscheinlich wird durch die Einwirkung der Lauge aus dem Harn-
stoff Ammoniak frei gemacht, welches die bekannten komplexen Kupfer-
salze gibt. Ich lasse die Ergebnisse der Titration nachstehend folgen:
Abgewogene Verbrauchte | A ER 3 ehlingieche
Lävulose Kubikzentimeter Anligrammn‘
in 100 ccm Harn dieses Harnes Lävulose
0,1086 & 36,9 | 4,0 mg
0,2262 „ 19,9 45 „
0,3747 „ 14,7 55
0,4656 „ 11,4 5,3
0,6036 „ 85 51 „
0,80828 „, 7,3 5,9. „
A. Jolles: Lävulosurie. 547
Aus diesen Zahlen geht hervor, daß die titrimetrische Methode
in dieser Ausführungsart für Harn ungeeignet ist.
Von den gewichtsanalytischen Methoden liefert das Verfahren von
Allihn innerhalb der vorgeschriebenen Kochdauer von zwei Minuten
im Harne keine übereinstimmenden Resultate.
Hingegen sind die Ergebnisse im allgemeinen genügend be-
friedigend bei einer Kochdauer von vier bis fünf Minuten. Nur bei
sehr hochgestellten, stark uratreichen Harnen treten etwas größere
Differenzen auf.
Am besten hat sich für die quantitative Bestimmung der Lävulose
im Harne die Methode von Ost (Ber. 23, 3003 und Chemiker-Zeitung
XIX, S. 1784) bewährt. Ost verwendete eine Kupferkaliumkarbonat-
lösung, welche im Liter enthält:
17,5 g CuSO, +5Hg0
250 ,„KgCOp
100 „KHCO;.
Zur Herstellung der Lösung trägt man die Kupfersulfatlösung
in die Lösung der chemisch reinen Kaliumkarbonate langsam ein,
damit möglichst wenig Kohlensäure entweichen kann. Die fertige
Lösung wird über ein Schleicher Filter filtriert. Zur Ausführung
der Bestimmung werden je 100 ccm der Kupferlösung mit 50 ccm Zucker-
lösung in einem geräumigen Kolben auf einem Drahtnetze rasch zum
Sieden erhitzt, 10 Minuten gekocht, rasch abgekühlt und mit der
Strahlpumpe durch ein Asbestfilter filtriert. Man wäscht den Nieder-
schlag zunächst mit etwas Kaliumkarbonatlösung aus zur schnelleren
Entfernung des im Niederschlage noch vorhandenen Kupfersulfatss,
dann mit heißem destillierten Wasser, zuletzt mit Alkohol, trocknet gut,
erhitzt zum Glühen und reduziert im H-Strome. Die Methode gibt gute
Resultate in Harnen, von welchen 50 ccm etwa 400 mg Kupfer reduzieren.
Aus diesem Grunde müssen Lävulose-Harne, die mehr als circa
0,2% Lävulose enthalten, entsprechend verdünnt werden.
Ein Vorzug der Methode besteht darin, daß die durch einen Teil
Zucker gefällte Kupfermenge das 1’ bis 2fache von der durch
Fehling’sche Lösung abgeschiedenen beträgt, auch beeinflußt die
Kochdauer das Ergebnis weniger als bei der Fehling’schen Lösung.
Beispiel:
0,5840 g krystallisierte Lävulose von Merck wurden in 100 ccm eines
Harnes vom spez. Gewicht 1,022 gelöst und hiervon 25 ccm zur Bestimmung
verwendet.
Gewogen 437 mg Ca, entsprechend 148 mg Laevulose.
Gefunden 0,5880 g Lävulose.
Vorhanden 0,5840; Fehler 0,7%.
548 A. Jolles: Lävulosurie,
Die Ost’sche Methode gibt auch sehr befriedigende Resultate
bei der quantitativen Bestimmung der Dextroge im Harn. Bei gleich-
zeitiger Anwesenheit von Dextrose und Lävulose empfiehlt es sich,
die erhaltenen Reduktionswerte auf Dextrose zu berechnen. ' Nachdem
die Differenzen zwischen den Faktoren für Lävulose und Dextrose
nach Ost ca. 5% betragen, so ist der Fehler für praktische Zwecke
bedeutungslos; immerhin kann man ja bei hohem Lävuiosegehalt das
Mittel der Faktoren von Lävulose und Dextrose bezw. bei über-
wiegender Lävulose den Faktor der reinen Lävulose nehmen. Die
Berechnungsart bleibt die gleiche, nur wird natürlich der Wert für
den Gesamtzucker dadurch etwas modifiziert.
Nach dem Reduktionswerte erhält manx Dextrose+ y Lävulose=m.
Die Polarisation ergibt eine Drehung =D.
Bezeichnet man mit a und b das Drehungsvermögen von Dextrose
und Lävulose, bezogen auf 1 %ige Lösung, so ist:
xatyb=D.
Andererseits ist x-+ y = m, wobei m die Zuckermenge bedeutet,
die sich aus der Tabelle auf Grund der Ou-Bestimmung ergibt, somit
istx=m-—y
also (m—yJa+-yb=D
mm+ay+tby=D
ma+y(b—-a) =D
Al du un Ze zu) ,‚ wobei bedeuten:
a—b
D = Drehung des Gemisches,
m = Zuckermenge auf Dextrose berechnet,
a und b = spezif. Drehungsvermögen der beiden Zuckerarten.
x=m-y.
Wenn man mit einem Apparate von Ventzke arbeitet,
so entspricht
1% Dextrose = + 3,06° V
1% Lävulose = — 1,61° V.
Beispiel:
Ein Harn gab durch Bestimmung des Zuckers nach Ost einen Zucker-
gebalt von 2% und dreht nach Ventzke um + 4°.
N ma —D m-3,06 —D
Wir haben also y = —— ee ZZ,
a —b 4,67
m ==.2
D=+ 4°.
6120 — 40 212
re Bee 5: in
4,670 4,67
x=m—y=2 045 = 155,
Also y =
A. Jolles: Lävulosurie. 549
In Kreisgraden ausgedrückt, entspricht
1° V = 0,3448 Kreisgrade,
also 1% Dextrose = + 1,075°
:1% Lävulose = — 0,493°.
Bei Apparaten, welche direkt Prozente Dextrose angeben, sind die
Ablesungen auf Bogengrade zu reduzieren durch Multiplikation mit
0,931. — Um im Harne die Polarisation vornehmen zu können, muß mit
Bleiessig geklärt werden.
Gegen diese Arbeitsweise werden zuweilen Einwendungen erhoben
und behauptet, daß hierbei Lävulose mitgefällt wird.
Ich habe daher die Fällbarkeit der Lävulose in Harnen durch
Zusatz reiner Lävulose, Fällung mit neutralem Bleiacetat und dar-
auf folgender gewichtsanalytischer und polarimetrischer Analyse
untersucht, und bin in Uebereinstimmung mit den älteren Angaben von
Külz (Zeitschr. f. Biolog. 27, 235 |1890]) zu dem Resultate gelangt,
daß nrutrale Bleiacetatlösung, in üblicher Weise angewendet, keine
Verluste verursacht. Ich lasse einige Beleganalysen folgen:
A. Polarimetrische Bestimmung.
1. Auf gleiches Flüssigkeitsvolumen bezo.en, zeigte eine wässerige
Lävuloselösung eine Drehung von —4,7° V. Dieselbe Lävulosemenge
in Harn gelöst und mit neutraler Bleiacetatlösung gefällt eine Drehung
von —4,71° V.
2. In wässeriger Lösung —12,07° V; Harnlösung geklärt:
—12,09° V.
B. Gewichtsanalytische Bestimmung nach Ost.
1. 0,2204 g Lävulose auf 100 ccm verdünnt; hiervon ergeben
25 ccm bei der Bestimmung nach Ost 195 mg Cu.
0,2204 g Lävulose in 100 ccm Harn, vom spez. Gewicht 1,022,
gelöst, mit 10 ccm neutraler Bleiacetatlösung versetzt und filtriert. In
55 cem (= der Hälfte der ursprünglichen Lävulosemenge) wurde das
Blei mit 5 ccm Natriumphosphat gefällt, filtriert und mit 30 ccm
Filtrat (= dem vierten Teile der ursprünglich angewendeten Lävulose)
die Bestimmung vorgenommen.
Menge des Kupfers » 2 2. me en04.192 mg Cu
0,3136 .. . ..
ni g Lävulose geklärt 420,0 mg Cu, ungeklärt: 421,0 „ „
0,5840 PL
8. Be . en SEE] "uni u. 5AB.D. Naäcn
Hieraus ersieht man, daß die Abweichungen innerhalb der
Versuchsfehler fallen und die Bleiacetatfällung bei der Lävulose-
Bestimmung im Harn zulässig ist.
550 G. Barger u. H. H. Dale: Mutterkornalkaloide.
Mitteilung aus „The Wellcome Physiological Research
Laboratories“ zu Herne Hill, London.
Die Mutterkornalkaloide.
Von G. Barger und H.H. Dale.
(Eingegangen den 16. X. 1906.)
Da wir uns schon seit einigen Jahren mit der Untersuchung des
Mutterkorns beschäftigt haben, und an zwei Veröffentlichungen darüber
beteiligt gewesen sind, haben wir mit besonderem Interesse die wert-
volle Mitteilung gelesen, welche Herr Dr. F. Kraft im Heft V dieses
Archivs!) über Mutterkorn gemacht hat.
In der ersten?) unserer zwei Veröffentlichungen wurden einige
eigenartige physiologische Reaktionen beschrieben, welche mit sehr
verschiedener Intensität von fast allen Mutterkornpräparaten gezeigt
werden. In der zweiten Mitteilung®), welche. nur eine vorläufige war,
hat der eine von uns, gemeinschaftlich mit F. H. Carr, das Prinzip,
welches diese Reaktionen verursacht, als ein dem Ergotinin nahe ver-
wandtes Alkaloid beschrieben, das krystallinische Salze liefert und
daher rein erhalten werden kann. Für dieses Alkaloid haben wir,
beim Mangel an unzweideutiger Kenntnis seiner Beziehung zum
Ergotinin, den Namen Ergotoxin vorgeschlagen.
Offenbar ist Herr Kraft beim Studium der Mutterkornalkaloide
unabhängig von uns zu Ergelnissen gekommen, die zum Teil mit dem,
was wir schon veröffentlicht haben, in Einklang stehen, zum Teil auch
mit dem, was wir erst später zu publizieren beabsichtigten, sich decken.
Herr Kraft stimmt darin mit uns überein, daß er im Mutterkorn das
Vorkommen von zwei nahe verwandten Alkaloiden annimmt: 1. das
Ergotinin (nach Tanret = Sekalin, Jacobj), und 2. das Ergo-
toxin (in dem amorphen Ergotinin von Tanret enthalten), das Herr
Kraft Hydroergotinin nennt.
Mit seiner Auffassung der Beziehung zwischen diesen zwei
Alkaloiden können wir uns dagegen nicht einverstanden erklären.
Wie schon in der zweiten unserer Mitteilungen erwähnt, ist die
Formel des Ergotinins wahrscheinlich
Ca Hz: N; O4,
und nicht O3, Ho N Og, wie von Tanret angegeben wurde.
I) Dieses Archiv 244, 336.
2) Dale, Journal of Physiology, 1906, 34, 163.
83) Barger und Carr, Chemical News, 24. August, 1906, 89.
G. Barger u. H. H. Dale: Mutterkornalkaloide. 5öl
Vom Ergotoxin haben wir mehrere. krystallinische Salze dar-
gestellt. So haben wir das Chlorid, Bromid, Sulfat, Nitrat, Phosphat,
Oxalat und Tartrat durch Umkrystallisieren rein erhalten. Aus den
bisher gemachten Analysen dieser Salze leiten wir für das Ergotoxin
die Formel Cog Ha Na O3 oder Os H3>N, Os ab.
Die beschränkte Menge des Materials, die Schwierigkeiten der
vollständigen Reindarstellung, sowie auch der Verbrennung, machen
es ziemlich mühsam, die Formel für das Ergotoxin ganz bestimmt zu
ermitteln. Mit weiteren Analysen, die jetzt im Gange sind, hoffen
wir die Anzahl der C- und H-Atome genauer zu bestimmen. Es
steht aber schon fest, daß das Ergotoxinmolekül eben so viele N- Atome
wie das des Ergotinins enthält, jedoch um ein O-Atom ärmer ist.
Falls die Formel Cag Hz, N403 richtig wäre, würde das Ergotinin ein
Acetylderivat des Ergotoxins sein. Wir glauben sogar aus dem reinsten
Ergotoxin durch Acetylieren Ergotinin erhalten zu haben, freilich bisher
nur in geringer Ausbeute. Wir glauben auch durch Behandlung des
Ergotinins mit Säuren die umgekehrte Umwandlung in das Ergotoxin
erzielt zu haben.
Unsere chemischen Untersuchungen waren bis zu diesem Punkte
fortgeschritten, als die Mitteilung von Herrn Kraft erschien. Unsere
Freude, so viele unserer Ergebnisse durch die Beobachtungen von
einem unabhängigen Forscher bestätigt zu sehen, war mit Verwunderung
gemischt über die Folgerungen, welche er über die Beziehung des
zweiten Alkaloids zum Ergotinin gezogen hatte. Hätten die analytischen
Zahlen Herrn Kraft zur Verfügung gestanden, so würde er ihnen
einen größeren Wert zugeschrieben haben, als den Versuchen, auf
welche er seine Hypothese gründet. Wir können die Resultate unserer
Analysen nicht mit seiner Auffassung des Ergotoxins als eines Hydrats
des Ergotinins in Einklang bringen, denn die Formel Cs Hz, N4 0;
würde einen Fehler von 2 bis 3% C und 0,7% N in unseren Analysen
der Ergotoxinsalze bedingen. Die Schlußfolgerung von Herrn Kraft,
daß „das amorphe Alkaloid jedenfalls das Hydrat des krystallisierten“
sei, zieht er scheinbar hauptsächlich aus der angeblichen Bildung von
Ergotinin durch bloßes Kochen des amorphen Alkaloids mit Alkohol.
Wir haben diesen Versuch mit aus dem krystallinischen Chlorid dar-
gestellten Ergotoxin wiederholt, leider ohne diesen wichtigen Befund
bestätigen zu können. Naturgemäß hängt der ganze Wert dieses
Versuches von der Reinheit des benutzten amorphen Alkaloids ab,
d. h. es muß ergotininfrei sein. Wir bezweifeln, ob eine Methode der
fraktionierten Fällung für die Einheitlichkeit des „Hydroergotinins“
Gewähr leistet.
Unserer Meinung nach ist also der Name „Hydroergotinin“ zu
552 G. Barger u. H. H. Dale: Mutterkornalkaloide.
verwerfen, nicht nur weil wir das amorphe Alkaloid, mit seinen
krystallinischen Salzen, zufällig einen Monat früher als Ergotoxin
beschrieben haben, sondern auch weil wir glauben, daß der Name
„Hydroergotinin* auf eine irrtümliche Auffassung der Beziehung
zwischen den Mutterkornalkaloiden gegründet ist.
Kürzlich hat der eine von uns eine Reihe physiologischer Vor-
gänge beschrieben, die durch intravenöse Einspritzung verschiedener
Mutterkornpräparate erzeugt werden. Mit der Sphacelinsäure und
dem Cornutin Kobert’s, mit dem Chrysotoxin und Secalinatoxin
Jacobj’s, und auch mit käuflichen Ergotininsalzen beobachtet man,
bei einem künstlich atmenden Tier, dessen Gehirn und verlängertes
Mark zerstört worden sind, ein starkes Steigen des Carotisdruckes
und eine Kontraktion des Uterus des Sphincter iridis, und der Harn-
blase — also eine weitausgebreitete Reizung der glatten Muskel.
Darauf folgt eine eigenartige Lähmung der motorischen Elemente im
Bauchsympathicus, während weder die inhibitorischen Elemente desselben,
noch der craniale und sacrale Teil des autonomen Systems angegriffen
werden. Als Beispiel dieser Wirkung kann man die Blutdruck-
erniedrigung anführen, die nach derartiger Mutterkornvergiftung von
Nebennierenextrakt, Nikotin oder Splanchnicusreizung, anstatt der
normalen Erhöhung bewirkt wird — ein Phänomen, das wir als
„peripherische vasomotorische Umkehrung“ bezeichnen können.
Das Auftreten dieser Wirkung mit so vielen angeblich ver-
schiedenen Präparaten deutete auf die Anwesenheit eines aktiven
Prinzipes oder vielleicht zweier eng verbundener aktiven Prinzipe in
alle denselben hin. Mittels dieser Erscheinung führten wir die
physiologische Wirksamkeit bald auf die alkaloidischen Bestandteile
zurück. Aus Präparaten wie Sphacelinsäure und Chrysotoxin wurden
stark wirksame Alkaloide ziemlich leicht erhalten, während die nicht-
basischen Rückstände nur Spuren dieser Wirksamkeit behalten hatten.
Freilich hat Jacobj selbst eine solche Trennung durchgeführt,
merkwürdigerweise ohne die Bedeutung seiner Beobachtungen zu
erkennen.
Kobert, der ein von Tanret bezogenes Originalpräparat unter-
suchte, fand das krystallinische Ergotinin ganz inaktiv. Aus einer
Untersuchung des reinen umkrystallisierten Ergotinins mittels der
oben erwähnten Blutdruck-Methode folgerten wir, daß auch in dieser
Hinsicht seine Wirksamkeit zu vernachlässigen ist. Freilich ist die
physiologische Prüfung des Ergotinins mit besonderen Schwierigkeiten
verbunden. Gelöst in einem indifferenten Mittel, wie Alkohol, fällt
das Alkaloid unmittelbar im unlöslichen Zustande aus, wenn die ein-
respritzte Lösung mit dem Blut in Berübrung kommt. Wenn man
G. Barger u. H. H. Dale: Mutterkornalkaloide. 553
dagegen chemische Lösungsmittel, wie Alkalien oder organische Säuren,
gebraucht, mit welcher das Alkaloid seinen Bestimmungsort noch im
gelösten Zustande erreichen soll, so kann man nicht, wie auch aus
Kratft’s Beobachtungen hervorgeht, die Bildung vom Ergotoxin aus-
schließen. Man kann nur sagen, daß Ergotinin, in einer solchen Lösung
eingespritzt, nur soviel Wirksamkeit entfaltet, als man der un-
vermeidlichen Verunreinigung mit Ergotoxin zuschreiben kann.
Es folgt also, daß die reinen Ergotoxinsalze die schon be-
schriebene Wirksamkeit in hohem Grade besitzen müssen. Dieses ist
wirklich der Fall. So z. B. werden durch die intravenöse Einspritzung
von 0,0005g eines Ergotoxinsalzes in eine Katze eine sehr bedeutende und
anhaltende Erhöhung des Blutdruckes, von größeren Gaben bis zu
0,002 g, eine erhebliche Kontraktion des Uterus, der Augenpupillen
und der Harnblase bewirkt. 0,001 bis 0,002 g ruft in der Katze die
oben beschriebene „peripherische vasomotorische Umkehrung“ hervor.
Wie in der früheren Mitteilung erwähnt, sind die Nagetiere gegen das
Ergotoxin viel weniger empfindlich als die Fleischfresser.
Es wurde nun auch versucht, wie weit dem Ergotoxin die
anderen Wirkungen zukommen, welche den verschiedenen Mutterkorn-
präparaten zugeschrieben worden sind. Dabei kam hauptächlich die
gangränerzeugende Wirkung der Sphacelinsäure (und des Chrysotoxins)
und die Krampfwirkung des Cornutins in Betracht. Intravenöse oder
subkutane Einspritzung von in Wasser gelösten Ergotoxinsalzen ruft
in einem Hahn!), in Gaben von 0,002 bis 0,005 g, Ataxie, Zittern,
Dyspnoe, Speichelfluß, violette Verfärbung des Kammes und flüssigen
Durchfall hervor. Nach 24 Stunden erholt sich das Tier, meist ohne
bleibende Aenderung des Kammes. Mehrere solche Gaben verursachten
auch Darmentzündung und Tod. 0,01 g in gleicher Weise auf einmal
verabreicht rufen die akuten Symptome mit größerer Heftigkeit hervor
und führen bald durch Krampfanfälle zum Tod.
Subkutane Applikation von 0,01 g des reinen Alkaloids in
Alkohol gelöst, um langsame Resorption des in den Geweben gefällten
Alkaloids zu erzielen, verursacht nur ziemlich schwache, aber länger
andauernde allgemeine Symptome. Die violette Verfärbung des Kammes
jedoch ist sehr intensiv. Nach 24—48 Stunden ist der Kamm wieder
rot, mit Ausnahme der Spitzen, die alle schwarz sind und eintrocknen.
Eine weitere Gabe von 0,02 g in Alkohol ruft eine noch länger
dauernde Intoxikation und danach ein ausgedehntes wahres Gangrän
des Kammes hervor.
1) Für diese Versuche am Hahn sind wir unserem Kollegen Herrn
Symons verpflichtet.
554 G. Barger u. H. H. Dale: Mutterkornalkaloide.
Offenbar kann das Ergotoxin sowohl das Bild der Cornutin-,
wie auch der Sphacelinsäure- Vergiftung Kobert’s erzeugen, ersteres
wenn es schnell, letzteres wenn es langsam resorbiert wird, was mit
dem größeren Ergotoxingehalt des Cornutins zusammenhängt. Die
von Kobert nach äußerst kleinen Cornutingaben am Frosch
beobachteten Krämpfe haben wir mit Ergotoxin nicht erzeugen
können; dagegen erfolgt nach einer Gabe von "/so bis !/ıo mg nur eine
vorübergehende veratrinähnliche Flexorenlähmung, nach größeren Gaben
eine allgemeine Lähmung und schließlich der Tod.
0,003 g Ergotoxin, als in Wasser gelöstes Salz, in die Ohrvene
eines Kaninchens eingespritzt, ruft Zittern, Zuckungen, Speichelfluß
und schließlich den Tod durch Erstickung hervor.
0,005 g eines Ergotoxinsalzes in die Oberschenkelmuskeln einer
Katze eingespritzt, bewirkt Erbrechen, Ataxie, Schläfrigkeit, Speichel-
fluß, Lähmung des Sphincter ani, erhebliche Pupillenkontraktion und
nach mehreren Stunden den Tod mit Lungenkongestion.
0,003 g einer trächtigen Katze in ähnlicher Weise eingespritzt,
brachte ähnliche allgemeine Symptome mit dauernder Uteruskontraktion
hervor. In derselben Nacht warf das Tier drei fast ausgetragene
tote Junge.
Ergotoxin ruft also sowohl im intakten wie auch im narkoti-
sierten oder gehirnlosen Tier eine kräftige Kontraktion des Uterus
und, im ersten Fall, später auch Abort hervor. Es ist zu bedauern,
daß Herr Kraft die therapeutische Unbrauchbarkeit des amorphen
Alkaloids aus drei_ mit seinem „Hydroergotinin“ an Nagetieren
gemachten Versuchen folgert, weil, wie schon erwähnt, die Glatt-
muskulatur dieser Tiere gegen Ergotoxin besonders unempfindlich ist.
Nichtsdestoweniger hat er in einem der drei Fälle „heftige Wehen“,
und in einem anderen schließlich doch Abort beobachtet. Ueberdies
können wir nicht mit Herrn Kraft übereinstimmen, wenn er vom
therapeutischen wirksamen Bestandteil des Mutterkorns verlangt, daß
er zu irgend welcher Periode der Schwangerschaft mit Sicherheit
Abort erzeugen soll. Freilich ist Ergotoxin, wie auch der Name
andeutet, in größeren Gaben ein Gift. Zur therapeutischen Anwendung
kommen aber nur äußerst kleine Mengen in Betracht, um Kontraktion
der Gebärmutter nach der Geburtsarbeit zu verursachen oder zu
begünstigen. Obne die Möglichkeit des Vorkommens anderer
therapeutisch anwendbarer Bestandteile des Mutterkorns zu verneinen,
glauben wir, im Ergotoxin einen Körper gefunden zu haben, der zu
diesem Zweck sehr geeignet ist.
Vielleicht möchte man im Ergotoxin nur ein gereinigtes Cornutin
sehen. Man muß aber bedenken, daß Kobert die Namen Sphacelin-
M. Scholtz: Pareiraalkaloide, 555
säure und Cornutin seinen Präparaten gab, nur weil sie nach seiner
Meinung physiologisch rein waren. Gerade in physiologischer Hinsicht
aber erinnert Ergotoxin noch stärker an die Sphacelinsäure als an
das Cornutin, sodaß wir für dieses neue chemische Individuum einen
neuen Namen wählen mußten.
Die ausführliche Beschreibung unserer Versuche, welche noch
im Gange sind, wird hoffentlich bald in einer englischen Zeitschrift
folgen. Hier beabsichtigen wir hauptsächlich einer Verwirrung vor-
zubeugen, die durch zweierlei Benennungen desselben Körpers leicht
entstehen könnte.
Mitteilung aus der pharmazeutischen Abteilung
des chemischen Instituts der Universität Greifswald.
Veber die Alkaloide der Pareirawurzel.
Von M. Scholtz.
(Eingegangen den 9. X. 1906.)
Vor mehreren Jahren!) zeigte ich, daß das aus der käuflichen
Pareirawurzel, Radix Pareirae bravae, gewonnene Bebeerin, das bis
dahin nur in amorphem Zustande bekannt war, durch Behandeln mit
Methylalkohol zur Krystallisation gebracht werden kann, daß das
krystallisierte Alkaloid aber beim Umlösen aus anderen Lösungsmitteln,
ausgenommen Aethylalkohol, wieder in den amorphen Zustand über-
geht. Das amorphe Alkaloid schmilzt unscharf bei 180°, das
krystallisierte bei 214°. Ferner läßt sich die Formel der Verbindung,
OH
CısHaı NO;, auflösen in Ce H,O <O-CH, und zwar ist die OH-Gruppe
N-CH;3
ein Phenolhydroxyl. Es wurde damals auch das Jodmethylat und
einige Oxydationsprodukte, sowie das Acetylbebeerin und das Benzoyl-
bebeerin beschrieben und gezeigt, daß bei der Destillation mit Zink-
staub Methylamin und ortho-Kresol entstehen.
1) Archiv der Pharmazie 236, 530 (1898) und 237, 199 (1899). Dort ist
auch die ältere Literatur über Bebeerin angegeben.
556 M. Scholtz: Pareiraalkaloide.
Ich habe neuerdings die Untersuchung der alkaloidartigen
Bestandteile der Pareirawurzel wieder aufgenommen und bin hierbei
einerseits von einer von Gehe & Co. bezogenen Radix Pareirae bravae,
andererseits von dem von E. Merck in den Handel gebrachten
Bebeerinum purum ausgegangen, das, wie mir die genannte Firma
mitteilte, ebenfalls aus Radix Pareirae gewonnen wird. Die Alkaloid-
masse, die man bei der Extraktion der gepulverten Pareirawurzel mit
verdünnter Schwefelsäure und Versetzen des Filtrats mit Sodalösung
erhält, besteht nur zum kleinsten Teil aus Bebeerin. Man erhält eine
braune Substanz, aus der man das Alkaloid durch längere Zeit fort-
gesetzte Extraktion mit Aether als amorphes, gelbes Pulver isolieren
kann, während die Hauptmenge als in Aether völlig unlösliche, vor-
läufig noch undefinierbare, amorphe alkaloid- aber gleichzeitig harzartige
Masse zurückbleibt. Ebenso verhält es sich mit dem käuflichen
Bebeerin. Auch dieses enthält etwa 10% durch Aetherextraktion zu
gewinnendes Bebeerin, der Rest besteht aus den eben genannten
Substanzen. Die tertiäre Natur der Base hatte ich früher durch die
glatte Addition von Jodmethyl erwiesen. Ich habe jetzt auch das
Jodbenzylat dargestellt. Wird die Lösung des Bebeerins in Chloro-
form mit der berechneten Menge Benzyljodid versetzt, so tritt nach
wenigen Minuten Trübung ein, und nach 24 Stunden hat sich eine
feste Masse ausgeschieden, die in Aether unlöslich, in Wasser sehr
wenig, in Aethyl- und Methylalkohol sehr leicht löslich ist. Beim
Verdunsten der methylalkoholischen Lösung hinterbleibt das Jodbenzylat
als schwach gelbe, krystallinische Masse, die bei 225° schmilzt.
0,1682 g Substanz gaben 0,3600 eg CO3 und 0,0860 g Hs0.
Berechnet für Cjg Hyı NOz-C7 HJ: Gefunden:
C 58,0 58,3
H 54 5,7.
Bei den Versuchen, über die Natur der bei der Aetherextraktion
zurückbleibenden alkaloidartigen Substanzen Aufklärung zu gewinnen,
gelang es nach zahlreichen erfolglosen Versuchen, die unter Anwendung
der verschiedensten Lösungsmittel angestellt wurden, schließlich durch
Extraktion mit Pyridin und Fällung der Pyridinlösung durch Methyl-
alkohol, eine gelbe, feinpulverige Base in geringer Menge zu isolieren,
die durch fortgesetzes Waschen mit Methylalkohol als nahezu weißes,
lockeres Pulver erhalten wurde. Diese Base besitzt in chemischer
Hinsicht ganz dieselben Eigenschaften, wie das Bebeerin, sie löst sich
in Säuren und Laugen, nicht aber in kohlensauren Alkalien, und wird
aus der alkalischen Lösung durch Chlorammonium wieder abgeschieden.
Sie besitzt ferner dieselbe Empfindlichkeit gegen Oxydationsmittel,
unterscheidet sich aber vom Bebeerin durch den höheren Schmelzpunkt,
M. Scholtz: Pareiraalkaloide. 557
der bei 300° liegt und durch gänzlich abweichende Löslichkeits-
verhältnisse. In den üblichen organischen Lösungsmitteln ist sie
nahezu unlöslich, nur im Pyridin löst sie sich mit Leichtigkeit auf,
um beim Verdunsten des Pyridins als harzartige Masse zurück-
zubleiben. Durch Fällung mit Methylalkohol kann sie aber, wie schon
erwähnt, aus der Pyridinlösung rein abgeschieden werden. Die Analyse
ergab, daß das neue Alkaloid in der Zusammensetzung mit dem
Bebeerin übereinstimmt:
1. 0,1975 g Substanz gaben 0,5208 g COs und 0,1238 g Ha0.
2. 0,2371 g Substanz gaben 0,6247 g COg und 0,1429 g H30.
3. 0,3186 g Substanz gaben 13,2 ccm Stickstoff bei 17° und 766 mm
4. 0,2516 g Substanz gaben 10,2 cem Stickstoff bei 17% und 767 mm
Druck.
Berechnet für Gefunden:
Cs Haı NO5: 1. 2 3. 4,
C. 32,2 71,9 71,9 _ _
H 70 7,0 6,7 _ —_
N 47 _ _ 4,9 4,8,
Zur weiteren Aufklärung der Natur der Base wurde die
Methoxyl- und die n-Methylbestimmung nach Herzig und Meyer
ausgeführt.
0.5532 g Substanz gaben 0,4306 O-AgJ und 0,4202 N-AgJ, mithin ent-
halten 100 g der Base 4,97 g an Sauerstoff gebundenes und 4,85 g an Stick-
stoff gebundenes Methyl. Der theoretische Wert für eine Methylgruppe
beträgt 5,02.
Es ergab sich also auch hier kein Unterschied gegenüber dem
Bebeerin. Welcher Natur das neue Alkaloid ist, klärte sich aber
auf, als ich das optische Drehungsvermögen der neuerdings aus Radix
Pareirae isolierten krystallisierten Base vom Schmelzpunkt 214°
prüfte. Bei der vor mehreren Jahren ausgeführten Untersuchung
hatte es sich ergeben, daß das Alkaloid stark linksdrehend ist und
zwar betrug [a]) = —298°. Die jetzt an dem neuen Präparat vor-
genommene Prüfung ergab aber eine ebenso starke Rechtsdrehung,
und zwar beträgt die Drehung, die, wie früher, in 1,6% absolut
‚alkoholischer Lösung vorgenommen wurde, im Dezimeterrohr bei
25° + 3,8°, mithin ist [a]5 = + 297°. Dieses optische Verhalten
zeigte sowohl das aus Radix Pareirae gewonnene, wie auch das aus
dem käuflichen Bebeerin isolierte Alkaloid. Ein von der früheren
Untersuchung noch vorhandenes Präparat zeigte bei einer Kontroll-
558 M. Scholtz: Pareiraalkaloide.
prüfung die früher beobachtete Linksdrehung. Im übrigen waren die
beiden Alkaloide vollständig identisch. Der Sehmelzpunkt liegt bei
beiden bei 214°, die Analyse ergab auch für die rechtsdrehende Base
die Zusammensetzung Cs Hgı NO3:
0,2034 g Substanz gaben 0,5363 g COs und 0,1306 g Hs0.
Berechnet für Cjg Hgı NOg: Gefunden:
CC 22 71,9
E.2HQUD 72
und auch in Bezug auf chemisches Verhalten und Löslichkeitsverhält-
nisse zeigten sich keine Unterschiede. Daß es sich hier nicht um
Verbindungen von verschiedener Konstitution, sondern um optische
Antipoden handelt, wurde aber sofort klar, als ich den Schmelzpunkt
des Gemisches beider Basen prüfte. Mischt man gleiche Mengen
beider innig miteinander, so liegt der Schmelzpunkt wesentlich höher,
wie der der Einzelsubstanzen, erst wenig unter 300° beginnt das
Gemisch zu erweichen, um bald darauf zu schmelzen. Dies ließ schon
die Vermutung aufkommen, daß in der oben erwähnten Base vom
Schmelzpunkt 300° die racemische Form vorliegen könnte. Das wurde
zur Gewißheit, als es durch Vermischen der Chloroformlösungen der
beiden optisch aktiven Basen gelang, eine Verbindung zu erhalten, die:
mit derjenigen vom Schmelzpunkt 300° vollständig übereinstimmt.
Löst man gleiche Mengen rechts- und linksdrehender Base in wenig
Chloroform und gießt die Lösungen zusammen, so entsteht nach
wenigen Minuten eine Trübung und bald beginnt die Ausscheidung
eines starken Niederschlages. Dieser zeigte nach dem Auswaschen
mit Methylalkohol den Schmelzpunkt 300°, und auch das Gemisch
dieses Niederschlages mit der aus Radix Pareirae isolierten Base, vom.
Schmelzpunkt 300°, schmilzt bei derselben Temperatur. Daraus folgt,
daß diese Base nichts anderes ist, wie racemisches Bebeerin. Es
ergibt sich hieraus, daß die Pflanze, sowohl die linksdrehende, wie die
rechtsdrehende Form des Alkaloids erzeugt, und daß bald die eine,
bald die andere Form überwiegt, sodaß die Wurzel neben der
racemischen Form ebensowohl rechtsdrehende, wie linksdrehende Base
enthalten kann. Aehnliches ist beim Coniin der Fall, da das käufliche
Präparat neben dem in der Regel die Hauptmenge bildenden d-Coniin
nicht selten l-Coniin enthält, das sogar überwiegen kann.!) Es wäre
noch an die Möglichkeit zu denken, daß die Racemverbindung nicht
1) Auf der Naturforscher-Versammlung in Stuttgart, wo diese Unter-
suchungen zuerst mitgeteilt wurden, machte Herr Prof. Schaer darauf auf-
merksam, daß die Abstammung der Pareirawurzel keineswegs sichergestellt
M. Scholtz: Pareiraalkaloide. 559
in der Pflanze vorhanden ist, sondern bei der Isolierung des Alkaloids
durch Racemisierung entsteht. Das könnte entweder durch den Ein-
fluß der Temperatur oder durch Chemikalien herbeigeführt werden.
Die höchste Temperatur, die bei der Isolierung der Racem-
verbindung zur Anwendung kam, ist die Siedetemperatur des Pyridins.
Ein Versuch hat indessen gezeigt, daß die aktive Form des Bebeerins
in siedendem Pyridin nicht racemisiert wird. Auch ein racemisierender
Finfluß der Chemikalien ist nicht vorhanden. Es kamen bei der
Isolierung der Alkaloide nur 5%ige Schwefelsäure und Soda zur
Anwendung, und ein Kontrollversuch mit aktivem Bebeerin zeigte,
daß es bei wiederholtem Lösen in verdünnter Schwefelsäure und Aus-
fällen durch Soda stets unverändert in aktiver Form erhalten wurde.
Der Hauptunterschied zwischen dem racemischen Bebeerin und
den aktiven Formen liegt außer im Schmelzpunkt in den ganz ver-
schiedenen Löslichkeitsverhältnissen. Die Racemverbindung ist in allen
Lösungsmitteln die schwerer lösliche. Die folgende Gegenüberstellung
zeigt die Löslichkeit in Methylalkohol, Aethylalkohol und Aether
bei 20°,
100 ccm Methylalkohol lösen 0,092 g aktives Bebeerin
400) ;, 0,024 g racemisches Bebeerin
n ”
100 „ Aethylakohol „ 0,415 g aktives Bebeerin
1007, e „ 0,023 g racemisches Bebeerin
im;, Aether „ 0,058 g aktives Bebeerin
200”",, = „ 0,000 g racemisches Bebeerin.
Am auffallendsten ist der Unterschied der Löslichkeit in Chloro-
form und Aceton, in denen sich die aktiven Basen sehr leicht lösen,
während die Racemverbindung in beiden Lösungsmitteln so gut wie
unlöslich ist.
Da schon mehrfach beobachtet worden ist, daß optische Antipoden
verschiedene physiologische Wirkungen ausüben, und da hier der
seltene Fall vorliegt, ein Alkaloid in beiden aktiven Formen und in
der Racemform zur Untersuchung gelangen zu lassen, so ersuchte ich
sei, und daß wohl die Möglichkeit vorliege, daß die zu verschiedenen Zeiten
untersuchten Wurzeln von verschiedener Herkunft sein könnten. Das ist
zweifellos möglich, doch wird die Fähigkeit ein und derselben Pflanze, beide
aktiven Formen zu produzieren, durch das Vorkommen der racemischen
Form bewiesen. Nach der mikroskopischen Untersuchung stammt die mir
von Gehe u. Co. gelieferte Wurzel zweifellos von Chondrodendron tornen-
torum. Dieselbe Wurzel findet sich in der hiesigen pharmakognostischen
Sammlung noch als von Cissampelos Pareira herrührend bezeichnet, die aber
dia falsche Wurzel liefert.
560 M. Scholtz: Pareiraalkaloide.
Herrn Privatdocenten Dr. Hildebrandt in Halle, das physiologische
Verhalten der verschiedenen Verbindungen zu prüfen. Auch das
Jodmethylat gelangte mit zur Untersuchung. Ferner war es von .
Interesse, das amorphe und das krystallisierte Bebeerin, die sich so
auffallend in ihren physikalischen Eigenschaften unterscheiden, auch
in physiologischer Hinsicht zu vergleichen. Das Resultat war, daß
die Wirkung auf das Herz bei Ueberführung der Base in eine quaternäre
Ammoniumverbindung verschwindet, wie das auch bei anderen Alkaloiden
beobachtet wurde. An Kaninchen und an weißen Mäusen ausgeführte
Untersuchungen ergaben ferner, daß die rechtsdrehende Modifikation
bei weitem stärker wirksam ist, wie die linksdrehende. Besonders
auffallend ist aber, daß auch in der Wirkung der amorphen und der
krystallisierten Base ein auffallender Unterschied besteht. So waren
0,45 g der krystallisierten Rechtsbase bei subkutaner Injektion bei
Kaninchen noch ohne Wirkung, während die amorphe Substanz in
derselben Dosis den Tod herbeiführte. Da das amorphe Produkt aus
reiner krystallisierter Base dargestellt worden war, so bleibt nur die
Möglichkeit als Erklärung, daß die krystallisierte Modifikation schwerer
zur Resorption gelangt. Ein ausführlicher Bericht über diese Unter-
suchungen wird von Herrn Dr. Hildebrandt an anderer Stelle ver-
öffentlicht werden.
2 DR" a
ns “ a 1er» ie N
2% . 2 : i
v7 Ey RER 4,9 ö - ie: SL we er
ee N y 4
> Der Erfolg des von uns hergestellten speziellen Schwefelpräparats
hat viele sogenannte Ersatzmittel hervorgerufen, welche nicht identisch
- mit unserem Präparat sind und welche obendrein unter sich verschieden
sind, wofür wir in jedem einzelnen Falle den Beweis antreten können.
Da diese angeblichen Ersatzpräparate anscheinend unter Mißbrauch
‚unserer Markenrechte auch manchmal fälschlicherweise mit
BEN. Ichthyol
oder
Ammonium suifo-ichthyolicum
-
- gekennzeichnet werden, trotzdem unter dieser Kennzeichnung nur unser
spezielles Erzeugnis, welches einzig und allein allen klinischen Versuchen.
zugrunde gelegen hat, verstanden wird, so bitten wir um gütige Mit-
teilung zwecks gerichtlicher Verfolgung, wenn irgendwo tatsächlich _
solehe Unterschiebungen stattfinden.
Ichthyol-Gesellschaft
Be; Cordes, Hermanni & Co.
HAMBURGC.
Brockhaus, Kleines Konversationslexikon.
Der vor kurzem erschienene „Kleine Brockhaus“ scheint mit seinen zwei Bänden
‚neben dem 17 bändigen „Grossen Brockhaus“ nur eine bescheidene Rolle zu spielen,
‚indessen übertrifft derselbe in Wirklichkeit das große Nachschlagewerk für die große
Masse des Volkes durch den geringen Umfang und durch den billigen Preis an Bedeutung.
Die vorliegenden beiden Bände geben ebenso wie das große, 17 bändige Werk auf jede
im praktischen Leben vorkommende Frage eine kurze, sichere Antwort und entsprechende
Belehrung, da dieselben über 80000 Stichworte enthalten, welche durch 4500 Abbildungen
und Karten unterstützt werden, wo es im Interesse der. größeren Klarheit und ds
besseren Verständnisses des Textes nötig ist. Demselben Zwecke dienen 168 Seiten
- Textheilagen, auf welchen ausführlichere Darstellungen Platz gefunden haben.
Der „Kleine Brockhaus“ ist bestrebt, einen möglichst gleichmäßigen Veberblick
_ über das gesamte Wissen und _Können der Gegenwart nach Theorie und Praxis in °
- unparteiischer Darstellung zu bieten, wobei die weiteren Wissenschaften, Technik, Handel
_ und Verkehr, sowie das moderne Leben besondere Berücksichtigung finden.
Die dem Werke beigefügten Karten sind mit der gewohnten Exaktheit ‘des
u.
- Brockhaus’schen Verlags ausgeführt; dieselben bilden in ihrer Gesamtheit einen für
‚die gewöhnlichen Bedürfnisse genügenden Atlas.
B Bei dieser Reichhaltigkeit und Vollständigkeit des Inhalts, der vortrefflichen x.
2 Ausstattung und dem sehr billigen Preise von 24 M, dürfte das Erscheinen des
„Kleinen Brockhaus“ freudig begrüßt werden und derselbe als Nachschlagewerk sich
- rasch einbürgern und unentbehrlich machen.
A%,.4
re ar
B:: ; le MEN, 4
E > Br x
a ee
COTTA- DRESDEN
empfiehlt als zuverlässigste Anaesthetica
Aether pro narcosi | „,
Chloroform. puriss, | "
Zu beziehen durch die Medizinal- Drogenhäuser.
Salieylsäure, salicylsaures Natrium, salicylsaures Wis m
Salol, Solveol, Creosotal, Duotal, Xeroform, Orphol,
Collargol, Acoin, Salocreol, Calodal,
Salit, beste Einreibung bei Rheumatosen, $ a
diskreter Ersätz d uen Salb
Unguentum Heyden, Anus. a
Novargan, „Zur Zeit bestes Mittel bei akuter Gonorrhöe“, £
völlig reizloses Silberproteinat zur lokalen Behand ng
Omorol, 5
» von Diphtherie etc., > 5
RL:
Blenal, Kohlensäureverbindung _ des Santalols, Aigen [
Injektion Hirsch, Bismut. bisalicyl., Bismut. bitannie.
Wir fabrizieren ferner Acetylsalicylsäure, in Substanz und als leicht zerfallen
Tabletten, Guajakol, Benzonaplitol, Hexamethylentetramiu, Bismut. subnitr.
Verkauf durch den Gross - Drogenhandel. :
Erklärung der
‚technischen Prüfungsmethoden :
des
Deutschen Arzneibuches IV.
Von ad
Prof. Dr. Georg Heyl, Obermedizinalrat iu Darmstadt.
Preis 60 Pf. portofrei.
Zu beziehen vom
Deutschen Apotheker - Verein, Berlin c. 2. t 3
Einliegend eine Beilage 1. der Firma Ernst Leimkugel, Cigarrenta
Versandhaus, Bremen O., Besselstr. 4 und
2. der Firma Vandenhoeck & Ruprecht, Göttinge
Druck von Denter & Nicolas, Berlin C., Neue Friedrichstr
herausgegeben |
vom
Deutschen Apotheker-Verein
unter Redaktion von
E Schmidt und H. Beckurts
‚Band 244. Heft 8.
Selbstverlag des Deutschen ae -Vereins. a
ERENOR. 90 STE
Ausgegeben den 22. Dezember 1906.
A. ee "Teher Methylenverbindungen. und einii
der m- “Dioxybenzole U RSTEREN
A. Heiduschka, Ueber das Verhalten. einiger "Stoff i tiefen Tem
-E. Rupp und M. Horn, Ueber die Titration von ‚Ferrosalzen mit
hypojodit
K. Alpers, Untersuchungen: über die Bestandteile der Blätter von
Carpinus Betulus L. . Ve PEN RETER
H. Fühner, Beitrag zur Kenntnis der Toalleipcinirerilion NEE ON
! 5 Wedekind, Beiträge zur Kenntnis des Santonins DER HERE EEG REN
cz
. MROn, Ueber das Rottlerin . ... . a. Se; 10
Eingegangene Beiträge. 8: =
C. Thomae, Ueber Keton- Ammoniakverbindangen. VERHENW BR ee
M. Greshoff, Ueber die Verteilung der Blausäure im Pflanzenreiche. Al,
‘A. Tschirch und M. Wolff, Weitere Studien über den Sandarak. si
Dieselben, Ueber das Vorkommen der Abietinsäure im Harzöl.
E. Rupp und J. Mielck, Ueber die Bestimmung superoxydischer Verbindungen
mit Alkalihypojodit.
A. Simmer, Ueber das Verhalten der Alkaloidsalze und anderer organischer s
h "Substanzen zu den Lösungsmitteln der Perforationsmethode, insbesondere
"Chloroform, sowie über Reduktionswirkungen der Alkaloide.
HE Feder, -Eine Quecksilberlösung als Reagens auf Aldehyde, insbesondere
"Formaldehyd. en
- .. H. Kunz-Krause und R. Richter, Ueber einige Te und das .
ea.e.. ... Verhalten .der Cyklogallipharsäure gegen Eisenchlorid.
HR, ®
EU (Geschlossen den 6. XIT. 1906.)
BE PFOHERENERENNFERNERRRNEREREERRE
Diese Zeitschrift erscheint in zwanglosen Heften (in er Regel
monatlich einmal) in einem jährlichen: Umfange von 40 bis |
50 Boyen, Ladenpreis für den Jahrgang .- 12,—. ie 8
wis Er, + . “
N a EL ITN,
N a ee a a I z
BR
BER OR
RT
Alle Beiträge für das „Archiv“ sind an die
Archiv- Redaktion
Herrn Geh. Reg.-Rat Professor Dr. P. Schmidt in Marburg (Hessen) (ei
oder Herrn Geh. Med.-Rat Professor Dr. H. Beckurts in Braunschweig, |x-
alle die Anzeigen u. s. w., überhaupt die Archiv VERaardne, und I&
die Mitg'iederliste betreffenden Mitteilungen an den pe
Deutschen Apotheker -Verein iR
Berlin C. 2, Neue Friedrichstr. 43
einzusenden.
Anzeigen.
ij, Seite zum Preise von M 50.—; !/, Seite zum Preise von M 30. IR Sei = zum
Preise von M 20.—; !/; Seite zunı Preise von M 10,—. Die Grundschrift ist a ät,,
Beilage-Gebühr für das Tausend der Auflage —z.: ' ""„M 10.— ur a el “ il A,
nicht dem Format des „Archiv“ entsprechen, bleibt b...
A. Luther: Methylenverbindungen der m-Dioxybenzole. 561
Aus dem pharmakologischen Institut der Universität Leipzig.
Ueber Methylenverbindungen und einige andere
Derivate der m-Dioxybenzole. LiB
Von Dr. A. Luther.
(Eingegangen den 8. X. 1906.)
Die Methylenverbindungen der Phloroglucine und des Orcins
lassen sich, wie R. Boehm!) und O. Simon?) gezeigt haben, durch
Natronlauge und Zinkstaub in homologe Phenole zerlegen; man kann
auf diesem Wege vom Phloroglucin bis zum 1-3-5-Trimethylphloro-
glucin und vom Orcin bis zum 1-2-3-Trimethylphendiol (4-6) gelangen.
Es bot einiges Interesse, nach dieser Richtung auch Methylen-
bisresorein und einzelne andere leichter zugängliche Derivate von Meta-
dioxybenzolen zu untersuchen.
Im Methylenbisresorcin wird das Brückenmethylen in o-Stellung
zu je einem Hydroxyl des Resorcinmoleküls angenommen. Unter
dieser — soweit aus der Literatur ersichtlich ist — noch nicht direkt
bewiesenen Voraussetzung ist bei der Spaltung der Verbindung neben
Resorein Kresorcin [1l-Methylphendiol (2-4-)] zu erwarten.
Es stellte sich zunächst heraus, daß Methylenbisresorein von
Natronlauge und Zinkstaub auch bei Wasserbadtemperatur wenig an-
gegriffen wird; nur durch länger fortgesetztes Kochen mit den ge-
nannten Agentien und unter reichlicher Entstehung anderweitiger Zer-
setzungsprodukte konnte es so zerlegt werden, daß ca. 20% der an-
gewandten Menge an homologen Phenolen gewonnen wurden.
Um etwa vorhandenes Kresorein zu identifizieren, war es nötig
dieses Phenol genauer kennen zu lernen. Es ist bekanntlich zuerst von
Knecht?) dargestellt; Dinitro-, Dinitrosokresorcin- und Kresorcin-
carbonsäure sind von Kostanecki‘), ein Dithioderivat von Klason°)
beschrieben.
Bei der Darstellung größerer Mengen von Kresorein ging ich
vom Paratoluidin aus und befolgte im wesentlichen die von
1) Annal. 329, 269.
2) Ibid. 329, 301.
> 8) Annal. 215, 9.
— 4, Ber. 20, 3135, 18, 3203.
2 5) Ber. 20, 355.
”{ Arch. d. Pharm. COXXXXIV. Bde. 3. Heft. 36
662 A. Luther: Methylenverbindungen der m-Dioxybenzole.
Nölting und Collin!) und von Wallach?) gegebenen Vorschriften;
das Rohphenol wurde durch Vakuumdestillation gereinigt.
In seinem Verhalten gegen Benzoylchlorid zeigte Kresorein die
Eigentümlichkeit, daß es beim Benzoylieren in Sodalösung ein gut
krystallisierendes Monobenzoat (Schmp. 115—116°) bildet, das in
Alkalilauge noch löslich ist und bei erneuter Einwirkung von Benzoyl-
chlorid in Natronlauge in das alkaliunlösliche Dibenzoat (Schmp. 83°)
übergeht.
Diacetylkresorein ist eine nicht erstarrende ölige Flüssigkeit.
(Sdp. 293—295°.)
Bei der Einwirkung von Brom, resp. Chlor im Ueberschuß, ent-
stehen aus Kresorcin als höchsthalogenierte Derivate Tetrabrom-
kresorcin (Schmp. 99—100°%) resp. Tetrachlorkresorcin
(Schmp. 69— 70°), beide in Sodalösung unlöslich. Tetrachlorkresorcin
ist durch Zinnchlorür und Salzsäure leicht zu Dichlorkresorecin
(Schmp. 78-79°) zu reduzieren. Durch vorsichtiges Bromieren in
Chloroform erhält man ein Dibromid (Schmp. 86--87°).
Durch Digestion der alkoholischen Lösung mit 2% Mol.
Diazoamidobenzol entsteht Kresorcindisazobenzol (Schmp. 211°).
In dem aus Methylenbisresorein erhaltenen Phenolgemenge war
Resorein leicht nachzuweisen; die Identifizierung des zweiten Phenols
als Kresorcin [-1- Methylphendiol (2-4)] gelang nur mit Hilfe der
Dinitroverbindungen beider Phenole. Nachdem von Fitz?) für Resorein
angegebenen Verfahren verwandelte ich das Phenolgemenge in die
Dinitrosoverbindungen und oxydierte letztere in Aethersuspension
durch Schütteln mit Salpetersäure vom spez. Gew. 1,3. Die beiden
Nitroprodukte sind durch ihre verschiedene Löslichkeit in Wasser
leicht von einander zu trennen, zuerst schied sich aus der Lösung
Dinitroresorcin (Schmp. 142°) ab, dann Dinitrokresorecin in
feinen Nadeln (Schmp. 90°). Die Produkte wurden durch die Elementar-
analyse identifiziert.
Aus Kresorein erhält man mit Formaldehyd leicht und fast
quantitativ Methylenbiskresorcin (Schmp. 195—200°, unter
Zersetzung), meistens mikrokristallinisch, zuweilen auch in Form
größerer Prismen. Bei der Spaltung mit Natronlauge und Zinkstaub
zerfällt es in Xylorcin [1-3-Dimethylphendiol (4-6)] (Schmp. 124
bis 1250) und Kresorcin. Methylen tritt also auch bei der Kor.densation
von Kresorein mit Formaldehyd in O-Stellung zu je einem Hydroxyl
in beiden Molekülen.
1) Ber. 17, 263.
2) Annal. 234, 3.
8) Ber. 8, 631.
A."Luther:”* Methylenverbindungen der m-Dioxybenzole. 563
Xylorein wurde zwecks Identifizierung nach dem Verfahren von
Pfaff!) synthetisch dargestellt. Neu wurde bei dieser Gelegenheit
beobachtet, daß das Phenol aus wässerigen Lösungen, je nach deren
Konzentration wasserfrei in derben polygonalen Platten, oder mit
1 Mol. H,O in großen langen Prismen auskrystallisiert. Mit Eisen-
chlorid färbt sich die wässerige Lösung rasch vorübergehend blau.
Xylorcindibenzoat, farblose Prismen, schmilzt bei 155°.
Bei der Einwirkung von Brom in Chloroform entstand ein Monobrom-
derivat (Schmp. 119—120). Mit Diazoamidobenzol kuppelt Xylorcin
nicht.
Das mit Hilfe von Formaldehyd in quantitativer Ausbeute er-
hältliche Methylenbisxylorcin krystallisiert aus verdünntem Alkohol
gut in sechsseitigen Tafeln mit 1 Mol. Krystallwasser. Wasserfrei
schmilzt es bei 251°. Durch Natronlauge und Zinkstaub wird diese
Methylenverbindung auch in der Kochhitze nicht angegriffen; ihre
Konstitution läßt sich also auf diesem Wege nicht ermitteln. Einen
Fingerzeig bietet aber in dieser Beziehung, daß Methylenbisxylorein
mit Diazoamidobenzol kuppelt. Das Brückenmethylen könnte in der
Verbindung die Stelle zwischen zwei Kernmethylen oder zwei Hydro-
xylen einnehmen; im ersteren Falle wären zwei Methine in o-Stellung,
im letzteren in m-Stellung zu Hydroxyl frei; da nach der bisherigen
Erfahrung der Eintritt des Azorestes in m-Stellung zu Hydroxyl
höchst unwahrscheinlich ist, wird wohl die erstere Konstitution zu-
treffend sein. Das bei der Spaltung dieser Verbindung theoretisch zu
erwartende 1-2-3-Trimetbylphendiol (4-6) ist von ©. Simon (l. c.)
aus Methylenbisorcin dargestellt worden. Ich konute konstatieren,
daß es in sehr guter Ausbeute mit Formaldehyd die entsprechende
Methylenverbindung liefert, daß aber auch diese von Natronlauge und
Zinkstaub nicht mehr angegriffen wird, somit die Darstellung von
Tetramethylphendiol auf diesem Wege nicht möglich ist.
Experimenteller Teil.
Trennung der Phenole nach der Spaltung des Methylenbisresorein.
Die auf 0° abgekühlte Lösung von 10 g des Phenolgemenges in
500 g Wasser wurde mit 12 g Essigsäure und hierauf einer konzen-
trierten Lösung von 14 g Natriumnitrit versetzt, das Gemisch nach
'% Stunde in 100 g verdünnter Schwefelsäure gegossen un& der hierbei
entstandene Niederschlag nach einer Stunde abfiltriert. Die Dinitroso-
produkte oxydiert man, ohne weitere vorherige Reinigung, nach dem
Trocknen, indem man die fein zerriebenen, in Aether suspendierten
1) Ber. 16, 1138.
36*
564 A. Luther: Methylenverbindungen der m-Dioxybenzole.
Krystalle durch Schütteln mit Salpetersäure (spez. Gew. 1,3) im
Scheidetrichter in Lösung bringt; den Aether wäscht man zweimal
mit Wasser und läßt ihn dann abdunsten; die so erhaltenen Dinitro-
phenole trennt man durch fraktionierte Krystallisation aus Wasser;
Dinitrokresorcin bleibt als das leichter lösliche in der Mutterlauge,
und krystallisiert schließlick in feinen langen Nadeln, die sich leicht
von den zuerst abgeschiedenen gelben Blättchen des Dinitroresoreins
unterscheiden lassen.
Dinitrokresorcin. Schmp. 90°.
1. 0,1108 g gaben bei 20° und 752 mm 13,05 ccm Stickgas, entsprechend
0,01477 N.
2. 0,0979 g gaben bei 20% und 752 mm 11,57 ccm Stickgas, entsprechend
0,01309 N.
3. 0,1434 g gaben 0,2057 .COs und 0,0398 Hs0.
Berechnet für Gefunden:
C7Hs Na Os: 1) 2. 3.
C.:39,25 — _ 39,08
H 2,80 _ _ 3,10
N 13,08 13,33 13,37 .
Dinitroresorein. Schmp. 142°,
1. 0,1656 g gaben 0,2163 COg und 0,0337 Hg0.
2. 0,1224 g gaben bei 16° und 754 mm 18,08 ccm Stickgas, entsprechend
0,0174 N.
Berechnet für Gefunden:
Cs H, Na 07 ’ Ir: ie, 2.
C 36,00 35,62 —
H 2,00 2,29 _
N 14,00 — 14,25.
Dibromkresorein (Schmp. 86—87°) C,H, Br30,. Ein Mol.
in Chloroform suspendiertes Kresorcin wird successive mit 3 Mol.
Brom versetzt. Der nach dem Abdunsten verbleibende Rückstand
wird durch Abpressen zwischen Fließpapier und Umkrystallisieren
aus heißem Wasser gereinigt. Lange weiße Nadeln, leicht löslich in
Alkohol und heißem Wasser. Ausbeute ca. 90 %.
1. 0,1869 g gaben 0,2501 AgBr, entsprechend 0,1064 Br.
2. 0,1975 g gaben 0,2635 AgBr, entsprechend 0,1121 Br.
3. 0,3200 g gaben 0,3533 COg und 0,0680 Hs0.
Berechnet für Gefunden:
Cr Ag Bra 0g: I. 2. 3.
C 29,83 _ _ 30,10
E. 2213 _ _ 2,50
Br 57,09 56,93 56,76 =
A. Luther: Methylenverbindungen der m-Dioxybenzole. 565
Tetrabromkresorein (Schmp. 99—100°) C7H,Br,02. 2,08
Kresorein in 20 T. Wasser gelöst, werden nach und nach einer
Mischung von 14 g Brom und 400 g Wasser unter kräftigem Um-
schütteln zugegeben. Das Reaktionsprodukt abgesaugt, getrocknet,
einmal aus Schwefelkohlenstoff, dann zweimal aus Ligroin um-
krystallisiert. Rhombische Tafeln, leicht löslich in Alkohol, unlöslich
in Sodalösung, aus Jodkaliumlösung Jod abscheidend; in Natronlauge
unter Auftreten von Bromoformgeruch und Zersetzung löslich.
1. 0,2053 g gaben 0,3483 AgBr.
2. 0,2095 g gaben 0,3560 AgBr.
3. 0,5170 g gaben 0,3619 COs und 0,0509 Ha0.
4. 0,5000 g gaben 0,3504 CO, und 0,0443 H30.
Berechnet für Gefunden:
C, H,Bry, 0a: 1. 2. 3. 4
C 1954 _ _ 19,08 19,10
HB 090 —_ _ 1,1 0,98
Br 72,72 72,18 72,30 _ —_
Tetrachlorkresorein (Schmp. 69—70°) C-H,C],05. Man
übergießt 1 T. Kresorein mit der 6fachen Menge alkoholfreien
Chloroforms und leitet unter Kühlung trockenes Chlorgas ein,
(Kresorein geht allmälich in Lösung) bis Chlor im Ueberschuß vorhanden
ist. Das Tetrachlorderivat scheidet sich teils schon von selbst in
großen Krystallen aus der Lösung ab, der Rest wird durch Ver-
dunstenlassen des Chloroforms erhalten. Nach dem Umkrystallisieren
aus Schwefelkohlenstoff und dann aus Ligroin rhombische Tafeln, leicht
löslich in Alkohol und Aether, unlöslich in Sodalösung. Ausbeute
70% der Theorie.
1. 0,3459 g gaben 0,4083 COs und 0,0492 H30.
2. 0,3451 g gaben 0,4034 CO, und 0,0349 Ha0.
3. 0,1332 g gaben 0,2919 AgCıl.
4. 0,1242 g gaben 0,2709 AgQl.
Berechnet für Gefunden:
C, Hs Cla Og: L 2. 3 4,
C 32,08 32,18 32,15 = —
a: 7885 1,59 1,14 -- --
Cl 54,16 _ _ 54,19 53,94.
Dichlorkresorcin (Schmp. 78—79°) C;H,C1s03. Tetra-
chlorkresorcin wird mit Zinnchlorür und Salzsäure gekocht; nach dem
Erkalten scheidet sich Dichlorkresorcin in feinen Nadeln sehr voluminös
ab; die getrockneten Krystalle werden aus Ligroin umkrystallisiert,
1. 0,1511 g gaben 0,2218 AgCI.
2. 0,1422 g gaben 0,2093 AgCl.
3. 0,1854 g’gaben 0,2938 CO, und 0,0585 Hs; 0.
566 A. Luther: Metbyleuverbindungen der m-Dioxybenzole.
Berechnet für Gefunden:
C7 HgCla0s: 1. 2; 3;
C..43,54 _ _ 43,21
H_311 ik 2% 3,53
C! 36,85 36,31 36,39 2
Monobenzoylkresorein (Schmp. 115—116°) C,4Hıa0;. Die
Lösung von 1,2 g Kresorcin in 20 % Sodalösung wurde mit 2g Benzoyl-
chlorid geschüttelt; die dabei abgeschiedene zähe Masse erhärtete
unter Wasser und wurde nach dem Trocknen über Schwefelsäure aus
Ligroin umkrystallisiert; farblose Tafeln, leicht löslich in Alkohol
und Aether, langsam löslich in Natronlauge.
1. 0,1793 g gaben 0,4822 CO, und 0,0817 H,O.
2. 0,1734 g gaben 0,4978 COsa und 0,0788 H30.
Berechnet für Gefunden:
Cu Hya O3: 1 2.
C 73,68 =! 73,56
HH 926 5,09 5,08.
Dibenzoylkresorcein (Schmp. 83°) Ca} Hıs 04. Kresorein,
in 15% Natronlauge gelöst, wurde mit überschüssigem Benzoyl-
chlorid geschüttelt; das alkaliunlösliche unter Wasser erhärtete und
hierauf getrocknete Reaktionsprodukt aus Petroläther umkrystallisiert;
farblose Platten.
1. 0,1800 g gaben 0,4980 CO, und 0,0760 Ha0.
2. 0,1830 g gaben 0,5078 CO, und 0,0807 Hs0.
Berechnet für Gefunden:
Ca Hıs 0: 1: 2.
C 75,90 75,14 75,66
H 485 4,72 4,90.
Diacetylkresorcin (Sdp. 293—295°%) CuHn»0. 1 T.
Kresorein wird mit8T. Essigsäureanhydrid unter Rückfluß 1 Stunde lang
gekocht; das Acetylprodukt durch Vakuumdestillation gereinigt; wasser-
helle ölige Flüssigkeit, die in einem Kältegemisch nicht krystallinisch
erstarrte.
1. 0,1525 g gaben 0,3535 CO, und 0,0839 Hz.
2. 0,1424 g gaben 0,3297 CO, und 0,0767 Ha0.
Berechnet für Gefunden:
Cu Ha 0:4: ar 2.
C 63,46 63,21 63,14
H. 5,76 6,15 6,02.
Kresoreindisazobenzol (Schmp. 211—212°%) CjsHısN4 Os.
Die alkoholische Lösung von 1 Mol. Kresorein wird mit derjenigen
von 2% Mol. Diazoamidobenzol % Stunde auf dem Wasserbade digiriert,
das als voluminöser roter Niederschlag abgeschiedene Azoprodukt nach
A. Luther: Methylenverbindungen der m-Dioxybenzole. 567
dem Absaugen in Chloroform gelöst und daraus durch Petroläther in
Form scharlachroter Nadeln abgeschieden.
1. 0,0838 g gaben bei 110 und 750 mm 12,1 ccm Stickgas, entsprechend
0,0142 N. &
2. 0,0905 g gaben bei 110 und 750 mm 12,58 ccm Stickgas, entsprechend
0,0148 N,
3. 0,1200 g gaben 0,3011 COg und 0,0550 Hg0.
Berechnet für Gefunden:
Cp His N; Og B l. 2. 3.
C 68,67 _ _ 68,41
H 48 _ _ 5,11
N 16,86 16,87 16,36 _
Spaltung des Methylenbiskresorcin mit Natronlauge und
Zinkstaub. Das bei der Spaltung entstandene Phenolgemenge, gewonnen
durch Ausschütteln des mit Soda alkalisch gemachten Filtrats der
mit verdünnter Schwefelsäure neutralisierten Reaktionsflüssigkeit, ließ
sich bequem durch fraktionierte Krystallisation aus heißem Benzol in
Xylorein und Kresorcin trennen. Aus der heißen Benzollösung schied
sich ersteres in Form dünner farbloser Blättchen ab, die nach dem
Umkrystallisieren bei 124—125° schmolzen.
1. 0,1331 g gaben 0,3403 COsa und 0,0886 H30.
2. 0,1271 g gaben 0,3252 COg und 0,0832 Hz0.
Berechnet für Gefunden:
Ca Hyo Os: hr 2.
C 69,56 69,71 69,77
H 724 7,44 132.
Dibenzoylxylorein (Schmp. 154—155°) CaaHıs 04, in der
üblichen Weise hergestellte farblose Prismen, unlöslich in Natronlauge.
0,1555 g gaben 0,4340 CO, und 0,0773 Ha0.
Berechnet für C9Hjg 04: Gefunden:
C 76,30 76,11
H 520 _ 5,56,
Synthetisch (nach Pfaff) dargestelltes Xylorcin schmolz bei
124—125°; aus Wasser krystallisierte es mit 1 Mol. HsO.
1. 0,2019 g verloren 0,0233 Hz0 bei 100°,
2. 0,2145 g verloren 0,0240 HsO bei 100°,
Berechnet für Gefunden:
CgH;00a E= Hs0: 15 2.
Hs0 11,39 11,54 11,21.
Das aus dem synthetisch dargestellten Xylorein gewonnene
Dibenzoat zeigte die gleichen Eigenschaften wie das oben beschriebene.
(Schmp. 155°.)
568 A. Luther: Methylenverbindungen der m-Dioxybenzole.
Methylenbisxylorcin (Schmp. 251°) Cr H200;. 1 g Xylorein,
ca. 60 g Schwefelsäure von 24% gelöst, mit 3,3 g Formaldehyd
(käuflich) versetzt; nach 6 Stunden die abgeschiedenen Krystalle -
abgesaugt und aus verdünntem Alkohol umkrystallisiert: sechseckige
Tafeln, leicht löslich in Alkohol und Aether.
1. 0,1424 g verloren bei 100° 0,0089 H30.
2. 0,1429 g verloren bei 100° 0,0092 Hs0.
Berechnet für Gefunden:
Cız Ho ori + H50: 1: 2.
Hs0 5,88 5,75 6,4.
Bei der Analyse der krystallwasserfreien Substanz gaben:
1. 0,1335 g 0,3466 CO, und 0,0876 H30.
2. 0,1337 g 0,3467 COa und 0,0846 H30.
Berechnet für Gefunden:
Cy Ho %: ir 2.
C 70,83 70,79 70,71
1, 7,26 7,06.
Monobromxylorein (Schmp. 119—120°%) CsH,BrO5. In
Chloroform verteiltes Xylorcin wird mit Brom in Chloroformlösung
versetzt, der nach dem Verdunsten des liösungsmittels bleibende
Rückstand zwischen Filtrierpapier abgepreßt und nach dem Trocknen
aus Petroläther umkrystallisiert: feine Nadeln.
1. 0,1621 g gaben 0,1398 AgBr.
2. 0,1421 g gaben 0,1216 AgBr.
3. 0,2189 g gaben 0,3553 CO, und 0,0792 Hg0.
Berechnet für Gefunden:
CsHgBr Os: 1. 2. 3:
C 44,24 — _ 44,26
H 4,15 —_ _ 4,49
Br 36,86 36,69 36,41 _
Methylen-bis-trimethylphendiol (Schmp. 228%). Aus
1 g des 1-2-3-Trimethylphendiol (4-6) (Schmp. 163—164°) mittels
Formaldehyd und 1lOprozentiger Schwefelsäure hergestellt, und durch
Ausfällen der alkoholischen Lösung mit Wasser gereinigt: farblose
Nadein.
0,1074 g gaben 0,2848 COs und 0,0724 Ha0.
Berechnet für Cjg Hy 0;: Gefunden:
C 72,12 72,31
H 7,59 7,54.
A. Heiduschka: Einflaß tiefer Temperatur, 569
Mitteilung aus dem Laboratorium für angewandte Chemie
an der K. Universität München.
Ueber das Verhalten einiger Stoffe bei tiefen
Temperaturen.
Von A. Heiduschka.
(Eingegangen den 12. X. 1906.)
Anläßlich von Konstitutionsaufklärungen kam ich in die Lage,
bei einer Reihe von Farbstoffen und anderen Körpern den Einfluß
tiefer Temperaturen beobachten zu können. Da es mir in der nächsten
Zeit nicht möglich sein wird, diese Versuche weiter fortzusetzen, so
möchte ich wenigstens in Kürze die gemachten Beobachtungen mitteilen.
Schmidtlin!) veröffentlichte 1904 eine Arbeit über die Ein-
wirkung tiefer Temperaturen auf die Farbstoffe und verwandte zu
seinen Versuchen die flüssige Luft. Ebenso setzte E. L. Nichols?)
eine große Reihe von chemischen Individuen dem Temperatureinfluß
der flüssigen Luft aus. Er stellte nun unter anderem eine Liste
derjenigen Körper auf, die bei —186° nicht flucrescieren, in
dieser Liste befindet sich auch der Indigo. Kühlt man nämlich den
Indigo in Substanz auf —186° ab, so tritt nicht die geringste
Veränderung ein, ebensowenig verändern sich Lösungen des Indigos
in Nitrobenzol oder Chloroform bei niederen Temperaturen. Nimmt
man aber dagegen die nach Fresenius?) hergestellte Indigolösung,
also Indigblauschwefelsäure, und verdünnt diese stark mit absolutem
Alkohol und läßt sie durch flüssige Luft abkühlen, so tritt eine rot-
braune Fluorescenz auf.
Thioindigorot®) B in Teig, von der Firma Kalle & Co., das
sich in geringer Menge in Alkohol löst, zeigt in dieser Lösung bei
der Abkühlung eine schwache gelbliche Fluorescenz.
Von einigen Schwefelfarbstoffen, deren konzentrierte wässerige,
mittels Schwefelnatrium hergestellte Lösungen sich mit Alkohol
mischen lassen, wurden diese stark verdünnten alkoholischen Lösungen
mit flüssiger Luft auf niedere Temperatur gebracht, und zwar zeigte
1) C. r. d. P’Acad. des Sciences 139, 731—32.
2) Jahrbuch d. Radioaktiv. u. Elektronik II, Nichols u. Meritt,
Phys. Rev. 18, 355.
8) Fresenius, Qualitat. Analyse.
4) Ztschr. f. Farbenindustrie 5, 185—88, Berl. Ber. 39, 1060-66.
570 A. Heiduschka: Einfluß tiefer Temperatur.
Thiogengelb GG Höchst eine schwache grünliche Fluorescenz,
Thiogenblau B Höchst, das sich mit rötlichblauer Farbe löste,
verlor das Rotstichige vollkommen und verwandelte sich in ein schönes
grünstichiges Blau, ebenso verhielt sich Immedialindogen GCL conc.
Cas. Bei Schwefelgelb R extra Berlin ließ sich eine Veränderung
nicht bemerken.
Die alkoholischen Lösungen von den Azofarbstoffen Chrysoidin,
Bismarckbraun, Biebricher Scharlach zeigten bei der Temperatur der
flüssigen Luft keine Veränderung.
Chinolingelb blieb ebenfalls unverändert.
Aurin und Pikrinsäure in alkoholischer Lösung nahmen an
Intensität bei der Abkühlung bedeutend ab. Pikrirsäure in Substanz
wurde in flüssiger Luft nahezu weiß. Diese Beobachtungen in Bezug
auf die Pikrinsäure sind ähnlicher Natur, als die schon von
G. v. Georgievics!) gemachten. Er stellte nämlich fest, daß die
Intensität der wässerigen Pikrinsäurelösung beim Erhitzen stärker
wird, und Pikrinsäure in Substanz beim Liegen an der Luft eine
dunklere Farbe annimmt.
Eine alkoholische Jodeosinlösung wird in der Kälte gelb.
Nach J. Formanek) zeigt kein Körper Fluorescenz, sobald er
in Anilin gelöst ist. Um nun den Einfluß des Anilins auf bei niederen
Temperaturen fluorescierende, alkoholische Lösungen zu prüfen, wurde
einer solchen Lösung von Methylviolett BB (chem. rein) Höchst nach
und nach bis zu 50% Anilin zugesetzt, doch konnte eine Abnahme
der Fluorescenz nicht konstatiert werden. Die Lösung des Farbstoffes
im reinen Anilin fluorescierte auch in der Kälte nicht.
Gertrud Woker?) führt in ihrer Arbeit: „Ueber die Theorie
der Fluorescenz“ an, daß fluorescierende Lösungen ihr Fluorescenz-
vermögen einbüßen, wenn ihnen ein Farbstoff zugesetzt wir. Um nun
zu sehen, wie sich eine fluorescierende Farbstofflösung auf Zusatz
einer nicht fluorescierenden Farbstofflösung verhält, wurde eine
stark verdünnte alkoholische Lösung von Methylenviolett RRA
Höchst, die schon bei gewöhnlicher Temperatur fluoresciert, nach und
nach mit einer alkoholischen Chrysoidinlösung versetzt, die Fluorescenz
nahm mehr und mehr ab, bis sie mit dem Auge nicht mehr bemerkbar
war, beim Abkühlen mit flüssiger Luft zeigte sie sich jedoch deutlich
wieder, wenn auch in abgeschwächtem Maße.
Von anorganischer Farbstoffen blieben die Ultramarine (blau, rot,
grün, gelb, violett), Berliner Blau, Turnbull’s Blau, Thenard’s Blau,
1) Berl. Berichte 1906, 1536.
%) Ztschr. f. Farbenindustrie 5, 142—46 und 164—69.
8) The Journ. of Physical. Chem. 10, 370—91.
E. Rupp u. M. Horn: Titration von Ferrosalzer. byi
Cadmiumsulfid, Kupferkarbonat vollständig unverändert, dagegen ver-
wandelte sich das an sich gelbstichige Schweinfurter Grün in ein
schönes blaustichiges Grün.
Außer diesen Farbstoffen wurden noch einige kolloidale Lösungen
der Temperatur der flüssigen Luft ausgesetzt, und zwar wurden
einige Versuche, die N. N. Ljubavin') schon bei —19° bezügl. —20°
ausgeführt hat, wiederholt. Er stellte fest, daß kolloidale Lösungen
von Eisenoxyd, welche durch Dialyse von basischem Eisenchlorid
erhalten werden, beim Gefrieren nicht in allen Fällen, selbst nicht bei
—19°, ferner das Hühnereiweiß nicht bei —20° koaguliert, und daß
auch Milch beim Gefrieren und nachherigen Auftauen keinen Nieder-
schlag ausscheidet. Es zeigte sich, daß diese Versuche, auch bei
— 186° ausgeführt, dasselbe Resultat gaben. Weder war das Eisen-
oxyd noch das Eiweiß koaguliert, noch hatte die Milch sich verändert.
Zu diesem Versuche wurde der Liquor Feerri oxydati dialysati genommen,
wie er gewöhnlich für pharmazeutischen Gebrauch hergestellt wird.
Liquor Aluminii acet. und eine l%ige Protargollösung wurden auch
nach dem Abkühlen auf —186° wieder vollständig klar.
Zum Schluß seien noch die Veränderungen zweier Stoffe in der
Kälte, die bei diesen Versuchen zufällig beobachtet wurden, erwähnt.
Eine Lösung von Ferricyankalium wird beim Abkühlen mit flüssiger
Luft hellgelb, und die schön zitronengelben Krystalle von Jodblei
ändern ihre Farbe in ein fahles Gelb um.
Mitteilung aus dem pharmazeutisch-chemischen Institut
der Universität Marburg.
201. Ueber die Titration von Ferrosalzen mit
Alkalihypojodit.
Von E. Rupp und M. Horn.
(Eingegangen den 16. X. 1906.)
In den Berichten der deutschen chemischen Gesellschaft?) beschrieb
der eine von uns eine Titrationsmethode für Ferrosalze auf jodo-
metrischer Grundlage. Das Verfahren war folgendes: Die Ferrosalz-
lösung wird mit einem Ueberschusse von natriumkaliumtartrathaltiger
1) Journ. d. russ. phys. chem. Ges. 21, 1, 397—407, 1889, Ref, Ztschr.
f, Chem. u. Industrie der Kolloide 1906, 2, 53,
2) Berl. Ber. 36, 164.
572 E. Rupp u M. Horn: Titration von Ferrosalzen.
»/jo Jodlösung in Reaktion versetzt und nach erfolgter Oxydation der
Jodrest mit Thiosulfat zurückgenommen. Die Reaktionsdauer war
dabei auf drei Stunden zu bemessen, ebenso wie bei dem Verfahren
von Topf!) in Natriumacetatlösung.
Wir haben nun gefunden, daß mit Anwendung von Aetzalkali
an Stelle von Seignettesalz als jodwasserstoffbindendem Agens, also
mit einer ex tempore bereiteten Alkalihypojoditlösung die Oxydations-
geschwindigkeit sich in solchem Grade steigern läßt, daß die Ueber-
führung des Ferroions in die Ferriform momentan abläuft. Die
Bestimmung erfordert so nicht viel mehr Zeit als die Permanganat-
methode und wird nicht wie diese durch Chlorionen störend beeinflußt.
Als Untersuchungsmaterial diente eine schwach saure Ferro-
sulfatlösung, welche mittels Permanganat bestimmt 12,942 g Fe’ im
Liter enthielt.
Entsprechend bemessene Volumina dieser Lösung wurden zu
einem Ueberschuß von "/ı, Jodlösung gegeben, und hierauf unter Um-
schwenken mit Normallauge alkalisch gemacht. Das Ferrosalz schied
sich alsbald in Form von Ferrihydroxyd ab.
Es vollziehen sich die Prozesse:
Js + 2Na0H = NaJO + NaJ + 0
Fe" + 2Na0H = Fe(OH) + 2Na”
2Fe(OH)s + NaJO + H30 = 2Fe(OH); + NaJ.
Es entsprechen also:
2Fe" = 1NaJO = 2J
ER
5,588 g Fe = 1/0J 1000 ccm »/jo Jod
0,005588 g Fe — 1 cem Aıo Jod.
Um nun den Ueberschuß von Hypojodit bezw. Jod zurück-
zubestimmen, ist ersteres durch Säuerung zu zerstören,
NaJO + NaJ +2H = 2J +2Na' + Hy0.
Es konnten hierfür nur schwach dissoziierte Säuren in Betracht
kommen, deren Wasserstoffionenkonzentration wohl hinreicht das
Hypojodit zu zersetzen, ohne jedoch eine Umkehrung der Gleich-
gewichtsreaktion
Fr + IR Fer +
herbeizuführen bezw. ohne eine Wiederreduktion von Ferrisalz durch
Jodwasserstoff (aus KJ von "Jo J) einzuleiten. Als dem genügend
erwiesen sich Essigsäure und Oxalsäure.
Dieselben vermögen überschüssiges Hypojodit quantitativ zu
zersetzen und führen das Ferrihydroxyd in Lösung, so daß das klare
1) Zeitschr. f. analyt. Chem. 26, 300. °
E. Rupp u. M. Horn: Titration von Ferrosalzen. 573
Gemisch schließlich ohne Schwierigkeit mit Thiosulfat nebst Stärke-
lösung als Indikator titrierbar ist. Die Resultate sind sehr scharfe
und schwanken die Titrationswerte nur innerhalb weniger Hundertstel-
Kubikzentimeter.
Die angestellten Versuche waren die folgenden:
25 ccm "io Jod wurden mit etwas Wasser in eine Stöpselflasche
gespült, hierzu 5 ccm obiger Ferrosulfatlösung und zuletzt unter Um-
schwenken 10 ccm Normallauge gefügt, eine Menge, die ausreicht um
alles Jod zu entfärben und deutliche alkalische Reaktionen hervor-
zubringen. Nach einigen’Minuten Stehens wurde mit verschieden groß
pemessenen Mengen Essigsäure bezw. Oxalsäure angesäuert, nach
5—10 Minuten mit ca. 50 ccm Wasser verdünnt und das ausgeschiedene
Jod zurückgemessen:
2/jo Jodverbrauch.
Säuerungsmittel Säuerungsdauer | Berechnet
11,57 ccm = 100%
10 cem Eisessig 5 Minuten 11,55 cem
10 „ u BL 5 11.hL: =
2 4 gap 1152 .
30, 3 BUT IE5% ",
ı01,, 5 zu eh 11,52°°,
1070, “ run 11,54 „
ur‘: 5 8310, 11,55 „
20 „ B Don 11,56 „
20 5 * 10.7155 11,58 „
20 „ a Wı.n % 11,57 5
2 g Oxalsäure Du 11,53
2 - AR 11,52 „
2, ü ung 11,56: „
y „zanıay 10 71985 11,54 „
b, P- Di 11,58 „
5, Y Silorig 11,59 „
b,„ 5 403 ./°5 11,56 „
je we Ir —= 11,65,
Der Tabelle entsprechend ist eine kräftige Säuerung empfehlens-
wert. Ferner bemesse man die Säuerungsdauer auf mindestens
5 Minuten, da die Hypojoditzerlegung durch schwache Säuren eine
Zeitreaktion darstellt.
Die essigsauren Proben erscheinen nach der Titration hell-
rotbraun, die mit Oxalsäure versetzten blaßgrün. In letzterem Falle
ist naturgemäß der Indikatorumschlag mit größerer Schärfe erkennbar.
In einer weiteren Versuchsreihe wurden unter sonst den obigen
gleichenden Verhältnissen die Alkalimengen variiert. Die Konstanz
574 E. Rupp u. M. Horn: Titration von Ferrosalzen.
der Resultate blieb dabei durchaus erhalten, besondere Vorsichts-
maßregeln sind hierbei also nicht von nöten.
Angewandte Säuerungsmittel n/o Jodverbrauch.
N-KOH-Menge mit 10 Min. Wartezeit Berechnet 11,57 ccm
5 ccm 5 ccm Eisessig 11,54 ccm
D-®= 2 g Oxalsäure 11,93” 5
10, 10 cem Eisessig 11,56 „
1 3 g Oxalsäure 11,58 „
20 „ 20 cem Eisessig ° 11,56 „
20 „ 5 g Oxalsäure 5155
Die Arbeitsvorschrift lautet somit in Zusammenfassung wie folgt:
Eine abgemessene Menge der neutralen oder mäßig sauren Eisensalz-
lösung- verbringt man zu einem reichlich bemessenen Volumen von
”/o Jodlösung, spült mit Wasser nach und gibt schließlich unter Um-
schwenken soviel ca. normale, bezw. 5%ige Kali- oder Natronlauge zu,
daß die Mischung deutlich alkalisch reagiert, d. h. etwa !/; des an-
gewandten ”/;o Jod-Volums. Nach einigen Minuten säuert man mit
Essigsäure oder Oxalsäure gut an und verwende hierzu etwa ein
ebensogroßes Volumen Eisessig oder entsprechend viel verdünnte Essig-
säure als N.-Lauge angewandt worden. war. An ÖOxalsäure, welche
vorzuziehen ist, genügt die halbe Grammmenge. Nach 5—10 Minuten
Wartens wird mit Wasser auf ca. 100 ccın verdünnt und mit "/o Thio-
sulfat nebst Stärkelösung austitriert. Es darf nicht. sofort Wieder-
bläuung auftreten, andernfalls läßt man noch 1—2 Tropfen Thiosulfat
nachfließen. Die Reihenfolge der Reagentienzusätze ist genau einzuhalten.
1 cem ”/j0 Jod = 0,005588 g Fe’.
Bei Gegenwart von Ferriionen wird die Bestimmung in ganz
derselben Weise ausgeführt.
Zur Bestimmung von Gemischen aus Ferro- und Ferrisalzen
wäre das Ferroion wie oben zu bestimmen, und in einem weiteren
Lösungsanteile, wie früher angegeben!), das Gesamteisen nach Duflos-
Mohr mit mineralsaurer Jodkaliumlösung zur ermitteln. Es entfällt
alsdann der Differenz-Jodwert auf Ferrisalz. Nicht angängig ist der
Versuch, die austitrierten Proben der Fe"-Bestimmung etwa mineral-
sauer zu machen und nunmehr das Gesamteisen aus der dabei ent-
bundenen Jodmenge Er a
zu berechnen. Oxalat- und Acetationen verhindern eine quantitative
Reduktion.
1) Ber). Bar. 36, 164.
K. Alp’ers:] Carpinus! Betulus‘ L. 575
Endlich wurde noch festgestellt, daß die jodometrische Ferro-
salztitration auch bei Gegenwart von Mangan’ durchführbar ist.
Versetzt man Manganosalze mit alkalischer Jodlösung, so fällt das
Mangan als Mangansuperoxydhydrat, wird also oxydiert. Nichtsdesto-
weniger wird aber nach dem Ansäuern mit anorganischen wie
organischen Säuren das gesamte Jod wieder abgespalten, indem das
Oxydhydrat des vierwertigen Mangans als Manganoion in Lösung geht.
Es verhält sich also das Mangan’ in letzter Linie völlig inaktiv, wie
aus folgenden Versuchen erhellt:
50 ccm Jodlösung wurden mit 5 ccm Ferrosulfat = 11,3 ccm
2/,oJ und 10 cem einer 0,3%igen Manganosulfatlösung versetzt. Nach
der Alkalisierung wurde essigsauer gemacht, bis zur völligen Lösung
der Niederschläge umgeschwenkt, und schließlich mit Thiosulfat titriert.
Verbrauch 11,31—11,32 cem ?’/10.
Es wird versucht werden die leichte Oxydierbarkeit von Mangano-
salzen und anderer superoxydbildender Schwermetalle durch Alkali-
hypojodit an Hand entsprechender Versuchsbedingungen einer ein-
fachen Bestimmung dieser Metalle nutzbar zu machen.
Durchweg erforderlich bei Titrationen mit alkalischer Jodlösung
ist die Abwesenheit von Ammonsalzen, da diese ebenfalls auf Hypo-
jodite einwirken.
Mitteilung aus der pharmazeutischen Abteilung
des chemischen Instituts der Königlichen Universität
Münster i. W.
Von G. Kaßner.
(Eingegangen den 7. X. 1906.)
Untersuchungen über die Bestandteile der Blätter von
Carpinus Betulus L.
(Ein Beitrag zur Kenntnis der Ellagsäure und der Gerbsäuren.)
Von Karl Alpers.
Vorbemerkungen.
Die Anregung zu der vorliegenden Arbeit verdanke ich meinem
verehrten Chef, Herrn Professor Dr. G. Kaßner, der, aufmerksam
gemacht durch den Geschmack der Hainbuchenblätter, eine eingehende
Untersuchung derselben für lohnend hielt.
576 K. Alpers:Carpinus Betulus L.
Die Literatur hat keine Angaben über die chemischen Bestand-
teile der Hainbuche aufzuweisen; eine vorläufige Mitteilung über meine
Untersuchungen habe ich iu der „Allgemeinen Chemiker-Zeitung 1905,
S. 42“ veröffentlicht.
Prüfung auf Glykoside und Alkaloide.
Dieselbe, ausgeführt nach den gebräuchlichen Methoden für die
Darstellung von Glykosiden und Alkaloiden, war in jeder Beziehung,
auch bei Verarbeitung größerer Mengen Blätter, erfolglos.
Prüfung auf andere krystallisierbare Bestandteile.
Aus größeren Mengen junger Blätter stellte ich mit ungefähr
40%igem Weingeist einen Auszug her und destillierte von letzterem
den Alkohol zum großen Teile ab. Der anfangs hellgelbe Auszug
war dabei braun geworden und zeigte einen sehr geringen Bodensatz,
welcher sich unter dem Mikroskop als aus sehr schön ausgebildeten,
anscheinend rhombischen Prismen bestehend, erwies.
Vorprüfung des erhaltenen Körpers.
Da die erhaltene Menge Substanz einige Zentigramme nicht
überstieg, konnte ich nur einige Reaktionen anstellen, die mir aber
keinen nennenswerten Aufschluß über seine Natur gaben; es sei nur
gesagt, daß er auf dem Platinbleche vollständig verbrannte; ein
anorganisches Salz lag also nicht vor.
Gewinnung, Reinigung und weitere Untersuchung des fraglichen Körpers.
Da ich zur Darstellung einiger Gramme Substanz sehr große
Mengen Blätter nötig hatte, stellte ich zunächst fest, ob auch aus den
älteren und den getrockneten Blättern der Körper in der oben
geschilderten Weise erhalten werden konnte. Es zeigte sich, daß
sowohl die ganz jungen, eben aufbrechenden Knospen als auch die zu
verschiedenen Zeiten im Verlaufe des Sommers gesammelten jungen
Sprosse und fertig ausgebildeten Blätter, ja sogar das welkende Laub
(20. Oktober) dieselben Krystalle gaben. Ferner war es ohne Einfluß,
ob die Blätter frisch oder getrocknet verwendet wurden. Auch
versuchte ich, ob das schon einmal extrahierte Laub nach einer zweiten
Behandlung mit verdünntem Weingeist eine weitere Ausbeute gab; in
diesem zweiten Auszuge war jedoch nicht die geringste Krystall-
bildung nach Abdestillieren des Alkohols zu bemerken.
Um mir Aufschluß über die Ausbeuten der fraglichen Substanz
zu geben, stellte ich einige quantitative Versuche an.
e\N
K. Alpers: Carpinus Betulus L. 577
1750 g bei Münster i. W. an Hecken gesammelte, trockene,
junge Blätter ohne Aestchen, entsprechend 4,5 kg frischem Material,
wurden mit 26 Litern verdünntem Alkohol von 45 Volumprozent drei
Wochen lang ausgezogen und dann abgepreßt. Beim Abdestillieren des
Weingeistes erhielt ich rund 30 g noch stark verunreinigte Rohsubstanz.
Die Versuche, die Krystalle völlig rein zu erhalten, stießen auf
große Schwierigkeiten; es zeigte sich, daß der Körper in fast allen
gebräuchlichen Lösungsmitteln völlig unlöslich oder nur sehr schwer-
löslich war und den meisten Reagentien gegenüber sich indifferent
verhielt.
So stellte ich durch Vorversuche fest, daß ihn nur konzentrierte
Salpetersäure und große Mengen konzentrierter Schwefelsäure beim
Erwärmen angriffen oder lösten; auch Bromwasser schien von kräftiger
Einwirkung zu sein; in Kalilauge, Natronlauge und Ammoniak quollen
die Krystalle sozusagen auf und schienen eine Veränderung zu
erleiden: starke Salzsäure, verdünnte Salpetersäure, Milchsäure usw.
wirkten auf die Krystalle nicht im geringsten ein. Da ich durch
Vorversuche keine größeren Mengen der Substanz zu opfern wagte,
ließ ich es mir angelegen sein, durch Umkrystallisieren aus einem
möglichst guten Lösungsmittel geringe Mengen reiner Substanz zu
gewinzen, um einige Elementaranalysen anzustellen.
Als Lösungsmittel versuchte ich zunächst Weingeist und kochte
die erhaltenen Krystalle mit 96%igem Alkohol am Rückflußkühler
einige Zeit, wobei ich eine stark gelbgefärbte Lösung erhielt, die
heiß filtriert wurde; nach dem Erkalten schieden sich geringe Mengen
derselben prismatischen Krystalle ab, die jetzt etwas heller waren.
Nach dem Abdestillieren des Weingeistes zeigte sich jedoch, daß die
Löslichkeit in diesem eine sehr geringe war; durch einen weiteren
Versuch stellte ich fest, daß absoluter Alkohol ein etwas größeres
Lösungsvermögen besaß.
4 g noch etwas verunreinigte Substanz hinterlie?, mit 6 Litern
96%igem Weingeist in drei Portionen am Rückflußkühler gekocht,
0,5 g Rückstand, der unter dem Mikroskop noch Krystalle erkennen
ließ. Durch weiteres mehrmaliges Umkrystallisieren aus Weingeist
konnte ich die Krystalle wohl bedeutend heller, aber nicht farblos
erhalten. Es hatte auch den Anschein, als ob durch das mehrmalige
Umkrystallisieren die Substanz schwerer löslich wurde, ohne die
Krystallform zu verändern.
Tierkohle erwies sich zum Entfärben ungeeignet; sie adsorbierte
einen großen Teil der Substanz.
Alle diese Schwierigkeiten ließen mich nach einem anderen
geeigneten Lösungsmittel suchen, dabei stellte ich fest, daß Wasser,
Arch. d. Pharm. CCXXXXIV. Bd». 8. Heft. 37
-
578 K. Alpers: Carpinus Betulus L.
Schwefelkohlenstoff, Tetrachlorkohlenstof, Phenol, Toluol, Xylol,
Tbymol, Glyzerin, Naphthalin, Pyridin, Anilin, flüssiges Paraffin gar _
kein oder nur ein äußerst geringes Lösungsvermögen besaßen. Mit
Chloroform, Aether, Aceton, Essigäther, Benzin, Methyl- und Amyl-
alkohol sowie Eisessig stellte ich genauere quantitative Lösungsversuche
an und benutzte hierzu die schon aus Weingeist umkrystallisierte
Substanz.
Ein Liter Benzin, ein Liter Chloroform, 500 ccm Aether nahmen
beim Kochen am Rückfiußkühler nicht einmal Spuren der Substanz
auf; ein Liter Eisessig und ein Liter Benzol lösten einige Milligramme,
200 ccm Essigäther ebenfalls Spuren.
Methylalkohol und Aceton lösten mindestens ebenso gut wie
Aethylalkohol von 96%, während von mehreren Litern Amylalkohol
selbst bei längerem Erhitzen nur Spuren aufgenommen wurden.
Nach diesen Versuchen mußte ich mich also auf den Methyl-
und Aethylalkohol sowie das Aceton beschränken, um die Substanz
umzukrystallisieren.
Um die färbenden Bestandteile möglichst zu entfernen, behandelte
ich die Rohsubstanz nacheinander mit Benzin, Wasser und Chloroform.
Ersteres und letzteres nahmen große Mengen Chlorophyll auf, sodaß
ich schön grün gefärbte Lösungen erhielt; Wasser entfernte ebenfalls
größere Mengen der Verunreinigungen; nach diesen Operationen
blieben von 30 g Rohsubstanz nur 19,4 g vorgereinigte Substanz
übrig. Das Chlorophyll wurde hartnäckig zurückgehalten. Diese
immer noch stark dunkel gefärbte Substanz löste ich in 96%igem
Alkohol und nahm eine Reihe von Entfärbungsversuchen vor. Blei-
acetat und Bleikarbonat entfärbten vollständig, fällten aber zugleich
auch die Substanz. Als geeigneteres Mittel erwies sich frisch gefälltes
Aluminiumhydroxyd; dieses entfärbte ausgezeichnet, riß aber auch die
Substanz zum größten Teil mit nieder; es gelang mir aber, aus der
nach dem Filtrieren erhaltenen Flüssigkeit, die nur schwach gefärbt
war, geringe Mengen hellgelber Krystalle zu erhalten. Diese letzteren
konnten auch nach 5—6maligem weiteren Umkrystallisieren nicht völlig
farblos erhalten werden; ich mußte deshalb annehmen, daß die geringe
Gelbfärbung der Substanz eigentümlich war. Wenn auch das
Aluminiumhydroxyd einen Teil der Substanz fällte, so erleichterte es
mir die Reinigung doch wesentlich; in geringen Mengen der stark
gefärbten weingeistigen Lösung hinzugesetzt, blieben immerhin noch
einige Zehntelgramme Substanz in 2% Litern Alkohol gelöst. Mittels
dieses Verfahrens gelang es mir, eine kleine Menge reiner Substanz
zu gewinnen, die aus Alkohol nochmals mehrere Male umkrystallisiert
wurde.
K. Alpers: Carpinus Betulus L. 579
Aus dem abfiltrierten Aluminiumhydratniederschlage konnte ich in
folgender Weise die mitgerissene Substanz wiedergewinnen, wobei die
Verunreinigungen zum größten Teil entfernt wurden. Ich behandelte
.den Niederschlag mit Salzsäure oder verdünnter Schwefelsäure, um
das Aluminiumhydrat zu lösen und wusch durch Dekantieren mit
destilliertem Wasser bis zum Verschwinden der Chlor- resp. Schwefel-
säurereaktion aus. Es hinterblieb ein amorpher, grauer Körper, der in
Weingeist gelöst wurde; nach dem Abdestillieren des letzteren erhielt
ich dieselben rhombischen Prismen wieder, die weiterhin bis zur
völligen Reinheit umkrystallisiert wurden.
Ich versuchte, den Schmelzpunkt der reinen Substanz zu
bestimmen, stellte jedoch fest, daß der Körper im Schwefelsäurebade
erhitzt, noch bei 292° völlig intakt blieb und Krystallform erkennen
ließ; bei 340° im Paraffinbade schien ebenfalls keine größere
Veränderung vorzugehen; erst in geschmolzenem Kalisalpeter bei
450° veränderte sich die Substanz merklich; bei 480° war sie braun-
schwarz geworden, ohne jedoch zu schmelzen.
Bei einer Prüfung auf Stickstoff, nach üblichem Verfahren, erwies
sich die Substanz frei von diesem Blemente; da es jedoch vorgekommen
ist, daß geringe Mengen Stickstoff in organischen Verbindungen über-
sehen worden sind, prüfte ich die Substanz noch nach der Dumas’schen
Methode; ich erhielt aus 0,320 g keinen gasförmigen Stickstoff, wodurch
einwandsfrei die Abwesenheit des letzteren bestimmt wurde.
Die Elementaranalysen von auf verschiedenem Wege gereinigten
Substanzen ergaben folgende Resultate:
1. Substanz aus Alkohol (96%) sechsmal umkrystallisiert.
0,1493 g ergaben 0,2849 COa und 0,0298 H30,.
Gefunden:
C 52.049,
H 228 „
2. Substanz nur zweimal aus Alkohol umkrystallisiert, aber nichts-
destoweniger sehr rein, da die Verunreinigungen durch häufiges Kochen mit
Alkohol entfernt waren. Drei Analysen mit derselben Substanz,
a) 0,2565 g lieferten 0,4869 g COg und 0,0686 g Ha O0
b) 0,1374 g lieferten 0,2658 g COs und 0,0392 g 11,0
c) 0,1597 g lieferten 0,3105 g COa und 0,0403 g Ha0.
Gefunden:
B 51,77% C und 2,99% H
b) 52,76 „ C und 3,19, H
c) 53,02 „ C und 2,82, H
3. Substanz aus Methylalkohol umkrystallisiert.
0,1294 g lieferten 0,2519 g COg und 0,0265 g Ha0.
Gefunden:
C 53,09%
H 229,
37*
580 K. Alpers: Carpinus Betulus L.
4. Substanz erhalten aus dem beim Entfärben erhaltenen Aluminium-
niederschlag. Bei 1000 getrocknet.
0,1053 g lieferten 0,2128 g COg und 0,0210 H50.
Gefunden:
C 55,11%,
H 223,
5. Substanz siebenmal umkrysteallisiert und bei 1000 getrocknet.
0.0999 g lieferten 0,2104 g COg und 0,0140 g Ha0.
Gefunden:
c 55,114
H 223,
Die Substanzen 1—3 weisen einen wesentlich niedrigeren Kohlen-
stoffgehalt auf als No. 4 und 5; es rührt dies jedenfalls daher, daß
die Proben 1—3 lufttrocken, oder bei gelinder Temperatur getrocknet,
verbrannt wurden, wogegen ich 4 und 5 bei 100° längere Zeit
getrocknet hatte. Auch wurden einige Proben mit feinem Kupferoxyd
vermischt verbrannt, worauf der etwas höhere Wasserstoffgehalt zu
schieben ist. (Die Substanz schien etwas hygroskopisch zu sein).
Diese Analysen boten mir ungenügende Anhaltspunkte für die
Natur der Verbindung; auch Versuche, mit absolutem Methylalkohol
als Lösungsmittel nach der Siedemethode das Molekulargewicht fest-
zustellen, waren wegen der geringen Löslichkeit des Körpers völlig
erfolglos; ich stellte deshalb Versuche an, welche die Darstellung von
Spaltungsprodukten, bezw. Derivaten bezweckten.
Brom und konzentrierte Salpetersäure oxydierten die Substanz
zu CO, und H5s0.
Mit Jodwasserstoffsäure fünf Stunden bei 180—200° im Bomben-
rohr erhitzt, blieb die Substanz fast unverändert; jedenfalls war kein
Jod ins Molekül eingetreten.
Die Kalischmelze gab mir keinen Aufschluß, da ich nur geringe
Mengen Substanz wegen der äußerst mühsamen Darstellung derselben
zu opfern wagte.
In heißer konzentrierter Schwefelsäure gelöst, erhielt ich beim
Eingießen der Lösung in Wasser die Substanz unverändert wieder.
0,657 g Substanz mit 5 ccm Benzoylchlorid im Bombenrohr bei
150° einige Stunden erhitzt, gaben ein krystallinisches Derivat; das
Reaktionsprodukt wurde in Wasser eingegossen und von. Benzoesäure
durch Waschen mit Wasser und Weingeist völlig befreit. Ich erhielt
1,1 g eines fast farblosen Körpers, der in Methyl- und Aethylalkohol
sowie Essigäther völlig unlöslich war.
Die Elementaranalyse ergab folgende Resultate:
1. 0,2959 Benzoylderivat lieferten 0,7555 COg und 0,0936 H3O.
2. 0,1980 Benzoylderivat lieferten 0,5070 COs und 0,0584 Hg.
K. Alpers: Carpinus Betulus L. 581
Gefunden:
1. 2.
C 69,63 69,70%
H 3,50 3,30 „
0,785 g Substanz wurden mit 5 cem Acetylchlorid im Bomben-
rohr mehrere Stunden auf 150° erhitzt; das in Wasser eingegossene
Reaktionsprodukt ergab ein fast farbloses krystallinisches Derivat,
das nach dem Waschen mit Wasser und Alkohol 1,02 g im Gewichte
betrug. Daneben hatten sich geringe Mengen eines dunkel gefärbten
Produktes gebildet, welches beim Waschen entfernt wurde. In Wasser,
Weingeist, Methylalkohol und Essigäther war das Produkt unlöslich
oder fast unlöslich. Von einer eingehenden Untersuchung dieses
Derivates sah ich ab, da dieselbe im Verlaufe meiner weiteren Arbeiten
überflüssig wurde.
Im Autoklaven mit Wasser mehrere Stunden auf 150—160°
erhitzt, erlitt die Substanz keine Veränderung.
Ich stellte noch eine Anzahl Versuche an, die aber, weil ohne
bemerkenswertes Resultat, hier nicht angegeben werden sollen.
Da mir inzwischen die Substanz ausgegangen und die weitere
Beschaffung von reinem Untersuchungsmaterial mit großen Verlusten
ar Zeit verknüpft war, hatte ich einige Vorversuche mit der
anscheinend reichlich vorhandenen Gerbsäure angestellt.
Aus der nach dem Abdestillieren des Weingeistes erhaltenen
filtrierten Flüssigkeit, fällte ich die Farbstoffe, Gerbsäuren etc. mit
überschüssigem Bleiacetat; es entstand ein sehr reichlicher hellgelber
Niederschlag, der durch Dekantieren mit destilliertem Wasser aus-
gewaschen und auf einem Filter gesammelt wurde. Ich rührte den-
selben mit Wasser an, brachte den dünnen Brei in eine starke Flasche
und zersetzte den Niederschlag mit Schwefelwasserstoff unter Druck.
Die von dem Schwefelblei abfiltrierte Flüssigkeit war gelb gefärbt;
zur Entfernung des Schwefelwasserstoffs wurde dieselbe auf dem
Wasserbade erhitzt. Eisenchlorid rief in der verdünnten Lösung eine
stark blauschwarze Fällung hervor; die Flüssigkeit enthielt also
reichlich Gerbsäure. Ich dampfte die Lösung nun mit etwas verdünnter
Schwefelsäure auf dem Wasserbade ein, um mir einigen Aufschluß
über die Art der Spaltungsprodukte des vorhandenen Gerbstoffes zu
verschaffen. Bei dieser Operation entstande in körniger, rostbraungefärbter
Niederschlag, der sich unter dem Mikroskop als krystallinisch erwies;
die Kryställchen bildeten rhombische, fast so lange wie breite Prismen.
Dieselben zeigten in chemischer Beziehung ganz analoge Eigenschaften,
wie der bereits-oben beschriebene schwer lösliche Körper; durch
Umkrystallisieren aus Weingeist erhielt ich auch die gleichen
582 K. Alpers: Carpinus Betulus L.
rhombischen Prismen, konnte aber durch weiteres Umkrystallisieren
nur sehr schwer zu reinem Produkte gelangen. 2
Identifizierung des Körpers mit der Ellagsäure.
Orientiert durch die Literatur vermutete ich in dem Körper
Ellagsäure; in der Tat deckten sich die bisherigen Resultate mit den
Angaben der Zeitschriften über die Ellagsäure. Im weiteren Verlauf
meiner Untersuchungen erwies sich ferner das krystallinische Spaltungs-
produkt der Carpinus Betulus-Gerbsäure als identisch mit den frei-
willig beim Einengen des weingeistigen Auszuges erhaltenen Krystallen.
Es mögen jetzt hier die Reaktionen und sonstigen Beweise für
die Identität des von mir aufgefundenen krystallinischen Körpers mit
der Ellagsäure sowie einige zusammenfassende Bemerkungen und neue
Beobachtungen über diesen Körper Platz finden.
Die Ellagsäure ist durch die Griesmayer’sche Reaktion
gekennzeichnet. (Ann. d. Chem. u. Pharm. 160, S. 50 ff.) Eine
geringe Menge der fraglichen Krystalle in ein Reagenzglas gebracht
und mit einem Kubikzentimeter rauchender Salpetersäure einen Augen-
blick geschüttelt, gab beim Verdünnen mit Wasser eine schön blut-
rote Färbung, die einige Zeit bestehen blieb.
Die längere Zeit bei 100° getrocknete Ellagsäure hat die
Zusammensetzung C}4Hg05 (Archiv der Pharmazie 229, 1881, S. 132);
für diese Formel berechnet sich der Kohlenstoff- und Wasserstoffgehalt
zu 55,6% © und 1,99% H. Die oben angegebenen Resultate der mit
der bei 100° getrockneten Substanz angestellten Elementaranalysen
stimmen mit dieser Formel überein.
Die bei 100° getrocknete Ellagsäure nimmt jedoch aus der Luft
nach und nach ihren Krystallwassergehalt wieder auf, ohne ihr Aus-
sehen zu verändern. Nach Zölffel und anderen Forschern (Archiv
der Pharmazie 1891, S. 132) hat die lufttrockene Ellagsäure die
Zusammensetzung C}4Hg03 + 2H30. Nach dieser Formel beträgt
der Gehalt an Kohlenstoff 52,2% und an Wasserstoff 3,1%. Hiermit
stimmen die angegebenen Analysen lufttrockener Substanz No. 1, 2
und 3 überein. (Siehe S. 579.)
Goldschmiedt und Jahoda (Monatshefte für Chemie 13, 1892,
S. 49—57) stellten sorgfältige Untersuchungen über das Benzoyl- und
Acetylderivat der Ellagsäure an und fanden, daß A Benzoylreste in
ein Molekül Ellagsäure eintreten können. Obgleich ich das Benzoyl-
derivat in anderer Weise gewonnen hatte, wie die genannten Forscher
erhielt ich doch aus der Elementaranalyse Resultate, die sich mi
denen Goldschmiedt’s und Jahoda’s deckten.
K. Alpers: Carpinus Betulus L. 583
Durch diese Untersuchungen war die Substanz schon ziemlich
sicher als Ellagsäure identifiziert; um jedoch vergleichende Prüfungen
mit einer Substanz anderer Herkunft anzustellen und einige von den
verschiedenen Forschern erhaltenen ungleichen Resultate von neuem zu
prüfen, stellte ich mir Ellagsäure aus Galläpfeln dar.
Darstellung von Galläpfelellagsäure und Vergleich derselben mit dem
aus den Hainbuchenblättern gewonnenen Präparat.
Ich zog zwei Kilogramm grob gepulverte Galläpfel mehrere Male
mit Wasser aus bis zur möglichsten Erschöpfung. Die vereinigten,
auf ungefähr vier Liter eingeengten Auszüge ließen freiwillig 16,7 g
Ellagsäure fallen; nach dem Invertieren mit verdünnter Schwefelsäure
erhielt ich noch weitere 15 g. Eine größere Ausbeute konnte auch
bei längerem Erhitzen der Lösung nicht erhalten werden.
Diese Ellagsäure war bei weitem reiner als die aus dem Hain-
buchenblätterauszug erhaltene; sie stellte ein hellgelbes mikrokrystal-
linisches Pulver dar; die Krystalle hatten dieselbe Form wie die aus
der Gerbsäure von Carpinus Betulus erhaltenen, bestanden also
anscheinend aus rhombischen Prismen.
Ich konnte keinen nennenswerten Unterschied zwischen der
Galläpfelellagsäure und der aus den Hainbuchenblättern isolierten
Substanz auffinden; der einzige Umstand, welcher mir auffiel, bestand
in der leichteren Löslichkeit der Galläpfelellagsäure in Kalilauge,
wogegen die aus Weingeist mehrfach umkrystallisierte Heinbuchen-
blätterellagsäure nur langsam von dem gleichen Reagens gelöst wurde.
(Die Lösungen von ellagsaurem Kalium nehmen bekanntlich beim
Stehen an der Luft in wenigen Augenblicken eine dunkelrote Farbe
an, diese Färbung trat viel langsamer und weniger intensiv mit der
aus Weingeist oft umkrystallisierten reinen Ellagsäure ein.)
Literatur über die Ellagsäure.
Ehe ich dazu übergehe, meine eigenen Beobachtungen, die zum
Teil Neues enthalten, zu geben, möge hier eine kurze Zusammen-
stellung der bisher über die Ellagsäure veröffentlichten Arbeiten folgen.
Die Euagsäure wurde zuerst von Chevreul als Zersetzungsprodukt
der Gerbsäure beobachtet. (Ann. de chim. et phys. [2], 9, S. 329) und von
Braconnot (Ann. de chin. et phys. [2]. 9, S. 187), Pelouze (Ann. de chim.
et phys. 54, S. 367, sowie Ann. d. Chem. u. Pharm. X, 1834, S. 163) und
Robiquet (Ann. der Chem u. Pharm. XIX, 204) weiter untersucht. Ferner
arbeitete Taylor über Ellagsäure (London and Edinb. Phil. Mag. 1844, Mai,
S. 354). Wie spätere Untersuchungen gezeigt haben, ‚ist die Ellagsäure
identisch mit der Bezoarsäure, die von Lipowitz (Simon’s Beiträge zur
584 K. Alpers: Carpinus Betulus L.
physiol. und pathol. Chemie, Bd. I, S. 464) so benannt wurde, da er sie in
einer Art der Bezoare auffand. Eine wichtige Arbeit publizierten F. Merklein
und F. Wöhler über die aus den Bezoaren isolierte Ellagsäure (Ann. der
Chem. und Pharm. LV, 1845, S. 129 ff.)
Fr. Goebel fand die Ellagsäure in den Harnsteinen und nannte sie
harnige Säure (Annal. der Chemie und Pharm. 1851, 79, S.83). Ad. Goebel
wies die Identität der harnigen Säure mit der Ellagsäure nach (Ann. der
Chem. und Pharm. 1852, 83, S. 280). Wöhler hielt das Vorkommen der
Ellagsäure im Castoreum für wahrscheinlich (Annal. der Chem. und Pharm.
1848, 67, S. 361). Im Journal für Praktische Chemie (103, S. 464) erwähnte
Löwe das Vorhandensein der Ellagsäure in der gebrauchten Gerberlohe.
Eine Arbeit von Ernst und Zwenger (Ann. d. Chem, u. Pharm.
1871, Bd. 159, S. 27 ff.) behandelt die Entstehung der Ellagsäure aus dem
Gallussäureäthylester. Beim Studium der Einwirkung des Jods auf Tannin
erhielt Griesmayer (Ann. d. Chem. u. Pharm. 1871, 160, S. 50) Ellagsäure
aus Tannin. (Auch ich konnte nach dem von Griesmayer angegebenen
Verfahren Ellagsäure aus käuflichem Tannin erhalten.)
Eine ausführliche Arbeit von Schiff (Ann. d. Chem. u. Pharm. 1873,
170, S. 75 ff.) hatte das Studium der Konstitution der Ellagsäure zum Zweck.
Guibourt (Rev. scient. 13, S. 38) behandelte die Abscheidung der Ellag-
säure aus dem Tannin.
Von mehr oder weniger großer Bedeutung für die Kenntnis der Ellag-
säure sind ferner folgende Arbeiten:
Löwe: „Ueber die Gerbsäure der Dividivischoten und deren Beziehung
zur Gallussäure“. (Fresenius, Zeitschr. f. anal. Chem, 1875, 14, 8.35); ferner
von demselben Forscher: „Ueber die Gerbsäure der Myrobalanen und ihre
Identität mit der Ellagengerbsäure“ (ebenda S. 44);
H. Schiff: „Ueber Gerbsäure und einige Derivate derselben“ (Ber.
d. d. chem. Ges. 1871, S. 967);
Rembold: „Ueber einige Abkömmlinge der Ellagsäure“ (Ber. d. d. chem.
Ges. 1875, S. 1494 ff.);
L. Barth und G. Goldschmiedt: „Ueber die Reduktion der Ellag-
säure durch Zinkstaub“ (ebenda 1878, I., S. 846); dieselben Autoren: „Studien
über die Ellagsäure“ (ebenda 1879, S. 123 ff.);
Hugo Schiff: „Zur Konstitution der Ellagsäure“ (ebenda 1879, II.,
S. 1533 ff.);
A. Coblenzl: „Ueber die Einwirkung von naszierendem Wasserstoff
auf Ellagsäure* (Wiener akad. Berichte 82, II., 506 und B. d.d. chem. G.
1880, 1I., S. 2233);
F. Stromer: „Ueber das Vorkommen der Ellagsäure in der Fichten-
rinde“ (Monatshefte f. Chem. 1881, Bd. II, S. 539 ff.);
G. Goldschmiedtund R.Jahoda: „Ueber die Ellagsäure“ (Monatsh.
f. Chem. 1892, BJ. 13, S. 49 £.);
Z,ölffel: „Ueber die Gerbstoffe der Algarobilla und Myrobalanen“
(Arch. d. Pharm. 1891, S. 123 ft.);
C. Graebe: „Ueber die Konstitution der Ellagsäure“ (Ber. d. d. chem.
Ges. 1903, 8. 212 ff.);
K. Alpers: Carpinus Betulus L. 585
Adolf Heinemann: „Patentverfahren zur Darstellung von Ellagsäure*
(Chem. Zentralbl. 1901, II., S. 518); „Gallogen-Ellagsäure“ (Apoth.-Ztg. 1904,
Ss. 178).
Untersuchungen über den Wassergehalt der Ellagsäure.
Merklein und Wöhler (Ann. d. Chem. u. Pharm. 1845, Bd. 55,
S. 133) fanden in der Ellagsäure im Durchschnitt 10,88% Wasser;
danach gaben sie der wasserfreien Ellagsäure die Formel C,4 Hs O3
und der lufttrockenen C,4Hg03 + 2H30. Schiff dagegen kam zu
anderen Resultaten. (Ann. d. Chem. u. Pharm. 1873, Bd. 170, $. 78 ff.)
Er nahm in der Ellagsäure nur ein Molekül Krystallwasser an und
schrieb der bei 110° getrockneten Verbindung die Formel C,4H3 0, zu, so
daß die lufttrockene Säure die Zusammensetzung C}4H309 + Ha0 hatte.
Diese sich widersprechenden Angaben veranlaßten mich, mit auf
verschiedene Weise gewonnener Ellagsäure von neuem Wasser-
bestimmungen vorzunehmen.
+1. Ellagsäure aus Galläpfelauszug; aus Alkohol umkrystallisiert.
Substanz ohne Anwendung von Wärme bis zur Gewichtskonstanz im Exsikkator
getrocknet. 0,738 g verloren bei 180—1850 bis zur Gewichtskonstanz er-
hitzt 0,085 g Wasser. Wassergehalt danach: 11,51%.
2. 16,720 g Ellagsäure aus Galläpfelauszug, mit heißem Wasser gewaschen
und bei 30—400 getrocknet, wurden im Exsikkator bis zur Gewichtskonstanz
aufbewahrt. Nach 42 Tagen hatten diese 16,720 g 0,137 g Wasser im
Exsikkator verloren. 1,152 g dieser exsikkatortrockenen Ellagsäure nahmen
bei 180% getrocknet um 0,135 g ab. Wassergehalt danach: 11,71%.
3. Ellagsäure aus dem weingeistigen Auszug der Hainbuchenblätter.
Aus Weingeist bis zur Reinheit umkrystallisiert und in feuchter Kammer
aufbewahrt.
0,2715 g verloren bei 1800 0,031 g H30. Wassergehalt danach 11,42%.
4. Ellagsäure aus Galläpfeln, in Natronlauge gelöst und mit Salzsäure
wieder abgeschieden. Lufttrocken.
0,2644 g verloren bei 1800 0,035 g Wasser. Wassergehalt danach: 13,26%,
5. Ellagsäure aus Galläpfeln; in Schwefelsäure gelöst und mit Wasser
wieder ausgefällt. Lufttrocken.
1,1514 g verloren bei 18000,1594 g Wasser. Wassergehalt danach: 13,84 %
6. Ellagsäure erhalten beim Eindampfen der Hainbuchenblättergerb-
säurelösung.* In Weingeist gelöst, mit Al(OH); niedergeschlagen und aus der
Aluminiumverbindung durch Auflösen der Tonerde in Salzsäure wieder-
gewonnen. Lufttrocken.
1,428 g verloren bei 1800 0,186 g Wasser. Wassergehalt danach: 13,02%,
Die drei letzten Proben waren sehr fein und nur lufttrocken, woraus
sich der höhere Wassergehalt erklärt. Es ist aber auffällig, wie selbst eine
Substanz, die lange Zeit im Exsikkator bis zur Gewichtskonstanz aufbewahrt
oder aus Weingeist umkrystallisiert wurde, doch einen Wassergehalt zeigte, der
um 1% höher als der theoretisch berechnete (10,6%) war.
586 K. Alpers: Carpinus Betulus L.
Meine Trocknungsversuche führte ich zunächst bei 100°, dann bei
180° aus und fand dabei, entgegen den Angaben Schiff’s (Ann. d. Chem.
u. Pharm. 1873, Bd. 170, S. 78 ff.) und in Uebereinstimmung mit
Barth und Goldschmiedt’s Untersuchungen (Ber. d. d. chem. Ges.
1879, S. 1237), daß bei genügend langem Trocknen bei 100° die Ellag-
säure sämtliches Wasser verliert, daß man aber besser bei 180° trocknet,
da die letzten Anteile des Wassers nur schwer fortgehen.
Die Angabe Schift’s (l. e.), daß Ellagsäure, welche bei 180°
getrocknet ist, kein Wasser aus der Luft wieder aufnehme, ist, wie
aueh schon Barth und Goldschmiedt feststellten, unrichtig. Ich
hatte Proben bei 200° längere Zeit getrocknet; dieselben nahmen
täglich beim Stehen an der Luft um einige Milligramme wieder zu
und erlangten in feuchter Luft ihr altes Gewicht wieder.
Konstitution der Ellagsäure.
Die Frage der Konstitution der Ellagsäure ist eine viel-
umstrittene.
Graebe (Ber. d. d. chem. Ges. 1903, S. 212) faßt ee die
Ellagsäure als das Dilakton der Hexaoxybiphenyldikarbonsäure auf und
gibt ihr die Formel:
a )
I)
BIT
\ 0- n/
Ferner läßt sich die Ellagsäure nach Graebe von dem Diphenyl-
methylolid
(0-0
ableiten. Danach wäre die Ellagsäure Tetraoxybiphenyldimethylolid.
Auch ich halte diese Formeln von allen bisher aufgestellten als
die wahrscheinlichsten; es ist meiner Ansicht nach nicht ausgeschlossen,
daß das Wasser, welches beim Trocknen der Ellagsäure entweicht,
nicht Krystallwasser, sondern Anhydridwasser ist, so daß die luft-
trockene Ellagsäure nichts weiter als Hexaoxydiphenyldikarbonsäure
ist, die beim Erhitzen leicht das Dilakton bildet.
Bei vielen Oxysäuren findet bekanntlich die Laktonbildung außer-
ordentlich leicht statt; «-Oxysäuren spalten häufig schon bei gewöhn-
licher Temperatur Wasser im Exsikkator ab. Bei j-Oxysäuren ist
K. Alpers: Carpinus Betulus L. 687
die Neigung Laktone zu bilden so groß, daß in wässeriger Lösung,
langsam schon bei gewöhnlicher Temperatur, momentan in der Siede-
hitze, Wasser abgespalten wird.
Liegt in der wasserhaltigen Ellagsäure also die Hexaoxydiphenyl-
dikarbonsäure vor, so müßte beim Erhitzen, sowie beim Behandeln mit
ätzenden Alkalien sich leicht die Laktonform bilden, denn die unter-
suchten Salze der Ellagsäure sprechen mehr für die Formel C,H, 05
als für die Formel C44Hj001- Wir hätten dann bei der Salzbildung,
die ja nur schwer stattfindet, keine Karboxylgruppen mehr im Molekül,
sondern zur noch Hydroxylgruppen, und bekämen die unveränderte
Hexaoxydiphenyldikarbonsäure beim Versetzen der Lösung der Ellag-
säure in Kalilauge oder Natronlauge mit Salzsäure in krystallinischer
Form wieder. Daß das beim Trocknen bei 100° entweichende Wasser
von Anhydridbildung herrührt und nicht als Krystallwasser anzusehen
ist, dafür spricht vielleicht auch der Umstand, daß selbst beim starken
Erhitzen die Krystallform der Ellagsäure erhalten bleibt. Betrachtet
man die wasserhaltige Ellagsäure unter dem Mikroskop, so erscheinen
die Krystalle durchsichtig; die nach dem Trocknen bei 150—180° in
absolutem Alkohol eingebetteten Krystalle sind trübe, werden aber in
Wasser oder auch an der Luft unter Aufnahme von Wasser wieder
durchsichtig. Jedenfalls ist diese Eigentümlichkeit der Ellagsäure,
ohne Veränderung ihrer Krystallform Wasser abzuspalten und wieder
aufzunehmen, bemerkenswert.
Die völlige Aufklärung über die Struktur der Ellagsäure bleibt
also noch der Zukunft anheimgestellt; sowohl Graebe’s Arbeit, sowie
die im Anschluß daran von mir aufgestellten Vermutungen haben keine
genügende experimentelle Grundlage für die endgültige Sicherstellung
der Ellagsäureformel').
I) Anmerkung von G. Kaßner:
Goldschmiedt kommt jetzt ebenfalls (Monatshefte für Chemie, Bd. 26,
S. 1139—1148, 1905) und auf Grund einer Mitteilung von Perkin und
Nierenstein (Proc. 21, 185) zu der Ansicht, „daß die Gräbe’sche
Formel jetzt wohl als unbedingt zu Recht bestehend anerkannt werden muß“
und liefert durch die zwar schwierige und auf Umwegen durchgeführte
Methylierung der Ellagsäure eine weitere Stütze für Gräbe’s Formel. Es
gelang Goldschmiedt schließlich mit Hilfe von Diazomethan (Methyljodid
und Dimetliylsulfat wirkten nur unvollständig ein) in mehrmaliger Behandlung
eine Tetramethylellagsäure C44H30, (OCH3)4 in weißen mikroskopischen Nadeln
zu erhalten. Mit überschüssigem Phenylhydrazin erhielt Gräbe leicht die
Verbindung C4Hg0g-NgH, Ce, Es, in tiefgelben mikroskopischen Nadeln. —
Ferner beobachtete A. G. Perkin (Proc. 22, 114, 1906, d. Chem. Centralbl.
1906, II., 235), daß Ellagsäure sich beim Erhitzen mit konzentrierter Schwefel-
säure auf 2300 C, unter Bildung eines neuen Körpers oxydiert, welcher ein
588 K. Alpers: Carpinus Betulus L.
Lösungsversuche mit der Ellagsäure.
Ueber die Löslichkeit der Ellagsäure sind keine genauen Angaben in -
der Literatur zu finden. Der Umstand, daß die Löslichkeit in Weingeist
nicht immer die gleiche war, führte mich zu verschiedenen Vermutungen.
Es konnten durch Massenwirkung Aethylgruppen ins Molekül
eingetreten sein, oder die Ellagsäure hatte beim Umkrystallisieren ver-
unreinigende Stoffe verloren, die lösend auf sie einwirkten; schließlich
konnte auch der verschiedene Wassergehalt die Löslichkeit der Ellag-
säure beeinflussen.
Es gelang mir nicht, durch mehrstündiges Erhitzen der aus
Weingeist oft umkrystallisierten Ellagsäure mit Wasser im Autoklaven
oder durch Destillation mit verdünnter Kalilauge (konzentrierte Kali-
lauge veränderte die Ellagsäure) nachweisbare Mengen Alkohol ab-
zuspalten; es ist also höchst fraglich, ob Aethylgruppen beim Um-
krystallisieren aus Weingeist ins Ellagsäuremolekül eintreten, zumal
keine COOH-Gruppen darin anzunehmen sind.
Ich stellte eine Reihe Lösungsversuche mit getrockneter und
lufttrockener Ellagsäure verschiedener Herkunft an, indem die Substanz
mit dem Lösungsmittel am Rückflußkühler gekocht wurde. Für die
Versuche 1—5 verwandte ich absoluten Methylalkohol.
1. 0,138 g Ellagsäure aus Hainbuchenb!ättern, mittelst Weingeist um-
krystallisiert, völlig rein und lufttrocken, mit 100 ccm Methylalkohol
30 Minuten gekocht. Ungelöster Rückstand 0,078 g. Gelöst waren also
0,06 g in 100 ccm bei Siedehitze.
1I. 0,3475 g einer gleichen Ellagsäure, aber von einer anderen Dar-
stellung, mit 100 ccm Methylalkohol 1, Stunde gekocht. Ungelöster Rück-
stand: 0,0670 g.. Gelöst waren also: 0,2805 g in 100 ccm bei Siedehitze.
Es war besonders dieser verschiedene Ausfall obiger zwei Versuche,
der mich zur weiteren Verfolgung derselben veranlaßte; im zweiten Falle
hatte sich also mehr als das vierfache gelöst.
III. 0,1813 g einer gleichen Ellagsäure mit 100 ccm Methylalkohol
11, Stunden gekocht. Ungelöster Rückstand: 0,0934 g. Gelöst waren also:
0,0879 g in 100 ccm bei Siedehitze.
IV. 5,42 g einmal umkrystallisierte Ellagsäure aus Hainbuchenblättern
mit 2 Litern 30 Minuten gekocht. Gelöst wurden 3,92 g bei Siedehitze, in
100 ccm also 0,196 g.
Hexaacetylprodukt Cj4Hjo(CaH30)g liefert und daher wahrscheinlich die
Formel Cs Hg0yo besitzt.
Nach Nierenstein ist auf Grund neuerer Untersuchungen (Chem.
Centralbl. 1905, II., 407) die aus Myrobalanen-Ellagsäure dargestellte Tetra-
acetylellagsäure vom Schmp. 313—3160C. identisch mit der von Perkin und
Nierenstein synthetisch dargestellten Tetraacetylellagsäure, deren Schmelz-
punkt jetzt auf 343—3440 CO. angegeben wird. (Chem. Centralbl. 1905, II., 1589.)
K. Alpers: Carpinus Betulus L. 689
V, 0,1797 g sehr reiner aus Alkohol umkrystallisierter Ellagsäure aus
Hainbuchenblättern mit 200 ccm 3% Stunden gekocht und dann eine Stunde
in Wasser von 200 gestellt. Es blieben bei dieser Temperatur 0,028 g un-
gelöst. Gelöst also in 100 ccm bei 200 0,0758 g.
Aus diesen Versuchen geht hervor, wie sehr die Ellagsäure dem
Lösungsmittel widersteht und wie verschieden die in Lösung ge-
gangenen Mengen bei gleicher Herkunft der Substanz sind. Es ist
anzunehmen, daß sich bei Versuch II eine übersättigte Lösung gebildet
hatte, und daß die übrigen Proben die annähernde Löslichkeit der
Ellagsäure in absolutem Methylalkohol angeben.
Ich prüfte terner die Löslichkeit der Ellagsäure in absolutem
und Aethylalkohol von 90 Vol.-pOt. und zwar unter folgenden für alle
Versuche gleichen Bedingungen:
0,25 g Substanz wurde mit 50 ccm Lösungsmittel eine Stunde am Rück-
flußkühler erhitzt und heiß durch ein dünnes Filter von 7 cm Durchmesser
filtriert. Die Lösung wurde in einer Glasschale auf dem Wasserbade zur
Trockne gebracht und der Rückstand gewogen.
I. Ellagsäure aus Hainbuchenblättern, durch Umkrystallisieren völlig
gereinigt, 65 Tage in feuchter Kammer aufbewahrt. Gelöst 0,0522 g in 50 ccm
absolutem Aethylalkohol.
II. Dieselbe Substanz wie zu Versuch I, aber bei 1000 getrocknet.
Gelöst 0,0413 g in 50 ccm absolutem Aethylalkohol.
III. Dieselbe Substanz wie zu Versuch I und II, aber bei 1800 ge-
trocknet. Gelöst 0,0409 g in 50 ccm absolutem Aethylalkohol.
IV. Ellagsäure aus Galläpfeln, in feuchter Luft aufbewahrt. Gelöst
0,1253 g in 50 ccm absolutem Aethylalkohol.
V. Ellagsäure aus Galläpfeln, aber aus der Lösung in Natronlauge
wieder mit Salzsäure abgeschieden und völlig ausgewaschen. Gelöst 0,0913 g
in 50 ccm absolutem Aethylalkohol.
VI. Dieselbe Substanz wie zum Versuch V, aber bei 1000 bis zum
konstanten Gewicht getrocknet. Gelöst 0,0543 g in 50 cem absolutem
Aetbylalkoho).
VII. Dieselbe Substanz wie zu den Versuchen V und VI, aber bei 1800
bis zum konstanten Gewicht getrocknet. Gelöst 0,0583 g wasserfreier Substanz
in 50 ccm absolutem Aetbylalkohol.
VII. Ellagsäure aus Galläpfeln; aus Weingeist einmal umkrystallisiert.
Lufttrocken. Gelöst 0,1044 g in 50 ccm absolutem Aethylalkohol.
IX. Ellagsäure aus Galläpfeln, in Natronlauge gelöst und daraus wieder
abgeschieden und aus Weingeist einmal umkrystallisiert. Lufttrocken.
0,0804 g gelöst in 50 ccm absolutem Alkohol.
X. Der ungelöste Rückstand von Versuch IX + 0,08 g derselben Ellag-
säure, also wieder rund 0,25 g. Gelöst nur 0,0678 g in 50 cem absolutem
Aethylalkobol.
Aus den Versuchen I—III geht hervor, daß das vorherige
Trocknen der Ellagsäure wohl die Löslichkeit derselben etwas er-
590 K. Alpers: Carpinus Betulus L.
schwert, daß aber jedenfalls bei genügend langem Behandeln mit dem
Lösungsmittel dieselbe Menge von der wasserfreien und der wasser- _
haltigen Ellagsäure in Lösung geht. Es scheinen vielmehr die ver-
unreinigenden Substanzen zu sein, welche die Löslichkeit der Ellag-
säure so bedeutend erhöhen, wie die übrigen Versuche zeigen. Zwar
ist die Ellagsäure, die aus einem Galläpfelauszug beim Eindampfen
auskrystallisiert, viel feiner verteilt als die aus Alkohol umkrystallisierte
Substanz, doch kann diese verschiedene Krystallgröße keinen großen
Einfluß haben, wie die Versuche VI und VIII darlegen. Von der un-
veränderten Galläpfeleilagsäure hatte sich am meisten gelöst, etwas
weniger von den reineren Substanzen der Versuche VIII und IX, be-
deutend weniger aber von der Galläpfelellagsäure, die schon mit
Weirgeist behandelt war (Versuch X).
Von einer Ellagsäure, die aus der Gerbsäure der Hainbuchenblätter
abgeschieden und durch Kochen mit Weingeist vorgereinigt war, lösten
sich 3,486 g in 3 Litern 96 %igem siedenden Weingeist, also 0,0581 g
in 50 ccm.
In Weingeist von 90 Vol.-pCt. ist die Ellagsäure schon ganz
bedeutend schwerer löslich als in absolutem, im Durchschnitt löste
sich nur 0,02 g in 50 cem.
Nach Robiquet (Ann. d. Chem. und Pharm. XIX, 204) löst
sich die Ellagsäure zu 0,0003 ihres Gewichtes in Wasser, also zu
0,05% Ich kochte einige Gramm Ellagsäure mit 4 Litern Wasser
längere Zeit und konnte dabei feststellen, daß die Löslichkeit der
Ellagsäure in Wasser viel geringer ist, als Robiquet angibt; es hatten
sich nicht mehr als einige Zentigramme in den 4 Litern Wasser gelöst.
Ueber die Krystallform der Ellagsäure machte ich verschiedene
Beobachtungen. Aus Weingeist krystallisierte dieselbe in den meisten
Fällen in schön ausgebildeten scharfkantigen, länglichen, anscheinend
rhombischen Prismen; aus einer übersättigten Lösung in Methylalkohol er-
hieltich Büschel langer Nadeln; die Krystalle, welche sich beim Eindampfen
der Gerbsäure der Hainbuchenblätter abschieden, schienen bald kurze
rhombische Prismen darzustellen, bald zeigten sie fast kubische Form.
Kennzeichen einer reinen Ellagsäure.
Bei meinen Versuchen machte ich einige Beobachtungen, die als
Kriterien für die Reinheit der Ellagsäure dienen können.
1. Reine Ellagsäure löst sich mit gelber Farbe in konzentrierter
Schwefelsäure; diese Lösung färbt sich auch beim Erwärmen bis zu
160—180° nicht dunkler. Ellagsäure aus einem Galläpfelauszug, die
äußerlich die Merkmale eines reinen Präparates zeigte, löste sich
unter starker Braunfärbung in warmer konzentrierter Schwefelsäure.
K. Alpers: Carpinus Betulus L. 691
2, Reine Ellagsäure kann man, ohne daß sie sich dunkler
färbt, trocken auf 180—200° erhitzen.
3. Die Lösung reiner Fllagsäure in überschüssiger Kalilauge
färbt sich viel langsamer und weniger als eine gleiche Lösung un-
reiner Substanz.
Betrachtungen über die Frage: Ist die Ellagsäure präexistierend in
den Blättern von Carpinus Betulus vorhanden?
Die Ellagsäure ist nirgends mit Sicherheit als präexistierend im
Pflanzenreiche nachgewiesen worden. F. Stromer (Monatshefte für
Chemie 1881, Il. Band, S. 540) nimmt allerdings an, daß die Ellag-
säure in der Fichtenrinde fertig gebildet vorkomme; ich muß diese
Ansicht jedoch sehr bezweifeln; die Ellagsäure dürfte auch hier wie
sonst überall ein Spaltungsprodukt sein.
Wäre die Ellagsäure präexistierend in den Hainbuchenblättern
enthalten, so müßte starker Weingeist, welcher die Ellagsäure be-
kanntlich viel besser löst, ein geeigneteres Extraktionsmittel als ver-
dünnter Alkohol sein. Ich behandelte deshalb eine größere Menge
Hainbuchenblätter mit 96 $igem Weingeist, erhielt aber aus dem Aus-
zuge nach dem Abdestillieren des Weingeistes nicht die Spur von
Krystallen, sondern nur Chlorophyll nebst anderen Extraktivstoffen.
Es ist also die Ellagsäure ein Spaltungsprodukt, das sich erst in dem
Auszuge, sei es durch Fermentwirkung, sei es durch den Sauerstoff
der Luft, aus kompliziert zusammengesetzten Gerbstoffen bildet.
Auch folgender Umstand ist beweisend für die Nichtexistenz
freier Ellagsäure in den Hainbuchenblättern.
Die Menge Ellagsäure, welche sich beim Einengen des Aus-
zuges der Hainbuchenblätter mit verdünntem Weingeist abscheidet,
ist allerdings gering, aber noch viel zu groß, um allein von dem ver-
dünnten Weingeist in Lösung gehalten zu werden, es müßte dann
schon sein, daß Extraktivstoffe die Löslichkeit wesentlich erhöhen.
Es scheint auch die Ellagsäure sich nicht quantitativ in gleicher
Weise aus den Molekülen der Gerbsäure der Hainbuchenblätter abzu-
spalten, denn hat man den Weingeist aus dem Auszuge abdestilliert,
so scheidet das Filtrat weder beim langen Stehen noch beim Eindampfen
weitere Ellagsäure ab; fällt man aber in diesem eingeengten und
filtrierten Auszuge die Gerbsäure mit Blei und entfernt das- letztere
durch Schwefelwasserstoff, so läßt die auf diese Weise erhaltene Gerb-
säurelösung beim bloßen Eindampfen weitere Mengen Ellagsäure aus-
krystallisieren. Ferner beobachtete ich, daß der Auszug der Hain-
buchenblätter mit verdünntem Weingeist schon beim bloßen Stehen
Ellagsäure abgibt.
592 K. Alpers: Carpinus Betulus L.
Die Veränderlichkeit der Hainbuchenblättergerbsäure schien da-
nach eine sehr große zu sein und die bisherigen Beobachtungen boten
Interessantes genug, um dieselbe einer Untersuchung zu unterziehen,
über deren Ergebnisse in dem zweiten Teil meiner Arbeit berichtet
werden soll.
Untersuchung des Hainbuchenblättergerbstoffs.
Durch Vorversuche, die ich mit der Gerbsäure anstellte, kam
ich zu folgenden Resultaten.
Der hellgelbe Niederschlag, welchen man beim Versetzen des
weingeistigen Auszuges der Hainbuchenblätter mit Bleiacetat erhält,
besteht im wesentlichen aus gerbsaurem Blei; Oxalsäure, Zitronen-
säure und Weinsäure sind in dem Bleiniederschlage nicht enthalten; es
gelang mir nicht, andere Bestandteile als Gerbsäure und Farbstoffe
darin nachzuweisen.
Die Abspaltung der Ellagsäure aus dem Gerbstoff schien eine
fast unbegrenzte zu sein, denn die in dem Filtrate mit Blei gefällte
restierende Gerbsäure gab, mit Schwefelwasserstoff wieder in Freiheit
gesetzt, eine Lösung, die weitere Mengen Ellagsäure abschied. Beim
Eindampfen mit verdünnter Schwefelsäure erhielt ich außer Ellagsäure
einen harzartigen Körper, der sich in Weingeist löste und ein dunkel-
braunes Filtrat gab, das keine Neigung zum Abscheiden krystallisierbarer
Spaltungsprodukte zeigte.
Diese bemerkenswerten Eigenschaften der Hainbuchenblättergerb-
säure machten mich auf die von Löwe und Zölffel isolierte Ellagen-
gerbsäure aufmerksam.
J. Löwe stellte zuerst aus den Dividivischoten eine Gerbsäure
dar, die mit großer Leichtigkeit Ellagsäure abspaltete (Fresenius,
Zeitschr. f. anal. Chem. 14, 1875, S. 35 ff.), und der er wegen dieses
Verhaltens den Namen „Ellagengerbsäure“ gab. Dieselbe stellt ein
gelbliches Pulver dar; nach Analysen von Proben verschiedener Her-
kunft, die im Durchschnitt 49,70% C und 3,16% H ergaben, gab
Löwe der Ellagengerbsäure die Formel C,4 Ho O10-
Ferner stellte Löwe fest, daß die Gerbsäure der Myrobalanen
mit der Ellagengerbsäure der Dividivischoten identisch ist (Fresenius,
Zeitschr. f. anal. Chem. 14, 1875, S. 44.) Eine weitere eingehende
Untersuchung über den Gerbstoff der Myrobalanen verdanken wir
Zölffel (Archiv der Pharm. Bd. 229, 1891, S. 155 f.), welcher Forscher
dieselbe auch in den Algarobillafrüchten fand (ebenda S. 123 #.) Die
letztere Droge enthält nach Zölffel ein Gemisch zweier Gerbstoffe;
der eine derselben ist das Glukosid der Gallusgerbsäure und liefert
bei der Hydrolyse Gallussäure und Zucker; der zweite ist eine
K. Alpers: Carpinus Betulus L. 593
zuckerfreie Gerbsäure der Formel C}4H10010, welche sich leicht in
Ellagsäure und Wasser spaltet, und welcher daher der Name Ellagen-
gerbsäure mit größerer Berechtigung zukommt, wie Zölftel sagt, als
der von Löwe dargestellten Gerbsäure aus den Myrobalanen und
Dividivischoten.
Aus den Gerbsäuren der genannten Drogen wurde nach der
Hydrolyse Gallussäure in nicht unbeträchtlichen Mengen gewonnen.
Die vielen übereinstimmenden Reaktionen des von mir in den
Weißbuchenblättern aufgefundenen Körpers mit den Gerbstoffen der
Algarobilla, Dividivischoten und Myrobalanen mußten mein Augen-
merk darauf lenken, ein gleiches Produkt darzustellen wie Löwe oder
Zölffel und möglichenfalls die Identität des Hainbuchenblätter-
gerbstoffes mit dem der genannten Drogen festzustellen. Es ist mir
nun wohl gelungen, nachzuweisen, daß der von mir isolierte Gerbstoff
große Aehnlichkeit mit den von Löwe und Zölffel untersuchten
Ellagsäure liefernden Produkten hat, daß aber noch wesentliche Unter-
schiede bestehen, die mich davon abhalten, den Gerbstoff der Hain-
buchenblätter identisch mit der Ellagengerbsäure resp. mit den Gerb-
stoften der Dividivischoten, der Algarobilla und den Myrobalanen zu
erklären, wie die nachstehenden Versuche zeigen.
I. Versuch der Reindarstellung der Gerbsäure und Elementaranalyse
= derselben.
Der Reindarstellung der \Weißbuchenblättergerbsäure stellten sich
große Schwierigkeiten entgegen. Die Lösung des Gerbstoffes, die ich
aus dem Bleiniederschlag erhielt, war so leicht zersetzlich, daß bei
fast allen Bemühungen, eine größere Menge der Gerbsäurelösung ein-
zuengen, so viel Ellagsäure abgespalten wurde, daß der restierende
Teil des Gerbstoffes schon stark verändert war. Es gelang mir aller-
dings einige Male, kleine Mengen Geıbsäurelösung im Vakuumexsikkator
ohne Abscheidung von Ellagsäure einzutrocknen, doch es genügte ein
bloßes Wiederauflösen des Gerbstoffes in der Kälte, um eine starke
Abscheidung von Ellagsäure zu erzielen. Aus diesem Grunde mußte
ich darauf verzichten, die von Löwe und Zölffel angewandten Ver-
fahren der Gerbsäurereinigung zu benutzen.
Durch die außerordentlich leichte Zersetzlichkeit unterscheidet
sich die Hainbuchenblättergerbsäure schon wesentlich von den Präparaten
Löwe’s und Zölffel’s, die eine derartig leichte Ellagsäureabspaltung
nicht erwähnen. Zölftel gelangte z. B. zu einem zur weiteren Ver-
arbeitung brauchbaren unzersetzten Präparate durch Eintrocknenlassen
der Gerbsäurelösung auf Glasplatten bei 50° im Kohlensäurestrome;
ich erhielt dabei immer eine starke Abscheidung von Ellagsäure, trotz-
Arch d. Pharm. UCXXXXIV. Bds 8 Left. r 38
594 K. Alpers: Carpinus Betulus L.
dem ich mir einen Apparat konstruiert hatte, der die Einwirkung der
Luft völlig ausschloß. Da ich außer Farbstoffen keine anderen die
Gerbsäure verucreinigenden Stoffe in dem Bleiniederschlag nachweisen
konnte und sich eine verdünnte Lösung der Gerbsäure, wie ich sie
durch Zersetzen des breiförmigen Bleiniederschlages mit Schwefel-
wasserstoff erhielt, in der Kälte und bei nicht zu langem Aufbewahren
unveränderlich zeigte, schien mir der Weg der wiederholten fraktionierten
Fällung mit Bleiacetat zur Erlangung eines gleichmäßigen Präparates
wohl gangbar. Ich verfuhr deshalb folgendermaßen:
Die Blätter wurden zwei Tage mit Weingeist von 40 Volum-
prozent ausgezogen; ein längeres Stehenlassen wurde vermieden, um
nicht durch Abspaltung von Ellagsäure einen schon veränderten Gerb-
stoff zu bekommen. Der mit überschüssigem Bleiacetat in dem
filtrierten Auszug erhaltene Niederschlag wurde antangs durch
Dekantieren mit destilliertem Wasser und dann auf Filtern völlig
ausgewaschen. Um eine möglichst konzentrierte Gerbsäurelösung zu
bekommer, wurde der Niederschlag breiförmig, wie er war, mit Schwefel-
wasserstoff zersetzt. Aus der erhaltenen orangegelben Gerbsäurelösung
entfernte ich den Schwefelwasserstoff durch Einleiten eines kräftigen
CO;-Stromes und fällte dieselbe in Fraktionen. Nach dem Abfiltrieren
des ersten Anteils erhielt ich eine sehr schwach gelb gefärbte Lösung;
die färbenden Extraktivstoffe waren also in die erste Fraktion über-
gegangen. Die aus dem Filtrat erhaltenen Niederschläge wurden noch
zweimal in derselben Weise behandelt und die, nach zum dritten Male
wiederholter Fällung, erhaltenen Lösungen im Vakuumexsikkator bei
gewöhnlicher Temperatur auf Porzellantellern eingetrocknet. Bemerkens-
wert war die Farbe der Bleiniederschläge; die Fraktionen I und II
waren mattgelb wie Milchkaffee; die letzte III. Fraktion zeigte eine
glänzende schwefelgelbe Farbe. Es spricht dieser Umstand dafür, daß
der Gerbstoff der Hainbuchenblätter jedenfalls kein einheitlicher
Körper ist.
Die erhaltenen Präparate bestanden aus gelben bis bräunlichen
durchscheinenden Blättchen, die nur Spuren Asche hinterließen und
nach dem Zerreiben ein fast zitronengelbes Pulver von hygroskopischer
Beschaffenheit gaben. Im verschlossenen Gläschen hielt sich dasselbe
völlig trocken. Es war unmöglich, die Präparate bei höherer Temperatur
nachzutrocknen; schon unter 100° wurde das Pulver schmierig und
längere Zeit bei 100° erhitzt trat Dunkelfärbung ein, wie auch beim
Eindampfen auf dem Wasserbade einer sehr wenig gefärbten Gerb-
säurelösung stets ein dunkles Präparat erhalten wurde. In Wasser
Jöste sich der Körper nur unter Abscheidung von Ellagsäure; die nach
dem Absetzen der letzteren erhaltene klare Lösung war optisch inaktiv.
K. Alpers: Carpinus Betulus L. 595
Auch nachdem ich die Gerbsäurelösung mit verdünnter Schwefelsäure
längere Zeit digeriert und zur Entfernung der letzteren mit einer hin-
reichenden Menge Bleiacetat und Alkohol versetzt hatte, erhielt ich
nach dem Filtrieren und weiteren Fällen mit Bleiacetat einen Nieder-
schlag, der mit Schwefelwasserstoff zersetzt wieder eine Gerbsäure-
lösung gab, die beim Eindampfen weitere Mengen Ellagsäure abschied.
Der Gerbstoff der Hainbuchenblätter zeigte alle für die Gerb-
säuren charakteristischen allgemeinen Reaktionen; Eiweiß-, Alkaloid-
und Leimlösungen wurden gefällt; Eisenoxydulsalzlösungen wurden nur
gelb gefärbt, Eisenoxydsalzlösungen jedoch blauschwarz gefällt.
Da ein Trocknen bei 100° nicht möglich war, wandte ich zur
Elementaranalyse den im Vakuumexsikkator völlig ausgetrockneten
Gerbstoff an. Letzterer hinterließ eine sehr schwer verbrennbare
Kohle; ich wandte deshalb Kupferschiffchen und einen Sauerstoffstrom
für die Analysen an. Die Substanz wurde im Wägeröhrchen mit
feinem Kupferoxyd gemischt.
Gerbstoff aus der ersten Fraktion.
0,3350 g gaben 0,5430 g COs und 0,1420 g Hg0.
2. 0,3670 g gaben 0,6164 g COz und 0,1413 g H30.
3. 0,3040 g gaben 0,4930 g COz und 0,1203 g H30.
jet
.
Gefunden:
17 2. 5
C 44,22 44,59 44,23%
H 4,74 4,19 4,43 „
Gerbstoff aus der zweiten Fraktion.
0,1564 g gaben 0,2630 g CO; und 0,0582 g Hg0.
2. 0,2610 g gaben 0,4320 g COz und 0,1023 g Hg0.
Gefunden:
u
C 45,86 45,109,
H 4,16 4,38 „
Gerbstoff aus der dritten Fraktion.
0,2792 g gaben 0,4540 g COg und 0,1242 g HsO.
Gefunden:
C 44,35%
H 498,
Diese ziemlich übereinstimmenden Analysen beweisen, daß der
Gerbstoff jedenfalls nur geringe Mengen fremder Stoffe enthält. Selbst
die erste Fraktion, in die doch die färbenden Bestandteile mit über-
gegangen waren, zeigte einen nicht viel niedrigeren Kohlenstoffgehalt
als die übrigen Substanzen.
38*
- 5% K. Alpers: Carpinus Betulus L,
Da vermutlich die Hainbuchenblätter ein Gemisch verschiedener
Gerbstoffe enthalten, versuchte ich durch fraktionierte Zersetzung des
Bleiniederschlages mit Schwetelwasserstoff und durch weitere
fraktionierte Fällung der so erbalteren Lösungen mit Bleiacetat
eine Trennung vorzunehmen. Es wurde dazu derselbe durch zwei-
tägiges Digerieren der Blätter erhaltene Auszug wie oben benutzt.
Diese Operation führte jedoch zu keinem bemerkenswerten Ergebnisse;
die erhaltenen Präparate zeigten dieselben Eigenschaften, wenn auch
die elementare Zusammensetzung verschieden war.
I. Fraktion mit Schwefelwasserstoff, in zwei Anteilen mit Bleiacetat
gefällt.
a) 1. Anteil mit Bleiacetat der I. Fraktion mit HaS.
1. 0,3570 g gaben 0,5930 g COg und 0,1410 g Ha0.
2. 0,4819 g gaben 0,7932 g COs und 0,1744 g Ha0.
Gefunden:
C 45,30 44,899,
H 4,42 4,05 „
b) 2. Anteil mit Bleiacetat der I. Fraktion mit BgS.
0,2846 g gaben 0,4572 g CO; und 0,1186 g H30.
Gefunden:
C 43,82%
H 4,66,
II. Fraktion mit Schwefelwasserstoff, in zwei Anteilen mit Bleiacetat
gefällt.
a) 1. Anteil mit Bleiacetat der 1I. Fraktion mit HaS.
0217 g gaben 0,3624 g COs und 0,0864 g Hs0.
Gefunden:
C 45,55%
H, 445,
b) 2. Anteil mit Bleiacetat der 1I. Fraktion mit HaS.
1. 0,3515 g gaben 0,5200 & CO3 und 0,1608 g Ha0.
2. 0,3990 g gaben 0,6050 g COg und 0,1694 g Ha0.
Gefunden:
1 2
C 4035 41,36%,
wol 4,74 „
Der Kohlenstoffgehalt der von Löwe und Zölffel isolierten
Ellagsäure gebenden Präparate bewegte sich zwischen 49 und 50%,
wogegen der Wasserstoffgehalt niedriger war als bei meinen Präparaten.
Mehrere weitere Versuche, auf irgend eine Weise zu einer einheitlichen
unveränderten Gerbsäure zu gelangen, verliefen ergebnislos.
K. Alpers: Carpinus Befulus L. 597
II. Annähernde quantitative Bestimmung des Rohgerbstoffes.
Der weingeistige Auszug aus 580 g frischen Blättern gab eine
Gerbsäurelösung, die nach dem Eindampfen 23,6 g eines dunkelbraunen
Extraktes hinterließ, das nicht völlig ausgetrocknet werden konnte. In
1000 & frischen Blättern waren also annähernd 40 g Gerbstoff enthalten.
Der wässerige Auszug aus 500 g frischen Blättern gab bei gleicher
Behandlung 14,63 g Robgerbstoff. Das Wasser stellt danach anscheinend
ein schlechteres Extraktionsmittel dar, als der verdünnte Weingeist.
III. Versuch, ob freie Gallussäure in den Hainbuchenblättern
vorhanden ist.
750 g trockene Blätter (im Juli bei Lintorf in H. gesammelt)
wurden zweimal mit kaltem Wasser ausgezogen und der Auszug
mehrmals mit Aether ausgeschüttelt. Letzterer nahm eine hellgelbe
Farbe an; in dem nach dem Abdestillieren verbliebenen geringen Rück-
stand konnte keine Gallussäure nachgewiesen werden.
IV. Versuch, ob sich beim blofsen Eindampfen der &erbsäurelösung
neben Ellagsäure allussäure abspaltet.
Eine größere Menge einer aus alkoholischem Auszuge stammenden
Gerbsäurelösung wurde auf dem Wasserbade langsam zur Trockne
verdampft. Ich erhielt 90 g rohe Gerbsäure; dieselbe wurde wieder
in Wasser gelöst und dreimal mit je 500 ccm Aether ausgeschüttelt.
Bei dieser Operation hatte sich im ganzen 3,9 g Ellagsäure abgeschieden.
Der nach dem Abdestillieren des Aethers verbleibende stark
gefärbte Rückstand wog 14 g. Derselbe wurde in Wasser gelöst und
durch Behandeln mit Tierkohle möglichst entfärbt. Da die aus-
geschüttelte Lösung noch unveränderte Gerbsäure zu enthalten schien,
fällte ich fraktioniert mit Bleiacetat. Aus der letzten Fraktion erhielt
ich eine kleine Menge sehr hellen noch Ellagsäure liefernden Gerb-
stoffes. Die ersten Fraktionen gaben nach dem Zersetzen mit
Schwefelwasserstoff Lösungen, aus denen ich beim Eindampfen
ungefähr 10 g noch verunreinigte krystallisierte Substanz gewann, die
durch weiteres häufiges Umkrystallisieren unter Zusatz von Tierkohle
völlig farblos und analysenrein erhalten wurde.
Die Elementaranalyse der bei 1000 getrockneten Substanz lieferte
folgende Resultate:
1. 0,3504 g gaben 0,6370 g COg und 0,1177 g Ha0.
2. 0,1918 g gaben 0,3530 g COg und 0,0602 g H50.
Gefunden:
5 2:
C 49,58 50,19%
H 3,77 3,51 „
598 K. Alpers: Carpivus Betulus L.
Berechnet für C,H,0, (wasserfreie Gallussäure):
C 49,41%
H ., 302,
Die Substanz gab ferner folgende Reaktionen, die für die Gallus-
säure charakteristisch sind:
l. Silbernitrat- und Goldchloridlösung wurden reduziert.
2. Frisch bereitete Eisenoxydulsalzlösung wurde nicht gefärbt.
3. In großer Verdünnung wurde die Lösung der Substanz durch
ein wenig Eisenchloridlösung schön blau gefärbt, in FiRrBnNE Lösungen
aber blauschwarz gefällt.
4. Mit Pikrinsäurelösung und Ammoniak versetzt, entstand eine
gelbrote Farbe.
5. Mit Cyankaliumlösung trat Rotfärbung ein.
6. Die Lösung der Substanz in konzentrierter Schwefelsäure
ließ nach dem Anziehen von Wasser Rufigallussäure auskrystallisieren,
die durch ihr unlösliches blaues Barytsalz identifiziert wurde.
Es ist damit erwiesen, daß sich beim bloßen Erhitzen resp. Ein-
dampfen reichliche Mengen Ellagsäure, ungefähr 4%, und Gallussäure,
ganz annähernd bestimmt 10%, aus der Hainbuchenblättergerbsäure
abspalten.
Y. Versuche, ob bei der Spaltung der Gerbsäure Zucker erhalten wird.
Kunz-Krause hat (Pharm. Centralhalle 1898, S. 446) bei einem
Versuche einer rationellen Klassifikation der Gerbstoffe, für die er den
Namen Tannoide vorschlägt, zwei Hauptgruppen aufgestellt: 1. Nicht-
glykosidische Tannoide; 2. Glykosidische Tannoide.
Ich war deshalb bestrebt, die Frage zu entscheiden, ob ein
glykosidisches Tannoid in dem Hainbuchenblättergerbstoff vorlag.
Eine wässerige Lösung, die durch längeres Erhitzen und Ein-
dampfen Ellagsäure und Gallussäure abgespalten hatte, prüfte ich
zunächst darauf, ob bei diesem einfachen Erhitzen auch Zucker als
Spaltungsprodukt auftrat. Zu diesem Zwecke entfernte ich die Gerb-
säure und Gallussäure mit Bleiacetat und dampfte das wasserhelle
Filtrat nach dem Ausfällen des überschüssigen Bleis mittels Schwefel-
wasserstoff auf dem Wasserbade bis auf einige Kubikzentimeter ein.
Ich erhielt so eine hellbraune Flüssigkeit, die noch etwas Gerbsäure
enthielt, zur möglichsten Beseitigung derselben setzte ich basisches
Bleiacetat hinzu, fällte im Filtrat das überschüssige Blei mit H,S und
dampfte wieder ein. Es hinterblieben ca. 2,5 g einer gummiartigen gelb
getärbten Masse, in der durch Polarisation, durch die Gärungsprobe,
sowie mit Phenylhydrazin kein Zucker nachzuweisen war. Fehling’sche
Lösung wurde allerdings reduziert.
K. Alpers: Carpinus Betulus L 599
Ich hydrolysierte dann 80 g Gerbsäure in wässeriger Lösung
durch längeres Erhitzen auf dem Wasserbade unter Zusatz von 2%
Schwefelsäure und beseitigte darauf die Gerbsäure usw. mit Blei-
acetat. Zur vollständigen Entfernung der Schwefelsäure versetzte ich
das Filtrat mit Alkohol, um die Schwefelsäure als Bleisulfat abzu-
scheiden. Von dem Filtrat destillierte ich den Alkohol ab, entfernte
in dem Rückstande das noch vorhandene Blei mit Schwefelwasserstoft
und dampfte das Filtrat auf dem Wasserbade bis auf ungefähr 100 cem
ein. Es hinterblieb eine schwach gelbgefärbte Flüssigkeit, die
Fehling’sche Lösung reduzierte und aus der mit Phenylhydrazin
nach der bekannten Zuckerprobe wohl geringe Mengen Krystallnadeln
erhalten wurden, die sich aber nicht durch Umkrystallisieren aus
Weingeist reinigen ließen und in keiner Weise einwandsfrei als ein
ÖOsazon charakterisiert werden konnten. Auch beim wiederholten Ver-
suche mit größeren Mengen Gerbsäure gelang es mir nicht, ein Osazon
zu erhalten. Die Lösung drehte ferner das polarisierte Licht nicht.
Um beim Eindampfen die Einwirkung der Essigsäure aus-
zuschließen, wandte ich bei einem weiteren Versuch zur möglichsten
Entfernung der Gerbsäure, Gallussäure und Schwefelsäure, anstatt
Bleiacetat eine Mischung von Bleikarbonat und Bleioxyd an. 100 g
rohe Gerbsäure wurden, wie oben, mit Schwefelsäure behandelt und das
vom Bleiniederschlag erhaltene, entbleite Filtrat, welches möglicher-
weise den Zucker entnalten konnte, noch mit Aluminiumhydroxyd
weiterhin entfärbt; ich konnte darin ebenfalls weder durch Polarisation
noch durch die Gärprobe Zucker nachweisen.
Zölffel (Arch. d. Pharm. 1891, Bd. 229, S. 133) fand in dem
von ihm isolierten Gerbstoff Zucker, und auch Rembold (Ann. d.
Chem. und Pharm. 1867, Bd. 143, S. 285 ff.) will solchen in der
Granatgerbsäure nachgewiesen haben. Es scheint mir jedoch fraglich,
ob bei diesen Gerbstoffen Zucker als Spaltungsprodukt auftritt, da
die Reduktion der Fehling’schen Lösung keineswegs zum Nachweis
genügt; es ist ferner nicht ausgeschlossen, daß in manchen Fällen der
mit Phenylhydrazin erhaltene Körper kein Osazon war, denn Böttinger
(Ann. d. Chem. 1890, Bd. 259, S. 125 ff.) hat nachgewiesen, daß Gerb-
extrakte ebenfalls krystallisierte Verbindungen mit Phenylhydrazin
geben. Es entziehen sich bei der Entfernung der Gerbsäuren mit
Blei stets geringe Mengen des Gerbstoffes der Fällung; man erhält
so beim Einengen der vermeintlich zuckerhaltigen Flüssigkeit einen
Sirup, der mit Phenylhydrazin geringe Mengen eines krystallisierbaren
Körpers liefert, der zufällig denselben Schmelzpunkt wie das Gluko-
sazon haben kann. Ich möchte deshalb an dieser Stelle hervorheben,
daß es sich wohl empfehlen dürfte, die Gerbsäuren, welche nach
600 K. Alpers: Carpisus Ba’ulus L.
älteren Arbeiten als glykosidisch angenommen werden, nochmals einer
Untersuchung zu unterziehen, um vor allen Dingen die Art des bei
der Spaltung auftretenden Zuckers einwandsfrei nachzuweisen.
VI. Analyse der durch Abspaltung von Gallussäure und Ellagsäure
veränderten Gerbsäure.
Wie oben auseinandergesetzt ist, bleibt nach der Abspaltung von
Ellagsäure und Gallussäure noch ein Gerbstoff, der weiterhin Ellag-
säure liefert, mit der Gallussäure in Lösung. Die Trennung von
letzterer bot dadurch Schwierigkeiten, daß der Aether, welcher zum
Ausschütteln der Gallussäure verwandt wurde, zugleich nicht un-
beträchtliche Mengen der verbleibenden Gerbsäure löste, doch gelang
es mir, aus der Gerbsäurelösung, die durch längeres Erhitzen auf dem
Wasserbade verändert war, nach möglichstem Entfernen der Gallus-
säure durch Ausschütteln mit Aether, in dem von letzterem befreiten
Filtrat mittelst Blei in bekannter Weise eine Gerbsäurelösung zu er-
halten, die im Vakuum bei gewöhnlicher Temperatur eingetrocknet,
ein sehr helles Präparat ‘gab, daß sich wie die übrigen schon be-
schriebenen Gerbstoffe verhielt, aber einen höheren Kohlenstoffgehalt
hatte, und aus dem nur noch unbedeutende Mengen Gallussäure isoliert
werden konnten.
1. 0,360 g dieses Präparates gaben 0,6210 g COg und 0,1494 & H30.
2. 0,196 g dieses Präparates gaben 0,3400 g COa und 0,1960 g Ha0.
. Gefunden:
C_ 47,07 47,31%,
H 4,64 4,15 „
Aus der mit Schwefelsäure behandelten Gerbsäurelösung stellte
ich in analoger Weise ein Präparat dar, daß einen noch höheren
Kohlenstoffgehalt, im übrigen aber dieselben Eigenschaften aufwies,
wie die anderen untersuchten Proben.
1. 0,2214 g dieses Präparates gaben 0,404 g COg und 0,097 g H30.
2. 0,2320 g dieses Präparates gaben 0,421 g CO3 und 0,0996 g Ha0.
3. 0,2900 g dieses Präparates gaben 0,5232 g COz und 0,1139 g Ha0.
Gefunden:
1. &% &
C 49,76 49,49 49,20%
H. 4,90 4,80 4,39 „
Diese Zahlen kommen denen, welche von Löwe und Zölffel
für die Ellagengerbsäure erhalten wurden, näher; es scheint, als. ob es
nur verunreinigende Stoffe sind, welche den Unterschied zwischen den
Ellagsäure und Gallussäure liefernden Gerbstoffen bedingen. _Wegen
der Schwierigkeiten, welche die Untersuchung der Gerbstoffe bieten,
waren weitere Bemühungen, genauere Kenntnis über die Zusammen-
K. Alpers: Carpious Betulus L. 61
setzung des Hainbuchenblättergerbstoffs zu erlangen, fruchtlos. Ich
mußte hier deshalb meine Arbeit beschließen und es der Zukunft
anheimstellen, in die Konstitution der Ellagsäure liefernden Gerbstoffe
größeres Licht zu bringen.
Zusammenstellung der Resultate.
1. Die Blätter von Carpinus Betulus L. enthalten einen Gerb-
stoff. der sehr leicht, zum Teil schon in dem Auszug der Blätter mit
verdünntem Weingeist von 40%, Ellagsäure abspaltet.
2. Glykoside oder Alkaloide waren in den Blättern nicht auf-
zufinden.
3. Außer von Weingeist wird die Ellagsäure noch von Methyl-
alkohol und Aceton in einigermaßen bemerkenswerten Mengen gelöst.
Alle übrigen gebräuchlichen Lösungsmittel nehmen die Ellagsäure nur
in Spuren oder garnicht auf.
4. Die Ellagsäure verkohlt erst bei 450—480° ohne vorher zu
schmelzen.
5. Die Krystallform der Ellagsäure wechselt, dem Anschein nach
bestanden die unter dem Mikroskop betrachteten Präparate aus kurzen
rhombischen Prismen und langen prismatischen Nadeln.
6. Die Konstitution der Ellagsäure ist nicht sichergestellt'); die
meiste Wahrscheinlichkeit hat die Formel Graebe’s. Das, bei 100°
entweichende Wasser der lufttrockenen Ellagsäure ist möglicherweise
Anhydrid- und kein Krystallwasser. Die lufttrockene Ellagsäure könnte
danach als Hexaoxydiphenyldikarbonsäure aufgefaßt werden, und der bei
109° entwässerten Substanz käme dann die von Graebe aufgestellte
Formel zu, wäre also das Dilakton der Hexaoxydiphenyldikarbonsäure.
7. Der Hainbuchenblättergerbstoff hat sehr viel Aehnlichkeit mit
der Ellagengerbsäure; er liefert bei der Spaltung außer Ellagsäure Gallus-
säure. Eine glykosidische Natur des Gerbstoffes konnte nicht fest-
gestellt werden; durch diesen Umstand unterschied sich der Hain-
buchenblättergerbstoff wesentlich von dem der Myrobalanen, der
Algarobilla und Dividivischoten.
Die vorliegende Arbeit wurde in der Zeit von Sommer 1903 bis
Winter 1905 in der pharmazeutischen Abteilung des chemischen Instituts
der Universität Münster ausgeführt; Herrn Prof. Kaßner spreche ich
für den mir zuteil gewordenen Rat meinen aufrichtigenDank aus.
1) Vergleiche die Anmerkung auf Seite 587.
602 H. Fühner: Thalleiochinreaktion.
Aus dem pharmakologischen Institut der Universität Wien.
Beitrag zur Kenntnis der Thalleiochinreaktion.
Von Hermann Fühner.
(Eingegangen den 20. X. 1906.)
Die Bemühungen derer, welche sich heute mit dem Studium
der Alkaloidreaktionen befassen, sind fast ausschließlich darauf ge-
richtet, bekannte Reaktionen charakteristischer zu gestalten, oder neue
Nachweismethoden der Alkaloide aufzufinden.
Von einem tieferen Eindringen in das Wesen der Reaktion, von
einer Untersuchung des Chemismus derselben, wird meist abgesehen.
Diese Tatsache wird verständlich, wenn man bedenkt, daß einmal
die Konstitution vieler Alkaloide noch zu wenig bekannt ist, um als
Unterlage zu solchen Untersuchungen zu dienen, daß andererseits viele
Alkaloidreaktionen, die ja meist Farbenreaktionen darstellen, derart
ephemerer Natur sind, daß Zwischenprodukte der Reaktion kaum
isoliert werden können.
In dieser Hinsicht günstiger liegen die Verhältnisse bei der
Murexidprobe der Purinderivate, welche darum von verschiedener
Seite in den letzten Jahren eingehender Untersuchung gewürdigt wurde
und bei der, mit dieser in mancher Hinsicht verwandten Reaktion
verschiedener Chinaalkaloide, der sogenannten Thalleiochinreaktion,
zu deren Verständnis vorliegende Arbeit einen Beitrag liefert.
Das Chinin wurde im Jahre 1820 von Pelletier und Caventou
isoliert. Fügt man zur wässerigen Lösung eines Chininsalzes Chlorwasser
und nachher Ammoniak in bestimmtem Verhältnis, so erhält man eine
smaragdgrüne Lösung oder einen dunkelgrünen Niederschlag.
Diese typische Identitätsreaktion des Chinins entdeckte im Jahre 1835
der Apotheker J. J. Andr& in Metz, welcher im August dieses Jahres
der Pariser Societ€E de pharmacie hierüber Bericht erstattete. Ich lasse
letzteren in seinem französischen Wortlaut folgen:
„Lorsque, dans une solution aqueuse de quinine ou de sel de quinine,
; . on verse un peu de chlore liquide, la solution brunit l&gerement; ....
Le chlore s’empare d’abord de ’ammoniaque unie A la resine de la quinine,
en la forcant & rester en suspension, faute d’un dissolvant; ... mais, en
ajoutant un exc&s de chlore, celui-ci dissout la r&sine suspendue .... Ayant
voulu precipiter par ’ammoniaque faible la resine que je supposais avoir &te
alterde par le chlore, j’obtins un precipite vert, qui se dissolvait & l’instant
H. Fühner: Tballeiochinreaktion. 603
dans la masse du liquide, et lui communiqua une couleur vert @meraude
magnifique!).*
Den unter gewissen Bedingungen bei dieser Reaktion entstehenden
grünen Niederschlag studierte R. Brandes?) eingehender und nannte ihn
Tballeiochin®).
Von den Chinaalkaloiden geben Grünfärbung durch Chlorwasser und
Ammoniak außer dem Chinin das Chinidin, das Cuprein und das mit letzterem
isomere, aus Chinin darstellbare Apochinin.
Wir wissen heute, daß die Chinaalkaloide einen reduzierten Pyridinring
und einen Chinolinring enthalten. Das Chinin selbst besitzt, in Parastellung
zum Stickstoff des Chinolins eine Methoxylgruppe, also den Komplex des
p-Chinanisols.
Im Jahre 1886 machte Zd. H. Skraup“) die Beobachtung, daß durch
diesen Komplex die Thalleiochinreaktion des Chinins bedingt ist.
Wie erwähnt, gibt nicht nur das Chinin, sondern auch das
Cuprein genannte Reaktion. Das Cuprein besitzt an Stelle der
Methoxylgruppe des Chinins nur eine Hydroxylgruppe: statt des
p-Chinanisols das p-Oxychinolin. Diese Tatsache veranlaßte mich, zu
prüfen, ob das p-Oxychinolin gleichfalls die Thalleiochinreaktion gibt,
eine Vermutung, welche ich in der Tat bestätigt fand?).
In letzter Instanz ist also auch die Thalleiochin-
reaktion des Chinins auf das p-Oxychinolin zurück-
zuführen.
Das Studium der Thalleiochinreaktion zerfällt naturgemäß in eine
Untersuchung und Reindarstellung erstens der durch Chloreinwirkung
und zweitens der durch Einwirkung von Ammoniak auf erstere ent-
stehenden Produkte. Sie beschränkt sich heute zweckmäßig auf eine
Untersuchung der Produkte, welche aus p-Oxychinolin und p-Chinanisol
dargestellt werden können, da einmal die Konstitution der China-
alkaloide noch nicht vollständig aufgeklärt, es andererseits aber wenig
wahrscheinlich ist, daß die aus diesen Alkaloiden entstehenden Derivate
in dem in Betracht kommenden Chinolinanteil wesentlich von den hier
zu untersuchenden einfachen Produkten abweichen.
Leider muß ich aus äußeren Gründen gegenwärtige Untersuchung
schon mit dem Studium der p-Oxychinolinderivate abbrechen; beim
p-Chinanisol habe ich nur einige Vorversuche angestellt, welche mir
aber zeigten, daß auch aus diesem ein beständiges Chlorprodukt
gewonnen werden kann.
1) Journal de Pharmacie, 2. eer., T. XXII, p. 133 (1836).
2) Arch. d. Pharm. 2 R., 15, 261 (1838).
8) Irrtümlicherweise nannte Brandes das Produkt „Dalleiochin“,
trotzdem er den Namen, wie er selbst sagt, von duAksıw, grünen, ableitet.
4) Wiener Monatshefte 6, 764 (1886).
5) Ber. d. D. chem. Ges. 38, S. 2713 (1905).
624 H. Fühner: Thalleiochinreaktion.
I. Allgemeiner Teil.
Die Einwirkung von Chlor auf p-Oxychinolin ist von Th. Zincke').
in Gemeinschaft mit seinen Schülern eingehend studiert worden.
Die negative Hydroxylgruppe des p-Oxychinolins wirkt auf die
eintretenden negativen Chloratome orientierend in der Weise ein, daß
das erste und zweite Chloratom in die der Hydroxylgruppe benach-
barte ana (5)-Stellung, weitere Chloratome dann in meta (7)- und ortho
(8)-Stellung eintreten.
Als Endprodukt der Chlorierung des p-Oxychinolins (I) erhielten
Zincke und Müller ein Tetrachlorketohydrochinolin (IV). Zwischen-
stufen zu diesem mußten ein Monochloroxychinolin (II), und ein
Dichlorketochinolin (III) sein.
CH ca
eat ah F-secend, OH
a nn u
N CH N @
I II.
COls CCls
MER, co RS co
ya eh cHcı
N & N ca
II IV.
Zincke nahm die Chiorierung in Eisessiglösung vor, wobei er
das erwartete Monochloroxychinolin direkt isolieren konnte, während
ihm die Darstellung des Dichlorketons nicht gelang.
Entsprechend der Anwendung von Chlorwasser bei der Thalleiochin-
reaktion ließ ich Chlor auf p-Oxychinolinchlorhydrat in wässeriger
Lösung einwirken. Hierbei bildet sich nahezu ausschließlich das in
kaltem Wasser fast unlösliche, in Eisessig aber leichtlösliche und
darum von Zincke nicht erhaltene Dichlorketochinolin.
CH Ccl
Ten aß:ÖH Ir Bon
hend “ +ha=-|.| + Hal
en
N CH C
Morochloroxychinolin
CcCi CCl
ine Tl OH Di
Ile + - Care
eg Sihusso
CH N CH
ve 4 Dichlorketocbinolin.
1) Liebigs Annal. d. Chem, 264, 201 (1891) und 290, 321 (1896).
H. Fühner: Thalleiochinreaktion. 605
Ein diesem Dichlorketon isomeres Dichloroxychinolin (V) bekam
Zincke durch Reduktion von Trichlorketochinolin (VI), welches
durch Salzsäureabspaltung aus dem Tetrachlorketohydrochinolin (IV)
gewonnen wird.
Gel CClg
esta: OH anne 00
en | If
60 Kiel Slonı
N CH N CH
VW ME
00% cc
Ed an
EL), on,
Gul N ca
vu VII
Dieses Dichloroxychinolin ist in seinen Eigenschaften vollständig
verschieden von dem isomeren, von mir dargestellten Produkte. Es
läßt sich als Phenol acetylieren und schmilzt bei 217°.
Das von mir erhaltene Produkt schmilzt hingegen bei 58° und
erinnert schon durch diesen niedrigen Schmelzpunkt an die von
Zincke dargestellten Ketone, von denen das Trichlorketon (VI) bei
105°—106°, das Tetrachlorketon (VII) bei 82°—83° schmilzt, während
‘das Monochloroxychinolin (IT) bei 198°, das Trichloroxychinolin (VIII)
bei 244° schmelzen.
Das Dichlorketon verhält sich auch sonst genau den Zincke’schen
Ketonen entsprechend: Es spaltet beim Kochen mit Wasser oder
verdünntem Alkohol unterchlorige Säure ab und geht in das Monoehlor-
oxychinolin (II) über, das, wie erwähnt, bei Chlorierung in Eisessig
direkt erhalten wird.
CO; cc
SEE
| | H = | = + C1:OH
Su nzH Sn. =0H
N CH N CH
Dichlorketochinolin. Monochloroxychinolin.
Wie Zincke sein Dichloroxychinolin durch Erhitzen des Trichlor-
ketochinolins mit einer Lösung von Natriumbisulfit erhielt, so konnte
ich das Monochlorprodukt aus dem Dichlorketon erhalten.
C9NH;Clg0 + NaHSO; + H30 = CgNH,CIOH + NaCl + H,SO,
Behandelt man das salzsaure Salz des Monochloroxychinolins in
wässeriger Lösung mit Chlor, so entsteht wieder das Dichlorketochinolin.
606 H. Fühner: Thalleiochinreaktion.
Wie die Chlorketochinoline von Zincke reagiert auch das
Dichlorketochinolin leicht schon in der Kälte in alkoholischer oder
alkoholisch-wässeriger Lösung mit primären Aminen, hingegen nicht
mit sekundären. Mit Hydroxylaminchlorhydrat bildet sich ein braunes,
mit Methylamin ein rotes Produkt, welches in alkoholischer Lösung
stark orangerote, an Eosin erinnernde Fluoreszenz besitzt.
Eingehender wurde die Einwirkung von Anilin auf das Dichlor-
ketochinolin studiert. Hierbei entsteht in alkoholischer oder essig-
saurer Lösung ein Monanilid, das nach den Untersuchungen und
Erfahrungen vonZincke bei seinem Trichlorketochinolin die For el eines
Monochlor - p-oxychinolylphenylamins (Anilidomonochloroxychinolins)
besitzen muß. ccı
—>"=0.08
|
SI _—n CH
N Ü
NH.CoH,
Durch ihre Färbung interessant sind die mit ß-Naphtylamin und
p-Amidochinolin entstehenden Kondensationsprodukte. Letzteres ist
braungrün, ersteres chlorophyligrün gefärbt; durch diese Färbung
erinnern die Produkte an das durch Ammoniakeinwirkung auf das
Dichlorketochinolin sich bildende blaugrüne, dem Thalleiochin ent-
sprechende Produkt. Vorübergehende Grünfärbung beobachtet man
auch beim Zusammenbringen des Dichlorketons mit p-Phenylendiamin
und ebenso mit Anilin.
Die alkoholischen oder alkoholisch-wässerigen Lösungen des
Dichlorketochinolins geben mit Ammoniak die für die Thalleiochin-
reaktion typische Grünfärbung. Dieses Dichlorketon muß in
der mit Öhlorwasser versetzten Lösung des p-OÖxychinolins
vorhanden sein, damit durch Ammoniak eine smaragdgrüne
Färbung zustande kommt. Die Lösungen des Monochloroxychinolins
geben mit Ammoniak keine Grünfärbung. Höher gechlorte Produkte,
die mit Alkalien Grünfärbung geben, wie dies Zincke z. B. am
Tetrachlorketochinolin beobachtete, werden in der wässerigen Lösung
nicht gebildet.
Sind die Lösungen des Dichlorketons genügend konzentriert und
nicht zu stark alkoholhaltig, so setzt sich nach Zusatz von Ammoniak
nach längerem Stehen ein blauer amorpher Niederschlag ab, welcher
dem Thalleiochin von Brandes entspricht, und für welchen ich den
Namen Thalleiochinolin vorschlagen möchte. Für die Derivate
kämen dann die Namen Methylthalleiochinolin bezw. Thalleiochinanisol,
Thalleiocuprein, Thalleiochinidin in Betracht.
H. Fühner: Thalleiochinreaktion. 607
Das Thalleiochinolin löst sich, wie dies in gleicher Weise vom
Thalleiochin bekannt ist, in Säuren mit weinroter bis rotbrauner Farbe
auf. Uebersättigt man die saure Lösung mit einem Alkali, z. B. Baryt-
wasser, Natronlauge oder Natriumkarbonat, so entsteht wieder ein
blaugrüner Niederschlag. Setzt man aber zu der ursprünglichen
Lösung des Dichlorketons ein anderes Alkali als Ammoniak, so be-
obachtet man höchstens rasch vorübergehende, niemals aber beständige
Blaufärbung. Auch diese unbeständige Blaufärbung konnte ich nur
durch Barytwasser, nicht aber durch Nätriumkarbonat oder Natron-
lauge erhalten. Für das Verständnis der Reaktion durch Ammoniak
ist es wichtig, daß die charakteristische Blaufärbung nicht nur durch
dieses, sondern auch durch andere Alkalien hervorgebracht werden
kann. Der rasch verschwindenden Blaufärbung folgt eine braune
Fällung, welche man durch Natronlauge und Natriumkarbonat von
vornherein erhält, und welche unter Umständen auch durch Ammoniak
entsteht).
Aehnliche braune Produkte hat schon s. Z. Brandes beim
Chinin beobachtet und nannte sie Rusiochin und Melanochin.
Die Bildung von Thalleiochinolin aus dem Dichlor-
ketochinolin gelingt also mit keinem anderen Alkali außer
mit Ammoniak.
Schon diese Beobachtung führt zu der Annahme, daß der
Ammoniakstickstoff einen integrierenden Bestandteil des Thalleio-
chinolinmoleküls bildet, was durch die Analyse der Verbindung be-
stätigt wird.
Es gelang mir nicht, ein absolut chlorfreies Präparat herzustellen.
Ich fand 1—1,5% Chlor. Dieses dürfte als Ammoniumchlorid vor-
handen sein, kann aber durch Auswaschen nicht vollständig entfernt
werden. Praktisch ist das Thalleiochinolin chlorfrei und die für
Kohlenstoff, Wasserstoff und Stickstoff ermittelten Werte stimmen am
1) Die genaueren Bedingungen, unter welchen sich das blaue oder
braune Produkt bilden, sind folgende: Setzt man zur Lösung des Dichlor-
ketons tropfenweise sehr verdünntes Ammoniak unter Umschütteln, so bekommt
man, auch wenn schließlich ein Ueberschuß von Ammoniak vorhanden ist,
niemals grünes, sondern nur braunes Produkt. Zur Erzielung des grünen
Produktes muß man einen Ueberschuß von Ammoniak auf einmal zusetzen.
Ich möchte diese Reaktion empfehlen zur Demonstration des Einflusses der
„partiellen Absättigung“, welcher in der Kolloidchemie große Bedeutung
zukommt.
Ein weiteres Studium der Thalleiochinreaktion müßte zweckmäßig mit
der Untersuchung dieser leicht zugänglichen braunen Produkte einsetzen und
deren Verhältnis zu dem grünen Körper feststellen.
608 H. Fühner: Thalleiochinreaktion.
besten auf die Formel: Ci H1Ns02. Die Formel C,H; N5Ö0 paßt,
abgesehen von anderen Gründen, wegen ihres höheren Wasserstoff-
gehaltes weniger gut zu den Ergebnissen der Analyse.
Die Formel OgH3NaO kommt dem Aminooxychinolin zu. Ein
5-Amino-6-Oxychinolin (s. u.) ist von Math&us!) beschrieben worden.
Dieses Produkt ist farblos und krystallisiert . mit zwei Molekülen
Wasser. Erhitzt man, so entweicht das Krystallwasser und der Rück-
stand färbt sich grün. Vielleicht findet hier zugleich mit dem Wasser-
verlust Oxydation und Uebergang zum Thalleiochinolin ‘oder einem
ähnlichen Produkte statt.
2C9HgN50 + O = CjeH1N40s + Hy.
Sehr wichtig zum Verständnis der Konstitution des Thalleio-
chinolins erscheint mir die Beobachtung von Math&us?), daß auch das
aus dem 5-Amino-6-Oxychinolin durch Oxydation entstehende 5,6
(B)-Chinolinchinon mit Ammoniak Blaufärbung gibt.
CNH3 co
Pe:
N CH N CH
5-Amino-6-Oxychinolin. 5,6-Chinolinchinon.
Bei dieser Reaktion, auf welche ich in einem Anhang zu dieser
Arbeit zurückkommen werde, entsteht jedenfalls ein, dem Thalleio-
chinolin sehr nahestehendes, vielleicht mit ihm identisches Produkt.
Ein Teil des Stickstoffs im Thalleiochinolin kann durch Baryum
oder Natrium ersetzt werden. Erhitzt man das Produkt mit Natron-
lauge, so entweicht Ammoniak. Das Thalleiochinolin ist also ebenso
wie das Murexid ein Ammoniumsalz.
Wie für die Cyanine®) muß man, schon wegen seiner gleichfalls
intensiven Färbung, im Molekül des Thalleiochinolins zwei Chinolin-
kerne annehmen, welche bei den Oyaninen wahrscheinlich durch eine
CH-Brücke in T-Stellung, hier durch eine N-Brücke in p-Stellung
verbunden sind.
Entsprechend der empirischen Formel CjsH,4 N403 möchte ich
die beiden folgenden Konstitutionsformeln zur Diskussion stellen:
Erstens die eines Indamins (I) und zweitens die eines Oxazons (II).
ı) Ber. d. D. chem. Ges. 21, 1646 (1888).
2) Ibidem 8. 1887.
8) A. Miethe u. G. Book, Ber. d. D. chem. Ges. 37, 2008, 2821 (1904)
und 38, 3804 (1905). W. Koenig, Journ. f. prakt Chem. (2) 73, 100 (1906).
H. Fühner: Thalleiochinreaktion. 609
Dichinolylindaminammoniak. Dichinolyloxazonammoniak.
In beiden Formeln ist der Eintritt des die Chinolinkomplexe
verbindenden Stickstoffs in Parastellung zum Chinolinstickstoff')
angenommen und zwar wegen der Aehnlichkeit des Thalleiochinolins
mit den einfachen Chinonimidfarbstoffen. Für die tertiäre Natur dieses
Brückenstickstoffs lassen sich ähnliche Argumente geltend machen, wie
für das entsprechende Stickstoffatom des Murexids, auf welchen
Körper ich weiter unten zurückkommen werde.
Die chromophore Gruppe in beiden Formeln ist diejenige des
Chinondiimids: REN
—N=C C=N—
Als notwendige Voraussetzung zum Zustandekommen des Thalleio-
chinolins aus dem Dichlorketochinolin erscheint es mir, daß dieses
wenigstens zum Teil beim Behandeln mit Ammoniak in das 5, 6-Chinolin-
chinon übergeht, und letzteres dann, vielleicht durch die freiwerdende
Salzsäure, zum entsprechenden Hydrochinon reduziert wird. Die
Bildung von Indophenolen und Oxazinen aus Chinonchlorimiden und
Phenolen ist bekannt, und könnten ähnliche Kondensationen auch hier
stattfinden. Als Zwischenstufe zum Thalleiochinolin wäre auch an eine
Chinonimidbildung zu denken, wie solche bei der Ammoniakeinwirkung
auf Alizarin bekannt ist?), vor allem aber halte ich intermediäre Chin-
hydronbildung für sehr wahrscheinlich. Für eine solche möchte ich
jedenfalls die vorübergehende Blaufärbung durch Barytwasser an-
sehen. Das unbeständige Chinhydron geht bei Ammoniakeinwirkung
in das gleichgefärbte Thalleiochinolin, bei der Einwirkung von Baryt-
wasser in das früher erwähnte braune Produkt über.
Mitbestimmend für die Aufstellung obiger Formeln für das
Thalleiochinolin waren die Resultate der neueren Untersuchungen über
die Konstitution des Murexids.
1) Die obenerwähnte Entstehung eines grünen Produktes — vielleicht
des Thalleiochinolins — aus dem 5-Amino-6-Oxychinolin scheint a priori
gegen den Eintritt des N in 6-Stellung zu sprechen. Doch wird, wie oben
angegeben, das Aminooxychinolin leicht zum 5,6-Chinolinchinon cxydiert,
wobei Ammoniak abgespalten wird, von welchem man dann wieder Einwirkung
in 6-Stellung annehmen kann.
2) R. Scholl und M. Parthey, Ber. d. D. chem. Ges. 39, 1201 (1906).
Arch. d. Pharm. CCXXXXIV. Bds. 8. Heft. 39
610 H. Fühner: Thalleiochinreaktion.
Das Murexid ist bekanntlich ein Ammonsalz, wie das Thalleio-
chinolin, und zwar das Ammonsalz der Purpursäure. Ein letzterer .
entsprechendes Phenol muß in der rotgefärbten sauren Lösung des
Thalleiochinolins angenommen werden.
Die Murexidprobe, als Reaktion der Purinderivate, wird in
ähnlicher Weise angestellt, wie die Thalleiochinreaktion. Man behandelt
das Purinderivat zuerst mit einem Oxydationsmittel — Salpetersäure
oder auch Chlorwasser — und nachher mit Ammoniak.
Für das Murexid kommen nach den Untersuchungen von
O. Piloty und K. Finckh!) zwei Formeln in Betracht, erstens die
eines Ketonimids (I) und zweitens die eines Oxazons (II):
eirzs I.
C-ONH, co C-ONH, Ö
HN ” ei cCuN=g = ei NH HN N NER NH
oc ICH" OL yI0O 00. ..co oCL; ziCH
NH NH NH NH
Während Piloty die Formel des Oxazons vorzieht, entscheidet
sich R. Möhlau?) hauptsächlich wegen der Unbeständigkeit des
Murexids und der außerordentlichen Labilität der Purpursäure für die
erste Formel, zu welcher ebenfalls M. Slimmer und J. Stieglitz?)
auf Grund ihrer Ueberlegungen und Beobachtungen gelangen.
Das Thalleiochinolin ist zwar, bedingt durch seinen aromatischen
Charakter, beständiger als das Murexid, doch besitzt es immerhin
nicht die Beständigkeit der Oxazone. Noch mehr aber, als die geringe
Beständigkeit, dürfte folgende Beobachtung zugunsten der Indamin-
formel für das Thalleiochinolin sprechen:
Löst man dasselbe in Eisessig und versetzt mit überschüssigem
Anilin, so findet Kondensation schon in der Kälte statt und man
erhält eine durch Natronlauge in Form roter Flocken ausfallende Base,
welche leicht mit Aether auszuschütteln ist. Verdampft man den
Aether, so hinterbleibt ein krystallinischer Rückstand, dieser löst sich
in konzentrierter Schwefelsäure mit blaugrüner Farbe, welche beim Ver-
dünnen mit Wasser in ein schönes Violettrot übergeht. Die Substanz bildet
also einsäurige rote und mehrsäurige blaue Salze, zeigt somit das
Verhalten der Azine.*) Azinbildung ist bekanntlich eine typische
1) Liebigs Annal. d. Chem. 333, 22 (1904).
2) Ber. d. D. chem. Ges. 37, 2686 (1904).
8) Amer. Chem. J. 31, 661 (1904).
4) Einen ähnlichen mehr braun gefärbten basischen Körper mit den
Eigenschaften der Azine erhielt ich als Nebenprodukt bei der Einwirkung
H. Fühner: Thalleiochinreaktion. 611
- Eigenschaft der Indamine und es erscheint die Entstehung genannter
Base als Argument für die Auffassung des Thalleiochinolins als eines
Indamins.
Ich halte darum die Formel I für den besten Ausdruck
unserer gegenwärtigen Kenntnis der Eigenschaften des
Thalleiochinolins. -
Zur chemischen Charakterisierung der Thalleiochin-
reaktion läßt sich auf Grund meiner Untersuchungen
zusammenfassend folgendes aussagen:
Die erste Phase der Reaktion besteht, jedenfalls beim
p-Oxychinolin, voraussichtlich auch beim Cuprein, in der
Bildung eines Dichlorketons durch Chlorwasser. Aus
diesem entsteht in der zweiten Phase durch Ammoniak-
einwirkung ein Chinonimidfarbstoff. Wie aber das Chlor-
substitutionsprodukt der in der Phenolgruppe methylierten,
Derivate, p-Chinanisol und Chinin konstituiert sein wird,
läßt sich nicht voraussagen und muß durch weitere Versuche
aufgeklärt werden.
II. Experimenteller Teil.
5, 5-Dichlor-6-Ketochinolin.
(Dichlor-p-Ketochinolin).
CCis
N sah co
| |
ee
N CH
Ein Teil nach den Angaben von Skraup!) vermittelst Zinn-
chlorür und Schwefelwasserstoff gereinigtes p-Oxychinolinchlorhydrat
wird in dreißig Teilen kaltem Wasser gelöst; in die nahezu farblose
Lösung wird ein lebhafter Chlorstrom eingeleitet. Eiskühlung ist
überflüssig. Verläuft der Prozeß normal, so bildet sich schon in den
ersten Minuten eine Krystallhaut auf der Oberfläche der Flüssigkeit,
von Anilin direkt auf das Dichlorketochinolin und auch auf das entsprechende
Chinolinchinon. Vergl. hierzu meine Untersuchung im Archiv f. exp. Pathol.
und Pharmakol. 55, 27 (1906). Chinolinazine sind schon mehrere beschrieben.
So von@. Wichern, Chinolinazine, Dissert. Hamburg 1905, und W. Meigen
und E. Nottebohm, Ber. d. D. chem. Ges. 39, 744 (1906).
1) Wiener Monatshefte, 3, 531 (1883).
34*
+
612 H. Fühner: Thalleiochinreaktion.
welche allmählich dicker wird, und bald zeigen sich in der Lösung -
reichlich krystallinische Flocken.
Es kann vorkommen, daß die Krystallabscheidung nicht erfolgt,
wie hier angegeben. Dann zeigt sich erst nach längerer Zeit am
Boden des Gefäßes ein gelbes Oel, das später krystallinisch erstarrt,
und zugleich beobachtet man schwefelgelbe Krystallmassen in der
Flüssigkeit. Die ausgeschiedenen Krystalle werden auf einem Filter
gesammelt und mit kaltem Wasser gewaschen. Gießt man auf die
schwefelgelbe krystallinische Masse Wasser, so entweicht Chlor unter
Aufschäumen und es bleiben farblose Krystalle auf dem Filter zurück,
wie man sie bei normalem Verlauf der Chlorierung sogleich erhält.
Es empfiehlt sich, zuerst nur eine kleine Menge p-Oxychinolin
zu chlorieren. Von diesem Produkt setzt man dann einige Krystalle
der zu chlorierenden größeren Menge Lösung zu, um gleich krystallinische
Ausscheidung des Dichlorketons zu bekommen.
Das krystallinische Produkt wird zwischen Filtrierpapier gut
ausgepreSt und im Vakuum über Schwefelsäure und Kali getrocknet.
Ein Teil des gebildeten Dichlorketons bleibt im Wasser gelöst
zurück; man schüttelt dasselbe zu dessen Gewinnung mit Aether oder
Benzol aus und verdampft diese Lösungen, aus welchen sich das
Produkt in großen durchsichtigen Krystallen ausscheidet.
Auf diese Weise erhält man im ganzen 60% der Theorie an
Dichlorketonbase.
Das Dichlorketochinolin krystallisiert aus Petroläther in oft
mehrere Zentimeter langen Prismen mit zugespitzten Enden oder in
Tafeln mit abgestumpften Ecken. Die Krystalle sind nie ganz farblos,
sondern schwach blaßgrün gefärbt. In vollkommen trockenem Zustande
bleiben sie lange unverändert durchsichtig; an der Luft werden sie
bald trüb und undurchsichtig und bräunen sich unter Zersetzung.
Der Schmelzpunkt der Base liegt bei 58°"). Sie ist leicht löslich
in den meisten organischen Lösungsmitteln, schwerer in Petroläther.
Sie löst sich wenig in kaltem, ziemlich leicht in heißem Wasser. Die
Lösung in heißem Wasser färbt sich gelb, bei längerem Stehen rot,
hierbei findet Abspaltung von unterchloriger Säure statt, durch
Jodkalilösung nachweisbar.
Die Ergebnisse der Analyse sind:
1. 0,1547 g der im Vakuum über Schwefelsäure und Kali getrockneten
Substanz lieferten 0,2888 CO, und 0,0383 Hs0.
2. 0,1588 g lieferten 0,2963 CO, und 0,0391 Hs0.
!) Sämtliche Schmelzpunkte sind mit gekürzten Graebe-Anschütz-
schen Thermometern bestimmt, also korrigiert.
H. Fühner: Thalleiochinreaktion. 613
3. 0,1445 g lieferten 8,79 ccm N bei 21,40 und 762,5 mm.
4. 0,3196 g lieferten 0,4322 AgCll).
Berechnet für Gefunden:
CoHs ON Ölg: 1; 2, g; 4.
Cg 108,00 50,47 50,91 50,89 _ —
H, 5,04 2,35 2,76 2,75 _ _-
N 14,04 6,56 _ _ 6,97 -
Ca 709 33,14 _ _ — 33,43
16) 16,00 7,48 _ _ — —
213,99
Salzsaures Salz C,H,ON CI, HCl. Löst man die Base in
Eisessig oder Aceton und setzt konzentrierte Salzsäure tropfenweise
zu, so fällt das Chlorhydrat krystallinisch aus. Aus Eisessig kann
man schön ausgebildete größere Krystalle in Würfelform von blaßgelber
Farbe erhalten. Das Chlorhydrat färbt sich bei etwa 180° rot und
schmilzt über 240° unter Zersetzung.
Analysenwerte:
1. 0,1544 g Substanz, im Vakuum über Schwefelsäure und Kali
getrocknet, lieferten 0,2474 COg und 0,0359 Ha0.
2. 0,1465 g Substanz lieferten 7,93 com N bei 20,40 und 763 mm.
3. 0,1570 g Substanz lieferten 0,2732 g AgCl. »
Berechnet für Gefunden:
CgHg ON Olg: ı 2. 3:
Co, 108,00 43,12 43,65 — _
He 6,05 2,41 2,58 _ —_
N 14,04 5,61 _ 6,23 _
Cl, 106,36 42,47 — _ 43,02
6) 16,00 6,39 _ _ _
250,45
5-Chlor-6-Oxychinolin.
(Monochlor-p-Oxychinolin.)
ccı
Bee
CH
aulllen GB
Kocht man das Dichlorketochinolinchlorhydrat mit verdünntem
Alkohol am Rückflußkühler, so färbt sich die Flüssigkeit erst gelb,
dann braun. Nach mehrstündigem Kochen verdampft man die Lösung
zur Trockne, löst den Rückstand in verdünnter Salzsäure und fällt
mit Natriumacetat. Das Chloroxychinolin fällt filockig krystallinisch
1) Chlorbestimmungen mit Kalk und Soda nach Piria und Schiff.
614 H. Fühner: Thalleiochinreaktion.
aus, ist gelb gefärbt und wird durch Kochen mit Tierkohle in
alkoholischer Lösung gereinigt. In analysenreiner Form erhält man _
das Produkt durch wiederholtes Umkrystallisieren aus verdünntem
Alkohol. Als ich die Dichlorketonbase in gleicher Weise mit ver-
dünntem Alkohol kochte, erhielt ich harzige Schmieren.
Ein gleich viel reineres Monochlorprodukt erhält man, wenn man
das gepulverte Dichlorketon in eine heiße Lösung von Natrium-
bisulfit einträgt und bis zur vollständigen Lösung erhitzt. Die heiße
gelbe Lösung fällt man mit Natriumacetat. Um zu einem analysen-
reinen Produkt zu gelangen, muß man aber auch hier mit Tierkohle
kochen und wiederholt aus verdünntem Alkohol umkıystallisieren.
Das auf diese Weise hergestellte Monochloroxychinolin
entspricht in seinen Eigenschaften genau dem von Zincke und Müller!)
aus dem p-Oxychinolin durch Chlorierung in Eisessiglösung direkt
erhaltenen Produkte, ist also mit diesem identisch. Der genauen
Beschreibung gerannter Autoren kann ich nichts Neues hinzufügen
und wiederhole sie in den wesentlichen Punkten:
Das Monochloroxychinolin bildet nahezu farbloseNadeln vom
Schmelzpunkt 198°, welche bei höherer Temperatur unzersetzt
sublimieren. Es hat sowohl die Eigenschaften einer Base, wie die
eines Phenols; bildet mit Mineralsäuren gut charakterisierte Salze und
löst sich in kohlensauren Alkalien. Mit Essigsäureanhydrid entsteht
eine Acetylverbindung.
Die Analyse der im Vakuum über Schwefelsäure getrockneten
Substanz ergab:
1. 0,1862 g Substanz lieferten 0,4073 COsz und 0,0634 Hs0.
2. 0,2793 g Substanz lieferten 0,2231 Ag0l.
Berechnet für Gefunden:
Co He ONCI: il 2.
Gy 108,00 60,15 59,66 —
He 6,05 3,37 3,81 —
N 14,04 7,82 -- _
Cl 35,45 19,75 —_ 19,76
10) 16.00 891 —_ —
179,54
Das Chlorhydrat wie das Sulfat sind schwefelgelb gefärbt und
krystallisieren leicht.
Durch Kochen mit Essigsäureanhydrid und Umkrystallisieren aus
verdünntem Alkohol erhält man ein Acetylprodukt in farblosen Nadeln,
welche bei 100° schmelzen.
1) Liebigs Annal. d. Chem. 264, 211 (1891).
H. Fühner: Thalleiochinreaktion. 615
5-Chlor-6-Oxy-8-Anilidochinolin.
(Monochlor-p-oxychinolylphenylamin.)
dr ae pet
bin aaa
N Ü
HE
Ein Teil Dichlorketon wird in 25 Teilen Alkohol kalt gelöst
und ein Ueberschuß Anilin (2,5 Teile) zugegeben. Die Mischung färbt
sich erst olivgrün, aber bald rotbraun. Gelinde Erwärmung derselben
ist zu beobachten. Man digeriert eine Stunde lang bei 50° und läßt
dann 24 Stunden stehen; versetzt darauf mit verdünnter Essig-
säure bis sich Trübung der Flüssigkeit zeigt, dann mit Wasser, so-
lange Fällung eintritt. Schwarze Krystallmassen setzen sich an der
Glaswand ab. Man löst diese nach Entfernung des Wassers in wenig
heißem Alkohol und setzt zu der heißen Lösung konzentrierte Salzsäure.
Bald beginnt Krystallisation und nach einiger Zeit ist die Flüssigkeit
zum Krystallbrei erstarrt. Dieser wird nach dem Erkalten abgesaugt
und erst mit verdünntem Alkohol, welcher mit etwas Salzsäure ver-
setzt ist, später mit Wasser gewaschen. Der krystallinische Kuchen
besteht aus dem braunrot gefärbten Chlorhydrat des Monanilids. Man
erhitzt dasselbe mit Natriumacetatlösung, wodurch die freie Base in
Form gelber bis kellbrauner Flocken ausgeschieden wird. Zu ihrer
Reinigung kocht man in alkoholischer Lösung mit Tierkohle und
krystallisiert wiederholt aus verdünntem Alkohol um.
Aus dem alkoholisch-salzsauren Filtrat kann sich bei längerem
Stehen — durch Wasserzusatz begünstigt — noch etwas rotes Chlor-
hydrat abscheiden.
ı Die stark gefärbte Lösung bleibt nach Ausscheidung
des Chlorhydrats beim Zusatz von Wasser vollständig klar. Neutra-
lisiertt man diese Lösung mit Natronlauge, so findet Abscheidung
rotbrauner Flocken statt, welche in überschüssigem Alkali unlöslich
sind, und leicht mit Aether ausgeschüttelt werden können. Aus Aether
erhält man nach dem Verdampfen desselben einen z. T. krystallinischen
Rückstand, welcher sich in konzentrierter Schwefelsäure mit blau-
grüner Farbe auflöst. Verdünnt man diese Lösung mit Wasser, so
geht die Farbe in Blutrot über. Die Lösungen fluoreszieren nicht.
Ein einfaches Dianilid scheint hier nicht vorzuliegen: wahrscheinlich
hat Azinringschließung stattgefunden.
Auf ein ähnliches Produkt, welches ich aus dem Thalleiochinolin
‘erhielt, komme ich bei diesem zurück.
616 H. Fühner: Thalleiochinreaktion.
Aehnlich wie Zincke bei seinem Anilidodichlorchinolin
(l. e. p. 219) kann man bei vorliegendem Monanilid verschiedene .
Formen unterscheiden. Löst man das Produkt in Alkali und fällt
mit Essigsäure aus, so ist der flockig-krystallinische Niederschlag blaß
schwefelgelb gefärbt. Beim Abfiltrieren wird er hellbraun. Krystallisiert
man aus Alkohol um, so scheiden sich erst derbe, dunkelbraune
Krystallnadeln aus; später, bei vermehrtem Wasserzusatz feine gelbe
Nadeln mit grünem Öberflächenglanz. Beide Produkte, gepulvert und
im Exsikkator längere Zeit scharf getrocknet, haben den Schmelz-
punkt 127°—128°.
Chlorhydrat und Sulfat sind in heißem saurem Wasser
löslich und kıystallisieren beim Erkalten aus demselben in kleinen
zinnoberroten Krystallen aus. Durch heißes Wasser werden die
Salze zerlegt.
Die Analyse der Base ergab:
1. 0,1095 g Substanz lieferten 0,2668 CO, und 0,0480 Hs0.
2. 0,2430 g Substanz lieferten 0,1250 AgCl.
Berechnet für Gefunden:
Cj5Hy ON Cl: 1. 2.
Cs 180,00 66,52 66,46 _
H;ı 11,08 "4,09 4,90 —_
Na 28,08 10,38 -- —_
Cl 35,45 13,10 _ 12,72
Ö 16,00 5,91 _ _
270,61
Thalleiochinolin.
(Dichinolylindaminammoniak.)
co NH,0—C
ARTEN See
|
eh aloe nel ae
N CH CH,
2g Dichlorketochinolinchlorhydrat werden in 80 ecm Weingeist
kalt gelöst. Die Lösung wird mit 600 ccm destillierten Wassers ver-
dünnt, dann sofort mit 40 ccm (15 %igem) Ammoniak auf einmal ver-
setzt und gut gemischt. Nachdem sich der blaugrüne flockige Nieder-
schlag gebildet hat, wird mit verdünnter Essigsäure neutralisiert und
filtriert'). Der Filterrückstand wird mit destilliertem Wasser in ein
hohes Gefäß gespült und mit destilliertem Wasser verrührt. Nach
etwa fünf Stunden hat sich der Niederschlag gut abgesetzt; die braun-
1) Absaugen läßt sich das Produkt nicht.
H. Fühner: Thalleiochinreaktion. 617
grüne Flüssigkeit wird abgehebert und neues Wasser zugesetzt. Zum
Auswaschen der hier vorhandenen Menge Thalleiochinolin habe ich
zehn Liter Wasser verwandt; trotzdem erwies sich das Präparat bei
der Analyse als nicht absolut chlorfrei.
Nach dem Dekantieren wird der Niederschlag auf ein gehärtetes
Filter gebracht, die Hauptmenge Flüssigkeit mit Filtrierpapier
abgesaugt, und darauf das Filter im Vakuumexsikkator über Schwefel-
säure und Kali getrocknet.
Die Ausbeute aus 2 g Chlorhydrat betrug etwa 0,8 g Ammon-
salz, d. h. 30% der Theorie. Rechnet man die beim Dekantieren
unvermeidlichen Verluste hinzu, so kann man annehmen, daß 40—50%
des Dichlorketons in Thalleiochinolin übergehen.
In der hier angegebenen Weise habe ich meine zwei Analysen-
präparate dargestellt. Für erneute Darstellung würde ich vorziehen,
die Dichlorketonbase (nicht das Chlorhydrat) in wenig Alkohol zu
lösen, dann die zur Chlorhydratbildung genügende Menge verdünnter
Salzsäure zuzusetzen und nach dem Verdünnen mit wenig Wasser
in überschüssiges Ammoniak einzugießen. Das Dichlorketon muß
sofort mit einem Ueberschuß von Ammoniak zusammentreffen,
sonst bildet sich kein Thalleiochinolin. Löst man das Dichlor-
keton in Alkohol, setzt Salzsäure im Ueberschuß zu und dann
tropfenweise langsam Ammoniak, so beobachtet man erst Gelb- dann
Braunfärbung der Flüssigkeit und schließlich bei Ammoniaküberschuß
die Entstehung eines braunen Niederschlages.
Das Thalleiochinolin CjsHı4N4032 ist amorph und bildet
zerrieben ein dunkelblaues, hygroskopisches Pulver ohne Metallglanz.
Auf dem Platinblech erhitzt, schmilzt es nicht. Es verbrennt sehr
schwierig ohne Rückstand. Mit Natronlauge erhitzt, entweicht
Ammoniak. Das Thalleiochinolin löst sich in Wasser, Aether, Chloro-
form, Essigester und Petroläther nur spurenweise, etwas mehr in
Alkohol. In Alkalien löst es sich in der Kälte kaum, mehr in der
Wärme, wobei Zersetzung (Braunfärbung) eintreten kann. Frisch
bereitete, noch nicht getrocknete Präparate sind gegen Aikalien
beständiger als solche, die bei 110° getrocknet wurden. In Mineral-
säuren löst sich das Thalleiochinolin mit karminroter bis rotbrauner
Farbe. Kocht man verdünnte saure Lösungen und tällt dann wieder
mit Alkali, so ist die Fällung häufig nicht mehr rein blaugrün, sondern
zum Teil braun.
Suspendiertt man Thalleiochinolin in Ammoniak und leitet
Schwefelwasserstoff ein, so findet Reduktion unter Braunfärbung statt.
Das gebildete Produkt wird an der Luft wieder grün.
Die Analysen 1, 2, 3 sind von einem, 4 von einem zweiten
618 H. Fühner: Thalleiochinreaktion.
Präparate gemacht. Die Substanzen wurden im Vakuumexsikkator
über Schwefelsäure und Kali bis zur Gewichtskonstanz getrocknet.
Analyse 1 wurde mit diesem bei gewöhnlicher Temperatur getrockneten
Präparate ausgeführt; zu den übrigen Bestimmungen wurden die
Substanzen erst noch drei Stunden lang bei 105—110° getrocknet.
1. 0,1856 g Substanz lieferten 0,4523 COa und 0,0714 Hs0.
2. 0,3202 g Substanz lieferten 0,7839 COg und 0,1087 Hs0.
3. 0,1239 g Substanz lieferten 18,79 ccm N bei 21,40 und 754 mm.
4. 0,1918 g Substanz lieferten 0,4682 COs und 0,0679 Hs0.
Berechnet für Gefunden:
Cs Hy N Oz: 1; 2. 3. 4.
Cs 216,00 67,89 66,46 66,77 — 66,58
Hu 1411 4,43 4,30 3,79 — 3,96
N, 56,16 17,64 — —_ 17,47 _
O5 32.00 10,05 — —_ _
318,27
Die Analysen ergaben einen zu niedrigen Kohlenstoff- und
Wasserstoffgehalt. Diese Tatsache wird dadurch verständlich, daß
beide Analysenpräparate, trotz des sorgfältigen Auswaschens noch
etwas Chlor enthielten. Eine quantitative Bestimmung desselben
ergab einen Gehalt von 1—1,5%.
Wenn auch die Analysenzahlen nicht genau auf die Formel
CjsHıaN,0s stimmen, so dürfte diese doch als die Formel für das
reine Präparat angesehen werden. Berücksichtigt man den Chlor-
fehler, so paßt sie jedenfalls besser, als andere ihr nahestehende
Formeln zu den Ergebnissen der Analyse, wie aus folgender
Zusammenstellung zu ersehen ist.
H N
Gefundene Werte: 66,8 38 175
Cjg HıaN4 Oa 683 38 1,7
Cyg Hı4N4 0a 678 44 176
CjeHıg N4 03 674 :50 ...:175
Ce H14 N, Og 64,6 42 168
Wenig befriedigend verliefen meine Versuche, andere Salze aus
dem Ammonsalz darzustellen. Ich löste in dieser Absicht das Thall-
eiochinolin in Eisessig oder verdünnter Salzsäure und fällte mit Baryt-
wasser, Natronlauge oder Natriumkarbonat. Abgesehen davon, daß es
sehr schwierig ist, die voluminösen Niederschläge, welche sich weder
dekantieren noch absaugen lassen, auszuwaschen, sie also von Ver-
unreinigungen zu befreien, ist es mir nicht gelungen, dieselben mit
dem berechneten Stickstoff- bezw. Baryum- oder Natriumgehalt darzu-
stellen. Die Präparate enthielten durohwwag zuviel Stickstoff und zu
wenig Metall.
H. Fühner: Thalleiochinreaktion. 619
Der Stickstoffgehalt für das Barytsalz müßte 11,41% betragen;
ich fand in zwei Bestimmungen 14,27 und 14,29%. Ein solcher Stick-
stoffgehalt paßt aber sehr gut zu dem Gehalt einer Mischung von
gleichen Teilen Barytsalz und Ammonsalz.
Das Natronsalz müßte 13,03% Stickstoff enthalten; ich fand für
zwei verschieden dargestellte Präparate 15,59 und 16,34% Stickstoff.
Eine Mischung von gleichen Teilen Natron- und Ammonsalz würde
15,33% Stickstoff verlangen. Es scheint also auch hier eine solche
vorzuliegen. j
Das Thalleiochinolin, in Natronlauge suspendiert, reagiert mit
Benzoylchlorid.
Mit Anilin reagiert dasselbe schon bei gewöhnlicher Temperatur.
Die mit überschüssigem Anilin versetzte anfangs graublaue - Lösung
in Eisessig wird nach zwölfstündigem Stehen oder rasch beim Erwärmen
violettrot. Man verdünnt mit Wasser und versetzt dann langsam mit
Natronlauge. Es bildet sich, schon, solange die Lösung noch sauer ist,
ein brauner Niederschlag, welchen man vom Anilinacetat abfiltriert.
Man behandelt den braunen Rückstand mit verdünnter Salzsäure, in
welcher er sich zum Teil mit schön violettroter Farbe auflöst. Man
fällt aus dieser Lösung wieder mit Alkali und äthert aus. Die Farb-
base geht mit braunroter Farbe in Aether. Ein Karbonat durch Ein-
leiten von trockener Kohlensäure in die ätherische Lösung darzustellen,
gelang mir nicht. Verdampft man die ätherische Lösung, so hinter-
bleibt ein blutroter krystallinischer Rückstand. Dieser löst sich in
konzentrierter Schwefelsäure mit blauer Farbe; beim Verdünnen mit
Wasser wird die Lösung wieder violettrot. Bitteren Geschmack
besitzen die Salze nicht oder nur in geringem Maße.
III. Anhang.
Ueber die Einwirkung von Ammoniak auf 5, 6 ($)-Chinolinchinon.
Gelegentlich einer Untersuchung über das Verhalten des Chinolins
im Tierkörper!) machte ich die Beobachtung, daß der Harn der
Versuchstiere, nach dem Kochen mit Salzsäure, durch Ammoniak grür
gefärbt wird. Diese Reaktion erinnert einerseits an die von Jaffe
entdeckte Reaktion der Kynurensäure?), andererseits an die typische
Identitätsreaktion des Chinins, die Thalleiochinreaktion.
In der Hoffnung, durch das Studium dieser an sich interessanten
Alkaloidreaktion zugleich zu einem Verständnis der schwierig aufzu-
1) Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 55, 27 (1906).
2) Zeitschr. f. physiol. Chem. 7, 399 (1882—1883).
620 H. Fühner: Thalleiochinreaktion.
klärenden Harnreaktion zu gelangen, machte ich die vorstehend
wiedergegebenen Versuche.
Wie oben gezeigt, läßt sich die Grünfärbung durch Ammoniak
bei der Thalleiochinreaktion der von mir in dieser Richtung unter-
suchten einfachen Chinolinderivate auf das Vorhandensein eines Dichlor-
ketochinolins zurückführen. Ich vermutete, daß ein dem letzteren
nahestehendes Produkt die Harnreaktion bedingt und fand als solches
in der Tat das von Mathöus entdeckte 5, 6-Chinolinchinon.
Bei der nahen Verwandtschaft von Dichlorketochinolin und
CC, co
ww Napa > co = Rn co
|
| |
N ‚A N JH
5, 5-Dichlor-6-Ketochinolin. 5, 6-Chinolinchinon.
Chinolinchinon und der von mir angenommenen intermediären Bildung
von Chinolinchinon bei der Einwirkung von Ammoniak auf das Di-
chlorketochinolin erwuchs mir die Aufgabe einer Vergleichung des aus
dem Chinon durch Ammoniakeinwirkung entstehenden rs: Produktes
mit dem Thalleiochinolin.
Entgegen den Angaben von Mathäöus konnte ich TEN
daß eine Lösung von Chinolinchinonchlorhydrat nicht nur durch
Ammoniak, sondern auch durch andere Alkalien blaugrün gefärbt
wird. Doch während die Färbung beim Ammoniak an Intensität
namentlich beim Schütteln der Lösung zunimmt, geht dieselbe bei den
anderen Alkalien (Barytwasser, Natronlauge, Natriumkarbonat) rasch
in Braun über, ist also unbeständig. Diese Beobachtung einer Grün-
färbung auch durch Natronlauge und Natriumkarbonat ist insofern
interessant, als es mir beim Dichlorketon nicht gelang, eine solche
durch diese Alkalien hervorzubringen. Nur durch Barytwasser konnte
ich bei beiden Produkten vorübergehende Färbung erzielen. Diese
Färbungen durch die Alkalien lassen sich wohl nicht mit den Farb-
reaktionen der Phenole durch Eisensalze vergleichen, bei welchen die
Bildung einer chromophoren Gruppe —O—Fe<{ anzunehmen ist,
sondern ich möchte sie, wie oben erwähnt, für Chinhydronbildung
halten. Diese Annahme würde zugleich die Unbeständigkeit erklären.
Bei Ammoniakeinwirkung mag sowohl beim Dichlorketon, wie beim
Chinon anfänglich Chiohydron entstehen, welches dann in das be-
ständigere Indamin übergeht.
Es sei schon hier vorausgeschickt, daß ich in ihrer chemischen
Zusammensetzung das Produkt aus dem Dichlorketon und
dasjenige aus dem Chinon für identisch halte, trotzdem es mir
nicht gelang, einen direkten analytischen Beweis hierfür zu erbringen.
H. Fühner: Thalleiochinreaktion. 621
Für die Identität beider Produkte spricht, daß sie in gleicher
Weise mit Anilin unter Azinbildung reagieren, daß sie bei Säure-
zusatz beide eine rote Lösung geben, welche dann durch beliebige
Alkalien dauernd blau gefärbt wird, endlich auch, daß man aus dem
Chinon, ebenso wie dies beim Dichlorketon angegeben wurde, bei Zu-
satz minimaler Mengen Ammoniak zu einem braunen Produkt gelangt,
das sich, einmal gebildet, nicht mehr in das blaue Produkt durch
weiteren Ammoniakzusatz überführen läßt.
Was das Produkt aus dem Chinon von dem aus dem Dichlor-
keton unterscheidet, ist sein verschiedenes physikalisches Verhalten,
vor allem seine Leichtlöslichkeit in Wasser, Alkohol etc. Es muß
aber betont werden, daß die aus dem Dichlorketon hergestellten
Thalleiochinolinpräparate auch unter sich verschiedene Löslichkeit be-
sitzen, und daß auch aus den Lösungen des Chinon-Thalleiochinolins
unlösliche Präparate gewonnen werden können.
Die Lösungen dieses Produktes sind nämlich in Wirklichkeit
Pseudolösungen; das kolloidal gelöste blaue Produkt läßt sich darum
aussalzsen. Zwischen beiden amorphen Produkten scheint nur ein
Unterschied im Grade der Verteilung zu bestehen, bedingt in der
verschiedenen Art der Entstehung beider Körper. In der Chinon-
lösung bildet sich der Farbstoff in der ammoniakalischen Lösung
allmählich unter Beteiligung des Luftsauerstoffs, in der Lösung des
Chlorproduktes geht die Farbstoftbildung rasch vor sich, und der
Luftsauerstoff scheiut hierbei nicht beteiligt zu sein; hier wirkt
offenbar das Chlor als Oxydationsmittel.
Zur Darstellung des Thalleiochinolins aus dem Chinon löste ich
das Chlorhydrat in Wasser und übersättigte mit Ammoniak. Läßt man
die ammoniakalische Lösung ruhig an der Luft stehen, so bildet sich
an der freien Flüssigkeitsoberfläche eine Haut von blauem Farbstoff.
Um die Bildung desselben zu beschleunigen, leitete ich längere Zeit
einen Luftstrom durch die Lösung. Da sich das blaue Produkt nach
dem Luftdurchleiten nicht absetzte, wurde der Alkaliüberschuß durch
Salzsäure abgestumpft, wobei der Farbstoff in Flocken ausfiel. Er
wurde von der Lösung abfiltriert und da er sich bei einem Versuch
des Auswaschens mit Wasser in diesem auflöste!), wurde mit einer
Ammoniumchloridlösung gewaschen, in welcher das Produkt unlöslich
ist. Dann wurde auf dem Filter im Exsikkator getrocknet. Bemerkens-
werterweise verlor das Produkt hierbei seine Löslichkeit in Wasser
und konnte nunmehr durch Auslaugen mit großen Mengen Wassers
und Dekantieren soweit vom Ammoniumchlorid befreit werden, daß
bei der Analyse nur noch Spuren Chlor festzustellen waren.
4) Vielleicht ließe sich das Produkt durch Dialysieren reinigen.
622 H. Fühner: Thalleiochinreaktion.
Aus 2 g Chinonchlorhydrat erhielt ich 0,6 2 trockenes, blaues
Produkt. Verbrennung und Stickstoffbestimmung des zuerst im .
Exsikkator und dann vier Stunden bei 105° getrockneten Präparates
ergaben folgende Werte:
1. 0,1947 g Substanz lieferten 0,4575 CO; und 0,0581 Hs0.
2. 0,1833 g Substanz lieferten 23,19 ccm N bei 17,50 und 755 mm.
Zu der früher für das Thalleiochinolin angegebenen Formel
C;sHı4 N;0s stimmen diese Werte nicht. Sie nähern sich eher einer
Formel C;sH},N,05;, welche ein Sauerstoffatom mehr im Molekül
enthält, und ich stelle darum die Analysenresultate mit den für diese
Formel berechneten Werten zusammen.
Berechnet für Gefunden:
Cs Hu N408: % 2.
Cs 216,00 64,62 64,08 _
HB, 1411 4,22 3,34 _
N 56,16 16,80 _ 14,80
OO; 48,00 14,36 _ _
334,27
Die erhaltenen Werte würden also für einen Mehrgehalt an
Sanerstoff im Chinon-Thalleiochinolin sprechen. Doch möchte ich auf
diese Analysenresultate überhaupt keinen großen Wert legen, da das
analysierte Chinonprodukt wahrscheinlich nicht einheitlicher Natur
war. Während nämlich die anfänglich beim Stehen der ammoniakalischen
Chinonlösung an der Luft sich bildende Haut rein blau war, erschienen
die sich beim Versetzen mit Säure abscheidenden Flocken grün gefärbt,
sodaß dieselben wohl eine Mischung von braunem und blauem Produkt
darstellten. Jedenfalls halte ich das von mir aus dem Dichlor-
ketochinolin dargestellte Produkt für einheitlicher, als das aus dem
Chinon gewonnene. Doch sei hervorgehoben, daß meine Angaben
über die Zusammensetzung auch des ersten Produktes nicht ab-
solut zuverlässig sein können. Dies ist einmal dadurch bedingt, daß
das Thalleiochinolin eine amorphe, hygroskopische, unbeständige
Substanz darstellt, die keinen Schmelzpunkt besitzt und nur sehr
schwierig gereinigt werden kann, hauptsächlich aber durch den
Umstand, daß mir nur kleine Substanzmengen zu meiner Untersuchung
zur Verfügung standen, Mengen, die zur Reindarstellung und
Charakterisierung eines krystallinischen Produktes vielleicht ausgereicht
hätten, aber bei einem amorphen Produkte nicht genügten. Meine
Angaben über die Natur des Thalleiochinolins sind darum nur als
ein erster Versuch des Eindringens in ein bisher nicht betretenes
Gebiet zu betrachten.
E. Wedekind: Santonin. 623
Aus dem chemischen Laboratorium der Universität Tübingen.
Beiträge zur Kenntnis des Santonins.
(Studien in der Santoninreihe. 9. Mitteilung').
Von E. Wedekind.
(Eingegangen den 27. X. 1906.)
Die Chemie des Santonins und seiner Isomeren ist hauptsächlich
durch die italienischen Forscher Cannizzaro, Andreocei,
Francesconi u. a. gefördert worden; obwohl das von denselben
gelieferte Tatsachenmaterial außerordentlich groß und mannigfaltig
ist, so sind doch noch einige Lücken und ungelöste Probleme nach-
geblieben, ganz abgesehen davon, daß eine Synthese des Santonins oder
eines seiner Abbauprodukte noch nicht ausgeführt ist und auch wohl
auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen dürfte. Ehe ich auf die
Schilderung einiger Beobachtungen eingehe, die ich der Mitarbeit der
Herren Oskar Schmidt und Adolf Koch verdanke, will ich kurz
den heutigen Stand der Forschungen in der Santoningruppe
skizzieren?).
Die Konstitution des natürlichen Santonins ist bis auf zwei
— unwesentliche — Punkte als aufgeklärt zu betrachten. Das Santonin
C,;Hıs03 ist ein Abkömmling des 1, 4-Dimethylnaphtalins und besitzt
gleichzeitig die Funktionen eines Ketons und eines Lactons. Das
Karbonyl der Ketogruppe befindet sich nicht, wie J. Klein noch im
Jahre 1903 (vergl. dieses Archiv 231, 701 ff.) annahm, in der Seiten-
1) Frühere Mitteilungen s. Ber. d. d. chem. Ges. 31, 1860 (1898); 32,
1411 (1899); 36, 1386 ff., 1395 ff. (1903); 38, 421 fi., 429 ff, 1845 ff. (1905),
Zeitschr. f. physiolog. Chem. 43, 240 ff. (1904); vergl. auch Ber. d. V. inter-
nationalen Kongresses f. angewandte Chemie, Sektion IVB, Bd. II, 979 f.,
sowie Zeitschr. f. Farben- und Textil-Chemie II., 230 ff. (1903).
2) Da die einschlägigen Arbeiten ziemlich zerstreut und fast aus-
schließlich in italienischen Journalen niedergelegt sind, so wird dieser kleine
Exkurs vielleicht dem einen oder anderen Leser willkommen sein; näheres
findet sich in meiner Monographie „Die Santoningruppe“, Sammlung chem.
u. chem.-techn. Vorträge, Bd. VIII (1903).
624 E. Wedekind: Santonin.
kette (Lactonriug), sondern in demjenigen Benzolkern!) des Naphtalin-
ringes, welcher auch die beiden in Parastellung befindlichen Methy]-
gruppen enthält. Der Lactonring, welcher durch seine Beständigkeit
als 7-Lacton?) gekennzeichnet ist, besteht aus einem Propionsäurerest,
der in der a-Stellung des letzteren an den Naphtalinring angegliedert
ist, und zwar an den nichtmethylierten Benzolkern; da nicht fest-
steht, an welche Kohlenstoffatome der Lactonring angeschlossen ist,
so sind vorläufig die beiden folgenden Konstitutionsformeln (I und II)
für das Santonin als gleichberechtigt anzusehen:
— CHs
|
CH, C CH, C
Pa a Bann
„9 u 6 CHa H5C & CHg
I 0x | | | II. | | |
CH—CH riet a Ai?
5 —_a | ES
CE, CH: © CH a
| |
CH3 076 0) CHs
Hierzu ist zu bemerken, daß bis vor einiger Zeit noch eine
dritte Formel diskutiert wurde, in welcher zwar die Angliederung des
Lactonringes, wie in Formel I angenommen, der Ausgleich der
Valenzen aber durch eine Parabindung (nach dem Vorbilde der alten
Kekul&’schen Kampferformel) dargestellt wurde. Diese Formel III
CH;
muß aber nach meiner Meinung definitiv verlassen werden, seitdem
Francesconi und Venditti?) nachgewiesen haben, daß die hydro-
1) Von den verschiedenen Beweisen für diese Tatsache erwähne ich
nur die Reduktion des Santonins mit Zinkstaub und Essigsäure, welche zu
einem Pinakon (Santonon) führt, das zu einer Bis-p-dimethylphthalsäure ab-
gebaut werden kann; vergl. Atti d. R. Accad. d. Linc. Rendic. (5), 1, IL, 62 ff.,
188 ff. und Gaz. chim. 30, II., 122 ff,
2) Die zugehörige Oxysäure, die Santoninsäure, geht sehr leicht wieder
in das Lacton (Santonin) über; beständiger sind die santoninsauren Salze.
8) Gaz. chim. 32, I, 281 ff.
E. Wedekind: Santonin. 625
lytische Aufspaltung des methylierten Benzolkerns unter dem Einfluß
des Sonnenlichtes!) zu zwei isomeren Derivaten des Dihydrobenzols
führt, während bei Vorhandensein einer Parabindung Abkömmlinge
eines hydrierten Benzocyklobutanringes
zu erwarten wären.
Die als Photosantonsäurelacton und Isophotosantonsäurelacton
bezeichneten Produkte der „Photo-Hydrolyse“ entsprechen folgenden
Formeln:
CH; gr
)
CH CH CH CH
_ 9-Ht Ü CHa _0D—CH U CH
IV. CO | V..co |
„SCH-—CH 6 u —CH—CH »:7
5 a: EI | pe
oT CH 2a CH © on “
CH3 CH3
Photosantonsäurelacton. Isophotosantonsäurelaton.
Nach den Formeln I und II müßte das Santonin zwei Kohlen-
stoffdoppelbindungen erhalten; auf die hieraus sich ergebenden Kon-
sequenzen ist w. u. einzugehen.
. Die Konstitution des sog. Desmotroposantonins, welches
durch Umlagerung des Santonins unter dem Einfluß von konzentrierter
Salzsäure entsteht, ist als sicher gestellt?) zu betrachten; es ist die
Enoltorm des Santonins, wie aus der folgenden Strukturformel zu
ersehen ist:
1) Das unter Ausschluß von Wasser durch Bestrahlung mit Sonnenlicht
entstehende gelbe Produkt hat sich als ein Isomeres des Santonins erwiesen
und heißt jetzt „Chromosantonin“; vergl. Montemartini, Gaz. chim. 32,
L., 325 ff.
2) Die Phenolnatur des Desmotroposantonins ergibt sich u. a. aus der
Fähigkeit, mit Diazoniumsalzen echte Azofarbstoffe zu bilden; vergl.
E. Wedekind u. O0. Schmidt, Berichte d. d. chem. Ges. 36, 1386 ff, (1903)
und Zeitschr. f. Farben- u. Textilchemie II, 230 ff. (1903).
Arch. d. Pharm. UCXXXXIV. Bds. 8. Heft. 40
626 E. Wedekind: Santonin.
CH3
|
CH; C
Ba 1
_d9—CH..C CH
v1. CO | | |
SICH—-CH 6 C:OH
| an eo
CH; CHa n
CHa
Die größte Unsicherheit herrscht noch in der Gruppe der
Santorsäure; dieselbe ist isomer mit der dem Santonin zu Grunde
liegenden Santoninsäure und entsteht aus dem Lacton durch längeres
Kochen mit Barytwasser. Francesconi schreibt der Santonsäure
die folgende Konstitutionsformel!) zu:
CH;
Be.
VII. |
HO a 1610)
CHa ;
Mit der Santonsäure stereoisomer ist die Metasantonsäure (deren
Lacton das Metasantonin ist). Ueber die chemische Natur der sonstigen
vielen Santonsäureabkömmlinge, wie Santonid, Parasantonsäure usw.,
ist z. Z. wenig bekannt.
Zur Konstitution des Santonins nebst Bemerkungen über das Verhalten
von Brom gegen Santonin.
Was nun zunächst das Santonin selbst betrifft, so wäre auf
Grund der oben diskutierten Formeln (I bezw. II) zu erwarten, daß es
sich wie eine zweifach ungesättigte Verbindung verhält, also vier
einwertige Elemente oder Atomgruppen zu addieren vermag. Ueber
das Verhalten der Halogene gegen Santonin ist nun das Folgende be-
kannt: Chlor wird nicht addiert, sondern als Substituent auf-
genommen und zwar treten je nach den Versuchsbedingungen ein,
zwei oder drei Chloratome in die Santoninmolekel ein. Ueber die
Produkte, die durch Einwirkung von Brom auf Santonin entstehen,
herrschte bis vor kurzem völlige Unklarheit; Cannizzaro und
1) Zu derselben lassen sich verschiedene tautomere Formen konstruieren,
eine davon ist die Formel VIII (s. u.)
E. Wedekind: Santonin. 627
Sestini erwähnten schon vor mehr als 30 Jahren ein rotes Additions-
produkt von der empirischen Formel C,;HısOsBra (?); später hat
J. Klein in diesem Archiv (Bd. 230, 675 ff.) ein Santonindibromid-
acetat CO}; HısO3-Bra-Ca H; Os beschrieben !), das durch Einwirkung von
Brom auf Santonin in eisessigsaurer Lösung entstehen soll. In Gemein-
schaft mit A. Koch habe ich gezeigt”), daß ein Körper von der
genannten Zusammensetzung sich unter den angedeuteten Bedingungen
nicht bildet, daß vielmehr die Einwirkung von Brom auf Santonin —
gleichgültig, ob in Eisessig- oder Chloroform-Lösung gearbeitet wird —
zu einem Produkt von der Zusammensetzung Ogo Hg Os Br; führt. Das-
selbe wird außerordentlich leicht in Santonin zurückverwandelt und
erwies sich als eine salzartige Verbindung, in welcher Bromwasserstoff
und zwei Atome Brom locker mit zwei Santoninmolekeln verknüpft sind,
entsprechend der Formel [C4,;Hıs OslaBra-HBr. Dieses Hydroperbromid
zersetzt sich bei 105°; es gibt fortwährend Brom ab, besonders unter
dem Einfluß von Licht und Wärme, und kann durch Waschen mit
Wasser (das schweflige Säure enthält) und durch Umkrystallisieren
aus Alkohol wieder in Santonin übergeführt werden. Da Klein bei
der Darstellung seines sog. Santoninacetatdibromides die Bromierungs-
flüssigkeit in Wasser gießt, so konnte sich naturgemäß kein einheit-
liches Produkt bilden. Die Sache wäre damit für uns erledigt
gewesen, wenn nicht Herr Klein in einer privaten Mitteilung die
Ansicht ausgesprochen hätte, daß die von ihm beschriebene und die
von uns erhaltene Verbindung verschieden seien, daß also nach der
von ihm gegebenen Vorschrift ein Körper von der empirischen Formel
C}5Hı8s03-Brg:Ca H,O, entstehe, der sich kurz über 60° zersetzt und
beim Kochen mit Alkohol und Anilin ein Monobromsantonin CO}; H;7 O3Br
liefert. Um jeden Zweifel zu heben, haben wir folgenden Versuch
genau nach dem Klein’schen Rezept angestellt; zu einer Lösung von
4g Santonin in 12,5 g Eisessig wurde bei Zimmertemperatur (22°)
eine Auflösung von 2,75g Brom in 7,5 g Eisessig gegeben; nach ca.
1% stündigem Stehen schieden sich dunkelrot gefärbte Nadeln ab (bei
Klein hatte sich anscheinend auch nach 5stündigem Stehen nichts
abgeschieden). Das Ganze wurde dann in Wasser gegossen und mit
etwas Alkohol versetzt. Das Ergebnis war eine trübe Flüssigkeit,
die nach etwa 2 Stunden eine schmierige, hellgelbe Masse am Boden
des Gefäßes absetzte (die Flüssigkeit klärte sich selbst nach mehr-
tägigem Stehen in der Kälte nicht). Der Bodenkörper zersetzte sich
gegen 100° unter Zersetzung; nach einmaligem Umkrystallisieren aus
1) Vergl. auch Ber. d. d. chem. Ges. 25, 3318 (1892).
2) Ber. d. d. chem Ges. 38, 429 ff. (1905).
40*
628 E. Wedekind: Santonin.
Alkohol zeigte derselbe den Schmelzpunkt 105°, nach der zweiten
Krystallisation!) 110° und nach der dritten 120° Löst man die
Substanz in heißer Natronlauge, fällt wieder mit Säuren und krystallisiert
nochmals aus Alkohol um, so erhält man unverändertes Santonin
(Schmelzpunkt 171°) zurück. Natürlich lieferte das Bromierungs-
produkt beim Kochen mit Alkohol und Anilin auch kein Monobrom-
santonin (vom Schmelzpunkt 149—151°), sondern reines Santonin.
Es sei bei dieser Gelegenheit bemerkt, daß eine Substitution durch
- Brom überhaupt auf große Schwierigkeiten stößt, denn der braune,
amorphe Körper, der durch Einwirkung von Brom auf Santonin in
der Wärme entsteht, ist halogenfrei, also wahrscheinlich ein
Oxydationsprodukt. Die Angaben von J. Klein sind also sicher un-
zutreffend und aus der Literatur zu streichen. Ein Analogon des
roten Santoninhydroperbromides ist das olivgrüne Hydroperjodid
[O5 Hıs03]2Js-HJ; die Verwandtschaft des Santonins zu Jod-Jod-
wasserstoff ist so groß, daß beim Eintragen der feingepulverten
Bitterstoffe in jodhaltige Jodwasserstoffsäure sofort die Bildung des
grünbraunen Salzes erfolgt unter gleichzeitiger Entfärbung der Jod-
wasserstoffsäure?).
Aus allen diesen Beobachtungen ergibt sich, daß das Santonin
sich wie eine am Kohlenstoff gesättigte Verbindung verhält, denn es
erfolgt in keinem Falle eine direkte Fixierung von zwei bezw. vier
Halogenatomen, wie man auf Grand der oben diskutierten Formel (mit
zwei Doppelbindungen) erwarten sollte. Dieser Widerspruch ist aber
nach meiner Meinung nur ein scheinbarer, denn man weiß, daß die
Fähigkeit einer Kohlenstoffdoppelbindung, Brom zu addieren, ver-
mindert bezw. aufgehoben werden kann?), wenn an den beiden Kohlen-
stoffatomen eine Anhäufung von Atomgruppen stattfindet; eine solche
ist aber an den Doppelbindungen des Santonins, welche von den
gemeinschaftlichen Kohlenstoffatomen des Naphtalinkerns ausgehen,
zweifellos vorhanden. Solche Doppelbindungen, die sich durch die
üblichen Reaktionen nicht nachweisen lassen, können als versteckte
oder Krypto-Doppelbindungen bezeichnet werden. Da eine Parabindung
(welche an sich ja mit der nicht vorhandenen Additionsfähigkeit gut
1) Das erhaltene krystallinische Produkt sieht scheinbar einheitlich aus;
tatsächlich ist es ein Gemisch von Santonin und Hydroperbromid mit einem
durchschnittlichen Bromgehalt von 5%.
2) Man kann sich auf diese Weise schnell göbranttntääi kleine
Mengen von farbloser Jodwasserstoffsäure herstellen; andererseits ist diese
sehr charakteristische Erscheinung eine Reaktion auf Santonin.
8) Vergl. u. a. H. Bauer, Ber. d. d. chem. Ges. 37, 3317 (1904).
E. Wedekind: Santonin. 629
harmonieren würde) aus den oben erörterten Gründen auszuschließen
ist, so haben die obigen Santoninformeln (I und II) als gleichberechtigt
zu gelten, solange die Stellung des Lactonringes noch nicht
ermittelt ist.
Ueber die basischen Eigenschaften des Santonins.
Wenn das Santonin sich auch wie eine am Kohlenstoff gesättigte
Substanz verhält, so hat es doch in anderer Beziehung einen
ungesättigten Charakter, wie schon aus der Existenz der oben
erwähnten salzartigen Verbindungen (Hydroperbromid und Hydro-
perjodid) hervorgeht; daß dieselbe auf die basischen Eigenschaften des
Karbonylsauerstoffes im Sinne der Oxoniumtheorie von Ad. Baeyer
zurückzuführen ist, habe ich in einer in Gemeinschaft mit Ad. Koch
ausgeführten Arbeit!) gezeigt; wir konnten nicht nur das schon von
Andreocci?) erwähnte Additionsprodukt von Salpetersäure an
Santonin als das Nitrat C,;Hıs03-HNO, charakterisieren, sondern
auch eine Reihe von neuen Santoninsalzen isolieren ; unter diesen
befinden sich die anomal zusammengesetzten Oxoniumsalze (C};HısO3)a
SbCl,-HCl und (C;His03)aSnBr,-HBr, deren Zusammensetzung
analog derjenigen des Hydroperbromides bezw. Hydroperjodides ist.
Von sonstigen wasserfreien Metallhalogeniden reagieren mit dem
Santonin Zinntetrachlorid und Eisenchlorid; das mit Eisenchlorid ent-
stehende Salz bildet hellbraune Krystalle, die sich bei 210° zersetzen.
Besonders charakteristisch sind aber die Fällungen, die man mit den
zuerst von Baeyer empfohlenen Reagentien für Oxoniumbasen erhält,
nämlich mit .Ferro-, Ferri- und Cobalti-cyanwasserstoffsäure; über
diese Salze möchte ich hier kurz berichten.
Um die Salze des Santonins mit den komplexen Säuren darzu-
stellen, versetzt man eine konzentrierte Lösung von Santonin in
Benzol mit einer frisch bereiteten Solution?) der genannten Säuren im
Ueberschuß und schüttelt kräftig durch; bei Anwendung von
Ferrocyanwasserstoffsäure erhält man sofort eine farbiose krystallinische
Fällung, die alsbald scharf abgesaugt, wiederholt mit Aether gewaschen
1) ], c. 38, 422 ff. (1905); diese Arbeit scheint den Herren A. Hantzsch
und O. Denstorf, welche kürzlich eine kritische und experimentelle Studie
über die Anlagerung von Halogenen und Perhalogenwasserstoffsäuren an
Sauerstoffverbindungen veröffentlicht haben (vergl. Liebig’s Ann. 349, 1 ff.)
entgangen zu sein.
2) Atti d. R. Accad. d. Linc. Roma, Rendic. (5), 5, II., 309 ff. (1906).
8) Dieselben waren nach der Vorschrift vonBaeyer und Villiger bereitet
vergl. Ber. d. d. chem Ges. 34, 2687 (1901).
630 E. Wedekind: Santonin.
und über Aetzkali in Vakuum-Exsikkator bis zum konstanten Gewicht
getrocknet wird. Das ferrocyanwasserstoffsaure Santonin wird. wie
alle diese Oxoniumsalze durch Wasser momentan zerlegt; es zeigt
keinen Schmelzpunkt, sondern verkohlt beim Erhitzen allmählich.
Das Salz entspricht der Formel C,;H;803:H,Fe(CN),, wie aus
den folgenden Analysenergebnissen hervorgeht:
1. 0,4610 g Substanz!) lieferten 0,0770 g Feg0;:
2. 0,356 5 nd) in OO in x
3. 0,4540 „ ned are
Berechnet für Gefunden:
Ca Ha Oz NeFe: 1. 2. 3.
Fe 12,09 11,69 11,76 12,23.
Aus den Analysenresultaten ist zu entnehmen, daß das Salz nur
dann ganz rein ist, wenn es mit Aether gewaschen war. Anscheinend
hält das aus Benzollösung gewonnene komplexe Salz Lösungsmittel?)
zurück, das erst durch Behandlung mit Aether entfernt werden kann.
Ferrocyanwasserstoffsaures Santonin färbt sich beim Liegen an trockener
Luft sowie auch beim Aufbewahren in geschlossenen Gefäßen himmel-
blau bis blaugrün.
Die Darstellung des ferricyanwasserstoffsauren Santonins verläuft
viel langsamer und ungleichmäßiger; wenn man eine konzentrierte
Lösung von Santonin in Benzol mit frisch bereiteter wässeriger
Ferricyanwasserstoffsäure schüttelt, so entsteht zunächst kein Nieder-
schlag; erst nach einiger Zeit bilden sich gelbliche Häute und darauf
eine gelbgrüne Fällung, die filtriert und im Vakuum getrocknet wird.
Auch hier weisen die Eisenbestimmungen auf ein Salz hin, daß
aus 1 Mo]. Oxoniumbase und 1 Mol. komplexer Säure besteht:
1. 0,7064 g Substanz lieferten 0,1121 g FegO3
2. 0,4044 „ 3 x 0,0724, 5
Berechnet für Gefunden:
C45 Hg Og -Fe (CN)e B;: 1% 2.
Fe 12,12 11,98 12,52.
Indessen scheint noch ein anderes zusammengesetztes Salz zu
existieren; wenigstens gewannen wir zufällig einmal ein ferricyan-
wasserstoffsaures Salz, welches 20,5 Prozent Eisen enthielt. Das
1) Nicht mit Aether gewaschen.
3) Mit Aether gewaschen.
3) Dies ergibt sich auch aus der Elementaranalyse eines nicht mit
Aether gewaschenen Präparates, die zu hohe Zahlen für Kohlenstoff lieferte.
E. Wedekind: Santonin. 631
kobalticy anwasserstoffsaure Santonin ist deutlich krystallinisch,
entsteht aber immer in schlechter Ausbeute,
Nur diejenigen Santoninstoffe, welche eine unveränderte Keto-
gruppe enthalten, geben Oxoniumsalze; so liefert z. B. die Santon-
säure (s.o.) in Eisessiglösung mit Antimonpentachlorid einekrystallinische
Verbindung, welche ziemlich luftbeständig ist und sich gegen 145°
zersetzt; andererseits reagieren die Enolformen, wieDesmotroposantonia!)
(s. 0.) und die sogenannten santonigen Säuren weder mit Antimon-
pentachlorid bezw. Zinntetrabromid, noch mit den oben genannten
komplexen Säuren. Der Träger der basischen Eigenschaften in den
Santoninstoffen ist also die Karbonylgruppe \wenn man den Sauer-
stoff in diesen Salzen nach dem Vorgang von Baeyer als vierwertig
betrachtet, so wäre das Santonin-Nitrat z. B. durch tolgende Formel
=
H
no;
kologischen Standpunkt aus interessant, daß die ungesättigten (basischen)
Eigenschaften Hand in Hand gehen mit den toxischen, denn die
typische Santoninwirkung?) gegen Askariden zeigt in vitro nur das
Santonin selbst (die Enolformen, wie Desmotroposantonin sind
unwirksam). Im übrigen ist das Santonin bekanntlich ein spezifisches
Menschengift, wie das Morphin; da es ferner in pflanzlichen Organen
vorkommt und basische Eigenschaften besitzt, so fehlt ihm zum
Alkaloid nur der Stickstoffgehalt. Es ist jedenfalls kein Zweifel, daß
die basischen und giftigen Bitterstoffe®) den Alkaloiden sehr nahe
stehen.
wiederzugeben: CHn0x ); es ist nun vom pharma-
Ueber Santoninsulfosäure.
(Nach Versuchen von Dr. Ad. Koch.)
Die Darstellung einer Santoninmonosulfosäure hatte in zwei-
facher Hinsicht Interesse; vom rein chemischen Standpunkt war
zu erwarten, daß eine solche Säure ein Analogon zu der bekannten
Kampfersulfosäure*) bilden würde, welche zur Aktivierung von
schwer spaltbaren razemischen Verbindungen dient. In Hinblick auf
das relativ starke Rotationsvermögen des Santonins ([@]p in Chloro-
form = —171,37°) sollte auch die Sulfosäure eine ziemlich hohe
1) Danach ist der Lactonring nicht an der Salzbildung beteiligt.
2) Vergl. E. Wedekind, Zeitschr. f. physiolog. Chemie 43, 247 (1904.)
8) Auch den Kampfer könnte man hierher rechnen, denn derselbe bildet
als Oxoniumbase ein Nitrat, Jodhydrat, ferrocyanwasserstoffsaures Salz usw.
4) Vergl. u. a. Kipping und Pope, Journ. Chem. Soc. 63, 573,
632 E. Wedekind: Santonin.
Drehung aufweisen. Pharmäkologisch "hat eine solche Säure
Interesse, weil sie in Form der Alkalisalze ein „lösliches Santonin“
darstellt, dessen physiologische Eigenschaften voraussichtlich ganz
andere sind, als die der Muttersubstanz.
Die praktische Durchführung dieser Aufgabe bereitete außer-
ordentlich große Schwierigkeiten, denn die bekannten schönen Methoden,
die für die Sulfurierung des Kampfers bezw. des Bromkampfers aus-
gearbeitet sind, versagten hier beinahe völlig; im besonderen ließ sich
die Sulfurierung des Santonins mit Hilfe eines Gemisches von
Essigsäureanhydrid und konzentrierter Schwefelsäure!) nicht durch-
führen. Hieran mag auch hauptsächlich die Empfindlichkeit des
Santonins gegen konzentrierte Schwefelsäure Schuld sein. Mit Schwefel-
säurechlorhydrin (Chlorsulfonsäure) reagiert der Bitterstoff zwar unter
Abspaltung von Chlorwasserstoff; es gelang aber auf keine Weise die
gebildete — in Wasser sehr leicht lösliche Sulfosäure — in ein unlös-
liches Salz überzuführen und aus dieser im reinen Zustande zu
regenerieren.
Wir wählten daher das früher von uns beschriebene Monochlor-
santonin?) als Ausgangsmaterial, das wir bei Temperaturen von
140—150° mit neutralem Natriumsulfit umsetzten. Die freie Säure als
solche konnten wir auch nach dieser Methode nicht isolieren, wohl
aber das Natriumsalz, welches auch in konzentrierter wässeriger
Lösung mit Metallsalzen (z. B. mit Kupfernitrat, Bleinitrat usw.)
nur unbedeutende Niederschläge gibt; es scheinen daher alle Metall-
salze der Santoninsulfosäure mehr oder weniger leicht löslich zu sein.
Sehr merkwürdig ist das geringe Drehungsvermögen des Santonin-
“ sulfosauren Natrons; es beträgt nur etwa !/,- von der spezifischen
Rotationsfähigkeit des Santonins.. Das „lösliche Santonin“ ist nach
Beobachtungen, die ich Herrn Professor Walter Straub in Marburg
(jetzt in Würzburg) verdanke, eine durchaus harmlose Substanz; lebende
Askariden werden durch Lösungen des Salzes in keiner Weise schädlich
beeinflußt. Es ist nichts Ungewöhnliches, daß pharmakologisch wirk-
same Stoffe, welche in Wasser wenig löslich sind, ihre typischen
Eigenschaften durch Ueberführung in eine wasserlöslicke Form
einbüßen?).
1) Reychler, Bull. Soc. Chim. (3), 19, 120.
2) Wedekind u. Koch, Ber. d. d. chem. Ges. 38, 1848 (1905).
8) So ist es z. B. mit dem Sulfonal, vergl. Th. Posner, Chemik.-Ztg.
1905, No. 83, S. 1107—1108. Nach der Theorie von Hans Meyer (Arch.
exper. Pathol. 42, 118) sind nur chemisch indifferente Stoffe narkotisch
wirksam.
E. Wedekind: Santonin, 633
Die Darstellung des santoninsulfosauren Natriums, das
im günstigsten Falle 96,5%ig war, gelang auf folgende Weise:
7 g Monochlorsantonin wurden mit Wasser angerieben, als Brei
in ein Schießrohr gebracht und mit einer Lösung von 7,0 g
krystallisiertem Natriumsulfit in 100—150 cem Wasser versetzt. Das
Ganze wurde dann 3 bis 4 Stunden im Bombenofen auf 140 bis 150°
erhitzt. Wenn die Reaktion beendet ist, befindet sich im Rohr eine
klare Lösung; dieselbe wird in der Wärme mit soviel Salzsäure ver-
setzt, als nötig ist, um das überschüssige Natriumsulfit zu zerstören.
Das entstehende Schwefeldioxyd wird durch einen kräftigen Kohlen-
dioxydstrom entfernt. Die Lösung wird dann eingedampft, der Rück-
stand auf dem Wasserbad längere Zeit erwärmt, dann gerieben und
im Vakuum bis zur Gewichtskonstanz getrocknet.
Aus dem Gemenge von santoninsulfosaurem Natrium und Chlor-
natrium wird ersteres durch wiederholtes Auskochen mit absolutem
Alkohol unter Abschluß von Feuchtigkeit extrahiert. Die Auszüge
werden eingeengt und in der Kälte mit Aether versetzt, worauf
Alkohol und Aether im Vakuum verdunstet werden. Es hinterbleibt
ein farbloses Pulver, das bygroskopisch ist, aber immer noch geringe
Mengen von Chlornatrium enthält. Da letzteres sich nur schwer
völlig entfernen läßt, so wurde die Analyse in der Weise vorgenommen,
daß zunächst der Gehalt an Chlornatrium ermittelt und darauf erst
Schwefel und Natrium bestimmt wurden.
0,4514 g Substanz lieferten 0,0396 g AgCl, entsprechend 2,17% CI,
1,41% Na und 3,58% NaCl.
0,5490 g Substanz lieferten 0,1600 g N33S0,.
0,5038 „ 5 5 0,3142 „ BaSO,. Die Substanz ist 96,42% ig;
Demnach:
Berechnet für C,H1703S03Na: Gefunden:
Na 6,62 i 7,84
3... 9,951).
Santoninsulfosaures Natrium ist linksdrehend; aus Mangel an
Material mußte ein 50,85 %,iges Salz?) untersucht werden.
Polarisation: 1,0 g Substanz, gelöst in 25 ccm Wasser von 20°
zeigten im 2 dem-Rohra = —0,41°. Danach ist [«a]% = —10,25°,
1) Der zu hohe Gehalt an Na und S rührt wahrscheinlich von der
Bildung von etwas Natriumsulfat bei der Zersetzung des NagaSO; her.
2) 0,6176 g dieses Präparates lieferten bei der Chlorbestimmung
0,7440 g AgcCıl.
634 E. Wedekind: Santorin.
Zur Konstitution der Santonsäure.
Eingangs wurde bereits angedeutet, daß die Francesconi’sche
Santonsäureformel (VII) noch manche Unsicherheiten und Unklarheiten
enthält; dieselben sind auch durch den von Francesconi bewirkten-
Abbau zu der sog. Santorsäure, welcher die Konstitutionsformel VIII
zugeschrieben wird, noch auch durch deren Umwandlungsprodukte
(Santoronsäure, Santoron und Santoren) beseitigt worden.
CHs
|
CHa C
NH 11000H
HO0C C
VII.
|
HOOC—-CH, _C
Ha _C00H
>)
==}
e}
Ci
Santorsäure.
Von der Lösung des Problems noch weit entfernt, halte ich es
dennoch für geboten, schon jetzt diejenigen Ueberlegungen und Be-
obachtungen mitzuteilen, welche mit der von Francesconi aufgestellten
Konstitutionsformel mehr oder weniger schwer zu vereinigen sind.
Der bedenklichste Punkt in dieser Formel ist zweifellos die
Parabindung; abgesehen von der prinzipiellen Unwahrscheinlichkeit
derselben (beim Kampfer ist z. B. die Parabindungsformel längst auf-
gegeben) kommt der Umstand in Betracht, daß auch für das Santonin
— aus den eingangs angeführten Gründen — eine Formel mit Para-
bindung nicht mehr diskutiert werden kann; da nun die Santonsäure
aus dem Santonin durch molekulare Umlagerung entsteht, so müßte
man bei Annahme der Francesconi’schen Formel zu der Vorstellung
greifen, daß während der Operation — Kochen mit Barytwasser —
eine Parabindung in dem dimethylierten Benzolkern erzeugt wird,
eine Hypothese, die nichts weniger als plausibel ist.
Dazu kommt, daß der dimethylierte Benzolkern in der Frances-
coni’schen Formel als eine naphtalinartige Kombination von zwei
Cyklobutanringen erscheint, daß demgemäß auch gewisse Abbauprodukte
der Santonsäure, wie die Santorsäure (VIII) Oyklobutanabkömmlinge
sein müßten. Hierfür hat nun Francesconi bisher keinen Beweis
erbracht (ebensowenig ist die Konstitution der Santoronsäure, der
Ketosantorsäure und des Santorons!) als ermittelt anzusehen).
1) Ketosantorsäure bezw. Santoron bilden sich, wenn man die Natron-
schmelze der «-Santorsäure, welche bei 250—260° zu den sog. Santoronsäuren
führt, bei Temperaturen von 2800 bezw. 380—4000 bewirkt. Die Ketosantor-
E. Wedekind: Santonin. 635
Von den verschiedenen tautomeren Formeln der Santonsäure,
die Francesconi diskutiert, ist die folgende (IX) die wichtigste:
CH,
|
CH, ©
ZASSIBZAUSR
O0 Ü CHga
IX. |
HO 0C—HC—CH Ü 1610) :
PR CH3 (Ha n
CHs
Dieses ist die Ketoform der Formel VII; die Santonsäure soll
sich als Diketon dadurch zu erkennen geben, daß sie mit über-
schüssigem Hydroxylamin ein Dioxim liefert. Letzteres läßt sich
durch Behandlung mit Mineralsäuren nicht in Santonsäure zurück-
verwandeln. Hieraus ergeben sich zunächst Zweifel, ob in dem sog.
Dioxim das zweite Stickstoffatom wirklich in Form einer echten
Oximidogruppe!) gebunden ist; in diesem Falle könnte auch das
Santonin zwei Hydroxylaminreste aufnehmen, ohne daß in beiden
Fällen die Gegenwart einer zweiten Ketogruppe bewiesen wäre?).
Auf Grund dieser Ueberlegung hat Herr Dr. Oskar Schmidt das
Verhalten des Santonins gegen überschüssiges Hydroxylamin unter-
sucht und zwar in Anlehnung an die Vorschrift zur Darstellung von
Santonsäuredioxim.
20 g Santonin wurden in der berechneten Menge Kalilauge
gelöst und in kleinen Portionen mit 140 g Hydroxylaminhydrochlorid —
immer zugleich mit der äquivalenten Menge Kalihydrat — sehr
säure soll die Kombination eines Sechsringes mit einem Vierring enthalten,
während für das Santoron C3H,;,O die Formulierung als Aethylcyklohexanon
oder Metbyläthylcyklopentanon diskutiert wurde.
1) Ueber das Verhalten von Hydroxylamin gegen Santonmethylsäure-
ester vergl. E. Wedekind, Ber. d. d. chem. Ges. 32, 1413 (1899); hierzu
haben C. Harries und A. Stähler einige ergänzende Versuche gemacht
(loc. cit. 37, 258—261), die zu dem Schluß führen, daß die Saptonsäure kein
a, B-ungesättigtes Keton sei, daß die Doppelbindung vieimehr zwischen einen
Ringkohlenstoffatom und dem Propionsäurerest sich befinde.
3) Nach Untersuchungen von Harries und Haarmann, sowie von
Posner u. a. addieren ungesättigte Säureester Hydroxylamin (vergl. Ber. d.
d. chem. Ges. 36, 4305 und 37, 252); das sog. B-Oxim des Santonsäuremethyl-
esters wird von Harries als Anlagerungsprodukt von Hydroxylamin an die
Doppelbindung des ungesättigten Esters aufgefaßt.
636 E E. Wedekind: Santonin.
allmählich (innerhalb 4 Tagen) versetzt; das Ganze wurde dabei fort-
während auf dem Wasserbade erwärmt. Darauf wurde vorsichtig mit
Salzsäure schwach angesäuert, der gebildete Niederschlag filtriert und
mit Wasser gewaschen. Die Reinigung erfolgte durch Umkrystallisieren
aus siedendem Wasser, wobei ein harziger, unlöslicher Rückstand
hinterblieb; in diesem fanden sich bei einer Wiederholung des Versuches
geringe Mergen von Monoxim. Der neue Körper schmilzt unscharf
zwischen 92 und 96°, ist leicht: löslich in Alkohol und Aether, schwer
löslich in Ligroin und wenig beständig. Die Analysenresultate
(Kohlenstoff- und Wasserstoffbestimmungen) st#amten bei Proben
verschiedener Darstellung nicht ganz überein, ergaben aber, wie aus
den nachstehenden Stickstoff bestimmungen zu ersehen ist, mit Sicher-
heit die Anwesenheit von zwei Stickstoffgruppen:
1. 0,1425 g Substanz lieferten 13,2 ccm N (23°, 734 mm).
2. 0,1493 „ = 7 12,3. „1:5 A807
Gefunden:
1. 2.
N 9,42 921
Für ein Santonindioxim C};HsgNz0, berechnet sich ein Stick-
stoffgehalt von 9,52% Abgesehen davon, daß der Kohlenstoff-
gehalt niedriger gefunden wurde, als die Theorie für diese Formel
verlangt, ist indessen kaum anzunehmen, daß in diesem Einwirkungs-
produkt von zwei Mol. Hydroxylamin auf Santoninsäure ein Dioxim
vorliegt, denn beim Erwärmen mit verdünnten Mineralsäuren liefert
der Körper kein Santonin, sondern harzige stickstoffhaltige Produkte;
in dieser Beziehung ähnelt derselbe also dem Santonsäuredioxim. Es
ist wahrscheinlich, daß das zweite Mol. Hydroxylamin an eine vor-
handene oder während der Reaktion gebildete Doppelbindung angelagert
wird, also keine Oximgruppe bildet.
Eine Konsequenz der Francesconi’schen Santonsäureformeln
(VIII und IX) ist die Unmöglichkeit, eine dem Desmotroposantonin
(VI) analoge Phenolform zu geben; tatsächlich begründet der italienische
Forscher seine Formel durch diesbezügliche negative Versuche):
Santonsäure soll beim Stehen seiner salzsauren Lösung nicht
umgelagert werden. Herr Dr. Oskar Schmidt hat nach dieser
Richtung einige Versuche angestellt, als uns noch die erwähnten
1) Vergl. Gazz. Chim. Ital. 23, II, 9 (1903); Francesconi erhielt nur
unveränderte Santonsäure und eine geringe Menge einer in Soda löslichen
Substanz.
E. Wedekind: Santonin. 637
Angaben Francesconis unbekannt waren; im Gegensatz zu den-
selben erhielten wir durch Behandlung von Santonsäure mit konzentrierter
Salzsäure erhebliche Mengen von Desmotroposantonin, wie aus
folgenden Daten zu ersehen ist:
10 g reine Santonsäure (vom Schmelzpunkt 162—163°) wurden
in 300 cem konzentrierter Salzsäure gelöst und auf dem Wasserbade
während drei Stunden auf etwa 60° erwärmt; der gebildete Nieder-
schlag wurde mit Salzsäure gewaschen und nach dem Trocknen aus
heißem Alkohol umkrystallisiert. Es resultierten 2,3 g reines
Desmotroposantonin vom Schmelzpunkt 259—260°.
0,1992 g Substanz lieferten 0,4980 g COs und 0,1313 g Ha0.
Berechnet für C45;Hj805: Gefunden:
C 73,25 73,05
H 7,32 7,32
Das Desmotroposantonin wurde außerdem durch Ueberführung
in das von E. Wedekind und OÖ. Schmidt beschriebene Benzol-
azo-desmotroposantonin (Schmelzpunkt 260°) identifiziert. In einem
anderen Versuche wurden 30 g Santonsäure in 300 ccm konzentrierter
Salzsäure gelöst und bei Zimmertemperatur im Dunkeln während
zwei Monaten sich selbst überlassen. Es hatten sich in dieser Zeit
5,3 g reines Desmotroposantonin gebildet, welches bei 260° schmolz.
Das Desmotroposantoniin kann nur aus Santonin (durch
Umlagerung unter dem Einfluß von konzentrierter Salzsäure) gebildet
sein; das Santonin seinerseits ist entweder in der Santonsäure vor-
handen oder durch Rückbildung aus letzterer entstanden. Wenn auch
zuzugeben ist, daß es schwierig ist, die Santonsäure völlig von
Santonin zu befreien, so dürfte doch bei einem Präparat, das den
richtigen Schmelzpunkt zeigt und mit alkoholischem Kali keine Rot-
färbung!) mehr gibt, ein Gehalt von fast 30% Santonin (s. 0.) aus-
geschlossen sein ?).
Wenn diese Versuche auch keinen Anhaltspunkt für die Existenz
einer besonderen Phenolform der Santonsäure gegeben haben, so
machen sie es doch wahrscheinlich, daß die Umlagerung des Santonins
1) Schon die geringsten Mengen Santonin geben diese charakteristische
Färbung.
2) Francesconi meint mit Bezug auf eine vorläufige Notiz in der
„Chemiker-Ztg.“ 1902, No. 13, daß unsere santonige Säure noch Santonin
enthalten, und daher Desmotroposantonin gegeben habe; vergl. Gazz. Chim.
Ital. 23, II., 9 (1903).
638 E. Wedekind: Santonin.
in Santonsäure unter bestimmten Bedingungen rückgängig gemacht
werden kann.
Jedenfalls bietet die Frage nach der Konstitution der Sauton-
säure noch erhebliche Schwierigkeiten und wird wohl erst durch eine
Synthese der Abbauprodukte, im besonderen der Santoronsäuren,
welche nach Francesconi dreibasische Fettsäuren sind, zu lösen
sein. Derartige synthetische Versuche habe ich in Gemeinschaft mit
Herrn Dr. Oskar Schmidt in verschiedener Weise in Angriff
genommen; da dieselben aber meistens schon in den Anfangsstadien
gescheitert sind, so will ich hier nicht darauf eingehen.
Zum Schluß sei bemerkt, daß die in den Strukturformeln z. T.
zum Ausdruck kommende Aehnlichkeit zwischen Santonin und
Kampfer sich in dem chemischen Verhalten — abgesehen von der
Oxoniumnatur der beiden Stoffe — viel weniger widerspiegelt, als
man erwarten sollte. Von dem verschiedenen Verhalten bei der
Sulfurierung war schon die Rede; neuerdings hat sich gezeigt, daß
die in Bezug auf Umlagerungen so bewegliche Santoninmolekel sich
gegen eine Reihe von Agentien sehr träge verhält, die in der
Kampferreihe zu Umsetzungen in der Methylengruppe führen, wie
Amylnitrit, Oxalester, Ameisensäureester u. s. w. in Gtaauyer von
Natriumäthylat.
Tübingen, im Oktober 1906.
Anhang.
Herr Prof. Dr. Straub-Würzburg hat mir .freundlichst einige
Notizen über pharmakologische Versuche mit dem oben erwähnten
Chlorsantonin zur Verfügung gestellt; dieselben mögen hier noch Platz
finden, obwohl das Ziel der Versuche — ein Maß für die spezifische
Wirksamkeit der Santoninstoffe zu finden — nicht erreicht wurde.
„Die Versuchsanordnung war die folgende (vergl. die nach-
stehende Figur): ein darmartig gewundenes Glasrohr, das mit einem
vertikalen Ansatzrohr (a) versehen ist, wird mit Bunge’scher Lösung!)
1) Dieselbe enthält 1% Chlornatrium und 0,2% kohlensaures Natrium;
vergl. Zeitschr. f. physiolog. Chemie, Bd. VIII (1883/1884).
E. Wedekind: Santonin. 639
gefüllt; in dasselbe wird ein Spulwurm gebracht, welcher sich nach
einiger Zeit bei c konstant aufhält. Das Ganze wird mit Hilfe eines
Thermostaten auf 37° gehalten. Nach einigen Stunden wird mit der
Pipette durch 4 etwas Chlorsantonin hineingebracht, so daß sich bei
Spulwurm.
ruhigem Stehen des Apparates ein Konzentrationsgefälle ausbildet.
Man konnte nun in mehreren Versuchen beobachten, daß der Wurm
durch die Windungen des Glasdarms nach oben entfloh, um bei b so
lange zu bleiben, bis das Experiment abgebrochen wurde. Dieser Vor-
gang ließ sich mit dem gewöhnlichen Santonin nicht stets aber ungefähr
eben so oft beobachten, wie mit dem Chlorsantonin, so daß Unterschiede
in der spezifischen Wirksamkeit der beiden Stoffe nicht zum Ausdruck
kamen.“ Immerhin bietet diese Anordnung die Möglichkeit, wenigstens
qualitativ eine „Santoninwirkung“ festzustellen; eine solche kommt
dem Chlorsantonin zweifellos zu, welches — abgesehen vom Santonin-
oxim — demnach das einzigste Santoninderivat sein dürfte, an welchem
ein ähnliches pharmakologisches Verhalten, wie bei der Muttersubstanz
bisher beobachtet worden ist.
Herrn Prof. Dr. Straub möchte ich auch an dieser Stelle für
sein Entgegenkommen meinen verbindlichsten Dank aussprechen.
640 H. Thoms: Rottlerin.
Arbeiten aus dem pharmazeutischen Institut der
Universität Berlin.
Ueber das Rottlerin.
Von H. Thoms.
(Eingegangen den 7. XI. 1906.)
Im Heft 6 des Bandes 244 des Archivs der Pharmazie, aus-
gegeben am 27. Oktober 1906, veröffentlicht H. Telle eine Studie über
Kamala und Rottlerin. Diese Arbeit ist, wie eine redaktionelle Notiz
beweist, am 25. September 1906 bei der Redaktion des Archivs der
Pharmazie eingegangen.
Demgegenüber weise ich darauf hin, daß ich in der am Montag,
dem 17. September d. J., stattgefundenen Sitzung der Abteilung
„Pharmazie und Pharmakognosie“ der Versammlung der Gesellschaft
Deutscher Naturforscher und Aerzte in Stuttgart über Rottlerin einen
Vortrag gehalten und über die von Herrn Apotheker Herrmann in
meinem Laboratorium erhaltenen Resultate berichtet habe. Diese
wurden bereits in der „Süddeutschen Apotheker-Zeitung“ vom
18. September d. J. und in der „Apotheker-Zeitung“ vom 22. Sep-
tember d. J. abgedruckt.
Aus meiner Veröffentlichung geht hervor, daß Herrmann bei
der Aufspaltung des Rottlerins ebenfalls Methyl- und Dimethyl-
phloroglucin, wie H. Telle, sowie Zimmtsäure gefunden hat.
Ich nehme für Herrn Herrmann das Recht in Anspruch, seine
noch nicht völlig abgeschlossene Arbeit über das Rottlerin fortsetzen
und beendigen zu können.
Steglitz-Dahlem, den 5. November 1906.
178
ACHTHYOL.
Der Erfolg des von uns hergestellten speziellen Schwefelpräparats
hat viele sogenannte Ersatzmittel hervorgerufen, welche nicht identisch
_ mit unserem Präparat sind und welche obendrein unter sich verschieden’
sind, wofür wir in jedem einzelnen Fialle den Beweis antreten können.
Da diese angeblichen Ersatzpräparate anscheinend unter Mißbrauch &
unserer Markenrechte auch manchmal fälschlicherweise mit |
Ichtihyol a
oder Are
Ammonium suifo-ichthyolicum 2%
‚gekennzeichnet werden, trotzdem unter dieser Kennzeichnung nur unser
- spezielles Erzeugnis, welches einzig und allein allen klinischen Versuchen : ®
zugrunde gelegen hat, verstanden wird, so bitten wir um gütige Mit-
teilung zwecks gerichtlicher Verfolgung, wenn irgendwo tatsächlich
solche Unterschiebungen stattfinden. re
| Ichthyol-Gesellschaft Be"
3 Cordes, Hermanni & Co.
HAMBURG. er
ES
Ne
Hamburger Änderungen des „Ergänzungs-
buches zum Arzneibuch für das Deutsche
Reich“ und Vorschriften zu in Hamburg
gebräuchlichen Arzneimitteln, welche
weder in das Arzneibuch noch in das
Ergänzungsbuch aufgenommen sind.
Oktavformat in haltbarem Umschlag. gi BR
Preis 50 Pf. portofrei. ; ErRR
menu. 0 1. msn ee
Deutscher Apotheker-Verein e.
Berlin C.
Köther pro en. i
Chloroform. puriss. | “
Zu beziehen durch die ra pn
Collargol, Acoin, Salocreol, Calodal,
Salit beste: Einreibung bei Rheumatosen,
diskreter Ersat de de
Unguentum Heyden, (Ne), den
Novargan, „Zur Zeit bestes, Mittel‘ bei alcdker Gäni
GN völlig reizloses SIDE zur Iokalen gun |
| Omorol, ::“;
€“ » von iphtherie etc., NER:
Bit e n al, Kohlensäureverbindu Be Sn Santalols, ;
3} Wir fabrizieren ferner Acatylaulicyisäure in Sihstene ud als’ ka
"I Tabletten, Haniakol, Benzonaphtol, Hexamethylentetraniin, Bismut, |
MB); Verkauf durch den Gross- Drogenhandel. ö
Chemische Fabrik von Heyden, Radebeul DR
; M i N Erklärung der
| nn technischen Prüfungsmethoden |
des - BIN:
Deutschen Arzneibuches Iv.
Von
Prof. Dr. Georg Heyl, Obermedizinalrat in Dirmiet
Preis 60 Pf. portofrei.
Zu beziehen vom
" Binliegend eine Beilage der Firma Ernst RR, iger
DER. deiner Bremen Au Beaselstr. % ei
A "9 x f ak,
Y WARS a 2% or an 2%
ae w ” DHL BAR .< n
’ ER BERIED UT EAN.
Be? DER es ae
j } | A a 7 i R #07,
herausgegeben
Deutschen Apotheker -Verein
unter Redaktion von |
E. Schmidt und H. Beckurts.
"Band 244. Heft 9. ee Ma
(Schluss des Bandes.)
ae ” > N f}
_ £ %.
£ en
HORARUTT.
\ BERLIN. | \schll 20R
Selbstverlag des Deutschen Apotheker -Vereins. i | T\ x
1906. je:
® Ausgegeben den 31. Dezember 1906. ir Re
C. Thomae, Ueber es ind
Allgemeines und Darstellungsmethoden . {3
Die Einwirkung von Ammoniak auf Acetophenon .
‘C. Thomae und H. Lehr, Zur Kenntnis des Methyl- Bmohyikeons
c. Thomae, Ueber Keton-Ammoniakverbindungen:
Die Einwirkung von Ammoniak auf Mey een AB
Methylpropylketonammoniak . . 4 NER;
M. Greshoff, Ueber die Verteilung der Blausäure in BR Pflanzenreiche M)
A. Simmer, Ueber das Verhalten der Alkaloidsalze und ‚anderer
organischer Substanzen zu den Lösungsmitteln der Perforation
methode, insbesondere Chloroform, sowie über Be
der Alkaloide. . . .
; ‚A. Tschirch und M. Wolif, Weitere Studien über den Sandarak .
eäuhaltsverzeichnis . ..... .... =... 2 Da
Eingegangene Beiträge.
4. Pschirch und M. Wolff, Ueber das Vorkommen von Abietinsäure i im n Ha ö
Ay E. Rupp und J. Mielck, Ueber die Bestimmung. superoxydischer Verbindu
NRBENE Se mit Alkalihypojodit. SER
- E. Peder, Eine Quecksilberlösung als Reagens auf Aldehyde, insbes
Formaldehyd. Ta
H. Kunz-Krause und R. Richter, Ueber einige Cyklogallipharate und
u Verhalten der Cyklogallipharsäure gegen Eisenchlorid. RR
EB. 'H. Madsen, Ueber die Kondensation von Aldehyden mit Phenol arbo
säuren. -
R. Weil, Die Entstehung des Solanins in den Kartoffeln als Produkt akte-
rieller Einwirkung. -
AR ‚ Buttenberg, Ueber Himbeersaft und Himbeersirup.
: ; i | (Geschlossen den 25. ZUL. 10) nr
:
Diese Zeitschrift erscheint in zwanglosen Heften (in ur "Reg el; je
monatlich einmal) in einem jährlichen Umfange von 40 hie _ 2 }
50 Bogen. Ladenpreis für den: Jahr ERER Mk. et "
Alle Beiträge für das „Archiv“ sind an die
Archiv- Bedaktion
Herrn Geh. Reg.-Rat Professor Dr. E. Schmidt in Marburg (1:9 25 1)
oder Herrn Geh. Med.-Rat Professor Dr. A. werte... ‚chwei Ie-
alle die Anzeigen u. s. w., überhaupt die Archiv-Verwaltı
die Mitgliederliste betreffenden Mitteilungen an den ast is
Deutschen Apotheker-Verein
Berlin C. 2, Neue Friedrichstr. 43 sh
einzusenden. is
er
C. Thomae:" Keton-Ammoniakverbindungen. 641
Ueber Keton-Ammoniakverbindungen.
Von Carl Thomae, Gießen.
Nachtrag zur 1. Mitteilung.
LIBRARY
j NEW: YORK
Allgemeines und Darstellungsmethoden. Bo N
(Eingegangen den 17. XI. 1906.) GARDEN
Der früher betonte Unterschied zwischen Keton- und Aldehyd-
ammoniaken!) betraf bei letzteren nur die Produkte der aliphatischen
Aldehyde, die bekanntlich durch Anlagerung von Ammoniak an die
Aldehydogruppe entstehen. Zwischen den Ammoniakverbindungen
aromatischer Aldehyde und den nach der Formel (R-C-R)sNa
zusammengesetzten Ketonammoniaken besteht dagegen keine Ver-
schiedenheit in der Konstitution; sie werden durch Kondensation
dreier Moleküle Keton, bezw. aromatischen Aldehyd, mit zwei
Molekülen Ammoniak gebildet und sind sauerstofffrei.
Die neuen Ketonammoniake zerfallen, wie ich bereits in der
ersten Mitteilung berichtet habe, bei der Einwirkung verdünnter
wässeriger Säuren in die Komponenten, Keton und Ammoniak. Außer
dieser ist bis jetzt in zwei Fällen, bei Acetophenonammoniak und
Methyl-p-tolylketonammoniak, noch eine weitere Spaltung eines Keton-
ammoniaks beobachtet worden: Durch Einwirkung von alkoholischer
Pikrinsäure verlieren die genannten Verbindungen nur ein Molekül
Ammoniak und bilden Produkte, die ich wegen ihres Gehaltes von
einem Stickstoffatom Monazo-ketonammoniake genannt habe. Die
Entstehung dieser Körper darf man als vorübergehend erfolgt
vielleicht auch bei der Druckerhitzung des betreffenden Ketons mit
alkoholischem Ammoniak annehmen. Ob tatsächlich hierbei zuerst
das Ketonammoniak gebildet und dann eines Ammoniakkomplexes
beraubt wird, oder ob das Monazo-Produkt ohne weiteres entsteht, ist
allerdings noch eine offene Frage.
Bei dem Uebergang des Ketonammoniaks in die Monazo-
Verbindung erfährt meiner Ansicht nach das Molekül des ersteren
zunächst eine Umlagerung in einen Körper mit primärem oder
„sekundärem. Stickstoff. Dieses Produkt ist nicht beständig, sondern
reßt aus seinem Gefüge ein Molekül Ammoniak heraus. Letzteres,
Ye vielleicht durch Vereinigung einer Amino- oder Iminogruppe mit
1) Arch :d; Pharm. 1905, 292
vr Arch. d. Pharm. OCXXXXIV. Bds. 9. Heft. 41
LEE
642 C. Thomae: Keton-Ammoniakverbindungen.
Wasserstoff entsteht, erfährt möglicherweise noch eine Aethylierung
durch den als Lösungsmittel dienenden Alkohol.
Die Monazo-Körper neigen dazu, unter Kohlenwasserstoffabgabe
einen Ringschluß einzugehen und Pyridinderivate zu bilden. So
erhalten wir durch Destillation von Monazo-acetophenonammoniak
unter Abgabe von Methan Triphenylpyridin und bei der Druckerhitzung
von Methyl-p-tolylketon mit alkoholischem Ammoniak ohne weiteres
durch Toluolverlust Methylditolylpyridin. Daß in dem einen Fall
Methan, in dem anderen Toluol abgespalten wird, dürfte wohl seinen
Grund in sterischen Verhältnissen haben.
Ketone, die in der Kälte nicht mit Ammoniak reagieren, ver-
mögen immerhin noch bei der betreffenden Druckerhitzung Monazo-
Produkte oder Pyridinkörper zu liefern.
Die Tatsache, daß sich bei der Reaktion zwischen Ketonen und
Ammoniak Sumpfgas abspalten kann, hat bereits P. Riehm!) erkannt.
Allerdings unterschieden sich dessen Versuche von den meinigen
dadurch, daß ich auf die Ketone in alkoholischer Lösung
Ammoniak ohne besonders zugesetztes Kondensationsmittel einwirken
ließ; P. Riehm verwandte dagegen einerseits wasserentziehende
Agentien, Chlorzink und Phosphorsäureanhydrid, andererseits arbeitete
er mit dem Chlorid oder mit Abkömmlingen des Ammoniaks, Acet-
amid und Harnstoff. Bei diesen Untersuchungen wies der genannte
Forscher die Entwickelung von Sumpfgas nach infolge der Erfahrung,
die er beim Studium der Einwirkung von salzsaurem Anilin auf Aceton ‘®)
gemacht hatte. Aus Gründen der notwendigen Ausführlichkeit muß
ich hier bemerken, daß die Reaktion zwischen Anilinchlorid und
Aceton?), sowie diejenige zwischen Ammoniak, Phosphorsäureanhydrid
und Acetophenon?) bereits vor P. Riehm studiert waren, aber von
ihm durch den Nachweis der Methanentwickelung weiter erforscht
wurden.
So verdienstvoll diese Erkenntnis von P. Riehm ist, so muß ich
doch seine Behauptung’), „daß die Methyl enthaltenden Ketone bei
der Kondensation mit Ammoniak Sumpfgas abspalten“, als zu allgemein
gehalten bezeichren. Die bis jetzt ohne Anwendung eines besonders
zugesetzten Kondensationsmittels in der Kälte aus methylhaltigen
Ketonen gewonnenen Ketonammoniake entstehen nämlich ohne Methan-
verlust, können allerdings, wie erwähnt, bei starker Erhitzung Kohlen-
I) Annal. 238, 1—29.
2) Annal. 238, 5.
8) M. Pauly, Annal. 187, 222.
4) C. Engler und H. Heine, Ber. 6, 638.
5) Annal. 238, 27.
C. Thomae: Keton-Ammoniakverbindungen. 643
wasserstoff abgeben. P. Riehm’s Ansicht bezieht sich vielleicht nur
auf die bei seiner Versuchsanordnung eintretenden Vorgänge, wofür
die auch von ihm gemachte Angabe sprechen könnte, „daß ein CH;
der Ketone unter Umständen ebenso abgespalten werden kann, wie
das H-Atom der Aldehyde“!). Jedenfalls mußte ich auf seine Mit-
teilungen hier eingehen.
‘- Die Untersuchungen über Keton-Ammoniakverbindungen habe ich
begonnen, weil ich der Ansicht bin, daß die Alkaloide der Pyridin-
und Chinolinreihe — wenn nicht alle, so doch zum Teil — im Pflanzen-
körper gebildete und chemisch weiter veränderte Reaktionsprodukte
zwischen Ammoniak oder Aminen, bezw. deren Salzen und Derivaten,
und gewissen keton- oder aldehydartigen Stoffen sind.
Bemerken möchte ich noch, daß ich beabsichtige, neben alkoholischem
Ammoniak auch das flüssige Gas auf Ketone einwirken zu lassen.
Veber Keton-Ammoniakverbindungen.
Von Carl Thomae, Gießen.
5. Mitteilung.
(Eingegangen den 17. XI. 1906.)
Die Einwirkung von Ammoniak auf Acetophenon.
A. Die bei gewöhnlicher Temperatur erzielte Reaktion.
Eine Lösung von Acetophenon in dem doppelten Gewicht
alkoholischem Ammoniak wurde bei ungefähr 20° 4—6 Wochen lang
beiseite gesetzt und während dieser Zeit öfter mit trockenem Ammoniak
nachgesättigt. Danach wurde die Reaktionsflüssigkeit obne Anwendung
von Wärme auf flachen Tellern verdunstet und der ölige Rückstand,
der bei nicht baldigem Verarbeiten sich grünlich färbte, mit Aether
aufgenommen. Die Lösung wurde mit zerkleinertem Eis versetzt und
mit sehr kalter, stark verdünnter Salzsäure in geringem Ueberschuß
geschüttelt; dıe Säure war gemischt aus 1 Teil rauchender Salzsäure
und 9 Teilen Wasser.
Die Aetherschicht wurde von dem gelb gefärbten Salzsäurewasser
getrennt und beide Flüssigkeiten für sich untersucht. In der ätherischen
Lösung war enthalten sehr viel unverändertes Acetophenon, ferner
1) Annal. 238, 29.
41*
644 C. Thomae: Keton-Ammoniakverbindungen.
salzsaures Acetopheronammoriak, das sich bald abschied, und andere
Körper, die info!ge ihrer geringen Menge noch nicht analysiert werden
konnten, sowie eine teerige Masse. In der wässerigen Schicht wurde
das Chlorid vom Monazo-acetophenonammoniak!) gefunden.
Acetophenonammoniak.
Diese Verbindung war als Chlorid in der Aetherlösung verblieben
und fiel entweder sofort aus, oder krystallisierte nach einigem Reiben
der Gefäßwandung in kleinen Blättchen. Die Ausbeute hieran war
gering; sie betrug nur 6—7 g aus 150 g Acetophenon. Um die freie
Base zu erhalten, wurde das Salz in viel Alkohol — die genannte
Menge in 200 ccm — suspendiert und das Gemenge mit festem Aetz-
kali bis zur schwach alkalischen Reaktion geschüttelt. Nun wurde
von dem gebildeten Chlorkalium abfiltriert und die klare Flüssigkeit
an der Luft verdunstet. Sobald der zum Teil schmierige, zum Teil
mit Krystallen durchsetzte Rückstand durch Verreiben mit wenig
Alkohol krystallinisch geworden war, wurde die Substanz von den
flüssigen Anteilen befreit, mit Wasser gewaschen und aus Alkohol
krystallisiert. Zur Zerlegung des in Alkohol aufgeschwemmten Chlorids
konnte auch eine eben genügende Menge wässeriges Alkali verwendet
werden.
Die reine Substanz schmolz bei 115° und bildete gut entwickelte
Krystalle, die bei längerem Verbleiben in der alkoholischen Lösung _
sehr schön wuchsen. Ueberhaupt zeigte Acetophenonammoniak eine
ganz außerordentliche Krystallisationsfähigkeit. In prächtigen, großen
monoklinen Säulen und Tafeln mit scharfen Kanten und abgeschnittenen
Ecken wurde der Körper aus Jodmethyl, das ihn unter diesen Ver-
hältnissen nicht angriff, oder noch besser, aus einer Mischung von
Jodmethyl und Methylalkohol?) erhalten. Acetophenonammoniak erwies
sich bei der Hinsberg’schen Probe mit Phenylsulfochlorid als tertiäre
Base. Ueber den Schmelzpunkt erhitzt, zersetzte sich das Produkt
unter Ammoniakentwickelung. Bei längerer Aufbewahrung färbte es
sich unter Ketonabspaltung gelblich.
1) 8. 641.
2) Diese Mischung leistete auch bei dem später beschriebenen Methyl-
p-tolylketonammoniak zur Erzeugung größerer Krystalle gute Dienste. Ihre
Anwendung erfolgte in der Weise, daß die Substanz erst in wenig farblosem
Jodmethyl kalt aufgenommen und diese Lösung mit viel frisch destilliertem
Methylalkohol versetzt wurde. Es mußte mindestens das doppelte Volumen
Holzgeist genommen werden, weil sonst die Krystalle auf der Flüssigkeit
obenauf schwammen und sich dadurch nicht entwickeln konnten. Das Ganze
wurde ein oder mehrere Tage in das Dunkle gestellt.
C, Thomae: Keton-Ammoniakverbindungen. 645
Die Analyse der aus Alkohol krystallisierten und im Vakuum
getrockneten Substanz ergab für die Formel:
(CH3 : C - CoH;)a Na
stimmende Werte.
0,1914 g Substanz: 0,5925 g CO,, 0,1212 g HyO
0,2152 „ EN ah
0,2533 „ „ 0,7823 „Ey? 7Q1640% 5
0,1606 „ 5 12,4 ccm N bei 22,50 und 755 mm
0,1632 „ e 12,517 4 000 PR 08
0,1298 „ A 1041 ud: ir „ 758
Berechnet für Ca4 Hay Na: Gefunden:
C 84,64 84,43 84,39 84,21
EL: 0218 7,05 7,20 )
N 8,25 8,66 8,82 8,94
Molekulargewichtsbestimmung in siedendem Benzol:
0,3050 g Substanz: 19,9078 g Lösungsmittel, A = 0,119
0,6366 „ r 19,9078 „ n A = 0,254
m — Berechnet: 340
Gefunden: 335
3 32
Kaltem Wasser gegenüber verhielt sich die Base indifferent.
Fügte man jedoch ihrer wässerigen Suspension einige Tropfen Salz-
säure hinzu, so trat schon bei gewöhnlicher Temperatur sehr bald
Acetophenongeruch auf.
Wegen dieses leichten Zerfalls ihres Moleküls schien es mir nicht
ausgeschlossen, daß die Substanz therapeutischen Wert besitze. Eine
solche Hoffnung durfte ich besonders deshalb hegen, weil einerseits
Acetophenon unter dem Namen Hypnon als Schlafmittel gilt, anderer-
seits die hydrolytische Spaltung des Präparats im Magen möglicher-
weise eine erhöhte Acetophenonwirkung herbeiführen konnte.
Herr Professor Dr. Geppert, Direktor des pharmakologischen
Instituts der Universität Gießen, hatte die Liebenswürdigkeit, auf
meine Bitte einige Versuche an einem Hund anstellen zu lassen, und
teilte mir hierüber mit, daß die Substanz kein Hypnotikum sei, sondern
im Gegenteil in kleinen Dosen Unruhe, in größeren (noch unter 1g
liegenden) Gaben starke Diarrhöen hervorgerufen hätte.
Auch an dieser Stelle danke ich Herrn Professor Geppert ver-
bindlichst.
Salzsaures Acetophenonammoniak.
Das bei der Darstellung von Acetophenonammoniak erhaltene
Chlorid ließ sich im Gegensatz zur Base nicht umkrystallisieren. Da
infolgedessen eine Reinigung durch Umlösen nicht zu erzielen war, so
616 GC. Thomae: Keton-Ammoniakverbindungen.
wurde anfänglich, um eine Analyse auszuführen, das mit Aether ge-
waschene Rohsalz zur Entfernung beigemischten Salmiaks mit kaltem
Wasser behandelt und dann über Schwefelsäure getrocknet. Nach
nochmaligem Abspülen mit Aether und längerem Liegen im Vakuum
zeigte die Substanz einen viel zu hohen Stickstoffgehalt. Diese Tat-
sache war darauf zurückzuführen, daß dem Chlorid wieder Chlor-
ammonium beigemischt war, welches durch Schütteln der Analysen-
substanz mit Wasser ausgezogen und nach dem Verdunsten der filtrierten
Lösung nachgewiesen werden konnte. Die hier erfolgte Neubildung
von Salmiak war damit zu begründen, daß das Salz im feuchten Zustand
sich teilweise in Chlorammonium und freies Keton zersetzte. Vor der
sofortigen und vollkommenen Spaltung schützte es nur seine Unlöslich-
keit in Wasser.
Bei der Aufbewahrung des trockenen salzsauren Acetophenon-
ammoniaks konnte man das Auftreten des charakteristischen Aceto-
phenongeruchs und bei längerer Berührung des Chlorids mit Wasser
die Abscheidung des Ketons an einem hellgelben, öligen Ueberzug der
Substanz beobachten.
Acetophenonammoniak und Platinchlorid.
Wegen der leichten Spaltbarkeit des salzsauren Acetophenon-
ammoniaks wurde nicht dieses Salz, sondern die freie Base zu dem
Versuch einer Platinsalzdarstellung angewendet. Es wurde also das
reine Ketonammoniak kalt in Alkohol gelöst und die Flüssigkeit mit
einer alkoholischen Lösung von Platinchlorid ohne Salzsäurezusatz
vermischt; die im sogenannten Platinchlorid enthaltene Menge Chlor-
wasserstoff mußte zur Bildung des Doppelsalzes hinreichen. Trotz
aller Vorsicht konnte jedoch eine Platinverbindung der Base nicht
erhalten werden, da sich nur Platinsalmiak ausschied, ein weiterer
Beweis für \die leichte Spaltbarkeit der Acetophenonammoniaksalze.
Sie erfolgte hier durch den Einfluß des im Platinchlorid und Alkohol
enthaltenen Wassers.
Acetophenonammoniak und Pikrinsäure.
(Pikrinsaures Monazo-acetophenonammoniak.)
Eine kalt bereitete Lösung von Acetophenonammoniak in Alkohol
wurde mit soviel alkoholischer Pikrinsäureflüssigkeit versetzt, daß
trockenes Kongopapier beim Betupfen ganz schwach gebläut wurde.
Hierdurch bildeten sich bald zartgefederte, gelbe Krystalle. Krystallisierte
man diese um, so erhielt man schöne Blättchen, die bei 210,5° schmolzen
und sich identisch erwiesen mit Jem später beschriebenen Pikrat des
Monazo-acetophenonammoniaks.
C. Thomae: Keton-Ammoniakverbindungen. 647
Während also das Chlorid des Acetophenonammoniaks durch
Wasser und feuchte Luft eine Spaltung in Chlorammonium und Aceto-
phenon erlitt, trat bei dem Pikrat in alkoholischer Lösung Verlust
eines Moleküls Ammoniaks ein, das möglicherweige in statu nascendi
ätbyliert wurde.
Aufarbeitung der ätherischen Mutterlauge vom salzsauren
Acetophenonammoniak.
Die vom salzsauren Acetophenonammoniak abfiltrierte Aether-
lösung enthielt sehr viel unverändertes Keton. Um es wieder zu
gewinnen, wurde der Aether abdestilliert und die bei 200—210° über-
gehende Flüssigkeit nach Passieren eines Luftkühlrohres, besonders
aufgefangen. Als dieses Rohketon in einem Falle in der doppelten
Menge Alkohol gelöst und die Mischung unter Abkühlen durch
Eis und Kochsalz mit Ammoniakgas gesättigt wurde, schieden sich
nadelförmige Krystalle ab, deren Menge beim Einengen der Flüssigkeit
zunahm. Die Substanz war in Wasser schwer löslich und krystallisierte
leicht hieraus. Eine Analyse konnte wegen zu geringer Substanzmenge
nicht ausgeführt werden.
Das zurückgewonnene Rohacetophenon wurde nochmals fraktioniert
und nur der Anteil, der bei 200° überging und beim Abkühlen erstarrte,
zu einem neuen Versuch mit alkoholischem Ammoniak angesetzt.
Der Destillationsrückstand vom Rohacetophenon wurde ohne
Thermometer mit starker Flamme weiter erhitzt. Nachdem hierbei
noch etwas Acetophenon übergegangen war, trennte sich plötzlich das
Liquidum in zwei Schichten, eine obere helle, die aus Ketonresten
bestand, und eine untere rotbraune von der Beschaffenheit eines Teeres.
Als letztere sehr hoch erhitzt wurde, trat zunächst eine lebhafte
Wasserabspaltung und Entwickelung brennbarer, noch Toluol riechender
Dämpfe ein. Dann destillierte ein gelbbraunes Oel, das anscheinend
Dimethylanilin oder ein Derivat hiervon enthielt (Geruch, Grüntärbung
sowohl beim Erwärmen mit Benzotrichlorid und Chlorzink, als auch
beim Versetzen seiner stark abgekühlten alkoholischen Lösung mit
Salzsäure und Natriumnitrit). Schließlich folgte eine zu schönen
Krystallen im Luftkühlrobr erstarrende Substanz. Sobald sich hiervon
nichts mehr verflüchtigte und eine zähe Schmiere erschien, wurde mit
dem Erhitzen aufgehört. In dem Kolben befand sich danach nur eine
total verbrannte Masse.
Die Krystalle, die sich aus Alkohol umkrystallisieren ließen,
waren stickstofffrei, lichtempfindlich und gaben im reinen Zustande
mit konzentrierter Schwefelsäure eine intensive tietblaue Fluoreszenz.
Da die Substanz kein Keton-Ammoniakprodukt ist und nach den
648 C. Thomae: Keton-Ammoniakverbindungen.
Analysen eicer besonderen Gruppe von Verbindungen anzugehören
scheint, so wird über sie im speziellen berichtet werden.
Untersuchung der wässerigen Salzsäureschicht,
(Monazo-acetophenonammoniak.)
In der gelbgefärbten Salzsäureausschüttelung des mit Aether
aufgenommenen Verdunstungsrückstandes der Reaktionsflüssigkeit:
„Acetophenonammoniak = alkoholisches Ammoniak“ war eine zweite
Base enthalten. Diese bildete im Gegensatz zu Acetophenonammoniak
ein in Wasser leichtlösliches Chlorid.
Zur Gewinnung der neuen Verbindung wurden zunächst dem
Salzsäureauszug, der sich allmählich unter Abscheidung eines an-
scheinend aus Acetophenon bestehenden Oeles trübte, durch mehrmalige
Ausätherung die Reste der ätherischen Schicht entzogen. Dann
kühlte ich die Flüssigkeit durch hineingeworfene Eisstückchen ab und
vermischte sie mit sehr kalter, nicht zu konzentrierter Ammoniak-
lösung, wobei die Base in Freiheit gesetzt wurde. Nun ätherte ich
aus, trocknete die Aetherlösung mit wasserfreiem Natriumsulfat und
verdunstete sie an der Luft. Der Rückstand bildete ein wasser-
unlösliches, gelbes Oel, das sich allmählich zu einer weichen Masse
verdickte.
Diese bestand zur Hauptsache aus Monazo-acetophenonammoniak,
denn sie bildete in alkoholischer Lösung ein Pikrat, das identisch war
mit dem später beschriebenen pikrinsauren Salz der durch Druck-
erhitzung gewonnenen Monazo-Base.
B. Druckerhitzung von Acetophenon mit alkoholischem Ammoniak.
Monazo-acetophenonammoniak U, H5ı N.
Eine Lösung von Acetophenon in der doppelten Menge Alkohol
wurde in der Kälte mit Ammoniakgas gesättigt und 27 Stunden lang
im zugeschmolzenen Glasrohr auf 150—180° erhitzt; während der
Nacht blieb die Operation unterbrochen. Die Bombenröhren zeigten
beim Oeffnen keinen Druck und enthielten eine braungelb. gefärbte
Flüssigkeit, welche in derselben Weise aufgearbeitet wurde, wie es
bei der Darstellung des Acetophenonammoniaks und seiner Begleit-
körper angegeben ist. Während letztere alle auch hier vorgefunden
wurden, konnte Acetophenonammoniak selbst nicht erhalten werden;
statt dessen hatte sich eine größere Menge des bereits unter A er-
wähnten Monazo-Produktes gebildet. Dieses war als Chlorid in dem
hier goldgelb gefärbten Salzsäurewasser, aus dem sich ein gelbes
Goldsalz fällen ließ, gelöst,
C. Thomae: Keton-Ammoniakverbindungen. 649
Machte man zur Gewinnung der Base die saure wässerige
Flüssigkeit statt ammoniakalisch natronalkalisch, so fiel der Nieder-
schlag nicht als Oel, sondern als beinahe feste, zusammenbackende
Masse aus. Wurde diese mit kaltem Alkohol verrieben, so gingen
die weichen Anteile in Lösung und in beträchtlicher Menge blieb ein
amorphes Pulver zurück, das sich nach dem Glühen als natronhaltig
erwies und unlöslich in Wasser und Alkohol, löslich in vengünnter
Salzsäure war. Möglicherweise lag hier ein Imino-Salz vor.
Sowohl die freie Base, als auch ihr Goldsalz konnten nicht
gereinigt werden. Erstere stellte ein zu einem weichen, nicht
krystallisabelen Produkt erstarrendes Oel dar und letzteres ließ sich,
obwohl es unter dem Mikroskop undeutlich strahlig-krystallinische
Struktur zeigte, nicht umkrystallisieren; es zersetzte sich nämlich
mit sämtlichen angewandten Lösungsmitteln beim Erhitzen unter Gold-
abscheidung.
: Da auch die erwähnte Natriumverbindung nicht zur Analyse
geeignet war, so mußte ich mich nach einem anderen Bestimmungs-
körper umsehen. Einen brauchbaren fand ich im Pikrat.
Zu dessen Darstellung wurde das basische Produkt kalt in
Alkohol gelöst und das Filtrat mit alkoholischer Pikrinsäurelösung
bis zur schwachen Bläuung von trockenem Kongopapier versetzt. Das
Salz fiel entweder sofort aus oder krystallisierte nach einigen Minuten
und wurde aus Alkohol, worin es im Verhältnis von ungefähr 1:400
löslich war, umkrystallisiert. Hierbei erhielt ich schöne gelbe Blättchen,
die, nochmals umkrystallisiert, den Schmp. 210,5° zeigten. Aceton,
worin das Salz sich etwas leichter als in Alkohol löste, eignete sich
ebenfalls als Krystallisationsmittel.
0,2765 g Substanz: 0,6662 g COs, 0,1164 g H,O
0209, „ 0,4935 „ „ 00890 „ „
0,1961 „ 18,8 ccm N bei 21° und 752 mm
0,1427 „ = BL -r 7 . Zotz
Berechnet für 04 Hs; N-C;3H3 (OH) (NO3)g: Gefunden:
C 65,18 65,71 65,37
H 438 4,67 4,81
N 10,17 10,81 10,72
Beim Uebergießen des gepulverten Pikrats mit wässeriger
Ammoniakflüssigkeit wurde unter Zusammenbacken der Substanz die
Base zurückerhalten, die nach dem Ausäthern wieder eine zuerst ölige,
dann weiche Konsistenz zeigte. Aus dem Ketonammoniak entsteht
das Monazo-Produkt, wie bereits unter A berichtet, bei der Einwirkung
von Pikrinsäure in zimmerwarmer alkoholischer Lösung, und zwar
durch Verlust von einem Molekül Ammoniak.
650 GC. Thomae: Keton-Ammoniakverbindunger.
Ob nun bei der Druckerhitzung das Ketonammoniak sich zuerst
und intermediär bildet und dann Ammoniak abspaltet, oder der
Monazo-Körper ohne weiteres zu stande kommt, muß dahingestellt
bleiben.
Verhalten des Monazo-acetophenonammoniaks beim Erhitzen.
(Ringschluß zu Triphenylpyridin.)
Rohes, durch Druckerhitzung gewonnenes Monazo-acetophenon-
ammoniak wurde in einem Fraktionskolben ohne Thermometer und
Kühlrohr mit direkter Flamme erwärmt. Die sich hierbei ver-
flüssigende Masse schied zunächst im Destillationsgefäß wenig flockige
Substanz ab. Gleichzeitig gingen Wasser und Ammoniak. über.
Steigerte man die Temperatur, so destillierte ein dunkel gefärbtes,
dickes Oel, das in einzelnen Fraktionen aufgefangen wurde. Von den
erstarrenden Proben wurden die meisten beim Verreiben mit Alkohol
krystallinisch. Das Rohprodukt wurde auf Ton gebracht, mit Alkohol
abgespült und aus diesem Lösungsmittel umkrystallisiert.
Hierbei wurden lange Nadeln von dem Schmelzpunkt und den
Eigenschaften des Acetophen(on)ins (Triphenylpyridins) erhalten. Da
sich das Produkt am Licht rötlich färbte, so mußte es, sowie seine
Lösung, in das Dunkle verbracht werden.
0,1020 g Substanz: 0,3369 g CO;, 0,0533 g H30
0,1210 „ " 0,3997, „51x 0,0633) Juras
0,1302 „ or 5,3 ccm N bei 16,5% und 753 mm.
Berechnet für CgHyrN: Gefunden:
C 89,85 90,10 90,08
H 5,58 5,78 5,87
N 4,57 4,69 2
Die beiden Kohlenstoff-Wasserstoffbestimmungen hat Herr
W. Müller-Göttingen ausgeführt, dem ich für seine Liebenswürdigkeit
bestens danke.
Eine Einwirkung von Ammoniak auf Acetophenon haben die
Herren C. Engler und H. Heine!) mit Hilfe eines besonders zu-
gesetzten Kondensationsmittels erzielt. Sie sättigten das Keten mit
trockenem Ammoniakgas, gaben etwas Phosphorsäureanhydrid zu und
kochten eine Zeitlang am Rückflußkühler. Dann ließen sie abkühlen
und wiederholten den Vorgang so oft, bis eine bestimmte Menge
Phosphorsäureanhydrid verbraucht war. Nun destillierten sie das
Reaktionsprodukt und erhielten ein Gemisch aus Triphenylbenzol und
Triphenylpyridin, das sie äuf geeignete Weise trennten.
1) Ber. 6, 638 (1873).
GC. Thomae u H. Lehr: Methyl-p-tolylketon. 6öl
Bei diesem Versuch hat sich vielleicht zuerst Acetophenon-
ammoniak und dann die Monazo-Base gebildet, die bei der Destillation
das Pyridinderivat unter Methanabspaltung lieferte.
P. Riehm, ein Schüler von ©. Engler, hat bei der Engler-
Heine’schen Acetophen(on)indarstellung das Auftreten brennbarer
Gase nachgewiesen und folgerte hieraus und aus dem von ihm
experimentell durchgeführten Nachweis der Methanbildung bei ähnlichen
Reaktionen, daß auch bei dem erwähnten Versuch Sumpfgas entwichen
sei. Hierdurch wurde er veranlaßt, das Acetophenonin als Triphenyl-
pyridin zu interpretieren.
Um ihr Produkt bequemer zu erhalten, ließen ©. Engler und
H. Heine alkoholisches Ammoniak unter Druckerhitzung auf Aceto-
phenon einwirken, worüber sie berichten): „Ein Versuch, das Aceto-
phenonin durch Einwirkung von alkoholischem Ammoniak auf Aceto-
phenon darzustellen, gab keine günstigen Resultate. Nach dreitägigem
Erhitzen eines Gemisches von alkoholischem Ammoniak und Aceto-
phenon im zugeschmolzenen Rohr auf 150—180° ergab sich beim
Verdunsten des Alkohols eine zähe Masse, aus welcher sich mittelst
Salzsäure nur geringe Mengen einer durch Ammoniak fällbaren
Substanz ausziehen ließen.“
Hierzu erlaube ich mir zu bemerken, daß OÖ. Engler und
H. Heine deshalb kein befriedigendes Resultat erhalten haben, weil
bei der Druckerhitzung von Acetophenon mit alkoholischem Ammoniak
nicht das von ihnen erwartete Produkt, sondern ein Vorkörper, der
erst durch Destillation das Acetophenonin liefert, gebildet wird.
Zur Kenntnis des Methyl-p-tolylketons.
Von Carl Thomae und Hermann Lehr.
Methyl-p-tolylketon?)®) ist von Claus und Riedel nach der
Methode dargestellt worden, die Claus und seine Schüler des öfteren
zur Ketongewinnung anwandten und die zum ersten Mal bei dem
Methyl-p-xylylketon beschrieben ist ?).
1) Ber. 6, 640 (1873).
2) Ber. 19, 234 (1886).
8) Journ. f. prakt. Chem. II., 41, 400 (1890).
4) Claus und Wollner, Ber. 18, 1856 (1885).
652 C. Thomae u. H. Lehr: Methyl-p-tolylketor.
Nach diesen Angaben haben auch wir zur Darstellung größerer
Ketonmengen gearbeitet, hatten jedoch bei der Aufarbeitung des von
uns auf zerschlagenes Eis gegossenen Reaktionsproduktes (Acetyl-
chlorid, Toluol und Aluminiumchlorid) anfänglich eine Schwierigkeit .
zu überwinden. Es trat nämlich eine lästige Emulsionsbildung ein,
wenn die Ketonlösung von der wässerigen Schicht abgehoben, nochmals
mit Wasser durchgeschwenkt und nach dessen Entfernung mit Soda-
lösung gewaschen wurde. Wir halfen uns dadurch, daß wir den
gesamten Brei in einen Kolben brachten und diesen, ohne zu schütteln,
in heißes Wasser stellten. Sobald die Schichten sich getrennt hatten,
gaben wir das Ganze, indem wir ein Durchrütteln vermieden, in den
Scheidetrichter zurück und entfernten zunächst das durch die Wärme
abgeschiedene Wasser. Dann gossen wir die Ketonlösung durch die
obere Gefäßöffnung von dem restierenden Schleim ab und zogen diesen
durch gelindes Durchschwenken mit Aether in offenen und mit Ausguß
versehenen Zylindern einige Mal aus. Schließlich versetzten wir die
übrig gebliebene Emulsion mit so viel wasserfreiem Natriumsulfat, daß
eine dicke Masse entstand. Plötzlich war der Schleim verschwunden
und die aus der Mischung herausgedrückte ätherische Flüssigkeit
konnte mühelos von der jetzt körnigen Masse abgegossen werden.
Nach dem Fraktionieren der vereinigten Lösungen, die aus
Keton, Schwefelkohlenstoff und unverändertem Toluol bestanden, trat
während einer sehr kalten Nacht der Fali ein, daß sich aus einem
zwischen 150 und 220° liegenden Vorlauf das Keton in derben, bei
28° schmelzenden Krystallnadeln abschied. Diese Tatsache kam uns
sehr erwünscht, da der Schmelzpunkt des Methyl-p-tolylketons noch
nicht in der Literatur angegeben ist. |
Die zwischen 220 und 240° übergehende Fraktion, in der fast
alles Keton enthalten sein mußte, destillierten wir nochmals. Hierbei
erhielten wir, nachdem je S00 g Acetylchlorid, Toluol und Aluminium-
chlorid in Reaktion gebracht waren, folgende Anteile:
L.. ‚Destillat bis..2250 . .. ı. oa
Il. % von 225—227° (unkorr.) 261 „
II. u ).) 227--290° (. olkufaiee
Der letzte Tropfen von No. III ging noch ungefärbt über. Die
über 230° siedende Flüssigkeit wurde nicht mehr destilliert und wog
90 g. Nur Fraktion II verwandten wir als Reinketon.
C. Thomae: Keton-Ammoniakverbindungen. 653
Ueber Keton-Ammoniakverbindungen.
6. Mitteilung von Carl Thomae, Gießen.
Die Einwirkung von Ammoniak auf Methyl-p-tolylketon.
Bearbeitet in Gemeinschaft mit Herm. Lehr.
(Eingegangen den 17. XI. 1906.)
A. Die bei gewöhnlicher Temperatur erzielte Reaktion.
Eine Lösung von Methyl-p-tolylketon in der doppelten Menge
absoluten Alkohols wurde unter Abkühlen in Eiswasser mit trockenem
Ammoniakgas gesättigt. Hierbei schied sich das Keton oberhalb der
Lösung in schönen Nadeln ab, die von dieser beim Umschütteln wieder
aufgenommen wurden. Die Mischung setzten wir unter öfterem Nach-
sättigen mit Ammoniak drei bis vier Wochen lang beiseite. Dann
wurde sie in eine flache ‚Schale gegossen und an der Luft verdunstet.
Der Rückstand, der flüssige Konsistenz besaß, wurde mit der drei-
fachen Gewichtsmenge Aether aufgenommen. Nachdem die Lösung in
einen Scheidetrichter gegossen und mit Eisstückchen versetzt worden
war, wurde sie mit einer eiskalten Mischung aus 1 Teil rauchender
Salzsäure und 9 Teilen Wasser bis zur sauren Reaktion versetzt und
durchgeschüttelt.
Methyl-p-tolylketonammoniak.
Die ätherische Schicht wurde von der wässerigen getrennt und
in ein starkwandiges Glas gegossen. Darnach wurden dessen Wandungen
mit einem Glasstab gerieben. Schieden sich hierbei wässerige Tropfen
ab, so wurde nochmals in ein trockenes Gefäß umgegossen und das
Reiben des Glases hier fortgesetzt. Nach etwa einer Viertelstunde
krystallisierten an den geriebenen Stellen die ersten Spuren des
Chlorides vom Methyl-p-tolylketonammoniak an. Nun wurde das Gefäß
unter zeitweiligem Abstreichen der Krystalle von den Wandungen
beiseite gesetzt. Am nächsten Tag filtrierten wir das ausgeschiedene
chlorwasserstoffsaure Methyl-p-tolylketonammoniak ab und gossen das
ätherische Filtrat in ein Sammelglas für die später beschriebene Auf-
arbeitung. Das Salz wurde mit Aether gewaschen und sofort auf Ton
gestrichen. Nach dem Trocknen lagerten wir es auf einem Porzellan-
teller unter öfterem Umschaufeln so lange an der Luft, bis es geruchlos
geworden war, sich also die letzten Reste von anhaftendem Keton
verflüchtigt hatten. Das Chlorid stellte dann ein schneeweißes Pulver
654 C. Thomae: Keton-Ammoniakverbindungen.
dar und wurde nunmehr in viel absolutem Alkohol suspendiert. Die
Aufschwemmung schüttelten wir mit Stückchen Aetzkali bis zur
alkalischen Reaktion. Sobald dieser Punkt erreicht war, ‘wurde die
Flüssigkeit von dem Aetzkali abgegossen und filtriert, worauf die
Lösung in flachen Schalen dem freiwilligen Verdunsten ausgesetzt wurde.
Die zurückbleibende halbweiche Base, die durch Anreiben mit
wenig absolutem Alkohol krystallinisch wurde und durch Waschen mit
Wasser von anhaftendem Alkali befreit werden mußte, krystallisierten
wir aus vier Teilen absolutem Alkohol um. Die hierbei erhaltenen,
etwas derben Krystalle, die ungefärbt waren, begannen bei 107° sich
zu verflüssigen und waren bei 111° klar geschmolzen. ‚Die schon
unterhalb des eigentlichen Schmelzpunktes anfangende Verflüssigung
rübrte daher, daß die Substanz zum Oeligwerden neigte.
Die Bildung der Verbindung war dadurch vor sich gegangen,
daß sich drei Moleküle Methyl-p-tolylketon mit zwei Ammoniak-
komplexen unter Abspaltung von drei Molekülen Wasser vereinigt hatten.
Methyl-p-tolylketonammoniak war als freie Base verhältnismäßig
beständig und ließ sich mit kaltem Wasser unbeschadet waschen.
Wenn man es jedoch im gepulverten Zustand: in Wasser suspendierte
und nur einige Tropfen verdünnter Salzsäure zugab, so machte sich
binnen weniger Minuten Ketongeruch bemerkbar, und allmählich färbte
sich die Flüssigkeit hellgelb.
Die Analyse der Base lieferte Resultate, die für die Formel:
(CH; —-C—C; HB; - CH3)3 Na stimmten.
0,1787 g Substanz: 0,5576 g CO,, 0,1352 g Hs0
0,2295 „ E 0,1100, „Ps ALIooH me
0,2583 „ 5 0,8012 „ao, stQ1371 yloig
0,1177, ö 7,8 ccm N bei 220 und 757 mm
0,1038 „ Y TO ir ae
Berechnet für Ca7HgoNe: Gefunden:
C_ 84,75 85,11 85,10 84,59
ka | 8,39 8,19 8,05
N 73 7,48 7,51 _
Molekulargewichtsbestimmung nach der Siedemethode:
0,4084 g Substanz: 20,3526 g Benzol, A —= 0,14
0,5076 „ r 20,6607 ,„ , N
m = Barechnet: 382
Gefunden: 373
J 376
Die Ausbeute war, selbst bei Versuchen, die über die angegebene
Zeit gestanden hatten, gering:
Fin Ansatz von 378 g Keton, die bei erschöpfender Ammoniak-
kondensation 359,28 g Ketonammoniak entsprochen hätten, lieferte
C. Thomae: Keton-Ammoniakverbindungen. 655
nach dreivierteljährigem Stehen 21 g salzsaures Methyl-p-tolylketon-
ammoniak, in denen 19,96 g Base enthalten waren. Die erzielte Aus-
beute betrug in diesem Fall 4,72% der theoretischen. Ein anderer
Ansatz von 272 g Keton, 258,53 g Ketonammoniak entsprechend, ergab
nach einem Vierteljahr 10 g Chlorid, enthaltend 8,08 g Base. Hier
wurden nur 3,13% der theoretischen Ausbeute erreicht.
Da der eine von uns die Erfahrung gemacht hatte, daß in
gewissen Fällen Jodmethyl oder eine Mischung hieraus und aus über-
schüssigem Methylalkohol ein yorzügliches Lösungsmittel zur Erzeugung
größerer, gut entwickelter Krystalle sein kann, so nahmen wir ohne
Erwärmung etwas Methyl-p-tolylketonammoniak mit wenig farblosem
Jodmethyl, worin es sich leicht löste, auf und gaben das dreifache
Volumen frisch destillierten Methylalkohol zu. Nach ein- oder mehr-
tägigem Stehen im Dunkeln bildeten sich kleine derbe Säulen, die oft
sternförmig miteinander verbunden waren. Die Krystalle, die den
Schmelzpunkt des Methyl-p-tolylketonammoniaks zeigten, waren größer
entwickelt als bei der Krystallisation aus Alkohol. Eine Anlagerung
von Jodmethyl erfolgte hierbei nicht, denn die Substanz blieb jodfrei.
Bei der Behandlung mit Phenylsulfochlorid und Kalilauge erwies
sich die Base als tertiär.
Chlorid des Methyl-p-tolylketonammoniaks.
Das bei der Darstellung von Methyl-p-tolylketonammoniak er-
haltene salzsaure Salz wurde in der Regel als weißes Pulver gewonnen,
das unter dem Mikroskop als dünne, quadratisch geformte Krystall-
blättchen erschien. In einem Falle, wobei die Gefäßwandung nicht
mit dem Glasstab gerieben worden war, erhielten wir es auch als derb
entwickelte Krystalle von würfelförmigem Aussehen. In kaltem
Alkohol war das Chlorid unlöslich.
Platinsalz des Methyl-p-tolylketonammoniaks.
Wegen der leichten Spaltbarkeit des salzsauren Methyl-p-tolyl-
ketonammoniaks wurde nicht dieses, sondern die verhältnismäßig be-
ständige Base zur Platinatgewinnung verwandt. Es wurden also 0,5 g
Ketonammoniak kalt in 30 g absolutem Alkohol aufgenommen und
das Filtrat mit einer Lösung von 0,8 g Platinchlorid in 5 g absolutem
Alkohol vermischt; die im sogenannten Platinchlorid enthaltene Menge
Chlorwasserstoff mußte zur Bildung des Doppelsalzes hinreichen. Bei
der Zugabe der ersten Anteile Platinlösung entstand ein Niederschlag,
der jedoch beim Zufügen der gesamten Platinlösung wieder verschwand.
Nach wenigen Minuten fiel dann das Platinsalz als sandiges, gelbes
Pulver, das unter dem Mikroskop als erstarrte Oeltröpfchen erschien,
656 C. Thomae: Keton-Ammoniakverbindungen.
aus. Es wurde bald abfiltriert, mit absolutem Alkohol gut gewaschen
und bei gewöhnlicher Temperatur getrocknet.
In Wasser löste sich das Produkt nicht. Da es sich auch aus
anderen Solventien nicht umkrystallisieren ließ, so wurde es ohne
weiteres zur Platinbestimmung verwandt.
0,2572 g Substanz: 0,0639 g Pt
Er 0,0568 „ „
Berechnet für CyHgoNs - 2HC1 - PtC};: Gefunden:
Pt 24,60 3 24,46 24,92
Der Schmelzpunkt des exsikkatortrockenen Platinsalzes lag bei
203—204°.,
Monazo-methyl-p-tolylketonammoniak Cs, Ha, N.
Während Methyl-p-tolylketonammoniak mit wässeriger Salzsäure
eine Spaltung in seine Komponenten, Methyl-p-tolylketon und Ammoniak,
erlitt, wurde es von alkoholischer Pikrinsäure in anderer Weise ver-
ändert; nach dem Analysenbefund des resultierenden Produktes verlor
die Base hierbei ein Molekül Ammoniak. Dieselben Vorgänge waren
bereits bei Acetophenonammoniak beobachtet worden’). Auch hier
trat mit wässeriger Salzsäure Hydrolyse, dagegen mit alkoholischer
Pikrinsäure Verlust eines Ammoniakkomplexes ein.
Zur Gewinnung von Monazo-methyl-p-tolylketonammoniak
schüttelten wir das gepulverte Ketonammoniak mit etwas absolutem
Alkoholan und gaben kalt gesättigtealkoholische Pikrinsäurelösung bis zur
Bläuung von trockenem Kongopapier, die einen Ueberschuß der Säure
anzeigte, hinzu. Das Ausgangsprodukt ging hierbei leicht in Lösung
und nach mehrstündigem Stehen krystallisierte ein gelbes Pikrat in
kleinen, derben Krystallen aus. Dieses wurde aus absolutem Alkohol,
worin es schwer löslich war, umkrystallisiert und schmolz dann bei
211° zu einer schwarzbraunen Flüssigkeit, die nicht krystallinisch
erstarrte.
Pikrinsaures Monazo-methyl-p-tolylketonammoniak dissoziierte bei
gewöhnlicher Temperatur, selbst im gepulverten Zustand, nicht oder
höchstens spurenweise beim Stehenlassen mit Wasser.
0,2615 g Substanz: 0,6351 g CO,, 0,1204 g H,O
0,2578 „ = DIRZB7,.. u: „lu EID ze
0,1685 „ z 14,2 ccm N bei 150 und 738 mm
0,1824 „ 4 re -
Berechnet für CyHsN - CaHa(OH) (NOa)z: Gefunden:
C 66,62 66,23 66,52
H 5,09 5,12 5,08
238 N 94 9,55 98
1) 8. 647.
C. Thomae: Keton-Ammoniakverbindungen. 657
Die freie Base des Monazo-methyl-p-tolylketonammoniaks erhielten
wir durch Schütteln des gepulverten Pikrats mit einer Mischung aus
wässerigem Ammoniak und Aether. Die ätherische Schicht wurde
von der gelb gefärbten ammoniakalisch-wässerigen getrennt, mit Wasser,
das ihr die gelbe Färbung entzog, mehrmals ausgeschüttelt und mit
wasserfreiem Natriumsulfat getrocknet. Nach dem Verdunsten der
Aetherlösung hinterblieb das Monazo-methyl-p-tolylketonammoniak als
eine in absolutem Alkohol leicht lösliche, nicht ganz fest werdende
weißliche Masse, deren Umkrystallisation uns noch nicht gelungen ist.
Die Entstehung der Verbindung ist dadurch zu erklären, daß
Methyl-p-tolylketonammoniak bei dem beschriebenen Versuch ein
Molekül Ammoniak verloren hat.
Aufarbeitung der ätherischen Mutterlauge vom salzsauren
Methyl-p-tolylketonammoniak.
Die vom salzsauren Methyl-p-tolylketonammoniak abfiltrierte
Aetherlösung enthielt viel unverändertes Keton. Zu dessen Wieder-
gewinnung wurde zunächst der Aether abgetrieben; dann erhitzten
wir die Flüssigkeit höher und fingen das bei 220—240° übergehende
Destillat besonders auf, um es darnach in der erforderlichen Weise
nochmals zu fraktionieren.
Der Rückstand vom Rohketon wurde aus dem Fraktionskolben
ohne vorgelegtes Kühlrohr weiter destilliert. Zunächst gingen noch
Ketonreste über, dann aber trennte sich plötzlich das Liquidum in
zwei Schichten, eine kleinere obere von heller Farbe, die im wesent-
lichen noch aus Keton bestand, und eine größere untere von dunkel-
braunem Aussehen und der Beschaffenheit eines sich beim Erkalten
verdickenden Teeres. Nach völligem Abdestillieren der Ketonschicht
und hohem Erhitzen trat zunächst eine lebhafte Wasserabspaltung und
Entwickelung brennbarer Dämpfe ein. Dann ging ein bräunliches Oel
über, das sehr bald zu einem Brei dünnblätteriger Krystalle erstarrte.
Zum Schlusse destillierte eine hochsiedende, zähe Schmiere. Sobald
diese erschien, wurde der Prozeß abgebrochen.
Die Krystalle waren stickstofffrei und bildeten nach dem Um-
krystallisieren aus verdünntem Alkohol silberglänzende Blättchen. Im
reinen Zustand färbten sie sich am Lichte grünlich und gaben beim
Uebergießen mit konzentrierter Schwefelsäure eine prächtige grünblaue
Fluoreszenz. Aus Gründen, die bei dem entsprechenden Ac:tophenon-
produkt angegeben sind und auch im vorliegenden Falle gelten, soll
eine nähere Besprechung der Substanz einer besonderen Mitteilung
vorbehalten bleiben.
Arch. d. Pharm. CCXXXX1V. Bds. 9. Heft. 42
658 C. Thomae: Keton-Ammoniakverbindungen.
Uutersuchung der wässerigen Salzsäureschicht.
Der im Scheidetrichter gewonnene Salzsäureauszug des mit
Aether aufgenommenen Verdunstungsrückstandes, der nach dreiwöchiger
Einwirkung von alkoholischem Ammoniak auf Methyl-p-totylketon er-
halten worden war, besaß eine hellgelbe Farbe. Um hieraus das auf-
genommene Keton möglichst zu entfernen, wurde die Flüssigkeit noch
dreimal mit Aether ausgeschüttet. Dann wurde unter Abkühlung
überschüssiges Ammoniak zugegeben und wiederum dreimal aus-
geäthert. Die drei letzten ätherischen Ausschüttelungen vereinigten
wir, trockneten sie mit wasserfreiem Natriumsulfat und verdunsteten
sie an der Luft.
Hierbei wurden aus 378g Methyl-p-tolylketon nur 0,52 diek-
flüssiger Rückstand erhalten, der nach Keton roch und wohl haupt-
sächlich hieraus bestand. Methyl-p-tolyiketon: war nämlich, . wie von
uns angestellte Versuche ergeben hatten, in Salzsäure leichter löslich
als in Wasser und wurde durch einfaches Ausäthern einer derartigen
Lösung nicht entzogen, wohl aber, wie im vorliegenden Fall, nach dem
Uebersättigen mit Ammoniak.
Wegen seiner geringen Menge konnte der ätherische Auszug der
ammoniakalisierten Salzsäureschicht nicht näher untersucht‘ werden.
B. Die durch Druckerhitzung bewirkte Keton-Ammoniakreaktion.
Eine unter Eiswasserkühiung mit trockenem Ammoniakgas ge-
sättigte Lösung von 40 g Methyl-p-tolylketon in 80 g absqlutem
Alkohol wurde in 12 Schießröhren aus Verbrennungsglas, die dadurch
nur zu etwa ein Fünftel gefüllt waren, eingeschmolzen. Diese wurden
dann dreimal je neun Stunden auf 150° erhitzt. Nach dem, Erkalten
wurden die Spitzen der Röhren, die sich obne Druck öffneten, ab-
gebrochen und der nunmehr braungelb gefärbte Inhalt in ein flaches
Gefäß zum freiwilligen Verdunsten gegossen. Der Rückstand wurde mit
150 ecm Aether aufgenommen und die Flüssigkeit mit ebensoviel Kubik-
zentimetern einer Mischung aus einem Teil ranchender Salzsäure und neun
Teilen Wasser durchgeschüttelt. Anfänglich kühlten wirdie Aetherlösung
und die Salzsäure vor dem Zusammenbringen durch ‚hineingeworfene
Eisstückchen ab, doch erwies sich diese Maßnahme ‚späterhin als: über-
flüssig. Sobald sich die beiden Flüssigkeitsschichten im Scheidetrichter
getrennt hatten, schwamm in den meisten Fällen auf: der. Salzsäure
ein dickes, gelbes Oel, das sehr bald zu einer krystallinischen, nicht
ganz festen Masse erstarrte und chlorwasserstoffhaltig war. ' Die
saure Ausschüttelung der ätherischen Schicht wurde noch zweimal
wiederholt, worauf sämtliche Salzsäurewässer vereinigt wurden.
C. Thomae: Keton-Ammoniakverbindungen. 659
Selten fehlte das erwähnte ölige Produkt, das nicht mit dem
Chlorid des Methyl-p-tolylketonammoniaks identisch war. Auch aus
den Aetherlösungen konnte das genannte Salz, das unter denselben
Bedingungen bei der kalt verlaufenen Reaktion hier erhalten worden
war, trotz Reibens der Gefäßwandung und Stehenlassens der Flüssig-
keit nicht gewonnen werden. Vielleicht war jedoch vorübergehend
das Ketonammoniak gebildet worden, hatte sich aber durch die Druck-
erhitzung sofort in das zugehörige Monazo-Produkt und dann zur
Hauptsache in das später beschriebene Methylditolylpyridin umgewandelt.
An kalten Tagen erfolgt: allerdings auch eine Krystallisation aus der
Aetherlösung, doch stellte die hierbei abgeschiedene Substanz im
Gegensatz zum salzsauren Methyl-p-tolylketonammoniak Büschel langer
Nadeln dar urd bestand aus salzsaurem Methylditolylpyridin, das in
geringer Menge von derätherischen Schicht aufgenommen worden war.
Die Aetherlösung, die sich beim Stehen am Licht allmählich
schwarzbraun färbte, wurde in derselben Weise, wie bei der kalt ver-
laufenen Keton-Ammoniakreaktion angegeben ist, fraktioniert. Da-
durch wurde das vom Ammoniak nicht angegriffene Keton zum größten
Teil wiedergewonnen. Hatten sich aus der ätherischen Flüssigkeit
Krystalle von salzsaurem Methylditolylpyridin abgeschieden, so wurde
vor der Destillation filtriert.
Nach dem Abdestillieren des Rohketons aus der Aetherschicht
blieb auch hier eine teerige Masse zurück, und zwar in erheblich
größerer Menge als bei der in der Kälte erzielten Einwirkung von
Ammoniak auf Methyl-p-tolylketon. Dieser Teer, der beim Abkühlen
dickflüssig wurde, lieferte bei der Destillation ebenfalls die Krystalle,
die in konzentrierter Schwefelsäure eine grünblaue Fluoreszens hervor-
riefen.
Metbylditolylpyridin.
Die saure wässerige Schicht, die gelb gefärbt war, wurde sofort
nach ihrer Gewinnung in den Scheidetrichter zurückgegeben und durch
kräftiges Schütteln von dem aufschwimmenden Oel, das bei der Unter-
suchung der ätherischen Scheidetrichterschicht erwähnt worden war,
befreit. Da dieses an den Wandungen hängen blieb, so kunnte das
Salzsäurewasser klar abgegossen werden, das dann in einem anderen
Scheidetrichter durch dreimaliges Au-äthern möglichst ketonfrei ge-
macht wurde. Hierauf krystallisierte in der Regel, namentlich an
kalten Tagen, das Chlorid der in dem wässerigen Salzsäureauszug
enthaltenen Base sofort aus, und zwar in Form seideglänzender Nadeln.
Die Krystallabscheidung ließen wir, wenn sie eintrat, unbeachtet in
Suspension und ‚gaben zu der mit Eis versetzten Flüssigkeit eiskalte
Ammoniaklösung im Ueberschuß. Wie spätere Versuche ergaben,
42*
660 C. Thomae: Keton-Ammoniakverbindungen.
konnte die Zerlegung des Chlorids auch ohne Kühlung vorgenommen
werden. Die Krystalle verschwanden nach dem Eintreten der
ammoniakalischen Reaktion und es bildete sich eine ölige Abscheidung,
die den Scheidetrichterinhalt milchig trübte. Wenn kein Chlorid aus-
krystallisiert war, wurde das Salzsäurewasser genau so behandelt, wie
eben beschrieben worden ist.
Die durch das Ammoniak in Freiheit gesetzte ölige Base wurde
dreimal ausgeäthert, worauf die vereinigten Aetherschichten mit wasser-
freiem Natriumsulfat getrocknet und an der Luft in einer tiefen Schale
verdunstet wurden. Hierbei blieb eine mit Schmiere durchsetzte,
krystallinische Masse zurück, die von oben herunter an den Wandungen
der Schale erstarrte. Verdunsteten wir die Aetherlösung in einem
flachen Gefäße, so wurde zuweilen nur ein zähes Oel ohne Krystalle
erhalten. Eine tiefe Form der Schale förderte das F'estwerden der
Base jedenfalls deshalb, weil hierbei an den Wandungen ein langsames
Abfließen der flüssigen Teile stattfand. Die Krystalle wurden, um
sie von der — möglicherweise Monazo-Produkt enthaltenden — Schmiere
zu befreien, mit 96-prozentigem Alkohol abgespritzt, mit einem Glas-
stab von dem Gefäß losgestoßen und danach auf ein Filter gebracht.
Waren sie noch gelb gefärbt, so wurden sie nochmals mit dem
genannten Alkohol abgespült und dann auf Ton gestrichen. Das
Filtrat von den Krystallen lieferte durch Behandlung seines wiederum
zum Teil erstarrenden Rückstandes mit 96-prozentigem Alkohol wach
eine beträchtliche Menge Substanz.
Das feste, fast weiße Rohprodukt wurde, um etwa vorhandene
Spuren Natriumsulfat zu entfernen, mit Wasser verrieben und ge-
waschen, worauf wir es aus 75-prozentigem Alkohol krystallisierten.
Hierbei mußte darauf geachtet werden, daß die Substanz durch
Schütteln in Bewegung gehalten wurde, da sie sonst zu einem Oel
zusammenschmolz. Nach mehrmaligem Umkrystallisieren zeigte sie
den konstanten Schmelzpunkt 97,5°. In großen, derben Krystallpolstern
von strahligem Gefüge konnte die Base aus Ligroin, das bis zirka
40° siedete, erhalten werden. Zu dieser Krystallisation mußte sie
bereits aus 75-prozentigem Alkohol krystallisiert und schneeweiß sein,
denn ein gelbliches Material wurde hierbei zwar in schöner Form,
aber mit der Farbe des verwandten Produktes abgeschieden.
Methylditolylpyridin ließ sich unbeschadet destillieren und ging
hierbei als dickes gelbliches Oel über, daß sehr bald zu einer festen
Masse erstarrte, die nach dem Umkrystallisieren den Schmelzpunkt
97,5° zeigte. Im dampfförmigen Zustand bläute die Verbindung rotes
Lackmuspapier. Ihre Salze krystallisierten sehr gut. Ebenso wie
Methyl-p-tolylketonammoniak erwies sich auch Methylditolylpyridin
C. Thomae: Keton-Ammoniakverbindungen. 661
bei der Behandlung mit Phenylsulfochlorid und Kalilauge als
tertiäre Base.
Die Analyse der zuerst aus 75-prozentigem Alkohol und dann
aus leichtsiedendem Ligroin krystallisierten Substanz, die in Vakuum
getrocknet wurde, lieferte Daten, die für die Zusammensetzung eines
Methylditolylpyridins sprachen.
0,2227 g Substanz: 0,7164 g COs, 0,1389 g H,O
0240, „ 0,7769, „ 0158, „
02557 5 025, ,„, —
0,1932 „ N 8,8ccm N bei 100 und 742 mm
0,1648 „ Ai year KA eea
Berechnet für Ca,HjoN: Gefunden:
C 87,85 87,72 8829 87,72
Huu3.01 6,91 7,08 —_
N 5,14 5,33 5,15 —
Molekulargewichtsbestimmung nach der Siedemethode:
0,7350 g Substanz: 22,3093 g Benzol, A = 0,32
061, 21,640, „ A= 0435
m = Berechnet: 273
Gefunden: 275
R 266
Ueber die Stellung der Radikale im Molekül können heute noch
keine Angaben gemacht werden.
Die Ausbeute war gering: Aus 67 g Methyl-p-tolylketon er-
hielten wir im ganzen 2,5 g Methylditolylpyridin. Da die angewandte
Menge Keton bei erschöpfender Umwandlung 45,50 g Methylditolyl-
pyridin liefern mußte, aber bloß die erwähnten 2,5 g zu gewinnen
waren, so wurden nur 5,49% der theoretischen Ausbeute erreicht.
Die Entstehung von Methylditolylpyridin erklärten wir uns in
der Weise, daß sich bei der Druckerhitzung aus drei Molekülen Methyl-
p-tolylketon und zwei Molekülen Ammoniak zunächst Methyl-p-tolyl-
ketonammoniak (Cs7Hso Ns) vorübergehend gebildet hatte. Dieses
verwandelte sich unter Verlust eines Ammoniakkomplexes in Monazo=
methyl-p-tolylketonammoniak (Ca Ha7N), und letztere Base lieferte
unter Abgabe eines Moleküls Toluol durch Ringschluß das Pyridin-
derivat (Ca HıaN).
Chlorid des Methylditolylpyridins.
Das bei der Darstellung von Methylditolylpyridin erhaltene salz-
saure Salz dieser Verbindung krystallisierte, wie bereits erwähnt, in Form
seideglänzender Nadeln aus dem nach der Druckerhitzung gewonnenen
Salzsäurewasser aus. Auch durch Aufösen der reinen Base in heißer
verdünnter Salzsäure und Abkühlen der Flüssigkeit konnte das Chlorid
gewonnen werden. In kaltem Alkohol war salzsaures Methylditolyl-
662 C. Thomae: Keton-Ammoniakverbirdungen.
pyridin leicht löslich im Gegensatz zum salzsauren Methyl-p-tolyl-
ketonammoniak.
Uebergöß man es mit viel Wasser, so ging es in Lösung, bald
aber trat Dissoziation ein, und die freie Base schied sich zuerst als
weiße Trübung, dann als Niederschlag ab.
Platinsalz des Methylditolylpyridins.
Reines Methylditolylpyridin wurde in heißer verdünnter Salz-
säure gelöst und das Filtrat in der Wärme mit wässeriger Platin-
chloridlösung bis zur Gelbfärbung versetzt. Sofort entstand ein
weißlichgelber Niederschlag, der aus absolutem Alkohol, dem einige
Tropfen rauchender Salzsäure zugesetzt waren, umkrystallisiert wurde.
Das auf diese Weise erhaltene Produkt stellte ein hellorangegelbes,
sandigkrystallinisches Pulver dar, das unter dem Mikroskop als kleine
derbe, meistens sternförmig mit einander verbundene Säulen erschien.
Beim Glühen des Salzes hinterblieb metallisches Platin.
Goldsalz des Methylditolylpyridins.
Auf die nämliche Weise wie das Platinsalz erhielten wir auch
das Goldsalz des Methylditolylpyridins. Es wurde also eine heiße
Lösung der Base in verdünnter Salzsäure mit überschüssigem Gold-
chlorid, das in wenig Wasser gelöst war, gefällt. Der sofort ent-
stehende Niederschlag wurde aus absolutem Alkohol, der mit wenig
konzentrierter Salzsäure angesäuert war, umkrystallisiertt. Das Salz
stellte schöne, goldgelbe Nadeln dar, die sich beim Glühen als goldhaltig
erwiesen.
Pikrat des Methylditolylpyridins.
Dieses Salz wurde dadurch erhalten, daß die Base bei gewöhnlicher
Temperatur in absolutem Alkohol gelöst und die Flüssigkeit mit kalt
gesättigter alkoholischer Pikrinsäurelösung bis zur Bläuung von Kongo-
papier versetzt wurde. Das Pikrat fiel sofort aus und wurde aus
absolutem Alkohol, worin es schwer löslich war, krystallisiert. Hierbei
bildete es Strahlenbüschel goldgelber, langer und feiner Nadeln, die
bei 211° mit hellbrauner Farbe schmolzen. Das verflüssigte Produkt
erstarrte wieder beim Abkühlen, und zwar sehr bald und schön
krystallinisch. Das Salz färbte sich unter dem Einfluß des Lichtes
braun und wurde deshalb im Dunkeln aufbewahrt.
0,1682 g Substanz: 16,1 ccm N bei 90 und 747 mm
0,1762 „ d 168. 101, lan 9m Sarg
Berechnet für Cs9Hj9N - CoH3OH (NO3)e: Gefunden:
N 11,18 11,30 11,23
Ebenso wie das Chlorid dissoziierte auch das Pikrat des Methyl-
ditolylpyridins mit Wasser: Beim Stehenlassen der gepulverten, gut
C. Thomae: Keton-Ammoniakverbindungen. 663
benetzten Substanz hiermit und öfterem Umrühren konnte man bereits
nach einem Tag beobachten, daß die Flüssigkeit sich gelb gefärbt
atte und das Salz blasser geworden war. Nach dem Abfiltrieren und
Auswaschen mit Wasser schüttelten wir das noch feuchte, zum Teil ver-
änderte Produkt mit Aether; die ätherische Lösung hoben wir ab und ver-
dunsteten sie auf einem Uhrglas. Hierbei blieb die infolge der Dis-
soziation frei gewordene Base als weißes, krystallinisches Pulver zurück.
Durch die Empfindlichkeit gegen Wasser und die Krystallform,
sowie seine mit hellbrauner Farbe erfolgende Verflüssigung und das
krystallinische Erstarren der erkaltenden Schmelze unterschied sich
das Pikrat des Methylditolylpyridins von dem gleichhoch schmelzenden
pikrinsauren Monazo-methyl-p-tolylketonammoniak.
Das auf dem Salzsäurewasser schwimmende Oel.
Wie schon berichtet wurde, war in der Salzsäureschicht, in der
das Pyridinderivat gelöst war, ein gelbes Oel suspendiert, das sehr
bald — in einigen Fällen zu verschmierten Krystallnadeln — erstarrte
und von der Flüssigkeit getrennt werden mußte. Zu diesem Zweck
schleuderten wir, wie bereits erwähnt, die weiche Masse durch
kräftiges Schütteln an die Wandungen des Scheidetrichters, wo sie
hängen blieb. Nun entfernten wir das Salzsäurewasser und spülten
das erstarrende, nicht ganz fest werdende Produkt mit Aether ab.
Wurde eine Probe hiervon mit konzentrierter Schwefelsäure über-
gossen, so trat eine starke Salzsäureentwickelung ein. Die Masse
schüttelten wir mit einer Mischung aus eiskaltem Ammoniak und
Aether, worauf die ätherische Schicht mit geglühtem Natriumsulfat
getrocknet und an der Luft verdunstet wurde. Danach hinterblieb
ein braungelbes, sich verdieckendes Oel, das nach längerem Stehen
krystallinische, aus Methylditolylpyridiu bestehende Abscheidungen
zeigte und vielleicht auch Monazo-methyl-p-tolylketonammoniak enthielt.
Wenn man dieses basische Produkt in einem Fraktionskolben
ohne Thermometer und Luftkühlrohr mit freier Flamme erhitzte, so
ging zuerst eine geringe Menge eines Krystallbreies über; später
folgten als Hauptbestandteil hochsiedende, teerige Fraktionen, die nicht
zur Untersuchung einluden. Die erhaltene Krystallmasse wurde auf
Ton gestrichen, mit absolutem Alkohol gewaschen und nochmals auf
Ton gebracht. Danach zeigte das an der Luft getrocknete Produkt,
das glänzende Kryställchen darstellte, den Schmp. 176°. Es war in
kaltem absolutem Alkohol schwer löslich und gab, mit konzentrierter
Schwefelsäure übergossen, keine Fluoreszenzerscheinung. Die Stellen
des Tonstückes, in welche sich der Waschalkohol beim Reinigen des
Produktes eingesogen hatte, färbten sich an der Luft und am Licht violett,
664 GC. Thomae: Keton-Ammoniakverbindungen.
Diese Tatsache erinnerten uns an das Acetophenonin (Triphenyl-
pyridin). Die bei dessen Reinigung im Ton aufgesogenen alkoholischen
Mutterlaugen waren nämlich ebenfalls stark lichtempfindlich; allerdings
trat dort Rotfärbung ein. Möglicherweise stellte daher der — leider
nur in sehr geringer Menge gewonnene — Körper die dem .Aceto-
phenonin entsprechende Verbindung dar. Deren Entstehung wäre
denkbar, wenn das im Salzsäurewasser schwimmende Oel tatsächlich
(chlorwasserstoffsaures) Monazo-Produkt enthalten hätte, denn es ist
nicht ausgeschlossen, daß Monazo-methyl-p-tolylketonammoniak beim
Destillieren geradeso wie Monazo-acetophenonammoniak Methan verlieren
und dann Tritolylpyridin bilden könnte.
Nichtsdestoweniger sind wir der Ansicht, daß bei ihm die Neigung,
Toluol abzuspalten und in Methylditolylpyridin überzugehen, weitaus
größer ist.
Ueber Keton-Ammoniakverbindungen.
7. Mitteilung von Carl Thomae, Gießen.
Methylpropylketonammoniak.
Bearbeitet in Gemeinschaft mit Herm. Lehr.
(Eingegangen den 17. XI. 1906.)
Eine mit Ammoniakgas gesättigte Lösung von Methylpropylketon
in der doppelten Menge Alkohol, die unter öfterem Nachsättigen mit
Ammoniak vier Wochen im Dunklen ' gestanden hatte, lieferte beim
Verdunsten an der Luft ein basisches Oel, das sich am Licht gelb
färbte und aus Methylpropylketonammoniak (CH; -C-C3H7)3 Na bestand.
Die Analyse der einige Zeit in braungefärbtem Exsikkator auf-
bewahrten Substanz lieferte die Daten:
0,1388 g Substanz: 0,3830 g CO,, 0,1636 g H,O
0,1089 „ * 0,3002 5, „ 01256, ,
0,1334 „ ” 13,7 ccm N bei 160 und 750 mm
0,1113 „ 11,B.. ac „all 9 aha
Berechnet für C,5 HzoNa: Gefunden:
C_ 75,53 73,29. ‚78,21
H 12,69 1332 12,86
N 1178 11,84 12,04
46 g Reaktionsfiüssigkeit, die ursprünglich ungefähr 15 g Keton
enthielten, lieferten 3,0 g Ketonammoniak, was 21,7% der theoretischen
Ausbeute entspricht,
M. Greshoff: Blausiurevorkommen. 665
Ueber die Verteilung
der Blausäure in dem Pflanzenreiche.
Von Dr. M. Greshoff,
Direktor des Kolonial-Museums in Harlem.
(Eingegangen den 10. XI. 1906.)
In einem Vortrage auf der diesjährigen Versammlung der „British
Association for the Advancement of Science“ zu York,
habe ich eine tabellarische Zusammenstellung aller Blausäure-Pflanzen
gegeben, geordnet nach den natürlichen Familien. Da diese Liste auch
in diesem Archiv (Bd. 244, S. 397—400) Aufnahme fand, ist es viel-
leicht angebracht, dieselbe hier mit einigen Erläuterungen zu versehen.
Ich lasse dazu die cyanwasserstoffführenden Genera nochmals, doch
jetzt in alphabetischer Ordnung, folgen, mit einigen Verbesserungen,
und mit vielen Zusätzen aus allerletzter Zeit, wodurch diese zweite
Liste 15 Genera mehr als die erste Liste zählt. Die Namen von
Familie, Geschlecht, Art und Autor sind nach dem „Index Kewensis“
geschrieben. Hinter dem Pflanzennamen ist angegeben, von wem und
wann die Blausäure in der Pflanze entdeckt wurde. Auch ist an-
gedeutet worden, mit welcher anderen flüchtigen Substanz der Cyan-
wasserstoff im Destillat der Pflanze zusammen auftritt: 4. deutet auf
Aceton, B. auf Benzaldehyd; A.* und B.* auf Stoffe, welche mit Aceton
resp. Benzaldehyd in der Struktur verwandt sind. Falls nur bekannt
ist, daß die Pflanze keinen Benzaldehyd liefert, so ist dies mit n.B.
angedeutet. Zweifel an der Richtigkeit des Blausäurebefundes finden
durch ? Ausdruck.
Die vollständige Untersuchung jeder Blausäure-Pflanze schließt
natürlich die Reindarstellung und Analyse der bei der Hydrolyse Cyan-
wasserstoff (mit Aceton, Benzaldehyd) liefernden glykosidischen Mutter-
substanz ein. Nur beim kleinsten Teil dieser Pflanzen ist die Unter-
suchung bereits so weit fortgeschritten. Ohne auf die Chemie der
cyanogenen Glykoside hier einzugehen, sei nur erwähnt, daß wir bis
jetzt foigende Vertreter dieser Gruppe kennen: _
1830. Amygdalin (Robiquet-Boutron Charlard).
1874. Laurocerasin (Lehmann).
1886. Manihotoxin (Peckolt).
1891. Linamarin (Jorissen-Hairs).
1891. Lotusin (Dunstan-Henry).
666 M. Greshoff: Blausäurevorkommen.,
1902. Dhurrin (Dunstan-Henry).
1903. Phaseolunatin (Dunstan-Henry).
1904. Gynocardin (Power-Lees).
1905. Corynocarpin (Easterfield).
1905. Sambnnigrin (Bourguelot-Danjou).
1905. Prulaurasin (Herissey).
Von diesen Glykosiden gehören Laurocerasin, Sambunigrin,
Prulaurasin, Corynocarpin (?) und gewissermaßen auch Dhurrin zum
Typus des Amygdalins, also des Benzaldehydceyanhydringlykosides;
Linamarin, Manihotoxin und gewissermaßen auch Gynocardin zum Typus
des Phaseolunatins, also des Acetoncyanhydringlykosides. . Lotusin
nimmt in der Struktur eine Sonderstellung ein.
Wir kennen jetzt 84 Geschlechter der Phanerogamen als Blau-
säure führend, mit etwa. 175 bereits analysierten Arten; außerdem
4 Fungi (?). Es gibt 16 Genera mit Cyanwasserstoffaceton, 43. mit
Cyanwasserstoff benzaldehyd; bei den übrigen (29) ist-die Art der Neben-
stoffe noch nicht untersucht. Nach dem Pflanzensystem Bentham-
Hooker’s, das dem „Index Kewensis“ zu Grunde liegt und in meiner
systematischen Liste (auf S. 397—400 dieser Zeitschrift) kurz skizziert
wurde durch Angabe der Haupteinteilung des Pflanzenreiches und
Numerierung der Familien, gehören die Blausäure-Pflanzen zu 34 natür-
lichen Familien, und zwar (vergl. die folgende Liste) zu:
Anacardiaceae (siehe No. 13).
Araceae (3, 11, 17, 37).
Asclepiadacae (24).
Berberidaceae (46).
Bignoniaceae (49).
Bixaceae (26, 29, 35, 51, 69, 80, 82).
Caprifoliaceae (71).
Celastraceae (36).
Chailletiaceae (6).
Combretaceae (12).
Compositae (8, 84).
Convolvulaceae (32).
Cruciferae (38).
Euphorbiaceae (5, 20, 27, 33, 42, 67).
Gramineae (23, 25, 44, 52, 73, 77, 86).
Leguminosae (9, 18, 31, 40, 55, 83).
Linaceae (39).
Melastomaceae (45).
Myrtaceae (60).
M. Greshoff: Blausänrevorkommen. 667
Olacaceae (85).
Passifloraceae (45', 48!, 53, 79).
Ranunculaceae (2, 63, 81).
Rhamnaceae (64).
Rosaceae (1, 7,14, 15, 21, 22, 34, 47, 48, 50,57, 59, 61, 62,
65, 74, 78).
Rubiaceae (58).
Rutaceae (10).
Salicaceae (70).
Samydaceae (28).
Sapindaceae (16, 72).
Sapotaceae (4, 41, 54).
Saxifragacae (66).
Stereuliaceae (76).
Tiliaceae (19).
Urticaceae (75).
Wie gesagt, ist in einigen Fällen das Vorkommen des Cyan-
wasserstoffs noch etwas zweifelhaft, so bei Fungi (30, 43, 56, 68).
An der systematischen Durchsuchung der Genera und der Familien
fehlt noch manches, so auch an der Reindarstellung der cyanogenen
Muttersubstanzen; die pbysiologische Bedeutung der Blausäure ist nur
bei Pangium, Phaseolus und Prunus untersucht worden. Es zeigt aber
die Liste, wie ungeahnt groß die Verbreitung des Cyanwasserstoffs im
Pflanzenreiche ist, und wie sehr schon deshalb das Studium der
„Cyanogenese“ das Interesse des chemisch- botanischen Forschers
verdient.
Harlem, Laboratorium des Kolonial-Museums.
Liste der Blausäure-Pflanzen
(in alphabetischer Ordnung, vergl. S. 397—400).
BR. Amelanchier vulgaris Moench. (Wicke 1851), A. canadensis
Medic., A. alnifolia Nutt. (Greshoff 189). Fam.
Rosaceae.
2. n.B. Aquilegia vulgaris Linn. (Jorissen 1884), A. chrysantha
Gray (Greshoff 1906). Fam. Ranuneulaceae.
3. n.B. Arum maculatum Linn. (Jorissen 1884). Fam. Aroideae.
i Bassia (Isonandra) Mottleyana Clarke. Fam. Sapotaceae.
5. —- Bridelia ovata Decne (v. Romburgh 1899). Fam.
Euphorbiaceae.
He
&
668
27.
28.
Du bs
n.B.
?.B.
M. Greshoff: Blausäurevorkommen.
Chailletia cymosa Hook. (Dunstan 1903). Fam.
Ohailletiaceae (Dichopetalaceae).
Chamaemeles coriacea Lindl. Fam. Rosaceae.
Chardinia xeranthemoides Desf. (Eichler 1862). Fam.
Compositae.
Cicer arietinum Linn. (Leather 1906). Fam. Leguminosae.
Citrus Medica Linn. Fam. Rutaceae.
Colocasia gigantea Hook. (v. Romburgh 1897). Fam.
Aroideae.
Combretum constricttum Laws. Fam. Combretaceae.
Corynocarpus laevigata Forst. (Easterfield 1903).
Fam. Anacardiaceae.
Cotoneaster integerrima (vulgaris) Medic. (Wicke 1851),
C. microphylla Wall. (Greshoff 1896), O. affinis Lindl.,
C. Francheti Bois, ©. pannosa Franch., C. bacillaris Wall.,
©. buxifolia Wall., ©. frigida Wall., ©. horizontalis Dene.,
C. multiflora Bgl., C. thymaefolia Baker (Guignard 1906).
Fam. Rosaceae.
Crataegus Oxyacantha Linn. (Wicke 1851), C. orientalis
Biel. (Greshoff 189). Fam. Rosaceae.
Cupania sp. (v. Romburgh 1897). Fam. Sapindaceae.
Cyrtosperma lasioides Griff., C. Merkusii Schott
(Greshoff 1890). Fam. Aroideae.
Dolichos Lablab Linn. (Leather 1906). Fam. Leguminosae.
Echinocarpus (Sloanea) Sigun Blume (Greshoff 1892).
Fam. Tiliaceae.
Elateriospermum Tapos Blume (v. Romburgh 1899).
Fam. Euphorbiaceae.
Eriobotrya japonica Lindl. (Wicke 1851). Fam. Rosaceae.
Exochorda Alberti Regel (Guignard 1906). Fam. Rosaceae.
Glyceria aquatica Wahlenb. (Jorissen 1884). Fam.
Gramineae.
Gymnema latifoliia Wall. (Greshoff 1890). Fam.
Asclepiadeae.
Gynerium argenteum Nees (Fitschy 1906). Fam.
Gramineae.
Gynocardia odorata R. Br. (Greshoff 1890). Fam.
Bixineae.
Hevea brasiliensis Muell., H. Spruceana Muell. (v. Rom-
burgh 1893). Fam. Euphorbiaceae.
Homalium (Blackwellia) sp. div. (v. Romburgh 1899).
Fam. Samydaceae,
4A.*
? B.
IS BB
M. Greshoff: Blausäurevorkommen. 669
Hydnocarpus venenata (inebrians) Gaerntn., H. alpina Wight
(Greshoff 1890), H. anthelmintica Pierre (Power 1905).
Fam. Bixineae.
Hygrophorus agathosmus Fr., H. cerasinus Fr. Fungt.
Indigofera galegoides DC. (v. Romburgh 189). Fam.
Leguminosae,
Ipomoea dissecta Willd. (Prestoe 1574), I. sinuata Orteg.
(v. Romburgh 1894), I. (Merremia) vitifolia Sweet
(Weehuizen 1906). Fam. Convolvulaceae.
Jatropha angustidens Muell.e (Heyl 1902). Fam.
Euphorbiaceae.
Kerria japonica DC. (Guignard 1906). Fam. Rosaceae.
Kiggelaria africana Linn. (Wefers Bettink 1891). Fam.
Bixineae.
Kurrimia ceylanica Arn. (v. Romburgh 1897). Fam.
Celastrineae.
Lasia aculeata (Zollingeri) Lour. (Greshoff 1890). Fam.
Aroideae.
Lepidium sativam Linn. (Schultze 1860). Fam. Cruciferae.
Linum usitatissimum Linn., L. perenne Linn. (Jorissen
1884). Fam. Linaceae.
Lotus arabicus Linn, L. australis Andr. (Dunstan-
Henry 1900). Fam. Leguminosae.
Lucuma Bonplandia H. B. (Altamirano 1876), L.
mammosa Gaertn, L. pomifera Peck., e. a. Fam.
Sapotaceae.
Manihot utilissina Pohl (Henry 1836), M. palmata (Aipi)
Pohl (Francis 1870), M. Bankensis Hort. Bog., M.
Glaziovii Muell. (Greshoff 1892). Fam. Euphorbiaceae.
Marasmius oreades Bolt. (Loesecke 1871). Fungi.
Melica altissima Linn., M. ciliata Linn., M. nutans Linn.,
M. uniflora Retz. (Fitschy 1906). Fam. Gramineae.
Memecylon sp. div. (v. Romburgh 1899). Fam. Melasto-
maceae.
Modeeca Wightiana Wall. (Guignard 1906). Fam.
Passifloreae.
Nandina domestica Thunb. (Dekker 1906). Fam. Berberideae.
Neviusa alabamensis A. Gray (Guignard 1906). Fam.
Rosaceae.
Nuttallia cerasiformis Torr. Fam. Rosaceae.
Ophiocaulon gummifer Harv. (Guignard 1906). Fam.
Passifloreae.
670
49.
50.
51.
52.
583.
61.
en a
?.B.
B.
Sn
M. Greshoff: Blausäurevorkommen.
Osmohydrophora nocturna Barb. Fam. Bignoniaceae.
Osteomeles sp. Fam. Rosaceae.
Pangium edule Reinw., P. ceramense Teysm. et Binnendyk
(Greshoff 1889). Fam. Bisxineae. :
Panicum maximum Jacq., P. muticum Forsk. e. a.
(Brünnich 1903). Fam. Gramineae.
Passiflora quadrangularis Linn., P. laurifolia Linn., P.
princeps Lodet., P. hybrida Hort. (v. Romburgh 1897),
P. eaerulea Lour. (Dekker 1906), P. suberosa Brot.,
P. maculata Scan,, P. foetida L., P. edulis Sims, P. alata
Ait. (Guignard 1906). Fam, Passifloreae.
Payena latifolia Burck. Fam. Sapotaceae.
Phaseolus lunatus Linn. (Davidson. 1884), P. Mungo
Linn, (Leather 1906). Fam. Leguminosae.
Pholiota radicosa Bull. Fungi.
Photinia (Heteromeles) arbutifolia Lindl. (Lustig 1882),
P. serrulata Lindl., P. variabilis Hensl., P. Benthamiana
Hance (Guignard 1906). Fam. Rosaceae.
Plectronia dicocca Burck (v. Romburgh 1898). Fam.
Rubiaceae.
Prunus Amygdalus Stokes (Bohm 1801), P. Laurocerasus
Linn. (Schrader 1803), P. Armeniaca Linn., P. Persica
Stokes (Vauquelin 1803), P. Padus Linn., P. Cerasus
Linn. (Ittner 1809), P. nana Stokes (Goeppert 1827),
P. serotina Ehrh., P. virginiana Linn.,. P. avium Ln.,
P. domestica Linn., P. occidentalis Sw., P. pennsylvanica
Lion., P. spinosa Linn., P. undulata Buch, P. Capollin
Zucc., P. sphaerocarpa Sw., P.. chamaecerasus Jacg.,
P. Puddum Roxb., P. caroliniana Ait., P. americana
(canadensis) Marsh (1850—1875), P. lusitanica Linn.
(Flückiger 1879), P. alleghaniensis Porter, P. Besseyi
Bailey, P. divaricata Ledeb., P. paniculata Thunb., P.
pendula Desf. (Greshoff 1896), P.- subhirtella Mig:
(v. d. Ven 1898), P. adenopoda Koord. et Val. P.
javanica Miqg. (v. Romburgh 1898). Fam. Rosaceae.
?B. Psidium montanum Sw. Fam. Myrtaceae.
B.
B,
Pygeum africanum Hook. (Welwitsch 1860), P. parvi-
florum Teysm., -P. latifolium Miqg. (Greshoff 1890),
Fam. Rosaceae.
Pyrus (Cydonia, Malus, Mespilus, Sorbus), sp. div.: P. Aria
Ehrh., P. Aucuparia Ehrh., P. Cydonia Linn., P. japonica
Thunb., P. Malus Linn., P. germanica, Hook. F., P.
a
63.
64.
65.
66.
67,
74.
M. Greshoff: Blausäurevorkommen. 671
pinnatifida Ehrh., P. torminalis Ehrh., P. americana DC.
(+ 1850), P. spectabilis Ait, P. Ringo Wenzig
(Greshoff 1896). Fam. Rosaceae.
Ranunculus arvensis Linn., R. repens Linn. (Fitschy 1906).
Fam. Ranunculaceae.
Rhamnus Frangula Linn. (Gerber 1828). Fam. Rhamneae.
Rhodotypus kerrioides Sieb. et Zuce. (Guignard 1906).
Fam. Rosaceae.
Ribes aureum Pursh (Jorissen 1884), R. nigrum Linn.,
R. Grossularia Linn, R. rubrum Linn. (Hebert-Heim
1897). Fam. Saxifragaceae.
Rieinus communis Linn. (Ritthausen 1870). Fam.
Euphorbiaceae.
Russula foetens Pers. Fungi.
Ryparosa (Ryparia) caesia Blume, R. longepedunculata Kurz
(Greshoff 1891). Fam. Bixineae, non Euphorbiaceae!
Salix triandra (amygdalina) Linn. (Bougarel 1876), Fam.
Salicineae.
Sambucus nigra Linn. (Bourquelot-Guignard 1905).
Fam. Caprifoliaceae.
Schleichera trijuga Willd. (Thümmel 1889). _ Fam. Sapin-
daceae.
Sorghum (Andropogon) vulgare Pers. (Dunstan-Heury
1902), S. halepense Pers. (Guignard 1905). Fam.
Gramineae. 7
Spiraea Aruncus Linn., ‘S. sorbifolia Linn., S. japonica
Lion. (Wicke 1851), S. Kneiffii Hort. (Greshoff 1906),
S. Lindleyana Wall, S. prunifolia Sieb. et Zucc.
(Guignard 1906). Fam. Rosaceae.
Sponia virgata Planch. (v. Romburgh 1899). Fam.
Urticaceae.
Sterculia (Pteroeymbium) sp. (v. Romburgh 1897).
Fam. Sterculiaceae.
Stipa hystrieina Speg., $. leptostachya Griz. (Hebert-
Heim 1904). Fam. Gramineae.
Stranvaesia glaucescens Lindl. (Guignard 1906). Fam.
Rosaceae.
Taesonia sp. (v. Romburgh 1898), T. van Volxemii Hook.
(Dekker 1906). Fam. Passifloreae.
Taraktogenos Blumei Hasskl. (Greshoff 1892), T. Kurzii
King (Power 1904). Fam Bixineae,
672 A. Simmer: Verhalten der Alkaloidsalze etc,
81. 4A. Thalictrum aquilegifolium Linn. (v. Itallie 1905). Fam.
Ranunculaceae.
82. A.* Trichadenia zeylanica Thw. (Greshoff 1890). Fam. Bixineae.
83. B. Vieia sativa (canadensis) Linn. (Ritthausen 1870), V.
angustifolia Clos, V. hirsuta Gray (Bruyning-
van der Harst 1899), V. macrocarpa Bertol.
(Guignard 1905). Fam. Leguminosae.
8. B. Xeranthemum annuum Linn, X.cylindraceum Sm. (Greshoff
1899). Fam. Compositae.
85. B. Ximenia americana (elliptica) Linn. (Ernst 1867). Fam.
Olacineae.
86. —. Zea Mays Linn. (Brünnich 1903). Fam. Gramineae.
Mitteilungen aus dem pharmazeutischen Institut der
Universität Strassburg.
Ueber das Verhalten der Alkaloidsalze und anderer
organischer Substanzen zu den Lösungsmitteln der
Perforationsmethode, insbesondere Chloroform, sowie
über Reduktionswirkungen der Alkaloide.
Von A. Simmer.
(Auszug einer Inaugural-Dissertation, Straßburg 1906.)
(Eingegangen den 12. XI 1906)
Die Beobachtung, daß bei der Extraktion in der toxikologischen
Analyse viele Alkaloide, von denen man annahm, dıß sie wegen ihrer
starken Basizität ausschließlich aus der alkalischen Lösung übergingen,
teilweise schon aus der sauren Lösung von dem Chloroform und den
anderen Lösungsmitteln aufgenommen werden, ist schon öfters Gegen-
stand von Untersuchungen gewesen'). ‚Jedoch schien es angebracht,
diese noch in vielen Beziehungen zu erweitern. So sollten vor allem
in dieser Arbeit außer Anwendung verschiedener Perforationsmittel
auch die völlig neutralen Alkaloidsalzlösungen und die sauren Lösungen
mit verschieden starkem Säuregehalt zu den Versuchen herangezogen
!) So namentlich durch Otto, Dragendorff, Kippenberger und
Springer; s. L'teraturangabe der Dissertation.
A. Simmer: Verhalten der Alkaloidsalze etc. 673
werden. Wenn auch viele dieser Fälle für die Praxis nicht in Frage
kommen, so schienen sie doch vom theoretischen Standpunkte aus
nicht weniger interessant. Im Anschlusse an diese Versuche unter-
suchte ich auch das Verhalten einiger anderer, nicht basischer Körper,
welche schon aus der sauren Lösung meist völlig extrahiert werden,
wie Kantharidin, Koussein, Santonin etc, wenn sie in alkalischer
Lösung vorlagen.
Beobachtungen einiger Autoren!), daß bei der Behandlung der
Alkaloide mit Chloroform sowohl dieses zersetzend auf jene einwirken
kann, als auch umgekehrt das Extraktionsmittel durch die Pflanzen-
basen eine Zersetzung erleiden kann, bei der Salzsäure abgespalten
wird, gab Veranlassung dazu, auch diesbezügliche Untersuchungen
anzustellen.
Endlich habe ich auch Versuche über Reduktionswirkungen der
Alkaloide angestellt. Eine Klarlegung dieser Verhältnisse schien des-
halb zweckmäßig, weil in der toxikologischen Analyse in den Lösungen
sich häufig gleichzeifig oxydierende, giftige Metallsalze und reduzierende
Alkaloide vorfinden, und dadurch die Möglichkeit von Veränderungen der
letzteren gegeben ist.
Die Arbeit ist daher in folgende Abschnitte eingeteilt:
I. Abschnitt.
Das Verhalten der Salze wichtiger Pflanzenbasen und
anderer organischer Stoffe bei Perforation mit Chloroform
und anderweitigen Lösungsmitteln.
II. Abschnitt.
Zersetzungserscheinungen bei Behandlung der Al-
kaloide mit Chloroform.
III. Abschnitt.
Reduktionswirkungen von Alkaloiden.
I. Abschnitt.
Die Versuche wurden im allgemeinen in folgender Weise aus-
geführt. Ich bereitete mir wässerige Lösungen von den verschiedenen
Alkaloidsalzen, die in 50 g, auf das freie Alkaloid umgerechnet, 0,2
enthielten. Gegebenenfalls säuerte ich dann mit der betreffenden
Säure bis zu einem bestimmten Prozentgehalte an. Mit diesen Lösungen
1) Bombelon, Pharmaz. Zeitung 189, 815 und E.Schmidt, Jahres-
berichte der Pharmazie 34, 1899.
Arch. d. Pharm. CCXXXXIV. Bds. 9. Heft. 43
Verhalten der Alkaloidsalze etc.
A. Simmer
674
91998 „udıow
0 9610°0 | RN | 9610°0 EI 0 8920
0 0 0, 2 ro 0930
0 2890 0 u = era 0 LE00°0 9.0 0 093.0 “myyas "ydıom
0 0 0 0 0 H4:® L730 .
0 | 0, | 0 0 0 ro Lr80 ’
0 g7000 er00 0 go gH00°0 0) 0 LP20 ‚ypoıpÄy "ydıow
"TegstoAaydeu ULIEIOA uaındg G 8220 &
0 | 93100 | 93100 | go SCT00 co ® 823.0 8
0 8780'0 27800 L’s 27800 U To 888.0 ote}1e) "IyEIO A
‚aeqstaAypeu Pos °H puan urı810 A usaınds 10 cIz0 “
0 | 72800 ruE00 | aıI | »2e0%0 sı 0 g12.0 Ormyns "EIS A
T180'0 0, 11800 | 98 Ur 0 T 024,0 ,
°onHusmds| c0P00 SOP0.0 et 0F00 ET 0 088.0 ru ea‘
8F2T'o 0 8r2T‘o 07 0 0 oT 1180 x
L3E0,0 0 L2EOO co 1 0 0 ro TT2‘0 .
1800°0 6690'0 0890°0 Li 66F0°0 91 0 1120 Igooapkq Ela‘
gESTO 0 gest‘o &6 0 0 0 282.0 ones 'urayäng
-IegstaAypeu gora YOSEH “regqsiamyoeu uuyoAng ueindg { \ IE re mu
0980.0 0 09800 Tg 0 0 I LLEZO j
900°0 E8T00 820.0 rı 88100 UI 0 LLERO rau "wayoÄng
21800 9200 29900 ve 2s0'0 g1 0 9,80 | "poloapäy urayaing
9E0:0 0 280,0 13 0 0 I ‚8780 z
29100 0 29100 or nd 0 ro 872.0
2900°0 EETOO 20.0 1 EET0°0 80 0 gHe0 | worgoipkq urugpäug
£870°0 0 E820 0 r 0 0 < LLEZ‘O
69200 0 69°0,0 gEE 0 0 or LLESO B
2300 0 220,0 gı 0 0 j LIES O y
E800°0 0, &800,0 <co Or 0 To LLEZO
9100°0 er100 84100 60 gr10'o g8‘0 0 22880 | TqPoap4q uruyoäng
UODUBDOH U9DUBAHS 08 gıne SSegqIIIa117Z'
-gsqn uapung| -ıaqn aseq Bau lg ProTeatv IOH ®ı | 18 a Pnoue
-99 9Ingg ue| 9Iaıy sie ve zyesnzıpesV har FqPNEIg | me äunso] op | pusyfeqjue 2jespIofenly
ug A ydeN ne! un yeyosyuszorg O°H 309 ul
"WI0J0J0]Y) WW LOlye40JI0d Jop I9q uebUnsojZjespiojeyjy ue}ıanesoßue pun uajesjneu Jep ueyjeyuen "I
675
A. Simmer: Verhalten der Alkaloidsalze etc.
« “
zeqstazayoeu [JH Y90a unoyIN JpaM T 882.0
"ıeqstwagdea Jyara [OH 'Ieqsıaagdea unoyın uoındg 0 go | POAPÄq "uyodıN
‚eqstraagdea propeyiy uaındg ß 0920 ®
‘ungnı] ayıe)s suadeay sıalem AM To 0920 ‚ıejıe} 'uıdony &
8600 | 0 | 86000 | gg | 0 | 0 or 9880 E ei
"Ieqstaaudeu HN paun urdomy usındg 0 9820 orıyıu 'urdoryy
82000 | 0 | 8200°0 80 | 0 | 0 07 9260 R
‚seqspAgeu [IH pun urdory usındg To 0220 E
‚zegstAagoeu Spropegjy ueroız uaındg 0 0230 ‘[gdoapky "urdoyy
0 21000 2100°0 To <1000 | To g 1820 H
0 2880°0 28600 6% 26600 es R 1820 2
0 82°0°0 83°0'0 GE 81800 ce ro 1880
0 erc00o | EPC00 g'E E90 0 g'E 0 1820 “Ie)1e} "UTE90,)
"Igqstaaydea Jgora ?!HZeH ‘Ieqsraaydeu ure90,) usındg To #920 #
0 | #100 Er700 260 EFI00 260 0 98.0 'anypas ‘up800/)
2.00 | 0 2.00'0 co 0 0 07 722.0 z
9500°0 0 GP00.0 &0 0, 0 hi r22.0 fi
82000 1000 LEOO.O 220 21000 ro ro 982.0
0 0670.0 0660°0 ezE 0650°0 g2E 0 7220 ToApÄy ;ured0)
0 8C00 | 8T100 T 87100 0°T To 8720
0 680 C6800 g 26800 g% 0 872,0 "972719 "aL2po7)
0 T10°0 1100 Lo 1100 20 To 0820 ‚aejIe} 'ULOPO/)
'regsıAyseu ?osSöpg pun urapoyj usıundg To 2720 =
0 | geon | 92200 gut 92200 gr1 0 LF2.0 "anjns “uropo)
62000 0 | 62000 g0 0 0 gs 92.0 €
100 ı 0 1100 A) 0 0 or 892.0 :
"ıeqstaagdeu gg Puu urapo,) usands To 2920
gspaprnzgg undg| 92700 92100 80 9810°0 80 0 «90 | "moAgoıpÄg 'urepoy
6200°0 0 6200°0 co 0 0 01 P62.0 r
9100°0 0 91000 10 0 0 ro P62°0
oagpen [og ds) 12800 12800 cE2 1280°0 082 0 ves0 qPoıpkq "urapoj)
usduedes uodu829s OH % dınag See] IoTa.gyz‘)
-ga9qn uapung | -aoqu aseg e ıqonwıq1aA Play DE a adıssnygosıogn |paoydaaıdsyue zresprofey[y
-ad aınyg uw | ray spe oradsgurg | PSNZHEHIV | norıdszu 8 ur dunsg op | pusypegyus ä
argHm ee ER... ice A |eyoäquozorg | O°H 3 0gu]
WIOHOOIYI Hm WONEIONRA Jap Jaq uoBunsgjzjespjojeyiy Us}engsoßus pun uepsapneu Jap useyuA |
Verhalten der Alkaloidsalze etc.
A. Simmer
676
oO
82000
82000 | ero 83000 sro 0 8720 OLD 'uropoy)
0 | 1800°0 TE00°0 | °0 1800°0 zo 0 1980 “anypns "ufopo)
"“IegqstaAgdgu Ig]I g9ou uepo) IepaM T 298°0 5
0. .| zoo sooo | ero | gzooo | sro 0 290 | worgoapAy 'urapop
u *
NH ; 01 F880 -
‘aegqstamydeu JOH Ypou aropog zapaM ro 7820 R
o een | emo | en | sco00 | ger 0 »E20 | TMooapfg 'wapog
"2eqstaaygdeu arıeraA uoındg oduLıad ıqas ann I GIz'o u
“reqstAgoeu yyara POSCH “regstamgdeu uryeso‘\ usındg 0 120 Yranyas "IEIOA
‚deqstAgdeu [JH pun urmers‘ ueındg 01 1120 .
0 1800'0 18000 ro 18000 150) 0 113'0 "[q90IPpAy 'EIoA
G880°0 0 GE80°0 0% 0 0 0 2820 | ones wagosng
“egqspagdea SONH pun uuyoing To LLEZO ra 'uragdäng
‚aegqsıaagdea POSCH you uumyÄng I9paM 0 1920 "ınypns uraydÄng
ap E00 | &6000 | 20 | wen | zo 0 9220 | 'pofoap&y wagoäng
aegspAgdeun IgH pun ummysArg uainds a) 8720 sE
aqstaampen 1gH and, 8E00°0 | 8800°0 | 80 | E800°0 | 0 0 Bao | Wworgoapkg “uruyasug
‘aeqspAgoeu [JH “FanguıL 9yıe}s suasdeoy sıake AM 0I LLELO e
[3 4 “ 4 “4 1 LLEZO “
‚ıegstaaydea [JH y9ou uragdäng Topa mM To LLEZO \
0 | 9L00°0 | gL00°0 | gr°0 | <L00°0 | gro 0 LLESO | 1P01pÄy 'urayoäng
uoBueVe5 | ueDUeneR 08. ‘ ü vr
DH” 9ıneg BEL REICH
„deqn uapung | -ı0qn eseg BEDINP ygonwuqaea projesiv | 10H, %ı TassenndRa0n Kia ae ac
-a8 olngg ue | rar spe yoradszung | esnzertv| , da El ue Zunso7 ıop | puoypeyguo >TESPIOTENLV
UN PATE | men | PPHORUE | 0A | gpeuosguozorg| 0° 8.09 ur
ng
0zueg HWw uole4oj4ag Jap |9q ueßunsojzjespiojeyiy uaJuongsoßus pun uejeujneu Jop uayeyuuaa "z
A. Simmer: Verhalten der Alkaloidsalze ete. 677
und den betreffenden Extraktiorsmitteln beschickte ich sodann einen
Perforator und ließ die Perforation eine Stunde lang in mäßiger
Stärke vor sich gehen. Nun destillierte ich das in dem Siedekölbchen
befindliche Extraktionsmittel ab und löste nach völligem Verdunsten
desselben den Rückstand in einer gemessenen Menge !/s, Normalsalz-
säure auf und titrierte unter Zuhilfenahme eines geeigneten Indikators
mit "/so Kalilauge zurück. So erhielt ich die Menge des als freie Base über-
gegangenen Alkaloides. Die titrierte Flüssigkeit versetzte ich jetzt mit
überschüssigem Alkali und perforierte sie solange mit Chloroform, bis
sie sich als völlig frei von Alkaloid erwies. Ich bestimmte wieder
wie oben das übergegangene Alkaloid und erhielt so seine Gesamt-
menge. Aus der Differenz dieses Resultates mit dem ersteren ergab
sich die Quantität der als Salz übergegangenen Base.
Ich muß selbstverständlich hier davon absehen, sämtliche Ver-
suche anzuführen. In den vorstehenden Tabellen sind nur die wichtigsten
enthalten.
Aus den in der ersten Tabelle angeführten Beispielen geht her-
vor, daß die neutralen Alkaloidsalzlösungen eine große Tendenz besitzen
bei der Extraktion freie Base an das Chloroform abzugeben. Der
Uebergang des freien Alkaloides hängt in erster Linie natürlich von
dem Grade der Spaltung in Base und Säure ab, die das Alkaloidsalz
in der wässerigen Lösung erleidet. Am wenigsten dissoziiert sind die
Salze der starken Basen zumal, wenn sie an starke Säuren gebunden
sind. Die neutralen Nikotin- und Atropinsalzlösungen geben daher
nur außerordentlich geringe Mengen freier Base ab, so daß eine quanti-
tative Bestimmung nicht ausführbar ist. Erheblicher ist dagegen die
Abgabe des freien Alkaloides bei der Extraktion der Salzlösungen der-
jenigen Pflanzenbasen, die in Bezug auf Basizität eine mittlere Stellung
einnehmen, so Veratrin, Strychnin, Brucin, Kodein, Kokain und auch
Morphin. Bei diesem letzteren Alkaloide ist natürlich auch die geringe
Löslichkeit in Chloroform zu berücksichtigen. Noch bedeutend mehr
freie Base geben die Salzlösungen der Alkaloide von sehr schwacher
Alkalinität, wie z. B. Narkotin ab.
Sehr viele neutrale Alkaloidsalzlösungen lassen außer der freien
Base auch noch Salz in das Chloroform übergehen; so hauptsächlich
die Lösungen der Salze der Halogenwasserstoffsäuren und der Nitrate,
nicht dagegen die Sulfate, Phosphate, Tartrate und Citrate.
Wesentlich anders gestalten sich die Verhältnisse, wenn den
Lösungen überschüssige Säure zugefügt wird. Bei den stärker basischen
Alkaloiden hört dann der Uebergang der freien Base in vielen Fällen
völlig auf oder geht wenigstens bedeutend zurück. Dagegen geht jetzt
das Alkaloid, an Säure gebunden, wenn das betreffende Salz in Chloro-
678 A. Simmer: Verhalten der Alkaloidsalze etc.
form etwas löslich ist, in bedeutend größerer Menge über. Besonders
auffällig ist die Tatsache, daß bei stärkerem Säurezusatz das Alkaloid-
salz in immer größerer Menge übergeht.
Ich wandte z. B. das Strychninhydrochlorid außer in neutraler
Lösung auch gelöst in 0,1%, 1%, 10% und 25%iger Salzsäure an. Die
Quantität des im Salzzustande übergegangenen Strychnins betrug bei
den einzelnen Versuchen 0,0016, 0,0083, 0,025, 0,0559 und 9,0233. Am
wenigsten Salz geht also aus neutraler Lösung über, am meisten aus
der 10% Salzsäure enthaltenden. Bei Anwendung einer 2b%igen Salz-
säure tritt wieder ein starker Rückgang ein.
Auch die Lösungen der Hydrobromide und Nitrate der Alkaloide
gaben in den meisten Fällen beim starken Ansäuern mit den betreffenden
Säuren sehr erhebliche Mengen von Salz ab. Aus diesem Grunde sind
eben die Halogenwasserstoffsäuren und die Salpetersäure zum Ansäuern
in der toxikologischen Analyse unbrauchbar; auf jeden Fall dürfen sie
nur in sehr geringen Mengen bis zur schwachsauren Reaktion der
Lösungen zugesetzt werden. Dagegen ist ein Ansäuern mit Weinsäure,
Zitronensäure, Phosphorsäure und Schwefelsäure zu empfehlen. Die
Alkaloidsalze dieser Säuren sind fast völlig unlöslich in Chloroform,
so daß auch, wenn sie selbst in großem Ueberschusse vorhanden sind,
kein Salz in das Lösungsmittel übergeht. Nur ist bei Anwendung der
schwächeren Säuren, wie Weinsäure und Zitronensäure, ein:reichlicher
Zusatz geboten (etwa 2%), da sonst viele Alkaloide, wie Veratrin und
Kokain, in ziemlicher Menge als freie Base übergehen. Das Verhalten
der schwachen Basen, wie Colchicin, Koffein, Narkotin, Papaverin und
Antipyrin, die in den Tabellen nicht aufgeführt sind, ‚sei hier noch
einmal besonders erwähnt. Bei diesen Körpern war es hauptsächlich
von Interesse festzustellen, ob wenigstens durch stärkeren Säurezusatz
ein Rückgang im Uebergang der freien Base zu bemerken war. Als
am schwächsten basisch zeigte sich Colchicin, das aus einer sehr stark
salzsauren, schwefelsauren und weinsauren Lösung in derselben Menge
überging, als aus einer reinen wässerigen Lösung des freien Alkaloides.
Auch bei den Koffeinlösungen war der Zusatz irgend einer Säure
kaum von einer Wirkung. Bei Narkotin, Papaverin und Antipyrin
ließ sich wohl durch Zusatz der starken Mineralsäuren, wie Schwefel-
säure und Salzsäure, der Uebergang der freien Base stark herabsetzen, da-
gegen waren Weinsäure und Zitronensäure, auch in großen Mengen
zugesetzt, vollständig ohne Einfluß. Thebain und Narcein gingen aus
den schwach weinsauren Lösungen in bedeutend größeren Mengen über
als aus den stark weinsauren. Die Aufnahme von Salz aus den salz-
und salpetersauren Lösungen der schwachen Basen durch das Chloro-
form war teilweise außerordentlich groß, wie bei Papaverin, Thebain
A. Simmer: Verhalten der Alkaloidsalze etc. 679
und zumal bei Narkotin, das aus einer 10%igen salzsauren Lösung
fast völlig als Hydrochlorid extrahiert wurde, teilweise ging aber auch
keine Spur Salz über, wie bei Koffein und Colchicin. Eine Abgabe
von Tartrat und Citrat an das Chloroform wurde auch bei den schwach
basischen Alkaloiden in keinem Falle beobachtet.
Von den Körpern, die mit Alkalien Salze oder salzartige Ver-
bindungen bilden, wurden untersucht Pikrotoxin, Santonin, Koussein,
Kantharidin und Salieylsäure. Auch hier wurden mit Ausnahme bei
Pikrotoxin zuerst Lösungen verwendet, die nur die Verbindungen der
genannten Körper mit Alkalien ohne Ueberschuß des Alkalis oder
der Säure bezw. des der Säure entsprechenden Anteils enthielten.
Außerdem perforierte ich dann auch Lösungen mit überschüssigem
Alkali.
Die reinen Salzlösungen des salicylsauren und santoninsauren
Natriums und des Natrium kousseinicum gaben bei der Perforation
beträchtliche Mengen Salicylsäure, Santonin und Koussein an das
Chloroform ab. Aus einer Lösung von Natrium cantharidinicum
wurde dagegen noch nicht 0,001 Katharidin von dem Chloroform
extrahiert. Bei Anwendung von Lösungen mit überschüssigem Alkali
war nur noch bei Koussein und Pikrotoxin ein geringer Uebergang
dieser Körper in das Chloroform nachweisbar.
Die Versuche mit Benzol zeigen, daß dieses Lösungsmittel auch
den meisten neutralen Alkaloidsalzlösungen die freie Base
entzieht, natürlich, entsprechend seiner geringeren Lösungsfähigkeit
für Alkaloide, in bedeutend schwächeren Maße wie Chloroform.
Außerordentlich gering ist das Lösungsvermögen des Benzols für
Alkaloidsalze.. Nur aus den stark salzsauren, bromwasserstoffsauren
und salpetersauren Lösungen gingen zuweilen qualitativ nachweisbare
Spuren von Salz über.
Dem Benzol ähnlich verhält sich Aether. Für Alkaloidsalze
scheint er ein etwas stärkeres Lösungsvermögen zu besitzen.
Ferner wandte ich noch Tetrachlorkohlenstoff, Amylalkohol und
Isobutylalkohol als Perforationsmittel an. Das erstere Präparat ist
außer wegen seiner bedeutend geringeren Lösungsfähigkeit für Alkaloide
auch durch seinen höheren Siedepunkt als Extraktionsflüssigkeit weniger
geeignet als Chloroform. Eigentümlich ist, daß der Tetrachlorkohlenstoff
in keinem Falle, selbst nicht aus den sehr stark salz- oder salpeter-
sauren Lösungen, Alkaloidsalz aufnahm.
Amylalkohol und Isobutylalkohol wandte ich nur bei Morphium
an. Sie entzogen den neutralen Morphiumsalzlösungen, hauptsächlich
den essigsauren, freies Alkaloid. Auch ging das Morphium, vor allem
aus den sauren Lösungen, teilweise als Salz über.
680 A. Simmer: Verhalten der Alkaloidsalze etc.
IL. Abschnitt.
Von einigen Autoren wurde die Beobachtung gemacht, daß bei
der Perforation der Alkaloidlösungen in manchen Fällen sowohl die
Alkaloide als auch das Chloroform durch Salzsäureabspaltung Zer-
setzung erleiden. Hauptsächlich die letztere Beobachtung sollte in
äieser Arbeit näher untersucht werden!). Ich beschickte zu diesem
Zwecke einen Perforator mit 50 g Chloroform und 50 g Wasser.
Letzterem hatte ich 2 g des betreffenden feingepulverten freien
Alkaloides zugesetzt. Das Kölbchen, dem ich den Perforator aufsetzte,
enthielt ebenfalls 50 g Chloroform. Ich perforierte nun 8 Stunden
lang. Nach dieser Zeit untersuchte ich zuerst das Wasser. Dasselbe
gab immer Opalescenz mit Silbernitrat, zeigte sich aber mit Aus-
nahme von wenigen Fällen, in denen infolge schwererer Löslichkeit
des Alkaloides in Chloroform ersteres nicht vollständig übergegangen
war, völlig frei von Alkaloid. Ich verdampfte nun das im Kölbchen
befindliche Chloroform und löste den Rückstand in Wasser, das eine
hinreichende Menge Schwefelsäure enthielt. Ich fügte alsdann Silber-
nitratlösung hinzu. In den Fällen, wo ein deutlicher Niederschlag
eintrat, wurde derselbe abfiltriert, in Ammoniakflüssigkeit gelöst und
wiederum mit Salpetersäure gefällt. Den auf diese Weise gereinigten
Niederschlag brachte ich im Gooch’schen Tiegel zur Wägung.
Ich erhielt folgende Resultate:
Alkaloid | Erhaltenes Entspricht Entspricht
28 ApCl HCl Alkaloid
Atropia N ]BINEBER III an | 0,0038 0,0069 0,0072
Brucin ».2.2.... Ueup. I 0,0138 0,0033 0,0333
EI de ae Spuren
Cinchonidin !........ “
GIOCHOYIN., „Aha om 3 auen | -
ln AT 0,0021 0,0005 0,0042
Dodein’t. 1 Qi Spuren
MorpiB® „are. 9,0% J 0
NARCOEIN ar. re wars 0
Nieotin HOBARFUUZE OR Spuren
Papaverin .. !...... 121,0
Solaninz .ıaka „nse. AT63 | Spuren
SSERTCHNEER.. „Cu 204 jo Ta hafcn 0,0035 0,0008 0,0073
ICHeBALTF LE arm elenp . Spuren
Veratumı 225° WS 0,0043 0,001 0,0173
1) Pharmaz. Zeitung 1894, 815 und Jahresbericht der Pharmazie 34, 1899,
A. Simmer: Verhalten der Alkaloidsalze etc. 681
Wie aus diesen Versuchen ersichtlich ist, ist die Einwirkung
der Alkaloide auf Chloroform nur so gering, daß sie in der Praxis
ganz außer acht gelassen werden kann. Nur Bruecin wirkte etwas
stärker. Um eventuell gebildete Ameisensäure nachzuweisen, löste ich
bei einem mit diesem Alkaloide angestellten Versuche den Chloroform-
rückstand in schwefelsäurehaltigem Wasser und destillierte bei 100°
einen Teil der Flüssigkeit über. Das Destillat dampfte ich, nach
Zusatz von etwas Magnesia, auf dem Wasserbade auf einige Kubik-
zentimeter ein und führte dann die verschiedenen Reaktionen auf Ameisen-
säure aus, die jedoch alle nur negativen Erfolg hatten.
III. Abschnitt.
Zu den Versuchen über Reduktionswirkungen der Pflanzen-
basen wandte ich im allgemeinen die Alkaloide in alkoholischen "/goo
Normallösungen an und versetzte dieselben mit einigen Tropfen einer
Lösung der betreffenden reduzierbaren Substanz. Soweit es möglich
war, wandte ich daneben die Alkaloide auch in wässerigen Lösungen
an. Das Verhalten der Alkaloidsalze in wässerigen und spirituösen
Lösungen wurde ebenfalls untersucht.
1. Verhalten der Alkaloide gegen Silbernitrat.
Gegen Silbernitrat äußerte vor allem freies Morphin, sowoll in
wässeriger als auch spirituöser Lösung, eine kräftig reduzierende
Wirkung. Auch die Salze des Morphins reduzierten Silbernitrat in
wässeriger Lösung noch ziemlich kräftig, dagegen konnten bei
Anwendung spirituöser Lösungen in der Kälte Reduktionen erst nach
mehreren Stunden beobachtet werden.
Von den anderen Alkaloiden zeigte keines ein auch nur annähernd
so kräftiges Reduktionsvermögen wie Morphin.
Akonitin, Aspidospermin, Atropin, Brucin, Kodein, Emetin,
Nikotin, Strychrin, Thebain, Veratrin reduzierten noch in der Kälte,
aber meistens erst nach mehreren Stunden, während Chinin, Cinchonin,
Kokain, Narcein, Narkotin, Papaverin und Solanin erst nach längerem
Erwärmen der Lösung wirkten.
Während also doch allen Alkaloiden eine wenn auch teilweise
nur sehr geringe Reduktionsfähigkeit gegen Silbernitrat zukommt,
war bei Koffein nicht die geringste derartige Wirkung festzustellen.
Von den Alkaloidsalzen reduzierte keines außer Morphin das
Silbersalz. Es scheint also dadurch, daß die alkalische Reaktion der
Lösung aufgehoben ist, auch die reduzierende Wirkung der Pflanzen-
basen zu verschwinden Vielleicht übt also die Alkalinität der Alkaloide
im freien Zustande eine gewisse aktivierende Wirkung aus, Bekannt-
682 A. Simmer: Verhalten der Alkaloidsalze etc.
lich sind ja die freien Alkaloide fähig, viele Oxydationsvorgänge, wie
z. B. zwischen Quecksilberchlorid und Guajaklösung, hervorzurufen
oder wenigstens zu beschleunigen!). In den hier in Betracht kommenden
Fällen wäre also das Alkaloid gleichzeitig der oxydable bezw.
reduzierende und der aktivierende Körper.
2. Verhalten der Alkaloide gegen Goldchlorid.
Goldchloridlösung wurde außer von Morphin auch von einigen
anderen Alkaloiden sehr kräftig reduziert, so von Aspidospermin,
Emetin und Hydrastinin. Noch in der Kälte reduzierten, wenn auch
erst nach längerer Zeit, Akonitin, Atropin, Kodein, Koniin, Nikotin,
Solanin, Strychnin, Thebain und Veratrin. Nur in der Wärme
reduzierten Chinin, Kokain, Narcein, Narkotin und Papaverin. Die
reduzierende Kraft gegen Goldsalze ist lange nicht so auf die freien
Alkaloide beschränkt, wie dies gegen Silbernitrat der Fall ist. So
trat in wässerigenMorphiumhydrochloridlösungen nochgsofortige Reduktion
von Goldchlorid ein. Ja selbst in stark salzsauren Morphiumlösungen
trat noch Reduktion ein, wenn auch erst nach längerer Zeit und viel
weniger intensiv. Ebenso zeigte Aspidospermin noch in einer Lösung
von 25%iger Salzsäure deutliche Reduktionswirkung gegen Goldchlorid.
3. Verhalten der Alkaloide gegen Quecksilberchlorid.
Gegen Quecksilberchloridlösung zeigten nur sehr wenige Alkaloide
Reduktionswirkungen schon in der Kälte, so Emetin, Hydrastinin und
Nikotin. Die meisten anderen Alkaloide reduzierten erst nach längerem
Erwärmen. Ich erwärmte deshalb die Lösungen eine Stunde lang auf
dem Wasserbade. Wenn eine Trübung oder Niederschlag entstand,
filtrierte ich ab und prüfte durch Betupfen des Filters mit Ammoniak-
flüssigkeit auf Kalomel. Nur in wenigen Fällen ging die Reduktion
bis zu metallischem Quecksilber. Dies war außer bei Emetin, das
schon in der Kälte so kräftig reduzierte, nur bei Hydrastinin und
Nikotin der Fall. Von den übrigen Alkaloiden zeigten noch Chinin,
Koniin, Morphin, Narkotin, Papaverin, Solanin, Thebain und Veratrin
eine schwächer reduzierende Kraft gegen Quecksilberchloridlösung. Fast
nicht mehr reduzierten Akonitin, Aspidospermin, Atropin, Cinchonin,
Kokain und Narcein, während Strychnin, Brucin und Koffein gar keine
Wirkung mehr ausübten.
Auffällig ist, daß Morphin, de doch sonst so kräftig reduzierend
wirkt, in dieser Beziehung von anderen Alkaloiden bedeutend über-
troffen wird.
ı) Feder; Inauguraldissertation, Straßburg 1904.
A. Simmer: Verhalten der Alkaloidsalze etc. 683
Aehnliche Erscheinungen habe ich auch sonst vielfach beobachten
können. Es ist daraus ersichtlich, daß man keineswegs aus dem
reduzierenden Verhalten der Alkaloide in einem Falle auch auf ein
solches in einem anderen Falle schließen kann.
Daß die Salze der Alkaloide reduzierend auf Quecksilberchlorid
wirkten, konnte ich in keinem Falle beobachten.
4. Verhalten der Alkaloide gegen Eisensalze.
Ich stellte zuerst mit den verschiedenen Alkaloiden die Berliner
Blaureaktion an und zwar auf die übliche Weise. Ich löste ein Körnchen
Kaliumferrocyanid in einem Tropfen Eisenchloridlösung und fügte etwas
von dem freien Alkaloide hinzu. Es zeigte sich, daß außer Morphin
noch viele andere Alkaloide fähig sind, diese Mischung zu reduzieren.
Vollständig eben so intensiv wie Morphin lieferten diese Reaktion Brucin,
Hydrastinin und Thebain. Nahezu so kräftig wie durch Morphin wurde
die Mischung gebläut durch Akonitin, Aspidospermin, Kodein, Koniin,
Nikotin und Narcein. Nur eine sehr schwache Wirkung äußerten
Emetin, Papaverin und Strychnin. Kaum schneller als auch ohne
Zusatz eines Alkaloides trat Blautärbung des Gemenges ein durch
Atropin, Chinin, Cinchonin, Kokain, Narkotin, Solanin und Veratrin.
Von den übrigen reduzierbaren Verbindungen wurden noch Platin-
chlorid, Chromsäure, Jodsäure, Kaliumpermanganat und Kupfer-
verbindungen zu den Versuchen herangezogen. Gegen Platinchloridlösung
konnte bei keinem Alkaloide ein reduzierendes Verhalten sicher fest-
gestellt werden, da sich Platinchlorid in alkoholischer Lösung beim
Erwärmen rasch zersetzt.
Gegen Jodsäurelösung scheint ein reduzierendes Verhalten fast
nur auf Morphin beschränkt zu sein. Nur bei Brucin und Strychnin
konnte eine ganz schwach reduzierende Wirkung beobachtet werden.
Ebenso war nur Morphin im stande Chromsäurelösung und ammoniaka-
lische Kupfersulfatlösung zu reduzieren. Im ersteren Falle ging Morphin,
wenn es als freie Base angewandt wurde, als Chromat in Lösung.
Beim Erhitzen dieser Lösung schied sich ein brauner Niederschlag
aus. Es scheint sich also hier um eine unvollkommene Reduktion der
Chromsäure, wahrscheinlich zu chromsauren Chromoxyd oder Chrom-
superoxyd, zu handeln. Bei sauren Lösungen des Morphins trat nur
Dunkelfärbung ein. .
Auch das Verhalten der Alkaloide gegen Kaliumpermanganat-
lösung beansprucht noch einiges Interesse, Es zeigte sich bei meinen
Untersuchungen, daß sämtliche Alkaloide im stande sind, Kalium-
permanganat in schwefelsaurer Lösung zu reduzieren. Jedoch ist die
684 A. Tschirch u. M. Wolff: Sandarak.
Stärke und Geschwindigkeit, mit der die Reduktion von statten geht,
bei den einzelnen Alkaloiden sehr verschieden. Eine sehr kräftige
Wirkung äußern in dieser Beziehung Morphium, Thebain, Kodein und
Emetin, während Akonitin, Bruein, Narcein, Narkotin, Nikotin, .
Hydrastinin, Strychnin und Veratin schwächer wirken. Fast gar
keine reduzierende Kraft gegen Kaliumpermanganat haben Atropin und
Kokain.
Arbeiten aus dem Pharmazeutischen Institut der
Universität Bern.
Untersuchungen über die Sekrete.
76. Weitere Studien über den Sandarak.
Von A. Tschirch und Max Wolff.
(Eingegangen den 18. XI. 1906.)
Während die meisten techrisch verwerteten Coniferenharze pathologische
Produkte darstellen, indem sie erst einer tief eingreifenden Verwundung der
Pflanze ihre Entstehung verdanken und zwecks rascher Wundverschließung
in reichlichem Maße gebildet werden, ist das Sandarakharz ein physiologisches,
in der Pflanze bereits in besonderen schizogenen Behältern vorgebildetes
Sekret. Daher ist die Ausbeute desselben auch verhältnismäßig gering. Der
Sandarak des Handels kommt aus dem westlichen Nord-Afrika über Mogador
nach Europa. Er stammt von Callitris quadrivalvis Ventenat (Thuja
articulata Vahl),. Ueber seine Gewinnung stimmen alle Literaturangaben
dahin überein, daß das Harz entweder freiwillig austritt oder durch Einschnitte
in die Aeste und Zweige des Baumes erhalten wird!). Der Sitz der Sekret-
behälter ist die Rinde. Im Holz finden sich nach den Untersuchungen von
Möller?), sowie denen von Tschirch und Balzer?) keine Sekretbehälter
vor. Die Harzprodukte anderer COallitrisarten*) haben bis jetzt nur unter-
1) Eine eingehende Mitteilung hierüber brachte Landerer in Buchners
Repertorium f. d. Pharmazie (XCI) XLI, 1846, S. 232.
2) Anatomie der Baumrinden, Berlin 1882, S. 17.
8) Arch. d. Pharm. 1896, S. 314.
4) Bezüglich australischer Sandaraksorten von Callitris verrucosa, Call.
Preisii und anderer s. P. Maiden, Pharmac. Journ. and Transact. T. XX,
S. 362, ferner Amer. journ. Ph. 1895. — Vergl. auch Flückigers Pharma-
kognosie 8. 110, Tschirch und Balzer, Arch. d. Pharm. 1896, sowie
Jahresber. d. Pharm. 1896 und folgende Jahrgänge. Siehe auch Dragen-
dorft, Die Heilpflanzen der verschiedenen Völker und Zeiten 1898.
A. Tschirch u. M. Wolff: Sandarak. 685
geordnetes Interesse als Ersatz weicher Copale!). Für die in Lehr- und
Handbüchern bis Mitte des 19. Jahrhunderts aufgeführten deutschen und
schwedischen Sandaraksorten gilt Juniperus communis als Stammpflanze?),
Wittstein®) hält jedoch den schwedischen Sandarak für Fichtenharz.
Das Verhalten des Sandarakharzes Lösungsmitteln und Reagentien
gegenüber wurde besonders von Hirschsohn®), Kliebhand), Tschirch und
Balzer®) und Coffignier?) untersucht. Letzterer gibt‘ eine Zusammen-
stellung der hauptsächlichsten Löslichkeitsangaben aus der französischen,
K. Dieterich®) eine solche aus der deutschen Literatur. Flückiger?)
studierte das Verhalten des Harzes gegen Schwefelkonlenstoff.
Giese!?) hatte bei der Bereitung von Firnissen einen in Alkohol un-
löslichen Rückstand isoliert, dem man in der Literatur unter dem Namen
Sandaracin begegnet. Erst Unverdorben!!) unternahm die erste ein-
gehendere Untersuchung des Sandarakharzes, indem er mit Hilfe von
alkoholischem Kali sowie verdünntem Alkohol es in drei saure Harze trennte.
Er erklärt bereits Giese’s Sandaracin für eine Mischung zweier saurer Harze
von nicht konstanter Zusammensetzung, und führt dessen Bildung auf die
Verwendung von nicht genügend konzentriertem Weingeist bei der Auflösung
des Harzes zurück. In der Tat ist das Sandaracin auch bei späteren Unter-
suchungen nicht mehr gefunden worden. Johnston!2) fand ebenfalls drei
Harze in dem Sandarak, für die er auf Grund der Elementaranalysen die
Wormeln CzHgzı 05, CyoHgı Os und CyHz0g aufstellte.e Sommer!?) sowie
Hirschsohn!%4) fanden kein Umbelliferon im Sandarak, Hirschsohn stellte
ferner auch die Abwesenheit von Stickstoff, Schwefel und Zimmtsäure in
dem Harze fest. Krystallisierte Produkte erhielten zuerst Tschirch und
Balzer!5). Aus einem durch mehrmaliges Fällen von alkoholischen Sandarak-
1) Dieterich, K., Analyse der Harze, S. 171.
2) J.W. Döbereiner und F. Döbereiner, Deutsches Apothekerbuch
1842, S. 340, und Wiggers A., Handbuch der Pharmakognosie 1864, S. 195. —
Murray, Apparatus medicaminum 1793, I., p. 53.
3) Handbuch der Pharmakognosie des Pflanzenreiches S. 718.
4) Arch. d. Pharm. 1877, XI, S. 62.
5) Jahresbericht d. Pharm. 1837, S. 118.
) Arch. d. Pharm. 1896, S. 293.
°) Sur la solubilit€ de quelques r&sines tendres; Bulletin de la Societe
Chimique de Paris, IIL., 27, 1902, No. 87.
8) Analyse der Harze S. 171.
%) Pharmakognosie 1891, S. 109.
10) Scherers Journal der Chemie VIII (1801), S. 108 und IX, S. 536.
1) Unverdorben, Ueber das Sandarakharz. Schweiggers Journal
LX (1830), S. 82, und in Berzelius, Lehrbuch der Chemie, übersetzt von
Woehler, 1838, S. 89.
12) Phil. Trans. 1839, S. 233.
18) Gmelins Handbuch d. organ. Chem. 1848—70, IV. 2 (VII), S. 1831.
14) Arch. d. Pharm. 1877, 11, 62.
15) Ebenda 1896, S. 296.
686 A. Tschirch u. M. Wolff: Sandarak.
harzlösungen mit Wasser gewonnenen Reinharz erzielten sie, durch Zusatz
von Kali in Stücken zu dessen 1%iger alkalischer Lösung, eine Trennung in
eine in überschüssigem Alkali unlösliche Säure, die Sandaracolsäure, und
eine in diesem Medium lösliche Säure, die Callitrolsäure. Beide Säuren .
krystallisierten schwer. Erstere löste sich in Alkohol, Aether, Aceton, ver-
dünnter Kalilauge, in H3SO, mit roter Farbe, war dagegen unlöslich. in
Benzol, Toluol, ‘ Petroläther, Chloroform, konzentrierter Kalilauge und
Ammoniak. Sie schmolz bei 1400 und entsprach der Formel C,,He,0r, zu
deren Bestätigung Kalisalz, Silbersalz, Acetyl- und Benzoylverbindung heran-
gezogen werden konnten. Durch Destillation mit Zinkstaub wurde eine
dunkele Flüssigkeit erhalten, die, nach der Reinigung mit Natronlauge und
darauf folgendem vierstündigem Erhitzen über Natriummetall am Rückfluß-
kühler, bei der Destillation Benzol, Toluol und andere aromatische
Kohlenwasserstoffe enthaltende Fraktionen ergab. Oxydationen mit
Salpetersäure ergaben neben einer Oxysandaracolsäure, CyHss0s,
ÖOxalsäure und Pikrinsäure. Die zweite in der alkalischen Flüssigkeit
gelöst gebliebene Säure, die Callitrolsäure, bildete nach langen erfolglosen
Versuchen sargdeckelartige farblose Krystalle, die bei 2480 schmolzen, sich
in Alkohol, Aether, Aceton, Eisessig, verdünntem Kalikarbonat auch in
konzentrierter Kalilauge lösten, dagegen in Benzol, Toluol, Chloroform und
Petroläther unlöslich waren. Die Verbrennungsresultate passen auf die
Formel (g5H5)0,, die Molekulargewichtsbestimmung ergibt den Wert 921
(CgaHg0 0, verlangt 952). Die Analyse der Acetylverbindung weist auf ein
Hydroxyl, die des Kupfersalzes auf zwei Carboxylgruppen hin. Weiter isolierten
Tschirch und Balzer 0,5% ätherisches Oel sowie einen jedoch nicht völlig
reinen Bitterstoff. Derselbe zeigte keinen glykosidischen Charakter. Die
trockene Destillation des Harzes lieferte Essigsäure und eine geringe Menge
einer nach Kampfer riechenden Substanz. Bernsteinsäure konnte unter den
Produkten der trockenen Destillation nicht bestimmt nachgewiesen werden.
Henry), der sich ebenfalls mit der Untersuchung des Sandarak-
harzes befaßte, versetzte eine alkoholische Harzlösung mit alkoholischem Kali,
destillierte den Alkohol ab und löste den Rückstand in Wasser. Durch
Schütteln dieser alkalischen Lösung mit Aether entfernte er die Kohlen-
wasserstoffe. Durch Zusatz von 20%iger Kalilauge erhielt er einen Nieder-
schlag, der nach wiederholtem Lösen in Alkali und Fällen mit konzentrierter
Salzsäure in einen in Alkohol löslichen und einen in diesem Medium unlöslichen
Anteil getrennt wurde. Aus dem in Alkohol löslichen Teil erhielt er eine
krystallisierende Säure vom Schmp. 1710 und nannte sie i-Pimarsäure.
Die Verbrennungsresultate entsprachen der Formel CsoHgo 0a und wurde
letztere durch das Natrium- und Silbersalz, durch den Aethylester, sowie
durch einen aus der Säure erhaltenen Kohlenwasserstoff von der Formel C59 Hza
gestützt. Der in Alkohol unlösliche amorphe Teil löste sich in alkoholischem
Kali und wurde, wenn mit Essigsäure gefällt, wieder in Alkohol löslich, blieb
dagegen bei Anwendung stärkerer Salzsäure teilweise unlöslich. Henry
führte die teilweise Unlöslichkeit auf die Bildung von Anhydriden zurück und
1) Chem. investigat. of the constit, ofSandarac res., Dissert. London 1901.
A. Tschirch u. M. Wolff: Sandarak. 687
stellte für die Säure, die er ebenfalls Callitrolsäure nennt, auf Grund der
Verbrennungszahlen der Anhydride sowie der dargesteilten Silbersalze die
mutmaßliche Formel (39H, 0; auf. Henry gab dann noch eine Methode
an zur Darstellung der i-Pimarsäure durch Destillation im Vakuum.
I. Das Ausgangsmaterial.
Bei unserer erneuten Untersuchung des Sandarakharzes haben
wir den von Tschirch für die Analyse der Coniferenharze angegebenen
bei der früheren Untersuchung des Sandaraks noch unbekannten
allgemeinen Gang benutzt. Wir legten den Untersuchungen bestes,
- von der Firma CO. Haafin Bern geliefertes Handelsmaterial zu Grunde,
zogen aber auch Proben anderer Provenienz, sowie einen sehr lange
gelagerten Sandarak') aus der Sammlung des pharmazeutischen Instituts
in Bern zum Vergleich heran.
Das Harz löste sich in Alkohol, Aceton und Amylalkohol voll-
ständig, jedoch nur teilweise in Methylalkohol, Terpentinöl, Petrol-
äther, Benzol, Toluol, Xylol und Schwefelkohlenstof. In einer
konzentrierten alkoholischen Sandaraklösung wurde durch Zusatz von
Methylalkohol ein erheblicher Anteil niedergeschlagen, der sich selbst
beim Erwärmen nicht mehr völlig löste.
Eine filtrierte konzentrierte Lösung des Harzes in Aether (1:3)
wird auf weiteren Zusatz von Aether zunächst trübe und gibt dann
einen Niederschlag, der sich nur teilweise wieder löst. Vollständige
Lösung kann alsdann durch Zusatz von Essigsäure oder verdünnter
Salzsäure erzielt werden.
Die alkoholische Lösung des Harzes reagierte sauer.
Das spezifische Gewicht wurde durch Schwimmenlassen des
Harzes in eingestellten Glyzerinlösungen ermittelt.
Es wurde gefunden für:
das Untersuchungsmaterial das Sammlungsharz eine weitere Sorte
1,071 1,098 1,064.
Säure- und Verseifungszahlen.
Die Bestimmungen dieser Zahlen wurden mit ”/s Kalilauge und
”»/a Schwefelsäure, beide in alkoholischer Lösung, ausgeführt. Als
Indikator wurde Phenolpthalein verwendet.
1 g des Harzes wurde in 50 cem 95%igen Alkohols gelöst, dann
zunächst soviel ®/s Kalilauge zugegeben, bis ein reichlicher Nieder-
1) Es ist dies ein über 30 Jahre lang gelagertes noch von Flückiger
der Sammlung einverleibtes Sandarakharz, welches, wohl infolge seines hohen
Alters, einen leicht rötlichen Schimmer angenommen hat.
688 A. Tschirch u. M. Wolff: Sandarak.
schlag sich zeigte. Dieser wurde, wie Kremel!) es getan, durch
Wasserzusatz leicht wieder in Lösung gebracht, und zwar wurden
20 cem Wasser hinzugefügt. Dann erst wurde der Rest der
alkoholischen ”/a Kalilauge zugegeben.
Säurezahl.
A. Direkt titriert.
a) für das Untersuchungsmaterial.
1. Bestimmung. 1,0 g Substanz verbrauchten 5 ccm 2a KOH = 140,0.
2. a 1,0102 g „ . Din F — 138,6.
D. 34 1,0 g ” - 595 3 = 140,0.
4. s 30. kr e le n —= 140,0.
Im Mittel S.-Z. = 139,65.
b) für das Sammlungmaterial.
1. Bestimmung. 1,0 g Substanz verbrauchten 5,2 ccm "/4 KOH = 135,6.
2. » 1,0 „ P 44 5,1 5 5 — 142,8.
Im Mittel S.-2. = 14422.
B. Indirekt (sofort zurücktitriert).
a) für das Untersuchungsmaterial.
1. Bestimmung. 1,0 g Substanz verbrauchten 5,05 ccm "a KOH — 141,4.
2, u 1.0 „ E z I or is —= 142,8.
Im Mittel S.-Z. = 142,1.
b) für das Sammlungsmaterial.
1. Bestimmung. 1,0 g Substanz verbrauchten 5,4 ccm #/3J KOH = 15122.
2. 10, f. I 5,370, Ni —= 148,4.
Im Mittel S.-Z. = 149,8.
C. Indirekt (nach zwei Stunden zurücktitriert).
a) für das Untersuchungmaterial.
Bestimmung. 1,0 g Substanz verbrauchten 5,35 ccm "/3KOH = 149,8.
2. n 10, n ” 55 n = 154,0.
Im Mittel S.-Z. = 151,9.
b) für das Sammlungsmaterial.
Bestimmung. 1,0 g Substanz verbrauchten 5,55 cem "/3, KOH = 155,4.
2. = 10:5 1% r Datum „ = 156,8.
Im Mittel 8.-Z. = 156,1.
=
=
Verseifungszahl.
A. Verseifung auf kaltem Wege,
a) für das Untersuchungsmaterial.
1. Best. 1,0 g Subst. verbrauchten nach 24 Stunden 5,8 ccm 2, KOH = 162,4.
zus, es y „48 Wr 5,75, —= 161,0.
33ab3! BAdnilg e PRoEN s 5,85 „ ana. 163,8.
Auen ED Ace “ „196 Mr Dura, ei — 760,8.
Im Mittel V.-Z. = 163,1.
1) Kremel, Notizen zur Prüfung der Arzneimittel 1889, und Jahres-
bericht der Pharmazie 1886.
A. Tschirch u. M. Wolff: Sandarak., 689
b) für das Sammlungsmaterial.
1. Best. 1,0 g Subst. verbrauchten nach 24 Stunden 5,85 ccm n/; KOH = 163,8.
ee HL 5 = 2 „ ==160,0,
a : e eg "oe „. = 710066.
A arm “ EG un = 1680,
2) r
Im Mittel V.-Z. = 166,25.
B. Verseifung auf heißem Wege.
a) für das Untersuchungsmaterial.
1. Best. 1,0 g Subst. verbrauchten nach 1 Stunde 5,95 ccm "/3,KOH = 166,6.
+ ji u A ET . „ 2 Stunden 5,85 „ A — 163,8.
dan 10, 0a, $ aa yullt.Btie . 3 —= 168,0.
Be ORT, 4 wong, y — 166,6.
n »
Im Mittel V.-Z. = 166,25.
b) für das Sammlungsmaterial.
1. Best. 1,0 g Subst. verbrauchten nach 1 Stunde 6,05 ccm »/3 KOH = 169,4.
Bis, on WOiscain v „ 2 Stunden 6,0 „ L — 168,0.
3. 1,0, ” n n„ 3 ” 60 5 n = 168,0.
4. LU a nr rt. OD. ».. „= .166.6.
Im Mittel V.-Z. — 168,0.
Trockene Destillation.
Tsehirch und Balzer hatten bei ihrer Untersuchung des
Sandaraks auch die trockene Destillation herangezogen. Sie fanden
unter den Destillationsprodukten einen Körper, der zwar auf Zusatz
von Eisenchlorid einen zimmtbraunen Niederschlag gab, als Bernstein-
säure jedoch nicht näher charakterisiert werden konnte. Um nun der
Frage der An- und Abwesenheit der Bernsteinsäure unter den
Produkten der trockenen Destillation des Sandarakharzes näher zu
treten, wurden bei der gegenwärtigen Untersuchung gleichfalls einige
Versuche unternommen.
In einer etwa % Liter fassenden Retorte wurden 100 g Sandarak-
harz im Sandbade der trockenen Destillation unterworfen. Durch den
Tubus der Retorte tauchte ein Thermometer in die zu destillierende
Masse. Zwischen 50 und 100° gingen einige leichte weiße Dämpfe
über, die dem ätherischen Oel anzugehören schienen. Bei 135° blähte
sich der Inhalt der Retorte mächtig auf und schmolz, gleichzeitig
zeigte sich im Retortenhals ein geringer wässeriger Anflug. Bei 160
bis 180° ging ein geringer öliger Anteil über (5 g) und stieg nach
Auswechselung der Vorlage das Thermometer allmählich nnter starkem
Schäumen des Retorteninhaltes auf 260°. Bei dieser Temperatur
wurde die Vorlage wiederum gewechselt. Die erhaltenen Anteile (2g)
zeigten, ebenso wie die vorherigen, gelbe Farbe ohne jegliche Fluor-
eszenz. Zwischen 260 und 275° ging eine größere Menge eines
Arch. d. Pharm. COXXXXIV. Bds. 9. Heft. 44
590 A. Tschirch u. M. Wolff: Sandarak.
bergamottgrünen Oeles über (47 g). Zwischen 275 und 320° wurde
wieder ein gelbes, jedoch tiefer gefärbtes, blau fluoreszierendes Oel
erhalten (11 g). Dieselbe blaue Fluoreszenz zeigten die folgenden bis
360° und darüber erhaltenen Anteile (10 g), die immer noch ein -
leichtflüssiges Oel darstellten. Das bei der trockenen Destillation
gebildete Reaktionswasser betrug etwa 8 bis 10 g. Bei weiterem
Erhitzen sammelte sich im Retortenhals eine geringe Menge eines
zähen Destillates, welches mit krystallinischen Anteilen durchsetzt
schien. In der Retorte blieben 3 g einer glänzend schimmernden
Kohle zurück.
Um die im Retortenhals sich befindenden krystallinischen Anteile
zu gewinnen, wurde dieser zunächst mit heißem Wasser ausgekocht,
wodurch jene nicht in Lösung gebracht wurden. Dagegen lösten sie
sich leicht in Alkohol. Die alkoholische Lösung wurde zur Krystallisation
gesetzt, doch ohne Erfolg. Die Lösung trocknete allmählich zu einer
glasglänzenden harten Masse ein. Bei der Sublimation dieser Masse
zwischen zwei größeren Uhrgläsern konnten unter dem Mikroskop in
dem gleichfalls glasglänzenden harten Sublimat einige Büschel von
Krystallnadeln erkannt werden, doch widerstanden diese allen Versuchen
sie zu isolieren. Diese Krystallnadeln bestanden möglicherweise aus
der in Harz vorkommenden krystallisierten Sandaracopimarsäure
(s. weiter unten), welche sich wie angestellte Versuche zeigten, bei
vorsichtigem Erhitzen sublimieren läßt, wobei sie sich allerdings teil-
weise zersetzt. Bemerkt sei jedoch, daß diese krystallinischen Anteile
im Retortenhals nur bei diesem ersten Versuche der trockenen
Destillation, nicht mehr jedoch bei den weiteren Versuchen festgestellt
werden konnten. Zur Isolierung der Fettsäuren wurden die erhaltenen
flüssigen Destillationsprodukte wieder vereinigt und mit kochendem
Wasser ausgezogen. Der schwach saure Auszug wurde mit Natrium-
karbonat neutralisiert und auf 100 ccm eingeengt, dann wieder mit
Schwefelsäure angesäuert und der Wasserdampfdestillation unterworfen.
In dem Destillat konnte Essigsäure durch die drei üblichen Reaktionen
nachgewiesen werden, dagegen blieben die Reaktionen auf Ameisen-
säure aus. Das Destillat zeigte keinen Geruch nach Buttersäure.
Die im Kolben verbliebene Lösung, welche unserer Vermutung
nach die Bernsteinsäure enthalten sollte, konnte direkt zur Trockne
eingedampft werden, zumal Bernsteinsäure selbst von konzentrierter
Schwefelsäure nicht angegriffen wird'). Der Rückstand. wurde mit
heißem absoluten Alkohol mehrmals ausgezogen, dieser von ungelöstem
Natriumsulfat abfiltriert und eingedampft. Es hinterblieb jedoch kein
Rückstand, ‘der auf Bernsteinsäure schließen ließ.
1) E. Schmidt, Pharmazeutische Chemie 1901, II., 1, S. 480.
4
A. Tschirch u. M. Wolff: Sandarak. 691
Dieser Versuch der trockenen Destillation wurde in dem gleichen
Umfang noch zweimal wiederholt, doch gelang es in keinem Falle
Bernsteinsäure nachzuweisen. Es kann somit angenommen werden,
daß bei der trockenen Destillation des Sandarakharzes unter den
gewöhnlichen Bedingungen Bernsteinsäure nicht gebildet wird.
Die durch Ausziehen mit heißem Wasser von den Fettsäuren
befreiten Destillationsprodukte wurden nun zur Entfernung der sauren
Harzbestandteille in Aether gelöst und diese Lösung mit 1%iger
Natriumkarbonatlösung ausgeschüttelt. Die Ausschüttelungsprodukte
wurden mit salzsäurehaltigem Wasser gefällt; die Ausbeute (ungefähr
2 g) bildete jedoch ein schmutzig graues verklebtes Pulver, welches
sich nicht näher charakterisieren ließ.
Da durch darauf folgende Ausschüttelungen mit Kalihydratlösung
aus der ätherischen Lösung sich keine weiteren Bestandteile mehr
abtrennen ließen, wurde sie durch Chlorcaleium getrocknet und dann der
Aether durch Abdunsten entfernt.
Wurde das Oel wiederum der fraktionierten Destillation unterworfen,
so konnten aus ihm keine konstant siedenden Destillationsprodukte isoliert
werden. Die über 200° siedenden Anteile wurden gesammelt und die
Isolierung von Reten aus denselben versucht.
Ein Teil derselben wurde während 5 Stunden mit Natriummetall
am Rückflußkühler erhitzt, dann wiederum der fraktionierten
Destillation unterworfen. Es wurden drei Fraktionen gesammelt,
welche zwischen 220—250°, 250—230° und 280—320° übergingen.
Sie waren fast farblos bis leicht gelblich mit leicht grünlichblauer
Fluoreszenz. Aus den einzelnen Fraktionen konnten weder durch
längeres Stehenlassen noch durch Krystallisationsversuche aus ver-
schiedenen Lösungsmitteln krystallinische Abscheidungen erhalten
werden.
Mit dem anderen Anteil der über 200° siedenden Destillations-
produkte wurde ebenfalls eine Isolierung des Retens versucht durch
Erhitzen desselben mit Schwefel am Rückflußkühler und darauffolgende
Destillation.
Bei dem ersten Versuch wurden die von Tschirch und
Studer!) gemachten Erfahrungen bei der Isolierung des Retens aus
Harzöl, bei den weiteren Versuchen diejenigen von Easterfield?)
bei der Isolierung von Reten aus Abieten zu Grunde gelegt.
1) Tschirch und Studer, Archiv der Pharmazie 1903, S. 536.
2) Hill Easterfield und George Bagley, Journ. of chem. Soc.
1904, S. 1238.
44*
692 A. Tschirch u. M. Wolff: Sandarak.
Erster Versuch. 30g des Oels wurden mit 10 g Schwefel
vermischt am Rückflußkühler erhitzt, wobei eine mächtige Schwefel-
wasserstoffentwickelung beobachtet werden konnte. Nach etwa ein-
stündigem Erhitzen war die Reaktion beendet und wurde der ge-
bildete dicke schwarze Teer zunächst mit Alkohol, dann mit Aether
und Petroläther extrahiert. Nach dem Verdunsten der Lösungsmittel
wurden nur ölige Abscheidungen erhalten, die auch bei der Be-
handlung mit weiteren Lösungsmitteln keine krystallisierten Produkte
ergaben.
Zweiter Versuch. Wiederum 30 g des Oels wurden in der
oben angegebenen Weise mit 10 g Schwefel erhitzt und der Teer bei
gewöhnlichem Druck destilliert. Das übergehende leichtflüssige farb-
lose Oel wurde unter vermindertem Druck (80 mm) in zwei Haupt-
fraktionen getrennt, von denen die erste bei 240—260°, die zweite bei
260—280° übergingen. Aus beiden Fraktionen konnte jedoch weder
durch längeres Stehenlassen, noch durch Behandlung mit verschiedenen
Lösungsmitteln krystallinische Abscheidungen erhalten werden.
Dritter Versuch. Dieser wurde analog dem zweiten jedoch
mit größeren Mengen Schwefel (20 g) ausgeführt. Derselbe ergab
jedoch das gleiche negative Resultat.
Bei der trockenen Destillation des mit gleichen Teilen Aetzkalk
vermischten Sandarakharzes trat das lästige Aufblähen und Schäumen
des Harzes nicht ein. Bei dem Ausschütteln der ätherischen Lösung
der Destillationsprodukte mit Kali wurden denselben nur verhältnis-
mäßig geringe Mengen entzogen. Die öligen Anteile zeigten sich nicht
verschieden von den bei den vorhergehenden Destillationsversuchen
erhaltenen Produkten.
2. Methode der Untersuchung.
Der für die Coniferenharzanalyse allgemein anwendbare bei der
ersten Untersuchung des Sandaraks durch Tschirch und Balzer
(s. oben) noch nicht bekannte Gang beruht im wesentlichen auf der
fraktionierten Ausschüttelung ätherischer Harzlösungen mit stark ver-
dünnten Ammonkarbonat- und Natriumkarbonatlösungen, sowie mit
verdünnter Kalilauge verschiedener Konzentration und weitere Zer-
legung der Fraktionen mit Hilfe von Bleiacetat oder Kalihydrat. Der
durch Ausschüttelungen mit Alkali nicht abscheidbare Teil wird durch
Wasserdampfdestillation in ätherisches Oel und Resen getrennt.')
1) Vergl. Tschirch, Die Harze und die Harzbehälter.
A. Tschirch u. M, Wolff: Sandarak. 693
3. Gang der Untersuchung.
A. Abscheidung der Harzsäuren (Resinolsäuren).
a. Ausschüttelung mit Ammonkarbonatlösung.
Sandaracinsäure.
Eine filtrierte Lösung von 300 g Sandarak in etwa 1,5 Liter
Aether wurde in einem Scheidetrichter mit je einem Liter 1%iger Ammon-
karbonatlösung ausgeschüttelt, resp. zur Vermeidung von Emulsionen
sehr vorsichtig umgeschwenkt.
Nach der Trennung der beiden Flüssigkeitsschichten durch
längeres Stehenlassen wurde die untere klare, bei den ersten Aus-
schüttelungen tief gelbe, später nur leicht gelblich gefärbte bis fast
farblose, wässerige Harzlösung abgelassen. Durch leichtes Erwärmen
auf dem Dampfbade wurde sie von anhaftendem Aether befreit und
nach dem Erkalten mit salzsäurehaltigem Wasser gefällt. Der flockige
Niederschlag bildete nach dem Auswaschen und Trocknen eine leicht
bräunlich gefärbte pulverige Masse. Durch wiederholtes Auflösen in
Alkohol und Fällen mit säurehaltigem Wasser konnte eine Reinigung
dieses Anteils zu einem, den späteren Ausschüttelungen entsprechenden,
fast rein weißen Pulver erzielt werden. Die Mengen der Harzsäure,
die durch Ammonkarbonatlösung gebunden wurden, betrugen für die
ersten 10 Ausschüttelungen durchschnittlich je 0,5 g, nahmen jedoch
bald bis auf ein Minimum ab, welches sich allerdings während fast
100 Ausschüttelungen ziemlich konstant hielt. Nach etwa 120 Aus-
schüttelungsversuchen wurde an die Ammonkarbonatlösung keine Säure
mehr abgegeben.
Die Gesamtausbeute der auf diese Weise erhaltenen Rohsäure
betrug 7,0 g = 2,3% des Harzes.
In der Absicht, diese Säure in weitere Bestandteile zu zerlegen,
wurde zu ihrer wässerigen alkalischen Lösung festes Kali zugegeben,
worauf jedoch die gesamte Menge der Harzsäure als Kalisalz ausfiel.
Durch Zusatz einer alkoholischen Bleiacetatlösung zu der alkoholischen
Lösung der Säure wurde ebenfalls die gesamte Menge des gebildeten
Bleisalzes niedergeschlagen, während nur Spuren von Verunreinigungen
in Lösung blieben. Nach mehrmaligem Fällen der Säure in Wasser
bildete dieselbe ein fast weißes amorphes Pulver, ohne Geruch und
Geschmack. Es löste sich in Alkohol, Methylalkohol, Aether, Aceton,
bein Erhitzen in Eisessig. Die Löslichkeit in Methylalkohol wird
durch Zusatz von Petroläther beschleunigt, obwohl es in diesem letzt-
genannten Medium selbst nicht löslich ist. Unlöslich ist es ferner in
Chloroform, Benzol und Wasser. Die alkoholische Lösung der Säure
694 A. Tschirch u. M. Wolff: Sandarak.
ist leicht gelb gefärbt und zeigt schwach saure Reaktion. Krystallisations-
versuche mit Mischungen der verschiedenen Lösungsmittel schlugen
sämtlich fehl, und wurde nun die Säure in der vorliegenden Form
für die folgenden Reaktionen verwendet.
Der Körper zeigt keinen exakten Schmelzpunkt, bei 175° beginnt
er sich rötlich zu färben, und bei 180° sich zusammenzuziehen, er
schmilzt bei 186—188° unter Zersetzung.
Die Säure wurde Sandaracinsäure genannt.
Säure- und Verseifungszahlen.
Die Bestimmungen der Säure- und- Verseifungszahlen dieser
Sandaracinsäure wurden mit alkoholischer */,, Kalilauge und
alkoholischer */jo Schwefelsäure ausgeführt. Als Indikator diente
Phenolphtalein. j
Es zeigte sich jedoch hier, ähnlich wie bei den diesbezüglichen
Bestimmungen des Rohharzes, das durch die alkoholische */;o Kalilauge
das gebildete Kalisalz niedergeschlagen wurde, welches sich auf dem
Boden des Gefäßes zu einer klebrigen Masse zusammenballte.
Es wurde daher der 1l%igen alkoholischen Lösung der Säure
zunächst nur soviel alkoholische ”/,, Kalilauge zugegeben, bis ein
flockiger Niederschlag sich bildete, dann 20 ccm ausgekochtes
destilliertes Wasser zugefügt, worauf sich der Niederschlag wieder
vollständig löste. Alsdann wurde die Titration mit der alkoholischen
2/0 Kalilauge beendet.
Titriert man ohne Wasserzusatz nur in alkoholischer Lösung,
so werden bei der Zurücktitrierung mit "/io Schwefelsäure, die auf
dem Boden des Gefäßes zusammengeballten Massen nur sehr langsam
wieder in Lösung gebracht, und das Resultat der Bestimmung be-
einträchtigt. Es werden dann zu hohe Werte gefunden, da in der durch
die Zurücktitrierung bereits entfärbten Lösung durch Verdünnen mit
Wasser eine Rötung wieder hervorgerufen wird, zu deren Entfärbung
wiederum 1,5—2 Zehntelkubikzentimeter *”/n Kalilauge benötigt
werden.
Säurezahl.
A. Direkt titriert.
1. Bestimmung. 0,2 g Substanz verbrauchten 5,8 ccm "/jo KOH 162,4.
2. > 023yloT 5 A 58 „ J 162,4.
Im Mittel S.-Z. = 162,4.
B. Indirekt (sofort zurücktitriert).
1. Bestimmung. 0,2 g Substanz verbrauchten 5,8 ccm "/j) KOH = 162,4.
2. . 02, m 2 5,85 „ D —= 163,8.
Im Mittel S.-Z. = 163,1.
A. Tschirch u. M. Wolff: Sandarak. 695
C. Indirekt (nach 2 Stunden zurücktitriert).
1. Bestimmung. 0,2 g Substanz verbrauchten 5,9 ccm "»/j) KOH = 165,2.
2, r 02 „ “ F 60,54 = — 168,0.
Im Mittel S.-Z. = 166,6.
Verseifangszahl.
A. Verseifung auf kaltem Wege.
173,6.
1. Best. 0,2 g Subst. verbr. nach 24 Stunden 6,2 ccm "/jo KOH
Ba wa ” „48 5 6,25 „ y 175,0.
Im Mittel V.-Z. = 1743.
B. Verseifung auf heißem Wege.
1. Best. 0,2 g Subst. verbr. nach 1 Stunde 6,2 ccm »/jo KOH
Ber y 02 yirsy 2 »„ 2 Stunden 6,3 „ .
Im Mittel V.-Z. = 175,0.
173,6.
176,4.
Elementaranalyse.
Durch Verbrennung der bei 110° getrockneten Sandaracinsäure
wurden folgende Zahlen erhalten:
1. 0,1718 g Substanz gaben 0,3954 COs und 0,1288 H30.
2. 0,1572 „ h „ >:0,4388 u 15 ,0,1424 , „.
In Prozenten:
1: 2. Im Mittel: Berechnet für Cgs Hay O5:
Ci = 76,048 76,127 76,09 76,30
— 10,182 10,154 10,17 9,83.
Berücksichtigt wurden auch die Formeln:
Cag Has O3: C= 75,86 %, H= 10,34 % und
Os Has O3: C= 76,24 % H= 10,49
Kalisalz. 0,2g Säure neutralisieren 5,8 ccm »/,, Kalilauge —= 0,02271
Kalium, 100 g also 11,35 g K; dementsprechend befinden sich 10,32% Kalium
im Kalisalz.
Das Monokaliumsalz von der Formel C3aH3s0K verlangt
10,16% K. Die Monokaliumsalze der ebenfalls berücksichtigten
Formeln verlangen:
[07 Hs; O;K — 10,10 % K und Osg H370;K = 9,75 % RK.
Methoxylbestimmung.
Der Versuch wurde nach der Zeisel’schen Methode ausgeführt
mit 0,5 g der Säure. Die vorgelegte Silbernitratlösung blieb jedoch
696 A. Tschirch u. M. Wolff: Sandarak.
vollkommen klar, und ist hierdurch die Abwesenheit von Methoxyl-
Gruppen in der Säure erwiesen.
Optisches Verhalten. Die Sandaracinsäure ist optischinaktiv.
Cholesterinreaktionen').
1. Liebermann’sche Cholestolreaktion. Phytosterin: rot, violett,
blau, grün. Sandaracinsäure: kirschrot, rötlichbraun, schmutzig grünlichbraun.
2. Salkowski-Hesse’sche Cholesterinreaktion. Diese Reaktion war
wegen der Unlöslichkeit der Säure in Chloroform nicht anwendbar.
3. Mach’sche Reaktion. Phytosterin: violettrot, blau, violett, grau-
blau. Sandaracinsäure: violettrot, braunrot.
4. Hirschsohn’sche Reaktion. Phytosterin: blauviolett, rötlichviolett»
grünlichgelb. Sandaracinsäure: gelblich, rötlichgelb.
5. Tschugaeff’sche Cholesterinreaktion. Phytosterin: Färbung rosa-
rot. Fluoreszenz: grünlich-eosinartig. Sandaracinsäure: Färbung: rötlich-
gelb, weingelb. Fluoreszenz: keine.
b) Ausschüttelung mit Natriumkarbonatlösung.
Während die vorhergehenden einzelnen Ausschüttelungen mit
Ammoniumkarbonatlösung nur wenig Ausbeute lieferten, konnte da-
gegen durch solche, die darauf mit einprozentiger Natriumkarbonat-
lösung ausgeführt wurden, der ganze Rest der Harzsäuren er-
halten werden. Die einzelnen Ausschüttelungen nahmen reichliche
Mengen an Harzsäuren auf, doch zeigte sich hier, besonders im An-
fang, der Uebelstand, daß zwischen Aetherschicht und Natriumkarbonat-
lösung dicke Emulsionen sich bildeten, ja sogar sich feste Abscheidungen
zeigten. Man mußte nach vorsichtigem Umschütteln 2—3 Tage stehen
lassen bis die Emulsionen sich wieder zerteilten. Nach dem Ablassen
der klaren Lösung, welche die durch Natriumkarbonat gebundenen
Harzsäuren enthielt, wurden die festen Abscheidungen mit Wasser
als kleine bröckelige Massen in einen weiteren Scheidetrichter ab-
geschwemmt, wo sie durch Ueberschichten mit Aether zur Entfernung
des mitgerissenen Resens und ätherischen Oels sowie durch Zugabe
überschüssiger Natriumkarbonatlösung allmählich wieder in Lösung
gebracht werden konnten.
Eine weitere etwas schneller zum Ziel führende Methode die
abgeschiedenen Massen wieder zu lösen bestand darin, diese, da sie
hauptsächlich Natriumsalze der Harzsäuren darstellten, nach Ueber-
schichtung mit Aether durch vorsichtige Zugabe von verdünnter Salz-
säure in freie, in Aether leicht lösliche Harzsäuren zu verwandeln.
Die so erhaltenen Lösungen wurden von der Hauptmenge getrennt für
1) Zum Vergleich der Farbenveränderung bei den einzelnen Reaktionen
ist Phytosterin aus Grasblättern (von Tschirch) herangezogen worden.
A. Tschirch u. M. Wolff: Sandarak. 697
sich ausgeschüttelt und stellten dann gefällt und getrocknet reinere
Anteile der Säuren dar. Eine sonst manchmal nützliche Methode,
durch Zusatz geringer Mengen Alkohol die Emulsionen zu zerteilen,
war in diesem Fall nicht von Erfolg begleitet.
Die Ausschüttelungsflüssigkeiten von denen die ersteren tief
dunkelgelb und opalisierend, die späteren heller gefärht bis fast
farblos waren, wurden nach dem Verjagen des Aethers zur Entfernung
von etwas mitgerissenem Resen kalt filtriert und mit salzsäurehaltigem
Wasser gefällt. Es fiel ein reichlicher Niederschlag aus, der bei den
ersten 10 Ausschüttelungen mehr oder weniger gelblich war. Nach
sorgfältigem Auswaschen zeigte er feucht ein gallertartiges Aussehen
und bildete auf Tontellern, ohne Anwendung von Wärme getrocknet,
ein gelbes verklebtes Pulver. Die Niederschläge der späteren Aus-
schüttelungen wurden heller bis zuletzt rein weiß, nahmen aber an
Quantität bald ab. Feucht sowohl, als auch getrocknet zeigten sie ein
weißes pulveriges Aussehen.
Es wurde hierbei die Beobachtung gemacht, daß bei den späteren
noch schwach hellgelb gefärbten Ausschüttelungsflüssigkeiten beim
Stehenlassen, zumal in der Kälte, das Natriumsalz einer Harzsäure
sich in Form mikroskopisch kleiner Nadeln, die häufig zu Büscheln
vereinigt waren, abschied. In der Absicht aus den Filtraten dieses
Natriumsalzes noch weitere Krystalle zu erhalten, wurden diese vor-
sichtig auf dem Dampfbade eingeengt, dann in die Kälte gestellt,
worauf sich nach einiger Zeit dieser weiße Niederschlag mikroskopisch
kleiner Nadeln in geringer Menge wieder einstellte..e Bei weiterem
Einengen schied sich nichts mehr ab, und wurden die Filtrate, wie die
ersten Ausschüttelungen, gefällt und getrocknet. Die Ausbeute des
erhaltenen Natriumsalzes betrug ungefähr 2 g.
Außer dieser ersten Krystallabscheidung konnte aus den letzten
fast farblosen Ausschüttelungen, aus denen sich beim Stehenlassen in
der Kälte kein oder fast kein Niederschlag mehr ausschied, ein zweites
Natriumsalz erhalten werden durch Einengen der Ausschüttelungs-
flüssigkeit auf etwa !/; ihres Volumens. Die erhaltenen Krystalle
stellten makroskopische Blättchen und Nadeln dar, die auf dem Filter
als eine perlmutterartig glänzende Haut zurückblieben. Aus warmem
Wasser umkrystallisiert bildete die Substanz glänzende weiße Blättchen.
Die ganze Ausbeute betrug jedoch nur einige Zentigramme.
Ergebnisse der Ausschüttelungen mit Natriumkarbonatlösung:
Bobalupe er si 0
Erstes Natriumsalz ungefähr 2,„
Zweites n ” 0,04—0,05 g
698 A. Tschirch u. M. Wolff: Sandarak.
Trennung der Rohsäure.
Zur weiteren Zerlegung der erhaltenen Rohsäure wurde zunächst
eine Trennung versucht, durch Zugabe von Kali in Stücken aus der
alkalischen Lösung der Harzsäure einen fällbaren Anteil von einem
unfällbaren zu unterscheiden. Dieselbe gelang nicht, da die gesamte
Rohsäure durch Kali niedergeschlagen wurde. Dagegen konnte durch
Zusatz einer konzentrierten alkoholischen Bleiacetatlösung zu der in
Alkohol gelösten Rohsäure eine Trennung in zwei verschiedene Säuren
erzielt werden.
Eine beträchtliche Menge Rohsäure wurde in Alkohol gelöst
und durch allmähliches Eintragen unter Umrühren mit einer warmen
konzentrierten alkoholischen Bleiacetatlösung versetzt. Sofort entstand
ein voluminöser Niederschlag von welchem die überstehende Flüssig-
keit unter tunlichster Beschleunigung abfiltriert wurde, um die Bildung
von Bleikarbonat durch die Einwirkung der Luft auf das in der
Lösung befindliche überschüssige Bleiacetat zu vermeiden. Nochmals
mit Bleiacetatlösung versetzt, wurde sie in wohl verschlossenem
Kolben 12 Stunden lang beiseite gestellt, und als sich nach dieser
Zeit kein Niederschlag zeigte, mit salpetersäurehaltigem Wasser gefällt.
Es wurde nur ein geringer Niederschlag erzielt, der durch Resen ver-
unreinigt war. Er wurde ausgewaschen und getrocknet.
Der auf dem Filter befindliche, mit Bleiacetatlösung erhaltene .
Niederschlag wurde mit warmem Alkohol nachgewaschen, und zwar
solange, bis einige Tropfen des Filtrates in Wasser gegossen keine
Trübung mehr hervorriefen. Nun wurde die auf dem Filter zurück-
bleibende breiige Masse allmählich unter Umrühren in mit Schwefel-
säure versetzten Alkohol gegossen, wodurch die Harzsäure wieder in
Freiheit gesetzt wurde und sich im Alkohol löste.
Die von dem Bleisulfat abfiltrierte Lösung wurde wieder gefällt,
sorgfältigst ausgewaschen und getrocknet.
Wie es sich durch angestellte Versuche jedoch herausstellte, war
die Trennung dieser beiden Säuren nicht vollkommen. Denn es zeigte
sich, daß, obgleich auf Zusatz von Bleiacetatlösung keine weitere
Fällung mehr erfolgte, durch Digerieren des mit Alkohol nach-
gewiesenen Niederschlages mit alkoholischer Bleiacetatlösung kleine
Mengen in Lösung gingen. Daher wurde das Trennungsverfahren noch
ein zweites und drittes Mal durchgeführt, und wurden denn auch
weitere geringe Mengen eines löslichen Anteils erhalten.
Die durch Ausschüttelungen mit Natriumkarbonatlösung erhaltene
Rohsäure läßt sich also durch Behandlung mit alkoholischer Bleiacetat-
lösung weiter in zwei verschiedene Harzsäuren zerlegen, von denen die
A. Tschirch u. M. Wolff: Sandarak. 699
eine, den Hauptanteil bildende Säure, ein in Alkohol und in über-
schüssiger Bleiacetatlösung unlösliches Bleisalz bildet, während von
der anderen, nur in geringer Menge auftretenden Säure das Bleisalz
durch überschüssige alkoholische Bleiacetatlösung gelöst wird.
Sandaracinolsäure.
Mit der in Alkohol ein unlösliches Bleisalz bildenden Säure
wurden zunächst Krystallisationsversuche mit Alkohol, Methylalkohol,
Aether, Aceton, Eisessig, Pyridin, dann mit Gemischen aus Aethyl-
und Methylalkohol, Aethylalkohol und Petroläther, Methylalkohol und
Chloroform angestellt, jedoch ohne jeden Erfolg. Es schieden sich selbst
nach längerem Stehen entweder nur braune klebrige Schmieren ab,
oder harte Krusten, die unter dem Mikroskop betrachtet völlig amorph
waren und keinerlei Krystalleinschlüsse zeigten. Am besten waren
noch die Abscheidungen aus Eisessig, die allerdings amorph, doch
einigermaßen rein erschienen. In der Hoffnung, die Schmieren und
Verunreinigungen, die bei dem Trennungsvertahren mit alkoholischer
Bleiacetatlösung nicht durch konzentrierten Alkohol gelöst wurden,
durch Behandlung mit verdünntem Alkohol aus der Säure herauszu-
schaffen, wurde die gesamte Menge des bei der Trennung erhaltenen
Materials mit 50 prozentigem Alkohol übergossen und während einiger .
Stunden digeriert. Die gelbgefärbte Flüssigkeit wurde abgegossen und
dieses Verfahren verschiedene Male wiederholt bis der überstehende 50 %ige
Alkohol farblos war. Bei diesen Versuchen wurden bemerkenswerte
Mengen an Substanz der Säure nicht entzogen, die Säure selbst jedoch
wesentlich reiner erhalten. Sie wurde nun in reichlichen Mengen
Alkohol gelöst, mit Wasser bis zur leichten Trübung versetzt, dann
ein wenig erwärmt, worauf vollständige Klärung der Lösung eintrat.
Langsam abgekühlt schied sich im Verlaufe mehrerer Stunden ein
gelblich weißer Niederschlag aus, der selbst bei sehr starker mikro-
skopischer Vergrößerung immer noch die Form von winzig kleinen
Körnchen oder Kügelchen zeigte. Durch weiteres wiederholtes Versetzen
des Filtrates mit Wasser bis zur beginnenden Trübung, Erwärmen bis
zur Klärung, Stehenlassen, Abfiltrieren, konnte fast die gesamte Menge
der Säure als ein stets gleichmäßiger Niederschlag erhalten werden.
Mit verdünntem Alkohol ausgewaschen, bildete die Substanz nach dem
Trocknen ein schwach gelblich weißes, äußerst feines, sich wie Talkum
anfühlendes Pulver. Es löste sich in Alkohol, Aether, Aceton, Methyl-
alkohol, Eisessig und Pyridin, (war dagegen unlöslich in Chloroform,
Benzol, Petroläther und Wasser. Wiederum angestellte Krystallisations-
versuche verliefen erfolglos. Der Körper ist bei 235° noch un-
verändert, wird bei 240° rötlich, zieht sich allmählich zusammen und
700 A. Tschirch u. M. Wolff: Sandarak.
wird glasglänzend. Er zersetzt sich je nachdem man rasch oder langsam
erhitzt zwischen 265 und 275°.
Säure- und Verseifungszahlen.
Die Bestimmung derselben wurde genau wie bei der durch Aus-
schüttelung mit Ammonkarbonatlösung erhaltenen Sandaracinsäure
ausgeführt.
Die dort beschriebene Bildung eines in Alkohol unlöslichen
Niederschlages auf Zusatz von ”/ı, Kalilauge trat auch hier ein, ebenso-
erfolgte nach einer ohne Wasserzusatz ausgeführten indirekten Titration
eine nachträgliche Rötung der bereits entfärbten Lösung auf Zusatz
von Wasser.
Säurezahl.
A. Direkt titriert.
1. Bestimmung. 0,25 g Substanz verbrauchten 7,1 ccm »/jo KOH 159,04.
2. ? 085 ano, r 12, 3 161,28.
Im Mittel S.-Z. = 160,16.
B. Indirekt (sofort zurücktitriert).
1. Bestimmung. 0,25 g Substanz verbrauchten 7,15 ccm =/jp KOH 160,16.
2, i 025.5 5b, % 7,15 „ x 160,16.
Im Mittel $.-Z. = 160,16.
C. Indirekt (nach 2 Stunden zurücktitriert).
1. Bestimmung. 0,25 g Substanz verbrauchten 7,15 ccm "#/jo KOH = 160,16.
2. a 0,25 „ y r 730, “ — 159,04.
Im Mittel S.-Z. = 159,60.
Verseifungszahl.
A. Verseifung auf kaltem Wege.
1. Best. 0,25 g Subst. verbr. nach 24 Stunden 7,15 ccm 2/jo KOH 160,16.
Il
Br DO RE N 3 f 161,28.
Im Mittel V.-Z. = 160,72.
B. Verseifung auf heißem Wege.
1. Best. 0,25 g Subst. verbr. nach 1 Stunde 7,35 cem "/jp KOH = 164,64.
Di [0 DV e » ... 2 Stunden 7,60 „ . hi) 23,
Stan (U 6 3 - dt) PR —= 172,48.
” ”
Im Mittel V.-Z. = 169,12.
Wie aus obigen Zahlen ersichtlich, werden bei dieser Säure
Wertunterschiede zwischen direkter und indirekter Titration, selbst bei
indirekter Titration nach 48 Stunden nicht erhalten. Dagegen greift
die heiße Verseifung die Säure ein wenig an, was auch schon äußer-
lich durch eine starke Färbung der Harzkalilösung in Braunrot sich
bemerkbar machte.
A. Tschirch u. M. Wolff: Sandarak. 701
Elementaranalyse.
Die bei 110° getrocknete Substanz gab bei der Verbrennung
‚folgende Resultate:
1. 0,1378 g Substanz gaben 0,3922 g COs und 0,1216 g Ha0.
2. 0,1374 „ 5 „08982, 0 „01222 500%
3. 0,1424 „ 6 Supeem 1 v |\ ;/° TVRBRERURTS POLE; \ ERBE
In Prozenten:
1. 2. 8. Im Mittel: Berechnet für die Formel Cs) Hg, 05:
C = 77,622 77,841 77,681 77,72 77,42
H= 9891 9969 9,922 9,93 9,68
Kalisalz. 0,25 g Säure neutralisieren 7,15 ccm "/o KOH =
0,02789 K, 100 g also 11,154 g K; dementsprechend befinden sich 10,06%
Kalium im Kalisalz.
Das Monokaliumsalz der Formel C4 H3,03K verlangt 9,51% K.
Acetilierung. 5 g Säure werden mit gleichen Teilen frisch
entwässertem Natriumacetat und 15 g Essigsäureanhydrid während
10 Minuten am Rückflußkühler erhitzt und das Reaktionsgemisch dann
in kaltes Wasser gegossen. Die abgeschiedenen Tropfen, die allmählich
erhärteten, wurden gepulvert und nach sorgfältigem Auswaschen aus
alkoholischer Lösung gefällt. Immerhin erschienen sie für eine
Elementaranalyse nicht genügend rein.
Um die Substanz als Acetylprodukt zu charakterisieren, wurde
sie in einprozentiger Natronlauge gelöst, in einem Kolben mit Schwefel-
säure angesäuert und der Destillation mit Wasserdampf unterworfen.
Das Destillat zeigte die drei üblichen Reaktionen der Essigsäure.
Hierdurch ist das Vorhandensein von Hydroxylgruppen in der
Sandaracinolsäure erwiesen.
Einwirkung von alkoholischem Kali.
(Hydrolysierungsversuch.)
Nachdem sich bei der Bestimmung der Verseifungszahl auf
heißem Wege eine geringe Einwirkung der alkoholischen ”/;, Kalilauge
auf die Säure hatte feststellen lassen, wurde das Verhalten der Säure
gegen stärkeres alkoholisches Kali geprüft durch dreistündiges
Erhitzen am Rückflußkühler. Die Hauptmenge der Säure wurde nach
“verschiedenen Reinigungsversuchen in der ursprünglichen Form
zurückerhalten. Eine die rötliche Färbung bedingende Substanz konnte
hierbei nicht isoliert werden.
Methoxylbestimmung.
Ein nach der Zeisel’schen Methode ausgeführter Versuch
verlief negativ.
702 A Tschirch u. M. Wolff: Sandarak.
Cholesterinreaktionen.
1. Liebermann’sche Cholestolreaktion: rötlichgelb, bräunlichgrün,
schmutzig grünbraun.
2. Salkowski-Hesse’sche Cholesterinreaktion: dieselbe ist wegen
der Unlöslichkeit der Säure in Chloroform nicht anwendbar.
3. Mach’sche Reaktion: rötlichbraur, bläulichgrau.
4. Hirschsohn’sche Reaktion: gelblich, orangegelb.
5. Tschugaeff’sche Cholesterinreaktion: rötlichgelb, weingelb, ohne
Fluoreszenz.
Optisches Verhalten: Die Sandaracinolsäure ist optisch inaktiv.
Sandaracopimarsäure.
Die mit überschüssiger Bleiacetatlösung ein lösliches Bleisalz
bildende Säure wurde bei der Trennung der Rohsäure, wie bemerkt,
in unreiner Form erhalten. Zwecks besserer Reinigung von Resen
und Schmieren wurde die Gesamtmenge dieser Säure nochmals in
Aether gelöst, die Lösung wieder mit 1%iger Natriumkarbonatlösung
ausgeschüttelt und die wässerigen Anteile in die Kälte gestellt.
Aus den ersten tief gelb gefärbten Ausschüttelungsflüssigkeiten
schied sich ein weißer Niederschlag aus, der abfiltriert unter dem
Mikroskop die Gestalt von Sphaeriten, kleinen, flachen, rundlichen
Scheiben zeigte. Dieser Niederschlag wurde in wenig warmem Wasser
gelöst, und diese hellgelbe Lösung wieder in die Kälte gestellt.
Wiederum schied sich der gleiche Niederschlag aus, nur waren die
Sphaerite bedeutend größer geworden, auch zeigten sich unter denselben
einige Krystalle. Aus einer weiteren nunmehr fast farblosen Lösung
dieses Niederschlages in warmem Wasser schieden sich beim lang-
samen Abkühlen zahlreiche Büschel von Krystallnadeln ab, welche
den bei der Ausschüttelung des Rohharzes mit Natriumkarbonatlösung
zuerst erhaltenen Krystallbüscheln vollständig gleich waren. Sie
zeigten, ebenso wie diese, die merkwürdige Eigenschaft, unter dem
Mikroskop, sowie auf dem Filter, ebenso in Natriumkarbonatlösung
die eigenen Krystalle teilweise unter Entwickelung von Gasblasen auf-
zulösen und in Krystalle von anderem Aussehen, anscheinend der
freien Säure, umzuwandeln. Dies läßt sich vielleicht dadurch erklären, '
daß die Natronsalze aller im Sandarak vorkommenden Harzsäuren
bereits durch Einleiten von Kohlensäure in ihre wässerigen Lösungen
zerlegt und die freien Säuren gefällt werden. Die Erscheinung gab
Veranlassung, den Natriumgehalt des Salzes nicht gravimetrisch direkt
aus diesem Salz, sondern durch Titration aus der darzustellenden
Säure zu bestimmen.
A. Tschirch u. M. Wolff: Sandarak. 703
Aus den nächsten Ausschüttelungen krystallisierten bereits beim
Stehenlassen in der Kälte geringe Mengen des Natriumsalzes aus,
ebenso nach dem Einengen der folgenden Ausschüttelungsflüssigkeiten;
nach 7 bis 8 Ausschüttelungen ging nichts mehr an die Natrium-
karbonatlösung über. In Aether gelöst blieben Verunreinigungen,
Resen und etwas ätherisches Oel.
Die Filtrate der bei den Ausschüttelungen erhaltenen Nieder-
schläge wurden mit salzsäurehaltigem Wasser gefällt und die kleinen
Niederschlagsmengen nach dem Auswaschen und Trocknen in mit
Methylalkohol versetzten alkoholischen Lösungen zur Krystallisation
gestellt, wobei jedoch nur eine geringe Ausbeute an freier Säure und
zwar in unreiner Form erhalten wurde. Die Lösung der erhaltenen
Mengen des Natronsalzes wurden nun in salzsäurehaltiges Wasser
langsam unter Umrühren eingetragen und schied sich die freie
Säure in rein weißen Flocken ab. Ausgewaschen und getrocknet
wurde diese in einer Mischung von Aethyl- und Methylalkohol zur
Krystallisation gestellt, worauf sich nach ein bis zwei Tagen Büschel
von 1 bis 2 cm langen Krystallnadeln zeigten, die auch nach dem
Trocknen farblos blieben. Sie waren löslich in Alkohol, Methyl-
alkohol, Aether, Aceton, Chloroform, Eisessig und Benzol, unlöslich
in Petroläther und Wasser. Der Schmelzpunkt lag bei 170°, d.h. die
Substanz begann bei 168° sich zusammenzuziehen und zu sintern; die
Bildung eines klaren Tropfens erfolgte bei 170°.
Beim Umkrystallisieren aus verdünntem Alkohol wurden kleinere
Krystalle erhalten, die, so wie es Henry bei seiner Säure beschrieb,
Rosetten flacher Nadeln darstellten, deren Schmelzpunkt jedoch
derselbe war.
Der gleiche Schmelzpunkt und dieselben Krystallformen wurden
auch aus derjenigen Säure beim Krystallisieren aus Aethyl-Methyl-
alkohol wie aus verdünntem Alkohol erzielt, die durch Zerlegung
mittelst salzsäurehaltigem Wasser aus der bei der Ausschüttelung der
ätherischen Harzlösung mit Natriumkarbonatlösung zuerst erhaltenen
Krystallabscheidung gewonnen worden war. Da auch der Schmelz-
punkt des Gemisches dieser beiden Substanzen keine Veränderung
zeigte, so war die Identität derselben bewiesen.
Säure- und Verseifungszahlen.
Bei der Ausführung dieser Bestimmungen wurden Ausscheidungen
eines Kalisalzes dieser Säure auf Zusatz von "io Kalilauge nicht
wahrgenommen. Es konnte daher von einem Zusatz von Wasser
abgesehen werden.
704 A. Tschirch u. M. Wolff: Sandarak.
Sänrezahl.
A. Direkt titriert.
1. Bestimmung. 0,15 g Substanz verbrauchten 5 ccm ?/jo KOH 186,66.
2. x 0,15 „ 4 # en % 186,66.
Im Mittel S.-Z. — 186,66.
B. Indirekt (sofort zurücktitriert).
. Bestimmung. 0,15 g Substanz verbrauchten 5 cem "/jo KOH — 186,66.
2. J 0,15 „ M " Dil r — 186,66.
Im Mittel S.-Z. = 186,66.
C. Indirekt (nach 2 Stunden zurücktitriert).
bh
1. Bestimmung. 0,15 g Substanz verbrauchten 5 ccm "/io KOH = 186,66.
2. 5 0,15 ,, & . Bass € — 186,66.
Im Mittel S.-Z. = 186,66.
Verseifungszahl.
A. Verseifung auf kaltem Wege.
1. Best. 0,15 g Subst. verbr. nach 24 Stunden 5,05 ccm »/jo KOH = 188,53
Brio, OAD 5.29 ® „8 Baıla H Wmil R — 192,27.
Sıab , B,1B 10 5 ” „e.592 x rer er —= 194,00,
Im Mittel V.-Z. = 191,60.
B. Verseifung auf heißem Wege.
Best. 0,15 g Subst. verbr. nach 1 Stunde 5,25 ccm "/jo KOH = 194,00.
e DIE Ban 2 „ 2 Stunden 5,30 „ = —= 196,80.
Im Mittel V.-Z. = 1%,40.
Dom
Nach den obigen Ergebnissen besteht für die Säurezahl eine
völlige Uebereinstimmung unter den durch direkte und indirekte
Titration erhaltenen Werten. Auch ist die Differenz zwischen Säure-
zahl und Verseifungszahl nicht groß genug, um als Esterzahl betrachtet
zu werden.
Elementaranalyse.
Bei der Verbrennung der bei 110° getrockneten Sandaracopimar- .
säure wurden folgende Zahlen erhalten:
1. 0,1188 g Substanz gaben 0,3340 g COs und 0,1088 g Ha.
2. 0,1232 „ a „' S0,8072 5 2° a
3. 0,1138, R n 0,3304," „- "Si DURZE Seen
In Prozenten: i
1. Di 3. Im Mittel:
C =:78,971:.: 79,073 ’ 79,181 79,08
H = 10,266 10,172 10,067 10,17
Berechnet für die Formeln:
CpHa 03 Cop Hzo Og Cz0 Hgg 0a
— 79,16 79,47 78,94%
H = _ 9,73 9,94 10,35 „.
A. Tschirch u. M. Wolff: Sandarak. 705
Kalisalz. 0,15 g Säure neutralisieren 5 ccm "/jy KOH = 0,019
Kalium, 100 g also 13,05 g K; dementsprechend befinden sich 11,57% Kalium
im Kalisalz.
Berechnet für die Formeln:
Co Hz KOg Cgp Hsg KOg Coop Hsı KOg
R:==’11,96 11,47 11,40%.
Silbersalz. Dieses wurde nach der Liebermann'schen
Methode dargestellt. Es bildete ein weißes amorphes Pulver, welches
sich beim Trocknen bei 80° etwas bräunte. 0,0682 g des Salzes er-
gaben 0,0182 g Silber = 26,69 %.
Jodadditionsvermögen.
Die Bestimmung der Jodzahl wurde nach der Hanus’schen
Methode!) ausgeführt. Hierbei wurden folgende Zahlen erhalten:
0,1360 g Substanz nahmen 0,1897 g — 139,485% Jod auf.
DAT hör » 0415 „= 14024, „ „
Jodzahl im Mittel = 139,715.
Aus den ermittelten Werten läßt sich die Zahl der addierten
Jodatome im Molekül der Säure nicht mit Sicherheit feststellen.
Das Jodadditionsprodukt CagHgoJg Oz verlangt 126%, Jod.
n 2) Cao Ho J4 Os ” 168 >
Es läßt sich auch nicht entscheiden ob eine Addition allein, oder
vielleicht auch eine Substitution gleichzeitig mit der Addition statt-
gefunden hat.
Methoxylbestimmung.
Auch bei dieser Säure war nach dem Zeisel’schen Verfahren
eine Methoxylgruppe nicht nachweisbar.
Acetylierungsversuch.
2 g Säure wurden analog dem bei der Sandaracinolsäure be-
schriebenen Acetylierungsverfahren mit 2 g frisch entwässertem
Natriumacetat und 10 g Essigsäureanhydrid während 10 Minuten am
Rückflußkühler erhitzt. Das Reaktionsgemisch wurde in kaltes Wasser
gegossen, nach dem vollständigen Erhärten mit Wasser ausgewaschen,
dann in Aethyl-Methylalkohol zur Krystallisation gestellt. Die an
den Wandungen des Gefäßes abgeschiedenen krystallinischen Krusten
ließen sich unter dem Mikroskop betrachtet schon durch die Form
ihrer Krystalle als ursprüngliche Säure erkennen, jedoch waren sie mit
klebrigen Schmieren verunreinigt. Trotz fortgesetzten Umkrystallisierens
1) Zeitschrift für die Untersuchung der Nahrungs- und Genußmittel
1901, S. 919.
Arch. d. Pharm. UOXXXXIV. Bds. 9. Heft. 45
706 A. Tsehirch u. M. Wolff: Sandarak.
gelang es nicht, den Schmelzpunkt wieder vollständig auf die ur-
sprüngliche Höhe (170°) zu bringen.
Die Säure hatte also bei dem Acetylierungsprozeß eine teilweise
Veränderung erlitten.
Zur Erkennung einer vielleicht doch gebildeten Acetylverbindung
wurden die krystallinischen Krusten nach öfterem Umkrystallisieren
in verdünnter Natronlauge gelöst, und nach dem Ansäuern mit
Schwefelsäure mit Wasserdämpfen destilliert. In dem Destillat war
Essigsäure nicht nachzuweisen.
Eine Acetylierung der Sandaracopimarsäure hatte demnach nicht
stattgefunden.
Optisches Verhalten: Die Sandaracopimarsäure ist inaktiv.
Cholesterinreaktionen.
1. Liebermann’sche Cholestoireaktion: rosa, kirschrot, grünlich-
braunrot, braunrot.
2. Salkowski-Hesse’sche Cholesterinreaktion: Chloroform: farblos
Schwefelsäure: gelb; Tropfenfärbung: keine.
3. Mach’sche Reaktion: rötlichviolett, bläulichschwarz.
4. Hirschsohn’sche Reaktion: In der Kälte farblos; beim Erwärmen
rosa, rötlich gelb.
5. Tschugaeff’sche Reaktion: gelb, rosa, ohne Fluoreszenz.
Säure des bei den Ausschüttelungen mit Natriumkarbonatlösung an
zweiter Stelle abgeschiedenen Natriumsalzes.
Das zuerst abgeschiedene Natriumsalz hatte sich als Verbindung
der Sandaracopimarsäure erwiesen (s. oben). Beim Einengen der
letzten Ausschüttelungsflüssigkeiten wurde eine ebenfalls schon erwähnte
zweite Natriumverbindung isoliert, die sich aus Wasser, ebenso wie
aus Benzol umkrystallisieren ließ. Lufttrocken schmolz der Körper
bei 83—85°, löste sich in seinen Lösungsmitteln farblos auf, war
geruch- und geschmacklos und reduzierte nicht Fehling’sche Lösung.
Beim Aufbewahren, zumal im Exsikkator, nahm die Substanz einen an
Formaldehyd erinnernden Geruch sowie einen bitteren Geschmack an,
wurde gelblich, etwas klebrig und reduzierte dann Fehling’sche
Lösung und Silbernitrat. Mit Wasser gab sie dann nur eine un-
vollständige trübe Lösung, die erst nach Zusatz von geringen Mengen
verdünnter Natronlauge oder Natriumkarbonatlösung wieder klar
wurde, jedoch tiefgelb gefärbt blieb. Auf weiteren Zusatz von ver-
dünnter Natronlauge oder Natriumkarbonatlösung krystallisierte die
Substanz teilweise wieder in der Form perlmutterglänzender Blättchen
aus, und konnte durch Umkrystallisieren in der ursprünglichen Gestalt
A. Tschirch u. M. Wolff: Sandarak. 707 .
wieder erhalten werden. Der Natriumgehalt der aus Benzol um-
krystallisierten Substanz wurde als Sulfat bestimmt:
0,2548 g Natriumsalz ergaben 0,0538 g Natriumsulfat = 6,83% Na.
0,0916 „ 5 X. 0,0190 „ Ü =6,94,, ,
Nach dem Trocknen im Vakuumexsikkator wurde ein etwas
höherer Wert erhalten:
0,3788 g Natriumsalz ergaben 0,0884 g Natriumsulfat — 7,729, Na.
Das Silbersalz wurde nach der Liebermann’schen Methode
dargestellt, und der Silbergehalt durch Glühen bestimmt:
0,0786 g Silbersalz ergaben 0,0176 g Ag = 22,3918% Ag.
0b) „0042, „ = 2391, „
Die freie Säure wurde durch Eingießen der wässerigen Salzlösung
in salzsäurehaltiges Wasser als weißer flockiger Niederschlag erhalten,
der jedoch nicht zu krystallisieren war. Sie löste sich farblos in
Alkohol, Aether, Aceton und Chloroform. Sie zeigte beim Auf-
bewahren üher Schwefelsäure steigenden Schmelzpunkt und wurde
schließlich über Phosphorsäureanhydrid getrocknet. Bei der Schmelz-
punktbestimmung bemerkt man bei 90° Volumverminderung und bei
146—148° eine Zersetzung unter lebhafter Entwickelung von Gasblasen.
Die aus verschiedenen Proben des Salzes erhaltenen Fällungen zeigten
bei der Elementaranalyse keine Uebereinstimmung. In dem einen
Falle wurden erhalten:
1. 0,1950 g Substanz gaben 0,5092 g COa und 0,1654 g Hs0.
EA SE OBTAO, noir
In Prozenten:
1, 2. Im Mittel:
C 71,216 71,528 71,37
H 9,508 9,433 9,47
In dem anderen Falle nach mehrwöchentlicher Aufbewahrung
über Pa 0;:
1. 0,1206 g Substanz gaben 0,3376 g COz und 0,1000 g H,O.
2. 0,1304 „ J N. IRINA
In Prozenten:
1. 2. Im Mittel:
C 76345 - 76,547 76,45
H 9,294 9,387 9,34
Auch die freie Säure zeigt nach längerem Aufbewahren den bei
dem Salz erwähnten Geruch und bitteren Geschmack, sowie die Eigen-
schaft in verdünnter Natronlauge aufgelöst Fehling’sche Lösung
zu reduzieren.
Ob und welche Beziehungen diese freie Säure zu den Anhydriden
der Henry’schen Callitrolsäure zeigt, von welcher Henry aus ihrer
ddr
708 A. Tschirch u. M. Wolff: Sandarak.
Lösung in absolutem Alkohol durch Zusatz von verdünntem Natrium-
alkoholat einen an der Luft sofort zerfließlichen nicht isolierbaren
Niederschlag eines krystallinischen Natriumsalzes erhielt, konnte bis
jetzt nicht sichergestellt werden.
Der den bitteren Geschmack bedingende Körper bleibt beim
Fällen der freien Säure in mit HCl oder H,SO, angesäuertem Wasser
in Lösung und konnte aus dem Verdampfungsrückstand des wieder
neutralisierten Filtrates mit Alkohol ausgezogen werden. Nach dem
Verdunsten des Alkohols blieb eine braune Masse zurück, die besonders
im Nachgeschmack intensiv bitter und in ihrem Aussehen dem im
Sandarak vorkommenden Bitterstoff ähnlich war. Weitere charakte-
ristische Reaktionen konnten mit der geringen Menge nicht mehr vor-
genommen werden.
Hier offenbart sich nun zum ersten Male eine direkte
‘ Beziehung zwischen einer geschmacklosen Harzsäure und
dem im Harz vorkommenden Bitterstoff und wird hierdurch
die Frage aufgeworfen, ob vielleicht nicht noch andere Harzsäuren,
die leicht zu Umsetzungen (Autoxydationen u. s. w.) neigen, ähnliche
Verhältnisse aufweisen.
Cholesterinreaktionen.
1. Liebermann’sche Cholestolreaktion: gelbrot, bräunlichgelb,
grünlichbraun, braungelb.
2. Salkowski-Hesse’sche Cholesterinreaktion: Chloroform: farblos;
Schwefelsäure: gelb; Tropfenfärbung: keine.
3. Mach’sche Reaktion: bräurlichrot, grünlich schimmernd.
4. Hirschsohn’sche Reaktion: rosa, rötlichbraun, gelbbraun.
5. Tschugaeff’sche Cholesterinreaktion: rötlichbraun, kirschrot, rot-
braun, ohne Fluoreszenz.
Prüfung der ohne Anwendung von Alkali isolierten Harzsäuren auf
optische Aktivität.
Nachdem die bei den Ausschüttelungen mit alkalischen Lösungen
erhaltenen Harzsäuren sich als optisch inaktiv erwiesen hatten, war
es von Interesse zu erfahren, ob diese bereits als inaktive Verbindungen
im Sandarakharz vorkommen oder, ob sie erst durch die Darstellungs-
weise ihr Drehungsvermögen verlieren,- welch letzterer Fall im Laufe
der Untersuchung des Bordeaux-Terpentins bei der Pimarsäure!) nach-
gewiesen worden war.
Zu diesem Zweck wurde feingepulvertes Sandarakharz zur Ent-
fernung des ätherischen Oels mit Petroläther in der Wärme ausgezogen,
und nach völliger Erschöpfung zur Entfernung färbender Bestandteile
mit 50 prozentigem Alkohol mehrmals digeriert. Der Rückstand wurde
ı) Tschirch und Brüning, Arch. d. Pharm.
A. Tschirch u. M, Wolff: Sandarak. 709
in Alkohol gelöst und dieser konzentrierten Lösung Methylalkohol
in überschüssiger Menge zugegeben, wodurch fast der gesamte Harz-
anteil niedergeschlagen wurde. Die überstehende Flüssigkeit wurde
sofort durch Abfiltrieren entfernt (bei längerem Stehenlassen löst sich
ein Teil in dem Fällungmittel wieder auf) und der Niederschlag
getrocknet. Eine 5prozentige alkoholische Lösung desselben lenkte die
Polarisationsebene nicht ab.
Die Säuren scheinen demnach bereits in inaktiver Form im
Sandarakharz vorzuliegen.
B. Der Bitterstoff.
Tschirch und Balzer haben bereits aus dem Sandarakharz
einen Bitterstoff isoliert und soweit als möglich durch Reaktion zu
charakterisieren gesucht. Auch im Verlaufe der vorliegenden Arbeit
wurde in den Laugen der Ausschüttelungsprodukte dieser Bitterstoff
wieder gefunden. Da jedoch die weitere Reinigung und nähere
Charakterisierung des Bitterstoffes, als einem Gliede einer bisher fast
noch unerforschten Körperklasse äußerst schwierig und sehr zeitraubend
sich gestalten würde, so mußte auf ein näheres Eingehen auf diesen
Gegenstand zunächst verzichtet werden.
C. Resen (Sandaracoresen) und ätherisches Oel.
Nach dem Erschöpfen der ätherischen Harzlösung mit Natrium-
karbonat wurden nach mehrmaligem Auswaschen mit destilliertem
Wasser die Ausschüttelungen zunächst mit 1%iger, zuletzt mit 10%iger
Kalihydratlösung fortgesetzt. Da jedoch weitere Anteile dem Harze
nicht mehr entzogen werden konnten und selbst 50%ige Kalihydrat-
lösung ohne Einwirkung blieb, wurden die Ausschüttelungen ab-
geschlossen und die ätherische Lösung wiederum mit Wasser ausgewaschen.
Nach dem Abdunsten des Aethers wurde der braune, zähe, aromatisch
riechende Rückstand zur Trennung des ätherischen Oels von dem
zurückbleibenden Resen einer Wasserdampfdestillation unterworfen.
Nachdem die Hauptmenge des ätherischen Oels übergegangen war,
wurde die weitere Destillation unter Kalizusatz vorgenommen. Dieses
Verfahren nahm mehrere Monate in Anspruch bis das übergehende
Destillat frei von Oeltropfen war.
Das bei der Wasserdampfdestillation erhaltene angenehm
aromatisch riechende, farblose ätherische Oel wurde durch Aussalzen
und Extrahieren mit Aether gesammelt, die ätherische Lösung über
Chlorcaleiam getrocknet und der Aether in der Kälte entfernt. In
einem Fraktionskölbchen destilliert, ging der ganze Hauptanteil zwischen
152° und 159° über, während nur ein sehr geringer Anteil zwischen
710 A. Tschirch u. M. Wolff: Sandarak.
260 und 280° übergetrieben wurde. Die Ausbeute an ätherischem
Oel betrug 4 g = 1%% des Harzes.
Das in dem Kolben zurückgebliebene Resen war braun und zu
einem harten Kuchen zusammengeballt. Es wurde in Alkohol gelöst
und dann mit salzsäurehaltigem Wasser gefällt. Der flockige Nieder-
schlag, der hartnäckig Alkohol zurückhielt, ballte jedoch bald
wieder zu einer klebrigen krümeligen Masse zusammen. Diese
wurde in kaltem Wasser geknetet, wodurch sie wieder härter wurde
und auch eine hellere Farbe annahm. Da das Kesen nach einiger Zeit
jedoch wieder auffallend weich wurde, mußte eine teilweise Zersetzung
desselben stattgefunden haben, und wurden auch tatsächlich ihm aus
seiner ätherischen Lösung durch Ausschüttelungen mit 1%iger Kali-
hydratlösung geringe Mengen von Ausschüttelungsprodukten entzogen.
Der Aether wurde daher wieder durch Abdunsten entfernt, die
Wasserdampfdestillation unter Kalizusatz von neuem aufgenommen,
und zeigten sich auch sofort in dem Destillat wieder kleine Mengen
ätherischen Oels, Nach etwa einmonatlicher unausgesetzter Destillation
ging kein Oel mehr über. Das im Kolben zurückgebliebene nunmehr
sehr harte Resen wurde zur Entfernung des Kali mit heißem Wasser,
in welchem es zu zähen Tropfen oder Fäden erweichte, öfters durch-
geschüttelt, bis eine herausgenommene Probe keinen Aschenrückstand
mehr zeigte. Das erkaltete Resen konnte dann leicht zu einem feinen
Pulver zerrieben werden, und wurde zum Trocknen einige Zeit über
Schwefelsäure aufbewahrt. Es war ein bräunlichgelbes Pulver, löslich
in Alkohol, Aether, Aceton, Benzol, Eisessig, unlöslich in Petroläther
sowie in wässerigem Alkali.
Es begann bei 46° zu sintera und schmolz bei 57°. Angestellte
Krystallisationsversuche mit verschiedenen Lösungsmitteln waren, wie
bei allen bisher isolierten Resenen ohne Erfolg. Bei mehrere Monate
langem Aufbewahren im FExsikkator ballte sich jedoch das Resen
wiederum zusammen zu einem klebrigen Pulver und wurden wiederum
bei einer Wasserdampfdestillation Spuren ätherischen Oeles erhalten.
Die Ausbeute des Resens betrug einschließlich der Verluste ungefähr
10 g = 3%% des Harzes.
Obwohl es sich beim Sandaracoresen um einen absolut reinen
Körper nicht handeln konnte, wurden doch Analysen desselben aus-
geführt, um wenigstens Anhaltspunkte für seine Zusammensetzung
und seine Beziehungen zu den anderen Bestandteilen des Sandarak-
harzes zu bekommen.
Hierbei wurden folgende Zahlen erhalten:
1. 0,1632 g Substanz gaben 0,4758 g COg und 0,1560 g H,O
2. 0,1318 n ” rn , h n ” ) , n ”
3.:0,1300 5, 5 52 0,3806: „biste DARBS ARE
A. Tschirch u. M. Wolff: Sandarak. 7ı1
In Prozenten:
L 2. 3. Im Mittel: Berechnet für die Formel Cgg Hgs Os:
C 79,512 79,419 79,846 79,59 3
H 10,711 10,825 10,588 10,71 H 10,84
Nach diesen Ergebnissen steht das Resen der krystallisierten
Sandaracopimarsäure sowohl in Bezug auf die prozentische Zusammen-
setzung (Kohlen- und Wasserstoffes), als auch in Bezug auf die
berechnete Formel am nächsten. Ein genetischer Zusammenhang erscheint
daher nicht ausgeschlossen. Andererseits deutet die Bildung eines durch
Wasserdampfdestillation entfernbaren ätherischen Oels beilängerer Auf-
bewahrung des Resens auf eine Depolymerisation desselben hin, eine Er-
scheinung, welche für die Hypothese Tschirch’s „daß die Resene poly-
merisierte Terpene oder Oxyterpene darstellen“ eine weitere Stütze bietet.
Die Cholesterinreaktionen verliefen folgendermaßen:
1. Liebermann’sche Cholestolreaktion: kirschrot, rotbraun.
2. Salkowski-Hesse’sche Cholesterinreaktion: Chloroform: farblos;
Berührungsschicht:: blutrot, dann kirschrot; Schwefelsäure: gelbbraun; Tropfen-
färbung: keine.
3. Mach’sche Reaktion: rötlichviolett, rotbraun, schmutzig graubraun.
4. Hirschsohn’sche Reaktion: rötlichbraun, gelbbraun.
5. Tschugaeff’sche Cholesterinreaktion: kirschrot,
grünlich.
Zusammenstellung der bis jetzt aus dem Sandarakharz isolierten
Verbindungen.
Fluoreszenz
' Sandaracolsäure C,; Hy O7: Callitrolsäure Cg; Hg00g:
Balzer | C = 75,331) C = 7815
' d-Pinen?) | Anhydride der
| Dipenten?) i-Pimarsäure Callitrolsäure
Henry | Ozo Has: Coo Ho 03: Cgo Ha 04:
C= 881 C.= 79,25 C = 76,38
2 11% H —..940 H =; 93
Sandaracin- Sandaracinol- Sandaracopimar-
säure säure säure
Ca3 Hg 07 , Ca Hg803 , | Coo Hao Os .
C.= 76,9 C= 7773 C = 79,08
ff | - ’ ,
a H = 10,17 Er: "ag Veh pri
Säure des kryst. Na-Salzes: | Resen Cag Has Oa:
C = 71,37 (76,45) C = 79,59
H= 9,47 ( 9,34) | H = 10,71
1) Die angegebenen Zahlen für C und H sind die Mittel der ge-
fundenen Werte,
2) Aus dem ätherischen Oel.
712 A. Tschirch u. M. Wolff: Sandarak.
Ordnet man diese Verbindungen nach steigendem Kohlenstoffgehalt
Säure des kryst. Na-Salzes . . C = 7137;H = 9,47
Sandaracolsäure . . . .. . (Ce 73H =
Sandaracinsäure . . .» x....C = %,09; H = 10,17
Anrhydride der Callitrolsäure
(Henry). ee TE TE
(Säure des kryst. Na-Salzes nach
längerem Aufbewahren) Geo ea
Sandaracinoisäure . TV RE
Gallitrolsäure (Balzer) .. . C= 7,15; H = 8,40
Sandaracopimarsäure . C = 79,08; H = 10,17
identisch mit
i-Pimarsäure Henrys ....0= 7935; H= 94
Besen N „in team mafkerhne CL u BE Se
Dipenten '. . „er „7, SG — EEE
so erscheint es wahrscheinlich, daß einige Verbindungen, von denen
oben bereits einzelne als leicht zersetzlich erkannt wurden, in einander
überzugehen vermögen. Die nähere Charakterisierung. derselben wird
hierdurch sehr erschwert.
Nach den seitherigen Arbeiten können in dem Sandarakharz als
sicher festgestellt gelten: Die mit Henry’s i-Pimarsäure identische
Sandaracopimarsäure, das Vorhandensein von. Resen, ätherischem Oel
und Bitterstoff, sowie eines weiteren Körpers, der eine krystallisierte
Natriumverbindung gibt, die aus drei Sandarakproben verschiedener
Provenienz in gleicher Weise isoliert werden konnte.
Die nähere Charakterisierung der amorphen Säuren, die nur vor-
läufige Trennungsbestandteile des Harzes darstellen, sowie die Wieder-
gewinnung der krystallisierten Callitrolsäure muß weiteren Studien
vorbehalten bleiben.
Verzeichnis
über Band 244 des Archivs der Pharmazie (Jahrgang 1906).
I. Autorenverzeichnis.
A.
Alpers, K., Ueber die Bestandteile
von Carpinus Betulus 575.
B.
Barger, G. u. Dale, H. H., Mutter-
kornalkaloide 550.
Beckurts, H., Kakao und Schoko-
lade 486.
Berlin, H., siehe Troeger, J. 326.
D.
Dale, H. H,, siehe Barger, G. 550.
E.
Echtermeier, P., Beiträge zur
Kenntnis der Chinasäure BT.
Emde, H,, Beiträge zur Kenntnis des
Ephedrins und Pseudoephedrins 241.
Derselbe, Ueber Styrylaminbasen
und deren Beziehung zum Ephedrin
und Pseudoephedrin 269.
F.
Franke,M , siehe Troeger, J. 307, 326.
Frerichs, G., siehe Frerichs, H. 86.
Frerichs, H. und Rentschler, O,,
Einwirkung xanthogensaurer Salze
auf Derivate der Monochloressig-
säure dB
Derselbe u. G. Frerichs, Veronal-
vergiftung 86.
Fühner, H., Beitrag zur Kenntnis der
Thalleiochinreaktion 602.
©.
Gadamer, J., Alkaloide der Columbo-
wurzel 255.
Gaebel, O., Hordenin 435.
Goeßmann, G., Alkaloide von
Anagyris foetida 20.
Gorter, K., Baptisia-Glykoside 401.
Greshoff, M., Verteilung der Blau-
säure im Pflanzenreiche 397, 665.
Günzel, E., Alkaloide der Columbo-
wurzel 257.
Haehn, H., Neue Bildungsweise der
Ketone 234.
Hartl, F., siehe Vanino, L. 216.
Heiduschk in" Verhalten einiger
Körper bei tiefen Temperaturen 569.
Herder, M., Alkaloidreagentien und
deren mikrochemische Verwendung
120.
Holdermann, K., Quecksilber-
oxycyanid 133.
Horn, M,, ‚siehe Rupp, E. 405.
Hübner,Ü
)., Zur Kenntnisder Schweel-
kohle 196.
I.
Itallie, L.vanundC. H. Nieuwland,
Samen und Oel von Moringa
pterygosperma 159.
Dieselben, Surinamens. Copaiva-
balsam 161.
Dieselben, Vogelbeeröl 164.
JS.
Jolles, A., Ueber Lävulosurie und
über den Nachweis der Lävulose
im Harn 542.
K.
Kaßner, G., Diffusion der Gase 63.
Keller, O., siehe Wintgen, M. 3.
Kircher, A., Datura arborea 69.
Kraft, F., Ueber das Mutterkorn 336.
L.
Lewinsohn, K., Myrrhenöl 412.
Linde, O,, zur Kenntnis der Ver-
holzung 57.
Luther, A., Ueber Methylenver-
bindungen und Derivate der m-
Dioxybenzole 561.
714
Mai,C.und Rath, C.,Kolorimetrische
Bestimmung kleiner Morphin-
mengen 300.
May, O., Untersuchung der Früchte
von Sapindas Rarak DC. 25.
N.
Nieuwland, C. H. siehe Itallie,
L. van 159, 161, 164.
P.
Pictet, A., Untersuchungen über die
Alkaloide des Tabaks 375.
Derselbe, Ueber die Bildungsweise
der Alkaloide in den Pflanzen 389.
Pieverling, v,Q ET
5.
R.
Rath, C., siehe Mai, C. 300.
Rentschler, Our8 Frerichs, H. 74;
Richter, P.,, Guajakharz 90.
Rosenthaler, L., _Temperatur-
erhöhung beim Mischen von Aether
und Chloroform 24, 239.
Derselbe, Alkalische Quecksilber-
jodidlösung als Reagens auf
Hydroxyigruppen 373.
Derselbe und Türk, F., Ueber die
adsorbierenden Eigenschaften ver-
schiedener Kohlensorten 517.
Derselbe, Bemerkung zu dieser
Abhandlung 535.
Rupp, E., Quecksilberoxyeyanid 1.
Derselbe und Horn, M., Volumetr.
Bestimmung von J odiden bei Gegen-
wart von Chlor- und Brom-Ionen 405.
Derselbe, Gehaltsbestimmung von
galenischen Präparaten des Arznei-
buches 536.
Derselbe und Horn, M., Titration
von Ferrosalzen mit Alkalihypo-
jodit 571.
S.
Schaub, F., siehe Troeger, J.
302, 312.
Schmidt, E., Mydriatisch wirkende
Alkaloide der Daturaarten 66.
Derselbe, Umwandlung des Ephe-
drins in Pseudoephedrin 239.
Scholtz, M,, Halogenalkylate des
Sparteins 72.
Derselbe, Ueber die Alkaloide der
Pareirawurzel 555.
Schulze, H., Akonitin und Akonin
aus Aconitum Napellus 136, 165.
Autorenverzeichnis.
Simmer, A., Verhalten der Alkaloid-
salze und anderer Substanzen zu
den Lösungsmitteln der Perforations-
methode, insbesondere Chloroform,
sowie über Reduktionswirkungen
der Alkaloide 672.
Simon, OÖ. Ueber Cetrarsäure 459,
T.
Telle, H, Ueber Kamala und Bakt-
lerin 441.
Thomae,C., Ueber Keton-Ammoniak-
verbindungen 641.
Derselbe und Lehr, H. Methy]-p-
tolylketon 651.
Derselbe, Ueber Methylpropyl-
ketonammoniak 664.
Thoms, H., Rottlerin 640.
Traube, W. und Winter, F., Syn-
these von 3-Methylhypozanthin 11.
Tröger, J. und Schaub, F., Ein-
wirkung schwefliger Säure aufDiazo-
m-toluolchlorid und -sulfat 302.
Tröger, J. und Franke, M, Ein-
wirkung schwefliger Säure auf
Diazobenzolsulfat 307.
Tröger, J., Warnecke, G. und
Schaub, F,, Ueber die Konstitu-
tionsformel ‘der durch SO, auf
Diazo-m-toluol entstehenden Sulfon-
säure C44Hı18 N4S05 312,
Tröger, J., Berlin, H. u. Franke,
M., Ueber die Konstitutionsformel
der durch S0Og auf Diazobenzolsalz
entstehenden Sulfonsäure CaHpN4
8 .
Tschirch, A. u. Wolff, M., Weitere
Studien über den Sandarak 684.
Türk,F.,sieheRosenthaler, L.517.
V.
Vanino, L.und Hartl, F., Organische
Doppelsalze mit Wismutchlorid 216.
ww.
Warnecke, G., s. Tröger, J. 312.
Wedekind, E., Beiträge zur Kennt-
nis des Santonins 623.
Wr 4 iß, H., Untersuchung der Rinde
der Samen von Aegiceras
ERju8 G. 271.
Winter, F., siehe Traube, W. 11.
Wintgen, "M. und Keller ”;
Zusammensetzung von Lecithinen 3.
Wintgen, M, Solaningehalt der
Kartoffeln 360.
Wolff, M,, siehe Tschirch, A. 684.
W ollenweber, W. Ve Filixgerb-
säure 466.
Sachverzeichnis.
715
II. Sachverzeichnis.
A.
Acetophenonammoniak 644; —
Salze 645.
Adsorbierende Eigenschaften der
Kohle 517.
Aegiceras majus G., Untersuchung
der Rinde und Früchte 221; — Rinde
222; — Früchte 223; — in CHCh
lösliche Anteil der Rinde 224; —
das Rindensaponin 226; — das
Samensaponin 231.
Aether, Temperaturerhöhung mit
Chloroform 24, 239.
Akonin aus Aconitum Nap. 136; —
freie Base 174; — Salze 174;
Einwirkung von Phenylhydrazin 175;
Einwirkung von salpetriger Säure
176; Einwirkung von Phenylisocyanat
176; Tetraacetylakonin 177; Ein-
wirkung von Brom 183; Einwirkung
von Methylsulfat 184; Einwirkung
von Jodmethyl 186; — Einwirkung
von Hg0s 191; — Oxydation mit
Kaliumpermanganat 192; — Oxy-
dation mit Chromsäure 193.
Akonitin aus Aconitum Nap. 136;
— Literaturübersicht 137; — Zu-
sammenfassung der sicheren Re-
sultate 153; — Darstellung 165; —
Formel 169; — Hydrobromid 170;
— Aurichlorid 171; — Hydrochlorid
172; Akonin 174; Triacetylakonitin
179; Tetraacetylpikrakonitin 181;
Methylpikrakonitin 187; — Salze des
Methylpikrakonitins 188; — Spaltung
189; Aethylpikrakonitin 191.
Aldehydammoniak-Wismutchlo-
rid 218.
Alkaloide, Bildungsweise in den
Pflanzen 389; — Reduktions-
wirkungen 681; — gegen Silber-
nitrat 681; — gegen Goldchlorid
682; — gegen @aecksilberchlorid
682; — gegen Eisensalze 683.
Alkaloidreagentien, neue und
deren mikrochem. Verwendung 120;
— Verhalten gegen Akonitin 122;
— Verhalten gegen Strychrin 122;
— in Chloralhydratlösung 124; —
gegen Berberin 127; — Fibraurea
chloroleuca 127; — Hydrastis
canad. 128; — Strychnos nux vo-
mica 128; — Cinchona Ledger. 130;
— Conium macnlat. 131.
Alkaloidsalze, Verhalten zu den
Lösungsmitteln der Perforations-
methode, insbesondere en
672.
Amylschwefelsäure, Reaktion 62.
Anagyrin 22.
Anagyris foetida, Alkaloide 21.
Atropin aus Datura alba 68.
B.
Baptin 401.
Baptisia-Glykoside 401.
Baptisin 401.
Baryumquecksilberjodid, als
Alkaloidreagens 122.
Bebeerin der Pareirawurzel 555.
Benzophenon 238.
Berberin in Fibraurea chloroleuca
127; — Nachweis 127, 128.
Betain aus Mutterkorn 352.
Blausäure, Verteilung in dem
Pflanzenreiche 397, 665.
Butyron 238.
©.
Cacao siehe Kakao 486
Caesiumquecksilberjodid als
Alkaloidreagens 122
Carpinus Betulus, Untersuchung
der Bestandteile der Blätter 575;
— Gewinnung und Untersuchung
576; — Ellagsäure 582; — — Prä-
existenz derselben 591; — Unter-
suchung des Hainbuchengerbstoffs
592; — — Analyse des durch Ab-
spaitung von Gallussäure und
Ellagsäure veränderten Gerbstoffs
600; — Zusammenstellung der
Resultate 601.
Cetrarsäure 459; — _Dimethyl-
Dioxybenzol 459; — Spaltungs-
Re mit Natronlauge und
inkstaub 462; — Verhalten gegen
Brom 465.
Chinaphenin - NOIERBFChIREG
19,
Chinasäure 37; — Cinchoninsalz 39;
— Chinidinsalz 39; — Cinchonidin-
salz 40; — Chininsalz 40; — Strych-
ninsalz 41; — Silbersalz 41; —
Methylester 41; — Phenylester 42;
— Einwirkung von Ammoniak 43;
— Einwirkung von Hydrazinhydrat
43; — Verhalten gegen Phenyl-
hydrazin und Anilin 44; Phenylester
der Tetraacetylchinasäure 45; —
Benzoylierungsversuche 46; Tetra-
benzoylchinasäure 49; — Silbersalz-
51; — Aethylester 5l; — Chlorid
716 Sachverzeichnis.
51; — Einwirkung von starker
Salpetersäure und PaO5 56.
Chinolinehinon 5, 6 (ß)-, Ein-
wirkung von Ammoniak 619.
Chloroform, Temperaturerhöhung
mit Aether24,239; —Verhaltengegen
Alkaloide 674.
Chocolade, siehe Schokolade _ 486.
Cholin aus Mutterkorn 353.
Cinchona Ledger., Alkaloidnach-
weis 130.
Chlor-Oxyanilidochinolin 615.
Chlor-Oxychinolin 613.
Columbamin 260; — Tetrahydro-
verbindung 265.
Columbowurzel, Alkaloide‘ 255,
257; — Darstellung 258; — Jodid
des Columbamins 260; — — Chlorid
262; — — saures Sulfat 264; — —
Pentasulfid 264; — Tetrahydro-
columbamin 265; — — Salze 267;
— Versuch einer elektrolytischen
Reduktion 268.
Conium maculatum, Alkaloid-
nachweis 131.
Copaivabalsam, Hin
1
Cuminaldehyd aus Myrrhenöl 414;
— Oxim; Semicarbazon 415.
Cyanwasserstoff, siehe Blausäure
97, 665.
Cytisin, -Phenylthioharnstoff 23.
D.
Daturaalba, Alkaloide 66; — Scopol-
amin 68; — Hyoscyamin 68.
— arborea, Alkaloide 69.
— fastuosa, Alkaloide 67.
Diazobenzolsulfat, Einwirkung
von schwefliger Säure 307; — ver-
mutliche Konstitutionsformel der
Sulfosäure Ci3Hja N4S05 326.
Diazo-m-toluolsulfat bez. Chlo-
rid, Einwirkung von schwefliger
Säure 302; — Sulfosäure Cj4His
N,S0O, 304; — vermutliche Kon-
stitutionsformel derselben 312.
Dichlorketochinolin 611.
Diffusion der Gase 63.
Dimethyl (1,2)-Dioxybenzol (3,5)
aus Üetrarsäure 459.
Dipenten aus Myrrhenöl 424.
Diphenylamin - Wismutchlorid
216.
E.
Eigelb, Lecithin 6.
Ellagsäure aus Carpinus Betulus
582; — Literatur 583; — Wasser-
Hordenin 435;
gehalt 585; — Konstitution 586; —
Lösungsversuche 588; — Kenrn-
zeichen reiner Ellagsäure 590; —
Präexistenz derselben in Carpin.
Bet. 591; — Bildung aus Hain--
buchengerbstoff 597.
Emplastrum Hydrargyri, An
{%
Ephedrin, Umwandlung in Pseudo-
ephedrin 239, 241; — Spaltung des
Methylephedrin - Methylhydroxyds
251.
Ergosterin aus Mutterkorn 340.
Ergotinin 350, 550.
Ergotoxin 551.
Eugenol aus Myrrhenöl 418.
F.
Fibraurea chloroleuca, Berberin-
gehalt 127.
Filixgerbsäure 466; — die natür-
liche 472; — Darstellung 474; —
Zusammensetzung 477; — Anbydride
478; — Proto-Filixgerbsäure 480;
— Bestimmung des Molekular-
gewichts 481; — Basicität 483; —
Einwirkung von Brom 483.
Filixrhizom, Extraktausbeuten nr 5
471:
— Zuckergehalt
6.
Gase, Diffusion 63.
Guajakblau 113.
Guajakharz 91; — trockene De-
stillation 96 ; — trockene Destillation
der Guajakonsäure 100; — Guaja-
konsäure 106; — Guajakblau 113;
— Reduktion des Guajakblaus 116.
Guajakonsäure 100.
H.
Hainbuchenblätter- BRcHebEN!
— Gewinnung 436;
— Konstitution 437.
Hydrargyrumoxycyanatum!1,35,
133; — Darstellungsmethode 135,
Hydrastis canadensis; Berberin-
nachweis 128.
Hydroergotinin [.:850.
Hydroxylgruppen, Reagens 373.
Hydrozimmtsäure aus Baker
Hyoscyamin aus Datura arborea 70;
— aus Datura alba, fastuosa 68.
J.
Jodide, volumetrische Bestimmung
neben Chlor- u. Bromionen
Sachverzeichnis.
Kakao 486; — Begrifisbestimmungen
. und Beurteilungsgrundsätze 487; —
Untersuchungsmethoden 499; —
Leitsätze 508; — Beimengungen u.
Verfälschungen 510; — — Unter-
suchungsverfahren 5ll; — mikros-
kopische Untersuchung 5lb; — An-
haltspunkte zur Beurteilung 515.
Kamala, Rottlerin 441, 640
Kartoffeln, Solaningehalt 360.
Ketochinolin, 5, 5-Dichlor-6-, 611.
Keton-Ammoniakverbindungen
641; — Allgemeines und Dar-
stellungsmethoden 641; — Ein-
wirkung von Ammoniak auf Aceto-
phenon 643; — Acetophenon-
ammoniak 644; — — Salze 645; —
Monazo-acetophenonammoniak 648;
— — Verhalten beim Erhitzen:
Triphenylpyridin 650; — Methyl-p-
tolylketon 651; — — Einwirkung
von Ammoniak 653; — Methyl-p-
tolylketonammoniak 653; — — Salze
655; — Monazo=methyl-p-tolylketon-
ammoniak 656; — Aufarbeitung der
aether. Mutterlauge 657; — die durch
Druckerhitzung bewirkte Keton-
Ammoniakreaktion 658; — Methyl-
ditolylpyridin 659; — — Salze 661;
— Methylpropylketonammoniak 664.
Ketone, neue Bildungsweise 234;
— Aceton 236; — Propionon 237;
— Butyron 238; — Valeron 238;
— Benzophenon 238.
Kohle, adsorbierende Eigenschaften
517, 535; — die Kohlesorten 517;
— Allgemeines über die Versuche
519; — Kodein 519; — Koffein 520;
— Saliein, Pikrotoxin 521; — Gallus-
gerbsäure 522; — Gallussäure 523;
— Oxalsäure, Indigo 524; — Dex-
trose 525; — 5 Minuten-Versuche
525; — Konzentrations- Versuche
527; — Schlußfolgerungen 533; —
Bemerkungen zu diesen Versuchen
i 535.
Laevulose, Nachweis im Harn 542.
Laevulosurie 542,
Lecithine, Zusammensetzung 30; —
aus Sojabohnen 4; — aus Eigelb 6.
Limonen, Rechts- aus Myrrhenöl 434.
M.
Methan, Explosion
63.
Methylamin-Wismutchlorid 218.
Methylditolylpyridin 659.
717
Methylhypoxanthin-3, Fiat
L
Methyl-Orcin aus Cetrarsäure 459.
Methyl-Phloroglucine aus Rott-
lerin 455, 457, 640.
BaunESPT Enten, Ammoniak
Methyl-Pyrrolidin, N- in den
Mohrrübenblättern 392.
Methyl-p-tolylketon 651.
Methyl-p ee a ie ade
656.
Mohrrübenblätter, Piperidin- und
Methylpyrrolidingehalt 392,
Monazo=-acetophenonammoniak
648,
Monazo= methyl-p-tolylketon-
ammoniak 656.
Monochloressigsäurederivate,
Einwirkung auf xanthogensaure
Salze 77.
Moringa pterygosperma, Oel der
Samen 169.
Morphin, kolorimetrische Bestim-
mung kleiner Mengen h
Mutterkorn 336; — Methode der
Isolierung der . Einzelbestandteile
339; — Secalonsäure und Derivate
344; — Alkaloide 347; — Ergotinin
350; — Hpydroergotinin 350; —
wasserlösliche Basen 352; — Secale-
amidosulfosäure 353; — physio-
logische Wirkung der Einzelbestand-
teile 355; — Zusammenfassung der
Resultate 359.
Mutterkornalkaloide 550; —
Ergotoxin 551; — Wirkung 552.
Myrrhenöl 412; — Cuminaldehyd
413; — — Oxydation 414; — —
Oxim, Semicarbazon 415; — flüch-
tige Säuren 416; — nicht flüchtige
Säuren 416; — Eugenol 418; —
Verhalten zu Petroleumäther 420; —
Reduktion des Harzkörpers 421; —
das entharzte Oel 422; — Terpene
423; — Myrrhenöl II 426; — —
Terpene, Sesquiterpene 427; —
Myrrhenöl III 428; — — Terpene
428; — — Sesquiterpene 429; —
selbstdargestelltes Myrrhenöl 431;
— — Verseifung 432; — — Terpene
433; — Untersuchungsresultate 434.
N.
Nikotein 385.
Nikotellin 388.
Nikotimin 387.
Nikotin, Konstitution 378; — Syn-
these 381.
718 Sachverzeichnis.
Nitrosodimethylamin - Wismut-
chlorid 217.
Nitrosodiphenylamin - Wismut-
chlorid 217.
0.
Orcin, Methyl-, aus Cetrarsäure 459.
Oxyanilidochinolin, Chlor- 615.
Oxychinolin, p-, Beziehung zur
Taalleiochinreaktion 611.
—, Chlor- 613.
P.
Pareirawurzel, Alkaloide 555.
Perforationsmethode, Verhalten
der Lösungsmittel 672.
Phenylpropylen, «a- 289.
Phlorogluein, Methyl-, Dimethyl-,
Trimethyl-aus Rottlerin 455,457, 640,
Pinen aus Myrrhenöl 423.
Piperazin-Wismutchlorid 220.
Piperidin in den Mohrrübenblättern
392.
Propionon 237.
Proto-Filixgerbsäure 480.
Pseudoephedrin, durch Umwand-
lung von Ephedrin 239, 241; — Ein-
wirkung von J odmethyl 246; Methyl-
pseudoephedrinmet hyljodid 247; —
Vergleich der durc Methylierung
von Ephedrin und Pseudoephedrin
erhaltenen Verbindungen 248; —
Spaltung des Methylpseudoephedrin-
methyihydroxyds 250.
Pseudobaptisin 402.
Pyrrolidin im Tabak 389.
—, N-Methyl in den Mohrrüben-
blättern 392.
®.
Quecksilber, Bestimmung in gale-
nischen Präparaten 536.
Quecksilberjodidlösung, alka-
lische, Reagens auf gg ns Sn
373
Quecksilberoxycyanid i, 35, 133.
—, Darstellungsmethode 135.
Quecksilberpräparate, Bestim-
mung des Quecksilbergebaltes 536.
Rheumatin-Wismutchlorid 219.
Rohrzucker aus Filixrhizom 472.
Rottlerin, 441, 640; — Darstellung
446; — Molekulargewicht 447; —
Spaltung mit Barythydrat: Methyl-
phloroglucin 448; — Spaltung mit
Natronlauge und Zinkstaub: Methyl-,
Dimethyl-, Trimethylphloroglucin
449; — — Hydrozimmtsäure 454
Spaltung mit Natronlauge von 20)
und Zinkstaub: Methyl-, Dimethyl-,
Wehe we ui 455; — Kon-
stitution 458. -
Ss.
Sandaracinolsäure 699.
Sandaracinsäure 693.
Sandaracopimarsäure 702.
Sandarak 684; — Säure- und Ver-
seifungszahlen 687; — trockene
Destillation 689; — Methode der
Untersuchung 692; — Sandaracio-
säure 693; — — Säure- und Ver-
seifungszahl 694; — — Cholesterin-
reaktionen 696; — Sandaracinol-
säure 699; — — Säure- und Ver-
seifungszahl 700;: — Sandaraco-
imarsäure 702; — — Säure- und
erseifungszahl 703; — — Jod-
addition 705; — — Acetylierung 705;
_ — Cholesterinreaktionen 706; —
Natriumsalz der zweiten Harzsäure
706; — Bitterstoff 769; — Reser,
ätherisches Oel 709°
Santonin 623; — Konstitution, Ver-
halten gegen Brom 626; — basische
Eigenschaften 629; — Sulfosäure
631; — Konstitution der Santonsäure
634; — Santoninsulfosäure 631;
— Santonsäure, Konstitution 634.
Sapindus Rarak DC., chemisch-
pharmakognostische Untersuchung
25; — Saponin 28; — Saponia-
bestimmung 34; — anorganische
Bestandteile 34.
Saponin aus Sapindus Rarak DC.
28; — Reaktionen 29; — Acetyl-
derivat 30; — Spaltungsprodukte
33; — quantitative Bestimmung 34,
— aus Aegiceras majus G. 226, 231.
Schokolade 486; — Begriffs-
bestimmungen und DBeurteilungs-
grundsätze 495; — Untersuchungs-
methoden 499; — Fettbestimmung
499; — Zuckerbestimmung 500; —
Gehalt an Kakaoschalen 501; —
Bestimmung der Xanthinbasen 505;
—_ Sonstige Untersuchunesverfahren
; Leitsätze 508; — Bei-
mengungen u. Verfälschungen 510;
— -— Untersuchungsverfahren 5i1:
— mikroskopische Untersuchung
515; — Anhaltspunkte zur Beur-
teilung 515.
Schweelkohle 196; — in Benzol lös-
licher Teil 200; — Behandlung des
Benzolextrakts mit Lösungsmitteln
u ii
Sachverzeichnis.
205; Kennzeichnung der Verbindung
Cs H3a0 206 ; — in Benzol unlöslicher
Teil 218; — in Aether löslicher
Teil 21
Scopolamin aus Datura alba 68.
— aus Datura arborea 70.
Secaleamidosulfonsäure aus
Mutterkorn 353.
Secalonsäure aus Mutterkorn 344.
Sojabohnen, Leecithin 5
Solaningehalt der Kartoffeln 360;
— der gesunden Kartoffeln 364; —
der kranken Kartoffeln 366; —
VersucheSolaninbildung zu a
Sorbus aucuparia, Samen und
Oel 164.
Spartein, Halogenalkylate 72; —
jodbenzylate 73; — jodmetbylat
74; — physiologische Wirkung 76.
Styrylacetamid 273.
Styrylamin 271; — Salze 272; —
Einwirkung von Jodmethyl 274; —
Verhalten gegen Wasserstoff 286.
Styrylaminbasen, Beziehungenzum
Ephedrin und Pseudoephedrin 269;
— Verhalten gegen Halogenwasser-
stoff, Wasserstoff und HCIO 281.
Styrylbenzamid 274.
Styrylchlorid 270.
Styrolmethylaminchlorid 277;
— Salze 278; — Verhalten gegen
HC10O 293.
Styrylpyridinchlorid 280; —
Salze 280.
Styryltrimethylaminchlorid 276;
— Verhalten gegen HBr 282; —
Verhalten gegen HJ 284; — Ver-
halten gegen Wasserstoff 286; —
Verhalten gegen HC1O 289; — Re-
duktion des Chiorhydrins 294.
Sublimatpastillen, Prüfung 540.
Sublimat-Verbandstoffe, Prüfung
541
Diazobenzolsalz
307, 326
— aus Diazo-m-toluol 302, 312.
Sulfosäure aus
T.
Tabak, Alkaloide 375; — Konstitu-
tion des Nikotins 378; — Synthese
des Nikotins 381; — Nikotein 388;
— Nikotimin 387; — Nikotellin
388; — Pyrrolidin 389.
Thalleiochinolin 603, 616.
719
Thalleiochinreaktion 60%; —
allgemeiner Teil 604; — experimen-
teller Teil 611; — Anhang: Ein-
wirkung von Ammoniak auf 5,6 (ß)-
Chinolinchinon 619.
Thiohypoxanthin 18.
Thiopyrimidin, Derivate 15.
Triphenylpyridin 650.
U.
UnguentumHydrargyrialb., Prüfung
539; — Hydrargyr. cin., Prüfung 538;
— Hydrargyr. rubr., Prüfung 539.
,
Valeron 238.
Wanill zul ol 8 ERISU UPE EREEE
Verholzung 57; — Reaktion mit
Vanillinschwefelsäure 60; — Reak-
tion mit Amylschwefelsäure 62.
Veronalvergiftung, Nachweis 86.
Vogelbeeren, Samen und Oel 164.
WW.
Wismutchlorid - Doppel - Salze
216; — mit Nitrosodiphenylamin 217;
— mit Nitrosodimetbylanılin 217; —
mit Aldehydammoniak 218; — mit
Methylamin 218; — mit Rheumatin
219; — mit Chinapbenin 219; —
mit Piperazin 220,
>. ©
Xanthogensaure Salze, Ein-
wirkung auf Derivate der Mono-
chloressigsäure 77; — Methylxan-
togenacetylharnstoff 77; — Aethyl.,
Propyl-xantogenacetyiharnstoff 78;
— Benzylxantogenacetylharnstoff 79;
— Methylxanthogenacetylmethyi-
harnstoff 79; — Aetbyl-, Propyl-,
Benzyl-xanthogenacetylmethylharn-
stoff do: — Methyl-, Aethyl-, Propyl-
xanthogenacetyläthylurethan 81; —
Methyl-, Aethyl-, Propyl-xanthogen-
acetanilid 82; — Aetbylxantogen-
acetmethylanilid 83; — — benzanilid
83; — — p-toluidid 83; — Aethyl-,
Propyl-xantogenacet-p-toluidid 84;
— Aethyixantogenacet -m-toluidid
84; — — Diphenylamin 85; — —
o-anisidid 85.
zZ.
Zimmtsäure aus Rottlerin 640.
Druck von Denter & Nicolas, Berlin C.
hi a
oh d tan au
Fu 0
s
Pin
1)
wei
slfas i 19d joaöN. 250 eh
4
a
7
.
i
RR RTE
3 | f „er
2 air 190649 14 Tr
BATETT H T od
sad + N
Y& 2 r pr x
ie ale 1
binöhltn
N n ! , Age:
u > { - 12.3 ” ._ DB: U
j IEAX-INTOT BE Zaun
2... ae arıhr ro 5
ee c raottihe ge
rel 2a dotz A Veh re
- =; I A und M a
Pi
Tootonaie .
j e) o8% aalga
I. (, . >
De i ’
K, ; 1743
u £
2 1 S S 5 .
Y
[
E
os
Er
MN
ung
EEE TFT TI
N ee
ICHTHYOL.
Der Erfolg des von uns hergestellten speziellen Schwefelpräparats
hat viele sogenannte Ersatzmittel hervorgerufen, welche nicht identisch
mit unserem Präparat sind und welche obendrein unter sich verschieden
sind, wofür wir in jedem einzelnen Falle den Beweis antreten können.
Da diese angeblichen Ersatzpräparate anscheinend unter Mißbrauch
unserer Markenrechte auch manchmal fälschlicherweise mit
Ichthyol
oder
Ammonium sulifo=-ichthyolicum
gekennzeichnet werden, trotzdem unter dieser Kennzeichnung nur unser
spezielles Erzeugnis, welches einzig und allein allen klinischen Versuchen
zugrunde gelegen hat, verstanden wird, so bitten wir um gütige Mit-
teilung zwecks gerichtlicher Verfolgung, wenn irgendwo tatsächlich
solche Unterschiebungen stattfinden.
Ichthyol- Gesellschaft
Cordes, Hermanni & Co.
HAMBURG.
Demnächst erscheint:
Ergänzungstaxe
zur Deutschen Arzneitaxe 1907.
In Leinen gebunden M. 2.50, bei Vor-
einsendung franko zu beziehen vom
Deutschen Apotheker-Verein
Berlin C.
E. HEUER
COTTA-DRESDEN
empfiehlt als zuverlässigste Anaesthetica
Aether pro narcosi |
Chloroform. puriss. | Marke E.H
Zu beziehen durch die Medizinal - Drogenhäuser.
Außer anderen Präparaten sind von uns in die Medizin eingeführt
Salicylsäure, salicylsaures Natrium, salicylsaures Wismut,
Salol, Solveol, Creosotal, Duotal, Xeroform, Orphol, Itrol,
Collargol, Acoin, Calodal, Calomelol,
Salit, beste Einreibung bei Rheumatosen,
diskreter Ersatz d Salb
Unguentum Heyden, nu, — [en
Novargan, „Zur Zeit bestes Mittel bei akufer Gonorrhöe“,
0 orol völlig reizloses Silberproteinat zur Behandlung von Diphtherie,
m » Angina etc.,
Blenal, Kohlensäureester des Santalols, Antigonorrhoicum,
Injektion Heyden zu schmerzlosen. Quecksilbereinspritzungen,
Bismut. bisalicyl., Bismut. bitannic,
Wir fabrizieren ferner Acetylsalicylsäure, in Substanz und als leicht zerfallende
Tabletten, Guajakol, Benzonaphtol, Hexamethylentetramin, Bismut. subnitr. etc.
Verkauf durch den Gross - Drogenhandel.
Chemische Fabrik von Heyden, Radebeul-Dresden.
Erklärung der
technischen Prüfungsmethoden
des
Deutschen Arzneibuches IV.
Von
Prof. Dr. Georg Heyl, Obermedizinalrat in Darmstadt.
Preis 60 Pf. portofrei.
Zu beziehen vom
Deutschen Apotheker - Verein, Berlin C.2.
Druck von Donter. & Nicolas, Berlin Ö., "Neue Friedrichstrasae 43.
_
m I
35185 00274 5527
SEEN BEN