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ARCHIV
DER
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herausgegeben
vom
Deutschen Apotheker- Verein
unter Redaktion von
E. Schmidt und H. Beckurts.
Band 253.
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Selbstverlag des Deutschen Apotheker -Vereins.
1915.
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ARCHIV
DER
PHARMAZIE
herausgegeben
vom
Deutschen Apotheker-Verein
unter Redaktion von
E. Schmidt und H. Beckurts.
Band 253. Heft 1.
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Selbstverlag des Deutschen Apotheker -Vereins. 22
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Ausgegeben den 11. Februar 1915.
Hder, Treber das a des Handel
Rupp und K. Linck, Zur Kenntnis des 2- O0: "
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Lehmann, Zur Gehaltsbestimmung organischer Silberpräpa
‚Vanino und A. Schinner, Ueber das Verhalten der Jodstäı
gegen die Pukall’sche Tonzelle und Vanino’s Reagens 24
Schmidt, Ueber das Ephedrin und Pseudoephedrn . . . .
Eberhard, Ueber das Ephedrin und verwandte Verbindung
Eingegangene Beiträge. | | . vi }
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CR. Trottner, Beiträge zur Qualitätsbestimmung Pe Insektenpı vi Ss
(Geschlossen den 4.11.1916.)
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| Diese Zeitschrift erscheint in zwanglosen Heften (In der Regel R "2
monatlich einmal) in einem jährlichen Umfange von 40 bi
50 Bogen. Ladenpreis für den Jahrgang Mk. 12,—.
Alle Beiträge für das „Archiv“ sind an die
Archiv- Redaktion
Herrn Geh. Reg.-Rat Professor Dr. E. Schmidt in Marburg (iessen).
oder Herrn Geh. Med.-Rat Professor Dr. H. Beckurts in Braunschweig, f
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den Wohnungswechsel betreffenden Mitteilungen an den Br
Deutschen Apotheker "Verein
Berlin NW 87, Terra) 16b
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R. Eder: Chrysarobin des Handels. 1
Mitteilung aus dem pharmazeutischen Institut
der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich.
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Ueber das Chrysarobin des Handels. NEW Y
BOTANI
Von Robert Eder. “ARD!
(Eingegangen den 10. XI, 1914.)
Unter dem Namen Chrysarobin brachte im Jahre 1875
die Firma D. S. Kemp!) in Bombay ein gereinigtes Araroba-
pulver in den Handel. Letzteres wird in Spalten und Höhlen
der Stämme von Andira Araroba Aguiar ausgeschieden,
einem stattlichen, zur Familie der Leguminosen gehörenden, und
in den Wäldern der ostbrasilianischen Provinz Bahia ein-
heimischen Baume. Das Ararobapulver war in dieser Provinz
wahrscheinlich schon sehr lange als Volksmittel im Gebrauch zur
Heilung mannigfacher Hautkrankheiten und wurde als Bahia-
pulver (Po’ di Bahia oder Poh di Bahia) auch in die anderen
Provinzen eingeführt. Portugiesische Kaufleute exportierten das
Pulver nach Indien, wo es, nach der portugiesischen Hafenstadt
Goa, meist Goa-Powder, seltener auch Brazil-Powder
genannt wurde. Die Herkunft und Gewinnung des Goapulvers
wurde von den Imperteuren geheim gehalten. Durch verschiedene
Umstände ging schließlich um die Mitte des 19. Jahrhunderts
dieses Geheimnis, um welches nur sehr wenige Kaufleute gewußt
zu haben scheinen, verloren. Das Pulver war auch in Indien als
Mittel gegen heftig grassierende Hautkrankheiten geschätzt und
sehr teuer bezahlt worden. Als nun 1863 die letzten Vorräte in
Bombay aufgebraucht waren, scheint dies dort eine große Kalamität
bewirkt zu haben, und so wandte sich denn 1863 die Firma
D. S. Kemp an die Londoner Pharmazeutische Gesellschaft um
den Ursprung dieser wertvollen und vielbegehrten Droge zu er-
mitteln®). In England war das Ararobapulver noch unbekannt,
aber seine Herkunft und Abstammung klärte sich dann in den
folgenden Jahren rasch auf, besonders durch die Mitteilungen
des brasilianischen Arztes Da Silva Lima?) und diejenigen
!) Pharm. Journal and Transactions (III), 5, 729 (1875).
2) Pharm. Journal and Transactions (II), 5, 345 (1863).
®) Pharm. Journal and Transactions (III), 5, 723 (1875).
Arch. d. Pharm. UCLIII. Bds. 1. Heft. L
2 R. Eder: Chrysarobin des Handels.
der Botaniker Monteiro!) und Aguiar?). Seither wird das
Ararobapulver auch in Europa als stark reduzierendes Mittel bei
Hautkrankheiten viel verwendet, besonders bei Psoriasis,
Ekzematiden, Trichophytien usw.®). Unter dem Namen
„Araroba depurata“ oder „Chrysarobin“ figuriert
es jetzt als ein wertvolles Mittel des Arzneischatzes in verschiedenen
Pharmakopöen.
Das Ararobapulver und das gereinigte Produkt, das Chrysarobin,
sind schon wiederholt Gegenstand chemischer Untersuchung gewesen.
Stets wurden als Hauptbestandteile Anthrachinonderivate gefunden.
In bezug auf die einzelnen Substanzen aber weichen die Resultate
dieser mühsamen Arbeiten noch ganz beträchtlich voneinander ab,
und das Problem kann noch nicht als gelöst betrachtet werden. Man
kann sich darüber kaum wundern, wenn man sich vergegenwärtigt,
welche Summe von Arbeit schon nötig war zur Isolierung und Rein-
darstellung der Bestandteile anderer Anthrachinonderivate enthaltender
Pflanzenstoffe. Ich erinnere an die Arbeiten von A. G. Perkin und
Hummel über die Chaywurzel und an die Darstellung reiner
Chrysophansäure aus Rhabarber und Chrysarobin durch O. Hesse
und durch Oesterle.
Die Schwierigkeiten bei der chemischen Erforschung des
Chrysarobins bestehen hauptsächlich darin, daß die verschiedenen
Substanzen, welche in demselben enthalten sind, sich einerseits durch
Oxydation augenscheinlich sehr leicht verändern, und daß sie sich
andererseits außerordentlich ähnlich verhalten, leicht zusammen-
krystallisieren zu schwer trennbaren Gemischen von fast konstantem
Schmelzpunkt, und daß vielleicht das Chrysarobin des Handels selbst
nicht immer eine konstante Zusammensetzung besitzt.
Nach Attfieldt), der 1875 die erste Untersuchung des
Chrysarobins ausführte, sollte dasselbe über 80% Chrysophansäure
enthalten. Liebermann und Seidler?) wiesen dann aber 1878
nach, daß im ursprünglichen Goapulver keine Chrysophansäure enthalten
sei, wohl aber zu 70-—73% eine Substanz, welche in alkalischer Lösung
energisch Luftsauerstoff aufnimmt und sich in Chrysophansäure ver-
wandelt. Diesen Körper haben Liebermann und Seidler
leider mit dem Namen Chrysarobin bezeichnet. Dadurch wurde
1) Union pharm. Vol. 19, 185; Referat im Jahresber. d. Pharm.
1878, 150.
2) Referat in Pharm. Journal and Transactions (III), 10, 42 (1879).
3) Vergl. „Grundriß der Dermatologie“ von J. Darier mit
Bemerkungen und Ergänzungen von J. Jadassohn (Berlin, Julius
Springer 1913).
4 Pharm. Journal and Transactions (III), 5, 721 (1875).
5) Ber. d. d. chem. Ges. 11, 1603 (1878) und Ann. d. Chemie
212, 29 (1882).
ei
R. Eder: Chrysarobin des Handels, & 3
Anlaß zu mannigfachen Irrtümern und Verwechselungen gegeben, denn
dieser Name ist, wie oben erwähnt, schon früher.von der Firma Kemp
zur Bezeichnung ihres Handelsproduktes, des gereinigten Araroba-
pulvers, das noch keine einheitliche Substanz darstellt, benützt worden
und ist auch jetzt noch die gebräuchliche Bezeichnung für die offizinelle
Droge. Liebermann und Seidler fanden die Zusammen-
setzung ihres „Chrysarobin‘‘ entsprechend der Formel C,,H,,0, und
stellten für den Körper die folgende Konstitutionsformel auf, in welcher
indessen die Stellung der Hydroxyl- und Methylgruppen noch nicht
feststeht:
H OH HO H
HO No OH HO ar biz
|
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Die Formel stützte sich neben den Analysenresultaten vor allem
auf die Tatsache, daß durch Oxydation des Chrysarobins Chrysophan-
säure (die seither als 1,8-Dioxy-ß#-methylanthrachinon erkannt wurde)
und durch Acetylierung eine Hexaacetylverbindung erhalten wurde,
welche bei der Oxydation mit Chromsäure vollständig acetylierte
Chrysophansäure ergab. Jetzt wissen wir aber, daß die von
Liebermann und Seidler aus dem Chrysarobin gewonnene
Chrysophansäure nicht rein war. Sie hatte den Schmelzpunkt 162°
(reine Chrysophansäure schmilzt bei 196—197°) und gab bei der
Analyse einen etwas zu niedrigen C-Gehalt. Beides spricht meiner
Ansicht nach dafür, daß sie mit Emodinmonomethyläther verunreinigt
war, der seither von Oesterle und Johann!) einwandfrei als
hartnäckiger Begleiter der Chrysarobin-Chrysophansäure nachgewiesen
worden ist.
1899 veröffentlichte OÖ. Hesse?) seine ersten Untersuchungen
des Ararobapulvers. Als Bestandteile desselben gab er an: Chrysarobin,
Methylchrysarobin und amorphe Produkte. Das Hess e’sche Chrysa-
robin ist aber nicht identisch mit dem gleichnamigen von Lieber-
mann und Seidler aufgefundenen Körper, sondern es kommt ihm,
wie Hesse durch die Molekulargewichtsbestimmung beweisen konnte,
eine einfachere molekulare Zusammensetzung zu, welche der Formel
C,;H,50, entspricht. Hesse betrachtet den Körper als Anthranol der
Chrysophansäure.
1) Dieses Archiv 248, 476 (1910).
2) Ann. d. Chem. 309, 32 resp. 53 (1899) und Journ. f. prakt.
Chem. 77, 383 (1908).
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Sehr bedeutungsvoll war für die Folge der Nachweis Hesse’s,
daß diesem Anthranol und auch der aus dem Chrysarobin oder aus dem
Rhabarber dargestellten Chrysophansäure stets noch eine methoxyl-
haltige Substanz beigemengt sei, welche den Schmelzpunkt der
Chrysophansäure erniedrigt. Hesse hielt dieselbe für den Mono-
methyläther des Chrysophansäureanthranols resp. für Chrysophansäure-
Monomethyläther.
1902 erschien eine neue Arbeit über das Chrysarobin des Handels
von Jowett und Potter?). Als Hauptbestandteile des genannten
Produktes werden von ihnen angegeben: Chrysarobin C,;H,,0, und
Diehrysarobin-Methyläther C,,H,,0,.CH,; daneben sollen noch wenig
Dichrysarobin C,,H3s,0-, ein Körper C,,H,,0, und amorphe Substanzen
vorkommen. Jowett und Potter stimmen mit Hesse darin
überein, daß das Chrysarobin als Anthranol der Chrysophansäure zu
betrachten sei; hingegen glauben sie, daß der methoxylhaltige Be-
gleiter dieses Chrysophansäureanthranols nicht das H e s s e’sche Methyl-
chrysarobin sei, sondern Dichrysarobin-Methyläther. Dem Dichrysarobin
schreiben sie die folgende Konstitution zu:
NEED
(OH) C(OH)
SHAOR)K SCH;.CH, CEO) er JCH;-CH,.
De re
Ein neues Licht brachte in diese Frage der methoxylhaltigen
Chrysophansäure erst eine 1910 erschienene Arbeit von Oesterle
und Johann?). Die Genannten untersuchten die unreine, aus Chrysa-
1) Hesse stellte allerdings eine von den obigen in der An-
ordnung der Hydroxyl- und Methylgruppen abweichende Konstitutions-
formel auf. Inzwischen ist aber durch die Arbeiten von Lieber-
mann, O. Fischer, Löger und Oesterle die Chrysophan-
säure als 1,8-Dioxy-ß-methylanthrachinon erkannt und ihre Konstitution
bewiesen worden. Zu den obigen zwei Formeln sei noch bemerkt, daß
neuerdings W. Schlenk, Appenrodt, Michael und Thal
beim Anthracen entschieden für die o-chinoide Formel II eingetreten
sind (Ber. d. d. chem. Ges. 47, 473 [1914)).
2) Transact. of the chem. soc. 1902, 1575.
3) Dieses Archiv 248, 476 (1910).
R. Eder: Chrysarobin des Handels. 5
robin durch Oxydation in alkalischer Lösung dargestellte Chrysophan-
säure und stellten fest, daß der methoxylhaltige Begleiter derselben
ein Monomethyläther des Frangulaemodins sei.
Der gleiche Aether findet sich neben Chrysophansäure auch im
Rhabarber. Er ist identisch mit dm Rheochrysidin Gilson’s
und mit dem von Hesse aus der gelben Wandflechte isolierten
Physcion, das früher von Zopf als Flechtenchrysophansäure be-
zeichnet worden war. Es ist nun wahrscheinlich, daß das Chrysarobin
den Emodinmonomethyläther in irgend einer Reduktionsstufe enthält,
während die Anwesenheit des H e s s e’schen Chrysophansäureanthranol-
Monomethyläthers (Methylchrysarobin) und des von Jowett und
Potter isolierten Dichrysarobin-Methyläthers nunmehr fraglich er-
scheint.
1912 führt Hesset) nach einer erneuten, einläßlichen Unter-
suchung als erwiesene Bestandteile des käuflichen Chrysarobins folgende
fünf Körper auf: Chrysophanol = Chrysophansäureanthranol ©, ;H}50;
(identisch mit dem früher vonHesseundvon JowettundPotter
als Chrysarobin bezeichneten Körper), Chrysophanol-Methyläther
C,sH,ı0, (identisch mit dem früheren Methylchrysarobin Hesse’s),
Emodinol = Emodinanthranol C,,H,>s0,, Emodinol-Monomethyl-
äther C,;H,,0, und Chrysarobol C,,H,>s0,. Bezüglich der Resultate
von Oesterle und Johann bemerkt Hesse, daß der methoxyl-
haltige Begleiter der Chrysarobin-Chrysophansäure, welcher deren
Schmelzpunkt herabsetzt, zwar Emodin-Monomethyläther sein könne,
ebensogut aber auch Methylchrysophansäure, da ein solches Gemisch
fast die gleiche Schmelzpunkterniedrigung zeige. Das Dichrysarobin
Jowett und Potter’ hält Hesse für ein Gemisch.
Fast gleichzeitig mit der Hesse’schen Arbeit erschien 1912
eine Publikation von Tutin und Clewer?), über das Chrysarobin
des Handels. In derselben werden als reguläre Bestandteile des
Chrysarobins aufgeführt: Chrysophansäure, Emodin-Monomethyläther,
Chrysophansäureanthranol und Dehydroemodinanthranol-Monomethyl-
äther, eine neue Substanz, der die Formel C,,;H,,0, und die Konstitution
C
HO. GH Do CH .CH,.OCH,.OH
° C
zugeschrieben wird. Gewisse Anzeichen deuten außerdem auf die An-
wesenheit geringer Mengen von Emodinol-Methyläther. Neben diesen
Körpern sind noch untrennbare und amorphe Produkte vorhanden.
In einem Chrysarobinmuster haben Tutin und Clewer außerdem
noch wenig Emodin, in zwei anderen Chrysarobinmustern und in
Ararobapulver noch eine neue Substanz, Ararobinol C,,H,,O, gefunden.
2) Ann. d. Chem. 388, 65 (1912).
2) Journ. of the chem. soe. London 101, 290 (1912).
6 R. Eder: Chrysarobin des Handels.
Bezüglich der Resultate Hesse’s bemerken Tutin und Clewer!),
daß sie im Chrysarobin, weder Chrysarobol noch Chrysophanolmethyl-
äther finden konnten, und daß Hesse’s Emodinol wohl durch Ent-
methylierung mit Jodwasserstoffsäure aus dem Dehydroemodinanthranol-
Monomethyläther entstanden sei. Der letztgenannte Körper konnte
von Tutin und Clewer aus allen untersuchten Mustern isoliert
werden, und zwar in den bemerkenswerten Mengen von 13,4—41,1%.
O0. Hesse hingegen will nie eine Andeutung vom Vorkommen eines
solchen Körpers beobachtet haben.
Aus dieser Uebersicht über den gegenwärtigen Stand unserer
Kenntnisse von der Zusammensetzung des Chrysarobins des Handels
geht hervor, daß das Problem noch nicht als gelöst betrachtet werden
kann, da die verschiedenen Untersuchungsresultate noch zu sehr von-
einander abweichen. Nachdem Oesterleund Johan nalsmethoxyl-
haltigen Begleiter der Chrysarobin-Chrysophansäure den Emodin-
Monomethyläther nachgewiesen und dadurch das Chrysarobinproblem
um einen bedeutenden Schritt gefördert haben, schien es mir zweck-
mäßig, zunächst im oxydierten Gesamt-Chrysarobin noch die übrigen
Bestandteile zu suchen und dieselben zu studieren. Dann konnte man
vielleicht mit Erfolg an. die viel schwierigere Aufgabe herantreten, die
leicht veränderlichen Reduktionsstufen dieser Körper, wie sie anscheinend
im ursprünglichen Chrysarobin und im Ararobapulver auftreten, zu
fassen. In dieser Abhandlung soll zunächst über die Bestandteile des
oxydierten Chrysarobins berichtet werden. In einer späteren Publi-
kation beabsichtige ich die Untersuchung des ursprünglichen Chrysa-
robins zu behandeln.
Experimenteller Teil.
Zu den nachfolgenden Untersuchungen wurde ein von
E. Merck in Darmstadt bezogenes Chrysarobin benützt, welches
das offizinelle Präparat der Pharmakopöen darstellt. Dasselbe
wird nach den Forderungen der Pharmacopoea Helvetica ed. IV
und nach der 5. Ausgabe des Deutschen Arzneibuches aus dem
Araroba- oder Goapulver durch Umkrystallisieren aus Benzol
erhalten. .
Oxydation des Chrysarobins.
50 g Chrysarobin wurden mit wenig I%iger Natronlauge in
der Reibschale fein angerieben, mit 1 Liter gleichstarker Lauge
in einen Zylinder gespült und nun unter Umrühren während einiger
Stunden in der Kälte Luft durchgeleitet. Schon beim Anreiben
nahm das Chrysarobin eine orangerote Farbe an. Während des
1) Proceedings of the chem. soc. London 1913, 285.
R. Eder: Chrysarobin des Handels. 7
Einleitens der Luft war ein eigentümlicher dumpfer Geruch be-
merkbar und zugleich ging ein großer Teil der Substanz mit tief-
roter Farbe in Lösung. Das Chrysarobin nimmt ziemlich begierig
Sauerstoff auf und verwandelt sich zum Teil in laugenlösliche
Anthrachinonkörper. Daneben entsteht bei dieser Oxydation in
alkalischer Lösung Wasserstoffsuperoxyd, wie schon 1900
Manchot!) gefunden hat. Ich kann dies bestätigen. Eine kleine
Menge der filtrierten alkalischen Lösung wurde mit Eis versetzt
und angesäuert. In der vom entstehenden Niederschlag abfiltrierten
klaren Lösung konnte durch die Reaktionen mit Kaliumbichromat
und mit Titansulfat Wasserstoffsuperoxyd nachgewiesen werden.
Auch nach mehrtätigem Stehen der alkalischen Lösungen fielen
die Reaktionen noch positiv aus. Nach Manchot, der diese
Verhältnisse der sogenannten Sauerstoffaktivierung beim Chry-
sarobin und ähnlichen Substanzen quantitativ studiert hat, ent-
steht das Wasserstoffsuperoxyd durch Wegoxydieren zweier locker
gebundener Wasserstoffatome und zwar in der Weise, daß auf
1 Molekül absorbierten Sauerstoffs 1 Atom aktiviert wird nach
der Gleichung:
RH, + 0, = R+H,00.
Die oxydierte Chrysarobinlösung, in welcher ein Teil der
Substanz noch ungelöst suspendiert war, wurde auf der Nutsche
filtriert. Nach dem Absaugen der tiefroten Laugen hinterblieb
ein gelber Rückstand, der in gleicher Weise wie das ursprüngliche
Chrysarobin wieder in 1%iger Natronlauge suspendiert und durch
Luft oxydiert wurde. Dies wurde noch etwa sechsmal mit dem
jeweiligen Rückstande wiederholt. Dann entstanden beim Durch-
leiten der Luft schließlich nur noch schwächer rot gefärbte Laugen
und es ging nur mehr wenig Substanz in Lösung. Nach dem Ab-
filtrieren hinterblieb zuletzt ein blaßgelber, an der Oberfläche etwas
grauvioletter Rückstand (B). Die vereinigten filtrierten roten
Laugen (A) wurden mit verdünnter Schwefelsäure angesäuert.
Dabei fiel ein feiner brauner Niederschlag aus, der nach dem Ab-
filtrieren, Auswaschen und Trocknen ca. 28 g braunes Pulver dar-
stellte. Das saure Filtrat war schwach gelb gefärbt und gab beim
Ausschütteln mit Benzol eine gelbe Lösung, in welcher nach dem
Verdunsten durch Mikrosublimation sehr wenig Emodin (vergleiche
später) nachgewiesen werden konnte.
!) Ann. d. Chem. 314, 177 resp. 191 (1900).
8 R. Eder: Chrysarobin des Handels.
A. Die in kalter I%iger Natronlauge löslichen Bestandteile
des oxydierten Chrysarobins.
Wurde das aus den Laugen ausgefällte und getrocknete braune
Pulver direkt mit Benzol ausgekocht, so entstanden braunrote
Lösungen. Nach häufig wiederholtem Auskochen blieb ein dunkles
Pulver zurück, das mit Benzol nur noch schwach braunrote Lösungen
gab. Beim Schütteln derselben mit 10%iger wässeriger Soda-
lösung entfärbte sich die Benzollösung vollkommen unter Aus-
scheidung eines schleimigen violetten Niederschlages. Wurden
die ersten, konzentrierteren Benzolauskochungen mit 10%iger
wässeriger Sodalösung geschüttelt, so entstanden mehr oder weniger
rot gefärbte Sodalösungen und orangegelbe Benzollösungen, und
zwischen beiden schieden sich reichlich voluminöse, schleimige,
schmutzig violett gefärbte Massen aus, welche lästige Emulsionen
verursachten. Dieselben konnten zwar dutch maschinelles Zen-
trifugieren rascher getrennt werden, aber das Verfahren erwies
sich doch als zu umständlich, besonders weil es kaum möglich war,
auch bei wiederholtem Ausschütteln mit Soda die Benzollösungen
ganz von diesen violetten Ausscheidungen zu befreien.
Viel besser verfährt man folgendermaßen: Das aus den
1% igen Natronlaugen durch Ansäuern ausgefällte, abfiltrierte und
ausgewaschene Pulver wird noch feucht mit etwas 10%,iger wässeriger
Sodalösung fein angerieben, auf dem Wasserbad zur Trockene
verdampft, die entstandene violette, sodahaltige Masse fein
gepulvert und nun wiederholt mit trockenem Benzol ausgekocht.
Es entstehen zuerst braunrote, zuletzt nur noch blaßgelb gefärbte
Lösungen (I), und ein violetter, sodahaltiger Rückstand (II)
bleibt ungelöst zurück.
I. Verarbeitung der Benzeollösungen.
Die vereinigten Benzollösungen wurden konzentriert und
dann mit 10%, iger wässeriger Sodalösung geschüttelt. Ohne Emul-
sionsbildung erhält man glatt rote Sodalösungen und braunrote
Benzollösungen, die nach wiederholtem Ausschütteln mit Soda
an diese nichts mehr abgeben.
1. Emodin.
Aus den roten Sodalösungen fielen beim Ansäuern orange-
gelbe Flocken aus, die nach dem Auswaschen und Trocknen ein
braunrotes Pulver darstellten. Dasselbe wurde aus Pyridin unter
Zusatz von etwäs Wasser umkrystallisiert und dadurch in braun-
R. Eder: Chrysarobin des Handels. 9
roten Nädelchen vom Schmelzpunkt 251° erhalten. Die Vakuum-
sublimation derselben im Diepolder’schen Apparat!) bei 225°
Temperatur und ca. 12 mm Druck ergab prachtvolle orangerote
Nadeln, die bei 256—257° schmolzen. Die Substanz zeigt den
Schmelzpunkt und die bekannten Eigenschaften des Frangula-
emodins. Sie löst sich leicht in kalter wässeriger Soda und in kon-
zentrierter Schwefelsäure mit kirschroter Farbe und schwachem
Blaustich. Die Ausbeute war gering. Aus 50 g Chrysarobin wurden
etwa 0,1 g reines Emodin gewonnen. Es mußten daher 250 g
Chrysarobin in der beschriebenen Weise verarbeitet werden, um
genügend Substanz für die Analyse und die Herstellung des Acetyl-
derivates zu erhalten.
Die Analyse der sublimierten Substanz ergab aus 0,1354 g
0,3301 g CO, und 0,0472 g H,O.
Gefunden: Berechnet für C,,H,00;:
©,=766:5 66,66%
3,3.) 3,73%
Zur Bestätigung des Analysenresultates wurde der Körper
noch in das Acetylderivat übergeführt. Die Acetylierung erfolgte
nach der Vorschrift von Fischer und Groß?) Das Acetyl-
derivat wurde wiederholt aus wenig Eisessig umkrystallisiert und
so in schönen hellgelben Nadeln und Prismen erhalten. Der Schmelz-
punkt des Triacetylemodins wurde in Uebereinstimmung mit
Fischer und Groß und mit Oesterle bei 197° gefunden,
während von ©. Liebermann 190° von Tutinund Clewer
192%, von Schwabe, Tschirch und Heuberger und
Tscehirch und Edner 193° angegeben werden.
2. Chrysophansäure und Emodinmonomethyl-
äther.
Die mit wässeriger Sodalösung erschöpfend ausgeschüttelten
Benzollösungen wurden mit Wasser gewaschen, dann durch Filtrier-
papier getrocknet und konzentriert. Beim Erkalten schieden sich
aus der Benzollösung prachtvolle goldbronzefarbene Krystallisa-
tionen aus. Insgesamt wurden etwa 16 g gewonnen. Der Schmelz-
punkt des durch Mischen und Pulverisieren einer Probe erhaltenen
schön orangefarbenen Pulvers lag bei 163—165°. Die Substanz
löst sich leicht und mit intensiv roter Farbe in verdünnten Laugen
und in konzentrierter Schwefelsäure, etwas schwerer in heißer
1) Chem.-Ztg. No. 1, 1911.
2) Journ. f. prakt. Chem. 84, 376 (1911).
10 R. Eder: Chrysarobin des Handels.
wässeriger Soda. Aus letzterer Lösung scheidet sie sich beim Er-
kalten in amorphen Flocken wieder aus. Diese Eigenschaften und
der Schmelzpunkt deuteten auf eine methoxylhaltige Chrysophan-
säure, deren Anwesenheit im oxydierten Chrysarobin schon von
Hesse konstatiert worden war. Oesterle und Johann
haben den methoxylhaltigen Begleiter der Chrysarobin-Chrysophan-
säure als Emodinmonomethyläther erkannt.
Bei der Methoxylbestimmung nach Zeisel ergaben 0,1687 g
unserer Substanz 0,0484 g AgJ, entsprechend 0,006389 g OCH,.
Dies entspricht einem Gehalt von 0,04862 g Emodinmono-
methyläther. Die obigen Krystallisationen würden demnach ein
Gemisch von 71,2%, Chrysophansäure C,5H,.0, und 28,8%, Emodin-
monomethyläther C,,H},0, darstellen. Das mit Jodwasserstoffsäure
entmethylierte Produkt mußte die Anthranole der Chrysophansäure
und des Emodins enthalten, da die Jodwasserstoffsäure zugleich
reduzierend wirkt. Dies konnte im Vorversuch bestätigt werden.
Das entmethylierte Produkt wurde in Wasser gespült, filtriert,
mit etwas verdünnter Bisulfitlösung und Wasser gewaschen. Es
hinterblieb ein gelbes Pulver, das in verdünnter Natronlauge
suspendiert beim Durchleiten von Luft mit roter Farbe in Lösung
ging. Beim Ansäuern der Lauge wurde ein brauner Niederschlag
gefällt, der sich in kochender Sodalösung bis auf einen geringen
dunklen Rückstand löste. Beim Erkalten schied sich der größte
Teil in Flocken und als gelbe Haut wieder aus (Chrysophansäure),
während ein anderer Teil mit roter Farbe in der kalten Soda gelöst
blieb (Emodin).
Um in dem methoxylhaltigen Gemisch Chrysophansäure und
Emodinmonomethyläther einwandfrei nachzuweisen und vonein-
ander zu trennen, wurden die nachfolgenden Versuche ausgeführt.
a) Trennung durch Lösungsmittel. =
Isolierung von Emodinmonomethyläther.
Es sind schon zahllose Versuche gemacht worden, aus methoxyl-
haltiger Chrysophansäure durch fraktionierte Krystallisation reine
Chrysophansäure zu gewinnen. Aber die Versuche scheiterten
meist an der Tatsache, daß die Chrysophansäure und ihr methoxyl-
haltiger Begleiter, der Emodinmonomethyläther, sich fast in jeder
Beziehung gleich verhalten. Diese Aehnlichkeit geht so weit, daß
das Gemisch dieser beiden Körper in den Jahren 1857—1905 von
den meisten Forschern für einheitliche oder höchstens noch nicht
ganz reine Chrysophansäure gehalten worden ist. Auffallend war
R. Eder: Chrysarobin des Handels. 11
\
dabei allerdings, daß die aus Rheum- oder Rumexarten, aus Senna
oder Chrysarobin dargestellten Chrysophansäuren die verschiedensten
Schmelzpunkte zeigten. Dieselben bewegen sich nach einer Zu-
sammenstellung von Oesterlet) von 154—19°. Tschirch?)
sprach die Vermutung aus, daß es sich möglicherweise um ver-
schiedene isomere Körper handeln könnte. Diese Vermutung hat
sich bis jetzt nicht bestätigt. Hingegen haben Oesterle und
Johann?) nachgewiesen, daß der methoxylhaltige Begleiter der
unter sich identischen Chrysarobin- und Rhabarberchrysophansäure
ein und derselbe Emodinmonomethyläther ist. Dieser Aether ist
seither von Tschirch und seinen Schülern®) auch in der Radix
Lapathi und in der Cascara Sagrada-Rinde gefunden worden, und
es ist wahrscheinlich, daß er auch noch in anderen Pflanzenstoffen
neben Chrysophansäure vorkommt.
Aus dem Chrysarobin haben C. Liebermann und
P. Seidlerd) und später V. Grandis®) eine Chrysophansäure
vom Schmelzpunkt 162° gewonnen. Hesse?) ermittelte für eine
solche Chrysophansäure einen Methoxylgehalt von 3,26%, und
berechnete daraus einen Gehalt von 71,8% Chrysophansäure und
28,2%, Methylehrysophansäure. Dieses Resultat stimmt zahlenmäßig
gut mit unserer obigen Bestimmung überein, auch wenn man es
auf Emodinmonomethyläther umrechnet, den wir jetzt an Stelle
der Methylchrysophansäure als methoxylhaltigen Begleiter der
Chrysophansäure anerkennen. Wir ermittelten für unsere ebenfalls
bei 162° schmelzende methoxylhaltige Chrysophansäure einen
Gehalt von ca. 29% Emodinmonomethyläther.
Tscehirch und Cristofoletti®) nehmen an, daß der
Schmelzpunkt der Chrysophansäure um so tiefer liege, je größer
der Methoxylgehalt sei. Eine solche Beziehung kann aber, schon
vom physikalisch-chemischen Standpunkt aus beurteilt, nur inner-
halb gewisser Grenzen Geltung haben; denn wenn der Schmelzpunkt
der reinen Chrysophansäure bei 196°, derjenige des reinen Emodin-
monomethyläthers bei 206—207° liegt, so ist es klar, daß ein be-
!) Dieses Archiv 243, 435 (1905).
®) Ber. d. d. pharm. Ges. 8, 189 (1898).
3) Dieses Archiv 248, 476 (1910).
4) Ibidem 250, 20 (1912) und 250, 95 (1912).
5) Ber. d. d. chem. Ges. 11, 1603 (1878) und Ann. d. Chem.
212, 29 (1882).
%) Ann. chim. farm. 15, 3; Referat im Centralblatt 1892, 592.
‘) Ann. d. Chem. 309, 36 (1899).
®) Dieses Archiv 243, 451 (1905).
12 R. Eder: Chrysarobin des Handels.
stimmtes Mischungsverhältnis der beiden Substanzen den niedrigsten
Schmelzpunkt zeigen muß, der dann aber stdigen wird, sowohl
wenn der Gehalt an Chrysophansäure als auch wenn derjenige
des Emodinmonomethyläthers im Gemisch zunimmt. Gilson!)
hat denn auch durch Mischungsversuche die nachfolgenden Schmelz-
punkte ermittelt:
ein Gemisch von 1 T. Chrysophansäure und 1 T. Emodinmono-
methyläther schmilzt bei 163—167°;
ein Gemisch von 3 T. Chrysophansäure und 1 T. Emodinmono-
methyläther schmilzt bei 163—184°;
ein Gemisch von 1 T. Chrysophansäure und 3 T. Emodinmono-
methyläther schmilzt bei 180—187°.
Aus diesen Zahlen ergibt sich, daß man aus den Schmelzpunkt-
angaben allein noch nicht eindeutig auf einen bestimmten Methoxyl-
gehalt bezw. Gehalt an Emodinmonomethyläther schließen kann.
Die Trennung des Gemisches von Chrysophansäure und
Emodinmonomethyläther durch Lösungsmittel gelingt nur un-
vollständig. Auch als Acetylderivate und Methyläther zeigen
diese beiden Körper nach Oesterle?) fast die gleichen Lösungs-
verhältnisse und lassen sich nur schwer und unvollständig trennen.
Die Angabe von Tschirch und Ruszkowsk?), dab
Emodinmonomethyläther in Petroläther viel leichter löslich sei
als Chrysophansäure kann ich nicht bestätigen. Beide Körper
lösen sich in Petroläther ungefähr gleich schwer, und zwar etwa
im Verhältnis 1 : 5000. Richtig ist dagegen die übereinstimmende
Angabe von Lilienthal, O. Hesse und von Oesterle
und Johann, daß der Emodinmonomethyläther in kaltem Alkohol
viel schwerer löslich ist als Chrysophansäure.
Es ist mir gelungen aus dem Gemisch von Chrysophansäure
und Emodinmonomethyläther einen Teil des Aethers rein zu ge-
winnen. Die Chrysophansäure hingegen konnte durch fraktionierte
Krystallisation nicht vollständig vom Emodinmonomethyläther
befreit werden. Aehnlich ist es Oesterle und Johann nur
gelungen, aus dem Gemisch der Acetate beider Körper etwas
chrysophansäurefreies Aetheracetat zu gewinnen, nicht aber die
Acetylchrysophansäure ganz vom Aetheracetat zu befreien.
12 & unserer als methoxylhaltige Chrysophansäure betrachteten
Substanz vom Schmelzpunkt 163—165° (enthaltend laut Methoxy]-
bestimmung ca. 29% Emodinmonomethyläther) wurden am Rück-
1) Arch. intern. de Pharmacodyn. et de Therapie vol. XIV, 495.
2) Dieses Archiv 248, 481 (1910).
3) Ibidem 251, 131 (1913).
R. Eder: Chrysarobin des Handels. 13
flußkühler mit 1800 ccm Alkohol gekocht, etwas erkalten gelassen
und dann noch lauwarm auf die Nutsche gegossen. Der auf dem
Filter bleibende Anteil wurde noch zweimal in gleicher Weise mit
Alkohol ausgekocht und stellte dann etwa 2 g schon ziemlich reinen
fast chrysophansäurefreien Emodinmonomethyläther dar vom
Schmelzpunkt 199— 200°. Durch Umkrystallisieren aus Chloroform
wurden 1,2g schön orangefarbene Nadeln erhalten, die in ver-
schiedenen Fraktionen alle Schmelzpunkte von 199—204° auf-
wiesen. Durch wiederholtes Umkrystallisieren aus heißem Alkohol
im Verhältnis 1 : 1000 wurden die letzten Reste von Chrysophan-
säure entfernt und der Emodinmonomethyläther in feinen, seide-
glänzenden, prachtvoll orangefarbenen Nadeln erhalten, welche
den Schmelzpunkt 205—206° zeigten. Unter dem Mikroskop sieht
man außer den Nadeln spärlicher auch zarte gelbe Blättchen.
0,1523 g Substanz gaben 0,3792 g CO, und 0,0616 g H,O.
Gefunden: Berechnet für C,,H,50;:
& 5=167,5 67,58%
H—= Ad 4,26%,
Aus den warmen alkoholischen Filtraten von der Gewinnung
des Emodinmonomethyläthers schieden sich beim Erkalten fast
rein gelbe oder goldbronzefarbene Krystallblättchen von methoxyl-
haltiger Chrysophansäure ab. Dieselben zeigten einen durchschnitt-
lichen Schmelzpunkt von 166—168°.
Die Methoxylbestimmung nach Zeisel ergab aus 0,2094 g
Substanz 0,0391 g AgJ, entsprechend 0,00516 g OCH,.
Daraus berechnet sich ein Gehalt von 18,76 oder ca. 19%
Emodinmonomethyläther. Durch die Behandlung mit Alkohol
waren also dem ursprünglichen Gemisch ca. 10% Emodinmono-
methyläther entzogen worden. Die verbleibende methoxylhaltige
Chrysophansäure wurde nochmals in der beschriebenen Weise
mit viel Alkohol behandelt. Aber es konnten weder weitere Mengen
von Emodinmonomethyläther noch reine, methoxylfreie Chrysophan-
säure gewonnen werden. Auch durch die anderen gebräuchlichen
Lösungsmittel wie Chloroform, Benzol usw. war eine weitere Trennung
nicht zu erzielen. Immer wurden methoxylhaltige Chrysophan-
säuren erhalten, deren Schmelzpunkte von 162—180° varlierten.
b) Trennung durch Sublimation.
V. Grandis!) hat Chrysarobin-Chrysophansäure, die einen
von 162—187° schwankenden Schmelzpunkt zeigte, der Sublimation
1) Ann. chim. farm. 15, 3; Reierat im Chem. Centralbl. 1892, 592.
14 R. Eder: Chrysarobin des Handels.
unterworfen und dadurch den Schmelzpunkt des Produktes auf
185—187° gehoben. Durch Umkrystallisieren aus Alkohol stieg dann
der Schmelzpunkt noch weiter auf 190—191°. Auch C. Lieber-
mann und P. Seidler!) berichten schon, daß Chrysophansäure,
wenn sie nicht sublimiert sei, bei der Analyse stets zu niedere Zahlen
im Kohlenstoff liefere.
Es war daher von Interesse, nochmals zu untersuchen, wie
sich die methoxylhaltige Chrysophansäure bei der Sublimation
verhält und ob etwa auf diesem Wege eine Trennung der Chrysophan-
säure vom Emodinmonomethyläther erzielt werden könnte.
Eine geringe Menge methoxylhaltiger Chrysophansäure vom
Schmelzpunkt 166—168° und einem Gehalt von ca. 19% Emodin-
monomethyläther wurde im Apparat von Diepolder?) bei
200° und ca. 12 mm Druck sublimiert. Es hinterblieb kein nennens-
werter Rückstand. Das Sublimat bestand aus intensiv orangeroten,
moosartigen Krystallen, die mit gelben Blättchen besetzt waren.
Die sublimierte Substanz schmolz sehr unscharf bei 165—180°
und zeigte ungefähr den gleichen Methoxylgehalt wie das Ausgangs-
material.
Beim Mikrosublimationsversuch im luftverdünnten Raum nach
dem schon früher von mir angewendeten Verfahren?) wurde sowohl
bei der Sublimation einer Probe reiner Chrysophansäure wie auch
reinen Emodinmonomethyläthers bei ca. 150° die Bildung zarter
Sublimate beobachtet. Beide Körper sublimieren also bei gleichen
Temperaturen und mit ungefähr gleichen Geschwindigkeiten. Die
Mikrosublimate bestanden bei beiden Körpern größtenteils aus
feinen, blaßgelben Nadeln, die oft verwachsen waren. Neben diesen
erschienen weniger zahlreich kleine Blättchen, die bei der Chrysophan-
säure viel vollkommener ausgebildet waren als beim Emodinmono-
methyläther.
Eine Trennung der beiden Körper durch Vakuumsublimation
war nicht möglich.
c) Trennung durch Entmethylierung.
Isolierung von Chrysophansäure.
Will man die Chrysophansäure ganz von ihrem methoxyl-
haltigen Begleiter befreien, so muß man entmethylieren. Es sind
zu diesem Zwecke verschiedene Methoden vorgeschlagen worden.
2) Ann. d. Chem. 212, 36 (1882).
2) Chem.-Ztg. 1911, No. 1.
3) Schweiz. Wchschr. f. Chem. u. Pharm. 1913, No. 16, 17, 18.
R. Eder: Chrysarobin des Handels. 15
1. Man kann die methoxylhaltige Chrysophansäure nach
O0. Fischer und H. Groß!) durch Erhitzen mit Salzsäure im
Einschlußrohr entmethylieren. Die Methode liefert sehr gute
Resultate.
1 g unserer methoxylhaltigen Chrysophansäure vom Schmelz-
punkt 165—168° wurde mit 6 ccm Eisessig und 5 ccm konzentrierter
Salzsäure während 2—3 Stunden im Einschlußrohr auf 190° er-
hitzt. Nach dem Erkalten hatten sich in der Röhre in reichlicher
Menge prachtvolle orangefarbene Nadeln und gelbe Blättchen
abgeschieden, außerdem einige dunkle zusammengeschmolzene
Massen. Die Säure, welche durch etwas gelöstes Emodin zitronengelb
gefärbt war, wurde abfiltriert. Die zurückbleibenden Krystalle
wurden dreimal mit 10%iger wässeriger Sodalösung ausgekocht
und die Lösungen nach dem Erkalten filtriert. Die kalten Soda-
lösungen sind leuchtend rot und färben das Filtrierpapier hochrot.
Beim Ansäuern schieden sich rein orangegelbe Flocken ab, die
nach dem Abfiltrieren und Trocknen ca. 0,15 g braunrotes Pulver
darstellten. Dasselbe zeigte die Eigenschaften des Frangulaemodins.
Durch Sublimation im Vakuum wurden prachtvolle orangerote
Nadeln vom Schmelzpunkt 256—257° erhalten.
In kalter Soda ungelöst blieben ca. 0,8 g orangerotes Pulver.
Durch Umkrystallisieren aus Benzol-Alkohol wurden ca. 0,6 g
zarte, goldbronzefarbene, unter dem Mikroskop gelbe Blättchen
erhalten, welche bei 194° schmolzen.
0,1645 g Substanz gaben 0,4264 g CO, und 0,0617 g H,O.
Gefunden: Berechnet für C,,H,0O,(CH,) (OH);:
= 120,7 70,84%
H= 42 3,97%
Die Analyse und die Eigenschaften des Körpers stimmen auf
Chrysophansäure. Sie erwies sich im Versuch nach Zeisel methoxy]-
frei. Durch wiederholtes Umkrystallisieren einer größeren Menge
aus Ligroin im Verhältnis 1 : 450 wurden schöne goldgelbe Blättchen
erhalten, welche den Schmelzpunkt 196° zeigten. Derselbe Schmelz-
punkt wurde 1905 von Gilson und von Oesterle bei reinster
Chrysophansäure bestimmt. Die Chrysophansäure löst sich nicht
in kalter wässeriger Soda, wohl aber beim Erhitzen. In wässerigen
Alkalien ist sie in der Kälte leicht löslich mit intensiv roter Farbe.
In konzentrierter Schwefelsäure löst sie sich hochrot wie Emodin-
monomethyläther ; durch Zusatz von Borsäure werden beide Lösungen
violettstichig.
ı) Journ. f. prakt. Chem. 84, 371 (1911).
16 R. Eder: Chrysarobin des Handels.
2. Man kann die methoxylhaltige Chrysophansäure auch
nach ©. Hesset) durch dreistündiges Kochen mit Zeisel’scher
‚Jodwasserstoffsäure entmethylieren. Infolge gleichzeitiger Reduktion
erhält man dann Chrysophansäureanthrano!l und Emodinanthranol,
die durch Oxydation mit Luftsauerstoff in alkalischer Lösung
oder mit Chromsäure in Eisessig wieder in die entsprechenden
Anthrachinonderivate übergeführt werden können. Durch Extraktion
mit kalter Sodalösung kann man sodann Emodin und Chrysophan-
säure trennen.
1 g methoxylhaltige Chrysophansäure, in der durch Methoxyl-
bestimmung ein Gehalt von ca. 19% Emodinmonomethyläther
ermittelt worden war, wurde mit 20 cem Zeisel’scher Jodwasser-
stoffsäure vom spezifischen Gewicht 1,70 während einer Stunde
unter Luftabschluß gekocht. Das Reaktionsprodukt bildete nach
dem Abfiltrieren und Auswaschen mit etwas verdünnter Bisulfit-
lösung ein bräunlichgelbes Pulver. Dasselbe wurde in 1%iger
Natronlauge suspendiert und Luft durchgeleitet, bis eine intensiv
rote Lösung entstanden war. Dann wurde abfiltriert und der un-
gelöste Rückstand noch zweimal in gleicher Weise der Luftoxydation
unterworfen. Es hinterblieb dann ungelöst nur noch eine geringe
Menge dunkelviolettes Pulver, das nicht näher untersucht werden
konnte. Aus den intensiv roten Laugen wurden beim Ansäuern
dunkelbraune Flocken gefällt. Dieselben wurden abfiltriert und
ausgewaschen. Das saure Filtrat war durch etwas gelöstes Emodin
schwach gelb gefärbt. Der Filterrückstand wurde viermal mit
10%, iger Sodalösung ausgekocht. Die nach dem Erkalten filtrierten
Sodalösungen waren nicht hochrot, wie bei der Entmethylierung
mit Salzsäure, sondern violettrot. Der in kalter Soda unlösliche
Rückstand war dunkel grünlichbraun und betrug etwa 0,6 g. Er
wurde mit etwas Sodalösung angerieben, zur Trockene verdampft
und dann wiederholt mit Benzol ausgekocht. Aus den goldgelben
Benzollösungen konnten ca. 0,4 g schön goldglänzende Chrysophan-
säure vom Schmelzpunkt 193—194° gewonnen werden. Die nach
dem Auskochen mit Benzol hinterbleibende violett gefärbte Soda
hinterließ beim Ansäuern einen dunklen Rückstand amorpher
Produkte, die sich in konzentrierter Schwefelsäure teilweise mit
schmutzig violetter Farbe lösten. In den meisten organischen
Lösungsmitteln waren sie unlöslich oder sehr schwer löslich wie
in Eisessig und Benzol. Aus letzterer Lösung werden die Stoffe
beim Schütteln mit wässeriger Sodalösung in violetten Flocken
1) Ann. d. Chem. 388, 70 (1912).
R. Eder: Chrysarobin des Handels. 17
ausgefällt. Diese dunklen Produkte sind augenscheinlich identisch
mit den violettroten und braunroten Stoffen, die, wie an anderer
Stelle dieser Abhandlung erwähnt wird, in ziemlich reichlicher
Menge auch in unserem oxydierten Chrysarobin gefunden wurden.
Es sind wohl Nebenprodukte, welche bei der Oxydation der An-
thranole in alkalischer Lösung entstehen. Daß sich bei der Oxydation
von Chrysophansäure-Hydranthron oder -Anthranol viele dunkle
Produkte bilden, ist auch schon von Hesse!) und später von
Tscehirceh und Heuberger?) und von Oesterle°) be-
obachtet worden.
Die violettroten Sodalösungen schieden beim Ansäuern braun-
rote (nicht rein orangefarbene wie im Entmethylierungsversuch
mit Salzsäure) Flocken aus, die nach dem Auswaschen und Trocknen
ca. 0,4 g dunkelbraunes Pulver darstellten. Dasselbe wurde im
Diepolder’schen Apparat der Sublimation unterworfen. Doch
nur ein geringer Teil war flüchtig. Das Sublimat erwies sich unter
dem Mikroskop als nicht einheitlich. Außer den charakteristischen
orangefarbenen Emodinkryställchen zeigten sich noch braune
Nädelchen und Aggregate kurzer Prismen, die sich in konzentrierter
Schwefelsäure teilweise fast rein violett lösten. Eine genauere
Identifizierung war wegen der geringen Substanzmenge leider
nicht möglich.
3. Da sich nach den vorhergehenden Versuchen die methoxyl-
haltige Chrysophansäure durch Salzsäure oder Jodwasserstoffsäure
verhältnismäßig leicht entmethylieren läßt, so lag es nahe, zu ver-
suchen, ob der Methyläther auch nach dem von Stoermert)
bei Phenoläthern angewendeten Verfahren durch längeres Kochen
mit Bromwasserstoff-Eisessig gespalten werden könnte. In ver-
schiedenen Versuchen wurde je 1 g methoxylhaltige Chrysophan-
säure mit einem Gemisch von 30 cem Eisessig und 6 ccm Brom-
wasserstoffsäure 1,49, bezw. 30 cem Eisessig und 15 cem Brom-
wasserstoffsäure 1,54, bezw. 20 ccm Essigsäureanhydrid und 20 cem
Bromwasserstoffsäure 1,49 je drei Stunden lang am Rückflußkühler
gekocht. Das Reaktionsprodukt wies jedoch in allen Versuchen
noch den ursprünglichen Methoxylgehalt auf.
4. NachOesterleund Johann?) kann man die methoxyl-
haltige Chrysophansäure auch entmethylieren durch Erhitzen mit
# Ann. d. Chem. 309, 60 (1899).
2) Dieses Archiv 240, 606 (1902).
®) Ibidem 249, 448 (1911).
% Ber. d. d. chem. Ges. 41, 321 (1908).
°) Dieses Archiv 248, 479 (1910.)
Arch. d. Pharm. CCLIII. Bds. 1. Heft. 2
18 R. Eder: Chrysarobin des Handels.
trockenem, gepulvertem Aluminiumchiorid.. Es entstehen aber dabei
viele harzige Produkte, und die Ausbeute ist schlecht.
5. Sehr befriedigend verläuft hingegen nach Oesterle und
Johann die Entmethylierung mit konzentrierter Schwefelsäure.
Ich kann dies bestätigen. 1 g methoxylhaltige Chrysophansäure
mit einem Gehalt von ca. 19% Emodinmonomethyläther
‘wurde in 70 ccm konzentrierter Schwefelsäure gelöst und nach
der Vorschrift vonOesterleund Johannim Oelbad 1, Stunde
lang auf 160° erhitzt, erkalten gelassen und auf Eis gegossen. Der
ausgeschiedene grünlichbraune, flockige Niederschlag wurde aus-
gewaschen, dann mehrmals mit verdünnter Sodalösung ausgekocht
und die hochroten Sodalösungen nach dem Erkalten filtriert. Der
ungelöste dunkelbraune Rückstand löste sich bis auf einen geringen
Rest in heißem Alkohol. Aus dieser Lösung wurden etwa 0,4 g
ziemlich reine, methoxylfreie Chrysophansäure erhalten, die nach
dem Sublimieren im Vakuum orangefarbene Nadeln und Blättchen
vom Schmelzpunkt 194° bildeten.
Die Sodalösungen gaben beim Ansäuern rein orangegelbe
Flocken, aus denen nach dem Trocknen durch Vakuumsublimation
‚direkt 0,14 g reinstes Emodin in orangeroten Nadeln vom Schmelz-
punkt 256—257° gewonnen werden konnte.
Mit Rücksicht auf die Ausbeute an Chrysophansäure und
"Emodin gaben von den verschiedenen beschriebenen Entmethy-
‚lierungsmethoden diejenige mit Salzsäure im Rohr und die Ent-
methylierung mit konzentrierter Schwefelsäure die besten Resultate.
II. Verarbeitung des Rückstandes.
Der violette, mit Benzol extrahierte, sodahaltige Rückstand
wurde mit Wasser versetzt und gekocht. Die entstehenden un-
durchsichtigen, bei starkem Verdünnen intensiv rot erscheinenden
Lösungen (1) wurden von dem ungelöst bleibenden dunklen Rück-
stand (2) abfiltriert.
Beim Ansäuern der Sodalösungen (1) fielen feine braunrote
Flocken aus, die getrocknet ca. 1,5 g schwarzes Pulver darstellten.
Die sauren Filtrate waren schwach gelb gefärbt und deuteten auf
einen Gehalt an Emodin. Um dieses zu gewinnen, wurde das Pulver
in Pyridin gelöst. Aus der Lösung schieden sich aber nur spärliche
Nadeln von Emodin ab. Beim Verdunsten hinterließ die Lösung
einen braunen harzigen Rückstand. In konzentrierter Schwefelsäure
löste er sich schmutzig violett. In den meisten organischen Lösungs-
mitteln war er unlöslich. Eisessig nabm sehr wenig auf; beim Kon-
R. Eder: Chrysarobin des Handels, 19
zentrieren schied sich aus der Lösung ein dunkles amorphes Pulver
ab, das getrocknet und im Vakuum der Sublimation unterworfen
wurde. Aber nur ein sehr geringes Sublimat von Emodin und
Chrysophansäure konnte erhalten werden; der größte Teil blieb
als nicht sublimierbares, amorphes Pulver zurück.
Der in Soda unlösliche Anteil (2) bildete nach dem Ansäuern,
Auswaschen und Trocknen ca. 9 g braunrotes Pulver. Dasselbe
war nicht sublimierbar und in den meisten organischen Lösungs-
mitteln unlöslich. Benzol nimmt etwas mit bräunlichgelber Farbe
auf; beim Schütteln mit wässeriger Soda scheiden sich unter Ent-
färbung der Benzollösung violette Flocken ab, aus denen nichts
Krystallinisches gewonnen werden kann. Auch Eisessig löst sehr
wenig mit tief braunroter Farbe, aber aus der Lösung werden nur
amorphe, braune Produkte erhalten. Auch beim Auskochen mit
5%iger Natronlauge ging nur sehr wenig Substanz mit tief violett-
roter Farhe in Lösung, was um so auffallender ist, als doch diese
ganze Fraktion zusammen mit (I) bei der Oxydation des ursprüng-
lichen Chrysarobins in 1%iger Natronlauge vollständig gelöst war.
Beim Erkalten schied sich aus den Laugen ein feines, amorphes,
dunkelviolettes Pulver aus, das sich in konzentrierter Schwefelsäure
schmutzig violett löste.
Weder aus den sodalöslichen noch aus den sodaunlöslichen
Anteilen dieser Fraktion konnte etwas Krystallinisches gewonnen
werden. Wahrscheinlich handelt es sich bei diesen amorphen Sub-
stanzen um Nebenprodukte der Oxydation. Vielleicht sind sie
zum Teil unter dem Einfluß des bei der Oxydation gebildeten
Wasserstoffsuperoxyds entstanden. Wenigstens konnte qualitativ
nachgewiesen werden, daß durch Einwirkung von Wasserstoffsuper-
oxyd auf Emodin, Emodinmonomethyläther und Chrysophansäure
in schwefelsauer Lösung Substanzen entstehen, die sich in konzen-
trierter Schwefelsäure intensiv blau bis violett lösen, mit Benzol
mehr oder weniger leuchtend rote Lösungen geben und beim Schütteln
dieser Lösungen mit wässerigen Alkalien als blaue amorphe Alkali-
salze, ähnlich wie oben, ausgeschieden werden. — Aehnliche braun-
rote Oxydationsprodukte, wie die oben beschriebenen, scheinen
übrigens aus dem Ararobapulver auch zu entstehen, wenn dieses
lange an der Luft liegen bleibt. Nach einer Mitteilung aus Brasilien!)
ist das auf einem frischen Schnitte im Holz von Andira Araroba
sichtbare Ararobapulver schwefelfarben, heller als das trockene
”) Privatmitteilung von Dr. Gustav Peckolt in Rio de
Janeiro.
2 *
20 R. Eder: Chrysarobin des Handels.
Holz, wird dann aber beim Liegen an der Luft allmählich dunkler,
rhabarberfarbig und schließlich dunkel braunrot bis violett. Solche
dunklere Farben zeigen auch die älteren Muster von Araroba aus
der Sammlung des hiesigen pharmazeutischen Institutes. Auch
in der älteren Literatur wird übrigens das verschiedenfarbige
Aussehen des Ararobapulvers und Chrysarobins schon erwähnt!).
Das Dunkelwerden des Pulvers, durch welches die medizinische
Wirksamkeit beeinträchtigt wird, beruht naeh Kemp?) auf der
Einwirkung von Luft und Feuchtigkeit, nach Attfield?) ist
es eine Wirkung des Luftammoniaks.
B. Die in kalter i%,iger Natronlauge unlöslichen Bestandteile
des oxydierten Chrysarobins.
Der von den in kalter 1% iger Natronlauge löslichen Bestand-
teilen fast ganz befreite Anteil des oxydierten Chrysarobins wurde
angesäuert, ausgewaschen, dann mit wenig wässeriger 10%iger
Sodalösung angerieben und auf dem Wasserbade zur Trockene ver-
dampft. Das erhaltene schmutzig braungelbe, sodahaltige Pulver
wurde nun so oft mit trockenem Benzol ausgekocht, als noch
gelb gefärbte Lösungen (II) erhalten wurden. Es blieb dann ein
violetter sodahaltiger Rückstand (I) zurück. Derselbe wurde mit
Eisessig mehrmals ausgekocht. Aus den erhaltenen Lösungen
schied sich beim Konzentrieren in verschiedenen Fraktionen braun-
rotes, amorphes Pulver ab, das sich in konzentrierter Schwefel-
säure grünlichblau bis gelbgrün löste. Es war nicht sublimierbar,
in verdünnter Natronlauge nur spurenweise und auch in organischen
Lösungsmitteln sehr schwer löslich. Etwas Krystallinisches konnte
aus dieser Fraktion nicht gewonnen werden.
Die orangefarbigen Benzollösungen (II) schieden nach dem
Konzentrieren etwa 8 g feine blaßgelbe Nadeln (1) ab. Die stark
braunrot gefärbte Mutterlauge wurde mit etwas Benzol verdünnt
und dann so oft mit 1%iger Natronlauge geschüttelt, als noch
rote Laugen (2) entstanden. Dabei schied sich aus den Benzollösungen
auch noch etwas gelbe Substanz ab, die Emulsionsbildung ver-
ursachte. Die Emulsionen wurden durch Abnutschen getrennt,
die zurückbleibenden Ausscheidungen aus Benzol umkrystallisiert
1) Holmes, On the identity of Goa Powder and Araroba.
Pharm. Journ. and Transactions (III), 5, 801. Monteiro: Jahres-
bericht d. Pharm. 1878, 150,
2) Pharm. Journal and Transactions- (III), 3, 729. (1875%.
3) Pharm. Journal and Transactions (III), 5, 817 (1875).
R. Eder: Chrysarobin des Handels. 21
und auf diese Weise weitere mit (1) identische Krystallisationen
erhalten.
Die roten Natronlaugen (2) enthielten noch ca. 2 g methoxyl-
haltige Chrysophansäure, die in gleicher Weise wie unter A be-
schrieben verarbeitet wurden.
Von den blaßgelben Nadeln (1) konnten insgesamt etwa
9 g gewonnen werden. Dieselben wurden mehrmals abwechselnd
aus Benzol und aus Eisessig umkrystallisiert. Sie lösen sich in
der Siedehitze im ersteren Lösungsmittel im Verhältnis 1 : 230,
im letzteren 1: 350 und scheiden sich beim Erkalten als Wolle
feiner Nädelchen größtenteils wieder aus. Getrocknet stellen sie
blaßgelbe verfilzte Nadeln dar. Ein scharfer Schmelzpunkt konnte
auch nach sehr häufigem Umkrystallisieren nicht ermittelt werden.
Die verschiedenen Fraktionen färbten sich zwischen 230 und 245°
dunkler und bildeten bei weiterem Erhitzen bei 250-—256° eine
schwarzgrüne, metallglänzende Schmelze, die sich in Chloroform
mit intensiv grüner Farbe und roter Fluoreszenz löste. Etwas
Krystallinisches konnte aus diesen Lösungen nicht erhalten werden.
Die Substanz zersetzt sich augenscheinlich beim Erhitzen.
Die Analyse ergab:
l. aus 0,1688 g Substanz 0,4410 & CO, und 0,0672 g H,O,
2. aus 0,1458 g Substanz 0,3817 g CO, und 0,0599 g H;0.
Gefunden: Berechnet für
1% 2. Gel:
Bd 71,4 71:62%,
H='45 4,6 4,51%
Zur Methoxylbestimmung nach Zeisel wurde
ein Gemisch von 10 cem Jodwasserstoffsäure vom spezifischen
Gewicht 1,85 und 10 ccm Essigsäureanhydrid verwendet. Das
Jodmethyl wird dann leicht und glatt abgespalten. Wird kein
Anhydrid zur Jodwasserstoffsäure zugefügt, so schwimmt der
größte Teil der Substanz als nicht benetzbare Decke auf der Säure,
und die Resultate fallen zu niedrig aus.
0,2043 g Substanz gaben 0,1703 g AgJ, entsprechend 0,02248 g
OCH;.
Gefunden: Berechnet für C,;H,0,(OCH,):
BCH.—=:k;8 11,56%
Der Körper ist also als ein Monomethyläther anzusprechen.
Die nähere Untersuchung des entmethylierten Produktes ergab
seine Zugehörigkeit zu den Anthrachinonderivaten.
22 R. Eder: Chrysarobin des Handels.
Aus dem zur Methoxylbestimmung verwendeten Säure-
gemisch konnte nach dem Erkalten direkt ein in schönen, zarten,
blaßgelben ‚Blättchen krystallisiertes Produkt gewonnen ‚werden.
Bei der Schmelzpunktbestimmung tritt augenscheinlich Zersetzung
ein. Die Substanz färbt sich bei ca. 228° dunkler und ist bei ca.
252° grünschwarz. Dieses Zersetzungsprodukt’ist, zum Unterschied
von dem beim Schmelzen des nicht entmethylierten Körpers er-
haltenen, unlöslich in Chloroform. In kalter Soda ist die Substanz
unlöslich; in der Wärme entsteht beim Schütteln mit Luft eine
rote Lösung, die sich beim Erkalten nicht entfärbt. Diese Eigen-
schaften deuten auf 'Emodinanthranol. ., Nach Krassowskil)
schmilzt dieser Körper bei 280°, nach O. Hesse?) zersetzt er sich
bei 230— 240°, nach Tutin und Clewer?) bei ca. 255°.
Um den Befund ganz sicher zu stellen, wurde 1 g des Methyl-
äthers in gleicher Weise wie bei der Methoxylbestimmung mit
Jodwasserstoffsäure und Essigsäureanhydrid behandelt und. so
0,9 g entmethyliertes und schön krystallisiertes Produkt erhalten.
Bei der Analyse gaben 0,1324 g Substanz 0,3403 g CO, und
0,0568 g H,O.
sefunden: Berechnet für C,,H50::
Bi 4,8 4,72%
Die Analyse stimmt auf Emodinanthranol. Daß es sich wirklich
um diesen Körper handelt, konnte weiter nachgewiesen werden durch
die leichte Oxydierbarkeit des Anthranols und Umwandlung desselben
in das entsprechende Trioxymethylanthrachinon: Emodin.
0,5 g Anthranol wurden in 1%iger Natronlauge suspendiert
und Luft durch die Lösung geleitet. Die Lauge färbte sich dabei
intensiv rot und die Substanz ging bis auf eine geringe Menge dunkler
Produkte in Lösung. Die filtrierte Lauge wurde mit Salzsäure
angesäuert, der entstehende flockige, grünlichgelbe Niederschlag
abfiltriert, ausgewaschen und getrocknet. Beim Umkrystallisieren
aus verdünntem Pyridin wurden etwa 0,2 g glänzende, braunrote
Nädelchen erhalten vom Schmelzpunkt 252°. Sie sind leicht löslich
in kalter, wässeriger Soda mit intensiv roter Farbe. Beim Sub-
limieren im Vakuum entstanden größere orangerote Nadeln, welche
den Schmelzpunkt 256° zeigten. Eine Mischprobe mit dem früher
gewonnenen reinen Frangulaemodin zeigte denselben Schmelzpunkt.
!) Journ. Russ. Phys.-Chem. Ges. 40, 1510 (1908); Referat im
Chem. Centralbl. 1909, 774.
®) Ann. d. Chem. 388, 80, 1912.
?®) Journ. of the chem. soc. London 101, 299, 1912.
R. Eder: Chrysarobin des Handels. 23
Nachdem nun erwiesen ist, daß der fragliche Methyläther
durch Einwirkung der Jodwasserstoffsäure in ein Trioxymethyl-
anthranol, nämlich Emodinanthranol, übergeführt wird, so muß
angenommen werden, daß der fragliche Körper ein Trioxymethyl-
anthracenderivat ist, in welchem die Kernhydroxylgruppen ‚und
die Methylgruppe die gleiche Stellung einnehmen wie im Frangula-
emodin. Von letzterem Körper aber unterscheidet sich die Substanz,
wie die Analyse ergab, durch einen Mindergehalt von 1 Atom Sauer-
stoff im Molekül. Es erhebt sich die Frage, ob es sich etwa um
den Monomethyläther des Kmodinanthranols handelt. ' Dies er-
scheint nicht wahrscheinlich; denn ein solches Anthranol wäre
bei der Oxydation des Chrysarobins in alkalischer Lösung mit
Luft leicht und vollständig in das entsprechende Anthrachinon-
derivat übergeführt worden, nämlich in den in verdünnter Natron-
lauge leicht löslichen Emodinmonomethyläther. Wahrscheinlicher
ist es, anzunehmen, daß die Jodwasserstoffsäure auf den Körper
nicht nur entmethylierend, sondern auch noch reduzierend ein-
gewirkt und ihn dadurch erst in ein Anthranol verwandelt hat.
Daß diese Annahme den Tatsachen entspricht, konnte leicht be-
wiesen werden durch die Reduktion mit Wasserstoff, die, wie wir
später sehen werden, zum Emodinanthranolmonomethyläther führte.
Bereits 1912 haben Tutin und Clewer, die sich zuletzt
mit der Untersuchung des Chrysarobins beschäftigten, aus diesem
einen Körper isoliert, der bei der Einwirkung von ‚Jodwasserstoff-
säure Emodinanthranol und bei der Oxydation Emodinmonomethyl-
äther gab. Da die Oxydation des Körpers viel schwieriger erfolgte
als bei den Anthranolen, so hielten es Tutin und Clewer für
wahrscheinlich, daß sich der Körper vom Emodinanthranolmono-
methyläther durch das Fehlen von 2 Wasserstoffatomen in der
charakteristischen Anthranolgruppe unterscheide. Sie bezeichneten
ihn daher als Dehydroemodinanthranol-Monomethyläther und
schrieben ihm folgende Konstitutionsformel zu:
6
HO CK Jo CH .CH,.OCH,..OH.
>
Dieser, von. Tutin und Clewer durch Aetherextraktion
aus dem ursprünglichen Chrysarobin gewonnene Körper ist nun
. wahrscheinlich identisch mit der fraglichen, von mir auf ganz anderem
Wege aus dem oxydierten Chrysarobin isolierten Substanz. Tutin
und Clewer geben an, daß der Körper bei 256° unter Zersetzung
24 R. Eder: Chrysarobin des Handels.
schmelze. Ich fand, wie‘ schon oben erwähnt, Schwarzfärbung
bei 250—256°.
Was die von Tutin und Clewer aufgestellte Formel
des Körpers anbetrifft, so erscheint die Annahme einer Brücken-
stellung des Dehydroanthranol-Sauerstoffs wegen der ziemlich
schweren Oxydierbarkeit zum entsprechenden Anthrachinonderivat
zwar gerechtfertigt, hingegen konnte sie von den genannten Autoren
nicht bewiesen werden, da es ihnen nicht gelang, ein krystallisierbares
Acetylderivat herzustellen. Auch mir ist letzteres nicht gelungen.
Hingegen konnte ich den Körper in ein schön krystallisiertes Benzoyl-
derivat überführen. Dasselbe enthält 2 Benzoylreste, und damit
dürfte bewiesen sein, daß im Dehydroemodinanthranol-Monomethyl-
äther nur 2 freie Hydroxylgruppen vorhanden sind. Ferner wird
im folgenden gezeigt werden, daß man durch Reduktion des De-
hydroemodinanthranol-Monomethyläthers, wie auch des Dibenzoyl-
derivates desselben, leicht Emodinanthranol-Monomethyläther bezw.
das Dibenzoylderivat dieses Körpers erhält. Danach dürfte die
Brückenstellung des Dehydroanthranol-Sauerstoffs kaum mehr
zweifelhaft erscheinen und die Formel vonTutin und Clewer
als die den Tatsachen am besten entsprechende anerkannt werden.
Es muß nun in derselben wie auch in der Emodinformel nur noch
die Stellung der drei Hydroxylgruppen und der Methylgruppe
definitiv festgestellt werden. Das Emodin und sein Methyläther
finden sich in Pflanzen häufig neben Chrysophansäure, und sehr
wahrscheinlich ist auch das Emodin ein Chrysazinderivat, wie die
Chrysophansäure, deren Formel (I) nun feststeht. Die Unter-
suchungen von ODesterle!) über das Emodin und vonO. Fischer?)
über die Emodinsäure machen es ferner wahrscheinlich, daß der
dritten Hydroxylgruppe und der Methylgruppe des Emodins die
Stellungen 3 und 7 zukommen, wie sie in der Formel II angedeutet
sind. Legt man dem Emodin diese Formel zugrunde, so dürfte
als wahrscheinlichste Formel des Dehydroemodinanthranol-Mono-
methyläthers wohl III in Betracht kommen (vergl. auch S. 29).
HO OH OH OH
| co | | cO |
|
ae | |
Ing Inc HONG Inch
I I:
!) Dieses Archiv 249, 311 (1911) und 250, 301 (1912).
2) Journ. f. prakt. Chem. 84, 369 (1911).
R. Eder: Chrysarobin des Handels. 25
HO 5 OH
) |
gern
es
H,c0o SeNI—NnQch,
IT.
Aus den Angaben von Tutin und Clewer, daß die Lösung
ihres Dehydroemodinanthranol-Monomethyläthers in organischen
Solventien sich dunkel färbe durch Bildung eines schwer löslichen,
dunklen, amorphen Zersetzungsproduktes, glaube ich schließen
zu dürfen, daß die genannten Autoren den Körper nicht ganz rein
in den Händen gehabt haben. Wahrscheinlich war er noch etwas
verunreinigt durch die dunklen, amorphen Produkte, welche ich
durch die Behandlung mit Soda abgeschieden habe. Unser Körper
löste sich ziemlich schwer in Eisessig, Benzol, Alkohol, Ligroin,
Benzin, etwas leichter in Aceton. Ein Nachdunkeln der Lösungen
konnte nicht beobachtet werden. In kalter konzentrierter Schwefel-
'säure löst sich der Körper leicht, je nach der Konzentration mit
gelber bis orangeroter Farbe. Zusatz von Borsäure verändert die
Farbe nicht. Bei längerem Stehen wird die Lösung in Schwefelsäure
allmählich intensiv grün, rascher beim Erwärmen. Auch die Lösungen
in Pyridin, Anilin, Nitrobenzol färben sich beim Erwärmen rasch
grün.
Während nach den Untersuchungen von C. Liebermann
und OÖ. Fiseher durch Einwirkung von Ammoniak auf Chry-
sophansäure Imide entstehen, die sich in wässerigem Ammoniak
rotviolett lösen, wirkt konzentriertes, wässeriges Ammoniak auf
den Dehydroemodinanthranol-Monomethyläther weder in der Kälte
noch in der Wärme ein.
In 1-—-2%%iger Natronlauge löst sich der Dehydroemodin-
anthranol-Monomethyläther in der Kälte nicht. Nach mehrtägigem
Kontakt färbt sich die Lauge nur eine Spur rötlich. Mit 5%iger
Natronlauge gibt der Körper schon in der Kälte eine gelbe Lösung,
die sich bei mehrtägigem Stehen an der Luft allmählich stark braun-
rot färbt. Der beim Ansäuern der Lösung ausfallende dunkle Nieder-
schlag gibt nach dem Auswaschen, Trocknen und Auskochen mit
Benzol braunrote Lösungen. Beim Schütteln derselben mit 10% iger
wässeriger Soda erfolgen feine violette oder grünliche Ausscheidungen
harzartiger Körper, welche Emulsionen verursachen. Es sind
amorphe Zersetzungsprodukte des Dehydroemodinanthranol-Mono-
methyläthers. Will man daher diesen Körper möglichst vollständig
26 R. Eder: Chrysarobin des Handels,
gewinnen, so darf zu der «eingangs des experimentellen Teils be-
schriebenen Oxydation des Chrysarobins nicht stärkere als I—2%ige
Natronlauge verwendet werden.
Reduktion des Dehydroemodinanthranol-
Monomethyläthers.
0,3 g Dehydroemodinanthranol-Monomethyläther wurden in
120 ecm Eisessig gelöst und in die siedende, hellgelbe Lösung Zink-
späne eingetragen. Die Lösung färbt sich rasch goldgelb, wird
dann wieder heller, zuletzt blaßgelb. Es wurde dann etwas heißes
Wasser zugefügt und die Lösung filtriert. Beim Erkalten schieden
sich reichlich feine, blaßgelbe Nädelchen ab, ‚die, bei 185—186°
schmolzen. Durch einmaliges Umkrystallisieren aus ‚wenig‘ Benzol
wurden größere, zarte, blaßgelbe Nadeln erhalten, deren Schmelz-
punkt sich auf 186—187° erhöht hatte. Das Reduktionsprodukt
ist identisch mit dem schon von ©. H es sel) und von Oesterle?)
durch Reduktion von Emodinmonomethyläther erhaltenen Emodin-
anthranolmonomethyläther. O©. Hesse gibt für diesen ‚Körper,
den er als Physcihydron bezeichnete, den Schmelzpunkt: 180-—182°.
an, Oesterle:187—188°.
Aeußerlich unterscheiden sich der Dehydroemodinanthranol-
Monomethyläther und sein Reduktionsprodukt wenig. Beide bilden
blaßgelbe Nadeln. In kalter konzentrierter Schwefelsäure löst
sich der Dehydro-Körper gelb bis orange, das Reduktionsprodukt
rein gelb. Sehr charakteristisch ist das verschiedene Verhalten
der beiden Substanzen gegen Luftsauerstoff bei Gegenwart von
Alkali. Beide Körper sind in kalter 1% iger Natronlauge fast, un-
löslich. Schüttelt man aber die Suspensionen mit Luft, so nimmt
der Emodinanthranolmonomethyläther begierig Sauerstoff auf und
verwandelt sich in Emodinmonomethyläther, der ich in der Lauge
mit intensiv roter Farbe löst: der Dehydro-Körper: dagegen wird
nicht verändert; er ist weniger leicht oxydierbar als das Anthranol.
Oxydation desDehydroemodinanthranol-
Monomethyläthers.
Der Dehydroemodinanthranol-Monomethyläther., ist außer-
ordentlich leicht reduzierbar. Zur Oxydation hingegen muß man
einen Ueberschuß von Chromsäure anwenden, wie schon Tutin
und Ülewer erwähnt haben. Kocht man ihn in Eisessig während
3 Stunden mit der anderthalbfachen Gewichtsmenge Chromsäure,
1) Ann. d. Chem. 388, 100 (1912).
2) Dieses Archiv 248, 490 (1910).
R. Eder: Chrysarobin des Handels. 27
so erhält man mit ordentlicher Ausbeute Emodinmonomethyläther.
Das Oxydationsprodukt wurde einigemal aus Alkohol umkrystallisiert
und ‘so in feinen, orangefarbenen, glänzenden Nadeln erhalten,
welche den Schmelzpunkt 206—207° zeigten. ' Eine Mischprobe
mit dem aus dem oxydierten Chrysarobin erhaltenen : Emodin-
monomethyläther ergab den‘ gleichen Schmelzpunkt, und auch
in den übrigen Eigenschaften stimmten’ die beiden Substanzen
überein.
Acetylierungund Benzoylierung des
Dehydroemodinanthranol-Monomethyläthers.
Tutin und Clewer konnten kein krystallisiertes Acetyl-
derivat erhalten. Auch mir ist es nicht gelungen, trotz vieler dafür
aufgewendeter Mühe, das durch Acetylierung nach Lieber-
mann und Hörmann erhaltene‘ Reaktionsprodukt zum
Krystallisieren zu bringen. Es wurde daher nicht analysiert.
Ein besseres Resultat ergab die Benzoylierung. 1 g Dehydro-
emodinanthranol-Monomethyläther wurde in’ 50° ecem 20%iger
Natronlauge durch Schütteln gelöst und dann in die gelbe Lösung
allmählich unter. starkem Schütteln 6 eem Benzoylchlorid ein-
getragen. Es scheidet sich eine teigige Masse aus, die durch häufiges
Schütteln mit starker Lauge leicht krümelig wird. Die Ausbeute
an getrocknetem Rohprodukt beträgt ca. 1,7 'g. ‘Das Benzoat ist
leicht löslich in Aceton, Chloroform, Alkohol, Benzol, Eisessig,
' Essigsäureanhydrid, Essigäther, ziemlich schwer löslich in Petrol-
äther, Benzin, Ligroin, Aether. Aus Benzol erhält man Nadeln,
aus Benzin oder Ligroin kleine sternförmige Kryställchen. Sehr
schön krystallisiert der Körper aus einem Gemisch von Benzol
und Benzin. Nach mehrmaligem Umkrystallisieren bildet er rein
weiße Nadeln, die oft zu Büscheln verwachsen sind. Der Körper
zeigt keinen scharfen Schmelzpunkt. “Bei ca. 182° sintert er zu-
sammen, klebt sich dann bei ca. 185° als viskose durchscheinende
Masse an die Wand des Schmelzröhrchens und schmilzt auch bei
210° noch nicht herunter.
Die Analyse ergab aus 0,1903 g Substanz 0,5271 g CO, und
0,0754 g H,O.
Es berechnen sich für ein
Monobenzoylderivat C,,H,0;. . . C 74,16% H 4,33%
s Dibenzoylderivat C,H9; 7.7. 7C175,61% U H 523%
Tribenzoylderivat C,,-H3,0;,:147W. €:76,399,:/H 4,34%
Gefunden:
C.75,54% H44%
28 R. Eder: Chrysarobin des Handels.
Die Analyse stimmt also auf ein Dibenzoylderivat des Dehydro-
emodinanthranol-Monomethyläthers.
Daß auch dieser Körper noch das Brückensauerstoffatom:
enthält, wurde nachzuweisen versucht durch Reduktion zum ent-
sprechenden Anthranol.
1 g Dibenzoyldehydroemodinanthranol-Monomethyläther wurde
in 70 cem Eisessig gelöst und in die kochende Lösung Zinkspäne ein-
getragen. Die Lösung färbte sich rasch blaßgelb. Nach einstündigem
Kochen wurde filtriert und Wasser zugesetzt. Der ausgefällte Di-
benzoylemodinanthranol-Monomethyläther ließ sich nicht krystalli-
sieren. Hingegen wurde seine Bildung bewiesen durch die leichte
Oxydierbarkeit zu Dibenzoylemodinmonomethyläther.
0,5 g Dibenzoylemodinanthranol-Monomethyläther wurden in
heißem Eisessig gelöst und mit etwas mehr als der berechneten
Menge (0,139 g) Chromsäure, nämlich 0,18 g, versetzt und 1 Stunde
auf dem Wasserbade stehen gelassen. Dann wurde die Lösung,
die sich allmählich intensiv grün gefärbt hatte, mit viel Wasser
versetzt, die ausgeschiedenen gelben Flocken filtriert, gewaschen,
getrocknet und aus wenig Eisessig umkrystallisiert. Der erhaltene
Dibenzoylemodinmonomethyläther bildet blaßgelbe, verfilzte Nadeln,
die bei 2280 schmelzen. Hesse fand den Schmelzpunkt des mit
diesem Körper identischen Dibenzoyl-Physcion bei 230°, Oesterle
und Johann bestimmten ihn zu 227—231°.
Methylierung des Dehydroemodinanthranol-
Monomethyläthers.
Der Versuch, den Dehydroemodinanthranol-Monomethyläther
durch Methylierung mittels Methylsulfat in einen Trimethyläther
überzuführen, gelang nicht.
0,5 g Dehydroemodinanthranol-Monomethyläther wurden in
100 cem 40°,,iger Natronlauge gelöst und unter kräftigem und an-
haltendem Schütteln allmählich 1 cem Dimethylsulfat zugegeben.
Es trat keine Ausscheidung ein, auch als viel mehr Dimethylsulfat
zugegeben und zudem auf dem Wasserbade gelinde erwärmt wurde.
Hingegen färbte sich die gelbe Lösung allmählich braunrot. Nach
dem Verdünnen mit Wasser auf das zehnfache Volumen und Ab-
filtrieren hinterblieb ein geringer schwarzer Rückstand, der sich
in konzentrierter Schwefelsäure grün, in Benzol teilweise mit schwach
grüner Farbe und intensiv roter Fluoreszenz löste. Beim Schütteln
mit 5%,iger Natronlauge wurde die letztere Lösung unter Ab-
scheidung grüner Flocken vollkommen entfärbt. — Die alkalischen
Filtrate wurden angesäuert, der ausfallende Niederschlag gewaschen,
R. Eder: Chrysarobin des Handels. 29
getrocknet und mit Benzol ausgekocht. Aus der Benzollösung
schieden sich reichlich blaßgelbe Nadeln ab, die als unveränderter
Dehydroemodinanthranol-Monomethyläther erkannt wurden. Ab-
‚gesehen von der geringen Menge des oben erwähnten Zersetzungs-
produktes: wurde also das unveränderte Ausgangsmaterial wieder
gewonnen.
Daß der Dehydroemodinanthranol-Monomethyläther auch
durch Dimethylsulfat nicht methyliert wird, ist um so bemerkens-
werter, weil ODQesterle und Tiszal) gezeigt haben, daß sich
Frangulaemodin durch Methylsulfat ohne Schwierigkeit zu einem
“Trimethyläther methylieren läßt, trotzdem nach den Untersuchungen
von Oesterle und Sypkens-Toxop&us? angenommen
werden muß, daß zwei Hydroxylgruppen des Emodins «-ständig
sind, während die dritte wahrscheinlich ß-ständig ist. Nach den
Untersuchungen von Gräbe?°) sind «-ständige Hydroxylgruppen
in der Reihe der Oxyanthrachinone auch bei Anwendung von Methyl-
sulfat gewöhnlich nicht oder nur schwierig methylierbar, indem
wahrscheinlich die benachbarte Karbonylgruppe hemmend wirkt.
Das Verhalten gegen Methylsulfat macht es nun sehr wahrscheinlich,
‚daß im Dehydroemodinanthranol-Monomethyläther die beiden freien
Hydroxylgruppen «-ständig sind, während die verätherte Hydroxyl-
gruppe ß-ständig ist, wie in der S. 24 angegebenen Formel angedeutet
wurde. Das gleiche dürfte für den in der Natur sehr verbreiteten
Emodinmonomethyläther gelten. Es ist interessant zu konstatieren,
wie im Dehydroemodinanthranol-Monomethyläther mit der eigen-
tümlichen Karbonylbindung C—O—C die beiden «-ständigen
Hydroxylgruppen nur schwach sauer (Unlöslichkeit in kalter 1% iger
Natronlauge) und nicht methylierbar sind, während sie nach der
Oxydation des Körpers zum entsprechenden Anthrachinon: Emodin-
monomethyläther viel stärker sauer (Körper in 1%iger Natronlauge
leicht löslich) und methylierbar werden. |
n
Entmethylierung des Dehydroemodinanthranol-
Monomethyläthers.
Verschiedene Versuche, welche zu dem Zwecke unternommen
wurden, den vorliegenden Körper zu entmethylieren, ohne ihn
gleichzeitig zu reduzieren und auf diese Weise zum Dehydroemodin-
anthranol zu gelangen, glückten nicht.
1) Dieses Archiv 246, 112 (1908).
2) Ibidem 249, 311 (1911).
3) Ann. d. Chem. 349, 201 (1906).
30 R. Eder: Chrysarobin des Handels.
Erwähnt sei nur, daß" beim Entmethylierungsversuch mit
Salzsäure im Einschlußrohr. grünschwarze, amorphe ‚Massen ‚ent-
standen, die beim Auskochen mit Chloroform eine intensiv’ grüne-
Lösung mit roter Fluoreszenz gaben. Beim Ausschütteln ‚dieser
Lösung mit :10%iger: wässeriger Soda "unter: Luftzutritt, wurden:
rote, violettstichige Lösungen erhalten. Die Chloroformlösung
blieb auch nach vollständigem Ausschütteln des sodalöslichen Körpers
grasgrün, verlor aber ihre Fluoreszenz, indem. sich zugleich wenig:
schmutzig. graue Flocken ausschieden. : Der Verdunstungsrückstand
der Chloroformlösung; war harzig. Die violettroten' Sodalösungen
schieden beim Ansäuern eine geringe Menge einer ‚braunen Substanz.
ab, die sich nach dem Trocknen in. Benzol oder Chloroform leicht
mit intensiv roter Farbe löste. Der Körper sublimiert leicht und
bildet feine oft zu Büscheln vereinigte braunrote Nädelchen, die
sich in konzentrierter Schwefelsäure prachtvoll tiefblaw lösen.
Weil’ zu wenig Substanz zur Verfügung stand, mußte die nähere
Untersuchung dieses Körpers noch zurückgestellt werden.
Beim Versuch, den Dehydroemodinanthranol-Monomethyl-
äther in gleicher Weise wie den Emodinmonomethyläther. durch
halbstündiges Erhitzen mit konzentrierter Schwefelsäure auf 160%
zu verseifen, färbte sich die zunächst orangefarbene Lösung, grün,
dann immer mehr dunkel, und nachdem die Säure auf Eis gegossen
worden war, wurde ein dunkles, amorphes Pulver erhalten, das sich.
in organischen Lösungsmitteln nicht mehr löste.
In dieser Untersuchung sind als Bestandteile des in
alkalischer Lösung durch Luft oxydiertenChrysarobins
gefunden worden:
Emodin „ara asiar anne ln alien era uk
Methoxylhaltige Chrysophansäure . . . . ca. 32%
bestehend aus
ca. 29% Emodinmonomethyläther und
ca. 71% Chrysophansäure
Dehydroemodinanthranol-Monomethyläther ca. 18%
Amorphe, dunkelviolette und dunkelbraunrote
Produkte "79... 0, PO
Der Rest entfällt auf Verluste bei den Trennungsoperationen.
In Uebereinstimmung mit den Arbeiten von Oesterle
und Johann ist Emodinmonomethyläther als methoxylhaltiger-
Begleiter der Chrysarobin-Chrysophansäure erkannt worden.
R. Eder: Chrysarobin des Handels. 31
In bezug auf dasursprüngliche,nicehtoxydierte
Chrysarobin lassen sich aus dem Befund über die Bestandteile
des oxydierten Chrysarobins folgende Schlüsse ziehen:
Der Dehydroemodinanthranol-Monomethyläther findet sich
in gleicher Form auch im ursprünglichen Chrysarobin. ' Der Körper
wird bei der Luftoxydation des Chrysarobins in 1-—-2%iger
Natronlauge nicht verändert.
Chrysophansäure, Emodinmonomethyläther und Emodin sind
im ursprünglichen Chrysarobin: entweder ganz oder zum Teil in
reduzierter Form enthalten, wahrscheinlich, wie frühere Unter-
suchungen ergeben haben, als leicht oxydable Anthranole.
Das ursprüngliche Chrysarobin enthält möglicherweise noch
andere Körper in sehr geringer Menge oder solche, die.bei der Oxyda-
tion in alkalischer Lösung nach dem hier beschriebenen Verfahren
dunkle amorphe Produkte geben, oder solche, die nicht regelmäßig
in allen Chrysarobinsorten des Handels gefunden werden.
In der eingangs dieser Publikation erwähnten Arbeit von
Jowett und Potter wird als Bestandteil des ursprünglichen
Chrysarobins auch ein Dichrysarobinmethyläther erwähnt. Ein
solcher Körper ist seither nie mehr gefunden worden, und sein
Vorkommen erscheint jetzt sehr wenig wahrscheinlich. Bei der
Oxydation hätte derselbe Chrysophansäuremethyläther geben müssen
in gleicher Weise wie nach, den genannten Autoren aus dem Di-
chrysarobin Chrysophansäure entsteht. Chrysophansäuremethyl]-
äther konnte aber im oxydierten Chrysarobin nicht gefunden werden;
ebensowenig eine Substanz C,„H,,0,, die indessen von Jowett
und Potter selbst noch als fraglich und vielleicht nicht einheitlich
bezeichnet worden ist.
"Von den Hesse’schen Bestandteilen des Chrysarobins
konnten im oxydierten Chrysarobin nicht gefunden werden Chry-
sophansäuremethyläther und Chrysarobol bezw. ein Oxydations-
produkt dieses Körpers. Der Chrysophansäuremethyläther oder
das Anthranol desselben waren in unserem Chrysarobin sicher nicht
vorhanden. Die Eigenschaften des Chrysophansäuremonomethyl-
äthers sind durch die Arbeiten Oesterle’s!) so gut bekannt,
daß dieser Aether vorkommendenfalls unter den in kalter 1%iger
Natronlauge unlöslichen Bestandteilen sicher hätte gefaßt werden
können. OÖ. Hesse selbst hat übrigens den Körper seit 1903 im
Chrysarobin nicht mehr nachweisen können. Auffallender ist es,
daß Hesse, wie er selbst bemerkt?), in seiner langjährigen Unter-
1) Dieses Archiv 243, 438 (1905).
?) Ann. d. Chem. 388, 88 (1912).
32 R. Eder: Chrysarobin des Handels.
suchung des Chrysarobins’'nie eine Andeutung für das Vorkommen
von Dehydroemodinanthranol-Monomethyläther beobachtet hat,
trotzdem dieser Körper zu ca. 18% im Chrysarobin vorkommt,
wie Tutin und Glewer zuerst gefunden haben und wie ich
es nur bestätigen kann. Tutin und Clewer!) geben als durch-
schnittliche Zusammensetzung des Chrysarobins die folgende an;
1. Chrysophansäure 5%;
2. Rohes Chrysophansäureanthranol 46% ;
3. Emodinmonomethyläther 2%;
4. Anthranol des Emodinmonomethyläthers wenig;
5. Ararobinol 4%;
6. Emodin Spuren;
7. Dehydroemodinanthranol- Mossmietiigäiiihie 180%;
8. Untrennbare Substanzen und amorphe Produkte 25%.
Von diesen Substanzen wurden von den genannten Autoren
1,2,3 und 7 stets gefunden ; die übrigen Bestandteile können variieren.
Mit diesem Befund stimmen meine Resultate im allgemeinen gut
überein. Ararobinol C,;H,s0, gibt nach den genannten Autoren
bei der Oxydation Chrysophansäure und tritt also im oxydierten
Chrysarobin nicht als neuer Körper auf. Etwas anders fand ich
das prozentuale Verhältnis von Chrysophansäure und Emodin-
monomethyläther. Während nach Tutin und Clewer erstere
im oxydierten Chrysarobin zu etwa 50%, letztere aber nur zu etwas
mehr als 2% vorkommen soll, enthielt das von mir untersuchte
oxydierte Chrysarobin Merck ca. 22% Chrysophansäure und ca.
10% Emodinmonomethyläther. Hingegen ist zu berücksichtigen,
daß, sofern Chrysophansäure, Emodinmonomethyläther und Emodin
im ursprünglichen Chrysarobin als Anthranole vorkommen, bei
der Oxydation dieser Körper in alkalischer Lösung erwiesenermaßen
beträchtliche Verluste entstehen durch Bildung dunkler, amorpher
Nebenprodukte. Es ist daher möglich, daß die Anthranole dieser
drei Körper im ursprünglichen Chrysarobin in noch größerer Menge
vorhanden sind, als sie in der Anthrachinonform im oxydierten
Chrysarobin gefunden wurden. Dagegen dürfte im ursprünglichen
Chrysarobin nahezu gleich viel Dehydroemodinanthranol-Mono-
methyläther vorkommen, wie im oxydierten Chrysarobin gefunden
wurde, da dieser Körper durch die angewandte Oxydationsmethode
nicht verändert wird. Zu ermitteln, ob im ursprünglichen Chrysarobin
ar Emodinmonomethyläther und Emodin ganz oder
1) Pharm. Journ. (4), 34, 157 (1912) und Journ. of the chem. soc.
London 101, 290—304 (1912).
E. Rupp u. K. Linck: Oxy-Methoxybenzaldehyd, 33
zum Teil in reduzierter Form (Anthranole ?) auftreten und ob neben
diesen noch andere Körper (Ararobinol von Tutin und Clewer
oder Chrysarobol Hesse?) vorkommen, die im Oxydationsversuch
nicht gefunden wurden, ist die Aufgabe weiterer im Gange befind-
licher Untersuchungen.
Aus dem pharmazeutisch-chemischen Institut
der Universität Königsberg.
Zur Kenntnis des 2-Oxy-3-Methoxybenzaldehyds.
Von E. Rupp und &K. Linck.
(Eingegangen den 23. XI. 1914.)
Bei der Darstellung des Vanillins aus Guajakol nach der
Reimer-Tiemann’schen Reaktion, die neben p-Oxyaldehyden
immer auch o-Oxyaldehyde liefert, erhält man außer Vanillin als
Paraderivat den 2,3-Oxymethoxybenzaldehyd als Orthoprodukt.
CHO CHO
sn Mu
I)
Ber
__Y /o.cH, L,-0.cH,
OH
F. Tiemann beschreibt diesen unter dem Namen ß-Meta-
methoxysalicylaldehyd!) in einer kurzen Notiz als ‚gelbes Oel“
vom 8.-P. 264—268°. Da eine eingehendere Arbeit hierüber, soviel
wir übersehen können, nicht erschienen ist und die Vanillinsynthese
aus Guajakol inzwischen zu technischer Bedeutung gelangte, so
haben wir zur Charakterisierung des in namhaften Mengen einer.
weiteren Verwendung harrenden Orthoaldehydes eine Reihe von
Kondensations- und Substitutionsprodukten hergestellt sowie durch
die Kalischmelze die Konstitution verifiziert.
Der technische Aldehyd?) bildet eine grünlichgelbe aus dem
Schmelzfluß hervorgegangene strahligkrystalline Masse von
schwachem vanilleähnlichen Geruch. Aus Ligroin umkrystallisiert
1) Berl. Ber. 14, 2021.
®) Den Fahlberg-Werken sprechen wir für die Ueber-
lassung des Materials unseren besten Dank aus.
Arch. d. Pharm. CCLIII. Bds. 1. Heft. 3
34 E. Rupp u. K. Linck: Oxy-Methoxybenzaldehyd.
resultierten hell grünlichgelbe haarfeine lange Nadeln vom Schmelz-
punkt 44-45°. Das technische Produkt besitzt denselben Schmelz-
punkt, ist also offenbar sehr rein.
In Alkalien und Alkalikarbonaten löst sich der Aldehyd mit
intensiv gelber Farbe auf. Er färbt die tierische Faser lebhaft an.
Nach einem unlängst in Erscheinung getretenen Patent!) soll hiervon
in der Pelz-, Haar- und Federnfärberei Gebrauch gemacht werden.
I. Kondensationsprodukte.
Oxim (C,H,.0OH.OCH,.CH : NOH: Feine farblose Nädel-
chen. F.-P. 1210. Löslich in Alkohol, Aether, Benzol und heißem
Wasser. Unlöslich in Ligroin.
Zur Darstellung versetzt man die alkoholische Aldehydlösung
2:10 mit 1 g Hydroxylaminchlorhydrat und 0,75 g Soda, einzeln
in wenig Wasser gelöst. Nach Tagesfrist wird abgesaugt und aus
heißem Wasser umgelöst.
0,1732 g lieferten bei 16,5° und 763 mm 12,6 ccm = 8,6%, Stick-
stoff. Berechnet für C,H,0,N = 8,4%, N
Azin: C(C,H,.0OH.OCH,.CH : N.N : CH.OCH,.OH.C,H,,
Feine gelbe Krystallnadeln. F.-P. 196°. Leicht löslich in Alkohol.
Aether, Chloroform und Eisessig.
Zur Darstellung versetzt man die alkoholische Aldehydlösung
3:10 mit einer etwas Natriumacetat enthaltenden konzentriert-
wässerigen Lösung von 1,5 g Hydrazinsulfat. Nach einstündigem
Erwärmen auf dem Wasserbade wird schwach alkalisch gemacht.
Die nach dem Erkalten abgesaugten Krystalle RuerlEn aus Eisessig
umkrystallisiert.
0,2832 g lieferten bei 17° und 757 mm 23,2 ccm = 9,6% Stick-
stoff. Berechnet für C,,H,Ns0, = 9,35% N
Aynılıd. C.H,.0H.0,CH,.CH Nee Orangefarbige
Nadeln. F.-P. 84°. In organischen Lösungsmitteln leicht löslich.
Zur Darstellung versetzt man eine alkoholische Aldehyd-
lösung 3 : 10 mit 2 g frisch destilliertem Anilin und erhitzt kurze
Zeit zum Sieden. Nach dem Erkalten wird abgesaugt und aus
verdünntem Alkohol umkrystallisiert.
0,2486 g lieferten bei 15° und 758 mm 13,7 cem = 6,51% Stick-
stoff. Berechnet für C,,H,;NO, = 6,18% N.
1) D.R.P. 8m, 272 736; Chem. Centralbl. 1914, I., 1613.
E. Rupp u. K. Linck: Oxy-Methoxybenzaldehyd. 35
Phenylhydrazon: (,H,.0H.OCH,.CH =N.NH.C,H,.
Feine verfilzte gelbliche Nädelchen. F.-P. 128°. Leicht löslich in
Aether, Alkohol, Benzol und Eisessig. Schwer löslich in Ligroin.
Zur Darstellung löst man 2 g Aldehyd und 1,5 g Phenyl-
hydrazin einzeln in 50%iger Essigsäure. Nach Mischung läßt man
24 Stunden lang stehen, saugt ab und krystallisiert aus Eisessig
mit Wasserzusatz um.
0,2123 g lieferten bei 14,8° und 758 mm 20,2 ccm = 11,17%
Stickstoff. Berechnet für C,,H,.0;N, = 11,57% N.
ll. Ester-Derivate.
2,3-Dimethoxybenzaldehyd:
CHO
CHs<(0.CH,)? (2,3)
Ist leicht erhältlich durch Methylierung des Aldehyds. Farb-
lose Nadeln. F.-P. 54—55°. Unlöslich in Wasser. Löslich in Alkohol,
Aether, Chloroform, Benzol, Ligroin und Eisessig.
Zur Darstellung wurden 5 g Aldehyd mit 15 ccm 20%iger
Natronlauge angerieben und mit 6 g Dimethylsulfat ca. zwei Stunden
auf dem Wasserbade erhitzt. Das Reaktionsprodukt wurde zur
Lösung etwaigen unveränderten Aldehyds in 4, Liter schwach
alkalischen Wassers gegossen und nach dem Erstarren abgesaugt.
Umkrystallisiert wurde aus Alkohol.
0,1421 g lieferten 0,3376 g CO, = 64,8% C und 0,0771 gH,0 =
6,07% H. Berechnet auf C,H,,O; = 65,03% C und 6,07% H.
2,3-Benzoyloxy-Methoxy-Benzaldehyd:
CHO ()
OsH,CO.OCOH; (2)
0.CH, ()
Benzoylierungsprodukt des Aldehyds. Farblose filzige Krystall-
nadeln. F.-P. 90°. Leicht löslich in organischen Lösungsmitteln.
Eine zweckmäßige Darstellungsweise ist folgende: Zur äthe-
rischen Lösung des Aldehyds 5 + 10 werden 6 g Benzoylchlorid
und unter Umschütteln ganz allmählich 6 g Kaliumkarbonat gefügt.
Nach Tagesfrist wird in Wasser gegossen, das Ungelöste gesammelt
und aus verdünntem Alkohol oder Ligroin umkrystallisiert.
0,1879 g lieferten 0,4795 g CO, = 69,6% C und 0,0785 g H,O =
4,68% H. Berechnet auf C,,H,50, = 70,28% C und 4,72% H.
3%
-
36 E. Rupp u. K. Linck: Oxy-Methoxybenzaldehyd.
2,3-Benzolsulioxy-Oxymethoxy-Benzaldehyd:
cHO a)
HT CH, (2)
ae (3)
Farblose glänzende I. F.-P. 121°. Löslich
in Alkohol, Aether und Eisessig. Vermöge ihrer leichten Herstell-
barkeit und Verseifbarkeit eignet sich die Verbindung besonders
gut zu solchen synthetischen Reaktionen des Aldehyds, die eine
Sperrung der Hydroxylgruppe erfordern.
Zur Darstellung werden 10 g Aldehyd mit 30 cem 15%iger
Natronlauge angerieben und mit 14 g Benzolsulfochlorid eine Stunde
lang geschüttelt. Der Reaktionsbrei wird in Wasser gegossen, ab-
genutscht und aus Alkohol umkrystallisiert. ;
0,2038 g lieferten bei der Carius- Ey 0,1952 g BaSO, =
10,51% S. Berechnet für C,,H.50,8 = 10,9% 8
2,3-Oxymethoxybenzylidentriacetat:
H,
a CH<GO00R” (1)
To. COCH, (2)
O.CH, (3)
Versetzt man die Lösung des Oxymethoxyaldehyds in viel
Essigsäureanhydrid mit einigen Tropfen konzentrierter Schwefel-
säure, so tritt lebhafte Erwärmung ein, und als Hauptreaktions-
produkt erhält man ein Triacetat, wie solche unlängst von anderen
Aldehyden durch E. Knövenagel!) beschrieben wurden.
10 g Aldehyd wurden in 15 g (2,2 Mol.) Essigsäureanhydrid
gelöst und zu einer Lösung von 3 Tropfen Schwefelsäure in 5 g
Essigsäureanhydrid gefügt. Nach zweitägigem Stehen wurde die
abgeschiedene Krystallmasse gewaschen und aus verdünntem Alko-
hol umgelöst. Die lichtgelblichen Krystalle schmolzen bei 83° 2).
0,1953 g des Triacetats lieferten 0,4189 g CO, = 56,5% C und
0,0944 g H,O = 5,41% H. Auf C,,H,s0, berechnet = 56,72% C und
5,4% H
1) Ann. d. Chem. 402, 111.
2) Ein kleiner in verdünntem Alkohol unlöslicher Rest schmolz
nach der Krystallisation aus Eisessig bei 236%. Derselbe Körper ent-
steht als Hauptprodukt beim Versetzen des Aldehyds mit einer äqui-
molaren Menge von Essigsäureanhydrid nebst einigen Tropfen Schwefel-
säure. Ein einfaches Acetat ist er nicht. Wir werden hierauf später
zurückkommen.
E. Rupp u. K. Linck: Oxy-Methoxybenzaldehyd. 37
Il. Kern-Substitutionsprodukte.
Nitro-Oxymethoxybenzaldehyd:
CHO ()
c OH (2)
inc) OEE..(3)
NO, 6)
Feine hellgelbe Nadeln. F.-P. 142°. Löslich in Alkohol und
Eisessig. Unlöslich in Wasser, Benzol und Ligroin.
Zur Darstellung wird eine Aldehydeisessiglösung 3 : 15 unter
sorgfältiger Eiskühlung tropfenweise mit der theoretischen Menge
(1,2 g) 65% iger Salpetersäure (Spez. Gew. 1,4) versetzt. Das ab-
geschiedene Nitroprodukt wird in Wasser gegossen, gesammelt
und aus Alkohol umkrystallisiert.
0,1634 g lieferten bei 11° und 764 mm 9,9 ccm = 7,32% Stick-
stoff. Berechnet für C,H.NO, = 7,11% N. e
Die Stellung der Nitrogruppe betreffend wurden besondere
Erhebungen nicht angestellt, da selbige sowohl durch die Aldehyd-
wie die Hydroxylgruppe zweifellos in Stellung 5 dirigiert wird.
Monobromoxymethoxybenzaldehyd:
CHO (ı)
OH @)
Os »TO.CH, (3)
Br (5)
Glänzende gelblich schimmernde Nädelchen.: F.-P. 127°.
Leicht löslich in Aether, Alkohol, Benzol und Eisessig.
Zur Darstellung werden 3 g Aldehyd in 15 ccm Eisessig mit
einer äquimolaren Menge Brom (3,5 g) versetzt. Nach zweitägigem
Stehen an kühlem Orte sammelt man die abgeschiedenen Krystalle,
wäscht mit etwas Eisessig nach und krystallisiert aus Alkohol mit
Wasserzusatz um.
0,2267 g lieferten 0,1841 g AgBr = 34,57%, Br. Berechnet für
C,H,0,Br = 34,6% Br.
Betreffs der Stellung des Bromatoms gilt das beim Nitro-
aldehyd Gesagte.
IV. Oxydationsderivate.
Gegen Oxydationsmittel ist der 2,3-Oxymethoxybenzaldehyd
recht beständig. Die atmosphärische Luft läßt ihn unverändert,
38 E. Rupp u. K. Linck: Oxy-Methoxybenzaldehyd.
chemische Agentien bleiben entweder ohne Einwirkung oder sie
ziehen die Phenolhydroxylgruppe in Mitleidenschaft. Auf glatte
Weise gelangt man nach Sperrung der Hydroxylgruppe zu der
dem Aldehyd entsprechenden
2,3-Oxymethoxybenzoesäure:
COOH (1)
CGH£OH (@)
\0.CH, (3)
10 g benzosulfierter Aldehyd (s. o.) wurden mit 5 g Magnesium-
sulfat nebst 50 ccm Wasser angerieben und auf dem Wasserbad
unter Umrühren aus dem Tropftrichter mit der berechneten Menge
3%iger Kaliumpermanganatlösung (115 ccm) versetzt. Nach dem
Erkalten wurde durch Bisulfitlösung entfärbt (MnO,), die ab-
geschiedene Karbonsäure gesammelt, mit warmer Sodalösung
nochmals aufgenommen und im Filtrat durch Salzsäure abermals
ausgefällt. Schließlich wurde aus Alkohol mit Wasserzusatz um-
krystallisiert.
Die erhaltenen farblosen Krystallblättchen schmolzen bei
195°. Zur Abspaltung der Benzolsulfogruppe wurde zwei Stunden
lang mit 3% iger Natronlauge auf dem Wasserbade erwärmt. Der
nach dem Ansäuern fallende Niederschlag wurde aus heißem Wasser
umkrystallisiert.
Die so erhaltene Methoxysalicy!säure bildet farblose schim-
mernde Krystallblättchen. F.-P. 148°. Leicht löslich in organischen
Lösungsmitteln und siedendem Wasser.
0,1462 g lieferten 0,3062 g CO, = 57,12% C und 0,0644 g H,O =
4,92%, H. Berechnet für C,H,O, = 57,12% C und 4,8% H.
Silbersalz: C,H,.0OCH,.OH.COOAg. Eine wässerige
Anreibung der Säure 2 = 20 wurde bis zur Lösung tropfenweise
mit Ammoniak und hierauf mit 3% iger Silbernitratlösung versetzt,
bis keine Fällung mehr auftrat.
Nach dem Waschen und Trocknen verascht, lieferten 0,3693 g =
0,1415 g Ag = 38,32%. Berechnet 38,34%.
Methylester: C.H,.0.CH,.0H.COOCH,. Eine methyl-
alkoholische Lösung der Säure 3 = 100 wurde mit 3 g rauchender
Salzsäure 3 Stunden am Rückflußkühler erhitzt. Hernach wurde
auf dem Wasserbade abgedunstet, der Rückstand mit dünner
Sodalösung durchgerührt, abgesaugt, getrocknet und aus Ligroin
durch Verdunstung umkrystallisiert.
u
Benz
E. Rupp u. K. Linck: Oxy-Methoxybenzaldehyd. 39
Der Ester bildet schwach aromatisch riechende farblose
Kryställchen. F.-P. 67—68°.
0,1808 g lieferten 0,3944 g CO, = 59,49%, C und 0,088 g H,O =
5,49% H. Berechnet für C,H,00, = 59,31% C und 5,49% H.
V. Kalischmelze.
Unterwirft man den 2,3-Oxymethoxybenzaldehyd dem Ein-
flusse von geschmolzenem Kaliumhydroxyd, so gelangt man je
nach den eingehaltenen Temperaturgraden zu folgenden Reaktions-
produkten:
COOH COOH
= Fire = OR -’ "GH
| | | |
_-0.CH, nr 0H 4 20ER
2,3-Oxymethoxy- Brenzkatechin- Brenzkatechin
benzoesäure o-Karbonsäure
Die 2,3-Oxymethoxybenzoesäure wurde bereits oben als
Oxydationsprodukt des Aldehydes beschrieben. In der Kalischmelze
entsteht sie bei ca. 215° quantitativ. Diese Darstellungsweise ist
daher empfehlenswert.
Die Brenzkatechin-o-Karbonsäure erhält man ebenfalls quan-
titativ bei einer Reaktionstemperatur von ca. 250°. DieBildung
dieser durch denSchmelzpunkt undihreEisen-
chlorid-Farbreaktion wohlcharakterisierten
Säure ist konstitutionsbeweisend für den Al-
dehyd. Daß sie bei längerem Erhitzen in der Kalischmelze über
250° als Brenzkatechin flüchtig geht, ist bekannt.
Zur Darstellung der beiden Säuren wird der Aldehyd mit
der 3—4fachen Menge gepulvertem Stangenkali gemischt und
im Silbertiegel, den ein Luftbad umgibt, unter häufigem Umrühren
1, Stunde lang auf 210—220 bezw. 3,—1 Stunde lang auf 250°
erhitzt. Nach dem Erkalten wird die Schmelze in Wasser gelöst,
mit Salzsäure angesäuert und ausgeäthert. Der Verdunstungs-
rückstand wird aus siedendem Wasser umgelöst und gleichzeitig
mit Tierkohle entfärbt.
0,04168 g der Säure vom Schmp. 148° lieferten 0,08698 g CO, =
57,3% C und 0,01801 g H,O = 4,38% H. Berechnet für Oxymethoxy-
benzoesäure C,H,O, = 57,12% C und 4,8%, H.
0,04087 g der Säure vom Schmp. 204° lieferten 0,08229 g CO, =
54,9% C und 0,0153 g H,O = 4,1% H. Berechnet für Brenzkatechin-
orthokarbonsäure C,H,0O, = 54,5%, C und 3,9% H.
40 E. Rupp u. K. Linck: Oxy-Methoxybenzaldehyd..
VI. Zimmtsäurederivate.
Der Perkin’schen Reaktion unterworfen, liefert der 2,3-Oxy
methoxybenzaldehyd als Hauptprodukt das Lakton einer
2-Oxy-3-Methoxy-ß-Phenylaerylsäure:
Die Laktonisierbarkeit tut kund, daß von den beiden stereo
isomeren Möglichkeiten die Cisform vorliegt.
| HCC, <ogr ma
COOH.C.H H.0.C0ö6R
Der Körper bildet farblose, seidenglänzende Krystallnadeln,
löslich in Aether, Alkohol, Benzol, Ligroin und heißem Wasser.
M-P.89°,
Zur Darstellung wurden 20 g gut getrockneter Aldehyd mit
60 g frisch destilliertem Essigsäureanhydrid und 20 g frisch ge-
schmolzenem wasserfreien Natriumacetat unter zeitweiligem Um-
schwenken 8 Stunden lang im Oelbad am Steigrohr auf 180—200°
erhitzt. Das noch warme Reaktionsprodukt wurde in Wasser ge-
gossen, gesammelt und zwecks Entacetylierung der Hydroxyl-
gruppe mit 5%iger Natronlauge eine Stunde lang auf dem Wasser-
bade erwärmt. Nach dem Erkalten wurde mit Salzsäure gefällt,
dann aus heißem Wasser und schließlich aus Ligroin umkrystallisiert.
0,1654 g lieferten 0,413 g CO, = 68,1%, C und 0,0728 g H,O =
4,98% H. Berechnet auf C,,H,0; = 68,16% C und 4,8% H.
Zur Charakterisierung der Aethylen-Doppelbindung stellten:
wir aus dem Lakton der Cis-Säure das Dibromid und das Dihydro-
zimmtsäurederivat her. Der Laktonring bleibt in beiden Fällen
erhalten.
2,3-Oxymethoxy-ß-Phenylpropionsäure-Lakton:
CH,.CH,.CO (Il)
CH, 0 (2)
OCH, (3)
Ist das Wasserstoffadditionsprodukt des Oxymethoxyzimmt-
säurelaktons. Farblose glänzende Nadeln. F.-P. 107°. Leicht
löslich in Alkohol und Benzol. Schwer löslich in Ligroin, |
4
E. Rupp u. K. Linck: Oxy-Methoxybenzaldehyd. 41
Zur Darstellung wurden 2 g Lakton mit 100 g Wasser an-
gerieben und auf dem Wasserbade allmählich mit 300 g 3%igem
Natriumamalgam versetzt. Nach zweistündiger weiterer Er-
hitzungsdauer wurde vom Quecksilber abgegossen und mit ver-
dünnter Salzsäure gesäuert. Das gefallene Produkt wurde aus
Ligroin umgelöst.
0,1426 g lieferten 0,3519 g CO, = 67,35% C und 0,0741 g H,O =
5,86% H. Berechnet für C,,H,00; = 67,4% C und 5,65% H.
2,3-Oxymethoxy-ß-Phenyl-Dibrompropionsäure-Lakton:
CHBr.CHBrCO (1)
BT vr (2)
0.CH, (3)
Bromadditionsprodukt des Oxymethoxyzimmtsäurelaktons.
Atlasschimmernde filzige Nadeln vom F.-P. 165°. Leicht löslich
in Alkohol und Eisessig.
Zur Darstellung wurden 2 g Lakton in Chloroform gelöst
und unter Kühlung mit einer Brom-Chloroformlösung 1,3=5
versetzt. Das entstandene Krystallmagma wurde abgesaugt,
mit verdünnter Bisulfitlösung nachgewaschen und aus Alkohol
umkrystallisiert.
0,1492 g lieferten nach Carius 0,1669 g AgBr = 47,6% Br.
Berechnet für C,,H,0,Br, = 47,57%, Br.
42 F. Lehmann: S$ilberbestimmung.
Aus dem pharmazeutisch-chemischen Institut
der Universität Königsberg.
Zur Gehaltsbestimmung organischer Silberpräparate.
Von F. Lehmann.
(Eingegangen den 22. XII. 1914.)
Vor längerer Zeit veröffentlichte J. Marschner!) eine auf
Veranlassung von Herrn Professor Rupp bearbeitete Methode zur
Bestimmung des Silbers in Argentum proteinicum, die auf folgendem
Prinzip beruht; Die organische Substanz wird mittels konzentrierter
Schwefelsäure und Kaliumpermanganat bei gewöhnlicher Temperatur
zerstört, der Ueberschuß an Kaliumpermanganat bezw. Mangan-
superoxyd durch etwas "Oxalsäure entfernt und das Silber nach
Zusatz von Ferriammoniumsulfat mit !/,„-N.-Rhodanlösung titriert.
Dieses Verfahren wurde später mit geringen Aenderungen der
Gehaltsbestimmung von Argentum colloidale®) nutzbar gemacht.
Im einzelnen gestaltete sich die Arbeitsweise folgendermaßen:
Argentum proteinicum: „lg des bei 80° ge-
trockneten Präparates wird im Becherglase nach der für dieses
Präparat üblichen Weise in 10 ccm Wasser kalt gelöst und unter
Umschwenken mit 10 ccm konzentrierter Schwefelsäure versetzt.
Darauf trägt man 2 g fein gepulvertes Kaliumpermanganat all-
mählich in kleinen Portionen unter beständigem Umschwenken ein,
läßt die Mischung 15 Minuten lang stehen und gibt zur Entfernung
des Permanganat-Ueberschusses vorsichtig einige Körnchen Oxal-
säure zu, bis die Lösung eben entfärbt ist.
Sodann versetzt man diese mit 10 ccm 25%,iger Salpetersäure,
sowie 30—50 cem Wasser und titriert mit 1/,„-N.-Rhodanlösung
nach Zusatz von ca. 5 cem Ferriammoniumsulfatlösung bis zum
deutlichen Braunumschlag.“
Argentum colloidale: „Etwa 0,2 g Substanz werden
genau gewogen, in einen Glasstöpsel-Erlenmeyerkolben (Jodzahl-
kolben) gebracht und mit 10 ccm Wasser angeschüttelt. Darauf fügt
man in dünnem Strahl unter Umschütteln 10 cem konzentrierte
Schwefelsäure und gleich danach allmählich in kleinen Portionen
1) Apotheker-Zeitung 1912, S. 887.
2) Dieses Archiv 1914, 8. 9.
F. Lehmann: Silberbestimmung. 43
unter beständigem Schwenken 2 g fein gepulvertes Kalium-
permanganat hinzu. Nunmehr läßt man die Mischung 15 Minuten
lang stehen und erhitzt sie alsdann auf dem Drahtnetz, bis die an
den oberen Teilen des Kolbens haftenden Braunsteinreste durch
die sich kondensierenden Schwefelsäuredämpfe hinuntergespült
sind. Nach dem Erkalten nimmt man den Rückstand mit 50 cem
Wasser auf, gibt zur Zerstörung des überschüssigen Mangansuper-
oxyds Ferrosulfat zu, bis eine blaßgelb gefärbte klare Lösung
resultiert und titriert nach völligem Erkalten mit !/,,-N.-Rhodan
auf Bräunlich-rot.“
Die Exaktheit beider Methoden ist bisher von keiner Seite
bestritten worden, jedoch sind neue Vorschläge gemacht worden,
die hier im einzelnen besprochen werden sollen.
Kroeber!) erachtet die zur Zerstörung von 1 g Albumose-
silber angewandte Menge von 2 g Kaliumpermanganat als reichlich
hoch bemessen. Dies ist zutreffend. Andererseits ist aber zu
bedenken, daß bei unvorsichtigem Eintragen des Permanganats
nicht unbeträchtliche Mengen Sauerstoff ungenutzt entweichen
können, und außerdem hat sich bei der Untersuchung anderer
Silberpräparate ergeben, daß 2 g Permanganat zum Teil eben aus-
reichend sind. Daher könnte an dieser Menge der Einheitlichkeit
wegen wohl festgehalten werden. Des weiteren schlägt Kröber
vor, zur Reduktion der Permanganat- bezw. Braunsteinreste die
Oxalsäure wegen ihrer schweren Löslichkeit nicht in Substanz,
sondern in Lösung zuzugeben, um einen Ueberschuß zu vermeiden.
Wie aus der oben mitgeteilten Vorschrift für Collargol ersichtlich
ist, sind wir von der Oxalsäure inzwischen überhaupt ganz ab-
gekommen. Etwas Ferrosulfatpulver wirkt rascher, dient in oxy-
dierter Form gleichzeitig als Indikator und ist im Ueberschuß
nicht störend.
Weiterhin empfiehlt Stöcker), an Stelle von Schwefel-
säure und Kaliumpermanganat Salpetersäure und Natriumnitrit-
lösung zu benutzen, weil nach seiner Ansicht dieMarschner'sche
Methode zwar „gute Resultate gebe, immerhin aber noch Zeit und
Erfahrung fordere“, während sich „die Prüfung aller organischen
Silberverbindungen mit verdecktem Silber in nachstehender Weise
sehr einfach gestalte“: „l g der Silberverbindung wird in 10 ccm
destilliertem Wasser in einem geräumigen Kölbchen gelöst, 10 cem
Salpetersäure D. A.-B.5 zugegeben, umgeschwenkt und weiter
10 ccm der offizinellen 10%igen Natriumnitritlösung zugefügt.
1) Apotheker-Zeitung 1913, S. 6 und 1914, S. 713.
2) Apotheker-Zeitung 1914, S. 344.
44 F. Lehmann: Silberbestimmung.
Die unter Wärmeentwickelung freiwerdende salpetrige Säure ent-
färbt die Lösung und führt alles Silber in salpetersaures Silber
über. Man erwärmt die Lösung, bis die überschüssige salpetrige
Säure entwichen ist, wobei man etwa entstehenden Eiweißschaum
mit einigen Tropfen Alkohol zum Verschwinden bringt. Nachdem
man einen kleinen Krystall Ferriammoniumsulfat zugesetzt hat,
kühlt man das Kölbchen unter der Wasserleitung etwas ab und
titriert, wie im Arzneibuch vorgeschrieben, mit ?/,„-N.-Ammonium-
rhodanidlösung bis zur Rötung.“ Die Fehler, die dieser Methode
anhaften, sind bereits von Kröbert) und von Danckwortt®)
festgestellt worden, die bei ihren Untersuchungen zu folgenden
Ergebnissen kamen:
1. Die Verjagung der salpetrigen Säure, die ja bekanntlich
auf Rhodanwasserstoff zersetzend einwirkt und daher aus der
Titrationsflüssigkeit unbedingt entfernt werden muß, ist durch
Kochen nur sehr schwierig zu erreichen.
2. Von einer eigentlichen Zerstörung der Eiweißsubstanz
durch die salpetrige Säure kann wohl kaum geredet werden. Hierauf
deutet schon die starke Schaumbildung hin, die entgegen
Stöcker’s Angabe sich durchaus nicht durch wenige Tropfen
Alkohol zum Verschwinden bringen läßt.
3. Die Resultate fallen, was wohl auf die beiden vorher er-
wähnten Uebelstände zurückzuführen ist, meistens zu niedrig aus.
4. Die Methode ist auf chloridhaltige Silberpräparate, also
z. B. Collargol, nicht anwendbar, weil Chlorsilber durch salpetrige
Säure nicht zersetzt wird und sich daher der weiteren Bestimmung
entzieht.
Diese Beobachtungen können wir auf Grund,jeigener Versuche
durchaus bestätigen.
Zwei weitere Verfahren zur Bestimmung des Silbers in organi-
schen Präparaten hat Danckwortt?) bekanntgegeben. Die
erste Methode, die sich die Liebig’sche Cyantitration zunutze
macht, beruht auf folgendem Prinzip: Die Substanz wird im Tiegel
verascht, der Glührückstand wird zuerst mit Salpetersäure zur
Lösung des metallischen Silbers, dann mit Ammoniak zur Lösung
des Chlorsilbers behandelt. Die vereinigten, schwach ammoniakali-
schen Flüssigkeiten werden mit 1/,„-N.-Kaliumceyanidlösung im
Ueberschuß versetzt und der Cyanidüberschuß wird mit Y/,o-N.-
Silbernitrat zurücktitriert.
1) Apotheker-Zeitung 1914, 8. 713.
2) Dieses Archiv 1914, S. 497.
3) Dieses Archiv 1914, S. 69 und 497.
N N
F. Lehmann: Silberbestimmung. 45
Es ist sicherlich kein Vorzug, daß dieses Verfahren wieder
zu der als besonders lästig empfundenen trockenen Verbrennung
des Arzneibuches zurückkehrt und außerdem noch eine dem Arznei-
buch fremde Maßflüssigkeit vonnöten ist.
Für die Bestimmung chloridfreier Präparate empfiehlt
Danckwortt ferner die Zerstörung der organischen Substanz
durch einstündiges Kochen am Rückflußkühler
mit Perhydrol und Salpetersäure. Einen ähn-
lichen Vorschlag macht Korndörfer!), der die Destruierung
des Eiweißes mit offizineller Wasserstoffsuperoxydlösung und ver-
dünnter Schwefelsäure bewirken und auf diesem Wege auch bei
Collargol gute Resultate erzielt haben will. Es liegt hier zweifellos
ein Irrtum vor, da Chlorsilber, wie jaauchDanckwortt hervor-
hebt, durch Wasserstoffsuperoxyd nicht in lösliche Form über-
geführt wird.
Die Wasserstoffsuperoxydmethoden sind daher in ihrer An-
wendbarkeit beschränkt auf chloridfreie Präparate. Auch ist nicht
recht einzusehen, welchen praktischen Vorteil ein einstündiges
Kochen am Rückflußkühler der Veraschung gegenüber bieten soll.
Endlich sei noch eine Arbeit von Warnecke?) erwähnt,
der wieder der trockenen Verbrennung den Vorzug gibt, und zwar
mit einem Zusatz von Magnesiumoxyd bezw. Magnesiumsuper-
oxyd. Auf diese Weise soll die Veraschung, die nach dem Arznei-
buch sehr mühselig wegen der Bildung ‚übelriechender Gase und
stark schäumender und äußerst schwer verbrennbarer Kohle‘ ist,
schneller und glatter erreicht werden, beispielsweise bei Argentum
proteinicum nur eine Stunde, ohne Aufblähen der Masse, dauern.
Hierzu sei bemerkt, daß in dieser Zeit sich auch ohne Zusatz die
Verbrennung durchführen läßt, namentlich wenn man die Kohle
mit einem Glasstab zerdrückt.
Wenn Herr Warnecke ferner vermutet, daß bei der nassen
Verbrennung chloridhaltiger Präparate mit Permanganat das Chlor
„durch einfaches Kochen der Flüssigkeiten wohl kaum ganz be-
seitigt werde“, so befindet er sich im Irrtum. Richtig dagegen
ist, daß seine Magnesiamethode Chlorsilber natürlich nicht zu
fassen vermag?).
1) Apotheker-Zeitung 1914, 8. 901.
®2) Apotheker-Zeitung 1914, S. 943.
3) Betreffs Argentum colloidale deuten unsere Erfahrungen dahin,
daß Zerstörungsmethoden, welche das Chlorsilber unberührt lassen,
überhaupt überflüssig sein dürften, da das Kolloidalsilbermetall direkt
in der salpetersauren Lösung des Präparates titriert werden kann.
46 F. Lehmann: Silberbestimmung.
Von den aufgezählten Vorschlägen besitzt keiner Vorzüge
gegenüber dem Permanganatverfahren. Um dessen allgemeine
Anwendbarkeit darzutun, haben wir noch andere organische Silber-
präparate außer Protargol und Collargol untersucht und sind dabei
zu günstigen Resultaten gelangt bei etwa folgender Arbeitsweise:
0,2—0,5—1,0 g — je nach dem Silbergehalt — der Substanz
werden in einem geräumigen Erlenmeyerkolben von ca. 400 ccm
Inhalt in 10 ccm Wasser in der für das betr. Präparat üblichen
Weise gelöst. Zu der Lösung fügt man in dünnem Strahl unter
Umschwenken 10 ccm konzentrierte Schwefelsäure und gleich
darauf in kleinen Portionen unter beständigem Schütteln 2 g
feinst gepulvertes Kaliumpermanganat hinzu. (Bei sehr stark
chlorhaltigen Präparaten, namentlich solchen, von denen man
ihres geringen Silbergehalts wegen 1 g in Anwendung nehmen
muß, wie z. B. Novargan, tut man gut, von vornherein 4—5 g
Kaliumpermanganat zuzugeben.) Darauf läßt man 15 Minuten
lang stehen und verfährt dann wie folgt weiter:
a) Beichloridfreien Präparaten: Man verdünnt das
Reaktionsgemisch mit 50 ccm Wasser, setzt zur Zerstörung der
Permanganat- bezw. Mangansuperoxydreste in kleinen Portionen
Ferrosulfat zu, bis eine klare, gelblich gefärbte Lösung resultiert,
und titriert diese mit 1/,o-N.-Rhodanlösung auf Bräunlich-Rot.
b) Bei chloridhaltigen Präparaten: Man erhitzt das
Reaktionsgemisch auf dem Drahtnetz zur Zersetzung des Chlor-
silbers, bis durch die sich kondensierenden Schwefelsäuredämpfe
die an den Glaswandungen haftenden Braunsteinreste herunter-
gespült sind, verdünnt nach dem Erkalten wie vorher mit 50 ccm
Wasser, entfärbt mit Ferrosulfat und titriert mit 1/,o-N.-Rhodan-
lösung.
1 ccm !/,o-N.-Rhodanlösung = 0,0108 g Silber.
Beleganalysen:
Angewandte a 1/jo-N.-Rhodan- Gefunden Kontroll-
Menge Verbrauch % Ag bestimmung
g ccm g
1,0 APDOTEN ee 3,75 4,05 4,05
0,5 Albargin ....... 6,75 14,6 14,6
1,0 Hegonon ....... 6,2 6,7 6,7
1,0 Novargan ...... 6,8 8,8 8,8
0,5 Ichthargan ..... 12,4 26,8 26,8
L. Vanino u. A. Schinner: Jodstärke. 47
Ueber das Verhalten der Jodstärke gegen die
Pukall’sche Tonzelle und Vanino’s Reagens).
Von L. Vanino und A. Schinner.
(Eingegangen den 12. I. 1915).
Ueber die Natur der Jodstärke, d. h. ob in derselben eine
chemische Verbindung vorliegt oder nicht, gehen trotz der durch
zahlreiche Untersuchungen gewonnenen Gründe und Gegengründe
die Ansichten noch immer auseinander. Während Mylius?) die
Formel [(C,H, Opa J14.-HJ angibt (19,6% Jodgehalt), findet
Payen?) für seine Jodstärke (C,H, Os)ı0J) (7,2% Jodgehalt).
Diesen gegenüber halten W. Küstert) und A. Meyer?) die
blaue Jodstärke für eine Lösung von Jod in Stärke. Nach
T6th®) und Rouvier”) liegt eine chemische Verbindung vor;
sie finden beide auch den von F.Mylius angegebenen Jodgehalt,
widersprechen aber wie Stocks?) und SeyfertP) der von
Mylius vertretenen Ansicht, daß bei der Bildung von Jodstärke
stets Jodwasserstoffsäure oder ein Salz derselben beteiligt sein
müsse. Diese Zahl von Autoren und Ansichten ließe sich noch
leicht vermehren. Ein Blick in die Literatur zeigt, daß zusammen-
hängende Versuche über das Verhalten der Stärkelösungen und
Jodstärke gegenüber der Pukall’schen Tonzelle und dem
Vanino’schen Reagens, welche Agentien bekanntlich über die
Kolloidnatur eines Körpers gewissen Aufschluß zu geben vermögen,
in systematischer Weise noch nicht angestellt worden sind; wir
führten daher diesbezügliche Versuche aus, um in erster Linie zu
ermitteln, inwieweit bei der Stärke bezw. Jodstärkelösung
Lösungen kolloider Natur in Betracht kommen.
1) Merck’s Reagentienverzeichnis 1908, S. 264. Dieses Reagens
besteht aus gefälltem Baryumsulfat, welches kolloide Lösungen
von Gold, Silber usw. fällt und entfärbt, nicht dagegen wirklich
gelöste Stoffe aufnimmt.
2) Ber. 2 (1887), 692.
8) O.-B. 1898, I., 1018.
4) Ann. 283 (1894), 360—380.
5) Untersuchungen über die Stärkekörner, Jena 1895.
6) Chem.-Ztg. 15, 1523, 1583.
?) Compt. rend. 114 (1892), 128, 749, 1366.
8) Chem. News 56 (1887), 212.
9) Zeitschr. f. angew. Chem. 1888, 15, 126.
48 L.. Vanino u. A. Schinner: Jodstärke.
Experimenteller Teil.
1 g lösliche Stärke wurde mit 1 Liter kochenden Wassers be-
handelt und in die erkaltete Lösung eine Pukall’sche Tonzelle
gebracht. Die Stärkelösung wurde von der Zelle glatt auf-
genommen. Ebenso verhielt sich eine auf gleiche Weise bereitete
Lösung von gewöhnlicher Stärke; der Pukallinhalt gab mit Jod-
wasser Blaufärbung. Letzteres wurde hergestellt durch Lösen von
1 g Jod in heißem Wasser und Abfiltrieren des ungelösten Jodes.
Wurde davon wenig zur Stärkelösung gegeben, so trat die Blau-
färbung nicht ein, erst auf Zusatz von mehr Jodwasser, eine Er-
scheinung, die wohl auf die geringe Löslichkeit von Jod in Wasser
zurückzuführen ist. Diese mit Jodwasser oder wenig alkoholischer
Jodlösung hergestellte Jodstärkelösung verhielt sich jedoch gegen
die Tonzelle nicht so wie die Stärkelösung allein: Die Jodstärke-
lösung wurde in keinem Falle von der Tonzelle aufgenommen,
weder die aus löslicher Stärke und Jodwasser bezw. Jodtinktur
hergestellte, noch die aus gewöhnlicher Stärke und Jodwasser
bezw. Jodtinktur bereitete Jodstärkelösung. Der Inhalt der Ton-
zelle war wasserklar und zeigte weder mit Jod noch mit Stärke
Blaufärbung. Es scheint dies dafür zu sprechen, daß bei Zusatz
von Jod zur Stärkelösung keine wirkliche Lösung entsteht,
sondern eine kolloide.
Da bei all diesen Versuchen ausschließlich Kartoffelstärke
verwendet wurde, so schien es zweckdienlich, die Versuche auch
auf andere Stärkesorten auszudehnen. Es wurden Stärkelösungen
hergestellt (1: 1000) aus Weizen-, Reis- und Maranta- bezw.
Arrowrootstärke. Die Versuche ergaben das gleiche Resultat wie
oben. Es wurde ferner außer diesen pflanzlichen Stärken auch
tierische Stärke, Glykogen, in Anwendung gebracht, das sich mit
Jod burgunderrot färbt. Die opalisierende Lösung wurde von der
Tonzelle, wenn auch langsam, aufgenommen. Ein von den
übrigen Stärkesorten abweichendes Verhalten zeigte dieselbe, je
nachdem ihr Jodwasser oder alkoholische Jodtinktur zugesetzt
wurde. Im letzteren Falle nämlich passierte die Jodlösung die
Wandung der Tonzelle, bei Zusatz von Jodwasser aber wurde
weder Jodwasser noch Glykogen vom Pukall aufgenommen.
Bei einem letzten Versuche mit dem zu den Polyosen ge-
hörigen Inulin, das sich mit Jod gelb färbt, wurde dessen Lösung
vom Pukall aufgenommen (Probe des Pukallinhaltes mit
ammoniakalischer Silberlösung oder Schwärzung durch kon-
zentrierte Schwefelsäure), die auf Zusatz von Jodlösung ent-
standene gelbe Flüssigkeit nicht.
Fre. le A ee
TREE
L. Vanino u. A. Schinner: Jodstärke. 49
Es wurden also sämtliche Stärkesorten in wässeriger ver-
dünnter Lösung, von pflanzlicher und tierischer Herkunft, von
der Pukall’schen Tonzelle aufgenommen, auf Zusatz von Jod aber
nicht, und damit ist ein deutlicher Unterschied zwischen der
Stärke und Jodstärkelösung konstatiert.
Nach dem Ergebnis dieser Versuche war mit großer Wahr-
scheinlichkeit vorauszusehen, daß bei Anwendung von Vanino’s
Reagens alle Jodstärkelösungen durch Baryumsulfat!) mitgerissen
würden, die Stärkelösung allein nicht. Auch M. Padoa und
B. Savare£) teilen mit: „Die Lösungen der Jodstärke ver-
halten sich wie Suspensionen, im Gegensatz zu den Lösungen der
Stärke. So erhält man z. B. beim Zusatz von gewaschenem,
gefällten Baryumsulfat zur Jodstärkelösung ein farbloses Filtrat,
während Stärkelösung allein von Baryumsulfat nicht mitgerissen
wird.“ Bei genauer Prüfung zeigte sich auch, daß die Stärke-
lösungen nach lange dauerndem Schütteln in der Maschine und
zeitweiser Erneuerung des Baryumsulfates nie vollständig mit-
gerissen wurden. ®
Die ausgezeichnete Methode nach Muthmann mit
Gummi und Alkohol, wodurch die Kolloide auf Zusatz von
Alkohol mit dem ausgeschiedenen Gummi niederfallen, läßt sich
hier nicht anwenden, da der Alkohol, in größerer Menge hier
zugesetzt, Entfärbung hervorruft.
Aus den Versuchen läßt sich also ersehen, daß bei kolloiden
Lösungen Vanino’s Reagens, was Empfindlichkeit und Schärfe
verlangt, hinter der Pukallzelle nicht zurücksteht, in gewissen
Fällen sogar den Vorzug verdient. Das ergaben auch die an-
gestellten Versuche mit anderen Stoffen, wie Fernambukholz,
Rot-, Gelb- und Blauholz, mit löslichem Berlinerblau und Lack-
mus. Jm ersteren Falle wurden je 10 g mit 200 ccm Wasser
ausgezogen, von den beiden letzten Substanzen Lackmus 1:20,
Berlinerblau 1:50, in Wasser gelöst. Alle diese Lösungen
wurden von der Pukallzelle aufgenommen, durch Baryumsulfat
hingegen wurde Lackmus (gelöst im Verhältnis 1:300) nach
einigem Schütteln im Reagenzrohr vollkommen niedergerissen,
lösliches Berlinerblau in noch stärkerer Verdünnung bereits nach
einmaligem Schütteln.
1) Bei der Darstellung des Baryumsulfates wurde eine kon-
zentrierte Chlorbaryumlösung langsam mit Schwefelsäure versetzt, der
Niederschlag nach oftmaligem Dekantieren auf der Nutsche säurefrei
gewaschen und getrocknet.
2) C.-B. 1905, I., 1593.
Arch. d. Pharm. CCLIII. Bds. 1. Heft. 4
50 L. Vanino u. A. Schinner: Jodstärke.
Während nach R. Arendt!) auf die Herstellung und
Reinigung der aus hart gebrannten, aber noch porösen, reinem
Kaolin bestehenden Tonzellen große Sorgfalt verwendet werden
muß, um bei besonders empfindlichen Kolloidlösungen brauchbare
Resultate zu erzielen, bietet Vanino’s Reagens den Vorteil
größter Empfindlichkeit, wenn man die Flüssigkeit abhebt oder
vorsichtig filtriert und wiederholt mit Baryumsulfat schüttelt.
Im Anschluß daran wurden noch Versuche mit Jodwasser
angestellt, sowohl hinsichtlich seiner Neigung, sich zu entfärben
als insbesondere in bezug auf dessen Verhalten gegen die Pukal-
zelle und Vanino’s Reagens.
Etwa 1 g Jod wurde in 1 Liter heißen Wassers gebracht,
abgekühlt und auf einem Faltenfilter vom ungelösten Jod ab-
filtriert. Die Lösung entfärbte sich nicht nur im Sonnenlicht
(Ampö6re)?), sondern auch in offener Schale im Dunkeln in
weniger als 12 Stunden. Von der Pukalzelle wurde das Jod-
wasser, selbst bei längerem Einwirken der Luftpumpe, nicht auf-
genommen, obwohl die den Pukall umgebende Flüssigkeit stets
ihre bräunliche Farbe behielt und zeitweise neues Jodwasser aus
ganz gefüllten, mit eingeschliffenem Stopfen versehenen Glas-
flaschen zugegeben wurde. (Nach Tuglis?) entfärbt sich zwar
Jodwasser auch in völlig verschlossenen Gefäßen, wenn sie Luft
enthalten, während die entfärbte Flüssigkeit Jod aufnimmt und
sich dauerhaft pomeranzengelb färbt [Guibourt, J. Chim.
Med. 5, 103], nach Gmelin wohl infolge Jodwasserstoffbildung..)
Bei Anwendung von Vanino’s Reagens wurde Jodwasser
in halb und ganz gefüllten Flaschen mit luftdichtem Verschluß
in die Schüttelmaschine gebracht. Nach 14 Tagen war die
Flüssigkeit nicht mehr braungelb, sondern beinahe farblos ge-
worden. Vom gehärteten Filter wurde Jodwasser nicht zurück-
gehalten.
Im Gegensatz zu Jodwasser wurde die alkoholische Jod-
tinktur von der Tonzelle sofort aufgenommen, mit Baryumsulfat
ließ sich die alkoholische Lösung nicht ausschütteln. Der alkoholi-
schen Jodlösung ähnlich verhielten sich die Lösungen von Jod
in Chloroform, Schwefelkohlenstoff und Tetrachlorkohlenstoff.
Dieses Verhalten legt die Annahme nahe, daß die wässerige Jod-
lösung hinsichtlich der beiden angewandten Reagentien den
!) Technik d. anorg. Experimentalchemie 1910, S. 889.
2) Gmelin I, 2, 288. Bi
er
ee
L. Vanino u. A. Sehinner: Jodstärke. öl
Charakter einer kolloiden Lösung zeigt, die Lösungen von Jod
aber in Alkohol, Chloroform, Schwefelkohlenstoff und Tetrachlor-
kohlenstoff wahre Lösungen sind,
Zusammenfassung.
Wenn das Ergebnis dieser Versuche kurz zusammengefaßt
werden soll, so ergibt sich folgendes:
Die gewöhnlichen Stärkelösungen, auch die von Glykogen
und Inulin, wurden von der Pukallzelle aufgenommen, die Jod-
stärkelösungen nicht. Von Vanino’s Reagens wurden sämt-
liche Jodstärkelösungen mitgerissen, schwer. und nur unvollständig
die Stärkelösungen.
Aus diesen Versuchen geht selbstverständlich nicht hervor,
ob bei der Jodstärke eine chemische Verbindung vorliegt oder
nicht, aber es sind doch durch diese angeführten Versuche ganz
charakteristische Unterschiede zwischen der Stärke und Jodstärke
festgestellt worden.
Bereits Julius Fri t zschet) hat in der ersten Hälfte des
vorigen Jahrhunderts die Ansicht vertreten, daß die Jodstärke
als eine wirkliche chemische Verbindung zu betrachten sei.
Diese in seiner auch heute noch interessanten Abhandlung
„über das Amylum“ vertretene Ansicht gewinnt an Wahr-
scheinlichkeit, wenn man bedenkt, daß es in keiner Weise gelingt,
durch Lösungsmittel das Jod aus der Stärke herauszulösen,
obwohl es deren viele und ausgezeichnete gibt.
1!) Ann. d. Pharm. 12 (1834), 263 und Pogg. Ann. 32, 129.
52 E. Schmidt: Ephedrin und Pseudoephedrin.
Mitteilungen aus dem pharmazeutisch-chemischen Institut
der Universität Marburg.
249. Ueber das Ephedrin und Pseudoephedrin.
Von Ernst Schmidt.
(Eingegangen den 1. VIII. 1914.)
1. Ueber das Phenyl-, Methylamino-Propan.
In meiner letzten Mitteilung über das Ephedrin und Pseudo-
ephedrin!) habe ich auf Grund der Beobachtungen, welche ich
bezüglich der Konstitution dieser beiden stereoisomeren Basen
machte, dargelegt, daß die reversibele Ueberführbarkeit derselben
ineinander, im Einklang mit einer Annahme von J. Gadamer,
wohl auf eine räumliche Verschiebung der im Molekül dieser
Alkaloide enthaltenen OH-Gruppe zurückzuführen sein dürfte:
Os Far
ea B- er rs 0H
CH,.HN.CH “77, GET
GH, CH,
Ephedrin Pseudoephedrin
Diese Annahme hat durch das Verhalten des Phenyl-,
Methylamino-Propans:
C,H,—CH,—CH--CH,
NH.CH,
gegen Salzsäure, dessen Untersuchung seinerzeit noch nicht ganz
zum Abschluß gelangt war, eine weitere Stütze gefunden. Das
Hydrochlorid dieser aus Ephedrin und auch aus Pseudoephedrin
durch Ersatz des Hydroxyls: OH, durch Wasserstoff erhältlichen,
schwach rechtsdrehenden Base erleidet keine Veränderung, wenn
dasselbe mit der zehnfachen Menge Salzsäure von 25% 12 Stunden
lang im geschlossenen Rohre im Wasserbade erhitzt wird. Das
aus diesem Reaktionsprodukt isolierte Hydrochlorid ist daher, wie
aus den nachstehenden Daten hervorgeht, identisch mit der als
Ausgangsmaterial verwendeten Verbindung. e
1) Dieses Archiv 252, 136 u. f.
E. Schmidt: Ephedrin und Pseudoephedrin. 53
Die Gruppe CH.NHCH, hat somit unten den Versuchs-
bedingungen, unter welchen das Ephedrin in Pseudoephedrin und
umgekehrt das Pseudoephedrin in Ephedrin verwandelt wird,
keine räumliche Verschiebung erfahren. Es dürfte daher wohl
auch anzunehmen sein, daß dieser Gruppe auch im Ephedrin und
Pseudoephedrin die gleiche Stabilität wie in dem daraus dar-
gestellten Phenyl-, Methylamino-Propan zukommt und daher die
Isomerie und die reversibele Umlagerungsfähigkeit dieser beiden
Basen durch obige geometrische Formeln zum Ausdruck gelangt.
Das zu diesen Versuchen verwendete Hydrochlorid des
Phenyl-, Methylamino-Propans war aus Ephedrin nach den früheren
Angaben!) dargestellt worden. In Rücksicht auf die leichte
Löslichkeit dieses Hydrochlorids in Wasser und in Alkohol wurde
dasselbe diesmal jedoch noch aus siedendem Aceton, worin es
ziemlich schwer löslich ist, umkrystallisiertt. Das auf diese Weise
gereinigte Produkt bildete farblose, blätterige oder tafelförmige
Krystalle, welche ebenso wie die früher untersuchte Verbindung
bei 1720 schmolzen. Obschon auch die sonstigen Eigenschaften
des aus Aceton umkrystallisierten Hydrochlorids mit den früheren
Beobachtungen durchaus im Einklang standen, war das Rechts-
drehungsvermögen desselben etwas schwächer als bei dem früher
untersuchten Präparat. Für letzteres fand Herr Professor
Dr. O. Keller:
[a] = + 19,14°.
(0,3004 g in Wasser zu 25 ccm gelöst; t = 15%; 1= 2 dem;
a= + 0,46°),
wogegen er für das zweimal aus Aceton umkrystallisierte Produkt
ermittelte:
[a]p” = + 17,80. e
(0,2766 g in Wasser zu 25 ccm gelöst; t = 17,5%; 1= 2 dem; *
a= + 0,394).
0,179 g dieses Hydrochlorids lieferten 0,137 g AgCl.
Gefunden: Berechnet für C,,H,,N, HCl:
HCl 19,47 19,68
Das zum Vergleich mit dem Einwirkungsprodukt der Salz-
säure aus diesem Hydrochlorid dargestellte Platin- und Gold-
doppelsalz stimmte in den Eigenschaften mit den früher unter-
suchten Doppelsalzen überein.
Das Platindoppelsalz bildete zunächst rotgelbe, zu
Drusen angeordnete, in Wasser schwer lösliche Nadeln, die bei
1) Ibidem 252, 120.
54 E. Schmidt: Ephedrin und Pseudoephedtin.-
202° schmolzen. Durch Umkrystallisieren aus siedendem, salz-
säurehaltigeem Wasser ließen sich jedoch diese Krystalle in
zentimeterlange, bei 203—209° schmelzende Nadeln überführen.
Das Golddoppelsalz schied sich in schwer löslichen,
glänzenden!), nadelförmigen Krystallen aus, welche sich durch
Umkrystallisieren aus siedendem, salzsäurehaltigem Wasser in
zentimeterlange, bei 126° schmelzende Nadeln verwandeln ließen.
Von dem Hydrochlorid dieses Phenyl-, Methylamino-Propans
wurden je 2 g mit 20 g Salzsäure von 25%, im Einschmelzrohre
12 Stunden lang im siedenden Wasserbade erhitzt. Die ungefärbte
Flüssigkeit wurde alsdann zur Trockne verdampft und der
krystallinische Rückstand zweimal aus siedendem Aceton um-.
krystallisiert. Hierbei resultierten farblose, blätterige oder tafel-
förmige Krystalle, welche bei 1720 schmolzen. In Wasser und in
Alkohol waren dieselben sehr leicht löslich; Aceton löste dagegen
nur wenig davon auf.
0,180 g lieferten 0,1371 g AgCl.
Gefunden: - Berechnet für C,,Hı,N, HCl:
HC1 19,37 19,68
Herr Professor Dr. OÖ. Keller hatte die Güte das Drehungs-
vermögen dieser Verbindung zu bestimmen. Es ergab sich:
[an = + 17,21°.
(0,3268 g in Wasser zu 25 ccm gelöst; t = 22%; 1 = 2 dem;
= + 45°)
Platindoppelsalz. Zentimeterlange, rotgelbe, in
Wasser schwer lösliche Nadeln, bei 208—2090 schmelzend.
0,2046 g enthielten 0,056 g Pt.
Gefunden: Berechnet für (C,oH1sN, HC1),PtC];:
Pt 27,39 27,50
Golddoppelsalz. Zentimeterlange, glänzende, gelbe
Nadeln, in Wasser schwer löslich, bei 126° schmelzend.
1. 0,2225 g enthielten 0,0895 g Au.
2. 0,2232 g lieferten 0,2019 g CO, und 0,0648 g 4,6 (A. Eber-
hard).
Gefunden; Berechnet für
ir 2, C,H,ısN, HC1 + Aul];:
Au 40,23 — 40,31
C 2 24.67 24,53
H — 3,25 3,26
1) Dieses Archiv 252, 121 ist irrtümlich „nicht“ - glänzende
Nadeln angegeben. raDIdENK:
E. Schmidt: Ephedrin und Pseudoephedrin. 55
Hydrochlorid: Hydrochlorid:
C,0Hı5N, HCl. C.H1N, HCl.
Blättchen oder Tafeln. Blättchen oder Tafeln.
Schmelzpunkt 172°, Schmelzpunkt 172°.
[y" = + 17,80. (J = + 17,21°.
Platinat: Platinat:
(C,H 1;N, HCl),PtC1,. (C.,H1N, HC1),PtC1..
Lange Nadeln. Lange Nadeln.
Schmelzpunkt 208—209°. Schmelzpunkt 208—209°.
Aurat: Aurat:
C,H,5N; HCl, AuCl,. C,0H1s;N, HCl, AuCl,.
Lange Nadeln. Lange Nadeln.
Schmelzpunkt 126°. Schmelzpunkt 126°.
II. Methylephedrin-Methylkydroxyd.
Versuche, welche ich früher im Verein mit meinen Schülern
ausgeführt habe, ergaben, daß das Methylephedrin-Methylhydroxyd
bei der Destillation seiner wässerigen Lösung im Sinne folgender
Gleichung gespalten wird:
A. C,H, -CH.OH— CH CH, = N(CH,), +. C,H 0 + H;0.
N(CH,),.OH
Die Verbindung C,H,,O erwies sich bei näherer Prüfung als
ein Gemisch von Aethyl-Phenylketon: (,H,—C0—C;H,,
und Phenylpropylenoxyd: C,H,—CH—CH—CH,, von
ee
10)
welchem jedoch, je nach den Versuchsbedingungen, kleinere oder
größere Mengen durch Aufnahme von Wasser in Phenyl-
propylenglykol:C,H,—CH.OH—CH.,OH—CH, verwandelt
waren!).
Bei diesen Spaltungsversuchen fiel es auf, daß hierbei die
Menge der genannten: Produkte, je nach der Konzentration der
angewandten wässerigen Lösung des Methylephedrin-Methyl-
hydroxyds und der Art der Destillation, eine sehr wechselnde war.
Selbst bei häufig wiederholter, jedesmal bis nahezu zur Trockne
I) Dieses Archiv 1911, 305.
56 E. Schmidt: Ephedrin und Pseudoephedtrin.
fortgesetzten Destillation entsprachen die erzielten Ausbeuten an
dem öligen, stickstofffreien Zersetzungsprodukt C,H,,O keineswegs
denen, welche nach obiger Gleichung zu erwarten waren. Es
mußten sich daher bei dieser Destillation noch Nebenreaktionen
vollziehen, welche die Ausbeute an den stickstofffreien Produkten
schmälerten. Hierauf wies bereits eine Beobachtung von
E. R. Miller!) hin, welcher in dem mit Salzsäure angesäuerten
und wiederholt mit Aether ausgeschüttelten Destillate das Vor-
handensein einer Base beobachtete, deren Platindoppelsalz im
Platingehalt, jedoch nicht in dem Schmelzpunkt usw., mit dem
des Methylephedrin-Methylchlorids übereinstimmte. Da sich
jedoch im allgemeinen die quaternären Ammoniumbasen nicht
unzersetzt mit den Wasserdämpfen verflüchtigen, so ließ es
Miller dahingestellt, welcher Natur die in jenem Platinsalz ent-
haltene Base war.
Bei der Wiederholung der Miller’schen Versuche kam
dann H. Emde?) zu dem Resultat, daß es sich bei dem frag-
lichen Platindoppelsalz, wie von vornherein anzunehmen war,
nicht um das Doppelsalz jener quaternären Base handeln könnte,
sondern wohl nur um das Platinat des mit Wasserdämpfen
flüchtigen Methylephedrins, gemischt mit mehr oder weniger
Trimethylaminplatinchlorid.
- Zur weiteren Aufklärung der Nebenreaktionen, welche sich
neben dem eigentlichen Spaltungsprozeß (A) bei der Destillation
der wässerigen Lösung des Methylephedrin-Methylhydroxyds
abwickeln, habe ich Herrn A. Eberhard veranlaßt, diese Ver-
suche von neuem, und zwar in größerem Umfange, auszuführen
und zu diesem Zweck besonders das wässerige Destillat einer
eingehenden Prüfung zu unterwerfen (s. nachstehende Mitteilung.)
Bei diesen Untersuchungen hat sich zunächst herausgestellt,
daß das Methylephedrin-Methylhydroxyd an sich eine wenig
beständige Verbindung ist. Schon bei gewöhnlicher Temperatur
scheiden sich aus der wässerigen Lösung dieser quaternären Base
farblose, bei 73—75° schmelzende Nadeln aus, welche aus
Methylephedrin bestehen.
Die gleiche Verbindung läßt sich weiter dieser Lösung durch
Ausschütteln mit Aether entziehen. Es ist daher‘ wohl an-
zunehmen, daß sich diese Zersetzung des Methylephedrin-Methyl-
hydroxyds:
1) Ibidem 1902, 494.
?) Ibidem 1906, 252.
E. Schmidt: Ephedrin und Pseudoephedrin. 57
B. 0,H,—CH.OH—CH—-CH, = CH,.0OH-+C,H,—CH.OH—CH— CH,
N(CH,3),. OH N(CH,)
Methylephedrin- Methylephedrin
Methylhydroxyd
bei der Destillation der wässerigen Lösung desselben in noch weit
größerem Umfange vollziehen wird als dies bereits bei gewöhn-
licher Temperatur der Fall ist. Da ferner das Methylephedrin
mit Wasserdämpfen sehr leicht flüchtig ist, so ist das Auftreten
beträchtlicher Mengen dieser Base in dem wässerigen Destillat
der Methylephedrin-Methylhydroxydlösung leicht erklärlich.
Die Zersetzung des Methylephedrin-Methylhydroxyds bleibt
jedoch bei der Bildung des Methylephedrins nicht stehen, viel-
mehr tritt bei der Destillation unter dem Einfluß des Wasser-
dampfes noch eine weitere Zersetzung ein, indem aus dem Molekül
dieser Base noch eine weitere Methylgruppe, unter Rückbildung
von Ephedrin, austritt:
C. 0,H,-CH.OH--CH—CH, + H,0 =
N(CH,),
Methylephedrin
CH,.OH + C,H, —CH.OH-—-CH--CH,
NH.CH,
Ephedrin
Die Umwandlung des Methylephedrins in Ephedrin erfolgt
nicht allein unter obigen Versuchsbedingungen, sondern -tritt auch
ein, wenn das Methylephedrin wiederholt mit Salzsäure auf dem
Wasserbade eingedampft wird.
Da auch das Ephedrin mit den Wasserdämpfen flüchtig ist,
so mußte dasselbe ebenfalls in dem wässerigen Destillat, welches
bei der Destillation der wässerigen Methylephedrin-Methylhydroxyd-
lösung resultiert, enthalten sein. In der Tat konnte dasselbe
auch daraus isoliert werden.
Ein Teil dieses regenerierten Ephedrins verbindet sich dann
in dem Destillat weiter mit dem nach Gleichung A gebildeten
Phenylpropylenoxyd: C,H,,O, zu einem den Charakter einer sehr
beständigen Base tragenden Additionsprodukte (s. unten):
D. C,H,—-CH.OH--CH--CH, + 0,H.0 =
NH.CH,
Ephedrin
C,H,—CH.OH-—-CH
CH
NCH„O
58 E. Schmidt: Ephedrin und Pseudoephedrin.
In welchem Umfange sich die Reaktionen A, B, C und D
nebeneinander, bezw. nacheinander bei der Destillation der
wässerigen Lösung des Methylephedrin-Methylhydroxyds vollziehen,
hängt anscheinend von der Konzentration derselben und der Art
der Destillation ab. Wie aus der nachstehenden Abhandlung
hervorgeht, ist die Menge des in dem wässerigen Destillat auf-
tretenden Ephedrin-Phenylpropylenoxyds nur gering im Vergleich
zu der des Trimethylamins, Methylephedrins und Ephedrins.
IH. Methylephedrin-Methyljodid: C,H,—CH.OH-—CH—CH,
N(CH,)3J.
Im Jahre 1906 hat H. Emde!) hier, gelegentlich einer auf
meine Veranlassung ausgeführten Untersuchung über die Styryl-
aminbasen, auch die Einwirkung von Natriumamalgam auf die
wässerige Lösung des Styryltrimethylaminchlorids studiert. Es
ergab sich hierbei das bemerkenswerte Resultat, daß dieses
quaternäre Ammoniumchlorid unter diesen Bedingungen glatt in
Trimethylamin und «-Phenylpropylen im Sinne folgender Gleichung
gespalten wird:
C,H, -CH=CH--CH,.N(CH,),‚Cl+H, =
N(CH,)„ HC1 + C,H, CH=CH--CH,.
H. Emde?) hat dann später gezeigt, daß sich diese Reaktion
auch zur Spaltung anderer quaternärer Ammoniumchloride mit
glattem Erfolg verwenden läßt. Es lag daher die Vermutung
nahe, daß auch das Methylephedrin-Methyljodid unter den gleichen
Versuchsbedingungen eine Spaltung erfahren würde. Die Versuche,
welche Herr A. Eberhard auf meine Veranlassung in dieser
Richtung ausgeführt hat (s. nachstehende Abhandlung), haben die
Richtigkeit dieser Annahme bestätigt.
Der Reaktionsverlauf, welcher sich bei der Einwirkung von
Natriumamalgam auf die heiße, konzentrierte Lösung des Methyl-
ephedrin-Methyljodids vollzieht, hat eine gewisse Aehnlichkeit mit
dem, der sich bei der Destillation der wässerigen Lösung des
Methylephedrin-Methylhydroxyds abwickelt. Die Menge der bei
diesem Reduktionsprozeß als ölige Tropfen auftretenden stickstoff-
freien Spaltungsprodukte ist jedoch noch viel geringer als bei der
Destillation der wässerigen Methylephedrin-Methylhydroxydlösung.
Bei der Einwirkung von Natriumamalgam auf die heiße
wässerige Lösung des quaternären Jodids. tritt ebenfalls eine Ent-
1) Dieses Archiv 244, 297.
2) Ibidem 247, 369; 249, 106,
E. Schmidt: Ephedrin und Pseudoephedrin. 59
methylierung, unter Bildung von Methylephedrin und
Ephedrin, ein. Gleichzeitig erfolgt jedoch hierbei auch eine
Spaltung des Methylephedrin-Methyljodids in Trimethyl-
aminund Phenylpropylenoxyd im Sinne der Gleichung:
C,H, -CH.OH--CH--CH, [+ NaOH] =
Methylephedrin-
Methyljodid
[H,O + NaJ] + N(CH,), + &H,—CH—CH--CH,
Fr
Phenylpropylenoxyd
Das bei dieser Spaltung gebildete Phenylpropylenoxyd ver-
bindet sich jedoch zum großen Teil unter den obwaltenden
Versuchsbedingungen durch direkte Addition mit einem Teil
des durch Entmethylierung des Methylephedrin - Methyljodids
entstandenen Ephedrins zu einer gut charakterisierten
tertiären Base:
C,H, CH.OH-CH--CH, + C,H.0 =
NHCH,
C,H, CH.OH--CH--CH,
„CH
N 3
C;H,,O
Ob letzterer Base die Formel I. oder II. zukommt, oder
ob hierbei ein Gemisch von beiden entsteht, mag zunächst dahin
gestellt bleiben:
I. C,H, -CH.OH—CH--CH,
„CH
Nra%CH
CH<CH .0OH--CH,
II. C,H,—CH.OH—CH—CH,
„CH
Near: CH.OH—C,H
CH os
<CH,
Für das Auftreten eines Gemisches der durch die Furmeln I
und II ausgedrückten Basen scheint der Umstand zu sprechen,
daß bei den von Herrn A. Eberhard ausgeführten Versuchen
der.Schmelzpunkt des schwer löslichen, gut krystallisierenden
Hydrochlorids dieses Ephedrin-Phenylpropylenoxyds zwischen 142
und 148° schwankte, ja bisweilen noch niedriger gefunden wurde.
Auch P. Rabe und J. Hallenslebenl) erhielten bei
der Einwirkung von Methylamin auf Phenylpropylenoxyd durch
Addition ein Gemisch von einfach methylierten Hydraminen.
1) Ber. d. d. chem. Ges. 1911, 821.
60 E. Schmidt: Ephedrin und Pseudoephedrin.
Phenyl-Aethylketon, bezw. dessen Carbinol oder Pinakon,
konnte ‘bisher nicht in den Reaktionsprodukten der Einwirkung
des Natriumamalgams auf Methylephedrin- Mach yijeäil nach-
gewiesen werden.
Die Verbindung C,,H,,;NO,, welche zunächst als Ephedrin-
Phenylpropylenoxy.d bezeichnet sein mag, kennzeichnet
sich durch ihr Verhalten gegen Jodmethyl, entsprechend den
obigen Formeln, als eine tertiäre Base. Dieselbe enthält zwei
Hydroxylgruppen, wie aus dem Verhalten gegen Benzoylchlorid
hervorgeht. Natriumamalgam war ohne Einwirkung auf. diese
Base. Auch gegen Salzsäure erwies sich dieselbe als sehr be-
ständig. Bei 12stündigem Kochen mit Salzsäure von 25%, am
Rückflußkühler konnte keine Veränderung des angewendeten
Hydrochlorids konstatiert werden. Auch beim Erhitzen desselben
mit Salzsäure von 25%, im geschlossenen Rohre im Wasserbade
blieb der größte Teil dieser Verbindung unverändert.
Da diese von Herrn A. Eberhard ausgeführten Spaltungs-
versuche nicht zu dem gewünschten Resultate führten, habe ich
zur weiteren Charakterisierung der Verbindung C,H.,NO, als
Additionsprodukt des Ephedrins mit Phenylpropylenoxyd den
umgekehrten Weg, den der Synthese, eingeschlagen.
Meine früheren Versuche!) hatten gelehrt, daß sich das
Phenylpropylenoxyd leicht mit Trimethylamin zu einer cholinartigen
Verbindung vereinigt. Ebenso haben J.Rabe und J.Hallens-
leben (l. ce.) die Additionsfähigkeit des Phenylpropylenoxyds mit
Methylamin konstatiert. Es lag daher nahe, zur Darstellung des
fraglichen Additionsproduktes das Phenylpropylenoxyd direkt mit
Ephedrin in Reaktion zu versetzen. Die bezüglichen Versuche haben
in der Tat eine Base geliefert, welche in der Zusammensetzung und
in den Eigenschaften mit der von Herrn A. Eberhard durch
Einwirkung von Natriumamalgam auf Methylephedrin-Methyljodid
erhaltenen Verbindung C,,H,,NO, vollständig übereinstimmt.
Zu diesem Zweck habe ich das bei der Destillation der
wässerigen Lösung des Methylephedrin-Methylhydroxyds ent-
stehende Gemisch von Propiophenon und Phenylpropylenoxyd mit
einer entsprechenden Menge von freiem Ephedrin 12 Stunden
lang in alkoholischer Lösung im geschlossenen Rohre im Wasser-
bade erhitzt. Das Reaktionsprodukt wurde dann bei mäßiger
Wärme verdunstet, der Rückstand nach dem Ansäuern mit Salz-
säure mit Aether ausgeschüttelt und das Ungelöste hierauf in
heißem Wasser gelöst. Die aus dieser Lösung allmählich ausge-
1) Dieses Archiv 1911, 305.
=
E. Schmidt: Ephedrin und Pseudoephedrin. 61
schiedenen, in Wasser schwer löslichen Anteile lieferten dann
nach wiederholtem Umkrystallisieren aus heißem Wasser kleinere
oder größere, würfelähnliche oder tafelförmige, etwas glänzende
Krystalle, welche bei 146—148° stark zusammensinterten, jedoch
erst bei 155—156° unter schwachem Aufschäumen vollständig
klar schmolzen.
0,222 g lieferten 0,090 g AgCl.
Gefunden: Berechnet für C,,H,,NO,, HCl:
Cl 10,30 10,58
Das aus diesem Hydrochlorid dargestellte Aurat bildete
blaßgelbe, schwer lösliche, etwas glänzende, feine Nadeln, die bei
144—145° schmolzen. Die gleiche Verbindung konnte auch direkt
aus den mit Wasser verdünnten Mutterlaugen des Rohhydro-
chlorids durch Zusatz von Goldchloridlösung und Umkrystallisieren
der hierdurch erhaltenen Ausscheidung aus heißem, stark salzsäure-
haltigem Wasser erhalten werden.
0,2743 g enthielten 0,0846 g Au.
Gefunden: Berechnet für C,H,NO,, HCl + AuCl];:
Au 30,85 38,85
Die aus dem Hydrochlorid dargestelle freie Base schied sich
aus Aether oder aus Alkohol in tafelförmigen, bei 125°
schmelzenden, alkalisch reagierenden Krystallen aus. Aus heißem,
verdünnten Alkohol wurde dieselbe in federbartartig gruppierten,
kleinen Kryställchen erhalten. In Wasser war diese Base nur
sehr wenig löslich.
C,H 2 NO;
erhalten durch Einwirkung
erhalten aus Ephedrin von Natriumamalgam auf
und Propylenoxyd Methylephedrin-Methyljodid
Hydrochlorid: Hydrochlorid:
Würfelähnliche, Würfelähnliche,
schwer lösliche Krystalle. schwer lösliche Krystalle.
Schmelzpunkt 155—156°., Schmelzpunkt 155—156°.
Aurat: Aurat:
Feine, schwer lösliche Nadeln. Feine, schwer lösliche Nadeln.
Schmelzpunkt 144—145°. Schmelzpunkt 144—145°.,
Freie Base: Freie Base:
Tafelförmige Krystalle. Tafelförmige Krystalle.
Schmelzpunkt 125°, Schmelzpunkt 125°.
Auch mit Pseudoephedrin und mit anderen Basen liefert das
Phenylpropylenoxyd leicht Additionsprodukte.
.
62 A. Eberhard: Ephedrin und verwandte Verbindungen.
Mitteilungen aus dem pharmazeutisch-chemischen Institut
der Universität Marburg.
Von Ernst Schmidt.
250. Ueber das Epheärin und verwandte
Verbindungen!).
Versuche von Dr. August Eberhard, Apotheker.
I. Ueber das Verhalten des Methylephedrin-Methylhydroxyds®
bei der Destillation seiner wässerigen Lösung.
Der Zweck dieser Untersuchung war, wie bereits in
der vorstehenden Arbeit‘ (249) dargelegt wurde, die Ermitte-
lung der stickstoffhaltigen Nebenprodukte, welche neben Tri-
methylamin und stickstofffreien Verbindungen bei der Destillation
der wässerigen Lösung des Methylephedrin - Methylhydroxyds:
CjoH1a(CH,)ON—CH,.OH, auftreten.
Methylephedrin-Methyljodid: C,,H,,(CH;,)ON .CH3J.
Die Darstellung des als Ausgangsmaterial für die Gewinnung
des Methylephedrin-Methylhydroxyds verwendeten Methylephedrin-
- Methyljodids erfolgte mit kleinen Modifikationen nach den An-
gaben von E. R. Miller) und H. Emde®). Das aus
Ephedrinhydrochlorid-Merck dargestellte freie Ephedrin wurde
zu diesem Zwecke in der 2—3fachen Menge Methylalkohol gelöst,
diese Lösung alsdann unter Abkühlung allmählich mit Jodmethyl
im Ueberschuß versetzt und das Gemisch hierauf, nachdem die
bereits bei gewöhnlicher Temperatur eintretende Reaktion beendet
war, noch so lange am Rückflußkühler auf dem Wasserbade
erhitzt, bis die Flüssigkeit neutrale Reaktion zeigte. Das im
Ueberschuß angewendete Jodmethyl wurde alsdann im Verein
mit dem Methylalkohol abdestilliert, wobei ein rotgefärbtes,
beim Abkühlen krystallinisch erstarrendes Liguidum zurückblieb.
Zur. Entfernung des in diesem Reaktionsprodukt neben
Methylephedrin-Methyljodid enthaltenen Methylephedrinhydrojodids
1) Inauguraldissertation, Marburg 1914.
- 2) Dieses Archiv 1902, 490.
3) Tbidem 1906, 252.
}
u en a We vos
A. Eberhard: Ephedrin und verwandte Verbindungen. 63
wurde dasselbe in Wasser gelöst, die erzielte Lösung mit Baryt-
wasser bis zur stark alkalischen Reaktion versetzt und das
Gemisch hierauf wiederholt mit Aether ausgeschüttelt. Der nach
dem Abdestillieren des Aethers verbleibende, aus Methylephedrin
bestehende Rückstand wurde alsdann von neuem der Methylierung
in obiger Weise unterworfen.
Aus der mit Aether ausgeschüttelten Lösung schied sich
beim Stehen bereits ein Teil des Methylephedrin-Methyljodids in
würfelförmigen oder rechteckigen Krystallen aus. Der Rest wurde
nach quantitativer Ausfällung des Baryumhydroxyds mit ver-
dünnter Schwefelsäure durch Eindampfen gewonnen. Die weitere
Reinigung erfolgte durch Umkrystallisieren aus siedendem Alkohol.
Die auf diese Weise erhaltenen Krystalle schmolzen bei 204°.
E. Merck!) und E. R. Miller (l. ec.) fanden den Schmelz-
punkt des Methylephedrin - Methyljodids bei 203%, H. Emde
(l. ce.) bei 199°.
Methylephedrin-Methylehlorid: C,9H,,(CH,)ON.CH,C1+-H3;0.
Diese Verbindung wurde durch Umsetzen der wässerigen
Lösung des Methylephedrin - Methyljodids mit frisch gefälltem
Chlorsilber dargestellt. Nach dem Eindampfen der hierbei erzielten
Lösung auf ein kleines Volum erstarrte im Exsikkator die ganze
Flüssigkeit zu einer strahlig-krystallinischen Masse. Durch Um-
krystallisieren aus wenig Wasser ließ sich jedoch dieses Produkt
in große, durchsichtige, rechteckige Tafeln, welche bei 230°
schmolzen, überführen. Dieses Chlorid ist in Wasser und in
Alkohol wesentlich leichter löslich als das entsprechende Jodid.
Im Exsikkator verliert dieses Chlorid bereits einen Teil seines
Krystallwassers.
0,2094 g lufttrockener Substanz verloren bei 100° 0, 0147 g an
- Gewicht
Gbkenden: Berechnet für C,,H,,(CH,)ON—-CH,Cl + H,O:
g der. bei 100° getrockneten Verbindung - lieferten
0,1
0,1223 g Agoı.
Gefunden: Berechnet für C,H,.(CH,)JON—CH,Cl:
Cl 15,53 15,44
Die spezifische Drehung der wasserfreien. Verbindung ergab
sich als:
[a] = — 30,54°. 5 8
(1, DE g in 20,3468 cem Wasser gelöst; 1 = 2dem; t = 15°;
°.)
a= —
1) Merck’s Berichte 1893.
64 A. Eberhard: Ephedrin und verwandte Verbindungen.
Methylephedrin-Methylhydroxyd: C,,H1,(CH,)ON.CH,.OH.
Da das Methylephedrin-Methylhydroxyd kaum im reinen,
krystallisierten Zustande zu erhalten ist, so wurden für die
Spaltungsversuche direkt die Lösungen verwendet, welche durch
vorsichtigen Zusatz von frisch bereitetem, feuchtem Silberoxyd
auf eine wässerige Lösung des Methylephedrin - Methyljodids
erhalten wurden. Bei der Aufbewahrung einer derartigen Lösung
schieden sich feine, weiße, bei 730 schmelzende Nadeln aus, welche
sich durch einen Vergleich mit der bei der Methylierung des
Ephedrins als Nebenprodukt erhaltenen Verbindung als Methyl-
ephedrin erwiesen. Es erleidet somit das Methylephedrin-
Methylhydroxyd schon bei gewöhnlicher Temperatur allmählich
eine Abspaltung von CH,.OH.
Die Destillation der frisch bereiteten wässerigen Lösung des
Methylephedrin-Methylhydroxyds erfolgte zumeist direkt auf der
Asbestpappe in einer mit Kühler versehenen Retorte. Besonders
gegen Ende der Destillation gingen hierbei beträchtlichere Mengen
von Oeltröpfchen der stickstofffreien Spaltungsprodukte über. Der
Retorteninhalt wurde daher bis nahe zur Trockne abdestilliert,
der Rückstand alsdann mit 10 ccm Wasser aufgenommen und die
Destillation hierauf von neuem in dieser Weise ausgeführt. Ob-
schon diese Destillationen so oft wiederholt wurden, als noch ein
durch Oeltröpfchen getrübtes Destillat resultierte, bezüglich bis
in der Retorte nur noch ein geringfügiger Rückstand verblieb,
war doch die Ausbeute an stickstofffreiem Rohprodukt ver-
hältnismäßig nur gering und sehr schwankend. Die aus je 20 g
Methylephedrin-Methyljodid dargestellte quaternäre Base lieferte
bei der Destillation ihrer wässerigen Lösung, als das Destillat
wiederholt mit Aether ausgeschüttelt und letzterer mit schwach
salzsäurehaltigem Wasser behandelt wurde, 5,2—6,5 g eines
öligen, bei der Aufbewahrung auffallenderweise allmählich kry-
stallinisch erstarrenden Produktes. Beim starken Abpressen des-
selben zwischen Fließpapier verblieben rein weiße, nadelförmige,
bei 73° schmelzende Krystalle. Durch Umkrystallisieren aus
Aether erhöhte sich der Schmelzpunkt derselben auf 74—75°.
Die weitere Untersuchung lehrte, daß dieses Produkt aus
Methylephedrin bestand.
0,1952 g lieferten 0,5225 g CO, und 0,1635 g H,O.
Gefunden: Berechnet für C,H}.(CH,)ON:
C 73,02 73,67
H 9,37 9,56
A. Eberhard: Ephedrin und verwandte Verbindungen. 65
Methylephedrin: C,,H,,(CH;)ON.
Das Methylephedrin zeichnet sich durch große Flüchtigkeit
aus. Schon beim Aufbewahren im Exsikkator tritt eine ständige
Gewichtsabnahme ein. In reinem und in schwach salzsäure-
haltigem Wasser ist das Methylephedrin schwer löslich. In mäßig
verdünnter Salzsäure ist die alkalisch reagierende Verbindung
dagegen leicht löslich. Beim Verdunsten letzterer Lösung verbleibt
ein in Wasser und Alkohol sehr leicht lösliches Hydrochlorid als
eine weiße, krystallinische, bei 182—186° schmelzende Masse.
Das Drehungsvermögen des Methylephedrins ergab sich als:
[ep = 18,96°.
(0,8203 g gelöst in 20,3232 cem Wasser; t = 15°; 1 = 2dem;
a = — 1,550)
Das Golddoppelsalz scheidet sich aus heißem Wasser
in charakteristischen, starkglänzenden Blättchen aus, die bei 129°
schmelzen.
0,3161 g enthielten 0,1198 g Au.
Gefunden: Berechnet für C,,H,4(CH,)ON, HCl + AuQl,:
Au 37,90 37,95
E. R. Miller gibt den Schmelzpunkt des Methylephedrin-
aurats zu 121—123°, H. Emde zu 126° an.
Das Platindoppelsalz resultierte nach wiederholtem
Umkrystallisieren in ziemlich leicht löslichen, kleinen, rotgelben,
bisweilen zu Drusen vereinigten Nadeln. Wasserfrei schmolz
dieses Platinat bei 181° und zersetzte sich unter Aufschäumen
bei 184°.
0,6856 g verloren bei 100° 0,0314 g an Gewicht.
Gefunden: Berechnet für [C,„H,,(CH,)ON, HC1],PtCl, + 2H,0:
H,O 4,58 4,48
0,6542 g des getrockneten Platinats enthielten 0,173 g Pt.
Gefunden: Berechnet für [C,,H,ı(CH,)ON, HC1],PtC];:
Pt 25,23 25,39
Zur weiteren Identifizierung der als Spaltungsprodukt des
Methylephedrin-Methylhydroxyds auftretenden Base diente das als
Nebenprodukt der Methylierung des Ephedrins auftretende Methyl-
Ephedrin. Durch Umkrystallisieren aus Alkohol, bzw. aus Aether
resultierte dasselbe in kurzen Nadeln oder in rechteckigen
Täfelchen, welche bei 78° schmolzen. Das sehr leicht lösliche
Hydrochlorid schmolz bei 186°, das in glänzenden, goldgelben
Blättchen krystallisierende Aurat (Goldgehalt 37,88 %) bei 129°.
Arch. d. Pharm. CCLIII. Bds. 1. Heft. 5
66 A. Eberhard: Ephedrin und verwandte Verbindungen.
Methylephedrin | MethylephedrinausMethyl-
aus Ephedrin | ephedrin-Methylhydroxyd
Freie Base ... | Nadeln oder Blättchen Nadeln
Schmelzpunkt 78° Schmelzpunkt 74--75°
Hydrochlorid . | Leichtlösliche Täfelchen Leichtlösliche ,
‚oder krystallinische Massen | krystallinische Massen
Schmelzpunkt 186° Schmelzpunkt 182—186°
AlHat v.2- 2. Goldgelbe, glänzende Goldgelbe, glänzende
Blättchen Blättchen
Schmelzpunkt 129° Schmelzpunkt 129®
Beim Eindampfen des Filtrats, welches bei der als Platin-
sulfid ausgeführten Platinbestimmung des als Spaltungsprodukt
erhaltenen Methylephedrinplatinats gewonnen wurde, resultierten
auffallenderweise farblose, bei 216° schmelzende Krystalle, die
wesentlich schwerer löslich waren, als die des Methylhydrochlorids.
Dieselben stimmten im Schmelzpunkt und in den Löslichkeits-
verhältnissen mit Ephedrinhydrochlorid überein. Es
schien daher unter diesen Versuchsbedingungen die Abspaltung
einer Methylgruppe eingetreten zu sein. Zur weiteren Prüfung
dieses Verhaltens wurde reines, scharf bei 1290 schmelzendes
Methylephedrinaurat durch Schwefelwasserstoff zerlegt und das
Filtrat wiederholt mit Salzsäure auf dem Wasserbade eingedampft.
Das hierbei gewonnene Hydrochlorid schmolz unscharf zwischen
184 und 200° Es schien somit ein Gemisch von Ephedrin- und
Methylephedrinhydrochlorid vorzuliegen. Zur Trennung dieser
Hydrochloride wurden dieselben in möglichst wenig absolutem
Alkohol gelöst und diese Lösung heiß mit siedendem Aceton ver-
setzt. Beim längeren Stehen dieser Lösung schieden sich dann
farblose, bei 210--211° schmelzende Nadeln aus, die in ihrem
Verhalten durchaus mit Ephedrinhydrochlorid über-
einstimmten.
Beim Ueberschichten des etwas eingeengten Filtrats mit
Aether schieden sich dann weiter kleine, zwischen 160 und 180°
schmelzende Nadeln aus, die im wesentlichen aus Methylephedrin-
hydrochlorid bestanden.
Ephedrin.
Die bei der Destillation der wässerigen Lösung des Methyl-
ephedrin-Methylhydroxyds gebildeten stickstofffreien Spaltungs-
produkte waren infolge ihrer öligen Beschaffenheit beim Ab-
A. Eberhard: Ephedrin und verwandte Verbindungen. 67
pressen des Rohmethylephedrins (s. S. 64) vollständig von dem
hierzu verwendeten Fließpapier aufgenommen worden. Zu ihrer
Wiedergewinnung wurde dasselbe sorgfältig mit Aether extrahiert
und die hierdurch erhaltene Lösung dann zur Entfernung der
noch beigemengten stickstoffhaltigen Produkte mit Salzsäure aus-
geschüttelt. Beim Verdunsten dieser salzsauren Lösung resultierten
nadelförmige, bei 216° schmelzende Krystalle, welche aus
Ephedrinhydrochlorid bestanden.
0,2154 g lieferten 0,1533 g AgCl.
Gefunden: Berechnet für C,,H,,0N, HCl:
Cl 17,59 17,57
Das entsprechende Golddoppelsalz enthielt 39,05% Au; be-
rechnet für C,,H150N, HCl + AuCl, 39,0%. Die Mutterlaugen des
Ephedrinhydrochlorids enthielten noch etwas Methylephe-
drinhydrochlorid.
Das Verbleiben eines beträchtlichen Teils des als Spaltungs-
produkt des Methylephedrin-Methylhydroxyds gebildeten Methyl-
ephedrins und Ephedrins in dem ätherischen Auszuge dürfte
darauf zurückzuführen sein, daß zum Ausschütteln desselben nur
sehr schwach salzsaures Wasser, und zwar anscheinend in einer
zur Bindung jener Basen unzureichenden Menge, verwendet worden
war. Immerhin enthielt auch der schwach salzsaure Auszug jener
Aetherlösung, wie dessen weitere Prüfung ergab, neben Trimethyl-
amin auch noch reichliche Mengen von Methylephedrin und be-
sonders von Ephedrin. Zur Identifizierung dieser Pro-
dukte wurde dieser salzsäurehaltige Auszug zunächst auf ein sehr
kleines Volum eingedampft und diese Lösung hierauf der Kry-
stallisation überlassen. Hierbei gelangten warzenförmige, aus
kleinen Nadeln bestehende Gebilde zur Abscheidung. Von diesen
Massen löste sich der größte Teil ziemlich leicht in kaltem Wasser,
während ein kleiner, aus sandähnlichen Körnchen bestehender
Teil sich darin nicht auflöste.
Dieser schwer lösliche Anteil lieferte beim Umkrystallisieren
aus wenig siedendem Wasser durchsichtige, tafelförmige Krystalle,
die bei 133—136° schmolzen.
0,0796 g lieferten 0,0343 g AgCl, entsprechend 10,65% Cl.
In seinen physikalischen Eigenschaften und in dem Chlor-
gehalt stimmt dieses Chlorid mit dem im nachstehenden (se. S. 75)
beschriebenen Hydrochorid des Ephedrin-Phenyl-
propylenoxyds: C,,H,,NO,, HCl, überein, dessen Chlorgehalt
10,56% beträgt.‘
5*
68 A. Eberhard: Ephedrin und verwandte Verbindungen.
Da die in Wasser leichter löslichen Anteile nach ihrem Ver-
halten aus einem Gemisch verschiedener Hydrochloride bestanden,
wurde die Lösung derselben zur Trockne verdampft und der
Rückstand zur Trennung der Einzelbestandteile mit siedendem
Aceton am Rückflußkühler behandelt. Beim Erkalten dieses
Auszuges schied sich eine kleine Menge von nadelförmigen, bei
163—177° schmelzenden Krystallen mit einem Chlorgehalt von
16,79%, aus. Dieses Produkt dürfte im wesentlichen aus dem in
Aceton leicht löslichen Methylephedrinhydrochlorid,
welches 16,45%, Cl enthält, bestanden haben. Auch in der Aceton-
mutterlauge schien, nach den Eigenschaften und dem Goldgehalt
der daraus dargestellten Aurate zu urteilen, neben Trimethylamin
(für das Aurat gefunden: 48,83%, Au, berechnet 49,4%), Methyl-
ephedrin (für das Aurat gefunden: 37,43% Au, berechnet 37,95%)
noch enthalten zu sein.
Aus der Mutterlauge des Methylephedrinaurats schieden sich
als zweite Krystallisation seidenglänzende, bei 148% schmelzende
Nadeln aus, die sich beim Umkrystallisieren in stark glänzende,
rötlichgelbe Blättehen vom Schmelzpunkt 154—155° verwandelten.
1. 0,2326 g enthielten 0,0879 g Au = 37,79%.
2. 0,3242 g A 0,1222 g Au = 37,69%.
Das entsprechende Platindoppelsalz krystallisierte in blaß-
roten, bei 218—219° schmelzenden Blättchen.
0,1573 g enthielten 0,0406 g Pt = 25,8%.
Obschon die ermittelten analytischen Daten mit den von den
bezüglichen Doppelsalzen des Methylephedrins verlangten Werten
in Einklang stehen, so ist jedoch in den Eigenschaften derselben
keine Uebereinstimmung (Methylephedrinaurat schmilzt bei 129°,
Methylephedrinplatinat bei 168—170°) zu konstatieren. Welcher
Natur die betreffende Base ist, mag zunächst dahingestellt bleiben.
Der bei der Behandlung mit heißem Aceton ungelöst ge-
bliebene Teil des obigen Hydrochlorids wurde zur Identifizierung
in wenig heißem Methylalkohol gelöst und diese Lösung dann mit
heißem Aceton versetzt. Beim Erkalten schieden sich farblose,
bei 210,50 schmelzende Nadeln von Ephedrinhydro-
chlorid.ab.
0,2732 g ergaben 0,1969 g AgCl.
Gefunden: Berechnet für C,H; ON, HCl:
GL 17,81 17,57
Um das bei den im vorstehenden beschriebenen Spaltungs-
versuchen des Methylephedrin-Methylhydroxyds isolierte Ephe-
A. Eberhard: Ephedrin und verwandte Verbindungen. 69
drin weiter als solches zu kennzeichnen, wurden dieselben in der
angegebenen Weise wiederholt. Die hierbei gewonnenen Destillate
wurden jedoch vor dem Ausschütteln der stickstofffreien Spaltungs-
produkte mit Aether zur voliständigen Bindung der gleichzeitig
gebildeten basischen Produkte, stark mit Salzsäure angesäuert.
Unter diesen Bedingungen zeigte der nach dem Abdestillieren des
Aethers verbleibende, angenehm nach Dill und Estragon riechende
ölige Rückstand auch bei längerer Aufbewahrung keine Neigung
zur Krystallisation.
Beim Eindampfen der stark sauren wässerigen Flüssigkeit
schieden sich beträchtliche Mengen von farblosen, nadel- und tafel-
förmigen Krystallen von Ephedrinhydrochlorid aus.
Dieselben schmolzen bei 213,5°. In kaltem Wasser lösten sich
dieselben leicht vollständig auf. Das bei den früheren Spaltungs-
versuchen isolierte schwer lösliche, bei 133—136° schmelzende
Hydrochlorid des Phenylpropylenoxyd-Ephedrins: C,,H,,N0,,HC],
konnte hierbei nicht beobachtet werden.
0,2638 g lieferten 0,188 g AgCl.
Gefunden: Berechnet für C,H]; ON, HCl:
Cl 17,61 17,57
Das Drehungsvermögen dieses Hydrochlorids steht mit den
Beobachtungen, welche früher bei dem Ephedrinhydrochlorid ge-
macht wurden, im Einklang:
a) [a] — — 34,150,
(0,9338 g gelöst in 20,342 ccm Wasser; « = — 3,138°; 1 = 2 dem.)
b) [al = — 34,48°.
(0,9954 g gelöst in 20,342 cem Wasser; « = — 3,374°; 1 = 2 dem.)
co) ll = — 35,8°.
(1,0079 g gelöst in 20,342 cem Wasser; « = — 3,55°; 1 = 2 dem.)
Das aus diesem Hydrochlorid dargestellte Golddoppelsalz
schied sich, wie dies bei dem Ephedrin bisweilen auch der Fall
ist, zunächst ölig ab, jedoch ließ es sich ohne Schwierigkeiten in
nadelförmige, bei 130—131° schmelzende Krystalle überführen.
0,5311 g enthielten 0,2083 g Au.
Gefunden: Berechnet für C,,H,; ON, HC] + AuCl;:
Au 39,22 39,0
Die Mutterlaugen des Ephedrinhydrochlorids enthielten auch
bier die Hydrochloride des Methylephedrins und Tri-
methylamins. Ein bei 154-155° schmelzendes Golddoppel-
salz (s. S. 68) konnte dagegen nicht daraus gewonnen werden.
70 A. Eberhard: Ephedrin und verwandte Verbindungen.
Als stickstoffhaltige Spaltungsprodukte traten somit bei der
Destillation der wässerigen Lösung des Methylephedrin - Methyl-
hydroxyds auf: Trimethylamin, Methylephedrin
und Ephedrin, sowie in geringer Menge durch Vereinigung
der betreffenden Komponenten gebildet, Ephedrin-Phenyl-
propylenoxyd.
Il, Spaltung des Methylephedrin-Methyljodids durch Natriumamalgam.
Die Einwirkung des Natriumamalgams auf Methylephedrin-
Methyljodid gelangte entsprechend den Angaben von H. Emde!')
über die Spaltung quaternärer Ammoniumverbindungen zur Aus-
führung. Vorversuche lehrten zunächst, daß auch das Methyl-
ephedrin-Methyljodid unter dem Einfluß des Natriumamalgams
eine Zersetzung erfährt, und daß dabei ähnliche Produkte auf-
treten, wie bei der Destillation der wässerigen Lösung des Methyl-
ephedrin-Methylhydroxyds. Stickstofffreie Verbindungen konnten
allerdings hierbei nur in geringer Menge isoliert werden, dagegen
wurde von stickstoffhaltigen Produkten das Auftreten von Tri-
methylamin, Methylephedrin, Ephedrin und
vor allem von Ephedrin -Phenylpropylenoxyd
konstatiert. Das Mengenverhältnis in welchem diese basischen
Verbindungen, besonders die letztere, unter diesen Versuchs-
bedingungen auftreten, hängt in erster Linie ab von der Kon-
zentration der zur Anwendung gelangenden wässerigen Lösung
des Methylephedrin-Methyljodids, weniger von der Menge des in
Reaktion versetzten Natriumamalgams von 5%.
Das Natriumamalgam wurde in einer Menge von 320 g und
450 g auf je 20 g Methylephedrin-Methyljodid angewendet. Die
beste Ausbeute (6 g) an dem Hydrochlorid des Ephedrin-Phenyl-
propylenoxyds wurde bei Anwendung einer im Verhältnis von 1:5
heiß bereiteten wässerigen Lösung und 320 g Natriumamalgam
von 5% auf 20 g Methylephedrin-Methyljodid erzielt.
+) Spaltung des Methylephedrin-Methyljodids (20 g) durch 320 g
Natriumamalgam.
20 g fein zerriebenes Methylephedrin-Methyljodid wurden in
100 ccm Wasser im siedenden Wasserbade am Rückflußkühler in
einem Kolben gelöst und in diese heiße Lösung 320 g Natrium-
amalgam von 5% unter häufigem Umschütteln in kleinen Portionen
allmählich eingetragen. Schon nach dem Eintragen der ersten
1) Dieses Archiv 1911, 110.
A. Eberhard: Ephedrin und verwandte Verbindungen. 71
Anteile des Natriumamalgams trat der Geruch nach Trimethyl-
amin auf, neben welchem sich auch bald der bei der Destillation
der wässerigen Lösung des Methylephedrin-Methylhydroxyds be-
obachtete, durch die stickstofffreien Spaltungsprodukte bedingte
Dill- und Estragongeruch bemerkbar machte. Gleichzeitig er-
folgte an der Oberfläche der Flüssigkeit die Abscheidung eines
braungefärbten, öligen Liquidums, dessen Menge sich in dem
Maße vermehrte, als der weitere Zusatz von Natriumamalgam
erfolste.
Nachdem alles Natriumamalgam eingetragen war und auch
bei weiterem Erwärmen des Reaktionsproduktes keine Entwickelung
von Wasserstoff mehr eintrat, wurde durch das noch warme
Gemisch ein Luftstrom zur Entfernung des gebildeten Trimethyl-
amins geleitet. Hierauf wurde die alkalische Flüssigkeit von dem
abgeschiedenen Quecksilber abgegossen und wiederholt mit Aether
ausgeschüttelt. Die vereinigten Aetherauszüge wurden alsdann,
zur Trennung der stickstofffreien und der stickstoffhaltigen,
basischen Spaltungsprodukte, wiederholt durch Schütteln mit
stark salzsäurehaltigem Wasser extrahiert.
Nach dem Eindampfen dieser salzsäurehaltigen Auszüge
schied sich zunächst eine geringe Menge bräunlich gefärbter, bei
83—84° schmelzender Krystalle aus. Dieselben wurden mit der
zweiten, reichlicheren Krystallausscheidung vereinigt und aus
heißem Wasser, unter Zusatz von etwas Tierkohle, umkrystallisiert.
Auf diese Weise wurden farblose, in kaltem Wasser ziemlich
schwer lösliche, tafelförmige Krystalle erhalten, welche bei 142°
schmolzen. Dieselben bestanden nach ihren Eigenschaften und
dem Chlorgehalt aus dem Hydrochlorid des Ephedrin-
Phenylpropylenoxyds (s unten), einer Base, welche in
geringer Menge auch aus dem Destillat der wässerigen Methyl-
ephedrin-Methyihydroxydlösung isoliert werden konnte (s. 8. 67).
Die gleiche Verbindung konnte, wenn auch zunächst in weniger
reiner Gestalt, auch noch aus der weiteren Mutterlauge ge-
wonnen worden.
Die letzten Mutterlaugen zeigten wenig Neigung zur
Krystallisation; sie wurden daher mit den beim Umkrystallisieren
des Ephedrin - Phenylpropylenoxydhydrochlorids erhaltenen ver-
einigt, mit Soda alkalisch gemacht und dann mit Aether aus-
geschüttelt. Dieses Aetherextrakt wurde hierauf von neuem in
ein Hydrochlorid verwandelt und dessen Lösung der Krystallisation
überlassen. Hierbei schied sich zunächst noch eine geringe Menge
des schwer löslichen Hydrochlorids des Ephedrin-Phenyl-
72 A. Eberhard: Ephedrin und verwandte Verbindungen.
propylenoxyds aus. Die Mutterlauge lieferte alsdann
Krystallisationen, die nach dem Schmelzpunkt und dem sonstigen
Verhalten aus einem Gemisch von Ephedrin- und Methylephedrin-
hydrochlorid bestanden. Zu deren Trennung wurde dies Gemisch
in wenig heißem Alkohol gelöst und diese Lösung mit heißem
Aceton versetzt. Beim Erkalten und beim ruhigen Stehen in
verschlossenem Gefäße schieden sich farblose, bei 210—211,5°
schmelzende Nadeln von Ephedrinhydrochlorid aus.
0,2549 g lieferten 0,1815 g AgCl.
Gefunden: Berechnet für C,,H};ON, HCl:
Cl 17,64 17,56
Aus der Mutterlauge des Ephedrinhydrochlorids konnten noch
rechteckig ausgebildete, bei 184—185° schmelzende Blättchen von
Methylephedrinhydrochlorid isoliert werden.
Als stickstoffhaltige Spaltungsprodukte waren somit unter
obigen Versuchsbedingungen gebildet: Trimethylamin,
Ephedrin, Methylephedrin und Ephedrin-
Phenylpropylenoxyd, dessen Hydrochlorid bei An-
wendung einer möglichst konzentrierten, mindestens 1:5 be-
reiteten wässerigen Lösung des Methylephedrin-Methyljodids das
Hauptzersetzungsprodukt bildete, so daß es bei Anwendung von
20 g dieses Jodids leicht in einer Menge von 6 g isoliert werden
konnte. Bei Behandlung der ätherischen Ausschüttelung des
alkalischen Reaktionsproduktes mit verdünnter Salzsäure schied sich
unter diesen Bedingungen das Hydrochlorid des Ephedrin-Phenyl-
propylenoxyds direkt als lockere, weiße, krystallinische Flocken
in soleher Menge aus, daß die ganze Flüssigkeit damit erfüllt war.
Die Menge der stickstofffreien Spaltungs-
produkte, welche nach dem Abdestillieren der wiederholt
mit verdünnter Salzsäure ausgeschüttelten Aetherauszüge des
Reaktionsproduktes zurückblieb, war eine sehr geringe. Dieselben
bildeten ein gelblich gefärbtes, öliges, nach Dill und Estragon
riechendes Liquidum.
Der mit Aether ausgeschüttelte alkalische Rückstand der
Einwirkung des Natriumamalgams auf Methylephedrin-Methyl-
jodid enthielt noch einen kleinen Teil des angewendeten Jodids,
welches sich der Reaktion entzogen hatte. Dasselbe konnte in
blaßgelben, kompakten, bei 196,50 schmelzenden Krystallen
daraus isoliert werden. |
0,1891 g lieferten 0,1389 g AgJ.
Gefunden: Berechnet für C,,H,ON.CH,J:
J 39,71 39,56
ET.
A. Eberhard: Ephedrin und verwandte Verbindungen. 73
ß) Spaltung des Methylephedrin-Methyljodids (20 g) durch 450 g
Natriumamalgam.
Die Einwirkung dieser größeren Menge Natriumamalgam
von 5% gelangte auf die heiße, 1:5 bereitete wässerige
Lösung des Methylephedrin-Methyljodids in gleicher Weise zur
Ausführung, wie es im vorstehenden für die geringere Menge
angegeben ist. Auch die weitere Verarbeitung des Reaktions-
produktes war die gleiche.
Aus der durch Ausschütteln mit verdünnter Salzsäure aus
dem Aetherauszuge des Reaktionsproduktes gewonnenen Lösung
wurden zunächst beträchtliche Mengen des schwer löslichen, bei
143° schmelzenden Hydrochlorids des Ephedrin-Phenyl-
propylenoxyds isoliert.
0,1575 g lieferten 0,0656 g AgCi.
Gefunden: Berechnet für 0,,H,,NO,;, HCl:
Cl 10,30 10,56
Die Ausbeute an diesem Hydrochlorid war jedoch etwas
geringer als bei Anwendung von 320 g Natriumamalgam. Aus
der Mutterlauge dieses Hydrochlorids resultierten dann einige
tafelförmige, bei 1830 schmelzende Krystalle von Methyl-
ephedrinhydrochlorid. Die letzten Mutterlaugen er-
starrten schließlich zu einer krystallinischen Masse. Durch Lösen
derselben in wenig heißem Alkohol und Zufügen von heißem
Aceton gelang es, daraus nadelförmige, bei 212° schmelzende
Krystalle von Ephedrinhydrochlorid zur Abscheidung
zu bringen.
0,2016 g lieferten 0,1437 g AgCl.
Gefunden: Berechnet für C,,H,,;0N, HCl:
Cl 17,60 17,57
Das Drehungsvermögen dieses Hydrochlorids stimmte mit
dem des naturellen Ephedrins überein. Es ergab sich zunächst als
[an = — 34,31°.
(0,9264 g gelöst in 20,1183 ccm Wasser; 1 = 2 dem; «a = — 3,16°.)
Nach nochmaliger Umkrystallisation wurde bei dem nun bei
215° schmelzenden Hydrochlorid gefunden:
[a] = — 36,23°,
(1,000 g gelöst in 20,351 ccm Wasser; 1 = 2 dem; « = — 3,56°.)
Das aus diesem Hydrochlorid dargestellte Golddoppel-
salz bildete nadelförmige, wie das Ephedrinaurat bei 131°
schmelzende Krystalle.
74 A. Eberhard: Ephedrin und verwandte Verbindungen.
0,2372 g enthielten 0,0921 g Au.
Gefunden: Berechnet für C,,H,,; ON, HCl + Aut];:
Au 38,83 39,0
Das entsprechende Platindoppelsalz bildete ziemlich
leicht lösliche, rotgelbe, bei 183° schmelzende, nadelförmige
Krystalle. Ephedrinplatinchlorid schmilzt bei 183—184°.,
0,1519 g enthielten 0,0399 g Pt.
Gefunden: Berechnet für (C,,H,;ON, HCI),PtÜC];:
Pt 26,27 26,32
Die durch Reduktion des Methylephedrin-Methyljodids ge-
bildete Base der Formel C,,H,,;ON stimmt somit in allen ihren
Eigenschaften mit dem naturellen Ephedrin überein.
Die Alkohol-Aceton-Mutterlauge des Ephedrinhydrochlorids
lieferte bei langsamer Verdunstung eine gelblich gefärbte,
krystallinische Masse, welche bei 164—178° schmolz. Beim Um-
krystallisieren aus wenig heißem absoluten Alkohol resultierte
etwa !/, dieser Masse in farblosen, gut ausgebildeten, tafelförmigen
Krystallen, welche bei 184—186° schmolzen. Dieselben stimmten
in der Krystallform, in dem Chlorgehalt und in dem Schmelz-
punkt mit Methylephedrinhydrochlorid überein.
0,2211 g lieferten 0,148 g AgCl.
Gefunden: Berechnet für C,,H,,(CH,)ON, HCl:
Cl 16,55 5
’
Das aus diesem Hydrochlorid dargestellte Golddoppel-
salz bildete glänzende, blätterige, bei 125—127° schmelzende
Krystalle. r
0,2618 g enthielten 0,0997 g Au.
Gefunden: Berechnet für C,Hı,(CH,)ON, HCl + AuQl|,;:
Au 38,08 37,95
Die alkoholische Mutterlauge des Methylephedrinhydrochlorids
lieferte bei weiterer langsamer Verdunstung nur noch wenige
quadratische, bei 186—187° schmelzende Krystalle dieser Ver-
bindung. Der Rest der Mutterlauge trocknete allmählich zu einer
krystallinischen Masse ein, welche anscheinend aus einem Gemisch
von viel Methylephedrinhydrochlorid mit wenig Ephedrinhydro-
chlorid bestand. Die daraus dargestellten Golddoppelsalze
schmolzen bei 118—119°, bei 119—121° und bei 131°. Dieselben -
enthielten 38,3%, 37,92% und 38,46% Au. Das bei 131°
schmelzende Ephedrinaurat enthält 39,0% Au, das bei 129°
schmelzende Methylephedrinaurat 37,95 % Au.
A. Eberhard: Ephedrin und verwandte Verbindungen. 75
DieMengenvonEphedrin-undMethylephedrin-
hydrochlorid, welche aus dem Einwirkungsprodukte von
450 85%, igen Natriumamalgam auf 20 g Methylephedrin-Methyljodid
isoliert werden konnten, waren beträchtlicher als bei der Anwen-
dung von 320 g 5%igen Natriumamalgams. Dagegen war die Aus-
beute an stickstofffreien Produkten auch bei der Anwendung von
450 g Natriumamalgam, ebenso wie bei der Anwendung von 320 g
5%jigen Natriumamalgams, nur eine sehr geringe.
Ephedrin-Phenylpropylenoxyd: C,H; 0N .C,H,00.
Hydrochlorid: (C,,H};ON.C;H,,0, HCl. Das bei der
Einwirkung von Natriumamalgam auf heiße wässerige Methyl-
ephedrin-Methyljodidlösung, je nach der Konzentration derselben,
in kleinerer oder größerer Menge erhaltene Hydrochlorid des
Ephedrin-Phenylpropylenoxyds bildete kompakte farblose, durch-
sichtige, rechteckige Tafeln, welche im reinen Zustande bei 146
bis 148° stark zusammensinterten, jedoch erst bei 155—156° unter
schwachem Aufschäumen vollständig klar schmolzen. Bisweilen
erfolgte nach dem vollständigen Schmelzen eine krystallinische
Ausscheidung, die dann erst über 190° schmolz. Es scheint somit
das Hydrochlorid des Ephedrin - Phenylpropylenoxyds beim
Schmelzen unter Umständen eine Spaltung zu erleiden.
In kaltem Wasser und in Alkohol war dieses Hydrochlorid
schwer löslich.
1. 0,1575 g lieferten 0,0656 g AgCl.
2. 0,2335 8 .. 0,5746 g CO, und 0,1718 g H,O.
3. 0,1934 g = 7,1 cem Stickstoff bei 19,6° und 756 mm
Druck.
Gefunden: Berechnet für
1. 2. 3. C„H,N0,HO1:
Dee 10,56
C 67,41. — 67,24
H — 8,13. 7— 7,97
N — ee N. 4,17
Die Bestimmung seines spezifischen Drehungsvermögens ergab:
a) [an = + 14,74°.
(0,5598 & in 20,3474 cem Alkohol gelöst; « = + 0,84°; 1 = 2 dem.)
b) [ab = + 14,93°.
(0,3047 g in 20,3474 cem Alkohol gelöst; z = + 0,45%; 1 = 2 dem.)
Durch erneute Behandlung der heißen wässerigen Lösung
dieses Hydrochlorids mit Natriumamalgam von 5% (70 g
76 A. Eberhard: Ephedrin und verwandte Verbindungen.
auf 1 g Hydrochlorid) erlitt diese Verbindung keine Veränderung.
Dieselbe konnte daher unverändert wieder aus dem Reaktions-
produkte isoliert werden.
Natriumkarbonat scheidet aus der wässerigen Lösung dieses
Hydrochlorids die freie Base aus, welche dann durch Ausschütteln
der Mischung mit Aether leicht isoliert werden kann.
Freie Base. Die diesem Hiydrochlorid entsprechende
freie Base scheidet sich beim langsamen Verdunsten ihrer
ätherischen Lösung in farblosen, tafelförmigen, Parallelogramm-
form zeigenden Krystallen aus. Diese Krystalle erweichen bei
123° und schmelzen bei 125°.
0,200 g lieferten 0,5576 g CO, und 0,1522 g H,O.
Gefunden: Berechnet für 0,,H,NO;:
C 76,04 76,20 j
H 8,51 8,42
Die Bestimmung des spezifischen Drehungsvermögens ergab:
a) [al = — 3,59%,
(0,4771 g in 20,3474 ccm Alkohol gelöst; « = — 0,17%; 1 = 2 dem.)
b) [u] = — 3,68°.
(0,9098 g in 20,3474 ccm Alkohol gelöst; « = — 0,33°%; 1 = 2 dem.)
Golddoppelsalz. Das aus obigem Hydrochlorid dar-
gestellte Aurat ist in Wasser schwer löslich. Leichter löst es
sich in mäßig verdünntem Alkohol. Aus heißem, stark salzsäure-
haltigem Wasser schied es sich in gelben, glänzenden, feinen
Nadeln oder Blättchen aus, die bei 144—145° schmolzen.
1. 0,3597 g enthielten 0,1095 g Au.
2. 0,2978 g er 0,0915 g Au.
Gefunden: Berechnet für
he a C,HsN0;,, HCl + Aul];:
Au 30,44 30,72 30,85
Platindoppelsalz. Das Platinat dieser Base ist in
Wasser wesentlich leichter löslich als das Aurat. Dasselbe schied
sich in warzenförmig angeordneten Nadeln aus, welche bei
176,5—177° schmolzen.
1. 0,2185 g des bei 100° getrockneten Platinats enthielten
0,0431 g Pt.
2. 0,2640 g des bei 100° getrockneten Platinats enthielten
0,0512 g Pt.
Gefunden: Berechnet für
IR D: (C,H, NO, HCI),PtC],:
Pt 19,72 19,40 19,35
ET N
A. Eberhard: Ephedrin und verwandte Verbindungen, 77
Jodmethylat. Schon die Fällbarkeit der fraglichen
Base aus der wässerigen Lösung ihres Hydrochlorids durch
Natriumkarbonat und die leichte Löslichkeit derselben in Aether
wies darauf hin, daß dieselbe nicht den Charakter einer
quaternären Verbindung besitzen und sich somit nicht vom
Methylephedrin, sondern vermutlich vom Ephedrin ableiten
konnte. Zur weiteren Prüfung dieser Annahme wurden 0,5 g
der freien Base mit Jodmethyl im Ueberschuß zusammengebracht
und dieses Gemisch dann in einem verschlossenen Gefäße längere
Zeit bei gewöhnlicher Temperatur sich selbst überlassen. Hierbei
schieden sich aus der anfänglich klaren Lösung allmählich Krystalle
aus. Nach Verlauf von 14 Tagen wurde dann das im Ueber-
schuß angewendete Jodmethyl verdunstet und der Rückstand in
heißem Wasser gelöst. Hierbei blieb eine geringe Menge desselben
ungelöst, die sich bei näherer Prüfung als unverändert gebliebenes
Ephedrin-Phenylpropylenoxyd herausstellte. Aus der erhaltenen
wässerigen Lösung schieden sich dagegen kompakte, gelbliche, bei
183° schmelzende Krystalle eines Jodids aus. Das hieraus dar-
gestellte, wesentlich leichter lösliche Chlorid bildete flache, durch-
sichtige, bei 203° schmelzende Nadeln.
0,1181 g lieferten 0,0485 g AgCl.
Gefunden: Berechnet für 0,,H:;N0,.CH,Cl:
Cl 10,18 10,14
Ein Platindoppelsalz konnte in krystallisierter Form
von diesem Chlorid nicht erhalten werden.
Die Mutterlaugen des Jodids und Chlorids wurden, im Verein
mit der Lösung der in krystallisierter Form erhaltenen Ver-
bindungen, durch vorsichtigen Zusatz von feuchtem Silberoxyd
von Halogen befreit. Es resultierte hierbei eine stark alkalisch
reagierende Flüssigkeit, welche beim wiederholten Ausschütteln
mit Aether an diesen nur Spuren eines gelblichen Oeles abgab,
welches nach einiger Zeit krystallinisch erstarrte. Dasselbe be-
stand ebenfalls nur aus Ephedrin-Phenylpropylenoxyd, welches
der Methylierung entgangen war.
Aus diesem Verhalten geht hervor, daß das Einwirkungs-
produkt des Jodmethyls auf das Ephedrin-Phenylpropylenoxyd
den Charakter eines quaternären Jodids trägt, und daß das
Ephedrin-Phenylpropylenoxyd selbst daher wohl als eine tertiäre
Base anzusprechen ist.
Um direkt eine vollständige Methylierung des Ephedrin-
Phenylpropylenoxyds zu erzielen, wurde eine weitere Menge dieser
78 A. Eberhard: Ephedrin und verwandte Verbindungen.
Base in methylalkoholischer Lösung mit überschüssigem Jodmethyl
5 Stunden lang im Einschmelzrohr auf 100° erhitzt. Die beim
freiwilligen Verdunsten dieses Reaktionsproduktes restierende
krystallinische Masse löste sich nur sehr schwer in heißem Wasser.
Beim Erkalten der Lösung schieden sich schwach gelblich gefärbte,
bei 164° schmelzende Nadeln aus. Das aus diesem Jodid durch
Umsetzen mit Chlorsilber gewonnene Chlorid bildete farblose,
in Wasser ziemlich schwer lösliche, bei 165-1670 schmelzende
Nadeln.
0,2965 g lieferten 0,1197 g AgCl.
Gefunden: Berechnet für C,,H,;NO,.CH,Cl:
Cl 9,99 10,14
Das aus dem Filtrat dieser Chlorbestimmung zurück-
gewonnene Chlorid bildete ebenso wie das Ausgangsmaterial farb-
lose, bei 165° schmelzende Nadeln.
Nach den vorstehenden Beobachtungen sind die Eigen-
schaften des bei der Methylierung des Ephedrin-Phenylpropylen-
oxyds gebildeten Additionsproduktes, je nach den angewendeten
Versuchsbedingungen, verschieden. Zur Bestätigung dieser auf-
fallenden Beobachtung wurde die Methylierung nach beiden
Methoden wiederholt. Das Resultat war jedoch das gleiche.
Das bei achttägiger direkter Einwirkung von Jodmethyl bei
gewöhnlicher Temperatur gebildete Jodid resultierte beim
Umkrystallisieren in würfelähnlichen, bei 183° schmelzenden
Krystallen.
0,139 g lieferten 0,0731 g AgJ.
Gefunden: Berechnet für C,,H,N0,.CH,J:
J 28,43 28,77
Das aus diesem Jodid durch Umsetzen mit Chlorsilber er-
haltene Chlorid krystallisierte in durchsichtigen, flachen, bei 203°
schmelzenden Nadeln.
Das in methylalkoholischer Lösung im Einschmelzrohre ge-
wonnene Jodid krystallisierte in Nadeln, die bei 164—165°
schmolzen.
0,1665 g lieferten 0,0855 g AgJ.
Gefunden: Berechnet für C,5H,NO,.CH,J:
J 28,73 28,77
Das aus diesem Jodid erhaltene Chlorid bildete farblose, bei
165° schmelzende Nadeln.
Das entsprechende Platindoppelsalz bildete orange-
farbene, bei 188° schmelzende Nadeln.
A. Eberhard: Ephedrin und verwandte Verbindungen. 79
0,0737 g enthielten 0,0144 g Pt.
Gefunden: Berechnet für (C,,H,NO,.CH,Cl),PtCl;:
Pt 18,86 18,83
Wie aus vorstehenden Daten und aus nachstehender Zu-
sammenstellung hervorgeht, entstehen bei der Methylierung des
Ephedrin-Phenylpropylenoxyds, je nach den angewendeten Ver-
suchsbedingungen, zwei isomere Produkte. Wodurch diese Isomerie
bedingt wird, etwa durch eine molekulare Umlagerung des
Ephedrin- oder Phenylpropylenoxydrestes, mag zunächst dahin-
gestellt bleiben.
Ss ; a mg:
. } | direkt bei gewöhn- | in Methylalkohol
euymruye: | licher Temperatur | bei 100°
——— —— T z— — T —— — —
C.H.,NO,.CH,J. ..:..... | Schmelzp. 183° | Schmelzp. 164°
DIBENO,.CH.O ........ ' Schmelzp. 203° | Schmelzp. 165—167°
(C,H, NO,.CH,CI),PtCl, . | — Schmelzp. 185°
Benzoylderivat. Zur Ermittelung der Anzahl der
im Molekül der fraglichen Base enthaltenen Hydroxylgruppen
wurde dieselbe der Benzoylierung nach dem Verfahren von
Schotten-Baumann unterworfen. Beim wiederholten Aus-
schütteln des alkalischen Reaktionsproduktes mit Aether und
Verdunstenlassen der vereinigten Auszüge verblieb eine ölige Masse,
welche nicht zur Krystallisation gebracht werden konnte. Es
wurde daher die Benzoylierung in derselben Weise wiederholt,
dabei wurden jedoch die ersten Aetherausschüttelungen gesondert
verdunstet. Hierbei restierte zunächst zwar auch nur ein öliges
Liquidum, welches jedoch nach mehrtägiger Aufbewahrung kry-
stallinisch erstarrte. Letzteres war bei dem Verdunstungsrück-
stande der letzten Aetherausschüttelungen nicht der Fall.
Nach dem Abpressen und Umkrystallisieren aus verdünntem
Alkohol lieferte jene krystallinische Masse weiße, bei 141—142°
schmelzende, nadelförmige Krystalle.
0,139 g lieferten 0,3969 g CO, und 0,0819 g H,O.
Berechnet für
Getunden: C,,H.,N0(0.C,H,0): C,H..N(0.C,H,0).:
C 77,88 77,37 78,07
H 659 7,25 6,56
0,1947 g verbrauchten zur Verseifung 1,53 cem 14-N.-Kalilauge
= 0,04392 g KOH.
| Berechnet für
C,H,,NO(0.C0,H;0): C,;H,;N(0.C,H,0);:
KOH 0,02709 0,04307
80 A. Eberhard: Ephedrin und verwandte Verbindungen.
Aus diesen analytischen Daten geht hervor, daß in der
analysierten Verbindung ein Dibenzoylderivat der Verbindung
C,H,,NO, vorlag, daß somit, unter Berücksichtigung des Charakters
als tertiäre Base, die beiden Sauerstoffatome in derselben als
Hydroxylgruppen enthalten sein mußten.
ill. Versuche zur Darstellung von inaktivem Ephedrin,
bzw. Pseudoephedrin.
Als Ausgangsmaterial für diese Versuche diente das Aethyl-
Phenylketon, eine Verbindung, welche bereits früher von
" A. Goehring!) und von F. W. Calließ?) auf Veranlassung
von E. Schmidt zu diesem Zwecke, wenn auch nicht mit dem
gewünschten Erfolge, verwendet worden war. Es wurden diese
Versuche wiederholt, da immerhin die Möglichkeit vorlag, daß
durch Aenderung der Versuchsbedingungen doch die Synthese des
Ephedrins, bzw. einer diesem Alkaloid nahestehenden, optisch in-
aktiven Base realisiert werden könnte.
Das Aethyl-Phenylketon: C,H,—CO—CH,—CH;,, wurde zu
diesem Zwecke zunächst einesteils in «-Amidoäthyl-Phenylketon:
C,H,—C0O—CH(NH,)—CH,, anderenteils in «&-Bromäthyl-Phenyl-
keton: C,H,—CO—CHBr—CH,, verwandelt. Das «-Amidoäthyl-
Phenylketon sollte dann methyliert und weiter durch Reduktion
in ein Carbinol verwandelt werden. Das «-Bromäthyl-Phenylketon
wurde dagegen zunächst mit Methylamin in Reaktion versetzt und
das hierbei gebildete Produkt hierauf der Reduktion unterworfen.
1. Versuche mit «-Amidoäthyl-Phenylketon.
Zur Darstellung des «-Amidoäthyl-Phenylketons: C,H, —C0O—
CH(NH,)—CH,, diente das nach den Angaben von Claisen
und Manasse?), sowie von Calließ (l. c.) dargestellte
a-Nitrosoäthyl-Phenylketon: C,H,—CO—CH(NO)—CH,. . Die Re-
duktion letzterer Verbindung erfolgtenachBehr-Bregowskif)
und nach Calließ durch Schütteln mit einer Lösung von Zinn-
chlorür in rauchender Salzsäure. Das Hydrochlorid des Amido-
ketons bildete farblose oder blätterige, entsprechend den Angaben
von Calließ, bei 179° schmelzende Krystalle.
0,3649 g lieferten 0,283 g AgCl.
Gefunden: Berechnet für C;H,—CO—CH(NH,)—CH,, HCl:
Cl 19,2 19,1 (Schluß folgt.)
1) Dieses Archiv 1909, 142.
2) Ibidem 1912, 141.
3) Ber. d. d. chem. Ges. 1889, 256.
4) Ibidem 1897, 1521.
N \G \d° Nährzucker °„Soxhletzucker“
h or Dauernahrung für Säuglinge vom frühesten Lebens-
alter an in den Fällen, in denen die natürliche Er-
nährung nicht durchführbar ist; auch als Krankennahrung
bewährt, insbesondere bei Magen- und Darmstörungen der
Säuglinge, sowie für ältere Kinder und Erwachsene. In Dosen von
1/a kg Inhalt zu 1,50 M.
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ist erschienen. — Infolge der zahl-
reichen Preisveränderungen, welche
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verhältnisse eingetreten sind, hat die
Ausgabe für 1915 für den Apotheker eine
aussergewöhnliche Bedeutung.
PREIS: M. 2,50 in abwaschbare Leinwand gebunden
3,50 mit weiß.Schreibpapier durchschossen
3,70 m. karriert.Schreibpapier durchschoss.
Um die Taxe rechtzeitig zu erhalten, ist
umzgehende Bestellung erforderlich.
BERLIN NW 87, im Februar 1915.
Selbstverlag des Deutschen Apotheker-Vereins.
INHALT.
A. Eberhard, Ueber das Da und verwandte Weisen.
(Schluß)
K. Trottner, Beitrag zur Ouklitalabeeii he von Insektenpulver
A. Tschirch und H. Schklowsky, Studien über die Maeis
E. P. Häußler, Die chemische u der Würzelchen
der Kakaobohnen
M. Scholtz, Ueber einige De des Harnstoffe k
G. Frerichs und E. Mannheim, Hämatoxylin als Indikator bei
maßanalytischen Alkaloidbestimmungen und die ee:
des Alkaloidgehaltes der Chinarinde . . . . . 117
H. Beckurts und 6. Frerichs, Ueber das p- Anisidid I Pr
p-Phenetidid der Thioglykolsäure . ...2. 2. 2..2....2777286
Dieselben, Ueber die Toluidide der Thiooxybuttersäuren.. ... . 155
Eingegangene Beiträge.
J. Tröger und Wunderlich, Ueber a-arylsulfonierte Propionitrile,
H. Beckurts und 6. Frerichs, Ueber Arylamide der Rhodanessigsäure
und Arylhydantoine.
€. Mannich und E. Thiele, Ueber Phenyläthanolamin.
J. Brandl und 6. Schaertel, Ueber die wirksame Substanz von Baccharis
coridifolia (Mio-Mio).
A. Heiduschka und R. Wallenreuter, Zur Kenntnis des Oeles der
Samen von Strychnos nux vomica (II).
J. Gadamer, Zur Kenntnis des Hofmann’schen Abbaus der Alkaloide
der Phenanthren- (Apomorphin-) Reihe.
Derselbe, Mercuriacetat als Oxydationsmittel in der Alkaloidchemie.
A. Tschirch und (. de Jong, Weitere Untersuchungen über den
Bernstein (Succinit).
(Geschlossen den 13. V. 1915.)
Anzeigen.
1/, Seite zum Preise von M 50.—; !/, Seite zum Preise von M 80.-; !/, Seite zum
Preise von M %.—; !/, Seite zum Preise von M 10.—. Die Grundschrift ist Petit.
Beilage-Gebühr für das Tausend der Auflage — 5800 — M 10.—. Für Beilagen, welche
nicht dem Format des „Archiv“ entsprechen, bleibt besondere Vereinbarung vorbehalten.
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A. Eberhard: Ephedrin und verwandte Verbindungen. 81
Das aus diesem Hydrochlorid durch Sodalösung abgeschiedene
und durch Aether ausgeschüttelte Amidoketon schmolz bei
112—114°.
Das Amidopropiophenon wurde zunächst, unter Anlehnung
an das von Gadamer und Kuntzel!) für die Methylierung
des Bulbocapnins benutzte Verfahren, mit Diazomethan be-
handelt, ohne jedoch dabei zu einem Methylierungsprodukt zu
gelangen.
Einwirkung von Dimethylsulfat.
Das Verhalten des Dimethylsulfats gegen Amidoäthyl-
Phenylketon ist bereits von Calließ (l.c.), jedoch ohne den
gewünschten Erfolg, studiert worden. Es wurden daher diese
Versuche wiederholt. Das Hyärochlorid des Amidoketons wurde
zu diesem Zweck zunächst mit der vierfachen Menge Dimethyl-
sulfat zusammengebracht und das Gemisch 8 Tage lang, unter
häufigem Umschütteln, in einem verschlossenen Gefäße bei ge-
wöhnlicher Temperatur aufbewahrt. Das aus diesem Produkt dar-
gestellte, in kompakten Nadeln krystallisierende Platindoppelsalz
erwies sich jedoch als das Platinat des unveränderten Amido-
propiophenons.
0,330 g enthielten 0,0918 g Pt.
Gefunden: Berechnet für [C,H,—CO—CH(NH,)—CH,, HC1],PtC];:
Pt 27,56 27,50
Es wurde daher das obige Gemisch 6 Stunden lang mit auf-
gesetztem Steigrohr auf dem Wasserbade erhitzt. Das aus einer
Probe dieses Reaktionsproduktes dargestellte Platindoppelsalz
bildete nadelförmige, bei 215° schmelzende Krystalle. Dieselben
bestanden aus dem Platinat des quaternären Chlorids, welches
nach Calließ bei 215° schmilzt.
0,2068 g enthielten 0,0512 g Pt.
Gefunden: Berechnet für [C,H,—CO—C,H,.N(CH,),C1,PtCL:
Pt 24,76 24,62
Zum Nachweis weiterer Methylierungsprodukte sekundärer,
bzw. tertiärer Natur, wurde der Rest des Reaktionsprodukts zu-
nächst durch Eindampfen möglichst von Dimethylsulfat befreit,
der Rückstand alsdann in Wasser gelöst und die mit Natronlauge
alkalisch gemachte Lösung (L) hierauf mit Aether und schließlich
mit Chloroform ausgeschüttelt. Beim Verdunsten dieser Lösungs-
mittel verblieb nur ein geringer, braun gefärbter Rückstand, der
1) Dieses Archiv 1911, 615.
Arch. d. Pharm. CCLIII. Bds. 2. Heft. 6
ww 1;
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KOTar
UAxKl
82 A. Eberhard: Ephedrin und verwandte Verbindungen.
sich nur zum Teil in heißer verdünnter Salzsäure löste. Aus
dieser Lösung schieden sich einige kurze, bei 1230 schmelzende
Nadeln aus. Zu deren Identifizierung wurde die ganze Menge
dieser salzsauren Lösung in ein Golddoppelsalz verwandelt.
Letzteres krystallisierte in glänzenden, bei 150° schmelzenden
Blättchen. Nach dem Schmelzpunkt und dem Goldgehalt lag in
diesem Aurat ein Doppelsalz ds Dimethylamido-Propio-
phenons vor.
0,1495 g enthielten 0,0569 g Au.
Gefunden: Berechnet für 0,H,—C0—C;H,.N(CH,), HCl + AuCl,;:
Au 38,06 38,10
Aus den Mutterlaugen dieses Golddoppelsalzes konnte kein
weiteres Aurat, welches auf das Vorhandensein eines Monomethyl-
amido-Propiophenons hingewiesen hätte, isoliert werden.
Die mit Aether, bzw. Chloroform ausgeschüttelte alkalische
Lösung (L) enthielt Trimethylamido-Propiophenon,
welches als Hauptprodukt bei obiger Methylierung gebildet war.
Das betreffende Aurat bildete glänzende, schwer lösliche Blättchen,
welche entsprechend den Angaben von Calließ bei 153°
schmolzen.
0,131 g enthielten 0,0483 g Au.
Gefunden: Berechnet für C;H,—CO—C;H,.N(CH,),C], Anll;:
Au 37,10 37,11
Bei der a von Dimethylsulfat auf Amidopropio-
phenon war somit, neben wenig Dimethylamido-Propio-
phenon, nur quaternäres Trimethylamido-Propio-
phenon gebildet worden.
Einwirkung von Jodmethyl.
Die Einwirkung von Jodmethyl auf. Amidopropiophenon ist
ebenfalls bereits von Calließ (l. c.) zum Gegenstand der Unter-
suchung gemacht. Hierbei wurde ermittelt, daß das Amidopropio-
phenon bei gewöhnlicher Temperatur in methylalkoholischer Lösung
durch Jodmethyl nur in ein Dimethyl- und besonders in ein
Trimethylderivat ühergeführt wird. Das gleiche ist auch der
Fall bei der Methylierung nach Nöltingtl), in Gegenwart von
Soda, wie die Eigenschaften und die Zusammensetzung des aus
dem Reaktionsprodukt dargestellten Chlorids, Aurats und Platinats
lehrten.
1) Ber. d. d. chem. Ges. 1891, 563.
A. Eberhard: Ephedrin und verwandte Verbindungen, 83
Chlorid: farblose, bei 196—198° schmelzende Nadeln ;
Chlorgehalt 15,85%. Aurat: gelbe, bei 156° schmelzende Blätt-
chen; Goldgehalt 37,76%. Platinat: schwer lösliche, rotgelbe,
bei 217—218° schmelzende Nadeln; Platingehalt 25,35%.
2. Versuche mit «-Amidoäthyl-Phenylearbinol.
Da auch die erneuten Methylierungsversuche des «-Amido-
äthyl-Phenylketons nicht zu dem gewünschten Resultat geführt
hatten und die hierbei nur erhaltenen tertiären und quaternären
Methylierungsprodukte nicht ohne Spaltung durch Natrium-
amalgam zu Carbinolen reduzierbar sind, wurde die Einwirkung
des Jodmethyls auf das «-Amidoäthyl-Phenylcarbinol, welche
ebenfalls bereits von Calließ (l.c.) zur Ausführung gelangte,
wiederholt.
Das hierzu erforderliche &- Amidoäthyl - Phenylcarbinol:
C,H;—CH.OH—CH.NH,—CH,, wurde nach den Angaben von
Kohn!), Emde?, und Calließ (l.c.) durch Reduktion des
«-Amidoäthyl-Phenylketons dargestellt. Das gewonnene Hydro-
chlorid bildete nadelförmige, im Einklang mit den Angaben von
Calließ, bei 191° schmelzende Krystalle.
Zur Methylierung wurde das freie Carbinol mit über-
schüssigem Jodmethyl geschüttelt. Nach erfolgter Lösung trat
eine lebhafte Reaktion ein, nach deren Beendigung das Reaktions-
produkt zum größten Teil zu einer gelblichen, krystallinischen
Masse erstarrte. Zur Trennung der in derselben enthaltenen Ver-
bindungen wurde das überschüssige Jodmethyl verdunstet, der
Rückstand in Wasser gelöst, die Lösung mit feuchtem Silberoxyd
in geringem Ueberschuß versetzt und das Gemisch wiederholt mit
Aether ausgeschüttelt.
Beim Verdunsten dieser Aetherauszüge verblieb nur eine
verhältnismäßig geringe Menge eines blaßgelben öligen Liquidums,
welches anscheinend nur aus tertiärer Base bestand. Dasselbe
löste sich in Jodmethyl leicht auf zu einer Flüssigkeit, welche
unter Selbsterwärmung alsbald krystallinisch erstarrte. Dieses
Produkt lieferte nach dem Abpressen und Umkrystallisieren aus
Alkohol schwer lösliche, zu Warzen gruppierte, farblose Nadeln,
die bei 221° schmolzen.
0,3447 g lieferten 0,252 g AgJ.
Gefunden: Berechnet für C,H,—CH.OH—C,;,H,.N(CH,);J:
J 39,51 39,56
1) Monatsh. 1907, 336.
2) Dieses Archiv 1909, 136.
6*
84 A. Eberhard: Ephedrin und verwandte Verbindungen.
Die mit Aether ausgeschüttelte, die quaternäre Base ent-
haltende Lösung wurde mit Salzsäure angesäuert und zur
Darstellung eines Platin- und Golddoppelsalzes verwendet.
Das Platindoppelsalz bildete rotgelbe, in Wasser
schwer lösliche Nadeln, welche im Einklang mit den Angaben von
Calließ bei 247° schmolzen.
Das Golddoppelsalz krystallisierte in gelben, in
Wasser schwer löslichen Nadeln, die bei 172—-173° schmolzen.
Calließ fand den Schmelzpunkt dieses Aurats bei 171—172°.
0,4347 g enthielten 0,1602 g Au.
Gefunden: Berechnet für C,H,—CH.OH-—-C,H,.N(CH,),Cl, AuC];:
Au 36,85 36,97
Das aus diesem Golddoppelsalz dargestellte Chlorid bildete
zunächst 'nur eine dickflüssige Masse, die erst bei Winterkälte
allmählich in ein krystallinisches Produkt überging. Durch Be-
handeln desselben mit wenig Aceton ließen sich dann hieraus
kurze, nadelförmige, bei 204° schmelzende Krystalle isolieren.
Die bei der Methylierung des «-Amidoäthyl-Phenylcarbinols
erhaltenen, ‘optisch inaktiven quaternären Verbindungen sind
isomer mit den entsprechenden, optisch aktiven Derivaten des
Ephedrins und Pseudoephedrins, wie aus nachstehender Zusammen-
stellung hervorgeht.
din aus Pseudo- aus Amidoäthyl-
ae ao ephedrin | Phenylearbinol
Jodid .. „u... Schmp. 204° | Schmp. 205° Schmp. 220°
Chlorid .... || Schmp. 230° — Schmp. 204°
Aurabın.. |Schmp. 188—191°| Schmp. 194—195°| Schmp. 172—173°
(nach Calließ
171—172°)
Platinat ... ||Schmp. 247—250° | Schmp. 204—205° Schmp. 247° _
Zum Vergleich mit vorstehenden Verbindungen wurde auch
das Methylierungsprodukt des Amido-Benzylmethyl-
carbinols: C,H,—CH.NH,—CH.OH—-CH,, dargestellt. Auch
dieses Amidoketon lieferte bei der Einwirkung von Jodmethyl,
neben tertiärer Base, im wesentlichen nur quaternäres Jodid, wie
bereits früher von E. Schmidt!) konstatiert worden war.
Das Hydrojodid des Dimethylamido-Benzyl-
carbinols bildet farblose, prismatische, bei 220—221°
schmelzende Krystalle.
1) Apoth.-Ztg. 1911, No. 37.
A. Eberhard: Ephedrin und verwandte Verbindungen. | 85
0,573 g lieferten 0,4379 g AgJ.
Gefunden: Berechnet für C,H,—CH.N(CH,),—CH.OH—CH,, HJ:
J 41,31 41,33
Das Chlorid des Trimethylamido-Benzyl-
cearbinols: C;3H,—CH.N(CH,),CI—CH.OH—CH, + H,O, schied
sich aus verdünntem Alkohol in kleinen, würfelförmigen Krystallen
aus, welche wasserfrei bei 196° schmolzen. H. Emdet) fand den
Schmelzpunkt bei 196—197°.
0,289 g verloren bei 100° 0,0208 g an Gewicht und erforderten
zur Fällung 11,56 cem 1/,0-N.-Silbernitratlösung.
Berechnet für
Gefunden: C,H, —CH..N(CH,),C1—-CH.OH—CH, + H,O:
H,O 7,20 7,27
a 1418 14,32
Für das Aurat fand E. Schmidt (l. ec.) den Schmelz-
punkt bei 150—151°, für das Platinat bei 232—234°.
3. Versuche mit «-Bromäthyl-Phenylketon.
Das «-Bromäthyl - Phenylketon: C,H,—CO—CHBr—CH,,
welches für diese Methylierungsversuche Verwendung fand, wurde
nach den Angaben von Chr. Schmidt?) durch Einwirkung von
Brom auf Aethyl-Phenylketon dargestellt.
Die Einwirkung dieses Bromids auf Methylamin ist in absolut
alkoholischer Lösung bereits von A. Goehring?°) zum Gegenstand
einer Untersuchung gemacht. Es wurde hierbei zwar die Bildung
einer Verbindung der Formel C,H,—CO—CH(NHCH,)—CH;, kon-
statiert, jedoch war die Ausbeute daran eine sehr geringe. Es
mußte daher die nächste Aufgabe sein, die Versuchsbedingungen
zu ermitteln, unter denen dieses Reaktionsprodukt in größerer
Menge gebildet wird.
a) Einwirkung von Methylamininalkoholischer
Lösung.
Zur Orientierung über den Reaktionsverlauf wurden zunächst
5 g Brompropiophenon in einer mit Glasstopfen verschlossenen
Flasche in der gleichen Gewichtsmenge absolutem Alkohol gelöst,
diese Lösung dann mit 33% absolut alkoholischer Methylamin-
lösung im Ueberschuß versetzt und das Gemisch hierauf ver-
schlossen 14 Tage lang bei gewöhnlicher Temperatur aufbewahrt.
1) Ber. d. d. chem. Ges. 1910, 1728.
2) Ber. d. d. chem. Ges. 1889, 3250.
3) Dieses Archiv 1909, 146.
86 A. Eberhard: Ephedrin und verwandte Verbindungen.
Das anfangs blaßgelb gefärbte Gemisch nahm hierbei sehr bald
eine intensiv gelbrote Färbung an. Eine freiwillige Erwärmung
trat hierbei nur in geringem Umfange ein. Das Reaktionsprodukt
wurde alsdann der freiwilligen Verdunstung überlassen, der hierbei
verbleibende, braun gefärbte Rückstand hierauf mit heißem, sälz-
säurehaltigem Wasser ausgezogen und die erzielte Lösung im
Exsikkator verdunstet. Hierbei verblieb eine teerartige, in heißem
Wasser nur teilweise lösliche Masse.
Der wässerige Auszug dieses Produkts wurde dann mit
Chlorsilber umgesetzt und die immer noch stark rot gefärbte
Lösung zur Entfärbung mit Quecksilberchloridlösung versetzt.
Nach dem Abfiltrieren der hierdurch ausgeschiedenen braunen
Flocken und Entfernen des Quecksilbers durch Schwefelwasserstoft
resultierte eine nur blaßgelb gefärbte Flüssigkeit, die nach dem
Eindampfen auf ein kleines Volum zur Darstellung eines Gold-
doppelsalzes diente. Letzteres war in Wasser und in verdünntem
Alkohol bei gewöhnlicher Temperatur schwer löslich. Durch wieder-
holtes Umkrystallisieren zunächst aus heißem verdünnten Alkohol,
dann aus viel heißem Wasser gelang es, dasselbe in kleine blätterige
oder nadelförmige Krystalle, die bei 168,5—169° schmolzen, über-
zuführen.
1. 0,1310 g enthielten 0,0486 g Au.
2. 0,2433 g ” 0,0902 g Au.
3. 0,1940 g einer weiteren Krystallisation enthielten 0,0708 g Au.
Gefunden:
1. 2. 3.
Au 37,10 37,07 36,50
Berechnet für
C,H, —C0—C,H,.NH.CH,, HCl + Autll;:
Au 39,18
C,H,—C0—C,H,.N(CH,),Cl, Au0l;:
Au 37,11
Das diesen Auraten entsprechende Platinat bildete schwer
lösliche, gelbrote, bei 186—186,5° schmelzende Blättchen (I). Aus
der Mutterlauge dieses Platinats (I) resultierten noch kleine, rot-
gelbe, säulenförmige Krystalle (II), welche etwas leichter in Wasser
löslich waren. Dieselben schmolzen bei 188.
1. 0,2524 g enthielten 0,0610 g Pt.
2. 0,2147 g r 0,0528 g Pt.
Gefunden: Berechnet für .
Pt 24,17 24,60 24,62
A. Eberhard: Ephedrin und verwandte Verbindungen. 87
Nach den Ergebnissen der vorstehenden Analysen war unter
obigen Versuchsbedingungen die Bildung einer Base der Formel:
C,H,—C0—C,H,(NH.CH,), wohl kaum erfolgt. Die gefundenen
Werte stimmen vielmehr mit denen einer quaternären Verbindung:
C,H, —C0—C,H,.N(CH,),Cl, überein, jedoch weisen die bezüglichen
Schmelzpunkte erhebliche Differenzen auf; Aurat 169: 152,5,
Platinat 188: 215.
b) Einwirkung vonMethylamininBenzollösung.
Die Einwirkung des Brompropiophenons auf Methylamin ist
bei 0° in Benzollösung bereits von E. Schmidt!) zur Aus-
führung gebracht. Die Ausbeute an Methylamido-Propiophenon,
welche damals unter diesen Bedingungen erzielt wurde, war
jedoch nur eine geringe, so daß .bei den weiteren Versuchen
absolutalkoholische Methylaminlösung bei 0° benutzt wurde
(Privatmitteilung).
Bei der Wiederholung dieser Versuche wurde zunächst eben-
falls Benzollösung verwendet und dabei nach den Angaben von
Emde und Runne?) über die Methylierung des Bromphenyl-
acetons verfahren.
5 g Brompropiophenon wurden zu diesem Zwecke mit 12 g
Benzol gemischt und diese Flüssigkeit in einer Kältemischung ab-
gekühlt, bis ein Teil des Benzols zu erstarren anfing. Hierauf
wurde aus einem Scheidetrichter allmählich eine stark abgekühlte
Lösung von Methylamin in Benzol von 5,77 % zutropfen
gelassen, bis das auskrystallisierte Benzol wieder geschmolzen war.
Zu der von neuem bis zur Ausscheidung von festem Benzol
gekühlten Lösung wurde dann Methylaminlösung abermals zu-
gefügt, bis sich das Benzol wieder verflüssigte. Diese Operationen
wurden so lange fortgesetzt, bis 29,3g der 5,77%%,igen Methylamin-
lösung, entsprechend 2 Mol. NH,.CH, auf 1 Mol. C,H,—C0O—C,H,Br,
eingetragen waren. Nach erneuter kurzer Abkühlung wurde
hierauf das ausgeschiedene Methylaminhydrobromid von der gelb
gefärbten Flüssigkeit durch Absaugen getrennt, mit wenig kaltem
Benzol ausgewaschen und die Benzollösung dann viermal mit
stark abgekühlter Salzsäure von 12,5 %, ausgeschüttelt. Diese
Lösungen wurden hierauf verdampft und der sirupartige Rück-
stand in den Exsikkator gestellt, worin er zu einer krystallinischen
Masse (M) erstarrte.
!) Apoth.-Ztg. 1911, 368.
2) Dieses Archiv 1911, 368.
88 A. Eberhard: Ephedrin und verwandte Verbindungen.
Nachdem durch Behandeln mit wenig kaltem Aceton die
färbenden Beimengungen entfernt waren, wurde die Masse (M)
in Wasser gelöst und diese Lösung dann mit frisch gefälltem
Chlorsilber, zur Entfernung des Broms, behandelt. Goldchlorid
rief in dieser Lösung eine ölige Ausscheidung hervor, welche nicht
zur Krystallisation gebracht werden konnte. Das Gold wurde
daher aus der durch Zusatz von Alkohol erzielten Lösung durch
H,S wieder entfernt, dieselbe hierauf eingedampft und mit Platin-
chloridlösung versetzt. Hierdurch erfolgte eine reichliche Aus-
scheidung von blätterigen, bei 218—224° schmelzenden Krystallen,
die aus Methylaminplatinchlorid bestanden (gefunden 41,3 % Pt).
Erst aus den letzten Mutterlaugen schieden sich rote,
warzenförmige Krystalle aus, die bei 186° schmolzen. Dieselben
bestanden, wie die weitere Untersuchung derselben lehrte, aus
dem Platinat des Methylamino-Propiophenons. Die Menge dieser
Krystalle war jedoch im Verhältnis zu dem angewendeten Brom-
propiophenon nur gering. Der Versuch wurde, daher unter An-
wendung von 20 g Brompropiophenon unter den gleichen
Bedingungen wiederholt, die nach dem Ausschütteln mit Salzsäure
und darauffolgendes Eindampfen gewonnene krystallinische Masse
(M) jedoch zunächst in möglichst wenig siedendem absoluten
Alkohol gelöst. Beim Erkalten dieser Lösung schieden sich
allmählich beträchtliche Mengen von Methylaminhydrochlorid ab.
Die hiervon getrennte Lösung wurde hierauf verdunstet, der
Rückstand in Wasser gelöst, diese Lösung mit Chlorsilber
digeriert und das Filtrat, nach genügender Konzentration, mit
Platinchloridlösung versetzt.
Neben blätterigem Methylaminplatinchlorid schieden sich
auch hier allmählich rote, warzenförmige, bei 137° unter Auf-
schäumen schmelzende Krystalle aus, welche leicht durch Aus-
lesen getrennt werden konnten.
0,4464 g enthielten 0,1179 g Pt.
Gefunden: Berechnet für (C,3H,—C0—C,H,.NHCH,, HCl),PtCl,:
Pt 26,41 26,52
Das aus diesem Platinat dargestellte Aurat schied sich
zunächst ölig ab, verwandelte sich jedoch nach Verlauf von
mehreren Tagen in Büschel von wohlausgebildeten, bei 120°
schmelzenden Nadeln.
0,3409 g enthielten 0,1337 g Au.
Gefunden: Berechnet für C,H,—CO—C,H,.NHCH,, HCl + AuCl;:
Au 39,22 39,19
A. Eberhard: Ephedrin und verwandte Verbindungen. 89
Das Hydrochlorid: (C,H,—C0—C,H,.NHCH,, HCl,
bildete nach dem Umkrystallisieren aus einem Gemisch von ab-
solutem Alkohol und Aceton farblose, warzenförmige, bei 179°
schmelzende Krystalle.
Wenn die Ausbeute an Methylamido-Propiophenon nach dem
im vorstehenden beschriebenen Verfahren eine wenig befriedigende
war, so lag dies daran, daß der größte Teil des angewendeten
Brompropiophenons unter diesen Versuchsbedingungen überhaupt
nicht in Reaktion getreten war, sondern sich noch unverändert
in dem Benzol in Lösung befand. Bei einem weiteren Versuche
wurde daher das unter Eiskühlung bereitete Gemisch aus Benzol,
Methylamin und Brompropiophenon vor dem Ausschütteln mit
Salzsäure erst noch mehrere Stunden lang bei gewöhnlicher
Temperatur stehen gelassen. Die Ausbeute an Methylamido-
Propiophenon wurde hierdurch zwar wesentlich erhöht, ohne sich
jedoch zu einer guten zu gestalten.
Noch etwas besser gestaltete sich die Ausbeute an dieser
Verbindung, als die Einwirkung des Brompropiophenons unter
sonst den gleichen Bedingungen in absolutalkoholischer Lösung
und unter Benutzung von absolutalkoholischer Methylaminlösung
von 33%, vorgenommen wurde. Immerhin blieb jedoch auch hier
ein sehr beträchtlicher Teil des angewendeten Brompropiophenons
unverändert.
Das aus diesem Reaktionsprodukt gewonnene Platin-
doppelsalz entsprach durchaus dem aus der Benzollösung
erhaltenen.
0,3294 g enthielten 0,0877 g Pt.
Gefunden: Berechnet für (C,H,—C0O—C,H,.NHCH,, HON,PICh.;
Pt 26,62 26,52
Das entsprechende Golddoppelsalz schied sich zu-
nächst ebenfalls ölig ab, verwandelte sich aber allmählich in
büschelförmige, bei 119—120° schmelzende Nadeln.
0,4776 g enthielten 0,1869 g Au.
Gefunden: Berechnet für C,H,—C0—C,H,.NHCH,, HCl + AuCl;:
Au 39,13 39,19
Methylamino-Aethylphenylearbinol:
CsH,—CH.OH—CH.NH(CH,)—CH,.
Zur Ueberführung des Methylamido-Aethylphenylketons in
das entsprechende Carbinol wurden 4,5 g des reinen, aus dem
Platin-, bzw. Golddoppelsalz erhaltenen Hydrochlorids in etwa
100 ccm Wasser gelöst, diese Lösung auf 0° abgekühlt und in
90 A. Eberhard: Ephedrin und verwandte Verbindungen.
dieselbe, unter fortwährendem Umrühren, in Zwischenräumen von
10 Minuten, je 5g Natriumamalgam von 5% und 5g verdünnter
Salzsäure (aus 43,5 & Salzsäure von 25% und 26,5 g Wasser be-
reitet) eingetragen. Im ganzen gelangten 40 g Natriumamalgam
zur Anwendung. Die Temperatur überstieg hierbei 5° nicht.
Nach Beendigung der Wasserstoffentwickelung wurde die
saure Flüssigkeit zur Entfernung des sekundär gebildeten Propio-
phenons, zunächst wiederholt mit Aether ausgeschüttelt, dann mit
Natronlauge neutralisiert, hierauf zur Trockne verdunstet und der
Rückstand im Exsikkator noch vollständig ausgetrocknet. Diese
Salzmasse wurde dann mit absolutem Alkohol extrahiert, der
Auszug auf ein kleines Volum eingeengt und noch heiß mit Aceton
versetzt. Beim Erkalten erfolgte eine Ausscheidung von Methyl-
aminhydrochlorid in Gestalt von durchsichtigen, bei 224°
schmelzenden Blättchen. Die hiervon abgesogene Mutterlauge
wurde verdunstet, der Rückstand in Wasser gelöst und die Lösung
zur Darstellung eines Gold- und Platindoppelsalzes. verwendet.
Das Golddoppelsalz, welches in Wasser sehr schwer
löslich war, schied sich zunächst ölig aus, jedoch nahm dasselbe
nach Verlauf von einigen Tagen krystallinische Beschaffenheit an.
Dasselbe erweichte bei 120° und schmolz bei 126°.
0,5432 g enthielten 0,2196 g Au.
Berechnet für
C,H,—CH.OH—CH.NHCH,—CH,, HCl + AuCl];:
Au 40,42 : 39,11
Gefunden:
Der etwas zu hohe Goldgehalt ist durch eine geringe Bei-
mengung von metallischem Gold bedingt.
Das Platindoppelsalz ist wesentlich leichter in Wasser
löslich als das entsprechende Golddoppelsalz. Dasselbe schied sich
neben blätterigem Methylaminplatinchlorid zunächst auch nur in
öligen Tröpfchen aus, die jedoch bald in rotgefärbte, warzen-
förmig gruppierte, bei 190—191° schmelzende Krystalle über-
gingen. Dieselben konnten durch Abschlämmen und Auslesen
isoliert werden.
0,2679 g enthielten 0,0708 g Pt.
Berechnet für
(C,H, CH.OH--CH.NHCH,--CH,, HC]),PtCl;:
Pt 26,43 26,44
Gefunden:
Das Hydrochlorid, welches aus diesen Doppelsalzen
dargestellt wurde, war in Wasser und in Alkohol sehr leicht löslich,
unlöslich in Aceton und in Aether. Beim Ueberschichten der
A. Eberhard: Ephedrin und verwandte Verbindungen. 91
konzentrierten alkoholischen Lösung mit Aether schied es sich in
feinen, lockeren Nadeln aus, die bei 180—181° schmolzen.
0,0308 g verbrauchten zur Ausfällung des Chlors 1,54 cem
1/ 0-N.-Silbernitratlösung.
Gefunden: Berechnet für C,H ,ON, HCl:
CI RE7,73 17,59
Die freie Base schied sich beim langsamen Verdunsten
ihrer ätherischen Lösung in feinen, verfilzten, bei 114—115°
'schmelzenden Nadeln aus, welche einen schwachen, angenehmen,
an Pseudoephedrin erinnernden Geruch besaßen.
Abgesehen von dem fehlenden Drehungsvermögen, zeigt die
isolierte Base und ihre Verbindungen große Aehnlichkeit mit dem
Pseudoephedrin. Ob dieselbe jedoch als inaktives Pseudo-
ephedrin anzusprechen ist, sollen erst die weiteren, mit größerem
Material ausgeführten Untersuchungen lehren. Ueber letztere wird
später berichtet werden.
Eine Base der Formel C,H,—CH.OH—CH .NHCN,;— CH, ist
bereits von E. Fourneau!) und von G. Bümming?) durch
Einwirkung von Phenylpropylenjodhydrin auf Methylamin dar-
gestellt worden. Fourneau fand den Schmelzpunkt des
Hydrochlorids dieser Base bei 178%, Bümming, nach dem
Umkrystallisieren desselben aus Aceton, bei 190°. Dagegen soll
die freie Base nach Fourneau glänzende, bei 60° schmelzende
Prismen bilden, das Aurat ölige Beschaffenheit zeigen und das
Platinat in Wasser sehr leicht löslich sein.
!) - Journ. de Pharm. et de Chim. 1904, 481.
2) Inmauguraldissertation, Marburg 1909.
92 K. Trottner: Insektenpulver.
Aus dem pharmakognostischen Institut der Universität
Tübingen.
(Vorstand: Prof. Dr. E Lehmann).
Beitrag zur Qualitätsbestimmung von Insekten-
pulver.
Von Kurt Trottner.
(Eingegangen den 24. I. 1915.)
Insektenpulver sind vielfach als ‚‚Vertrauensartikel‘‘ be-
zeichnet worden, da eine für alle Fälle gültige Qualitätsbestimmung
sich nicht in einfacher Weise durchführen läßt. Eine Reihe von
Methoden für solche Qualitätsuntersuchungen sind bisher in der
Literatur angegeben worden.
Allgemein bekannt ist die physiologische Probe.
Man gibt unter einen auf weißem Papier stehenden Glastrichter
Insektenpulver und beobachtet, in welcher Zeit die von oben hinein-
geworfenen Versuchstiere zugrunde gehen. (Vergl. Jüttner und
Siedler, Ber. d. deutsch. Pharm. Ges. 1912, 22. Jahrg., S. 414.)
Wegen der ungleichen Individualität, des verschiedenen Ernährungs-
zustandes und dergleichen, ferner wegen des unterschiedlichen
Verhaltens der Tiere unter dem Trichter kann auf diese Weise
nur festgestellt werden, ob einem Pulver überhaupt eine insektizide
Wirkung zukommt. Um feinere Unterschiede in der Wirksamkeit
ermitteln zu können, ging Siedler (Arb. Pharm. Inst. Berlin 1914,
XI., S. 73) folgendermaßen vor: Er schüttelte 1 g Insektenpulver
während einer Minute kräftig in einem Reagenzglas, entfernte
das Pulver wieder aus demselben, gab eine Fliege hinein und
beobachtete die Zeit, nach welcher diese mit eingezogenen Beinen
auf dem Rücken lag. Aber auch, wenn die Probe in dieser Art
ausgeführt wird, ist zu beachten, daß größere Fliegen längere Zeit
widerstandsfähig sind als kleinere, und daß man, wie Siedler
auch getan hat, eine größere Anzahl von Versuchen machen muß,
um zuverlässige Vergleichswerte zu erhalten.
Zum Nachweis einer Beimischung größerer Mengen Stiel-
pulvers wurde eine Zeitlang ein Verfahren empfohlen, das sich
auf den Mangangehalt der Asche des unverfälschten Insekten-
pulver gründet (Unger, Pharm. Ztg. 1888). Die Stiele sollten
K. Trottner: Insektenpulver. - 93
kein Mangan enthalten, so daß die Asche eines Pulvers, dem in
erheblichem Maße Stielpulver zugesetzt ist, keine Manganreaktion
gäbe. Später wurde nachgewiesen, daß auch Stielpulver Mangan
enthalten kann (Thoms, Pharm. Ztg. 1890 und Jüttner
und Siedlera.a. O0. S. 411). In einwandfreier Weise kann ein
Zusatz von Stielpulver an der reichlichen Anwesenheit verholzter
Elemente erkannt werden. Diese sind in reinem Blütenpulver nur
spärlich vorhanden. Sie lassen sich unter dem Mikroskop leicht
erkennen, namentlich nach Zusatz von Phloroglucin und Salzsäure,
wodurch sie rot gefärbt werden und sich von den übrigen Bestand-
teilen, die ungefärbt bleiben, deutlich abheben (vergl. Jüttner
und Siedlera.a. O., S. 414).
Das zurzeit allgemein übliche Verfahren der Qualitätsunter-
suchung beruht auf der Bestimmung des Gehalts an äther-
löslichen Bestandteilen. Unter diesen befinden sich
bekanntlich die bei der Insektenvertilgung wirksamen Stoffe, über
deren Natur gegenwärtig noch nichts Genaueres angegeben werden
kann. Man kann annehmen, daß ein Pulver um so reicher an wirk-
samen Bestandteilen ist, je mehr Aetherextrakt es liefert.
Für die Extraktion mit Aether wurden verschiedene Methoden
angewandt. Die einzelnen Autoren fanden für den Gehalt an Aether-
extrakt folgende Zahlen): Thoms 4-6%; Caesar &
Loretz aus offenen bis halbgeschlossenen Blüten 67%, aus
geschlossenen 7,5—9,5%; Dietze aus bei 100° getrocknetem,
selbst hergestelltem Insektenpulver im Mittel 5,61%, aus anderen
Pulvern 2,41—6,17%; Dowzard 5-9%; Linke 4,23—6,8% ;
Siedler aus lufttrockenem Insektenpulver von besten Blüten
6,14%, aus lufttrockenem Stielpulver 1,48%, (Jüttner und
Siedler.a.a. O., S. 412); Grieb aus Pulvern geschlossener
Blüten 7,3—12% (Chemist and Druggist 1908, zit. nach Just
Bot. Jahresber. XXXVL., 3, 1908, S. 519).
Auffallend ist die mangelnde Uebereinstimmung der an-
geführten Zahlen. Dies wird zum Teil auf der Verschiedenheit der
angewandten Methoden beruhen. Außerdem hat, worauf vor allen
Dietze (Pharm. Ztg. 1899, S. 196. Ref. Just, Bot. Jahresber.
XXVI., 2, 1899, S. 15) aufmerksam macht, die Reinheit des zur
Extraktion verwendeten Aethers einen großen Zinfluß auf die
Menge des Extraktes. Je reiner in den von ihm angestellten Ver-
1) Soweit nichts Besonderes bemerkt, zitiert nach der Zusammen-
stellung von Jüttner und Siedler, Ber. d. deutsch. Pharm. Ges.,
22. Jahrg., S. 411. Dort auch der Literaturnachweis.
94 K. Trottner: Insektenpulver.
suchen der Aether war, desto geringer war der ermittelte Extrakt-
gehalt. Er empfiehlt übrigens Petroläther an Stelle von Aether
zu verwenden, weil letzterer außer den wirksamen, anscheinend
auch noch andere Stoffe aufnehme. Auf die Methoden für die
Aetherextraktion, welche von den verschiedenen Autoren an-
gewandt wurden, soll hier nicht weiter eingegangen werden. Eigen-
tümlich ist, daß für eine derart alltägliche Manipulation, wie die
Extraktion mit Aether, bis in die neueste Zeit hinein immer wieder
andere Verfahren empfohlen werden müssen.
Die vorliegende Arbeit bezweckt, auf eine Methode für die
Wertbestimmung von Insektenpulver aufmerksam zu machen,
welche gestattet, Pulver aus geschlossenen, halbgeöffneten und
geöffneten Blüten zu unterscheiden, sofern es sich dabei um ander-
weitig nicht verfälschte Pulver handelt; eine Methode, welche also
auf das Merkmal gerichtet ist, nach welchem die Pulver beim
Großverkauf eingeteilt werden.
Es ist bekannt, daß der Gehalt an Pollenkörnern einen Schluß
auf die Güte eines Insektenpulvers gestattet (vergl. Jüttner und
Siedlera..a. O., S. 414), obgleich bisher noch nicht versucht
worden ist, dies für die Qualitätsuntersuchung nutzbar zu machen.
In geöffneten Blüten verstäuben die Pollenkörner sehr schnell,
teils während die Blüten noch an der Mutterpflanze sitzen, teils
während des Trocknens, auch fallen, wenn die Blütenköpfchen
längere Zeit am Stock belassen werden, die Blüten später aus den
Köpfchen heraus, und es bleiben nur noch die leeren Blütenböden
zurück. Der Pollenkorngehalt von Pulvern aus derartigen Blüten
ist nur noch verschwindend klein. Dasselbe gilt, wenn Stielpulver
und dergleichen in größerer Menge zur Verfälschung benützt
worden ist (vergl. dazu Abbild. bei Jüttner und Siedler
a. a. O., 8. 415).
Es liegt nahe, hier die quantitative mikroskopische Analyse,
die in neuerer Zeit immer mehr Eingang in die pharmakognostische
Forschung gefunden hat, anzuwenden. Wiederholt ist mit Nach-
druck auf die Wichtigkeit dieser Methoden hingewiesen worden.
Ich erinnere nur an die Arbeiten von A. Meyer (Arch. d. Pharm.
1908 und Ztschr. f. Unters. d. Nahr.- u. Genußmittel 1909), der
die Pollenkornzahl im Pulver von Flores Koso feststellte. Meyer
arbeitet mit einem eigens für seine Zwecke konstruierten beweg-
lichen Objekttisch, der die Verschiebung eines eingestellten Prä-
parates immer um die Breite des Gesichtsfeldes gestattet.
Ein anderes Verfahren, das mir für meine Zwecke mehr
geeignet erschien, ist vonHartwichund Wichmann (Arch.
K. Trottner: Insektenpulver. 95
d. Pharm. 250, 1912, S. 452) angegeben worden. Genannte Autoren
verwenden eine Zählkammer, welche von der Firma Seibert
nach ihren Angaben verfertigt wurde und von dort zum Preise
von 12M bezogen werden kann. Das einfache Instrumentchen
wird folgendermaßen beschrieben (a. a. O., S. 454): ‚Auf einem
Objektträger ist ein Quadrat von 1,5 cm Seitenlänge eingeritzt
und dieses in 100 gleiche Quadrate — jedes 1,5 qmm — geteilt.
Die ganze Teilung wird eingeschlossen von sorgfältig aufgekitteten
Streifechen von Deckgläschen, die 0,25 mm dick sind.“ Ueber die
Anwendung desselben schreiben die genannten Verfasser (a. a. O.,
S. 454): „Man kann in die Zählkammer bis 0,05 g einwägen.
Selbstverständlich würde diese Menge von ungemischtem Pulver
viel zu groß sein; man muß das zu prüfende Pulver daher ver-
dünnen. Das geschieht durch sorgfältiges Mischen mit ganz feinem
Zuckerpulver im bestimmten Verhältnis, z. B. 0,5:10, 1:100,
1:1000. Bei stärkeren Verdünnungen wird man selbstverständlich
erst eine konzentriertere (0,5:10 oder 1:100) Mischung herstellen
und diese dann mit Zucker weiter verdünnen. Es versteht sich
von selbst, daß die Mischung des zu untersuchenden Pulvers mit
dem Zucker so sorgfältig wie möglich gemacht werden muß. Man
mischt zuerst mit ganz kleinen Mengen Zucker und gibt die weitere
Zuckermenge allmählich zu.‘
Um den Gehalt an Pollenkörnern in verschiedenen Insekten-
pulvern zu bestimmen, wurde in folgender Weise verfahren: Von
den bei 100° im Trockenschrank getrockneten Pulvern wurden
in der oben beschriebenen Weise Verdünnungen hergestellt, so zwar,
daß auf 20 g Mischung 1 g reinen Insektenpulvers kam, wobei darauf
geachtet wurde, daß immer an verschiedenen Stellen des zur
Untersuchung vorliegenden Materials Pulver entnommen wurde.
Von der Mischung wurden in die Zählkammer 2,5 mg möglichst
20
vermischten Pulvers entspricht!. Dann wurden vorsichtig mit
einer spitz ausgezogenen Pipette einige Tropfen Chloralhydrat-
genau eingewogen, was einer Menge von —= 0,125 mg un-
1) Selbstverständlich kann man, wenn man sich stärkere Ver-
dünnungen des zu untersuchenden Pulvers herstellt, auch größere
Mengen in die Zählkammer einwägen; HartwichundWichmann
z. B. nehmen bei einer Verdünnung von 1:100 10 mg in die Zähl-
kammer. Die von mir benützte Wage arbeitete so exakt, daß ich 2,5 mg
mit hinreichender Genauigkeit abwägen konnte, und auf die Anwendung
stärkerer Verdünnungen verzichten zu können glaubte.
96 K. Trottner: Insektenpulver.
lösung (8 Teile Chloralhydrat auf 5 Teile Wasser) zugegeben, das
Ganze mit einer feinen Nadel möglichst gleichmäßig verteilt und
einige Zeit stehen gelassen. Chloralhydrat eignet sich zur Unter-
suchung in unserem Falle besser als Wasser, welches Hartwich
und Wichmann verwenden, da es als Aufhellungsmittel wirkt
und die einzelnen Elemente des Pulvers deutlich hervortreten
läßt. Hat sich nach einiger Zeit der Zucker gelöst, so wird ein
Deckgläschen vorsichtig auf die Kammer aufgelegt. Hierbei ist
darauf zu achten, daß weder Luftblasen unter dasselbe gelangen,
noch daß Flüssigkeit aus der Kammer nach außen dringt. Ist
letzteres trotz aller Vorsicht geschehen, so müssen auch in dem
nach außen gedrungenen Teil sorgfältig die Pollenkörner gezählt
werden. Ist alles soweit vorbereitet, so kann die Auszählung der
Pollenkörner erfolgen. Diese sind rund und etwa 28 u dick, sie
haben eine stachelige Exine und drei Austrittsöffnungen für den
Pollenschlauch. Von den übrigen Bestandteilen des Pulvers lassen
sie sich sehr leicht auch bei schwacher Vergrößerung unterscheiden.
Bruchstücke derselben, die übrigens nicht allzu häufig vorkommen,
werden, wenn sie kleiner als ein halbes Pollenkorn sind, vernach-
lässigt, im anderen Falle als ein ganzes gerechnet.
Um bei der Auszählung der Pollenkörner jeden subjektiven
Fehler sicher auszuschließen, wurden die Pulver fast sämtlich
„blind‘‘ untersucht, d. h. von einem Unbeteiligten ließ ich mir
meine verschiedenen Pulversorten numerjeren und wußte nun
bei der Auszählung zunächst nicht, um welches Pulver es sich
jedesmal handelte.
Es galt nun festzustellen, ob der Pollenkorngehalt, der sich
nach dem angegebenen Verfahren ohne große Schwierigkeiten
bestimmen läßt, tatsächlich ein brauchbares Unterscheidungsmerkmal
im oben ausgeführten Sinne abgibt.
Zu diesem Zweck erschien es am zuverlässigsten, ganze Blüten-
köpfchen, wie sie in den verschiedenen Großdrogengeschäften
zur Verwendung kommen, zu beschaffen und selbst zu pulverisieren.
Es wurden deshalb Blütenproben teils von der Firma Riedelim
Berlin, teils von Herın Thurmayr in Stuttgart im offenen
Mörser gestoßen, und wie oben auseinandergesetzt, auf ihren Pollen-
korngehalt untersucht. Das Ergebnis dieser Untersuchung bringt
folgende Tabelle.
Hieraus geht deutlich hervor, daß die Pulver verschiedener
Blütensorten, je nach dem Entwickelungszustand in dem sie
sich befinden, sehr verschiedenen Pollenkorngehalt haben. Es
war nun die Frage, wie die an fertig bezogenen Pulvern zu er-
K. Trottner: Insektenpulver. 97
Im Mörser gestoßene Blüten von Chrysanthemum cinerariifolium.
Zahl der
Pollen-
körner
in 1 mg
1. Geschlossene Blüten
Muster & 2881
2. Geschlossene Blüten
Muster b | 2159
3. Offene Blüten n |
Muster & 545 |Etwa die Hälfte des Materials be-
' steht aus leeren Blütenböden
4. Offene Blüten
Muster b 210 ‚Etwa die Hälfte des Materials besteht
aus leeren Blütenböden; 2 cm lange
Stiele
5. Offene Blüten
Muster c 151 |Die Blüten sitzen sämtlich noch im
| Blütenboden!)
haltenden Resultate mit diesen Ergebnissen in Uebereinstimmung
zu bringen seien.
Zuerst wurden Pulver der Firma Riedel in Berlin unter-
sucht. Dabei ergaben sich folgende Zahlen:
Pulver aus Chrysanthemum einerariifolium
von Riedel in Berlin.
Zahl der
Pollen-
körner
Aus geschlossenen Blüten . . . . 3066
Aus geöffneten Blüten. . ..... | 158
Dieselben stimmen mit meinen Befunden an selbstgepulverten
Blüten in großen Zügen überein. Daß diese eine etwas niedrigere
Pollenkornzahl aufweisen würden, war zu erwarten, da bei der
Pulverung kleiner Mengen im offenen Mörser ein erheblicher Teil
der Pollenkörner durch Verstäuben verloren gehen mußte.
In guter Uebereinstimmung mit den Befunden andenRiedel-
schen Pulvern stehen die Zahlen, welche an den von der Firma
i) Die Pollenkörner sind also hier in weit höherem Maße ver-
stäubt als bei 3, und 4.
Arch. d. Pharm. CCOLIII. Bds. 2. Heft. 7
98 K. Trottner: :Insektenpulver.
Gehe & Co. in Dresden gelieferten ‚Flores Chrysanthemi pulvis
subtilis‘“ gefunden wurden. Es ergaben sich dort 2949 Pollen-
körner auf 1 mg.
Nicht so ohne weiteres mit dem Bisherigen in Ueberein-
stimmung zu bringen sind die Ergebnisse, welche die folgenden
Pulver lieferten. Es handelt sich hierbei um die Pulver der. Firmen
Caesar & Loretz in Halle a8: und Sehuchardt in
Triest. ‚naahldr
Bezugsquelle | Bezeichnung
u
| Aus geschlossenen Blüten ... No.I 785
Caesar&Loretz, ' Aus halbgeschlossenen Blüten No. II 920
Halle, a. 8. , Aus geöffneten Blüten ...... „No. IIl.| 2255
le der Aus geschlossenen Blüten . .. ‚No,l 4402
Scehuchardt, | Aus halbgeschlossenen Blüten No.II | 5544
hiash | Aus geöffneten Blüten ...... No. IIL.| 1319
Worauf die niedrigen Zahlen der Pulver Iund IH von Caesar
& Loretz beruhen, habe ich ebensowenig mit "Sicherheit ent-
scheiden können, wie die Ursache für die hohe Zahl des Pulvers III.
Es dürfte sich: aber wohl um ein. Versehen seitens des Versands
handeln, da mir von der Firma das Pulver III für ein früher ge-
sandtes nachgeschickt wurde, und die Firma dasselbe wohl für das
Pulver I statt für das Pulver III senden wollte. Die Zahl für das
Pulver aus geöffneten Blüten von Schuchardt ist relativ
hoch, aber immerhin für ein gutes Pulver aus geöffneten Blüten,
denen vielleicht halbgeöffnete beigemengt waren, gut verständlich.
Das hier vorliegende Pulver III von Sehuchardt kann als
ein besonders gutes dritter Qualität gelten.
Das ungewöhnliche Ergebnis für das Pulver IL.kann auf
zweierlei beruhen, entweder ist möglich, daß. ganz kleine :Blüten-
knospen wieder etwas weniger Pollen aufweisen, als weiter ent-
wickelte, da vielleicht die Pollenkörner in den innersten Blüten
des Köpfchens noch nicht als solehe ausgebildet sind, ‚sondern
sich noch auf dem Tetradenstadium befinden, oder aber es kommen
hier, bei hoher Pollenzahl um so leichter mögliche. Differenzen
in Frage.
Trotz aller Abweichungen im einzelnen ergibt sich
Aochalsfeststehend, daß guteInsektenpulver
K. Trottner: Insektenpulver. 99
aus wirklich geschlossenen Blüten nicht
‚weniger Pollenkörner als 2000 in 1 mg ent-
halten -dürfen, daß aber als minderwertige
Pulver stetssolche zubezeichnen sind, welche
weniger als 1000 Pollenkörner in 1 mg aufzu-
weisen haben. A
T Wie wichtig eine derartige Erfahrung sein kann, wird durch
folgendes beleuchtet:
Die Auszählung der Pollenkörner in einer Anzahl von Pulver,
die im Handverkauf bei Apothekern und Drogisten erhältlich sind,
ergab nachstehende Zahlen:
Dalmatiner Insektenpulver. Aus Flores Chrysanthemi cinerariifoliü.
|| Zahl der
llen-
Be Bezeichnung
j in.1 mg IH
Apotheke A | 207L |
Apotheke B | 1235 | Aus wilden geschlossenen Blüten
Apotheke C 1176
Drogerie D | 575 | Aus kultivierten geschlossenen Blüten
Apotheke E | 550
Hier finden sich gute (Apotheke A), mittlere (Apotheken B
und C) und offensichtlich schlechte (Drogerie D und Apotheke E)
Pulver vor. Bei Apotheke B fand sich auf der Tüte der Vermerk
„aus wilden geschlossenen Blüten‘‘ sowie der Name des Lieferanten.
Die Drogerie D bezieht ihr Pulver, wie aus den Rechnungen zweifels-
frei festzustellen ist, unter der Bezeichnung ‚aus kultivierten
geschlossenen Blüten‘.
Wenn der Apotheker nun die großen Preisdifferenzen zwischen
den Pulvern aus geöffneten und geschlossenen Blüten in Betracht
zieht, so dürfte ihm die Mühe einer Untersuchung kaum zu groß
erscheinen, im Hinblick auf die Nachteile, welcke er sich unter
Umständen dadurch ersparen kann. Entweder aber braucht der
Apotheker nicht das erstklassige Pulver — Pulver aus halb-
geöffneten Blüten tun nach seiner Ansicht dasselbe —, dann hat
es für ihn auch keinen Zweck, den teuren Preis zu bezahlen;
oder aber das Pulver aus geschlossenen Blüten ist dem aus
halbgeöffneten und geöffneten dem Preise entsprechend überlegen,
dann muß er auch darauf bestehen, daß er stets dieses Pulver
erhält.
7%
100 K. Trottner: Insektenpulver.
Es dürfte also dem Apotheker wie dem
Drogisten nicht nur im Interesse seiner
Kundschaft, sondern vor allem auch im
eigenen Interesse nicht genug zu empfehlen
sein, seine Insektenpulver vor dem Einkauf
auf Pollenkorngehalt zu untersuchen.
Pulveruntersuchung von Flores Pyrethri rosei habe ich nur
kursorisch nebenbei vorgenommen. Die gefundenen Zahlen sind
durchweg etwas höher.
Pulver aus Flores Pyrethri rosei.
| Zahl =
Pollen-
körner
ini mg
— — sein
1. Selbstgepulverte Blüten . . . . . Geschlossene Blüten | 4721
Geöffnete Blüten 2264
2. Flores Pyrethri rosei vnGehe&
Co., Dresden .. ... .» dos | pulvis No. 0 5741
i pulvis No. 1 3482
Die Pollenkörner scheinen hier weniger leicht zu verstäuben
und auch die Blüten erst später aus den Blütenböden auszufallen.
Zum Schlusse möchte ich noch einige Bemerkungen be-
treffend praktische Verwendung des beschriebenen Verfahrens
machen. Der Apotheker, welcher die Ausgabe für eine Zählkammer
scheut, die sich nebenbei bemerkt, auch noch für andere Zwecke
(vergl. Hartwich und Wichmann, Arch. d. Pharm. 250)
sehr gut verwenden läßt, kann sich sehr leicht selbst eine solche
anfertigen und zwar auf folgende Weise:
Ein gewöhnlicher Objektträger wird mit einer Pranklihsichicht
überzogen, in diese Schicht werden mit einer feinen Nadel sehr
sorgfältig und gleichmäßig senkrecht zueinander stehende Linien-
systeme eingeritzt, die einen Abstand von 1,5 mm von einander
haben, so daß die auf Seite 95 beschriebene Einteilung entsteht.
Sodann wird der Objektträger kurze Zeit mit Flußsäure behandelt
(nicht zu lange, da sonst die Linien breit und verschwommen er-
scheinen), endlich wird mit Xylol abgewaschen. Es ist nun auf dem
Objektträger die Grundeinteilung der Zählkammer eingeätzt. Jetzt
werden sorgfältig rings um die Zählkammer passende Deckgläschen
von 0,25 mm Dicke mit Canadabalsam aufgeklebt und die Zähl-
kammer ist fertig. Das Aufkleben der Deckgläschen muß sehr
sorgfältig geschehen, damit nicht Lücken entstehen, durch welche
K. Trottner: Insektenpulver. 101
beim Gebrauch der Kammer Flüssigkeit nach außen gelangen kann.
Ein beweglicher Objekttisch ist beim Gebrauch der Zählkammer
sehr von Vorteil, jedoch nicht unbedingt erforderlich. Die Firma
Zeiß in Jena liefert einen einfachen, sogenannten Zählkammer-
Objekttisch, der die Verschiebung des eingestellten Präparats mit
Hilfe einer Schraube in einer Richtung gestattet und für diese
und für viele andere Zwecke vollauf genügt, zum Preise von 15 Mark.
Das Mischen der in Betracht kommenden Pulver kann durch irgend-
eine Hilfskraft ausgeführt werden, da eine kleine hierbei vor-
kommende Ungenauigkeit nicht sehr ins Gewicht fällt. Das Ein-
wiegen in die Kammer muß natürlich mit aller Sorgfalt geschehen,
ebenso das Auszählen, beides zusammen wird nach einiger Uebung
etwa eine halbe Stunde Zeit in Anspruch nehmen. Eine einzige
Auszählung gibt, wie ich öfter durch Kontrollzählungen fest-
gestellt habe, wenn alle Vorschriften befolgt werden, genügende
und zuverlässige Resultate.
Nachschrift: Nach Absendung des Manuskripts kam
mir eine Arbeit von Siedler (Arb. Pharm. Inst. Berlin 1914, XT.)
in die Hände. In dieser wird u. a. auch die Frage behandelt, wo
bei den Dalmatiner Insektenpulverblüten die wirksamen Bestand-
teile sitzen. Ueber die Ergebnisse der diesbezüglichen Unter-
suchungen sagt Siedler folgendes (a. a. ©. S. 74): „Aus den
Versuchen geht hervor, daß der wirksame Teil des Blütenkopfes
in den Scheibenblüten zu erblicken ist. Auch die Randblüten be-
sitzen eine gewisse Wirksamkeit, während dem Stiel und dem
Kelch eine Wirkung abgeht. Wenn der Blütenboden eine gewisse
Wirksamkeit zeigte, so ist diese wohl der Uebertragung wirksamer
Substanzen von den Scheibenblüten auf die Bodenteile zu-
zuschreiben.‘‘ Im Pulver der Scheibenblüten, die, wie erwähnt,
die wirksamsten Bestandteile der Köpfchen sind, ‚fällt sofort
die große Zahl der Pollenkörner auf‘“.(a. a. ©. S. 74 und Abb. Taf. II,
Fig. 1). Die in meiner Abhandlung beschriebene Methode trifft
also nicht nur das Merkmal, auf welches beim Großverkauf her-
102 A. Tschirch und H. Schklowsky: Maeis.
kömmlicherweise Wert gelegt wird, sondern auch, was zu unter-
suchen jedoch nicht im Rahmen meiner Arbeit liegen sollte, das
bei der Insektenvertilgung hauptsächlich wirksame Agens. "Wir
können hiernach also wohl sagen, wenn wir berücksichtigen, daß
die Pollenkörner den Hauptbestandteil der Scheibenblüten aus-
machen: Die Wirksamkeit des Insektenpulvers geht nicht nur
lose mit seiner Pollenkornzahl Hand in Hand, sondern die Pollen-
kornzahl kann nahezu als direkter morphologischer Ausdruck des
Wertes eines Insektenpulvers angesprochen werden.
Arbeiten aus dem pharmazeutischen Institut
der Universität Bern.
Untersuchungen über die Selkrete.
Von A. Tschirch.
100. Studien über die Macis.
Von A. Tschirch und H. Schklowsky
(Eingegangen den 11. II. 1915.)
Die Chemie der Banda-Macis ist noch nicht ganz aufgeklärt.
Das Sichergestellte ist im ‚Handbuch‘ zusammengestellt. Während
die Zusammensetzung des ätherischen Oeles ziemlich
vollständig ermittelt ist, wissen wir von den Kohlehydraten
nur, daß die von Tschirch beschriebenen Amylodextrinstärke-
körner weder Stärke noch Dextrin sind, daß sie 25% der‘ Maeis
ausmachen und den Tauben, welche die Samen verbreiten, als
‘Nahrung dienen. Die Farbstoffe sind nur anatomisch und
spektralanalytisch charakterisiert. Am wenigsten ist über das
„Fett“ bekannt, dessen Fettnatur schon Flückiger
anzweifelte, und über das sich Tschirch im ‚„Handbuche“
wie folgt äußert: „Offenbar ist 'hier als ,‚Fett“ oft ein Gemenge
bezeichnet worden, das noch vielerlei andere Bestandteile enthält,
und dem vielleicht eigentliches Fett ganz oder fast ganz fehlt.“
Auch ‚Harz‘ ist in der Macis angegeben worden.
-» A. Tschireh und H. Schklowsky: Macis, 103
Wir haben die Macis nacheinander mit Petroläther, Alkohol,
Chloroform und. Wasser abgebaut, aber auf die nochmalige Unter-
suchung des ätherischen Oeles verzichtet,
I. Petrolätherauszug.
Das fein gemahlene Maeispulver — im ganzen wurden 8 kg
verarbeitet — wurde zunächst, direkt, dann am, Rückflußkühler
und im Soxhlet mit Petroläther (Siedepunkt unter 60°) so lange
extrahiert, bis der Rückstand vollständig geruchlos geworden war,
der Auszug durch Abdestillieren vom Petroläther befreit und das
braune; „Oel‘“ zur Krystallisation in die Kälte und schließlich in
eine Kältemischung gebracht. Schon bei gewöhnlicher Temperatur
scheiden sich reichliche Mengen vonKrystallenab.
Sie zeigen eine etwas andere Form wie die in der Eismischung ent-
stehenden, sind aber mit ihnen chemisch identisch. Sie wurden
gesammelt, von dem anhaftenden Oel durch Waschen mit wenig
Petroläther möglichst befreit und dann aus heißem Alkohol um-
krystallisiert — eine sehr mühsame und zeitraubende Arbeit, die
aber durch. Anwendung. aller möglichen anderen Lösungsmittel
nicht abgekürzt werden konnte. Das Oel ist sehr schwer quantitativ
abzutrennen. Schließlich — nach 40—50 maligem Umkrystalli-
sieren — gelingt es aber doch reine Krystalle von scharfem Schmelz-
punkt zu bekommen. Destilliert man von dem „Oele‘‘ durch Wasser-
dampf die flüchtigen Substanzen, das sogenannte ätherische, Oel,
ab:und stellt wieder in die Kälte, so erhält man eine weitere Menge
der Krystalle, die sich als mit den zuerst gewonnenen identisch
erwiesen: Beimischung der einen Substanz zur anderen veränderten
den Schmelzpunkt nicht, der konstant bei 70° lag.
Die Krystalle sind farblos. Unter dem Mikroskop betrachtet,
sieht man kleine Blättchen, die bei Alkoholzusatz sich allmählich
lösen, während sich feine, sternförmig vereinigte Nadeln abscheiden.
Der Mikrosublimation unterworfen liefern die. Krystalle zunächst
farblose Tropfen, die innerhalb einer Minute zu einem Krystallbrei
erstarren, in dem zu baumartigen Bildungen vereinigte Nädelchen
prävalieren, neben denen farnkrautartige Bildungen und flache
Täfelchen auftreten, die sämtlich sich mit Osmiumsäure bräunen.
Erwärmen mit wäßriger oder alkoholischer Kalilauge ver-
ändert den Schmelzpunkt des Körpers nicht, auch Glycerin tritt
hierbei nicht auf. Die Substanz ist also kein Fett und, da”die
Phytosterinreaktionen , negativ verlaufen, auch kein Phytosterin.
Die alkoholische Lösung reagiert sauer. Die Substanz ist eine
Säure. Sie wurde'Macilensäure genamnt.
104 A. Tsehirch und H. Schklowsky: Maeis ”
1. Macilensäure.
Die trotz des umständlichen Reinigungsverfahrens schließlich
in ‚ausreichender Menge erhaltene Säure vom Schmelzpunkt 70° |
(unkorrigiert) wurde analysiert.
0,1802 g lieferten 0,4906 CO, und 0,1845 H,O. |
0,1691 g lieferten 0,4617 CO, und 0,1755 H,O.
0,1145 g lieferten 0,3113 CO, und 0,1162 H,O. |
In Prozenten berechnet: Im Mittel:
C = 74,24 74,46 74,15 74,28%
H = 11,43 11,61 11,34 11,46%
Auswärts ausgeführte Kontrollanalyse: Berechnet für C,,H30;:
C = 74,30 74,27%
H = 111,32 11,58%
Die Molekulargewichtsbestimmung, mit Benzol
ausgeführt, ergab Gefrierpunktserniedrigungen von 0,11, 0,12 und
0,23%, was ein Molekulargewicht von 448, 461, 451 (Mittel 453,3)
ergeben würde. Darnach müßte die Formel C,,H,,0,, die ein
Molekulargewicht von 226,2 besitzt, verdoppelt werden, denn
C,3H,,0, hat ein Molekulargewicht von 452,4. Die Salzbildung
aber und die Jodzahl deutete darauf, daß doch die einfachere
Formel C,,H,,0, angenommen werden muß, daß sich also die
Säure bei der Molekulargewichtsbestimmung polymerisiert — eine /
bekanntlich öfter auftretende Erscheinung.
Die Macilensäure löst sich schwer in kaltem Alkohol, leicht
in heißem, in Chloroform, Benzol und Aether, weniger leicht ja
Petroläther, nicht in Wasser. In kalter Chloralhydratlösung ist sie
schwer, in heißer leicht löslich.
Silbersalz. Das durch Zusatz von Silbernitrat und
alkoholischem Ammoniak dargestellte Silbersalz wurde analysiert.
0,2298 Silbersalz lieferte 0,0985 AgCl = 0,0741 Ag = 47,71% Ag.
0,3195 Silbersalz lieferte 0,1371 AgC1l = 0,1032 Ag = 47,73% Ag
C,,H,,0,Ag verlangt 47,76% Ag.
Die Säure liefert auch ein schön krystallisiertes, in Wasser
und Alkohol schwer lösliches Baryumsalz sowie krystallisierte
Alkalisalze.
Titration. Die Säurezahlbestimmung ergab:
248, 247, 245 und 250.
Im Mittel verbraucht die Säure 24,77% KOH.
Zur Bildung von C,,H,,0,K verbraucht C, ,H,,0, 24,82% KOH.
Berechnet für C,,H,0,K: Gefunden:
K = 14,79 14,72%
A. Tschirch und H. Schklowsky: Macis. 105
Jodzahl.
1 g Substanz verbraucht 8,7 com !/,0-N.-Na,8,0,; = 110,36 J.
1 g Substanz verbraucht 8,8 cem !/,,-N.-Na,8,0, = 111,13 J.
Mittel: 111,03.
Die Säure C,,H,,0, würde, wenn sie 2 Atome Jod addierte,
112,16% J verlangen.
Die Säure besitzt also eine doppelte Bin-
dung und ist eine Monokarbonsäure. Sie gehört
demnach zur (ungesättigten) Oelsäurereihe C,H,„-30,. Darauf
deutet auch ihr Verhalten zu Osmiumsäure. Sie kann geschrieben
werden: CH,.(CH,)). CH=CH.COOH — der Ort der doppelten
Bindung ist noch festzustellen — und gehört in die nächste Nähe
der (gesättigten) Myristinsäure (F. 53,8%), CH,(CH,),,. COOH oder
C,4H3g0,, von der sich de Macilensäure (F. 700% C,,H,s0,
nur durch ein Minus von 2 Wasserstoffatomen und dementsprechend
eine doppelte Bindung unterscheidet.
Eine Säure dieser Formel ist bisher aus
einer Pflanze oder einem pflanzlichen Pro-
dukte nichtisoliert worden. Eine aus der Cochenille
von Raimann isolierte Säure dieser Formel ist nur aus einem
amorphen Baryumsalz berechnet worden, aus dem man ebenso gut
eine andere Formel berechnen kann. Analysiert hatt Raimann
seine Säure nicht.
Die Macilensäure soll weiter studiert werden.
2. Behandlung des Oels mit Alkali.
Das von der Macilensäure durch Auskrystallisieren so voll-
ständig wie möglich befreite Oel wurde mit KOH versetzt (auf
300 g Oel 5g KOH) und eine Woche lang Wasserdampf durch-
geleitet. Während das ätherische Oel übergeht, bilden sich im
Kolben zwei Schichten, von denen die obere die in Alkali unlös-
lichen, die untere die in Alkali löslichen Substanzen enthält. Nur
aus der oberen ließ sich eine krystallisierende Substanz isolieren.
Wäscht man sie nämlich mit schwachem Alkali so lange als dieses
noch etwas aufnimmt und krystallisiert aus heißem Alkohol um,
so erhält man glänzende farblose Täfelchen einer Kaliverbindung,
die nach der Zersetzung mit Salzsäure eine farblose krystallisierende
Säure liefert. Von der nurin geringer Menge erhaltenen
Verbindung konnte nur eine Analyse gemacht werden.
0,0988 lieferten 0,2662 CO, und 0,1066 H,O.
106 A. Tschirch und H, Schklowsky: Maeis.,
Gefunden: Berechnet für C4HyOs:
C = 73,48 73,60% ”
H = 12,07 . 12,27% |
Das wäre die Formel der Myristinsäure. Doch schmolz
unsere Verbindung bei 65°, während der Schmelzpunkt der ATNln-
säure bei 53,80 angegeben wird.
Es bleibt zweifelhaft, ob die Säure im Oel vorgebildet war
oder etwa aus noch vorhandenen Resten der orig bei -_
Behandlung mit Alkali entstand.
Aus der alkalischen Lauge ließ’ sich bisher Bin! wohl>
charakterisierter Körper darstellen.
Der Frage, ob die von uns isolierten Säuren in dem mit
Petroläther extrahierten ‚Oele‘ frei oder als Glycerinester vorhanden
sind, sind wir ebenfalls näher getreten. Der allergrößte
Teil der Macilensäure scheidet sich aus dem
Oele jedenfalls in freier Form ab. Aber auch’ bei
der Behandlung mit Dampf allein und mit Kali haben wir weder
in der Verseifungsflüssigkeit, noch im übergehenden Wasser —- wir
verseiften auch die alkalische Flüssigkeit mit Dampf — Glycerin
mit Sicherheit nachweisen können, trotz vieler speziell auf diesen
Punkt gerichteter, vielfach abgeänderter Versuche. Zum gleichen
Resultat waren auch bereits Tschirch und Cremer in einer
der vorliegenden vorausgehenden, nicht publizierten, UnPSrRBchUNg
gekommen.
Eineigentliches Fett,d.h. einen Glycerin-
ester haben wir also in der Macis nicht nach-
weisen können. Die Versuche werden fortgesetzt.
Bei der Verseifung tritt Vanillin auf.
3. Vakuumdestillation.
| Macilolsäure.
Wird das von der Macilensäure durch Ausfrieren befreite Oel
unter stark vermindertem Druck destilliert, so geht zunächst das
ätherische Oel über, dann schwere, stechend riechende Oele: und
schließlich erscheint bei 280—290° eine, schon im‘ Kühlrohr ‚er-,,
starrende Masse, aus der sich durch Waschen mit kaltem Alkohol.
Krystalle isolieren: lassen, die nach vielmaligem Umkrystallisieren‘,
aus heißem Alkohol farblose, perlmutterglänzende Schuppen vom
Schmelzpunkt 68° (unkorrigiert) liefern. , Die ‚Krystalle, färben)
sich mit Osmiumsäure in.der Kälte nicht,.liefern unter. Deckglas
A. Tschireh und H. Schklowsky: Macis. 107
keine Myelinformen, gehen bei Alkoholzusatz zum Teil in Lösung
und scheiden sich in Form feiner Nädelchen wieder aus. Sie liefern
bei der Mikrosublimation farblose, baumartig verzweigte Nadeln
neben einigen Blättchen. Sie geben die typischen Phytosterin-
reaktionen nicht. |
Die Substanz verhält sich wie eine Säure. Sie wurde analysiert,
doch reichte die Menge der beim Umkrystallisieren sich stark ver-
mindernden Substanz nur für eine Analyse und einige Versuche aus.
0,2110 g lieferten 0,5677 CO, und 0,2252 H,O.
Gefunden: _ Berechnet für C,H 4003:
C = 73,37 73,17%
H = 11,94 12,19%
Die Löslichkeitsverhältnisse sind etwa die gleichen wie die
der Maecilensäure, doch löst sich die Säure schon in der Kälte in
Chloral.
Auch das Silbersalz wurde analysiert. Es enthielt
33,07% Ag.
C,H30O;Ag verlangt 33,01% Ag.
Die Titration ergab als Säurezahl:
172, 170,3, 171,3. Im Mittel: 171,2.
100 g Macilolsäure. verbrauchen also 17,12 g KOH (= 11,93 K)
Berechnet für C,H3»0;K: Gefunden:
K. —:10,67 10,64%
Jodzahlen gibt die Säure keine; sie ist also gesättigt.
Die Molekulargewichtsbestimmung mit Benzol ergab 333
und 339. Das Molekulargewicht der Säure C,,H,,03 ist 328,3.
Es handelt sich hier um eine”gesättigte Fettsäure, die zur
Lanopalminsäurereihe C,H,,0, zu gehören scheint, also wahr-
scheinlich um eine Oxysäure der Formel:
CH,(CH,) „CH.OH.COOH,
möglicherweise um eine Oxyarachinsäure. Die Arachinsäure (F. 77°)
hat die Formel C,,H,.0;,, also nur ein O weniger als unsere Säure,
die wir mit Rücksicht auf ihren. Charakter als Oxykarbonsäure
Macilolsäure genannt haben.
Eine Säure dieser Zusammensetzung ist
bisher aus Pflanzen nicht isoliert worden.,
Die bei der Vakuumdestillation übergehenden Oele sind noch
nicht näher untersucht worden -— die Untersuchung wird. fort-
gesetzt —. Sie gehören zum Teil zum ätherischen Oele.
108 A. Tschirch und H. Schklowsky: Maeis.
I. Alkoholauszug.
Das mit Petroläther bis zur vollständigen Gerushlosigkeit
erschöpfte Pulver wurde mit siedendem Alkohol am Rückfluß-
kühler erschöpft. Der Alkohol nimmt viel gelben Farbstoff und
einen bei 76—77° schmelzenden farblosen Körper auf, der bisher
noch nicht zur Analyse gebracht werden konnte. Bei den Ver-
suchen, den Farbstoff zu isolieren, die trotz vielfach abgeänderter
Versuche ebenfalls noch zu keinem analysenreinen Körper führten,
wurde eine wachsartige Substanz erhalten, die nach
der Hydrolyse mit alkoholischer Kalilauge einen krystallisierenden,
offenbar sehr hoch schmelzenden, bei 300° verkohlenden, farblosen
Körper lieferte.
III. Chloroformauszug.
Das mit Petroläther und Alkohol erschöpfte Pulver wurde
nun mit Chloroform extrahiert. Der stark gefärbte Auszug scheidet
schon nach dem Einengen beim Abkühlen Krystalle ab, die sich
durch Ausfällen des eingeengten Auszuges mit Alkohol stark ver-
mehren lassen. Die aus Chloroform wiederholt umkrystallisierten
Krystalle schmolzen bei 131° und haben alle makro- und mikro-
chemischen Reaktionen der Phytosterine, denen man ja
überall in Vegetations- und Reproduktionsorganen der Pflanzen
begegnet, die aber bisher in Arillen noch nicht
gefunden wurden. Die von den Krystallen abgetrennte
Flüssigkeit besitzt eine sehr reine, stark rotgelbe Farbe und ent-
hält wahrscheinlich den Farbstoff in reinster Form. Die
ziemlich lichtbeständige, im durchfallenden Lichte rote, im auf-
fallenden in dünner Schicht gelbe Lösung wurde daher im Spektral-
apparat geprüft. Sie zeigt keine Absorptionsbänder, sondern nur
eine Endabsorption des Violett, die bei Erhöhung der Schichten-
dicke allmählich gegen das weniger brechbare Spektrumsende
vorrückt, so daß dicke Schichten nur Rot durchlassen. Das
Spektrum gleicht also dem von Tschirch!) beschriebenen des
capillaranalytisch abgetrennten Farbstoffes der Droge und dem
des (carotinfreien) Xanthophylils.
IV. Auszug mit kaltem und heißem Wasser.
Das mit Petroläther, Alkohol und Chloroform erschöpfte
Pulver ist immer noch nicht farblos, aber nur noch wenig gefärbt.
ı) Tschirch, Spektralanalytische Untersuchungen der
natürlichen und künstlichen gelben Farbstoffe mit Hilfe des Quarz-
spektrographen, Ber. d. d. bot. Ges. 1904, 428.
E. P. Häußler: Würzelchen der Kakaobohnen. 109
Doch sind sowohl die mit kaltem, wie die mit heißem Wasser er-
haltenen Auszüge gelb gefärbt. Schon an kaltes Wasser tritt
etwas Amylodextrinstärke, die aus der Lösung mittelst
absolutem Alkohol ausgefällt werden kann. Quantitativ erhält
man aber die Amylodextrinstärke erst durch häufig wiederholtes
Auskochen mit Wasser. Wird die aus diesem Auszuge mit Alkohol
ausgefällte Amylodextrinstärke wiederholt mit Wasser gelöst und
wieder mit Alkohol gefällt, so erhält man sie leicht vollständig
farblos. Eine Elementaranalyse der erst bei 40° und dann im Ex-
sikkator getrockneten Substanz führte zu der vorläufigen Formel:
6 (C,H,00,) 2 H,0.
Nach Bütschlis Auffassung bestehen die Amylodextrin-
stärkekörner aus einem besonderen stärkeähnlichen Kohlehydrat,
dem Amyloerythrin.
Die offenbar kolloidalen Lösungen der Amylodextrinstärke
werden durch Jod-Jodkali schön weinrot gefärbt. Die Färbung
verschwindet beim Erhitzen, tritt aber beim Erkalten wieder hervor.
”
Wir haben in der Macis wieder einen interessanten Fall vor
uns, wo die Besonderheit des Organs mit einer Besonderheit der
chemischen Zusammensetzung verbunden ist.
Die chemische Zusammensetzung der Würzelchen
der Rakaobohnen.
(Nachtrag.
Von Dr. E. P. Häußler.
(Eingegangen den 23. II. 1915.)
' Als ich seinerzeit die Würzelchen der Kakaobohnen analysierte,
worüber ich nachher in dieser Zeitschrift berichtete!), war die
Publikation von S. Goy?) noch nicht erschienen, dieselbe ist mir
erst vor einiger Zeit zu Gesicht gekommen, und ich möchte mir
1) Diese Zeitschrift 252, 82—89 (1914).
2) Ueber die Verdaulichkeit der Stickstoffsubstanzen in Kakao
und Kakaoschalen von $S. Goy. Biochemische Zeitschrift 58,
137—147 (1914).
110 E. P. Häußler: Würzelchen der Kakaobohnen.
erlauben, hier im Zusammenhang mit, und im Anschluß an meine
frühere Arbeit, noch einige Zahlen aus den Tabellen G oy’s mit-
zuteilen. ı
Goy hat zu seinen Untersuchungen nicht nur Schalen und
Bohnen, sondern auch je eine Mischprobe von Silberhäutchen
und von Keimen (= Würzelchen, radiculae) herbeigezogen und
in ihnen nach dem Trocknen und der Extraktion mit Aether den
Gesamtstickstoff, den Beineiweißstickstoff (nach Stutzer) und
den mit Pepsin-Salzsäure verdaulichen Stickstoff (ebenfalls nach
Stutzer) bestimmt. Da die Proben vor der Analyse mehr als
30 Stunden mit Aether behandelt worden waren, ist anzunehmen,
daß auch der größere Teil der Xanthinbasen extrahiert worden war!).
Es interessierte mich nun, inwieweit die von Goy ge-
fundenen Werte sich den seinerzeit von mir ermittelten näherten.
Wie aus folgender Tabelle hervorgeht, besteht, was den Gesamt-
stickstoffgehalt - anbelangt, gute Uebereinstimmung, desgleichen
auch für den wasserlöslichen Stickstoff, sofern man ihn als dem
Amidstickstoff (= Gesamtstickstoff-Eiweißstickstoff) zum größten
Teile identisch annimmt. .
Goy Häußler
ı Keimchen, trocken, | Würzelehen, ti‘ocken,
| nicht entfettet nicht entfettet
Gesamtstickstoff . . . . .. . | 5,34 | 5,16
Eiyeißsticksboff -. :.. 4, as.l 4,02 | —
Nichteiweißstickstoff . . . . . 1,32 | u
Verdaulicher Gesamtstiekstofi . 2,54 f m.
Wasserlöslicher Stickstoff . . . | — | 1,54 e
1) Der Xanthinbasenstickstoff ist von Goy nicht berück-
sichtigt worden.
M. Scholtz: Derivate des Harnstoffs. 111
Mitteilung
aus der pharmazeutischen Abteilung des chemischen Instituts
der Universität Greifswald.
©" "Veber einige Derivate des Harnstoffs.
Von M. Scholtz. -
(Eingegangen den 13. III. 1915.)
Bei einer mit anderen Zielen unternommenen Untersuchung
machte ich die Beobachtung, daß Harnstoff und Acetophenon bei
höherer Temperatur aufeinander einwirken. Die genauere Prüfung
ergab, daß bei längerem Erhitzen auf etwa 170° eine Kondensation
zwischen einer Molekel Harnstoff und zwei Molekeln Acetophenon
stattfindet unter Bildung von Diacetophenon-Harn-
stoff (oder dem Harnstoff des Acetophenon-
imids:
GE >C:N.00.N:0<ch®.
Ueberraschend ist die Beständigkeit der Verbindung, die
weder durch mehrstündiges Kochen in alkoholischer Kalilösung
noch in Essigsäure verändert wird. Hingegen erleidet sie, in
alkoholischer Salzsäure gelöst, beim Kochen sehr, langsam eine
Spaltung unter Abscheidung von Acetophenon.
Ebenso wie Acetophenon verhält sich das Phenyläthyl-
'keton,. das beim Erhitzen mit Harnstoff Dipropiophenon-
Harnstoff liefert:
CHrLe; .0<CH
CH >0:N.00.N:0<0°p°-
Die Ausdehnung der Untersuchung ergab, daß die Reaktion
in, verschiedenen Richtungen verlaufen kann, da bei der hohen
Temperatur, bei der sie sich vollzieht, auch Zersetzungsprodukte
des Harnstoffs auf. das Keton einwirken können. So liefert
Benzophenon nicht den erwarteten Dibenzophenon-Harn-
stoff, sondern ein Kondensationsprodukt aus Benzophenon und
Biuret von der Zusammensetzung:
CH,.C.0H,.
N.CO.NH.CO.NH,
112 M. Scholtz: Derivate des Harnstoffs.
Es ist anzunehmen, daß auch hier das Benzophenon zuerst
mit dem Harnstoff reagiert, ehe sich aber das erste Produkt dieser
Reaktion, der Benzophenon-Harnstoff
N.CO.NH,
mit einer zweiten Molekel Benzophenon kondensieren kann, erfolgt
die Umsetzung des Harnstoffrestes mit ‘einer zweiten Harnstoff-
molekel unter Ammoniakabspaltung. i
Das Verhalten des Acetessigesters gegen Harn-
stoff ist schon vor längerer Zeit von Behrend!) untersucht
worden, der hierbei zum Uramidocrotonsäureester
CH,.C: CH.CO0C,H,
NH.CO.NH,
gelangte. Diese Kondensation vollzieht sich bei gewöhnlicher
Temperatur in alkoholischer Lösung bei Gegenwart einer geringen
Menge Salzsäure oder auch ohne Kondensationsmittel beim Er-
hitzen von Acetessigester und ‚Harnstoff auf 110%, Behrend
ließ hierbei die beiden Reagentien in molekularen Mengen auf-
einander einwirken. Eine viel weitergehende Einwirkung findet
aber statt, wenn man Harnstoff in größerem Ueberschuß anwendet
und die Temperatur bis 170° steigert. Dann wirken drei Molekeln
Harnstoff auf eine Molekel des Esters unter Abspaltung von Wasser
und Alkohol ein:
CH,.CO.CH,.CO0C,H, + 3H,N.CO.NH, =
C.H,.0,4N; + H,0 + C,H,O0.
Die neue Verbindung ist das Ureid der Acetessigsäure, deren
Ketonsauerstoff durch zwei Harnstoffreste ersetzt ist. Sie ist als
ß-Diureido-Buttersäureureid zu bezeichnen:
CH,.C.CH,.C0.NH.CO.NH,.
Ze
H,N.CO.HN NH.CO.NH,
Bei 200° verliert die Substanz Ammoniak und geht in eine
Verbindung der Zusammensetzung C,H,,0,N, über, was offenbar
so zu deuten ist, daß die beiden benachbarten Harnstoffreste unter
Biuretbildung miteinander reagieren. Hierbei entsteht ein Ring-
system aus drei Kohlenstoff- und drei Stickstoffatomen:
CO.NH CH
HN<co.NH> C<CH;.CO.NH.CO.NH,.
1) Liebig’s Annalen 229, 5 (1885).
M. Scholtz: Derivate des Harnstoffs, 113
Die Verbindung ist ein Derivat des symmetrischen Triazins
oder Kyanidins und als 1.3-Diketo-hexahydro-
kyanidin-5-methyl-5-essigsäureureid zu be-
zeichnen.
Beim Erhitzen molekularer Mengen Benzoylessig-
ester und Harnstoff erhielt Warmington!) Phenyl-
uracil, aber auch hier erzielt man bei Anwendung eines Ueber-
schusses von Harnstoff einen anderen Verlauf. Die Reaktion ist
dann dieselbe wie beim Acetessigester und führt zum ß-Phenyl-
ß-diureido-propionsäureureid:
CH3,0.CH;.CO.NH.CO.NH,.
SE
H,N.CO.HN . NH.CO.NH,
Phenyluraecil entsteht hierbei nur in geringer Menge und
läßt sich durch seine Löslichkeit in heißem Wasser leicht von der
neuen Verbindung trennen. Das Phenyl-diureido-propionsäure-
ureid verhält sich beim Erhitzen über seinen Schmelzpunkt ebenso
wie die entsprechende Verbindung aus Acetessigester, es spaltet
Ammoniak ab und geht in ein Triazinderivat über, nämlich in
1.3-Diketo-hexahydrokyanidin-5-phenyl-5-
essigsäureureid:
CO.NH_ CH
HN<c0.NH> © <CH,.C0.NH.CO.NH,.
Diacetophenon-Harnstoff:
C,H,
CH,
Erhitzt man 10 g Acetophenon und 10 g Harnstoff zwei bis
drei Stunden im Oelbade auf 170°, so erstarrt das Reaktionsprodukt
beim Erkalten zu einem hellbraunen Harz. Durch Waschen mit
Wasser wurde es von überschüssigem Harnstoff befreit und in
Alkohol gelöst. Beim Verdunsten des Alkohols hinterbleibt eine
weiße Krystallmasse, die noch nicht ganz frei von Harnstoff und
seinen, Zersetzungsprodukten ist. Um sie völlig rein zu erhalten,
wurde. sie in Benzol gelöst und durch Zusatz von Petroläther bis
zur Trübung allmählich in farblosen Prismen gefällt.
| CH; 5 .
em. >C :N.00.N :C<
*) J. pr. Ch. (2), 47, 202 (1893).
Arch. d. Pharm. CCLIII. Bds. 2. Heft. ; 8
114 M. Scholtz: Derivate des Harnstoffs.
0,1754 g Substanz gaben 0,4966 g CO, und 0,0978 .g H,O.
0,2112 g Substanz. Bei der N-Bestimmung nach un eldahl
waren 8,0 cem !/,-N,-Säure erforderlich.
Berechnet für C,H,ON;: Gefunden:
C 71,3 77,2
H 6,0 6,2,,
N 10,6 "10,6
Die Verbindung ist leicht löslich in Alkohol, Benzol, Aether,
Essigäther, Aceton, Essigsäure, Chloroform. In verdünnten Mineral-
säuren löst sie sich nicht. Ihr Verhalten beim Kochen mit
alkoholischer Kalilauge und alkoholischer Salzsäure ist schon
oben beschrieben worden. In konzentrierter Schwefelsäure löst
sie sich mit gelber Farbe, die Lösung wird ‘beim Erwärmen
erst rotbraun, dann grün. Der Schmelzpunkt des Diacetophenon-
Harnstoffs liegt bei 176°.
Dipropiophenon-Harnstoff:
may -N.CO.N: Re
Diese Ei wurde aus ee ud Harn-
stoff auf demselben Wege gewonnen, wie die vorher beschriebene.
Sie besitzt ganz ähnliche Eigenschaften wie diese, nur die Färbung
mit Schwefelsäure gibt sie nicht. Sie bildet, aus Alkohol krystalli-
siert, farblose Stäbchen, die bei 196—197° schmelzen, aber schon
von 170° ab unter langsamer Zersetzung erweichen.
0,1672 g Substanz gaben 0,4790 g CO, und 0,1030 g H,O.
0,2036 g Substanz. Die N-Bestimmung nach Kjeldahl
erforderte 7,0 ccm !/,-N.-Säure;
Berechnet für 0,,H„ON;: Gefunden:
C 78,0 ‚ 78,1
H 6,8 6,8
N 4.986 a EN
Benzophenon-Biuret: 0
CeHz:C.CoH; | 7
N.CO.NH.CO. NH,
Benzophenon und Harnstoff mischen sich in geschmolzeneih
Zustande nicht, es ist daher während des zweistündigen Erhitzens
auf 170-—-180° ein sehr häufiges Umschütteln erforderlich, üm
die Reaktion herbeizuführen, doch ist die Ausbeute trotzdem sehr
gering. Der größte Teil des Harnstoffs verwandelt,sich in Cyanur-
M. Scholtz: Derivate des Harnstoffs, ” Ms
säure und das Benzophenon bleibt zum Teil unverändert. Dieses
wurde dem Reaktionsprodukt durch Petroläther entzogen und
die neue Verbindung von der Cyanursäure durch Alkohol ge-
trennt, in dem sie leicht löslich ist. Aus der alkoholischen Lösung
fällt sie beim Eindunsten in Nadeln, die bei 300° noch nicht schmelzen
und sich bei höherem Erhitzen zersetzen.
0,1595 g Substanz gaben 0,3925 g CO, und 0,0715 g H,O.
0,1924 g Substanz. Die N-Bestimmüng nach Kjeldahl
erforderte 10,7 ccm !/,-N.-Säure.
Berechnet für C,,H,;03N;3: Gefunden:
C_ 67,4 67,1
H 49 5,0
N 15,7 15,6
&-Diureido-Buttersäureureid:
CH, on he .CO.NH.CO. NH;.
H,N.CO. HN N: CO.NH,
10 g Acetessigester und 10'g Harnstoff werden etwa 11, Stunden
im Oelbade auf 170° erhitzt. Beim Erkalten hinterbleibt eine hell-
gelbe. Masse von Wachskonsistenz, die in Alkohol und in Wasser
leicht löslich ist. Aus der alkoholischen Lösung wird sie durch
Aether in Flocken gefällt, während sie beim Eindunsten als körnig-
krystallinisches, weißes Pulver erhalten wird. In Benzol, Chloroform
und Aceton ist die Verbindung unlöslich, leicht löslich in heißem
Eisessig und in Pyridin, Sie besitzt keinen einheitlichen Schmelz-
punkt. Oberhalb 130° beginnt sie zu erweichen, ist, aber erst bei
170° klar geschmolzen. An diesem Verhalten ändert sich auch
durch wiederholtes Umkrystallisieren nichts.
0,1595 g Substanz gaben 0,1995 g CO, und 0,0820 g H,O.
0,1271 g. Substanz. Die N-Bestimmung nach Kjeldahl
erforderte 15,5 ccm !/,-N.-Säure.
Berechnet für C,H,40,N;: Gefunden
C_34,1 34,1
H_ 5,7 5,8
N 34,1 34,2
1.3-Diketo-hexahydrokyanidin-5-methyl-ö-essigsäureureid:
CO.NH
HNSco.NH” o<op: .c0.NH.CO.NH,,
Wird das, ß-Diureido-Buttersäureureid im Oelbade auf 200°
erhitzt, so entläßt es reichliche Mengen von Ammoniak. Das Er-
5*+
116 M. Scholtz: Derivate des Harnstoffs.
hitzen wurde etwa eine halbe Stunde lang fortgesetzt, worauf die
Substanz beim Erkalten zu einer harten Masse erstarrt. Diese löst
sich leicht in heißem Alkohol und fällt aus ihm als krystallinisches
Pulver, das bei 170° zu erweichen beginnt und sich ‘oberhalb
200° ‚allmählich zersetzt, ohne einen scharfen Schmelzpunkt zu
zeigen.
0,1658 g Substanz gaben 0,2230 g CO, und 0,0690 g H,O.
0,1368 g Substanz. Die N-Bestimmung nach Kjeldahl
erforderte 15,1 cem !/,-N.-Säure.
Berechnet für C,H,,0,N;: Gefunden:
C 36,7 36,6
Ar, 8 4,6
N 30,6 30,8
6-Phenyl-ß-diureido-propionsäureureid:
C,H,.0.CH,.C0O.NH.CO.NH,.
ze
H;N.CO.HN NH.CO.NH,.
Erhitzt man gleiche Gewichtsmengen Benzoylessigester und
Harnstoff etwa eine Stunde auf 170°, so bildet das Reaktions-
produkt nach dem Erkalten eine harte Masse, die neben Zersetzungs-
produkten des Harnstoffs geringe Mengen von Phenyluracil, viel
reichlicher aber die neue Verbindung, das ß-Phenyl-B-diureido-
propionsäureureid, enthält. Die Masse wurde wiederholt mit Wasser
ausgekocht, wobei das Phenyluracil in Lösung ging, das beim Er-
kalten in derben Prismen ausfiel. Der in Wasser unlösliche Rück-
stand geht beim Kochen mit Alkohol zum größten Teil in Lösung.
Aus der erkaltenden Lösung fällt nichts aus, wird sie aber auf ein
kleines Volumen eingedampft, so hinterbleibt ein aus kleinen Stäbchen
bestehender Krystallbrei. Wie bei den meisten der hier beschriebenen
Harnstoffderivate findet auch bei dieser Verbindung'schon vor dem
eigentlichen Schmelzen eine teilweise Zersetzung statt. Diese
macht sich von 195° an bemerkbar, worauf bei 213° ein plötzliches
Schmelzen zu einer klaren Flüssigkeit erfolgt.
0,1704 g Substanz gaben 0,2905 g CO, und 0,0745 g H,O.
0,1654 g Substanz. Die N-Bestimmung nach Kjeldahl
erforderte 15,95 cem !/,-N.-Säure.
Berechnet für C,5H,504N;: Gefunden:
C 46,7 46,5
> 2 a 4,9
N 27,3 27,0
G. Frerichs u. E. Mannheim: Hämatoxylin als Indikator, 117
1.3-Diketo-hexahydrokyanidin-5-phenyl-5-essigsäureureid:
CO.NH_„_CH,
CO.NH””“CH,.CO.NH.CO.NH,.
Das Phenyl-diureido-propionsäureureid zeigt beim Erhitzen
auf 250° eine lebhafte Ammoniakentwickelung und erstarrt beim
Erkalten zu einer harten Masse, die durch wiederholtes Kochen
mit Alkohol fast völlig in Lösung gebracht werden kann. Beim
Eindunsten des Alkohols erhält man das Diketo-hexahydrokyanidin-
phenyl-essigsäureureid als schwach gelbes Krystallpulver. Sein
Schmelzpunkt liegt bei 260°, aber schon vorher, etwa von 240°
ab, zeigt die Innenwand des Röhrchens einen weißen Beschlag.
0,1638 g Substanz gaben 0,2449 g CO, und 0,0314 g H,O.
0,1835 g Substanz. Die N-Bestimmung nach Kjeldahl
erforderte 15,7 cem !/,-N.-Säure.
HN< >0<
- Berechnet für C,;H,,0,N;: Gefunden:
C 49,4 49,1
H 45 4,6
N_ 24,0 23,9
Hämatoxylin als Indikator bei malsanalytischen
Alkaloidbestimmungen und die Bestimmung des
Alkaloidgehaltes der Chinarinde.
Von G. Frericehs und E Mannheim - Bonn.
(Eingegangen den 25. III. 1915.)
I. Hämatoxylin als Indikator.
Schon seit Jahren haben wir die Erfahrung gemacht, daß
unseren Praktikanten die Titration der Chinaalkaloide in der vom
Deutschen Arzneibuch vorgeschriebenen Weise stets mißlang, und
unsere eigenen Bemühungen, diese Titration in einwandfreier Weise
vorzuführen, hatten bisher auch so wenig Erfolg, daß wir die maß-
analytische Bestimmung der Chinaalkaloide schließlich ganz auf-
gegeben hatten. Wir haben dann aber doch versucht, die Ursache
des Mißlingens festzustellen und sind schließlich zu dem Ergebnis
gekommen,daß das Hämatoxylineinsehr brauch-
118 G.Frerichs u E Mannheim: Hämatoxylin als Indikator.
barer Indikator ist, mur darf es nicht'in der'Weise an-
gewandt werden, wie es das Deutsche Arzneibuch vorschreibt!).
Die Titration der. Chinaalkaloide wird nach dem Arzneibuch
in folgender Weise ausgeführt:
Die Alkaloide werden aus einem Gemisch von, Aether und Ehre.
form mit einer bestimmten Menge !/,,-N.-Salzsäure ausgeschüttelt, und
die Ausschüttelung mit Wasser auf 100 ccm aufgefüllt. ‚Von dieser
Lösung mißt man 50 ccm in einen Kolben ab, fügt etwa 50 eem Wasser
und die frisch bereitete Lösung eines Körnchens Hämatoxylin in’l com
Weingeist hinzu und läßt unter Umschwenken so viel !/,,:N.-Kalilauge
zufließen, daß die Mischung eine stark‘ gelbe, beim kräftigen: Um-
schwenken rasch in Bläulichviolett.', übergehende Färbung an-
genommen hat.‘
Führt man. die Titration des ‚Säureüberschusses genau in der
vorgeschriebenen Weise aus und titriert man: vorsichtig, wie’ es
doch geschehen soll, dann ist weder das Auftreten einer Gelbfärbung,
noch ein Umschlag in Bläulichviolett zu beobachten. Erst wenn
eine nicht unbeträchtliche Menge Kalilauge im Ueberschuß zu-
gelaufen ist, und man ziemlich lange umschwenkt, tritt allmählich
eine bläuliche Färbung auf.
Titriert man aber eine bestimmte Menge !/,„-N.-Salzsäure
mit der Kalilauge, dann macht die Erkennung des Umschlages
keine Schwierigkeiten, die Flüssigkeit wird deutlich gelb und beim
ersten Tropfen Ueberschuß an Lauge schön rotviolett. Man könnte
deshalb denken, daß nur die ‘Anwesenheit der Alkaloide’ die’ End-
reaktion stört. Dasist zwar auch der Fall, aber die Hauptursache
des Mißlingens der Titration der Chinaalkälöide nach der Vorschrift
des Arzneibuches im Gegensatz ‘zu der einfachen Titration der
Säure mit der Lauge ist eine andere.
In den Lehrbüchern der Maßanalyse und sonstigen Werken
finden sich nur wenige Angaben über die Verwendung des, Häma-
toxylins als Indikator.
F. Glaser schreibt in seinem Werk ‚Indikatoren der Acidimetrie
und Alkalimetrie“: ‚Mit Säuren wird Hämatoxylin gelb) mit Basen
violett; gibt man Alkali im Ueberschuß hinzu, so geht die violette Farbe
in Rosenrot über, dann in Orange und wird schließlich wieder violett.‘
) Daß die Bestimmung der Alkaloide in ir Chinarinde. nach
dem Deutschen Arzneibuch auch noch in anderer Weise, nämlich durch
das unvollkommene Auszıehen der Rinde fehlerhaft ist, ‚wollen. „wir
vorläufig unberücksichtigt lassen. Wir wollen hier zunächst nur die
Art der Titration von Alkaloiden, im besonderen der Ohinantkaloide,
mit Hämatoxylin als Indikator, besprechen. EEDEERRO?
G. Frerichs u. E. Mannheim: Hämatoxylin als Indikator. 119
C1-Winkler schreibt in seinem Werk „Praktische Uebungen
in..der Maßanalyse‘‘: „Zusatz von Alkalien bewirkt Uebergang in
Violettrot, darauffolgender Säurezusatz Umschlag in Gelb.‘
Im Kommentar zum Deutschen Arzneibuch von Anselmino
und'Gilg heißt es: ‚Die wässerige Lösung des Indikators, der selbst
eine schwache Säure ist, ist im undissoziierten Zustande bei Gegenwart
von Säuren gelb (gefärbt), dissoziiert als Salz aber bei Gegenwart von
ätzenden und kohlensauren Alkalien und Luftzutritt,' und ist dann
wegen der Farbe seines Anions blauviolett.‘“
Die Angabe, daß das Hämatoxylin, C,H,0O, in
saurer Lösung eine Gelbfärbung, in"alkalischer
Lösung eine Violettfärbung zeigt, ist unzutreffend; die
saure Lösung ist und bleibt farblos, und sie wird durch Alkalien
allein auch nicht violett gefärbt. Erst das Hämatein, 0,,H,0;,
das aus dem Hämatoxylin durch Oxydation in alkalischer
Lösung entsteht, zeigt in saurer Lösung die Gelbfärbung. Die
Gelbfärbung kann also bei einer frisch bereiteten Hämatoxylinlösung
nur auftreten, wenn das Hämatoxylin oder ein Teil desselben Ge-
legenheit gehabt hat, sich in alkalischer Lösung zu oxydieren. Das
ist nun der Fall, wenn man !/,„-N.-Salzsäure mit !/,„-N.-Kalilauge
titriert und dabei die größte Menge der Lauge rasch zulaufen läßt.
Dann ist die Flüssigkeit da, wo die Lauge einläuft, zeitweise
alkalisch, ein Teil des Hämatoxylins oxydiert sich zu Hämatein,
und beim Umschwenken, wobei die ganze Flüssigkeitsmenge wieder
sauer wird, färbt sich die Flüssigkeit gelb. Bei weiterem Zusatz
von Lauge tritt dann der Umschlag in Rotviolett ein, sowie ein
Tropfen Lauge im Ueberschuß ist. Titriert man dagegen langsam
unter fortwährendem Umschwenken, dann bleibt die Gelbfärbung
aus und die Rotviolettfärbung tritt erst sehr allmählich ein, wenn
etwa zwei Tropfen Lauge im Ueberschuß sind.
Eine ähnliche Beobachtung hat auch schon J. Meßner!)
gemacht, ohne aber seine Beobachtung richtig zu deuten. Er
schreibt:
„Man gibt die Indikatorflüssigkeit nach Vorschrift des Arznei-
buches in die saure Alkaloidlösung und titriert mit 1/,,-N.-Kalilauge
auf Bläulichviolett. Dabei darf man nicht vergessen, daß das Arzneibuch
eigens sagt „bei kräftigem Umschwenken‘, denn nur unter dieser Be-
dingung wird man einen bläulichvioletten oder blaßvioletten Umschlag
erhalten. Läßt man dagegen den größten Teil der nötigen Lauge ohne
Umschwenken oder unter zu mäßigem Umschwenken zufließen, so erhält
man keinen blaßvioletten, sondern einen intensiv roten Farbenumschlag,
!) Ztschr. f. angew. Chem. 1903, 8. 444.
120 G. Frerichs u. E. Mannheim: Hämatoxylin als Indikator.
der so unbeständig ist, daß man niemals damit zurecht kommen kann.
Die Erklärung hierfür ist eine höchst einfache. Läßt' man die Lauge
langsam zu der in einem geräumigen Kölbchen befindlichen sauren
Alkaloidlösung unter kräftigem Umschwenken zufließen, so wird dieselbe
von der vorhandenen Säure sofort neutralisiert, ohne auf das Häma-
toxylin einwirken zu können, und man erhält den blaßvioleiten Um-
schlag des Hämatoxylins; läßt man dagegen die Lauge rasch ohne
genügendes Umschwenken zu der zu titrierenden Flüssigkeit zufließen,
so bildet sich in letzterer eine alkalische Flüssigkeitsschicht, in’ der sich
ein Teil des Hämatoxylins fast momentan zu Hämatein oxydiert. Man
erhält dann, sobald nach dem Umschwenken und Zugeben der nötigen
Lauge die ganze Mischung alkalisch geworden ist, den, Farbenumschlag
des Hämateins, der gelbrot bis rot ist und keinen scharfen Uebergang
erkennen läßt.‘
Meßner führt also das Auftreten der Violettfärbung in
alkalischer Lösung auf die Anwesenheit von unverändertem Häma-
toxylin zurück. Das ist, wie schon oben erwähnt, nicht zutreffend,
weil Hämatoxylin mit Alkalien überhaupt keine Färbung gibt.
Wenn die Violettfärbung eintritt, ist stets Hämatein zugegen, das
aus dem Hämatoxylin vorher oder während der Titration ent-
standen ist.
Das Hämatein gibt mit Alkalien eine Violettfärbung; die
Rotfärbung, die Meßner beschreibt, ist auf eine andere Ursache
zurückzuführen, auf die wir weiter unten näher eingehen wollen.
R. Gazet) schreibt über die Titration mit Hämatoxylin als
Indikator folgendes:
„Die Titration mit Hämatoxylin erfordert einige Uebung, jedoch
ist der Umschlag scharf und sicher zu erkennen, wenn man folgendes
nicht außer acht läßt. Es ist nur sehr wenig Hämatoxylin anzuwenden,
in der Menge, welche das Schweizer Arzneibuch und Lehfeldt)
angibt, und zwar frisch aufgelöst (1 cem einer Lösung von 0,01: 10’cem
Alkohol). Nimmt man dann die Titration der'mit dem gleichen Volumen
Wasser verdünnten 50 cem in einem Erlenmeyerkolben mit weitem
Hals vor, stellt die nieht benutzten 50 cem daneben auf denselben
weißen Uniergrund und. läßt unter fortwährendem Um-
schütteln die Y,o-N.-Kalilauge tropfenweise zufließen, so
verschwindet die Gelbfärbung am Ende der Titration, und es tritt ein
Farbenton auf, den man mit rötlich-grünlich oder ‚bläulich- violett
bezeichnen kann. Zuweilen erfolgt auch der Umschlag in Blau. Dieser
Umschlag ist in Gegenwart der zweiten gelbgefärbten Hälfte so charak-
teristisch, daß er keinen Zweifel läßt. Beim weiteren Schütteln nimmt
der Farbenton an Stärke zu und der auf der Flüssigkeit schwimmende
ı) Apoth.-Ztg. 1913, 8. 146. j
2) Pharm. Ztg. 1912, 8. 371. | S
G. Frerichs u. E. Mannheim: Hämatoxylin als Indikator. 121
Schaum nimmt eine deutlich bläuliche bis blaue Farbe an. Die Angabe
des Deutschen Arzneibuches 5, daß die Mischung eine stark‘ gelbe,
beim Umschwenken rasch ‘in Bläulichviolett übergehende: Färbung
annehmen soll, tritt dann ein, wenn man mehr Hämatoxylin nimmt
und die. !/,o-N.-Kalilauge schnell zufließen läßt.‘
In seiner kurzen Zusammenfassung schreibt Ga ze dann noch:
„Das Hämatoxylin ist, in der angegebenen Weise angewandt, ein
durchaus brauchbarer Indikator“.
Diese Schlußfolgerung G aze’s wird durch unsere Versuche
widerlegt. Wenn Gaze bei der Titration genau in der von ihm
angegebenen Weise eine Gelbfärbung der Flüssigkeit beobachtet
hat, so ist diese nur dadurch möglich gewesen, daß die verwendete
Hämatoxylinlösung, obgleich sie frisch bereitet war, bereits Hämatein
enthielt.
M. Lehfeldt!) schreibt: ‚Der gravimetrischen Methode ist
vor der titrimetrischen wohl der Vorzug zu geben, da Hämatoxylin
kein sehr exakter Indikator ist. Das Deutsche Arzneibuch 5 sagt, es
soll ein Körnchen -Hämatoxylin in 1 cem Weingeist gelöst werden.
Es gibt aber Körnchen von sehr verschiedener Größe, und nach meinen
‚Erfahrungen erhält man, je nachdem die Menge des zugesetzten In-
dikators größer oder kleiner ist, verschiedene Farbentöne bei der
Titration. Ich arbeite bei der: Alkaloidbestimmung der Chinarinde
stets mit einer Lösung von 0,01 g Hämatoxylin in 10 cem Weingeist
und setze von dieser Lösung 1 cem der zu titrierenden Flüssigkeit zu.
Ich kann aber nicht bestätigen, daß, wie das Arzneibuch bei der Be-
stimmung der Chinaalkaloide sagt, die Mischung zu Ende der Titration
eine stark gelbe, beim kräftigen Umschütteln rasch in Bläulichviolett
übergehende Färbung annimmt. Mit der von mir verwendeten Häma-
toxylinlösung tritt vielmehr ohne die vom Arzneibuch erwähnte starke
Gelbfärbung als Endpunkt der Reaktion gleich eine anfangs schwache,
nach kräftigem Schütteln stärker werdende Blaufärbung ein, die bei
einigem Stehen in Bläulichviolett übergeht. Bei dem vorher stets
anzustellenden blinden Versuch, d. h. Titration der !/, ,-N.-Salzsäure
mit der 1/,o-N.-Kalilauge unter gleichen Bedingungen wie bei der
Titration der Chinaalkaloide war der Endpunkt der Titration ebenfalls
ohne vorheriges Auftreten der starken Gelbfärbung scharf zu er-
kennen durch Auftreten einer violetten Färbung.‘
Im Gegensatz zu Gaze ist also Lehfeldt nicht der An-
sicht, daß das Hämatoxylin ein guter Indikator ist. Seine An-
gaben werden durch unsere Versuche bestätigt.
Zur Aufklärung aller Erscheinungen, die bei der Anwendung
von Hämatoxylin als Indikator auftreten, haben wir die ver-
!) Pharm. Ztg. 1912, S. 371.
122 G.Frerichs u. E. Mannheim: Hämatoxylin als Indikator.
schiedenartigsten Versuche ausgeführt, ‚die, im naahuichenden
wiedergegeben sind.»
Wir‘ haben bei unseren Versuchen je 100 com Flüssigkeit
verwendet und je drei Tropfen Hämatoxylinlösung 1 :" 100 Wein-
geist, also etwa 1 mg Hämatoxylin, wie auch Gaze und Leh-
feldt angeben. Auch das Schweizerische Arzneibuch läßt drei
Tropfen einer Lösung 1 :;100 verwenden.
Die Vorschrift des Arzneibuches, jedesmalein Körnchen
Hämatoxylin in Weingeist gelöst zu verwenden, ist wie. schon
Lehfeldt anführt, zu unbestimmt.' Wir haben’ das: Gewicht
von 50 Körnchen unseres Hämatoxylins, das durch Absieben vor-
her vom Pulver: befreit wurde, festgestellt, es. betrug 0,02 g, so
daß also die Körnchen im Durchschnitt 0,4 mg wogen. ‚Die Größe
der Körnchen ist aber so verschieden, daß man das eine Mal viel-
leicht 2 mg, ein andermal 1 mg oder 14 oder Y, mg Hämatoxylin
nehmen ‚würde.
1. Versetzt man 100 cem Wasser mit drei Tropfen frischer
Hämatoxylinlösung, so ist die Flüssigkeit farblos. Fügt man dann einen
Tropfen !/,.-N.-Kalilauge hinzu, so tritt eine Farbenänderung auch
bei längerem Umschwenken (2 Minuten) nicht ein. Die Konzentration
der Flüssigkeit an Kaliumhydroxyd ist offenbar‘ zu gering, um ‚die
Oxydation durch den Luftsauerstoff zu ermöglichen.
2. Läßt man dagegen gleich zwei Tropfen der Lauge zufließen,
so färbt sich die Flüssigkeit nicht sofort, wohl aber beim Umschwenken
in etwa 10 Sekunden blaßviolett, in 1 Minute deutlich violett. Eine
vorherige Gelbfärbung tritt aber nicht auf.
3. 90 ccm Wasser + 10 cem Y/,,-N.-Salzsäure + 3 Tropfen frischer
Hämatoxylinlösung gaben eine farblose Flüssigkeit. Es wurden auf
einmal 5 ccm !/,,-N.-Kalilauge zufließen gelassen und die Flüssigkeit
dann umgeschwenkt. Sie zeigte eine gelbliche Färbung. Dann wurden
weitere 4 ccm der Lauge zugesetzt und wieder umgeschwenkt. Die
Gelbfärbung war dann stärker als vorher. Bei weiterer Titration trat
der Umschlag in Rotviolett sehr deutlich ein bei einem Tropfen
der Lauge über 10 ccm.
4. 90 ccm Wasser + 10 ccm Y/,.-N.-Salzsäure + 3 Tropfen a
Hämatoxylinlösung wurden mit der Lauge titriert, indem jedesmal nur
etwa 3—4 Tropfen Lsuge zugesetzt wurden, und die Flüssigkeit fort-
während umgeschwenkt wurde. Eine Gelbfärbung trat nicht auf und
die Violettfärbung trat erst sehr allmählich ein, als 2 Tropfen Lauge
über 10 ccm zugesetzt waren.
Eine Titration der Säure mit der Lauge unter Anwendung
einer frisch bereiteten Hämatoxylinlösung, und damit
eine Einstellung der beiden Lösungen aufeinander, ist also möglich,
G, Frerichs u. E. Mannheim: Hämatoxylin als Indikator. 123
wenn man in der unter 3. angegebenen Weise verfährt. Das
Auftreten der Gelbfärbung und die Stärke dieser bleiben ‚aber
immer von Zufälligkeiten abhängig.
Ein sichereres 'Ergebnis erhält man mit einer älteren
Hämatoxylinlösung, die durch Oxydation bereits gelbrot geworden
ist. (Das Glas liefert dabei das bei der Oxydation nötige Alkali.)
Wir verwandten eine Hämatoxylinlösung, die etwa 2 Monate alt war,
5. 100 ccm Wasser wurden durch 3 Tropfen alter Hämatoxylin-
lösung rötlich-gelblich gefärbt. Die Färbung ging auf Zusatz von
1 Tropfen Y/,o-N.-Kalilauge in Rotviolett, in einem Gegenversuch auf
Zusatz von 1 Tropfen Y/,,-N.-Salzsäure in Reingelb über.
6. 90 cem Wasser + 10 cem Y/,,-N.-Salzsäure +3 Tropfen alter
Hämatoxylinlösung gaben eine rein gelbgefärbte Flüssigkeit. Der,
Umschlag in Rotviolett trat mit 1 Tropfen Lauge über 10 cem 'sehr
scharf ein.
Es wäre also zweckmäßiger, eine Häma-
toxylinlösung vorrätig zu halten, als sie
jedesmalfrisch zu bereiten. (Das Schweizerische Arznei-
buch läßt eine Lösung von 1 Teil Hämatoxylin in 100 Teilen Wein-
geist vorrätig halten, läßt aber, wie weiter unten näher ausgeführt
werden soll, die Titrationen in anderer Weise ausführen als das
Deutsche Arzneibuch.)
Die vorrätige Hämatoxylinlösung müßte allerdings auch
wieder genügend alt, d. h. oxydiert sein, was nicht
immer zutreffen dürfte. Man könnte aber auch die frische Lösung
in folgender Weise verwenden: Drei Tropfen der frischen Lösung
1: 100 werden mit etwa 10 ccm Wasser und einem Tropfen
Y/o-N.-Kalilauge versetzt und die Mischung etwa 4, Minute lang
geschüttelt. Die so entstehende rotviolette Hämateinlösung wird
der zu titrierenden Flüssigkeit zugesetzt. Mit der so hergestellten
Indikatorlösung erhält man den Umschlag von Gelb in Violett
ebenso scharf wie bei einer alten Hämatoxylinlösung. Den Tropfen
"Jio-Lauge, der mit der Indikatorlösung zugesetzt wird, könnte
man in Rechnung ziehen, indem man ihn aus der vorher abgelesenen
Bürette entnimmt
Damit wären alle Schwierigkeiten beseitigt, die bei der
Titration von Säure mit Lauge in der Beschaffenheit der Indikator-
lösung liegen. Aber auch diese Abänderung des Verfahrens führt
noch nicht zum Ziele. Die indirekte Titration der
Chinaalkaloide mit Hämatoxylin als Indi-
kator ist unzuverlässig, weil die Alkaloide
die Erkennung. des Endpunktes den Neutrali-
124 G.Frerichs u. E. Mannheim: Hämatoxylin als Indikator.
sation der überschüssigen‘ Säure durch die
Lauge stören.
Die Unmöglichkeit der Titration der Chinaalkaloide h der
Vorschrift des Arzneibuches mit frischer Hämatoxylinlösung
wird durch folgende Versuche bestätigt:
7. In 100 eem Wasser wurden 0,2gChininhydrochlorid
gelöst und die Lösung mit 3 Tropfen frischer Hämatoxylinlösung und
2 Tropfen !/,0-N.-Kalilauge versetzt. Nach 2 Minuten war trotz an-
dauerndem Schwenken keine Aenderung an der farblosen Flüssigkeit
zu erkennen.
8. Der Versuch wurde wiederholt mit einem Zusatz von 5 Tropfen
!/jo-N.-Kalilauge. In 2 Minuten keinerlei Färbung.
9. Bei einer Wiederholung des Versuches mit einem Zusatz von
0,5 ccm !/,0-N.-Kalilauge färbte sich die Flüssigkeit nach 1 Minute sehr
schwach violett, nach 2 Minuten etwas stärker violett.
Der Umschlag tritt also erst ein, wenn eine nicht unerhebliche
Menge Lauge über den Neutralisationspunkt hinaus zugesetzt wird.
Der Neutralisationspunkt war bei diesen Versuchen genau festgelegt,
da eine Lösung von reinem Chininhydrochlorid ‚ohne Säurezusatz
verwendet wurde.
Daß der Umschlag hier viel später eintritt als’ bei reinem
Wasser (Versuch 1 und 2) ist kein Wunder. Das Alkali, das die
Oxydation des Hämatoxylins vermitteln muß, ist in dem einen
Falle Kaliumhydroxyd, im anderen das aus dem Chinin-
hydrochlorid frei werdende Chinin. Daß letzteres viel schwächer
wirkt, und daß deshalb der Umschlag erst eintritt, wenn eine ziem-
lich große Menge freies Chinin vorhanden ist, liegt auf der Hand.
Bei der Titration der Alkaloide nach der Vorschrift des Arznei-
buches liegt der Fall genau so. Auch hier muß erst eine erhebliche
Menge Chinin durch die Lauge freigemacht werden, bevor bei
frischer Hämatoxylinlösung der Umschlag eintreten kann.
10. Eine Lösung von 0,2g Chininhydrochlorid wurde
mit 5 cem 1/,0-N.-Salzsäure und 3 Tropfen frischer Hämatoxylinlösung
1: 100 versetzt und mit !/,,-N.-Kalilauge vorsichtig titriert. Erst nach
einem Zusatz von 5,8 ccm der Lauge, also 0,8 cem über den Neutrali-
sationspunkt trat eine schwach bläuliche Färbung ein, die allmählich beim
Umschwenken stärker wurde. Eine vorherige Gelbfärbung trat nicht auf.
ll. Der Versuch wurde wiederholt und die Titration in der Weise -
ausgeführt, daß gleich 3 ccm der Lauge auf einmal zugesetzt wurden,
und die Flüssigkeit dann umgeschwenkt wurde. Die Flüssigkeit war
nun deutlich gelb gefärbt. Bei weiterem Titrieren mit der Lauge ver-
schwand die Gelbfärbung allmählich und mit 0,1 eem Lauge über den
Neutralisationspunkt trat der Umschlag erkennbar ein. vi
@. Frerichs u. E. Mannheim: Hämatoxylin als]Indikator. 126
Mit alter Hämatoxylinlösung wurden folgende Versuche
ausgeführt: |
12. Eine Lösung von 0,2 g Chininhydrochlorid, die
mit 3 Tropfen der Hämatoxylinlösung versetzt war, färbte sich auf
Zusatz von 1 Tropfen !/,,-N.-Kalilauge rötlichviolett und mit 2 Tropfen
der Lauge deutlich rotviolett.
13. Eine Lösung von 0,2 gChininhydrochlorid wurde
mit 5 cem Y/,o-N.-Salzsäure und 3 Tropfen der alten Hämatoxylinlösung
versetzt. Die stark gelbe Flüssigkeit färbte sich nach einem Zusatz von
5 cem !/,.-N.-Kalilauge schwach blauviolett und durch weitere 2 Tropfen
der Lauge deutlich bleu.
Nach diesen beiden Versuchen wäre also die Titration unter
Verwendung genügend alter Hämatoxylinlösung möglich. Sie ist
aber: nur dann, einigermaßen zuverlässig, wenn man rasch
titriert. Bei langsamem Titrieren kann eine Violett-
färbung schon auftreten, wenn die Menge der zugesetzten Lauge
noch etwa 0,5 cem unter. der zur Neutralisation der freien Säure
nötigen Menge ist.
Wir haben dies besonders beobachtet bei Versuchen, die mit
einer aus frischer Hämatoxylinlösung hergestellten Hämateinlösung
ausgeführt wurden (drei Tropfen frische Lösung + etwa 10 ccm
Wasser + ein Tropfen !/,o-N.-Kalilauge etwa 1, Minute ge-
schüttelt).
14. Eine Lösung von 0,2 g Chininhydrochlorid in
90 cem Wasser wurde mit 10 cem !/,o-N.-Salzsäure und der eben er-
wähnten Hämateinlösung versetzt und die stark gelbgefärbte Flüssig-
keit mit Y/,.-N.-Kalilauge titriert, gegen Ende ziemlich lengsam. Nach
einem Zusatz von 9,6 cem der Lauge, also 0,4 ccm unter dem
Neutralisationspunkt, färbte sich die Flüssigkeit erst schwach, dann
allmählich stärker blauviolett.
15. Bei einer Wiederholung des Versuches war die Flüssigkeit
bereits bei einem Zusatz von 9,1 cem der Lauge nicht mehr rein gelb,
und nach weiterem Zusatz von 0,2 cem Lauge, also 0,7 ccm unter
dem Neutralisstionspunkt, färbte sie sich langsam blauviolett.
Dieser vorzeitige Farbenumsehlag beruht auf der Entstehung
eines sehr feinen blauen Niederschlages, der aller Wahrscheinlichkeit
nach aus einer Verbindung des Hämateins mit dem Chinin besteht,
vergleichbar den Farblacken, die das Hämatein mit Metallhydroxyden
liefert.
Filtriert man den blauen Niederschlag ab, so erhält man
einefarblose Flüssigkeit, und daß diese noch freie Säure enthält,
läßt sich leicht dadurch nachweisen, daß sie sich auf neuen Zusatz
von Hämateinlösung 'gelb färbt. Nach kurzer Zeit färbt sich die
126 G. Frerichs u. E. Mannheim: Hämatoxylin als Indikator.
Flüssigkeit dann wieder grünlich bis schmutzig violett, weil wieder
neue Mengen des blauen Niederschlages entstehen. Die blaue Ver-
bindung ist gegen Säure sehr beständig. Ist sie einmal entstanden,
dann verschwindet sie auch nicht wieder, wenn man der Flüssig-
keit noch einige Kubikzentimeter !/,„-N.-Salzsäure zusetzt.
Der vorzeitige Farbenumschlag tritt um so eher ein, je-lang-
samer man titriert. Bei raschem Titrieren kann es auch gelingen,
daß man den Neutralisationspunkt schon erreicht, bevor der Nieder-
schlag Zeit hat, sich auszuscheiden. Die indirekte Titration der
Chinaalkaloide ist also auch mit alter Hämatoxylinlösung oder
mit frisch hergestellter Hämateinlösung unzuverlässig.
Viel zuverlässiger ist die direkte Titra-
tion der Chinaalkaloide mit Y,oN.-Salzsäure,
bei der man, wie weiter unten gezeigt werden wird, sowohl frisch-
bereitete wie alte Hämatoxylinlösung verwenden kann. Die direkte
Titration ist von verschiedenen Seiten vorgeschlagen worden, so
z. B. von Panchaud und von Fromme. Sie ist auch von
dem Schweizerischen Arzneibuch aufgenommen worden.
Wir wollen hier die von Fromme angegebene und die vom
Schweizerischen Arzneibuch vorgeschriebene Art der direkten
Titration vergleichen. Der Unterschied zwischen beiden besteht
darin, daß Fromme die Titration unter Zusatz von Aether aus-
führen läßt, der bei der Titration der aus der Chinarinde gewonnenen
Rohalkaloide die Verunreinigungen aufnehmen soll.
Fromme (Jahresbericht von Caesar & Loretz 1914, S. 59)
gibt folgende Vorschrift:
„Die Alkaloide werden gelöst in 10 com Weingeist; die Lösung
wird mit 10 cem Aether und 30 ccm Wasser versetzt und unter jedes-
maligem Umschütteln mit !/,.-N.-Salzsäure nach Zusatz von, einigen
Tropten Hiimatoxylinlösung auf Braunrot titriert., Darauf sind noch
weitere 30. ccm ‘Wasser zuzusetzen und weiter zu titrieren, bis die
Flüssigkeit zitronengelbe Farbe angenommen hat.“
Wir haben eine Reihe von Versuchen nach dieser‘ Vorschrift
ausgeführt und haben gefunden, daß sie doch einige Mängel hat.
Verwendet man frische Hämatoxylinlösung, dann behindert der
Aether die Bildung von Hämatein, indem er den Luftzutritt; be-
hindert. Ferner werden die Alkaloide zum größten Teil von dem
Aether aufgenommen. Da sie bei der Titration von der zufließenden
Säure gebunden werden sollen, muß der Aether mit der wässerigen
Flüssigkeit immer kräftig durchgeschüttelt werden. Man kann
deshalb..die Titration nicht in einem ‚offenen. Kolben. ausführen,
Der Vorteil, daß der Aether die Verunreinigungen der ‚Alkaloide
G. Frerichs u. E. Mannheim: Hämatoxylin als Indikator. 127
aufnimmt, fällt den Nachteilen gegenüber gar nicht ins Gewicht.
Die kleinen Mengen Fremdstoffe, die die nach dem weiter unten
zu beschreibenden Fro m me’schen Verfahren aus der Chinarinde
gewonnenen Alkaloide enthalten, stören die Titration nicht, wenn
man diese ohne Zusatz von Aether ausführt.
Das Schweizerische Arzneibuch gibt für die Titration folgende
Vorschrift:
„Man löst die Alkaloide durch gelindes Erwärmen in 10 ccm
absolutem Alkohol, fügt 3 Tropfen Hämatoxylinlösung (vorrätig 1: 100)
und 10 ccm Wasser hinzu und titriert nun mit 1/,,-N.-Salzsäure bis
zur rötbraunen Färbung. Nach weiterem Zusatz von 30 ccm Wasser
wird zu Ende titriert bis die Flüssigkeit eine zitronengelbe Färbung
angenommen hat, und eine weitere Aufhellung nach erneutem Säure-
zusatz nicht mehr eintritt.“
Diese Art der Titration ist sehr einfach auszuführen und
liefert Ergebnisse, die praktisch genügend genau sind. Wir haben
das Verfahren nur dadurch etwas geändert, daß wir den weiteren
Wasserzusatz vor dem Zuendetitrieren auf 50 cem, statt auf 30
bemessen haben.
Bei reinem Chinin aus Chininhydrochloörid
fanden wir: gewogen 0,1785 g, titriert 0,1766 g. Die Titration
stimmt also mit der Wägung genügend überein.
Zu diesem Verfahren ist noch zu bemerken, daß man nicht
etwa die Gesamtmenge des Wassers gleich von vornherein der
Lösung der Alkaloide in Alkohol zusetzen darf; der erste Wasser-
zusatz darf nicht größer als 10 ccm auf 10 ccm Alkohol sein, damit
keine Ausscheidung von Alkaloid stattfindet. Kristallinisch aus-
geschiedenes Alkaloid würde sich mit,der zufließenden Säure nur
langsam umsetzen und die Titration’ ungenau machen. Wenn der
größte Teil der Alkaloide von der Säure gebunden ist, kann weiter
Wasser zugesetzt werden. Der Zusatz des Wassers in zwei ge-
trennten Mengen bietet auch noch den Vorteil, daß nicht so leicht
ein Uebertitrieren stattfinden kann. Nötig ist der zweite Wasser-
zusatz, weil in der vorher etwa 40—50%, Alkohol enthaltenden
Flüssigkeit der Umschlag nicht scharf erfolgt. Die Farbe würde
nur sehr allmählich in Gelb übergehen. Hat man soviel Säure zu-
fließen lassen, daß die Flüssigkeit eine braunrot bis braunviolette
Färbung angenommen hat, und fügt man dann die zweite Menge
Wasser hinzu, so färbt sich die Flüssigkeit wieder schön violett
und der Umschlag in Gelb kann mit weniger als 0,1 cem !/,o-N.-
Salzsäure genügend scharf erreicht werden. Etwas Uebung gehört
allerdings dazu, aber Schwierigkeiten bietet die Titration in dieser
128 G. Frerichs u. E. Mannheim: Hämatoxylin als. Indikator,
Weise nicht. Es läßt sich sowohl frisch bereitete wie ältere Häma-
toxylinlösung verwenden. : Mit letzterer wird die Alkaloidlösung
gleich. violett gefärbt, mit ersterer färbt sie sich erst, nach einigem
Umscehwenken deutlich violett. Wenn man nach Zusatz,‚von: drei
Tropfen der frischen Lösung 1 : 100 die Flüssigkeit etwa eine Minute
lang umschwenkt, hat sich durch Vermittelung der freien. Alkaloide
soviel Hämatoxylin zu Hämatein oxydiert, wie für die Erkennung
des Umschlages nötig ist.
Wir wollen dann noch einige weitere Beobachtungen mit-
teilen, die wir. bei Titrationen mit Hämatoxylin gemacht haben,
die zwar mit. der Bestimmung der Chinaalkaloide wenig. zu tun
haben, ‘die aber eine Erklärung der‘ von Meßner beobachteten
Erscheinungen bei der Titration‘ der’ Chinaalkaloide {er \ a) er-
möglichen.
Wie im vorstehenden ausgeführt ist, ist. die direkt e Titration
der Alkaloide mit !/,o-N.-Salzsäure unter Anwendung von‘ Häma-
toxylin als Indikator zuverlässig; dieindirekte Titration, also
die Rücktitration der überschüssigen Säure mit der %/,0-N.-Kalilauge
dagegen nicht. Bei Abwesenheit von Alkaloiden, also beider Titration.
reiner Säure und Lauge miteinander, ist es gerade umgekehrt.
Titriertt man 1/,.-N.-Salzsäure nach Zusatz von alter
Hämatoxylinlösung oder frisch hergestellter
Hämateinlösung mit !/o-N.-Kalilauge, so erfolgt der Um-
schlag von Gelb in Rotviolett ganz scharf mit einem Tropfen
Lauge über den Neutralisationspunkt. ‚Die Farbe 'verblaßt aller-
dings nach kurzer Zeit, aber der eigentliche Umschlag ist sehr
deutlich.
Versetzt man aber !/,o-N.-Kalilauge mit Hämetgerlmloenng
(einerlei ob frischer oder alter), so läßt sich, die Klögsigkeit nicht
mehr scharf mit !/,„-N.-Salzsäure. titrieren.
Es tritt dann folgendes ein:
Die Alkali enthaltende Flüssigkeit. ist, kurz. nach, dem Zu-
satz der Hämatoxylinlösung und dem Umschwenken. ‚schön ; rot-
violett gefärbt. Nach kurzer Zeit tritt eine Aenderung der, ‚Färbung
in ein gelbstichiges Rot ein. Läßt man dann Säure zufließen, so
nimmt die Stärke der Gelbrotfärbung allmählich ab, und:die Flüssig-
keit wird schließlich ohne scharfe Grenze rein gelb. Läßt man
dann’ wieder Lauge zufließen, so wird die Flüssigkeit, schließlich
wieder gelbrot, und zwar jetzt mit einem scharfen Umschlag. Beim
Hin- und Hertitrieren erhält man dann mit je einem Tropfen
!/o-N.-Säure oder -Lauge immer einen scharfen Umschlag von Gelbrot
in rein Gelb und umgekehrt. Die Violettfärbung aber, die Häma-
G. Frerichs u. E. Mannheim: Hämatoxylin als Indikator. 129
teIn mit Alkali gibt, tritt nicht wieder auf. Die gleiche Erscheinung
beobachteten wir bei Anwendung einer Lösung von Hämateln
Merck. Auch hier war bei gleicher Verdünnung die Färbung an-
fangs rotviolett‘ und änderte sich dann ebenso wie bei den Ver-
suchen mit Hämatoxylin. Teilt man eine durch mit einem Tropfen
1/, „-N.-Kalilauge violettgefärbte Hämateinlösung (drei Tropfen der
Lösung 1 : 100 auf 100 ccm Wasser) in zwei Teile und versetzt die
eine Hälfte sofort mit etwas Säure, die andere erst mit etwa 10 ccm
1/,0-N.-Kalilauge und dann mit Säure im Ueberschuß, dann ist
die Gelbfärbung im letzteren Falle stärker als im ersteren. Aus
diesen Erscheinungen geht hervor, daß mit dem Hämatein in
alkalischer Lösung eine weitere Veränderung vor sich geht. Diese
weitere Veränderung des Hämateins läßt sich durch die Annahme
erklären, daß eine weitere Oxydation eintritt. Hierauf weist schon
R. Fresenius in seinem Werk ‚Anleitung zur quantitativen
Vermisch-Analyse‘‘ (6. Auflage 1877—1887) hin, indem er zu der
Titration mit Blauholzextrakt als Indikator bemerkt:
„Zu bemerken ist bei derselben insbesondere, daß sich der Farb-
stoff in alkalischer Lösung unter dem Einfluß des atmosphärischen
Sauerstoffs sehr rasch oxydiert.‘“
Nach den Untersuchungen von W. H. Perkin jun. und
seinen Mitarbeitern!) haben das Hämatoxylin, C,H,,0,, und
das Hämatein, C,H,.0, folgende Konstitutionsformeln:
HO.C cC=0 HO.C c=0
HO Ba HO rd a
HoL__'C _c.oH On... _-.0H
H CH NcoH H ;C ICH,
X, ah
1:10.44 HC
Hämatoxylin. Hämatein.
Bei der Umwandlung in Hämatein, C,,H,.0,, tritt eine
Oxydation des in der Formel durch x bezeichneten Kernes ein.
Das Hämatein hat in dem mit + bezeichneten Kern
noch zwei Phenolhydroxylgruppen, die in Orthostellung stehen.
Auch hier ist noch eine Oxydation möglich, und diese Oxydation
ist aller Wahrscheinlichkeit nach die Ursache der Farbenänderung
der alkalischen Hämateinlösung von Rotviolett in Gelbrot.
1) Chem. Zentralbl. 1908, I, 2, .S. 1699 und 1908, II, 1, S. 610.
Arch. d. Pharm. CULIII. Bds. 2, Heft. 9
130 G. Frerichs u. E. Mannheim: Hämatoxylin als Indikator.
IH. Bestimmung des Alkaloidgehaltes der Chinarinde.
Von verschiedenen Seiten, besonders von Fromme, ist
nachgewiesen worden, daß das vom Deutschen Arzneibuch vor-
geschriebene Verfahren zur Bestimmung des Alkaloidgehaltes der
Chinarinde besonders bei alkaloidreicher Rinde zu niedrige Werte
gibt. Der Grund hierfür liegt darin, daß die in der angewandten
Rindenmenge enthaltenen Alkaloide nicht vollständig in das Lösungs-
mittel, Aether + Chloroform, übergehen, sondern zum erheblichen
Teil in den Rindenteilchen zurückgehalten werden. Auf Grund
unserer Versuche müssen wir diese Feststellung bestätigen.
Wir haben uns nicht die Mühe gemacht, die Alkaloidbestim-
mung nach der Vorschrift des Arzneibuches bei den einzelnen Ver-
suchen vollständig zu Ende zu führen, sondern haben einen sehr
viel einfacheren Weg eingeschlagen. Wir konnten dabei bestätigen,
was schon Fromme bei seinem weiter unten näher zu beschrei-
benden Verfahren festgestellt hat, daß für die Titration der Alkaloide
eine so weitgehende Reinigung, wie sie vom Arzneibuch vor-
geschrieben ist, durchaus nicht nötig ist. In der Reinigung der
Alkaloide bei der Wertbestimmung auch anderer Drogen und von
galenischen Präparaten ist das Arzneibuch reichlich weit gegangen.
Wie bei der Chinarinde ist noch in einer Reihe von anderen Fällen
allein auf das Ausschütteln in den drei verschiedenen Scheide-
trichtern eine Zeit von 11 mal 2 Minuten, also von 22 Minuten,
zu verwenden. Dabei soll jedesmal kräftig geschüttelt werden.
Wir haben gelegentlich bei Schiedsuntersuchungen Alkaloidbestim-
mungen genau in der vorgeschriebenen Weise, genau nach der
Uhr, ausgeführt und sind zu der Ansicht gekommen, daß es kaum
irgend eine andere chemische Untersuchung gibt, die eine so er-
hebliche Arbeitsleistung erfordert. Es ist jedenfalls das Bestreben
der Bearbeiter dieser Vorschriften gewesen, eine möglichst große
Genauigkeit der Werte zu erzielen, aber man hat dabei über das
Ziel hinausgeschossen. In allen Fällen, wo nur ein Mindestgehalt
an Alkaloid vorgeschrieben ist, ist es, wenn dieser Mindestgehalt
vorhanden, gleichgültig, ob der wahre Gehalt genau richtig oder
mit Unterschieden von einigen Zehntelprozenten gefunden wird.
Ebenso liegt der Fall, wenn der Mindestgehalt nicht erreicht wird.
Der Fall dürfte sehr selten sein, in dem es sich darum handelte,
festzustellen, ob eine Droge gerade noch den Mindestgehalt auf-
weist oder ob der Gehalt eine Kleinigkeit niedriger ist. Man wird
eine Chinarinde, die mindestens 6,5%, Alkaloide enthalten soll,
nicht beanstanden, wenn man nur 6,4%, findet. Auch in den Fällen,
wo ein ganz bestimmter Alkaloidgehalt gefordert wird, wie bei
G. Frerichs u. E. Mannheim: Hämatoxylin als Indikator. 131
Extractum Belladonnae, Opium pulveratum und den Opiumpräparaten
muß man kleine Abweichungen zulassen. Es ist nicht möglich,
ein galenisches Präparat haarscharf auf einen bestimmten Gehalt,
etwa wie eine Normal-Lösung, einzustellen und ebensowenig
möglich ist es, den Gehalt haarscharf festzustellen. Dieses Ziel
wird durch die Vorschriften des Arzneibuches auch da nicht er-
reicht, wo die Methoden sonst einwandfrei sind. Wir müssen bei
der Prüfung der Arzneistoffe nach einfachen Verfahren suchen,
nach Verfahren, die den von Tschirch aufgestellten fünf Ge-
boten für die Prüfung und Wertbestimmung entsprechen. Letztere,
die wir der Inaugural-Dissertation von H. Dichgans: „Ver-
gleichende Untersuchungen der in die Pharmakopöen aufgenommenen
Wertbestimmungsmethoden starkwirkender Drogen“ (Bern 1913)
entnehmen, lauten: 1. billig, wenig Substanz, 2. rasch, 3. genügend
genau, 4. doch nicht gar zu empfindlich, 5. ohne viele und teure
Apparate.
Wir haben die Nachprüfung des Verfahrens des Arzneibuches
in folgender einfacher Weise ausgeführt: 12 g Chinarinde (fein-
gepulvert) wurden mit der vorgeschriebenen Menge Aether und
Chloroform in der vorgeschriebenen Weise ausgezogen. Dann wurde
ein gewogener Teil des filtrierten Aether-Chloroformgemisches
verdunstet und der Rückstand nach dem Trocknen gewogen. Der
Rückstand, den wir als „Rohalkaloid‘‘ bezeichnen wollen, besteht
außer aus Alkaloiden aus den von dem Aether-Chloroformgemisch
ebenfalls aus der Rinde aufgenommenen Fremdstoffen, wie Harz,
Fett und Farbstoff. In dem Rohalkaloid haben wir dann durch
direkte Titration die Menge des Reinalkaloids ermittelt.
In allen Fällen fanden wir nach dem Verfahren des Arznei-
buches schon erheblich weniger ‚Rohalkaloid‘, als wir an Reinalkaloid
in der gleichen Rinde nach dem weiter unten zu beschreibenden
From me’schen Verfahren feststellen konnten. Wir fanden z. B.
folgende Werte:
1. Eine Rinde, die nach dem Fromme’schen Verfahren
einen Gehalt von 5,48% Alkaloid aufwies, lieferte nach dem Arznei-
buch nur 2,8% Rohalkaloid und 2,16% Reinalkaloid.
2. Bei einer Wiederholung des Versuches wurde die zum
Freimachen der Alkaloide zu verwendende Natronlauge mit der
vorgeschriebenen Menge Wasser vorher gemischt. An Rohalkaloid
wurde nun etwas mehr gefunden, nämlich 3,2%.
3. Eine Rinde mit 8,30% Alkaloid nach Fromme ergab
6,94%, Rohalkaloid und 4,7%, Reinalkaloid.
9%*
132 G. Frerichs u. E.Mannheim: Hämatoxylin als Indikator.
Diese Versuche zeigen, daß das Verfahren des Arzneibuches
unbrauchbar ist.
R. Gaze hat das Verfahren des Arzneibuches dadurch ab-
geändert, daß er die Menge der Rinde auf die Hälfte herabsetzt
und beim Ausziehen einen Zusatz von absolutem Alkohol
macht. Die Vorschrift lautet:
„6 g feingepulverte Chinarinde übergießt man in einem Arznei-
glas mit 5 g Alcohol absolutus und 25 g Chloroform, sowie nach kräftigem
Umschütteln mit 5 g Natronlauge (15%) und läßt das Gemisch unter
häufigem kräftigen Umschütteln eine Stunde lang stehen. Alsdann
fügt man 30 g Aether hinzu, schüttelt kräftig durch und filtriert nach
dem Absetzen sofort 40 g der Extraktionsflüssigkeit (= 4 g Chinarinde)
durch ein kleines trockenes, gut bedecktes Faltenfilter in ein trockenes
Kölbcehen und destilliert die Flüssigkeit vollkommen ab. Das auf diese
Weise erhaltene Rohalkaloid wird dann ähnlich wie nach dem Ver-
fahren des Arzneibuches gereinigt und titriert.‘“
Wir haben uns damit begnügt, die nach diesem Verfahren
erhaltenen Rohalkaloide direkt zu titrieren. Hierzu wurden von
dem nach G aze erhaltenen Auszug der Rinde mit Aether-Chloro-
form und Alkohol je 20 g = 2 g Rinde verdunstet und die Alkaloide
in der gleichen Weise wie weiter unten bei dem Fromm e’schen
Verfahren angegeben, titriert.
1. Die Rinde, die nach dem Fromme’schen Verfahren
5,48% Alkaloid ergab, lieferte nach Gaze ebenfalls 5,48%.
2. Die Rinde mit 8,80% nach Fromme ergab nach
Gaze 8,26%
Hieraus ergibt sich bei einer Rinde mit verhältnismäßig
niedrigem - Gehalt eine Uebereinstimmung des abgekürzten Ver-
fahrens nach Gaze mit dem Fromme’schen Verfahren, bei
einer Rinde mit hohem Gehalt aber gab das letztere einen nicht
unerheblich höheren Wert. Nun könnte man, wie wir es ähnlich
schon vorher (s. o.) getan haben, auch hier sagen: Wenn der
vom Arzneibuch vorgeschriebene Mindestgehalt überschritten ist,
dann ist es gleichgültig, ob der wirkliche Gehalt richtig oder etwas
zu niedrig gefunden wird. Für die Anforderungen, die das Arznei-
buch stellt, wäre das Verfahren nach Gaze in der abgekürzten
Form mit direkter Titration der Rohalkaloide demnach ausreichend.
In. der von Ga ze angegebenen Form ist es wegen der mühsamen
Reinigung der Alkaloide ebenso unpraktisch und wegen der in-
direkten Titration der Alkaloide ebenso unzuverlässig wie das
Verfahren des Arzneibuches. |
G. Frerichs u. E. Mannheim: Hämatoxylin als Indikator. 133
Dem Fromme’schen Verfahren geben wir auch vor dem
abgekürzten Verfahren nach Gaze den Vorzug, weil es auch bei
Rinden mit hohem Alkaloidgehalt Werte liefert, die dem wirklichen
Gehalt am nächsten kommen dürften.
Das Wesentliche des von Fromme angegebenen Verfahrens
besteht in einer Vorbehandlung des Rindenpulvers durch Erhitzen
mit salzsäurehaltigem Wasser, wodurch das Pulver ‚aufgeschlossen‘*
wird.
„2,5 g feines oder grobes Pulver werden mit 2 ccm reiner Salz-
säure (25%, HCl) und 20 com Wasser in einem 200 cem fassenden Arznei-
glas oder Erlenmeyerkolben 10 Minuten lang im Dampfbade erhitzt.
Nach dem Erkalten werden 50g Aether und 25g Chloroform zugesetzt, ein-
mal kräftig durchgeschüttelt, dann mit 5 cem Natronlauge (15% NaOH)
versetzt und das Gemisch 10 Minuten hindurch ‚öfters und kräftig
geschüttelt. Hierauf werden 1,5 g Traganthpulver zugesetzt und
nochmals kräftig geschüttelt.
Von dem Aether-Chloroformgemisch werden dann 60 g durch
fettfreie Watte in einen Erlenmeyerkolben von 200 g filtriert und nach
dem Abdunsten die Rohalkaloide direkt titriert.‘“
Bei der Titration läßt Fromme einen Zusatz von Aether
machen, der, wie wir schon ausgeführt haben, überflüssig und nicht
zweckmäßig ist.
Wir haben nach diesem Verfahren eine Reihe von Bestim-
mungen ausgeführt und haben dabei folgende Beobachtungen
gemacht.
1. Es ist zweckmäßig, bei der Vorbehandlung der Rinde
die Salzsäure mit dem Wasser vorher zu mischen, weil sonst,
wenn die kleine Menge der Säure zuerst mit dem Rindenpulver
in Berührung kommt, eine Bildung von Klümpehen eintreten
kann, die sich in dem Wasser nur schwer verteilen. Statt 2 ccm
Salzsäure kann man ebensogut 2,5 g nehmen und statt 20 cem
Wasser natürlich auch 20 g. Ebenso kann die Natronlauge ge-
wogen werden, weil auch der Aether und das Chloroform gewogen
werden.
2. Es ist nicht zweckmäßig, nach dem Erhitzen das Glas
sofort durch Wasser abzukühlen, man läßt es besser etwa eine
Stunde ruhig stehen. Wir fanden in einigen Fällen bei wozn
Abkühlung etwas niedrigere Werte.
3. Zum Filtrieren kann man statt der Watte auch ein Falten-
filter von etwa 10 cm Durchmesser nehmen. Ein Bedecken des
Filters, wie es im Arzneibuch bei den meisten Alkaloidbestim-
mungen vorgeschrieben ist, ist nicht nötig, weil der Aether so
rasch durchläuft, daß man kaum Zeit hat, ein Uhrglas aufzulegen.
134 G. Frerichs u. E. Mannheim: Hämatoxylin als Indikator.
4. Vordem Abdunsten des Aether-Chloroformgemisches setzen
wir diesem etwa 10 ccom Weingeist hinzu und geben in den
Kolben einige Sandkörnchen. Durch den Weingeistzusatz wird
ein Verspritzen der Alkaloide verhütet, das sonst sehr leicht eintritt,
ehe die letzten Anteile der Flüssigkeit verdampft sind. Das Spritzen
ist häufig so heftig, daß beträchtliche Mengen von Alkaloid aus
dem Kolben herausgeschleudert werden. Außerdem wird durch
den Weingeistzusatz erreicht, daß das Chloroform viel leichter
entfernt wird. Die Dämpfe des höher siedenden Weingeistes ver-
treiben das Chloroform viel rascher, als das auch vorgeschlagene
wiederholte Abdampfen des Rückstandes mit Aether. Der Wein-
geist braucht nicht vollständig bis zur Trockne verdampft zu werden,
der Chloroformgeruch muß aber vollständig verschwunden sein.
Wir fanden in einer Reihe von Versuchen nach diesem Ver-
fahren in der einen Rinde 5,40 und 5,48% und in der anderen
8,80% Alkaloide. Auf Grund unserer Versuche schlagen wir für die
nächste Ausgabe des Arzneibuches das Verfahren von Fromme
in folgender Fassung vor:
»2,d g fein- oder grobgepulverte China-
rinde werden in einem Arzneiglas von 200 ccm Inhalt mit einer
Mischung von 2,5 g Salzsäure und 20 g Wasser 10 Minuten
im Wasserbade erhitzt. Das Glas wird dann zur Abkühlung etwa
eine Stunde lang ruhig stehen gelassen. Darauf werden in das
Arzneiglas 25 g Chloroform, 50 g Aether und nach dem
Durchschütteln 5 g Natronlauge gebracht und das Gemisch
während 10 Minuten öfters kräftig geschüttelt. Hierauf werden
15 g Traganthpulver zugesetzt und nach kräftigem
Schütteln 60 g (= 2 g Rinde) des Aether-Chloroformgemisches in
einem Erlenmeyerkolben von etwa 200 cem abfiltriert. Nach Zu-
satz von etwa 10 ccm Weingeist und einigen Sandkörnchen wird
das Aether-Chloroformgemisch abgedampft, bis der Kolbeninhalt
keinen Geruch nach Chloroform mehr zeigt. Der Rückstand wird mit
etwa 10 ccm Weingeist versetzt und, wenn nötig, bis zur Auflösung
der ausgeschiedenen Alkaloide erwärmt. Dann fügt man etwa
10 ccm Wasser und drei Tropfen Hämatoxylinlösung (1 : 100 Wein-
geist, alt oder frisch) hinzu, schwenkt die Flüssigkeit etwa 1, Minute
um und titriert mit !/,„-N.-Salzsäure bis zur bräunlichroten Färbung
der Flüssigkeit. Darauf fügt man weiter etwa 50 ccm Wasser hinzu
und titriert weiter bis zum Umschlag in Gelb. Es dürfen nicht
weniger als 42 ccm !/,o-N.-Salzsäure verbraucht werden = min-
.destens 6,5%, Alkaloide, 1 ccm !/,„-N.-Salzsäure = 31 mg Alkaloid
gerechnet.
G. Frerichs u. E. Mannheim: Hämatoxylin als Indikator. 135
Nach den von Fromme ausgeführten Versuchen bietet das
Verfahren noch den Vorteil, daß es auch für grobes Pulver
anwendbar ist. Das ist von Wichtigkeit, weil es nicht so leicht ist,
Chinarinde, die in einer anderen Zerkleinerungsform vorliegt, restlos
in feines Pulver zu verwandeln. Man kann also das mittelfeine
oder grobe Pulver, das vom Arzneibuch für die Herstellung der
Chinaextrakte und Tinkturen vorgeschrieben ist, ohne weiteres
nach diesem Verfahren untersuchen.
Zusammenfassung.
1. Die indirekte Titration der Chinaalkaloide mit frisch
bereiteter Hämatoxylinlösung als Indikator nach der Vorschrift
des Deutschen Arzneibuches ist nicht möglich.
2. Die indirekte Titration der Chinaalkaloide mit Hämateln
enthaltender Hämatoxylinlösung ist unzuverlässig.
3. Die direkte Titration der Chinaalkaloide mit !/,o-N.-Salz-
säure und frischer oder alter Hämatoxylinlösung als Indikator ist
einfacher und sicherer als die indirekte Titration.
4. Der Zusatz von Aether bei der direkten Titration nach
dem Vorschlag von Fromme ist überflüssig und nicht zweck-
mäßig. .
5. Als Indikatorlösung wird eine vorrätig zu haltende Lösung
von Hämatoxylin in Weingeist, 1: 100, empfohlen.
6. Die Bestimmung des Alkaloidgehaltes der Chinarinde
nach der Vorschrift des Deutschen Arzneibuches liefert. meist viel
zu niedrige Ergebnisse, weil die Alkaloide beim Ausziehen der Rinde
nicht vollständig in Lösung gehen.
7. Das von Fromme angegebene Verfahren — Vor-
behandlung der Rinde mit salzsäurehaltigem Wasser — ist einfach
und zuverlässig.
8. Die von Gaze angegebene Abänderung der Vorschrift
des Arzneibuches — Verminderung der Menge der Rinde und Zu-
satz von Weingeist — kann bei Rinden mit hohem Alkaloidgehalt
niedrigere Werte liefern, als das From me’sche Verfahren.
9. Die umständliche Reinigung der Alkaloide nach der Vor-
schrift des Arzneibuches ist überflüssig. Die nach dem Fromme-
schen Verfahren isolierten Rohalkaloide können ohne Reinigung
direkt titriert werden.
136 H. Beckurts und G. Frerichs: Thioglykolsäure.
„Mitteilungen aus dem Pharmazeutischen Institut
der. Herzoglichen Technischen Hochschule in Braunschweig:
Von H. Beekurts.
Ueber das p-Anisidid und das p-Phenetidid
der Thioglykölsäure.
Von H. Beekurts und G. Frerichs.
(Eingegangen den 25. III. 1915.)
Vor. einer Reihe von Jahren haben. wir die. Verbindung ein-
gehend untersucht, die durch Umsetzung von chloressigsaurem
Anilin.und Kaliumrhodanid in wässeriger ‚Lösung beim. Erhitzen
entsteht. Rizzo!) hatte diese Verbindung bereits. früher als
CH,CO.NHC,H,
Carbaminthioglykolsäureanilid: |
ie oe © SCONH,
erkannt. 2
Wir fanden, daß aus dieser Verbindung durch die Einwirkur. ng
von Ammoniak: sehr leicht Cyansäure, CONH, abgespalter. und auf
diese Weise Thioglykolsäureanilid, HS.CH,CO.NHC,H,
gebildet wird. Das Thioglykolsäureanilid ist vermöge seiner SH-
Gruppe zu einer großen Zahl von Umsetzungen befähigt. Das
Wasserstoffatom dieser Gruppe läßt sich durch Alkylgruppen und
durch andere Gruppen mit Leichtigkeit ersetzen. Eine Anzahl
solcher Abkömmlinge des Thioglykolsäureanilids haben wir ein-
gehend untersucht.
Auf unsere Veranlassung hat R. Heyser die Uhkerstählii
auch auf das p-Anisidid und das p- Phenetidid der
Thioglykolsäure ausgedehnt.
Erhitzt man eine alkoholische Lösung von chloressigsaurem
p-Anisidin nach Zusatz der berechneten Menge Kaliumrhodanid
zum Sieden, so scheidet sich in kurzer Zeit Kaliumchlorid aus. Auf
Zusatz von Wasser geht dieses in Lösung und das p-Anisidid
CH,CO.NHC, H, ne
da Carbaminthioglykolsäure: |
SCONH,
scheidet sich aus. mo
1) Gazz. chim. ital. 28, I., 356; Chem. Centralbl. 1898, I., 296.
H. Beckurts und G. Frerichs: Thioglykolsäure. 137
Erhitzt man dieses mit wässeriger Ammoniakflüssigkeit, so
wird Cyansäure abgespalten und es entsteht Thioglykol-
säure-p-Anisidid, HS.CH,CO.NHC,H,OCH,. Verwendet
man an Stelle von p-Anisidin das p-Phenetidin, so erhält man das
entsprechende p-Phenetidid. Die weitere Untersuchung dieser Ver-
bindungen zeigte, daß sie sich in ganz gleicher Weise verhalten,
wie das von uns näher untersuchte Anilid.
Experimenteller Teil.
Carbaminthioglykolsäure-p-Anisidid,
CH,C0.NHC,H,OCH,
SCONH,.
37 g p-Anisidin wurden in etwa 150 ccm Alkohol gelöst, 28,5 g
Mönochloressigsäure hinzugefügt und bis zur Lösung erwärmt;
darauf die Lösung mit 29,1 g Rhodankalium auf dem Wasserbade
am Rückflußkühler erhitzt, bis sich Chlorkalium abgeschieden
hatte. Nach dem Erkalten wurde die zu einem Krystallbrei erstarrte
Reaktionsflüssigkeit abgesogen, mit Alkohol gewaschen, darauf zur
Entfernung des Chlorkaliums mit Wasser gut ausgewaschen. Aus
reinem Alkohol umkrystallisiert, wurde die Verbindung in Form
farbloser, flacher Nadeln erhalten, die bei 160—161° schmolzen.
In Wasser ist Carbaminthioglykolsäure-p-Anisidid unlöslich, in
kaltem Alkohol schwer, in heißem Alkohol leicht löslich.
0,1762 g gaben 0,3278 g CO, = 0,0894 gC — 50,7% C und
0,0741 & H,O = 0,00823 g H-—= 4,67% H. t
Berechnet für C,,H1:N,SO;: Gefunden:
C; = 50,00 50,70%
H=_500,.. 4,67%
Thioglykolsäure-p-Anisidid,
HS.CH,CO.NHC,H,OCH,,
25 g Carbaminthioglykolsäure-p-Anisidid wurden mit etwa
125 ccm 10%iger Ammoniakflüssigkeit erhitzt, und die Lösung
von dem ungelöst gebliebenen Anteil in ein geräumiges Becherglas
filtriert, in. welchem aus Ammoniumkarbonat und Salzsäure eine
Kohlensäureatmosphäre erzeugt war, die durch den Trichter
möglichst von der atmosphärischen Luft abgeschlossen war. Durch
Zusatz von Salzsäure wurde das Thioglykolsäureanisidid abge-
schieden. Es wurde aus reinem Alkohol umkrystallisiert in Form
derber Krystallnadeln erhalten, die bei 116° schmolzen, in kaltem
Alkohol wenig löslich, in warmem Alkohol und Eisessig löslich,
in Wasser unlöslich waren.
138 H. Beckurts und G. Frerichs: Thioglykolsäure.
1. 0,1806 g gaben 0,3618 g CO, = 0,09867 g C
= 54,63% C
und 0,0816 g H,O = 0,003066 g H = 5,02% H
2. 0,2499 g gaben 0,3031 g BaSO, = 0,04162 g S = 16,66% 8.
Berechnet für C,H,,NSO;: Gefunden:
C = 54,82 54,63%
H= 5,7 5,02%
S = 16,24 16,66%
Dithioglykolsäure-p-Anisidid,
S.CH,CO.NHC,H,OCH,
N .CH,CO.NHC,H,OCH,.
Eine alkoholische Lösung von Thioglykolsäure-p-Anisidid
wurde mit Eisenchloridlösung im Ueberschuß versetzt und dann
Wasser hinzugefügt. Der entstandene krystallinische Niederschlag
wurde aus reinem Alkohol umkrystallisiert und bildete so kleine
farblose Nadeln, die bei 185° schmolzen, in kaltem Alkohol wenig
löslich, in heißem Alkohol und Eisessig hingegen leicht löslich,
unlöslich in Wasser waren.
0,1713 g gaben 0,2062 g BaSO, = 0,0284 gS = 16,53% S
Berechnet für C,,H.N58;0;: Gefunden:
S = 16,32 16,53%
Methylthioglykolsäure-p-Anisidid,
CH,S.CH,CO.NHC,H,0CH,.
2 g Thioglykolsäure-p-Anisidid wurden in 20 ccm alkoholischer
1,-N.-Kalilauge gelöst, und die Lösung mit 1,42 g Jodmethyl ver-
setzt. Das Ganze wurde in ein Glasrohr eingeschmolzen und längere
Zeit im Wasserbade erhitzt. Als eine Probe des Reaktionsgemisches
eine Reduktion von ammoniakalischer Kupferlösung nicht mehr
herbeiführte, wurde der Inhalt des Rohres in ein Becherglas gegossen
-und Wasser bis zur milchigen Trübung hinzugesetzt. Der Körper
schied sich zunächst ölig ab, wurde aber nach einiger Zeit fest.
Durch Lösen in Alkohol und Wasserzusatz bis zur Trübung wurde
der Körper gereinigt. Nach dem Umkrystallisieren konnte man
unter dem Mikroskop kleine farblose Nadeln erkennen. Dieselben
sind in kaltem Alkohol löslich, in Wasser so gut wie unlöslich und
schmelzen bei 94°. |
Aethylthioglykolsäure-p-Anisidid,
C,H,S.CH,CO ..NHC,H,OCH,.
2 g Thioglykolsäure-p-Anisidid wurden mit 20 ccm alkoholi-
scher %4,-N.-Kalilauge und 1,54 g Jodäthyl auf dem Wasserbade
H. Beckurts und G. Frerichs: Thioglykolsäure. 139
am Rückflußkühler erhitzt. Nach vollendeter Reaktion schied sich
auf Wasserzusatz nach längerem Stehen ein Körper ab, welcher
in der Weise umkrystallisiert wurde, daß er in Alkohol gelöst und die
Lösung mit Wasser bis zur Trübung versetzt wurde. Einige zurück-
behaltene Krystalle wurden eingetragen, worauf kleine nadel-
förmige Krystalle entstanden, die in Alkohol löslich, in Wasser
unlöslich waren und bei 68° schmolzen.
0,1456 g gaben 0,3145 g CO, = 0,08577 g C = 58,90% C und
0,0868 g H,O = 0,0091 g H = 6,62% H.
Berechnet für C,,H,NSO;: Gefunden:
C = 58,66 58,90%
H= 6,66 6,62%
Isopropylthioglykolsäure-p-Anisidid,
C,H,S.CH,CO .NHC,H,0CH;.
Es wurde in gleicher Weise wie die vorigen Alkylderivate
aus 2 g Thioglykolsäure-p-Anisidid, 20 ccm alkoholischer 1,-N.-
Kalilauge und 1,23 g Isopropylbromid dargestellt. Nach voll-
endeter Reaktion wurde das Isopropylthioglykolsäure-p-Anisidid
mit Wasser abgeschieden und durch Lösen in Alkohol und
nachherigem Wasserzusatz bis zur Trübung umkrystallisiert.
Die Verbindung wurde so in kleinen nadelförmigen Krystallen
erhalten, die in Alkohol löslich, in Wasser unlöslich waren und
bei 58° schmolzen.
0,1294 g gaben 0,1293 g BaSO, = 0,017755 g S = 13,73% 8.
Berechnet für C,,H,;NSO;: Gefunden:
73.88 13,73%
Isobutylthioglykolsäure-p-Anisidid,
C,H,S.CH,CO.NHC,H,OCH,.
2 g Thioglykolsäure-p-Anisidid wurden in 20 ccm alkoholischer
1,-N.-Kalilauge gelöst, und die Lösung mit 0,93 g Isobutylchlorid
auf dem Wasserbade am Rückflußkühler erwärmt, bis Chlorkalium
sich abgeschieden hatte, und eine Probe des Reaktionsgemisches
ammoniakalische Kupfersulfatlösung nicht mehr entfärbte. Die
in der erkalteten Reaktionsflüssigkeit ausgeschiedenen Krystalle
wurden durch Zusatz von Wasser noch vermehrt. Durch Um-
krystallisieren aus 80%igem Alkohol wurden dieselben gereinigt,
und so flache farblose Blättchen erhalten, die bei 86° schmolzen.
In heißem Alkohol und Essigsäure ist die Verbindung löslich, in
140 H. Beckurts und G. Frerichs: Thioglykolsäure.
kaltem, reinem und verdünntem Alkohol schwer löslich, in Wasser
unlöslich.
0,1724 g gaben 0,3874 g CO, = 0,10565 g C = 61,28% C und
0,1138 g H,O = 0,012644 g H = 7,33% H. |
Berechnet für C,;H,NSO;: Gefunden: °
—= 61,66 61,28%
H—= TR 7,33%
Benzylthioglykolsäure-p-Anisidid,
C,H,CH,S.CH,CO.NHC,H,OCH,.
Aequivalente Mengen Thioglykolsäure-p-Anisidid, alkoholische
Kalilauge und Benzylchlorid wurden auf dem Wasserbade erhitzt,
bis eine Probe der Reaktionsflüssigkeit ammoniakalische Kupfer-
sulfatlösung nicht mehr reduzierte. Die nach dem Erkalten reich-
lich ausgeschiedenen Krystalle wurden gewaschen und aus 80%igem
Alkohol umkrystallisiert und stellten so nadelförmige Krystalle dar,
die in heißem Alkohol löslich, in Wasser unlöslich waren, in kaltem
und verdünntem Alkohol wenig löslich. Benzylthioglykolsäure-
p-Anisidid schmilzt bei 82°.
0,1883 g gaben 0,4625,g CO, = 0,12613 g C — 66,98% C und
0,0993 g H,O = 0,01108 g H = 5,86% H.
Pr
Berechnet für C,,H,,NSO;: Gefunden:
C = 66,90 66,98%
H= 592 5,86%
Aethylenthioglykolsäure-p-Anisidid,
CH,S.CH,CO.NHC,H,OCH,
|
CH,S.CH,CO.NHC,H,0CH,.
Das Aethylenderivat wurde wie die vorher beschriebenen
Verbindungen aus äquivalenten Mengen Aethylenbromid, alkoho-
lischer Kalilauge und Thioglykolsäure-p-Anisidid dargestellt. Nach
längerem Erhitzen wurde ammoniakalische Kupfersulfatlösung von
einer Probe des Reaktionsgemisches nicht mehr reduziert. Der
entstandene Körper war schwer in Alkohol löslich. Aus Eisessig
umkrystallisiert, wurde derselbe in Form mikroskopisch kleiner,
aber derber Krystallnadeln erhalten, die bei 177—178° schmolzen.
0,1752 g gaben 0,3688 g CO, = 0,10058 g C — 57,35% C und
0,0830 g H,O = 0,00922 g H = 5,26%, H. |
Berechnet für 0,,H,N58;0;: Gefunden:
6 57,14 57,35%,
H= 571 5,26%
H. Beckurts und G. Frerichs: Thioglykolsäure, 141
Propylenthioglykolsäure-p-Anisidid,
CH _S-CH,C0 .NHC,H,OCH,
67 8,CH,CO.NHC,H,OCH,.
Es wurde aus 2 g Thioglykolsäure-p-Anisidid, 20 ccm alkoho-
lischer Kalilauge (1, n) und 1,01 g Propylenbromid dargestellt. In
der erkalteten Reaktionsflüssigkeit hatte sich neben Chlorkalium eine
kleine Menge des Körpers ausgeschieden, es wurde dann Wasser
hinzugefügt, bis die Mutterlauge auf erneutem Wasserzusatz nicht
mehr getrübt wurde. Aus 60%igem Alkohol wurde die Verbindung
umkrystallisiert und wurde so als Krystallmehl erhalten, welches
in reinem und auch in heißem verdünnten Alkohol löslich, in
Wasser unlöslich war und bei 103° schmolz.
Trimethylenthioglykolsäure-p-Anisidid,
CH,< CH,S.CH,CO.NHC,H,OCH,
CH,S.CH,CO.NHC,H,OCH,.
Durch Erwärmen einer Lösung von 2 g Thioglykolsäure-
p-Anisidid mit 20 ccm alkoholischer 1,-N.-Kalilauge, welcher 1,01 g
"Trimethylenbromid hinzugefügt war, wurde Trimethylenthioglykol-
säure-p-Anisidid erhalten. Aus 60%igem Alkohol umkrystallisiert,
wurde die Verbindung in Form feiner Krystallblättchen erhalten,
die in reinem und heißem verdünnten Alkohol löslich, in Wasser
anlöslich waren und bei 139° schmolzen.
Dimethylmethylenthioglykolsäure-p-Anisidid,
Thioglykolsäure-p-Anisidid wurde in überschüssigem Aceton
gelöst, in die Lösung einige Minuten lang Salzsäuregas eingeleitet,
und die hierbei von selbst erwärmte Lösung nach dem Erkalten in
Wasser gegossen. Es schieden sich sogleich reichlich Krystalle ab, die
aus reinem Alkohol umkrystallisiert, kleine feine Nadeln darstellten,
die bei 168° schmolzen, in heißem Alkohol und Eisessig löslich
waren, in verdünntem und kaltem Alkohol sich nur wenig lösten,
in Wasser unlöslich waren.
0,1500 g gaben 0,3214 g CO, = 0,087654 g C = 58,1% C und
0,0749 g H,O = 0,008322 g H = 5,55%, H.
Berechnet für C,,H,;N58;0;: Gefunden:
C = 58,07 58,10%
H = 5,99 5,54%
142 H. Beckurts und G. Frerichs: Thioglykolsäure,
Oxäthylthioglykolsäure-p-Anisidid,
OHCH,CH,S.CH,CO.NHC,H,OCH;,.
2 g Thioglykolsäure-p-Anisidid wurden in 20 cem alkoholischer
1,-N.-Kalilauge gelöst, 0,8 g Aethylenchlorhydrin hinzugefügt,
und das Ganze längere Zeit am Rückflußkühler erwärmt, bis.
ammoniakalische Kupfersulfatlösung durch eine Probe der Re-
aktionsflüssigkeit nicht mehr entfärbt wurde. Zusatz von Wasser
veranlaßte keine Abscheidung in dem Reaktionsgemisch; erst nach:
dem Verjagen der Hauptmenge des Alkohols fand eine Abscheidung:
von blättehenförmigen Krystallen in der erkalteten Lösung statt.
Durch Umkrystallisieren aus stark verdünntem Alkohol wurden
dieselben gereinigt. Die Verbindung ist in reinem, wie auch in
stark verdünntem Alkohol löslich und schmilzt bei 78°.
0,1760 g gaben 0,1688 g BaSO, = 0,02314 gS = 13,14% 8.
Berechnet für C,,H,,NS0;: Gefunden:
S = 13,27 13,14%
Carboxäthylthioglykolsäure-p-Anisidid,
C,H,0.0CS.CH,CO .NHC,H,OCH;,.
Beim Mischen einer Lösung von 2 g Thioglykolsäure-p-Anisidid
in 20 cem alkoholischer 4;-N.-Kalilauge mit 1,08 g chlorkohlen-
saurem Aethyl trat bereits eine Umsetzung ein, es wurde noch
einige Zeit auf dem Wasserbade erhitzt, bis ammoniakalische-
Kupferlösung nicht mehr reduziert wurde. Durch Zusatz von
Wasser wurde der Körper völlig abgeschieden. Umkrystallisiert
wurde derselbe durch Lösen in Alkohol und Wasserzusatz bis zur
Trübung, und wurde so in Form flacher Nadeln erhalten, die bei
90° schmolzen und in reinem kalten Alkohol, wie auch in heißem
verdünnten Alkohol löslich waren.
0,1771 g gaben 0,1538 g BaSO, = 0,02112 gS = 11,92% S
Berechnet für C,5H,,NSO;: Gefunden:
S = 11,89 11,92%
Thiodiglykol-p-Anisididsäureamid,
ge CH,CO.NHC,H,0CH,
CH,CO.NH,.
2 g Thioglykolsäure-p-Anisidid wurden in 20 ccm alkoholischer-
1,-N.-Kalilauge gelöst, und die Lösung mit 0,93 g Chloracetamid
auf dem Wasserbade bis zur Vollendung der Reaktion erhitzt..
Die durch Wasserzusatz ausgeschiedene Verbindung wurde durch.
H. Beckurts und G. Frerichs: Thioglykolsäure. 143
Umkrystallisieren aus reinem Alkohol in kleinen Krystallen erhalten,
die unter dem Mikroskop als kleine flache Nadeln zu erkennen
waren, bei 148° schmolzen, und in heißem Alkohol leicht, in
kaltem und verdünntem Alkohol schwerer löslich, in Wasser un-
löslich waren.
1. 0,1630 g gaben 0,1514 g BaSO, = 0,02079 gS = 12,75% 8.
2. 0,2203 g gaben bei 20° und 758 mm Druck 22,5 ccm feuchten
N = 0,02565 N = 11,65%, N
Berechnet für C,,H,,N;SO;: Gefunden:
N = 11,02 11,65%
S = 12,60 12,75%
Thioglykol-«-Laktylsäuremonoanisidid,
«_CH,CO .NHC,HJOCH,
CHCOOH
CH,
3 g Thioglykolsäure-p-Anisidid wurden mit 2,3 g a-Brom-
propionsäure und 60 ccm alkoholischer 1,-N.-Kalilauge auf dem
Wasserbade am Rückflußkühler erhitzt, bis eine Probe der Re-
aktionsflüssigkeit ammoniakalische Kupfersulfatlösung nicht mehr
reduzierte. Die entstandene Lösung des Kaliumsalzes wurde ein-
gedampft, der Rückstand mit Wasser aufgenommen, und nach dem
Filtrieren die freie Säure mit Salzsäure gefällt. Es entstand zunächst
eine ölige Abscheidung. Ein Teil des öligen Körpers wurde auf
einem Uhrglase gerieben, und nachdem derselbe hierdurch fest
‘ geworden, der übrigen Menge zugesetzt, die darauf auch bald er-
starrte. Aus 60%igem Alkohol wurde der Körper umkrystallisiert
und in Form ziemlich langer feiner Nadeln erhalten, die bei 121°
schmolzen und sich in einer Lösung von kohlensauren Salzen unter
Aufbrausen lösten. In reinem Alkohol, wie auch in verdünntem
heißen Alkohol war die Säure ebenfalls löslich.
1. 0,2224 g gaben 0,4366 g CO, = 0,11907 g C = 53,53% C
und 0,1042 g H,O = 0,011577 g H = 5,2% H.
2. 0,1967 g gaben 0,1656 g BaSO, = 0,022742 g S = 11,56% 8.
Berechnet für C,H,;N.SO;: Gefunden:
C.='53,53 53,53%
H =. 5,57 5,20%
S = 11,89 11,56%
144 H. Beckurts und G. Frerichs: Thioglykolsäure.-
CGarbaminthioglykolsäure-p-Phenetidid,
. -CH,C0.NHC,H,0C;,H,:
|
SCONH,. kanalien
27,4 g p-Phenetidin wurden in eine alkoholische Lösung von
9,5 g Chloressigsäure eingetragen und nachdem durch Erwärmen
die völlige Lösung des chloressigsauren Phenetidins eingetreten
war, wurden 20 g Rhodankalium hinzugefügt, und das Gemisch
einige Zeit auf dem Wasserbade erhitzt. Es trat sehr bald Ab-
scheidung von Chlorkalium ein, und beim Abkühlen erstarrte die
ganze Reaktionsflüssigkeit zu einer aus’ weißen blättchenförmigen
Krystallen bestehenden Masse. Die ausgeschiedenen Krystalle
wurden abgesogen, zunächst zur Entfernung der Mutterlauge mit
Alkohol, dann zur Entfernung des Chlorkaliums mit Wasser ge-
waschen und darauf aus reinem Alkohol umkrystallisiert. Die Ver-
bindung bildet glänzende Blättchen, welche bei 123° schmelzen,
schwer in kaltem, leichter in heißem Alkohol löslich, in Wasser
dagegen unlöslich sind.
1. 0,2028 g gaben 0,3864 g CO, = 0,10533 g C = 51,91% C
und 0,1038 g H,O = 0,01153 g H =, 5,68% H.
2. 0,2009 g gaben 0,1868 g BaSO, = 0,02565 g S = 12,76% 8.
|
Berechnet für C,,H,,N5S0O;: Gefunden:
C = 51,96 51,91%
I ‚855133. 5,68%
8 112560 12,76%
Thioglykolsäure-p-Phenetidid,
HSCH,CO .NHC,H,0C,H,.
25 g Carbaminthioglykolsäure-p-Phenetidid wurden mit etwa
125 ccm Ammoniakflüssigkeit (10% NH,) auf freier Flamme so lange
erhitzt, bis fast völlige Lösung eingetreten war. Die Lösung wurde
dann in ein geräumiges Becherglas filtriert, in welchem vorher aus
etwas kohlensaurem Ammonium und Salzsäure eine Kohlensäure-
atmosphäre erzeugt war. Nach dem Erkalten des Filtrats wurde
dasselbe mit Salzsäure versetzt, wodurch eine reichliche kry-
stallinische Abscheidung entstand, während lebhafte Gasent-
wickelung auftrat. Die abgesogenen Krystalle wurden mit Wasser
gewaschen und aus 80%,igem Alkohol umkrystallisiert. Der Körper
besteht aus farblosen Krystallblättchen, die bei 117° schmelzen,
sich leicht in Alkohol lösen, in kaltem Wasser aber unlöslich sind.
1. 0,1959 g gaben 0,4085 g CO, = 0,1114 gC = 56,86% C und
0,1068 g H,O = 0,01186 gH = 6,05% H.
H. Beckurts und G. Frerichs: Thioglykolsäure. 145
2. 0,1468 g gaben 0,1639 g BaSO, = 0,0225 g S = 15,33% 8.
Berechnet für C,,H,;SNO;: Gefunden:
C — 56,87 56,86%,
2736,10 6,05%
S = 15,16 15,33%
Dithioglykolsäure-p-Phenetidid,
S.CH,CO.NHC,H,0C,H,
|
S.CH,CO..NHC,H,0C,H,.
4 g Thioglykolsäure-p-Phenetidid wurden in Ammoniak gelöst
und die Lösung mit Kupfersulfatlösung versetzt; es entstand ein
dunkelbrauner Niederschlag, welcher abgesogen wurde. Durch
Ausziehen des Niederschlages mit heißem Alkohol wurde das
Dithioglykolsäure-p-Phenetidid erhalten, während ein amorphes,
gelbbraunes Pulver zurückblieb, welches aus Cuprothioglykolsäure-
p-Phenetidid bestand.
CuS.CH,CO.NHC,H,0C,H,
|
CuS.CH,CO.NHC,H,0C,H,,.
Das Dithioglykolsäure-p-Phenetidid entsteht auch leicht durch
Oxydation des Thioglykolsäure-p-Phenetidids in alkalischer Lösung
durch den Sauerstoff der Luft, und bildet sich daher auch als Neben-
produkt bei der Darstellung des Thioglykolsäure-p-Phenetidids.
Am einfachsten erhält man das Dithioglykolsäure-p-Phenetidid,
wenn man eine alkoholische Lösung von Thioglykolsäure-p-Phenetidid
mit Eisenchloridlösung versetzt. Das Eisenchlorid wird hierbei zu
Eisenchlorür reduziert, es tritt aber nicht wie beim Kupfer Eisen
an Stelle des Wasserstoffatoms der SH-Gruppe, sondern es bildet
sich nur die Dithioverbindung. Das Dithioglykolsäure-p-Phenetidid
wurde aus Eisessig umkrystallisiert und stellte so feine Nadeln dar,
die in heißem Alkohol und in heißem Eisessig löslich, in kaltem
Alkohol schwer löslich, in Wasser aber unlöslich waren und bei 186°
schmolzen.
1. 0,2086 g gaben 0,4405 g CO, = 0,120136 g ©
und 0,1058 g H,O = 0,01175 g H = 5,63% H.
2. 0,1324 g gaben 0,1468 g BaSO, = 0,02016 gS
57,54% C
15,22% 8.
Berechnet für C,,H,,9;N5:0;: Gefunder:
G:—=,57,14 57,54%,
H= 5,71 5,63%
S. — 15,23 15,22%
Arch. d. Pharm. CCLIII. Bds. 2. Heft. 10
146 H. Beckurts und G. Frerichs: Thioglykolsäure.
Methylthioglykolsäure-p-Phenetidid, .
CH,S.CH,CO .NHC,H,0C;H,.
2,1 g p-Phenetidid wurden mit 20 cem alkoholischer %,-N.-
Kalilauge und 1,42 g Methyljodid in ein Rohr eingeschmolzen und
längere Zeit im Wasserbade erwärmt, bis das Reaktionsgemisch
ammoniakalische Kupferlösung nicht mehr reduzierte. Der Inhalt
des Rohres wurde in ein Becherglas gegossen und mit Wasser bis
zur Trübung versetzt, worauf nach kurzem Stehen sich nadelförmige
Krystalle ausschieden, die durch weiteren: Wasserzusatz sich noch
vermehrten. Um den Körper zu reinigen, wurde derselbe in wenig
Alkohol gelöst und Wasser bis zur Trübung hinzugesetzt; es wurden
auf diese Weise ziemlich lange, spitze Nadeln erzielt, die in Alkohol
leicht, in Wasser hingegen so gut wie unlöslich waren und bei 63°
schmolzen.
0,1218 g gaben 0,2624 g CO, = 0,07216 g C = 59,24% C und
0,0724 g H,O = 0,008044 g H = 6,60%, H
Berechnet für C,,H,;NSO;: Gefunden:
C = 58,66 59,24%
H= 6,66 6,609,
Aethylthioglykolsäure-p-Phenetidid,
C,H,S.CH,CO.NHC,H,0C,H,.
2,1 g Thioglykolsäure-p-Phenetidid wurden in 20 ecm alkoho-
lischer 15-N.-Kalilauge gelöst und 1,09 g Aethylbromid hinzugefügt.
Nach einigem Erhitzen dieses Gemisches im Wasserbade schied sich
Bromkalium neben geringen Mengen des gebildeten Körpers ab, die
Flüssigkeit reduzierte ammoniakalische Kupfersulfatlösung nicht
mehr. Auf Zusatz von Wasser schied sich der Körper aus und wurde
nach längerem Stehen abgesogen. Durch verdünnten Alkohol wurde
die Mutterlauge entfernt, darauf mit Wasser zur Entfernung des
Bromkaliums nachgewaschen.‘ Der Körper wurde umkrystallisiert
durch Lösen in Alkohol und Wasserzusatz bis zur Trübung. Die
aus: Blättchen bestehenden Krystalle lösen sich leicht in heißem
Alkohol, etwas schwerer in Alkohol, in kaltem Wasser er sie
unlöslich. Der Körper schmolz bei 87°.
1. 0,1883 g gaben 0,4165 g CO, = 0,1139 gC = 60 32% © und
0,1225 g H,O = 0,01361 g H = 7,22% H
2. 0,1696 g gaben 0,1680 & BaSO, — 0,02307 g 8 = 13,6% 8.
Berechnet für C,,H,;NSO;: Gefunden:
C = 60,25 6032%,
H= 711 7,22%
S = 13,39 13,60%
en ee ee ee ee
Be N a ee. re ee
H, Beekurts und G. Frerichs: Thioglykolsäure. 147
Isopropylthioglykolsäure-p-Phenetidid,
C,H.S.CH,CO.NHC,H,0C,H,,.
1 g Thioglykolsäure-p-Phenetidid wurde auf dem Wasserbade
mit 20 cem alkoholischer 15-N.-Kalilauge und 1,23 g Isopropyl-
bromid erhitzt, bis durch eine Probe des Reaktionsgemisches
ammoniakalische Kupfersulfatlösung nicht mehr reduziert wurde.
Auf Wasserzusatz schied sich der Körper aus. Durch Lösen des
gesammelten und mit Wasser gewaschenen Körpers in Alkohol
und Wasserzusatz bis zur Trübung wurden. kleine ‚nadelförmige
Krystalle erhalten. die bei 99—100° schmolzen.
1. 0,1808 g gaben 0,4064 g CO, = 0,11083 g C = 61,3% C
und 0,1168 & H,O — 0,0129” gH = 7,17% H.
2. 0,1740 g gaben 0,1615 g BaSO, = 0,02218 g S = 12,74% 3.
Berechnet für C,H, NS0O;: Gefunden:
&ı= 61,66 61,30%
AN HTE 7,17%
S = 12,64 12,74%
Isobutylthioglykolsäure-p-Phenetidid,
C,H,S.CH,CO .NHC,H,OC,H,.
Dieser Körper wurde aus 2,1 g Thioglykolsäure-p-Phenetidid,
20 ccm alkoholischer 1,-N.-Kalilauge und 0,92 g Isobutylchlorid
dargestellt. Da auch nach längerem Erwärmen des Gemisches auf
dem Wasserbade ammoniakalische Kupferlösung noch reichlich
reduziert wurde, wurde das Reaktionsgemisch in ein Glasrohr
eingeschmolzen und längere Zeit im Wasserbade erhitzt, In dem
Reaktionsgemisch hatten sich. reichlich Krystalle abgeschieden,
welche durch Wasserzusatz vermehrt wurden. Durch Umkrystalli-
sieren aus etwa 60%,igem Alkohol ‚wurde der. Körper in kleinen
Krystallen erhalten, die in reinem und verdünntem Alkohol löslich,
in Wasser hingegen unlöslich waren und bei 106—107° schmolzen.
1. 0,1517 g gaben 0,3528 g CO, = 0,0962 gC = 63,42% C und
0,1015 g H,O = 0,01127 g H = 7,43% H.
2. 0,1425 g gaben 0,1286 g BaSO, = 0,01127. g $S = 12,39% 8.
Berechnet für C,,H,,NSO;: Gefunden:
C = 62,92 63,42%
H= 7,86 7,43%
S = 12,00 12,39%
Benzylthioglykolsäure-p-Phenetidid,
C,H,CH,S.CH,CO ..NHC;H,0C,H,..
Dasselbe wurde in gleicher Weise, wie die vorher beschriebenen
Alkylderivate aus 2,1 g Thioglykolsäure-p-Phenetidid, 20 ccm
10*
148 H. Beckurts und G. Frerichs: Thioglykolsäure.
alkoholischer 15-N.-Kalilauge und 1,14 g Benzylchlorid durch
Erwärmen auf dem Wasserbade am Rückflußkühler erhalten.
Durch Umkrystallisieren aus reinem Alkohol wurde das Benzyl-
thioglykolsäure-p-Phenetidid in feinen, farblosen Krystallnadeln
erhalten. In heißem Alkohol sind dieselben löslich, in kaltem
Alkohol schwer, in Wasser hingegen unlöslich. Die Verbindung
schmilzt bei 111°.
1. 0,1850 g gaben 0,4564 g CO, — 0,1245 g C = 67,3% C und
0,0962 g H,O = 0,0107 g H = 5,78%, H.
2. 0,2129 g gaben 0,1646 g BaSO, = 0,0226 g S = 10,61% S.
Berechnet für C,,H,NSO;: Gefunden:
ei 67,30%,
HH. 1,50 5,78%
Ss 10,63 10,61%
Aethylenthioglykolsäure-p-Phenetidid,
CH,S.CH,CO.NHC,H,0C,H,
|
CH,S.CH,CO.NHC,H,0C,H..
Durch Erwärmen äquivalenter Mengen Thioglykolsäure-
p-Phenetidid, alkoholischer 15-N.-Kalilauge und Aethylenbromid
wurde, wie die vorher beschriebenen Derivate, auch das Aethylen-
derivat erhalten. Beim Erkalten der Lösung schied sich der Körper
aus, derselbe wurde gesammelt, mit Alkohol und dann, zur Ent-
fernung des Bromkaliums, mit Wasser gewaschen. Aus der Mutter-
lauge konnten durch Zusatz von Wasser weitere Mengen des Re-
aktionsproduktes ausgeschieden werden. Die Verbindung war in
verdünntem, sowie in reinem Alkohol schwer löslich. Aus Eisessig
umkrystallisiert wurde das Aethylenthioglykolsäure-p-Phenetidid
in Form farbloser glänzender Nadeln erhalten, die bei 197° schmolzen.
0,2025 g gaben 0,4341 g CO, = 0,11839 g C = 58,46% C und
0,1140 g H,0 = 0,0127 &H = 6,2% H.
Berechnet für C,H,,N5850;: Gefunden:
C = 58,92 58,46%
H'=: 6,25 6,20%
Propylenthioglykolsäure-p-Phenetidid,
am S.CH,CO.NHC,H,0C,H,
76° 8.0H,CO.NHC,H,0C,H..
2,1 g Thioglykolsäure-p-Phenetidid wurden in 20 ccm alkoho-
lischer 1,-N.-Kalilauge gelöst, 1,01 g Propylenbromid hinzu-
H. Beckurts und G. Frerichs: Thioglykolsäure, 149
gefügt, und das Gemisch auf dem Wasserbade erwärmt. Nach
Vollendung der Reaktion wurde der Körper durch Wasserzusatz
ausgeschieden. Der gesammelte und gewaschene Körper wurde
aus 70%igem Alkohol umkrystallisiert und bildete so kleine warzen-
förmige Krystalle, die unter dem Mikroskop betrachtet, aus kleinen
feinen Nadeln zusammengesetzt erschienen. In erwärmtem, reinem
und verdünntem Alkohol ist die Verbindung löslich, in Wasser
unlöslich; sie schmilzt bei 158°. -
1. 0,1410 g gaben 0,3070 g CO, = 0,0837 gC = 59,36% C und
0,0763 g H,O = 0,00847 g H = 6,01% H.
2. 0,1718 g gaben 0,1863 g Ba$9O, = 0,0230 g S = 13,39% 8.
Berechnet für C,,H,,N58;0;: Gefunden:
C = 59,74 59,36%
H = 6,49 6,01%,
S = 13,85 13,39%
Trimethylenthioglykolsäure-p-Phenetidid,
CH. CH,S.CH,CO .NHC,H,0C;H,
* "CH,S.CH,CO.NHC,H,0C,H,.
In gleicher Weise wie die Propylenverbindung wurde die
isomere Trimethylenverbindung durch Einwirken von Trimethylen-
bromid auf Thioglykolsäure-p-Phenetidid (gleiche Moleküle) in
alkoholischer Lösung bei Gegenwart von berechneter Menge Alkali
gewonnen. Der erhaltene Körper wurde aus 70%igem Alkohol
umkrystallisiert. Unter dem Mikroskop waren kleine farblose
Nadeln zu erkennen; dieselben schmolzen bei 147°. In verdünntem
und reinem Alkohol ist die Verbindung beim Erwärmen löslich, in
Wasser unlöslich.
1. 0,1892 g gaben 0,4159 g CO, = 0,1134 g C = 59 ‚9% C
2. 0,1925 g gaben 0,1898 g Baso, —= 0,026067 & S = 13,54% S
Berechnet für C,,H,N58;0;: Gefunden:
C = 59,74 59,89%
Ss = 13,85 13,54%
Dimethylmethylenthioglykolsäure-p-Phenetidid,
S.CH,CO.NHC,H,OC,H,
CH, 8.CH,CO..NHC,H,0C,H,.
Thioglykolsäure-p-Phenetidid wurde in ühcieehfistigen A Aceton
gelöst, was bereits in der Kälte erfolgte, und in die Lösung 5 Minuten
lang Salzsäuregas eingeleitet. Die hierdurch stark erwärmte Flüssig-
keit wurde nach dem Abkühlen in kaltes Wasser gegossen und die
150 H. Beckurts und G. Frerichs: Thioglykolsäure, .
erhaltenen Krystalle aus reinem Alkohol umkrystallisiert. Bei
längerem Einleiten von Salzsäuregas wurde das Gemisch dunkelgelb
gefärbt. Als dieses Produkt in kaltes Wasser gegossen wurde, schied
sich neben einer dunkelbraunen, öligen Flüssigkeit ein Teil fest ab.
Durch Behandeln mit kaltem Alkohol ließ sich der feste Körper
leicht von dem flüssigen trennen. Nach dem Umkrystallisieren aus
heißem reinen Alkohol zeigte sich der feste Körper mit dem bei
kürzerem Einleiten erhaltenen identisch. Die Verbindung bildet
farblose Nadeln, welche schwer löslich in kaltem Alkohol, leichter
in heißem, in Wasser aber unlöslich sind und bei 171° schmolzen.
1. 0,1848 g gaben 0,4018 g CO, = 0,1098 g C — 59,29% C und
0,1056 g H,O = 0,01173g H = 6,34% H.
2. 0,1536 g gaben 0,1584 g BaSO, = 0,02175 gS = 14,16% 8.
Berechnet für C,,H,,N5850;: Gefunden:
er — 59,74 59,29%
H= 6,49 6,34%
Ss = 13,85 14,16%,
Allylthioglykolsäure-p-Phenetidid,
C,H,S.CH,CO .NHC,H,0C,H,.
Einer Lösung von 2,1 g Thioglykolsäure-p-Phenetidid in
20 ccm alkoholischer 1,-N.-Kalilauge wurden 1,21 g Allylbromid
hinzugefügt, und das Gemisch auf dem Wasserbade am Rückfluß-
kühler erhitzt, bis eine Abscheidung von Bromkalium stattgefunden
hatte und die alkalische Reaktion verschwunden war, gleichzeitig
wurde eine ammoniakalische Kupferlösung nicht mehr reduziert.
Das Reaktionsgemisch wurde darauf mit Wasser versetzt, und so
der Körper abgeschieden, der nach dem Auswaschen mit verdünntem
Alkohol und Wasser in der Weise umkrystallisiert wurde, daß der
Körper in Alkohol gelöst und die Lösung mit Wasser bis zur
eintretenden milchigen Trübung versetzt wurde. Nach längerem
Stehen schieden sich feine, farblose, asbestartige Nadeln aus, die
sich auf erneutem Wasserzusatz noch vermehrten. Das Allylthio-
glykolsäure-p-Phenetidid schmilzt bei 78%. In kaltem Alkohol ist
es leicht löslich, in Wasser so gut wie unlöslich.
1. 0,2076 g gaben 0,4758 8 CO, = 0,1297 gC = 62,54% C und
0,1278 g H,O = 0,1420 gH = 6,84% H.
ı2. 0,2226 g gaben 0,2125 g BaSO, = 0,0292 g 8 = 13,07% 8.
Berechnet für C,,H,-NSO;: Gefunden:
C.= 62,15 62,54%
Hi 1,6477 6,84%
Bm are 13,07%
H. Beckurts und G. Frerichs: Thioglykolsäure. 151
Oxäthylthioglykolsäure-p-Phenetidid,
HOCH,CH,S.CH,CO.NHC,H ,00,H,.
2,1 g Thioglykolsäure-p-Phenetidid wurden in 20 ccm alkoho-
lischer 14-N.-Kalilauge gelöst und die Lösung mit 0,8 g Aethylen-
chlorhydrin auf dem Wasserbade erhitzt, bis eine ammoniakalische
Kupferlösung nicht mehr reduziert wurde, Durch Wasserzusatz wurde
aus dem Reaktionsgemisch keine Abscheidung bewirkt. Die Haupt-
menge des Alkohols wurde darauf durch Erwärmen auf dem Wasser-
bade entfernt. Beim Erkalten bildeten sich dann flache, blättchen-
artige Krystalle, die gewaschen und aus stark verdünntem Alkohol
(ca. 10%igem) umkrystallisiertt wurden. Die Verbindung besteht
aus flachen Blättchen, die in kaltem reinen Alkohol, auch in stark
verdünntem warmen Alkohol löslich sind, und bei 81° schmelzen.
1. 0,1352 g gaben 0,2824 g CO, = 0,07701 g C = 56,96% C
und 0,0794 g H,O = 0,00822 g H = 6,52% H.
2. 0,1654 g gaben 0,1446 g BaSO, = 0,01986 g S = 12% 8.
Berechnet für C,.H,;NSO;: Gefunden:
C = 56,47 56,96%
H= 6,66 6,52%
S = 12,54 12,00%
Carboxymethylthioglykolsäure-p-Phenetidid,
CH,0.0CS.CH,CO .NHC,H,0C,H,.
Aequivalente Mengen Thioglykolsäure-p-Phenetidid, alkoho-
lische Kalilauge und Chlorkohlensäuremethylester wurden auf dem
Wasserbade am Rückflußkühler erhitzt, bis das Reaktionsgemisch
ammoniakalische Kupfersalzlösung nicht mehr reduzierte. Die
Lösung wurde mit Wasser versetzt, bis das Chlorkalium gelöst und
die Flüssigkeit milchig getrübt war. Nach längerer Zeit der Ruhe
waren reichlich Krystalle ausgeschieden. Durch Umkrystallisieren
aus 80% igem Alkohol wurden kleine ungefärbte Krystallnadeln
erhalten. Die Verbindung ist schwer in kaltem, leicht in heißem
Alkohol löslich, durch Wasser wird dieselbe nicht gelöst. Der Körper
schmilzt bei 119°.
1.. 0,2169 g gaben 0,4305 g CO, = 0,1174g C = 54,10% C und
0,1062 g H,O = 0,0118 gH = 5,44% H.
2. 0,1471 g gaben 0,1258 g BaSO, = 0,0172 gS = 11,73% 8.
Berechnet für C,H,,NSO;: Gefunden:
C = 53,60 54,10%
H= 5,7 5,44%
S = 11,84 11,73%
152 H. Beckurts und G. Frerichs: Thioglykolsäure.
Carboxäthylthioglykolsäure-p-Phenetidid,
C,H,0.0CS.CH,CO .NHC,H,0C,H,.
Thioglykolsäure-p-Phenetidid wurde in der berechneten Menge
alkoholischer Kalilauge gelöst und die Lösung mit Chlorkohlensäure-
äthylester versetzt. Nach kurzem Erwärmen trat Abscheidung
von Chlorkalium ein. Auf Wasserzusatz schied sich der Körper
ab. Aus verdünntem Alkohol umkrystallisiert stellte er farblose
flache Nadeln dar, die bei 106° schmolzen, sich in kaltem Alkohol
leicht lösten, ebenso in heißem verdünnten Alkohol, in Wasser
unlöslich waren.
1. 0,1998 g gaben 0,4058 g CO, = 0,11067 g C
und 0,1090 g H,O = 0,0121 gH = 6,05% H.
2. 0,1916 g gaben 0,1536 g BaSO, = 0,0211 gS = 11,01% 8.
55,38%, C
Berechnet für C,;,H,;,NSO;: Gefunden:
C = 55,12 55,38%
H= 6,00 6,05%
Br 4182 11,01%
Thiodiglykolphenetididsäure,
S- CH,CO.NHC,H,0C,H,
CH,COOH.
2,1 g Thioglykolsäure-p-Phenetidid wurden in 40 ccm alkoholi-
lischer 1,-N.-Kalilauge gelöst und die Lösung mit 0,95 g Monochlor-
essigsäure auf dem Wasserbade am Rückflußkühler erhitzt. Die
Lösung, welche das Kaliumsalz der Säure enthielt, wurde zur Trockne
verdampft, mit Wasser aufgenommen, darauf mehrere Male filtriert
und das klare Filtrat mit Salzsäure im Ueberschuß versetzt. Die
hierdurch gefällte Säure wurde aus 80%, igem Alkohol umkrystallisiert.
Dieselbe bildet kleine farblose Krystallnadeln, sie ist in Alkalien
löslich, in Lösungen von kohlensauren Salzen unter Kohlensäure-
entwickelung, in heißem Alkohol ist sie ebenfalls löslich, während
sie in kaltem Alkohol schwerer löslich, in Wasser unlöslich ist.
Die Säure schmilzt bei 114°.
1. 0,2012 g gaben 0,4109 g CO, = 0,11206 g C = 53,31% C
und 0,1012 g H,O = 0,0124 gH = 5,31% H.
2. 0,1925 g gaben 0,1632 g BaSO, = 0,022413 gS = 11,64% 8.
Berechnet für C,;H,,;,NSO;: Gefunden:
GC. 53,53 53,31%
H 5,57 5,31%
S = 11,89 11,64%
A se
H. Beckurts und G. Frerichs: Thioglykolsäure. . 153
Thiodiglykolphenetididsaures Baryum,
(C,H, ,NSO,),Ba.
Das Baryumsalz der Säure wurde durch Kochen der Säure
mit Baryumkarbonat und Wasser erhalten. Das Kochen wurde
so lange fortgesetzt, als noch Kohlensäureentwickelung stattfand
und noch Säure ungelöst war. Die vom überschüssigen Baryum-
karbonat abfiltrierte klare Lösung wurde bis zur Trockne ver-
dampft. Schon in geringen Mengen Wasser war das Salz löslich,
in Alkohol nahezu unlöslich; aus etwa 40% igem Alkohol ließ es
sich gut umkrystallisieren. .
0,1012 g gaben 0,0360 g BaSO, = 0,02116 g Ba = 20,81% Ba.
Berechnet für (C,5H,,NSO,).Ba: Gefunden:
Ba = 20,34 20,81%
Thioglykol-«-laetylsäuremonophenetidid,.
S- CH,;CO.NHC,H,0C,H,
CHCOOH
CH;.
In derselben Weise, wie bei der vorher beschriebenen Säure,
wurde aus Thioglykolsäure-p-Phenetidid, alkoholischer 15-N.-Kali-
lauge und Brompropionsäure zunächst das Kaliumsalz gewonnen.
Die entstandene Lösung wurde vom abgeschiedenen Chlorkalium
abfiltriert und zur Trockne verdampft, der Rückstand mit Wasser-
aufgenommen, mehrmals filtriert und aus der klaren Lösung die
‘freie Säure mit Salzsäure abgeschieden. Es trat zunächst eine ölige-
Abscheidung ein. An einen kühlen Ort schossen bald Krystalle an,
worauf auch das Oel erstarrte.e Der Körper wurde in Alkohol
gelöst, die Lösung mit Wasser bis zur schwachen Trübung versetzt
und einige der zurückbehaltenen Krystalle eingeimpft. Es.
krystallisierten kleine warzenförmige Gebilde heraus; unter dem
Mikroskop betrachtet, bestanden dieselben aus kleinen spitzen.
Nadeln. Die.Säure ist in Alkohol löslich, in Wasser unlöslich, in
Alkalien löst sie sich ebenfalls, in Lösungen von kohlensauren
Salzen unter Aufbrausen; sie schmilzt bei 113°.
1. 0,1449 g gaben 0,2960.8 CO, —= 0,0807 gC = 55,71% C und
0,0806 & H,O = 0,008955 & H — 6,180, H.
2. 0,1267 g gaben 0,1065 g BaSO, = 0,014626 g S = 11,47% 8.
Berechnet für C,;H,,NSO;: Gefunden:
C = 55,12 55,71%
H= 6,00 6,18%,
s’= 11,31 11,47%
154 H. Beckurts und G. Frerichs: Thioglykolsäure.
Von der zuletzt beschriebenen Säure wurde gleichfalls durch
Kochen mit überschüssigem Baryumkarbonat bis zum Aufhören
der Kohlensäureentwickelung das Baryumsalz dargestellt. Die
vom überschüssigen Baryumkarbonat abfiltrierte klare Salzlösung
wurde zur Trockne verdampft. Das erhaltene Salz war in wenig
Wasser löslich, in Alkohol sehr schwer löslich.
0,5027 g gaben 0,017 g BaSO, = 0,010 g Ba = 19,88% Ba.
Berechnet für (C,;H,,NSO,),Ba: Gefunden:
Ba = 19,54 19,88%
Thiodiglykol-p-Phenetididsäureamid,
Sn CH,;CO.NHC,H,0C;H,
CH,CO.NDH;,.
Das Amid der Säure wurde durch Erwärmen von Thioglykol-
säure-p-Phenetidid und Chloracetamid mit der berechneten Menge
alkoholischer Kalilauge gewonnen. Es schieden sich bald Chlor-
kalium sowie beträchtliche Mengen eines krystallinischen Körpers
aus. Durch Zusatz von Wasser wurde die Abscheidung vermehrt
und das Chlorkalium gelöst. Durch Umkrystallisieren aus reinem
Alkohol wurden feine, lange Nadeln erhalten, die bei 155° schmolzen,
in heißem Alkohol löslich waren, in kaltem und verdünntem Alkohol
nur wenig löslich, in Wasser aber unlöslich waren.
1. 0,1416 g gaben 0,2760 g CO, = 0,07527 g C. = 53,15% C
und 0,0710 g H,O = 0,00788 gH = 5,57% H.
2. 0,1415 g gaben 0,1240 g BaSO, = 0,01703 g S’= 12,03% 8.
3. 0,1736 g gaben bei 20° und 760 mm Druck 16 cem feuchten .
N = 0,01834 N = 10,54% N.
Berechnet für C,,H,sN5S0;: Gefunden:
0 53,15%
H= 5,97 5,57%
N = 10,44 10,54%
$ 11,94 12,03%
Thiodiglykol-p-Phenetididsäureäthylester,
g_ CH,CO .NHC,H,0C,H,
CH,C0.0C,;H,.
Der Ester wurde aus äquivalenten Mengen Thioglykolsäure-
p-Phenetidid, Chloressigsäureäthylester und alkoholischer Kalilauge
hergestellt. Nachdem Chlorkalium ausgeschieden war und eine
Probe ammoniakalischer Kupfersalzlösung nicht mehr entfärbt
wurde, wurde das Reaktionsgemisch mit Wasser bis zur schwachen
Trübung versetzt und an einem kühlen Ort der Ruhe überlassen.
FE EEE EN
De nn A
H. Beckurts u. G.Frerichs: Toluidide d. Thiooxybuttersäuren. 155
Es schied sich der Körper ölig ab, bei einer Temperatur unter 0°
hatten sich auch einige nadelförmige Krystalle gebildet. Da das
Oel auch nach längerem Stehen nicht fest werden wollte, wurde es
mit Aether ausgeschüttelt, die ätherische Lösung filtriert, mit
Chlorcaleium getrocknet und der Aether verdampft. Nach längerer
Zeit fing das Oel an fest zu werden; erst nach mehreren Tagen
war das Oel ganz zu einem festen Kuchen erstarrt.
0,2202 g gaben 0,1760 g BaSO, = 0,02415 g S = 10,98% 5
Berechnet für C,H,NS0;: Gefunden:
S = 10,77 10,98%
Veber die Toluidide der Thiooxybuttersäuren.
Von H. Beckurts und G. Frerichs.
(Eingegangen den 25. III. 1915.)
Die Umsetzung zwischen chloressigsaurem Anilin und Kalium-
rhodanid, die zu Carbaminthioglykolsäureanilid: CH,CO.NHC,H,
dee
führt, aus dem man mit Ammoniak leicht Thioglykolsäureanilid er-
hält, läßt sich, wie wir gezeigt haben, auch auf andere Halogenfett-
säurenausdehnen. Sohaben wirbereitsfrüherdas Anilid derx-Carb-
aminthiooxybuttersäure und der Thiooxybutter-
säure, CH,CH,CHCO.NHC,H, und CH,CH,CHCO.NHC,H,,
= =
sowie eine Anzahl von Umwandlungsprodukten der letzteren unter-
sucht und beschrieben. Auf unsere Veranlassung hat A. Strick-
rodt die Untersuchung ausgedehnt auf die Toluidide. Carb-
aminthiooxybuttersäuretoluidid erhält man ebenso
leicht, wie die Anilide. aus den drei Toluidinsalzen der «-Brom-
buttersäure und Kaliumrhodanid, und durch weitere Behandlung
mit Ammoniak erhält man die drei Toluidide der «-Thio-
oxybuttersäure, die mit der gleichen Leichtigkeit Um-
wandlungsprodukte liefern wie das Anilid.
156 H.Beckurts u. G Frerichs: Toluidide d. Thiooxybuttersäuren.
Experimenteller Teil.
a&-Carbaminthiooxybuttersäure-o-Toluidid,
C,H,CHCO .NHC,H,
| = (5H,SN;0;.
SCONH,
10,7 g o-Toluidin wurden in 50 g Alkohol gelöst, hierauf 16,7 &
Brombuttersäure und 9,7 g Rhodankalium hinzugefügt, und das
Ganze am Rückflußkühler auf dem Wasserbade erhitzt. Nach
einer Viertelstunde waren die Komponenten unter Abscheidung
beträchtlicher Mengen von Bromkalium in Reaktion getreten.
Nun wurde die Flüssigkeit erkalten gelassen und vorsichtig mit
Wasser versetzt. Hierdurch ging zunächst das ausgeschiedene
Bromkalium wieder in Lösung; bei weiterem Zusatz von Wasser
entstand schließlich eine milchige Trübung. Aus einer Probe dieser
Flüssigkeit wurden durch Reiben mit einem Glasstabe Krystalle
erzeugt, welche, in die Gesamtflüssigkeit gebracht, in dieser eine
lebhafte Krystallisation hervorriefen. Nach längerem Stehen wurden
die ausgeschiedenen Krystalle durch Absaugen von der Mutterlauge
getrennt, zunächst mit wenig verdünntem Alkohol, dann mit Wasser
ausgewaschen. Zur Reinigung wurde der Körper in Alkohol gelöst
und durch Zusatz von Wasser bis zur milchigen Trübung und Ein-
impfen von Krystallen wieder krystallinisch ausgeschieden. Das
Carbaminthiooxybuttersäure-o-Toluidid bildet bei 1290 schmelzende
Nadeln, welche sich leicht in Alkohol, Aether und Eisessig lösen,
jedoch unlöslich in Wasser sind.
1. 0,1296 g gaben 0,2730. g CO, = 0,07445 g C = 57,44% C
und 0,0780 g H,0 = 0,00866 gs H = 6,68% H.
2. 0,1674 g gaben 0,1572 g BaSO, = 0,02158 gS = 12,89% 8. ,
Berechnet für C,H, ,SN;0;: Gefunden:
GC = 87,14 57,44%
H = 6,35 6,68%
SS: 12:69 12,89%
x-Carbaminthiooxybuttersäure-m-Toluidid,
C,H,CHCO.NHC,H,
|
SCONH, h
Dieser Körper wurde aus 16,7 g Brombuttersäure, 9,7 g
Rhodankalium und 10,7 g m-Toluidin nebst 50 g Alkohol dargestellt.
Er verhielt sich bei der Darstellung genau so wie die o-Verbindung
und bildet breite Nadeln, welche bei 124° schmelzen und sich eben-
= (,H,80;0;.
|
|
H. Beckurts u. G. Frerichs: Toluidide d. Thiooxybuttersäuren. 157
falls leicht in Alkohol, Aether und Eisessig lösen, in Wasser aber
unlöslich sind.
1. 0,2272 g gaben 0,4760 g.CO, = 0,1298 gC = 57,13% C und
0,1335 g H,O = 0,01483 g H = 6,52% H.
2. 0,2264 g gaben 0,2046 g BaSO, = 0,02809 g S = 12,40% 8.
3. 0,2170 g gaben 22,5 ccm N bei 19°C. und 749 mm Druck =
0,0254835 g N = 11,28% N.
Berechnet für C,5H,sSN;03: Gefunden:
&. "51,14 57,13%
Hi 6,35 6,52%
S = 12,69 12,40%,
N 211,1 11,28%,
&-Carbaminthiooxybuttersäure-p-Toluidid,
C,H,CHCO.NHC,H,
|
SCONH,
Auch die Darstellung dieses Körpers aus 16,7 g Brombutter-
säure, 9,7 g Rhodankalium und 10,7 g p-Toluidin nebst 50 g Alkohol
verlief völlig analog der o-Verbindung. Er bildet weiße, glänzende
Nadeln, welche bei 144° schmelzen, sich leicht in Alkohol, Aether
und Eisessig lösen, in Wasser jedoch unlöslich sind.
1. 0,2262 g gaben 0,4760 g CO, = 0,1298 g C = 57,38% C und
0,1286 g H,O = 0,014288 g H = 6,31% H.
2. 0,1886 g gaben 0,1784 g BaSO, = 0,0245 g S = 12,99% S.
3. 0,2086 g gaben 20 ccm N bei 15°C. und 755 mm Druck =
0,023268 g N = 11,15% N.
IT SN.O,
Berechnet für C,5H,sSN 503: Gefunden:
C = 57,14 57,38%
H= 6,35 6,31%
S = 12,69 12,99%
N = 11,15%
&-Thiooxybuttersäure-o-Toluidid,
C,H,CHCO.NHC,H,
| —=’C,,H,,SNO.
SH
Zur Darstellung dieser Verbindung wurde Carbaminthiooxy-
'buttersäure-o-Toluidid mit wenig Alkohol in Lösung gebracht und
‚die Lösung mit überschüssigem 10%igen Ammoniak auf dem
Wasserbade am Steigrohr erhitzt. Nach kurzer Zeit war die durch
den Zusatz des wässerigen Ammoniaks entstandene Trübung wieder
158 H. Beckurts u. G. Frerichs: Toluidide d. Thiooxybuttersäuren.
verschwunden. Die nun klare Lösung wurde hierauf in ein ge-
räumiges Becherglas filtriert, in welchem aus Ammoniumkarbonat
und Salzsäure Kohlensäure entwickelt war. Auf Zusatz von Salz-
säure zu diesem Filtrat erfolgte unter lebhafter Gasentwickelung —
Cyansäure und deren Zersetzungsprodukt Kohlendioxyd — die
Abscheidung öliger Tropfen. Das Oel erstarrte jedoch bald und
wurde nach längerem Stehen durch Absaugen von der Mutterlauge-
getrennt, zur Umkrystallisation in Alkohol gelöst und die Lösung
mit Wasser bis zur bleibenden Trübung versetzt. Durch Einimpfen:
von Krystallen schied sich das Thiooxybuttersäure-o-Toluid in
langen, büschelförmig angeordneten Nadeln ab, welche bei 99%
schmelzen und sich leicht in Alkohol, Aether und Eisessig, nicht
jedoch in Wasser lösen.
1. 0,1184 g gaben 0,2746 g CO, — 0,07439 g C = 63,25%, C
und 0,0786 g H,O = 0,008733 g H = 7,37% H.
2. 0,1410 g gaben 0,1580 g BaSO, = 0,0217 g S = 15,39% S.
Berechnet für C,,H,;SNO: Gefunden:
C = 63,16 63,25%
H=; 717 7,37%
A, 15,39%,
%-Thiooxybuttersäure-m-Toluidid,
C,H,CHCO.NHC,H,
| = (,,H,SNO.
SH
Dieser Körper wurde aus dem Carbaminthiooxybuttersäure-
m-Toluidid durch Lösen in Alkohol und Behandeln mit über-
schüssigem Ammoniak in völlig analoger Weise wie die o-Verbindung:
dargestellt. Es war hier nur bedeutend schwieriger, die Verbindung in.
den festen Zustand überzuführen. Es wurde dieses erreicht durch.
längeres Stehenlassen bei möglichst niedriger . Temperatur, sowie-
durch mehrfaches Abgießen der überstehenden Flüssigkeit unter-
jedesmaligem Ersatz durch kaltes Wasser, : Aus Alkohol durch.
Zusatz von Wasser umkrystallisiert,, bildet die Verbindung büschel--
förmig angeordnete, glänzende Nadeln, welche bei 72° schmelzen.
und sich sehr leicht in Alkohol, Aether und Eisessig lösen aber-
in Wasser unlöslich sind.
1. 0,1965 g geben 0,4540 g CO, =: 0,12381 8 ©
und 0,1276 g H,O = 0,01417gH = 721% H 2
2.. 0,1630 g. gaben 0,1852 g BaSO, = 0 ‚02543 ; g s = 15,60% 5.
3. 0,2712 g Beate 16,8 ccm N bei 21°C. und 754 mm Druck —
0,01897 g N = 6,99%, N
63,00%
ni Al ig
u Üehe zii Zr
H. Beckurts u. G. Frerichs: Toluidide d. Thiooxybuttersäuren. 159
Berechnet für C,,H,,;SNO: Gefunden:
C = 63,16 63,00%
H- 717 7,21%
Ss = 15,31 15,60%
N = 6,70 6,99%
&-Thiooxybuttersäure-p-Toluidid,
C,H,CHCO.NHC,H,
|
SH
Diese Verbindung entstand in völlig gleicher Weise wie die
o-Verbindung aus dem Carbaminthiooxybuttersäure-p-Toluidid durch
Lösen in Alkohol, Behandeln mit überschüssigem Ammoniak und
Umkrystallisation aus Alkohol durch Zusatz von Wasser. Sie
bildet farblose, derbe Krystalle, welche bei 77—78° schmelzen und
sich ebenfalls in Alkohol, Aether und Eisessig lösen, in Wasser
dagegen unlöslich sind.
1. 0,2250 g gaben 0,5236 g CO, = 0,1428 g C = 63,46% C und.
0,1466 g H,O = 0,0163 g H = 7,24% H.
2. 0,1826 g gaben 0,2050 g BaSO, = 0,02815 & S = 15,41% 8.
3. 0,2096 g gaben 12,8 ccm N bei 26°C. und 755 mm Druck =
0,01410688 g N = 6,73% N.
= C,H,SN0.
Berechnet für C,,H,,SNO: Gefunden:
C = 63,16 63,46%,
H= 7,17 7,249,
> —= 15;31 15,41%
N= 670 6,73%,
a-Dithiooxybuttersäure-o-Toluidid,
C,H,CHCO.NHC,H,
S
S
C,H,CHCO.NHC,H,
Dieser Körper wurde dargestellt durch Oxydation des Thio-
oxybuttersäure-o-Toluidids mittels Eisenchlorid. Bei jedesmaligem:
Zusatz von Eisenchlorid zu der alkoholischen Lösung des o-Toluidids-
entstand ein grünlicher Niederschlag, der beim Umschwenken ver-
schwand, während die Flüssigkeit vorübergehend eine violette Farbe-
annahm. Schließlich zeigte eine Gelbfärbung der Gesamtflüssigkeit
durch überschüssiges Eisenchlorid an, daß sämtliches angewandte»
Zn C,,H338;N,0;.
160 H. Beckurts u. G. Frerichs: Toluidide d. Thiooxybuttersäuren.
Thiooxybuttersäure-o-Toluidid oxydiert war. Durch nunmehrigen
Wasserzusatz schied sich das Reaktionsprodukt schmierig ab; es
wurde jedoch durch Einimpfen von auf dem Uhrglas durch Reiben
mit einem Glasstabe erhaltene Krystalle leicht in den festen Zu-
stand übergeführt und aus Alkohol durch Zusatz von Wasser um-
krystallisiert. Es bildet breite, nadelförmige Krystalle, welche bei
139° schmelzen. Dieselben sind in Aether und Wasser unlöslich,
löslich jedoch in warmem Alkohol und Eisessig.
1. 0,1186 g gaben 0,2768 g CO, = 0,07549 g C = 63,65% C
und 0,0700 g H,O = 0,0077” g H = 6,55% H.
2. 0,1334 g gaben 0,1524 g BaO, = 0,0209 g S = 15,68% SB.
Berechnet für C,H,,S;N;0;: Gefunden:
C = 63,46 63,65%
Hr =3}6;23 6,55%
S7— 115,38 15,68%
«-Dithiooxybuttersäure-m-Toluidid,
C,H,CHCO.NHC,H,
S
8
C,H,CHCO .NHC,H,
Bei der Oxydation des Thiooxybuttersäure-m-Toluidids mittels
Eisenchlorid zeigten sich dieselben Erscheinungen wie beim o-Toluidid.
Es entstand eine schmierige Abscheidung, welche auf die bisher
beschriebene Art und Weise nicht fest zu erhalten war. Durch
kräftiges Schütteln mit ätherhaltigem Wasser gingen die Ver-
unreinigungen in Lösung, während sich das Oxydationsprodukt
fest abschied. Dasselbe wurde nach dem Absaugen und Auswaschen
nochmals mit ätherhaltigem Wasser bis zur völligen Reinigung
behandelt. Der Körper bildet derbe krystallinische Massen, welche
bei 146° schmelzen. Seine Löslichkeitsverhältnisse sind dieselben
wie diejenigen des o-Toluidids.
1. 0,1402 g gaben 0,3254 g CO, = 0,08874 g C = 63,29% C
2. 0,1595 g gaben 0,1822 g BaSO, = 0,02502 g 8
= CH, 8;N;0;.
15,69% 8.
Berechnet für C,,H,,S;N,O;: Gefunden:
C = 63,46 63,29%
H = 6,73 6,43%
I 153 15,69%,
8
(Schluß folgt.)
CHE Nährzuch „Soxhletzucker“
1
als Zusatz zur Kuhmilch seit Jahren bewährte
ae „or Dauernahrung für Säuglinge vom frühesten Lebens-
alter an in den Fällen, in denen die natürliche Er-
ö “nährung nicht durchführbar ist; auch als Krankennahrung
br bewährt, insbesondere bei Magen- ‚und Darmstörungen der
- 4 Säuglinge, sowie für ältere Kinder und Erwachsene. In Dosen von
- 4 Yakg Inhalt zu 1,50 M.
| Verbesserte Liebigsuppe in puverform, die altbewährte
4 Liebigsuppe in leicht dosierbarer Form, in Dosen v. !/g kg Inhalt zu 1,50 M.
INährzucker-Kakao wohlschmeckendes, kräftigendes Nähr-
präparat, für Kranke und Gesunde jeden Alters, deren Ernährungszustand
einer raschen Aufbesserung bedarf, insbesondere auch für stillende Mütter.
In Dosen von sen von Ya kg Inhalt zu 1,80 M.
Eisen- Nährzucker „ mit 0,7°/, ferrum elycerin- -phosphoric. in
Dosen von !/akg Inhalt zu 1,80 M.
lEisen-Nährzucker-Kakao ni: 109, ferrum oxydat.
r saccharat. sol. Ph. V. in Dosen von !/akg Inhalt zu 3,—M.
Leicht verdauliche Eisenpräparate klinisch bewährt bei Atrophie u. Anämie.
Den H.H. Aerzten Literatur und Proben kosten- und spesenfrei.
Nährmittelfabrik München, 6. m. b, H,, Pasing b. München,
“r
’
= Einbanddecken
zum
Archiv der Pharmazie
von 1891 bis jetzt passend, in guter Ausführung,
brauner Kalikobezug mit vorgedrucktem Titel
und Rückentitel in Goldschrift
= Preis pro Stück 70 Pf.
Einprägen der Jahreszahl 25 Pf. extra
Selbstverlag
des
Deutschen Apotheker -Vereins
2 L | BERLIN NW 87 |
N
Dei u. »; FT a a a Fe AI Zi KZ > er .
ee” [22 f, ni ” u ae RS PP p Fun RR TERT 5R.
Er; 7 I 5 et
YYr | ar.
€
r*€
INHALT
H. Beckurts und G. Frerichs, Ueber die Toluidide PR. Thioo
buttersäuren (Schluß) . . .
C. Mannich und E. Thiele, Ueber Phenyl 1. äthanol- De 2 und
verwandte Verbindungen .
J. Brand] und 6. Schaertel, Ueber Eis wirksame Bübstand von
Baccharis coridifolia (Mio-Mio)
A. Heiduschka und R. Wallenreuter, Zur Kennkat os Oeles de
Samen von Strychnos nux vomica (II)
J. Tröger und Wunderlich, Ueber a-arylsulfonierte Propion a
H. Beckurts und 6. Frerichs, Ueber Arylamide der Rhodanessig-
säuren und Arylthiohydantoine . er.
Eingegangene Beiträge.
J. Gadamer, Zur Kenntnis des Hofmann’schen Abbaus der Alkaloide
der Phenanthren- (Apomorphin-) Reihe,
Derselbe, Mercuriacetat als Oxydationsmittel in der Alkaloidehemie.
A. Tschireh und C. de Jong, Weitere Untersuchungen über den Pi
Bernstein (Suceinit). B
Fr. Wehrmann, K. Wegener, F. W. Brammann und K. Meyer, Ver-
gleichende Untersuchungen über die Wertbestimmung von Semen
Sinapis, Spiritus Sinapis, Oleum Sinapis und Charta sinapisata.
P=. a 5 .
u ee ee v
(Geschlossen den 23. V. 1915.)
Diese Zeitschrift erscheint in zwanglosen Heften (in der Regel
%
E monatlich einmal) in einem jährlichen Umfange von 40 bis
50 Bogen. Ladenpreis für den Jahrgang Mk. 12,—. $
Archiv- Redaktion
:
Alle Beiträge für das „Archiv“ sind an die
Herrn Geh. Reg.-Rat Professor Dr. E. Schmidt in Marburg (Hessen)
oder Herrn Geh. Med.-Rat Professor Dr. H. Beckurts in Braunschweig,
alle die Anzeigen u. s. w., überhaupt die Archiv-Verwaltung und
ı den Wohnungswechsel betreffenden Mitteilungen an den
Deutschen Apotheker-Verein
Berlin NW 87, Levetzowstr. 16b
inzusenden.
Anzeigen.
1), Seite zum Preise von M 50.—; !/a Seite zum Preise von M 80.-; !/, Seite zum
Preise von M 20.—; !/, Seite zum Preise von M 10.—. Die Grundschrift ist Petit,
Beilage-Gebühr für das Tausend der Auflage — 5800 — M 10.—. Für Beilagen, welche
nicht dem Formatdes,„Archiv“ entsprechen, bleibt besondere Vereinbarung vorbehalten. ;
NDV6- BO
_ H. Beckurts u. G. Frerichs: Toluidide d. Thiooxybuttersäuren. 161
%-Dithiooxybuttersäure-p-Toluidid,
C,H,CHCO .NHC,H,
S
S a7 CaHzS;N,0,. her
E NEW
C,H,CHCO ..NHC,H, BOT.
Dieser Körper wurde durch Oxydation des Thiooxybutter-
säure-p-Toluidids durch Eisenchlorid in alkoholischer Lösung wie
das o-Produkt dargestellt. Er bildet kleine, undeutliche Krystalle,
welche bei 148—149° schmelzen und: sich in ihren Löslichkeits-
verhältnissen ebenfalls völlig analog der o-Verbindung verhalten.
1. 0,2682 g gaben 0,6223 g CO, = 0,1697 1 g C = 63,27% ©
und 0,1660 g H,0 = 0,01844g H = 6,83%, H.
2. 0,2516 g gaben 0,2836 g BaSO, — 0,.03894 g S = 15,48%, 8.
Berechnet für C,H ,,S>:N;0 5: Gefunden:
C = 63,46 63,27%
H —1 6,78 6,87%
S = 15,38 15,48 9%,
x-Methylthiooxybuttersäure-o-Toluidid,
C3HA,CHCO.NHC,H,
| — 9u,H,,BNO.
SCH,
3 g Thiooxybuttersäure-o-Toluidid wurden in 30 cem alkoho-
lischer 1,-N.-Kalilauge gelöst, und die Lösung mit 2 g Jodmethyl
im Einschlußrohr im Wasserbade mehrere Stunden lang erhitzt.
Zu der durch freigewordenes Jod rötlich braun gefärbten Flüssigkeit
wurde nach dem Erkalten in einem Becherglase Wasser bis zur
bleibenden Trübung hinzugesetzt. Durch gleichzeitigen Zusatz von
etwas Natriumthiosulfatlösung wurde das ausgeschiedene Jod ge-
bunden und eine farblose Flüssigkeit erhalten. Es entstand so direkt
eine weiße, krystallinische Abscheidung, welche durch Absaugen
von der Mutterlauge getrennt, hierauf mit wenig verdünntem
Alkohol und dann mit Wasser ausgewaschen und aus Alkohol unter
Zusatz von Wasser umkrystallisiert wurde. Der Körper bildet
weiße Nadeln, welche sich sehr leicht in Alkohol, Aether und Eis-
essig lösen, in Wasser aber unlöslich sind.
1. 0,1070 g gaben 0,2526 g CO, = 0,06889 g C = 64,389, U und
0,0762 g H,O = 0,008466 g H = 7,91% H.
2. 0,1848 g gaben 10,0 com N bei 761 mm Druck und 22". —
0,0135 g N = 6,14% N.
Arch. d. Pharm. CCLIII. Bds. 3. Heft. 11
162 H. Beckurts u. G. Frerichs: Toluidide d. Thiooxybuttersäuren.
Berechnet für C,,H,-SNO: Gefunden:
0 = 6457 64,38%,
H = 7,62 791%
N 6,14%
%-Methylthiooxybuttersäure-m-Toluidid,
C,H,CHCO ‚NHC,H, ER
By — CuH4-SNO.
SCH, no] |
Durch Behandeln von 3 g Thiooxybuttersäure-m-Toluidid mit
30 cem alkoholischer 15-N.-Kalilauge und 2 g Jodmethyl im Ein-
schlußrohr unter Druck wurde das Methylthiooxybuttersäure-
m-Toluidid in derselben Weise wie das o-Toluidid dargestellt. Es
bildet weiße Nadeln, welche bei 77° schmelzen und sich sehr leicht
in Alkohol, Aether und Eisessig lösen, in Wasser jedoch unlös-
lich sind.
l. 0,1215 g& gaben 0,2886 g CO, ='0,07871’g C = 64,78% C
und 0,0824 g H;0:'= 0,00915 , H = 7,584 Hr
2. 0,2554 g gaben 15.0 cem N bei 18°C. und 758 mm Druck =
0.001728 EN =:6,769% I;
Berechnet für. C,sH,;SNO: Gefunden:
C = 64,57 64,78%,
H= 7,62 19h
A 6,76%
%-Methylthiooxybuttersäure-p-Toluidid,
(G,H,CHCO.NHC,H,
a] — (5H,SNO.
SCH,
Diese Verbindung wurde in derselben Weise wie das o-Toluidid
aus 3 g Thiooxybuttersäure-p-Toluidid, 30 cem alkoholischer 1%-N.-
Kalilauge und 2 g Jodmethyl dargestellt. Sie bildet farblose, derbe
Krystalle, welche bei 39° schmelzen und sich in bezug auf ihre
Löslichkeit wie die o- und m-Verbindung verhalten.
1. 0,2452 g gaben 0,5814 g CO, = 0,1585 g C — 64,64% € und
0,1721 g H;O = 0,01912.8 H,= 17,79% .B.
2. 0,2008 g gaben 11,0 cem N bti 15°C. und 758 mm Druck —
0,01283 g N = 6,39% N.
Berechnet für C,;H,;SNO: Gefunden:
C = 6457 64,64%,
H.= 7,62 7,7990
N= 6,27 r. 539%
H. Beekurts u. @. Frerichs: Toluidide d. Thiooxybuttersäuren. 163
%-Aethylthiooxybuttersäure-o-Toluidid,
C,H,CHCO .NHC,H,
| — (jsH,SND.
SC,H,
3 g Thiooxybuttersäure-o-Toluidid wurden in 30 cem alkoho-
lischer 4,-N.-Kalilauge gelöst, und die Lösung mit 25 g Jodäthyl
auf dem Wasserbade am Steigrohr erhitzt, bis eine Probe der Flüssig-
keit mit Ammoniak versetzt nicht mehr reduzierend auf Kupfer-
sulfat wirkte und die alkalische Reaktion verschwunden war. Nach
dem Erkalten wurde Wasser vorsichtig bis zur bleibenden Trübung
hinzugesetzt. Das Reaktionsprodukt schied sich zunächst ölig ab,
wurde jedoch leicht durch Einimpfen einiger durch Reiben auf den
Uhrglas erhaltener Krystalle in den festen Zustand übergeführt
und dann zur Reinigung aus Alkohol unter Zusatz von Wasser
umkrystallisiert. Es bildet weiche, kurze Nadeln, welche bei 69°
schmelzen und sich sehr leicht in Alkohol, Aether und Eisessig
lösen, in Wasser jedoch unlöslich sind.
1. 0,1184 g gaben 0,2866 g CO, = 0,07816 g C — 66,01% ©
und 0,0852 g H,O = 0,009466 g H = 7,99%, H.
2. 0,1060 g gaben 0,1068 g BaSO, = 0,01466 g 5 — 13,83% S.
Berechnet für C,,;H,9SNO: Gefunden:
© = 65,82 66,01%
u = 801 7,99%
$ — 13,50 13,83%,
&-Aethylthiooxybuttersäure-m-Toluidid,
C3H,CHCO .NHC,H,
| — (jsH1„SNO.
SC,H,
Durch Behandeln von 3 g Thiooxybuttersäure-m-Toluidid mit
30 cem alkoholischer 4,-N.-Kalilauge und 2,5 g Jodäthyl auf demı
Wasserbade, bis Kupfersulfat nicht mehr reduziert wurde und
nachherigen Zusatz von Wasser bis zur bleibenden Trübung, wurde
das m-Toluidid ebenfalls als ölige Abscheidung erhalten. Dieses
Oel war jedoch auf keine Weise in den festen Zustand überzuführen ;
es wurde daher aus der wässerigen Flüssigkeit mit Aether aus-
geschüttelt. Beim Verdunsten der mit Chlorcaleium getrockneten
ätherischen Lösung blieb ein gelbbraunes, dickflüssiges Oel zurück
welches sich sehr leicht in Alkohol, Aether und auch Eisessig löste.
1. 0,2030 g gaben 0,4922 g CO, = 0,1342 g C — 66,10% C und
0,1466 g H,O = 0,01628 &gH — 8,01% H.
?. 0,1264 g gaben 0,1226 & BaSO, = 0,01683 g S = 13,31% >.
11%
164 H. Beckurts u. G. Frerichs: Toluidide d. Thiooxybuttersäuren.
Berechnet für C,,H,SNO: Gefunden:
C = 65,82 66,10% .
H= 8,0] 8,01%
S = 13,50 13,31%
4-Aethylthiooxybuttersäure-p-Toluidid,
(,H,CHCO.NHC,H.
|
SC,H,
Diese Verbindung wurde aus 3 g Thiooxybuttersäure-p-Toluidid,
30 cem alkoholischer 1,-N.-Kalilauge und 2,5 g Jodäthyl in derselben
Weise wie die o-Verbindung hergestellt. . Der Körper bildet weiche,
kleine Nadeln, welche bei 69-—-70° schmelzen, in Alkohol, Aether
und Eisessig löslich, in Wasser dagegen unlöslich. sind. _
1. 0,2538 g gaben 0,6106 g CO, = 0,1665 gC = 65,68% C und
0,1774 g H,O = 0,0196 gH = 7,72% H.
2. 0,2600 g gaben 0,2594 g BaSO, = 0,03562 g S — 13,70% 8.
3. 0,2492 g gaben 13,5 cem N bei 22°C. und 758 mm Druck =
0,015252 g N = 6,12% N.
= G% 3H,SNO .
Berechnet für 0,,H,SNO: Gefunden:
C = 65,82 65,68%
H= 8,01 7,12%,
S = 13,50 13,70%
N = 5,90 6,12%
%-Propylthiooxybuttersäure-o-Toluidid,
C,H,CHCO.NHC.H,
| — (uH,SNO.
SC,H,
Beim Vermischen von 2 g Propylbromid mit einer Lösung von
3 g Thiooxybuttersäure-o-Toluidid in 30 ecm alkoholischer 1,-N.-
Kalilauge trat schon in der Kälte eine teilweise Reaktion unter
Abscheidung von Bromkalium ein. Zur vollständigen Umsetzung
wurde das Gemisch noch einige Zeit auf dem Wasserbade am Steig-
rohr erhitzt. Durch Zusatz von Wasser zu der erkalteten Flüssigkeit
ging zunächst alles Bromkalium in Lösung, während sich durch
weiteren Zusatz von Wasser bis zur bleibenden Trübung das Re-
aktionsprodukt ölig abschied. Dasselbe wurde durch Einimpfen
einiger auf dem Uhrglase durch Reiben erhaltener Krystalle leicht
in den festen Zustand übergeführt und aus Alkohol unter Zusatz
von Wasser umkrystallisiert. Das Propylthiooxybuttersäure-
o-Toluidid bildet feine, weiße Nadeln, deren Schmelzpunkt bei
H. Beckurts u. G. Frerichs: Toluidide d. Thiooxybuttersäuren. 165
66—67° liegt, und die sich leicht in Alkohol, Aether und Eisessig
lösen, in Wasser jedoch unlöslich sind.
l. 0,1152 g gaben 0,2824 g CO, =, 0,077018 g C = 66,85% C
und 0,0838 g H,O = 0,00931 g H = 8,08%, H.
2. 0,1412 g gaben 0,1332 g BaSO, — 0,01829, 8 8 — 12,95% 8.
Berechnet für C,,H,,SNO: Gefunden:
GC = 66,93 66,85%
H=. 8,36 8,08%
I:=:12,74 12,95%
«-Propylthiooxybuttersäure-m-Toluidid,
C,H,CHCO.NHC,H,
| = CuHaSNO.
SC,H,
Durch Erhitzen einer Lösung von 3 'g 'Thiooxybuttersäure-
m-Toluidid mit 30 ccm alkoholischer %4,-N.-Kalilauge und 2 g Propy]-
bromid und nachherigen Zusatz von Wasser wurde das Propyl-
thiooxyhuttersäure-m-Toluidid als ölige Abscheidung erhalten. Da
dasselbe nicht in den festen Zustand überzuführen war, wurde es
ausgeäthert und blieb nach Verdunsten des Aethers als ein gelb-
braunes, zähflüssiges Oel zurück, welches sich in Alkohol, Aether
und Eisessig löste, in Wasser unlöslich war.
1. .0,1678 g gaben 0,4102 g.C00, = 0,11187 80 — 66,66% €
und 0,1270 g H,O = 0,0141ll g H = 8,40% H.
2. 0,1782 g gäben 0,1694 g BaSO, = 0,02326 g 8 — 13,05% 8.
Berechnet für C,,H,,SNO: Gefunden:
C = 66,93 66,66%
H=, 8,36 3,40%
S = 12,74 13,05%
&-Propylthiooxybuttersäure-p-Toluidid,
C,H,CHCO.NHC;H,
| Fun CusHlaı SNO
SC,H,
Dieser Körper wurde aus 3 g Thiooxybuttersäure-p-Toluidid,
30 cem alkoholischer %,-N.-Kahilauge und 2 g Propylbromid in völlig
analoger Weise wie die o-Verbindung dargestellt. Er bildet feine,
weiße Nadeln, deren Schmelzpunkt bei 68-—-69° liegt, und welche
sich 'ebenfalls leicht in Alkohol, Aether und Eisessig lösen, in
Wasser unlöslich sind.
1. 0,2566 g gaben 0,6322 g CO, = 0,1724 g C = 67,19% C
und 0,1872 g H,O = (0,0208 gH = 8,10% H.
2. 0,2208 g gaben 0,2078 g BaSO, — 0,02853 g S — 12,92% 8
166 H. Beckurts u. G. Frerichs: Toluidide d. Thiooxybuttersäuren,
Berechnet für C,,H,,SNO: Gefunden:
C = 66,93 67,19%
H = 8,36 8,10%
S = 12,74 12,92%
a-Iso-Propylthiooxybuttersäure-o-Toluidid,
C,H,CHCO.NHC,H,
It) Bo,
SCH< CH,
Dieser Körper wurde, analog der Normal-Propylverbindung,
aus 3 g Thiooxybuttersäure-o-Toluidid, 30 ccm alkoholischer 1,-N.-
Kalilauge und 2°g Isopropylbromid dargestellt. Es trat hier nicht
schon in der Kälte, sondern erst nach längerem Erhitzen auf dem
Wasserbade eine Reaktion unter Abscheidung von Bromkalium
ein. Nachdem eine Probe der Flüssigkeit auf ammoniakalische
Kupfersulfatlösung nicht mehr reduzierend wirkte, wurde nach
dem Erkalten Wasser hinzugefügt, wodurch zunächst alles Brom-
kalium in Lösung ging, während sich durch weiteren Zusatz von
Wasser der Körper sofort krystallinisch abschied. Er wurde nach
dem Absaugen und Auswaschen in verdünntem heißen Alkohol
gelöst, aus welcher Lösung er sich beim langsamen Erkalten in
schönen Nadeln ausschied, welche bei 74° schmelzen und sich leicht
in Alkohol, Aether und Eisessig lösen, in Wasser jedoch unlöslich sind.
1. 0,1402 g gaben 0,3428 g CO, = 0,0934 g C = 66,68% C und
0,1080 g H,O = 0,0120 g H = 8,55% H.
2. 0,1132 g gaben 0,1050 g BaSO, = 0,01442 gS = 12,73% 8.
Berechnet für C,,H;,SNO: Gefunden:
C = 66,93 66,68%,
Fre 28,36 8,55%
Se. 12,73%,
«-Iso-Propylthiooxybuttersäure-m-Toluidid,
C,H,CHCO.NHC,H,
— (4,H,,8NO.
Auch hier trat bei der Einwirkung von 2 .g Isopropylbromid
auf eine Lösung von 3 g Thiooxybuttersäure-m-Toluidid in 30 cem
alkoholischer 1,-N.-Kalilauge die Reaktion erst’ in der Wärme ein.
Durch Zusatz von Wasser schied sich hier das Reaktionsprodukt
ölig ab. Dasselbe war nur sehr schwer und unter 0° fest.zu erhalten.
Es bildete dann schöne, büschelförmig angeordnete Nadeln, welche
bei Zimmertemperatur sofort wieder zu einem gelblichen Oel zer-
HA. Beckurts u. G. Freriehs: Toluidide d. Thiooxybuttersäuren. 167
flossen. In bezug auf Löslichkeit verhält sich dieser Körper genau
so wie das o-Derivat.
l. 0,1862 g gaben 0,4590 g CO, = 0,1251 gC = 67,18%, C und
0,1346 g H,O = 0,01495 g H = 8,02%, H.
2. 0,1576 & gaben 0,1376 g BaSO, = 0,01889 g $ — 12,79%, 8.
Berechnet für C,,H,,SNO: Gefunden:
C = 66,93 67,18%,
H = 8,36 8,020,
18 212,74 12,799,
x-150-Propylthiooxybuttersäure-p-Toluidid,
C,H,CHCO .NHC,H,
CH,
CH,
Diese Verbindung wurde dargestellt aus 3 g Thiooxybutter-
säure-p-Toluidid, 30 cem alkoholischer 1,-N.-Kalilauge und 2 g
Isopropylbromid. Die Darstellung verlief völlig analog wie die der
o-Verbindung. Der Körper bildet feine, büschelförmig angeordnete
Nadeln, welche bei 118° schmelzen und sich in bezug auf Löslich-
keit ebenfalls wie die o-Verbindung verhalten.
l. 0,2066 & gaben 0,5088 & CO, = 0,13876 g C = 67,16% €
und 0,1548 g H,O = 0,0172 g H = 8,32%, H.
2. 0,2136 g gaben 0,2020 g BaSO, = 0,02774 g S = 12,98% 8.
| = CuHsSNO.
SCH<
Berechnet für .C, „Hs, SNO: Gefunden:
C = 66,93 67,16%,
H = 8,36 8,32%,
SE 12,74 12,989,
%-Benzylthiooxybuttersäure-o-Toluidid,
C,H,CHCO.NHC,H,
SCH CH,
Zur Darstellung dieser Verbindung wurde eine Lösung von
3 g Thiooxybuttersäure-o-Toluidid in 30 cem alkoholischer 15-N.-
Kalilauge mit 3 g Benzylchlorid versetzt. Es trat hier vollständige
Umsetzung schon in der Kälte ein, sodaß ammoniakalische Kupfer-
sulfatlösung nicht mehr reduziert wurde. Nach Zusatz von Wasser
schied sich der Körper direkt krystallinisch ab. Derselbe wurde
nach dem Absaugen und Auswaschen aus Alkohol unter Zusatz
'von Wasser umkrystallisiert und bildete. so büschelförmig an-
geordnete Nadeln, welche bei 79-—-80° schmolzen und sich leicht in
Alkohol, Aether und Eisessig lösten.
168 H. Beckurts u. G. Frerichs: Toluidide d. Thiooxybuttersäuren.
1. 0.1142 g gaben 0,3052 g CO, = 0,08269 g C = 72,40% €
und 0,0732 g H, Ay 0,008133 g H = 7,12% H.
2. 0.1506 g gaben 0,1190 g BaSO, = 0,01634 g X = 10,84% S
Berechnet für C,,H,,SNO: Gefunden:
Ci, 172,24 72,40%
H =; 7,02 7,12%
S = 10,70 10,84%,
&-Benzylthiooxybuttersäure-m-Toluidid,
’3H,CHCO ..NHCHH,
|
SCH;,C,H,
Die Einwirkung von 2 g Benzylchlorid auf eine Lösung von
3 g Thiooxybuttersäure-m-Toluidid in, 30 cem alkoholischer Kali-
lauge ging ebenfalls vollständig in der Kälte vor sich. Auf Zusatz
von Wasser schied sich jedoch das Reaktionsprodukt ölig ab, wurde
aber leicht durch Einimpfen einiger durch Reiben auf einem
Uhrglase erhaltener Krystalle in den festen Zustand übergeführt
und aus Alkohol durch Zusatz von Wasser umkrystallisiert,. Das
Benzylthiooxybuttersäure-m-Toluidid bildet weiße, büschelförmig
angeordnete Nadeln, welche bei 83° schmelzen und sich leicht in
Alkohol, Aether und Eisessig lösen.
1., 0,1442 g gaben 0,3840 g CO, = (,10472 gC = 72,62% U
und 0,0878 g H,O = 0,009755 gH = 6,76% H
2. 0,2050 g gaben 0,1638 g BaSO, = 9,02249 g S = 10,97% 8.
un C,H, 5 NO .
Bereehnet für C,,H,,SNO: Gefunden:
6 = 72,24 72,629,
H= 7.02 6,76%
8 ,=:10,70 10,97%
«-Benzylthiooxybuttersäure-p-Toluidid,
0,H,CHCO .NHC,H,
SCH„OH,
Dasselbe wurde aus 2 g Benzylchlorid, 30 ccm alkoholischer
1,-N.-Kalilauge und 3 g Thiooxybuttersäure-p-Toluidid in derselben
Weise wie das o-Toluidid dargestellt und bildet feine, weiße Nadeln,
welche bei 75° schmelzen und sich in bezug auf: Löslichkeit wie die
o-Verbindung verhalten.
1. 0,2245 g gaben 0,5957 g CO, = 0,1624 g Ü = 72,33% C und
0,1400 g H,O = 0,01555 g H = 6,92% H
2. 0,2178 g geben 0,1716 g BaSO, = 0,02356 8 = 10,81% 8,
S
= Calle SNO .
H. Becekurts u. G. Frerichs: Toluidide d. Thiooxybuttersäuren. 169
Berechnet für C,;H,,8SNO: Gefunden:
C = 72,24 12,33%
H = ,7,02 6,92%
S = 10,70 10,81%
«-Aethylenthiooxybuttersäure-o-Toluidid,
(,H,CHCO .NHC,H,
S
S
(,H,CHCO.NHC,H,
Zur Darstellung dieses Körpers wurden 4,1 g Thiooxybutter-
säure-o-Toluidid in 40 ccm alkoholischer 1;-N,.-Kalilauge gelöst
und die Lösung mit 2 g Aethylenbromid auf dem Wasserbade am
Steigrohr erhitzt, bis die alkalische Reaktion verschwunden war.
Auf, Zusatz von Wasser zu der erkalteten Flüssigkeit löste sich
das. gebildete Bromkalium auf, während sich der Körper sofort
krystallinisch abschied. Nach dem. Absaugen und Auswaschen
wurde derselbe aus Alkohol unter Zusatz von Wasser umkrystallisiert.
Er. bildet farblose Nadeln, welche bei. 158° schmelzen. Die-
selben sind unlöslich in Aether und Wasser, auch nur schwer löslich
in Alkohol und Eisessig.
1. 0,2365 g gaben 0,5602 g CO, = 0,1528 g Ü = 64,60% U und
0,15381'g H,O = 0,01709 eg H = 7,22%, H.
2. 0,1526 & gaben 0,16251 & Ba8O, = 0,02231g 8 = 14,62% 8.
>CzH, = (4H38,N30;.
Berechnet für C,,H,8;N;O;: Gefunden:
C = 64,86 64,60%
H= 7,20 7,22%,
S = 14,41 14,629,
#-Aethylenthiooxybuttersäure-m-Toluidid,
G3H,CHCO.NHC,H,
S
Ss
(,H,CHCO.NHC,H,
Dieser Körper wurde aus 4,1 & Thiooxybuttersäure-m-Toluidid,
40 ccm alkoholischer 1,-N.-Kalilauge und 2 g Aethylenbromid in
genau derselben Weise wie die o-Verbindung dargestellt. Er schied
sich zunächst ölig ab, war jedoch leicht durch Einimpfen einiger
durch Reiben auf dem Uhrglase erhaltener Krystalle in den festen
Zustand überzuführen. Der Körper bildet Nadeln, welche bei 114"
>CsH, = C4HzsS3N,0;.
170 H. Beckurts u. G. Frerichs: Toluidide d. Thiooxybuttersäuren.
schmelzen und sich in bezug auf Löslichkeit wie die o-Verbindung
verhalten.
l. 0,1246 g gaben 0,2364 g CO, = 0,08083 g C — 64,87% C
und 0,0762 g H,O = 0,00846 g H = 6,79% H.
2. 0,113 g gaben 0.1212 g BaSO, = 0,01664 g S = 14,72%, 8.
Berechnet für C,,H,,S3N,O,: Gefunden:
C = 64,86 64,87%
[= Be 21) 6,79%
Su 14;41 14,72%,
x- Aethylenthiooxybuttersäure-p-Toluidid,
C,A,CHCO.NHC,H,
>C;H, = (yHg8;N,0;.
C,H,CHCO.NHC,H,
Die Darstellung dieses Körpers aus 4,1 g Thiooxybuttersäure-
p-Toluidid, 40 cem alkoholischer %,-N.-Kalilauge und 2 g Aethylen-
bromid zeigte keine Verschiedenheiten von derjenigen der o-Ver-
bindung. Die Verbindung bildet farblose Nadeln, deren Schmelz-
punkt bei 202° liegt. In bezug auf Löslichkeit verhält sie sich
ebenfalls genau wie die o-Verbindung. |
1. 0,202 g gaben 0,4780 g CO, = 0,1303 g C = 64,50% C und
0,1360 &g H,O = 0,0151! g H = 7,48% H.
2. 0,1984 g gaben 0,2115 g BaSO, = 0,02906 g S = 14,64% 8.
3. 0,302 g gaben 17,5 com N bei 25°C. und 754 mm Druck =
0,019362 & N = 6,410, N.
Berechnet für C,,H358;N 03: Gefunden:
C = 64,86 64,50%
H = 7,20 7,48%
SB 4,41 14,64%
N = 16,30 6,41%
&-Dimethylmethylenthiooxybuttersäure-o-Toluidid,
C,H,CHCO .NHC,H,
Pe
C
CH, 8
C,H,;CHCO.NHC,H,
Zur Darstellung dieser Verbindung wurden 3 g Thiooxy-
buttersäure-o-Toluidid in 15 ccm Aceton gelöst und in diese Lösung
5 Minuten lang trockener Chlorwasserstoff eingeleitet. Es trat
hierbei eine gelinde Erwärmung der Flüssigkeit ein. Nach dem
Erkalten wurde dieselbe in dünnem Strahle in kaltes Wasser unter
= Cz5HzaS; N 20>-
EEE u 5 48, 0m al al nn ann De Ze"
.
H. Beckurts u. G. Frerichs: Toluidide d. Thiooxybuttersäuren. 171
stetem Umrühren eingegossen. Es trat eine zähflüssige, ölige Ab-
-scheidung ein, welche auf Zusatz einiger durch Reiben auf dem
Uhrglas erhaltener Krystalle bald krystallinisch erstarrte. Nach
dem Absaugen und Auswaschen wurde der Körper aus Alkohol
unter Zusatz von Wasser umkrystallisiert. Er bildet kurze, weiche
Nadeln, welche bei 147—148° schmelzen, löslich in Alkohol und
Eisessig, unlöslich dagegen in Aether und Wasser sind.
1. 0,1098 g gaben 0,2652 g CO, = 0,07232 g C = 65,86% ©
und 0,0728 g H,O = 0,008088 g H = 7,36%, H.
2. 0,1308 g gaben 0,1350 g BaSO, = 0,01854 gS = 14,17% 8.
Berechnet für C,,H,,8>N50;: »efunden:
© = 65,50 65,86%,
H= 7,42 71,36%
Sr= 13,97 14,179,
&-Dimethylmethylenthiooxybuttersäure-m-Toluidid,
C,H,CHCO .NHC,H,
CH3 1448
CH, 8
C,H,CHCO .NHC,H,
Diese Verbindung wurde in derselben Weise wie die o-Ver-
bindung durch Einleiten von trockenem Salzsäuregas in eine Lösung
von 3 g Thiooxybuttersäure-m-Toluidid in 15 g Aceton dargestellt.
Sie bildet kurze Nadeln, welche unlöslich in Aether und Wasser,
löslich in erwärmtem Alkohol jedoch und Eisessig sind, und bei
153° schmelzen.
l. 0,1244 g gaben 0,2986 g CO, = 0,08143g C = 65,45% und
0,0828 g H,O = 0,0092 g H = 7,390, H.
2. 0,1496 g gaben 0,1510 g BaSO, = 0,020738 g S = 13,36% 8.
= (3H3S;N;0;.
Berechnet für C,,H,,S>sN50;: Gefunden:
C = 65,50 65,45%,
H —. 7,42 7,399,
SE,97 13,86%,
%-Dimethylmethylenthiooxybuttersäure-p-Toluidid,
C,H,CHCO.NHC,H,
CH N.
CH og
C,H,CHCO.NHC,H,
Auch diese Verbindung wurde wie das o-Toluidid aus 3 g
Thiooxybuttersäure-p-Toluidid und 15 g Aceton durch Einleiten
— (gg HySsN;0;,.
172 H. Beckurts u. G. Frerichs: Toluidide d. Thiooxybuttersäuren.
von trockenem Salzsäuregas dargestellt. Der. Körper bildet kleine
undeutliche Krystalle, welche bei 154—155° schmelzen und sich
in bezug auf Löslichkeit wie die o-Verbindung verhalten.
1. 0,2082 g gaben 0,5030 g CO, — 0,1371 gC = 65,85% C und
0.1443 g H,O = 0,01603 g H = 7,69% H. |
2. 0,1770 g gaben 0,1834 g BaSO, = 0,02518 g 8 = 14,22% 8.
Berechnet für 0,,H ,,S;Ns0 5: Gefunden:
C ='65,50 65,85%
H.= 72 7,69%
S = 13,97 14,22%
+-Carboxymethylthiooxybuttersäure-o-Toluidid,
C,H,CHCO .NHC,H,
| = (;H,,8N0;.
SCOOCH,
Zu einer Lösung von 3 g Thiooxybuttersäure-o-Toluidid in
30 ccm alkoholischer 1,-N.-Kalilauge wurde 1,6 g Chlorkohlensäure-
methylester hinzugesetzt. Es trat sofort schon in der Kälte eine
- vollständige Umsetzung unter Abscheidung von Chlorkalium ein.
Auf Zusatz von Wasser schied sich das Reaktionsprodukt ölig ab,
konnte jedoch durch Einimpfen von Krystallen in den festen Zu-
stand übergeführt werden und wurde dann nach dem Absaugen
und Auswaschen aus verdünntem Alkohol umkrystallisiertt,. Es
bildet kurze, bei 64-65° schmelzende Nadeln, welche sich sehr
leicht in Alkohol, Aether und Eisessig lösen, in Wasser wiederum
unlöslich sind.
1. 0,1094 g gaben 0,2356 g CO, — 0,06425 g C = 58,72% C
und 0,0634 g H,O = 0,007044 g H = 6,43% H.
2.. 0.1036 g gaben 0,0926 g BaSO, = 0,01271 gS = 12,26% 8.
Berechnet für C,,H,„SNO;,: Gefunden:
C = 58,42 58,72%
H = :6,36 6,43%,
5, = 41,98 12,26%
+-Varboxymethylthiooxybuttersäure-m-Toluidid,
C,H,CHCO .NHC,H, HI
SCOOCH,
Diese Verbindung wurde in derselben Weise wie das o-Toluidid
aus 3 g Thiooxybuttersäure-m-Toluidid, 30 cem alkoholischer 15-N.-
Kalilauge und 1,6 g Chlorkohlensäuremethylester dargestellt. Sie
bildet büschelförmig angeordnete lange Nadeln, welche bei 87°
©
H. Beckurts u. G. Frerichs: Toluidide d. Thiooxybuttersäuren. 173
. schmelzen und in bezug auf Löslichkeit ebenfalls genau der o-Ver-
bindung entsprechen.
1. 0,1366 g gaben 0,2922 g CO, = 0,07969 g C = 58,33% C
und 0,0766 g H,O = 0,008511g H = 6,23% H.
2. 0,1570 g gaben 0,1400 g BaSO, = 0,01922 g S = 12,24% 8.
|
I}
Berechnet für C,,H,,SNO;: Gefunden:
C = 58,42 58,33%
H= 6,36 | 6,23%,
S = 11,98 12,24%,
x-Carboxymethylthiooxybuttersäure-p-Toluidid,
(,H,CHCO.NHC,H, m
| = (,H,SNO,.
SCOOCH,
Auch bei der Darstellung dieses Körpers zeigten sich keine
Abweichungen von der der o-Verbindung. Er wurde erhalten aus
3 g Thiooxybuttersäure-p-Toluidid, 30 ccm alkoholischer %3-N.-
Kalilauge und 1,6 g Chiorkohlensäuremethylester und bildete lange
weiche Nadeln, deren Schmelzpunkt bei 74—75° lag und die sich eben-
falls leicht in Alkohol, Aether und Eisessig lösten, in Wasser jedoch
unlöslich waren.
1. 0,2068 g gaben 0,4462. g CO, = 0,12169 g C = 58,84% Ü
und 0,1178 g H,O = .0,01309 & H,.= 6,32%, H.
2.. 0,2255 g geben 0,2016 g BaSO, — 0,02768 g $S = 12,27% S.
Berechnet für C,;H,,SNO;: Gefunden:
GC. = 58,42 58,84%
H-= 6,36 6,32%,
8, 11,88 12,27%,
y-Varboxyäthylthiooxybuitersäure-o-Toluidid,
C,H,CHCO .NHC,H,
|
SCOOC,H,
1,6 g chlorkohlensaures Aethyl erzeugten in einer Lösung von
3 g Thiooxybuttersäure-o-Toluidid in 30 ccm alkoholischer %5-N.-
Kalilauge schon in der Kälte vollständige Umsetzung unter Ab-
scheidung von Chlorkalium. Auf Zusatz von Wasser ging dieses in
Lösung, während sich das Reaktionsprodukt sofort in festem Zustand
ausschied. Es wurde nach dem Absaugen und Auswaschen in der
gewohnten Weise aus Alkohol unter Zusatz von Wasser umkrystalli-
siert und- bildet dann seidenglänzende Blättchen, welche bei 101°
schmelzen und sich sehr leicht in Alkohol, Aether und Eisessig
lösen, in Wasser unlöslich sind.
—, C,H, oSNO,.
174 H. Beckurts u. G. Frerichs: Toluidide d. Thiooxybuttersäuren.
1. 0,1572 g gaben 0,3434 g CO, = 0,09365 2 C = 59,57% €
und 0,0982 g H,O = 0,01091 g H = 6,94% H.
2. 0,1714 g gaben 0,1466 g BaSO, = 0,0013 gS = 11,72% 8.
Berechnet für C,,H „SNO;: Gefunden:
C = 59,78 59,57%,
H= 6,76 6,94%,
a = 1538 11,74%
%-Carboxyäthylthiooxybuttersäure-m-Toluidid,
C,H,CHCO .NHC,H,
— C4H,SNO,.
SCOOC,H,
Das bei der Einwirkung von 1,6 g Chlorkohlensäureäthylester
auf eine Lösung von 3 g Thiooxybuttersäure-m-Toluidid in 30 cem
alkoholischer 1,-N.-Kalilauge erhaltene Produkt schied sich auf
Zusatz von Wasser ölig ab und war auch nicht in den festen Zu-
stand überzuführen. Es wurde daher durch Ausäthern, Trocknen
der ätherischen Lösung durch Chlorcaleium und nachheriges Ver-
dunstenlassen des Aethers gewonnen. Es blieb als gelbes, zäh-
flüssiges Oel zurück, welches nach längerem Stehen krystallinisch
erstarrt. Es ist leicht in Alkohol, Aether und Eisessig löslich, , in
Wasser unlöslich.
1. 0,0996 g gaben 0,2194 g CO, = 0,05983 g C = 60,07% C
und 0,0600 g H,O = 0,00666 g H = 6,69%, H.
2. 0,2206 g gaben 0,1786 g BaSO, = 0,02452 gS = 11,11% 8.
Berechnet für C,,H,SNO;: Gefunden:
C — 59,78 60,07%,
HZ 6,76 6,69%,
S°2.11,38 11,119,
4.-Carboxyäthylthiooxybuttersäure-p-Toluidid,
C,H,CHCO.NHC,H,
— (,H4,SN0,.
SCOOGyH,
Dieser Körper wurde dargestellt durch Einwirkung von 1,6 g
Chlorkohlensäureäthylester auf eine Lösung von 3 g Thiooxybutter-
säure-p-Toluidid in 30 ccm alkoholischer 1,-N.-Kalilauge. Auch
hier trat vollständige Umsetzung schon in der Kälte ein. Auf Zusatz
von Wasser wurde eine ölige Abscheidung erhalten, welche jedoch
durch Einimpfen einiger durch Reiben auf dem Uhrglase erhaltener
Krystalle in den festen Zustand übergeführt werden konnte. Die Ver-
bindung wurde aus Alkohol unter Zusatz von Wasser umkrystallisiert.
Sie bildet kurze Nadeln, welche bei 81° schmelzen und sich sehr leicht
in Alkohol, Aether und Eisessig lösen, in Wasser hingegen unlöslich sind.
H. Beekurts w (ti. Frerichs: Toluidide d. Thiooxybuttersäuren. 175
l. 0,2515 g gaben 0,5544 g CO, = 0,512 gl = 60,11% Ü und
0,1478 g H,O = 0,01642 g H = 6,52% H.
2. 0,1961 g gaben 0,1666 g BaSO, — 0,02288 g S = 11,66% 8.
3. 0,3402 g gaben 16,0 cem N hei 763 mm Druck und 32°C.
—= 0,018198 ge N = 5,34% N.
Berechnet für C,,H,,SNO;: Gefunden:
C = 59,78 60,11%
H = 6,56 A
S = 11,38 11,66%
N 498 5,34%,
x-Dhioglykoloxybutyr-o-toluididsäure,
@,H,CHCO.NHC,H,
| —= 0544-8002
. SCH,COOH
3 g Thiooxybuttersäure-o-Toluidid wurden in 60 ccm alkoho-
lischer 14-N.-Kalilauge gelöst, diese Lösung mit 1,5 g Monochlor-
essigsäure versetzt, und das Ganze auf dem Wasserbade am Steig-
rohr erhitzt bis die Flüssigkeit ammoniakalische Kupfersulfatlösung
nicht mehr reduzierte. Hierauf wurde die Gesamtflüssigkeit in einem
Porzellanschälchen auf dem Wasserbade eingedampft und der Rück-
stand mit Wasser aufgenommen. Durch Zusatz von Salzsäure zu
der filtrierten Lösung wurde die Säure als schmierige Abscheidung
erhalten. Sie war jedoch leicht durch Einimpfen einiger auf dem
Uhrglase durch Reiben erhaltener Krystalle in den festen Zustand
überzuführen und wurde dann aus verdünntem Alkohol umkrystalli-
siert. Die Säure bildet kleine, undeutliche, nadelförmige Krystalle,
welche bei 1130 schmelzen. Dieselben sind unlöslich in Wasser,
schwer in Aether, leichter in Alkohol und Eisessig beim Erwärmen
löslich.
1. 0,1260 g gaben 0,2703 g CO, = 0,07385 gC = 58,61% C und
0,0708 g H,O = 0,007866 gH = 6,24% H.
2. 0,1404 g gaben 0,1220 g BaSO, = 0,01675g S = 11,93% S-
Berechnet für C,,H,,SNO;: Gefunden:
C, = 58,42 58,61%
H —=\ 6,36 6,24%
S = 11,98 11,93%,
%-Thioglykoloxybutyr-m-toluididsäure,
C,H,CHCO.NHC,H, |
| —=/C,H;SNO;.
SCH,COOH
Bei der Darstellung dieser Säure aus 1,5 g Monochloressig-
säure, 60 ccm alkoholischer 1%-N.-Kalilauge und 3 g Thiooxy-
176 H. Beckurts u. &. Frerichs: Toluidide d. Thiooxybuttersäuren.
buttersäure-m-Toluidid zeigten sich keine Abweichungen von der
Darstellungsweise der entsprechenden o-Verbindung. Die Säure
bildet ein weißliches Pulver von undeutlich krystallinischer Struktur.
Sie schmilzt bei 118° und löst sich leicht in Alkohol, Aether und
Eisessig, in Wasser ist sie unlöslich.
1. 0,1850 g.gaben 0,3950 g CO, = 0,1077 g C = 58,21% C und
0,1116 & H,0 = 0,0124 geH = 6,70%, H
2. 9,1018 g gaben 0,0904 g BaSO, = 0, 01241 g8 = 12,19% 8.
Berechnet für C,;H,„SNO;: Gefunden:
C = 58,42 58,21%
H = 6,36 6,70%
Br 314,989 25 12,19%
+-Thioglykoloxybutyr-p-toluididsäure, F
SCH,COOH
Um diese Säure darzustellen, wurde zunächst genau so ver-
fahren, wie bei der o-Verbindung. 3 g Thiooxybuttersäure-p-Toluidid
wurden in 60 cem alkoholischer %,-N.-Kalilauge gelöst, mit 1,5gMono-
chloressigsäure erhitzt, die Flüssigkeit eingedampft und aus‘ der
mit Wasser erhaltenen Lösung des Rückstandes durch Salzsäure die
Säure in Freiheit gesetzt. Sie schied sich ab als schmierige, butter-
artige Masse, die auf keine Weise in den festen Zustand überzuführen
war. Es wurde deshalb aus der Säure durch längeres Erhitzen mit
kohlensaurem Baryum, welches in Wasser aufgeschwemmt war, das
Baryumsalz dargestellt. Die von kohlensaurem Baryum abfiltrierte
wässerige Lösung wurde zur Trockne verdampft, der Rückstand in
Alkohol gelöst und dieser langsam verdunsten gelassen. Es blieb
dabei das Baryumsalz in-Form einer gelblichen, derben Ba rg
masse zurück.
0,3077 g gaben 0,1012 g BaSO, = 0,0595 g Ba = 19,33% Ba.
Berechnet für (C,,H,,SNO,);Ba: Gefunden:
Ba -- 19,65 19,33%
%-Thioglykoloxybutyr-o-toluididsäureäthylester,
C,H,CHCO.NHC,H, | j
| = C5Hg,SNO,
SCH,CO0C,H
3 g Thiooxybuttersäure-o- Tolnidid wurden in 30 cem alkoho-
lischer %,-N.-Kalilauge gelöst und die Lösung mit2g "Chloressigsäure-
äthylester versetzt. Es fand schon in der Kälte eine vollständige
H. Beckurts u. G. Frerichs: 'Toluidide d. Thiooxzybuttersäuren. 177
Umsetzung unter Abscheidung von Chlorkalium statt. Auf Zusatz
von Wasser schied sich das Reaktionsprodukt ölig ab, war jedoch
leicht auf die gewöhnliche Art und Weise in den festen Zustand
überzuführen, wurde dann abgesogen, ausgewaschen und aus Alkohol
unter Zusatz von Wasser umkrystallisiert. Es bildet weiße Nadeln,
welche sich sehr leicht in Alkohol, Aether und Eisessig lösen, in Wasser
dagegen unlöslich sind.
1. 0,1872 g gaben 0,4208 g CO, = 0,11476 g CÜ = 61,30% C
und 0,1164 g H,O = 0,012933 gH = 6,91% H.
2. 0,2120 g gaben 0,1634 g BaSO, = 0,02244 g S = 10,58% 8.
I
)
Berechnet für C,,H,,SNO;: Gefunden:
@;,=:81,01 61,30%
1 | 6,91%
S = 10,84 10,58%
%-Thioglykoloxybutyr-m-toluididsäureäthylester,
C,H,CHCO.NHC,H,
|
SCH,COOC,H,
Dieser Körper wurde dargestellt aus 3 g Thiooxybuttersäure-
m-Toluidid, 30 ccm alkoholischer 1,-N.-Kalilauge und 2 g Chlor-
essigsäureäthylester. Das sich auch hier ölig abscheidende Re-
aktionsprodukt war nicht in den festen Zustand überzuführen, es
wurde daher durch Ausäthern gewonnen. Es bildet ein dickflüssiges,
gelbes Oel, welches sich leicht in Alkohol, Aether und Eisessig löst.
l. 0,1712 g gaben 0,3850 g CO, = 0,1050 gC = 61,33% C und
0,1066 g H,O = 0,01184gH — 6,91% H.
2. 0,1550 g gaben 0,1258 g BaSO, = 0,01727 g 8 = 11,14% 8.
= (,H,SNO,.
Berechnet für C,,H,,SNO;: Gefunden:
C=61;01 61,33%
E37, 11 6,91%
3 — 10,84 11,14%,
#-Thioglykoloxybutyr-p-toluididsäureäthylester,
0,H,CHCO .NHC,H,
= C,H, SN0,.
SCH,CO0C,H,.
Das bei der Einwirkung von 2 g Chloressigsäureäthylester auf
eine Lösung von 3 g Thiooxybuttersäure-p-Toluidid in 30 cem
alkoholischer 1,-N.-Kalilauge erhaltene und durch Wasser zur Ab-
scheidung gebrachte ölige Produkt war nur sehr schwierig — bei
sehr niedriger Temperatur und nach längerem Stehen — in den
festen Zustand überzuführen. Es bildet schöne, büschelförmig an-
Arch. d. Pharm. CCLIII. Bds. 3. Heft. 12
178 H. Beckurts u. G. Frerichs: Toluidide d. Thiooxybuttersäuren.
geordnete Nadeln, welche bei 47—48° schmelzen und sich sehr
leicht in Alkohol, Aether und Eisessig lösen, in Wasser dagegen
unlöslich sind.
1. 0,2006 g gaben 0,4516 g CO, = 0,1231 g C = 61,36% C urd
0,1290 g H,O = 0,01433 ge H = 7,14% H.
2. 0,2548 g gabın 0.2054 g BaSO, = 0,0282 gS = 11,06% 8.
Berechnet für C,,H,,SNO;: Gefunden:
C = 61,01 61,36%
4 4741 7,14%
S = 10,84 11,060,
%-Thioglykoloxybutyr-o-toluididsäureamid,
C,H,CHCO .NHC,H,
| — VIER
SCH,CONH,
3 g Thiooxybuttersäure-o-Toluidid wurden in 30 ccm alkoho-
lischer %,-N.-Kalilauge gelöst und 1,5 g Chloracetamid hinzugesetzt.
Auch hier trat schon in der Kälte völlige Umsetzung ein. Beim
kräftigen Durchschütteln erstarrte die ganze Masse breiartig infolge
des ausgeschiedenen Reaktionsproduktes. Nach dem Absaugen und
Auswaschen wurde die Verbindung aus Alkohol unter Zusatz von
Wasser umkrystallisiert. Sie bildet derbe Nadeln, welche bei 149°
schmelzen, sich schwer in Aether, leichter in Alkohol und Eisessig
besonders beim Erwärmen lösen.
l. 0,1112 g gaben 0,2404 g CO, — 0,06556 g C = 58,95% €
und 0,0678 g H;0 = 0,007533 g H = 6,77% H.
2. 0,1344 g gaben 0,1166 g BaSO, = 0,01601 g $ = 11,91% 8.
Berechnet für C,;H,gSN 5035: Gefunden:
C = 58,64 58,95%
H= 6,756 6,77%
52.0 11,91%
+-Thioglykoloxybutyr-m-toluididsäureamid,
C,H,CHCO.NHC,H,
| — („Hm
SCH,CONAR,
Die Darstellungsweise dieses Körpers aus 1,5 g Chloracetamid,
30 ccm alkoholischer 1,-N.-Kalilauge und 3 g Thiooxybuttersäure-
m-Toluidid zeigte keine Verschiedenheiten von derjenigen der
o-Verbindung. Die Verbindung bildet büschelförmig angeordnete
Nadeln, welche bei 122—123° schmelzen und sich in bezug auf
Löslichkeit ebenfalls wie die o-Verbindung verhalten.
H. Beckurts u. G. Frerichs: Toluidide d. Thiooxybuttersäuren. 179
l. 0,1228 g gaben 0,2648 g CO, = 0,072218 g C = 58,80% C
und 0,0714 g H,O = 0,007933 g H = 6,46% H.
2. 0,1364 g gaben 0,1222 g BaSO, = 0,01678 g S = 12,30% 8.
Berechnet für C,,H,,SN,O;: Gefunden:
C = 58,64 58,80%,
H= 6,76 6,46%,
S — 12,03 12,30%,
x-Thioglykoloxybutyr-p-toluididsäureamid,
C,H,CHCONHC,H,
SCH,CONH,
Dieser Körper wurde dargestellt aus 1,5 g Chloracetamid,
30 ccm alkoholischer 4,-N.-Kalilauge und 3 g Thiooxybuttersäure-
p-Toluidid. Er bildet undeutliche Krystallmassen,; welche bei
139—140° schmelzen, sich schwer in Aether, leichter in Alkohol
und Eisessig lösen.
1. 0,1918 g gaben 0,4143 g CO, = 0,1129 g C = 58,86% C und
0,1191 g H,O = 0,01323 g H = 6,90% H.
2. 0,1628 g gaben 0,1444 g BaSO, = 0,01983 g S = 12,18%, 8.
3. 0,1995 g gaben 190 cem N bei 18°C. und 750 mm Druck =:
0,02154 g N = 10,80% N.
= CjsH1sSN;0,.
Berechnet für C,,H,,SN50;5: Gefunden:
C = 58,64 58,86%
H= 6,76 6,89%
S = 12,03 - 11,91%
N = 10,52 10,80%,
x-Thioglykoloxybutyr-o-toluididsäureanilid,
C,H,CHCO .NHC,H,
|
SCH,CO ..NHC,H,
3 g Thiooxybuttersäure-o-Toluidid wurden in 30 ccm alkoho-
lischer %,-N.-Kalilauge gelöst und 5,25 g Chloracetanilid hinzugefügt.
Auch hier trat schon in der Kälte völlige Umsetzung ein, und wurde
die Mischung beim kräftigen Umschütteln durch die Menge des aus-
geschiedenen Reaktionsproduktes dick breiartig. Die Ausscheidung
wurde durch Zusatz von Alkohol und Erwärmen in Lösung gebracht,
die Lösung vom Chlorkalium abfiltriertt und langsam erkalten
gelassen. Die sich ausscheidende Verbindung wurde dann nochmals
aus Alkohol umkrystallisiert. Der Körper bildet sehr kleine, weiche
Nadeln, welche bei 163—164° schmelzen und sich schwer in Aether,
12*
180 H. Beekurts u. G. Frerichs: Toluidide d. Thiooxybuttersäuren.
leichter in Alkohol und Eisessig besonders beim Erwärmen lösen,
in Wasser völlig unlöslich sind.
1. 0,1324 g gaben 0,3222 g CO, = 0,08787 eg C = 66,36% C
und 0,0754 g H,O = 0,008377 g H = 6,32% H.
2. 0,1260 g gaben 0,0882 g BaSO, = 0,012113 g S = 9,61% 8.
3. 0,3016 g gaben 21,2 ccm N bei 19°C. und 759 mm Druck =
0,002434 g N = 8,07% N.
Berechnet für C,H, SN50;: Gefunden:
C = 66,66 66,36%
H= 6,43 6,32%
S3=159,35 9,61%
N- 8,18 8,07%
x-Thioglykoloxybutyr-m-toluididsäureanilid,
&,H,CHCO.NHC,H,
|
SCH,CO.NHC,H,
Dieser Körper wurde in einer der o-Verbindung völlig analogen
Weise dargestellt. Er krystallisiert in feinen, glänzenden Nadeln,
welche bei 157—158° schmelzen und sich in bezug auf Löslichkeit
ebenfalls wie die entsprechende o-Verbindung verhalten.
1. 0,1428 g gaben 0,3480 g CO, = 0,0949 g C = 66,45% C und
0,0794 gHO = 0,008822 g H = 6,17% H.
2. 0,1824 g gaben 0,1230 g BaSO, = 0,01689 g S = 9,25% 8.
3. 0,2186 g gaben 15,0 ccm N bei 16°C. und 761 mm Druck =
0,01752 8 N = 8,01% N.
= CoHzSN;,0,.
Berechnet für C,HsSN;0;: Gefunden:
C = 66,66 66,459,
H= 6,43 6,17%
2729,35 9,25%
N: = . 8,18 8,01%
+-Thioglykoloxybutyr-p-toluididsäureanilid,
. 0,B,CHCO.NHC,H,
| — (pHsBN.O;:
SCH,CO .NHC,H,
Auch die Darstellung dieses Körpers aus 5,25 g Chloracet-
anilid, 30 ccm alkoholischer 4,-N.-Kalilauge und 3 g Thiooxybutter-
säure-p-Toluidid wich in keiner Weise von der der o-Verbindung ab.
Die Verbindung bildet weiße Wärzchen, welche bei 135—136°
schmelzen und dieselben Löslichkeitsverhältnisse zeigen wie die
o-Verbindung.
C. Mannich und E. Thiele: Phenyläthanolamin ete. 18]
1. 0,1668 g gaben 0,4097 g CO, = 0,1117 gC = 66,96% U und
0,1022 g H,O = 0,01135 g H = 6,80% H.
2. 0,1358 g gaben 0,092 g BaSO, = 0,01263 g S = 9,30% S.
Berechnet für C,H.,SN,O;: Gefunden:
C = 66,66 66,96%
H= 6,43 6,80%,
S = 9,35 9,30%,
Mitteilung aus dem pharmazeutischen Laboratorium
der Universität Göttingen.
Ueber Phenyl-l-äthanol-l-amin-2 und verwandte
Verbindungen.
Von C. Mannich und E. Thiele.
(Eingegangen den 8. IV. 1915.)
Aminoalkohole vom Typus des Phenyl-äthanol-amins:
C,H,.CH(OH).CH,.NH,,
sind bisher schwer zugänglich gewesen. Der scheinbar am nächsten
liegende Weg für die Synthese derartiger Aminoalkohole, nämlich
die Reduktion der entsprechenden Aminoketone, führte nach den
bisher benutzten Methoden nur sehr unvollkommen zum Ziele. So
haben Gabriel und Eschenbach!) gefunden, daß das
«-Amino-acetophenon bei der Reduktion mit Natriumamalgam den
Stickstoff als Ammoniak abspaltet:
C,H,.CO.CH,NH, +2H = C,H,.COCH, + NH,.
Ferner gibt Stolz, der die synthetische Darstellung des
physiologisch interessanten und praktisch wichtigen Adrenalins
durch Reduktion des Methyl-amino-acetobrenzkatechins zuerst
aufgefunden hat.
—NCH(0H).CH,.NHCH,
OH
an, daß bei der Reduktion des Aminoketons zum Aminoalkohol
der Stickstoff zum großen Teil als Methylamin abgespalten wird?).
!) Ber. d. deutsch. chem. Ges. 30, 1126 (1897).
?) Stolz, Chem.-Ztg. 1906, S. 981.
182 C. Mannich und E. Thiele: Phenyläthanolamin ete.
Besser als die freien Aminoketone lassen sich ihre Acylderivate
zu am Stickstoff acylierten Aminoalkoholen reduzieren. So haben
z. B. Pietet und Gamst) das »-Acetamino-acetophenon:
C,H,.CO.CH,.NH.CO.CH,,
mit Natriumamalgam in durch Zusatz von Eisessig stets sauer
gehaltener absolut alkoholischer Lösung zum entsprechenden
Alkohol reduzieren können. Ebenso haben Mannich und
Hahn?) das »-Carbäthoxyamino-acetophenon:
C,H,.C0.CH,.NH.CO.OC,H,,
zum entsprechenden sekundären Alkohol reduziert.
Da die Synthese des Phenyläthanolamins und verwandter
Verbindungen wegen ihrer nahen Beziehung zum Adrenalin erheb-
liches praktisches Interesse besitzt, so hat es nicht an Versuchen
gefehlt, auf anderen Wegen zu derartigen Verbindungen zu gelangen.
So reduziertte Rosenmund?) die durch Kondensation von Nitro-
methan und aromatischen Aldehyden entstehenden Nitroalkohole
z. B. das Phenyl-w-nitro-äthanol:
C,H;.CH(0H).CH,NO, »» C,H,.CH(OH).CH,NH,,
zu den entsprechenden Aminoalkoholen. Dabei treten aber, wie
Rosenmund angibt, Nebenprodukte auf. Es ist ihm daher
nicht gelungen, weder das freie Phenyläthanolamin noch sein salz-
saures Salz in krystallisiertem Zustande zu gewinnen. Er hat viel-
mehr nur eine Benzoylverbindung in reiner Form darstellen können.
Eine weitere Methode, die zu Aminoalkoholen vom Typus
des Phenyläthanolamins führen soll, ist in der deutschen Patent-
schrift No. 193 634 beschrieben. Sie besteht darin, daß die Cyan-
hydrine aromatischer Aldehyde durch Reduktion in Aminoalkohole
übergeführt werden:
(HO),C,H,.CH(OH).CN =» (HO),C,H,.CH(OH).CH,NA,.
Praktische Bedeutung dürfte dieser Methode nicht zukommen.
Ferner ist verschiedentlich versucht worden, das Halogen in
Halogenhydrinen von der Form:
C,H,.CH(OH).CH,Br »> C,H,.CH(OH).CH,NH,,
durch die Aminogruppe zu ersetzen®), allein auch dieser Weg führt
1) Ber. d. deutsch. chem. Ges. 43, 2384 (1910).
2) Ber. d. deutsch. chem. Ges. 44, 1546 (1911).
®) Ber. d. deutsch. chem. Ges. 46, 1034 (1913).
4) Journ. of the chem. Soc. 87, 967 (1905). Ber. d. deutsch.
chem. Ges. 41, 4559 (1908). Ber. d. deutsch. chem. Ges. 42, 259 (1909).
C. Mannich und E. Thiele: Phenyläthanolaınin ete. 183
sehr unvollkommen zum Ziele, da C. Mannich gezeigt hatt),
daß der Reaktionsverlauf in der Hauptsache eine andere Richtung
nimmt.
Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, fehlte
es trotz mancher Bemühungen bis jetzt an einer guten Methode,
um Aminoalkohole vom Typus des Phenyläthanolamins bequem
herstellen zu können. Das Phenyläthanolamin selbst, obgleich als
Muttersubstanz des Adrenalin von Interesse, ist daher bis jetzt
noch nicht bekannt.
Wir haben uns daher bemüht, einen geeigneten Weg zur
Synthese derartiger Aminoalkohole aufzusuchen, insbesondere haben
wir nochmals die Reduktion von Aminoketonen zu Aminoalkoholen
studiert. Dabei hat sich ergeben, daß die von Gabriel und
Eschenbach bei der Reduktion des Aminoacetophenons beob-
achtete Abspaltung der Aminogruppe als Ammoniak sich vermeiden
läßt, wenn man die Reduktion in der richtigen Weise leitet. Als
Reduktionsmittel hat sich dabei außerordentlich bewährt die
Hydrierung mit Wasserstoff und metallischem Palladium.
Es war keineswegs vorauszusehen, daß die Hydrierung der
Aminoketone mit diesem Reduktionsmittel gelingen würde, da im
allgemeinen die Ketongruppe mit Palladium und Wasserstoff nicht
zur sekundären Alkoholgruppe reduziert wird. Bei Ketonen von
Typus des „-Aminoacetophenons geht aber die Reduktion ganz glatt
und quäntitativ zu den entsprechenden Aminoalkoholen vor sich?).
Für die technische Ausführung der Reduktion erwies es sich
vorteilhaft, nicht kolloidale Palladiumlösungen zu benutzen, viel-
mehr das Metall auf einem feinpulverigen Träger — Tierkohle —
niederzuschlagen. Hinsichtlich der Schnelligkeit, mit welcher der
Hydrierungsprozeß vor sich geht, ist die Kombination Palladiunı
mit Tierkohle kolloidalen Palladiumlösungen mindestens gleichwertig.
Die Herstellung des Katalysators erfolgt in der Weise, daß
man feingepulverte Tierkohle in Wasser suspendiert, Palladium-
chlorürlösung hinzugibt und durch die Flüssigkeit etwa 20 Minuten
lang Wasserstoff hindurchleitet. Die palladinierte Tierkohle wird
darauf abgesaugt, ausgewaschen und getrocknet. Die gewöhnlichen
Handelssorten von Tierkohle sind als Träger für das Palladium
nicht rein genug. Man muß sie mehrfach gründlich mit heißer
1) Arch. d. Pharm. 248, 127 (1907).
2) Als dieses Resultat bereits vorlag, wurden wir auf ein Patent
der Farbenfabriken vorm. Friedrich Bayer & Co. No. 254 438 aufmerk-
sam, das die Reduktion aromatischer Aminoketone zu Aminoalkoholen
unter Verwendung kolloidaler Metalle der Platingruppe zum Inhalt hat.
“
184 C. Mannich und E. Thiele: Phenyläthanolamin ete.
Salzsäure ausziehen, bis im Filtrat mit Ferrocyankalium Eisen
kaum noch nachweisbar ist, und dann nahezu chlorfrei waschen.
Als Ausgangsmaterial für die Darstellung des Phenyläthanol-
amins diente ein Gemisch von bromwasserstoffsaurem und salz-
saurem Aminoacetophenon, das nach einer von Mannich und
Hahn!) angegebenen Methode aus dem Additionsprodukt von
Bromacetophenon und Hexamethylentetramin hergestellt war. Die
Reduktion des Aminoketons ging um so glatter vor sich, je reiner
das Material war.
Das Phenyläthanolamin liefert bei der Benzoylierung nach
Schotten-Baumann glatt eine N-Benzoylverbindung vom
Schmelzpunkt 146°:
C,H,.CH(OH).CH,.NH.CO.C,H,.
Wie diese Formel lehrt, enthält die Substanz noch ein alkoholisches
Hydroxyl, das der Acylierung zugänglich sein muß. In der Tat
liefert die Benzoylverbindung beim Kochen mit Essigsäureanhydrid
und Natriumacetat einen Essigsäureester vom Schmelzpunkt 112
bis 113°. Dadurch ist die Alkoholnatur der Base nachgewiesen.
Eine Reihe von Derivaten wurde in der Absicht hergestellt,
sie zur Darstellung von neuen, bisher schwer zugänglichen Iso-
chinolinderivaten zu benutzen. Pictet und Gams?) haben
nämlich gezeigt, daß Acylderivate des Phenyläthanolamins sich mit
Hilfe von Phosphorpentoxyd zu Isochinolinen kondensieren lassen:
CH(OB) Ben:
AIDS ZIRSCHE De FrSH
2 Inn —E0 = x
| NH | |
SEIT FAR N
co | 7 2
| |
R R
Wenn dieser Ringschluß allgemeiner Anwendung fähig war, so
hätte das durch Einwirkung von Dichloressigester auf Phenyläthanol-
amin entstehende Dichloracet-phenyl-äthanolamin:
CH(OH) cH
Far GITICH; ge ni "ICH
| »—o | |
NH |
De ee —
co en
|
CHCI, CHOL,
!) Ber. d. deutsch. chem. Ges. 44, 1542 (1911).
®2) Ber. d. deutsch. chem. Ges. 42, 2943 (1910).
o
C. Mannich und E. Thiele: Phenyläthanolamin ete. 185
zu einem chlorhaltigen Isochinolinderivat führen sollen, aus dem
voraussichtlich ein durch die Aldehydgruppe substituiertes Iso-
chinolin zu gewinnen gewesen wäre. Ebenso hätte das durch Ein-
wirkung von Üyanessigester auf das Phenyläthanol entstehende
Cyanacetyl-phenyläthanolamid:
C,H,.CH(OH).CH,.NH.CO.CH,.CN,
ein Isochinolinderivat liefern können, das wegen der Reaktions-
fähigkeit der Cyangruppe zu Umsetzungen geeignet gewesen wäre.
Leider ist es nicht möglich gewesen, nach der Methode von Pictet
in den beiden genannten Derivaten den Isochinolinringschluß zu
bewirken. Es war wenigstens nicht möglich, aus den Reaktions-
produkten einheitliche Substanzen herauszuarbeiten.
Ganz anders als Cyanessigester und Dichloressigester wirkt
Monochloressigester auf Phenyläthanolamin ein. Es tritt dabei
nicht die Amingruppe mit der Carbäthoxygruppe in Reaktion,
vielmehr reagiert die Aminogruppe mit dem Chloratom. Dabei dürfte
sich in der ersten Phase ein Phenyl-äthanol-amino-essigester bilden :
C,H,.CH(OH).CH,.NH.CH,.CO.OC,H,,
der aber nicht isoliert wurde, da er einer inneren Kondensation zu
einem Diketopiperazin unterliegt.
Einerseits um die allgemeine Anwendbarkeit der Methode zur
Reduktion von Aminoketonen zu zeigen, andererseits um dem
Adrenalin einen Schritt näher zu kommen, wurde ferner das bereits
bekannte p-Methoxy-amino-aceto-phenon in derselben Weise zum
Alkohol reduziert.
Auch Aminoketone mit freien Phenolhydroxylen lassen sich
zu Aminoalkoholen reduzieren. Das p-Oxyaminoacetophenon konnte
mit Palladium-Tierkohle und Wasserstoff ohne Schwierigkeiten in
das p-Oxyphenyläthanolamin übergeführt werden:
R "60.CH,.NH, —NCH(0H).CH,NH,
=>
Ho! HoL.")
Experimenteller Teil.
Phenyl-äthanol-amin:
C,H,.CH(OH).CH,.NH,.
l g eines Gemisches von bromwasserstoffsaurem und salz-
saurem w-Amino-aceto-phenon, wie es nach einer von Mannich
und Hahn!) angegebenen Methode erhalten wird, wurde mit
!) Ber. d. deutsch: chem. Ges. 44, 1542 (1911).
186 C. Mannich und E. Thiele: Phenyläthanolamin ete.
0,5 g einer 2%igen Palladium-Tierkohle in der Paal’schen Ente
hydriert. Die Zeit bis zur Sättigung betrug 35 Minuten, die Wasser-
stoffaufnahme 125 ccm, was der Anlagerung von 2 Atomen Wasser-
stoff im Molekül entspricht.
Bei der Hydrierung von 1 g des gleichen Materials mit einer
dieselbe Menge Palladium enthaltenden, mit Hilfe von Gummi
arabicum bereiteten kolloiden Palladiumlösung dauerte die Re-
duktion hingegen 11, Stunden. Daraus ergibt sich eine Ueker-
legenheit der Hydrierungsmethode mit Palladium-Tierkchle über
das bisher benutzte Verfahren.
Beim Eindampfen der hydrierten Lösung hinterblieb ein Sirup
des Gemisches aus dem brom- und chlorwasserstoffsauren Salz des
Aminoalkohols, der keine Neigung zeigte, zu krystallisieren.
Für die weitere Verarbeitung ist es daher zweckmäßig, die
Base in ihr schwer lösliches Karbonat zu verwandeln. Es fällt
krystallinisch aus, wenn man die nach der Hydrierung eingeengte
Lösung mit einer konzentrierten Lösung von Kaliumkarbonat
versetzt. Das mit wenig Wasser ausgewaschene Karbonat liefert
beim vorsichtigen Uebergießen mit ‘konzentrierter Salzsäure eine
Lösung des chlorwasserstoffsauren Salzes, die beim Eindunsten im
Exsikkator krystallisiert. Das salzsaure Salz ist äußerst leicht löslich
in Wasser, leicht in Alkohol, unlöslich in Chloroform. Aus der
alkoholischen Lösung kann es mit Aether ausgefällt werden. Es
läßt sich umkrystallisieren, indem man es in der dreifachen Menge
trockenem Aceton durch Kochen am Rückflußkühler löst und die
filtrierte Lösung in einer Eiskochsalzmischung kühlt. Dabei scheidet
sich das Salz in derben weißen Krystallen aus; es bleibt aber ein
beträchtlicher Teil in der Mutterlauge. Das salzsaure Salz sintert
bereits bei 136°, schmilzt aber erst bei 211° zu einer klaren Flüssig-
keit. Die wässerige Lösung gibt mit ammoniakalischer Kupfersulfat-
lösung einen blauen krystallinischen Niederschlag eines Kupfersalzes.
0,1946 g Substanz gaben 0,3932 g CO, und 0,1200 g H,O.
0,1913 g Substanz gaben 13,3 ccm N (20°; 750 mm).
0,2034 g Substanz gaben 0,1684 g AgCl.
Berechnet für C,H,;ONCI: sefunden:
C = 55,3 55,1%
H = 70 6,9%
Ns. 81 8,0%
er -- 204 20,5%
Das freie Phenyl-äthanol-amin ist anscheinend in Wasser sehr
leicht löslich, da es aus der wässerigen Lösung der Salze durch
Kalilauge nicht abgeschieden wird.
C. Mannich und E. Thiele: Phenyläthanolamin ete. 187
Zur Gewinnung der freien Base wurde daher eine Lösung von
1,73 g des salzsauren Salzes in 5 ccm Alkohol mit einer Lösung von
0,23 g Natrium in 5 cem Alkohol zur Umsetzung gebracht, und die
vom Kochsalz abfiltrierte Lösung im kohlensäurefreien Luftstrom
bei mäßiger Wärme eingedunstet. Der Rückstand wurde in Alkohol-
Aether gelöst und bis zur beginnenden Trübung mit Petroläther
versetzt. Beim Abkühlen in einer Eiskochsalzmischung schied sich
die freie Base in glänzend weißen Krystallnadeln aus. F.-P. ca. 40°,
Die Krystalle zogen unter Verlust ihres Glanzes begierig die Kohlen-
säure der Luft an sich.
Das Phenyläthanolamin ist, im Gegensatz zu dem verwandten
Adrenalin, ein gegen Säuren und Alkalien ziemlich beständiger
Körper. Anhaltendes Kochen mit 20%iger Salzsäure veranlaßte
nur einen geringen aromatischen Geruch, aber keine weitgehende
Zersetzung; ebenso bewirkte längeres Kochen mit 15%iger Kali-
lauge keine erhebliche Veränderung.
N-Benzoyl-phenyl-äthanol-amin:
C,H,.CH(OH).CH,.NH.CO.C,H,.
Die Benzoylierung des Phenyl-äthanol-amins nach der Methode
von Schotten-Baumann erfolgt ohne Schwierigkeit durch
allmählichen Zusatz von Natronlauge und Benzoylchlorid zur
wässerigen Lösung des salzsauren Salzes. Die Benzoylverbindung
schmilzt nach dem Umkrystallisieren aus Alkohol bei 146°
(Kolshorn!) 144—145%, Rosenmund? 147%). Die Aus-
beute wird ziemlich quantitativ.
0,1636 g Substanz gaben 0,4460 g CO, und 0,0930 g H,O.
0,1588 g Substanz gaben 8,1 ccm N (21°; 764 mm).
Berechnet für C,;,H,;0;N: Gefunden:
C = 74,7 74,4%,
H.= 6,3 6,4%
N= 5,8 6,0%
O0-Acetyl-N-benzoyl-phenyl-äthanol-amin:
Re er
L__ -0.00.CH,
Es wurden 0,65 g N-Benzoyl-phenyl-äthanol-amin mit 2,5 g
Essigsäureanhydrid und 0,65 g Natriumacetat 20 Minuten am
") Ber. d. deutsch. chem. Ges. 46, 1046 (1913).
?) Ber. d. deutsch. chem. Ges. 37, 2483 (1904).
188 ©. Mannich und E. Thiele: Phenyläthanolamin ete.
J
Rückflußkühler gekocht. Das beim Schütteln mit Wasser in festem
Zustand sich ausscheidende Reaktionsprodukt wurde bei 30—40°
in 8cem Alkohol gelöst und bis zur beginnenden Trübung mit
Wasser versetzt. Aus der erkaltenden Lösung schieden sich
glänzende Krystallnadeln ab. F.-P. 112—113°. Ausbeute nahezu
quantitativ.
0,1302 g Substanz gaben 0,3430 g CO, und 0,0734 g H;O.
0,1265 g Substanz gaben 5,6 cem N (19°; 756 mm).
Berechnet für?0,,H,,0;N: Gefunden:
C = 172,0 71,8%
H= 60 6,3%
Nie1.4,9 5,1%
N-Carbäthoxy-phenyi-äthanol-amin:
C,H;-CH(OH).CH,NB.COYGET zz zZ
0,87 g salzsaures Phenyläthanolamin, 0,84 g Natriumbikarbonat
und 0,54 g Chlorkohlensäureester in 20 ccm Wasser wurden
11, Stunden mit der Turbine gerührt. Dabei schied sich das Re-
aktionsprodukt in einer Ausbeute von 0,85 g als feste Masse ab,
die nach dem Umkrystallisieren aus 4 cem Essigester 0,55 g weiße
Schüppchen lieferten vom Schmelzpunkt 87—88°. Die Verbindung
ist bereits von Mannich und Hahn!) auf anderem Wege dar-
gestellt und mit dem Schmelzpunkt 86° beschrieben worden.
0,1553 g Substanz gaben 0,3592 g CO, und 0,0956 g H,O.
0,1572 g Substanz gaben 9,2 cem N (15°; 753 mm).
Berechnet für C,,H,,03N: Gefunden:
Orr 63,1%
22,479 6,9%
N7=,.,7,D 6,9%
Phenyl-äthanol-harnstoff:
C,H,.CH(OH).CH,.NH.CO.NH,.
Konzentrierte wässerige Lösungen von je 1 Mol. Kaliumceyanat
und salzsaurem Phenyl-äthanol-amin wurden zusammengegeben und
kurze Zeit erwärmt. Beim längeren Reiben der Gefäßwände mit dem
Glasstab bildeten sich Krystalle. Nach halbtägigem Stehen wurde
der Krystallbrei abgesaugt und aus wenig Wasser umkrystallisiert.
F.-P. 95°. Der Harnstoff ist leicht löslich in Alkohol und Haigätber,
nicht in Aether und Toluol.
!) Ber. d. deutsch. chem. Ges. 44, 1546 (1911).
C. Mannich und E. Thiele: Phenyläthanolamin etc. 189
0,1280 g Substanz gaben 0,2821 g CO, und 0,0745 g H,O.
0,1536 g Substanz gaben 21 ccm N (17°; 748 mm).
Berechnet für C,H,,0,N;: Gefunden:
C = 60,0 60,1%
H = 6,7 6,5%
N = 15,6 15,8%
Diehloracet-phenyläthanol-amid:
C,H,.CH(OH).CH,.NH.CO.CH(C],.
Eine Lösung von 1,7 g salzsaurem Phenyläthanolamin (1 Mol.)
in 10 ccm absolutem Alkohol wurde mit einer Auflösung von 0,23 g
Natrium (1 Mol.) in 5 ccm absolutem Alkohol umgesetzt. Die vom
Natriumchlorid abfiltrierte Flüssigkeit blieb mit 1,6 g Dichloressig-
ester (1 Mol.) 2 Tage gut verkorkt stehen. Der beim Abdunsten des
Alkohols hinterbleibende feste Rückstand ließ sich leicht aus 45 ccm
33%igen Alkohols krystallisieren. Ausbeute 2,1 g, Theorie 2,5 g.
Die Substanz bildet glänzende Krystallblättchen vom Schmelzpunkt
91°. Sie ist in Wasser und verdünnten Säuren und Alkalien unlöslich,
löst sich aber gut in organischen Solventien.
0,1447 g Substanz gaben 7,4 com N (20°; 753 mm).
0,1634 g Substanz gaben 0,1876 g AgCl.
Berechnet für C,,H,,0:NÜ];: Gefunden:
NS 5,9%
Cl = 28,6 28,4%
Gyanacetyl-phenyläthanol-amid:
C,H,.CH(OH).CH,.NH.CO.CH,.CN.
Die aus 3,47 g (2 Mol.) salzsaurem Phenyläthanolamin durch
Umsetzung mit der äquivalenten Menge Natriumalkoholat bereitete
alkoholische Lösung der freien Base wurde mit 2,26 g (2 Mol.) Cyan-
essigester 2 Stunden am mit Natronkalkrohr verschlossenen Rück-
flußkühler gekocht. Das nach dem Abdestillieren des Alkohols
hinterbleibende gelbe, schnell krystallisierende Oel wurde in 25 cem
Wasser gelöst, und die Flüssigkeit mit Tierkohle entfärbt. Beim
Erkalten des Filtrats schied sich das Reaktionsprodukt in glänzend
weißen Krystallnädelchen aus. F.-P. 111°. Der Körper ist leicht
löslich in Essigester, Aceton, schwerer in Toluol, unlöslich in Aether.
0,1188 g Substanz gaben 0,2814 g CO, und 0,0620 g H,O.
0,1548 g Substanz gaben 18,6 cem N (22°; 749 mm).
Berechnet für C,,H,50;N;: Gefunden:
C — 64,7 64,6%
| = ze 7 5,3%
N = 13,7 13,7%
190 ©. Mannich und E. Thiele: Phenyläthanolamin ete.
N-N’-Bis-phenyläthanol-diketopiperazin:
C,H,.CH(OH).CH,
N
OC-—NcH,
B;cl____co
N
we .(HO)HC.C,H,
Aus 3,5 g (2 Mol.) salzsaurem Phenyläthanolamin, die in 15 ccm
Alkohol gelöst waren, wurde durch Umsetzung mit der äquivalenten
Menge Natriumalkoholat die Base in Freiheit gesetzt, das Kochsalz
abfiltriert, und die Lösung mit 1,6 g Chloressigester (1 Mol.) am mit
Natronkalkrohr verschlossenen Rückflußkühler 21, Stunden gekocht.
Beim Eindampfen hinterblieb ein zähes Oel, das dreimal mit Aether
extrahiert wurde. Die ätherischen Auszüge hinterließen beim Ver-
dampfen einen nur geringen Rückstand.
Das Reaktionsprodukt wurde daher mit einer konzentrierten
Lösung von 4 g Kaliumkarbonat versetzt und auf dem Wasserbade
erwärmt, wobei sich ein Oel ausschied, das beim Erkalten allmählich
zu einer etwas schmierigen Masse erhärtete. Letztere wurde mit
Wasser verrührt und abgesaugt. Die Substanz: (1,1 g) hinterließ
beim Anreiben mit Aceton 0,6 g eines weißen Körpers, der aus 9 ccm
30%igem Alkohol umkrystallisiert wurde. Nach nochmaligem Um-
krystallisieren aus Essigester schmolz die Substanz bei 121°.
0,1567 g Substanz gaben 0,3898 g CO, und 0,0923 g H,O.
0,1301 g Substanz gaben 9,2 ccm N (18°; 753 mm).
Berechnet für C,,Hs>O,N>: Gefunden:
C = 67,8 67,8%
H->= 0655 6,6%
u 8,2%
p-Methoxy-phenyläthanolamin:
N.CH(0H).CH,.NH,
|
Eine konzentrierte wässerige Lösung von 5 g salzsaurem
p-Methoxy-«.-aminoacetophenon wurde mit 0,5 g 2%,%iger Pal-
ladium-Tierkohle und Wasserstoff geschüttelt. Dabei wurden
650 ccm Wasserstoff aufgenommen, was ungefähr einer Anlagerung
von 2 Atomen Wasserstoff im Molekül entspricht. Die Kohle wurde
abgesaugt, das Filtrat bis zur beginnenden Krystallisation auf dem
©. Mannich und E. Thiele: Phenyläthanolamin ete. 191
Wasserbade eingedampft und im Exsikkator getrocknet. Nach
dem Umkrystallisieren aus 8 ccm Alkohol zeigte das Salz ähnliche
Schmelzpunktsunregelmäßigkeiten wie das salzsaure Phenyläthanol-
amin. Bei 168° trat deutliches Sintern ein, bei 202° erfolgte Zer-
setzung unter Aufschäumen. Es ist sehr leicht löslich in Wasser,
Alkohol und Methylalkohol, unlöslich in Essigester, Chloroform
und Aceton. Mit Pikrinsäure und Platinchlorid entstehen gelbe Salze.
Eine Substanz der gleichen Konstitution ist bereits durch
Reduktion des p-Methoxy-phenyl-nitroäthanols vvonRosenmund
dargestellt worden. Den von ihm angegebenen Schmelzpunkt 171
bis 172° können wir nicht bestätigen. s
0,1397 g Substanz gaben 0,2724 g CO, und 0,0868 g H,O.
0,1620 g Substanz gaben 10 com N (22°; 753 mm).
0,2036 g Substanz gaben 0,1442 g AgCl.
Berechnet für C,H, ,O;NÜl: Gefunden:
| 53,2%
H= 6,9 6,9%
N .'6,9 7,1%
ei 17,5%
N-Benzoyl-p-methoxy-phenyläthanolamin:
ff —CH(0H).CH,.NH.CO.C,H,
CH,OL_
2 g p-Methoxy-phenyläthanol-aminchlorhydrat wurden mit 20 &
Natronlauge von 10% und 2,8 g Benzoylchlorid benzoyliert. Die
flockig abgeschiedene Benzoylverbindung krystallisierte aus alkoho-
lischer Lösung in verfilzten Nadeln. F.-P. 151—152°.
0,1318 g Substanz gaben 0,3415 g CO, und 0,0740 g H,O.
0,1245 g Substanz gaben 6,0 com N (23°; 751 mm).
Berechnet für C,,H,,O;N: Gefunden:
0. — 30.8 70,7%,
H 203 6,3%,
Br 552 5,5%
0-Acetyl-N-benzoyl-p-methoxy-phenyläthanolamin.
0,68 g des vorstehend beschriebenen Benzoats wurden durch
20 Minuten langes Kochen am Rückflußkühler mit 2,5 g Essig-
säureanhydrid und 0,65 g Natriumacetat acetyliert, das Reaktions-
produkt mit Wasser ausgefällt und aus Alkohol in Form feiner
Nadeln krystallisiert. F.-P. 139°.
192 €. Mannich und E. Thiele: Phenyläthanolamin ete.
0,1170 g Substanz gaben 0,2964 g CO, und 0,0636 g H,O.
0,1084 g Substanz gaben 4,2 ccm N (20°; 755 mm).
Berechnet für C,,H,0,N: Gefunden:
GHr.690 69,1%
A ,6 6,1%
N= 45 4,5%
N-Carbäthoxy-p-methoxy-phenyläthanolamin:
CH,0.C,H,.CH(OH).CH,.NH.CO.OC,H,.
l g salzsaures p - Methoxy - phenyläthanolamin wurde in
wässeriger Lösugg mit 0,8 g Natriumbikarbonat und der äqui-
valenten Menge Chlorkohlensäureester 2 Stunden mit der Turbine
gerührt. Das ausgeschiedene Reaktionsprodukt wurde in Alkohol
gelöst und Wasser bis zur Trübung zugegeben. Es krystallisierten
1 g glänzende Blättchen aus, die bei 95° schmolzen.
0,1386 g Substanz gaben 0,3066 g CO, und 0,0880 g H,O.
0,1279 g Substanz gaben 6,8 ccm N (21°; 752 mm).
Berechnet für C,H ,,O,N: Gefunden:
C'= 60,2 60,3%
ER 7,8 7,1%
N = 59 6,1%
p-Methoxy-phenyläthanol-harnstoff:
CH,0.C,H,.CH(OH).CH,.NH.CO.NH,.
Eine Lösung von 1 g salzsaurem p-Methoxy-phenyläthanolamin
und der äquivalenten Menge Kaliumceyanat in möglichst wenig Wasser
schied nach kurzem Erwärmen und darauf folgendem Reiben der
Gefäßwände mit dem Glasstab reichlich Krystalle der neuen Ver-
bindung ab. Der entstandene Harnstoff schmolz, erst aus Wasser,
dann aus wenig Alkohol umkrystallisiert, bei 122—123°.
0,1244 g Substanz gaben 0,2600 g CO, und 0,0760 g H;0.
0.1203 g Substanz gaben 14,2 ccm N (21°; 754 mm).
Berechnet für C,,H140;N: Gefunden:
C = 57,1 57,0%
Et 6,8%
Nie 13,3 13,6%
p-Oxy-„»-aminoacetophenon-chlorhydrat:
HO.C,H,.CO.CH,.NH,.Ber
Nach Mannich und Hahn!) gelangt man zu diesem
Aminoketon durch Aufspaltung der entsprechenden p-Methoxy-
1) Ber. d. deutsch. chem. Ges. 44, 1542 (1911).
©. Mannieh und E. Thiele: Phenyläthanolamin ete. 193
verbindung durch Erhitzen mit 35%iger Salzsäure im Einschluß-
rohr auf 160—170°. Dabei tritt teilweise Zersetzung der Substanz ein.
Zweckmäßiger erwies sich die Abspaltung der Methyigruppe
mit Jodwasserstoff: 20 ccm Jodwasserstoffsäure vom spezifischen
Gewicht 1,70 wurden durch kurzes Kochen mit rotem Phosphor im
Kohlensäurestrom entfärbt, sodann 7 g p-Methoxy-aminoaceto-
phenon hinzugefügt, und die Mischung 20 Minuten am Rückfluß-
kühler gekocht. Darauf wurde die Flüssigkeit am absteigenden
Kühler zur Hälfte abdestilliert, wobei das entstandene Jodmethyl
mit überging. Die im Kolben verbleibende Flüssigkeit schied beim
Abkühlen eine reichliche Krystallisation ab, bestehend aus dem
jodwasserstoffsauren Salz des p-Oxy-„-aminoacetophenons. Das
Salz löste sich leicht in Wasser auf. Beim vorsichtigen Versetzen
der wässerigen Lösung mit Ammoniak fiel die freie Phenolbase in
feinen Blättchen aus. Sie wurde in das salzsaure Salz verwandelt,
dessen Schmelzpunkt in Uebereinstimmung mit Mannich und
Hahn bei 242° Jag.
p-Oxy-phenyläthanolamin:
-NcCH(0H).CH,NH,
HO___-
Eine konzentrierte wässerige Lösung von 1,9 g p-Oxy-»-amino-
acetophenonchlorhydrat wurde in der Paal’schen Ente mit 0,5 g
4% iger Palladium-Tierkohle hydriert. Die Wasserstoffaufnahme
betrug 160 ccm, was einer Anlagerung von 2 Atomen Wasserstoff
im Molekül entspricht. Das wässerige Filtrat wurde vorsichtig auf
ein kleines Volumen eingedampft und im Exsikkator zur Trockne
gebracht. Zur Reinigung wurde das völlig trockene Salz in der
zehnfachen Menge absolutem Alkohol gelöst und durch Zusatz von
trockenem Aether als weißes krystallinisches Pulver wieder aus-
gefällt. Weit schlechter ließ sich das Salz aus verdünntem Alkohol
krystallisieren.
Es schmilzt bei 172° unter Zersetzung und Gelbfärbung. Es
ist spielend löslich in Wasser, leicht löslich in Alkohol, unlöslich in
Aceton und Essigester. Die wässerige Lösung gibt mit Eisenchlorid
Violettfärbung (Phenolreaktion): Em schwer lösliches Pikrat, Gold-
oder Platindoppelsalz konnte nicht erhalten werden, auch trat mit
Kaliumwismutjodid keine Alkaloidreaktion ein.
0,1044 g Substanz gaben 0,1938 g CO, und 0,0574 g H,O.
0,1404 g Substanz gaben 9,1 cem N (21°; 740 mm).
0,1452 g Substanz gaben 0,1103 g AgCl.
Arch. d. Pbarm. CCLIIT. Eds. 3 Heft. 13
194 (. Mannich und E. Thiele: Phenyläthanolamin ete.
Berechnet für 0,H,,0,NCl: Gefunden:
C = 50,6 50,6%
H = 6,4 6,2%
| 7,3%
6.187 18,8%
Die wässerige Lösung des Salzes wird durch Ammoniak oder
Sodalösung nicht gefällt. Nur aus konzentrierter Lösung scheidet
Natriamkarbonat allmählich die freie Base in drusenförmig ver-
einigten Krystallnadeln von schwach rosa Farbe ab, die sich leicht
beim Zusatz von wenig Wasser wieder lösen. Besser gelingt die
Darstellung der freien Base, wenn man die alkoholische Lösung
des salzsauren Salzes mit der äquivalenten Menge Natriumalkoholat
umsetzt, das ausfallende Chlornatrium abfiltriert und das Filtrat
eindunstet. Der Rückstand ‘kann aus Alkohol umkrystallisiert
werden, wobei man Nadeln erhält, die bei 157—158° unter Gelb-
färbung schmelzen. Beim Kochen mit Natronlauge entwickelt die
Base kein Ammoniak.
Dibenzoyl-p-oxyphenyläthanolamin:
“”TICH(OR):CH,NH.CO.C,H,
|
GOOD,
0,5 g salzsaures p-Oxy-phenyläthanolamin wurden in wässeriger
Lösung mit 0,6 g Natriumhydroxyd und 1,05 g Benzoylchlorid nach
Scehotten-Baumann zur Reaktion gebracht. Das in einer
Ausbeute von 0,8 g erhaltene Dibenzoat bildete farblose Krystall-
blättchen und schmolz nach dem Umkrystallisieren aus 40 cem
Alkohol bei 215°. Da jedoch der größte Teil dieser Substanz in
den Mutterlaugen gelöst bleibt, wählt man besser wenig Eisessig
als Krystallisationsmittel.
0,1450 g Substanz gaben 5,2 com N (18°; 741 mm).
Berechnet für 0,H,,0,N: Gefunden:
A 3,9%
Acetyl-dibenzoyl-p-oxyphenyläthanolamin:
NCH.CH;NH.CO.C,H,
C,H,.C0.0 0.C0.CH,
AT
Die Acetylierung des Dibenzoats erfolgte durch 20 Minuten
langes Kochen von 0,5 g Substanz mit 2 g Essigsäureanhydrid
und 0,4 g Natriumacetat am Rückflußkühler. Beim Schütteln
J. Brandl und G. Schaertel: Baccharis coridifolia. 195
mit Wasser schied sich das Reaktionsprodukt fast quantitativ
aus. Es ließ sich sehr gut aus Alkohol krystallisieren, woraus es
in Form harter Krystallkörner erhalten wurde. Diese zeigten auch
nach mehrmaligem Umkrystallisieren aus Alkohol ein Sintern bei
etwa 155°, während vollständiges Schmelzen erst bei 170° eintrat,
0,1233 g Substanz gaben 0,3232 g CO, und 0,0614 g H,O.
Berechnet für C,,H;,,0,N: Gefunden:
C = 71,4 71,5%
H = 5,3 5,6%
Aus dem pharmakologischen Institut der tierärztlichen
Fakultät der Universität München.
Ueber die wirksame Substanz von Baccharis
coridifolia (Mio-Mio).
(Vorläufige Mitteilung.)
Von J. Brandl.
(Gemeinsam mit Dr. G. Schaertel.)
(Eingegangen den 16. IV. 1915.)
Vor einigen Jahren wurde meine Aufmerksamkeit durch den
Tierarzt Heribert Fischer auf eine in Argentinien häufig
vorkommende Pflanze Baccharis coridifolia gelenkt.
Nach Mitteilungen Fiseher’s, der um diese Zeit in Argen-
tinien praktizierte, kommt diese Pflanze im Nordwesten der Provinz
Buenos Aires, in den Provinzen Santa Fe, Entre Rios und zum
Teil in der Provinz Cordoba als üppig wucherndes Unkraut vor.
Die Tiere fressen dieses Kraut für gewöhnlich nicht, sogar die Heu-
schrecken respektieren es bis auf Zeiten der größten Not, wo sie
aber nur die untersten Stengelteile schälen, die Blätter und Blüten
aber unberührt lassen. Bei großem Futtermangel fressen zuweilen
Schafe, Rinder und Pferde, welche aus Gegenden, in denen die
Pflanze nicht vorkommt, stammen, diese Pflanze und: verenden
gewöhnlich nach 6-—-24 Stunden, je nach der aufgenommenen
Menge.
13*
196 J. Brandl und G. Schaertel: Baecharis corıdifolia.
Die Krankheitserscheinungen bestehen bei Schafen in gering-
gradiger Tympanitis, Zittern, vermehrtem Puls, stark beschleunigter
Respiration. Bei Pferden verläuft die Krankheit als schnell tödlich
endender Durchfall. Der Sektionsbefund ergibt in allen Fällen
akute Gästroenteritis, zahlreiche Blutungspunkte auf dem Herz-
beutel. ET,
Die Pflanze wird als Vesicans trotz aller Popularität der
Scharfsalben auch auf modernen Estanzien gebraucht. Die Be-
reitungsweise einer derartigen Salbe ist eine höchst einfache, indem
man die jungen Blätter und Blüten mit Pferdefett zerstampft. In
der Wirkungsweise steht diese Salbe der gewöhnlichen Canthariden-
salbe nicht nach.
Die Pflanze soll schon von den Indianern von altersher unter
dem Namen ‚Mio-Mio‘“ als Arzneipflanze verwendet worden sein.
Im Jahre :1877. hat Pedro N.-Aratal) Untersuchungen
über ein in der Mio-Mio-Pflanze (Baccharis coridifolia) vorkommendes
Alkaloid „Baceharin“ veröffentlicht. Zur Gewinnung dieses
Alkaloids erschöpfte er die getrocknete und zerkleinerte Pflanze
mit kochendem. Wasser, die filtrierten Auszüge wurden eingeengt,
das erhaltene Extrakt mit einem Gemisch von Kalk und Magnesia
caustica verrieben und dann zur Trockene verdampft. Die zurück-
gebliebene Masse wurde fein gepulvert, 48 Stunden lang mit Amyl-
alkohol digeriert. Nach dem Verdunsten des Amylalkohols scheidet
sich das Alkaloid in krystallinischer Form ab. In Amylalkohol ist
es leichter löslich als in Aether; aus ersterem krystallisiert es in
langen, mikroskopischen Nadeln, zuweilen auch in sternförmigen,
strahligen Gebilden. Ara ta kommt nach Anstellung einer größeren
Reihe von chemischen Reaktionen zum Schluß, daß keine der an-
geführten Reaktionen für sich allein genüge, um über die Alkaloid-
natur des isolierten Stoffes zu entscheiden, aber die Gesamtheit
der angeführten Reaktionen gebe eine genügende Grundlage, um
zu behaupten, daß ‚„Baccharin‘‘ ein wirkliches Alkaloid sei.
Die Substanz wirkte auf einen Sperling giftig. Weitere Ver-
suche über die physiologische Wirkung dieses Alkaloids durch
Prof. Dr. Pirovano stellte Arata in Aussicht, desgleichen
ergänzende Untersuchungen über die elementare Zusammensetzung
des neuen Alkaloids.
Bei Durchsicht der zur Verfügung stehenden Literatur Are
es mir bisher nicht, weitere Angaben hierüber zu finden.
1) Annales de la Sociedad Cientifica Argentina Buenos Aires
Bd. IV (1877), 8. 34. — American Journal of Pharmacy 1879, Vol. 51,
S. 458. Dährsshenioht der Pharmacie N. F. 36, 1901, 49.
a -
J. Brandl und G. Schaertel: Baccharis coridifolia. 197
Durch die Vermittelung des Tierarztes HeribertFischer
kam ich in den Besitz einer größeren Quantität der erwäfinten Pflanze.
Herr Prof. Dr. Giesenhagen hatte die Güte das Pflanzen-
material als Baccharis coridifolia (Fam. Compositae) zu identifizieren!).
‚ Eigene Untersuchungen.
I. Prüfung des wässerigen Auszugs auf Giftigkeit.
Aus einer Menge von ,100 g der grob zerkleinerten trockenen
Pflanze wurde zunächst ein wässeriger Auszug bei einer Temperatur
von etwa 85° hergestellt und das Extrakt nach dem Kolieren auf
75 ccm eingedampft. Hiervon wurden 35 ccm einem 2125 g schweren
Kaninchen mittels Schlundsonde einverleibt. Das Tier zeigte anfangs
keinerlei auffällige Erscheinungen, nach 3 Stunden stellten sich aber
Durchfälle ein, nach weiteren 2 Stunden blieb das Tier in der Seiten-
lage liegen, die Atmung wurde flach, und es trat ohne Krämpfe der
Tod ein. Der Sektionsbefund ergab: Hämorrhagische Gastro-
enteritis.
Il. Behandlung von Baecharis coridifolia
nach Pedro Arata. um das Alkaloid Baecharin zu erhalten.
Der Rest des wässerigen Extraktes (l) wurde mit dem wässe-
rigen Auszuge aus 500 g der Droge nach Zusatz von Caleiumhydroxyd
und Magnesia usta eingedampft und der gepulverte Trockenrückstand
wiederholt mit Amylalkohol ausgekocht. Nach dem Verdunsten'
des Amylalkohols zeigten sich in der gelbgrünen Mutterlauge farb-
lose Krystallnadeln, welche nach dem Absaugen und Waschen aus
Alkohol blendend weiß erhalten werden konnten. Weder die Krystalle
noch die Mutterlauge geben Alkaloidreaktionen. Erstere erwiesen
sich als ungiftig, die gelbgrün gefärbte Mutterlauge war giftig. Es
ist deshalb der Vermutung Raum gegeben, daß Pedro Arata
diesen weißen krystallisierten Körper als Alkaloid zu deuten glaubte,
vielleicht weil er im unreinen Zustande giftig wirkte — den Sperling
tötete.
In den wässerigen Auszügen der Pflanze entstanden durch
verdünnte Salzsäure oder Schwefelsäure Fällungen. Es wurde
deshalb versucht mit Hilfe der Säurefällung eine Trennung der
!) Ich benütze die Gelegenheit, Herrn H. Fischer und Herrn
Profi. Dr. Giesenha zen hiermit meinen besten Dank dafür aus-
zudrücken,
198 J. Brandl und G. Scha Et Bsecharis coridifolia.
giftigen Substanz zu bewerkstelligen. Zu diesem Zwecke wurde der
wässerige Auszug mit verdünnter Salzsäure ausgefällt, der Nieder-
schlag abfiltriert und das Filtrat ausgeäthert. Beim Verdunsten
des Aethers blieb eine gelbbraune zähe, harzige Masse zurück, die
sich in sodahaltigem Wasser löste und giftig wirkte... Aus dem
mit Salzsäure gefällten Niederschlage konnte mit Essigäther- eben-
falls eine giftig wirkende Substanz (dunkle, zähe, harzige Masse)
isoliert werden. Die Substanz löste sich in Wasser mit saurer
Reaktion.
II. Versuche aus dem wässerigen Auszug dureh Fällungen
mit Bleiacetat eine giftig wirkende Substanz zu isolieren.
Nach vollständiger Fällung der wässerigen Lösung mit essig-
saurem Blei gab das Filtrat mit basisch-essigsaurem Blei
ebenfalls einen Niederschlag. Eine giftig wirkende Substanz konnte
aber nur aus dem Niederschlag, der mit essigsaurem Blei entstanden
war, gewonnen werden.
IV. Extraktion der getrockneten Pflanze mit Petroläther.
Fast 2 kg des getrockneten, grob zerkleinerten Krautes werden
in Perkolatoren mit Petroleumäther (Siedepunkt 30—50°) zweimal
je 5 Tage extrahiert. Die vereinigten Auszüge wurden durch Ab-
destillieren des Petroleumäthers auf ein Volumen von ca. 50 ccm
. gebracht. Beim Erkalten fiel aus der gelbgrün gefärbten Flüssig-
- keit, welche einen charakteristischen Geruch hatte, ein fester, weißer
Körper aus, dessen Ausscheidung bei Zugabe von absolutem Alkohol
begünstigt wurde. Eine Reinigung dieses, Körpers konnte durch
Umkrystallisieren aus Alkohol dadurch erzielt werden, daß er zuerst
auf dem Filter mit Aether gewaschen, dann in heißem 95%igen
Weingeist wieder gelöst wurde. Beim Erkalten schied sich zunächst
eine zähe, klebrige, gelbgrüne, harzige Masse ab, später erst zeigten
sich weiße, voluminöse, krystallinische Gebilde. Sobald. die Aus-
scheidung letzterer begann, wurde die Lauge abgegossen. Durch
wiederholte Krystallisation konnte eine vollständige Trennung des
harzigen, gelbgrünen Körpers von dem krystallisierten, . weißen
Körper erzielt werden. Aus den vereinigten gelbgrün gefärbten
alkoholischen Filtraten (Mutterlaugen) konnten nach dem Einengen
weitere Mengen des weißen Körpers gewonnen werden. Nach
völligem Abdampfen des Alkohols zuerst auf dem Wasserbade
und dann im Vakuumexsikkator blieb ein gelbgrünes Oel mit
charakteristischem Geruche zurück,
J. Brandl und G Schaertel: Baccharis coridifolia. 199
Dieses VDelerwies sich giftig, der weiße Körper
und der gelblichgrüne, harzige Körper wirkten nicht giftig.
Aus 1950 g trockenen Krautes wurden erhalten:
gelbgrünes Oel (Baccharisöl) . . ... 10,0. g, giftig
weißer, krystallisierter Körper... . . 1,9 g, nicht giftig
gelbgrüner, harziger Körper ©. ..... 2,0 g, nicht giftig
Weißer, Krystallisierter Körper.
Aus 95%igem Spiritus krystallisiert der Körper in verfilzten,
feinen Krystallnadeln, oder er zeigt warzige Gebilde, aus denen
dann feine Krystallnadeln anschießen. Auf Platinblech erhitzt,
schmilzt er ohne sich zu bräunen, flammt dann plötzlich auf und
verbrennt mit stark rußender Flamme. Schmelzpunkt 80°.
Verseifungsversuch: Zwölfstündiges Kochen mit
alkoholischer Kalilauge veränderte den Körper nicht.
Ele mentaranalyse.
0,2792 & Substanz geben 0,3349 g H,O und 0,8300 g& CO;.
Gefunden: Berechnet für C,H, OH:
04338108 80,54%
H = 13,42 14,09%,
O = 5,50 5,31%
&: Hra0r=519:3958;:11
Oxydationsversuch: Kaliumpermanganat in Eis-
essiglösung und Chromsäure in Eisessiglösung wirkten nicht ein. —
Ein Acetylierungsversuch schlug fehl, ebenso ein Versuch mit
Brom im Entstehungszustande zu bromieren.
Baecharis- Oel.
Das aus dem Petroleumätherrückstand abgeschiedene gelb-
grün gefärbte, auf Lackmus sauer reagierende Baccharis-Oel zeigte
giftige Eigenschaften in hohem Grade. Verreibt man einen Tropfen
dieses Oeles auf einer von Haaren befreiten Hautstelle, so beobh-
achtet man nach einigen Stunden lokale Entzündungserscheinungen
mit Bläschenbildung, ähnlich wie nach Applikation von Crotonöl.
Kaninchen, Meerschweinchen gehen nach subkutaner Applikation
dieses Oeles zugrunde. Der Sektionsbefund zeigte immer hoch-
gradige Magen-Darm-Entzündung mit hämorrhagischen Herden in
verschiedenen Organen.
Baccharis-Oel, das mehrere Monate im Exsikkator im Dunkeln
aufbewahrt war, hatte an seinen giftigen Eigenschaften nicht die
geringste Einbuße erlitten.
200 J. Brandl und G. Schaertel: Baccharis coridifolia.
Versuche das rohe Baecharis-Oel zu reinigen
beziehungsweise aus ihm das giftige Prinzip zu isolieren.
Durch Destillation mit Wasserdampf ging aus 10 g Oel mit
den Wasserdämpfen ein farbloses Oel (0,2 g) über, das aber nicht
giftig wirkte. Der nichtflüchtige Teil des Oeles*erwies sich nach
einstündiger Wasserdampfdestillation noch ebenso giftig wie zuvor.
Geringe Mengen von Chlorophyll verleihen _ dem Oel eine
dunkle, gelbgrüne Färbung. Es gelang nicht die Farbstoffe zu
entfernen.
Das Oel (1 g) wurde in Aether gelöst und diese Lösung wieder-
holt mit verdünnter Sodalösung ausgeschüttelt. Die Sodalösung
hatte 0,1 g eines grünlichweißen Körpers aufgenommen, der. sich
aber als ungiftig erwies; dagegen hatte die Hauptmenge, die nicht
in Sodalösung überging, noch giftige Eigenschaften. Auch eine
folgende Ausschüttelung der ätherischen Lösung mit verdünnter
Schwefelsäure vermochte das Oel nicht zu entgiften. In die Schwefel-
säure ging eine fast farblose, weiche — ungiftige — Substanz von
eigenartigem Geruch über.
Das Oel wurde in ätherischer Lösung mit verdünnter Natron-
lauge wiederholt ausgeschüttelt. In die Natronlauge ging ein gelblich
gefärbter — nicht giftiger — Körper über (0,25 g). Der in Natron-
lauge unlösliche Teil erwies sich ebenfalls ungiftig. Demnach
wurde das Gift durch Behandlung mit ver-
dünnter Natronlauge zerstört
Bestimmung der Säurezahl.
1,9316 g Oel in ätherischer Lösung wurden mit alkoholischer
U/o-N.-Kalilauge titriert.
Säurezahl 7,19.
Bestimmung der Verseifungszahl.
5,2608 g Oel wurden am Rückflußkühler mit alkoholischer
?/,-N.-Kalilauge 30 Minuten lang verseift und dann das Verseifungs-
gemisch mit alkoholischer -N.-Schwefelsäure titriert.
Verseifungszahl 66,99.
Bestimmung der flüchtigen Fettsäuren.
Nach der Bestimmung der Verseifungszahl wurde der Kolben-
inhalt alkalisch gemacht, der Alkohol verjagt und dann unter Zu-
satz von 10% iger Schwefelsäure das Gemisch solange der Destillation
unterworfen bis 110 ccm übergegangen waren. 100 cem wurden mit
!/ o-N.-Kalilauge titriert.
Säurezahl der flüchtigen Fettsäuren 2,5,
J. Brandl und G. Sehaertel: Baccharis coridifolia. 201
Unverseiftgebliebener Teildes Oele.
Aus der alkalischen Lösung wurden mit Aether 3,22 g un-
verseifbares Oel ausgeschüttelt, also verseifbarer Teil:
5,2608 — 3,22 = 2,0408 g.
Bestimmung der Jodzahlnach Hübl.
A. Oelälterer Darstellung.
0,5126 g Oel wurden in Chloroformlösung mit H ü b l’scher
Jodlösung 4 Stunden stehen gelassen ‚und dann mit Thiosulfat-
lösung titriert.
Jodzahl 93,56.
B. Oelfrischer Darstellung.
Jodzahl 81,60.
Die Differenz der beiden Zahlen läßt sich wohl erst erklären,
wenn über die Zusammensetzung beziehungsweise über die Reinheit
des Oeles genauere Angaben bekannt sind.
Leider mußten die weiteren Untersuchungen zurückgestellt
werden, weil das vorhandene Rohmaterial nicht hinreichend ist,
um die bestehenden Lücken auszufüllen.
Von zuverlässiger Seite ist mir eine größere Sendung von
ausgesuchtem Pflanzenmaterial in Aussicht gestellt.
202 A. Heiduschka und R. Wallenreuter: Steychnosöl.
Mitteilung
aus dem Pharmazeutischen Institut und Laboratorium
für angewandte Chemie der Universität München.
Zur Kenntnis des Oeles der Samen von Strychnos
nux vomica. II
Von A. Heiduschka und R. Wallenreuter*).
(Eingegangen den 18. IV. 1915.)
Unsere frühere Mitteilung!) möchten wir besonders in bezug
auf die unverseifbaren Bestandteile des Strychnosöles in folgendem
ergänzen:
Gewonnen wurden die unverseifbaren Bestandteile auf die
früher angegebene Weise und zunächst ihr Verhalten gegen alkoho-
lische Digitoninlösung?) untersucht. Zu diesem Zwecke wurden 2 g
davon in 50 com 95%igem kochendem Alkohol gelöst und mit einer
1%,igen Lösung von Digitonin in heißem, 90%igem Alkohol so lange
versetzt, als noch ein Niederschlag eintrat. Nach ungefähr zwölf-
stündigem Stehen waren 1,9974 g eines gelblichen Niederschlages
entstanden, der gallertartig ausgefallen war und sich schwer
filtrieren ließ. Auch nach dem Umkrystallisieren®) — Auflösen in
viel kochendem Methylalkohol und vorsichtigem Zusatz von Wasser
— war der Stoff immer noch gelblich gefärbt. Sein Schmelzpunkt
war sehr unscharf, er erweichte bei ungefähr 193°, färbte sich bei
200° dunkler und war bei etwa 215° vollständig geschmolzen.
Dieses Produkt verhielt sich den Phytosterinreaktionen gegen-
über folgendermaßen:
Salkowski-Hesse: Anfangs waren Chloroform und
Schwefelsäure farblos; nach 1 Stunde färbte sich die Schwefel-
säure gelb, nach 20 Stunden zeigte das Chloroform eine rosa
*, Herr Dr. phil. Richard Wallenreuter, Apotheker
und Nahrungsmittelchemiker, Assistent am Staatslaboratorium in
Hamburg, wurde als Kriegsfreiwilliger, und zwar als Unteroffizier im
k. bayer. Res. -Inf.-Regt. No. 16 am 15. November 1914 bei einem Sturm
auf ein Haus bei Wytschaete schwer verwundet und ist bald darauf
verschieden. Dulce et decorum est pro patria mori !
I!) Dieses Archiv 250, 398.
®?) Windaus, Ztschr. f. physiolog. Chem. 65, 110; Ber. 42, 240,
3) Matthes u. Dahle, dieses Archiv 249, 412.
A. Heiduschka und R. Wallenreuter: Strychnosöl. 203
Färbung, die Schwefelsäure eine blutrote; beide Flüssigkeits-
schichten hatten grüne Fluoreszenz.
Liebermann-Burchard: Die Lösung zeigte sofort
eine gelbgrünliche Färbung und nach 5 Minuten eine deutliche
grüne Fluoreszenz.
Die Analyse ergab folgende Werte:
0,1222 g Substanz: 0,2616 g CO, und 0,0940 g H,O.
0,1144 g Substanz: 0.2436 g CO, und 0,0884 g H,O.
Das entspricht: I. C 58,38 H 8,60%
IL. © 58,07 H 8,64%,
Dem normalen Anlagerungsprodukt Digitonin-Phytosterin ent-
sprechen die Werte: C 61,92%, H 8,88%, sie stimmen also nicht
mit den gefundenen überein. Wahrscheinlich liegt ein Additions-
produkt verschiedener phytosterinähnlicher Stoffe vor. Hierfür
spricht auch der Umstand, daß die angeführten Phytosterin-
reaktionen von der Norm wesentlich abweichen. Beim Aufspalten
dieses erhaltenen Produktes nach der von Windaus!) an-
gegebenen Weise durch Behandeln mit siedendem Xylol wurde
nach dem Abdestillieren des Xylols eine gelbliche Masse erhalten,
welche zwar die charakteristischen Phytosterinreaktionen gab, deren
Schmelzpunkt aber ganz unscharf war und bedeutend niedriger lag,
als der Schmelzpunkt des später auf andere Weise aus dem Un-
verseifbaren isolierten Phytosterins; die Masse erweichte bei 128°
und war bei etwa 135° ganz geschmolzen.
Das Filtrat des Digitoninniederschlages wurde mit Wasser
versetzt und mit Aether einige Male ausgeschüttelt. Der Rück-
stand der zweimal mit Wasser gewaschenen Aetherauszüge bestand
aus einer braunen Masse, die dem später beschriebenen, mit kaltem
Petroläther extrahierten Unverseifbaren in Farbe und Konsistenz
glich und auch das gleiche Verhalten den Phytosterinreaktionen
gegenüber zeigte.
Da mit Hilfe des Digitoninverfahrens eine Trennung der
Phytosterine nicht durchführbar war, wurde versucht, mit Hilfe
der Methode von Matthes und Heintz? zum Ziele zu ge-
langen. 25 g des Unverseifbaren wurden mit 30 ccm eisgekühltem
Petroläther (Kp. 30—50°) bei ungefähr 1—2° durchgeknetet, die
ungelösten Teile abgesaugt und mit kaltem Petroläther nach-
gewaschen, sie bestanden aus 4,7 g einer gelblichweißen Masse, die
bei ungefähr 178° schmolz.
1) Ztschr. f. physiol. Chemie 1910, 110.
2) Dieses Archiv 1909, 247, 651.
’ 3
204 A. Heiduschka und R. Wallenreuter: Strychnosöl.
Der Petrolätherauszug war stark braun gefärbt; er wurde
über Nacht in eine Kältemischung gestellt, die sich ausscheidenden-
braunen Flocken abfiltriert, mit kaltem Petroläther gewaschen und
in absolutem Alkohol gelöst. Nach wochenlangem Stehen der
Lösung schieden sich an den Wänden Krystalle aus. Die Substanz
gab die für Phytosterin charakteristisch Liebermann-
Burcehard’sche Farbenreaktion in unzweifelhafter Weise, und
schmolz nach zweimaligem Umkrystallisieren aus wenig absolutem
Alkohol bei 158°.
Von dem in eisgekühlten Petroläther in Lösung bleibenden
Anteil des Unverseifbaren wurde das Lösungsmittel abgedunstet
und der Rückstand getrocknet; er war von dunkelbrauner Farbe
mit grüner Fluoreszenz, hatte den harzartigen Geruch des ursprüng-
lichen Unverseifbaren und zeigte bei gewöhnlicher Temperatur die
Konsistenz eines Weichharzes.. Seine alkoholische Lösung mit
Digitoninlösung versetzt, gab noch einen erheblichen voluminösen
Niederschlag, ein Zeichen, daß er noch phytosterinartige Stoffe
enthielt. Die Phytosterinreaktionen dieses Rückstandes fielen
folgendermaßen aus:
Salkowski-Hesse: Das Chloroform war braun, die
Schwefelsäure gelb gefärbt; an der Berührungszone entstand ein
roter Ring; beide Flüssigkeitsschichten zeigten grüne Fluoreszenz.
Liebermann-Burchard: Die Farbe der Lösung
war braunrot mit grüner Fluoreszenz.
Beim Stehenlassen der alkoholischen Lösung des Rückstandes
schieden sich in einem Zeitraum von mehreren Wochen Krystalle
aus, die ebenfalls de Liebermann-Burchard’sche Phyto-
sterinreaktion gaben, und nach zweimaligem Umlösen aus absolutem
Alkohol bei 158° 1) schmolzen. Die Gesamtmenge des bei der eben
beschriebenen Trennung des Unverseifbaren mittels Petroläther er-
haltenen Phytosterins betrug ca. 0,4 g.
Auch durch direkte Extraktion des Unverseifbaren mit warmem
s0%igem Alkohol konnten geringe Mengen des Phytosterins vom
Fp. 158° nach monatelangem Stehen der Lösung im Eisschrank
erhalten werden.
Analyse und Reaktionen des Phytosterins (Fp. 158°).
0,1120 g Substanz gaben 0,3318 g CO, und 0,1104 & H,O.
Berechnet für C,„H,,O + H,0: C 80,53 H 11,52%
C„H,O + H,0: C 80,13 H 11,96%
Gefunden: C 80,79 H 11,03%
') In der Abhandlung I, dieses Archiv 250 S. 402, ist dieser
Stoff infolge eines Schreibfehlers mit einem F. von 165° angegeben.
’
A. Heiduschka und R. Wallenreuter: Strychnnsöl. 205
Salkowski-Hesse: Das Chloroform färbte sich blut-
rot, die Schwefelsäure gelblich.
Liebermann-Burchard: Die Farbe der Flüssigkeit
ging rasch über Rotviolett in Grün über.
Hirschsohnt): Nach 5 Minuten rötlich, nach ca. 1 Stunde
violett.
Nach den Analysenresultaten erscheint es fast, als ob dem
Phytosterin des Strychnosöles die normale Formel des Sitosterins
C,,H,,0 + H,O zukäme. Allerdings stimmt der Schmelzpunkt 158°
nicht mit dem normalen 137° überein, so daß die beiden Stoffe
unbedingt verschieden voneinander sein müssen. Ob es sich viel-
leicht hierbei um isomere Stoffe handelt, könnte nur die Her-
stellung vieler Derivate ergeben, die aber leider nicht möglich war,
infolge der äußerst geringen Ausbeute und der langwierigen Her-
stellungsweise dieses Phytosterins. Es sei noch auf eine andere
Möglichkeit hingewiesen: €. Forti?), gelang es, aus Melonen-
samen ein Sterin vom Schmelzpunkt 160° zu isolieren, dem er die
* Formel C,,H,,0 + H,O gibt. Die prozentische Zusammensetzung
dieses Stoffes: C 79,92%, H 11,88% würde ebenfalls annähernd
mit den gefundenen Analysenresultaten übereinstimmen.
Die Untersuchung des in kaltem Petroläther unlöslichen
Anteils des Unverseifbaren wurde in nachstehender Weise durch-
geführt:
Die feste, gelblichweiße Masse, die sich in kaltem Petroläther
nicht auflöste, wurde mehrere Male aus Methylalkohol umkrystalli-
siert, bis der Schmelzpunkt bei 186° konstant blieb. Bei den ersten
Krystallisationen erstarrte dabei die ganze Lösung gelatinös, eine
Erscheinung, die späterhin besonders an Lösungen dieses Stoffes
in Aethylalkohol beobachtet wurde. Aus einer Lösung in Isobutyl-
alkohol 1:10 krystallisierte die Substanz in ‚seidenglänzenden,
feinen, büschelförmig angeordneten Nadeln, die bei 100° getrocknet,
bei 188° schmolzen. «
Phytosterinreaktionen:
Salkowski-Hesse: Chloroform und Schwefelsäure
bleiben farblos.
Liebermann-Burchard: Die Flüssigkeit nahm
eine schön violette Färbung an.
Hirschsohn: Keine Farbenerscheinung.
t) Ausgeführt nach Matthes u. Heinz, dieses Archiv 247,
1909; 172.
2) Staz. 18, 580. Zentralbl. 1890, II., 581.
206 A. Heiduscehka und R. Wallenreuter: Strychnosöl.
Die Substanz war leicht löslich in Chloroform und Aether,
schwer löslich in Aethyl- und Methylalkohol. In siedendem Methyl-
alkohol löste sie sich ungefähr im Verhältnis 1:60.
Die qualitative Untersuchung ergab nur C und H, die quanti-
tative Analyse ergab folgende Werte:
0,1084 g Substanz gaben 0,3366 g CO, und 0,1184 g H,O.
0,1164 g Substanz gaben 0,3620 g CO, und 0,1242 & H,O.
Gefunden: I. C 84,69 H 12,21%
\ IL. C 84,82 H 11,93%,
Diese Werte!) entsprechen einer empirischen Formel (,,H,,OH,
die 84,94%, C und 11,82%, H oder (,,H,,OH, die 84,59% C und
12,18% H enthält.
Molekulargewichtsbestimmung.
Das Molekulargewicht wurde aus der Siedepunktserhöhung
einer Lösung des Stoffes in Benzol berechnet. Die Bestimmungen
gaben folgende Werte:
0,2818 g Substanz gaben eine Siedepunktserhöhung von 0,063°.
M.-G. = 476,6.
0,3796 & Substanz gaben eine Siedepunktserhöhung von 0,078°.
M.-G. = 518,6.
0,5788 g Substanz gaben eine Siedepunktserhöhung von 0,121°.
M.-G. = 509,7.
0,7062 g Substanz gaben eine Siedepunktserhöhung von 0,156°.
| M.-G. = 482,4.
Mittel aus diesen 4 Bestimmungen: M.-G. = 496,80
Berechnet für C,,H,,OH: M.-G. = 494,46
Berechnet für C,H,OH: M.-G. = 496,47
I
Bestimmung der spezifischen Drehung.
2,878 g Substanz in Benzol zu 100 ccm gelöst, drehten im
100 mm-Rohr, im Apparat nach Lippich bei 15° polarisiert,
2,59 Skalenteile nach rechts.
100.2,59
2 — = + 90,0%
1.2,878
!) Auch die nachstehenden analytischen Werte der Derivate des
Alkohols stehen in der Mitte zwischen den diesen beiden Formeln ent-
sprechenden Werten, für die weitere Bezeichnung im Text wurde die
Formel C,,H,,OH gewählt.
A. Heiduschka und R. Wallenreuter: Strychnosöl. 207
Die Jodzahl war bei einer Einwirkungsdauer von 20 Stunden
8,31, bei einer solehen von 56 Stunden 19,60.
Die für den Alkohol C,,H,,O oder C,,H,,O, unter der Annahme,
daß er eine doppelte Bindung besitzt, berechnete Jodzahl würde
51,33 bezw. 51,12 betragen. Aus den experimentell gefundenen
niederen Jodzahlen aber geht hervor, daß es sich in diesem Falle
nicht um eine Addition, sondern eine Substitution handelt, daß
also der Alkohol keine doppelte Bindung in der Seitenkette besitzt.
Essigsäureester des Alkohols C',,H,-OH.
Die Darstellung war folgende: 2 g des Alkohols wurden mit
0,5 g Natriumacetat und 15 cem Essigsäureanhydrid 11, Stunden
auf dem Wasserbad am Rückflußkühler erhitzt, dann in Eiswasser
gegossen, abgesaugt, mit Wasser gewaschen und mehrere Male aus
- absolutem Alkohol umkrystallisiert, bis der Schmelzpunkt sich nicht
mehr änderte; er betrug 223°. Die Substanz krystallisierte in rein
weißen Blättchen, die sich leicht in Aether und Chloroform, in
siedendem, absolutem Alkohol erst im Verhältnis 1:70 lösten.
Die Verbrennung, die zuerst!) im Porzellanschiffehen ohne
Beimischung von Kupferoxyd oder Bleichromat, sodann im Kupfer-
schiffehen unter Zugabe von grob gepulvertem Bleichromat aus-
geführt wurde, ergab für den Essigsäureester C,,H,.-OOCCH, zu
niedere Werte; erst durch Vermischen der Substanz im Kupfer-
schiffchen mit feinst gepulvertem Bleichromat ‚Kahlbaum‘' wurden
gute Resultate erhalten, die sowohl unter sich, als auch mit dem
berechneten Prozentgehalt übereinstimmten.
0,1022 g Substanz gaben 0.3096 g CO, und 0,1013 g H,O.
0,1115 g Substanz gaben 0,3370 g CO, und 0,1106 g H;0.
Berechnet für C,H,0s: U 82,76 H 11,27%
Berechnet für C„H,0,: C 82,455 H 11,60%
sefunden: I. ‚© 82,62 H 11,14%
II. C 82,43 H 11,10%
Das Molekulargewicht des Acetats wurde aus der Siedepunkts-
erhöhung einer Lösung des Stoffes in Benzol berechnet.
Der Mittelwert aus 5 Bestimmungen war: M.-G. — 512,20
Berechnet für C,,H,0s: M.-G. = 536,48
Berechnet für C,,H,0;,: M.-G. = 538,49
') Vergl. Abhanalung I, dieses Archiv 250, 8. 401, Analyse des
Stoffes mit F. 221°.
208 A. Heiduschka und R. Wallenreuter: Strychnosöl.
Die Bestimmung der spezifischen Drehung ergab folgendes:
1,0716 g Substanz in Benzol zu 20 cem gelöst, drehten im
100 mm-Rohr, im Apparat nach Lippich polarisiert, 3,99 Skalen-
teile nach rechts bei 15°.
100.3,99
& = ern Tmuihuldsan
1.5,358
Propionsäureester des Alkohols C,,H,,.OH.
Die Darstellung war folgende!): 1 g Alkohol wurde mit 5 g
Propionsäureanhydrid im Wasserbad 11, Stunden im zuge-
schmolzenen Rohr erhitzt. Während der ersten Stunde war die
Masse flüssig und erstarrte dann krystallinisch. Nach dem Erkalten
wurde die Krystallmasse mit kaltem Aether auf ein Filter gespült,
mit Aether gewaschen und zweimal aus absolutem Alkohol um-
krystallisiert. Es verblieben weiße Krystallblättchen, die bei 215°
schmolzen.
0,1393 g Substanz gaben 0,4230 g CO, und 0,1418 g H,O.
0,1206 g Substanz gaben 0,3656 g CO, und 0,1280 g H,O.
Berechnet für C,H ,0;,: C 82,84 H 11,35%
Berechnet für C0,,H,,05: © 82,55 H 11,67%
Gefunden: I. C 82,82 H 11,38%
II. 0:82,66 H 11,37%
Benzoesäureester des Alkohols C,,H,.OH.
Er wurde auf folgende Weise erhalten?): 1,5 g Alkohol wurden
mit 1,5 g Benzoylchlorid 1, Stunde lang im Schwefelsäurebad
auf 160° erhitzt. Die braune Schmelze wurde nach dem Erkalten
in Aether gelöst, Alkohol zugefügt und zur Krystallisation stehen
gelassen. Nach 12 Stunden hatten sich Sterne von gut ausgebildeten,
weißen Krystallen ausgeschieden, die bei 196° schmolzen; durch
nochmaliges Umlösen aus absolutem Alkohol erhöhte sich der
Schmelzpunkt auf 197°.
0,1070 g Substanz gaben 0,3290 g CO, und 0,1000 g H,O.
0,1157 g Substanz gaben 0,3560 g CO, und 0,1074 g H,O.
Berechnet für C.Hg50s: C 84,20 H 10,44%
Berechnet für C,H,,0,: C 83,93 H 10,73%
Gefunden: I. C 83,86 H 10,45%
IL. C 83,92 H 10,389,
1) A. Bömeriw'K. Winter, Z £+U:N.«ul 21907, 865.
2) Obermüller, Ztschr. f. physiol. Chemie 1891, 15, 37.
A. Heiduschka und R. Wallenreuter: Strychnosöl. 209
Salieylsäureester des Alkohols C,,H,,OH.
Die Darstellung war folgendet): 1,5 g Alkohol wurden mit
6 g Salieylsäure verrieben und 4 Stunden lang im Oelbad auf 190°
erhitzt. Die sublimierende, an den oberen kalten Teilen des Reagenz-
glases sich wieder festsetzende Salicylsäure wurde von Zeit zu Zeit
wieder mit einem Glasstab in die Schmelze hinabgestoßen. Nach
vierstündigem Erhitzen ließ man erkaiten. Die Schmelze erstarrte
hierbei zu einer braunen, strahlig krystallinischen Masse. Sie wurde
zur Entfernung der überschüssig zugesetzten Salicylsäure dreimal
mit je 20 ccm heißem 95%igen Alkohol ausgezogen. Das verbleibende
weiße Pulver wurde zweimal aus absolutem Alkohol krystallisiert;
es krystallisierte daraus in weißen Blättchen, die bei 233° schmolzen.
0,0961 g Substanz gaben 0,2886 g CO, und 0,0881 ge H,O.
0,1046 & Substanz gaben 0,3135 g CO, und 0,0957 g H,O.
Berechnet für C,H,„0O,;,: € 82,00 H 10,17%
Berechnet für C,H,,0;,: C 81,76 H 10,46%
Gefunden: I. C 81,91 H 10,25%
II. C 81,74 H 10,23%
Oxydationsprodukt des Acetats C,.H,,Os.
Die Darstellung erfolgte nach dem Verfahren von Vester-
berg?) auf folgende Weise: 2 g fein gepulvertes Acetat wurden
am Rückflußkühler mit 25 ccm wasserfreiem Eisessig und 0,9 g
krystallisierter Chromsäure gekocht, bis alles in Lösung gegangen
war. Beim Abkühlen erstarrte die Flüssigkeit zu einer hellgrünen,
blätterigen Masse, dieselbe wurde auf der Nutsche mit Wasser
gewaschen und die verbleibenden weißen Krystallblättchen zweimal
aus Benzol umkrystallisiert; sie schmolzen bei 273°.
0,0986 g Substanz gaben 0,2870 g CO, und 0,0932 g H,O.
Berechnet für C„H,,0;: C 80,66 H 10,62%
Berechnet für C,,H,,O, (Oxyamyrinacetat): C 79,60 H 10,45%
Gefunden: C 79,38 H 10,57%
Dieses Oxydationsprodukt stimmt in seinem Schmelzpunkt
und seinen Analysenresultaten mit dem Oxyamyrinacetat überein.
Da das oxydierte Acetat seinem ganzen Verhalten nach sicherlich
nicht Amyrinacetat sein konnte, so ist hier nur die Annahme mög-
lich, daß sich bei der Oxydation Gruppen abgespalten haben und
sich so das Oxyamyrinacetat bilden konnte.
!) Gloth, Dissert., München 1910, 8. 34.
2) Ber. 24, 3839.
Arch. d. Pharm. CCLIII. Bds. 3. Heft. 14
210 A. Heiduschka und R. Wallenreuter: Stryehnosöl.
Behandlung des Unverseifbaren mit
| Essigsäureanhydrid.
Auf folgende Weise gelang es, aus den unverseifbaren An-
teilen des Strychnosöles noch einen dritten Alkohol zu isolieren:
Das 'Unverseifbare wurde in heißem Essigsäureanhydrid gelöst,
dann 2 Tage ruhig stehen gelassen; hierbei schied sich zuerst aus
dem stark braun gefärbten Essigsäureanhydrid eine gelbliche Masse
ausl); später, besonders beim Abnutschen, wahrscheinlich infolge
der Konzentration und Abkühlung entstand eine zweite Aus-
scheidung eines gut krystallisierenden Stoffes. Dieser Stoff
krystallisierte in schönen, farblosen Blättchen und hatte nach sechs-
maligem Umkrystallisieren aus absolutem Alkohol einen Schmelz-
punkt von 123—124° 2).
Die qualitative Untersuchung dieser Krystalle ergab nur
das Vorhandensein von © und H; die quantitative Analyse lieferte
folgende Werte:
0,1126 g Substanz gaben 0,3390 g CO, und 0,1132 g H,O.
0,1210 g Substanz gaben 0,3648 g CO, und 0,1210 g H,O.
Gefunden: I. C 82,11 H 11,24%
II. C 82,22 H 11,19%
Diese Werte entsprechen am besten einer empirischen Formel
von C,,H,,0,, die 82,20% C und 11,37% H enthält.
Die Jodzahl betrug bei einer Einwirkungsdauer von
20 Stunden 57,07.
Diese Jodzahl entspricht annähernd einer doppelten Bindung
des Stoffes 0,,H.,O, (die theoretische Jodzahl würde 51,13 be-
tragen).
Um zu sehen, ob dieser Stoff wirklich eine acetylierbare OH-
Gruppe enthält, die bei obigem Reinigungsprozeß eine Acetyl-
gruppe aufgenommen hätte, wurden die erhaltenen Krystalle
folgendem Verseifungsprozeß unterzogen:
5 g dieses Stoffes wurden mit 190 ccm 10%iger alkoholischer
Kalilauge 4 Stunden lang am Rückflußkühler verseift, die Lösung
mit Wasser verdünnt und das ausgefallene Produkt mehrmals
aus Methylalkohol umkrystallisiert; dabei erstarrte jedesmal die
Flüssigkeit beim Abkühlen zu einer Gallerte. Nach dem Absaugen
1) Siehe Seite 212.
?) In der Abhandlung I, dieses Archiv 250, S. 400, ist 121° ange-
geben, der damals untersuchte Stoff hatte zweifellos einen geringeren
Reinheitsgrad, was auch aus seinen Analysenresultaten (8. 400) und
aus denen des daraus hergestellten Alkohols (S. 401 oben) hervorgeht.
A. Heiduschka und R. Wallenreuter: Strychnosöl. 211
und Trocknen an der Luft verblieb ein weißes krystallinisches
Pulver, von scharfem Schmelzpunkt bei 99°; kurze Zeit bei 97 bis
98° getrocknet, schmolz die Substanz bei 115°; wurde sie bei 100°
getrocknet, so schmolzen die Krystalle zu einer glasartigen, durch-
sichtigen Masse, deren Schmelzpunkt sehr unscharf war; sie be-
gannen bei ungefähr 90° zu erweichen und waren erst bei etwa
112° ganz zusammengeschmolzen.
Den Phytosterinreaktionen gegenüber verhielt sich der Stoff
folgendermaßen:
Salkowski-Hesse: Anfangs blieben Chloroform und
Schwefelsäure farblos; später zeigte die Schwefelsäure eine gelb-
rote Färbung mit grüner Fluoreszenz.
Liebermann-Burchard: Die Flüssigkeit wurde gelb-
rot und fluoreszierte grün.
Hirschsohn: Keine Reaktion.
Die ausgeführten Analysen rechtfertigten die Annahme, daß
der ursprünglich erhaltene Stoff ein Acetat war, aus dem durch den
Verseifungsprozeß der dazugehörige Alkohol gebildet worden war.
Analyse des bei 100° getrockneten und bei ungefähr 90°
schmelzenden Stoffes:
0,1210 g Substanz gaben 0,3750 g CO, und 0,1290 g H,O.
Berechnet für C,H,,0: C 84,50 H 11,97%
Gefunden: C 84,52 H 11,92%
Analyse des lufttrockenen bei 99° schmelzenden Stoffes:
0,1000 g Substanz gaben 0,3038 g CO, und 0,1070 g H,O.
Berechnet für C,„H,,O + 4 H,O: C 82,86 H 11,96%
sefunden: C 82,85 H 11,96%
Die Jodzahl wurde für diesen Alkohol C,H,0 + 1% H,O
bei einer 20 stündigen Einwirkungsdauer zu 77,09 bestimmt.
.. Diese Jodzahl spricht dafür, daß drei Atome Halogen von
dem Alkohol aufgenommen wurden, zwei durch Anlagerung und
eines durch Substitution; die nach dieser Annahme berechnete
Jodzahl würde 82,16 betragen.
Um einwandfrei nachzuweisen, daß bei der Verseifung des
Acetats nur eine C,H,O-Gruppe abgespalten worden war, wurde
der bei 99° schmelzende Alkohol wieder acetyliert. 0,5 g des Stoffes
wurden mit 0,1 g Natriumacetat und 5 ccm Essigsäureanhydrid
11, Stunden auf dem Wasserbad unter Rückflußkühlung erhitzt,
dann mit, Wasser verdünnt, die sich abscheidende Masse abgesaugt,
ausgewaschen und aus Alkohol krystallisiert. Es verblieben weiße
Krystallblättchen, die bei 122° schmolzen.
14
212 A. Heiduschka und R. Wallenreuter: Strychnosöl.
0,1268 g Substanz gaben 0,3820 g CO, und 0,1302 g H,O.
Berechnet für C4Hz0s: C 82,20 H 11,37%
Gefunden: C 82,16 H 11,49%
Es wurde auch das Verhalten dieses Alkohols C,H,,O gegen
Digitonin untersucht. Digitoninlösung erzeugte zwar in der alkoholi-
schen Lösung des Stoffes einen Niederschlag, jedoch entsprechen
die Analysenresultate keineswegs einem normalen Additionsprodukt
von Digitonin C,,H,,O,; und Alkohol C,H,,O, dessen Prozent-
gehalt an C 63,0, an H 9,0 betragen würde.
Die Analyse ergab folgende Werte:
0,1160 g Substanz gaben 0,2608 g CO, und 0,0948 g H,O.
Gefunden: C 61,31 H 9,14%
Die bei der Reinigung des rohen Unverseifbaren aus dem
Essigsäureanhydrid sich zuerst ausscheidende gelbliche Masse
wurde nach mehrmaliger Behandlung mit Tierkohle in heißer,
alkoholischer Lösung in rein weißen Krystallblättchen erhalten,
die bei 223° schmolzen. Die Analyse ergab, daß das Acetat C,,H,,O>
des schon beschriebenen Alkohols C,,H,-OH vorlag.
0,2068 g Substanz gaben 0,6292 g CO, und 0,2135 g H,O.
Berechnet für C,,H,0s: € 82,76 H 11,27%
Gefunden: C 82,98 H 11,55%
Fraktionierte Fällung der unverseifbaren
Bestandteile.
Zum Schlusse wurde noch versucht, eine Trennung der drei
Alkohole von dem harzigen Anteil des Unverseifbaren nach der
Methode von Darmstädter und Lifschützl) zu erreichen.
Zu diesem Zwecke wurden 50 g des Unverseifbaren in 1 Liter ab-
solutem Alkohol warm gelöst und bei 15° stehen gelassen; da hierbei
nur eine Trübung aber keine Abscheidung erfolgte, wurde die
Flüssigkeit zum Sieden erhitzt und mit heißem Wasser bis zum
Entstehen einer schwachen Trübung versetzt, die durch etwas ab-
soluten Alkohol wieder beseitigt wurde. Die nach dem Abkühlen
und längerem Stehen sich abscheidende harzige Masse wurde ab-
filtriert und das Filtrat in der gleichen Weise so oft mit heißem
Wasser versetzt, als noch Abscheidung stattfand. Es gelang, nach
diesem Verfahren zwar fünf Fraktionen zu erhalten, die sich in
Farbe, Konsistenz und Jodzahl voneinander unterschieden,
krystallinische Produkte lieferte es aber nicht. 20% des ursprüng-
lichen Unverseifbaren ließen sich überhaupt nicht mehr ausfällen,
1) Ber. 29, 1896, 2890.
De u 2
A. Heiduscehka und R. Wallenreuter: Strychnosöl. 213
sie blieben emulsionsartig in Lösung und wurden durch Abdunsten
des Lösungsmittels zurückgewonnen (Fraktion VI).
Gewicht, Farbe, Konstistenz und Jodzahl der einzelnen
Fraktionen waren folgende:
Fraktion I: 3 g, dunkelbraun, grün fluoreszierend; von der Kon-
sistenz eines Weichharzes; 0,2050 g nahmen 0,1410 g
Halogen auf. Jodzahl 68,78.
Fraktion IL: 11,2 g, braun, grün fluoreszierend, harzartig; 0,2070 g
nahmen 0,1422 g Halogen auf. Jodzahl 68,73.
Fraktion ILL: 13 g, gelbbraun, wachsartig; 0,2140 g nahmen 0,1246 g
Halogen auf. Jodzahl 58,24.
Fraktion IV: 8,7 g, gelb, pulverisierbar; 0,216 g nahmen 0,0968
Halogen auf. Jodzahl 44,83.
Fraktion V: 3,2 g, gelbbraun, spröde, in der Hand erweichend;
0,2086 g nahmen 0,1081 g Halogen auf. Jodzahl 51,84.
Fraktion VI: 10 g, braun, von der Konsistenz eines Weichharzes;
0,2250 g nahmen 0,1372 g Halogen auf. Jodzahl 60,98.
Q
I9
Zusammenfassung.
Die wesentlichsten Ergebnisse der vorliegenden Abhandlung
lassen sich in folgende Sätze zusammenfassen:
Das Unverseifbare des Oeles der Samen von Strychnos nux
vomica läßt sich in folgende Anteile zerlegen: a) einen harzartigen
Anteil, b) ein Phytosterin vom Schmelzpunkt 158°, c) einen Alkohol
vom Schmelzpunkt 186—1883° und der Zusammensetzung (,,H,.OH
—= („Han_130 oder C,,H,„OH = C,H„_100, d) einen Alkohol vom
Schmelzpunkt 90° (im wasserfreien Zustand) und der Zusammen-
setzung Ü,H,,OH.
Der Alkohol C,,H.,OH (bezw. C,H, OH) enthält keine
doppelte Bindung; er steht wahrscheinlich dem Amyrin C,,H,OH
nahe; von diesem Alkohol wurde das Molekulargewicht — 496
und das optische Drehungsvermögen = + 90,0° bestimmt und
außerdem folgende Derivate hergestellt: der Essigsäureester, der
Propionsäureester, der Benzoesäureester, der Salicylsäureester.
Von dem Essigsäureester C,,H,,0, (bezw. C,,H,gO,) wurde
das Molekulargewicht — 512 und das optische Drehungsvermögen
= + 74,470 bestimmt, sowie das Oxydationsprodukt hergestellt.
Der Alkohol C,,H,;OH besitzt eine doppelte Bindung in der
Seitenkette; seine Eigenschaften stimmen in vielen Punkten mit
dem Syeocerylalkohol von De La Rue und Müller überein.
Nach der Methode von Darmstädterund Lifschütz
war eine Trennung der unverseifbaren Bestandteile des Strychnos-
öles nicht zu erreichen.
2l4 J. Troeger und Wunderlich: Arylsulfonierte Propionitrile.
Mitteilung aus dem Pharmazeutischen Institute
der Herzoglichen Technischen Hochschule in Braunschweig.
Vor H. Beckurts.
Ueber «-arylsulfonierte Propionitrile.
Von J. Troeger und Wunderlich.
(Eingegangen den 25. III. 1915.)
Von J. Troeger und W. Hille!) sind durch Einwirkung
von aromatischen sulfinsauren Salzen auf. Monochloracetonitril
arylsulfonierte Acetonitrile erhalten worden, die eine Reihe sehr
bemerkenswerter Reaktionen aufweisen, bei denen entweder
Substitution der H-Atome der CH,-Gruppe, oder eine Konden-
sation an letztgenannter Gruppe, oder schließlich eine Addition
an der CN-Gruppe erfolgen kann.
So sind in diesen arylsulfonierten Acetonitrilen von der
allgemeinen Formel RSO,.CH,.CN die H-Atome der Methylen-
gruppe durch Natrium und Alkyle ersetzbar?), ferner gelingt es
bei Kondensationen die H-Atome dieser Methylengruppe durch
Aldehydreste und die Oximgruppe?) zu ersetzen.
Aber auch die Cyangruppe erweist sich als sehr reaktions-
fähig und vermag H,S®) und Hydroxylamin®) leicht zu addieren.
Außer diesen und einigen weiteren Reaktionen ist es aber
besonders die Löslichkeit der genannten Nitrile in kalter ver-
dünnter Natronlauge und ihre Rückgewinnung aus solchen Lösungen
beim Ansäuern derselben, die ein gewisses Interesse bietet.
Die bisher angenommene und für einzelne Vertreter wohl
auch zutreffende Widerstandsfähigkeit solcher Nitrile beim Ver-
seifen mit Alkali, kann nach den neuesten Erfahrungen nicht ver-
allgemeinert werden und ist, wie entsprechende Versuche am
Benzolsulfonacetonitril gezeigt haben, für dieses Nitril sicher nicht
zutreffend. Zu dieser irrigen Annahme hatten Versuche geführt,
die zufälligerweise mit solchen Arylsulfonacetonitrilen ausgeführt
1) Journ. prakt. Chem. (2), 71, 201-—235.
2) Daselbst ‚2, 323.
3) Daselbst 78, 123.
*) Daselbst 71, 201.
5) Daselbst 71, 236.
:
J. Troeger und Wunderlich: Arylsulfonierte Propionitrile. 215
waren, die tatsächlich der Verseifbarkeit mit Natronlauge einen
gewissen Widerstand entgegensetzten, so daß man auch nach
längerem Erhitzen einer Lösung solcher Nitrile in wässeriger Natron-
lauge durch nachträgliches Ansäuern unverändertes Nitril wieder
gewinnen konnte.
Daß das Benzolsulfonacetonitril und das «-Benzolsulfon-
propionitril in ihrem Verhalten gegen verseifende Mittel eine Sonder-
stellung einnehmen, ist um so mehr erklärlich, als das zweite Nitril,
betreffs seiner Löslichkeit in siedendem Wasser, ein anderes Ver-
halten zeigt, als die übrigen bisher dargestellten Arylsulfonaceto-
nitrile und Arylsulfonpropionitrile.
Daß die Löslichkeit des Arylsulfonacetonitrils in kalter
Natronlauge durch Bildung von Na-Salzen zu erklären ist, be-
weisen Darstellung und Analysen solcher vom p-Chlor- bezw.
p-Brombenzolsulfonacetonitril bereiteten Natriumverbindungen.
Auffallend ist es, daß aus diesen Natriumverbindungen, die sich
nur von einzelnen Vertretern dieser Nitrilreihe fassen ließen, es
gelegentlich früherer Versuche!) niemals gelungen ist, Monoalkyl-
derivate von arylsulfonierten Acetonitrilen zu bereiten. Es sind
n-Propyl-, Isopropyl-, Aethyl-, Benzyl-, Methylderivate in der
zitierten Arbeit von vielen Arylsulfonacetonitrilen beschrieben,
aber in solchen Verbindungen handelt es sich immer nur um
dialkylierte, niemals um monoalkylierte Vertreter. Die weitere
Untersuchung der dialkylierten Verbindungen hat gelehrt, daß
diese der Verseifung fast einen noch größeren Widerstand als die
nicht alkylierten Verbindungen entgegensetzen. Auch scheint die
Aufnahmefähigkeit der Cyangruppe durch die in der Methylen-
gruppe eingeführten Alkyle beträchtlich vermindert zu sein, da
solche Verbindungen mitunter wohl noch H,S, aber nicht mehr
Hydroxylamin aufnehmen können.
Es ist nun in der vorliegenden Arbeit versucht worden, die
bisher noch unbekannten Monomethylderivate der Arylsulfon-
acetonitrile darzustellen und ihre Reaktionsfähigkeit zu erforschen.
Diese neuen Methylderivate nehmen also eine Mittelstellung ein
zwischen den Arylsulfonacetonitrilen und ihren Dialkylderivaten:
RSO,.CH,.ON RSO,.CH(CH,)CN RSO,.C(R),CN
Arylsulfonacetonitril Monoalkylderivat Dialkylderivat
Es war daher von Interesse, derartige Monoalkylvertreter
hinsichtlich solcher Reaktionen zu prüfen, die auch schon bei den
nicht alkylierten und dialkylierten Vertretern studiert worden waren.
!) Daselbst 72, 323.
216 J. Troeger und Wunderlich: Arylsulfonierte Propionitrile.
Da, wie oben erwähnt, eine Monoalkylierung der Arylsulfon-
acetonitrile auf direktem Wege nicht gelingt, so blieb zur Er-
reichung dieses Zieles nur der indirekte Weg über, der allerdings
vorläufig nur Monomethylderivate darzustellen gestattete.
Zur Bereitung dieser Verbindungen wurde von dem «-Mono-
chlor-propionitril CH,.CH(Cl).CN ausgegangen, dessen Eigen-
schaften besser als seine Darstellung von L. Henry}) beschrieben
sind, so daß zur Gewinnung dieses Produktes verschiedene Ver-
suchsreihen ausgeführt sind.
Als nun das Monochlorpropionitril in analoger Weise, wie
es früher beim Monochloracetonitril geschehen, mit arylsulfin-
sauren Salzen zur Umsetzung gebracht werden sollte, zeigte sich
die auffallende Erscheinung, daß unter den Bedingungen, unter
denen das Monochloracetonitril mit Sulfinat relativ leicht reagiert,
eine Umsetzung des «-Monochlor-propionitrils nicht zu erreichen ist.
Das heißt aber mit anderen Worten, die in «-Stellung beim Mono-
chloracetonitril eingetretene Methylgruppe erschwert die Reaktions-
fähigkeit des in gleicher Stellung stehenden Chloratomes. Erst,
als durch Anwendung von Druck bei einer geeigneten höheren
Umsetzungstemperatur ein Mittel zur Reaktion gefunden war,
gelang es «-Arylsulfon-propionitrile gemäß nachstehender Gleichung
zu bereiten. ’
CH, CH
RSO,Na + N = NaCl °>>CH.CN:
SO,Na + lH: ‚C sc + R.80. H.
Die zweite auffallende Beobachtung, die an den letztgenannten
Verbindungen gemacht wurde, war ihre Unlöslichkeit in kalter
Natronlauge, die nur auf die der Löslichkeit entgegenwirkende
Methylgruppe zurückzuführen ist. Der Verseifung selbst setzen
diese Propionitrilderivate keinerlei Schwierigkeiten entgegen, so
daß man zu den Homologen der von J. Troegerund W. Hille?)
auf direktem Wege aus Monochloracetamid und Sulfinat bereiteten
Arylsulfonacetamide durch Verseifung der Propionitrilderivate
gelangen kann. Sobald in der Arylsulfongruppe das Radikal C,H,
irgend einen Substituenten (CH,, Halogene) enthält, gelingt die
Wasseranlagerung an die Cyangruppe relativ leicht, beim «-Benzol-
sulfon-propionitril bedarf es jedoch gewisser Vorsichtsmaßregeln
zur Bereitung des entsprechenden Amides, da man sonst zu leicht
zum entsprechenden Propionsäurederivat gelangt.
!) Belg. Acad. Bull. (3), 35, 360.
2) Lei
J. Troeger und Wunderlich: Arylsulfonierte Propionitrile. 217
Hydroxylamin unter Bildung von sogenannten Amidoximen
anzulagern, gelingt bei den hier betrachteten Arylsulfonpropionitrilen
durchgehends leicht.
Ebenso leicht erfolgt die Schwefelwasserstoffanlagerung an
der ON-Gruppe. Bei den entstehenden Arylsulfonthiopropionamiden
beobachtet man genau wie bei den entsprechenden Thioacetamid-
derivaten die Löslichkeit solcher Thioamide in wässeriger Alkali-
lauge und die Fällbarkeit dieser Thioamide aus alkalischer Lösung
durch Mineralsäure.
Diese Alkalilöslichkeit ist durch die Bildung einer Pseudoform
des Thioamids,
RSO
an „NH
ED OH.0
SH’
bei der das H-Atom der SH-Gruppe durch Alkalimetall ersetzt ist,
zu erklären.
Experimenteller Teil.
Darstellung des <-Chlor-propionitrils CH,.CH(CHCN.
Darstellung und Eigenschaften dieses Nitrils sind schon von
L. Henry im „Belg. Acad. Bull.“ (3), 35, 360 erwähnt. In dieser
Mitteilung wird das Nitril als eine farblose, bei 122—123° siedende
Flüssigkeit beschrieben, doch fehlen nähere Einzelheiten über die
Isolierung und Reinigung des aus gewöhnlichem Milchsäurenitril
und PCI, bereiteten Produktes. Vor allem fehlt in der genannten
Arbeit jedwede Angabe über die bei der Umsetzung angewandten
Mengen der Komponenten. Obiger Autor sagt nur, daß das «-Chlor-
propionitril sehr leicht aus gewöhnlichem Milchsäurenitril und PC],
als farblose Flüssigkeit erhalten werde und gibt für dieselbe den
genauen Siedepunkt, spezifisches Gewicht und Dampfdichte an.
Da eine ausführlichere Abhandlung!) des oben genannten
Autors, die schwer zugänglich war, erst später eingesehen werden
konnte, so sind zahlreiche Versuche zur Gewinnung des obigen
Nitrils ausgeführt worden, bei denen das Milchsäurenitril zwecks
Austausches von OH gegen Cl mit PC], (1 und 4 Mol.), ferner mit
PCI, und SOC], zur Reaktion kam. Das Nächstliegende war es,
gleiche Moleküle PCl, und Milchsäurenitril langsam zur Reaktion
zu bringen und dann das gebildete POCI, durch Wasser zu zersetzen.
Da jedoch bei Zersetzung des POCI, mit H,O nicht genügend ge-
kühlt worden war, so verlief die Reaktion so stürmisch, daß alles
1) Mömoires eouronn6s et autres m&emoires publies par I’ Academie
Royale Bruxelles: Bd. 57, S. 26.
218 J. Troeger und Wunderlich: Arylsulfonierte Propionitrile.
neben POCI, entstandene Nitril eine Verseifung erfuhr. Ohne Zer-
setzung mit Wasser ließ sich, wie weitere Versuche zeigten, das
POCI, vom Monochlorpropionitril auf dem Wege der fraktionierten
Destillation nicht trennen. Bei sorgfältigster Destillation war das
gewünschte Nitril immer noch stark P-haltig.
Versuche, bei denen 4 Mol. Milchsäurenitril mit 1 Mol. PCI,
zuerst am Rückflußkühler umgesetzt wurden, ergaben nach Ab-
destillieren des Reaktionsproduktes unter vermindertem Drucke
und fraktionierter Destillation des letzteren ein nahezu reines
Möonochlorpropionitril mit einer Ausbeute von etwa d—5 g aus 20 g
in Arbeit genommenem Milchsäurenitril. Die Reaktion'hatte also
im Sinne der nachstehenden Gleichungen (I und II) stattgefunden.
T. CH,.CH(OH)CN + PC], = HCl + POCI, + CH,.CH(C)).CN.
II. 3CH,.CH(OH)CN + POCI, = PO(OH), + 3CH,.CH(C]).CN.
Als zur Darstellung des chlorhaltigen Nitrils 3 Mol. Milch-
säurenitril zu 1 Mol. PCI, unter guter Kühlung langsam zugefügt
wurden, und die Weiterverarbeitung analog der vorigen Versuchs-
reihe erfolgte, konnte ebenfalls ein nahezu reines P-freies Nitril in
mäßiger Ausbeute erhalten werden.
Durch Umsetzung des Milchsäurenitrils mit Thionylchlorid
zu dem gewünschten Nitril zu kommen, war zwar möglich,
CH,.CH(OH)CN + SOCI, = HCl + SO, + CH,.CH(CHON,
doch war die Ausbeute nicht besser als in den vorgenannten Fällen
und das Produkt viel weniger rein.
Zum Schluß wurde auf die erste Bereitungsweise zurück-
gegriffen, d. h. es kamen, wie in der zweiten Abhandlung von
L. Henry!) gesagt ist, gleiche Moleküle von Milchsäurenitril und
PCl, zur Umsetzung, die in der Kälte schon lebhaft reagieren unter
Verbrauch alles angewandten PC],. Sehr ausführlich ist auch nm
dieser Mitteilung die Bereitung des Nitrils nicht beschrieben. Nur
betont Verfasser diesmal, daß die Ausbeute befriedigend sei, aber
weit hinter der theoretischen zurückbleibe, was allerdings im Wider-
spruch zu der Bemerkung der ersten Abhandlung steht, wonach
man das Nitril aus genannten Komponenten sehr leicht (tr&s
aisement) erhalten soll. Sicher bezieht sich der Ausdruck ‚sehr
leicht‘ nur auf die Umsetzung, der miteinander reagierenden Stoffe,
nicht aber auf die Ausbeute bei dieser Darstellungsmethode. Da
nach Henry aber bei Anwendung gleicher Moleküle von Milch-
säurenitril und PC], als Nebenprodukt POCI, entsteht, das er durch
Wasser zersetzt, so wurde auf den ersten Versuch zurückgegriffen
ao a
J. Troeger und Wunderlich: Arylsulfonierte Propionitrile. 219
und nur die Zersetzung des POCI, mit H,O unter großen Vorsichts-
maßregeln ausgeführt. Am besten war die Ausbeute (10 g Mono-
ehlorpropionitril aus 20 g Milchsäurenitril), wenn in folgender Weise
gearbeitet wurde: In einen Fraktionierkolben, der 60 g fein ge-
pulvertes PCI, enthält, und der mit einem Rückflußkühler ver-
bunden ist, läßt man 20 g Milchsäurenitril langsam einfließen, die
bei der Umsetzung entstehenden HCl-Nebel ableitend. Nach
vollendeter Reaktion gießt man das Reaktionsprodukt in die zehn-
fache Menge Eiswasser, läßt unter guter Kühlung und zeitweiligem
Umrühren etwa zwei Stunden stehen, neutralisiert mit Soda, äthert
das Nitril aus und reinigt es nach Abdunsten des Aethers durch
fraktionierte Destillation. Das so erhaltene Produkt hatte den
von L. Henry angegebenen Siedepunkt 123—124° und bildet
eine angenehm aromatisch riechende, wasserhelle Flüssigkeit.
#-Benzolsulfon-prepionitril:
C,H,SO,.CH(CH,).CN.
Bis auf wenige, in der Literatur aber nicht besonders er-
wähnte Ausnahmen reagieren arylsulfinsaure Alkalisalze mit
Halogensubstituten unter Austritt von Halogenalkali durchweg
sehr glatt. So lassen sich die sulfinsauren Salze äußerst leicht mit
Monochloracetonitril CH,(C)).CN umsetzen und liefern die ent-
sprechenden Arylsulfonacetonitrile. Als nun unter den gleichen
Bedingungen, unter denen solche Arylsulfonacetonitrile entstehen,
die Umsetzung von sulfinsauren Salzen mit «&-Monochlor-propio-
nitril versucht wurde, konnte beim Erhitzen der alkoholischen
Lösung der Komponenten bei Wasserbadtemperatur, so gut wie
keine Einwirkung beobachtet werden. Nach vielerlei Versuchen
gelang es schließlich unter den nachstehend angegebenen Be-
dingungen das gewünschte Produkt zu erhalten. Das relativ reinste
Produkt in bestmöglichster Ausbeute wurde gewonnen, als 5 g
benzolsulfinsaures Natrium und 2,5 g «-Chlorpropionitril nach
dem Durchfeuchten des Gemisches mit etwa 10—15 ccm Alkohol
im geschlossenen Rohre etwa 8 Stunden auf 130—140° erhitzt
wurden. Die Ausbeute betrug für die angeführten Mengen etwa
2,5 g von noch nicht durch Krystallisation gereinigtem «-Benzol-
sulfon-propionitril. Kürzeres Erhitzen (z. B. drei Stunden) lieferte
eine niedrigere Ausbeute, höheres Erhitzen (150°) gab braunes,
schwer zu reinigendes Produkt. Beim Erhitzen der Komponenten
in alkoholischer Lösung im offenen Kolben oder auch in einer
Druckflasche bei Wasserbadtemperatur erfolgte kaum eine Um-
setzung.
220 J. Troeger und Wunderlich: Arylsulfonierte Propionitrile.
Zur Verarbeitung und Reinigung des nach obiger Vorschrift
gewonnenen Rohproduktes spült man den Rohrinhalt mit Alkohol
aus, verdampft den Alkohol und behandelt den erkalteten Ab-
dampfrückstand mit wenig kaltem Wasser. Dieses löst das als
Nebenprodukt entstandene Chlornatrium und das nicht in Reaktion
getretene sulfinsaure Salz, und läßt das zunächst ölige, allmählich
aber fest werdende Benzolsulfonpropionitril ungelöst. Das nach
längerem Stehen gesammelte Nitril krystallisiert man schließlich
aus verdünntem Alkohol um. Es bildet voluminöse, farblose prisma-
tische Nadeln, die bei 72° schmelzen und aus siedendem Wasser
sich umkrystallisieren lassen, und in kaltem Aether sehr leicht
löslich sind, die sich aber auffallenderweise im Gegensatz zu den
Arylsulfonacetonitrilen in kalter verdünnter NaOH-Lösung nicht
auflösen. Daß in dem beschriebenen Körper das «-Benzolsulfon-
propionitril vorliegt, bestätigen die Analysen.
1. 0,1614 g Substanz gaben nach Carius 0,1931 g BaSO,,
entsprechend 16,43% 8.
2. 0,2844 g Substanz gaben 18 ccm N bei 21° und 750 mm,
entsprechend 7,07% N.
3. 0,0772 g Substanz gaben 0,0331 g H,O, entsprechend 4,8% H.
4. 0,0772 g Substanz gaben 0,1564 g CO,, entsprechend 55,25% €.
Berechnet für die Formel Gefunden:
C,H,NSO;: ile 3%
De HG 16,43%. —
N zutnig HATT
H = 4,82 4,80%, 0
O7=!B85;39 ‚55,25% |
Das «-Benzolsulfon-propionitril läßt sich noch besser in reinem
Zustande isolieren, wenn man den durch Abdunsten vom Alkohol
befreiten Rohrinhalt nach Zugabe von Wasser ausäthert und das
nach Abdunsten des Aetherauszuges krystallisierende, aber braun
gefärbte Nitril aus viel siedendem Wasser umkrystallisiert, wodurch
man es in rein weißen Krystallen erhält, wenn man die milchige
Emulsion der wässerigen Lösung mit einigen Kryställchen vor-
handenen Nitrils impft.
Versuche zur Bereitung des «-Benzolsulfon-propionitrils
aus &, &-Dichlorpropionitril und benzolsulfinsaurem Natrium.
Durch die Untersuchungen von J. Troeger und
W. Krosebergl) ist gezeigt worden, daß Benzolsulfondichlor-
1) J. pr. Chemie (2), 87, 68.
J. Troeger und Wunderlich: Arylsulfonierte Propionitrile. 221
acetonitril bei Einwirkung von 2 Mol. benzolsulfinsaurem Natrium
gemäß der Gleichung:
RSO,.CC1,.CN + 20,H,S0,Na + 2H,0 =
2 NaCl + 20,H,80,0H + R.S0,.CH,.CN
das Benzolsulfonacetonitril liefert. J. Troegerund W.Müller)
gelang es ferner das Monochlorid des p-Cyanbenzylphenylsulfons
C;H,SO,.CH.C1.C,H,.CN durch Umsetzung des p-Cyanbenzal-
chlorids mit benzolsulfinsaurem Natrium zu erhalten. In diesem
Falle reagiert nur ein Chloratom unter Ersatz einer Benzolsulfon-
gruppe, während das zweite Chloratom durch H ersetzt wird. Ver-
suche, diese Umsetzung auch auf das Dichlorpropionitril auszu-
dehnen, um von diesem Körper durch Ersatz des ersten Chloratoms
gegen die Benzolsulfongruppe und des zweiten Chloratoms gegen
H zu dem Benzolsulfonpropionitril zu gelangen, hatten weder bei
Wasserbadwärme, noch beim Erhitzen der Komponenten in
alkoholischer Lösung im Rohr auf 150° den gewünschten Erfolg.
Vergleichende Verseifungs-Versuche mit Benzolsulfonacetonitril
und «-Benzolsulfon-propionitril.
Von L. Henry?) ist die auffallende Tatsache beobachtet
worden, daß Acetonitrilderivate, z. B.
CH,.(CCN; (CH,CO.0).CH,.CN; CH,(OH)CN
und ihre entsprechenden Methylderivate, z. B.
CH,.CH.(Cl).CN; (CH,C00).CH.(CH,).CN; CH,.CH(OH)CN
denselben Siedepunkt zeigen, d. h., daß durch die Methylierung
keinerlei Siedepunktserhöhung erreicht wird. Bei den Arylsulfon-
derivaten ist eine Uebereinstimmung in den entsprechenden Schmelz-
punkten nicht zu beobachten, es ist vielmehr durch den Eintritt
der Methylgruppe in das Arylsulfonacetonitril eine sehr bedeutende
Schmelzpunkts-Erniedrigung eingetreten, wie aus nachstehender
Uebersicht zu entnehmen ist.
Schmp. Schmp.
Benzolsulfonacetonitril . . 114° a-Benzolsulfon-propionitril . . 720
p-Toluolsulfonacetonitril . 146° a«-p-Toluolsulfon-propionitril . 66°
p-Chlorbenzolsulfon- a-p-Chorbenzolsulfon-
acetomieril, 4. 3%. 1690 propionitril . . . . 101—102°
p-Bromsulfonacetonitril . . 194° a«a-p-Bromsulfon-propionitril . 98°
p-Jodsulfonacetonitril 213—214° a-p-Jodsulfon-propionitril 114—115°
!) Arch. d. Pharm. 252, 55.
3)1.’'C.
222 J. Troeger und Wunderlich: Arylsulfonierte Propionitrile.
In ihren physikalischen Eigenschaften weichen also Aceto-
und Propionitrilderivate, wenn sie als Substituenten einen Aryl-
sulfonrest enthalten, sehr wesentlich voneinander ab. Außer im
Schmelzpunkt zeigt auch die Löslichkeit in beiden Reihen auf-
fallende Verschiedenheiten. So sind die Acetonitrilderivate in kalter
wässeriger Natronlauge spielend löslich, die Propionitrilderivate
nicht. Da man aus einer Lösung eines Arylsulfonacetonitrils in
NaOH durch Mineralsäure auch nach dem Erwärmen einer solchen
Lösung das unveränderte Nitril wieder abscheiden kann, so war
bisher irrtümlicherweise angenommen worden, daß alle‘ solche
Nitrile auch sehr schwer verseift würden. Bei den Arylsulfon-
propionitrilen schien nach den qualitativen Versuchen das Gegen-
teil der Fall zu sein. Es sind deshalb, um hierüber mehr Klarheit
zu bekommen, zwei Versuchsreihen mit Benzolsulfonacetonitril
und «-Benzolsulfon-propionitril ausgeführt worden, bei denen
als verseifendes Reagens 1/,„-N.-NaOH Verwendung fand. In
letzterer ist das Acetonitrilderivat in der Kälte fast vollständig,
das Propionitrilderivat so gut wie nicht löslich.
I. Verseifungsversuch des Benzolsulfon-
acetonitrils.
0,3106 g Substanz hatten nach %, Stunde 8,5 ccm, nach
1 Stunde 9 ccm, nach 3 Stunden 11 ccm, nach 6 Stunden 4,5 ccm
!/o N.-NaOH verbraucht, d. h. in %, 1, 3 und 6 Stunden sind
49,6, 52,4, 64,2 und 26,3%, des Nitrils in benzolsulfonessigsaures
Natrium (,H,SO,.CH,.COONa umgewandelt.
1. Verseifungsversuch.
0,2354 g Substanz hatten nach 1, 1%,, 4, 6 Stunden 7,5, 5, 5,
und 6 cem !/,o-N.-NaOH verbraucht, was einem Prozentgehalt
von 57,7, 38,4, 38,4 und 46,1 des in benzolsulfonessigsaures Natrium
umgewandelten Nitrils entspricht.
II. Verseifungsversuch.
0,2204 g Substanz hatten nach %, 1, 3 und 6 Stunden 5,5,
5,5, 8 und 2,5 cem !/,o-N.-NaOH verbraucht, entsprechend einem
Prozentgehalte von 45, 45, 65,5 und 20,5 in ei
‘ Natrium umgewandelten Nitrils,
l. Verseifungsversuch des «-Benzolsulfon-
propionitrils.
0,2720 g Substanz hatten nach %, 1, 3 und 6 Stunden 4,
5,5, 9,5 und 5,5 ccm !/,0-N.-NaOH verbraucht, entsprechend einem
W
J. Troeger und Wunderlich: Arylsulfonierte Propionitrile. 223
Prozentgehalte von 28,8, 39,6, 68,2 und 39,6 in benzolsulfon-«-
propionsaures Natrium umgewandelten Nitrils.
I. Verseifungsversuch.
0,2116 g Substanz hatten nach %, 1, 3 und 6 Stunden 4,5.
3, 7 und 2 cem !/,o-N.-NaOH verbraucht, entsprechend 41,52, 27,6,
64,6 und 18,4% in. benzolsulfonpropionsaures Natrium umge-
wandelten Nitrils.
III. Verseifungsversuch.
0,2384 g Substanz hatten nach 1, 11%, 4 und 6 Stunden 6,5,
5,5 und 3,5 cem !/,„-N.-NaOH verbraucht, 53,2, 40,8, 40,8 und 28,6%
in benzolsulfon-«-propionsaures Natrium umgewandelten Nitrils
entsprechend.
Zum besseren Vergleich sind die gefundenen Werte noch
tabellarisch zusammengestellt.
Prozentgehaltdeszum Na-Salzder
entsprechenden Säure verseiften Nitrils
| DH nach
| %8t.| 186. |ı %8t.| 38t. | 48t. | 68t.
ee ae -—
|
a, fr» +4 Ih49,6 153,61 — | 642 11:1 26,3
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acetonitri | III | 45,0 ABl 2m. Tabs —ı, „420,0
ad: HuhLU28L8 Th; ie 68, 39,6
er en I — 1 5821.08 || 40,8 | 128,6
propıionıtri | ILT: 41,524 127,6 |. — 64,6 ne 94
Aus der Tabelle ist ersichtlich, daß die bei Wasserbad-
temperatur mit den beiden Nitrilen ausgeführten Verseifungs-
versuche eine maximale Verseifungsgrenze, die etwa um 68%, liegt,
erkennen lassen, und daß dann eine Zunahme in dem Verbrauch
des Alkalis eintritt. Letztere ist darauf zurückzuführen, daß die
gebildeten benzolsulfonfettsauren, Salze bei längerem Erhitzen
eine Spaltung unter Freiwerden von Alkali erfahren, gemäß den
Gleichungen:
C;H,80,.CH,:COONa: +:HOH = NsOH + C,H,80,.CH,+C0,
C,H,8S0,.CH. (CH,)COONa+HOH = NaOH +C,H,SO,.CH,.CH, -+CO;.
Diese Spaltung führt zu Methyl- bezw. Aethylphenylsulfon,
deren Entstehung als schwache Niederschläge in der Flüssigkeit
erkennbar war. Bevor diese Spaltung erfolgt, ist die Flüssigkeit
klar und Aether entzieht dann aus der angesäuerten Flüssigkeit
\
3324 J. Troeger und Wunderlich: Arylsulfonierte Propionitrile.
die entsprechenden Benzolsulfonfettsäuren. Daß diese Verseifung
über die entsprechenden Amide vor sich geht, lehrt die Bildung
des nachstehenden Amids, dessen Isolierung aus dem «-Benzol-
sulfon-propionitril mehr Schwierigkeiten bietet, als eine solche
aus den Monohalogenbenzolsulfon-x-propionitrilen.
+-Benzolsulfon-propionamid:
C,H,SO,.CH(CH,).CONH,.
Die Bereitung dieses Amids stieß anfangs auf große Schwierig-
keiten, als das «-Benzolsulfon-propionitril ohne gewisse Vorsichts-
maßregeln mit wässeriger NaOH erhitzt wurde. Durch obige Ver-
seifungsversuche ist bewiesen, daß das «-Benzolsulfon-propionitril
verhältnismäßig leicht im Gegensatz zu anderen alkylsulfonierten
Propionitrilen verseift wird. Es bedarf also zur Bildung des Amids
nur einer kürzeren Erhitzungsdauer. Daß beim Erhitzen des Nitrils
mit verdünnter Natronlauge das Amid entsteht, lehrten verschiedene
Versuche, bei denen das Amid, allerdings in sehr schlechter Aus-
beute erhalten wurde. Nach zahlreichen Versuchen ergab sich als
bestes Darstellungsverfahren das folgende:
Man erhitzt ca. 1 g «&-Benzolsulfon-propionitril mit 20 ccm
U/o-N--NaOH auf dem Wasserbade, bis Lösung des Nitrils erfolgt
ist, wozu etwa 1, stündiges Erhitzen notwendig ist, filtriert und
krystallisiert die nach dem Erkalten aus der Flüssigkeit abge-
schiedenen Krystalle aus wenig heißem Wasser um. Man erhält
so das gewünschte Amid in schön ausgebildeten, derben, farblosen
Nadeln, die bei 150° schmelzen.
Nachstehende Analyse bestätigt, daß das Amid vorliegt.
0,2408 g Substanz gaben 14,3 cem N bei 20° und 752 mm Druck,
entsprechend 6,76% N.
Berechnet für die Formel C,H,,NSO;: Gefunden:
N = 6,58 6,76%,
Ueber die Einwirkung von Hydroxylamin auf «-Benzolsulfon-
propionitril.
Bei Einwirkung der genannten Komponenten wurde die eigen-
tümliche Beobachtung gemacht, daß bei Einhaltung derselben
Mengenverhältnisse, aber verschiedener Reaktionszeit, zwei in ihren
Eigenschaften völlig voneinander abweichende Produkte, ein
niedriger und ein höher schmelzendes entstanden, von denen das
letztere das gewünschte Amidoxim, das erstere aber ein Produkt
darstellt, das sich vom Amidoxim um ein Mol. H,O unterscheidet.
Anfangs, als der Reaktionsdauer nicht genügend Beachtung ge-
J. Troeger und Wunderlich: Arylsulfonierte Propionitrile. 225
schenkt wurde, entstand bald das eine, bald das andere Produkt,
bis schließlich in der Erhitzungsdauer der Grund für die Entstehung
dieser zweiten Verbindung erkannt wurde.
I. «-Benzolsulfon-«-methyläthenylamidoxim:
GH;SO, .., ..-NH,
on, CH-eSyoH
Dieser Körper wurde folgendermaßen erhalten:
l g «-Benzolsulfon-propionitril wurde in 10 ccm Alkohol ge-
löst, dann 0,7 g Hydroxylaminchlorhydrat und 0,5 g Soda, beide
in wenig Wasser gelöst, zugefügt, und die Mischung auf dem
Wasserbade drei Stunden lang am Steigrohre erwärmt. Dann
wurde der Alkohol verdunstet, der abgeschiedene weiße Rückstand
abfiltriert, mit Wasser vorsichtig ausgewaschen und aus heißem
Wasser umkrystallisiert. Das erhaltene Amidoxim bildet farblose
prismatische Nadeln vom Schmelzpunkt 147°.
1. 0,1704 g Substanz 'gaben 18,2 cem N bei 12° und 764 mm
Druck, entsprechend 12,6% N
2. 0,1182 g Substanz gaben 0,1186 g BaSO,, entsprechend
13,8% 18
Berechnet für die Formel C,H,>N; sO;: Gefunden:
N =.12,28 12,6%
S = 14,04 13,8%
I. Verbindung: C,H, SO;N;.
Zu dieser Verbindung gelangt man, wenn man obige Mengen
Benzolsulfonpropionitril und Hydroxylamin sechs Stunden lang
erhitzt und das Reaktionsprodukt, wie oben reinigt. Der erhaltene
Körper bildet farblose Nadeln vom Schmelzpunkt 79°.
1. 0,1664 g Substanz gaben 19,8 cem N bei 21° und 748 mm,
entsprechend 13,26% N.
0,0999 & Substanz gaben 12 ccm N bei 22° und 744 mm,
entsprechend 13,33% N
2. 0,1474 g Substanz gaben 0,2759 g CO, entsprechend 51, 06% C
0,1474 g Substanz gaben 0,0666 g H,O entsprechend 5,05% H
3. 0,0922 g Substanz gaben 0,1005 g BaSO,, entsprechend
14,96%, 8
Berechnet für die Formel Gefunden:
C,H,0SOsN;: E 2.
C = 51,42 51,06%, =
58,36 5,05% —
Ss =115;24 14,96% —
N -=113,33 13,26%, 13,33%
Arch. d. Pharm. CCLII. Bds. 3. Heft. 15
a; re
w i
226 J. Troeger und Wunderlich: Arylsuliönierte Propionitrile.
Aus den analytischen Daten ist ersichtlich, daß es sich bei
dem zweiten Produkt nicht um ein normales Amidoxim, sondern
um ein wasserärmeres Produkt handelt. Für die Entstehung einer
solchen Verbindung wären zwei Möglichkeiten denkbar:
C,H,SO, NH, C,H,SO ER
4 5 —CH.c” „-: — H,O= rl a & A
CH,“ N OH s a
oder :
04,80, NH, HN SToWoR : PRBRITE
. 03 ‘ we 2 a I s 0 Du nu. EN 2 )
# H,O on non, u
3
OA5SO, pr, 2 N ——NS. Cds _-80,C,H,
& CH, —NH—-NH-“ on,
Welche dieser beiden theoretisch möglichen Verbindungen
vorlag, konnte noch nicht festgestellt werden, diese Frage ist daher
noch offen gelassen und bleibt durch weitere Versuche zu ent-
r
scheiden.
4-Benzolsulfon-thiopropionamid:
GEBOTE
ca, CH .CS.NH,.
Die Anlagerung von H,S an die CN-Gruppe der Arylsulfon-
propionitrile wurde in folgender Weise bewirkt: ‘ca. 0,4 g «-Benzol-
sulfon-propionitril wurden in etwa 5 cem Alkohol gelöst, dann
2,5 ccm alkoholisches Ammoniak zugesetzt und eine Stunde lang
Schwefelwasserstoff eingeleitet. Nach Verdunsten des Alkohols
schied sich ein gelblichweißer Körper ab, der durch Umkrystalli-
sieren aus wenig reinem Alkohol gereinigt wurde. Das entstandene
Thioamid bildet farblose, prismatische Nädelchen vom Schmelz-
punkte 159°, Ferner zeigte der Körper die bemerkenswerte Eigen-
schaft, daß er in kalter verdünnter Natronlauge langsam löslich war.
Aus dieser Lösung konnte das Thioamid durch Ansäuern mit Mineral-
säure unverändert wieder abgeschieden werden.
Daß der vorliegende Körper reines &-Benzolsulfon-thiopropion-
amid darstellte, wurde durch folgende Analyse bewiesen: _
0,1868 g Substanz gaben 0,3765 g BaSO,, entsprechend 27,7% 8.
Berechnet für die Formel 0,H,,0:8;N: Gefunden:
S = 27,95 27,7%
#-p-Toluolsulfon-propionitril:
C,.H,S0,N_
CH, _CH.CN.
Für die Umsetzung von p-toluolsulfinsaurem -Natrium mit
#-Monochlor-propionitril wurden folgende Versuchsbedingungen als
J. Troeger und Wunderlich: Arylsulfonierte Propionitrile. 227
günstigste festgestellt: 5 g p-toluolsulfinsaures Natrium wurden
mit 2,5 g «-Chlorpropionitril (entsprechend molekularen Mengen)
und 10—15 cem Alkohol im Druckrohre acht Stunden lang auf
ca. 130° erhitzt. Dann wurde der Rohrinhalt mit Alkohol aus-
gespült, letzterer verdunstet und der verbleibende Rückstand mit
kaltem Wasser aufgenommen. Das Reaktionsprodukt schied sich
zunächst in öligen Tropfen ab, die nach längerem Stehen erstarrten,
dann gesammelt, mit Wasser ausgewaschen und getrocknet wurden.
Der Körper ‘wurde sodann durch wiederholtes Umkrystallisieren,
zunächst aus 70%igem, dann aus 90%igem Alkohol gereinigt. Er
bildet hellgelbe, sternförmig gruppierte Krystallwarzen vom Schmelz-
punkte 66°.
Durch die Analysen wurde bestätigt, daß der vorliegende
Körper Toluolsulfon-propionitril darstellte.
0,1676 g Substanz gaben 10,2 ccm N bei 19° und 752 mm Druck,
entsprechend 6,88%, N.
0,296 g Substanz gaben 0,6208 g CO, entsprechend 57,20% C.
0,296 g Substanz gaben 0,1378 g H,O, entsprechend 5,21% H.
Berechnet für die Formel ©,,H,;,NSO;: »efunden:
N = 6,70 6,88%
C = 57,40 57,20%
H = 5,26 5,21%
%-p-Toluolsulfon-propionamid:
C.H.S0,N_ { 11
CH _-CH.CONH,.
Die partielle Verseifung des «-p-Toluolsulfon-propionitrils zum
entsprechenden Amid gelang am besten nach folgendem Verfahren:
0,5 g Toluolsulfonpropionitril wurden mit 10—15 Tropfen ver-
dünnter Natronlauge und etwa 10 ccm Wasser auf dem Wasserbade
bis zur Lösung erhitzt. Aus der filtrierten Lösung schieden sich
nach dem Erkalten farblose Krystallschuppen ab, die abfiltriert,
mit wenig Wasser gewaschen und dann aus Wasser nochmals um-
krystallisiert wurden. Sie zeigten rein den Schmelzpunkt 166°.
0,0834 g Substanz gaben 4,8cem N bei 21° und 745 mm Druck,
entsprechend 6,38% N.
Berechnet für die Formel C,,H,;NSO;: Gefunden:
N = 6,16 6,38%,
#-p-Toluolsulfon-«-methyläthenylamidoxim:
GEZSO,— og e- NE
08,7 "TUNG
Zur Bereitung dieses Oxims wurde 1 g p-Toluolsulfon-
‚propionitril in ca. 20 ccm Alkohol gelöst, dann 0,7 g Hydroxyl-
15*
DA ”
Ka,
328 J. Troeger und Wunderlich: Arylsulfonierte Propionitrile.
aminchlorhydrat (2—3 fache der theoretischen Menge) und 0,5 g
Soda, beide in wenig Wasser gelöst, zugesetzt und das Gemisch
auf dem Wasserbade sechs Stunden lang am Steigrohre erhitzt.
Dann wurde der Alkohol verdampft, der weiße Rückstand mit
wenig kaltem Wasser aufgenommen und der darin unlösliche Anteil
desselben abfiltriert, ausgewaschen und aus heißem Wasser um-
krystallisiert. Das reine Amidoxim bildet büschelförmig gruppierte,
farblose prismatische Nadeln vom Schmelzpunkte 140—141°.
0,3050 g Substanz gaben 32 cem N, bei 23% und 760 mm Druck,
entsprechend 11,7% N.
Berechnet für die Formel C,,H,,N5S0;: Gefunden:
N = 11387 11,7%
%-p-Toluolsulfon-thiopropionamid:
C,H,SO ee
cu, H.CB.NH, 3
wurde analog der Benzolsulfon-thiopropionamid-Verbindung erhalten
und aus wenig reinem Alkohol umkrystallisiert. Der Körper bildet
gelbliche prismatische Nadeln vom Schmelzpunkte 149°.
0,1254 g Substanz gaben 0,2401 g BaSO, entsprechend
26,3%, 8.
Berechnet für die Formel C,,H,;N8:0;: Gefunden:
S = 26,38 26,3%,
+-p-Chlorbenzolsulfon-propionitril:
C,H,C1S0,S_
| CH, _>CH.CcN )
wurde analog der entsprechenden Benzolverbindung durch Um-
setzurtg molekularer Mengen von p-chlorbenzolsulfinsaurem Natrium
und «-Chlorpropionitril im Druckrohre bei 130° dargestellt. Das,
wie oben geschildert, verarbeitete und gereinigte Rohprodukt
wurde durch Umkrystallisieren aus ‘verdünntem Alkohol ‚(2 Teile
Alkohol und 1 Teil H,O) gereinigt. Das reine Chlorbenzolsulfon-
propionitril bildet farblose rhombische Krystallschuppen vom
Schmelzpunkte 101—102°. In Wasser ist.es so gut wie unlöslich,
desgleichen wenig löslich in kalter verdünnter Lauge. ”
0,1363.g Substanz gaben 0,0850 g AgCl, entsprechend 15,4% Cl.
0,1750 g Substanz. gaben 0,1825 g BaSO,, entsprechend 14,3% 8.
0,2362 g Substanz gaben 13,3 ccm N bei 23° und 749 mm Druck,
entsprechend 6,25% N.
0,1358 g Substanz gaben 0,0416 g H,O, entsprechend 3,43% H.
0,1358 g Substanz gaben 0,2337 g CO,, entsprechend 46,93% ©.
J. Troeger und Wunderlich: Arylsulfonierte Propionitrile. 229
Berechnet für die Formel C;H,NUISO;: Gefunden:
C; =: 47,07 46,939,
H.= 3,48 3,43%,
CI = 15,40 15,40%,
N = 610 6,250,
S = 13,97 14,30%,
&-p-Chlorbenzolsulfon-propionamid:
x
ELCH SO, CH.CONEH,
CH,
wurde erhalten durch Erhitzen von «-p-Chlorbenzolsulfonpropionitril
mit der zur Bildung des Amids nötigen Menge verdünnter Natron-
lauge (ca. 3 g auf 0,6 g Nitril) unter Zusatz von Lösungswasser.
Die auf freiem Feuer hergestellte Lösung schied beim Erkalten ihres
Filtrates farblose Krystallschuppen ab, die nach dem Auswaschen
aus heißem Wasser umkrystallisiert wurden. Das entstandene Amid
bildet prismatische Nadeln und zeigt dien Schmelzpunkt 190°.
0,0898 g Substanz gaben nach Baubigny 0,0532 g AgCl =
14,60/, Cl.
0,2042 g Substanz gaben 0.1941 g BaSO,, entsprechend 13,02% 8.
Berechnet für die Formel C,H, ,„NC1SO;: Gefunden:
Cl = 14,32 14,60%,
Sri; 13,02%,
&-p-Chlorbenzolsulfon-<-methyläthenylamidoxim:
CIC5H,SO,\_ er R _NH,
OH, 71" SNOH
Der Körper wurde in der üblichen Weise durch Einwirkung
von Hydroxylamin auf «-p-Chlorbenzolsulfon-propionitril erhalten.
Nach wiederholtem Umkrystallisieren aus Alkohol, der mit wenig
Wasser verdünnt war, bildete das Amidoxim farblose Nädelchen
vom Schmelzpunkte 141°.
0,1022 g Substanz gaben nach Baubigny 0,0560 g AgCl,
entsprechend 13,50%, Cl.
0,0621 g Substanz gaben 6 cem N bei 22° und 748 mm, ent-
sprechend 10,71% N.
Berechnet für die Formel C,H, ,‚UIN,8O,;: Gefunden:
Cl = 13,51 13,50%
N = 10,66 10,71%,
%-p-Chlorbenzolsulfon-thiopropionamid:
ra
GH NCIS,O, ( CA PD SCH.6S.NH,)
3
wurde ähnlich den vorher beschriebenen Thioamiden aus. Chlor-
benzolsulfon-propionitril erhalten und durch Krystallisation aus
230 J. Troeger und Wunderlich: Arylsulfonierte Propionitrile.
verdünntem Alkohol gereinigt. Das Thioamid bildet farblose,
prismatische Nadeln vom Schmelzpunkte 140—141°. Dieselben
lösen sich leicht in kalter Natronlauge und sind durch Ansäuern
mit Mineralsäure wieder ausfällbar.
0,1071 g Substanz gaben 0,193 g BaSO,, entsprechend 24,74% 8.
Berechnet für die Formel C,H, ,NCI8,0;: Gefunden:
S = 24,29 24,7%
%-p-Brombenzolsulfon-propionitril:
CH.CN
kesco
wurde analog der entsprechenden Benzolverbindung durch Um-
setzung molekularer Mengen von p-brombenzolsulfinsaurem Natrium
mit «-Chlorpropionitril erhalten. Der aus verdünntem Alkohol
krystallisierte Körper zeigt den Schmelzpunkt 98° und bildet
farblose Krystallschüppchen, die in Wasser und kalter verdünnter
Natronlauge wenig löslich sind.
0,2376 g Substanz gaben 0,164 g AgBr, entsprechend 29,36% Br.
0,2594 g Substanz gaben 11,9 cem N bei 22° und 757 mm,
entsprechend 5,14% N.
Berechnet für die Formel C,H,NBrS0;: Gefunden
Br = 29,17 29,36%
N= 51 5,14%
x-p-Brombenzolsulfon-propionamid:
G,H,BrS0,_
CH, _>CH.CONRH,.
Dieses Amid wurde durch Erhitzen des «-p-Brombenzol-
sulfon-propionitrils mit der 10 fachen Menge verdünnter Natronlauge
und der 20 fachen Menge Wasser erhalten. Die aus der filtrierten
Flüssigkeit beim Erkalten abgeschiedenen Krystalle wurden aus
heißem Wasser umkrystallisiertt. Das reine Amid bildet farblose
Krystallschuppen ohne regelmäßige Struktur, die bei 196,5°
schmelzen.
0,2258 g Substanz gaben 0,1454 g AgBr, Sntär 27,37% Br.
Berechnet für die Formel C,H,,NBrSO,;: Gefunden:
Br — 27,37 27,37%
&-p-Brombenzolsulfon-x-methyläthenylamidoxim:
Br6,H,SO;\_ ur „NR;
CH, _—>CH. USNoH'’ /, Mol. H,O.
Die Anlagerung von Hydroxylamin an das «-p-Brombenzol-
sulfon-propionitril wurde analog der entsprechenden Chlorbenzol-
verbindung bewirkt, Das aus stark verdünntem Alkohol krystalli-
J. Troeger und Wunderlich: Arylsulfonierte Propionitrile. 231
sierte Amidoxim bildet sternförmig gruppierte prismatische Nadeln
vom Schmelzpunkte 145°.
I. Analyse des wasserhaltigen Produktes:
0,1364 g Substanz gaben 0,0798 g AgBr, entsprechend 24,90% Br.
0,1200 g Substanz gaben 0,0716 g AgBr, entsprechend 25,38% Br.
Berechnet für die Formel Gefunden:
C,H,‚BrN,SO,. % aq.: 1. 2.
Br = 25,28 | 24,90 25,38%
Krystallwasserbestimmung ausgeführt durch
Trocknen einer genau gewogenen Menge der wasserhaltigen Substanz
bei 105° bis zur Gewichtskonstanz.
0,094 g Substanz verloren 0,0026 g H,O, entsprechend 2,76% H,O.
Berechnet für die Formel C,H,,BrN,SO,.1 aq. Gefunden:
Krystallwassergehalt = 2,84 H,O =.2,76%
II. Analyse des bei 105° getrockneten Produktes:
0,1523 g Substanz gaben 12,6 ccem N bei 25° und 748 mm
Druck, entsprechend 9,17% N.
Berechnet für die Formel C,H, ,‚BrN,SO;: Gefunden:
N = 9,12 9,17%
x-p-Brombenzolsulfon-thiopropionamid:
BrC,H,SO '
> m CH.C8.NH,.
3
Das in der üblichen Weise erhaltene Thioamid wurde durch
Krystallisation aus verdünntem Alkohol gereinigt und bildet gelb-
liche prismatische Nadeln vom Schmelzpunkte 176°.
0,1126 g Substanz gaben 0,1688 g BaSO,, entsprechend 20,6% 8.
Berechnet für die Formel C,H, ,NBrS8,0;: Gefunden:
S = 20,82 20,6%,
&-p- Jodbenzolsulfon-propionitril:
(,H,JSO,N_
CH, _CH.CN
entstand ähnlich den beschriebenen Arylsulfon propionitrilen bei
Umsetzung äquivalenter Mengen von p-jodbenzolsulfinsaurem
Natrium mit «-Chlorpropionitril. Der aus reinem Alkohol krystalli-
sierte Körper bildet farblose prismatische Nadeln vom Schmelz-
punkte 115°, die in Wasser und kalter verdünnter Natronlauge un-
löslich sind.
0,1842 g Substanz gaben nach Carius 0,1336 g AgJ, ent-
sprechend 39,2% J.
0,1480 g Substanz gaben nach Carius 0,1084 g AgJ, ent-
sprechend 39,59 %J.
232 J. Troeger und Wunderlich: Arylsulfonierte Propionitrile.
0,1632 g Substanz gaben 0,2006 g CO,, entsprechend 33,59% C.
0,1632 g Substanz gaben 0,0351 g H,O, entsprechend 2,41% H,.
Berechnet für die Formel Gefunden:
C,H,NJSO;: 1% D.
J3=#39,57 39,20% 39,59%
CH=N33,64 33,99% —
It = u:2,49 2,41% _
&-p-Jodbenzolsulfon-propionamid:
G,H,JISO, N
CH, _CH.CONR,
wurde analog dem Amid des Bromkörpers erhalten und aus stark
verdünntem Alkohol umkrystallisiert. Es bildet farblose prisma-
tische Nadeln vom Schmelzpunkte 210°.
0,1035 g Substanz gaben nach Carius 0,0716 g AgJ, ent-
sprechend 37,39% J.
Berechnet für die Formel C,H, ,NJSO;: Gefunden:
J = 37,46 37,39%
&-p-Jodbenzolsulfon-x-methyläthenylamidoxim:
G,H,J 80, C _NB;,
CH TSNOH:
Der in üblicher Weise erhaltene Körper, der aus stark ver-
dünntem Alkohol krystallisiert wurde, bildet farblose, sternförmig
gruppierte Nadeln vom Schmelzpunkt 167°.
0,1823 g Substanz gaben 13 cem N bei 20° und 746 mm, ent-
sprechend 7,9% N.
Berechnet für die Formel C,H,,N3JSO;: Gefunden:
N. 2,91 7,9%
%-p-Jodbenzolsulfon-thiopropionamid:
C,H,JS0, N. R
CH, _>CHCS.NH,
wurde analog den vorher beschriebenen Thioamiden dargestellt,
aus 90%igem Alkohol umkrystallisiert und bildet gelblich weiße
prismatische Nadeln vom Schmelzpunkte 182°. _Der Körper zeigte
gleichfalls die Löslichkeit in verdünnter Natronlauge und fiel aus
dieser Lösung beim Ansäuern wieder aus.
0,1034 g Substanz gaben 0,1361 g BaSO,,- entsprechend
18,1%, 8.
Berechnet für die Formel CH, „NJS;0;: Gefunden:
S = 18,07 18,1%
H. Beckurts und G. Frerichs: Rhodanessigsäuren. 233
Mitteilung aus dem pharmazeutischen Institute
der Herzoglichen Technischen Hochschule in Braunschweig.
Ueber Arylamide der Rlhodanessigsäuren
und Arylthiohydantoine.
Von H. Beekurts und G. Frerichs.
(Eingegangen den 30. III. 1915.)
Die zuerst von uns näher untersuchte Einwirkung
von Rhodansalzen auf Chloracetarylamide
hat F. Hurdelbrink an einer großen Anzahl substituierter
Chloracetarylamide weiter untersucht Die Ergebnisse dieser Unter-
suchungen entsprechen den von uns erhaltenen. Die Chlor-
acetylarylamide erhält man leicht, indem man die Aryla-
mide in Benzol löst und zu der Lösung mit Benzol verdünntes
Chloracetylchlorid hinzufügt. Läßt man auf die Chloracetyl-
verbindungen Kaliumrhodanid einwirken, so entsteht in einigen
Fällen zuerst eine Isorhodanacetylverbindung
S=C=N—CH,CONHR, welche sich aber sehr rasch in die nor-
male Rhodanacetylverbindung N=06-—-S--CH,CONHR
umlagert. Meist erhält man gleich die letztere Verbindung, und
die. Isorhodanacetylverbindungen lassen sich kaum in reinem
Zustande isolieren.
Erhitzt man die normalen Rhodanacetylverbindungen längere
Zeit mit Wasser, oder auch in Eisessig gelöst, so findet eine mole-
kulare Umlagerung in Arylhydantoine statt:
,S-CH,
N=C—S—CH,COR = HNC
N\N-C0
|
R
Diese Umlagerung erfolgte bei den einzelnen Rhodanacetyl-
verbindungen verschieden rasch, sehr leicht beim Rhodanacet-
o-Nitranilid, -o-Anisidid und -p-Phenetidid, schwer dagegen beim
Rhodanacet-m- und p-Nitranilid. Dieses verschiedene Verhalten
ist offenbar auf die verschiedene Löslichkeit der Verbindungen
zurückzuführen. Die in Wasser sehr schwer löslichen Rhodanacetyl-
verbindungen, die nur schwer in die Thiohydantoine überzuführen
234 NH. Beckurts und G. Frerichs: Rhodanessigsäuren.
waren, ließen sich viel leichter in diese verwandeln, wenn sie in
Eisessig gelöst, und diese Lösung erhitzt wurde. Die Umlagerung
erfordert dann etwa nur den zehnten Teil der Zeit als beim Kochen
mit Wasser. Diese Beschleunigung ist zum Teil wenigstens auf den
höheren Siedepunkt des Eisessigs zurückzuführen.
Die Arylthiohydantoine sind sowohl Basen wie Säuren. Mit
Chlorwasserstoff liefern sie krystallinische Salze, welche
aber durch Wasser wieder gespalten werden. Mit Natrium-
hydroxyd liefern sie ebenfalls krystallinische Salze. Aus den
Natriumhydroxydverbindungen kann man leicht alkylierte
Arylthiohydantoine darstellen durch Einwirkung von
Halogenalkyl, z. B. das Aethylnitrophenylthio-
hydantoin:
SCH,
GH.NCE |
nr
|
C,H,NO,
Die Natriumhydroxydverbindungen der Arylthiohydantoine
entstehen durch einfache Addition der Komponenten, sie haben
vielleicht folgende Konstitutionsformel:
Durch längeres Erhitzen mit Salzsäure, am besten im zu-
geschmolzenen Rohr läßt sich in den Arylthiohydantoinen die
Imidogruppe durch Sauerstoff ersetzen. Es entstehen so Aryl-
derivate des Senfölglykolids:
S—CH, S—CH S-—CH
BNOl En ru
NN—CO N—CO NH--C0
| |
R R
Arylthiohydantoin Arylsenfölglykolid Senfölglykolid
Die Benennung der substituierten Thiohydantoine in der
Literatur ist bisher wenig einheitlich. Wir haben der Bezeichnung
der einzelnen Verbindungen das Schema
S-——CH, «
x HNC/
l Ser-co
zugrunde gelegt,
nn ah anal nn LU u
Lana I ae
H. Beekurts und G. Frerichs: Rhodanessigsäuren. 235
Experimenteller Teil.
Chloracet-m-toluidid,
21.CH,CO .NH.C,H, .CH,.
Zur Darstellung dieser Verbindung wurden 31,5 g m-Toluidin
und 17 g Chloracetylchlorid, in je ungefähr 250 ccm Benzol gelöst,
zusammengebracht. Der weitaus größte Teil des Chloracet-m-
toluidids blieb im Benzol gelöst und wurde durch Verdunsten des
Filtrats erhalten. Nur &in sehr geringer Teil war mit dem salz-
sauren Toluidin. ungelöst zurückgeblieben. Aus Benzol wurde
das Chloracet-m-toluidid in kleinen weißen Säulen erhalten. Der
Körper schmilzt bei 90—91°, ist löslich in Eisessig, Alkohol, Aether,
Essigäther und Benzol, unlöslich in Wasser.
0,2984 g gaben 0,2342 g AgCl = 0,05791 g Cl = 19,40% Cl.
Berechnet für C,H, ,„NCIO: Gefunden:
C1 = 19,35 19,40%
Isorhodanacet-m-toluidid,
SCN.CH,CO.NH.C,H,.CH,.
10 g Chloracet-m-toluidid wurden mit 30 ccm Alkohol und
5 g Rhodankalium 8—10 Minuten auf dem Wasserbade erwärmt.
Die vom Chlorkalium abfiltrierte Lösung ließ auf vorsichtigen
Wasserzusatz eine reichliche Menge blättchenförmiger, rötlich-
weißer Krystalle fallen, welche bei 99° schmolzen und nach dem
Kochen mit Natronlauge die Blausäurereaktion gaben, also
mindestens zum Teil aus Isorhodanacet-m-toluidid bestanden,
da auch die Analyse die für diese Verbindung berechneten Zahlen
ergab.
5,48% 8
0,2096 g gaben 0,2364 g BaSO, = 0,03246 gS = 15
—= 58,03%, C und
0,1974 g gaben 0,4172 g CO, = 0,1126 g C
0,0746 g H,O = 0.009066 g H = 4,67% H.
Berechnet für C,,H,,SN;0 Gefunden:
C = 58,25 58,03%
H= 4,85 4,62%
S = 15,54 15,48%
Das Isorhodanacet-m-toluidid analysenrein zu erhalten, ge-
lingt nicht immer, da durch längeres Erhitzen der Lösung die Iso-
rhodangruppe in die normale Rhodangruppe umgelagert, und
andererseits bei zu kurzer Reaktionsdauer nicht alles Chlor durch
die Rhodangruppe ersetzt wird,
236 H. Beckurts und G. Frerichs: Rhodanessigsäuren.
Bei längerer Aufbewahrung geht dieser Körper auch in
trockenem Zustande allmählich in das normale Rhodanacet-m-
toluidid über; er gab nach ungefähr dreimonatlicher Aufbewahrung
die Blausäurereaktion nicht mehr.
Rhodanacet-m-toluidid,
NCS.CH,C0.NH.C;H,.CH;.
Zu dieser Verbindung gelangt man, wenn man das Iso-
rhodanacet-m-toluidid aus verdünntem Alkohol umkrystallisiert,
oder wenn man die Reaktionsdauer bei der Darstellung aus Chlor-
acet-m-toluidid und Rhodankalium auf 15—20 Minuten ausdehnt.
Das erhaltene Rohprodukt wurde aus verdünntem Alkohol wieder-
holt umkrystallisiert und als mikroskopisch kleine, schwach gelb-
lichweiße, sechsseitige, schiefe Säulen, die bei 136° schmelzen,
erhalten. Dieselben sind leicht löslich in Alkohol, Benzol, Eis-
essig und Essigäther.
0,2072 g gaben 0,2330 g BaSO, = 0,0320 g S = 15,44% 8.
0,2242 g gaben 0,4824 g CO, — 0,16892 g C = 58,57% C und
0,0952 g H,O = 0,01057 gH = 4,71% H.
Berechnet für C,,H.SN;0: Gefunden:
C = 58,25 58,57%
H =,, 4,85 4,67%
S = 15,54 15,44%
%-m-Tolylthiohydantoin,
S--CH
H_N=& Dat
N-00
C,H,.CH,
Zur Darstellung des m-Tolylthiohydantoins wurde das Rhodan-
acet-m-toluidid etwa 11, Stunden mit der 60—70 fachen Menge
Wasser gekocht. Nur ein Teil des gebildeten m-Tolylthiohydantoins
ging in Lösung und schied sich beim Erkalten in weißen Flocken
ab. Der größte Teil blieb mit öligen Verunreinigungen gemischt
ungelöst. Er wurde zunächst aus Eisessig, dann aus verdünntem
Alkohol umkrystallisiert. Der Körper bildet mikroskopisch kleine,
glänzend weiße, quadratische‘ Blättchen, die bei 161° schmelzen
und leicht in Alkohol, Eisessig, Essigäther, Aether, schwer in
heißem Wasser löslich sind.
0,2022 g gaben 0,2338 g BaSO, = 0,0321 gS = 15,87% 8.
0,2050 g gaben 0,4382 g CO, = 0,11951 g C = 58,29% C und
0,0849 g H;0O = 0,009433 g H = 4,60% H, |
H. Beekurts und G. Frerichs: Rhodanessigsäuren. 237
Berechnet für C,,H,,SN;0: "Gefunden:
. C.,= 58,25 58,29%
H= 485 4,609,
S = 15,54 15,87%
Das salzsaure Salz des m-Tolylthiohydantoins wurde durch
Auflösen dieses Körpers in wenig konzentrierter Salzsäure und
Auskrystallisierenlassen erhalten. Es ist wenig beständig und wird
durch Alkohol und Wasser beim Kochen in seine Bestandteile
zerlegt.
Analyse (titriert nach Volhard):
0,3910 g gebrauchten 16,0 cem !/,0-N.-Silberlösung = 0,05840 g
HCI = 14,94%, HC.
Berechnet für C,,H,,SN:0.HCl: Gefunden:
HC1 = 15,05 14,94%,
DieNatriumhydroxydverbindung krystallisierte
aus der Lösung des Thiohydantoins in der theoretisch erforder-
lichen Menge 5% iger Natronlauge in Form kleiner, weißer Blättchen
aus. Sie enthält 4 Mol. Krystallwasser. Durch Säurezusatz wurde
das m-Tolylthiohydantoin unverändert wieder erhalten.
0,5152 g verloren bei 105° 0,1174 g H,O = 22,70% H,O.
0,5152 g gaben 0,1172.g Na;S0O, = 0,0380 g Na = 7,40% Na.
Berechnet für C,,H.SN;0.Na0OH + 4H,O0: Gefunden:
H,O = 22,64 22,70%
EROBERTE 7,40%
y-Aethyl-8-m-Tolylithiochydantoin,
S-CH,
CH, N=0 |
NN-C0
|
C,H,.CH,
Zur Darstellung dieses Körpers wurden 6,4 g ß-m-Tolylthio-
hydantoinnatriumhydroxyd mit 3,1 g Jodäthyl und 10 cem Alkohol
im geschlossenen Rohre eine halbe Stunde lang im Wasserbade
erwärmt. Die alkalische Reaktion war verschwunden. Aus dem
Reaktionsprodukte war weder durch Verdünnen mit Wasser noch
durch Eindunsten ein krystallinischer Körper zu erhalten. Es
wurden stets braune ölige Produkte erhalten, die nach einiger Zeit
salbenartig erstarrten. Die Elementaranalyse derselben lieferte
zwar annähernd richtige Zahlen, doch war auch aus diesen zum Teil
krystallinischen Produkten auch nicht mit Hilfe von Tierkohle
ein krystallinischer, reiner Körper zu erhalten. Der Körper löste
en u Ce
„A
338 H. Beekurts und G. Frerichs: Rhodanessigsäuren.
sich in Salzsäure auf, doch konnte ein salzsaures Salz aus der
wässerigen Lösung nicht rein erhalten werden. Wenn aber die
ätherische Lösung des Körpers mit etwa 8%iger Salzsäure ge-
schüttelt wurde, so ging der Körper ohne die färbenden und
schmierigen Verunreinigungen in die salzsaure Lösung über, aus
der er durch Ammoniak in fast rein weißem Zustande abgeschieden
werden konnte. Aus verdünntem Alkohol wurde er als mikro-
krystallinisches Pulver, aus sechsseitigen Säulen bestehend, erhalten.
Er schmilzt bei 106—107° und ist sehr leicht löslich in Aether,
Alkohol, Essigäther, Benzol und Eisessig, unlöslich in Wasser.
0,1550 g gaben 0,3512 g CO, = 0,09575 g C = 61,77% C und
0,0778 g H,O = 0,008644 g H = 5,58%, H. |
0,2012 g gaben 0,2008 g BaSO, = 0,02757 g S = 13,70% 8.
Berechnet für C,>5H,4N5S0: Gefunden:
C = 61,54 61,77%
H = 5,98 5,58%
a. = 13.68 13,70%
m-Tolyisenfölglykolid,
aa,
Yang
N--CO
Durch Erhitzen mit der acht- bis zehnfachen Menge 10%iger
Salzsäure wurde das ß-m-Tolylthiohydantoin nicht verändert. Die
Abspaltung der Imidgruppe erfolgte erst durch etwa zweistündiges
Erhitzen mit der etwa achtfachen Menge 25%iger Salzsäure am
Rückflußkühler im Wasserbade. Das m-Tolylsenfölglykolid scheidet
sich hierbei zum größten Teile in öligen Tropfen aus, während der
andere Teil beim Erkalten der Säure in kleinen, feinen, weißen
Nadeln vom Schmelzpunkte 90—91° sich abscheidet. Aus Alkohol
wurden auch die öligen Produkte, die übrigens bald erstarrten, in
kleinen, feinen, weißen Nadeln von demselben Schmelzpunkte er-
halten. Der Körper ist leicht löslich in Alkohol, Aether, Essigäther,
Benzol und Eisessig, von heißem Wasser wird nur sehr wenig auf-
genommen.
0,3095 g gaben 19,0 cem Stickstoff bei 26° und 754 mm Druck =
0,02152 g N = 7.02% N.
0,1904 g gaben 0,2162 g BaSO, — 0,02968 & 8 = 15,51% 8.
Berechnet für C,,H,NSO: Gefunden:
N = 6,76 7,02%
S = 15,46 15,51%
H. Beckurts und G. Frerichs: Rhodanessigsäuren. 239
Chloracetpseudo-cumidid,
CICH,CO.NH.C,H;,(CH,3),.
Die Darstellung dieser Verbindung aus 13,5 g Pseudo-Cumidin
und 6 g Chloracetylchlorid geschah wie beim Chloracet-m-toluidid
in Benzollösung. Das Chloracetpseudocumidid ging nur in sehr
geringen Mengen in Benzol in Lösung. Aus Alkohol wurde es in
langen weißen Nadeln vom Schmelzpunkte 159° erhalten. Es ist
schwer löslich in Aether, Alkohol, Essigäther und Benzol, etwas
leichter in Eisessig.
0,2244 g gaben 0,1534 g AgCl = 0,05548 g Cl = 16,90% (CI.
Berechnet für C,,H,,NCIO: Gefunden:
Cl = 16,79 16,90%
Rhodanacetpseudoeumidid,
NCS.CH,CO.NH.C,H,(CH,);-
Die Einwirkung von 5 g Rhodankalium auf 10 g Chloracet-
pseudocumidid in 40 ccm Alkohol erfolgte, ohne daß in irgend
einer Phase der Reaktion die Anwesenheit einer Isorhodanacet-
verbindung hätte nachgewiesen werden können. Nach 15 Minuten
wurde das Reaktionsgemisch, ohne vom Chlorkalium abzufiltrieren,
mit so viel Wasser verdünnt, bis gerade eben eine weißliche Trübung
entstanden war. Das Chlorkalium ging dabei in Lösung. Von den
sich abscheidenden schmierigen Produkten wurde die klare Lösung
abgegossen. Nach zwei Tagen hatte sich das Rhodanacetpseudo-
cumidid in kleinen, gelblichweißen, würfeligen Krystallen vom
Schmelzpunkte 105° abgeschieden. Dieselben sind in Alkohol,
auch in verdünntem, in Essigäther, Benzol und Eisessig leicht
löslich.
0,2359 g gaben 0,2360 g BaSO, = 0,03204 g S
0,1542 g gaben 0,3462 g CO, = 0,09442 g C —
0,0820 g H,O = 0,00911 g H = 5,90% H.
— 13,73% 8.
61,23% C und
Berechnet für C,;H,,N;SO: Gefunden:
C = 61,54 61,23%
H = 5,98 5,90%
S = 13,68 13,73%
3-Pseudocumyltihiohydantoin,
S—CH
H-N= < ar
es
C;H;,(CH;);
Dasselbe wurde aus dem Rhodanacetpseudocumidid durch
Kochen mit der etwa 6075 fachen Menge Wasser erhalten. Das
240 H. Beckurts und G. Frerichs: Rhodanessigsäuren.
erhaltene Rohprodukt geht nur zum geringen Teile in Lösung und
scheidet sich beim Erkalten flockig ab, die Hauptmenge bleibt
ungelöst. Aus Eisessig wurde der Körper in kleinen, gelblichen
Säulen vom Schmelzpunkte 210° erhalten. Auch kürzeres Erhitzen
des Rhodanacetpseudocumidids mit Eisessig genügt, um die mole-
kulare Umlagerung zu veranlassen. Das Rhodanacetpseudocumidid
wird von dem heißen Eisessig zunächst leicht gelöst, und aus der
Lösung scheidet sich beim Kochen, wenn die Konzentration richtig
gewählt war, das Pseudocumylthiohydantoin als fester Krystallbrei
ab, weil es bedeutend schwerer löslich ist als das Rhodanacetpseudo-
cumidid. Es ist schwer löslich in Alkohol, Essigäther, Aether und
heißem Wasser, leichter in Eisessig.
0,2055 g gaben 0,2080 g BaSO, = 0,028559 g S = 13,93% S8.
0,2601 g gaben 0,5920 g CO, = 0,16145 g C = 62,07% C und
0,1364 & H,O = 0,01515g H = 5,82% H.
Berechnet für C,>H,,N>SO: . Gefunden:
C_ = 61,54 62,07%
H = 5,98 5,82%
Ss —= 13,68 13,93%
Das salzsaure Salz des Pseudocumylthiohydantoins wurde in
Form kleiner, gelblich gefärbter Säulen erhalten, die durch Alkohol
und Wasser beim Kochen in ihre Bestandteile gespalten wurden.
Analyse (titriert nach Volhard):
0,4902 g gebrauchten 17,9 eem !/,o-N. Silberlösung = 0,06533 g
HCl = 13,32% HCl.
Berechnet für C,,H,,N;S0.HC1:
HCI = 13,49%
Die Natriumhydroxydverbindung wurde aus
5%iger Natronlauge in kleinen, feinen weißen Nadeln mit 5 Mol.
Krystallwasser erhalten. Durch Säure konnte das ß-Pseudocumyl-
thiohydantoin unverändert wiedergewonnen werden.
0,4986 g verloren bei 105° 0,1210 g H,O = 24,27% H,O.
0,4986 g gaben 0,0096 g Na,SO, = 0,0323 g Na = 6,47% Na.
Berechnet für ©, ,H,,N;SO.Na0OH + 5H3;0: Gefunden:
Na = 6,32 6,47%
H,O = 24,72 24,27%
(Schluß folgt.)
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r herausgegeben &
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r | Deutschen Apotheker-YVerein
unter Redaktion von
E. Schmidt una H. Beckurts.
Band 253. Heft 4.
NORA RU, |
&
BERLIN.
BEIDETIEEIAE des DENtERNEn Apotheker -Vereins.
Ausgegeben den 24. Juni 1915.
H. Beckurts und 6. Frorichs; Ueber Arylamide 4
säuren und Arylthiohydantoine (Schluß) .
J. Gadamer, Zur Kenntnis des Hofmann’ Be Abbans. der
Alkaloide der Phenanthren- (Apomorphin-) Reihe .. . ae N
Derselbe, Mercuriacetat als ee, in der Alalidl ER
chemie . . . n ER ee ARE
A. Tschirch und (C. Er ne Weitere Untersuchungen über den =
Bernstein (Suceinit) . . .. . .- A 200.8
Fr. Wehrmann, K. Wegener, Fr. H. REN na K. Mer) N a
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Charta sinapisata nach den verschiedenen dafür angegebenen
Methoden‘. :." . 2.24. 2,0 2,» Rep Se ER Le
& Ee
Eingegangene Beiträge. | 2%
0. A. Oesterle und E. R. Hengseth, Ueber einige Derivate des Rheins. :
"Dieselben, Zur Kenntnis des Salzbildungsvermögens natürlicher _
Chrysazin-Derivate.
(Geschlossen den 17. VL, 1915.)
Diese Zeitschrift erscheint in zwanglosen Heften (In der Regel |%°
monatlich einmal) in einem jährlichen Umfange von 40 bis |%
50 Bogen. Ladenpreis für den Jahrgang Mk. I2,—. £
Alle Beiträge für das „Archiv“ sind an die 5
Archiv- Bedaktion vie: y
Herrn Geh. Reg.-Rat Professor Dr. E. Schmidt in Marburg (Hessen)
oder Herrn Geh. Med.-Rat Professor Dr. H. Beckurts in Braunschweig,
alle die Anzeigen u. s. w., NROEDRET die Archiv-Verwaltung unc
den Wohnungswechsel betreffenden Mitteilungen an den
Deutschen Apotheker-Verein
Berlin NW 87, Levetzowstr. 16b
einzusenden.
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Anzeigen. Ka
1), Seite zum Preise von M 50.—; !/s Seite zum Preise von M 80.-; Y Seite zum
Preise von M 20.—; !/, Seite zum Preise von M 10.—. Die Grundschrift ist Peti
Beilage-Gebühr für das Tausend der Auflage — 5800 — M 10.—. Für Beilagen, wele
nicht dem Format des „Archiv“ entsprechen, bleibt besondere Vereinbarung vorbehs
tr Zu
H. Beekurts und G. Frerichs: Rhodanessigsäuren. 241
y-Aethyl-ß-pseudocumylthiohydantoin,
GH—N=0( e Pa
—N =
y NN-—C0
|
C,H,(CH,);
Diese Verbindung wurde aus 3,6 g ß-Pseudocumylthiohydantoin-
natriumhydroxyd und 1,6 g Jodäthyl, in 10 ccm Alkohol gelöst, wie
das entsprechende ß-m-Tolylderivat. erhalten. Es bildet kleine,
schwach gelbliche Säulen vom Schmelzpunkte 138°, die sich leicht
in Alkohol, Aether, Benzol, Essigäther und Eisessig, nicht in
Wasser lösen.
0,2144 g gaben 0,5056 g CO, = 0,137894 g C = 64,31% C und
0,1324 g H,O = 0,01471 gH = 6,86% H.
0,1762 g gaben 0,1566 g BaSO, = 0,02150 gS = 12,20% 8.
Berechnet für C,,H,,N5S0: Gefunden:
C = 64,12 64,31%
51 .,07007 6,86%
Se + Bi 12,20%
Das Pseudocumylsenfölglykolid konnte nicht erhalten werden.
Das ß-Pseudocumylthiohydantoin wurde durch Salzsäure selbst bei
130° in geschlossenem Rohre nicht anders beeinflußt, als daß sich
das salzsaure Salz desselben bildete.
Chloracet-p-chloranilid,
C1.CH,CO .NH.C,H,Cl.
Dieser Körper wurde aus 12,8 g p-Chloranilin und 5,7 g Chlor-
acetylchlorid, die, in etwa 300 cem Benzol gelöst, aufeinander
reagierten, erhalten. Es löst sich nur zum geringen Teil im Benzol.
Die Hauptmenge wurde durch Fortwaschen des salzsauren p-Chlor-
anilins erhalten. Aus Alkohol wurde es in kleinen weißen Nadeln
. vom.Schmelzpunkte 169° erhalten. Es ist löslich in Alkohol, Aether,
Essigäther und Benzol, leichter in Eisessig, in Wasser ist es un-
löslich.
0,1650 g gaben 0,230 g AgCl = 0,05687 g Cl = 34,47% Cl.
Berechnet für C,H,NC1,0:
Cl = 34,64%
Isorhodanacet-p-chloranilid,
SCN .CH,CONH.C,H,Cl.
Bei der Einwirkung von 5 g Rhodankalium auf 10 g Chlor-
acet-p-chloranilid in 300 ccm Alkohol konnte zwar die Anwesenheit
Arch. d. Pharm. CCLIII. Rds. 4. Heft. 16
242 H. Beckurts und G. Frerichs: Rhodanessigsäuren.
einer Isorhodanverbindung durch die Blausäurereaktion festgestellt
werden, doch gelang es nicht, aus der Lösung einen krystallinischen
Körper zu erhalten, der noch die Blausäurereaktion gab. Die aus
der Mutterlauge sich abscheidenden schmierigen Massen gaben zwar
manchmal die Blausäurereaktion noch; nach dem Umkrystallisieren
aus Alkohol mit Tierkohle wurde aber regelmäßig das normale
Rhodanaecet-p-ehloranilid,
NCS.CH,CO.NH.C,H,CH
erhalten.
Dieses bildet mikrokrystallinische, feine Nadeln vom Schmelz-
punkte 126° und ist sehr leicht löslich in Alkohol, Essigäther, Aether,
Benzol und Eisessig. Es zeigt große Neigung, in das Thiohydantoin
überzugehen; in Eisessig heiß gelöst, krystallisiert es fast immer
als Thiohydantoin wieder aus.
0,1728 g gaben 0,1112 g AgCl = 0,02749 g Cl
0,1776 g BaSO, = 0,02438 g S =. 14,03% 8.
0,1770 g gaben 0,3104 g CO, = 0,08465 g C
0.0414 ge H,O = 0,005488 &e H = 3,10% H.
15,82%, Cl und
47,82% C und
Berechnet für C,H,N,SCIO: Gefunden:
C = 47,47 47,82%
Hi=.2332 3,10%
a. 14:07 14,03%
Cl = 15,61 15,82%,
ß-p-Chlorphenylthiohydantoin,
SCH,
H-N=0Ö0 10 ©
N—CO
68,01
Das Rhodanacet-p-chloranilid wurde mit der etwa 75fachen
Menge Wasser eine Stunde lang gekocht. Es löste sich das ent-
standene Rohprodukt nur in geringer Menge in Wasser. Es wurde
zunächst aus Eisessig, dann aus Alkohol umkrystallisiert und in
kleinen, rein weißen Nadeln vom Schmelzpunkte 213° erhalten.
Es ist schwer löslich in Alkohol, Aether und heißem Wasser, leichter
in Benzol, Essigäther und Eisessig.
0,1674 g gaben 0,2928 g CO, — 0,0798556 g C = 47,70%, C und
0,0484 g H,0 = 0,005374 g H = 3,21% H. :
0,1876 g gaben 0,1174 g AgCl = 0,02903 g Cl = 15,47% Cl und
0,1930°g BaSO, = 0,02650 g 8 = 14,12% 8. | Y
H. Becekurts und G. Frerichs: Rhodanessigsäuren. 245
Berechnet für C,H,N,SCIO: Gefunden:
C — 47,47 47,70%
H = 3,52 3,21%
Cl = 15,61 15,47%
S = 14,07 14,12%,
Das salzsaure Salz wurde in mikroskopisch kleinen, oblongen
Blättehen erhalten. Durch Wasser und Alkohol wurde es beim
Kochen zerlegt.
0,4212 g erforderten 15,6 cem Y/,,-N.-Silberlösung = 0,05694 g
HCI = 13,52%, HC.
Berechnet für C,H,CIN,SO. HCl:
HCI = 13,839,
Die Natriumhydroxydverbindung — aus 5%iger
Natronlauge — krystallisiert in schönen großen, spitzen, braunen
Säulen mit 5 Mol. Krystallwasser. Salzsäure schied aus der wässe-
rigen Lösung ß-p-Chlorphenylthiohydantoin unverändert wieder au.
0,5028 g verloren bei 105° 0,1266 g H,O = 25,17% H,O und
gaben 0,1010 g Na,SO, = 0,03275 g Na = 6,53% Na.
Berechnet für C,H,CIN,SO.Na0OH + 5H,0: Gefunden:
H,O = 25,21 25,17%
Na = 6,44 6,53%,
y-Aethyl-8-p-chlorphenylthiohydantoin,
he S-—CH, |
C;H,N BER ask
|
C,H,C1
Dieser Körper wurde aus 7,0 g ß-p-Chlorphenylthiohydantoin-
natriumhydroxyd und ‚3,2 g Jodäthyl wie das m-Tolylderivat er-
halten... Die Lösung, mit Wasser verdünnt, läßt den Körper
ohne: weiteres krystallinisch ausfallen, so daß er aus verdünntem
Alkohol mit Tierkohle leicht rein erhalten werden konnte. Er bildet
mikroskopisch kleine, rein weiße Nadeln vom Schmelzpunkt 106 bis
107°, die sich leicht in Alkohol, Aether, Benzol, Essigäther und
Eisessig, sowie auch in verdünnten Säuren lösen.
0,1772 g gaben 0,1004 g AgCl = 0,02482 g Cl = 14,01% Cl und
0,1630 g BaSO, = 0,2238 g S — 12,63% 8.
0,1854 g gaben 0,3504 g CO, = 0,09556 g C
0,0748 g H,O = 0,008311 g H — 4,480, H.
51,54% C und
Berechnet für C,„H,,CIN,SO: Gefunden:
C = 51,66 51,54%
H= 4,0 4,48%
= 13,89 14,010,
S = 12,53 12,630,
16*
244 NH. Beckurts und G. Freriehs: Rhodanessigsäuren.
p-Chlorphenylsenfölglykolid,
ß-p-Chlorphenylthiohydantoin wurde mit der etwa achtfachen
Menge Salzsäure von 25%, eine Stunde lang im geschlossenen Rohre
im Wasserbade erhitzt. Noch während des Erhitzens erfolgte reich-
liche Abscheidung kleiner, nadelförmiger Krystalle. Aus Alkohol
wurde der Körper ‚in kleinen: weißen, Nädelchen vom Schmelz-
punkte 145° erhalten. Sie sind leicht löslich in Alkohol, Aether,
Essigäther, Benzol und Eisessig, von Wasser werden sie selbst in
der Wärme nur wenig aufgenommen. _Dehnt man bei der Dar-
‚stellung dieses Körpers das Erhitzen mit Salzsäure zu lange aus,
so wird ‚der größte Teil des Körpers weiter gespalten und die Aus-
beute ist sehr gering.
0,4528 g.gaben 23,75 cem N bei 21° und 763 mm Druck =
0,027683 g N = 6,11% N
0,1940 g gaben 0,3372 g CO, = 0, 09196 gC = 47,40% C und
0,0504 & H,O = 0,0056 gH = 2,88%, H.
Berechnet für C,H,CINSO;: Gefunden:
C = 47,26 47,40%
H= 3,06 2,88%,
N = 63 6,11%
Chloracet-m-chloranilid,
CICH,CO.NH.C,H,Cl.
Dieser Körper wurde wie das entsprechende p-Derivat aus
m-Chloranilin dargestellt und geht fast vollständig im Benzol in
Lösung, aus der er sich nach etwa 24 Stunden in Form schöner,
derber, farbloser Krystallblättchen wieder abscheidet. |
Er schmilzt bei 101° und ist in allen ie pe irn bei weiten
löslicher als das p-Derivat.
0,2077 g gaben 0,290 g AgCl = 0,071705 g Cl = 34,52% ©l.
Berechnet für C,H,NOO];:
Cl = 34,64%
Rhodanaeet-m-chloranilid,
NCS.CH,CO.NH.C,H,CI.
Die Einwirkung von Rhodankalium auf -Chloracet-m-chlor-
anilid geschah wie beim p-Derivat. Die Anwesenheit einer Iso-
rhodanverbindung konnte nicht festgestellt werden. Die vom
H. Beckurts und G. Frerichs: Rhodanessigsäuren. 245
Chlorkalium abfiltrierte Lösung ließ auf Wasserzusatz das Rhodan-
acet-m-chloranilid' fast rein ausfallen. Aus Alkohol wurde es
in mikroskopisch kleinen, vierkantigen Säulen vom Schmelzpunkte
165--166° erhalten. Der Körper ist löslich in Alkohol, Essigäther,
Aether und Eisessig.
0,2350 g gaben 0,1480 g AgCl = 0,03659 g Chh= 15,57% Clund
0,2440 g BaSO, = 0,03350 g S = 14,25% 8
0,1784 g gaben 0,3122 g CO, = 0,08514 g C
0,0484 g H,O = 0,005377 gH = 3,01% H
1
N
47,72%, C und
Berechnet für C,H,N,SCIO: Gefunden:
C = 47,47 | 47,72%,
H= 3,52 3,01%,
S = 14,07 14,25%,
Cl = 15,61 15,57%,
ß-m-Chlorphenylthiohydantoin,
Wan zii
NN-C0
|
Dieser Körper wurde aus Rhodanacet-m-chloranilid durch
einstündiges Kochen mit Wasser erhalten. Auch kurzes Erhitzen
mit Eisessig genügt, um die molekulare Umlagerung zu. bewirken.
Aus Alkohol wurde der Körper in kleinen, weißen; büscheligen
Nadeln vom Schmelzpunkte .180—181° erhalten. Er ist löslich
in Alkohol, Aether, Essigäther und Benzol, leichter in Eisessig.
0,1840 g gaben 0,3206 g CO, — 0,08745 g C = 47,53% C und
0,0566 g H,O = 0,006288 g H = 3,42%, H
0,2154 g gaben 0,1354 g AgCl = 0,03347 g Cl = 15,54% Cl und
0,220 g BaSO, = 0,03047 g S = 14,15% 8
H—N=C
Berechnet für C,H,CIN,SO: Gefunden:
C = 47,47 47,53%
H.= 13,52 3,420,
| Ch =,15,61,., 15,54%
E E 14,078 14,15%,
„Das, salzsaure Salz bildet kleine oblonge, gelbliche Krystalle.
Analyse (titriert nach Volhard):
0,3710 g gebrauchten 13,7 cem Yjo-N.-Silberlösung = 0,050 g
HCI = 13,48% HCl.
Berechnet für C,H,CIN,SO.HCI:
HC1 = 13,83%
246 H. Beckurts und G. Freriechs: Rhodanessigsäuren.
Die Natriumhydroxydverbindung zeigte. nur
wenig Neigung zur Krystallisation und bildet ein rotbraunes Pulver,
welches nach der Analyse 44, Mol. Krystallwasser enthielt.
0,4708. g verloren bei 105° 0,1116 g H,O = 23,75% H;0-und
gaben 0,1012 g Na,SO, = 0,03184 g Na = 6,76% Na.
Berechnet für (C,H,CIN,SONa0OH), + 9H;0: Gefunden:
H,O = 23,24 23,759,
Na = 6,60 6,76%,
Das y-Aethyl-ß-m-chlorphenylthiohydan-
toinm konnte nicht rein erhalten werden.
m-Chlorphenylsenfölglykolid,
SCH, !
Dieser Körper wurde wie das p-Derivat dargestellt. Aus
Alkohol wurde er in gelben glänzenden Nadeln vom Schmelz-
punkte 116—117° erhalten. Er ist leicht löslich in Alkohol, Essig-
äther, Benzol und Eisessig, nur sehr schwer in heißem Wasser.
0,4428 g gaben 25 cem N bei 22° und 737 mm Drück = 0,02805 g
N 6,33% N.
0,1870 g gaben 0,3243 g CO, = 0,08841 g C = 47,28% € und
0,0468 & H,O = 0,00520 g H = 2,78% H.
Berechnet für C,H-CINSO,;: Gefunden:
C = 47,26 47,28%
H = 13,06 2,78% 2 0
N = 6,13 6,33% ©
Chloraeet-o-nitranilid,
CICH,CO ..NHC,H;-.NQ,.- 9 \
Dieser Körper wurde ganz wie das Chloracet-m-toluidid aus
13,8 g Nitranilin und 5,7 g Chloracetylchlorid, die in etwa 300 cem
Benzol aufeinander reagierten, erhalten; er geht vollständig int
Benzol in Lösung. Aus Alkohol wurde er in hellgelben Nadeln
vom Schmelzpunkte 88° erhalten. Er ist unlöslich in Wasser, leicht
löslich in Alkohol, Eisessig, Benzol und Essigäther.
0,1556 g gaben 0.1045 g AgCl — 0,02584 g Cl 16,60%, Eh
Berechnet für C;H-N;ClO;:
Cl= 16,58%
u ch ee
u!
SANS a a cn u Ta
H. Beckurts und G. Frerichs: Rhodanessigsäuren. 247
Rhodanaeet-o-nitranilid,
NCS.CH,CO.NH.C,H,.NO,.
10 g Chloracet-o-nitranilid wurden mit 5 g Rhodankalium
und 25 cem Alkohol 15 Minuten auf dem Wasserbade erwärmt.
Die Anwesenheit einer Isorhodanacetverbindung konnte dabei
nicht nachgewiesen werden. Das Rhodanacet-o-nitranilid wurde
durch Wasserzusatz aus der Lösung als feines Krystall-
pulver vom Schmelzpunkte 154° erhalten. Es ist leicht löslich in
Alkohol, Essigäther, Benzol und Eisessig und zeigt sehr große
Neigung in das entsprechende Thiohydantoin überzugehen. Schon
beim, Umkrystallisieren aus Alkohol steigt der Schmelzpunkt fort-
während, bis der des ß-o-Nitrophenylthiohydantoins — 172° —
erreicht ist., Einmaliges Umkrystallisieren aus Eisessig pflegt die
molekulare Umlagerung glatt ‚zu bewirken. _ Der Schmelzpunkt
von. 154° kann als richtig angenommen werden, weil bei ‚ver-
schiedenen Darstellungen ein Präparat von diesem Sohmelappakte
erhalten wurde.
0,2558 g gaben 0,2504 g BaSO, = 0,03438 g S = 13,44% 9
Berechnet für C;H-N,SO,:
S = 13,50%
B-0-N RE OR URN ,
Hanzel” |
— CO
C,H,NO;
Rhodanacet-o-nitranilid wurde mit Wasser eine Stunde lang
gekocht. Es erfolgte vollständige Lösung. Aus dem heißen Filtrate
schied sich das ß-o-Nitrophenylthiohydantoin als fast weißes
Krystallmehl ab, das aus mikroskopisch kleinen, rautenförmigen
Täfelchen bestand. Es schmilzt bei 172° und ist löslich in Alkohol,
Aether, Benzol, Essigäther, Eisessig und heißem Wasser.
0,2276 g gaben 0,2286 g BaSO, — 0,03139 & S = 13,79%, 8.
Berechnet für C,H-N,SO,;:
= 23, 509, :
Das salzsaure Salz konnte nicht rein erhalten werden. Die
Natriumhydroxydverbindung bildet feurig gelbe,
kleine Nadeln mit 3 Mol. Krystallwasser. Durch Säuren wurde das
ß-o-Nitrophenylthiohydantoin wieder erhalten.
0,5226 g verloren’ bei 105° 0,0864 & H,0 = 16,53% H,O und
gaben 0,1134 8 Na,SO, = 0,03669 & Na = 7,03%, Na.
248 H. Beckurts und G. Frerichs: Rhodanessigsäuren:
Berechnet für C,H,N,0,SNa0H + 3H,0: Gefunden:
H,O = 16,48 16,53%
Na — 7,04 7,03%
Bei einem Versuche zur Darstellung des o-Nitrophenylsenföl-
glykolids erfolgte eine weitergehende Verseifung.
y-Aethyl-B-o-nitrophenylthiokydantoin,
vB CH,
C,H,—] =e\ =
N—
|
GH,NO;,
Die Verbindung wurde aus 7 g ß-o-Nitrophenylthiohydantoin
und 3,2 g Jodäthyl wie das entsprechende m-Tolylderivat erhalten.
Das Reaktionsgemisch wurde vorsichtig mit Wasser verdünnt, die
zuerst sich abscheidenden dunkel gefärbten Produkte wurden ent-
fernt. Bei weiterem Zusatze von Wasser wurde ein hellbraunes,
diekflüssiges Oel erhalten. Dasselbe wurde mit Aether ausgeschüttelt,
die ätherische Lösung mit entwässertem Glaubersalz getrocknet, und
dann der Aether verjagt. Es resultierte ein hellbraunes, diekflüssiges
Oel. Alle Versuche, es krystallinisch zu erhalten, waren ohne Erfolg.
Der Körper ist leicht löslich in Alkohol, Aether, Essigäther, Eisessig,
sowie in verdünnten Säuren.
0,2332 g gaben 0,2070 g BaSO, = 0,02842 g S = 12,18% S
Berechnet für C,,H,ıN;S0O;:
S = 12,09%
Chloracet-m-nitranilid,
CICH,CO.NH.C,H,.NO,;.
Diese Verbindung wurde wie das isomere Chloracetat-o-
nitranilid aus m-Nitranilin erhalten. Sie ist in Benzol schwerer
löslich als dieses und bleibt deshalb zum Teil mit; dem salzsauren
m-Nitranilin ungelöst zurück. Aus Alkohol ‘wurde sie in kleinen,
sehr wenig gelblichen, fast weißen Krystallblättchen erhalten, die
bei 114° schmelzen und sich in allen Lösungsmitteln schwerer als
das o-Derivat, nicht aber in Wasser lösen.
0,1892 g gaben: 0,1264 g AgCl = 0,03125 g Cl = 16,51% Cl.
Berechnet für C,H,N,CIO;:
CI = 16,589,
Rhodanacet-m-nitranilid,
NCS.CH,CO.NH.C,H,.NO;. |
Die Einwirkung von Rhodankalium wurde wie bei’ der ent-
sprechenden o-Verbindung bewerkstelligt. Die ‚Anwesenheit einer
H. Beckurts und G. Frerichs: Rhodanessigsäuren. 249
Isoverbindung konnte nicht nachgewiesen werden. Aus dem beim
Verdünnen mit Wasser erhaltenen Rohprodukt wurden aus Alkohol
(mit Tierkohle) kleine gelbe, glänzende, vierkantige Nadeln vom
Schmelzpunkte 180° erhalten. Sie sind in allen Lösungsmitteln
schwerer löslich als das o-Derivat.
0,2156 & gaben 0,2144 g BaSO, = 0,029026 g S = 13,46% 8.
Berechnet für C,H.N,SO;:
Ss = 13,50%
3-m-Nitrophenylthiohydantoin,
‚8-CH;
N—CO
|
C,H,NO,
Rhodanacet-m-nitranilid geht nicht so leicht wie das
o-Nitranilid in das entsprechende Thiohydantoin über; es war
ein vierstündiges Kochen mit der etwa 75fachen Menge Wasser
erforderlich, um die Umwandlung zu bewirken. Eine vollständige
Lösung erfolgt dabei nicht. Wenn man das Rhodanacet-m-nitranilid
in Eisessig löst, ist nur ein wenige Minuten andauerndes Kochen
zu dieser Umlagerung nötig. Das ß-m-Nitrophenylthiohydantoin
scheidet sich alsdann noch während des Kochens krystallinisch ab.
Aus heißem Wasser wurde es als hellgelbes Krystallpulver, aus
mikroskopisch kleinen, büscheligen Nadeln bestehend, vom Schmelz-
punkte 199° erhalten. Es ist in allen Lösungsmitteln schwerer als
das o-Derivat löslich.
0,2095 g gaben 0,2085 g BaSO, — 0,02876 g S = 13,66% 8.
Berechnet für C,H,N,SO;:
S = 13,50%
Gegen Salzsäure verhält sich das ß-m-Nitrophenylthiohydantoin
wie das o-Derivat, so daß das Senfölglykolid überhaupt: nicht er-
halten werden konnte. Die Natriumhydroxydverbin-
dung bildet ein gelbbraunes, mikrokrystallinisches ‚Pulver und
enthält 2 Mol. ‚Krystallwasser.
0,4818 g verloren bei 105° 0,0542 g H,O = 11,25% H,O und
gaben 0,1050 g NaSO, = 0,03405 g Na = 7,07% Na.
Berechnet für C,H,N,SO,.Na0OH -+- 2H,0: Gefunden:
H,O = 11,50 11,25%
Na = 7,36 | 7,07%
250 H. Beckurts und G. Frerichs: Rhodanessigsäuren.
y-Aethyl-8-m-nitrophenylthiohydantoin,
Pan —CH,
ne ds
|
C,H,NO,
Diese Verbindung wurde ‚wie das entsprechende o-Derivat
aus 6,3 g ß-m-Nitrophenylthiohydantoin und 3,1 g Jodäthyl er-
halten und ist dem o-Derivate durchaus ähnlich.
0,1689 g gaben 0,1490 g BaSO, = 0,02046 g S = 12,11% 8.
Berechnet für C,,H,,N,S80;:
S'=.12,09%
Chloracet-p-nitranilid,
CICH,CO.NH.C,H,.NO,.
Die Darstellung dieses Körpers geschah wie die des o-Derivats,
mit dem Unterschiede, daß seiner Schwerlöslichkeit wegen das
p-Nitranilin als feines Pulver im Benzol aufgeschlämmt mit der
Chloracetylchloridlösung versetzt wurde. Auch das Chloracet-
p-nitranilid ist in Benzol so schwer löslich, daß nur ein sehr geringer
Teil in das Filtrat übergeht. Das salzsaure p-Nitranilin wurde
durch Auswaschen mit verdünnter Salzsäure entfernt. Aus
Alkohol wurde das Chloracet-p-nitranilid in kleinen, gelblich weißen
Blättchen erhalten, die bei 182° schmelzen und in allen Lösungs-
mitteln bei weitem schwerer löslich sind, als das o-Derivat.
0,2562 g gaben 0,1700 g AgCl = 0,04203 g Cl = 16,41% Cl.
Berechnet für C,H.N;C1O;:
Cl = 16,58%
Rhodanaeet-p-nitranilid,
NCS.CH,CO.NH.C,H,.NO,.
Die Einwirkung von Rhodankalium auf Chloracet-p-nitranilid
‘wurde wie beim o-Derivate, jedoch in 40 cem Alkohol, vorgenommen.
Die Bildung einer Isoverbindung konnte nicht festgestellt werden.
Schon während des Erhitzens pflegte das Rhodanacet-p-nitraniJid
sich in feinen gelben Nadeln abzuscheiden. Aus: Alkohol wurde es
in feinen, sehr leichten, hellgelben Nadeln erhalten. Es schmilzt
bei 174° und ist in allen Lösungsmitteln bei weitem schwerer löslich
als das o-Derivat. |
0,2440 g gaben 0,2456 g BaSO, = 0,03372: 8,8 = 13,82% 8.
Berechnet für C,H,N,S0;:
S = 13,50%
H. Beckurts und G. Frerichs: Rhodanessigsäuren. 251
ß-p-Nitrophenylthiohydantoin,
S--CH.
H-N=0( IN
00
GH,.No,
Die Umwandlung des Rhodanacet-p-nitranilids in das Thio-
hydantoin erfolgte fast ebenso schwer wie beim m-Derivat. Bei
dem längeren Kochen mit Wasser nimmt der ungelöst bleibende
Anteil direkt Krystallform an und setzt sich als kleine braune
Säulen am Rande der Gefäße fest. Die abfiltrierte Lösung läßt
das ß-p-Nitrophenylthiohydantoin als hellgelbes Pulver fallen, das
aus mikroskopisch kleinen, oblongen Täfelchen besteht, die bei
2450 schmelzen. Beim langsamen Erhitzen tritt schon vorher
Zersetzung ein. Es ist in allen Lösungsmitteln schwerer als das
o-Derivat löslich.
0,1876 g gaben 0,01864 g BaSO, = 0,02502 g S = 13,65% 8.
Berechnet für C,H-N,SO;:
S = 13,50%
Das salzsaure Salz konnte wie beim o-Derivate nicht rein
erhalten werden. Die Natriumhydroxydverbindung
wurde in feinen, schön gelben Nadeln mit 4 Mol. H,O erhalten.
0,5548 g verloren bei 105° 0,1140 g H,O = 20,54%, H,O und
gaben 0,1096 g Na,SO, = 0,03554 g Na = 6,40%, Na.
Berechnet für C5H,N,SO,. NaOH + 4 H,O: Gefunden:
HD. =20,75 20,54%
Na = 6,58 6,40%
y-Aethyl-ßB-p-nitrophenylthiohydantoin,
‚8—CH,
N) GEN |
N—-CO
|
CH,.NO,
Diese Verbindung wurde wie das entsprechende o-Derivat
hergestellt. Beim Verdünnen des Reaktionsgemisches mit Wasser
fielen kleine gelbe Nadeln vom Schmelzpunkte 129% sofort in
reinem Zustande aus. Die Verbindung ist sehr leicht löslieh in
Alkohol, Aether, Eisessig, Essigäther und verdünnten Säuren.
0,2484 g gaben 0,2215 g BaSO, = 0,03041 g S = 12,24% 8.
Berechnet für C,,H,,N,SO;:
S=.12,09%
252 H. Beekurts und G. Frerichs: Rhodanessigsäuren.
Da manche Nitrotoluidine durch Nitrieren der Acettoluidide
und nachheriges Verseifen der Acetnitrotoluidide dargestellt werden,
wurde versucht, Chloracettoluidide ebenfalls zu nitrieren, um auf
diese Weise zuChloracetnitrotoluididen zu gelangen.
Der Versuch war nur beim Chloracet-p-toluidid von Erfolg,
während. o- und m-Derivat nur sehr schlechte Ausbeuten lieferten,
Chloraecetnitrotoluidid (1: 4:3),
CH, (I) NH (4) NO, (3),
CICH,CO.NHC,H,(CH,)NO,.
Chloracet-p-toluidid wurde mit der fünffachen Menge Salpeter-
säure 1,41 (spez. Gew.) übergossen. Es erfolgte, indem’ der Körper
sich auflöste, ohne weitere sichtbare Reaktion die Nitrierung des-
selben. Durch Wasserzusatz schied sich der Körper in Form kleiner
nadeliger Krystalle vom Schmelzpunkte 119° ab; aus Alkohol
wurde er in schönen glänzenden, langen, gelben Nadeln von dem-
selben Schmelzpunkte erhalten. Der Körper ist löslich in Alkohol,
Essigäther, Eisessig und Benzol, unlöslich in Wasser.
Der gleiche Körper wurde erhalten aus, Nitrotoluidin
1:4:3 und Chloracetylchlorid. Dadurch ist die Stellung, der
NO,-Gruppe in 3 erwiesen.
0,3610 g gaben 0,2284 g AgCl = 0,05647 g Cl-— 15,64%, CH,
Berechnet für C;,H,;NaClO;:
Cl = 15,54%
Rhodanacetnitrotoluidid (1:4: 3),
CH, (1) NH (4) NO, (3), 01%,
NCS.CH,CO0.:NHC,H,(CH,)NO;.
Die Einwirkung von Rhodankalium — ?g — auf 10 g Chlor-
acetnitrotoluidid, in 25 ccm Alkohol gelöst, verlief wie bei den
Nitranilinen, ohne daß eine Isoverbindung nachgewiesen werden
konnte. Aus’ dem erhaltenen Filtrate konnten durch vorsichtiges
Verdünnen mit Wasser sofort reine, schwach gelblichweiße, sehr
kleine Nadeln vom Schmelzpunkte 133° erhalten werden. Sie sind
leicht löslich in Alkohol, Essigäther, Benzol und Eisessig; aus
letzterer Lösung krystallisiert meistens das Thiohydantoin’wieder aus.
0,2528 & gaben 0,2383 g BaSO, = 0,03272 8 8 = 12,94% 8.
Berechnet für C,,H,N;S0;:
5 = 12,75%
H. Beckurts und G. Frerichs: Rhodanessigsäuren. 253
ß-Nitrotolylthiohydantoin (1: 4:3),
CH, (1) N (4) NO, (3;,
S—CH,
NN- "60
HN= of
C,H,(CH,)NO,
Dieser Körper wurde durch zweistündiges Kochen mit der
etwa 75fachen Menge Wasser aus Rhodanacetnitrotoluidid 1:4:3
gewonnen. Der Körper verhält sich ähnlich dem ß-p-Nitrophenyl-
thiohydantoin und scheidet sich einmal während des Kochens in
hellbraunen, derben Säulen ab sowie beim Erkalten der Lösung als
hellgelbes mikrokrystallinisches Pulver, beide vom Schmelzpunkte
185°. Der Körper ist schwer löslich in Aether, Alkohol und heißem
Wasser, leichter in Eisessig.
0,2116 g gaben 0,1984 g BaSO, = 0,02724 ug S = 12,87% 8
Berechnet für C,H; N,SO;:
S = 12,75%
Das salzsaäure Salz wurde nicht rein erhalten. Die Natrium-
hydroxydverbindung bildet mikroskopisch kleine, schön
gelbe Krystalle mit 3 Mol. Krystallwasser.
a fa (1:4:3),
C N_ ' > Su
4 „A (8 K a, o
|
G,H,(CH,)NO,
Dieser Körper, wurde aus 7 g 8- -Nitrotolylthiohydantoin-
natriumhydroxyd mit 3,2 g Jodäthyl gi 10 ccm Alkohol wie das
o-Nitrophenylderivat erhalten als hellbraunes, dickflüssiges Oel,
das sich leicht in Alkohol, Aether, Eisessig, Essigäther und ver-
dünnten Säuren löst. &
‚0,2486 g gaben 0,2054 g BaSO, = 0,0282 g S = 11,35% 8
Berechnet für C,;H,N,SO;:
S = 11,47%
Chloracetnitrotoluidid (1:4: 2),
CH, (1) NH (4) NO, (2),
CICH,CO.NHC,H,(CH,)NO,.
Dieser Körper wurde wie das Chloracet-o-nitranilid aus 15,2. g
Nitrotoluidin und 5,7 g Chloracetylchlorid erhalten.. Es ist in. Benzol
254 H. Becekurts und G. Frerichs: Rhodanessigsäuren.
leicht löslich, so daß es vollständig in das Filtrat übergeht. Aus
Alkohol krystallisierte es in hellgelben, kleinen Säulen, die bei 129°
schmelzen und sich außer in Benzol und Alkohol auch in Eisessig,
Essigäther und Aether leicht auflösen. In Wasser ist es unlöslich.
0,2340 g gaben 0,1484 g AgCl = 0,03742 g Cl = 15,69% Cl.
Berechnet für C HN, „CIO,:
Cl 18,53%
Rhodanacetnitrotoluidid (1:4:2),
NCS.CH,CO.NHC,H,(CH,)NO,
Die Einwirkung von Rhodankalium wurde. wie beim Chlor-
acet-m-nitranilid bewirkt und verlief ebenso, ohne daß eine Iso-
rhodanverbindung sich hätte nachweisen lassen. Das durch Ver-
dünnen der Reaktionsflüssigkeit mit Wasser erhaltene Produkt
wurde aus Alkohol wiederholt umkrystallisiert und dann als mikro-
skopisch kleine, quadratische Blättchen erhalten. Es schmilzt
bei 184° und ist in Alkohol, Aether, Essigäther, Benzol und Eis-
essig löslich. Beim Umkrystallisieren aus Eisessig geht es
fast vollständig in das entsprechende Thiohydantoin: über.
0,2481 g gaben 0,2305 g BaSO, = 0,03168 g S = 12,77% 8
Berechnet für C,H, N,0;8:
S = 12,75%
P-Nätraiel JIhhlohyäamäntE 1:4: 3%
CH, (1) N (4) NO, (2), a
SCH,
H_N=0{ |
NN—C00
G,HL(CHNO, | ER
Das Rhodanacetnitrotoluidid (1:4:2) wurde durch _zwei-
stündiges Kochen mit der etwa 75fachen Menge Wasser in das
Thiohydantoin übergeführt. Aus Alkohol wurde es in sehr kleinen,
weißen, kurzen, vierkantigen Säulen erhalten, die bei 206-—-207°
schmelzen. Es ist schwer löslich in Alkohol, Essigäther und Aether,
leichter in Eisessig und Benzol.
0,2306 g gaben 0,2144 g BaSO, = 0,02943 g S = 12,76% 8
Berechnet für C,,H;N,SO;:
Ss = 12,75%
Die Natriumhydroxydverbindung wurde in
schön gelben, mikroskopisch kleinen Blättchen erhalten, die 2 Mol.
Krystallwasser enthielten.
H. Beekurts und G. Frerichs: Rhodanessigsäuren. 255
0,5216 & verloren bei 105° 0,0560 g H,0 = 10,73% H,O und
gaben 0,1128 g Na,SO, = 0,036495 x Na = 6,99% Na.
Berechnet für C,H, N;80,.Na0OH -+ 2H;0: Gefunden:
H.G = 4101 10,75%
Na = 7,03 6,99%
Das salzsaure Salz und Senfölglykolidderivat konnten nicht
rein erhalten werden.
y-Aethyl-ß-Nitrotolylthiohydantoin (1:4:2),
CH, (),N (4 NO, (2),
‚S—CB,
GE—N=c |
N--CO
|
C;H,(CH,)NO,
Diese Verbindung wurde aus 6,5 g Nitrotolylthiohydantoin-
natriumhydroxyd (1:4:2) und 3,2 g Jodäthyl wie das ent-
sprechende ß-p-Nitrophenylderivat dargestellt. Es mußte wieder-
holt aus Alkohol umkrystallisiert werden und bildete dann kleine,
gelbe Blättchen, die unter dem Mikroskope wie ein längliches
Sechseck erscheinen. Es schmilzt bei 142° und ist leicht löslich
in Alkohol, Aether, Eisessig, Essigäther und verdünnten Säuren.
0,2070 g gaben 0,1724 g BaSO, = 0,2367 g S = 11,44% 8.
Berechnet für ©, 5H,3N,SO;:
Ss = 11,47%
Chloraeetnitrotoluidid (1:2: 5),
CH, (l) NH (2) NO, (5),
CICH,CO .NHC,H,(CH.)NO,,.
Dieser Körper wurde aus 15,2 g Nitrotoluidn (1:2:5)
und 5,7 g Chloracetylchlorid wie das o-Nitrophenylderivat erhalten.
Da der Körper in kaltem Benzol nur schwer löslich ist, und das
salzsaure Salz des Nitrotoluidins (1:2 :5) durch Wasser zerlegt
wird, wurde das Reaktionsprodukt mit dem Benzol am Rückfluß-
kühler erwärmt und die Benzollösung heiß abgesogen. Beim
Erkalten scheidet sich der Körper in schlecht . ausgebildeten
Krystallen ab. Aus Alkohol wurde der Körper in kleinen hell-
gelben Nadeln, die bei 122° schmelzen, erhalten. Es ist leicht
löslich in Eisessig, schwerer in Alkohol, Essigäther, Benzol; von
Wasser wird es nicht gelöst.
0,2280 g gaben 0,1446 g AgCl = 0,035753 g CI = 15,68% Cl.
Berechnet für C,H,N,CIO;:
Cl =r15,54%
856 NH. Beckurts und G. Frerichs: Rhodanessigsäuren.
Rhodanacetnitrotoluidid (1:2: 5),
CH, (1) NH (2) NO, (5),
NCS.CH,CO .NHC,H,(CH,)NO;.
Die Einwirkung von Rhodankalium auf Chloracetnitrotoluidid
(1: 2:5) geschah unter denselben Bedingungen wie beim Rhodan-
acet-m-nitranilid; die Anwesenheit einer Isoverbindung konnte
nicht nachgewiesen werden. Aus Alkohol wurde das Rhodan-
acetnitrotoluidid (1. : 2.: 5) in mikroskopisch kleinen, rein weißen,
vierkantigen Säulen erhalten, die bei 158° schmolzen- Es ist
löslich in Alkohol, Aether, Essigäther. Kürzeres Erhitzen mit
Essigsäure vermag den Körper schon in, das entsprechende
Thiohydantoin überzuführen.
0,1796 g gaben 0,1646 g BaSO, = 0,0226 g S = 12,58% S
Berechnet für C,H, N;SO;:
S- 12,75%
3-Nitrotolylthiohydantoin (1:2: 5),
CH, (1) N (2) NO, (5)
S'_CH
HIN 4 S 2
N--C0
|
C,H,(CH,)NO,
Dieser Körper wurde durch zweistündiges Kochen des
Rhodanacetnitrotoluidids (1:2:5) mit der 75fachen Menge
Wasser gewonnen und aus Alkohol in schön gelben, mikroskopisch
kleinen, rhombischen Blättehen vom Schmelzpunkte 172° erhalten.
Er ist löslich in Alkohol, Essigäther, Benzol, Aether, Eisessig und
wenig in heißem Wasser.
0,2212 g gaben 0,2050 g BaSO, = 0,028147 gS = 12,72% 8.
Berechnet für C,,H,N;,S0O;:
S: = 12,75%
Die Natriumhydroxydverbindung, ‚wurde aus
5%,iger Natronlauge in schön gelben, mikroskopisch kleinen, feinen,
büscheligen Nadeln mit 3 Mol. Krystallwasser erhalten.
0,4936 g verloren bei 105° 0,0778 g H,0 = 15 40% . H,O und
gaben 0,0986 g Na,S0O, = 0,03197 g Na = 6 47% Na.
Berechnet für C,H, N,80,.Na0H + 3H,0: Gefunden:
H,O — 15,65 Ä | 15,40%,
No. nr 6,47%
Das salzsaure Salz konnte nicht rein, das Senfölglykolid
überhaupt nicht erhalten werden.
H. Becekurts und G. Frerichs: Rhodanessigsäuren. 257
y-Aethyl-ß-nitrotolylthiohydantoin (1:2: 5),
C,H, (1) N (2) NO, (5),
GH,CH,NO,
Diese Verbindung wurde aus 6,5 g Nitrotolylhydantoin-
natriumhydroxyd (1:2:5) und 3,2 g Jodäthyl ganz wie das
(1:4 : 2)- Derivat erhalten. Es bildet gelbe, mikroskopisch kleine,
rhombische Blättchen vom Schmelzpunkte 127—128°. Es ist sehr
leicht löslich in Alkohol, Eisessig, Essigäther, Benzol und ver-
dünnten Säuren.
0,2086 g gaben 0,1768 g BaSO, = 0,024275 gS = 11,64% 8.
Berechnet für C,,H,;N;SO;:
BE — 11,47%
Chloracet-p-anisidid,
CICH,CO.NH.C,H,.OCH,.
Dieser Körper wurde wie das Chloracet-m-toluidid aus 20 g
p-Anisidin in 300 cem Benzol gelöst, und 9,4 g Chloracetylchlorid
erhalten. Er ist in Benzol so schwer löslich, daß er nur zum Teil
in das Filtrat übergeht. Aus Benzol umkrystallisiert, wurde das
Chloracetyl-p-anisidid in kleinen, weißen, spitzen Säulen vom
Schmelzpunkt 122° erhalten. Es ist löslich in Alkohol, Aether,
Benzol, Eisessig, Essigäther, unlöslich in Wasser.
0,2508 g gaben 0,1814 g AgCl = 0,04485 g Cl = 17,88% Cl.
0,1513 g gaben 0,3014 g CO, = 0,0822 g C = 54,32% C und
0,0594 g H,O = 0,00660 &g H = 4,36%, H.
Berechnet für C,H, ,NCIO: Gefunden:
C = 54,14 54,32%
H = 5,01 4,36%
1. — Lam 17,88%
Isorhodanacet-p-anisidid,
SCN.CH,CO.NH.C,H,.OCH,.
Bei der Einwirkung von Rhodankalium auf Chloracet-p-
anisidid in alkoholischer Lösung wurden mehrmals nach einer
Reaktionsdauer von fünf bis etwa zehn Minuten durch Verdünnen
der Reaktionsflüssigkeit mit Wasser rötlichweiße Blättchen
gewonnen, welche die Blausäurereaktion gaben, aber nicht chlorfrei
waren. Es glückte nicht, ein Produkt zu erhalten, das einerseits
Arch. d. Pharm. COLIII. Bds. 4. Heft, 17
258 NH. Beckurts und G. Frerichs: Rhodanessigsäuren.
die Blausäurereaktion gab und auch frei von Chlorverbindungen
war. Durch Umkrystallisieren dieser Produkte gelangte man zum
normalen
Rhodanacet-p-anisidid,
NCS.CH,CO.NH.C,H,.OCH,.
Der Körper bildet kleine, gelblichweiße Säulen vom Schmelz-
punkt 110—111° und ist leicht löslich in Alkohol, Aether, Benzol,
Essigäther und Eisessig.
0,2220 g gaben 0,2322 g BaSO, = 0,0319 gS = 14,35% 8.
0,2032 g gaben 0,4026 g CO, = 0,1098 g C = 53,96% C und
0,0844 g H,O = 0,009377” gH = 4,61% H.
Berechnet für C,,H10N.S0;: Gefunden:
C = 54,05 53,96%
.H= 4,50 4,61%
S = 14,42 14,35%
ß-p-Oxymethylphenylthiohydantoin,
Ei
UN=0(“ FR
N—CO
G,H.OCH, |
Dieser Körper wurde erhalten durch dreistündiges Kochen
des Rhodanacet-p-anisidids mit der etwa 75fachen Menge Wasser.
Derselbe ging dabei nur zum Teil in Lösung und schied sich beim
Erkalten flockig ab. Die Hauptmenge des Körpers blieb mit öligen
Verunreinigungen ungelöst zurück. Er wurde zunächst aus Eis-
essig und dann aus Alkohol mit Tierkohle umkrystallisiert und in
kleinen, weißen, bald sich gelbbraun färbenden, unter dem Mikro-
skope rautenförmigen Blättchen erhalten, die bei 184° schmolzen.
In Alkohol, Essigäther und Benzol ist es leicht, schwerer in Aether
und heißem Wasser löslich. Das Rhodanacet-p-anisidid kann
auch durch ein nur wenige Minuten dauerndes Kochen mit Eisessig
in das Thiohydantoin übergeführt werden.
0,1513 g gaben 0,3014 g CO, = 0,0822 g C = 54,32% C und
0,0594 g H,O = 0,0066 g H = 4,36% H.
0,2550 g gaben 0,2702 g BaSO, = 0,0371 g S = 14,55% S8.
0,2424 g gaben 27 ccm N bei 20° und 755 Druck = 0,03086 N =
12,66% N.
Berechnet für C,,H,N3S0;: Gefunden:
C = 54,05 54,32%
H= 4,50 4,36%
N = 12,61 12,66%
S = 14,42 14,55%
H. Beckurts und G. Frericehs: Rhodanessigsäuren. 259
Das salzsaure Salz wurde in sehr kleinen, gelblichen Blättchen
erhalten.
Analyse (titriert nach Volhard):
0,5196 g gebrauchten 20 ccm !/,o-N.-Silberlösung = 0,0730 g
HCl = 14,05% HCl.
Berechnet für C,,H,.N,;SO.HCI:
HCI=14,12%
Die Natriumhydroxydverbindung bildet kleine,
gelblich weiße Blättchen mit 4 Mol. Krystallwasser.
0,5056 g verloren bei 105° 0,1084 g H,O = 21,44% H,O und
gaben 0,1106 g Na,SO, = 0,035865 g Na = 7,09%, Na.
Berechnet für C,.H1N:SO,.Na0OH + 4H,0: Gefunden:
Na = 6,90 7,09%
H,O = 21,55 21,44%
y-Aethyl-ß-p-oxymethylphenylthiohydantoin,
Ya ai
NN—CO
C,H,.OCH,
Dieser Körper wurde aus 6,7 g ß-p-Oxymethylphenylthio-
hydantoinnatriumhydroxyd und 3,2 g Jodäthyl wie das m-Tolyl-
derivat erhalten. Aus sehr verdünntem Alkohol wurde der Körper
als farblose, durchscheinende, lange Säulen vom Schmelzpunkte
84—85° erhalten; er ist leicht löslich in Alkohol, Essigäther, Aether,
Benzol, Eisessig und verdünnten Säuren.
0,3494 g gaben 0,3316 g BaSO, = 0,04553
8
0,2028 g gaben 0,4306 g CO, = 0,11743 g C
0,0961 g H,O = 0,01066 gH = 5,25% H.
G,H,—N = 16;
13,03% 8.
Ss —=
= 57,90% C und
Berechnet für C,H, ,N,SO;: Gefunden:
C = 57,60 57,90%
H= 5,60 5,25%
S = 12,80 13,03%
j
C,H,.OCH,
Dieser Körper wurde wie das entsprechende p-Chlorphenyl-
derivat aus ß-p-Oxymethylphenylthiohydantoin erhalten. Aus
Alkohol wurde der Körper in sehr kleinen, feinen, weißen Nadeln
E15
260 H. Beckurts und G. Frerichs: Rhodanessigsäuren.
vom Schmelzpunkte 166° erhalten. Der Körper ist sehr leicht lös-
lich in Alkohol, Benzol, Essigäther und Eisessig, sehr schwer in
heißem Wasser.
0,2254 g gaben 12,75 ccm N bei 20° und 748 mm Druck =
0,01462 g N = 6,48% N.
0,1824 g gaben 0,1930 g BaSO, = 0,0265 g S = 14,53% 8.
Berechnet für C,,H,NSO;: Gefunden:
N = 6,28 6,48%
Be 14,36 14,53%
Chloracet-o-anisidid,
CICH,CO.NH.C,H,.OCH,.
Das Chloracet-o-anisidid wurde aus o-Anisidin erhalten wie
das p-Derivat. Es ist in Benzol sehr leicht löslich und deshalb voll-
ständig in dem abgesogenen Filtrate enthalten. Beim Eindunsten
desselben bleibt das Chloracet-o-anisidid als dunkles, schmutziges
Oel zurück. Aus verdünntem Alkohol erhält man mit Hilfe von
Tierkohle den Körper in sehr feinen, kleinen, weißen, watteartig
zusammenhängenden Nadeln vom Schmelzpunkte 51°. Oder man
gewinnt, wenn man das Oel nach Zusatz einer geringen Menge
Alkohol und konzentrierter Salzsäure in der Kälte stehen läßt,
den Körper in derben, bis fingerdicken, farblosen, rhombischen
Tafeln von demselben Schmelzpunkte. Die Krystalle sind leicht
löslich in Aether, Alkohol, Eisessig, Benzol und Essigäther, un-
löslich in Wasser.
0,3354 g gaben 0,2416 g AgCl = 0,08293 g Cl = 17,81% Cl.
0,2414 g gaben 0,4797 g CO, = 0,13083 g © = 54,19% C und
0,0970 g H,;0 = 0,01077 gH = 4,46% H.
Berechnet für C,H, „NClO;: Gefunden:
C = 54,14 54,19%
H= 5,01 4,46%
Cl = 17,79 17,81%
Rhodanacet-o-anisidid,
NCS.CH,CO.NH.C,H,.OCH,.
Die Einwirkung von 6 g Rhodankalium auf 10.g Chloracet-
o-anisidid, in 20 ccm Alkohol gelöst, geschah, ohne daß die An-
wesenheit einer Isoverbindung nachgewiesen werden konnte. Nach
einer Reaktionsdauer von 10 Minuten wurde vom Chlorkalium
abfiltriert, das Filtrat wurde vorsichtig mit Wasser verdünnt bis
zur eben eingetretenen Trübung; von dem zunächst sich ab-
scheidenden Oele wurde die überstehende Lösung abgegossen,
H. Beckurts und G. Frerichs: Rhodanessigsäuren. 261
abermals mit Wasser verdünnt und nun wieder von den öligen
Abscheidungen abgegossen. - Dieses Verfahren wurde so oft wieder-
holt, bis sich ein helles, bald erstarrendes Oel abschied. Das fest
gewordene Oel wurde zur Entfernung von anhaftenden schmierigen
Verunreinigungen mit ätherhaltigem Wasser geschüttelt und dann
aus der doppelten Gewichtsmenge Alkohol umkrystallisiert, und
so als lange, weiße Säulen vom Schmelzpunkte 72° erhalten. Es
ist leicht löslich in Alkohol, Aether, Eisessig, Essigäther und Benzol.
Der Körper geht sehr leicht in das Thiohydantoin über. Dehnt
man bei seiner Darstellung die Reaktionsdauer auf eine halbe
Stunde aus, so ist schon die Umwandlung in das ß-o-Oxymethyl-
phenylthiohydantoin vor sich gegangen und beim Verdünnen mit
Wasser erfolgt keine ölige Abscheidung, sondern es scheiden sich
zunächst nur geringe Mengen harziger, unreiner Massen ab, während
das Thiohydantoin in Lösung bleibt und sich erst nach längerem
Stehen flockig abscheidet.
0,2016 g gaben 0,2144 g BaSO, = 0,029438 g S = 14,60% 8.
0,2512 g gaben 0,4982 g CO, = 0,13586 g C = 54,09% C und
0,1004 & H,O = 0,0115 g H = 4,44% H.
Berechnet für C,,H,0NsS0O;: Gefunden:
C = 54,05 54,09%
H= 4,50 4,44%
S = 14,42 14,60%
ßB-0o-Oxymethylphenylthiohydantoin,
S—CH
HoN=C/ Defr
C,H,.OCH,
Dieser Körper wurde aus Rhodanacet-o-anisidid durch ein-
stündiges Kochen mit der 60 fachen Menge Wasser erhalten und
wie beim m-Tolylthiohydantoin weiter verarbeitet. Aus Alkohol
wurde der Körper in kurzen, gelblichen, vierkantigen Säulen vom
Schmelzpunkte 149° gewonnen. Der Körper ist leicht löslich in
Alkohol, Essigäther, Eisessig und Benzol, schwerer in heißem Wasser.
0,2294 g gaben 0,2468 g BaSO, = 0,03809 g S = 14,72% 8.
0,2320 g gaben 0,4624 g CO, = 0,1261 g C = 54,35% C und
0,0970 g H,O = 0,01077 g H = 4,64% H.
Berechnet für C,,H,0NsS0;: Gefunden:
H =" 4,50 4,64%
S = 14,42 14,72%
262 H. Beckurts und G. Frerichs: Rhodanessigsäuren.
Aus Eisessig erhält man das B-o-Oxymethylphenylthiohydantoin
mit 1 Mol. Krystalleisessig; der Körper schmilzt dann bei 110—111°.
0,6698 g verloren kei 105° 0,1396 g CH,COOH = 20,34%
CH,COOH.
Berechnet für C,,H,.N,80,CH,COOR:
CH,COOH = 21,27%
Der nach dem Trocknen verbleibende Rückstand zeigte den
Schmelzpunkt 149°. Ein gleiches Verhalten wurde bei den anderen
Thiohydantoinen nicht beobachtet.
Das salzsaure Salz bildet kleine, gelbliche Säulen.
0,4058 g gebrauchten 15,5 cem Y/jo-N--Silberlösung = 0,0567 g
HCI = 13,94%, HCl.
Berechnet für C,,H,N580,. HCl:
HC1 = 14,12%
DieNatriumhydroxydverbindung bildet schöne,
reinweiße Nadeln mit 4 Mol. Krystallwasser.
0,4702 g verloren bei 105° 0,1002 g H,O = 21,31% H,O und
gaben 0,1006 g Na,SO, = (0,03262 g Na = 6,94% Na.
Berechnet für C,,H„uN:SO,. NaOH + 4H,0: Gefunden:
Na = 6,90 6,94%
H,O = 21,55 21,31%
y-Aethyl-ß-o-oxymethylpbenylthiohydantein,
S—CH
GH—N=X 010
N—CO
|
0.4,:0CH3 e
Dieser Körper wurde aus 6,6 g ß-p-Oxymethylphenylthio-
hydantoinnatriumhydroxyd und 3,1 g Jodäthyl wie das m-Tolyl-
derivat gewonnen. Aus konzentriertem Alkohol wurde er in kleinen,
gelben, rhombischen Täfelchen erhalten vom Schmelzpunkte 126
bis 127°. Er ist leicht löslich in Alkohol, Eisessig, Essigäther,
Aether und verdünnten Säuren.
0,1820 g gaben 0,3867 g CO, = 0,10546 g C = 57,90% EC und
0,0880 g H,O = 0,009844 g H = 5,41% H.
0,2068 g gaben 0,1954 g BaSO, = 0,02683 g S = 12,97% 8.
Berechnet für C,,H,,N,S0;: Gefunden:
C = 57,60 57,90%
5,60 5,41%
S = 12,80 12,97%
1 u u
H. Becekurts und G. Frerichs: Rhodanessigsäuren. 263
o-Oxymethylphenylsenfölglykolid,
SCH
oKnarf?
NN-—-00
|
C,H,.OCH
Dieser Körper wurde wie das entsprechende p-Derivat aus
ß-o-Oxymethylphenylthiohydantoin gewonnen. Er bildet gelbe,
kleine, rhombische Täfelehen, welche bei 113—114° schmelzen.
Er ist leicht löslich in Alkohol, Aether, Essigäther, Eisessig und
Benzol, sehr schwer in Wasser.
0,5220 d- gaben 29 ccm N bei 749 mm Druck und 21° = 0,03318 g
= 6,35% N
0,1834 g gaben 0,3618 g CO, = 0,09867 g C = 53,80% C und
0,0632 g H,O = 0,007022 g H = 3,82%, H
Berechnet für C,.H,NSO;: Gefunden:
C = 53,81 53,80%
H= 4,03 3,82%
N = 6,28 6,35%
Rhodanacet-p-phenetidid,
NCS.CH,CO.NH.C,H,.OC,H,.
Das von Groth el!) dargestellte und beschriebene Rhodanacet-
p-phenetidid ist bereits das ß-p-Oxäthylphenylthiohydantoin. Zur
Darstellung des Rhodanacet-p-phenetidids wurden 10 g Chloracet-
p-phenetidid mit 6 g Rhodankalium und 25 ccm Alkohol 10 Minuten
auf dem Wasserbade erhitzt. Es konnte zu keiner Zeit die Bildung
einer Isoverbindung nachgewiesen werden. Aus dem Filtrate der
Reaktionsflüssigkeit schied sich nach Zusatz von wenig Wasser
ein schmutzig gelber, schmieriger Körper aus. Derselbe wurde wieder-
holt aus sehr wenig Benzol umkrystallisiert, die Mutterlauge jedes-
mal sehr gut abgesogen und ausgewaschen. Es wurde ein fast
weißes Krystallmehl, aus mikroskopisch kleinen, vierkantigen
Säulen bestehend, vom Schmelzpunkte 130—131° erhalten. Es
ist leicht löslich in Alkohol, Essigäther, Aether, Benzol und Eis-
essig; aus letzterem Lösungsmittel wurde der Körper als B-p-Oxy-
äthylphenylthiohydantoin wieder erhalten. Er zeigt fast ebenso
große Neigung wie das Rhodanacet-o-anisidid zu dieser intra-
molekularen Umlagerung.
Grothe hatte den Körper aus Eisessig umkrystallisiert
und war so schon zum Thiohydantoin gelangt.
1) Archiv d. Pharm. 238, 612.
264 NH. Beckurts und G. Frerichs: Rhodanessigsäuren.
0,2616 g gaben 0,2612 g BaSO, = 0,0035862 g S = 13,71% S.
0,2342 g gaben 0,4810 g CO, — 0,13115 g C = 56,01% C und
0,1008 g H,O = 0,0112 gH = 4,78% H.
Berechnet für C,,H,N;SO;: Gefunden:
C = 55,93 56,01%
H= 5,08 4,78%
S = 13,55 13,71%
ß-p-Oxäthylphenylthiohydantoin,
S—CH
H-N=& vRr
N-—-CO
|
C,H,.0C,H,
Der Körper wurde aus Rhodanacet-p-phenetidid durch ein-
stündiges Kochen mit der 75 fachen Menge gewonnen. Die Reinigung
des Rohproduktes gestaltete sich wie beim m-Tolylthiohydantoin.
Der Körper wurde aus Alkohol in farblosen Nadeln vom Schmelz-
punkte 167° erhalten. Grothe gibt 164° an. Er ist leicht löslich
in Eisessig, schwerer in Alkohol, Benzol, Aether und heißem Wasser.
0,1839 g gaben 0,1840 g BaSO, = 0,02595 g S = 13,74% 8.
0,1330 g gaben 0,2730 g CO, = 0,074455 g C = 55,98% C und
0,0574 g H,O = 0,006377 g H = 4,79% H.
Berechnet für C,,H,N,S0O;: Gefunden:
GC; = 55,93 55,98%
H —. 5,08 4,79%
S = 13,55 13,74%
Das salzsaure Salz bildet mikroskopisch kleine, gelbliche
Nadeln.
Analyse (titriertt nach Volhard):
0,4624 g verbrauchten 16,3 ccm Y/,o-N.-Silberlösung = 0,05948 g
HCl = 12,86% HCl.
Berechnet für C,,H,:N,50,;H0C1:
HC1 = 13,39%
Die Natriumhydroxydverbindung bildet sehr
kleine, gelblichweiße Säulen mit 4 Mol. Krystallwasser.
0,4038 g verloren bei 115° 0,0828 g H,O = 20,56% H,O und
gaben 0,0850 g Na,SO, = 6,82% Na.
Berechnet für C,,H,.N,S0,.Na0OH + 4H,0: Gefunden:
H,O = 20,69 20,50%
Na f= 6,61 6,82%
H. Beckurts und G. Frerichs: Rhodanessigsäuren. 265
RE Oxäthylphenylthiohydantoin,
S—CH
> 2
GH, —N=C |
fi NN--C0
|
C,H,.OC;,H,
Dieser Körper wurde wie das entsprechende m-Tolylderivat
aus 7 g ß-p-Oxäthylphenylthiohydantoinnatriumhydroxyd und
3,1 g Jodäthyl erhalten. Er wurde aus dem doppelten Gewichte
konzentrierten Alkohols umkrystallisiert und bildete dann große,
gelbbraune, rhombische Täfelchen vom Schmelzpunkte 94—95°.
Die Verbindung ist leicht löslich in Alkohol, Aether, Essigäther,
Eisessig, Benzol und verdünnten Säuren.
0,2010 g gaben 0,1810 g BaSO, = 0,02485
g
0,1642 g gaben 0,3552 g CO, = 0,096872 g C
0,0854 g H,O = 0,009488 gH = 5,77% H
12,36% 8.
Ss-
— 59,00% C und
Berechnet für C,;H,sN5S0;: Gefunden:
C = 59,09 59,00%,
H..—=.6;06 5,77%
— 12,13 12,36%
p-Oxäthylphenylsenfölglykolid,
C;H,.0C;H,
Dieser Körper wurde aus ß-p-Oxäthylphenylthiohydantoin
wie das entsprechende p-Chlorphenylderivat erhalten: Aus Alkohol
umkrystallisiert, bildet er kleine gelbe Nadeln vom Schmelzpunkte
155—156°. Der Körper ist löslich in Alkohol, Aether, Essigäther,
Eisessig und Benzol.
0,2824 g gaben 15,5 ccm N bei 23° und 742 mm Druck = 0,01745 g
N = 6,17% N
0,1838 g gaben 0,3758 g CO, = 0,1249 gC = 55,76% C und
0,0744 g H,O = 0,008273g H = 4,51% H
Berechnet für C,,H,,.NSO;: Gefunden:
C = 55,70 55,76%
H= 4,64 4,51%
N 5,91 6,17%
266 J. Gadamer: Alkaloide der Phenanthrenreihe.
Mitteilung aus dem pharmazeutischen Institut
der Universität Breslau.
52. Zur Kenntnis des Hofmann’schen Abbaus der
Alkaloide der Phenanthren- (Apomorphin-) Reihe.
Von J. Gadamer.
(Eingegangen den 13. V. 1915.)
Die Aufspaltung der quartären N-Methylderivate der Methyl-
äther des Apomorphinst), Bulbocapnins?) und Corytuberins?) durch
Kochen mit konzentrierter Natronlauge zu den entsprechenden
des-Basen (oder Methinbasen) vollzieht sich nach den bisherigen
Erfahrungen nach folgendem Schema:
N N
ek iR | % + HX
[oJ] X)
Fr CHSN-BO.B0T= 7
2
T. II;
Die Aufspaltung in diesem Sinne und nicht in dem theoretisch
auch möglichen, im Sinne der nachstehenden Formel III, mußte
angenommen werden, weil die isolierten des-Basen optisch inaktiv
waren. Das war nur mit der Formel II zu vereinbaren, weil
bei der Bildung eines Körpers ihrer Konstitution die Asymmetrie des
Kohlenstoffs der Formel I an der Phenanthrenbrücke verloren geht,
während sie in einem Körper der Formel III erhalten bleibt.
IN
Me
RE
u
1) Ber. 85, 4390 (1902).
2) Dieses Archiv 249, 631 (1911).
®) Dieses Archiv 249, 665 (1911).
J. Gadamer: Alkaloide der Phenanthrenreihe. 267
Bei dem Isothebain, welches ganz analog gebaut ist, hat
Herr Walter Klee!) gefunden, daß beide des-Basen neben-
einander zu ungefähr gleichen Teilen entstehen, und daß die nach
III gebaute die entgegengesetzte optische Aktivität besitzt wie
das Ausgangsmaterial, nämlich stark linksdrehend ist. Ebenso hat
in jüngster Zeit M. Scholtz?) bei dem anscheinend ähnlich ge-
bauten Isobebeerin der Pareirawurzel eine Aufspaltung des Methyl-
isobebeerin-methylhydroxyds in eine inaktive «- und eine aktive
8-Methinbase beobachtet. Die Tatsache an sich ist nicht zu ver-
wundern, sondern gemäß den interessanten Untersuchungen Julius
v. Brauns?) über die Haftfestigkeit der Alkyle in Bromeyan-
ammonium- und quartären Alkylammoniumhydroxyden zu erwarten
gewesen. Erstaunlich war eher, daß bis dahin bei dem Verkochen
der quartären Ammoniumbasen der Apomorphinreihe die Reaktion
anscheinend nur nach einer Richtung verlaufen war.
Als ich daher mit Herrn Kondo, mit dem ich zwecks Sicher-
stellung der Formel des Bulbocapnins die Synthese des 3.4-Di-
methoxy-5.6-Dioxymethylen-Phenanthrens, über die später zu be-
richten sein wird, bearbeitete, den Hofmann’schen Abbau des
Bulbocapninmethyläthers nach den Angaben von F. Kuntze
nachprüfte, fanden wir, daß die durch Verkochen der N-Methyl-
ammoniumbase entstehende Methinbase stark optisch aktiv war.
Während Bulbocapninmethyläther rechtsdrehend ist, war die
Methinbase stark linksdrehend, also ganz wie Klee bei dem Iso-
thebain beobachtet hat. Auch gelang uns, aus der Methinbase,
die bis dahin nur amorph erhalten worden war, durch Auflösen
in Methylalkohol einen Teil zur Krystallisation zu zwingen.
Der auskrystallisierende Anteil war die aktive Methinbase,
die Mutterlaugen waren aber noch immer optisch aktiv. Um auch
die inaktive Methinbase, die der Formel II entspricht, rein zu ge-
winnen, unterwarfen wir das Methinbasengemisch, wie es durch
Verkochen der Ammoniumbase gewonnen wird, der fraktionierten
Sättigung und Ausschüttelung. Es war zu erwarten, daß die Basen
der Formel II stärkere Basen sein würden als die der Formel III,
da sie als echte aliphatische Basen aufzufassen sind. Es wurde
daher so verfahren, daß die ätherische Lösung der Methinbasen
mit der Hälfte der zur Neutralisation berechneten Menge wässeriger
Salzsäure ausgeschüttelt wurde. Es zeigte sich, daß die Annahme
richtig war. Denn während das Ausgangsmaterial ein spezifisches
%) Dieses Archiv 252, 248 (1914).
2) Dieses Archiv 252, 513 (1914).
®) z, B. Annal. 882, 1 (1911).
268 J. Gadamer: Alkaloide der Phenanthrenreihe.
Drehungsvermögen von [&]p = —- 110° gezeigt hatte, wies der
stärker basische Anteil, nach obigem Verfahren gewonnen, ein
solches von — 100°, und das schwächer basische von — 127° auf.
Durch öftere Wiederholung mit den so nach der einen oder anderen
Seite angereicherten Gemischen gelangten wir zu der inaktiven
Methinbase (II) und der aktiven (III). Letztere drehte [x]Jp = — 270°.
Darnach überwiegt zwar die Bildung der inaktiven Base; immerhin
ist die Aktivität des Gemisches so groß, daß sie nicht gut übersehen
werden konnte.
Die Aufgabe, festzustellen, worauf der abweichende frühere
Befund zurückzuführen sein dürfte, übernahm dann Herr Dr. Fritz
Kuntze, der aber auch wegen Ausbruch des Krieges seine Arbeit,
nicht fertigstellen konnte. Die Ergebnisse sind aber soweit gesichert,
daß sie bereits mitgeteilt werden können.
Herr Kuntze fand nun zunächst, wie Kondo, daß beim
Verkochen des N-Methylbulbocapninmethyläthermethosulfates in
jedem Falle optisch aktive Methinbasen entstehen. Das spezifische
Drehungsvermögen betrug sogar — 158° und — 172°, je nach der
eingeschlagenen Arbeitsweise. Seine gegenteilige frühere Angabe
ist darauf zurückzuführen, daß er nicht das Rohprodukt untersucht
hat, sondern die daraus dargestellten reinen Abkömmlinge, wie das
Chlorhydrat, Dimethylsulfat und Jodmethylat. Von den beiden
Methinbasen aber, die bei der Verkochung entstehen, sind die ent-
sprechenden Abkömmlinge der inaktiven Methinbase die schwerer
löslichen und besser krystallisierenden. Bei seinen früheren Ver-
suchen war also der aktive Teil stets in den Mutterlaugen geblieben.
Er konnte ferner feststellen, daß das Mengenverhältnis, in
dem die beiden Methinbasen entstehen, abhängig ist von der Kon-
zentration der Lösung. Höhere Konzentration begünstigt die Bildung
der aktiven Methinbase.
Dieser Einfluß war ganz besonders deutlich beim N-Methyl-
Apomorphindimethyläthermethosulfat. Bei der Verkochung des
Dimethylapomorphinjodmethylats hatte Pschorr!) eine Methin-
base erhalten, deren. krystallisiertes salzsaures Salz optisch
inaktiv war. Die freie Base, welche direkt entsteht, hat er ebenso
wenig untersucht, wie Herr Kuntze seinerzeit die Methinbase
. des Bulbocapnins. Hätte Pschorr es getan, so würde er ge-
funden haben, daß auch beim Apomorphin beide möglichen Methin-
basen entstehen; allerdings ist die optische Aktivität der Methin-
basen unter den a. a. O. geschilderten Bedingungen verhältnismäßig
!) Ber. 35, 4390 (1902).
J. Gadamer: Alkaloide der Phenanthrenreihe. 269
gering, etwa + 25° ({x]n). Diese steigt aber auf das dreifache, wenn
man, wie es Pschorr!) später tat, in konzentrierterer Lösung
arbeitet. Ich glaube, daß dabei die Hydroxylionenkonzentration
selbst nicht so sehr mitspricht, wie der Grad der Aussalzung der
Ammoniumbase, der bei größerer Eigenkonzentration und größerer
Hydroxylionenkonzentration natürlich ein höherer ist.
Beachtenswer& ist, daß auch beim Apomorphin die aktive
Methinbase, welche übrigens krystallisiert erhalten werden konnte,
das entgegengesetzte Drehungsvermögen wie das Ausgangsmaterial
aufweist. Apomorphin ist nämlich linksdrehend. Ich kann diese
Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, erneut darauf aufmerksam
zu machen‘), daß die Linksdrehung des Apomorphins (und Morpho-
thebains) im Gegensatz zu der Rechtsdrehung dernatürlichen
Phenanthrenbasen Bulbocapnin, Corydin, Corytuberin, Isothebain,
Glauein und Dicentrin die Richtigkeit der Knorr’schen Brücken-
formel für das Morphin sehr in Frage stellt,
Nachdem für die obigen Alkaloide die Bildung beider möglichen
Methinbasen nachgewiesen war, stand zu erwarten, daß auch beim
Abbau des Corytuberins dieselben Verhältnisse bestehen würden.
Ich habe für das Dimethylcorytuberimethin®) ebenfalls optische
Inaktivität angegeben. Ich habe seinerzeit die Rohmethinbase
durch fraktionierte Ausschüttelung ihrer ätherischen Lösung mit
verdünnter Salzsäure (S. 664) gereinigt. Es ist möglich, daß ich
zur Prüfung eine Fraktion herangezogen habe, die nur die inaktive
Base enthielt. Ich kann aber auch die Möglichkeit nicht von der
Hand weisen, daß die Prüfung überhaupt unterblieben ist. Die
erneuten Versuche haben jedenfalls ergeben, daß die beiden Methin-
basen entstehen. Während das Gemisch ein spezifisches Drehungs-
vermögen von [&]n» = — 170° aufwies, besaß ein in meiner Samm-
lung befindliches Präparat, das von der obigen Fraktionierung her-
rührte, als salzsaures Salz das spezifische Drehungsvermögen [«]p =
— 265°. Ebenso war das in meiner Sammlung befindliche Dimethyl-
sulfat der Methinbase optisch aktiv: [@]o =—-220 bis 225°. Hin-
gegen war das Tribenzoylcorytuberin in der Tat völlig inaktiv. Die
aktive Methinbase ist hier nicht krystallisiert zu erhalten.
Als Endergebnis steht also fest, daß die Basen der Phenanthren-
reihe, soweit sie bisher untersucht worden sind, beim Hofmann-
schen Abbau eine Aufspaltung nach den beiden möglichen Rich-
tungen, entsprechen] den Formeln II und III, erleiden.
1) Ber. 39, 3124 (1906).
2) Z. f. angew. Chem. 26, 625 (1913).
3) Dieses Archiv 249, 665 (1911). 5
270 J. Gadamer: Alkaloide der Phenanthrenreihe.
Experimentelles.
1. Bulbocapnin.
a) 0,5 g des Jodmethylats des Bulbocapninmethyläthers wurden
mit Silbersulfat umgesetzt. Im Filtrat von Jodsilber wurde das
gelöste Silber durch Schwefelwasserstoff gefällt. Das Filtrat davon
wurde mit der zur Fällung des Sulfations berechneten Menge Baryt-
wasser versetzt und filtriert. Die Lösung wurde im Vakuum zur
Trockne gebracht. Der Rückstand in 50 cem Alkohol gelöst, drehte
— 1,2° im Dezimeterrohr. Daraus berechnet sich (c = 0,6966)
[&]p = — 172°. (Vergl. Versuch 1!).)
b) 10 g Bulbocapninmethyläther wurden in 30 ccm Normal-
Schwefelsäure gelöst und mit 50 ccm Natronlauge von 30% und
50 ccm Dimethylsulfat methyliert. Das Reaktionsprodukt wurde
mit 200 ccm Wasser und 200 ccm Natronlauge von 30% zwei Stunden
lang gekocht, wobei ein Geruch nach Aminbasen auftrat. Dies ist
darauf zurückzuführen, daß schon beim Methylieren die entstehende
Ammoniumbase teilweise in die Methinbase übergeht, die dann weiter
methyliert wird. Nach dem Erkalten wurde das Reaktionsprodukt
mit Aether ausgeschüttelt. Dem Aether wurde darauf die Base durch
Ausschütteln mit verdünnter Schwefelsäure entzogen. Die Lösung
des Sulfats wurde dann alkalisiert und mit Aether ausgeschüttelt.
Auf diese Weise wurde beigemengtes Dimethoxydioxymethylenvinyl-
phenanthren entfernt. Die Aetherlösung der Base betrug 210 ccm.
Diese Lösung drehte — 6° im Dezimeterrohr. Bei Annahme einer
Ausbeute von 8 g berechnet sich daraus [&]p = —- 158° (vergl.
Versuch 3 a. a. O.). Vermutlich aber ist die Ausbeute zu hoch an-
genommen, so daß sich das Drehungsvermögen noch etwas erhöhen
dürfte.
Von der ätherischen Lösung der Methinbase wurde je der
vierte Teil mit 10 ccm Dimethylsulfat und 10 com Jodmethyl ver-
setzt. Aus beiden Lösungen begann sehr bald die Abscheidung der
Additionsprodukte. Nach 24 Stunden wurden die Krystalle von
den Mutterlaugen getrennt.
Die rötliche Abscheidung des Dimethylsulfats wurde in heißem
Wasser gelöst. Beim Erkalten schieden sich fast farblose, nur schwach
bräunliche Krystalle aus, die, mit Alkohol von 50 Vol.-pCt. auf-
genommen, sich optisch inaktiv erwiesen. Die Mutter-
laugen hingegen besaßen eine starke Linksdrehung. Aus ihnen
schieden sich anfänglich noch Krystalle aus; darauf setzte eine
Trübung ein. Es wurde dann zur Trockne gebracht und mit ab-
1) Dieses Archiv 249, 630.
J. Gadamer: Alkaloide der Phenanthrenreihe. 271
solutem Alkohol kalt aufgenommen. Die Hauptmenge löste sich
auf. Ein Teil blieb krystallinisch ungelöst zurück. Die Lösung gab,
mit Aether versetzt, eine starke Trübung, die sich allmählich zu
einer sirupösen Abscheidung verdichtete. Das Dimethylsulfat der
inaktiven Methinbase ist also in absolutem Alkohol und auch in
verdünntem schwer löslich und krystallisierbar, während das der
aktiven Base leicht löslich ist und anscheinend nur schwierig im
krystallisierten Zustand erhalten werden kann.
Aehnlich waren die Verhältnisse beim Jodmethylat. Die
gelbliche, feste Ausscheidung wurde nach 24 Stunden gesammelt.
Die Mutterlaugen schieden bei weiterem Stehen farblose Krystall-
nadeln aus. 0,5 g der ersten Ausscheidung wurden aus 20 g Alkohol
von 50 Vol.-pCt. umgelöst. Nach 24 Stunden hatte sich ein Teil
in farblosen Krystallen ausgeschieden, die optisch inaktiv
waren. Die Mutterlaugen drehten stark nach links. Auch durch
Ausziehen mit Methylalkohol läßt sich das inaktive Jodmethylat
von dem aktiven trennen. Ersteres bleibt ungelöst. Die das aktive
Jodmethylat enthaltenden Mutterlaugen wurden freiwillig, ohne
Anwendung von Wärme, verdunsten gelassen. Es trat dabei ein
Geruch nach Trimethylamin auf. Diese leichte Abspaltbarkeit von
Trimethylamin hatten wir schon früher beobachtet, und ist dem
Jodmethylat der aktiven Methinbase eigentümlich.
Der Rest der Aetherlösung der Methinbasen wurde vom
Aether befreit und mit Methylalkohol aufgenommen. Die aktive
Base krystallisierte aus und wurde durch Umlösen gereinigt. Sie
bildet ansehnliche, farblose, dicke Tafeln.
Die nicht mehr krystallisierenden Mutterlaugen wurden im
Vakuum zur Trockne gebracht, in absolutem Alkohol gelöst und
mit salzsäurehaltigem Alkohol neutralisiert. Soweit ich mich
erinnern kann, war das auskrystallisierende Salz optisch inakiv.
2. Apomorphin.
Die Ueberführung des Apomorphins in N-Methyl-Apomorphin-
dimethyläther-methosulfat wurde im wesentlichen nach den beiden
von Pschorr gegebenen Vorschriften vorgenommen und ebenso
die Verkochung der Ammoniumbase zur Methinbase.
a) Vorschrift von Pschorfm).
Unter Einleiten von Wasserstoff wurden 10 g salzsaures Apo-
morphin in 48 ccm Wasser verteilt und durch Zusatz von 20 ccm
1) Ber. 39, 3124 (1906).
272 J. Gedamer: Alkaloide der Phenanthrenreihe. .
Natronlauge von 30% in Lösung gebracht. Bei der unter Um-
schwenken erfolgenden Zugabe von 20 ccm Dimethylsulfat erwärmte
sich die Flüssigkeit stark. Die anfangs rotbraune Lösung schlug in
Gelbbraun um. Die Reaktion war sauer. Um möglicherweise noch
unverändertes Apomorphin völlig zu methylieren, wurden dann noch
10 ccm Dimethylsulfat und kubikzentimeterweise 30%ige Natron-
lauge zugegeben, bis eine schwach alkalische Reaktion auch bei
längerem Stehen bestehen blieb.
Die auf 120 ccm gebrachte Lösung wurde, um den Einfluß der
Hydroxylionenkonzentration feststellen zu können in zwei Teilen
verarbeitet:
I. 60 ccm wurden nach der Pschorr’schen Vorschrift mit
80 ccm Wasser und 80 ccm Natronlauge von 30%,
II. 60 ccm wurden nur mit 80 ccm Natronlauge von 30% ver-
setzt und je drei Stunden am Rückflußkühler gekocht. Dabei trat
Geruch nach Aminbasen auf. Offenbar also wird auch hier schon
während der Methylierung in alkalischer Lösung ein Teil des
Methylats zur Methinbase aufgespalten, die ihrerseits von neuem
methyliert wird und darauf in Trimethylamin und Dimethoxyvinyl-
phenanthren zerfällt. Nach dem Erkalten wurde die ölig ab-
geschiedene Base je mit Aether aufgenommen. Der ätherischen
Lösung wurde die Base durch Schütteln mit sehr verdünnter
Schwefelsäure entzogen. Der Aether hinterließ beim Verdunsten in
der Tat einen Rückstand, der zum Teil krystallinisch wurde und aus
dem Vinylkörper und seinem Polymerisationsprodukt bestand.
Die schwefelsaure Lösung der Methinbasen wurde darauf wieder
alkalisiert und mit Aether mehrmals ausgeschüttel. Die mit
Natriumsulfat getrockneten Aetherlösungen wurden je auf 50 g ge-
bracht. Beide lenkten die Ebene des polarisierten Lichtstrahls gleich
stark nach rechts ab, nämlich 5° im Dezimeterrohr. Unter Annahme
einer Ausbeute an Methinbasen von 80%, und der Dichte der Aether-
lösung zu 0,75 berechnet sich daraus [«]p auf + 83°. Die Natrium-
hydroxydkonzentration betrug im ersten Falle 11, im zweiten 17%;
da das Drehungsvermögen der entstandenen Basen in beiden Fällen
gleich war, ist anzunehmen, daß unter diesen Bedingungen bereits
der Höchstgehalt an aktiver Base erreicht wird.
b) Vorschriftnach Pschorr!).
2,1 g salzsaures Apomorphin wurden unter Einleiten von
Wasserstoff in 10 ccm Wasser verteilt, mit je 4 cem Kalilauge von
30% und Dimethylsulfat versetzt und kräftig umgeschwenkt. Die
!) Ber. 35, 4390 (1902).
J. Gadamer: Alkaloide der Phenanthrenreihe. 2373
braune Lösung wurde mit 190 cem Wasser und 100 cem Kalilauge
von 30% versetzt und zwei Stunden am Rückflußkühler gekocht.
Darauf wurde wie oben verfahren. Auch hier konnte die Bildung
von Trimethylamin und Vinylkörper konstatiert werden. Das
gereinigte Basengemisch in 25 g Aether gelöst, lenkte die Ebene
des polarisierten Lichtstrahls 1,2° nach rechts ab. Daraus berechnet
sich unter Annahme einer Ausbeute wie im ersten Versuch [&]p =
+ 25°. An aktiver Methinbase hat sich also nur etwa ein Drittel
gegenüber dem vorigen Versuch gebildet. Die Konzentration des
Kalihydrats beträgt hier 10%. Auch unter Berücksichtigung des
höheren Molekulargewichts (56 gegen 40 des Natronhydrats) ist die
Hydroxylionenkonzentration doch nur wenig geringer als im vorigen
Versuch bei dem ersten Teil. Hingegen ist die Menge der Flüssigkeit
etwa dreimal so groß wie dort. Infolgedessen dürfte die Aussalzung
der Ammoniumbase eine weniger vollständige sein. Diese ist daher
wohl in erster Linie für die Bildung der aktiven Methinbase von
Bedeutung.
Trennung der beiden Methinbasen.
Das Basengemisch vom Versuch b wurde in ätherischer Lösung
mit 15ccm Normal-Salzsäure (etwa der Hälfte der zur Neutralisation
erforderlichen Menge) ausgeschüttelt. Wie beim Bulbocapnin ging
auch hier an die Säure vorzugsweise die inaktive Methinbase; dann
wieder in ätherische Lösung übergeführt, drehte sie + 2,1°, während
der andere Teil bei etwa gleicher Konzentration + 9° drehte. Dieser
zweite Teil wurde noch zweimal der fraktionierten Ausschüttelung
nach demselben Prinzip unterworfen; dadurch stieg [x«]n von
+ 118,4° auf + 138,6°%, um auf diesem Werte stehen zu bleiben.
Es kann also wohl hierin die reine aktive Base angenommen werden.
Der nach dem Verdunsten des Aethers verbleibende firnis-
artige Rückstand krystallisierte, mit wenig Methylalkohol über-
gossen, innerhalb 24 Stunden sehr gut. Das Drehungsvermögen und
der Schmelzpunkt dieser reinen aktiven Methinbase ist noch nicht
bestimmt worden. Ihr salzsaures Salz ist in Alkohol leicht löslich.
Die schwächer drehenden Anteile, welche also hauptsächlich
die inaktive Methinbase enthielten, wurden in absolutem Alkohol
gelöst und mit starker Salzsäure neutralisiert. Nach kurzer Zeit
krystallisierte das Chlorhydrat aus, das aus absolutem Alkohol, in
dem es in der Kälte ziemlich schwer, in der Wärme sehr leicht löslich
ist, umgelöst, feine Nädelchen bildete und in 2%iger Lösung
inaktiv war.
Arch. d. Pharm. OCLIII. Bde. 4. Heft. 18
274 J. Gadamer: Mercuriacetat in der Alkaloidehemie.
Mitteilung aus dem pharmazeutischen Institut
der Universität Breslau.
63. Mercuriacetat als Oxydationsmittel in der
Alkaloidchemie.
Von J. Gadamer.
(Eingegangen den 13. V. 1915.)
Das Merkuriacetat ist als Oxydationsmittel für Alkaloide‘
oder alkaloidähnliche Körper zuerst von Julius Tafel!) an-
gewendet worden. Er fand, daß das sonst nur schwierig in Chinolin
umwandelbare Tetrahydrochinolin mit Merkuriacetat schon bei
gewöhnlicher Temperatur in wässeriger Lösung in Reaktion träte —
Erstarren zu-einer amorphen Masse —, daß aber die Oxydation
erst beim Erhitzen im Einschlußrohr auf 150°C. einsetze, wobei
etwa 75% der Theorie an reinem Chinolin gewonnen würden, während
das Quecksilbersalz zu Metall reduziert wurde. Arnold
Reissert?) gelang mit Hilfe von Merkuriacetat die Oxydation
des Tetrahydronaphthinolins zu Dihydronaphtkinolin, während
alle anderen bekannten Oxydationsmittel zur Bildung von intensiv
gelb gefärbten, sehr schwer in reinem Zustande isolierbaren Produkten
führten. Sonst ist das Merkuriacetat noch von Balbiano und
Paolini?) zur Umwandlung aromatischer Propenylverbindungen
in Glykole benutzt worden.
Diese Versuche lehren bereits, daß wir in dem Merkuriacetat
ein mildes Oxydationsmittel besitzen, das vor anderen noch den
großen Vorzug besitzt, daß seine Umwandlungsprodukte und
ein vorhandener Ueberschuß mit großer Leichtigkeit aus der
Reaktionsflüssigkeit entfernt werden können. Trotzdem hat das
Merkuriacetat als Oxydationsmittel keinen größeren Verwendungs-
bereich gefunden.
Gelegentlich der Arbeiten, welche ich mit Brieger und
Schulemann?) über die Merkurierung einiger Naphthalinderivate
ausgeführt habe und bei denen in einzelnen Fällen die Oxydations-
wirkung des Merkuriacetats zur Geltung kam, faßte ich den Ent-
1) Ber. 25, 1619 (1892).
2) Ber. 27, 2257 (1394).
)
)
“=
Ber. 35, 2994 (1902); 86, 3575 (1903).
4) Journ. f. p. Ch. 89, 97 (1914).
rd en
J. Gadamer: Mercuriacetat in der Alkaloidchemie. 275
schluß, das Merkuriacetat in der Alkaloidchemie zu verwenden.
Dabei leitete mich auch die Hoffnung, zu merkurierten Alkaloiden
zu gelangen, da die Bedingungen zu deren Bildung gegeben schienen.
Die Arbeiten, welche ich für die genannten Zwecke mit meinen
Mitarbeitern, den Herren DDr. Kuntze, Schulemann und
Kon.d o, in Angriff genommen habe, sind zwar noch nicht beendet,
stehen vielmehr in den ersten Anfängen, ihre Resultate sollen aber
doch bereits jetzt mitgeteilt werden, da die kriegerischen Verhält-
nisse es unsicher erscheinen lassen, wann und ob sie zu dem ge-
wünschten Abschluß kommen werden. Die Ergebnisse sind auch
so schon von einem gewissen Wert; denn es hat sich gezeigt, daß
das Merkuriacetat als Oxydationsmittel in der Alkaloidehemie
ganz ausgezeichnete Dienste zu leisten vermag, nicht nur in quali-
tativer, sondern vor allem auch in quantitativer Beziehung, da
das dabei entstehende Merkuroacetat wegen seiner Schwerlöslich-
keit direkt gesammelt und zur Wägung gebracht werden kann.
Es tritt in letzterer Hinsicht in erfolgreichen Wettbewerb mit dem
von Ernst Schmidt!) und seinen Schülern mit so ausge-
zeichnetem Erfolge verwendeten Jod in alkoholischer Lösung.
In einem Falle konnte auch mit Sicherheit die Bildung eines merku-
rierten Alkaloids festgestellt werden. Die näheren Angaben finden
sich in den nachstehenden Einzelberichten.
1. Einwirkung von Merkuriacetat auf Alkaloide der
Apomorphin- und Hydroberberinreihe.
Mit Dr. Fritz Kuntze.
a) Apomorphin-Reihe.
Während Tetrahydroberberin, Canadin und die Alkaloide
der Corydalingruppe?) beim Erhitzen mit alkoholischer Jodlösung
einen Jodverbrauch aufweisen, der der allgemeinen Gleichung
KEIRT FHT |
entspricht, worin X ein berberinähnliches Alkaloid bedeutet, war
in anderen Fällen ein Zusammenhang zwischen verbrauchtem Jod
und den nach dem erwarteten Reaktionsverlauf entstehenden
Oxydationsprodukten der Alkaloide nicht zu beobachten. In einer
eingehenden Studie?) habe ich nachgewiesen, daß es sich in diesen
1) Dieses Archiv 225, 155 (1887); 232, 149 (1894); 234, 490
u. 534 (1896).
2) ].c.; ferner dieses Archiv 239, 41 (1901) u. a. m.
3) Dieses Archiv 240, 26 (1902). |
18*
276 J. Gadamer: Mercuriacetat in der Alkaloidehemie.
Fällen um eine Wirkung des Alkohols auf Jod handele, und daß
die guten Resultate, welche bei den oben genannten Alkaloiden
erzielt wurden, darauf zurückzuführen seien, daß die bei der Oxy-
dation entstehende „Jodwasserstoffsäure die Nebenreaktion des
Jods auf Alkohol verhindere, und ein Ausgleich der Fehler statt-
finde. Immerhin, so führte ich aus, wäre uns eine Methode, welche
von diesen Mängeln frei gewesen wäre, sehr erwünscht gewesen,
da sie für die Charakterisierung der einzelnen Corydalis-Alkaloide
von der größten Bedeutung sein und bei wirklich quantitativem
Verlauf der Reaktion die Arbeit sehr erleichtern .würde.
Als ich mit Hereın Fritz Kuntzel) das Bulbocapnin
studierte, stand uns eine bessere Methode jedoch noch nicht zur
Verfügung. Wir haben daher den Bulbocapninmethyläther nach
der bekannten Vorschrift mit alkoholischer Jodlösung oxydiert
und kamen dabei zu dem Resultate, daß die Reaktion nach der
Gleichung
„Hz, NO, +4J = C„H,NO,.J +3HJ
verläuft, da an Stelle der darnach berechneten Jodmenge von
0,3357 g eine solche von 0,3711 g in Reaktion getreten war. Die
Analyse des Goldsalzes (gefunden 29,3 gegen 29,2 berechnet) stand
mit dieser Annahme nicht im Widerspruch, das optische Verhalten
(inaktiv) und die physikalischen Eigenschaften (gelbe Farbe) sprachen
sogar dafür. Durch Reduktion endlich gab die Dehydrobase
r-Bulbocapninmethyläther: Alles Eigenschaften, die durchaus
zu vergleichen sind mit den beim Berberin und Tetrahydroberberin
(Canadin) und beim Dehydrocorydalin, Dehydrocorybulbin und
Corydalin, Corybulbin beobachteten. Der Schluß war daher nicht
zu kühn, daß der durch Oxydation des Bulbocapninmethyläthers
entstehende Körper ein Tetradehydrobulbocapninmethyl-
äther wäre.
Das Verhalten gegen Merkuriacetat führte jedoch zu einer
anderen Auffassung. Es wurden nur zwei Wasserstoffatome ab-
oxydiert, sodaß also das Oxydationsprodukt als ein Didehydro-
bulbocapnin angesehen werden muß. Allerdings war die Menge
des abgeschiedenen Merkuroacetats verschieden, je nachdem ob
bei Zimmertemperatur oder in Wasserbadwärme gearbeitet wurde.
Im letzteren Falle entsprach das abgeschiedene Merkuroacetat
etwas mehr als drei aboxydierten Wasserstoffatomen. Die dabei
auftretenden Färbungen lehrten jedoch, daß alsdann neben der
Dehydrierung tiefergreifende Oxydationen mitsprachen.
ı) Dieses Archiv 249, 598 (1911).
J. Gadamer: Mercuriacetat in der Alkaloidchemie. 277
1. Versuch. 2g Bulbocapninmethyläther wurden in 50 ccm
Wasser unter Zusatz von Essigsäure durch Erwärmen gelöst. Nach
dem Erkalten wurde eine erkaltete Lösung von 7,6 g Merkuriacetat
(= 4 Mol.) in 50 ecem Wasser zugegeben. Schon nach kurzer Zeit
begann die Ausscheidung von Merkuroacetat. Nach 48 Stunden
schien sie beendet zu sein. Das Merkuroacetat wurde gesammelt
und betrug 3,2 g, annähernd einem Verbrauch von 2 Mol. ent-
sprechend (berechnet 3,06 g). Die Reaktion war also nach der
Gleichung
C,H, NO, + 2(CH,COO),Hg =
C„H,NO, + 2CH,COOH + (CH,CO00O),Hg;
verlaufen.
Die Lösung war nicht mehr wie in den ersten Stunden rein
gelb gefärbt, sondern rotgelb. Es ist daher schon bei der Einwirkung
in der Kälte eine weitergehende Oxydation zu verzeichnen. Die
vom Quecksilber bei Gegenwart von Salzsäure durch Schwefel-
wasserstoff befreite Lösung wurde reduziert und nach dem Alkali-
sieren mit Aether ausgeschüttelt. Die Lösung war inaktiv.
Bemerkt sei noch, daß der Schwefelquecksilberniederschlag sehr
voluminös war und das Waschwasser dauernd gelb färbte. Er
wurde daher noch einmal ausgekocht. Die intensiv gefärbte Lösung
wurde nach Zusatz von Salzsäure eingedampft. In der auf ein
kleines Volumen eingeengten, rotbraunen Lösung schwammen
einige glänzende Flitterchen umher, die vielleicht aus Schwefel
bestanden. Vermutlich hatte sich beim Fällen eine Polysulfid-
Verbindung des Didehydrobulbocapninmethyläthers, entsprechend
den beim Berberin bekannten, gebildet. :
2. Versuch. Beisonst gleicher Anordnung, wie in Versuch 1,
wurden die beiden Lösungen heiß vereinigt und eine halbe Stunde
auf dem Wasserbade erwärmt. Die Lösung wurde sofort gelb und
nach wenigen Augenblicken begann die Ausscheidung von Merkuro-
acetat. Die gelbe Farbe ging sehr bald in Braun, schließlich in
Olivfarben über. Nach dem Erkalten wurde abgesogen. Die Aus-
beute an Merkuroacetat betrug 4,8 g, was einem Verbrauch von
3,1 Mol. Merkuriacetat entspricht. Daß hierbei außer der De-
hydrierung noch eine tiefergreifende Oxydation eingetreten war,
ging daraus hervor, daß dem entquecksilberten und eingeengten
Reaktionsprodukt mit Alkohol ein intensiv grüner Stoff entzogen
wurde, welcher dem glich, den Bulbocapnin bei Oxydationsversuchen
liefert. Im übrigen verhielt sich das dehydrierte Produkt wie bei
dem vorigen Versuch.
278 J. Gadamer: Mercuriacetat in der Alkaloidcehemie.
Bei einem dritten Versuch (l g) wurde die Ein-
wirkungsdauer bei gewöhnlicher Temperatur auf 5 Tage aus-
gedehnt. Auch hier war die Reaktion über die Dehydrierung
hinausgegangen. Die Lösung war rotbraun. Die Merkuroacetat-
ausscheidung betrug etwas weniger als 3 Mol. (2,15 g Merkuro-
acetat statt 2,3 g).
Damit kann als bewiesen angesehen werden, daß das mit
alkoholischer Jodlösung bereitete Oxydationsprodukt, entgegen der
früheren Annahme, als ein Didehydro- und nicht als ein Tetra-
dehydro-Bulbocapninmethyläther aufzufassen ist*). Auf die Bedeu-
tung dieser Tatsache soll in dem Schlußwort noch eingegangen
werden.
Ungleich eindeutiger sind die Resultate, wenn die De-
hydrierungsprodukte gegen Oxydationsmittel verhältnismäßig be-
ständig sind, wie das bei der Hydroberberin- oder Corydalin-Gruppe
der Fall ist.
b) Hydroberberin-Reihe.
Canadin (F. Kuntze).
1,1 g d-Canadin wurden in Essigsäure gelöst, mit 5 g
Merkuriacetat (gelöst in 50 ccm Wasser und einigen Tropfen Essig-
säure) versetzt und 48 Stunden stehen gelassen. Die Abscheidung
von Merkuroacetat schien beendet, doch wurde zur Sicherheit noch
weitere 48 Stunden gewartet. Die Ausscheidung an Merkuroacetat
betrug 3,05 g. Für einen Verbrauch von 4 Mol. Merkuriacetat
berechnen sich 3,36 g. Der erhaltene Minderwert ist vielleicht auf
die Löslichkeit des Merkuroacetats (1 : 300 in reinem Wasser)
zurückzuführen. Wenn es darauf ankommt, genauere Resultate
zu erzielen, wird es sich empfehlen, als Lösungsmittel für das
Merkuriacetat mit Merkuroacetat gesättigtes Wasser zu verwenden.
Vielleicht aber liegen hier ähnliche Verhältnisse vor, wie sie beim
Corydalin beobachtet werden konnten (s. d.).
Das nach dem Entquecksilbern der mit Salzsäure versetzten
Lösung gewonnene Berberinchlorid war rein gelb. Durch Reduktion
desselben wurde völlig inaktives Tetrahydroberberin von richtigem
Schmelzpunkt erhalten. Die Ausbeuten waren sehr gut.
Die Reaktion ist also nach folgender Gleichung verlaufen:
C„H;,NO, + 4(CH,COO),Hg =
C,H, NO,.CH,COO -- 3CH,COOH + 2(CH,C00),Hg;.
*, Anm. Das in diesem Archiv 249, 678 (1911) beschriebene
Dehydrocorydin und ebenda 683 erwähnte Dehydroglaucin sind danach
ebenfalls als Didehydroverbindungen anzusehen.
J. Gadamer: Mercuriacetat in der Alkaloidchemie, 279
Corydalin (J. Gadamer).
lg Corydalin wurde in 5 g Eisessig gelöst und mit 5 g
Merkuriacetat (gelöst in 50 ccm Wasser und einigen Tropfen Essig-
säure) bei Zimmertemperatur angesetzt. Die Ausscheidung von
Merkuroacetat begann nach 20 Minuten. Der Eintritt der Gelb-
färbung konnte nicht genau beobachtet werden, da die Corydalin-
lösung an sich etwas gelblich war. Bereits nach 5 Minuten war sie
aber deutlich gelber geworden. Nach 72 Stunden wurde der Nieder-
schlag abgetrennt. Er betrug 2,0 g, während gemäß der Gleichung
C,H,NO, + 4(CH,CO0),Hg =
C,H:,;NO,.(CH,COO) + 3CH,COOH + 2 (CH,COO),Hg,
2,8 g berechnet sind. Bemerkenswerterweise war aber die rein
goldgelb gefärbte Lösung der essigsauren Base völlig inaktiv. Auf
die Bedeutung dieser Tatsache soll später zurückgekommen werden.
Zur vollständigen Dehydrierung wurde das Filtrat noch eine
halbe Stunde auf dem Wasserbade erwärmt. Auf der Oberfläche
begann bald wieder die Abscheidung von Merkuroacetat, während
die Lösung eine tiefer goldgelbe Farbe annahm. Die Ausbeute an
Merkuroacetat betrug 0,4 g. Es fehlten also immer noch 0,4 g.
Als dann nach 11, Stunden auf dem Wasserbade erhitzt wurde,
schied sich beim Erkalten kein Merkuroacetat mehr ab. Erst nach
längerem Stehen begann eine solche, die aber 0,1 g nicht überstieg.
Es bleibt also wie beim Canadin ein Fehlbetrag, der aber wohl nur
zum Teil durch die Löslichkeit des Merkuroacetats in Wasser bedingt
sein dürfte. Eine andere Ursache dürfte sein, daß der Luftsauerstoff
an der Oxydation mitbeteiligt ist.
Um festzustellen, bei welchem Merkuriacetatverbrauch die
optische Aktivität des Corydalins verschwunden ist mit anderen
Worten, wieviel Wasserstoff ihm dazu entzogen werden muß, wurde
der Versuch noch einmal wiederholt und nach gewissen Zeiten die
optische Aktivität geprüft.
1 g Corydalin wurde wie oben gelöst und mit Merkuriacetat
versetzt. Die Lösung (66 ccm) drehte im Dezimeterrohr + 3,1°.
Die Ausscheidung von Merkuroacetat war nach 30 Minuten bereits
deutlich. _Um die Mitwirkung des Luftsauerstoffs möglichst aus-
zuschalten, blieb das Gefäß mit Glasstöpsel verschlossen. Bereits
nach 24 Stunden war die Lösung inaktiv und hell goldgelb, mit
einem Stich ins Grünliche, gefärbt. Die abgeschiedene Menge
Merkuroacetat betrug 1,5 g. Für die Reaktion
C,H,NO, + 2(CH,C00),Hs =
C„H,NO, + (CH,C00),Hg, + 2CH,COOH
280 J. Gadamer: Mercuriacetat in der Alkaloidchemie.
berechnen sich 1,4 g. Darnach erregt es den Anschein, daß bei der
gemäßigten Oxydation mit Merkuriacetat zunächst ein Didehydro-
corydalin, das aber bereits inaktiv ist, und erst weiterhin das bereits
bekannte Tetra-Dehydrocorydalin entsteht. Ersteres entspräche
dem von mir entdeckten Dihydroberberin, letzteres dem Berberin.
Eine Nachprüfung des verwendeten Corydalins ergab aber, daß es
nicht rein war. Es sinterte schon mehrere Grade unter dem
normalen Schmelzpunkt. Auch war die optische Aktivität, die
allerdings unter diesen Bedingungen (essigsaure Lösung bei Gegen-
wart von Merkuriacetat) noch nicht festgestellt worden war, auf-
fallend gering, nämlich nur + 207°.
Der Versuch wurde daher mit einem sehr gut krystallisierten
Corydalin, dem reinsten mir augenblicklich zur Verfügung stehenden,
noch einmal wiederholt. Die Lösung dieses Präparates besaß das
spezifische Drehungsvermögen [#]p = + 283°.
Die Anfangsdrehung der Lösung (lg zu 66,7 ccm) betrug
4,25°. Die Abscheidung des Merkuroacetats begann nach etwa
20 Minuten. Nach 18 Stunden (die Zimmertemperatur war etwas
höher als im vorigen Versuch) war die Drehung auf 0,25° gesunken;
die Lösung war hellgoldgelb; das ausgeschiedene Merkuroacetat be-
trug 1,8g. Unter Annahme der Bildung einesTetradehydrocorydalins
waren 2,8 g berechnet, so daß also 35,7%, des Corydalins noch
hätten unangegriffen sein müssen. Nach dem Drehungsvermögen
aber waren nur noch rund 6% vorhanden. Dazu konnte noch
nachgewiesen werden, daß ein Teil des primären Oxydations-
produktes bereits zu dem bekannten Dehydrocorydalin weiter
oxydiert worden war. Nach weiteren 6 Stunden war die Lösung
_OCH, _OCH,
N
a a | 00H, | ep: 2u2
zug
H| |
N
Mh kt EN be Wei SI Zr a a
u be, Aue Mu Ha
I. II.
inaktiv. Die Ausscheidung an Merkuroacetat betrug noch 0,2 g.
Es fehlen demnach, auf Abspaltung von vier Wasserstoffatomen
berechnet, 08 g oder rund 30%.
Es weist also auch dieser Versuch darauf hin, daß die Oxy-
dation stufenweise erfolgt, daß erst ein Didehydro-, dann ein Tetra-
dehydrokörper entsteht. Das Didehydrocorydalin müßte nun aber
nach der bisher angenommenen Konstitutionsformel noch optisch
J. Gadamer: Mercuriacetat in der Alkaloidchemie., 281
aktiv sein, da, wie die Formel I lehrt, zwei asymmetrische Kohlen-
stoffatome (durch * gekennzeichnet) vorhanden sind, die bei stufen-
weiser Oxydation nicht gleichzeitig angegriffen werden können.
Dies wäre nur möglich, wenn die beiden asymmetrischen Kohlen-
stoffatome einander benachbart wären, entsprechend der Formel II.
Früher!) habe ich die Formel II ausgeschlossen, weil sich
nach dem damaligen Stande der Wissenschaft nicht erwarten ließ,
daß das Dehydrocorydalin alsdann bei der Reduktion zwei isomere
Corydaline (r-Corydalin und r-Mesocorydalin) liefern könne, wie es
tatsächlich der Fall ist. Jetzt bestehen diese Bedenken nicht mehr.
Inwieweit die von Dobbie und Lauder?) gefundene Methyl-
pyridintrikarbonsäure und der Uebergang der daraus gewonnenen
Pyridintetrakarbonsäure in Cinchomeronsäure gegen die Formel II
verwertet werden kann, entzieht sich zurzeit der Beurteilung. Ich
hoffe, daß das weitere Studium der beschriebenen Reaktion die
nunmehr wieder zweifelhaft gewordene Konstitution des Corydalins
aufklären wird.
II. Einwirkung von Merkuriacetat auf Laudanosin.
Mit R. Kondo.
Die Oxydation des Laudanosins ist in neuerer Zeit eingehend
von Frank Lee Pyman?) studiert worden. Er fand, daß
Laudanosin beim Erhitzen mit Braunstein und verdünnter Schwefel-
säure in ähnlicher Weise angegriffen wird, wie Narkotin und
Hydrastin. Er erhielt Veratrumaldehyd und 4,5-Dimethoxy-2-ß-
en nach folgendem Schema:
N
ap | IE Veratrum-
CH LU. loch, .‚aldehy
H 794 Ss a cHoO NS 3
+20 H CHO
H,C.N sat 0cH, H,C.N De
| Fr | \
BKL och, HC _ !ocH,
Ta, CH,
Laudanosin. Dimethoxymethylamino-
äthylbenzaldehyd.
Für letzteren kommt natürlich neben der Aldehydformel
noch die Carbinol- und die Ammoniumformel in Betracht®). Außer-
dem konnte er noch einen stickstofffreien Körper von der Formel
1) Dieses Archiv 240, 42 (1902).
2) Proc. Ch. Soc. 17, 252 (1902).
3) Journ. Chem. Soc. London 95, 1266, C.C. 1909, II., 990.
4) Siehe_dieses Archiv 243, 29 (1905).
282 J. Gadamer: Mercuriacetat in der Alkaloidchemie.
C,,H,(OCH,), isolieren. Ueber die Natur dieses Körpers äußert
sch Pyman, soweit ich es aus dem Referat entnehmen kann,
nicht, außer, daß er mit Brom in Chloroform nicht, mit Kalium-
permanganat in Aceton nicht sofort reagiere.
Wir haben die Oxydation des Laudanosins mit Merkuriacetat
geprüft, weil wir hofften, damit eine Oxydation des hydrierten
Pyr-Kernes zu erzielen. Bei unseren Versuchen zur Synthese des
Dicentrins, dem ich die Formel I zugeschrieben habe!), waren wir
bis zu einem Körper von der Formel II gekommen.
_OCH, OCH,
Ex er Per OCH,
| | |
Be Tr HF
FA
H,C.NTFNn-0 | Nano
30 Tui Ser.”
2 H;,
1. 3;
Alle Versuche, diesen Körper zu einem dem Papaverin analogen
Dimethoxybenzyl-Dioxymethylenisochinolin zu oxydieren, schlugen
febl, genau wie es Pictet und Finkelstein?) mit dem syn-
thetischen Dihydropapaverin ergangen ist. Auch das Merkuriacetat
versagte. Dadurch war der Weg verschlossen, der sich für die
Synthese des Glaucins®) aus dem Papaverin so erfolgreich erwiesen
hatte. Es sollte daher versucht werden, auf einem anderen Wege
zum Ziele zu gelangen; nämlich durch Dehydrierung des N-Methyl-
Dimethoxybenzyl-Dioxymethylen-Tetrahydroisochinolins. Bevor
jedoch das kostbare synthetische Material geopfert werden sollte,
wurde am r-Laudanosin versucht, ob es sich direkt zu r-Glauein
nach dem folgenden Schema würde dehydrieren lassen:
OCH, OCH,
00H; och,
| |
Ho > 1: Re
| H > | |
| n. | |
CH,N.. 7°. OH, CENT, 77 DOCH,
|
H;__ _—_-00B; H,___u_/0CH;,
H, H,
!) Dieses Archiv 249, 701 (1911),
2) Ber. 42, 1979 (1909).
®) Dieses Archiv 249, 680 (1911).
u nn Fi
J. Gadamer: Mercuriacetat in der Alkaloidchemie. 283
Als Dehydrierungsmittel sollte Merkuriacetat dienen, das als
mildes Mittel bereits an mehreren Beispielen erkannt worden war.
Der Versuch erschien hauptsächlich deswegen aussichtsreich, weil
das in Frage kommende Wasserstoffatom (in obiger Formel mit
einem * versehen) bei der Einwirkung konzentrierter Salpetersäure
auf Papaverin leicht durch die Nitrogruppe ersetzt wird. Es war
daher nicht ausgeschlossen, daß an dieser und der gegenüberliegenden
Stelle des Benz-Kernes des Isochinolins Merkurierung eintreten
würde.
Leider stellte sich aber heraus, daß Merkuriacetat an der die
Brücke bildenden Methylengruppe angriff, und so wurden dieselben
Körper erhalten, welche Pyman durch Oxydation mit Braunstein
und Schwefelsäure bekommen hatte, vor allem auch in erheblicher
Ausbeute der stickstofffreie Körper, dem er die Formel
C,,H,(OCH,), zuschreibt, der aber wahrscheinlich die Formel
C4H,0(OCH,), besitzt, da er sich gegen Brom und Permanganat
als gesättigt erweist.
Ich fasse diesen Körper als Tetramethoxydibenzyl auf, der
aus 2 Mol. Laudanosin nach folgendem Schema entstanden sein
dürfte:
OCH, OCH,
Bene: ae |
|
S en
BRpr Pi: +0 H\
GEN. ne OCH, H, sch, je >NCH,
2 H,
OCH, OCH,
OR ne |
| + H,0
re) an e
CH, CH,
es X
H,O. Hras Je fare Bl Er = ‚CH,
H,\_ De OCH, H,c0oL _ N .H,
2 H,
Es würden also, rein schematisch betrachtet, bei gemäßigter
Oxydation zunächst freie Benzylgruppen entstehen, die sich sofort
zusammenschließen. In der Hauptsache werden natürlich diese
284 J. Gadamer: Mercuriacetat in der Alkaloidchemie.
Dimethoxybenzylgruppen zu Veratrumaldehyd oxydiert werden.
Die Oxydationsprodukte eröffnen einen sehr interessanten und
wichtigen Einblick in den Verlauf der Reaktion, den wir leider
wegen des Kriegsausbruches nicht weiter verfolgen konnten, da
Herr Kondo als Angehöriger eines feindlichen Staates seine
Tätigkeit plötzlich aufgeben mußte. Aus diesem Grunde kann ich
auch zurzeit weitere Angaben nicht machen.
IN. Einwirkung ven Merkuriacetat auf Papaverin.
Mit Herrn Schulemann.
Die ersten Versuche wurden von Herrn Kondo ausgeführt,
der aber infolge zu intensiver Einwirkung in der Hauptsache die
bekannten Oxydationsprodukte des Papaverins, Papaveraldin und
Dimethoxycinchoninsäure erhielt. Daneben bekam er in geringer
Ausbeute Papaverinol, das bisher als direktes Oxydationsprodukt
des Papaverins nicht anzusehen war, da es nur durch Reduktion
des Papaveraldins, seines Ketons, gewonnen werden konnte!). Ihm
kommt die Formel (,,H,, NO, zu:
__OCH,
= my 7 OCH;
|
>07 =
HO |
NSN>NochH,
Sl _0CH,
Mit Herrn Schulemann, der leider auch seine Tätigkeit
vorzeitig abbrechen mußte, habe ich die Ueberführung des Papaverins
in Papaverinol etwas genauer bearbeitet. Die Ausbeute kann zu
einer fast quantitativen gestaltet werden, wenn man nach engenher
Vorschrift verfährt:
10,2 g kryptopinfreies Papaverin werden in 50 cem Wasser
verteilt und unter Zusatz von Eisessig auf dem Wasserbade erwärmt,
bis Lösung eintritt. Ebenso werden 20,4 g Merkuriacetat (mit einem
Gehalt von 93,74%) in 50 cem heißem Wasser unter Zugabe von
10 cem verdünnter Essigsäure gelöst. Nach der Vereinigung beider
Lösungen und Hinzufügen von 50 cem Wasser, das zum Nach-
spülen des einen Kolbens verwendet wird, beträgt die Temperatur
des Gemisches 65°C. Nach 24stündigem Stehen bei Zimmer-
1) Stuchlik, Mon. f. Chem. 21, 814 (1900).
J. Gadamer: Mercuriacetat in der Alkaloidchemie. 285
temperatur wird zwei Stunden lang auf dem Wasserbade derartig
erhitzt, daß die Lösung etwa 70°C. warm ist. Unter Abscheidung
von Merkuroacetat färbt sich die Lösung olivgrün mit mahagoni-
brauner Fluoreszenz. Nach dem Erkalten wird das Merkuroacetat
abgesaugt und ausgewaschen. Ausbeute 12 g, während für einen
quantitativen Verlauf nach der Gleichung:
C,H, NO, + 2(CH,C00),Hg + H,O =
339 636
C,H,NO, + (CH,C00),Hg, + 2CH,COOH
355 518
15.6 g berechnet sind.
Das kalte Filtrat wird mit verdünnter Salzsäure (20 cem
konzentrierter Salzsäure + SO cem Wasser) unter Umschütteln
versetzt, wobei es zur Abscheidung eines feinen grünlichweißen
Niederschlages kommt, der die Flüssigkeit ganz erfüllt. Nunmehr
wird mit Schwefelwasserstoff gesättigt, wodurch der Niederschlag
eine goldgelbe Färbung annimmt. Unter dauerndem Einleiten
von Schwefelwasserstoff wird das Reaktionsprodukt auf dem
Wasserbade erhitzt, bis sich alles Quecksilber als schwarzes Sulfid
pulverförmig abgeschieden hat.
Das klare, völlig quecksilberfreie Filtrat wird mit Soda-
lösung alkalisiertt und dreimal mit Chloroform ausgeschüttelt.
Die vereinigten Chloroformlösungen werden über geglühtes Natrium-
sulfat filtriert und abdestilliert. Der gelbliche, harzige Rückstand
wird sofort in Alkohol von 96%, gelöst, aus dem Papaverinol vom
Schmelzpunkt 137°C. in schöner Ausbildung auskrystallisiert.
Unter Verarbeitung aller Mutterlaugen werden 9,2 g Papaverinol
(gegen 10.7 g der Theorie) erhalten neben geringen Mengen eines
harzigen Körpers.
Das Papaverinol stimmte in seinen Farbreaktionen mit den
Angaben von Stuchlick (Il. e.) durchaus überein. Es ist nun-
mehr sehr bequem zugänglich geworden*).
* Anm. Während diese Arbeit bereits im Druck war, erhielt
ich von Herrn Kondo die Mitteilung, daß nach seiner Ueberzeugung
das als Papaverinol angesprochene Oxydationsprodukt des Papaverins
nicht Papaverinol sei, da die Analyse nur 66,5% C, 6,1% H und
4,1% N ergäbe, während 67,57% C, 6,0%, H und 4% N berechnet
sind. Ich habe daraufhin von Schuleman.n dargestelltes Oxydations-
produkt analysiert und die Werte 67,3% C und 6.2% H erhalten, die
mit der Formel des Papaverinols in durchaus guter Uebereinstimmung
stehen. Ich halte daher die Bedenken des Herrn Kondo zunächst
nicht für berechtigt.
—
286 J. Gadamer: Mercuriacetat in der Alkaloidcehemie.
Die leichte Angreifbarkeit der Methylengruppe des Papaverins
durch Oxydationsmittel machte es wahrscheinlich, daß die in der
Neuzeit mehr und mehr geschätzte Wirkung des Papaverins nicht
dem Papaverin selbst zukäme, sondern dem daraus durch Oxydation
im Organismus entstehenden Papaverinol. Die erneute pharmako-
logische Prüfung des Papaverinols hat aber keinen Anhaltspunkt
dafür gegeben.
Beim näheren Studium der Reaktion hat sich gezeigt, daß
als Zwischenprodukt der Einwirkung von Merkuriacetat auf Papa-
“ verin eine organische Quecksilberverbindung entsteht:
Werden äquivalente Mengen von Papaverin und Merkuri-
acetat vereinigt, so entsteht eine klare Lösung, aus der Chlor-
natrium einen weißen Niederschlag ausfällt. Aus dem Filtrat dieses
Niederschlages fällt Jodkalium noch eine geringere Menge eines
ebenfalls weißen Niederschlages. Beide Niederschläge werden von
Schwefelammonium nicht geschwärzt. Suspendiert man sie aber
in mit Salzsäure angesäuertem Wasser, erwärmt, kühlt wieder ab
und alkalisiert mit Soda, so fällt Schwefelammonium nunmehr
schwarzes Schwefelquecksilber aus.
Die Reindarstellung der Merkauriverbindung gelang nicht,
da rasch unter Oxydation eines Teiles der organischen Komponente
Merkuroacetat entsteht; beim Aussalzen mit Chlornatrium menst
sich daher stets Quecksilberchlorür bei.
Die beobachteten Tatsachen lassen darauf schließen, daß
zunächst eine Papaverinmerkuriverbindung entsteht und zwar
tritt das Quecksilber an der Methylenbrücke ein, entsprechend
Diese Merkuriverbindung reagiert dann langsam in der Kälte,
rasch in der Wärme mit einem zweiten Molekül Merkuriacetat
nach
rn He +30 I + HgsAc, + HA
= c G,
RER TER DT TERN TIR en
Wird nun das Merkuroacetat abfiltriert und das Filtrat mit
verdünnter Chlorwasserstoffsäure versetzt, so entsteht, falls man
mit einem Ueberschuß von Merkuriacetat gearbeitet hat, von
neuem ein weißer Niederschlag, der sich gegen Schwefelammonium
wieder ganz wie eine Organomerkuriverbindung verhält. Da nach
Zerlegung desselben mit Schwefelwasserstoff in der Wärme Papa-
or
J. Gadamer: Mercuriacetat in der Alkaloidchemie. 287
verinol erhalten wird, kann es sich wohl nur um eine Merkuri- .
papaverinolverbindung handeln (Schulemann).
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß Papaverin schon
durch ein Molekül Merkuriacetat zu Papaverinol oxydiert wird,
wenn man einen Ueberschuß des Reagens vermeidet und auf
höhere Temperatur erhitzt. Die Reaktion vollzieht sich dann unter
Abscheidung von Quecksilber nach
< 4m0=0l + Hg + HAc
Made und ChDOH
Schlußbetrachtungen.
Die mitgeteilten Beispiele zeigen, wie außerordentlich vorteil-
haft das Merkuriacetat in der Alkaloidchemie zu Oxydationszwecken
benutzt werden kann, und sich den sonst üblichen Oxydationsmitteln
überlegen zeigt, wenn nur ein milder Eingriff beabsichtigt ist. Die
Reaktionen sind wegen der milden Wirkung außergewöhnlich
glatt, so daß eine stufenweise Oxydation möglich ist. Die Tempe-
ratur spielt natürlich eine große Rolle, da Quecksilberacetat in
‚der Siedehitze weitgehend hydrolytisch gespalten wird. Aber ge-
rade dadurch hat man es in der Hand, den Oxydationsverlauf zu
beeinflussen. Die bisherigen Versuche lassen den Schluß zu, daß
die Isochinolinderivate ganz besonders gut mit Merkuriacetat
reagieren. Denn auch Narkotin wird von ihm in der Kälte langsam,
rasch beim Erwärmen oxydiert. Morphin und Chinin reagieren
selbst beim Erwärmen nur träge. Recht gut scheint Brucin
oxydierbar zu sein.
Von Bedeutung scheint auch die Natur des Stickstoffs zu
sein. Während Canadin und Corydalin schon in der Kälte über
die Didehydroverbindung zur Tetradehydroverbindung geführt
werden, ist das Tetrahydroberberinmethosulfat selbst in der Siede-
hitze beständig. Erst als im Autoklaven, bei einem Ueberdruck
von 2 bis 3 Atmosphären gearbeitet wurde, war eine Einwirkung
zu beobachten, die aber anscheinend — die Versuche konnten
noch nicht zu Ende geführt werden — noch keinem stöchiometrischen
Verhältnis entsprach.
Was nun im besonderen die näher beschriebenen Beispiele
anbetrifft, so scheinen sie mir wertvolles Material für Konstitutions-
bestimmungen zu bringen. Schreiben wir die in Frage kommenden
Formeln in einer den Vergleich erleichternden Weise, so kommen
wir zu folgenden Bildern:
288 J. Gadamer: Mercuriacetat in der Alkaloidchemie.
OCH, OCH,
Rah Bu
Be Pal Be
‘cm, H,C m:
P4
Be -
—_—_ 008; Hı__ 00H,
2
Papaverin. Laudanosin.
Ba Be
Tue, ve en le Tr
N ar.
CH,N » "No NN NocH,
CIDe nee
2 2
Bulbocapninmethyläther. Corydalin (bisherige Formel).
Im Papaverin, bei dem der Stickstoff schon mit dem be-
nachbarten Kohlenstoff in Doppelbindung steht, ist der Angriffs-
punkt des Merkuriacetats die Methylenbrücke (*). Als primäres
Oxydationsprodukt entsteht Papaverinol, als sekundäres Papa-
veraldin.
Im Laudanosin hingegen greift Merkuriacetat an dem dem
Stickstoff benachbarten Kohlenstoffatom ein und am Stickstoff
selbst, so daß eine Loslösung der ganzen oberen Gruppe einschließlich
der Methylengruppe stattfindet. Erst in zweiter Linie wird auch
die Methylengruppe berührt, wie die Bildung des Veratrumaldehyds
beweist. Die Gruppe CH,—CH, im hydrierten Pyridinkern ist
völlig passiv.
Es wird damit auch verständlich, daß Dihydropapaverin
und entsprechend gebaute Basen nicht zu Papaverin oder Analogen
oxydiert werden können. Alle Oxydationsmittel greifen an dem
Brückenmethylen an und führen zur Zertrümmerung des Moleküls,
ehe eine Dehydrierung der —CH,—CH,-Gruppe zustande kommen
kann.
Die Beständigkeit dieser Gruppe zeigt sich auch beim Corydalin
und seinen Verwandten (Canadin ete.). In seiner Konstitution
entspricht es dem Laudanosin. Die Angriffsstelle wird daher dieselbe
sein (*). Zu einer Aufspaltung wie beim Laudanosin wird es aber
nicht kommen, da Stickstoff und Kohlenstoff noch an einem zweiten
J. Gadamer: Mercuriacetat in der Alkaloidchemie. 289
Kern beteiligt sind. In zweiter Linie wird, entsprechend dem Lauda-
nosin die benachbarte Methylengruppe (in der möglicherweise
ein Wasserstoff durch Methyl substituiert ist) in Reaktion treten,
und zwar um so leichter als sie einem partiell hydrierten Kern an-
gehört. Aus demselben Grunde wird auch die zweite, dem Stick-
stoff benachbarte, Methylengruppe (oder auch substituierte
Methylengruppe) oxydiert werden, wenn auch weniger leicht; denn
die Angriffsstelle ist nun einmal die mit (*) versehene.
Beim Bulbocapnin und verwandten Alkaloiden endlich wird
entsprechend Laudanosin und Corydalin die Oxydatien an dem
tertiären Kohlenstoffatom (*) einsetzen. Für die Dehydrierung
sind dann zwei Möglichkeiten vorhanden; entweder tritt Doppel-
bindung nach dem Stickstoff oder nach der Methylenbrücke ein.
In jedem Falle muß der entstehende Körper inaktiv sein, jedoch wird
die Base im ersteren Falle quartärer, im letzteren tertiärer Natur sein
müssen. Wir haben seinerzeit-aus der gelben Farbe und der sonstigen
Berberinähnlichkeit auf eine quartäre Base geschlossen; doch ist
dieser Schluß keineswegs sicher, da ja auch das Dihydroberberin
gelb gefärbt ist. Es wird also nötig sein zur Entscheidung der Frage,
die Verbindungsreihe von neuem zu studieren. Mit Sicherheit kann
aber wohl jetzt schon gesagt werden, daß die früher aufgestellten
Formeln um zwei Wasserstoffatome zu vergrößern sind; die Gruppe
—CH,—CH,— im hydrierten Pyridinkern ist auch hier nicht
dehydrierbar.
Bei diesen Erwägungen habe ich mich auf den Standpunkt
der formalen Valenzlehre gestellt. Sollte sich herausstellen, daß
dem Corydalin die bisher angenommene Konstitutionsformel zu-
kommt, wofür auch die genetischen Beziehungen sprechen, so
würde man zur Erklärung des Eintritts optischer Inaktivität bei
Entziehung von nur zwei Wasserstoffatomen allerdings mit der
formalen Valenzlehre nicht auskommen, es sei denn, daß am zweiten
asymmetrischen Kohlenstoffatome das Wasserstoffatom durch
—Hg—OOCCH, substituiert wird und bei dieser Substitution
gleichzeitig Razemisation eintritt. Darüber werden künftige
Arbeiten die Entscheidung zu bringen haben.
Arch. d. Pharm. UCLIII. Bds. 4. Heft. 19
290 A. Tschirch und C. de Jong: Bernstein.
Arbeiten aus dem pharmazeutischen Institut
der Universität Bern.
Untersuchungen über die Sekrete.
Von A. Tschirch.
101. Weitere Untersuchungen über den Bernstein
(Suceinit). |
Von A. Tschirch und Cornelis de Jong.
(Eingegangen den 14. V. 1915.)
Als vor nunmehr 21 Jahren Aweng an die Untersuchung
des Bernsteins ging!), befanden sich die Harzuntersuchungen noch
in den Anfangsstadien. Das Tschirch’sche Ausschüttelungs-
verfahren, das in so einfacher Weise eine Zerlegung der Harzkörper
ermöglicht, war noch nicht aufgefunden, eine rationelle Namen-
bildung war noch nicht möglich, einzelne Körperklassen der Harz-
bestandteile, wie die der Resene, noch unbekannt. Es war nun
von Interesse, den Succinit nochmals nach dem neuen Verfahren
zu untersuchen und den Versuch zu machen, die A wen g’schen
Körper weiter zu zerlegen. Besonders die Succinoabietinsäure, der
Aweng die Formel C,,H}0; gegeben hatte, bedurfte einer er-
neuten Untersuchung, da ihre Formel stark von der der übrigen
Coniferenharzsäuren abwich, während die Formeln des Succino-
abietols, der Succinosilvinsäure und des Succinoresinols zu solchen
Bedenken keine Veranlassung gaben und denn auch, wie wir schon
hier bemerken wollen, bestätigt werden konnten.
Zerlegung der Roh-Suceinoabietinsäure.
Da noch eine Menge von ca. 55 g Roh-Succinoabietinsäure
von Aweng vorhanden war, wurde zunächst mit dieser eine
Anzahl von Versuchen gemacht, und als es sich zeigte, daß sie
!) Vergl. dieses Archiv 1894 und Tschirch, Harze und
Harzbehälter, 2. Aufl., S. 736.
%
Se
A. Tschirch und ©. de Jong: Bernstein. 291
sich durch Ausschütteln zerlegen läßt, eine systematische Aus-
schüttelung der ätherischen ‚Lösung zunächst mit Ammonkarbonat,
dann mit Soda und schließlich mit Kalihydrat vorgenommen. Es
lagen zwei Muster vor, die hier mit A und B bezeichnet werden
sollen. Zunächst zeigte sich, daß keines von beiden in Aether voll-
ständig löslich war, das eine (A) ließ ca. 15%, das andere (B) ca. 10%
ungelöst zurück.
Die ätherische Lösung wurde nun zunächst mit 1%,iger
Ammonkarbonatlösung ausgeschüttelt, das Ammonsalz
mit Salzsäure zerlegt und die freie Säure mit Bleiacetat gefällt.
Diese Bleifällung bewirkte die Abtrennung einer amorphen,
schmierigen Substanz, die mit Blei nicht fällbar war, also gelöst
blieb. Das ausgefällte Bleisalz wurde mit Schwefelwasserstoff
zerlegt und die freie Säure weiter gereinigt bis sie farblos war. Nur
aus Muster A wurde genug zur Analyse erhalten.
Der Schmelzpunkt lag bei 120%. Die Säure löst sich sehr
leicht in Aethylalkohol, Chloroform, Eisessig, Aceton, Pyridin,
Amylalkohol und warmem Methylalkohol, ziemlich schwer in kaltem
Benzol, leicht in heißem. Die alkoholische Lösung reagiert sauer.
Die Verbrennungen ergaben:
l. 0,1682 g Säure verbrannten zu 0,1405 g H,O u. 0,4420 g CO,.
2. 0,1522 g Säure verbrannten zu 0,1245 g H,O u. 0,4010 g CO,.
3. 0,1519 g Säure verbrannten zu 0,1235 g H,O u. 0,4005 g CO;,.
Daraus ergibt sich:
1. 2. 3. Mittel: Berechnet für C,H3.0;:
C =7168 7188 7183 71,79 71,85%
H = 9,34 9,09 9,14 9,19 9,00%
Kaliumsalz:
0,2040 g Säure neutralisierten 5,3 cem Y/,.-N.-KOH = 0,0207 g
K = 10,14%.
0,1962 g Säure neutralisierten 5,2 cem !/,0-N.-KOH = 0,0203 g
K = 10,34%.
Die Formel C,H,RKO, verlangt 10,5% K.
Die Säurezahl (direkt), S.-Z. d., ist also 145,75—148,68
oder im Mittel: 147,21.
Säurezahl (indirekt). 8.-Z. ind.:
0,1506 g Säure neutralisierten 4,05 cem !/,o-N--KOH, also Säure-
zahl = 150,86.
0,1616 g Säure neutralisierten 4,40 cem Y/,o-N.-KOH, also Säure
zahl = 152,74.
oder im Mittel: 151,80.
19*
292 A. Tschirch und C. de Jong: Bernstein.
Verseifungszahl (kalt). V.-2. k.:
0,1850 g Säure brauchten nach 5 Minuten 5,10 cem !/,.-N.-KOH
—= 154,65.
0,1712 g Säure brauchten nach 15 Minuten 4,75 cem !/,,-N.-KOH
= 155,65.
oder im Mittel 155,15.
Verseifungszahl (heiß). V-.Z.h.:
0,1455 g Säure brauchten 4,50 ccm Y/,o-N.-KOH = 173,50.
0,1620 g Säure brauchten 5,05 cem Y/,o-N.-KOH = 174,87
oder im Mittel = 174,18.
Jodzahl:
0,7500 g Säure addierten 0,1388 g Jod = 18,50.
0,8314 g Säure addierten 0,1555 g Jod = 18,70.
Im Mittel = 18,60.
Es handelt sich also um eine Monokarbonsäure der Formel
C,H3004 = C1H20,.COOH, die zwei Sauerstoffatome mehr ent-
hält wie die Abietinsäure und Pimarsäure, denen die Formel
C,H30, zukommt. Wir haben sie deshalb
i1s
Sueceoxyabietinsäure
genannt.
Vielleicht hatte die Harzsäure, als sie in der Pflanze vor Jahr-
millionen gebildet wurde, ebenfalls die Formel der Abietinsäure
und ging durch Autoxydation in die Succoxyabietinsäure über.
Nur zwei Atome Sauerstoff der Succoxyabietinsäure stecken im
Carboxyl, die anderen beiden sind, wie es scheint, ähnlich wie bei
anderen Peroxyden gebunden. Wir können die Säure also schreiben:
16)
a
Ö—0,H,, COOH.
Sie gibt bei der kalten Verseifung keine Verseifungszahl.
Erst bei der heißen Verseifung wird, wohl durch vorübergehende
Anlagerung von Wasser ein auf Alkali reagierendes Hydroxyl
gebildet, was die Erscheinung erklären würde, daß die Säure eine
geringe Verseifungszahl (heiß) gibt.
Nachdem die ätherische Lösung durch Ammonkarbonat
erschöpft war, wurde sie mit 1%iger Sodalösung ausgeschüttelt.
Die Hauptmenge, mehr als 50%. trat an diese
über. Das Natronsalz wurde mit Salzsäure zerlegt, die ab-
geschiedene Säure mit alkoholischem Bleiacetat gefällt. Die Blei-
fällung bewirkte auch hier die Abtrennung einer braunen Schmiere,
die durch Blei nicht fällbar war, also gelöst blieb. Das ausgefällte
Bleisalz wurde mit Schwefelwasserstoff zerlegt und die in Freiheit
\
A. Tschirch und C. de Jong: Bernstein. 293
gesetzte Säure weiter gereinigt. Sie war aus beiden Mustern A und B
leicht farblos zu erhalten, krystallisierte aber nicht. Der Schmelz-
punkt lag bei der Säure aus A bei 112°, bei der aus B bei 110°.
Die Säure löst sich sehr leicht in Chloroform, Eisessig, Aceton,
Pyridin und Amylalkohol, leicht in kaltem Aethylalkohol und in
heißem Methylalkohol und Benzol.
Die alkoholische Lösung reagiert sauer.
Säure A: Schmelzpunkt 112°C.
Verbrennungen:
l. 0,1579 g Säure verbrannten zu 0,4430 g CO, u. 0,1380 g H,O.
2. 0,1620 g Säure verbrannten zu 0,4550 g CO, u. 0,1485 g H,O.
3. 0,1519 g Säure verbrannten zu 0,4255 g CO, u. 0,1350 g H,O.
Daraus ergibt sich:
l. = 3. Mittel Berechnet für C„H„0;:
C = 76,49 76,57 76,39 76,48 77,41%
2 =.49,77' 10,25 9,94 9,98 9,67%
Kaliumsalz:
0,1863 g Säure neutralisierten 2,90 eem Y/,o-N.-KOH = 0,0113 g
K = 6,06%. -
0,2172 g Säure neutralisierten 3,50 cem Y/,.-N.-KOH = 0,0136 g
K = 6,26%.
0,1654 g Säure neutralisierten 2,60 cem !/,o-N.-KOH = 0,0101 g
6,10%.
Die Formel C,,H,KO, verlangt 5,94% K.
Die Säurezahl (direkt), S.-Z. d., ist also 87,32—90,40—88,18
oder im Mittel 88,63.
Säurezahl (indirekt). 8.-2. ind.:
0,1562 g Säure Tg ea; 2,55 cem !/,o-N--KOH, also Säure-
zahl = 91,58.
0,1318 g Säure neutralisierten 2,20 eem Y/ıo-N--KOH, also Säure-
zahl = 93,64.
oder im Mittel 92,61.
Verseifungszahl (kalt). V.-Z. k.:
0,1110 g Säure brauchten nach 5 Minuten 1,90 cem !/,,-N.-KOH
= 96,02.
0,1745 g Säure brauchten nach 15 Minuten 3,05 cem Y,o-N--KOH
= 98,05.
oder im Mittel 97,03.
K
Verseifungszahl (heiß). V.-Z. h.:
0,2060 g Säure brauchten 5,2 ecem !/,0-N--KOH = 141,61.
0,1814 g Säure brauchten 4,6 cem Y/jo-N.-KOH = 142,26.
oder im Mittel = 141,93
294
A. Tschirch und ©. de Jong: Bernstein.
Jodzahl J.-2:
0,8551 g Säure addierten 0,4022 g Jod = 47,03.
0,7770 g Säure addierten 0,3760 g Jod = 48,39.
oder im Mittel = 47,71.
Säure B: Schmelzpunkt 110°C.
Verbrennungen:
1. 0,1732 g Säure verbrannten zu 0,4910 g CO, u. 0,1525 g H,O.
2. 0,1952 g Säure verbrannten zu 0,5550 g CO, u. 0,1665 g H,O.
3. 0,1611 g Säure verbrannten zu 0,4550 g CO, u. 0,1430 g H,O.
Daraus ergibt sich:
1: 2. 3. Mittel: C.H.0, verlangt:
C = 77,31 77,54 77,02 : 77,29 77,41%
H= 9,34 9,54 9,92 9,77 9,67%
Kaliumsalz:
0,1638 g Säure neutralisierten 2,65 ecm !/,.-N.-KOH = 0,0103 g
= 6,28%. .
0,1483 g Säure neutralisierten 2,45 cem !/,„-N--KOH = 0,0095 g
= 6,40%-
0,1990 g Säure neutralisierten 3,20 cem !/,o-N.-KOH = 0,0125 g
— 6,28%.
Die Formel C,H;,KO, verlangt 5,94% K.
Die Säurezahl (direkt), S.-Z. d., ist also 90,76—92,68—90,21
oder im Mittel 91,21.
Säurezahl (indirekt). 8.-Z2. ind.:
0,2208 g Säure neutralisierten 3,75 cem !/,o-N.-KOH, also Säure-
zahl = 95,27. 4
0,1754 g Säure neutralisierten 2,95 com Y,0-N.-KOH, also Säure-
zahl = 94,35.
oder im Mittel 94,81.
Verseifungszahl (kalt. V.-Z2 k: _
0,1583 g Säure brauchten nach 5 Minuten 2,70 cem 1/,.„-N.-KOH
= 95,68.
0,1612 g Säure brauchten nach 15 Minuten 2,85 cem N.-\/,,„,KOH
= 99,18.
oder im Mittel 97,43.
Verseifungszahl (heiß). V.-2. h.:
0,1462 g Säure brauchten 3,75 cem !/,o-N.-KOH = 143,89.
0,1511 g Säure brauchten 3.90 cem Y/,o-N:--KOH = 144,79.
oder im Mittel = 144,34.
A. Tsehirch und C, de Jong: Bernstein. 295
Jodzahl. J.-2.:
0,9043 g Säure addierten 0,4615 g Jod = 51,03.
0,8311 g Säure addierten 0,4164 g Jod = 50,10.
oder im Mittel = 50,56.
Es handelt sich also auch hier, wie bei allen bisher isolierten
Coniferenharzsäuren um eine Monokarbonsäure Die Säure, der
wir den Namen
Suceinoabietinolsäure
gaben, hat die Formel C,,H,0; = C3H;,0,COOH. Das Molekül
der Abietinsäure ist in ihr verdoppelt (= C,,H,,0,) und ein Sauer-
stoffatom mehr darin. Es ist also wohl eine durch Autoxydation und
Polymerisation entstandene Säure, aber mit weniger Sauerstoff als
die Succoxyabietinsäure. Sie gibt keine Verseifungszahl kalt, wohl
aber eine verhältnismäßig hohe Verseifungszahl heiß. Wir werden
später sehen, daß sie bei der Hydrolyse mit alkoholischem Kali
in Borneol. einen sauren und einen neutralen Körper zerfällt.
Die mit Soda erschöpfte ätherische Lösung wurde nun mit
1%/,, Kaliumhydroxyd ausgeschüttelt, wobei sich ein Geruch nach
Borneol bemerklich machte, die alkalische Flüssigkeit mit Salzsäure
zerlegt und die Säure gereinigt. Es ergab sich, daß auch diese Säure
Suceinoabietinolsäure war, aber, wie schon der Geruch
nach Borneol zeigte, hier als Borneolester auftrat.
Die Verbrennungen ergaben:
1. 0,1880 g Säure verbrannten zu 0,5334 g CO, u. 0,1630 g H,O.
2. 0,1512 g Säure verbrannten zu 0,4292 g CO, u. 0,1296 g H,O.
L 2. Mittel: Berechnet für C„H.0;:
C = 77,37 77,41 77,39 77,41%
H= 9,69 9,58 9,635 9,67%
Kaliumsalz:
04127 g Säure neutralisierten 1,75 ccm !/,o-N.-KOH = 0,0068 g
K = 6,03%.
0,1305 g Säure neutralisierten 2,05 cem !/,o-N.-KOH = 0,0080 g
K= 6,13%. z ä
Die Formel C,H, 0, verlangt für das Kaliumsalz C,H,KO,
5,94% K.
Die Säurezahl (direkt) S.-Z. d., ist also 87,2—88,22, d. i.
im Mittel 87,71.
Verseifungszahl (heiß). V.-Z. h.:
0,1605 g Säure brauchten 4,1 cem Y/,o-N--KOH = 143,46.
0,1410 g Säure brauchten 3,6 ecem !/,o-N--KOH = 143,38
oder im Mittel = 143,42.
296 A. Tschirch und C. de Jong: Bernstein.
Wurde die ätherische Lösung statt mit 1%,, mit 5% Kali-
hydroxydlösung ausgeschüttelt, so ging die Reaktion weiter: Die
Succinoabietinolsäure erlitt selbst eine weitere Spaltung. Um
diese vollständig durchzuführen, wurde der Aether abgezogen und
der Rückstand, der 6,8% beim Muster A und 26,3% beim Muster B
betrug, mit alkoholischem 14-N.-Kali verseift. Es trat hierbei ein
starker Kampfergeruch auf, herrührend von weiterem abgespaltenen
Borneol, und es entstand eine klare Lösung. Wurde dieselbe in
Wasser gegossen, so schied sich eine gelbliche Substanz ab, die aber
durch wiederholtes Auflösen in Alkohol und Fällen mit salzsäuıe-
haltigem Wasser bald farblos erhalten werden konnte.
Die Substanz war neutral und besaß einen Schmelzpunkt
von 90—91°. Sie ist leicht löslich in Alkohol, Aether, Aceton und
Chloroform, unlöslich in Petroläther.
Die Verbrennungen der aus Substanz B isolierten Substanz
ergaben:
1. 0,1622 g verbrannten zu 0,4969 g CO, und 0,1542 g H,O.
2. 0,1804 g verbrannten zu 0,5538 g CO, und 0,1704 g H,O.
Daraus ergibt sich:
4 2. Mittel: Berechnet für C.He0O:
(oder C,,H3,0):
C = 83,55 83,72 83,635 83,91%
H = 10,63 10,56 10,595 10,48%
Da die Formel der Substanz mit der des Sueeinoabietols von
Aweng übereinstimmt, wurde zur weiteren Identifizierung die
Acetylierung versucht. Sie gelang. Das Acetylderivat ist in Petrol-
äther löslich und läßt sich daher leicht abtrennen. Der Nachweis
des Acetylrestes gelang ohne Schwierigkeit. Die Substanz ist also
ein Alkohol, ein Resinol. Die Formel von Aweng, C,H«0;
(oder C,,H,,0), konnte bestätigt werden. x
Die bei der Ausfällung des Succinoabietolkaliums mit Wasser
erhaltene alkalische Flüssigkeit wurde nun mit Salzsäure gefällt
und der gallertige Niederschlag gewaschen, getrocknet und ge-
reinigt.
Die farblose Substanz löst sich mit saurer Reaktion in Alkohol
und Aether. Sie ist auch in Sodalösung löslich. Der Schmelzpunkt
liegt bei 104°.
Die Verbrennungen ergaben:
1. 0,1304 g verbrannten zu 0,3854 g CO, und 0,1196 g H,O.
2. 0,1450 g verbrannten zu 0,4292 g CO, und 0,1309 g H,O.
ee u
A. Tschirceh und C. de Jong: Bernstein. 297
Daraus ergibt sich:
P 2. Mittel: Berechnet für C,,H,0;:
C = 80,60 80,72 80,66 80,89%
H = 10,25 10,09 10,17 10,11%
Kaliumsalz:
0,1113 g Säure neutralisierten 2,75 cem Y/,o-N.-KOH = 0,0107 g
K = 9,65%.
0,1601 g Säure neutralisierten 3,90 cem !/,0-N.-KOH = 0,0152 g
K = 9,49%.
Die Formel C,,H,,KO, verlangt 9,92% K.
Die Säurezahl (direkt), S.-Z. d., ist also 138,6—136,65 oder
im Mittel 137,62.
Die Säure ist also identisch mit der Suceinosilvinsäure
Awengs, mit der sie auch in ihren Eigenschaften übereinstimmt.
Es ist auch eine Monokarbonsäure.
Die Spaltung der Succeinoabietinolsäure können wir uns etwa
folgendermaßen denken:
2 (C.H50;) + 2H,0 = 2 (C,H30,) + CuHs0 +
Suecinoabietinol- Suceinosilvin- Suceino-
säure säure abietol
C,H, 0 + 2H,C0O,
Borneol Kohlensäure
Sueeinit. *
Die bei der Verarbeitung der Roh-Succinoabietinsäure
Awengs gewonnenen Resultate wurden hierauf bei einer Neu-
bearbeitung des Suceinits verwertet, der nun nach dem Aus-
schüttelungsverfahren zerlegt wurde. Die so schwierige und zeit-
raubende, der Ausschüttelung vorausgehende Zerlegung des Succinits
in einen alkohollöslichen und einen alkoholunlöslichen Anteil,
kann wesentlich dadurch abgekürzt werden, daß man den fein-
gepulverten Suceinit erst durch vwiederholtes Auskochen mit
starkem Alkohol von der Hauptmenge der löslichen Bestandteile
befreit und dann erst in Patronen oder einem Leinwandbeutel in
Alkoholdampf im Soxhlet extrahiert. Der in Alkohol lösliche
Anteil betrug ca. 30% des Suceinits. Er wurde in Aether gelöst,
wobei nur eine ganz geringe Menge mitgerissenen Succeinins zurück -
blieb und die ätherische Lösung nacheinander mit Ammonkarbonat,
Soda und Kalihydrat ausgeschüttelt.
298 A. Tschirch und ©. de Jong: Bernstein.
Succoxyabietinsäure,
CuHz0 4°
Die bei der Ausschüttelung mit 1% Ammonkarbonatlösung
beobachtete lästige Abscheidung eines gelatinösen Niederschlages
kann vermieden werden, wenn man Ausschüttelungen mit Wasser
einschiebt. Denn der Niederschlag besteht aus dem Ammonsalz
der Harzsäure, das in Wasser löslich ist. Die aus der Ammonsalz-
lösung mit salzsäurehaltigem Wasser ausgeschiedene Säure wurde
zunächst durch Fällen der alkoholischen Lösung der Säure mit
salzsäurehaltigem Wasser und dann durch Ausschütteln der
ätherischen Harzsäu:elösung mit Soda und schließlich durch Fällen
mit Bleiacetat gereinigt. Das abgeschiedene Bleisalz wurde mit
Schwefelwasserstoff zerlegt und die Harzsäure durch Ausfällen
weiter gereinigt.
Die farblose Säure hat einen Schmelzpunkt von 121°, löst
sich in den gleichen Lösungsmitteln, die oben für die Succoxy-
abietinsäure angegeben sind und ist, wie die Analyse, die
Salzbildung und das sonstige Verhalten zeigt mit dieser identisch.
Die Verbrennungen ergaben:
1. 0,2304 g verbrannten zu 0,6048 g CO, und 0,1874 g H,O.
2. 0,2112 g verbrannten zu 0,5568 g CO, und 0,1712 g H,O.
3. 0,1938 g verbrannten zu 0,5100 g CO, und 0,1580 g H,O.
Daraus ergibt sich:
1: 2. ar Mittel Berechnet für C,,H304:
G =71,59 71,90 DEI 71,75 71,85%
H =. 9,09 9,06 9,71 9,08 9,00%
Kaliumsalz:
0,1804 g Säure neutralisierten 4,75 ccm Y,o-N--KOH = 0,0185 g
K = 10,25%.
0,2216 g Säure neutralisierten 5,85 cem "/,0,-N--KOH = 0,0228 g
K = 10,28%.
Die Formel C,,H,KO, verlangt 10,5% K
Die Säurezahl (direkt), S.-Z. d., ist also 147,71—148,09
oder im Mittel 147,9.
Säurezahl (indirekt). $.-2. ind.:
0,1976 g Säure neutralisierten 5,40 cem !/,,-N.-KOH, also Säure-
zahl = 153,30.
0,2168 g Säure neutralisierten 6,00 cem Y/,.-N.-KOH, also Säure-
zahl = 155,25.
oder im Mittel 154,27.
A. Tsohirch und C. de Jong: Bernstein. 299
Verseifungszahl (kalt). V.-Z. k.:
0,1782 g Säure brauchten nach 5 Minuten 4,95 com !/,o-N.-KOH
= 155,83.
0,1866 g Säure brauchten nach 15 Minuten 5,20 cem !/,o-N.-KOH
156,33.
oder im Mittel 156,08.
Verseifurgszahl (heiß) V.-Z. h.:
0,2418 g Säure brauchten 7,50 cem Y/,o-N--KOH = 174,00.
0,2506 g Säure brauchten 7,90 ccm Y/jo-N:-KOH = 176,85.
oder im Mittel = 175,42.
Jedzahl „R-2::
0,7918 g Säure addierten 0,1504 g Jod = 18,99.
0,9134 g Säure addierten 0,1763 g Jod = 19,30.
oder im Mittel = 19,14.
Silbersalz:
0,8156 g Silbersalz ergaben 0,2004 g Ag = 24,57%.
0,6504 g Silbersalz ergaben 0,1594 g Ag = 24,50%.
Die Formel C,,H,AgO, verlangt Ag = 24,47%.
Bei der Reinigung der Säure mit Bleiacetat bleibt in der
Lösung eine kleine Menge einer gelbbraunen Schmiere, die mit
Blei nicht ausfällt. Sie wurde nicht weiter untersucht.
Suceinoabietinolsäure,
C.Hs0;-
Nachdem die ätherische Lösung mit Ammonkarbonat erschöpft
und dann mit Wasser gewaschen war, wurde sie mit 1% Soda-
lösung ausgeschüttell. Die aus dem Natronsalze abgeschiedene
Säure wurde wie die Succoxyabietinsäure gereinigt. Die aus dem
Bleisalze abgeschiedene Säure erwies sich in allen Eigenschaften
als mit der oben beschriebenen Succinoabietinolsäure
identisch. Der Schmelzpunkt lag bei 110°.
Die Verbrennungen ergaben:
1. 0,1782 g Säure verbrannten zu 0,5065 g CO, und 0,1536 g H,O.
2. 0,1506 g Säure verbrannten zu 0,4266 g CO, und 0,1280 g H,O.
Daraus ergibt sich:
1? 2. Mittel: Berechnet für C,Hu0;:
C = 77,51 77,25 77,38 77,41%
H= 9,64 9,50 9,57 9,67%
300 A. Tschirch und C. de Jong: Bernstein.
Kaliumsalz:
0,2012 g Säure neutralisierten 3,1 com Y/,,-N--KOH = 0,0121 g
K = 6,01%.
0,1408 g Säure neutralisierten 2,2 ccm Y,o-N-.-KOH = 0,0086 g
K = 6,10%.
Die Formel C,.H,‚KO, verlangt 5,94% K.
Die Säurezahl (direkt), 8.-Z. d., ist also 86,43—87,65 oder
im Mittel 87,04.
Säurezahl (indirekt). 8.-2. ind.:
0,2342 g Säure neutralisierten 3,9 cem !/,o-N.-KOH, also Säure-
zahl = 93,42.
0,2416 g Säure neutralisierten 4,1 cem !/,.-N.-KOH, also Säure-
zahl = 95,20.
oder im Mittel 94,31.
Verseifungszahl (kalt). V.-Z. k.:
0,1922 g Säure brauchten nach 5 Minuten 3,30 cem 1/,o-N.-KOH
— 96,32. £
0,2138 g Säure brauchten nach 15 Minuten 3,75 cem !/,.-N.-KOH
= 98,39.
oder im Mittel 97,35.
Verseifungszahl (heiß). V.-Z. h.:
0,2162 g Säure brauchten 5,60 cem !/,o-N.-KOH = 145,30.
0,2308 g Säure brauchten 5,95 cem Yıo-N--KOH = 144,62.
oder im Mittel = 144,96.
Jodzahl.. J.-Z:
0,8266 g Säure addierten 0,4158 g Jod = 50,30.
0,7854 g Säure addierten 0,4052 g Jod = 51,59.
oder im Mittel = 50,94.
Silbersalz:
1,1040 g Silbersalz ergaben 0,1668 g Ag = 15,10%.
0,9718 g Silbersalz ergaben 0,1456 g Ag = 14,98%.
Die Formel C„H,„AgO, verlangt 14,84% Ag.
Zerlegung der Suceinoabietinolsäure in Suceinosilvinsäure,
Suceinoabietol und Borneol.
Schüttelt man die mit Ammonkarbonat und Soda erschöpfte
ätherische Lösung mit 1°,, Kalihydrat, so bemerkt man einen
schwachen Borneolgeruch und in das Alkali tritt Suceinoabietinol-
säure über, Es liegt also offenbar ein Borneol-Suceinoabietinol-
A. Tschirch und ©. de Jong: Bernstein, 301
säureester vor, von dem schon durch 1°/,, Kalihydrat Borneol ab-
gespalten wird. Destilliert man aber den Aether ab und verseift
den Rückstand mit alkoholischer 1,-N.-Kaliumhydroxydlösung, so
tritt sehr starker Borneolgeruch auf und man erhält eine alkalische
Flüssigkeit, die nur unter bestimmten Bedingungen eine Fällung
mit Wasser erleidet. Da durch den Vorversuch mit der Roh-Suceino-
abietinsäure festgestellt war, daß die Füllung eine Säure und einen
Alkohol enthält, so mußten sich diese beiden besser wie nach der
oben beschriebenen Methode durch Soda trennen lassen. So wurde
denn die gesamte, bei der Verseifung erhaltene alkalische Flüssig-
keit mit Salzsäure gefällt, die Fällung gut ausgewaschen und ge-
trocknet, dann in Aether gelöst und die ätherische Lösung mit Soda
ausgeschüttell. An die Soda geht eine Harzsäure, die zunächst
durch Ausfällen aus alkoholischer Lösung mittelst salzsäurehaltigem
Wasser, dann durch Bleiacetat gereinigt wurde. Die reine Säure
erwies sich. als identisch mit der oben beschriebenen Sueeino-
silvinsäure.
Der Schmelzpunkt lag bei 104°.
Die Verbrennungen ergaben:
1. 0,1926 g verbrannten zu 0,5718 g CO, und 0,1756 g H,O.
2. 0,2248 g verbrannten zu 0,6658 g CO, und 0,2040 g H,O.
Daraus ergibt sich:
T. 2. Mittel: Berechnet für C,,H,0::
H = 10,19 10,15 10,17 10,11%
Kaliumsalz:
0,1714 g Säure neutralisierten 4,25 cem Y/,o-N--KOH = 0,0166 g
K = 9,68%.
0,1964 g Säure neutralisierten 4,90 cem Y,o-N--KOH = 0,0191 g
K = 9,72%.
Die Formel C,,H,,KO, verlangt 9,92% K.
Die Säurezahl (direkt), 8.-Z2. d., ist also 139,1—139,96
oder im Mittel 139,53.
Säurezahl (indirekt). 8.-2. ind.:
0,1208 g Säure neutralisierten 3,05 cem ?/,o-N.-KOH, also Säure-
zahl = 141,64.
0,1522 g Säure neutralisierten 3,85 cem Y/,o-N.-KOH, also Säure-
zahl = 141,90.
oder im Mittel 141,77.
302 A. Tschireh und C. de Jong: Bernstein.
Verseifungszahl (kalt). V.-Z. k.:
0,1608 g Säure brauchten nach 5 Minuten 4,75 cem Y/,o-N.-KOH
= 144,78.
0,1716 g Säure brauchten nach 15 Minuten 4,50 cem !/,0-N.-KOH
= 147,11.
oder im Mittel 145,94.
Verseifungszahl] (heiß). V.-Z. h.:
0,1912 g Säure brauchten 5,55 cem Y/,o-N.-KOH = 162,84.
0,1434 g Säure brauchten 4,20 cem !/,0.-N.-KOH = 164,30.
oder im Mittel = 163,57.
Jodzahl. J.-2.:
0,6544 g Säure addierten 0,1509 g Jod = 23,05.
0,8376 g Säure addierten 0,2010 g Jod = 23,99.
oder im Mitte! = 23,52.
Silbersalz:
0,5638 g Silbersalz ergaben 0,1332 g Ag = 23,62%.
0,6274 g Silbersalz ergaben 0,1488 g Ag = 23,71%.
Die Formel C,,H,„‚AgO, verlangt Ag = 23,31%-
Sobald die ätherische Lösung nıchts mehr an Soda abgab,
wurde sie mit Wasser gewaschen, der Aether abgezogen und der
Rückstand in Alkohol gelöst und wiederholt mit salzsäurehaltigem
Wasser gefällt. Die Substanz wurde dadurch farblos. Sie war
neutral und erwies sich identisch mit dem oben beschriebenen
Resinol, dem Sueeinoabietol. Der Schmelzpunkt lag bei 90—91°.
Die Verbrennungen ergaben:
1. 0,2224 g Substanz verbrannten zu 0,6822g CO, u. 0,2088 g H,O.
2. 0,2306 g Substanz verbrannten zu 0,7086 g CO, u. 0,2174gH,0.
Daraus ergibt sich:
1: 2. Mittel: Berechnet für C,Hg0s3:
-C = 83,65 83,80 83,72 83,91%
H = 10,50 10,54 10,52 10,48%
Der dritte Spaltling, das Borneol, war in so geringer Menge
vorhanden, daß auf eine Isolierung verzichtet wurde. Es war
schon durch Aweng isoliert worden.
Eswaralsogelungen, dieSuccinoabietinol-
säure in Succinosilvinsäure, Suceinoabietol
und Borneol zu zerlegen.
Ueber die Spaltungsgleichung siehe S. 297.
Das Suceinin.
Der in Alkohol unlösliche Anteil des Suceinits, das Suceinin
des Berzelius, ist auch in anderen Lösungsmitteln unlöslich.
A. Tschirch und C. de Jong: Bernstein. 303
Er wurde mit alkoholischem 14,-N.-Kaliumhydroxyd am Rückfluß-
kühler erhitzt. alle Tage die überstehende Flüssigkeit abgegossen
und die Verseifung so lange fortgesetzt, als die Verseifungsflüssigkeit
noch etwas aufnahm.
Der hierbei übrigbleibende unlösliche, schwammige Rückstand
wurde mit heißem Wasser gewaschen, bis alles Kali entfernt war,
dann zerkleinert, getrocknet und gepulvert. Das hierdurch erhaltene
gelbe Pulver war in allen organischen Lösungsmitteln. sowie in
Säuren und Alkalien unlöslich und unverseifbar. Der Körper besaß
die Eigenschaften eines Resens. Er wurde Suceinoresen genannt.
Succinoresen bildetdenHauptbestandteil
desSueceininsundalsoauchdenHauptbestand-
teil des Bernsteins, da das Succinin ca. 70%
des Suceinitsausmacht. Esbedingtdieaußer-
ordentliche Resistenz des Bernsteins gegen
Reagentien.
Zur Zeit als Aweng den Bernstein untersuchte, waren die
Resene noch unbekannt. Er hat den Körper daher übersehen.
Die fluoreszierenden Verseifungsflüssigkeiten wurden vereinigt
und mit Schwefelsäure gefällt. Es entstand hierbei ein gelatinöser
Niederschlag. Die von ihm abfiltrierte Lösung wurde zur Trockne
gebracht, der Rückstand mit starkem Alkohol ausgezogen und die
Lösung von dem Kaliumsulfat abfiltriertt. Die aus der Lösung
auskrystallisierende Säure wurde dadurch gereinigt, daß sie erst
aus Wasser und schließlich wiederholt aus Alkohol umkrystallisiert
wurde. Sie schmolz bei 181°.
Es war, wie die Analyse zeigte, Bernsteinsäure, C,H,O,.
Die Verbrennungen ergaben:
1. 0,1712 g Säure verbrannten zu 0,2548 g CO, u. 0,0798 g H,O.
2. 0,1920 g Säure verbrannten zu 0,2856 g CO, u. 0,0886 g H,O.
Daraus ergibt sich:
1. 2. Mittel:
C = 40,59 40,56 40,575%
H= 521 5,16 5,185%
Die Formel C,H,O, verlangt C = 40,67%; H = 5,08%.
Der oben erwähnte, bei der Fällung der Verseifungsflüssigkeit
erhaltene gelatinöse Niederschlag wurde lange mit viel destilliertem
Wasser durch Dekantieren und Abhebern gewaschen und zur
Reinigung die zuvor getrocknete Substanz in Aether-Alkohol gelöst
und die Lösung mit 1%, Kaliumhydroxyd ausgeschüttelt. Aus der
alkalischen Lösung schied sich der Körper beim Ansäuern mit Salz-
304 A. Tschirch und C. de Jong: Bernstein.
säure nahezu farblos ab. Bei 105° getrocknet, schmolz der Körper
bei 228°.
Die Analyse ergab, daß es sich um den von Aweng Suceino-
resinol genannten Körper handelte.
Die Verbrennungen ergaben:
1. 0,2722 g Substanz verbrannten zu 0,7998 g CO, u. 0,2720g8 H,O.
2. 0,2218 g Substanz verbrannten zu 0,6524 g CO, u. 0,2192 g H,O.
Daraus ergibt sich:
1. 2: Mittel:
C = 80,13 80,21 80,17%
Die Formel C,,;H,,O verlangt: C = 80%; H = 11,11%.
Das Succinoresinol iöst sich leicht nur in einem Gemisch
gleicher Teile Aether und Alkohol, ziemlich gut in heißem Alkohol;
die Lösung trübt sich aber beim Erkalten. Ebenso verhält sich
die Chloroformlösung. In Aether ist es ebenso schwer wie in
Aceton löslich; in Petroläther unlöslich.
Da noch etwas Roh-Succinoresinol von Aweng
vorhanden war, wurde es zum Vergleich herangezogen und zunächst
in der gleichen Weise gereinigt. Es wurde mit Aether-Alkohol aus-
gezogen, der Auszug mit 1% Kaliumhydroxyd behandelt und die
wässrige Schicht, nachdem sie mit Aether ausgeschüttelt war, nach
Verjagung des Aethers mit Salzsäure gefällt. Die gut ausgewaschene
Substanz schmolz nach dem Trocknen bei 105° bei 228°.
Die Verbrennungen ergaben:
l. 0,1618 g verbrannten zu 0,4734 g CO, und 0,1576 g H,O.
2. 0,2004 g verbrannten zu 0,5887 g CO, und 0,1976 g H,O.
3. 0,1802 g verbrannten zu 0,5289 g CO, und 0,1804 g H,O.
Daraus ergibt sich: ?
1. 2. 3. Mittel: Berechnet für C,,H,0:
27.99.39... 3038 80,04 79,98 80,00%
47 —, 10,89, .-11,02 11,19 11,03 11,11%
Die Formel A wen g’s für das Suceinoresinol, C,,H,,0, konnte
also bestätigt werden. Ebenso haben auch wir gefunden. daß das
Succinoresinol als Bernsteinsäureester im Bernstein vorkommt, wie
das bereits Tschirch und Awen g festgestellt hatten.
Das Suceinin besteht also hauptsächlich aus Succinoresen,
dem der Bernsteinsäure-Suceinoresinolester beigemengt ist. Beide
sind in Alkohol unlöslich.
Die Zusammensetzung des Bernsteins (Suceinits) läßt sich also
nun durch folgendes Schema veranschaulichen:
305
Bernstein.
A. Tschirch und C. de Jong
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4. Heft.
Arch. d. Pharm. CULIII. Bds.
306 Bestimmung des Senföls.
Vergleichende Untersuchungen Über die Wert-
bestimmung von Semen Sinapis, Spiritus Sinapis,
Oleum Sinapis und Charta sinapisata nach den
verschiedenen dafür angegebenen Methoden.
(Preisaufgabe der Hagen-Bucholz’schen Stiftung
des Deutschen Apotheker-Vereins für das
Jahr 1912/13.)
Nach Untersuchungen von Fr. Wehrmann, K. Wegener,
Fr. H. Braunwarth und K. Meyer.
(Eingegangen den 30. III. 1915.)
Die Arbeiten von Wehrmann und Wegener enthalten
eine große Zahl praktischer Versuche, die aber nur die bekanntesten
Methoden berücksichtigen. Meyer berücksichtigt ebenfalls nur
die bekanntesten Methoden; die Zahl der praktischen Versuche
ist aber eine geringe. Braunwarth faßte die Arbeit mehr
literarisch als praktisch auf, er berücksichtigte 25 Grundmethoden
der Senfölbestimmung mit deren Abänderungen; diese Arbeit
stellt eine sorgfältige Zusammenstellung der vorhandenen
Literatur dar.
Im nachstehenden wird der Inhalt der Arbeit von Wehr-
mann unter Weglassung alles Ueberflüssigen vollständig wieder-
gegeben, derjenige der Arbeiten der anderen drei Autoren nur,
soweit er allgemeines Interesse bietet und die Arbeit von Wehr-
mann ergänzt.
Die quantitative Bestimmung des Allylsenföls verlangt das
Arzneibuch bei Oleum Sinapis. Spiritus Sinapis,
Semen Sinapis und Charta sinapisata. Wehr--
mann beschränkte sich auf die Lösung folgender zwei Fragen:
1. Welches Verfahren und welche Hilfsmittel
sind zu verwenden, um aus Senfsamen und
deren Präparaten (Sem. Sinapis pulv., Charta
sinapisata) die höchste Ausbeute an Senföl
zu erhalten, und 2. welche Methode ist die
praktischste zur quantitativen Bestimmung
des aus den Senfsamen isolierten oder be-
reits rein oder in alkoholischer Lösung vor-
handenen Senföls?
Bestimmung des Senföls. 307
‚Wehrmann beschäftigte sich zunächst mit der Lösung
der zweiten Frage, um dann mit der auf diese Weise gefundenen
besten Methode möglichst einwandfrei die zur Lösung der ersten
Frage nötigen Versuche ausführen zu können. Zu seinen Versuchen
verwendete er einen mit reinem Senföl nach dem Deutschen Arznei-
buch 5 hergestellten Senfspiritus und bei einzelnen Versuchen
dasselbe Senföl rein.
I. Verfahren der 2. und 3. Ausgabe des Deutschen Arzneibuches.
Nach diesem Verfahren soll das Allylsenföl durch Ammoniak
in Thiosinamin (Allylthioharnstoff) übergeführt und dieses auf
dem Wasserbade bis zur Gewichtskonstanz getrocknet werden.
Bei Verwendung von 3 g Senföl soll man 3,25—3,5 g Thiosinamin
erhalten. Wehrmann erhielt bei zwei Versuchen 3,52 g bezw.
3,38 g Thiosinamin. Theoretisch ergeben 3 g Senföl 3,51 g Thio-
sinamin. Die Methode ist demnach leidlich genau, kann aber für
die Praxis kaum mehr in Betracht kommen einerseits wegen des
verhältnismäßig großen Materialverbrauches, andererseits aber
auch, weil sie fast nur zur Bestimmung des reinen Senföls anwend-
bar ist und nicht für die Senfsamenpräparate.
Die-auch für geringe Mengen Senföl anwendbaren Methoden
beruhen darauf, Bestandteile des Senföls zu isolieren resp. ander-
weitig zu binden und das neue Produkt quantitativ zu bestimmen,
sei es gravimetrisch oder maßanalytisch.
Zur Isolierung kommen an Bestandteilen des Senföls Stick-
stoff und Schwefel in Betracht. Will man das Senföl durch seinen
Schwefelgehalt bestimmen, so stehen folgende Methoden zur Ver-
fügung.
U. Verfahren von Förster!).
Das Senföl wird durch Ammoniak in Thiosinamin übergeführt,
der Schwefel mit gelbem Quecksilberoxyd als Schwefelquecksilber
ausgefällt und das überschüssige Quecksilberoxyd und das durch
Einwirkung des überschüssigen Ammoniaks gebildete Oxy-
dihydrargyriammoniumhydroxyd durch Cyankalilösung vor dem
völligen Erkalten der mit Quecksilberoxyd versetzten Thiosinamin-
lösung herausgelöt. Das zurückbleibende Schwefelquecksilber
wird auf einem getrockneten und gewogenen Filter gesammelt und
nach dem Auswaschen und Trocknen bei 100° gewogen. Förster
1) Landw. Versuchs-Stat. 1888, 35, 209; Ztschr. f. Untefs. d.
Nahr.- u. Genußm. 1898, 235.
20*
308 Bestimmung des’ Senföls.
hält es für empfehlenswert, zum Reinigen des Schwefelqueck-
silbers statt Cyankalilösung Salpetersäure zu verwenden. 1 Teil
Schwefelquecksilber entspricht 0,4271 Teilen Senföl.
Wehrmann wendete bei seinen Versuchen frisch gefälltes
noch in Wasser suspendiertes gelbes Quecksilberoxyd an, da er
mit getrocknetem Quecksilberoxyd ziemliche Schwierigkeiten er-
_ hielt, indem sowohl die Umsetzung als auch die Lösung des Queck-
silberoxyd-Ueberschusses viel schwerer erfolgte.
Die Ergebnisse, welche Wehrmann nach dieser Methode
erzielte waren sehr wenig befriedigend. Bei Anwendung von je
5 ccm Senfspiritus erhielt er folgende Werte:
a) Cyankali als Lösungsmittel.
0,165 g HgS = 1,41 g Senföl in 100 ccm = 1,69 Gew.-pCt.
0,189 g HgS = 1,61 g Senföl in 100 cem = 1,93 Gew.-pCt.
0,169 g HgS = 1,44 g Senföl in 100 cem = 1,72 Gew.-pCt.
0,157 g HgS = 1,34 g Senföl in 100 ccm = 1,60 Gew.-pÜt.
PwN -
b) Salpetersäure als Lösungsmittel.
0,298 g HgS = 2,54 g Senföl in 100 cem = 3,05 Gew.-pÜt.
0,277 g HgS = 2,38 g Senföl in 100 ccm = 2,85 Gew.-pCt.
0,176 g HgS = 1,50 g Senföl in 100 cem = 1,80 Gew.-pÜt.
0,260 g HgS = 2,23 g Senföl in 100 cem = 2,67 Gew.-pCt.
PemH
Ob die Mißerfolge in Gruppe a) auf ungenügende Umsetzung
des Quecksilberoxyds oder irgendwelche zu weitgehende Einwirkung
des Cyankalis zurückzuführen sind (das letztere ist unwahrschein-
lich), konnte Wehrmann nicht genau feststellen. Die
Beobachtungen Wehrmann’s decken sich mit denen von
Haselhoff!), der ebenfalls teilweise zuviel, teilweise aber auch
viel zu wenig Schwefelquecksilber fand. 4
Bei der Anwendung von Salpetersäure als Lösungsmittel
bietet die Konzentration der zu verwendenden Säure Schwierig-
keiten. Verwendet man eine verdünnte Säure, so ist die Lösung
unvollständig, insbesondere scheint das Oxydihydrargyriammonium-
hydroxyd schwer gelöst zu werden; das Ergebnis wird zu hoch.
Verwendet man dagegen starke Säure oder erwärmt man zwecks
vollständiger Umsetzung ein wenig, so greift die Salpetersäure
den Alkohol des Senfspiritus an und, bei der dadurch auftretenden
Reaktionswärme scheint das Schwefelquecksilber nicht unverändert
zu bleiben; das Resultat ist ein zu niedriges. Die Förster’sche
Methode ist also keine zuverlässige.
!) Ztschr. f. Unters. d. Nahr.- u. Genußm. 1898, 235.
Bestimmung des Senföls. 309
Ill. Verfahren von K. Dieterich.
E. Dieterich!) gab ein Verfahren an, nach welchem man
das aus Senföl, Ammoniak und Silbernitratlösung erhaltene Schwefel-
silber nach dem Abfiltrieren, Auswaschen und Trocknen wägen
soll. Durch Multiplikation des erhaltenen Schwefelsilbers mit dem
Faktor 0,4301 erhält man die Menge des vorhandenen Senföls,
wobei angenommen ist, daß das Senföl Allyleyanid enthält.
Theoretisch entspricht 1 Teil Schwefelsilber 0,3992 g Senföl. Nach
Angaben der Literatur lassen sich nach diesem Verfahren sichere
Ergebnisse nicht erzielen. Wehrmann stellte aus diesem
Grunde keine praktischen Versuche mit dieser Methode an, er
unterzog vielmehr die Modifikation von K. Dieterich?) einer
Nachprüfung.
Nach diesem Verfahren wird das auf obige Weise entstandene
Schwefelsilber nach dem Auswaschen mit Wasser, Alkohol und
Aether bei nur 80° getrocknet und dann gewogen. Es hatte sich
nämlich herausgestellt, daß beim Trocknen des nassen Schwefel-
silbers Schwefelwasserstoff entweicht.
Zwecks vollständiger Umsetzung soll die mit Silbernitrat
versetzte Mischung 12 Stunden stehen gelassen oder 1 Stunde
im Wasserbade erhitzt werden. Beim Erhitzen im Wasserbade
ist das Kölbehen mit einem Trichter zu bedecken oder besser noch
ein ca. 1 m langes Steigrohr als Luftkühler aufzusetzen, um be-
sonders im Anfang etwa noch nicht genügend umgesetztes Senföl
nicht entweichen zu lassen.
Wehrmann erhielt folgende Ergebnisse bei Anwendung
von je 10 ccm Senfspiritus.
a) 12 Stunden bei Zimmertemperatur stehen gelassen.
0,3798 g Ag,S = 1,519 g Senföl in 100 ccm = 1,33 Gew.-pÜt.
2. 0,3834 g Ag,S = 1,533 g Senföl in 100 cem = 1,85 Gew.-pCt.
3. 0,3890 g Ag,S = 1,555 g Senföl in 100 cem = 1,87 Gew.-pCt.
hd
b) Im Wasserbade erwärmt.
0,3622 g Ag,S = 1,45 g Senföl in 100 cem = 1,80 Gew.-pÜt.
0,3830 g Ag,S = 1,53 g Senföl in 100 cem = 1,85 Gew.-pCt.
0,4114 g Ag,S = 1,64 g Senföl in 100 cem = 1,97 Gew.-pCt.
0,4058 g Ag,S = 1,62 g Senföl in 100 ccm = 1,94 Gew.-pCt.
0,4124 g Ag,S 1,65 g Senföl in 100 cem = 1,98 Gew.-pÜt.
0,4208 g Ag,S = 1,68 g Senföl in 100 cem = 2,01 Gew.-pCt.
0,4342 g Ag,S = 1,73 g Senföl in 100 cem = 2,10 Gew.-pCt.
m m oeer
ı) Helfenberger Annalen 1886, 59.
%) Pharm. Ztg. 1900, 767.
310 Bestimmung des Senföls.
Aus diesen Ergebnissen geht hervor, daß es auf das Endresultat
ohne sehr wesentlichen Einfluß ist, ob man die Mischung kalt stehen
läßt oder erwärmt. Das Erwärmen scheint allerdings teilweise
etwas bessere Ergebnisse zu liefern, auch ist es im Interesse der
Schnelligkeit vorzuziehen.
Auffallend ist, daß nach dieser Methode zum Teil zu*hohe
Resultate gefunden werden, wie die Versuche unter b), No. 5—7
zeigen. M. Kuntzel), der auch solche Differenzen bemerkte,
konnte feststellen, daß diese Differenzen im wesentlichen auf einen
Gehalt des Senfspiritus an Allylthiourethan zurückzuführen sind,
das namentlich in älteren Präparaten vorkommt. Bei den Versuchen
5—7 gelangte ein wesentlich älterer Senfspiritus zur Verwendung,
als bei den übrigen Versuchen. Das Ailyithiourethan, welches aus
Senföl und Alkohol entsteht, tritt mit Silbersalzen zu einer Silber-
verbindung der tautomeren Formel:
zusammen. Ein Schwefelatom erfordert hierbei 1 Atom Silber,
während bei der Umsetzung von Thiosinamin mit Silberoxyd auf
ein Schwefelatom 2 Atome Silber gebraucht werden. Während
also beim Urethansilber auf ein Grammatom Schwefel 252 g Silber,
im Schwefelsilber aber nur 248 g Silber zur Wägung kommen,
so erklären sich dadurch die höheren Resultate.
Die Bildung von Thiourethan im Verlaufe der Bestimmung
wird nach Kuntze vermieden, wenn man die Mischung sofort
nach dem Zusatz von Ammoniak und Silbernitrat 1 Stunde lang
am Steigrohr erhitzt.
Die Dieterich’sche Methode ist also sehr einfach und
führt zu sehr guten Ergebnissen.
Nach Gadamer?) ist es unzweckmäßig, wie es bei der
Dieterich’schen Methode geschieht, erst Ammoniak und dann
Silbernitrat zuzusetzen, weil bis zur Bildung des Thiosinamins
Senföl verdunsten kann. Setzt man dagegen sogleich eine Mischung
von starkem Ammoniak mit der nötigen Menge Silbernitrat zu,
bezw. benutzt man eine solche Mischung als Vorlage, so findet
die Umsetzung in Schwefelsilber rascher und sicherer statt.” Nach
der Beendigung der Reaktion soll die Mischung 12 Stunden lang
stehen bleiben zum Absetzen des Schwefelsilbers. ,
1) Dieses Archiv 1908, 246, 58.
?) ibidem 1897, 235, 58.
Bestimmung des Senföls. 311
Bei Anwendung von 10 ccm Senfspiritus erhielt Wehr-
mann nach dieser Arbeitsweise folgende Ergebnisse:
1. 0,3976 g Ag,S = 1,590 g Senföl in 100 cem = 1,90 Gew.-pCt.
2. 0,4020 g Ag,S = 1,600 g Senföl in 100 ccm = 1,92 Gew.-pCt.
3. 0,3920 g Ag,S = 1,570 g Senföl in 100 ccm = 1,88 Gew.-pCt.
4: 0,3995 g Ag,S = 1,597 g Senföl in 100 ccm = 1,91 Gew.-pCt.
5. 0,3944 g Ag,S = 1,577 g Senföl in 100 cem = 1,89 Gew.-pÜt.
6. 0,4070 g Ag,S = 1,600 g Senföl in 100 ccm = 1,92 Gew.-pCt.
Die Ergebnisse dieses Verfahrens sind also auch sehr gut,
die, Genauigkeit entspricht ungefähr der des Dieterich’schen
Verfahrens. Letzteres hat aber, wenigstens bei Anwendung von
Wärme den Vorzug größerer Schnelligkeit.
IV. Methoden des Deutschen Arzneibuches 4. und 5. Ausgabe.
Das gewichtsanalytische Verfahren von Dieterich ge-
staltete Gadamer!) in eine maßanalytische um, indem er nach
der Umsetzung des Silbernitrats mit dem Senföl bei Gegenwart
von Ammoniak durch 12stündiges Stehenlassen die Mischung
auf ein bestimmtes Volumen auffüllte und durch ein trockenes Filter
filtrierte. Vom Filtrat versetzte er einen aliquoten Teil mit Salpeter-
säure und Eisenammonalaunlösung und titrierte mit !/,o-N.-Rhodan-
lösung den Silberüberschuß zurück. Bei weiteren Versuchen kam
Gadamer?) zu dem Ergebnis, daß zur vollständigen Umsetzung
des Senföls mit dem Silbernitrat ein genügender Ueberschuß an
1/ o-N.-Silbernitratlösung vorliegen muß. Er empfahl, auf 5 ccm
Senfspiritus bezw. ca. 0,084 g Senföl 50 ccm !/,o-N.-Silbernitrat-
lösung anzuwenden.
Diese Methoden liegen den Verfahren des Deutschen Arznei-
buches 4. und 5. Ausgabe zugrunde. Wehrmann hat nur das
Verfahren des Deutschen Arzneibuches V nachgeprüft. Der Unter-
schied des Verfahrens des Deutschen Arzneibuches IV und V be-
steht im wesentlichen nur darin, daß die Mischung des Thiosinamins
mit !/,„-.N.-Silbernitratlösung nach dem Deutschen Arzneibuch IV
24 Stunden bei Zimmertemperatur stehen gelassen, nach dem
Deutschen Arzneibuch V aber einem Vorschlage von W.Kuntze?)
entsprechend, 1 Stunde im Wasserbade erwärmt werden soll.
Wehrmann hat bei dem Dieterichschen Verfahren (siehe
oben) bereits nachgewiesen, daß die Umsetzung des Silbernitrats
1) Dieses Archiv 1897, 235, 58.
2) ibidem 1899, 237, 372.
®) jbidem 1908, 246, 67.
312 Bestimmung des Senföls.
mit dem Thiosinamin beim Erhitzen etwas vollständiger verläuft,
somit erübrigte sich eine Nachprüfung des Verfahrens des Deutschen
Arzneibuches IV.
Bei Anwendung von 5 cem Senfspiritus erhielt Wehrmann
folgende Werte:
1. Verbraucht 8,4 cem !/,.-N.-AgNO,-Lösung = 1,665 g Senföl
in 100 ccm = 1,99 Gew.-pCt.
2. Verbraucht 8,6 com !/,0-N.-AgNO,-Lösung = 1,700 g Senföl
in 100 com = 2,03 Gew.-pCt.
3. Verbraucht 8,3 ccm !/,o-N--AgNO,-Lösung = 1,640 g Senföl
in 100 cem = 1,96 Gew.-pCt. ya
4. Verbraucht 8,4 cem Y/,o-N--AgNO,-Lösung = 1,665 g Senföl
in 100 ccm = 1,99 Gew.-pCt.
5. Verbraucht 8,5 cem !/,o-N.-AgNO,-Lösung = 1,680 g Senföl
in 100 cem = 2,00 Gew.-pÜt.
Das Verfahren des Deutschen Arzneibuches V zeichnet sich
also durch große Genauigkeit und Sicherheit aus und ist, da die
U/0-N.-Silbernitratlösung vollkommen titerbeständig ist, sehr ein-
fach in der Ausführung.
Das Verfahren des Deutschen Arzneibuches kann man nach
Angaben von Gadamer!) modifizieren, indem man das Senföl
direkt in die Mischung von Ammoniak und !/,,-N.-Silbernitrat-
lösung hineindestilliertt. Für die Ausführung der Bestimmung
bei Senfmehl und Senfpapier empfahl Ga dam er einen besonderen
Destillationsapparat. Wehrmann hat infolge Zeitmangels
dieses Verfahren nicht nachprüfen können, er ist aber der Ansicht
daß es ausgezeichnete Ergebnisse liefern muß.
V. Verfahren von Roeser.
Roeser?) besprach ein Verfahren, welches im ersten Teil
der Ausführung dem Verfahren des Deutschen Arzneibuches ent-
spricht. Die Titration des überschüssigen Silbernitrats wird aber
nach Denigös ausgeführt. Das Senföl des Senfspiritus wird
mit Ammoniak in Thiosinamin übergeführt. Darauf wird nach
Zusatz von überschüssiger !/,„-N.-Silbernitratlösung die Mischung
1 Stunde im Wasserbade erhitzt und auf 100 cem aufgefüllt. 50 cem
des Filtrats versetzt man mit einer überschüssigen Menge !/,o-N.-
Cyankalilösung und einigen Tropfen schwach ammoniakalischer
Jodkalilösung als Indikator und titriert mit !/,„-N.-Silbernitrat-
1) Dieses Archiv 1897, 235, 58.
®) Journ. Pharm. Chim. 1902, 361.
Bestimmung des Senföls, 313
lösung bis zum Auftreten einer opalisierenden oder milchigen
bleibenden Trübung.
Wehrmann versetzte 5 cem Senfspiritus mit 10 ccm
Ammoniak und 50 cem !/,o-N.-Silbernitratlösung und erhitzte
die Mischung 1 Stunde lang auf dem Wasserbade. Nach dem Auf-
füllen auf 100 ccm versetzte er 50 ccm des Filtrats mit 25 cem
1/o-N.-Cyankalilösung und etwas Jodkaliumlösung und titrierte
mit !/,o-N.-Silbernitratlösung bis zur gelblichen Trübung. Statt
50 ccm Filtrat nahm er auch einige Male nur 20 cem und versetzte
diese mit nur 10 cem !/,„-N.-Cyankalilösung. Er hält diese Arbeits-
weise insofern für vorteilhafter, als dann das Filtrat für zwei Titra-
tionen nebeneinander ausreicht.
Die Ergebnisse waren folgende:
1. 50 cem Filtrat + 25 cem !/,0-N.-KCN, zurücktitriert 8,30 cem
1/o-N-.-AgNO, = 1,64 g Senföl in 100 ccm = 1,97 Gew.-pCt.
2. 50 cem Filtrat + 25 cem Y,o-N.-KCN, zurücktitriert 8,20 cem
Yo-N.-AgNO, = 1,62 g Senföl in 100 cem = 1,94 Gew.-pÜt.
3. 20 cem Filtrat + 10 cem Y,.-N.-KCN, zurücktitriert 3,15 ccm
U o-N.-AgNO, = 1,56 g Senföl in 100 cem = 1,89 Gew.-pCt.
4. 20 ccm Filtrat + 10 cem !/,o-N.-KCN, zurücktitriert 3,25 cem
Y/0-N.-AgNO, = 1,61 g Senföl in 100 cem = 1,93 Gew.-pCt.
Diese Methode liefert also recht gute Ergebnisse und ist auch
einfach in der Handhabung. Wehrmann möchte sie aber wegen
der beschränkten Haltbarkeit der !/,„-N.-Cyankalilösung der Methode
des Deutschen Arzneibuches V nicht vorziehen.
Wehrmann unterzog außer den im vorstehenden be-
schriebenen Methoden zwei Verfahren, welche darauf beruhen,
daß der Schwefel des Senföles oxydiert und als Baryumsulfat zur
Wägung gebracht wird, einer Nachprüfung.
Vi. Verfahren von Dircks!) bezw. dessen gebräuchliche
Modifikation von Schlieht?).
Das Senföl wird mit alkalischer Kaliumpermanganatlösung
versetzt, beziehungsweise, wenn frisch destilliert, in einer Vorlage
mit solcher Lösung aufgefangen. Das überschüssige Kalium-
‚permanganat zerstört man durch Alkohol und bestimmt im Filtrat
die entstandene Schwefelsäure nach dem Ansäuern mit Salzsäure
und Zusatz von Jodjodkalilösung bis zur schwachen Gelbfärbung
1) Landw. Versuchs-Stat. 1883, 28, 179.
?) Ztschr. analyt. Chem. 1891, 80, 661.
314 Bestimmung des Senföls.
in üblicher Weise durch Fällung mit Chlorbaryum. 1 Teil Baryum-
sulfat entspricht 0,42466 Teilen Senföl.
Zur Oxydation verwandte Haselhoffl) neben Kalium-
permanganat auch Bromwasser und erzielte damit bessere Resultate,
erklärte aber selbst dieses Verfahren als noch nicht einwandfrei
bewiesen.
Wehrmann fand bei der Nachprüfung dieses Verfahrens
sehr verschiedene Resultate. Bei der Oxydation mit alkalischer
Permanganatlösung fand er bei Anwendung von 10 ccm Senf-
spiritus folgende ‚Werte:
1. 0,4532 g BaSO, = 1,924 g Senföl in 100 ccm = 2,30 Gew.-pCt.
0,4528 g BaSO, = 1,923 g Senföl in 100 cem = 2,30 Gew.-pCt.
0,2012 g BaSO, = 0,850 g Senföl in 100 cem = 1,02 Gew.-pCt.
0,1160 g BaSO, = 0,490 g Senföl in 100 ccm = 0,60 Gew.-pCt.
0,0780 g BaSO, = 0,330 g Senföl in 100 cem = 0,40 Gew.-pÜt.
0,1280 g BaSO, = 0,540 g Senföl in 100 cem = 0,65 Gew.-pCt.
Offenbar verläuft die Oxydation des Schwefels nicht immer
quantitativ. Worauf diese Erscheinung sowie andererseits die teil-
weise viel zu hohen Ergebnisse zurückzuführen sind, konnte
Wehrmann nicht genauer ergründen.
Bei der Anwendung von Bromwasser als Oxydationsmittel
erhielt Wehrmann keine genügenden Ergebnisse, da Brom
das Senföl nicht quantitativ oxydiert, sondern teilweise ander-
weitig umsetzt. Es scheiden sich ölige Tropfen von Dibromsenföl,
C,H,Br,NCS, ab. Wehrmann fand bei seinen Versuchen, daß
die Umsetzung verschieden weit ging, und zwar bei gewöhnlicher
Temperatur nicht so erheblich, als beim Erhitzen der Mischung.
Das Dibromsenföl geht, da es mit Wasserdämpfen flüchtig
ist, die Baryumsulfatfällung aber in der Siedehitze vorgenommen
werden muß, für die Analyse verloren, und Wehrmann fand
daher zu wenig Senföl.
Bei Anwendung von 5 ccm Senfspiritus erhielt Wehrmann
folgende Resultate:
a) Mit Brom kalt behandelt:
EOLETEN RE
1. 0,1480 g BaSO, = 1,26 g Senföl in 100 cem = 1,51 Gew.-pCt.
2. 0,1498 g BaSO, = 1,27 g Senföl in 100 cem = 1,52 Gew.-pCt.
3. 0,1588 g BaSO, = 1,35 g Senföl in 100 ccm = 1,62 Gew.-pCt.
b) Mit Brom heiß behandelt:
0,0750 g BaSO, = 0,63 g Senföl in 100 cem = 0,76 Gew.-pCt.
0,1280 g BaSO, = 1,09 g Senföl in 100 cem = 1,31 Gew.-pCt.
!) Ztschr. f. Unters. d. Nahr.- u. Genußm. 1898, 235.
nn»
A
Bestimmung des Senföls. 315
VI. Verfahren von Grützner!).
Nach diesem Verfahren wird das Senföl nicht direkt oxydiert,
sondern erst mit Ammoniak in Thiosinamin übergeführt. Dieses
wird dann mit Natriumsuperoxyd oxydiert. Wehrmann ließ
das Natriumsuperoxyd erst in der Kälte einwirken und erwärmte
dann die Mischung. Auf 1 g Senföl wendete er 5 g Natriumsuper-
oxydan. Grützner empfiehlt, das Thiosinamin erst 12 Stunden
stehen zu lassen und vor der Oxydation mit Natriumsuperoxyd den
Alkohol durch Verdampfen zu entfernen. Wehrmann fand,
daß letzteres nicht unbedingt nötig ist, wenn man den Alkohol
nicht beseitigt, braucht man jedoch mehr an Oxydationsmittel.
Bei Anwendung von 10 cem Senfspiritus erhielt Wehrmann
nach dieser Methode folgende Werte:
l. 0,406 g BaSO, = 1,72 g Senföl in 100 cem = 2,00 Gew.-pÜt.
2. 0,393 g BaSO, = 1,64 g Senföl in 100 ccm = 1,96 Gew.-pCt.
3. 0,389 g BaSO, = 1,64 g Senföl in 100 cem = 1,96 Gew.-pÜt.
4. 0,382 g BaSO, = 1,62 g Senföl in 100 cem = 1,94 Gew.-pCt.
5. 0,371 g BaSO, = 1,59 g Senföl in 100 cem = 1,91 Gew.-pCt.
6. 0,384 g BaSO, = 1,63 g Senföl in 100 ccm = 1,94 Gew.-pÜt.
Diese Methode liefert also sehr gute Ergebnisse und ist in der
Ausführung sehr einfach.
Während bei den letzten beiden Bestimmungsmethoden die
Ermittelung des Schwefelgehalts berücksichtigt wurde, beruhen die
folgenden Methoden auf der Ermittelung des Stickstoffgehaltes.
VII. Bestimmung des Stickstoffgehaltes im Senföl
nach Kjeldahl.
Wehrmann wog reines Senföl in kleinen Ampullen ab,
die er durch Aufblasen und Ausziehen aus einem Glasrohr her-
stellte und nach dem Einfüllen des Senföls zuschmolz. In einem
Kjeldahl’schen Zerstörungskolben zertrümmerte er die Ampulle
unter der erforderlichen Schwefelsäure, zerstörte in üblicher Weise
das Senföl und ermittelte das entstandene Ammoniak. Die aus
dem Ammoniak ermittelte Stickstoffmenge rechnete er auf Senföl um.
1. 0,8652 g Senföl ergaben 0,8514 g = 99,67%.
2. 0,3774 g Senföl ergaben 0,3740 g = 99,20%.
Die gefundenen Werte waren also recht gute. Das Verfahren
ist aber recht umständlich und eignet sich nur für reines Senföl
und nicht für die Senfölbestimmung in Senfsamen usw.
1) Dieses Archiv 1899, 287, 185.
316 Bestimmung des Senföls.
IX. Verfahren von Passon.
Passon!) fand, daß man das Senföl aus Futterkuchen,
Senfmehl oder Senfpapier in Eisessig überdestillieren und in dieser
essigsauren Lösung den Stickstoff des Senföles nach Kjeldahl
ermitteln kann. Dem vorgelegten Eisessig setzt man etwas Zink-
oder Eisenpulver zu zwecks teilweiser Reduktion des Senföles zu
Amin. Um Verluste an Senföl bei der Destillation zu vermeiden,
bringt man hinter dem Gefäß mit dem Eisessig noch ein Gefäß
mit etwas konzentrierter Schwefelsäure an. In einem Kjeldahl-
Zerstörungskolben vereinigt man dann die Senföl-Eisessiglösung
und die vorgelegte konzentrierte Schwefelsäure und ermittelt in
üblicher Weise den Stickstoffgehalt.
Wehrmann prüfte diese Methode an einer Lösung von
Senföl in Alkohol nach und fand bei zwei Versuchen 98 bezw. 99,6%
der angewendeten Senfölmenge wieder. Das Verfahren liefert also
gute Ergebnisse, es ist aber sehr umständlich und zeitraubend und
erfordert gute Uebung.
Wegener prüfte dieses Verfahren an Senfmehl nach und
fand bei zwei Versuchen 1,2187 und 1,2091%, Senföl in einem Senf-
samen, der nach der Methode des Deutschen Arzneibuches V
1,23—1,24%, Senföl ergab.
Meyer hält das Verfahren für ungenau, da auch das Cyan-
allyl mitbestimmt wird.
Das von Jörgensen?) empfohlene Verfahren, nach welchem
nicht das Senföl, sondern das mit Ammoniak daraus erhaltene
Thiosinamin nach Kjeldahl bestimmt wird, hat Wehrmann
nicht nachgeprüft. Wegener fand bei zwei Versuchen nach
dieser Methode 96,98 und 97,38% der angewendeten Senfölmenge.
Aus den erhaltenen Untersuchungsergebnissen folgert Wehr-
mann, daß von den auf der Oxydation des Schwefels beruhenden
Methoden das Grützner’sche Verfahren das brauchbarste ist.
Von den Methoden, nach welchen der Schwefel als Metallsulfid
ermittelt wird, gibt das Dieterich’sche Verfahren, und von
den maßanalytischen Bestimmungsmethoden das Verfahren des
Deutschen Arzneibuches V die besten Resultate. In seinen weiteren
Versuchen, die nötig waren zur Lösung der anderen Frage: Welches
Verfahren und welche Hilfsmittel sind anzuwenden, um aus Senf-
samen und Senfpapier die höchste Ausbeute an Senföl zu gewinnen ?
zu entscheiden, wendete Wehrmann das Grützner’sche
!) Ztschr. angew. Chem. 1896, 422.
2) Chem. Zentralbl. 1898, II., 927.
Bestimmung des Senföls. 317
Verfahren bei der Ermittelung des Senföles an. (Einen solchen
Vorzug verdient das Grützner’sche Verfahren vor dem Ver-
fahren des Deutschen Arzneibuches V jedoch nach den Resultaten,
die Wehrmann erhielt, nicht. Berechnet man die von Wehr-
mann gefundene Menge Senföl in Prozenten auf die angewendete
Menge, so ergab die Methode des Deutschen Arzneibuches V: 99,5,
101,5, 98, 99,5 und 100%, die Grützner’sche Methode jedoch
100, 98, 98, 97, 95,5 und 97%, also größere Differenzen als das
erstere Verfahren. Frerichs.)
Nunmehr seien zunächst die Ergebnisse angeführt, welche
Wegener bei der Nachprüfung der bisher beschriebenen Ver-
fahren erhielt, soweit sie nicht schon bei einzelnen Methoden an-
gegeben sind.
Nach dem Verfahren von Förster(s.u. 11.) fand Wegener
bei drei Versuchen 94,1, 95,98 und 94,87%, der angewendeten Senföl-
menge. Wegener kam demnach ebenso wie Wehrmann zu
dem Resultate, daß diese Methode ungenügende Werte liefert.
Nach dem Verfahren von K. Dieterich (s. u. III.) fand
Wegener bei Anwendung von synthetischem Senföl (frei von
Allyleyanid !) bei drei Versuchen unter Benutzung des Faktors
0,3992: 99,12, 99,67 und 99,7% der angewendeten Senfölmenge.
K. Dieterich benutzt bei Senföl aus Senfsamen den Faktor
0,4311, da solches Senföl bis zu 18% Allyleyanid enthalten kann.
Roeser und Vuillemin empfehlen den Faktor 0,4301, der
sich bei einem mittleren Gehalt von 7%, Allyleyanid ergibt. Unter
Zugrundelegung des Faktors 0,4311 hätten die Versuche Wegener’s
107,06, 107,61 und 107,65% ergeben, die Resultate wären also er-
heblich zu hoch ausgefallen. Wegener reduzierte das erhaltene
Schwefelsilber durch Glühen an der Luft und im Wasserstoffstrome
und berechnete aus der erhaltenen Menge metallischen Silbers die
Menge des Senföles.. Auf diese Weise fand er 100,2, 99,92 und
100,5%.
Nach dem Verfahren des Deutschen Arzneibuches V (s. u. IV.)
fand Wegener bei drei Versuchen, wobei er die Mischung von
Senföl, Ammoniak und Silbernitratlösung nicht im Wasserbade,
sondern auf dem Wasserbade erhitzte: 99,63, 99,16 und 99,92%,
der angewendeten Senfölmenge.
Wegener hält es nicht für erforderlich, die Mischung im
Wasserbade zu erhitzen, da beim Erhitzen auf dem Wasserbade
die Mischung bereits ins Sieden gerät. Beim Erhitzen im Wasser-
" bade genügt es nicht, einen Trichter auf den Kolben zu setzen,
wie es das Deutsche Arzneibuch V vorschreibt, man muß dann
318 Bestimmung des Senföls.
unbedingt ein Steigrohr benutzen, wie es Kuntze empfiehlt.
Nach der Vorschrift von Kuntzel) fand Wegener bei sechs
Versuchen 99,64 99,55, 100, 99,72 99,82 und 99,98% der an-
gewendeten Senfölmenge.
Nach dem Verfahren von Roeser(s.u.V.)fandWegener
abweichend von Wehrmann erheblich zu niedrige Werte. Bei
drei Versuchen fand er 84,17, 84,7 und 86,29% der angewendeten
Senfölmenge.
Die Verfahren von Dircks und Schlicht (s. u. VL)
wurden ebenfalls von Wegener einer Nachprüfung unterzogen,
auch stellte er einige Versuche an, das Senföl nach dem Vorschlage
von Haselhoff durch Brom zu oxydieren. Nach der Methode
von Dircks fand Wegener bei drei Versuchen 93,76, 91,4
und 94,87% der angewendeten Senfölmenge, nach Schlicht
97,92, 98,08 und 97,27% und nach Haselhoff 98,22, 99,27
und 99,67%.
Entgegen den Befunden vonWehrmannfand Wegener
demnach nach den Methoden von Schlicht und Haselhoff
unter sich, und auch mit der angewendeten Menge Senföl ziemlich
gut übereinstimmende Werte. Die Methoden dürften aber, da das
Verfahren des Deutschen Arzneibuches 5. Ausgabe, wie aus den
Versuchen von Wehrmann, Wegener und auch Meyer
hervorgeht, sehr gute Resultate liefert, keine praktische Bedeutung
haben, zumal sie in ihrer Ausführung erhebliche Schwierigkeiten
aufweisen.
Das Verfahren von Grützner (s. u. VII.) liefert nach den
Versuchen von Wegener nicht so günstige Resultate. wie
Wehrmann erhielt... Wegener fand bei drei Versuchen
nur 95,2, 93,91 und 95,37% der angewendeten Senfölmenge, also
niedrigere Resultate als Wehrmann bei seinen Versuchen fand.
Wegener nimmt an, daß beim Erwärmen der Thiosinamin-
lösung vor der Oxydation mit Natriumsuperoxyd etwas Senföl
sich verflüchtigt. Auch Meyer fand nach der Methode von
Grützner zu niedrige Werte. Seine Bemühungen, das
Grützner’sche Verfahren durch Modifizierung zu verbessern,
führten zu keinem brauchbaren Ergebnis. Vier Versuche ergaben
93,13, 93,13, 93,21 und 93,68%, der angewendeten Senfölmenge,
also noch niedrigere Resultate, als Wegener erhielt.
Weiter seien hier noch einige Methoden erwähnt, welche
Wegener nachprüfte, Wehrmann jedoch nicht in den
Bereich seiner Untersuchungen zog. Ra;
4) Dieses Archiv 1908, 246, 58.
Bestimmung des Senföls. 310
C. Pleijel!) empfiehlt eine Abänderung des Gadamer-
schen Verfahrens, welche darin besteht, daß die Mischung von
5 ccm einer Auflösung von 1 g Senföl zu 50 ccm Alkohol mit 50 ccm
1/ o-N.-Silbernitratlösung und 2 ccom Ammoniak in einem gut ver-
schlossenen Meßkolben von 100 cem Inhalt 3 Stunden einer Tempe-
ratur von 45—50° ausgesetzt wird, wobei man sie jede halbe Stunde
1, Minute lang schüttelt. Nach dem Abkühlen fügt man 5 cem
Salpetersäure, 1 ccm Eisenalaunlösung und Wasser bis zur Marke
hinzu. Den Silbernitratüberschuß titriert man mit Rhodanlösung
nach Gadamer zurück. Wegener fand nach dieser Arbeits-
weise 98,21, 97,82 und 98,6%, der angewendeten Senfölmenge.
Nach dem Kommentar zum Deutschen Arzneibuche von
Fischerund Hartwich wird die Vorschrift vn Gadamer
mit der Abänderung befolgt, daß man die Mischung von Destillat,
Ammoniak und Y/,o-N.-Silbernitratlösung nach dem 24 stündigen
Stehen noch 1, Stunde auf 80° erwärmen soll. Wegener fand
hiernach bei drei Versuchen 98,27, 98,56 und 97,98% der an-
gewendeten Senfölmenge.
H o1z?) empfahl die Methode des Deutschen Arzneibuches IV
mit der Abänderung, das Gemisch von Destillat, Ammoniak und
Silbernitratlösung nach tüchtigem Umschütteln und Auffüllen auf
die Marke sofort zu filtrieren und im Filtrat den Silberüberschuß
nach dem Deutschen Arzneibuch IV zu ermitten. Wegener
fand nach dieser Methode nur 82,73, 85,62 und 84,37% der an-
gewendeten Senfölmenge.
Penau?) empfahl, das überschüssige Silber nicht durch
Rhodanlösung titrimetrischh sondern als Chlorsilber gewichts-
analytisch zu ermitteln. Wegener fand hiernach bei vier Ver-
suchen 99,87, 98,95, 99,98 und 100,03%, der angewendeten Senföl-
menge.
Nach der Vorschrift der schwedischen Pharmakopöe, 9. Aus-
gabe, fand Wegener bei drei Versuchen 99,74, 100 und 99,54%
der angewendeten Senfölmenge, während er nach den Vorschriften
der amerikanischen Pharmakopöe, 8. Ausgabe, belgischen Pharma-
kopöe und russischen Pharmakopöe, 6. Ausgabe, erheblich zu niedrige
Werte fand.
Die Lösung der Frage: „Welches Verfahren und
welche Hilfsmittelsind zu verwenden, um aus
!) Farmac. Revy 1907, 204.
2) Veröffentl. a. d. Gebiete d. Militär-Sanitätswes. 1895, Heft 29.
3) Journ. Pharm. Chim. 1912, 520.
320 Bestimmung des Senföls.
Senfsamen und den daraus hergestellten Prä-
paratendiehöchste Ausbeute an Senfölzuer-
halten?“ konnte Wehrmann infolge Zeitmangel nicht mit
einer genügenden Anzahl von Versuchen belegen. Wehrmann
berücksichtigte bei seinen Versuchen die Angaben des Deutschen
Arzneibuches V, sowie die Arbeiten von Schlichtl), Gadamen),
Boutron?) u.a.
Alle Verfahren kommen in der Hhsipbiäiche darauf hinaus, daß
das Senfmehl mit Wasser angeschüttelt und nach längerem Stehen
das entwickelte Senföl abdestilliert und in einer mit Ammoniak be-
schickten Vorlage aufgefangen wird. Die Unterschiede bestehen:
1. in der Dauer der Einwirkung des Wassers auf das
Senfmehl;
2. in der Verwendung von Zusätzen zur Beschleunigung
der Einwirkung oder zur Vermeidung schädlicher Ein-
flüsse während der Entwickelung;
3. im Zusatz von Alkohol vor der Destillation;
4. im Zusatz von Olivenöl oder flüssigem Paraffin während
der Destillation;
5. in der Art der Destillation (Erhitzung und Kühlung).
5 g Senfmehl werden im Erlenmeyerkolben von ca. 250 ccm
Fassungsvermögen mit 100 g Wasser angeschüttelt und fest ver-
schlossen unter zeitweiligem Umschwenken stehengelassen. Das
Deutsche Arzneibuch schreibt vor, diese Mischung 2 Stunden lang-
stehen zu lassen. Nach Schlicht#) reicht diese Zeit zur voll-
ständigen Senfölentwickelung nicht aus, so daß ein längeres Stehen-
lassen, wie es auch von anderen Verfassern empfohlen wird, vorteil-
hafter sein soll. Nach Gadamer?) verläuft die Entwickelung
aber in der Hauptsache in der ersten Stunde, und Wehrmann
konnte auch nicht feststellen, daß bei längerer Einwirkung als
2 Stunden das Ergebnis merklich besser wurde. Wehrmann
vermutet, daß bei Verwendung größerer Mengen Untersuchungs-
material, besonders bei der den Schlicht’schen Feststellungen
vielfach zugrunde liegenden Untersuchung von Futterkuchen eine
längere Einwirkung erforderlich ist. Bei Verwendung von 5.g Senf-
mehl und 100 g Wasser reicht die Zeit von 2 Stunden vollständig aus.
SIT: (Schluß folgt.)
1) Ztschr. f. öffentl. Chem. 1903, 37.
2) Dieses Archiv 1897, 235, 55.
®) Bull. d. scienc. pharmacol. 1912, No. 7; Pharm. Ztg. 1912, 634.
4) Ztschr. f. öffentl. Chemie 1903, 37. ’
5) Dieses Archiv 1897, 235, 55.
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Derselbe, Die Aufklärung der Salicylsäure-Eisenchloridreaktion .
.E. Rupp, Ueber das Methylrot und verwandte Azokombinationen 366
F. Lehmann und Ph. Palm, Zur Gchaltsbestinmnniet von ı Chinarindb. wi ER
Fr. Sn ehknanıi.. K. Wegener, Fr. H. Brauner und
Vergleichende Untersuchungen über die Wert
von Semen Sinapis, Spiritus Sinapis, Oleum Sinapis
Charta sinapisata nach den verschiedenen dafür angegeb
Methoden (Schluß) . . . » er
0. A. Oesterle und E. R. Haugseih, Zur inne dest Salz-
bildungsvermögens natürlicher Chrysazin-Derivate . ...
Dieselben, Deber einige Derivate des Rheins . . . FREE
Dieselben, Zur Kenntnis der Reaktionsfähreeei tn Br
Hydroxyleruppen in Anthrachinonderivaten . . . »... 885
M,. Claasz, Ueber einfache und komplexe Eisensalicylate
E. Rupp und Marg. Beyer, Die A GelyerungrpE des 2-Oxy-
3- Methoxybenzaldehyds 4
0. A. Oesterle und R. Kueny, Däber En Beziehung ae He
peridins zu Pflanzenfarbstoffen + ER
Eingegangene Beiträge. | Ss | . &,
E. Rupp und Ar Hölzle, Ueber den RE in geruckerten
Bittermandelwasser- Zubereitungen.
(Geschlossen den 16. VIII. 1915.)
IS HERRRUEREREEHEEEHERENEHNENNHRFNERENNRENEHNN”
Diese Zeitschrift erscheint in zwanglosen Heften (In der Regel |
monatlich einmal) in einem jährlichen Umfange von 40 bis |% 2
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Alle Beiträge für das „Archiv“ sind an die
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Bestimmung des Senföls. 321
Nach den Angaben verschiedener Lehrbücher soll die im
Senfsamen natürlich vorkommende Myrosinmenge nicht immer
ausreichend sein zur Zersetzung des Sinigrins. Greenish und
Bartlett!) wiesen jedoch nach, daß immer genügend Myrosin
vorhanden ist. In sämtlichen Proben, die sie untersuchten, fanden
sie die. genügende Menge Myrosin, in einigen sogar weit mehr als
nötig war. Nach Gadamer?) ist der Wirkungswert des Myrosins
relativ größer, wenn es in: geringerer; Menge, also gewissermaßen
in verdünnterer Lösung, vorliegt. Schlich t?) empfiehlt trotzdem
den Zusatz von Myrosinlösung (besonders bei der Untersuchung
von Futterkuchen) oder von etwas Weinsäure (auf 25 g Unter-
suchungsmaterial 0,5 g). Ersterer Zusatz ist bei Senfmehl nach
obigem ohne weiteres überflüssig; aber auch der Zusatz von Wein-
säure, die wie das Myrosin katalytisch wirken soll, ist nach den
Beobachtungen von Wehrmann durchaus nicht nötig, scheint
aber auch nicht zu schaden.
Die Umsetzung des Sinigrins erfolgt nicht ganz glatt, es bilden
sich vielmehr Nebenprodukte, über deren Entstehung die Autoren
nicht gleicher Meinung sind. Freier Schwefel und Allyleyanid ent-
stehen sicher durch den Einfluß des: Wassers auf das Senföl®), da
man durch wiederholte Destillation reinen Senföles mit Wasser
eine Anreicherung von Allylceyanid und im Rückstand freien Schwefel
nachweisen kann. Auch ist die Bildung von Schwefelkohlenstoff
nach Gadamer auf eine Zersetzung des Senföles durch Wasser
zurückzuführen. Wehrmann stellte durch Versuche fest, daß
die Destillation des Senföles aus dem Wasserbade oder aus einem
Glycerinbade von 120° vorgenommen, im wesentlichen zu den
gleichen Resultaten führt, bei der Anwendung des Glycerinbades
war die Destillation in wesentlich. kürzerer Zeit beendet.
_ Nach Gadamer?) soll das aus dem Sinigrin neben Allyl-
senföl entstehende Kaliumbisulfat eine schädliche Wirkung auf die
Senfölbildung haben... Gadamer empfahl, der Mischung von
Senfmehl und Wasser Caleiumkarbonat zur Neutralisation des
Kaliumbisulfats zuzusetzen. Wehrmann hält diesen Zusatz
nicht für erforderlich, bei seinen Versuchen führte das zugesetzte
Caleciumkarbonat zum Ueberschäumen der Mischung bei der
Destillation.
ı) Pharm. Journ. 1912, 203; Apoth.-Ztg. 1912, 593.
2) Dieses Archiv 1897, 235, 55.
3) Ztschr. f. öffentl. Chemie 1903, 37. 4
4) Dieses Archiv 1897, 235, 52.
5) Dieses Archiv 1897, 235, 55.
Arch. d. Pharm. CCLIII. Bds. 5. Heft. 21
NEW
BOT
GA?
322 Bestimmung des Senföls.
Den vom Deutschen Arzneibuche vorgeschriebenen Zusatz
von 20 ccm Alkohol hält Wehrmann für unbedingt erforderlich.
Die Destillation geht zwar auch ohne Alkoholzusatz gut von statten,
aber das Senföl kommt, wenn es mit Wasserdämpfen übergeht,
tropfenweise in die Vorlage und nur durch anhaltendes Schütteln
kann man bewirken, daß sich diese Tröpfchen zerteilen und sich
mit dem Ammoniak binden. Außerdem bleiben anscheinend solche
Tröpfchen auch im Kühlrohr hängen. Um solches zu vermeiden,
soll man nach Boutron!) die Destillation ohne Kühlung vor-
nehmen. Wehrmann befürchtet, daß alsdann Verluste eintreten
und gibt der Anwendung eines Liebig’schen Kühlers bei der
Destillation den Vorzug.
Der vom Deutschen Arzneibuch angeordnete Zusatz von
Olivenöl, der das Schäumen der Destillationsflüssigkeit verhindern
soll, wird von Boutron für überflüssig erklärt, von anderen
Autoren sogar für schädlich, da das Oel, ebenso wie das von anderer
Seite empfohlene Paraffin, geringe Mengen von Senföl löst, die
durch die Wasserdämpfe nicht daraus entfernt werden. Wehr-
mann fand bei seinen Versuchen, daß ein Verlust durch den Zusatz
des Oeles oder Paraffins nicht eintrat. Bei reinen Senfmehlen ist
ein solcher Zusatz nicht nötig, da die Destillationsflüssigkeit nur
wenig schäumt. Enthält das Senfmehl fremde Substanzen, z. B.
Leinmehl, so tritt bei der Destillation starkes Schäumen ein, welches
durch den Oelzusatz stark gemildert wird. Dasselbe ist der Fall
bei Senfpapier, bei welchem wahrscheinlich durch Bestandteile des
Papiers oft ein starkes Schäumen hervorgerufen wird.
Bei Versuchen, die Wehrmann mit je5 g Senfmehl und
100 g Wasser ausführte, erhielt er die in nachstehender Tabelle
aufgeführten Werte. Die angegebenen Zahlen sind Durchschnitts-
zahlen von je zwei bis drei Versuchen der einzelnen Ausführungsarten:
esen, Juin Art der |einung| een“
wiekelung Zusätze | Alkohol | Oel Erhitzuä Kühlung | 81
Stunden ccm ccm
2 - 20 2 Wasserbad mit 0,71
2 — 20 — > FF 0,71
24 = 20 — [Glycerinbad ı 0,705
24 - 20 — 5 ohne 0,68
24 — a Re er 0,63
24 _ — — 55 mit 0,65
16 0,2g Weinsäure 20 = ns 2 0,70
16 ne 20 — A ohne 0,68
1) Bull. d. science. pharmacol. 1912, No. 7.
„>
Bestimmung des Senföls, 323
Das Ergebnis seiner Untersuchungen über die Frage: ‚Auf
welche Weise erhält man aus den Senfsamen und den Senfsamen-
präparaten die größte Ausbeute an Senföl?“ faßt Wehrmann
dahin zusammen, daß man bei größter Ausbeute die Untersuchung
am schnellsten und am sichersten auf folgende Weise erledigt: 5 g
Senfmehl läßt man mit 100 g Wasser 2 Stunden stehen, setzt 20 ccm
Alkohol zu und wenn nötig, 2 ccm Olivenöl. Darauf destilliert man
unter Anwendung eines Liebig’schen Kühlers aus dem Wasser-
bade, oder besser aus einem Glycerinbad von 120°, bis in die mit
10 ccm’ Ammoniakflüssigkeit beschickte Vorlage etwa 50 ccm Destillat
übergegangen sind. Diese Arbeitsweise deckt sich fast vollständig
mit derjenigen des Deutschen Arzneibuches.
Bei der Bestimmung des Senfölgehaltes im Senfsamen prüfte
Wegener die Verfahren von K. Dieterich!), Hartwich
und Vuillemin?, O. Förster?), des Deutschen Arzneibuches
4. Ausgabe, des Deutschen Arzneibuches 5. Ausgabe, von
Roeser), von Schlichtö), von Penau®), von Raquet‘)
und von Brioux®) nach, wobei er die in folgender Tabelle ent-
haltenen Werte erhielt:
nach K. Dieterich. .. ....... 1,3175%
1,3654%
1,3106 %
nach Hartwich und Vuillemin . . 1,2090%
1,2100%,
1,1998%
nach HS F StE NE 79.1009 W . -ucilereıd42201%
1,2401%
1,2396 %
nach dem Deutschen Arzneibuch IV. . . 1,1676%
1,1352%
nach dem Deutschen Arzneibuch V . . . 1,2324%
1,2250%,
1,24019,,
1) Pharm.Ztg. 1900, 767.
2) Apoth.-Ztg. 1905, 201.
3) Landw. Versuchs-Stat. 35, 290.
“4 Journ. Pharm. Chim. 1902, 361.
5) Ztschr. f. öffentl. Chem. 1903, 37.
6) Journ. Pharm. Chim. 1912, 160; Chem. Zentralbl. 1912, II,
S. 1493.
?) Ann. Chim. anal. appl. 17, 174; Chem. .Zentralbl. 1912, II., 457.
8) Ann. Chim. anal. appl. 1912, 17, 3; Chem. Zentralbl. 1912, I,
S. 1254.
21*
324 Bestimmung des Senföls.
nach Rioeser RHINEIIITAT, Tape
1,1892%
nach Schlicht, 4 Std. mazeriert.. . . 1,1327%
1,1409%
6 Std. mazeriert . . . 1,1876%
1,1979%
nach -‚Penam-. 1: 6003 imras A ara er
1,2207%
1,2091%
nach BrIOUX . .. 2er 7, 020 2
1,2200%
nach Raquet, 1Std. mazeriertt . . . . 1,1982%
1,1899%
6 Std. mazeriert . . . . 1,2301%
1,22919%
Bei der Bestimmung des Senföles im Senfsamen ist es nach
Wegener wichtig, daß das Senfmehl mit dem Wasser nicht
länger mazeriert wird als unbedingt nötig ist. Dauert die Mazeration
länger als 2 Stunden, so muß man den Kolben mit der Vorlage in
Verbindung bringen, um Verluste an Senföl zu vermeiden. Nach
den Angaben Flückiger’s (Pharmakognosie des Pflanzenreiches)
nimmt die Ausbeute an Senföl nach 6 Stunden ab, eine längere
Dauer der Mazeration ist auch bei keinem Verfahren vorgeschrieben.
Die Verfahren von K. Dieterich und von Hartwich
und Vuillemin unterscheiden sich in der Dauer der Mazeration.
Hartwich und Vuillemin empfehlen einstündige, Dieterich
zweistündige Mazeration. Wegener stellte Versuche'an über
die zweckmäßigste Mazerationsdauer, wobei er folgende Werte fand.
Bestimmung des Senföles
Dauer nach K. Dieterich
der Mazeration |titrimetrisch | berechnet mit | berechnet mit
, dem Faktor 0,4311 | dem Faktor 0,3992
sofort destilliert. 1,1205% 1,1865%, 1,1256%
1,1153% 1,1988% 1,1098%
1, Stunde . . .| 1,1804% 1,2732% 1,1792%
1,1784% |
1 Stunde. .. . 1,1676% 1,2464% 1,1544%
1,1726%
2 Stunden ... . 1,2324% 1,3175% 1,2199%
1,2164%
6 Stunden . . .| 1,2145% 1,3164% 1,2194%
1,2201%
Bestimmung des Senföls. 325
‚Aus den erhaltenen Werten folgertt Wegener, daß eine
zweistündige Mazeration die vollständige Spaltung des Sinigrins
bewirkt.
. Raquet hat durch Versuche gezeigt, daß die wässerige
Mazeration zweckmäßig durch eine alkoholische zu ersetzen ist.
Wegener fand bei vergleichenden Untersuchungen, daß die
alkoholische Mazeration niedrigere Werte gibt als die wässerige.
} \ alkoholische wässerige
Mazerationsdauer |. Mazeration Mazeration
sofort destilliert . . . . 2.2. | 0,8608% _
nach % Stunde . „1. wor. | 0,9294% 0,9498 %
nach. 1 Stunde, .. ..1. . and“ 0,9084% 0,9370%
nach 2 Stunden. seines ven ll | 0,9510% 0,9683%
Meyer fand bei der alkoholischen Mazeration bei zwei
Versuchen je 0,83%, während die wässerige Mazeration 0,83 bezw.
0,85% Senföl ergab.
(Die Annahme Wegener’s, daß die alkoholische Mazeration
niedrigere Resultate liefert als die wässerige, wird durch seine
Versuche nur unvollkommen bewiesen; die gefundenen Differenzen
sind nur unerheblich, sie liegen fast innerhalb der Fehlergrenzen.
Frerichs.)
Einen Zusatz von Weinsäure bei derMazeration hält Wegener
ebenso wie Wehrmann für nicht nötig, aber auch nicht für nach-
teilig. Bei wässeriger Mazeration unter Zusatz von Weinsäure fand
Wegener 1,2298 und 1,2300%, Senföl (ohne Weinsäure 1,2324
und 1,2164%).
Wegener machte noch darauf aufmerksam, daß Senfmehl
beim Liegen an feuchter Luft erhebliche Mengen an Feuchtigkeit
aufnimmt. Eine Probe, welche 7,12%, Feuchtigkeit enthielt, besaß
nach 6 Wochen langer Aufbewahrung an feuchter Luft 20,34%
Feuchtigkeit, der Gehalt an Senföl war auf 0,03357% gesunken.
Eine andere Probe enthielt nach 4 Wochen 14,27% Feuchtigkeit
und statt 1,2214%, Senföl alsdann nur 1,0832%. Senfmehl muß
demnach. trocken aufbewahrt werden.
Bei der Ermittelung des Senfölgehaltes im Senf-
spiritus fand Wegener die Beobachtung Kuntze'sl),
daß der Senfölgehalt bei längerer Aufbewahrung des Senfspiritus
abnimmt, bestätigt. Der Alkohol wirkt, wie Kuntze feststellte,
1) Dieses Archiv 1908, 246, 58,
326 . Bestimmung des Senföls.
auf das Senföl ein unter Bildung von Allyloxythiocarbaminsäure-
äthylester. Wegener fand bei einem frisch hergestellten Senf-
spiritus folgende Mengen an Senföl:
am Tage nach der Horstollung . >, '#4,99449%
DACH» LA’TEBPI | DUO WERE en 1,9805%
nach Wochen (IUDTPNDWINTIT 19 1,9588%
nach '13 Wochen 5. „mil 00 1,8236 %
ach 77 Wochen 1,7672%,
Wegener folgert aus diesen Ergebnissen, daß die Bildung
des Allylisothiocarbaminsäureäthylesters allmählich immer schneller
verläuft. Meyer prüfte ebenfalls die Abnahme des Senfölgehaltes
im Senfspiritus während der Aufbewahrung nach. Bei einem vom
30. April bis zum 10. Juni aufbewahrten Senfspiritus fand er einen
Rückgang des Senfölgehaltes um 36,05%. Meyer hält es für
erforderlich, den Senfspiritus ex tempore herzustellen.
Aus den Untersuchungen vnWehrmannundWegener
geht hervor, daß die Methode des Deutschen Arzneibuches V zur
Bestimmung des Senföles in Senfmehl, Senföl, Senfspiritus und
Senfpapier bei leichter Ausführbarkeit sehr gute Resultate, liefert.
Auch Meyer hält diese Methode für die beste und zuverlässigste.
Braunwarth stellte alle in der Literatur empfohlenen
Methoden zur Bestimmung von Senföl zusammen und unterzog
sie einer Kritik auf Grund einer geringen Anzahl eigener Versuche.
Außer den im vorstehenden bereits aufgeführten Methoden er-
wähnte Braunwarth noch folgende:
P. Carles!) empfiehlt, das Senfmehl mit Wasser zu ver-
reiben und die Stärke des Geruchs der Mischung mit demjenigen
eines auf gleiche Weise behandelten Standardpräparates zu ver-
gleichen.
Mansier?) empfiehlt eine kalorimetrische Wertbestimmung
des Senfmehles. Aus der durch die Fermentwirkung bei dem Ver-
mischen von Senfmehl mit Wasser bedingten Temperaturerhöhung
ergibt sich der Wert des Senfmehles.
C.M ann?) empfiehlt, das nach der Methode von Dieterich
erhaltene Schwefelsilber im Rose’schen Tiegel bis zur Gewichts-
konstanz zu glühen und das gefundene metallische Silber mit dem
Faktor 0,4938 zu multiplizieren.
1) Repert. d. Pharm. 1913, 6,
?) Apoth.-Ztg. 1906, 526.
®) Dieses Archiv 240, 149,
O. A. Oesterle und E. R. Haugseth: Chrysazin-Derivate. 327
G. Moßler!) empfiehlt die Bestimmung des Senföles durch
die Ermittelung der Jod- bezw. Bromzahl vorzunehmen.
Kremel?) empfiehlt, das Senföl mit einer bekannten Menge
Ammoniak zu versetzen und das zur Bildung von Thiosinamin
nicht verbrauchte Ammoniak mit 1,-N.-Salzsäure zurückzutitrieren.
H. Frerichs,
Mitteilungen aus dem pharmazeutischen Institut
der Universität Straßburg ı.E.
Zur Kenntnis des Salzbildungsvermögens
natürlicher Chrysazin-Derivate.
Von O0. A. Oesterle und E.R. Haugseth.
(Eingegangen den 9. VI. 1915.)
Bei der Verwendung von Pyridin zum Umkrystallisieren von
Rhein: ist dieses nur äußerst schwer vom Lösungsmittel zu be-
freien. :Das Pyridin haftet so fest, daß es auch durch Auswaschen
mit säurehaltiggm Wasser, Alkohol und Aether nicht völlig ent-
fernt werden kann. Auf diese Weise behandeltes Rhein gibt, wie
Oesterle und Tisza?) fanden, bei der Sublimation im Vakuum
noch Pyridin ab.
Vor kurzem hat nun P. Pfeiffer?) gezeigt, daß Karbon-
säuren befähigt sind mit Pyridin beständige Pyridinsalze zu bilden.
Wir haben daher versucht, festzustellen, ob beim Umkrystallisieren
des Rheins aus Pyridin ebenfalls ein Salz gebildet wird. Da ferner
Pfeiffer?) nachgewiesen hat, daß auch. gewisse Oxyanthra-
chinone imstande sind mit Pyridin zu Pyridinsalzen zusammen-
zutreten, haben wir Chrysazin und seine natürlichen Derivate
auf das Verhalten gegen Pyridin geprüft. Dabei haben wir uns
der von Pfeiffer eingehaltenen Arbeitsweise bedient.
Die Untersuchung hat ergeben, daß Rhein in der Tat mit
Pyridin ein Salz zu bilden vermag, das nach der Formel R—-COOH.Py
1) Südd. Apoth.-Ztg. 1907, 461.
2) Pharm. Post 1888, 828.
8) Schweiz. Wehschr. f. Chemie u. Pharmazie 1908, No. 44.
4 Ber. d. d. Gesellsch. 47 (1914), 1570.
5) Annalen d, Chemie 398 (1913), 148,
328 O. A. Oesterle und E. R. Haugseth: Chrysazin-Derivate.
zusammengesetzt ist. Da das Salz. wie das Rhein: selbst in den
meisten Lösungsmitteln sehr schwer. löslich ist, konnte. nicht er-
mittelt werden, ob das normale Salz beim Umkrystallisieren' sich,
wie Pfeiffer für eine Reihe von Fällen festgestellt. hat, in ein
saures Salz verwandelt.
Von den untersuchten Oxyanthrachinonen findet, wie aus
der geringen Gewichtsabnahme beim Trocknen ‘der aus Pyridin
krystallisierten Verbindungen zu- schließen ist, bei Chrysazin,
Chrysophansäure und Aloe-Emodin eine Salzbildung nicht statt,
Es steht dies in Uebereinstimmung mit der von Pfeiffer ge-
machten Beobachtung, nach welcher bei Oxyanthrachinonen mit
«-ständigen Hydroxylgruppen Pyridinsalze nicht gebildet werden;
das Salzbildungsvermögen ist an das Vorhandensein ß-ständiger
Hydroxylgruppen geknüpft. Während "die ‘oben. genannten
Oxyanthrachinone nur «-ständige Hydroxylgruppen „enthalten —
die alkoholische Hydroxylgruppe im Aloe-Emodin kommt für das
Vermögen mit Pyridin ein Salz zu bilden nicht in Betracht — ent-
hält Frangula-Emodin noch eine dritte Hydroxylgruppe, deren
Stellung noch nicht mit ausreichender Sicherheit festgestellt ist.
Verschiedene Ueberlegungen haben Oesterle veranlaßt, für
diese Hydroxylgruppe alle Stellungen bis auf die Stellung 6 aus-
zuschließen, so daß für das Frangula-Emodin sich die Formel
OH OH
|
2 1 2
|
gen, oe nel
ergeben würde. . Darnach müßte die Verbindung, da sie ein
ß-ständiges Hydroxyl enthält, zur Pyridinsalzbildung befähigt
sein, und in der Tat hat sich ergeben, daß Frangula-Emodin mit
Pyridin ein Salz zu liefern vermag. Diese Eigenschaft bildet eine
weitere Stütze für die vorgeschlagene Formulierung,
Experimentelles.
Verhalten von Rhein gegen Pyridin.
Aus einer heiß filtrierten Lösung von Rhein in Pyridin scheiden
sich beim Erkalten bräunlichgelbe Nadeln aus. Nach dem Aus-
waschen mit kaltem Pyridin und Abpressen, wurden die Krystalle
auf Ton neben Phosphorpentoxyd ‚in einer Pyridinatmosphäre
getrocknet und hierauf im Trockenschrank auf 100—-110° erhitzt,
O. A. Oesterle und E. R. Haugseth: Chrysazin-Derivate. 329
Derselben Behandlung wurden auch die übrigen Anthra-
chinonderivate ' unterworfen. j
0,4760 g Substanz gaben bei 100—110° einen Gewichtsverlust
von 0,1030 g.
Bereehnet für C,,H,0,(0H),.COOH.Py: Gefunden:
Py 21,76 21,65%
Chrysazin.
Beim Erkalten einer heißen Lösung von Chrysazin in Pyridin
scheiden sich rotgelbe, viereckige Krystallblättchen aus.
0,3690 g Substanz gaben bei 100—110° einen Gewichtsverlust
von 0,0045 g.
Berechnet für C,,H,0,(OH),.Py: Gefunden:
Py 24,76 1,21%
Chrysophansäure.
Aus Pyridin krystallisiert die Chrysophansäure in hellgelben
Nadeln und Blättchen.
0,2132 g Substanz gaben bei 100—110° einen Gewichtsverlust
von 0,0041 g.
Berechnet für C,,H,0,.CH,(OH),.Py: Gefunden:
Py 23,72 1,92%
Aloe-Emodin.
Aloe-Emodin. krystallisiert aus Pyridin in. orangefarbenen
verfilzten Nadeln.
0,4262 g Substanz gaben bei 100—110° einen Gewichtsverlust
von 0,0030 g.
Berechnet für C,,H,0,.CH,0OH(OH),.Py: Gefunden:
Py 22,63 0,70%
Frangula-Emodin.
Kleine orangefarbene Nadeln.
0,5867 g Substanz gaben bei 100—110° einen Gewichtsverlust
von 0,1348 g.
Berechnet für C,,H,0,.CH,(OH),.Py: Gefunden:
Py 22,63 22,97%
330 O. A. Oesterle und E. R. Haugseth: Rhein.
Mitteilungen aus dem pharmazeutischen Institut
der Universität Straßburg i. E.
Ueber einige Derivate des Rheins.
Von O0. A. Oesterle und E. R. Haugseth.
(Eingegangen den 9. VI. 1915.)
Von der als Rhein bezeichneten 1-8-Dioxyanthrachinon-
3-Karbonsäure sind bis jetzt, außer dem Acetat und Propionat
folgende Derivate dargestellt worden:
Rheinmethylester . . . Schmp. 174°)
Rheinäthylester . . . » .. 159°) (160—1619)?)
Diacetyl- "Bhefnäthylester re
Dimethylrhein . . „u » »»....281— 28203) (283—2840)9)
Dimethylrheinäthylester. . ,„.. .185—187°%.
Dimethylrheinchlorid . . „'...19008)
Dimethylıheinamid . . . „dar 2a
Das nicht methylierte Chlorid und Amid wurde ı von
Oesterle®) als Ausgangsmaterial zur Konstitutionsaufklärung
des Rheins verwendet. Ein Glykolsäure-Derivat des Rheins ist
von Oesterle und Riat”) beschrieben worden.
Da Rhein-Chlorid ohne große ' Schwierigkeiten gewonnen
werden kann, haben wir diese Verbindung benützt, um einige Ester
des Rheins darzustellen.
Die Darstellung des Rheins erfolgte durch. Einwirkung von
Kaliumbichromat und Schwefelsäure auf Aloin. Zur Trennung
des dabei entstehenden Gemisches von Aloe-Emodin und Rhein
wurde die verschiedene Löslichkeit der Acetate in Benzol benützt.
Die von Robinson und Simonsen?) vorgeschlagene Dar-
stellung von Rhein durch Oxydation von Acetyl-Aloin mit Chrom-
säure scheint uns keine besonderen Vorteile zu bieten. |
1) Robinsonu. Simonsen, Transactions of the Chemical
Soc. 1909, Vol. 95, 1092.
2) OQesterleu. Riat, dieses Archiv 1909 (247), 533.
3) Oesterleu. Riat,1.c. 529.
“ Robinsonu. Simonsen, |. c. 1093.
5) Robinsonu. Simonsen, |. c. 1094.
6) Schweiz. Wehschr. f. Chemie u. Pharmazie 1911, No. 46.
?) 1. c. 530.
®) ]. c. 1089,
O. A. Oesterle und E. R. Haugseth: Rhein. 331
Die Reinigung des aus dem rohen Acetyl-Rhein durch Ver-
seifung erhaltenen Rheins geschah bisher durch Krystallisation
aus Pyridin. Mit diesem Lösungsmittel ist, abgesehen von dem
ziemlich hohen Preise, die Unannehmlichkeit verbunden, daß bei
einigermaßen konzentrierten Lösungen die Krystallisation schon
auf dem Filter beginnt und dadurch, selbst bei Anwendung von
Heißwassertrichtern, die Filter rasch undurchlässig werden. Wir
haben daher nach einem anderen Lösungsmittel für Rhein gesucht
und ein bequemes Lösungsmittel im technischen Methylal gefunden.
Methylal ist erheblich billiger als Pyridin, belästigt nicht durch
den Geruch, und da es zwischen 40—-50° siedet, läßt sich der
Extraktionsapparat in Anwendung bringen. Das durch Methylal
aus rohem Rhein extrahierte Produkt zeigt schon nach einmaligem
Umkrystallisieren aus Methylal den Schmelzpunkt 314°,
Rhein-Chlorid.
Ganz reines Rhein reagiert, wie Oesterlel) festgestellt
hat, mit Thionylchlorid nur sehr schwer. Das Rhein bleibt, auch
bei einem großen Ueberschuß an Thionylchlorid und bei anhaltendem
Erhitzen ungelöst. Es tritt aber nach kurzer Zeit Lösung ein, wenn
man dem Gemisch etwas Pyridin zufügt. Dieses Verhalten ent-
spricht den Beobachtungen von Einhorn und Hollandt?),
nach denen die Acylierung von Alkoholen und Phenolen durch
Pyridin begünstigt wird. Nach E. Fischer?) wirken tertiäre
Basen auch bei der Einwirkung von Chlorkohlensäureestern auf
Phenolkarbonsäuren reaktionserleichternd.
Da ein zu großer Zusatz von Pyridin die Ausscheidung des
Chlorids beeinträchtigt, verfährt man am besten so, daß man Rhein
aus Pyridin krystallisiert und die Pyridinlauge von den Krystallen
möglichst gut absaugt. Läßt man alsdann das Rhein an der Luft
so lange trocknen, bis es leicht zerrieben werden kann, so enthält
es noch die zum glatten Verlauf der Reaktion notwendige Menge
Pyridin und löst sich in der 10—15 fachen Menge Thionylchlorid
beim Erwärmen leicht. Hält man die Lösung 10—15 Minuten in
schwachem Sieden und läßt man hierauf erkalten, so scheidet sich
das Chlorid in feinen, gelben Nadeln aus. Die Krystalle werden
auf der Nutsche vom überschüssigen Thionylchlorid befreit, der
letzte Rest wird im Vakuum-Exsikkator über Kalihydrat beseitigt.
1) Schweiz. Wcehschr. f. Chemie u. Pharmazie 1911, No. 46,
?2) Annalen d. Chemie 301 (1898), 95. .
®) Ber. d. d. chem. Ges. 42 (1909), 215,
332 O. A. Oesterle und E. R. Haugseth: ‚Rhein.
Das auf diese Weise dargestellte Rheinchlorid ist, noch nicht völlig
rein, es kann aber direkt weiter verarbeitet werden.
Rheinpropylester.
Rohes Rheinchlorid wurde mit der 20 fachen Menge Propyl-
alkohol während einer Stunde am Rückflußkühler erhitzt.. Das
Chlorid löst sich sehr rasch. Aus der braungefärbten. heiß filtrierten
Lösung scheiden sich beim Erkalten braune Krystalle ab. Nach
mehrmaligem Umkrystallisieren aus Eisessig zeigen. die Krystalle
bräunlich gelbe Farbe und schmelzen bei 145°. Der Ester ist lös-
lich in Alkohol, Aether, Chloroform, Petroläther, Benzol, Xylol
und Eisessig.
0,1077 g Substanz gaben 0,2622 g CO, und 0,0432 g H,O.
Berechnet für C,,H,0;(0OH),.C0O0.CH,.CH,.CH,: Gefunden:
C 66,25 66,39%
H ;4,29 4,45%,
Rheinpropylester-Acetat.
Mit Essigsäureanhydrid und Natriumacetat in der üblichen
Weise acetyliert, entsteht aus dem Propylester ein Acetat, das in
den gleichen Lösungsmitteln wie die nicht acetylierte ‚Verbindung
löslich ist. Mehrmals aus Eisessig und hierauf wiederholt aus Alkohol
umkrystallisiert, bildet das Acetat kleine gelbe Nadeln, welche
bei 178° schmelzen. In kalter, verdünnter Natronlauge ist es un-
löslich.
0,1141 g Substanz gaben 0,2709 g CO, und 0,0498. g H,O.
Berechnet für C,,H,0,(0.0C.CH,),.C00.0C,H,: Gefunden:
C 64,39 64,75%
H ‚4,39 4,85%
Rheinisopropylester.
Rheinchlorid wurde mit der 40fa®hen Menge Isopropyl-
alkohol am Rückflußkühler erhitzt. Auch bei langandauerndem
Erhitzen tritt nicht vollständige Lösung ein. Das Reaktionsgemisch
wurde heiß filtriert. Aus der gelben Lösung schieden sich beim
Erkalten gelbbraune Krystalle aus, die mehrmals aus verdünntem
Alkohol umkrystallisiert wurden. Schmelzpunkt 181°. _Löslich
in Alkohol, Aether, Chloroform, Benzol, Petroläther, Eisessig.
0,0809 g Substanz gaben 0,1984 g CO, und 0,0344 g H,O.
Berechnet für C,,H,0,(0H),C0O0C,H,: Gefunden:
C 66,25 66,86%
H 4,29 4,12%
Ö. A. Öesterle und E. R. Haugseth: Rhein. 333
Rheinisopropylester-Acetat.
Das in gewöhnlicher Weise dargestellte Acetat bildet nach
mehrmaligem Umkrystallisieren aus Alkohol hellgelbe Nadeln.
Schmelzpunkt 190°. Löslich in Alkohol, Aether, Chloroform, Benzol,
Eisessig. Unlöslich in Petroläther.
0,1812 g Substanz gaben 0,4252 g CO, und 0,0730 g H,O.
Berechnet für C,,H,0,(0.0C.CH,),. COOC,H,: Gefunden:
C 64,39 63,99%
H 4,39. 4,47%
Rheinisobutylester.
Rheinchlorid wurde mit der 10 fachen Menge Isobutylalkohol
während einer halben Stunde am Rückflußkühler erhitzt. Die
aus der heiß filtrierten Lösung beim Erkalten sich ausscheidenden
Krystalle wurden durch mehrmaliges Umkrystallisieren aus ver-
dünntem Alkohol in Form von gelben Nadeln erhalten. Schmelz-
punkt 153°. Löslich in Alkohol, Aether, Chloroform, Benzol, Eisessig.
0,1060 g Substanz gaben 0,2630 g CO, und 0,0471 g H,O.
Berechnet für C,,H,0,(0H),.COOC,R;: Gefunden:
C 67,05 67,66%
H 4,70 4,93%
Rheinisobutylester-Acetat.
Das Acetat löst sich in Alkohol, Eisessig und Benzol. In
Aether ist es schwer löslich, in Petroläther unlöslich. Aus Eis-
essig krystallisiert es in gelben Nadeln. Schmelzpunkt 169°.
0,0840 g Substanz gaben 0,2020 g CO, und 0,0380 g H,O.
Berechnet für C,,H,0,(0.0C.CH,),CO0C,R;: Gefunden:
C 65,09 65,58%
H 4,71 5,02%
Rheinphenylester.
Die Darstellung erfolgte durch halbstündiges Erhitzen von
Rheinchlorid mit der 10fachen Menge Phenol. Beim Eingießen
der dunkelbraun gefärbten Lösung in Wasser scheidet sich ein
brauner, in Alkohol, Eisessig, Benzol und in Petroläther löslicher
Niederschlag aus. Aus Petroläther oder aus Eisessig wurde die
Verbindung in gelben Nadeln erhalten. Schmelzpunkt 215°.
0,1114 g Substanz gaben 0,2820 g CO, und 0,0391 g H,O.
Berechnet für C,4H,0,(0H),C00C,H;: Gefunden:
C 70,00 69,04%
H 3,33 3,89%
334 O0. A. ÖOesterle und E. R. Haugseth:, Rhein,
Rheinphenylester-Acetat.
Das Acetat krystallisiert aus Alkohol in gelben Nadeln.
Schmelzpunkt 176°. Löslich in Alkohol, Chloroform, Benzol, Eis-
essig. , Schwer löslich in Aether, unlöslich in Petroläther.
0,1300 g Substanz gaben 0,3222 g CO, und 0,0460 g H,O.
Berechnet für C,,H,0,(0.0C.CH,),.CO0C,H;: Gefunden:
C 67,56 67,59%
H 3,60 3,93%
Rheinbenzylester.
Rheinchlorid wurde mit der 20 fachen Menge Benzylalkohol
am Rückflußkühler längere Zeit erhitzt. Aus der filtrierten, braun-
schwarz gefärbten Flüssigkeit schieden sich beim Erkalten keine
Krystalle ab. Erst nach sehr langem Stehen bei Luftabschluß
erfolgte eine Ausscheidung von schwarzbraunen Krystallen, die
in Alkohol, Aether, Eisessig und Benzol schwer löslich und in Petrol-
äther unlöslich sind. Es gelang nicht die Verbindung durch Um-
krystallisieren rein zu erhalten.
Rheinbenzylester-Acetat.
Der unreine Benzylester wurde in der üblichen Weise mit
Essigsäureanhydrid und Natriumacetat acetyliertt. Durch auf-
einanderfolgendes Umkrystallisieren ‚aus Eisessig und aus Alkohol
wurden zitronengelbe, verfilzte Nadeln erhalten. Schmelzpunkt 203°.
Löslich in Alkohol, Aether, Chloroform, Benzol, Eisessig.
0,0979 g Substanz gaben 0,2432 g CO, und 0,0369 g H,O...
Berechnet für C,,H,0;(0.0C.CH,),.COO.CH,.C,H,: ‚Gefunden:
C. 68,12 67,75%
H ,3,93 4,18%
O. A. Oesterle und E. R. Haugseth: Anthrachinonderivate. 335
Mitteilungen aus dem pharmazeutischen Institut
der Universität Straßburg i. E.
Zur Kenntnis der Reaktionsfähigkeit «-Ständiger
Hyäroxylgruppen in Anthrachinonderivaten’).
Von O. A. Oesterle und E.R. Haugseth.
(Eingegangen den: 6. VII. 1915.)
Bei der Untersuchung natürlich vorkommender Chrysazin-
Derivate wurde wiederholt beobachtet, daß die beiden «-ständigen
Hydroxylgruppen in den Stellungen 1 : 8 in ihrer Reaktionsfähigkeit
sich nicht gleichartig verhalten. Schon bei der Methylierung der
Chrysophansäure stellte Oesterle?) fest, daß der Eintritt einer
Methylgruppe ohne Schwierigkeit erfolgt, die zweite Methylgruppe
aber erheblich schwieriger und nur mit schlechter Ausbeute an
Dimethyläther einzuführen ist. Noch auffälliger ist das Verhalten
der Chrysazinderivate gegen Chloressigester. Läßt man auf Rhein,
die 1: 8-Dioxyanthrachinon-3-Karbonsäure, Chloressigsäureester
einwirken, so treten zwei Moleküle dieser Verbindung in Reaktion?)
und es war zu erwarten, daß sich an der Reaktion in erster Linie
die beiden Hydroxylgruppen beteiligen würden. Die entstandene
Verbindung läßt sich jedoch acetylieren, sie enthält demnach noch
eine freie Hydroxylgruppe und ist folgendermaßen zu formulieren:
„2. CH,.000.0,H;
C,H,0,X OH
C00.CH,.C00.C,H,
Daß Chloressigester mit ‚einer Karboxylgruppe in Reaktion
tritt war. insofern nicht auffällig, als nach dem D.R.P. 118 267
von Knoll& Co.% Chlorkohlensäureäthylester in analoger ‘Weise
auf Salicylsäure oder Carbäthoxysalicylsäure. einwirkt. : Bei Gegen-
wart tertiärer Basen entsteht Salicylsäurediäthyldikarbonat:
0.C00.C,H,
CH4<C00.C00.C,H,
1) Auszug aus der von E.R. Haugseth im Sommer 1914
abgeschlossenen, der Universität Bern eingereichten Dissertation.
2) Dieses Archiv 243 (1905), 441.
®) Oesterle u. Riat, dieses Archiv 247 (1909), 531.
4 Friedländer, Fortschritte der Teerfarbenfabrikation
6, 146.
336 O. A. Oesterle und E.R. Haugseth: Anthrachinonderivate.
Bemerkenswert war aber, daß von den beiden Hydroxyl-
gruppen im Rhein, welche in bezug auf die Karbonylgruppe genau
gleich orientiert sind, die eine mit Chloressigsäureester reagiert,
die andere dagegen unverändert bleibt. Oesterle und Riat
glaubten dieses eigentümliche Verhalten auf den Einfluß der'Seiten-
kette zurückführen zu müssen. Ganz ähnlich liegen die Verhält-
nisse bei Frangula-Emodin, einem Trioxymethylanthrachinon. Hier
war bei der Einwirkung von Chloressigester die Entstehung eines
Triglykolsäurederivates vorauszusetzen. Wie Oesterle und
Toxope&ust) fanden, treten aber im besten Falle zwei Moleküle
Chloressigsäureester in Reaktion, es bleibt also auch hier wieder
eine Hydroxylgruppe unverändert.
Die Beobachtung, daß bei Oxyanthrachinonen . nicht alle
Hydroxylgruppen sich gegen Chloressigester gleichartig verhalten
ist schon in dem D.R.P. 158277 der Farbwerke vorm. ‚Meister
Lucius & Brüning niedergelegt. Nach diesem Patent sind «-ständige
Hydroxylgruppen der Einwirkung von Chloressigester nicht oder
nur schwer zugänglich.
Um Aufschluß darüber zu erhalten ob die verschiedene Re-
aktionsfähigkeit der beiden, in bezug auf die CO-Gruppe vollkommen
gleich angeordneten Hydroxylgruppen in Chrysazinderivaten. auf
eine Beeinflußung durch die Seitenkette zurückzuführen ist, war
es wünschenswert die Muttersubstanz, das Chrysazin selbst, in
dieser Richtung zu untersuchen. Aus dem Verhalten des Chrysazins
bei der Salzbildung mit Kalium, aus dem Verhalten gegen Chlor-
essigester und auch aus den, bei der Methylierung in stöchiometri-
schen Verhältnissen gemachten Beobachtungen läßt sich der Schluß
ziehen, daß die beiden in 1 und in 8 befindlichen Hydroxyle in
ihrer Reaktionsfähigkeit nicht gleichwertig sind. Die ungleiche
Reaktionsfähigkeit der «-ständigen Hydroxylgruppen in Chrysazin-
Abkömmlingen ist somit nicht auf den Einfluß von Seitenketten
zurückzuführen, sondern muß einen anderen Grund haben,
Eine Erklärung für das ungleiche Verhalten der beiden gleich-
artig angeordneten Hydroxyle bietet eine vor kurzem von
Pfeiffer?) bei seinen Studien zur Theorie der Farblacke geäußerte
Ansicht. Pfeiffer nimmt an, daß in Anthrachinonderivaten
mit o-(«-)-ständigen Hydroxylen das Wasserstoffatom des o-Hydro-
xyls koordinativ an ein Karbonyl-Sauerstoffatom gebunden ist
(innere Komplexsalzbildung) und dadurch in: seiner 'Reaktions-
1) Dieses Archiv 249 (1911), 312.
2) Annalen der Chemie 398 (1913), 152.
Ö. A. Öesterle und E. R.Haugseth: Anthrachinonderivate. 337
fähigkeit geschwächt wird. Für das Chrysazin kann diese Auffassung
durch folgendes Formelbild zum Ausdruck gebracht werden:
PR
16) 10)
OH ..| |
LAD ASS DA
co
Dadurch wird es verständlich, daß im Chrysazin und in den
Chrysazinderivaten von den «-ständigen Hydroxylen vorerst nur
eine Gruppe in Reaktion tritt und erst unter gewissen Bedingungen
auch die zweite Hydroxylgruppe reagiert. Eine Erklärung findet
ferner auch die Tatsache, daß nach dem oben erwähnten D.R.P.
158 277 Anthrachryson nicht einen Tetraglykolsäure-Ester zu
bilden vermag, sondern daß mit Chloressigester nur ein Anthra-
chryson-3-7-Diglykolsäureester der Formel
08,2
R.000.CH, 0. "NN
bi I A He, CHOR
co
OH
entsteht.
Experimentelles.
Kaliumsalz des Chrysazins.
Ein Kaliumsalz des Chrysazins wurde von Wölblin gl)
dargestellt dadurch, daß er Chrysazin in verdünnter Kalilauge
heiß löste. Aus der filtrierten Lösung krystallisierten orangerote,
wasserhaltige Nadeln, deren Kaliumgehalt demjenigen eines Mono-
kaliumsalzes entspricht.
Wir haben versucht zu einem Dikaliumsalz zu gelangen und
sind folgendermaßen vorgegangen. Chrysazin wurde mit einer zur
vollständigen Lösung ausreichenden Menge 5%iger Kalilauge er-
wärmt und das Filtrat mit 50% iger Kaliumkarbonatlösung versetzt.
Es entsteht dadurch sofort ein dichter Niederschlag, welcher mit
dem Mikroskop betrachtet, aus orangeroten Nadeln besteht. Der
Niederschlag wurde zuerst mit Kaliumkarbonatlösung, hierauf mit
möglichst wenig Wasser gewaschen und schließlich zwischen Filtrier-
papier getrocknet. Während des Auswaschens nimmt der Nieder-
1) Ber. d. d. chem. Ges. 36 (1903), 2941.
Arch. d. Pharm. CULIII. Bds. 5. Heft. 22
338 O. A. Oesterle und E. R. Haugseth: Anthrachinonderivate.
schlag an der Oberfläche eine gelbliche Farbe an und auch beim
Trocknen färbt sich die äußere Schicht des. Salzes gelb. Krystalli-
siert man das Salz aus Wasser um, so zeigt das mikroskopische
Bild neben orangeroten Nadeln gelbe Blättchen von unbestimmter
Form. Es scheint demnach, daß sich das Salz an der Luft und durch
Wasser verändert. In Alkohol ist das Salz etwas löslich.
0,1994 g Substanz lieferten 0,0562 g K,SO, = 12,65% K
0,1432 g Substanz lieferten 0,0414 g K,SO, = 12,98% K
0,2110 g Substanz lieferten 0,0580 g K,SO, = 12,34% K
0,1972 g Substanz lieferten 0,0546 g K,SO, = 12,43% K
Beim Erhitzen auf 100—105° wird das Salz ER
glänzend und verliert Wasser.
0,2012 g ergaben einen Gewichtsverlust von 0,0180 g = 8,95%.
0,2694 g ergaben einen Gewichtsverlust von 0,0244 g = 9,06%.
Berechnet für C,,H,0,K + 11, H,0: Gefunden im Mittel:
H,O 8,85 9,00%
K 12,83 12,60%
0,0894 g bei 105° getrocknet, lieferten 0,0280 g K,SO,.
Berechnet für C,,H-0,K: Gefunden:
K 14,07 14,06%
Von den beiden im Chrysazin befindlichen Hydroxylen ist
demnach nur das eine zur Salzbildung befähigt. Wie Oesterle
und Riat fanden liegen auch beim Rhein die Verhältnisse ähnlich.
Rheinkalium sollte, da das Rhein als Chrysazinkarbonsäure zwei
Hydroxyle und ein Karboxyl besitzt, 3 Atome Kalium enthalten.
Es war aber nur möglich ein Dikaliumsalz zu erhalten.
Einwirkung von Chloressigsäureäthylester auf Chrysazin.
Eine Lösung von gleichen Teilen Chrysazin und Kalihydrat
in Wasser wurde auf dem Wasserbad zur Trockene gebracht. Der
scharf getrocknete, gepulverte Rückstand wurde mit der fünffachen
Menge Chloressigsäureäthylester während 18 Stunden am Rück-
{lußkühler erhitzt. Das durch Filtrieren vom überschüssigen Chlor-
essigester befreite, mit Aether gewaschene Reaktionsprodukt wurde
getrocknet, mit Wasser gewaschen und hierauf mit Alkohol er-
schöpft. Der in Alkohol unlösliche Rückstand löst sich leicht in
Chloroform. Setzt man der Chloroformlösung Alkohol zu, so entsteht
ein krystallinischer gelber Niederschlag. Durch wiederholtes Auf-
lösen in Chloroform und Ausscheiden durch Zusetzen von Alkohol
erhält man gelbe Nadeln, welche bei 198° schmelzen. Die Verbin-
dung löst sich leicht in Aether, Chloroform, Eisessig und Benzol,
in Alkohol ist sie fast unlöslich und in Petroläther ganz: unlöslich.
O. A. Oesterle und E.R. Haugseth: Anthrachinonderivate. 339
0,1265 g gaben 0,3094 g CO, und 0,0483 g H,O.
Berechnet für
OH ' ‘ r ‘
C 66,26 64,08%,
H 4,29 4,85%
Gefunden:
C 66,70° H 4,27%
Die gefundenen Werte lassen den Schluß zu, daß in der Ver-
bindung ein Monoglykolsäureester vorliegt.
Der durch Alkohol dem rohen Chrysazinmonoglykolsäure-
äthylester entzogene Anteil wurde mehrmals aus Alkohol um-
krystallisiertt und dadurch in Form von dunkelgelben, bei 195°
schmelzenden Nadeln erhalten.
0,0929 g gaben 0,2328 g CO, und 0,0275 g H,O.
Gefunden:
C 68,34 NH 3,29%
Wahrscheinlich besteht die Substanz aus einem Gemenge von
Chrysazin und Monoglykolsäureester.
Chrysazinmonoglykolsäureäthylester - Acetat:
Die Verbindung wird durch Acetylieren mit Essigsäureanhydrid
und Natriumacetat als kleine, kanariengelbe Nadeln erhalten.
Schmelzpunkt 144°. Leicht löslich in Alkohol, Chloroform, Benzol,
Eisessig, unlöslich in Aether und in Petroläther.
0,1367 g gaben 0,3278 g CO, und 0,0548 g H,O.
Berechnet für C,ELO,< CH. 000.0,H, Gefunden:
C 65,22 i 65,40%
H 4,35 4,48%
Chrysazinmonoglykolsäure: Die Verseifung des
acetylierten Esters erfolgt durch Schütteln mit 3%iger Natron-
lauge in der Kälte. Schon nach 3—4 Minuten färbt sich die Lauge
rot und nach halbstündigem Schütteln erzielt man vollständige
Lösung. Die Lösung wurde in verdünnte Salzsäure filtriert. Dio
gelb gefärbte Ausscheidung schmilzt bei 236°. Sie ist in Alkohol,
Chloroform, Benzol, Xylol, Eisessig, Aether äußerst schwer löslich.
Ein Krystallisationsmittel von größerem Lösungsvermögen konnte
nicht gefunden werden. Aus siedendem Alkohol erhält man in sehr
geringer Menge gelbe, mikroskopisch kleine sechseckige Blättchen.
0,1276 g gaben 0,3016 g CO, und 0,0415 g H,O.
Berechnet für CEO, <OH COOH’ Gefunden:
C 64,43 & 64,46%,
H 3,36 3,64%
22*
340 O. A. Oesterle und E. R. Haugseth: Anthrachinönderivate:
Einwirkung von Dimethylsulfat auf Chrysazin.
Chrysazin wurde in 10%iger wässeriger Kalilauge gelöst ünd
die warme Lösung allmählich mit etwas mehr als der berechneten
Menge Dimethylsulfat versetzt. Es bildet sich dabei in geringer
Menge eine gelbe Ausscheidung, Nach zweistündigem Erhitzen
auf dem Wasserbad und mehrstündigem Stehenlassen des Reaktions-
gemisches wurde die ausgeschiedene Substanz abfiltriert und mit
Wasser solange ausgekocht bis das Filtrat nicht mehr rot gefärbt
war. Durch Krystallisation aus verdünntem Alkohol und aus
Benzol erhält man orangegelbe Nadeln, welche bei 198° schmelzen.
0,0663 g gaben 0,06227 g AgJ.
Berechnet für CuHR0,<I CH. C,.H,0;(0.CH,),: Gefunden:
CH,O 12,20 23,13 12,40%
Aus der Methoxylbestimmung geht hervor, daß unter den
eingehaltenen Bedingungen nur Chrysazinmonomethyläther ge-
bildet wurde.
Eine warme Lösung von 5 Teilen Chrysazin in 250 cem 10%iger
Kalilauge wurde unter lebhaftem Schütteln mit 45 cem Dimethyl-
sulfat und 45 cem 10%iger Kalilauge abwechselungsweise in kleinen
Anteilen versetzt und darauf geachtet, daß das Gemisch stets alkali-
sche Reaktion zeigt. Nach dreiviertelstündigem Erhitzen auf dem
Wasserbad wurde erkalten gelassen und der Niederschlag mehrmals
mit 10%iger Natronlauge ausgekocht. Dabei löst sich ein Teil des
Reaktionsproduktes, der größere Teil bleibt jedoch ungelöst. Aus
dem Filtrat scheiden sich beim Stehen in verschlossenen Gefäßen
allmählich gelbe Nadeln ab, die mit kalter 1%iger Natronlauge
mehrmals geschüttelt und hierauf mit Wasser gewaschen wurden.
Die Reinigung der Verbindung, welche Chrysazinmonomethyläther
darstellt, erfolgte über das Acetat.
Chrysazinmonomethylätheracetat: Das
durch Essigsäureanhydrid und Natriumacetat erhaltene Acetat
krystallisiert aus Alkohol in gelben Nadeln. Schmelzpunkt 208°,
0,1215 g gaben 0,3078 g CO, und 0,0442 g H,O.
Berechnet für C,,H,0,.CH,(0.0C.CH,): Gefunden:
C 68,92 69,09%
H 4,05 4,07%
Chrysazinmonomethyläther: Durch Verseifen des
Acetats mit verdünnter Natronlauge und durch Umkrystallisieren
des aus der roten Lösung durch Salzsäure ausgeschiedenen Nieder-
schlages aus Alkohol wurden orangegelbe Nadeln erhalten. Schmelz-
O. A. Oesterle uud E.R. Haugseth: Anthrachinonderivate. 341
punkt 198%. Die Verbindung ist löslich in Alkohol, Chloroform,
Aether, Benzol, Eisessig, unlöslich in Petroläther.
0,1211 g gaben 0,3162 g CO, und 0,0432 g H,O.
Berechnet für C,,H,O,(OH) (OCH,): Gefunden:
C 70,87 71,21%
H. 3,93 3,99%
Chrysazindimethyläther: Der in heißer Natron-
lauge unlösliche Anteil des Methylierungsproduktes wurde mehr
mals aus Eisessig umkrystallisiertt. Der Aether bildet goldgelbe
Nadeln, die in Alkohol, Chloroform, Benzol, Eisessig löslich, in
Petroläther und in Aether unlöslich sind.
0,1356 g gaben 0,3576 g CO, und 0,0574 g H,O.
Berechnet für C,,H,0,(OCH,),: Gefunden:
C 71,64 71,92%,
H 4,48 4,73%
Nach dem D. R. P. 156 762 der Farbenfabriken vorm. Friedr.
Bayer & Co.!), Elberfeld entsteht Chrysazindimethyläther durch
anhaltendes Kochen von 1 : 8-anthrachinondisulfosaurem Kali mit
Aetzalkali und Methylalkohol. Das den Höchster Farbwerken?)
erteilte Patent 77 818 verwendet an Stelle der Disulfosäure das
Dinitroanthrachinon. In dem letztgenannten Patent wird der
Chrysazindimethyläther als eine in heißem Benzol und in Alkohol
lösliche, bei 215° schmelzende Verbindung beschrieben. Wir fanden
den Schmekpunkt, übereinstimmend mit O. Fischer und
H. Groß?) bei 221°.
Während bei der Methylierung des Chrysazins in nun
stöchiometrischen Verhältnissen ausschließlich der Monomethyl-
äther gebildet wird, entsteht bei Anwendung von Dimethylsulfat
in großem Ueberschuß zur Hauptsache der Dimethyläther. Aus
10 g Chrysazin wurden erhalten 3 g Dimethyläther und 0,32 Mono-
methyläther, aus den Laugen wurden durch Aussäuern 6,2 g un-
verändertes Chrysazin ausgeschieden.
ı) Winther, Patente der organ. Chem. II., 737.
2) ibid. 722.
®) Journ. f. prakt. Chem. 84 (1911), 282.
342 M. Claasz: Eisensalicylate.
Mitteilung aus dem organischen Laboratorium der Königlichen
Technischen Hochschule Danzig.
Ueber einfache und komplexe Eisensalicylate.
Von M. Claas.
(Eingegangen den 30. VI. 1915.)
A. Was ist Ferrum salieylieum ?
In Hager’s Handbuch der pharmazeutischen Praxis (1900),
Bqa.1, 8.1153, wird Ferrisalieylat als ,Ferrum salieylicum“
bezeichnet. Eine Formel feblt. Als normales Ferrisalicylat,
(C-H,O,),;Fe gibt von den Velden!) das Umsetzungsprodukt
von Natriumsalieylat und Eisenchlorid an.
Im Beilstein Bd. II, 5. 1488. wo eine große Anzahl der
bisher bekannten Salicylate aufgeführt ist, fehlt dagegen jede Notiz
über Eisensalicylate.. Daraus kann man schließen, daß die
vonden Velden’schen Angaben später korrigiert sind, und daß
ein Ferrisalieylat, also ein „Fercum salieylieum“ nicht
existiert. Und in der Tat hat im Jahre 1897 Gerock in einer
Abhandlung „Beitrag zur Kenntnis der Verbindungen*von Salieyl-
säure und Eisen“, die in der Festschrift zur Hauptversammlung
des Deutschen Apotheker-Vereins, abgehalten im Jahre 1897 in
Straßburg i. Els., veröffentlicht ist, nachgewiesen, daß bei dieser
Umsetzung, auch wenn Natriumsalicylat im Ueberschuß ist, freie
Salicylsäure auftritt.
Wenn es auch Gerock nicht gelungen ist, diese Reaktion
befriedigend aufzuklären, so war aus dem Auftreten freier Salieyl-
säure doch der sichere Schluß erlaubt, daß das Reaktionsprodukt
kein normales Ferrisalicylat obiger Formel sein könne. Gerock
spricht es als ein Gemisch oder als ein Salz sehr komplizierter Natur
an, über dessen Zusammensetzung er mangels stimmender Analysen
eine Antwort schuldig geblieben ist.
Später hat dann Hopfgartner?) Versuche nach dieser
Richtung aufgenommen. Auch Hopfgartner weist im Nieder-
1) Journ. f. prakt. Chem. 15 [2], 162 (1877).
2) M. 29, 689 (1908).
M. Claasz: Eisensalicylate. 343
schlag freie Salicylsäure nach, glaubt aber ihr Auftreten durch
Abspaltung aus einem primär gebildeten komplexen Salz nach der
Gleichung
Fe,0(OR)(C,H,0,), + 6H;0 = 4[Fe(OH)(C;H,0,);] + 2H,O + C,H,O,
erklären zu müssen. Diese beiden Salze sind denn auch analysiert.
In neuester Zeit haben nun Weinland und Herz!) eine
ganze Reihe, ebenfalls meist recht komplizierter Verbindungen
aufgefunden, von denen aber zwei Gruppen, nämlich die dort
Disalieylato- und Trisalicylatoferrisäuren genannten zu den ein-
fachen Eisensalicylaten gehören. Weinland hat diese Ver-
bindungen nur in Form einiger Alkalisalze isoliert, sie sind aber,
wie unten nachgewiesen wird, Doppelsalze der sauren Ferrisalıeylate
(Formel III und V).
Saure Salze. | Neutrale Salze,
iR, u
>Fe II. RS
—OH Ferromonosalicylat.
Ferrodisalicylat.
ng Im
C,H, N III
—C00--Fe N
TIL. BT | IV. (SEL_ 00) 8%
GH 00H . . .
| Ferrisesquisalieylat.
Ferridisalieylat.
_OH , U
VPrICH Fe |
( > 000), |
Ferritrisalieylat.
Als Phenolkarbonsäure bildet die Salicylsäure nämlich zwei
Reihen Salze, saure und neutrale. Die sauren enthalten freie
Hydroxyle, dissoziieren mehr oder minder auch in der zweiten
Phase und reagieren deshalb sauer. In den neutralen sind die
Hydroxyle abgesättigt, sie reagieren, infolge hydrolytischer
Dissoziation, meistens alkalisch.
Wird in den sauren Ferrisalicylaten (Formel Ill und V) das
Hydroxyl durch irgend ein Alkalimetall abgesättigt, so entstehen
echte Doppelsalze, oder richtiger gesagt, Salze vom Typus der
Alaune.
!) Annalen 400, 219 (1913).
344 M. Claasz: Eisensalicylate.
Die erwähnten Weinland'’schen Salze (l. e. S. 221 und
246, 223 und 248). |
Fol, _000).K und [ro 600), BE:
sind solche Doppelsalze und decken sich vollkommen mit dem
von Athenstaedt!) aufgefundenen Kalium-Aluminiumsalieylat
der Formel
eo
C,H, x
a coo al
Wenn nun Weinland seine Salze als Salze sogenannter
Di- bzw. Trisalicylatoferrisäuren bezeichnet, so könnte man daraus
schließen, es handele sich wirklich um Salze oder Abkömmlinge
der Eisensäure — Ferrisäure — H,FeO,. Das ist doch aber nicht
der Fall, auch nach der Konstitution vollkommen ausgeschlossen.
Weinland nennt aber weiter seine Ferrisäuren nebenbei
auch Ferrisalicylsäuren und formuliert dann
—0OH
vVIL. Fe--0.0,H,.C00H
—0.0,H,.C0OOH
Ihm erhoben sich jedoch gegen diese Formel, weil zweibasisch,
Bedenken, und so wurde Wasserabspaltung und Ringschluß an-
genommen, was schließlich zur Aufstellung folgender Formel führte
(l. c. 8. 222). .
Br rn
VII. Fe-0.0,H,.0=0
—0.C,H,.COOH
oder anders geschrieben
ig
CHL_C00-Fe
—O +
CsH4_000H
So käme die sogenannte Weinland’sche Disalieylato-
ferrisäure meinem Ferridisalieylat (Formel III) sehr.nahe. Daß
aber diesem Salz die Formel III tatsächlich zukommt, d.h. daß
sie tatsächlich Ferrisalicylat ist, wird weiter unten bewiesen werden.
Von den oben genannten fünf Eisensalicylaten (Formel I bis V)
ist noch keines bekannt. Diese zu untersuchen erschien wünschens-
ı) Friedländer, IV., 1189 und D. R. P. 78 903,
M. Claasz: Eisensalieylate. : 345
wert, besonders deshalb, um festzustellen, was unter „Ferrum
salieylicum‘ zu verstehen wäre. Dabei hat sich gezeigt, daß
die Ferrisalieylate, soweit sie herstellbar sind, unlösliche Ver-
bindungen und arzneilich wertlos sind. Da nun aber die lateinische
Benennung „Ferrum salieylicum“ nur für die pharma-
zeutische Nomenklatur in Betracht kommt, so bleibt als einziges
einfaches Eisensalieylat nur das Ferrosalieylat (Formel I) übrig,
auf welches die Bezeichnung passen könnte. Ferrosalieylat ist dabei
wohl geeignet als Arzneimittel Anwendung zu finden, denn es besitzt
ausgesprochene antiseptische und adstringierende Eigenschaften,
welche Feststellung ich den Elberfelder Farbwerken vormals
Friedr. Bayer & Co. verdanke,
B. Die einfachen Eisensalieylate.
1. Ferrodisaliceylat (Formel ]).
Das saure Ferrosalicylat bildet sich bei der Wechselzersetzung
von Natriumsalieylat und Ferrosulfat. Vermischt man die Lösungen
beider Komponenten etwa in Normalstärke, so entsteht keine
Fällung, die Mischung wird aber intensiv braun. Bringt man kalt
gesättigte Lösungen in einem Verhältnis, das der Gleichung
—0H —0H
20H, _000Na + F080, = (CH, _000),Fo + Na,S0,
entspricht und erwärmt, so entsteht in der braunen Lösung eine
anfangs farblose, sehr bald braun werdende Ausscheidung. Setzt
man aber vor dem Erwärmen ein geeignetes Reduktionsmittel zu,
z. B. Natriumhydtrosulfit, so hellt sich die braune Lösung auf und
bei dem Erwärmen krystallisiert ein farbloses Salz aus. In gut
krystallisiertem Zustande läßt sich dann das Salz auch isolieren,
ohne an der Luft braun zu werden.
Alle untersuchten Ferrosalze anderer Phenolkarbonsäuren
zeigen ausgesprochen diese Neigung in Ferrisalze überzugehen,
besonders die der Orthoverkindungen und die mit negativen
Substituenten. Nur die Methoxylverbindung oxydiert sich nicht.
Das ist ein Beweis dafür, daß bei der Oxydation nicht Sauerstoff
etwa am Eisen aufgenommen, sondern Wasserstoff, nämlich Phenol-
wasserstoff, fortgenommen wird.
—0OH 2.0
C,H, c0o 1I + [6) GEL C00\ Fe
_000- Fe» 0007
C,H CH,
674 OH u 3 OH
346 M. Claasz: Eisensalicylate.
Diese leichte Abgabe von Wasserstoff macht das Ferrosalicylat
zu einem energischen Reduktionsmittel. Silbernitrat wird zu Metall
reduziert. Die Lösung nimmt dabei eine intensive, violette Färbung
an (Identitätsnachweis siehe experimenteller Teil).
Auffallenderweise gibt die Acetylsalicylsäure kein einfaches
Eisensalz. Mit Ferrosulfat in oben angeführter Weise umgesetzt,
scheidet sich Acetylsalicylsäure aus, was unter Verlust des
Acetylrestes zur Bildung eines komplexen Salzes führt. (Darüber
siehe Abschnitt C.)
2. Ferromonosalicylat (Formel Il).
Versetzt man eine Lösung von Dinatriumsalieylat mit Ferro-
sulfat, so entsteht eine anscheinend amorphe, unlösliche, gelblich-
grüne, bald dunkelgrün, zuletzt braun werdende Fällung. Zusatz
von Hydrosulfit hellt Lösung und Niederschlag zwar auf, doch
gelingt es nicht, das Salz zu isolieren. Die Oxydationsbegier des
Salzes an der Luft ist so groß, daß stets schwarzbraunes Ferrisalz,
nämlich ein basisches Salz der Formel
IR. O<go>Fe0-Fo<ggo>CH
entsteht.
Das Ferromonosalieylat ist nicht darstellbar.
3. Ferridisalicylat (Formel III).
Wird farbloses Ferrosalieylat kurze Zeit an der Luft auf 80 bis
100° erhitzt, so geht es in schwarzes, in Wasser unlösliches Ferti-
salicylat (Formel III) über Kalilauge löst mit tief rotbrauner
Farbe zum Doppelsalz.
—O
O_000>Fo
] CH —COO
6 LOK
Dieses Salz haben Weinland und Herz!) aus Dinatrium-
bezw. Dikaliumsalicylat und Eisenchlorid dargestellt, geben ihm
aber eine andere Konstitution, nämlich
1) 1.”c. Seite 246.
M. Claasz: Eisensalicylate. 347
und bezeichnen es als Kaliumsalz einer sogenannten Disalicylato-
ferrisäure oder Ferrisalieylsäure.
Daß diesem Salz aber tatsächlich Formel X zukommt,
ergibt sich unzweifelhaft aus seiner Herstellung aus Ferrosalieylat
(Formel I), einem echten Karboxylsalz.
Aber auch die Weinland’sche Darstellungsart würde
ebenfalls für Formel X sprechen, denn es ist höchst unwahr-
scheinlich, daß die Reaktion nach dem Schema
10)
K 0
GHL_c0oK +01 Sre
0.’ IE c
GH, 000K
verläuft.
Das Natürliche scheint doch zu sein, wenn beide Karboxyle
reagieren
x : —O K cı
lsı_600K C1>Fe.
COOK Cl
CHOR
C. Die komplexen Eisensalieylate.
Die Umsetzung zwischen Natriumsalieylat und Eisenchlorid
ist, wie schon erwähnt, von Hopfgartner und von Wein-
land und Herz untersucht worden.
Hopfgartners Befunde mußten wegen nicht stimmender
Analysen von Weinland berichtet werden.
Mit Weinland teilweise übereinstimmend, habe auch ich
feststellen können, daß den Reaktionsprodukten die von
Hopfgartner aufgestellten Formeln nicht zukommen.
Aber auch die von Weinland aufgestellten Formeln halte ich,
trotz Uebereinstimmung unserer Analysen für anfechtbar. Die
Zusammensetzung der dabei entstehenden Salze glaube ich anders
interpretieren zu müssen.
Je nachdem man in der Hitze oder in der Kälte arbeitet,
entstehen verschiedene Produkte.
In der Kälte entsteht, gemäß der Umsetzungsgleichung
OH OH
3 CHyogon. + Fell, = (GH,CH0).Fe + 3 NaCl
zunächst normales Ferritrisalicylat als brauner Niederschlag,
Dieses Salz ist unbeständig und spaltet ein Molekül Saliceylsäure
ab, indem der Phenolwasserstoff an den Karboxylsauerstoff
M. Claasz: Eisensalicylate.
LE EI LIET= 24
ge se =H
122032 Ber= dD
:uopunJoH :99uUY9IOAT
"yorso] TOyoAv UI
G’L:E 1a9po
'g:z = omespÄreg :od
‘"PuePpIoM uNBIGZIBMUOS
0007 124, ueL[0oA], urtog
‘“oAng soyostunmpegsÄrH
-OoIATUL ‘SEUEYIBTISONTOH
"PepÄd1TeSs-TLIOF-LLIO JSOyosıseg
‘O’H3 + So]
“(EI6T) 083 ‘004 'uuy
(EI6I) 193 ‘009 'uuy
‘(8061)
LL’ET !L6’EL
00‘8# :6Lr 0 d
:uopunjen) :g9uyo910gJ
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"OSBALLIOFOYBTÄOTTBS
-BXOTT 10P yepkdıesouom
TE + O00(HOHIO
L (oooEoPRto) "a
08er = 34 | 16°#1
969 ‘6% 'W
"(806I) 269 ‘6% 'W
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08E FıTE 608 = H
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uoyoqp4g SMETOTAZIEMYG | Zar KorasgerzofogspÄorwstel :uepunpon) :9EUYDBA10FT
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oe + [99 ]
[1 OEL )oar ou
[90% Hoyer]
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‘ITyeF Zunuuouog
‘O°H + Co’HI)(HOIA
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-ueyosewmod JoyoyIy "Azeq
Joygey uw uuep ‘rosseq
yıuı 9saonz ‘NIELIIIge pam
ZeyosıoporN Jod "Uoss0ode3
-VOWWEENZ OZIIUEPEIg
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uedunso”T H11PLIYUEZUON
"UHyOSBA9d Toyonly
'Azeq KPyugey yıu uuep
‘IOSEB A UI ISIONZ “JAOLI4IF
-qe uopunyg 77 YaBu pım
Se[y9SIOPEIN IOC] "USS0803
-UHWWBSNZ OIJRM Ip
ul uopBM JOoW T:Eg uoA
sruyppygo A WU "PLIOTUOUOSIH
pun yejdolfesumtgeN UOA
uoFUungorT 94.101L1YuHZUON
ZzSs®eUIg
| zıepg pun pusejuroy |
aeugaıedöydoy
I ZUNUPIOUBSYONSIOA
M. Claasz: Eisensalicylate. 349
wandert, worauf Eisen an Phenolsauerstoff gebunden wiıd,
oder anders ausgedrückt: der abdissoziierende Phenolwasser-
stoff veranlaßt das Umschlagen emer Eisenvalenz an den Phenol-
sauerstoff.
CH OB
*_c00 |: Pas
NFe— 0-00
—000/7 | —C,H,
6 '_oH
Die Umwandlung des braunen amorphen Niederschlages in
die schön krystallisierte schwarzviolette Verbindung vollzieht sich,
wie zu beobachten ist, sehr allmählich. Es ist eine Zeitreaktion.
Auch spielt sie sich nicht intermolekular ab, sondern vollzieht sich
nach und nach an je drei Molekülen derart, daß ein Salicylsäure-
rest mit dem Phenolwasserstoff eines anderen Moleküls sich ver-
bindet, was zur Folge hat, daß jedes Eisenatom mit der dritten
Valenz an ein anderes Molekül gekettet wird.
HO.C,H,.C0.0.Fe.0.C0.C,H,.0.Fe.0.C0.C,H,.OH
Ö Ö
6;H..C0.0 0.C,H,.CO
Fe.0.C0.C,H,.OH
oder anders geschrieben
eh H
Cola _C00SFo
Dieses trımolekulare Ferridisalicylat lagert sich dann mit
noch unverändertem Trisalicylat zusammen zu dem Ferrisalz
IT MIT /O,H,(0)C0O —0OH
xH. Fe|Fe ARD 8
der unbekannten komplexen Fecrisalicylowasserstoffsäure
H,Fe(C,H;0,),(C7H,0;)
einem Analogon der Ferricyanwasserstoffsäure H,Fe(CN),. Wenn
auch das dreiwertige Anion
C,H,(0)C00 —0OH
Fe CHOH)000) ee a
gegenüber den sechs Cyanresten nur fünf Salieylsäurereste enthält,
so ist durch die Betätigung einer Phenolgruppe die Zahl 6 auch
hier erreicht.
_ e =
350 M. Claasz: Eisensalicylate.
Fällt man in der Hitze, so entsteht neben freier ‚Salieylsäure
fast sofort ein hellrostfarbener, sıch nicht weiter verändernder-
Niederschlag. Die in der Kälte sich nur allmählich vollziehende
Loslösung von Salicylsäure, wird hier durch die momentan ein-
tretende hydrolytische Spaltung überholt.
C Ken | —OH
000 >Fe—0-—00— C,H,
HL _OH OHH
Es entsteht ein basisches Salz, das aber, da die Möglichkeit tri-
molekular sich zusammenzulegen ausgeschlossen ist, nur mono-
molekular ist. Mit noch unverändertem Trisalieylat entsteht
dann wieder ein Komplex, das basische Ferri-ferri-salieylat
der Formel
XI. Fe| Fe(0, H, Er oH | Bra
Wird das Salz trocken auf 1000 erhitzt, so wird es schwarz, d. h.
es entsteht unter Wasserabspaltung der Komplex XII, wobei
-0OH
u: Er 54
3:0 „nF oH
ER
OH
anzunehmen ist, daß auch hier die Reaktion trimolekular verläuft.
Auffallenderweise weichen die Analysen meines und des
Weinland’schen Salzes, wenn auch unerheblich, voneinander
ab. Eine Verschiedenheit der Produkte ist, wegen der Ueber-
einstimmung der Eigenschaften, kaum anzunehmen.
Die Ferrosalieylate neigen im allgemeinen nicht zur Komplex-
bildung. Nach dem oben beschriebenen Vorbilde der Ferri-
komplexe müßten Ferrokomplexe entstehen, wenn saure Feıro-
salicylate mit neutralen zusammentreffen. Und in der Tat kann
man beobachten, daß, wenn man zu der unlöslichen Fällung
von Ferromonosalicylat Ferrodisalicylatlösung gießt, das Mono-
salieylat in Lösung geht. Es gelingt aber auf dıese Weise nicht,
das komplexe Salz in reiner Form abzuscheiden.
Unerwarteterweise führte ein anderer Weg dahin, ‘und zwar
fiber die Acetylverbindung. Setzt man Calciumacetylsalieylat
M. Claasz: Eisensalicylate. 351
mit Ferrosulfat um, so scheidet sich zunächst Gips ab. Ueber-
läßt man das Filtrat, unter Zusatz von wenig Hydro-
sulfit, einige Tage sich selbst im Vakuum über Schwefelsäure, so
krystallisiert reichlich Acetylsalieylsäure aus. Filtriert man abermals
und läßt im Vakuum weiter eindunsten, so entsteht eine weiße,
blätterige Krystallmasse des Ferrosalzes der Ferrosalieylowasser-
stoffsäure H,Fe(C,H,O,) (C,H,O,);:
— OH
ıru en
XIV. Fe, Fe(CH,_000) ];LCEL_ 600
Die Abspaltung von Acetylsalicylsäure aus dem ursprünglich
gebildeten Ferroacetylsalicylat hat die Loslösung des Essigsäure-
restes im Molekül zur Folge,
—0/00-CH, OH
'_0.C0.CH,
so daß unter Beteiligung dreier Moleküle das trimolekulare Ferro-
monosalicylat entsteht. Nach Zusammenlegung mit unverändertem
Ferroacetyldisalieylat zum Komplex werden schließlich auch diese
Acetylgruppen eleminiert.
Man kann dieses Ferro-ferro-salicylat dem ebenfalls farblosen
leicht oxydablen Ferro-ferro-cyanid Fe,Fe(CN), an die Seite stellen.
Experimenteller Teil.
Ferrum salieylieum.!)
Ferrodisalicylat:
(CH S00) Fe + 2H.0.
In eine Lösung von 16 g (!/,, Mol) Natriumsalieylat?) in 30 g
Wasser wird eine solche von 13,5 g (!/s. Mol) in 30 g Wasser
eingetragen und soviel Natriumhydrosulfit (wenige Centi-
gramme genügen) hinzugesetzt, daß die. braun gewordene
Mischung hellgrün wird. Das Kölbchen wählt man so groß,
daß es fast angefüllt ist, verschließt mit doppeltdurchbohrtem
1) D. R. P. 279 865.
?®) Das offizinelle Natriumsalieylat enthält kein Krystallwasser.
Die Angabe im Beilstein Band II, Seite 1488, mit 1 Mol H,O ist falsch.
Das Molekulargewicht ist deshalb 160. {
353 M. Claasz: Eisensalieylate.
Kork und verdrängt die Luft durch Wasserstoff.. Nun bringt
man auf das Wasserbad und erwärmt etwa 10 Minuten.
Bald scheidet sich das Ferrosalicylat in glitzernden Krystallen aus,
die sich bald als farblose, harte Krystallmasse absetzen. Ohne die
Krystallisation zu stören, stellt man beiseite und nutscht am
nächsten Tage ab, wäscht dann mit sehr verdünnter Hydrosulfit-
lösung und mit reinem Wasser und trocknet schnell zwischen
Fließpapier.
Besser benutzt man zum Absaugen und Trocknen in der
Wasserstoffatmosphäre den von mir konstruierten und in der Zeit-
schrift für angewandte Chemie No. 40, 296 (1914) beschriebenen .
Exhaustoexsikkator!). Ein Braunwerden des Salzes ist dann aus-
geschlossen.
Analysen?).
1. 0,2330 g Substanz gaben 0,0514 Fe,O,.
2. 0,2174 g Substanz gaben 0,3681 CO, und 0, 0779 H,;0.
3. 0,3760 g Substanz verloren bei 110° 0,0370 H,O.
1) Zu beziehen von Warmbrunn, Quilitz & Co., Berlin.
:2) Sämtliche Eisenbestimmungen sind durch Abrauchen mit
Schwefelsäure ausgeführt. Einfaches Verglühen lieferte stets zu hohe
Werte.
M. Claasz: Eisensalieylate. 353
Berechnet für C,,H,0,Fe + 2H,0: Gefunden:
Fe ,/=,16,30 15,44%,
€ 5.145,90 46,18%
Houus 3,82 4,00%,
H,0 = 9,84 9,84%,
Eigenschaften. Das Salz bildet farblose, glitzernde,
fünfseitige Täfelchen, ist in trockenem Zustande durchaus luft-
beständig und nicht hygroskopisch. Feucht färbt es sich an der
Luft bald braun bis schwarz. In kaltem Wasser ist es schwer, in
der Siedehitze leichter löslich. Die Lösungen sind rotbraun, werden
jedoch durch Spuren von Hydrosulfit wieder farblos. Die wässerige
Lösung reagiert auf Lackmus stark sauer. Hydrolyse — Ab-
spaltung von Salicylsäure — findet auch beim anhaltenden Kochen
nicht statt!). Alkohol löst mit tief braunroter Farbe. An der Luft
‚trocken auf 80—100° erhitzt, verwandelt es sich in kurzer Zeit in
schwarzes Ferridisalicylat (Formel III. Erhitzt man aber bei
Luftausschluß, etwa in einer Wasserstoffatmosphäre, so. bleibt das
Salz selbst bei 150—160° unverändert farblos.
Konzentriertes Ammoniak löst in der Kälte mit gelbbrauner
Farbe, Soda erzeugt eine weiße Fällung.. In der Hitze fällt durch
beide Agentien braunes Ferrihydroxyd. Salmiak verhindert diese
Fällungen. Auf Zusatz von Aetzalkalien wird die Lösung braun,
bald fällt braunes Hydroxyd aus. *Schwefelammon fällt sofort
schwarzes Sulfid. Ferrieyankalium gibt keinen Niederschlag, sondern
eine lasurblaue Lösung. . Erst in der Hitze fällt Turnbulls Blau.
Bleiacetat oder Bleinitrat fällen quantitativ Bleisalieylat?).
Quecksilberacetat erzeugt einen dunklen Niederschlag, Zink-
acetat fällt nicht. Silbernitrat fällt Silbersalieylat?). Im Ueber-
| —0OH
!) Das saure, Kupfersalieylat (LH, Ho) Cu geht beim
Kochen mit Wasser unter Abspaltung von Salieylsäure in Kuprimono-
—O
salieylat GH, 06002 Cu.über. ‘Vergl. Beilstein, II., 1488.
?) Zur Bestätigung wurde die Fällung analysiert, dabei aber
gefunden, daß Bleisalicylat kein Krystallwasser enthält. Die Angaben
in Beilstein, II. ,$. 1488, mit 1 Mol H,O sind falsch.
Analyse berechnet auf (C,H,O,);Pb.
0,352 g Substanz gaben 0,224 PbSO,. }
Pb = 43,03%. Gefunden Pb = 43,25%.
°) Analyse: 0,337 g Substanz gaben beim Verglühen 0,1484 Ag.
Berechnet für C,H,O,Ag: Gefunden:
Ag = 44,08 44,02%
Das Salz ist krystallwasserfrei.
Arch. d. Pharm. CCLIII. Bds. 5. Heft, 23
354 M. Claasz: Eisensalieylate.
schuß fällt neben Silbersalicylat metallisches Silber aus, wobei die
Lösung intensiv violett wird. (Identitätsreaktion, Bildung einer
komplexen Säure. Darüber siehe nächste Abhandlung 8. 363.)
Ferro-o-Kresotinat:
—CH; (1)
(©:4,—0H (9) Fe +4H,0.
} —C00 (3)/ ,
15,2 g o-Kresotinsäure (1/,, Mol) und 5,3 g Soda werden in
40.g Wasser gelöst und mit einer Lösung von 13,5 g Ferrosulfat
(!/., Mol) versetzt. Ferrokresotinat scheidet sich sofort als weißer
Niederschlag ab. Unter Zusatz von wenig Hydrosulfit wird. ab-
filtriert, gewaschen und getrocknet. Die Oxydationsbegier ist be-
deutend schwächer als bei Ferrosalieylat, doch gelingt es ohne
Hydrosulfit nicht ein farbloses Salz zu erhalten, Ausbeute 17 g.
1. 0,3300 g Substanz gaben 0,0610 Fe,O,.
2. 0,1830 g Substanz gaben 0,0344 Fe,0,.
3. 0,2394 g Substanz verloren bei 110° 0,0420 H,O.
Berechnet für C,,H,,0,Fe + 4H,0: Gefunden:
Fe. = 13,02 12,95 13,16%
H,O = 16,98 g 17,55 nie.
In Wasser schwer löslich unter schwacher Rötung, Alkohol
löst leicht mit tiefroter Farbe. Beim trockenen Erhitzen an der
Luft: auf 100° entsteht schwarzes Ferrikresotinat. Ammoniak
löst rotgelb. _ Gegen die übrigen Reagentien verhält es sich wie
Ferrosalicylat,
Ferro-p-oxybenzoat:
—OR (1)
Kr ech ' „).Fe + 7H,0.
16 g (!/}h Mol) Natrium-p-oxybenzoat werden in 50 g Wasser
warm gelöst und mit einer heißen Lösung von. 13,5 g (!/,, Mol}
Ferrosulfat in 20 g Wasser ‘vermischt... Das Ferro-p-oxybenzoat
scheidet sich sofort schön krystallinisch in Blättchen ab. Die Mutter-
lauge färbt sich rotbraun. Zusatz von Hydrosulfit entfärbt.. Die
Oxydationsbegier ist noch geringer als\beim Kresotinat, denn man
kann, ohne daß das Salz sich wesentlich verändert, dasselbe auf Ton
trocknen. Ausbeute 18 g.
1. 0,3766 g Substanz gaben 0,0638 Fe,O;.
2. 0,3100 g Substanz gaben 0,0524 Fe,0,. ’
3. 0,3244 g Substanz verloren bei 110° 0,090}H,0,
M. Claasz: Eisensalieylate. 355
Berechnet für C,,H10,Fe + 7 H,0: Gefunden:
Fe = 12,27 11,83 11,83%
H,O = 27,63 PR,
In Wasser auch in der Hitze sehr schwer löslich. Warmer
Alkohol nimmt mit gelbbrauner Farbe auf. Gegen die übrigen
Reagentien verhält es sich wie Ferrosalicylat.
Ferro-o-methoxysalicylat:
—O.CH, (1)
TE (2)),Fe-
15,2 g (!/ıo Mol) Methoxysalicylsäure werden mit 5,3 g Soda
in 80 g Wasser gelöst, mit einer Lösung von 13,5 g Ferrosulfat
(!/so Mol) in 80 g Wasser vermischt und unter Zusatz von etwas
Hydrosulfit 15 Minuten auf dem Wasserbade erwärmt. Die all-
mählich ausfallende, etwas gelbliche Krystallisation wird abgesaugt,
gewaschen und auf Ton getrocknet. Ausbeute 10 g.
1. 0,2240 g Substanz gaben 0,0508 Fe,O,.
2. 0,1936 g Substanz gaben 0,0430 Fe,O,.
Berechnet auf C,H ,,0,Fe: Gefunden:
Fe =; 15,64 15,86 15,54%
Beim trockenen Erhitzen auf 100° verändert das Salz weder
Farbe noch Gewicht: Es enthält also kein Krystallwasser und
oxydiert sich auch nicht zu Ferrisalz.
Versuche zur Darstellung von Ferromonosaliecylat.
Basisches Ferrisalicylat:
oO 10)
SH,<coo> Fe-0—Fe<goc> CH 4“
Läßt man auf 16 g (%/,, Mol) Natriumsalieylat, gelöst in
100 ccm !/,„-N.-Natronlauge, 27,8 g (!/,, Mol) Ferrosulfat, gelöst in
200 g Wasser, einwirken, so entsteht sofort ein dicker, gelblichgrüner
Brei von Ferromonosalicylat, C,H,(O)COOFe. Die Mischung nimmt
begierig Luftsauerstoff auf und wird schnell tief braun. Auf Zusatz
von Hydrosulfit wird Lösung und Niederschlag wieder hell. Sofern
man aber abfiltriert und den Niederschlag trocknet, wird derselbe,
selbst im Exhaustoexsikkator, braun bis braunschwarz. Isoliert man
ohne Luftschutz, so entsteht; das basische Ferrisalz obiger Formel.
0,4758 g Substanz gaben 0,1900 Fe,O,.
Berechnet für C,,H,O,Fe;: Gefunden:
Fe = 28,00 27,95%
23*
356 M. Claasz: Eisensalieylate:
Ferridisalieylat: wit, darıd
CH _000 Fe. 0
Fein zerriebenes Ferrosalicylat (Formel TI) wird im Trocken-
schrank solange auf etwa 100° erhitzt, bis es eine gleichmäßige
schwarze Farbe angenommen hat.
0,2846 g Substanz gaben 0,0690 F&;O;.
Berechnet für C,,H,0,Fe: Gefunden:
Fe'=17,02 16,94%,
In kaltem Wasser 'unlöslich, auch in der Siedehitze kaum
löslich. Verdünnte Mineralsäuren spalten auch in der Siedehitze
nur die Hälfte der Salieylsäure ab. Der ändere Teil bleibt an Eisen
gebunden und bildet mit überschüssiger Säure die komplexe Ferri-
salicylatowasserstoffsäure, die sich durch ihre intensiv "violette
Farbe zu erkennen gibt. (Näheres darüber siehe nächste Abhand-
lung 8. 361). Aetzalkalien lösen mit rotbrauner. der Rhodaneisen-
reaktion gleichenden Farbe. Es entsteht dabei das rotbraune, leicht
lösliche Doppelsalz (Formel X). Es wurden'1’g ’Aetzkali in 10 g
Wasser: gelöst, 7 g Ferridisalieylat hinzugefügt. und unter öfterem
Umschütteln 24 Stunden stehen gelassen, dann: mit 20-30, cem
Wasser verdünnt und filtriert, und das Filtrat im: Vakuum über
Schwefelsäure eingedunstet. Rotbraunes, leicht wasserlösliches
Salz der Formel
. 9192
CH, —cooNs +H,0.
CH, _oK 17
4.
u {
1. 0,8217 g, Substanz verloren beim Trocknen bei 1100 0,039 g.
2. 0,8217 g Substanz gaben 0,185 K,SO, und ‚0,173 Fe,O,.
Berechnet auf C,,H,0,FeK + H,O: Gefunden:
K = 10,13 10,35%,
Fe = 14,54 14,70%
H,O = 4,67 BE ZE/AE
Ferri-ferri-salieylat:
C,H,(0)C0O -OH.1 |
rs [re C,H,(OH)COO l, fol 75% l, HEART:
In eine Lösung von 16 g (t/,, Mol) Natriumsalieylat in 40 g °
Wasser wird in der Kälte eine solche von 10 g (etwas mehr als
M.:Claasz: Eisensalicylate. 357
2/,, Mol) Eisenchlorid!) in 40'g Wasser gegossen. Es entsteht eine
een Er: von Ferritrisaliceylat, gemäß der rer
3 CH,(OH)COONa + Fell, = (CH,. iso); Fe.+ 3.Nalı,
Man verdünnt mit Wasser und stellt 24 Stunden beiseite.
Der Niederschlag nimmt allmählieh eine schwarzbraune Farbe an,
ist deutlich mit Salieylsäurekrystallen’ durchsetzt und die Flüssig-
keit ist violett geworden. Man nutscht ab, wäscht bis zur Farb-
losigkeit aus und trocknet, extrahiert dann mehrmals mit Aether
und trocknet wieder bei 40°. Man erhält so schön ausgebildete
mikroskopische ‚Stäbchen ‘von ‚schwarzem Aussehen, ‚am Rande
aber violett schimmernd. Ausbeute 15 .g.
1.. 0,2110 g; Substanz (gaben 0,3605 CO, und, 0,0758 H,O.
2. 0,2091 g Substanz gaben 0,3602 CO, und) 0,0775 H,O.
3. 0,2840 &g Substanz gaben 0,0560 Fe;O,.
4. 0,3636 g Substanz gaben 0,0716 Fe,O,.
Berechnet für Gefunden:
0,9590, Fe PRO! FEN 9 3. 4.
C = 46,78 46,60 ° 46,98% — _
HH saspah 3i 4,05 4,14% — u
Fe = 13,36.” u _— 13,86 +013;799%%
‚Selbst in heißem Wasser’ sehr schwer löslich. ‘Das Filtrat ist
schwarzviolett gefärbt. Mineralsäuren lösen unter Abscheidung
von reichlich Salieylsäure.mit tief violetter Farbe:
Setzt man Natriumsalicylab‘und. Eisenchlorid, ersteres etwas
im Ueberschuß, um, etwa auf 16 g Natriumsalicylat nur ö g Eisen-
chlorid, so wird die Mischung nicht violett, sondern braunrot.
Auch der Niederschlag verändert sich nicht wesentlich an Farbe.
Filtriert man dann. ab und wäscht aus, so wird das Filtrat violett,
erst wenn der Ueberschuß von Natriumsalicylat ausgewaschen ist,
Nach einiger Zeit wird auch der Filterinhalt violett und man. erhält
ein braunviolettes, fast amorphes Pulver. Das überschüssige
Natriumsalieylat; verhindert ‚also scheinbar die Komplexbildung.
Basisches Fersi-ferri-salicylat:
—OH —OH
Fe [re(,8.600 ‚om]| [c; Hinegol! +2H,0.
Bringt man die Lösungen beider Komponenten siedend heiß
zusammen, und, zwar Natriumsalicylat im Ueberschuß, also auf
nn LEE ” 7
1) FeCl, + 6H,0. Mol = 270. 1/, Mol = 9.
358 M. Claasz: Eisensalicylate.
16 g Natriumsalicylat nur 5 g Eisenchlorid und: erwärmt noch
kurze Zeit: auf dem Wasserbade, so wird die ‚anfangs tiefbraune
Fällung schnell hellrostfarben, während die Flüssigkeit braunrot
bleibt. Man filtriert alsbald ab, wäscht bis zur Farblosigkeit aus
(wobei das Waschwasser nicht violett wird), troeknet,und extrahiert
die abgespaltene Salieylsäure dann mit Aether. Die Farbe des
Salzes wird, dabei rotgelb, wohl durch Aufnahme von Krystalläther,
wie von.Hopfgartner und auch von Weinland nach-
gewiesen wurde, geht aber dann beim Trocknen bei. 40° wieder in
die ursprüngliche über. |
1. 0,2578 g Substanz gaben 0,4673 CO, und 0,0884 H,O.
2. 0,2450 g Substanz gaben 0,0470 F&;O,.
Berechnet für C,,H,,0,,Fe&, + 2H;0: Gefunden:
C'= 49,41 49,44%
H '=.3,52 ! 3,83%
Fe = 13,17 13,37%
Hellrostfarbenes, mikrokrystallinisches, in. Wasser unlösliches,
in Alkohol rotbraun lösliches Pulver.
Verdünnte Mineralsäuren lösen mit brauner Farbe unter Ab-
spaltung von Salicylsäure.. Wird das Salz aber auf 100° erhitzt
und dann mit verdünnter Mineralsäure behandelt, so entsteht
neben abgespaltener Salicylsäure eine. intensiv violette Lösung.
Durch intramolekulare Wasserabspaltung
entsteht Ferridisalicylat, das mit der Mineralsäure die violette
Ferrisalicylestowasserstoffsäure bildet (siehe nächste Abhandlung
Seite 360).
Ferri-ferri-5-bromsalicylat:
Im -IIt 0,H,Br(0)C00
Fe | Fe (Gy Br OrjddohR. CsH,Br 2680); en,
Die ’Bromsalicylsäure wurde herangezogen, um’ 'aus dem
Bromgehalt das Verhältnis von Eisen zu Salicylsäureresten ein-
wandfrei festzustellen. Dasselbe wurde auch hier wie 4:9 ge-
funden und damit die Richtigkeit der aufgestellten Bormel be-
wiesen.
M. Claasz: Eisensalicylate. 359
Man verfährt genau so wie vorhin. Man bringt 7,2 g Brom-
salicylsäure mit 1,8 g Soda in Lösung und setzt mit 3 g gelöstem
Eisenchlorid um. Zu beobachten war dabei, daß nicht das braune
-Trisalieylat zuerst ausfällt; es entsteht sofort ein violetter Nieder-
schlag des komplexen Salzes. Die Komplexbildung hat also durch
die Einführung von Brom eine so erhebliche Steigerung erfahren,
daß die umlagernde Abspaltung von Salicylsäure hier sofort ein-
tritt. Und das ist auch der Grund dafür, daß, wenn man in der
Siedehitze fällt, hier kein basisches Salz, ähnlich dem der Formel XIII
ausfällt, sondern nur das obige violette Salz. Die dissoziierende Ab-
spaltung von Salicylsäure ist hier größer als die hydrolytische.
1. 0,3329 g Substanz gaben 0,3989 CO, und 0,0711 H,O.
2. 0,3806 g Substanz gaben 0,0524 Fe,O,.
3. 0,2750 g Substanz gaben 0,2064 AgBr.
Berechnet für C,,H,,0,,Br,Fe, + 8H,0;: Gefunden:
C = 32,76 32,68%
H = 2,03 2,38%
Fe = 9707 ;| 9,82%
Br = 31,20 31,91%
Ferro-ferro-salicylat:
IT °r91 „JOH
Fe, [re(0:8.(0)c00)], (el ‚+123.0.
Bringt man Lösungen von Natriumacetylsalieylat und Ferro-
sulfat unter Hydrosulfitzusatz zusammen, so, bleibt die, Mischung
zunächst klar. Nach einiger Zeit krystallisiert aber Acetylsaliey!-
säure aus. Filtriert man davon ab und dunstet das Filtrat im
Vakuum über Schwefelsäure ein, so krystallisiert ein sehr leicht
lösliches Eisensalicylat mit Natriumsulfat zusammen aus, Eine
Trennung beider ist unmöglich. Deshalb wurde das Calciumsalz
mit, Ferrosulfat umgesetzt und dabei folgendermaßen verfahren:
18.8 (!/)o Mol) Acetylsalicylsäure werden in 100 g. Wasser‘ mit
überschüssigem Calciumkarbonat in Lösung gebracht und von un-
gelöstem Kalk abfiltriert. Das Filtrat wird mit einer Lösung von
13,5. (!/so Mol) Ferrosulfat in 40 g Wasser vermischt und. unter
Zusatz von sehr wenig Hydrosulfit auf dem Wasserbade erwärmt.
Vom. ausgeschiedenen Gips wird abfiltriert und das wasserhelle
Filtrat im Vakuum über Schwefelsäure etwas eingedunstet. Nach
einigen Tagen hatte sich reichlich Acetylsalicylsäure in kompakten
Krystallen ausgeschieden (F. 135%. Von diesen abfiltriert, wird das
Filtrat weiter im Vakuum eingedunstet. Aus der sehr konzentrierten
360 M. Claasz: Salieylsäure-Eisenchloridreaktion.
Lösung scheidet sich dann eine einheitliche, blätterige Krystallmasse
aus, die: vollständig ausgetrocknet wird. Zerrieben ist das Salz
schwach gelblich weiß, wird jedoch an der Luft allmählich etwas
dunkler. |
1..'0,2459 8 Substanz gaben 0,3636 CO, und 0,0870 H;0.
2. 0,3082 g Substanz gaben 0,0840 Fe,O;.
3. 0,4400 g Substanz verloren bei 100° 0,0634 H,O.
Berechnet auf C,H,0,,Fe, + 12 H,O: Gefunden,
C = 40,49 40,33%
H = 38 3,95%
Fe = 19,28 19,08%
H,O = 14,87 14,28%,
Mitteilung aus dem organischen Laboratorium der Königlichen
Technischen Hochschule Danzig.
Die Aufklärung
der Salicylsäure-Eisenchloridreaktion.
Von M. Claasz,
(Eingegangen .den 30. VI. 1915.)
Versetzt man eine wässerige Lösung von Salicylsäure mit
verdünntem ZEisenchlorid, so entsteht eine "tief dunkelviolette
Färbung, die man kurz die Salieylsäure-Eisenreaktion nennt, weil
auch andere Ferrisalze diese Färbung hervorrufen. Die dabei ent-
stehenden Verbindungen lassen sich nicht isolieren, denn beim
Eindunsten der Lösungen, selbst über Schwefelsäure im Vakuum,
zerfallen sie in ihre Bestandteile.
Weder der Verlauf der Reaktion, noch die Zusammensetzung
des violetten Körpers sind bekannt. Man nimmt an!), daß diese Ver-
bindung eine ähnliche, wenn nicht gleiche Zusammensetzung hat, als
das aus neutraler Lösung, also aus Natriumsalieylat und Eisenchlorid
sich bildende schwarzviolette Eisensalieylat. Dieses Salz ist in der
vorangehenden Abhandlung?) als das Ferrisalz einer Ferrisalicylo-
wasserstoffsäure erkannt und beschrieben. Danach müßte in saurer
Lösung, ‘also aus Salieylsäure und Eisenchlorid — wobei j&
Salzsäure frei wird — die freie Säure dieses Salzes, die Ferrisalieylo-
ı) Hopfgartner, M. 29, 693 (1908).::Weinland und
Herz, A. 400, 243 (1913).
2) Seite 349.
M. Claasz: Salieylsäure-Eisenchloridreaktion. 361
wasserstoffsäure entstehen. Daß das in der Tat der Fall ist, soll
in nachstehendem gezeigt werden.
Es wurde schon (l. c.) darauf: hingewiesen, daß die Ferri-
salieylowasserstoffsäure
H,Fe(Salicyls.);
der Ferrieyanwasserstoffsäure
H,Fe(CN),
an die Seite zu stellen ist, wenn auch ein Teil des Anions hier
trimolekular und die Zahl der Säurereste nur fünf ist, weil ein
Säurerest zweibasische Funktion hat.
Zerlegt man diese komplexe Säure, so hätte man
CH; TESTS op OH
0007 + 30H, 2600H
trimolekular
In mineralsaurer Lösung werden an Stelle von vier Salicyl-
säurereste solche der stärkeren Mineralsäure treten und im Falle
der Anwendung von Eisenchlorid werden die Komponenten sein
u) 3
(1-00 8.) +83HCl
Okar fol bla
trimolekular
oder als Komplex geschrieben
Dr .
H, [res Go0)2] ‚
Der violette Körper der Salicylsäure-Eisenreaktion würde
also eine Ferrisalicylochlorwasserstoffsäure sein, in der das Ver-
oe von Eisen : Salicylsäure : Salzsäure wie 3:3 :6 oder wie
1:1:2 ist, was experimentell nachgewiesen werden soll.
1. Einwirkung von Eisenchlorid auf Salieylsäure.
Versetzt man Salicylsäure in wässeriger Suspension mit Eisen-
chlorid in molekularem Verhältnis, so entsteht eine klare violette
Lösung. Verwendet man mehr Salicylsäure bei gleichem Volumen
Wasser, so bleibt der Ueberschuß an Salicylsäure ungelöst und
scheidet sich, auch nach dem Erhitzen, beim Erkalten wieder ab.
Vergleicht man beide Lösungen kolorimetrisch!), so. zeigen
sie. vollkommen gleiche Farbintensität, woraus folgt, daß beide
1) Mir diente dazu das Kolorimeter von Stamer.
362 M. Claasz: Salieylsäure-Eisenchloridreaktion.
Lösungen ‘gleiche Mengen des violetten Körpers enthalten, daß
ferner dieser Körper in der Siedehitze beständig ist, und daß
schließlich Eisenchlorid sich mit Salieylsäure nur in. uusiaköhlarem
Verhältnis, also 1: 1 verbinden.
2. Einwirkung verdünnter Salzsäure auf Ferridisalieylat.
Löst man Ferridisalieylat!)
=D
CH, _C00NFe
—COO
CH, oH
in verdünnter Mineralsäure, so wird die Lösung unter Abscheidung
von reichlich Salicylsäure tief violett. _Der. ‘Verlauf dieser Um-
setzung wurde quantitativ?) verfolgt derart, daß auf 1 Mol
Ferrisalz 1—4 Mol Salzsäure in der Siedehitze einwirkten.
Das Ergebnis zeigt folgende Tabelle:
1. 2. 3. 4.
| 20 ccm " 40'cem 60 ccm 80 ccm
3,38 EIN | 1,-N.-Salz- | 1,-N.-Salz-| 1,-N.-Salz-| %-N.-Salz-
= 1/j0o Mol \ __säure säure säure säure
I} 80 Wasser! + 60 Wasser| +40 Wasser| + 20 Wasser
|= Y0oMol | = ®/100Mol | = ®/10Mol | = */100 Mol
Rückstand .. -1...11..%2 | .. Oblsirdonen Oh 0,2
Abgeschiedene Sali- ; |
eylsäure?) . ... . | 0,7 | 1,4 | 1,5 1,8
Gleiche Farben-
intensität des vio- |
letten Filtrats bei
Schichtdicke von‘! 100 mm | 50 mm ‘45 mm 44 mm
Das violette Filtrat
ist nach dem Aus-
schütteln mit
Acther. 0 3.04 violett violett mißfarbig, | mißfarbig,
schmutzig | schmutzig
braun- braun
| violett
Färbung des Aethers | farblos farblos gelblich gelb
Aetherrückstand . . | _ _ Salieylsäure Salicylsäure
!) Vorangehende Abhandlung Seite 356.
?) Die rungen sind mit einer gewöhnlichen Hornwage vor«
genommen.
®) Molekulargewicht 138.
M. Claasz: Salieylsäure-Eisenchloridreaktion. 363
!/ 00 Mol = 3,3. g Ferridisalieylat setzt sich zusammen aus
zweimal 1,38 g (rund 1,4 g) Salicylsäure und 0,56 Eisen. Bei
molekularer Umsetzung müßte 1/0, Mol Salzsäure 1,4g Salieyl-
säure abspalten. Es werden aber nur 0,7 g Salieylsäure frei. Die
Abspaltung von 1,4 g Salicylsäure, also eines Salieylsäurerestes,
erfordert demnach ?/,., Mol Salzsäure. Wirken ?/,., oder #00 Mol
Salzsäure ein, so wird die Menge der abgespaltenen Salicylsäure
nicht vermehrt, d. h. die Loslösung des zweiten Salicylsäurerestes,
also eine vollständige Spaltung in Salicylsäure und Eisenchlorid
findet nicht statt. Das besagt, daß die Umsetzung sich nach
folgender Gleichung vollzieht,
—0O
EL _C0OSFe + 2HCI = 0,H,(0)COOFeCl, + C,H,(OH)COOE (1),
OA |
daß das Verhältnis von Eisen : Salieylsäure : Salzsäure gleich
1:1:2 ist, und daß zweifellos dieses violette Eisenchloridsalieylat
komplexer Natur sein muß.
Auch die Menge der in Lösung gegangenen violetten Ver-
bindung ist bei !/,oo Mol Salzsäure nur halb so groß als bei ?/,00
3/00 oder */ı095 Mol Salzsäure. Sie erreicht mit ?/,. das Maximum,
nimmt aber auch bei mehr Salzsäure, selbst in der Siedehitze, weder
. ab noch zu. Wohl aber wirkt Aether bei Anwesenheit überschüssiger
Salzsäure zerstörend auf sie ein. Die violette Farbe verschwindet
und die Komponenten, Eisenchlorid und Salicylsäure lassen sich
durch Aether ausschütteln. Das bedeutet aber nichts anderes, als
den Uebergang der Eisen-Salieylsäurereaktion in die Eisen-Phenol-
reaktion, denn erstere ist gegen Aether durchaus beständig, letztere
wird durch ihn sofort zerstört. Ueberschüssige Säure löst also das
Karboxyl vom Eisen und dieses bleibt nur noch mit Phenolsauer-
stoff verbunden.
3. Einwirkung von Silbernitrat auf Ferrodisalieylat.
Ferrodisalieylat [C,H,(OH)COO]JFe setzt sich mit Schwer-
metallsalzen zu Salicylaten dieser Metalle um. Die Fällungen sind
meistens quantitativ. So fällt Bleinitrat Bleisalicylat. Die anfangs
farblose Mutterlauge wird an der Luft bald braun. Ebenso fällt
Silberacetat auch Silbernitrat farbloses Silbersalicylat, die Mutter-
lauge wird bei ersterem ferriacetatrot. Setzt man aber Silbernitrat
im Ueberschuß zu und erwärmt kurze Zeit, so entstebt eine intensiv
violette Mischung, aus der ein Gemisch von Silbersalicylat und
metallischem Silber ausfällt.
364 M. Claasz: Salieylsäure-Eisenchloridreaktion.
Diese Reaktion wurde quantitativ verfolgt, wobei sich folgendes
ergab:
nn
3,6g Ferrodisalicylat 1,7 g AgNO, 3,48 AgNO,
= A/yoo Mol = "/100 Mol = #100 Mol
Farbe der Mutter-
lauge . ...... .|an ..der Luft braun |sofort tief. violett
werdend
Niederschlag . ._.|2,4 g. Silbersalicylat Gemisch!) von
= 1/00 Mol 2,4 g Silbersalieylat
und lg metallisches
Silber = je !/;oo Mol
Ferrosalicylat ist äußerst leicht oxydabel. Es verliert leicht
einen Phenolwasserstoff und geht in Ferrisalz über; ‚es wirkt daher
stark reduzierend. Silbernitrat wird zu Metall reduziert.
Die Reaktionsgleichung
—0OH
rn DON + AeNO C,H a, OH
- 09077 ° Seare se ı_000FeNO,;+ CH,
ha han, 0004,
—0OH _o A
CH4. 000FeNo, + AgNO: = GH 600 >FeNO:+As+ HNO; (3)
ist beweiskräftig für. die zweifache Bindung; des: Eisenatoms 'an
einen S$alicylsäurerest, denn es ist nach den im Abschnitt 2
erwähnten Beobachtungen ausgeschlossen, daß das freiwerdende
Molekül Salpetersäure eine der Bindungen auflöst.. Erst wenn
mehr Salpetersäure zugesetzt wird; ‘treten. ‚beim: Ausschütteln mit
Aether dieselben Erscheinungen wie beim Chlorid auf.
Ist also Eisen an Salicylsäure zweifach gebunden und ist
das zweite Molekül Mineralsäure Bestandteil des Moleküls, so bleibt
für eine Verbindung der Formel
un
Oi TE
!),Aus dem Gemisch wurde das Silbersalieylat wiederholt mit
heißem Wasser ausgezogen und analysiert.
0,337 g Substanz gaben 0,1484 Ag.
Berechnet für C,H,O, Ag: Gefunden:
Ag = 44,08 44,02%
M. Claasz:. Salieylsäure-Eisenchloridreaktion. 365
nur die Annahme der Komplexbildung
H[re(cH,_CooJC1]Cı
übrig. Für einen Komplex spricht ferner die auffallende Beständig-
keit gegen überschüssige verdünnte Mineralsäuren in der Hitze.
Es bleibt dagegen dahingestellt, ob auch hier, ebenso wie in neutraler
Lösung, der in der Klammer stehende Teil des Anions trimolekular
ist, was eine Verdreifachung der Formel zur Folge hätte. Ein Grund
zu der Annahme, daß die Umsetzung in saurer Lösung nach anderen
Grundsätzen sich vollzieht, ist schwer einzusehen. Der violetten
Verbindung, die bei der Salieylsäure-Eisenreaktion entsteht, kommt
daher die Formel
—O
H, [Fe (SE_G00)4],&
zu.
Der oben hervorgehobene Unterschied in dem Verhalten
zwischeo der rotvioletten Salieylsäure- und der blauvioletten
Phenoleisenreaktion gegen Aether, sowie die Zerstörung der ersteren
durch Aether in Gegenwart überschüssiger Mineralsäure, ließen es
wünschenswert erscheinen, die Versuche auch nach dieser Richtung
hin auszudehnen.
Phenol verbindet sich mit Eisenchlorid nur im Verhältnis
von 3:1. Bei 3 Mol Phenol erreicht die violette Färbung ihr
Maximum.
— RI
L: 2: 3. 4.
100 cem !/,0-N.-FeOl, Es ecm 200 ccm = cem Be ccm
a KeN.s | eN | N- | o-
‘ Phenol Phenol Phenol Phenol
= !/j00 Mol | =?/,,, Mol | = ®/,90 Mol | = */,9u Mol
Jede Mischung auf
500 ccm aufgefüllt,
zeigte gleiche Far-
benintensität bei
einer Schichtdicke
Som ‚tiolsıdıds 150 mm 100 mm 50 mm 50 mm
Ob die nach der Umsetzungsgleichung
3C,H,(OH) 4 FeCl, = (C,H,0),Fe + 3HC1 (4)
freiwerdende Salzsäure zur Komplexbildung verbraucht wird, ist
anzunehmen, wenn auch nicht nachweisbar, fest steht, daß das
366 E. Rupp: Methylrot.
Eisen hier nur an Phenolsauerstoff gebunden ist, und darin besteht
zwischen beiden violetten Verbindungen eine gewisse konstitutionelle
Verschiedenheit, die die Veranlassung zu dem verschiedenen Ver-
halten gegen Aether ist. “
Wenn nun aber Hantzsch und Desch!) aus dem Um-
stande, daß die Metbylsalicylsäure
—OCH,
ET oo
nicht mit Eisenchlorid reagiert, Salicylaldehyd und. Salicylsäure-
methylester aber Farbenreaktionen geben, den Schluß ziehen, daß
in dem violetten Körper der Salicylsäure-Eisenreaktion das Eisen
nur phenolartig gebunden ist und ihm daher die Konstitution
ein«r „Ferrisalicylsäure‘“
C al ai
_o > -OH
*—-COOH
zukommen lassen, so ist diese Auslegung mit meinen Befunden
nicht vereinbar.
CH
Ueber das
Methylrot und verwandte Azokombinationen.
- Von E. Rupp.
(Eingegangen den 13. VII. 1915.)
Das Bedürfnis nach einem möglichst allgemein verwendbaren
alkalihochempfindlichen Indikator hatte im Verein mit den Herren
K. Seegers?) und R. Loose?) zu Untersuchungen über den
planmäßigen Aufbau neuer Indikatorsubstanzen geführt. . Ins-
besondere wurde auf Grund theoretischer Erwägungen versucht,
das Phenolphthalein- und Dimethylaminoazobenzol-Molekül; durch
Einführung negativer Substituenten alkaliempfindlicher zu machen.
Wir gelangten so u. a. zu Polyhalogenphenolphthaleinen, welche
ı) A. 323, 20 (1902).
2) Ueber den Aufbau neuer Indikatoren, Dissertation, Marbühr
1907 und Apotheker-Zeitung 1907, No. 71.
3) Ueber indikationsfähige Azokombinationen, Dissertation,
Marburg 1909. It
E. Rupp: Methylrot. 367
in»der Tat zur Titration von Ammoniak usw. verwendet werden
konnten. Diesen noch überlegen erwies sich eine durch Diazotierung
von Anthranilsäure und Kuppelung mit Dimethylanilin erhaltene
Dimethylaminoazobenzol-o-karbonsäure:
a N N. =
esadaac orlilenid
COOH
Wir benannten dieselbe „Methylrot‘, und nahmen Ver-
anlassung, in den Berichten der deutschen chemischen Gesellschaft!)
zu Versuchen mit diesem neuen Indikator aufzufordern sowie darauf
hinzuweisen, daß selbiger zur Titration von Ammoniak und noch
schwächeren Basen recht geeignet erscheint. Die ermittalte Titrier-
barkeit von Strychnin, Morphin und Chinin ließ den Schluß zu,
daß in der Alkaloidtitration das Jodeosin und der China-Spezial-
indikator Hämatoxylin ‘wohl ziemlich allgemein durch das ein-
facher zu handhabende Methylrot ersetzbar sein dürften.
Die inzwischen veröffentlichten Erfahrungen anderer Autoren
bestätigen und erweitern unsere erste Mitteilung. Nach P.Schick
und G. Hatos?) ist das Methylrot bei der Titration von Nikotin
und nikotinhaltigen Präparaten, dem Jodeosin ‚‚an Schärfe des
Umschlages weit überlegen“. Th. Ryden?) und übereinstimmend
mit ihm O. Frey) befinden das Methylrot als vollwertigen und
bequemen Ersatz des Jodeosins in der Alkaloidtitration einschließ-
lich der Chinabasen. Der jüngst erschienene II. Nachtrag zur
Pharmacopoea Nederlandica IV®) hat das Methylrot als Alkaloid-
indikator eingeführt und Treadwells Lehrbuch der analytischen
Chemie®) hat dasselbe als ‚‚sehr wertvollen Indikator‘ zur Bestimmung
von Ammoniak und schwachen Pflanzenbasen in die Titrieranalyse
aufgenommen.
Nachdem somit das hauptsächliche Anwendungsgebiet des
Methylrots als festgelegt betrachtet werden kann, soll nachstehend
nochmals auf dessen Darstellung und eine an alten Methylrot-
lösungen gemachte Beobachtung eingegangen werden.
Die 1. c. mitgeteilte Darstellungsweise ist wenig expeditiv.
Ein ohne Umkrystallisation reines Präparat erhält man wie folgt:
1) Jahrgang 41, 3905.
2) Ztschr. f. Unters. d. Nahr.- u. Genußm. 28, 269.
®) Farmacevtisk Revy 1914, No. 43.
4) Ref. Jahresber. Caesar & Loretz 1911.
5) Apotheker-Zeitung 1915, No. 38.
*, V. Auil., IL. Bol, 453,
368 E. Rupp: Methylrot.
7 g Anthranilsäure werden in 50 ccm Eisessig warm gelöst. Nach
dem Erkalten stellt man in Eis und setzt allmählich so viel wässerige
Natriumnitritlösung 4 : 15 zu, bis Jodkaliumstärkepapier sofort an-
gebläut wird. Hierauf mischt man'eine kalte Lösung von ‘6 g mono-
freiem Dimethylanilin in 7,5 ccm Eisessig hinzu und läßt einen
Tag lang im Eisschrank stehen. Das Krystallprodukt wird ab-
gesaugt und mit 50%iger Essigsäure nachgewaschen.
Läßt man die Lösung bei gewöhnlicher Temperatur stehen,
so ist die Ausbeute gering, da die Kuppelung nur langsam erfolgt
und ein beträchtlicher Teil des Azostickstoffes unter Bildung von
Salieylsäure entweicht. Will man den Farbstoff umkrystallisieren,
so löst man ihn in 10—20 Teilen siedendem Alkohol und versetzt
die Lösung mit dem gleichen Volum heißem Wasser, worauf als-
bald die Ausscheidung in Form glänzender rubinroter Lamellen
erfolgt.
In eben derselben Weise läßt sich mit Anwendung von 7,5 g
Diäthylanilin die p- -Diäthylaminoazobenzol-o: -karbonsäure:
win/ > \vzcıHs
ul) C,H,
herstellen, deren äußere und indikatorische Eigenschaften durch-
aus jenen des Methylrots entsprechen!).
0,1342 g des Aethylproduktes lieferten 16, 1 ccm Stickstoff bei
B. 747 mm und T. 19°,
Berechnet für HNO: Gefunden:
N = 14,14 14,21%
Zur Empfindlichkeitsprüfung des. Methylrots empfiehlt sich
die in oben erwähntem Nachtrag II zur niederländischen Pharma-
kopöe angegebene Probe: 1 Tropfen Methylrot (1.: 500) in 10 ccm
Wasser muß mit 1 Tropfen !/,oo-N.-Lauge gelb und auf Nachgabe
von 1 Tropfen !/,oo-N.-Dalzsäure rot umschlagen?).
Als Indikatorlösung empfahlen wir: ehedem...die. 0,2% ige
alkoholische Lösung. Diese Konzentration ist auch von allen weiteren
Autoren beibehalten worden. Angezeigt scheint uns eine‘ dahin
gehende Ergänzung, daß die Lösung verdünnt-alkoholisch sei:
02 g Methylrot werden in 75 eem Alkohol (90%)
hrotiN
NL 20h
COOH
!) Die Aethylverbindung ist vielleicht etwas blaustichiger, wir
wenden neuerdings daher häufig auch diese an.
:) Handelspräparate des Methylrots (Kahlbaum, Merck)
wurden stets als probehaltig befunden.
E. Rupp: Methylrot. 369
gelöst und dann mit 23 cem Wasser verdünnt!).
Zur Begründung dessen diene die Angabe, daß wir an sehr alten
stark-alkoholischen Lösungen gelegentlich eine Einbuße an Alkali-
empfindlichkeit bemerkt zu haben glauben. Man wird geneigt sein,
die Ursache hiervon in einer teilweisen Veresterung der Dimethyl-
aminoazobenzolkarbonsäure zu erblicken. Als experimentelle
Stütze dessen können die indikatorischen Versuche mit der
p-Dimethyl- und p-Diäthylaminobenzol-p-karbonsäure einerseits
und deren Aethylester andererseits betrachtet werden.
Die genannten p-Carbonsäurederivate des Dimethyl- bezw.
Diäthylaminoazobenzols besitzen nicht die hohe Umschlags-
empfindlichkeit der o-Carbonsäurederivate — also des Methylrots
und seines Aethylanalogons. Wie nachstehende Versuchsreihen
erweisen, ist aber doch eine verhältnismäßig gute indikatorische
Brauchbarkeit vorhanden. Ihre Aethylester hingegen sind wesent-
lich unschärfer im Umschlag mit schwachen Basen. Im Sinne der
Chromo-Indikatorentheorie von Hantzsch wird also durch
Veresterung der Carboxylgruppe die Umisomerisierungs-Geschwindig-
keit der azoiden in die chinoide Form (und umgekehrt) stark ge-
hemmt. Der Farbumschlag der Ester ist derselbe wie bei den freien
Carbonsäuren — gelb in alkalischer Lösung, blaurot in saurer
Lösung. . Bei der Titration starker Basen ist die Hemmung weniger
oder kaum erkennbar.
Bislang unbekannt waren:
p-Diäthylaminoazobenzol-p-Carbonsäure:
COOH (p)
GHI<N_N.CH, .n<c
e ge m.
Es wurden 4 g p-Amidobenzoesäure in 75 ccm Alkohol gelöst,
mit 18 cem konzentrierter Salzsäure versetzt und mit einer Lösung
von 2 g Natriumnitrit in wenig Wasser langsam unter Eiskühlung
und ständigem Rühren diazotiert. In diese Diazolösung ließ ich
dann 4,4 g frisch destilliertes Diäthylanilin in 30 ccm Alkohol nebst
wenig konzentrierter Salzsäure langsam unter Umrühren einfließen.
Nach halbstündigem Stehen auf dem Dampfbade schied ich den
in Lösung befindlichen Farbstoff durch allmählichen Wasserzusatz
1) Auch die Lösung des Natriumsalzes ist wohl brauchbar. 0,2g
Methylrot bei Siedehitze in 7,5 cem !/,.-N.-Lauge und 50 ccm Wasser
zu lösen und mit Alkohol auf 100 ccm zu ergänzen.
Arch. d. Pharm. CCLIII. Bds. 5. Heft. 24
370 E. Rupp: Methylrot.
aus und krystallisierte nach dem Absaugen und Trocknen aus
siedendem Alkohol um. Schöne Krystalle von dunkelroter Farbe.
Bei der Stickstoffbestimmung lieferten 0,085 g Substanz 10,6 cem
Stickstoff bei 23° und 447 mm B.
Berechnet auf C,,H,N30;: Gefunden:
N = 14,14 14,13%
p-Dimethylaminoazobenzol-p-Carbonsäureäthylester:
C00.C,H; (p)
CGH<N_N.CH,.N<CH
CH, (p)-
Es wurden 4 g Amidobenzoesäureäthylester in 75 cem Alkohol
gelöst, 20 ccm konzentrierte Salzsäure hinzugefügt und mit einer
Lösung von 2 g Natriumnitrit in wenig Wasser langsam unter
Umrühren und Eiskühlung diazotiert. Nachdem ich filtriert hatte,
ließ ich in diese Diazolösung 3 g frisch destilliertes Dimethylanilin
in 30 cem Alkohol nebst wenig konzentrierter Salzsäure unter
ständigem Rühren langsam hinzufließen. Nachdem ich noch eine
halbe Stunde auf, das Dampfbad gestellt hatte, schied ich den in
Lösung befindlichen Farbstoff durch allmählichen Wasserzusatz
ab und krystallisiertte nach dem Trocknen auf dem Tonteller
aus siedendem Alkohol um. Schöne Blättchen von hochroter
Farbe.
0,1264 g angewandter Substanz lieferten bei 20° und 748 mm B.
15,8 ccm Stickstoff.
Berechnet auf C,,H,,N;0;: Gefunden:
N = 14,14 14,32%
p-Diäthylaminoazobenzol-p-Carbonsäureäthylester:
COO.C,H; (p)
OH,<N_N.CH, Ns
>’ (p).
Es wurden 4 g Sub lin. in 75. ccm Alkohol
gelöst, mit 18,ccm konzentrierter Salzsäure, versetzt und ‚mit einer
Lösung von 2 g Natriumnitrit in wenig Wasser langsam unter. Eis-
kühlung und ständigem Umrühren diazotiert. Zu dieser“ Diazo-
lösung ließ ich dann 3,6 g frisch destilliertes Diäthylanilin in 30 ccm
Alkohol nebst wenig, konzentrierter Salzsäure langsam unter Um-
rühren hinzufließen. ‚Ich stellte dann noch eine. halbe Stunde auf
E.. Rupp: Methylrot, 371
das Dampfbad, schied nach dem Erkalten den in Lösung befind-
lichen Farbstoff durch allmählichen Zusatz von Wasser aus und
krystallisierte nach dem Trocknen auf dem Tonteller aus siedendem
Alkohol um. Es waren schöne Krystalle von roter Farbe.
0,1228 g angewandter Substanz lieferten bei 19° und 744 mm B.
14,00 cem Stickstoff.
Berechnet auf C,;H,,N;0O;: Gefunden:
N = 12,92 13,02%
Der p-Carbonsäure des alkylierten Aminoazobenzols indika-
torisch gleichwertig sind Substitute, welche an Stelle von Carboxyl
die negative Acetogruppe enthalten. Man gelangt zu solchen durch
Diazotierung von p-Aminoacetophenon und Kuppelung mit
Dialkylanilin.
p-Aceto-Dimethylaminoazobenzol:
C0.CH, (p)
OGEL<N_N-CH,NICH)),.
Es wurden 4 g p-Amidoacetophenon in 75 cem Alkohol ge-
löst, mit: 18 ccm konzentrierter Salzsäure versetzt und mit einer
Lösung von 2 g Natriumnitrit in wenig Wasser langsam unter
ständigem Umrühren und Eiskühlung diazotiert. In diese Diazo-
lösung ließ ich dann 3,51 g Dimethylanilin in 30 ccm Alkohol und
wenig konzentrierter Salzsäure hinzufließen. Es trat sofort die
Bildung des Farbstoffes ein. Zur völligen Umsetzung setzte ich als-
dann das Reaktionsgemisch noch kurze Zeit auf das Dampfbad;
nach dem Absaugen und Trocknen krystallisierte ich aus siedendem
Alkohol um. _ Schöne violette Krystalle, leicht in Alkohol und
Eisessig löslich, schwerer in Wasser.
0,2034 g der Substanz ergaben 27,8 cem Stickstoff bei 19° und
747 mm B.
Berechnet auf C,,N,0,Hj3: Gefunden:
N = 15,67 15,70%
p-Aceto-Diäthylaminoazobenzol:
CO.CH, (p)
N=N—C,H,N(C;H,),.
Es wurden 4 g p-Amidoacetophenon in 75 ccm. Alkohol ‚ge:
löst, mit 18 ccm konzentrierter Salzsäure versetzt und mit einer
>. oa
GH,<
372 E. Rupp: Methylrot.
Lösung von 2 g Natriumnitrit in wenig Wasser langsam unter
ständigem Rühren und Eiskühlung diazotiert. Zu dieser diazotierten
Lösung setzte ich alsdann 4,4 g Diäthylanilin in 30 ecm Alkohol
und wenig konzentrierter Salzsäure langsam unter Rühren hinzu.
Ich stellte noch eine halbe Stunde auf das Dampfbad. und ‚schied
nach dem Erkalten den Farbstoff durch allmählichen . Wasser:
zusatz ab. Nach dem Absaugen und Trocknen auf;dem Tonteller
krystallisierte ich aus siedendem Alkohol um und erhielt schöne
lange violette Nadeln. Leicht löslich in Alkohol und Eisessig,
schwerer in Wasser.
0,1146 g angewandter Substanz lieferten bei 18° und 746 mm B.
14,1 cem Stickstoff.
Berechnet auf C,,N;0,H;:: Gefunden:
N = 14,19 14,16%
Bemerkenswert ist, daß am Stickstoff arylierte Derivate
des Aminoazobenzols indikatorunbrauchbar sind, also keine Chromo-
isomerie mehr zeigen. So erwiesen sich nachstehend beschriebene
Dibenzylprodukte auch gegen starke Basen und Säuren als um-
schlagsfest. Nur der Sulfosäure kommt noch eine gewisse Empfind-
lichkeit zu.
p-Dibenzylaminoazobenzol:
C,H,.N=N.C,H,.N(CH,.C,H,)? (p).
10 g Anilin wurden mit 80 cem technisch reiner Ameisensäure
oder Eisessig versetzt und mit 2 g Natriumnitrit, gelöst in mög-
lichst wenig Wasser, tropfenweise unter Eiskühlung und ständigem
Umrühren diazotiert. Dieser diazotierten Lösung wurde eine auf
dem Dampfbade bereitete und sodann auf ca. 25-—-30° erkaltete
Lösung von 30 g technischem Dibenzylanilin in 80 ccm Ameisensäure
bezw. Eisessig langsam unter Umrühren hinzugefügt. Nach kurzer
Zeit schon wurde die zuerst hellviolette Lösung dunkelrot. Da der
Farbstoff in der Ameisensäure leicht löslich war, stellte ich die Lösung
in einer Krystallisierschale in. einen Kalk-Vakuumexsikkator,
worauf sich der Farbstoff nach einigen Tagen in roten Krystallen
abschied.
Nach dem Umkrystallisieren aus verdünntem Eisessig und .
Trocknen lieferten 0,1506 g Substanz 14,6 cem er bei 17 ® und
746 mm B. \
E. Rupp: Methylrot. 373
Berechnet auf C,,H,,Nz: Gefunden:
p-Aceto-Dibenzylaminoazobenzol:
CO.CH, (p)
GHL<NZN.C,H,.N(CH,.C,H), (p).
Es wurden 4 g p-Amidoacetophenon in 50 ccm Eisessig ge-
löst und mit 2 g Natriumnitrit, gelöst in möglichst wenig Wasser,
langsam unter Eiskühlung diazotiert. Vorher hatte ich auf dem
Dampfbade 8,08 g fein zerriebenes Dibenzylaailin in 50 cem Eis-
essig gelöst und auf ca. 25—30° erkalten lassen. Ich ließ nun diese
Lösung langsam unter Umrühren in die Diazolösung fließen, stellte
dann noch eine halbe Stunde auf das Dampfbad und schied nach
dem Erkalten den in Lösung befindlichen Farbstoff durch allmählichen
Wasserzusatz ab. Nach dem Trocknen löste ich in siedendem
Alkohol, filtrierte und ließ auskrystallisieren. Brillantrote Krystall-
nadeln.
0,1596 g angewandter Substanz lieferten 14,0 ccm Stickstoff bei
19° und 747 mm B.
Berechnet auf C,,H,,N,30,: Gefunden:
N = 10,00 10,07%
p-Dibenzylaminoazobenzolearbonsäureäthylester:
BR
H, N=N.C,H,.N.(CH,.C,H,);.
Es wurden 5 g Amidobenzoesäureäthylester in einem Becher-
glase mit 50 cem Eisessig versetzt, durch Erwärmen auf dem Dampf-
bade in Lösung gebracht und mit einer Lösung von 2,5 g Natrium-
nitrit in möglichst wenig Wasser langsam unter Eiskühlung und
stetem Rühren diazotiert. Zu dieser Diazoniumlösung ließ ich als-
dann 8,3 g Dibenzylanilin, die ich vorher auf dem Dampfbade
in 50 ccm Eisessig gelöst und auf 25—30° hatte erkalten lassen,
langsam unter Umrühren hinzufließen. Nach halbstündigem Stehen
auf dem Dampfbade ließ ich erkalten und krystallisierte den vorher
auf dem Tonteller getrockneten Farbstoff aus Alkohol um. Schöne
lange rote Nadeln.
0,1047 g angewandter Substanz lieferten bei 18° und 748 mm B.
8,6 ccm Stickstoff.
Berechnet auf ,0,,H,;N;035: Gefunden:
N = 9,35 9,48%
374 E. Rupp: Methyleot.
p-Dibenzylaminoazobenzolsulfosäure:
S0;.H (p)
N =N . C,H, . N . (CH, . C,H,),-
Es wurden 10 g p-Sulfanilsäure im Mörser aufs feinste zer-
rieben, mit 100 ccm technischer Ameisensäure in ein Becherglas
gespült und auf dem Dampfbade in Lösung gebracht. In der Kälte _
schied sich die Sulfanilsäure feinstverteilt wieder aus, ‘ging aber
bei langsamem Diazotieren mit etwas mehr als der berechneten
Menge Natriumnitrit — 4,2 g gelöst in möglichst wenig Wasser —
klar in Lösung. Nachdem ich filtriert hatte, setzte ich zu dieser
Diazoniumlösung eine vorher auf dem Dampfbade bereitete Lösung
von 16 g Dibenzylanilin in 100 cem konzentrierter Ameisensäure
hinzu, und zwar langsam und unter ständigem Umrühren, ließ
noch eine Stunde auf dem Dampfbade stehen und dann 'erkalten,
am nächsten Morgen hatte sich der Farbstoff in schönen, violett
flimmernden Krystalien abgeschieden.
Es lieferten 0,1978 g Substanz 15,6 cem Stickstoff bei 15° und
747 mm B.
Bir
Berechnet für 0,,H,,;N;0;8;: Gefunden:
N = 9,19 9,188%
Titrimetrische Vergleiehsprüfung?).
I. Mit Ammoniak.
Methylrot:
Alkoholische Lösung. 0,2 : 100. Umschlag violett in schwach gelb.
20 cem Y/jo-N--HCl mit Y,o-N.-NH, titriert.
'Sollverbrauch 20eem %/,,-N.-NH, Zustand bei
Indikator | Färbung alr
ı Erster Umschl. | Deutl. Umschl. | sche
2 Tropfen| violett 20,00 com 20,00 cem |schwach gelb
6 EZ} LE} 20,02 E} 20,02 ” ” ”
20 cem !/jo-N.-NH, mit 1/,,-N.-HCl titriert.
TE — TE nd
| Sollverbrauch 20 eem !/,,-N.-HCl| Zustand bei
Indikator | Färbung “12
| Erster Umschl. | Deutl. Umschl. | Re
2 Tropfen | gelb 19,98 ccm | 19,98 ccm violett
Bsctugd,. | 3 19:85 „ - | memarz .
1) Die Indikatorsubstanzen sind der Kürze halber nach
Neumann durch die Kuppelungskomponenten bezeichnet.
E. Rupp: Methylrot. 375
o-Amidobenzoesäure-azo-Diäthylanilin:
Alkoholische Lösung 0,2 : 100. Umschlag violett: in gelb.
20 cem "/yo-N--HCl mit !/,,-N.-NH, titriert.
ee ee EEE
Sollverbrauch 20cem !/,o-N NH, Zustand bei
Erster Umschl. | Deutl. Umschl. Normalität
2 Tropfen violett 19,98 ccm 19,99 ccm gelb
6 ” | RE 20,00 EZ) 20,02 „ ”
|
Indikator | Färbung
20 eem ?/,0-N.-NH, mit 1/,,-N.-HCl titriert.
”
a Färbung Sollverbrauch a cem 1/,,-N.-HCl u e bei
Erster Umschl. | Deutl. Umschl. ormallta
2 Tropfen gelb | 19,98cem | 19,98 ccm sichert
6 „ „ 20,00 ,„ 20,00 ,,
p-Amidobenzoesäure-azo-Diäthylanilin:
Alkoholische Lösung 0,2 : 100. Umschlag violett in gelb.
20 ccm !/,0-N--HC1l mit Y,0-N--NH, titriert.
F |
Sollverb h 20 1/,o-N--NH, Zustand
bog ollverbraue on /io-N--N : 5 ie
Erster Umschl. | Deutl. Umschl. "“Tmaıta
2 Tropfen violett | 20,00ccem | 20,02cem | gelb
Bi R | 20,00 „ a
| 1
20 ccm Y/,-N.-NH, mit !/,-N.-HOl titriert.
. ü | !
manezr Sollverbrauch 20 com }/,;-N.-HCl Zustand bei
| Erster Umsehl. |Deutl. Umsehl, | Normalität
2 Tropfen gelb | 19,60 com | 19,65 ccm rosa
p-Amidobenzoesäure-azo-Dimethylanilin:
Alkoholische Lösung 0,2 : 100. Umschlag violett rosa in schwach gelb.
20 cem !/,0-N.-HCl mit Y/,0-N--NH, titriert.
Indikator
|Sollverbrauch 20ecm %/,.-N.-NH,| Zustand bei
| Erster Umschl. | Deutl. Umschl. Normalität
2 Tropfen violett " | 19,98 cem 19,98 cem | farblos
65T; er F! 20,02 -„ 20,05 „ |schwach gelb
Indikator
Färbung
376 E. Rupp: Methylrot.
20 cem !/,0-N.-NH, mit Y/,,-N.-HCl titriert.
|Sollverbrauch 20 cem Y/yo-N- -HCl| Zustand bei
Indikator Färbun
__ |rster Umsohl. | Deut: Umsehl. « Normalitat
Be. % | 19,88, 19,90 „
2 Tropfen gelb | 19,85 ccm | 19,88 cem rosa
p-Amidoacetophenon-azo-Diäthylanilin:
Alkoholische Lösung 0,2 : 100. ‘Umschlag violett in gelb.
20 cem !/jo-N--HC1l mit Y,o-N.-NH, titriert.
Ve Sollverbrauch 20cem ?/,..N.-NH,, Zustand bei
Indikator Färbung Normalität
| Erster Umschl. | Deutl. Umschl.
2 Tropfen | violett, , 20,02 ccm 20,05 cem gelb
B 12.25 »» 20,00 ,, 20,02 „
20 cem Y/,,.N.-NH, mit %/,,.N.:HOI titriert.
Sollverb h 20 1/,0-N.-HCl| Zustand bei
Indikator | Färbung Sie u 10 in rn ae
Erster Umschl. | Deutl. Umschl. | “OMA n
= -
2 Tropfen gelb 19,80 cem 19,90 cem rosa
6 ” », 19,85 ” 19,90 „ „ =
p-Amidoacetophenon-azo-Dimethylanilin:
Alkoholische Lösung 0,2 : 100. Umschlag violett in uanelb..-
20 cem /jo-N--HCl mit Y,,-N.-NH, titriert.
Sollverb Yu. stand bei
EEE. I ollverbrauch 20cem !/,o-N.-NH, a; ne
Erster Umschl. | Deutl. Umschl. |) “Ma
2 Tropfen violett | 19,92 cem 19,98 ccm | blaßgelb
6 2» | ” | 20,02 ” 20,05 ” 1 38. ır
20 com ?/,,-N.-NH, mit 1/,0-N.-HCl titriert.
1l 27 N. k
Indikator | Färbung Sollverbrauch 20 ccm !/,.-N.-HCl Ban Her
Erster Umschl. | Deutl. Umschl, | "Oma
2 Tropfen |schwach gelb
19,85 com 19,90 ccm blaßrosa
han.ike 19,90 „ 19,95 }’,, or
’ E23
E. Rupp: Methylrot. 377
p-Aethyl-Amidobenzoat-azo-Diäthylanilin:
Alkoholische Lösung 0,2: 100. Umschlag schwach gelb von violett.
20 eem Y,0o-N.-HCl mit Y/,0-N.-NH, titriert.
|Sollverbrauch 20ccm 1/, 0-N--NH, Zustand bei
| Erster Umschl. | Deutl. Umschl. | Normalität
Indikator | Färbung
2 Tropfen violett 19,98 com 20,02ccm schwach gelb
6 Fr} „ 19,98 ” 20,05 EE} IE} ”
opalisierend
20 cem !/,0-N.-NH, mit Y,o-N--HCl titriert.
Sollverbrauch 20 cem !/,o-N „HCl Zustand bei
Erster Umschl. | Deutl. Umschl. Normalität
2 Tropfen | gelb, opalis. 19,85 ccm | 19,90 cem rosa
p-Aethyl-Amidobenzoat-azo-Dimethylanilin:
Alkoholische Lösung 0,2 : 100. Umschlag violett in farblos.
20 ccm !/,0-N.-HCl mit Y,.-N.-NH, titriert.
Indikator | Färbung
| ;
‚Sollverb 20 1/0-N--NH,, Zustand b
Indikator | Färbung | a STETTEN 3| = Ren
Erster Umschl. | Deutl. Umschl.
2 Tropfen | violett 2: 19,50 ccm E 19,55 cem | farblos
II. Mit Morphin.
15,15. g Morphin = 500 cem /,0-N.-Salzsäure in 1 Liter
1/,0-N--Salzsäure gelöst. Demnach 500 cem !/,„-N.-Salzsäure im
Ueberschuß, so daß 20 ccm der Morphinlösung zur Rücktitration
der überschüssigen Säure 10 cem !/,„-N.-Lauge erfordern.
Methylrot:
Sollverbrauch 10cem?/,,-N.-KOH | Zustand bei
Erster Umschl. | Deutl. Umschl. | ek
2 Tropfen violett B 10,00 ccm | 10,02 ccm Ischwachgelbl.
Indikator | Färbung
o-Amidobenzoesäure-azo-Diäthylanilin:
Er |Sollverbrauch 10cem?/,.-N.-KOH | Zustand bei
| Erster Umschl. | Deutl. Umschl. Normalität
3 Tropfen | violett | 10,00 ccm | 10,04 ccm | orangegelb
Indikator Färbu
378 E. Rupp: Methylrot.
p-Amidobenzoesäure-azo-Dimethylanilin:
Zustand bei
Normalität
Indikator Sollyerbrauch 10cem!/,o-N-KOH
‚ Erster Umschl. | Deutl. Umschl.
5 Tropfen] violett : 9,85 ccm | 9,96 ccm | gelblich
p-Amidobenzoesäure-azo-Diäthylanilin;:
| N
Indikator Färbung
Färbung
Zustand bei
Normalität
Sollverbrauch 10cem!/,o-N:-KOH
| Erster Umschl. | Deutl. Umschl.
3 Tropfen] violett | 10,00 ccm | 10,05 ecem | schwach gelb
p-Amidoacetophenon-aze-Dimethylanilin:
| | 3
Sollverb h 10ccm!/,o-N--KOH | Zustand b
Indikator Färbung Panne som’ se ag
| Erster Umschl..| Deutl. Umschl: ey
15 Tropfen violett | 9,60 ccm | 9,75 ccm gelb
p-Amidoacetophenon-azo-Diäthylanilin:
Zustand bei
Normalität
Sollverbrauch 10cem!/,.-N.-KOH
Erster Umschl. | Deutl. Umschl.
5 Tropfen | violett | 9,85 cem IR 9,96 ccm gelbl.-orange
p-Aethyl-Amidobenzoat-azo-Dimethylanilin:
Indikator | Färbung
Zustand bei
Normalität
|SollVerbrauck 10cem!/,o-N--KOH
Erster Umschl. | Deut!. Umschl.
3 Tropfen violett ] 9,68 ccm | 9,90 cem | orange
P>
p-Aethyl-Amidobenzoat-azo-Diäthylanilin:
Indikator | Färbung
Zustand Er
Normalität
| Sollverbrauch 10ecm!/,o-N--KOH
| Erster Umschl.‘) Deutl. Umschl.
3 Tropfen | violett | 9,72 ccm | 10,00 cem | .. ‚gelb
Indikator | Färbung
-
E. Rupp und M. Beyer: Oxy-Methoxybenzaldehyd. 379
Die Acetylierungsprodukte
des 2-Oxy-3-Methoxybenzaldehyds.
Von E. Rupp und Marg. Beyer.
(Eingegangen den 13. VII. 1915.)
Zur Charakteristik des 2-Oxy-3-Methoxybenzaldehyds, einem
technischen Nebenprodukt der Vanillinherstellung aus Guajakol,
beschrieben E. Rupp und K. Link!) eine Reihe von Derivaten
dieses Vanillin-Isomeren, hierunter das 2,3-Oxymethoxybenzyliden-
triacetat,
OCOCH
CH<ococH,
CH, CO.COCH, (2
0.CH, (3)
welches man leicht durch Einwirkung von etwas Schwefelsäure
auf die Lösung des Aldehyds in 2 Tl. Essigsäureanhydrid erhält.
Neben diesem Triacetylierungsprodukt wurde in kleiner Menge
ein gut krystallisierender Körper gewonnen, der seiner Schwer-
löslichkeit und besonders seinem hohen Schmelzpunkt entsprechend
eher. als Kondensationsprodukt denn als Acetylierungsprodukt zu
betrachten war. Andererseits war das Monacetylderivat des Aldehyds
„cHo (1)
CH2O. ‚COCH, (2)
Solch, 9)
nicht erhalten worden. Bei der Behandlung des Aldehyds mit
monomolaren Mengen von. Acetylchlorid. oder von Essigsäure-
anhydrid mit einer Spur Schwefelsäure resultiert stets und mit
großer Leichtigkeit der Körper vom Schmelzpunkt 233—234°,
gleichgültig ob in der Kälte oder bei erhöhter Temperatur, kon-
zentriert oder in Benzolverdünnung gearbeitet wurde.
In Fortsetzung dieser Versuche sind wir zur Herstellung des
reinen Triacetats ohne Nebenreaktion, ferner zur quantitativen
Herstellung des vermutlichen Kondensationsproduktes und dessen
Konstitutionsaufklärung, sowie zu einer Darstellungsweise für das
echte Monacetat gelangt, worüber nachstehend berichtet werden soll.
Oxymethoxybenziliden-Triacetat: Zu einer
Lösung von 2 Tropfen konzentrierter Schwefelsäure in 5—10 g
1) Dieses Archiv 253, 33,
380 E. Rupp und M. Beyer: Oxy-Methoxybenzaldehyd.
Essigsäureanhydrid fügt man tropfenweise und unter Umschwenken
eine Lösung von 10 g Oxymethoxybenzaldehyd in 15 g Essigsäure
anhydrid. Die Lösung erwärmt sich und: bleibt zunächst klar.
Innerhalb Tagesfrist «scheiden sich derbe und "durchscheinende
Krystalle des Triacetats ab, die in Alkohol, Benzol, Eisessig und
Ligroin löslich sind. Man krystallisiert; aus Ligroin um. Aus ver-
dünntem Alkohol umgelöst, erhält man das Triacetat in farblosen
Blättchen. Schmelzpunkt 83°. Durch Versetzen des Acetylierungs-
gemisches mit Wasser läßt sich die Ausbeute quantitativ gestalten.
Das unter allen andersartigen Versuchsbedingungen stets
nebenbei entstehende Kondensationsprodukt gibt sich als krystall-
sandiger, farbloser, in Ligroin unlöslicher Niederschlag zu erkennen.
2,3-Oxymethoxybenzaldehydmonaeetat:
ycH0 . ()
C5H,<O.COCH, (2)
0.CHz.' (3)
Nach den oben angedeuteten Acetylierungsversuchen . in
saurer Lösung, die ergebnislos verliefen ‚oder zu. dem hoch-
schmelzenden Produkte führten, wurde mit Essigsäureanhydrid
in pyridinhaltiger Lösung operiert. Dabei erhält man das gesuchte
Monacetat leicht und quantitativ bei gewöhnlicher Temperatur.
10 g Aldehyd (1 Mol.) werden in 7,5 g Essigsäureanhydrid (1,1 Mol.)
warm, gelöst und nach dem Erkalten mit 10 g Pyridin (ca. 1 Mol.)
versetzt. Die Mischung erwärmt sich wahrnehmbar und erfährt
eine allmähliche Entfärbung. Naeh 12—24 Stunden schüttelt man
mit dem mehrfachen Volum Wasser kräftig durch, saugt den
krystallinen Niederschlag ab; wäscht nach, trocknet und krystallisiert
aus Ligroin um.
Farblose, glänzende (aus Benzol glasklare) Krystallblättchen.
Leicht löslich in Benzol und Alkohol, löslich in Aether und Bau.
Unlöslich in Wasser. Schmelzpunkt 76°.
38,77 mg Substanz lieferten 88,4 mg CO, und 18,6 mg H3,0.
Berechnet auf C,0H100s: Gefunden:
C = 61,85 62,10%
H= 515 5,30%
Kondensationsprodukt.
Mit Eisessig, Essigsäureanhydrid oder Essigsäureanhydrid und
wasserfreiem Natriumacetat erleidet der Oxymethoxybenzaldehyd
weder bei gewöhnlicher noch bei Siedetemperatur eine Veränderung.
In Acetylchlorid gelöst, erstarrt er unter Erwärmung und. lebhafter
E. Rupp und M. Beyer: ÖOxy-Methoxybenzaldehyd. 381
Salzsäureentwickelung zu einer sandig-krystallinen Masse. Dasselbe
erfolgt beim Stehenlassen der Lösung des Aldehyds in einer äqui-
molaren Essigsäureanhydridmenge nach Zusatz von einer Spur
verdünnter Schwefelsäure oder Zinkchlorid oder entwässertem
Kupfersulfat. Das Reaktionsprodukt pflegt, vermutlich infolge
einer spurweisen Verunreinigung oder Nebenreaktion des Aldehyds,
mehr oder minder rot angefärbt zu sein. Durch Waschen mit Benzol
wird es farblos erhalten.
Zur Darstellung löst man 10 g Aldehyd warm in 7,5 g Essig-
säureanhydrid auf, läßt erkalten und setzt 1—2 Tropfen ca. 20%, ige
Schwefelsäure zu. Nach Tagesfrist wird die krystallin erstarrte
Masse abgesaugt und mit Benzol gewaschen. Sie ist aus viel heißem
Eisessig umkrystallisierbar. _Verdünnt man die Aldehyd-Essig-
anhydridlösung vor Zusatz der Schwefelsäure mit 40—50 ccm
Benzol, so erhält man das Präparat direkt in glänzenden Krystall-
blättchen, die einfach mit Benzol nachzuwaschen sind. Der Körper
ist unlöslich in Wasser, Alkohol, Aether und Ligroin, sehr schwer
löslich in heißem Eisessig und Benzol. Schmelzpunkt 233—234°.
33,5 mg Substanz lieferten 82,6 mg CO, und 15,3 mg H,O.
Berechnet für C,H ,,0;: Gefunden:
C = 67,13 67,25%
H = 4,90 5,10%
Konstitutionsermittelung: Zum Nachweis etwa
vorhandener Acetylgruppen wurden etliche Gramme der Substanz
zur Verseifung mit heißer Sodalösung behandelt, schwefelsauer
gemacht und abdestilliert. Essigsäure war im Destillate nicht nach-
weisbar. Die wiedergewonnene Substanz schmolz unverändert
bei 233°,
Ein möglichst quantitativ durchgeführter Darstellungsversuch
aus je 10 g Aldehyd und Acetylchlorid lieferte bei Wasserfällung
8,4 g an Reaktionsprodukt. Diese Substanzverminderung wies auf
eine Kondensationsreaktion hin.
Zur Entscheidung, ob die Wasserabspaltung intra- oder extra-
molekular erfolgt, wurde eine Gefrierpunktsbestimmung in
Naphthalin vorgenommen. , Das hieraus berechnete Molekular-
gewicht war 265. |
Berechnet:
1 Mol. Aldehyd — 1 H,0 = C,H,0,, Mol.-Gew. 134
2 Mol. Aldehyd — 1 H,0 = C,,H,,0,, Mol.-Gew. 286
Es liegt somit ein extramolekulares Anhydrid und Analogon
des Disalicylaldehyds C,,H,,O, vor.
382 E. Rupp und M. Beyer: Oxy-Methoxybenzaldehyd.
Zur Entscheidung, ob die Anhydrisierung zwischen den
Phenolhydroxylgruppen erfolgt, unterwarfen wir den:Körper unter
den verschiedensten Bedingungen der Methylierung. Stets resul-
tierte das unveränderte Anhydroprodukt. Eine intakte Hydroxyl-
gruppe liegt in ihm somit nicht mehr vor. .
Zum Nachweis der Aldehydgruppen wurde mit Phenylhydrazin
behandelt und ein Hydrazon auf folgendem Wege erhalten: 3 g
Substanz, in der zehnfachen Menge heißem Eisessig gelöst und
nach Zusatz von 2,5 g (2 Mol.) Phenylhydrazin Y, Stunde am
Rückflußkühler erhitzt, schieden nach dem Erkalten glänzende
gelbliche Nadeln ab. Dieselben zeigten alle Eigenschaften des
früher beschriebenen Phenylhydrazons des Oxymethoxybenzaldehyds.
Berechnet auf C,,H,,N;0;: Gefunden:
N = 11,57 11,75%
Der Hydrazonbildung war also eine Rückhydratisierung des
Dialdehyds vorangegangen. Wir schließen daraus auf ein un-
verändertes Vorhandensein oder leicht spaltbare ätherartige Bindung
der CHO-Gruppen im Dialdehyd.
Endlich unterwarfen wir den Anhydrokörper noch: der Acety-
lierung. 3 g Substanz wurden in einer zur Lösung; ausreichenden
Menge heißem Essigsäureanhydrid gelöst und mit einer gleichfalls
heißen Lösung von 2 Tropfen konzentrierter Schwefelsäure in
Essigsäureanhydrid versetzt. Nach dem Erkalten wurde mit dem
dreifachen Volum Wasser kräftig geschüttelt und der krystalline
Niederschlag aus Alkohol umkrystallisiert. Das Produkt zeigte
alle Eigenschaften des früher beschriebenen Triacetates des Oxy-
methoxybenzaldehyds. a
34,85 mg Substanz lieferten 72 mg CO, und 17,1 mg H,O.
Berechnet auf C,,H,s0;: Gefunden:
C = 56,75 56,30%
H= 5,40 5,50%
Wir schreiben somit dem Anhydrodialdehyd die Konstitution
CHO CHO
a
K_ Joch, “CR,0W0
oder
0.CH
SENT r
6)
|
ee A ra RL
ZU.
O. A. Öesterle und R. Kueny: Hesperidin. 383
Letztere Formulierung ‚entspricht der Konstitution, welche
dem von Bradley!) aus Homosalieylaldehyd und Acetylchlorid
erhaltenen Homo-Disalieylaldehyd
CH, ER ut a
| Ö
IT ae a
zuerkannt wird.
Da di-aldehydische Kondensationsprodukte (Oxim, Phenyl-
hydrazon) nicht darstellbar waren, wird man der Formel II den
Vorzug einräumen.
Mitteilungen aus dem pharmazeutischen Institut
der Universität Straßburg i. E.
Ueber die
Beziehung des Hesperidins zu Pflanzenfarbstoffen.
Von 0.:A:Oesterle und R. Kueny.
(Eingegangen den 20. VII. 1915.)
Mit der Erforschung der Konstitution des Hesperidins hat
sich zuerst Ed. Hoffmann?) beschäftigt. Er erkannte die
Glykosidnatur und bezeichnete das bei der Spaltung neben Zucker
entstehende Produkt als ‚„Hesperetin“. Durch Einwirkung von
Alkali ‚auf Hesperetin erhielt er. „Hesperetinsäure‘“, deren Kon-
stitution aufzuklären ihm jedoch nicht möglich. war.
Ferd. Tiemann und W. Will?) führten die Versuche
Hoffmann’s weiter. Sie. fanden als weiteres Abbauprodukt
des Hesperetins Phloroglucin und charakterisierten die neben
diesem Phenol entstehende Hesperetinsäure als Isoferulasäure.
') Beilstein III, 88.
®) Ber. d. deutsch. chem. Gesellsch. 9 (1876), 685.
®) Ber. d. deutsch. ehem. Gesellsch. 14 (1881), 946.
384 O. A. Oesterle und R. Kueny: Hesperidin.
Auf Grund dieser Spaltungsprodukte erteilten Tiemann und
Will dem Hesperetin die Formel
N CH=CH—CO 0.
/ ä \
en iz
CH,O—
also diejenige eines Isoferulasäure-Phlorogluein-Esters. Der, bei
der Hydrolyse des Hesperidins abgespaltene Zucker ist, wie Wil 1)
sowie Tanret?) feststellte, Traubenzucker und Isoduleit.
Gegen die Auffassung des Hesperetins als Ester wandte sich
Fr. Tutin®). Aus der Tatsache, daß Hesperetin befähigt ist ein
Tetraacetylderivat zu bilden, zieht Tutin den Schluß, daß im
Hesperetin nicht ein Isoferulasäure-Phloroglucin-Ester, der ja nur
drei acetylierbare Hydroxylgruppen enthalten würde, vorliegen
kann. Da ein Tetraacetat entsteht, müssen im Hesperetin die
Phloroglucin-Hydroxyle noch vorhanden sein, der Isoferulasäure-
Rest muß demnach am Phenolkern stehen. Tutin erteilt dem
Hesperetin somit die Konstitution eines 2: 4 : 6-Trioxypheny.-
3-oxy-4-methoxystyrylketons:
m
5
5 6 e 5
cH,ols N\LcH- -CH— Ben; OH
\ | \. N.
OH OH
Als Stütze für die Richtigkeit dieser Formulierung führt er die
Identität des völlig methylierten Hesperetins mit dem synthe-
tisch dargestellten 2:4: 6-Trimethoxyphenyl-3: 4-dimethoxystyry]-
keton an.
Nach einer Reihe von Beobachtungen ist das Vorkommen
des Hesperetin-Glykosides, des Hesperidins, nicht auf die Familie
der Rutaceen beschränkt, es scheint vielmehr, daß das Glykosid
ziemlich verbreitet ist und in den verschiedensten Familien in nicht
unbeträchtlichen Mengen auftritt. Ueber die Bedeutung, welche
dem Hesperetin in der Pflanze zukommt, ist man noch nicht im
klaren.
1) Ber. d. deutsch. chem. Gesellsch. 20 (1887), 1186.
2) Bull. soc. chim. 49 (1888), 20.
3) Transact. of the chem. Soc. 97 (1910), 2054.
O0. A. Oesterle und R. Kueny: Hesperidin. 385
Berzelius!) dachte an eine Beziehung zwischen Hesperidin
und einem gelben Farbstoff; er schreibt: „Vielleicht ist die gelbe
Farbe in.der Epidermis der Pomeranzen die Folge der Metamorphose
dieses Körpers (Hesperidin) in einen gelben‘ Farbstoff.‘
Tunmann?) hält es für wahrscheinlich, daß dem Hesperidin
die Aufgabe zufällt, das Phloroglucin, das er als Abbauprodukt
sekretartiger Natur bezeichnet, zu eliminieren. An anderer Stelle?)
schreibt er: ‚Da es (Hesperidin) häufig bei Sonnenpflanzen auf-
tritt, in den Blättern überwiegend in der belichteten Epidermis
vorkommt und durch reichliches Vorkommen den Zellsaft zäh-
flüssig-diek und gelblich macht, so ist die Annahme berechtigt,
daß Hesperidin bisweilen als Schutz gegen zu intensive Belichtung
dient (Lichtfilter, Dämpfungsschirm).“ In einer vor kurzem
erschienenen Arbeit‘) bestätigt Tunmann seine Ansicht, daß
das Hesperidin zu den Sekreten zu zählen sei und führt an,
daß in neuerer Zeit sch Himmelbaur seiner Ansicht an-
schließt. Himmelbaur?) sagt: ‚Das Hesperidin ist wie eine
Schlacke des Stoffwechsels, es wird in ihn nie mehr einbezogen.“
Für die Deutung der Rolle, welche das Hesperidin in der
Pflanze spielt, scheint uns die Tutin’sche Formulierung des
Hesperetins von Wichtigkeit zu sein. Legt man dem Hesperetin
die neue Formel zugrunde, so ist, bei geeigneter Schreibweise, die
Beziehung dieser Verbindung zu den Farbstoffen der y-Pyronreihe
nicht zu verkennen:
OH
_._ CH
| co
OH oH
o Her)
Ho— nn I ) OCH,
il ker ion
| co
OH
1) Jahresbericht 22 (1843), 452.
2) Apotheker-Zeitung 1909, 731.
3) Pflanzenmikrochemie, Bornträger, Berlin 1913, S. 370;
vergl. auch Schweiz. Wchschr.. f. Chemie u. Pharmazie 1909, 797.
4) Pharmazeutische Zentralhalle 56 (1915), 140.
5) Zitiert nach Tunmann; die Originalarbeit war uns nicht
zugänglich. :
Arch. d. Pharm. CCLIII. Bds. 5. Heft. 25
386 OÖ. A. Oesterle und R. Kueny: Hesperidin.
Es braucht nur die ungesättigte Kette des Säurerestes mit
einem Phloroglueinhydroxyl zum y-Pyronring geschlossen zu
werden, um zu einem Monomethyläther des Luteolins zu gelangen.
Vielleicht vollzieht sich ein ähnlicher Ringschluß in der Pflanze,
wenigstens deutet das gemeinschaftliche Vorkommen von Butein
und Butin in den Blüten von Butea frondosa darauf hin.
en
Fe ar
HO— mc Kimi:
Ken
OH
o wi
HO— 2. Tor \_0H
DEFTeerle CH,
co
Butin (3: 4: 5-Trioxyflavanon).
Nach den Untersuchungen von R. Willstätter!) ist es
wahrscheinlich, daß zwischen den Flavonen bzw. Flavonolen und
den Anthocyanidinen Beziehungen bestehen. Als Beispiel dieser
Beziehungen mögen nachstehende Formelbilder dienen:
yi oH ) OH
| er
eg na OH mas I ( on
|
ns
| C
OH |
H
Cyanidinchlorid. Luteolinchlorid.
Wenn nun das Hesperetin wirklich die Konstitution eines
zur Oxyflavon-Bildung befähigten Polyoxychalkons besitzt, ist es
sehr wohl möglich, daß das Glykosid dieser Verbindung, das Hes-
peridin, sowohl an der Entstehung der Farbstoffe der y-Pyronreihe,
als auch bei der Bildung der Anthocyane beteiligt sein kann, daß
es also eine Quelle gewisser Pflanzenfarbstoffe darstellt. Will-
stätter?) führt übrigens an, daß nach Beobachtungen von
!) Annalen 408 (1915), 20.
®) Annalen 408 (1915), 19 (Fußnote).
O. A. Oesterle und R. Kurny: Hesperidin. 387
A. Czartkowski die Anthoceyanbildung durch Phlorogluein
oder durch Phlorhizin, das in seiner -Konstitution dem Hesperidin
nahesteht, gefördert wird.
Wir haben versucht, das Hesperetin in ein Flavonderivat
überzuführen, um mit dieser Umwandlung einen Beweis für die
Richtigkeit der Tutin’schen Formulierung zu erbringen und die
Beziehungen des Hesperidins zu gewissen ‚Pflanzenfarbstoffen
festzulegen. Als Arbeitsweise haben wir die Methode benützt,
deren sich Kostaneceki und Tambor mit zahlreichen Mit-
arbeitern zum Aufbau des Flavons und verschiedener Oxyflavone
bedient hat. Diese Methode wurde von Tambor bequemer
gestaltet. In zuvorkommender Weise hat er uns den zum Teil noch
picht in Zeitschriften veröffentlichten Arbeitsgang mitgeteilt. Wir
sprechen ihm dafür auch. an dieser Stelle den besten Dank aus.
Bei den älteren Synthesen von ÖOxyflavonen wurden stets
die partiell alkylierten Polyoxychalkone verwendet, nach Tambor
erfolgt der Aufbau von Oxyflavonen ebenso glatt bei Anwendung
der acylierten an Stelle der alkylierten Oxychalkone. Dadurch
wird die Synthese wesentlich vereinfacht. Das acetylierte Oxy-
chalkon wird bromiert und aus dem Dibromid, durch Abspaltung
von Bromwasserstoff das Flavon gewonnen. Auf diese Weise ist
es uns gelungen, das Hesperetin in ein Trioxy-methoxyflavon
überzuführen, das, da es bei der Entalkylierung Luteolin liefert,
als ein Luteolinmethyläther zu betrachten ist.
Von Monomethyläthern des Luteolins sind bis jetzt zwei
sicher bekannt. Die eine Verbindung wurde von Kostanecki
und Diller!) durch partielle Entalkylierung des 1:3: 3°-Tri-
methoxy-4’-äthoxyflavons dargestellt. Dieser Aether ist schwer
löslich in Alkohol und krystallisiert in glänzenden Blättehen vom
Schmelzpunkt 270°. Die Stellung der Methoxylgruppe ist nicht
mit Sicherheit bekannt. Da die Verbindung Beizen anfärbt, nimmt
Kostaneckian, daß die Methoxylgruppe im Phloroglucinkern
und nicht im Protokatechusäure-Rest stehen muß. Für diesen
Aether kommen somit die Formeln
OH OH
| |
in tragt hund U A|
CH.O- ur Ye —0OH HO-76% Tec a YO
Korrokqunl H van Lk. 7
| co | co
OH OCH,
I II.
1) Ber. d. deutsch. chem. Gesellsch. 34 (1901), 1452.
25*
388 OÖ. A. Oesterle und R. Kueny: Hesperidin.
in Betracht. Von diesen besitzt, nach Kostanecki die
Formel I die größere Wahrscheinlichkeit.
Ein zweiter Luteolinmethyläther wurde: von E. Von-
gerichten!) als Spaltungsprodukt eines, das Apiin der Petersilie
begleitenden Glykosids aufgefunden. Der Schmelzpunkt dieses,
in kleinen Nadeln krystallisierenden Aethers liegt bei: 250°, ' Das
Acetat schmilzt bei 195°. - Bei der Entmethylierung entsteht
Luteolin. ‘Durch Spaltung der Verbindung mit Kalilauge bei 220°
erhielt Vongerichten neben Phlorogluein ein Phenolketon
vom Schmelzpunkt 94—95°, dessen Natur, aus Mangel’ an Material,
nicht endgültig aufgeklärt werden konnte, das aber wahrscheinlich
Acetoisovanillon darstellt. Vongerichten nimmt daher für
dieses Methylluteolin die Formel
OH
Uptöfeocih
Hr ad ı aan: RS
|
ei
[4.4 00
OH
als wahrscheinlich an.
Der von uns, aus Hesperetin dargestellte Luteolinmono-
methyläther ist identisch mit der von Vongerichten auf-
gefundenen Verbindung. Da die Stellungen der Hydroxyle und
der Methoxylgruppe im Hesperetin bekannt sind, sind sie auch
in dem durch Ringschluß daraus entstehenden Oxyflavon fest-
gelegt. Durch den Uebergang von Hesperetin in Methylluteolin
ist die Richtigkeit der Tutin’schen Hesperetin-Formel erwiesen
und das Hesperetin in Zusammenhang mit den Farbstoffen der
y-Pyronreihe gebracht. Außerdem hat damit auch die von
Vongerichten für das Petersilien-Methylluteolin aufgestellte
Formel eine Bestätigung gefunden.
Das Resultat vorliegender Arbeit läßt es ferner als möglich
erscheinen, auch bei dem Hesperidin selbst ‚den Ringschluß zu
bewirken und auf diese Weise zu einem Oxyflavon-Glykosid zu
gelangen. Wir gedenken in dieser Richtung Versuche anzustellen.
Dem Hesperetin entsprechend aufgebaut sind, nach Tutin,
Eriodietyol und Homoeriodictyol aus Herba Santa. Wir sind im
Begriff die aufgestellten Formeln ebenfalls nachzuprüfen dadurch,
daß wir versuchen, auch hier den Ringschluß herbeizuführen.
Eriodietyol läßt dabei Luteolin erwarten und Homoeriodictyol
!) Ber. d. deutsch. chem. Gesellsch. 33 (1900), 2334.
0. A. Oesterle und R. Kueny: Hesperidin. 389
einen, mit‘ dem Petersilien-Methylluteolin nicht identischen Luteolin-
methyläther, der vielleicht mit Scoparin aus Spartium Scoparium
übereinstimmt.
Da es noch nicht festgestellt ist, ob die als Hesperidin be-
zeichneten Substanzen verschiedener Pflanzen untereinander
identisch sind, haben wir uns die Aufgabe gestellt, diese Körper
zu isolieren ünd zu vergleichen, sowie die Ueberführbarkeit der
daraus abgespaltenen Aglykone in Flavon-Derivate zu prüfen.
Eine ähnliche Konstitution wie das Hesperetin besitzt das
Phloretin, das Spaltungsprodukt des Phlorhizins. Nach neueren
Untersuchungen stellt es ebenfalls ein Keton vor, dessen Konstitution
durch die Formel
HO— on 08 ut \_oH
a Br 3
NUN CH;
| co
OH
ausgedrückt wird. ‚Auch hier scheint die Möglichkeit vorhanden
zu sein, zu einem y-Pyronderivat zu gelangen. Wir sind mit dies-
bezüglichen Versuchen beschäftigt.
Experimentelles.
Hesperetin.
Das zu unseren Versuchen verwendete Hesperetin wurde
zum Teil von Merck bezogen, zum größeren Teil wurde es von
uns durch Hydrolyse von Hesperidin darbesteltt). Die Spaltung
erfolgte nach den Angaben von Tiemann und Will durch
dreistündiges Erhitzen von 40 Teilen Glykosid mit 200—250 Teilen
einer alkoholisch-wässerigen 2%igen Schwefelsäure in Druck-
gefäßen auf 115—120°. Zur Reinigung wurde das ausgewaschene
1) Das Hesperidin wurde im Sommer 1914 im hiesigen Institut
von Herrn O0. Halse, Assistent am chemischen Laboratorium der
Universität Christiania aus Fret. Aurantii immaturi dargestellt. Ver-
anlaßt durch eins Notiz von Tunmann (Zeitsch. des allg, österr.
Apoth.-Vereins 1906, 421) wurde gleichzeitig auch aus Herba Hyssopi
der als Hesperidin bezeichnete Körper gewonnen. Nach Tunmann
(Pharmazeutische Zentralhalle 1915, 135) ist diese Verbindung identisch
mit’ Citrus-Hesperidin. Wir haben sie noch nicht näher untersucht,
zur Spaltung wurde nur Citrus-Hesperidin verwendet.
390 O. A. Oesterle und R. Kueny: Hesperidin.
rohe Hesperetin in Alkohol gelöst, die Lösung mit Bleiacetat ver-
setzt und das erwärmte, mit Essigsäure angesäuerte Filtrat mit
heißem Wasser gemischt. Bei genügendem Zusatz von Bleiacetat
erhält man das Hesperetin in einem zur weiteren Verarbeitung
ausreichenden Grad von Reinheit.
Ä Hesperetin-Acetat.
Zur Darstellung des Acetats erhitzt Tutin das Hesperetin
während drei Stunden mit einem beträchtlichen Ueberschuß von
Essigsäureanhydrid. Wir haben gleiche Teile Hesperetin und ent-
wässertes Natriumacetat mit der ungefähr vierfachen Menge Essig-
säureanhydrid während 4—5 Minuten zum Sieden erhitzt und
dadurch vollständige Acetylierung erreicht. Nach einmaliger
Krystallisation aus Alkohol schmilzt das Acetat bei 126—127°.
Tutin gibt für Tetraacetylhesperetin den Schmelzpunkt 127°.
Acetyl-Hesperetinbromid.
5 g Acetylhesperetin (1 Mol.) wurden in wenig Chloroform
unter Erwärmen gelöst und in die Lösung 1,6 g Brom (2 At.)
ebenfalls in Chloroform gelöst, unter Umschütteln in kleinen An-
teilen eingetragen. Beim freiwilligen Verdunsten der Lösung
hinterbleibt eine 'schmierige Masse, welche durch Verreiben mit
Petroläther fest wird. Bei den Versuchen, das Bromid zu krystalli-
sieren, konnten wir beobachten, daß sich dasselbe aus Essigäther
in kleinen, gelblichweißen Nadeln ausscheidet. Die Krystalle
waren in eine schmierige Masse eingebettet, die völlig zu ent:
fernen uns bis jetzt nicht geglückt ist. Wir haben daher das
Bromierungsprodukt ohne weitere Reinigung verarbeitet.
Trioxymethoxyflavon (Luteolinmonomethyläther).
Das aus 10 g Hesperetin-Acetat dargestellte rohe Bromid
wurde in Alkohol gelöst und die Lösung mit einer Mischung von
25 cem 50%;iger Kalilauge, 50 ccm Wasser und 25 ccm Alkohol
versetzt. Die Lösung nimmt dabei sofort tiefgelbrote Färbung
an. Wir haben das Reaktionsgemisch noch kurze Zeit, auf dem
Drahtnetz erhitzt und hierauf in Wasser gegossen. Durch Zusatz
von verdünnter Salzsäure scheidet sich ein gelbbrauner, flockiger
Niederschlag aus, der nach dem Auswaschen auf Ton getrocknet
wurde. Die alkoholische Lösung des Rohproduktes kann durch
0. A. Oesterle und R. Kueny: Hesperidin. 391
Zusatz von Petroläther von einem großen Teil der Verunreinigungen
befreit werden, die filtrierte Alkohol-Petrolätherlösung hinterläßt
nadelförmige Krystalle, welche aber noch sehr unrein sind. Durch
wiederholtes Lösen in Alkohol und Versetzen der Lösung mit
Petroläther wurden die Verunreinigungen möglichst vollständig ent-
fernt. Die völlige Reinigung wurde durch oftmaliges Krystallisieren
aus Alkohol bewirkt. Aus Alkohol krystallisiert die Verbindung in
kleinen, blaßgelben Nadeln, deren Schmelzpunkt anfänglich bei
248° lag. Durch wiederholtes Umkrystallisieren wurde der Schmelz-
punkt auf 253—254° gehoben (Vongerichten 250%. Die
alkoholische Lösung gibt mit Eisenchlorid eine dunkelbraune
Färbung. In konzentrierter Schwefelsäure löst sich die Verbindung
mit’ gelber Farbe, die Lösung zeigt schwache grüne Fluoreszenz.
8,035 mg gaben 18,860 mg CO, und 3,015 mg H,O.
8,995 mg gaben 21,080 mg CO, und 3,350 mg H,O.
Berechnet für C,,H,505: Gefunden:
C = 64,00 64,01 63,91%
H = 4,00 4,16 4,13%
Acetyl-Trioxymethoxyflavon (Luteolinmonomethyläther-Acetat).
Zur Darstellung des Acetats gingen wir vom rohen Trioxy-
methoxyflavon aus. Die Acetylierung wurde durch kurzes Kochen
mit Essigsäureanhydrid und entwässertem Natriumacetat bewirkt.
Das rohe Acetat löst sich leicht in Benzol, aus der konzentrierten
Lösung scheiden sich Krystalle aus, die noch dunkel gefärbt sind.
Die harzartigen Verunreinigungen lassen sich zum größten Teil
entfernen, wenn man die Lösung in Benzol mit Petroläther ver-
setzt. Der Zusatz muß vorsichtig erfolgen, da durch Petroläther
auch das Acetat ausgeschieden wird. Am besten setzt man den
Petroläther tropfenweise unter kräftigem Umschütteln zu, die
harzartigen Beimengungen, die etwas Acetat einschließen, bleiben
dabei an der Gefäßwandung haften und aus der abgegossenen
Flüssigkeit scheidet sich das Acetat allmählich aus. Durch weitere
Zugabe von Petroläther kann die Ausscheidung beschleunigt werden.
Dem Acetat haftet eine gelbe Verunreinigung hartnäckig an. Auch
durch sehr häufiges Umkrystallisieren aus Alkohol konnten wir
die Verbindung nicht völlig farblos, sondern nur in Form von
gelblich weißen Nadeln erhalten. Schmelzpunkt 192—193°.
(Vongerichten: Farblose Nadeln, Schmelzpunkt 195°.)
0,0610 g gaben 0,1390 g CO, und 0,0247 g H,O.
9,010 mg gaben 20,550 mg CO, und 3,670 mg H,O.
392 O. A. Oesterle und R. Kueny: Hesperidin.
Berechnet für 0, ,H,0,(0,H,0);: Gefunden:
C = 61,97 62,14 62,20%
H= 42 4,49 4,52%
Luteolin.
Die Verseifung und Entalkylierung des Acetylluteolinmono-
methyläthers wurde durch einstündiges Erhitzen mit einem Gemisch
gleicher Raumteile Jodwasserstoffsäure (1,96) und. Eisessig‘ vor-
genommen. Das Reaktionsgemisch wird durch Natriumbisulfit
entfärbt und die Lösung in wenig Alkohol mit viel'heißem Wasser
versetzt. Beim Erkalten krystallisieren blaßgelbe Nadeln aus, welche
zur völligen Reinigung in das Acetat übergeführt wurden. « Die
Verseifung des Luteolinacetats wurde durch kurzes Kochen mit
Jodwasserstoffsäure (1,96) bewirkt. ‚ Nach der Entfärbung mit
Natriumbisulfit haben wir das Verseifungsprodukt nach dem oben
erwähnten Verfahren als blaßgelbe, seideglänzende Nadeln erhalten.
Die Verbindung ist sublimierbar, sie schmilzt unter Zersetzung
zwischen 323—330° (Vongerichten 326-328% Kosta-
necki 328-329,5%. Beim Erhitzen auf 150° erfährt die luft-
trockene Verbindung einen Gewichtsverlust.
0,0513 g ergaben einen Gewichtsverlust von 0,00305 g-
Berechnet für C,,H,.0, + H,O: Gefunden:
H,O = 5,92 5,94%
Durch konzentrierte Schwefelsäure, werden, die Krystalle
intensiv gelb gefärbt, die Lösung in Schwefelsäure ist grüngelb.
Die alkoholische Lösung. gibt mit verdünnter Eisenchloridlösung
eine Grünfärbung. In der angesäuerten alkoholischen Lösung
erzeugt Natriumamalgam eine purpurrote Farbe. Rote Farbstoffe
sind schon öfters bei der Reduktion von y-Pyronderivaten erhalten
worden und man hat versucht, diese Farbstoffe mit den Blüten-
pigmenten in Beziehung zu bringen. Nach Willstätter‘),
der die gefärbten Reduktionsprodukte einiger Flavonderivate
ebenfalls untersucht hat, scheinen jedoch diese Farbstoffe nicht
Pyryliumverbindungen, wie die Anthocyane zu sein, bei deren
Entstehung _ die Reduktion am Carbonyl angreifen müßte.
Willstätter hältes für wahrscheinlicher, daß bei der Bildung
der gefärbten Reduktionsprodukte der Pyronring aufgespalten
wird. Für diese Anschauung spricht, daß auch Hesperetin unter
denselben Bedingungen die gleiche Färbung liefert wie Luteolin.
!) Annalen 408 (1915), 27.
F. Lehmann und Ph: Palm: Chinarinde. 393
Acetyl-Luteolin.
Das Acetat wurde durch kurzes Kochen des Luteolins mit
Essigsäureanhydrid und entwässertem Natriumacetat dargestellt.
Es ist ziemlich schwer löslich in Alkohol und krystallisiert aus
diesem Lösungsmittel in langen, schönen, seideglänzenden, weißen
Nadeln, welche "bei 221° schmelzen (Vongerichten 220° bis
222%, Perkin 213—215°, Herzig 221—225°%, Kostanecki
222— 224°).
Aus dem pharmazeutisch-chemischen Universitätsinstitut
Königsberg.
Zur Gehaltsbestimmung von Chinarinde.
Von F. Lehmann und Ph. Palm.
(Eingegangen den 22. VII. 1915.)
Die Laboratoriumspraxis lehrt, daß die Gehaltsbestimmung
von Chinarinden immer noch weiterer Klärung bedürftig ist. Wir
sind daher auf Veranlassung von Herrn Professor Rupp schon
vor längerer Zeit in entsprechende Untersuchungen eingetreten.
Da diese durch Kriegsdienst des einen von uns unterbrochen wurden
und jüngst von anderen Autoren!) mehrfache Mitteilungen zur
selben Sache erschienen, soll über unsere bislang gemachten Er-
mittelungen und deren weiteres Ziel kurz berichtet werden.
Die Arzneibuchmethode zur Wertbestimmung der Chinarinde
beruht auf folgendem Prinzip: Das Rindenpulver wird zur Extraktion
der Alkaloide drei Stunden lang mit Chloroform, Aether und Lauge _
mazeriert.. Ein aliquoter Filtratteil der Chloroformätherlösung wird
zur Reinigung der Alkaloide mit 1%iger Salzsäure, die salzsaure
Flüssigkeit dann nochmals mit Chloroform und Sodalösung und
endlich die Chloroformlösung mit ?/,„-N.-Salzsäure ausgeschüttelt.
Der Säureüberschuß wird. mit 1/,-N.-Lauge unter Anwendung
von Hämatoxylinlösung zurückgemessen.
ı) Riehter, Apotheker-Zeitung 1915, 254. Frerichs und
Mannheim, dieses, Archiv 1915, 117. „Fromme, Apotheker-
Zeitung 1915,8 352.
394 F. Lehmann und Ph. Palm: Chinarinde.
Der bedeutsamste Aenderungsvorschlag hierzu stammt von
G. Frommet). Nach diesem wird das Rindenpulver zunächst
mit stark verdünnter Salzsäure durch 10 Minuten langes Erhitzen
im Wasserbade aufgeschlossen und dann erst, nach völligem Er-
kalten, mit der 30 fachen Menge Chloroformäther und Lauge aus-
geschüttelt. Ein aliquoter Filtratteil wird auf ‘dem Wasserbade
abgedampft, der Rohalkaloidrückstand in Alkohol gelöst und direkt
mit !/,o-N.-Säure und Hämatoxylin titriert. Nur zur gravimetrischen
Bestimmung wird das Alkaloidgemisch zwecks Reinigung einer.
weiteren Ausschüttelung unterworfen.
Fromme’s Verfahren spart Zeit und Material. Das
sind praktische Vorzüge, um derentwillen sich die Methode
großer Beliebtheit erfreut. Das prinzipielle Bedenken
Fromme’s gegen das Arzneibuchverfahren, daß eine vollständige
Alkaloiderschöpfung der Droge mit: Chloroformäther: nur nach
einer Säurebehandlung, nicht aber direkt aus alkalischer Mischung
erzielbar sei, ist jedoch unhaltbar.. Es kann-als ausgemacht be-
trachtet werden, daß das Arzneibuchverfahren mit dem From me-
schen Verfahren übereinstimmende: Resultate ergibt. Allerdings
bedürfen sehr alkaloidreiche Rinden einer reichlicheren Bemessung
der Aetherchloroformmenge; das berührt aber den Kern der Sache
nicht. Selbst neutrale Menstruen vermögen eine quantitative
Alkaloidextraktion herbeizuführen, wie das spirituöse Fluidextrakt
(1=]) lehrt. Herzog?) erhielt aus einer 5,64% igen Rinde ein
5,61 %iges Extrakt.
Nichtsdestoweniger prüften wir aber auch noch experimentell
Fromme’s Annahme?), daß ‚ohne .Aufschluß des Rindenpulvers
durch Erhitzen mit verdünnter Säure ein Teil der Alkaloide, und
zwar mit steigendem Alkaloidgehalt in steigender Menge, in der
Rinde stecken bleibt.‘
Damit verbinden ließ sich eine Klärung der dem Fromme-
schen Verfahren wie der Arzneibuchmethode anhängenden Schwäche,
d. i. die Nichtübereinstimmung zwischen titrimetrischem und
sravimetrischem Alkaloidbefund bei nur einmaliger Aus-
schüttelung®). |
1) Jahresbericht von Caesar & Loretz 1911ff.
2) Berichte der Pharmazeutischen' Gesellschaft 1910, 346.
3) Jahresbericht von Caesar & Loretz 1912, 29.
*) Nach unseren zahlreichen Versuchen beträgt derselbe 0,25
bis 0,4%. Unseres Erachtens ist die Differenz zu groß, als daß sie
gemeinhin auf das Konto ‚Verunreinigungen‘ gesetzt werden könnte.
F. Lehmann und Ph. Palm: Chinarinde. 395
Um den Einfluß der Temperatur und der Säure auf den
Extraktionsverlauf kennen zu lernen, führten wir folgende Versuche
aus, die, abgesehen von den mitgeteilten Abänderungen, in ganz
gleicher Weise nach Fromme bzw. dem Arzneibuch angestellt
wurden.
a) Rinde + Säure 10 Minuten im Wasserbade erhitzt:
7,8—7,9% Alkaloid.
b) Rinde + Säure kräftig geschüttelt, 15 Minuten kalt
\ stehen gelassen: 7,3—7,9%, Alkaloid.
Rinde + Säure kräftig geschüttelt, 24 Stunden kalt
stehen gelassen: 7,8—7,9% Alkaloid.
ec) Rinde + Chloroformäther + Lauge 3 Stunden kalt stehen
gelassen: 7,75—7,9%, Alkaloid.
d) Rinde + Chloroformäther + Lauge 10 Minuten auf dem
Wasserbade erwärmt; nach dem Erkalten bis zum
alten Gewicht Chloroformäther ergänzt, kräftig ge-
schüttelt, 10 Minuten stehen gelassen: 7,75—7,9%
Alkaloid.
In die Augen springende Unterschiede sind nicht zu ver-
zeichnen. Jedenfalls sind die Resultate nach der Originalmethode
von Fromme und dem Arzneibuch praktisch übereinstimmend.
In einer weiteren Versuchsreihe wurde daher der salzsaure Rinden-
auszug nicht, wie Fromme es tut, mit der Rinde, sondern nach
Entfernung dieser alkalisiertt und durch Chloroformäther aus-
geschüttelt. So mußte sich zeigen, ob die Salzsäure überhaupt
sämtliche Alkaloide aus der Rinde als salzsaure Salze herauszulösen
vermag oderobnichtetwaerstdurchden Chloro-
formäther in alkalischer Mischung voll-
ständige Extraktion bewirkt wird.
I. 2,5 g Rindenpulver wurden mit 5 g Salzsäure und 45 g
Wasser im Wasserbade 10 Minuten lang erhitzt. Nach dem
Erkalten wurde filtriert und in einem aliquoten Filtratteil
der Alkaloidgehalt in der üblichen Weise ermittelt. Es
wurden gefunden 6,35%, also etwa 1,5%, weniger als den
vorigen Werten entsprach.
II. Der Versuch wurde mit der Aenderung wiederholt, daß
nach dem Erhitzen der Rinde mit Salzsäure heiß filtriert
und der Rückstand noch etwa zehnmal mit heißer 1%iger
Salzsäure nachgewaschen wurde. Es resultierten hierbei
6,5% Alkaloide als Erstextrakt, 7,5%, einschließlich der
Nachwaschungen. In der Kälte war ein derart hohes
396 F. Lehmann und Ph. Palm: ' Chinarinde.
Resultat bei verschiedenen Versuchsanordnungen nicht zu
erzielen, wie folgende Zusammenstellung zeigt:
Gefunden _ BR:
: 2 j romme
. Rinde + Säure ar En:
Ill. 24 Stdn. unter häufigem Schütteln
stehen gelassen . . . . (©. 5,9-—6,0% 7,5—7,9%
IV. 1 Stunde in der Schüttelmaschine |
gesehüttelt LA. OR ae 6,0% 1,5—1,9%
V. 1 8tunde unter häufigemSchütteln
stehen gelassen .. . ... 6,06 05Y%. 7,8—7,9%
VI. 2 Min. kräftig geschüttelt, dann
15 Min. stehen gelassen . . . . 6,0-6,05% 7,8-—7,9%
Aus diesen Versuchen erhellt: .
1. In der Wärme wird durch Salzsäure aus der Chinarinde
eine größere Alkaloidmenge extrahiert als in der Kälte, bei
mehrfachem Auskochen annähernd ebensoviel als der
Gehaltsbestimmung nach dem Arzneibuch oder * romme
entspricht.
2. Beim Erkalten der salzsauren Lösung wird ein Teil der
Alkaloide wieder ausgeschieden.
3. Die durch kalte Salzsäure extrahierte Aukatotätierieg bleibt
auch bei verschiedenen Versuchsanordnungen konstant, ist
aber um etwa 2%, niedriger als die nach Fromme
erhaltene.
Also, gerade Salzsäure vermag kai und
gar keine quantitative Extraktion (im Sinne
Fromme’s) herbeizuführen. Ausschlaggebend
dafür ist vielmehr das organische Lösungs-
mittel Aether-Chloroform bzw. Alkohol'beim
spirituösen Fluidextraktin alkalischer oder
neutraler Lösung!).
Welches ist nun der Stoff, der durch Sladihıre, kaum oder
doch nur außerordentlich schwer auslösbar ist? - Hierüber möchten
wir auf Grund des vorliegenden: Versuchsmaterials zunächst nur
Vermutungen anstellen.
Die bei der Gehaltsbestimmung von Chinarinden 'nach dem
Arzneibuch und Fromme gewonnenen „Rohalkaloid‘- Rückstände
sind gelb bis bräunlich gefärbt und teilweise ‚amorph -harzig.
ı)ı Fromme extrahiert wohl mit heißer VELEBIBEN läßt aber
vor der Weiterbehandlung‘ erkalten. | HR)
F. Lehmann und Ph. Palm: Chinarinde. 397
Dasselbe Aussehen hat der aus mehrfacher Heißextraktion mit
Salzsäure gewonnene Alkaloidrückstand von Versuch II. ‘Dagegen
ist das aus kalter Salzsäure-Extraktion resultierende Rohalkaloid
krystallin und fast rein weiß. Da nun die Chinarinden außer den
krystallisierbaren Alkaloiden auch amorphe Basen enthalten, die
die wesentlichen Bestandteile des aus den letzten Mutterlaugen der
Chininfabriken abgeschiedenen Chinioidins bilden, so liegt es nahe
anzunehmen, daß durch die Salzsäure-Kaltbehandlung die
krystallinen Basen ausgelöst werden, während die bei Weiter-
behandlung der Rinde mit alkalischer Aether-Chloroformmischung
resultierende und durch die weitere Reinigung hindurchgehende
Mehrsubstanz den amorph-alkaloiden Inhaltsstoffen der Rinde
zugehört. Damit ‚klärt sich dann auch die Diskrepanz zwischen
den Resultaten der gravimetrischen und titrimetrischen Gehalts-
bestimmung auf. Das Arzneibuch bezieht letztere auf das mittlere
Molekulargewicht der krystallisierten Basen. Die Molekulargröße
und Säureaffinität der amorph-basischen Chinastoffe sind un-
bekannte Größen.
Wenn diese Schlüsse zutreffend sind, so mußte diese Differenz
bei einem Verfahren, das nur die in verdünnter Salzsäure löslichen
Alkaloide bestimmte, verschwinden oder doch kleiner werden. Ein
solches Verfahren haben wir ausgearbeitet als
Bestimmung der säurelöslichen (krystallinen) Chinaalkaloide.
3 g Chinarindenpulver werden in einem 100-g-Fläschehen mit
60 g 1%iger Salzsäure 2 Minuten kräftig geschüttelt und 15 Minuten
lang unter öfterem Schütteln stehen gelassen. Darauf
filtriert man
50 g durch ein mit einem Uhrglase bedecktes Filter in eine 200-g-
Flasche, gibt
25 g Chloroform und
50 g Aether zu, schüttelt durch, alkalisiert mit
10 g offizineller Natronlauge, schüttelt 2 Minuten kräftig durch und
läßt öfters schüttelnd 10 Minuten lang stehen.
Sodann stellt man die Flasche auf den Kopf, läßt die
alkalisch-wässerige Flüssigkeit bis auf
2—3 ccm abfließen, fügt
0,5—1g Traganth zu, schüttelt bis zur Ballung und gießt durch
wenig Watte
40 g der Chloroformätherlösung (=2 g Rinde) in ein gewogenes
Kölbehen ab. Darauf destilliert man das Lösungsmittel
398 F. Lehmann und Ph. Palm: Chinarinde.
auf dem Wasserbade ab, nimmt den Rückstand mit 5 ccm
Alkohol!) auf und verdampft diesen. Nunmehr trocknet
man 10-15 Minuten .auf dem Wasserbade nach, läßt im
Exsikkator erkalten und wiegt.
Wägerückstand x 50 = Prozentgehalt der Rinde.
Zur maßanalytischen Bestimmung löst man den Alkaloid-
rückstand durch gelindes Erwärmen in 10 cem Alkohol, fügt 10 ccm
U, 0-N.-Salzsäure, 50 cem Wasser und 3 Tropfen Methylrot (0,2=100)?)
hinzu und titriert den Säureüberschuß mit !/,„-N.-Lauge zurück.
l cem Y/,o-N.-HCl = 0,0309 g Alkaloid.
Gefundene Alkaloidmenge x 50 = Prozentgehalt der Rinde.
Der so ermittelte Alkaloidbefund von vier verschiedenen
Rinden war im Vergleich zum Befunde nach den Verfahren des
Arzneibuches und Fromme’s folgender:
Alkaloidgehalt
Rinde nach D. A.-B. nach dem abgeänderten Verfahren
und Fromme titrimetrisch gravimetrisch
ich. 7,8—8% 6,0—6,1% 6,2—6,25%
NE, 6,95% 5,4—5,5% 5,5—5,65%
TIE ‚eis 741% 5,4—5,5% 5,5—5,75%
IV 23434 11,18% 7,1% _
Man sieht: die Spanne zwischen titrimetrischem und gravi-
metrischem Ergebnis ist bei unserem Verfahren nur noch..eine
geringe).
ı) Fromme läßt mit Aether aufnehmen. Durch Alkohol
werden die letzten Chloroformspuren leichter verarängt. Dieselbe Er-
fahrung machten Frerichs und Mannheim (l. c.).
2) Ob Methylrot oder Hämatoxylinlösung, bleibe dem Ge-
schmacke des einzelnen überlassen. Jedenfalls erfordert die sichere
Führung der Titration mit Hämatoxylin eine Reihe von Kautelen.
Pharm. Nederland. 4. II. ist zu Methylrot übergegangen.
3) Der verbleibende Unterschied mag der Berechnungsweise auf
das durchschnittliche Molekulargewicht 309 entstammen. Es sei jedoch
an Hand einiger Versuche mit reinem Chinin und Cinchonin darauf
hingewiesen, daß die letzten Aether-Chloroformreste dem Alkaloid-
rückstand äußerst hartnäckig anhaften. Die besten Resultate. gibt
eine Nachdunstung mit Alkohol. Läßt man eine solche Lösung langsam
an der Sonne verdunsten, so findet eine weitergehende Zersetzung des
Chinins statt. Es resultiert eine harzige braune Masse, das Gewicht
steigt erheblich, die Titration gibt zu niedrige Werte.” Einige wenige
Versuche sollen diese Verhältnisse veranschaulichen:
ec Ve
F. Lehmann und Ph. Palm: Chinarinde. 399
Ueberraschend und bezeichnend ist, wie stark in alkaloid-
reicher Rinde der säureunlösliche Anteil zunimmt.
Ein getreues, sozusagen ins Große übertragenes Abbild unserer
Versuchsreihen sind die China-Extraktpräparate. Es ist eine wohl-
bekannte, aber keineswegs geklärte Tatsache, daß Chinafluid-
extrakte (1 = 1) je nach Darstellungsweise einen weit geringeren
bestimmungsmäßigen Alkaloidgehalt aufweisen als die verwendeten
Rinden. Madsen!) schreibt geradezu: ‚Chinarindensorten mit
hohem Alkaloidgehalt veranlassen nicht eine Erhöhung des Alkaloid-
gehalts eines Präparates“. Unser Arzneibuch fordert bei Rinde
6,5% Alkaloid, bei Fluidextrakt 3,5% Alkaloid minimal. Das
schweizerische Arzneibuch fordert von derselben 6,5%igen Rinde
ein Fluidextrakt mit 6% Alkaloid minimal.
Das schweizerische Präparat ist nach Zusammensetzung der
Perkolationsflüssigkeit ein verdünnt alkoholisches Extrakt, in das
sowohl die durch Säure als auch die nur durch Aether-Chloroform
extrahierbaren alkaloiden Stoffe übergehen können, welche nach
den Bestimmungsverfahren von D.A.-B.-Fromme ermittelt
werden?). Die bestimmungsmäßigen Alkaloidbefunde in Rinde
und Extrakt können sich somit decken (cfr. Herzogl.ce.). Das
deutsche Präparat ist ein salzsauer-wässeriges Extrakt und
kann demgemäß (auch nach den Bestimmungsverfahren von
Chinin Aus Chloroform Rückstand Titration Behandlung des
g abgedunstet g g Rückstandes
0,169 auf Wasserbad 0,181 0,172 —
0,176 „ 0,187 0,180 _
0,169 7 0,174 0,169 mit Alkohol abgedunstet
0,166 4 0,176 0,168 mit Aether abgedunstet
0,161 in der Sonne 0,224 0,123 —
aus Aetherlösung in der
0,172 Sonne abgedunstet 0,217 0,156 =
Aehnlich verhält sich das Cinchonin.
!) Apotheker-Zeitung 1912, 603.
®) Die Bedeutung des organischen Lösungsmittels bleibt
Fromme hinsichtlich des Alkohols nicht unbewußt. Er verpönt
durchaus das Hineinbringen von Alkohol in den Untersuchungsgang
und fordert zur Bestimmung alkoholischer Chinapräparate die Ent-
geistung, da der Alkohol ‚indifferente, oft färbende Substanzen auf-
löst, die mit durch die Analyse hindurchgeschleppt werden und sich
bei der Wägung oder Titration am Ende störend bemerkbar machen“.
(Apotheker-Zeitung 1913, 444.) Fromme bezeichnet die betreffenden
Stotfe zwar als ‚indifferent‘. Das können sie jedoch aber wohl nur
sehr bedingt sein, wenn die Titration gestört wird.
ee Wh
400 F. Lehmann und Ph. Palm: Onihhriikde:
D. A.-B.-Fromme) keinen größeren Alkaloidgehalt äufweisen,
als unserer ‚Bestimmungsweise der (krystallinen)
Chinaalkaloide‘“ entspricht.
Unsere Anschauung geht vorläufig also dahin: Sauer-wässerige
Chinaextrakte enthalten nur oder so gut wie nur krystalline Alkaloide.
Alkoholische Extrakte enthalten die krystallinen und amorphe
alkaloide Inhaltsstoffe der Rindet). Dies soll die ‚‚Arbeitshypothese“
unserer weiteren Untersuchungen sein.
Es wird sich dann zeigen müssen, ob die offiziellen Methoden
der Gehaltsbestimmung von Chinarinde, welche doch wohl nur
eine Ermittelung der krystallisierten Alkaloide beabsichtigen, einer
Korrektur bedürftig sind und ob nicht vielleicht die von den
Pharmakopöen des letzten Jahrzehnts verfügte Hinaufsetzung des
Alkaloid-Mindestgehalts der Chinarinde weniger eine Folge von
Fortschritten in der Cinchonakultur, als der geänderten Be-
stimmungsverfahren ist.
Zweifelos kommt den gekennzeichneten Dingen eine große
Bedeutung in der Chinaalkaloidfabrikation zu. Um so bedauerlicher
ist, daß — vielleicht gerade deshalb — die Chininfabriken ihre
Erfahrungen und Methoden streng diskret behandeln. Bezeichnend
ist, daß sogar die analytischen Verfahren, nach denen die Bewertung
der „Fabrikrinden‘ erfolgt, geheimgehalten werden?).
!) Zu denken gibt in diesem Zusammenhang auch eine Mitteilung
von H. Dichgans, nach der in einem Beanstandungsfalle keine
Einigung zu erzielen war, ob ein Extrakt 2,65 oder 4,2 oder nach 'Gut-
achten eines holländischen Chinachemikers gar 8,94% Alkaloid ent-
hielt (Apotheker-Zeitung 1912, 193).
®?) Caesar & Loretz, Jahresbericht 1913, 26.
Be
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EN Der Nachtrag enthält:
Ku 1. Alle Änderungen der Arzneimittelpreise, welche durch
zweiten amtlichen Nachtrag zur Deutschen Arzneitaxe 1914
geschrieben sind. |
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\ - vom
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unter Redaktion von
E. Sehmidt una H. Beckurts.
Band 253. Heft 6.
BERLIN.
Selbstverlag des Deutschen Apotheker -Vereins.
E; ee | 1915.
Ausgegeben den 11. Dezember 1915.
ä
INHALT.
E. Rupp und A. Hölzie, Ueber den End ing
Bittermandelwasser-Zubereitungen . . ..... \
Dieselben, Ueber die Einwirkung von Alkali- und Erd "Alan SEE
cyaniden auf Zuckerarten . . RT. 404
A. Heiduschka und H. W. Gloth,. Beitrag zur Kenntnis des £
Sitosterins und des Stigmasterns .. .. » vn... mar lb
L. Vanino und F. Herzer, Das Benzoperoxyd . ö 426
J. Herzog, Kurze Notiz zur Gehaltsbestimmung "organischer
Silberpräparate . . 441
E. Rupp und F. Lehmann, “Ueber ein neues Verfahren der Jod-
bestimmung in organischen Präparaten . 443
K. Feist, Zur Bestimmung von Oxychlorid und freier Salzsäure
in Ferrichloridlösungen ; 451
W. Küster, Ueber den Chemismus der Bildung des Gallenfarb- {
stoffs aus der eisenhaltigen Componente des Blutfarbstoffs 457
Eingegangene Beiträge.
6. Frerichs, Beiträge zur Kenntnis der Fetthärtung durch kätalytische
Anlagerung von Wasserstoff.
E: Schmidt, Ueber stickstoffhaltige Abkömmlinge der Pimelinsäure.
L. Vanino, Zur Geschichte der sympathetischen Tinten.
Derselbe und Fr. Mußgung, Ueber acetylsalicylsaures Wismut.
R. Boehm, Ueber Krotonharz.
E. Wende, Zur Vereinfachung der exakten Fettsäure-Bestimmung in
Sapo kalinus.
(Geschlossen den 5. XII. 1915.)
sb sl sl ol le sl shake sk se eshece lasashese ss leslale lade da slasde laseulasesdeslasheoleckeslaceslach”
Diese Zeitschrift erscheint in zwanglosen Heften (In der Regel
monatlich einmal) In einem jährlichen Umfange von 40 bis
50;Bogen. Ladenpreis für den Jahrgang Mk. I2,—.
“Alle Beiträge für das „Archiv“ sind an die,
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Herrn Geh. Reg.-Rat Professor Dr. E. Schmidt in Marburg Nine
oder Herrn Geh. Med.-Rat Professor Dr. H. Beckurts in Braunsch
alle die Anzeigen u. s. w., überhaupt die Archiv. Vorweltungie ken
den Wohnungswechsel betreffenden Mitteilungen an den {
Deutschen Apotheker-Verein”
Berlin NW 87, Levetzowstr. 16b'
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ee ee IT
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ij, Seite zum Preise von M 50.—; !/, Seite zum Preise von M'80.-; !/, Seite zum
Preise von’M 20.—;}!/), Seite” zum Preise von M 10—. Die Grundschrift ist Petit.
Beilage-Gebühr für das Tausend der Auflage — 58007— M 10.—.” Für Beilagen, welche
nicht dem Format des „Archiv“ entsprechen, bleibt besondere Vereinbarung vorbehalten.
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Sa shalesbadedechdedasdesleasleceukeslkesleaklslde lach“
IV
|
.
mmaAmnN AL |;
E. Rupp und A. Hölzle: Cyanschwund. 401
Aus dem pharmazeutisch-chemischen Universitätsinstitut
Königsberg.
Ueber den Cyanschwund in 'gezuckerten Bitter-
mandelwasser-Zubereitungen.
Von E. Rupp und A. Hölzle.
"(Eingegangen den 24. VII. 1915.)
Im ‚Archiv der Pharmazie‘‘!) berichteten wir über die experi-
mentelle Klärung der unter intensiver Ammoniakentwickelung ver-
laufenden Einwirkung. von Kaliumeyanid ‚und. Baryumcyanid. auf
Dextroselösung.
Es konnte gezeigt. werden, daß der Vorgang gleich der Ein-
wirkung von, freier Blausäure auf Dextrose nach Kiliani und
E. Fischer durch eine Nitrilierung der Aldose eingeleitet wird.
Hier angelangt, kommt die Reaktion jedoch nicht zum Stillstand,
sondern schreitet infolge Hydrolyse und Alkaliwirkung über das
Ammonsalz bis zum Kalium- bzw. Baryumsalz der Glykohepton-
säure weiter. Durch Zerlegung des Baryumsalzes mit verdünnter
Schwefelsäure gelangt man so auf überaus einfachem Wege zur
&-Glykoheptonsäure bzw. deren Anhydrid.
In gleicher Weise wurden andere Zuckerärten der Einwirkung
von Alkali- und Erdalkalicyanid unterworfen. Es ergab sich, daß
alle reduzierenden Zucker ähnlich der Dextrose reagieren. Hierüber
wird später berichtet werden.
Praktisch-pharmazeutisch interessierend erschien uns in diesem
Zusammenhange das Verhalten von Bittermandelwasser in gesüßten
Arzneimisehungen. Erleidet in solchen‘ der: Cyanwasserstoffgehalt
einen Rückgang, oder ist der Cyankomplex im Bittermandelwasser
durch seine Bindung als a ee
CK L HON =.CH..
| CN
gegen die Einwirkung saccharider Karbonylgruppen gefeit ?
Zur Entscheidung, dieser Frage wurden mixturähnliche ver-
dünnte Lösungen von Aqua Amygdalarum amararum und Sirupus
1) Bd. 251, 553:
Arch. d. Pharm. CCLIII. Bds. 6. Heft. 26
402 E., Rupp und A. Hölzle:, Cyanschwund.
simplex, Sirupus Cerasorum, Sirupus Rubi Idaei sowie Invert-
zuckersaft bereitet. Nach verschieden bemessenen Zeitfristen wurde
der Oyanwasserstoff durch Destillation isoliert und nach dem Ver-
fahren des Arznieibuches mit RR. von Jodkalium als Indikator
argentometrisch bestimmt.
In entsprechenden en waren die Bedingungen für
eine) quantitative, Verflüchtigung des Cyanwasserstoffs aus Bitter-
mandelwasser dahin festgestellt- worden, daß_ die betreffenden
Lösungen vor der Destillation leicht natronalkalisch und etliche
Minuten hinterher weinsauer. zu machen ‚sind. Hierauf wird bei
guter Kühlung mit eintauchendem Vorstoß in etwas Wasser über-
destilliert. Die Alkalivorbehandlung bewirkt eine Spaltung des
Benzaldehydeyanhydrins. Ohne eine solche gehen nur r 70—75%
des Cyanwasserstoffs flüchtig.
Das zu nachstehenden Versuchsreihen verwendete Bitter-
mandelwasser enthielt 0,102%, Cyanwasserstoff. 50 ccm der jeweils
zu bestimmenden Mixtur wurden mit 100 cem Wasser verdünnt
und davon 50 cem Destillat aufgefangen. Die Titrationsergebnisse
sind direkt auf Prozente des ursprünglich vorhandenen Cyan-
wasserstoffs berechnet.
I. Sirup. simpl. 50g, Aq. Amygd. amar. 20g, Ag. destill.
ad 300 cem:
Nach 1 Tage 5,85 com. Ag/, = 95% ER
»:..2 Iagen 5,8; , „= 94%
erw ER) 5,8 ER) ” = 9402 „
„1 Woche 5,755 , „ee RR
» 2 Wochen 5,3 ».=,86%
3 » 4,5 >> ade. u = 73%
LI. Fr Cerasor. 50 g, Aq. Amygd. amar. 20 g, Ag. destill.
ad 300 eem:
Nach 1 Tage 4,1 cem Ag/,o0 = 66,5% HEN
„ 2 Tagen 3,8 » „= 61,5%, »
E2) 4 E2} 2,9 ”» >” er 47% ”
„ ad fWoche: 39.5911 Joe ad
RT" PEnHheR 2,61: »., = 42%»
R; — 42%
4 6
III. Sirup. Rub. "Idaei 50 8, Ag. "Amygd. amar. 20: .g, Ag. destill:
ad 300 cem:
Nach 1 Tage 4,5 ccm Ag), = 73%, HON
„2 Tasen 4,1 „ » = 66,5 % er
” 3 E} 4, 1 E22) > Fe 66, 59 /o er)
„» IuWoche '' 3,35 ;,, ih 54,50, £
1.2 Wachen 3,2. ,,, Pe
3 4 3,0 ui = 48,5%
IV. Invertzuckersaft 50 g, Ag. Amygd. amar. 20 8 Aa; destill.
ad 300 ecm:
Nach 1 Tage 4,2 ccm As/,o —= 67,3% HCN
„2! Tagen 3,7, > EIG 2
„ 4 ” 3,0 ” „ r 49% ”
>12. Woche, 425% =
5 Er} Ex} 45% „>
WU \ I sis
E. Rupp und A..Hölzle: Oyanschwund. | 40:
Wie man sieht, vermindert sich der Cyangehalt in der Invert-
zuckerlösung binnen Tagesfrist um etwa ein Drittel, und ist nach
einer, Woche,auf,die Hälfte abgefallen,, Ganz ebenso yerhielten sich
die fruchtsafthaltigen Mischungen, was nicht überraschen kann, da
in diesen Sirupen der Rohrzucker durch die Fruchtsäuren mehr
APR „weniger, inyertiert ist... BE
"In konzentrierteren I würde das Bild ee
weise ein noch ungünstigeres sein, ’deni nach unseren Messungen
an Dextrose-Kaliumceyanidlösungen steigt der prozentische Cyan-
schwund mit der Konzentration.
In der Rohr- ‚bzw. Rübenzuckerlösung' ging der Cyangehalt
binnen Wochenfrist um einen praktisch nur bedeutungslosen Betrag
zurück. Nach mehreren Wochen ist der Verlust aber doch recht
merkbar. ''Gegen solche‘ Zubereitungen läßt sich also nicht allzu
viel einwenden, insoweit es sich um ex tempore bereitete und zu ver-
brauchende‘ Arzneien handelt.
Der Struktur des Saccharosemoleküls gemäß sollte 'man
erwarten, daß der Rohrzucker den Cyankomplex intakt läßt. “In
der Tat ist in’konzentrierten Lösungen von Cyankalium und reinster,
mehrfach umkrystallisierter Saecharose auch "keine Ammoniak-
entwickelung festzustellen. Zu oben verwendetem Sirupus’simplex
benutzten, wir 'aber, der Praxis entsprechend, natürlich ‘nur die
Raffinade des Handels. Es sind also wohl deren Verunreinigungen
bzw. Spuren vorhandenen oder allmählich’ sich bildenden Invert-
zuckers, die den Cyanschwund verursachen.
Nicht versäumt wurden Blindproben 'mit einer zuckerfreien
Bittermandelwasser-Verdünnung 20 = 300. | 50 ecm dieser Lösung
erforderten naeh’ einer Stehdauer von
1 Stunde 6,3 cem "/,00.Ag = 100% HCN
1 Woche 6,3 ,, L, AMY
2 Wochen 6,3, „ “= = 100% =
3 ”„ 6.3 „ „> nr 100% Er
Wie man sieht, ist die Cyanfestigkeit in zuckerfreier Lösung
eine weit größere, sogar überraschend groß. In benzaldehydfreier
Lösung würde wohl kaum eine solche Titerfestigkeit zu verzeichnen
sein. Die Schutzwirkung des Benzaldehyds auf hochverdünnte
Cyanwasserstofflösungen scheint uns hiernach unverkennbar. Sie
versagt jedoch bei Gegenwart von Zucker.
Zusammenfassend ergibt sich: Arzneiliche Bitter-
mandelwasser-Zubereitungen bleiben am
besten ungezuckert. Keinesfalls sollten sie
mit Fruchtsäften gesüßt werden.
26*
404 E. Rupp und A. Hölzle: Cyanide und: Zuckerarten.
Aus dem pharmazeutisch- -chemischen Universitätsinstitut
in Königsberg.
Ueber die Einwirkung von Alkali und Erd-Alkali-
cyaniden auf Zuckerarten.
II. Mitteilung.
Von E. Rupp und A. Hölzle.
(Eingegangen den 27. VIII. 1915.)
Die experimentelle Klärung der unter Ammoniakentwickelung
verlaufenden : Reaktion ‚zwischen: ‚Dextrose ‚und Kalium-:' bzw.
Baryumeyanidlösung hatte uns zu einer einfachen: Darstellungs-
weise der .«-Glucoheptonsäure geführt. Aequivalente Mengen von
Dextrose und ‚Cyanbaryum werden: in. konzentrierter wässeriger
Lösung etwa eine Woche lang im Vakuum-Schwefelsäureexsikkator
gehalten. Nachdem der Ammoniakgeruch ‚gesehwunden, wird das
im... wesentlichen . aus,, glucoheptonsaurem Baryum © bestehende
Reaktionsprodukt mit.’ Wasser. aufgenommen: und ı das Baryum
durch ‚Schwefelsäure gefällt.. Das aus: dem eingedampften Filtrate
auskrystallisierende Glucoheptonsäureanhydrid wird auf:'’Ton ab-
gepreßt und mit Alkohol umgelöst!),
Umständlicher ‚und ‚weniger expeditiv erwies‘ sich die Dar-
stellung , des, Glucoheptonsäureanhydrids mit: »Anwendung von
Alkalicyanid. Das Kaliumion- ist; schwieriger »ausbringbar, "und
ganz besonders findet,eine weit reichlichere, Bildung krystallisations-
verhindernder, dunkelfarbiger Nebenkörper statt. Diese sind ein
Produkt der Alkaliwirkung, von deren Vielgestaltigkeit die
glänzenden Arbeiten J. A. Neef’s?), Zeugnis ablegen.
Dementsprechend , war anzunehmen, daß ‚eine Herab-
drückung der Hydroxyionen-Konzentration bzw. der Hydrolyse
des Kaliumceyanids einen glatteren Reaktionsverlauf verursacht.
Dies ist in der Tat der Fall.. So entwickelt zum Beispiel eine kon-
zentrierte Zinkkaliumeyanidlösung mit Traubenzucker ebenfalls
reichlich. Ammoniak und das Reaktionsgemisch bleibt über
Wochenfrist ‚nahezu farblos. _Reines Zinkeyanid zeigt, ‚infolge
seiner Unlöslichkeit keine Einwirkung auf Dextroselösung.
1) Dieses Archiv 251, 553.
®2) Ann. d. Chem. 357, 214; 376, 1; 403, 204.
E. Rupp und A. Hölzle: ‚Cyanide und, Zuckerarteni 405
Indifferent, verhält‘ sieh. auch Quecksilbereyanid, was bei dessen
außerordentlicher Beständigkeit nicht verwunderlich. ist.
| Das) .«-Glucoheptonsäureanhydrid| ist neuerdings! unter dem
Namen ‚Hediosit, als|. Diabetikersüßstoff in Aufnahme .ge-
kommen, Dessen Darstellung erfolgt im Prinzipe nach‘ Fiss ch er-
Kiliani.aus Traubenzucker ‚und verdünnter: wässeriger. Blau-
säure....;.Originell ‚ist, die, unter. Patentschutz'/ stehende Rein:
ausbringung mittels Barythydrat!). Man trägt hiervon.2 Teile
auf 1 Teil Zucker in die nitrilierte Dextroselösung bei 60° ein
und. hält ‚eine ) Stunde: ‚lang;/auf: dieser, Temperatur.) Hierbei: wird
das Glucosecyanhydrin: verseift und-„däe)-@lucoheptonsäure als
schwerlösliche,. Barytverbindung . niedergeschlagen; ‚selbige; wird
gesammelt ‚und mit Schwefelsäure zerlegt.
Man kannte bislang nur das neutrale, in Wasser äußerst
leicht lösliche Baryumsalz der «Glucoheptonsäure, (C,H,;0,),Ba.
Zur Kenntnis des schwerlöslichen, offenbar basischen Salzes lösten
wir je 3 g Hediosit in gesättigtem titrierten Barytwasser mit
2,3 g (1% Mol.)»bzw. 4,6 g (1 Mol.) Barythydrat. In letzterer
Lösung entstand nach eintägigem Stehen. oder "halbstündiger
Erwärmung auf 'ca. 75° ein 'krystallwarziger, ı farbloser Nieder-
schlag. Die barytärmere Lösung war unverändert geblieben. Auf
Zusatz von weiteren 2,3 g Baryumhydroxyd (M, Mel.) zeigte sie
dieselbe Krystallbildung wie oben.
" Die Analyse vo bei De getrockneten us nen ale
der Formel
tens 0H),.C00.Ba.OH.
0,5855 g lieferten nach Veraschung und Abrauchung 0, et g
a
Berechnet für C;H,,0;5Ba:'» Gefunden:
Ba 36,2 ı 1 36,1%
Ueber die basische Barytverbindung läßt sich natürlich
auch das Reaktionsrohprodukt ‘aus Alkaliceyanid und Trauben-
zucker leicht weiter verarbeiten: Kalt gemischte Lösungen von
30 g Dextrose in 60 ccm Wasser und von 10 g Cyankalium in
30 ccm Wasser wurden nach, fünftägigem Stehen. auf ca. 65°
erwärmt und während halbstündigem Rühren in kleinen Portionen
mit 50 g gepulvertem Barythydrat versetzt. Nach weiterer ein-
stündiger Erhitzung wurde: (der: Niederschlag abgesaugt, nach-
gewaschen, mit. Wasser angerührt und vorsichtig durch verdünnte
Schwefelsäure zerlegt. Das 'Zentrifugat ergab nach dem Ein-
1) Höchster Farbwerke, D. R. P. 245 267 und: 253:754.
406 E.'Rupp'und A. Hölale: Cyanide und Zuckerarten.
dieken im Vakuum: und Uebertragen' auf‘ "Ton' I Er
Hediosit in einer Ausbeute von’30--33%. 41 9
Hinsichtlich der‘ Prüfung ‘von Hediosit sei angefügt, daß
derselbe alkalimetrisch mit’ Phenolphthalein als Indikator titrierbar
ist.» Es muß''jedoch eine Hydratisierung bei "höherer Temperatur
vorangehen, indem’ man’ ‘die ''Hediositlösung' mit "überschüssiger
Lauge auf‘ dem Wasserbade ‘erwärmt und dan mit Dezinormal-
säure &ustitriert. 180 IZArTGan
Bestimmung der Reaktionsgeschwindigkeit und def * Oyanschwunde
| in Dextrose-Cyankalium-Lösungen.
Eine 10%ige Dextroselösung, welche eine äquimolare Menge
reinsten Cyankaliums enthielt, wurde nach verschiedenen " Zeit-
intervallen polarisiert.
Te, Benson
Polarisiert nach: 1,89-dmn-Rohr der Anfangs-.
Drehung
Y Stunde! . er570 557% \
1% Stunde. ... : 5,1° „* 51% |
2 Stunden '. .“. 1798,09 — 30%
24 Stunden 10.7.0. 0,79 = 7%
3,Tagenıkıav ia. 1507 49 En 4%;
8 Tagen |.,#04 114 ln 0 e 4%, \
4 Wochen . . . . ‚0,42 2:7 4%,
Es wird somit der Zucker ‚binnen zwei Stunden AN hälftig
zersetzt. Nach drei Tagen ist die Reaktion abgeklungen!).
Titrimetrisch kontrolliert wurden: dierentwickelten Ammoniak-
mengen ‚und. ‚unzersetztes Cyanid.; Zur Ammoniakbestimmung
wurden je 25 cem nachstehender Dextrosecyanidlösungen. ‚nach
verschiedenen Zeitfristen auf 100.cem verdünnt und bis auf etwa
20 cem über dem 'Drahtnetze in “.4,-N.-Schwefelsäure über-
destilliert.
I: 20 g Dextrose (1 Mol.) + 6,68 KCy (1 Mol.) in 500.cm Wasser:
Nach # -N.-H,SO, NBEU
1 Stunde . . . 12,20.cem = 60,2%
1.1380. 1... ....;. 1148,80 dem! — ARE
2 Tagen... 20. '718,40-60n. == 90,5%,
3 Tagen MN 1048,95 ccm’ = "93,5%
4'Tagen 2 2",% 19,25 ccm’ = 95,0%
5 Tagen sau...” 19,30 cemi= 95,2%
6 Tagen! . 10V. 1.10 19,40 cem = ‚95,7%
8. Tagen... ...,%:.1940 cem = 9,7%
ı) Der Drehungswert des glucoheptonsauren Kaliums ist un-
sicher und eine Berechnung auf Zuckerprozente darum nicht’ angängig.
E. Rupp und'A. Hölzle: Cyanide und Zuckerarten. 407
„IM. 30 g Dextrose (1% Mol.) + 6,6 & KCy (b- Mol.) in‘ 500: cem
Wasser: Nach IN .H,SO, "NER
1 Stunde... 1811660 Al
014 Tage... 2.171 38,35 dem =) 90,5%
2 Tagen . ... . 18,95 com -=- 93,5%
3 Tagen‘... . 18,95eem = 93,5%
4 Tagen öl... . . 1898ö5ccm = 93,5%
5 Tagen Ca®. . . 19,20icem = 94,7%
8 Tagen CA.0. . . 19;00ccm. = 93,7%
IM. 408g DOztrER (2 Mol.) + 6,6 g KCy (1 Mol.) in 500 cem
Wessst: "on «Nach 1 N.-H480, NH,
1 Stundeı.0. . . 12,45cecem = 61,4%
1 Tageı».o0,0 . . 1840ectm — 90,8%
2 Tagen u. . . 18,80iecem.= 92,8%
3 Tagen, . . . . ,‚18,80ccm = 92,8% _
4 Tagen . .. . 1880ccm = 92,8%
5 Tagen .". . . 18,80cem = 92,8%
| 6 Tagen '... „.... 1870ccm = 92,3%
Zi 8 Tagen 'V.\. .... 18,706em = 92,3%
Versuchsreihe I zeigt, daß binnen 3—5 Tagen das £ 6yanid
bis auf ca. 5%, Restverbleib umgesetzt ist.
‚Bei Dextroseüberschuß ist nach Serie II und III etwas
weniger Ammoniak, .überdestillierbar — vermutlich infolge
sekundärer Einwirkung: desselben auf den Zuckerüberschuß.:
Lösung I und. LIL;wurden ferner in gleicher Weise ‚wie. oben,
jedoeh mit Zugabe von 10 ccm 15% iger Natronlauge, abdestilliert.
Die überdestillierbare , Ammoniakmenge fällt dabei, um, d4-5%
also auf 90—91% der, berechneten Menge ab. Es erfolgt dabei
also merkbare Ammoniakbindung.
Alkalisierten _wir,, die äquimolare Dextrose-Cyanidlösung 1
ab initio mit 4%, Aetznatron, so ergab sich folgendes Titrations-
ergebnis ° B 14-N. -H,SO;- NH,
Q Verbrauch gefunden
3 Tagen. :orna-T 47,6 ccm 37,5%
4 Tagen . . .....6,6ccm 32,5%
5 Tagen . .. . 6,5ccm 32,0%
Es war also nur noch ein Drittel der berechneten Ammoniak-
menge ‚abdestillierbar.., Dessen Verminderung mit ‚zunehmender
Reaktionsdauer zeigt, daß eine sehr starke sekundäre Ammoniak-
bindung statt hat.
Zur. direkten 'argentometrischen Bestimmung des. Cyanions
wurden aliquote Teile‘ der Dextrose-Cyanidlösungen nach ver-
408 E. Rupp und A. Hölzle: Cyanide und, Zuekerarten.
schieden bemessenen Zeitintervallen' leicht ammoniakalischigemacht
und nach Zusatz, von ca. 0,2 g Jodkalium als Indikator mit ioN. -
Silbernitrat auf Trübung titriert.
I. 3g Dextrose (1 Mol.) +. 1:g KCy (97, 5%ig E= a Mol. ) zu 100 ccm
gelöst:
Titriert nach Augen As), „Verbrauch
Bereitung. .. .". ...m vd eccm 3,45 cem = 92,1% KCy
11, Stunden .'\ . .unÖdleem 2,62 cem = 70,0% KCy
18 Stunden. .... >. 5leem ‚0,82 cem'= 21,9% KCy
1. Tage ı..17- 13» 495,99 eem 0,53 com = 14,2% ,KCy
2 Tagen. 1... 0.5 5 ccm 0,28 cem = 7,5% KCy,
5 Tagen . s'*. . .>PWkem 0,10 ccm &" 2,7%, KCy
6 Tagen . „2.19 =. md40eeM 0,08 cem'= ! 2,1% KCy
7 Tagen . Za0R =. mI0leer 0,06 cem = ! 1,6% KCy
12 Tagen . „4. =. n10(ecm 0,0 cem 0,0% u,
II. Dieselbe Dextrose- Oyanidmenge zu 1000 cem gelöst:
Titriert nach Angewandt Ag/ ‚Verbrauch
Bereitung . .©u .—. nmdeem 0,37 cem = 100,0% KCy
11, Stunden... ... „«10.ecm 0,69 cem.= „92,0% KCy
8 Stunden . « . ... 10 ccm 0,57 cem = 76, 1%. KCy
1 Teen "2.20, 2. WgmE ‚0,39 ceem, = 52, 1 % KCy |
2 Tagen... ..... „ 10cm . _ 0,29 ccm —" 38,7%, KCy
4 Taxe... .. .... '10'0om. 18 een = ’94, ‚o% KCy
1 WocHe Ian PO 0,12 ccm = 16 ‚0% KCy
2 Wochen .' ,. 20 cem 0,10 ceem =" .6,7% KCy
3 Wochen‘. ..9... 120 cem! 110,06 ccm | 40% KCy
4 Wochen ....u 20 ccm 0,08 ecem = 12,0% KCy
III. "Dieselbe Dextrose-Cyanidmenge zu I0 cem gelöst:
Titriert nach Angewandt Aö),,- Verbrauch
LTaso- „2.0 :2..0000.27.20 Doms 0,50 cem = 1,9% KCy
2 Tagen... .. ... I0cem '0,06 cem = 0,2% Key.
3 Tagen... . ... 10cem 0,0 cem = 0,0% Key |
Wie ersichtlich, steigt. der‘ Cyanschwund ‘rapid mit der
Lösungskonzentration. In 10%iger Lösung ist derselbe nach Tages-
frist etwa derselbe wie in 0,1%iger Lösung nach einem Monat.
3g Dextrose (1 Mol.) + 18 KCy (1 Mol.) + 5—10 cem H,SO,
von 20% zu 100 cem gelöst und 5 we titriert:
Titriert nach ei -Verbrauch
DOT EEE 8° 2) > u u ENTER 3,45 com = 92,1%, KOy'’
114 Stunden... 2.097, 907 3,3] een = 884% KCy""
24 Stunden... .2.2...2.2.2. 325 ccm —l8658% ohne
4 Tagen. „u... „900n111003,33 com = 88,9% ıKCy
2-—-3| Wochen nun. lu.) oawıtaalls #m3,24l0eh =186,5% Key
‘
E. Rupp und A. Hölzle: Cyanide und, Zuckerarten. 409
Dieselbe ganz schwach gesäuerte Dextrose-Cyankaliumlösung
mit wenigen Tropfen Ammoniak alkalisiert:
Titriert nach Angewandt 48#/,,-Verbrauch
11, Stunden 5 ccm 3,36 com = 89,7% KCy
1 Tage 5 cem 2,25 cem = 60,1% KCy
4 Tagen. . 5 ccm 0,75 ccm = 20,0% KCy
1 Woche 10 ccm 0,44 com = 5,8% KCy
2—3 Wochen . 10 ccm 0—0,10 cem = 0-—1,5% KCy
Dieselbe ganz schwach gesäuerte Dextrose-Cyankaliumlösung
mit 2 Tropfen verdünnter Natronlauge alkalisiert:
Titriert nach Angewandt ##/,,-Verbrauch
11, Stunden‘. 5 ccm 3,50 cem = 93,5% KCy
1 Tage 5 ccm 2,50 eem = 66,8% KCy
4 Tagen . 5 cem 0,86.cem = 23,0% KCy
1! Woche 5 ccm 0,32 ccem =, 8,5%: KCy
2 Wochen . 10 ccm 0,20 cem = 2,7% KCy
3 Wochen . 10 ccm 0,0 cem = 0,0% KCy
Die Ergebnisse interessieren forensisch-chemisch. Schwach
säurehaltige Dextrose-Blausäurelösungen er-
leiden in Wöchen ‘keinen. stärkeren Oyan-
rückgang, als solche, mit einem Minimum von
Alkali binnen Stundenfrist.,, Hiernach ist verständ-
lich, daß Blausäure in Leichen oft bis auf Spuren äußerst, rasch
verschwindet, und andererseits Fälle bekannt sind, wo das Gift
nach Wochen und Monaten noch leicht nachweisbar war.
Kiliani!) hat bereits gezeigt, daß die Nitrilierung von
Dextrose und anderen Zuckerarten mit wässeriger Blausäure durch
Zusatz von einigen Tropfen Ammoniak erheblich beschleunigt wird.
Wie man aus der letzten Versuchsreihe ersieht, kommt den fixen
Alkalien dieselbe katalytische Wirkung zu.
Mannose.
Mannose entwickelt mit Kalium- und Baryumeyanidlösung
alsbald reichlich Ammoniak.
Eine Lösung von 4 g Mannose (1 Mol.) und 1,5 g Cyan-
kalium (1 Mol.) in 100 ccm erwies sich argentometrisch nach
kurzer Zeit; als nahezu cyanfrei. 5 cem der Lösung entsprachen
nach Y, Stunde = 3,65 gem A8/,, = 61,8% KCy
nach 1 Tage "='0,15cem As/, = 2,5% KCy
nach 3 Tagen = 0,15 cem A8/,, = 2,5% KCy
nach 6 Tagen = 0,10 cem ##/,, = 17% KCy
nach 12 Tagen = 0,08 cem #8), = 14% KCy
1) Berl. Ber. 21, 916.
410 E. Rupp und A. Hölzle: Cyanide und Zuckeratten.
Der Reaktionsverlauf ‘erhellt aus den mit Baryumeyanid
angestellten Versuchen: 7 g Mannose wurden in flacher Schale
in 7 ccm warmem Wasser gelöst und nach dem Erkälten mit
4,7 g Baryumeyanid (Kahlbaum) verrührt. Nach eintägigem
Verweilen, im. Schwefelsäure-Vakuumexsikkator!) war die Lösung
zu einer krümeligen Masse sphäroider, Krystalle geworden. Diese
wurden abgesaugt, mit; wenig kaltem ‚Wasser nachgewaschen, auf
Ton abgepreßt und ‚getrocknet.
0,5541 g lieferten. nach. Veraschung u, Abastehuhg: mit
Schwefelsäure 0,217 g BaSO,. Aö dospr dapis
Berechnet für (C,H,;0,)B&: Gefunden:
Ba 23,33 23,1%
Es lag also, wie zu vermuten, das von E. Fischer?) be-
schriebene schwerlösliche krystalline Barytsalz der Mannosekarbon-
säure vor.
Die Hauptmasse des Baryumsalzes wurde in heißer, wässeriger
Lösung mit der berechneten Schwefelsäuremenge zerlegt und das
Filtrat im Vakuum auf Sirupdicke eingeengt. Nach drei Tagen
war Krystallisation eingetreten. Es wurde auf Ton abgepreßt
und aus heißem Alkohol mit nachträglichem Zusatz von etwas
Aether umgelöst. Das erhaltene Produkt zeigte alle Eigenschaften
des Mannosekarbonsäure-Laktons.
0,099 g lieferten 0,1472 g CO, und 0,052 g H,O.
Berechnet für C,H,.0;: Gefunden:
C 40,38 40,56%
DENT 5,88%
Der Umsetzungsvorgang zwischen Mannose und Alkali- bzw.
Baryumeyanid entspricht somit dem für Dextrose?) angegebenen
Schema. Gleichzeitig gelangt man auf diesem Wege am präparativ
einfachsten zur Mannosekarbonsäure,
Lävulose. >
Die Einwirkung von Kalium- und Baryumeyanid auf Lävulose
gibt sich zunächst durch einen kräftigen Blausäuregeruch zu er-
kennen, der erst nach mehreren Stunden einem deutlichen Ammoniak-
geruch weicht, Die Ketohexose unterscheidet sich dadurch wesentlich
von den Aldohexosen, Dextrose und ‚Mannose, welche sofort Am-
moniak entwickeln.
1) Füllung ca. 50%ige Schwefelsäure.
2) Berl. Ber. 22, 371.
®) Dieses Archiv 251, 554.
E. Rupp und'A. Hölzle: Öyanide und Zuckerarten. 411
Zur Bestimmung der’ Umsetzungsgeschwindigkeit ‘wurde in
einer Lösung von 10'g krystallisierter Lävulose (1 Mol.) und 3,7 g
Cyankalium (1 Mol.) ad’'100 cem nach verschiedenen Zeitfristen
der Restverbleib an Cyanid bestimmt. Es erforderten je 5 cem
der Lösung \
uilsı nach: 4 Stunde 12,15 cem A#/,,—= 83,4%: KCy
ur. nach‘. 2.Stunden .10,80,cem | A8/,, = 74,1% KCy,
nach. ‚l1;Tage 4,50 ccm ıA8/,, = 30,9% ‚KCy
nach ‚2 Tagen 2,80 ccm, *#/,, = 19,2%: KCy
nach ‚3 Tagen, ‚2,20 ccm, #8/,, = 15,1% KCy
nach 6 Tagen 0,60 cem AR/,, 4,2% KCy
nach 10 Tagen 0,30 cem Ar/, = 2,1% KCy
Des weiteren wurden in einem Wiegegläschen 5 g Lävulose
(1 Mol.) in 5 ccm heißem Wasser gelöst, nach dem Erkalten mit
1,85 g Cyankalium (1 Mol.) versetzt und zur Vermeidung von
Blausäureverlusten zunächst wohlverschlossen stehen gelassen.
Nachdem der Blausäuregeruch einem kräftigen Ammoniakgeruch
gewichen war, wurde die Lösung in eine flache Schale umgegossen
und zehn Tage lang im häufig evakuierten Schwefelsäure-
Exsikkator aufbewahrt. Ein Teil der honigzähen und geruch-
losen Masse wurde schließlich in ener Mitscherlich’schen
Vakuumschale!) über Phosphorpentoxyd bei 100° bis zur Gewichts-
konstanz getrocknet. 1,50 g der amorph-glasigen Substanz wurden
l. a. weiß gebrannt und mit etwas Ammonkarbonat nach-
geglüht.. Das Gewicht der stark alkalisch reagierenden Asche
betrug 0,397 g.
Berechnet für lävulosekarbonsaures Kalium = 26,14% K,CO,,
gefunden 26,47%.
Der Umsetzungsvorgang zwischen Lävulose und Kalium-
cyanidlösung kann hiernach folgendermaßen formuliert werden:
(a |
CH,.OH CH,.OH
(CH,OH)’ KON (CH-OE' Hydrolyse
co IT PORK AR NEM A
CH,.OH CH,.OH
CH,.OH CH,.OH
Er KOH a NH,.OH
. + < > Rx + F
Ü<CO0ONH, Ü<600K ,
CH,.OH CH,.OH
Zur Darstellung der freien Karbonsäure wurde ein ent-
sprechend vorbehandeltes Lösungsgemisch äquivalenter Lävulose-
1) Mitscherlich, Bodenkunde II. Aufl., 'S. 13.
412 E. Rupp und A. Hölzle: Cyanide und Zuckerarten.
und Baryumeyanidmengen mit Schwefelsäure zerlegt:' Eine frei-
willige Krystallisation ‚ der, ungemein. ‚schwer .‚krystallisierenden
Säure!) wurde bislang jedoch nicht, erreicht. 1, I) mil
Galaktose.
Versetzt man konzentrierte’ Galaktoselösung mit‘ bitiere
oder Cyanbaryum, so tritt alsbald Cyanwasserstoffgeruch auf, der
nach Tagesfrist durch eine Ammoniakentwiekelung abgelöst wird.
Zur Ermittelung der , Umsetzungsgeschwindigkeit wurde in
einer Lösung von 10 g Galaktose (1 Mol.) und 3,7 g Kalium-
ceyanid (1 Mol.) ad. 100 ccm nach verschiedenen ‚Zeitfristen das
unveränderte Cyanid argentometrisch bestimmt:
Nach, 1 Stunde brauchten . 5ccm = 7,10 ccm 48/,, = 51,4% KCy
Nach ‚1 Tage _ brauchten. 5 ccm = 1,65 eem A®/,, = 11,9% KCy
Nach 2 Tagen brauchten ‚5 ccm =.1,20 cem ##/,, = 8,6% KCy
Nach 3 Tagen brauchten 10 cem = 1,80 cem #8/,, = 6,4% KCy
Nach 6 Tagen brauchten 10 cem = 1,20 cem AB), = 4,4% KCy
Nach 10 Tagen brauchten 10 cem = 1,10 cem AB), = 4,0% KOy
Zur Analyse des Reaktionsproduktes wurden 5 g Galaktose
in einem Wiegegläschen in 5 cem heißem Wasser gelöst, nach dem
Erkalten mit -1,85 g Cyankalium versetzt und. zur. Vermeidung
von Cyanwasserstoffverlusten zunächst einen Tag lang verschlossen
stehen gelassen. Hierauf wurde in eine flache Schale umgegossen
und ‚zur Absorption des entbundenen Ammoniaks zehn Tage lang
im Vakuumexsikkator über 50%,iger Schwefelsäure belassen. Ein
Teil des ammoniakfreien Gemisches wurde sodann in. einer
Mitscherlich’schen Vakuumschale über Phosphorpentoxyd
bei 100° bis zur Gewichtskonstanz getrocknet. 1,472 g der
amorph-glasigen Substanz hinterließen nach dem. Weißbrennen
und Nachglühen mit etwas Ammonkarbonat 0,3885 g stark
alkalisch reagierender Asche. |
Berechnet für C,H,,0,K: Gefunden:
K 14,8% = 26,14% K,CO, K,C0, = 26,39%
Das Reaktionsprodukt kann hiernach als im wesentlichen
aus galaktosekarbonsaurem Kalium bestehend betrachtet werden.
Zur Herstellung der freien Galaktosekarbonsäure wurde eine
konzentrierte Lösung, äquimolarer Mengen von. Galaktose und
Baryumeyanid zehn Tage lang im Vakuum-Schwefelsäureexsikkator
aufbewahrt, sodann mit, verdünnter, Schwefelsäure vorsichtig vom
Baryum befreit, ‚zentrifugiert und eingeengt... „Der, zähflüssige
una 3
1) Kiliani, Beıl. Ber. 18,.3070 und 23, 451.
E. Rupp und A. Hölzle: Cyanide und Zuckerarten. 413
Rückstand reagierte stark sauer, eine freiwillige Krystallisation
von Galaktosekarbonsäure trat jedoch nicht ein. Von einer
Variierung der Versuchsbedingungen nahmen wir Abstand, da
das Verfahren insofern kein, präparatives Interesse bietet, als man
nach Kiliani!) aus Galaktose und wässeriger Blausäure in
glatter Reaktion das krystalline, schwerlösliche Amid der Galaktose-
karbonsäure erhält.
Laktose,
Mischlösungen von Kalium- oder Baryumeyanid und Milch-
zucker riechen zunächst nach , Blausäure. Nach Tagesfrist tritt
Ammoniakgeruch auf, der allmählich überwiegt und je nach den
Konzentrationsverhältnissen auch bei langem Stehen der Lösungen
im Schwefelsäure-Exsikkator nicht ganz erlischt. Die aus möglichst
konzentrierten Lösungen resultierenden Reaktionsgemische bilden
bereits nach Wochenfrist dunkelbraunfarbige, zähe Massen, deren
präparative Weiterverarbeitung in Anbetracht der hohen Alkalı-
empfindlichkeit des Milchzuckers aussichtslos war.
Hingegen wurde argentometrisch verfolgt, ob die eyantilgende
Wirkung der Biose sich auf ein oder zwei Moleküle Alkalieyanid
erstreckt.
I. 18 KCy (1 Mol.) + 5,5 g Laktose (1 Mol.) ad 100 cem; 5 ccm
titriert: Nach 1 Tage 2,76 ccm #8), = 73,83% KCy
Nach 2 Tagen 2,25 cem A®/,, = 60,2% KCy
Nach 3 Tagen 1,82 cem A#/,, = 48,7% KCy
Nach 6 Tagen 1,07 eem #8/,, = 28,6% KCy
Nach 9 Tagen 0,47 com A8/,, = 12,6% KCy
Nach 14 Tagen 0,10 ccm Ar/, = 2,7% KCy
Nach 20 Tagen 0,0 cem A8/,, = 0,0% KCy
II. 1,85 g KCy (1 Mol.) + 10 g Laktose (1 Mol.) ad 100 com;
10 ccm titriert:
Nach 1 Tage ‚8,6. ccm, A#/,, = 62,1% KCy
Nach 2 Tagen 5,8 cem A®/,, = 41,9% KCy
Nach 3 Tagen 3,5 cem Af/,, = 25,2% KCy
Nach 6 Tagen 0,1cem A8/, = 10% KCy
‘ Nach 8 Tagen 0,0 cem AB/ = 0,0% KCy
III. 1 g KCy (2 Mol.) + 2,75 g Laktose (1 Mol.) ad 100 cem;
5 ccm titriert:
Nach 1 Tage 3,25 cem Ar), „= 86,3% KCy
Nach 2 Tagen 3,00 ecem At/, „= 80,1% KCy
Nach 3 Tagen 2,74 ccm’ A®/,, = 73,2% KCy
Nach 8 Tagen 2,22 ccm A#/,, = 59,3% KCy
Nach 14 Tagen 1,5l cem Ar/,, = 41,3% KCy
1) Berl. Ber. 21, 916.
414 E. Rupp und A. Hölzle: Cyanide und; Zuckerarten;;
IV. .3,7gKCy (2 Mol.) + 10 g Laktose ad 100 cem; 5 ccm. titriert:
Nach 1 Tage 10,40 ccm =,75,1% BR
Nach 2 Tagen 8,45 ccm — 61,0% |
Nach 3 Tagen 6,95 cem = 50,0% ER
Nach '8 Tagen 3,75’cem — 27,0% KCy
Nach 14 Tagen 2,90 ccm = 20,9% KCy
Die Versuche zeigen, daß 1 Mol. Cyanid auf 1 Mol. Biose
glatt aufgenommen wird, und zwar um so rascher, je konzentrierter
die Lösung ist. Ein weiteres Molekül Cyanid erfährt nur eine sehr
allmähliche Zerlegung. Es ist also zu folgern, daß zunächst Laktose-
karbonsäure bzw. deren Kaliumsalz gebildet wird, welche eine
teilweise Hydrolyse zu Glucoheptonsäure und Galaktose erfährt.
Die letztere fällt alsdann der Weiternitrilierung zu Galaktose-
karbonsäure anheim, In Uebereinstimmung hiermit steht die oben
vermerkte Beobachtung, daß cyanidreiche Reaktionsgemische fort-
gesetzt Ammoniak entwickeln.
Die Nitrilierung der Laktose mit freier, wässeriger Blausäure
führt nach OÖ. Reinbrecht!) zu Laktosekarbonsäure, welche
mit verdünnten Säuren in Glucoheptonsäure und Galaktose zerfällt.
C.H,,0,1.COOH + H,O = C,H.,0,.COOH + C,H.,0;-
Maltose.
Das Verhalten von Maltoselösungen gegen Kalium- und
Baryumeyanid ist sehr ähnlich dem der Laktose. Der anfängliche
Cyanwasserstoffgeruch weicht allmählich einer Ammoniakentwicke-
lung. Konzentrierte Reaktionsgemische werden im Schwefelsäure-
Vakuumexsikkator nach Wochenfrist zu dunkelfarbigen, zähen
Massen.
Zur Ermittelung der cyantilgenden Wirkung der Maltose
dienten nachstehende Versuchsreihen, bei denen je 5 ccm der
betreffenden Lösungen nach verschiedenen Zeitfristen argento-
metrisch titriert wurden:
I. 1g KCy (1 Mol.) + 5,5 g Maltose (1 Mol.) ad 100 cem.
Nach 1 Tage 1,91 ccm: 48/,, = 51,0% KCy
Nach 2 Tagen 1,37 ccm A8s/,, = 36,7% KCy
Nach 3 Tagen _1,07:ccm A8/,, = 28,2% KOy.,
Nach 1 Woche 0,68 cem A8/,, = 18,1% KCy
Nach 2 Wochen 0,35 cem Ar/,, = 9,4% KCy
Nach 4 Wochen 0,10 cem As/,, = 2,9% KCy
1) Ann. d. Chem. 272, 198.
A. Heiduschka u. H. W, Gloth: ‚Sitosterin u. Stigmasterin. 415
„IU.,1 8 KCy (2,Mol.) + 2,75 g Maltose (1 Mol.) ad 100 ccm,
Nach 1 Tage 2,74ccm A#/,, = 73,4% KCy
Nach 2 Tagen 2,38. ccm #®/,, = 63,7% KCy
Nach 3 Tagen 2,24 ccm ##/,, — 60,0% KCy
Nach I Woche 2,06 cem A®/,, = 55,3% KCy
u Nach 2 Wochen 1,86 eem A), , = 49,8% KCy
"" Nach 4 Wochen 1,75 ccm ABg/,, = 46,0% 'KCy
In konzentrierteren, aber pröportionalen Lösungen waren die
Ergebnisse dieselben. Man ersieht daraus, daß die eyantilgende
Wirkung der Maltose eine geringere ist als jene der Laktose. Ins-
besöndere bleibt ein zweites Molekül Cyanid nahezu intakt, woraus
zu schließen ist, daß die Umsetzung im wesentlichen zur Maltose-
karbonsäure!) bzw. deren Kaliumsalz führt und eine Hydrolyse zu
Glucoheptonsäure + Dextröse kaum statt hat.
C,H»0, X KON 2 2 H,O — 0,.H,,0,,000K + NH..
Ueber das Verhalten weiterer Zuckerarten und einiger Poly-
saccharide wird später berichtet werden.
Mitteilung
aus ‚dem Pharmazeutischen Institut und Laboratorium für
"angewandte Chemie der Universität München.
Beitrag zur Kenntnis des Sitosterins und des
Stigmasterins.
Von A. Heiduschka und H. W. Gloth.
(Eingegangen den 6. IX. 1915.)
Das Sitosterin wurde zuerst von Burian? aus Weizen-
und Roggenkeimlingen hergestellt und ist dann auch von
Windaus?) aus dem Fette der Calabarbohnen isoliert worden.
Nach Windaus kommt ihm ebenso wie dem Cholesterin die
Formel C,,H,;O oder, wie auch Burian annimmt, C,,H,,O zu.
Burian?) stellte mit Hilfe der Säureanhydride den Essigsäure-
1) O. Reinbrecht, Ann. d. Chem. 272, 200.
?2) Monatsh. f. Chem. 18, 551.
®) Ber. 39, 4378; 40, 3681.
4) Monatsh. f. Chem. 18, 551.
416 A. Heiduschka u. H. W. Gloth: Sitosterin u. Stigmasterin.
ester, Propionsäure- und Benzoesäureester, durch Einwirkenlassen
von Phosphorpentachlorid auf entwässertes Sitosterin das Sito-
sterylchlorid her und zeigte somit, daß seinem Sauerstoffatome
ebenso wie beim Cholesterin Alkoholfunktion zukommt. Beim
Behandeln mit Brom in Schwefelkohlenstofflösung, addiert es glatt
ein Molekül Brom, was also ebenfalls wie beim: Cholesterin auf eine
freie Bindung schließen läßt. Durch Reduktion ‚des, Sitosteryl-
chlorids mit Natrium, in amylalkoholischer Lösung, erhielt er, das
Sitosten, das mit Brom in Schwefelkohlenstofflösung das; Sitosten-
dibromid gibt. Aus den Mutterlaugen bei der Sitosterinherstellung
konnte Burian ein dem Sitosterin isomeres;, Parasitosterin : her-
stellen, das einen niedrigeren Schmelzpunkt als jenes hat. Auch
von diesem stellte er das Acetat und . Acetatdibromid her.
E. Ritter!) trug zu der. weiteren, Charakterisierung, des Sito-
sterins bei durch Herstel ung einiger neuer Ester, und zwar des
Zimmtsäureesters, des Sitosteryloleats, -palmitats und des -stearats.
Jaeger?) hat sodann das Verhalten der schon bekannten Sito-
sterinester und der von ihm neu hergestellten Capron-, Capryl-
und Caprinsäureester im Vergleich-zu-den entsprechenden Chole-
sterinestern in ihren flüssigen Phasen studiert und gefunden, daß
die Ester des Sitosterins erst vom n-Butyrat an flüssige aniso-
trope Phasen unter sehr günstigen Umständen bilden. Windaus?) |
erhielt beim Kochen von: Sitosterin mit’ Natriumamylät einerseits,
sowie beim Behandeln mit metallischem Natriumiund, Amylalkohol
andererseits zwei ganz verschiedene Produkte, die beide ungesättigt
waren und von denen er das eine als Umlagerungsprodukt, Pseudo- "
phytosterin, das andere als ein Reduktionsprodukt, Dihydro-
phytosterin, annimmt. Dieses steht in direktem Gegensatze zum
Cholesterin, das. bei beiden Behandlungen denselben gesättigten
Stoff («-Cholestanol, Cyclocholesterin) gibt. Er folgert daraus,
daß das Phytosterin im Gegensatze‘ zum Cholesterin nicht eine,
sondern zwei Doppelbindungen enthalten. dürfte... Robert
Howson Pickard und Joseph Yates?) haben über die
Einwirkung von Wasserstoffsuperoxyd auf Sitosterin. gearbeitet
und gefunden, daß es ähnlich wie das Cholesterin zu einem Triol
oxydiert. wird,, von dem durch . weitere Oxydationen eine ‚Reihe
von Abkömmlingen erhalten werden kann, die den entsprechenden
1) Ztschr. f. physiol. Chem. 34, 461.
?) Rec. trav. chim. Pays-Bas 26, 311.
3) Ber. 40, 3681.
4) Proceed. Chem. Soc, 24, 227; Journ. Chem. Soc. Lond.
93, 1928.
A. Heiduschka u. H. W. Gloth: Sitosterin u. Stigmasterin. 417
Derivaten des Cholesterins stets sehr ähnlich sind, ohne daß
indessen einmal identische Produkte auftreten.
Ueber das Stigmasterin ist bis jetzt noch sehr wenig ge-
arbeitet worden. Windaus!) stellte es, wie schon vorher gesagt
worden ist, als erster aus dem sogenannten Phytosterin der
Calabarbohnen her. Es schmilzt bedeutend höher als das Sitosterin,
bei 170°, und unterscheidet sich auch in der Zusammensetzung,
C,,H,,0 oder C,,H,sO, von diesem. Es ist ebenfalls ein ungesättigter
Alkohol, der aber im Gegensatz zum Sitosterin und Cholesterin
2 Mol. Brom addiert, was Windaus durch Herstellen einiger
Ester, des Acetates, Propionates und Benzoates, sowie des
Chlorides und der Tetrabromverbindungen dieser Stoffe bewies.
Jaeger?) hat sodann noch das Formiat, die Butyrate und Valerate
des Stigmasterins hergestellt und das Verhalten seiner Ester in
den flüssigen anisotropen Phasen beschrieben. “Beide Stoffe, ins-
besondere das Sitosterin erregen jetzt insofern ein größeres Inter-
esse, als bei den Untersuchungen der unverseifbaren Anteile der
Fette, die in der letzten Zeit von verschiedener Seite ausgeführt
wurden, das Sitosterin und auch das Stigmasterin vielfach zu Ver-
gleichen mit den dabei erhaltenen Phytosterinen herangezogen
werden. Es erschien uns daher für zweckmäßig, die Resultate
unserer schon früher?) durchgeführten Untersuchung dieser Stoffe
mitzuteilen.
Die Herstellung erfolgte nach der von Windaus‘) an-
gegebenen Methode über die bromierten Acetate aus von
E. Merek- Darmstadt bezogenem Calabarbohnenfettphytosterin.
Die Ausbeute wechselte bei den einzelnen Partien Rohphytosterin
beträchtlich, was jedenfalls auf eine verschiedene prozentische
Zusammensetzung des Rohphytosterins zurückzuführen war. Sie
betrug bei Sitosterin 20—50 und beim Stigmasterin 5—10% des
Ausgangsproduktes.
Das erhaltene Sitosterin, das wohl auch als typisches Phyto-
sterin bezeichnet wird, hatte den Schmelzpunkt 136—137°,
folgende Derivate wurden davon hergestellt:
mE Pe
Sitosterinsalieylsäureester: C,-H,,„O0CC,H,OH.
Die Darstellungsweise ist folgende: 8 g Salicylsäure und 2 g
Sitosterin werden im Porzellanmörser verrieben und in emem
I) Ber. 39, 4378. i
?) Rec. trav. chim. Pays-Bas 26, 311.
°®) H.W. Gloth, Dissertation, München 1910.
4) Ber. 39, 4378.
Arch, d. Pharm. CCLIII. Bds. 6. Heft. 27
418 A. Heiduschka u. H. W. Gloth: Sitosterin u. Stigmasterin.
weiten Reagenzglase im Metallbad ca. 4 Stunden auf 160—170°
erhitzt. Die anfangs helle Schmelze färbt’ sich allmählich dunkler.
Die sublimierende und sich an den oberen kälteren Teilen des
Reagenzglases festsetzende Salicylsäure wird von Zeit zu Zeit mit
einem Glasstabe wieder in die Schmelze hinabgestoßen. Nach
vierstündigem Erhitzen läßt man erkalten. Die Schmelze erstarrt
hierbei zu einer festen, harten, schwarzbraunen Masse, Nun wird
das Reagenzglas zertrümmert, die Substanz von den anhaftenden
Glassplittern befreit, in einer Porzellanschale mit einem Pistill
fein verrieben und gleich in derselben Schale mit der etwa zehn-
fachen Menge 90%;igen Alkohols ausgekocht. , Der verbleibende
Rückstand wird noch mehrmals mit heißem: Alkohol ausgezogen,
um ihn möglichst vollständig von der im. Ueberschuß zugesetzten
Salicylsäure zu befreien., Zu viel Alkohol ist hierbei zu vermeiden,
da der Ester in heißem Alkohol teilweise löslich ist und daher die
Ausbeute große Einbuße erleidet. . Der hellgraue Rückstand wird
abfiltriert und auf einem Tonteller getrocknet. Nach einmaliger
Behandlung mit Tierkohle in heißer ätherisch-alkoholischer Lösung
krystallisiert der Ester schön weiß aus. Er wird nun noch einige
Male aus Aether und Alkohol umkrystallisiert. Hierbei scheidet
er sich zunächst in weißen gelatinösen Flocken ab, die sich dann
nach längerem Stehen in Krystalle umsetzen.
Der Sitosterinsalieylsäureester schmilzt bei 147°, ‚Er ‚ist
leicht löslich in Chloroform und Aether, schwerer in Aceton, in
kaltem Eisessig und Alkohol, in der Hitze leichter. Zur Analyse
wurde die Substanz im Vakuum über Schwefelsäure getrocknet
und es wurde folgendes Resultat erhalten:
0,1587 g Substanz gaben 0,4678 g CO, und 0,1446 g H;0.
Gefundens Berechnet für C,,H;003:
C 80,39 80,57%
H 10,19 9,95%
Sitosterinphenylurethan: C,-H,‚OCONHC,H,.
A. Bloch!) hat durch Behandeln von Cholesterin mit
Phenylisocyanat das Cholesterinphenylurethan hergestellt, und wir
haben Versuche angestellt, ob sich das Sitosterin auch in dieser
Beziehung analog dem Cholesterin verhält. Es ist uns gelungen,
auf folgende Weise das Sitosterinphenylurethan zu erhalten:
2 g entwässertes Sitosterin werden mit 6 g Phenylisocyanat
in einem Reagenzglase einige Minuten in einem Metallbade auf
180° erhitzt. Hiernach läßt man erkalten, wobei die Flüssigkeit
2) Bull. Soc. Chim,. Paris 31, 71.
A. Heiduschka u. H. W. Gloth: Sitosterin u. Stigmasterin. 419
zu einer festen Masse erstarrt. Diese wird in einer heißen Mischung
von Aether und Petroläther aufgelöst, aus der sich beim Erkalten
das Sitosterinphenylurethan krystallinisch ausscheidet. - Dieses
wird abfiltriert und mehrmals aus heißem Aether und: Petroläther
umkrystallisiert. Wichtig hierbei ist, daß man die Erhitzung des
Sitosterins mit dem Phenylisocyanat nur kurze Zeit vornimmt,
da anfängliche Versuche zeigten, daß bei iaugerem Erhitzen stets
Reaktionsprodukte mit, bedeutend höherem. Stickstoffgehalte ent-
stehen. .
Das Sitosterinphenylurethan schmilzt bei 174°, . Es.ist leicht
löslieh in Aether, Chloroform und Schwefelkohlenstoff, wenig
löslich in kaltem Alkohol, leichter in heißem Alkohol und in
Petroläther, , ‚Zur Analyse wurde die Substanz bei 100° im
Trockenschrank getrocknet. Sie ergab folgendes Resultat:
0,1665 g Substanz gaben 0,4930 g CO, und 0,1535 g H,O.
0,2094 g Substanz gaben 6,0 ccm N, b = 717 mm, t = 15°.
0,1122.g Substanz gaben 3,1 ccm N, b = 723 mm, t = 15°.
Gefunden: Berechnet für C,,H,,NO;:
GC... 80,75 80,73%
H.. 10,31 10,17%
N .I 3,16 II 3,07 2,11%
Einwirkung von Brom auf Sitosterin.
Es wurden von uns Versuche angestellt, wie sich das Sito-
sterin gegen überschüssiges Brom verhält und konnten hierbei
zwei verschiedene ‚Einwirkungsprodukte isoliert werden, das in
Alkohol unlösliche Br,,-haltige und das alkohollösliche Br;-haltige
Sitosterin.
Es wurde hierbei auf folgende Weise verfahren:
* 5g Sitosterin werden in einem Schälchen mit überschüssigem
Brom versetzt. Es geht unter Aufbrausen und starker Gas-
entwickelung in: Lösung. Man läßt es nun solange bei gewöhnlicher
Temperatur stehen, bis sämtliches Brom entwichen ist, und nimmt
dann den. braunen Rückstand mit Aether auf. Die ätherische
Lösung wird mit Alkohol versetzt und: der Aether teilweise ver-
dampft. Es scheidet sich ‚hierbei das Bromierungsprodukt als
braunes Pulver aus. Dieses wird abfiltriert und durch mehrmaliges
Auflösen in Aether und Wiederausfällen mit Alkohol gereinigt.
Das so gereinigte Produkt zeigt einen unscharfen Schmelz-
punkt von ca. 185°. Es ist sehr leicht löslich in Chloroform und
Schwefelkohlenstoff, schwerer in Aether und Aceton, in Alkohol,
auch in siedendem, ist es so gut wie unlöslich. Zur Analyse wurde
27°
420 A. Heiduschka u. H.W. Gloth: Sitosterin u. Stigmasterin.
die Substanz im Vakuum über Schwefelsäure getrocknet. Die
erhaltenen Analysenresultate lassen darauf schließen, daß 10 Br
in das Sitosterinmolekül eingetreten sind: eh
0,3017 g Substanz gaben 0,4802 g AB.
0,1504 g Substanz gaben 0,2410 g AgBr. raillnda
Gefunden: Berechnet für C,,H,,Br,,0:
Br I 67,73 II 68,19 67,99% ©
Wie schon vorher gesagt wurde, bildet sich bei dieser Ein-
wirkung von überschüssigem , Brom auf Sitosterin außer dem
soeben beschriebenen gleichzeitig noch ein um 2 Br ärmeres Sito-
sterinbromid. Es kann dieses leicht von dem ersteren vermöge
seiner Löslichkeit in Alkohol getrennt werden. Hat man, wie vorher
beschrieben, aus der ätherischen Lösung des bromierten Produktes
mittels Alkohols das Br,,-haltige ausgefällt und abfiltriert, so
bleibt das Br,;-haltige in dem alkoholischen Filtrate in Lösung und
kann aus diesem mit Wasser ausgefällt werden. Durch mehr-
maliges Lösen in heißem Alkohol und Wiederausfällen mit Wasser
wird es gereinigt.
Es ist ein gelbes Pulver von einem sehr unscharfen Schmelz-
punkte bei ca. 120°. Seine Löslichkeitsverhältnisse sind analog
denen des bromreicheren Produktes, mit dem Unterschiede, daß
es auch in Alkohol löslich ist. Zur Analyse wurde es im Vakuum
über Schwefelsäure getrocknet und folgendes Resultat erhalten:
0,1311 g Substanz gaben 0,1927 g AgBr.
Gefunden: Berechnet für C,,H,;Br;O:
Br 62,55 62,84%
Sitostenon: C,,.H,,O.
Diels und Abderhalden!) haben durch starkes Er-
hitzen von Cholesterin mit feinem Kupferoxyd auf 280-—-300°»das
Cholesterin zu dem entsprechenden Keton, dem Cholestenon, zu
oxydieren vermocht. Windaus?) ist dann auf einem 'zwar um-
ständlicheren, aber bedeutend bessere Ausbeute liefernden Ver-
fahren, durch Oxydation mit Kaliumpermanganat in schwefel-
saurer Lösung, zu demselben Stoffe gelangt. Er schützte zunächst
die freie Bindung des Cholesterins durch Anlagern von Brom vor
dem Angriffe des Oxydationsmittels. Das Dibromid oxydierte er
sodann mit Kaliumpermanganat in schwefelsaurer Lösung zu dem
Cholestenondibromid und entzog diesem nun das Brom mit Hilfe
von Zink und Eisessig.
1) Ber. 37, 3099.
®) Ber. 39, 1518.
A. Heiduschka u. H. W. Gloth> Sitosterin u. Stigmasterin. 421
Wir ‚haben nun versucht, dieses Verfahren auch auf das
Sitosterin anzuwenden und ist es uns gelungen, so zu einem Stoffe
zu gelangen,.der. dieselbe Zusammensetzung und ähnliche ‚Eigen-
schaften hat und den man also als Sitostenon bezeichnen kann.
Er wurde übrigens noch durch Herstellung seines charakteristischen,
sehr hoch schmelzenden, in Alkohol schwer löslichen Semikar-
bazons als solches identifiziert. Das Herstellungsverfahren war
folgendes:
»Das durch Erhitzen im Trockenschrank entwässerte Sito-
sterin wird in Chloroform gelöst und die berechnete Menge Brom-
Chloroform-Lösung ‘aus einer‘ Bürette zufließen ‘gelassen. Ein
geringer Ueberschuß ist sofort an der Gelbfärbung erkennbar. Das
Chloroform läßt man'verdunsten und krystallisiert das rn zuieid
Sitosterindibromid aus Aether und Alkohol um.
6 g des so erhaltenen Sitosterindibromids werden in 60 ecem
Benzol gelöst und mit 100 cem 4% iger Kaliumpermanganatlösung
und 20 ccm 20%iger Schwefelsäure versetzt und in einer Flasche
5 Stunden lang geschüttelt. Das Sitosterindibromid wird’ hier-
durch zu dem Sitostenondibromid oxydiert. Der hierbei sich bildende
Braunstein ‘wird dann durch vorsichtiges Einleiten von schwefliger
Säure aufgelöst, bis die Flüssigkeit völlig farblos geworden ist, und
nun die Benzolschicht von der wässerigen Lösung im Scheidetrichter
getrennt. «Um das Sitostenondibromid zu entbromen, ‘wird die
filtrierte‘ Benzollösung mit 2 g Zinkstaub und 30 cem Eisessig
versetzt und das Benzol abdestilliert. Zu dem Rückstand werden
jetzt noch 2 cam Wasser zugesetzt und die Lösung eine Stunde
lang unter Rückfluß gekocht. Dann gibt man Wasser zu der Eis-
essiglösung und schüttelt mit, Aether-im Scheidetrichter aus. Die
ätherische Lösung wird, um'sie von sauren Produkten zu befreien,
mehrmals mit verdünnter Kalilauge und: zum 'Schlusse mit Wasser
durchgeschüttelt, filtriert und der Aether verdunstet.
Der hierbei verbleibende Rückstand wird ‘mit viel kaltem
Methylalkohol geschüttelt. Es’ geht so fast alles bis auf einen
kleinen Rückstand in Lösung. Die methylalkoholische Lösung
wird im Vakuum über Schwefelsäure eingeengt und: das sich aus-
scheidende Sitostenon mehrmals aus Methylalkohol ‘von 30—40°
umkrystallisiert. Starkes Erhitzen oder Sieden der alkoholischen
Lösung ist. zu. vermeiden, da sich das Sitostenon hierbei zersetzt,
was sich durch Erhöhung des Schmelzpunktes kundgibt.
Das Sitostenon schmilzt bei 82%. Es ist in Aether, Chloro-
form und Schwefelkohlenstoff sehr leicht löslich, leicht in Benzol,
ziemlich schwer in kaltem Aethyl- und Methylalkohol. Zur Analyse
422 A. Heiduschka u. H. W. Gloth: Sitosterin u. Stigmasterin.
wurde die Substanz im Vakuum über Schwefelsäure‘ getrocknet.
Sie ergab folgendes Resultat:
0,1230 g Substanz gaben 0,3794 g CO, und 0,1300 8 H,O.
Gefunden: Berechnet für C,,H,O:
C 84,12 84,30%
H 11,82 11,54%
Sitostenonsemikarbazon: CH, ON;.
Charakteristisch für das Sitostenon ist das sehr ‘hoch
schmelzende, in Alkohol schwer lösliche Semikarbazon.
Seine Darstellung ist folgende: ‚lg Sitostenon wird in
100 ccm. Methylalkohol gelöst und mit einer Lösung ‚von essig-
saurem Semikarbazid versetzt. (0,3:g Semikarbazidchlorhydrat
werden in 1 ccm Wasser gelöst und hierzu eine Lösung von 0,3 g
Kaliumacetat in ca. 3 cem Methylalkohol gegeben. Von dem
sich ausscheidenden Kaliumchlorid wird abfiltriert.) Bald nach
Hinzufügen dieser Lösung scheidet sich das Sitostenonsemikarbazon
als weißer voluminöser Niederschlag aus. Dieser wird nach
24 stündigem ‚Stehen abfiltriert, mit kaltem Methylalkohol gut
ausgewaschen, getrocknet und mehrmals aus siedendem Methyl-
alkohol umkrystallisiert.
Das Sitostenonsemikarbazon fängt ‘bei 243° an. zu sintern
und schmilzt bei 254° unter Zersetzung. Es ist leicht löslich in
Chloroform, schwer in Aceton und Aether, sehr schwer in: kaltem
Aethyl- und Methylalkohol, in der Hitze leichter.
Zur Analyse wurde die Substanz bei 100° getrocknet. Sie
ergab folgendes Resultat:
0,1126 g Substanz gaben 10,00 ccm N, b = 718 mm, t = 18%.
0,1233 g Substanz gaben 10,62 ccm N, b = 718 mm, t = 18°,
Gefunden: Berechnet für C,H,,ON;z:
N I 9,64 II 9,39 9,54%
Das von uns hergestellte Stigmasterin zeigte nach‘ mehr-
maligem Umkrystallisieren aus heißem Alkohol einen 'Schmelz-
punkt von 170° Seine Ester, von denen die charakteristischsten
angeführt sein: mögen, zeichnen sich durch eine hervorragende
Krystallisationsfähigkeit aus.
Stigmasterinpalmitinsäureester: C,H40;CC ;Haı
l g getrocknetes Stigmasterin wird mit 5 g’ Palmitinsäure
verrieben und in einem Reagenzglase im 'Oelbade drei Stunden
lang auf ca. 200° erhitzt. Es entsteht so eine braune Schmelze.
Nach dem Erkalten wird die graubraune feste Masse zerrieben,
A. Heiduschka u. H. W. Gloth: Sitosterin u. Stigmasterin. 423
mit heißem Alkohol in ein Becherglas gespült und in Lösung ge-
bracht. Nach dem Erkalten scheidet sich der Ester in grau ge-
färbten Krystallen ab. Diese werden abfiltriert, wieder in heißem
absolutem Alkohol gelöst und mit Tierkohle behandelt. Nach
öfterem Umkrystallisieren aus heißem absolutem Alkohol, die
Mutterlaugen werden fortgegossen, scheidet sich der Ester in sehr
schönen weißen Krystallen von intensivem Seidenglanze aus.
Sein Schmelzpunkt liegt bei 99°. Er ist in Chloroform und
Schwefelkohlenstoff sehr leicht löslich, weniger in Aether und
Aceton, sehr schwer in Eisessig und Alkohol.
Zur Analyse wurde die Substanz im Vakuum über Schwefel-
säure getrocknet. Sie ergab folgendes Resultat:
0,1996 g Substanz gaben 0,6060 g CO, und 0,2189 g H,O,
Gefunden: Berechnet für C,,H.00>:
C 82,80 83,06%,
H 12,27 12,13%
Stigmasterinstearinsäureester: C,,H,,0,CC, „Ha;.
Seine Darstellungsweise ist analog der des Palmitinsäure-
esters. Er krystallisiert in wunderschönen weißen Krystallen von
intensivem Seidenglanze und schmilzt scharf bei 101°. Seine
Löslichkeitsverhältnisse sind die gleichen wie die des Palmitin-
säureesters, nur ist er in Alkohol noch bedeutend schwerer löslich
als dieser.
Zur Analyse wurde die Substanz im Vakuum über Schwefel-
säure getrocknet und folgendes Resultat erhalten:
0,1122 g Substanz gaben 0,3427 g CO, und 0,1260 g H,O.
Gefunden: Berechnet für C,H3,0>:
C 83,30 83,169,
H 12,56 12,22%
Stigmasterinölsäureester: C,,H,05CC,,Haz.
Nach dreistündigem Erhitzen von 1 g gut getrocknetem
Stigmasterin mit 5 g Oelsäure auf ungefähr 200° resultiert eine
klare, braune, ölige Flüssigkeit. Nach dem Erkalten mit absolutem
Alkohol versetzt, erfolgt - anfangs eine Ausscheidung, die beim
Schütteln aber wieder in Lösung geht. Auf weiteren Zusatz von
absolutem Alkohol erfolgt eine reichliche Ausscheidung von weißen
Krystallen. Der ganze Inhalt wird nun mit absolutem Alkohol in
eine Krystallisierschale gespült, einige Zeit stehen gelassen und
dann die ausgeschiedenen Krystalle abfiltriert, mit 90%igem
Alkohol gut ausgewaschen und auf einem Tonteller getrocknet.
424 A. Heiduschka u. H.W. Gloth: Sitosterin u. Stigmasterin.
Die Mutterlauge wird. fortgegossen. Die getrockneten Krystalle
werden wiederum in heißem absolutem Alkohol gelöst, mit Tier-
kohle,behandelt und noch mehrmals aus heißem absolutem Alkohol
umkrystallisiert.
Der Ester krystallisiert in schönen weißen Krystallen vom
Schmelzpunkte 44°, Er ist in Aether und Chloroform sehr leicht
löslich, schwerer in ‚Aceton, in heißem Eisessig leicht, in kaltem
schwerer. In Alkohol: ist er bedeutend leichter löslich als der
Stearin- und Palmitinsäureester. Zur Analyse wurde die Substanz
im Vakuum über Schwefelsäure getrocknet. Sie ergab folgendes
Resultat:
0,1176 g Substanz gaben 0,3587 g CO, und 0,1265 g H;0.
Gefunden: Berechnet für C,sHs50s5:
C, 83,19 83,40%,
H 12,03 11,96%
Stigmasterinsalieylsäureester: C,,H,0,CC,H,OH.
1 g getrocknetes Stigmasterin wird ‘mit 4 g. Salicylsäure
verrieben und in einem weiten Reagenzglase im Oelbade vier
Stunden lang auf ca. 190° erhitzt. Die sublimierende und an den
oberen kalten. Teilen des Reagenzglases sich wieder festsetzende
Salieylsäure wird von Zeit zu Zeit mit einem Glasstabe wieder in
die Schmelze hinabgestoßen. Nach ca. vier, Stunden läßt, man
die Schmelze erkalten und erhält so eine feste graubraune Masse.
Das Reagenzglas wird dann zertrümmert, die Schmelze von den
Glasscherben befreit, in einer Porzellanschale mit einem Pistill
verrieben und dreimal mit je 20 ccm 90%igen Alkohols ausgekocht,
um den gebildeten Ester von der im Ueberschuß zugesetzten
Salicylsäure möglichst zu befreien. Der zurückbleibende Ester,
der noch grau gefärbt ist, wird dann in Aether und Alkohol gelöst
und die heiße Lösung mit Tierkohle behandelt. Aus dem Filtrate
krystallisiert.er in sehr schön ausgebildeten, weißen Nadeln aus.
Nach mehrmaligem Umkrystallisieren zeigt, er einen scharfen
Schmelzpunkt von 175°... Er ist in Chloroform und Schwefel-
kohlenstoff sehr leicht löslich, weniger in Aether, schwer in Aceton,
in kaltem Eisessig und Alkohol, in der Hitze leichter.
Zur Analyse wurde die Substanz bei 100° getrocknet und
folgendes Resultat erhalten:
0,1117 g Substanz gaben 0,3317 g CO, und 0,1029 g H,O.
Gefunden: Berechnet für C,,H,,0;:
C. 80,99 81,26%
H 10,30 9,96%
A, Heiduschka u. H,» W. Gloth: Sitosterin u. Stigmasterin. 425
Stigmasterinzimmtsäureester: C,H ,0,C0,H,C,H,.
Darstellung: 1 g getrocknetes Stigmasterin wird mit 5. g
Zimmtsäurechlorid 21, Stunden lang bei einer Temperatur von
180—190° im Oelbade erhitzt. Das sublimierende und sich an
den Wänden des Reagenzglases wieder festsetzende Cinnamyl-
chlorid wird von Zeit zu Zeit mit einem Glasstabe wieder in die
Schmelze hinabgestoßen. Es bildet sich eine braunschwarze Flüssig-
keit, die nach dem Erkalten zu einer krystallinischen schwarz-
braunen Masse erstarrt. Diese wird .mit Aether in ein Becherglas
gespült, der Aether verdunstet, der Rückstand in heißem absolutem
Alkohol gelöst und auskrystallisieren gelassen. Die ausgeschiedenen
Krystalle werden abfiltriert, mit Alkohol gut ausgewaschen und
auf einem Tonteller getrocknet. Die Mutterlauge wird fortgegossen.
Die getrockneten Krystalle werden wiederum in heißem absolutem
Alkohol gelöst und mit Tierkohle behandelt. Nach fünf- bis sechs-
maligem Umkrystallisieren aus absolutem Alkohol erhält man
schöne weiße Krystalle vom Schmelzpunkte 155°. Der Ester ist
leicht löslich in Chloroform und Schwefelkohlenstoff, schwerer in
Aether und Aceton, in Eisessig und Alkohol in der Kälte sehr
schwer, in der Hitze wesentlich leichter.
Zur Analyse wurde die Substanz bei 100° getrocknet. Sie
ergab folgendes Resultat:
0,1213 g Substanz gaben 0,3724 g CO, und 0,1140 g H,O.
Gefunden: Berechnet für C,,H,,O5:
C 83,73 84,11%
H 10,51 10,14%
Stigmasterintetrabromid: C,,H;,OBr,.
Da die Gewinnung des Stigmasterintetrabromids direkt durch
Verseifen des bei der Trennung des Phytosterins aus Calabarbohnen
in Sitosterin und Stigmasterin als Zwischenprodukt erhaltenen
Stigmasterinacetattetrabromids auf ziemliche Schwierigkeiten stieß
und besonders, was die Ausbeute anbetraf, sehr ungünstige Resultate
lieferte, stellten wir uns dieses Tetrabromid, das wir für die späteren
Oxydationsversuche nötig hatten, auf folgende Weise her:
2,5 g Stigmasterin werden in 100 ccm Aether gelöst und in
einem Becherglase mit einer Lösung von 2,5 g Brom in 25 ccm
Eisessig versetzt. Die Lösung bleibt anfangs klar und erst nachdem
der Aether ziemlich weit verdunstet ist, scheidet sich das Tetra-
bromid in Form von weißen Krystallen aus. Man läßt den Aether
noch weiter verdunsten und filtriert dann den zurückbleibenden
Krystallbrei ab, wäscht ihn mit Alkohol gut aus, trocknet ihn und
426 L. Vanino u. F. Herzer: Benzoperoxyd. .
krystallisiert mehrmals aus einem Gemisch von Chloroform, Aether
und Alkohol um.
Das Stigmasterintetrabromid schmilzt bei 205° unter Bräunung
und Zersetzung. Es ist leicht löslich in Chloroform und Benzol,
schwerer in Aether, sehr schwer in kaltem Eisessig und Alkohol,
in der Hitze leichter. Zur Analyse wurde die Substanz bei 100°
getrocknet und folgendes Resultat erhalten:
0,1902 g Substanz gaben 0,1923 g AgBr.
Gefunden: Berechnet für C,,H,„OBr;:
Br 43,03 42,86%
Mit diesem Tetrabromid wurden in gleicher Weise, wie vorher
bei Sitostenon beschrieben, Oxydationsversuche angestellt und
dabei ein Produkt mit einem Schmelzpunkt von 140° erhalten,
Dieser Stoff krystallisiert in sehr schön ausgebildeten Krystallen,
die sich in Chloroform und Aether sehr leicht, in Benzol leicht, in
Aceton schwerer, in kaltem Eisessig, in Aethyl- und Methylalkohol
sogar sehr schwer lösen. Er zeigte keinen Ketoncharakter, konnte
aber wegen Mangel an Ausgangsmaterial nur in sehr geringer Menge
erhalten und daher vorläufig nicht weiter untersucht werden.
Das Benzoperoxyd.
(Eine Monographie mit eigenen experimentellen Versuchen.)
Von L.Vanino und F. Herzer.
(Eingegangen den 17. IX. 1915.)
Von den organischen Peroxyden, welche in letzterer Zeit
wesentlich an Interesse gewonnen haben, ist das Benzoperoxyd,
auch Benzoylsuperoxyd genannt, das bekannteste und als Reprä-
sentant der organischen Peroxyde zu bezeichnen. |
Brodiel) war der erste, der es darstellte. Er benutzte
hierzu Chlorbenzoyl und Baryumsuperoxyd, indem er beide Kom-
ponenten mit Wasser mischte und. das erhaltene Produkt mit
wasserfreiem Aether auszog. Später beschäftigten sich mit der
-) Proc. Roy. Soc. XII., 655; Ann. 108, 80,
L. Vanino u. F. Herzer: Benzoperoxyd. 427
Herstellung dieses Stoffes eine Reihe von Chemikern, wie Lipp-
mann, Sonnenschein, Erlenmeyer, von Pech-
mann, Vanino, Loewenhart, Gambarjan, Pribes-
hajew usw. Sonnenschein!) arbeitete mit Baryumsuper-
oxydhydrat, indem er das Benzoylchlorid in Wasser suspendierte
und das genannte Hydrat unter Schütteln eintrug. Nach seinen
Angaben erhielt er auf diese Weise 65% Ausbeute. Erlen-
meyer?) ging vom Benzaldehyd aus, indem er dasselbe mit Essig-
säureanhydrid und Sand mischte, eine Methode, die, wie die eben
erwähnten, nur mehr historisches Interesse hat. Im Jahre 1894
veröffentlichten von Pechmann und Vanino eine andere
Methode zur Darstellung mittels Benzoylchlorid, Natronlauge und
Wasserstoffsuperoxyd, deren sich auch von Baeyer und
Villiger bei ihren interessanten Arbeiten bedienten, und welche
meist als Grundlage für die späteren Darstellungsweisen diente.
Die Reaktion verläuft bei dieser Reaktion nach folgender Gleichung:
C,H;COC1 NaOH H-0 C;H;C0.0
+ + | = + 2NaCl+ 2H30.
C;H,COCIl NaOH H—O (,H,C0.0O
Später benutzten Vanino und E. Thiele?) das Natrium-
superoxydhydrat, indem sie z. B. 20 g Natriumsuperoxyd in 150
bis 200 cem auf 0° abgekühltem Wasser lösten und in die Lösung
50 g Benzoylchlorid unter fortwährendem Umrühren eintrugen.
Auch Nenki und Zaleski?) wandten bei der Darstellung des
Benzoperoxydes das Natriumsuperoxyd an. In ähnlicher Weise
experimentiertte A. L. Loewenhart. Stephan Gam-
barjan?) gewinnt es, indem er 100 g Benzoylchlorid mit dem
doppelten Volumen Aceton versetzte und die Mischung unter
Turbinieren und Kühlen mit Eis zu einer Auflösung von 40 g
Natriumsuperoxyd in 400 g Eiswasser zutropfen ließ. N.Pribes-
hajew°) endlich, der sich ebenfalls mit der Darstellungsweise
mittels Natriumsuperoxyd beschäftigte, bemerkt, daß die Ausbeute
bis zu 100° von einem rationellen Rühren abhängig ist, wobei ein
Zusammenbacken des gebildeten Produktes zu vermeiden ist.
Unsere Versuche waren nun zuerst darauf gerichtet, die ver-
schiedenen Arbeitsmethoden auf ihre Ausbeuten zu prüfen, da die
1) Monatsh. 7 (1886), 522; Anm.
2) Ber. 27 (1894), 1959.
3) Ber. 29 (1896), 1724.
4) Ztschr. physiol. Chem. 27 (1899), 487
5) Ber. 42 (1909), 4003.
6) Journ. russ. physiol. Ges. 42 (1910), 1387,
428 L. Vanino u. F. Herzer: Benzoperoxyd.
Angaben hierüber ziemlich stark auseinandergehen. , Wie schon
erwähnt, gb Sonnenschein 65% Ausbeute an, von Pech-
mann und Vanino erhielten 70%, von Baeyer und
Villiger, welche das Produkt nicht aus Alkohol umkrystalli-
sierten, sondern in Chloroform lösten und mit Methylalkohol
fällten, bezeichnen die Ausbeute so gut wie quantitativ. Stephan
Gambarjan erhielt 71%, und nach Pribeshaje w’s An-
gaben war die Ausbeute nach seinem Verfahren ebenfalls quantitativ.
Versuche in bezug auf die Ausbeuten ‚ergaben nur geringe
Abweichungen in den angegebenen Zahlen; nur; bei Anwendung
des technischen Benzoylchlorids zeigten sich ziemliche Differenzen
in den Methoden selbst. ‚So ergab z. B: die v. Peehmann-
Vaninmosche Methode beim reinen Benzoylchlorid nahezu 85%,
beim technischen dagegen 74,4%.
Es wurden ferner auch Versuche. mit Neditiumpsrkhras ge-
macht. Dasselbe reagiert bekanntlich mit Wasser unter Bildung
von Wasserstoffdioxyd. ‚Der Vorgang kann durch folgende ‚einfache
Gleichung dargestellt werden:
NaBO, + H,0 = NaBO, + H,0,.
Es ergibt sich also, da das genannte Perborat mit vier Wasser
krystallisiert, das Verhältnis 154 : 281. Wie. vorauszusehen'\war,
gelang es, auf diese Weise Benzoperoxyd darzustellen, jedoch. war
die Ausbeute nicht zufriedenstellend.. Sie‘ betrug nur, 30% der
Theorie,
Eigenschaften des Benzoperoxydes.
Das Benzoperoxyd ist ein schön krystallisierender Stoff, der
in reinem Zustande einen etwas an Chlorkalk erinnernden Geruch
besitzt. In Wasser ist es so gut wie unlöslich. ‘Spuren scheinen
sich in demselben zu lösen, da eine ‘alkalische verdünnte Gold-
chloridlösung von demselben zu kolloidem Gold wird. Aus Alkohol,
Essigester, Chloroform und Schwefelkohlenstoff ist: es unkrystalli-
sierbar, da es von diesen Lösungsmitteln nur in der Wärme auf-
genommen wird. Aceton, Aether, Eisessig, Benzol, Toluol, Nitro-
benzol und Pyridin lösen den Körper auch in der Kälte in ziem-
lichen Mengen auf, während er in Methylalkohol, . Benzin und
Gasolin nur schwer löslich ist; auch von Petroleum wird er in der
Wärme leicht aufgenommen und krystallisiert in der Kälte wieder
aus. Zur Reindarstellung eignen sich insbesondere, wie oben an-
gegeben, Aethylalkohol, Essigester, Chloroform ‚und Schwefel-
kohlenstoff; in sehr reiner Form erhält man die Substanz auch,
L. Vanino u. F. Herzer: Benzoperoxyd. 429
wenn, man dieselbe in Chloroform!) löst und mit Methylalkohol
daraus ausfällt. Die Krystalle, die aus Alkohol und Essigester
ausfallen, sind prismatisch, während sie in Chloroform und Schwefel-
kohlenstoff eine mehr gedrungene Gestalt annehmen und deutlich
ihre Zugehörigkeit zum rhombischen System erkennen lassen.
Ueber ihre physikalischen Eigenschaften machte seinerzeit
Brodie?) nähere Mitteilungen.
Der Schmelzpunkt des Benzoylsuperoxydes wird verschieden
angegeben, was wohl davon herkommen mag, daß es bei dieser
Substanz von wesentlichem Einflusse ist, ob man langsam oder
rasch erhitzt. Brodie?) gibt 103,50 an, ebenso Pechmann
und Vanino?); nach Baeyer und Villiger*) schmilzt das
nach ihrer Methode umkristallisierte Produkt bei 106—108°. Bei
erneuten Versuchen, die wir in bezug auf den Schmelzpunkt
unternahmen, zeigte ein zweimal aus Alkohol umkrystallisiertes
und mit Aether gewaschenes Produkt einen Schmelzpunkt
von 104—105°.
Beim Erhitzen in der Flamme verpufft das Benzoper-
oxyd, eine Eigenschaft, die es mit allen bis jetzt dargestellten
Vertretern dieser Körperklasse teilt, und die bei einigen, wie
beim Acetyl-, Suceinyl-, Phthalylperoxyd und anderen, schon
bei geringem Druck zutage tritt. Dieses Verpuffen kann man be-
deutend lebhafter gestalten, wenn man gewisse sauerstoffabgebende
Mittel zusetzt. So zeigt ein Gemisch von Benzoperoxyd mit
feingepulvertem Kaliumpermanganat beim Erhitzen im Reagenz-
rohr eine lebhafte Flammenerscheinung, ebenso wenn man statt
des Permanganats Natriumsuperoxyd anwendet; dagegen ist
bei Anwendung von Kaliumnitrat oder Kaliumchlorat die Ver-
puffung nicht heftiger als ohne Zusatz; auch wenn man durch
Zugabe von Braunstein die Zersetzung des Kaliumchlorates zu
erleichtern sucht, erhält man keine kräftigere Wirkung. Ebenso
erwiesen sich Baryumsuperoxyd, Baryumchlorat, Kaliumbromat
und Kaliumjodat ohne Einfluß auf die Heftigkeit der Zersetzung
des. Superoxyds.
Eine sehr kräftige Reaktion tritt ein, wenn man das Benzo-
peroxyd mit Cyankali?®) mischt; beim Erhitzen explodiert das
Gemenge mit starkem Knall.
1) Ber.. 33 (1900), 1575.
?) Ann. III., Suppl. 207.
®) Ber. 27 (1894), 1510.
4) Ber. 33 (1900), 1575.
5) Ber. 30 (1897), 2003.
430 L. Vanino u. F. Herzer: Benzoperoxyd.
Die explosionsartige Zersetzung des Benzoperoxyds durch
Wärmezufuhr kann man mäßigen, wenn man dasselbe in fein-
verteiltem Zustande mit Sand!) mischt: unter diesen: Umständen
geht die Zersetzung des Körpers sehr ruhig von statten, und es
wird Kohlensäure dabei entwickelt.
Während die anorganischen Superoxyde leicht mit Salzsäure
unter Chlorentwickelung reagieren, ist die große Beständigkeit des
Benzoperoxyds und anderer organischer Superoxyde gegenüber
diesem Reagens sehr bemerkenswert. Weder beim. Kochen ‚mit
der konzentrierten Säure bei gewöhnlichem Druck, noch bei
erhöhtem Druck und gesteigerter Temperatur konnten wir. eine
Einwirkung der Säure auf das Superoxyd nachweisen. ‘Um die
Wirkung der Salzsäure bei hohem Druck und, hoher Temperatur
festzustellen, schlossen wir 0,4 g der Substanz mit 5 ccm der kon-
zentrierten Säure im Bombenrohr ein und erhitzten. zuerst zwei
Stunden auf 120°, dann drei Stunden auf 150° und endlich fünf
Stunden auf 200°: beim Oeffnen der Röhre konnten wir in keinem
Falle den Geruch von Chlor wahrnehmen; das Benzoperoxyd
war nur an einigen Stellen infolge geringer Verkohlung bräunlich
gefärbt. Ebenso beständig erwies sich dasselbe, wie vorauszusehen
war, gegen Fluorwasserstoffsäure; auch hier konnte ich eine Oxy-
dationswirkung nicht feststellen. Dagegen reagiert das Superoxyd
mit Bromwasserstoffsäure und besonders leicht mit Jodwasserstoff-
säure. Wenn man zu einer wässerigen Lösung von Bromkali oder
Jodkali feinverteiltes Benzoperoxyd zugibt und einige Zeit stehen
läßt, so bemerkt man zunächst bei der Jodkalilösung eine schwache
Gelbfärbung infolge Jodausscheidung; die Bromkalilösung dagegen
bleibt in der Kälte farblos und erst in der Wärme tritt schwache
Bromabscheidung ein. Beide Reaktionen gehen auf diese Weise
nur äußerst langsam und unvollständig von statten; man kann
sie aber beschleunigen, insbesondere beim Jodkali, wenn man
Alkohol oder Aceton zugibt, die auf das Benzoperoxyd lösend ein-
wirken. Auf diese Weise gehen beide Reaktionen bei mäßigem
Erwärmen bedeutend rascher von statten und besonders die Jod-
abscheidung wird nach kurzer Zeit eine quantitative, so daß sie
als Grundlage zu einer maßanalytischen Bestimmung des Benzo-
peroxyds dienen kann. Darüber wird in einem'späteren Abschnitt
zu berichten sein.
Während also die Halogenwasserstoffsäuren, sofern sie über-
haupt auf den Körper einwirken, durchaus keine stürmischen
?) Ann. III., Suppl. 208.
L. Vanino u. F. Herzer: Benzoperoxyd. 431
Reaktionen zeigen, gestaltet sich das Verhalten der konzentrierten
Schwefelsäure gegenüber demselben bedeutend lebhafter. Wirft
man trockenes Benzoperoxyd auf die konzentrierte Säurel), so
tritt unter starkem Erwärmen ein lebhaftes Verpuffen ein und
die Flüssigkeit nimmt unter Kohleabscheidung eine grüne Färbung
an. Verdünnt man die konzentrierte Säure mit demselben Volumen
Wasser, so löst sich das Peroxyd ohne weiteres darin auf.
Verdünnte Salpetersäure zeigt auch bei mäßigem Erwärmen
keine Einwirkung, während bei höherer Temperatur die Substanz
sich verflüssigt und eine Explosion eintritt. Dagegen wird sie leicht
von der konzentrierten rauchenden Säure aufgenommen unter
Bildung von m-Nitrobenzoylperoxyd. Die Nitrierungsprodukte des
Benzoperoxyds sollen weiter unten besprochen werden.
Schon aus dem indifferenten Verhalten der Substanz gegen-
über der konzentrierten Salzsäure läßt sich ersehen, daß erstere
weit beständiger ist, als man im Hinblick auf ihre Superoxydnatur
erwarten sollte. Auch aus dem Verhalten gegen andere Reagentien
tritt deutlich zutage, daß sie verhältnismäßig schwer ihren verfüg-
baren Sauerstoff abgibt; so tritt die Entfärbung von Permanganat,
wenn man eine verdünnte Lösung dieses Salzes mit Benzoperoxyd
kocht, nur sehr langsam ein; leichter geht die Reaktion von statten,
wenn man das Peroxyd in mäßig konzentrierter Schwefelsäure
löst und nach Zugabe einiger Tropfen Permanganatlösung schwach
erwärmt; vielleicht beruht die Entfärbung in diesem Falle auf
Anwesenheit von freiem Wasserstoffsuperoxyd, das sich beim
Lösen des Benzoperoxyds in der Säure gebildet hat; daß in der
Tat ein solcher Vorgang stattfindet, kann man aus der Tatsache
schließen, daß eine Lösung der Substanz in mäßig konzentrierter
Schwefelsäure mit Titanschwefelsäure die bekannte rotgelbe Färbung
gibt, die als Reagens auf freies Wasserstoffsuperoxyd dient. Aller-
dings konnten wir die andere Reaktion auf H,O,, die auf der
Bildung der Ueberchromsäure beruht, in diesem Falle nicht be-
kommen.
Des weiteren suchten wir salpetrige Säure auf das Benzo-
peroxyd einwirken zu lassen. Wir gingen in der Weise vor, daß
wir eine Suspension von feinverteiltem Peroxyd in angesäuerter
Natriumnitritlösung mehrere Stunden unter guter Eiskühlung
stehen ließen; auch in diesem Falle zeigte die Substanz eine große
Beständigkeit, denn es konnte keinerlei Einwirkung festgestellt
werden.
ı) Ber. 30 (1897), 2004.
432 L. Vanino u. F. Herzer: Benzoperoxyd.
Verhalten gegen Reduktionsmittel.
Reduktionsmittel, wie schweflige Säure und, unterphosphorige
Säure, ließen auch nach längerer Behandlung in der Kälte wie in
der Wärme den Körper unverändert. Geringe Reduktionswirkungen
zeigen sich bei Anwendung von Natriumamalgam, ferner wenn man
mit Salzsäure und Zinkstaub kocht: in beiden Fällen kann man
eine teilweise Reduktion zu Benzoesäure nachweisen; vertauscht
man in letzterem Falle die Salzsäure gegen Eisessig, in welchem
das Benzoperoxyd leicht löslich ist, so geht die Reduktion be-
deutend leichter von statten. Sehr leicht läßt sich dagegen dem
Körper der labile Sauerstoff entziehen durch Behandeln mit Zinn-
chlorür: wenn man zu einer alkoholischen Lösung der Substanz
etwas Zinnchlorürlösung gibt und erwärmt, so tritt glatte Reduktion
ein. Eine andere Methode das Benzoperoxyd zu Benzoesäure zu
reduzieren, haben Willstätter und Hauenstein!) an-
gegeben; sie ließen nämlich Wasserstoff unter dem katalytischen
Einfluß von Platin auf die Substanz einwirken, und es gelang ihnen
auf diese Weise dasselbe quantitativ zu Benzoesäure zu reduzieren.
Auch an einigen organischen Reduktionsmitteln suchten wir
die Reaktionsfähigkeit des Körpers festzustellen. Läßt man auf
denselben Formaldehyd!) in alkalischer Lösung einwirken, so kann
man die Entwickelung von Kohlensäure nachweisen; wenn man
statt des Formaldehyds Chloralhydrat anwendet, so läßt sich auch
hier eine Oxydationswirkung feststellen. Experimentiert man zu
diesem Zwecke mit 4 g Chloralhydrat in wässeriger Lösung und
20,5 g Benzoperoxyd drei Stunden am Rückflußkühler, so sammelte
sich am Boden des Kölbchens allmählich ein rotgelbes Oel an, das
beim Erkalten fest wurde und sich nach der. Trennung von der
Flüssigkeit als Benzoesäure, die durch teilweise verharztes Benzo-
peroxyd gefärbt war, erwies. Außerdem ließ sich der Geruch von
Chloroform und die Entwickelung von Kohlensäure nachweisen.
Man kann sich den Verlauf der Reaktion so vorstellen, daß das
Chloralhydrat zu Trichloressigsäure oxydiert wurde und diese
dann weiterhin durch das Kochen in wässeriger Lösung in Chloro-
form und Kohlensäure zerfällt. Eine genauere Untersuchung der
Reaktionsprodukte bei diesem, wie bei anderen Versuchen wurde
nicht ausgeführt, da es uns nur darauf ankam, festzustellen, ob
eine De enrluse eintrat.
Bei mäßigem Erwärmen von Glycerin mit der Substanz
kann man deutlich Aldehydgeruch wahrnehmen, bei stärkerem
1) Ber. 30 (1897), 2003.
L. Vanino u. F. Herzer: Benzoperoxyd, 433
Kirhitzen über freier Flamme tritt plötzlich unter starkem Knall
und Rauchentwickelung eine heftige Reaktion ein.
Eine weitere Reaktion, die. ebenfalls auf der, Oxydations-
fähigkeit des: Benzoperoxyds beruht, haben seinerzeit Vanino
und Thiele!) angegeben; sie; versetzten nämlich ätherische
Phenylhydrazinlösung mit Benzoperoxyd; unter Erwärmung und
Stickstoffentwickelung trat bald die Lösung desselben ein, und
nach «dem ‚ Verdunsten des Aethers, krystallisierten zwei Körper
aus, von denen der eine sich als Benzoesäure erwies, während der
andere durch die Elementaranalyse als Monobenzoyiphenylhydrazin
identifiziert, wurde, ‘Auch, Hydroxylamin wird durch, den Körper
zu Stickstoff oxydiert; ferner erhält man eine Stickstoffentwickelung,
wenn man.alkoholisches Ammoniak einwirken läßt; als Endprodukt
erhält man hier; benzoesaures Ammoniak; die Reaktion geht jeden-
falls in der Weise vor sich, daß zunächst das Ammoniak zu Stickstoff
oxydiert wird; das dabei entstehende Wasser verseift das über-
schüssige Benzoperoxyd zu Benzoesäure und diese vereinigt sich
mit dem noch nicht oxydierten Ammoniak zu dem Salz.
Des weiteren ließen wir einige organische .Säuren auf ‚das
Benzoperoxyd einwirken; dabei zeigte sich, wieder. die, große
Beständigkeit desselben, als wir die Substanz mit Ameisensäure
behandelten. , Obwohl doch. diese Säure bekanntlich eine ziemlich
große Reduktionskraft besitzt, vermochte sie doch nicht die
Substanz zu verändern; vielmehr: wird ‚dieselbe in großen Mengen
von der Säure gelöst und auch nach längerem Kochen in der Kälte
unverändert ‚wieder abgeschieden.|;, Auch Oxalsäure und Zitronen-
säure zeigten nach dem Kochen in wässeriger, oder alkoholischer
Lösung mit der Substanz keine Einwirkung auf dieselbe.
So beständig sich auch das. Benzoperoxyd in vielen Fällen
gegen Oxydations- und ‚Reduktionsmittel zeigt, so ist es anderer-
seits doch sehr leicht, ihm den labilen Sauerstoff zu entziehen,
nämlich wenn man es mit Kali- oder Natronlauge kocht: in diesem
Falle zerfällt es glatt zu 'Benzoesäure, bzw. zu benzoesaurem Alkali
und Sauerstoff; noch leichter. vollzieht.sich diese Reaktion, wenn
man statt der wässerigen Lauge alkoholische., Lauge , anwendet;
man braucht dann nur gelinde zu erwärmen, um die ‚Zersetzung
des Körpers unter, kräftiger Sauerstoffentwickelung zu bewirken.
Der Vorgang läßt sich durch folgende Formel veranschaulichen:
CH,00—O,.
UF 4KON < 4CH,C0O0K +2 H,0 + ©..
C.H,CO
ı) Ber. 29 (1896), 1725.
Arch. d. Pharm. CULIIT. Bds. 6, Heft. 28
434 L. Vanino u. F. Herzer: Benzoperoxyd.
Benzoperoxyd als Schwefel verdrängendes Mittel.
In neuerer Zeit hat der eine von uns im Verein mit
A. Scehinnert!) gezeigt, daß mittels des Benzoperoxyds ge-
schwefelten Ketonen und ähnlichen Thiokarbonylverbindungen der
Schwefel auch entzogen werden kann. Zu diesen Versuchen wählten
sie zunächst den Thioharnstoff als Untersuchungsobjekt; es zeigte
sich dabei, daß bei Anwendung höherer Temperatur die Ent-
schwefelung des Thioharnstoffs nahezu quantitativ ist. Um zu
untersuchen, ob sich diese Eigenschaft des Benzoperöxyds auch
auf Substitutionsprodukte des Thioharnstoffs erstrecke, unter-
warfen wir o- und p-Tolylsulfoharnstoff der Behandlung mit dem-
selben, indem wir die alkoholische Lösung des Superoxyds mit der
entsprechenden Menge der geschwefelten Verbindung zusammen-
gaben und mehrere Tage stehen ließen. Auch hier konnte die
Schwefelabscheidung sofort bei der Mischung der beiden Kom-
ponenten in beiden Fällen beobachtet werden, und nach Ablauf
von 14 Tagen hatten sich am Boden der Gefäße schöne rhömbische
Schwefelkrystalle ausgeschieden. Auch Diphenylsulfoharnstoff
läßt sich auf diese Weise entschwefeln.
Wir versuchten nun auch auf eine anorganische Schwefel-
verbindung diese Eigenschaft des Peroxydes auszudehnen
und wählten hierzu das Natriumthiosulfat. Es zeigte sich dabei,
daß die Entschwefelung in wässeriger Lösung nicht gelinst,
schmilzt man dagegen das Thiosulfat in seinem Krystallwasser
und gibt Benzoperoxyd zu, so tritt nach kurzer Zeit kräftige
Schwefelabscheidung ein. Da diese Reaktion sich jedoch erst bei
höherer Temperatur einstellt, so kommt es leicht vor, daß das
noch überschüssige Peroxyd unter Verpuffen sich zersetzt; es ist
daher sehr schwierig, diese Reaktion nach ihrer quantitativen
Seite zu untersuchen, und sie hat daher nur experimentelles
Interesse.
Weitere, in der Literatur sich findende Reaktionen
des Benzoperoxyds.
Von hohem Interesse sind noch einige andere in der Literatur
bereits bekanntgegebene Reaktionen. So haben Baeyer und
Villiger?), die sich ebenfalls mit ihm beschäftigten, die inter-
essante Beobachtung gemacht, daß bei der Behandlung der
ätherischen Lösung des Peroxyds mit Natriumalkoholat das
1) Ber. 47 (1914), 699.
2) Ber. 33 (1900), 1575.
L. Vanino u. F. Herzer: Benzoperoxyd. 435
Natriumsalz der Benzopersäure ausfällt, während Benzoesäure-
äthylester in Lösung bleibt:
C,H,C0--0 S
| n Na0C;H, = C,H,C0O—0—ONa 1 C,H,CO0CsH,.
C,H,C0—O
E. Lippmann!) benutzte das Benzoperoxyd bei der Ab-
spaltung von Wasserstoff bei den aromatischen Kohlenwasserstoffen.
Er erhitzte Benzol mit Benzoperoxyd im Bombenrohr auf 100 bis
140° und erhielt dabei Kohlensäure, Benzoesäure und Diphenyl:
C;H;C0—0O CH;
| + CH = CH;COOH + CO, + |
C,H,;CO (6) C,H;
St. Gambarjan?) löste Benzoperoxyd in Chloroform
und ließ darauf Diphenylamin einwirken; er erhielt auf diese
Weise N-Benzoyl-o-oxydiphenylamin.
Ueber die Nitrierung des Benzoperoxyds.
Wie bereits erwähnt, erhält man durch Behandlung von
Benzoperoxyd mit rauchender Salpetersäure das m-Nitrobenzoyl-
superoxyd. Diese Verbindung wurde zuerst von Brodie?) be-
schrieben. Er stellte es dar, indem er Benzoperoxyd mit der
genügenden Menge von Salpetersäure vom spezifischen Gewicht
1,505 übergoß und 24 Stunden stehen ließ. Eine Methode, die
weniger Zeit in Anspruch nimmt, hat Vanino‘) angegeben. Er
gibt in kalte, konzentrierte Salpetersäure Benzoperoxyd in
genügender Menge und erwärmt etwa dreiviertel Stunden auf dem
Wasserbad. Die Reaktion verläuft gefahrlos und unter starker
Gasentwickelung. Nach dem Erkalten fällt das Nitroprodukt
durch Zugabe von viel Wasser aus.
Beide Methoden unterzogen wir nochmals einer Unter-
suchung, da in der Literatur bezüglich der Ausbeuten usw.
keinerlei Angaben vorhanden sind. Bei der Arbeitsweise von
Brodie erhielten wir aus 10 g Benzoperoxyd 5,7 g reines
Nitroprodukt, d. h. 42% Ausbeute. Darauf wandten wir die
Vanino’sche Methode an, konnten jedoch mit der reinen kon-
zentrierten Salpetersäure keine befriedigenden Resultate erzielen:
der mit Wasser entstehende Niederschlag enthielt zum größten
!) Ber. 19 (1886), 744.
2) Ber. 42 (1909), 4008.
®) Ann. III., Suppl. 209.
4) Ber. 30 (1897), 2004.
15)
nn
*
436 L. Vanino u. E. Herzer: Benzoperoxyd.
Teil Benzoesäure bzw. Nitrobenzoesäure, während Nitrobenzo-
peroxyd nur in geringer Menge sich vorfand, Um die, Ausbeute
zu verbessern, versuchten wir die rauchende Säure, und erhielten
auf diese Weise gute Resultate. Der Arbeitsgang; gestaltet sich
am besten folgendermaßen: 10 g Benzoperoxyd gibt man in
kleinen Mengen zu 150 ccm der rauchenden Säure, wobei man
jedesmal gut umschüttelt und wartet bis sich alles gelöst 'hat;
das Peroxyd löst sich leicht und unter starker Entwickelung von
Stickoxyden auf. Wenn man in’ kleinen Mengen’ zusetzt, so ist
die Erwärmung nicht zu stark, so daß ein Abkühlen nicht, not-
wendig ist. ‘Wenn alle Substanz zugegeben ist, läßt man er-
kalten und gießt dann das Reaktionsgemisch in dünnem Strahl
unter stetem Umrühren in etwa 1 Liter ‘mit Eisstücken
versetztes Wasser, wobei ein gelblicher Niederschlag entsteht,
der sich meistens zu harten Brocken . zusammenballt.” Man
läßt einige Zeit stehen, filtriert ab und kocht den Rück-
stand, nachdem man ihn mit einem Pistill zerdrückt hat, mit
heißem Wasser mehrmals aus, um die nebenbei entstehende Benzoe-
säure und Nitrobenzoesäure zu entfernen. Der Rückstand wird
auf Ton im Exsikkator getrocknet und aus Essigester um-
krystallisiert. Man erhält so das m-Nitrobenzoperoxyd im feinen
Nädelchen, die bei 139—140° unter Zersetzung schmelzen. Die
Ausbeute beträgt bei dieser Methode etwa 50% der Theorie.
Wenn man statt der rauchenden Salpetersäure allein ein
Gemisch derselben mit konzentrierter Schwefelsäure anwendet,
eine Arbeitsweise, die seinerzeit von Vanino und Uhlfelder‘)
angegeben wurde, so kann man die Ausbeute bis zu 65% steigern.
Hier muß man besonders auf gute Kühlung achten, vor allem zu
Anfang, da sonst die Reaktion leicht einen explosionsartigen
Verlauf nimmt. Die Arbeitsweise ist sonst die gleiche wie oben.
Das p-Nitrobenzoperoxyd erhält man bekanntlich durch Ein-
wirkung von Wasserstoffsuperoxyd auf p-Nitrobenzoylchlorid bei
Gegenwart von Pyridin?). Hier erhielten wir 52% Ausbeute. Die
Darstellung geht recht glatt von statten.
Analytisches über das Benzoperoxyd.
Benzoperoxyd reduziert Goldlösungen und scheidet aus Jod-
kalium Jod aus. Diese Eigenschaften hat es mit Wasserstoff-
superoxyd und anderen Peroxyden gemein. Eine" spezifische
1) Ber. 33 (1900), 1046.
2) Ber. 33 (1900), 104€.
L. Vanino u. F. Herzer: Benzoperoxyd. 437
Reaktion des Benzoperoxyds tritt nach L. Golodetz ein, wenn
man dasselbe mit konzentrierter Schwefelsäure und Formaldehyd
behandelt: es’tritt Rotfärbung auf. Diese Reaktion kann zum
Nachweis von Formaldehyd benutzt werden. Gibt man nämlich
einige Körnehen Benzoperoxyd in 10-12 Tropfen konzentrierte
Schwefelsäure, so zersetzt es sich unter Verpuffen und Bildung
von weißen Dämpfen, und es tritt ein Geruch von Benzophenon
auf.’ Die so erhaltene Mischung färbt sich auf Zusatz von wenig
Formaldehydlösung sofort beständig blutrot. Wasser bringt die
Färbung zum Verschwinden. Die beschriebene Farbenerscheinung
ist sehr empfindlich, so daß. sie sich noch mit einer 0,04%igen
Formaldehydlösung erkennen läßt.
Ferner läßt sich das Benzoperoxyd nach einer Mitteilung
aus E. Merck’s Jahresberichten (1909) auch zum Nachweis von
Cholesterin verwenden... Das Verfahren ist folgendes: Eine Lösung
von einigen. Milligrammen Cholesterin in 2—3 ccm Eisessig wird
mit; einigen Körnchen Benzoperoxyd versetzt und einmal auf-
gekocht. Sobald sich das Gemisch abgekühlt hat, gibt man einige
Tropfen konzentrierter Schwefelsäure zu, die sich am Boden des
Reagenzglases ansammeln und eine blauviolette bis. blaugrüne
Farbe annehmen.
Ueber eine neue quantitative Bestimmung des Benzoperoxyds.
Ueber ‚eine quantitative Bestimmung des Benzoperoxyds
finden sich in der. Literatur noch keine Angaben. Wir suchten
daher eine Methode ausfindig zu machen, die es erlaubt, dasselbe
schnell und sicher quantitativ zu bestimmen. Am nächsten kamen
wir. diesem Ziele bei der Anwendung der jodometrischen Methode.
Uebergießt man feinverteiltes . Benzoperoxyd mit Jodkali-
lösung und läßt stehen, so tritt nach einiger Zeit schwache Gelb-
färbung ein. Diese Reaktion verläuft jedoch, wie schon oben
erwähnt wurde, unter diesen Umständen so langsam, daß selbst
nach tagelangem Stehen die Jodausscheidung nur eine geringe,
geschweige denn eine quantitative ist; auch durch Erwärmen
wird die Reaktion nur wenig heschlemniat. Sobald man aber ein
Lösungsmittel zugibt, das mit Wasser mischbar ist und lösend
auf das Benzoperoxyd einwirkt, also z. B. Alkohol, so erfolgt nach
kurzer Zeit starke Jodausscheidung. Im Hinblick auf dieses Ver-
halten geht man bei dieser Bestimmungsweise folgendermaßen vor:
Man wägt 0,2—0,3 g trockenes, vollkommen reines Benzoperoxyd
mittels eines Wägegläschens in einen kleinen Erlenmeyer ab, gibt
10—15 cem Alkohol hinzu und erwärmt kurze Zeit auf dem Wasser-
438 L. Vanino u. F. Herzer: Benzoperoxyd.
bad, bis sich alles gelöst hat. Dann setzt man eine überschüssige
Menge Jodkalilösung zu und säuert schwach an. Die. Jodkali-
lösung soll nicht zu verdünnt sein, da sonst leicht ein Teil des
Benzoperoxyds aus der alkoholischen Lösung ausfällt; wir ver-
wendeten eine 14-N.-Lösung. Nun erhitzt man das Kölbcehen
noch vier Minuten auf dem Wasserbade und läßt dann erkalten;
nach einer halben Stunde kann man dann mit einer frisch ein-
gestellten Thiosulfatlösung titrieren. Daß diese Methode recht
genaue Resultate ergibt, läßt sich aus folgenden Angaben von
zehn Titrationen ersehen:
Analyse No. 1 ur TIR IV. BvR \"
Abgewogen Gramm . . . 0,1611 0,1735 0,1851 0,1817 0,1906
Gefunden Gramm . . . . 0,1608 0,1734 0,1850 0,1818 0,1901
Progehtit inf za. bern ht 99,94 99,95 100,1 99,74
Analyse No. VI. VII. vIM. IX. Br
Abgewogen Gramm . . . 0,1771 0,1777 0,2032 0,1961 0,1716
Gefunden Gramm . . . . 0,1771 0,1776 0,2026 0,1961 0,1713
Prozent Fur IETENF BEN EAHALOO 99,94 99,85 100 99,82
Im Mittel wurden also 99,94 des abgewogenen Benzoperoxyds
durch die Titrationen gefunden.
Auch mit Kaliumpermanganat versuchten wir das Benzo-
peroxyd zu titrieren, jedoch Konnten wir bei diesen Versuchen
keine befriedigenden Resultate erhalten.
Endlich zogen wir noch die Methode der Benzoylbestimmung
von A. W. van der Haar!) zum Vergleich heran. Sie beruht
auf der Verseifung der Benzoylderivate mit alkoholischer Kali-
lauge und Wägung der entstandenen Benzoesäure. Diese Ver-
seifung geht bei dem Benzoperoxyd, wie schon erwähnt, sehr glatt
von statten und es bieten sich in dieser Hinsicht keine Schwierig-
keiten. Freilich gelingt es nach unserer Ansicht nicht, mit dieser
Methode in unserem Falle so genaue Resultate zu erzielen, wie
auf dem maßanalytischen Wege, ganz abgesehen davon, daß sie
verhältnismäßig umständlich und zeitraubend ist. Jedoch sind
die auf diesem Wege erhaltenen Resultate einwandfrei.
Zwei Versuche ergaben folgende Zahlen:
Analyse No. R ra
Abgewogenes Benzoperoxyd, Gramm . . 0,3980 0,4251
Gefundene Benzoesäure, Gramm . . . . 0,3994 0,4266
Gefundenes Benzoperoxyd, Gramm . . . 0,3958 0,4227
PIDROER a a 2 Ve 99,43
1) Dieses Archiv 252, 205.
L. Vanino u. F. Herzer: Benzoperoxyd. 439
\ Ueber die Verwendung des Benzoperoxyds.
Ueber die Verwendung des Benzoperoxyds in technischer,
physiologischer und medizinischer Hinsicht liegen verschiedene
Angaben vor.
In der Technik hat sich das Benzoperoxyd vor allem als öl-
bleichendes Mittel bewährt. Der Vorteil des Verfahrens liegt darin,
daß sich bei der Bleichung kein Niederschlag bildet und deshalb
Oelverluste vermieden werden können. Das entstandene Anhydrid
soll vollkommen unschädlich sein und kann mit Wasserdampf als
Benzoesäure abgetrieben werden. Um einen Effekt zu erzielen,
sind nach Dr. Lüdecket) auffallend geringe Mengen (0,1—0,2%)
verwendbar. Nur Palmöl erfordert 0,4%. Die Lösung des Per-
oxyds in Fett gelingt bei 70—80°C.; das Fett wird dann auf
95—100° C. erwärmt und 15—20 Minuten, oft auch schneller, ist
die Bleichung vollendet. Erdnußöl, Maisöl, Olivenöl, Senföl und
Sesamöl lassen sich damit gut bleichen. Leinöl wird bei Behand-
lung mit Benzoperoxyd braunrot. Ein solches Leinöl besitzt einen
hübschen Bronzeton; es ist zwar für die Seifenindustrie nicht
verwendbar, dagegen sehr brauchbar zur Herstellung von Lacken
und Farben. Rührt man mit diesem Oel eine weiße oder eine
andere fette Farbe an, so tritt ein besonders weißer Ton ein und
die Brillanz der Farbe nimmt zu.
Das grüne Sulfuröl schlägt, mit 0,2% Benzoperoxyd behandelt,
seine Farbe in Braun um. Die daraus hergestellten Seifen sind hell-
braun, heller als die aus mit Dichromat gebleichtem Sulfuröl her-
gestellten Seifen. Setzt man eine mit Benzoperoxyd behandelte
Seife dem Licht und der Luft aus, so wird sie vollständig weiß, und
ist dann nicht mehr zu unterscheiden von der besten Olivenölseife.
Auch für Talg und tierische Fette empfiehlt sich diese Art von
Bleichung, wobei das Präparat auch noch eine desodorierende
Wirkung ausübt.
Das Superoxyd wird unter dem Namen ‚„Lucidol‘“ von den
„Vereinigten Chemischen Werken‘ zu Charlottenburg in den
Handel gebracht. Auch als Zusatz zu Toiletteseifen ist das
Benzoperoxyd schon versucht worden, ebenso als haarbleichendes
Mittel.
Die ersten Versuche über die physiologische Wirkung des
Körpers stellte Dr. Hellin?) aus Petersburg an. Diese Versuche
ergaben, daß Dosen von 8 g Benzoperoxyd für Hunde und
1!) Neueste Erfindungen und Erfahrungen 38 (1911), 74.
2) Pharm. Zentralh. 40 (1899), 210.
440 L. Vanino u. F.: Herzer: Benzoperoxyd,
Kaninchen ungiftig sind.‘ Später beschäftigte sich Dr. ©. Frey‘)
mit der keimtötenden Kraft des Stoffes. Aus nachstehender Tabelle
sind die erhaltenen Resultate ersichtlich.
Benzoylsuperoxyd tötet ab:
Nach einem Zeitraum von . i 5’| 10’
I
15°
20’. 30°) 40° | 507
0010
Milzbrandsporen. ... . .... .|.— |.— a —ih gen.) rel TER
Milzbrandbazillen . . . . .„.|—|—|—|
Diphtheriebazillen .D .... 1X 1x | 7% a Op
Streptokokken
Bakt. col..\eommtmit. AganıaginjfeHufzun Ze Ram BI EINE N
Bac. pyocyan. Eat. rl Barbaren
Bae. prodigiosus ... „5. „|
Bac. proceus mirabilis. .....| X
Ha EN
x x ja bh) bl
(Der Strich bedeutet keine Einwirkung, x Wachstumshemmung,
ja = Abtötung.) et b
In der Medizin wurde es zuerst von A. G. Loewennhart?)
als brauchbares Antiseptikum empfohlen. Bei Brandwunden erwies
es sich als ein schmerzstillendes, wie auch prompt heilendes Mittel,
ebenso bei chronischen Beingeschwüren und bei hochgradig in-
fizierten Wunden. Gute Dienste soll es auch bei Hautkrankheiten
leisten. Bei der innerlichen Darreichung konnte der Autor weder
subjektive noch objektive Symptome beobachten. Das Mittel soll
sich im Organismus in Benzoesäure umsetzen und Harn als Hippur-
säure zum Vorschein kommen. Auch als Fixierungsmittel für die
mikroskopische Technik wurde es von St. Sz&sisi®) empfohlen,
1) Pharm. Zentralh. 40 (1899), 209.
®?) E. Merck’s Jahresberichte XIX. (1905), 39.
83) E. Merck’s Jahresberichte XXVII. (1913), 155.
J. Herzog: Silberbestimmung. 441
Kurze Notiz zur Gehaltsbestimmung organischer
Silberpräparate.
Von J. Herzog.
Laboratorium der Hageda,
Handelsgesellschaft Deutscher Apotheker,
(Eingegangen den 9. X. 1915.)
In dieser Zeitschrift (Jahrg. 1915, 8.42) berichtet F.Lehmann
über obiges Thema. Er erwähnt zunächst die Methode, die auf Ver-
anlassung von E. Rupp durch J. Marsehnert) bearbeitet
und veröffentlicht wurde, und darauf beruht, daß das organische
Silberpräparat nieht nach der immerhin langwierigen Methode des
Arzneibuches durch Verbrennen ‚‚zerstört‘‘ wird, sondern in höchst
einfacher Weise durch Behandlung mittels Schwefelsäure und
Kaliumpermanganat, worauf in demselben Gefäß nach der Zer-
störung auch die Titration vorgenommen werden kann. Sodann
zählt F. Lehmann die große Reihe neuer Methoden auf, die in
letzter Zeit für denselben Zweck vorgeschlagen wurden, und kommt
zu dem Schluß: ‚Von den aufgezählten Vorschlägen besitzt keiner
Vorzüge vor dem Permanganatverfahren.‘
Es dürfte von Interesse sein, daß dieses Urteil von anderer
Seite bestätigt werden kann, um so mehr, als die erwähnten neueren
Vorsehläge verwirrend wirken und das Interesse von dem Per-
manganatverfahren ablenken könnten. Das wäre aber nach meiner
Meinung durchaus zu bedauern, weil das Verfahren von E. Rupp
bei den vielen Silberbestimmungen, die in unserem Laboratorium
auszuführen sind, sich durch seine schnelle, leichte Ausführbarkeit
als wesentliche analytische Erleichterung bewährt hat und den
Ausführenden, der früher nach dem Arzneibuch zu arbeiten gewöhnt
war, gewissermaßen jedes Mal aufs neue befriedigt?).
Zu erwägen wäre noch die Frage, der zur Zerstörung not-
wendigen Kaliumpermanganatmenge. J. Marschner?) schlug
1) Apoth.-Ztg. 1912, S. 887.
?) Uebrigens wird auch Exir. Ferri pomati von uns ausschließlich
nach dem Permanganatverfahren behandelt (siehe Kropat, dieses
Archiv 1913, Heft 2).
s) 1. c.
442 J. Herzog: Silberbestimmung.
zur Zerstörung von 1. g Albumosesilber 2 g Kaliumpermanganat
vor, eine Menge, die Kröber!) als zu hoch bezeichnet.
F. Lehmann erachtet Kröber’s Ansicht an. sich als be-
rechtigt, fügt aber hinzu, daß bei unvorsichtigem Eintragen des
Permanganats nicht unbeträchtliche Mengen Sauerstoff ungenutzt
entweichen können, und daß bei anderen Präparaten 2g Permanganat
gerade ausreichend seien, so daß der Einheitlichkeit wegen zweck-
mäßig ganz allgemein 2 g des Oxydationsmittels hinzuzusetzen
seien. Bei unseren Versuchen hat sich erwiesen, daß ein Ueberschuß
des Kaliumpermanganats nicht allzu wesentlich einwirkt. So verlief
eine Silberbestimmung von Actol im allgemeinen zufriedenstellend,
gleichgültig, ob auf 0,2 g Actol angewendet wurden 0,5 g oder 1
oder 2 g Permanganat. Doch arbeitet es sich wohl leichter und
schneller, wenn die notwendige Menge des Oxydationsmittels nicht
zu sehr überschritten wird. Ich halte es deshalb für empfehlens-
wert, die Originalangaben als allgemeine Vorschrift für sämtliche
Silberpräparate gelten zu lassen und für jedes einzelne Präparat
die geeignetste Menge an Silberpräparat und Kaliumpermanganat
im Laufe der wiederholten Bestimmungen festzustellen.
Zur Ausführung sei noch bemerkt: Die Silberbestimmung
chloridfreier Präparate wird in unserem Laboratorium nach den
Originalangaben ausgeführt. Nur bei Untersuchung chloridhaltiger
Präparate, bei denen das Erhitzen des Präparates mit Schwefel-
säure in einem geräumigen Erlenmeyerkolben stattfinden soll,
ziehen wir einen Kjeldahl-Kolben wegen der weit geringeren
Gefahr des Zerspringens vor. Wohl titriert es sich dann unbequemer
bei Vorliegen des langen Kolbenhalses, doch gewöhnt man sich
verhältnismäßig leicht an solche Titration, die ja bei der Gehalts-
bestimmung von Atoxyl und Arsacetin überhaupt nicht zu um-
gehen ist.
Die Ru pp’sche Methode sei aus obigen Gründen zur Silber-
bestimmung der offizinellen Präparate Argent. colloidale und Argent.
proteinic. empfohlen. Auch hat der Schreiber dieser Zeilen, der
die Neubearbeitung des chemischen Teiles des ‚‚Ergänzungsbuches
zum Arzneibuch für das Deutsche Reich‘ übernommen hat, in
diesem Buche die genannte Methode durchgängig zur Prüfung der
organischen Silberpräparate herangezogen.
1) Apoth.-Ztg. 1913, S. 6 und 1914, S. 713
E. Rupp u. F. Lehmann: Jodbestimmung. 443
Aus dem pharmazeutisch-chemischen Universitätsinstitut
Königsberg.
Ueber ein neues Verfahren der Jodbestimmung in
organischen Präparaten.
Von E. Rupp und F. Lehmann.
(Eingegangen den 11. X. 1915.)
Organisch gebundenes Jod läßt sich in den seltensten Fällen
direkt bestimmen. In der Regel ist eine Aufschließung der Substanz
erforderlich, um das Halogen in die durch Silbernitrat fällbare
ionale Form überzuführen. Am sichersten und allgemeinst an-
wendbar ist die oxydative Zerstörung der organischen Substanz
durch trockene oder nasse Verbrennung.
Nach Liebig erhitzt man die Substanz im Verbrennungsrohr
mit gebranntem Marmor oder Aetzkalk. In geeigneten. Fällen
wird mit Salpeter-Soda oder Aetzalkali im Tiegel mineralisiert
(Volhard) oder neuerdings auch mit Natriumsuperoxyd
(Pringsheimj!) bzw. Baryumsuperoxyd (Grützner)?).
Unter den Naßverfahren steht die von wissenschaftlichen
Laboratorien vorzugsweise benutzte Carius- Verbrennung mit
rauchender Salpetersäure im ‚„„‚Bombenrohr‘‘ obenan. Praktisch wohl
kaum geübt werden die Mineralisierungen durch saure Persulfat-
lösung nach Dittrich?) und durch konzentrierte Schwefelsäure
nach Vaubel und Seheurert), bei welch letzterer die
Halogenwasserstoffsäuren in einer Absorptionsapparatur ‚über-
getrieben werden.
Diese allgemeinen Verfahren erfordern Einrichtungen und
Reagentien, welche zumeist nicht zur normalen Apothekenausrüstung
gehören. Dasselbe trifft vielfach auch auf die zur Prüfung bestimmter
synthetischer Arzneistoffe veröffentlichten Spezialverfahren zu, So
z. B. wenn 1 g Aristol®) zur Jodbestimmung ‚‚in einem geräumigen
Silbertiegel (Inhalt 250 eem)‘‘ mit ca. 22 g reinstem fein zerriebenen
1) Berl. Ber. 36, 4244.
:) Chem.-Ztg. 1914, 769.
3) Berl. Ber. 36, 3386.
4) Chem.-Ztg. 1914, 1037.
5) Prüfungsvorschriften Bayer, Elberfeld, S. 12.
44t E. Rupp u. F. Lehmann: Jodbestimmung.
Aetznatron (e Natrio) verschmolzen, oder 0,5 g Sajodin!) in 10 cem
Methylalkohol verteilt, mit 10 cem gesättigter methylalkoholischer
Kalilauge (e Kal. hydrie. puriss. pro analysi) verkocht werden sollen.
Insbesondere aber sind die genannten Methoden Aufschließungs-
verfahren für Gesamthalogen. Eine Trennung von Chlor, Brom,
Jod nach Gruppen oder die "Herausisolierung eines Einzelhalogens
im Gange des Aufschlusses wird nicht erreicht.
Man wird kaum Bedenken tragen das nach Aufschließung
eines Brompräparates gefällte Halogensilber quantitativ als Brom-
silber zu verrechnen. Hingegen bleibt bei den Jodpräparaten zu
erwägen, daß Jod das teuerste, in technischer Qualität mehr oder
weniger chlorhaltige Hajogen ist, und daß manche Jodpräparate
durch Halogenierung mit Chlorjod oder Chlorjod entwickelnden
Mischungen dargestellt werden. Hierher gehören unter anderem
einige therapeutisch geschätzte Jodfette. Wie man vom fett-
analytischen Verfahren der Hüb!’schen und Wijs’schen Jod-
zahl her weiß, wird dabei nicht nur Jod angelagert, sondern
auch Chlor gebunden, so daß das im Mineralisierungsverfahren
gewonnene Halogensilber keineswegs als reines Jodsilber an-
gesprochen werden kann.
Es ist darum verdienstlich, daß H. Emde auf dasin Deutsch-
land bislang kaum geübte Aufschließungsverfahren von Baubigny
und Chavanne aufmerksam gemacht hat und dessen besondere
Eignung zur Bestimmung organischer Jodpräparate eingehend dar-
legte). Baubigny und Chavanne mineralisieren durch
nasse Verbrennung mit silberhaltigem Chromsäuregemisch. Chlor
und Brom entweichen elementar und werden interessierenden Falles
in einer Spezialvorlage festgehalten. Das Jod verbleibt als Silber-
jodat im Reaktionsgemisch und wird nach der Reduktion als Silber -
jodid gesammelt.
Ausführung: 40 ccm konzentrierte Schwefelsäure, 48 g
Kaliumdichromat und 1—1,5 g Silbernitrat werden im Erlenmeyer-
kolben heiß gelöst. Nach dem Erkalten füst man 0,3—0,4 g des
Jodkörpers in einem Wiegeröhrchen hinzu, schwenkt einige Minuten
lang um und erhitzt dann unter ständigem Schwenken einige Zeit
auf 150—170°, Nach weiteren fünf Minuten Schwenkens läßt man
erkalten, verdünnt mit ca. 150 cem Wasser und entfärbt mit kon-
zentrierter Natriumsulfitlösung (chlorfrei.!) auf rein grün. . Der Jod-
silberniederschlag wird gesammelt, zwecks Auslösung; ‚etwaigen
?rüfungsvorschriften Farbwerke Höchst, 8. 61.
$hem.-Ztg. 1911, 450 und Apoth.-Ztg. 1911, 309.
E. Rupp u. E. Lehmann: Jodbestimmung. 445
reduzierten Silbersulfates mit heißer 10%iger Salpetersäure nach-
gewaschen, getrocknet und gewogen.
Wie «Emde' berichtet, erforderte die Aufschließung von
Jodoform, »Aristol, Sajodin, Jodglidine in keinem Falle über eine
halbe‘ Stunde. Einschließlich der weiteren Operationen bemißt er
den Zeitverbrauch für eine Bestimmung bei Anwendung von Gooch-
tiegel und Saugpumpe auf drei Stunden. Von dieser Frist — in
der wir selbst übrigens nieht immer zum guten Ende gelangten —
entfällt der Hauptanteil auf die Wägezubereitung des Jodsilbers.
Dessen 'argentometrische Bestimmung in der smaragdfarbenen
Chromsalzlösung ist unmöglich.
Die dargelegten Gesichtspunkte veranlaßten uns zu weiteren
Bemühungen um eine einfache und allgemein verwendbare Be-
stimmungsmethode für organische Brom- und Jodpräparate, welche
eine automatische Trennung der Halogene gewährleistet und keinen
ungewöhnlichen Reinheitsgrad der Reagentien beansprucht.
Zum Substanzaufschluß erschien uns ein Permanganat-
Schwefelsäuregemisch geeignet, das wir pharmazeutisch-analytisch
schon mehrfach als Zerstörungsmittel in Anwendung gebracht
haben!). ‘Wie bei der Bestimmung von Collargol?) mitgeteilt, wird
Chlorsilber durch ein solches Gemisch zerlegt. Dasselbe trifft für
Bromsilber zu. Chlor und Brom gehen also flüchtig und lassen
sich gesondert auffangen. Das Jod wird zu Jodsäure, die bei Gegen-
wart von Silberion als Silberjodat festgehalten wird. Zu dessen
maßanalytischer Bestimmung setzt man dem Mineralisierungs-
gemisch von vornherein ein gemessenes Volum !/,.-N.-Silbernitrat
zu und mißt den Ueberschuß nach reduzierender Entfärbung des
Reaktionsgemisches zurück. |
Als erstes Versuchsobjekt diente Aristol (Dithymoldijodid).
Zerstörung der organischen Substanz.
In einem weithalsigen Becher aus Jenaer Glas wurden 20 ccm
konzentrierte Schwefelsäure mit 25 ccm !/,o-N.- -Silbernitratlösung
gemischt. Nach dem Erkalten wurden 2,5 g feingepulvertes Kalium-
permanganat zugegeben. , Zu diesem „silberhaltigen Oxydations-
gemisch‘“‘ wurde langsam in kleinen Portionen unter beständigem
m
1) Dieses Archiv'.250, 382; 251, 1; 253, 42 und Apoth.-Ztg. 1911.
No."133 1912, No. 57511913, No. 72.
?) Dieses Archiv 252, 9.
446 E. Rupp u. F. Lehmann: Jodbestimmung.
Umschwenken die genau abgewogene Substanz (etwa 0,25 g) hinzu-
gefügt. Es trat hierbei eine sehr lebhafte Reaktion ein unter starker
Erwärmung, Entwickelung von Uebermangansäuredämpfen und
Abscheidung von Mangansuperoxyd; trotzdem blieb ein Teil des
Aristols unverändert. Auch ein nachträgliches längeres Erhitzen
bewirkte keine vollständige Verbrennung. Die Ursache dafür war
leicht in folgendem zu erkennen: Das Aristol wird von Säure und
besonders von Wasser sehr schwer benetzt. Daher schwimmt
es auf dem Reaktionsgemisch, wird durch die entweichenden
Gase aus der Flüssigkeit herausgehoben, kriecht an der Glas-
wandung hoch und entzieht sich so wenigstens teilweise der
Einwirkung.
Für die weiteren Versuche wurde daher eine Glasstöpselflasche
von etwa 500 ccm Inhalt benutzt, die nach dem: Eintragen der
Substanz und nach Beendigung der ersten heftigen Reaktion fest
überbunden und 30—60 Minuten lang im Wasserbad erhitzt wurde.
Durch häufiges Schütteln wurde das Aristol immer wieder mit dem
Oxydationsgemisch in Berührung gebracht. Aber auch dieser Weg
erwies sich als nicht gangbar; die Zerstörung blieb unvollständig.
Es wurde nunmehr angenommen, daß einerseits die Konzentration
der Säure durch die Silberlösung zu gering, andererseits die Wasser-
badtemperatur nicht ausreichend sei, um eine vollständige Ver-
brennung der Substanz herbeizuführen. Daher wurde die Arbeits-
weise folgendermaßen geändert. In einem geräumigen Becher
wurde das Gemisch von Schwefelsäure und Silberlösung so lange
erhitzt, bis das Wasser größtenteils verdunstet war und der Kolben
sich mit weißen Schwefelsäuredämpfen anfüllte.e Nach dem Er-
kalten wurde dann wie vorher zunächst das Kaliumpermanganat,
darauf unter Umschwenken das Aristol zugegeben. Nachdem die
Mischung 15 Minuten lang gestanden hatte, wurde sie anfangs über
kleiner, später über starker Flamme erhitzt. Durch häufiges Drehen
und Schwenken des Kolbens wurden die verspritzten Substanz-
teilchen zurückgeholt. Das Erhitzen wurde so lange fortgesetzt,
bis der anfänglich abgeschiedene Braunstein bis auf geringe Reste
zersetzt war und eine tiefblaue Lösung resultierte. Es darf
unter keinen Umständen bis zur völligen Ent-
färbung erhitzt werden, da beim Fehlen von Kalium-
permanganat eine Reduktion der Jodsäure zu Jod stattfindet
und dieses sich verflüchtigt. Bei dieser Versuchsanordnung wurden
konstante Resultate erhalten, so daß das Zerstörungsverfahren im
Prinzip als brauchbar angesehen werden konnte. Immerhin waren
noch einige Abänderungen notwendig. So erwies sich zunächst der
a Ta a
E. Rupp u. F. Lehmann: Jodbestimmung. 447
weithalsige Erlenmeyerkolben als wenig geeignet: Substanzverluste
«durch Verspritzen waren bei der Heftigkeit der Reaktion nicht
ausgeschlossen; das Entweichen der Schwefelsäuredämpfe und das
Schütteln des Kolbens während des Erhitzens waren sehr lästig.
Demgegenüber bot ein Kjeldahlkolben mit eingehängtem Trichter
erhebliche Vorteile: In dem langen Hals kondensieren sich die
Dämpfe großenteils und nehmen rückfließend die verspritzten
Substanz- und Braunsteinteilchen in das Reaktionsgemisch mit
zurück; öfteres Drehen ersetzt das Schütteln; Verluste sind nicht
zw befürchten. Die Verwendung des Kjeldahlkolbens brachte es
mit sich, daß die Substanz in einem Hübl’schen Gläschen ab-
gewogen und in das Oxydationsgemisch hineingegeben wurde.
Als die Brauchbarkeit des Verfahrens an anderen Jod-
präparaten erprobt wurde, zeigte es sich, daß manche Substanzen
durch Permanganat-Schwefelsäure in der Kälte kaum merklich
angegriffen werden, dagegen schon bei geringem Erwärmen unter
lebhaftem Verpuffen eine sehr starke Reaktion hervorrufen. In
solchen Fällen wurde nach dem Eintragen der Substanz eine geringe
Menge (etwa 5 cem) Wasser zugegeben. Die dabei eintretende
Wärme wirkte reaktionsbeschleunigend. Der Wasserzusatz wurde
in der Folge auch bei den leichter angreifbaren Verbindungen,
hier aber erst dann gemacht, wenn die erste Reaktion annähernd
vorüber war.
Mit diesen Veränderungen gestaltete sich die Arbeitsweise
‘zur Zerstörung der organischen Substanz wie folgt:
In einem Kjeldahlkolben werden 20 ccm konzentrierte
Schwefelsäure mit 25 cem !/,,-N.-Silbernitratlösung gemischt. Die
Flüssigkeit wird so lange erhitzt, bis der Kolben sich mit weißen
Schwefelsäuredämpfen anfüllt. Nach völligem Erkalten fügt man
2,5 g feingepulvertes Kaliumpermanganat hinzu und läßt dann
die in einem Glaseimerchen genau abgewogene Substanz in das
Oxydationsgemisch hinabgleiten. Tritt jetzt beim Umschwenken
nicht eine lebhafte Gasentwickelung ein, so gibt man sofort 5 ccm
Wasser zu; anderenfalls wartet man hiermit, bis die anfängliche
Reaktion annähernd beendist ist. Nach dem Wasserzusatz schüttelt
man 1—2 Minuten lang kräftig durch und läßt alsdann 15 Minuten
lang die Mischung unter häufigem Umschwenken stehen. Nunmehr
‘erhitzt man den Kolben mit eingehängtem Trichter zunächst
schwach, bis die Flüssigkeit siedet, dann stark. Durch öfteres
Drehen des Kolbens bewirkt man, daß die im Hals sich konden-
:sierenden Dämpfe verspritzte Substanz- und Braunsteinteilchen
‘wieder hinabspülen. Das Erhitzen wird so lange fortgesetzt, bis
448 E. Rupp u. F. Lehmann: Jodbestimmung.
das Mangansuperoxyd bis auf geringe Reste zersetzt ist und eine
annähernd klare, aber noch tief blau gefärbte Lösung ent-
standen ist. |
Vorbereitung der Lösung zur Titration.
Die Bestimmung des Silberüberschusses nach Volhard
mit Y/,.-N.-Rhodanlösung unter Anwendung von Ferriammonium-
sulfat als Indikator bot keine Schwierigkeiten, nachdem durch
eine Reihe von Vorversuchen die günstigsten ACER die
Titration festgestellt waren.
Es waren namentlich foigende Punkte zu ae 191
1. Die Lösung ist zu entfärben und darf kein Jodat enthalten,
da dieses auch in geringen Mengen er auf das
Rhodan einwirkt. K1 ral
2. Die Titration muß in der völlig erkalteten Lösung aus-
geführt werden, da in der Wärme ebenfalls eine Verände- ö
rung stattfindet.
3. Der Endpunkt der Titration ist am schärfsten, ‚wenn das
Volum etwa 150 ccm beträgt.
Zur Reduktion des Silberjodats und überschüssigen Per-
manganats wurden zunächst Natriumsulfit und Bisulfit verwendet.
Ein Ueberschuß davon mußte jedoch , weggekocht ‚werden, da
Schwefligsäure die Titration stört. Ferner graute das Silberjodid
durch reduziertes Silbersulfat leicht an, und ‚außerdem sind die
Alkalisulfite nicht selten chlorhaltig. Frei von diesen ‚Nachteilen
erwies sich Ferrosulfat. Die Reduktion verläuft glatt, ein Ueber-
schuß an Ferrosulfat beeinträchtigt die Titration nicht und das
gebildete. Ferrisulfat ‚dient zugleich als Indikator. „Demnach ‚ge-
staltete sich die weitere Ausführung der Bestimmung, folgender-
maßen:
Das nach der Zerstörung der organischen Substanz erkaltete,
aus ‚einem Krystallbrei bestehende Reaktionsgemisch wird in
raschem Gusse mit einer frisch bereiteten ‚Auflösung von Sg
krystallisiertem Ferrosulfat übergossen und sofort einige Minuten
kräftig geschüttelt. Sobald das Jodsilber sich käsig abgeschieden
hat und die überstehende Flüssigkeit ganz klar geworden ist, wird
der: Kolbeninhalt in ein geräumiges: Becherglas gespült und, mit,
etwa. 20—30. ccm. Wasser. ‘in kleinen ‚Mengen nachgewaschen..
Darauf. wird..die Flüssigkeit abgekühlt und mit, BE me:
lösung auf Umschlag titriert. adaniccisi
E. Rupp u. F. Lehmann: ‚Jodbestimmung, 449
Analysenergebnisse,
Aristbol. (Dithymoldijodid): Gefunden .J = 43,49 44,2%.
Die. Kontrollanalyse nach Carius ergab 45,2%. Das: hierbei
erhaltene Jodsilber gab an Ammoniak opalisierende Mengen von
Chlor ab. Dieses dürfte technischem Jod entstammen.
Airol (Jodwismutgallat): Gefunden J = 20,6—20,7% ;
Kontrollanalyse nach Pharm. Nederland. 20,6%.
Jodoform: Gefunden, J = 95,56—95,63%. Nach
Kontrollanalyse durch direkte Titration 95,6%. Die Bestimmung
belegt ‚die Anwendbarkeit des Verfahrens ‚auf verhältnismäßig
leicht flüchtige Verbindungen.
Tetrajodphthalsäureanhydrid:. Gefunden J=75,7
bis 75,8%. Durch Zusatz eines gleichen Gewichtsteiles Chloranil-
säure zur Untersuchungssubstanz änderte sich das Ergebnis nicht.
Das Chlor verhielt sich also indifferent. Kontrollanalyse der. Rein-
substanz nach Carius 75,6% J.
Jodeosin,.bromhaltig:; Gefunden J = 47,3%. Bei der
Zerstörung, entwichen Bromdämpfe. Jod ‚berechnet ‚auf
C.H;0,J,Br = 48,3%. Brom störte also die Bestimmung nicht.
Kalium sozojodolieum: Gefunden J = 52,5 bis
52,7%. . Berechnet 54,5%.
Zineum sezojodolicum»..Gefunden J=45,3 bis
45,6%. ı Berechnet 49,5%.
' Bei der Zerstörung dieser Substanzen entwich Chlor. Dasselbe
entstammt zweifellos der Darstellung. dieser: Präparate aus Sulfo-
phenolat und Chlorjod.
Jodipin (Jodiertes Sesamöl): ‚Gefunden Jod = 24,6 bis
24,7%. Sollgehalt ca. 25%. Bei der Mineralisierung entweicht
Chlor, herrührend aus der Darstellungsweise mit Chlorjod nach
D.R.P. No. 96 495.
Sajodin (Jodbehensaures Calcium): Gefunden J = 23,0%,
lufttrocken analysiert. Sollgehalt bei 100° getrocknet 24,5%.
Jodostarintabletten (Dijodtaririnsäure): Gefunden
J = 47,25%. Sollgehalt 47,5%.
Jodeigon (Jodeiweiß): Gefunden J = 21,1— 21,2%. Noll-
gehalt ca, 20%: ı
In er en ergibt sich en ei
Gehaltsbestimmung organischer Jodpräparate:
In’ einem Kjeldahlkolben von etwa 500 cem Inhalt werden
20-cem konzentrierte Schwefelsäure und 25 cem '/,0-N.-Silbernitrat-
lösung gemischt. Die Flüssigkeit‘ wird: so lange erhitzt, bis der
Arch. d. Pharm. CCLIII. Bds. 6. Heft. 29
450 - E. Rupp u. F. Lehmann: Jodbestimmung.
Kolben sich mit weißen Schwefelsäuredämpfen anfüllt. Nach dem
Erkalten fügt man 2,5 g feingepulvertes Kaliumpermanganat hinzu
und läßt dann ‚die in einem Glaseimerchen (kurz abgeschnittene
Pastillenröhre) genau abgewogene Substanz in das Oxydations-
gemisch hinabgleiten. Tritt jetzt beim Umschwenken keine leb-
hafte Gasentwickelung ein, so gibt man sofort 5 cem Wasser hinzu;
anderenfalls wartet man hiermit, bis die anfängliche Reaktion an-
nähernd beendigt ist. Nach dem Wasserzusatz schüttelt man
1—2 Minuten kräftig durch und läßt alsdann die Mischung
15 Minuten lang unter häufigem Umschwenken stehen. ‘Nunmehr
erhitzt man den Kolben mit eingehängtem Trichter in schräger
Haltung anfangs schwach, bis die Flüssigkeit siedet, dann stark.
Durch öfteres Drehen des Kolbens bewirkt man, daß die in dem
Hals sich kondensierenden Dämpfe verspritzte Substanz- und
Braunsteinteilehen wieder hinabspülen. Das Erhitzen wird so
lange fortgesetzt, bis das Mangansuperoxyd bis auf geringe Reste
zersetzt und eine tiefblau gefärbte Lösung entstanden ist.
Alsdann läßt man vollständig erkalten, übergießt darauf das
Reaktionsgemisch in raschem Gusse ‘mit einer frisch bereiteten
Lösung von 5 g krystallisiertem Ferrosulfat in 100° ccm "Wasser
und schüttelt einige Minuten lang kräftig durch, bis das Jodsilber
sich käsig abgeschieden hat und die überstehende Flüssigkeit ganz
klar geworden ist. ‚Jetzt spült man den Kolbeninhalt in ein ge-
räumiges Becherglas, wäscht mit 20—30 ecem Wasser in kleinen
Mengen nach und titriert nach dem Erkalten den Silberüberschuß
mit ?/,o-N.-Rhodanlösung zurück.
l cem !/,.-N.-Silbernitrat = 0,0127 g Jod.
[N
Versuche, Chlor und Brom in ähnlicher Weise zu bestimmen,
sind im Gange, aber noch nicht abgeschlossen, da die zu erstrebende
Einfachheit der Apparatur einstweilen noch Schwierigkeiten ver-
ursacht. ®
|
Die Haftintensität des Jods an organischen Molekülen ;'ist
graduell sehr verschieden. ‚Eine, Bestimmungsweise .allgemeinerer
Anwendbarkeit wird daher immer auf einen völligen Abbau des
Moleküls bedacht sein müssen. In Einzelfällen, wo ein minder
energischer Eingriff genügt, wird sich die Ionisierung des Halogens
unter Umständen einfacher gestalten lassen. So fügen wir für. das
chirurgisch geschätzte Airol noch folgende Bestimmungsweise an!
K. Feist: Ferrichloridlösungen. 451
Airol. 0,5 g werden mit 20 eem 25%iger Salpetersäure und
20 cem !/,-N.-Silbernitrat 2—3 Minuten lang gekocht. Darauf
verdünnt man mit 50 cem Wasser, läßt erkalten, fügt zur Oxy-
dation etwa gebildeter Salpetrigsäure Chamäleonlösung oder einige
Körnchen Kaliumpermanganat hinzu, nimmt die Anrötung mit
etwas Ferrosulfatpulver wieder weg und titriert den Silberüberschuß
mit "/,0-N.-Rhodan zurück. Hiervon sollen nicht mehr als
12,1 cem = 20% J verbraucht werden.
Der unlängst erschienene Nachtrag 11 zur Niederländischen
Pharmakopöe verfährt ähnlich, läßt aber der Säurebehandlung
eine Digestion mit 10 ceem Natronlauge vorangehen. Diese ist
weder notwendig, noch wünschenswert, da sie analysenreines
Natriumhydroxyd erfordert.
Aus der hygienischen Untersuchungsstation (chemische Ab-
teilung) des Sanitäts-Amtes der Marinestation der Ostsee.
(Vorstand: Marine-Oberstabsapotheker Dr. Gottheil).
Zur Bestimmung von Oxychlorid und freier Salz-
säure in Ferrichloridlösungen.
Von Professor Dr. K., Feist, Marine-Stabsapotheker d. 8. I.
(Eingegangen den 12. X. 1915.)
In dem Bestreben, die auf Schätzung beruhenden Reaktionen
der, Arzneimittelprüfung exakter zu gestalten, hat vor einiger Zeit
G.. Roemijnt), eine. quantitative Bestimmung von Oxychlorid
und freier Salzsäure im: Liquor Ferri sesquichlorati in Vorschlag
gebracht. Er bespricht zunächst das Prüfungsverfahren der nieder-
ländischen Pharmakopöe (P. N. IV), die eine konzentriertere Eisen-
chloridlösung (spezifisches Gewicht 1,470-—1,482) als das Deutsche
Arzneibuch (spezifisches Gewicht 1,280—1,282) vorschreibt. Danach
soll 1 eem Ferrichloridlösung mit: 4cem Wasser, eine Minute lang
zum ‚Sieden erhitzt, nach dem Erkalten eine Trübung zeigen. Die
Stärke der Trübung ist nicht angegeben.
!) Ber, d. Deutsch. pharm. Ges. 1915, 142.
29*
452 K. Feist: Ferrichloridlösungen.
Kiseuchlorid wird wegen der schwach basischen Eigenschaften
des. Kerrihydroxyds in wässeriger Lösung‘ im! Sinne BREMER
Gleichung zum Teil hydrolytisch gespalten:
3 FeCl, + 3H,0%% 2 Fe(OH), + 6 Hi.
Mit ‚zunehmender , Verdünnung oder Buträruktiäiege wid 7
Gleichgewicht von links nach rechts verschoben, und es kann
schließlich zur teilweisen Ausfällung von. Eisenhydroxyd‘'führen.
Bei der. sehr konzentrierten. Lösung der niederländischen Pharma-
kopöe und dem kurzen Erhitzen tritt nur eine Trübung ein, voraus-
gesetzt, daß ‚das Präparat riehtig zusammengesetzt ist. Enthielte
es mehr freie Salzsäure als sich der Gleichung gemäß bildet, so
würde die Mischung mehr oder weniger klar bleiben; wäre: der
Chlorgehalt des Präparates zu niedrig, also Oxychlorid darin ent-
halten, so würde eine stärkere Trübung oder ein Niederschlag ent-
stehen. Immerhin kann-die-Trübung- sehr verschieden ausfallen
und bietet daher keinen genauen Maßstab für die Zusammensetzung
des Präparates.
Das 5. Deutsche Arzneibuch läßt auf’ freie Salsäure allein
durch‘) Annähern "eines "mit "Ammoniakflüssigkeit " "befeuchteten
Glasstabes prüfen, wobei keine. weißen Nebel entstehen sollen.
Zur Prüfung auf freie Salzsäure und zugleich auf Oxychlorid soll
eine »Mischung von 3 Tropfen Bisenchloridlösung mit. 40 „cem
1/,0-N.-Natriumthiosulfatlösung langsam zum Sieden erhitzt beim
Erkalten eine Abscheidung einiger Flöckchen Eisenhydroxyd
liefern. Der Reaktionsverlauf ist in folgender Weise gedacht:
j. 2 FeCl, + 3 Na,S,0, = 6 NaCl + Fe,(8;0,)>
2. Fe,(8,0,);|= Fe8,0, + FeS,O;.
Nach 1. entsteht violett: gefärbtes Ferrithiosulfat, das nach
2. in farbloses Ferrothiosulfat und farbloses ' Ferrotetrathionat
übergeht. Vorhandene freie Säure ruft eine ers von PiRgELat-
thiosulfat im Sinne folgender Gleichung hervorsin 7
"yHcı FRa,S0, Zei FO, 0
Es tritt also eine Fällung von Schwefel'ein. Fisssonyehtehi,
das als eine Lösung von Eisenhydroxyd in Ferrichlorid zu’ denken
ist, würde eine ‚Abscheidung von Eisenhydroxyd hervorrufen, da
diesem das Lösungsmittel entzogen wird.‘ Diese Reaktion’ist von
G. Romijn zu einer "quantitativen Bestimmung verwertet
worden, indem er die in der Lösung etwa vorhandene freie Salz-
säure titrieren läßt. Bei Mangel an Salzsäure, Also Vorhandensein
=
K. Feist: Ferrichloridlösungen. 453
von Oxychlorid, empfiehlt er einen Zusatz einer gemessenen Menge
1/;-N.-Salzsäure.. Zur Beschleunigung der Umsetzung des Ferri-
chlorids mit Natriumthiosulfat läßt er wenig Kupferchlorid hinzu-
setzen und, um am Ende der Titration nicht durch ausfallendes
Eisenhydroxydul gestört zu werden, fügt er die Lösung eines Kolloids
(lösliche Stärke) hinzu, die den; Niederschlag in Suspension hält.
Als Indikator verwendet er Methylorange-Methylenblau-Lösung.
Bei , der Wiederholung . des Verfahrens wurde das von
Romijn angegebene Mengenverhältnis| eingehalten. Es; wurden
2 ccm Liquor Ferri sesquichlorati (A) mit einer abgekühlten Lösung
von 0,5 g Kupferchlorid-Stärke (Mischung von 1.g Kupferchlorid
mit 49 g bei 100° getrockneter löslicher Stärke) in 50. cem. Wasser
und 5 cem ?/,-N.-Natriumthiosulfatlösung gemischt. ‚Die ‚Violett-
färbung verschwand sehr rasch, so daß. die Lösung fast, farblos
erschien. Auf Zusatz eines Tropfens Methylorange trat Rotfärbung
ein; es lag also saure Reaktion vor. Bei der Titration mit !/,.-N.-
Kalilauge wurden verbraucht: 1. 1,3, 2. 1,2, 3. 1,1 und 4. 1,2 ccm.
Das Ende der Reaktion war schwer zu erkennen, da der
Farbumschlag allmählich eintrat. Ebenso verhielt sich der von
Romijn empfohlene Indikator (Methylorange-Methylenblau-
‚Lösung).. Hiermit wurden vier weitere Titrationen ausgeführt.
Verbrauch: 1. 1,2, 2. 1,3, 3. 1,3, 4. 1,2 ccm !/,0-N.-Kalilauge.
Da die Farbe des Methylenblaus durch die Reaktion kaum
beeinflußt wird, ergibt die ursprüngliche Purpurfärbung Shraiuh omg
eine grüne Endfarbe (Gelb + Blau).
Beim. Stehen bildete sich in allen austitrierten Lösungen
nach einiger Zeit ein geringer Niederschlag. In gleicher ‚Weise
wurde noch ein weiteres, von einer anderen Lieferung, stammendes
‚Präparat (B) untersucht. Verbrauch: 1. 1,3, 2. 1,4 cem !/,.-N.-
Kalilauge.
Schließlich wurde ein vorschriftsmäßiger Liquor (C), aus
sublimiertem Eisenchlorid frisch hergestellt, der gleichen Titration
unterworfen. Verbrauch: 1. 1,2, 2. 1,1 ccm !/,.-N.-Kalilauge.
Auch dieser Liquor zeigte also saure Reaktion.
Das Verfahren von Romijn gibt, wie er selbst hervor-
hebt, keinen Aufschluß über das Mengenverhältnis von Eisen zu
Chlor, und es läßt nicht ohne weiteres erkennen, ob neben der
durch Hydrolyse gebildeten Säure noch überschüssige Salzsäure
vorhanden ist. Um das festzustellen, wurden zunächst von den
drei Präparaten Eisenbestimmungen nach dem Deutschen Arznei-
buche ausgeführt. Sie ergaben:
454 K. Feist: Ferrichloridlösungen.
Aus, sublimiertem
Käufliches Präparat Eisenchlorid
bereitetes Präparat
A. B. ©.
Verbrauch an ayı-N.: si 2. 1 2: 1: 2
Natriumthiosulfat eem 17,8 17,9 18,0 18,0 17,8 17,8
Prozent ‚Fe u. ıı:..2..009,94 10,0 10,053 10,053 9,94 9,94
Das Arzneibuch verlangt genau 18 ccm = 10,053% Fe; im
Widerspruch hierzu heißt es am Anfange des Artikels: Gehalt an
Eisen 10%; es dürfte aber wohl angebracht sein, auch hier eine
Schwankung (vielleicht 17,5—18,2 = 9,8—10,2%, Fe) zuzulassen.
Zur Bestimmung der Gesamtsäure (der Chlorionen) wurde
zunächst versucht, unter Berücksichtigung der Unlöslichkeit des
Eisenhydroxyds, das Eisen zu fällen und den Laugenüberschuß
zurückzutitrieren, entsprechend der Gleichung:
FeCl, + 3KOH = Fe(OH), + 3 KCI.
Dazu wurden 10 cem der zur Eisenbestimmung vorgeschriebenen
Verdünnung (5 g : 100 cem) mit 40 ccm ;!/,„-N.-Kalilauge_ versetzt,
kräftig geschüttelt, 40 ccm abfiltriert und titriert. _ Verbrauch auf
10 ecem berechnet:
Aus sublimiertem
Käufliches Präparat Eisenchlorid
bereitetes Präparat
ABER c.
T: 2. T; 2.
2/10 N.-Kallauge ... ,„ ... ccm,,.20,0 29,9 29,7 29,8
Auf 20 cem der Verdünnung
berechnet?/,,„-N.-Kalilauge cem 60,0 59,8 59,4 59,6
Vergleicht man hiermit die mit 3 multiplizierten, für Eisen
gefundenen Werte, so ergibt sich:
g. . ® n Aus sublimiertem
Käufliches Präparat Eisenchlorid
bereitetes Präparat
A. C;
Verbrauch an !/,o-N--Thio- 1. 2. h #
sulfat . .7.4 1 -aaklkslss dem 53,7 .'53;€ B3;4
Verbrauch an !/,0-N--Kali-
Tauge,. rıtt. lan, Fl: 7 Feae 2 59,8 59,4 59,6
Der Alkaliverbrauch war also in allen Fällen zu groß... Er
erklärt sich aus der Neigung des gallertartig ausfallenden Bisen-
hydroxyds, Alkali einzuschließen. Das Verhältnis von Eisen! zu
Chlor ließ sich aber leicht durch Titration mit Silberlösung' nach
Volhard feststellen. Titration in neutraler Lösung mit Kalium:
K. Feist: Ferrichloridlösungen. 455
chromat. als Indikator war wegen der Farbe der Lösung. nicht
ausführbar.
Es wurden 5 .cem der vom Arzneibuche für. die Eisen-
bestimmung vorgeschriebenen Verdünnung (5 g : 100 ccm). nach
Zugabe von l ccm Salpetersäure und 20 ccm Wasser unter Um-
schwenken mit 20 cem Y/,y-N.-Silbernitratlösung versetzt und der
Silberüberschuß mit !/,,-N.-Rhodanammoniumlösung zurücktitriert,
Zusatz von Indikator (Ferriammoniumsulfatlösung) ist nicht not-
wendig, da eine genügende Menge Ferrisalz in Lösung ist.
Aus sublimiertem
Käufliches Präparat Eisenchlorid
bereitetes Präparat
[3
A. B. ©.
1. 2. 1. 2. F 2.
Verbrauch an !/,o-N--
Silbernitratlösung cem 13,3 13,3 13,4 13,4 1530n48.3
Die Theorie verlangt für j
ein 10°/, Fe enthal-
tendes Präparat cem 13,4
Alle drei Präparate wiesen daher den richtigen Eisen- und
Chlorgehalt auf.
Nach diesen Erfahrungen wurde die Thiosulfatreaktion des
Deutschen Arzneibuches einer weiteren Prüfung unterworfen.
Nach dem Massenwirkungsgesetz enthält die Eisenchloridlösung
Ferrihydroxyd und freie Salzsäure; es war aber denkbar, daß
beide vor der Umsetzung mit Thiosulfat sich wieder vereinigen.
Die Abscheidung von Eisenhydroxyd hätte dann Oxychlorid, die
Abscheidung von Schwefel freie Salzsäure angezeigt. Eine Wieder-
vereinigung trat aber nicht ein. Es zeigte sich vielmehr, daß
auch die völlig ‚meutrale‘‘“ Lösung (C) sowohl Eisenhydroxyd
als auch Schwefel abschied. Führte man die Reaktion nach
Vorschrift des Deutschen Arzneibuches durch Erhitzen zum Sieden
aus, so trat allerdings nur die Abscheidung von Eisenhydroxyd-
Flöckehen hervor, wie sie das Arzneibuch verlangt. Ließ man
dagegen die Reaktion in der Kälte vor sich gehen, so war die Um-
setzung auch bereits nach 2 Minuten erfolgt und die Lösung blieb
schwach gelblich gefärbt. Nach 24 stündigem Stehen hatten sich
dann ebenfalls Flöckchen von Eisenhydroxyd abgesetzt, aber über
diesen war deutlich ein Niederschlag von Schwefel erkennbar, der
beim Kochen vom Eisenhydroxyd eingehüllt und daher der Wahr-
nehmung entzogen wurde.
(Die Hydrolyse des Eisens im Liquor wird auch durch Zusatz
von wenig Salzsäure noch nicht aufgehoben. Wurde bei Ausführung
486 K. Feist: Ferrichloridlösungen.
der Thiosulfatreaktion zu 3 Tropfen des aus sublimiertem Eisen-
‘chlorid bereiteten Liquors (C) 1 Tropfen !/,o-N.-Salzsäure hinzu-
gegeben und dann zum Sieden erhitzt, so setzte sich ebenfalls noch
Eisenhydroxyd ab; allerdings war es schon hellgelb gefärbt, also
wenig Eisen und viel Schwefel enthaltend. Nach Zusatz von
2 Tropfen !/,o-N.-Salzsäure bestand die Abscheidung dagegen aus
reinem Schwefel.
Die Thiosulfatreaktion des Deutschen Arzneibuches wird daher
stets, wenn nicht viel ‚Salzsäure im Ueberschuß ist, entsprechend
der Natur des Eisenchlorids, Oxychlorid und freie Salzsäure an-
zeigen. Immerhin ist die Reaktion rasch ausführbar und hat für.
den Geübten einen gewissen Wert. Die darauf gegründete quanti-
tative Bestimmungsmethode von Romijn gibt unter Zugrunde-
legung eines normalen Präparates über den Säuregehalt des Eisen-
liquors Aufschluß. Es dürfte sich aber empfehlen, nachdem die
Eisenchloridlösung sich sonst als rein erwiesen. hat, im: Anschluß
an die Eisenbestimmung eine Chlorbestimmung, die eine exakte
Beurteilung des Präparates ermöglicht, in das Arzneibuch, etwa
in folgender Form, aufzunehmen:
die; „Chlorbestimmung. 5.ccm der Mischung (5 g : 100 cem)
werden mit l ccm Salpetersäure, 20 ccm Wasser und unter Um-
schwenken mit 20 ccm !/,.-N.-Silbernitratlösung versetzt. Darauf
wird ?/,-N.-Rhodanammoniumlösung bis zum Eintritt der. Rot-
färbung hinzugefügt. Hierzu sollen 6,4—6,9 cem erforderlich sein,
so daß 13,1—13,6 cem !/,o-N.-Silbernitratlösung verbraucht worden
sind (l cem !/,,-N.-Silbernitratlösung — 0,003546 g Chlor).“
Nachdem die drei Eisenchloridlösungen sich nach allen Rich-
tungen als vorschriftsmäßig erwiesen hatten, wurden schließlich
noch ihre spezifischen Gewichte bei 15° ermittelt und folgende
Zahlen (mit Westphal’scher Wage und Pyknometer bestimmt)
gefunden: A. 1,2857, B. 1,285, C. 1,286. Das Arzneibuch ver-
langt 1,280—1,282. Auch das 4. und. 3. Deutsche, Arzneibuch
führen diese Zahlen auf, die offenbar von einer älteren Angabe
übernommen worden sind.
W. Küster: Bildung des Gallenfarbstoffs. 457
Ueber den Chemismus der Bildung des Gallen-
farbstoffs aus der eisenhaltigen Componente
| des. Blutfarbstoffs”.
Von William Küster.
(Eingegangen den 14. X. 1915.)
Die im Jahre 1847 von Virchow!) veröffentlichte Beob-
achtung, wonach Blutextravasate oft: schon wenige Wochen nach
erfolstem Austritt rote Kryställchen enthalten — das Hämatoidin,
wurde bald dahin gedeutet, daß ein damals schon, wenn auch nur
im unreinen Zustande bekannter Bestandteil der roten Blut-
körperchen — das Hämatin Le - Can u’s?) — eine Umwandlung in
jene Krystalle erfahren habe. Als dann noch die Identität des
Hämatoidins mit dem Gallenrot, dem Bilirubin, von Robin?),
Jaffet) und Salkowski?) so gut wie erwiesen. werden konnte
und zahlreiche biologische Versuche®) das Uebergehen von Blut
in Gallenfarbstoff augenscheinlich machten, galt das Entstehen
des letzteren aus dem Blut auch unter normalen Bedingungen
für sicher dargetan. Das .,‚Wie‘‘ blieb ein Geheimnis, und: erst
der jüngsten Zeit ist es gelungen den Schleier etwas zu lüften, der
über diesem doch. so sinnfälligen Geschehen liegt. Die Tätigkeit
der Leberzellen ganz zu durchschauen, die jeden Tag ein gewisses
kleines Quantum Blut in der Weise verarbeiten, daß daraus Gallen-
farbstoff entsteht, ist allerdings immer, noch nicht gelungen. : Das
wird erst geschehen sein, wenn wir die beiden Körper, von denen
der eine aus dem anderen entsteht, nach den Bildern, die wir von
ihnen entwerfen werden, auch aufgebaut haben. Der Anfang dazu
ist gemacht, aber hauptsächlich müssen wir uns einstweilen noch
auf die Resultate analytischer Arbeit beschränken, wenn wir ‚zu
einem.Bilde für das Hämatin oder für das Bilirubin kommen wollen.
Sind hier darum auch noch recht viele Züge unscharf, der Weg,
der vom Hämatin zum Bilirubin führt, ist doch schon erkennbar.
*) Unter Benutzung eines Vortrags über das gleiche Thema,
den der Verfasser am 17. Dezember 1912 vor der Chemischen Gesell-
schaft in Würzburg gehalten hat. Der Inhalt hat namentlich beim
Bilirubin eine durchgreifende Aenderung erfahren müssen, da in der
Zwischenzeit wiehtige Erkenntnisse gesammelt werden konnten.
458 W. Küster: Bildung des Gallenfarbstoffs.
Um zu ihm zu gelangen, betreten wir zunächst das große
Gebiet, das sich auf der chemischen Landkarte um den Namen
„Blutfarbstoff‘‘ ausdehnt, und suchen einen Teil desselben ‚auf,
der — seit 62 Jahren zugänglich geworden — heute auf bequemer
Straße zu erreichen-ist. rn}
Im Jahre 1853 erregte die Entdeckung Teichmann ’3?), wo-
nach aus einem Bluttröpfehen oder einem Blutspritzer unter be-
stimmten Bedingungen wohl ausgebildete Krystalle zu erhalten sind,
großes Aufsehen. Da ihr Erscheinen auf das Vorhandensein von Blut
schließen ließ, waren diese Teichmann’schen Blutkrystalle in der
Tat von größter Bedeutung für die forense Chemie. Als mikro-
skopisches Präparat bekannt geworden, sind sie heute, aus hunderten
von Litern Blut bereitet, das Material der Untersuchungen, deren End-
zweck die Erforschung ihrer chemischen Konstitution ist. Sie fesseln
unser Interesse als der Teil des Blutes, dem es seine rote Farbe
verdankt, als ein Bestandteil der roten Blutkörper und speziell
des Blutfarbstoffs oder Hämoglobins, sie tragen das Eisen des Blutes
und im Zusammenhang mit dem Gehalt an diesem Metall steht
das Aufnahmevermögen des Hämoglobins für Gase, speziell für den
Sauerstoff der Luft*).
Die Darstellung erfolgt nach einem Verfahren von Schal-
fejeff®),dassich an das von Teichmann angewendete anschließt,
dadurch, daß man Blut in das vierfache seines Volumens Eisessig
bei 90° einträgt, der mit etwas Kochsalzlösung versetzt worden
ist. Die Ausbeuten betragen hierbei 4—5 g pro Liter Blut und
gestatten einen Einblick in den Hämoglobingehalt des verwendeten
Blutes, da sie allem Anschein nach quantitative sind. Da nämlich
die eisenhaltige Komponente nur 4%, des großen Hämoglobin-
moleküls beträgt, müssen 100 bis 120 g des Blutfarbstoffs im Liter
des betreffenden Ochsen- oder Pferdeblutes vorhanden gewesen sein.
Nach dieser Methode hat Willstätter?) z.B. 25 Liter Blut
an einem Tage verarbeiten lassen. Eine zweite Methode, die von
Hoppe-Seyler!® angegeben und von Mörner!!) für den
Großbetrieb ausgearbeitet wurde, gründet sich auf die Löslichkeit
der eisenhaltigen Komponente in schwefelsäurehaltigem Alkohol
und auf die Möglichkeit aus dieser Lösung die Teiehman n’sche
Krystalle oder das ‚„Hämin‘‘-durch Zusatz von Salzsäure auszu-
fällen, Was hier wie dort bei der Aufarbeitung des Blutes heraus-
*) Ein ‚wenig ausführlieher sind diese Verhältnisse in einem
Vortrage geschildert, den ich am 5. Oktober 1911 vor der Deutschen
pharmazeutischen. Gesellschaft hielt; deren ‚Berichte 21, 506,
W. Küster: Bildung des Gallenfarbstoffs. 459
kommt ist also ein ehlorhaltiges Kunstprodukt. Die Zusammen-
setzung desselben ' wird. durch die Formel C,,H,0,N,FeCl zum
Ausdruck gebracht, das’ von H, Fischer und A. Hahn!?) nach
der . Siedepunkterhöhungs-Methode gefundene Molekulargewicht
stimmt. mit,.dem aus dieser Formel berechneten Werte überein,
Durch Alkalien verwandelt sich das Hämin in das sogenannte Hämatin
C,H350.N,FeOH, wobei aber zu bemerken ist, daß das Chlor nie-
mals vollständig entfernt wird. Eine glatte ‚Rückverwandlung
des. Hämatins in Hämin ‚ist, nach meinen und.den Erfahrungen
Ham sik’s') nicht möglich, dagegen konnte Ze yn ek!#) ein durch
Verdauung von Blut erhaltenes Hämatin wieder in Hämin überführen.
Durch Anilin werden dem Hämin die Elemente des Chlorwasser-
stoffs entzogen, nebenher geht ein Ersatz von Chlor durch Hydroxyl
vor sieh; das entstandene Produkt kann Salzsäure wieder aufnehmen
unter Rückbildung des Hämins?),
Die Formulierung des Hämins mit 34 Kohlenstoffatomen
. stammt bereits von Hoppe-Seyler, der allerdings eine ver-
doppelte Formel bevorzugte, weil er sich über die Wertigkeit des
Eisens nicht Klarheit verschaffen konnte. Jetzt ist jeder, Zweifel
darüber geschwunden, daß das Eisen im Hämin dreiwertig ist!5).
Neben der erwähnten Formulierung wird von Willstätter!$)
eine solche mit 33. Kohlenstoffatomen in Frage gezogen, auch
H. Fischer!”) diskutiert diese Möglichkeit.
Von den vielen Versuchen Hoppe-Seyler’s hebe ich
hervor, daß er das Auftreten von Pyrrol bei der trockenen Destil-
lation wahrscheinlich machen konnte, und daß er bei der Reduktion
des Hämins in alkalischer Lösung mit Schwefelwasserstoff den von
ihm „Hämochromogen‘“ genannten Körper erhielt, der sich vom
Hämatin außer durch die rote Farbe seiner Lösungen hauptsächlich
dadurch unterscheidet, daß er Gase, außer Sauerstoff auch Kohlen-
oxyd aufzunehmen imstande ist, so daß Hoppe-Seyler bereits
dieses Reduktionsprodukt als eisenhaltige Komponente des im
venösen Blut dominierenden Hämoglobins ansprach, weitere Beweise
wurden dann von mir!®) erbracht. In Gestalt einer Ammoniumver-
bindung hat dann Ze yn e k!?) das Hämochromogen auch zur Analyse
bringen können und Zahlen erhalten, die mit einer Formulierung
C,,H,0,N,Fe leidlich übereinstimmen. Durch Einwirkung kon-
zentrierter Schwefelsäure auf Hämatin erhielt endlich Hoppe-
Seyler nach dem Vorgang M ulders das wasserlösliche schwefel-
saure Salz eines eisenfreien Körpers, den er Hämatoporphyrin nannte.
Die Darstellung desselben im reinen Zustande lehrten uns Nencki,
und J. Zalesk i?9, indem sie die Schwefelsäure durch mit Brom-
460 W. Küster: Bildung des Gallenfarbstoffs.
wasserstoff gesättigten Eisessig ersetzen. Nencki hatte zu seinen
Versuchen ein mit Hilfe von Amylalkohol und Salzsäure gewonnenes
Hämin verwendet, dessen Analyse ihn zur Aufstellung einer Formel
C,H,,0,N,FeCl veranlaßte, und für sein Hämatoporphyrin gelangte
er zur Formel C,,H,sO;N,, was einige Verwirrung angerichtet hat,
unter anderem dadurch, daß eine Isomerie mit dem Bilirubin kon-
statiert wurde, was die Zusammengehöriskeit dieser Stoffe in die
Augen springen ließ. Tatsächlich besteht sie nieht, denn einige
Jahre später konnte Zaleski?!) erweisen, daß dem Hämato-
porphyrin die Formel C,,H,O,N, zukommt, worauf dann auch
die Nencki’sche Formel für das Hämin verlassen und der Ueber-
gang desselben in Hämatoporphyrin als nach der Gleichung:
C,Hz50,N,FeCl 4 2 HBr + 2 H,0 = Feil: - Cz,H30.Nı
vor sich gehend formuliert wurde.
Beim Ersatz des Bromwasserstoffs durck te
gelangten dann Nencki und Zaleski?) noch zu einem „Meso-
porphyrin‘‘ genannten Körper, der mit dem Hämatoporphyrin
namentlich auch im Absorptionsvermögen für das Licht weitgehende
Aehnlichkeit aufwies*). Zaleski?l) erhärtete für denselben die
Formel C,,H,sO,N, fand bei der Molekulargewichtsbestimmung
Zahlen, die auf das Einfache dieser Formel hinwiesen, und stellte
durch Darstellung von Estern und Salzen fest, daß Mesoporphyrin
zugleich eine zweibasische Säure wie zweisäurige Base ist. Endlich
gelang es ihm auch das Eisen wieder in das Mesoporphyrin einzu-
führen, wonach er einen dem Hämin ähnlichen Körper in Händen
hatte. Daß es sich hier um ein direktes Derivat des Hämins handelte,
zeigte dann H. Fischer?d), der denselben Körper durch Reduktion
des Hämins mit Natriummethylat erhalten konnte und den Namen
Mesohämin einführte. Ihm kommt also die Formel C,,H,,0,N,FeCl zu.
Ein erster Einblick in die chemische Konstitution des Hämins
und seiner Derivate wurde durch die vom Verfasser®®) entdeckten
Hämatinsäuren, welche bei der Oxydation der genannten Körper
entstehen, und durch die Ermittelung ihrer Konstitution ermöglicht,
die schließlich durch die Synthese sichergeste'lt wurde.
Das primäre ‚Produkt C,H,O,N erw’es sich als das Imid
*) Nach subkutaner Verabreichung wirkt aber Hämatoporphyrin
sensibilisierend [Haus m.ann?®)], Mesoporphyrin dagegen nicht.
Ueber die Darstellung des letzteren mit Hilfe des fast unlös-
lichen Natriumsalzes hat MH. Fischer? genaue Angaben ver-
öffentlicht.
W. Küster; Bildung des Gallenfarbstofis. 461
einer Methyl-carboxäthylmaleinsäure, das sekundäre (;H,V, als das
zugehörige Anhydrid.
H,C-C--C00 H NG
N NH und 1 10)
COOH—CH,—CH, 0-0 COOH—CH+ CH, —0 007
Der in. der ersten Formel erscheinende Fünfring mußte sich aus
einem 'Pyrrolring des Hämins gebildet haben und, da die Ausbeuten
an der Säure bis zu 60%, des letzteren betrugen, mußten zwei solcher
Pyrrolringe im Hämin vorhanden sein und zwar in einer Form, die
der sehr glatten Bildung der Säuren Rechnung trägt, d.h. als selb-
ständige Komplexe. Die hierbei zu berücksichtigende Frage, ob
die beiden Karboxyle der‘ zwei Hämatinsäuremolekeln bereits im
Hämin vorgebildet seien, ist der "Gegenstand zahlreicher Unter-
suchungen gewesen, da ja hiermit das Wesen der vier Sauerstoff-
atome des Hämins im engsten Zusammenhange stand. Da nun das
Hämin sich, wie schon Nencki?) gefunden hatte, sehr glatt
verestern läßt, d.h. z. B. mit Methylalkohol und. Salzsäure, und da
wie ich fand?) das Dimethylhämin bei der Oxydation fast zwei Mole-
küle des Methylesters der Hämatinsäure liefert, ist diese Frage wohl
so gut wie eindeutig in dem Sinne entschieden, daß die vier Sauer-
stoffatome des Hämins zwei Carboxylen angehören. “Weitere
charakteristische Oxydationsprodukte des Hämins wurden bisher
nieht aufgefunden, es sei nur das Auftreten von Bernsteinsäure
erwähnt, die aber auch aus zerstörter Hämatinsäure stammen
konnte, allerdings wurden aus Hämatoporphyrin fast genau zwei
Moleküle Hämatinsäure ohne nennenswerte Beimengung von Bern-
steinsäure erhalten. Aus der Konstitution der Hämatinsäure und
ihrer Menge wurde schließlich gefolgert, daß im Hämin der Komplex
6
Be 3
| N
«4 SOOH- CH OH, 0-07
zweimal vorhanden sein müsse, wobei das 9. Kohlenstoffatom als
Verknüpfung" mit den anderen Komplexen des Moleküls dienend
angesehen wurde.
Eine‘ weitere ‘Aufklärung der Konstitution des Hämins' er-
brachte die Reduktion. Den ’ersten Versuch in dieser Richtung
hat Nenck i?®) anschließend an die Herstellung des Mesoporphyrins
ausgeführt. Er entdeckte durch die Einwirkung von Jodwasserstoff
und Jodphosphonium auf Hämin im Jahre 1901 das ‚Hämopyrrol“
und" eharakterisierte dieses flüchtige, sehr unbeständige Pyrrol-
derivat dureh eine Quseksilber-Sublimatdoppelverbindung sowie
462 W. Küster: Bildung des Gallenfarbstoffs.
durch ein krystallisierendes Pikrat vom Schmelzpunkt 108°. Beide
Stoffe ließen für das Hämopyrrol die Formel C;H,,;N berechnen.
Durch die gleiche Anzahl der Kohlenstoffatome in diesem
Pyrrol und in den Hämatinsäuren verführt, glaubte Nenceki dem
Gedanken Ausdruck verleihen zu können, daß beide Körper aus
den gleichen Komplexen der Muttersubstanz hervorgingen, und
so wurde das Hämopyrrol anfangs als ein Methylpropylpyrrol an-
gesprochen.
Es bedeutete daher in der Erkenntnis der wahren Konstitution
des Hämopyrrols und damit des Hämins einen Schritt vorwärts,
als es dem Verfasser®®) gelarig, das rohe Hämopyrrol, das als Gemisch
verschiedener Stoffe betrachtet wurde, zum Imid der. Methyläthyl-
maleinsäure zu oxydieren. Es war das derselbe Körper, der aus: der
Hämatinsäure C,H,O,N durch Abgabe von Kohlendioxyd erhalten
worden. war, und der für die Ermittelung ihrer Konstitution neben
ihren Reduktionsprodukten, den "beiden stereoisomeren Hämotri-
karbonsäuren (',H, ;0,, eine wichtige Rolle gespielt hatte... Aus dieser
Beobachtung folgte erstens, daß das rohe Hämopyrrol ein: ßß-Methyl-
äthyl-Pyrrol enthalten, das bei Annahme der Formel C;5H,,N: noch
ein. Methyl in. der «-Stellung tragen mußte, ‚es folgte zweitens, daß
dieses Pyrrol nur dann aus dem gleichen Komplex des. Hämins wie
die Hämatinsäure entstehen konnte, wenn bei seiner Gewinnung
eine Abspaltung von Kohlendioxyd.. bemerkbar ‚gewesen wäre.
Entsprechende Versuche des Verfassers bewiesen. das. Gegenteil,
und so war der Nachweis erbracht, daß Hämopyrrol und. Hämatin-
säure verschiedenen Komplexen des Hämins ihren Ursprung ver-
danken. Endlich ließen die Ausbeuten an. Hämopyrrol den Schluß
zu, daß es zwei Komplexe des Hämins seien, die Hämopyrrol liefern,
und damit war auch für die vier Stickstoffatome unserer Formel
der Nachweis erbracht, daß sie vier Pyrrolringen im Hämin angehören
mußten.
Die Untersuchung des rohen Hämopyrrols hat viele Schwierig-
keiten bereitet, einmal weil zur Trennung des. :Gemisches‘ das
kostbare Rohmaterial in großen Mengen. beschafft werden mußte
und dann, weil wir es nicht nur mit gegen Luft und Licht äußerst
empfindlichen, ‚sondern auch mit umwandlungsfähigen..Körpern
zu tun:haben.. ‚So gaben denn auch die analytischen Arbeiten
Piloty’s®) Willstätter’s®) und H.»Fischer's®) die
Anregung, zu neuen Synthesen?®) entsprechend 'aufgebauter/Pyrrole,
und H. Fischer entdeckte bei diesen Untersuchungen: die Tat-
sache, daß es möglich ist Pyrrole durch Natriumalkoholat zu alky-
lieren, wobei (die &-Stellung leichter. wie. die ß-Stellung ‚besetzt wird.
W. Küster: Bildung des Gallenfarbstoffs. 463
Einen wichtigen Dienst zur Erkennung einer freien #- oder einer
freien ß-Stellung leisteten ’ ferner die Azofarbstoffe, welche
H. Fischer im Anschluß an Versuche L. Marchlewskis”)
mit Hilfe von diazotierter Sulfanilsäure bereitete. Durch diese
Methode gelang ihm z.B. der Nachweis, daß ein von Piloty
aus der gleich zu erwähnenden Hämopyrrolkarbonsäure durch Ab-
spaltung von Kohlendioxyd erhaltenes Pyrrolderivat aus dem
Grunde nicht identisch: mit einem Bestandteil des rohen Hämo-
pyrrols sein konnte, weil bei seiner Darstellung eine Wanderung
eines Alkyls von der ß- in die «-Stellung stattgefunden hatte.
H.Fischer:ist es schließlich auch zuerst gelungen, den spannungs-
reichen Entwickelungsgang der Hämopyrrolfrage zum Abschluß
zu bringen, Pilot y hat in jüngster Zeit seine Ergebnisse bestätigt,
die darin bestehen, daß im rohen Hämopyrrol neben Pyrrolinen,
die sekundärer Natur sind, vier Pyrrolderivate vorhanden sind.
l.. 3 Methyl 4 Aethylpyrrol, dessen Konstitution durch
H. Fischer und K. Eismayer durch Ueberführung in das
auch synthetisch dargestellte 3 Methyl 2 4 5 Triäthylpyrrol fest-
gelegt wurde.
2. 2:3 Dimethyl ‘4 Aethylpyrrol' oder Hämopyrrol, ‘dessen
Konstitution durch H. Fischer und E. Bartholomäus
dadurch bewiesen wurde, daß nach Einführung eines zweiten Aethyls
derselbe Körper sich bildet wie durch Aethylierung des synthetisch
dargestellten 2 3 Dimethyl 5 Aethylpyrrols, wonach im Hämopyrrol
die Stellung 5 frei, die Stellung 4 durch Aethyl besetzt sein mußte.
3. 35:.Dimethyl #4 Aethylpyrrol, oder Kryptopyrrol, dessen
Identifizierung mit dem von K.n or r synthetisch erhaltenen Produkt
2. B. durch das. bei 137—138° schmelzende 'Pikrat gelang.
4. 23 5 Trimethyl 4 Aethylpyrrol, das von Willstätter
zuerst entdeckte Phyllopyrrol, dessen Synthese von H. Fischer
durch. Methylierung des 35 Dimethyl 4 Aethylpyrrols erfolgte.
Das Phyllopyrrol ist ein: fester, bei 68% schmelzender Körper,
während die ‚drei anderen ‚Bestandteile. des rohen Hämopyrrols
nun \als ‚Oele. erhalten werden konnten, und gibt weder ein Queck-
silbersalz ‚noch „die Fichtenspanreaktion' oder ‚eine Kondensation
unter, Bildung eines Farbstoffs mit Aldehyden, so daß die bekannte
Pyrrolreaktion einmal auf, das Vorhandensein von Aldehyden im
Fichtenholz zurückgeführt werden konnte, und dann aus dem Aus-
bleiben dieser Reaktion bei seinem notorischen Pyrrolderivat gefolgert
werden kann, daß es tetrasubstituiert ist. Und so sei hier gleich an-
geschlossen, daß, wenn nicht-Ausnahmen von dieser. Regel existieren,
Hämin sowohl wie ‚Bilirubin : tetrasubstituierte Pyrrolkomplexe
464 W. Küster: Bildung des Gallenfarbstoffs.
enthalten müssen. ‘Im Bilde haben wir also als Bestandteile des
rohen Hämopyrrols folgende Stoffe vor uns:
H,C—C--C C,H, HC—COr Hs
HU CH H,0--6 "CH
NN Dal r
N N
H H
3 Methyl 4 Aethylpyrrol. }Hämopyrrol.”
HL 0-0 027, Hr
HU C=CH, H,C-6 06-08,
\WV \
N N
H H
Kryptopyrrol. Phyliopyrrol.
Alle vier Stoffe sind ßß’-Methyläthyl-Pyrrole und alle vier
gehen bei der Oxydation in das Methyläthylmaleinimid über. Mit
ihrem Auftreten und mit ihrer Konstitution ist also zu rechnen,
wenn man zu einem Bild für das Hämin gelangen will.
Wie nach der Feststellung, daß Hämopyrrol und Hämatin-
säure aus verschiedenen Komplexen des Hämins entstehen, vor-
auszusehen war, bilden sich nun neben den flüchtigen Hämopyrrolen
auch bei der Reduktion saure Körper, die nicht flüchtig sind.
Piloty°) gelang es zuerst aus Hämatoporphyrin eine zunächst
Hämopyrrolkarbonsäure genannte Substanz zu isolieren, für welche
sich aus den Analysen die Formel C;H,,;0,N berechnen ließ und
die, wie ich?”) alsbald hervorhob, eine in Stellung 2 oder 5 methylierte
3 Methylpyrrol 4 propionsäure sein mußte, da sie bei der Oxydation
Hämatinsäure lieferte. Der Name ist später von Piloty in
Phonopyrrolkarbonsäure abgeändert worden, weil er aus bereits
erwähnten Gründen nach der Abspaltung von Kohlendioxyd ein
vom Hämopyrrol verschiedenes Pyrrolderivat in‘ Händen hatte.
Dieser neue Name mag auch bestehen bleiben, trotzdem die theo-
retische Beziehung zu den Hämopyrrolen nunmehr 'als "bestehend
anerkannt ist, solange ihre Konstitution in Beziehung auf ‘das
#-ständige Methyl nicht festgestellt ‚ist. Ihre Darstellung erfolgt
am besten nach einem von H. Fischer“) angegebenen Verfahren
aus Hämin durch Reduktion mit Eisessig-Jodwasserstoff. Zugleich
entsteht hierbei die ihr in Beziehung auf die Stellung des «-ständigen
Methyls isomere Säure, die also entweder zum Hämo- ‘oder zum
Kryptopyrrol gehört und bis zur Entscheidung dieser Frage als
Isophonopyrrolkarbonsäure bezeichnet werden mag. ' Die Trennung
W. Küster: Bildung des Gallenfarbstoffs. 466
dieser Säuren gelingt nach H. Fischer leicht, nachdem man die
Pikrate der Ester hergestellt hat, da das braungefärbte Salz der
Phonosäure in kaltem Essigester im Gegensatz zu dem der isomeren
Säure, das auch eine gelbe Farbe besitzt, sehr schwer löslich ist. Nach
Abspaltung der Pikrinsäure mittelst Natronlauge werden dann
die Ester durch Verseifen mit Jodwasserstoffsäure zurückgewonnen.
Neben diesen Säuren isolierten H. Fischer und H. Röse
dann noch eine dritte, die als Trimethylpyrrolpropionsäure oder
Phyllopyrrolkarbonsäure erkannt -wurde, da sie durch Erhitzen
mit Natriumäthylat auf 210% nicht verändert wird und sich als
Pikrat abscheiden läßt, während die trisubstituierten Säuren in
tetrasubstituierte Pyrrole, nämlich in die Dimethyläthylpyrrol-
propionsäuren übergehen, die nur langsam Pikrate bilden. Piloty
und Dormann glauben auch eine an einem «-Kohlenstoffatom
äthylierte Pyrrolpropionsäure aufgefunden zu haben, ein Befund,
der für die Gestaltung der Häminformel von entscheidender Be-
deutung sein würde, doch fahndeten H. Fischer und Röse?P)
bisher ohne Erfolg auf diese Säure. Jedenfalls sollte der Name
„Xanthopyrrolkarbonsäure‘‘, den jene Forscher erteilten, verlassen
werden, da die Säure schwerlich gefärbt sein dürfte.
Von untergeordneter Bedeutung für die Konstitution des
Hämins ist auch die von Piloty bei unvollkommener Reduktion
des Hämatoporphyrins aufgefundene Hämatopyrrolidinkarbon-
säure#0), die wahrscheinlich ein Gemisch vorstellt und zudem in
Hämopyrrole und Phonopyrrolkarbonsäure zerlegt werden kann.
Außer den genannten Basen kommen also zunächst die drei
folgenden Säuren:
COOH COOH
| |
H,0-00--CH, CH, E,0-0—-C-CH--0H;
EA} |
H,C--C CH HC C—CH;
Da RZ
N N
H H
Hämopyrrolkarbonsäure. Kryptopyrrolkarbonsäure.
COOH
|
H,C-C —C-CH,— CH;
H,C-0 0G-CH,
\
N
H
Phyllopyrrolkarbonsäure.
Areh. d. Pharm. ECLIII. Bds. 6. Heft. 30
466 W. Küster: Bildung des Gallenfarbstoffs.
die alle bei der Oxydation in die Hämatinsäure C,H,O,N übergehen,
als Bruchstücke des Hämins in Betracht und nach der Menge, in
der sie erhalten worden sind, besteht kaum ein Zweifel, daß wir alle
Bruchstücke, die bei der totalen Aufspaltung des Hämins durch
Reduktion entstehen können, in Händen haben.
Es dürfte somit auch der Zeitpunkt gekommen sein, ein Bild
des großen Moleküls zu konstruieren, aus dem sich die Möglichkeit
des Entstehens aller dieser Bruchstücke ablesen läßt. Es ist dies
bereits von Nenckit!) geschehen, aber vor der Entdeckung der
Hämopyrrolkarbonsäuren, und der Versuch muß als mißglückt
bezeichnet werden.
Eine zweite Formel ist von Pilot y?) aufgestellt worden:
He m co CH;94r
| IFy
[6 N ° HC—=—=CcH HC--CH
le Tai a Eier Je 0 >>C— =0.CH;CH;
l 4 |
Eu ba oesinadl I lo) Luriae)
H,C—-CQ 610 C.CH;CH, RzC.C__ | CE —C\__C.CH;
N | N N
u 75
6
Zwar halte ich dieses Bild für nicht geeignet, die beobachteten
Erscheinungen zu erklären, da ein nach Piloty aufgebauter
Körper bei der Oxydation Hämatinsäure nicht geben kann, doch habe
ich das Bild trotzdem vorgeführt, weil ich mit Hilfe desselben den
Chemismus der Hämatoporphyrin- und Mesoporphyrinbildung be-
leuchten möchte. Wir haben eine Gleichung dafür bereits kennen
gelernt und gesehen, daß nach den empirischen Formeln zu urteilen
außer dem Ersatz der Chlorferrigruppe durch 'zwei Wasserstoff-
atome eine Einlagerung von Wasser erfolgt. Wie sie nun sehen,
sind in dem Piloty’schen Bilde zwei Lactamgruppen vorhanden,
und Piloty nimmt an, daß an dieser Stelle die Einlagerung
des Wassers erfolge. Es geschieht dies, um der Tatsache: gerecht
zu werden, daß das Hämatoporphyrin eine stärkere Säure wie das
Hämin ist, und daß es zugleich auch basische Eigenschaften besitzt.
Während aber diese Annahme eine Beobachtung erklärt — und
nicht einmal befriedigend, denn der Stickstoff eines echten Pyrrols
ist zur Salzbildung nicht geeignet — verstößt sie gegen eine ganzeReihe
anderer Tatsachen. Daß bei der Mesoporphyrinbildung die beiden im
Hämin vorhandenen Hydroxyle durch Wasserstoff ersetzt werden,
wäre möglich, aber diese beiden bedingen die sauren Eigenschaften
W. Küster: Bildung des Gallenfarbstoffs. 467
des Hämins, sie müßten sich ‚‚verestern‘ lassen und, da sie im
Hämatoporphyrin auch noch da sind, müßte letzteres vierbasisch
seip, was nicht der Fall ist, denn es bildet ein krystallinisches übrigens
schwerlösliches Natriumsalz mit zwei Atomen Metall, ein Silbersalz
mit zwei Atomen Metall, und vor allem ist der außerordentlich
leicht entstehende Dimethylester des Hämatoporphyrins in Alkalien,
auch in kalter Natronlauge unlöslich. Ferner bildet sich Hämatopor-
phyrin, wenn auch mit schlechter Ausbeute und unrein, aus Hämin
unter der Einwirkung von Schwefelsäure. Es müßte also auch
diese Säure die Sprengung der Lactamgruppen hervorrufen. In
Wirklichkeit verwandelt sie das mit Hilfe von Eisessig-Bromwasser-
stoff hergestellte Hämin allmählich in ein Produkt, das in Säuren
wie in Basen unlöslich ist. Sie sprengt also nicht Lactamgruppen,
sondern sie erzeugt solche unter Herausnahme von Wasser. Und
gerade die Bildung von Hämatoporphyrin durch Schwefelsäure
legt nach Piloty Zeugnis dafür ab, daß eine andere Vorstellung
des Chemismus der Hämatoporphyrinbildung, an die er selbst
zuerst gedacht hatte, keine Berechtigung habe. Das ist. die Vorstellung
wonach ‚sieh intermediär ein Bromwasserstoff-Additionsprodukt
bildet, das bei der üblichen Darstellung des Hämatoporphyrins
durch Wasser zersetzt wird unter Austausch zweier Bromatome
gegen Hydroxyl. Unbegreiflicherweise spricht Pilot y der Schwefel-
säure die Fähigkeit ab, sich an eine Doppelbindung addieren zu
können, und der Chlorwasserstoff wird in gleicher Weise angesehen.
Diese Argumente konnten nicht stichhaltig sein, und es gelang dem
Verfasser?) leicht, einen experimentellen Beweis dafür zu erbringen,
daß der Chemismus der Hämatoporphyrinbildung nach folgenden
Gleichungen verläuft:
Cu H30,N4FeCl;+ 4HBr = Febl + C„H„O,N,H,Br,
Cz,,H3z0,N,H;Br;, _ 2 H,0 — C,H300N4 + 2 HBr
und zwar dadurch, daß das Wasser der zweiten Gleichung durch
Methylalkohol ersetzt wurde, denn nun trat an Stelle von Hydroxyl
das Methoxyl. Gleichzeitig erfolgte allerdings auch eine Veresterung,
so daß der entstandene schön krystallisierende Körper vier Methyle
enthielt, aber schon bei dem Versuch, das salzsaure Salz herzustellen
erfolgte Verseifung, und es wurde der in Soda lösliche Dimethyl-
äther des, Hämatoporphyrins, zunächst amorph und nicht ganz
rein, später auch im krystallisierten Zustande erhalten. Danach
kann. kein Zweifel mehr sein, daß sich der Bromwasserstoff und zwar
zwei Moleküle an zwei Doppelbindungen primär anlagerf, und daß
30*
468 W. Küster: Bildung des Gallenfarbstoffs.
Schwefelsäure und Chlorwasserstoff ganz analog wirken, aber weniger
glatt, weil durch sie Ferrisulfat resp. Chlorid abgespalten werden,
die auf Hämatoporphyrin oxydierend wirken können, abgesehen
von der schon erwähnten Wasser abspaltenden Wirkung. ' Eine
Vervollständigung dieses von mir erbrachten Beweises für den
chemischen Vorgang der Hämatoporphyrinbildung hat dann Will
stätter*#) gegeben, dadurch daß es ihm gelang eine ganze Reihe
von Additionsprodukten des Bromwasserstoffs an Hämin zu fassen
und auch das Dibromid selbst, das unter der Einwirkung des Wassers
Hämatoporphyrin, unter der des Methylalkohols den Dimethyläther
des Hämatoporphyrins liefert.
Und wo geht nun die Addition vor sich ? Auch auf diese möge
hat das Experiment bereits eine Antwort gegeben! Wie erwähnt,
sind Hämato- und Mesoporphyrin chemisch nahe verwandte Körper,
letzteres enthält nur an Stelle zweier Hydroxyle Wasserstoff, es
ist, wie wir sahen, ein Reduktionsprodukt des Hämins. Das Wesen
dieser Reduktion zeigt sich bei der folgenden Oxydation: im Gegen-
satz zum Hämin und zum Hämatoporphyrin liefert das Meso-
porphyrin®) hierbei neben Hämatinsäure das Imid der Methyläthyl-
maleinsäure*). Das ist aber gar nicht anders zu deuten, als daß zwei
im Hämin vorhandene Vinyle in Aethyle übergeführt worden sind,
wenn auch bisher bei der Oxydation des Mesoporphyrins nur Aus-
beuten erhalten worden sind, die gerade einem Molekül Hämatin-
säure und einem Molekül Imid entsprechen. Es fragt sich nur noch,
ob sich die Vinyle frei in der ß-Stellung eines Pyrrolkomplexes
befinden oder ob sie, wie Willstätter annimmt, eine
Brückenstellung zum Stickstoff einnehmen: | I
„oe no Ei er
| oder H |
SO-6=CH = a: De SPEBER
Ein Grund, den Willstätter für seine en geltend
machte, daß nämlich die Festigkeit der Bindung des Eisens mit
dieser ae Hand in Hand gehe, ist jedenfalls durch
*) Nach neueren noch nicht abgeschlossenen Versuchen des
Verfassers gibt auch der Dimethyläther des Hämatoporphyrins neben
Hämatinsäure ein ‚Imid‘“, von dem festgestellt werden konnte, daß
es. eine Methoxylgruppe enthält. Danach wird, da Hämatoporphyrin
kein Imid liefert, durch die Aetherifizierung der ß-ständigen Seiten-
kette auch der Pyrroiring, der sie trägt, so beständig, daß er bei der
Oxydation ‚als Maleinsäurederivat erhalten bleibt. | |
W. Küster: Bildung des Gallenfarbstoffe. 469
meine Feststellung“) hinfällig geworden, wonach im Mesohämin,
in: dem auch nach der Formulierung von Willstätter
die Brückenbindung fehlt, das Eisen noch fester gebunden
ist als im Hämin. Hier treffen wir überhaupt auf den
wichtigsten, aber auch am schwersten zu- enträtselndsten Punkt
im Bilde des Hämins, auf die Wiedergabe der Bindung des
Eisens#) Wahrscheinlich steht es nicht nur mit dem Chlor des
Hämins ‘in Bindung, sondern auch mit allen überhaupt möglichen
organischen Gruppen des Moleküls, also mit den Carboxylen und
mit dem vier Stickstöffatomen. Natürlich ist dann keine dieser
Gruppen, keins der Elemente vollständig in Anspruch genommen.
Das Chlor ist es nicht, denn es wird durch kaustisches Alkali nieht
vollständig entfernt, ein Teil verbleibt im Verbande der nunmehr
entstandenen Molekülkomplexe. Hat doch auch das nunmehr
vorliegende Hämatin schon äußerlich so durchaus andere Eigen-
schaften wie das Hämin, — unter anderen ist es noch nie im
krystallisierten Zustande erhalten 'worden, zeigt vielmehr kolloiden
Charakter —, daß von einem nahen Zusammenhang beider Stoffe
kaum gesprochen werden kann.
Die Öarboxyle scheinen zwar frei zu sein, aber die Salzbildung
verläuft nicht normal und aus den Salzen läßt sich das Eisen noch
etwas leichter fortnehmen als aus dem Hämatin, aus diesem viel
leichter als aus dem Hämin. Zwar lassen sich die Carboxyle durch
Salzsäure” und "Methylalkohol 'verestern — ‘das eine viel leichter
als das andere — aber durch Diazomethan erfolgt allem Anschein
nach keine Veresterung, während nach Entfernung des Eisens,
also im Hämatoporphyrin, dieselbe außerordentlich glatt eintritt.
Daß das Eisen an den Stickstoff treten muß, zeigt seine Ein-
führung in die Ester des Mesoporphyrins, und die Analysen erweisen,
daß ein Ersatz von zwei Wasserstoffatomen durch die Chlorferri-
gruppe UÜlFe<{ erfolgt. Unterscheiden sich nun zwei der vier Stick-
stoffatome von den anderen durch die Fähigkeit Eisen aufzunehmen ?
Und welche Pyrrolkomplexe, die mit Carboxylen in der Seitenkette
oder die basischen, befähigen ihr Imidwasserstoffatom dazu, durch
Eisen ersetzt zu werden? Steht dann das Eisen mit den beiden
anderen Stickstoffatomen durch Nebenvalenzen in Konnex, wie es
Willstätter zuerst angenommen hat? Seitdem sich ergeben
hat, daß ein Unterschied zwischen Haupt- und Nebenvalenzen
schwerlich existiert, dürfte die Annahme viel größere Wahrschein-
lichkeit haben, ‘daß das Eisen mit allen vier Stickstoffatomen
gleichartig in Verbindung steht. Diese Möglichkeit dürfte nun
dadurch bedingt sein, daß zwei der Stickstoffatome eine andere
470 W. Küster: Bildung des: Gallenfarbstoffs.
Bindung im Verbande des Pyrrolkomplexes aufweisen wie‘ die
anderen, d.h. daß wir es mit zwei echten Pyrrolringen zu tun haben
und mit zwei Pyrrolenen
nie le
>N
a
oder mit anderen Worten: im Hämin sind basische Eigenschaften
vorgebildet. Das entspricht dem Charakter des Hämins als Farb-
stoff, worauf ich zurückkomme, und mit den basischen Eigen-
schaften steht die erwähnte Beobachtung im Einklange, daß das
Chlor mit einem Teil seiner Valenz am Stickstoff haftet. Zwar
ist es mir noch nicht gelungen, Salze des Hämins mit Säuren herzu-
stellen, sogar die Ester des Hämins reagierten nicht, aber Will-
stätter hat ein Dihydrobromid erhalten, dessen Eigenschaften
es nicht unwahrscheinlich machen, daß hier ein Salz vorliegt, wenn
auch Willstätter selbst im Hämin lediglich‘ vier Pyrrolkom-
plexe formuliert und erst beim Uebergang zum Hämato- resp.
Mesoporphyrin das Entstehen von Pyrrolenringen durch intra-
molekulare Umwandlungen annimmt, die mir unwahrscheinlich
sind. Ist doch auch der saure Charakter im Hämin weit weniger
stark ausgeprägt wie im Hämato- oder Mesoporphyrin, wie wir sahen,
und doch nimmt Willstätter keinen Anstoß an diesen Be-
obachtungen und formuliert zwei Carboxyle im Hämin wie in den
Porphyrinen. So spricht alles dafür, daß sich zwischen den sauren
und den basischen Gruppen des Hämins ein Gleichgewicht her-
stellt, das durch die Chlorferrigruppe vermittelt wird, indem das
Chlor zum basischen, das Eisen zum sauren Teile neigt. Wird es
gestört durch teilweise Herausnahme des Chlors ‚oder durch seine
Wegnahme, so ändern sich bereits die Eigenschaften, wird ‘es ver-
nichtet durch Herausnahme der Chlorferrigruppe, so werden die
sauren und die basischen Gruppen selbständig.
Vielleicht bedingen aber nun die Vinyle des Hämins und die
Oxyäthyle des Hämatoporphyrins, daß den ‚Pyrrolkomplexen,
die diese Seitenketten tragen, (die Pyrrolenstruktur zufällt, die bei
der Oxydation den totalen Zerfall bewirkt, so daß bier nur zwei.
Molekeln Hämatinsäure auftreten. Im Mesoporphyrin dagegen
könnten die wahren Pyrrol- und die Pyrrolenringe symmetrisch
verteilt sein, d.h. es käme je einem Komplex mit ‚dem‘ Carboxyl
in der Seitenkette und einem mit ß-ständigem Aethyl die Pyrrol-
natur zu, je einem anderen die Pyrrolenstruktur, wodureh das Auf-
treten nur je eines Moleküls Hämatinsäure und. eines Moleküls
W. Küster: Bildung des Gallenfarbstoffe. 471
Methyläthylmaleiaimid eine Erklärung fände, denn aus dem Bilde
ist ersichtlich, daß z. B. der Ring:
>
INA
COOH-— CH;— CH,—C = CS_
Hämatinsäure liefern wird, nicht aber der Ring:
—
B,C=0- 0
COOH— CH, —-CH,— C-e<
Im Zusammenhange mit diesen Fragen stehen nun auch die
Erörterungen über die Farbstoffnatur des Hämins und seiner Derivate,
der Porphyrine. Durch die bei der Oxydation und namentlich bei der
Reduktion gewonnene Erkenntnis, war es möglich, ein Bild zu
konstruieren, das den bisher beobachteten Umwandlungen Rech-
nung trägt. Denn das Hämin mußte in die Klasse der Pyrrolfarb-
stoffe gehören, da sämtliche Spaltstücke desselben substituierte
Pyrrole sind. Es fragte sich also nur noch, wie diese zu einem Farb-
stoff verkettet sind. Von Körpern bekannter Konstitution kommen
hier nun wohl in erster Linie die Condensationsprodukte von Alde-
hyden mit Pyrrolen resp. Indolen in Betracht, das sind Leuko-
verbindungen, welche durch Oxydation in Farbstoffe übergehen.
Bei den Pyrrolen greift hierbei nach Feist?) der Aldehyd in die
%-Stellung zweier Moleküle ein, bei den Indolen nach E. Fischer®)
und Freund) in die ß-Stellung. Nach dem Typus dieser Farb-
stoffe denke ich mir nun auch das Hämin gebaut, für die Synthese
kämen das 8-Methyl $’-karboxyäthyl resp. 8-Methyl-ßB-vinylpyrrol
in Betracht, als Aldehyd der Formaldehyd. Die primär ent-
standene Leukoverbindung geht unter Verlust von zwei Wasser-
stoffatomen in die Farbbase über:
H,C-C=CH OH BC=0-cH,
NH HN< | —
‚COOH-CH, CH, 6=CH HC=C--CH=CH,
©
H,0—C=C” "VC—C—CH,
pH 8% |
COOH-—-CH, CH,—-C=CH ©—C—CH=CH,
von der nunmehr zwei Moleküle durch Kondensation mit zwei
weiteren Formaldehydmolekeln zusammentreten :
472 W. Küster: Bildung des @allenfarbstoffs.
H
fe)
H,0C—C=0 "ICe—C—-CH,
up RK |
COOH—CH,— CH, C=( e-C-CH=CH,
I, m,
COOH—CHF-0B,-0=C C--C-CH=CH;
I, pn |
H,C—C=C__ us „6--6—CH;
H
Diese Substanz C,,H,,0,N, könnte die Muttersubstanz des
Hämins sein, indem die zweiwertige Chlorferrigruppe die beiden
Wasserstoffatome der Imide ersetzt. Dann käme allerdings für
das Hämin eine Formel heraus, die sich von der durch die Analyse
ermittelten um ein Mehr von zwei Wasserstoffatomen unterscheidet*),
Trägt man der empirischen Formel Rechnung, so würde
sich etwa folgende Konstitution für ein Hämin C,,H»0,N,FeCl
ergeben:
H
e_\
HOC-HC—H,C—-C=07 SG=c-cH,
ö PU 7
. 1 I |
Ni i
HÜ-= 26H ;
ER Fe ‚au
C-OH- CH; CH, 026 1 vCaL6L-CH= CRY"
Se
H,C-C= es 27, CH,
H
welches Bild. eine Kombination der Anschauungen vorstellt,
die chronologisch geordnet von mirdl), R. Willstätter®)
und von H. Fischer) entwickelt worden sind, dessen Treue
sich an der Hand weiterer Erfahrungen ergeben wird, z. B. was die
zentrale HC—-CH-Gruppe betrifft, von dem bereits erwähnten
noch zweifelhaften Resultat der Reduktion abhängen wird, wonach
*) Die hier entwickelten Anschauungen über eine im Labora-
torium mögliche Synthese der Muttersubstanz des Hämins sind worb-
getreu dem eingangs erwähnten Vortrage des Verfassers entnommen.
W. Küster: Bildung des Gallenfarbstoffs. 473
hierbei eine Hämopyrrolkarbonsäure entstehen soll, die in «-Stellung
em Aethyl enthält.
Entsprechende Bilder werden sich für Hämato- und Meso-
porphyrin ergeben, nach Herausnahme der Chlorferrigruppe und
Ersatz durch zwei Wasserstoffatome bei beiden Stoffen für das
erstere noch der Ersatz der Vinyle durch Oxyäthyle, wobei die
Stellung des Hydroxyls noch unsicher ist, für das Mesoporphyrin
im Sinne der entwickelten Anschauungen das symmetrische Bild:
H
C
HOLE DARTERE 8 Sr
IH nz |
COOH--CH, CH, 0=6 &-&-CH, CH,
x din 27
Ä Ä Su
COOH—CH, CH, — CC C=C--CH, CH,
IN HK |
00-0; _Ü=C—CH,
H
Mit den gegebenen Bildern stehen nun zwei Versuchsreihen
in voller Uebereinstimmung, die von H. Fischer°®) und seinen
Mitarbeitern ausgeführt worden sind. Ein Blick auf die Formulierung
zeigt, daß die den Charakter als Farbstoff bedingenden Methine
in die «-Stellung der Pyrrolkomplexe eingreifen, eine Anordnung,
die von mir theoretisch abgeleitet worden war, weil in allen Spal-
tungsprodukten des Hämins, wie wir sahen, sämtliche ß-Stellungen
besetzt sind, was experimentell bewiesen war. H. Fischer er-
brachte nun den experimentellen Beweis für die Richtigkeit dieser
Anschauung, denn synthetisch erhaltene Dipyrrylmethanderivate, bei
denen der Methanrest in die «-Stellung eingegriffen haben mußte,
zeigten in ihrem Verhalten gegen Eisessig-Jodwasserstoff ganz
analoge Erscheinungen wie das Hämin oder auch das Bilirubin,
indem sie in tri- und tetrasubstituierte Pyrrole gespalten wurden,
ferner erlitten sie auch durch Natrium- oder Kaliummethylat eine
Aufspaltung unter Methylierung, während sich ßß-Dipyrrylmethane
anders verhielten. Die zweite Versuchsreihe H. Fischer’s®)
enthält die bei gemäßigter Reduktion auf Hämin und seine Derivate
gewonnenen Erscheinungen. Hier wurde gezeigt, daß sich das
Hämin durch Natrinm-Amalgam zu einer Leukobase reduzieren
' läßt, wobei nur die den Farbstoffeharakter bedingenden Doppel-
"bindungen aufgehoben werden, während bei der Reduktion mit
474 W. Küster: Bildung des Gallenfarbstoffs.
Hilfe von Wasserstoff und kolloidem Palladium. auch die Vinyle
gesättigt werden. Auch das Hämatoporphyrin ließ sich. zu einer
Leukobase reduzieren, die durch den Sauerstoff der Luft den Farb-
stoff wieder entstehen ließ, und schließlich erhielt H. Fischer
sowohlaus Hämin, hier unter Abspaltung des Eisens, wie aus Hämato-
und : Mesoporphyrin durch Eisessig-Jodwasserstoff ‚bei, Zimmer-
Temperatur, aus den Porphyrinen auch durch Natrium-Amalgam
oder bei der Einwirkung von Zinkstaub und ‚Eisen in alkalischer
Lösung einen krystallisierten Körper, der Porphyrinogen genannt
wurde und aus dessen empirischer Zusammensetzung mit Sicherheit
hervorging, daß es zur vollständigen Reduktion einer Anlagerung
von acht Wasserstoffatomen an das eisenfreie Hämin bedarf. Die
aus den analytisch gewonnenen Werten abgeleitete Formel des
Porphyrinogens C,,H 0,N, gibt also eine willkommene experimen-
telle Bestätigung für die angenommene Konstitution des .Hämins,
aus der sich das folgende Bild für das Porphyrinogen ableitet:
En
COOH—CH,—CH,-C=C” —C=0--CH,
PN: HN
Ya
BOOM- CE PUAH FF CL-O0Hr CH,
| Inu HN<
H a _C=C—-CR,
BR,
Es ist ein: farbloser Körper, der durch ‚den. Luftsauerstoff,
durch. Ferrieyankalium und. auch durch Natriummethylat, "nieht
durch Aethylat zum Mesoporphyrin, also unter Verlust, von vier
Wasserstoffatomen oxydiert wird, wobei nicht ausgeschlossen wäre,
daß sich nieht ein Mesoporphyrin, sondern zwei isomere Meso-
porphyrine bilden.
Zum Schluß dieses Kapitels seien einige Versuche in syn-
thetischer Richtung erwähnt, aus denen hervorgeht, ‚daß in der
Tat zwischen Formaldehyd und Pyrrolderivaten (eine, ‚Konden-
sation. möglich ist. : Unter der Wirkung. von. Salzsäure ‚vereinigen
sich z.B. nach H.Fischer und K. Eismay er®) zwei Molekeln
Hämopyrrol mit. einer: Molekel Formaldehyd, wobei ‚sofort
der Farbstoff (ein 'ausgesprochener Baumwollfarbstoff, „der Wolle
kaum anfärbt), nicht die erwartete Leukoverbindung entsteht, , Zu
W. Küster: Bildung des Gallenfarbstoffs. 475
einem ähnlichen Resultat kamen auch Piloty, Stock und
Dormann?),
Wir haben 'es also mit einem Hämopyrryl-Hämopyrrolen-
methenhydrochlorid zu tun:
w 2
HI DER gl OH,
NH.NC HCI,
H,0-0=6 6
das nun leider einer weiteren Kondensation mit Formaldehyd nicht
fähig ist, da es ja bereits ein tetrasubstituiertes zweikerniges Pyrrol-
derivat ist.
Zu einem vierkernigen hofften ‘die hier experimentell tätigen
Forscher durch Verwendung von Glyoxal zu kommen, doch bildete
sich nach H. Fischer aus Glyoxal und Hämopyrrol derselbe
Körper, den er mit Hilfe von Formaldehyd erhalten hatte und
zwar wiederum sofort der Farbstoff. Erst die Kondensation von
35 Dimethyl 4 acetylpyrrol mit Glyoxal hatte allem Anschein
nach den. gewünschten Erfolg, indem. hier ein Tetra (35 dimethyl
4 acetylpyrrol) äthan entstand.
Waren die Schwierigkeiten groß, die sich der Aufklärung der
Konstitution des Hämins in den Weg stellten, so treten sie doch
noch zurück gegenüber den Hindernissen, die auf dem Wege zur
Erkenntnis des chemischen Baues des Bilirubins vorgefunden wurden,
und müssen wir damit rechnen, daß weitere Erfahrungen das gegebene
Bild des Hämins vielleicht sogar in einigen wesentlichen Zügen
korrigieren werden, so muß erst recht zugegeben werden, daß das
Bild des Bilirubins, das wir zurzeit entwerfen können, einen ersten
Versuch vorstellt, an dem noch vieles auszusetzen sein wird. Größere
Mengen von Hämin sind unschwer zu erlangen, wenn man im Besitze
reichlicher Mittel ist, ‘(das Material zur Herstellung des Bilirubins
ist dagegen schon kostbar, weil es spärlich vorhanden ist; auch
‚beim Hämin und seinen Derivaten ist es geboten, möglichst frisch
hergestellte Präparate zu verwenden, hatte ich5®) doch öfters Ge-
legenheit darauf hinzuweisen, daß gelagerte ein unerwünschtes
Resultat, geben, aber die Reaktionsfähigkeit des Bilirubins muß
doch noch als erheblich größer bezeichnet werden, wie die etwa
des Hämatoporphyrins.
Die Darstellung des Bilirubins aus der Galle lohnt kaum,
am .besten werden Gallensteine vom Rinde nach dem ‚Vorgang
476 W. Küster: Bildung des Gallenfarbstoffs.
Maly’s®) benutzt, doch können auch menschliche Gallensteine,
die allerdings zu über 90% aus Cholesterin zu bestehen pflegen
auf Bilirubin verarbeitet werden, und Städeler®), der die
noch heute gültige empirische Formel des Bilirubins aufstellte, hat
sein Material aus letzteren gewonnen.
. Die Analyse der in der Gallenblase der Rinder vorkommenden
Konkremente hat ergeben, daß sie Carotin, Cholesterin und Ester
desselben, freie Fett- und Gallensäuren, sowie deren Ester und
Salze, fett- und wachsartige Stoffe, ferner Eiweißderivate, anorga-
nische Salze, von denen besonders Phosphate zu erwähnen sind,
und dann neben Salzen des Bilirubins auch Abkömmlinge dieses
Stoffes enthalten, die z.T. in Alkohol löslich sind, während sich
ein gewöhnlich als Bilihumin bezeichnetes Derivat in allen Lösungs-
mitteln als unlöslich erweist®!).
Die Trennung der einzelnen Bestandteile bietet große Schwie-
rigkeiten, und es gelingt z. B. niemals, das in einer bestimmten Menge
von Gallensteinpulver vorhandene Bilirubin in einer einzigen Ope-
ration zu gewinnen. Es läßt sich den Gallensteinen in einer Aus-
beute von etwa 20% durch Chloroform entziehen, nachdem man
mit Aether, heißem Wasser und verdünnten Säuren, dann wieder
mit Aether und Alkohol vorbehandelt hat, welche Operationen
mehrmals zu wiederholen sind. Wählt man’ verdünnte Essigsäure
zum Freimachen des Bilirubins aus seinen Salzen, so erhält man
durch die Extraktion mit Chloroform hauptsächlich ein orange
gefärbtes Bilirubin. Ein weiterer Teil des Farbstoffes läßt sich erst
nach Einwirkung von siedendem Eisessig und, wenn man den
Ueberschuß der Essigsäure durch Aether entfernt hat, erst dann
durch Chloroform entziehen, wenn wiederum mit verdünnter Essig-
säure behandelt worden ist.
Der Eisessig nimmt nun ein Eiweißderivat fort, das Chole-
prasin®) genannt worden ist, so daß es den Anschein hat, als ‘ob
dieser Teil des Bilirubins, der eine schöne rotbraune Farbe besitzt,
sich in den Konkrementen in chemischer Bindung mit dem Chole-
prasin befunden hatte. Das braunrot gefärbte Bilirubin ist auch
in Chloroform leichter löslich als das orangefarbene und, wenn man.
das letztere mit Hilfe von siedendem Dimethylanilin gelöst hat,
so erhält man beim Erkalten rotgefärbte Krystalle von Bilirubin,
die anfangs leichter in Chloroform löslich sind. als die orangegefärbten,
allmählich aber wieder schwerer löslich werden.
Zur Reinigung von Rohbilirubin kann ich die folgende Methode
empfehlen. Man suspendiert den Farbstoff in der 8—10 fachen
Menge reinsten Methylalkohols und leitet getrocknetes Ammoniak-
W. Küster: Bildung des Gallenfarbstoffs. 477
gas ein, wobei sich das Bilirubin rasch auflöst, Nun filtriert man
sofort mit Hilfe eines Heißwassertrichters durch. ein. Kreppfilter
von Dreverhoff und erhält ein Filtrat, das beim Einstellen
in Eis zu einem Brei prachtvoller Krystalle erstarrt. Sie werden
abgesaugt, mit wenig eiskaltem Methylalkohol nachgewaschen*)
und über Kalk getrocknet. Die Analyse hat ergeben, daß es
sich um ein. Anlagerungsprodukt von Ammoniak an Bilirubin
handelt. Es wird in einer. Menge von 60-—-70% des verwendeten
Bilirubins erhalten und. liefert beim Kochen mit Chloroform
den Farbstoff zurück, der sich zum größten Teil, orange ge-
färbt, abscheidet, während ein kleinerer Teil im Chloroform ge-
löst ‚bleibt.
Das Bilirubin existiert also in mehreren Modifikationen, die
isomer sind, einstweilen wenigstens liegt noch kein Grund vor,
hieran zu zweifeln. Ihre Zusammensetzung wird durch die von
Städeler aufgestellte empirische Formel C,H. O,N, wieder-
gegeben, H. Fischer) zieht auch die Formulierung C,H,O,N,
in Betracht. Das Molekulargewicht hat noch nicht ermittelt werden
können, doch sprechen die von H. Fischer für das Mesobilirubin-
ogen ermittelten Werte für das Einfache der angegebenen Formel,
wie denn auch die beim Hämin und seinen Derivaten erlangten
Resultate hierfür herangezogen werden können, und die Versuche
von Orndorff und Teeple“) haben ergeben, daß jedenfalls
eine Halbierung obiger Formel unstatthaft ist, denn sie erhielten
durch Kuppelung mit diazotiertem Tribromanilin nicht nur ein
Di (tribromdiazobenzol-), sondern auch ein Mono (tribromdiazo-
benzol-) bilirubin C,H,,O,N,N.N.C,H,Br,. Während also Bilirubin
die Fähigkeit besitzt Azofarbstoffe zu geben, was ja auch zur Er-
kennung herangezogen wird**), kondensiert es sich nicht mit Alde-
hyden, was dafür spricht, daß im Bilirubin nur tetrasubstituierte
Pyrrolkomplexe vorliegen; vielleicht wird also bei der Bildung der
Azofarbstoffe ein in «-Stellung befindlicher Substituent verdrängt,
oder es findet eine Umlagerung statt, die den Eintritt des Diazoaryls
gestattet.
*) Die Mutterlaugen gießt man in Aether, saugt den erhaltenen
voluminösen Niederschlag ab und trocknet ihn im Vakuum, worauf
durch Chloroformextraktion noch ein Teil des Bilirubins wieder-
gewonnen werden kann, ein Teil oxydiert sich und wird in Chloroform
unlöslich.
**) Vgl. Deutsches Arzneibuch IV, 8. 599, Reagentien zur Aus-
führung der Diazoreaktion.
478 W. Küster: Bildung des Gallenfarbstoffs.
Legen wir die Formel C„H,,O,N, für das Bilirubin zu Grunde,
so erweist es sich als eine allerdings sehr schwache zweibasische
Säure®), denn der in Wasser unlösliche übrigens auch in fast
allen organischen Lösungsmitteln sehr schwer lösliche — Farbstoff
wird durch Ammoniak und Sodalösung aufgenommen und bindet
auch etwa zwei Aequivalente kaustischer Basen, entsprechend
kann die Zusammensetzung des unlöslichen Caleiumsalzes durch
die Formel C,,H,,CaO,N, wiedergegeben werden. Sehr bemerkens-
wert ist, daß das frisch aus Salzen durch Säuren abgeschiedene
Bilirubin in Chloroform leicht löslich ist und schon von einer Natrium-
bikarbonatlösung aufgenommen wird, so daß hier eine neue Wandlung
im Molekül des Bilirubins, die zu einer ‚‚aci“-Form führt, als möglich
vor Augen tritt. Im Zusammenhang damit sei erwähnt, daß die
Versuche ein Silbersalz des Bilirubins zu gewinnen, noch nie zu
konstant zusammengesetzten Präparaten geführt haben, vielmehr
entsprach der Silbergehalt zwei bis vier ‚Atomen des Metalls
auf obige Formel bezogen und zwar mit der Regelmäßigkeit, daß
je älter das Bilirubinpräparat war um so weniger Silber gebunden
wurde. Auch scheint eine Veränderung des Bilirubins bei der Bildung
des Silbersalzes vorzugehen, was einmal daraus geschlossen werden
kann, daß ein Farbenumschlag eintritt und dann daraus,‘daß es
nicht gelingt aus den Silbersalzen Bilirubin wieder herzustellen.
Das Silber erweist sich also als außerordentlich fest gebunden.
Man geht aber wohl mit der Annahme nicht fehl, daß vier
von den sechs Sauerstoffatomen des Bilirubinmoleküls in Form
von zwei Carboxylen vorhanden sind, daß also beim Uebergang
der prosthetischen Gruppe des Blutfarbstoffs in Bilirubin in Bezug
auf die Carboxyle keine Aenderung eintritt. Alle Versuche®) indessen
das Vorhandensein zweier Carboxyle durch eine Veresterung exakt
sicher zu stellen, schlugen zunächst fehl. ‚Als Grund konnte er-
mittelt werden, daß das Bilirubin nicht nur gegen Alkalien, sondern
auch gegen Säuren außerordentlich empfindlich ist, so daß die in
alkalischer Lösung mit Hilfe von Dimethylsulfat oder die mit Hilfe
von Salzsäure erhaltenen, tatsächlich Estercharakter tragenden
Stoffe nicht als direkte Derivate des Bilirubins angesprochen werden
konnten*). Immerhin wies die Methoxylzahl auch hier auf die Zwei-
basigkeit des Bilirubins und bei Verwendung von Diazomethan®”)
wurde schließlich ein Dimethylester erhalten, der. wenigstens, der
*) Daß es wirklich Säuren sind, welche die Veränderung des
Bilirubins herbeiführen, die unter anderem darin besteht, daß der
Farbstoff für den Sauerstoff der Luft leicht angreifbar wird, zeigt sich
z. B. darin, daß sich Bilirubin in geschmolzener Chloressigsäure mit
; W. Küster: Bildung des Gallenfarbstoffs, 479
Farbe nach ein direktes Derivat sein mußte. Die Analyse des erhal-
tenen Produktes bewies dann aber, daß außer der Esterifizierung
noch eine Anlagerung eines Moleküls Diazomethan erfolgt war,
eine namentlich aus dem Grunde bemerkenswerte Erscheinung,
als der Dimethyläther des Hämatoporphyrins bei gleicher Behandlung
nur esterifiziert wurde und beim Hämin eine Wirkung anscheinend
überhaupt ausblieb.
Was das fünfte Sauerstoffatom des Bilirubinmoleküls betrifft,
so ist für dasselbe die Form des Hydroxyls, wie wir noch sehen
werden, so gut wie sicher erwiesen, wenn es auch noch nicht gelungen
ist eine Acetylierung ‚oder eine Benzoylierung auszuführen.
Für das sechste Sauerstoffatom wird von H. Fischer
eine ätherartige Bindung, von mir ein zweites Hydroxyl ange-
nommen, worauf ich zurückkomme. Es ist dem noch anzugliedern,
daß nach Versuchen von K. Reihling und mir®) Analogien
zwischen dem Bilirubin und aromatischen Ketonen resp. Chinonen
insofern bestehen, als mit einigen Metallchloriden, die Restaffini-
täten aufweisen, z. B. mit Zinntetrachlorid, in wasserfreien Lösungs-
mitteln tief gefärbte Additionsprodukte entstehen, wodurch für
das Bilirubin bewiesen sein dürfte, daß das Hydroxyl oder die Hy-
droxyle auch als Carbonyl reagieren können, d.h. aber, daß eine
Wanderung von Wasserstoff im Sinne einer Enol-Keto-Isomerie
auftreten kann, wodurch eine erste Möglichkeit zur Erklärung der
beobachteten verschiedenen Modifikationen des Bilirubins er-
scheint.
Wie bereits erwähnt, machen Säuren das Bilirubin sehr emp-
fänglich für die Aufnahme des Luftsauerstoffs, was wohl darauf
zurückzuführen ist, daß sie eine intramolekulare Bindung zwischen
den Carboxylen und Stellen mit basischen Eigenschaften aufheben.
Natürlich ist die Fähigkeit zur Autoxydation auch schon dem
Bilirubin allein eigen, und so pflegen ältere Präparate immer ein in
Eisessig lösliches Oxydationsprodukt zu enthalten, das man aber mit
diesem Lösungsmittel nicht entfernen kann, weil es sich unter
seinem Einfluß rasch aufs neue bildet. Achnlich wie Säuren wirken
Alkalien, und die Fähigkeit der roten alkalischen Bilirubinlösungen
an der Luft zu ergrünen, ist lange bekannt. Was hierbei entsteht,
das sogenannte „Biliverdin‘®), ist aber höchstwahrscheinlich kein
einheitlicher Stoff, denn der Sauerstoff der Luft dürfte an meh-
grüner Farbe löst, im Ester der genannten Säure aber ohne Farben-
umschlag; noch schärfer tritt dies Verhalten gegenüber der Trichlor-
essigsäure bzw. ihres Esters auf.
Fu ri y
480 W. Küster: Bildung des Gallenfarbstoffs. ä
reren Stellen des Moleküls eingreifen. So ist denn auch Städeler’s
Vergleich dieser Erscheinung mit der Bildung des Indigos aus dem
Indigweiß nicht länger haltbar, wenn auch insofern eine Aehn-
lichkeit zwischen beiden Farbstoffen besteht, als das Bilirubin im
Gegensatz zum Hämatin und analog dem Indigo durch Einwirkung
von Alkalien eine Aufspaltung erleidet, wobei über eine sehr charak-
teristisch riechende, also flüchtige, leider noch nicht näher bekannte
Vorstufe Hämatinsäure”®) entsteht. Hierbei wird aus dem Bilirubin
auch eine Molekel Ammoniak abgespalten. Für‘ das eine Stick-
stoffatom des Bilirubins ist hierdurch eine andere Bindungsart
nachgewiesen, wie im Hämatin. Noch glatter gelangt’ man ; zur
Hämatinsäure durch eine Oxydation des Bilirüubins in saurer Lösung,
und es war diese Bildungsart, durch welche von mir”!) der erste
chemische Beweis für die Aehnlichkeit der Struktur des Bilirubins
und Hämatins erbracht wurde.. Es handelt sich dabei aber nur
um den einen der vier Pyrrolkomplexe, denn aus Hämatin lassen
sich ja zwei Moleküle Hämatinsäure herausoxydieren, während
bisher die Ausbeuten an dieser Säure bei Verwendung von Bilirubin
geringer gewesen sind. Andere Beobachtungen lassen jedoch den
Schluß zu, daß beim Uebergang von. Hämatin in Bilirubin die beiden
Pyrrolkomplexe, ‚welche bei der Oxydation Hämatinsäure liefern
können, im wesentlichen erhalten bleiben. Es erinnert also das
Verhalten des Bilirubins an das des Mesoporphyrins, und hier wie
dort könnte demnach die Verkettungsart der Pyrrolkomplexe
für die Ausbeuten maßgebend sein, beim Bilirubin käme zugleich
die Möglichkeit in Betracht, durch Einwirkung von Alkalien Hämatin-
säure zu erhalten, was für mich Veranlassung ist anzunehmen, daß
der eine der Hämatinsäure liefernden Komplexe bereits ein Hy-
droxyl trägt. Daß bei dieser Aufspaltung ein Zwischenprodukt
entsteht, wurde erwähnt, aber auch bei der Oxydation in; saurer
Lösung bildet sich eine ganze Reihe von Stoffen, ehe Zerfall eintritt,
und hierauf beruht die Gmelin-Tiedemann’'sche Reaktion
zur Erkennung von Spuren des Bilirubins durch ein prächtiges
Farbenspiel bei der Einwirkung von salpetriger Säure. , Das grüne
Stadium dieser Reaktion tritt allein auf, wenn: Bilirubin mit Eis-
essig überschichtet und Eisenchlorid hinzugegeben wird, auf Zusatz
von Salpetersäure entsteht dann das rote Stadium”?).. Bemerkens-
wert ist, daß durch das zuerst genannte Oxydationsmittel nicht
nur Sauerstoff zugeführt wird, sondern daß auch eine Wegnahme
von Wasserstoff eintritt, und daß als Endprodukt der Einwirkung
von Eisenchlorid ein Körper auftritt, der ein. unlösliches Natrium-
salz gibt. (Schluß folgt.)
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W. Küster, Ueber den Cain a Bildung a '
stoffs aus der a m a des Blu
(Schluß) . h SE ER
E. Schmidt, Ueber das. Sespolin. Be Re
L. Vanino, Zur Geschichte der sympathetischen Tinten. (Geheim.
binten)-.... 3.1. Saale... 3 ER re ee
Derselbe und Fr. Mußgung, Vobek ee Wismut jR
G. Frerichs, Beiträge zur Kenntnis der at durch kata-
lytische Anlagerung von Wasserstoff . RR
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Eingegangene Beiträge. e
E. Schmidt, Ueber stickstoffhaltige Abkömmlinge der Fine n
R. Boehm, Ueber Krotonharz. : Bi
E. Wende, Zur Vereinfachung der exakten Fettsäure-Bestimmung in ER
Sapo kalinus. j E
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(Geschlossen den 30. XII. 1915.) “
KR,
.
In einem jährlichen Umfange von 40 bis 50 Bogen.
>
Diese Zeitschrift erscheint In zwanglosen Heften
Ladenpreis für den Jahrgang Mk. 12,—.
Alle Beiträge für das „Archiv“ sind an die
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oder Herrn Geh. Med.-Rat Professor Dr. H. Beckurts in Braunschweig,
alle die Anzeigen u. s. w., ana die Archiv-Verwaltung und 15
den Wohnungswechsel betreffenden itteillungen an den ;
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Berlin NW 87, Levetzowstr. 16b
einzusenden.
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ij, Seite zum Preise von M 50.—; !/s Seite zum Preise von M 80.-; Seite zum r
Preise von M 20.—; !/, Seite zum Preise von M 10.—. Die Grundschrift ist Petit, K.
Beilage-Gebühr für das Tausend der Auflage — 5800 — M 10.—. Für Beilagen, welche
nicht dem Format des „Archiv“ entsprechen, bleibt besondere Vereinbarung aan
x L$
ä
; W. Küster: Bildung des Gallenfarbstoffs. 481
MAR 11 1948,
Das Bilinigrin, ‘wie wir‘ das Oxydationsprodukt genannt
haben, stellt sich damit dem Bilihumin der Gallensteine an die Seite
und auch darin, daß es in allen Lösungsmitteln unlöslich ist. Der
Befund ist also insofern von’ Bedeutung als er zeigt, daß die beim
Uebergang von Hämatin in Bilirubin sich vollziehende biologische
Oxydation über das Stadium des Bilirubins auch noch hinausgehen
kann, und dann dadurch, daß die Unlöslichkeit eines Natrium-
salzes ein Licht wirft auf das Entstehen von Konkrementen. Es
sei gleich hier ‚angeschlossen, daß schwer lösliche Natriumsalze
ja auch ‘beim ‘Hämato- und Mesoporphyrin angetroffen wurden,
und daß auch die zu erwähnende Dehydrobilirubinsäure durch ein
solches ‚charakterisiert wird.
Daß ein zweiter Pyrrolkomplex im Bilirubin enthalten sein
muß, lehrten dann die Untersuchungen H. Fischer’s”®) über die
Reduktion des Bilirubins durch Natriumamalgam. Sie sind im An-
schluß an die Darstellung eines Hydrobilirubin genannten Körpers
durch M al y?”%) unternommen worden und führten zu dem Resultat,
daß Bilirubin unter dem Einfluß des genannten Mittels acht Atome
Wasserstoff aufnimmt und dabei in 'einen farblosen, in derben
Prismen krystallisierenden Körper übergeht, der als Mesobili-
rubinogen bezeichnet wird. Ganz abgesehen davon, daß sich derselbe
als das Urobilinogen des Harns erwiesen hat, auf welche hochbe-
deutsame Erkenntnis’ einzugehen außerhalb des Rahmens dieser
Zusammenstellung ‘liegt, -ist das Mesobilirubinogen durch seme
chemischen Eigenschaften für ‘die Beurteilung der Konstitution
des Bilirubins von ausschlaggebender Wichtigkeit. Zunächst konnte
durch seine Leichtlöslichkeit im Gegensatz zum Bilirubin das Mole-
kulargewicht bestimmt werden, woraus auch für das Bilirubin
eine Zahl entsprechender Größe gefolgert werden kann, da die
Ausbeuten an dem Reduktionsprodukt bis auf 62% des verwen-
deten Bilirubins gesteigert werden konnten. Aus den analytischen
Daten schließt H. Fischer auf die durch die Formel C,;H,,0,N,
wiederzugebende Zusammensetzung, mit der die bei der Molekular-
gewichtsbestimmung gefundenen Zahlen harmonieren, wenn wir
sie einfach schreiben. Damit käme auch dem Bilirubin die Formel
Cz3H,,0,N, zu, die sich von der durch Städeler aufgestellten
durch ein Mehr von einem Kohlenstoffatom unterscheidet.
Im Gegensatz zum Bilirubin ist nun das Mesobilirubinogen
befähigt ein komplexes Kupfersalz zu bilden, sich mit Aldehyden
zu kondensieren und bei der Oxydation neben Hämatinsäure das
Imid der Methyläthylmaleinsäure zu liefern, wodurch das Vor-
handensein eines zweiten Pyrrolringes im Bilirubin sicher bewiesen
Arch. d. Pharm. CCLIII. Bds. 7. Heft. al
482 W. Küster: Bildung des Gallenfarbstoffs.
wurde. Die erst genannten Reaktionen lassen aber den Schluß zu,
daß bei der Reduktion erstens Wasserstoff an Stickstoffatome tritt,
die im Bilirubin keinen Wasserstoff tragen, und daß zweitens
Wasserstoff auch mindestens an ein in «-Stellung zum Stickstoff
stehendes Kohlenstoffatom tritt. Da nun ferner die Bildung des
„Lmids“ das Entstehen eines Aethyls oder auch von zwei Aethylen
voraussetzt, die im Bilirubin noch nicht vorhanden sind, so müssen
im Bilirubin die einzig in Betracht kommenden Vinyle des Hämins
mit den Stickstoffatomen in Verbindung stehen*), sonst würden
zur Erzielung der geschilderten Gegensätze zwischen Bilirubin und
Mesobilirubinogen mehr als 8 Wasserstoffatome gebraucht werden,
denn es muß auch die Farblosigkeit des Mesobilirubinogens in
Betracht gezogen werden und nach den Angaben H. Fischer’s
sind für das Farbloswerden vier Atome. Wasserstoff notwendig.
Ehe ich hierauf eingehe, muß einer weiteren merkwürdigen Eigen-
schaft des Mesobilirubinogens gedacht werden. Es existiert nämlich
in einer „nicht aciden‘“ Form, die sich in Natriumbikarbonatlösung
erst bei langdauerndem Schütteln löst, wobei sich ja Soda bilden
kann, und in einer „aciden‘‘, die beim Lösen in Bikarbonat Kohlen-
dioxyd entwickelt. Doch lassen sich aus einer solehen Lösung
durch Chloroform 8%, der verwendeten Leukobase ausschütteln
als nicht acide Form. Zwischen. beiden Modifikationen stellt sich
also ein Gleichgewicht her, was vielleicht wieder auf eine Wasser-
stoffwanderung im Sinne einer Keto-Enol-Isomerie zurückzuführen
ist und wobei das Lösungsmittel eine Rolle spielt, denn in alkoholi-
scher Lösung erweisen sich beide Stoffe als zweibasisch. Wir hätten
somit hier keinen Gegensatz zum Bilirubin zu verzeichnen; die in
Betracht kommenden Atomlagerungen wären vielmehr schon im
Bilirubin vorhanden, treten aber im Reduktionsprodukt insofern
schärfer hervor, als die verschiedenen ‘Eigenschaften: besser ver-
folgbar sind, kann doch z. B. auch ein Schmelzpunkt beobachtet
werden, der bei der aciden Form niedriger liegt‘ (186-—-190°). ' Die
Angaben H. Fischer’s über den ‚Schmelzpunkt der nicht aciden
Form varlieren von 192-—203°, so daß vielleicht sogar das Vor-
kommen mehrerer Modifikationen der nicht aciden: Form nicht
*) Dafür, daß die Vinyle im Bilirubin auf andere ‚Weise wie im
Hämin gebunden sind, spricht auch die verschiedene Wirkung von
Eisessig-Bromwasserstoff auf beide Stoffe. Wie wir sahen, addieren
sich beim Hämin dabei zwei Moleküle Brömwasserstoff, und die Brom-
atome sind leicht ersetzbar. ‘Beim Bilirubin addiert sich allem An-
scheine nach nur ein Molekül Bromwasserstoff und das Bromatom
wird viel schwerer. herausgenommen).
Ya Un
W. Küster: Bildung des Gallenfarbstoffs. 483
ausgeschlossen ist, oder daß farblose Körper, die sich vom Bili-
rubin nur durch Aufnahme von vier oder sechs Wasserstoffatomen
unterscheiden, bisher der Beobachtung entgangen sind. Auf die
Möglichkeit solcher Reaktionen oder darauf, daß die Reduktion
des Bilirubins in verschiedener Weise verlaufen kann, weist näm-
lich der Befund: H. Fiseher’s, wonach neben dem’ Mesobili-
rubinogen ein zweiter Körper, der nicht krystallisiert erhalten
wurde, entsteht, und zwar in Mengen bis zu 50% des verwendeten
Bilirubins, ein Befund, der H. Fischer veranlaßt hatte, für
den jetzt: Mesobilirubinogen genannten Körper den Namen
„Hemibilirubin‘‘ zu wählen. ‚ Vorzuziehen ist der neue Name,
denn das Mesobilirubinogen ist eine Leukobase, die sich auch in
konzentrierter Salzsäure löst, und die schon durch den Luftsauer-
stoff, wobei aber ein Gemisch von Körpern — das Urobilin früherer
Forscher — entsteht, besser durch ein Oxydationsmittel in einen
um vier Wasserstoffatome ärmeren, gefärbten Körper verwandelt
wird. Dieser wird Mesobilirubin genannt im Anklang an das Meso-
hämin, das gleichfalls vier Wasserstoffatome mehr enthält, als
der Stammkörper.
Als ein geeignetes Oxydationsmittel hat sich nun bemerkens-
werterweise das Kaliummethylat bei 150° erwiesen; einer ganz
gleichen Wirkung werden wir bei der Bilirubinsäure begegnen und
hier die Formulierung besprechen, da ihre Konstitution erwiesen
werden konnte.
Mesobilirubin, C,,H,00,N;, bildet sich auch direkt aus Bili-
rubin durch Reduktion mit Wasserstoff, vermittelt durch kolloidales
Palladium, und wird in beiden Fällen in schwefelgelben Krystallen
vom Schmelzpunkt 315° (unter Zersetzung) erhalten. Auch bei
dieser Reduktion tritt ein Nebenprodukt auf, das in braunroten
Krystallen erhalten wurde.
Einen. weiteren wesentlichen Einblick in die Konstitution
des Bilirubins vermittelten die mit Eisessig-Jodwasserstoff aus-
geführten Reduktionsversuche. Erinnern‘ wir uns zunächst daran,
daß das genannte: Reagens bei gelinder Einwirkung auf Hämin
Mesoporphyrin entstehen läßt, während ein Ueberschuß des Mittels,
aber ebenfalls nur bei Wasserbadtemperatur, den Zerfall des Moleküls
in die Hämopyrrolkarbonsäuren und die Hämopyrrole bewirkt.
Ganz anders verläuft diese Reduktion beim Bilirubin, indem hier
wie H. Fischer”) und O. Piloty’) fast gleichzeitig fanden,
eine farblose, krystallisierte Säure, - C,„Hs,O,Ns, herausgeschält
wird. Sie wurde von H. Fischer, der die Darstellung zuerst
beschrieben hat, Bilirubinsäure genannt, und hat sich als ein zwei-
3]*
484 W. Küster: Bildung des Gallenfarbstoffs.
kerniges Pyrrolderivat erwiesen, da sie bei der Oxydation sowohl
Hämatinsäure, wie das Imid der Methyläthylmaleinsäure ergibt,
ihr, Ester liefert bei der Destillation unter Zerfall sowohl den Ester
der Phono- wie der Isophonopyrrolkarbonsäure, was wohl auf
Wanderung eines Methyls zurückzuführen ist. Daß der oxydative
Zerfall über ein Zwischenprodukt führt, das gefärbt ist, fanden
Piloty und Thannhauser”) auf. Sie erhielten die neue
Säure aus der ersteren durch Einwirkung von Kaliumpermanganat
in alkalischer Lösung in gelb gefärbten Krystallen, die sich über
260° erhitzt, zersetzen ohne zu schmelzen. Auf die Spekulationen
Piloty’s über ihre Konstitution einzugehen, erübrigt sich, ganz
abgesehen von der Unklarheit seiner Ausdrucksweise, weil die von
ihm: vermuteten Gebilde weder Hämatinsäure, noch das Imid geben
können. H. Fischer hat dann seiner Bilirubinsäure auf Grund
eingehender Untersuchungen die Formulierung
n
H,C—C=07,. NC=C-CH;,
BB
|
NcH, OH
zugeschrieben, und dem um zwei Wasserstoffatome ärmeren Oxy-
dationsprodukt, das als Dehydrobilirubinsäure bezeichnet werden
sollte*), muß dann folgende Konstitution zukommen:
H
6
H,C—C=0”. ”SC—C—-CH;
Wax en
Ih LK, |
COOH-—-CH,— CH, —O=C C-C-0B; CH;
RE A
CH, 0
aus welcher Formel der Zerfall in Hämatinsäure und das ‚‚Imid“
klar hervorgeht.
Säuren von gleicher Zusmmensetzung und gleicher Farbe,
wie die eben beschriebene, erhielt nun H. Fischer”) sowohl
aus Bilirubinsäure, wie aus Mesobilirubinogen bei der Einwirkung
von Natriummethylat. Da die erhaltenen Säuren aber Schmelz-
punkte aufweisen und sogar verschiedene Ester geben**), so ist
*) Piloly nannte den Körper C,,H,,0;N, Bilinsäure, das
Oxydationsprodukt Dehydrobilinsäure.
**) Schmelzpunkt der Xanthobilirubinsäure aus Bilirubinsäure
285°, aus Mesobilirubinogen 294°; Schmelzpunkt des Esters der
Xanthobilirubinsäure aus Bilirubinsäure 212°, aus Mesobilirubinogen 190°.
W. Küster: Bildung des Gallenfarbstoffs. 485
nicht ausgeschlossen, daß hier isomere Körper vorliegen, für welche
die Formeln
a H
nr
TE on 0 a — 00" o=0—CH,
Inu Ne“ | und | NY UN“ |
2IE0 ns DI = OSl TH;
SCH, € OH Sen, OH
in Betracht gezogen werden könnten,
Durch Reduktion erhielt H. Fis B aus beiden Xantho-
säuren die Bilirubinsäure zurück. Für die Konstitutionsfrage des
Bilirubins resp, die seiner Modifikationen könnte daher die Klar-
stellung einer Isomerie der Dehydro- und ‚der Xanthobilirubin-
säuren von größter Bedeutung werden. ‚Wie, denn auch. erstens
die Konstitution der Bilirubinsäure und zweitens ihr. Entstehen
ein erstes Licht auf die Art der Verkettung, der. vier Pyrrolringe
im Bilirubin wirft. , Erstere, und besonders das. Vorhandensein
eines Hydroxyls resp. Carbonyls, das demnach, auch im. Bilirubin
an einem Pyrrolkomplex vorkommen muß, ist ‚gefolgert ‚worden
aus dem Verhalten eines hydroxylierten Pyrrols®°) bei der Ein-
wirkung von Eisessig-Jodwasserstoff, das hierbei, einen Zerfall
erleidet, denn das gleiche ist bei der Bilirubinsäure der. Fall... Sie
liefert nämlich , hierbei wohl Trimethylpyrrolpropionsäure, , aber
kein Hämopyrrol, Krypto- oder Phyllopyrrol, ; während ‚Bilirubin
selbst — aber erst bei höchst energischer Einwirkung des genannten
Reduktionsmittels — die Phöonopyrrolkarbonsäuren, wovon nur
die Isosäure in erheblichen Mengen, und Kryptopyrrol gibt.
Mit der Auffindung des letzteren wäre somit auch der Nach-
weis eines dritten Pyrrolkerns im Bilirubin erbracht, wenn wir hierfür
nicht schon die Existenz der Bilirubinsäure insofern heranziehen
wollen, als sie ein tetrasubstituiertes Pyrrolderivat ist, das Hämatin-
säure und das ‚Imid‘ liefert, während Mesobilirubinogen, das die
gleichen Oxydationsprodukte, gibt, ein trisubstituiertes Pyrrol
vorstellt... Uebrigens führt H, Fischer als weitere Beweise für
das Vorhandensein eines dritten und eines vierten ‚Pyrrolkerns im
Bilirubin die Tatsachen an, daß 1. bei der Aufspaltung von Bilirubin
durch Kaliummethylat Phyllopyrrol entsteht, nicht aber bei der
Aufspaltung von Bilirubinsäure unter gleichen Bedingungen, wobei
nur Trimethylpyrrolpropionsäure gebildet wird, und daß 2. Natrium-
methylat aus Bilirubinsäure nur die Xanthobilirubinsäure, entstehen
läßt, während aus Bilirubin unter gleichen Bedingungen neben der
Xanthosäure auch Trimethylpyrrolpropionsäure hervorgeht.
486 W. Küster: Bildung des Gallenfarbstoffs.
Das Entstehen der zweikernigen Bilirubinsäure unter Um-
ständen, die beim Hämin nicht zur Aufspaltung führt, zeigt uns
aber, daß in der Verkettung der vier Pyrrolkomplexe im Hämin
und im Bilirubin eine Verschiedenheit bestehen muß. Ob es nun vier
Methine sind, wie ich früher angenommen habe, oder ob nach
H. Fischer neben zwei Methinen eine Bindung durch einen
Aethanrest erfolgt:
= H
C
Py —Py Py“ >Py
Bi: Hoc. oder IK
Py_ hr Pys SER
H H
im Bilirubin muß ein Methin oder es müssen zwei dieser Gruppen
fehlen, je nachdem wir seine empirische Zusammensetzung mit 33
oder mit 32 Kohlenstoffatomen auszudrücken haben werden*). Da-
mit steht dann auch im Zusammenhange, daß Hämatoporphyrin
und Bilirubin im Charakter als Farbstoffe ein ganz verschiedenes
Verhalten "zeigen. Vielleicht vermittelt im Bilirubin daher nur
noch ein Kohlenstoffatom den Zusammenhalt der vier Pyrrolkom-
plexe, von denen dann zwei untereinander in Verbindung stehen
müssen, wenn wir die Formel mit C,, bevorzugen**). Damit würde
sich eine den Triphenylmethanfarbstoffen ähnliche Konstitution
des Bilirubins als Dipyrryl-pyrrol-pyrrolenmethan:
Pr By oc
ergeben, für die vielleicht noch mein Befund: geltend gemacht werden
kann, wonach sich Bilirubin in Chloroformlösung mit gasförmigem
Chlorwasserstoff zu einem fuchsinähnlich gefärbten Produkt verbindet,
das als ein direktes Bilirubinderivat anzusprechen ist, da der Farb-
stoff nach Wegnahme der Salzsäure mittels Pyridin unverändert
wiedergewonnen werden kann.
*) Willstätter schreibt auch dem Hämin eine Formel
mit 33 Kohlenstoffatomen zu und nimmt nur die Bindung der
vier Pyrrolkomplexe mittels der Gruppe >C=C< an. Aber diese
Formulierung kann meines Erachtens dem Zusammenhang mitBili-
rubin auch dann nicht gerecht werden, ‘wenn letzteres ebenfalls
33 Kohlenstoffatome besitzt, weil sie weder den Unterschied beider
Stoffe als Farbstoffe, noch das verschiedene Verhalten bei der Reduktion
zum Ausdruck bringt.
**) Bei C,, könnte man daran denken, daß das eine Methin des
Hämins beim Uebergang in Bilirubin in den einen Pyrrolkomplex
unter Erweiterung zum Pyridinring aufgenommen wird.
W. Küster: Bildung des Gallenfarbstoffs. 487
Nachdem wir nunmehr die wichtigsten Umsetzungen kennen
gelernt haben, die bisher mit dem Bilirubin ausgeführt werden
konnten, wollen wir einen Blick auf von H. Fischer auf-
gestellte Formel werfen:
9)
C00H—CHs—-CH-—C=C7 >C=C—-CH=CH;
ON +
TO YNHEN< I ;
u ann _C=C-CH;
®
H,C C=C-7 IC=C-CH,
DDNENEINE
L
N
CH, OH
Sie wird unter der Annahme, daß-bei der Reduktion durch
Natriumamalgam auch die ätherartige Bindung der Komplexe I und
II unter Anlagerung zweier Wasserstoffatome gesprengt wird,
der Bildung und den Eigenschaften des Mesobilirubinogens gerecht.
Mir scheint doch eine Bindung von C zu € von I zu II wahrschein-
licher, weil, wenn III durch das Hydroxyl so verändert wird, daß
‚Jodwasserstoff-Eisessig den Zerfall des ganzen Komplexes III
herbeiführt, ein ähnliches Verhalten 'auch für I gefolgert werden
könnte. Tatsächlich läßt sich Kryptopyrrol fassen, was übrigens
einen Wechsel in der Stellung des Methyls und des Vinyls im Bilde
H. Fischer’s notwendig. macht.
Einen zweiten Einwand möchte ich gegen die im Bilde
H. Fischer’s gewählte Verbindungsart der Komplexe I und II
mit den Komplexen III und IV erheben, da mir, wie bereits erwähnt,
die Gleichartigkeit dieser Bindung mit der im Bilde des Hämins
dem verschiedenen Verhalten beider Stoffe bei der Reduktion
nicht Rechnung zu tragen scheint. Ein dritter Einwand betrifft
die im Bilde H. Fischer’s erscheinenden vier Imidgruppen;
wären sie vorhanden, so sollte schon das Bilirubin und nicht erst
das Mesobilirubin zur Komplexsalzbildung .befähigt sein. Sie ent-
stehen also erst in der Vierzahl, welche allem Anschein nach hier
im Gegensatz zum Hämatoporphyrin erst die Möglichkeit schafft,
daß eine Bildung von Komplexsalzen eintreten kann, durch die
Reduktion. Und da nun ferner die Vinyle nicht in der gleichen Art
an die Pyrrolkomplexe gebunden sein können wie im Hämin
(vgl. Seite 482, Anm.), so erscheint die Annahme nicht ungerecht-
fertigt, daß im Bilirubin die Vinyle mit dem Stickstoff verbunden
-
483 W. Küster: Bildung des Gallenfarbstoffs.
sind, daß hier also die ‚„Brückenbindung‘‘ eingetreten ist; “wie sie
Willstätter bereits für das Hämin angenommen. hat. '\
So kommen wir. zu folgenden Bildern, für: drei- verschiedene
Modifikationen des Bilirubins, von denen das letzte ein farbloses
Bilirubin darstellen könnte, dessen Zurücktreten oder Vorherrschen
das Auftreten der rotbraunen oder der orangegefärbten Modifi-
kation bedingen könnte.
COOHICH,-CH, 0=C a a"
u\sn w/cH,cH,
| SQ
H,C—0=C, og Be -
ur
IV N SCH. CH, |
N %
CH, OH
I.
COOH-=CHz+-CH-=0=C HN |
| I iu NOH,-CH, |
| r a
H;0-C=Cg,, 76
a‘
CO0H—CH; CH, —C=C or
w \yır on. -cH, .
we"
HCC © c
N Lich Ara
U, 0
II. -
CO0OH-—-CH,— CH, —C= en - I adoi
Ir \sn "N -0H, CH wii
Prasjee alla N
H,C-—C en
co ) e<
Pete PEST = A aaa ni Be
u su Neon -cm; A
=D 131 i
H,C—C = & (D—— ——(Ü ri ph
N Ba
CH, OH BA
W, Küster: Bildung des Gallenfarbstoffs. 489
Das Gesamtbild zeigt die Oxydation’ an, durch welche sich
Bilirubin aus Hämin bildet: zwei Kohlenstoffatome fehlen, Kom-
plex II trägtän «-Stellung ein Hydroxyl an Stelle der Bindung mit
der zentralen C—C-Gruppe im Hämin. Danach wird II ebenso
wie III durch Jodwasserstoff-Eisessig total zerfallen, und tatsächlich
wird von den Hämopyrrolkarbonsäuren nur die eine in größerer
Menge gewonnen. II und IV müssen also die strukturisomeren
Säuren geben können, welcher Forderung die Anordnung der Seiten-
ketten gerecht wird.
Läßt sich nun mit Hilfe dieses Bildes auch das Entstehen
der besprochenen Reduktionsprodukte erklären ?
Daß ein Körper von der Konstitution, wie sie die Bilirubin-
säure erhalten muß, herausgeschält werden kann (Ill und IV),
während I und II vermöge ihrer anderen Bindungsart Zerfall erleiden,
gibt das Bild wieder. Auch das Entstehen des Mesobilirubins durch
Addition von vier Wasserstoffatomen unter Sprengung der Brücken-
bindung in den Komplexen I und III läßt sich erklären und zwar
am besten aus Formel II. Dann sollte aber ein Mesobilirubinogen
durch Addition von nur, zwei weiteren Wasserstoffatomen . ent-
stehen können,
Ein solcher ‚Körper:
C00H—CH5--CH,—C=C C=C--CH,
by Sg nnd 7]
MC-08C C=C-CH,—CH,
N
24 rede
COOH—-CH,—-CH,—C=0" H Nc=C--CH,
PiRS PA
1.
H,C—C=C C=C—CH,—CH;,
N %
CH, OH
würde aber die wesentliche Eigenschaft des Mesobilirubinogens
von H. Fischer sich mit Aldehyden kondensieren zu können,
nicht besitzen, weil ihm Wasserstoff an einem «-ständigen Kohlen-
stoffatom fehlt. Da nun aber dieses Mesobilirubinogen nach der von
H. Fischer ermittelten Zusammensetzung zwei Wasserstoff-
atome mehr besitzt, könnte man an einen anormalen Verlauf
der Reduktion denken und käme zu dem folgenden Bilde, das
den beobachteten Tatsachen Rechnung tragen würde, auch der
so außerordentlich leicht erfolgenden Oxydation dieses Urobilinogens
durch den Sauerstoff der Luft und. insbesondere der merk-
würdigen Rückverwandlung unter Verlust. von. vier Wasserstoff-
490 W. Küster: Bildung des Gallenfarbstoffs.
atomen in das gefärbte, beständigere Mesobilirubin durch
Natriummethylat.
COOH-CHzcH,lo=0- 2" 20200,
| u X
H,C—C =( C=C—-CH,—-CH,
Br
EX:
COOH--CH;—CH,—C—C7 H TC=C--CH,
| Sm N |
HC 60 C=CCH,-CH,
Di BR
H CH ©
Auch das neue Bild zeigt also noch unscharfe Züge und muß
durch weitere Untersuchungen*) vervollkommnet werden, . zu
denen es vielleicht auch Anregung geben kann, ebenso wie die
theoretischen Erörterungen, die ich in die vorstehenden Zeilen
eingeflochten habe.
Das große Interesse, welches sich für den Blut- und, den
Gallenfarbstoff von jeher und seit der Entdeckung der Hämatin-
säuren und der Aufklärung ihrer Konstitution in erhöhtem Maße
gezeigt hat und sich dadurch bekundet, daß die Anzahl der sich
diesen und verwandten Gebieten widmenden Forscher von Jahr
zu Jahr im Wachsen begriffen ist, läßt erhoffen, daß ‚die Weiter-
entwickelung unserer Kenntnisse auch hier eine stetige sein wird.
So seien ferne Ziele zum Schluß ins Auge gefaßt, die zu erreichen
die Mühe reichlich lohnen wird. Wir haben gesehen, daß die eisen-
haltige Komponente nur einen kleinen Teil (4%) des großen Hämo-
globinmoleküls ausmacht, 96% fallen auf ein „Globin‘“ genanntes
Protein. Die Darstellung des Hämins gründete sich auf die Spaltung,
ein erstrebenswertes Ziel bildet die Vereinigung beider Komponenten.
Wahrscheinlich erfolgt die Verknüpfung durch die Carboxyle des
Hämatins einerseits mit Aminogruppen des Proteins andererseits
unter Austritt von Wasser, also durch eine polypeptidartige Bindung,
durch welche dann die giftig wirkenden Komponenten?!) zu dem
indifferenten Produkt, dem eine so hohe biologische Bedeutung zu-
kommt, verkettet werden. Da aber das Hämatin zweibasisch ist und
*) Vielleicht erweist sich das Anlagerungsprodukt von Diazo-
methan an Bilirubin als geeignet weitere Anhaltspunkte für die
Konstitution des Bilirubins zu gewinnen. Die Anlagerung erfolgt an
der Stelle des Moleküls, die für die Aufnahme des Luftsauerstoffs in
Betracht kommt, da das Anlagerungsprodukt gegen Oxydation weit
weniger empfindlich ist wie Bilirubin.
W. Küster: Bildung des Gallenfarbstofis. 491
die beiden Carboxyle, wie von mir®:) nachgewiesen werden konnte,
verschiedene Stärke zeigen, wären verschiedene Hämoglobine aus
ein und demselben Globin*) möglich, je nachdem beide Carboxyle
oder nur ein Carboxyl reagiert, und im letzteren Falle wären Isomere
zu erwarten. In dieser Hinsicht ist es nun interessant, daß bereits
bei den monomethylierten Häminen Unterschiede in den Eigen-
schaften angetroffen worden sind®°), ein Befund, der zu. weiterer
Verfolgung einladet,
Dann erhebt sich die weitere Frage, ob etwa das Blut ver-
schiedener Individuen derselben Tierart**) verschiedene Hämoglobine
enthalten kann, und ob das Geschlecht, das Alter, die Ernährung
oder krankhafte Zustände für das Auftreten solcher Verschiedenheit
von Einfluß sein können, Ehe aber an die Beantwortung dieser
Frage gedacht werden kann, muß erst genau festgestellt werden,
inwiefern die beobachtete Verschiedenheit von Häminen und ihrer
Methyl- resp. Aethylester mit der Verwendung verschiedener Lösungs-
mittel zusammenhängt. Es sei daran erinnert, daß man sich zur
Darstellung von ‚„Hämin‘‘ entweder des Eisessigs oder des Aethyl-
alkohols bedient, ich habe dann ferner auch den Methylalkohol®)
mit gutem Erfolge verwendet. Nun liefert nur die, Eisessigmethode
konstante Ausbeuten und ein bei jedem Blut gleiches Hämin, das
auch als Acet- oder «-Hämin bezeichnet wird. Das mit Hilfe von
Alkoholen hergestellte Hämin krystallisiert in anderen Formen
wie das «-Hämin, was namentlich schön bei der Darstellung. von
Brom-Hämin®) (C,,H,,O,N,FeBr) hervortritt, und da es sich auch
in, chemischer Hinsicht anders verhält, habe ich die Wiederein-
führung einer schon von Mörner gebrauchten Bezeichnung für
die mit Hilfe von Alkoholen hergestellten Hämine als ß-Hämin
vorgeschlagen. Die genaue Untersuchung derselben in der hervor-
gehobenen Richtung verspricht interessante Resultate, da es den
Anschein hat, daß bei Anwendung der Mörner’schen Methode
feinere Unterschiede nicht, oder nicht in dem Maße verwischt werden
wie durch den Eingriff mit Eisessig. Einstweilen ist es allerdings
noch nicht gelungen die Trennung der verschiedenen 8-Hämine oder
ihrer Monoalkyl- und Dialkylderivate scharf durchzuführen; als
ein sicheres Resultat kann aber angeführt werden, daß bei Inne-
haltung derselben Versuchsbedingungen einmal ein ß-Hämin erhalten
*) Ganz abgesehen davon, daß das Globin mit verschiedenen
Aminogruppen reagieren könnte.
**) Verschiedene Tierarten enthalten bekanntlich verschiedene
Hämoglobine.
492 W. Küster: Bildung des Gallenfarbstoffs.
wird, dem nur wenig seines Monomeihylesters beigemengt ist,
während bei der nächsten Darstellung aus dem Blut eines anderen
Tieres das ßR-Hämin vorwiegend aus dem Monomethylester besteht.
Weniger auffällig ist die Tatsache, daß Aethylalkohol das Hämin
schwerer verestert wie Methylalkohol. 3
Eine andere Frage ist die nach dem Grund der Verschiedenheit
der Hämoglobine verschiedener Tierarten. Beruht sie nur auf der
Verschiedenheit der Globine oder kommt auch die prosthetische
Gruppe in Betracht ? Die größte Berechtigung hat wohl die Annahme,
daß man aus jedem Hämoglobin ein und dasselbe Hämin erhält
und auch die neueste Prüfung in dieser Richtung erbrachte eine
Bestätigung: H. Fischer) erhielt aus Karpfenblut ein Hämin,
das sich mit dem aus Ochsen- oder Pferdeblut gewinnbaren als
identisch erwies.
Mit dieser Annahme würde alsdann die Vorstellung über-
einstimmen, daß das Hämochromogen unverändert von Tier zu
Tier übergehe. Allein ihr steht die Schwerverdaulichkeit des Hämatins
und die Fähigkeit der Tiere entgegen, sich ihre spezifischen Leibes-
bestandteile durch eine Synthese aus geeigneten Vorstufen auf-
zubauen. Wie wir also beim Eiweiß auf Aminosäuren angewiesen
sind, die wir aus unserem Nahrungseiweiß in unserem Verdauungs-
traktus bilden, so müssen wohl auch für die organische Gerüst-
substanz des Hämochromogens Vorstufen vorhanden sein, und
wir werden sie im Pflanzenreich zu suchen haben. Bekanntlich zeigt
ja nun das Chlorophyll einen ganz ähnlichen Aufbau wie das Hämatin,
der wesentliche Unterschied besteht nur darin, daß es an Stelle des
Eisens Magnesium enthält. Bei der Oxydation gibt es zwar wie das
Mesohämin Hämatinsäure und Methyläthylmaleinimid, woraus
aber nur wieder erhellt, daß das Vermögen zu reduzieren in den
Pflanzen stärker wie in den Tieren ausgebildet ist, denn Mesohämin
ist ja ein Reduktionsprodukt des Hämins, bei der Reduktion liefern
aber beide Farbstoffe dieselben „Hämopyrrole“ und kürzlich ist
es Willstätter?) gelungen, das sauerstofffreie Aetiophyllin
auch auf Umwegen aus dem Hämin herzustellen, das er zuerst
aus Chlorophyliderivaten erhalten hatte, womit wir eine beiden
Farbstoffen gemeinsame Basis in Händen hätten. Leider ist damit
aber noch nicht gesagt, daß von ihr aus nun auch der Aufbau der
beiden Farbstoffe erfolgen kann, denn es ist höchst wahrscheinlich,
daß das Aetiophyllin ein Kunstprodukt ist, d. h. daß sich bei
seiner Herstellung Umwandlungen des Moleküls eingestellt haben.
Wir dürfen aber nach allem schließen, daß es dieselben Stoffe
sind, die den Pflanzen zum Aufbau des Chlorophylis, den Tieren,
W. Küster: Bildung des Gallenfarbstoffs. 493
die rotes Blut besitzen, zum Aufbau ihres Blutfarbstoffs dienen.
In erster Linie kommen dabei wohl auch hier bereits bekannte Natur-
produkte in Betracht, besonders die Bausteine.der Proteine, und es
ist bereits von Nencki®®, auf das Tryptophan als die Mutter-
substanz von Farbstoffen hingewiesen worden. In diesem liegt
bekanntlich die ß-Indyl «-aminopropionsäure vor:
RI o
HC—> CH H,O 6
3 BIT 2
DE or Roh dur #
| NH 1.,..2>NH
-=—— CH .. COOH—CH,—CH,—C—CH
NH; NH,
Es müßte also eine Aufspaltung des Benzolrings erfolgen,
wenn dieser Körper zur Synthese eines Hämochromogens von der
angenommenen Konstitution in der Natur dienen sollte, etwa in
der formulierten Weise. Ein solcher Pyrrolaldehyd könnte dann
allerdings im Sinne der von Friedländer®) bei Oxyindol-
aldehyden beobachteten Kondensation zweier Moleküle unter
Abspaltung von Ameisensäure ein zweikerniges Pyrrol geben:
H
©
H,0—C=0 SC—-C—CH;
DI
COOH_-CH--CH, -C=CH C--6--CH,-CH--C00H
|
NH, NH,
von dem dann wieder zwei Moleküle etwa unter Verknüpfung durch
eine Molekel Glyoxal zu einer Substanz führen würde, die sehr
wohl als Muttersubstanz des Chlorophylis sowohl wie des Hämatins
betrachtet werden könnte. Für letzteres handelte es sich ja nur
noch um zweimalige Elimination der Aminogruppe und: zweimalige
Herausnahme von Ammoniak und Kohlendioxyd zur Bildung
der Vinyle, Vorgänge, wie sie beobachtet resp. experimentell ver-
wirklieht worden sind und die zu gleicher Zeit einen Hinweis auf die
Bildung von Harnstoff aus Eiweiß enthalten könnten. ae
Die ganze Ableitung steht, wie leider ersichtlich, noch auf recht
schwachen Füßen! Eine Stütze würde sie finden, wenn sich unter
den Spaltprodukten des Eiweiß analog dem Tryptophan und dem
Histidin (ß-Imidazolyl-x-aminopropionsäure) eine B-Pyrryl-«-amino-
propionsäure auffinden ließe — aber nach Abderhalden?) sollen
494 W. Küster: Bildung des Gallenfarbstoffs.
ja bereits alle Bausteine des Eiweiß bekannt sein — und der einzige
Hinweis auf die Abstammung des Chlorophylis und des Hämatins
vom Eiweiß liegt zurzeit in dem Vorhandensein des Propionsäure-
restes, dem wir im Molekül des Eiweiß so oft begegnen und der uns
in den Hämopyrrolkarbonsäuren und in der Hämatinsäure wieder
entgegentritt.
Literaturangaben.
Abkürzungen:
Ber. = Berichte d. d. chem. Ges. H = Zeitschrift f. physiol. Chemie.
1. Virchow’s Archiv 1, 379, 407, 485 (1847).
Ann. d. Pharm. 26, 69; 27, 212, 348 (1838).
Le Canu nannte den Farbstoff Hämatosin, Berzelius
schlug den Namen Hämatin vor. Jahresbericht, 18. Jahrg. 1839,
S. 539.
Compt. rend. T. 41, 506 (1855).
Virchow’s Archiv 23, 192 (1862).
Hoppe-Seyler’s Med.-chem. Unters. S. 436 (1868).
Eine Zusammenstellung findet sich z. B. in Bunge’s Lehrbuch
d. Physiologie II., 442 (1901).
7. Z. f. rat. Med. N. F. III., 375, VIIL, 141.
8. Ber. 18c, 232 (1885). Le physiologiste russe. Vol. 1, 15, Moskau 1898.
Nenckiu. Zaleski H. 30, 390 (1900).
9. L. Annalen 373, 232 (1900); 385, 197 (1911).
10. Med.-chem. Unters. 1866—1871.
"H. Bd. 1, 2, 10, 13, 14, 16 (1877—-1892).
ll. Nordisk med. Arkiv, Festband 1 u. 26.
W.Küsterin Abderhalden’s biochem. Arbeitsmethoden II., 617,
hier muß es, S. 618, Zeile 19 oben, heißen: je 20 ccm konzentrierte
Schwefelsäure, statt 40 ccm.
12. Ber. 46, 2308 (1913).
13. H. 80, 35 (1912).
14. H. 30, 126 (1900). Os 4
15. Ber. 35, 2951 (1902); H. 40, 395 (1904); 66, 165 (1910); 71,
100 (1911).
16. H. 87, 426 (1913).
17. H. Fischer u. E. Bartholomäus, Ber. 46, 512 (1913).
H. Fiseher u. H. Röse, H. 91, 184. Hier wird gezeigt, daß
die Trimethyl-ß-propionsäure bei der Destillation: Essigsäure statt.
wie erwartet nur Kohlensäure abspaltet, aus welchem ‚Versuch
hervorgeht, daß möglicherweise auch bei der Darstellung des
Aethiophyllins die gleiche Reaktion eintritt, so daß ein. sicherer
Rückschluß auf die Anzahl Kohlenstoffatome im Hämin aus der
im Aetiophyllin nicht möglich ist. |
18. H. 66, 165 (1910).
Se
19.
20.
21.
22.
23.
24.
25.
26.
27.
28.
29.
30.
31.
32.
33.
34.
W. Küster: Bildung des Gallenfarbstoffs. 495
H. 25, 492 (1898).
H. 30, 423 (1900).
H. 37, 54 (1902); 43, 11 (1904). Die Formeln sind auf dreiwertiges
Eisen umgerechnet.
Ber. 34, 999 (1901).
Wiener klin. Wehschr. 21. Jahrg., No. 44 (1908); 22. Jahrg.,
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H. Fischer, E. Bartholomäus u. H. Röse, H. 84, 278
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W. Küster, O0. Mezger, K. Haas u. J. Weller. Ber. 29,
821 (1896); 30, 105; 32, 677;. 33, .,3021; ,35,1:2948;. 47, 532
(1914); H. 28, 1 (1899); 29, 185 (1900); 44, 391 (1905); 54,
501 (1908); 55, 505 (1908); 61,,.164 (1909); Ann. 315, 174
(1901); 345, 1 (1905).
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W. Küster u. A. Greiner. Ber. 45, 2503 (1912).
Ber. 34, 1002 (1901).
Ann. 346, 1 (1905/6);. Ber. 40, 2017 (1907).
Ann. 366, 237 (1909); 377, 314; 388, 313 (1912):, 392,215;
395, 13 (1913); 406, 342 (1914); Ber. 42, 3258, 4693 (1909);
45, 2586, 2607, 3749 (1912); 46, 1008 (1913).
Ann. 385, 198 (1911).
H. Fischer u. Eismayer, Ber. 47, 1820.
H. Fischer u E. Bartholomäus, Ber. 44, 3313 (1911);
45, 1919 (1912). ,
H. Fischer u. Barth, H: 76, 478.
H.’Fischer u. E. Bartholomäus, H. 77, 185 (1912);
80, 6 (1912); Ber. 45, 466 (1912); 45, 1979 (1912).
Colacicchi, Centr. Bl. 12/2, 122 (Synthese des Phyllopyrrols);
13/1, 170. (Ersetzung von Acetyl- und Carboxyäthyl in Pyrrolen
durch Alkyle).
. Bull. de P’Acad. des sciences de Cracovie 1903, 795; 1904, 397;
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. H. 91, 186 (1914).
. Ber. 45, 2595 (1912).
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.. Ann. 377, 368 (1910).
. W. Küster u.P. Deihle, H. 66, 173 (1910); . 86, 51 (1913);
’
Ber. 45, 1935 (1912).
W. Küster u. H. Bauer, H. 94, 172 (1915).
496
44.
45.
46.
47.
48.
49.
50.
5l.
52.
53.
54.
55.
56.
57.
58.
59.
60.
61.
62.
63.
64.
65.
66.
67.
68.
69.
70.
71.
12.
73.
74.
75.
76.
77.
78.
79.
80.
W. Küster: Bildung des Gallenfarbstoffs.
1
H. 87, 424 (1913).
Ber. 45, 1935; H. 82, 96 (1912).
H. 88, 377 (1913).
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Ber. 20, 815 (1887); Ann. 242, 372 (1887).
Ber. 38, 2640 (1905).
H. 82, 469 (1912).
H. 87, 434 (1913).
H. 89, 263 (1914).
H. 83, 50; 87, 255 (1913); Ber. 47, 2019 (1913).
H. 73, 227 (1911); 91, 181 (1914); 84, 262 (1913); Ber 46, 511 (1913).
Ber. 47, 2021; 47, 3266 (1914).
Ber. 47, 1127 (1914).
H. 66, 165, 198 (1910), 86, 52 (1913).
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H. 69, 464 (1910); 73, 234 (1911); 76, 95 (1911); 88, 331 (1913);
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Benary u. Silbermann (Ber. 46, 1363) symthetisierten
den 2-Methyl-4-Oxypyrrol-3-karbonsäureester, der dann von
H. Fischer auf sein Verhalten gegen Eisessig-Jodwasserstoff
untersucht wurde.
E. Schmidt: Scopolin. 497
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90. H. 74, 445 (1911).
Mitteilungen aus dem pharmaceutisch-chemischen Institut
der Universität Marburg.
Ueber das Scopolin.
Von Ernst Scehmidt.
In einer früheren Arbeit!) habe ich dargelegt, daß das Scopolin,
die Spaltungsbase des Scopolamins, durch Erhitzen mit Brom-
wasserstoffsäure, die bei 0° gesättigt ist, auf 130° im das Hydro-
bromid des Hydroseopölinbromids übergeführt wird, eine Ver-
bindung, welche im Gegensatz zu dem Scopolin zwei Hydroxyl-
sruppen: OH, enthält: \
C,H,,NO.OH C,H,,ErN(OH),
Scopolin Hydroscopolinbromid
Wird dieses Hydroscopolinbromid mit Zmk und verdünnter
Schwefelsäure behandelt, so geht dasselbe in Hydroscopolin über,
eine Base, die ebenso wie das Hydroscopolinbromid zwei Hydroxyl-
gruppen enthält:
CH ,NO.0H C;H,„N(OH),
Sceopolin Hydroseopolin
Dieser Vorgang ist ohne weiteres nur verständlich, wenn man
annimmt, daß das zweite Sauerstoffatom im Molekül des Scopolins
in ,‚ätherartiger, bzw. morpholinartiger Bindung (I) vorhanden ist,
einer Bindungsform, welche unter dem Einfluß der Bromwasser-
stoffsäure in eine Hydroxylbindung (II) verwandelt wird:
1) Dieses Archiv 1905, 578. o
Arch. d. Pharm. CCLIII. Bds. 7. Heft. 32
498 E. Schmidt: Scopolin.
Oo I7: : ) |
Weiter konnte ich konstatieren (l. c.), daß bei der, Oxydation
mit Chromsäure und Schwefelsäure unter den Bedingungen, unter
welchen die dem Scopolin nahestehende Spaltungsbase des Atropins
und Hyoscyamins, das Tropin, ziemlich glatt zu Tropinsäure
oxydiert wird:
ae lungen. H,C—CH—— CH;
OT | |
a CH.OH ‚N.CH;. C0.0H
|
H,0 —GH-— CH, H,C—CH- CO0.0H
Tropin Tropinsäure,
das Scopolin eine derartige Säure nicht liefert, sondern
neben CO, und anderen Verbindungen, das sauerstofffreie Pyridin-
methylsulfät bildet:
Dr
HC N.CH,.HSO;
I. „4
HC-CH
Wenn man nicht annehmen will, daß bei letzterer, nur auf
dem Wasserbade ausgeführten Oxydation, die im Molekül des
Scopolins enthaltene Hydroxylgruppe zunächst in Gestalt von
Wasser zur Abspaltung gelangt, so kann sich dieselbe, nach der
Bildung jenes sauerstofffreien, sechs Atome Kohlenstoff ent-
haltenden Oxydationsproduktes, nicht, wie dies bei dem Tropin
der Fall ist, im Pyridinkern befinden. Auch das zweite, äther- bzw.
morpholinartig gebundene Sauerstoffatom dürfte kaum im vr
kern des Scopolins enthalten sein.
War diese Erwägung zutreffend, so würde für das zwei
Hydroxylgruppen enthaltende Hydroscopolin nachstehende Formel
als die nächstliegende in Betracht zu ziehen sein:
CH, CH—-6E.08
| |
CH, : ‚CH,
|
CH, CH-———CH,OH
Eine derartig konstituierte Base ließ dann weiter erwarten,
daß bei vorsichtiger Oxydation derselben, durch Uebergang der
beiden CH.OH-Gruppen in CO.OH-Gruppen, eine Dikarbon-
säure gebildet würde, die als &, «-Methylpiperidindikarbonsäure
anzusprechen wäre.
E. Schmidt: Scopolin. 499
Die weiteren Versuche?!) haben gelehrt, daß das Hydroscopolin
durch vorsichtige Oxydation in der Tat in eine zweibasische Säure
verwandelt werden, kann, welche mit einer. ‚der. N-Methyl-«.
x’-Piperidindikarbonsäuren, welche wahrscheinlich, ebenso wie die
derselben nahestehenden Piperidindikarbonsäuren. in zwei stereo-
isomeren Formen existiert, identisch ist.
Oxydation des Hydroscopolins.
Die Versuchsbedingungen wurden bei der Oxydation des
Hydroscopolins derartig gewählt, daß auf 1 Mol. dieser Base drei
Atome Sauerstoff zur Reaktion gelangten. Zu diesem Zwecke habe
ich 1g Hydroscopolin mit der Lösung von 1,3 g sorgfältig ge-
trockneten Chromsäureanhydrids und 2,1.g Schwefelsäure in 50 g
Wasser zusammengebracht und dieses Gemisch auf dem Wasser-
bade so lange erhitzt, bis dasselbe eine rein grüne Farbe angenommen
hatte. Hierzu waren 3—4 Stunden erforderlich. Die, in Anteilen
von je 1g, aus 10 g Hydroscopolin erhaltenen Flüssigkeiten habe
ich dann mit alkalifreier Barythydratlösung in solcher Menge ver-
setzt, daß das Chrom und die Schwefelsäure eben ausgefällt wurden
und hierauf das Filtrat, nach Zusatz eines geringen Ueberschusses
von Schwefelsäure, mit frisch gefälltem Basisch-Kupferkarbonat
eingedampft. Hierdurch resultierte eine blaugefärbte Flüssigkeit,
welche nach genügender Konzentration allmählich. tief ‚blau ge-
färbte Krystalle in reichlicher Menge ausschied. ‚ Letztere habe
ich hierauf scharf abgesogen, zwischen Tonplatten gepreßt und
aus heißem Wasser umkrystallisiert. Die auf diese Weise erhaltene
Lösung schied beim Erkalten lange, tief blau gefärbte, in kaltem
Wasser nur mäßig lösliche feine Nadeln, häufig in solcher Menge
aus, daß die ganze Flüssigkeit zu einer lockeren, aus blauen Nadeln
bestehenden Krystallmasse erstarrte,
Kupfersalz.
Das auf obige Weise erhaltene ‚Kupfersalz entspricht im
lufttrockenen Zustande der Formel GHNCO Cu 4 5 H,0.
Ein kleiner, Teil des Krystallwassers geht schon bei der Auf-
bewahrung des Salzes durch Verwitterung verloren. Bei 100°
gelangen nur; 4 Mol. Krystallwasser zur Abgabe, so: daß ein der-
C0.0 -
{ 2114 H.
RE
entspricht. ‘Dieses eine Molekül Krystallwasser kann erst durch
artig getrocknetes Salz der Formel €C,H,,N
1) Dieses Archiv 1909, 80.
32%*
500 E. Sehmidt: Scopolin.
Trocknen bei 150° vollständig entfernt werden. ‘Das bei 100° ge-
trocknete Kupfersalz nimmt beim Stehen an‘ der Luft das ver-
lorene Krystallwasser nicht wieder auf. 4
1. 0,184 & verloren bei 100° 0,036 & = 19,89% an Gewicht.
2. 0,2334 & verloren bei 100° 0,0468 & = 20,05%, an Gewicht.
3. 0,4734 g verloren bei 100° 0,0954 & = 20,15% an Gewicht.
Für einen Verlust von 4 Mol. H,O berechnen sich 21,15°,.
4. 0,1478 & des bei 100° getrockneten Salzes lieferten
0,0442 g Cus8:
5. 0,1866 g des bei 100° getrockneten Salzes lieferten
0,0557 8. Cus8.
Gefunden: Berechnet für
4. 5. C,H,ıN(CO.O),Cu + H,0:
F04723.93. 23,82 23,85
Das bei 100° getrocknete Salz besitzt eine noch tiefere blaue
Farbe, als im lufttrockenen Zustande.
0,4734 g verloren bei 100° 0,0954 g = 20,15% an Gewicht.
0,4734 g verloren bei 130° 0,1170 g = 24,71% an Gewicht.
0,4734 g verloren bei 150° 0,1220 g = 25,77% an Gewicht.
Bei 130° erlitt die tief blaue Färbung des Salzes noch keine
Veränderung, dagegen nahm dasselbe bei 150° eine blaugrüne-
Farbe an.
Für einen Krystallwassergehalt von 5H,O berechnen 'sich
26,6%, für den Verlust von 1 Mol. H,O für ein Salz der Formel
C,H,,N(C0.0),Cu + H,O 6,75%; gefunden 7,0%.
0,3514 g des bei 150° getrockneten Salzes lieferten 0,1136 2 CusS.
Gefunden: Berechnet für C,H,,N(CO.0),Cu:
Cu 25,80 25,58
Freie Säure.
Wird die wässerige Lösung des obigen Kupfersalzes bei
gewöhnlicher Temperatur mit Schwefelwasserstoff gesättigt, so
nimmt dieselbe nur eine braune Färbung an, ohne daß sich das
kolloidal gelöste Schwefelkupfer ausscheidet, wogegen aus der
siedend heißen Lösung letzteres durch Schwefelwasserstoff direkt
zur Abscheidung gelangt. Nach genügender Konzentration des
farblosen Filtrats scheidet sich dann die freie Säure allmählich in
tafelförmigen, meist sechsseitig ausgebildeten, wasserhellen Krystallen
aus, die sich unter Entwickelung von CO, bei 214—216° zersetzen.
In kaltem Wasser und in kaltem Alkohol sind, diese Krystalle nur
mäßig löslich, von heißem Wasser und von heißem Alkohol werden
sie dagegen leicht gelöst. In Aether sind dieselben kaum löslich.
Bei 100° verlieren diese Krystalle nicht an Gewicht, obschon sie
E. Sehmidt: Scopolin. | 501
nach den Daten der Elementaranalyse 1 Mol. Krystallwasser ent-
halten. Die Säure ist optisch inaktiv.
Die Analysen, welche Herr Professor Dr. OÖ. Keller die
Güte hatte von dieser Säure auszuführen, lieferten Werte, die mit
der Formel C;H,;NO, + H,O im Einklang stehen.
1. 0,1899 g der bei 100° getrockneten Säure lieferten 0,3258 g CO..
2..0,1900 g der bei 100° getrockneten Säure lieferten 0,3278 g CO,
und 0,1303 g H,O,
3. 0,1964 g der bei 100° getrockneten Sänre lieferten 0,3354 g CO;
und 0,1360 & H,O.
Gefunden: Berechnet für
Kk 2. 3 C,;H,;NO, + H;0:
C 46,79 46,81 46,57 46,83
Hr’= 7,63. 7,75 7,31
Obschon die vorliegende Säure nach der Zusammensetzung
ihres Kupfersalzes und ihres Methylesters (siehe unten) als eine
zweibasische anzusprechen ist, erfordert sie ‚bei der Titration mit
!/ o-N,-Kalilauge bis zum ‚Eintritt des Farbenumschlags für 1 Mol.
nur 1L-Mol. KOH.
1. 0,333 g verbrauchten (Rosolsäure als Indikator) hierzu 16,1 eem
YY,o-N,-Kalilauge = 0,09032 g ı KOH; berechnet für. 1 Mol. KOH
0,0911 g KOH.
‚2. 0,1224 g verbrauchten (Phenolphthalein als Indikator) hierzu
6,12 ccm Y1o-N.-Kalilauge = 0,03433 g KOH; berechnet für 1 Mol.
KOH 0,0335 & KOH.
Wird diese Säure bis zum Aufhören der CO,-Entwickelung
auf 220° erhitzt und der Rückstand alsdann aus siedendem Wasser,
unter Anwendung von etwas Tierkohle, umkrystallisiert, so resul-
tieren farblose, glasglänzende, säulenförmige' Krystalle einer an-
scheinend einbasischen Säure, welche bei 240—250° zusammen-
sintert und bei 258° unter Aufschäumen schmilzt. Dieselbe ist in
kaltem Wasser mäßig löslich, in. Alkohol schwer löslich.
Der, Uebergang des Hydroscopolins bei vorsichtiger Oxydation
in eine Dikarbonsäure der Formel C sH,;NO, würde sich. dem Ver-
halten des damit isomeren Hydroxytropidins. ‚zur Seite stellen,
welches nach den Untersuchungen von R.Willstätter!) unter
den gleichen Versuchsbedingungen in Tropinsäure ‚verwandelt wird:
CR CH.OH ie male —-C0.0H
| | \
N NICH CH:OR +30 = H0-+ N.CH; COOH
' | |
CH,—CH CH; CH,—CH CB;
Hydroxytropidin Tropinsäure
1) Ber. d. d. chem. Ges. 28, 2278.
BE E. Schmidt: 'Scopolin.
HO.HC—CH- CH; HO.0C—CH-—— CH;
| N.CH, CH, +30 = 30 + N.ch, CH,
HO.HC—CH-——-CH, HO.0C-CH- — CH,
Hydroscopolin
Hydrochlorid.
Das Hydrochlorid obiger Dikarbonsäure krystallisiert aus
Wasser in wasserfreien, großen, glasglänzenden, vielflächigen
farblosen Tafeln, welche bei 200° zusammensintern und bei 224 bis
225° unter Aufschäumen schmelzen. Dieses -Hydrochlorid ist in
Wasser ziemlich leicht löslich.
0,187 g lieferten 0,1196 & AgCl.
sefunden: Berechnet für C;3H,;NO.. HCl:
HCl 16,23 16,33
Golddoppelsalz.
Das Aurat obiger Dikarbonsäure bildet großblätterige oder
tafelförmige, durchsichtige gelbe Krystalle, welche lufttrocken oder
entwässert keinen scharfen Schmelzpunkt zeigen. In’ Wasser sind
dieselben leicht löslich. Beim Aufbewahren im Exsikkator wird das
Aurat, unter Verlust des Krystallwassers, matt und undurchsichtig.
0,6248 & verloren im Exsikkator 0,038 g an Gewicht.
Gefunden: Berechnet für C;H,,;NO, HCl + AuCl, + 2H,0:
H,O 6,08 6,39
1. 0,5868 g der exsikkatortrockenen Verbindung enthielten
0,2184 g Au.
2. 0,2660 g der exsikkatortrockenen Verbindung enthielten
0,0998 g Au.
Gefunden: Berechnet für
1. 2. C,H}; NO, HCl + Aull;:
AUS T2RN 752 37,30
Dimethylester- Jodmethylat.
Diese Verbindung wurde dargestellt, um einesteils durch die-
selbe die Zweibasizität der vorliegenden Säure weiter zu bestätigen,
anderenteils, um dieses Produkt in seinen Eigenschaften mit dem
von R. Willstätter und R. Lessing!) beschriebenen Jod-
methylat des N-Methyl-x, x -Piperidindikarbonsäuremethylesters zu
vergleichen.
Der durch Einwirkung von Chlorwasserstoff auf die siedende
Lösung der vorliegenden Dikarbonsäure dargestellte Methylester
bildete eine in Wasser wenig lösliche Flüssigkeit, welche mit Pikrin-
1) Ibidem 35, 2072.
-
E. Schmidt: Scopolin. 503
säure- und mit‘ Goldehloridlösung ölige Fällungen lieferte. Zur
Ueberführung in das Jodmethylat wurde dieser Ester in wenig
Methylalkohol gelöst und diese Lösung mit Jodmethyl längere
Zeit in Berührung gelassen. Der nach dem Verdunsten dieser
Mischung verbleibende krystallinische Rückstand ließ sich durch
Lösen in Wasser und langsames Verdunsten dieser Lösung leicht
in farblose, wasserfreie, prismatische Krystalle mit charakteristischer
dachförmiger Abstumpfung verwandeln. Dieselben lösten sich leicht
in Wasser, etwas schwerer in Alkohol. Schmelzpunkt 175—176°.
Das Jodmethylat des N-Methyl-«, «’-Piperidindikarbonsäure-
methylesters krystallisiertt nach R. Willstätter und
R. Lessing in monosymmetrischen Prismen mit Klinodoma und
Klinopinakoid und schmilzt bei 167—168°.
0,1924 g dieses Jodmethylats lieferten 0,126 g AgJ.
Gefunden: Berechnet für C,H,,N(CO.OCH,),CH,J :
J 35,39 35,52
Das aus diesem Jodmethylat, nach Umsetzung mit Chlor-
silber, dargestellte Golddoppelsalz schied sich zunächst ölig aus,
verwandelte sich jedoch allmählich in mattgelbe, durchscheinende,
aus ‚kleinen Kryställchen bestehende Krusten. Schmelzpunkt
124—125°,
0,1178 g dieses Aurats enthielten 0,0408 & Au.
Gefunden: Berechnet für C,H,,N(CO.0CH,),CH,Cl, AuCl;-
Au 34,63 34,65
Die Identität des vorliegenden Oxydationsproduktes des
Hydroscopolins mit der N-Methyl-«a,«o’-Piperidin-
dikarbonsäure erhellt weiter durch den direkten Vergleich
desselben mit der synthetisch dargestellten Verbindung (siehe
folgende Abhandlung).
Nach diesen Beobachtungen kann es wohl keinem Zweifel
unterliegen, daß dem Hydroscopolin die Formel:
CH, _CH— -CH.OH
| |
CH, ı N!CH,
| |
CHr CH 0H.0H
zuzuerteilen ist.
Da das Scopolin, wie bereits erwähnt, bei der Oxydation
mit Chromsäure und Schwefelsäure (Wasserbadtemperatur)
Pyridin-Methylsulfat, eine sauerstofffreie, sechs Kohlen-
stoffatome enthaltende Verbindung liefert, so ist anzunehmen,
daß die im Molekül des Scopolins enthaltene OH-Gruppe, ebenso
wie das zweite, morpholinartig gebundene Sauerstoffatom, nicht
im Pyridinkern enthalten, sondern an je eins der beiden übrigen
504 E. Sehmidt: Scopolin.
Kohlenstoffatome gebunden ist. Es würde dann nur noch die
Frage zu entscheiden sein, mit welchem der übrigen sieben Kohlen-
stoffatome das morpholinartig gebundene Sauerstoffatom weiter in
Verbindung steht’. Die nächstliegende Annahme der Bindung:
—C-—-OH CH Gr H——— (-0H
£\ | ba
0) bzw. CH, N. CH 2... 4 ”
\ Pe N
—CH CH; —-CH +47 #CH
dürfte mit der großen Beständigkeit, welche das Scopolin in seinem
gesamten Verhalten zeigt, nicht recht im Einklang stehen. Viel-
leicht klären die weiteren Versuche, welche mich zurzeit in dieser
Richtung noch beschäftigen, auch noch diese Frage auf.
Bei der Ausführung der Analysen bin ich durch Herrn
Dr. Rudolf Gaze unterstützt worden, dem ich auch an dieser
Stelle hierfür meinen verbindlichen Dank aussprechen möchte.
Nachschrift.
Diese Arbeit war im weiteren Verfolg meiner ersten, kurzen
Mitteilung?) in der vorliegenden Gestalt bereits am 2. April 1913?)
bei der Redaktion dieser Zeitschrift eingegangen. Die Veröffent-
lichung derselben unterblieb jedoch, weil die zum direkteh Ver-
gleich gleichzeitig angestellten synthetischen Versuche, bedingt
durch äußere Verhältnisse, damals noch nicht die "wünschenswerte
Abrundung erfahren hatten. Ich erwähne diese, an sich. neben-
sächlichen Umstände nur, da in dem diesjährigen Novemberheft
der ‚Berichte der Deutschen chemischen Gesellschaft‘‘ sich eine
Arbeit von K.Heß und F. Wissing: „Synthese der N-Methyl-
hexahydro-x, «’-Lutidindikarbonsäure“ iin in welcher diese
Autoren angeben, daß sie gelegentlich einer analytischen Arbeit
über den Abbau des Scopolins auf ‚eine, tertiäre , zweibasische
Piperidinsäure gestoßen sind, über welche näheres einer späteren
Mitteilung vorbehalten wird, ohne jedoch dabei meiner früheren
Arbeiten über den oxydativen Abbau :des Scopolins?), deren
Fortsetzung ich mir ausdrücklich vor-
behalten hatte, irgendwie zu erwähnen.
Marburg, den 12. November 1915, E. Schm idt.,
») Dieses Archiv 1909, 80.
2) Ibidem 1913, Heft 3, Umschlag.
?) Ibidem 1905, 577 u. 8:5 1909,80. Apothekerk Zeitung 1913,
8. 667. Chem, Centralbl. 1913, .1I., 1310.
L. Vanino: Sympathetische Tinten. 505
Zur Geschichte der sympathetischen Tinten
(Geheimtinten).
Von Professor Dr. L.Vanino.
(Eingegangen den 1. XII. 1915.)
Sympathetische Tinten!) sind bekanntlich solche Tinten,
deren Schriftzüge nicht sichtbar sind, sondern erst durch Er-
wärmen oder Anwendung chemischer Hilfsmittel zum Vorschein
kommen.
Die Geschichte dieser Schreibflüssigkeiten geht weit zurück.
Philo (griechisch Philon) berichtet, daß etwa 230 Jahre vor
Christus eine Art Geheimschrift bekannt war, die darin bestand,
daß man mit einem Galläpfelabsud schrieb, trocknen ließ und
dann die Schriftzüge mit der Lösung eines eisenhaltigen Kupfer-
salzes betupfte. Ovid empfahl den jungen Römerinnen als sym-
pathetische Tinte Milch, welche durch Anblasen mit Ruß sichtbar
wurde, da der Ruß auf der eingetrockneten Milch, nicht aber auf
der glatten Schreibfläche haftete; Aruson erwähnt ferner als
brauchbare Materialien zu diesem Zwecke Milch und Asche, und
Plinius den milchigen Saft von Pflanzen, wie z. B. des Ziegen-
lattichs?).
Elkindi?) gab um das Jahr 850 das Rezept einer Geheim-
tinte. Die Priester schrieben damit Muhameds Namen auf Steine,
so daß die Schrift nach dem Erwärmen in der Hand sichtbar wurde.
Das Altertum kannte also zweifelsohne derartige Tinten, und
im Mittelalter finden wir die mannigfachsten Arbeiten darüber.
In dem berühmten Werke®) von PetrusMariaCamparius
„De atramentis cujuscunque generis“‘, das 1619 und 1629 in Venedig?)
!) Zur Nomenklatur sei erwähnt, daß diese Tinten auch Zauber-
tinten, Tinten für Liebende, Tinten für Damen, Vexiertinten genannt
werden.
®),Muspratts Chemie 8 (1895), 1278.
°) Albirüni Chronologie; Ausgabe von Sachan, London 1789,
294. Siehe: Die Technik der Vorzeit, der geschichtlichen Zeit und
der Naturvölker von F. M. Feldhaus.
*) Einige Beiträge zur Geschichte der Tinte von Dr. Paul
Martell. Z. angew. Chemie 26 (1913), 197.
5) Weitere Auflagen dieses Werkes wurden zu London 1660
und zu Rotterdam 1718 bei C. Fritsch verlegt.
506 L. Vanino: Sympathetische Tinten.
erschien, erwähnt der genannte Verfasser diese Tinten. Im Jahre
1653 schlug der französische Arzt Peter Borel vor, mit einer
Bleizuckerlösung zu schreiben (Borellus, Histor..et observ. med.
phys., Paris 1653. Cent. II. Ols. 6), und der ältere Lemery
(1645—1715), von dem der Name ‚‚Sympathetische Tinte“ stammt,
führt diese Tinte im Jahre 1661 in der neuen Ausgabe seines ‚„‚Cours
de chimie'' als encres appellees sympathiques auf. Auch in dem
7. Bande des großen Universallexikons aller Wissenschaften und
Künste vom Jahre 1734 (verlegt bei Zedler in Halle und Leipzig)
finden wir über diese Tinte eine Vorschrift, welche lautet:
.Nimm Silberglätte soviel beliebig, güsse destillierten Essig darauf,
nach 24 Stunden gieße den ganzen süße gewordenen Essig wieder
davon ab oder filtriere ihn. Ingleichen nimm ungelöschten Kalk,
güsse Wasser darauf, laß es bei gelindem Feuer ein wenig auf-
wallen, thue alsdann ein wenig pulverisiertes Operment hinein
und laß es wiederum ein wenig aufwallen, wenn dieses geschehen,
so filtriere dieses Wasser ebenfalls und hebe es auf.. Schreibe mit
diesem versüßten Essig auf Papier, was beliebig, so werden die
Buchstaben. wenn sie trocken geworden, verschwinden und nicht
mehr zu sehen sein. Wenn man auf dieses Papier etliche andere
Bücher leget und das oberste Blatt mit den anderen Wasser, so
aus ungelöschten Kalk bereitet werden, befeuchtet, so werden die
Buchstaben auf dem untersten Papier, welche vorher unsichtbar
waren, obgleich so viel Blätter dazwischen liegen, dennoch sichtbar
werden.‘
Später wurde diese Tinte unter dem Namen ,„‚Ilsemanns!)
metallischsilberglänzende Tinte‘ bekannter. Seit dem Jahre. 1698
soll man den Gebrauch der Goldsalze zu diesem Zwecke kennen.
Homberg behandelte dieselbe in einem Vortrage, den er in der
Academie des sciences in Paris hielt. Er beschreibt unter anderem
auch die Bleitinte, eine Tinte aus einer Lösung des sogenannten
Spießglanzglases und eine Tinte aus alkoholischer Rosentinktur
und verdünnter Vitriolsäure.
Von den Kobalttinten, welche jetzt noch häufig gebraucht
werden, erhalten wir im Jahre 1706 Kunde und zwar in dem Werke
von dem gothaischen Leibarzte Dr. Jakob Waitz. Der Titel
seines Werkes lautete: ‚Schlüssel zu dem Cabinet der geheimen
Schatzkammer der Natur.“ Zur Such- und. Findung,.des Steins
der Weisen durch Fragen und Antwort gestaltet. Verfertiget und
der Welt gezeiget durch J. W. von Weimar aus Thüringen. Leipzig
1) Crell, N. Entd. 9 (1783), 29.
L. Vanino: Sympathetische Tinten. 507
1706!). Bekannt wurde diese Tinte jedoch erst durch Jean Hellot
im Jahre 1737. ' Dieser beschrieb die Tinte in der Zeitschrift
„ITistoire de Academie Royale des Sciences‘“ unter dem Namen
„Sur une nouvelle Encre Sympatique‘?). Zu diesen Untersuchungen
wurde er dadurch veranlaßt, daß ihm im Jahre vorher ein Künstler
aus Stollberg in Paris ein Salz zeigte, welches in der Kälte rot war,
beim Erhitzen blau wurde und aus einem Schneeberger Erze, das
zur Herstellung von Smalte diente, erhalten wurde. Jean Hellot
fand, daß man ein solches Salz aus wismuthaltigem Kobalterz
erhalten kann, und nahm an, daß der Teil des Erzes, welcher die
blaue Farbe hervorruft, wohl auch der Smalte ihre Farbe erteile.
Bis 1744 glaubte man, daß Wismut zur Entstehung der Farbe nötig
sei; der württembergische Leibarzt J. A. Gessner zeigte, daß nur
Kobalt diese Tinte gibt?). Nach anderen Angaben soll schon vor
dem: französischen Chemiker Hellot Prof. Teichmeyer
in Jena diese sympathetische Kobalttinte gekannt und in seinen
Vorlesungen gezeigt haben. Hellot soll auch zum ersten Male
Silbernitrat “zu diesem Zwecke angewendet haben. In
Macquer’s Chymischem Wörterbuche finden wir eine größere
Abhandlung über sympathetische Tinten, in der genannter Autor
unter anderem folgendes erwähnt:
„Wenn man grünes Vitriol in Wasser auflöst, um zu verhüten,
daß der gelbliche Niederschlag, der im Falle der Säure nicht die
Oberhand hat, allezeit zu entstehen pflegt, nicht niederfällt, ein wenig
Alaun darzutut, so kann mit dieser Auflösung schreiben, und die
Buchstaben werden unsichtbar sein. Man wird sie aber sehr
schön schwarz zum Vorschein bringen, wenn man sie mit einem
gutgesättigten Galläpfelaufguß befeuchtet. Buchstaben, die man
mit, der jetzt gedachten Auflösung von grünem Vitriol gemacht
hat, kommen sehr schön blau zum Vorschein, wenn man sie mit
einer Feuchtigkeit benetzt, welche mit der färbenden Materie des
Berlinerblauen gesättigt ist; und diejenige Schrift, welche man
mit letztgedachter ganz reiner Feuchtigkeit selbst verfertiget hat,
und die gleichfalls völlig unsichtbar ist, wird nicht weniger schön
blau, sobald man sie mit einer Auflösung mit grünem Vitriol be-
feuchtet.
1) Das Werk ist nicht 1705, wie überall zu lesen ist, erschienen,
sondern 1706; die zweite Ausgabe 1722. Siehe Seite 186, 188
und 190.
?2) Vgl. auch Crell Ann. (2) (1785), 25 u. 130; (1) (1786). 234.
®) A. Kopp, Geschichte der Chemie Bd. IV, S. 157, vgl. auch
Macquer, Chym. Wörterb. 2 (1793), 61.
508 L. Vanino: Sympathetische Tinten.
Auch die ganz reine Vitriolsäure, die ‚mit‘ soviel gemeinem
Wasser geschwächt worden ist, daß sie keinen allzustarken Eindruck
auf das Papier macht, wird eine sympathetische Tinte, wovon die
anfangs unsichtbare Schrift sehr merklich wird, wenn man das be-
schriebene Papier etwas stark erhitzt, weil sie vermittels der Hitze
die Säure konzentriert und das Papier schwarz macht. Auf ähnliche
Art, nämlich durch das Erhitzen über der Flamme eines Lichtes,
kann man auch die unsichtbaren Schriften, welche entweder mit
den Auflösungen des Küchensalzes, Salmiaks, Alauns, der Vitriole,
des Goldes, des Silbers und andern metallischen Substanzen, oder mit
Essig, Zitronensäure, Milch, Wein, Urin und allen anderen tierischen
und vegetabilischen farbenlosen Säften verfertigt' worden sind,
sichtbar machen. Die ersteren werden durch ihre‘ vermittels der
Wärme vermehrte Einwirkung auf das Papier, so wie die von dem
Verfasser gedachte mit Vitriolsäure verfertigte Schrift; die letztere
aber durch die Verkohlung ihres öligen Bestandteils sichtbar. ‘Auch
kann man die mit letztgedachten klebrigen Substanzen verfertigten
Schriften durch das Bestreuen mit trockenem Ruße, Grünspan,
Musivgolde oder einem anderen gefärbten Pulver zum Vorschein
bringen. In späteren Schriften bis zur jüngsten Zeit. finden wir
Angaben über diese Art von Tinten.‘‘
Die Stärketinte scheint im Jahre 1826 zum ersten Male in
Mechanics Magazine Seite 343 veröffentlicht worden zu sein. Der-
selben wird im Laufe der Zeit in der Literatur vielfach Erwähnung
getan. Im Polytechnischen Journal 95 (1845) 320 lesen wir folgende
Mitteilung darüber: |
‚Unter den Tinten, welehe nach dem Schreiben lnichö
sind, und statt durch Wärme, durch einen anderen chemischen.
Prozeß erst sichtbar werden, spielt jetzt das Jod eine große Rolle.
Die Korrespondenz mit Jellalabad!) wurde auf diese Weise geführt.
Der erste Brief derselben war in einem Federkiel versteckt. Als
man denselben durchschnitt, fand man ein zusammengerolltes
Papierblättehen, auf welchem, als man es entfaltete, nur das Wort
..Jod‘‘ stand. Man legte nun das Blatt in eine dünne Jodauflösung
und augenblicklich wurde eine interessante Nachrieht von Mr. Stark
lesbar. Diese Nachricht war mit starkem Reisbrei geschrieben
und erschien nun violett. Man kann auch gewöhnliehen, frischen
verdünnten Stärkekleister zum Schreiben verwenden, doch muß
man sich vorsehen, daß man kein Papier verwendet, welches mit
!) Jellalabad, richtiger Jelalabad, engl.| Schreibweise
für Dschalalabad, fester Platz in Afghanistan, Landschaft Kabulistan.
L. Vanino: Sympathetische Tinten. 509
vegetabilischem Leim (Kleber) geleimt ist, weil sonst das ganze
Blatt durch die Einwirkung der Jodauflösung violett wird.‘
Im Jahre: 1861 publizierte F.G. von Schaffgotsch!)
das Verfahren, Eisentinten mit Rhodanwasserstoffsäure hervor-
zurufen, und wässerige Lösungen des Thalliumoxyduls zur Herstellung
derartiger Tinte empfahl s. Zt. kein geringerer als Friedrieh
Christian Schönbein?), der Entdecker der Schießbaum-
wolle. Auch R. Böttger beschäftigte sich damit?), und Professor
A. Vogel verwendete zur Herstellung mit etwas Zucker versetzte
Schwefelsäure. Quesneville?®) fand bei der Prüfung einer Oel-
ammoniaktinte, daß Ammoniak von 18 bis 20° Be. als sympathe-
tische Tinte benützt werden kann. Schreibt man damit und trocknet
die Schriftzüge, so sieht‘ man gar nichts, tränkt man jedoch mit
Wasser, so tritt das Geschriebene deutlich sichtbar auf.
Sogar Bier läßt sich verwenden. Man bestäubt zur Hervor-
rufung der Schriftzüge diese mit Kohlepulver, welches durch Ver-
kohlen von etwas Papier bereitet werden kann.
Auf die Verwendung des Aluminiumchlorats zur Erzeugung
einer sympathetischen Tinte, welche mit Anilinfarbstoffen beliebig
gefärbt werden kann, macht Heinrich Schmid?) 'auf-
merksam. Nach ‚seinen Angaben schreibt man auf gewöhnliches
Papier mit einer Lösung von 20 bis 25 grädigem mit etwas Zucker
verdicktem Aluminiumchlorat, trocknet, z. B. am Feuer eines Ofens,
wäscht und legt das Papier in die Lösung eines Anilinfarbstoffes,
z. B. Methylenblau, ein. Die Schriftzüge, welche nach dem Waschen
vollständig unsichtbar sind, treten alsdann in dunkel Purpurblau
hervor. Diese Tinte besitzt nach genanntem Erfinder von den bisher
bekannten Tinten den Vorteil, daß sie mittels künstlicher Anilin-
farbstoffe beliebig gefärbt werden kann. Zu erwähnen ist noch,
daß die Patentliteratur auf diesem Gebiete ziemlich spärlich ist.
Zur Herstellung einer unsichtbaren Tinte, die durch Erwärmen
auf dem Papier sichtbar wird und durch Nässe oder Feuchtigkeit
nicht mehr verwischt oder verlöscht werden kann, erhielt s. Z.
J. Möller ein Patent®). Nach demselben wird eine Lösung von
100g Alaun in einer geeigneten Menge Wasser nach einmaligem
Aufkochen mit 100 g weißem Knoblauchsaft versetzt, worauf
1!) Polyt. Notizbl. 1861, 174; Dingl. Journ. CLX., 239.
®) J. prakt. Chem. 93 (1864), 37.
s) Pharm. C. H. 19 (1878), 287.
*) Monit. scient. (3), 13, 1187.
5) Wagners Jahresber. 29b (1884), 1076.
6), D. R.P. N0.98 288; Wagner’s’ Jahresber. 44 (1898), 1122.
510 L. Vanino: Sympathetische Tinten.
man die Mischung nach nochmaligem Aufkochen erkalten läßt.
Auf 15 g so präparierter Tinte werden 15 bis 20 Tropfen Schwefel-
säure zugesetzt, um das Braunwerden des Papiers bei Hervor-
bringung der Schrift zu verhindern. Die so hergestellte Schreib-
flüssigkeit wird in der gleichen Weise wie gewöhnliche Tinte ver-
wendet.
Im Jahre 1899 wurde Dr. E. Kretsehmann unter
No. 109201 Kl. 22 ein Patent verliehen, dessen Patentanspruch
folgendermaßen lautete:
„Verfahren zur Herstellung von Papier für geheime Mit-
teilungen und dergleichen, dadurch gekennzeichnet, daß Papier
mit der Lösung eines Kobalthaloidsalzes imprägniert wird, zu dem
Zweck, beim Beschreiben mit Kochsalzlösung unsichtbare, erst
beim Erwärmen sichtbar werdende Schriftzeichen zu verhalten.‘
Der Erfinder benutzte zum Präparieren des Papiers eine
Lösung von Kobaltchlorür bzw. die Haloidsalze des Kobalts, die
man auf passende. Weise auf die Oberfläche des Papiers aufträgt.
Zu diesem Zwecke wurde halbrauhes Papier mit einer Lösung von
1 Teil Kobaltchlorid, 12,5 Teilen Glyzerin, 2 Teilen Gummiarabikum
in 90 Teilen Wasser bestrichen, worauf das Papier :in der üblichen
Weise satiniert wurde. Schreibt man nun mit‘einer Kochsalzlösung,
so bleiben selbstverständlich die Schriftzüge unsichtbar. Beim
Erwärmen erscheinen sie in blaßgrüner Farbe und verschwinden
wieder nach einiger Zeit beim Erkalten.
Endlich wurde dem Italiener Luigi Garzini im Jahre
1908 ein Patent unter No. 213 279 Kl. 22 g auf eine sympathetische
Tinte zugesprochen, welche einerseits aus Ferro- und Ferrieyan-
kalium und andererseits aus einem Eisensalz, z. B. Eisenchlorid oder
Eisenalaun, hergestellt wird. Um nun die Schriftzüge sichtbar
zu machen, verteilt man in der Schreibflüssigkeit' sehr fein pul-
verisierten Graphit und Magnesiumkarbonat. Nach dem Trocknen
können die Schriftzüge durch Radiergummi leicht von den fär-
benden Zusätzen befreit, also unsichtbar gemacht werden. Ein
Gummizusatz zur Schreibflüssigkeit hindert das Auslaufen und macht
die Schriftzüge kopierbar. Um die Schrift zum Erscheinen zu bringen,
befeuchtet man sie mit der wässerigen Entwicklerlösung. aus'gleichen
Teilen Eisenalaun und Kaliumhydrosulfat.
Die Anwendung der Tinte erfolgt folgendermaßen:
Das Papier wird mit der neuen sympathetischen Tinte be-
schrieben, wenn nötig auf Velinpavier kopiert und das Original mit
einem weichen Gummi abradiert. Die Schrift bringt man im ge-
wünschten Augenblick sowohl auf dem Original als auf der Kopie
L. Vanino und Fr. Mußgnug: Acetylsalicysaures Wismut. 511
durch Befeuchten der Blätter mit der Entwickelungsflüssigkeit zum
Vorschein. Die Schrift erfolgt sofort blau.
Damit dürfte der geschichtliche Teil dieses Kapitels so ziemlich
erschöpft sein.
Verzeichnis der benützten Abkürzungen.
Crell. Ann. Chemische Annalen von Dr. Lorenz (rell.e. Helmstedt
und Leipzig. 1784—1804. 40 Bände.
Crell. N. Entd. Die neuesten Entdeckungen in der Chemie von
Dr. Lorenz Crell. Leipzig. 1781—-1784. 12 Teile.
Dingl. Dingler’s Polytechnisches Journal, Stuttgart.
D.R.P. Deutsches Reichspatent.
J. prakt. Chem. Journal für praktische Chemie, Leipzig.
Maequer Chym. Wörterb. Peter Joseph Macquer’s Chymisches Wörter-
buch oder Allgemeine Begriffe in der Chymie nach alphabetischer
Ordnung. 1791.
Monit. scient. Moniteur scientifique de Quesneville, Paris.
Pharm. C. H. Pharmazeutische Zentralhalle, Dresden.
Polyt. XNotizbl. Polytechnisches XNotizblatt, herausgegeben von
R. Böttger, Frankfurt a. M. 46 Bände.
Wagner’s Jahresber. Rudolf von Wagner’s Jahresberichte über die
Leistungen der chemischen Technologie, Leipzig.
Z. angew. Chemie. Zeitschrift für angewandte Chemie, Hamburg und
Leipzig.
Ueber acetylsalicylsaures Wismut.
Von L. Vanino und Fr. Mußgnug.
(Eingegangen den 1. XII. 1915.)
Bis jetzt ist die Darstellung von acetylsalieylsaurem Wismut
nicht gelungen. Geht man nun von einer Wismutmannitlösung
aus, so bietet die Darstellung keine besonderen Schwierigkeiten.
Wismutnitrat gibt bekanntlich mit Mannit verrieben eine
klebrige Masse, welche sich, wie seinerzeitL.VaninoundO.Han-
ser!) beobachteten, glatt in Wasser löst. Die Reaktion gelingt
am besten im Verhältnis 26 : 10. Gibt man eine konzentrierte
wässerige Lösung von 16 g Wismutnitrat und 6 g Mannit in eine
Lösung von 20 g acetylsalieylsaurem Natrium?), so scheidet sich
1) Z. anorg. Chem. 28, 210.
?) Acetylsalicylsaures Natrium wurde nach Gedeon Richter
aus Acetylsalicylsäure, Methylalkohol und Soda mittels Aether gefällt.
512 G. Frerichs: Fetthärtung.
sofort ein Niederschlag ab, welcher nochmals in wenig Aceton gelöst
und mit möglichst wenig Wasser ausgefällt wurde.
Der Schmelzpunkt des Präparates ist UNBGNAFT. Die Ver-
brennung ergab folgende Zahlen: 11
Gefunden: Berechnet auf Cs-H3707>Bi:
C 43,42 43.45%
H 2,85 2,83%,
Bi 27,29 27,97%
Die Wismutbestimmung gab immer etwas zu geringe Werte.
Das Salz ist leicht löslich in Aceton und Eisessig, schwer löslich
in Chloroform und Benzol, unlöslich in Alkohol, Aether und Ligroin.
Das Salz ist zersetzlich.
Die physiologischen Untersuchungen ergaben vor den be-
kannten Acetylsalicylaten keine Vorzüge.
Beiträge zur Kenntnis der Fetthärtung durch |
katalytische Anlagerung von Wasserstoff.
Von G. Frerichs- Bonn.
(Eingegangen den 30. X. 1915.)
Als Fetthärtung oder Oelhärtungibezeichnet man
die Umwandlung flüssiger fetter Oele oder weicher Fette in harte
talgartige Fette. Diese Umwandlung wird herbeigeführt durch
die Anlagerung von Wasserstoff an die Glyceride der ungesättigten
Fettsäuren, wodurch diese in die Glyceride der gesättigten Säuren
übergeführt werden. Die Anlagerung von Wasserstoff wird.'er-
möglicht durch die katalytische Wirkung feinver-
teilter Metalle, besonders des Nickels.
In den letzten Jahren ist ein lebhafter Streit entbrannt über
die Frage: Sind auch Metallverbindungen, besonders
Nickelverbindungen, imstande, die katalytische Anlagerung von
Wasserstoff an ungesättigte Fettsäuren und deren Glyceride herbei-
zuführen ?
Dieser Streit hat seinen Anfang genommen mit einer Patent-
anmeldung von Bedford, Erdmann und Williams
und mit einer Veröffentlichung vonBedford und Erdmann))
!) Journ. f. prakt. Chemie 1913, 87, S. 425.
G. Frerichs: Fetthärtung. 513
betitelt: ‚„‚Nickeloxyde als Reduktionskatalysatoren bei der Ueber-
tragung von molekularem Wasserstoff auf ungesättigte Fettsäuren
und Fette.‘
Der Anspruch der Patentanmeldung von Bedford,
Erdmann und Williams, B. 62 366, lautet:
„Verfahren zur Darstellung von gesättigten Fettsäuren und
deren Glyceriden aus den entsprechenden ungesättigten Verbindungen
durch Hydrierung, dadurch gekennzeichnet, daß als Wasserstoff-
überträger ein feinverteiltes Metalloxyd verwendet wird!).‘
Vor dieser Patentanmeldung und vor der Veröffentlichung
von Bedford und Erdmann galten lediglich Metalle
als katalytische Wasserstoffüberträger und besonders wurde, wie es
auch heute noch geschieht, Nieckelmetall in feinverteiltem
Zustande zur Fetthärtung verwendet, nach dem D.R.P.
141 029, das auf Grund einer Erfindung von Dr. W.Normann
im Jahre 1902 der Firma Leprince und Siveke in Herford
erteilt wurde, und dessen Inhaber heute die Firma Naamlooze
Vennootschap Anton Jurgens Vereenigde
Fabrieken in Oss (Holland) ist.
Nur Ipatie w?) hatte auch die Ansicht geäußert, daß auch
Metalloxyde als Wasserstoffüberträger bei der Reduktion
ungesättigter Verbindungen wirken könnten; Versuche über Fett-
härtung hat Ipatbie w nicht ausgeführt.
Die Patentanmeldung B. 62366 und die Veröffentlichung
von Bedford und Erdmann haben eine Reihe weiterer Ver-
öffentlichungen zur Folge gehabt, die sich hauptsächlich um die
Frage drehen, ob Nickeloxyde, besonders ein „Nickel-
suboxyd‘, als Wasserstoffüberträger wirken.
Die Erfindung Normann’s, die Anlagerung von Wasser-
stoff an ungesättigte Fettsäuren und deren Glyceride mit Hilfe
von feinverteilten Metallen, besonders Nickel, ist aufgebaut auf
den Arbeiten von Sabatier und Senderens. Diesen
Forschern war es gelungen, mit Hilfe von Nickelmetall Wasserstoff
an solche ungesättigte Verbindungen anzulagern, diegasförmig
sind oder in Dampfform übergeführt werden können. Sie
1) Die Angabe Erdmann’s (Journ. f. prakt. Chemie 1915,
S. 474), daß das Deutsche Reichs-Patent unter der No. 266 438
erteilt sei, ist unzutreffend. Die No. 266438 trägt ein anderes
Patent, das mit Fetthärtung nichts zu tun hat. Auf die Anmeldung
B. 62 366 ist ein Patent noch nicht erteilt.
?) Ber. d. d. chem. Ges. 40 (1907), 1290.
Arch. d. Pharm. GCLIII. Bds. 7. Heft. 33
514 G. Frerichs: Fetthärtung.
fanden aber, daß die Wirkung des Nickels ausbleibt, wenn das
Metall mit flüssigen Verbindungen benetzt wird.
Diese Angaben von Sabatier und Senderens hat
Normann hinsichtlich der Reduktion von schwer flüchtigen
Fettsäuren und: deren nichtflüchtigen Glyceride nachgeprüft, und
es ist sein unbestreitbares Verdienst, zuerst festgestellt zu haben,
daß feinverteiltes Nickel (wie auch andere Metalle) auch dann im-
stande ist, Wasserstoff an die ungesättigten Fettsäuren und deren
Glyceride anzulagern, wenn es mit diesen Flüssigkeiten benetzt ist.
Der zweite Punkt, der für das Zustandekommen der Erfindung
Normann’s von Wichtigkeit gewesen ist, ist die Erkenntnis,
daßdieCarboxylgruppender Fettsäuren und deren Glyceride
bei der katalytischen Reduktion nicht angegriffen werden, sodaß
aus den ungesättigten Fettsäuren und Glyceriden auch wirklich
gesättigte Fettsäuren und deren Glyceride erhalten werden und
nicht etwa Kohlenwasserstoffe. Erst durch diese Feststellungen
Normann’s ist die Frage der katalytischen Reduktion der Fett-
säuren und deren Glyceride gelöst worden, die nach den Feststel-
lungen von Sabatier und Senderens als auf diesem Wege
unlösbar gelten mußte. Der Erfolg der Arbeit Normann’s war
eine glänzende Lösung des Problems der Fetthärtung. Seine Er-
findung ist die Grundlage einer neuen, blühenden Industrie geworden,
in der heute neue Werte von Millionen von Mark geschaffen werden.
Die Erfindung Normann’s reiht sich damit den Großtaten
deutscher Chemiker, der synthetischen Darstellung des Alizarins,
des Indigos, des Kautschuks, des Ammoniaks würdig an.
Erdmann scheint dagegen der Ansicht zu sein, daß der
Erfindung Normann’s keine grundlegende, Bedeutung beizu-
messen ist, und daß die Priorität der Erfindung der katalytischen
Fetthärtung mit Metallen Saytzeff zukommt, der mit Hilfe
von Palladiummohr und Wasserstoff bereits im Jahre 1873 Nitro-
phenol in Anilin und Nitromethan in Methylamin überführte.
Erdmann schreibt!):
„Er (Saytzeff) hat sich damals, wie ich durch private Mit-
teilung erfahren habe, auch lebhaft mit dem Gedanken beschäftigt,
in gleicher Weise aus Oelsäure Stearinsäure herzustellen, ein Versuch,
der später (1906) von Fokin mit feinverteiltem Palladium oder
Platin als Katalysator ausgeführt und veröffentlicht wurde.‘
Wie mancher Chemiker hat wohl schon an die Möglichkeit
von Verfahren gedacht, die später ein anderer erfunden
hat, das Verdienst gebührt aber doch wohl dem, der das Verfahren
1) Journ. f. prakt. Chem.’ 1915, 91, 5.470.
G. Frerichs: Fetthärtnng. 515
wirklich erfunden und nicht dem, der nur daran gedacht
hat. Die Ausführung des Gedankens von. Saytzeff durch
Fokin erfolgte, nebenbei bemerkt, erst nachdem die Erfindung
Normann'’s längst bekannt war.
Bis ‚zum Jahre 1911 hat das Normann’sche , Verfahren
der Fetthärtung in Deutschland, keine sehr große praktische Be-
deutung erlangt, teils weil das gewonnene Produkt großem Miß-
trauen begegnete, z.B. bei den Seifenfabrikanten, teils weil die
technische Beschaffung großer Mengen von billigem Wasserstoff
Schwierigkeiten machte‘).
Seit dem Aufschwung der deutschen Luftschiffahrt ist die
letztere Schwierigkeit aber beseitigt, und da außerdem die
Verbraucher der gehärteten Fette ihr Vorurteil aufgegeben haben,
hat sich die Industrie der Fetthärtung seit dem Jahre 1911 in un-
geahnter Weise entwickelt.
Es ist bei der großen, praktischen Bedeutung der Fetthärtung
leicht -erklärlich, daß, nachdem das Prohlem einmal gelöst war,
1) Die Schwierigkeit der billigen Beschaffung großer Mengen
von Wasserstoff ist auch von W. Meigen und O. Bartels (Journ.
f. prakt. Chemie 1914, 89, 8. 291) als Grund dafür angegeben worden,
daß das Normann’sche Verfahren der Fetthärtung nicht gleich
die Bedeutung erlangt hat, die es heute hat. Von Erdmann
(Journ. i. prakt. Chemie 1915, 91, S. 476) wird dieser Grund für nicht
stichhaltig erklärt, weil bereits im Jahre 1900 die Firma Griesheim-
Elektron in ihren Fabriken in Griesheim, Bitterfeld und Rheinfelden
im Jahre etwa 4%, Millionen Kubikmeter Wasserstoff nutzlos ent-
weichen ließ, und bald daraut auch andere Fabriken große Mengen
von Wasserstoff elektrolytisch als Nebenprodukt gewannen, für den
es damals keine Verwertung gab. Erdmann vergißt dabei, daß
dieser Wasserstoff, obgleich er nutzlos in die Luft entwich, doch nicht
den Oelfabriken billig .zur Verfügung stand. Der Transport von
Wasserstoff ist bekanntlich sehr kostspielig, eine. Oeltabrik hätte
deshalb eine neue Fabrik zur Fetthärtung in der Nähe der Wasser-
stoffabrik errichten müssen, sie wäre außerdem von der letzteren ab-
hängig gewesen. Daß heute Fabriken, die Wasserstoff als Neben-
produkt gewinnen, gerne eine Fetthärtungsanlage errichten möchten,
um den Wasserstoff zu verwerten, ist bei der gewaltigen Bedeutung,
die die Fetthärtung erlangt hat, leicht erklärlich, ebenso verständlich
ist es aber auch, daß eine Oelfabrik für die Fetthärtung eine unab-
hängige Anlage zur Erlangung billigen Wasserstoffs zur Verfügung
zu haben wünscht, und das konnte erst geschehen, nachdem Ver-
fahren zur Gewinnung von Wasserstoff ohne Nebenprodukte, wie
Chlor, Kalium- und Natriumhydroxyd, Chlorate usw. ausgearbeitet
waren.
33*
516 G. Frerichs: Fetthärtung.
eine ganze Anzahl von Chemikern bestrebt gewesen ist,'an der Ent-
wickelung dieser neuen Industrie teilzunehmen, einmal durch Er-
findung von Ausführungsformen des alten Verfahrens, dann aber
auch durch Erfindung von Verfahren, die unabhängig von dem
alten Verfahren einen Wettbewerb mit diesem ermöglichen sollten.
Der Patentanspruch des D. R. P. 141 029 lautet:
„Verfahren zur, Umwandlung ungesättigter Fettsäuren oder
deren Glyceride in gesättigte Verbindungen, gekennzeichnet durch
die Behandlung der genannten Fettkörper mit Wasserstoff bei Gegen-
wart eines als Kontaktsubstanz wirkenden feinverteilten Metalles.“
Damit ist die Anwendung sämtlicher Metalle in
feinverteilter Form als Wasserstoff übertragende Kon-
taktsubstanzen oder Katalysatoren zur Umwandlung ungesättigter
Fettsäuren und deren Glyceride in gesättigte Verbindungen den
Inhabern des D. R. P. 141 029 geschützt. Unabhängig 'von diesem
Verfahren können nur solche sein, bei denen Metalle nicht in fein-
verteilter Form oder Stoffe verwendet werden, die nicht Metalle
sind.
Die Anwendung kompakter Metalle bietet kaum
Aussicht ‚auf Erfolg, weil die katalytische Wirkung eine Ober-
flächenwirkung ist. Je feiner das Metall verteilt ist, desto
günstiger ist das Verhältnis der Oberfläche zur Masse des zu redu-
zierenden Oeles. 1. feinverteiltes Metall kann unter Umständen
eine viel größere Wirkung zeigen, als 1 qm Metallblech im Gewicht
von lkg. Das Bestreben der meisten Erfinder auf diesem Gebiete
ist deshalb gewesen, an Stelle der Metalle andere
Stoffe als Wasserstoffüberträger anzuwenden.
Da von allen Metallen. praktisch das Niekel am meisten
angewandt wird, ist: der Kernpunkt der meisten Erfindungen der
Ersatz des Nickels durch andere Stoffe und zwar durch Nic kel-
verbindungen, Nickloxyde und Nickelsalze.
F. Bedford, Williams und E. Erdmann wollen,
wie schon ‚erwähnt, an Stelle von feinverteilten Metallen Metall-
oxyde als Katalysatoren verwenden.
In emer ausführlichen Arbeit suchen F. Bedford und
E. Erdmann!) den wissenschaftlichen Beweis zu erbringen,
daß bei der Anwendung von Nickeloxyd, Ni,0,, die Wasser-
stoffübertragung nicht durch Nickelmetall, sondern durch ver-
schiedene Oxydationsstufen des Nickels, besonders
durch ein „Nickelsuboxyd“ bewirkt wird.
!) Journ. f. prakt. Chemie 1913, 87, 8. 425.
]
G., Frerichs: Fetthärtung. h 517
Sie ‚schreiben:
„Die verschiedenen Oxydationsstufen des Nickels können sämt-
lich als Katalysator dienen. Bei Verwendung von Nickeloxyd
oder Niekeloxydul erfordert die Reaktion eine Temperatur
von ca. 250° während sie bei Gegenwart von Niekelsuboxyd
schon bei 180—200° vor sich geht. ‚Die höheren Oxyde .des Nickels
unterliegen während der Wasserstoffübertragung einer teilweisen
Reduktion zu Nickelsuboxyd, welches sich in dem Oel kolloidal ver-
teilt. Nickelmetall entsteht dabei nicht, während Nickeloxyde
ohne Gegenwart von Oel in einer Wasserstoffatmosphäre bereits bei
190° einer teilweisen, bei 260% — wenn sie sehr fein verteilt sind —
einer vollständigen Reduktion bis zum Metall unterliegen. Nickel-
suboxyd läßt sich vom metallischen Nickel durch die mangelnde
elektrische Leitfähigkeit und dadurch unterscheiden, daß es mit
Kohlenoxyd kein Nickelkarbonyl bildet.‘
Es ist die Frage aufgeworfen ‚worden, ob reines Niekel-
metall überhaupt als Wasserstoffüberträger wirken könne. So
gibt Erdmann eine Aeußerung von Brochet!) wieder, der
die Vermutung ausspricht, ein völlig reines oxydfreies Nickelmetall
sei als Katalysator wirkungslos. Dieser Ansicht will Erdmann
sich nicht anschließen, da es keinem Zweifel unterliegen könne
und allgemein anerkannt sei, daß dem reinen: metallischen Nickel
wasserstoffübertragende Wirkung zukommt. Andererseits will
Erdmann aber auch nicht anerkennen, daß lediglich das Nickel-
metall und nicht auch‘ Nickeloxyde als Wasserstoffüberträger
wirken.
Die Wiedergabe der Aeußerung Brochet’s durch
Erdmann ist unvollständig. Brochet hat allerdings die
Ansicht geäußert, daß eine geringe Verunreinigung des Nickels
oder ‚ein geringer Oxydgehalt für die Wirkung notwendig zu sein
scheine, „ohne daß man dies aber absolut sicher beweisen könnte“.
Er hat dann aber auch noch hinzugefügt: da niemand bisher die
Natur der als Katalysator wirkenden Stoffe habe feststellen können,
sei es vorzuziehen, die Wirkung auch weiterhin dem Nickel (also
«lem Metalle) zuzuschreiben, bis dieser Punkt geklärt sei.
An einer anderen Stelle?) spricht Erdmann die Vermutung
aus, der in der Technik verwendete Katalysator wäre möglicher-
weise kein Metall, sondern Nickelsuboxyd.
Zur Entscheidung der Frage, ob reines Nickelmetall als Wasser-
stoffüberträger wirkt, habe ich folgende Versuche angeführt:
1) Bull. Soc. Chim. 1914, S. 557, Fußnote.
?) Journ. f. prakt. Chemie 1915, 91, S. 480.
518 G. Freriehs: Fetthärtung.
Metallisches kompaktes Nickel’ würde "durch
Schleifen auf einem unglasierten Tonteller in möglichst feines Pulver
verwandelt und damit eine Reihe von Oelhärtungen ausgeführt.
Um während des Schleifens eime oberflächliche Oxydation des
feingepulverten Nickels auszuschließen, wurde auf den Tonteller
eine ziemlich dicke Schicht Paraffinöl gegossen, in einem
Falle das Oel, das nachher gehärtet werden sollte. Das Nickelmetall
wurde also in flüssigem Paraffin oder in Oel geschliffen. . Von dem
Tonteller wurden dabei nicht unerhebliche Mengen Ton als feines
Pulver abgeschliffen, dieser Ton ist aber ohne Einfluß auf das Nickel-
metall sowohl, ‘wie auf die Oelhärtung. ‘Er; dient gewissermaßen
als Träger des Nickelpulvers. Das Nickelmetall, das verwendet
wurde, war meist ein Nickelspatel aus „„Reinnickel‘, in einem Falle
absolut chemisch reines Nickel aus Niekelkarbönyl von den eng-
lischen Nicekelwerken Brunner, Mond &'do.
Das in Paraffinöl 'geschliffene Nickel wurde mit dem
Paraffinöl dem zu härtenden Oel zugesetzt, so daß auf 100g Oel
0,4—0,5 & Nickelmetall kamen. Dann: würde die Jodzahl einer
Probe des Oelgemisches festgestellt und das Oel im Erdmann-
schen Bodenrohrkolben (Rundkolben mit unten ne
Gaszuleitungsrohr) bei 180-—190° gehärbet.
Niekelspatel in Paraffinöl geschliffen,
Baumwollsamenöl.
l. Jodzahl vorher 97, nach 2 Stunden 78.
2. Jodzahl vorher, 97, nach 1 Stunde ı 63,7...)
E2 Jodzahl vorher 87,4, nach 2 Stunden. 61,8
Nikkei aus Nickelkarbonyl'in Paraffinöl
seschliffien, Baumwollsamenöl. |
4. Jodzahl vorher 93, nach 2 Stunden 75,9.
Niekelspatelin Sesasmöl geschliffen, |
Sıesamöl. PER = j
5. Jodzahl vorher 114,4. nach J Stunde 86,8, nach 2 Stunden 64.
Aus diesen Zahlen geht‘ unzweifelhaft
hervor, daß reines oxydfreies' Niekelmetall
als Wasserstoff überträger'wirkt.
In der Annahme, daß Metalloxyde als Wasser-
stoffübertragende . „Katalysatoren "wirken
können, stützen Bedford und Erdmann sichlauf Ver-
G. Frerichs: Fetthärtung. 519
suche von patiew!). Dieser hat Wasserstoffanlagerungen
ausgeführt mit Hilfe von Niekeloxyd in geschlossenen
Gefäßen und hat nach Beendigung der Versuche in dem ge-
brauchten Katalysator, wie er behauptet, kein Nickelmetall oder
nur Spuren davon nachweisen können. \
Ipatiew hat in einer Reihe von Fällen den Nickelgehalt
des gebrauchten Katalysators bestimmt und fand folgende Werte:
Einmal zur Hydrogenisation von Benzol bei 250° gebrauchtes
Nickeloxyd ergab 76,75% Nickel und 76,82%, Nickel. Dieses Nickel-
oxyd enthielt außerdem 0,38% Kohle.
Dreimal zur Reduktion in einem eisernen Rohr gebrauchtes
Nickeloxyd enthielt 82,37% Nickel und 7,45%, Eisen.
Zur Hydrogenisation von a- und ß-Naphthol gebrauchtes Nickel-
oxyd enthielt 80,12%, Nickel.
Nickeloxydul enthielt nach der Hydrogenisation von Benzol
86,480, Nickel.
Nickeloxyd, Werne zur Hydrogenisation von Benzol bei 175°
gebraucht war, enthielt 74,66% Nickel.
Das von Ipatiew angewandte Nickeloxyd enthielt 0,8%,
Feuchtigkeit und 70,18% Nickel (berechnet für Nis0, = 71% Ni).
Niekeloxydul enthält 78, 6% Nickel.
Ipatiew schreibt nun:
„Alle diese Analysen zeigen ganz deutlich, daß das Nickel-
oxyd nur ganz unbedeutend reduziert wird.‘
Diese Schlußfolgerung hat Ipatiew aber in sehr ober-
flächlicher Weise gezogen. ''Rechnet man nämlich aus den
angegebenen Zahlen den Grad der Reduktion aus, ‘dann
findet man, daß in den Fällen, in denen Ipatiew mehr
als 78,6% Nickel — den Gehalt des Nickeloxyduls an Nickel —
gefunden hat, neben Nickeloxydul auch sehr erhebliche Mengen
von Nickelmetall zugegen gewesen sein müssen. Eine. Erhöhung
des Gesamtnickelgehaltes um je 0,214% über den Gehalt des Oxyduls
(78,6%) zeigt je 1% Nickelmetallan. Bei 80,12% Gesamtnickel,
die Ipatiew gefunden hat, sind demnach 7,1% und: bei 86,48%
Gesamtnickel 36,3% Nickelmetall neben Nickeloxydul zugegen
gewesen. Wie oberflächlich Ipatiew geurteilt hat, zeigt be-
sonders die Berechnung’ der Analyse, bei der er 82,37% Gesamt-
nickel und 7,45% Eisen gefunden hat. Schon die 82,37% Gesamt-
nickel würden 17,6% Nickelmetall ergeben. In Wirklichkeit ist aber
der Gehalt an Nickelmetall; viel höher, da.man natürlich die erheb-
lichen Mengen Eisen in Rechnung setzen muß! Wahrscheinlich ist.das
!) Ber. d. d. ehem. Ges. 20 (1907), S. 1290.
520 G. Frerichs: Fetthärtung.
Eisen nicht als Metall, sondern mindestens als Oxydul vorhanden ge-
wesen. Ich willaber, um die Rechnung für Ipatiew möglichst günstig
zu gestalten, das Eisen als Metallannehmen. Die 82,37 Teile Nickel
sind dann nicht in 100, sondern in 100 —7,45 Teilen der eigent-
lichen Katalysatormasse, also in 92,55 Teilen enthalten. Daraus
berechnet sich der Gesamtnickelgehalt der ‚Katalysatormasse zu
82,37. 100
92,55.
In drei Fällen ergibt sich also ein Gehalt von 7,1, 36,8 und
48,6% Nickelmetall neben Nickeloxydul! Da kann von einervun-
bedeutenden Reduktion doch wohl keine Rede sein!
Aber auch in den drei Fällen, in denen Ipatiew weniger
als 78,6%, Gesamtnickel gefunden hat, kann sehr wohl Nickelmetall
zugegen gewesen sein, dann nämlich, wenn noch unverändertes,
nicht zu Nickeloxydul reduziertes Nickeloxyd im Innern der Teilchen
vorhanden war, was wohl als sicher angenommen werden kann.
Bei späteren Versuchen!) hat Ipatiew in einigen Fällen
selbst eine bedeutende Reduktion des Nickeloxyds (und auch
von Nickeloxydul) durch Wasserstoff unter Druck: bei Gegenwart
von Benzol festgestellt und zwar bei Nickeloxyd schon bei 200°
bis zu 93,2% Gesamtnickel und bei Nickeloxydul schon bei 172°
bis zu 94,40%, Gesamtnickel. Er schreibt:
„Eine so bedeutende Reduktion des Nickeloxyds findet auch
in Gegenwart von Benzol statt, wenn man den Hydrogenisations-
versuch unter bestimmten Bedingungen anstellt. In den: Apparat
wurde ein Glasrohr mit 20 g Benzol und 2—2,5 g Nickeloxyd gebracht
und darauf Wasserstoff eingeführt. Nach Beendigung der Reaktion
(bis 200°) enthielt das Glasrohr ein trockenes Pulver, welches fast
ausschließlich aus reduzierttem Nickel bestand, das Benzol war in
reines Hexahydrobenzol übergegangen. Somit verhindert die Be-
netzung des Nickeloxyds durch Benzol oder Hexahydrobenzol die
Reduktion desselben zu metallischem Nickel nicht. Was das Nickel-
oxydul betrifft, so ist es auch in Gegenwart von Benzol zu metallischem
Nickel reduzierbar, und zwar bei derselben Temperatur von 172°,
wie auch ohne Benzol.“
Trotzdem also Ipatiew selbst eine bedeutende Reduktion
des Nickeloxyds und Nickeloxyduls zu Metall feststellen konnte,
neigt er doch zu der Ansicht, daß nicht das Metall, sondern das
Metalloxyd, vielleicht ein ‚‚Suboxyd‘“, als Wasserstoffüberträger
wirkt. Zu dieser Schlußfolgerung kommt er, weil er feststellen
konnte, daß bei der Reduktion von Benzol bei Anwendung von
LE)
— 89%, und daraus der Gehalt an Nickelmetall zu 48,6°,.
1) Journ. f. prakt. Chemie 1908, 77, S. 528.
G. Freriehs: Fetthärtung. 521
Nickeloxyd bei 250° die maximale Reaktionsgeschwindigkeit früher
eintrat und größer war, als bei Anwendung von Nickelmetall, das
aus Nickeloxyd durch trockene Reduktion bei 270—280° darge-
stellt war.
Die Schlußfolgerung ist aber durchaus nicht berechtigt.
Ipatie w hat Dinge miteinander verglichen, die sich ohne weiteres
nicht vergleichen lassen. Das trocken aus Nickeloxyd dargestellte
Nickel hat eben eine ganz andere Beschaffenheit gehabt, als das
im. Benzol aus demselben Oxyd dargestellte Nickel. Die größere
Reaktionsgeschwindigkeit des letzteren erklärt sich einfach durch
die feinere Verteilung im Gegensatz zu dem trocken reduzierten
Nickel.
Außerdem ist es nicht unwahrscheinlich, daß das trocken redu-
zierte, gröbere Nickel allmählich durch die Einwirkung des Wasser-
stoffs im Oel wieder zu feinen Teilchen zerfällt, und daß deshalb die
maximale Wirkung erst nach einiger Zeit eintritt. Bekannt ist, daß
wiederholt mit Wasserstoff beladenes und dann wieder davon be-
freites kompaktes Nickel allmählich zu Pulver zerfällt (siehe Gmelin-
Kraut’s Handbuch der anorgan. Chemie 8. 39).
Uebrigens haben Meigen und Bartels!) festgestellt,
daß bei der Fetthärtung die Reaktion bei Anwendung
von trocken reduziertem Nickelmetall mit größerer Geschwindigkeit
einsetzte, als bei Anwendung von Nickeloxyd, sie haben also bei
der: Fetthärtung gerade das Gegenteil von dem festgestellt, was
Ipatiew gefunden hat.
Ipatie w?) erklärt die Wirkung des Nickeloxyds durch die
Annahme, daß das Oxyd durch den Wasserstoff zunächst zu Metall
reduziert wird, daß dann das dabei gebildete Wasser auf das
Metall einwirkt unter Bildung von Oxyd und Freiwerden von Wasser-
stoff, der dann an die ungesättigte Verbindung angelagert wird.
Da Ipatiew seine Versuche in geschloßenen Gefäßen unter
hohem Druck ausgeführt hat, wäre eine solche Mitwirkung des
Wassers möglich, der wirksame Stoff, der Wasserstoffüberträger,
wäre aber auch in diesem Falle das Metall und nicht das Metalloxyd.
Die Einwirkung des Wassers auf das entstandene Metall würde
auch erklären, weshalb Ipatiew an der gebrauchten Kataly-
satormasse keine vollständige Reduktion zu Metall feststellen
konnte. Man sieht, daß die Ergebnisse der Versuche Ipatiew's
ohne jeden Zwang mit der Annahme, daß lediglich Nickelmetal]
ı) Journ. f. prakt. Chemie 1914, 89, 5. 294.
2) Journ. f. prakt. Chemie 1908, 77, S. 531.
522 G. Frerichs: Fetthärtung.
und nicht Nickeloxyde als Wasserstoffüberträger wirkt, in Einklang
gebracht werden können. wu
Bedford und Erdmann erksön uhee an, daß bei den
Versuchen, wie sie Ipatiew unter Anwendung geschlossener
(Gefäße ausgeführt hat, eine Reduktion des Nickeloxyds und des
Niekeloxyduls stattfindet, ebenso auch bei der von ihnen’ in offenen
(Gefäßen: ausgeführten Fetthärtung. Die Reduktion des Nickel-
oxyds soll aber nach Bedford und Erdmann nicht bis zum
Metall gehen, sondern nur bis zu einem Niekelsuboxyd,
dem sie die Formel Ni,O oder Ni,O zuschreiben, und dieses soll dann
als Wasserstoffüberträger wirken. Bedford und Erdmann
behaupten, daß Nickeloxyd im Oel durch Wasserstoff bei einer
Temperatur, ‘bei der es außerhalb des Oeles zu Metall reduziert
wird, nur zu Nickelsuboxyd reduziert wird, weil das Oel als ‚‚Schutz-
element‘ die weitere Reduktion verhindert. Sie halten die Bildung
und Wirkung eines Nickelsuboxyds für be wiesen, weil’ es ihnen
nicht gelungen ist, Nickelmetall als solches in der gebrauchten
Katalysatormasse nachzuweisen. Der Beweis ist aber durchaus
hinfällig und die Annahme der Bildung und Wirkung eines Nickel-
suboxyds durch nichts gerechtfertigt.
Im Gegensatz zu Ipatiew führen Bedford und
Erdmann die Wasserstoffanlagerung inoffenen Gefäßen
aus. Der aus dem Oxyd und dem Wasserstoff entstandene Wasser-
dampf wird dann natürlich mit dem in reichlicher Menge durch
das Oel geleiteten Wasserstoff fortgeführt und kann auf das Nickel-
metall nicht wieder einwirken. Um so mehr muß man erwarten,
daß man in der gebrauchten Katalysatormasse das Nickelmetall
auch nachweisen kann. Die Tatsache, daß es Bedford und
Erdmann nicht gelungen’ ist, ‘das: Metall nachzuweisen, "wäre
auch dann kein Beweis für die Abwesenheit von Nickelmetall,
wenn es überhaupt nicht möglich wäre, das in dem Oel femverteilte
Nickelmetall als solches zu erkennen. Wenn es aber‘ möglich ist,
das Metall als solehes nachzuweisen, dann verliert dievonBedford
und Erdmann aufgestellte Hypothese ‘der Bildung und Wir-
kung eines Nickelsuboxyds und der Wirkung des Ost als BRRR
element‘ jede Stütze!). dar
!) Wie. wenig sicher die, Existenz des ',„Nickelsuboxydes;/ ‚ist,
geht schon daraus hervor, daß ‚die ‚verschiedenen Forscher ganz
verschiedene Zusammensetzungen annehmen. So haben Bedford
und Erdmann (Journ. f. prakt. Chemie 1913, 87, 8. 440) '
die Zusammensetzung Ni,O oder Ni,0 angenommen, F. Glaser
(Ztschr. f. anorgan. Chemie 1903, 8. I) schreibt dem’ Nickelsuboxyd
G. Frerichs: Fetthärtung. 523
Nun haben schon W. Meigen und G. Bartels"), ferner
W.Normann und W. Pungs?) das Vorhandensein von Nickel-
metall in dem gebrauchten Katalysator bei der Fetthärtung
mit. Nickeloxyd nach Bedford und Erdmann einwandfrei
nachgewiesen, sowohl durch die Feststellung einer guten elektrischen
Leitfähigkeit, wie durch die Bildung von Nickelcarbonyl. Den
negativen Befunden Bedford’s und Erdmann’s steht also
der positive Beweis gegenüber, daß auch im Oel das Nickeloxyd
dureh Wasserstoff zu‘ Metall reduziert wird.
Trotzdem von’ Meigen und Bartels, sowie von
Normann und Pungs die Bildung von Nickelmetall nach-
gewiesen ist, und obgleich die Existenz eines Nickelsuboxyds noch
durchaus zweifelhaft ist, hält Erdmann'immer noch an der
Hypothese der Bildung und der Wirkung des ‚„‚Nickelsuboxyds“
bei der Fetthärtung fest. Er erblickt nach wie vor in der rein
negativen Feststellung des Fehlens der elektrischen ‚Leit-
fähigkeit und der ‚ Nichtbildung von Nickelearbonyl bei seinen
Versuchen positive Beweise nicht nur für die Abwesenheit von
Nickelmetall, sondern sogar positive Beweise für das Vorhandensein
von Nickelsuboxyd.
Ebenso hält Erdmann fest an der von ihm und Bedford
aufgestellten Hypothese, das Oel verhindere als „Schutzelement‘“
die Reduktion der Metalloxyde zu Metall. Außerdem führt
Erdmann neuerdings noch einige weitere angebliche Beweise
für das Vorhandensein von Nickelsuboxyd an.
die / Formel ‚Ni,O zu /und'‚Sabatier (Comptes rendus 1914,
Bd. 158, No. 25) die Formel ‚Ni,0, Die Knicke in. den Reduktions-
kurven, aus denen die Existenz eines: Suboxydes gefolgert wird,
sind ferner von den verschiedenen Forschern an ganz verschiedenen
Punkten gefunden worden. Sabatier hat außerdem festgestellt,
daß es nicht möglich ist, reines Nickelsuboxyd herzustellen,
das frei wäre von Nickelmetall und Niekeloxydul. Nach Sabatier
erfolgt die weitere Reduktion des Nickelsuboxyds zu Nickelmetall
bei derselben Temperatur, wie die Reduktion von Nickeloxydul zu
Nickelsuboxyd, nur langsamer. Diese Feststellung macht die Existenz
eines Nickelsuboxyds nur noch zweifelhafter, weil bis, dahin immer
die Verschiedenheit der Reduktionstemperatur als ein Beweis für die
Existenz von Nickelsuboxyd angegeben wurde Nach Sabatier
spielt übrigens, was auch nicht zu verwundern ist, die Stärke des
Wasserstoffstromes eine Rolle bei der Reduktion. Die Existenz eines
Nickelsuboxydes ist also immer noch zweifelhaft.
!) Journ. f. prakt. Chemie 1914, 89, 8.290:
2) Chem.-Ztg. 1915, No. 6-- 8.
524 G. Frerichs: Fetthärtung.
Von M. Schönfeld!) ist eine Arbeit veröffentlicht: worden
über die Hydrierung von ungesättigten: Fett:
säuren und deren Glyceriden mit Nickelborat
als Katalysator. Schönfeld erhitzt Nickelborat ‚‚zur
Erhöhung der katalytischen Wirksamkeit‘ eine. halbe Stunde
lang bei 300° im Wasserstoffstrom und benutzt das so behandelte
Borat dann als Katalysator. Zu den Ausführungen Sehönfeld’s
bemerkte W.Normann?), daß bei der Anwendung vor: Nickel-
borat zur Fetthärtung das wirksame Prinzip metallisches
Nickelist, das aus dem Borat durch die Einwirkung des Wasser -
stoffs entsteht. Erdmann und Rack?) dagegen behaupten,
daß aus dem Nickelborat Niekelsuboxyd entsteht, und
daß dieses die Wirkung ausübt.
Zur Erklärung, weshalb die Reduktion des Borats im Wasser-
stoffstrom bei 300° nicht weiter als bis zum Suboxyd geht, führen
sie wieder ein neues ‚Schutzelement‘‘ in die Hypothese von der
Bildung und Wirkung des Nickelsuboxyds bei yr Fetthärtung ein.
Sie schreiben:
„Reines Nickeloxyd wird durch Ueberleiten von Wasserstoff
bei 300° in kurzer Zeit zu metallischem Nickel reduziert. Es gibt aber
eine Reihe von Substanzen, deren Gegenwart verzögernd auf den
Reduktionsprozeß wirkt, so daß er erst bei höherer Temperatur ein-
tritt, bzw. bei der Zwischenphase des Suboxyds halt macht. Zu‘ diesen
Substanzen gehört auch die Borsäure.‘ ;
Welche Stoffe außer dem Oel und der Borsäure noch zu der
„Reihe‘‘ der ‚Schutzelemente‘‘ gehören, wird leider nicht an-
gegeben, und leider auch nicht, in welcher Weise die Schutzwirkung
der Borsäure zustande kommen soll. Die Schutzwirkung des Oeles
erklärt Erdmann durch die Annahme einer Anlagerung von
Nickelsuboxyd an die ungesättigte Stelle der Oleinmoleküle, die
er durch folgende Formel wiedergibt |
Pr bau
Be No.
re
Die Schutzwirkung hört nach Erdmann auf, wenn alles
Olein in die gesättigte Verbindung übergeführt ist, so daß sich
kein Nickelsuboxyd mehr anlagern kann. Da die Borsäure im
1) Seifensieder-Zeitung 1914, 8.945.
?) Seifensieder-Zeitung 1914, No. 3.
3) Seifensieder-Zeitung 1915, 8. 3.
G. Frerichs: Fetthärtung. 525
Gegensatz zu dem Olein aber keine ungesättigte Verbindung ist, wird
Erdmann für die Wirkung dieser Verbindung als ‚„‚Schutzelement‘
wieder eine neue Hypothese aufstellen müssen.
In einer Erwiderung auf die VeröffentlichungvonNormann
schreibt Erdmann!?):
„Positive Beweise für die, Bildung von Nickelsuboxyd sind
l. die mit schwarzer Farbe erfolgende Verteilung des Katalysators,
terner 2. die Härtungsmöglichkeit mit Katalysatormengen, welche in
gleicher Weise und gleicher Quantität aus Nickeloxyd als metallisches
Nickel hergestellt, gänzlich unwirksam sind, und 3. de mangelnde
elektrische Leitfähigkeit des wiedergewonnenen entfetteten. Kataly-
sators. Es ist ein Denkfehler, in dem Mangel an Leitfähigkeit ein
negatives Kennzeichen zu erblicken. Drücken wir es positiv aus, so
heißt es „hoher elektrischer Widerstand‘, und dies ist eine Natur-
konstante, die sich für das keineswegs einen absoluten Nichtleiter
darstellende Nickeloxyd und ebenso für jeden wiedergewonnenen
Katalysator durch genaue Messungen ermitteln läßt.‘
Die Ziffern 1—3 habe ich der Uebersichtlichkeit wegen ein-
gefügt. |
Auf diese Ausführungen hatte zu 1. Normann?) erwidert,
daß die mit schwarzer Farbe erfolgende Verteilung des Kataly-
sators kein positiver Beweis für die Bildung von Nickelsuboxyd sein
könne, da feinverteiltes Nickelmetall, wie man es z. B. auch
nach dem D. R. P. 241 823 von Shukoff erhält, ebenfalls tief
schwarz sei. :
In einer Erwiderung hierauf schreibt nun Erdmann?)
folgendes:
„Ebensowenig wie.... habe ich irgendwo geleugnet, daß es
unmöglich sei, auf künstliche Weise eine kolloidale Verteilung metalli-
schen Nickels im Oel zu erreichen. Im Gegenteil, ich kann aus eigenen
experimentellen Versuchen bestätigen, daß sich dunkle kolloidale
Nickellösungen durch elektrische Zerstäubung des Metalles im Oel
sehr wohl herstellen lassen. Unglücklicherweise stehen aber der von
Normann vertretenen Auffassung, daß auch die aus reduziertem
Nickelborat im Oel entstehenden schwarzen Flüssigkeiten kolloidale
Metall-Lösungen seien, drei Tatsachen entgegen:
1. Niemals bilden sich tintenschwarze Flüssigkeiten durch ein-
faches Erhitzen feinverteilten, frisch reduzierten Nickels im Oel mit
oder ohne Wasserstoffdurchleiten. Hieraus ist folgerichtig zu schließen,
daß in Fällen, wo sie sich in gleich einfacher Weise bilden, kein Nickel-
metall vorliegt, sondern ein Oxyd, welches jene Eigenschaft zeigt.
1) Seifensieder-Zeitung 1915, S. 75.
?) Seifensieder-Zeitung 1915, S. 191.
) Seifensieder-Zeitung 1915, 8. 288.
526 G. Frerichs: Fetthärtung.
2. Isoliert man die Suspension künstlich (z.. B. durch elektrische
Zerstäubung) hergestellter kolloidaler Lösungen. metallischen Nickels
in fettem Oel, so zeigt dieser Niederschlag: metallische elektrische
Leitfähigkeit im Gegensatz zu allen richtig verwendeten Nickeloxyd-
katalysatoren, die aus ihrer tintenartigen Fettsuspension ab-
‚geschieden sind.
3. Zur katalytischen Wasserstoffübertragung sind . solche
metallischen kolloidalen Suspensionen des Nickels praktisch unbrauch-
bar. Infolgedessen ist auch das Verfahren des D. R. P. 241 823 von
Shukoff weder in Rußland, noch sonst irgendwo zur technischen
Ausführung gelangt.‘
Erdmann gibt also zu, daß feinverteiltes Nickel schwarz
ist. Zusammen mit Bedford schreibt er übrigens über einen
Versuch mit Nickelformiat!):
„Die Flüssigkeit wurde bald schwarz, ein ‚Anzeichen für die
Bildung feinverteilten Nickeloxyds oder metallischen Nickels.‘
In diesem Falle haben Bedford und Erdmann dann
auch durch die elektrische Leitfähigkeit das Vorhandensein von
Nickelmetall erkannt.
Die „nit schwarzer Farbe erfolgende, Ver-
teilung des Katalysators‘ ‚kann also nach eigenen
Worten von Bedford und Erdmann ebensogut das Vor-
handensein von feinverteiltem Nickelmetall wie von ‚Nickel-
oxyden' anzeigen, wie kann dann die mit schwarzer Farbe er-
folgende Verteilung ein positiver Beweis für. die Bildung
von Nickelsuboxyd sein?
Die Tatsache, daß sich aus reinem Niekeloxyd trocken
reduziertes Niekelmetall im Oel nicht so fein verteilt, wie
das ebenfalls trocken aus Nieckelborat durch genügend lange
Behandlung mit Wasserstoff bei 300° abgeschiedene Nickelmetall,
soll nicht bestritten werden. Sie beweist aber. weiter nichts, als
daß das eine Nickelmetall feiner ist als das andere. Wird Nickel-
borat reduziert, dann verhindern die‘ Borsäure oder die noch
nicht oder vielleicht nur zu Nickeltetraborat veränderten Teilchen
des Nickelborats das Zusammenkitten kleiner Nickelteilchen zu
gröberen. Außerdem sind die Moleküle des Nickelborats größer,
als die des Nickeloxydes und enthalten viel weniger Nickel. Auch
aus diesem Grunde muß das aus dem Borat ausgeschiedene Nickel-
metall eine größere Feinheit haben, als das aus dem Oxyd abge-
geschiedene.
Daß man auch durch trockene Reduktion aus Niekeloxyd
Nickelmetall in so feiner Verteilung herstellen kann, daß es
1) Journ. f. prakt. Chemie 1913, 87, 8. 450.
G. Frerichs: Fetthärtung. 527
sich nachträglich ebenso schwarz in Oel verteilt, wie das aus Nickel-
borat durch trockene Reduktion oder aus Nickeloxyd und anderen
Nickelverbindungen durch Reduktion im Oel hergestellte Nickel-
metall soll weiter unten gezeigt werden.
Erdmann behauptet ferner, daß „die Härtungsmög-
lichkeitmit Katalysatormengen, welchein gleicherWeise
und gleicher Quantität aus Nickeloxyd als metallisches Nickel
hergestellt gänzlich unwirksam sind“ ein positiver Beweis
für dieBildungvon Nickelsuboxydist.
Die Haltlosigkeit dieser Behauptung liegt klar auf der Hand.
Es ist durchaus erklärlich, daß man mit dem aus Nickelborat ab-
geschiedenen Nickelmetall unter Umständen mehr erreichen kann,
als mit dem trocken im Wasserstoffstrom aus reinem Oxyd redu-
zierten Nickel, das eine ganz andere Korngröße, Oberfläche und
Oberflächenbeschaffenheit hat.
Es ist einfach garnicht möglich, das Nickelmetall einmal
aus Nickelborat (oder aus Niekeloxyd im Oel) und das andere
Mal trocken aus Nickeloxyd im Wasserstoffstrom „in gleicher
Weise‘ darzustellen. Die Darstellungsweise ist
eben verschieden, und damit erklärt sich die Möglichkeit
der verschiedenartigen Wirkung wohl leicht.
Auch in einer neueren Mitteilung‘) gibt Erdmann einen
Vergleichsversuch an, aus dem er den Schluß zieht, daß Nickel-
suboxyd die Wasserstoffübertragung besser bewirkt als Nickel-
metall. Er hat mit voluminösem Nickeloxydul Leinöl in 41, Stunden
bis zum Erstarrungspunkt 47,2° härten können, während das
gleiche Leinöl bei der Härtung mit aus der gleichen Menge volu-
minösen Nickeloxyduls trocken reduziertem Nickelmetall
flüssig blieb.
Auch hier hat Erdmann Dinge miteinander verglichen,
die sich nun einmal nicht vergleichen lassen. Bei der trocknen
Reduktion sintert das Nickeloxydul oder vielmehr das daraus
entstehende Nickelmetall stark zusammen. Das Metall hat eben
eine andere Korngröße und andere Oberflächenbeschaffenheit als
das im Oel aus dem gleichen Oxydul entstehende Metall.
Bemerkenswert sind folgende Ausführungen Erdmann’s
über derartige Vergleichsversuche?) :
„Die Reaktionsgeschwindigkeit hängt, wie bekannt, nicht nur
von der Natur des Katalysators, sondern auch von anderen Umständen,
besonders von seiner Oberflächeab. In den Vergleichsversuchen
!) Journ. f. prakt. Chemie 1915, 91, S. 477.
2) Journ. f. prakt. Chemie 1915, 91, S. 479.
528 G. Frerichs: Fetthärtung.
habe ich mich bemüht, alle Nebenumstände nach ‘Möglichkeit gleich
zu gestalten. So ist insonderheit das metallische Nickel stets aus einem
Nickeloxyd der nämliehen Beschaffenheit genommen worden,
wie es zum Hauptversuch diente Die Reduktion des Nickeloxyds
im Wasserstoffstrom fand, entsprechend den vorhandenen Literatur-
angaben, mit größter Vorsicht statt, nämlich bei niederer Temperatur
und nicht länger als eine Stunde, um eine Verringerung der Ober-
fläche durch Sinterung möglichst zu vermeiden. Freilich ergibt der
Härtungsversuch dann bei Nickeloxydul ohne jedes Zutun eine große
Oberfläche durch die von selbst eintretende kolloide Ver-
teilung, welche beim metallischen Nickel unterbleibt. Wenn
Meigen und Bartels zur Vergrößerung der Oberfläche des
metallischen Katalyaatarz besondere Maßnahmen ‚angewandt haben,
. so wäre dies mitzuteilen.“
Hiermit gibt Erdmann also zu, daß Unterschiede in der
Oberfläche bei dem trocken reduzierten Nickel gegenüber dem
in Oel reduzierten vorhanden sind. Er hatnurnach Möglich-
keit die Nebenumstände gleich zu gestalten gesucht, aber.
völlige Gleichheit, die erst die, Vergleichsmöglichkeit
bedingen würde, isteben ausgeschlossen. Erdmann
bemängelt, daß Meigen und Bartels nicht genau angegeben
haben, wie sie die Oberfläche des Nickelmetalls. vergrößert haben.
(Sie hatten nur erwähnt, daß sie einen technischen Katalysator
angewandt haben.) Nun, es kommt weniger darauf an, wie man
die Oberfläche des Nickelmetalls vergrößern kann, als darauf,
daß das Nickelmetall bei genügend feiner Verteilung, die durch
Kieselgur und andere Träger erzielt werden kann, mindestens
gerade so gut wirkt, wie das im Oel reduzierte Metall, und dashaben
die Versuche von Meigen und Bartels gezeigt.
Und die Tatsache, daß bereits Millionen von Zentnern Oel
mit Hilfe von feinverteiltem Nickelmetall in der Form des Kiesel-
gurkatalysators gehärtet worden sind, beweist wohl zur Genüge,
daß es unzutreffend ist, wenn Erdmann behauptet, trocken
reduziertes Nickelmetall sei im Vergleich zu seinem ‚„‚Nickelsub-
oxyd‘“ „gänzlich unwirksam‘. Wenn bei den Vergleichs-
versuchen Erdmann’s das aus Nickeloxyd trocken reduzierte
Nickelmetall „gänzlich unwirksam‘ war, dann ist es eben durch
die Art der trockenen Reduktion, die Erdmann angewandt
hat, in den Zustand der Unwirksamkeit gebracht worden. Daß
es auch unwirksames feinverteiltes Nickel gibt, ist nichts Neues.
Nur bei gleicher Feinheit der Teilchen und bei gleicher Ober-
flächenbeschaffenheit kann man die gleiche Wirkung erwarten.
Sind diese Bedingungen vorhanden, dann ist. es 'einerlei, ob das
G. Frerichs: Fetthärtung. 529
Nickelmetall aus Niekelverbindungen im Oe] oder außerhalb. des
‚Oeles hergestellt, wurde, ‚,
a Eine wie ‚große Rolle die Feinheit der Teilchen spielen muß,
ergibt. eine einfache Berechnung:
bsultEin Nickelwürfel| von ‚Lem Seitenlänge, also I ccm, wiegt rund
8 g und hat eine Oberfläche von 6 gem. Nehmen wir nun an, esısoll
1 kg Oel mit dieser Nickelmenge gehärtet werden. Bringen wir den
ganzen Würfel in das Oel, dann kommt auf 1 kg Oel eine Nickelober-
fläche von 6 gem. Verwandelt man den Nickelwürfel von 1 em Seiten-
länge in kleine Würfelelen von je I mm Seitenlänge, so erhält man
10 x 10 x 10 = 1000 Würfelehen mit je 6 gmm Oberfläche = 6000 qmm
—= 60 gem. ' Bringen wir diese Würfelchen von l mm Seitenlänge in
däs Oel, dann kommen also auf 1 kg Oel 60 gem Oberfläche, also 10 mal
‚mehr, als bei dem ganzen Würfel. "Teilen wir die Millimeterwürfelchen
in sölehe von !/, mm Seitenlänge, so erhalten wir 1000 x 1000 =
I Million Teilchen mit einer Oberfläche von 600 gem. Wird die gleiche
Nickelmenge in Teilehen mit '7/,., mm Seitenlänge verwandelt, so
erhält mın 1 Milliarde Teilchen mit einer Oberfläche von 6000 qem
und bei einer Seitenlänge von '/,,., mm 1 Billion Teilchen mit einer
Oberfläche von 60 000 gem = 6 qm.
I
‚Würde man also feinverteiltes Nickel, bestehend aus Teilchen
in Würfelform von !/,, mm Seitenlänge mit einem anderen, von
Y/ 000 mm vergleichen, so würde man finden, daß die Wirkung des
letzteren die zehnfache von der des ersteren ist,
Wenn 8 g Nickel von 1/0 mm Seitenlänge 1 kg Oel in
3 Stunden härten,, wären zur gleichen Härtung mit Teilchen von
7 mm Seitenlänge 30 Stunden erforderlich, eder man müßte, von
den, Teilchen. mit; Y/,, mm, Seitenlänge die zehnfache Nickelmenge,
also 80 g, nehmen, um die gleiche Härtung in der gleichen Zeit von
3 Stunden zu erzielen. Dazu kommt noch, daß in dem ersten Falle,
Yoo0 mm Seitenlänge, eine Billion Teilehen vorhanden sind, im
zweiten, !/,o mum. Beitenlänge, ‚nur 1. Milliarde. Die Verteilung
des Nickels in. dem Oel ist also ganz gewaltig verschieden. ‚Nun
bildet! das feinverteilte Nickel, das aus Niekelverbindungen auf die
verschiedenste Weise dargestellt werden kann, keine dichten, regel-
mäßigen Würfel: oder Teilchen von anderen regelmäßigen Formen
und auch nicht von gleichmäßiger Größe. Die Teilchen, selbst
die kleinsten, können die unregelmäßigste Form haben, sie können
porig, ‚schwammartig 'sein.! Infolgedessen ist, die, Oberfläche der
Teilchen noch größer, als wenn man die Würfelform zu Grunde
legt. Messungen !der Oberfläche sind unmöglich, ‚aber so viel ist
klar, daß eine zehnfache Oberfläche auch eine zehnfache Wirkung
ausüben kann. Es ist also durchaus nicht überraschend, wenn
Arch. d. Pharm. CCLII. Bds. 7. Heft. 34
530 G. Frerichs: Fetthärtung.
das eine feinverteilte Nickel erheblich besser wirkt als ein
anderes,
Wie groß die Unterschiede in der Teilchengröße feiner Pulver
sind, geht aus einer Veröffentlichung von Kurt Kühn?) hervor.
Kühn hat eine Zählung der Teilchen vorgenommen,
die in 1 g eines feinen Pulvers enthalten sind und hat z. B. folgende
Zahlen gefunden:
lg Schwerspat 1 mal gemahlen enthielt 4,5 ERRANG Teilchen
1 g ER) 2 mal > ’ 12, 0 ” ”
1 g as 3 mal » > 18,4 ss „
Drei verschiedene Sorten Lithopone enthielten in lg
74, 200 und 372 Milliarden Teilchen.
seschlämmter Ocker enthielt je nach dem. Grade
der Schlämmung, 31, 120 und 307 Milliarden Teilchen in 1 g-
Frisch gefälltes Chromgelb enthielt in 1g 615 und
414 Milliarden Teilchen. Der Unterschied beruhte auf dem Grad, der
Verdünnung der Lösungen, aus denen das Chromgelb gefällt ‚war.
Gefälltes Berlinerhblau enthielt in neutraler Flüssig-
keit in 1 g 2000 Milliarden Teilchen, in saurer Flüssigkeit 615 Milliarden
Teilchen.
1g Teigfarbe enthielt 240 Milliarden Teilchen, lg der-
selben Farbe, gefroren und Bee aufgetaut, nur noch 8 Milliarden
Teilchen.
Kühn schreibt dazu:
„Aehnlich dem Gefrierprozeß wirkt das Trocknen einer ge-
fällten nassen Substanz. Auch hier läßt sich nach dem Trocknen durch
Anfeuchten oder intensives Reiben in Wasser nie der frühere Feinheits- .
grad erreichen.‘
12 Berlinerblau enthielt feucht 2000 Milliarden Teilchen
getrocknet und fein zerrieben nur noch 266 Milliarden Teilchen.
ig Baryumsulfat (Blane fix) enthielt feucht 555 Milliarden
Teilchen, getrocknet und fein zerrieben nur noch 186 Milliarden Teilchen.
Nach diesen Zahlen ist es’ wohl leicht einzusehen, daß fein-
verteiltes Nickelmetall je nach der Herstellungsart, ob aus
feinerem oder gröberem Oxyd oder anderen Niekelverbindungen
und ob auf trockenem Wege oder im Oel hergestellt eine ganz ver-
schiedene Teilchengröße und infolgedessen ‘ganz verschiedene
Wirkung haben kann.
Bei der vorher angenommenen Seitenlänge der Würfelchen
von Yygy mm würde 1 g } "Niokelmetall 125 Milliarden Teilchen ent-
halten (8% = 1 Billion), also gegenüber den von Kühn mitge-
beilten Zahlen noch nicht einmal so sehr viel.. Eine nioch größere
1) Hecht. f. angew: Chemie 1915, S. 136.
G, Frerichs: Fetthärtung. 531
Feinheit und.damit wieder ‚eine. größere Gesamtoberfläche und
Wirkung ist also durchaus denkbar, Daß die Feinheit ‚von
Metallteilchen eine noch viel größere sein kann, wird leicht klar,
wenn man bedenkt, daß Blattgold nur eine Dicke ‚von
Yoooo. mm hat und trotzdem noch eine zusammenhängende
Schicht bildet.
Daß das aus Oxyd im Oel durch Reduktion mit. Wasserstoff
entstehende Nickel feiner verteilt sein kann, als das trocken aus
dem gleichen Oxyd reduzierte und dann in das Oel gebrachte Nickel,
ist auch leicht einzusehen. Bei der Reduktion im Oel ist. jedes
Teilchen von Oel umhüllt, es können keine Teilchen zusammen-
backen, was bei. der trockenen Reduktion möglich ist und sicher
geschieht. Die im Oel reduzierten Nickelteilchen werden also höch-
stens die Größe der Oxydteilchen haben, das trocken reduzierte
Nickel hat. dagegen. ‚durch Zusammenbacken ‚der Teilchen eine
viel gröbere Beschaffenheit.
Das in Oel reduzierte Nickel kann aber unter Umständen
auch noch Teilchen von geringerer Größe als die Oxydteilchen
bilden. Einmal kann eine Zertrümmerung.der Teilchen
bei der Reduktion eintreten. |
Eine solche Zertrümmerung der Teilchen eines festen Körpers
hat Paal!) beobachtet bei der katalytischen Reduktion von
Metallhydroxyden, darunter auch Nieckelhydroxy-
dul, mit Hilfe von Palladiummetall als Katalysator.
Hier ‚ging die Zertrümmerung der Teilchen in wässeriger Suspension
sogar bis zur kolloidalen Lösung der Teilchen.
Paal schreibt hierzu: |
„Man wird sich diesen Uebergang der als; Gele in wässeriger
Suspensation vorhandenen Hydroxyde in den Hydrosolzustand so
vorzustellen haben, daß durch die mechanische
Wirkung des Schüttelns während des Versuches
die durch Reduktion entstandenen Metall-
partikelehenvonder Oberflächeder Hydroxydul-
floceken abgerissen werden und in kolloidaler
Verteilung’in die Flüssigkeit gelangen, ein Vor-
gang, der ‚zweifellos auch noch dadurch unterstützt wird, daß die
reduzierten. Metallteilchen eine größere Dichte und daher ein kleineres
Volumen. besitzen, als das Hydroxyd, aus dem sie entstanden sind,
wodurch der Zusammenhang der reduzierten mit der nicht reduzierten
Substanz gelockert wird.“
Bei der Reduktion des Nickeloxyds im Oel liegen die Ver-
hältnisse durchaus ähnlich. Auch hier können die durch Reduktion
1) Ber..d. d. chem. Ges. 1914, 8. 2202 u. f.
34*
532 G. Frerichs: Fetthärtung.
zuerst an der Oberfläche der Oxydteilchen entstehenden Metall-
teilchen durch die Bewegung des Oeles beim Rühren oder Einleiten
von Wasserstoff abgerissen werden. Die Zertrümmerung der
Teilchen kann dabei auch noch interstützt werden durch den
Wasserdampf, der bei der Reduktion aus dem Sauerstoff
des Oxyds und dem Wasserstoff entsteht.
Ferner kann diefreie Oelsäure dabei eine Rolle spielen,
die in jedem 'Oel in geringerer oder größerer Menge enthalten ist,
oder die aus den Glyceriden bei der hohen Temperatur durch das
entstehende Wasser abgespalten werden kann. Es kann sich aus
Nickeloxydul, das die erste Stufe der Reduktion des Nickel-
oxyds darstellt, und der Oelsäure Nickeloleat. bilden.
Dieses kann in Lösung gehen oder aber es wird die Teilchen um-
hüllen, und aus dem gelösten oder dem die Teilchen umhüllenden
Nickeloleat wird dann durch den Wasserstoff höchst feinverteiltes
Nickel abgeschieden. Nach einem Patent von Erdmann,
D. R. P. 217 846, werden die Nickelsalze Organischer Säuren bei
150-2250°% dureh Wasserstoff unter Abspaltung der freien Säure
zerlegt, ‘wobei Nickelmetall zurückbleiben muß, wie aus der
Gleichung (RCOO),Ni+2H =2 RCOOH + Ni hervorgeht.
Daß die Oelsäure auch der Hydrogenisation unterliegt und
in Stearinsäure übergeht, tut nichts zur Sache. Die Stearinsäure
kann dann die Rolle der Oelsäure spielen.
Aber auch andere Verunreinigungen der Oele können eine
ähnliche Rolle spielen. Daß Beimengungen der Oele, die an sich mit
der Härtung der Oele nicht das geringste zu tun haben, nicht ohne
Einfluß auf die Verteilung des Nickels sind, geht daraus hervor,
daß je reiner das Oel ist, desto leichter der Katalysator trülteiert
werden kann.
Man sieht, daß die feine Verteilung des im Oel reduzierten
Nickelmetalls verschiedene Ursachen haben kann.
Trocken aus,reinem Oxyd reduziertes Nickelmetall u
besteht im Vergleich zu dem in Oel reduzierten aus viel, gröberen
Teilchen, Daß diese sich. nachträglich in. dem ‚Oel nicht so fein
verteilen, ‘wie das in dem Oel aus dem Oxyd entstehende Nickel-
metall, ist kein Wunder. Sorgt man aber durch Beimengung'in-
differenter Stoffe wie Kieselgur, Ton dafür, daß bei der trockenen
Reduktion des Oxydes die einzelnen Teilchen nicht zusammen-
backen können, dann erhält man auch auf trockenem Wege Nickel-
metall, das sich mit der gleichen „bintenartigen” Beschaffenheit
in dem Oel verteilt, wie das aus dem Oxyd im Oel entstehende
Metall.
4, Freriehs: Fetthärtung: 53
Ein wegen seiner feinen Verteilung höchst wirksames Nickel-
metall erhält man, wenn man in einer Nickelsalzlösung Kieselgur
verrührt, dann. das Nickel als Karbonat oder Hydroxyd oder Hy-
droxydul ausfällt und den Niederschlag nach dem, Trocknen trocken
im Wasserstoffstrom reduziert. Die Kieselgur bewirkt schon bei
der Fällung des Nickelsalzes eine möglichst | feine, Verteilung der
Niederschläge und sie verhütet bei der Reduktion ein Zusammen-
kitten kleiner Nickelteilchen zu größeren, Dadurch wird erreicht,
daß die Gesamtoberfläche der Teilchen, eine möglichst große ist.
Die Nickelteilchen schwimmen. bei der Verteilung im Oel zum Teil
frei neben den Kieselgurteilchen, teilweise werden sie auch den
Kieselgurteilchen fest, aufsitzen, wodurch natürlich ein. Teil der
Oberfläche wieder verloren geht. Praktisch fällt aber dieser Verlust
an Oberfläche nicht ins Gewicht, wie die vorzügliche ‚Wirkung, so
hergestellter Kieselgurkatalysatoren. zeigt.
Die Anwendung derartiger Träger, für Katalysatoren, zur
Erzielung, einer möglichst großen Oberfläche, war \übrigens ‚nicht
neu. Schon Clemens Winkler hat im Jahre 1878 ein Patent
erhalten, D.R, P. 4566, auf ein Verfahren zur Herstellung besonders
wirksamer Kontaktsubstanzen (für die Darstellung von Schwefel-
säureanhydrid), das darin besteht, daß man Metalle oder Metall-
oxyde auf Trägern niederschlägt. Als Träger werden angegeben:
besonders Asbest, daneben aber auch Glas- und Schlackenwolle,
Bimsstein, Kieselgur und Ton!').
Elektrische Leitfähigkeit des Katalysators.
Die Hauptstütze Erdmann’s und seiner Mitarbeiter für
ihre Suboxydhypothese ist die mangelnde elektrische
Leitfähigkeit des wiedergewonnenen Kata-
lysators. |
‚Erdmann behauptet sogar, daß ‚die mangelnde
elektrische Leitfähigkeit des wiedergewonnenen
entfetteten Katalysators ein positiver Beweis für die Bildung von
Niekelsuboxyd ist“.
Die mangelnde elektrische Leitfähigkeit wäre auch dann
selbstverständlich kein „positiver Beweis für die Bildung
von Nickelsuboxyd‘“‘ (von dem man noch nicht einmal sicher weiß
ob es überhaupt existiert), wenn man eine elektrische Leitfähigkeit
des gebrauchten Katalysators niemals feststellen könnte. Daran,
1) Chem. Industrie 1879, 8. 137.
34 G. Frerichs: Fetthärtung.
wird auch dadurch nichts geändert, daß man, wie Erdmann
will, statt ‚mangelnde elektrische Leitfähigkeit‘‘ sagt: ‚hoher Lei-
tungswiderstand“. Die mangelnde elektrische Leitfähigkeit kann
noch nicht einmal ein Beweis für die Abwesenheit von Nickel-
metall sein.
Ein Mangel an Leitfähigkeit ist aber auch garnicht vorhanden,
wie schon Meigen und Bartels!) sowie Normann und
Pungs?) nachgewiesen haben.
Vor kurzem hat Erdmann?) versucht die Ausführungen
von Meigenund Bartels über die Feststellung der elektrischen
Leitfähigkeit zu widerlegen. Er bestreitet nicht, daß Meigen
und Bartelsdie elektrische Leitfähigkeit und damit das Vorhanden- -
sein von Nickelmetall nachgewiesen haben, führt aber die Bildung
von Nickelmetall auf eine Unreinheit des von Meigen
und Bartels verwendeten Baumwollsamenöls zurück. Bemerkens-
wert ist dabei, wie diese Annahmesich beiErdmann zu einer
feststehenden Tatsache entwickelt. Erdmann schreibt:
„Für die exakte Durchführung solcher Versuche ist es vor
allen Dingen notwendig, Oele zu wählen, welche keine reduzierenden
Verunreinigungen enthalten, weil diese durch eine nebenher laufende
Reaktion aus Nickeloxyd Metall bilden können. Obwohl hierauf schon
in der. ersten Veröffentlichung?) ausdrücklich hingewiesen wurde,
scheinen?) Meigen und Bartels diese notwendige Maßregel
nicht beachtet zu haben, und ich sehe hierin de Hauptquelle
ihrer Irrtümer. Denn für die meisten ihrer Versuche ver-
wendeten sie sogenanntes „reinstes raffiniertes Baumwollsaatöl“. Nun
aber enthalten fast alle unter dieser Bezeichnung im Handel befind-
lichen Speisecottonöle reduzierende Sybstanzen, welche aus ammoniaka-
lischen Silbersalzlösungen bei 100° Silber abscheinen. Es beruht hierauf
die jedem Oelfachmann bekannte Becchische Reaktion, welche
geradezu zur Erkennung des Baumwollsamenöles: vorgeschlagen ist.“
Erdmann führt dann zwei Versuche an mit raffiniertem
Cottonöl (Thörl) und Speisecottonöl (Thörl), bei denen er elek-
trische Leitfähigkeit feststellen konnte, und einige Seiten weiter
schreibt er dann:
„Da bereits feststeht), daß Meigen und
1) Journ. f. prakt. Chemie 1914, 89, S. 290.
2) Chem.-Ztg. 1914, No. 6—8.
3) Journ. f. prakt. Chemie 1915, 91, S. 469.
1) Bedford und Erdmann, Journ. f. prakt. Chemie
1913, 87, 8. 438, Fußnote.
5) Von mir gesperrt. Fr.
6) Von mir gesperrt. Fr.
G. Frerichs: Fetthärtung. 535
Bartels unreines Baumwollsamenöl zu ihren meisten Versuchen
verwendet haben.“
Meigen und Bartels geben allerdings nur an, daß sie
reinstesraffiniertes Baum wollöl verwendet haben,
aber wie willErdmann wissen oder gar „feststellen“, daß dieses
Oel nicht ebensogut bei höheren Temperaturen mit Wasserdampf
abgeblasen und dadurch von reduzierenden Substanzen befreit
war, wie das von ihm und Bedford verwendete Oel? In der
Veröffentlichung von Bedford und Erdmann, gegen die
sich die Ausführungen von Meigen und Bartels richten,
ist auch nicht angegeben, daß das verwendete Baumwollsamenöl
besonders von den reduzierenden Stoffen befreit war. In der von
Erdmann jetzt angezogenen Fußnote heilt es nur:
„Allerdings dürfen die Oele nicht, wie es zuweilen (z. B. bei
ranzigen Fetten) der Fall ist, stark reduzierende Verunreinigungen,
wie Aldehyde oder Ameisensäure, enthalten.‘
Erst jetzt!) teilt Erdmann mit, daß für die in seiner ersten
Veröffentlichung angegebenen Versuche ein von der Akener Speise-
ölfabrik G.m.b.H. bezogenes Baumwollsamenöl gedient hat,
welches durch Abtreiben mit Wasserdampf im Vakuum gereinigt war.
Es ist also lediglich eine Annahme Erdmann'’s, daß
Meigen und Bartels unreines Baumwollsamenöl verwandt
haben, und auf diese Annahme stützt sich nun Erdmann, um
die Ausführungen von Meigen und Bartels zu widerlegen.
Diese Stütze ist außerordentlich schwach, selbst wenn Meigen
und Bartels tatsächlich unreines Baumwollsamenöl verwendet
haben sollten. Es braucht nur zu gelingen, mit wirklich reinem
Baumwollsamenöl oder mit anderen Oelen, die keine reduzierenden
Stoffe enthalten, die Bildung von Nickelmetall durch die Fest-
stellung der elektrischen Leitfähigkeit nachzuweisen, dann bricht
das ganze Gebäude Erdmann’s zusammen. Und dieser Nach-
weis, daß sich auch bei reinen Oelen Nickel bildet, läßt sich leicht
erbringen.
Den gleichen Einwand der Verwendung unreinen Baum-
wollsamenöls erhebt Erdmann?) gegen die Ausführungen von
Normann und Pungs. Da bereits vonNorman n?) darauf
hingewiesen worden ist, daß er und Pungs ausdrücklich in ihrer
Arbeit angegeben haben, daß das von ihnen angewandte Baumwoll-
samenöl in der von Erdmann angegebenen Weise mit Wasser-
ı) Journ. f. prakt. Chemie 1915, 91. S. 483.
?) Chem.-Zte. 1915, 8. 576.
3) Ebenda.
536 G. Frerichs: Fetthärtung.
dampf im Vakuum behandelt war, erledigt sich dieser ‚Einwand
Erdmann’s hier von selbst.
Außerdem glaubt Erdmann die Tatsach 3: jeher "daß
Normann und Pungs die elektrische Leitfähi ke Ei ‚damit
das Vorhandensein von Nickelmetall feststellen. En en, ‚darauf
zurückführen zu können, daß das verwendete Sad I d „oder
Oxydul bereits Nickelmetall in kleinen Mengen erhielt. eim 1
oxydul erscheint ein gelegentlicher Gehalt an, Freie Metall
durch erklärlich, daß beim Glühen des Hydroxyduls kl DEN in Mean
des Oxyduls durch hineingefallenen organischen pier-
fasern oder dergleichen zu Metall reduziert werden. Te Nik
oxyd erscheint ein Gehalt an Nickelmetall ausgeschlossen, W renig-
stens habe ich bisher in. verschiedenen Proben kein "Niekelmetall
finden können, weder durch die Carbonylprobe bei ‚90°, "noch me-
chanisch mit Hilfe des Magneten. Es ist deshalb ; so aut, ‚wie Aus-.
geschlossen, daß bei den Versuchen, die. N or ma nn und E D un g5,
mit Nickelox y. d ARSgeUhE t haben, vor her RUSERT Inu
zur
eh bestehen er Leitfähi; üheit geweh ı sein
könnte. Man braucht.aber auch. nur die \ Yersuche mit N ickelo xyden
zu wiederholen, bei denen die Abwesenheit von Baa Metall n: ach-
gewiesen ist, um auch diesen Einwand Er r d ann ’5 ale
zu machen. Ich habe solche Versuche ausgeführt, und habe genau
so wie Meigenund Bartelsund wieNormannun Pungs
durch die elektrische Leitfähigkeit das Vorhandensein von Nickel-
metall in der gebrauchten Katalysatormasse feststellen können.
Dieser Einwand Erdmann’s ist also auch hinfällig. N
en
igen ff:
Erdmann macht ferner den Einwand, 'm ei Eee und.
10m ] * n cl
Bartels hätten bei der Fetthärtung z u ho h e Te m e Rn ature re
angewandt. Auch dieser Mina, ist durchaus hin lig. Es It
von vornherein wohl ganz selbstver ständlich, ‚daß . ei 12 en und
Bartels bei der ‚Nachprüfung ‚der Angaben von 'B e d Gb rd
und Erdmann sich so genau wie möglich an "deren Angaben
gehalten haben. Bedford und Er d mann „schreiben über
at]
die anzuwendende ‚Temperatur: nel Ih
ıvı 9. AOETSIHITRR
„Die Temperatur wurde im Oelbad. auf. 255 260° ‚gehalten.,
Auch im Innern des Kolbens darf die Temperatur , nicht wesentlich.
höher steigen, was bei unvorsichtiger Leitung des Prozesses infolge
\ 191 ’Q 1 <«
der a anden Reaktionswärme vorkomrhen kan‘ er 3: n 4
7 ri OUISIHB
Meigen und Bartels schreiben:
T r to
„Die Glasgefäße wurden im Deikedı die ER a in
der Flamme auf 250—260° erhitzt. Bra
G. Frerichs: Fetthärtung. 637
Jetzt führt Erdmann eine Reihe von, Versuchen an mit
Temperaturen von 210—255°, bei denen er keine elektrische Leit-
fähigkeit finden konnte, (larunter einen mit 255°, einen mit 250— 255°
und einen mit 250°, und, als Gegenversuch einen Versuch mit
Speisecottoenöl bei 260°, bei dem er elektrische, Leitfähigkeit fest-
stellen konnte. Es ist mir unverständlich, wie man aus diesen, Tat-
sachen den Schluß ziehen kann, Meigen und Bartels hätten
bei ihren Versuchen zu hohe Temperaturen angewandt.
Neben der zu hohen Temperatur soll nach Erdmann
eine, Ueberhärtung bei den Versuchen ‚von Meigen
und Bartels eine Ursache der Bildung von Nickelmetall sein.
Meigen und Bartels führen nun besonders an, daß sie keines-
falls das Oel zu weit reduziert haben, sie schreiben bei einem
Versuch, bei dem "sie die elektrische Leitfähigkeit feststellten :
„Dabei war nicht einmal sehr lange gehärtet worden, so daß die
Jodzahl nur bis 50 gesunken war.“ Bei anderen Versuchen geben
sie die Jodzahlen 60—80 und 22,3 an.. Hiernach ist es doch wohl
wirklich unverständlich, wie Erdmann davon sprechen kann,
daß eine "Ueberhärtung stattgefunden hat. Mit dem Ausdruck
Ueberhärtung will Erdmann jedenfalls eine Fortsetzung der
Einwirkung ‘von Wasserstoff nach vollständiger Ueberführung
der ungesättigten Glyceride in gesättigte bezeichnen, also nach
Eintritt’der Jodzahl 0. Er führt zwei Versuche an mit bereits hoch-
- gehärtetem Oel und findet nach 6stündiger Dauer des Versuches
bei 260° elektrische Leitfähigkeit. Das beweist nur, daß in diesen
beiden Fällen 'sich soviel Nickelmetall gebildet hatte, das es trotz
der Fehlerquellen der Erdmann’schen Versuchsanordnung, die
weiter unten besprochen werden sollen, nicht mehr übersehen werden
konnte, weiter aber auch nichts.
Schließlich soll nach Erdmann die Bildung von Nickel-
metall bei den Versuchen von Meigen und Bartels noch
auf die Verwendung von zuvielNickeloxyd zurückzuführen
sein. Erdmann schreibt:
„Hingegen sind die Bedingungen für eine Nickelbildung dann
besonders günstig, wenn für ein leicht Wasserstoff aufnehmendes Oel,
wie Baumwollsamenöl, eine hohe Temperatur (260%) und viel
Katalysator verwendet wird. Die Hydrogenisation wird dann nämlich
so lebhaft, daß die Reaktionswärme die Temperatur im Innern weit
über die des umgebenden Oeibades steigen läßt, und diese spontane
Erhitzung kegünstigt die Nickelreduktion. Für, Baumwollsamenöl
genügen '0,5 ‚bis höchstens 1%, NiO: (vol.) vollkommen zur, Hydrogeni-
sation.‘
538 G. Frerichs: Fetthärtung.
Es ist wohl selbstverständlich, daß Meigen und Bartels
sich auch hier möglichst genau an die Angaben von Bedford
undErdmann gehalten haben. Daß jetzt die Menge des Kataly-
sators eine so große Rolle spielen soll, konnten sie aus den
Mitteilungen von Bedford und Erdmann allerdings nicht
entnehmen. Letztere machen über die Menge des verwendeten
Nickeloxyds oder Nickeloxyduls folgende Angaben (Jöurn, f.
prakt. Chemie 1913,87):
S. 429: Auf 500 ccm Leinöl 10 &g Nickeloxyd.
S. 430: „Mit der Menge des Nickeloxydkatalysators kann man
auf %—1% vom Gewicht des fetten Oeles heruntergehen.‘‘
S. 438: Auf 200 g Baumwollsaatöl 3,8 g Niekeloxydul + 0,16 g
Nickelmetall (aus 0,2 g Nickeloxyd).
S. 439: Auf 200 g Baumwollsaatöl 3,85 g Nickeloxyd + 0,06 g
Nickelmetall.
S. 446: „3 g frisches Nickeloxyd wurden mit 30. g Baumwoll-
saatöl bei 260° solange mit Wasserstoff behandelt, bis das Oxya
schwarz geworden und sich fein verteilt hatte.‘‘
(Bei diesem letzten Versuche, den sie als besonders be-
merkenswert hervorheben, haben Bedford und Erdmann
dann eine weitere Menge Oel zugesetzt und dann bei 185° eine
gute Härtung erzielt.)
Wenn nach den jetzigen Angaben Erdmann’s mehr als
1% Nickeloxydul zuviel ist und .die Möglichkeit der Bildung
von Nickelmetall bedingt, dann ist nicht einzusehen, was mit den
von Bedford und Erdmann angegebenen Versuchen mit
rund 1,9% Nickeloxydul bewiesen werden soll, und besonders
nicht, was der zuletzt angeführte Versuch beweisen soll, bei dem
sie 3g Nickeloxyd in nur 30 g Oel reduziert haben und noch da-
zu bei der Temperatur von 260°, bei der sich bei Anwendung von
viel Katalysator nach den eigenen Angaben Erdmann’s
Nickelmetall bildet. Da durch die höhere Temperatur. die
Reduktion des Oxyds zu Metall zweifellos beschleunigt wird, be-
weißt dieser Versuch geradezu, daß die vonErdmann und
Bedford festgestellte vorzügliche Wirkung des Katalysators
auf die Bildung von Metall zurückzuführen ist.
Ganz. hinfällig wird aber dieser Einwand Erdmann’s,
wenn man die Versuche mit 0,5 bis 1% Nickeloxydul ‚oder einer
entsprechenden Menge Nickeloxyd wiederholt. Ich habe eine Reihe
solcher Versuche ausgeführt und habe ohne Schwierigkeit durch
(die elektrische Leitfähigkeit die Bildung von Niekelmetall nach-
weisen können.
(+. Frerichs: Fetthärtunge. 539
Alle Emwände, die Erdmann gegen die Ausführungen
von Meigen und Bartels, sowie Normann und Pungs
über die Feststellung der Bildung von Nickelmetall durch Ermit-
telung der elektrischen Leitfähigkeit macht, sind hinfällig und durch
Wiederholung nach den von Erdmann jetzt gemachten Angaben
ohne weiteres zu widerlegen. Erdmann wird zugeben müssen,
daß damit die Feststellung der elektrischen Leitfähigkeit ein voll-
gültiger Beweis für die Bildung von Nickelmetall aus dem Nickel-
oxyd bei der Fetthärtung nach seinem Verfahren ist.
Bestehen bleibt nur die Tatsache, daß es Bedford und
Erdmann nicht gelungen ist, bei ihren Versuchen die elektrische
Leitfähigkeit zu erkennen. Ihre rein negativen Feststellungen werden
aber auch dadurch nicht zu einem Beweis der Abwesenheit von
Niekelmetall, daß es noch weiteren Forschern, wie Siegmund
und Suidat), sowie Tubandt, nach einem Parteigutachten
wiedergegeben von Erdmann’), ebenfalls nicht gelungen ist,
die elektrische Leitfähigkeit festzustellen. Die positiven Fest-
stellungen der elektrischen Leitfähigkeit beweisen dagegen un-
widerleglich, daß in der gebrauchten Katalysatormasse Nickel-
metall in reichlicher Menge enthalten ist.
Dass es Erdmann und seinen Mitarbeitern nicht gelungen
ist, die elektrische Leitfähigkeit zu erkennen, hat sehr einfache Gründe.
Erstens braucht die Reduktion des Nickeloxyds zu Metall
nicht immer vollständig vor sich gegangen zu sen. Bedford
und Erdmann?) führen selbst an, daß anzunehmen ist, daß
sich die Reduktion der einzelnen Partikelchen zunächst auf die
Oberfläche erstreckt, so daß ‚die Partikelchen trotz ihrer Feinheit
einen Kern von nickelärmerer Substanz in sich bergen“.
Die einzelnen Teilchen werden eben zunächst nur an der
Oberfläche zu Nickelmetall reduziert, im Innern können sie noch
aus Nickeloxydul oder Nickeloxyd bestehen. Bei längerer Einwirkung
des Wasserstoffs wird die Nickelschicht dicker werden, falls die Nickel-
metallteilchen nicht abgerissen werden, und die kleinsten Teilchen
werden auch ganz zu Nickel reduziert werden. Der gebrauchte Kataly-
sator besteht also je nach Dauer der Einwirkung des Wasserstoffs
aus sehr feinen Nickelteilchen und Teilchen, die an der Oberfläche
mehr oder weniger vernickelt sind. Dass schon ein solches Gemisch
nicht die elektrische Leitfähigkeit eines reinen Metallpuivers zeigen
kann, ist ganz klar.
1) Journ. f. prakt. Chemie 1915, 91, S. 42.
2) Journ. f. prakt. Chemie 1915, 91, S. 492.
®) Journ. f. prakt. Chemie 1914, 89, S. 437.
540 G. Frerichs: Fetthärtung.
Die zweite Fehlerquelle haben Bedford und Erdmann,
obgleich ‚sie ihnen nicht unbekannt ist, ganz, außer acht gelassen,
nämlich die Beimengung erheblicher Mengen von
Fremdstoffen, die geeignet sind, die elektrische; Leitfähigkeit
sehr stark zu ‚beeinflussen und sie sogar ganz aufzuheben. ;.
Ich habe schon vorher ausgeführt, welche Rolle die in dem
Oel enthaltene oder aus ihm durch die Einwirkung ‚des; Wasser-
dampfes bei der hohen Temperatur abgespaltenefreieOelsäure
spielen kann. Es kann sich Niekeloieat: bilden, das zum
Teil durch den Wasserstoff unter, Abscheidung von Nickelmetall
in sehr feiner Verteilung zerlegt werden kann. . ‚Das Nickeloleat
kann zum ‚Teil aber auch in Nickelstearat _ übergeführt
werden, daß dem Katalysator trotz des ‚ Ausziehens : mit Benzol
beigemischt bleibt, besonders dann, wenn es sich im ‘Innern der
durch den Austritt des Sauerstoffs porig oder schwammig gewordenen
Teilchen bildet. Daneben können durch Einwirkung der in Oelen
enthaltenen Fremdstoffe, wie Eiweißstoffe und ; andere , Verbin-
dungen auf ‚das Nickeloxyd; oder Nickeloxydul ‚oder ‚durch Zer-
setzung dieser Fremdstoffe durch die hohe ‚Temperatur sieh noch
andere Beimengungen in dem ‚Katalysator, niederschlagen, , die
ebenfalls die Erkennung der elektrischen Leitfähigkeit verhindern
können. Das von Bedford und Erdmann und ihren Mit-
arbeitern vorgenommene Auswaschen:: des, gebrauchten . Kataly-
sators mit. Benzol genügt keineswegs, um die ‚Beimengungen zu
beseitigen, denn das Nickelstearat ist, was auch Siegmund
und Suida bestätigen, in Benzol unlöslich. . Daß der gebrauchte
Katalysator, den Bedford und Erdmann auf Leitfähigkeit
untersucht haben, tatsächlich ein derartiges Gemisch verschieden-
artigster Stoffe war, geht klar aus den von ihnen ‚mitgeteilten Ana-
lysen!) hervor... Bedford und Erdmann haben ..eine ganze
Reihe von gebrauchten Katalysatoren analysiert und haben. „die
Hauptbestandteile der gebrauchten kataly-
tischen Masse, wie folgt, berechnet‘; RT:
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
Nickelsuboxyd, Ni;0O . ‚69,8 55,8 44,5 9,8 39,0... 35,1 7,6
Nickeloxydul .,. . .:. 22,6, ‚26,3, 40,0 ‚66,0, 50,2 36,8 79,1
Kohfenstoit. 2 1.2 a 6,1, 18:2 8,7 10,3 5,7
Wasserstoff. . ... . 0,8 2,6 1.2 2.2 Im 1,6 ht RD
Rest = Sauer- )
stoff, Schwefel,
2,1.231..82.07,8.0086.0642-1Ei.6j1
Kieselsäure |
e He 100 100 100 100 100 100 100
1) Journ. f. prakt. Chemie, 1913,:87, 8. 443.
5
G. Frerichs: Fettliärtune. -541
Außer dem rein hypothetischen Nickelsuboxyd Ni,0 und
dem Nickeloxydul NiO enthält also der gebrauchte Katalysator
sehr beträchtliche Mengen, bis zu 14,2%! Kohlenstoff und
zwar wie Bedford und Erdmann selbst zugeben, in Form
von stearinsaurem oder palmitinsaurem Nickel
und vielleicht in Form von Niekelcarbid und daneben noch
0,8 bis 16,2%, Rest, der allerdings zum Teil aus dem zur Stearin-
säure und Palmitinsäure gehörenden Sauerstoff besteht, in dem
aber Bedford und Erdmann in einem Falle auch 0,87%,
Schwefel festgestellt haben, sowie Kieselsäure,
Einfacher wird die Analysentabelle, wenn man das ‚Nickel-
suboxyd‘ und das Nickeloxydul zusammenzieht und ebenso den
Kohlenstoff und den Rest. Die kleinen Mengen Wasserstoff, die
in der Tabelle angegeben worden sind, können außer Betracht
bleiben.
Es ergeben sich folgende Zahlen:
2 2. 3. 4. d. 6: Zr
„Nickelsuboxyd‘‘ --
Niekeloxydul. : . 92,4 8231 84,5 75,8 89,2 71,9 35,7%
Kohlenstoff + Rest . 6,8:.1115,3 9 1:14,30 22;0 955111126,5.1711,8%
Man’ sieht dann, daß die gebrauchte Katalysatormasse nur
noch zu 71,9 bis 92,4% aus ‚Niekelsuboxyd“ und Nickeloxydul
besteht und daneben 6,3 his 26,5%! fremder Stoffe, besonders
Fettsäure, enthält.
Von einem derartigen Gemisch der verschiedensten Stoffe
haben Bedford und Erdmann Pastillen gepreßt und deren
elektrische Leitfähigkeit bestimmt, und dadurch, daß diese Masse
den elektrischen’ Strom so gut wie nicht leitet, oder daß sie, wie
Erdmann sich ausdrückt!) einen hohen spezifischen
Widerstand zeigt, sollbewiesen sein, daß die
Masse der Hauptmenge nach aus Nickelsub-
oxyd besteht. Allerdings nicht allein durch diese Fest-
stellung, sondern auch durch Gegenversuche.
Bedford und Erdmann haben festgestellt, daß die
Katalysatormasse leitend ‘wirkt, wenn man vor der Härtung 5%,
und noch weniger des Gesamtnickels an trocken reduziertem Nickel
hinzufügt. Daraus schließen sie, daß vorher kein NieKEh rät
zugegen gewesen sein ‘kann.
Das zugesetzte trocken reduzierte Nickel hat eine vie] gröbere
Beösthiäffenkieit) als das in Oel reduzierte und vor allem auch eine
reinere Oberfläche und reineren Kern ohne stearinsaures Nickel.
1) Seifensieder-Zeiiung 1915, S. 45.
542 G. Frerichs: Fetthärtung.
Daß ein solches reines Metallpulver in dem schlechtleitenden ws
eine leitende Brücke bilden kann, ist klar,
Bewiesen ist durch diesen Versuch weiter, nichts, als. daß man
ein aus allen, möglichen Stoffen bestehendes, nichtleitendes Pulver
durch Zusatz von reinem Metallpulver leitend machen kann; nicht
aber, daß vorher kein Metall vorhanden war.
Es kann natürlich auch der- Fall eintreten, ‚daß dis Menge
der Fremdstoffe in der gebrauchten Katalysatormasse ‚so klein
und die Menge des aus den Oxyden ‚endstandenen Nickelmetalls
so groß ist, daß die elektrische Leitfähigkeit ohne weiteres erkennbar
ist. So hat auch Erdmann in einer Reihe von Fällen die
elektrische Leitfähigkeit feststellen können!), Erdmann
nimmt an, daß die Bildung ‚des Nickelmetalls in diesen Fällen
auf eine besondere Beschaffenheit des Oeles zurückzuführen ist.
Irgend ein zwingender Grund für. diese Annahme liegt aber
nicht vor.
Bei meinen Versuchen zum Nachweis der elelsifäschen Leit-
fähigkeit habe ich in einigen Fällen die Katalysatormasse in gleicher
Weise wie Bedford und Erdmann mit Benzol ausgewaschen
und fand dann zuweilen eine gute Leitfähigkeit, zuweilen aber auch
keine, Letzteres ist weiter nicht wunderbar, wenn aber .die nur
mit Benzol ausgewaschene Katalysatormasse trotz der‘ zweifellos
noch ‚darin enthaltenen Verunreinigungen eine, gute „elektrische
Leitfähigkeit zeigt, dann muß sie doch wohl reichliche Mengen
von Nickelmetall enthalten.
Besser als mit. der gesamten Katalygatormasse, igolingk der
Nachweis der elektrischen Leitfähigkeit mit den Anteilen, die’ mit
Hilfe eines Magneten ‚von ‚den ‚Beimengungen Bei werden
können,
Zu ee ist. noch, daß are Niokeloxyd, en ‚Niekel-
oxydul eine geringe elektrische Leitfähigkeit zeigen. Trotzdem ‚ist
die Unterscheidung der Oxyde von dem‘ Metall. durchaus sieher.
Verteilt man nämlich Nickeloxyd oder. -oxydul in O.el, so gelingt
es auch mit einem sehr starken Elektromagneten nicht, ‚auch nur
Spuren der Oxyde aus dem Oel herauszuholen. : Der. Magnetismus
der Oxyde ist also, wenn er überhaupt vorhanden ist, so schwach,
daß. der:durch das Oel gebotene Widerstand nicht überwunden:
wird. Auch aus Benzol lassen sich die Oxyde; mit dem Magneten
nicht herausholen. Das metallische Nickel’der; gebrauchten Kataly-
satormasse geht dagegen auch. im ‚Oel mit Leichtigkeit an «den
Magneten und aus Benzol springt es förmlich an den nur der .Ober-.
!) Versuch 18— 21. Journ. S. ‚prakt. Chemie 1915, ‚91, S. 487.
G. Frerichs: Fetthärbung. 543
fläche des Benzols genäherten Magneten. Nach Erdmann soll
nun sein Nickelsuboxy.d auch magnetisch sein. Auffällig. wäre
es, wenn der Magnetismus des ‚„Suboxyds‘ soviel stärker ausgeprägt
wäre, als der der übrigen Oxyde, daß man das „Suboxyd“ aus Oel
herausholen könnte, was hei den anderen Oxyden nieht gelingt.
Aber angenommen, das „Suboxyd“ wäre ebenso ‚magnetisch, wie
das Metall, dann ist die ‚Unterscheidung durch die Feststellung
der elektrischen Leitfähigkeit noch «durchaus sicher, Nach
Erdmann und seinen Mitarbeitern leitet das. Suboxyd ja gar-
nicht oder so gut wie gamicht. Die Feststellung der
guten elektrischen ‚Leitfähigkeit der ;mag-
netischen Anteile ‚; der, Katalysatormasse
ist deshalb ein unumstößlicher Beweis dafür,
daß diese Anteile aus Nieckelmetallun«d nicht
aus Nickelsuboxyd bestehen.
Die hier mitgeteilten Versuche sind zum Teil bereits vor etwa
anderthalb Jahren ausgeführt worden, zum Teil sind es ‚Wieder-
holungen, veranlaßt: durch die neueren Mitteilungen von Erd-
mann. Ich bemerke ausdrücklich, daß auch die ersten Versuche
genau so ausgeführt worden sind, wie es Erdmann jetzt ver-
langt, also mit nicht mehr als 1% Nickeloxyd und bei einer Tem-
peratur von nicht über 255°, gemessen im Innern des Bodenrohr-
kolbens, der im Oelbad erhitzt wurde. Es wurden je 100 oder 200 g
Oel verwendet und nur ein so starker Wasserstoffstrom durch-
geleitet, daß das Oel lebhaft bewegt wurde. Verwendet wurde für
die angegebenen Versuche nur Nickeloxyd von Kahl-
baum. Das für die beiden letzten Versuche verwendete Oxyd
erwies sich in nachstehender Weise geprüft als völlig frei von
freiem Metall.
I. 2 g Nickeloxyd wurden in 100 g Erdnußöl fein verteilt. Aus
dem Genisch konnte mit dem Elektromagneten nichts herausgeholt
werden.
IL. 1 g Nickeloxyd wurde in 100 g Oel fein verteilt und mit
dem Gemisch im Bodenrohrkolben bei‘ 90-—100° die Carbonylprobe
ausgeführt. Bei einstündigem Durchleiten von Kohlenoxyd war keine
Spur von Nickelcarbonyl nachweisbar. _ In .dem erhitzten Glasrohr
war nicht die geringste Abscheidung von Nickel nachzuweisen, selbst
nicht mit Hilfe von Dimethylglyoxim. Dieser Versuch ist zugleich ‘ein
Beweis dafür, daß Kohlenoxyd mit Nickeloxyd auch bei 90—-100°
kein Nickelcarbonyl gibt, auch nicht, wenn das Oxyd im Oel fein
verteilt ist.
Die Feststellung der elektrischen Leitfähigkeit des gebrauchten
Katalysators geschah in folgender Weise:
544 G. Frerichs: Fetthärtung.
Nach Beendigung des Härtungsversuches würde das” Fett
unter weiterem Durchleiten von Wasserstoff auf ebwa 100% ab-
kühlen gelassen und in eine flache Porzellanschale gegossen. Mit
einem kräftigen Elektromagneten wurden dann direkt aus dem
flüssigen Fett die magnetischen Anteile des Katalysatörs' heraus-
gezogen und sofort in ein Porzellanschälchen gebracht, das Benzol
enthielt. Aus dem Benzol wurde das Pulver in gleicher Weise in
Aether und aus diesem noch einmal in eine kleine’ Menge Aether
gebracht, die sich auf einem Uhrglas befand, und schließlich von
dem Pulver abgegossen wurde, wobei das Pulver mit dem unter
das Uhrglas gehaltenen Magneten festgehalten wurde. Das Pulver
wurde dann im Wasserdampf-Trockenschrank ' getrocknet und in
der von Normann und Pungs') ausführlich beschriebenen
. Weise mit Hilfe eines ahnt und teilweise auch mit Hilfe
einer elektrischen Klingel auf die elektrische Leitfähigkeit geprüft.
Das für drei der Versuche verwendete Baumwollsamenöl war reinstes
Speiseöl. IP UCR
I. Leinöl, gereinigt, Jodzahl 169. we
33/, Stunden bei 250--255° gchärbeb,‘ Todsanıl ET, Br
punkt 54°. Leitfähigkeit vorzüglich. ce Sat
II. Reines Baumwollsamenöl, Jodzahl 102,5.
2 Stunden bei 250—255° gehärtet, Jodzahl 4,4, . Schinelz-
punkt 47°. Leitfähigkeit vorzüglich. DENE
III. Reines Baumwollsamenöl, Jodzahbl 102,5. en |
2, Stunden bei 250--255° gehärtet,. Jodzahl 51,5. Schmelz-
punkt 43,5% Leitfähigkeit vorzüglich. ;
IV. Leinöl, gereinigt, Jodzahl ‚169. ..
2 Stunden bei 250-—-255° gehärtet, Jedzahl 80,4,,1Schmelz-
punkt ‚38°. Leitfähigkeit nicht,so gut. wie bei Baumwollsamenöl, nach
Reiben sehr gut. | iita!
V. Leinöl, roh.
2 Stunden bei 250-—255° gehärtet, Jodzahl' 105. Leitfähigkeit
dönskhiehe aber nicht so gut wie bei den übrigen.
In zwei Fällen, VI und VII, habe ich die elektris an Leit-
fähigkeit sogar nach der Ausführung des weiter unten. beschrie-
benen Nickelcarbonyluachweises feststellen können, also trotz, der
Entfernung ‚eines Teiles des Nickelmetalles ‚durch Kalauarıt:
VI. Reines Baumwollsamenöl, Jodzahl 102,5.
2 Stunden bei 250-2550 gehärtet, Jodzahl‘ BE Schmelz-
punkt 40°. Leitfähigkeit vorzüglieh. Alsasdeaikodl
1) Chem.-Ztg. 1914, No. 6—8.
G. Frerichs: Fetthärtung. 545
VIL. Tran, Jodzahl 123.
2 Stunden 'bei 250---255° gehärtet. Leitfähigkeit gut.
VIIL. Erdnußöl, Jodzahl 99,6.
a. „2. Stunden nicht über ‚250° gehärtet, Jodzahl 90. Leitfähig
keit sehr gut. Klingel ertönt. (Das ‚Nickeloxyd war mit dem kalten
Oel verrieben.)
IX. Erdnußöl, Jodzahl 99,6.
2, Stunden nicht über 255° gehärtet, Jodzahl 55,5. Leitfähig-
keit sehr gut. Klingel ‚ertönt. (Das Oel war vor dem Eintragen des
Oxyds auf 200° erhitzt.)
- Aus diesen Versuchen geht hervor, daß die Bildung von Nickel-
metall stets erfolgt und ganz unabhängig ist von der Art und Be-
schaffenheit des Oeles. Der Einwand Erdmann'’s, reduzierende
Stoffe könnten die Bildung des Nickelmetalls veranlaßt haben, ist
deshalb hinfällig.
Da bei keinem Versuche die Temperatur von 255° über-
schritten wurde und in jedem Falle besonders darauf geachtet
wurde, daß keine zu weitgehende Härtung eingetreten war — die
Jodzahlen zeigen dies zur Genüge — so sind auch die Einwände
Erdmann’s, eine zu hohe Temperatur und eine ‚Ueberhärtung‘
könnten die Bildung des Nickelmetalls verursacht haben, hin-
fällig.
Weitere Aufklärung über die Hauptursache, welche bei den
Versuchen Erdmann’s und seiner Mitarbeiter sowie Sieg-
mund's und Suida’s mit voluminösem Nickeloxydul die Er-
kennung der elektrischen Leitfähigkeit verhindert hat, haben fol-
gende Versuche ergeben:
L.1,g vol. Niekeloxydul') wurde mit 100 g Erdnußöl kalt ver-
rieben, und: das Oel dann im. Bodenrohrkolben unter Durchleiten
von. Wasserstoff bis auf 245° erhitzt und bei dieser Temperatur
gehalten. Die anfangs graue Farbe des Nickeloxyduls machte sehr
bald ‚einer hellgrünen Platz, Nach 11, Stunden langer Einwirkung
des. Wasserstoffs ‚war. die Farbe noch immer. hellgrün und selbst
nach. ‚21, ‚Stunden trat keine Schwärzung ein, sondern das Gemisch
) Das für die Versuche verwendete voluminöse Nickeloxydul
war nach einem Verfahren von. Erdmann dargestellt durch Er-
hitzen von Nickelnitrat mit Zucker (D. R.P. 260 009). Es war völlig
frei von Nickelmetall, reduzierte weder Eisenchlorid noch Phosphor-
molybdänsäure, noch gab es, in Oel verteilt, mit Kohlenoxyd bei
90—100° Nickelcarbonyl.
Arch. d. Pharm. CCLIII. Bds. 7. Heft, 35
546 G. Freriehs: Fetthärtunge.
’ Oo
zeigte immer noch eine mehr grüne als graue Färbung. Es lag die
Vermutung nahe, daß das Oxydul bei dieser Temperatur von 245°
überhaupt kaum eine Reduktion erlitten habe, aber diese Vermutung
erwies sich als unrichtig, erstens weil sich durch die Carbonylprobe
auch bei 30% der Nachweis des Vorhandenseins von Nickelmetall
erbringen ließ und zweitens weil sich bei näherer Untersuchung
herausstellte, daß die grüne Farbe nicht vom Nickeloxydul, sondern
von fettsaurem Nickel herrührte. Bei der Behandlung
des Oeles mit dem Elektromagneten ließ sich eine reichliche Menge des
Katalysators herausholen und zwar ein graugrünes Gemisch von
kleineren schwarzen und gröberen grünen Flöckchen. Dieses Ge-
misch war auch durch wiederholte Behandlung mit dem Magneten
aus Benzol nicht zu trennen und zeigte keine elektrische Leitfähigkeit.
Aus Nickeloxydul konnten die grünen Flöckehen nicht bestehen,
da, wie ein Gegenversuch zeigte, aus dem ursprünglichen Nickel-
oxydul, das in Oel verteilt wurde, nichts Magnetisches herausgeholt
werden konnte. Bei näherer Betrachtung zeigte sich dann, daß die
grünen Flöckchen, die auf weißem Papier von den kleineren schwarzen
Teilchen leicht mechanisch getrennt werden konnten, im Innern
schwarz waren und beim Verreiben auf dem Papier schmierig wurden.
In Säure lösten sie sich beim Erhitzen unter Abscheidung ‚von
Fettsäuretröpfehen. Das Grüne bestand also aus fettsaurem Nickel,
das sich infolge seiner pflaster- oder seifenartigen. Beschaffenheit
auf der Oberfläche der durch Reduktion des Oxyduls entstandenen
Nickeltlöckchen nachträglich festgesetzt hatte. Daß das fettsaure
Nickel kleine Metallteilchen zu gröberen Flöckehen verkitten kann,
ist auch leicht einzusehen und ebenso, daß die mit fettsaurem Nickel
überzogenen Nickelteilchen nicht die elektrische Leitfähigkeit
eines Metalles zeigen können.
Siegmund und Suida!) weisen darauf hin, daß nach
H.Holde die Gegenwart von Seifen die Leitfähigkeit von Schmier-
ölen wesentlich erhöht und wollen damit wahrscheinlich an-
deuten, daß das fettsaure Nickel die Leitfähigkeit des Pulvers auch
erhöhen könnte. Bekanntlich macht man in chemischen Wäschereien
auch das Benzin leitend, indem man Seife darin auflöst. Dabei
handelt es sich aber darum, hochgespannter Reibungselektrizität
einen Leiter zu bieten. Mit der Leitfähigkeit von Metallen hat
diese Leitfähigkeit der Seifen gar nichts zu tun. Im Vergleich zu
Metallen sind fettsaure Metallsalze Nichtleiter und Isolatoren.
Nun haben Erdmann und seine Mitarbeiter die Versuche
») Journ. f. prakt. Chemie ‚1915, 91, S. 457,
G. Frerichs: Fetthärtung. 547
nicht so ausgeführt, daß sie das Nickeloxydul mit dem Oel kalt
angerieben und dann allmählich erhitzt haben, sondern sie haben
es in das auf etwa 120—200° erhitzte Oel eingetragen und dann
weiter erhitzt, immer unter Einleiten von Wasserstoff, _Vergleichs-
versuche zeigten nun, daß die Art der Ausführung. des. Versuches
tatsächlich einen Unterschied in dem Erfolg bedingt.
II. 100 & Erdnußöl wurden. unter Einleiten von Wasserstoff
auf 200° erhitzt, dann wurde 18 vol. Nickeloxydul eingetragen
und weiter erhitzt. Bei 240° (nach % stündigem Erhitzen) war die
Farbe der Mischung noch hellgrün, ‚nach weiteren 10 Minuten. bei
246° begann die Mischung grau zu werden. . Es zeigte sich also,
daß gegenüber dem ersten Versuch mit kalt eingetragenem Oxyaul
die Verfärbung sehr viel rascher eintrat. Nach. weiteren 20 Minuten
war die Temperatur auf 250° gestiegen und die Farbe dunkelgrau
und schließlich bei 255° schwarz, Die Temperatur wurde dann
möglichst genau auf 255° gehalten und stieg nur vorübergehend
auf 260°, aber nicht höher. Der Versuch wurde nach im ganzen
zwei Stunden (vom Eintragen des Oxyduls an gerechnet) abge-
hbrochen. Die Jodzahl war auf 57,5 gesunken und der Schmelz-
punkt war 41°. Die Hälfte des Oeles wurde dann für den Leit-
fähigkeitsversuch verwendet. Mit dem Magneten ließ sich eine
reichliche Menge eines schwarzen Pulvers herausholen, das nach dem
Auswaschen mit Benzol und Trocknen sehr gute Leitfä-
higkeit zeigte. Eine elektrische Klingel konnte mit dem in
den Stromkreis eingeschalteten Pulver zum Ertönen gebracht
werden. _
Es hat sich also gezeigt, daß bei 245° eine Reduktion des
Nickeloxyduls zwar eintritt, daß aber der Nachweis des entstan-
denen Nickels selbst in den magnetischen Anteilen durch die elek-
trische Leitfähigkeit nicht erbracht werden kann, weil das Pulver
erhebliche Mengen von fettsaurem Nickel enthält. Diese
Mengen sind verschieden groß, je nachdem man das Nickeloxydul
in das kalte oder in das vorher auf 200° erhitzte Oel einträgt. Diese
Verschiedenheit ist leicht erklärlich, da sich beim allmählichen
Erhitzen des Oeles mit dem Oxydul aus der freien Säure des Oeles
und dem Oxydul mehr fettsaures Nickel bilden kann, als wenn das
in das heiße Oel eingetragene Nickeloxydul sofort der reduzierenden
Wirkung des Wasserstoffs ausgesetzt ist. Einmal gebildetes fett-
saures Nickel wird bei 245° nur sehr langsam wieder zerlegt, die
Zerlegung, die unter Abscheidung von Nickelmetall erfolgt, tritt
viel rascher ein bei 250—255°, und sie ist dann nach 1—2 Stunden
so vollständig, daß der Nachweis des Nickelmetalls durch die elek-
35*
548 G. Frerichs: Fetthärtung.
trische Leitfähigkeit der mit dem Magneten isolierten Anteile nicht
die geringsten Schwierigkeiten macht.
Auch beim Nickeloxyd macht es einen Unterschied,
ob man das Oxyd mit dem Oel kalt verreibt oder es in das auf 200°
erhitzte Oel einträgt und ob man bei 245° oder bei höherer Tem-
peratur härtet. Das zeigen die vorher angeführten Versuche VIII
und IX. “ Bei dem Versuch VIII, kalt eingetragen, 245°, ist die
Härtung in zwei Stunden nur sehr gering (Abnahme der Jodzahl
von 99,6 auf 90). Die Anwesenheit von reichlichen Mengen Nickel-
metall war aber. durch die elektrische Leitfähigkeit des mit dem
Magneten isolierten Anteiles, in dem grüne Teilchen von fettsaurem
Nickel nieht zu erkennen waren, leicht festzustellen. Die Menge
des fettsauren Nickels war hier also nicht so groß, wie bei dem Ver-
such mit vol. Niekeloxydul, oder die Nickelteilchen waren nicht
von dem fettsauren Nickel so umhüllt, daß die Leitfähigkeit auf-
gehoben wurde. Bei dem Versuch IX, Oel vor dem Eintragen des
Oxyds auf 200° erhitzt, Härtungstemperatur bis 250° war die
Härtung in zwei Stunden erheblich besser. (Jodzahlabnahme
von 99,6 auf 55,5.) Die Leitfähigkeit des magnetischen Anteiles
des Katalysators war auch in diesem Falle eine sehr gute,
Die Menge der mit dem Magneten isolierbaren gut leitenden
Anteile schwankt natürlich mit der Dauer der: Benutzung des Ka-
talysators und mit der größeren oder geringeren Verunreinigung
im Nickelstearat und anderen Stoffen. Bei einem Versuch habe
ich rund 30%, des gebrauchten Katalysators mit dem Magneten
isoliert und daran eine vorzügliche Leitfähigkeit feststellen können.
Es ließen sich aber bei diesem Versuch noch weitere Anteile des
Katalysators mit dem Magneten aus dem Oel herausholen, deren
Menge aber nicht festgestellt wurde. An dem Vorhandensein reich-
licher Mengen von Nickelmetall in dem gebrauchten Katalysator
kann deshalb nicht mehr gezweifelt werden,
Die Menge Nickelmetall, die sich an den von Bedford
und Erdmann angegebenen Analysen berechnen lassen, sind
übrigens auch keineswegs gering.
Die in der Analysentabelle angegebenen Zahlen für Nickel-
suboxyd (Ni,0) und Nickeloxydul haben Bedford und
Erdmann berechnet aus der Menge des Wasserstoffs, den sie
mit der gebrauchten Katalysatormasse aus Säuren erhielten. Diese
Berechnung ist ganz willkürlich. Man braucht das Ni,O nur zu
zerlegen in 2 Ni und NiO, um zu schen, daß man mit der glei-
chen Berechtigung bereehnen kann, wieviel Nickel-
metall und Nickeloxydul vorhanden ist, und wenn einzelne
4. Frerichs: Fetthärtune. 549
Teilchen im Kern auch noch Nickeloxyd, Ni,O,, enthalten, dann
erhöht sich die Menge des Nickelmetalles noch um: eine nicht
berechenbare Menge. Hierfür nur ein Beispiel:
In der Tabelle ist unter No. I angegeben, daß die Katalysator
masse 69,3% Nickelsuboxyd, Ni,O, und 22,6 Nickeloxydul, NiO,
enthält. Zerlegt man die 69,3% Ni,O in 2Ni und NiO, so ergibt
sich eine Menge von 42,64%, Nickelmetall, während zu den 22,6%,
Nickeloxydul noch 27,13% hinzukommen. Es wären also in der
Katalysatormasse No. 1 42,64% Nickelmetall und 49,79%
Nickeloxydul enthalten. Man kann in der Analysentabelle einfach
rund ®/,, der für Ni,O angegebenen Menge als Nickelmetall ein-
setzen. Die Zahlen für Nickelmetall in den 7 Proben Katalysator-
masse sind nach dieser Umrechnung:
1: = Er 4. Er 7;
Niökölmhsta ll "Pu 9 6934/1272. 6,4 ..238., 214 46%
Ebenso wie Erdmann hat auch Tubandt!) die elek-
trische Leitfähigkeit nicht feststellen können. Auch Tubandt
hat seine Versuche mit der Katalysatormasse ausgeführt, die lediglich
mit Benzol ausgewaschen war und deshalb noch stearinsaures
Niekel und andere Verunreinigungen enthielt. Deshalb beweisen
die. Angaben Tubandt's ebensowenig wie die negativen Fest-
stellungen Bedford’s und Erdmann’s, und was ich über
diese letzteren gesagt habe, gilt ohne weiteres für die Ausführungen
Tubandt’s. Daß Tubandt an dem untauglichen Objekt
auch noch genaue Messungen des elektrischen Widerstandes aus-
geführt hat, ändert daran auch nichts.
Das gleiche gilt für die Versuche, die G. Agde?) ausgeführt
hat zum Teil jedenfalls im Verein mit Tubandt. Bei einem
Versuch, den Agde anführt, stimmen alle Zahlen mit Ausnahme
der Temperaturangaben vollkommen überein mit Zahlen, die Tu -
bandt in einem Gutachten angeführt hat. Die Abweichungen
in den Temperaturangaben sind wohl auf ungenaue Aufzeichnungen
bei der Ausführung der Versuche zurückzuführen. So wird z. B.
von Agde die Härtungstemperatur bei dem Versuche mit. 240°
(3 Stunden) angegeben, von Tubandt in der Wiedergabe von
Erdmann?) 260° (1 Stunde) und 210° (2 Stunden).
Auch die Ausführungen von Siegmund und Suidad)
sind, soweit sie die Feststellung .der elektrischen Leitfähigkeit be-
1) Von Erdmann mitgeteilt, Journ. f. prakt. Chem. 1915,
91,8. 492.
?) Inaugural-Dissertation, Halle 1914.
?) Journ. f. prakt. Chemie 1915, S. 492, No. I.
4) Ebenda 91, S. 442.
550 G. Frericehs: Fetthärtung.
treffen, nicht anders zu beurteilen. Diese Forscher äußern aber
auch selbst die Ansicht, daß die Feststellung der elektrischen Leit-
fähigkeit in der Weise, wie sie sie ausgeführt haben, wenig zuver-
lässig ist. Sie schreiben?): 2 09
„Sie (die Katalysatoren) enthielten alle, wie die Analyse gezeigt
hat, relativ viel organische Substanz, und zwar als fettsaures Nickel.
Diese organische Substanz stört die physikalische Untersuchung der
gebrauchten Katalysatoren leider sehr stark. Trotzdem wurden die
sebrauchten und gereinigten Katalysatoren unter ‚gleichem Druck zu
Pastillen gepreßt und deren Leitungswiderstand, bzw. deren Leit-
fähigkeit unter Berücksichtigung der Dimensionen der Pastillen be-
stimmt.‘
Und weiter?):
„Bezüglich der Leitfähigkeitsversuche muß bemerkt werden,
daß dieselben die Anwesenheit geringer Mengen von metallischem
Nickel in dem Katalysator kaum werden erkennen lassen, und zwar
infolge der Anwesenheit nichtleitender Nickeloxyde und _ vielleicht
auch des fettsauren Nickels. (Hierzu die Fußnote: Es sei hier auf
die Ausführungen von H. Holde in den Berichten 48 [1915] 8. 14
verwiesen. Aus diesen geht hervor, daß die Gegenwart von Seifen die
Leitfähigkeit von Schmierölen wesentlich erhöht.) Andererseits werden
alle Katalysatoren unter, den gegebenen Umständen infolge ihres
geringen, schwer entfernbaren Feuchtigkeitsgehaltes eine ganz geringe
Leitfähigkeit besitzen müssen. Leitfähigkeitsbestimmungen werden
nur dann einen ganz richtigen Wert besitzen, wenn es gelingt, das
fettsaure Salz ohne Veränderung der anderen Bestandteile aus’ dem
Katalysator zu entfernen. Nur große Differenzen in den Leitfähig-
keiten können hier maßgebend sein, wie solche beim Versuch XIIL
zum Ausdruck kamen. Daraus ergibt sich aber auch ohne weiteres,
daß mit Ausnahme des Katalysators XIII alle anderen Katalysatoren
keine irgendwie bedeutende Mengen leitfähiger Bestandteile enthalten
können.“
Diese Schlußfolgerung ist ein Trugschluß.
Die Versuche, die SiegmundundSuida angeführt haben, -
sind in folgender Tabelle wiedergegeben. (Ich gebe hier auch die von
Siegmund und Suida angeführten Zahlen für das spezifische
Gewicht wieder, da diese für die weitere Besprechung in, Frage
kommen.) Ä Pe,
Aus folgender Tabellegeht klar hervor, daß es ein ganz nutz-
loses Beginnen ist, durch die Feststellung der elektrischen Leit-
fähigkeit der nur mit Benzol ausgewaschenen _ Katalysatormasse
die Abwesenheit von metallischem Nickel beweisen zu wollen. Man
braucht nur die Versuche untereinander näher zu vergleichen.
Siegmund und Suida finden mit basischem Nickel-
karbonat allein die Zahlen 0,008, 0,009 und 0,581 und mit
metallischem Nickel und Nickelkarbonät zu-
1) Ebenda 8. 456. ae
2) Ehenda 8. 457. =
G. Frerichs: Fetthärtung. 551
gun nn nm ren ne ann mn nn anna nn nn nn
: METTIE Restierendes
Leitfähigkeit Spez. Gew. atomistisches ei
No. bei bei \ erhältnis sol x
17-180 € I 750€ zwischen ‚Niekell IMtalysatoı
| ir Au u. Sauerstoff
1.! 0,12 5,299 Ni,,0\ Leinöl A.
VI. 0,12 | 5,075 Nia560 | Nickeloxydul.
VII. 0,058 1" 5,431 Ni,4 0
IX 085 | Hy nn | Cottonöl D.
x.| 0,05 | 5,768 Ni, 00 | | Nickeloxydul.
Tu. | 0,13 | ,3,486 Nic bie, = hesa
iv. 0,008 a ken Ir
v. ..058 I 79T NO Deren
VII. | 0,009 | 3,548 \ Niy,gO Nie e karbonat.
l | Leinöl B.
\ Nickel u. bas.
| ' Nickelkarbonat
XV. 0,06 2,809 No“. ee Er
I \ N I > fo)
| Nickelkarbonat
| auf 300 g Oel.
XVIIT. | sehr klein 3,809 |, Ni,aO | Leinöl B.
. XVII. sehr klein | 3,349 | Nil1s0J | Nickelformiat,
} a |... Leinöl, A.
XIII. | 13,97 1,7928, 1], "Nins60O 1.) | metall; Nickel,
sammen 0,06 und. 0,06. Sie. können also im Gegensatz zu
Erdmann und seinen Mitarbeitern den Zusatz von Nickelmetall
nicht erkennen. Im Gegensatz zu Erdmann und seinen Mit-
arbeitern, die das zugesetzte Nickel durch die elektrische Leit-
fähigkeit immer finden konnten, nehmen Siegmundund Suida
an, daß das zugesetzte Nickelmetall durch Oxydation ver-
schwunden ist. Der zur Oxydation nötige Sauerstoff könnte nun
aus dem Nickeloxydul stammen, das sich durch Zerlegung des Kar-
bonates beim Erhitzen bildet. Wie aber ist es dann zu erklären,
daß, wie aus dem atomistischen Verhältnis hervorgeht, der mit
Nickelmetall versetzte Katalysator viel weniger Nickel im Ver-
hältnis zum Sauerstoff enthält, als beim Nickelkarbonat. ohne
Zusatz von Metall?
Sie finden ferner beim Versuch mit Niekeloxydul eine bessere
Leitfähigkeit, als bei dem Versuch mit Karbonat + Nickelmetall.
Besonders auffällig sind aber Versuch IX und X. Bei dem
atomistischen Verhältnis Ni,,O0 ist die Leitfähigkeit 0,32, bei dem
Verhältnis Ni; 0 nur 0,05. Bei dem Versuch X mit dem Verhältnis
552 G. Frerichs: Fetthärtung
Ni;,,0 wollen Siegmund und Suida!) einen Gehalt von
2,5% Nickelmetall berechnet haben, und sie führen das Entstehen
dieses Nickelmetalls auf eine Ueberhärtun g zurück.
In Wirklichkeit sind aber mindestens
48% Niekelmetalbzugegen gewesen
Zur Aufklärung ist es nötig, die vonSiegmundundSuida
für diesen Versuch angeführten Zahlen vollständig wiederzugeben.
450 g Cottonöl: mit der Jodzahl 105,8 wurden mit 4,5 g Nickel-
oxydul bei 244° 3 Stunden gehärtet bis zur Jodzahl 5,03. Die Analyse
des mit Benzol ausgewaschenen Katalysators ergab 1, 06%, Ni,
3,03%, C, 0,60%, H und 5,319, O. |
Von diesem Sauerstoff ist ein Teil an Kohlenstoff gebunden.
Bei dem. von Siegmund und Suida angenommenen Ver-
hältnis C,,H,,O, kommen auf 3 Teile.C 0,5 Teile O und fast eben-
soviel H. 3 Teile € entsprechen also rund 4 Teilen 'Fettsäure, die
nach der Formel C,,H,,O,Ni rund 0,4 Teile Ni zu fettsaurem Nickel
gebunden haben. Ein Teil des Sauerstoffs ist noch an Wasserstoff
gebunden als Wasser, und zwar für den übriggebliebenen Wasser-
stoRl, hier 0,1 Teil, 0,8 Teile.. Es bleiben also für die von Verunreini-
gungen frei gerechnete Katalysatormasse übrig rund 90,6 Teile Ni
und 4,0 N OÖ und. daraus ergibt sich nach der Gleichung 80,6 : 4,0 =
58,7.x:16 das atomistische Verhältnis von rund Ni,,O, ; wie,
Siegmundund Suida auf einem anderen Wege auch berechnet
haben.
Nehmen wir nun an, es gäbe ein Nickelsuboxyd der Formel
Ni,0, dann ist Ni,40 zu zerlegen in Ni;, und N1,0 und da Niz, =
199,58 und Ni,;0 = 391,68, so enthält Ni,,0 199,58 : 391, 68 — 50. 9%
Niekelmetall neben 49,1%, Ni,0. Nimmt man aber für das Nickel-
suboxyd die Formel Ni,0 an, dann ist Ni,,0 = Niy, + Ni,0 ünd der
Gehalt an Niekelmetall = 258,28: 391,68 — rund 66%, Nickelmetall
neben 34%, Ni,0. Diese Zahlen beziehen sich auf die vonVer-
unreinigungen frei gerechnete Katalysator-
masse. Die Zusammensetzung der gesamten Katalysatormasse
ist folgende: 108 |
Mit Ni,0 oder mit Ni,0
Fettsaures Nickel .ı.. 4,4% Fettsaures Nickel 4,4%
Wasser "ir, Ay 10,99% Wasseyr Yin Jay" 3, 001895
NO. ; em on 40h N1,0 11.2: WE
Nickelmetall . H239A91-4812% Nickelmetall U"
Die ganze Katalysatormasse besteht also bei der Annahme
von Ni,O fast zur Hälfte und bei der Annahme von Ni,O
zu mehr als °, aus Niekelmetall, und trotzdem haben
1) Ebenda 8. 455 u. 464.
G. Frerichs: Fetthärtung. 5593
Siegmund und Suida oder vielmehr der von ihnen mit den
Messungen betraute, Konstrukteur Dr, Haubner die elek-
trische Leitfähigkeitinicht erkennen können.
Die Leitfähigkeit war nur 0,05.
Das beweist doch wohl zur Genüge, nicht nur daß sich aus dem
angewandten Nickeloxydul eine sehr reichliche Menge von Nickel-
metall gebildet hatte, sondern vor allem, daß irgendwelche Gründe
vorhanden sein müssen, die das Erkennen der elektrischen. Leit-
fähigkeit bei der Versuchsanordnung, wie sie Siegmund und
Suida und auch Erdmann und seine Mitarbeiter benutzt
haben, unmöglich machen. Es unterliegt wohl keinem. Zweifel,
daß es die Verunreinigungen der Katalysatormasse, besonders
das fettsaure Nickel, sind, welche die elektrische Leitfähigkeit auch
bei Vorhandensein von großen Mengen Metall aufheben.
Der von Siegmund und Suida ausgeführte Versuch
zeigt klar, daß das Niehterkennenkönnen elek-
trischer Leitfähigkeit oder die Feststellung einer sehr
geringen Leitfähigkeit oder um es positiv auszudrücken, wie
Erdmann, ‚die Feststellung eines hohen Leitungswiderstandes“
unmöglich das Nichtvorhandensein von Nickel-
metallbeweisen kann.: Auf welche Weise Siegmund
und Suida in diesem Falle nur einen Gehalt von 2,5% Nickel-
metall berechnet haben, ist mir ganz unverständlich. Es liegt hier
ein sehr grober Rechenfehler vor, und alle weiteren Schluß-
folgerungen, die an diese Berechnung geknüpft werden, sind
hinfällig.
Von einer Ueberhärtung, auf welche Siegmund
und Suida die Bildung der von ihnen berechneten kleinen Menge
Nickelmetall zurückführen, kann bei diesem Versuch auch keine
Rede sein, denn wenn die Jodzahl noch 5 beträgt, sind auch noch
‚ungesättigte Glyceride vorhanden, die nach Erdmann die Re-
duktion zum Metall verhüten sollten. Ebensowenig kann von einer
zu hohen Temperatur die Rede sein, da diese 244° nicht überstiegen
hat. Für die Beurteilung des Wertes der Feststellung der elektrischen
Leitfähigkeit in der von Siegmund und Suida, sowie von
Erdmann und seinen Mitarbeitern gewählten Versuchsanordnung
sind diese beiden, Punkte natürlich ohne Bedeutung.
Der Nachweis, daß die von Erdmann und seinen Mit-
arbeitern sowie, von Siegmund. und Suida ausgeführten.
Versuche. zur Feststellung der elektrischen Leitfähigkeit der
lediglich mit Benzol ausgewaschenen Katalysatormasse auch nicht
den allergeringsten Wert haben, hätte garnicht sicherer erbracht
554 G. Frerichs: Fetthärtung.
werden können, als es durch Siegmund "und" Suida
geschehen ist. Insofern haben die von letzteren ausgeführten
Versuche sehr viel zur Klärung der Sache beigetragen.
Wenn Siegmund und Suida einen, Gehalt von min-
destens 48 oder 62%, an Nickelmetall, der sich selbst bei Annahme
der Existenz von Ni,O oder Ni,O aus ihren eigenen Analysen be-
rechnet, durch die RN Terktahtekeit nicht erkennen konnten,
dann ist es weiter nicht verw underlich, daß sie in den anderen Fällen
auch die reichlichen Mengen von Nickelmetallnicht erkennen konnten,
die sich durch Zerlegung ihrer berechneten Suboxyde in Ni und
NiO berechnen lassen. Ebenso ist es nicht zu verwundern, daß
Erdmann und seine Mitarbeiter das Nickelmetall nicht erkennen
konnten, das sich durch Zerlegung ihres hypothetischen Suboxydes
Ni1,0 in 2 Ni und NiO ergibt.
Aus den von, Bedford und Erdmann angegebenen
Analysen berechnen sich auf diese, Weise wie. schon erwähnt
folgende, Mengen von , Nickelmetall:. 42,6, 34,1, 27,2, 6,0, 23,8,
21,4, 4,6%
Zerlegt man das von Siegmund und Suida in dem
einen Fall festgestellte Verhältnis N 1640 ebenfalls in NiO und 5,4 Ni,
dann ergibt sich ein Gehalt von 76,6% Nickelmetall in der gesamten
Katalysatormasse, Das dürfte wohl auch die gute Härtung- bis
zur Jodzahl 5,03 in 3 Stunden erklären.
Wie Siegmund und Suida ganz richtig sagen, ist, wenn
die Feststellung der elektrischen Leitfähigkeit zuverlässig sein
soll, die Beseitigung der Verunreinigungen ohne‘ Veränderung
des Nickelmetalls erforderlich und das kann, allerdings nicht immer,
mit Hilfe des Magneten sehr leicht geschehen in der Weise
wiees Normann und Pungs beschrieben haben, und wie ich
es auch bei meinen Versuchen getan habe. Dann erkennt man auch
ohne genaue Messungen das Vorhandensein metallischer elektrischer
Leitfähigkeit, und dann sind die Versuche unbedingt beweisend‘
für das Vorhandensein von Nickelmetall. “Gelingt es außerdem
noch, wie es mir in verschiedenen Fällen gelungen ist, sogar an
der gesamten Katalysatormasse (nur mit Benzol gereinigt) eine
sute elektrische Leitfähigkeit festzustellen, dann ist ‘der Beweis
des Vorhandenseins reichlicher Mengen von Niekelmetall um so mehr
erbracht. Ein Nichtvorhandensein der "elektrischen Leitfähigkeit
der verunreinigten Katalysatormätse beweist 'aber nur, daß Ver:
unreinigungen die physikalische Untersuchung unmöglich machen,
genau wie Wolken die Beobachtung des Sternenhimmels.
G. Freriehs: Fetthärtung.
c
I
' Bestimmung des spezifischen Gewichtes der Katalysatormasse.
Das eben Gesagte gilt auch für die Bestimmung des spezifischen
Gewichtes, die zuerst Siegmund und Suwida herangezogen
haben und nach ihnen Erdmann. Auch hierbei gründen sich
die, Schlußfolgerungen der genannten Forscher auf Feststellungen
negativer Art, Weil das spezifische Gewicht der gebrauchten
Katalysatormasse nicht das des Nickelmetalls erreicht, sondern
sich dem des Nickeloxyds nähert, soll die Katalysatormasse
kein Nicke metall enthalten. Auch hier handelt es sich um Trug-
schlüsse.
Neben. der bereits wiedergegebenen Tabelle der von
Siegmund und Suida ermittelten spezifischen Gewichte
der Katalysatormasse sind zur Erläuterung das ebenfalls von ihm
ermittelte ‚spezifische ‘Gewicht des Nickeloxyduls 5,278 und
die von Erdmann ermittelten spezifischen Gewichte von Nickel-
oxyden und Katalysatormassen erforderlich, die in nachstehender
Tabelle wiedergegeben sind.
Zu. ‚berücksichtigen ist ferner noch, daß das spezifische
Gewicht des Nickeloxyduls in der Literatur zu 6,6 bis 6,8
angegeben wird, während Siegmund und Suida die Zahl
No. |) Substanz | Spez. Gew.
RIuT | IT,
1. Nickeloxyd (Kahlbaum), ungepreßt .. 2 ..0.....1. 0 4,9536
2. | Niekeloxyd (vol), nach D. R. P. 260.009... ... 4,8928
3. . Dasselbe, a we er 5,3930
4. | Nickeloxyd (vol.) eine Bunde Bub Ba 300-3100
im Wasserstoffstrom zu Nickel reduziert . . . 7,5948
5. " Dasselbe zur Hydrogenisation von Cottonöl 3 1% Stdn.
lang benutzt’. 2. . 8,1419
6. | 0 (vol.) zum Härten von shgrähyatreisrn Cotton
"nr bei 260-+265% benutzt (E.-P. 33,7%) . 2... 4,9486
7... NiO.(vol.) zum Härten von aldehydfreiem Cottonöl
bei! 255— 260! benutzt (E.-P. 41,8%) 1.1... 5,000
8. ‚NiO (vol.) zum Härten von Leinöl benutzt, 34 Stde.
Jang, bei 255°, 2, Stunden, lang bei 220° (E.-P.
A 4,2276
9. I) (vol.) zum arten)! von Sldahy a (ottonsl|
benutzt, 1, Stunde lang bei 255°, 2 Stunden
I lang bei 218° (E.-P. 42°) . . . Niekelo! 4,5374
10. Dasselbe, nach einstündigem Erhiten® im Vakuum
auf 260° (elektrische Leitfähigkeit = 0)... . 5,235
556 G. Freriehs: Fetthärtung.
die Zahl 5,278 gefunden haben, also einen ganz erheblich zu niedrigen
Wert. Wie hoch das spezifische Gewicht des hypothetischen Nickel-
suboxydes ist, kann man natürlich nicht wissen, es ist aber wohl
sicher, daß es wegen des höheren Nickelgehaltes höher sein
müßte, als das spezifische Gewicht des NiO also höher als 6,6 oder
mindestens höher als 5,3, wenn man die von Siegmund und
Suida angegebene Zahl 5,278 zugrunde legt. Erdmann gibt
für das gleiche Oxyd, dargestellt nach dem D. R. P. No. 260009,
das in Wirklichkeit Oxydul ist, die Zahlen 4,8928 und 5,3930 an,
die um mehr als eine halbe Einheit, d. ı. mehr als 10% voneinander
abweichen. Die höhere Zahl wird für,das gepreßte Oxydul an-
gegeben. Im Gmelin-Kraut finden sich noch folgende Werte
für das spezifische Gewicht des Nickeloxyduls: 6,661, 6,80, 6,67 und
6,70, die sich auf geglühtes NiO beziehen. Das nach dem D.R.P.
260 009 gewonnene Oxydul ist aber auch in der Glühhitze entstanden.
so daß es als geglühtes Oxydul anzusehen ist. Wenn nun die phy-
sikalische Beschaffenheit des NiO solche Unterschiede bedingen «oll,
wie zwischen 4,8928 und 5,3930 nach Erdmann und 5,378 nach
Siegmund und Suida einerseits und den Literaturangaben
von 6,6 bis 6,8 andererseits, dann muß man auch bei feinverteiltem
Nickelmetall die. Möglichkeit: großer Unterschiede von mindestens
1-2 Einheiten annehmen, oder die Unterschiede müssen auf die
Bestimmungsmethode zurückgeführt werden.
Nun kommt hinzu, daß die nur mit Benzol ausgewaschene
Katalysatormasse, wie auch von Bedford und Erdmann
sowie von Siegmund und Suida einwandfrei festgestellt ist,
erhebliche Mengen von Fettsäuren in Form von fettsaurem
Nickel enthält. Daß dadurch das spezifische Gewicht stark be-
einflußt und zwar erniedrigt werden muß, ist ganz klar. Erd-
mann schreibt zwar in einem Falle: ‚der Kohlenstoffgehalt
dieser Katalysatorsubstanz war so gering (3,4%), daß der Einfluß
dieser Verunreinigung das spezifische Gewicht nicht nennenswert,
offenbar um nicht mehr als um 1-2 Zehntel herunterdrücken
kann,‘ aber woher weiß er das? Die 3,4% Kohlenstoff entsprechen
etwa 5% fettsaurem Nickel, und es ist sehr wahrscheinlich, daß das
seifen- oder pflasterartige fettsaure Nickel Hohlräume in den
porigen oder schwammigen Teilchen einschließt, so daß bei der
Bestimmung des spezifischen Gewichtes die Flüssigkeit nicht ein-
dringen kann. Die Hohlräume können natürlich auch mit Oel
gefüllt sein.
Daß die Bestimmung des spezifischen Gewichtes nicht ein-
wandfrei sein kann, zeigen ferner die 8 Zahlen, die von Sieg-
G. Frerichs: Fettl.ärtung. 557
mundundSuida beiden Versuchen mit Nickelkarbonat
und Nickelformiat ermittelt wurden, die von 2,809 bis
3,809 schwanken. Bei der Fetthärtung mit diesen Nickelsalzen
soll sich nach der Hypothese von Erdmann doch auch Nickel-
suboxyd bilden. Weshalb bleiben dann die von Siegmund
und Suida ermittelten Zahlen so erheblich unter dem für Nickel-
suboxyd möglichen Werte und selbst unter dem Werte für Nickel-
oxyd? Jedenfalls doch wohl wegen der Verunreinigungen der
Katalysatormasse oder wegen «es Einschlusses von Hohlräumen
oder wegen nicht völliger Umwandlung der Salze oder aus irgend-
welchen anderen Gründen, und alle diese Gründe sind es auch, die
verhindern, daß bei den Versuchen mit N ickeloxyden das spezifische
Gewicht des Nickelmetalls erreicht wird. Man sieht, daß die von
"Siegmund und Suida sowie von Erdmann gefundenen
Zahlen weiter nichts beweisen, als daß man bei der Entscheidung
der Frage, ob Nickelmetall oder Nickelsuboxyd, mit der Bestimmung
des spezifischen Gewichtes der nur mit Benzol ausgewaschener
Katalysatormasse nicht das geringste beweisen kann. Am wenigsten
aber geht, we Erdmann schreibt: ‚aus diesen Bestimmungen
klar hervor, daß ein erheblicher Nickelgehalt in dem beim Nickel-
oxydverfahren wiedergewonnenen Katalysator ausgeschlossen ist.‘
Die Carbonylprobe.
Mit ebenso großer Sicherheit wie durch die Feststellung der
elektrischen Leitfähigkeit läßt sich das Vorhandensein von Nickel-
metall durch Ueberführung des Nickels in Nickelcarbonyl
und Zerlegung des letzteren durch Erhitzen nachweisen. Auf diese
Weise haben sowohl Meigen und Bartels, wie Normann
und Pungs die Anwesenheit von Nickelmetall in dem gebrauchten
Katalysator festgestellt, und meine eigenen Versuche bestätigen
die Befunde der genannten Forscher durchaus.
Von Erdmann! werden Einwände erhoben gegen die
Methode, die von den genannten Forschern zur Ausführung der
Carbonylprobe angewandt wurde, Es soll die angewandte Tem -
peratur, 80—890° zuhoch gewesen sein und die Bildung von
Nickelcarbonyl in einer Einwirkung des Kohlenoxyds auf Nickel-
oxyde ihre Ursache gehabt haben. Ich habe meine eigenen Ver-
suche zunächst auch bei dieser Temperatur ausgeführt und habe
jetzt nachträglich festgestellt, daß Kohlenoxyd bei dieser Tem-
peratur weder mit, Nickeloxyd noch mit Nickeloxy dul, ‚die in
Oel feinverteilt sind, Nickelcarbonyl liefert.
!) Journ. f. prakt. Chemie 1915, 91, S. 499,
u
ou
[0 0)
G. Frerichs: Fetthärtung.
I. 1 g Nickeloxyd Kahlbaum wurde zunächst für sich so
fein wie möglich zerrieben und dann durch weiteres 'Verreiben
mit 100 & Erdnußöl innig vermischt. Das Oxyd setzte sich aus der
so erhaltenen Suspension nur sehr langsam wieder ab, |
Das Oel wurde dann in einem Erdmann’schen Boden-
rohrkolben gebracht, dieser im Wasserbad auf 90—-100° erhitzt,
und dann luftfreies, trockenes Kohlenoxyd (aus Ameisensäure
und Schwefelsäure) durch das Oel geleitet.
Aus dem Bodenrohrkölben wurde das Gas durch ein schwer
schmelzbares Glasrohr geleitet, das mit Porzellanstückchen be-
schiekt war und in senkrechter Stellung durch einen wagerecht
angebrachten Brenner an einer Stelle erhitzt wurde. Das aus-
tretende Kohlenoxyd wurde angezündet. Nach Ablauf einer ganzen
Stunde war in dem-Glasrohr und auf den Porzellanstückchen
auch nicht der leiseste Anflug eines Nickelspiegels zu erkennen.
Auch mit Hilfe von Dimethylglyoxim war keine Spur von Nickel
nachzuweisen. Es hatte also die Bildung von Nickelcarbonyl auch
nicht spurenweise stattgefunden. Nickeloxy.d liefert demnach
mit Kohlenoxyd auch bei 90—100° kein Nicekelcarbonyl|.
Nebenbei zeigt die Probe, daß das Nickeloxyd frei war von freiem
Metall.
Der Kolben wurde dann in einem Oelbad auf etwa 200° erhitzt
und Wasserstoff durchgeleitet, bis die dunkle Farbe des Nickel-
oxyds der hellgrünen des Nickeloxyduls Platz gemacht hatte, was
in etwa 5 Minuten der Fall war. Das Nickeloxydul war äußerst fein,
sozusagen kolloidal verteilt. Dann wurde der Carbonylversuch
wiederholt und auch jetzt war weder nach einer halben Stunde
bei 80-—-85° noch nach einer weiteren halben Stunde bei über &09
auch nur die geringste Spur eines Nickelspiegels zu erkennen, und
auch mit Hilfe von Dimethylglyoxim konnte keine Spur von Nickel
nachgewiesen werden. iR
Nickeloxy.dul liefert demnach auch bei 90° mit Kohlen-
oxyd ebenfalls kein Niekelcarbonyl. Eine Reduktion ‚des Nickel-
oxyduls zu Metall durch den Wasserstoff war in der kurzen Zeit
bei etwa 200° noch nicht eingetreten.
Obgleich also in Oel höchst feinverteiltes Niekeloxyd sowohl
wie Nickeloxydul mit Kohlenoxyd bei 90° kein Nickelcarbonyl
liefern, ‚habe ich einige Versuche mit gebrauchtem. Katalysator
bei 30% au:geführt, um die Ausführungen Erdmann’s nach
seinen eigenen Angaben zu widerlegen.
0,5 g des zu dem oben beschriebenen Versuch verwendeten
Nickeloxyds wurden in 100 g des gleichen Erdnußöles fein ver-
” .
G. Frerichs: Fetthärtung. 559
teilt, im Bodenrohrkolben erhitzt und eine Stunde lang Wasser-
stoff durchgeleitet, so daß gerade eine gute Durchmischung statt-
fand, dabei wurde die Temperatur von 245° nicht überschritten.
Die Jcdzahl betrug nach dieser ‚Zeit noch 91,5, so daß von einer zu
weitgehenden Härtung keine Rede sein kann, ebenso nicht von
einer zu hohen Temperatur, und da das Erdnußöl keine reduzierenden
Stoffe enthielt, wie durch eine Prüfung mit ammoniakalischer Silber-
lösung nach den Angaben von Erdmann besonders festgestellt
wurde, auch nicht von einer Nickelbildung aus anderen Ursachen.
Nach Abkühlung des Oeles auf 30° wurde der Kolben in ein
Wasserbad gesetzt, das auf 31-—32° gehalten wurde, die Tem-
peratur im Innern des Kolbens betiug, wie nach Beendigung des
Versuches festgestellt wurde, 30°. Das durch das Oel geleitete Kohlen-
oxyd wurde in gleicher Weise wie bei dem Versuch mit Nickel-
oxyd und Nickeloxydul in einem senkrechten Glasrohr mit Por-
zellanstückchen erhitzt. Nach 10 Minuten begann der Nickelspiegel
sichtbar zu werden, nach 15 Minuten war er deutlich und nach
30 Minuten sehr deutlich. N
Ein zweiter Versuch, in gleicher Weise mit Sesamöl aus-
geführt, ergab bei 30° in 15 Minuten einen sichtbaren Nickelspiegel,
der nach 30 Minuten sehr deutlich war. Es gelingt also auch, den
Nickelecarbonylnachweis in der von Erdmann geforderten
Weise bei 30° zu erbringen.
Daß es Erdmann!) nicht gelungen ist, unter sonst gleichen
Bedingungen bei 30—35° Wasserbadtemperatur einen Nickel-
spiegel zu erhalten, kann nur daran gelegen haben, daß er das
Oel bis zum Erstarrungspunkt 28—33° gehärtet hatte. Daß dann
bei 30° durch das eingeleitete Kohlenoxyd keine ordentliche Durch-
mischung mehr stattfindet, und daß dadurch die Einwirkung des
Kohlenoxyds auf die von diekflüssigem, halberstarrten Oel um-
gebenen Nickelteilchen gehemmt wird, ist klar.
Die Schwierigkeit, mit einem gehärteten Fett von höherem
Erstarrungspunkt die Carbonylprobe bei 30° auszuführen, läßt
sich aber leicht überwinden, indem man den Erstarrungspunkt
nach der Härtung durch Zusatz von neuem Oel wieder herabsetzt.
Um eine durch das frische Oel bewirkte Veränderung des Nickels,
welche die Carbonyiprobe stört, wieder zu beseitigen, ist es nötig,
das Gemisch noch kurze Zeit, Y,—1, Stunde, bei der Härtungs-
temperatur mit Wasserstoff zu behandeln. Folgende Versuche
zeigen, daß dann die Carbonylprobe bei 30° auch mit Fetten von
hohem Erstarrungspunkt gelingt.
!) Journ, f. prakt. Chemie 1915, 91, 8. 498,
560 G. Frerichs: Fetthärtung.
I. Die Hälfte des mit Niekeloxyd (Kahlbaum) heiß ein-
getragen, bei 250 —255° bis zum Schmelzpunkt 44,6%, Jodzahl 55,5
gehärteten Erdnußöles wurde mit der gleichen Menge frischen Oeles
versetzt, Y, Stunde bei 250° mit Wasserstoff behandelt und der
Carbonylprobe bei 30° unterworfen. Der Nickelspiegel begann nach
$ Minuten sichtbar zu, werden und war in 1, Stunde sehr deutlich.
Il. In gleicher Weise wurde der Versuch ausgeführt mit der
Hälfte des mit voluminösem Nickeloxydul bis zum Schmelzpunkt 41°
Jodzahl 57,5 bei 255° gehärteten Erdnußöles. Nickelspiegel nach
10 Minuten sichtbar, nach %, Stunde sehr deutlich.
Auch die Carbonylprobe gibt also mit
Sieherheitdie Anwesenheit von metallischem
Nickel bei der Fetthärtung mit, Nickeloxyd.
Von F.Bergius!) ist gegen die Feststellungen vonMeigen
und Bartels, von deren Richtigkeit er sich überzeugt hat,
eingewandt worden, daß auch durch die Bildung von Nickelearbonyl
noch nicht mit Sicherheit erwiesen sei, daß Nickelmetall:vor-
handen sei, da möglicherweise auch das ‚„Nickelsuboxyd“
mit Kohlenoxyd Nickelcarbonyl geben könnte. Er schreibt:
„Aehnlich verschieden (wie die Feststellung der elektrischen
Leitfähigkeit) sind die Befunde bei der Carbonylprobe.. Wenn man
den gebrauchten Katalysator bei niederen Temperaturen, .50-—80°,
mit Kohlenoxyd behandelt, so muß sich, wenn Nickel vorhanden ist,
Niekelcarbonyl bilden, was man durch Verflüssigung oder durch Zer-
lezung in der Hitze nachweisen kann. Auch hier stehen sich die Be-
funde der Autoren diametral gegenüber; Erdmann findet keine
Carbonylreaktion, Meigen dagegen findet sie. Versuche, die ich
selbst angestellt habe, führen mich dazu, die M eig en’sche Ansicht
zu vertreten. Man muß jedoch an diese Nachweismethoden eine sehr
strenge Kritik lexen. Die Leitfähigkeitsmessung ist deshalb wenig
zuverlässig, weil die Leitfähigkeit der Metallpulver außerordentlich
abhängig ist von der Korngröße. Bei der Carbonylreaktion jedoch
wäre es. natürlich möglich, daß das Kohlenoxyd selbst reduzierend
auf das Niekeloxyd wirken könnte, also selbst das Nickel bildete, das
zur Umsetzung erforderlich ist. Wenn man auch zugibt, daß Nickel-
oxyd und Nickeloxydul bei Temperaturen zwischen : 50—-80° von
Kohlenoxyd nicht reduziert werden, so weiß man doch
absolut noch nicht, ob das von Erdmann an-
genommene Nickelsuboxyd nieht unter solehen
Bedingungen reduziert werden kann, sö daß selbst,
wenn im Katalysator Nieke! nicht vorhanden ist, sondern nur Nickel-
oxyd und Nickelsuboxyd, bei deren Behandlung mit: Kohlenoxyd
Nickel entsteht, das zur Carbonylreaktion Anlaß gibt. Meiner Ansicht
nach ist die Frage, ob in dem Nickeloxydkatalysator nach der
Hydrierung Nickel vorhanden ist, noch nicht einwandfrei gelöst. Und
selbst, wenn diese Frage gelöst sein würde, so. wäre damit noch nicht
bewiesen, daß im Nickeloxydverfahren der Katalysator wirklich das
aus dem Oxyd gebildete Nickel oder Nickeloxyd ist, und es dürfte
schwer fallen, einen absolut schlagenden Beweis dafür zu‘ erbringen,
was eigentlich der wirksame Bestandteil bei diesem Verfahren ist.“
(Schluß folgt.)
1) Ztschr. f. angew, Chemie 1914, S. 524,
Andresen, S., Apotheker
Vorschriften
für Entfernung von ie;
Ben M. 1,—
Chemische Experimente zum Unterricht
in der Chemie für Pharmazeuten
Von Hubert Wimmer,
Apothekenbesitzer in Kraiburg a. Inn.
$ Mit zahlreichen Abbildungen.
Von der Erwägung ausgehend, daß das gesprochene Wort leichter
haften bleibt, wenn es durch Vorführungen unterstützt wird, hat
Verfasser die interessantesten Experimente, Versuche und Reaktionen
für den Elevenunterricht zusammengestellt und durch Abbildungen
erläutert. Die Experimente sind so gewählt, daß sie in der kleinsten
Landapotheke leicht ausgeführt werden können.
Kartonniert in handlichem Format.
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Zimmermann, Walther
die Formen der Orchidaceen
deutschlands, Deutsch- Österreichs u. d. Schweiz.
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Berlin NW 87.
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Laboratorium der Handelsgesellschaft Deutscher Apot
von-Dr. J. Herzog und A. Hanner..
Dauerhaft in Exzelsior-Leinen gebunden.
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Dieses Werk, mit dessen Herausgabe wir den Wün
zahlreicher Kollegen entsprechen, ist für den praktis digen
Apotheker, den Studierenden der Pharmazie usw.
stimmt. Es soll dem Apotheker ein Ratgeber bei Ausfühn
der chemischen und physikalischen Prüfun
methoden des Arzneibuches sein. Zu diesem Zwec
denen die Methoden beruhen; der Hauptwert aber ist
auf die Bedürfnisse der Praxis gelegt. Daher erfol
die Besprechung sämtlicher schwieriger Methoden in
Ausführlichkeit, die auch dem Ungeübteren ihre Ausführun
ermöglicht. Die Verfasser haben sich aber nicht auf eine |
Erläuterung der Vorschriften des Arzneibuches beschränkt;
es sind vielmehr sämtliche Verbesserungsvorschläge,
in unserer Fachliteratur in den letzten Jahren veröffentli
sind, im Laboratorium durchgearbeitet, durch eig:
Erfahrungen ergänzt und, soweit sie für die Praxis wicl
erschienen, mit genauer "Literaturangabe den einzeln
Artikeln hinzugefügt. So gibt das Buch neben den thı
retischen Grundlagen und Erläuterungen zahlreiche Wii
„zur glatten Ausführung der Methoden, zu ihrer Verena
und Verbesserung. n
Falls Nachnahme nicht beliebt wird, empfiehlt es Siehe den Betra, ;
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Selbstverlag des Deutschen Apotheker- Vereins : |
Börsenbuchdruckerei Denter & Nicolas, Berlin Mitte, Neue Friedrichstre er
f %
+
DER
PHARMAZIE
herausgegeben
vom
Deutschen Apotheker-YVerein
unter Redaktion von | Br
A
E. Schmidt una H. Beckurts.
Band 253. Heft 8.
(Schluss des Bandes.)
HORARUTT.) A
BERLIN.
Selbstverlag des Deutschen Apotheker-Vereins.
1915.
Ausgegeben den 5. Februar 1916.
ers
a £
pP
EIIRET.
INHALT.
6. Ereriohe, Beiträge zur Kenntnis der Fetthärtung ure
lytische Anlagerung von Wasserstoff (Schluß) . .....
R. Boehm, Ueber Krotonharz.. . ae,
E. Wende, Zur Vereinfachung der exakten Fettsäure- Bestirummun
in Sapo kalinus. . . 1 E N ei. \ >
Y. Asahina, Ueber das Anemonin h a) EN
E. Schmidt, Ueber einige stickstoffhaltige Abkönmlinge Er ee:
Pimelinsäure. . - EA ODEENTE
M. Scholtz, Die Eintmethylierung des Isobebeerins . . . ... 622.
Derselbe, Ueber einige Derivate des «- PH A a 0
Inhaltsverzeichnis . . . AbE ee Be BL 2
Eingegangene Beiträge.
R. Eder, Ueber das Chrysarobin des Handels (II. Mitteilung).
H. Tanzen, Zur Wertbestimmung des Podophyllins.
H. Kunz-Krause u. €. Brandes, Ueber Semen Lini D. A.-B. 5 und die
Zulässigkeit einer Beimischung von gelbem Leinsamen. ei
A. Linz, Vergleichende Untersuchung der zur Bestimmung des. %
Glyeyrrhizins in der Süßholzwurzel und in Suceus Liquiritiae fi
vorgeschlagenen Methoden. Br
H. Zoernig, Beiträge zur Pharmakogeographie. BE
le Se ae
(Geschlossen den 28. I. 1916.)
Sl |
Diese Zeitschrift erscheint in zwanglosen Heften
In einem jährlichen Umfange von 40 his 50 Bogen.
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a en.
PEATTO. 1910.
G. Frerichs: Fetthärtung. 56l
|
Hierzu ist folgendes zu bemerken:
Die Leitfähigkeitsmesung ist nur dann unzuverlässig, das
heißt nichts beweisend, wenn man wie Erdmann und seine Mit-
arbeiter wegen aller möglichen Beimengungen in der Katalysator-
masse keine oder nur eine sehr geringe Leitfähigkeit finden kann.
Sie ist durchaus zuverlässig und für das Vorhandensein von Nickel-
metall unbedingt beweisend, wenn man wie Meigen und Bar-
tels sowie Normann und Pungs und auch ich in zahlreichen
Versuchen eine vorzügliche Leitfähigkeit feststellen kann. Das
wird auch von Bedford und Erdmann anerkannt, die bei
einem Versuch mit Nickelformiat sowie bei einigen ihrer neueren
Versuche die Anwesenheit von Nickelmetall durch die Feststellung
der elektrischen Leitfähigkeit nachgewiesen haben.
Der gegen die Carbonylprobe erhobene Einwand
ist dadurch hinfällig geworden, daß die Bildung von Nickel-
carbonyl auch bei 30° nachgewiesen werden kann. Man müßte
dann schon wieder den neuen Einwand erheben, daß man auch
nicht wissen kann, ob das hypothetische Nickelsuboxyd nicht auch
schon bei 30° mit Kohlenoxyd Nickelcarbonyl liefert. Diesen Ein-
wand deutet Erdmann auch schon an, zwar nicht in den gegen
Meigen und Bartels gerichteten Ausführungen‘), in denen
er selbst die Temperatur von 30° für maßgebend hält, wohl aber
in den gegen Normann und Pungs gerichteten AS RERUERR, }
Hier schreibt er, daß er das Fett mit der Katalysatormasse %, Stunde
lang mit Kohlenoxyd geschüttelt hat und glann zwar Be Nickel-
spiegel, wohl aber aus der Kohlenoxydflamme Nickelflecken er-
halten hat. Er folgert hieraus kurzerhand, da er, um seine Sub-
oxydhypothese Aufrecht zu erhalten, nicht zugeben kann, dab
Nickelmetall zugegen war: ‚‚Bei diesem letzten Versuch war also
die Reduktionswirkung des Kohlenoxyds im ersten Entstehen be-
griffen.“
Derartige Einwände einwandfrei und absolut schlagend zu
widerlegen, ist natürlich nicht möglich, wenn man das, was nach
dem heutigen Stande der Wissenschaft erkennbar ist, einfach nicht
gelten läßt. Dann hört eben alle Wissenschaft auf. Solange nicht
einwandfrei nachgewiesen ist, daß Nickelsuboxyd überhaupt existiert,
und solange nicht nachgewiesen ist, daß einwandfrei reines Nickel-
suboxyd mit Kohlenoxyd Nickelcarbonyl gibt, muß die Bildung
von Nickelcarbonyl als ein Beweis für das Vorhandensein von
!) Journ. f. prakt. Chemie 1915, 91, S. 469.
?2) Chem.-Ztg. 1915, S. 576, .
Arch. d. Pharm. CCLIII. Bds. 8. Heft. 36
LIEN.
NEW \
B80TAaN
UARL
562 G. Frerichs: Fetthärtung.
Nickelmetall angesehen werden. Bedford und Erdmann
haben übrigens selbst angegebent): ‚‚Nickelsuboxyd läßt sich vom
metallischen Nickel dadurch unterscheiden, daß es mit Kohlen-
»ı oxyd kein Nickelecarbonyl bildet.‘
‚+ slintwiekelung von Wasserstoff aus Säuren mit dem gebrauchten
Katalysator.
Bedford und Erdmann haben den Nachweis der Ab-
wesenheit von Nickelmetall ferner noch zu führen gesucht durch
die Bestimmung der Wasserstoffmenge, die auf
eine bestimmte Menge Nickel aus dem gebrauchten Katalysator
mit Säure entwickelt wird. Sie fanden dabei stets nur so wenig
Wasserstoff, daß nach ihrer Ansicht die Anwesenheit von Nickel-
metall ausgeschlossen war.
Auch diese Versuche sind von Meigen und Barte 1 S,
sowie von Normann und Pungss und von mir a
worden mit dem Ergebnis, daß os gebrauchte Katalysatormasse
und besonders die mit dem Magneten isolierten Anteile in einer
Reihe von Fällen mit Säuren soviel Wasserstoff lieferten, daß
zweifellos metallisches Nickel in reichlicher Menge vorhanden sein
mußte. Meigen und Bartels hatten aus der gefundenen
Wasserstoffmenge berechnet, daß, wenn man annehmen wollte,
der gebrauchte Katalysator enthielte Nickelsuboxyd, Ni,O, sich in
einem Falle 140,4%, im anderen 134,3% Ni,O ergäbe, also ganz
unmögliche Zahlen. Erdmann hat die Analysen nachgerechnet
und findet die Zahlen 124,2%, und 99,4%, Ni,0. Hierzu ist zu be-
merken: Meigen und Bartels haben die Menge Ni,O be-
rechnet auf die Menge des gefundenen Nickels, Erdmann
dagegen auf die Menge der Katalysatormasse. Beide
Rechnungen sind nicht richtig. Es müßte die Menge der
von Verunreinigungen frei gerechneten Ka-
talysatormasse zugrunde gelegt werden, dann würden
sich Zahlen ergeben, die etwas niedriger sind als die von
Meigen und Bartels .berechneten. Diese Rechnung ist aber
in diesem Fall nicht ausführbar, weil keine Gesamtanalyse vor-
liegt. Daran aber, daß bei den Versuchen von Meigen und
Bartels aus der Menge des Wasserstoffs sich die Anwesenheit
von Nickelmetall ergibt, wird nichts geändert.
Gegen die von Normann und Pungs angeführten Be-
stimmungen der Wasserstoffmenge hat Erdmann. anscheinend
ı) Journ. f. prakt. Chemie 1913, 87, S. 480.
G. Frerichs: Fetthärtung. 563
nichts einzuwenden, denn er sagt darüber in der Chemiker-Zeitung
nichts. Da Normann und Pungs für diese Versuche Olivenöl
und Sesamöl verwendet haben, kann Erdmann hier auch nicht
den Einwand erheben, daß sich das Nickel infolge des Vorhandenseins
von reduzierenden Stoffen wie bei rohem Baumwollsamenöl ge-
bildet habe.
Ich selbst habe in dieser Richtung nur zwei Versuche aus-
geführt. Bei dem ersten erhielt ich eine geringe Menge Wasserstoff
mehr, als sieh für reines Metall berechnete.
Eine kleine Menge des magnetischen Anteils eines gebrauchten
Katalysators gab mit verdünnter Schwefelsäure 11,6 ccm Wasserstoff
(T= 19° B= 768 mm) = 10,86 com H bei 0° und B = 760 mm.
Die Nickelbestimmung ergab, daß in der Lösung 0,0274 g metallisches
Nickel enthalten waren.
Daraus ergibt sich für 1 g Nickel 396,3 cem H. Da 1g reines
Nickel nach der Gleichung Ni -- SO,H, = H, + SO, Ni381,6 com H
entwickelt, würde sich berechnen, daß der bei dem Versuch ver-
wendete magnetische Teil des Katalysators 103,8% Ni enthielt.
Daß hier sogar zuviel Nickel gefunden wurde, erklärt sich leicht,
wenn man bedenkt, wie groß die Analysenfehler sind. Es braucht
bei der elektrolytischen Nickelbestimmung nur ein einziges Milli-
gramm Nickel zurückgeblieben sein; wenn statt 27,4 mg 28,4 mg
gefunden worden wären, ergäbe die Berechnung für 1 g Ni 382,4 ccm
H = 100,2% Ni.
Bei dem zweiten Versuch erhielt ich 7,7eem H (T = 17°
B = 756 mm) = 7,21 ccm (0°, 760 mm). Die Lösung enthielt 0,0352 g Ni.
Es berechnen sich daraus für 1 g Ni 204,8 ccm H. Wäre
das Ni als Suboxyd von der Formel Ni,0 vorhanden,
dann wäre die für 1 g Ni berechnete Menge H gleich der Hälfte
von 381,6 cem = 190,8 cem und wäre das Ni in Form eines Sub-
oxydes der Formel Ni,O vorhanden, dann wäre die für 1 g Ni berech-
nete Menge H = ?/, von 381,6 ceem = 254,4 cem. Es wurde aber
mehr H gefunden, als bei Ni,O und weniger als bei Ni,O sich be-
rechnete; neben Ni,O müßte also noch metallisches Nickel vor-
handen gewesen sein. Das Ergebnis des ersten Versuches berechtigt
zu dem Schluß, daß der mit Hilfe des Magneten isolierte Teil des
Katalysators aus reinem Nickel bestand, der zweite Versuch be-
rechtigt aber keineswegs zu dem Schluß, daß kein metallisches
Nickel vorhanden war. Findet man die für reines Nickel berechnete
Menge Wasserstoff, oder mehr Wasserstoff als sich ür Suboxyd
Ni,O berechnet, so ist das ein Beweis für die Anwesenheit von
metallischem Nickel. Findet man aber nicht mehr Wasserstoff,
36*
564 G. Frerichs: Fetthärtung.
als der Gleichung Ni,O + 3 SO,H, = 3 Ni SO, + H,O + 2H, ent-
spricht, also auf 3 Ni 2 H,, dann beweist dies gar nichts, aus dem ein-
fachen Grunde, weil Gemische von metallischem Nickel und Nickel-
oxydul im Verhältnis 2 Ni + NiO sich in diesem Falle genau so
verhalten, wie Nickelsuboxyd Ni,O sich verhalten würde, und wenn
die einzelnen Teilchen noch unverändertes Nickeloxyd, Ni,0,, ein-
schließen, kann man trotz der Anwesenheit von metallischem Nickel
weniger Wasserstoff erhalten als Nickelsuboxyd Ni,O liefern würde.
Einen Beweis für die Abwesenheit von Nickelmetall kann
man aus den Versuchsergebnissen Bedford’s undErdmann’s
unter keinen Umständen herleiten, wohl aber einen Beweis für die
Anwesenheit von Nickelmetall aus den Ergebnissen der
Untersuchungen von Meigen und Bartels sowie von
Normann und Pungs und aus dem einen meiner Versuche.
Die gebrauchte Katalysatormasse enthält eben Nickelmetall
neben Nickeloxydul, vielleicht auch im Innern der Teilchen noch
unverändertes Nickeloxyd, und ein solches Gemisch verhält sich
analytisch natürlich genau wie ein angenommenes ‚‚Nickelsuboxyd“
oder wie ein Gemisch von ‚Nickelsuboxyd‘“ und anderen Nickel-
oxyden sich verhalten würde.
Die von mir ausgeführten Versuche haben
durchaus bestätigt, was Meigen und Bartels
sowieNormannund Pungsbereitsfestgestellt
hatten, daß sich bei der Fetthärtung unter
Anwendung von Nickeloxyden aus diesen
durchdie EinwirkungdesWasserstoffsNickel-
metall bildet. Damit ist auch bewiesen, daß
die Annahme Bedford’s und Erdmanns, das
Oel wirke als „Schutzelement“ hindernd auf
die Reduktion und ließe sie bei einem $8ub-
oxyd Halt machen, falsch ist. Durch den Nach-
weis, daß Nickelmetall aus dem Nickeloxyd
auch im Oel gebildet wird, ist erwiesen, daß
das Oel die Reduktion zu Metall nicht ver-
hindert.
Am Schlusse seiner letzten Abhandlung?) schreibttErdmann:
„Die Bildung eines Nickeloxydhydrürs konnte wahrscheinlich
gemacht werden. Dieses Zwischenprodukt gewährt, die befrie-
1) Journ. f. prakt. Chemie 1915, 91, 8. 506.
G. Frerichs: Fetthärtune. 565
[e)
(ligendste, theoretische Erklärung des Vorganges «der Hydrogeni-
sabion.'“
Nach dem Vorhergehenden muß man annehmen, daß Erd-
mann hier ein Nickelsuboxydhydrür meint, für das er die
Formel H—Ni—O—Ni—H aufstellt. ir nimmt aber auch
noch die Bildungsmöglichkeit anderer Hydrüre an: So schreibt.
er 8.409:
„Eine solehe Auffassung (vermehrte Wasserstoffentwickelung
mit Säuren infolge von Hydrürbildung) bietet weder beim Nickel-
oxydul, noch bei niederen Nickeloxyden theoretische Schwierigkeiten,
da man sich hydrierte Nickeloxyde in den Formen I. H—-Ni (OH),
I. H—Ni-0 (OH), -III. H—Ni-O-—Ni—H u.a. m. leicht vor-
stellen kann.‘
Solche Formeln lassen sich auf dem Papier leicht aufstellen,
„leicht vorstellen“ kann ich mir aber derartige Hydrüre nicht. Bei
der Temperatur, bei denen sie sich nach Erdmann bilden sollen,
das ist die Temperatur, bei der Nickeloxyde durch Wasserstoff zu
Metall reduziert werden, kommen sie mir vor, wie Verbindungen
von Feuer und Wasser.
Erdmann behauptet zwar, es stehe experimentell fest,
daß die Reduktion der Nickeloxyde im Oel beim Suboxyd Halt
mache, aber auch diese Behauptung, die durch den Nachweis des
Nickelmetalls widerlegt ist, kann die Bildung von Nickeloxyd-
hydrüren bei der Fetthärtung mit Nickeloxyd nicht wahrscheinlich
machen.
Zur. weiteren Stütze seiner Oxydhydrürhypothese erwähnt
Erdmann: „Es sei darauf hingewiesen, daß das Hydrür
H—Ni—Cl nach Schützenberger existenzfähig ist, obwohl
nicht in reinem Zustand dargestellt.‘
Schützenberger!) hat festgestellt, daß eine flüchtige
Niekelverbindung entweicht, wenn man Nickelchlorür im Wasser-
stoffstrom oder Nickel im Chlorwasserstoffstrom auf Rotglut
erhitzt. Er hat keineswegs feststellen können, welche Zusammen-
setzung diese Verbindung hat, und stellt lediglich, die Hypothese
auf, daß es ein Nickelchlorhydrat der Zusammensetzung
H—Ni— Cl sein könnte. Er bevorzugt diese Hypothese gegenüber
der Annahme, daß ein Nickelhydrür oder ein Chlorhydrat der
Zusammensetzung NiCl, + x HCl die flüchtige Verbindung sein
könnte.
Diese Annahme Schützenberger’s berechtigt aber doch
keineswegs zu der Behauptung, „daß das Hydrür H—Ni—Cl
1) Compt. rendus 113, 1891.
566 G. Frerichs: Fetthärtung.
nachSchützenbergerexistenzfähisg ist“. Die Existenz
eines oder mehrerer Nickeloxydhydrüre wird RE um nichts
wahrscheinlicher gemacht.
Formeln für hypothetische Zwischenverbindungen, wie Erd -
mann sie aufstellt,
| |
HC—Ni HC-H
| ; y® und |
Be | ee
kann man natürlich auf dem Papier ebenso leicht aufstellen, wie
die Erdmann’schen Formeln für Nickeloxydhydrüre, man kann
sogar ähnliche Formeln aufstellen mit Ni,O oder Ni,O oder irgend
einem anderen hypothetischen Niekelsuboxyd. Solche Formeln
haben aber ebensowenig Berechtigung, wie die der Oxydhydrüre.
Die Tatsache aber, daß Nickeloxyde beider vonErdmann
und seinen Ms Here angewandten Härtungstemperatur durch
Wasserstoff außerhalbdesOeles zu Metall reduziert werden
und die Tatsache, daß sich bei der Fetthärtung unter Anwendung
von Nickelverbindungen Nickelmetall ohne jede Schwierigkeit
und Unsicherheit nachweisen läßt, macht die Hypothese der Bildung
und Wirkung von Suboxyden und Oxydhydrüren vollkommen
haltlos.
Alle bisher bekannten katalytischen Wasserstoffüberträger
sindMetalle, wie z. B. Platin, Palladium, Osmium, Nickel, Kupfer,
Uran, nicht ein einziger Fall ist bekannt, in dem nachgewiesen
wäre, daß ein Metallox y.d als Wasserstoffüberträger wirken kann.
Bei Temperaturen, bei denen das Metalloxyd für sich durch Wasser-
stoff reduziert wird, ist eine Wasserstoffübertragung durch das
Metalloxyd, bei der das Oxyd doch zweifellos mit dem Wasserstoff
in innigste Berührung kommen muß, ebenso unwahrscheinlich,
wie es eine Sauerstoffübertragung durch ein Metallhydrür ist.
Auch durch die Ausführungen Erdmann’s und seiner
Mitarbeiter ist nicht der geringste Beweis weder für die Bildung
noch für die Wirkung eines -Nickelsuboxydes oder von Oxyd-
hydrüren erbracht worden und nicht der geringste Anhalt dafür, daß
die Hypothese der Wirkung des Oeles als Schutzelement möglicher-
weise richtig sein könnte. Es ist dagegen festgestellt, daß das Oel
bei einem sicher nachweisbaren Teil des Oxydes die Reduktion zu
Metall nicht verhindert. Daraus folgt, daß das Oel die Reduktion
der übrigen Mengen des Oxydes zu Metall auch nicht verhindern
kann. Die vollständige Reduktion der gesamten Oxydteilchen
wird höchstens dadurch gehindert, daß der Wasserstoff nicht
%
G. Frerichs: Fetthärtung. 567
bis in das Innere der mit Oel getränkten und mit fettsaurem Nickel
_ durehsetzten Teilchen eindringen kann.
Zur Stütze der Hypothese, daß Nickelsuboxyde oder Oxyd-
hydrüre sich bilden und als Wasserstoffüberträger. wirken, ist die
Hypothese der Wirkung des Oeles als „Schutzelement“ unbedingt
notwendig. Da nun aber diese Hypothese hinfällig geworden ist,
fallen auch die Hypothesen der Bildung und Wirkung von Suboxyd
und Oxydhydrüren und der Anlagerung dieser an die ungesättigten
Stellen der Oleinmoleküle in sich zusammen.
Will man zur Erklärung der Wasserstoffübertragung An-
lagerungsverbindungen als Zwischenstufen annehmen, so ist die
Annahme wohl die nächstliegende, daß es Nickelmetall ist,
das sich an die ungesättigte Stelle der Oleinmoleküle anlagert
und das dann wieder durch Wasserstoff verdrängt wird. Mehr
Wahrscheinlichkeit für sich hat aber wohl die Annahme, daß der:
Wasserstoff mit dem Metallein Hydrür bildet, und daß die ungesättigte
Verbindung dann dem Hydrür die Wasserstoff atome entzieht.
Eine Verdrängung des Nickels aus einer Anlagerungsverbindung
durch molekularen Wasserstoff ist viel unwahrscheinlicher.
Reduktion von Silberoxyd und Kupferoxyd zu Metall.
Bedford und Erdmann haben sogar behauptet, daß
das Oel auch die Reduktion von Silberoxyd und Kupfer-
oxyd zu den Metallen verhindert.
Sie haben Silberoxyd in raffiniertes Baumwollsaatöl ein-
getragen und nach der Erhitzung auf 260° eine Stunde lang Wasser-
stoff durch das Oel geleitet. Sie schreiben: „Das Silberoxyd blieb
unverändert und leitete, in reinem Zustand isoliert, den elektrischen
Strom nicht.“
Wenn man diesen Versuch wiederholt, dann kann man schon
mit dem bloßen Auge erkennen, daß sich reines Silbermetall bildet,
und die elektrische Leitfähigkeit ist eine vorzügliche. Silberoxyd
zerfällt übrigens auch ohne die Mitwirkung von Wasserstoff beim
Erhitzen im Oel schon weit unterhalb 260° in Metall und Sauerstoff.
Es ist mir ein Rätsel, daß Bedford und Erdmann
die elektrische Leitfähigkeit dieses reinen Silbermetalles nicht er-
kennen konnten. Sie hätten das Silberpulver nur im Mörser zu
reiben brauchen, um es zu blankem Metall zu polieren. Es leitet
aber auch ohne dies vorzüglich.
Erdmann will auch hier, wie beim Nickeloxyd, die Re-
duktion des Silberoxyds auf das Vorhandensein von reduzie-
renden Stoffenim Baumwollsamenöl zurückführen,
568 G. Frerichs: Fetthärtung.
obgleich er zugeben muß"), daß bei der Wiederholung des von
Bedford in England ausgeführten Versuches mit reinem Baum-
wollsamenöl eine teilweise Reduktion des Silberoxyds
zu Silber bei 260° eintrat. Er bemerkt dazu:
„Lch bin überzeugt, daß die Art des Oeles, vielleicht ee die
Bereitung des Silberoxyds die Ursache dieses verschiedenen Ver-
haltens ist.‘
Mit einer derartigen. Annahme oder ‚„Ueberzeugung‘‘ ist, aber
die Tatsache, daß das Silberoxyd ganz glatt zu Silber reduziert
wird, nicht zu widerlegen. Ich habe die Versuche auch mit anderen
Oelen als mit Baumwollsamenöl ausgeführt (mit Erdnußöl und
Sesamöl). Dabei wird der Boden des Kolbens teilweise blank ver-
silbert, das durch Absetzenlassen und Auswaschen mit Benzol
isolierte Silber bildet teils glänzende 'Flitterchen wie Blattsilber,
teils ein graues Pulver, das beim Reiben glänzend weißes Metall
ergibt. Beim Kupferoxyd ist es nicht anders. Sowohl Kupferoxydul
wie Kupferoxyd werden’in einem beliebigen reinen Oel'bei 250—260°
durch Wasserstoff glatt zu Metall reduziert, was man schon mit
bloßem Auge erkennen kann. Die Wandung des Kolbens wird,
wenn das Kupferoxyd in dem Oel fein verrieben wird, schön blank
verkupfert, und das durch Absetzenlassen gesammelte Kupfer
läßt sich schon in dem Oelrest, besonders aber nach dem Auswaschen
mit Benzol, durch Reiben in blankes Metall verwandeln. Beim
Silberoxyd und beim Kupferoxyd ist die Hinfälligkeit der Hypothese
vonBedfordundErdmann, daß das Oelals ‚Schutzelement‘“
wirkt, schon mit bloßem Auge zu erkennen. Man kann nicht sagen,
daß die Hypothese bei den Nickeloxyden besser begründet ist, weil
das reduzierte Nickelmetall nicht so blank ist wie Silber und Kupfer,
und weil es nicht ganz so leicht ist, das Nickelmetall als solches
zu erkennen. Sorgfältig ausgeführte Versuche haben gezeigt, dab
die Hypothese bei den Nickeloxyden genau so hinfällig ist, wie
dei Silber- und Kupferoxyd.
Nickelsalze.
Nicht Pe als Nickeloxyd wirken bei der Fetthärtung
Nickelsalze. Auch diese geben infolge der Einwirkung des Wasser-
stoffs zunächst Nickelmetall und dieses wirkt dann als Wasser-
stoffüberträger. Bedford und Erdmann sind allerdings
auch hierüber anderer Ansicht. Sie schreiben über die Wirkung
organischer Nickelsalze?) :
ı) Journ. f. prakt. Chemie 1915, 91, S. 483.
2) Journ. f. prakt. Chemie 1913, 87, S. 445.
G. Freriche: Fetthärtung. 569
„Organische Nickelsalze wirken an sieh nicht als Reduktions-
kutalysator, Sie werden aber in dem auf 200-- 250° erhitzten Oele,
sobald eine bestimmte Temperatur erreicht ist, durch Wasserstoff
zersetzt, indem sich Nickeloxyde und unter bestimmten Bedingungen
auch er Nickel bildet. Die Nickeloxyde wirken dann als
Wasserstoffüberträger.
Aus Nickelformiat entsteht unter den genannten Bedingungen
bei 210° Nickelsuboxyd, bei 250° daneben auch metallisches Nickel.‘
Danach sollen also auch wieder Nickeloxyde als Wasser-
stoffüberträger wirken.
Nach einem Patent von Erdmann, D.R.P. 217846, werden
aus Nickelsalzen organischer Säuren bei 150—-250° durch Wasser-
stoff die freien Säuren abgespalten, wobei Nickelmetall zurück-
bleiben muß: (RCOO),Ni + 2 H = 2 RCOOH + Ni; im Oel
müßte danach das Verhalten der Nickelsalze wieder anders sein,
als bisher bekannt war.
Aber selbst wenn man ‚annimmt‘, daß die Nickelsalze in
Oel durch Wasserstoff anders zerlegt werden als ohne Oel, daß in
Oel tatsächlich Nickeloxyde gebildet werden, so ändert das an
der Sache nichts, denn die Nickeloxyde werden dann einfach ebenso
wie. das Nickeloxyd nach dem Verfahren von Bedford und
Erdmann zu Nickelmetall reduziert, und dieses wirkt dann als
Wasserstoffüberträger.
Bei Anwendung von Nickelformiat kann man das
Vorhandensein von Nickelmetall nach der Härtung auch bei 210°
genau so gut wie bei Anwendung von Nickeloxyd durch die Fest-
stellung der elektrischen Leitfähigkeit und durch. die Bildung von
Nickelearbonyl nachweisen.
Andere organische Nickelsalze verhalten sich nicht anders.
Auch Ber gius bezweifelt nicht, daß aus organischen Nickel-
salzen, besonders aus dem Nickelformiat, Nickelmetall ent-
steht, und daß dieses dann als Katalysator wirkt. Er schreibt):
„Technische Bedeutung hat ein Verfahren von Wimmer
und Higgins gewonnen, die organische Nickelsalze, so z. B. das
ameisensaure Nickel, im Oel auflösten und nachher unter Erwärmung
Wasserstoff einleiteten. Der Katalysator wird auch bei diesem Ver-
fahren im Oel selbst erzeugt, indem das ameisensaure Nickel in Nickel
und Kohlensäure zerfällt und das Nickel in feiner Verteilung im Oel
bleibt. Die Abhängigkeit dieser Arbeitsweise vom Normann’'schen
Verfahren ist kaum zu bezweifeln.‘
1) Ztschr. f. angew. Chemie 1914, S. 524.
570 G. Frerichs: Fetthärtung.
Nicht anders als Nickelformiat verhält sich auch das Nickel-
karbonat, das von Fuchs und Granichstädten An-
gewandt worden ist. |
Bergius schreibt hierüber:
„Das Karbonat zerfällt bei der Arbeitstemperatur unter Kohlen-
säureabscheidung und Bildung von Nickeloxyden. Auch dieses Ver-
fahren ist also entweder von dem Erdmann’schen oder von dem
Normann’schen abhängig.‘
Da aber das aus dem Nickelkarbonat zuerst vielleicht ent-
stehende Nickeloxydul durch die Einwirkung des Wasserstoffs bei
der Arbeitstemperatur zu Nickelmetall reduziert wird, so ist auch
bei der Anwendung von Nickelkarbonat der wirksame nen
nichts anderes als Nickelmetall.
Das gleiche gilt für das Niekelborat, dessen Anwendung
die Firma ©. u. G. Müller, Speisefettfabrik A-G., Neukölln, nach
der Ausarbeitung von H. Schönfeld zum Patent angemeldet
hat. Sehönfeld ist der Ansicht, daß Nickelborat selbst als
Katalysator wirken kann, und daß der Wasserstoff keine chemische
Veränderung des Borates bewirkt. Er schreibt):
„Zwecks Erhöhung der katalytischen Wirksamkeit ist es VOT-
teilhaft, das Borat vor der Verwendung auf 300° im Wasserstoffstrom
zu erhitzen. Dureh diese Behandlung verliert es den größten Teil des
Krystallwassers; eine chemische Veränderung findet aber dabei nicht
statt. Die Entziehung des Wassers ist von großer Bedeutung für die
Härtung. Wird wasserhaltiges Salz als Katalysator ver-
wendet, so verliert es den größten Teil des Krystallwassers während
der Härtung und bildet Klumpen, welche sich nicht mehr im Oel so
gut verteilen, wie das wasserärmere Salz. Auch ist bei der Hydrierung
mit dem wasserhaltigen Borat eine höhere Temperatur erforderlich.‘
Um dieses Verfahren hat sich, wie schon erwähnt, ein Streit
entsponnen zwischen Normann und Erdmann, von denen
der erstere behauptet, daß auch hier der wirksame Katalysator
nichts anderes ist als Nickelmetall, während Erdmannangibt,
daß sich Nickelsuboxy.d bildet. Durch zwei Versuche hat Erd -
mann festgestellt, daß einfach durch Erhitzen auf 290— 340° im Luft-
oder Stickstoffstrom entwässertes, nicht mit Wasserstoff behandeltes
Nickelborat bei 160-—-180° nicht als Wasserstoffüberträger wirkt.
Die Richtigkeit dieser Versuchsergebnisse kann ich bestätigen.
Selbst bei 250—260° konnte ich keine härtende Wirkung des nicht
mit Wasserstoff behandelten Nickelborats auf Sesamöl feststellen.
Die Jodzahl hatte nach 1%, stündiger Dauer des Versuches nicht
1) Seifensieder-Zeitung 1914, S. 945.
G. Frerichs: Fetthärtung. 571
abgenommen. Lediglich entwässertes, nicht mit Wasserstoff be-
handeltes Nickelborat wirkt also nicht als Wasserstoffüberträger.
Die Wirkung tritt erst ein, wenn durch die Behandlung mit Wasser-
stoff bei höherer Temperhtur (300- 400°) das Borat, oder ein er-
heblicher Anteil desselben, eine#erlegung und Reduktion erfahren hat.
Darüber, daß das Borat im Gegensatz zu der Annahme
Schönfelds eine chemische Veränderung durch die Wirkung
des Wasserstoffs erleidet, stimmt Erdmann mit Normann
vollkommen überein. Eine chemische Veränderung des Borats
ist auch sehr leicht zu erkennen. Das genügend lange bei 300°
(oder auch bei höherer Temperatur) mit Wasserstoff behandelte
Nickelborat verteilt sich im Oel mit braunschwarzer Farbe im Gegen-
satz zu dem Borat, das im Luft- oder Stickstoffstrom lediglich
entwässert wurde. Letzteres behält eine grüne Farbe. Das mit
Wasserstoff behandelte Borat reduziert Eisenchlorid, Phosphor-
molybdänsäure und Phosphorwolframsäure, was nicht der Fall sein
würde, wenn es lediglich entwässert und nicht reduziert wäre. Es
fragt sich nur noch, ob das reduzierte Borat Nickelmetall, wie
Normann behauptet, oder Nickelsuboxyd, we Erdmann
behauptet, enthält. Nach Erdmann soll die Borsäure als ‚‚Schutz-
element‘‘ die Reduktion zum Metall verhindern, die Reduktion
soll, weil Borsäure zugegen ist, nur bis zum Suboxyd gehen. Durch
die Carbonylreaktion läßt sich aber leicht nachweisen,
daß die Hypothese Erdmann’s falsch ist. Die Borsäure hindert
‘die Reduktion bis zum Metall nieht, denn es läßt sich in dem mit
Wasserstoff behandelten Niekelborat Nickelmetall nachweisen.
Erhitzt man Nickelborat so lange bei 300% im Wasserstoffstrom,
bis eine katalytische Wirkung festzustellen ist, dann ist auch durch
die Carbonylreaktion Nickelmetall nachzuweisen. Bei 300° erfolgt
die Zerlegung und Reduktion des Nickelborats ziemlich langsam
wie Normann!) bereits ausgeführt hat. Meine eigenen Versuche
bestätigen die Angaben Normann’s. Halbstündiges Erhitzen
des Borats im Wasserstoffstrom, wie es Sehönfeld vorschreibt,
genügt nicht, um aus dem Borat soviel Nickelmetall zu erzeugen,
daß ein brauchbarer Katalysator entsteht, es sei denn, daß das
Borat beim Auswaschen mit Wasser durch hydrolytische Spaltung
zum Teil schon in Nickelhydroxydul umgewandelt ist. Die mit
einem Nickelborat von Kahlbaum, das 1, Stunde bei 300°
mit Wasserstoff behandelt war, erzielte Härtung war sehr gering,
572 G. Frerichs: Fetthärtung.
schwach. Erst wenn. man das Borat längere Zeit bei 300-400
mit Wasserstoff behandelt, erhält man einen wirksamen Katalysator,
und dann läßt sich durch die Carbonylreaktion Nickelmetall
mit aller Deutlichkeit nachweisen. Die Carbonylreaktion läßt
sich in der von Normann beschriebenen Weise leicht ausführen.
Man läßt das reduzierte "Borat im Wasserstoffstrom erkalten,
verdrängt den Wasserstoff durch Kohlendioxyd, bringt das reduzierte
Borat in Wasser, erwärmt dieses etwas, um die Borsäure (Bortrioxyd)
aufzulösen, und filtriert das Ungelöste, das zum Teil noch aus nicht
reduziertem Borat besteht, durch einen Goochtiegel ab, mit der Vor-
sicht, daß keine Luft durch den Niederschlag gesogen wird. Der durch
Abpressen mit Filtrierpapier von einem Teil des Wassers befreite
Niederschlag wird noch feucht in das Kohr .des elektrischen Ofens
zurückgebracht und unterhalb 100° im Wasserstoffstrom getrocknet.
Nach dem Troeknen leitet man Kohlenoxyd. durch das Rohr und
zerlegt das Nickelcarbonyl durch Erhitzen in einem mit Porzellangrieß
beschickten, schwer schmelzbaren Glasrohr.
Auf diese Weise läßt sich das Vorhandensein von Nickel-
metall in dem mit Wasserstoff behandelten Nickelborat mit
Sicherheit nachweisen. Es wird nach dem Sehönfeld’schen
Verfahren also erst feinverteiltes Nickelmetall kg und dieses
wird dann zur Fetthärtung benutzt.
Nach einer. zu Anfang dieses Jahres ausgelegten Patentan-
meldung will die Firma ©.u.G. Müller auch Nicekelsilikat
als Katalysator für die Fetthärtung verwenden. Auch dieses Nickel-
salz wirkt an- sich nicht als Wasserstoffüberträger. Erhitzt man
aber Nickelsilikat im Wasserstoffstrom bei etwa 300°, so erhält
man ein aus einem Gemisch von sehr feinverteiltem Nickelm etall
und Kieselsäureanhydrid bestehendes Pulver, das ein sehr guter
Katalysator ist. Letzteres ist weiter nicht zu verwundern, weil
das durch Reduktion aus dem Silikat erhaltene Gemisch ziemlich
genau das gleiche ist, wie ein mit Hilfe von Kieselgur hergestellter
Nickelkatalysator.
Zusammenfassung.
Es ist lediglich eine Annahme Erdmann’s und seiner
Mitarbeiter, daß die Reduktion der Nickeloxyde durch Wasserstoff
im Oel bei einem Suboxyd haltmacht.
Es ist lediglich eine Annahme, daß ein solches Suboxyd als
Wasserstoffüberträger wirkt. Die Existenz eines Nickelsuboxy ds
ist überhaupt noch zweifelhaft.
Es sind lediglich Annahmen, daß Nieckeloxy dh ydrüre
sich bilden können, und daß diese als Wasserstoffüberträger wirken.
G. Freriehs: Fetthärtung. 9573
Es sind lediglich Annahmen und Behauptungen, daß Nickel-
verbindungen, wie Nickelborat, -silikat und andere Salze als Wasser-
stoffüberträger wirken können.
Festgestellt ist dagegen mit aller Sicherheit, sowohl durch die
elektrische Leitfähigkeit, wie durch die Carbonylprobe (auch bei 30°),
daß Nickel metall entsteht, wenn unter Anwendung von Nickel-
oxyd und anderen Nickelverbindungen eine Fetthärtung eintritt.
Es.ist damit auch festgestellt, daß die Reduktion des Nickel-
oxyds durch Wasserstoff im Oel nicht bei einem Suboxyd halt-
macht, sondern ebensogut wie bei der trockenen Reduktion bis
zum Metall geht.
Festgestellt ist ferner, daßdasNichterkennenkönnen
des Nickelmetalls durch die elektrische Leitfähigkeit
seitens Erdmann’s und seiner Mitarbeiter lediglich in den Ver-
unreinigungen der untersuchten, Massen mit. fettsaurem Nickel
und anderen Stoffen seine Ursache hat. So haben Siegmund
und Suida nicht einmal einen Gehalt von mindestens 48%, Nickel-
metall, der nach ihren eigenen Analysen vorhanden gewesen sein
muß, durch die elektrische Leitfähigkeit erkennen können.
Die von Erdmann zum Beweise der Wirkung von Nickel-
oxyden angeführten Vergleichsversuche können nicht als Beweis
gelten, weil eine Vergleichsmöglichkeit bei den Versuchen wegen
der verschiedenartigen Beschaffenheit des trocken oder in Oel
reduzierten Nickelmetalles ausgeschlossen ist.
Es muß als erwiesen gelten, daß bei der
Fetthärtung unter Anwendung von Nickel-
oxydoder NickeloxydulundvonNickelsalzen
der Wasserstoffüberträger lediglich das aus
den Verbindungen dureh die Einwirkung des
Wasserstoffs entstehende freie Nickelmetallist..
Nach allem was nach dem heutigen Stande der Wissenschaft
erkennbar und durch exakte Versuche nachgewiesen ist, gilt der
Satz: „Keine Fetthärtung ohne freies Metall.“
574 R. Boelım: Krotonharz,
Aus dem pharmakologischen Institut der Universität Leipzig.
Ueber Krotonharz.
Von R. Boehm.
(Eingegangen den 19. XI. 1915.)
Im Jahre 1895 beschrieben Dunstan und Boole!®) als
wirksamen Bestandteil des Krotonöls einen festen, harzähnlichen
Körper, Krotonresin. Ich wurde auf diese Mitteilung erst aufmerksam,
nachdem ich mich vor 7 Jahren schon längere Zeit mit der Unter-
suchung des Krotonöls beschäftigt hatte und zu ähnlichen Er-
gebnissen wie die oben genannten Autoren gelangt war. Aus von
Merck bezogener, nach Kobert’s Vorschrift dargestellter
„Krotonolsäure‘‘ konnte ich reichliche Mengen eines in Petrol-
äther unlöslichen neutralen Anteils von stärkster Wirkung ab-
trennen, der bei weiterer Reinigung ein fast farbloses, in. seinen
Eigenschaften dem Krotonresin ähnliches Harz lieferte. Die che-
mische Untersuchung des Krotonöls und Krotonharzes wurde
dann mit längeren Unterbrechungen von mir fortgesetzt.
Das von einer hiesigen Drogenhandlung bezogene hellgelbe
bis braunrote Rohöl war nach Angabe des Fabrikanten aus Ceylon-
saat hergestellt. Während mehrerer Jahre war nur dunkleres,
später wiederum nur ganz helles Oel zu beschaffen.
Krotonöl ist bekanntlich optisch rechtsdrehend. Bei den
von mir untersuchten Oelen variierte [x]o zwischen + 5° und + 8°,
Ich füge einige nähere Daten hierfür bei.
1) Pharmaceut. Journ. and Transact. 55, 1895, S. 5. Die Autoren
gingen von dem in starkem Alkohol löslichen Anteil des Oeles aus und
verseiften denselben durch Erhitzen mit Bleiglätte und Wasser auf dem
Dampfbade; durch franktionierte Fällung des alkoholischen Auszuges
des Bleipflasters mit Wasser wurde schließlich das Harz gewonnen, das
auch aus der Kobert’schen Krotonolsäure zu erhalten war, die die
Autoren als ein größtenteils aus unwirksamen Fettsäuren und Kroton-
resin bestehendes Gemenge bezeichnen. Die Analyse führte zu der
Bruttoformel C,;H,30,. Bei der Behandlung mit Alkali entstanden
Fettsäuren der Essigsäurereihe, aber kein Glycerin. Der Körper-
Schmelzpunkt 90° — ist chemisch indifferent.
R. Boelım: Krotonharz. 575
Farbe.
No. ide Oki [& Io | Lösungsmittel Ten 7
1 | hellgelb | [a] + 5039 Chloroform- 8,4
2 hellgelb [a]? +70 29° Chloroform 16,8
3 braungelb I Ha au Br Chloroform 26,04
4 hellgelb | [aJjb + 5036’ Chloroform \
5 | hellgelb | a) fa]p + 6° 30° ohne Lösungsmittel | —
I 'b) fe] + 60 17° Chloroform ai
6 | braunrot | [ali® + 8012’ Chloroform ze
Wie aus den Zahlen unter 5 a) und b) ersichtlich, hat es keinen
Einfluß auf den Grad der Drehung, ob man das Oel ohne Lösungs-
mittel oder in Chloroform gelöst polarisiert.
Die optische Aktivität des Rohöls gewinnt an Bedeutung
durch den Umstand, daß sie, wie ich fand, in erhöhtem Maße auch
dem Krotonharze zukommt. Da das Oel nach meinen bisherigen
Untersuchungen außer diesem keine anderen optisch aktiven Sub-
stanzen enthält, und der Drehungswinkel in Chloroformlösungen
dem Prozentgehalt an Harz proportional ist, so gibt die polari-
metrische Untersuchung des Oels einen bequemen Maßstab für seine
Wertbestimmung ab.
Durch mehrmalige Extraktion des Rohöls mit je vier Vol.
Methylalkohol (in der Kälte) kann dem Oel das wirksame Harz
nahezu vollständig entzogen werden. Die Destillationsrückstände
des Methylalkohols dienen zweckmäßig zur Isolierung des Kroton-
harzes. Das hinreichend oft mit Methylalkohol extrahierte Oel
ist schließlich fast neutral und optisch inaktiv.
Zum Beleg hierfür mögen die folgenden Daten dienen:
110 g helles Oel [x] 5°45’; Säurezahl 8,4, gaben:
1. nach dreimaliger Extraktion mit CH,OH 15,0 g Extrakt
(13,6%) und 95 cem Oel: [x]? + 1° 15’; Säurezahl 0,56,
2. nach abermals dreimaliger Extraktion des Oelrück-
standes von 95 cem 6,0 g Extrakt und 81 cem Oel:
[«]5 + 0° 30°,
3. nach weiterer sechsmaliger Extraktion obiger Sl cem
Oel verblieben 5,4 g Extrakt und 70 cem Oel:
(x) = 0.
Die Drehung der Auszüge 1—3 betrug [x]» + 23,75°;
> 2} 2) 2» 4—6 ” [Jo 2 - 18,03°;
si is Hr 72 „ kP+ 01°.
576 R. Boehm: Krotonharz.
Die Acidität des käuflichen Krotonöls schwankt nach einigen
in obiger Zusammenstellung angeführten Zahlen in weiten Grenzen
(Säurezahl 8,4—26,04).
Das rohe Krotonöl hat noch eine weitere chemische Eigentüm-
lichkeit: bei der Einwirkung von fixen Alkalien in alkoholischer
Lösung entsteht eine tief rotbraun gefärbte Seifenmasse, während
bekanntlich die meisten fetten Pflanzenöle fast farblose Alkaliseifen
bilden. Ich fand, daß auch diese Reaktion vom Krotonharz herrührt.
Völlig davon durch Extraktion mit Methylalkohol befreites Krotonöl
gibt eine farblose Seifenmasse. Krotonharz selbst färbt sich in
alkoholischer Lösung, je nach der Konzentration, schon in der Kälte
oder erst nach gelindem Erwärmen auf Zusatz von alkoholischem
Kali, oder noch besser von Natriumalkoholat, mehr oder weniger
intensiv rotbraun. Die Reaktion ist zwar nicht sehr empfindlich
— die Grenze liegt bei einem Gehalt der Lösung von 0,2—0,25%
reinem Krotonharz —, kann aber trotzdem bei der chemischen
Untersuchung gelegentlich gute Dienste leisten.
Darstellung des Krotonharzes.
Das Verfahren, durch welches ich zu reinem Krotonharz
gelangte, war ein anderes als das von Dunstan und Boole
angewandte.
Als Ausgangsmaterial diente das Methylalkoholextrakt des
Rohöls. Bei Verarbeitung größerer Mengen begnügte ich mich mit
ein- bis dreimaliger Extraktion des Rohöls mit 4 Vol. Methyl-
alkohol, wodurch 19—25°%, des Oelgewichts an Extrakt erhalten
wurden.
Zunächst wurden nun diesem ein dickes Oel bildenden Extrakt‘
die freien Fettsäuren entzogen. Man kann dazu zweierlei Wege ein-
schlagen. Der eine, etwas zeitraubendere, besteht darin, daß in die
10% ige Lösung des Extraktes in absolutem Alkohol sukzessive
so lange in kleinen Portionen und unter anhaltendem Schütteln
festes, feinst gepulvertes Barythydrat eingetragen wird, bis die
Flüssigkeit nach dem Absetzen auf Lackmus nicht mehr sauer bzw.
ganz schwach alkalisch reagiert. Der Umschlag macht sich hierbei
auch dadurch bemerklich, daß die Baryumseifen sich rascher absetzen
und die Flüssigkeit einen rötlichen Farbenton annimmt, der sich
rasch bis tiefrot steigert, wenn überschüssiges Barythydrat zugegeben
worden ist. Die voluminösen unlöslichen Baryumverbindungen
lassen sich leicht und rasch von der gelbrötlichen klaren Flüssigkeit
abfiltrieren; das Filtrat kann dann unmittelbar weiter verarbeitet
werden,
R. Boehm: Krotonharz. 577
Etwas bequemer, aber weniger empfehlenswert hinsichtlich
der Harzausbeute ist das folgende Verfahren. Je 50 g Extrakt werden
mit 70 cem Pottaschelösung (10%ig) und 15 ceem H,O im Scheide-
triehter gut gemischt, hierauf 250 cem Petroläther und 50 cem
Alkohol zugegossen und damit einige Minuten lang gut durchge-
schüttelt. Die wässerige Schicht enthält dann die Kaliseifen der
freien Fettsäuren, im Petroläther bleiben die Neutralfette und die
Hauptmenge des Krotonharzes zurück; ein erheblicher Teil des
letzteren wird allerdings in die alkoholhaltige wässerige Schicht
mitgerissen, der man es eventuell durch Ausschütteln mit Aether
‘ wieder entziehen kann. Aus 400 g Extrakt resultierten so beispiels-
weise 195 g freie Fettsäuren und 202 g des Gemisches von Neutral-
fetten und Krotonharz. Die freien Fettsäuren erwiesen sich nach
entsprechender Isolierung als unwirksam. Durch Wasserdampf-
destillation konnten aus dem (Gemenge derselben die niederen
Glieder der Essigsäurereihe, wie Essigsäure, Buttersäure, Valerian-
säure usw. niemals auch nur Spuren, ebensowenig wie Tiglinsäure
erhalten werden. Sie sind also jedenfalls im Krotonöl nicht als freie
Säuren vorhanden. Nach dem Abdestillieren des Alkohols aus dem
bei der zuerst beschriebenen Barytmethode erhaltenen Filtrate,
bzw. nach dem Abdestillieren des Petroläthers bei Befolgung der
zweiten Methode hat man nunmehr Gemische von Neutralfett und
Krotonharz vor sich. Aber auch hieraus ist das Harz nicht ohne
weiteres, etwa durch verschiedene Lösungsmittel von den großen
Mengen der Neutralfette zu trennen; es ist unerläßlich, die letzteren
soweit wie möglich zu verseifen. Natron und Kali sind hierzu un-
geeignet, weil sie sofort das Harz tiefgreifend zersetzen. Ich vollzog
daher die Lipolyse durch Enzyme, in den früheren Versuchen durch
Rizinuslipase (sorgfältig durch Aetherextraktion entfettete und
dann fein gepulverte Rizinussamenkerne, möglichst frisch hergestellt;
davon auf 100 g Substrat 10,0 g und 60 cem !/,„-N.-Essigsäure,
S Tage lang unter zeitweiligem Umschütteln stehen gelassen). Später
wurde entfettetes Chelidoniumsamenpulver verwendet, das erheblich
wirksamer ist als Rizinuslipase und den Zusatz von Essigsäure _
überflüssig macht.
Nach Beendigung der Enzymwirkung wird in beiden Fällen
das Gemisch erst wiederholt mit Alkohol und zuletzt mit Aether
extrahiert. Die noch Wasser und das Glycerin enthaltenden alko-
holischen Auszüge werden zunächst für sich abdestilliert und der
Destillationsrückstand mit Aether extrahiert, der endlich mit dem
letzten ätherischen Auszug zusammen der Destillation unterworfen
wird. Der gesamte Destillationsrückstand wird dann nach einer
Arch. d. Pharm. CULIII. Bds, 8. Heft. 57
578 BR. Boehm: Krotonharz.
der beiden oben beschriebenen Methoden abermais von den frei-
gewordenen Fettsäuren getrennt.
Auch durch Anwendung einer der: beiden genannten Lipasen
läßt sich in unserem Falle das Neutralfett nicht entfernt vollständig
zerlegen, obwohl es leicht gelingt, die Säurezahl des Gemisches
“sehr bedeutend zu erhöhen. Die Versuche mit Rizinuslipase sind als
Belege hierfür wegen des Essigsäurezusatzes nicht gut zu verwerten.
Nach Verseifung mit Chelidoniumsamen (ohne Essigsäurezusatz)
wurde wiederholt eine Zunahme der Säurezahl um das 5—12 fache
konstatiert.
Es läßt sich zurzeit nichts Sicheres darüber sagen, weshalb im
vorliegenden Falle sich stets ein relativ großer Teil der Neutralfette
der Enzymwirkung entzieht. Cholesterinfett konnte ich nieht nach-
weisen, halte es aber für wahrscheinlich, daß von einer gewissen
Konzentration an das Harz die Enzyme schädigt und unwirk-
sam macht.
Nach den zuletzt Ban nn te hin Prozeduren verbleibt ein dick-
flüssiges, wenig gefärbtes Oel, das immer noch in allen Verhältnissen
in Petroläther löslich ist; es wird nun in Portionen von 30 bis 50 g in
der fünffachen Menge absoluten Alkohols gelöst, in die Lösung
sukzessive 3—5 g feinst gepulvertes Barythydrat gebracht, damit
15 Minuten lang gut durchgeschüttelt und dann sofort abfiltriert;
das Filtrat behandelt man noch zweimal in gleicher Weise mit
Barythydrat, wäscht die Barytmasse jedesmal wiederholt mit ab-
solutem Alkohol und destilliert letzteren schließlich ab.
Dieses Barytveriahren ist das Ergebnis vieler Vorversuche.
Barythydrat löst sich in absolutem Alkohol nur 0,036 : 100. Trotz
dieser Schwachen Konzentration macht sich bei Abwesenheit freier
Fettsäuren die Einwirkung auf das Krotonharz beim Schütteln als-
bald durch stärkere Rotfärbung der Flüssigkeit bemerklich. Läßt
man die Einwirkung längere Zeit dauern, so wird allmählich ein
großer Teil des Harzes zersetzt. Es hat sich rein empirisch als
vorteilhaft erwiesen, wiederholt kleinere Mengen von Barytpulver
einwirken zu lassen. In der abfiltrierten Flüssigkeit, in welcher der
Bodenkörper fehlt, schreitet die Zersetzung auch in der Hitze nicht
weiter fort. Die neben dem Harz noch vorhandenen Neutralfette
werden durch die kleinen in Lösung belindlichen FRSEREFER kaum
angegriffen.
Dem im Vakuum einer Oelpumpe sorgfältigst von den letzten
Spuren von Alkohol befreiten Destillationsrückstande kann man
nunmehr durch Extraktion mit Petroläther alles Neutralfett ent-
ziehen, während der größte Teil des Harzes mit seinen braunroten
Zersetzungsprodukten ungelöst im Kolben als fast pulvertrockene
R. Boehm: Krotonharz. 579
Masse verbleibt. Diese muß nun aber noch von sehr geringen Baryt-
mengen und den Zersetzungsprodukten des Harzes gereinigt werden.
Zu diesem Zweck wird die Masse in Aether aufgenommen, die äthe-
rische Lösung zuerst zweimal mit sehr verdünnter Salzsäure, dann
zwei- bis dreimal mit Sodalösung (1%ig) und zuletzt mehrmals mit
Wasser ausgeschüttelt. Endlich hinterläßt die so gereinigte und mit
wasserfreiem Glaubersalz gut getrocknete ätherische Lösung nach
längerem Evakuieren ihres Destillationsrückstandes an der Oelpumpe
pulvertrockenes Krotonharz, das noch einige Male mit Petroläther
abgewaschen, abermals gut evakuiert und dann möglichst trocken
aufbewahrt wird.
Zur Erläuterung des beschriebenen Verfahrens möge noch
folgendes beigefügt werden. Es hat sich gezeigt, daß das Harz nur
unter der Bedingung isolierbar ist, daß ein Bruchteil desselben durch
Einwirkung von Alkali (Baryt) zersetzt wird. Das Produkt dieser
Zersetsung ist ein braunrotes, saures, in Sodalösung lösliches, in
Petroläther unlösliches Harz, dessen Anwesenheit wahrscheinlich
bewirkt, daß die Hauptmenge des unzersetzt gebliebenen Kroton-
harzes bei der nun folgenden Behandlung mit Petroläther von den
zugleich noch vorhandenen Neutralfetten nicht mehr in Lösung
mitgerissen wird und so isoliert werden kann.
Das bei der partiellen Zersetzung durch Baryt gebildete saure
Harz ist unwirksam. Schüttelt man aber die ätherische Lösung
eines Gemenges desselben mit wirksamem unzersetzten Krotonharz
mit Sodalösung aus, so findet eine Löslichkeitsbeeinflussung insofern
statt, als zugleich mit der unwirksamen Harzsäure erhebliche Mengen
des an sich in Sodalösung unlöslichen Krotonharzes in. Lösung mit-
gerissen werden und so die Existenz einer giftigen Säure vortäuschen
können. Der giftigen Sodalösung kann aber das mitgerissene Kroten-
harz leicht durch Ausschütteln mit Aether wieder entzogen werden,
und in der alkalischen Lösung verbleibt nur das Salz der gänzlich
unwirksamen braunen Harzsäure. »
Nimmt man unter der, wie schon erwähnt, zutreffenden Vor-
aussetzung der Proportionalität von Drehungswinkel und Harzkon-
zentration die optische Drehung zum Maßstab, so läßt sich hieraus
der Gehalt des Rohöls an Harz berechnen und auch die durch das
beschriebene Darstellungsverfahren erzielte Ausbeute beurteilen.
‘ Dafür diene folgendes Beispiel. Zu einem im größeren Maßstab durch-
geführten Versuch diente ein Rohöl von [&x]p = -+ 6,1°. Die Drehung
des daraus gewonnenen reinen Krotonharzes war [@]p = + 61,1°.
Hieraus würde sich ein Gehalt des Rohöls von etwa 10%, reinen’
Krotonharzes berechnen. Durch nur einmalige Methylalkoholextrak-
37*
580 R. Boehm: Krotonharz.
tion resultierten 19% Extrakt [x]p = + 19,1°; es waren also etwa
2 Drittel der optisch aktiven Substanz im Extrakt enthalten. Die
Ausbeute, die für 1 kg Oel theoretisch sich auf 100 g beziffert, betrug
nur 20,0 g, also 20%, der berechneten. Bei der Umständlichkeit des
Verfahrens ist dieses Ergebnis nicht befremdlich. |
Ich habe schließlich Krotonharz auch durch Verseifung des
Methylalkoholextraktes mit Bleiglätte auf dem Wasserbad dargestellt
Auch hierbei färbte sich die Masse sehr intensiv dunkelbraun, und
findet also ebenfalls eine teilweise Zersetzung des wirksamen Körpers
statt. Ich erhielt aber auch so ein wirksames Harz, das zwar im
äußeren Aussehen dem nach meiner Methode gewonnenen ähnlich
war, sich aber von demselben durch dunklere Farbe und eine sehr
erheblich geringere optische Aktivität [«]» = + 35,330 unterschied.
Chemische Charakteristik des Krotonharzes.
Ich erhielt das Harz aus verschiedenen Rohölsorten als fast
farbloses oder hellrötlichgelbes, leicht stäubendes Pulver ; ein scharfer
Schmelzpunkt ist nicht zu ermitteln; zwischen 80-—-90° wird die
Substanz im Kapillarröhrehen weich, aber nicht dünnflüssig. Geruch
fehlt; der Geschmack kleinster Mengen ist zunächst bitter, hinterher
sehr scharf und lange anhaltend brennend. Im übrigen verhält sich
der Körper wie ein Kolloid und war auf keine Weise zum Kry-
stallisieren zu bringen.
‚Verhalten gegen Lösungsmittel. "In Wasser
ist Krotonharz nicht ganz unlöslich. Nach längerem Erhitzen
damit auf dem Wasserbad in einem zugeschmolzenen Glasrohr
löst sich so viel, daß die auch nach dem Erkalten klar bleibende
hellgelbe Flüssigkeit auf Frösche intensiv giftig wirkt.
Die organischen Lösungsmittel lösen mit Ausnahme von Ligroin
und Petroläther das Harz fast in allen Verhältnissen. Die Löslich-
keit in den zuletzt genannten ist sehr gering, nimmt aber sehr be-
deutend zu, sobald nur Spuren von Alkohol, Aether, Chloroform usw.
vorhanden sind. Mit größter Zähigkeit hält Krotonharz Lösungsmittel
fest. Unter Petroläther zerfließt es schon in der Kälte, wobei eine
Lösung von Petroläther in Harz entsteht; in verdünnten alkoholischen
oder Acetonlösungen wird das Harz durch Wasser, ähnlich wie
Mastixtinktur, in den Zustand feinster Suspension übergeführt.
Diese indifferente und sehr genau dosierbare Form ist für Versuche
an Tieren am meisten zu empfehlen.
In fetten Oelen, wie z. B. Olivenöl, löst sich das Harz nur in der
Wärme reichlicher in heißem Rizinusöl. Nach dem Erkalten solcher
Lösungen scheidet sich ein Teil des Gelösten langsam in kleinen
R. Boehm: Krotonharz. 581
runden Körnern wieder ab; auch wird es aus derartigen Oellösungen
durch Petroläther großenteils wieder ausgefällt.
Durch Methylalkoholextraktion von Harz und freien Fettsäuren
befreites Krotonöl löst bei 30° das Harz bis zu etwa 5%. Die
Lösungen bleiben nach dem Erkalten zwar klar, werden aber gleich-
falls durch Petroläther gefällt. Letzteres ist nicht mehr der Fall,
wenn zur Lösung ein Gemisch obigen Krotonöls mit 10% der aus
Rohkrotonöl dargestellten freien Fettsäuren verwendet wird. Auch
in den freien Fettsäuren allein ist das Harz reichlich löslich.
Auf Grund dieser Tatsachen kann man wohl mit größter Wahr-
scheinlichkeit annehmen, daß Krotonharz im Rohöl und auch im
Methylalkoholextrakt desselben einfach gelöst ist. Es ist ja auch an
die Möglichkeit zu denken, daß bei der Barytbehandlung am Schlusse
der Harzisolierung durch das Alkali, abgesehen von der teilweise
weitergehenden Zersetzung, noch irgendeine andere chemische Ver-
änderung der Harzes bewirkt wird, daß es vielleicht aus einer in
Petroläther löslichen lockeren molekularen Verbindung mit irgend-
einem der sonstigen Oelbestandteile losgelöst und so erst in Petrol-
äther unlöslich wird. Ich habe keine experimentellen Anhaltspunkte
für einen solchen Sachverhalt gefunden, kann aber seine Möglichkeit
auch nicht in Ahrede stellen.
Seinem sonstigen Verhalten nach ist Krotonharz ein chemisch
ganz indifferenter Körper; die Reaktion seiner Lösungen ist neutral.
In absolutem Aether gelöst, entwickelt es mit Natriummetall keinen
Wasserstoff, scheint also freie Hydroxylgruppen nicht zu enthalten.
Unter konzentrierter wässeriger Sodalösung bleibt das Harz in der
Kälte dauernd ungelöst und unverändert; auch wässerige Alkalilaugen
sind in der Kälte zunächst ohne Wirkung; nach längerem Stehen
damit, viel rascher in der Wärme erfolgt unter Rotbraunfärbung
Lösung und Zersetzung.
Alkoholische Lösungen des Harzes werden weder durch Blei-
acetat noch durch Silbernitrat (in alkoholischer Lösung) gefällt.
Beim Kochen der alkoholischen Harzlösung mit rauchender
Salzsäure färbt sich die Flüssigkeit anfangs schön rosenrot, dann
dunkelrot, wobei ein intensiver, sehr eigentümlicher Modergeruch
zu bemerken ist ; Erwärmen mit konzentrierter alkoholischer Schwefel-
säure bewirkt eine grasgrüne Färbung. -
Die Jodzahl des Harzes war im Mittel mehrerer Bestimmungen
76,98.
Die polarimetrische Untersuchung von Präparaten, die aus
verschiedenen Oelsorten dargestellt waren, gab (1 = 20 cm; Lösungs-
mittel Chloroform) folgende Zahlen:
582 R. Boehm: Krotonharz.
nn
Bezeichnung Temperatur
|
Aa des Rohöls | der Ablerungs [Jo
1 | sehr hell (1909) | 200 + 49,96°
2 \ braungelb (1911) 20° + 63,230
3 hell (1910) | 190 + 58,81
4 | "braungelb (1911) | 19° -+- 87,61
5 | braungelb (1912) | 20° | + 60,08°
6 ) dunkelgelb (1912) | 20” + 61,55
7) sehr hell (1914) | Pr + 57,60°
Der Elementaranalyse wurden drei verschiedene Präparate
(No. 1, 3 und 2 obiger Tabelle) HA GB
A. Krotonbarz [ap = + 49,96°.,
1. 0,0959 g gaben 0,0782 H,O (0,0087 g entsprechend 9,07% =;
0,2460 CO, (0,0673 g entsprechend 70,21% €).
2. 0,1711 g gaben 0,1409 H,O (0,0157 g entsprechend 9,18% H);
0,4346 CO, (0,1185 g entsprechend 69,26% C).
B. Krotonharz [a]; us + 58,81°.
1. 0,1377 g gaben 0,1063 H,O (0,0118 g entsprechend 8 ‚51% H);
0,3475 g CO, (0,0948 & entsprechend 68,85% CO,).
2. 0,1512 g Beben 0,1160 H,O (0,0129 g entsprechend 8 ‚53% H);
0,3803 CO, (0,1037 g entsprechend 68,59% C).
©. Krotonharz [a] = + 63,23°.
1. 0,1400 g gaben 0,1132 H,O (0,0126 g entsprechend 8,98%, AH);
0,3534 CO, (0,0964 g entsprechend 68,84% C).
2. 0,1405 g gaben 0,1110 H,O (0,0123 g entsprechend 8,78% H);
0,3533 CO, (0,0969 g entsprechend 68,97% ©).
H C
A. 1. 9,07% 70,21%
2. 9,18%, 69,26%
B. 1. 8,57% 68,85%
2. 8,53% 68,59%
©. 1. 8,98% 68,84%
12..8,78% 68,97%
Währerid die Analysen der Präparate unter B und € (mit relativ
hoher spezifischer Drehung) gut übereinstimmende Resultate hatten,
sind sie für © (niedrigste spezifische Drehung) etwas abweichend.
Aus den Analysenwerten von B und © berechnet sich als ein-
fachster Ausdruck für das Verhältnis von ‘Kohlenstoff, Wasserstoff
und Sauerstoff (C,H,O). Der vonDunstanundBoolegegebenen
R. Boehm: Krotonharz. 5883
Formel ©, „H,sO entsprieht ein geringerer Gehalt an Kohlenstoff und
Wasserstoff.
Es wurde auch versucht, die Molekulargröße des Harzes zu be-
stimmen und dazu die Präparate B und © verwendet (Lösungsmittel
Naphthalin). Die Ergebnisse stimmten nicht sehr gut überein.
Für B gaben drei Einzelversuche die Werte 640, 593 und 670:
für ©: 589, 646 und 628; im Mittel aller Versuche 627. Man könnte
sonach mit allem Vorbehalt die Formel C,,H,,O, aufstellen.
(Berechnet H = 8,57, C = 68,57; gefunden H = 8,71, C = 63,81%).
Viele, größtenteils fruchtlose Mühe ist darauf verwendet worden,
Einblick in die chemische Konstitution des Krotonharzes zu gewinnen;
ieh beschränke mich darauf, über meine zu diesem Zweek unter-
nommenen Versuche summarisch zu berichten.
Daß beider Hydrolyse des Harzes mit Alkali Glieder der Essig-
säurereihe entstehen, ist schon von Dunstan und Boole beob-
achtet. Meine Versuche bestätigen dies. Durch 12 stündige Einwir-
kung von 30%iger wässeriger Kalilauge wird vollständige Hydrolyse
erreicht. Aus dem dunkelbraunen, in Wasser klar und vollständig
löslichen Reaktionsprodukt scheiden sich nach dem Uebersättigen
mit verdünnter Schwefelsäure braune Harzmassen ab, wobei inten-
siver Geruch nach Fettsäuren, vorherrschend Isobuttersäure, auftritt.
Aus der durch Watte abfiltrierten sauren Flüssigkeit sind durch
Wasserdampfdestillation die leichter flüchtigen Glieder zu gewinnen,
während der abfiltrierten, in Wasser unlöslichen Harzmasse noch
reichliche Mengen teils öliger, teils bei gewöhnlicher Temperatur
fester Fettsäuren entzogen werden. Die Gesamtmenge der aus
reinem Krotonharz abspaltbaren Fettsäuren beläuft sich auf etwa
35%, des Ausgangsmaterials.
Neben den Fettsäuren entstehen nur amorphe feste harzähnliche
Stoffe, durchweg ungiftig und in Petroläther unlöslich ; teilweise sind
sie in heißem Wasser löslich — die Lösung wird durch Ferrichlorid
violettrot gefärbt. Ferner sind diese Harze in alkalischem Wasser
löslich, also von saurem Charakter; ich könnte amorphe Benzoyl-
produkte daraus gewinnen ; es dürften demnach wahrscheinlich mehr-
wertige Harzalkohole sein. In der Kalischmelze war nur Phenol
(identifiziert als Tribromphenol) aufzufinden. Man kann demnach
vermuten, daß Krotonharz eine esterartige Verbindung von Harz-
alkohol und Fettsäuren ist. |
Die Zerlegung des Fettsäuregemenges ist nur insoweit gelungen,
als Ameisensäure und Essigsäure qualitativ, Isobuttersäure, identifi-
ziert durch. das Silbersalz, und 'Tiglinsäure, identifiziert durch
584 R. Boehm: Krotonharz.
Kryställform, Schmelzpunkt und Analyse des Ca-Salzes, mit Be-
stimmtheit nachgewiesen wurden. Der Schmelzpunkt der höheren
Glieder ging bis auf 54°. Wahrscheinlich sind von den. niederen
Gliedern auch eine Valeriansäure, Heptyl- und Oktylsäure, von den
höheren Undezylsäure, Laurinsäure und Myristinsäure vorhanden.
Bekanntlich ist die ganz einwandfreie Trennung der Gemische dieser
Säuren, wenn überhaupt, nur mit großen Materialmengen möglich, -
die mir nicht zu Gebote standen.
Nach den Untersuchungen von E. Schmidt und
Berendes?) nimmt man zurzeit allgemein an, daß Krotonöl die
Glyceride der Ameisen-, Essig-, Tiglin-, Isobutter-, Isovalerian-,
und Heptylsäure (neben Laurin-, Myristin-, Palmitin- und Stearin-
säure) enthält. Ich habe mein besonderes Augenmerk auf das Vor-
kommen der niedermolekularen gesättigten Säuren und der Tiglin-
säure im Krotonöl gerichtet. Durch Verseifung von Krotonöl, das
vollständig von Krotonharz befreit war, war weder Tiglinsäure, noch
eine der mit Wasserdampf flüchtigen, gesättigten Säuren zu erhalten.
Sie fehlen auch, wie schon erwähnt, unter den dem Rohöl entzogenen
freien Fettsäuren, und ebenso den Gemengen freier Säuren, die
nach der Verseifung mit Rizinus- oder Chelidoniumenzym aus dem
Methylalkoholextrakt des Rohöls abgespalten wurden. Ich muß
es demnach für höchst unwahrscheinlich halten, daß die genannten
Säuren im Krotonöl als Glyceride enthalten sind. Nachdem sich
gezeigt hat, daß sie bei der Hydrolyse des fettfreien Krotonharzes
entstehen, ist auch kein zwingender Grund mehr für diese Annahme
vorhanden.
Unter der Voraussetzung, daß Krotonharz ein einheitlicher
Körper ist, müßte demselben, da außer den Harzalkoholen so zahl-
reiche verschiedene Fettsäuren entstehen, ein viel höheres Molekular-
gewicht als das oben angegebene zukommen. Da aber die Einheit-
lichkeit des Stoffes bis jetzt nicht sicher zu beweisen war, muß man
auch die Möglichkeit zugestehen, daß es ein Gemenge verschiedener
Harzester sein könnte, die wegen zu geringer Differenz ihrer Lös-
lichkeitsverhältnisse nicht voneinander zu trennen sind. So würde
es sich auch erklären, daß die Ergebnisse der polarimetrischen
Untersuchung und der Analyse von Harzen aus verschiedenen Sorten
von Krotonöl nicht so gut miteinander übereinstimmen, wie es
bei einem chemischen Individuum zu erwarten ist. Es könnten die
Ester der verschiedenen Säuren in verschiedenen: Oelen in mehr
oder weniger wechselnden Verhältnissen vertreten sein; so würde es
!) Annal. d. Chem. 191, 8. 94.
E. Wende: Sapo kalinus. 585
auch verständlich, daß man aus verschiedenen Oelen, wie
E. Sehmidt und Berendes fanden, Tiglinsäure in sehr
wechselnder Ausbeute erhält.
C. Paal und K, Roth!) konnten durch Reduktion mittels
kolloidalem Palladium Krotonöl vollständig von seiner scharfen und
giftigen Wirkung befreien. Die ursprüngliche Jodzahl des Oeles: 99,8
war nach beendeter Reaktion auf 0 gesunken. Herr Professor Paal
hatte die Güte, nach seiner Methode auch das von mir dargestellte
Krotonharz (Präparate verschiedener Darstellung) mit Palladium zu
behandeln. Nach hinreichend langer Einwirkung resultierten auch
bei diesen Versuchen Produkte, die auf Frösche und Kaninchen
nicht mehr giftig wirkten. Die Jodzahl — ursprünglich 77 — war
aber nur auf 12,5 gesunken. Die Analyse ergab 70% Ü (gegen 68,8%)
und 9,6% H (gegen 8,7%). Die reduzierte Substanz war amorph,
noch optisch aktiv und wurde durch Natriumalkoholat noch rot
gefärbt. Genauer sind die Reduktionsprodukte bis jetzt noch nicht
untersucht worden.
Aus dem pharmazeutisch-chemischen Universitätsinstitut
in Königsberg.
Zur Vereinfachung der exakten Fettsäure-
Bestimmung in Sapo kalinus.
Von Stabsapotheker E. Wende.
(Eingegangen den 27. XI. 1915.)
Zur Gehaltsbestimmung von Schmierseife läßt das Arznei-
buch die verdünnte schwefelsaure Seifenlösung mit 50 cem Benzin
ausschütteln und den Verdunstungsrückstand von 25 cem Fett-
säure-Benzinlösung zur Wägung bringen. Das Verfahren ergibt
nur Annäherungswerte, da die Volumvermehrung des Benzins
durch die Fettsäuren unberücksichtigt bleibt. Der Fehler beläuft
sich auf ungefähr 5%. Wie durch A. Müller?) auf Veranlassung
von Herrn Professor Rupp gezeigt wurde, läßt sich die Methode
dadurch exakt gestalten, daß man die zur Auslösung der Fettsäuren
dienende Benzinmenge und den zu verdunstenden aliquoten Teil
der Fettsäure-Benzinlösung nicht mißt, sondern wägt.
1) Ber. d. d. chem. Ges. 42, 1909, S. 154.
2) Apotheker-Zeitung 1911, No. 19.
586 | E. Wende: Sapo kalınus.
Die Trennung von Benzinlösung und sauerwässeriger Flüssigkeit
erreicht man sehr bequem dadurch, daß man letztere zum größten
Teil wegfließen läßt und den Rest mit einer Messerspitze voll
‚Tragant vergallertet. Die Gallerte reißt alle Trübungsstoffe an
sich und scheidet sich äußerst scharf von der Fettsäurelösung, so
daß man diese nahezu restlos abgießen kann. Infolgedessen genügt
zur Bestimmung auch die Hälfte der vom Arzneibuch vorgeschrie-
benen Seifen- und Benzinmenge.
Wir haben nun vor einiger Zeit an den im Prinzip ganz ähnlich
durchgeführten Bestimmungen des Fettgehaltes von Milch!), Butter
und Käse?) sowie der Hydrastin-Ermittelung in Hydrastis-Fluid-
extrakt?) gezeigt, wie sich die Extraktionsmethode noch dahin
vereinfachen läßt, daß lediglich eine Wägung von Ausgangssub-
stanz und Verdunstungsrückstand auszuführen bleibt, Festlegungen
des Lösungsmittels und eines aliquoten Lösungsteiles dagegen
in Wegfall kommen. Zu diesem Zwecke wird die Auszugslösung
möglichst vollständig von der steifen, nicht fließenden Tragant-
gallerte abgegossen und letztere zwei- bis dreimal mit wenigen
Kubikzentimetern des Lösungsmittels nachgespült.
In Anwendung des Verfahrens auf die Gehaltsbestimmung
von Schmierseife versetzte ich die Lösung von 2g Seife in 50.cem
heißem Wasser in einem Arzneiglase mit 10 cem verdünnter Schwefel-
säure und ließ die Fettsäuren aufrahmen. Nach dem Erkalten
wurde mit ca. 20 g Petroläther durchgeschüttelt, die Arzneiflasche
auf den Kopf gestellt, der Kork vorsichtig gelüftet und die sauer-
wässerige Flüssigkeit his auf einen kleinen Rest abgelassen. Der
verbleibende Flascheninhalt wurde mit 0,5 Tragant kräftig durch-
geschüttelt, die Benzinlösung in einen Soxhletkolben abgegossen
und die Tragantgallerte dreimal mit je ca. 5ecem Petroläther nach-
gespült. Die vereinigten Auszüge wurden wie üblich abgedunstet,
die Fettsäurerückstände getrocknet und gewogen.
Drei verschiedene Proben von Schmierseife deren Kontroll-
analyse nach dem früher mitgeteilten Verfahren durch Bestimmung
des Fettsäurerückstandes in einem aliquoten Extraktionsteile
durchgeführt wurde, ergaben folgenden Fettsäuregehalt:
Probe I. 42,6--42,85%, Kontrollanalyse 42,8-—43,2%.
Probe TI. 54,2 —54,60%, Kontrollanalyse 54,2—54,9%;
Probe III. 43,0-—-43,50%, Kontrollanalyse 43,5%.
ı) E.Rupp u. A. Müller, Ztschr. f. Unters. d. Nahr.- u.
Genußmittel 23, 338.
?2)E. Rupp u. K. Kropat, Arch. d. Pharm. 252, 76.
®) E. Rupp u. E. Wende, Apoth.-Ztg. 1914, No: 39.
E. Wende: Sapo kalınus. 587
Die Uebereinstimmung der Resultate nach den beiden Ver-
fahren ist eine gute. Wie man sicht, ist die Schwankungsweite
bei dem vereinfachten Arbeitsmodus unter Umständen eine geringere
als hei dem früheren. Dies ist insofern leicht erklärlich, als bei der
Verarbeitung eines aliquoten Petroläther-Fettsäurelösungsteiles
sich während des Abwiegens leicht kleine Verdunstungsverluste
einstellen können.
In einigen weiteren Versuchen begnügte ich mich mit einem
zweimaligen Nachspülen der Tragantgallerten mit Petroläther.
Die Resultate entsprachen dabei - teile den obigen teils lagen sie
um ein Geringes tiefer. Es ist also an einer dreimaligen Nachspülung
festzuhalten.
In der technischen S>ifenanalyse wird statt Petroläther zumeist
Aether angewandt und die Ausschüttelung in Spezial-Büretten
oder Meßzylindern (Sapometer) vorgenommen, welche das Aether-
Fettsäurevolumen direkt und exakt abzulesen gestatten. Aether
ist das sicherere und billigere Extraktionsmittel, da nur allerbeste
Petroläthersorten keine über 80-—-100° siedende Fraktion enthalten.
Die üblichen Handelsbenzine sind wegen
ihres sehr beträchtlichen Gehaltes an hoch-
siedenden Bestandteilen ganz unbrauchbar
zur Seifenbestimmung. Während nun das Arzneibuch-
verfahren unbedingt auf völlige Wasserunlöslichkeit des Fettsäure-
Extraktionsmittels also auf Petroläther bzw. Leichtbenzin an-
gewiesen ist, kennt das von mir beschriebene Ausschüttungsver-
fahren eine solche Beschränkung nicht. Ich stellte daher mit den
oben verwendeten Seifenproben Extraktionsversuche an, bei denen
ich genau wie beschrieben verfuhr, jedoch statt Petroläther Aether
zur Ausschüttelung der Fettsäuren und zur Nachspülung der
Tragantgallerte verwendete.
Die Ergebnisse waren:
Seife Fettsäure-Befund
No. | mit Aether | mit Petroläther
I 46,20---46,50°/, 42,60-42,850,,
II 61,00--61,50% 54,20—54,60%
Il | 45,50--45,85%, 43,00 43,500,
Seife II war sehr alt und dunkel rotbraun.
Wie ersichtlich sind die Befunde mit Aether höher. Des wei-
teren fiel auf, daß die aus der Schwefelsäure-Seifenlösung abge-
schiedenen Fettsäuren sich in Aether klar lösten, während dieselben
5388 E. Wende: Sapo kalinus.
durch Petroläther eine gelbschleierige bis braunschlierige Trübung
erlitten, welche sich an der Grenze von Wasser und Petroläther
absetzte. Eine ähnliche Erscheinung trat ein, wenn die klare äthe-
rische Lösung des Fettsäuregemisches mit Petroläther verdünnt
wurde. Dieses enthielt also einen seiner Größe nach aus der zuletzt
aufgeführten Versuchsreihe erkenntlichen Prozentsatz von Fett-
säuren, welche wohl in Aether nicht aber in Petroläther löslich sind.
Eine Durchsicht der Spezialliteratur lehrt, daß diese noch keines-
wegs allgemeiner bekannte Erscheinung auf einen Gehalt an
Glyceriden oxydierter Fettsäuren, kürzer aber unpräziserweise auch
Oxyfettsäuren genannt, zurückzuführen ist. W. Fahrion teilt
hierüber in der Seifensieder-Zeitung!) mit, daß in halbtrocknenden
und trocknenden Oelen an der Luft oder noch rascher beim Einblasen
von warmer Luft unter Erhöhung der Konsistenz und Erniedrigung
der Jodzahl aus den ungesättigten Fettsäuren mit mehr als einer
Doppelbindung also aus Linol-, Linolen- und besonders Clupanodon-
säure sogenannte ‚„Oxysäuren‘‘ gebildet werden, welche in Petrol-
äther unlöslich sind, und deren Menge einen direkten Maßstab für
den Grad der stattgehabten Oxydation bildet. Diese Oxysäuren,
welche konstitutionell verschieden sind von den Oxyfettsäuren
des Typus- der Rizinolsäure, C,-H,(OH)COOH, sind amorph und
wesentlich dunkler als die ursprünglichen Fettsäuren. Ihre Kon-
sistenz wechselt von sirupartig bis klebrig-harzig und pulverförmig.
In Mengen von 0,1—0,2%, sollen derartige oxydierte Fett-
säuren in allen Fetten vorhanden sein, spielen aber naturgemäß in
diesen geringen Mengen praktisch keine Rolle. Dagegen kann ihr
Gehalt in Abfallfetten, deren Verwendung ausschließlich auf dem
Gebiete der Seifenfabrikation liegt, wesentlich höher steigen.
Die Natronsalze solcher Oxysäuren sind durch Kochsalz un-
aussalzbar. Infolgedessen bleiben sie bei der Herstellung von Kern-
seifen aus Neutralfetten in der Unterlauge. Dagegen gehen bei
der „Karbonatverseifung‘ die Oxysäuren in die Kernseifen über,
und in den Leim- und Schmierseifen sind sie natürlich auch enthalten.
Fahrion hat aus ‚„geblasenem Leinöl“ die Fettsäuren
und die Oxysäuren abgeschieden. Er behielt an petrolätherlöslichen
Fettsäuren 80%, an ätherlöslichen oxydierten Fettsäuren 14%.
Erstere waren hellfarbig und kristallin, letztere dunkelrot und
harzig-weich.
Man wird hiernach die Dunkelfarbigkeit von’ Schmierseifen
z. T. auf den Gehalt an Glyceriden oxydierter Fettsäuren zurück-
zuführen haben, wobei noch anzufügen wäre, daß das Kolophonium
1) Jahrgang 1914, No. 43.
E. Wende: Sapo kalinus. 589
sich bei der Autoxydation ebenso verhält, wie die ungesättigten
Fettsäuren, indem es gleichfalls petrolätherunlösliche Oxysäuren
liefert.
Je nach Anwendung von Aether oder Petroläther als Extrak-
tionsmittel läßt sich die von mir beschriebene Bestimmungsmethode
“ also den technischen Sapometer-Verfahren oder dem Arzneibuch-
prinzip anpassen. Im ersteren Fall werden die oxy-
dierten Fettsäuren mitbestimmt, im letzteren
scheiden sie aus. Man wird sich dessen bei Schiedsanalysen
unter Umständen zu erinnern haben.
Das Arzneibuch dürfte wohl lediglich aus Gründen des Er-
fordernisses eines möglichst wasserunlöslichen Ausschüttelungs-
mittels für das eingeschlagene Bestimmungsverfahren Petroläther
bzw. Benzin gewählt haben. Wie man sieht, hat es sich damit nun
aber gleichzeitig auf die Nichtbestimmung oxydierter Fettsäuren
festgelegt. Mit Beibehaltung dieses Gesichtspunktes ergibt sich
somit in Zusammenfassung folgende Modifikation der
Fettsäure-Bestimmung in Schmierseifen.
2g einer gut gemischten Durchschnittsprobe werden“ auf
einem Stückchen Pergamentpapier abgewogen und nach dem Zu-
sammenrollen desselben in eine 100 g-Arzneiflasche gebracht.
Darauf werden ca. 50 g heißes Wasser hinzugegeben und die Lösung
der Seife durch gelindes Schwenken bewirkt. Hierauf wird mit
10 g verdünnter Schwefelsäure angesäuert, und solange im Wasser-
bade erhitzt, bis die Fettsäuren sich klar abgeschieden haben. Zur
völlig erkalteten Flüssigkeit gibt man ca. 20 g Benzin D. A.-B. (Petrol-
äther), verschließt das Glas und bewegt es bis die Fettsäuren im
Benzin gelöst sind. Darauf wird die Flasche auf den Korken gestellt
und durch vorsichtiges Lüften desselben die wässerige Flüssigkeit
bis aufetwa 2 g aus der Flasche entfernt. Zum verbleibenden Flaschen-
inhalt wird 0,5 Tragantpulver gegeben und durch etwa zwanzig
kräftige Schüttelschläge die Fettsäurelösung von der entstandenen
Gallerte abgeschieden. Die klare Fettsäure-Benzinlösung wird
darauf in ein gewogenes Soxhletkölbchen abgegossen und die Gallerte
unter Umschwenken dreimal mit je 5 ccm Benzin nachgespült.
Die vereinigten Auszüge werden auf bedecktem Wasserbade ein-
gedunstet, und bei ca. 80° bis zum gleichbleibenden Gewicht ge-
trocknet. Das Gewicht des Rückstandes muß mindestens 0,8 g
betragen, was einem Mindestgehalt von 40%, Fettsäuren entspricht.
590 Y. Asahina: Anemonin.
Ueber das Anemonin.
Von Y. Asahina.
In der letzten Mitteilung über das Anemonin?), welches durch
Destillation des frischen Krautes von ARanunculus japonicus er-
halten war, habe ich für dasselbe die Konstitutionsformel:
CH,-CH,-O
1 PA
| co)
2.4
vorgeschlagen. Um den endgültigen Beweis derselben zu er-
bringen, habe ich seitdem eingehende Untersuchungen der ver-
schiedenen Derivate dieses interessanten Naturproduktes be-
gonnen.
Die Ansichten über das Verhalten des Anemonins gegen
Brom stehen mit einander in Widerspruch. Hanriot?) hat zu-
erst versucht, ein Bromderivat darzustellen, indem er Brom auf
Anemonin in Chloroformlösung einwirken ließ. Das nach einiger
Zeit sich abscheidende Rohprodukt wurde mit Aether gewaschen,
welch letzterer nur klebrige Verunreinigungen weglösen £ollte.
Schließlich hat er den Rückstand aus Benzin umkrystallisiert,
wobei eine Substanz ven der Zusammensetzung C,H]O,Br, in
Form von Oktaedern erhalten wurde. Dieses Bromanemonin soll
ohne Zersetzung nicht schmelzen.
Beckurts®), dem wir eine eingehende Untersuchung des
Anemonins verdanken, gibt folgendes an: „Beim Eintragen von
!) Journ. of the pharm. Soc. of Japan 1915, No: 396.
2) Bull. Soc. chim. 47, 683.
3) Dieses Archiv 230, 205.
N rg
Y. Asahina; Anemonin. 591
Brom in eine Lösung von Anemonin in Chloroform ist zunächst
keine Einwirkung des Broms zu bemerken. Läßt man die Mischung
aber nur kurze Zeit in einer verschlossenen Flasche bei mäßiger
Temperatur (20-—30°) stehen, so verschwindet bald, ohne daß
Entwickelung von Bromwasserstoff stattfindet, die Farbe des Broms.
Aus der farblos gewordenen Lösung erhält man neben unverän-
dertem Anemonin ein nur schwierig krystallisierendes Bromderivat.
Läßt man aber eine Lösung von 1 Mol. (2,0 g) Anemonin in Chloro-
form mit 2 Mol. (3,2 g) Brom in einer verschlossenen Flasche in
mäßiger Wärme stehen, bis die Farbe des Broms nahezu ver-
sehwunden ist, so erhält man beim Verdunsten des Chloroforms
ein weißes, krystallinisches, stark bromhaltiges Fulver. Dasselbe
ist schwer in Chloroform und Benzin, leichter in Spiritus löslich.
Es beginnt sich bei 180° zu zersetzen und schmilzt bei 205° zu einer
braunen Flüssigkeit. Seine Zusammensetzung entspricht der eines
Anemonintetrabromids: C,,H,Br,O,.“
Entgegengesetzt diesen Resultaten behauptet Hans Meyer!),
daß ‚‚das Anemonin keine Jodzahl gibt und von Brom nur sub-
stituiert und oxydiert wird‘. Er?) konnte nämlich bei der in ver-
schiedener Weise modifizierten Wiederholung dieses Versuchs,
wie auch bei genauer Befolgung der angegebenen Vorschrift (von
Hanriot?) den gesuchten Körper nicht erhalten: die nach dem
Waschen mit Aether zurückbleibende Substanz sollte vielmehr
unverändertes Anemonin sein. Um diese Frage zu entscheiden,
habe ich den Versuch von Beck urts wiederholt und konnte seine
Angabe vollständig bestätigen, ausgenommen von nur einem ein-
zigen Punkt, d.i. den Schmelzpunkt des Bromderivatse. Nicht nur
gegen Brom, sondern auch gegen Halogenwasserstoffsäure verhält
sich das Anemonin wie ein diolefinischer Körper, indem es mit
Bromwasserstoffsäure ein schön krystallisierendes Dihydrobromid
liefert. Daß das Anemonin glatt zwei Moleküle Wasserstoff ab-
sorbiert und in das Tetrahydroderivat übergeht, habe ich schon
in meiner ersten Mitteilung?) berichtet. Merkwürdigerweise geht die
Addition von Brom beim Anemonin sehr träge vor sich. Infolge-
dessen ist es Hans Meyer, der wahrscheinlich Brom auf Ane-
monin zu kurze Zeit einwirken ließ, nicht gelungen, diese Brom-
verbindung zu erfassen.
!) Monatsh. f. Chem. 17, 297.
2:2) Ibidem 20, 635.
3) Ber. d. d. chem. Ges. 47, 914.
592 Y. Asahina: Anemonin.
Die sog. Anemoninsäure, die durch Hydrolyse des Anemonins
unter Aufnahme von zwei Molekülen Wasser entsteht, wurde bisher
nur in amorphem Zustande erhalten und als Salze analysiert. Es
ist mir aber gelungen, dieselbe in krystallisierter Form zu isolieren.
Sie schmilzt bei 116—117°; sie ist sehr leicht löslich in Wasser. Da
sie äußerst hygroskopisch ist, konnte ich dieselbe noch nicht ganz
wasserfrei erhalten. Beckurts (l.c.) erwähnt, daß seine über
das Bleisalz dargestellte Anemoninsäure völlig amorph ist und bei
116—117° schmilzt. Beekurts ist der Meinung, daß die Ane-
moninsäure eine Hydratform der Anemionsäure, welche aus Ane-
monin durch Aufnahme von einem Molekül Wasser entsteht, ist.
Wenn man die von mir aufgestellte Anemoninformel zugrunde ‘
legt, so lassen sich die beiden Säuren mit den folgenden Formeln
ausdrücken:
CH, CH, 60008 "CH, CH, 030008
| | OH |
eo C 16) <oH C
CH,—CH,;—C--C0O0OH CH;—CHs—C—C00H
Anemonsäure Anemoninsäure
Als ich aber die Sache immer weiter verfolgte, bin ich zu dem Ge-
danken gekommen, daß die Beziehung zwischen beiden Säuren
nicht so einfach ist, wie es diese Formeln zeigen. Vor allem ist die
charakteristische Farbenreaktion der Anemoninsäure gegen Alkali,
welche bei Anemonsäure gänzlich fehlt, beachtenswert. Wenn man
eine gewogene Menge Anemonin mit einer genau entsprechenden
Menge Alkalilauge wärmt, so bemerkt man eine vorübergehende rot-
braune Färbung, die aber nach beendeter Hydrolyse rasch ver-
schwindet, so daß man schließlich eine hellgelbe Lösung erhält.
Das neutrale anemoninsaure Alkali ist also nur schwach gelb ge-
färbt. Erst durch Zusatz von einigen weiteren Tropfen Alkali kommt
die rotbraune Färbung wieder zum Vorschein. Man erklärt diese
Erscheinung am besten so, daß die Anemoninsäure mindestens
ein bewegliches Wasserstoffatom besitzt, welches durch Alkali
unter Bildung eines farbigen lons substituiert wird. Ich nehme
an, daß beim Erwärmen mit wässerigem Alkali zunächst ein Molekül
Wasser an der Allenbindung des Anemonins angelagert wird, genau
so wie das Allen selbst beim Erhitzen mit Sublimatlösung Aceton
liefert und dann weiter hydrolysiert wird:
CH,=C=CH, Bo CH,—C0O—CH;
Allon Aceton
Y. Asahina: Anemonin. 593
CH;- CH, G CH; CH,-CH
ı\
| co | | co
Na 0
X C u X co ®
r
fe Men
N | R |
co co |
CH;-CH,-C CH, -CH,-CH
Anemonin
CH, CH, C-COOH CH,-CH,-
| | Z\
co |
- if 1
| er |
co OH (III) +« X GC-OH (M)
Io
| lad Ditzhil
CO |
| N
CHs- CH, -CH-—-CO0H ] CHs—CH,-CH
Anemoninsäure
Die hierdurch primär entstandene Verbindung (l) besitzt eine
Methingruppe zwischen zwei Carbonylgruppen, wodurch das Wasser-
stoffatom derselben reaktionsfähig gemacht wird. Die vorüber-
gehende rotbraune Färbung bei der Hydrolyse des Anemonins
ist wohl durch die Verbindung (II) bedingt, welche mit Alkali ein
farbiges Anhydridsalz bildet. Das neutrale Salz der Anemoninsäure
(III) ist, wie es oben betont wird, hell gelb gefärbt, wird aber
durch Alkali wieder tief rotbraun, indem es mit dem letzteren
ein farbiges Enolsalz bildet.
In der Literatur finden wir auch einige ähnliche Beispiele hier-
für. Im Jahre 1908 hat Hans Stobbet) gefunden, daß beider Hy-
drolyse mancher Dicarbonsäureanhydride durch Alkali unbeständige,
oft sehr intensive Färbungen auftreten. Neuerdings hat Dieck-
mann?) sich mit der Stobbe’schen Reaktion beschäftigt. Es
ergab sich, daß in denjenigen Anhydriden, welche bei der Hydrolyse
charakteristische Färbungen zeigen, z. B. dem Phenylitaconsäure-
anhydrid (I), im 4-Phenyl-1.2-dihydronaphthalin-2.3-diearbonsäure-
anhydrid (II) und 1.4-Diphenyl-1.2-dihydronaphthalin-2.3-diearbon-
säureanhydrid (III):
!) Ber. d. d. chem. Ges. 41, 3720.
?®) Ber. d. d. chem. Ges. 47, 1435.
Arch. d. Pharm. CCLIII. Bds. 8. Heft. 38
594 Y,.Asahina: ‚Anemonin.
u . Bon #
C C
CH;.CH: 0 —CO\ a ER I SCHm00s
2 CH | 2 GH 2
CH,—CO \ _ CH—CH \_60—C0
CH; CH
|
I II III
-eine CH,- resp. CH-Gruppe enthalten ist, die zwischen den reak-
tivierenden Gruppen C=C und C=Ö steht, und die Färbungen
auf die farbigen Salze dieser Anhydride resp. die ihnen entsprechenden
Enolformen zurückzuführen sind.
Die charakteristische rote Färbung, die beim Erhitzen des
Santonins mit alkoholischem Kali auftritt, ist wohl auch in diese
Gruppe einzureihen.
Bei der katalytischen Reduktion der Anemoninsäure wird
nur ein Mol. Wasserstoff absorbiert und geht dieselbe hierdurch
in Anemonolsäure (siehe unten) über, ‘während Anemonsäure
glatt zwei Mol. Wasserstoff absorbiert. Dies ist auch ein
Beweis, daß Anemoninsäure garz anders konstituiert ist wie -
Anemonsäure.
‚Dureh Kochen mit Wasser und Bleioxyd hat Beekurts
(l. ec.) Anemonin in Anemonsäure €, ,H,,0; umgewandelt. Später
hat Hans Meyer (l.c.) dieselbe Säure aus Dimethylanemonin
durch Hydrolyse mittels verdünnter Salzsäure erhalten. Die von
beiden Forschern beschriebene Anemonsäure stellt; aus Wasser
umkrystallisiert, derbe, weiße, sehr harte Nadeln dar und schmilzt
bei 210%. Ich habe Anemonin mit Alkalialkoholat in: absolut-
alkoholischer Lösung -verseift und Alkalisalze, deren Zusammen- _
setzung mit der des anemonsauren Alkalis ziemlich gut. überein-
stimmt, in ‚krystallisierter Form erhalten. Diese Alkalisalze geben
beim Umsetzen mit Bleiacetat ein Bleisalz, welches weiße, im Wasser
fast unlösliche Nadeln bildet. Die über das Bleisalz gereinigte freie
Säure besitzt dieselbe Zusammensetzung wie Anemonsäure, schmilzt
aber nicht bei 210°, sondern bei 120°, und geht dureh Kochen mit
verdünnter Salzsäure leicht in die bei 210° schmelzende Säure über.
Ich habe die erstere als «- und die letztere als B-Anemonsäure be-
zeichnet. Diese beiden Säuren reagieren mit Semicarbazid und
Phenylhydrazin sehr leicht und liefern. entsprechende Derivate,
die, wie die folgende Tabelle zeigt, auch voneinander verschieden
sind:
Y, Asahina: Anemonin. 5%
Bl
%-Anemonsäure:; ß-Anemonsäure:
Schmelzpunkt ... 120° 210°
Löslichkeit im
Wasser nunere sehr leicht schwerer löslich
Semicarbazon ... Weiße Krystalle, schmilzt Weiße Krystalle, ver-
bei 220% unter Zersetzung kohlt über 270° ohne zu
schmelzen
Phenylhydrazon . Braune Krystalle, färbt Carminrote Krystall-
sich gegen 220° dunkel warzen, färbt sich gegen
und zersetzt sich bei 235° 220° dunkel u. zersetzt
unter Aufbrausen sich bei 240° unter Auf-
brausen
Seinerzeit hat Hans Meyer (l. e.) das Dimethylanemonin
mit Phenylhydrazin auf 100° erhitzt und dabei ein gelbgefärbtes
Phenylhydrazon erhalten. Dasselbe Produkt entsteht auch sehr
leicht, wenn man. Dimethylanemonin mit Phenylhydrazinacetat
in wässeriger Lösung gelinde erwärmt. In meiner letzten Mitteilung
habe ich jedoch. betont, daß das Anemonin selbst weder mit Semi-
carbazil noch mit Phenylhydrazin oder Hydroxylamin unter
gewöhnlichen Bedingungen reagiert. Das Verhalten der Anemon-
säure sowie. des. Dimethylanemonins gegen Carbonylreagentien
zeigen uns, daß die Carbonylgruppe im Anemonin latent bleibt
und erst nach der Verseifung ihre Funktion ausübt.
Die sog. Anemonolsäure wurde zuerst von Hans Meyer
durch Reduktion von Anemonin mit Zink und alkoholischer Salz-
säure dargestellt. Ihr kommt die Zusammensetzung CH,,0, zu;
sie ist gegen Permanganat beständig. Der genannte Forscher hat
ihr die Konstitutionsformel: '
H
CH,“ Ip (OE) -CHOH—-COOH
CH3__ _>C—COOH
CH;
zuerteilt. Ich habe gefunden, daß dieselbe Säure auch durch kata-
lytische Reduktion von Anemoninsäure entsteht. Wenn man also
die oben diskutierte Anemoninsäureformel zugrunde legt, so scheint
die Anemonolsäure die folgende Konstitution zu haben:
CHy—CH,—CH--COOH
co H.C.oH
GEL CH, _CH-_C00H
Indessen ist es mir nicht gelungen in dieser Säure durch Acylieren
eine Hydroxylgruppe nachzuweisen. Die Anemonolsäure reagiert
2 35*
596 Y. Asahina: Anemonin.
leicht mit Semicarbazid, unter Bildung einer schwer löslichen
Verbindung C,,H;,N,0,, deren Konstitution noch nicht auf-
geklärt ist.
Experimenteller Teil.
Einwirkung von Brom auf Anemonin.
Anemonintetrabromid (,,H,0,Br,.
5g Anemonin werden in 30 ccm Chloroform suspendiert
und mit 7 g Brom versetzt. Man verschließt das Gefäß dicht und
läßt einige Tage stehen. Im Laufe von etwa drei Tagen verschwinden
alle Anemoninkrystalle, und es entsteht eine hellbraune Lösung.
Man destilliert nun das Lösungsmittel ab und rührt den Rückstand
unter Zusatz von etwas Aether um, wodurch das anfangs klebrige
Produkt sich rasch in weißes, sandigkrystallinisches Pulver umwandelt.
Das letztere wird abfiltriert und mit Aether gewaschen. Zur Rei-
nigung desselben wird es in Chloroform gelöst, die filtrierte Lösung
eingeengt und schließlich mit Aether gefällt. Ausbeute ca. 3,5 8.
Die so gereinigte Substanz stellt ein weißes, krystallinisches Pulver
dar, welches in Aether, Benzol und Eisessig schwer löslich ist. In.
Chloroform ist es aber sehr leicht löslich und bleibt der Verdampfungs-
rückstand dieser Lösung ziemlich lange zähflüssig. Der Schmelz-
punkt liegt bei 175°; beim Schmelzen zeigt es kein Kennzeichen
der Zersetzung.
0,1266 g Substanz ergaben 0,1858 g AgBr.
Berechnet für C,,H,0,Br;: Gefunden:
Br 62,48 62,46%
Einwirkung von Bromwasserstoff auf Anemonin.
Anemonindihydrobromid C,.H3;0,.2 HBr.
l g Anemonin wird mit 5 cem Bromwasserstoff-Eisessig (Kahl-
baum) in ein Rohr eingeschmolzen und unter häufigem Durch-
schütteln bei gewöhnlicher Temperatur stehen gelassen. Nach etwa.
einem Tage verschwinden die ursprünglichen Anemoninkrystalle
und es resultiert eine hellbraune Lösung. Hernach wird das Gefäß
bald mit einer breiigen Masse erfüllt, welche aus feinen, filzartigen.
Nadeln besteht. Die letztere wird abgesaugt und aus Alkohol um-
krystallisiert. Die Ausbeute der gereinigten Substanz betrug ca. 1 g.
Diese Substanz ist in den meisten Lösungsmitteln ziemlich löslich ;
sie schmilzt bei 182° unter Aufbrausen.
0,1040 g Substanz ergaben 0,1108 g AgBr.
Berechnet für C,,H,;0,.2HBr: Gefunden:
Br 45,18 45,34%
Y. Asahina: Anemonin. 597
Isolierung der krystallisierten Anemoninsäure.
Fein gepulvertes Anemonin wird mit einer wässerigen Kali-
lauge heiß verseift. Man säuert die tief rotbraun gefärbte Lösung
mit Salzsäure an und schüttelt dann mit Essigäther wiederholt
aus. Die vereinigten Essigätherlösungen werden durch wasser-
freies Natriumsulfat getrocknet und auf dem Wasserbade zur Sirup-
konsistenz eingedampft. Nach einigen Tagen wird der Rückstand
mit weißen, sternförmig gruppierten, nadelförmigen Krystallen
durchsetzt und erstarrt dann die ganze Masse beim Reiben mit einem
Glasstab krystallinisch. Das Produkt wird hierauf auf Ton ge-
strichen und mit Petroläther gewaschen. Die so erhaltene Substanz
ist in Wasser und in Alkohol sehr leicht löslich und sehr hygro-
skopisch. Die wässerige Lösung wird durch Alkali rotbraun ge-
färbt. In Aether ist diese Substanz fast unlöslich, aber in Essigäther
ist sie ziemlich leicht löslich.
0,1456 g Substanz (bei 90° getrocknet) ergaben 0,2750 g CO,
und 0,0672 g H,O.
Berechnet für
CsHn0s: 6,8505 H,O: Gefunden:
C 52,60 50,62 51,51%
Salze der «-Anemonsäure.
a) "-Anemonsaures Natrium.
0,5 g Anemonin wird mit 20 ccm absolutem Alkohol, welcher
0,12 g Natrium aufgelöst enthält, kurze Zeit aufgekocht. Die hell-
braune Lösung scheidet bei Erkalten einen gelbliehbraunen,
körnigkrystallinischen Niederschlag ab. Man saugt denselben rasch
ab, wäscht ihn mit etwas absolutem Alkohol und bewahrt ihn im
Exsikkator auf. Das Natriumsalz bildet unter dem Mikroskop feine
Prismen; an der Luft zieht es allmählich Feuchtigkeit an. Es
ist leieht löslich in Wasser.
0,1982 & Substanz (bei 100° getrocknet) lieferten 0,1088 g Na,SO,.
0,1476 g Substanz (bei 100° getrocknet) lieferten 0,0806 g Na,SO,.
Berechnet für C,,H,0,Na;: Gefunden:
Na 18,11 17,77 17,68%
b) -Anemonsaures Kalium.
Das*Kaliumsalz wird in gleicher Weise wie das Natriumsalz
dargestellt, indem man Anemonin statt mit Natrium-, mit Kalium-
alkoholat erhitzt. Es ist in absolutem Alkohol leichter löslich als das
598 Y. Asahina: Anemonin.
Natriumsalz und ‘scheidet sich daraus erst bei längerem Stehen
als braune Warzen ab. Es ist leicht löslich in Wasser.
0,6926 g Substanz (bei 100° getrocknet) lieferten 0,0550 8 K,SO,.
Berechnet für C,,Hg0,Rs5: Gefunden:
K 27,34 26,65%
c) «-Anemonsaures Blei.
Man löst 4,5 g «-anemonsaures Natrium in 50 ccm Wasser
und fügt 6 g krystallisiertes Bleiacetat, gelöst in 50 cem Wasser zu.
Sofort scheidet sich ein bräunlich gefärbter, flockiger Niederschlag
aus, welcher rasch abgesaugt wird. Aus dem klaren Filtrat wird
beim Stehen oder schneller beim Umrühren ein weißer Niederschlag
‚gefällt, welcher aus feinen Nadeln besteht. Man saugt denselben
ab und wäscht ihn mit Wasser gründlich nach, Ausbeute 3,5
Selbst in kochendem Wasser ist das Bleisalz sehr schwer löslich.
0,2158 g Substanz (bei 100° getrocknet) ergaben 0,1534 g PbSO,.
0,1744 g Substanz (bei 100° getrocknet) ergaben 0,1242 & PbB0..
Berechnet für C,,H,0,Pb: Gefunden:
Pb 49,89 48,56 48,65%
%-Anemonsäure.
3,5 g «a-anemonsaures Blei werden in 100 ccm Wasser sus-
pendiert, das Gemisch mit verdünnter Schwefelsäure stark an-
gesäuert und gelinde erwärmt. Das Bleisalz wird dadurch rasch
zerlegt, so daß das schwere Bleisulfat sich vollständig absetzt. Man
schüttelt dann das klare Filtrat, mit Aether aus und dampft den
Aether ab. Der anfangs sirupöse Rückstand wandelt sich allmählich
in ‚weiße, sternförmig gruppierte Nadeln um, welche auf Ton ge-
trocknet werden. Der Schmelzpunkt derselben liegt bei 120° und
ändert sich beim nochmaligen Umkrystallisieren aus Aether nicht.
Die Säure ist in Wasser und Alkohol leicht löslich. In Aether ist
sie ziemlich schwer ‚löslich.
0,1406 g Substanz (exsikkatortrocken) ergaben 0,2928 g? CO,
und 0,0642 & H,O.
Berechnet für C,,H100;5: Gefunden:
0, 57,11 56,80%
H 4,79 5,10%
Semicarbazon. 0,5g «-Anemonsäure werden in 3 cem
Wasser gelöst und die Lösung mit einer konzentrierten w ässerigen
Lösung von 0,26 Semicarbazidhydrochlorid versetzt. Zu der
iltriöfteh Lösung fügt man hierauf wenig Natriumacetatlösung
hinzu. Der nach einiger Zeit sich abscheidende Niederschlag wird
t
Y. Asahina: Anemonin. 599
abgesaugt, "mit: warmem Wasser gewaschen und getrocknet. Der
Schmelzpunkt liegt bei 220°. K -
0,1298 g Substanz (bei 100° getrocknet) ergaben 0,2286 g CO,
und 0,0590. & H,O. 0,1606 g Substanz ergaben 21,0 cem Stickstoff
bei 17°C. und 764 mm.
Berechnet für C,,H,3N;0, + % H;0: Gefunden:
C 47,81 48,03%
a 5,08%
N 15,22 15,20%
Phenylhydrazon. Eine kleine Portion der «-Anemon-
säure wird in Wasser gelöst und die Lösung mit Phenylhydrazinacetat
versetzt. Es scheidet sich daraus ein öliger Niederschlag ab, welcher
allmählich krystallinisch erstarrt. Beim Umkrystallisieren aus
50%igem Alkohol wird derselbe als bräunlich gefärbtes, krystal-
linisches Pulver erhalten. Beim Erhitzen im Kapillarröhrchen
färbt es sich dunkelbraun und schmilzt bei 235° unter Aufbrausen.
Ueberführung der «-Anemonsäure in die &-Verbindung.
Die bei 120° schmelzende «-Anemonsäure wird in verdünnter
Salzsäure gelöst und die Lösung unter Rückfluß auf dem Drahtnetz
7—8 Stunden lang gekocht.. Man schüttelt alsdann die nunmehr
gelblichbraun gefärbte salzsaure Lösung mit Aether erschöpfend
aus und engt die ätherische Lösung ein. Man erhält dabei eine
krystallinische Substanz, welche scharf bei 210° schmilzt. Eine
Mischprobe derselben mit nach H. Meyer dargestellter ßB-Anemon-
säure zeigt keine Depression des Schmelzpunkts. -
’
Katalytische Reduktion des «-anemonsauren Natriums.
0,5 g Anemonin werden mit 25 ccm absolutem Alkohol, welcher
0,12 & Natrium aufgelöst enthält, erhitzt. Die erkaltete Lösung
wird wie gewöhnlich mit Platin und Wasserstoff durchgeschüttelt.
Zur Sättigung werden ca. 120 bis 130 cem Wasserstoff verbraucht
(für 2 Doppelbindungen sind 122 ccm davon erforderlich). Das Re-
aktionsprodukt wird dann vom Platin getrennt und eingeengt.
Um das Reduktionsprodukt leicht charakterisieren zu können
wird es in das Phenylhydrazon umgewandelt... Das aus 50%igem
Alkohol umkrystallisierte Phenylhydrazon der hydrierten «-Ane-
monsäure stellt hellgelbe, feine Prismen dar, die bei 170° schmelzen.
0,1084 g Substanz ergaben 8,4 cem N (20°C. 767 mm).
0,0850 g Substanz ergaben 6,6 cem N (19°C. 767 mm).
Berechnet für C,,Hs,N50;: " "Gefunden:
N 9,21 8,90 8,97%
600 Y. Asahina: Anemonin.
Einwirkung von Phenylhydrazin auf Dimethylanemonin.
Das hierzu erforderliche Dimethylanemonin wurde nach
H. Meyer (l. ec.) dargestellt. Es bildete derbe Prismen vom
Schmelzpunkt 114—115°. Die Analyse stimmte mit der Formel
C H,O, gut überein:
0,1260 g Substanz ergaben 0,2792 g CO, und 0,0676 & H,O.
Berechnet für C,,H,,0;: Gefunden:
C 60,50 60,43%
H 5,89 6,00%
0,13 g Dimethylanemonin werden in wenig verdünntem Al-
kohol gelöst und die Lösung mit einer essigsauren Lösung von
0,07.g Phenylhydrazin versetzt. Bei gelindem Erwärmen scheiden
sich tief gelbgefärbte feine Nadeln ab, welche aus 50%igem Alkohol
unnkrystallisiert werden. Sie schmelzen scharf bei 180°, H.Meyer
gibt den Schmelzpunkt als 170° an.
0,0804 g Substanz ergaben N 6,2 ccm (18°C. 755 mm).
Berechnet für C,,HsN 504: Gefunden:
N 8,53 8,80%
Katalytische Reduktion des Dimethylanemonins.
1 g Dimethylanemonin wird in 50 cem Methylalkohol gelöst
und die Lösung mit Platin und Wasserstoff geschüttelt. Zur Sättigung
werden ca. 250 ccm Gas verbraucht (für 2 Doppelbindungen sind un-
gefähr 200 ccm Wasserstoff erforderlich). Das von Platin getrennte
Filtrat hinterließ beim Verdampfen einen öligen Rückstand. Zur
Charakterisierung desselben: wurde er mit verdünnter Salzsäure ge-
kocht und das Verseifungsprodukt in einPhenylhydrazon verwandelt.
Das aus 50%igem Alkohol umkrystallisierte Phenylhydrazon erwies
sich durch seine’ äußeren Eigenschaften und durch den Schmelz-
punkt (170°) als identisch mit dem aus hydrierter &x-Anemonsäure
dargestellten Phenylhydrazon.
ß-Anemonsäure.
Da die Darstellungsmethode der Bß-Anemonsäure nach
Beckurts, welche darin besteht, daß man Anemonin mit Wasser
und Bleioxyd längere Zeit kocht und das so erhaltene Bleisalz
dann mit Säure zerlegt, keine guten Resultate ergab, so habe ich
diese Säure nach H. Meyer durch Verseifen des Dimethylane-
monins mittels verdünfter Salzsäure dargestellt. Der Schmelz-
punkt der Säure lag bei 210°.
Y., Asahina: Anemonin. 601
0,0846 g Substanz lieferten 0,1756 g CO, und 0,0372 g H,O.
Berechnet für C,,H,00;: Gefunden:
Drar,da 56,61%
H 4,79 4,92%
Das Semicarbazon stellt ein weißes, kıystallinisches
Pulver dar; es verkohlt beim Erhitzen im Kapillarrohr gegen 270°
ohne zu schmelzen. Das Phenylhydrazon scheidet sieh als
karminrote Warzen ab. Gegen 220° füngt es an zu schmelzen und
zersetzt sich bei 245° unter Aufbrausen.
Anemonolsäure.
Zur Darstellung dieses interessanten Anemoninderivates habe
ich die Angabe von H. Meyer etwas modifiziert. 3g Änemonin
werden in einem Gemisch von 80 cem Alkohol (95%) und 80 eem
Salzsäure (30%) gelöst und diese Lösung auf dem Wasserbade unter
Rückfluß erhitzt. Man fügt nun 20g granuliertes Zink in mehreren
Portionen zu und setzt nach etwa zwei Stunden weitere 5g Zink
und 20 cem konzentrierte Salzsäure zu und kocht noch eine Stunde
lang. Das erkaltete Reaktionsgemisch wird mit dem gleichem Volum
Wasser verdünnt und siebenmal mit Chlorofrom ausgeschüttelt.
Der Verdampfungsrückstand der Chloroformlösung wird noch-
mals mit Aether aufgenommen und die Lösung mit verdünnter
Sodalösung geschüttelt. Die letztere nimmt den sauren Anemonol-
säureäthylester auf, welcher durch Analyse identifiziert wurde. Das
in Aether zurückbleibende, neutrale Reaktionsprodukt bildet eine
ölige, in Wasser unlösliche Substanz (1,7 g), die ohne weiteres mit
heißer Salzsäure verseift wird. Beim Verdampfen dieser salzsauren
Lösung werden gelblich gefärbte Blättchen erhalten, welche durch
Umkrystallisieren aus Wasser unter Zusatz von Tierkohle gereinigt
werden. Die so erhaltene freie Säure bildet farblose, lange Blättchen
vom Schmelzpunkt 158°. In Wasser und Alkohol ist sie leicht löslich
und in Aether sehr schwer löslich. Die wässerige Lösung ist gegen
Permanganat beständig.
0,1424 & Substanz lieferten 0,2730 g CO, und 0,0794 g H,O.
Berechnet für C,,H,140:: Gefunden:
C 52,13 52,28%
H 6,08 6,24%
Die durch Ausschütteln der ätherischen Hauptlösung mit
Soda erhaltene Substanz bildete farblose, lange Blättchen vom
Schmelzpunkt 65°.
602 Y..Asahina: Anemonin.
0,1714 g Substanz lieferten 0,3502 g CO, und 0,1076 g H,O.
Berechnet für C,5H,50;: Gefunden:
C_ 55,78 55,72%
Ei, 7,02 7,02%
Einwirkung von Semicarbazid auf Anemonolsäure.
0,57 g Anemonolsäure und 0,3g Semicarbazidhydrochlorid
werden in möglichst wenig Wasser aufgelöst und die filtrierte Lösung
mit reiner Natriumacetatlösung versetzt. Nach kurzer Zeit wird ein
weißer, krystallinischer Niederschlag gebildet, welcher abgesaugt
und mit warmem Wasser gründlich gewaschen wird. Ausbeute
0,48. Derselbe löst sich in Alkali klar auf, sonst ist er in anderen
Lösungsmitteln sehr schwer löslich. Selbst in kochendem Wasser
löst er sich nur sehr wenig auf. Beim Erhitzen im Kapillarröhrchen
schmilzt das Semicarbazon bei 185° unter Zersetzung.
0,1834 g Substanz (bei 100° getrocknet) lieferten’ 0,2790 g CO,
und 0,0978 g H;0.
0,1508 g Substanz (bei 100° getrocknet) lieferten 27,2 ccm. N
(15°C, 762 mm).
Berechnet für C,,H,,N,O;: Gefunden:
C 41,56 41,49%
H 5,96 5,96%
N 20,80 21,07%
Katalytische Reduktion der Anemoninsäure.
lg Anemonin wurde in 21ccem !/,-Normal-Natronlauge
gelöst und diese Lösung mit Platin und Wasserstoff geschüttelt.
Im Laufe von 5 Stunden wurden 150 ccm Gas absorbiert und ge-
sättigt (für eine Doppelbindung sind 122 cem Wasserstoff erforder-
lich). Die von Platin abfiltrierte Lösung wird mit Salzsäure an-
sesäuert und fünfmal mit Essigäther extrahiert. Beim Verdampfen
der Essigätherlösung hinterbleibt em sirupöser Rückstand, woraus
sich jedoch nach einigen Tagen warzenförmig gruppierte Krystall-
drusen ausscheiden. Dieselben werden auf Ton gepreßt und unter
Zusatz von Tierkohle aus heißem Wasser umkrystallisiert. Die so
gereinigte Substanz stellt farblose Blättchen dar und schmilzt bei
158°. Eine Mischprobe mit Anemonolsäure zeigte keine Depression
des Schmelzpunkts. Die Semicarbazidverbindung wird ebenso
leicht erhalten, sie ist im äußeren Aussehen der aus Anemonolsäure
dargestellten sehr ähnlich und schmilzt ebenfalls bei 185°.
0,1172 g Substanz lieferten 22,00 cem N (22°C. 763 mm).
Berechnet für C,,H5,N,0;: Gefunden:
N 20,80 21,23%
Y. Asahina: Anemonin. 603
Tetrahydroanemonin: C,,H750;.
3g Anemonin wurden in 60 cem Eisessig suspendiert, das
Gemisch mit, 0,8 g Platinschwarz versetzt und in einer Wasser-
stoffatmosphäre geschüttelt. Innerhalb von 5 Stunden wurden
hierbei 700 cem Gas, unter allmählicher Auflösung des in Eisessig
schwer löslichen Anemonins absorbiert (1 g Anemonin mit 2 Doppel-
bindungen verlangt 233 cem Wasserstoff zur Sättigung). Die vom
Platin abfiltrierte Lösung. wurde alsdann mit Wasser verdünnt
und mit Soda neutralisiert, wodurch die Hauptmenge des Reduk-
tionsproduktes krystallinisch ausfiel. Der Rest wurde durch Aus-
schütteln mit Aether gewonnen. Ausbeute 2,5 8.
Das Tetrahydroanemonin bildet tafelförmige, bei 155° schmel-
zende Krystalle. Bei weiterem Erhitzen bleibt die geschmolzene
Substanz bis 290° unverändert und verkohlt erst bei 300°. Anemonin
schmilzt bei 157—158°. Bei weiterem Erhitzen erstarrt es gegen
180% zu einer weißen Masse unter: schwacher Gasentwickelung. Es
zersetzt sich allmählich unter Bräunung oberhalb 300°.
Die wässerige Lösung des Tetrahydroanemonins reduziert
Permanganat etwas, sie ist jedoch bedeutend beständiger als die
des Anemonins. ‘Beim Erwärmen mit Alkali liefert es eine farblose
Lösung.
1. 0,2378 g Substanz lieferten 0,534 g CO, und 0,1244 g H:;0.
2. 0,1938 g Substanz lieferten 0,4354 g CO, und 0,1038 g H,O.
Berechnet für C,,H}50>: Gefunden:
C 61,22 61,24 61,27%
H 6,12 5,35 5,99%
504 E. Schmidt: Abkömmlinge der Pimelinsäure.
Mitteilungen aus dem pharmazeutisch-chemischen Institut
der Universität Marburg.
252. Ueber einige stickstoffhaltige Abkömmlinge
der Pimelinsäure.
Von Ernst Schmidt.
(Eingegangen den 20. XI. 1915.)
Zur ‚Identifizierung der bei der vorsichtigen Oxydation des
Hydroseopolins erhaltenen Dikarbonsäure)) mit N-Methyl-«,
«’-Piperidindikarbonsäure habe ich zunächst Herrn H. Burmeister
(l. ec.) veranlaßt, letztere Säure aus «, «’-Dimethylpyridin synthetisch
darzustellen. Diese Versuche sind jedoch infolge der plötzlichen
Rückkehr des Herrn Burmeister in die Praxis nieht ganz
zum Abschluß gebracht worden. Auch die Versuche, welche Herr
Dr. A. Beckel hier ausführte, um durch Einwirkung von Methyl-
amin auf Dibrompentatetrakarbonsäureester nach den in der
Literatur vorliegenden Angaben zu dieser Dikarbonsäure zu ge-
langen, haben bisher noch nicht zu dem gewünschten Resultate
geführt. Es sollen diese Versuche jedoch gelegentlich wiederholt
werden.
Gleichzeitig mit den von Herrn A. Burmeister und
von Herrn Dr. A. Beekel ausgeführten synthetischen Ver-
suchen habe ich, anlehnend an die von E. Fischer?) angegebene
Darstellungsmethode der «, «’-Piperidindikarbonsäuren durch Ein-
wirkung von flüssigem Ammoniak auf Dibrompimelinsäureester,
versucht durch Einwirkung von Methylamin auf diesen Ester zur
N-Methyl-x, «’-Piperidindikarbonsäure zu gelangen?). Der Erfolg
war der gewünschte. Allerdings war die Ausbeute an dieser Säure,
im Vergleich zu der Menge des angewendeten Dibrompimelin-
säureesters, nur eine geringe, immerhin war dieselbe ausreichend,
um die Identität derselben mit dem Oxydationsprodukt des Hydro-
scopolins zu beweisen.
1) Dieses Archiv 1909, 80 u. 1915, 499.
2) Ber. d. Deutsch. chem. Ges. 34, 2544.
®) Apotheker-Zeitung 1913, 667.
E. Schmidt: Abkömmlinge der Pimelinsäure. 605
Die Annahme, daß die Einwirkung des Methylamins auf
den Dibrompimelinsäureester, entsprechend der des Ammoniaks,
sich im wesentlichen im Sinne folgender Gleichung abwickeln
würde:
C0.0C,H,
CH Br
CH-CHK
CO.0C;H,
Dibrompimelinsäure-
Aethyläther
‘9 .NH.CH,
CHs—CH \
N.CH; + 2HBr + 2C,H,.OH
NcO.NH.CH,
N-Methylpiperidindicarbonsäure-
Methylamid
+ 3NH,.CH, =
hat sich bei der Untersuchung des nach den nachstehenden Angaben
erhaltenen Reaktionsproduktes nicht bestätigt. Vielmehr hat
sich hierbei herausgestellt, 'daß das unter den eingehaltenen
Versuchsbedingungen gebildete Produkt nach dem Kochen mit
Barytwasser als Hauptbestandtel Anhydro-Dimethyl-
aminopimelinsäure:
„©0.0H
CH,—CH<
CE NH.CH
CH,—CHX |
co
enthält. Ob letztere Verbindung als Methylamid (I) bereits in dem
Einwirkungsprodukte des Methylamins auf Dibrompimelinsäure-
äther enthalten ist oder erst beim Kochen desselben mit starkem
Barytwasser aus primär gebildetem Dimethylamino-Piminsäure-
methylamid (IT) gebildet wird, mag zunächst dahingestellt bleiben.
ep I NH-H: om CO NH-CH,
I 5 EEE H x An
1. cHf NNA.CH, IL. cHf i NNH.CH
.. CH; N.CH, \ NH.C
CHIcHf 7 * CH,—CH< 4
Nco CO.NH.CH,
Ich habe versucht, diese Frage durch Untersuchung des
primären Produktes, welches nach dem Verjagen des überschüssigen
Methylamins durch Eindampfen aus Dibrompimelinsäureester er-
606 E. Schmidt: Abkömmlinge der Pimelinsäure,
halten wurde, dadurch zu entscheiden, daß dasselbe in ‚ein Hydro-
chlorid und in ein Aurat überführt wurde, jedoch konnten ‚diese,
schwer krystallisierbaren Verbindungen bisher noch nicht in einheit-
lichem Zustande gewonnen werden.
Experimentelles.
Die zu den nachstehend beschriebenen Versuchen verwendete
Pimelinsäure war von Herrn Apotheker A. Hölzerkopf nach
den Angaben von J. v. Braun!) aus Benzoylpiperidin dargestellt
worden. Die Ueberführung dieser Säure in ihr Dihromsubstitutions-
produkt bzw. dessen Bromid: C,H,Br,(CO.Br),, erfolgte nach dem
sehr bequemen Verfahrenvon K.Auvers und R. Bernhardi),
ie Umwandlung jenes Bromids in den entsprechenden Aethylester:
C,H;Br,(CO.0C,H,),, nach den Angaben von R. Willstätt e 2°).
Zur V ee gelangten 30 g Pimelinsäure.
Den nach diesen Angaben gewonnenen Dibrompimelinsäure-
ester habe ich mit überschüssiger, absolut-alkoholischer Methyl-
aminlösung. von 33% in geschlossenem Rohre zunächst zwölf
Stunden lang im Wasserbade und hierauf noch vier Stunden lang
auf 130° erhitzt. Das Reaktionsprodukt wurde alsdann ein-
gedampft und der sirupartige Rückstand hierauf mit über-
schüssigem starkem Barytwasser so lange gekocht, bis keine Ent-
wiekelung von Methylamin mehr erfolgte. Aus diesem ‚Produkt
habe ich dann das Baryum durch verdünnte Schwefelsäure und
das Brom durch frisch gefälltes Silberkarbonat entfernt.
Eine Probe dieser, ‚durch Schwefelwasserstoff von Silber
befreiten Lösung lieferte nach genügender Konzentration ein in
Wasser ziemlich schwer lösliches, aus kleinen, rhombischen, bis-
weilen zu Drusen vereinigten Tafeln bestehendes Golddoppelsalz.
Letzterem entsprach ein tief blau gefärbtes, in Wasser ebenfalls
ziemlich schwer lösliches, aus kleinen, zu Drusen vereinigten Warzen
bestehendes Kupfersalz.
Nach diesen zur Orientierung ausgeführten Vorproben ‚hatte
es den Anschein, als sei bei der Einwirkung von Methylamin auf
Dibrompimelinsäureester unter jenen Versuchsbedingungen im
wesentlichen nur eine stickstoffhaltige Verbindung gebildet worden.
Bei der weiteren Verarbeitung der Hauptmenge des Reaktions-
BERankIES ER sich jedoch, daß dies nicht der Fall war. Die bei
y) Eben d. Deutsch. chem. Ges. 37, 3588.
?) Ibidem 24, 2216.
3) Ibidem 28, 660.
E. Sehmidt: Abkömmlinge der Pimelinsäure. 607
den 'Vorproben als Aurat und als Kupfersalz isolierte Verbmdung
bildete zwar den überwiegenden Hauptbestandteil des Reaktions-
produktes, jedoch waren in demselben noch andere Produkte von
basischem Charakter in kleineren Mengen enthalten, deren Trennung
und Reindarstellung ein erhebliches Maß von Geduld und Zeit
erforderte.
‚Nach diesen orientierenden Beobachtungen hatte ich zur
Isolierung des hauptsächlichsten Reaktionsproduktes die ganze
Menge der von Baryum, Brom, Silber und Schwefelwasserstoff
successive befreiten Lösung durch längeres Erhitzen mit frisch
gefälltem Kupferkarbonat und Kupferhydroxyd zunächst in ein
Kupfersalz verwandelt. Letzteres schied sich aus der genügend
konzentrierten, tief blau gefärbten Lösung, ebenso wie bei der
Vorprobe, allmählich in kleinen, zu Drusen oder Warzen vereinigten,
lasurblauen Nadeln in beträchtlicher Menge aus (Kupfer-
salz a).
Es trugen jedoch ‚nur die ersten hierbei erzielten Ausschei-
dungen einheitlichen Charakter, wogegen dies bei den weiteren,
nach dem Eindampfen oder freiwilligen Verdunstenlassen der
Mutterlaugen erhaltenen Krystallisationen nicht mehr der Fall
war. Da auch nur die ersten Ausscheidungen dieses Kupfersalzes
ein AÄurat -von einheitlicher, charakteristischer Form lieferten,
wurden nur diese zur Analyse und zur Ueberführung in andere
Salze gesammelt, die weiteren Krystallisationen dagegen, im Verein
mit den Mutterlaugen, nach Zusatz von Salzsäure, durch Schwefel-
wasserstoff wieder von Kupfer befreit und alsdann in ein Aurat
verwandelt.
Beim langsamen Verdunsten der auf diese Weise erhaltenen
Auratlösung resultierten zunächst vollständig. einheitliche, blaß-
gelbe, glasglänzende, durchsichtige Tafeln von meist gut aus-
gebildeter rhombischer Form (Aurat A) in beträchtlicher Menge.
Bei der weiteren Verdunstung gelangten jedoch neben diesem
Doppelsalz auch noch Aurate von anderer Form und von anderer
Färbung zur Ausscheidung. Diese Auratgemische konnten nach
dem Sammeln und Trocknen nur durch Auslesen voneinander
getrennt und dann durch Umkrystallisieren weiter gereinigt werden.
Die Gemische, welche auf diese Weise nicht direkt getrennt werden
konnten, wurden dann von neuem in salzsäurehaltigem Wasser
gelöst und wurde deren Lösung hierauf abermals der. freiwilligen
Verdunstung überlassen. Die hieraus ausgeschiedenen Krystalle
konnten dann dureh Auslesen von neuem voneinander getrennt
werden.
eH8 E. Sehmidt: Abkömmlinge der Pimelinsäure.
Aufdiese Weise gelang es, außer weiteren Mengen des Aurats A,
aoch ein Golddoppelsalz in orangegelben, bisweilen zentimeterlangen,
glänzenden Nadeln (Aurat' B) und ein weiteres, in blaßgelben,
kleinen, zu Drusen gruppierten, meist erg a > Nadeln
(Aurat(C) zu isolieren.
Die letzten Mutterlaugen, welche bei diesen Trennungs-
versuchen schließlich erhalten wurden, zeigten nur noch wenig
Neigung zur Krystallisation, obschon in denselben noch ein weiteres
in Wasser allerdings sehr leicht lösliches Aurat enthalten war.
Dieselben wurden daher, nachdem die in Wasser ziemlich schwer
löslichen Aurate A, B und € nach Möglichkeit durch Krystalli-
sation entfernt waren, zunächst durch Schwefelwasserstoff von
Gold und hierauf durch Erwärmen wieder von Schwefelwasserstoff
befreit. Zur Ueberführung in ein Kupfersalz wurde dann aus dieser
Lösung das Chlor durch Schütteln mit frisch gefälltem Silber-
karbonat entfernt, hierauf das gelöste Silber durch Schwefelwasser-
stoff gefällt und endlich letzterer durch Erwärmen verjagt. Als
diese Flüssigkeit dann längere Zeit mit frisch gefälltem Kupfer-
karbonat und Kupferhydroxyd erhitzt wurde, resultierte von
neuem eine tief blau gefärbte Lösung, aus der sich beim langsamen
Verdunsten zunächst dunkelblau gefärbte, warzenförmige Kıystall-
aggregate und etwas heller blau gefärbte pulverige Massen aus-
schieden. Bei der weiteren Verdunstung der von diesen Kupfer-
salzen getrennten Lösung erfolgte jedoch allmählich noch eine
Ausscheidung von feinen, seideglänzenden, schön blau gefärbten
Nadeln in solcher Menge, daß schließlich die Flüssigkeit zu einer
filzartigen Masse erstarrte. Letztere wurde dann abgesogen und
aus heißem Wasser umkrystallisiert (Kupfersalz ß).
Die letzten Mutterlaugen dieses Kupfersalzes konnten nicht
zur Krystallisation gebracht werden. Dieselben wurden daher,
im Verein mit den zunächst ausgeschiedenen warzenförmigen und
pulverigen Massen, durch Schwefelwasserstoff wieder von Kupfer
befreit und dann von neuem mit Goldchloridlösung versetzt. Beim
langsamen Verdunsten dieser Lösung gelang es jedoch auch nur
noch geringe Mengen der bereits früher isolierten Aurate A, B und C
zu gewinnen.
Aurat A.
Das nach den vorstehenden Angaben aus dem mit‘ Baryt-
wasser gekochten Reaktionsprodukt teils direkt, teils indirekt
aus dem zunächst dargestellten Kupfersalz « gewonnene Aurat A
bildete nach dem Umkrystallisieren aus heißem, salzsäurehaltigem
E. Sehmidt: Abkömmlinge der Pimelinsäure. 609
Wasser tafelförmige, gut ausgebildete, glasglänzende, durch-
sichtige Krystalle von rhombischer Form. Die Färbung dieser
Krystalle war eine rein gelbe. In kaltem Wasser war dieses Gold-
doppelsalz nur schwer löslich, leichter löste sich dasselbe in heißem,
salzsäurehaltigem Wasser und in Alkohol. Beim Kochen mit reinem
Wasser erlitt dasselbe teilweise eine Zersetzung unter Abscheidung
von ‚Gold. . Bei 100° verlor es nicht an Gewicht. Das Aurat A
schmilzt unter starkem Aufschäumen bei 190°.
Die Analysen dieses, bei verschiedenen Darstellungen ge
wonnenen Aurats lieferten folgende Daten:
1. 0,2270 g lieferten 0,1674 g CO, und 0,0680 g H,O.
2. 0,2487 g lieferten 0,1847 g CO, und 0,0750 g H,O.
3. 0,2672 g lieferten 0,1990 g CO, und 0,0808 g H,O.
4. 0,3568 g lieferten 17,5 cem Stickstoff bei 20° und 747 mm
Druck.
5. 0,3333 g lieferten 15,6 cem Stickstoff bei 20° und 758 nm
Druck.
0,4060 g lieferten 0,1480 g Au und 0,4286 & AgCl.
0,6835 g lieferten 0,2485 g Au.
0,1900 g lieferten 0,0695 g Au.
0,2865 g lieferten 0,1045 g Au.
Gefunden:
1. 2. 3. 4. 3. 6. vi 8. 2.
C 20,11..20,25. 20,31 — -- -- — — —
H 3,33.. 3,38, 3,38 — En — — a’ 7
N — m —. 3546 5,31 —— “ re
Au — ——. .— — 36,45 36,35 36,57 36,47
Cl — — — — —ı 236,11 — = =
Em
Berechnet für C,H, er C9-0H, HC + Aucl,:
® 3
C 19,99
ER a
N 5,18
Au 36,51
Cl 26,29
Hydrochlorid A.
Das aus dem Aurat A durch Zerlegen mit Schwefelwasserstoff
dargestellte Hydrochlorid bildete farblose, kompakte, tafel- oder
säulenförmige Krystalle, welche sich ziemlich leicht in kaltem
Wasser, etwas schwerer in Alkohol mit saurer Reaktion- lösten.
Dasselbe schmölz unter lebhaftem Schäumen bei 201—202°. Die
meisten Krystallisationen dieses Hydrochlorids verloren im Ex-
sikkator nicht an Gewicht, bei einzelnen Ausscheidungen wurde
Arch. d. Pharm. CCLIII. Bds. 8. Heft. 39
610 E. Schmidt: Abkömmlinge der Pimelinsäure,
jedoch hierbei ein Gewichtsverlust von. 5,8—6,6%, beobachtet.
Bei längerem Trocknen bei 100° verflüchtigte sich das exsikkator-
trockene Hydrochlorid in beträchtlichem Umfange, ohne daß sich
der. Prozentgehalt des Trockenrückstandes an Chlorwasserstoff
dabei änderte,
1. 0,2074g verloren im Exsikkator 0,016g an Gewicht =
5,79%. 0,1954 g des Trockenrückstandes lieferten 0,1159 g AgCl =
15,09% HCl.
2. 0,4180 g verloren im Exsikkator 0,0275g an Gewicht =
6,58%. Der Trockenrückstand lieferte 0,240 g AgCl = 15,47% HCl.
3. 0,2885 g lieferten lufttrocken 0,1714g AgCl = 15,11% HCl.
4. 0,2144 g verloren im Exsikkator nicht an Gewicht und
lieferten 0,1282 g AgCl = 15,24% HCl.
5. 0,2458 g verloren im Fxsikkator nicht an Gewicht und
lieferten 0,1464g AgCl = 15,15% HCl 0,1748 g derselben Probe
verloren im Exsikkator ebenfalls nicht an Gewicht, bei 100° dagegen
0,0237 g = 13,56% Der Trockenrückstand von 0,l15l1g lieferte
0,0909 g AgCl = 15,30%, HCl.
6. 0,3329 g verloren im Exsikkator nicht an Gewicht, bei 100°
dagegen 0,0258 g = 7,75%. Der Trockenrückstand von 0,3071 g
lieferte 0,1843 g AgCl = 15 ‚>22%, HCl.
7. 0,2800 g verloren im Exsikkator nicht an Gewicht, bei 100°
dagegen 0,0265 g = 9,46%. Der Trockenrückstand von 0,2535 g
lieferte 0,1516 g AgCl = 15,21% HCl.
8. 0,1431 g lieferten 0,2363 g CO, und 0, 102 g H,0.
9. 0,1815 g lieferten 0,3010 g CO, und 0,122 g H,O.
10. 0,2340 g lieferten 24,1 cem Stickstoff bei 16,7° und 747 mm
Druck.
Gefunden:
1. 2, 3: 4. 5. 6. Tr 8. 9, 10.
HC1 15,09 15,47 15,11 15,24 15,30 15,22'15,217 7 =- - —
C _ — — — 45,03 45,23 —
H — — — 7,92 747. —
N — — E ae = — "v 11,71
Berechnet für C,HuN ons } re =)
HCl 15,43
C 45,66
H 7,19
N 11,83
0,2144 exsikkatortrockenes (Hydrochlorid erforderten zur
Neutralisation 17,9. ccm. }/j-N.-Natronlauge, ‚(Phenolphthalein als
Indikator) zur Sättigung. Für obige Formel würden ick für cr
CO,0H 18,1. ccm. berechnen. =
E. Sehmidt: Abkömmlinge der Pimelinsäure. 611
Bei dreistündigem Kochen des obigen Hydrochlorids mit
gesättigtem Barytwasser am Rückflußkühler erleidet die demselben
entsprechende freie Säure keine Veränderung. Nach Entfernung
des Baryums durch verdünnte Schwefelsäure lieferte das Reaktions-
produkt auf Zusatz von Goldchloridlösung ausschließlich die charak-
teristischen Krystalle des im vorstehenden beschriebenen Aurats A.
0,5934 g dieses Aurats enthielten 0,216 g Au.
Gefunden: Berechnet:
Au 36,40 36,51
Wurde das Hydrochlorid dagegen drei Stunden lang am
Rückflußkühler mit Salzsäure von 25%, gekocht und das Reaktions-
produkt alsdann in ein Atırat verwandelt, so schieden sich zwei
Arten von Krystallen aus, die leicht durch Auslesen voneinander
getrennt werden konnten.
Hellgelbe, glasglänzende, rhombische Tafeln des Aurats A
und lange, orangegelbe, glänzende Nadeln des im nachstehenden
beschriebenen Aurats B.
0,4640 g des Aurats A enthielten 0,1684 g Au.
Gefunden Berechnet:
Au 36,30 36,51
0,2494 g des Aurats B enthielten 0,094 g Au.
Gefunden: Berechnet:
Au 37,70 37,76
Bei der Einwirkung von Salzsäure war somit ein Teil des
Hydrochlorids A, unter Abspaltung von 1 Mol. Wasser, in das
Hydrochloriddes Dimethylaminopimelinsäureanhydrids (siehe unten)
übergeführt worden.
Platinat A.
Durchscheinende, warzenförmige, in Wasser, schwer lösliche
Krystalle, welche bei 215° unter lebhaftem Schäumen schmelzen.
1. 0,1995 g enthielten 0,0485 g Pt.
2. 0,4213 g enthielten 0,1007 g Pt.
3. 0,2263 g enthielten 0,0548 g Pt.
Gefunden: Berechnet für
NH.CH,\CO.OH
1. 2. 3. Ku .EHrteo ‚HEIL | Prcl,:
Pt 24,31 23,90 2421 24,03
Kupiersalz «.
Das aus dem’ mit Barytwasser gekochten Reaktionsprodukte
nach vorstehenden ‚Angaben direkt dargestellte Kupfersalz bildet,
ebenso wie die aus dem: Aurat A gewonnene Kupferverbindung
39*
612 E. Sehmidt: Abkömmlinge der Pimelinsäure.
kleine, zw Drusen gruppierte, lasurblaue Nadeln, welche in kaltem
Wasser schwer löslich sind. In heißem Wasser, sowie in erwärmten
Alkohol löst es sich ziemlich leicht zu einer tief blau gefärbten Flüssig-
keit auf. Dieses Kupfersalz gibt sein Krystallwasser bei 100° voll-
ständig ab, nimmt dasselbe jedoch beim Stehen an der Luft gänzlich
wieder auf.
Bei 100° getrocknet, besaß dieses Kupfersalz den gleichen
Kupfergehalt wie. das der N-Methyl-Piperidindikarbonsäure, an
welches dasselbe auch durch die intensiv blaue Färbung und den
hohen Krystallwassergehalt erinnerte, obschon es in der Form und
in dem Verhalten davon abwich. Ich glaubte daher zunächst das
Kupfersalz einer mit der Scopolin-Methylpiperidindikarbonsäure
isomeren Säure in Händen zu haben. Diese Annahme hat sich jedoch
bei der weiteren Untersuchung desselben und: des daraus. dar-
gestellten, mit dem Aurat A identischen _Golddoppelsalzes nicht
bestätigt. Es lag vielmehr das Kupfersalz der Anhydro- -Dimethyl-
aminopimelinsäure vor.
Die Analyse von Kupfersalzen verschiedener _ Darstellung
ergaben folgende Werte.
1. 0,2332 g verloren bei 100° 0,0450 g an Gewicht und lieferten
0,0550 g CuO. :
2. 0,1576 g verloren bei 100° 0,0302 g an Gewicht und lieferten
0,0376 g Cu;S.
3. 0,2440 g verloren bei 100° 0,0480 g an Gewicht und lieferten
0,0580 & CusS.
4. 0,2514 g verloren bei 100° 0,0497 g an Gewicht und lieferten
0,0602 g Cu;8.
Gefunden:
1: Di 3: 4.
H,0 19,30 19,16 19,67 19,77
100° Cu 24,02- 23,54 " 23,65 “23,85
Berechnet für
[Hs N NH. too a Cu 4 CuO 4 7H,0:
ir 6) 18,88
1000 Cu 23,50 (wasserfrei)
Freie Anhydro-Dim ethylaminopimelinsäure.
Die dem Aurat A und dem Kupfersalz « entsprechende, Säure
wurde aus beiden Verbindungen isoliert. Das Aurat wurde zu diesem
Zwecke in wässeriger Lösung durch Schwefelwasserstoff zerlegt,
die vom ausgeschiedenen Schwefelgold abfiltrierte und dann
von Schwefelwasserstoff durch Erwärmen befreite‘ Lösung hierauf
mit frischgefälltem Silberkarbonat in geringem Ueberschuß behandelt
E. Sehmidt: Abkömmlinge der Pimelinsäure. 613
und die von gelöstem Silber durch Schwefelwasserstoff befreite
Flüssigkeit schließlich bei mäßiger Wärme verdunstet. Noch ein-
facher gestaltete sich die Gewinnung der Anhydro-Dimethylamino-
pimelinsäure aus dem Kupfersalz, da die heiße alkoholische Lösung
desselben hierzu nur mit Schwefelwasserstoff zu behandeln und das
‚Filtrat vom ausgeschiedenen Schwefelkupfer dann zu verdunsten
war. Aus der wässerigen Lösung des Kupfersalzes scheidet Schwefel-
wasserstoff kolloidales Schwefelkupfer aus.
Sowohl das Aurat, als auch das Kupfersalz lieferte nach obigen
Angaben zunächst nur eine farblose, sirupartige Masse, welche erst
im: Exsikkator allmählich krystallinisch erstarrte. Dieses Produkt
warin Wasser und in Alkohol sehr leicht, in Aether und in Aceton
sehr schwer löslich. Zur weiteren Reinigung wurde die krystallinisch
erstarrte Masse mit wenig Aceton zerrieben, das Ungelöste zwischen
Tonplatten gepreßt und schließlich aus siedendem Aceton um-
krystallisiert. Beim Erkalten der durch Erhitzen am Rückfluß-
kühler erhaltenen Lösung schieden sich allmählich kleine, bisweilen
zu Drusen gruppierte, weiße Nadeln aus, welche bei 195—196° unter
starkem Aufschäumen schmolzen. Bei 100° verloren diese Krystalle,
im Gegensatz zu denen des Hydrochlorids, kaum an Gewicht.
0,1647 g dieser Säure erforderten zur Neutralisation (Phenol-
phthalein als Indikator) 8,1 eem !/,.-N.-Natronlauge = 0,0324 g NaOH.
Für Anhydro-Dimethylaminopimelinsäure berechnen sich für 0,1647 g:
0,03294 g NaOH. a
Die Analyse dieser Säure, welche Herr Dr. A. Eberhard
die Güte hatte auszuführen, ergab folgende Werte:
0,1382 g der bei 100° getrockneten Substanz lieferten 0,274 g
CO, und 0,0983 g H,O.
Gefunden: Berechnet für C,H,,3N503:
C 54,06 54,00
H- ‚7,90 8,00
Aurat B.
Das als Aurat B bezeichnete Golddoppelsalz schied sich be-.
sonders aus den Mutterlaugen des Aurats A aus (s. 8. 608). Die
Menge desselben war, im Vergleich zu der, in welcher der Aurat A
gewonnen wurde, nur gering. Dasselbe Aurat wurde auch erhalten,
wie bereits S. 611 erörtert ist, als das dem Aurat A entsprechende
Hydrochlorid drei Stunden lang mit Salzsäure von 25% am Rück-
flußkühler gekocht und dann das Reaktionsprodukt von neuem
wieder in ein Golddoppelsalz verwandelt wurde. Nach dieser Bildungs-
weise des Aurats B ist wohl anzunehmen, daß das Auftreten desselben
614 E. Schmidt: Abkömmlinge der Pimelinsäure.
beim freiwilligen Verdunsten der stark Salzsäure enthaltenden Mutter-
laugen des Aurats A auch hier nur auf die wasserabspaltende
Wirkung der Salzsäure auf letzteres Doppelsalz zurückzuführen ist.
Umgekehrt konnte das Aurat B zum Teil wieder in das Aurat A
verwandelt werden. Wurden die Filtrate, welche bei der Bestimmung
des Goldgehaltes des durchaus einheitlichen Aurats B mit Schwefel-
wasserstoff resultierten, von neuem, nach der Verjagung des Schwefel-
wasserstoffes durch Eindampfen, in ein Golddoppelsalz verwandelt,
so gelangte ein Gemisch der Aurate A und B zur Abscheidung.
In diesem Auratgemisch prävalierte das Aurat A besonders, wenn
das von Schwefelwasserstoff befreite Filtrat vom Schwefelgold
erst noch zur Bestimmung des Chlorgehaltes diente, und dann,
nach. Entfernung des Silbers, erst wieder in. ein Golddoppelsalz
übergeführt wurde,
Das Aurat B bildet zentimeterlange, bisweilen ziemlich breite,
orangegelbe, glänzende Nadeln, welche unter Aufschäumen' bei
189—190° schmolzen. In den Löslichkeitsverhältnissen unterscheidet
es sich kaum von. dem Aurat A.
Die Analysen des Aurats B lieferten folgende Werte:
1. 0,3043 g enthielten 0,1143 g Au.
2. 0,3995 g enthielten 0,1509 g Au und lieferten 0,445 & AgCl.
Gelunden: — "Borschnet für C,H; N.cH} 0, HC1 + Audl;:
Au 37,55 37,77 37,77
a... a5 27,19
Hydroechlorid.
Kompakte, durchsichtige, in Wasser leicht lösliche, bei 224 bis
225° schmelzende Krystalle, durch Ueberschichten der alkoholischen
Lösung mit Aether erhalten. Im Exsikkator verlieren diese Krystalle
nicht an Gewicht. Bei 100° verflüchtigt sich dieses. Hydrochlorid
noch leichter als das Hydrochlorid der Anhydro-Dimethylamino-
pimelinsäure.
1. 0,2112g des exsikkatortrockenen Hydrochlorids . lieferten
0,1372 g. AgCl.
2. 0,2000 8 des exsikkatortrockenen Hydrochlorids lieferten
0,1300 8 AgCl.
3. 0,2042 9 des ’ exsikkatortrockenen Hydrochlorids verloren
bei 100° allmählich 0,0578 g an Gewicht = 28,31%. Der Trocken-
rückstand von 0,1464 g lieferte 0,0940 & AgC.
ne 9, Berechnet für a CH 160 HCl:
HC1 16,52. 16,54 16,29 16,70
BE. Sehmidt: Abkömmlinge der Pimelinsäure. 615
Die aus diesem Hydrochlorid dargestellte chlorwasserstofffreie
Verbindung krystallisierte aus Aether in farblosen, bei 90° schmel-
zenden Blättchen von neutraler Reaktion.
Nach diesen analytischen Daten dürfte es sich, unter ‚Berück-
sichtigung der Bildung und des Verhaltens des Aurats B, bei dieser
Verbindung nur um das Dimethylamino-Pimelinsäureanhydrid
handeln, welches durch Abspaltung von 1 Mol. Wasser aus der
Anhydro-Dimethylaminopimelinsäure entstanden ist.
NH.CH, yN-CH,
CH CO.0H CH co
N ye0 \ ‚co
CH,;—C RL: CH2—-CHS, .
N.CH;, N.CH;,
Anhydro-Dimethylamino- Dimethylamino-Pimelinsäure-
pimelinsäure anhydrid
Aurat C.
Das als Aurat © bezeichnete Golddoppelsalz (siehe 8. 608)
schied sich besonders, neben goldhaltigen, öligen und harzartigen
Produkten, aus den letzten Mutterlaugen aus, welche bei der
Gewinnung der Aurate A und B resultierten. Nach dem Auslesen
und Umkrystallisieren der hierbei zunächst erhaltenen warzen-
förmigen Gebilde aus heißem, salzsäurehaltigem. ‚Wasser, ; bildet
das Aurat C blaßgelbe Drusen, die sich..aus kleinen, ' undurch-
sichtigen Nadeln zusammensetzen. ' Dasselbe. schmilzt, nachdem
bereits vorher ein Sintern eingetreten ist, unter Schäumen bei
180—182%. Das Aurat C ist in Wasser etwas leichter löslich als
die Aurate A und B.
In der Zusammensetzung entspricht das Aurat € dem Aurat A.
Unter den gleichen Bedingungen, unter denen sich das Aurat B
in das Aurat A verwandelt, geht das Aurat C in die Aurate A und B
über. Dasselbe muß daher zu den beiden letzteren Auraten in naher
Beziehung stehen. Eine direkte Umwandlung der Aurate A und B
in das Aurat C habe ich bisher nicht beobachtet.
Die Analysen des Aurats © lieferten folgende Daten:
1.. 0,3700 g enthielten. 0,1359 g Au.
2. 0,3700 g enthielten 0,1350 g Au.
3.. 0,2693 g enthielten 0,0980 g Au und lieferten 0,2868 g Agll.
Gefunden: Berechnet für
1. . Ainutiog; C,H, ren C0. OH, ucı + Au6l,:
. 3
Au 36,73 36,48 36,40 36,51
el +eH — 1 26,38 26,29
616 E. Schmidt: Abkömmlinge der Pimelinsäure.
Hydrochlorid. Das aus dem Aurat © isolierte Hydro-
chlorid bildete farblose, säulen- oder tafelförmige, in Wasser sehr
leicht lösliche Krystalle, ‘welehe bei 190° unter Aufschäumen
schmolzen.
Kupfersalz ß.
Die nach den vorstehenden Angaben aus dem mit Baryt-
wasser gekochten Reaktionsprodukt gewonnene, als Kupfersalz ß
bezeichnete ' Verbindung (siehe S. 608) bildet nach dem Um-
krystallisieren aus heißem Wasser schön blau gefärbte, seide-
glänzende, lange, feine Nadeln. In kaltem Wasser und in Alkohol
ist dieses Kupfersalz nur wenig löslich, von heißem Wasser wird
es dagegen leicht gelöst. Bei genügender Konzentration erstarrt
die heiß bereitete, tief blau gefärbte, wässerige Lösung dieses, Salzes
zu einer lockeren, filzartigen Masse. Bei 100° verliert dasselbe
das Krystallwasser bis auf 1 Mol. Letzteres gelangt erst bei 140
bis 150° vollständig zur Abgabe: Das bei 100° getrocknete Salz
ist noch ‚etwas intensiver blau gefärbt. als das lufttrockene; die
bei 140—150° vollständig entwässerte Verbind’mng hat eine blau-
grüne Farbe. Das. bei 100° getrocknete ‚Kupfersalz nimmt beim
Stehen an der Luft das verlorene Krystallwasser nicht wieder auf.
Die Analyse dieses Kupfersalzes lieferte folgende Daten:
0,2800 g verloren bei 100° 0,0554 g an Gewicht.
0,2674 g verloren bei 100° 0,0530 g an Gewicht.
0,1675 g verloren bei 100° 0,0337 g an Gewicht.
0,2784 g verloren bei 100° 0,0556 g an Gewicht.
Gefunden:
1; 2. 3, 4,
H,O 19,78. ,, 19,88 20,12 19,97
Für C,H,.NCH,(CO.O);Cu + 5 H,O berechnen sich für einen
Verlust von 4 Mol. H,O. 21,26%.
1. 0,3485 g, bei 100° getrocknet, lieferten 0,1038 g Cu;S8.
2.. 0,2678 g, bei 100° getrocknet, lieferten. 0,0800 5 Cus8.
a
Gefunden: Berechnet für
Ir 2 C,H;. NCH,(CO.0),Cu + H,O:
Cu 23,79 ° 23,87 23,85
0,3144 g zunächst bei 100°, dann bei 140—150° getrocknet,
verloren 0,0836 g an Gewicht und lieferten 0,0740 g Cus8.
Gefunden: Berechnet für C,H,;,N.CH,(CO.O),Cu + 5H,0:
H,O 26,59 26,55.
Cu 25,61 | 25,61 (wasserfrei)
Die als Kupfersalz ß bezeichnete Verbindung stimmt in den
Eigenschaften und in der Zusammensetzung mit dem Kupfersalz
NE VE \_
E: Schmidt: Abkömmlinge der Pimelinsäure. 617
der früher beschriebenen, durch vorsichtige Oxydation des Hydro-
scopolins erhaltenen Methyl-Piperidindikarbonsäure') überein.
Freie Däure.
Die diesem Kupfersalz entsprechende, durch Einwirkung
von Schwefelwasserstoff auf die heiße wässerige Lösung desselben
und darauffolgendes langsames Verdunsten der kupferfreien
Flüssigkeit erhaltene Säure krystallisierte in farblosen, durch-
sichtigen, meist sechsseitigen Tafeln, welche iri Wasser und in Alkohol
nicht gerade leicht löslich waren. Die Säure schmolz, bzw. zersetzte
sich unter Abspaltung von Kohlensäureanhydrid, bei 214—216°.
0,190 g, bei 100% getrocknet, erforderten 9,3 ccm !/jo-N.-
Natronlauge zur Neutralisation, Phenolphthalein als Indikator.
Gefunden: _ Berechnet für C,H,N.CH,(CO.OH), + H,O:
NaOH 0,0372g 0,03706
Die‘ vorliegende Säure verhält sich somit bei der Titration,
ebenso 'wie die aus Hydroscopolin gewonnene Methyl-Piperidin-
dikarbonsäure, als eine einbasische.
0,128 g der bei 100° getrockneten Säure lieferten 0,220 g CO,
und 0,088 g H,O.
Gefunden: Berechnet für ‚C;H,,;NO, + H,O:
C. 46,87 46,83
H:7 902: 7,31
Hydrochlorid.
Glasglänzende, durchsichtige, vielflächige Krystalle, welche
bei 100° nicht an Gewicht verlieren. Das Hydrochlorid schmilzt
unter Aufschäumen bei 224—225°. -
0,202 g lieferten 0,139 g AgCl.
Gefunden: Berechnet für C,H,;N.CH,(CO.OH),, HÜl:
HCI 16,24 16,33
Golddoppelsalz.
Glänzende, durchsichtige, tafel- oder säulenförmige Krystalle,
welche sich in Wasser leicht auflösen. An der Luft ist dies Aurat
beständig. Im Exsikkator werden dagegen die Krystalle matt und
undurchsichtig, indem sie ihren Gehalt an Krystallwasser (2 Mol.)
vollständig verlieren. Der Schmelzpunkt ist weder bei dem wasser-
haltigen, noch bei dem wasserfreien Aurat ein scharfer,
1. 0,4439 g verloren im Exsikkator 0,0284 g an Gewicht.
2. 0,2773 g verloren im Exsikkator 0,0167 g an Gewicht.
3. 0,3297 g verloren im Exsikkator 0,0205 g an Gewicht.
4. 0,6641 g verloren im. Exsikkator 0,0412 g an (Gewicht.
!) Dieses Archiv 1909, 80 u. 1915, 499.
618 E. Schmidt: Abkömmlinge der Pimelinsäure.
Gefunden: 7
1. IR 3. 4.
H,O 631, 603. Bas „oe
Berechnet für
C,H3;N.CH,(CO.OH),, HCl + Autl; + 2 1,0:
6,39
1. 0,2606 g wasserfreies Aurat enthielten 0,0950 8 Au.
2. 0,3092 g wasserfreies Aurat enthielten 0,1142 g Au.
3. 0,6210 g wasserfreies Aurat enthielten 0,2310 g Au.
4. 0,2018 g im Exsikkator getrockneten Aurats lieferten 5,1 ccm
Stickstoff bei 13° und 74? mm Druck.
Gefunden: Berechnet für
1. > = 4. C,H;N. CH;(CO. OH),,, HOL+ Aull,:
Au 37,22 37,06 37,20. — BT:206 =
N neh ER 2,66
Bei der Einwirkung von Methylamin auf Dibrompimelin-
säureester habe ich unter den obigen. Versuchsbedingungen bisher
nur die Bildung dieser einen N-Methyl-«, «’-Piperidindikarbonsäure
konstatieren können. Ob in den kleinen Mengen ‚öliger und harz-
artiger Aurate, welche als Nebenprodukte bei diesen . Versuchen
auftraten, noch das Golddoppelsalz einer mit dieser Säure stereo-
isomeren Methylpiperidindikarbonsäure enthalten ist, mag zunächst
dahingestellt bleiben.
Ein Vergleich der Eigenschaften der im vorstehenden be-
schriebenen, ihrer Bildungsweise entsprechend, als N-Methyl-«,
« -Piperidindikarbonsäure:
on (CU, C0,0H
HK >N.CH,
CH „On. co. OH
anzusprechenden Säure, mit der aus Hydroscopolin erhaltenen!),
beweist deren Identität.
Die nachstehenden, für die aus Dibrompimelinsäure dargestellte
N-Methyl-z, »’-Piperidindikarbonsäure gefundenen Daten 'stimmen,
soweit es die vorliegenden Angaben erkennen lassen, mit denen
überein, welche K. Heß und F. Wissing in jüngster Zeit?)
für N-Methyl-“, «’-Hexahydrolutidindikarbonsäure ermittelten.
Letztere Säure ist von diesen Autoren durch Methylierung des
Reduktionsproduktes der aus «,«a’-Dimethylpyridin dureh Oxy-
dation erhaltenen Pyridindikarbonsäure dargestellt worden, ohne
jedoch dabei die früheren, zu dem gleichen Zwecke von
%
1) Dieses Archiv 1909, 80 u. 1915, 499.
2) Ber. d. Deutsch, chem. Ges., November 1915, 1907.
E. Sehmidt: Abkömmlinge der Pimelinsäure. 619
H. Burmeister, unter Anwendung desselben Ausgangs-
materials, ausgeführten!), leider damals nicht ganz abgeschlossenen
Versuche irgendwie zu erwähnen.
| N-Methyl-«, »’-Piperidin-
=
| äynm
\dikarbonsäure aus Pimelin- = a er
.. Ss
dätrhe | ydroscopolin
Freie Säure... optisch inaktiv, | optisch inaktiv,
sechsseitige Tafeln, | sechsseitige Tafeln,
Zersetzungsp. 214—216° Zersetzungsp. 214—216°
100°: C,;H3N.CH;(CO.OH), , 100°: C,H,;3N.CH;(CO.OH);
+ H,O + H,O
Hydrochlorid . | Glasglänzende, vielflächige | Glasglänzende, vielflächige
Krystalle, Krystalle,
Zersetzungsp. 224—225° | Zersetzungsp. 224—225°
Auralon » 2.064 Tafelförmige Krystalle, | _Tafelförmige Krystalle,
2 Mol. H,O enthaltend 2 Mol. H,O enthaltend
Kupfersalz..... Schön blau gefärbte, dünne, Schön blau gefärbte, dünne,
seideglänzende Nadeln; seideglänzende Nadeln;
100°: C;H3N.CH3(CO.0O);Cu | 100°: C;H3N.CH;(C0.0O),Cu
+ H,0 x + H,0 >
150%; C,H,N.CH;(CO.O),Cu 150°: C,HSN.CH,(00.0),Cu
Die verhältnismäßig geringe Ausbeute an N-Methyl-«,
a-Piperidindikarbonsäure, welche ich bei der Einwirkung von alko-
holischer Methylaminlösung auf Dibrompimelinsäureester bei er-
höhter Temperatur und unter Druck nur erhielt, hat mich ver-
anlaßt, diese Reaktion unter anderen Versuchsbedingungen zu
wiederholen. Ich habe zu diesem Zwecke den Dibrompimelinsäure-
Aethyläther in wenig Alkohol gelöst, diese Lösung dann mit wässe-
riger Methylaminlösung von 33% im Ueberschuß versetzt und
das schon nach kurzer Zeit sich klärende Gemisch, unter zeitweiligem
Umschütteln, drei Tage lang bei gewöhnlicher Temperatur sich
selbst überlassen. Die farblose Flüssigkeit wurde hierauf zur Ver-
jagung des Ueberschusses an Methylamin auf dem Wasserbade
eingedampft und der geruchlose, sirupartige Rückstand dann mit
starkem Barytwasser so lange gekocht, bis ein Geruch nach Methyl-
amin nicht mehr wahrzunehmen war. Nach Entfernung des Ueber-
schusses an Baryumhydroxyd durch verdünnte Schwefelsäure und
des Broms durch frisch gefälltes Chlorsilber wurde hierauf das
!) Dieses Archiv 1909, 80.
620 E. Sehmidt: Abkömmlinge der Pimelinsäure.
baryumfreie Reaktionsprodukt in ein Golddoppelsalz übergeführt.
Letzteres schied sich bei genügender Konzentration in wohlaus-
gebildeten, glasglänzenden, durchsichtigen Krystallen von‘ rhom-
bischer Form in reichlicher Menge aus. Dieses Aurat schmolz unter
starkem Aufschäumen bei 190°. Dasselbe stimmte in der Krystall-
form und in den Eigenschaften mit dem im vorstehenden beschrie-
benen Aurat derAnhydro-Dimethylaminopimelin-
säure überein.
0,194 g dieses Aurats enthielten 0,0710 g Au.
Gefunden: Berechnet für C,H,sNs0;, HCl + Aull;:
Au 36,60 36,51
Durch freiwilliges Verdunstenlassen der Mutterlauge dieses
Aurats wurden zunächst noch beträchtliche Mengen desselben
Doppelsalzes erhalten, so daß auch bei der Einwirkung von wässeriger
Methylaminlösung auf Dibrompimelinsäureester bei gewöhnlicher
Temperatur die Hauptmenge desselben in der gleichen Weise um-
gesetzt wird, wie bei erhöhter Temperatur, Schließlich resultierte
eine dicke sirupartige Mutterlauge, welche auch bei längerem
Stehen nur noch vereinzelte Krystalle des Ankydro-Dimethyl-
aminopimelinsäure-Aurats abschied.
Zur weiteren Identifizierung wurde diese sirupartige Masse
in Wasser gelöst, das Gold aus dieser Lösung durch Schwefelwasser-
stoff ausgefällt und das von Schwefelwasserstoff befreite Filtrat mit
frisch gefälltem Silberkarbonat in geringem Ueberschuß behandelt.
Nach Entfernung des gelösten Silbers durch Schwefelwasserstoff
und Verjagen des letzteren durch Erwärmen habe ich dann. die
Lösung mit frisch gefälltem Kupferkarbonat und Kupferhydroxyd
längere Zeit erhitzt. Hierbei resultierte eine tiefblau gefärbte Flüssig-
keit, welche jedoch nach dem Eindampfen bei mäßiger Wärme
nur eine sirupartige, in Wasser leicht lösliche, tief blau’ gefärbte
Masse lieferte, von der nur ein Teil in Alkohol löslich war; Die
Hauptmenge derselben verwandelte sich bei dieser Behandlung
mit Alkohol in ein zähes, dunkelblau gefärbtes Produkt, welches
jedoch durch erneutes Lösen in Wasser und freiwilliges Verdunsten
dieser Lösung nicht zur Krystallisation gebracht werden konnte,
Die aus diesem Kupfersalz, nach Zerlegung durch Schwefelwasser-
stoff, erhaltene freie Säure bildete farblose, in Wasser nicht gerade
leicht lösliche, nadelförmige Krystalle, welche unter: Aufschäumen
gegen 220° schmolzen. Welcher Natur diese stiekstoffhaltige
Säure ist, sollen die weiteren Versuche lehren, welche ich unter
Anwendung einer größeren Menge des Dibrompimelinsäureäthers
in Angriff genommen habe.
E. Schmidt: Abkömmlinge der Pimelinsäure. 621
Die Bildung der im vorstehenden beschriebenen N-Methyl-a,
«’-Piperidindikarbonsäure habe ich unter letzteren Versuchs-
bedingungen bisher nicht beobachtet.
Nachsehrift.
Aus dem mir heute zugegangenen Hefte der Berichte der
Deutschen chemischen Gesellschaft vom 11. Dezember 1915
(No. 17, 2057) habe ich zu meinem Erstaunen ersehen, daß die
Herren K. Heß und A. Suchier entgegen den bisherigen
wissenschaftlichen Gebräuchen, sich veranlaßt gesehen haben,
die Oxydation des von mir seinerzeit dargestellten und
entsprechend charakterisierten Hydroscopolins!) zu
wiederholen, obschon ich mir die Fortsetzung und Abrundung
dieser Arbeiten über den oxydativen Abbau des Scopolins und
speziell des von mir daraus dargestellten Hydroscopolins zur wei-
teren Aufklärung der Konstitution dieser Basen wiederholt aus-
drücklich vorbehalten hatte?). Ich muß mich gegen diesen unmoti-
vierten Eingriff in mein langjähriges, besonders in dieser Richtung
bis auf den heutigen Tag verfolgtes Arbeitsgebiet entschieden ver-
wahren?),
K.HeßundA.Suchier glauben durch die bei der Wieder-
holung der von mir ausgeführten Oxydationsversuche des Hydro-
scopolins erzielten, meine früheren Beobachtungen lediglich be-
stätigenden Resultate den eindeutigen Beweis erbracht zu haben,
daß das Scopolin ein Alkaloid der Piperidinreihe ist, und daß
sich die noch fraglichen Kohlenstoffatome beiderseits in «-Stellung
zum Stickstoffatom anreihen. Eines derartigen Beweises bedurfte
es jedoch durch die Herren Heß und Suchier durchaus nicht
mehr, da diese Tatsache, welche diese Herren von neuem in höchst
sonderbarer Weise registrieren, durch meine Arbeiten längst bereits
festgestellt und zum Ausdruck gebracht worden ist.
Marburg, den 13. Dezember 1915. E. Schmidt.
!) Dieses Archiv 1905, 573 ff.
2) Ibidem 1905, 583; 1909, 80; Apotheker-Zeitung 1913, 667
u. Chem. Centralbl. 1913, 1310.
3) Ber. d. Deutsch. chem. Ges., Heft 1 1916.
622 M. Scholtz: Isobebeerin.
Mitteilung aus der pharmazeutischen Abteilung‘
des chemischen Instituts der Universität Greifswald.
Die Entmethylierung des Isobebeerins.
Von M. Scholtz.
(Eingegangen den 10. I. 1916.)
Die bisherigen Arbeiten über die Alkaloide der Pareira-
wurzel haben dazu geführt dem Isobebeerin, das von den drei iso-
meren Alkaloiden der Formel C,;H,,NO, am eingehendsten unter-
sucht ist, das _Kohlenstoff-Stickstoffskelett eines , Benzyl-
Isochinolins (Formel I) zuzuschreiben‘). Die Verbindung enthält ein
an Stickstoff und ein an Sauerstoff gebundenes Methyl und ein
Hydroxyl. Die Formel (,sH,,0(OH)(OCH,)NCH, verlangt, daß
von den beiden Benzolkernen des Benzyl-Isochinolins der ‚eine
durch Aufnahme zweier Wasserstoffatome hydriert ist. -. Da. das
Hydroxyl den Charakter eines Phenolhydroxyls besitzt, so steht es
in dem nicht reduzierten Benzolkern, während sich über die Stellung
des methylierten. Hydroxyls bisher niehts aussagen ließ. , Auch
zur Beurteilung der Rolle des dritten Sauerstoffatoms sowohl
beim Isobebeerin als bei den isomerenBasen Bebeerin und ß-Bebeerin
fehlt es vorläufig an jedem Anhalt. Ich habe schon früher darauf
hingewiesen, daß es sich vermutlich in ätherartiger Bindung befindet,
die aber nicht mit der des Morphins zu vergleichen ist, mit, dem
das Isobebeerin sonst manche Aehnlichkeit besitzt, da es nicht
gelingt aus ihm eine dem Apomorphin entsprechende Verbindung
zu erhalten. Hingegen konnte ich jetzt feststellen, daß beim Er-
hitzen des Isobebeerins mit starker Salzsäure des Methoxyl ver-
hältnismäßig leicht verseift wird, wobei. ein gut krystallisierendes
Alkaloid mit zwei Phenolhydroxylen entsteht:
jOCH; [0H |
CsH,.0 OH + HCl = C,sH,.0 OH ’ + CH;Cl.
Inch, "SCH, Ä
Diese Verbindung, die ich Isobebeeridin nennen will,
zeigt in so eindeutiger Weise die Farbenreaktionen ‚des Brenzkate-
chins, daß es keinem Zweifel unterliegen kann, daß sich die beiden
Hydroxyle in der Nachbarstellung befinden. Berücksichtigt man
ı) M. Schöltz und O. Koch, dieses Archiv 252, 521 (1914).
M. Scholtz: Isobebeerin. 623
ferner den früher geführten Nachweis, daß bei der Destillation des
Bebeerins mit Zinkstaub ortho-Kresol entsteht, so läßt sich schließen,
daß das freie Hydroxyl sich in Nachbarstellung zu einer kohlen-
stoffhaltigen Seitenkette befindet, die dem Kohlenstoff für das
Methyl des o-Kresols liefert. Da sich indessen immer noch nicht
ersehen läßt, welcher der beiden Kohlenstoffringe der Formel I
den. wahren und, welcher den. reduzierten Benzolring darstellt, so
wird man den jetzigen Kenntnissen von der Konstitution des 1so-
bebeerins am besten durch die Formeln II und III gerecht werden,
wobei nur noch das dritte Sauerstoffatom unberücksichtigt
geblieben ist.
CH; OH CH; -CH;
m u Tem CH,O mil: ICHy Pas ICH,
|
{ | |
ar NH CH; SIEH ‚CH;
CH, * ‚nt |
| CH, CH,
Bee | |
[73 re ern ‘OH
AUDE
NS von,
T ar IH.
Zahlreiche Versuche haben gezeigt, daß man das Isobebeeridin
am..besten durch fünfstündiges Erhitzen von 2 g Isobebeerin mit
15, cem rauchender' Salzsäure auf 120—130° erhält. Bei höherer
Temperatur . tritt weitergehende Zersetzung ein, wobei sich die
Lösung unter Abscheidung eines schwarzen. Niederschlags tief
dunkel färbt. Bleibt die Temperatur aber zwischen 120—130°,
so ist die Lösung nach dem Erkalten zwar braun gefärbt aber völlig
klar. Das salzsaure Salz der neuen Base ist sowohl in konzentrierter
Salzsäure wie in Wasser erheblich leichter löslich als in mäßig ver-
dünnter Salzsäure, man kann es daher aus der durch das Erhitzen
erhaltenen Lösung durch Zusatz von 20 cem -Wasser zum größten
Teile in schwach grau gefärbten Krystallen ausfällen. Zur Vermeidung
‘von Verlusten ist es besser diese Krystalle nicht von der Mutterlauge
zu trennen, sondern durch reichlichen Wasserzusatz wieder völlige
Lösung herbeizuführen. ° Diese Lösung) wird bis zur alkalischen
Reaktion mit‘, Soda ‚versetzt, wobei die Base. als nahezu weißer,
voluminöser Niederschlag ausfällt, der zunächst amorph ist. Er-
hitzt man ‚aber ‚die durch \Sodazusatz erhaltene: Flüssigkeit mit
dem-Niedersehlage, so verwandelt sich dieser schon bei einmaligem
Aufkochen in feine Nadeln. In den üblichen organischen. Lösungs-
mitteln ist das Isobebeeridin unlöslich, als einziges brauchbares
624 M. Seholtz: Isobebserin.
Lösungsmittel erwies sich Pyridin, in dem es sich in der Siedehitze,
allerdings nicht sehr reichlich, löst, aus dem es aber beim Erkalten
nur zum geringen Teil wieder ausfällt. Durch reichlichen Wasser-
zusatz wird die Fällung vervollständigt, und man erhält die Ver-
bindung dann als ein gelbes Krystallpulver, das aus mikroskopisch
kleinen Würfeln besteht, während die beim Erkalten der Pyridin-
lösung von selbst ausgefallenen Krystalle sternförmig zusammen-
stehende Nadeln bilden. Beide Formen sind chemisch identisch
und von rein gelber Farbe. Oberhalb 220° färbt sich die Verbindung
rot und schmilzt bei 238—240°.
Die Feststellung der Zusammensetzung des Isobebeeridins
bot anfangs ‘Schwierigkeiten, da die Analysen keine übereinstim-
menden Ergebnisse lieferten. Schließlich stellte es sich heraus,
daß. die Base hartnäckig Pyridin zurückhält, von dem sie weder
durch lange fortgesetztes Auswaschen noch durch Erhitzen gänzlich
zu befreien ist. Vermutlich handelt es sich hier um Salzbildung
zwischen Pyridin und dem Alkaloid, das durch seine beiden
Phenolhydroxyle den Charakter einer schwachen Säure gewinnt!).
Da sich ein anderes geeignetes Krystallisationsmittel nicht finden
ließ, <o mußte ich mich schließlich auf die Analyse der gut krystalli-
sierenden Salze beschränken.
Das Isobebeeridin ist, wie das Isobeerin, in Pyridimlösung
rechtsdrehend. Eine genaue Feststellung des Drehungs-
winkels ist zwecklos, da es sich der Berechnung entzieht, wie
sehr er durch die Salzbildung zwischen der Base‘ und dem
Lösungsmittel beeinflußt wird.
Salze des Isobebeeridins,
Hydrochlorid, C,,H,N0;.HC1.2 H,0. 1.g Isobebeeridin
wurde in 5 cem Normal-Salzsäure unter Erwärmen gelöst. Beim
Erkalten krystallisiert das salzsaure Salz in sechseckigen Säulen
mit zugespitzten Endflächen. Es enthält zwei Molekeln Krystall-
wasser.
0,3930 g Substanz verloren bei 105° 0,0389 g H,O.
Berechnet für C,,H],NO,.HC1.2H,0: Gefunden:
H,O 10,1 9,9 \
0,3525 g der wasserfreien Substanz gaben 0,1560 g AgCl.
0,3518 g der wasserfreien Substanz gaben 0,1556 g AgCl,
Berechnet für C,,H,,NO,.HCl: Gefunden:
Cl 11,0 10,9 10,9
1) Vgl. Oesterle und Haugseth, dieses Archiv 258,
327 (1915). kan
M. Scholtz: Isobebeerin. 625
Hydrobromid, C,-H,,NO,.HBr.2H,0, krystallisiert aus
der durch Erhitzen bereiteten Lösung von Isobebeeridin in ver-
dünnter Bromwasserstoffsäure beim Erkalten in Nadeln.
0,5134 g Substanz verloren bei 105° 0,0438 g H,O.
Berechnet für C,;-H,NO,.HBr.2H,0: Gefunden:
H,O 8,9 8,5
0,2584 g des wasserfreien Salzes gaben 0,1300 g AgBr.
0,3142 g des wasserfreien Salzes gaben 0,1591 g AgBr.
Berechnet für C,,„H,.NO,.HBr: Gefunden:
Br 21,8 21,4 21,5
Hydrojodid, C,;-H,NO,.HJ.H,0. 1g Isobebeeridin
wurde in 5 cem Normal-Salzsäure gelöst und hierzu Kaliumjodid-
lösung in geringem Ueberschuß gegeben. Es fällt ein erst flockiger,
bald krystallinisch werdender Niederschlag. Das Salz ist in heißem
Wasser leicht löslich und fällt daraus in oktaedrischen Krystallen.
0,5654 & Substanz verloren bei 105° 0,0225 & H,O.
Berechnet für C,-H,NO,.HJ.H,0: Gefunden:
H,0 4,2 4,0
0,5387 g des wasserfreien Salzes gaben 0,3039 g Ag].
0,3215 g des wasserfreien Salzes gaben 0,1820 g AgJ.
Berechnet für C,,H,,NO,.HJ: Gefunden:
J 30,7 30,5 30,6
Sulfat, (C,,H,NO,),.H,SO,.H,0. Die Lösung von 1g
Isobebeeridin in 5 cem Normal-Salzsäure wurde mit verdünnter
Schwefelsäure versetzt. Im Laufe eines Tages fällt das schwefel-
saure Salz in würfelförmigen Krystallen aus, die aus Wasser um-
krystallisiert wurden.
0,3462 g Substanz verloren bei 105° 0,0083 g H,O.
Berechnet für (C,,H,NO,).H,SO,.H,0: Gefunden:
H,O 2,6 2,4
0,3098 g des wasserfreien Salzes gaben 0,1102 g BaSO,..
0,3356 g des wasserfreien Salzes gaben 0,1194 g BaSO,.
Berechnet für (C,-H,NO;)s. HsSO,: Gefunden:
SO, 14,4 14,6 14,6
Perchlorat, C,-H,NO,.HCIO,.H,0. 1 g Isobebeeridin
wurde in ö ccm Normal-Salzsäure gelöst. Aus dieser Lösung fällt
Ueberchlorsäure einen weißen, amorphen Niederschlag, der sich
in. heißem Wasser leicht löst. Beim Erkalten scheidet sich das
Perchlorat in Nadeln aus.
Arch. d. Pharm. CCLIII. Bds. 8. Heft. 40
626 M. Scholtz: Isobebeerin.
0,3616 g Substanz verloren bei 105° 0,0174 g H,0.
Berechnet für 0,,H,;NO,.HCI0,.H,0: Gefunden:
H,O 4,5 4,8
0,2938 g des wasserfreien Salzes gaben 0,1066 g AgCl.
Berechnet für C,,H,;NO,.HCIO;: Gefunden:
Ci 9,2 9,0
Isobebeeridin-methyljodid:
C,,HN0,.CH;J.
Zur Darstellung des Jodmethylats wurde 1 g Isobebeeridin
mit 20 g Methylalkohol und 5 g Methyljodid am Rückflußkühler
gekocht. Die Base geht allmählich in Lösung und nach einer Stunde
ist die Reaktion beendet. Beim Erkalten scheidet‘'sich 'ein sehr
voluminöser Niederschlag aus. Wird dieser abgesaugt und aus
Wasser umkrystallisiert, so erhält man das Jodmethylat in gelben
Nadeln vom Schmelzpunkt 265—266°. _ Die Verbindung enthält
Krystallwasser, doch wurden hierfür wechselnde Werte gefunden,
die zwischen 2 und 3 Molekeln H,O liegen. Zur Bestimmung des
Jodgehaltes diente die bei 105° getrocknete Substanz. .
0,2883 g Substanz gaben 0,1568 g AgJ.
0,3412 g Substanz gaben 0,1861 g AgJ.
Berechnet für C,,H,,NO,.CH,J: « Gefunden:
J 29,7 29,4 29,5
Isobebeeridin-äthyljodid
C,H,N0;.0,H,J.
Diese Verbindung wurde durch mehrstündiges Kochen von
1 g Isobebeeridin, 20 g Aethylalkohol und 5 g Aethyljodid ge-
wonnen. Der Kolbeninhalt verwandelt sich beim Erkalten in eine
gelatinöse Masse. Nach dem Absaugen der überschüssigen Flüssig-
keit wird der Rückstand aus Wasser umkrystallisiert, wobei man das
Jodäthylat in gelben Nadeln erhält. Schmelzpunkt 262—263°.
0,3256 g der bei 105° getrockneten Substanz gaben 0,1722 g AgJ.
Berechnet für C,H N03.C5H,J: Gefunden:
J 28,8 28,6
Methylbestimmung.
Die Zusammensetzung der Verbindungen des Isobebeeridins
zeigt, daß es das niedere Homologe des Isobebeerins darstellt. Die
Methylbestimmung nach Herzig und Meyer ergab, daß es
M. Scholtz: Isobebeerin. 627
kein Methoxyl, hingegen ein an Stickstoff gebundenes
Methyl enthält. N
0,3420 g Substanz gaben 0,2690 g AgJ aus N-Methyl.
Berechnet für C,,H,,0(0H),NCH;: Gefunden:
CH, 5,2 5,0
Farbenreaktionen des Isobebeeridins.
Da das Isobebeeridin gegen Oxydationsmittel nicht weniger
empfindlicher ist als das Isobebeerin, so zeigt es den oxydierenden
Reagentien gegenüber im allgemeinen dasselbe Verhalten. Das
gilt von den folgenden Reagentien, deren Einwirkung auf Isobebeerin
früher beschrieben worden ist!): Konzentrierte Schwefel-
säure, konzentrierte Salpetersäure, Erdmann’s
Reagens, Schwefelsäure + seleniger Säure,
Mandelin’s Reagens, Marquis Reagens, Schwefel-
säure + Wismutsubnitrat, Schwefelsäure +
Zucker, Kaliumferricyanid + Eisenchlorid,
Jodsäure. ?
Hingegen weichen die folgenden Reaktionen von denen des
Isobebeerins ab:
Die Lösung des Isobebeeridins in konzentrierter
Schwefelsäure bleibt auf Zusatz eines Tropfens Eisen-
cehloridlösung farblos (beim Isobebeerin tritt Rosafärbung
ein).
Fröhde’s Reagens gibt eine schmutzig grüne Lösung,
bei mäßigem Erwärmen tritt ein intensives Rosa auf, das, wenn
man die Flüssigkeit jetzt erkalten läßt, beständig ist, bei weiterem
Erwärmen aber in Braun übergeht.
Arsensäurehaltige Schwefelsäure löst farblos,
bei mäßigem Erwärmen wird die Lösung schön violett, dann
rotbraun.
Die Lösung des Isobebeeridins n Natronlauge ist grün,
die des Isobebeerins farblos.
Die folgenden Reaktionen zeigen die nahen Beziehungen
des Isobebeeridins zum Brenzkatechin?):
Die sehr verdünnte neutrale Lösung des salzsauren Salzes
wird durch einen Tropfen verdünnter Eisenchlorid-
lösung blau gefärbt. (Die Färbung ist viel intensiver als beim
1) Dieses Archiv 252, 523 (1914).
2) Nach Rosenthaler, Der Nachweis organischer Ver-
bindungen, 8. 257 (1914).
40*
628 M. Scholtz: Isobebeerin.
Morphin). Ist die. Lösung sauer, so ruft Eisenchlorid.; eine
wenig intensive grünblaue Färbung hervor; versetzt man jetzt
tropfenweise mit sehr verdünnter Sodalösung, so wird die Flüssig-
keit in dem Augenblick, wo sie neutral wird, intensiv blau, bei wei-
terem Sodazusatz rotviolett. Diese rotviolette Lösung wird bei
vorsichtigem Salzsäurezusatz wieder blau, bei Ueberschuß der
Salzsäure farblos. Dieser Farbenwechsel beim: Uebergang von
sauer in alkalisch und umgekehrt kann beliebig ‚oft wiederholt
werden.. Die Farben treten am schärfsten und eindeutigsten auf,
wenn man eine sehr verdünnte Eisenchloridlösung verwendet.
Molybdänsaures Ammonium gibt sowohl in essig-
saurer wie in verdünnter salzsaurer Lösung des Isobebeeridins
eine rotbraune Fällung. (Isobebeerin gibt eine weiße Fällung.)
Sehr deutlich ist die Reaktion mit Titantrichlorid.
In der Lösung einer Spur eines Salzes des Isobebeeridins erzeugt
ein Tropfen. des Reagens (15%ige Lösung) dieselbe orangegelbe,
bei sehr starker Verdünnung rein gelbe Farbe, wie in der Lösung
des Brenzkatechins. (Isobebeeria gibt keine Färbung.)
Millon’s Reagens färbt die essigsaure Lösung braun,
(Die Lösung des Isobebeerins bleibt farblos.)
Gegen Liebermann’s Reagens verhalten sich Iso-
bebeeridin und Isobebeerin gleich: sie lösen sich unter schwarz-
brauner Färbung, nach dem Verdünnen mit Wasser und Ueber-
sättigen mit Natronlauge wird die Lösung intensiv gelb.
Die Reaktionen nach Guareschi-Lustgarten (Er-
wärmen mit Chloroform und Alkali) und die Indophenolreaktion
nach Berthelot-Lex (mit Ammoniak und Natriumhypochlorit)
die im Gegensatz zu vielen anderen Phenolen, namentlich zum
Resorcin, beim Brenzkatechin negativ verlaufen, treten auch beim
Isobebeeridin nicht ein.
M. Sehoöltz: „-Methylindol. . 629
Mitteilung aus der pharmazeutischen Abteilung
des chemischen Instituts der Universität Greifswald.
Ueber einige Derivate des »-Methylindols.
Von M. Scholtz.
(Eingegangen den 10. T. 1916.)
Vor zwei ‚Jahren zeigte ich, daß aliphatische Ketone mit
%-Methylindol in zweierlei Weise reagieren können, und daß der Ver-
lauf der Reaktion davon abhängt, ob sie sich in mineralsaurer oder
in essigsaurer Lösung vollzieht!). Das «-Methylindol vermag nämlich,
wie früher auf Grund seines Verhaltens gegen: Aldehyde von
E. Fischer?) und von Freund und Lebach?) festgestellt
worden ist, in zwei verschiedenen Formen zu reagieren, und
zwar in der dieser Verbindung gewöhnlich _zugeschriebenen
Lminfoerm (l) und in der durch die Formel (II) wieder-
gegebenen Indoleninform.
m eN-——CH,
Su. _0-CB; N —0.CH;
NH N
L. II.
Von diesen beiden Formen ist nur die zweite zur Bildung
beständiger Salze befähigt, und sie ist offenbar die bei Gegenwart
starker Säuren bevorzugte, während das «-Methylindol in alkalischer,
neutraler oder auch essigsaurer Lösung nach der Formel I reagiert.
So entsteht aus «-Methylindol und Aceton in alkoholischer Lösung
bei Gegenwart von Salzsäure die Verbindung III, das Di-
[.-methylindoliden-dimethylmethan], das sich
mit einem Aequivalent Säure zu beständigen Salzen verbindet.
<< 207 CH, Sao >
IE u ET 770 2
io A Jim anf
N
IIT.
1) Ber. d. d. chem. Ges. 46, 1082 (1913).
2) Liebig’s Annalen 242, 372 (1887).
3) Ber. d. d. chem. Ges. 38, 2640 (1905).
630 M. Scholtz:. «-Methylindol.
Kocht man hingegen «-Methylindol und Aceton in essigsaurer
Lösung, so entsteht Di-@a-methylindyl-dimethyl-
methan (IV).
A se en
vo. |
| 4
„U Jo.cH, DBSGL er 4
NA » NH
Dieser Reaktionsverlauf, der sich in derselben Weise auch bei
anderen aliphatischen Ketonen vollzieht, führte zu der Frage, wie sich
aliphatischa Diketone gegen «-Methylindol verhalten werden.
Das am leichtesten zugängliche aliphatische Diketon, das Acetyl-
aceton, gab in alkoholischer Lösung mit «-Methylindol nach
Zusatz von Salzsäure rote Kondensationsprodukte, die sich nicht
einheitlich charakterisieren ließen. Hingegen erhält man beim
Kochen von Acetylaceton mit «-Methylindol in Eisessiglösung
ein einheitliches Kondensationsprodukt, in dem, wie zu erwarten,
der Indolrest in der Iminform vorliegt. Von den beiden Carbonylen
des Acetylacetons ist aber nur das eine mit zwei Molekeln «-Methyl-
indol in Reaktion getreten, so daß das durch die Formel V
wiedergegebene Di-«a-methylindyl-acetylaceton ent-
standen ist.
CH, }
a
lu le'en; sem; omidke Au
N NA
co
CH,
v.
Die Ketonnatur der Verbindung befähigt sie zur Bildung eines
Oxims und Semicarbazons, und das an das Carbonyl gebundene
Methyl zur Kondensation mit aromatischen Aldehyden unter dem
Einfluß alkalischer Kondensationsmittel. Der Versuch, durch län-
geres Erhitzen der essigsauren Lösung auch das zweite Carbonyl
des Acetylacetons mit «-Methylindol in Reaktion zu.bringen, gelang
nicht.
Das oben durch die Formel III wiedergegebene Kondensations-
produkt aus «-Methylindol und Aceton zeigt ein eigentümliches
Verhalten gegen Säureanhydride. - Es ‚genügt, die. Verbindung in
Essigsäureanhydrid zu. lösen und. einmal aufzukochen,; um eine
M. Scholtz: «-Methylindol. 631
neue Verbindung zu erhalten, die durch Abspaltung einer Molekel
Aceton und Eintritt eines Acetylrestes entstanden ist:
CuHsN: -1- CH,.CO0OH = C,H, ON; -1- CH,:CO.CH,.
Da das zum Stickstoff ß-ständige Kohlenstoffatom des
#-Methylindols durch große Reaktionsfähigkeit ausgezeichnet ist,
so' wäre damit zu rechnen, daß die Acetylierung an dieser Stelle
stattfindet, daß also das eintretende Acetyl an Stelle des austretenden
Acetonrestes tritt. Die neue Verbindung besitzt indessen keinen
Ketoncharakter, sie, kondensiert: sich ‘nicht mit Phenylhydrazin,
Semicarbazid usw. und auch das: Methyl des eingetretenen Acetyls
ist nieht zur Kondensation mit Aldehyden! befähigt. Daraus ergibi
sich, daß das Acetyl am Stickstoff steht, was nur möglich ist, wenn der
Indolrest, an dem der Eintritt stattfindet, eine Umlagerung aus der
Indolenin- in die Iminform erfährt. Aber auch der zweite Indol-
rest, hat die’ gleiche Umlagerung erfahren, denn die neue Verbindung
ist nieht mehr zur, Salzbildung befähigt. Demnach wird ihre Kon-
stitution durch die Formel VI wiederzugeben sein, wonach sie als
N- Acetyl-di-x- yeaddimanh be methan
zu bezeichnen ist.
ÄNn-—C—CcH, 4 v
|
layhom c
N.CO.CH; NH
VL
Ob bei längerer Einwirkung von Essigsäureanhydrid eine
Diacetylverbindung entsteht, ließ sich nicht feststellen. Es findet
hierbei zwar eine Umwandlung des ersten Reaktionsprodukts statt,
aber man erhält eine amorphe Verbindung, die zur Charakterisierung
nicht geeignet ist.
Ebenso leicht wie Essigsäureanhydrid wirken die Anhydride
derPropionsäure, Buttersäure undIsovalerian-
säure unter Bildung der entsprechenden Acylverbindungen
auf das Di-(@-methylindoliden-dimethylmethan) ein. Hingegen
ließ sich mit Benzoesäureanhydrid keine Einwirkung erzielen.
Die Anhydride zweibasischer Säuren, wie Bernsteinsäure und Phtal-
säure re zu violetten Verbindungen,
IH
‚A Experimentelles.
Dieemeihylndpraeipaolan:
ICH JCICH,.CO.CH,) —
CH, <<, >00 on ua „He
632 M. Scholtz: u-Methylindol.
Eine Lösung von 2g «-Methylindol und 5g Acetylaceton
in 20 g Eisessig wird vier Stunden gekocht und hierauf in Wasser
gegossen. Es scheidet sich zunächst ein Oel ab, das bald erstarrt.
In Alkohol, Aether, Chloroform, Benzol und Aceton ist die Ver-
bindung leicht löslich. Aus wenig Alkohol umkrystallisiert bildet
sie gelbe Tafeln vom Schmelzpunkt 122°. Mit konzentrierter
Schwefelsäure gibt sie eine gelbe Lösung, die beim Erwärmen rot
wird. sich
0,1117 g Substanz gaben 0,3292 g CO, und 0,0730 g H,O.
0,1945 g Substanz gaben 14,2 cem N (20°, 751 mm).
Berechnet für C,,H,,ON;: Gefunden:
© 80,2 80,3
H 7,0 7,3
N „81 8,2
Oxim, (,H,,ON,, farblose Prismen vom Schmelzpunkt
162°. Leicht löslich in heißem Alkohol, aus Br es "eieh En um-
krystallisieren läßt.
0,1733 g Substanz gaben 18,2 cem N (18°, 750 mm).
Berechnet für C,,H,,ON;: Gefunden:
N --14,;7 11,9
Semicarbazon, (,,H,-ON;, bildet weiße, in Alkohol
schwer lösliche Nadeln vom Schmelzpunkt 235°.
0,1134 g Substanz gaben 17,0 ccm N (18°, 754 mm).
Berechnet für C,,H,-ON,: Gefunden:
N 17,4 17,1
Benzyliden-di-z-methylindyl-acetylaeeton:
(C,H,N),C(CH,) .CH,.CO.CH: CH.C,H,,. ‚
Zur Darstellung dieser Verbindung wurden 1,7 g Di-«-methyl]-
indyl-acetylaceton in 20 g Alkohol gelöst, 1 .g Benzaldehyd und
2 .g 10%ige Natronlauge hinzugegeben. Die Mengenverhältnisse
sind so gewählt, daß auf 1 Mol. des Ketons zwei Mol. Aldehyd
kommen. . Das geschah, weil das Keton die Atomgruppe — CH,.
CO.CH, enthält und daher die Möglichkeit vorliegt, daß, auch 2
Dre mit Aldehyd reagiert. Tatsächlich findet aber die Reaktion
nur zwischen je einer Molekel Aldehyd und Keton statt, und da
sich nach den Untersuchungen von Goldscehmiedt und
Krezmar)) und von Harries ünd Müller?) bei Verbin-
1) Monatshefte für Chemie 22, 659 (1901).
2) Ber. d. d. chem. Ges. 35, 966 (1902).
M. Scholtz: «-Methylindol. 633
dungen mit der Gruppe —CH,.CO.CH, unter dem Einfluß al-
kalischer Kondensationsmittel nur das Methyl an der Konden-
sation beteiligt, so kommt dem Reaktionsprodukt die oben angege-
bene Formel zu. Die Kondensation vollzieht sich bei Zimmertempe-
ratur im Laufe eines Tages, wobei sich ein reichlicher krystalli-
sierter Niederschlag bildet. In Alkohol ist die Verbindung nur
wenig löslich, leicht löslich in Pyridin. Aus heißem Alkohol fällt
sie in orangeroten Tafeln vom Schmelzpunkt 207°. In konzen-
trierter Schwefelsäure löst sie sich mit gelbroter Farbe, die
beim Verdünnen der Lösung mit Wasser in ein schönes Rosa
übergeht.
0,1002 g Substanz gaben 0,3065 g CO, und 0,0600 g H,O.
Berechnet für CyH;;ON;: Gefunden:
C 83,3 83,4
H 6,4 6,7. ’
Furfuryliden-di-“«-methylindyl-acetylaceton:
(C,H,N),C(CH,).CH,.CO.CH : CH.C,H;0.
Die Verbindung entsteht unter denselben Bedingungen wie die
vorhergehende bei Anwendung von Furfurol an Stelle von Benz-
aldehyd. Orangerote Blättehen vom Schmelzpunkt 187°. Schwer
löslich in Alkohol. In konzentrierter Schwefelsäure löst sie sich mit
braunroter Farbe, auf Zusatz von wenig Wasser wird die Lösung
blauviolett, durch viel Wasser farblos.
0,1462 g Substanz gaben 0,4260 g CO, und 0,0763 g H,O.
Berechnet für C,H, 0;N;: Gefunden:
C 79,6 79,5
H 6,2 5,8
Cinnamyliden-di-«-methylindyl-acetylaceton:
(C,H,N),C(CH,).CH,.CO,CH : CH.CH : CH.C,H,
wird in derselben Weise aus Zimmtaldehyd und Di-x-methylindyl-
acetylaceton gewonnen, bildet ebenfalls in Alkohol schwer lösliche
orangerote Blättchen und schmilzt bei 189°. Die Verbindung löst
sich in konzentrierter Schwefelsäure mit blutroter Farbe, die beim
Verdünnen mit Wasser verschwindet.
0,1912 g Substanz gaben 9,9 ccm N (19°, 750 mm).
Berechnet für C,H, ON;: Gefunden:
6,1 5,9
634 M. Scholtz: «-Methylindol.
N-Acetyl-di-«-methylindyl-dimethylmethan:
H.N(COCH,)—C(CH,),—C;H;N.
Man löst 1g Di-(«-methylindoliden-dimethylmethan) (For-
mel II) in 10g Essigsäureanhydrid, erhitzt eine, Minute zum
Sieden, versetzt zur Zerstörung des Anhydrids mit Alkohol und
gießt die Lösung in kaltes Wasser. Es bildet sich zunächst eine
rien, aus der sich ein allmählich erstarrendes Oel abscheidet.
Die Klärung der Flüssigkeit unter Ausscheidung des krystallinischen
Reaktionsproduktes wird durch Zusatz von Salzsäure oder eines
anderen Elektrolyten sehr beschleunigt. Die Verbindung, ist in
heißem Alkohol reichlich löslich, fällt aber beim Erkalten nur un-
vollkommen aus. Wird aber die erkaltete Flüssigkeit mit Wasser
bis zur Trübung versetzt, so scheiden: sich. allmählich farblose
Tafeln vom Schmelzpunkt 224° aus. Die Verbindung zeigt keine
Ketorreaktionen und keine Reaktionsfähigkeit des an das Car-
bonyl gebundenen Methyls, woraus hervorgeht, daß das Acetyl
an den Stickstoff, getreten ist. Beim Kochen mit‘ alkoholischer
Kalilauge bleibt die Verbindung unverändert, in konzentrierter
Schwefelsäure löst sie sich mit rein gelber Farbe, die beim Erwärmen
der Lösung in Orange übergeht.‘
0,1664 g Substanz gaben 0,4901 g CO, und 0,1048 g H,O.
0,1606 g Substanz gaben 11,45 cem N (15°, 752 mm).
Berechnet für C,,H,,ON;: Gefunden:
C 80,2 80,3
H.37,6 7,0
N 81 8,3
N-Propionyl-di-«-methylindyl-dimethylmethan:
C,H,N (CO .C,H,)—C(CH,);—C;H;N.
Wendet man bei der vorstehend beschriebenen Reaktion
an Stelle von Essigsäureanhydrid Propionsäureanhydrid an, so
erhält man unter denselben Bedingungen die Propionylverbindung,
die aus heißem Alkohol, in dem sie leicht löslich ‘ist, in farblosen,
rhombischen Blättehen krystallisiert, die bei 194° schmelzen.
0,1469 & Substanz gaben 0,4300 g CO, und 0,0981 g H,O.
0,1396 g Substanz gaben 9,3 cem N 1200 7752 0 O2 RN
Berechnet für C,HzON;: Gefunden:
C 80,4 80,2
H 47,20 7,8...
N 78 7,5
M. Scholtz: «-Metlıylindol. 635
N-Butyryl-di-@-methylindyl-dimethylmethan:
C,H,N(CO.C,H,.)—C(CH,),—C,H,N,
aus Buttersäureanhydrid (normal) und Di-(«-methylindoliden-
dimethylmethan), scheidet sich beim Eingießen des Reaktions-
produktes in Wasser allmählich als halbfeste Masse ab. Wird diese
mit wenig Alkohol verrieben, so geht sie in Lösung, aber nach kurzer
Zeit beginnt die Krystallisation. In Alkohol ist die Verbindung
leicht löslich, aus verdünntem Alkohol umkrystallisiert bildet sie
farblose Tafeln vom Schmelzpunkt 142°,
0,1666 g Substanz gaben 0,4925 g CO, und 0,1109 g H,O.
Berechnet für C,,H,ON;: Gefunden:
GC 80,6 80,6
H 7,5 7,4
N-Valerianyl-di-z-methylindyl-dimethylmethan:
C,H.N(CO.C,H,)—C(CH,)s—C;H,N;,
aus Isovaleriansäureanhydrid und Di-(@-methylindoliden-dimethyl-
methan), scheidet sich beim Eingießen des Reaktionsproduktes
in Wasser als Oel ab, das beim Verreiben mit Aether fest wird.
Krystallisiert aus heißem Alkohol in rhombischen Tafeln vom
Schmelzpunkt 190°. |
0,1591 g Substanz gaben 0,4725 g CO, und 0,1100 g H,O.
Berechnet für C,,H,ON;: Gefunden:
'0 80,8 | 81,0
H 79 | 7,7
Verzeichnis
über Band 253 des Archivs der Pharmazie (Jahrgang 1915).
I. Autorenverzeichnis.
A.
Ueber das Ane-
590.
Asahma," %,,
monin
B.
Beckurts, H. u. Frerichs, G.,
Ueber das Para-Anisidid und
das Para-Phenetidid der Thio-
glykolsäure 136.
Dieselben, Ueber die Toluidide
der Thiooxybuttersäuren 155.
Dieselben, Ueber Arylamide der
Rhodanessigsäure und Aryl-
hydantoine 233.
Boehm, R., Ueber Krotonharz
574
Brammann, F. W., Senföl
bestimmung | 306.
Brandt, J. u. Schaertel, G.
Die wirksame Substanz von
Baeccharis coridifolia 195.
Braunwarth, F. H., Senföl-
bestimmung 306.
©.
Claasz, M., Einfache und kom-
plexe Eisensalicylate 342.
Derselbe, Aufklärung der Salieyl-
säure-Eisenchloridreaktion 360.
E.
Eberhard, A., Ephedrin und
verwandte Verbindungen 62.
Eder, R., Chrysarobin des Handels
I:
FE.
Feist, K., Bestimmung von Oxy-
chlorid und freier Salzsäure in
Eisenchloridlösungen 451.
Frerichs, G. u. Mannheim, E.,
Hämatoxylin als Indikator bei
maßanalytischen Alkaloidbe-
stimmungen und die Bestim-
mung des Alkaloidgehaltes ee
Chinarinde #7.
Frerichs, G., s. Beckurts, =
136, 155, 233.
Derselbe, Beiträge zur Kennt-
nis der Fetthärtung durch
katalytische Anlagerung von
Wasserstoff 512.
©.
Gadamer, J., Zur Kenntnis des
Hofmann’schen Abbaus der
Alkaloide der Phenanthren-
(Apomorphin-) Reihe 266.
Derselbe, Mercuriacetat als Oxy-
dationsmittel in der Alkaloid-
chemie (mit "F. Kuntze,
R. Kondo u. Schulemann)
274.
Gloth, H. W.,s. Heiduschka,A.
415.
H.
Haugseth, E. R., s. Oesterle,
N "397, 330,333.
Häußler, E. P., Chemische Zu-
sammensetzung der Würzelchen
der Kakaobohnen 109.
Heiduschka, A. u. Wallen-
reuter, R., Das Oel der Samen
von Nux vomica (II) 202.
Derselbe u. Gloth, H. W., Zur
Kenntnis des Sitosterins und
Stigmasterins 415.
Herzer, F., s. Vanino, L. 426.
Herzog, J., Gehaltsbestimmung
organi scher Silberpräparate 441.
JS.
de Jong,C., S. Tsehirch, A. 290.
Autorenverzeichnis.
K.
Küster, W., Chemismus der Bil-
dung des Gallenfarbstoffes aus
der eisenhaltigen Komponente
des Blutfarbstoffes 57.
Kueny, R., s. Oesterle, Ns y
83.
L.
Lehmann, F., Gehaltsbestim-
mung organischer Silberprä-
parate 42.
Derselbe u. Palm, Ph., Gehalts-
bestimmung von Chinarinde 393.
Linck, K., s. Rupp, E. 33.
M.
Mannheim, E., s. Frerichs, G.
117,
Mannich, (, u. ‚,Thıele, -E.,
Phenyläthanolamin 181.
Mußenug, Fr., s. Vanino, L.
5ll
Meyer, K., Senfölbestimmung
x.
0.
Oesterle, O. A. u. Haugseth,
E. R., Salzbildungsvermögen
natürlicher Chrysazinderivate
327.
Diesel ben, Einige Derivate des
Rheins 330.
Dieselben, Reaktionsfähigkeit
a-ständiger Hydroxylgruppen in
Anthrachinonderivaten 333.
Oesterle, O. A. u. Kueny, R.,
Beziehung des Hesperidins zu
Pflanzenfarbstoffen 383.
P.
Palm, Ph.,s. Lehmann,F. 393.
R.
Rupp, E. u. Linck, K., Zur
enntnis des 2-Oxy-3-Methoxy-
benzaldehyds 33.
Rupp, E., "Methy lrot und ver-
wandte Azokombinationen 366.
Derselbe u. Beyer, M., Acety-
lierungsprodukte des Oxy-
Methoxybenzaldehyds (2, 3) 379.
Derselbe u. Hölzle, A., Cyan-
schwund in gezuckerten. Bitter-
mandelwasserzubereitungen 401.
Dieselben, Einwirkung von
Alkali- und Fndalsahaywieden
$ auf Zuckerarten
637
Derselbe u. Lehmann, F., Jod-
bestimmung in organischen
Präparaten 443.
S.
Schaertel, G.,s. Brandt, J. 195.
Schinner, A., s. Vanino, L. 47
Schklowsky, H., s. Tschirch,
A. 102.
Schmidt, E., und
Pseudoephedrin
Derselbe, Ueber das Scopolin 497.
Derselbe, Ueber stickstoffhaltige
Abkömmlinge der Pimelinsäure
604.
Scholtz, M., Einige Derivate des
Harnstoffs
Derselbe, Entmethylierung des
Isobebeerins 622.
Derselbe, Ueber einige Derivate
des «- -Methylindols 629.
T.
Thiele, E., s. Mannich, C©..181.
Ephedrin
Tröger, J., u. Wunderlich,
a-arylsulfonierte Propionitrile
214.
Tschireh, A. u. Schklowsky,
H., Studien über die Macis 102.
Derselbe u. de Jong, C., Unter-
suchungen über den Bernstein
(Suceinit) 290.
Trottner, K., Qualitätsbestim-
mung von Insektenpulver 92.
V.
Vanino, L. u. Schinner, A.,
Verhalten der Jodstärke gegen
die Pukall’sche Tonzelle und
Vanino’s Reagens 47.
Derselbe u. Herzer, F., Benzo-
superoxyd 426.
Derselbe, Zur Geschichte der
sympathetischen Tinten 505.
Derselbe u. Mußgnug, Fr.,
Acetylsalicylsaures Wismut 511.
WW.
Wallenreuter, R., s. Hei-
duschka, A. 202.
Wegener, K., Senfölbestimmung
306.
Wehrmann, F., Senfölbestim-
mung 306.
Wende, F., Vereinfachung der
exakten Fettsäurebestimmung in
Sapo kalinus 585,
Wunderlich, s. Troeger, J. 214.
Sachverzeichnis.
II. Sachverzeichnis.
638
A.
Acetylsaures Wismut all.
Anemonin 590; — Einwirkung
von Brom 596; — Einwirkung
von Bromwasserstoff 596; —
Anemoninsäure 597; — Salze
der Anemonsäure 597; —
a-Anemonsäure 598; — B-Ane-
monsäure 600; — Anemonol-
säure 601; — Tetrahydro-
anemonin 603.
Airol, Jodbestimmung 451.
Alkaloidbestimmung #17.
Alkaloide der Phenanthren-
(Apomorphin-) Reihe, Hof-
mann’scher Abbau 266.
Aloe-Emodin, Pyridin- 329.
Anisidid der Thioglykol-
säure, B- 136.
Anthrachinonderivate, Re-
aktionsfähigkeit a-ständiger
Hydroxylgruppen 335.
Apomorphin, Hofmann’scher
Abbau 271.
Ararobapulver des Handels 1.
Argentum colloidale 42, 442.
Argentum proteinicum 42,
442.
Arylamide der Bhodanessig-
säuren 233.
a-Arylsulfonierte Propio-
nitrile 214.
Arylthiohydantoine 233.
B.
Baccharin 197.
Baccharis coridifolia, wirk-
same Substanz 195; — weißer
Krystallkörper „199; — Baec-
charisöl 199.
Benzophenon-Biuret 114.
Benzosuperoxyd 426; — Eigen-
schaften 428; —— Verhalten gegen
Reduktionsmittel 432; =
schwefelverdrängend 434; —
Nitrierung 435; —- analytisches
36; — quantitative Bestim-
mung 437; — Verwendung 439.
Bernstein, weitere Unter-
suchung 290; — Zerlegung der
Rohsuceinoabietinsäure 290; —
Succoxyabietinsäure 292; —
Suceinoabietinolsäure 295; —
Suceinit 297; — Succoxy-
abietinsäure 298; — Suceino-
abietinolsäure 299; — — Zer-
legung derselben 300; — Bor-
neol 301; — Suceinin 30%; —
Uebersicht 305.
Bittermandelwasser, Cyan-
schwund 400.
Blutfarbstoff, Bildung _ von
Gallenfarbstoff aus. der eisen-
haltigen Componente 457.
Borneol, aus Bernstein 301.
Bulbocapnin, _Hofmann’scher
Abbau 270; — Oxydation mit
Mercuriacetat 276.
c.
Canadin, Oxydation 278.
Charta sinapisata, Senföl-
bestimmung 306.
Chinarinde, Alkaloidbestim-
ımun. 91%
—, Gehaltsbestimmung 393; —
Bestimmung der säurelöslichen
Alkaloide 397.
Chrysophansäure aus Chry-
sarobin 9
Chrysarobin des Handels 1; —
Oxydation 6; — — Emodin 8;
— — Chrysophansäure 9; — —
Emodinmethyläther 10; — —
Emodinanthranol 22; — — De-
hydroemodinänthranolmethyl-
äther 23; — — -—- Reduktion,
Oxydation 23; — — — Ace-
tylierung 27; — — — Methy-
lierung 28; — Bestandteile 32.
Chrysazin 336; — Kaliumsalz
37; — Einwirkung von Chlor-
essigsäureester 338; — Einwir-
kung von Dimethylsulfat 340.
Chrysazinderivate, natürliche;
# Salzbildungsvermögen 327; —
Rhein 328; — Chrysazin, Chry-
sophansäure, Alo&- Bmodin,
Frangula-Emodin 329.
Chrysazin-Pyridin 329.
Sachverzeichnis.
Chrysophansäure 9; — Pyridin
329.
Corydalin, Oxydation 279.
D.
Dehydroemodinanthranol-
methyläther 23.
Dextrose, Einwirkung von Cyan-
kalium 406.
re ee
13.
Diaethylaminoazobenzol,
Aceto- 371; — Carbonsäure 369;
— — Aethylester 370.
Dibenzylaminoazobenzol 372;
— Aceto- 373; — Carbonsäure-
ester 373; — Sulfosäure 374.
Dimethylaminoazobenzol,
Aceto- 371; — Carbonsäureester
370.
Dipropiophenon-Harnstoff
114.
Diureido-Buttersäureureid
115.
E.
Eisenchloridlösung, Bestim-
mung von Oxychlorid und freier
Salzsäure 451.
Eisensalicylate, einfache und
komplexe 342; — einfache 345;
— komplexe 347; — Ferrum
salieylicum 351; — Basisches
Ferrisalicylat 355; — Ferridi-
salieylat 356.
Emodin aus Alo& 329; — aus
Chrysarobin 8; — aus Frangula
329.
Emodinanthranol 22.
Emodinmethyläther 10.
Ephedrin 52, 62; — Phenyl-,
ethylamino-Propan 52; — Me-
thylephedrin-Methylhydroxyd
55, 64; — Methylephedrin-
Methyljodid 58, 62; — Methyl-
ephedrin-Methylchlorid 63; —
ethylephedrin 65; — Spaltung
durch Natriumamalgam 70; —
— Ephedrin-Phenylpropylen-
oxyd 75; — Versuche zur Dar:
stellung von inaktivem Ephedrin
80; — Methylamino-Aethylphe-
nylcarbinol 89.
F.
Ferricehloridlösung, Bestim-
mung von Oxychlorid und freier
Salzsäure 451.
639
Ferridisalieylat 356, 362.
Ferri-ferribromsalieylat (5)
358.
Ferrokresotinat 354.
Ferrooxybenzoat, p- 354.
Ferrum salieylicum 351.
Fette, Härtung durch katalyti-
sche Anlagerung von Wasser-
stoff 512.
Fettsäurebestimmung in Sapo
kalinus 585.
Frangula-Emodin, Pyridin-
329
G.
Galaktose, Einwirkung von Cy-
aniden 412.
Galaktosecarbonsäure 410.
Gallenfarbstoff, Bildung aus
der eisenhaltigen Componente
des Blutfarbstoffs 457.
Geheimtinten 505.
Glucoheptonsäure, Baryum-
salz 405.
Glucose, Einwirkung von Cyan-
kalium 406.
H. .
Haematoxylin als Me
117.
Harnstoff, Derivate 111; —
Diacetophenon-Harnstoff 1135;
— Dipropiöphenon - Harnstoff
114; — Benzophenon-Biuretl14;
— $-Diureido-Buttersäureureid
115; —- B-Phenyl-B-Diureido-
Propionsäureureid 116.
Hediosit 405.
Hesperidin, Beziehungen zu
Pflanzenfarbstoffen 383 ; — Hes-
— — Acetyl- 393.
Hofmann’scher Abbau der Al-
“ kaloide der Phenanthren-(Apo-
morphin-)Reihe 266.
I.
Insektenpulver, Qualitätsbe-
stimmung 92.
Isobebeerin, _ Entmethylierung
622; — — lIsobebeeridin 622;
— — Salze 624; — — Methyl-
jodid 626 ;, — — Aethyljodid 626;
— — Farbenreaktionen 627,
640 Sachverzeichnis.
J.
Jodbestimmung in organischen
Präparaten
Jodstärke, Verhalten gegen die
Pukall’sche Tonzelle u. Vanino’s
Reagens 47.
Kakaobohnen, Zusammen-
setzung der Würzelchen 109.
Krotonharz 574; — Darstellung
576; — chemische Charakteri-
stik 580.
L.
Laevulose, Einwirkung von Cy-
aniden 410.
Laevulosecarbonsäure 411.
Laktose, Einwirkung von Cy-
aniden 413.
Laudanosin, Oxydation 281.
Luteolin 392; — Acetyl- 393; —
Monomethyläther 390; — —
Acetat 391.
M.
Macis, Studium 102; — Macilen-
säure 104; — Myristieinsäure
106; — Macilolsäure 106; —
Phytosterine 108; — Amylo-
dextrinstärke 109.
Maltose, Einwirkung von Üy-
aniden 414.
Mannoöse, Einwirkung von Cy-
aniden £ 409.
Mannosecarbonsäure, Ba-
ryumsalz +10.
Mercuriacetat als Oxydations-
mittel in der Alkaloidchemie
274; — Apomorphinreihe (Bul-
bocapnin) 275; — Hydrober-
berinreihe (Canadin, Corydalin)
278; — Laudanosin 281; —
Papaverin 284; — Schlußbe-
merkun 287.
Methoxy-Oxybenzaldehyd
(2, 3) 33, 379.
Meth ylindol, «-, Derivate 629; —
1-a-methylindyl -acetylaceton
631; — Benzyliden-di-e-methyl-
indyl-acetylaceton 632; — Fur-
turyliden- 633; — Cinnamyliden-
633; — N-Acetyl-di-«-methyl-
indyl-dimethylmethan 634; —
N-Propionyl- 634; — N-Butysyl-
635; — N-Valeryl- 635.
Methyl-Piperidindicarbon-
säure, aa 500, 618.
Methylrot 366; — p-Diaethyl-
aminoazobenzol - p - Carbonsäure
369; — —-. Aethylester _ 370;
— p-Dimethylaminoazobenzol-p-
Carbonsäureester370; — p-Aceto-
Dimethylaminoazobenzol 371;
— p-Dibenzylaminoazobenzol
372; — — Ester 373; — — Sul-
fonsäure 374; —- titrimetrische
Vergleichsprüfung 374.
N.
N-Methyl-Piperidindicarbon-
säure, «a,«, aus Hydroscopolin
500; — aus Pimelinsäure 618.
Nux vomicea, Oel der ar
0.
Sinapis, Wertbestim-
mung 306.
Oxy-Methoxybenzaldehyd
(2,3) 33; — Kondensationspro-
dukte 34; — Esterderivate 35;
— _ Kernsubstitutionsprodukte
37; — Oxydationsderivate 37;
— Kalischmelze 39; — Zimmt-
säurederivate 40.
—, _ Acetylierungsprodukte 379;
— Monoacetat 380; — Konden-
Oleum
sationsprodukt 381.
P. =
Papaverin, Oxydation 1284.
Pflanzenfarbstoffe, Beziehun-
gen zum Hesperidin 383.
Phenyl-aethanolamid 189.
Phenyl-aethanolamin 181; —
N-Benzoylverbindung 187; —
— 0O-Acetylderivate 187; —
N-Carbäthoxyverbindung 188;
— p-Methoxy - phenylaethanol-
amin 190; —- p-Oxy phenyl-
aethenolamin 193.
Phenyl Bakkeit RSARBEHED.
Pimelinsäure, stickstoffhaltige
Abkömmlinge 604; — Anhy-
dro -Dimethylaminopimelinsäure
605; — — Aurat 6085 — —
Hydrochlorid 608; — — Kupfer-
. salz 611; —- Dimethylamino-
Pimelinsäureanhydrid 613; —
N - Methyl -«, «- Piperidindicar-
bönsäure ' 618.
Piperidindicarbonsäure,
a, 0’-N-Methyl- 500, 618; —
Kupfersalz 499, 611; — Hydro-
chlorid 502, 608; — Aurat Abe»
ee ee Mn ee
Sachverzeichnis.
Propionitrile, «-arylsulfonierte
214; — a«a-Chlorpropionitril 217;
— @-Benzolsulfon-Propionitril
219; — a-Benzolsulfon-Propion-
amid 224; — a-Benzolsulfon-
Thiopropionamid 226 ; — Toluol-
sulfon-Propionamid 227;
Brombenzolsulfon - Propionitril
230; — Jodbenzolsulfon-Propio -
nitril “4 31.
Pseudoephedrin, s. Ephedrin
52.
R.
Rhein, Pyridin- 328; — Derivate
330; — Chlorid 331; — Ester
332, 333, 334.
Rhodanessigsäure, Arylamide
233.
S.
Salieylsäure, Aufklärung der
Eisenchloridreaktion 360; —.
Einwirkung von Salzsäure auf
Ferridisalicylat« 362; — Ein-
wirkung von Silbernitrat 365.
— , Eisensalze 342.
Sapo kalinus, Fettsäurebe-
stimmung 585.
Scopolin 497; — Oxydation des
Hydroscopolins 499; — N-Me-
thyl - «a’-Piperidindicarbonsäure
500; — — Kupfersalz 499; —
freie Säure 500; Hydrochlorid
502; — Aurat 502; — Dimethyl-
ester- Jodmethylat 502.
Semen Sinapis, Senfölbestim-
mung 306.
Senfölbestimmung im Senf-
samen usw. ; 306.
Silberpräparate, organische;
Gehaltsbestimmung 42, 441.
Sitosterin 415; — Salieylsäure-
ester 417; — Phenylurethan 418;
— Einwirkung von Brom 419; —
Sitostenon 420; — —- Semi-
karbazon 422.
641
Spiritus Sinapis, Senfölbe-
stimmung 306.
Stigmasterin 415; — Palmitin-
säureester 422; — Oelsäureester
423; — Salicylsäureester 424; —
Zimmtsäureester 425; — Tetra-
bromid 425.
Strycehnos nux vomica, Oel
202; — Phytosterine 203; —
Alkohol 205; — —- Essigsäure-
ester 207; — —- Propionsäure-,
Benzoesäureester 2085 — —
Salicylsäureester 209; — —
Oxydationsprodukt 209; — Un
verseifbares 210.
Sucecinin 302.
Suecinit, s. Bernstein 290, 297.
Sympathetische Tinten 505.
T.
Thioglykolsäure - p-Anisidid
137; — p-Phenetidid 144.
Thiooxybuttersäure, Toluidide
155.
Tinten, sympathetische 505.
Toluidide der Thiooxybut-
tersäuren 155.
ww.
Wasserstoff, katalytische An-
lagerung an Fette 512.
Wismut, acetylsalieylsaures 511.
Zucker, Einfluß auf den Cyan-
gehalt des Bittermandelwassers
400.
Zuckerarten, Einwirkung von
Alkali- u. Erdalkalieyaniden 404;
— Traubenzucker 405; — Man-
nose 409; — Laevulose 410; —
Galaktose 412; — Laktose 413;
— Maltose 414.
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sind zunächst die theoretischen Grundlagen dargelegt, auf
denen die Methoden beruhen; der Hauptwert aber ist
auf die Bedürfnisse der Praxis gelegt. Daher erfolgt
die Besprechung sämtlicher schwieriger Methoden in einer
Ausführlichkeit, die auch dem Ungeübteren ihre Ausführung
ermöglicht. Die Verfasser haben sich aber nicht auf eine
Erläuterung der Vorschriften des Arzneibuches beschränkt;
es sind vielmehr sämtliche Verbesserungsvorschläge, die
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sind, im Laboratorium durchgearbeitet, durch eigene
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