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Full text of "Archiv des Vereins der Freunde der Naturgeschichte in Mecklenburg.."

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Tibrary of the Museum 


OF 


COMPARATIVE ZOÖLOGY, 


AT HARVARD COLLEGE\ CAMBRIDGE, MASS, 


Founded by private subscription, in 1861. 


SS IT NINTATETE | 
I 
| 
| 
| 


| | 
| 0.207 . 
| 

e GA g 


Am 20. Januar 1868 ſtarb zu 
Neubrandenburg der Dr. Ernſt Boll 
im 51. Lebensjahre. Der Verſtorbene 
hat 20 Jahre hindurch unſern Verein 
als Sekretair und Vorſtand in treuer 


und aufopfernder Weiſe geleitet und 
ihm eine ehrenvolle Stelle unter den 
deutſchen nat urwiſſenſchaftlichen Ber: 
einen erworben. Das Andenken an 
Ernſt Boll möge immerdar unter uns 
leben und wirken! | 


N15 8 


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Ka 
2 


des 


in 
* ga; 


Meklenburg 


J 21. Jahr. 


Im Auftrage des Vorſtandes 
herausgegeben 


von 


Dr. S. W. Wiechmann. 


Neubrandenburg, 
in Commiſſion bei C. Brünslow. 
„1868. 


ereins der Freunde der Naturgeſchichte 


N Ev 


Druck von W. Greve in Neubrandenburg. 


1 
1 
N 
! 


Zuſendungen von Drudfachen für den Verein der 
Freunde der Naturgeſchichte in Meklen⸗ 
burg werden fortan erbeten durch die Buchhandlung von 
Opitz & Co. in Güſtrow an die Bibliothek 
des naturwiſſenſchaftlichen Vereins in 


Meklenburg, Adreſſe Herrn Landbaumeiſter 
Koch in Güſtro w. Alle übrigen für den Verein be⸗ 


ſtimmten Sendungen und Zuſchriften, ſowie Druckſachen 
und Anzeigen, die dem Secretair zur baldigen Durchſicht 
vorgelegt werden ſollen, erbittet unter nachſtehender Adreſſe 
der unterzeichnete Vereinsſecretair, der ſtets franco gegen 
franco expediren wird. 


Kadow bei Goldberg 
in Meklenburg 
im Juni 1868. 


Dr. C. M. Wiechmann, 
INT Seeretair und Vorſtand des Vereins 
| der Freunde der Naturgeſchichte 
in Meklenburg. 


2 x — 


1. Bericht 
über die | 
ahresberſammlung des Vereins am 12. Juni 
zu Güſtrow. 


Die Verſammlung fand im Saale der Realſchule 
it, wurde um 10 Uhr Morgens eröffnet und war be— 
ſucht von den Vereinsmitgliedern, Herren: Rentier A h- 
lers aus Roſtock, Dr. Gentzke aus Bützow, Paſtor 
Hermes aus Lüſſow, Dr. Klooß aus Grabow, Dr. 
Wiechmann aus Kadow, Lehrer Breem, Dr. För⸗ 
ſter, Apotheker Hollandt, Apotheker Müller, Land⸗ 
baumeiſter Koch, Hauptmann von Nettelbladt, Ree⸗ 
r Prahl, Lehrer Simonis, Lehrer Aug. Vermeh⸗ 
en, Ad. Vermehren, Gymnaſiaſt Vermehren, 
mmtlich aus Güſtrow. Als Gaſt war Herr Candidat 
aumann gegenwärtig. 
Nachdem Herr Ad. Vermehren zum Protokoll⸗ 
‚er erwählt worden, trug Herr Landbaumeiſter Koch 
von dem Vereinsſecretair, Herrn Dr. E. Boll, ein⸗ 
ndten Jahresbericht vor. 
0 Jahresbericht. 

Was zunächſt die Veränderungen in dem Perſonal⸗ 


2 


beſtande der Vereinsmitglieder betrifft, fo verloren wir 
durch den Tod die Herren: 

Dr. Klinsmann in Danzig, correſpondirendes Vereins⸗ 

mitglied, 

v. Conring, Hauptmann in Neuſtrelitz, 

Karſten, Gerichtsrath in Roſtock (ſ. Archiv XX. 54), 

Koch, Geh. Amtsrath in Schwerin (ſ. Archiv XX. 111), 

Roggenbau, Rath und Stadtrichter in Neubrandenburg. 
Ausgetreten aus dem Vereine ſind die Herren: 

Bollé, Lehrer in Goldberg, 

Grieſe, Apotheker in Lübeck, 

Jatzow, Advoc. in Grabow (früher in Hagenow), 

Knaudt, Geh. Reg. Rath in Schwerin, 

Krohn, Lehrer in Stavenhagen, 

v. Kühlewein, Collegienrath in Roſtock, 

Ladewig, Profeſſor in Neuſtrelitz, 

Löper, Dr. med. in Neubrandenburg, 

Peters, Gutsbeſitzer in Sieden⸗Bollentin, 

Rubien, Organiſt in Klütz, 

Sahlmann, Lehrer in Stavenhagen, 

Sarkander, Lehrer in Daſſow, 

Schmidt, Sprachlehrer in Goldberg, 

Schultz, Lehrer in Güſtrow. i 

Dagegen erwarb der Verein an neuen Mitgliedern 

die Herren | 

Benthin, Dr. phil. in Hamburg, 

Borchert, Dr. med. in Wismar, 

Greve, Buchdrucker in Neubrandenburg, 

v. Könen, Dr. phil. und Profeſſor in Marburg, 

Lenz, Lehrer in Lübeck, | 


en: 3 

2 v. Meyenn, Kammerherr in Greſſe, 

| Seeger, Director der Realſchule in Güſtrow, 
Thoms, Kunſtgärtner in Matgendorf, 

Vermehren, Gymnaſiaſt in Güſtrow, 

Willebrandt, Gymnaſiaſt in Ratzeburg. 

2 Die Geſammtzahl der ordentlichen Vereinsmitglieder be⸗ 
aääuft ſich demnach beim Jahresabſchluſſe auf 222. 

Der Kreis unſerer Verbindungen mit auswärtigen 
Vereinen iſt in dieſem Jahre nicht erweitert worden, durch 
Schriftenaustauſch mit den bereits mit uns in Verkehr 
ſtehenden hat aber auch in dieſem Jahre unſere Biblio- 
thek einen ſehr anſehnlichen Zuwachs erhalten. Dieſelbe 
fernerhin allein in meinen Zimmern zu beherbergen, iſt bei 
dem unausgeſetzten Wachsthum des Büchervorraths nicht 
mehr möglich, und daher der auf der Tagesordnung ſte⸗ 
3 hende Antrag, ein Local zur Aufbewahrung der Bücher zu 
* miethen, völlig gerechtfertigt. 

* Mit unſerer zu Güſtrow aufbewahrten Vereins⸗ 
B fammlung haben wir weniger Glück gehabt. Es ftand 
dies von vorne herein zu erwarten, denn eine ſolche Samm⸗ 
* lung kann nur dann gedeihen, wenn anſehnliche Geld⸗ 
x * ſummen auf dieſelbe zu verwenden ſind, welche aber un⸗ 


3 baum etwas Brauchbares und da unter ben obwaltenden, 
3 in der ganzen Organiſation unſeres Vereines wurzelnden 
= een keine Ausſicht auf eine günſtigere Wendung in 
4 der Lage der Sammlung vorhanden iſt, und wir Herrn 


4 


Lehrer Vermehren, der bisher mit der dankenswerthe⸗ 
ſten Bereitwilligkeit die Fürſorge für dieſelbe übernommen 
gehabt hat, nicht zumuthen können, Jahr für Jahr ſeine 
Zeit einer fo hoffnungslofen Angelegenheit zu widmen, ſo 
dürfte darin der vom Herrn Landbaumeiſter Koch intimirte 
Antrag, die Sammlung ganz aufzulöſen, ſeine Rechtferti⸗ 


gung finden. Wird dieſer Antrag zum Beſchluſſe erhoben, 


dann möchte ich mir den Vorſchlag erlauben, daß: 


1. Die noch vorhandenen geringen Geldmittel der 


Hauptcaſſe überwieſen werden; 


N 


2. desgl. der Vereinsbibliothek das bei der Samm⸗ 


lung noch befindliche „Handbuch der Petrefaetenkunde von 


Quenſtedt“ (zugleich mit einer Petrefactenſammlung von 


Herrn L. Fromm in Schwerin angekauft); 


3. desgl. der Vereinsbibliothek die vorhandenen, oben 


erwähnten abgeſchloſſenen auf Meklenburg bezüglichen 


Sammlungen, nebſt der von dem Baron A. v. Maltzan 


geſchenkten Algenſammlung aus dem adriatiſchen Meere; 
4. über den Verbleib des Reſtes der Sammlung und 


die etwa zu derſelben gehörigen Schränke anderweitig zu 
disponiren, falls eine Sendung der letzteren nach Neu⸗ 


brandenburg nicht wünſchenswerth und nicht zu koſtſpielig 
ſein ſollte. 


5. Herrn Vermehren den Dank des Vereines für 


ſeine bisherige Mühewaltung auszusprechen und ihn zu 
bitten, auf Koſten des Vereines die Verpackung und Ver⸗ 
ſendung der zur Aufbewahrung ausgewählten Gegenſtände 
nach Neubrandenburg beſorgen zu laſſen. 

In welcher Weiſe dieſer ganze Antrag in allen ſeinen 


Einzelheiten durchzuführen fei, möchte wohl am beſten 


6 


9 durch eine aus den Güſtrower Bereinsmitgliebern zu er⸗ 
reennende Commiſſion feſtzuſetzen ſein. Möglich wird 
= die Durchführung jener Maßregel in der von mir propo- 
nirten Weiſe jedoch nur dann, wenn hier in Neubranden⸗ 
burg ein beſonderes Local für die Bibliothek beſchafft wer⸗ 
den kann, da ich anderweitig dieſen Zuwachs zu derſelben 
nicht unterzubringen weiß. 


Was endlich den dritten, auf der Tagesordnung ſte⸗ 
henden Antrag betrifft, ſo hat die Erfahrung, die wir ſeit 
mehreren Jahren über den ſehr ſchwachen Beſuch der 

Pfingſtverſammlungen gemacht haben, den An⸗ 
laß dazu gegeben. Vielleicht belebt ſich das Intereſſe an 
bdenſelben wieder etwas mehr, wenn fie nicht alljährlich, 
3 ſondern in beſtimmten, etwas längeren Terminen ſtattfin⸗ 
den. Den diesmal günſtigeren, bis auf ein Deficit von 
nur 14 Thlr. 18 Sgr. 9 Pf. ermäßigten Caſſenab⸗ 
ſchluß zeigt. die Anlage J. 


Herr Archivrath Dr. Liſch hat die Wiederwahl in 
* den Vorſtand abgelehnt; auch meine eigenen Func⸗ 
5 tionen als Mitglied des Vorſtandes ſind ſtatutenmäßig er⸗ 
lloſchen, was bei der Abfaſſung der Einladungsbriefe zu 
. erwähnen vergeſſen worden iſt. 

i Leider bin ich nicht im Stande, die Güftrower Ver⸗ 
. ſammlung ſelbſt zu beſuchen, und ſende daher den an der— 
ſelben theilnehmenden Vereinsmitgliedern ſchriftlich meinen 
Gruß, indem ich mich ihrem franntichen Andenken beſtens 
empfehle. 


5 Neubrandenburg den 6. Juni 1867. 
* Dr. E. Boll. 


8 


Anlage l. 


Einnahme. 
Jahresbeiträge von den Herren: 219° 
v. Lützow⸗Boddin 5 
v. Maltzan⸗Schwarzenhof | a5 Thlr. .,10 
Dr. Brückner⸗Neubrandenburg | 


Dr. Götze⸗Neuſtrelitz 


Haug⸗Lübeck 8 . 1 
Schröder⸗Treptow | e Fe 
Twachtmann⸗Neuſtrelitz 
Warncke⸗Lübeck 
Prozell⸗ Hinrichshagen 
Dr. Hellm. Scheven⸗Malchin 
Dr. Herm. Scheven⸗Malchin à 17 
Th. Scheven⸗Leuſchentin i e,, 
Timm⸗Malchin 
Unger⸗Friedland 
212 Mitglieder a1 Thl.. 22 
S. 243 
Aus dem Verkaufe des Archi s. 1806 
S8. 8, 1261| 6 
Ausgabe. 
Zur Deckung der vorigjährigen Rechnung = 5 
An Buchdrucker Greve laut Rechnung a und d. 91 26 
An Buchhändler Brünslow laut Rechnung e.. 28 226 
An Buchhändler Krüger laut Rechnung 4. 31 15 
Antiquariſch durch mich angekauft 13 20 
An Buchbinder F. Boll laut Rechnung e und £ 29| 18] 9. 
Verſicherung der wier 5 „ 
Pro diversis 23555  . 5 10 
Porr us ae A 


Jahresausgabe 275 24 9 
Jahreseinnahme 261) 6 


Mithin bleiben zu decken er 14| 18 9 
Neubrandenburg den 6. Juni 1867. 
Dr. E. Boll. 


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7 


Wie in dem Berichte erwähnt, war der Zeitraum, 
für welchen Herr Dr. E. Boll als Vorſtand des Ver— 
eins gewählt worden, abgelaufen, und es wurde der ge= 
nannte Herr ſelbſtverſtändlich wiederum erwählt. Auch 
die Vorſtandſchaft des Herrn Geh Archivrath Dr. Liſch 
zu Schwerin hatte ihr Ende erreicht, und da derſelbe er⸗ 
klärt hatte, daß er das von ihm verwaltete Amt ferner 
nicht mehr bekleiden könne, ſo mußte zu einer Neuwahl 
geſchritten werden, bei welcher Herr Dr. Wiechmann zu 
Kadow einſtimmig zum Vorſtand des Vereins gewählt 


wurde; dieſer trat denn auch ſein Amt ſofort an. 


Darauf begannen die Verhandlungen über die im 
Jahresbericht enthaltenen Propoſitionen. 

1) „Auflöſung der zu Güſtrow befindlichen Vereins⸗ 
„ſammlung und Dispoſition über die in derſelben be⸗ 
„findlichen Naturalien (Vereinigung der botaniſchen 
„Sammlungen mit der Vereinsbibliothek in Neubran⸗ 
„denburg).“ 

Da Herr Director Seeger ſich erbot, ein eigenes 
Zimmer in dem Realſchulgebäude für die Vereinsſamm⸗ 
lung einzuräumen, um den Vorwurf einer ungenügenden 
Aufſtellung zu beſeitigen, da ferner die vielfältige Benu⸗ 
tzung der Herbarien, nicht allein von Freunden der Bo— 
tanik zu Güſtrow, ſondern auch von ſolchen in anderen 
Orten, durch den Bericht des mit der Beaufſichtigung be— 
trauten Herrn Vermehren dargethan wurde, ſo beſchloß die 
Geſellſchaft den Verbleib der Vereinsſammlung zu Gü— 
ſtrow. Bereichert wurde dieſelbe durch ein Geſchenk des 
Herrn Hauptmann v. Nettelbladt, beſtehend aus vier 


Käſten mit Vögeleiern; ferner hatte Herr Gymnaſiaſt 


28 


Reincke in Ratzeburg das erſte Heft einer von ihm ver⸗ 
anſtalteten Sammlung der Mooſe Meklenburgs eingeſandt; 
die anweſenden Botaniker ſprachen ſich ſehr lobend über 
das Unternehmen aus, welchem ſie den beſten Fortgang 
wünſchten. 
2) „Bewilligung von Geldmitteln zur Miethe eines 
„Zimmers für die Vereinsbibliothek, da es dem Biblio⸗ 
„thekar bei dem ſchnellen Zuwachs des Büchervorrathes 


„nicht mehr möglich iſt, denſelben in ſeinen eigenen 


„Räumlichkeiten unterzubringen.“ 
Die Verſammlung bewilligt die nöthigen Geldmittel 
für ein Bibliothekzimmer, falls der Bibliothekar nicht an⸗ 
derweitig Aushülfe ſchaffen könnte. s 


Bei dieſer Gelegenheit ſpricht die Verſammlung den 
Wunſch aus, daß der Ankauf von Büchern möglichſt ein⸗ 
geſchränkt werde, damit das jährliche Deficit der Kaſſe 
aufhöre. Es wird ferner gewünſcht, daß das Verzeichniß 
der Vereinsmitglieder nur ein Jahr um das andere ab⸗ 
gedruckt werde, guch ſollen die eingelieferten Beiträge für 
das Archiv der Verſammlung, oder wenn ſie ſpäter ein⸗ 
gehändigt, dem Vorſtand zur Prüfung vorgelegt werden. 
Ueberhaupt will man die ſtarken Jahreshefte vermieden 
wiſſen, bis die Vermögensverhältniſſe des Vereins einen 


größeren Aufwand geſtatten.“ Es wurde jedoch beſonders 


ausgeſprochen, daß man nicht daran denke, die Thätigkeit 


1. Aehnliche Wünſche ſind ſchon früher, z. B. auf der Ver⸗ 
ſammlung des Jahres 1862 laut geworden. Man vgl. Archiv, 
Jahrg. XVI, S. 8. — Das Verzeichniß der Mitglieder iſt in 
dieſem Jahre weggefallen. 


h lc 


5 3) „Antrag, die Pfingſtverſammlungen hinfort nur 
. Halle zwei Jahre ſtattfinden zu laſſen.“ 
. Es wurde beſchloſſen, die jährlichen Verſammlungen 
N beizubehalten, da man befürchtet, daß verringerte Verſamm⸗ 
4 = lungen auch ein verringertes Intereſſe für den Verein und 
„ deſſen Tendenzen herbeiführen möchten. 
4) „Wahl des Ortes für die nächſte Pfingſtverſamm⸗ 
SE „lung und eines Localvorſtandes daſelbſt.“ 
2 Für das Jahr 1868 beſtimmte man Schwerin 
als Verſammlungsort und als Localvorſtand daſelbſt den 
5 Herrn Oberlehrer Dr. Hartwig. 
Faour dieſe bevorſtehende Verſammlung wurde folgen— 
der Zuſatz zu den Statuten intimirt: 
„Da es wünſchenswerth iſt, daß der jedesmalige Se— 
eretair die Verſammlungen möglichſt regelmäßig beſucht, 
„ſo ſoll derſelbe darum gebeten werden. Es ſind ihm 
„ferner die Koſten der Reiſe aus der k zu 
„erſetzen. 
Ferner proponirte Herr Dr. Gentzcke aus Bützow: 
„Der Verein erwählt den Herrn Dr. E. Boll zu 
„Neubrandenburg auf Lebenszeit zum Vereinsſecretair.“ 
Die nun folgende Unterhaltung war eine belebte. Herr 
Apotheker Müller legte verſchiedene Pflanzen aus der 
unmgegend von Güſtrow vor, als Leersia oryzoides 
Schwarz, Cerastium semidecandrum glaberrimum und 
die nun auch im Pregel aufgefundene Polamogeton zoste- 
racea Fr., von welcher Exemplare an Liebhaber vertheilt 
. wurden. — Allgemeines Jutereſſe erregten die vom Herrn 


10 


Landbaumeiſter Koch gezeigten Bruchſtücke eines foſſilen 
Elephantenſtoßzahnes, die in einer Güſtrower Kiesgrube 
am Schmiedeberge, in der Nähe der Nebel, aus einer 
Tiefe von etwa 30 Fuß zu Tage gefördert waren. Wie 
nur zu oft war der Fund von den den Werth deſſelben 
nicht begreifenden Arbeitern ſchlecht behandelt worden, ſo 
daß die angeblich 4—5 Fuß lange Maſſe zerſtückelt ab⸗ 
geliefert iſt. Nach einem Fragment, an welchem die äu⸗ 
ßerſte, noch ſehr harte, ſchmutzig gelbe Schicht vorhanden 


iſt, muß nach der Krümmung der urſprüngliche Durch — 


meſſer auf 5 Zoll geſchätzt werden, doch gehört dies Stück 
noch nicht dem unterſten Theile an. Die inneren con⸗ 
centriſchen Lagen zeigten ſich anfangs weich und zerxeib⸗ 
lich, nach dem Austrocknen aber ſind ſie härter, weiß, 
kreideartig und laſſen ſich leicht von einander abtrennen. — 
Herr Paſtor Hermes zu Lüfjom zeigte darauf einen 
ganz aus Glas angefertigten „Luftdruckmeſſer oder Baro⸗ 
meter⸗Controlleur“ vor, übergab auch über dies ſehr ein⸗ 
fache Inſtrument eine kleine Abhandlung, welche leider ver- 
legt iſt. — Dann beſichtigten die anweſenden Vereins⸗ 
mitglieder das Zimmer, welches Herr Director Seeger 
(ſ. oben) für unſere Sammlungen eingeräumt hatte und 
ſprachen dem genannten Herrn ihren Dank für ſeine Güte 
aus. — Auf Einladung des Herrn Landbaumeiſter Koch 
begab ſich die Geſellſchaft nun in deſſen Wohnung und 
hatte dort Gelegenheit, die ſchöne und reiche Sammlung 
tertißrer Petrefacten des allgemein geachteten Geologen in 
Augenſchein zu nehmen. — Es erfolgte darauf das Mit— 
tagsmahl, welches leider nur ſchwach beſetzt, im übrigen 
aber belebt war, und von dem aus dem Seeretair des 


£ 11 


Vereins, dem Herrn Dr. E. Boll, ein telegraphifcher 


Gruß geſandt wurde. Die Anweſenden konnten nicht 


ahnen, daß dieſer Gruß der letzte ſei, den ſie dem Freunde 
auf dieſer Welt zuſenden würden! 

Nach dem Mahle beſchloſſen die Anweſenden, den 
Reſt des Tages im Freien zuzubringen und einen Ausflug 
nach der Schöninſel im Gutower See zu unterneh- 
men. Die Geſellſchaft wurde daſelbſt von dem Beſitzer, 
Herrn Behrns, freundlich aufgenommen und zunächſt nach 
dem höheren Theile des kleinen Eilandes geführt, von wo 
aus man eine Ueberſicht über das fruchtbare Grundſtück 
und die Ufer des Sees genießt. Auf dieſer Anhöhe, wo 
einſt ein von einem Garten umgebenes Gebäude geſtanden 
hat, fand man zwiſchen den Mauerreſten des alten Baues 
die ſchon früher hier beobachteten Pflanzen Echinops 
sphaerocephalus L. und Helleborus foetidus L., wäh⸗ 
rend bei den Wirthſchaftsgebäuden mehrere Exemplare von 
Sambucus ebulus L. wachſen. Dieſe drei Pflanzen 
ſcheinen ſich hier, nach ihrem üppigen Wuchſe zu urtheilen, 
ganz eingebürgert zu haben. Auf der Schöninſel kommt 
auch Helix Pomatia L. in großer Anzahl und ſchönen 
Stücken vor. 

Nach dieſem Spaziergange, der von dem ſchönſten 
Wetter begünſtigt war, trennten ſich die Anweſenden mit 
der Hoffnung, ſich im nächſten Jahre in Schwerin wie⸗ 
derzuſehen. 


Erklärung. 


Obſchon im Nachlaſſe des Herrn Dr. E. Boll die 
Vereins⸗Acten in muſterhafter Ordnung vorlagen, ſo wollte 


12 


es doch nicht gelingen, von dem Berichte über die Gü⸗ 
ſtrower Verſammlung vom 12. Jun., welchen Herr Apo⸗ 
theker Müller zu Güſtrow abgefaßt hatte, mehr als ein 
Bruchſtück aufzufinden. Da keine Zeit zu verſäumen war, 
ſo blieb mir nichts übrig, als den vorſtehenden Bericht 
nach dem erwähnten Fragment, den Erinnerungen verſchie⸗ 
dener Mitglieder und den eigenen Notizen niederzuſchrei⸗ 
ben, und glaube ich nichts Weſentliches vergeſſen zu haben.“ 

Das ſpätere Erſcheinen des diesjährigen Archivs habe 
ich nicht verſchuldet; der hauptſächliche Grund der Ber- 
zögerung iſt in dem mißlichen Geſundheitszuſtande unſers 
Secretairs während ſeiner letzten Lebenszeit zu ſuchen. Als 
ich am 24. Febr. die Redaction dieſes Jahrgangs über⸗ 
nahm, waren noch verſchiedene kleine Abhandlungen und 
der Bericht über die Vereinsangelegenheiten zu beſeitigen; 
ich hoffe jedoch, daß der Band im nächſten Monate den 


Mitgliedern zugeſandt werden kann. 
Kadow, den 8. März 1868. Wiechmann. 


Für den nächſten Jahrgang des Archivs find bereits 
folgende Arbeiten angemeldet worden: 

F. Boll, Präpoſitus zu Neubrandenburg, Nekrolog 
des Dr. E. Boll. 

C. Struck, Lehrer in Waren, Ueber den Zuſtand 
des v. Maltzanſchen Muſeums zu Waren. 

Wiechmann, Dr. zu Kadow, Der aſchgraue unter⸗ 
oligocäne Sandſtein in Meklenburg und deſſen Fauna 
nach Dr. E. Boll's Aufzeichnungen. 

Anmerk. Der verſtorbene Dr. E. Boll hat ver⸗ 
ſchiedene mehr oder weniger vollendete geologiſche Abhand- 
lungen hinterlaſſen, welche ich nach und nach veröffent— 
lichen werde. 

Wiechmann. 


1. Nachdem dieſer Bogen bereits gedruckt war, hat ſich auch 
der Bericht über die vorigjährige Verſammlung vollſtändig an⸗ 
gefunden. 


Ueberſicht des Inhalts: 


Geognoſte. 
Beiträge zur Geognoſte Meklenburgs, mit beſonderer Be: 
rückſichtigung der Nachbarländer, von Dr. E. Boll 
Bemerkungen über einige norddeutſche e 
von Dr. C. M. Wiechmann 
Mitteloligocänes Thonlager zu Egeln bei Magen von 
Wiechmann BR 
Thonlager bei Goldberg, von Dr. Wiechmann 3 


Literatur. 
Geognoſtiſche Literatur Pommernns 


Meteorologie. 


Die Gewitter der Jahre 1864 —66, von Dr. E. Boll. 

Meteorologiſche Beobachtungen auf der Station Hinrichs⸗ 
hagen, 21. Jahr, von Prozell, (die angehängte 
Tabelle). 


Vereins⸗ Angelegenheiten. 
Bericht über die Verſammlung am 12. Juni in Güſtrow 
Verſchiedenes. 


Fiſchregen in Pommern und Meklenburg 

Beſtimmungen des Längen⸗Unterſchiedes zwiſchen Schwerin 
und Wuſtrow durch Chronometer⸗Reiſen 

R eeiſſe nn 


& 


15 


157 


121 


Zoologie. 


S. 
Feinde der Platten⸗Miesmuſchel (Congeria Chemnitzii 
For), von C. Strunk 
Ornithologiſ ches . 


Anzeigen 


eiträge zur Geognofie 


Meklenburgs 


von 


Dr. Eruſt Boll. 


Von Dr. Boll's Geognoſie Meklenburgs, in welcher 
er die Reſultate feiner geologiſchen und paläontologiſchen 
Forſchungen vorlegt, iſt der die ſiluriſche Formation be⸗ 
treffende Theil zum größten Theil vollendet, und werden 
in demſelben vielfach ältere Anſichten über die Cephalopo⸗ 
den (Ig. XI) und Trilobiten (Ig. XII) berichtigt. Dieſer 
ſehr wichtige Theil ſoll nach und nach in unſerem Archiv 
veröffentlicht werden, jedoch nur dann, wenn es gelingt, die 
Mittel zur Herſtellung der nothwendigen Abbildungen zu⸗ 
ſammen zu bringen, denn die ſorgfältigſte Beſchreibung 
einer neuen Art kann die Abbildung nicht erſetzen; die | 
Wiſſenſchaft unſerer Tage beanſprucht ſolche Abbildungen, 
und ſie hat völlig Recht. 


17 


IV. Alluviale Neubildungen. 


Meklenburg und ſeine Nachbarländer ſind ſehr reich 
an Niederungen, deren Boden aus Wieſen, Torfmooren 
und Brüchern beſteht. Nach einer vor etwa 40 Jahren 
durch E. v. Storch mitgetheilten Berechnung * waren 
allein in Meklenburg⸗Schwerin an den Flüſſen (alſo mit 
Ausſchluß der kleineren iſolirten Wieſen,) von ſolchen Nie⸗ 
derungen vorhanden im Gebiete der 


F „ 15,940,146 IR. 
Sude und Rögnitz .. 8,696,275 
CCCTTJVCCCC ia 2 244,022 
e 
e a Li 
ehe 229,88 
C220, 
„„ K 41761. 280 
Hohenvichelſchen Canals . 1,524,079 
Cee 
C 530,457 


Summa 52,191,912 IR. 

oder 20 [ Meilen, — ein Areal, welches ſich durch Sen⸗ 
kung und vollſtändige Entwäſſerung mehrerer Seen feit- 
dem noch nicht unanſehnlich vergrößert hat. Rechnen wir 

für Meklenburg⸗Strelitz und das Fürſtenthum Ratzeburg, 
welche von jener Berechnung ausgeſchloſſen ſind, noch etwa 
5 [ Meilen hinzu, fo würde das geſammte Areal der 
meklenburgiſchen Niederungen auf mindeſtens 25 [Meilen 
ſich belaufen, alſo etwa den zwölften Theil des Flächen⸗ 
inhalts der beiden Großherzogthümer ausmachen. 


1. Schweriner Freimüth. Abendblatt 1826 No. 407. 
2 


18 


Dieſe Niederungen tragen faſt durchgängig ein ganz 
eigenthümliches Gepräge an ſich. Ihr Boden iſt, eine ge⸗ 
ringe und nur durch den Waſſerlauf oder durch Nivelli⸗ 
rung erkennbare Senkung abgerechnet, völlig horizontal, 
und gleich einer Waſſerfläche ſchieben ſich die grünen Wie⸗ 
ſenſpiegel zwiſchen die Thalgehänge ein, welche ihre Ufer 
bilden. Unwillkührlich wird man bei ihrem Anblicke auf 
die Idee geführt, daß dieſe Niederungen einſt offene 
Waſſerbecken waren, — und ſo ſcheint es ſich auch 
in der That zu verhalten, denn nicht allein ſehen wir 
dieſen Proceß der Umwandelung von Seen und Teichen 
in Wieſen noch unter unſeren Augen fortſchreiten, ſondern 
wir haben auch mehrfache Beweiſe dafür, daß dasjenige, 
was wir jetzt für feſten Wieſenboden halten, in der 
That oft nur eine Decke iſt, welche das darunter noch 
vorhandene Waſſerbecken unſeren Blicken entzieht. 

Ausgefüllet oder überbrückt ſind dieſelben im Laufe 
der Zeiten durch Torf, Moder und Wieſenkalk, 
drei aus der Zerſetzung organiſcher Weſen hervorgegangene 
alluviale Neubildungen, welche wir in dem Folgenden der 
Reihe nach in ihren Eigenthümlichkeiten genauer zu ſchil⸗ 
dern verſuchen wollen. f 

Daß der Torf ein vegetabiliſches Product ſei, ſetze 
ich als hinreichend bekannt voraus. Die Bedingungen 
ſeiner Bildung ſind: Zufluß von Waſſer, gehinderter Ab⸗ 
fluß deſſelben, und endlich eine für das Waſſer undurch⸗ 
dringliche Bodenunterlage. Die in dieſem Waſſer vege⸗ 
tirenden und abſterbenden Pflanzen müſſen ſich zerſetzen 
können, ohne doch gänzlich in Fäulniß überzugehen, und 
iſt dann der jährliche Zuwachs der Vegetation größer als 


— 


19 


die vollſtändige Verweſung des Abſterbenden, und findet 
keine Entfernung des letzteren durch Menſchenhände oder 
durch Naturkräfte ſtatt, ſo bleibt eine größere oder gerin⸗ 
gere Menge bald mehr, bald minder zerſetzter vegetabiliſcher 
und daher brennbarer Subſtanz als Torf zurück. — Eigent⸗ 
liche Waſſerpflanzen haben jedoch an der Torfbildung keinen 
Antheil. Denn wenn dieſe auch noch ſo maſſenhaft vor 
kommen, wie insbeſondere die Charen, Myriophyllen, Ce⸗ 
ratophyllen, Waſſerranunkeln und Potamogeton-Arten, — 
ja ſelbſt die dicken Wurzelſtöcke der Seeroſen, — ſo gehen 
ſie doch immer in den Zuſtand der Fäulniß über, und 
werden durch die dabei entwickelten Gaſe an die Oberfläche 
der Gewäſſer gehoben, wo ſie gänzlich verweſen, oder ſie 
bilden, wenn ſie reich ſind an mineraliſchen Beſtandtheilen, 
wie viele Charen, einen kalkhaltigen (Wieſenkalk), oder or⸗ 
ganiſchen Brei (Moder), der andern Gewächſen zwar zur 
Unterlage dienen kann, nie aber ſelbſt Torf wird, zu deſſen Er⸗ 
zeugung Pflanzen gehören, die reich an ſchwer zerſetzbaren 
Siulbſtanzen find, wie die Torfmooſe und viele phanero⸗ 
1 gamiſche Ufer⸗ und Sumpfpflanzen. ! 

| An der Mod erbildung betheiligen ſich außer jenen 


ſchon genannten ſich gänzlich zerſetzenden Waſſerpflanzen 


beſonders die mikroſkopiſch kleinen, zu den Algen gehörigen 
Diatomaceen und kieſelſchalige Infuſorien, welche ſich 
während der warmen Jahreszeit in ſtagnirenden Gewäſſern 
in ſo großer Menge entwickeln, daß die Reſte dieſer kleinen 
pflanzlichen und thieriſchen Organismen oft allein hinreichen, 


. Pokorny, in den Verhandl. der zool, botan, Geſell. in 
Wien. VIII. 300. IX. 90. 
a. 


20 


binnen wenigen Jahren kleinere Waſſerbecken gänzlich aus⸗ 
zufüllen. 

Der Wieſenkalk verdankt, wie ſchon geſagt, ſeinen 
Urſprung vorzugsweiſe den Charen oder Armleuchter⸗Ge⸗ 
wächſen, von denen die norddeutſche Flora eine anſehnliche 
Anzahl von Arten aufzuweiſen hat. Mehrere derſelben 
beſitzen in hohem Grade die Eigenſchaft, kohlenſauren Kalk 
abzuſondern, mit welchem ſich die Pflänzchen vollſtändig 
überrinden. Bei der Chara foetida (vulgaris) ſoll der 
Kalkgehalt bis auf etwa 73 und bei Ch. hispida bis auf 
faſt 57°/, ihrer feſten Beſtandtheile anſteigen können. Sie 
wachſen geſellig, indem ſie alle anderen Pflanzen aus ihrem 
Bereiche zu verdrängen pflegen, und kommen daher in 
manchen Seeen und Teichen in ungeheurer Menge vor, 
und zwar wohl nur in ſolchen, deren Boden und Gewäſſer 
einen ſehr ſtarken Kalkgehalt beſitzt; denn ſelbſt ſchaffen 
können ſie den Kalk natürlich nicht, ſondern ſie müſſen 
ihn anders wo her entlehnen. Da ſie einjährige, im Herbſt 
abſterbende Pflanzen find, fo mußten ſich aus ihren Reſten 
allmälig anſehnliche Maſſen von Kalk an dem Boden der 
Gewäſſer, welche ſie bewohnen, zuſammenhäufen. Derſelbe 
iſt mit zerſetzken organiſchen Stoffen mehr oder weniger 
gemengt, und zeigt mitunter eine zwar feine, aber deutliche 
Schichtung, von der jede Lage offenbar die Reſte einer 
beſonderen Vegetationsperiode enthält, ſo daß alſo dieſe 
Schichten gleichſam den Jahresringen der Bäume ent⸗ 
ſprechen. Da die Charen aber zu ihrem Gedeihen eine 
gewiſſe Waſſertiefe bedürfen, jo ſterben fie aus, wenn 
dieſe nicht mehr vorhanden iſt; andere Torf- und Wieſen⸗ 
boden bildende Pflanzen ſiedeln ſich auf ihnen an, und 


21 


bilden ſodann eine neue, von dem Kalk ſehr verſchiedene 
Bodenſchicht, welche dann das Kalklager verdeckt. — Von 
Farbe iſt dieſer Kalk weiß, wird aber oft durch Beimiſchung 
verweſeter organiſcher Stoffe mehr oder weniger grau, und 
durch Eiſenoxydhydrat mitunter gelblich; er bildet in der 
Erde faſt immer eine feuchte, ſchmierige Maſſe, welche aus⸗ 
getrocknet zu einem krümeligen Pulver von ſehr feinem 
Korn nird. Kleine Süßwaſſerconchylien, den Gattungen 
Limnaeus, Planorbis, Bithynia, Valvata, Cyclas und 
Pisidium angehörig, pflegen ihm in größerer oder gerin⸗ 
gerer Anzahl beigemengt zu ſein, ſo wie man auch kleine 
bandartige Pflanzenreſte häufig durch ſeine ganze Maſſe 
zerſtreut findet. | 

Dieſe vorſtehend geſchilderten Stoffe treten theils 
ſelbſtſtändig, theils mehrfach durch einander greifend auf, und 
geben ſo den Anlaß zu verſchiedenartigen Neubildungen, 
zu deren näherer Betrachtung wir uns nun wenden wollen. 

Die untergeordnetſte Rolle in der Bildung neuer Lager 
f ſpielt der zuletzt beſprochene Wieſenkalk. Derſelbe tritt 
zwar durch ganz Meklenburg in ſporadiſcher Verbreitung 
auf, jedoch nirgends in bedeutender Mächtigkeit und Aus⸗ 
dehnung, — am mächtigſten vielleicht bei Roggow im Amte 
Güſtrow, wo er in einer Wieſe in einer Tiefe von 10 bis 
12“ ein ſich über 800 Quadratruthen erſtreckendes 2 bis 12° 
mächtiges Lager bildet; in Pommern aber ſollen ſogar 
16“ mächtige Lager vorkommen. Ganz beſonders häufig 
wuchern die Charen, denen er ſeinen Urſprung vorzüglich 
verdankt, im ſüdlichen Theile von Meklenburg⸗Strelitz, wie 
3. B. im Zierker See bei Neuſtrelitz, in den Seeen um 
Mirow, Weſenberg und Priepert, von wo ſich der Charen⸗ 


22 


Reichthum öſtlich und ſüdlich bis in die Seeen der Uker⸗ 
mark und Mittelmark hinein verbreitet; weſtlich vom Amte 
Mirow iſt die Müritz reich daran, aber nicht an allen 
Orten, ſondern nur ſtellenweiſe: bei Waren nur in der 
Gegend des Schweine⸗Werders, ſodann bei Gottün, Röbel 
und Vipperow; auch noch weiter ſüdweſtlich in Meklenburg, 
— ja ſelbſt ganz im äußerſten Weſten des Landes, im 
Dümmerſchen See und im Schalſee treten dieſe kalkbil⸗ 
denden Pflanzen in Menge auf, ſowie auch in Holſtein 
und Pommern. . 

Die chemiſchen Beſtandtheile derjenigen Charen-Art, 
welche ihres maſſenhaften Vorkommens wegen und weil 
ſie die Fähigkeit Kalk abzuſcheiden im höchſten Grade be⸗ f 
ſitzt, am meiſten zur Erzeugung des Wieſenkalkes beiträgt, 
hat Herr Schultz aus Fleeth durch Analyſen kennen gelehrt.“ 
Es iſt dies die widerlich riechende Chara foetida, oft auch 
von den Botanikern mit dem Namen Ch. vulgaris belegt. 
Der Aſchengehalt der trockenen Pflanze betrug bei Nr. 1 
in 100 Theilen 54,584 und bei Nr. 2: 68,395. Hun⸗ 
dert Theile der Aſche ergaben in 


Nr. 1. Nr. 2. 
NI 0,0 023 
Naltrenn ri ee 
Chlorunteium: -; .. 0% Ds 
Send 0007008 
e, BA 


Magnefßß Pe Me 


1. Kieler Schulzeitung 1856 Nr. 43. — Die anſehn · 
lichſten Wieſenkalklager Pommerns ſind cases in der Zeit⸗ 
ſchrift d. deutſch. geol. Geſellſch. IX. 480. 

2. Fromm, im Archiv f. meklenb. Landeskunde 1857 S. 172. 


ME a a 
N re 


23 
Nr. 1. Nr. 2 
Phosphorſäure . 0, 0,6 
Schwefelſaäure 0, 028 
Kohlenſäure . 42, 42½6 
C e 


f 100% 99,75 

Während dieſe Charen dem Geognoften einen be⸗ 
deutſamen Fingerzeig über die Beſchaffenheit des Bodens 
geben, dem ſie entſprießen, da wahrſcheinlich dieſen lacuſtren 
Chara⸗Wieſen Kalkmaſſen von älterer Bildung nicht fern 
liegen, dienen die friſchen ineruſtirten Pflanzen ſchon feit 
langen Zeiten in Meklenburg, der Ukermark und der 
Mittelmark unter dem Namen Poſt (wohl aus Compoſt 
verkürzt!) als Dünger; ja, in den ſandreichen Gegenden 
des bezeichneten Gebietes gilt dieſe Poſtdüngung für un⸗ 
entbehrlich und die ſogenannte „Poſtfiſcherei“ iſt in Mek⸗ 
lenburg ſogar durch geſetzliche Beſtimmungen geregelt. 
Letztere beginnt etwa 14 Tage vor Michaelis und dauert 
bis ſpät in den Herbſt hinein. Sie wird von Kähnen aus 
betrieben und die Pflanzen werden mit langen eifernen 
Harken aus dem Seegrunde hervorgeholt und ſodann friſch 
und nicht ſehr dick über den Acker ausgeſtreuet, aber nicht 
ſogleich untergehakt, ſondern mindeſtens 8 Tage lang der 
zerſetzenden Einwirkung der Luft überlaſſen, bis ſie ganz 
weich und ſo mürbe geworden ſind, daß ſie ſich leicht mit 
dem Haken und der Egge zertheilen und dem Boden bei⸗ 


mengen laſſen; letzteres darf aber nicht bei naſſer Witte⸗ 


rung geſchehen und auch das friſch gedüngte Land nicht 
im Regen beeggt werden. Selbſt reiner Flugſand ſoll in 
Folge der Poſtdüngung ganz gute Roggenernten gegeben 


24 


haben und auch dem Hafer, dem Buchweizen und der Kar⸗ 
toffel ſoll dieſelbe zuſagen, — doch ſcheinen die Anſichten 
über die Wirkſamkeit des Poſtes als Dünger und über 
die beſte Art und Weiſe ſeiner Verwendung bei den Land⸗ 
leuten noch mehrfach zu differiren.“ Jedenfalls verdient 
dies Hülfsmittel der Bodencultur von Seiten der Wiljen- 
ſchaft viel mehr Aufmerkſamkeit, als man ihm bisher ge⸗ 
ſchenkt hat. | 

Wo ſich aus den abſterbenden Charen ſchon wirkliche 
Lager von Wieſenkalk gebildet haben, benutzt man dieſelben 
theils, gleich dem Poſt, zum Mergeln der Felder, viel⸗ 
fältig aber auch zum Kalkbrennen. Sehr viele Kalk⸗ 
öfen in Meklenburg werden einzig und allein mit dieſem 
Materiale geſpeiſet, wie z. B. in M.⸗Strelitz zu Gr.⸗Ne⸗ 
merow, Blumenholz, Zierke u. ſ. w., — in M.⸗Schwerin 
bei Gr.⸗Helle, Schwerin (auf dem Kalkwerder), Dümmer, 
Zarentin u. ſ. w. 


Schließlich will ich gelegentlich der alluvialen Kalk 
bildungen noch erwähnen, daß auch aus einzelnen unſerer 
Quellen, welche wahrſcheinlich in verborgenen Wieſenkalk⸗ 
lagern ihren Urſprung nehmen, ein travertinartiger 
Niederſchlag ſich abſetzt. Als ſolche kenne ich die Eliasbeck 
bei Prilwitz, einige Quellen bei Kl.Nemerow und bei 
Teterow, — deren Waſſer nicht allein kalkige Incruſta⸗ 
zonen bildet, ſondern bei Kl.Nemerow ſogar einen platten⸗ 
förmigen, feſten, unter dem Hammerſchlage erklingenden 


1. S. über dieſen Gegenſtand: Siemſſen in der Monats⸗ 
ſchrift von und für Meklenburg 1791 S. 103 ff.; Nützl. Beitr. 
zu den Strelitz. Anzeigen 1783 St. 13. 14; Klöden, Beitr. X, 
10; Fromm im Archiv für meklenb. Landeskunde 1857 S. 45 ff. 


25 


Kalkſtein. — Auch in Hinterpommern kommen mehrere 


bedeutende Lager von Kalktuff vor. “ 

Was nun die Moder- und Torfbildung an⸗ 
betrifft, ſo findet man auch dieſe in allen möglichen Sta⸗ 
dien der Entwickelung. 

Moder bildet ſich fortwährend in Waſſerbecken von 
nicht bedeutender Tiefe, — in Häfen, kleinen Seeen, Tei⸗ 
chen, Söllen und Pölen. Im Hafen zu Wismar 3 8. 
wo Ehrenberg im Jahre 1839 Unterſuchungen über dieſen 


Gegenſtand anſtellte, wurden wöchentlich 36 Laſt (a 6000 


Pfund) Schlamm ausgebaggert, alſo bei 7’/, monatlicher 
Thätigkeit regelmäßig jährlich 1080 Laſt oder 64,800 Ctr. 
à 100 Pfd., und den Ctr. zu 1 Kubikfuß gerechnet, 64,800 
Kubikfuß. Seit hundert Jahren, und darüber, iſt dies 
ununterbrochen fortgeſetzt, mithin ſind ſeit hundert Jahren 
dort etwa 108,000 Laſt oder 6,480,000 Kubikfuß Schlamm 
aus dem Fahrwaſſer entfernt worden. Nimmt man im 
Mittel (Ehrenberg fand / bis ½,) auch nur ½ des 


Volumens als ſichtlich organiſch, ſo hatten in Wismar 


während des letzten Jahrhunderts die kleinen mikroſkopi⸗ 


ſchen Weſen, welche vorzugsweiſe den Moder bilden, circa 


684,000 Kubikfuß, — oder jährlich 6,840 Kubikfuß, d. i. 


45 Schachtruthen, — zu jener Maſſe beigetragen. — Noch 


viel maſſenhafter entwickeln ſich dieſelben im Hafen zu 
Pillau. Dort werden jährlich circa 2000 Schachtruthen 
Schlamm weggeſchafft, welcher nach Ehrenberg zu '/, bis 
½ aus mikroſkopiſchen organiſchen Reſten beſteht; dieſelben 
liefern hier alſo jährlich 500 bis 1000 Schachtruthen oder 


1. Zeitſchr. d. deutſch. geol. Geſellſchaft. IX. 480 f. 


26 


72,000 bis 144,000 Kubikfuß Schlamm, in hundert Jahren 
alſo 50,000 bis 100,000 Schachtruthen. Eine gleich an⸗ 
ſehnliche Schlammproduckion durch Vermittelung organiſcher 
Weſen fand Ehrenberg in der Elbmündung bei Cuxhafen, 
denn auch dort war faſt die Hälfte des Schlammes orga⸗ 
niſchen Urſprungs. * 

Werden die Becken, in denen der Moder ſich bildet, 
nicht von Zeit zu Zeit gereinigt, ſo füllt derſelbe ſie bald 
gänzlich aus; theils aber ſchafft man ihn um des Waſſers 
willen hinweg, theils auch um ihn ſelbſt zur Düngung des 
Bodens zu benutzen. Doch iſt in letzterem Falle mit Vor⸗ 
ſicht zu verfahren, weil der Moder mitunter eine ſehr be⸗ 
trächtliche Menge von Schwefeleiſen enthält, woraus ſich . 
hernach, wenn er der Luft ausgeſetzt liegt, Eif envitriol 
bildet. Bringt man nun ſolchen Moder, der ſich in ſeinem 
Ausſehen gar nicht von dem gewöhnlichen unterſcheidet, auf 
den Acker, ſo zerſtört er dort alle Vegetation, weßhalb den 
Landleuten, bevor ſie ihn verwenden, eine chemiſche Unter⸗ 
ſuchung deſſelben dringend anzurathen iſt. 

Wird der Moder aber nicht hinweggeſchafft, und hat 
er endlich das ganze flache Becken ausgefüllt, ſo geſtaltet 
er ſich entweder zu einem Sumpf um, in welchem Elſen 
emporwachſen, die ſodann ein Bruch bilden, oder es 
ſiedelt ſich die bültenbildende Carex stricta auf ihm an und 
giebt Veranlaſſung zur Entſtehung der eigenthümlichen 
Gebilde, auf welche G. Brückner zuerſt aufmerkſam gemacht 
hat, und die in Ungarn, wo man ſie in neueſter Zeit ger 

1. Leonhard und Bronn Jahrb. 1843, S. 114. — Noch 


mehr Aufſchlüſſe hierüber giebt Ehrenberg ohne Zweifel in ſei⸗ 
ner Microgeologie, welche mir leider nicht zu Gebote ſteht. 


27 


3 nauer erforſcht hat, Zſombek⸗Moore genannt werden. 


Dieſe Zſombeks in den künſtlich trocken gelegten Mooren 
Ungarns ſind aus Wurzelgeflecht beſtehende iſolirte Säulen 
von 2 bis 4, Höhe, deren Hauptmaſſe aus Stolonen 
und Wurzeln des Rohrs beſteht, auf denen ſich dann oben 
Raſen von Carex stricta angeſiedelt haben. In Meklen⸗ 


burg ſind ſolche Bültenbildungen eben nicht ſelten, beſon⸗ 


ders auffallend ausgeprägt trifft man ſie aber in den Nie⸗ 
derungen der Haideebene an, die in neuerer Zeit durch 


Abzugsgräben trocken gelegt ſind, wie z. B. bei Langen⸗ 


haide. Hier ſind einige flache Lachen von geringer Aus⸗ 
dehnung übrig geblieben, die durch Regenwaſſer geſpeiſet 
werden, in der wärmeren Jahreszeit aber ſo austrocknen, 


daß ihr Boden zum Vorſchein kommt. Dieſer beſteht aus 


einer ganz ſchwarzen, oft nur wenige Zoll dicken Erdſchicht, 
welche unmittelbar auf Sand lagert; es zeigt ſich dann 
aber auf ihm auch nicht die geringſte Spur einer Vege⸗ 
tation, ſondern nackt bleibt er den ganzen Sommer über 
liegen. Auf dieſem ſchwarzen pflanzenleeren Boden er⸗ 


heben ſich aber inſelartig in großen Zwiſchenräumen ein⸗ 


zelne ſchroff aufſteigende Bänke, deren Oberflächenausdeh⸗ 


3 nung durchſchnittlich etwa 9 bis 12 Quadratfuß, und deren 


Höhe 2 bis 4 Fuß beträgt. Ihre Seiten fallen ſenkrecht 


zum Boden der Lache ab und ſie beſtehen hauptſächlich 


aus dem nur aufwärts fortwachſenden Raſen der Carex 
stricta, auf welchem ſpäter Vaccinien und Haidekraut fort⸗ 


baueten und ſich ſogar einige Salices anſiedelten. — 


Nach Dr. Kerner's Unterſuchungen können ſolche Moore 


1. G. Brückner in m. Geognoſte der deutſchen Oſtſee⸗ 
länder. S. 18 f. 


23 


fich mit der Zeit in Wieſen umwandeln. Wenn nämlich 
die Raſen bis zu einer beſtimmten Höhe über das Niveau 
des Waſſers emporgewachſen ſind, ſo hört ihr weiteres 
Wachsthum nach Aufwärts auf und ſie wachſen dann mehr | 
in die Breite; nach und nach füllen ſich die Zwiſchenräume 
aus, um mit einer neu entwickelten Vegetation ſich zu über⸗ 
ziehen, und ſobald dieſe überhand nimmt, ſtirbt Carex 
stricta nach und nach aus. 1 
Viel häufiger aber bilden ſich auf den Gewäſſern mit 
moderhaltigem Boden durch Rohr, welches durch Stolonen 
in horizontaler Richtung weiterwächſt, ſchwimmende Inſeln 
oder ſchwimmende, mit dem Ufer zuſammenhängende Decken, 
welche durch ſich einniſtende Riedgräſer (Carices), Woll⸗ 
gräſer (Eriophorum), Gräſer — namentlich Agrostis sto- 
lonifera — und Laubmooſe nach und nach ein immer 
dichteres und feſteres Gewebe erhalten. f 
Schwimmende Inſeln, auf die eben bezeichnete 
Weiſe entſtanden und bisweilen ſelbſt ſo groß und ſolide, 
daß ſie im Stande ſind anſehnliche Bäume zu tragen, ſind 
eine zwar weit auf Erden verbreitete, aber doch nirgends 
häufige Erſcheinung. Die erſte Erwähnung einer ſolchen 
aus einem nicht fernen und mit Meklenburg in geognoſti⸗ 
ſcher Beziehung in naher Verwandtſchaft ſtehenden Lande 
finden wir im Jahre 1683 bei Beckmann in deſſen historia 
orbis terrarum, worin er berichtet, daß bei der Stadt 
Gerdau in Oſtpreußen eine 350 Schritt lange und 250 
Schritt breite als Viehweide benutzte ſchwimmende Inſel 
ſich befände. Ausführlicher berichtet hernach im Jahre 


1. Verhandl, d. zool. botan. Geſell. in Wien VIII., Sitz. 
Ber. 35, Abhandl. S. 315. IX. Abhandl. S. 87. 


* 
4 


28. 


1707 C. F. Raſt über dieſelbe in feiner dissertatio de 
insula natante Gerdaviensi, aus welcher wir erfahren, 
daß die Inſel ſich damals in drei Stücke getheilt hatte, 
deren größtes 212 Ellen lang und 117 Ellen breit und 
etwas mehr als 2 Ellen dick war. Dieſe beſtanden aus 
einem ſehr leichten, in getrocknetem Zuſtande verbrennlichen 
Wurzelgeflechte von Rohr, Riedgras u. dgl., welches von 
Mooſen durchwebt war und trugen auf ihrer Oberfläche 
Gras und vormals ſogar auch einige Bäume zu der Wind 
trieb mit dieſen kleinen Inſeln ſein Spiel, indem er ſie 
bald hier bald da hin flößte. Aus dem Schweigen der 
früheren preußiſchen Hiſtoriographen über dieſe Inſel mit 
C. F. Raſt ſchließen zu wollen, daß ſie zu ſeiner Zeit noch nicht 
hundert Jahre alt geweſen ſei, möchte aber doch etwas 
gewagt ſein. — In Melklenburg giebt es zahlreiche ſchwim⸗ 
mende Rohrinſeln, — Pläne genannt, — auf dem Fried⸗ 
lander Mühlenteiche. Ihr Boden iſt noch jo wenig feſt, 
daß ſie nur vermittelſt darüber gelegter Bretter überſchritten 
werden können. Sie treiben auf dem Waſſer, vom Winde 
bewegt, hin und her und wachſen dabei nicht allein fort⸗ 
während an ihrer Peripherie weiter und vereinigen ſich 


unter einander, ſo wie mit dem Ufer, ſondern es füllt ſich auch 
allmälig der Raum zwiſchen ihnen und dem Teichboden 


mit Moder aus, wodurch ſie endlich ihre Beweglichkeit 
verlieren. Der Teich hat auf dieſe Weiſe ſeit Menſchen⸗ 
gedenken eine anſehnliche Einbuße an ſeiner Waſſerfläche 
erlitten. 


1. Auch bei Kyſchtimsk im Gouvernement Orenburg ſollen 
mit großen Bäumen beſtandene ſchwimmende Inſeln vorhanden 
fein, — ſ. G. Roſe, Reiſe in den Ural II. 146 Anm: 


30 


Denſelben Vegetationsproceß, dem dieſe ſchwimmenden 
Inſeln ihr Daſein verdanken, ſehen wir aber noch viel 
häufiger und ausgedehnter am Rande der Waſſer⸗ 
becken vor ſich gehen. Schwimmende Decken, wie ſie 
oben geſchildert ſind, breiteten ſich vom Ufer aus allmälig 
immer weiter über die Gewäſſer aus und überbrückten die⸗ 
ſelben endlich vollſtändig. Anfangs nur eine dünne ſchwan⸗ 
kende Bodenſchicht bildend, conſolidirten ſie ſich hernach 
entweder zu einer feſten, aus Wieſenboden beſtehenden 
Brücke, oder die Decke ſenkte ſich durch den jährlichen Zu⸗ 
wachs an Pflanzen auf ihrer Oberfläche ſtärker und ſtärker 
beſchwert, allmälig immer tiefer zum Boden des Waſſer⸗ 
beckens hinab, bis ſie daſſelbe endlich vollſtändig mit einer 
Torfmaſſe ausgefüllt hatte. — Alle Stadien dieſes Bil⸗ 
dungsproceſſes ſind durch zahlreiche Beiſpiele in unſerem 
Lande vertreten, ja — in den größeren Niederungen laſſen 
ſich alle dieſe Stadien ſogar noch nebeneinander beobachten, 
indem die tiefſten und waſſerreichſten Stellen der Becken 
in ihrer Entwickelung hinter den flacheren zurückgeblieben 
find. So iſt z. B. die in der nordöſtlichen Ecke von 
Meklenburg⸗Strelitz belegene, über 1 Quadratmeile große 
Niederung ſchon bis auf den Galenbecker und Putzarſchen 
See, — deren Spiegel ſich jährlich verkleinern, zugewachſen, 
desgleichen die 1 Meile lange und / Meilen breite Nie⸗ 
derung bei Doberan bis auf den Coventer See, deſſen 
Ufer aus ſchwimmenden Rohrbülten beſtehen, die allmälig 
zuſammenwachſend, eine ſchwimmende Decke bilden, welche 
den Spiegel dieſes Waſſerbeckens von Jahr zu Jahr ver⸗ 
kleinert. x 

Die Schnelligkeit dieſes Bildungsproceſſes iſt wahr⸗ 


31 


ſcheinlich nach der Ortsbeſchaffenheit ſehr verſchieden. 
Bei der geringen Aufmerkſamkeit, die man ihm bisher ge⸗ 
ſchenkt hat, liegen darüber nur ſehr wenige Beobachtungen 


vor. Von der Stendelitz, einem kleinen See bei Altſtrelitz, 


meldet im Jahre 1775 ein aufmerkſamer Beobachter, daß 


er nun ſchon ſeit 25 Jahren eine beſtändige Abnahme des 


Waſſers in demſelben und eine Zunahme der den See 
umgebenden Wieſen, Brinke und Gärten wahrgenommen 
habe. „Da, wo man vor 25 Jahren mit dem Sommer⸗ 
und Wintergarn fiſchte (heißt es in dem Berichte,) wirbt 
man jetzt ſchon Rohr und Heu, obgleich dieſe Gegenden 
noch quebbig ſind; und da, wo man vor eben ſo vielen 
Jahren auf einer quebbigen Fläche heuete, ſind ſeither ſchon 
feſte Brinke entſtanden, worauf man mit gutem Erfolge 
ſchon Gärten angelegt hat: und ſo verliert ſich das Waſſer 
von Jahr zu Jahr, während das feſte Erdreich beträchtliche 
Eroberungen macht, und allem Anſcheine nach werden keine 
25 Jahre mehr vergehen, bis es von der Stendelitz heißt : 
„se iſt geweſen!“ Schon mitten auf ihrer Oberfläche er⸗ 
hoben ſich hin und wieder kleine flache, ſchwimmende In⸗ 
ſeln. Oft treiben ſtarke Winde dieſe an's Ufer, und ſo 
wie ſie dort anwachſen, kommen an ihrer früheren Stelle 
andere zum Vorſchein. Allerlei Waſſergewächſe, beſonders 
große Mümmelchen⸗Wurzeln, erheben ſich über die Waſſer⸗ 
fläche, nehmen gegen die Gewalt des Windes die zwiſchen 


ihnen aufſteigende ſchlammige Erde in Schutz, und geben 


dem anfliegenden Baumſamen Gelegenheit Wurzeln zu 


ſchlagen. Von ferne ſcheint der See noch ziemlich waſſer⸗ 


reich, aber wenn man ſich mit einem Kahne auf denſelben 
begiebt, läuft man Gefahr in Moraſt und Schlamm 


32 


ſtecken zu bleiben. Die Fiſche haben ſchon feit etlichen 
Jahren ihre Auswanderung vermittelſt des langen Baches, 
zu gewiſſen Jahreszeiten in großen Schaaren, nach dem 
Trebbower See angeſtellt: dies Jahr aber war es wegen 
der lange anhaltenden Dürre mehr als je ſichtbar. Im 
Juni und Juli drangen ganze Wollen kleiner Barſche und 
Plötzen in den nordoſtwärts einfließenden Bach ſo häufig 
ein, daß man, ſo flach und klar das Waſſer auch iſt, an 


etlichen Orten den Grund nicht ſehen konnte; ſie waren 


nur 1, höchſtens 2“ lang, denn große Fiſche wagten ſich, 
weil dort viel Verkehr von Menſchen iſt, nicht an dieſe 
Stelle. Aber deſto anſehnlicher war zu gleicher Zeit deren 
Auswanderung durch den fündftlich ausfließenden Bach. 
Dieſer war diesmal mehr als ſonſt, in einer ziemlich lan⸗ 
gen Strecke von der Stendelitz an, häufiger mit Schlamm 
und Moraſt als mit Waſſer angefüllt. Nur die ſtärkſten 
und größten Fiſche konnten ſich durcharbeiten, und in der 
That, ſie machten ein ſo ſeltſames Gewühl, daß man ſich 
nicht ſatt daran ſehen konnte. Manchmal glitten etliche 
mehr auf dem Rücken als auf dem Bauche über die Ober⸗ 
fläche des Schlammes hinweg, bisweilen wälzten ſich die 
einen über die anderen hin; nichts war leichter, als daß 
man ſich ihrer in dieſem Zuſtande bemächtigen konnte, und 
dies Fiſchen im Trüben dauerte mehrere Wochen, bis die 
Folgen des anhaltenden Regenwetters den Emigranten den 
Weg zum Trebbower See erleichterten. Auch verſchiedene 
Waſſervögel, die ſonſt ihren Aufenthalt an der Stendelitz 
hatten, waren ſchon ſeit Jahren nach und nach ausgeblie⸗ 
ben, wie z. B. der Roodümp (Bolaurus stellatus) feit 
12 Jahren, die Schwäne ſeit 5 Jahren, die wilden Gänſe 


33 


und ſelbſt die Rohrſperlinge; nur die wilden Enten und 
Fiſchreiher waren geblieben.“ “ — Ob jene Prophezeihung, 
daß die Stendelitz bald ganz verſchwunden ſein werde, 


jetzt ſchon erfüllt ſei, habe ich trotz vieler Erkundigungen 
nach ihren Schickſalen, noch immer nicht in Erfahrung 


bringen können! 


Außer dem Zuwachſen dieſes See's führt jener Beob⸗ 
achter noch drei andere Beiſpiele aus derſelben Gegend 


an. Zwiſchen Alt⸗ und Neuſtrelitz befinde ſich eine feſte 


Viehweide, und dieſen Platz hätten alte Leute noch als 
einen See gekannt, der den Namen „der faule See“ ges 


führt habe. Ein anderer zwiſchen Altſtrelitz und Uſerin 


gelegener See, der trockene See genannt, ſei alten, noch 
lebenden Leuten aus dem Munde ihrer Eltern noch der 
Größe nach bekannt, daß er mit zwei Wadenzügen genutzt 
worden ſei; jetzt wäre er ſchon bis auf eine geringe Oeff⸗ 


nung zugewachſen, und wo vormals gefiſcht worden, ſtän⸗ 


L auch abgedruckt in Boll, Archiv IN, 102. 
Ko) 5 


den jetzt Erlen, Birken, Tannen, Weiden u. ſ. w.; auch 
der Bürgerſee werde merklich kleiner. — Ein anderes in⸗ 


ſtructives Beiſpiel bietet die Lieps bei Prilwitz dar. In 
derſelben iſt auf der großen Schmettau'ſchen Specialcharte 


von Meklenburg⸗Strelitz vom Jahre 1780 etwa 60 Ruthen 
von der Südſpitze der Landzunge des Liepſer Bruches 


entfernt noch eine kleine Inſel (der Bacherswall) gezeichnet, 
die jetzt durch eine etwa 200 Schritt lange Wieſe mit 
der äußerſten Spitze jener Landzunge zuſammenhängt; 
wahrſcheinlich iſt das ganze Liepſer Bruch, bis auf die 


Horſte, eine dem Vegetationsproceß ihren Urſprung ver⸗ 
1. Mützliche Beiträge z. d. Strelitzer Anzeigen 1775 St. 39, 


3 


2A 


dankende Neubildung, und Tolenſe und Lieps bildeten ein 
einziges Waſſerbecken, aus welchem jene Horſte als Inſeln 
hervorragten. — In allen dieſen älteren Fällen, die 
ſich ohne Zweifel auch noch aus andern Gegenden Mek⸗ 
lenburgs in großer Zahl würden nachweiſen laſſen, iſt eine 
künſtliche Entwäſſerung durchaus nicht im Spiele geweſen; 
in neueſter Zeit iſt man aber dieſem Proceß durch Sen⸗ 
kung von Seeſpiegeln, durch Anlegung von Abzugsgräben, 
ſo wie durch Drainage vielfach zu Hülfe gekommen und 
hat ihn weſentlich dadurch beſchleunigt. 


Eine eigenthümliche Erscheinung find die ſchwimmenden, 
beim Betreten erzitternden Wieſendecken, in Meklenburg 
„Fennbrücher“ genannt, ein Name, der ſich auch in anderen 
germaniſchen Sprachen in der Bedeutung von „Sumpf, 
Moor, Torfmoor“ wiederfindet; » im Hannöverſchen, — 
in dem St. Jürgener Lande an den Ufern des Fluſſes 
Hamm, — nennt man ſie, „Dobben“, in Dänemark 
„Gynge“, d. h. die Schaukel, in Ungarn „Lap“. — Das 
Rohr iſt in ihnen ſchon im Abſterben begriffen, und wird 
von raſenbildenden Gräſern und Halbgräſern, (namentlich von 
Agrostis stolonifera und Carex-Arten,) verdrängt und 
erſetzt; manche dieſer Decken ſind auch reich an Fennmoos 
(Sphagnum sp.), Fennbeeren (Vaccinium Oxycoccos) 


1. Dies kann aber nur in vorgeſchichtlicher Zeit der Fall 
geweſen ſein, denn in einer Urkunde vom Jahre 1273 wird 
ſchon der „decursus aquae defluentis de stagno Lipiz usque in 
stagnum Tolense“ erwähnt; es waren alſo die Verhältniſſe da⸗ 
mals im Weſentlichen ſchon ebenſo, wie ſte jetzt vorliegen. 

2. Im Angelſächſiſchen, Engliſchen, Isländiſchen und Schwe⸗ 
diſchen: kenn; im Frieſiſchen: keen; im Holländiſchen: ven, veen. 


DDD 


leeren 


1 


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* 


25 

und Sonnenthau (Drosera sp.), und ſelbſt Birken, Weiden 
und andere Bäumchen finden ſich gelegentlich auf ihnen 
an. Sie ruhen auf Waſſer oder mehr oder weniger flüſ⸗ 
ſigem Moraſt, und wenn die Decken nur dünne ſind, iſt 
ihr Betreten gefahrvoll, indem man ſie dann leicht durch⸗ 
brechen und unter ihnen verſinken kann. Letzterem vorzu⸗ 
beugen, banden ſich (wie Fr. Jahn im Jahre 1806 berichtet,) 
die Landleute in der Dobertiner Gegend, wo viele ſolcher 
Fennbrücher vorhanden ſind, wenn ſie das Gras darauf 
mäheten, Brettchen von der Länge eines halben Klafters 
unter die Füße, — eine Vorſichtsmaßregel, die man auch 
heutigen Tages noch bei den Bewohnern Oldenburgs an⸗ 
trifft, welche ihre großen Moorflächen nicht ohne derartige 
Bretterſandalen zu betreten wagen. 

In Meklenburg find kleinere Fennbrücher gar nicht 
ſelten, in viel größerer Ausdehnung aber traf man ſie früher 
in dem ſüdlichen Gränzlande, nämlich in der faſt 30 Qua⸗ 
dratmeilen großen, nur durch eine Menge inſelförmig aus 
ihr hervorragender größerer und kleinerer Plateau's unter⸗ 
brochenen Niederung, die unter dem Namen des großen 
Havelländiſchen Luch's den 9 Meilen langen Raum 
zwiſchen Oranienburg und der Havelmündung einnimmt. 
Mit Ausnahme der bezeichneten Inſeln, deren größere 
durch eigene Namen (das Land Rhinow, das Land 
Frieſack, der Nuß⸗Winkel, das Land Bellin, das Land 
Glien) unterſchieden werden, — bieten alle Theile deſſel⸗ 
ben dem Auge eine weite, ſehr ebene Grasfläche dar, deren 
faſt horizontale Sohle, verbunden mit anderen Umftänden, gar 
nicht daran zweifeln läßt, daß ſie ehedem den Boden eines 


großen Gewäſſers, von welchem noch einige Reſte als 
3 


Seen übrig geblieben find, gebildet habe, aus welchem jene 
Plateau's als Inſeln hervorragten. Dieſe Flur wird nur 
zwiſchen dem Lande Frieſack und Bellin durch einen ſchönen, 
aus der Grasfläche ſich erhebenden Laubwald, der Zotzen !- 
genannt, unterbrochen. Bis zum Jahre 1718, wo deſſen 
Urbarmachung begann, war dies große Luch eine wilde 
Urgegend, wie die Hand der Natur ſie gebildet hatte. 
Klöden * hat von derſelben eine jo anſchauliche Schilderung 
entworfen, die auch ohne Zweifel auf den früheren Zuſtand 
unſerer großen meklenburgiſchen Niederungen paßt, daß 
ich mir nicht verſagen kann, die weſentlichſten Züge daraus 
mitzutheilen. 

„Weit und breit bedeckte ein Raſen aus zuſammen⸗ 
gefilzter Wurzeldecke von bräunlich⸗grüner Farbe die waſſer⸗ 
gleiche Ebene, deren kurze Grashalme beſonders den Ried⸗ 
gräſern (Carex vulpina, paniculata, stellulata, acuta 
und Pseudo- Cyperus), jo wie der Aira caespitosa und 
aquatica angehören. Agrostis vulgaris, Holcus lanatus 
und Arundo Calamagrostis, hier und da auch Melica 
coerulea, treten dazwiſchen, und ſtellenweiſe erhoben ſich 
wie Stacheln in Gruppen die ſtielrunden Blätter der Binſen 
und des Scirpus ovatus und caespitosus. Im Juli iſt 
die Fläche auf weite Strecken weiß, wie mit Schnee be⸗ 
deckt von den Büſcheln des Wollgraſes (Eriophorum). 
Die haarigen Blätter des Sonnenthau's, die Fennbeere, 
dazwiſchen die Sträuße der ſchönblühenden Andromeda, 
des Haidekrautes und gelegentlich auch der zarten Erica 

1. Was mag dieſer Name, den auch zwei Seen im ſüdlichen 
Theile von Meklenburg⸗Strelitz führen, bedeuten? 

2. Beiträge u. ſ. w. VIII. 45 ff. 


7 


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* 


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7 5 


37 


Tetralix und der prachtvollen Gentiana Pneumonanthe, 
unterbrechen ſtellenweiſe jenen Raſen, auf deſſen Grunde 
unter den Gräſern die gelbgrünen Blätter des Fennmooſes 


hervortreten. Auf naſſen Stellen ſteht die in zwerghafte 


dichte Gebüſche verwachſene Werftweide » (Salix repens), 
gemengt mit der kleinen Rosmarinweide und der größeren 
Saalweide, an anderen Stellen bildet die Elfe hohe Ge⸗ 
büſche, oder das Schilfrohr ſteigt ſchlank aus dem Waſſer, 
mit grauen Rispen, in dichtem Gedränge große Flächen 
in Beſitz nehmend und nur ſtellenweiſe dem Bullenpeſel 
(Typha) Raum gönnend, oder auch der hochragenden Sees 
binſe (Scirpus lacustris), während in den Gräben u. ſ. w. 
das ſo zierlich blühende Dreiblatt (Menyanthes) ſich weit 


ausbreitet, der wohlriechende Kalmus die Ränder begleitet 


und hin und wieder mit der gelben Waſſerlilie (auch Ade⸗ 
barsblön genannt,) wechſelt. Trockenere Stellen bedecken 
niedere Birkengebüſche, auch der Porſt (Ledum) tritt in großen 
Gruppen auf, mit mehreren Farnen (namentlich der ſchönen 
Osmunda, ) vergeſellſchaftet, während andere Stellen nur 


mit Laubmooſen bewachſen ſind.“ 


„In jedem Frühjahre quoll der Boden dieſes Luchs 
durch das hervordringende Grundwaſſer auf, die Raſendecke 
hob ſich in die Höhe, bildete eine ſchwimmende elaſtiſche 
Fläche, welche bei jedem Schritte unter den Füßen ein⸗ 
ſank, während ſich ringsum ein flach trichterförmig anſtei⸗ 


1. Wie das Wort Luch, ſo iſt auch dieſer Name noch 
ſlaviſchen Urſprungs und lautet jetzt z. B. im Serbiſchen werba, 
im Böhmiſchen wrba, im Polniſchen wierzba. Auch der Name 
Elſe (Alnus glutinosa) iſt wohl ohne Zweifel auf das altſla' 
viſche wolsa zurückzuführen; der deutſche Name dieſes Baumes 
iſt Eller, — ob auch „Erle“, darüber habe ich manche Bedenken. 


38 


gender Abhang bildete. Andere Stellen, welche ſich nicht 
in die Höhe heben konnten, ſogenannte Tanken, “ wur» 
den überſchwemmt, und ſo glich das Luch in jedem Früh⸗ 
jahr einem weiten See, über welchen jene gehobenen Ra⸗ 
ſenſtellen wie grüne ſchwimmende Inſeln zwiſchen den er⸗ 
höheten Plateau's hervorragten, während an anderen Stellen 
die Weiden, Elſen und Birkengebüſche ſich mit ihren 
Wipfeln im Waſſer ſpiegelten, oder da, wo ſie auf ſandigen, 
aus dem Moore emporſteigenden Bodenanſchwellungen 
(ſogenannten Horſten,) gewachſen waren, kleine Wald⸗ 
inſeln darſtellten. — Die umliegenden Ortſchaften ver⸗ 
ſuchten es, dem Luche dadurch einigen Nutzen abzugewinnen, 
daß ſie ihre Kühe darin weiden ließen, und das freilich 
ſchlechte ſaure Gras, ſo gut es ging, mäheten. Beides 
war nur mit großer Mühe zu erreichen. Das Vieh mußte 
häufig durch die Lanken ſchwimmen, um Grasſtellen zu 
finden, oder es ſank in die weiche Decke tief ein, zertrat 
dieſelbe, daß bei jedem Fußtritt der braune Moderſchlamm 
emporquoll, ja daß es ſich oft nur mit großer Mühe wieder 
herausarbeitete. Das Gras wurde dabei ſo tief in den 
Boden getreten, daß es ſich nicht wieder erheben konnte, 
und nach längerem Abweiden fanden die Kühe nur eine 
ſehr ärmliche Nahrung, arbeiteten ſich dabei ſehr ab, wur⸗ 
den ſchmutzig und mager, und verloren die Milch. Oft 

blieb auch eine Kuh im Moraſt ſtecken, und ward nach 
unſäglicher Mühe kalt, kraftlos und krank wieder heraus⸗ 
1. Sy ſchreibt Klöden und dies Wort würde vielleicht auf 
das flaviſche lanka, d. h. Wieſe, zurückführen; ſollte es aber 
wohl nicht in Blänken umzuwandeln ſein? Hier in Mek⸗ 


lenburg wenigſtens bezeichnet man ſolche überſchwemmte Wie⸗ 
ſenſtellen (da blankes Waſſer darauf fteht,) mit letzterem Namen. 


39 


gebracht, oder wenn dies zu ſchwer hielt, an dem Orte, 
wo ſie verſunken war, geſchlachtet und zerſtückt heraus⸗ 


getragen. Nur im hohen Sommer und bei trockener Witte⸗ 
rung war der größte Theil des Luch's zu paſſiren; dann 
mähete man das Gras, allein nur an wenigen Stellen 
konnte es mittelſt Wagen herausgebracht werden; an den 
meiſten mußte man es bis in den Winter in Haufen ſtehen 
laſſen, um es bei gefrorenem Boden einzufahren. Gar 
oft aber waren die Haufen oben und unten verfault, auch 
nicht ſelten, wenn der Wind ſie zerſtört hatte, durch und durch 
verdorben. — So wenig nutzbar dies Luch für Menſchen 
und gezähmtes Vieh war, ſo vortrefflich war es für das 
Wild geeignet. In früheren Zeiten hauſeten hier ſelbſt 
Thiere, welche jetzt in der Mark nicht mehr vorkommen, 
wie Luchſe, Bären und Wölfe, und daß es an anderem 
Wilde nicht gefehlt haben werde, läßt ſich hiernach ſchon 
erwarten. Beſonders aber waren es die Sumpfvögel, 
Kraniche, Störche u. ſ. w., welche hochbeinig in dieſem 
Paradieſe der Fröſche umherſtolzirten, und mit ihnen be, 
wohnten die Waſſer ein unendliches Heer von Enten aller 
Art, nebſt einer Unzahl anderer Waſſervögel. Kibitze, 
Rohrſänger, Birkhähne und andere die Bruchgegenden lie⸗ 
benden Vögel waren in Menge vorhanden. Außer dem un⸗ 
abſehbaren Heere der Fröſche enthielten die Gewäſſer viele 
Schildkröten und der Zotzen viele Schlangen, und wolken⸗ 
artige Schwärme von Mücken und Schnaken erfüllten in 
der wärmeren Jahreszeit die Luft. — Die Flüſſe und Bäche ! 


1. Mehrere derſelben führen den Namen Rhin einer heißt 
die Lieze, — beides ſehr alte Namen, deren erſterer auch 
noch in England bei Sedgemoor vorkommt, wo breite, tiefe 


a 


des Luch's zogen ſich bei geringem Gefälle in unzähligen 
Krümmungen durch daſſelbe hin und floſſen langſam der 
Havel zu; ſie traten häufig über, und in der Regel war 
die Niederung bis in den Juni überſchwemmt. In Kriegs⸗ 
zeiten bildete es eine vortreffliche natürliche Schutzwehr 
für das dahinter liegende Land. — Die aus vegetabiliſchen 
Reſten beſtehende Decke des Bodens iſt an den meiſten 
Stellen 2—3 dick, an vielen noch weit mehr. Der Unter⸗ 
grund iſt meiſtens Thon oder Mergel, an vielen Stellen 
Sand. In 14 Tiefe hat man ganz unten im Torfe Eich⸗ 
bäume mit Stämmen, Wurzeln und Zweigen gefunden, 
welche aber von Feuchtigkeit durchdrungen und ganz ſchwarz 
waren. | 
Beiſpiele bewaldeter Fennbrücher, wie ſolche in 
anderen Gegenden des Erdballs noch vorkommen, ſind mir 
aus Norddeutſchland nicht bekannt. Die Beſchaffenheit 
mancher unſerer Torflager deutet aber darauf hin, daß 
auch früher derartige bewaldete Decken vorhanden waren, 
und es wird daher nicht ohne Intereſſe ſein, ein Beiſpiel 
derſelben aus der gegenwärtigen Zeit kennen zu lernen. 
Ein ſolches bietet der große Dismal-Swamp in Nordame⸗ 
rika dar, welchen Lesquereux folgendermaßen beſchreibt: !- 
„Der Boden dieſes ungeheuren Sumpfes beſteht durchweg 
aus Torf und zwar ſo dick, daß ich es vergebens verſucht 
habe, mit einem langen Rohre durch das Torflager hin⸗ 


Gräben mit ihm belegt werden (ſ. Macaulay history of England 
Tauchn, ed. vol. I. 171 ff.); vielleicht ift unſer meklenburgiſches 
Wort „Rije“ nur aus jenem verderbt. Auch der Ausdruck 
Lieze taucht vielfach in Norddeutſchland auf, ſeine Bedeutung 
ſcheint aber etwas ſchwaukend zu ſein. 

1. Zeitſchr. d. deutſch. geol. Geſell. IV. 695. 


3 
5 


; 


durch zu dringen. Er wird von tiefen Canälen durch⸗ 


ſchnitten, deren Ränder ebenfalls lediglich aus Torf beſte⸗ 
hen. Es war dies kaum anders zu erwarten, da die ganze 
Vegetation eine dem Torfmoor eigenthümliche iſt, beſtehend 
wie in der Schweiz hauptſächlich aus Sphagnum, nächſt 


welchem die Rohre am häufigſten ſind. Letztere wachſen 


überall bis zu einer Höhe von 8—12“, und ſtehen ſo dicht, 
daß man ſich kaum anders als mit dem Beile in der 
Hand einen Weg durch dieſelben bahnen kann. Indeß iſt 


doch ihre Baſis, ſo dicht ſie auch ſtehen mögen, immer 


mit Sphagnum bedeckt, welches ſich in einem dichten Tep⸗ 
pich ausbreitet, ſobald die Rohre gelichtet werden. Außer⸗ 
dem fand ich eine Menge anderer Geſträuche, beſonders 
Andromeden und ein dichtes Gewebe von Schlingpflanzen; 


über dieſelben ragt ein weiter Dom von hohen herrlichen 


Bäumen hinaus, Tulpenbäume und Magnolien, 100 bis 
150° hoch, Ahorne, einige Coniferen und am Rande des 
inneren See's in bedeutender Anzahl ein prächtiges Taxo- 
dium. Dieſer See, der Drummond-See, welcher 15 eng⸗ 
liſche Meilen im Innern des Sumpfes liegt, hat ungefähr 
6 Meilen im Umfange und ſcheint ganz kreisförmig zu 
ſein. Man kann ihm nur mit Kähnen beikommen, denn 


ſobald man ſich ihm nähert, fängt das Waſſer im Walde 
an zu ſteigen, indem die Bäume ſich ſenken, und 


man müßte von Baum zu Baum ſchwimmen, bevor man 


eine freie Ausſicht gewinnen könnte. Ich fand Taxodiums, 


von denen nur noch die Krone ſichtbar war, und andere, 
deren Stamm zur Hälfte im Waſſer ſteckte. Die Tiefe 
des See's beträgt nirgends mehr als 15, und überall iſt 
ſein Boden mit umgeſtürzten Bäumen bedeckt. Obgleich 


fein Niveau keinem Wechſel unterworfen ift, iſt es doch 
kein Zweifel, daß ſein Spiegel ſich erweitert, und zwar 
durch Abbruch der ſchwimmenden Ufer. Wenn nämlich 
die Decke, welche den unterirdiſchen See überzieht, zu 
ſchwer wird, ſo ſenkt ſie ſich leiſe und allmälig, zuerſt in 
der Mitte und dann nach und nach gegen die Ränder, 
wodurch die Bäume zum Umſturz gebracht werden.“ 

In manchen Fällen hat die ſchwimmende Decke eine 
ſolche Feſtigkeit erlangt, daß fie ſich von gewöhnlichem 
Wieſenboden gar nicht unterſcheidet, obgleich ſie immer 
noch ein Waſſerbecken, und zwar mitunter von anſehnlicher 
Tiefe, unter ſich birgt. Daß dies der Fall iſt, hat ſich 
in neuerer Zeit mehrfach bei Anlegung der Chauſſeen und 
Eiſenbahnen gezeigt. So ſank z. B. die von Teterow 
nach Lage führende Chauſſee, welche bei dem Dorfe Perow 
über Wieſenboden geführt wurde, bei ihrer Anlage plötzlich 
in einer Nacht tief an dieſer Stelle ein. Ein anderer 
Fall der Art ereignete ſich auf der Chauſſeeſtrecke zwiſchen 
Plau und der Appelburg; man hatte dort im Winter 
1844/45 das Planum an einer Stelle über einem Moore 
aufgeſchüttet, als aber das Thauwetter eintrat, verſank die 
aufgetragene Erde, und man ſah, daß man auf einer nur 
6“ dicken torfartigen Erdſchicht gebauet hatte, welche über 
einem 30“ tiefen Waſſerbecken ruhete: alte Leute wollten 
ſich auch noch erinnern, dort früher blankes Waſſer geſehen 
zu haben. Aehnliche Erfahrungen machte man, als im 
Herbſt 1846 der Erddamm für die Wismar- Schweriner 
Eiſenbahn durch die Wieſe geführt wurde, in welcher der 
Wall der alten Feſte Meklenburg liegt; deun eines Mor⸗ 
gens war auch hier das Planum verſchwunden, und ſtatt 


— 


deſſen ein 30—407 tiefer Teich ſichtbar, in deſſen Nähe durch 
den unterirdiſchen Seitendruck ſich einige kleine Hügel in der 
Wieſe erhoben hatten. Auch in Meklenburg⸗Strelitz iſt ein ſol⸗ 
cher Fall bei Blumenholz, zwiſchen Neubrandenburg und Neu⸗ 
ſtrelitz vorgekommen; man führte hier das Chauſſeeplanum 
über ein Bruch, trotz der Warnung eines alten Hirten, 
daß dort dem Boden nicht zu trauen ſei, — und ſiehe da! 
ſie verſank auch hier recht gründlich. 

Was nun endlich den Torf betrifft, ſo zerfällt der⸗ 
ſelbe hinſichtlich ſeiner Beſchaffenheit, ſeiner Bildungsge⸗ 
ſchichte und der Oertlichkeit, wo er auftritt, in mehrere 
characteriſtiſch ſich unterſcheidende Arten. Da eine genauere 
wiſſenſchaftliche Erforſchung derſelben aber in Meklenburg 
leider faſt noch ganz und gar fehlt, ſo ſind wir vorläufig 
gezwungen unſere Mittheilungen hauptſächlich aus einem 
anderen Lande, welches dem unſrigen in naturgeſchichtlicher 
Beziehung ſehr nahe verwandt iſt, — nämlich aus Däne⸗ 
mark, zu entlehnen, über deſſen Torfbildungen namentlich 
Forchhammer's und Steenſtrup's Forſchungen ſchon viel 
Licht verbreitet haben e 

Am zahlreichſten ſind in Meklenburg vorhanden und 
die größte Ausdehnung beſitzen die Wieſenmoore oder 


1. Ueber norddeutſche Torfmoore handeln ausführlicher: 
Wiegmann, über die Entſtehung, Bildung und Weſen des 
Torfes, Braunſchweig 1837. — Griſebach, über die Bildung 
des Torfes in den Emsmooren, Göttingen 1846. — Poulſen, 
über ein Torfmoor in Holſtein (im amtl. Bericht über die XI. 
Verſammlung deutſcher Land⸗ und Forſtwirthe in Kiel, Altona 
1848, S. 515); desgl. Binge, (über das am Ausfluſſe des Cis⸗ 
marſchen Kloſterſee's in die Oſtſee belegene Torfmoor) in den 
Schriften der Marburger Geſell. zur Beförderung der geſammten 

Naturwiſſenſchaft, 1823, Bd. I. 167 ff. 


Ash I 


Flachmoore, welche die Vertiefungen der weiten flachen 
Flußthäler einnehmen und auch an den Rändern der Seeen 
vorkommen, ja ſelbſt an der Oſtſeeküſte in ſchmalen Buch⸗ 
ten, aus denen ſich das Meerwaſſer zurückgezogen hat. 
Ihre Oberfläche iſt eben und überragt ein benachbartes 
Niveau nie bedeutend. Zu ihrer Speiſung bedürfen ſie 
hartes Waſſer mit reichlich gelöſeten unorganiſchen Stoffen, 
unter denen namentlich der Kalk eine wichtige Rolle zu 
ſpielen ſcheint. Rohr, Binſen und andere krautartige 
Sumpf⸗ und Uferpflanzen haben den hauptſächlichſten An⸗ 
theil an ihrer Bildung, Laubmooſe dagegen nur einen ſehr 
untergeordneten. Die Mächtigkeit dieſer Lager beträgt 
gewöhnlich nur 5— 12“ und ihre Maſſe iſt braun oder 
ſchwarz, und dichter, ſtärker zerſetzt und von einem größeren 
Aſchengehalte, als der Torf der Hochmoore. Nicht ſelten 
ruhen ſolche Wieſenmoore auf Wieſenkalk und ſtellenweiſe 
geht letzterer ſogar allmälig in erſteres über; auch wo dies 
nicht der Fall iſt, finden ſich in dieſem Torfe oft vereinzelt 
ealcinirte Gehäuſe lebender Sumpfſchnecken, welche dem 
Torfe der Hochmoore gänzlich fehlen. Da die Pflanzen, 
welche die Vegetationsdecke der Flachmoore bilden, keine 
hygrofkopiſchen Eigenſchaften haben, alſo das Grundwaſſer 
nicht über deſſen natürliches Niveau hinauf zu treiben ver⸗ 
mögen, ſchließt die Torfbildung in der Höhe des Waſſer⸗ 

ſpiegels ab und die Torflager werden durch Wieſenpflanzen 
erſetzt, deren Reſte keinen Torf mehr bilden, ſondern nur 
ſogenannte Bunkerde (eine trockene, loh⸗artige Erde), oder 
eine ſchwarze, unverbrennliche Dammerde. Der oft an⸗ 
ſehnliche Kalkgehalt dieſer Torfmoore erklärt es, warum 
die fie überdeckende Wieſenflora mitunter einen beträcht⸗ 


Fr REN 
8 


7 


a. 


lichen Reichthum an kalkliebenden Pflanzen zeigt, wie z. 


B. mehrere ſchöne Orchideen, Primula farinosa, Gentiana 
Amarella und vielleicht noch manche andere Zierden un⸗ 


ſerer Flora (z. B. Sweertia, Saxifraga Hirculus, Pedicularis 
Sceptrum, falls dieſe zu den kalkliebenden gehören). 


Wie groß dieſer Kalkgeh alt zuweilen ſei, erhellt z. B. 
aus einer Analyſe der Aſche eines in den Wieſenmooren 
bei Malchin und Sommersdorf im Jahre 1850 geſtochenen 
Torfes, welche Herr Apotheker F. Timm ausgeführt und 
mir mitgetheilt hat. Dieſer Torf lieferte 7 bis 8% Aſche, 
und letztere enthielt in 100 Gewichtstheilen 
zu Malchin, Sommersdorf: 


46,5 40,16 kohlenſauren Kalk, 
n 4,72 kohlenſaure Talkerde, 
7 5 1185 ſchwefelſaure Kalkerde, 
10 2710 Kieſelerde, Eiſenoryd, Thonerde 
8 und Mangan, 
4760 In, Chlorkalium, ſchwefelſaures Kali 
und Schwefelcalcium, 
30,00 49 in Waſſer und Salzſäure unlös⸗ 
liche Beſtandtheile. 
100% 100,90 


In jenem Jahre wurden zu Malchin 6,968,000 Soden 
Torf geſtochen, welche in getrocknetem Zuſtande à 24 Loth 


ſchwer waren und à 2 Loth Aſche lieferten. Das Ge— 


ſammtgewicht der Aſche war alſo 13,936,000 Loth oder 
435,000 Pfund. Rechnen wir nun, da die Analyſe an 


einem zu kleinen Quantum Aſche ausgeführt iſt, um ſo 


ohne Weiteres als Norm für eine ſo große Maſſe dienen 
zu können, ſtatt jener 435,000 Pfund deren auch nur 


300,000 Pfund oder 3000 Centner, ſo wären in der 


45 


Malchiner Torfaſche aus dem Stiche des Jahres 18 
vorhanden geweſen: 

1380 Centner kohlenſaure Kalkerde, 

90 „ kohlenſaure Talkerde, 

210 „ Gypps, 
> Kieſelerde aus in Säuren löslichen Verbin⸗ 

dungen geſchieden. ; 

Wenn auch die Sohle mehrerer an der meklenburgi⸗ 
ſchen und pommerſchen Oſtſeeküſte vorhandener Torfmoore 
(3. B. bei Greifswald, Sülz, Doberan) tiefer liegt, als 
der Meeresſpiegel, fo hat doch die Meeresvegetation. 
dort nirgends einen Beitrag zur Torfbildung 
geliefert,» — ſelbſt da nicht, wo ſolche Moore, wie die 
3. B. bei dem heiligen Damme, bei dem Dorfe Müritz 
(zwiſchen Roſtock und dem Fiſchlande), bei Swantuſt auf 
Wollin * und bei Strand⸗Moſe an dem ſüdöſtlichen Zipfel 


1. Sie kann auch nur einen ſehr geringen liefern, da nach 
neueren Unterſuchungen die Algen, welche die Hauptmaſſe 
der Meeresvegetation bilden, ſich überhaupt nicht zur Torfbil⸗ 
dung eignen. Es bleibt alſo für dieſe nur das Seegras 
(Zostera) übrig, und etwas Torf, welcher dieſer Pflanze ſeine 
Entſtehung verdankt, ſoll wirklich auf den Inſeln des Wismar⸗ 
ſchen Buſen vorhanden ſein. Mir iſt über denſelben jedoch 
weiter nichts bekannt geworden, als die kurze Notiz, daß Pro⸗ 
feſſor Ehrenberg 1852 in der Octoberſitzung der Berliner Aka⸗ 
demie eine vorläufige Mittheilung gemacht habe, über die An⸗ 
wendung des Mikroſkops zur Eutſcheidung der wichtigen Frage 
über die Exiſtenz von wahrem Meerestorf, und große Proben 
ſolchen von mikroſkopiſchen Meeresthieren ganz durchdrungenen 
Zoſteratorfes von den „Inſeln der Oſtſeeküſte bei Wismar“ 
vorgelegt habe. — (Froriep Tagesberichte u. ſ. w. 1852 Nr. 676 
S. 240.) N g 

2. Der Torf liegt am Strande zwiſchen Swantuſt und 
Heidebrink; ſeine Oberfläche iſt nur wenig höher als der Meeres- 
ſpiegel und er ragt bis in die Oſtſee hinein, welche Stücke von 


47 


der Inſel Möen ſogar gegenwärtig von den Fluthen der 
Oſtſee überſpielt werden; an letzterer Stelle liegt der 
Torf etwa 2“ unter dem gewöhnlichen Waſſerſtande, iſt 
angefüllt mit Gehäuſen von Süßwaſſerſchnecken noch leben⸗ 
der Arten und enthält zugleich viele Knochen von Schweinen, 
Pferden und Rehen, — auch Reſte eines im Torfe wur⸗ 
zelnden Baums wurden unter Waſſer geſehen * 

Auch die zum Theil ſehr mächtigen Torfſchichten, 
welche an der Nordſeeküſte von Schleswig an bis zum 
Ausfluſſe der Schelde ziemlich allgemein unter den Meeres⸗ 
alluvionen auftreten, und in Oſtfriesland mit dem Namen 
Darg bezeichnet werden, ſind nur ein Product der Süß⸗ 
waſſervegetation. Den wahrſcheinlichen Bildungsgang 
beſſelben beſchreibt Profeſſor Forchhammer ? folgender» 
maßen: „An allen flachen Küſten (ſagt derſelbe,) wo die 
Wellen Sand und kleine Steine mit ſich führen, bildet 
ſich in einiger Entfernung vom Ufer eine Sandbank, 
welche parallel mit demſelben in größerer oder ge⸗ 
ringerer Entfernung hinläuft. Dieſe Sandbank iſt eine 
Barre, gebildet an dem Orte, wo die von der Küſte 
zurückgeworfene Welle der fortſchreitenden begegnet. Wenn 
eine ſolche Sandbank nun bei ſtarken Stürmen und hohen 
Fluthen über den gewöhnlichen Stand des Meeres auf⸗ 
geworfen wird, oder eine regelmäßige Hebung des Landes 


ihm abſpült. — Der Name Swantust iſt ſlaviſch und heißt 
zu deutſch „heilige Mündung.“ 

1. Puggaard, Geologie der Inſel Mien, S. 92. — Bei 
Falſterbo ſoll ein Torflager ſogar 1 Meile von der Küſte ent⸗ 
fernt, 14 tief unter Waſſer liegen (Pugg. a. a. O.). 

. (Forchhammer) die Bodenbildung der Herzogthümer 
Schleswig, Holſtein und Lauenburg, 1848, S. 31. 


45 
fie über das Niveau der See bringt, wird ein Theil des 
Meeres abgeſchnitten und bildet eine Lagune. In heißen 
Klimaten und unter günſtigen Umſtänden kann das Waſſer 
verdampfen und eine Salzkruſte hinterlaſſen; in unſerem 
Klima dagegen, wo die Regenmaſſe größer iſt, als die 
Verdampfung, wird der Regen das Salz der Lagune nach 
und nach auswaſchen, und dieſelbe nach kürzerer oder län⸗ 
gerer Zeit in einen Süßwaſſerſee verwandeln. Damit iſt 

denn auch die Bildung eines Torfmoores ſchon gegeben.“ 
— Manche unſerer Moore an der Oſtſeeküſte befinden 
ſich noch in dieſer ihrer urſprünglichen Lage und man er⸗ 
blickt dort jetzt noch die Barre, durch welche die Meeres⸗ 
bucht, welche früher die Stelle des Torflagers einnahm, 
ſich befindet. Aber was das Meer gewaltſam aufbauet, 
kann es auch wieder durch andere ſpätere Angriffe zer⸗ 
ſtören und dies iſt wahrſcheinlich mit den Barren der jetzt vom 
Meere überflutheten Moore geſchehen. Wie nun aber 
dieſe, welche urſprünglich mit ihrer Oberfläche etwas über 
dem Meeresſpiegel gelegen haben werden, in ihre jetzige 
ſubmarine Stellung gekommen ſind, — ob es dazu nöthig 
ſei, eine allgemeine Senkung unſeres Küſtenlandes anzu⸗ 
nehmen, oder ob ſich jenes durch ein Zuſammenſinken der 
Torfmaſſe in ſich ſelbſt (welches vielleicht durch den Druck 
daraufgeworfener Meeresalluvionen nach Hinwegräumung 
der Barre noch begünſtigt ſein könnte,) erklären ließe, — 
darüber wage ich kein Urtheil zu fällen. — Ein inſtruc⸗ 
tives Beiſpiel davon, wie ein ſolches ſubmarines Torflager 
nach Verluſt ſeiner erſten, vor ihm gelagerten Barre, durch 
das Meer hernach ſelbſt durch Aufbau einer neuen auf 
dem Torfe ſelbſt ruhenden Barre vor weiterer Zerſtörung 


0 

beſchützt worden iſt, hat uns Herr Friedrich Koch in ſeiner 
Abhandlung über den Heiligen Damm bei Doberan kennen 
gelehrt. !- 


Sharacteriftifch unterſchieden von den Wieſenmooren 
ſind die gleichfalls in anſehnlicher Ausdehnung auftretenden 


. Haidemoore oder Hochmoore, welche ihren letzteren 


P 


| 2 
} 


Namen der fanften Wölbung verdanken, mit der ſie ſich 


oft anſehnlich über dem Waſſerſpiegel erheben. Sie be⸗ 


dürfen zu ihrer Speiſung weiches, von gelöſeten unorga⸗ 
niſchen Stoffen möglichſt reines Waſſer, und ihre Maſſe 
wird vorzugsweiſe aus Fennmooſen * und anderen Laub⸗ 
mooſen (namentlich Hypnum spec.) gebildet. Der Torf 


dieſer Moore, welcher eine Mächtigkeit von 10-20“ er⸗ 


reicht, iſt theils ſehr leichter und reiner Moos- oder Faſer⸗ 
torf, deſſen vegetabiliſchen Beſtandtheile viel weniger zer⸗ 
ſetzt ſind als im Torf der Wieſenmoore, — theils iſt es 


ein ſogenannter Specktorf, d. h. eine dichtere, harzreiche 


Maſſe, zu deren Bildung Haidepflanzen mitgewirkt haben. 
Dieſe Moore wachſen ſo hoch empor, als die Capillar⸗ 


kraft ihrer poröſen Maſſe das Waſſer über das Niveau 


des Beckens, in dem ſie ſich bilden, zu heben vermag. Be⸗ 
deckt ſind ſie mit Haidekraut, der Fennbeere und der Drun⸗ 


kelbeere, dem Porſt, der Andromeda und anderen Haide⸗ 


pflanzen. — Häufig ſchließen fie Holzreſte, ja felbft Wur⸗ 
zelſtöcke von Bäumen und ganze Stämme ein. 
Eine eigenthümliche Abart dieſer Haidemoore ſind die 
1. Boll, Archiv XIV. 416. 
2. Sphagnum palustre bildet mitunter lockere Polſter von 


20 Mächtigkeit. 


4 x 


50 


Waldmoore. Dieſelben haben eine runde Geſtalt und 
nur geringe Ausdehnung, wenn nicht mehrere derſelben 
mit einander verbunden ſind, — aber eine anſehnliche 
Tiefe von 30 und noch mehr Fuß. — Derartige Moore 
aus Dänemark beſchreibt Morlot * (nach Steenſtrup's 
Angaben) folgendermaßen: „Da die Abhänge der Gruben, 
in denen dieſe Moore ſich bildeten, ſehr ſteil waren, ſo 
verloren die darauf wachſenden Bäume endlich, wenn ſie 
ſehr groß geworden, ihr Gleichgewicht und ſtürzten über 
in das Moor, worin ſie nun aufgeſpeichert und erhalten 
blieben. Anfänglich glaubte man, daß nur Sturm ſie in 
dieſe Lage gebracht habe, aber eine ſorgfältigere Unter⸗ 
ſuchung dieſer Waldmoore hat die Thatſache an's Licht 
gebracht, daß rings am ganzen Umkreiſe derſelben die 
Bäume mehr oder weniger regelmäßig nach der Mitte des 
Moores hin gerichtet liegen. Mitunter iſt das Waldmoor 
ſo klein, daß die Bäume von der einen Seite deſſelben 
zur andern hinüberreichen. Oft haben die Stämme darin 
in einer ſolchen Menge ſich aufgehäuft, daß man glauben 

könnte, ſie ſeien dort abſichtlich mit Sorgfalt ſo hineinge⸗ 
legt, als habe man verſuchen wollen, die größte Menge 
derſelben im kleinſten Raume unterzubringen. Wenn das 
Moor zu groß iſt, um auf dieſe Weiſe ganz überdeckt ſein 
zu können, wird der mittlere Raum deſſelben von der 
eigentlichen Torfmaſſe eingenommen. Letztere iſt ebenſo 
gebildet, wie bei den Haidemooren, welche ſich von den 
Waldmooren nur durch den Mangel des äußeren Baum⸗ 
gürtels unterſcheiden, der ſich bei erſteren deshalb nicht 


1. Smithsonian report 1860, p. 305. 


h 
= 
7 
7 
* 


51 


bilden konnte, weil ihre Ränder gewöhnlich zu niedrig und 
zu wenig abſchüſſig nach Innen zu ſind. Es findet daher 
zwiſchen beiden ein ſtufenweiſer Uebergang ſtatt, fo daß 
die Waldmoore eigentlich nichts anderes ſind als in ſehr 
enge Gränzen eingezwängte tiefere Haidemoore.“ 
Betrachten wir die beiden Hauptbeſtandtheile dieſer 
Waldmoore noch etwas genauer, ſo iſt ihr mittlerer 


Theil ſehr regelmäßig gebildet. Den Boden ihres Beckens 


nimmt eine Torfſchicht ein, welche durch Abſpülung von 
den Seitenwänden entftanden iſt. Darüber lagert eine 
1½ bis 2“ und in einzelnen Fällen ſelbſt 3 bis 4“ mäch⸗ 
tige horizontale Moderſchicht, welche in den normal gebil⸗ 
deten Mooren ſehr rein und ohne Beimiſchung fremder 
Stoffe iſt. Wo aber das Waſſer mineraliſche Stoffe mit 
ſich führte, da haben ſich in dieſem unteren Lager oft kie⸗ 
ſelige Zwiſchenſchichten, aus Infuſorienpanzern beſtehend, 
oder Kalkablagerungen gebildet, — hin und wieder auch 
wohl ein Gemiſch aus beiden. Während dieſe Ablage⸗ 
rungen erfolgten, wurde die Torfbildung mehr oder we⸗ 
niger unterbrochen und konnte erſt ſpäter, als das Waſſer 
reiner geworden, wieder einen kräftigeren Fortſchritt machen. 
— Auf die Moderſchicht folgt dann ein gewöhnlich 3 bis 
4 dickes Torflager, welches erſichtlich aus Laubmooſen 
(Hypnum) beſteht. Darauf erſcheinen oft Stämme von 
Tannen (Pinus sylvestris), welche an Ort und Stelle, 
d. h. auf dem Moore ſelbſt, vegetirt haben; aber ſie ſind 
klein, verkrüppelt und ihre Jahresringe ſtehen ſo dicht 
(bis 70 auf 1“), woraus erhellt, daß die Localität ihrem 
Wachsthum nicht günſtig geweſen iſt, — dennoch aber 
haben fie dort mitunter drei⸗ und ſelbſt vierhundert 
gr 


52 


Jahre gelebt. In den größeren Mooren trifft man ſogar 
zwei bis drei Schichten ſolcher aufrecht ſtehender Stämme 
mit wohlerhaltenen Wurzeln über einander an. — Als 
der Boden durch das Wachſen des Torfes allmälig höher 
und trockener wurde, machten die Laubmooſe, aus denen 
er ſich bis dahin gebildet hatte, anderen Platz, indem nun 
das Fennmoos (Sphagnum) als torfbildende Pflanze er⸗ 
ſchien. Sodann trat die Fennbeere, die Drunkelbeere 
(Vaccinium uliginosum) und Moorhaide (Erica Tetralix) 
und ganz zuletzt das gemeine Haidekraut auf. An die 
Stelle der Tannen waren inzwiſchen Birken und nach⸗ 
mals Elſen und Haſelſtauden getreten. Dieſe letzte aus 
Fennmoos beſtehende Torfſchicht erreicht eine Mächtigkeit 
von 3 bis 10“ und ſchließt die Bildung des Waldmoores 
ab, welches endlich auf ſeiner Oberfläche mehr oder we⸗ 
niger feſt wird. — Die vollſtändige Entwickelung der eben 
beſprochenen Schichten kann natürlich nur in der Mitte 
des Moores, wo hinreichende Tiefe vorhanden iſt, ſtatt⸗ 
finden; nach den Seiten zu drängen ſich dieſelben mehr 
zuſammen und treten in viel mehr beſchränkter Mächtigkeit auf. 

Was den Baumgürtel dieſer Waldmoore betrifft, 
ſo erſcheinen auf der oben erwähnten, den Boden des 
Beckens bildenden Thonſchicht liegende Tannenſtämme 
(Pinus sylvestris) in großer Anzahl. Sie erreichen einen 
Durchmeſſer von 3° und entſprechende Länge, und ihr 
ſchöner Wuchs zeigt einerſeits, daß ſie günſtigen Boden 
zu ihrer Entwickelung gehabt haben müſſen, andererſeits 
aber, daß ſie ſehr dicht geſtanden und reine Beſtände ge⸗ 
bildet haben, da ſie nur in dieſem Falle ſo gerade und 
ſchlank emporwachſen. — Die Gegenwart dieſer Tannen 


u ara Ze 


+ 


53 


in den däniſchen Torfmooren ift um ſo auffallender, weil 
dieſer Baum, bis er in neuerer Zeit dort wieder angepflanzt 
iſt, früher, fo weit die geſchichtliche Kunde zurückreicht, im, 
Dänemark gefehlt haben ſoll, und alſo ſehr frühzeitig dort 


ausgeſtorben ſein müßte. — In einzelnen Waldmooren 
erblickt man über den liegenden Stämmen noch eine Schicht 
von aufrechtſtehenden Baumſtumpfen, die zu denen gehören, 
welche auf der Moorfläche ſelbſt gewachſen ſind; gewöhnlich 


aber fehlt dem Gürtel dieſe Schicht und man bemerkt, 


wie weiter aufwärts in demſelben die Tannen allmälig 
ſeltener werden und Eichen ſtatt ihrer auftreten, bis dieſe 
letzteren endlich allein das Feld behaupten. Auch dieſe 
haben einen ſtattlichen Wuchs und ihr Stamm erreicht 
oft einen Durchmeſſer von 4 Fuß.“ — Nach Morlot 
(Steenſtrup) wäre dies die Wintereiche, — die Sommer⸗ 
eiche erſchiene erſt in den höheren Torfſchichten, und zwar 
in Geſellſchaft der Elſe, Haſelſtaude und harzigen Birke 
(B. verrucosa), welche hier an die Stelle der älteren, 
tiefer liegenden weißen Birke (B. alba) trete; die Espe 
gehe durch alle Schichten hindurch. Gegenwärtig ſoll nun 
auch die Eiche in Dänemark im Ausſterben begriffen ſein, 
und wo fie noch vorkomme, wäre dies faſt ausſchließlich 
nur die Sommereiche. Vorherrſchender Waldbaum iſt dort 
jetzt die Buche, dieſe fehlt aber in den Waldmooren ganz 
und gar. — Hätte es mit dieſen Beobachtungen und den 
botaniſchen Unterſcheidungen, auf welche ſie begründet ſind, 

1. Hinſichtlich der beiden Eichen will man in Schweden die 
Bemerkung gemacht haben, daß die Wintereiche uncultivirtes 
Land vorziehe und vor der Sommereiche verſchwinde, wenn 


der Boden durch längere Cultur, durch welche die Humus⸗ 
ſchicht ſich verſtärke, verbeſſert werde. 


54 


fo ganz feine Richtigkeit, fo würde ſich die merkwürdige 
Thatſache daraus ergeben, daß in Dänemark drei verſchie⸗ 
dene Perioden von Baumvegetation auf einander gefolgt 
8 wären, — eine Tannen⸗, eine Eichen⸗ und eine Buchen) 
periode; dieſelben ſeien (meinen die däniſchen Forſcher, 
nicht durch eine gewaltſame Kataſtrophe oder durch eine 
Veränderung des Klima's herbeigeführt, ſondern durch all⸗ 
mälige Austrocknung des Bodens und Verbeſſerung der 
Dammerde. Denn die Tanne nehme mit dem feuchteſten 
und unfruchtbarſten Boden vorlieb, die Buche verlange 
den trockenſten und beſten. — Wir werden hernach (S. 63) 
auf dieſen Gegenſtand noch wieder zurückkommen. 

Auch in Meklenburg haben wir dieſe Hochmoore und 
Waldmoore. — Von einem Hochmoore aus der Nach⸗ 
Barfchaft der Stadt Sülz, welches jetzt die Waſſerſcheide 
zwiſchen Rekenitz und Trebel bildet, hat uns Herr Franz 
Koch eine Schilderung gegeben.“ Daſſelbe iſt einige Hun⸗ 
berttäufend Quadratruthen groß, etwas mehr als 20 Fuß 
mächtig und nicht unbeträchtlich höher als das angränzende 
Wieſenmoor der Rekenitz. Während letzteres die gewöhn⸗ 
liche Wieſenvegetation zeigt, iſt das Hochmoor mit- Haide⸗ 
kraut, Moorhaide, Porſt, Andromeda, Krähenbeere, Fenn⸗ 
beere, Drunkelbeere, Preißelbeere, Bixbeere und anderen 
Haidepflanzen bedeckt. Auch der Torf beider Moore zeigt 
die characteriſtiſchen Unterſchiede. In dem unteren Theile 
des Hochmoores beſteht er aus einer 10—14“ mächtigen 
lockeren, mooſigen, — in dem oberen, mehr aus den Reſten 
des Haidekrautes gebildeten, aus einer compacteren, mehr 


1. Boll, Archiv III. 147 ff. 


55 


— — 


Harzſtoff enthaltenden Maſſe; in dem Wieſenmoore ift der 
Torf ſtark zerſetzt, mehr oder weniger bröckelig, ſchwärzer 
von Farbe, häufig vermengt mit eiſen⸗ oder kalkhaltigen 
Theilen, — letztere oft mit kenntlichen Conchylienreſten. 
In der oberen feſteren Torfmaſſe kommen zahlreiche 
aufrechtſtehende Tannenſtubben vor. Dieſelben nehmen 
eine bis zu 3° mächtige Schicht ein, find 1— 2“ hoch und 
ihre Wurzeln breiten ſich wagerecht nach allen Seiten hin 
aus, wodurch bei den größeren Exemplaren Scheiben von 
12 Durchmeſſer gebildet werden. Solche Scheiben kom⸗ 
men oft in dreifacher Lage über einander vor, und zwar 
ſo, daß die eine mit ihrem Rande ſich über die Wurzeln 
und bis zum Stamm des Unterliegenden erſtreckt. Die 
Stubben zeigen zum Theil mehr als 100 Jahresringe und 
über die Wurzelſcheibe der oberſten Lage erhebt die Torf— 
maſſe ſich noch 3—4 “. — Von den übrigen Theilen der 
Bäume finden ſich aber nur hin und wieder Stücke, ſelten 
bis zu einer Länge von 12— 16“, und zwar ſtets nur der 
innere Theil derſelben, während die äußeren Holzſchichten 
vergangen ſind. „Da keinerlei Spuren darauf hindeuten 
(ſagt Koch,) und ſich auch nicht annehmen läßt, daß die 
Bäume durch Menſchen aus dieſen Niederungen entfernt 
wurden zu einer Zeit, wo das hohe Land noch hinreichende 
Waldungen trug, ſo iſt es wohl wahrſcheinlich, daß der 
größere Theil des Holzes, nachdem die Bäume abgeſtorben 
waren, theils noch auf dem Stamme, theils ſchon herunter⸗ 
gebrochen auf der Oberfläche des Bodens, dem zerſtörenden 
Einfluſſe des Waſſers und der Luft und Witterung erlag, 
und nebſt den Stubben nur einzelne noch nicht ganz ver⸗ 
zehrte Theile von der ſie umſchließenden Torfmaſſe der 


56 

gänzlichen Zerſtörung entzogen wurden.“ — Wie es ſich 
erklären läßt, daß dieſe Stubben in den Torf hineinkamen, 
darüber wird das, was S. 41 von dem Drummond- See 
berichtet iſt, einiges Licht verbreiten. In dem vorliegenden 
Falle erfolgte aber kein Ufer⸗Abbruch, ſondern eine gleich⸗ 
mäßige Senkung der ganzen Torfdecke unter der Laſt der 
zuerſt erſtandenen Tannenvegetation. „Dem Einfluſſe des 
noch in ſeiner Fortbildung begriffenen Torfes, welcher die 
Stämme von Jahr zu Jahr höher umſchloß, die Wurzeln 
immer mehr der Einwirkung der Atmoſphäre entzog und 
ſie dagegen mit ſeiner wäſſerigen Maſſe umhüllete, mußten 
die Bäume bald erliegen. Während nun aber dieſe erſte 
Generation hinſtarb, und ihre aus dem Torfe hervorragenden 
Theile verwitterten und zuſammenbrachen, war neben dieſen 
Bäumen dem höheren Boden ſchon eine Nachkommenſchaft 
entſproſſen, welche ihre Wurzeln über die der Mutterſtämme 
ausbreitete, bis auch ſie nach einer neuen Reihe von Jahren 
demſelben Schickſale erlag. Aber noch einmal wuchſen 
neue Sämlinge empor, doch als auch dieſe das ihnen zu⸗ 
gemeſſene Alter erreicht hatten, war keine neue Generation 
da, die ihren Platz wieder einnehmen konnte. Der Boden 
hatte ſchon eine Höhe über dem Waſſer erreicht, welche 
ihn in den heißen Sommermonaten ſo austrocknen ließ“ 
daß die jungen gekeimten Sämlinge der Dürre erliegen 
mußten.“ 

Reſte von Tannenwaldungen werden auch in manchen 
anderen meklenburgiſchen Mooren angetroffen, wie z. B. 
zwiſchen Hohen-Lukow, Gr.⸗ und Kl.⸗Bölkow im Amte 
Schwan, bei Neuenkirchen im Amte Bukow, in der ſtädti⸗ 
ſchen Torfwieſe bei Schwerin; im Moore bei der Krenz⸗ 


- 


57 


liner Glashütte unweit Ludwigsluſt traf man in der Tiefe 


don 6 bis 8° eine Menge aufrechtſtehender Tannenſtubben 


und unter dieſen in noch größerer Tiefe viele liegende 


Tannen⸗ und Birkenſtämme durcheinander, — alſo ein 


ähnliches Verhältniß, wie es ſich in den Baumgürteln der 


däniſchen Waldmoore bisweilen zeigt. 


Auch die großen pommerſchen len um 
Greifswald, Gnageland, Swinemünde und Colberg herum, 
welche A. v. Chamiſſo beſchrieben hat, * find reich an 
Coniferenreſten. Die Unterlage dieſer Moore liegt an 
vielen Stellen 10— 14“ unter dem mittleren Waſſerſpiegel 
der Oſtſee, über welchen ſie ſich mit ihrer Oberfläche nur 


wenige Fuß erheben. Die größten Tiefen finden ſich in 


der Mitte der Moore. Von dem Meere ſind ſie durch 
einen mehr oder weniger breiten Küſtenſtrich, durch Dünen 


und Sandbänke getrennt, unter welchen ſie ſich nicht fort 


ſetzen, ſondern ſich daran auskeilen. In ihnen finden ſich 
feine Spuren von Meerespflanzen (S. 46), ſondern nur Land-, 
Sumpf⸗ und Süßwaſſerpflanzen. Baumſtämme mit ihren 
Wurzeln, Tannen und Eichen kommen darin vor, aber 
nicht auf dem Boden des Torfmoores, ſondern (wie zu 
Sülz,) nur in einiger Höhe darüber. Die Wurzeln be⸗ 
finden ſich in ihrer natürlichen Lage, ſelbſt mehrfach über 
einander, noch bis 5“ tief unter dem jetzigen Meeresſpiegel. 
— In gewiſſen Theilen der Torfmaſſe ſind die Reſte 
von Schilfrohr (Phragmites) ſo vorwaltend, daß ſie ganz 
daraus gebildet zu ſein ſcheint; die unterſten Schichten 


1. In Karſten's Archiv für Bergbau VIII. 128. XIII. 3. 
— Auch das Torfmoor von Linum im havelländiſchen Luch hat 
A. v. Chamiſſo unterſucht u. a. a. O. V. 253 beſchrieben. 


58 


zeigen dagegen Ceratophyllum demersum, Potamogeton 
pusillus, Najas minor, Nuphar luteum, Scirpus palustris 
und Hippuris vulgaris und auch Samen, beſonders von 
Menyanthes, ſind dort häufig. Der unter dem Torfe 
liegende Boden enthält Conchylienſchalen, wie Bithynia 
tentaculata, Planorbis imbricatus, Limnaeus vulgaris u. a. 
Alle dieſe organiſchen Reſte ſind dem Meere durchaus 
fremd, doch liegen ſie unter dem Spiegel deſſelben. — 
Etwas abweichend ſcheinen die Verhältniſſe aber in dem 
Roſenthaler Torfmoore bei Greifswald zu fein, denn dort 
wurzeln (nach Hünefeld, „) eine Menge von Tannenſtubben, 
7½— , im Durchmeſſer haltend, in dem Erdreiche unter 
dem Torfe und ragen 2—4“ in letzterem empor; außerdem 
finden ſich in dem Torfe ſelbſt noch viele Tannenreſte, 
auch einige Eichenſtubben und noch mehr Birfen- und Erlen⸗ 
ſtubben, über deren ſpeciellere Lagerungsverhältniſſe aber 
nichts weiter berichtet iſt. — Sehr reich an ſolchen Reſten 
iſt das Torfmoor bei Caſimirshof in Hinterpommern (im 
Amte Bublitz); dort gräbt man, wie Brüggemann meldet, * 
„ſeit undenklichen Zeiten in den naſſen und ſumpfigen 
Wieſen jährlich viele Fichtenſtubben und Wurzeln aus, 
trocknet ſie und bedient ſich ihrer zur Erſparung des Lichtes, 
ſo daß hier, wo man jetzt gar keine lebenden Fichten mehr 
finde, in älteren Zeiten ein großer Fichtenwald geweſen 
ſein müſſe.“ Nach Thebeſius ? kommen in den Torfmooren 
des pommerſchen Strandgebietes im Allgemeinen viele 


1. In Okens Iſis 1831, S. 909. 


2. Ausführliche Beſchreibung von Pommern, Stettin 1784, 
Bd. II. 540. Rt 


3» Baltiſche Studien III. 1 S. 51. 


Tannenſtubben (im Treſſinſchen Moore 4—5“ tief noch 
bewurzelt und aufrechtitehend), ganze Stämme, Zöpfe und 


* Aeſte vor, die von „einem Bergfett ganz ſchwarz, hart 


und deswegen unverweslich geworden ſind.“ 


Auch Reſte ganzer Eichenwaldungen treten im Torfe 


hin und wieder auf, wie z. B. bei Natzevitz auf Rügen, 
>/, Meilen öſtlich von Rambin, wo unter den Bäumen 
Exemplare von ſolcher Stärke gefunden wurden, daß ſie 
zu Mühlenwellen tauglich geweſen wären; das Zopfende 
der Bäume lag immer tiefer in die Erde geſenkt, als die 
Wurzel, die Rinde war gänzlich vergangen, die Zweige 
faſt alle zerbrochen, zerſtört und mit Meeresſand und ab⸗ 


gerundeten-Kieſeln bedeckt, woraus man ſchließen möchte, 


daß dieſem Walde eine gewaltſame Kataſtrophe, — Sturm 
und Meeresfluth, — den Untergang bereitet habe. — 
Einen andern Eichenwald kannte man in der letzten Hälfte 
des vorigen Jahrhunderts in der Müritz. Dort lagen 
auf Untiefen etwa 8“ unter Waſſer, in der Nähe von 


Röbel, eine Menge von Eichen, welche ſich die Einwohner 
jener Stadt zur Winterszeit unter dem Eiſe herausholten 
und zum Bauen benutzten. Sie waren nicht ſtark, die 
dickſten an der Wurzel von 1½¼z“ Durchmeſſer; dünne 
Zweige, Rinde, Wurzeln waren nicht mehr daran, und 


die Bäume hatten beinahe „das Anſehen eines Hirfch- 


geweihes.“ Mit dieſen dürftigen Angaben müſſen wir 


uns genügen laſſen, ich ſelbſt habe wenigſtens über dieſen 


I. Franck, im Greifswalder academiſchen Archiv, Bd. I. 
Heft 1, S. 52. 
2. Monatsſchrift von und für Meklenburg 1790, S. 205 


| 9 a. in Siemſſens Magazin I. 146. 


ri 


60 5 


„Röbelſchen Wald“, ſeine Lagerungsverhältniſſe und ſpä⸗ 
teren Schickſale nichts weiter in Erfahrung bringen können. 
Vielleicht, — oder vielmehr wahrſcheinlich, — ſteht er in 
enger Beziehung zu einem 9“ mächtigen, auf Wieſenkalk 
ruhenden Torflager, welches man vor einigen Jahren 
gleichfalls in der Müritz bei der Inſel Schwerin unweit 
Röbel 3 bis 4“ tief unter dem Waſſerſpiegel entdeckt hat. 
Vor Jahrhunderten aber müſſen der Torf und die 
Eichenſtämme noch viel tiefer unter dem Waſſerſpiegel der 
Müritz gelegen haben, denn es iſt eine feſtſtehende That⸗ 
ſache, daß letztere innerhalb hiſtoriſcher Zeit mehrere Male 
beträchtlich geſenkt worden iſt. Dennoch iſt man zu der 
Annahme gezwungen, daß der See in noch älterer, vor⸗ 
geſchichtlicher Zeit einmal einen viel tieferen Waſſerſtand 
gehabt haben muß, — und zwar einen ſo tiefen, daß der 
Boden, auf welchem jene Eichen wuchſen, ſich noch über 
dem Waſſerſpiegel befand. Dieſer tiefe Stand des Mü⸗ 
ritzppiegels, mit welchem nothwendig eine beträchtliche Ver⸗ 
kleinerung der Seefläche verknüpft ſein mußte, war aller 
Wahrſcheinlichkeit das urſprüngliche, normale Verhältniß, 
welches erſt dann geſtört ward, als durch Anlegung von 
Mühlen der bis dahin ungehinderte Abfluß des Waſſers 
durch die Elde gehemmt wurde. Das Waſſer des Seees 
begann nun allmälig zu ſteigen, überfluthete die flachen 
Ufer und nahm anſehnliche Strecken derſelben auf Jahr⸗ 
hunderte lang in Beſitz, bis ihm dieſer Raub endlich bei 
der Schiffbarmachung der Elde durch Senkung des See⸗ 
ſpiegels wieder entriſſen worden iſt. Gleiche Schickſale 
mit der Müritz mußten natürlich auch die benachbarten 
mit ihr in Verbindung ſtehenden großen Seen haben, und 


Be, u; 
von dieſen giebt auch der Plauer See durch die Menge 


der auf ſeinem Boden liegenden Tannenſtämme einen 
Fingerzeig dafür, daß ſein Waſſerſtand einmal e 


und ſein Areal kleiner geweſen ſei. 


Beſtätigt wird dieſe Erklärung durch Beobachtungen, 
die man in Hinterpommern in Betreff des großen Madue⸗ 
See's! gemacht hat. Als derſelbe im Jahre 1776 um 
4 Ellen geſenkt wurde, wobei man einen Gewinnſt von 
36,000 Morgen nutzbaren Landes hatte, entdeckte man, 
daß auch hier dem See etwas ihm nicht urſprünglich an⸗ 
gehöriges entriſſen worden ſei. Denn auf dieſem großen 
Flächenraume hatte früher einmal ein Eichenwald geſtanden, 
der ſpäter abgeſtorben und mit einer 4—5“ dicken Torf⸗ 
ſchicht bedeckt war. Der Untergang dieſes Waldes kann 
auch hier nur durch eine Aufſtauung des Seewaſſers verurſacht 
ſein, welche durch Anlegung der ſehr alten Mühlen auf 
dem Plöne⸗Fluß bei Kolbatz und Jeſeritz hervorgebracht 
wurde. Das mindeſtens 6“ höher ſteigende Waſſer muß 
damals den Boden des Waldes mehrere Fuß hoch über⸗ 
fluthet haben und in dieſem Zuſtande ſtarben natürlich die 
Bäume ab. Das breiartige Erdreich gewährte nun den 
Wurzeln keinen Halt mehr, der Sturm ſtürzte die Stämme 
um, und zwiſchen ihnen und den abgebrochenen in» und 
übereinander geſchichteten Zweigen brach ſich eine neue 
Vegetation Bahn, die ſich allmälig zu einem Torflager 


1. Der flaviſche Name dieſes Seees iſt aus dem Namen 
med wed corrumpirt und bedeutet demnach „der Bären⸗See.“ 
In der Nähe deſſelben lag im Jahre 1248 urkundlich eine 
silva Meduad, d. 15 ein Bärenwald (ſ. Dreger cod. Pomer. dipl, 
p. 281). 


62 


ausbildete, welches endlich eine ſolche Höhe erreichte, daß 
es die liegenden Stämme bedeckte. Als nun im Jahre 
1776 die Senkung des Seees durch Niederreißung der 
beiden obengenannten Mühlen bewerkſtellige wurde, da 
ward auch das große Moor (Madanzig genannt), auf 
welchem jetzt die Colonieen Raumersau, Gieſenthal, Möl⸗ 
lendorf, Lölhöfel, Schützenhauſen u. |, w. liegen, waſſer⸗ 
frei; das Torflager ſenkte ſich ſo ſehr, daß dadurch die 
Eichen theils ganz zum Vorſchein kamen, theils unter der 
Raſendecke, — einige aber auch 3 bis 47 unter dem Torf⸗ 
lager blieben. Nimmt man an, daß die Anlegung 
der Mühlen etwa gleichzeitig mit der Stiftung des Kloſters 
Kolbatz (1163) erfolgt ſei, ſo würde für die Torfbildung 
ein Zeitraum von ungefähr 600 Jahren bleiben.. 
Waldmoore, in derſelben typiſchen Ausbildung, 
wie ſie oben aus Dänemark geſchildert ſind, kommen ge⸗ 
wiß auch in Meklenburg vor, haben aber hier von Seiten 
der Wiſſenſchaft noch keine Beachtung gefunden, obgleich 
ſie ſich in der Praxis wohl bisweilen ſchon ſehr unange⸗ 
nehm gemacht haben, wie z. B. das kleine Moor bei 
Scharpzow zwiſchen Malchin und Stavenhagen, welches 
ich hierher rechnen möchte. Daſſelbe iſt nur von geringem 
Umfange, aber ſo tief, daß es, als man das Planum der 


Neubrandenburg-Malchiner Eiſenbahn darüber hinwegführte, | 


auf eine Strecke von nur wenigen Ruthen Länge eine fabelhafte 
Menge von Schachtruthen Erde zu ſeiner Ausfüllung bedurfte, 
Eine genauere wiſſenſchaftliche Unterſuchung deſſelben hat 

leider nicht ſtattgefunden, die große Tiefe dieſes Moores 


I. Lenz in den Baltiſchen Studien I. 326 f. 


8 


63 


aber ſcheint darauf hinzudeuten, daß es zur Claſſe der 
Waldmoore gehöre. 

Eine weſentliche Veränderung in der Baum⸗ 
flora, wie man ſie in Dänemark bemerkt haben will, 
ſcheint aber in den ſüdbaltiſchen Ländern nicht ſtattge⸗ 
funden zu haben. Denn nicht allein die Namen breza 
Birke, buk Buche, damb Eiche, gesen zähe Eſche, grab 
Hainbuche, jawor und klen Ahorn, lipa Linde, werba Weide 
und wolsa Elſe klingen vielfach in Meklenburg, Pommern und 
der Mark Brandenburg in zahlreichen ſlaviſchen Ortsnamen 
von wenigſtens achthundertjährigem Alter durch, ſondern 
auch die auf Nadelholzbäume hindeutenden Worte bor, sosna 
und smolny. Schwerlich aber hätten die Slaven, falls die 
Tanne vor ihrer Zeit ſchon ausgeſtorben (S. 53 oben!) geweſen 


wäre, dieſelbe hier wieder eingeführt, denn von dem Betriebe 
einer Forſtcultur war ihre Seele wohl ſehr weit entfernt; 


dennoch hätte dies geſchehen ſein müſſen, da urkundlich ſchon 
im Jahre 1257 ein Dorf Namens „Dannenbeke“ (jetzt zu 
Dambeck corrumpirt,) in der Nähe der Havelquellen vorkommt. 
Die Wintereiche iſt zwar jetzt in Meklenburg viel ſeltener 
als die Sommereiche, was aber bürgt uns dafür, daß es 
hier (und auch in Dänemark) nicht immer fo damit ges 
weſen ſei? In den Hindeutungen auf Eichen, welche über 
die letzten hundert Jahre zurückreichen, wird hier, ſo viel 
ich weiß, niemals ein Unterſchied zwiſchen Winter⸗ und 
Sommereichen gemacht. Die ſie trennenden äußeren Merk⸗ 
male ſind überhaupt ſo unerheblich, daß Linné dieſe beiden 
Eichen nur als Varietäten einer und derſelben Art bes 
trachtete, und ich zweifele ſehr daran, daß die in dem 
inneren, anatomiſchen Bau ihres Holzes etwa liegenden 


64 
Unterſchiede groß genug find, um mit Sicherheit ein im 
Torfmoor gefundenes Stück Eichenholz der einen oder der 
anderen dieſer angeblichen Arten zuweiſen zu können. — 
Noch viel ſchwieriger iſt dies in Betreff des Birkenholzes, 
indem die Unterſchiede verBetula alba und verrucosa noch 
viel zweifelhafter und wahrſcheinlich nicht ſpecifiſch, ſondern 
nur die Folgen einer mehr oder weniger der Sonne ausge⸗ 
ſetzten Stellung des Baumes find. “ Die Buche endlich 
konnte nicht füglich in ein Torfmoor hineingerathen, da 
ſie auf einem ſolchen und auch wohl kaum am Rande 
deſſelben jemals wächſt. — Alle dieſe Bedenken machen 
mir auch für Danemark die Annahme von jenen drei 
Baumperioden ſehr zweifelhaft, zumal da ich auch 


auf das vielleicht nur zufällige Schweigen früherer däniſchern 


Quellen über das Vorhandenſein der Tannen kein großes 
Gewicht legen möchte. 

In Dänemark kommt auch noch eine vierte Art von 
Torf, — dort Martörv genannt, — vor, von deren 
Daſein an der deutſchen Oſtſeeküſte mir noch nichts be⸗ | 
kannt geworden ift; Forchhammer e beſchreibt die Bildung | 
deſſelben folgendermaßen: „Wenn in den kleinen Landſeeen 
zwiſchen den Dünen ſich eine Torfmaſſe gebildet hat, und 
eine Düne wird nun darüber hingewehet, ſo wird der von 
dem Sande bedeckte Theil bald verändert, während der 
etwa unbedeckt gebliebene Theil deſſelben Lagers noch ganz 
gewöhnlicher Torf iſt. Dieſer letztere wiegt dann trocken 
à Kubikfuß etwa 16 bis 20 Pfund, der vom Sande zu⸗ 
ſammengepreßte Martörv dagegen 78 Pfund. Während 


1. S. darüber Meyer's Flora excurs. Hanoverana, S. 517. 
2. Leonhard und Bronn Jahrbuch 1841, S. 13. 


65 


— — — 


jener nach der Austrocknung keine Spur von Schichtung 
zeigt, iſt dieſer ſehr deutlich geſchichtet und ſogar faſt ſchie⸗ 
ferig, und verglichen mit den Seitenwänden einer noch 
friſchen Torfgrube ſieht man deutlich, daß die dünnen 
Schichten das Product einer Vegetationsperiode, alſo eines 
Jahres, enthalten. Wenn nun, wie im nördlichen See— 
land, die Torfmoore größtentheils durch den Abfall einer 
Waldvegetation gebildet find, fo iſt es unmöglich, dieſen 
Martörv in Handſtücken von Braunkohlen zu unterſcheiden.“ 
— Vielleicht ließen ſich derartige Moore auch an unſerer 
Oſtſeeküſte auffinden, wenn nicht etwa das von Herrn v. 
d. Borne erwähnte Lager bei Jershöft am hinterpom⸗ 
merſchen Strande, in welchem Torf zweimal mit Dünen⸗ 
ſand wechſelt, ſchon dazu gehört, was ich, ſo wahrſcheinlich 
es mix auch ift, nicht mit völliger Gewißheit behaupten 
kann, weil leider über die Beſchaffenheit des Torfes ſelbſt 
nichts geſagt iſt. “ 8 

Einer ſtarken aber plötzlichen Zuſammenpreſſung großer 


Maſſen lebender Waſſerpflanzen ſcheint auch der merk⸗ 


würdige Papiertorf ſeinen Urſprung zu verdanken, 
welcher mir innerhalb unſeres Gebietes nur aus den Ufer⸗ 
ſtrecken der Elbe bekannt iſt, und deſſen Entſtehung wahr⸗ 
ſcheinlich mit den gewaltſamen Umwälzungen zuſammen⸗ 
hängt, welche jene Gegend in den früheren Zeiten der 
gegenwärtigen geologiſchen Periode zu erleiden gehabt hat. 
Dieſer Torf kommt bei der Stadt Lauenburg in einer 

Anhöhe vor und iſt dort mit gewaltigen Maſſen von 


Geſchiebeſand bedeckt; ferner im Elbufer bei Schulau unter⸗ 


1. Zeitſchr. der deutſchen geol. Geſellſchaft IX. 477 f. 
5 


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halb Hamburg, wo er 40“ über dem Waſſerſpiegel 2“ 
mächtig auf Kreidemergel ruhet und von einem 15“ mäch⸗ 
tigen Lager eiſenſchüſſigen Sandes bedeckt wird. Er iſt 
gelblich⸗braun von Farbe, ſehr leicht und beſteht aus 
lauter papierdünnen Lagen von Pflanzenblättern, Stengeln 
und Samen. Bei Lauenburg kommen auch Eicheln darin 
vor, ſo wie die Früchte der Trapa natans, — einer 
Pflanze, die gegenwärtig in Holſtein, Lauenburg und Mek⸗ 
lenburg ausgeſtorben zu ſein ſcheint, in der Delvenau bei 
Lauenburg aber noch vor einigen Jahrzehnten gelebt haben 
ſoll. Dieſe Waſſernüſſe find es hauptſächlich, welche 
mich veranlaſſen, dieſen Papiertorf trotz ſeiner ſo auffal⸗ 
lenden Lagerungsverhältniſſe unter die alluvialen Bildungen 
zu rechnen; ſollte ſich indeß herausſtellen, daß bei der 
Determination jener Früchte ein Irrthum vorgefallen set, 
indem fie nicht zu der bezeichneten Species, ſondern einer 
anderen verwandten — etwa Tr. bifrons oder silesiaca 
— gehörten, ſo würden dieſe Papiertorflager in diemiocänen 
Terttärſchichten zurückzuverſetzen fein, wohin ſie am Ende, 
— alles reiflich erwogen, — auch noch beſſer paſſen möch⸗ 
ten, als an die ihnen hier vorläufig zugewieſene Stelle. 
Eine höchſt eigenthümliche und längere Zeit räthſel⸗ 
haft gebliebene Erſcheinung verdient hier aber noch eine 
nähere Beſprechung,? nämlich die von Zeit zu Zeit in einigen 
norddeutſchen Binnengewäſſern auftauchenden Torf⸗ 
inſeln, — nicht mit jenen S. 28 beſchriebenen ſchwim⸗ 
menden Inſeln zu verwechſeln. Aus Meklenburg iſt 


1. Zimmermann, in Leonhard und Bronn Jahrbuch 1846, 
S. 51; 1854 S. 36. 

2. Dieſen über die Torfinſeln handelnden Abſchnitt habe 
ich ſchon im Globus Bd. X., S. 177 ff. einmal abdrucken laſſen. 


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bis jetzt nur ein einziges Beiſpiel derſelben bekannt ge⸗ 
worden, und zwar das älteſte von allen, welches überhaupt 


zur Sprache gebracht worden iſt, aber die darauf bezüglichen 


Nachrichten ſind ſo dürftig, daß uns die Geneſis dieſer 
Inſel völlig unklar bleiben würde, wenn ſich nicht ſpäter 
in Holſtein ein ganz ähnlicher Fall ereignet hätte, über 
welchen genauere Angaben vorliegen, die es möglich machen, 
nicht allein jenen meklenburgiſchen, ſondern auch noch zwei 
andere in der Mark Brandenburg vorgekommene, richtig 
zu deuten. Wir ſtellen daher die holſteiniſchen Beobach⸗ 
tungen voran. | | 


Am 16. Auguſt 1803 bemerkte man zu Beel unweit 


Plön, etwa 1000“ vom Ufer der dem Dorfe gegenüber⸗ 


liegenden Wieſen entfernt, auf dem Beeler (nicht Cle⸗ 
veezer!) See einen großen ſchwarzen Flecken, den man 
alsbald als eine neu entſtandene Inſel erkannte. Sie 
ragte 3“ über dem Waſſer hervor und beſtand aus ein⸗ 


zelnen Torfſtücken, die aber unter dem Waſſer Zuſammen⸗ 


hang hatten, und nur durch die Gewalt, mit der die ganze 
Maſſe gehoben war, ſo zerſpaltet worden waren. Zwiſchen 


den Stücken waren kleine, nur einige Fuß tiefe Waſſer⸗ 


rinnen, in der Mitte der Inſel aber ein Loch von 1 Elle 
im Durchmeſſer und darin war das Waſſer 5 Klafter 
tief, während der See dort früher nur eine Tiefe von 


2 Klaftern gehabt hatte. Was über dem Waſſer lag, 


hatte etwa 80“ im Umfange, aber das war nur der kleinſte 

Theil des Gehobenen, denn dies erſtreckte ſich ringsum 

mit allmäliger Senkung nach allen Seiten hin noch etwa 

100“ unter dem Waſſerſpiegel fort, ſo daß der ganze 
| 5* 


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Umfang des gehobenen Bodens gegen 1000“ betragen 
mochte. — Nach einiger Zeit verſchwand dieſe Inſel, ließ 
ſich jedoch im Jahre 1819 an derſelben Stelle abermals 
eine kurze Zeit lang blicken, darauf erſchien ſie zum dritten 
Male am 2. October 1852 und endlich nochmals am 
15. Auguſt 1853. — In allen dieſen Fällen war das 
den Seeboden bedeckende 16—20“ mächtige Torflager in 
backofenförmiger Geſtalt aus der Tiefe des Seees bla— 
ſenartig gehoben worden, platzte oben in der Mitte, ſo daß 
die ringsum aufſtrebenden Stücke einen von radialen Spalten 
zerriſſenen Kegelmantel, einem kleinen Erhebungskrater 
ähnlich, bildeten, und ſenkte ſich nach und nach wieder, 
indem die über dem Waſſer liegenden Stücke vom Wellen⸗ 
ſchlage fortgeriſſen wurden, der Reſt aber in das ehema⸗ 
lige Niveau des Seebodens zurücktrat. Die Stelle, wo 
dieſe Inſel ſich zeigte, ihre Größe, Geſtalt und Erhebung 
über dem Waſſerſpiegel, ſcheint in allen Fällen faſt gleich 
geweſen zu ſein. Der Torf, aus welchem ſie beſtand, 
war von zahlreichen, meiſt parallel geſchichteten Baum⸗ 
und Geſträuchwurzeln von geringer Dicke durchzogen, welche 
meiſt im Inneren ausgehöhlt erſchienen. Große Spalten 
in dem Lager ſollen ſchon längere Zeit vor der dritten 
Erhebung der Inſel zur Winterszeit bei glattem Eiſe auf 
dem Seeboden geſehen ſein, ſich aber vor dieſem Ereigniß 
allmälig geſchloſſen haben. Ein Ausſtrömen von Gas⸗ 
blaſen, die ſich etwa in der Torfmaſſe ſelbſt entwickelt 
hätten, iſt von keinem der Beobachter wahrgenommen. * 


1. Alle auf die Beeler Snjel bezüglichen Beobachtungen 
finden ſich von Bruhns, Meyn und Schmidt zuſammengeſtellt 


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Mit Hülfe der vorſtehenden Angaben werden wir 


nun im Stande ſein, die Lücken in den meklenburgiſchen 


und märkiſchen Beobachtungen einigermaßen auszufüllen. 
Aus Meklenburg wird uns nämlich berichtet, daß in der 
letzten Hälfte des vorigen Jahrhunderts in dem Krüm⸗ 
melſchen Arme der Müritz plötzlich eine kleine Inſel von 
der Größe „einer Stube“ emporgetaucht ſei; in der Mitte 
derſelben zeigte ſich eine Spalte, die ſo tief in den Boden 
einſchnitt, daß man mit einer langen Stange nicht darin 
gründen konnte; dieſe Stange brachte bei dem Sondiren 
einige „Mergelerde“ aus der Tiefe mit herauf; nach einiger 
Zeit verſank dieſe Inſel wieder. — Auch die Hauptmaſſe 
dieſer Inſel wird wahrſcheinlich aus Torf beſtanden haben, 


da dieſer wohl die einzige unſerer Bodenſchichten iſt, welche 


ſtehenbleibende Spalten (zumal im Waſſer,) zu bilden ver⸗ 
mag; in dieſem Falle iſt auch die Mergelerde nicht ſchwer 
zu deuten, — es war Wieſenkalk, der nicht ſelten unter 
Torflagern auftritt. Dieſe Vermuthung, welche Herr 
Dr. Meyn zuerſt über die Müritz⸗Inſel ausgeſprochen hat, 
wird dadurch faſt zur Gewißheit, daß in neueſter Zeit in 
dieſem See wenigſtens an einer ſpäter genauer zu erwäh⸗ 
nenden Stelle ein auf Wieſenkalk ruhendes mächtiges 
Torflager aufgefunden worden ift. “ 

Ein dritter Fall von der Entſtehung einer neuen Inſel 
ereignete ſich im Dreetzer See unweit Neuſtadt a. d. 


in der Zeitſchrift der deutſchen geolog. Geſellſchaft IV. 584 ff., 


734 ff. VIII. 494. Mittheilungen des (Kieler) Vereins nörd⸗ 
lich der Elbe L 19. 

1. Monatsſchrift von und für Meklenburg 1790, S. 245; 
Siemſſens Magazin I. 155; Zeitſchrift der deutſchen geolog. 
Geſellſchaft IV. 596. 


5 


Doſſe in der Mark Brandenburg. Die Tiefe deſſelben 
beträgt etwa 11“, am oberen Theile aber, wo der Rhin 
hineinfällt, hatte ſich ein ſogenannter Kolk von etwa 14‘ 
Tiefe gebildet. Am Abende des 25. April 1832 konnten 
die Fiſcher mit ihren Rudern den Grund dieſes Kolkes 
nicht erreichen, in der folgenden Nacht aber war dort eine 
Inſel entſtanden, von 5 Ruthen Länge, 2 ½ Ruthen Breite 
und mehr als 2° über dem damals ſehr niedrigen Waſſer⸗ 
ſpiegel emporragend. Das Erdreich beſtand aus Moor 
(Torf?) mit Sand gemengt (bedeckt?) und war anfänglich 
ſo weich, daß man, ohne einzuſinken, nicht darauf treten 
konnte; ſpäter aber erhärtete ſie ſo, daß letzteres möglich 
wurde. Als hernach das Waſſer des Seees ſtieg, ward 
die Inſel kleiner, noch mehr aber wurde ſie durch den 
Wellenſchlag benagt, dem die heftigen Stürme jenes Som⸗ 
mers eine ungewöhnliche Stärke verliehen hatten. Im 
Juni war nur noch ein kleiner Theil über dem Waſſer 
zu ſehen, und im Auguſt exiſtirte fie nur noch als Untiefe. !- 

Der vierte hierher gehörige Fall ereignete ſich auch 
in der Mark und zwar nicht in einem Landſee, ſondern 
in der Havel unweit Spandau. Dort erhob ſich am 
17. Mai 1807 zwiſchen Pichelsdorf und dem Pichelsdorfer 
Werder in dem Fluſſe plötzlich eine 50 Schritte lange und 
12 bis 15 Schritte breite Inſel, deren Oberfläche anfangs 
elaſtiſch war und durch Stampfen erſchüttert wurde. Sie 
zeigte keine Spur von Vegetation, ſondern war mit Sand, 
Muſcheln, Gewürme, Holz u. ſ. w. bedeckt, und es lagen 
ſtarke Floßhölzer darauf, die mit gehoben worden waren. 


1. Klöden, Beitr. X. 39. 


Fr 


Dieſe Inſel verſchwand nicht wieder, ſondern war mit 
Gras bewachſen, im Jahre 1837 noch vorhanden.“ — 
Wenn auch von einem Torfboden dieſer Inſel nichts ge⸗ 
fügt wird, fo deutet die erwähnte Clafticität des Bodens 
(wie Meyn hervorhebt,) auf das Vorhandenſein eines 
ſolchen unter der Sanddecke hin. Daß ſie nicht wieder 
verſank, erklärt Meyn wohl ganz richtig daher, daß die 


Spalten und Höhlung dieſer blaſenartig emporgetriebenen 


Inſel durch den Treibſand des Flußbettes ſogleich ausge⸗ 
füllt worden wären. 

Ueber die eigentliche Urſache dieſer merkwürdigen 
Blaſenbildung des Torfes fehlt es aber in allen vorſtehend 
erzählten Fällen an directen Beobachtungen, und wir würden 
uns mit bloßen Vermuthungen darüber zu begnügen haben, 
wenn nicht zwei andere ähnliche Ereigniſſe, die weit ab⸗ 
wärts von unſerem Gebiete ſtattgefunden haben, auch über 
dieſen Gegenſtand einiges Licht verbreiteten. 


In Livland befindet ſich im Ilſing⸗See bei dem 
Dorfe Feſten (berichtet Wangenheim v. Qualen,) eine 
merkwürdige Inſel, welche ſeit undenklichen Zeiten in den 
Sommermonaten Juli oder Auguſt auf der Oberfläche des 
Seees erſcheint und bei dem erſten Froſte wieder unter⸗ 
ſinkt. Sie taucht regelmäßig an derſelben Stelle empor, 
ungefähr 60 Faden vom Ufer, und beſteht aus einem torf⸗ 
artigen moorigen Unterboden, auf welchem ſich eine Lage 
thonartigen Schlammes befindet, welchen ſie alle Jahre 


1. Klöden a. a. O. S. 37 ff. 
2. Zeitſchrift der deutſchen geologiſchen Geſell. IV. 599. 
3. Bulletin de la soc. imp. d. natur, de Moscou 1850. IV. 


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vom Boden des Seees mit heraufbringt. Dieſer See⸗ 
ſchlamm trocknet in den warmen Sommermonaten zu einer 
feſten Rinde, bedeckt ſich ſpärlich mit einigen Gräſern, und 


man kann dann trockenen Fußes auf der Inſel umhergehen, 


welche in verſchiedenen Jahren, je nachdem ſich mehr oder 
weniger Schlamm auf der Inſel befindet, auch größer oder 
kleiner erſcheint und als Maximum eine Länge von 10 bis 
12 und eine Breite von 3 bis 4 Faden haben kann. — Im 
Auguſt 1850 erhielten Herr Wangenheim v. Q. und der 
Chemiker Herr Neeſe von dem naturforſchenden Vereine 
in Riga den Auftrag, dieſe Inſel näher zu unterſuchen. 
Beide reiſeten dorthin und erſterer berichtet nun über das 
Reſultat der Beſichtigung weiter: 

„Die Inſel war dies Jahr ſchon am 9. Juli auf 
der Oberfläche des Seees erſchienen; als wir uns ver: 
ſelben näherten, wurden wir überraſcht durch eine ſchwarz⸗ 
graue wollige Subſtanz, welche unter der Inſel hervor⸗ 
ſchimmerte und den Untergrund derſelben bildete. Wir 
unterſuchten dieſelbe und fanden, daß ſie aus einer Art 
Torf, oder aus halbverfaulten Pflanzenfaſern beſtand, die 
wie ein ziemlich feſthaltender Filz durcheinander geflochten 
waren. Dieſer Pflanzenfilz von etwa einem Faden Dicke 
ſenkte ſich auf der einen Seite der Inſel mit einer halben 
Wölbung allmälig bis zu dem 2 Faden tiefen Boden des 
Seees hinab, mit dem der Filz, wie wir ſehr deutlich er⸗ 
kannten, in feſter zuſammenhängender Verbindung ſtand, 
wodurch das vielleicht ſeit einem Jahrhunderte beſtehende 
ſtabile Verhältniß der Inſel au einer und derſelben Stelle 
erklärt wird. Beim Sondiren dieſes Pflanzenfilzes mit 
einer langen Stange wurden wir überraſcht durch eine 


ii... 


73 


aüßerordentliche Menge Kohlenwaſſerſtoffgas, welches 


ſich aus demſelben entwickelte; wir ſammelten in kurzer 


Zeit eine Menge von dieſem Gaſe, welches mit einer 


bläulichen Flamme brannte. Auf der andern Seite der 
Inſel war die dicke Schicht dieſes Filzes nicht mit dem 
Boden verbunden, ſondern hatte ſich von demſelben ab» 
gelöſet und trug als Untergrund die Inſel, ſo daß man 
unter der Inſel in dieſer Höhlung mit einer langen Stange 
frei ſondiren konnte, aber auch hier waren Millionen 
kleiner Gasbläschen überall im Filze vertheilt. 
Dieſer Untergrund der Inſel hat ganz das Auſehen einer 
halb geöffneten großen Blaſe, die mit der einen Seite am 
Boden befeſtigt iſt; ſie ſchwimmt unter der Oberfläche 
des Waſſers, tritt aber nicht über dieſelbe hervor, nur 
die auf ihr lagernde 8 bis 12“ dicke Rinde ſchlammartiger 
Erde ragt hervor und bildet die eigentliche Inſel. Dieſes 
Jahr war die Schicht Erde wegen der herrſchenden ſtarken 
Winde ſchon größtentheils von den Wellen hinweggewaſchen 
und daher war die eigentliche Juſel, als wir ſie unters 
ſuchten, nur 5 Faden lang, aber doch ſchon mit einigen 
Gräſern und Waſſerpflanzen bedeckt. — Ungefähr 20 Fa⸗ 
den von dieſer größeren Inſel entfernt war in dieſem 
warmen Jahre noch eine andere ähnliche, aber ſehr kleine 
Inſel erſchienen, die von den Landleuten bereits einmal 
vor zwanzig Jahren in einem ſehr warmen Sommer be— 
obachtet worden war.“ 5 

„Das ganze Cauſalverhältniß dieſer ſo eigen⸗ 


thümlichen Bildung liegt demnach klar vor Augen. Der 


See war früher eine Sumpf- oder Moorgegend, auf deren 
Boden ſich eine mächtige Torflage bildete; der Abfluß aus 


74 


dieſem Torflager aber, der noch jetzt zu erkennen iſt, ver⸗ 
ſtopfte ſich mit der Zeit und bildete einen See mit dieſem 
torfartigen Filz als Unterboden. Nun entwickelte ſich vor 
langen Jahren, wahrſcheinlich in einem ſehr warmen 
Sommer, in dieſen faulenden vegetabiliſchen Stoffen das 
leichte Kohlenwaſſerſtoffgas in Millionen kleiner Bläschen, 
zerriß die Filzdecke an der einen Seite und hob ſie mit 
der darauf liegenden Erde und dem Schlamm zur Ober⸗ 
fläche des Seees empor und bildete die Inſel, welche nun 
alle Jahre, ſobald ſich das Seewaſſer erwärmt, wieder⸗ 
erſcheint. Bei eintretender Kälte aber verſchwinden Fäulniß 
und Gasentwickelung, das vorhandene, die Decke tragende 
Gas entweicht allmälig, die halb offene Blaſe wird ſchwer, 
klappt zu und ſenkt ſich wieder auf den Boden hinab.“ 
In dem Ilſing-See war alſo nur die Hälfte der 
durchriſſenen Torfblaſe zum Vorſchein gekommen, oder wenn 
ſie auch urſprünglich ganz gehoben ſein mochte, war doch 
die eine Hälfte ſogleich wieder verſunken, ſo daß W. v. Q. 
nichts mehr von derſelben erblicken konnte. Ein Gleiches 
war im Jahre 1852 mit der Torfblaſe im Beeler See 
der Fall geweſen. Daß der erſteren die radialen Spal⸗ 
ten fehlten, welche die letztere zeigte, erklärt ſich im. 
dieſem, wie auch in den anderen Fällen, wo keine ſolche 
Spalten erwähnt werden, ganz einfach aus der elaſtiſchen 
Beſchaffenheit der filzigen Torfmaſſe, welche, ohne zu zer⸗ 
berſten, einer beträchtlichen Ausdehnung fähig war, — eine 
Eigenſchaft, welche der Torf im Beeler See nicht beſaß. 
Von der Inſel in dieſem letzteren See, wie ſie ſich im 
Jahre 1852 zeigte, giebt uns Herr Bruhns eine an Ort 
und Stelle entworfene Darſtellung, die wir ihm in Fig. 1 


A 
4 


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der nebenſtehenden Tafel entlehnen, in welcher durch die 


Linie A B C D der Umfang der ganzen Blaſe bezeichnet 


wird, von der aber nur der ſchraffirte Theil A B Cin 
gehobener Stellung verblieben iſt, und von welchem nur 
die durch die Linie a b c abgegränzten Stücke aus dem 
Waſſer hervorragen und die Inſel bilden. 

Die Inſel im Ilſing⸗See wird dagegen etwa die Ge⸗ 
ſtalt der Fig. 2 gezeigt haben, der wir auch zugleich in 
Fig. 3 eine Anſicht des ideellen Durchſchnitts hinzufügen. 

Auf die Idee, daß die Hebung durch eine Gasent⸗ 


wickelung bewirkt werde, die in dem Inneren des Torf⸗ 


lagers ſelbſt vor ſich gehe, war ſchon im Jahre 1810 
H. Steffens verfallen, » er bezeichnete aber das Gas als 
Schwefelwaſſerſtoffgas. Wenige Jahre ſpäter aber gaben 
in Bezug auf eine in England gelegentlich auftauchende 
Inſel J. Otley und Dalton ſchon eine Erklärung, welche 
in allen weſentlichen Stücken mit von W. v. Q's. Auf 
faſſung dieſes Phänomens übereinſtimmt. 

Mit dieſer letzteren Inſel verhält es ſich nämlich fol. 
gendermaßen: Im Dervent-See unweit Keswick ſteigt 
ab und an eine etwa 6“ dicke Erdſchicht vom Boden des 
Seees bis zu deſſen Oberfläche empor, bleibt aber mit 
jenem durch allmälig abfallende Seitengehänge in Ver⸗ 
bindung, ſo daß ein viel größeres Stück Erdreich gehoben 
iſt, als an der Oberfläche ſichtbar wird. Die Stelle, wo 
dieſe Hebung erfolgt, liegt in dem ſüdöſtlichen Winkel des 
Seees etwa 450“ vom Ufer entfernt, wo das Waſſer ge 


wöhnlich nur 3 bis 6° tief iſt. Die Zeit, wann die Inſel 


3. Steffens, geognoſtiſch⸗geolog. Aufſätze S. 90. 


76 
erſcheint, iſt ſehr unregelmäßig; bald hat ſie ſich in zwei 
auf einander folgenden Jahren blicken laſſen, bald aber 
auch nur in längeren Zwiſchenräumen bon 7 und mehr 
Jahren, und zwar, wie es ſcheint, meiſtens gegen den 
Schluß einer langdauernden warmen und trockenen Witte⸗ 
rung. Ihre Geſtalt und Größe find veränderlich: mitunter 
iſt ſie ſchon etwa einen Morgen Landes groß geweſen, zu 
anderen Zeiten aber auch nur wenige Quadratruthen. 
Ruhet die Inſel auf dem Boden des Seees, ſo macht ſie 
ſich dort in keiner Weiſe kenntlich. — Abweichend von den 
anderen oben beſchriebenen Inſeln iſt dieſe gänzlich mit 
Vegetation bedeckt, beſonders mit Isoétes lacustris, zwi⸗ 
chen welche ſich Lobelia Dortmanna und andere in dieſem 
und anderen benachbarten Seeen gemeine Waſſerpflanzen 
miſchen. Die Oberfläche der Inſel beſteht bis zur Tiefe 
von einigen Zoll aus einer im Waſſer abgelagerten Thon⸗ 
ſchicht, die übrige Maſſe der Inſel aber aus einer Art 
von Torf, der nur unvollkommen ausgebildet iſt und in 
dem man noch manche der ihn bildenden Pflanzenarten 
erkennen kann; es ſind dies Arten, die jetzt nicht mehr in 
dem See wachſen, vormals aber, als der Waſſerſtand 
deſſelben viel niedriger war, dort vegetirten, — wie denn 
auch die Wurzeln anſehnlicher Eichen und anderer Bäume, 
die man an verſchiedenen Stellen im See 4“ unter Waſſer 
antrifft, darauf hindeuten, daß hier in den Bodenverhält⸗ 
niſſen beträchtliche Veränderungen vorgegangen ſein müſſen. 
Die Dicke des Inſelbodens iſt etwa 6‘, und er zerreißt 
durch die Spannung, die er bei der Hebung erleidet, ſo 
daß man durch die dabei entſtandenen Spalten auch das 
noch unter der Inſel befindliche Waſſer ſondiren kann. 


77 


Die Tiefe deſſelben entſpricht der Höhe, bis zu welcher 


die Inſel emporgeſtiegen iſt und auf dem Boden dieſes 


Waſſers bemerkt man eine feine, weiße Subſtanz (Wieſen⸗ 


kalk ?), welche in ihrem Ausſehen der Torfaſche ſehr ähnlich iſt. 


Nachdem die Inſel ſich acht Jahre lang nicht hatte 
blicken laſſen, erhob ſie ſich am 20. Juli 1808 und nahm 
dann einige Tage an Größe zu, bis ſie etwa 160“ lang 
war und blieb in dieſem Zuſtande einige Wochen. Dbs 
gleich der Waſſerſtand des Sees während dieſer Zeit ſich 
änderte, behielt die Inſel doch immer dieſelbe Höhe über 
dem Seeſpiegel, nämlich etwa 1’; dann ſenkte ſie ſich all» 
mälig, bis zu Anfang October eine Fluth ſie bedeckte. 
Sie kam erſt am 7. September 1813 zum Vorſchein, 
blieb aber nur klein (e. 36“ lang) und erhob ſich nur 7 
bis 8“ über dem Waſſerſpiegel; aber obgleich das Waſſer 
im See 3° ſtieg, blieb ein Theil der Inſel doch ſichtbar, 
bis fie ſodann gegen das Ende des October wieder gänz— 
lich verſank. — Im September des Jahres 1825 begann 
ſie abermals zu ſteigen; am 7. war fie noch 1° unter 
Waſſer, am 10. aber tauchte ſie in anſehnlichem Umfange 
aus demſelben hervor und ſchon am 23. September ſank 
ſie wieder unter. — In manchen Jahren, wie z. B. 1815, 
kommt ſie zwar dem Waſſerſpiegel nahe, aber ſie taucht 


nicht aus demſelben auf, ſo daß alſo die Hebungen noch 


viel häufiger zu ſein ſcheinen, als die Inſelbildungen. 
Schon bei ſeinem erſten Beſuche dieſer Inſel fiel es 
Herrn Otley auf, daß durch die ganze Maſſe der⸗ 


ſelben eine Menge von brennbarem Gaſe ver— 


theilt ſei. Im Jahre 1815 gelang es ihm und Dalton 
eine Quantität deſſelben zu ſammeln, indem ſie vom Boote 


8 


aus die unter Waſſer ſtehende Inſel mit einer Pike an⸗ 
bohrten, worauf das Gas jedesmal in großen Luftblaſen 
aus dem Waſſer emporblubberte. Sie fingen daſſelbe in 
einer Flaſche auf und unterwarfen es einer chemiſchen 
Analyſe, welche ergab, daß dies Gas zu gleichen Theilen 
aus Kohlenwaſſerſtoff und Stickſtoff, nebſt etwa 6% 
Kohlenfäure beſtand. Daſſelbe Reſultat erhielt man, als 
man im Jahre 1825 abermals das der Inſel entquellende 
Gas auffing. Dalton iſt der Meinung, daß dies Gas 


ſich bei der Zerſetzung von Pflanzenſtoffen im Waſſer ge⸗ 


bildet habe; zwei Atome Kohle zerſetzten zwei Atome 
Waſſer und erzeugten 1 Atom Kohlenwaſſerſtoffgas und 
1 Atom Kohlenſäure; die Kohlenſäure ſei ſodann größten⸗ 
theils durch das Waſſer abſorbirt und dadurch zerſtreuet 
worden, das andere Gas aber habe ſich in kleinen Bläs⸗ 
chen in der ſchwammigen Maſſe des Torfbodens angehäuft; 
der Stickſtoff endlich ſei wahrſcheinlich aus der Atmoſphäre 


in das Waſſer gekommen. Er ſtimmt daher Otley's An⸗ 


ſicht vollkommen bei, daß dieſe Gasentwickelung die 
einzige plauſible Urſache ſei, die man für das 
Steigen und Sinken der Inſel annehmen könne. Die 
Erzeugung und zeitweiſe Adhäſion einer ſo großen Gas⸗ 
menge müſſe einen großen Einfluß auf das ſpecifiſche 
Gewicht eines jeden Körpers haben, wenn aber derſelbe, 
— wie es hier der Fall iſt, — an und für ſich ſchon 
faſt daſſelbe ſpecifiſche Gewicht beſitzt, wie das Waſſer, 
in welchem er eingetaucht iſt, ſo muß er ſchwimmen oder 
ſinken, je nachdem die Gasmenge größer oder geringer wird.“ 


1. Memoirs of the literary and philosophical society of Man- 
chester. Second series vol. III. p. 64. V. p. 19. 


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Um hier gleich alle Beiſpiele ſolcher Inſeln, welche 
mir bekannt geworden ſind, zuſammenzufaſſen, will ich 
ſchließlich noch erwähnen, daß man ſchon ſeit langen Zeiten 
auch in Schweden, und zwar im Ralängen-See (im 
Jönköpings⸗Län belegen), eine periodiſch auftauchende Inſel 
kennt. Sie war ſichtbar in den Jahren 1696, 1727, 1733, 
1743, 1750, 1757, 1758, 1766 u. ſ. w. Nur zwei Mal 
tauchte ſie im Auguſt auf (aber nie vor dem 13.), ſechs 
Mal im September und zwei Mal im Anfange des October; 
ſie verſank wieder im September, October und zuweilen 
im Anfang des November, nachdem ſie bisweilen nicht 
über 6 Tage (wie 1758) ſichtbar geweſen war. Im Jahre 
1747 blieb ſie dagegen vom 17. Auguſt bis 21. October 
über Waſſer, alſo 64 Tage und dies iſt auch die längſte 
Dauer derſelben, die man zwiſchen den Jahren 1696 und 
1766 beobachtet hat; ſie trug 60 alte Baumſtubben, von 
denen man damals 26 wegnahm. Im Jahre 1766, den Tag 
nachher, nachdem ſie geſunken war, alſo am 4. November, 
ſtand ſie 3 bis 3½ Ellen unter Waſſer. Sie war 50 
Ellen lang und 20 bis 30 Ellen breit, und kam immer 
an derſelben Stelle zum Vorſchein, um welche herum es 
ſehr tief war. Der Wind ſchien keinen beträchtlichen Ein⸗ 
fluß auf ſie auszuüben, denn 1757 kam ſie am 3. October 
bei einem ſtarken Winde empor und ſank am 19. mit 
demſelben Winde wieder unter. Mehr Nachrichten über 
dieſe Inſel, welche Rödholm genannt wird, ſtehen mir 
nicht zu Gebote, — fie genügen aber um zu beweiſen, 

1. Otto, Syſtem einer allgemeinen Hydrographie, Berlin 
1800 J. 283, — und zwar von dieſem entlehnt aus Bergmann's 


phyſiſcher Erdbeſchreibung (aus d. Schwed.), Greifswald 1780, 
Bd. II., 201. 


80 


daß auch dieſer Rödholm in die Claſſe der eben beſprochenen 
Inſeln gehört. 

Selbſt bei Torf⸗ und Moorlagern, die nicht unter 
Waſſer liegen, hat man ſchon ähnliche Gasentwickelungen 
wahrgenommen, denn nicht allein hat man in den Zorf- 
mooren in der Nähe von Beel ſelbſt die Bemerkung ge⸗ 
macht, daß zuweilen Gruben, die man des Abends aus— 
geſtochen hatte, am folgenden Tage wieder durch von unten 
her aufgequollenen Torf ſich gefüllt zeigten, ſondern Meyn 
berichtet auch, daß in dem weichen flüſſigen Moorbrei, der 
in den holſteinſchen Marſchen unter einer impermeablen 
Thondecke liege, Kohlenwaſſerſtoffgas ſich in ſolcher Menge 
bilde und anſammele, daß es beim Graben und Bohren 
von Brunnen zuweilen mit Gewalt hervorbreche, und an⸗ 
gezündet längere Zeit in einem Flammenſtrome fortbrenne. 
— Den ſchlagendſten Fall aber, der meiner Meinung 
nach, dieſe ganze Streitfrage endgültig erledigt, berichtet 
Herr v. d. Borne aus Hinterpommern. Dort wird neuer⸗ 
dings auf der Domäne Carolinenhorſt unweit Stargard 
ein bis 14“ mächtiges und über c. 4000 Morgen aus⸗ 
gebreitetes Torflager in auf einander folgenden Abſtichen 
von je 4“ ausgebeutet. Wenn an den mächtigeren Stellen 
der zweite Abſtich herabgenommen iſt, ſo wird häufig ein 
Aufblähen der unteren Torfmaſſe beobachtet; dieſelbe 
platzt unter Exploſion, Torfſtücke werden 6 bis 15 
Schritte weit umhergeſchleudert und es erfolgt ein heftiges 
Ausſtrömen von Gaſen, welche zwiſchen dem Torf 
und dem darunter liegenden Sande ihren Sitz haben, 
Das Gas brennt, wie das Sumpfgas, mit ſchwach 
leuchtender Flamme und iſt von den Arbeitern, nachdem 


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ſie durch Einſtechen von Löchern ein allmäliges Ausſtröͤmen 
bewirkt, ſogar ſchon zum Kochen benutzt worden. Inner⸗ 
halb der Torfmaſſe ſelbſt hat man aber dort niemals 
eine bedeutende Gasanſammlung gefunden. !- 

Einen andern Fall aus der Rhön theilt Dr. Senft 
mit. „Ich habe dort (ſagt er,) eine durch Gaſe ver⸗ 
anlaßte Anſchwellung, bei welcher endlich die Decke platzt 
und die Gaſe unter Auswurf von ſchlammigem Waſſer 
entweichen, im Juli 1838 am rothen Moore beobachtet. 
Schon am Tage vor derſelben brauſete es im Moore ſo 
ſtark, daß es ein Geräuſch gab, als wenn ein Fluß in 
der Nähe über eine Felſenlehne ſtürzte. Die Bewohner 
der umliegenden Dörfer nannten dieſe Erſcheinung „das 
Kochen des Moores“ und deuteten ſie auf „baldigen ſtarken 
Nebel.“ Am Morgen des folgenden Tages zeigte ſich 
das Moor geborſten und mit trübem Schlammwaſſer 
bedeckt, aus welchem unaufhörlich große, mit kniſterndem 
Geräuſche zerplatzende Gasblaſen entwichen. Zwei Stunden 
ſpäter war die ganze Moorfläche mit einem undurchdring⸗ 
lichen Nebel bedeckt, welchem noch an demſelben Tage 
ſtarke Regengüſſe folgten, die das Kochen des Moores 
zum Stillſtand brachten.“ 

Ich glaube, daß die voraufgehend zuſammengeſtellten 
Beobachtungen, namentlich die im Derwent und Ilſing⸗See, 
und dieſe beiden letzten, in Pommernund in der Rhön gemachten, 
nun endlich jeden Zweifel an der Erklärung dieſes merkwürdigen 
Phänomens beſeitigen werden. Es iſt das Emporſteigen 


1. en der deutſchen geolog. Geſellſchaft IX. 479. 
2. Dr. F. Senft, die Humus⸗, Marſch⸗, Torf: und er 
Bildungen. 1 1862, S. 101. 
6 


2 


der Inſeln nicht (wie Herr Dr. Meyn annimmt,) die Wirs 
kung eines zufällig auf ihren Boden hin gerichteten, den 
Tiefen des Erdballes entquellenden Stromes von Kohlenſäure, 
ſondern die Torf maſſe der Inſel iſt ſelbſt das La⸗ 
boratorium, in welchem das Gas, und zwar das ſo 
ſehr leichte Kohlenwaſſerſtoffgas, erzeugt wird. Wenn 
nun bei unſeren norddeutſchen Inſeln von dem Daſein 
dieſes Gaſes auch noch nichts bemerkt worden iſt, ſo mag 
entweder Unaufmerkſamkeit der Beobachter daran Schuld 
ſein, indem ſie dieſen wichtigen Umſtand ganz außer Acht 
ließen, oder auch (was mir in manchen dieſer Fälle noch 
wahrſcheinlicher iſt,) eine verſchiedenartige Beſchaffenheit 
der Inſeldecke, welche ihrer größeren Mächtigkeit und 
Schwere wegen ſchwieriger zu heben war, ſo daß ſie erſt, 
nachdem eine ſehr bedeutende Menge Gas in ihren unteren 
Schichten ſich angeſammelt hatte, plötzlich der ſie empor⸗ 
treibenden Kraft nachgab, bei dieſem gewaltſamen Aufſteigen 
wie durch eine Exploſion zerriſſen wurde und nun alles 
Gas, welches ſich in der Nähe der Spalte befand, ſogleich 
in die Atmoſphäre entwich. Was dann noch an Gas 
zurückblieb, konnte ſo verſteckt liegen, daß es ſelbſt einem 
aufmerkſamen Beobachter verborgen bleiben mußte. — Aus 
eben dieſem Grunde läßt ſich auch die ſchwer bewegliche, 
aus einer 16 bis 20° mächtigen Torfſchicht beſtehende 
Inſel im Beeler See ſo ſelten blicken, während die nur 
6“ dicken, aus leichterer Maſſe beſtehenden Inſeln im Il⸗ 
fing und Derwent⸗See faſt jährlich in Bewegung zu fein 
ſcheinen und zwar nicht ſo ruckweiſe, wie jene, gleichſam 
emporſchnellen, ſondern in langſamer ſtetiger Bewegung 
auftauchen und unterſinken. 


Der Derwent⸗See zeigt aber auch noch eine andere 
merkwürdige Eigenthümlichkeit, die auf den erſten Anblick 
für Herrn Dr. Meyn's Anſicht, daß jene Inſeln gewaltigen 
Ausſtrömungen von Kohlenſäure ihren Urſprung verdankten, 
zu ſprechen ſcheinen könnte. Das Waſſer dieſes Seees 
geräth nämlich von Zeit zu Zeit aus „unbekannten Grün⸗ 
den“ in eine lebhaft wallende Bewegung, — ein 
Phänomen, welches man dort mit dem Namen „Grunds 
wind“ (bottom - wind) bezeichnet.“ — Dieſer See ſteht 
darin jedoch nicht allein da, ſondern auch noch einige an⸗ 
dere theilen dieſe Eigenthümlichkeit. So berichtet z. B. 
Klöden von dem Kreſſinſchen See in der Mark, daß er 
bisweilen ſeltſame Aufwallungen zeige, die ſelbſt bei hei⸗ 
terem Himmel und ſtillem Wetter mitunter ſo heftig wären, 
daß die Fiſcher dann in eiliger Flucht das Ufer zu er⸗ 
reichen ſtrebten.. Auch der Arnſee in der Altmark ſoll 
Luftausſtrömungen und Wallungen zeigen, desgleichen der 
kleine See am Fuße des Segeberger Gypsberges. 

Daß die causa efficiens dieſer Bewegungen Aus⸗ 
ſtrömungen von Kohlenſäure aus dem Seeboden ſeien, wie 
Meyn annimmt, 3- ift eine bloße Hypotheſe, denn eine che⸗ 
miſche Analyſe der etwa aufſteigenden Luftblaſen iſt in 
keinem dieſer Fälle vorgenommen worden. In den erſten 
beiden Fällen iſt es mir viel wahrſcheinlicher, daß es ſich 
auch hier wieder um Entwickelung von Kohlenwaſſerſtoffgas 


1. Dalton, meteorological observations, ed. 2 (Manchester 
1834) p. 51. 

2. Klöden, Beiträge u. ſ. w. X. 34, — nach einem älteren 
Berichte von Bernoulli. 

3. Zeitſchrift der deutſch. geol, Geſellſchaft IV. 602. 

5 


84 


handelt, da wir in dem Derwent ⸗See an einer Stelle ſchon 
eine maſſenhafte Erzeugung deſſelben kennen gelernt haben, 
und nach dem, was oben über die Beſchaffenheit ſeines 
Bodens im Allgemeinen geſagt iſt, auch an anderen Stellen 
die Bedingungen dazu nicht fehlen werden. Aehnlich ver⸗ 
hält es ſich mit dem Kreſſinſchen See, deſſen Boden ſo 
ſehr mit Moder bedeckt iſt, daß derſelbe beim Fiſchen be⸗ 
ſchwerlich fällt und bei niedrigem Waſſerſtande ſogar in 
der Mitte des Seees an der Oberfläche des Waſſers zum 
Vorſchein kommt, — wenn anders dieſe letztere Thatſache 
richtig beobachtet iſt, und hier nicht etwa auch eine periodiſch 
auftauchende Inſel vorliegt. — Sollten ſich alſo die Wal⸗ 
lungen in dieſen beiden Seeen nicht ganz genügend aus 
dem Zerplatzen mit Gas einprägnirter Torfmaſſen auf dem 
Seeboden erklären, — alſo gleichſam Symptome verun⸗ 
glückter Inſelbildungen fein? ? 
Während die Localverhältniſſe dieſer beiden Seeen 
mir die eben gegebene Erklärung ſehr wahrſcheinlich machen, 
ſcheinen mir dagegen die Localverhältniſſe des Arn⸗Seees 
und des Segeberger Seees, deren Eigenthümlichkeiten wir 
in einem ſpäteren Abſchnitte noch genauer beſprechen werden, 
wirklich mehr auf Exhalationen von Kohlenſäure hinzudeuten; 
denn daß ſolche in unſeren Gegenden, z. B. in Brunnen, 
gelegentlich vorkommen, iſt hinreichend bekannt. 
8 Es möchte daher rathſam ſein, dieſe merkwürdigen 
wallenden und ſprudelnden Bewegungen unſerer Seege⸗ 
wäſſer noch nicht ſo gleichſam in einen Topf zuſammen 
zu werfen, indem man ſie alle aus einer einzigen Urſache 
ableitet, ſondern vorläufig die Thatbeſtände ſelbſt noch 
recht ſorgfältig zu beobachten, wobei es ſich dann wahr⸗ 


85 
ſcheinlich immer überzeugender herausſtellen wird, daß trotz 
der Aehnlichkeit der Symptome, jene Paroxysmen dennoch 
einen verſchiedenartigen Urſprung haben. 

Sümpfe und Moore ſind ein Laboratorium in welchem 
aber auch noch ein anderes brennbares Gas, als das 
Kohlenwaſſerſtoffgas, nämlich wahrſcheinlich Phosphor- 
waſſerſtoffgas, — hin und wieder in nicht unbeträcht⸗ 
licher Menge erzeugt wird. Daſſelbe giebt ſein Daſein 
durch Lichterſcheinungen kund, die ſogenannten Irrlich⸗ 
ter, deren Exiſtenz freilich noch heutigen Tages ſelbſt von 
manchen Phyſikern geläugnet wird, für welche aber ſo viele 
glaubwürdige Zeugniſſe vorliegen, daß jeder gerechtfertigte 
Zweifel an ihrem Daſein verſchwinden muß. Ich ſelbſt 
habe zwar dies Phänomen noch nicht mit eigenen Augen 
geſehen, bin aber zugegen geweſen, als andere es erblickten 
und dieſer Fall hat ſich meiner Erinnerung ſehr lebhaft 
eingeprägt. In meinen Knabenjahren machten die Lehrer 
des Neubrandenburger Gymnaſiums mit den Schülern 
der vier oberen Claſſen einmal eine Waſſerfahrt nach Pril⸗ 
witz, an welcher ich als Quartaner gleichfalls Theil nahm. 
Als wir beim Einbruche der Nacht auf der Rückfahrt uns 
dem Liepsbruche näherten, erſcholl plötzlich der Ruf: „Da 
iſt ein Irrlicht!“ Alle drängten nun nach der Seite des 
Fahrzeuges hin, wo dieſe Erſcheinung erblickt worden war, 
und mehrere Lehrer und Schüler hatten das Glück, ſie 
zu ſehen, ich ſelbſt aber kam zu ſpät, — denn als ich mich 
bis zu der betreffenden Stelle des Bootes hindurchgearbeitet 
hatte, war das Irrlicht erloſchen. — Außer vielen anderen 
etwas unbeſtimmt gehaltenen Relationen über Irrlichter 
liegt aus Meklenburg aber auch noch folgender, ſogar von 


86 


einem Notarins, welcher zufällig Zeuge der Beobachtung 1 
war, amtlich beglanbigter Bericht vor: „Am 26. Sptbr. 
1848 etwa 7¼ Uhr (fo erzählt der Salinenbeamte Herr 
Franz Koch in Sülz,) langten wir (nämlich er ſelbſt und 
der Notarius Krüger,) vom Lande heimkehrend bei dem 
ſüdöſtlich von Sülz liegenden ſtädtiſchen Jägerhauſe an. 
Als wir im Weiterfahren den freien Ueberblick über das 
breite Wieſenthal erlangten, durch welches von hier aus ein 
Steindamm in die Stadt führt, wurden wir durch 
einen Verwunderungsausruf unſeres Fuhrmannes auf eine 
Anzahl heller Lichter aufmerkſam gemacht, die ſich näher 
und ferner in der zur Rechten von uns befindlichen ſtädti⸗ 
ſchen Viehweide bewegten. Nach der erſten Ueberraſchung, 
welche dieſe ungewohnte Erſcheinung auf uns übte, wurden 
wir uns ſehr bald einig, daß dieſe Lichterſcheinungen 
nur Irrlichter ſein konnten. Als wir dieſelben zuerſt er⸗ 
blickten, mochten ihrer etwa 20 ſein. Einige ſchienen ziem⸗ 
lich fortdauernd zu brennen, während andere nur wenige 
Secunden dauerten. Vor, bei oder nach ihrem in längerer 
oder kürzerer Zeit eintretenden Erlöſchen erſchienen nahe 
oder ferne, höher oder niedriger am Boden neue Flammen, 
die den Beobachter glauben laſſen konnten, ein Hüpfen 
und Springen einer und derſelben Flamme zu ſehen. Die 
Zahl der Lichter, die an Farbe und Größe einem recht 
hellen Laternenlichte gleichkamen, nahm während unſerer 
etwa zehn Minuten dauernden Beobachtung allmälig ab, 
bis zuletzt, als wir den Schauplatz dieſer intereſſanten 
Naturerſcheinung verließen, nur noch zwei Flammen ſichtbar 
waren.“ Eine ähnliche Beobachtung machte ein anderer 
. Boll, Archiv IV. 174. 


87 


ganz unverwerflicher Zeuge, nämlich der berühmte Aſtronom 
Beſſel. Am 2. December 1807, in einer völlig trüben 
und windſtillen Nacht, in welcher von Zeit zu Zeit ein 
ſchwacher Regen fiel, auf dem Flüßchen Wörpe in einem 
Kahne fahrend, erblickte er auf dem großen Moore des 
Herzogthums Bremen, zwei Meilen nordöſtlich von dem 
Amte und der ehemaligen Sternwarte Lilienthal Hunderte 
von Flämmchen von bläulicher Farbe, ähnlich der des un⸗ 
reinen Waſſerſtoffgaſes. Die Lichtſtärke war unbeträchtlich, 
da nicht bemerkt werden konnte, daß der Boden, über 
welchem eine Flamme brannte, merklich erleuchtet worden 
wäre, oder daß ihre oft große Zahl eine merkliche Helligkeit 
verbreitet hätte. Oft blieben die Flämmchen in unverän⸗ 
deter Stellung, oft nahmen ſie eine horizontale Lage an 
und zwar in zahlreichen Gruppen, ſo daß man die leicht 
beweglichen mit ſchaarenweiſe ziehenden Waſſervögeln ver⸗ 
gleichen konnte. Auf der Stelle, auf der die Irrlichter 
erſchienen, hatten die Moor⸗Coloniſten vielen Torf gegraben, 
wodurch der Boden uneben und der Anſammlung des 
Waſſers günſtig geworden war. Das hohe Moor ſchienen 
dieſe Irrlichter nie zu erſteigen. Die Ruderer im Kahne, 
die dieſen Weg oft in der Nacht machten, betrachteten die 
Erſcheinung als etwas Gewöhnliches.“ Auch aus Vorpommern 
wird über eine Lichterſcheinung berichtet, die wohl nur 
in die Kategorie der Irrlichter gehören kann. „Am Abend 
des 12. April 1863 (heißt es in Nr. 1036 der Leipziger 
Illuſtrirten Zeitung,) wurde zu Pruchten bei Barth eine 


— — 


I. Zeitſchrift für die geſammten Naturwiſſenſchaften (Halle 
1853) II. 111. 


88 


ſeltene feurige Lufterſcheinung bei ziemlich ſtarkem Oſtwinde 
und regneriſchem Wetter beobachtet. Auf den ſumpfreichen, 
torfhaltigen Moorwieſen der Pruchtener Büdener (ſogenannte 
Steuerwieſe) entſtand anfangs ein kleines Licht, das nach 
und nach eine größere Ausdehnung gewann, und vom 
Winde hin und her bewegt wurde. Nach Verlauf von 
etwa 6 Minuten vergrößerte ſich daſſelbe aber ſo, daß es 
das Anſehen von einer hellbrennenden Theertonne hatte, 
ſich mit dem Winde gleichſam hüpfend fortbewegte und 
mehrmals 1 bis 2 Fuß hoch ganz von der Erde emporhob, 
welches ebenfalls mehrere Minuten dauerte. Dann ſchien 
die große Flamme eine ganz compacte Maſſe zu werden, 
und ſtand unter öfterem Aufſchießen einiger blaſſer Strahlen, 
die der Windrichtung folgten, etwa zwei Minuten ganz 
ſtill. Darauf hob ſich die Feuermaſſe anfangs langſam, 
dann ſchneller von der Erde empor, wurde vom Winde 
getragen und ſtieg nach und nach zu einer Höhe von 40 
bis 50 Fuß auf, nahm dann einen ſchnelleren Lauf, zog 
über ein kleines Tannengehölz, und geſtaltete ſich zu einem 
förmlich runden Feuerball mit einem lang hinter ſich zu⸗ 
rücklaſſenden Strahl, der ſich bald zu verlängern, bald in 
die Breite zu ziehen ſchien. Endlich verſchwand das Phä⸗ 
nomen den beobachtenden Augen hinter dem großen Bar⸗ 
ther Gehölz. Aehnliche Erſcheinungen ſollen auch früher 
ſchon einige Male bei Pruchten wahrgenommen worden 
ſein. — Im nördlichen Holſtein erinnert ſich H. Bier⸗ 
natzki im Jahre 1843 ganz Erfde einſt mit Irrlichtern 
bedeckt geſehen zu haben. Auf dieſem zwiſchen Sorge und 
Eider belegenem Werder (bis auf den mittleren Kern ein 
altes Flußbette,) loderten damals Zaufende nach oben in 


2 
einen bläulichen Dampf endende Flämmchen, die dadurch 
das Anſehen brennender Fackeln erhielten. Sie erhoben 
ſich überall zu Oſten und Weſten des Dorfes auf den 

Feldern empor und verſchwanden blitzſchnell; es war Mit⸗ 
ternacht eines Spätſommertages, der Wind ein leichter, 
ebener Seewind, die Luft ſcheinbar ziemlich rein, der 
Wärmegehalt geringe, der Himmel klar. Die Erſcheinung 
dauerte über eine Stunde. — Am tauben See bei Braun⸗ 
ſchweig beobachtete unſer meklenburgiſcher Botaniker Herr 
Beuthe Irrlichter, bei Kamenz und Leipzig der Student 
Vogel, in einer ſumpfigen Niederung zwiſchen Schlieben 
und Herzberg in Schleſien der Dr. Knorr, Profeſſor der 
Phyſik in Kiew, bei Beerbach unweit Nürnberg der Pfarrer 
Boeck und der Cantor Lechner, in Braſilien Dr. J. v. 
Tſchudi * u. ſ. w., — fo daß dieſem consensus gentium 
gegenüber der Zweifel an der Exiſtenz des Phänomens 
nicht länger Stich halten kann, wenn auch eine genügende 
Erklärung deſſelben zur Zeit noch fehlt, — namentlich 
darüber, ob das brennende Gas der ſich in Berührung 
mit atmoſphäriſcher Luft ſelbſt entzündende Phosphor— 
waſſerſtoff ſei, oder nicht. Aber: „rerum natura sacra 
sua non simul tradit; initiatos nos credimus, — in 

veslibulo ejus haeremus,“ — jagt ſchon mein alter Freund 
Seneca! 

Befinden ſich ſtatt anſehnlicher Gasanſammlungen 
noch bedeutendere Waſſermaſſen unter den Torflagern, 


1. Alle dieſe und noch mehrere andere Berichte über be⸗ 
obachtete Irrlichter ſtehe in Boll's Archiv IV. 174 f. V. 216; 
Zeitſchrift für die geſammten Naturwiſſenſchaften II. 111 ff. 
X. 247; Sitz.⸗Ber. der Wiener Akademie XXIX. 269, 


90 


ſo können auch dieſe gelegentlich zum Durchbruch kom⸗ 
men. Einen Fall der Art, welcher ſich im Jahre 1830 
unfern Greiffenberg im Welſebruch ereignete, berichtet 
Klöden.“ Dort brach nämlich plötzlich beim Torfſtechen 
eine ſtarke Quelle aus dem Torfe hervor, deren Mündung 
2% Fuß höher als der nur 160° entfernte Spiegel des 
Flüßchens Sarnitz lag. Das Waſſer hatte im Winter 
bei einer Lufttemperatur von O' eine Wärme von 6° R. 
Seine Farbe war milchweiß (ohne Zweifel weil unter dem 
Torfe Wieſenkalk lag,) und färbte das Waſſer der Sarnitz, 
in welche es floß, ſo ſtark, daß dieſes zum Waſchen und 
Trinken gänzlich unbrauchbar wurde; es incruftirte alle 
ihm dargebotenen Gegenſtände mit einer weißen Rinde, 
die der Regen nicht abſpülte. Die Quelle wurde mit 
der Zeit ſchwächer und Klöden meint, daß ſie um die 
Zeit ſeines Berichtes (1836) ſich ſchon ganz wieder ver⸗ 
loren gehabt habe. — Leider erfahren wir nicht, ob (wie 
es anzunehmen ift,) mit dem Abfluß der Quelle zugleich 
auch eine allmälige Senkung des ganzen Lagers verknüpft 
geweſen jei. ?- 

Werfen wir nun noch einen Blick auf den Gebrauch, 
welchen man von dem Torfe macht, ſo iſt ſeine Beſchaffen⸗ 
heit und Güte weſentlich abhängig von ſeiner Dichtigkeit, 
der Verſchiedenartigkeit der ihn bildenden Pflanzen und dem 
Grade der Zerſetzung, in welchem dieſe ſich befinden. Hier⸗ 
nach unterſcheidet man mehrere Arten, unter denen der 


1. Klöden, Beiträge IX. 44. 
2. Andere Beiſpiele ſ. in Walchners Handbuch der Geognoſie 
ed. 1 S. 293 und in der Gartenlaube 1861 ©, 666 und 678. 


Vergl. auch Senft a. a. O. S. 102 und 111. 


91 


ſogenannte Backtorf oder Baggertorf !- die beſte, der faft 
ausſchließlich aus Fennmoos gebildete Moostorf aber die 
ſchlechteſte iſt. — Ob die früheren flaviſchen Bewohner 
unſerer Länder den Torf ſchon als Brennmaterial benutzt 
haben, iſt wohl ſehr zweifelhaft. Vielleicht lehrten erſt 
die deutſchen Coloniſten, welche ſeit dem Ende des 12. 
Jahrhunderts in ſo großer Zahl aus Holland, Friesland 
und Weſtphalen hier einwanderten, — alſo aus Gegenden 
kamen, wo man ſchon ſeit wenigſtens tauſend Jahren den 
Nutzen dieſes Stoffes kannte, — den Torf auch hier 
als Brennmaterial zu verwenden. Daß man in den ger⸗ 
maniſirten Oſtſeeländern wenigſtens ſchon frühzeitig großen 
Werth auf dies Bodenerzeugniß legte, zeigt die häufige 
Erwähnung deſſelben in den Urkunden ſeit Anfang des 
14. Jahrhunderts, und in einem rügianiſchen Documente 
vom Jahre 1303 kommt ſogar ſchon der deutſche Ausdruck 
Torfmür vor, während dieſe Moore ſonſt in den lateini⸗ 
ſchen Urkunden jener Zeit gewöhnlich caespites oder ses- 
pites genannt werden. — Die Gewinnung des Torfes 
iſt hier aber Jahrhunderte lang ſehr mangelhaft nach 
altem Schlendrian durch Spatenſtich betrieben worden. 
Erſt ſeit etwa zwanzig Jahren haben bei dem mit zuneh⸗ 
mendem Holzmangel ſteigenden Werthe des Torfes die 

1. Backtorf, weil er wie das Brod geknetet werden muß, 
Baggertorf etwa, weil ſeine halbflüſſige Maſſe aus den 
Gruben herausgebaggert werden muß? — Welche Lesart mag 
die richtige ſein? 

2. Von den an der Nordſeeküſte anſäſſigen Cauchen ſagt 
ſchon Plinius (hist. nat. XVI. 1): captum manibus lutum ventis 
magis quam sole siecantes, terra cibos et rigentia septentrione 


viscera sua urunt, — In Holland heißt dieſer Brennſtoff jetzt 
turf, in England peat; das engl. turf bezeichnet „grünen Raſen.“ 


92 


Torfſtichmaſchinen hier in Meklenburg eine größere Ver⸗ 
breitung gefunden und ſeit wenigen Jahren ſind auch ſchon 
einzelne Torf-Preßmaſchinen in Thätigkeit geſetzt worden, 
durch welche der Torf in eine feſte, braunkohlenartige 
Maſſe umgewandelt wird, welche die mannigfaltigſten 
Vorzüge vor dem gewöhnlichen Torfe darbietet. Einer 
allgemeinen Anwendung dieſes Verfahrens ſtellt leider der 
hohe Preis dieſer Preßmaſchinen noch immer ein ſehr großes 
Hinderniß in den Weg. — Die Fabrication des „Back⸗ 
torfes“ aber wird hier ausſchließlich von Arbeitern betrieben, 
welche im Sommer zu dieſem Zwecke aus Oſtfriesland 
nach Meklenburg und ſelbſt nach Hinterpommern kommen. 
Das von ihnen dabei beobachtete Verfahren iſt folgendes: 
nachdem der Torfbrei auf dem Platze, wo die Arbeit vor⸗ 
genommen werden ſoll, gleichmäßig ausgebreitet worden 
iſt, beginnen ſie ihn zu „pedden“, d. h. mit den bloßen 
Füßen zu treten * und gehörig durchzukneten, wie dies z. 
B. in der Gegend von Bonn ſogar auch bei der Verfer⸗ 
tigung des Landbrotes geſchehen ſoll. Iſt dieſer beſchwer⸗ 
liche Act beendet, dann wird die ganze zerarbeitete Maſſe 
auf dem Lagerplatze ausgeebnet wie ein coloſſaler Kuchen, 
einen halben preußiſchen Morgen groß und von der Dicke, 
von welcher die Torfſtücke werden ſollen. Mit breiten 
Holzſchuhen ſpringen ſie nun hinauf, treten den Brei nieder, 
und bearbeiten ihn auch noch mit Brettern und Schaufeln 
ganz glatt und eben. Bevor ſie dieſe Maſſe in Stücke 


1. Das Wort pedden hängt offenbar mit dem lateiniſchen 
pes zuſamen, iſt alſo eins der vielen Worte, bei welchem das 
Plattdeutſche eine größere Verwandtſchaft mit dem Lateiniſchen 
zeigt als das Hochdeutſche. 


93 


von der Form und Größe der Ziegelfteine zerlegen, machen 
ſie eine Pauſe von ein paar Tagen, damit ſie einige Con⸗ 
ſiſtenz gewinne, und dieſe Zwiſchenzeit muß je nach dem 
Zuſtande der Witterung abgemeſſen werden. Iſt die Maſſe 
noch zu weich, ſo würde die Zerlegung nichts helfen, denn 
alles würde wieder zuſammenfließen; wollte man aber 
damit zu lange warten, ſo würde der ganze Kuchen an⸗ 
fangen ſich zu zerſpalten und riſſig zu werden. — Das 
Zerlegen geſchieht in zwei Tempos. Zuerſt werden Längs⸗ 
linien hindurchgeſchnitten, in einem Abſtande von 9 bis 
10 Zoll, ſo lang jedes einzelne Torfſtück werden ſoll, und 
auf dieſe Weiſe das Ganze in „Bänke“ getheilt. Nach 
einer abermaligen kleinen Pauſe von einigen Tagen, damit 
die Schnitte etwas vernarben, ſchreitet man dann zu den 
Querſchnitten, die in den engeren Abſtänden der Breite 
der Torfſtücke gemacht werden. Nachdem dieſe nun ihrer 
Form nach fertig find, geht es an das Austrocknen dere 
ſelben, welches mit großer Vorſicht geſchehen muß, denn 
die Torflaibe ſind anfangs noch ſo ſchlaff und weich, daß 
man fie nicht gleich in jeder beliebigen Weiſe aufjtellen 
kann. Sie müſſen erſt ein wenig auf die lange Kante und 
dicht neben einander gelegt werden, damit ſie ſich gegen⸗ 
ſeitig ſtützen. Wollte man ſie gleich in hohen luftigen 
Pyramiden aufſtapeln, ſo würden fie Gefahr laufen zu— 
ſammen zu ſinken. Nachdem ſie 8 bis 14 Tage in der 
bezeichneten Stellung verblieben ſind, beginnt das „Ringen.“ 
Dies beſteht darin, daß man die nun ſchon ziemlich ſteifen 
Torfſoden (engl. sod, holländ. zoode) zu kleinen runden, ſpitzen 
Kegeln ſo übereinander legt, daß ſie nur mit den Enden 
auf einander faſſen, und daß möglichſt große Zwiſchenräume 


94 


zwifchen ihnen bleiben. Die Kegel find inwendig hohl, 
und in dieſer Aufſtellungsweiſe können Luft und Licht am 
beſten einwirken um die Austrocknung zu vollenden. Das 
Beſte thut aber dabei der Wind, der durch die durchlauch⸗ 
tigen Torfkegel hindurchzieht, — eine Beobachtung, welche 
auch (wie aus der oben angeführten Stelle des Plinius 
erhellt,) die alten Cauchen ſchon gemacht und zu benutzen 
gewußt haben. Da aber der Wind die Spitzen der kleinen 
Kegel natürlich kräftiger angreift, als den Fuß, der auf 
dem feuchten Boden ſteht, ſo iſt es nöthig zuweilen „um⸗ 
zuringen“, d. h. die Kegel aus einander zu nehmen und 
dann wieder ſo aufzubauen, daß die Soden, welche bis 
dahin am tiefſten lagen, jetzt die höchſte Stelle erhalten. 
Namentlich bei naſſer Witterung muß dies Umringen ſehr 
oft geſchehen.! N 

Ob aus unferem Torfe ſchon irgendwo Photogen 
oder Paraffin gewonnen wird, iſt mir nicht bekannt. 

Als Baumaterial aber (wie in Irland,) iſt der 
Torf in Meklenburg wohl ſchwerlich jemals gebraucht 
worden, wohl aber auf Hiddensde, wo die Kathen der in 
dem ſüdlichen flachen Theile der Inſel belegenen Dörfer 
noch um das Jahr 1819 zum Theil aus Torfſoden auf⸗ 
geführt waren; * ob dies auch jetzt noch der Fall ſei, kann 
ich nicht ſagen, da ich jene Dörfer nicht ſelbſt beſucht habe, 
und mir auch anderweitig über ihre jetzige Beſchaffenheit 
keine Kunde zugegangen iſt. Auch an einigen Orten in 
Pommern deckte man früher die Ställe mit Plaggentorf 

1. J. G. Kohl: „ein Ausflug in's Teufelsmoor“, — in der 


Gartenlaube 1863, S. 462. 
2. Grümbke, Rügen II. 29. 


85 


und brauchte denſelben auch außerdem zur Fütterung der 
Feſtungswälle, weil ſich die Macht der Kugeln an ſeiner 
ſchwammigen Maſſe brach.“ 

Torfaſche wird in Gärten, auf Aeckern und Wieſen 
vielfältig als Düngungsmittel benutzt und kann, — wenn 
die Umſtände dabei gehörig berückſichtigt werden, — als 
ſolches ſehr gute Dienſte leiſten. Ein ſicherer günſtiger 
Erfolg ſteht aber nur dann in Ausſicht, wenn man die 
wichtigſten Beſtandtheile der Aſche zuvor durch chemiſche Ana⸗ 
lyſe ermittelt und ſich durch das erhaltene Reſultat bei 
der Verwendung der Torfaſche leiten läßt. 

Ein Verbrennen des Torfes zu dem alleinigen Zweck 
feine Aſche als Düngungsſtoff zu erhalten, — ein Cultur⸗ 
verfahren (die ſogenannte Brandcultur), welches in den 
torfreichen Gegenden des nordweſtlichen Deutſchland (Han⸗ 
nover, Oldenburg) und Hollands in ſo großem Maßſtabe 
betrieben wird, kommt in Meklenburg und deſſen Nachbars 
ländern nicht zur Anwendung. Daſſelbe beſteht darin, 
daß man nach Entwäſſerung des Torfbodens die oberſte 
Schicht deſſelben in Schollen und Plaggen aufhauet, dieſe 
1 bis 2 Jahre den Einwirkungen der Atmoſphäre und 
des Froſtes ausſetzt, und ſodann anzündet und zu Aſche 
verbrennt. Tief in den Boden läßt man aber den Brand 
nicht eindringen und ſobald dieſer erloſchen, bewerkſtelligt 
man die Ausſaat, welche in der Regel ſich nur auf Buch⸗ 
weizen, und nur ausnahmsweiſe auch auf Roggen, Hafer 
und Oelfrüchte erſtreckt. Das Brennen geſchieht im Mai 
oder Juni, wenn der Boden mit Buchweizen, im Sep⸗ 


1. Denſo, von den pommerſchen gegrabenen Seltenheiten, 
St. II. 8 8. 


96 


tember, wenn er mit Roggen beſtellt werden ſoll. Ein 
ſo abgebrannter Boden trägt bis zum vierten Jahre der 
Benutzung in ſich ſteigernder Menge Ernten von Buch— 
weizen, und von da ab verringert ſich ſeine Tragkraft 
wieder in gleichem Maße, wobei ſich die eigenthümliche 
Thatſache herausgeſtellt hat, daß in den letzten Jahren 
einer ſolchen Brandculturperiode je ſparſamer der Buch⸗ 
weizen zum Vorſchein kommt, um fo mehr Spörgel (Sper- 
gula arvensis) emporſprießt; hat dieſer endlich die Ueber⸗ 
hand gewonnen, ſo wird er mit dem Buchweizen als 
Grünfutter abgemähet. An manchen Orten wirdz auch der 
Buchweizen mit ſchwarzem Hafer gemengt und mehr als 
Futterpflanze gebauet, oder man geht endlich zur Saat 
des Spörgels ſelbſt über; — auf mehr als eine Ernte 
kann dann aber auch von dieſem nicht mehr gerechnet 
werden, denn der Boden hat die Kraft zur Ernährung 
der Culturpflanzen verloren und muß nun der Brache 
überlaſſen werden. Letztere dauert 20 bis 25 Jahre, und 
während dieſer Ruhezeit bildet ſich auf dem Boden wieder 
eine 6 bis 7“ dicke Krume, mit deren Verbrennung ſodann 
eine neue Culturperiode beginnt. Man will bei dieſem 
Verfahren die Beobachtung gemacht haben, daß der von 
Calluna vulgaris gebildete ſchwarzbraune Torf die beſten, 
der von Eriophorum vaginatum minder gute, und der | 
von Sphagnum acutifolium erzeugte Torf die geringſten 
Ernten von Buchweizen liefere, Der Haidetorfgrund iſt 
daher zu dieſer Cultur geeigneter als der Moostorfgrund. 
— In Holland ſoll dies Verfahren erſt ſeit dem Jahre 
1712 aus Norddeutſchland Eingang gefunden haben. !- 

1. Pokorny, Verhandl. d. zool. botan, Gef. in Wien VIII. 346. 


3 


Die Moore, auf denen dieſe ſehr primitive Brandeultur bes 
trieben wird, liegen hauptſächlich in dem etwa 15 M. breiten 
Küſtenſaume der Nordſee zwiſchen dem Zuider⸗See und der 
Nieder⸗Elbe und umfaſſen einen Raum von etwa 145 UM. 

Natürlich wird niemals dieſe ganze Fläche in einem 
einzigen Jahre in Brand geſteckt, aber anſehnliche Strecken 
derſelben kommen darin jährlich an die Reihe. Der Rauch, 
der ſich dabei entwickelt, iſt nach der Trockenheit und Aus⸗ 
dehnung des brennenden Areals ſehr verſchieden; mitunter 
wird er ſo ſtark, daß er an Orten, die 2 Meilen von der 
Brandſtätte entfernt liegen, die Luft ſo trübt, daß auf 
freiem Felde Häuſer, Bäume u. f. w., welche ſich in einem 
Abſtande von nur etwa 1000 Schritten befinden, für das 
Auge des Beobachters völlig unſichtbar ſind, und die Sonne 
mitten am Tage nur mit einiger Mühe vom Auge auf⸗ 
gefunden werden kann. Er iſt für die Gegenden, wo dieſe 
Brandcultur getrieben wird, eine entſetzliche Landplage, 
von der die Bewohner des nordweſtlichen Deutſchland in 
manchen Jahren vom Ende des April bis gegen den Aus⸗ 
gang des Juni auch nicht einen einzigen Tag 
verſchont bleiben. Dieſer Haiderauch oder Moor⸗ 
rauch (holländiſch veenrook) wird durch die Winde aber 
auch in ſehr weit entfernte Gegenden hingetrieben, — 
einerſeits über Holland und den Canal bis nach England, 
andererſeits über das ganze weſtliche Deutſchland. Je 
weiter er ſich von ſeinem Urſprungsorte entfernt, um ſo 
mehr verliert er an Dichtigkeit, und ſo tritt er denn in 
weiten Abſtänden von der Brandſtätte und als eine leichte 
weißliche, nach dem Horizonte zu bräunliche Trübung der 


Luft auf, bei welcher auf entfernteren Gegenſtänden nur 
7 


98 5 


ein leichter Duft ruhet, — eine atmoſphäriſche Erſcheinung, 
welche in Deutſchland (auch bei uns) weit und breit unter 
dem Namen des Höhenrauches bekannt iſt. Daß 
aber unter dieſem Namen auch ſehr verſchiedenartige Dinge 
zuſammengefaßt werden, indem der ſogenannte Höhenrauch 
auch vulcaniſchen Urſprungs fein kann, iſt früher ſchon 
erörtert worden. # | 

Ueber die Zeit, welche ein ausgeſtochenes Torfmoor 
bedarf, um ſich wieder zu regeneriren, darüber ſcheinen 
hier in Meklenburg ſehr unrichtige Vorſtellungen im Um⸗ 
laufe zu ſein, wenigſtens ſind mir oft ſchon ſehr kurze 
Zeiträume angegeben, in denen dies mit dieſem oder jenem 
Moore geſchehen ſein ſollte. Es fehlt darüber an zuver⸗ 
läſſigen Beobachtungen und die einzige darauf bezügliche 
brauchbare, die mir bekannt iſt, ſpricht gerade dafür, daß 
wenn auch eine ausgeſtochene Grube ſich binnen einer nicht 
langen Friſt wieder ausfüllt, zur Erzeugung eines wirk⸗ 
lichen, brauchbaren Torfes von nur 4“ Mächtigkeit ſchon 
Jahrhunderte erforderlich ſind. Dieſe Beobachtung 
iſt in den ſchon oben erwähnten Sülzer Torfmooren von 
dem Herrn Geh. Rath A. Koch gemacht worden. „Vor⸗ 
ſichtig abgeſtochen (ſagt derſelbe), ſo daß die Oberfläche 
des Untergrundes nicht zu hoch mit Waſſer bedeckt wird, 
regenerirt ſich der Torf bald, ohne jedoch die Feſtigkeit 
und Schwärze wieder zu erlangen, welche der erſte, der 


I. Preſtel, in Petermann's geogr. Mittheilungen 1858, S. 
106 ff. und S. 315 ff. 

2. Archiv XIX, S. 122 ff. — Auch im Jahre 1819 traf 
weit verbreiteter Höhenrauch mit heftigen vulcaniſchen Aus⸗ 
brüchen des Aetna zuſammen. 


99 


Urtorf beſitzt. Eine Fläche, welche aller Wahrſcheinlichkeit 
nach kurz vor dem dreißigjährigen Kriege abgeſtochen war, 
und um das Jahr 1850 als Torfſtich wieder in Angriff 
genommen werden ſollte, war in ihrer Oberfläche voll⸗ 
kommen wieder überwachſen, und zeigte ganz das äußere 
wilde Anſehen einer noch unberührten, mit Bruchhölzern 
aller Art beſtandenen Moorgegend. Als aber dieſe Fläche 
berodet, geebnet und von Neuem beſtochen ward, fand ſich 
in der Tiefe von 4“ der ältere Abſchnitt, — und zwar 
ſcharf begränzt. Der obere jüngere, ſeitdem regenerirte 
Torf war von Farbe gelblich⸗braun, das Wurzelgeflechte 
und die Mooſe noch erkennbar, und der geſtochene und 
getrocknete Torf blieb locker (foſe); der untere Urtorf da⸗ 
gegen war ſchwarz von Farbe, ſehr feſt, und das Wur⸗ 
zelgeflechte nicht mehr, oder doch kaum noch erkennbar.“ !- 

Mächtige Torflager von 10° und darüber find wahr⸗ 
ſcheinlich ein Werk von Jahrtauſenden, und die verhält⸗ 
nißmäßig ſchnelle Wiederausfüllung ausgeſtochener Gruben 
binnen wenigen Jahren, wie man dies an verſchiedenen 
Orten bemerkt haben will, iſt ſchwerlich Folge einer wirk⸗ 
lichen Regeneration, ſondern nur des hydroſtatiſchen Druckes 
der die Grube umgebenden Torfmaſſen, durch welchen ſie 
von unten her durch ſchon fertigen Torf wieder ausgefüllt 


1. A. Koch, in Boll's Archiv V. 174 f. — Wahrſcheinlich 
verhält es ſich mit dem Torf des Alt⸗Warmbrücher Moores 
bei Hannover, der ſich binnen 50 Jahren regenerirt und eine 
Mächtigkeit von 4 bis 6“ erhalten haben ſoll, ganz ähnlich. — 
Einen ſehr originellen Einfall hatte J. Denſo: er wollte Torf⸗ 
ſoden in Moräſten pflanzen und daraus ſollte ſich dann bald 
ein brauchbares Torflager erzeugen (Denſo von den pommerſchen 
gegrabenen Seltenheiten, II. § 8, Stettin, 1748). 


7 75 


109 


wird. Ueber die mitunter plötzlich binnen wenigen Stunden 
erfolgende Ausfüllung, wie man eine ſolche bei dem Dorfe 
Beel beobachtet hat, haben wir S. 80 ſchon geſprochen. 

Beherzigte man dieſen Umſtand, daß es zur Wieder⸗ 
erzengung eines brauchbaren Torfes eines fo langen Zeit⸗ 
raumes bedarf, würde man wahrſcheinlich mit den Torf⸗ 
ſtichen etwas planmäßiger verfahren, als dies in Meklen⸗ 
burg im Allgemeinen namentlich auf den ſtädtiſchen Ge⸗ 
bieten zu geſchehen pflegt, wo man hinſichtlich des Torfes ſo 
oft ein Verfahren befolgt, welches den früheren unverant⸗ 
wortlichen Waldverwüſtungen ebenbürtig an die Seite tritt. 

In den Gegenden, wo der Untergrund einen anſehn⸗ 
lichen Eiſengehalt beſitzt, wie dies in der meklenburgiſchen 
Haideebene der Fall iſt, wo ſo ſehr vieler roſtbrauner 
eiſenhaltiger Sand (die verrufene Fuchserde, plattdeutſch 
auch „Oord“ ! genannt,) vorkommt, bildet ſich in den 
Torfmooren und Wieſen das Raſeneiſenerz, — in 
Meklenburg gewöhnlich Eiſenklump, oder ſchlechtweg Klump 
genannt. In der Haidebene iſt es weit verbreitet und 
ſtellenweiſe maſſenhaft vorhanden, in anderen Gegenden 
des Landes tritt es mehr ſporadiſch an geeigneten Oert⸗ 
lichkeiten auf; auch in Holſtein, der Mark Brandenburg, * 
Pommern und Rügen iſt es nicht ſelten. Seine gegen⸗ 
wärtig noch ſtattfindende Bildung beweiſen z. B. nicht 
allein Holzſtückchen, die man — und zwar nicht petrificirt, 
— in ihm eingeſchloſſen ſieht, ſondern G. Brückner fand 

1. Oord (zu ſprechen ürd,) wird die richtige Wortform 
ſein, da dieſer Sand im Hochdeutſchen auch hin und wieder 
„Ortſtein“ genannt wird; in Holſtein ſoll er Norr oder Ahl heißen. 


2. Klöden zählt in ſeinen „Beiträgen u. ſ. w. IX. 46 ff. 
die dortigen Fundorte auf. 


101 


bei der Krenzliner Glashütte, ſogar einige Stücke Glasfluß 
von dieſem Erze überzogen. Von erſterem Falle theilte 
mir Herr v. Lützow noch kürzlich ein intereſſantes Stück 
zur Anſicht mit, welches in einer Wieſe auf ſeinem Gute 
Boddin gefunden worden war; daſſelbe war nicht ſehr feſt 
und ſchwer, voller kleiner Blaſenräume, und enthielt viele 
Reſte von Baumzweigen, die eine ganz zunderige Beſchaf⸗ 
fenheit hatten. Ueber das gelegentliche Vorkommen von Bern⸗ 
ſtein in dieſem Erz werden wir in einem ſpäteren Abſchnitte noch 
weiter berichten. — Was die äußere Geſtalt des Erzes bes 
trifft, jo hat es oft ein deutlich ſtrahlig⸗cryſtalliniſches Ge⸗ 
füge von metalliſchem Glanz, dem der Schwefelkiesnieren 
ſich nähernd. Oft hat es auch auf ſeiner Oberfläche nie⸗ 
renförmige Buckel, faſt als wäre die Maſſe weich geweſen, 
und hier und da durch Luftblaſen gehoben. Meiſt iſt es 
im Innern ſehr poröſe, auf den dichteren Stellen aber 
doch ziemlich feſt und im Bruche etwas glänzend. Selten, 
und vielleicht nur da, wo eine abhängige Lage die Ver⸗ 
miſchung mit Sand erleichtert, verdichtet es ſich zu einer 
dem eiſenſchüſſigen Sandſtein ähnlichen Maſſe, wie eine 
ſolche ſich z. B. am Sonnenberge bei Parchim in einer 
Ausdehnung von 200 Quadratellen findet. Wie das Erz 
durch chemiſche Umbildung aus jenem eiſenhaltigen Sande 
entſteht, indem Waſſer, welches mit Kohlenſäure geſchwän⸗ 
gert iſt, auf denſelben einwirkt, erklärt Prof. Göppert in 
folgender Weiſe: „Dies Waſſer nimmt aus dem Sande 
Eiſen auf, ſpäter entweicht die Kohlenſäure, Eiſenoxydhydrat 
ſchlägt ſich nieder, leicht lösliche, in den verrotteten Vege⸗ 
tabilien vorkommende phosphorſaure Verbindungen wer⸗ 
den zerſetzt und die Phosphorſäure tritt an das Eiſen, ſo 


102 


daß daraus ein Gemenge von Eiſenoxydhydrat und phos⸗ 
phorſaurem Eiſen entſteht, welchem als weniger weſentliche 
Beſtandtheile Sand, Thon, vegetabiliſche Subſtanzen u. 
ſ. w. beigemengt erſcheinen.“ 

Eine im Jahre 1859 unter Prof. Schulze's (in Roſtock) 
Leitung ausgeführte Analyſe » von Raſeueiſenerz aus der 
Haideebene ergab folgende Zuſammenſetzung deſſelben: 

7,4300 hygroſkopiſches Waſſer, 
12,7280 Hydratwaſſer, 

21,6100 ſandige Kieſelerde, 
3,0200 opalige Kieſelerde, 
46,7520 Eiſenoxyd, 

0,2720 Thonerde 

4,7780 Manganoxyd, 

0,1430 kohlenſaure Kalkerde, 
0,0108 Magneſta, 

2,6780 Phosphorſäure, 

0,5782 Baryterde, nebſt Spuren von 


— Schwefelſäure u. ſ. w. 
100, 0000. 


Baryterde ſcheint bisher noch durch keine andere 
Analyſe im Raſeneiſenſtein nachgewieſen zu ſein, wenigſtens 
ſchweigen alle anderen mir zu Gebote ſtehenden über dies 
Mineral gänzlich. „Dies überraſchende Vorkommen von 
Baryt (ſagt Schulze a. a. O.) veranlaßte mich, denſelben 
auch in anderweitigen meklenburgiſchen Erdgemiſchen auf⸗ 
zuſuchen, und ich fand auch in der That deutliche Spuren 
deſſelben gleich in der erſten beſten Modererde, die mir 
zur Hand war. Daß man ihn bei den gewöhnlichen Ana⸗ 
lyſen erdiger Foſſilien bisher meiſtens überſehen hat, er⸗ 


1. Mitgetheilt im Archiv für meklenburgiſche Landeskunde 
1859, S. 60. 


103 


klärt ſich aus dem gleichzeitigen Vorhandenſein ſchwefelſaurer 
Salze, welche bei der Behandlung der Erde mit Salzſäure 
die Bildung von ſchwefelſaurem Baryt bewirken, und dieſer 
bleibt bei dem von der Salzſäure nicht aufgeſchloſſenen 
Theile des Erdgemiſches, welcher in der Regel nicht weiter 
unterſucht wird. Die Gegenwart des Baryts in dem 
Raſeneiſenſtein würde auch mir wahrſcheinlich entgangen 
fein, wenn letzterer mehr als minutiöfe Spuren von Schwe⸗ 
felſäure enthalten hätte.“ — Auch kaum erkennbar geringe 
Spuren von Schwefel-Arfenit wurden bei dieſer Analyſe 
gefunden. | 

Es enthalten demnach 100 Theile dieſes Erzes faft 
33% reguliniſches Eiſen, welches ſich nach einem an dieſe 
Analyſe anſchließenden Schmelzungsverſuche als ſehr brauch⸗ 
bar erwies, indem es ſich durch weiße Farbe, Härte und 
Leichtflüſſigkeit auszeichnete, und keineswegs kaltbrüchig 
war, wie man demſelben früher häuftg zum Vorwurf ge⸗ 
macht hatte. 

Ohne Zweifel iſt dies Eiſen einſtmals für die Be⸗ 
wohner unſerer Länder von ſehr großer Wichtigkeit geweſen, 
indem ſie, als ihnen auf Handelswegen noch kein auslän⸗ 
diſches Eiſen zugeführt wurde, ihre Waffen und ander⸗ 
weitigen eiſernen Geräthſchaften aus dieſem Erze ſelbſt 
ſchmiedeten. Zwar meldet uns die Geſchichte aus alter 
Zeit nichts von einer ſolchen Induſtrie, aber wir finden 
die Beweiſe für dieſelbe noch jetzt in den z. B. in Me⸗ 
klenburg und Pommern vorhandenen Schlackenhalden, ' 
auf denen das Ausſchmelzen und Verarbeiten des Eiſens 


1. Liſch in den Schweriner Jahrbüchern XXV. 250, Lenz 
in den Baltiſchen Studien I. 328. 


104 


an offenen Feuern vorgenommen worden iſt. „Durch 
Zufall oder Belehrung (ſagt Lenz a. a. O.) mochten un⸗ 
ſere Vorfahren darauf verfallen, dieſen wenig ökonomiſchen 
Gebrauch von dem Erze zu machen. Bei den reichen 
Holzvorräthen, welche damals noch in unſeren Ländern 
vorhanden waren, war es leicht, in einer nahe am Holze 
aufgeworfenen Sandgrube die Eiſenerze zum Schmelzen 
zu bringen, zumal wenn man erſt mit den roheſten, leicht 
zu erlernenden Kunſtgriffen auf's Reine gekommen war. 
Aber bei dieſem unvollkommenen Betriebe blieb in den 
Schlacken ein fo großer Theil des Eiſens (30 bis 40%ĩ) 
zurück, daß in neuerer Zeit ſolche Schlacken auf den Eiſen⸗ 
hüttenwerken mit großem Nutzen zum zweiten Male be⸗ 
arbeitet worden ſind.“ In Dänemark iſt, wie Forchhammer 
berichtet,“ die Ausſchmelzung dieſes Erzes in der eben 
bezeichneten Weiſe noch in hiſtoriſcher Zeit der Gegenſtand 
der häuslichen Induſtrie beinahe eines jeden Mannes ge⸗ 
weſen, und hat dort nur wegen Holzmangel aufgehört, 
während eben dieſe Induſtrie in Norwegen und Schweden 
durch die größeren Fabriken in einzelne von der übrigen 
Welt beinahe abgeſchloſſene Thäler zurückgedrängt ſei. Noch 
jetzt, meint Forchhammer, gäbe es in Scandinavien Orte, 
wo der Bauer das Eiſen, deſſen er bedürfe, ohne allen 
Zweifel auf dieſelbe einfache Weiſe ausſchmelze, die einſt 
der Odiniſche Stamm eingeführt habe. 

In der früheſten geſchichtlichen Zeit finden wir einige 
urkundliche Hindeutungen auf Eiſengewinnung in Meflen- 


. In den Hamburger kritiſch⸗ literariſchen Blättern 1844, 
S. 762 ff. 


105 


—— 


burg und Pommern. . Zu einer wirklich kunſtgemäßen 
Ausbeutung des Erzes ſind in Meklenburg aber erſt 
zwiſchen den Jahren 1513 und 1770 mehrfache Verſuche 
durch Anlegung von Eiſenhütten zu Grabow, Neuſtadt, 
Dömitz, Wittenburg und Zarentin gemacht worden.? Aber 
wie alle induſtrielleu Unternehmungen der herzoglichen 
Kammer einen ſehr ſchlechten Fortgang zu nehmen pflegten, 
ſo auch dieſe. Alle jene Anlagen waren daher nur von 
kurzem Beſtand, und gingen, nachdem ſie, ſtatt Gewinn 
abzuwerfen, bedeutende Zuſchüſſe gekoſtet hatten, immer 
ſehr bald wieder ein. — Gegenwärtig wird der Raſen⸗ 
eiſenſtein in Meklenburg nur noch als Baumaterial 
benutzt. Bei der Armuth der Haideebene an Geröllen iſt 
er dort als ſolches ſehr wichtig geworden, indem man ihn 
nicht allein zu den Fundamenten verwendet, ſondern ſogar 
ganze Bauwerke aus ihm aufführt, wie denn z. B. in 
Ludwigsluſt die beiden Glockenthürme, die Mauer des 


ww 


1. Allzuviel Gewicht darf auf die in den Urkunden des 
13. und 14. Jahrhunderts gelegentlich auftretenden ferrifodinae 
wohl nicht gelegt werden. Man ſuchte ſich in dieſen Docu⸗ 
menten den Beſitz nach allen Seiten hin möglichſt zu ſichern, 
und ſo kamen denn in die Urkunden Dinge mit hinein, die 
wirklich noch gar nicht auf dem in Frage ſtehenden Boden auf⸗ 
gefunden waren, von denen man aber hoffen mochte, daß ſie 
dort noch entdeckt werden könnten. Dies iſt aber in manchen 
Fällen gewiß nicht geſchehen, wie z. B. mit den argentifodinis, 
welche 1269 neben den ferrifodinis dem pommerſchen Kloſter 
Belbuk verliehen werden, und den auri argentique fodinis, nebſt 
jeglicher Art von Erz, Metall oder Edelſteinen, mit denen im 
Jahre 1260 der Biſchof von Samland in Preußen durch den 
deutſchen Orden begabt wird. 

2. Siehe über dieſelben Liſch in den Schweriner Jahrb. 
VII. 51 ff. 


10 


Friedhofes und die Stadtmauer (mit Ausnahme der aus 

Backſteiuen beſtehenden Zwiſchenpfeiler,) aus dieſem Ma⸗ 
teriale errichtet worden ſind. Ueber die Geſchichte dieſer 
Bauten berichtet das Ludwigsluſter Wochenblatt im Jahre 
1857 Folgendes: „Die älteren Einwohner des Ortes 
werden ſich noch der Zeit erinnern, wo Ludwigsluſt keine 
Mauern hatte, ſondern ihn Paliſaden umgaben, welche etwa 
vom Schweriner Thor nach dem Grabower, und von da nach 
dem Hamburger gegangen ſein mögen. Das Holz zu dieſen 
Paliſaden wurde meiſt von einer großen Eiche am Techen⸗ 
tiner Wege genommen, welche der Sturm umgeſtürzt hatte. 
Die erſte Befriedigung durch eine Raſeneiſenſtein⸗Mauer 
wurde am Kirchhofe gemacht um's Jahr 1791 und 1792. 
Zugleich wurden die beiden Glockenthürme errichtet, früher 
hatten nur hölzerne da geſtanden. Die Glockenthürme wurden 
ägyptiſch gebaut und die Glocken wurden aus der Kirche 
zu Techentin bei Goldberg weggeholt, was Beides lehr⸗ 
haft für die damalige Zeit. Am letzten Abend des Jahres 
1793 läuteten die Glocken zum erſten Male auf dem neuen 
Thurm. Sie haben aber 1824 umgegoſſen werden müſſen, 
welches der Kirche 1288 Thlr. alten Geldes gekoſtet hat. 
Im Jahre 1822 begann der Bau der eigentlichen Orts⸗ 
mauer am Grabowſchen Thore, etliche Jahre vor dem 
Bau der Chauſſee nach Grabow; wo man jetzt leicht da⸗ 
hinrollt, pflügte man damals durch den tiefen, tiefen Sand, 
der von jener Art war, welche man als „mahlenden“ bezeichnet; 
wo es damals wüſte und öde ausſah, blühen jetzt rechts 
und links, beſonders ſchön im Garten der Villa, duftige 
Fliederbüſche. Sieben Jahre iſt an der Mauer gebaut, 
zu welcher die Bauern den Klump brachten, der ihnen auf den 


107 


Wieſen nur im Wege war. So kam unſere Mauer zu 
Stande, die ein ganz hübſches Ausſehen hat durch die 
Verbindung des dunklen Eiſengeſteins mit der hellen, rothen 
Backſtein⸗Einfaſſung. Ringsum ſind Bäume gepflanzt, 
doch iſt eine rechte Allee, namentlich auf der öſtlichen 
Seite, nicht zu Stande gekommen. Auf dieſer Seite wird 
die Mauer ſtreckenweiſe durch die Caſernenſtälle gebildet.“ 

Mit dem Raſeneiſenſtein vergeſellſchaftet findet man 
mitunter auch ein phosphorſaures Eiſenorydulhydrat. Das⸗ 
ſelbe zeigt ſich als Viviniat nur ſehr ſelten in ſehr 
kleinen, ſchön dunkelblauen, glänzenden Cryſtallen auf dem 
Erz. Etwas häufiger erblickt man auf letzterem einen 
Anflug von erdigem Eiſenblau (natürlichem Berliner⸗ 
blau), welches mitunter auch in größerer Menge für ſich 
allein im Torf und Moder vorkommt. Es iſt, ſo lange 
es der Luft nicht ausgeſetzt wird, eine weiße krümelige 
Maſſe, die ſich aber an der Luft bald indigoblau färbt, 
indem ſich das phosphorſaure Eiſenoxydulhydrat durch Auf⸗ 
nahme von Sauerſtoff aus der Atmoſphäre in phosphor⸗ 
ſaures Eiſenoxydocydul⸗Hydrat umwandelt. Zufluß von 
eiſenhaltigem Quellwaſſer zu den bezeichneten Lagern, dem 
auch der nicht ſelten in Torfgräben ſich abſetzende roſt⸗ 
farbene Eiſenocker ſeinen Urſprung verdankt, ſcheint 
die Urſache der Bildung dieſes Minerals zu ſein. — Auch 
Roth⸗Eiſenocker fand ſich mit dem erdigen Eiſenblau 
zuſammen einmal in großer Menge bei Kraak (in der Haide⸗ 
ebene) im moorigen Boden. Er war von erdiger Be⸗ 
ſchaffenheit, mattem Ausſehen und ſeine Farbe glich ganz 
der des bei der Darſtellung der Schwefelſäure zurückblei⸗ 
beuden Eiſenoxyduls, — des caput morluum der Apo⸗ 


108 


theken. — Nur ein einziges Mal iſt mir Moorkupfer, 
eine ſehr lebhaft gefärbte blaugrüne erdige Maſſe, vor⸗ 
gekommen; ich beſitze ſie aus einem Torfmoor bei Wolde, 
weiß aber über ihre Lagerungsverhältniſſe und muthmaßliche 
Entſtehung nichts weiter zu berichten. Wahrſcheinlich fehlen 
Eiſenvitriol und Schwefelkies, die in manchen Gegenden 
jo häufig find, daß dort eine techniſche Benutzung des fo» 
genannten „Vitrioltorfes“ ſtattfindet, . auch in unſeren 
Torflagern keineswegs gänzlich, indem ich mich erinnere, 
früher Torfſtücke hier geſehen zu haben, welche in ihrem 
Ausſehen darauf hindeuteten, — beſtimmtere Nachweiſungen 
aber vermag ich nicht darüber zu geben. 


Von dem Vorkommen noch anderer dem Torf, Moder 
und Wieſenkalk ſelbſt angehöriger Mineralien iſt mir aus 
Meklenburg nichts weiter bekannt geworden. Dieſe Neu⸗ 
bildungen ſind aber auch die Lagerſtätte gar mancher durch 
den Zufall in ſie hineingelangter Dinge, deren recht 
ſorgfältiges Studium zwar von großem Intereſſe wäre, 
bis jetzt aber noch ſehr vernachläſſigt geblieben iſt. Denn 
die einzigen Leute, die dergleichen Dinge zu entdecken ver⸗ 
mögen, — die Torfgräber und die beim Auskarren des 
Moders beſchäftigten Tagelöhner, — ſind ihrer gänzlich 
vernachläſſigten Bildung wegen ohne alles Intereſſe an 
ſolchen Funden und beachten ſie entweder gar nicht, oder 
zertrümmern ſie muthwillig. Nur in den ſelteneren Fällen, 
wenn ſich ihren Blicken etwas ſeiner Form oder ſeines 
Stoffes wegen ganz beſonders Auffallendes darbietet, halten 
ſie ein une Stück an und nehmen es mit nach Haufe, 


1. Dr. F. Senft, die 2 1535 Marſch⸗, Torf: und Limonit⸗ 
Bildungen, Leipzig 1862, 


109 


aber auch von dieſen Dingen kommt aus Nachläſſigkeit 
oder Mißtrauen der Finder nur der geringere Theil endlich 
in die rechten Hände, — in die Hände des Naturforſchers 
und des Alterthümlers. Zahlloſe Dinge, welche auf die 
Naturkunde und Culturgeſchichte unſeres Landes gar manches 
Licht werfen könnten, gehen jährlich auf dieſe Weiſe in 
Meklenburg verloren. | 

Was ſich an ſolchen zufälligen Einſchlüſſen im 
Torf, Moder und gelegentlich auch im Wieſenkalk findet, find 
theils Reſte von Thieren und Menſchen, theils Artefacte 
und Spuren von menſchlicher Thätigkeit. 

Die thieriſchen Reſte gehören theils ſolchen Arten 
an, wie ſie noch jetzt in unſerem Lande leben, theils aber 
einigen großen Vierfüßlern, von welchen einige hier er⸗ 
weislich ſchon längſt ausgerottet ſind, andere aber nur in 
vorhiſtoriſcher Zeit hier gelebt zu haben ſcheinen, da ges 
ſchichtliche Zeugniſſe für ihre frühere hieſige Exiſtenz gänz⸗ 
lich fehlen. Zu dieſen verſchollenen Größen gehört der 
Ur (Bos urus oder primigenius), flaviſch tur genannt, 
von deſſen früherem Daſein in Meklenburg directe ge⸗ 
ſchichtliche Zeugniſſe fehlen, welches aber durch Hörner, 
Zähne, Schädel und Knochen deſſelben hinreichend bewieſen 
wird, die ſich eben nicht ſelten in unſeren Mooren finden, 
und von denen das Antiquarium zu Schwerin ſchöne 
Stücke aufbewahrt. Wahrſcheinlich hat dieſer große Vier⸗ 
füßler noch in den ſlaviſchen Zeiten hier gelebt, da manche 
Localnamen auf denſelben hindeuten, wie z. B. die in der 
älteren Landesgeſchichte vorkommenden Gaunamen Ture, 
Turne, die Dorfnamen Turow, Tur-bor (d. h. Ur⸗Haide, 
— jetzt: Törber), Tur-glowe (d. h. Ur⸗Kopf, — jetzt: 


110 


Turlow) und der ſich in Meklenburg, in der Mark und 
in Pommern ſo oft wiederholende Name „das Tur⸗ oder 
Thür⸗Bruch; das Thurbruch auf der Inſel Uſedom kommt 
urkundlich ſchon im Jahre 1239 als „Wald⸗Thura“ vor. 

Von den Reſten zweier anderer Stierarten, die außer 
denen des Ur in den däniſchen Torfmooren noch vor⸗ 
kommen, iſt in Meklenburg noch nichts nachgewieſen. Da 
beide früher in Europa eine weitere Verbreitung gehabt, 
ſo iſt wohl anzunehmen, daß ſie auch in unſerem Lande 
nicht gefehlt haben werden, ſondern nur noch nicht beob⸗ 
achtet worden ſind. — Es ſind dies der Bos frontosus 
Nils., welcher in der Schweiz in der Simmenthaler⸗Saaner 
Rindviehrace noch fortleben ſoll, und das Wiſent (Bison 
europaeus, polniſch: zubr), welches letztere ſogar bis nach 
der Mitte des 14. Jahrhunderts in Hinterpommern gelebt 
hat, da noch der Herzog Wartiſlaw V. ein Exemplar des⸗ 
ſelben (vielleicht das letzte!) erlegte und aus deſſen Horn 
ein Trinkgefäß anfertigen ließ, welches er im Jahre 1373 
dem Dome zu Camin vermachte. Gegenwärtig exiſtirt 
dieſe Art noch lebend in Lithauen im Walde von Bialowice. 
— Von einer vierten Rinder⸗Art oder Abart, dem Bos 
brachyceros, welche noch jetzt in der Schweiz und in 
Algier lebt, iſt bei Penzin ein Schädel im Moder ge⸗ 
funden worden.? 

Ausgerottet in Mellenburg iſt ferner der Bär, und 
zwar iſt der letzte um die Mitte des vorigen Jahrhunderts 
bei dem Dorfe Mölln unweit Pentzlin erlegt worden, wie 


1. Th. Schmidt, zur naturgeſchichtlichen Statiſtik der in 
Pommern ausgerotteten Säugethiere. Stettin 1856, S. 1 ff. 
2. Schweriner Jahrb. XXIX. 280. 


111 


die noch jetzt dort lebende mündliche Ueberlieferung meldet. 
Wahrſcheinlich war derſelbe (ſo wie auch die um dieſelbe 
Zeit noch in Pommern erlegten, ) nur ein Nachkomme 
von eingewanderten Bären, die in Folge der vielen Kriege, 
welche im 17. und 18. Jahrhundert Norddeutſchland ver⸗ 
wüſteten, aus Polen herübergeſtreift waren. Denn da der 
Bär von keinem unſerer älteren meklenburgiſchen Schrift⸗ 
ſteller als einheimiſch erwähnt wird, und auch Kantzow 
und Micrälius, von denen erſterer zur Reformationszeit 
und letzterer während des 30 jährigen Krieges ſchrieb, den 
Bären auch in Pommern nicht mehr als einheimiſch auf⸗ 
führen, ſo ſind die alten einheimiſchen Bären wahrſchein⸗ 
lich ſchon ſehr frühzeitig hier ausgerottet worden. Daß 
ſolche hier einſtmals wirklich vorhanden waren, und zwar 
noch in den ſlaviſchen Zeiten, darauf deutet der Dorfname 
Medewede (jetzt zu Medewege verfälſcht,) hin, in welchem 
ſich das flaviſche medwed (der Bär) gar nicht verkennen 
läßt.“ Dieſen „alten eingeborenen“ Bären, — und nicht 
jenen ſpäter „recipirten“, ſchreibe ich die Bärenreſte zu, 
welche hin und wieder in den Torfmooren gefunden werden, 
wie z. B. im Jahre 1824 ein ſehr ſchöner Schädel bei 
Neukalen. 

Viel zahlreicher als die Reſte der ſchon genannten 
Thiere werden Zähne, Knochen und Schaufeln des Elenns 
im Torf und Moder gefunden, beſonders die letzteren, 


1. Schmidt a. a. O. S. 14. 

2. Ebenſo wenig in dem pommerſchen Madüe⸗See, ſ. oben 
S. 61 Anm. — Localnamen aber, wie Bärberg, Bärenſoll, 
Behrenbruch und ähnliche find auf das Wort Beer (althoch⸗ 
deutſch ber, angelſächſiſch bar, nr boar) d. h. der Eber, zu⸗ 
rückzuführen. 


112 


weil fie durch Größe und eigenthümliche Geſtalt ſelbſt die 
Aufmerkſamkeit der Laien zu reizen pflegen. Ich beſitze 
i eine 4° tief im Torfe unfern des Landgrabens bei Treptow 
gefundene, ausgezeichnet ſchön erhaltene Schaufel, welche 
nur 1% Fuß breit“ und 3 Pfund ſchwer iſt, und offenbar 
einem jungen Thiere angehört hat; es kommen aber auch 
Exemplare vor, die ſich 3“ und noch darüber ausbreiten 
und in ſolcher Größe ſollen ſie im friſchen Zuſtande ein 
Gewicht von 20 Pfund erreichen. — Nicht minder häufig, 
wie in Meklenburg, werden Elennreſte in der Mark und 
in Pommern gefunden, und in letzterem Lande war dies 
Thier ſchon zur Reformationszeit in die an Polen grän⸗ 
zenden Sumpfgegenden Hinterpommerns zurückgedrängt, = 
wo es jetzt aber auch ſchon verſchwunden iſt. Geſchicht⸗ 
liche Zeugniſſe für ſein früheres Leben in Meklenburg ſind 
mir nicht bekannt. — In Deutſchland kommt es noch in 
Oſtpreußen in der Ibenhorſter Forſt vor, in Dänemark 
aber fehlt es jetzt gänzlich und auch in Norwegen war es 
in neuerer Zeit in Gefahr ausgerottet zu werden, was 
aber durch den geſetzlichen Schutz, unter den es geſtellt 
ward, verhindert worden iff. * 

Gleichfalls gar nicht ſelten, aber in Meklenburg bis 


1. Ein zweites Exemplar meiner Sammlung wurde im 
Moder bei Thalberg unweit Treptow gefunden, ein drittes bei 
Gevezin, ein viertes bei Gädebehn (unweit Neubrandenburg), 
Nr. 5 und 6 (zuſammen gehörig) bei Malchin, — alle im Moder; 
mit Ausnahme der beiden Malchiner Exemplare, die noch auf 
dem Schädelknochen feſtſitzen, find alle anderen von dem le⸗ 
benden Thiere abgeworfene. 


2. Schmidt a. a. O. S. 3, 
3. Froriep, Tagesberichte u. ſ. w. 1851, Nr. 395 S. 176. 


18 


auf die neueſte Zeit unbeachtet geblieben, ſind die in den 
alluvialen Neubildungen vorkommenden Rennthierge⸗ 
weihe. Nachdem im Jahre 1838 zuerſt bei Gerdshagen 
unweit Güſtrow 24° tief im Moder ein ſolches gefunden 
und vom Herrn A. R. Liſch im Jahre 1846 richtig ge⸗ 
deutet worden war, " find deren in Meklenburg noch 
entdeckt worden: zu Badreſch unweit Friedland 10“ tief 
im Moder, zu Bützow drei Exemplare im Torf, zu Gäde⸗ 
behn bei Stavenhagen, zu Güſtrow 15° tief unter Wieſen⸗ 
kalk auf Ziegelerde liegend, zu Hinrichshagen bei Woldeck 
im Moder, zu Karlow bei Rehna 8° tief auf dem Boden 
eines Moores, bei Kölpin unweit Neubrandenburg im 
Moder, bei Lapitz unweit Pentzlin 5 tief am Grunde eines 
auf ſogenanntem Schindel ruhenden Torflagers, bei Lutters⸗ 
dorf unweit Wismar im Torf, bei Mallin unweit Pentzlin 
unter Wieſenkalk, bei Miltzow unweit Woldeck, bei Grabow, 
Vietſchow, Boddin (drei Geweihe), Wakendorf, Petersdorf 
(zwei Geweihe), Wismar (?) und nach einer mündlichen 
Mittheilung des Herrn Oberförſter Müller in Hinrichs⸗ 
hagen auch bei Polchow unweit Lage, — im Ganzen alſo 
ſchon 24 Geweihe. 2. — Auch in Holſtein ſind Renn⸗ 
thiergeweihe gefunden worden; * desgleichen in Pom-⸗ 


1. Schweriner Jahrb. XI. 496. — Alle Geweihe, welche 
ich aus Meklenburg und Pommern geſehen habe und eben ſo 
auch das in Archiv V. abgebildete Exemplar, ſo wie das in 
Okens Iſis 1829 Taf. 1 dargeſtellte bei Köſtritz gefundene 
zeichnen ſich durch ihren ſehr kleinen Roſenſtock aus, 
der auch bei den in Lappland lebenden Thieren ſehr unbedeu⸗ 
tend ſein ſoll. 

2. Schweriner Jahrb. XXVI. 299. XXVIII. 323. XXIX, 
282 f. XXXI. 119 f. — Boll, Archiv XVI. 171. 


3. Bericht des geognoſt. Vereins für die baltiſchen Länder. 
es 1 8 5 9 gnof s für d ſch 


8 


114 


mern bei Janſchendorf unweit Demmin im Moder, “ bei 
Greifswald,“ bei Cummerow in Hinterpommern, bei 
der Stadt Bütow im Wieſenkalk auf dem Boden eines 
abgelaſſenen Gewäſſers;“ ferner in Preußen; in Liv⸗ 
land bei Alt⸗Kaipen 12° tief im Torf und in Kurland 
im Wihdel⸗See.“ — Da in allen Fällen, in welchen die 
Lagerungsverhältniſſe dieſer Geweihe genauer beobachtet 
worden ſind, letztere immer in oder unmittelbar unter 
Torf, Moder oder Wieſenkalk lagen * und alle mir zu 
Geſichte gekommenen (wie auch das bei Luttersdorf ge⸗ 
fundene) abgeworfene, nicht abgebrochene Geweihe ſind, 
ſo erhellt daraus unwiderleglich, daß das Rennthier in den 
früheſten Zeiten der jetzigen alluvialen Erdbildungsperiode 
ein Bewohner der ſüdbaltiſchen Länder geweſen iſt. 
Schädel des in Holſtein, Meklenburg und Pommern 
ausgerotteten Bibers ſind z. B. in Holſtein bei Kappeln 
im Moore, » in Meklenburg, wo dies Thier erſt gegen 


1. Boll, Archiv XVI. 172. 
2. Okens Iſis 1829 S. 417. 
. Schweriner Jahrb. XVII. 410, 

4. Nach einer Mittheilung des Herrn Forſtmeiſter Wief e 
in Greifswald, wo ſich auch das Geweih im Univerſttätsmuſeum 
befindet. 

8. Schriften der phyſ. ökon. Geſellſch. in Königsberg J. 148. 

d. Archiv für die Naturkunde Eſth⸗, Liv⸗ und Kurlands, 
1. Serie, Bd. 2, S. 587. 

7. Nur das bei Wakendorf gefundene Geweih (Schwer. 
Jahrb. XXXI. 119) ſcheint eine Ausnahme zu machen, indem 
es unter einer circa 8“ mächtigen weißen Thonſchicht lag, die 
ihrerſeits wieder von einem Torfmoor bedeckt wird. Dieſer 
Thon aber könnte vielleicht ſelbſt eine alluviale Bildung ſein, 
zu einer Zeit entſtanden, als das Torfmoor noch ein offener 
See war, ö 

s. Kieler Schulzeitung 1855 Nr. 33. 


8 8 115 


das Ende des vorigen Jahrhunderts ausgerottet iſt, bei 
Warnow,» wund in Vorpommern bei Treptow 2 gefunden 
worden. — Reſte des Wolfes und Luchſes, welche 
gleichfalls erſt im vorigen Jahrhunderte aus unſerer Fauna 
verſchwunden ſind, haben in Meklenburg noch keine Be⸗ 
achtung gefunden; fehlen werden ſie in unſeren alluvialen 
Lagern wohl gewiß nicht. 

Hinſichtlich des Erhaltungszuſtandes der er⸗ 
wähnten thieriſchen Reſte ſcheint ein beträchtlicher Untere 
ſchied darin obzuwalten, je nachdem ſie im Torf oder im 
Moder liegen.“ In erſterem conſerviren ſie ſich weit 
beſſer, was mir beſonders bei den Elennſchaufeln aufge 
fallen iſt, die im Moder immer brüchig ſind, indem die 
innere Knochenmaſſe mitunter ſo völlig vergangen iſt, daß 
die Schaufel ſelbſt in zwei Platten auseinanderklafft; das 
einzige Exemplar dagegen, welches ich aus dem Torfe bes 


1. Boll, Archiv X. 73. XI. 9. 

2. Mittheilung des Herrn L. Heydemann in Thalberg. 

3. Der Luchs iſt in ganz Deutſchland faſt ausgerottet. 
In Oſtpreußen ward noch im Jahre 1862 einer erlegt (Mit⸗ 
theilung des Herrn Forſtmeiſter Wieſe), im öſterreichiſchen 
Schleſten 1852 (Bericht über die öſterr. Literatur der Zoologie 
u. ſ. w., Wien 1855, S. 10), in Württemberg der letzte im 
Jahre 1846 (Württemb. naturwiſſ. Jahreshefte II. 128), im 
Harz 1818, in Meklenburg 1758, in Weſtphalen 1745 (Zoolog. 
Garten VII. 432), in Pommern 1738 (Th. Schmidt a. a. O. 
S. 11). Nur in Niederöfterreich und in Krain kommt er ge⸗ 
legentlich noch vor (Berichte über die Mittheilungen Wiener 
Freunde der Naturw. IV. 167. Zoolog. botan. Geſellſchaft in 
Wien X. 60). 

4. Eine beſtimmte „poſtdiluviale Periode“, wie Liſch die⸗ 
ſelbe in den Schwerin. Jahrb. XXꝰXI. 116 f. abgränzen will, 
läßt ſich aus dem verſchiedenen Erhaltungszuſtande der Knochen 
ſchwerlich ableiten! 

8* 


116 


ſitze, ift völlig unverſehrt und ſcheint ſelbſt an feinem Ge 
wichte wenig oder gar nichts verloren zu haben. — Daß 
übrigens ſo viele dieſer großen Thiere in den Torf hinein 
geriethen und darin ihren Untergang fanden, erklärt ſich 
wohl zum Theil daraus, daß dieſe Moore ſich damals 
noch in dem Stadium der Fennbrücher befanden, deren 
dünne Decke die Laſt dieſer Vierfüßler nicht zu tragen 
vermochte, wenn dieſelben ſo unvorſichtig waren im Eifer 
der Verfolgung oder der Flucht darüber hineilen zu wollen. 

Menſchliche Gebeine ſind in Meklenburg, ſo viel 
ich weiß, noch nicht im Torfe beachtet worden, wohl aber 
in der Mark Brandenburg in den Zorflagern des havel⸗ 
ländiſchen Luch's, wo zwei Schädel mit auffallend niedriger 
Stirne zu Tage gefördert worden find; !- aber Spuren 
davon, daß Menſchen auf oder in der Nähe der ſich bil⸗ 
denden Moore ihr Weſen getrieben haben, ſind auch in 
Meklenburg ſchon ſehr viele gefunden. Dahin gehören 
nicht allein die aus den Torflagern zu Tage geförderten 
Werkzeuge aus Knochen, Horn, * Stein und Bronce 3. ges 
fertigt, ſondern ohne Zweifel auch die vereinzelten Gerölle, 
welche in der Größe von einer bis zwei Fauſt nicht ſelten 
darin vorkommen, und die entweder als Schleuderſteine 


1. Zeitſchrift der deutſchen geolog. Geſellſchaft VIII. 154. 

e. Eine ſehr zierliche, aus Horn gefertigte Lanzenſpitze 
wurde 1850 bei Neubrandenburg 8’ tief im Torf gefunden; fie 
wurde an die antiquariſche Sammlung in Neuſtrelitz abgegeben, 
iſt dort aber wieder verloren gegangen. — Eben daſelbſt ward 
1866 vier Fuß tief, unter dem Torf im Sande ein ſehr ſchöner, 
ſcharf geſchliffener Steinmeißel gefunden. 
s. Eine bronzene Handberge ward in Pommern bei Cöslin 
18“ tief im Torfmoor gefunden, desgl. bei Jarmen 8“ tief 
ein Dolch. 


117 


beim Werfen nach Waſſervögeln, oder als Netzſenker gedient 
haben, als man auf den noch offenen Waſſerbecken 
Fiſcherei betrieb. Denn daß manche unſerer großen Moore 
ſolche geweſen und einſtmals mit Kähnen befahren worden 
ſind, daran iſt ſeit der vor etwa 10 Jahren geſchehenen Auffin⸗ 
dung eines ganzen Blockkahns in der Malchiner Torfwieſe 
bei der Ausgrabung des zum Cummerower See führenden 
Canales gar nicht mehr zu zweifeln.“ Schifffahrtiſt aber 
auf dieſen früheren Binnengewäſſern nachweislich niemals ge⸗ 
trieben worden, und alle Ueberlieferungen über Auffindung 
von Schiffskielen, Maſtbäumen und Ankern in unſeren 
Niederungen, welche ſeit etwa hundert Jahren im Umlauf 
geweſen ſind, entbehren aller thatſächlichen Begründung 
und verdanken ihren Urſprung wohl alle nur einer im 
Jahre 1771 durch Maſch zuerſt in's Leben getretenen 
Hypotheſe, nach welcher noch um das Jahr 1000 nach 
Chriſtus eine lange ſchmale Oſtſeebucht über Demmin, 
Treptow, Neubrandenburg bis nach Prilwitz (Rethra) ſich 
in das Land hinein erſtreckt haben ſoll, — eine Annahme, 
die ſchon allein durch die Thatſache in Nichts zerfällt, daß 
der Tolenſeſpiegel eirca 45“ über dem Niveau der Oſtſee 
liegt. Denn wenn auch die Sohle einzelner zur Oſtſee 
oder in Binnenſeeen ausmündender Moore, z. B. an der 


1. Leider iſt auch dieſer Blockkahn ſogleich von den Arbeitern 
vernichtet worden, wie mir Herr Ingenieur F. Scheven, der 
ihn ſelbſt geſehen, erzählt hat. Ein Dollen war ſchon im Jahre 
1842 im Torfmoor bei Tribſees 6“ tief gefunden worden. — 
Auch zu Saabor in Schleſien wurden 1853 zwei Blockkähne 
3! tief im Torf gefunden (32. Jahresbericht der Schleſ. Geſell. 
für vaterländ. Cultur S. 56). 


118 


unteren Rekenitz, der unteren Warnow und bei Doberan 
ſo niedrig liegt, daß ſie einſtmals Meeresbuchten geweſen 
ſein könnten, ſo war dies doch nicht mehr zu der Zeit der 
Fall, als die menſchliche Bevölkerung hieſelbſt in ihrer 
Bildung ſo weit vorgeſchritten war, daß ſie den Bau 
größerer Fahrzeuge hätten unternehmen können. Beſtimmte 
Zeugniſſe dafür, daß jene Niederungen zu einer geſchichtlich 
noch feſtzuſtellenden Zeit noch offene Buchten waren, wie 
wir ſolche z. B. für zwei Torfmoore auf Fühnen und auf 
dem ſchleswigſchen Sundewitt beſitzen, fehlen uns für Me⸗ 
klenburg gänzlich. Auf der Inſel Fühnen wurde nämlich 
ein Boot mit gothiſchen Eiſenwaffen und römiſchen Münzen 
aus dem 3. Jahrhunderte nach Chr. in einem Torfmoore 
gefunden, und bei Weſterſchnabeckim Sundewitt im Jahre 
1859 (gleichfalls im Torf) ein 36 Schritte langes und 
5 Schritte breites Kriegesſchiff, welches Waffen, Pferde⸗ 
gerippe und römiſche Münzen aus dem 2. und 3. Jahr⸗ 
hunderte n. Chr. enthielt. 

Eine recht ſorgfältige Beachtung der Lagerung ver⸗ 
hältniſſe aller zufälligen Einſchlüſſe des Torfes und Wie⸗ 
ſenkalkes würde wahrſcheinlich zu manchen intereſſanten 
hiſtoriſchen Ergebniſſen führen, indem durch Einlagerung 
in den verſchiedenen älteren oder neueren Schichten dieſer 
beiden Neubildungen, in welchen ein Hinabſinken der zu⸗ 
fällig in ſie hineingekommenen Gegenſtände wenigſtens 


2. Maurer, im Ausland 1864 S. 914. — Das Kriegsſchiff 
mit ſeinem Inhalte ward in Flensburg aufgeſtellt, — ob es 
hernach während des Krieges durch die Dänen, gleich vielen 
andern intereſſanten Alterthümern, von dort entführt iſt, habe 
ich nicht in Erfahrung gebracht. 


119 


nur in beſchränktem Maße ſtattfinden konnte, einige Anhalts⸗ 
punete für die relative Zeitfolge des Auftretens der größeren 
Vierfüßler und der Menſchenragen gewonnen werden könnten. 
Wir würden daraus z. B. vielleicht entnehmen können, 
ob das Rennthier, welches (wie die Funde zu Güſtrow, 
Karlow, Lapitz und Mallin zeigen,) nebſt dem Menſchen 
ſchon beim Beginne der Torfbildung vorhanden war, die 
älteſte menſchliche Culturperiode noch überlebt habe, ob in 
eben dieſer Periode, wie es ſcheint, die vierfüßigen Haus⸗ 
thiere (excl. des Hundes) noch fehlten, — ob zwiſchen den 
Menſchen der Stein⸗ und der Bronceperiode ein weſent⸗ 
licher Unterſchied ſtattfand, — u. ſ. w. u. ſ. w. 


Doch wir haben mit dieſen Fragen ſchon das Gebiet 
einer anderen Wiſſenſchaft, — der Alterthumskunde, 
— überſchritten, welche hier unmittelbar an das Gebiet 
des Geognoſtengränzt. Dieſe Gränzlinie wollen wir achten, 
denn wenn es in Meklenburg glücklicherweiſe wenigſtens 
für die Wiſſenſchaft keinen Zunftzwang giebt, ſo kennen 
wir doch den Nutzen, welchen Theilung der Arbeit gewährt, 
zu wohl, als daß wir nicht den Alterthumsforſchern die 
Beantwortung jener Fragen bereitwilligſt überlaſſen ſollten, 
zumal, da wir vor unſerer eigenen Thüre noch ſo unendlich 
viel zu fegen haben. 

Nur einen einzigen hiſtoriſchen Rückblick wollen wir 
uns noch erlauben, bevor wir von den alluvialen Bildungen 
gänzlich Abſchied nehmen und zur Betrachtung der diluvialen 
Lager übergehen. Hätten wir eine ganz neue, recht ge⸗ 
naue Specialcharte von Meklenburg, welche wir neben die 
70 bis 80 Jahre ältere Schmettau'ſche legen könnten, ſo 


120 


würde eine Vergleichung beider uns ſchon ein Vorſchreiten 
der alluvialen Neubildungen auf Koſten der Waſſerbecken 
in dieſem kurzen Zeitraume erkennen laſſen. In wie viel 
ſtärkerem Grade aber würde dies noch der Fall ſein, 
wenn wir eine Charte aus jener Urzeit beſäßen, in welcher 
der flüchtige Fuß des Rennthieres noch über dieſen Boden 
dahineilte? Wo jetzt kleine iſolirte Torfwieſen liegen, 
würden wir Teiche und Sölle erblicken, ſtatt der großen 
Niederungen an den Ufern unſerer Flüſſe, ſeeförmige, aus 
Mangel an Gefäll entſtandene Waſſeranſammlungen, in 
welchen ſich die Flüſſe verloren, um erſt am entgegenge⸗ 
ſetzten Ende derſelben gleichſam von Neuem zu entſpringen, 
wie dies z. B. noch jetzt mit der Havel oberhalb Fürſten⸗ 
berg und unterhalb Oranienburg der Fall iſt; aber auch 
ſehr anſehnliche Seeflächen, ſo groß und größer wie die 
Müritz, würden wir z. B. in der Lewitz, in der großen 
Friedländer Wieſe, im havelländiſchen Luch antreffen, zum 
Theil überſäet mit größeren und kleineren Inſeln, welche 
jetzt als kleine Landrücken oder als bloße Horſte aus der 
grünen Wieſenfläche hervortreten. — Kurz, könnten wir 
uns noch einmal in jene Zeiten zurückverſetzen, in denen 
jene langſam aber ſtetig wirkenden Naturkräfte, denen wir 
die alluvialen Neubildungen verdanken, eben erſt ihr Spiel 
begonnen hatten, ſo würden wir in vielen Fällen den ganzen 
landſchaftlichen Character um uns herum ſo ſehr verändert 
finden, daß wir ſelbſt die eigene heimathliche Gegend nicht 
wieder zu erkennen vermöchten. a 


19] 


3. Die gewilter der Jahre 1864-66. 
Von | | 
Dr. €. Boll, 
(Vergl. Archiv XVIII. 159 ff.) 
1864. 


Beobachtungsorte: Friedrichshöhe bei Roſtock (J. 
Ritter), Hinrichshagen bei Woldeck (Prozell), Ludwigsluſt (Dr. 
C. Brückner), Malchin (F. Timm), Neubrandenburg (E. Boll), 
Wölſchendorf bei Rehna Brockmüller). 

März. 
7. (Friedrichshöhe Abends 6 U. im NW. Wetterleuchten.) 
9. Hinrichshagen 
26/27. Neubrandenburg des Nachts. 
April. 5 
2. Stavenhagen. 

26. Friedrichshöhe Nachmittags 6 Uhr aus S. nach O., Malchin 
Nachmittags 5 U., wo der Blitz, in die Telegraphenleitung 
ſchlägt; Neubrandenburg. 

Mai. 

21. Neubrandenburg Nachmittags 5 U. 

26. Neubrandenburg, enferntes Gewitter. 

31. Malchin Abends 10—11 U. 

r 
1. Hinrichshagen, Neubrandenburg 2 U. Morgens, Malchin, 

Ludwigsluſt. 

11. (Neubrandenburg Morgens * 

Am Nachmittage Gewitter zu Friedrichshöhe 2—5 U. aus 
SW., Ludwigsluſt 2½ —4 U. von SO nach NW., Wöl⸗ 
ſchendorf 3 U. von O. nach W. ziehend, Schwerin, 
Gadebuſch. 

(Abends zu Neubrandenburg Wetterleuchten.) 

12. (Wetterleuchten Abends zu Neubrandenburg und e 
A im W.) 


14, 


15. 


19. 


25. 
26. 


11. 


21. 


122 


Hinrichshagen, Neubrandenburg Nachmittags 6½ U., ent: 
ſernt. ö 

Ludwigsluſt Mittags 12—1½ U., Wölſchendorf 1 M. 
aus SW., Malchin 4 U., Neubrandenburg 4½ U., Frie⸗ 
drichshöhe 5 U. aus SW.; Hinrichshagen. 

Wölſchendorf Mittags 12 U. aus SW., Ludwigsluſt 1—2 U., 
Friedrichshöhe 1 U. SW., Neubrandenburg 1¼ U., Hin 
richshagen. 


. Ludwigsluft Mittags 11½—12 ½ U. aus SW., Wölſchen⸗ 


dorf Morgens 4 U. und Mittags 12 U. aus SW., Frie⸗ 
drichshöhe Nachmittags 1 U. und 2½ U. aus SW. 


„Neubrandenburg Nachmittags 3½ U. (nur 1 Donner). 
„Friedrichshöhe Vormittags 10 U. bis Nachmittags 6 U. 


mehrere Gewitter aus SW. und W.; Hinrichshagen. 
Juli. 


. Stiedrichshöhe Abends 7 U. aus SW. 

. Ludwigsluſt des Morgens. 

(Neubrandenburg Abends 11 U. Wetterleuchten). 
Ludwigsluſt Mittags 1—1½ U, im SW., Wölſchendorf 


um 1 U. aus SO. und 5 U. aus SW., Friedrichshöhe 2 
U. aus SW., Neubrandenburg 5 U. und 7½ U. in NO., 
Hinrichshagen. 
Malchin Abends 9 U., entfernt. 
Hinrichshagen. 
Auguſt. 


. (Reubrandenburg Abends Wetterleuchten.) 
„Neubrandenburg Nachmittags 1 U. 40 Minuten im S.; 


Hinrichshagen; Feldberg und Umgegend, ſtark mit vielem 
Hagel. 

Neubrandenburg Nachmittags 3½—4 U. im S., nach SW. 
ziehend. 

Wölſchendorf 7 U. Abends aus SW., Friedrichshöhe Abends 
8 ½ U. aus SW., Neubukow und Umgegend, Ludwigsluſt 
Abends 6—9 U., Neubrandenburg 9½ U., Hinrichshagen. 

(Malchin Abends Wetterleuchten in NW.) 


123 


September. 
4. Hamburg und Umgegend ſtarkes Gewitter. 
(Wölſchendorf Abends Wetterleuchten.) 

5. Wölſchendorf Morgens 5 U., Friedrichshöhe Abends 9 u. 
im SW., Kantnitz im ſüdlichen Meklenburg⸗Strelitz, Hin⸗ 
richshagen. 85 

(Malchin Abends Wetterleuchten.) 

6. Malchin Vormittags, nur ſchwach; Neubrandenburg Nach⸗ 

mittags 1 U. im SO. (nur 2 Donner). 
11. Ludwigsluſt Morgens 1 U., Friedrichshöhe Morgens 2 U., 
Malchin, Hinrichshagen. 
(Neubrandenburg Morgens 3½ U. Wetterleuchten im NW., 
N. und NO.) 
13. Ludwigsluſt Mittags 12 U. im W., ſchwach. 
October. 

14. (Friedrichshöhe Abends 9 U. Wetterleuchten im W.) 

23. Neubrandenburg Nachmittags 5 U. im SW. (nur 1 Donner). 


December. 
22. Greifswald (nur 1 Donner). 


Tage mit electriſchen Erſcheinungen kamen vor zu 


Weichs =, an Mal⸗ er 1 = 

richs⸗ richs⸗ ran⸗ ſchen⸗ 

höhe [hagen | Iı lust. chin. . ſdenbg.] dorf Ganzen 
Dechr. 0 0 0.20: 120 130 1 
Januar. 0 0 90 0 0 0 | W. 1 
Februar 0 n EEE 

Mär (1) 1 0 BL 0 3 

Apri 1 „ RE a ee 
Mai 0 0 0 1 9 0 3 

Juni 5 ee 

Juli 2 „ TEE LH 5 19. 
Auguſt 1 2 CCC 4 

Septbr 2 2 2 | 3(D) 20) 26) 5 

Oetbr. (1) 0 0 0 1 0 2 u. 115 
Novbr. 0 0 0 0,0 0 1 0 


En SE ET ETF TS Een — — Se en ge — 
13 2 20 8. 35 
Darunter bezeichnen die eingeklammerten Zahlen die Tage, 


at 


an denen nur ſogenanntes Wetterleuchten an den einzelnen 
Beobachtungsorten wahrgenommen wurde. 

Gewitterſchäden ſind aus dieſem Jahre nur fol⸗ 
gende wenige zu meiner Kenntniß gelangt: 

11, Juni ſchlägt am Nachmittage der Blitz zu Gadebuſ ch 
in den Kirchthurm, 1 einen Theil deſſelben, zündet 
aber nicht. 

25. Auguſt ſchlägt der Blitz zu Ruſſow (in der Gegend 
von Neu⸗Bukow) in den Kirchthurm und zündet, das Feuer 
wird aber bald gelöſcht. 

5. September zündet der Blitz im Dorfe Kantn iſtz (im 
füdlichen Meklenburg⸗Strelitz), wo zwei Gebäude abbrennen. 


Zündende Blitze 
Kalte Schläge 
Menſchen erſchlagen 


18 65. 


Beobachtungsorte: Friedrichshöhe, Ludwigsluſt, 
Malchin, Neubrandenburg, Schwerin und Haideebene (Forſt⸗ 
geometer Schmidt in Schwerin). 

Januar. 
5. Ludwigsluſt (Morgens 4 U.) und Ratzeburg. f 

Friedrichshöhe und Roſtock Nachmittags 2½ U. (1 Donner 

und Hagel). g | 

Am 6. Gewitter im mittleren? Deutſchland = welches vielen 
Schaden anſtiftet. 

13. (Ludwigsluſt Abends Wetterleuchten.) 

N April. 

9. Ludwigsluſt Nachmittags zwiſchen 2 und 3 U. 

10, Plau, Lübz, Nachmittags 5 U. von W. wa S., (auch zu 
Berlin Nachmittags 5 U.) 

Mai. 
10. Ludwigsluſt Morgens 12½ U 


4 


12. 
14. 
15. 


23. 


24. 


2 — 


12⁵ 


(Malchin Abends Wetterleuchten). 


Schwerin Nachmittags 2 U. von SW. nach SD., Frie⸗ 


drichshöhe Nachmittags 4 U. aus SW. 
Malchin Nachmittags. 
(Ludwigsluſt Abends 7½ bis 9½ U. Wetterleuchten), 
Friedrichshöhe Morgens 1½ U. 
Neubrandenburg Nachmittags 2 U. im NW. 
Friedrichshöhe Nachmittags 2 U. im NO. 


Friedrichshöhe Nachmittags 5 U. aus S. nach NW., Malchin 


5 U. (1 Donner); Ludwigsluſt Nachmittags 5 ½ bis 6% 
U. mit Hagel, Schwerin Nachmittags 5 U., entfernt. 

Friedrichshöhe Nachmittags 8 U. aus S, nach N. 

Ludwigsluſt Mittags 12¼ bis 5%, U. ſüdwärts von O. 
nach SW. Friedrichshöhe Nachm. 2½ U. aus S., 4 U. 
aus S. und 6 U. aus S. Schwerin Nachmittags 8 bis 
6 U. Auch zu Warſow in der Haideebene Nachmittags 
von 3½ bis 8 U. zahlreiche Gewitter. 

(Malchin Abends Wetterleuchten). 


Friedrichshöhe Vormittags 11 U. im S., Schwerin Nach⸗ 


mittags 5 U., Pragsdorf in Meklenburg⸗Strelitz, Berlin. 
(Neubrandenburg und Malchin Abends Wetterleuchten). 


„Friedrichshöhe Nachmittags 4 U. im O., Ludwigsluſt 5 bis 


5½ U. von S., Neubrandenburg 7 U., Malchin Nachm. 


Schwerin Abends 9 U. von W. nach S. 
„Ludwigsluſt Morgens 5 bis 5¼ U. 


Jun 


Friedrichshöhe Nachmittags 3 U. a. SW. 
Berlin (nicht zu Neubrandenburg!) 
Neubrandenburg Abends 11½ U. gegen N. 


Juli. 


„(Friedrichshöhe Abends 8 U. Wetterleuchten im S.) 
. Neubrandenburg Nachmittags 5 bis 6 U. aus SW., ſtark; 


Malchin Nachmittags ferner Donner; Friedrichshöhe 
Abends 8 U. aus NW. nach NO.; zu Dömitz um 4, 7 
und 10 U.: auch zu Schwerin mit ſtarkem Hagel. 


23. 


18. 


126 


Friedrichshöhe Nachmittags 5 U. aus SW., Neubranden⸗ 


burg Abends 7%, U. ein Donner in SW., Malchin 
Abends 8 U. ferner Donner, (Bei Bromberg Gewitter 
und Hagel ſo groß wie Hühnereier.) 


. Friedrichshöhe Nachmittags 4 U. aus SW. 
Friedrichshöhe Nachmittags 5½ U. aus SW., Ludwigsluſt 


Nachmittags 3 U aus SW., kurz. 
(Ludwigsluſt Abends 10 ¼ U. Wetterleuchten. 


Malchin Abends 7 U. 
Ludwigsluſt Nachmittags 6 U. im SW., ſchwach; Propſt⸗ 


woos um 6 und 10 U. von W. nach N. 


Malchin Nachmittags 3 U., Stavenhagen 4 U., Neubran⸗ 


denburg 5 U. im SW., kurz. 


„Friedrichshöhe Nachmittags 6 U. im O., Ludwigsluſt 7 bis 


10 U., Propſtwoos 9 U., Neubrandenburg 9½ U. im 
O. und 10 ¼ U. im W., vorbeiziehend. Malchin Nach⸗ 
mittags 5 U. und Abends 12 U. 
Friedrichshöhe Morgens 2 U. von W. nach O. 
Auguſt. 


Ludwigsluſt Mittags 11, bis 12 U., Friedrichshöhe 121. 


aus S. nach NO., Neubrandenburg 1 bis 2U. von SW. 
nach NO. und um 3 U. in SW. 


Mallitz Nachmittags 2 U. von W. nach S. 

(Mallitz Abends 11 bis 12 U. im W. ſtarke Blitze.) 
„Mallitz Nachmittags 2 U. desgl.) 

Ludwigsluſt Mittags 12 ¼ bis 1¼ U. aus SW., Mallitz 


Nachmittags 1 U., Malchin Nachmittags 3 U., Neu⸗ 
brandenburg 3½ bis 4½ U., Friedrichshöhe 4 und 6 U. 
aus SW. f 


Ludwigsluſt Morgens 2½ U. 


(Neubrandenburg Abends 8 ½ U.) 


Friedrichshöhe Nachmittags 4 U. aus W. nach O., Mallitz 


4 bis 5 U. 
Mallitz Nachmittags 1 U. im S. 


24. Neubrandenburg Vormittags 11½ U. im S. 


127 


September. 

1. Mallitz Vormittags 10 bis 11 U., heftig; Ludwigsluſt Bor- 
mittags 10% bis 11½ U., ſüdwärts von W. nach O., 
Friedrichshöhe um 11 U., vom W. nach O., um 3 und 6 
U. aus O., Neubrandenburg Abends 11 U. 50 Min. 
Elmsfeuer am Kreuze des Marienkirchthurms. 

9. Friedrichshöhe Nachmittags 6 U. im S. 

(Friedrichshöhe Abends 10 U. Wetterleuchten im S., Malchin 
Abends Wetterleuchten.) 
October. 
12. (Neubrandenburg Abends Wetterleuchten im SO.) 
November. 
23. Ludwigsluſt Morgens 1¼ Uhr. 
(Neubrandenburg Morgens 2 bis 3 U. Wetterleuchten im 
SW., desgl. bei Malchin.) 
24. Ludwigsluſt Abends 8½ U. im SW. 
December. 


? Ludwigsluſt, in den erſten Tagen des Monats, Datum nicht 
notirt. 


Tage mit electriſchen Erſcheinungen kamen vor zu 


Friedrichs⸗ Ludwigs⸗ Neubran⸗ 

höhe luͤſt. Malchin. denburg S. ©: 
December 0 1 0 0 1 
Januar 1 2(1) 0 0 2J W. 3 
Februar 0 0 0 0 
Mär 0 0 0 0 
Aprib 0 1 0 0 er. 13 
Mai 6 6(1) 6(3) sa) 11 
Juni 1 0 0 1 3 
Juli 7(1) 3 5 4 10S. 22 
Auguſt 3 3 1 4401) | 9 
Septbr. 2 1 1 1 1 
October 0 0 0 (1) 11 H. 5 
November 0 2 U d) | 2 

))) a. | 5, 18, 


Die eingeklammerten Zahlen bezeichnen die Tage, an denen 
nur ſogenanntes Wetterleuchten beobachtet ward. 


— 198 
 Gemwitterjhäden ereigneten ſich im Jahre 1865 fol- 
gende: 8 

(5. Januar legt der Blitz Morgens 5 U. zwei Mühlen un⸗ 
weit Bredſtedt in der Frieſiſchen Marſch in Aſche: desgl. 
um 7 U. die auf dem höchſten Punkte der Umgegend von Lübeck 
belegene (410) Pariner Windmühle und zündet im Kirch⸗ 
thurm zu Ahrensbößeck in Holſtein.) - 

(6. Januar. Der Gewitterſturm, welcher um 12½ Uhr 
Mittags über Nürnberg zog und dort den nörd⸗ 
lichen Thurm der Lorenzkirche zerſtörte, hat weit und 
breit im mittleren Deutſchland verheerend gewüthet und ſchwe⸗ 
ren Schaden angerichtet. So ſchlug in Würzburg der Blitz 
in den Thurm der Neubaukirche und ſetzte den Thurm an meh⸗ 
reren Stellen in Brand. Nach dreiſtündiger Arbeit gelang es 
der Feuerwehr, des Feuers Herr zu werden. In Ing olſtadt 
ſchlug der Blitz an mehreren Puncten der Stadt ein, zündete 
jedoch nur einmal in einem dem Militär⸗Aerar gehörigen Stroh⸗ 
magazin, das mit über 1000 Centner Stroh raſch von den 
Flammen verzehrt war. In Erlangen hob der Sturm den 
Dachſtuhl einer Remiſe ab und ſchleuderte ihn auf das gegen⸗ 
überſtehende Gemeindehaus. Ueber Hammelburg entlud 
ſich Vormittags 11 U. ein von einem furchtbaren, orkanähnlichen 
Sturmwind begleitetes Gewitter; die Dächer wurden in vielen 
Theilen der Stadt theilweiſe abgedeckt und eine Maſſe Fenſter⸗ 
ſcheiben zertrümmert, ſo daß manche Straße mit Ziegelſtücken 
und Glasſplittern förmlich beſäet war. Das zwei Stunden von 
(Schwäbiſch) Gmund entfernte Schloß Hohenrechberg ſetzte der 
Blitz in lichterlohe Flammen und brannte es bis auf den Grund 
nieder. — Berichte aus Aalen, Bopfingen, Erailse 
heim und Mergentheim melden ebenfalls von dem um 
dieſelbe Zeit wüthenden Schneeſturm mit gewaltigem Wind 
und Blitz und Donner. — In Wolfskehl bei Darmſtadt 
ſtürzte in Folge des Sturmes der neuerbaute Kirchthurm ein. 
In Wangenheim, im Gothaiſchen, wurde die holländiſche 
Windmühle durch den Sturm umgeworfen, in Leipzig und 


129 


Weimar eine Menge von Schornſteinen und Häuſern ſonſt 
beſchädigt. In Zwickau wurde die Giebelmauer eines Hauſes, 
in Kirchberg eine 70 Ellen hohe Dampfeſſe umgeſtürzt, in 
Auguſtusburg (Sachſen) das Dach von der Abendſeite 
des ſüdweſtlichen Schloßthurmes, aus zweizölligen Pfoſten und 
Schiefer beſtehend, in einer Breite von ca. 16 Ellen und einer 
Höhe von 7 Ellen mit Blitzableiter und mehreren eiſernen 
Haken losgeriſſen, dieſe Maſſe um die Thürme oben herum, 
über die an der Südſeite des Schloſſes befindlichen Gärten 
und den Schloßhof, nach dem Gerichtsgebäude und ſogenannten 
Schwarzen Thore zu geführt, und theils auf die Giebelfenſter 
des erſteren, die ſämmtlich zerſchmettert wurden, theils durch 
das offene Thor, theils über die Thormauer, aus der große Theile 
herausgeriſſen wurden, geſchleudert. In Prag trifft der Blitz 
den Ableiter des Schloßthurmes.) 

Dieſe beiden Januar⸗Gewitter zeigten wieder recht deutlich 
die Gefährlichkeit der Winter⸗Gewitter in unſeren 
Breiten, auf welche ich ſchon mehrfach im Archiv hingewieſen 
habe. 

10. April ſchlägt der Blitz zu Retzo w bei Plau in den 
Pferdeſtall, zündet nicht, tödtet aber zwei Pferde und betäubt 
ein drittes. ! 

24. Mai legt der Blitz auf einem Bauergehöfte zu Has ⸗ 
dorf bei Roſtock das Viehhaus und eine Scheune in Aſche; 
desgleichen das Wohnhaus und den Schweineſtall des Schulzen 
zu Schadeland bei Zarentin. 

(25. Mai kalter Schlag in einem Schornſtein zu Berlin.) 

7. Juli legt der Blitz zu Drieberg bei Gadebuſch eine 
Scheune in Aſche; in Kuhblank (Meklenburg⸗Strelitz) zün⸗ 
det ein Blitz und es brennen 17 Gebäude ab; ein anderer 
Schlag fährt eben dort in einen Backofen und tödtet einen 
Hund. — Viel Hagel bei dieſem Gewitter, bei Uſadel N 
Körner, ſo groß wie Wallnüſſe, gefallen ſein. | 

22. Juli wird ein Bauergehöft zu Alt⸗Brenz bei Neu⸗ 
ſtadt in Aſche gelegt; (bei Granſee zündet der Blitz in zwei 

9 


130 


Dörfern und zu Berlin trifft er eine vor einem Hauſe ſtehende 
Pappel.) 

(26. Juli erſchlägt der Blitz zu Begecs bei Neuſatz in Un: 
garn einen Schäfer und 105 Schafe!) 

1. Auguſt wird zu Medow bei Goldberg eine Scheune 
in Aſche gelegt und bei Baſſow unweit Friedland eine Kuh 
auf der Weide erſchlagen. 

13. Auguſt zündet der Blitz zu Niehls bei Hagenow auf 
einem Bauergehöft, wo faſt alles Vieh verbrennt; zu Breſe⸗ 
gard wird ein Bauerhaus in Aſche gelegt, wobei 16 Kühe 
und 2 Pferde verbrennen; in der Hage nower Haide fährt 
der Blitz an dem Feuerheerde in einem Kathen nieder und be⸗ 
täubt einen Mann und zwei Knaben. Zu Roſtock ein kalter 
Schlag in das ſtädtiſche Badehaus an der Unter ⸗ Warnow. 
(Auch in Vorpommern um Treptow herum viel Gewitterſchaden, 
wie z. B. in Griſchow, wo ein Bauerhof und in Tützpatz, wo 
der Schafſtall abbrennt.) 

In Meklenburg alſo 

Zündende Blitze 8 

Kalte Schläge 4 
3 (feiner +) 

. . 5 Oavon 4 1) 

20 


1866. 


Beobachtungsorte: Bützow bis zum 15, Juli (C. 
Arndt), Friedrichshöhe, Ludwigsluſt, Malchin, Neubrandenburg, 
Schwerin und Haideebene. | 

Januar. 
8. Abends und folgende Nacht bei Magdeburg ſtarkes Gewitter. 
29. Lübeck, Holſtein und Schleswig. 
Februar. 
3. Neubrandenburg Morgens 1 U. Donner. 
5. Hinterpommern Nachmittags 4½ U., nördl. Baiern Abends 
7 bis 8 U. 


Menſchen getroffen 
Vieh 5 


151 


März. 
12. Hamburg. 
13. Friedrichshöhe Nachmittags 1 U. 40 M. (nur 1 Blitz und 
Donner). 
April. 8 

7. (Wetterleuchten zu Neubrandenburg Abends 9 bis 10 U. 
im SO., desgl. zu Ludwigsluſt 8 bis 10½ U. im O.) 

8. Ludwigsluſt Morgens 8 U., Schwerin Morgens 10 U. ferner 
Donner im W., Neubrandenburg Abends 9 bis 10%, U 
aus SO., ziemlich ſtark, Malchin Abends 11 bis 12 U., 
Bützow Nachts 11 U. 

(Zu Friedrichshöhe Abends und Nachts nur Wetterleuchten 
im O.) : 

(9. Wetterleuchten zu Bützow Abends 7 bis 9 U., Neubran⸗ 
denburg Abends 9 bis 10 U. im SO., Schwerin 9 U. 
im W., Ludwigsluſt 7%, bis 8½ U. im W., Malchin.) 

11. Friedrichshöhe Morgens 7 bis 9 U. im NO. 
14. Schwerin 7 U. Abends ein heftiger Donnerſchlag. 
20. Mallitz in der Haideebene Nachmittags 4 U. fernes Ge⸗ 
witter von W. nach S. 
21. Mallitz 11 U. Vormittags heftig, von W. nach O., Lud⸗ 
wigsluſt 11%, U. im S. vorbeiziehend; ein zweites Ge⸗ 
witter zu Mallitz um 2 U. Nachmittags von W. nach O. 
27. Friedrichshöhe Nachmittags 6 U. NW. nach NO., Malchin 
7 bis 9 U., Bützow Abends zwiſchen 6 und 7 U. 
(Neubrandenburg Wetterleuchten im N.) 
28. Mallitz 5 U. Nachmittags von W. nach S. 
Mai. 

2. Mallitz Vormittags 11 U. von S. nach W., Friedrichshöhe 
Nachmittags 7 bis 8 U. im S., Neubrandenburg 9½ U. 
ein Donnerſchlag. (Zu Malchin nur Wetterleuchten.) 

4. Mallitz Nachmittags in der Ferne gegen W. Donner; Lud⸗ 
wigsluſt Nachmittags 4¼ U. (zwei Donner) und Abends 


10½ U., Bützow Abends 6 U. 
9 * 


132 


5. Friedrichshöhe Nachmittags 3 U. SW. 1 N., Mallitz 8 
U. Abends entfernt gegen W. 

6. Bützow Mittags 12 U. 

10. Neubrandenburg Mittags zwiſchen 11 und 1½ U. aus W. 
heraufziehend, Friedrichshöhe 11 bis 12 U. von SW. nach 
N., Malchin 11½ U., Bützow 11%, U., Ludwigsluſt 

Nachmittags zwiſchen 3 und 4 U. 

11. Bützow Mittags 12 U., kurz. 

13. Friedrichshöhe Nachmittags 1 bis 3 U. im O., Ludwigsluſt 
Nachmittags 2½ U. ein Blitz und Donner. 

23. Bützow Mittags zwiſchen 12 und 1 U. mit Schnee und 

5 Hagel; desgl. bei Wismar und Grevismühlen; desgl. 
zu Schwerin Abends 5 U.; zu Neuſtrelitz kein Gewitter, 
aber etwas Schnee. 

27. Ludwigsluſt Nachmittags 3 U. aus SW., kurz. 

29. Bützow Mittags zwiſchen 12 und 1 U., ſchwach; Ludwigs⸗ 
luſt Nachmittags 3 U. aus SW., ſchwach; Friedrichshöhe 
Nachmittags 7 U. aus SW. nach NO. Neubranden⸗ 
burg Abends 9 bis 11 U. aus SW. 

Juni. 

2. Schwerin Nachmittags 4 U. S. nach O., Neubrandenburg 
5 bis 6 U. aus SO., ſtark; Ludwigsluſt 5%, bis 6%, U. 
im S., Friedrichshöhe 7%, bis 10 U. SW. nach NW., 
Bützow Abends 10 U. entfernt. 

3. Malchin Abends. 

4. Grabow und Umgegend Nachmittags 6 U. (Ludwigsluſt und 
Friedrichshöhe Abends Wetterleuchten im SW.) 

5. Bützow Mittags 1 bis 3 U.; Neubrandenburg 2 bis 4½ 
U. im S. vorbeiziehend; Friedrichshöhe 2½ bis 4½ U., 
mehrere Gewitter von S. nach N., Malchin 4 U., Schwerin 
5 U. von S. nach O., entfernt; Ludwigsluſt 5%, bis 6 ½ 
U. oſtwärts nach N. ziehend. 

6. Malchin Nachmittags, Neubrandenburg Nachmittags 2 bis 
4½ U. im S. und SO. 

10. Neubrandenburg Nachmittags 2% bis 3 ½ U. ferner Donner; 


133 


Friedrichshöhe Abends 7 U. von W. nach O. und um 
11 U. von SW. nach NO.; Bützow Abends 10 bis 12 U. 
(Zu Ludwigsluſt und Malchin nur Wetterleuchten.) 

11. Friedrichshöhe Vormittags 10 U. von W. nach O., Neu: 
brandenburg Mittags 12 bis 1 U., Malchin Nachmittags, 
entfernt; Schwerin Nachmittags im W., entfernt. 

17. Bützow Mittags 1 U., ſchwach; Neubrandenburg Nachmit⸗ 
tags 2½ U. und 6%, U. mehrere Gewitter aus SW. 
nach NO., Schwerin Nachmittags gegen SO. 

19. Ludwigsluſt Nachmittags 4½ bis 5 U. und 9½ bis 10½ 
U., beide im W., Friedrichshöhe 6 U. aus SW. nach NO. 
und um 7 U. aus W. nach O., Neubrandenburg Abends 

7½ bis 8½ U. im SW., Schwerin 9 bis 10 U. Abends 
von SW. nach O., fern; Malchin Nachts, ſchwach. 

28. Friedrichshöhe Nachmittags 1%, U. im N. und 6 ½ U. ein 
anderes von S. nach N., Neubrandenburg Nachmittags 
5 U., entfernt; Malchin 5 U., Wismar 5 bis 6 U., Bützow 
ee % u. e Abends 8 ½ U. nur ſehr 
ferne Blitze) 

29. Malchin zwei Gewitter, Nachmittags und Abends; Lud⸗ 
wigsluſt Nachmittags 3½ bis 5 U. im SW., ſtark; 
Schwerin 4½ bis 7 U. von S. nach NO., ſtark; Neu⸗ 
brandenburg 5 bis 7 U. von W. gen N., und ein zweites 
8%, bis 10% U. von SW. nach NO., weſtwärts vor: 
überziehend; Friedrichshöhe 6 U. von S, nach N. 

30. Schwerin Vormittags 11 U. und Nachmittags 5 U., beide 
von W. nach O. und entfernt; Malchin Nachmittags 
1½ U. und ſpäter noch ein zweites; Bützow 1%, bis 
2¼ U., Friedrichshöhe 2 U. aus SW. nach NO. 

Juli. 5 
1. Ludwigsluſt Vormittags 11½ bis 12½ U. ſüdwärts von 
SW. nach SO. vorüberziehend; Bützow Mittags 12%, U. 

2. Bützow Vormittags zwiſchen 10 und 11 U. und desgleichen 
Nachmittags zwiſchen 2 und 3 U., Ludwigsluſt Vormit⸗ 
tags 11¼ bis 12%, U. aus W. und theils durch N. nach 


134 


NO., theils durch S. nach SO. ziehend; Neubrandenburg 

11½ U. und ein zweites 12½ bis 1 U. nach NO. stehend, 

Malchin Mittags; Schwerin Nachmittags 5 U. 

8. Friedrichshöhe 2 U. Nachmittags aus SW. nach N., desgl. 
um 5½ U. aus SW. nach NO. und um 7½ U. aus 
NW. nach NO., Bützow Nachmittags zwiſchen 3 und 4 
U., desgl. zwiſchen 5 und 6 U., Malchin 3 U., Ludwigsluſt 
3½ bis 4 U. aus W., Schwerin 4 bis 6 U. W. nach 
SO., Neubrandenburg 6%, U. im SW. entfernt. 

4. Friedrichshöhe Mittags 12 U. SW. nach NW. und Nach⸗ 
mittags 1½ U. SW. nach NO., Bützow 12%, U., Mal⸗ 
chin Nachmittags; Schwerin 3 bis 5 U. im W. entfernt; 
Ludwigsluſt Nachmittags 4 U. aus W., ſchwach. 

5. Ludwigsluſt Nachmittags 3 bis 3½ U. aus W. im S. vor⸗ 
beiziehend und ein zweites 5 bis 6 U. in gleicher Rich⸗ 
tung; Friedrichshöhe um 4 U. SW. nach N. und um 
6 U. ebenſo, ein drittes um 6 ½ U., aber aus W. nach 
O.; Schwerin 5 U. W. nach SO., ziemlich ſtark; Bützow 
5½ bis 6%, U., ſtark 5 ſteubrandenburg 6% U. (nur ein 
Donner). 

6. Bützow Nachmittags zwiſchen 4 und 5 U., ſchwach; Schwerin 
5 U. von O. nach W., ſchwach; Friedrichshöhe 6 U. SW. 
nach NO.. 

7. Ludwigsluſt Nachmittags 1½ bis 2½ U. aus W. durch S. 
abziehend; Schwerin 4 U. entfernt; Friedrichshöhe 5 U. 
SW. nach NW.; Bützow zwiſchen 5 und 6 U., entfernt; 
Neubrandenburg 5½ U. im NW. und um 6½ U. im SW. 

8. Neubrandenburg Morgens 5%, bis 6½ U. SW. nach NO., 
nahe vorüberziehend; Bützow Vormittags 7½ bis 9½ 
U. ſtark; Friedrichshöhe Vormittags 8 11½ U. S. nach 
O.; Ludwigsluſt 9%, U. im O. und 11%, bis 12 U. im 
S. nach SO,; Malchin Vormittags 10 U. und Nach⸗ 
mittags drei Gewitter. 

15. Friedrichshöhe A Gewitter: Vormittags 10%, U. aus W. 
nach N., um 11½ U. W. nach O., Nachmittags 1½ U 


20, 


24, 
30. 


135 


SW. nach O. und um 7 U. SW. nach SO. — Bützow 
3 Gewitter: Vormittags 11 U., Nachmittags zwiſchen 
3 und 4 U., Abends 7 U.; Malchin Nachmittags Ge⸗ 
witter, Abends Wetterleuchten. — Schwerin Nachmittags 
2 U. von S. nach SO., ziemlich fern; Neubrandenburg 
4 Gewitter: Nachmittags 2 bis 3 U. im NO., um 5 U. 
ferner Donner, um 6%, U. im NW. und 9½ bis 10 
U. im W. und SW, ſtark und nahe. 


Friedrichshöhe Vormittags 10% U. SW. nach O., Lud⸗ 
wigsluſt Mittags 12%, U. im N. und ein zweites um 
2 U. von W. nach S., ziemlich nahe; Schwerin Nach⸗ 
mittags 3 U. von W. nach O.; Neubrandenburg 3 ½ bis 
u im N. 

Friedrichshöhe Morgens 3 U. von NW. nach S. 

Schwerin Nachmittags 4 U. im O. und NO., Ludwigsluſt. 

(Friedrichshöhe Abends 8 U. Blitze im SW.) 


Auguſt. 


Malchin Nachmittags entfernter Donner. 


4. Friedrichshöhe Nachmittags 6 U. von W. nach NO. 


10. 


145 


15. 


16. 
17. 


26. 


Schwerin Mittags 1 U. von W. nach N., ziemlich heftig. 


(Friedrichshöhe Abends 10 U. Blitze im N.) 


Malchin Nachmittags, ſchwach; Neubrandenburg 2 ½ bis 
3 U. im SO. und ein zweites um 4 U. in NW., Lud⸗ 
wigsluſt Nachmittags 3½ U. im NW. 


Friedrichshöhe Vormittags 8 U. NW. nach S.; Ludwigsluſt 
Vormittags 10 U. im W. 

Neubrandenburg und Malchin Nachmittags, entfernt; Lud⸗ 
wigsluſt Nachmittags 2½ U. aus W. 

(Neubrandenburg Abends Wetterleuchten.) 

Malchin Morgens, Neubrandenburg Nachmittags 1 U. im 
S., Ludwigsluſt Nachmittag 1 U. aus W. 

Schwerin Nachmittags 3 U. von W. nach O., ziemlich fern; 

Friedrichshöhe von 4 U. an mehrere Gewitter von SW. 


fer) 


“MD = 


{or} 


Vorpommern. 
30. 
31. 


136 
nach O., Malchin und Neubrandenburg 6 U. Abends, 


entfernt. 


Berlin und Pommern. 
Friedrichshöhe Nachmittags 5 U. von W. nach N. 
September. 


Neubrandenburg Abends 11 U. zwei Donnerſchläge. 
Neubrandenburg Nachmittags 4½ U. ferner Donner; Frie⸗ 


drichshöhe 5½ U. von W. nach O., und ebenſo ein zweites 
Gewitter Abends 8 U. 
(Neubrandenburg Abends 8 ½ U. Wetterleuchten.) 


(Abends Wetterleuchten: Schwerin 8 bis 9 U. im W. und 


NW.; Neubrandenburg 9 U., Friedrichshöhe den ganzen 
Abend an verſchiedenen Stellen des Horizontes.) 


. Malchin Morgens 2 und 4½ U.; Ludwigsluſt um 4 U.; 


Neubrandenburg 5 bis 5½ U. im N. vorbeiziehend. 
(Ludwigsluſt Abends 8 bis 10%, U. Wetterleuchten im W.) 


Friedrichshöhe Mittags 12½ U. von W. nach NO. 
(Neubrandenburg Abends 8¼ U. Wetterleuchten.) 
„Neubrandenburg Nachmittags 5½ U. im SW. ein ferner 


Donner. 


„Friedrichshöhe Nachmittags 5½ U. von SW. nach O. 


November. 5 


Brunshaupten Abends 8 bis 9 U. ſtarkes Gewitter von O. 


nach N. (Friedrichshöhe Abends Blitze im SW., Neu⸗ 
brandenburg Abends 10 U. Blitze.) 


Leider fehlen die Bützower Beobachtungen vom 15. Juli 


an und auch in den Schwerinern iſt eine Lücke, indem Herr 
Schmidt in der 2. Hälfte des April und der 1. Hälfte des Mai 
ſich zu Mallitz in der Haideebene aufhielt. — Es iſt dies das 
gewitterreichſte Jahr, welches in den mehr als 25 Jahre 
umfaſſenden Bereich meiner eigenen Beobachtungen fällt; die 
meiften Gewitter aber waren nur von ſehr kurzer Dauer. Zur 


. 


137 


gleich zeichnet ſich dies Jahr durch längere Reihen täglich auf 
einander folgender Gewitter (namentlich vom 28. Juni bis 
8. Juli incl.) aus, vergl. Archiv XVIII. 180. 


Tage, an denen electriſche Entladungen ſtattfanden, gab es 
in der öſtlichen Hälfte des on Flachlandes zu 


Frie⸗Lud-⸗ N 

Bützow eiche ut cin. bran⸗ Erin ©. 
x | = höhe denbg. 
Decbr. 0 0 0 0 0 0 0 
„„ 0... 0 90 0 0 2 w. 
Februar 0 0 0 0 1 0 Bir 
März 0 1 0 0 0 0 
April 3a) [ 3401) 42) 3a)| 43) sa)! F. 21 
Mai V 10) 
Juni 7 10(1)| 7(63)] 901) 9 1 
Juli 9 1061) 8 5 7 9 12) S. 36 
Auguſt 1 5 5 KEN 
Septbr. l 1 60) a) 8 
October 0 0 0 0 0 0 H. 9 
Novpbr. (1) 0 0 (1) 0 1 

N 70 


Gewitterſchäden ereigneten ſich folgende: 

(8. Januar ſchlägt der Blitz in Flechtingen bei Neuhaldens⸗ 
leben ein.) 

(29. Januar desgl. zu Mehldorf in Schleswig in den 
Kirchthurm und zu Lübeck in den Blitzableiter der Jacobikirche.) 

(5. Februar zündet der Blitz zu Gönne in Hinterpommern.) 

11. April bei Wendfeld an der Roſtock⸗Teſſiner Chauſſee 
ſchlägt der Blitz in eine Pappel und tödtet einen Hund an der 
Karre eines Fiſchfahrers, ohne letzteren ſelbſt zu beſchädigen. 

10. Mai legt der Blitz einen Schuppen auf dem Werder 
bei Güſtrow in Aſche und es gerathen auch noch zwei 
Scheunen mit in Brand. Zu Bülow bei Teterow brennt 
das Viehhaus ab und ein kalter Schlag trifft den Kirchthurm; 
auch in Briſtow wird letzterer durch einen zündenden Blitz 
getroffen, das Feuer aber bald wieder gelöſcht. 


138 


4. Juni legt ein Blitz die Wohnung des Holzwärters zu 
Semmerin bei Grabow in Aſche. 


5. Juni ſchlägt der Blitz zu Wis mar in einen Speicher, 


deckt einen Theil des Daches ab und verkohlt die Balken. — 
Kalter Schlag in den Schornſtein des Chauſſeehauſes zu Pi⸗ 
ſede bei Malchin. 


17. Juni ſchlägt der Blitz bei der Neubrandenburger Hai⸗ 
demühle in eine Schwarzpappel, die auch im vorigen Jahre 
ſchon einmal vom Blitz getroffen ſein ſoll. — Zu Roga un⸗ 
weit Friedland legt der Blitz eine Scheune auf dem Pfarrhofe 
in Aſche, neben welcher ſchon im Jahre 1831 ein Pferdeſtall 
ein gleiches Schickſal gehabt hat, obgleich die Kirche mit einem 
dieſe beiden Gebäude überragenden Thurme dicht dabei liegt. 


28. Juni wird zu Wendorf bei Wismar eine Scheune 
in Aſche gelegt; auch zu Menzendorf bei Schönberg ſchlägt 
der Blitz ein; zu Selow bei Bützow brennt ein Bauerhaus 
nieder. 

29. Juni kalter Schlag zu Lapitz bei Pentzlin in einem 
Stall, in welchem ein Pferd getödtet wird. 

3. Juli. Der Blitz zündet zu Jürgensdorf bei Malchow. 

8. Juli brennt die Windmühle zu Klinck bei Waren ab; 
desgl. eine Scheune im Dorfe Breeſen im Roſtocker Diſtrict. 

15. Juli zu Schönbeck bei Friedland brennt ein Kathen 
ab; zu Niex brennen 2 Scheunen ab, zu Schlage der Vieh⸗ 
ſtall, in Warnemünde kalter Schlag, in Helmsdorf 
bei Teſſin werden neben dem Viehhauſe zwei Menſchen er⸗ 
ſchlagen, zu Roggentin wird auf dem Felde ein Arbeits⸗ 
mann vom Blitz getroffen und theilweiſe gelähmt. 


26. Auguſt legt der Blitz zu Fährdorf auf Pßbel ein 


Viehhaus in Aſche. 

(29. Auguſt zündet der Blitz zu Krakow bei Tantow in 
Pommern.) 

(30. Auguſt desgl. zu Bernau und zu Wittſtock bei 
Neudamm im Regierungsbezirk Frankfurt.) 


139 


Es kamen demnach vor in Meklenburg 
Zündende Blitze. . 16 
Kälte Schlage 4 
Menſchen getroffen. . 3 (davon 27) 
Vieh getödtet 2 
25 


Als Geſammtreſultat für dies Jahre 1859 
bis 66 ſtellt ſich hinſichtlich der Anzahl der Gewittertage fol⸗ 
gendes heraus: 


| 
1» 0er Sc 6500s e Mittel 
December 2.159 4 0,500 
Januar 2 3 VE 
Februar 1 1 2 4 0,500 
März 139,1) 3 213 1,625 
April 3 3| 3 2 2 2 9 24 3.000: F. 11,375 
kai 10 10 3 4 3 3 11 10 54 6,750 
Juni 9 91712 8| 9 3 12 79 9,875) 
Juli 4 715 7 8 6 10 12 69 8,625 8. 26,625 
Auguſt 7 5) 8111) 4 12 5 8,125 
Septbr 2 2 8 31 3875 
Schober | 2 2 5 2 1 162000 K. 6,375 
November 1 2 1 4 0,500 


48 3751 42 4635 43 7037 S. 465 
Was endlich die Gewitterſchäden in dieſen 8 Jahren be⸗ 
traf, ſo wurden Gebäude getroffen von 
159, 60 6162 63 64 65166 ©. | Mittel 
0 7 in 14 281665 8,125 
91 6142 214432 4.000 


iz 13 1 5016 30127097 12,425 


— 


Zündenden Blitzen 
Kalten Schlägen 


Leider fehlen Materialien zur Vergleichung aus anderen 
Ländern; nur für das Königreich Baiern habe ich die Notiz 
gefunden, daß dort in den Jahren 1811 bis 1817 durch Blitz 
142 Feuerſchäden verurſacht worden ſind, alſo durchſchnittlich 
im Jahre 20,2. 

Menſchen wurden in Meklenburg 33 vom Blitze ge⸗ 


140 


troffen, von denen 30 auf Meklenburg⸗Schwerin kommen, und 
11 derſelben getödtet (davon 3 in Meklenburg⸗Strelitz und 
Ratzeburg), alſo jährlich im Durchſchnitt 4,125 getroffen und 
1,375 getödtet. — Dürften wir dies Verhältniß, daß von drei 
durch Blitz getroffenen Leuten einer getödtet wird, überhaupt 
als normirend für Meklenburg anſehen, ſo würden in Meklen⸗ 
burg⸗Schwerin in den 66 Jahren von 1801 bis 1866, für welche 
der Staatscalender 110 durch den Blitz herbeigeführte Todes⸗ 
fälle angiebt, im Ganzen 330 Menſchen vom Blitze getroffen ſein. 

Nehmen wir als durchſchnittliche Volkszahl in den obigen 
8 Jahren für Meflenburg:- Schwerin 547,400 Einw. 
an, jo iſt in dem Zeitraum von 1859 —66 jährlich von 

145,973 Einw. einer vom Blitze getroffen und von 

547,400 Einw. einer getödtet worden; nimmt man aber 
den ganzen mit dem Jahre 1801 beginnenden Zeitraum von 
66 Jahren, über den für Meklenburg⸗Schwerin Angaben über 
die durch Blitz herbeigeführten Todesfälle vorliegen und ver⸗ 
anſchlagt man die durchſchnittliche jährliche Bevölkerung dann 
auf 400,000 Einw., ſo ſtellt ſich das Verhältniß noch viel un⸗ 
günſtiger, denn dann kommt ſchon auf 240,096 Einw. ein To⸗ 
desfall durch Blitz, alſo auf faſt genau eben jo viele, wie fte fich 
für das Königreich Preußen herausgeſtellt haben (242,526, 
vergleiche Archiv XIII. 176.) 

Die Gefahr, durch einen Blitz getödtet zu werden, war 
alſo viel größer, als durch einen Eiſenbahnunfall 
ſein Leben zu verlieren, denn es ſollen nach einer Notiz der 
Volkszeitung vom Jahre 1865 bisher auf den Eiſenbahnfahrten 
durchſchnittlich vorgekommen ſein 

1 Todesfall und 1 Verletzung 


in England auf 1,256,290 311,345 Reiſende 
Frankreich „ 1,955,555 496,551 K 
Belgien „ 8,861,804 2,000,000 5 
Baden „ 17,514,977 1,154,311 ir 


Preußen „ 21,411,488 3,892,998 8 


141. 


4. Bemerkungen über einige norddeutſche Ter- 
tiärIiTofusßen, 
Von 
Dr. C. M. Wiechmann. 


1. Conus Semperi Speyer (C. Allionii Beyr. 
non Micht) 

Fundort: Sternberger Geſtein. 

Beyrich, S. 24, T. 1, F. 4 und 5. 
Speyer, Caſſel, S. 4, T. 1, F. 1—5. 
v. Könen, Mitteloligocän, S. 34. 

Von dieſer im norddeutſchen Mittel und Oberoligo⸗ 
cän verbreiteten Art kenne ich aus dem Sternberger Ge— 
ſtein nur ein älteres Exemplar, das ſich in der Samm⸗ 
lung des Herrn Dr. Brehmer zu Lübeck befindet. Ein 
noch größeres Stück, welches loſe bei Brüel gefunden 
ward und jetzt in den Beſitz des Herrn Landbanmeiſter 
Koch zu Güſtrow übergegangen iſt, gleicht ganz Exempla⸗ 
ren deſſelben Alters von Caſſel, während ich zwiſchen den 
jüngeren Stücken, wie ſie im Sternberger Geſtein, aber 
immer nur ſparſam, vorkommen und denen des Kupel- 
thons von Hermsdorf keinen Unterſchied anzugeben vers 
mag. Wenn Speyer (Caſſel, S. 5 ff.) meint, daß das 
von Beyrich, T. 1, F. 4, abgebildete Jugendexemplar dem 
Conus Semperi nicht angehöre, und zwar der Knötchen 
auf den Mittelwindungen wegen, ſo irrt er, und v. Könen 
weiſt mit Recht darauf hin, daß ſich bei gut erhaltenen 
Stücken auf den erſten Mittelwindungen ſtets mehr oder 
weniger ſtarke Höcker auf der Kante des Daches zeigen. 
Bei einem meiner Exemplare von Sternberg ſind die 


142 


— — 


Höckerchen auf den beiden erſten Mittelwindungen ſehr 
deutlich, verſchwinden aber allmählig auf der dritten Win⸗ 
dung. Bei einem anderen Stücke bemerke ich unter der 
Kante der Schlußwindung zwei oder drei Spiralen, und 
iſt es mir gelungen, auch bei einem Exemplare von Stern⸗ 
berg durch Kochen mit Waſſerglas die mehrfach erwähnten 
braunen Flecke auf der Kante der Schlußwindung hervor⸗ 
zurufen. Bei noch einem anderen Stücke iſt die Schluß⸗ 
windung ganz mit Querlinien bedeckt, wie dies nach Speyer 
auch bei jugendlichen Exemplaren von Caſſel der Fall iſt. 


2. Oliva flammulata Lam. (O. Dufresnei Bast.) 
Fundorte: Sternberger Geſtein; Brodtener Ufer bei 
Travemünde. 

Hörnes I, S. 47, T. 6, F. 1 und 2. 
Beyrich, S. 31, T. 2, F. 7 und 8. 

Die Mittheilung von Hörnes, daß auf den mit Waſ⸗ 
ſerglas präparirten Exemplaren der Oliva flammulata aus 
dem Wiener Becken und Baiern die dieſer Art eigenthüm⸗ 
lichen rothbraunen Flecke erſcheinen, veranlaßte mich, einen 
Theil meines Materials von den oben genannten Fund⸗ 
ſtätten der Behandlung mit ſiedendem Waſſerglas zu un⸗ 
terwerfen, und erlangte ich dadurch folgende Reſultate. 
Die Sternberger Stücke, an denen der zarte Schmelz völlig 
erhalten iſt, zeigen nach dem Waſſerglasbade die roſtbrau⸗ 
nen Flecke, welche unregelmäßig über die ganze Schale 
verbreitet ſind, weit intenſiver gefärbt, als vorher; eine 
lichtere Färbung des unteren Theils der Windung, wie 
Hörnes angiebt, iſt dagegen nicht bemerkbar. Die mio⸗ 
cänen Exemplare aus dem Geſtein des Brodtener Ufers 
dagegen veränderten ihre ſchmutzig graubraune Farbe nur 


143 


in ſo weit, daß die Baſalplatte viel heller, bei einem Stücke 
faſt weiß, geworden iſt. — Beyrich beſchreibt ein Stern- 
berger Exemplar der Roſtocker Sammlung (abgebildet T. 
2, F. 8) und bemerkt dabei, daß das Gewinde deſſelben 
verhältnißmäßig länger ſei, als das eines Exemplars von 
Düſſeldorf: dieſe Bemerkung muß ich bei meinen Stücken 
beſtätigen. Auch das Gewinde der Stücke aus dem Brod— 
tener Geſtein iſt kürzer, als das der Sternberger, während 
ſonſt ein Unterſchied zwiſchen beiden nicht zu finden iſt. 

Bei dieſer Gelegenheit will ich nicht unterlaſſen, die 
Sammler, welche unſerem Leſerkreiſe angehören, auf die 
oft merkwürdigen Erfolge aufmerkſam zu machen, welche 
durch die Anwendung des Waſſerglaſes bei 
Tertiärconchylien erreicht werden. Ich benutze eine Mi⸗ 
ſchung von einem Theil Waſſerglas und zwei Theilen 
Waſſer, bringe die Flüſſigkeit zum Sieden und lege dann 
die Petrefacten auf eine halbe Minute hinein. Während 
des Kochens muß die Maſſe fleißig gerührt werden, weil 
ſich ſonſt leicht ein zäher Schleim abſondert, der von den 
Conchylien ſchwer zu entfernen iſt. Bei Mollusken, welche 
noch mit Sand angefüllt ſind, iſt dieſer zuvor ſo weit 
irgend möglich zu entfernen, indem der Sand durch das 
Kochen ſchnell gelöſt wird, auf der Schale feſtklebt und 
ſolche verunreinigt. Als Beiſpiel der Wiederbelebung der 
Farben führe ich eine Voluta Lamberti var. triplicata 
Nyst (nach v. Könen übrigens S Voluta Bolli Koch) 
aus dem Crag von Wyneghem an, die ein graugelbes 
Anſehen hatte, nach dem Kochen mit Waſſerglas aber ſchön 
braunroth erſcheint und um die Nähte der Windungen ein 
breites weißes Band erhalten hat. Aber auch als Erhal⸗ 


tungsmittel iſt das Waſſerglas unerſetzlich, denn die zer⸗ 
brechlichſten Petrefacten, z. B. die von Caſſel, werden 
durch ein Bepinſeln mit verdünntem Waſſerglas wieder 
vollſtändig hart. Daß dieſe Feſtigkeit durch die Bildung 
wirklicher Doppelſalze von kieſelſaurem Kali und Fiejel- 
ſaurer Kalkerde entſteht, hat ſchon Hörnes nachgewieſen. 


3. Voluta rarispina Lam. 
Fundort: Brodtener Ufer bei Travemünde. 
Hörnes J. S. 91, T. 9, F. 6—10. 

Aus dem miocänen Geſtein des Brodtener Ufers be— 
ſitze ich die obere Hälfte eines größeren Exemplars und 
ein vollſtändiges jugendliches Stück dieſer ſchönen Voluta, 
welche Hörnes trefflich beſchrieben hat. Herr Prof. Sand⸗ 
berger, dem meine Stücke vorgelegen haben, macht mich 
darauf aufmerkſam, daß ſeines Wiſſens dies das erſte 
Mal ſei, daß Voluta rarispina in den norddeutſchen Mio⸗ 
cänablagerungen gefunden iſt. 


4. Aporrhais tenuis Boll. 

Fundort: Caſſeler Becken. 

Boll, Geognoſie der deutſchen Oſtſeeländer S. 178. 
Beyrich, T. 11, F. 5. 

Koch im Meklenb. Archiv, Jahrg. 15, S. 212. 
Speyer, Caſſel, S. 62, T. 7, F. 1 und 2. 

Von Caſſel erhielt ich ein Bruchſtück einer Aporrhais 
mit der Bezeichnung A. speciosa Be yr. nebſt Verwei⸗ 
ſung auf Speyer's Arbeit. An dem Bruchſtück erkennt 
man die ſchlanke Form des Gewindes; der aus dem 
oberen Knotengürtel entſpringende Dorn des Flügels zieht 
ſich an dem Gewinde bis faſt an die Embryonal-Windungen 
hinauf; die Längsrippen ſind von ſehr deutlichen Spiralen 


* 


145 


durchkreuzt, wodurch die Schale eine netzförmige Sculptur 
erhält, und muß ich daher dies Stück der Aporrhais te- 
nuis Boll zuweiſen, welche Art Koch fo genau geſchildert 
hat. Auch Speyer hebt in ſeiner Beſchreibung die ein 
regelmäßiges Gitterwerk bildende Sculptur hervor, ſeine 
Abbildung (T. 7, F. 1 und 2) zeigt die ſchlanke Geſtalt 
der Schale und den weit hinauf reichenden Dorn, ſo daß 
ich nicht anſtehe, Speyer's A. speciosa Bey r. (doch 
nicht ſeine var. unsinuata Sandb.) für A. tenuis Boll 
zu erklären. 


5. Fusus Brückneri Be yr. 

Fundort: Sternberger Geſtein von Kobrow. 
Beyrich, S. 288, T. 21, F. 4. 

Da Beyrich bei Aufſtellung dieſer Art nur ein ein- 
ziges Stück, Eigenthum der Roſtocker Univerſitäts-Samm⸗ 
lung, kannte, und der Fusus jedenfalls ſehr ſelten iſt, ſo 
erwähne ich hier, daß ſich zwei Exemplare in meiner 
Sammlung befinden, die jünger ſind, wie das Roſtocker, 
und ſchön erhalten aus einem Gerölle verwitterten Stern— 
berger Geſteins von Kobrow gewonnen wurden. Die 
Stücke weichen von dem Roſtocker Exemplare nicht ab, je» 
doch find auf der Schlußwindung noch Spuren der Längs— 
rippen bemerkbar. Das glatte Embryonalende beſteht aus 
drei Windungen; der Außenrand der Mündung iſt 
innen glatt. 


6. Cancellaria quadrata S ow. 

Fundort: Sternberger Geſtein. 
Beyrich, S. 314, T. 25, F. 6. i 

Von dieſer im Unteroligocän allgemein verbreiteten 
10 


146 


Art fand ich im Sternberger Geſtein ein wohl erhaltenes 
Stück, das, wenn auch noch von ſehr jugendlichem Alter, 
gänzlich mit Exemplaren von Weſteregeln, Latdorf u. ſ. w. 
übereinſtimmt. Beyrich's genaue Beſchreibung paßt durch⸗ 
aus auf dies Stück, und ift ein Verkennen nicht möglich, 


7. Pleurotoma peracuta v. Könen (P. Hörnesi 
Speyer). 

Fundort: Sternberger Geſtein. 

v. Könen, Fauna von Helmſtädt, Nr. 63, T. 1, 
F. 10 d und e. 

v. Könen, Mitteloligocän, S. 41. 

Speyer, Söllingen (1864), S. 30, T. 1, F. 3. 

Die Stücke dieſer ſchönen Pleurotoma aus dem Stern⸗ 
berger Geſtein gleichen denen von Crefeld, ſind alſo ſchlanker, 
als die von Hermsdorf, und es treten bei ihnen die Rippen 
weniger ſcharf hervor. Ausgewachſene Exemplare ſcheinen 
auch im Sternberger Geſtein ſelten zu ſein, denn ich kenne 
davon nur zwei, eins in der Koch'ſchen Sammlung, das 
andere (10 Mm. lang) in der meinigen. In beiden Samm⸗ 
lungen befinden ſich auch jüngere Exemplare von 4—5 Mm. 
Länge, an denen die Rippen weniger ſtumpf ſind. Nach 
v. Könen iſt die Art überall ziemlich ſelten; er nennt ſo⸗ 
wohl unter⸗, mittel⸗ und oberoligocäne, als auch miocäne 
Fundorte. 

8. Mangelia Roemeri Phil. sp. 

Fundort: Sternberger Geftein. 
Philippi, Beitr. zur Kenntniß der Tertiärverſteine⸗ 
rungen des nordweſtlichen Deutſchlands 
(1843), S. 56. 
v. Könen, Mitteloligocän, S. 43, T. 1, F. 9. 
Von Mangelia Roemeri aus dem Sternberger Ge⸗ 


147 

ftein befinden ſich Stücke in der Sammlung des Herrn 
Landbaumeiſter Koch zu Güſtrow, wie in der meinigen; 
die Art iſt jedenfalls nicht häufig. Bei einem meiner 
Exemplare, die übrigens ganz mit ſolchen von Hohen⸗ 
kirchen übereinſtimmen, iſt die charakteriſtiſche Depreſſion 
unter der Naht auf der Schlußwindung, „durch eine Kante 
begränzt, über welche die Längsrippen als ſchwach gebo⸗ 
gene Anſchwellungen verlaufen“, deutlich ausgeprägt. 
Für Mangelia Pfefferi v. Könen und Mangelia 
Rappardi v. Könen, welche in von Könen's Mitteloli⸗ 
gocän S. 43 und 42 beſchrieben und T. 1, F. 8 und 
F. 12 abgebildet ſind, nenne ich hier noch Weſteregeln 
als Fundſtätte. Ich verdanke meine Stücke dem Herrn 
Danneberg in Egeln. 


9. Defrancia n. sp.? 
Fundort: Sternberger Geſtein. 

In der Sammlung des Herrn Landbaumeiſter Koch 
zu Güſtrow, ſowie in der meinigen, wird eine zur Gruppe 
Defrancia gehörende Pleurotoma aus dem Sternberger 
Geſtein aufbewahrt, die ich für dies Mal wegen Mangel 
an Vergleichsmaterial nur einfach anzeigen kann, indem ich 
bemerke, daß die Art der Defrancia scalariaeformis 
Sand b. (Sandberger, Mainzer Becken, S. 245, T. 16, 
F. 8) ſehr nahe zu ſtehen ſcheint. 


10. Borsonia decussata Be yr. (Pleurotoma uni- 
plicata Speyer, non Nyst.) 
| Fundort: Sternberger Geſtein. 
Speyer, Söllingen, S. 31, T. 1, F. 4. 
v. Könen, Mitteloligocän, S. 45, T. 1, F. 11. ; 
Meine Exemplare aus dem Sternberger Geftein von 
10 * 


. 


148 


etwa 10 Mm. Länge gleichen durchaus denen von Hohen⸗ 
kirchen; bei beiden treten die Längsrippen ſchwächer her⸗ 
vor, als bei den typiſchen mitteloligocänen Stücken von 
Hermsdorf. Ich verweiſe ſonſt auf v. Könen's Angaben. 


11. Calyptraea depressa Lam. var. laevigata 
Speyer? 

Fundort: Sternberger Geftein. 

Speyer, Lippe⸗Detmold, S. 29, T. 1, F. 13—15. 

Das vorliegende Exemplar einer Calyptraea von 
Kobrow bei Sternberg, welches einen Durchmeſſer von 
14 Mm. hat, ſcheint zu der von Speyer aufgeſtellten 
glatten Varietät der Calyptraea depressa Lam. von 
Göttentrup zu paſſen; es paßt gut zu einigen Stücken 
dieſer Art, welche ich von Bünde aus guter Hand erhalten 
habe. Auch bei dem Sternberger Exemplar zeigt die leider 
nur ſtellenweiſe erhaltene Oberſchale weiter keine Verzie⸗ 
rung, als die entfernt ſtehenden Anwachsſtreifen. 

Speyer's Anſicht, daß die Calyptraea des Caſſeler 
Beckens, welche man früher mit 6. chinensis L. identi⸗ 
ficirte, zu C. striatella Ny st. zu ſtellen ſei, trete ich bei. 


12. Fissurella italica De fr. 

Fundort: Latdorf. 

Hörnes I, S. 641, T. 50, F. 28. 

Mein ſchön erhaltenes Exemplar aus dem unteroli⸗ 
gocänen grünen Sande von Latdorf, das eine Länge von 
25 Mm., eine Breite von 16 Mm. und eine Höhe von 
8 Mm. hat, ſtimmt ganz mit den miocänen und pliocänen 
Stücken überein, die mir von Wien und den italieniſchen 
Fundſtätten vorliegen. Der einzige Unterſchied, den ich 
zu finden vermag, beſteht darin, daß bei dem Latdorfer 


149 


Exemplare jene Rippen, welche in gewiſſer Entfernung von 
einander ſtärker ausgebildet auftreten, nicht ſehr bemerkbar 
ſind, doch mag dies in der Abreibung des Stückes ſeinen 
Grund haben. 

Die Fissurella kommt in Latdorf nur ſelten vor, und 
fehlt ſie in Giebel's Fauna der Braunkohlenformation von 
Latdorf bei Bernburg. Halle, 1864. 


13. Patella acuminata Grat.? 

Fundort: Grauer Sandſtein von Wittenburg. 

Die kleine länglich⸗ſchildförmige Schale iſt mit zahl⸗ 
reichen mehr oder weniger ſtarken wellenförmigen Rippen 
geziert, welche von feinen Querlinien durchkreuzt werden; 
der Buckel, der etwas abgerieben erſcheint, liegt dem Vor⸗ 
derrande faſt doppelt ſo nahe, als dem Hinterrande. Bei 
dem vorliegenden Exemplare, deſſen Inneres vom Geſtein 
bedeckt iſt, läuft in der Mitte ein lichtbraunes Band um 
die Schale herum. Höhe 3 Mm., Länge 5 Mm., 
Breite 3 Mm. 

Herr Profeſſor Sandberger hat die Güte gehabt, die 
Species zu beſtimmen, und erklärt der gefällige Forſcher, 
daß dieſelbe höchſt wahrſcheinlich Patella acuminata Grat. 
ſei, mit dem Hinzufügen, daß ihm Original⸗Exemplare 
nicht vorliegen. 

Wenn mich mein Gedächtniß nicht trügt, fo befindet 
ſich ein aus dem Sternberger Geſtein ſtammendes Stück 
dieſer Palella in der Koch'ſchen Sammlung. 


14. Bulla (Cylichna) Kochii n. sp. 
Fundort: Weſteregeln. 
Die Schale iſt ei⸗ kegelförmig mit ſchief abfallender 


150 


Grundfläche und tief genabelten oberen Ende. Die Mün⸗ 
dung erweitert ſich nach unten plötzlich; der ſcharfe Außen⸗ 
rand erhebt ſich oben weit über das Gewinde und biegt 
ſich dann in einem ſpitzen Winkel nach unten; der Spindel⸗ 
rand iſt umgeſchlagen, ohne jedoch angewachſen zur fein: 
Die Schale iſt mit Querfurchen geziert, welche unten und 
oben eng an einander ſtehen, dann aber nach der Mitte 
zu durch weit größere Zwiſchenräume getrennt ſind, alſo 
ſparſamer auftreten. Zugleich werden die Querfurchen in 
der Mitte durch Abreibung leicht undeutlich, ſind aber 
immer zu erkennen, d. h. bei meinen wenigen Stücken. 
Länge 9 Mm., Dicke 5 Mm. — Die eigenthümliche Seulp⸗ 
tur und die Form des Außenrandes machen die Art leicht 
kenntlich; ich widme ſie meinem verehrten Freunde, dem 
Herrn Landbaumeiſter Koch in Güſtrow. 


15. Cytherea incrassata S o w. sp. 

Fundort: Sternberger Geſtein. 

Sandberger, Mainzer Becken, S. 300, T. 23. F. 11; 
T. 24, F. 13. 

Meine Stücke der Cytherea incrassata aus dem 
Sternberger Geſtein von Kobrow, Crivitzer Stadtfeld und 
Parchim gleichen denen des Mainzer Beckens von Hacken⸗ 
heim aus der Chenopus⸗Schicht. Sie gehören der Va⸗ 
rietäkt obtusangularis Sandbg. an; die Form, Stärke und 
Sculptur der Schale, die deutlich abgegränzte, aber nicht 
vertiefte Lunnla, die ſpitze Form der Mautelbucht — dies 
Alles iſt wie bei den Mainzer Exemplaren, und ich be⸗ 
daure nur, daß an keinem meiner Stücke das Schloß ſicht⸗ 
bar iſt. Ein jüngeres Exemplar von ſchöner Erhaltung, 


151 


an dem die Anwachsftreifen als dunkler gefärbte Bänder 
hervortreten, habe ich Herrn Prof. Sandberger vorgelegt, 
der meine Anſicht völlig beſtätigte. 


Rleinere Mittheilungen. 


1. Fiſchregen in Pommern und Meklen⸗ 
burg. — Die „Poſt« enthält folgende Mittheilung: In 
der Nähe von Stargard in Pommern, unweit des Bahn⸗ 
hofes Dölitz regnete es am erſten Pfingſttage (9. Juni) 
tüchtig — Fiſche! Dieſer Fiſchregen erſtreckte ſich über 
einen beträchtlichen Flächenraum, und es gelang dem Ein⸗ 
ſender dieſes, in kurzer Zeit auf der Feldmark eine Cigar⸗ 
renkiſte voll zu ſammeln, von denen die meiſten, in's Waſſer 
gethan, bis zum 11. lebten. Die Fiſche waren durchſchnitt⸗ 
lich einen Finger lang und ½ bis 1“ breit, und gehörten 
zur Gattung der ſogenannten Weiß⸗ oder Grätenfiſche. 
Sie ſind ohne Zweifel durch eine Waſſerhoſe einem der 
zahlreichen Seen dortiger Gegend entführt worden, müſſen 
jedoch eine bedeutende Strecke durch die Luft getragen wor⸗ 
den ſein, weil Niemand aus der nächſten Nachbarſchaft ein 
derartiges Phänomen beobachtet hat. — Da im Aber⸗ 
glauben des gemeinen Mannes Fiſche Geld bedeuten, ſo 


hofft derſelbige auf eine ergiebige Ernte und gute Preiſe, 


wozu auch alle Ausſichten vorhanden ſind. — (Die Wahr⸗ 
heit dieſes Faetums wird dem bezeichneten Blatte durch 
einen Medieinalbeamten in Bernſtein verbürgt.) 

Aehnliche Fälle ſind aus Meklenburg bekannt und 


zum Theil auch ſchon in unſerem Archiv berichtet. Der 


152 


ältefte, von welchem uns gemeldet wird, trug ſich bei Lärz 
zu, wo eine Waſſerhoſe Fiſche aus der Müritz über Wieſe 
und Feld warf (Archiv XII. 75); ebenſo wurden bei Stuer 
durch die Waſſerhoſe am 31. Juli 1795 Löcher in die 
Berge geriſſen und mit Waſſer angefüllt, in denen man 
kleine lebendige Fiſche und Krebſe (ohne Zweifel aus dem 
Plauer See ſtammend) fand (Archiv a. a. O.). Auch die 
im Archiv XII. 88 beſchriebene Waſſerhoſe vom 28. Mai 
1828 ſtreuete über die Feldmark des Dorfes Kratzburg 
eine Menge von Fiſchen aus, die zum Theil ſelbſt von 
anſehnlicher Größe waren. E. Boll, 


2. „Beſtimmung des Längen-Unterſchiedes 
zwiſchen Schwerin und Wuſtrow durch Chrono— 
meter⸗Reiſen.“ — Dies iſt der Titel eines in den 
„Aſtronomiſchen Nachrichten“ veröffentlichten Aufſatzes von 
dem Director der Navigationsſchule E. F. Schütz in 
Wuſtrow. Herr Director Schütz hat bereits im Jahre 
1850 die geographiſche Lage von Wuſtrow in der Weiſe 
beſtimmt, daß er den Kirchthurm und das Obſervatorium 
der Navigationsſchule mit den Dreiecken der preußiſchen 
trigonometriſchen Landesvermeſſung in Verbindung brachte. 
Es erſchien aber für die Zwecke ſowohl der Navigations- 
ſchule als der meklenburgiſchen Schifffahrt auch die Be⸗ 
ſtimmung der Länge des Obſervatoriums wünſchenswerth. 
Eine Erleichterung für dieſes Unternehmen bot der Um⸗ 
ſtand, daß der Längenunterſchied zwiſchen Schwerin und 
Altona, dem Ausgangspunkte faſt aller genauen Längen⸗ 
beſtimmungen in neuerer Zeit, ſchon 1848 durch Chrono⸗ 
meter⸗Reiſen genau beſtimmt und 1858 durch galvaniſche 


£ 1 
E 1 N 


153 


4 


Signale mit noch größerer Schärfe feſtgeſtellt worden war. 
In das Jahr 1858 fällt dann auch ſchon die weitere Un⸗ 
ternehmung, über deren Erfolg hier berichtet wird. So⸗ 
bald die erwähnten Arbeiten zur möglichſt genauen Feſt⸗ 
ſtellung des Längenunterſchiedes zwiſchen Altona und 
Schwerin im September 1858 beendigt waren, kam Herr 
Director Schütz mit dem Herrn Geheimen Canzleirath 
Paſchen in Schwerin dahin überein, ſogleich — der un⸗ 
günſtigen Jahreszeit ungeachtet — zur Beſtimmung des 
Längenunterſchiedes zwiſchen Schwerin und Wuſtrow durch 
Chronometer⸗Reiſen zu ſchreiten. Das Großherzogliche 
Miniſterium des Innern bewilligte die erforderlichen Geld⸗ 
mittel. Zu den drei Chronometern, welche dem Herrn 
Director Schütz zur Dispoſition ſtanden, wurden noch 
eilf von Tiede⸗Berlin, Krille-Altona, Profeſſor Karſten⸗ 
Roſtock und von der Landes -Vermeſſungs-Commiſſion in 
Schwerin hergeliehen, und mit dieſen vierzehn Chrono⸗ 
metern wurden vom 29. September bis zum 9. October 
1858 neun Reiſen zwiſchen Wuſtrow und Schwerin (17,6. 
Meilen) ausgeführt, acht durch den Herrn Navigations⸗ 
lehrer Agrell in Wuſtrow, die neunte durch den Herrn 
Director Schütz, welcher feine Anweſenheit in Schwerin 
zugleich benutzte, um am 10. October mit dem Herrn Ge⸗ 
heimen Canzleirath Paſchen die Beobachtungen zur Be⸗ 
ſtimmung der Perſonal⸗ Differenz zu machen. Die Zeit⸗ 
beſtimmungen wurden in Schwerin von dem Geheimen 
Canzleirath Paſchen in dem Obſervatorium der Landes- 
vermeſſung mit einem Univerſal⸗Inſtrument von Piſtor und 
Martins, in Wuſtrow von dem Herrn Director Schütz 
in dem Navigationsſchul⸗Obſervatorium mit einem Paſſagen⸗ 


154 


Inſtrument von Repſold angeſtellt. Wir empfehlen bie 
ausführliche Berechnung der (158) Durchgänge der an 
beiden Orten beobachteten Sterne (außer den Funda⸗ 
mental⸗ Sternen des Nautical Almanac noch die Sterne 
oͤ, z und s im Drachen), der Zeitbeſtimmungen, der Uhr⸗ 
ſtände ꝛc. Mathematikern und Aſtronomen zum Nachleſen 
und begnügen uns mit der Angabe des in den letzten Ar⸗ 
tikeln der gelehrten Abhandlung zuſammengefaßten Reſul⸗ 
tats: Wuſtrow liegt öſtlich von Schwerin 3m 538 852 
mit dem mittleren Fehler & Os 076 und dem wahrſchein⸗ 
lichen Fehler E Os 051. In dem Werke des Herrn Prof. 
C. A. F. Peters: „Ueber die Beſtimmung des Längen⸗ 
unterſchiedes zwiſchen Altona und Schwerin, ausgeführt 
im Jahre 1858 durch galvaniſche Signale“ iſt die Länge 
des Obſervatoriums der meklenburgiſchen Landesvermeſſung 
in Schwerin öſtlich von der Altonaer Sternwarte (Meri- 
diankreis) 5m 54 557 angegeben. Nach dem Nautical 
Almanac iſt Altona 39m 468 14 öſtlich von Greenwich, 
Paris Im 20 63 öſtlich von Greenwich und wird Paris 
20° 0“ 0“ öſtlich von Ferro angenommen, dann iſt 
Wuſtrow öſtlich von Altona 9m 48: 399 
z - „Greenwich A9m 34s 54 
s - „Ferro 2 Om 13: 91. 

Nach der Beſtimmung der geographiſchen Lage von Wu⸗ 
ſtrow aus dem Jahre 1850 iſt Wuſtrow öſtlich von Ferro 
2u Om 135 74. (Abgedruckt aus dem Nordd. Correſp. 
1867, Nro. 85.) 


3. Rothes Waſſer in Teichen. — Zur 
Vervollſtändigung deſſen, was in Archiv XX S. 44 über 


155 


die rothe Färbung gefagt iſt, welche das maſſenhafte Auf- 
treten des Monoculus Pulex gelegentlich in Teichen her⸗ 
vorbringt, mag der Wiederabdruck des nachfolgenden Be⸗ 
richtes, welchen Linne über dieſen Gegenſtand giebt, nicht 
ohne Intereſſe ſein. Derſelbe iſt dem „Muſeum des 
Wundervollen“ Bd. 3 S. 70 f. (Leipzig 1804) entlehnt 
und lautet folgendermaßen: . 

„In dem academiſchen Garten zu Upſala“, ſchreibt 
der Ritter Linné an den Secretair der Academie der 
Wiſſenſchaften zu Stockholm, „find drei Teiche, wovon 
ſich der mittelſte, welcher der größte iſt, und in welchem 
ſich keine Waſſerpflanzen befinden, allemal gegen den läng⸗ 
ſten Sommertag von einem Abend bis zum andern Mor⸗ 
gen, beſonders bei ſtillem Wetter, in Blut verwandelt. 
Dieſes Blutwaſſer iſt aus mehr als einer Urſache ganz 
ſonderbar, und ich habe Gelegenheit gehabt, es mehr als 
einer Perſon, beſonders dem berühmten Klingenſtierna, 
einem großen Phyſiker, zu zeigen. 

Alle Morgen bei heiterm Wetter ſcheint es, als wenn 
auf dieſem Teiche an allen vier Ecken Schießpulver ge⸗ 
ſtreuet worden wäre, welches ſich nach und nach von dem 
Rande in einer ſehr regelmäßigen Ordnung nach dem 
Mittelpunkte hinzieht. Nach Verlauf einiger Stunden ruht 
es ganz in dem Mittelpunkte des Teichs. Das Waſſer, 
über welches dieſer Staub hingezogen war, war mit einer 
grauen und beinahe unſichtbaren Haut überzogen. Ich 
kann nicht ſagen, woher dieſelbe entſtehe, und wie ſie ſich 
bilde. Wenn man aber etwas Weniges von dieſer pul⸗ 
verartigen Subſtanz in einem Löffel ſammelt, ſo ſieht man 
mit Erſtaunen, daß alles lebt, und daß ſie aus Millionen 


156 


Juſecten beſteht. Zugleich bemerkt man unter dem 
Waſſer eine blutige Subſtanz, welche die größte Aehn⸗ 
lichkeit mit dem aus dem Fuße eines Menſchen gelaſſe⸗ 
nen Blute hat, das man in ein Gefüß mit Waſſer 
laufen läßt. 


Dieſer blutartige Körper macht das Waſſer an dem⸗ 
jenigen Orte, wo er ſich befindet, roth und giebt ihm ein 
fleiſchfarbiges Anſehen. Er iſt bald mehr, bald minder 
feſt, und löſet ſich bisweilen auf und wird unſichtbar, 
während ſich ein neuer ähnlicher Körper anſtatt des vori⸗ 
gen bildet. Das Waſſer iſt alsdann ſo voll davon, daß 
ſich Niemand deſſelben in der Küche zu bedienen wagt. 
Früh gegen neun oder zehn Uhr löſet ſich alles auf und 
verſchwindet. Gegen Abend hingegen erneuert ſich dieſe 
Erſcheinung wieder. Man bemerkt ſie ebenfalls bei frü⸗ 
hem Morgen, beſonders, wenn es die Nacht über geregnet 
hat. Wenn man dieſe blutartige Subſtanz in einen Löffel 
ſchöpft, jo bemerkt man tauſend kleine Inſecten, welche 
eine große Aehnlichkeit mit Gerſten⸗ oder Hafergrütze ha⸗ 
ben. Sie ſind alle ſo groß wie eine Linſe, haben zwei 
Hörner, welche mit kleinen Zweigen umgeben ſind, ver⸗ 
mittelſt welcher ſie ſich im Waſſer empor heben, und ein 
mitten auf der Stirne befindliches Auge. Dieſes Inſect 
führt im Lateiniſchen den Namen Monoculus. 


Wenn das Waſſer ſtille ſteht, ſo wird es faul und 
trübe. Auf dieſe Art erhalten die Inſeeten gehörige Nah⸗ 
rung, und vermehren fich auf eine unglaubliche Art. Mit 
Recht muß man über die unbegreifliche Menge dieſer In⸗ 
ſecten erſtaunen.“ 


157 


4. Mitteloligocänes Thonlager zu Egeln 
bei Magdeburg. — Bezug nehmend auf die Zuſammen⸗ 
ſtellung der mitteloligocänen Fundſtätten, welche Herr Dr. 
v. Könen in der Einleitung ſeines trefflichen Werkes: 
„Das marine Mittel⸗Oligocän Norddeutſchlands und ſeine 
Mollusken⸗Fauna (Caſſel 1867)“ giebt, bemerke ich, daß 
in neuerer Zeit der Rupelthon auch bei Egeln, unweit 
Magdeburg aufgefunden iſt. Derſelbe tritt in einer Thon⸗ 
grube in der „Wartsgrund“ auf dem Egelſchen Stadtfelde 
zu Tage, enthält viele Gypskryſtalle, verſchiedene Fiſch⸗ 
zähne und Leda Deshayesiana, jene wahre Leitmuſchel 
des mitteloligocänen Thons. — Die Fundſtätte von Egeln 
kann von Intereſſe werden, wenn es gelingt, die Ausdeh⸗ 
nung des Rupelthons weiter zu verfolgen, indem wir ja 
in der nächften Umgebung die bekannte unteroligocäne Ab⸗ 
lagerung über der Braunkohle zu Weſteregeln haben. In 
Weſteregeln finden ſich ferner die merkwürdigen Reſte von 
Säugethteren, welche Germar in Keferſtein's Teutſchland, 
geognoſtiſch⸗geologiſch dargeſtellt, Bd. 3, H. 3, 1826, S. 
601—612, beſprochen hat. Solche Thierreſte kommen 
mehrfach in jener Gegend vor; ich beſitze ſchöne Zähne 
von Pachydermen aus einem Steinbruch von Etgersleben, 
nordweſtlich von Egeln, während ſich ein Horn eines 
Rhinoceros (vielleicht von tichorhinus Cuv.) von Weſter⸗ 
egeln gleichfalls in meiner Sammlung befindet. 

Kadow. Dr. Wiechmann. 


5. Geognoſtiſche Literatur Pommerns. — 
Im Intereſſe derjenigen, welche die geognoſtiſchen Boden 
verhältniſſe unſeres Nachbarlandes Pommern zum Gegen⸗ 


158 
ſtande ihrer Forſchungen machen wollen, erlaube ich mir 


nachſtehend die darüber handelnden Schriften aufzuführen, 
ſo weit mir dieſelben bis jetzt bekannt geworden ſind. 


a. Allgemeinen Inhalts und Quartärformation. 


Denſo, von pommerſchen gegrabenen Seltenheiten, 7 
Schulprogramme, Stettin 1747—52. 4to. 

Thebeſius, Beiträge zur Naturhiſtorie des Pommer⸗ 
landes (e. 1760 verfaßt, gedruckt in den a Studien“ 
III. 1 S. 28 ff. 1835.) 

Wilke, Nachricht von ſeltenen Verſteinerungen, vornäm⸗ 
lich des Thierreiches. (Dies iſt die einzige der hier namhaft 
gemachten Abhandlungen, welche mir noch nicht zu Geſichte ge⸗ 
kommen iſt; ſie iſt 1769 gedruckt und ſoll hauptſächlich bei Star⸗ 
gard in Hinterpommern gefundene Trilobiten behandeln). 

v. Arenswald, Geſchichte der pommerſchen und meklen⸗ 
burgiſchen Verſteinerungen, gedruckt in No. 46—49 der gelehrten 
Beiträge zu den M. Schwerinſchen Nachrichten vom J. 1774 
und ſpäter in der Zeitſchrift „der Naturforſcher“ V. 145 ff. und 
VIII. 224 ff. 

Wrede, geognoſtiſche Unterſuchungen über die ſüdbaltiſchen 
Länder, beſonders über das untere Odergebiet. Berlin 1804. 

v. Oeynhauſen, Bemerkungen auf einer mineralogi- 
ſchen Reiſe durch Vor⸗ und Neupommern, — in Karſtens Archiv 
XIV. 2. S. 227 ff. 1827. | 

Quandt, über die Verluſte der pommerſchen Küſte an 
die Oſtſee, — in den Baltiſchen Studien IV. 2. S. 1 ff. 1837. 

v. Hagenow, Notiz über Auffindung eines antediluvia⸗ 
. Menſchenfkelettes in Veen — eben daſelbſt VII. 1 

S. 267 f. 1840. 

Boll, Geognoſie der deutſchen Oſtſeeländer. — Neubran⸗ 
denburg 1846. - 

Gumprecht, zur geognoſtiſchen Kenntniß von Pommern, 
— in Karſtens Archiv XX. S. 404 ff. 1846. a 


159 


Girard, über die geognoſtiſchen Verhältniſſe des nord⸗ 
öſtlichen deutſchen Tieflandes, — in der Zeitſchrift der deutſchen 
geologiſchen Geſellſchaft I. 339. 1849. 

Wessel, deseriptio geognostica regionis ostiis Viadrinis 
. eircumjectae, Berolini 1851. 4to. 

v. d. Borne, zur Geognoſte der Provinz Pommern, — 
in der Zeitſchrift der deutſchen geolog. Geſ. IX. 473. 1857. 

Boll, die Inſel Rügen. Schwerin 1858. 

Lincke, Beitrag zur Kenntniß der Umgegend von Stettin. 
— Schulprogramm, Stettin 1859. 4to. 

Schmeckebier, Beitrag zur phyſicaliſchen Geographie 
Pommerns, — Schulprogramm, Demmin 1859. 4to. 

Boll, Beiträge zur Geognoſte Meklenburgs, mit Berück⸗ 
ſichtigung der Nachbarländer, — in dieſem Archiv XIX und 
XXI, 1865 und 1867 (auch ſeparat gedruckt). 

Behm, über die Bildung des unteren Oderthales — in 
der Zeitſchrift der deutſchen geolog. Geſ. XVIII. 777 ff. 1866. 


b. Tertiärformation. 


Reuß, die Foraminiferen und Entomoſtraceen von Stettin, 
— Zeitſchrift der deutſchen geologiſchen Geſ. IV. 16. 1852. 

Beyrich, die Conchylien des norddeutſchen Tertiärgebirges, 
Berlin 1853 —56 (auch in der Zeitſchr. d. d. g. G. abgedruckt). 

Behm, die Tertiärformation von Stettin, — Zeitſchr. der 
deutſchen geolog, Geſ. IX. 323. XV. 430. — 1857 und 63, 

Behm, über die Stettiner Tertiärformation, dritter Ar⸗ 
tikel; — ſ. Amtl. Bericht über die 38. Verſammlung deutſcher 
Naturforſcher und Aerzte, Stettin 1864 S. 90 ff. ? 

ec. Kreideformation. | 

v. Hagenow, Monographie der rügianiſchen Kreidever⸗ 
ſteinerungen, — in Leonhard und Bronn Journal für Minera⸗ 
logie 1839, 40 und 42. 

Derſelbe beſchreibt rügianiſche Bryozoen in Geinitz 
Grundriß der Verſteinerungskunde, Dresden 1846 (vergl. auch 
Geinitz „das Quaderſandſteingebirge“ S. 234 ff., Freiberg 1849). 


160 


Unger, der Schwefelkiesbergbau auf der Inſel Wollin, — 
Zeitſchr. der deutſchen geolog. Geſ. XII. 546. — 1860. 
Reuß, die Foraminiferen der rügianiſchen Kreide, — * 
Sitzungs⸗Bericht der Wiener Akademie (naturwiſſenſchaftliche 
Claſſe) XLIV. 1. S. 324 ff. — 1862. 


d. Juraformation. 


Schultz, Beiträge zur Geognoſie und Bergbaukunde, 
Berlin 1821. 

Derſelbe, Grund- und Aufriſſe im Gebiete der Berg⸗ 
baukunde, Berlin 1823 (beſchreibt das Fritzower Lager). 

Klöden, über das Fritzower Lager in Pommern, — f. 
Karſtens Archiv VII. 113 3. 1834, Balt. Studien III. 1 S. 1 
J. 1835 und Karſtens Archiv X. 627 J. 1837. 

Römer A. handelt über die Fritzower Petrefacten in Leon⸗ 
hard und Bronn Jahrbuch 1837 (187), 1840 (537) und in 
ſeinem Nachtrag „zum norddeutſchen Oolithengebirge“, Han⸗ 
nover 1839. 4to. 5 

Weſſel, der Jura in Pommern, — ſ. Zeitſchr. der deut⸗ 
ſchen geologiſchen Geſellſchaft VI. 305. 1854. 

Andree, zur Kenntniß der Jurageſchiebe von Stettin 
und Königsberg, — ebendaf. XII. 573. 1860. 

v. Hagenow, über die Juralager bei Kamin in Pom⸗ 
mern, — ſ. Amtl. Bericht über die 38. Verſammlung ꝛc. S. 81. 
Stettin 1864. f 

Behm, Nachtrag zu der vorſtehenden Abhandlung, — 
ebendaſelbſt S. 86 ff. 

Sadebeck, die oberen Juralager in Pommern, — Zeit: 
ſchrift der deutſchen geolog. Geſellſch. XVII. 651. — 1865. 

Sadebeck, de formatione Kimmeridgiensi Pomerania; 
diss. inaug. Berol. 1865. 


Sadebeck, Beitrag zur Kenntniß des baltiſchen Jura, — 
Zeitſchr. der deutſchen geolog. Geſellſchaft XVIII. 292. 1866. 


Neubrandenburg. Dr. E. Boll. 


161 


6. Feinde der Platten⸗Miesmuſchel 
(Congeria Chemnitzii Fer.) — Im vorigen 
Jahre unterſuchte ich die Eingeweide und den Mageninhalt 
einer Plötze (Leuciscus rutilis L.) und fand darin zu 
meiner Verwunderung Fragmente von Muſchelſchalen, die 
jedoch jo Hein waren, daß weder Zeichnung noch Sculptur 
mit der Lupe daran zu erkennen waren. Dies reizte meine 
Neugierde; ich unterſuchte noch mehrere Magen von Plötzen 
und Rothaugen (Scardinus erythrophthalmus L.), doch 
nur von großen Exemplaren. In einem Magen fanden 
ſich außer vielen zerriebenen Schalſtücken noch drei Ge⸗ 
häuſe von der Congeria, davon eine über drei Linien groß 


war, ja in einem andern Magen waren deren ſogar ſieben, 


darunter eine von 5 Linien. Darnach ſcheint mir jetzt 
kaum zweifelhaft zu ſein, daß große Plötzen und Roth⸗ 
augen dieſe Muſchel im Jugendzuſtande als Nahrung in 
Menge verſchlucken. Sah Darvin die Arten der Gattung 
Scarus, Diodon und Balistes an Korallenriffen weiden 
und mit ihren kräftigen Kiefern kleinere Korallenſtämme 


zermalmen, ſo darf meine Wahrnehmung nicht auffallen. 


Die Congerien haben ſomit doch Feinde, wodurch ihrer 

ungeheuren Vermehrung ein gewiſſes Ziel geſetzt wird. 

Lieb wäre es mir, könnten die Ichthyologen unſeres Lan⸗ 

des dieſe Beobachtung beſtätigen. Ich werde indeſſen wei⸗ 

tere Unterſuchungen im Laufe der Zeit hierüber anſtellen. 
C. Struck. 

7. Thonlager bei Goldberg. — Im Ar 
chiv Ig. IV, S. 164 flgd. erwähnt Herr Dr. E. Boll 
einen ſchönen Kryſtall von Marienglas, den der Rector 
Huth in Krakow aus einer Thongrube bei Goldberg er⸗ 

Tl 


162 


halten hatte, und ſpricht dabei die Vermuthung aus, daß 


es ſich, nach der ſchönen Erhaltung des Kryſtalls zu ur⸗ 
theilen, hier um ein tertiäres Thonlager handeln werde. 
Nachdem ich mehrere Jahre hindurch nach dieſem Thon⸗ 
lager vergebens geforſcht, gelang es mir jetzt durch den 
Beiſtand des Herrn Töpfermeiſters Hagemann zu Gold⸗ 
berg, daſſelbe aufzufinden. Das Lager befindet ſich auf 
dem ſtädtiſchen Gebiete von Goldberg, und zwar da, wo 
dieſes mit dem zum Kloſter Dobbertin gehörigen Forſt⸗ 
revier Schwenz zuſammenſtößt, in einer Niedrigung, in 
deren Mitte ſich ein kleiner See befindet, und welche 


„die Lüſchow“ genannt wird. Das kleine nach Dob⸗ 


bertin gehörige Waſſer iſt von einem Wieſenrande und 
einem hübſchen Bruche eingefaßt, und in letzterem liegt 
der theils gelblich theils grau gefärbte Thon, meiſtens nur 
durch eine knapp einen Fuß ſtarke Raſenſchicht bebedt, 
Der Thon, den die Töpfer einen fetten nennen, iſt ſo 
reich an Gypskryſtallen, daß dies die Töpfer nöthigte, die 
Gruben zu verlaſſen; die Kryſtalle, welche an der Ober⸗ 
fläche meiſtens etwas angewittert find, haben die Geftalt 
einer ſchiefen rektangulären Säule, und iſt der größte 20 
Mm. lang. Petrefacten ſind in dem Thon bisher nicht 
beobachtet; ich werde jedoch im Laufe dieſes Sommers 
genauere Nachforſchungen anſtellen und bin auch dann be⸗ 
reit, von den Gypskryſtallen abzugeben. 
Wiechmann. 

8. Ornithologiſches. — Falco peregrinus 
niſtet vereinzelt in der Neubrandenburger Umgegend; am 
12. April 1867 wurde in den Chemnitzer Tannen ein Neſt 
mit 3 ſchon etwas bebrüteten Eiern gefunden. — Falco 


4 


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163 


haliaétus horſtet hier jedes Jahr, bald im Brodaer, bald 
im Nemerower Holz; 1867 am 13. Mai aus dem, Neme⸗ 
rower Holz 3 Eier von ausgezeichneter Färbung erhalten. 
— Circus pallidus Ende Mai ebenfalls mit 3 Eiern ge⸗ 
funden. — Circus rufus niſtet alljährlich auf dem hieſi⸗ 
gen Rohrplan; in früheren Jahren befand ſich auch Ardea 
stellaris daſelbſt. Dieſelbe iſt ſeit ungefähr zwölf Jahren 
verſchwunden, und außer verſchiedenen Entenarten haufen 
einzelne Paare der Scolopax gallinago und des Rallus 
aquaticus nebſt einigen Waſſerhühnern hier in ungeſtörter 
Ruhe, weil ihnen der Näſſe wegen ſchwer beizukommen 
iſt. — Grus cinerea, früher häufiger, jetzt ſehr ſelten. — 
Aquila fulva, mehrmals ausgenommen, hat ſich ſeit meh⸗ 
reren Jahren nicht wieder blicken laſſen. — Falco pa- 
lumbarius niſtet alljährlich bei der Brandmühle. — F. 
apivorus kam früher ebenfalls vor, niſtete 1853 unweit der 
Stadt auf einer Eiche im ſog. Stargardſchen Bruche und 
ſpäter öfter im Mühlenholze, iſt aber ſeit mehreren Jahren 
nicht wieder aufgefunden. — Aquila naevia jedes Jahr 
im Brodaer Holze. Am 14. Mai 1867 daſelbſt mit 1 
Ei gefunden. — Zu gleicher Zeit Otus palustris mit 5 
Eiern. — Numenius arquatus mehrfach im Wieſenthale 
von Neubrandenburg nach Treptow. — Lanius minor 
einige Male in den Strelitzer Tannen gefunden. — Im 
Zechower Revier bei Neuſtrelitz und im Brodaer Holz bei 
Neubrandenburg kommt Picus martius in einzelnen Paaren 
vor. — Picus medius im Burgholze bei Neubrandenburg. 
— Von Mergus Merganser niſten alljährlich 20 - 30 
Paare an der Brodaer Seite des Tolenſe⸗Sees, einzelne 
an der Nemerower Seite in hohlen Bäumen. — Strix 


164 


Aluco hatte 1867 ſchon am 15. März 5 etwas bebrütete 

Eier, 1868 noch einige Tage früher. — Sylvia locustella 

1867 mehrmals gefunden, leider mit Jungen. 
Neubrandenburg. W. Greve. 


Anzeigen. 

Herr Präpoſitus Boll zu Neubrandenburg beſitzt die 
Platte eines ſehr gelungenen photographiſchen Bildes von 
feinem verſtorbenen Bruder, dem Dr. Ernſt Boll, und 
hat derſelbe in freundlicher Weiſe die Anfertigung von 
Portraits geſtattet. Ich erſuche daher diejenigen Vereins⸗ 
mitglieder, welche das Bild unſers dahingeſchiedenen Freun⸗ 
des und Führers beſitzen möchten, mir ihren Wunſch bal⸗ 
digſt mitzutheilen; der Preis für das Portrait wird 8 
Schill. betragen. Wiechmann. 


Herr Lehrer H. Lenz zu Lübeck, Vereinsmitglied, 
macht die Anzeige, daß er nach Erlangung eines großen 
Theils des Häcker'ſchen Herbars bereit ſei, eine bedeutende 
Anzahl deutſcher und ausländiſcher officineller Pflanzen 
gegen Tauſch oder mäßiges Honorar abzugeben. Auch 
kann derſelbe lübeckiſche Pflanzen, Phanerogamen und 
Kryptogamen, ablaſſen. 


Die Herren Vereinsmitglieder Landbaumeiſter Koch 


zu Güſtrow und Dr. Wiechmann zu Kadow haben ges 
meinſam eine Monographie über die Mollusken⸗Fauna 
des Sternberger Geſteins unternommen, auch den erſten 
Abſchnitt derſelben bereits vollendet. Damit dieſe Arbeit, 
deren Bedürfniß ſchon lange anerkannt iſt, möglichſt voll⸗ 
ſtändig werde, erſuchen die genannten Herren alle Ver⸗ 
einsmitglieder, welche beſonders große oder durch Selten⸗ 
heit und ſchöne Erhaltung wichtige Conchylien aus jenem 
Geſtein beſitzen, ihnen dieſe zur wiſſenſchaftlichen Benutzung, 
auch Abbildung, auf kurze Friſt anzuvertrauen. Bereits 
hat Herr Profeſſor Karſten die unter ſeiner Obhut ſtehen⸗ 
den Schätze des Roſtocker Muſeums zur Verfügung ge⸗ 
ſtellt, und geben ſich die beiden Herren der Hoffnung hin, 
daß dies Beiſpiel vielfach Nachahmung finden werde. Die 
anvertrauten Stücke werden auf das ſorgfältigſte behandelt 
und baldigſt zurückgeliefert werden. | 


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a. Seespiegel. b. Insel. c. Pflanzenfilz. d. Seeboden. 
e. Schlammartise Erde. 


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Ueberſicht der aus den meteorologiſchen Beobachtungen zu Hinrichshagen im Jahre 1866 gefundenen Mittel. (19. Jahr.) 


Monat. Dechr. 1865, Januar 1866.) Jeßruar- März. il. | 0 ; 1 
Monat, e ee Jan 1 ürz April. Mat September. November. Winter. Frühling. Sommer- Bemerkungen. 
= : 27˙⁰ 70 26% 9.0 38 | 37% 0.0 16 | 27% 0% 84 2 Zu 14 27% 2% 72 27% 2% 44 27% 3% 02 27, 4% 25 27 4% 91 27 6% 31 26 Ilm 25° gu 2 
Baro- 5 N e e able 8 7 7 U me 6 31 (26 11.“ 34] 26% 9 38 27° 0,0 84 27% 2% au" 05 je 9. 
glg mm 30. Mg. 6. S. 0 o. ab. 10. Sm. il 2. Nm. 2. . 1. 5 6. W. 1 28. Ab. 10 W. 1 2. u. 10. W. — 17. Am. 2. S. 1 |4, An. a 8 1 —— 2. 5 2 8 om 1130. ub. 10. SW. 110. ub. 10, W. 2 9, Februar. 1. Matz 17. 2 944 e er 7 
ei 25 3.30 28 1.70 25 1.84 28 4.22 28 3 03 28 146 23 044 27 1133 | 28.047 28463 | 283.54 28 52 Weser Be 
und eee. 25. An. 2. W. 121. ub. 10. 8. 129. ub. to 8.0 28. Mg 6 8. 0 gl. Mg. 0. MD. 9. Mg 6. M. 0 |11. An. 2. W. 1120. Mg. 6. Ew. 61. Mg. 6. S7. o. 6. Mb. Jo, 8. 0 28, dt. 10. D.0 5 5 = 5 i ee el 
auf 0 IR + 3 — — — 2 — — — 5 — — Sue pi |E 9. Zuni 0. October 8. December Die Temperatur 
P Mittel aus drei 28 0.88 27 86 97 6 20 97 7 5 7 2 r T | der Zuft fanf unter bo 
reducirt. W 28 0.89 27 8.67 27 6.29 27 7.11 27 9 47 27 9.43 27 9.72 27 7.85 27 7.76 27 8.52 28 0.33 27 7.04 27933 27 8.66 27 8.43 27 9.33 27 8.95 im an 
j 11 es ie ea ee Debt. 88 — 18 Tg, 
6 Uhr Morgens. 051 15.76 0°,57 — 0.80 3°.76 4°.96 119.75 10°50 A 90.25 Im 66 — 8 
2 Februar — 13 
5 sp . 8 1 3.31 * 5 A 5 22 2 N E = 1 — 23 
2 Uhr Nachmittags. .69 3. 3.54 2.22 10.33 10.20 18.27 1518 15.24 15.00 887 3.66 url — 
r —— ̃ ——— = - | Mal — 8 
10 Uhr Abends. 0.80 2,30 1.86 0.19 5.03 552 11.29 10.65 10.37 10.93 3.81 216 5 
Tempera⸗ e le 
5 117 2 ia 7 ee [ee pe 7 55 5 . —— 183 = 2 ei Jade —92— 
Mittel derſelben. 1.00 2,46 2.09 0.53 6.39 6,89 13.94 12.11 11.77 11.94 4.93 247 Mieg über 200 
— a {| BL | 8 2 | R. im an 
Mittel | Minima. | — 0.18 2 0.42 — 14 2 48 3.38 907 ; | re 
{ur Mitte ima. 18 1.28 42 2 0 a 9.86 0 8.46 8.94 1.78 1.00 Zal, 
der > — | — — — — = = 2 — Ag — 3 
täglichen Maxima, 1.90 3.73 3.81 2.30 1051 10.79 18.92 15.95 10.20 16.00 9.00 3,85 eue. 2 
4 bh ee - ä * Re. She — 20 - 
der Luft [Halbe Summe derſelben, 0.86 2.51 2.11 0.58 6.40 7.09 14.39 1251 12.33 12.51 5.39 2.43 
Unterſchied derſelben. 2.08 3.39 3.63 8.03 7.41 9.06 6,88 7.74 7.15 7.22 2.85 
> all 1 = a l E | a — = 4 - 
nach R. W 4.3 N — 58 — 31 — 1.5 4.6 5.0 | — 50 — 82 — 5.2 8 3.9 — 82 — 8.2 
Abfolntes 18. Mg. fr. Sd. f 5 1 fr. SO. 1 — Mg. fr. S 0 23. Mg. fr. O. 0 28. Zi fe SW. 0 21. Mg. fr W. 0) 29. Mg. fe. ©. 0 Is. Mg. fe. W. 0,19, Ng. ft. SW. 0 24. Mg. 6. O. 1 123. Mg. fr. W. 0] 21. Februar 18. März 40. ug | 25. November | 23. November 
Maximum 5. 0 7.2 8.2 79 18.9 17.6 25.0 21.3 22. | 21.2 18.2 9.2 8.2 18.9 25.0 21.2 25.0 
17. Nm. W. 1 (22. Nm. 2. SW. 1010. Nm. 2. S. l 31. Na. O. 0 28. Nm. 2. SB. 2129. Nm. 2. Sd. 1125, Nm. 2. ED. 00 J. Nm. S. 1 | 27. Am. Sd. 1 23. Am. 2. Sd. 1 I. Nm. 2. D. 1 6, Nm. 2. W. 1 10. Bebruar 28. Upril, 29. Juni 23. September 29. Zuni 
unterſchied derſelben. 9.3 10.4 13.4 13.7 223 19.1 20.4 163 18 4 17.2 23. 2 17.4 13.4 24.7 21.1 | 29.4 33 2 
— — — e I En ER: 
Dunfl- Minimum: 1.14 1,41 0.81 088 1.10 1,60 2.96 333 2.92 293 1.18 0,99 0.54 0.88 2.92 0.99 0.54 
15, Ab. 10 6. Ab. 10. 21. Ab. 10 16. Ma 6. 20. Mg. 8. 21. Nn. 2. 18. Mg 6. 28 Nm. 2. 9. Mg. 8. 29. Nm. 2 24. Me. 6 22. Mg. 6. 21. Februar. 10. Marz 9. ung. 22. Woucnber 21. Festuat 
ſnannung 5 . . een - Z mn Au Bande | „2a eben 
in Maximum, 2.85 3.40 2.82 5.06 5.08 6 485 6.41 | 6.45 5.49 3.90 3.80 5.05 6.18 6.15 6.48 
18. ub. 10 18. Am. 2. al. Nm. 2. 8. Am. 2. 20. Nm. 2. 20 Mg. 8 10. My. 6. 29, Num. 2 25. 26. Nm. 2 5. Nm. 2 13. Am. 2. 2. Februar 20. Mal 30. Zuni 25. September 30. Zuni 
parifer Mittel aus drei x 2 7 an a 
Linien, Beobachtungen, 2.00 2.25 2,08 118 2.62 281 4.71 4.51 48 4.38 2.52 2.29 3.06 
— — — — T— — 
Minimum, 50 64 So) 3) 30 34 30.4 39.2 348 304 46.1 61.1 5⁵ 30 30.4 20.4 30,0 
Dunft- 15. Nm. 2. 30. Nm. 2. 26. Nm 2 10. Kn. 2. 28. Nm. 2. 20. Nm. 2. 20. Nm. 2. 14. Nm. 2. 22. Na. 2 [ 299. Nm. 2 93. Nm. 2 10. Nm. 2. 26, Gebiuae 26. April 20. uni 29. September 26. april 
—— — — — — — - — — — — — — — ee — — — Ei — * u. 
gehalt 1 de 100 100 100 100 100 100 100.0 1000 100.0 100.0 109.0 100.0 1000 100.0 100.0 100.0 100.0 
nach Pro⸗ 2 ER an 8 Tg: an 2 79 CHE an 2 29. an 6 29. an 4 29. an_6 29. an 3 2. d. 19, Mg o, an 2 46 an 9 Tg. an 24 rg. an 14. 4g an 18 4. an 12 Kg. an 65 8g. 
Mittel aus drei B ap — — | = E 
centen. Ne 90 89 83 83 75 17 746 815 707 797 87.6 79.4 787 82.1 814 
5 — . . . = . . — E 
Minimum. 0.7 0.7 | 05 0.8 41 5.8 10.4 12.6 10,7 9.3 2.4 1.0 0.5 08 10.4 1.0 0.5 
sl. s-11 22-24 7. 17—24. 25. ih, 20. 20. 14. 22. 25. 23. 4. 80. 22—24. Gebtuat. 7. 17. 24. Mir 20. Zuni 18. 24. 30, Novbr.| 2224. Febtuat 
| — —— — — — - — — — = — — — 5 > 
Tempe⸗ 10 Maximum, 3.7 4.3 | 44 4.2 103 12.8 19.7 18.8 170 14.3 12.8 6.3 44 12.8 19.7 14.3 19.7 
21. 23 | 7. 2 28. 29, 50 1 | 27 | 2 1 % 7. Gebruar 29. Mai 30. Zuni 2. September 30. Zuni 
Mittel aus 1 27 1 2 = 2 > == —= = R — 5 — „ie 
ratur Beobachtung, 1,96 2.35 2.59 1 ar 8.79 15.08 1428 1354 12.87 6.84 3.47 14.30 721 
= — - . — = — — — 
Minimum, 29 2.3 2.3 2.2 3.0 6.7 9.7 125 115 an 5 3.5 2.3 2.2 9.7 35 . 
des 31. | 11. 26. 18.19.22. | 1. 17 10 29. 15. 20, | 21. 23. 31. 30. 11. Zan. 26, Febr.“ 18. 19. 22. Math 1. Juni Zo. November 18. 19. 22. Mär 
3 Maximum, 5.1 3.9 3.8 2.7 7.1 7 87 145 14.6 13,2 12.8 11.6 6.5 5.1 8.7 14.6 12.8 14.6 
12 27. 46. 7-9 1. 29, 29. 30. 2. 28. 20 10 2 1. 2. December 29. Mat 2. Juli I. Eoptember ‚2 uli 
Erd⸗ Mittel aus 1 5 i zur er = R f 
Beokachtung. 372 3.04 9 2.37 5.50 7.38 12.13 13.00 12.37 12.22 8.58 
bodens, i 0 33 33 3.0 9 15 Bra e e 10.7 N 45 5 
30. 51. 16. | 20—28. 18. 19. Äh eh Kar 11-18. 17—10. 22—24. 30. 81 50 26—28. gehn, 18. 19. Mär) 1. 2. Juni 30. Rovember 18. 19. Mär) 
— — — 
* 5 = — — -— * — —— E — — — 5 5 
tief 4 Maximum, 5.9 41 4.3 3.3 6.3 7.8 12.0 12.3 11,8 118 11.0 6.8 5.9 7.8 12.3 | 10.7 12.3 
el. 1. 26—30, 10. 11. 1-5 30. 31. 30. 2. 3. 3. 5. 30. 31. 1. 3. 1. 2. 8—10. 1. December 31. Mai 2. 3. Zul! 22-24. Seplember 2. 8. an 
Mittel aus 1 1 4 
0 4.65 3.76 3.91 3.10 5.07 0.84 10.24 11.80 11,44 11.22. 8.95 5.93 41 5.00 11.19 7.61 6.39 


Völlig heiter. 


| 
Dechr. 1805. Januar 1866 | 


Jebruar. 


Winter. 


Himmels: — 
Heiter. 
Ziemlich heiter. 
auſicht. 
Wolkig. 
Trübe. 
Tage. 
Bedeckt. 
Mittel in Procenten 7 73 7 37 74 2.8 51. 
der völligen Bedeckung. 70.9 1 10.0 3 48.7 57.4 5 52.3 51.0 
. — 
u 4 3 
775 5 
Wind⸗ ND. 1 3 0 1 1 5 | 47 14 2 68 
— — — — 
rich⸗ O. 9 0 4 20 24 21 22 7 15 7 34 5 13 71 41 46 
. 
tung, ED 7 8 18 12 13 5 7 1 9 27 20 0 33 0 . 17 17 
lüglich if ii ij m . 3 
S. 12 8 11 5 3 5 5 0 8 10 4 3 31 13 13 17 
dreimal, — - — 
SW. 3 51 2⁵ 12 20 12 12 23 30 37 11 43 111 4 7¹ 91 
% 
52 20 7 19 33 73 50 100 59 
Ahr be⸗ Bi ar > 
0 2 2 0 9 4 
odachtet. aa ma 
Tage. Windeütberhaupt. 27 30 2⁵ 21 27 28 20 28 22 9% 98 25 82 | 76 76 7) 


Wäßrige 


Nieder- 


ſchlüge. 


Tage. 


Pelrag 
der 
Nieder⸗ 


ſchlüge. 


Eleclriſche 
Erſchei⸗ 
nungen. 


Windſtille. 


Thau. 


9 


or 


Bemerkungen. 


Der lezte Brüße 
jabısfhuee fiel am 
23 Mai 1866, ber 
erſſe Winterfehnee am 


I November 1806. 


Der lezte Früß⸗ 
jabrafroft trat ein 
am 24. Mai, der 
erſte Winterftoſt am 
17. Ockeber 1866. 


Die gröfte Menge 
Regen fel am 3. Mai 
Morgens mit 150 
Ruh. gleich 12 078 


Regen. 


Niederschläge überhaupt. 


N 
Reif. 9 5 2 7 5 5 
Nebel. 9 4 | 3 | 8 5 2 
L — 
Regen. 7 15 | 12 4 9 17 
— — . 
egen und Schnee. 0 1 | 1 1 0 0 
Schnee 2 4 4 | 8 0 1 
Graupeln. 
Hagel. 


— 


Kub.⸗Zoll 
Schnee. 


Höhe Regen. 


in 


Linien. Schnee. 


Zuſammen Kub. Zoll. 


395 


420 1044 


Zuſammen Höhe. 


Gewitter. 


Entfernte Gewitter, 


33.417 


35.0 iR 


87.00 


— le = 


| 

N 10 

Te 
133 

1 

ge: 

1 

1 

I 

N 


ed, 


* 


1 


STERNE 


2 Din 2 N A — N «x —.— 
— — — - & — a 5 ze 7 


EI 


8 


—