Tibrary of the Museum
OF
COMPARATIVE ZOÖLOGY,
AT HARVARD COLLEGE\ CAMBRIDGE, MASS,
Founded by private subscription, in 1861.
SS IT NINTATETE |
I
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| 0.207 .
|
e GA g
Am 20. Januar 1868 ſtarb zu
Neubrandenburg der Dr. Ernſt Boll
im 51. Lebensjahre. Der Verſtorbene
hat 20 Jahre hindurch unſern Verein
als Sekretair und Vorſtand in treuer
und aufopfernder Weiſe geleitet und
ihm eine ehrenvolle Stelle unter den
deutſchen nat urwiſſenſchaftlichen Ber:
einen erworben. Das Andenken an
Ernſt Boll möge immerdar unter uns
leben und wirken! |
N15 8
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des
in
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Meklenburg
J 21. Jahr.
Im Auftrage des Vorſtandes
herausgegeben
von
Dr. S. W. Wiechmann.
Neubrandenburg,
in Commiſſion bei C. Brünslow.
„1868.
ereins der Freunde der Naturgeſchichte
N Ev
Druck von W. Greve in Neubrandenburg.
1
1
N
!
Zuſendungen von Drudfachen für den Verein der
Freunde der Naturgeſchichte in Meklen⸗
burg werden fortan erbeten durch die Buchhandlung von
Opitz & Co. in Güſtrow an die Bibliothek
des naturwiſſenſchaftlichen Vereins in
Meklenburg, Adreſſe Herrn Landbaumeiſter
Koch in Güſtro w. Alle übrigen für den Verein be⸗
ſtimmten Sendungen und Zuſchriften, ſowie Druckſachen
und Anzeigen, die dem Secretair zur baldigen Durchſicht
vorgelegt werden ſollen, erbittet unter nachſtehender Adreſſe
der unterzeichnete Vereinsſecretair, der ſtets franco gegen
franco expediren wird.
Kadow bei Goldberg
in Meklenburg
im Juni 1868.
Dr. C. M. Wiechmann,
INT Seeretair und Vorſtand des Vereins
| der Freunde der Naturgeſchichte
in Meklenburg.
2 x —
1. Bericht
über die |
ahresberſammlung des Vereins am 12. Juni
zu Güſtrow.
Die Verſammlung fand im Saale der Realſchule
it, wurde um 10 Uhr Morgens eröffnet und war be—
ſucht von den Vereinsmitgliedern, Herren: Rentier A h-
lers aus Roſtock, Dr. Gentzke aus Bützow, Paſtor
Hermes aus Lüſſow, Dr. Klooß aus Grabow, Dr.
Wiechmann aus Kadow, Lehrer Breem, Dr. För⸗
ſter, Apotheker Hollandt, Apotheker Müller, Land⸗
baumeiſter Koch, Hauptmann von Nettelbladt, Ree⸗
r Prahl, Lehrer Simonis, Lehrer Aug. Vermeh⸗
en, Ad. Vermehren, Gymnaſiaſt Vermehren,
mmtlich aus Güſtrow. Als Gaſt war Herr Candidat
aumann gegenwärtig.
Nachdem Herr Ad. Vermehren zum Protokoll⸗
‚er erwählt worden, trug Herr Landbaumeiſter Koch
von dem Vereinsſecretair, Herrn Dr. E. Boll, ein⸗
ndten Jahresbericht vor.
0 Jahresbericht.
Was zunächſt die Veränderungen in dem Perſonal⸗
2
beſtande der Vereinsmitglieder betrifft, fo verloren wir
durch den Tod die Herren:
Dr. Klinsmann in Danzig, correſpondirendes Vereins⸗
mitglied,
v. Conring, Hauptmann in Neuſtrelitz,
Karſten, Gerichtsrath in Roſtock (ſ. Archiv XX. 54),
Koch, Geh. Amtsrath in Schwerin (ſ. Archiv XX. 111),
Roggenbau, Rath und Stadtrichter in Neubrandenburg.
Ausgetreten aus dem Vereine ſind die Herren:
Bollé, Lehrer in Goldberg,
Grieſe, Apotheker in Lübeck,
Jatzow, Advoc. in Grabow (früher in Hagenow),
Knaudt, Geh. Reg. Rath in Schwerin,
Krohn, Lehrer in Stavenhagen,
v. Kühlewein, Collegienrath in Roſtock,
Ladewig, Profeſſor in Neuſtrelitz,
Löper, Dr. med. in Neubrandenburg,
Peters, Gutsbeſitzer in Sieden⸗Bollentin,
Rubien, Organiſt in Klütz,
Sahlmann, Lehrer in Stavenhagen,
Sarkander, Lehrer in Daſſow,
Schmidt, Sprachlehrer in Goldberg,
Schultz, Lehrer in Güſtrow. i
Dagegen erwarb der Verein an neuen Mitgliedern
die Herren |
Benthin, Dr. phil. in Hamburg,
Borchert, Dr. med. in Wismar,
Greve, Buchdrucker in Neubrandenburg,
v. Könen, Dr. phil. und Profeſſor in Marburg,
Lenz, Lehrer in Lübeck, |
en: 3
2 v. Meyenn, Kammerherr in Greſſe,
| Seeger, Director der Realſchule in Güſtrow,
Thoms, Kunſtgärtner in Matgendorf,
Vermehren, Gymnaſiaſt in Güſtrow,
Willebrandt, Gymnaſiaſt in Ratzeburg.
2 Die Geſammtzahl der ordentlichen Vereinsmitglieder be⸗
aääuft ſich demnach beim Jahresabſchluſſe auf 222.
Der Kreis unſerer Verbindungen mit auswärtigen
Vereinen iſt in dieſem Jahre nicht erweitert worden, durch
Schriftenaustauſch mit den bereits mit uns in Verkehr
ſtehenden hat aber auch in dieſem Jahre unſere Biblio-
thek einen ſehr anſehnlichen Zuwachs erhalten. Dieſelbe
fernerhin allein in meinen Zimmern zu beherbergen, iſt bei
dem unausgeſetzten Wachsthum des Büchervorraths nicht
mehr möglich, und daher der auf der Tagesordnung ſte⸗
3 hende Antrag, ein Local zur Aufbewahrung der Bücher zu
* miethen, völlig gerechtfertigt.
* Mit unſerer zu Güſtrow aufbewahrten Vereins⸗
B fammlung haben wir weniger Glück gehabt. Es ftand
dies von vorne herein zu erwarten, denn eine ſolche Samm⸗
* lung kann nur dann gedeihen, wenn anſehnliche Geld⸗
x * ſummen auf dieſelbe zu verwenden ſind, welche aber un⸗
3 baum etwas Brauchbares und da unter ben obwaltenden,
3 in der ganzen Organiſation unſeres Vereines wurzelnden
= een keine Ausſicht auf eine günſtigere Wendung in
4 der Lage der Sammlung vorhanden iſt, und wir Herrn
4
Lehrer Vermehren, der bisher mit der dankenswerthe⸗
ſten Bereitwilligkeit die Fürſorge für dieſelbe übernommen
gehabt hat, nicht zumuthen können, Jahr für Jahr ſeine
Zeit einer fo hoffnungslofen Angelegenheit zu widmen, ſo
dürfte darin der vom Herrn Landbaumeiſter Koch intimirte
Antrag, die Sammlung ganz aufzulöſen, ſeine Rechtferti⸗
gung finden. Wird dieſer Antrag zum Beſchluſſe erhoben,
dann möchte ich mir den Vorſchlag erlauben, daß:
1. Die noch vorhandenen geringen Geldmittel der
Hauptcaſſe überwieſen werden;
N
2. desgl. der Vereinsbibliothek das bei der Samm⸗
lung noch befindliche „Handbuch der Petrefaetenkunde von
Quenſtedt“ (zugleich mit einer Petrefactenſammlung von
Herrn L. Fromm in Schwerin angekauft);
3. desgl. der Vereinsbibliothek die vorhandenen, oben
erwähnten abgeſchloſſenen auf Meklenburg bezüglichen
Sammlungen, nebſt der von dem Baron A. v. Maltzan
geſchenkten Algenſammlung aus dem adriatiſchen Meere;
4. über den Verbleib des Reſtes der Sammlung und
die etwa zu derſelben gehörigen Schränke anderweitig zu
disponiren, falls eine Sendung der letzteren nach Neu⸗
brandenburg nicht wünſchenswerth und nicht zu koſtſpielig
ſein ſollte.
5. Herrn Vermehren den Dank des Vereines für
ſeine bisherige Mühewaltung auszusprechen und ihn zu
bitten, auf Koſten des Vereines die Verpackung und Ver⸗
ſendung der zur Aufbewahrung ausgewählten Gegenſtände
nach Neubrandenburg beſorgen zu laſſen.
In welcher Weiſe dieſer ganze Antrag in allen ſeinen
Einzelheiten durchzuführen fei, möchte wohl am beſten
6
9 durch eine aus den Güſtrower Bereinsmitgliebern zu er⸗
reennende Commiſſion feſtzuſetzen ſein. Möglich wird
= die Durchführung jener Maßregel in der von mir propo-
nirten Weiſe jedoch nur dann, wenn hier in Neubranden⸗
burg ein beſonderes Local für die Bibliothek beſchafft wer⸗
den kann, da ich anderweitig dieſen Zuwachs zu derſelben
nicht unterzubringen weiß.
Was endlich den dritten, auf der Tagesordnung ſte⸗
henden Antrag betrifft, ſo hat die Erfahrung, die wir ſeit
mehreren Jahren über den ſehr ſchwachen Beſuch der
Pfingſtverſammlungen gemacht haben, den An⸗
laß dazu gegeben. Vielleicht belebt ſich das Intereſſe an
bdenſelben wieder etwas mehr, wenn fie nicht alljährlich,
3 ſondern in beſtimmten, etwas längeren Terminen ſtattfin⸗
den. Den diesmal günſtigeren, bis auf ein Deficit von
nur 14 Thlr. 18 Sgr. 9 Pf. ermäßigten Caſſenab⸗
ſchluß zeigt. die Anlage J.
Herr Archivrath Dr. Liſch hat die Wiederwahl in
* den Vorſtand abgelehnt; auch meine eigenen Func⸗
5 tionen als Mitglied des Vorſtandes ſind ſtatutenmäßig er⸗
lloſchen, was bei der Abfaſſung der Einladungsbriefe zu
. erwähnen vergeſſen worden iſt.
i Leider bin ich nicht im Stande, die Güftrower Ver⸗
. ſammlung ſelbſt zu beſuchen, und ſende daher den an der—
ſelben theilnehmenden Vereinsmitgliedern ſchriftlich meinen
Gruß, indem ich mich ihrem franntichen Andenken beſtens
empfehle.
5 Neubrandenburg den 6. Juni 1867.
* Dr. E. Boll.
8
Anlage l.
Einnahme.
Jahresbeiträge von den Herren: 219°
v. Lützow⸗Boddin 5
v. Maltzan⸗Schwarzenhof | a5 Thlr. .,10
Dr. Brückner⸗Neubrandenburg |
Dr. Götze⸗Neuſtrelitz
Haug⸗Lübeck 8 . 1
Schröder⸗Treptow | e Fe
Twachtmann⸗Neuſtrelitz
Warncke⸗Lübeck
Prozell⸗ Hinrichshagen
Dr. Hellm. Scheven⸗Malchin
Dr. Herm. Scheven⸗Malchin à 17
Th. Scheven⸗Leuſchentin i e,,
Timm⸗Malchin
Unger⸗Friedland
212 Mitglieder a1 Thl.. 22
S. 243
Aus dem Verkaufe des Archi s. 1806
S8. 8, 1261| 6
Ausgabe.
Zur Deckung der vorigjährigen Rechnung = 5
An Buchdrucker Greve laut Rechnung a und d. 91 26
An Buchhändler Brünslow laut Rechnung e.. 28 226
An Buchhändler Krüger laut Rechnung 4. 31 15
Antiquariſch durch mich angekauft 13 20
An Buchbinder F. Boll laut Rechnung e und £ 29| 18] 9.
Verſicherung der wier 5 „
Pro diversis 23555 . 5 10
Porr us ae A
Jahresausgabe 275 24 9
Jahreseinnahme 261) 6
Mithin bleiben zu decken er 14| 18 9
Neubrandenburg den 6. Juni 1867.
Dr. E. Boll.
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8 . 5
1
7
Wie in dem Berichte erwähnt, war der Zeitraum,
für welchen Herr Dr. E. Boll als Vorſtand des Ver—
eins gewählt worden, abgelaufen, und es wurde der ge=
nannte Herr ſelbſtverſtändlich wiederum erwählt. Auch
die Vorſtandſchaft des Herrn Geh Archivrath Dr. Liſch
zu Schwerin hatte ihr Ende erreicht, und da derſelbe er⸗
klärt hatte, daß er das von ihm verwaltete Amt ferner
nicht mehr bekleiden könne, ſo mußte zu einer Neuwahl
geſchritten werden, bei welcher Herr Dr. Wiechmann zu
Kadow einſtimmig zum Vorſtand des Vereins gewählt
wurde; dieſer trat denn auch ſein Amt ſofort an.
Darauf begannen die Verhandlungen über die im
Jahresbericht enthaltenen Propoſitionen.
1) „Auflöſung der zu Güſtrow befindlichen Vereins⸗
„ſammlung und Dispoſition über die in derſelben be⸗
„findlichen Naturalien (Vereinigung der botaniſchen
„Sammlungen mit der Vereinsbibliothek in Neubran⸗
„denburg).“
Da Herr Director Seeger ſich erbot, ein eigenes
Zimmer in dem Realſchulgebäude für die Vereinsſamm⸗
lung einzuräumen, um den Vorwurf einer ungenügenden
Aufſtellung zu beſeitigen, da ferner die vielfältige Benu⸗
tzung der Herbarien, nicht allein von Freunden der Bo—
tanik zu Güſtrow, ſondern auch von ſolchen in anderen
Orten, durch den Bericht des mit der Beaufſichtigung be—
trauten Herrn Vermehren dargethan wurde, ſo beſchloß die
Geſellſchaft den Verbleib der Vereinsſammlung zu Gü—
ſtrow. Bereichert wurde dieſelbe durch ein Geſchenk des
Herrn Hauptmann v. Nettelbladt, beſtehend aus vier
Käſten mit Vögeleiern; ferner hatte Herr Gymnaſiaſt
28
Reincke in Ratzeburg das erſte Heft einer von ihm ver⸗
anſtalteten Sammlung der Mooſe Meklenburgs eingeſandt;
die anweſenden Botaniker ſprachen ſich ſehr lobend über
das Unternehmen aus, welchem ſie den beſten Fortgang
wünſchten.
2) „Bewilligung von Geldmitteln zur Miethe eines
„Zimmers für die Vereinsbibliothek, da es dem Biblio⸗
„thekar bei dem ſchnellen Zuwachs des Büchervorrathes
„nicht mehr möglich iſt, denſelben in ſeinen eigenen
„Räumlichkeiten unterzubringen.“
Die Verſammlung bewilligt die nöthigen Geldmittel
für ein Bibliothekzimmer, falls der Bibliothekar nicht an⸗
derweitig Aushülfe ſchaffen könnte. s
Bei dieſer Gelegenheit ſpricht die Verſammlung den
Wunſch aus, daß der Ankauf von Büchern möglichſt ein⸗
geſchränkt werde, damit das jährliche Deficit der Kaſſe
aufhöre. Es wird ferner gewünſcht, daß das Verzeichniß
der Vereinsmitglieder nur ein Jahr um das andere ab⸗
gedruckt werde, guch ſollen die eingelieferten Beiträge für
das Archiv der Verſammlung, oder wenn ſie ſpäter ein⸗
gehändigt, dem Vorſtand zur Prüfung vorgelegt werden.
Ueberhaupt will man die ſtarken Jahreshefte vermieden
wiſſen, bis die Vermögensverhältniſſe des Vereins einen
größeren Aufwand geſtatten.“ Es wurde jedoch beſonders
ausgeſprochen, daß man nicht daran denke, die Thätigkeit
1. Aehnliche Wünſche ſind ſchon früher, z. B. auf der Ver⸗
ſammlung des Jahres 1862 laut geworden. Man vgl. Archiv,
Jahrg. XVI, S. 8. — Das Verzeichniß der Mitglieder iſt in
dieſem Jahre weggefallen.
h lc
5 3) „Antrag, die Pfingſtverſammlungen hinfort nur
. Halle zwei Jahre ſtattfinden zu laſſen.“
. Es wurde beſchloſſen, die jährlichen Verſammlungen
N beizubehalten, da man befürchtet, daß verringerte Verſamm⸗
4 = lungen auch ein verringertes Intereſſe für den Verein und
„ deſſen Tendenzen herbeiführen möchten.
4) „Wahl des Ortes für die nächſte Pfingſtverſamm⸗
SE „lung und eines Localvorſtandes daſelbſt.“
2 Für das Jahr 1868 beſtimmte man Schwerin
als Verſammlungsort und als Localvorſtand daſelbſt den
5 Herrn Oberlehrer Dr. Hartwig.
Faour dieſe bevorſtehende Verſammlung wurde folgen—
der Zuſatz zu den Statuten intimirt:
„Da es wünſchenswerth iſt, daß der jedesmalige Se—
eretair die Verſammlungen möglichſt regelmäßig beſucht,
„ſo ſoll derſelbe darum gebeten werden. Es ſind ihm
„ferner die Koſten der Reiſe aus der k zu
„erſetzen.
Ferner proponirte Herr Dr. Gentzcke aus Bützow:
„Der Verein erwählt den Herrn Dr. E. Boll zu
„Neubrandenburg auf Lebenszeit zum Vereinsſecretair.“
Die nun folgende Unterhaltung war eine belebte. Herr
Apotheker Müller legte verſchiedene Pflanzen aus der
unmgegend von Güſtrow vor, als Leersia oryzoides
Schwarz, Cerastium semidecandrum glaberrimum und
die nun auch im Pregel aufgefundene Polamogeton zoste-
racea Fr., von welcher Exemplare an Liebhaber vertheilt
. wurden. — Allgemeines Jutereſſe erregten die vom Herrn
10
Landbaumeiſter Koch gezeigten Bruchſtücke eines foſſilen
Elephantenſtoßzahnes, die in einer Güſtrower Kiesgrube
am Schmiedeberge, in der Nähe der Nebel, aus einer
Tiefe von etwa 30 Fuß zu Tage gefördert waren. Wie
nur zu oft war der Fund von den den Werth deſſelben
nicht begreifenden Arbeitern ſchlecht behandelt worden, ſo
daß die angeblich 4—5 Fuß lange Maſſe zerſtückelt ab⸗
geliefert iſt. Nach einem Fragment, an welchem die äu⸗
ßerſte, noch ſehr harte, ſchmutzig gelbe Schicht vorhanden
iſt, muß nach der Krümmung der urſprüngliche Durch —
meſſer auf 5 Zoll geſchätzt werden, doch gehört dies Stück
noch nicht dem unterſten Theile an. Die inneren con⸗
centriſchen Lagen zeigten ſich anfangs weich und zerxeib⸗
lich, nach dem Austrocknen aber ſind ſie härter, weiß,
kreideartig und laſſen ſich leicht von einander abtrennen. —
Herr Paſtor Hermes zu Lüfjom zeigte darauf einen
ganz aus Glas angefertigten „Luftdruckmeſſer oder Baro⸗
meter⸗Controlleur“ vor, übergab auch über dies ſehr ein⸗
fache Inſtrument eine kleine Abhandlung, welche leider ver-
legt iſt. — Dann beſichtigten die anweſenden Vereins⸗
mitglieder das Zimmer, welches Herr Director Seeger
(ſ. oben) für unſere Sammlungen eingeräumt hatte und
ſprachen dem genannten Herrn ihren Dank für ſeine Güte
aus. — Auf Einladung des Herrn Landbaumeiſter Koch
begab ſich die Geſellſchaft nun in deſſen Wohnung und
hatte dort Gelegenheit, die ſchöne und reiche Sammlung
tertißrer Petrefacten des allgemein geachteten Geologen in
Augenſchein zu nehmen. — Es erfolgte darauf das Mit—
tagsmahl, welches leider nur ſchwach beſetzt, im übrigen
aber belebt war, und von dem aus dem Seeretair des
£ 11
Vereins, dem Herrn Dr. E. Boll, ein telegraphifcher
Gruß geſandt wurde. Die Anweſenden konnten nicht
ahnen, daß dieſer Gruß der letzte ſei, den ſie dem Freunde
auf dieſer Welt zuſenden würden!
Nach dem Mahle beſchloſſen die Anweſenden, den
Reſt des Tages im Freien zuzubringen und einen Ausflug
nach der Schöninſel im Gutower See zu unterneh-
men. Die Geſellſchaft wurde daſelbſt von dem Beſitzer,
Herrn Behrns, freundlich aufgenommen und zunächſt nach
dem höheren Theile des kleinen Eilandes geführt, von wo
aus man eine Ueberſicht über das fruchtbare Grundſtück
und die Ufer des Sees genießt. Auf dieſer Anhöhe, wo
einſt ein von einem Garten umgebenes Gebäude geſtanden
hat, fand man zwiſchen den Mauerreſten des alten Baues
die ſchon früher hier beobachteten Pflanzen Echinops
sphaerocephalus L. und Helleborus foetidus L., wäh⸗
rend bei den Wirthſchaftsgebäuden mehrere Exemplare von
Sambucus ebulus L. wachſen. Dieſe drei Pflanzen
ſcheinen ſich hier, nach ihrem üppigen Wuchſe zu urtheilen,
ganz eingebürgert zu haben. Auf der Schöninſel kommt
auch Helix Pomatia L. in großer Anzahl und ſchönen
Stücken vor.
Nach dieſem Spaziergange, der von dem ſchönſten
Wetter begünſtigt war, trennten ſich die Anweſenden mit
der Hoffnung, ſich im nächſten Jahre in Schwerin wie⸗
derzuſehen.
Erklärung.
Obſchon im Nachlaſſe des Herrn Dr. E. Boll die
Vereins⸗Acten in muſterhafter Ordnung vorlagen, ſo wollte
12
es doch nicht gelingen, von dem Berichte über die Gü⸗
ſtrower Verſammlung vom 12. Jun., welchen Herr Apo⸗
theker Müller zu Güſtrow abgefaßt hatte, mehr als ein
Bruchſtück aufzufinden. Da keine Zeit zu verſäumen war,
ſo blieb mir nichts übrig, als den vorſtehenden Bericht
nach dem erwähnten Fragment, den Erinnerungen verſchie⸗
dener Mitglieder und den eigenen Notizen niederzuſchrei⸗
ben, und glaube ich nichts Weſentliches vergeſſen zu haben.“
Das ſpätere Erſcheinen des diesjährigen Archivs habe
ich nicht verſchuldet; der hauptſächliche Grund der Ber-
zögerung iſt in dem mißlichen Geſundheitszuſtande unſers
Secretairs während ſeiner letzten Lebenszeit zu ſuchen. Als
ich am 24. Febr. die Redaction dieſes Jahrgangs über⸗
nahm, waren noch verſchiedene kleine Abhandlungen und
der Bericht über die Vereinsangelegenheiten zu beſeitigen;
ich hoffe jedoch, daß der Band im nächſten Monate den
Mitgliedern zugeſandt werden kann.
Kadow, den 8. März 1868. Wiechmann.
Für den nächſten Jahrgang des Archivs find bereits
folgende Arbeiten angemeldet worden:
F. Boll, Präpoſitus zu Neubrandenburg, Nekrolog
des Dr. E. Boll.
C. Struck, Lehrer in Waren, Ueber den Zuſtand
des v. Maltzanſchen Muſeums zu Waren.
Wiechmann, Dr. zu Kadow, Der aſchgraue unter⸗
oligocäne Sandſtein in Meklenburg und deſſen Fauna
nach Dr. E. Boll's Aufzeichnungen.
Anmerk. Der verſtorbene Dr. E. Boll hat ver⸗
ſchiedene mehr oder weniger vollendete geologiſche Abhand-
lungen hinterlaſſen, welche ich nach und nach veröffent—
lichen werde.
Wiechmann.
1. Nachdem dieſer Bogen bereits gedruckt war, hat ſich auch
der Bericht über die vorigjährige Verſammlung vollſtändig an⸗
gefunden.
Ueberſicht des Inhalts:
Geognoſte.
Beiträge zur Geognoſte Meklenburgs, mit beſonderer Be:
rückſichtigung der Nachbarländer, von Dr. E. Boll
Bemerkungen über einige norddeutſche e
von Dr. C. M. Wiechmann
Mitteloligocänes Thonlager zu Egeln bei Magen von
Wiechmann BR
Thonlager bei Goldberg, von Dr. Wiechmann 3
Literatur.
Geognoſtiſche Literatur Pommernns
Meteorologie.
Die Gewitter der Jahre 1864 —66, von Dr. E. Boll.
Meteorologiſche Beobachtungen auf der Station Hinrichs⸗
hagen, 21. Jahr, von Prozell, (die angehängte
Tabelle).
Vereins⸗ Angelegenheiten.
Bericht über die Verſammlung am 12. Juni in Güſtrow
Verſchiedenes.
Fiſchregen in Pommern und Meklenburg
Beſtimmungen des Längen⸗Unterſchiedes zwiſchen Schwerin
und Wuſtrow durch Chronometer⸗Reiſen
R eeiſſe nn
&
15
157
121
Zoologie.
S.
Feinde der Platten⸗Miesmuſchel (Congeria Chemnitzii
For), von C. Strunk
Ornithologiſ ches .
Anzeigen
eiträge zur Geognofie
Meklenburgs
von
Dr. Eruſt Boll.
Von Dr. Boll's Geognoſie Meklenburgs, in welcher
er die Reſultate feiner geologiſchen und paläontologiſchen
Forſchungen vorlegt, iſt der die ſiluriſche Formation be⸗
treffende Theil zum größten Theil vollendet, und werden
in demſelben vielfach ältere Anſichten über die Cephalopo⸗
den (Ig. XI) und Trilobiten (Ig. XII) berichtigt. Dieſer
ſehr wichtige Theil ſoll nach und nach in unſerem Archiv
veröffentlicht werden, jedoch nur dann, wenn es gelingt, die
Mittel zur Herſtellung der nothwendigen Abbildungen zu⸗
ſammen zu bringen, denn die ſorgfältigſte Beſchreibung
einer neuen Art kann die Abbildung nicht erſetzen; die |
Wiſſenſchaft unſerer Tage beanſprucht ſolche Abbildungen,
und ſie hat völlig Recht.
17
IV. Alluviale Neubildungen.
Meklenburg und ſeine Nachbarländer ſind ſehr reich
an Niederungen, deren Boden aus Wieſen, Torfmooren
und Brüchern beſteht. Nach einer vor etwa 40 Jahren
durch E. v. Storch mitgetheilten Berechnung * waren
allein in Meklenburg⸗Schwerin an den Flüſſen (alſo mit
Ausſchluß der kleineren iſolirten Wieſen,) von ſolchen Nie⸗
derungen vorhanden im Gebiete der
F „ 15,940,146 IR.
Sude und Rögnitz .. 8,696,275
CCCTTJVCCCC ia 2 244,022
e
e a Li
ehe 229,88
C220,
„„ K 41761. 280
Hohenvichelſchen Canals . 1,524,079
Cee
C 530,457
Summa 52,191,912 IR.
oder 20 [ Meilen, — ein Areal, welches ſich durch Sen⸗
kung und vollſtändige Entwäſſerung mehrerer Seen feit-
dem noch nicht unanſehnlich vergrößert hat. Rechnen wir
für Meklenburg⸗Strelitz und das Fürſtenthum Ratzeburg,
welche von jener Berechnung ausgeſchloſſen ſind, noch etwa
5 [ Meilen hinzu, fo würde das geſammte Areal der
meklenburgiſchen Niederungen auf mindeſtens 25 [Meilen
ſich belaufen, alſo etwa den zwölften Theil des Flächen⸗
inhalts der beiden Großherzogthümer ausmachen.
1. Schweriner Freimüth. Abendblatt 1826 No. 407.
2
18
Dieſe Niederungen tragen faſt durchgängig ein ganz
eigenthümliches Gepräge an ſich. Ihr Boden iſt, eine ge⸗
ringe und nur durch den Waſſerlauf oder durch Nivelli⸗
rung erkennbare Senkung abgerechnet, völlig horizontal,
und gleich einer Waſſerfläche ſchieben ſich die grünen Wie⸗
ſenſpiegel zwiſchen die Thalgehänge ein, welche ihre Ufer
bilden. Unwillkührlich wird man bei ihrem Anblicke auf
die Idee geführt, daß dieſe Niederungen einſt offene
Waſſerbecken waren, — und ſo ſcheint es ſich auch
in der That zu verhalten, denn nicht allein ſehen wir
dieſen Proceß der Umwandelung von Seen und Teichen
in Wieſen noch unter unſeren Augen fortſchreiten, ſondern
wir haben auch mehrfache Beweiſe dafür, daß dasjenige,
was wir jetzt für feſten Wieſenboden halten, in der
That oft nur eine Decke iſt, welche das darunter noch
vorhandene Waſſerbecken unſeren Blicken entzieht.
Ausgefüllet oder überbrückt ſind dieſelben im Laufe
der Zeiten durch Torf, Moder und Wieſenkalk,
drei aus der Zerſetzung organiſcher Weſen hervorgegangene
alluviale Neubildungen, welche wir in dem Folgenden der
Reihe nach in ihren Eigenthümlichkeiten genauer zu ſchil⸗
dern verſuchen wollen. f
Daß der Torf ein vegetabiliſches Product ſei, ſetze
ich als hinreichend bekannt voraus. Die Bedingungen
ſeiner Bildung ſind: Zufluß von Waſſer, gehinderter Ab⸗
fluß deſſelben, und endlich eine für das Waſſer undurch⸗
dringliche Bodenunterlage. Die in dieſem Waſſer vege⸗
tirenden und abſterbenden Pflanzen müſſen ſich zerſetzen
können, ohne doch gänzlich in Fäulniß überzugehen, und
iſt dann der jährliche Zuwachs der Vegetation größer als
—
19
die vollſtändige Verweſung des Abſterbenden, und findet
keine Entfernung des letzteren durch Menſchenhände oder
durch Naturkräfte ſtatt, ſo bleibt eine größere oder gerin⸗
gere Menge bald mehr, bald minder zerſetzter vegetabiliſcher
und daher brennbarer Subſtanz als Torf zurück. — Eigent⸗
liche Waſſerpflanzen haben jedoch an der Torfbildung keinen
Antheil. Denn wenn dieſe auch noch ſo maſſenhaft vor
kommen, wie insbeſondere die Charen, Myriophyllen, Ce⸗
ratophyllen, Waſſerranunkeln und Potamogeton-Arten, —
ja ſelbſt die dicken Wurzelſtöcke der Seeroſen, — ſo gehen
ſie doch immer in den Zuſtand der Fäulniß über, und
werden durch die dabei entwickelten Gaſe an die Oberfläche
der Gewäſſer gehoben, wo ſie gänzlich verweſen, oder ſie
bilden, wenn ſie reich ſind an mineraliſchen Beſtandtheilen,
wie viele Charen, einen kalkhaltigen (Wieſenkalk), oder or⸗
ganiſchen Brei (Moder), der andern Gewächſen zwar zur
Unterlage dienen kann, nie aber ſelbſt Torf wird, zu deſſen Er⸗
zeugung Pflanzen gehören, die reich an ſchwer zerſetzbaren
Siulbſtanzen find, wie die Torfmooſe und viele phanero⸗
1 gamiſche Ufer⸗ und Sumpfpflanzen. !
| An der Mod erbildung betheiligen ſich außer jenen
ſchon genannten ſich gänzlich zerſetzenden Waſſerpflanzen
beſonders die mikroſkopiſch kleinen, zu den Algen gehörigen
Diatomaceen und kieſelſchalige Infuſorien, welche ſich
während der warmen Jahreszeit in ſtagnirenden Gewäſſern
in ſo großer Menge entwickeln, daß die Reſte dieſer kleinen
pflanzlichen und thieriſchen Organismen oft allein hinreichen,
. Pokorny, in den Verhandl. der zool, botan, Geſell. in
Wien. VIII. 300. IX. 90.
a.
20
binnen wenigen Jahren kleinere Waſſerbecken gänzlich aus⸗
zufüllen.
Der Wieſenkalk verdankt, wie ſchon geſagt, ſeinen
Urſprung vorzugsweiſe den Charen oder Armleuchter⸗Ge⸗
wächſen, von denen die norddeutſche Flora eine anſehnliche
Anzahl von Arten aufzuweiſen hat. Mehrere derſelben
beſitzen in hohem Grade die Eigenſchaft, kohlenſauren Kalk
abzuſondern, mit welchem ſich die Pflänzchen vollſtändig
überrinden. Bei der Chara foetida (vulgaris) ſoll der
Kalkgehalt bis auf etwa 73 und bei Ch. hispida bis auf
faſt 57°/, ihrer feſten Beſtandtheile anſteigen können. Sie
wachſen geſellig, indem ſie alle anderen Pflanzen aus ihrem
Bereiche zu verdrängen pflegen, und kommen daher in
manchen Seeen und Teichen in ungeheurer Menge vor,
und zwar wohl nur in ſolchen, deren Boden und Gewäſſer
einen ſehr ſtarken Kalkgehalt beſitzt; denn ſelbſt ſchaffen
können ſie den Kalk natürlich nicht, ſondern ſie müſſen
ihn anders wo her entlehnen. Da ſie einjährige, im Herbſt
abſterbende Pflanzen find, fo mußten ſich aus ihren Reſten
allmälig anſehnliche Maſſen von Kalk an dem Boden der
Gewäſſer, welche ſie bewohnen, zuſammenhäufen. Derſelbe
iſt mit zerſetzken organiſchen Stoffen mehr oder weniger
gemengt, und zeigt mitunter eine zwar feine, aber deutliche
Schichtung, von der jede Lage offenbar die Reſte einer
beſonderen Vegetationsperiode enthält, ſo daß alſo dieſe
Schichten gleichſam den Jahresringen der Bäume ent⸗
ſprechen. Da die Charen aber zu ihrem Gedeihen eine
gewiſſe Waſſertiefe bedürfen, jo ſterben fie aus, wenn
dieſe nicht mehr vorhanden iſt; andere Torf- und Wieſen⸗
boden bildende Pflanzen ſiedeln ſich auf ihnen an, und
21
bilden ſodann eine neue, von dem Kalk ſehr verſchiedene
Bodenſchicht, welche dann das Kalklager verdeckt. — Von
Farbe iſt dieſer Kalk weiß, wird aber oft durch Beimiſchung
verweſeter organiſcher Stoffe mehr oder weniger grau, und
durch Eiſenoxydhydrat mitunter gelblich; er bildet in der
Erde faſt immer eine feuchte, ſchmierige Maſſe, welche aus⸗
getrocknet zu einem krümeligen Pulver von ſehr feinem
Korn nird. Kleine Süßwaſſerconchylien, den Gattungen
Limnaeus, Planorbis, Bithynia, Valvata, Cyclas und
Pisidium angehörig, pflegen ihm in größerer oder gerin⸗
gerer Anzahl beigemengt zu ſein, ſo wie man auch kleine
bandartige Pflanzenreſte häufig durch ſeine ganze Maſſe
zerſtreut findet. |
Dieſe vorſtehend geſchilderten Stoffe treten theils
ſelbſtſtändig, theils mehrfach durch einander greifend auf, und
geben ſo den Anlaß zu verſchiedenartigen Neubildungen,
zu deren näherer Betrachtung wir uns nun wenden wollen.
Die untergeordnetſte Rolle in der Bildung neuer Lager
f ſpielt der zuletzt beſprochene Wieſenkalk. Derſelbe tritt
zwar durch ganz Meklenburg in ſporadiſcher Verbreitung
auf, jedoch nirgends in bedeutender Mächtigkeit und Aus⸗
dehnung, — am mächtigſten vielleicht bei Roggow im Amte
Güſtrow, wo er in einer Wieſe in einer Tiefe von 10 bis
12“ ein ſich über 800 Quadratruthen erſtreckendes 2 bis 12°
mächtiges Lager bildet; in Pommern aber ſollen ſogar
16“ mächtige Lager vorkommen. Ganz beſonders häufig
wuchern die Charen, denen er ſeinen Urſprung vorzüglich
verdankt, im ſüdlichen Theile von Meklenburg⸗Strelitz, wie
3. B. im Zierker See bei Neuſtrelitz, in den Seeen um
Mirow, Weſenberg und Priepert, von wo ſich der Charen⸗
22
Reichthum öſtlich und ſüdlich bis in die Seeen der Uker⸗
mark und Mittelmark hinein verbreitet; weſtlich vom Amte
Mirow iſt die Müritz reich daran, aber nicht an allen
Orten, ſondern nur ſtellenweiſe: bei Waren nur in der
Gegend des Schweine⸗Werders, ſodann bei Gottün, Röbel
und Vipperow; auch noch weiter ſüdweſtlich in Meklenburg,
— ja ſelbſt ganz im äußerſten Weſten des Landes, im
Dümmerſchen See und im Schalſee treten dieſe kalkbil⸗
denden Pflanzen in Menge auf, ſowie auch in Holſtein
und Pommern. .
Die chemiſchen Beſtandtheile derjenigen Charen-Art,
welche ihres maſſenhaften Vorkommens wegen und weil
ſie die Fähigkeit Kalk abzuſcheiden im höchſten Grade be⸗ f
ſitzt, am meiſten zur Erzeugung des Wieſenkalkes beiträgt,
hat Herr Schultz aus Fleeth durch Analyſen kennen gelehrt.“
Es iſt dies die widerlich riechende Chara foetida, oft auch
von den Botanikern mit dem Namen Ch. vulgaris belegt.
Der Aſchengehalt der trockenen Pflanze betrug bei Nr. 1
in 100 Theilen 54,584 und bei Nr. 2: 68,395. Hun⸗
dert Theile der Aſche ergaben in
Nr. 1. Nr. 2.
NI 0,0 023
Naltrenn ri ee
Chlorunteium: -; .. 0% Ds
Send 0007008
e, BA
Magnefßß Pe Me
1. Kieler Schulzeitung 1856 Nr. 43. — Die anſehn ·
lichſten Wieſenkalklager Pommerns ſind cases in der Zeit⸗
ſchrift d. deutſch. geol. Geſellſch. IX. 480.
2. Fromm, im Archiv f. meklenb. Landeskunde 1857 S. 172.
ME a a
N re
23
Nr. 1. Nr. 2
Phosphorſäure . 0, 0,6
Schwefelſaäure 0, 028
Kohlenſäure . 42, 42½6
C e
f 100% 99,75
Während dieſe Charen dem Geognoften einen be⸗
deutſamen Fingerzeig über die Beſchaffenheit des Bodens
geben, dem ſie entſprießen, da wahrſcheinlich dieſen lacuſtren
Chara⸗Wieſen Kalkmaſſen von älterer Bildung nicht fern
liegen, dienen die friſchen ineruſtirten Pflanzen ſchon feit
langen Zeiten in Meklenburg, der Ukermark und der
Mittelmark unter dem Namen Poſt (wohl aus Compoſt
verkürzt!) als Dünger; ja, in den ſandreichen Gegenden
des bezeichneten Gebietes gilt dieſe Poſtdüngung für un⸗
entbehrlich und die ſogenannte „Poſtfiſcherei“ iſt in Mek⸗
lenburg ſogar durch geſetzliche Beſtimmungen geregelt.
Letztere beginnt etwa 14 Tage vor Michaelis und dauert
bis ſpät in den Herbſt hinein. Sie wird von Kähnen aus
betrieben und die Pflanzen werden mit langen eifernen
Harken aus dem Seegrunde hervorgeholt und ſodann friſch
und nicht ſehr dick über den Acker ausgeſtreuet, aber nicht
ſogleich untergehakt, ſondern mindeſtens 8 Tage lang der
zerſetzenden Einwirkung der Luft überlaſſen, bis ſie ganz
weich und ſo mürbe geworden ſind, daß ſie ſich leicht mit
dem Haken und der Egge zertheilen und dem Boden bei⸗
mengen laſſen; letzteres darf aber nicht bei naſſer Witte⸗
rung geſchehen und auch das friſch gedüngte Land nicht
im Regen beeggt werden. Selbſt reiner Flugſand ſoll in
Folge der Poſtdüngung ganz gute Roggenernten gegeben
24
haben und auch dem Hafer, dem Buchweizen und der Kar⸗
toffel ſoll dieſelbe zuſagen, — doch ſcheinen die Anſichten
über die Wirkſamkeit des Poſtes als Dünger und über
die beſte Art und Weiſe ſeiner Verwendung bei den Land⸗
leuten noch mehrfach zu differiren.“ Jedenfalls verdient
dies Hülfsmittel der Bodencultur von Seiten der Wiljen-
ſchaft viel mehr Aufmerkſamkeit, als man ihm bisher ge⸗
ſchenkt hat. |
Wo ſich aus den abſterbenden Charen ſchon wirkliche
Lager von Wieſenkalk gebildet haben, benutzt man dieſelben
theils, gleich dem Poſt, zum Mergeln der Felder, viel⸗
fältig aber auch zum Kalkbrennen. Sehr viele Kalk⸗
öfen in Meklenburg werden einzig und allein mit dieſem
Materiale geſpeiſet, wie z. B. in M.⸗Strelitz zu Gr.⸗Ne⸗
merow, Blumenholz, Zierke u. ſ. w., — in M.⸗Schwerin
bei Gr.⸗Helle, Schwerin (auf dem Kalkwerder), Dümmer,
Zarentin u. ſ. w.
Schließlich will ich gelegentlich der alluvialen Kalk
bildungen noch erwähnen, daß auch aus einzelnen unſerer
Quellen, welche wahrſcheinlich in verborgenen Wieſenkalk⸗
lagern ihren Urſprung nehmen, ein travertinartiger
Niederſchlag ſich abſetzt. Als ſolche kenne ich die Eliasbeck
bei Prilwitz, einige Quellen bei Kl.Nemerow und bei
Teterow, — deren Waſſer nicht allein kalkige Incruſta⸗
zonen bildet, ſondern bei Kl.Nemerow ſogar einen platten⸗
förmigen, feſten, unter dem Hammerſchlage erklingenden
1. S. über dieſen Gegenſtand: Siemſſen in der Monats⸗
ſchrift von und für Meklenburg 1791 S. 103 ff.; Nützl. Beitr.
zu den Strelitz. Anzeigen 1783 St. 13. 14; Klöden, Beitr. X,
10; Fromm im Archiv für meklenb. Landeskunde 1857 S. 45 ff.
25
Kalkſtein. — Auch in Hinterpommern kommen mehrere
bedeutende Lager von Kalktuff vor. “
Was nun die Moder- und Torfbildung an⸗
betrifft, ſo findet man auch dieſe in allen möglichen Sta⸗
dien der Entwickelung.
Moder bildet ſich fortwährend in Waſſerbecken von
nicht bedeutender Tiefe, — in Häfen, kleinen Seeen, Tei⸗
chen, Söllen und Pölen. Im Hafen zu Wismar 3 8.
wo Ehrenberg im Jahre 1839 Unterſuchungen über dieſen
Gegenſtand anſtellte, wurden wöchentlich 36 Laſt (a 6000
Pfund) Schlamm ausgebaggert, alſo bei 7’/, monatlicher
Thätigkeit regelmäßig jährlich 1080 Laſt oder 64,800 Ctr.
à 100 Pfd., und den Ctr. zu 1 Kubikfuß gerechnet, 64,800
Kubikfuß. Seit hundert Jahren, und darüber, iſt dies
ununterbrochen fortgeſetzt, mithin ſind ſeit hundert Jahren
dort etwa 108,000 Laſt oder 6,480,000 Kubikfuß Schlamm
aus dem Fahrwaſſer entfernt worden. Nimmt man im
Mittel (Ehrenberg fand / bis ½,) auch nur ½ des
Volumens als ſichtlich organiſch, ſo hatten in Wismar
während des letzten Jahrhunderts die kleinen mikroſkopi⸗
ſchen Weſen, welche vorzugsweiſe den Moder bilden, circa
684,000 Kubikfuß, — oder jährlich 6,840 Kubikfuß, d. i.
45 Schachtruthen, — zu jener Maſſe beigetragen. — Noch
viel maſſenhafter entwickeln ſich dieſelben im Hafen zu
Pillau. Dort werden jährlich circa 2000 Schachtruthen
Schlamm weggeſchafft, welcher nach Ehrenberg zu '/, bis
½ aus mikroſkopiſchen organiſchen Reſten beſteht; dieſelben
liefern hier alſo jährlich 500 bis 1000 Schachtruthen oder
1. Zeitſchr. d. deutſch. geol. Geſellſchaft. IX. 480 f.
26
72,000 bis 144,000 Kubikfuß Schlamm, in hundert Jahren
alſo 50,000 bis 100,000 Schachtruthen. Eine gleich an⸗
ſehnliche Schlammproduckion durch Vermittelung organiſcher
Weſen fand Ehrenberg in der Elbmündung bei Cuxhafen,
denn auch dort war faſt die Hälfte des Schlammes orga⸗
niſchen Urſprungs. *
Werden die Becken, in denen der Moder ſich bildet,
nicht von Zeit zu Zeit gereinigt, ſo füllt derſelbe ſie bald
gänzlich aus; theils aber ſchafft man ihn um des Waſſers
willen hinweg, theils auch um ihn ſelbſt zur Düngung des
Bodens zu benutzen. Doch iſt in letzterem Falle mit Vor⸗
ſicht zu verfahren, weil der Moder mitunter eine ſehr be⸗
trächtliche Menge von Schwefeleiſen enthält, woraus ſich .
hernach, wenn er der Luft ausgeſetzt liegt, Eif envitriol
bildet. Bringt man nun ſolchen Moder, der ſich in ſeinem
Ausſehen gar nicht von dem gewöhnlichen unterſcheidet, auf
den Acker, ſo zerſtört er dort alle Vegetation, weßhalb den
Landleuten, bevor ſie ihn verwenden, eine chemiſche Unter⸗
ſuchung deſſelben dringend anzurathen iſt.
Wird der Moder aber nicht hinweggeſchafft, und hat
er endlich das ganze flache Becken ausgefüllt, ſo geſtaltet
er ſich entweder zu einem Sumpf um, in welchem Elſen
emporwachſen, die ſodann ein Bruch bilden, oder es
ſiedelt ſich die bültenbildende Carex stricta auf ihm an und
giebt Veranlaſſung zur Entſtehung der eigenthümlichen
Gebilde, auf welche G. Brückner zuerſt aufmerkſam gemacht
hat, und die in Ungarn, wo man ſie in neueſter Zeit ger
1. Leonhard und Bronn Jahrb. 1843, S. 114. — Noch
mehr Aufſchlüſſe hierüber giebt Ehrenberg ohne Zweifel in ſei⸗
ner Microgeologie, welche mir leider nicht zu Gebote ſteht.
27
3 nauer erforſcht hat, Zſombek⸗Moore genannt werden.
Dieſe Zſombeks in den künſtlich trocken gelegten Mooren
Ungarns ſind aus Wurzelgeflecht beſtehende iſolirte Säulen
von 2 bis 4, Höhe, deren Hauptmaſſe aus Stolonen
und Wurzeln des Rohrs beſteht, auf denen ſich dann oben
Raſen von Carex stricta angeſiedelt haben. In Meklen⸗
burg ſind ſolche Bültenbildungen eben nicht ſelten, beſon⸗
ders auffallend ausgeprägt trifft man ſie aber in den Nie⸗
derungen der Haideebene an, die in neuerer Zeit durch
Abzugsgräben trocken gelegt ſind, wie z. B. bei Langen⸗
haide. Hier ſind einige flache Lachen von geringer Aus⸗
dehnung übrig geblieben, die durch Regenwaſſer geſpeiſet
werden, in der wärmeren Jahreszeit aber ſo austrocknen,
daß ihr Boden zum Vorſchein kommt. Dieſer beſteht aus
einer ganz ſchwarzen, oft nur wenige Zoll dicken Erdſchicht,
welche unmittelbar auf Sand lagert; es zeigt ſich dann
aber auf ihm auch nicht die geringſte Spur einer Vege⸗
tation, ſondern nackt bleibt er den ganzen Sommer über
liegen. Auf dieſem ſchwarzen pflanzenleeren Boden er⸗
heben ſich aber inſelartig in großen Zwiſchenräumen ein⸗
zelne ſchroff aufſteigende Bänke, deren Oberflächenausdeh⸗
3 nung durchſchnittlich etwa 9 bis 12 Quadratfuß, und deren
Höhe 2 bis 4 Fuß beträgt. Ihre Seiten fallen ſenkrecht
zum Boden der Lache ab und ſie beſtehen hauptſächlich
aus dem nur aufwärts fortwachſenden Raſen der Carex
stricta, auf welchem ſpäter Vaccinien und Haidekraut fort⸗
baueten und ſich ſogar einige Salices anſiedelten. —
Nach Dr. Kerner's Unterſuchungen können ſolche Moore
1. G. Brückner in m. Geognoſte der deutſchen Oſtſee⸗
länder. S. 18 f.
23
fich mit der Zeit in Wieſen umwandeln. Wenn nämlich
die Raſen bis zu einer beſtimmten Höhe über das Niveau
des Waſſers emporgewachſen ſind, ſo hört ihr weiteres
Wachsthum nach Aufwärts auf und ſie wachſen dann mehr |
in die Breite; nach und nach füllen ſich die Zwiſchenräume
aus, um mit einer neu entwickelten Vegetation ſich zu über⸗
ziehen, und ſobald dieſe überhand nimmt, ſtirbt Carex
stricta nach und nach aus. 1
Viel häufiger aber bilden ſich auf den Gewäſſern mit
moderhaltigem Boden durch Rohr, welches durch Stolonen
in horizontaler Richtung weiterwächſt, ſchwimmende Inſeln
oder ſchwimmende, mit dem Ufer zuſammenhängende Decken,
welche durch ſich einniſtende Riedgräſer (Carices), Woll⸗
gräſer (Eriophorum), Gräſer — namentlich Agrostis sto-
lonifera — und Laubmooſe nach und nach ein immer
dichteres und feſteres Gewebe erhalten. f
Schwimmende Inſeln, auf die eben bezeichnete
Weiſe entſtanden und bisweilen ſelbſt ſo groß und ſolide,
daß ſie im Stande ſind anſehnliche Bäume zu tragen, ſind
eine zwar weit auf Erden verbreitete, aber doch nirgends
häufige Erſcheinung. Die erſte Erwähnung einer ſolchen
aus einem nicht fernen und mit Meklenburg in geognoſti⸗
ſcher Beziehung in naher Verwandtſchaft ſtehenden Lande
finden wir im Jahre 1683 bei Beckmann in deſſen historia
orbis terrarum, worin er berichtet, daß bei der Stadt
Gerdau in Oſtpreußen eine 350 Schritt lange und 250
Schritt breite als Viehweide benutzte ſchwimmende Inſel
ſich befände. Ausführlicher berichtet hernach im Jahre
1. Verhandl, d. zool. botan. Geſell. in Wien VIII., Sitz.
Ber. 35, Abhandl. S. 315. IX. Abhandl. S. 87.
*
4
28.
1707 C. F. Raſt über dieſelbe in feiner dissertatio de
insula natante Gerdaviensi, aus welcher wir erfahren,
daß die Inſel ſich damals in drei Stücke getheilt hatte,
deren größtes 212 Ellen lang und 117 Ellen breit und
etwas mehr als 2 Ellen dick war. Dieſe beſtanden aus
einem ſehr leichten, in getrocknetem Zuſtande verbrennlichen
Wurzelgeflechte von Rohr, Riedgras u. dgl., welches von
Mooſen durchwebt war und trugen auf ihrer Oberfläche
Gras und vormals ſogar auch einige Bäume zu der Wind
trieb mit dieſen kleinen Inſeln ſein Spiel, indem er ſie
bald hier bald da hin flößte. Aus dem Schweigen der
früheren preußiſchen Hiſtoriographen über dieſe Inſel mit
C. F. Raſt ſchließen zu wollen, daß ſie zu ſeiner Zeit noch nicht
hundert Jahre alt geweſen ſei, möchte aber doch etwas
gewagt ſein. — In Melklenburg giebt es zahlreiche ſchwim⸗
mende Rohrinſeln, — Pläne genannt, — auf dem Fried⸗
lander Mühlenteiche. Ihr Boden iſt noch jo wenig feſt,
daß ſie nur vermittelſt darüber gelegter Bretter überſchritten
werden können. Sie treiben auf dem Waſſer, vom Winde
bewegt, hin und her und wachſen dabei nicht allein fort⸗
während an ihrer Peripherie weiter und vereinigen ſich
unter einander, ſo wie mit dem Ufer, ſondern es füllt ſich auch
allmälig der Raum zwiſchen ihnen und dem Teichboden
mit Moder aus, wodurch ſie endlich ihre Beweglichkeit
verlieren. Der Teich hat auf dieſe Weiſe ſeit Menſchen⸗
gedenken eine anſehnliche Einbuße an ſeiner Waſſerfläche
erlitten.
1. Auch bei Kyſchtimsk im Gouvernement Orenburg ſollen
mit großen Bäumen beſtandene ſchwimmende Inſeln vorhanden
fein, — ſ. G. Roſe, Reiſe in den Ural II. 146 Anm:
30
Denſelben Vegetationsproceß, dem dieſe ſchwimmenden
Inſeln ihr Daſein verdanken, ſehen wir aber noch viel
häufiger und ausgedehnter am Rande der Waſſer⸗
becken vor ſich gehen. Schwimmende Decken, wie ſie
oben geſchildert ſind, breiteten ſich vom Ufer aus allmälig
immer weiter über die Gewäſſer aus und überbrückten die⸗
ſelben endlich vollſtändig. Anfangs nur eine dünne ſchwan⸗
kende Bodenſchicht bildend, conſolidirten ſie ſich hernach
entweder zu einer feſten, aus Wieſenboden beſtehenden
Brücke, oder die Decke ſenkte ſich durch den jährlichen Zu⸗
wachs an Pflanzen auf ihrer Oberfläche ſtärker und ſtärker
beſchwert, allmälig immer tiefer zum Boden des Waſſer⸗
beckens hinab, bis ſie daſſelbe endlich vollſtändig mit einer
Torfmaſſe ausgefüllt hatte. — Alle Stadien dieſes Bil⸗
dungsproceſſes ſind durch zahlreiche Beiſpiele in unſerem
Lande vertreten, ja — in den größeren Niederungen laſſen
ſich alle dieſe Stadien ſogar noch nebeneinander beobachten,
indem die tiefſten und waſſerreichſten Stellen der Becken
in ihrer Entwickelung hinter den flacheren zurückgeblieben
find. So iſt z. B. die in der nordöſtlichen Ecke von
Meklenburg⸗Strelitz belegene, über 1 Quadratmeile große
Niederung ſchon bis auf den Galenbecker und Putzarſchen
See, — deren Spiegel ſich jährlich verkleinern, zugewachſen,
desgleichen die 1 Meile lange und / Meilen breite Nie⸗
derung bei Doberan bis auf den Coventer See, deſſen
Ufer aus ſchwimmenden Rohrbülten beſtehen, die allmälig
zuſammenwachſend, eine ſchwimmende Decke bilden, welche
den Spiegel dieſes Waſſerbeckens von Jahr zu Jahr ver⸗
kleinert. x
Die Schnelligkeit dieſes Bildungsproceſſes iſt wahr⸗
31
ſcheinlich nach der Ortsbeſchaffenheit ſehr verſchieden.
Bei der geringen Aufmerkſamkeit, die man ihm bisher ge⸗
ſchenkt hat, liegen darüber nur ſehr wenige Beobachtungen
vor. Von der Stendelitz, einem kleinen See bei Altſtrelitz,
meldet im Jahre 1775 ein aufmerkſamer Beobachter, daß
er nun ſchon ſeit 25 Jahren eine beſtändige Abnahme des
Waſſers in demſelben und eine Zunahme der den See
umgebenden Wieſen, Brinke und Gärten wahrgenommen
habe. „Da, wo man vor 25 Jahren mit dem Sommer⸗
und Wintergarn fiſchte (heißt es in dem Berichte,) wirbt
man jetzt ſchon Rohr und Heu, obgleich dieſe Gegenden
noch quebbig ſind; und da, wo man vor eben ſo vielen
Jahren auf einer quebbigen Fläche heuete, ſind ſeither ſchon
feſte Brinke entſtanden, worauf man mit gutem Erfolge
ſchon Gärten angelegt hat: und ſo verliert ſich das Waſſer
von Jahr zu Jahr, während das feſte Erdreich beträchtliche
Eroberungen macht, und allem Anſcheine nach werden keine
25 Jahre mehr vergehen, bis es von der Stendelitz heißt :
„se iſt geweſen!“ Schon mitten auf ihrer Oberfläche er⸗
hoben ſich hin und wieder kleine flache, ſchwimmende In⸗
ſeln. Oft treiben ſtarke Winde dieſe an's Ufer, und ſo
wie ſie dort anwachſen, kommen an ihrer früheren Stelle
andere zum Vorſchein. Allerlei Waſſergewächſe, beſonders
große Mümmelchen⸗Wurzeln, erheben ſich über die Waſſer⸗
fläche, nehmen gegen die Gewalt des Windes die zwiſchen
ihnen aufſteigende ſchlammige Erde in Schutz, und geben
dem anfliegenden Baumſamen Gelegenheit Wurzeln zu
ſchlagen. Von ferne ſcheint der See noch ziemlich waſſer⸗
reich, aber wenn man ſich mit einem Kahne auf denſelben
begiebt, läuft man Gefahr in Moraſt und Schlamm
32
ſtecken zu bleiben. Die Fiſche haben ſchon feit etlichen
Jahren ihre Auswanderung vermittelſt des langen Baches,
zu gewiſſen Jahreszeiten in großen Schaaren, nach dem
Trebbower See angeſtellt: dies Jahr aber war es wegen
der lange anhaltenden Dürre mehr als je ſichtbar. Im
Juni und Juli drangen ganze Wollen kleiner Barſche und
Plötzen in den nordoſtwärts einfließenden Bach ſo häufig
ein, daß man, ſo flach und klar das Waſſer auch iſt, an
etlichen Orten den Grund nicht ſehen konnte; ſie waren
nur 1, höchſtens 2“ lang, denn große Fiſche wagten ſich,
weil dort viel Verkehr von Menſchen iſt, nicht an dieſe
Stelle. Aber deſto anſehnlicher war zu gleicher Zeit deren
Auswanderung durch den fündftlich ausfließenden Bach.
Dieſer war diesmal mehr als ſonſt, in einer ziemlich lan⸗
gen Strecke von der Stendelitz an, häufiger mit Schlamm
und Moraſt als mit Waſſer angefüllt. Nur die ſtärkſten
und größten Fiſche konnten ſich durcharbeiten, und in der
That, ſie machten ein ſo ſeltſames Gewühl, daß man ſich
nicht ſatt daran ſehen konnte. Manchmal glitten etliche
mehr auf dem Rücken als auf dem Bauche über die Ober⸗
fläche des Schlammes hinweg, bisweilen wälzten ſich die
einen über die anderen hin; nichts war leichter, als daß
man ſich ihrer in dieſem Zuſtande bemächtigen konnte, und
dies Fiſchen im Trüben dauerte mehrere Wochen, bis die
Folgen des anhaltenden Regenwetters den Emigranten den
Weg zum Trebbower See erleichterten. Auch verſchiedene
Waſſervögel, die ſonſt ihren Aufenthalt an der Stendelitz
hatten, waren ſchon ſeit Jahren nach und nach ausgeblie⸗
ben, wie z. B. der Roodümp (Bolaurus stellatus) feit
12 Jahren, die Schwäne ſeit 5 Jahren, die wilden Gänſe
33
und ſelbſt die Rohrſperlinge; nur die wilden Enten und
Fiſchreiher waren geblieben.“ “ — Ob jene Prophezeihung,
daß die Stendelitz bald ganz verſchwunden ſein werde,
jetzt ſchon erfüllt ſei, habe ich trotz vieler Erkundigungen
nach ihren Schickſalen, noch immer nicht in Erfahrung
bringen können!
Außer dem Zuwachſen dieſes See's führt jener Beob⸗
achter noch drei andere Beiſpiele aus derſelben Gegend
an. Zwiſchen Alt⸗ und Neuſtrelitz befinde ſich eine feſte
Viehweide, und dieſen Platz hätten alte Leute noch als
einen See gekannt, der den Namen „der faule See“ ges
führt habe. Ein anderer zwiſchen Altſtrelitz und Uſerin
gelegener See, der trockene See genannt, ſei alten, noch
lebenden Leuten aus dem Munde ihrer Eltern noch der
Größe nach bekannt, daß er mit zwei Wadenzügen genutzt
worden ſei; jetzt wäre er ſchon bis auf eine geringe Oeff⸗
nung zugewachſen, und wo vormals gefiſcht worden, ſtän⸗
L auch abgedruckt in Boll, Archiv IN, 102.
Ko) 5
den jetzt Erlen, Birken, Tannen, Weiden u. ſ. w.; auch
der Bürgerſee werde merklich kleiner. — Ein anderes in⸗
ſtructives Beiſpiel bietet die Lieps bei Prilwitz dar. In
derſelben iſt auf der großen Schmettau'ſchen Specialcharte
von Meklenburg⸗Strelitz vom Jahre 1780 etwa 60 Ruthen
von der Südſpitze der Landzunge des Liepſer Bruches
entfernt noch eine kleine Inſel (der Bacherswall) gezeichnet,
die jetzt durch eine etwa 200 Schritt lange Wieſe mit
der äußerſten Spitze jener Landzunge zuſammenhängt;
wahrſcheinlich iſt das ganze Liepſer Bruch, bis auf die
Horſte, eine dem Vegetationsproceß ihren Urſprung ver⸗
1. Mützliche Beiträge z. d. Strelitzer Anzeigen 1775 St. 39,
3
2A
dankende Neubildung, und Tolenſe und Lieps bildeten ein
einziges Waſſerbecken, aus welchem jene Horſte als Inſeln
hervorragten. — In allen dieſen älteren Fällen, die
ſich ohne Zweifel auch noch aus andern Gegenden Mek⸗
lenburgs in großer Zahl würden nachweiſen laſſen, iſt eine
künſtliche Entwäſſerung durchaus nicht im Spiele geweſen;
in neueſter Zeit iſt man aber dieſem Proceß durch Sen⸗
kung von Seeſpiegeln, durch Anlegung von Abzugsgräben,
ſo wie durch Drainage vielfach zu Hülfe gekommen und
hat ihn weſentlich dadurch beſchleunigt.
Eine eigenthümliche Erscheinung find die ſchwimmenden,
beim Betreten erzitternden Wieſendecken, in Meklenburg
„Fennbrücher“ genannt, ein Name, der ſich auch in anderen
germaniſchen Sprachen in der Bedeutung von „Sumpf,
Moor, Torfmoor“ wiederfindet; » im Hannöverſchen, —
in dem St. Jürgener Lande an den Ufern des Fluſſes
Hamm, — nennt man ſie, „Dobben“, in Dänemark
„Gynge“, d. h. die Schaukel, in Ungarn „Lap“. — Das
Rohr iſt in ihnen ſchon im Abſterben begriffen, und wird
von raſenbildenden Gräſern und Halbgräſern, (namentlich von
Agrostis stolonifera und Carex-Arten,) verdrängt und
erſetzt; manche dieſer Decken ſind auch reich an Fennmoos
(Sphagnum sp.), Fennbeeren (Vaccinium Oxycoccos)
1. Dies kann aber nur in vorgeſchichtlicher Zeit der Fall
geweſen ſein, denn in einer Urkunde vom Jahre 1273 wird
ſchon der „decursus aquae defluentis de stagno Lipiz usque in
stagnum Tolense“ erwähnt; es waren alſo die Verhältniſſe da⸗
mals im Weſentlichen ſchon ebenſo, wie ſte jetzt vorliegen.
2. Im Angelſächſiſchen, Engliſchen, Isländiſchen und Schwe⸗
diſchen: kenn; im Frieſiſchen: keen; im Holländiſchen: ven, veen.
DDD
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1
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*
25
und Sonnenthau (Drosera sp.), und ſelbſt Birken, Weiden
und andere Bäumchen finden ſich gelegentlich auf ihnen
an. Sie ruhen auf Waſſer oder mehr oder weniger flüſ⸗
ſigem Moraſt, und wenn die Decken nur dünne ſind, iſt
ihr Betreten gefahrvoll, indem man ſie dann leicht durch⸗
brechen und unter ihnen verſinken kann. Letzterem vorzu⸗
beugen, banden ſich (wie Fr. Jahn im Jahre 1806 berichtet,)
die Landleute in der Dobertiner Gegend, wo viele ſolcher
Fennbrücher vorhanden ſind, wenn ſie das Gras darauf
mäheten, Brettchen von der Länge eines halben Klafters
unter die Füße, — eine Vorſichtsmaßregel, die man auch
heutigen Tages noch bei den Bewohnern Oldenburgs an⸗
trifft, welche ihre großen Moorflächen nicht ohne derartige
Bretterſandalen zu betreten wagen.
In Meklenburg find kleinere Fennbrücher gar nicht
ſelten, in viel größerer Ausdehnung aber traf man ſie früher
in dem ſüdlichen Gränzlande, nämlich in der faſt 30 Qua⸗
dratmeilen großen, nur durch eine Menge inſelförmig aus
ihr hervorragender größerer und kleinerer Plateau's unter⸗
brochenen Niederung, die unter dem Namen des großen
Havelländiſchen Luch's den 9 Meilen langen Raum
zwiſchen Oranienburg und der Havelmündung einnimmt.
Mit Ausnahme der bezeichneten Inſeln, deren größere
durch eigene Namen (das Land Rhinow, das Land
Frieſack, der Nuß⸗Winkel, das Land Bellin, das Land
Glien) unterſchieden werden, — bieten alle Theile deſſel⸗
ben dem Auge eine weite, ſehr ebene Grasfläche dar, deren
faſt horizontale Sohle, verbunden mit anderen Umftänden, gar
nicht daran zweifeln läßt, daß ſie ehedem den Boden eines
großen Gewäſſers, von welchem noch einige Reſte als
3
Seen übrig geblieben find, gebildet habe, aus welchem jene
Plateau's als Inſeln hervorragten. Dieſe Flur wird nur
zwiſchen dem Lande Frieſack und Bellin durch einen ſchönen,
aus der Grasfläche ſich erhebenden Laubwald, der Zotzen !-
genannt, unterbrochen. Bis zum Jahre 1718, wo deſſen
Urbarmachung begann, war dies große Luch eine wilde
Urgegend, wie die Hand der Natur ſie gebildet hatte.
Klöden * hat von derſelben eine jo anſchauliche Schilderung
entworfen, die auch ohne Zweifel auf den früheren Zuſtand
unſerer großen meklenburgiſchen Niederungen paßt, daß
ich mir nicht verſagen kann, die weſentlichſten Züge daraus
mitzutheilen.
„Weit und breit bedeckte ein Raſen aus zuſammen⸗
gefilzter Wurzeldecke von bräunlich⸗grüner Farbe die waſſer⸗
gleiche Ebene, deren kurze Grashalme beſonders den Ried⸗
gräſern (Carex vulpina, paniculata, stellulata, acuta
und Pseudo- Cyperus), jo wie der Aira caespitosa und
aquatica angehören. Agrostis vulgaris, Holcus lanatus
und Arundo Calamagrostis, hier und da auch Melica
coerulea, treten dazwiſchen, und ſtellenweiſe erhoben ſich
wie Stacheln in Gruppen die ſtielrunden Blätter der Binſen
und des Scirpus ovatus und caespitosus. Im Juli iſt
die Fläche auf weite Strecken weiß, wie mit Schnee be⸗
deckt von den Büſcheln des Wollgraſes (Eriophorum).
Die haarigen Blätter des Sonnenthau's, die Fennbeere,
dazwiſchen die Sträuße der ſchönblühenden Andromeda,
des Haidekrautes und gelegentlich auch der zarten Erica
1. Was mag dieſer Name, den auch zwei Seen im ſüdlichen
Theile von Meklenburg⸗Strelitz führen, bedeuten?
2. Beiträge u. ſ. w. VIII. 45 ff.
7
c 22 c 2 U BE rd
FEIN
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7 5
37
Tetralix und der prachtvollen Gentiana Pneumonanthe,
unterbrechen ſtellenweiſe jenen Raſen, auf deſſen Grunde
unter den Gräſern die gelbgrünen Blätter des Fennmooſes
hervortreten. Auf naſſen Stellen ſteht die in zwerghafte
dichte Gebüſche verwachſene Werftweide » (Salix repens),
gemengt mit der kleinen Rosmarinweide und der größeren
Saalweide, an anderen Stellen bildet die Elfe hohe Ge⸗
büſche, oder das Schilfrohr ſteigt ſchlank aus dem Waſſer,
mit grauen Rispen, in dichtem Gedränge große Flächen
in Beſitz nehmend und nur ſtellenweiſe dem Bullenpeſel
(Typha) Raum gönnend, oder auch der hochragenden Sees
binſe (Scirpus lacustris), während in den Gräben u. ſ. w.
das ſo zierlich blühende Dreiblatt (Menyanthes) ſich weit
ausbreitet, der wohlriechende Kalmus die Ränder begleitet
und hin und wieder mit der gelben Waſſerlilie (auch Ade⸗
barsblön genannt,) wechſelt. Trockenere Stellen bedecken
niedere Birkengebüſche, auch der Porſt (Ledum) tritt in großen
Gruppen auf, mit mehreren Farnen (namentlich der ſchönen
Osmunda, ) vergeſellſchaftet, während andere Stellen nur
mit Laubmooſen bewachſen ſind.“
„In jedem Frühjahre quoll der Boden dieſes Luchs
durch das hervordringende Grundwaſſer auf, die Raſendecke
hob ſich in die Höhe, bildete eine ſchwimmende elaſtiſche
Fläche, welche bei jedem Schritte unter den Füßen ein⸗
ſank, während ſich ringsum ein flach trichterförmig anſtei⸗
1. Wie das Wort Luch, ſo iſt auch dieſer Name noch
ſlaviſchen Urſprungs und lautet jetzt z. B. im Serbiſchen werba,
im Böhmiſchen wrba, im Polniſchen wierzba. Auch der Name
Elſe (Alnus glutinosa) iſt wohl ohne Zweifel auf das altſla'
viſche wolsa zurückzuführen; der deutſche Name dieſes Baumes
iſt Eller, — ob auch „Erle“, darüber habe ich manche Bedenken.
38
gender Abhang bildete. Andere Stellen, welche ſich nicht
in die Höhe heben konnten, ſogenannte Tanken, “ wur»
den überſchwemmt, und ſo glich das Luch in jedem Früh⸗
jahr einem weiten See, über welchen jene gehobenen Ra⸗
ſenſtellen wie grüne ſchwimmende Inſeln zwiſchen den er⸗
höheten Plateau's hervorragten, während an anderen Stellen
die Weiden, Elſen und Birkengebüſche ſich mit ihren
Wipfeln im Waſſer ſpiegelten, oder da, wo ſie auf ſandigen,
aus dem Moore emporſteigenden Bodenanſchwellungen
(ſogenannten Horſten,) gewachſen waren, kleine Wald⸗
inſeln darſtellten. — Die umliegenden Ortſchaften ver⸗
ſuchten es, dem Luche dadurch einigen Nutzen abzugewinnen,
daß ſie ihre Kühe darin weiden ließen, und das freilich
ſchlechte ſaure Gras, ſo gut es ging, mäheten. Beides
war nur mit großer Mühe zu erreichen. Das Vieh mußte
häufig durch die Lanken ſchwimmen, um Grasſtellen zu
finden, oder es ſank in die weiche Decke tief ein, zertrat
dieſelbe, daß bei jedem Fußtritt der braune Moderſchlamm
emporquoll, ja daß es ſich oft nur mit großer Mühe wieder
herausarbeitete. Das Gras wurde dabei ſo tief in den
Boden getreten, daß es ſich nicht wieder erheben konnte,
und nach längerem Abweiden fanden die Kühe nur eine
ſehr ärmliche Nahrung, arbeiteten ſich dabei ſehr ab, wur⸗
den ſchmutzig und mager, und verloren die Milch. Oft
blieb auch eine Kuh im Moraſt ſtecken, und ward nach
unſäglicher Mühe kalt, kraftlos und krank wieder heraus⸗
1. Sy ſchreibt Klöden und dies Wort würde vielleicht auf
das flaviſche lanka, d. h. Wieſe, zurückführen; ſollte es aber
wohl nicht in Blänken umzuwandeln ſein? Hier in Mek⸗
lenburg wenigſtens bezeichnet man ſolche überſchwemmte Wie⸗
ſenſtellen (da blankes Waſſer darauf fteht,) mit letzterem Namen.
39
gebracht, oder wenn dies zu ſchwer hielt, an dem Orte,
wo ſie verſunken war, geſchlachtet und zerſtückt heraus⸗
getragen. Nur im hohen Sommer und bei trockener Witte⸗
rung war der größte Theil des Luch's zu paſſiren; dann
mähete man das Gras, allein nur an wenigen Stellen
konnte es mittelſt Wagen herausgebracht werden; an den
meiſten mußte man es bis in den Winter in Haufen ſtehen
laſſen, um es bei gefrorenem Boden einzufahren. Gar
oft aber waren die Haufen oben und unten verfault, auch
nicht ſelten, wenn der Wind ſie zerſtört hatte, durch und durch
verdorben. — So wenig nutzbar dies Luch für Menſchen
und gezähmtes Vieh war, ſo vortrefflich war es für das
Wild geeignet. In früheren Zeiten hauſeten hier ſelbſt
Thiere, welche jetzt in der Mark nicht mehr vorkommen,
wie Luchſe, Bären und Wölfe, und daß es an anderem
Wilde nicht gefehlt haben werde, läßt ſich hiernach ſchon
erwarten. Beſonders aber waren es die Sumpfvögel,
Kraniche, Störche u. ſ. w., welche hochbeinig in dieſem
Paradieſe der Fröſche umherſtolzirten, und mit ihnen be,
wohnten die Waſſer ein unendliches Heer von Enten aller
Art, nebſt einer Unzahl anderer Waſſervögel. Kibitze,
Rohrſänger, Birkhähne und andere die Bruchgegenden lie⸗
benden Vögel waren in Menge vorhanden. Außer dem un⸗
abſehbaren Heere der Fröſche enthielten die Gewäſſer viele
Schildkröten und der Zotzen viele Schlangen, und wolken⸗
artige Schwärme von Mücken und Schnaken erfüllten in
der wärmeren Jahreszeit die Luft. — Die Flüſſe und Bäche !
1. Mehrere derſelben führen den Namen Rhin einer heißt
die Lieze, — beides ſehr alte Namen, deren erſterer auch
noch in England bei Sedgemoor vorkommt, wo breite, tiefe
a
des Luch's zogen ſich bei geringem Gefälle in unzähligen
Krümmungen durch daſſelbe hin und floſſen langſam der
Havel zu; ſie traten häufig über, und in der Regel war
die Niederung bis in den Juni überſchwemmt. In Kriegs⸗
zeiten bildete es eine vortreffliche natürliche Schutzwehr
für das dahinter liegende Land. — Die aus vegetabiliſchen
Reſten beſtehende Decke des Bodens iſt an den meiſten
Stellen 2—3 dick, an vielen noch weit mehr. Der Unter⸗
grund iſt meiſtens Thon oder Mergel, an vielen Stellen
Sand. In 14 Tiefe hat man ganz unten im Torfe Eich⸗
bäume mit Stämmen, Wurzeln und Zweigen gefunden,
welche aber von Feuchtigkeit durchdrungen und ganz ſchwarz
waren. |
Beiſpiele bewaldeter Fennbrücher, wie ſolche in
anderen Gegenden des Erdballs noch vorkommen, ſind mir
aus Norddeutſchland nicht bekannt. Die Beſchaffenheit
mancher unſerer Torflager deutet aber darauf hin, daß
auch früher derartige bewaldete Decken vorhanden waren,
und es wird daher nicht ohne Intereſſe ſein, ein Beiſpiel
derſelben aus der gegenwärtigen Zeit kennen zu lernen.
Ein ſolches bietet der große Dismal-Swamp in Nordame⸗
rika dar, welchen Lesquereux folgendermaßen beſchreibt: !-
„Der Boden dieſes ungeheuren Sumpfes beſteht durchweg
aus Torf und zwar ſo dick, daß ich es vergebens verſucht
habe, mit einem langen Rohre durch das Torflager hin⸗
Gräben mit ihm belegt werden (ſ. Macaulay history of England
Tauchn, ed. vol. I. 171 ff.); vielleicht ift unſer meklenburgiſches
Wort „Rije“ nur aus jenem verderbt. Auch der Ausdruck
Lieze taucht vielfach in Norddeutſchland auf, ſeine Bedeutung
ſcheint aber etwas ſchwaukend zu ſein.
1. Zeitſchr. d. deutſch. geol. Geſell. IV. 695.
3
5
;
durch zu dringen. Er wird von tiefen Canälen durch⸗
ſchnitten, deren Ränder ebenfalls lediglich aus Torf beſte⸗
hen. Es war dies kaum anders zu erwarten, da die ganze
Vegetation eine dem Torfmoor eigenthümliche iſt, beſtehend
wie in der Schweiz hauptſächlich aus Sphagnum, nächſt
welchem die Rohre am häufigſten ſind. Letztere wachſen
überall bis zu einer Höhe von 8—12“, und ſtehen ſo dicht,
daß man ſich kaum anders als mit dem Beile in der
Hand einen Weg durch dieſelben bahnen kann. Indeß iſt
doch ihre Baſis, ſo dicht ſie auch ſtehen mögen, immer
mit Sphagnum bedeckt, welches ſich in einem dichten Tep⸗
pich ausbreitet, ſobald die Rohre gelichtet werden. Außer⸗
dem fand ich eine Menge anderer Geſträuche, beſonders
Andromeden und ein dichtes Gewebe von Schlingpflanzen;
über dieſelben ragt ein weiter Dom von hohen herrlichen
Bäumen hinaus, Tulpenbäume und Magnolien, 100 bis
150° hoch, Ahorne, einige Coniferen und am Rande des
inneren See's in bedeutender Anzahl ein prächtiges Taxo-
dium. Dieſer See, der Drummond-See, welcher 15 eng⸗
liſche Meilen im Innern des Sumpfes liegt, hat ungefähr
6 Meilen im Umfange und ſcheint ganz kreisförmig zu
ſein. Man kann ihm nur mit Kähnen beikommen, denn
ſobald man ſich ihm nähert, fängt das Waſſer im Walde
an zu ſteigen, indem die Bäume ſich ſenken, und
man müßte von Baum zu Baum ſchwimmen, bevor man
eine freie Ausſicht gewinnen könnte. Ich fand Taxodiums,
von denen nur noch die Krone ſichtbar war, und andere,
deren Stamm zur Hälfte im Waſſer ſteckte. Die Tiefe
des See's beträgt nirgends mehr als 15, und überall iſt
ſein Boden mit umgeſtürzten Bäumen bedeckt. Obgleich
fein Niveau keinem Wechſel unterworfen ift, iſt es doch
kein Zweifel, daß ſein Spiegel ſich erweitert, und zwar
durch Abbruch der ſchwimmenden Ufer. Wenn nämlich
die Decke, welche den unterirdiſchen See überzieht, zu
ſchwer wird, ſo ſenkt ſie ſich leiſe und allmälig, zuerſt in
der Mitte und dann nach und nach gegen die Ränder,
wodurch die Bäume zum Umſturz gebracht werden.“
In manchen Fällen hat die ſchwimmende Decke eine
ſolche Feſtigkeit erlangt, daß fie ſich von gewöhnlichem
Wieſenboden gar nicht unterſcheidet, obgleich ſie immer
noch ein Waſſerbecken, und zwar mitunter von anſehnlicher
Tiefe, unter ſich birgt. Daß dies der Fall iſt, hat ſich
in neuerer Zeit mehrfach bei Anlegung der Chauſſeen und
Eiſenbahnen gezeigt. So ſank z. B. die von Teterow
nach Lage führende Chauſſee, welche bei dem Dorfe Perow
über Wieſenboden geführt wurde, bei ihrer Anlage plötzlich
in einer Nacht tief an dieſer Stelle ein. Ein anderer
Fall der Art ereignete ſich auf der Chauſſeeſtrecke zwiſchen
Plau und der Appelburg; man hatte dort im Winter
1844/45 das Planum an einer Stelle über einem Moore
aufgeſchüttet, als aber das Thauwetter eintrat, verſank die
aufgetragene Erde, und man ſah, daß man auf einer nur
6“ dicken torfartigen Erdſchicht gebauet hatte, welche über
einem 30“ tiefen Waſſerbecken ruhete: alte Leute wollten
ſich auch noch erinnern, dort früher blankes Waſſer geſehen
zu haben. Aehnliche Erfahrungen machte man, als im
Herbſt 1846 der Erddamm für die Wismar- Schweriner
Eiſenbahn durch die Wieſe geführt wurde, in welcher der
Wall der alten Feſte Meklenburg liegt; deun eines Mor⸗
gens war auch hier das Planum verſchwunden, und ſtatt
—
deſſen ein 30—407 tiefer Teich ſichtbar, in deſſen Nähe durch
den unterirdiſchen Seitendruck ſich einige kleine Hügel in der
Wieſe erhoben hatten. Auch in Meklenburg⸗Strelitz iſt ein ſol⸗
cher Fall bei Blumenholz, zwiſchen Neubrandenburg und Neu⸗
ſtrelitz vorgekommen; man führte hier das Chauſſeeplanum
über ein Bruch, trotz der Warnung eines alten Hirten,
daß dort dem Boden nicht zu trauen ſei, — und ſiehe da!
ſie verſank auch hier recht gründlich.
Was nun endlich den Torf betrifft, ſo zerfällt der⸗
ſelbe hinſichtlich ſeiner Beſchaffenheit, ſeiner Bildungsge⸗
ſchichte und der Oertlichkeit, wo er auftritt, in mehrere
characteriſtiſch ſich unterſcheidende Arten. Da eine genauere
wiſſenſchaftliche Erforſchung derſelben aber in Meklenburg
leider faſt noch ganz und gar fehlt, ſo ſind wir vorläufig
gezwungen unſere Mittheilungen hauptſächlich aus einem
anderen Lande, welches dem unſrigen in naturgeſchichtlicher
Beziehung ſehr nahe verwandt iſt, — nämlich aus Däne⸗
mark, zu entlehnen, über deſſen Torfbildungen namentlich
Forchhammer's und Steenſtrup's Forſchungen ſchon viel
Licht verbreitet haben e
Am zahlreichſten ſind in Meklenburg vorhanden und
die größte Ausdehnung beſitzen die Wieſenmoore oder
1. Ueber norddeutſche Torfmoore handeln ausführlicher:
Wiegmann, über die Entſtehung, Bildung und Weſen des
Torfes, Braunſchweig 1837. — Griſebach, über die Bildung
des Torfes in den Emsmooren, Göttingen 1846. — Poulſen,
über ein Torfmoor in Holſtein (im amtl. Bericht über die XI.
Verſammlung deutſcher Land⸗ und Forſtwirthe in Kiel, Altona
1848, S. 515); desgl. Binge, (über das am Ausfluſſe des Cis⸗
marſchen Kloſterſee's in die Oſtſee belegene Torfmoor) in den
Schriften der Marburger Geſell. zur Beförderung der geſammten
Naturwiſſenſchaft, 1823, Bd. I. 167 ff.
Ash I
Flachmoore, welche die Vertiefungen der weiten flachen
Flußthäler einnehmen und auch an den Rändern der Seeen
vorkommen, ja ſelbſt an der Oſtſeeküſte in ſchmalen Buch⸗
ten, aus denen ſich das Meerwaſſer zurückgezogen hat.
Ihre Oberfläche iſt eben und überragt ein benachbartes
Niveau nie bedeutend. Zu ihrer Speiſung bedürfen ſie
hartes Waſſer mit reichlich gelöſeten unorganiſchen Stoffen,
unter denen namentlich der Kalk eine wichtige Rolle zu
ſpielen ſcheint. Rohr, Binſen und andere krautartige
Sumpf⸗ und Uferpflanzen haben den hauptſächlichſten An⸗
theil an ihrer Bildung, Laubmooſe dagegen nur einen ſehr
untergeordneten. Die Mächtigkeit dieſer Lager beträgt
gewöhnlich nur 5— 12“ und ihre Maſſe iſt braun oder
ſchwarz, und dichter, ſtärker zerſetzt und von einem größeren
Aſchengehalte, als der Torf der Hochmoore. Nicht ſelten
ruhen ſolche Wieſenmoore auf Wieſenkalk und ſtellenweiſe
geht letzterer ſogar allmälig in erſteres über; auch wo dies
nicht der Fall iſt, finden ſich in dieſem Torfe oft vereinzelt
ealcinirte Gehäuſe lebender Sumpfſchnecken, welche dem
Torfe der Hochmoore gänzlich fehlen. Da die Pflanzen,
welche die Vegetationsdecke der Flachmoore bilden, keine
hygrofkopiſchen Eigenſchaften haben, alſo das Grundwaſſer
nicht über deſſen natürliches Niveau hinauf zu treiben ver⸗
mögen, ſchließt die Torfbildung in der Höhe des Waſſer⸗
ſpiegels ab und die Torflager werden durch Wieſenpflanzen
erſetzt, deren Reſte keinen Torf mehr bilden, ſondern nur
ſogenannte Bunkerde (eine trockene, loh⸗artige Erde), oder
eine ſchwarze, unverbrennliche Dammerde. Der oft an⸗
ſehnliche Kalkgehalt dieſer Torfmoore erklärt es, warum
die fie überdeckende Wieſenflora mitunter einen beträcht⸗
Fr REN
8
7
a.
lichen Reichthum an kalkliebenden Pflanzen zeigt, wie z.
B. mehrere ſchöne Orchideen, Primula farinosa, Gentiana
Amarella und vielleicht noch manche andere Zierden un⸗
ſerer Flora (z. B. Sweertia, Saxifraga Hirculus, Pedicularis
Sceptrum, falls dieſe zu den kalkliebenden gehören).
Wie groß dieſer Kalkgeh alt zuweilen ſei, erhellt z. B.
aus einer Analyſe der Aſche eines in den Wieſenmooren
bei Malchin und Sommersdorf im Jahre 1850 geſtochenen
Torfes, welche Herr Apotheker F. Timm ausgeführt und
mir mitgetheilt hat. Dieſer Torf lieferte 7 bis 8% Aſche,
und letztere enthielt in 100 Gewichtstheilen
zu Malchin, Sommersdorf:
46,5 40,16 kohlenſauren Kalk,
n 4,72 kohlenſaure Talkerde,
7 5 1185 ſchwefelſaure Kalkerde,
10 2710 Kieſelerde, Eiſenoryd, Thonerde
8 und Mangan,
4760 In, Chlorkalium, ſchwefelſaures Kali
und Schwefelcalcium,
30,00 49 in Waſſer und Salzſäure unlös⸗
liche Beſtandtheile.
100% 100,90
In jenem Jahre wurden zu Malchin 6,968,000 Soden
Torf geſtochen, welche in getrocknetem Zuſtande à 24 Loth
ſchwer waren und à 2 Loth Aſche lieferten. Das Ge—
ſammtgewicht der Aſche war alſo 13,936,000 Loth oder
435,000 Pfund. Rechnen wir nun, da die Analyſe an
einem zu kleinen Quantum Aſche ausgeführt iſt, um ſo
ohne Weiteres als Norm für eine ſo große Maſſe dienen
zu können, ſtatt jener 435,000 Pfund deren auch nur
300,000 Pfund oder 3000 Centner, ſo wären in der
45
Malchiner Torfaſche aus dem Stiche des Jahres 18
vorhanden geweſen:
1380 Centner kohlenſaure Kalkerde,
90 „ kohlenſaure Talkerde,
210 „ Gypps,
> Kieſelerde aus in Säuren löslichen Verbin⸗
dungen geſchieden. ;
Wenn auch die Sohle mehrerer an der meklenburgi⸗
ſchen und pommerſchen Oſtſeeküſte vorhandener Torfmoore
(3. B. bei Greifswald, Sülz, Doberan) tiefer liegt, als
der Meeresſpiegel, fo hat doch die Meeresvegetation.
dort nirgends einen Beitrag zur Torfbildung
geliefert,» — ſelbſt da nicht, wo ſolche Moore, wie die
3. B. bei dem heiligen Damme, bei dem Dorfe Müritz
(zwiſchen Roſtock und dem Fiſchlande), bei Swantuſt auf
Wollin * und bei Strand⸗Moſe an dem ſüdöſtlichen Zipfel
1. Sie kann auch nur einen ſehr geringen liefern, da nach
neueren Unterſuchungen die Algen, welche die Hauptmaſſe
der Meeresvegetation bilden, ſich überhaupt nicht zur Torfbil⸗
dung eignen. Es bleibt alſo für dieſe nur das Seegras
(Zostera) übrig, und etwas Torf, welcher dieſer Pflanze ſeine
Entſtehung verdankt, ſoll wirklich auf den Inſeln des Wismar⸗
ſchen Buſen vorhanden ſein. Mir iſt über denſelben jedoch
weiter nichts bekannt geworden, als die kurze Notiz, daß Pro⸗
feſſor Ehrenberg 1852 in der Octoberſitzung der Berliner Aka⸗
demie eine vorläufige Mittheilung gemacht habe, über die An⸗
wendung des Mikroſkops zur Eutſcheidung der wichtigen Frage
über die Exiſtenz von wahrem Meerestorf, und große Proben
ſolchen von mikroſkopiſchen Meeresthieren ganz durchdrungenen
Zoſteratorfes von den „Inſeln der Oſtſeeküſte bei Wismar“
vorgelegt habe. — (Froriep Tagesberichte u. ſ. w. 1852 Nr. 676
S. 240.) N g
2. Der Torf liegt am Strande zwiſchen Swantuſt und
Heidebrink; ſeine Oberfläche iſt nur wenig höher als der Meeres-
ſpiegel und er ragt bis in die Oſtſee hinein, welche Stücke von
47
der Inſel Möen ſogar gegenwärtig von den Fluthen der
Oſtſee überſpielt werden; an letzterer Stelle liegt der
Torf etwa 2“ unter dem gewöhnlichen Waſſerſtande, iſt
angefüllt mit Gehäuſen von Süßwaſſerſchnecken noch leben⸗
der Arten und enthält zugleich viele Knochen von Schweinen,
Pferden und Rehen, — auch Reſte eines im Torfe wur⸗
zelnden Baums wurden unter Waſſer geſehen *
Auch die zum Theil ſehr mächtigen Torfſchichten,
welche an der Nordſeeküſte von Schleswig an bis zum
Ausfluſſe der Schelde ziemlich allgemein unter den Meeres⸗
alluvionen auftreten, und in Oſtfriesland mit dem Namen
Darg bezeichnet werden, ſind nur ein Product der Süß⸗
waſſervegetation. Den wahrſcheinlichen Bildungsgang
beſſelben beſchreibt Profeſſor Forchhammer ? folgender»
maßen: „An allen flachen Küſten (ſagt derſelbe,) wo die
Wellen Sand und kleine Steine mit ſich führen, bildet
ſich in einiger Entfernung vom Ufer eine Sandbank,
welche parallel mit demſelben in größerer oder ge⸗
ringerer Entfernung hinläuft. Dieſe Sandbank iſt eine
Barre, gebildet an dem Orte, wo die von der Küſte
zurückgeworfene Welle der fortſchreitenden begegnet. Wenn
eine ſolche Sandbank nun bei ſtarken Stürmen und hohen
Fluthen über den gewöhnlichen Stand des Meeres auf⸗
geworfen wird, oder eine regelmäßige Hebung des Landes
ihm abſpült. — Der Name Swantust iſt ſlaviſch und heißt
zu deutſch „heilige Mündung.“
1. Puggaard, Geologie der Inſel Mien, S. 92. — Bei
Falſterbo ſoll ein Torflager ſogar 1 Meile von der Küſte ent⸗
fernt, 14 tief unter Waſſer liegen (Pugg. a. a. O.).
. (Forchhammer) die Bodenbildung der Herzogthümer
Schleswig, Holſtein und Lauenburg, 1848, S. 31.
45
fie über das Niveau der See bringt, wird ein Theil des
Meeres abgeſchnitten und bildet eine Lagune. In heißen
Klimaten und unter günſtigen Umſtänden kann das Waſſer
verdampfen und eine Salzkruſte hinterlaſſen; in unſerem
Klima dagegen, wo die Regenmaſſe größer iſt, als die
Verdampfung, wird der Regen das Salz der Lagune nach
und nach auswaſchen, und dieſelbe nach kürzerer oder län⸗
gerer Zeit in einen Süßwaſſerſee verwandeln. Damit iſt
denn auch die Bildung eines Torfmoores ſchon gegeben.“
— Manche unſerer Moore an der Oſtſeeküſte befinden
ſich noch in dieſer ihrer urſprünglichen Lage und man er⸗
blickt dort jetzt noch die Barre, durch welche die Meeres⸗
bucht, welche früher die Stelle des Torflagers einnahm,
ſich befindet. Aber was das Meer gewaltſam aufbauet,
kann es auch wieder durch andere ſpätere Angriffe zer⸗
ſtören und dies iſt wahrſcheinlich mit den Barren der jetzt vom
Meere überflutheten Moore geſchehen. Wie nun aber
dieſe, welche urſprünglich mit ihrer Oberfläche etwas über
dem Meeresſpiegel gelegen haben werden, in ihre jetzige
ſubmarine Stellung gekommen ſind, — ob es dazu nöthig
ſei, eine allgemeine Senkung unſeres Küſtenlandes anzu⸗
nehmen, oder ob ſich jenes durch ein Zuſammenſinken der
Torfmaſſe in ſich ſelbſt (welches vielleicht durch den Druck
daraufgeworfener Meeresalluvionen nach Hinwegräumung
der Barre noch begünſtigt ſein könnte,) erklären ließe, —
darüber wage ich kein Urtheil zu fällen. — Ein inſtruc⸗
tives Beiſpiel davon, wie ein ſolches ſubmarines Torflager
nach Verluſt ſeiner erſten, vor ihm gelagerten Barre, durch
das Meer hernach ſelbſt durch Aufbau einer neuen auf
dem Torfe ſelbſt ruhenden Barre vor weiterer Zerſtörung
0
beſchützt worden iſt, hat uns Herr Friedrich Koch in ſeiner
Abhandlung über den Heiligen Damm bei Doberan kennen
gelehrt. !-
Sharacteriftifch unterſchieden von den Wieſenmooren
ſind die gleichfalls in anſehnlicher Ausdehnung auftretenden
. Haidemoore oder Hochmoore, welche ihren letzteren
P
| 2
}
Namen der fanften Wölbung verdanken, mit der ſie ſich
oft anſehnlich über dem Waſſerſpiegel erheben. Sie be⸗
dürfen zu ihrer Speiſung weiches, von gelöſeten unorga⸗
niſchen Stoffen möglichſt reines Waſſer, und ihre Maſſe
wird vorzugsweiſe aus Fennmooſen * und anderen Laub⸗
mooſen (namentlich Hypnum spec.) gebildet. Der Torf
dieſer Moore, welcher eine Mächtigkeit von 10-20“ er⸗
reicht, iſt theils ſehr leichter und reiner Moos- oder Faſer⸗
torf, deſſen vegetabiliſchen Beſtandtheile viel weniger zer⸗
ſetzt ſind als im Torf der Wieſenmoore, — theils iſt es
ein ſogenannter Specktorf, d. h. eine dichtere, harzreiche
Maſſe, zu deren Bildung Haidepflanzen mitgewirkt haben.
Dieſe Moore wachſen ſo hoch empor, als die Capillar⸗
kraft ihrer poröſen Maſſe das Waſſer über das Niveau
des Beckens, in dem ſie ſich bilden, zu heben vermag. Be⸗
deckt ſind ſie mit Haidekraut, der Fennbeere und der Drun⸗
kelbeere, dem Porſt, der Andromeda und anderen Haide⸗
pflanzen. — Häufig ſchließen fie Holzreſte, ja felbft Wur⸗
zelſtöcke von Bäumen und ganze Stämme ein.
Eine eigenthümliche Abart dieſer Haidemoore ſind die
1. Boll, Archiv XIV. 416.
2. Sphagnum palustre bildet mitunter lockere Polſter von
20 Mächtigkeit.
4 x
50
Waldmoore. Dieſelben haben eine runde Geſtalt und
nur geringe Ausdehnung, wenn nicht mehrere derſelben
mit einander verbunden ſind, — aber eine anſehnliche
Tiefe von 30 und noch mehr Fuß. — Derartige Moore
aus Dänemark beſchreibt Morlot * (nach Steenſtrup's
Angaben) folgendermaßen: „Da die Abhänge der Gruben,
in denen dieſe Moore ſich bildeten, ſehr ſteil waren, ſo
verloren die darauf wachſenden Bäume endlich, wenn ſie
ſehr groß geworden, ihr Gleichgewicht und ſtürzten über
in das Moor, worin ſie nun aufgeſpeichert und erhalten
blieben. Anfänglich glaubte man, daß nur Sturm ſie in
dieſe Lage gebracht habe, aber eine ſorgfältigere Unter⸗
ſuchung dieſer Waldmoore hat die Thatſache an's Licht
gebracht, daß rings am ganzen Umkreiſe derſelben die
Bäume mehr oder weniger regelmäßig nach der Mitte des
Moores hin gerichtet liegen. Mitunter iſt das Waldmoor
ſo klein, daß die Bäume von der einen Seite deſſelben
zur andern hinüberreichen. Oft haben die Stämme darin
in einer ſolchen Menge ſich aufgehäuft, daß man glauben
könnte, ſie ſeien dort abſichtlich mit Sorgfalt ſo hineinge⸗
legt, als habe man verſuchen wollen, die größte Menge
derſelben im kleinſten Raume unterzubringen. Wenn das
Moor zu groß iſt, um auf dieſe Weiſe ganz überdeckt ſein
zu können, wird der mittlere Raum deſſelben von der
eigentlichen Torfmaſſe eingenommen. Letztere iſt ebenſo
gebildet, wie bei den Haidemooren, welche ſich von den
Waldmooren nur durch den Mangel des äußeren Baum⸗
gürtels unterſcheiden, der ſich bei erſteren deshalb nicht
1. Smithsonian report 1860, p. 305.
h
=
7
7
*
51
bilden konnte, weil ihre Ränder gewöhnlich zu niedrig und
zu wenig abſchüſſig nach Innen zu ſind. Es findet daher
zwiſchen beiden ein ſtufenweiſer Uebergang ſtatt, fo daß
die Waldmoore eigentlich nichts anderes ſind als in ſehr
enge Gränzen eingezwängte tiefere Haidemoore.“
Betrachten wir die beiden Hauptbeſtandtheile dieſer
Waldmoore noch etwas genauer, ſo iſt ihr mittlerer
Theil ſehr regelmäßig gebildet. Den Boden ihres Beckens
nimmt eine Torfſchicht ein, welche durch Abſpülung von
den Seitenwänden entftanden iſt. Darüber lagert eine
1½ bis 2“ und in einzelnen Fällen ſelbſt 3 bis 4“ mäch⸗
tige horizontale Moderſchicht, welche in den normal gebil⸗
deten Mooren ſehr rein und ohne Beimiſchung fremder
Stoffe iſt. Wo aber das Waſſer mineraliſche Stoffe mit
ſich führte, da haben ſich in dieſem unteren Lager oft kie⸗
ſelige Zwiſchenſchichten, aus Infuſorienpanzern beſtehend,
oder Kalkablagerungen gebildet, — hin und wieder auch
wohl ein Gemiſch aus beiden. Während dieſe Ablage⸗
rungen erfolgten, wurde die Torfbildung mehr oder we⸗
niger unterbrochen und konnte erſt ſpäter, als das Waſſer
reiner geworden, wieder einen kräftigeren Fortſchritt machen.
— Auf die Moderſchicht folgt dann ein gewöhnlich 3 bis
4 dickes Torflager, welches erſichtlich aus Laubmooſen
(Hypnum) beſteht. Darauf erſcheinen oft Stämme von
Tannen (Pinus sylvestris), welche an Ort und Stelle,
d. h. auf dem Moore ſelbſt, vegetirt haben; aber ſie ſind
klein, verkrüppelt und ihre Jahresringe ſtehen ſo dicht
(bis 70 auf 1“), woraus erhellt, daß die Localität ihrem
Wachsthum nicht günſtig geweſen iſt, — dennoch aber
haben fie dort mitunter drei⸗ und ſelbſt vierhundert
gr
52
Jahre gelebt. In den größeren Mooren trifft man ſogar
zwei bis drei Schichten ſolcher aufrecht ſtehender Stämme
mit wohlerhaltenen Wurzeln über einander an. — Als
der Boden durch das Wachſen des Torfes allmälig höher
und trockener wurde, machten die Laubmooſe, aus denen
er ſich bis dahin gebildet hatte, anderen Platz, indem nun
das Fennmoos (Sphagnum) als torfbildende Pflanze er⸗
ſchien. Sodann trat die Fennbeere, die Drunkelbeere
(Vaccinium uliginosum) und Moorhaide (Erica Tetralix)
und ganz zuletzt das gemeine Haidekraut auf. An die
Stelle der Tannen waren inzwiſchen Birken und nach⸗
mals Elſen und Haſelſtauden getreten. Dieſe letzte aus
Fennmoos beſtehende Torfſchicht erreicht eine Mächtigkeit
von 3 bis 10“ und ſchließt die Bildung des Waldmoores
ab, welches endlich auf ſeiner Oberfläche mehr oder we⸗
niger feſt wird. — Die vollſtändige Entwickelung der eben
beſprochenen Schichten kann natürlich nur in der Mitte
des Moores, wo hinreichende Tiefe vorhanden iſt, ſtatt⸗
finden; nach den Seiten zu drängen ſich dieſelben mehr
zuſammen und treten in viel mehr beſchränkter Mächtigkeit auf.
Was den Baumgürtel dieſer Waldmoore betrifft,
ſo erſcheinen auf der oben erwähnten, den Boden des
Beckens bildenden Thonſchicht liegende Tannenſtämme
(Pinus sylvestris) in großer Anzahl. Sie erreichen einen
Durchmeſſer von 3° und entſprechende Länge, und ihr
ſchöner Wuchs zeigt einerſeits, daß ſie günſtigen Boden
zu ihrer Entwickelung gehabt haben müſſen, andererſeits
aber, daß ſie ſehr dicht geſtanden und reine Beſtände ge⸗
bildet haben, da ſie nur in dieſem Falle ſo gerade und
ſchlank emporwachſen. — Die Gegenwart dieſer Tannen
u ara Ze
+
53
in den däniſchen Torfmooren ift um ſo auffallender, weil
dieſer Baum, bis er in neuerer Zeit dort wieder angepflanzt
iſt, früher, fo weit die geſchichtliche Kunde zurückreicht, im,
Dänemark gefehlt haben ſoll, und alſo ſehr frühzeitig dort
ausgeſtorben ſein müßte. — In einzelnen Waldmooren
erblickt man über den liegenden Stämmen noch eine Schicht
von aufrechtſtehenden Baumſtumpfen, die zu denen gehören,
welche auf der Moorfläche ſelbſt gewachſen ſind; gewöhnlich
aber fehlt dem Gürtel dieſe Schicht und man bemerkt,
wie weiter aufwärts in demſelben die Tannen allmälig
ſeltener werden und Eichen ſtatt ihrer auftreten, bis dieſe
letzteren endlich allein das Feld behaupten. Auch dieſe
haben einen ſtattlichen Wuchs und ihr Stamm erreicht
oft einen Durchmeſſer von 4 Fuß.“ — Nach Morlot
(Steenſtrup) wäre dies die Wintereiche, — die Sommer⸗
eiche erſchiene erſt in den höheren Torfſchichten, und zwar
in Geſellſchaft der Elſe, Haſelſtaude und harzigen Birke
(B. verrucosa), welche hier an die Stelle der älteren,
tiefer liegenden weißen Birke (B. alba) trete; die Espe
gehe durch alle Schichten hindurch. Gegenwärtig ſoll nun
auch die Eiche in Dänemark im Ausſterben begriffen ſein,
und wo fie noch vorkomme, wäre dies faſt ausſchließlich
nur die Sommereiche. Vorherrſchender Waldbaum iſt dort
jetzt die Buche, dieſe fehlt aber in den Waldmooren ganz
und gar. — Hätte es mit dieſen Beobachtungen und den
botaniſchen Unterſcheidungen, auf welche ſie begründet ſind,
1. Hinſichtlich der beiden Eichen will man in Schweden die
Bemerkung gemacht haben, daß die Wintereiche uncultivirtes
Land vorziehe und vor der Sommereiche verſchwinde, wenn
der Boden durch längere Cultur, durch welche die Humus⸗
ſchicht ſich verſtärke, verbeſſert werde.
54
fo ganz feine Richtigkeit, fo würde ſich die merkwürdige
Thatſache daraus ergeben, daß in Dänemark drei verſchie⸗
dene Perioden von Baumvegetation auf einander gefolgt
8 wären, — eine Tannen⸗, eine Eichen⸗ und eine Buchen)
periode; dieſelben ſeien (meinen die däniſchen Forſcher,
nicht durch eine gewaltſame Kataſtrophe oder durch eine
Veränderung des Klima's herbeigeführt, ſondern durch all⸗
mälige Austrocknung des Bodens und Verbeſſerung der
Dammerde. Denn die Tanne nehme mit dem feuchteſten
und unfruchtbarſten Boden vorlieb, die Buche verlange
den trockenſten und beſten. — Wir werden hernach (S. 63)
auf dieſen Gegenſtand noch wieder zurückkommen.
Auch in Meklenburg haben wir dieſe Hochmoore und
Waldmoore. — Von einem Hochmoore aus der Nach⸗
Barfchaft der Stadt Sülz, welches jetzt die Waſſerſcheide
zwiſchen Rekenitz und Trebel bildet, hat uns Herr Franz
Koch eine Schilderung gegeben.“ Daſſelbe iſt einige Hun⸗
berttäufend Quadratruthen groß, etwas mehr als 20 Fuß
mächtig und nicht unbeträchtlich höher als das angränzende
Wieſenmoor der Rekenitz. Während letzteres die gewöhn⸗
liche Wieſenvegetation zeigt, iſt das Hochmoor mit- Haide⸗
kraut, Moorhaide, Porſt, Andromeda, Krähenbeere, Fenn⸗
beere, Drunkelbeere, Preißelbeere, Bixbeere und anderen
Haidepflanzen bedeckt. Auch der Torf beider Moore zeigt
die characteriſtiſchen Unterſchiede. In dem unteren Theile
des Hochmoores beſteht er aus einer 10—14“ mächtigen
lockeren, mooſigen, — in dem oberen, mehr aus den Reſten
des Haidekrautes gebildeten, aus einer compacteren, mehr
1. Boll, Archiv III. 147 ff.
55
— —
Harzſtoff enthaltenden Maſſe; in dem Wieſenmoore ift der
Torf ſtark zerſetzt, mehr oder weniger bröckelig, ſchwärzer
von Farbe, häufig vermengt mit eiſen⸗ oder kalkhaltigen
Theilen, — letztere oft mit kenntlichen Conchylienreſten.
In der oberen feſteren Torfmaſſe kommen zahlreiche
aufrechtſtehende Tannenſtubben vor. Dieſelben nehmen
eine bis zu 3° mächtige Schicht ein, find 1— 2“ hoch und
ihre Wurzeln breiten ſich wagerecht nach allen Seiten hin
aus, wodurch bei den größeren Exemplaren Scheiben von
12 Durchmeſſer gebildet werden. Solche Scheiben kom⸗
men oft in dreifacher Lage über einander vor, und zwar
ſo, daß die eine mit ihrem Rande ſich über die Wurzeln
und bis zum Stamm des Unterliegenden erſtreckt. Die
Stubben zeigen zum Theil mehr als 100 Jahresringe und
über die Wurzelſcheibe der oberſten Lage erhebt die Torf—
maſſe ſich noch 3—4 “. — Von den übrigen Theilen der
Bäume finden ſich aber nur hin und wieder Stücke, ſelten
bis zu einer Länge von 12— 16“, und zwar ſtets nur der
innere Theil derſelben, während die äußeren Holzſchichten
vergangen ſind. „Da keinerlei Spuren darauf hindeuten
(ſagt Koch,) und ſich auch nicht annehmen läßt, daß die
Bäume durch Menſchen aus dieſen Niederungen entfernt
wurden zu einer Zeit, wo das hohe Land noch hinreichende
Waldungen trug, ſo iſt es wohl wahrſcheinlich, daß der
größere Theil des Holzes, nachdem die Bäume abgeſtorben
waren, theils noch auf dem Stamme, theils ſchon herunter⸗
gebrochen auf der Oberfläche des Bodens, dem zerſtörenden
Einfluſſe des Waſſers und der Luft und Witterung erlag,
und nebſt den Stubben nur einzelne noch nicht ganz ver⸗
zehrte Theile von der ſie umſchließenden Torfmaſſe der
56
gänzlichen Zerſtörung entzogen wurden.“ — Wie es ſich
erklären läßt, daß dieſe Stubben in den Torf hineinkamen,
darüber wird das, was S. 41 von dem Drummond- See
berichtet iſt, einiges Licht verbreiten. In dem vorliegenden
Falle erfolgte aber kein Ufer⸗Abbruch, ſondern eine gleich⸗
mäßige Senkung der ganzen Torfdecke unter der Laſt der
zuerſt erſtandenen Tannenvegetation. „Dem Einfluſſe des
noch in ſeiner Fortbildung begriffenen Torfes, welcher die
Stämme von Jahr zu Jahr höher umſchloß, die Wurzeln
immer mehr der Einwirkung der Atmoſphäre entzog und
ſie dagegen mit ſeiner wäſſerigen Maſſe umhüllete, mußten
die Bäume bald erliegen. Während nun aber dieſe erſte
Generation hinſtarb, und ihre aus dem Torfe hervorragenden
Theile verwitterten und zuſammenbrachen, war neben dieſen
Bäumen dem höheren Boden ſchon eine Nachkommenſchaft
entſproſſen, welche ihre Wurzeln über die der Mutterſtämme
ausbreitete, bis auch ſie nach einer neuen Reihe von Jahren
demſelben Schickſale erlag. Aber noch einmal wuchſen
neue Sämlinge empor, doch als auch dieſe das ihnen zu⸗
gemeſſene Alter erreicht hatten, war keine neue Generation
da, die ihren Platz wieder einnehmen konnte. Der Boden
hatte ſchon eine Höhe über dem Waſſer erreicht, welche
ihn in den heißen Sommermonaten ſo austrocknen ließ“
daß die jungen gekeimten Sämlinge der Dürre erliegen
mußten.“
Reſte von Tannenwaldungen werden auch in manchen
anderen meklenburgiſchen Mooren angetroffen, wie z. B.
zwiſchen Hohen-Lukow, Gr.⸗ und Kl.⸗Bölkow im Amte
Schwan, bei Neuenkirchen im Amte Bukow, in der ſtädti⸗
ſchen Torfwieſe bei Schwerin; im Moore bei der Krenz⸗
-
57
liner Glashütte unweit Ludwigsluſt traf man in der Tiefe
don 6 bis 8° eine Menge aufrechtſtehender Tannenſtubben
und unter dieſen in noch größerer Tiefe viele liegende
Tannen⸗ und Birkenſtämme durcheinander, — alſo ein
ähnliches Verhältniß, wie es ſich in den Baumgürteln der
däniſchen Waldmoore bisweilen zeigt.
Auch die großen pommerſchen len um
Greifswald, Gnageland, Swinemünde und Colberg herum,
welche A. v. Chamiſſo beſchrieben hat, * find reich an
Coniferenreſten. Die Unterlage dieſer Moore liegt an
vielen Stellen 10— 14“ unter dem mittleren Waſſerſpiegel
der Oſtſee, über welchen ſie ſich mit ihrer Oberfläche nur
wenige Fuß erheben. Die größten Tiefen finden ſich in
der Mitte der Moore. Von dem Meere ſind ſie durch
einen mehr oder weniger breiten Küſtenſtrich, durch Dünen
und Sandbänke getrennt, unter welchen ſie ſich nicht fort
ſetzen, ſondern ſich daran auskeilen. In ihnen finden ſich
feine Spuren von Meerespflanzen (S. 46), ſondern nur Land-,
Sumpf⸗ und Süßwaſſerpflanzen. Baumſtämme mit ihren
Wurzeln, Tannen und Eichen kommen darin vor, aber
nicht auf dem Boden des Torfmoores, ſondern (wie zu
Sülz,) nur in einiger Höhe darüber. Die Wurzeln be⸗
finden ſich in ihrer natürlichen Lage, ſelbſt mehrfach über
einander, noch bis 5“ tief unter dem jetzigen Meeresſpiegel.
— In gewiſſen Theilen der Torfmaſſe ſind die Reſte
von Schilfrohr (Phragmites) ſo vorwaltend, daß ſie ganz
daraus gebildet zu ſein ſcheint; die unterſten Schichten
1. In Karſten's Archiv für Bergbau VIII. 128. XIII. 3.
— Auch das Torfmoor von Linum im havelländiſchen Luch hat
A. v. Chamiſſo unterſucht u. a. a. O. V. 253 beſchrieben.
58
zeigen dagegen Ceratophyllum demersum, Potamogeton
pusillus, Najas minor, Nuphar luteum, Scirpus palustris
und Hippuris vulgaris und auch Samen, beſonders von
Menyanthes, ſind dort häufig. Der unter dem Torfe
liegende Boden enthält Conchylienſchalen, wie Bithynia
tentaculata, Planorbis imbricatus, Limnaeus vulgaris u. a.
Alle dieſe organiſchen Reſte ſind dem Meere durchaus
fremd, doch liegen ſie unter dem Spiegel deſſelben. —
Etwas abweichend ſcheinen die Verhältniſſe aber in dem
Roſenthaler Torfmoore bei Greifswald zu fein, denn dort
wurzeln (nach Hünefeld, „) eine Menge von Tannenſtubben,
7½— , im Durchmeſſer haltend, in dem Erdreiche unter
dem Torfe und ragen 2—4“ in letzterem empor; außerdem
finden ſich in dem Torfe ſelbſt noch viele Tannenreſte,
auch einige Eichenſtubben und noch mehr Birfen- und Erlen⸗
ſtubben, über deren ſpeciellere Lagerungsverhältniſſe aber
nichts weiter berichtet iſt. — Sehr reich an ſolchen Reſten
iſt das Torfmoor bei Caſimirshof in Hinterpommern (im
Amte Bublitz); dort gräbt man, wie Brüggemann meldet, *
„ſeit undenklichen Zeiten in den naſſen und ſumpfigen
Wieſen jährlich viele Fichtenſtubben und Wurzeln aus,
trocknet ſie und bedient ſich ihrer zur Erſparung des Lichtes,
ſo daß hier, wo man jetzt gar keine lebenden Fichten mehr
finde, in älteren Zeiten ein großer Fichtenwald geweſen
ſein müſſe.“ Nach Thebeſius ? kommen in den Torfmooren
des pommerſchen Strandgebietes im Allgemeinen viele
1. In Okens Iſis 1831, S. 909.
2. Ausführliche Beſchreibung von Pommern, Stettin 1784,
Bd. II. 540. Rt
3» Baltiſche Studien III. 1 S. 51.
Tannenſtubben (im Treſſinſchen Moore 4—5“ tief noch
bewurzelt und aufrechtitehend), ganze Stämme, Zöpfe und
* Aeſte vor, die von „einem Bergfett ganz ſchwarz, hart
und deswegen unverweslich geworden ſind.“
Auch Reſte ganzer Eichenwaldungen treten im Torfe
hin und wieder auf, wie z. B. bei Natzevitz auf Rügen,
>/, Meilen öſtlich von Rambin, wo unter den Bäumen
Exemplare von ſolcher Stärke gefunden wurden, daß ſie
zu Mühlenwellen tauglich geweſen wären; das Zopfende
der Bäume lag immer tiefer in die Erde geſenkt, als die
Wurzel, die Rinde war gänzlich vergangen, die Zweige
faſt alle zerbrochen, zerſtört und mit Meeresſand und ab⸗
gerundeten-Kieſeln bedeckt, woraus man ſchließen möchte,
daß dieſem Walde eine gewaltſame Kataſtrophe, — Sturm
und Meeresfluth, — den Untergang bereitet habe. —
Einen andern Eichenwald kannte man in der letzten Hälfte
des vorigen Jahrhunderts in der Müritz. Dort lagen
auf Untiefen etwa 8“ unter Waſſer, in der Nähe von
Röbel, eine Menge von Eichen, welche ſich die Einwohner
jener Stadt zur Winterszeit unter dem Eiſe herausholten
und zum Bauen benutzten. Sie waren nicht ſtark, die
dickſten an der Wurzel von 1½¼z“ Durchmeſſer; dünne
Zweige, Rinde, Wurzeln waren nicht mehr daran, und
die Bäume hatten beinahe „das Anſehen eines Hirfch-
geweihes.“ Mit dieſen dürftigen Angaben müſſen wir
uns genügen laſſen, ich ſelbſt habe wenigſtens über dieſen
I. Franck, im Greifswalder academiſchen Archiv, Bd. I.
Heft 1, S. 52.
2. Monatsſchrift von und für Meklenburg 1790, S. 205
| 9 a. in Siemſſens Magazin I. 146.
ri
60 5
„Röbelſchen Wald“, ſeine Lagerungsverhältniſſe und ſpä⸗
teren Schickſale nichts weiter in Erfahrung bringen können.
Vielleicht, — oder vielmehr wahrſcheinlich, — ſteht er in
enger Beziehung zu einem 9“ mächtigen, auf Wieſenkalk
ruhenden Torflager, welches man vor einigen Jahren
gleichfalls in der Müritz bei der Inſel Schwerin unweit
Röbel 3 bis 4“ tief unter dem Waſſerſpiegel entdeckt hat.
Vor Jahrhunderten aber müſſen der Torf und die
Eichenſtämme noch viel tiefer unter dem Waſſerſpiegel der
Müritz gelegen haben, denn es iſt eine feſtſtehende That⸗
ſache, daß letztere innerhalb hiſtoriſcher Zeit mehrere Male
beträchtlich geſenkt worden iſt. Dennoch iſt man zu der
Annahme gezwungen, daß der See in noch älterer, vor⸗
geſchichtlicher Zeit einmal einen viel tieferen Waſſerſtand
gehabt haben muß, — und zwar einen ſo tiefen, daß der
Boden, auf welchem jene Eichen wuchſen, ſich noch über
dem Waſſerſpiegel befand. Dieſer tiefe Stand des Mü⸗
ritzppiegels, mit welchem nothwendig eine beträchtliche Ver⸗
kleinerung der Seefläche verknüpft ſein mußte, war aller
Wahrſcheinlichkeit das urſprüngliche, normale Verhältniß,
welches erſt dann geſtört ward, als durch Anlegung von
Mühlen der bis dahin ungehinderte Abfluß des Waſſers
durch die Elde gehemmt wurde. Das Waſſer des Seees
begann nun allmälig zu ſteigen, überfluthete die flachen
Ufer und nahm anſehnliche Strecken derſelben auf Jahr⸗
hunderte lang in Beſitz, bis ihm dieſer Raub endlich bei
der Schiffbarmachung der Elde durch Senkung des See⸗
ſpiegels wieder entriſſen worden iſt. Gleiche Schickſale
mit der Müritz mußten natürlich auch die benachbarten
mit ihr in Verbindung ſtehenden großen Seen haben, und
Be, u;
von dieſen giebt auch der Plauer See durch die Menge
der auf ſeinem Boden liegenden Tannenſtämme einen
Fingerzeig dafür, daß ſein Waſſerſtand einmal e
und ſein Areal kleiner geweſen ſei.
Beſtätigt wird dieſe Erklärung durch Beobachtungen,
die man in Hinterpommern in Betreff des großen Madue⸗
See's! gemacht hat. Als derſelbe im Jahre 1776 um
4 Ellen geſenkt wurde, wobei man einen Gewinnſt von
36,000 Morgen nutzbaren Landes hatte, entdeckte man,
daß auch hier dem See etwas ihm nicht urſprünglich an⸗
gehöriges entriſſen worden ſei. Denn auf dieſem großen
Flächenraume hatte früher einmal ein Eichenwald geſtanden,
der ſpäter abgeſtorben und mit einer 4—5“ dicken Torf⸗
ſchicht bedeckt war. Der Untergang dieſes Waldes kann
auch hier nur durch eine Aufſtauung des Seewaſſers verurſacht
ſein, welche durch Anlegung der ſehr alten Mühlen auf
dem Plöne⸗Fluß bei Kolbatz und Jeſeritz hervorgebracht
wurde. Das mindeſtens 6“ höher ſteigende Waſſer muß
damals den Boden des Waldes mehrere Fuß hoch über⸗
fluthet haben und in dieſem Zuſtande ſtarben natürlich die
Bäume ab. Das breiartige Erdreich gewährte nun den
Wurzeln keinen Halt mehr, der Sturm ſtürzte die Stämme
um, und zwiſchen ihnen und den abgebrochenen in» und
übereinander geſchichteten Zweigen brach ſich eine neue
Vegetation Bahn, die ſich allmälig zu einem Torflager
1. Der flaviſche Name dieſes Seees iſt aus dem Namen
med wed corrumpirt und bedeutet demnach „der Bären⸗See.“
In der Nähe deſſelben lag im Jahre 1248 urkundlich eine
silva Meduad, d. 15 ein Bärenwald (ſ. Dreger cod. Pomer. dipl,
p. 281).
62
ausbildete, welches endlich eine ſolche Höhe erreichte, daß
es die liegenden Stämme bedeckte. Als nun im Jahre
1776 die Senkung des Seees durch Niederreißung der
beiden obengenannten Mühlen bewerkſtellige wurde, da
ward auch das große Moor (Madanzig genannt), auf
welchem jetzt die Colonieen Raumersau, Gieſenthal, Möl⸗
lendorf, Lölhöfel, Schützenhauſen u. |, w. liegen, waſſer⸗
frei; das Torflager ſenkte ſich ſo ſehr, daß dadurch die
Eichen theils ganz zum Vorſchein kamen, theils unter der
Raſendecke, — einige aber auch 3 bis 47 unter dem Torf⸗
lager blieben. Nimmt man an, daß die Anlegung
der Mühlen etwa gleichzeitig mit der Stiftung des Kloſters
Kolbatz (1163) erfolgt ſei, ſo würde für die Torfbildung
ein Zeitraum von ungefähr 600 Jahren bleiben..
Waldmoore, in derſelben typiſchen Ausbildung,
wie ſie oben aus Dänemark geſchildert ſind, kommen ge⸗
wiß auch in Meklenburg vor, haben aber hier von Seiten
der Wiſſenſchaft noch keine Beachtung gefunden, obgleich
ſie ſich in der Praxis wohl bisweilen ſchon ſehr unange⸗
nehm gemacht haben, wie z. B. das kleine Moor bei
Scharpzow zwiſchen Malchin und Stavenhagen, welches
ich hierher rechnen möchte. Daſſelbe iſt nur von geringem
Umfange, aber ſo tief, daß es, als man das Planum der
Neubrandenburg-Malchiner Eiſenbahn darüber hinwegführte, |
auf eine Strecke von nur wenigen Ruthen Länge eine fabelhafte
Menge von Schachtruthen Erde zu ſeiner Ausfüllung bedurfte,
Eine genauere wiſſenſchaftliche Unterſuchung deſſelben hat
leider nicht ſtattgefunden, die große Tiefe dieſes Moores
I. Lenz in den Baltiſchen Studien I. 326 f.
8
63
aber ſcheint darauf hinzudeuten, daß es zur Claſſe der
Waldmoore gehöre.
Eine weſentliche Veränderung in der Baum⸗
flora, wie man ſie in Dänemark bemerkt haben will,
ſcheint aber in den ſüdbaltiſchen Ländern nicht ſtattge⸗
funden zu haben. Denn nicht allein die Namen breza
Birke, buk Buche, damb Eiche, gesen zähe Eſche, grab
Hainbuche, jawor und klen Ahorn, lipa Linde, werba Weide
und wolsa Elſe klingen vielfach in Meklenburg, Pommern und
der Mark Brandenburg in zahlreichen ſlaviſchen Ortsnamen
von wenigſtens achthundertjährigem Alter durch, ſondern
auch die auf Nadelholzbäume hindeutenden Worte bor, sosna
und smolny. Schwerlich aber hätten die Slaven, falls die
Tanne vor ihrer Zeit ſchon ausgeſtorben (S. 53 oben!) geweſen
wäre, dieſelbe hier wieder eingeführt, denn von dem Betriebe
einer Forſtcultur war ihre Seele wohl ſehr weit entfernt;
dennoch hätte dies geſchehen ſein müſſen, da urkundlich ſchon
im Jahre 1257 ein Dorf Namens „Dannenbeke“ (jetzt zu
Dambeck corrumpirt,) in der Nähe der Havelquellen vorkommt.
Die Wintereiche iſt zwar jetzt in Meklenburg viel ſeltener
als die Sommereiche, was aber bürgt uns dafür, daß es
hier (und auch in Dänemark) nicht immer fo damit ges
weſen ſei? In den Hindeutungen auf Eichen, welche über
die letzten hundert Jahre zurückreichen, wird hier, ſo viel
ich weiß, niemals ein Unterſchied zwiſchen Winter⸗ und
Sommereichen gemacht. Die ſie trennenden äußeren Merk⸗
male ſind überhaupt ſo unerheblich, daß Linné dieſe beiden
Eichen nur als Varietäten einer und derſelben Art bes
trachtete, und ich zweifele ſehr daran, daß die in dem
inneren, anatomiſchen Bau ihres Holzes etwa liegenden
64
Unterſchiede groß genug find, um mit Sicherheit ein im
Torfmoor gefundenes Stück Eichenholz der einen oder der
anderen dieſer angeblichen Arten zuweiſen zu können. —
Noch viel ſchwieriger iſt dies in Betreff des Birkenholzes,
indem die Unterſchiede verBetula alba und verrucosa noch
viel zweifelhafter und wahrſcheinlich nicht ſpecifiſch, ſondern
nur die Folgen einer mehr oder weniger der Sonne ausge⸗
ſetzten Stellung des Baumes find. “ Die Buche endlich
konnte nicht füglich in ein Torfmoor hineingerathen, da
ſie auf einem ſolchen und auch wohl kaum am Rande
deſſelben jemals wächſt. — Alle dieſe Bedenken machen
mir auch für Danemark die Annahme von jenen drei
Baumperioden ſehr zweifelhaft, zumal da ich auch
auf das vielleicht nur zufällige Schweigen früherer däniſchern
Quellen über das Vorhandenſein der Tannen kein großes
Gewicht legen möchte.
In Dänemark kommt auch noch eine vierte Art von
Torf, — dort Martörv genannt, — vor, von deren
Daſein an der deutſchen Oſtſeeküſte mir noch nichts be⸗ |
kannt geworden ift; Forchhammer e beſchreibt die Bildung |
deſſelben folgendermaßen: „Wenn in den kleinen Landſeeen
zwiſchen den Dünen ſich eine Torfmaſſe gebildet hat, und
eine Düne wird nun darüber hingewehet, ſo wird der von
dem Sande bedeckte Theil bald verändert, während der
etwa unbedeckt gebliebene Theil deſſelben Lagers noch ganz
gewöhnlicher Torf iſt. Dieſer letztere wiegt dann trocken
à Kubikfuß etwa 16 bis 20 Pfund, der vom Sande zu⸗
ſammengepreßte Martörv dagegen 78 Pfund. Während
1. S. darüber Meyer's Flora excurs. Hanoverana, S. 517.
2. Leonhard und Bronn Jahrbuch 1841, S. 13.
65
— — —
jener nach der Austrocknung keine Spur von Schichtung
zeigt, iſt dieſer ſehr deutlich geſchichtet und ſogar faſt ſchie⸗
ferig, und verglichen mit den Seitenwänden einer noch
friſchen Torfgrube ſieht man deutlich, daß die dünnen
Schichten das Product einer Vegetationsperiode, alſo eines
Jahres, enthalten. Wenn nun, wie im nördlichen See—
land, die Torfmoore größtentheils durch den Abfall einer
Waldvegetation gebildet find, fo iſt es unmöglich, dieſen
Martörv in Handſtücken von Braunkohlen zu unterſcheiden.“
— Vielleicht ließen ſich derartige Moore auch an unſerer
Oſtſeeküſte auffinden, wenn nicht etwa das von Herrn v.
d. Borne erwähnte Lager bei Jershöft am hinterpom⸗
merſchen Strande, in welchem Torf zweimal mit Dünen⸗
ſand wechſelt, ſchon dazu gehört, was ich, ſo wahrſcheinlich
es mix auch ift, nicht mit völliger Gewißheit behaupten
kann, weil leider über die Beſchaffenheit des Torfes ſelbſt
nichts geſagt iſt. “ 8
Einer ſtarken aber plötzlichen Zuſammenpreſſung großer
Maſſen lebender Waſſerpflanzen ſcheint auch der merk⸗
würdige Papiertorf ſeinen Urſprung zu verdanken,
welcher mir innerhalb unſeres Gebietes nur aus den Ufer⸗
ſtrecken der Elbe bekannt iſt, und deſſen Entſtehung wahr⸗
ſcheinlich mit den gewaltſamen Umwälzungen zuſammen⸗
hängt, welche jene Gegend in den früheren Zeiten der
gegenwärtigen geologiſchen Periode zu erleiden gehabt hat.
Dieſer Torf kommt bei der Stadt Lauenburg in einer
Anhöhe vor und iſt dort mit gewaltigen Maſſen von
Geſchiebeſand bedeckt; ferner im Elbufer bei Schulau unter⸗
1. Zeitſchr. der deutſchen geol. Geſellſchaft IX. 477 f.
5
5
66
halb Hamburg, wo er 40“ über dem Waſſerſpiegel 2“
mächtig auf Kreidemergel ruhet und von einem 15“ mäch⸗
tigen Lager eiſenſchüſſigen Sandes bedeckt wird. Er iſt
gelblich⸗braun von Farbe, ſehr leicht und beſteht aus
lauter papierdünnen Lagen von Pflanzenblättern, Stengeln
und Samen. Bei Lauenburg kommen auch Eicheln darin
vor, ſo wie die Früchte der Trapa natans, — einer
Pflanze, die gegenwärtig in Holſtein, Lauenburg und Mek⸗
lenburg ausgeſtorben zu ſein ſcheint, in der Delvenau bei
Lauenburg aber noch vor einigen Jahrzehnten gelebt haben
ſoll. Dieſe Waſſernüſſe find es hauptſächlich, welche
mich veranlaſſen, dieſen Papiertorf trotz ſeiner ſo auffal⸗
lenden Lagerungsverhältniſſe unter die alluvialen Bildungen
zu rechnen; ſollte ſich indeß herausſtellen, daß bei der
Determination jener Früchte ein Irrthum vorgefallen set,
indem fie nicht zu der bezeichneten Species, ſondern einer
anderen verwandten — etwa Tr. bifrons oder silesiaca
— gehörten, ſo würden dieſe Papiertorflager in diemiocänen
Terttärſchichten zurückzuverſetzen fein, wohin ſie am Ende,
— alles reiflich erwogen, — auch noch beſſer paſſen möch⸗
ten, als an die ihnen hier vorläufig zugewieſene Stelle.
Eine höchſt eigenthümliche und längere Zeit räthſel⸗
haft gebliebene Erſcheinung verdient hier aber noch eine
nähere Beſprechung,? nämlich die von Zeit zu Zeit in einigen
norddeutſchen Binnengewäſſern auftauchenden Torf⸗
inſeln, — nicht mit jenen S. 28 beſchriebenen ſchwim⸗
menden Inſeln zu verwechſeln. Aus Meklenburg iſt
1. Zimmermann, in Leonhard und Bronn Jahrbuch 1846,
S. 51; 1854 S. 36.
2. Dieſen über die Torfinſeln handelnden Abſchnitt habe
ich ſchon im Globus Bd. X., S. 177 ff. einmal abdrucken laſſen.
67
bis jetzt nur ein einziges Beiſpiel derſelben bekannt ge⸗
worden, und zwar das älteſte von allen, welches überhaupt
zur Sprache gebracht worden iſt, aber die darauf bezüglichen
Nachrichten ſind ſo dürftig, daß uns die Geneſis dieſer
Inſel völlig unklar bleiben würde, wenn ſich nicht ſpäter
in Holſtein ein ganz ähnlicher Fall ereignet hätte, über
welchen genauere Angaben vorliegen, die es möglich machen,
nicht allein jenen meklenburgiſchen, ſondern auch noch zwei
andere in der Mark Brandenburg vorgekommene, richtig
zu deuten. Wir ſtellen daher die holſteiniſchen Beobach⸗
tungen voran. | |
Am 16. Auguſt 1803 bemerkte man zu Beel unweit
Plön, etwa 1000“ vom Ufer der dem Dorfe gegenüber⸗
liegenden Wieſen entfernt, auf dem Beeler (nicht Cle⸗
veezer!) See einen großen ſchwarzen Flecken, den man
alsbald als eine neu entſtandene Inſel erkannte. Sie
ragte 3“ über dem Waſſer hervor und beſtand aus ein⸗
zelnen Torfſtücken, die aber unter dem Waſſer Zuſammen⸗
hang hatten, und nur durch die Gewalt, mit der die ganze
Maſſe gehoben war, ſo zerſpaltet worden waren. Zwiſchen
den Stücken waren kleine, nur einige Fuß tiefe Waſſer⸗
rinnen, in der Mitte der Inſel aber ein Loch von 1 Elle
im Durchmeſſer und darin war das Waſſer 5 Klafter
tief, während der See dort früher nur eine Tiefe von
2 Klaftern gehabt hatte. Was über dem Waſſer lag,
hatte etwa 80“ im Umfange, aber das war nur der kleinſte
Theil des Gehobenen, denn dies erſtreckte ſich ringsum
mit allmäliger Senkung nach allen Seiten hin noch etwa
100“ unter dem Waſſerſpiegel fort, ſo daß der ganze
| 5*
68
Umfang des gehobenen Bodens gegen 1000“ betragen
mochte. — Nach einiger Zeit verſchwand dieſe Inſel, ließ
ſich jedoch im Jahre 1819 an derſelben Stelle abermals
eine kurze Zeit lang blicken, darauf erſchien ſie zum dritten
Male am 2. October 1852 und endlich nochmals am
15. Auguſt 1853. — In allen dieſen Fällen war das
den Seeboden bedeckende 16—20“ mächtige Torflager in
backofenförmiger Geſtalt aus der Tiefe des Seees bla—
ſenartig gehoben worden, platzte oben in der Mitte, ſo daß
die ringsum aufſtrebenden Stücke einen von radialen Spalten
zerriſſenen Kegelmantel, einem kleinen Erhebungskrater
ähnlich, bildeten, und ſenkte ſich nach und nach wieder,
indem die über dem Waſſer liegenden Stücke vom Wellen⸗
ſchlage fortgeriſſen wurden, der Reſt aber in das ehema⸗
lige Niveau des Seebodens zurücktrat. Die Stelle, wo
dieſe Inſel ſich zeigte, ihre Größe, Geſtalt und Erhebung
über dem Waſſerſpiegel, ſcheint in allen Fällen faſt gleich
geweſen zu ſein. Der Torf, aus welchem ſie beſtand,
war von zahlreichen, meiſt parallel geſchichteten Baum⸗
und Geſträuchwurzeln von geringer Dicke durchzogen, welche
meiſt im Inneren ausgehöhlt erſchienen. Große Spalten
in dem Lager ſollen ſchon längere Zeit vor der dritten
Erhebung der Inſel zur Winterszeit bei glattem Eiſe auf
dem Seeboden geſehen ſein, ſich aber vor dieſem Ereigniß
allmälig geſchloſſen haben. Ein Ausſtrömen von Gas⸗
blaſen, die ſich etwa in der Torfmaſſe ſelbſt entwickelt
hätten, iſt von keinem der Beobachter wahrgenommen. *
1. Alle auf die Beeler Snjel bezüglichen Beobachtungen
finden ſich von Bruhns, Meyn und Schmidt zuſammengeſtellt
69
Mit Hülfe der vorſtehenden Angaben werden wir
nun im Stande ſein, die Lücken in den meklenburgiſchen
und märkiſchen Beobachtungen einigermaßen auszufüllen.
Aus Meklenburg wird uns nämlich berichtet, daß in der
letzten Hälfte des vorigen Jahrhunderts in dem Krüm⸗
melſchen Arme der Müritz plötzlich eine kleine Inſel von
der Größe „einer Stube“ emporgetaucht ſei; in der Mitte
derſelben zeigte ſich eine Spalte, die ſo tief in den Boden
einſchnitt, daß man mit einer langen Stange nicht darin
gründen konnte; dieſe Stange brachte bei dem Sondiren
einige „Mergelerde“ aus der Tiefe mit herauf; nach einiger
Zeit verſank dieſe Inſel wieder. — Auch die Hauptmaſſe
dieſer Inſel wird wahrſcheinlich aus Torf beſtanden haben,
da dieſer wohl die einzige unſerer Bodenſchichten iſt, welche
ſtehenbleibende Spalten (zumal im Waſſer,) zu bilden ver⸗
mag; in dieſem Falle iſt auch die Mergelerde nicht ſchwer
zu deuten, — es war Wieſenkalk, der nicht ſelten unter
Torflagern auftritt. Dieſe Vermuthung, welche Herr
Dr. Meyn zuerſt über die Müritz⸗Inſel ausgeſprochen hat,
wird dadurch faſt zur Gewißheit, daß in neueſter Zeit in
dieſem See wenigſtens an einer ſpäter genauer zu erwäh⸗
nenden Stelle ein auf Wieſenkalk ruhendes mächtiges
Torflager aufgefunden worden ift. “
Ein dritter Fall von der Entſtehung einer neuen Inſel
ereignete ſich im Dreetzer See unweit Neuſtadt a. d.
in der Zeitſchrift der deutſchen geolog. Geſellſchaft IV. 584 ff.,
734 ff. VIII. 494. Mittheilungen des (Kieler) Vereins nörd⸗
lich der Elbe L 19.
1. Monatsſchrift von und für Meklenburg 1790, S. 245;
Siemſſens Magazin I. 155; Zeitſchrift der deutſchen geolog.
Geſellſchaft IV. 596.
5
Doſſe in der Mark Brandenburg. Die Tiefe deſſelben
beträgt etwa 11“, am oberen Theile aber, wo der Rhin
hineinfällt, hatte ſich ein ſogenannter Kolk von etwa 14‘
Tiefe gebildet. Am Abende des 25. April 1832 konnten
die Fiſcher mit ihren Rudern den Grund dieſes Kolkes
nicht erreichen, in der folgenden Nacht aber war dort eine
Inſel entſtanden, von 5 Ruthen Länge, 2 ½ Ruthen Breite
und mehr als 2° über dem damals ſehr niedrigen Waſſer⸗
ſpiegel emporragend. Das Erdreich beſtand aus Moor
(Torf?) mit Sand gemengt (bedeckt?) und war anfänglich
ſo weich, daß man, ohne einzuſinken, nicht darauf treten
konnte; ſpäter aber erhärtete ſie ſo, daß letzteres möglich
wurde. Als hernach das Waſſer des Seees ſtieg, ward
die Inſel kleiner, noch mehr aber wurde ſie durch den
Wellenſchlag benagt, dem die heftigen Stürme jenes Som⸗
mers eine ungewöhnliche Stärke verliehen hatten. Im
Juni war nur noch ein kleiner Theil über dem Waſſer
zu ſehen, und im Auguſt exiſtirte fie nur noch als Untiefe. !-
Der vierte hierher gehörige Fall ereignete ſich auch
in der Mark und zwar nicht in einem Landſee, ſondern
in der Havel unweit Spandau. Dort erhob ſich am
17. Mai 1807 zwiſchen Pichelsdorf und dem Pichelsdorfer
Werder in dem Fluſſe plötzlich eine 50 Schritte lange und
12 bis 15 Schritte breite Inſel, deren Oberfläche anfangs
elaſtiſch war und durch Stampfen erſchüttert wurde. Sie
zeigte keine Spur von Vegetation, ſondern war mit Sand,
Muſcheln, Gewürme, Holz u. ſ. w. bedeckt, und es lagen
ſtarke Floßhölzer darauf, die mit gehoben worden waren.
1. Klöden, Beitr. X. 39.
Fr
Dieſe Inſel verſchwand nicht wieder, ſondern war mit
Gras bewachſen, im Jahre 1837 noch vorhanden.“ —
Wenn auch von einem Torfboden dieſer Inſel nichts ge⸗
fügt wird, fo deutet die erwähnte Clafticität des Bodens
(wie Meyn hervorhebt,) auf das Vorhandenſein eines
ſolchen unter der Sanddecke hin. Daß ſie nicht wieder
verſank, erklärt Meyn wohl ganz richtig daher, daß die
Spalten und Höhlung dieſer blaſenartig emporgetriebenen
Inſel durch den Treibſand des Flußbettes ſogleich ausge⸗
füllt worden wären.
Ueber die eigentliche Urſache dieſer merkwürdigen
Blaſenbildung des Torfes fehlt es aber in allen vorſtehend
erzählten Fällen an directen Beobachtungen, und wir würden
uns mit bloßen Vermuthungen darüber zu begnügen haben,
wenn nicht zwei andere ähnliche Ereigniſſe, die weit ab⸗
wärts von unſerem Gebiete ſtattgefunden haben, auch über
dieſen Gegenſtand einiges Licht verbreiteten.
In Livland befindet ſich im Ilſing⸗See bei dem
Dorfe Feſten (berichtet Wangenheim v. Qualen,) eine
merkwürdige Inſel, welche ſeit undenklichen Zeiten in den
Sommermonaten Juli oder Auguſt auf der Oberfläche des
Seees erſcheint und bei dem erſten Froſte wieder unter⸗
ſinkt. Sie taucht regelmäßig an derſelben Stelle empor,
ungefähr 60 Faden vom Ufer, und beſteht aus einem torf⸗
artigen moorigen Unterboden, auf welchem ſich eine Lage
thonartigen Schlammes befindet, welchen ſie alle Jahre
1. Klöden a. a. O. S. 37 ff.
2. Zeitſchrift der deutſchen geologiſchen Geſell. IV. 599.
3. Bulletin de la soc. imp. d. natur, de Moscou 1850. IV.
72
vom Boden des Seees mit heraufbringt. Dieſer See⸗
ſchlamm trocknet in den warmen Sommermonaten zu einer
feſten Rinde, bedeckt ſich ſpärlich mit einigen Gräſern, und
man kann dann trockenen Fußes auf der Inſel umhergehen,
welche in verſchiedenen Jahren, je nachdem ſich mehr oder
weniger Schlamm auf der Inſel befindet, auch größer oder
kleiner erſcheint und als Maximum eine Länge von 10 bis
12 und eine Breite von 3 bis 4 Faden haben kann. — Im
Auguſt 1850 erhielten Herr Wangenheim v. Q. und der
Chemiker Herr Neeſe von dem naturforſchenden Vereine
in Riga den Auftrag, dieſe Inſel näher zu unterſuchen.
Beide reiſeten dorthin und erſterer berichtet nun über das
Reſultat der Beſichtigung weiter:
„Die Inſel war dies Jahr ſchon am 9. Juli auf
der Oberfläche des Seees erſchienen; als wir uns ver:
ſelben näherten, wurden wir überraſcht durch eine ſchwarz⸗
graue wollige Subſtanz, welche unter der Inſel hervor⸗
ſchimmerte und den Untergrund derſelben bildete. Wir
unterſuchten dieſelbe und fanden, daß ſie aus einer Art
Torf, oder aus halbverfaulten Pflanzenfaſern beſtand, die
wie ein ziemlich feſthaltender Filz durcheinander geflochten
waren. Dieſer Pflanzenfilz von etwa einem Faden Dicke
ſenkte ſich auf der einen Seite der Inſel mit einer halben
Wölbung allmälig bis zu dem 2 Faden tiefen Boden des
Seees hinab, mit dem der Filz, wie wir ſehr deutlich er⸗
kannten, in feſter zuſammenhängender Verbindung ſtand,
wodurch das vielleicht ſeit einem Jahrhunderte beſtehende
ſtabile Verhältniß der Inſel au einer und derſelben Stelle
erklärt wird. Beim Sondiren dieſes Pflanzenfilzes mit
einer langen Stange wurden wir überraſcht durch eine
ii...
73
aüßerordentliche Menge Kohlenwaſſerſtoffgas, welches
ſich aus demſelben entwickelte; wir ſammelten in kurzer
Zeit eine Menge von dieſem Gaſe, welches mit einer
bläulichen Flamme brannte. Auf der andern Seite der
Inſel war die dicke Schicht dieſes Filzes nicht mit dem
Boden verbunden, ſondern hatte ſich von demſelben ab»
gelöſet und trug als Untergrund die Inſel, ſo daß man
unter der Inſel in dieſer Höhlung mit einer langen Stange
frei ſondiren konnte, aber auch hier waren Millionen
kleiner Gasbläschen überall im Filze vertheilt.
Dieſer Untergrund der Inſel hat ganz das Auſehen einer
halb geöffneten großen Blaſe, die mit der einen Seite am
Boden befeſtigt iſt; ſie ſchwimmt unter der Oberfläche
des Waſſers, tritt aber nicht über dieſelbe hervor, nur
die auf ihr lagernde 8 bis 12“ dicke Rinde ſchlammartiger
Erde ragt hervor und bildet die eigentliche Inſel. Dieſes
Jahr war die Schicht Erde wegen der herrſchenden ſtarken
Winde ſchon größtentheils von den Wellen hinweggewaſchen
und daher war die eigentliche Juſel, als wir ſie unters
ſuchten, nur 5 Faden lang, aber doch ſchon mit einigen
Gräſern und Waſſerpflanzen bedeckt. — Ungefähr 20 Fa⸗
den von dieſer größeren Inſel entfernt war in dieſem
warmen Jahre noch eine andere ähnliche, aber ſehr kleine
Inſel erſchienen, die von den Landleuten bereits einmal
vor zwanzig Jahren in einem ſehr warmen Sommer be—
obachtet worden war.“ 5
„Das ganze Cauſalverhältniß dieſer ſo eigen⸗
thümlichen Bildung liegt demnach klar vor Augen. Der
See war früher eine Sumpf- oder Moorgegend, auf deren
Boden ſich eine mächtige Torflage bildete; der Abfluß aus
74
dieſem Torflager aber, der noch jetzt zu erkennen iſt, ver⸗
ſtopfte ſich mit der Zeit und bildete einen See mit dieſem
torfartigen Filz als Unterboden. Nun entwickelte ſich vor
langen Jahren, wahrſcheinlich in einem ſehr warmen
Sommer, in dieſen faulenden vegetabiliſchen Stoffen das
leichte Kohlenwaſſerſtoffgas in Millionen kleiner Bläschen,
zerriß die Filzdecke an der einen Seite und hob ſie mit
der darauf liegenden Erde und dem Schlamm zur Ober⸗
fläche des Seees empor und bildete die Inſel, welche nun
alle Jahre, ſobald ſich das Seewaſſer erwärmt, wieder⸗
erſcheint. Bei eintretender Kälte aber verſchwinden Fäulniß
und Gasentwickelung, das vorhandene, die Decke tragende
Gas entweicht allmälig, die halb offene Blaſe wird ſchwer,
klappt zu und ſenkt ſich wieder auf den Boden hinab.“
In dem Ilſing-See war alſo nur die Hälfte der
durchriſſenen Torfblaſe zum Vorſchein gekommen, oder wenn
ſie auch urſprünglich ganz gehoben ſein mochte, war doch
die eine Hälfte ſogleich wieder verſunken, ſo daß W. v. Q.
nichts mehr von derſelben erblicken konnte. Ein Gleiches
war im Jahre 1852 mit der Torfblaſe im Beeler See
der Fall geweſen. Daß der erſteren die radialen Spal⸗
ten fehlten, welche die letztere zeigte, erklärt ſich im.
dieſem, wie auch in den anderen Fällen, wo keine ſolche
Spalten erwähnt werden, ganz einfach aus der elaſtiſchen
Beſchaffenheit der filzigen Torfmaſſe, welche, ohne zu zer⸗
berſten, einer beträchtlichen Ausdehnung fähig war, — eine
Eigenſchaft, welche der Torf im Beeler See nicht beſaß.
Von der Inſel in dieſem letzteren See, wie ſie ſich im
Jahre 1852 zeigte, giebt uns Herr Bruhns eine an Ort
und Stelle entworfene Darſtellung, die wir ihm in Fig. 1
A
4
75
der nebenſtehenden Tafel entlehnen, in welcher durch die
Linie A B C D der Umfang der ganzen Blaſe bezeichnet
wird, von der aber nur der ſchraffirte Theil A B Cin
gehobener Stellung verblieben iſt, und von welchem nur
die durch die Linie a b c abgegränzten Stücke aus dem
Waſſer hervorragen und die Inſel bilden.
Die Inſel im Ilſing⸗See wird dagegen etwa die Ge⸗
ſtalt der Fig. 2 gezeigt haben, der wir auch zugleich in
Fig. 3 eine Anſicht des ideellen Durchſchnitts hinzufügen.
Auf die Idee, daß die Hebung durch eine Gasent⸗
wickelung bewirkt werde, die in dem Inneren des Torf⸗
lagers ſelbſt vor ſich gehe, war ſchon im Jahre 1810
H. Steffens verfallen, » er bezeichnete aber das Gas als
Schwefelwaſſerſtoffgas. Wenige Jahre ſpäter aber gaben
in Bezug auf eine in England gelegentlich auftauchende
Inſel J. Otley und Dalton ſchon eine Erklärung, welche
in allen weſentlichen Stücken mit von W. v. Q's. Auf
faſſung dieſes Phänomens übereinſtimmt.
Mit dieſer letzteren Inſel verhält es ſich nämlich fol.
gendermaßen: Im Dervent-See unweit Keswick ſteigt
ab und an eine etwa 6“ dicke Erdſchicht vom Boden des
Seees bis zu deſſen Oberfläche empor, bleibt aber mit
jenem durch allmälig abfallende Seitengehänge in Ver⸗
bindung, ſo daß ein viel größeres Stück Erdreich gehoben
iſt, als an der Oberfläche ſichtbar wird. Die Stelle, wo
dieſe Hebung erfolgt, liegt in dem ſüdöſtlichen Winkel des
Seees etwa 450“ vom Ufer entfernt, wo das Waſſer ge
wöhnlich nur 3 bis 6° tief iſt. Die Zeit, wann die Inſel
3. Steffens, geognoſtiſch⸗geolog. Aufſätze S. 90.
76
erſcheint, iſt ſehr unregelmäßig; bald hat ſie ſich in zwei
auf einander folgenden Jahren blicken laſſen, bald aber
auch nur in längeren Zwiſchenräumen bon 7 und mehr
Jahren, und zwar, wie es ſcheint, meiſtens gegen den
Schluß einer langdauernden warmen und trockenen Witte⸗
rung. Ihre Geſtalt und Größe find veränderlich: mitunter
iſt ſie ſchon etwa einen Morgen Landes groß geweſen, zu
anderen Zeiten aber auch nur wenige Quadratruthen.
Ruhet die Inſel auf dem Boden des Seees, ſo macht ſie
ſich dort in keiner Weiſe kenntlich. — Abweichend von den
anderen oben beſchriebenen Inſeln iſt dieſe gänzlich mit
Vegetation bedeckt, beſonders mit Isoétes lacustris, zwi⸗
chen welche ſich Lobelia Dortmanna und andere in dieſem
und anderen benachbarten Seeen gemeine Waſſerpflanzen
miſchen. Die Oberfläche der Inſel beſteht bis zur Tiefe
von einigen Zoll aus einer im Waſſer abgelagerten Thon⸗
ſchicht, die übrige Maſſe der Inſel aber aus einer Art
von Torf, der nur unvollkommen ausgebildet iſt und in
dem man noch manche der ihn bildenden Pflanzenarten
erkennen kann; es ſind dies Arten, die jetzt nicht mehr in
dem See wachſen, vormals aber, als der Waſſerſtand
deſſelben viel niedriger war, dort vegetirten, — wie denn
auch die Wurzeln anſehnlicher Eichen und anderer Bäume,
die man an verſchiedenen Stellen im See 4“ unter Waſſer
antrifft, darauf hindeuten, daß hier in den Bodenverhält⸗
niſſen beträchtliche Veränderungen vorgegangen ſein müſſen.
Die Dicke des Inſelbodens iſt etwa 6‘, und er zerreißt
durch die Spannung, die er bei der Hebung erleidet, ſo
daß man durch die dabei entſtandenen Spalten auch das
noch unter der Inſel befindliche Waſſer ſondiren kann.
77
Die Tiefe deſſelben entſpricht der Höhe, bis zu welcher
die Inſel emporgeſtiegen iſt und auf dem Boden dieſes
Waſſers bemerkt man eine feine, weiße Subſtanz (Wieſen⸗
kalk ?), welche in ihrem Ausſehen der Torfaſche ſehr ähnlich iſt.
Nachdem die Inſel ſich acht Jahre lang nicht hatte
blicken laſſen, erhob ſie ſich am 20. Juli 1808 und nahm
dann einige Tage an Größe zu, bis ſie etwa 160“ lang
war und blieb in dieſem Zuſtande einige Wochen. Dbs
gleich der Waſſerſtand des Sees während dieſer Zeit ſich
änderte, behielt die Inſel doch immer dieſelbe Höhe über
dem Seeſpiegel, nämlich etwa 1’; dann ſenkte ſie ſich all»
mälig, bis zu Anfang October eine Fluth ſie bedeckte.
Sie kam erſt am 7. September 1813 zum Vorſchein,
blieb aber nur klein (e. 36“ lang) und erhob ſich nur 7
bis 8“ über dem Waſſerſpiegel; aber obgleich das Waſſer
im See 3° ſtieg, blieb ein Theil der Inſel doch ſichtbar,
bis fie ſodann gegen das Ende des October wieder gänz—
lich verſank. — Im September des Jahres 1825 begann
ſie abermals zu ſteigen; am 7. war fie noch 1° unter
Waſſer, am 10. aber tauchte ſie in anſehnlichem Umfange
aus demſelben hervor und ſchon am 23. September ſank
ſie wieder unter. — In manchen Jahren, wie z. B. 1815,
kommt ſie zwar dem Waſſerſpiegel nahe, aber ſie taucht
nicht aus demſelben auf, ſo daß alſo die Hebungen noch
viel häufiger zu ſein ſcheinen, als die Inſelbildungen.
Schon bei ſeinem erſten Beſuche dieſer Inſel fiel es
Herrn Otley auf, daß durch die ganze Maſſe der⸗
ſelben eine Menge von brennbarem Gaſe ver—
theilt ſei. Im Jahre 1815 gelang es ihm und Dalton
eine Quantität deſſelben zu ſammeln, indem ſie vom Boote
8
aus die unter Waſſer ſtehende Inſel mit einer Pike an⸗
bohrten, worauf das Gas jedesmal in großen Luftblaſen
aus dem Waſſer emporblubberte. Sie fingen daſſelbe in
einer Flaſche auf und unterwarfen es einer chemiſchen
Analyſe, welche ergab, daß dies Gas zu gleichen Theilen
aus Kohlenwaſſerſtoff und Stickſtoff, nebſt etwa 6%
Kohlenfäure beſtand. Daſſelbe Reſultat erhielt man, als
man im Jahre 1825 abermals das der Inſel entquellende
Gas auffing. Dalton iſt der Meinung, daß dies Gas
ſich bei der Zerſetzung von Pflanzenſtoffen im Waſſer ge⸗
bildet habe; zwei Atome Kohle zerſetzten zwei Atome
Waſſer und erzeugten 1 Atom Kohlenwaſſerſtoffgas und
1 Atom Kohlenſäure; die Kohlenſäure ſei ſodann größten⸗
theils durch das Waſſer abſorbirt und dadurch zerſtreuet
worden, das andere Gas aber habe ſich in kleinen Bläs⸗
chen in der ſchwammigen Maſſe des Torfbodens angehäuft;
der Stickſtoff endlich ſei wahrſcheinlich aus der Atmoſphäre
in das Waſſer gekommen. Er ſtimmt daher Otley's An⸗
ſicht vollkommen bei, daß dieſe Gasentwickelung die
einzige plauſible Urſache ſei, die man für das
Steigen und Sinken der Inſel annehmen könne. Die
Erzeugung und zeitweiſe Adhäſion einer ſo großen Gas⸗
menge müſſe einen großen Einfluß auf das ſpecifiſche
Gewicht eines jeden Körpers haben, wenn aber derſelbe,
— wie es hier der Fall iſt, — an und für ſich ſchon
faſt daſſelbe ſpecifiſche Gewicht beſitzt, wie das Waſſer,
in welchem er eingetaucht iſt, ſo muß er ſchwimmen oder
ſinken, je nachdem die Gasmenge größer oder geringer wird.“
1. Memoirs of the literary and philosophical society of Man-
chester. Second series vol. III. p. 64. V. p. 19.
/
75
Um hier gleich alle Beiſpiele ſolcher Inſeln, welche
mir bekannt geworden ſind, zuſammenzufaſſen, will ich
ſchließlich noch erwähnen, daß man ſchon ſeit langen Zeiten
auch in Schweden, und zwar im Ralängen-See (im
Jönköpings⸗Län belegen), eine periodiſch auftauchende Inſel
kennt. Sie war ſichtbar in den Jahren 1696, 1727, 1733,
1743, 1750, 1757, 1758, 1766 u. ſ. w. Nur zwei Mal
tauchte ſie im Auguſt auf (aber nie vor dem 13.), ſechs
Mal im September und zwei Mal im Anfange des October;
ſie verſank wieder im September, October und zuweilen
im Anfang des November, nachdem ſie bisweilen nicht
über 6 Tage (wie 1758) ſichtbar geweſen war. Im Jahre
1747 blieb ſie dagegen vom 17. Auguſt bis 21. October
über Waſſer, alſo 64 Tage und dies iſt auch die längſte
Dauer derſelben, die man zwiſchen den Jahren 1696 und
1766 beobachtet hat; ſie trug 60 alte Baumſtubben, von
denen man damals 26 wegnahm. Im Jahre 1766, den Tag
nachher, nachdem ſie geſunken war, alſo am 4. November,
ſtand ſie 3 bis 3½ Ellen unter Waſſer. Sie war 50
Ellen lang und 20 bis 30 Ellen breit, und kam immer
an derſelben Stelle zum Vorſchein, um welche herum es
ſehr tief war. Der Wind ſchien keinen beträchtlichen Ein⸗
fluß auf ſie auszuüben, denn 1757 kam ſie am 3. October
bei einem ſtarken Winde empor und ſank am 19. mit
demſelben Winde wieder unter. Mehr Nachrichten über
dieſe Inſel, welche Rödholm genannt wird, ſtehen mir
nicht zu Gebote, — fie genügen aber um zu beweiſen,
1. Otto, Syſtem einer allgemeinen Hydrographie, Berlin
1800 J. 283, — und zwar von dieſem entlehnt aus Bergmann's
phyſiſcher Erdbeſchreibung (aus d. Schwed.), Greifswald 1780,
Bd. II., 201.
80
daß auch dieſer Rödholm in die Claſſe der eben beſprochenen
Inſeln gehört.
Selbſt bei Torf⸗ und Moorlagern, die nicht unter
Waſſer liegen, hat man ſchon ähnliche Gasentwickelungen
wahrgenommen, denn nicht allein hat man in den Zorf-
mooren in der Nähe von Beel ſelbſt die Bemerkung ge⸗
macht, daß zuweilen Gruben, die man des Abends aus—
geſtochen hatte, am folgenden Tage wieder durch von unten
her aufgequollenen Torf ſich gefüllt zeigten, ſondern Meyn
berichtet auch, daß in dem weichen flüſſigen Moorbrei, der
in den holſteinſchen Marſchen unter einer impermeablen
Thondecke liege, Kohlenwaſſerſtoffgas ſich in ſolcher Menge
bilde und anſammele, daß es beim Graben und Bohren
von Brunnen zuweilen mit Gewalt hervorbreche, und an⸗
gezündet längere Zeit in einem Flammenſtrome fortbrenne.
— Den ſchlagendſten Fall aber, der meiner Meinung
nach, dieſe ganze Streitfrage endgültig erledigt, berichtet
Herr v. d. Borne aus Hinterpommern. Dort wird neuer⸗
dings auf der Domäne Carolinenhorſt unweit Stargard
ein bis 14“ mächtiges und über c. 4000 Morgen aus⸗
gebreitetes Torflager in auf einander folgenden Abſtichen
von je 4“ ausgebeutet. Wenn an den mächtigeren Stellen
der zweite Abſtich herabgenommen iſt, ſo wird häufig ein
Aufblähen der unteren Torfmaſſe beobachtet; dieſelbe
platzt unter Exploſion, Torfſtücke werden 6 bis 15
Schritte weit umhergeſchleudert und es erfolgt ein heftiges
Ausſtrömen von Gaſen, welche zwiſchen dem Torf
und dem darunter liegenden Sande ihren Sitz haben,
Das Gas brennt, wie das Sumpfgas, mit ſchwach
leuchtender Flamme und iſt von den Arbeitern, nachdem
81
ſie durch Einſtechen von Löchern ein allmäliges Ausſtröͤmen
bewirkt, ſogar ſchon zum Kochen benutzt worden. Inner⸗
halb der Torfmaſſe ſelbſt hat man aber dort niemals
eine bedeutende Gasanſammlung gefunden. !-
Einen andern Fall aus der Rhön theilt Dr. Senft
mit. „Ich habe dort (ſagt er,) eine durch Gaſe ver⸗
anlaßte Anſchwellung, bei welcher endlich die Decke platzt
und die Gaſe unter Auswurf von ſchlammigem Waſſer
entweichen, im Juli 1838 am rothen Moore beobachtet.
Schon am Tage vor derſelben brauſete es im Moore ſo
ſtark, daß es ein Geräuſch gab, als wenn ein Fluß in
der Nähe über eine Felſenlehne ſtürzte. Die Bewohner
der umliegenden Dörfer nannten dieſe Erſcheinung „das
Kochen des Moores“ und deuteten ſie auf „baldigen ſtarken
Nebel.“ Am Morgen des folgenden Tages zeigte ſich
das Moor geborſten und mit trübem Schlammwaſſer
bedeckt, aus welchem unaufhörlich große, mit kniſterndem
Geräuſche zerplatzende Gasblaſen entwichen. Zwei Stunden
ſpäter war die ganze Moorfläche mit einem undurchdring⸗
lichen Nebel bedeckt, welchem noch an demſelben Tage
ſtarke Regengüſſe folgten, die das Kochen des Moores
zum Stillſtand brachten.“
Ich glaube, daß die voraufgehend zuſammengeſtellten
Beobachtungen, namentlich die im Derwent und Ilſing⸗See,
und dieſe beiden letzten, in Pommernund in der Rhön gemachten,
nun endlich jeden Zweifel an der Erklärung dieſes merkwürdigen
Phänomens beſeitigen werden. Es iſt das Emporſteigen
1. en der deutſchen geolog. Geſellſchaft IX. 479.
2. Dr. F. Senft, die Humus⸗, Marſch⸗, Torf: und er
Bildungen. 1 1862, S. 101.
6
2
der Inſeln nicht (wie Herr Dr. Meyn annimmt,) die Wirs
kung eines zufällig auf ihren Boden hin gerichteten, den
Tiefen des Erdballes entquellenden Stromes von Kohlenſäure,
ſondern die Torf maſſe der Inſel iſt ſelbſt das La⸗
boratorium, in welchem das Gas, und zwar das ſo
ſehr leichte Kohlenwaſſerſtoffgas, erzeugt wird. Wenn
nun bei unſeren norddeutſchen Inſeln von dem Daſein
dieſes Gaſes auch noch nichts bemerkt worden iſt, ſo mag
entweder Unaufmerkſamkeit der Beobachter daran Schuld
ſein, indem ſie dieſen wichtigen Umſtand ganz außer Acht
ließen, oder auch (was mir in manchen dieſer Fälle noch
wahrſcheinlicher iſt,) eine verſchiedenartige Beſchaffenheit
der Inſeldecke, welche ihrer größeren Mächtigkeit und
Schwere wegen ſchwieriger zu heben war, ſo daß ſie erſt,
nachdem eine ſehr bedeutende Menge Gas in ihren unteren
Schichten ſich angeſammelt hatte, plötzlich der ſie empor⸗
treibenden Kraft nachgab, bei dieſem gewaltſamen Aufſteigen
wie durch eine Exploſion zerriſſen wurde und nun alles
Gas, welches ſich in der Nähe der Spalte befand, ſogleich
in die Atmoſphäre entwich. Was dann noch an Gas
zurückblieb, konnte ſo verſteckt liegen, daß es ſelbſt einem
aufmerkſamen Beobachter verborgen bleiben mußte. — Aus
eben dieſem Grunde läßt ſich auch die ſchwer bewegliche,
aus einer 16 bis 20° mächtigen Torfſchicht beſtehende
Inſel im Beeler See ſo ſelten blicken, während die nur
6“ dicken, aus leichterer Maſſe beſtehenden Inſeln im Il⸗
fing und Derwent⸗See faſt jährlich in Bewegung zu fein
ſcheinen und zwar nicht ſo ruckweiſe, wie jene, gleichſam
emporſchnellen, ſondern in langſamer ſtetiger Bewegung
auftauchen und unterſinken.
Der Derwent⸗See zeigt aber auch noch eine andere
merkwürdige Eigenthümlichkeit, die auf den erſten Anblick
für Herrn Dr. Meyn's Anſicht, daß jene Inſeln gewaltigen
Ausſtrömungen von Kohlenſäure ihren Urſprung verdankten,
zu ſprechen ſcheinen könnte. Das Waſſer dieſes Seees
geräth nämlich von Zeit zu Zeit aus „unbekannten Grün⸗
den“ in eine lebhaft wallende Bewegung, — ein
Phänomen, welches man dort mit dem Namen „Grunds
wind“ (bottom - wind) bezeichnet.“ — Dieſer See ſteht
darin jedoch nicht allein da, ſondern auch noch einige an⸗
dere theilen dieſe Eigenthümlichkeit. So berichtet z. B.
Klöden von dem Kreſſinſchen See in der Mark, daß er
bisweilen ſeltſame Aufwallungen zeige, die ſelbſt bei hei⸗
terem Himmel und ſtillem Wetter mitunter ſo heftig wären,
daß die Fiſcher dann in eiliger Flucht das Ufer zu er⸗
reichen ſtrebten.. Auch der Arnſee in der Altmark ſoll
Luftausſtrömungen und Wallungen zeigen, desgleichen der
kleine See am Fuße des Segeberger Gypsberges.
Daß die causa efficiens dieſer Bewegungen Aus⸗
ſtrömungen von Kohlenſäure aus dem Seeboden ſeien, wie
Meyn annimmt, 3- ift eine bloße Hypotheſe, denn eine che⸗
miſche Analyſe der etwa aufſteigenden Luftblaſen iſt in
keinem dieſer Fälle vorgenommen worden. In den erſten
beiden Fällen iſt es mir viel wahrſcheinlicher, daß es ſich
auch hier wieder um Entwickelung von Kohlenwaſſerſtoffgas
1. Dalton, meteorological observations, ed. 2 (Manchester
1834) p. 51.
2. Klöden, Beiträge u. ſ. w. X. 34, — nach einem älteren
Berichte von Bernoulli.
3. Zeitſchrift der deutſch. geol, Geſellſchaft IV. 602.
5
84
handelt, da wir in dem Derwent ⸗See an einer Stelle ſchon
eine maſſenhafte Erzeugung deſſelben kennen gelernt haben,
und nach dem, was oben über die Beſchaffenheit ſeines
Bodens im Allgemeinen geſagt iſt, auch an anderen Stellen
die Bedingungen dazu nicht fehlen werden. Aehnlich ver⸗
hält es ſich mit dem Kreſſinſchen See, deſſen Boden ſo
ſehr mit Moder bedeckt iſt, daß derſelbe beim Fiſchen be⸗
ſchwerlich fällt und bei niedrigem Waſſerſtande ſogar in
der Mitte des Seees an der Oberfläche des Waſſers zum
Vorſchein kommt, — wenn anders dieſe letztere Thatſache
richtig beobachtet iſt, und hier nicht etwa auch eine periodiſch
auftauchende Inſel vorliegt. — Sollten ſich alſo die Wal⸗
lungen in dieſen beiden Seeen nicht ganz genügend aus
dem Zerplatzen mit Gas einprägnirter Torfmaſſen auf dem
Seeboden erklären, — alſo gleichſam Symptome verun⸗
glückter Inſelbildungen fein? ?
Während die Localverhältniſſe dieſer beiden Seeen
mir die eben gegebene Erklärung ſehr wahrſcheinlich machen,
ſcheinen mir dagegen die Localverhältniſſe des Arn⸗Seees
und des Segeberger Seees, deren Eigenthümlichkeiten wir
in einem ſpäteren Abſchnitte noch genauer beſprechen werden,
wirklich mehr auf Exhalationen von Kohlenſäure hinzudeuten;
denn daß ſolche in unſeren Gegenden, z. B. in Brunnen,
gelegentlich vorkommen, iſt hinreichend bekannt.
8 Es möchte daher rathſam ſein, dieſe merkwürdigen
wallenden und ſprudelnden Bewegungen unſerer Seege⸗
wäſſer noch nicht ſo gleichſam in einen Topf zuſammen
zu werfen, indem man ſie alle aus einer einzigen Urſache
ableitet, ſondern vorläufig die Thatbeſtände ſelbſt noch
recht ſorgfältig zu beobachten, wobei es ſich dann wahr⸗
85
ſcheinlich immer überzeugender herausſtellen wird, daß trotz
der Aehnlichkeit der Symptome, jene Paroxysmen dennoch
einen verſchiedenartigen Urſprung haben.
Sümpfe und Moore ſind ein Laboratorium in welchem
aber auch noch ein anderes brennbares Gas, als das
Kohlenwaſſerſtoffgas, nämlich wahrſcheinlich Phosphor-
waſſerſtoffgas, — hin und wieder in nicht unbeträcht⸗
licher Menge erzeugt wird. Daſſelbe giebt ſein Daſein
durch Lichterſcheinungen kund, die ſogenannten Irrlich⸗
ter, deren Exiſtenz freilich noch heutigen Tages ſelbſt von
manchen Phyſikern geläugnet wird, für welche aber ſo viele
glaubwürdige Zeugniſſe vorliegen, daß jeder gerechtfertigte
Zweifel an ihrem Daſein verſchwinden muß. Ich ſelbſt
habe zwar dies Phänomen noch nicht mit eigenen Augen
geſehen, bin aber zugegen geweſen, als andere es erblickten
und dieſer Fall hat ſich meiner Erinnerung ſehr lebhaft
eingeprägt. In meinen Knabenjahren machten die Lehrer
des Neubrandenburger Gymnaſiums mit den Schülern
der vier oberen Claſſen einmal eine Waſſerfahrt nach Pril⸗
witz, an welcher ich als Quartaner gleichfalls Theil nahm.
Als wir beim Einbruche der Nacht auf der Rückfahrt uns
dem Liepsbruche näherten, erſcholl plötzlich der Ruf: „Da
iſt ein Irrlicht!“ Alle drängten nun nach der Seite des
Fahrzeuges hin, wo dieſe Erſcheinung erblickt worden war,
und mehrere Lehrer und Schüler hatten das Glück, ſie
zu ſehen, ich ſelbſt aber kam zu ſpät, — denn als ich mich
bis zu der betreffenden Stelle des Bootes hindurchgearbeitet
hatte, war das Irrlicht erloſchen. — Außer vielen anderen
etwas unbeſtimmt gehaltenen Relationen über Irrlichter
liegt aus Meklenburg aber auch noch folgender, ſogar von
86
einem Notarins, welcher zufällig Zeuge der Beobachtung 1
war, amtlich beglanbigter Bericht vor: „Am 26. Sptbr.
1848 etwa 7¼ Uhr (fo erzählt der Salinenbeamte Herr
Franz Koch in Sülz,) langten wir (nämlich er ſelbſt und
der Notarius Krüger,) vom Lande heimkehrend bei dem
ſüdöſtlich von Sülz liegenden ſtädtiſchen Jägerhauſe an.
Als wir im Weiterfahren den freien Ueberblick über das
breite Wieſenthal erlangten, durch welches von hier aus ein
Steindamm in die Stadt führt, wurden wir durch
einen Verwunderungsausruf unſeres Fuhrmannes auf eine
Anzahl heller Lichter aufmerkſam gemacht, die ſich näher
und ferner in der zur Rechten von uns befindlichen ſtädti⸗
ſchen Viehweide bewegten. Nach der erſten Ueberraſchung,
welche dieſe ungewohnte Erſcheinung auf uns übte, wurden
wir uns ſehr bald einig, daß dieſe Lichterſcheinungen
nur Irrlichter ſein konnten. Als wir dieſelben zuerſt er⸗
blickten, mochten ihrer etwa 20 ſein. Einige ſchienen ziem⸗
lich fortdauernd zu brennen, während andere nur wenige
Secunden dauerten. Vor, bei oder nach ihrem in längerer
oder kürzerer Zeit eintretenden Erlöſchen erſchienen nahe
oder ferne, höher oder niedriger am Boden neue Flammen,
die den Beobachter glauben laſſen konnten, ein Hüpfen
und Springen einer und derſelben Flamme zu ſehen. Die
Zahl der Lichter, die an Farbe und Größe einem recht
hellen Laternenlichte gleichkamen, nahm während unſerer
etwa zehn Minuten dauernden Beobachtung allmälig ab,
bis zuletzt, als wir den Schauplatz dieſer intereſſanten
Naturerſcheinung verließen, nur noch zwei Flammen ſichtbar
waren.“ Eine ähnliche Beobachtung machte ein anderer
. Boll, Archiv IV. 174.
87
ganz unverwerflicher Zeuge, nämlich der berühmte Aſtronom
Beſſel. Am 2. December 1807, in einer völlig trüben
und windſtillen Nacht, in welcher von Zeit zu Zeit ein
ſchwacher Regen fiel, auf dem Flüßchen Wörpe in einem
Kahne fahrend, erblickte er auf dem großen Moore des
Herzogthums Bremen, zwei Meilen nordöſtlich von dem
Amte und der ehemaligen Sternwarte Lilienthal Hunderte
von Flämmchen von bläulicher Farbe, ähnlich der des un⸗
reinen Waſſerſtoffgaſes. Die Lichtſtärke war unbeträchtlich,
da nicht bemerkt werden konnte, daß der Boden, über
welchem eine Flamme brannte, merklich erleuchtet worden
wäre, oder daß ihre oft große Zahl eine merkliche Helligkeit
verbreitet hätte. Oft blieben die Flämmchen in unverän⸗
deter Stellung, oft nahmen ſie eine horizontale Lage an
und zwar in zahlreichen Gruppen, ſo daß man die leicht
beweglichen mit ſchaarenweiſe ziehenden Waſſervögeln ver⸗
gleichen konnte. Auf der Stelle, auf der die Irrlichter
erſchienen, hatten die Moor⸗Coloniſten vielen Torf gegraben,
wodurch der Boden uneben und der Anſammlung des
Waſſers günſtig geworden war. Das hohe Moor ſchienen
dieſe Irrlichter nie zu erſteigen. Die Ruderer im Kahne,
die dieſen Weg oft in der Nacht machten, betrachteten die
Erſcheinung als etwas Gewöhnliches.“ Auch aus Vorpommern
wird über eine Lichterſcheinung berichtet, die wohl nur
in die Kategorie der Irrlichter gehören kann. „Am Abend
des 12. April 1863 (heißt es in Nr. 1036 der Leipziger
Illuſtrirten Zeitung,) wurde zu Pruchten bei Barth eine
— —
I. Zeitſchrift für die geſammten Naturwiſſenſchaften (Halle
1853) II. 111.
88
ſeltene feurige Lufterſcheinung bei ziemlich ſtarkem Oſtwinde
und regneriſchem Wetter beobachtet. Auf den ſumpfreichen,
torfhaltigen Moorwieſen der Pruchtener Büdener (ſogenannte
Steuerwieſe) entſtand anfangs ein kleines Licht, das nach
und nach eine größere Ausdehnung gewann, und vom
Winde hin und her bewegt wurde. Nach Verlauf von
etwa 6 Minuten vergrößerte ſich daſſelbe aber ſo, daß es
das Anſehen von einer hellbrennenden Theertonne hatte,
ſich mit dem Winde gleichſam hüpfend fortbewegte und
mehrmals 1 bis 2 Fuß hoch ganz von der Erde emporhob,
welches ebenfalls mehrere Minuten dauerte. Dann ſchien
die große Flamme eine ganz compacte Maſſe zu werden,
und ſtand unter öfterem Aufſchießen einiger blaſſer Strahlen,
die der Windrichtung folgten, etwa zwei Minuten ganz
ſtill. Darauf hob ſich die Feuermaſſe anfangs langſam,
dann ſchneller von der Erde empor, wurde vom Winde
getragen und ſtieg nach und nach zu einer Höhe von 40
bis 50 Fuß auf, nahm dann einen ſchnelleren Lauf, zog
über ein kleines Tannengehölz, und geſtaltete ſich zu einem
förmlich runden Feuerball mit einem lang hinter ſich zu⸗
rücklaſſenden Strahl, der ſich bald zu verlängern, bald in
die Breite zu ziehen ſchien. Endlich verſchwand das Phä⸗
nomen den beobachtenden Augen hinter dem großen Bar⸗
ther Gehölz. Aehnliche Erſcheinungen ſollen auch früher
ſchon einige Male bei Pruchten wahrgenommen worden
ſein. — Im nördlichen Holſtein erinnert ſich H. Bier⸗
natzki im Jahre 1843 ganz Erfde einſt mit Irrlichtern
bedeckt geſehen zu haben. Auf dieſem zwiſchen Sorge und
Eider belegenem Werder (bis auf den mittleren Kern ein
altes Flußbette,) loderten damals Zaufende nach oben in
2
einen bläulichen Dampf endende Flämmchen, die dadurch
das Anſehen brennender Fackeln erhielten. Sie erhoben
ſich überall zu Oſten und Weſten des Dorfes auf den
Feldern empor und verſchwanden blitzſchnell; es war Mit⸗
ternacht eines Spätſommertages, der Wind ein leichter,
ebener Seewind, die Luft ſcheinbar ziemlich rein, der
Wärmegehalt geringe, der Himmel klar. Die Erſcheinung
dauerte über eine Stunde. — Am tauben See bei Braun⸗
ſchweig beobachtete unſer meklenburgiſcher Botaniker Herr
Beuthe Irrlichter, bei Kamenz und Leipzig der Student
Vogel, in einer ſumpfigen Niederung zwiſchen Schlieben
und Herzberg in Schleſien der Dr. Knorr, Profeſſor der
Phyſik in Kiew, bei Beerbach unweit Nürnberg der Pfarrer
Boeck und der Cantor Lechner, in Braſilien Dr. J. v.
Tſchudi * u. ſ. w., — fo daß dieſem consensus gentium
gegenüber der Zweifel an der Exiſtenz des Phänomens
nicht länger Stich halten kann, wenn auch eine genügende
Erklärung deſſelben zur Zeit noch fehlt, — namentlich
darüber, ob das brennende Gas der ſich in Berührung
mit atmoſphäriſcher Luft ſelbſt entzündende Phosphor—
waſſerſtoff ſei, oder nicht. Aber: „rerum natura sacra
sua non simul tradit; initiatos nos credimus, — in
veslibulo ejus haeremus,“ — jagt ſchon mein alter Freund
Seneca!
Befinden ſich ſtatt anſehnlicher Gasanſammlungen
noch bedeutendere Waſſermaſſen unter den Torflagern,
1. Alle dieſe und noch mehrere andere Berichte über be⸗
obachtete Irrlichter ſtehe in Boll's Archiv IV. 174 f. V. 216;
Zeitſchrift für die geſammten Naturwiſſenſchaften II. 111 ff.
X. 247; Sitz.⸗Ber. der Wiener Akademie XXIX. 269,
90
ſo können auch dieſe gelegentlich zum Durchbruch kom⸗
men. Einen Fall der Art, welcher ſich im Jahre 1830
unfern Greiffenberg im Welſebruch ereignete, berichtet
Klöden.“ Dort brach nämlich plötzlich beim Torfſtechen
eine ſtarke Quelle aus dem Torfe hervor, deren Mündung
2% Fuß höher als der nur 160° entfernte Spiegel des
Flüßchens Sarnitz lag. Das Waſſer hatte im Winter
bei einer Lufttemperatur von O' eine Wärme von 6° R.
Seine Farbe war milchweiß (ohne Zweifel weil unter dem
Torfe Wieſenkalk lag,) und färbte das Waſſer der Sarnitz,
in welche es floß, ſo ſtark, daß dieſes zum Waſchen und
Trinken gänzlich unbrauchbar wurde; es incruftirte alle
ihm dargebotenen Gegenſtände mit einer weißen Rinde,
die der Regen nicht abſpülte. Die Quelle wurde mit
der Zeit ſchwächer und Klöden meint, daß ſie um die
Zeit ſeines Berichtes (1836) ſich ſchon ganz wieder ver⸗
loren gehabt habe. — Leider erfahren wir nicht, ob (wie
es anzunehmen ift,) mit dem Abfluß der Quelle zugleich
auch eine allmälige Senkung des ganzen Lagers verknüpft
geweſen jei. ?-
Werfen wir nun noch einen Blick auf den Gebrauch,
welchen man von dem Torfe macht, ſo iſt ſeine Beſchaffen⸗
heit und Güte weſentlich abhängig von ſeiner Dichtigkeit,
der Verſchiedenartigkeit der ihn bildenden Pflanzen und dem
Grade der Zerſetzung, in welchem dieſe ſich befinden. Hier⸗
nach unterſcheidet man mehrere Arten, unter denen der
1. Klöden, Beiträge IX. 44.
2. Andere Beiſpiele ſ. in Walchners Handbuch der Geognoſie
ed. 1 S. 293 und in der Gartenlaube 1861 ©, 666 und 678.
Vergl. auch Senft a. a. O. S. 102 und 111.
91
ſogenannte Backtorf oder Baggertorf !- die beſte, der faft
ausſchließlich aus Fennmoos gebildete Moostorf aber die
ſchlechteſte iſt. — Ob die früheren flaviſchen Bewohner
unſerer Länder den Torf ſchon als Brennmaterial benutzt
haben, iſt wohl ſehr zweifelhaft. Vielleicht lehrten erſt
die deutſchen Coloniſten, welche ſeit dem Ende des 12.
Jahrhunderts in ſo großer Zahl aus Holland, Friesland
und Weſtphalen hier einwanderten, — alſo aus Gegenden
kamen, wo man ſchon ſeit wenigſtens tauſend Jahren den
Nutzen dieſes Stoffes kannte, — den Torf auch hier
als Brennmaterial zu verwenden. Daß man in den ger⸗
maniſirten Oſtſeeländern wenigſtens ſchon frühzeitig großen
Werth auf dies Bodenerzeugniß legte, zeigt die häufige
Erwähnung deſſelben in den Urkunden ſeit Anfang des
14. Jahrhunderts, und in einem rügianiſchen Documente
vom Jahre 1303 kommt ſogar ſchon der deutſche Ausdruck
Torfmür vor, während dieſe Moore ſonſt in den lateini⸗
ſchen Urkunden jener Zeit gewöhnlich caespites oder ses-
pites genannt werden. — Die Gewinnung des Torfes
iſt hier aber Jahrhunderte lang ſehr mangelhaft nach
altem Schlendrian durch Spatenſtich betrieben worden.
Erſt ſeit etwa zwanzig Jahren haben bei dem mit zuneh⸗
mendem Holzmangel ſteigenden Werthe des Torfes die
1. Backtorf, weil er wie das Brod geknetet werden muß,
Baggertorf etwa, weil ſeine halbflüſſige Maſſe aus den
Gruben herausgebaggert werden muß? — Welche Lesart mag
die richtige ſein?
2. Von den an der Nordſeeküſte anſäſſigen Cauchen ſagt
ſchon Plinius (hist. nat. XVI. 1): captum manibus lutum ventis
magis quam sole siecantes, terra cibos et rigentia septentrione
viscera sua urunt, — In Holland heißt dieſer Brennſtoff jetzt
turf, in England peat; das engl. turf bezeichnet „grünen Raſen.“
92
Torfſtichmaſchinen hier in Meklenburg eine größere Ver⸗
breitung gefunden und ſeit wenigen Jahren ſind auch ſchon
einzelne Torf-Preßmaſchinen in Thätigkeit geſetzt worden,
durch welche der Torf in eine feſte, braunkohlenartige
Maſſe umgewandelt wird, welche die mannigfaltigſten
Vorzüge vor dem gewöhnlichen Torfe darbietet. Einer
allgemeinen Anwendung dieſes Verfahrens ſtellt leider der
hohe Preis dieſer Preßmaſchinen noch immer ein ſehr großes
Hinderniß in den Weg. — Die Fabrication des „Back⸗
torfes“ aber wird hier ausſchließlich von Arbeitern betrieben,
welche im Sommer zu dieſem Zwecke aus Oſtfriesland
nach Meklenburg und ſelbſt nach Hinterpommern kommen.
Das von ihnen dabei beobachtete Verfahren iſt folgendes:
nachdem der Torfbrei auf dem Platze, wo die Arbeit vor⸗
genommen werden ſoll, gleichmäßig ausgebreitet worden
iſt, beginnen ſie ihn zu „pedden“, d. h. mit den bloßen
Füßen zu treten * und gehörig durchzukneten, wie dies z.
B. in der Gegend von Bonn ſogar auch bei der Verfer⸗
tigung des Landbrotes geſchehen ſoll. Iſt dieſer beſchwer⸗
liche Act beendet, dann wird die ganze zerarbeitete Maſſe
auf dem Lagerplatze ausgeebnet wie ein coloſſaler Kuchen,
einen halben preußiſchen Morgen groß und von der Dicke,
von welcher die Torfſtücke werden ſollen. Mit breiten
Holzſchuhen ſpringen ſie nun hinauf, treten den Brei nieder,
und bearbeiten ihn auch noch mit Brettern und Schaufeln
ganz glatt und eben. Bevor ſie dieſe Maſſe in Stücke
1. Das Wort pedden hängt offenbar mit dem lateiniſchen
pes zuſamen, iſt alſo eins der vielen Worte, bei welchem das
Plattdeutſche eine größere Verwandtſchaft mit dem Lateiniſchen
zeigt als das Hochdeutſche.
93
von der Form und Größe der Ziegelfteine zerlegen, machen
ſie eine Pauſe von ein paar Tagen, damit ſie einige Con⸗
ſiſtenz gewinne, und dieſe Zwiſchenzeit muß je nach dem
Zuſtande der Witterung abgemeſſen werden. Iſt die Maſſe
noch zu weich, ſo würde die Zerlegung nichts helfen, denn
alles würde wieder zuſammenfließen; wollte man aber
damit zu lange warten, ſo würde der ganze Kuchen an⸗
fangen ſich zu zerſpalten und riſſig zu werden. — Das
Zerlegen geſchieht in zwei Tempos. Zuerſt werden Längs⸗
linien hindurchgeſchnitten, in einem Abſtande von 9 bis
10 Zoll, ſo lang jedes einzelne Torfſtück werden ſoll, und
auf dieſe Weiſe das Ganze in „Bänke“ getheilt. Nach
einer abermaligen kleinen Pauſe von einigen Tagen, damit
die Schnitte etwas vernarben, ſchreitet man dann zu den
Querſchnitten, die in den engeren Abſtänden der Breite
der Torfſtücke gemacht werden. Nachdem dieſe nun ihrer
Form nach fertig find, geht es an das Austrocknen dere
ſelben, welches mit großer Vorſicht geſchehen muß, denn
die Torflaibe ſind anfangs noch ſo ſchlaff und weich, daß
man fie nicht gleich in jeder beliebigen Weiſe aufjtellen
kann. Sie müſſen erſt ein wenig auf die lange Kante und
dicht neben einander gelegt werden, damit ſie ſich gegen⸗
ſeitig ſtützen. Wollte man ſie gleich in hohen luftigen
Pyramiden aufſtapeln, ſo würden fie Gefahr laufen zu—
ſammen zu ſinken. Nachdem ſie 8 bis 14 Tage in der
bezeichneten Stellung verblieben ſind, beginnt das „Ringen.“
Dies beſteht darin, daß man die nun ſchon ziemlich ſteifen
Torfſoden (engl. sod, holländ. zoode) zu kleinen runden, ſpitzen
Kegeln ſo übereinander legt, daß ſie nur mit den Enden
auf einander faſſen, und daß möglichſt große Zwiſchenräume
94
zwifchen ihnen bleiben. Die Kegel find inwendig hohl,
und in dieſer Aufſtellungsweiſe können Luft und Licht am
beſten einwirken um die Austrocknung zu vollenden. Das
Beſte thut aber dabei der Wind, der durch die durchlauch⸗
tigen Torfkegel hindurchzieht, — eine Beobachtung, welche
auch (wie aus der oben angeführten Stelle des Plinius
erhellt,) die alten Cauchen ſchon gemacht und zu benutzen
gewußt haben. Da aber der Wind die Spitzen der kleinen
Kegel natürlich kräftiger angreift, als den Fuß, der auf
dem feuchten Boden ſteht, ſo iſt es nöthig zuweilen „um⸗
zuringen“, d. h. die Kegel aus einander zu nehmen und
dann wieder ſo aufzubauen, daß die Soden, welche bis
dahin am tiefſten lagen, jetzt die höchſte Stelle erhalten.
Namentlich bei naſſer Witterung muß dies Umringen ſehr
oft geſchehen.! N
Ob aus unferem Torfe ſchon irgendwo Photogen
oder Paraffin gewonnen wird, iſt mir nicht bekannt.
Als Baumaterial aber (wie in Irland,) iſt der
Torf in Meklenburg wohl ſchwerlich jemals gebraucht
worden, wohl aber auf Hiddensde, wo die Kathen der in
dem ſüdlichen flachen Theile der Inſel belegenen Dörfer
noch um das Jahr 1819 zum Theil aus Torfſoden auf⸗
geführt waren; * ob dies auch jetzt noch der Fall ſei, kann
ich nicht ſagen, da ich jene Dörfer nicht ſelbſt beſucht habe,
und mir auch anderweitig über ihre jetzige Beſchaffenheit
keine Kunde zugegangen iſt. Auch an einigen Orten in
Pommern deckte man früher die Ställe mit Plaggentorf
1. J. G. Kohl: „ein Ausflug in's Teufelsmoor“, — in der
Gartenlaube 1863, S. 462.
2. Grümbke, Rügen II. 29.
85
und brauchte denſelben auch außerdem zur Fütterung der
Feſtungswälle, weil ſich die Macht der Kugeln an ſeiner
ſchwammigen Maſſe brach.“
Torfaſche wird in Gärten, auf Aeckern und Wieſen
vielfältig als Düngungsmittel benutzt und kann, — wenn
die Umſtände dabei gehörig berückſichtigt werden, — als
ſolches ſehr gute Dienſte leiſten. Ein ſicherer günſtiger
Erfolg ſteht aber nur dann in Ausſicht, wenn man die
wichtigſten Beſtandtheile der Aſche zuvor durch chemiſche Ana⸗
lyſe ermittelt und ſich durch das erhaltene Reſultat bei
der Verwendung der Torfaſche leiten läßt.
Ein Verbrennen des Torfes zu dem alleinigen Zweck
feine Aſche als Düngungsſtoff zu erhalten, — ein Cultur⸗
verfahren (die ſogenannte Brandcultur), welches in den
torfreichen Gegenden des nordweſtlichen Deutſchland (Han⸗
nover, Oldenburg) und Hollands in ſo großem Maßſtabe
betrieben wird, kommt in Meklenburg und deſſen Nachbars
ländern nicht zur Anwendung. Daſſelbe beſteht darin,
daß man nach Entwäſſerung des Torfbodens die oberſte
Schicht deſſelben in Schollen und Plaggen aufhauet, dieſe
1 bis 2 Jahre den Einwirkungen der Atmoſphäre und
des Froſtes ausſetzt, und ſodann anzündet und zu Aſche
verbrennt. Tief in den Boden läßt man aber den Brand
nicht eindringen und ſobald dieſer erloſchen, bewerkſtelligt
man die Ausſaat, welche in der Regel ſich nur auf Buch⸗
weizen, und nur ausnahmsweiſe auch auf Roggen, Hafer
und Oelfrüchte erſtreckt. Das Brennen geſchieht im Mai
oder Juni, wenn der Boden mit Buchweizen, im Sep⸗
1. Denſo, von den pommerſchen gegrabenen Seltenheiten,
St. II. 8 8.
96
tember, wenn er mit Roggen beſtellt werden ſoll. Ein
ſo abgebrannter Boden trägt bis zum vierten Jahre der
Benutzung in ſich ſteigernder Menge Ernten von Buch—
weizen, und von da ab verringert ſich ſeine Tragkraft
wieder in gleichem Maße, wobei ſich die eigenthümliche
Thatſache herausgeſtellt hat, daß in den letzten Jahren
einer ſolchen Brandculturperiode je ſparſamer der Buch⸗
weizen zum Vorſchein kommt, um fo mehr Spörgel (Sper-
gula arvensis) emporſprießt; hat dieſer endlich die Ueber⸗
hand gewonnen, ſo wird er mit dem Buchweizen als
Grünfutter abgemähet. An manchen Orten wirdz auch der
Buchweizen mit ſchwarzem Hafer gemengt und mehr als
Futterpflanze gebauet, oder man geht endlich zur Saat
des Spörgels ſelbſt über; — auf mehr als eine Ernte
kann dann aber auch von dieſem nicht mehr gerechnet
werden, denn der Boden hat die Kraft zur Ernährung
der Culturpflanzen verloren und muß nun der Brache
überlaſſen werden. Letztere dauert 20 bis 25 Jahre, und
während dieſer Ruhezeit bildet ſich auf dem Boden wieder
eine 6 bis 7“ dicke Krume, mit deren Verbrennung ſodann
eine neue Culturperiode beginnt. Man will bei dieſem
Verfahren die Beobachtung gemacht haben, daß der von
Calluna vulgaris gebildete ſchwarzbraune Torf die beſten,
der von Eriophorum vaginatum minder gute, und der |
von Sphagnum acutifolium erzeugte Torf die geringſten
Ernten von Buchweizen liefere, Der Haidetorfgrund iſt
daher zu dieſer Cultur geeigneter als der Moostorfgrund.
— In Holland ſoll dies Verfahren erſt ſeit dem Jahre
1712 aus Norddeutſchland Eingang gefunden haben. !-
1. Pokorny, Verhandl. d. zool. botan, Gef. in Wien VIII. 346.
3
Die Moore, auf denen dieſe ſehr primitive Brandeultur bes
trieben wird, liegen hauptſächlich in dem etwa 15 M. breiten
Küſtenſaume der Nordſee zwiſchen dem Zuider⸗See und der
Nieder⸗Elbe und umfaſſen einen Raum von etwa 145 UM.
Natürlich wird niemals dieſe ganze Fläche in einem
einzigen Jahre in Brand geſteckt, aber anſehnliche Strecken
derſelben kommen darin jährlich an die Reihe. Der Rauch,
der ſich dabei entwickelt, iſt nach der Trockenheit und Aus⸗
dehnung des brennenden Areals ſehr verſchieden; mitunter
wird er ſo ſtark, daß er an Orten, die 2 Meilen von der
Brandſtätte entfernt liegen, die Luft ſo trübt, daß auf
freiem Felde Häuſer, Bäume u. f. w., welche ſich in einem
Abſtande von nur etwa 1000 Schritten befinden, für das
Auge des Beobachters völlig unſichtbar ſind, und die Sonne
mitten am Tage nur mit einiger Mühe vom Auge auf⸗
gefunden werden kann. Er iſt für die Gegenden, wo dieſe
Brandcultur getrieben wird, eine entſetzliche Landplage,
von der die Bewohner des nordweſtlichen Deutſchland in
manchen Jahren vom Ende des April bis gegen den Aus⸗
gang des Juni auch nicht einen einzigen Tag
verſchont bleiben. Dieſer Haiderauch oder Moor⸗
rauch (holländiſch veenrook) wird durch die Winde aber
auch in ſehr weit entfernte Gegenden hingetrieben, —
einerſeits über Holland und den Canal bis nach England,
andererſeits über das ganze weſtliche Deutſchland. Je
weiter er ſich von ſeinem Urſprungsorte entfernt, um ſo
mehr verliert er an Dichtigkeit, und ſo tritt er denn in
weiten Abſtänden von der Brandſtätte und als eine leichte
weißliche, nach dem Horizonte zu bräunliche Trübung der
Luft auf, bei welcher auf entfernteren Gegenſtänden nur
7
98 5
ein leichter Duft ruhet, — eine atmoſphäriſche Erſcheinung,
welche in Deutſchland (auch bei uns) weit und breit unter
dem Namen des Höhenrauches bekannt iſt. Daß
aber unter dieſem Namen auch ſehr verſchiedenartige Dinge
zuſammengefaßt werden, indem der ſogenannte Höhenrauch
auch vulcaniſchen Urſprungs fein kann, iſt früher ſchon
erörtert worden. # |
Ueber die Zeit, welche ein ausgeſtochenes Torfmoor
bedarf, um ſich wieder zu regeneriren, darüber ſcheinen
hier in Meklenburg ſehr unrichtige Vorſtellungen im Um⸗
laufe zu ſein, wenigſtens ſind mir oft ſchon ſehr kurze
Zeiträume angegeben, in denen dies mit dieſem oder jenem
Moore geſchehen ſein ſollte. Es fehlt darüber an zuver⸗
läſſigen Beobachtungen und die einzige darauf bezügliche
brauchbare, die mir bekannt iſt, ſpricht gerade dafür, daß
wenn auch eine ausgeſtochene Grube ſich binnen einer nicht
langen Friſt wieder ausfüllt, zur Erzeugung eines wirk⸗
lichen, brauchbaren Torfes von nur 4“ Mächtigkeit ſchon
Jahrhunderte erforderlich ſind. Dieſe Beobachtung
iſt in den ſchon oben erwähnten Sülzer Torfmooren von
dem Herrn Geh. Rath A. Koch gemacht worden. „Vor⸗
ſichtig abgeſtochen (ſagt derſelbe), ſo daß die Oberfläche
des Untergrundes nicht zu hoch mit Waſſer bedeckt wird,
regenerirt ſich der Torf bald, ohne jedoch die Feſtigkeit
und Schwärze wieder zu erlangen, welche der erſte, der
I. Preſtel, in Petermann's geogr. Mittheilungen 1858, S.
106 ff. und S. 315 ff.
2. Archiv XIX, S. 122 ff. — Auch im Jahre 1819 traf
weit verbreiteter Höhenrauch mit heftigen vulcaniſchen Aus⸗
brüchen des Aetna zuſammen.
99
Urtorf beſitzt. Eine Fläche, welche aller Wahrſcheinlichkeit
nach kurz vor dem dreißigjährigen Kriege abgeſtochen war,
und um das Jahr 1850 als Torfſtich wieder in Angriff
genommen werden ſollte, war in ihrer Oberfläche voll⸗
kommen wieder überwachſen, und zeigte ganz das äußere
wilde Anſehen einer noch unberührten, mit Bruchhölzern
aller Art beſtandenen Moorgegend. Als aber dieſe Fläche
berodet, geebnet und von Neuem beſtochen ward, fand ſich
in der Tiefe von 4“ der ältere Abſchnitt, — und zwar
ſcharf begränzt. Der obere jüngere, ſeitdem regenerirte
Torf war von Farbe gelblich⸗braun, das Wurzelgeflechte
und die Mooſe noch erkennbar, und der geſtochene und
getrocknete Torf blieb locker (foſe); der untere Urtorf da⸗
gegen war ſchwarz von Farbe, ſehr feſt, und das Wur⸗
zelgeflechte nicht mehr, oder doch kaum noch erkennbar.“ !-
Mächtige Torflager von 10° und darüber find wahr⸗
ſcheinlich ein Werk von Jahrtauſenden, und die verhält⸗
nißmäßig ſchnelle Wiederausfüllung ausgeſtochener Gruben
binnen wenigen Jahren, wie man dies an verſchiedenen
Orten bemerkt haben will, iſt ſchwerlich Folge einer wirk⸗
lichen Regeneration, ſondern nur des hydroſtatiſchen Druckes
der die Grube umgebenden Torfmaſſen, durch welchen ſie
von unten her durch ſchon fertigen Torf wieder ausgefüllt
1. A. Koch, in Boll's Archiv V. 174 f. — Wahrſcheinlich
verhält es ſich mit dem Torf des Alt⸗Warmbrücher Moores
bei Hannover, der ſich binnen 50 Jahren regenerirt und eine
Mächtigkeit von 4 bis 6“ erhalten haben ſoll, ganz ähnlich. —
Einen ſehr originellen Einfall hatte J. Denſo: er wollte Torf⸗
ſoden in Moräſten pflanzen und daraus ſollte ſich dann bald
ein brauchbares Torflager erzeugen (Denſo von den pommerſchen
gegrabenen Seltenheiten, II. § 8, Stettin, 1748).
7 75
109
wird. Ueber die mitunter plötzlich binnen wenigen Stunden
erfolgende Ausfüllung, wie man eine ſolche bei dem Dorfe
Beel beobachtet hat, haben wir S. 80 ſchon geſprochen.
Beherzigte man dieſen Umſtand, daß es zur Wieder⸗
erzengung eines brauchbaren Torfes eines fo langen Zeit⸗
raumes bedarf, würde man wahrſcheinlich mit den Torf⸗
ſtichen etwas planmäßiger verfahren, als dies in Meklen⸗
burg im Allgemeinen namentlich auf den ſtädtiſchen Ge⸗
bieten zu geſchehen pflegt, wo man hinſichtlich des Torfes ſo
oft ein Verfahren befolgt, welches den früheren unverant⸗
wortlichen Waldverwüſtungen ebenbürtig an die Seite tritt.
In den Gegenden, wo der Untergrund einen anſehn⸗
lichen Eiſengehalt beſitzt, wie dies in der meklenburgiſchen
Haideebene der Fall iſt, wo ſo ſehr vieler roſtbrauner
eiſenhaltiger Sand (die verrufene Fuchserde, plattdeutſch
auch „Oord“ ! genannt,) vorkommt, bildet ſich in den
Torfmooren und Wieſen das Raſeneiſenerz, — in
Meklenburg gewöhnlich Eiſenklump, oder ſchlechtweg Klump
genannt. In der Haidebene iſt es weit verbreitet und
ſtellenweiſe maſſenhaft vorhanden, in anderen Gegenden
des Landes tritt es mehr ſporadiſch an geeigneten Oert⸗
lichkeiten auf; auch in Holſtein, der Mark Brandenburg, *
Pommern und Rügen iſt es nicht ſelten. Seine gegen⸗
wärtig noch ſtattfindende Bildung beweiſen z. B. nicht
allein Holzſtückchen, die man — und zwar nicht petrificirt,
— in ihm eingeſchloſſen ſieht, ſondern G. Brückner fand
1. Oord (zu ſprechen ürd,) wird die richtige Wortform
ſein, da dieſer Sand im Hochdeutſchen auch hin und wieder
„Ortſtein“ genannt wird; in Holſtein ſoll er Norr oder Ahl heißen.
2. Klöden zählt in ſeinen „Beiträgen u. ſ. w. IX. 46 ff.
die dortigen Fundorte auf.
101
bei der Krenzliner Glashütte, ſogar einige Stücke Glasfluß
von dieſem Erze überzogen. Von erſterem Falle theilte
mir Herr v. Lützow noch kürzlich ein intereſſantes Stück
zur Anſicht mit, welches in einer Wieſe auf ſeinem Gute
Boddin gefunden worden war; daſſelbe war nicht ſehr feſt
und ſchwer, voller kleiner Blaſenräume, und enthielt viele
Reſte von Baumzweigen, die eine ganz zunderige Beſchaf⸗
fenheit hatten. Ueber das gelegentliche Vorkommen von Bern⸗
ſtein in dieſem Erz werden wir in einem ſpäteren Abſchnitte noch
weiter berichten. — Was die äußere Geſtalt des Erzes bes
trifft, jo hat es oft ein deutlich ſtrahlig⸗cryſtalliniſches Ge⸗
füge von metalliſchem Glanz, dem der Schwefelkiesnieren
ſich nähernd. Oft hat es auch auf ſeiner Oberfläche nie⸗
renförmige Buckel, faſt als wäre die Maſſe weich geweſen,
und hier und da durch Luftblaſen gehoben. Meiſt iſt es
im Innern ſehr poröſe, auf den dichteren Stellen aber
doch ziemlich feſt und im Bruche etwas glänzend. Selten,
und vielleicht nur da, wo eine abhängige Lage die Ver⸗
miſchung mit Sand erleichtert, verdichtet es ſich zu einer
dem eiſenſchüſſigen Sandſtein ähnlichen Maſſe, wie eine
ſolche ſich z. B. am Sonnenberge bei Parchim in einer
Ausdehnung von 200 Quadratellen findet. Wie das Erz
durch chemiſche Umbildung aus jenem eiſenhaltigen Sande
entſteht, indem Waſſer, welches mit Kohlenſäure geſchwän⸗
gert iſt, auf denſelben einwirkt, erklärt Prof. Göppert in
folgender Weiſe: „Dies Waſſer nimmt aus dem Sande
Eiſen auf, ſpäter entweicht die Kohlenſäure, Eiſenoxydhydrat
ſchlägt ſich nieder, leicht lösliche, in den verrotteten Vege⸗
tabilien vorkommende phosphorſaure Verbindungen wer⸗
den zerſetzt und die Phosphorſäure tritt an das Eiſen, ſo
102
daß daraus ein Gemenge von Eiſenoxydhydrat und phos⸗
phorſaurem Eiſen entſteht, welchem als weniger weſentliche
Beſtandtheile Sand, Thon, vegetabiliſche Subſtanzen u.
ſ. w. beigemengt erſcheinen.“
Eine im Jahre 1859 unter Prof. Schulze's (in Roſtock)
Leitung ausgeführte Analyſe » von Raſeueiſenerz aus der
Haideebene ergab folgende Zuſammenſetzung deſſelben:
7,4300 hygroſkopiſches Waſſer,
12,7280 Hydratwaſſer,
21,6100 ſandige Kieſelerde,
3,0200 opalige Kieſelerde,
46,7520 Eiſenoxyd,
0,2720 Thonerde
4,7780 Manganoxyd,
0,1430 kohlenſaure Kalkerde,
0,0108 Magneſta,
2,6780 Phosphorſäure,
0,5782 Baryterde, nebſt Spuren von
— Schwefelſäure u. ſ. w.
100, 0000.
Baryterde ſcheint bisher noch durch keine andere
Analyſe im Raſeneiſenſtein nachgewieſen zu ſein, wenigſtens
ſchweigen alle anderen mir zu Gebote ſtehenden über dies
Mineral gänzlich. „Dies überraſchende Vorkommen von
Baryt (ſagt Schulze a. a. O.) veranlaßte mich, denſelben
auch in anderweitigen meklenburgiſchen Erdgemiſchen auf⸗
zuſuchen, und ich fand auch in der That deutliche Spuren
deſſelben gleich in der erſten beſten Modererde, die mir
zur Hand war. Daß man ihn bei den gewöhnlichen Ana⸗
lyſen erdiger Foſſilien bisher meiſtens überſehen hat, er⸗
1. Mitgetheilt im Archiv für meklenburgiſche Landeskunde
1859, S. 60.
103
klärt ſich aus dem gleichzeitigen Vorhandenſein ſchwefelſaurer
Salze, welche bei der Behandlung der Erde mit Salzſäure
die Bildung von ſchwefelſaurem Baryt bewirken, und dieſer
bleibt bei dem von der Salzſäure nicht aufgeſchloſſenen
Theile des Erdgemiſches, welcher in der Regel nicht weiter
unterſucht wird. Die Gegenwart des Baryts in dem
Raſeneiſenſtein würde auch mir wahrſcheinlich entgangen
fein, wenn letzterer mehr als minutiöfe Spuren von Schwe⸗
felſäure enthalten hätte.“ — Auch kaum erkennbar geringe
Spuren von Schwefel-Arfenit wurden bei dieſer Analyſe
gefunden. |
Es enthalten demnach 100 Theile dieſes Erzes faft
33% reguliniſches Eiſen, welches ſich nach einem an dieſe
Analyſe anſchließenden Schmelzungsverſuche als ſehr brauch⸗
bar erwies, indem es ſich durch weiße Farbe, Härte und
Leichtflüſſigkeit auszeichnete, und keineswegs kaltbrüchig
war, wie man demſelben früher häuftg zum Vorwurf ge⸗
macht hatte.
Ohne Zweifel iſt dies Eiſen einſtmals für die Be⸗
wohner unſerer Länder von ſehr großer Wichtigkeit geweſen,
indem ſie, als ihnen auf Handelswegen noch kein auslän⸗
diſches Eiſen zugeführt wurde, ihre Waffen und ander⸗
weitigen eiſernen Geräthſchaften aus dieſem Erze ſelbſt
ſchmiedeten. Zwar meldet uns die Geſchichte aus alter
Zeit nichts von einer ſolchen Induſtrie, aber wir finden
die Beweiſe für dieſelbe noch jetzt in den z. B. in Me⸗
klenburg und Pommern vorhandenen Schlackenhalden, '
auf denen das Ausſchmelzen und Verarbeiten des Eiſens
1. Liſch in den Schweriner Jahrbüchern XXV. 250, Lenz
in den Baltiſchen Studien I. 328.
104
an offenen Feuern vorgenommen worden iſt. „Durch
Zufall oder Belehrung (ſagt Lenz a. a. O.) mochten un⸗
ſere Vorfahren darauf verfallen, dieſen wenig ökonomiſchen
Gebrauch von dem Erze zu machen. Bei den reichen
Holzvorräthen, welche damals noch in unſeren Ländern
vorhanden waren, war es leicht, in einer nahe am Holze
aufgeworfenen Sandgrube die Eiſenerze zum Schmelzen
zu bringen, zumal wenn man erſt mit den roheſten, leicht
zu erlernenden Kunſtgriffen auf's Reine gekommen war.
Aber bei dieſem unvollkommenen Betriebe blieb in den
Schlacken ein fo großer Theil des Eiſens (30 bis 40%ĩ)
zurück, daß in neuerer Zeit ſolche Schlacken auf den Eiſen⸗
hüttenwerken mit großem Nutzen zum zweiten Male be⸗
arbeitet worden ſind.“ In Dänemark iſt, wie Forchhammer
berichtet,“ die Ausſchmelzung dieſes Erzes in der eben
bezeichneten Weiſe noch in hiſtoriſcher Zeit der Gegenſtand
der häuslichen Induſtrie beinahe eines jeden Mannes ge⸗
weſen, und hat dort nur wegen Holzmangel aufgehört,
während eben dieſe Induſtrie in Norwegen und Schweden
durch die größeren Fabriken in einzelne von der übrigen
Welt beinahe abgeſchloſſene Thäler zurückgedrängt ſei. Noch
jetzt, meint Forchhammer, gäbe es in Scandinavien Orte,
wo der Bauer das Eiſen, deſſen er bedürfe, ohne allen
Zweifel auf dieſelbe einfache Weiſe ausſchmelze, die einſt
der Odiniſche Stamm eingeführt habe.
In der früheſten geſchichtlichen Zeit finden wir einige
urkundliche Hindeutungen auf Eiſengewinnung in Meflen-
. In den Hamburger kritiſch⸗ literariſchen Blättern 1844,
S. 762 ff.
105
——
burg und Pommern. . Zu einer wirklich kunſtgemäßen
Ausbeutung des Erzes ſind in Meklenburg aber erſt
zwiſchen den Jahren 1513 und 1770 mehrfache Verſuche
durch Anlegung von Eiſenhütten zu Grabow, Neuſtadt,
Dömitz, Wittenburg und Zarentin gemacht worden.? Aber
wie alle induſtrielleu Unternehmungen der herzoglichen
Kammer einen ſehr ſchlechten Fortgang zu nehmen pflegten,
ſo auch dieſe. Alle jene Anlagen waren daher nur von
kurzem Beſtand, und gingen, nachdem ſie, ſtatt Gewinn
abzuwerfen, bedeutende Zuſchüſſe gekoſtet hatten, immer
ſehr bald wieder ein. — Gegenwärtig wird der Raſen⸗
eiſenſtein in Meklenburg nur noch als Baumaterial
benutzt. Bei der Armuth der Haideebene an Geröllen iſt
er dort als ſolches ſehr wichtig geworden, indem man ihn
nicht allein zu den Fundamenten verwendet, ſondern ſogar
ganze Bauwerke aus ihm aufführt, wie denn z. B. in
Ludwigsluſt die beiden Glockenthürme, die Mauer des
ww
1. Allzuviel Gewicht darf auf die in den Urkunden des
13. und 14. Jahrhunderts gelegentlich auftretenden ferrifodinae
wohl nicht gelegt werden. Man ſuchte ſich in dieſen Docu⸗
menten den Beſitz nach allen Seiten hin möglichſt zu ſichern,
und ſo kamen denn in die Urkunden Dinge mit hinein, die
wirklich noch gar nicht auf dem in Frage ſtehenden Boden auf⸗
gefunden waren, von denen man aber hoffen mochte, daß ſie
dort noch entdeckt werden könnten. Dies iſt aber in manchen
Fällen gewiß nicht geſchehen, wie z. B. mit den argentifodinis,
welche 1269 neben den ferrifodinis dem pommerſchen Kloſter
Belbuk verliehen werden, und den auri argentique fodinis, nebſt
jeglicher Art von Erz, Metall oder Edelſteinen, mit denen im
Jahre 1260 der Biſchof von Samland in Preußen durch den
deutſchen Orden begabt wird.
2. Siehe über dieſelben Liſch in den Schweriner Jahrb.
VII. 51 ff.
10
Friedhofes und die Stadtmauer (mit Ausnahme der aus
Backſteiuen beſtehenden Zwiſchenpfeiler,) aus dieſem Ma⸗
teriale errichtet worden ſind. Ueber die Geſchichte dieſer
Bauten berichtet das Ludwigsluſter Wochenblatt im Jahre
1857 Folgendes: „Die älteren Einwohner des Ortes
werden ſich noch der Zeit erinnern, wo Ludwigsluſt keine
Mauern hatte, ſondern ihn Paliſaden umgaben, welche etwa
vom Schweriner Thor nach dem Grabower, und von da nach
dem Hamburger gegangen ſein mögen. Das Holz zu dieſen
Paliſaden wurde meiſt von einer großen Eiche am Techen⸗
tiner Wege genommen, welche der Sturm umgeſtürzt hatte.
Die erſte Befriedigung durch eine Raſeneiſenſtein⸗Mauer
wurde am Kirchhofe gemacht um's Jahr 1791 und 1792.
Zugleich wurden die beiden Glockenthürme errichtet, früher
hatten nur hölzerne da geſtanden. Die Glockenthürme wurden
ägyptiſch gebaut und die Glocken wurden aus der Kirche
zu Techentin bei Goldberg weggeholt, was Beides lehr⸗
haft für die damalige Zeit. Am letzten Abend des Jahres
1793 läuteten die Glocken zum erſten Male auf dem neuen
Thurm. Sie haben aber 1824 umgegoſſen werden müſſen,
welches der Kirche 1288 Thlr. alten Geldes gekoſtet hat.
Im Jahre 1822 begann der Bau der eigentlichen Orts⸗
mauer am Grabowſchen Thore, etliche Jahre vor dem
Bau der Chauſſee nach Grabow; wo man jetzt leicht da⸗
hinrollt, pflügte man damals durch den tiefen, tiefen Sand,
der von jener Art war, welche man als „mahlenden“ bezeichnet;
wo es damals wüſte und öde ausſah, blühen jetzt rechts
und links, beſonders ſchön im Garten der Villa, duftige
Fliederbüſche. Sieben Jahre iſt an der Mauer gebaut,
zu welcher die Bauern den Klump brachten, der ihnen auf den
107
Wieſen nur im Wege war. So kam unſere Mauer zu
Stande, die ein ganz hübſches Ausſehen hat durch die
Verbindung des dunklen Eiſengeſteins mit der hellen, rothen
Backſtein⸗Einfaſſung. Ringsum ſind Bäume gepflanzt,
doch iſt eine rechte Allee, namentlich auf der öſtlichen
Seite, nicht zu Stande gekommen. Auf dieſer Seite wird
die Mauer ſtreckenweiſe durch die Caſernenſtälle gebildet.“
Mit dem Raſeneiſenſtein vergeſellſchaftet findet man
mitunter auch ein phosphorſaures Eiſenorydulhydrat. Das⸗
ſelbe zeigt ſich als Viviniat nur ſehr ſelten in ſehr
kleinen, ſchön dunkelblauen, glänzenden Cryſtallen auf dem
Erz. Etwas häufiger erblickt man auf letzterem einen
Anflug von erdigem Eiſenblau (natürlichem Berliner⸗
blau), welches mitunter auch in größerer Menge für ſich
allein im Torf und Moder vorkommt. Es iſt, ſo lange
es der Luft nicht ausgeſetzt wird, eine weiße krümelige
Maſſe, die ſich aber an der Luft bald indigoblau färbt,
indem ſich das phosphorſaure Eiſenoxydulhydrat durch Auf⸗
nahme von Sauerſtoff aus der Atmoſphäre in phosphor⸗
ſaures Eiſenoxydocydul⸗Hydrat umwandelt. Zufluß von
eiſenhaltigem Quellwaſſer zu den bezeichneten Lagern, dem
auch der nicht ſelten in Torfgräben ſich abſetzende roſt⸗
farbene Eiſenocker ſeinen Urſprung verdankt, ſcheint
die Urſache der Bildung dieſes Minerals zu ſein. — Auch
Roth⸗Eiſenocker fand ſich mit dem erdigen Eiſenblau
zuſammen einmal in großer Menge bei Kraak (in der Haide⸗
ebene) im moorigen Boden. Er war von erdiger Be⸗
ſchaffenheit, mattem Ausſehen und ſeine Farbe glich ganz
der des bei der Darſtellung der Schwefelſäure zurückblei⸗
beuden Eiſenoxyduls, — des caput morluum der Apo⸗
108
theken. — Nur ein einziges Mal iſt mir Moorkupfer,
eine ſehr lebhaft gefärbte blaugrüne erdige Maſſe, vor⸗
gekommen; ich beſitze ſie aus einem Torfmoor bei Wolde,
weiß aber über ihre Lagerungsverhältniſſe und muthmaßliche
Entſtehung nichts weiter zu berichten. Wahrſcheinlich fehlen
Eiſenvitriol und Schwefelkies, die in manchen Gegenden
jo häufig find, daß dort eine techniſche Benutzung des fo»
genannten „Vitrioltorfes“ ſtattfindet, . auch in unſeren
Torflagern keineswegs gänzlich, indem ich mich erinnere,
früher Torfſtücke hier geſehen zu haben, welche in ihrem
Ausſehen darauf hindeuteten, — beſtimmtere Nachweiſungen
aber vermag ich nicht darüber zu geben.
Von dem Vorkommen noch anderer dem Torf, Moder
und Wieſenkalk ſelbſt angehöriger Mineralien iſt mir aus
Meklenburg nichts weiter bekannt geworden. Dieſe Neu⸗
bildungen ſind aber auch die Lagerſtätte gar mancher durch
den Zufall in ſie hineingelangter Dinge, deren recht
ſorgfältiges Studium zwar von großem Intereſſe wäre,
bis jetzt aber noch ſehr vernachläſſigt geblieben iſt. Denn
die einzigen Leute, die dergleichen Dinge zu entdecken ver⸗
mögen, — die Torfgräber und die beim Auskarren des
Moders beſchäftigten Tagelöhner, — ſind ihrer gänzlich
vernachläſſigten Bildung wegen ohne alles Intereſſe an
ſolchen Funden und beachten ſie entweder gar nicht, oder
zertrümmern ſie muthwillig. Nur in den ſelteneren Fällen,
wenn ſich ihren Blicken etwas ſeiner Form oder ſeines
Stoffes wegen ganz beſonders Auffallendes darbietet, halten
ſie ein une Stück an und nehmen es mit nach Haufe,
1. Dr. F. Senft, die 2 1535 Marſch⸗, Torf: und Limonit⸗
Bildungen, Leipzig 1862,
109
aber auch von dieſen Dingen kommt aus Nachläſſigkeit
oder Mißtrauen der Finder nur der geringere Theil endlich
in die rechten Hände, — in die Hände des Naturforſchers
und des Alterthümlers. Zahlloſe Dinge, welche auf die
Naturkunde und Culturgeſchichte unſeres Landes gar manches
Licht werfen könnten, gehen jährlich auf dieſe Weiſe in
Meklenburg verloren. |
Was ſich an ſolchen zufälligen Einſchlüſſen im
Torf, Moder und gelegentlich auch im Wieſenkalk findet, find
theils Reſte von Thieren und Menſchen, theils Artefacte
und Spuren von menſchlicher Thätigkeit.
Die thieriſchen Reſte gehören theils ſolchen Arten
an, wie ſie noch jetzt in unſerem Lande leben, theils aber
einigen großen Vierfüßlern, von welchen einige hier er⸗
weislich ſchon längſt ausgerottet ſind, andere aber nur in
vorhiſtoriſcher Zeit hier gelebt zu haben ſcheinen, da ges
ſchichtliche Zeugniſſe für ihre frühere hieſige Exiſtenz gänz⸗
lich fehlen. Zu dieſen verſchollenen Größen gehört der
Ur (Bos urus oder primigenius), flaviſch tur genannt,
von deſſen früherem Daſein in Meklenburg directe ge⸗
ſchichtliche Zeugniſſe fehlen, welches aber durch Hörner,
Zähne, Schädel und Knochen deſſelben hinreichend bewieſen
wird, die ſich eben nicht ſelten in unſeren Mooren finden,
und von denen das Antiquarium zu Schwerin ſchöne
Stücke aufbewahrt. Wahrſcheinlich hat dieſer große Vier⸗
füßler noch in den ſlaviſchen Zeiten hier gelebt, da manche
Localnamen auf denſelben hindeuten, wie z. B. die in der
älteren Landesgeſchichte vorkommenden Gaunamen Ture,
Turne, die Dorfnamen Turow, Tur-bor (d. h. Ur⸗Haide,
— jetzt: Törber), Tur-glowe (d. h. Ur⸗Kopf, — jetzt:
110
Turlow) und der ſich in Meklenburg, in der Mark und
in Pommern ſo oft wiederholende Name „das Tur⸗ oder
Thür⸗Bruch; das Thurbruch auf der Inſel Uſedom kommt
urkundlich ſchon im Jahre 1239 als „Wald⸗Thura“ vor.
Von den Reſten zweier anderer Stierarten, die außer
denen des Ur in den däniſchen Torfmooren noch vor⸗
kommen, iſt in Meklenburg noch nichts nachgewieſen. Da
beide früher in Europa eine weitere Verbreitung gehabt,
ſo iſt wohl anzunehmen, daß ſie auch in unſerem Lande
nicht gefehlt haben werden, ſondern nur noch nicht beob⸗
achtet worden ſind. — Es ſind dies der Bos frontosus
Nils., welcher in der Schweiz in der Simmenthaler⸗Saaner
Rindviehrace noch fortleben ſoll, und das Wiſent (Bison
europaeus, polniſch: zubr), welches letztere ſogar bis nach
der Mitte des 14. Jahrhunderts in Hinterpommern gelebt
hat, da noch der Herzog Wartiſlaw V. ein Exemplar des⸗
ſelben (vielleicht das letzte!) erlegte und aus deſſen Horn
ein Trinkgefäß anfertigen ließ, welches er im Jahre 1373
dem Dome zu Camin vermachte. Gegenwärtig exiſtirt
dieſe Art noch lebend in Lithauen im Walde von Bialowice.
— Von einer vierten Rinder⸗Art oder Abart, dem Bos
brachyceros, welche noch jetzt in der Schweiz und in
Algier lebt, iſt bei Penzin ein Schädel im Moder ge⸗
funden worden.?
Ausgerottet in Mellenburg iſt ferner der Bär, und
zwar iſt der letzte um die Mitte des vorigen Jahrhunderts
bei dem Dorfe Mölln unweit Pentzlin erlegt worden, wie
1. Th. Schmidt, zur naturgeſchichtlichen Statiſtik der in
Pommern ausgerotteten Säugethiere. Stettin 1856, S. 1 ff.
2. Schweriner Jahrb. XXIX. 280.
111
die noch jetzt dort lebende mündliche Ueberlieferung meldet.
Wahrſcheinlich war derſelbe (ſo wie auch die um dieſelbe
Zeit noch in Pommern erlegten, ) nur ein Nachkomme
von eingewanderten Bären, die in Folge der vielen Kriege,
welche im 17. und 18. Jahrhundert Norddeutſchland ver⸗
wüſteten, aus Polen herübergeſtreift waren. Denn da der
Bär von keinem unſerer älteren meklenburgiſchen Schrift⸗
ſteller als einheimiſch erwähnt wird, und auch Kantzow
und Micrälius, von denen erſterer zur Reformationszeit
und letzterer während des 30 jährigen Krieges ſchrieb, den
Bären auch in Pommern nicht mehr als einheimiſch auf⸗
führen, ſo ſind die alten einheimiſchen Bären wahrſchein⸗
lich ſchon ſehr frühzeitig hier ausgerottet worden. Daß
ſolche hier einſtmals wirklich vorhanden waren, und zwar
noch in den ſlaviſchen Zeiten, darauf deutet der Dorfname
Medewede (jetzt zu Medewege verfälſcht,) hin, in welchem
ſich das flaviſche medwed (der Bär) gar nicht verkennen
läßt.“ Dieſen „alten eingeborenen“ Bären, — und nicht
jenen ſpäter „recipirten“, ſchreibe ich die Bärenreſte zu,
welche hin und wieder in den Torfmooren gefunden werden,
wie z. B. im Jahre 1824 ein ſehr ſchöner Schädel bei
Neukalen.
Viel zahlreicher als die Reſte der ſchon genannten
Thiere werden Zähne, Knochen und Schaufeln des Elenns
im Torf und Moder gefunden, beſonders die letzteren,
1. Schmidt a. a. O. S. 14.
2. Ebenſo wenig in dem pommerſchen Madüe⸗See, ſ. oben
S. 61 Anm. — Localnamen aber, wie Bärberg, Bärenſoll,
Behrenbruch und ähnliche find auf das Wort Beer (althoch⸗
deutſch ber, angelſächſiſch bar, nr boar) d. h. der Eber, zu⸗
rückzuführen.
112
weil fie durch Größe und eigenthümliche Geſtalt ſelbſt die
Aufmerkſamkeit der Laien zu reizen pflegen. Ich beſitze
i eine 4° tief im Torfe unfern des Landgrabens bei Treptow
gefundene, ausgezeichnet ſchön erhaltene Schaufel, welche
nur 1% Fuß breit“ und 3 Pfund ſchwer iſt, und offenbar
einem jungen Thiere angehört hat; es kommen aber auch
Exemplare vor, die ſich 3“ und noch darüber ausbreiten
und in ſolcher Größe ſollen ſie im friſchen Zuſtande ein
Gewicht von 20 Pfund erreichen. — Nicht minder häufig,
wie in Meklenburg, werden Elennreſte in der Mark und
in Pommern gefunden, und in letzterem Lande war dies
Thier ſchon zur Reformationszeit in die an Polen grän⸗
zenden Sumpfgegenden Hinterpommerns zurückgedrängt, =
wo es jetzt aber auch ſchon verſchwunden iſt. Geſchicht⸗
liche Zeugniſſe für ſein früheres Leben in Meklenburg ſind
mir nicht bekannt. — In Deutſchland kommt es noch in
Oſtpreußen in der Ibenhorſter Forſt vor, in Dänemark
aber fehlt es jetzt gänzlich und auch in Norwegen war es
in neuerer Zeit in Gefahr ausgerottet zu werden, was
aber durch den geſetzlichen Schutz, unter den es geſtellt
ward, verhindert worden iff. *
Gleichfalls gar nicht ſelten, aber in Meklenburg bis
1. Ein zweites Exemplar meiner Sammlung wurde im
Moder bei Thalberg unweit Treptow gefunden, ein drittes bei
Gevezin, ein viertes bei Gädebehn (unweit Neubrandenburg),
Nr. 5 und 6 (zuſammen gehörig) bei Malchin, — alle im Moder;
mit Ausnahme der beiden Malchiner Exemplare, die noch auf
dem Schädelknochen feſtſitzen, find alle anderen von dem le⸗
benden Thiere abgeworfene.
2. Schmidt a. a. O. S. 3,
3. Froriep, Tagesberichte u. ſ. w. 1851, Nr. 395 S. 176.
18
auf die neueſte Zeit unbeachtet geblieben, ſind die in den
alluvialen Neubildungen vorkommenden Rennthierge⸗
weihe. Nachdem im Jahre 1838 zuerſt bei Gerdshagen
unweit Güſtrow 24° tief im Moder ein ſolches gefunden
und vom Herrn A. R. Liſch im Jahre 1846 richtig ge⸗
deutet worden war, " find deren in Meklenburg noch
entdeckt worden: zu Badreſch unweit Friedland 10“ tief
im Moder, zu Bützow drei Exemplare im Torf, zu Gäde⸗
behn bei Stavenhagen, zu Güſtrow 15° tief unter Wieſen⸗
kalk auf Ziegelerde liegend, zu Hinrichshagen bei Woldeck
im Moder, zu Karlow bei Rehna 8° tief auf dem Boden
eines Moores, bei Kölpin unweit Neubrandenburg im
Moder, bei Lapitz unweit Pentzlin 5 tief am Grunde eines
auf ſogenanntem Schindel ruhenden Torflagers, bei Lutters⸗
dorf unweit Wismar im Torf, bei Mallin unweit Pentzlin
unter Wieſenkalk, bei Miltzow unweit Woldeck, bei Grabow,
Vietſchow, Boddin (drei Geweihe), Wakendorf, Petersdorf
(zwei Geweihe), Wismar (?) und nach einer mündlichen
Mittheilung des Herrn Oberförſter Müller in Hinrichs⸗
hagen auch bei Polchow unweit Lage, — im Ganzen alſo
ſchon 24 Geweihe. 2. — Auch in Holſtein ſind Renn⸗
thiergeweihe gefunden worden; * desgleichen in Pom-⸗
1. Schweriner Jahrb. XI. 496. — Alle Geweihe, welche
ich aus Meklenburg und Pommern geſehen habe und eben ſo
auch das in Archiv V. abgebildete Exemplar, ſo wie das in
Okens Iſis 1829 Taf. 1 dargeſtellte bei Köſtritz gefundene
zeichnen ſich durch ihren ſehr kleinen Roſenſtock aus,
der auch bei den in Lappland lebenden Thieren ſehr unbedeu⸗
tend ſein ſoll.
2. Schweriner Jahrb. XXVI. 299. XXVIII. 323. XXIX,
282 f. XXXI. 119 f. — Boll, Archiv XVI. 171.
3. Bericht des geognoſt. Vereins für die baltiſchen Länder.
es 1 8 5 9 gnof s für d ſch
8
114
mern bei Janſchendorf unweit Demmin im Moder, “ bei
Greifswald,“ bei Cummerow in Hinterpommern, bei
der Stadt Bütow im Wieſenkalk auf dem Boden eines
abgelaſſenen Gewäſſers;“ ferner in Preußen; in Liv⸗
land bei Alt⸗Kaipen 12° tief im Torf und in Kurland
im Wihdel⸗See.“ — Da in allen Fällen, in welchen die
Lagerungsverhältniſſe dieſer Geweihe genauer beobachtet
worden ſind, letztere immer in oder unmittelbar unter
Torf, Moder oder Wieſenkalk lagen * und alle mir zu
Geſichte gekommenen (wie auch das bei Luttersdorf ge⸗
fundene) abgeworfene, nicht abgebrochene Geweihe ſind,
ſo erhellt daraus unwiderleglich, daß das Rennthier in den
früheſten Zeiten der jetzigen alluvialen Erdbildungsperiode
ein Bewohner der ſüdbaltiſchen Länder geweſen iſt.
Schädel des in Holſtein, Meklenburg und Pommern
ausgerotteten Bibers ſind z. B. in Holſtein bei Kappeln
im Moore, » in Meklenburg, wo dies Thier erſt gegen
1. Boll, Archiv XVI. 172.
2. Okens Iſis 1829 S. 417.
. Schweriner Jahrb. XVII. 410,
4. Nach einer Mittheilung des Herrn Forſtmeiſter Wief e
in Greifswald, wo ſich auch das Geweih im Univerſttätsmuſeum
befindet.
8. Schriften der phyſ. ökon. Geſellſch. in Königsberg J. 148.
d. Archiv für die Naturkunde Eſth⸗, Liv⸗ und Kurlands,
1. Serie, Bd. 2, S. 587.
7. Nur das bei Wakendorf gefundene Geweih (Schwer.
Jahrb. XXXI. 119) ſcheint eine Ausnahme zu machen, indem
es unter einer circa 8“ mächtigen weißen Thonſchicht lag, die
ihrerſeits wieder von einem Torfmoor bedeckt wird. Dieſer
Thon aber könnte vielleicht ſelbſt eine alluviale Bildung ſein,
zu einer Zeit entſtanden, als das Torfmoor noch ein offener
See war, ö
s. Kieler Schulzeitung 1855 Nr. 33.
8 8 115
das Ende des vorigen Jahrhunderts ausgerottet iſt, bei
Warnow,» wund in Vorpommern bei Treptow 2 gefunden
worden. — Reſte des Wolfes und Luchſes, welche
gleichfalls erſt im vorigen Jahrhunderte aus unſerer Fauna
verſchwunden ſind, haben in Meklenburg noch keine Be⸗
achtung gefunden; fehlen werden ſie in unſeren alluvialen
Lagern wohl gewiß nicht.
Hinſichtlich des Erhaltungszuſtandes der er⸗
wähnten thieriſchen Reſte ſcheint ein beträchtlicher Untere
ſchied darin obzuwalten, je nachdem ſie im Torf oder im
Moder liegen.“ In erſterem conſerviren ſie ſich weit
beſſer, was mir beſonders bei den Elennſchaufeln aufge
fallen iſt, die im Moder immer brüchig ſind, indem die
innere Knochenmaſſe mitunter ſo völlig vergangen iſt, daß
die Schaufel ſelbſt in zwei Platten auseinanderklafft; das
einzige Exemplar dagegen, welches ich aus dem Torfe bes
1. Boll, Archiv X. 73. XI. 9.
2. Mittheilung des Herrn L. Heydemann in Thalberg.
3. Der Luchs iſt in ganz Deutſchland faſt ausgerottet.
In Oſtpreußen ward noch im Jahre 1862 einer erlegt (Mit⸗
theilung des Herrn Forſtmeiſter Wieſe), im öſterreichiſchen
Schleſten 1852 (Bericht über die öſterr. Literatur der Zoologie
u. ſ. w., Wien 1855, S. 10), in Württemberg der letzte im
Jahre 1846 (Württemb. naturwiſſ. Jahreshefte II. 128), im
Harz 1818, in Meklenburg 1758, in Weſtphalen 1745 (Zoolog.
Garten VII. 432), in Pommern 1738 (Th. Schmidt a. a. O.
S. 11). Nur in Niederöfterreich und in Krain kommt er ge⸗
legentlich noch vor (Berichte über die Mittheilungen Wiener
Freunde der Naturw. IV. 167. Zoolog. botan. Geſellſchaft in
Wien X. 60).
4. Eine beſtimmte „poſtdiluviale Periode“, wie Liſch die⸗
ſelbe in den Schwerin. Jahrb. XXꝰXI. 116 f. abgränzen will,
läßt ſich aus dem verſchiedenen Erhaltungszuſtande der Knochen
ſchwerlich ableiten!
8*
116
ſitze, ift völlig unverſehrt und ſcheint ſelbſt an feinem Ge
wichte wenig oder gar nichts verloren zu haben. — Daß
übrigens ſo viele dieſer großen Thiere in den Torf hinein
geriethen und darin ihren Untergang fanden, erklärt ſich
wohl zum Theil daraus, daß dieſe Moore ſich damals
noch in dem Stadium der Fennbrücher befanden, deren
dünne Decke die Laſt dieſer Vierfüßler nicht zu tragen
vermochte, wenn dieſelben ſo unvorſichtig waren im Eifer
der Verfolgung oder der Flucht darüber hineilen zu wollen.
Menſchliche Gebeine ſind in Meklenburg, ſo viel
ich weiß, noch nicht im Torfe beachtet worden, wohl aber
in der Mark Brandenburg in den Zorflagern des havel⸗
ländiſchen Luch's, wo zwei Schädel mit auffallend niedriger
Stirne zu Tage gefördert worden find; !- aber Spuren
davon, daß Menſchen auf oder in der Nähe der ſich bil⸗
denden Moore ihr Weſen getrieben haben, ſind auch in
Meklenburg ſchon ſehr viele gefunden. Dahin gehören
nicht allein die aus den Torflagern zu Tage geförderten
Werkzeuge aus Knochen, Horn, * Stein und Bronce 3. ges
fertigt, ſondern ohne Zweifel auch die vereinzelten Gerölle,
welche in der Größe von einer bis zwei Fauſt nicht ſelten
darin vorkommen, und die entweder als Schleuderſteine
1. Zeitſchrift der deutſchen geolog. Geſellſchaft VIII. 154.
e. Eine ſehr zierliche, aus Horn gefertigte Lanzenſpitze
wurde 1850 bei Neubrandenburg 8’ tief im Torf gefunden; fie
wurde an die antiquariſche Sammlung in Neuſtrelitz abgegeben,
iſt dort aber wieder verloren gegangen. — Eben daſelbſt ward
1866 vier Fuß tief, unter dem Torf im Sande ein ſehr ſchöner,
ſcharf geſchliffener Steinmeißel gefunden.
s. Eine bronzene Handberge ward in Pommern bei Cöslin
18“ tief im Torfmoor gefunden, desgl. bei Jarmen 8“ tief
ein Dolch.
117
beim Werfen nach Waſſervögeln, oder als Netzſenker gedient
haben, als man auf den noch offenen Waſſerbecken
Fiſcherei betrieb. Denn daß manche unſerer großen Moore
ſolche geweſen und einſtmals mit Kähnen befahren worden
ſind, daran iſt ſeit der vor etwa 10 Jahren geſchehenen Auffin⸗
dung eines ganzen Blockkahns in der Malchiner Torfwieſe
bei der Ausgrabung des zum Cummerower See führenden
Canales gar nicht mehr zu zweifeln.“ Schifffahrtiſt aber
auf dieſen früheren Binnengewäſſern nachweislich niemals ge⸗
trieben worden, und alle Ueberlieferungen über Auffindung
von Schiffskielen, Maſtbäumen und Ankern in unſeren
Niederungen, welche ſeit etwa hundert Jahren im Umlauf
geweſen ſind, entbehren aller thatſächlichen Begründung
und verdanken ihren Urſprung wohl alle nur einer im
Jahre 1771 durch Maſch zuerſt in's Leben getretenen
Hypotheſe, nach welcher noch um das Jahr 1000 nach
Chriſtus eine lange ſchmale Oſtſeebucht über Demmin,
Treptow, Neubrandenburg bis nach Prilwitz (Rethra) ſich
in das Land hinein erſtreckt haben ſoll, — eine Annahme,
die ſchon allein durch die Thatſache in Nichts zerfällt, daß
der Tolenſeſpiegel eirca 45“ über dem Niveau der Oſtſee
liegt. Denn wenn auch die Sohle einzelner zur Oſtſee
oder in Binnenſeeen ausmündender Moore, z. B. an der
1. Leider iſt auch dieſer Blockkahn ſogleich von den Arbeitern
vernichtet worden, wie mir Herr Ingenieur F. Scheven, der
ihn ſelbſt geſehen, erzählt hat. Ein Dollen war ſchon im Jahre
1842 im Torfmoor bei Tribſees 6“ tief gefunden worden. —
Auch zu Saabor in Schleſien wurden 1853 zwei Blockkähne
3! tief im Torf gefunden (32. Jahresbericht der Schleſ. Geſell.
für vaterländ. Cultur S. 56).
118
unteren Rekenitz, der unteren Warnow und bei Doberan
ſo niedrig liegt, daß ſie einſtmals Meeresbuchten geweſen
ſein könnten, ſo war dies doch nicht mehr zu der Zeit der
Fall, als die menſchliche Bevölkerung hieſelbſt in ihrer
Bildung ſo weit vorgeſchritten war, daß ſie den Bau
größerer Fahrzeuge hätten unternehmen können. Beſtimmte
Zeugniſſe dafür, daß jene Niederungen zu einer geſchichtlich
noch feſtzuſtellenden Zeit noch offene Buchten waren, wie
wir ſolche z. B. für zwei Torfmoore auf Fühnen und auf
dem ſchleswigſchen Sundewitt beſitzen, fehlen uns für Me⸗
klenburg gänzlich. Auf der Inſel Fühnen wurde nämlich
ein Boot mit gothiſchen Eiſenwaffen und römiſchen Münzen
aus dem 3. Jahrhunderte nach Chr. in einem Torfmoore
gefunden, und bei Weſterſchnabeckim Sundewitt im Jahre
1859 (gleichfalls im Torf) ein 36 Schritte langes und
5 Schritte breites Kriegesſchiff, welches Waffen, Pferde⸗
gerippe und römiſche Münzen aus dem 2. und 3. Jahr⸗
hunderte n. Chr. enthielt.
Eine recht ſorgfältige Beachtung der Lagerung ver⸗
hältniſſe aller zufälligen Einſchlüſſe des Torfes und Wie⸗
ſenkalkes würde wahrſcheinlich zu manchen intereſſanten
hiſtoriſchen Ergebniſſen führen, indem durch Einlagerung
in den verſchiedenen älteren oder neueren Schichten dieſer
beiden Neubildungen, in welchen ein Hinabſinken der zu⸗
fällig in ſie hineingekommenen Gegenſtände wenigſtens
2. Maurer, im Ausland 1864 S. 914. — Das Kriegsſchiff
mit ſeinem Inhalte ward in Flensburg aufgeſtellt, — ob es
hernach während des Krieges durch die Dänen, gleich vielen
andern intereſſanten Alterthümern, von dort entführt iſt, habe
ich nicht in Erfahrung gebracht.
119
nur in beſchränktem Maße ſtattfinden konnte, einige Anhalts⸗
punete für die relative Zeitfolge des Auftretens der größeren
Vierfüßler und der Menſchenragen gewonnen werden könnten.
Wir würden daraus z. B. vielleicht entnehmen können,
ob das Rennthier, welches (wie die Funde zu Güſtrow,
Karlow, Lapitz und Mallin zeigen,) nebſt dem Menſchen
ſchon beim Beginne der Torfbildung vorhanden war, die
älteſte menſchliche Culturperiode noch überlebt habe, ob in
eben dieſer Periode, wie es ſcheint, die vierfüßigen Haus⸗
thiere (excl. des Hundes) noch fehlten, — ob zwiſchen den
Menſchen der Stein⸗ und der Bronceperiode ein weſent⸗
licher Unterſchied ſtattfand, — u. ſ. w. u. ſ. w.
Doch wir haben mit dieſen Fragen ſchon das Gebiet
einer anderen Wiſſenſchaft, — der Alterthumskunde,
— überſchritten, welche hier unmittelbar an das Gebiet
des Geognoſtengränzt. Dieſe Gränzlinie wollen wir achten,
denn wenn es in Meklenburg glücklicherweiſe wenigſtens
für die Wiſſenſchaft keinen Zunftzwang giebt, ſo kennen
wir doch den Nutzen, welchen Theilung der Arbeit gewährt,
zu wohl, als daß wir nicht den Alterthumsforſchern die
Beantwortung jener Fragen bereitwilligſt überlaſſen ſollten,
zumal, da wir vor unſerer eigenen Thüre noch ſo unendlich
viel zu fegen haben.
Nur einen einzigen hiſtoriſchen Rückblick wollen wir
uns noch erlauben, bevor wir von den alluvialen Bildungen
gänzlich Abſchied nehmen und zur Betrachtung der diluvialen
Lager übergehen. Hätten wir eine ganz neue, recht ge⸗
naue Specialcharte von Meklenburg, welche wir neben die
70 bis 80 Jahre ältere Schmettau'ſche legen könnten, ſo
120
würde eine Vergleichung beider uns ſchon ein Vorſchreiten
der alluvialen Neubildungen auf Koſten der Waſſerbecken
in dieſem kurzen Zeitraume erkennen laſſen. In wie viel
ſtärkerem Grade aber würde dies noch der Fall ſein,
wenn wir eine Charte aus jener Urzeit beſäßen, in welcher
der flüchtige Fuß des Rennthieres noch über dieſen Boden
dahineilte? Wo jetzt kleine iſolirte Torfwieſen liegen,
würden wir Teiche und Sölle erblicken, ſtatt der großen
Niederungen an den Ufern unſerer Flüſſe, ſeeförmige, aus
Mangel an Gefäll entſtandene Waſſeranſammlungen, in
welchen ſich die Flüſſe verloren, um erſt am entgegenge⸗
ſetzten Ende derſelben gleichſam von Neuem zu entſpringen,
wie dies z. B. noch jetzt mit der Havel oberhalb Fürſten⸗
berg und unterhalb Oranienburg der Fall iſt; aber auch
ſehr anſehnliche Seeflächen, ſo groß und größer wie die
Müritz, würden wir z. B. in der Lewitz, in der großen
Friedländer Wieſe, im havelländiſchen Luch antreffen, zum
Theil überſäet mit größeren und kleineren Inſeln, welche
jetzt als kleine Landrücken oder als bloße Horſte aus der
grünen Wieſenfläche hervortreten. — Kurz, könnten wir
uns noch einmal in jene Zeiten zurückverſetzen, in denen
jene langſam aber ſtetig wirkenden Naturkräfte, denen wir
die alluvialen Neubildungen verdanken, eben erſt ihr Spiel
begonnen hatten, ſo würden wir in vielen Fällen den ganzen
landſchaftlichen Character um uns herum ſo ſehr verändert
finden, daß wir ſelbſt die eigene heimathliche Gegend nicht
wieder zu erkennen vermöchten. a
19]
3. Die gewilter der Jahre 1864-66.
Von | |
Dr. €. Boll,
(Vergl. Archiv XVIII. 159 ff.)
1864.
Beobachtungsorte: Friedrichshöhe bei Roſtock (J.
Ritter), Hinrichshagen bei Woldeck (Prozell), Ludwigsluſt (Dr.
C. Brückner), Malchin (F. Timm), Neubrandenburg (E. Boll),
Wölſchendorf bei Rehna Brockmüller).
März.
7. (Friedrichshöhe Abends 6 U. im NW. Wetterleuchten.)
9. Hinrichshagen
26/27. Neubrandenburg des Nachts.
April. 5
2. Stavenhagen.
26. Friedrichshöhe Nachmittags 6 Uhr aus S. nach O., Malchin
Nachmittags 5 U., wo der Blitz, in die Telegraphenleitung
ſchlägt; Neubrandenburg.
Mai.
21. Neubrandenburg Nachmittags 5 U.
26. Neubrandenburg, enferntes Gewitter.
31. Malchin Abends 10—11 U.
r
1. Hinrichshagen, Neubrandenburg 2 U. Morgens, Malchin,
Ludwigsluſt.
11. (Neubrandenburg Morgens *
Am Nachmittage Gewitter zu Friedrichshöhe 2—5 U. aus
SW., Ludwigsluſt 2½ —4 U. von SO nach NW., Wöl⸗
ſchendorf 3 U. von O. nach W. ziehend, Schwerin,
Gadebuſch.
(Abends zu Neubrandenburg Wetterleuchten.)
12. (Wetterleuchten Abends zu Neubrandenburg und e
A im W.)
14,
15.
19.
25.
26.
11.
21.
122
Hinrichshagen, Neubrandenburg Nachmittags 6½ U., ent:
ſernt. ö
Ludwigsluſt Mittags 12—1½ U., Wölſchendorf 1 M.
aus SW., Malchin 4 U., Neubrandenburg 4½ U., Frie⸗
drichshöhe 5 U. aus SW.; Hinrichshagen.
Wölſchendorf Mittags 12 U. aus SW., Ludwigsluſt 1—2 U.,
Friedrichshöhe 1 U. SW., Neubrandenburg 1¼ U., Hin
richshagen.
. Ludwigsluft Mittags 11½—12 ½ U. aus SW., Wölſchen⸗
dorf Morgens 4 U. und Mittags 12 U. aus SW., Frie⸗
drichshöhe Nachmittags 1 U. und 2½ U. aus SW.
„Neubrandenburg Nachmittags 3½ U. (nur 1 Donner).
„Friedrichshöhe Vormittags 10 U. bis Nachmittags 6 U.
mehrere Gewitter aus SW. und W.; Hinrichshagen.
Juli.
. Stiedrichshöhe Abends 7 U. aus SW.
. Ludwigsluſt des Morgens.
(Neubrandenburg Abends 11 U. Wetterleuchten).
Ludwigsluſt Mittags 1—1½ U, im SW., Wölſchendorf
um 1 U. aus SO. und 5 U. aus SW., Friedrichshöhe 2
U. aus SW., Neubrandenburg 5 U. und 7½ U. in NO.,
Hinrichshagen.
Malchin Abends 9 U., entfernt.
Hinrichshagen.
Auguſt.
. (Reubrandenburg Abends Wetterleuchten.)
„Neubrandenburg Nachmittags 1 U. 40 Minuten im S.;
Hinrichshagen; Feldberg und Umgegend, ſtark mit vielem
Hagel.
Neubrandenburg Nachmittags 3½—4 U. im S., nach SW.
ziehend.
Wölſchendorf 7 U. Abends aus SW., Friedrichshöhe Abends
8 ½ U. aus SW., Neubukow und Umgegend, Ludwigsluſt
Abends 6—9 U., Neubrandenburg 9½ U., Hinrichshagen.
(Malchin Abends Wetterleuchten in NW.)
123
September.
4. Hamburg und Umgegend ſtarkes Gewitter.
(Wölſchendorf Abends Wetterleuchten.)
5. Wölſchendorf Morgens 5 U., Friedrichshöhe Abends 9 u.
im SW., Kantnitz im ſüdlichen Meklenburg⸗Strelitz, Hin⸗
richshagen. 85
(Malchin Abends Wetterleuchten.)
6. Malchin Vormittags, nur ſchwach; Neubrandenburg Nach⸗
mittags 1 U. im SO. (nur 2 Donner).
11. Ludwigsluſt Morgens 1 U., Friedrichshöhe Morgens 2 U.,
Malchin, Hinrichshagen.
(Neubrandenburg Morgens 3½ U. Wetterleuchten im NW.,
N. und NO.)
13. Ludwigsluſt Mittags 12 U. im W., ſchwach.
October.
14. (Friedrichshöhe Abends 9 U. Wetterleuchten im W.)
23. Neubrandenburg Nachmittags 5 U. im SW. (nur 1 Donner).
December.
22. Greifswald (nur 1 Donner).
Tage mit electriſchen Erſcheinungen kamen vor zu
Weichs =, an Mal⸗ er 1 =
richs⸗ richs⸗ ran⸗ ſchen⸗
höhe [hagen | Iı lust. chin. . ſdenbg.] dorf Ganzen
Dechr. 0 0 0.20: 120 130 1
Januar. 0 0 90 0 0 0 | W. 1
Februar 0 n EEE
Mär (1) 1 0 BL 0 3
Apri 1 „ RE a ee
Mai 0 0 0 1 9 0 3
Juni 5 ee
Juli 2 „ TEE LH 5 19.
Auguſt 1 2 CCC 4
Septbr 2 2 2 | 3(D) 20) 26) 5
Oetbr. (1) 0 0 0 1 0 2 u. 115
Novbr. 0 0 0 0,0 0 1 0
En SE ET ETF TS Een — — Se en ge —
13 2 20 8. 35
Darunter bezeichnen die eingeklammerten Zahlen die Tage,
at
an denen nur ſogenanntes Wetterleuchten an den einzelnen
Beobachtungsorten wahrgenommen wurde.
Gewitterſchäden ſind aus dieſem Jahre nur fol⸗
gende wenige zu meiner Kenntniß gelangt:
11, Juni ſchlägt am Nachmittage der Blitz zu Gadebuſ ch
in den Kirchthurm, 1 einen Theil deſſelben, zündet
aber nicht.
25. Auguſt ſchlägt der Blitz zu Ruſſow (in der Gegend
von Neu⸗Bukow) in den Kirchthurm und zündet, das Feuer
wird aber bald gelöſcht.
5. September zündet der Blitz im Dorfe Kantn iſtz (im
füdlichen Meklenburg⸗Strelitz), wo zwei Gebäude abbrennen.
Zündende Blitze
Kalte Schläge
Menſchen erſchlagen
18 65.
Beobachtungsorte: Friedrichshöhe, Ludwigsluſt,
Malchin, Neubrandenburg, Schwerin und Haideebene (Forſt⸗
geometer Schmidt in Schwerin).
Januar.
5. Ludwigsluſt (Morgens 4 U.) und Ratzeburg. f
Friedrichshöhe und Roſtock Nachmittags 2½ U. (1 Donner
und Hagel). g |
Am 6. Gewitter im mittleren? Deutſchland = welches vielen
Schaden anſtiftet.
13. (Ludwigsluſt Abends Wetterleuchten.)
N April.
9. Ludwigsluſt Nachmittags zwiſchen 2 und 3 U.
10, Plau, Lübz, Nachmittags 5 U. von W. wa S., (auch zu
Berlin Nachmittags 5 U.)
Mai.
10. Ludwigsluſt Morgens 12½ U
4
12.
14.
15.
23.
24.
2 —
12⁵
(Malchin Abends Wetterleuchten).
Schwerin Nachmittags 2 U. von SW. nach SD., Frie⸗
drichshöhe Nachmittags 4 U. aus SW.
Malchin Nachmittags.
(Ludwigsluſt Abends 7½ bis 9½ U. Wetterleuchten),
Friedrichshöhe Morgens 1½ U.
Neubrandenburg Nachmittags 2 U. im NW.
Friedrichshöhe Nachmittags 2 U. im NO.
Friedrichshöhe Nachmittags 5 U. aus S. nach NW., Malchin
5 U. (1 Donner); Ludwigsluſt Nachmittags 5 ½ bis 6%
U. mit Hagel, Schwerin Nachmittags 5 U., entfernt.
Friedrichshöhe Nachmittags 8 U. aus S, nach N.
Ludwigsluſt Mittags 12¼ bis 5%, U. ſüdwärts von O.
nach SW. Friedrichshöhe Nachm. 2½ U. aus S., 4 U.
aus S. und 6 U. aus S. Schwerin Nachmittags 8 bis
6 U. Auch zu Warſow in der Haideebene Nachmittags
von 3½ bis 8 U. zahlreiche Gewitter.
(Malchin Abends Wetterleuchten).
Friedrichshöhe Vormittags 11 U. im S., Schwerin Nach⸗
mittags 5 U., Pragsdorf in Meklenburg⸗Strelitz, Berlin.
(Neubrandenburg und Malchin Abends Wetterleuchten).
„Friedrichshöhe Nachmittags 4 U. im O., Ludwigsluſt 5 bis
5½ U. von S., Neubrandenburg 7 U., Malchin Nachm.
Schwerin Abends 9 U. von W. nach S.
„Ludwigsluſt Morgens 5 bis 5¼ U.
Jun
Friedrichshöhe Nachmittags 3 U. a. SW.
Berlin (nicht zu Neubrandenburg!)
Neubrandenburg Abends 11½ U. gegen N.
Juli.
„(Friedrichshöhe Abends 8 U. Wetterleuchten im S.)
. Neubrandenburg Nachmittags 5 bis 6 U. aus SW., ſtark;
Malchin Nachmittags ferner Donner; Friedrichshöhe
Abends 8 U. aus NW. nach NO.; zu Dömitz um 4, 7
und 10 U.: auch zu Schwerin mit ſtarkem Hagel.
23.
18.
126
Friedrichshöhe Nachmittags 5 U. aus SW., Neubranden⸗
burg Abends 7%, U. ein Donner in SW., Malchin
Abends 8 U. ferner Donner, (Bei Bromberg Gewitter
und Hagel ſo groß wie Hühnereier.)
. Friedrichshöhe Nachmittags 4 U. aus SW.
Friedrichshöhe Nachmittags 5½ U. aus SW., Ludwigsluſt
Nachmittags 3 U aus SW., kurz.
(Ludwigsluſt Abends 10 ¼ U. Wetterleuchten.
Malchin Abends 7 U.
Ludwigsluſt Nachmittags 6 U. im SW., ſchwach; Propſt⸗
woos um 6 und 10 U. von W. nach N.
Malchin Nachmittags 3 U., Stavenhagen 4 U., Neubran⸗
denburg 5 U. im SW., kurz.
„Friedrichshöhe Nachmittags 6 U. im O., Ludwigsluſt 7 bis
10 U., Propſtwoos 9 U., Neubrandenburg 9½ U. im
O. und 10 ¼ U. im W., vorbeiziehend. Malchin Nach⸗
mittags 5 U. und Abends 12 U.
Friedrichshöhe Morgens 2 U. von W. nach O.
Auguſt.
Ludwigsluſt Mittags 11, bis 12 U., Friedrichshöhe 121.
aus S. nach NO., Neubrandenburg 1 bis 2U. von SW.
nach NO. und um 3 U. in SW.
Mallitz Nachmittags 2 U. von W. nach S.
(Mallitz Abends 11 bis 12 U. im W. ſtarke Blitze.)
„Mallitz Nachmittags 2 U. desgl.)
Ludwigsluſt Mittags 12 ¼ bis 1¼ U. aus SW., Mallitz
Nachmittags 1 U., Malchin Nachmittags 3 U., Neu⸗
brandenburg 3½ bis 4½ U., Friedrichshöhe 4 und 6 U.
aus SW. f
Ludwigsluſt Morgens 2½ U.
(Neubrandenburg Abends 8 ½ U.)
Friedrichshöhe Nachmittags 4 U. aus W. nach O., Mallitz
4 bis 5 U.
Mallitz Nachmittags 1 U. im S.
24. Neubrandenburg Vormittags 11½ U. im S.
127
September.
1. Mallitz Vormittags 10 bis 11 U., heftig; Ludwigsluſt Bor-
mittags 10% bis 11½ U., ſüdwärts von W. nach O.,
Friedrichshöhe um 11 U., vom W. nach O., um 3 und 6
U. aus O., Neubrandenburg Abends 11 U. 50 Min.
Elmsfeuer am Kreuze des Marienkirchthurms.
9. Friedrichshöhe Nachmittags 6 U. im S.
(Friedrichshöhe Abends 10 U. Wetterleuchten im S., Malchin
Abends Wetterleuchten.)
October.
12. (Neubrandenburg Abends Wetterleuchten im SO.)
November.
23. Ludwigsluſt Morgens 1¼ Uhr.
(Neubrandenburg Morgens 2 bis 3 U. Wetterleuchten im
SW., desgl. bei Malchin.)
24. Ludwigsluſt Abends 8½ U. im SW.
December.
? Ludwigsluſt, in den erſten Tagen des Monats, Datum nicht
notirt.
Tage mit electriſchen Erſcheinungen kamen vor zu
Friedrichs⸗ Ludwigs⸗ Neubran⸗
höhe luͤſt. Malchin. denburg S. ©:
December 0 1 0 0 1
Januar 1 2(1) 0 0 2J W. 3
Februar 0 0 0 0
Mär 0 0 0 0
Aprib 0 1 0 0 er. 13
Mai 6 6(1) 6(3) sa) 11
Juni 1 0 0 1 3
Juli 7(1) 3 5 4 10S. 22
Auguſt 3 3 1 4401) | 9
Septbr. 2 1 1 1 1
October 0 0 0 (1) 11 H. 5
November 0 2 U d) | 2
))) a. | 5, 18,
Die eingeklammerten Zahlen bezeichnen die Tage, an denen
nur ſogenanntes Wetterleuchten beobachtet ward.
— 198
Gemwitterjhäden ereigneten ſich im Jahre 1865 fol-
gende: 8
(5. Januar legt der Blitz Morgens 5 U. zwei Mühlen un⸗
weit Bredſtedt in der Frieſiſchen Marſch in Aſche: desgl.
um 7 U. die auf dem höchſten Punkte der Umgegend von Lübeck
belegene (410) Pariner Windmühle und zündet im Kirch⸗
thurm zu Ahrensbößeck in Holſtein.) -
(6. Januar. Der Gewitterſturm, welcher um 12½ Uhr
Mittags über Nürnberg zog und dort den nörd⸗
lichen Thurm der Lorenzkirche zerſtörte, hat weit und
breit im mittleren Deutſchland verheerend gewüthet und ſchwe⸗
ren Schaden angerichtet. So ſchlug in Würzburg der Blitz
in den Thurm der Neubaukirche und ſetzte den Thurm an meh⸗
reren Stellen in Brand. Nach dreiſtündiger Arbeit gelang es
der Feuerwehr, des Feuers Herr zu werden. In Ing olſtadt
ſchlug der Blitz an mehreren Puncten der Stadt ein, zündete
jedoch nur einmal in einem dem Militär⸗Aerar gehörigen Stroh⸗
magazin, das mit über 1000 Centner Stroh raſch von den
Flammen verzehrt war. In Erlangen hob der Sturm den
Dachſtuhl einer Remiſe ab und ſchleuderte ihn auf das gegen⸗
überſtehende Gemeindehaus. Ueber Hammelburg entlud
ſich Vormittags 11 U. ein von einem furchtbaren, orkanähnlichen
Sturmwind begleitetes Gewitter; die Dächer wurden in vielen
Theilen der Stadt theilweiſe abgedeckt und eine Maſſe Fenſter⸗
ſcheiben zertrümmert, ſo daß manche Straße mit Ziegelſtücken
und Glasſplittern förmlich beſäet war. Das zwei Stunden von
(Schwäbiſch) Gmund entfernte Schloß Hohenrechberg ſetzte der
Blitz in lichterlohe Flammen und brannte es bis auf den Grund
nieder. — Berichte aus Aalen, Bopfingen, Erailse
heim und Mergentheim melden ebenfalls von dem um
dieſelbe Zeit wüthenden Schneeſturm mit gewaltigem Wind
und Blitz und Donner. — In Wolfskehl bei Darmſtadt
ſtürzte in Folge des Sturmes der neuerbaute Kirchthurm ein.
In Wangenheim, im Gothaiſchen, wurde die holländiſche
Windmühle durch den Sturm umgeworfen, in Leipzig und
129
Weimar eine Menge von Schornſteinen und Häuſern ſonſt
beſchädigt. In Zwickau wurde die Giebelmauer eines Hauſes,
in Kirchberg eine 70 Ellen hohe Dampfeſſe umgeſtürzt, in
Auguſtusburg (Sachſen) das Dach von der Abendſeite
des ſüdweſtlichen Schloßthurmes, aus zweizölligen Pfoſten und
Schiefer beſtehend, in einer Breite von ca. 16 Ellen und einer
Höhe von 7 Ellen mit Blitzableiter und mehreren eiſernen
Haken losgeriſſen, dieſe Maſſe um die Thürme oben herum,
über die an der Südſeite des Schloſſes befindlichen Gärten
und den Schloßhof, nach dem Gerichtsgebäude und ſogenannten
Schwarzen Thore zu geführt, und theils auf die Giebelfenſter
des erſteren, die ſämmtlich zerſchmettert wurden, theils durch
das offene Thor, theils über die Thormauer, aus der große Theile
herausgeriſſen wurden, geſchleudert. In Prag trifft der Blitz
den Ableiter des Schloßthurmes.)
Dieſe beiden Januar⸗Gewitter zeigten wieder recht deutlich
die Gefährlichkeit der Winter⸗Gewitter in unſeren
Breiten, auf welche ich ſchon mehrfach im Archiv hingewieſen
habe.
10. April ſchlägt der Blitz zu Retzo w bei Plau in den
Pferdeſtall, zündet nicht, tödtet aber zwei Pferde und betäubt
ein drittes. !
24. Mai legt der Blitz auf einem Bauergehöfte zu Has ⸗
dorf bei Roſtock das Viehhaus und eine Scheune in Aſche;
desgleichen das Wohnhaus und den Schweineſtall des Schulzen
zu Schadeland bei Zarentin.
(25. Mai kalter Schlag in einem Schornſtein zu Berlin.)
7. Juli legt der Blitz zu Drieberg bei Gadebuſch eine
Scheune in Aſche; in Kuhblank (Meklenburg⸗Strelitz) zün⸗
det ein Blitz und es brennen 17 Gebäude ab; ein anderer
Schlag fährt eben dort in einen Backofen und tödtet einen
Hund. — Viel Hagel bei dieſem Gewitter, bei Uſadel N
Körner, ſo groß wie Wallnüſſe, gefallen ſein. |
22. Juli wird ein Bauergehöft zu Alt⸗Brenz bei Neu⸗
ſtadt in Aſche gelegt; (bei Granſee zündet der Blitz in zwei
9
130
Dörfern und zu Berlin trifft er eine vor einem Hauſe ſtehende
Pappel.)
(26. Juli erſchlägt der Blitz zu Begecs bei Neuſatz in Un:
garn einen Schäfer und 105 Schafe!)
1. Auguſt wird zu Medow bei Goldberg eine Scheune
in Aſche gelegt und bei Baſſow unweit Friedland eine Kuh
auf der Weide erſchlagen.
13. Auguſt zündet der Blitz zu Niehls bei Hagenow auf
einem Bauergehöft, wo faſt alles Vieh verbrennt; zu Breſe⸗
gard wird ein Bauerhaus in Aſche gelegt, wobei 16 Kühe
und 2 Pferde verbrennen; in der Hage nower Haide fährt
der Blitz an dem Feuerheerde in einem Kathen nieder und be⸗
täubt einen Mann und zwei Knaben. Zu Roſtock ein kalter
Schlag in das ſtädtiſche Badehaus an der Unter ⸗ Warnow.
(Auch in Vorpommern um Treptow herum viel Gewitterſchaden,
wie z. B. in Griſchow, wo ein Bauerhof und in Tützpatz, wo
der Schafſtall abbrennt.)
In Meklenburg alſo
Zündende Blitze 8
Kalte Schläge 4
3 (feiner +)
. . 5 Oavon 4 1)
20
1866.
Beobachtungsorte: Bützow bis zum 15, Juli (C.
Arndt), Friedrichshöhe, Ludwigsluſt, Malchin, Neubrandenburg,
Schwerin und Haideebene. |
Januar.
8. Abends und folgende Nacht bei Magdeburg ſtarkes Gewitter.
29. Lübeck, Holſtein und Schleswig.
Februar.
3. Neubrandenburg Morgens 1 U. Donner.
5. Hinterpommern Nachmittags 4½ U., nördl. Baiern Abends
7 bis 8 U.
Menſchen getroffen
Vieh 5
151
März.
12. Hamburg.
13. Friedrichshöhe Nachmittags 1 U. 40 M. (nur 1 Blitz und
Donner).
April. 8
7. (Wetterleuchten zu Neubrandenburg Abends 9 bis 10 U.
im SO., desgl. zu Ludwigsluſt 8 bis 10½ U. im O.)
8. Ludwigsluſt Morgens 8 U., Schwerin Morgens 10 U. ferner
Donner im W., Neubrandenburg Abends 9 bis 10%, U
aus SO., ziemlich ſtark, Malchin Abends 11 bis 12 U.,
Bützow Nachts 11 U.
(Zu Friedrichshöhe Abends und Nachts nur Wetterleuchten
im O.) :
(9. Wetterleuchten zu Bützow Abends 7 bis 9 U., Neubran⸗
denburg Abends 9 bis 10 U. im SO., Schwerin 9 U.
im W., Ludwigsluſt 7%, bis 8½ U. im W., Malchin.)
11. Friedrichshöhe Morgens 7 bis 9 U. im NO.
14. Schwerin 7 U. Abends ein heftiger Donnerſchlag.
20. Mallitz in der Haideebene Nachmittags 4 U. fernes Ge⸗
witter von W. nach S.
21. Mallitz 11 U. Vormittags heftig, von W. nach O., Lud⸗
wigsluſt 11%, U. im S. vorbeiziehend; ein zweites Ge⸗
witter zu Mallitz um 2 U. Nachmittags von W. nach O.
27. Friedrichshöhe Nachmittags 6 U. NW. nach NO., Malchin
7 bis 9 U., Bützow Abends zwiſchen 6 und 7 U.
(Neubrandenburg Wetterleuchten im N.)
28. Mallitz 5 U. Nachmittags von W. nach S.
Mai.
2. Mallitz Vormittags 11 U. von S. nach W., Friedrichshöhe
Nachmittags 7 bis 8 U. im S., Neubrandenburg 9½ U.
ein Donnerſchlag. (Zu Malchin nur Wetterleuchten.)
4. Mallitz Nachmittags in der Ferne gegen W. Donner; Lud⸗
wigsluſt Nachmittags 4¼ U. (zwei Donner) und Abends
10½ U., Bützow Abends 6 U.
9 *
132
5. Friedrichshöhe Nachmittags 3 U. SW. 1 N., Mallitz 8
U. Abends entfernt gegen W.
6. Bützow Mittags 12 U.
10. Neubrandenburg Mittags zwiſchen 11 und 1½ U. aus W.
heraufziehend, Friedrichshöhe 11 bis 12 U. von SW. nach
N., Malchin 11½ U., Bützow 11%, U., Ludwigsluſt
Nachmittags zwiſchen 3 und 4 U.
11. Bützow Mittags 12 U., kurz.
13. Friedrichshöhe Nachmittags 1 bis 3 U. im O., Ludwigsluſt
Nachmittags 2½ U. ein Blitz und Donner.
23. Bützow Mittags zwiſchen 12 und 1 U. mit Schnee und
5 Hagel; desgl. bei Wismar und Grevismühlen; desgl.
zu Schwerin Abends 5 U.; zu Neuſtrelitz kein Gewitter,
aber etwas Schnee.
27. Ludwigsluſt Nachmittags 3 U. aus SW., kurz.
29. Bützow Mittags zwiſchen 12 und 1 U., ſchwach; Ludwigs⸗
luſt Nachmittags 3 U. aus SW., ſchwach; Friedrichshöhe
Nachmittags 7 U. aus SW. nach NO. Neubranden⸗
burg Abends 9 bis 11 U. aus SW.
Juni.
2. Schwerin Nachmittags 4 U. S. nach O., Neubrandenburg
5 bis 6 U. aus SO., ſtark; Ludwigsluſt 5%, bis 6%, U.
im S., Friedrichshöhe 7%, bis 10 U. SW. nach NW.,
Bützow Abends 10 U. entfernt.
3. Malchin Abends.
4. Grabow und Umgegend Nachmittags 6 U. (Ludwigsluſt und
Friedrichshöhe Abends Wetterleuchten im SW.)
5. Bützow Mittags 1 bis 3 U.; Neubrandenburg 2 bis 4½
U. im S. vorbeiziehend; Friedrichshöhe 2½ bis 4½ U.,
mehrere Gewitter von S. nach N., Malchin 4 U., Schwerin
5 U. von S. nach O., entfernt; Ludwigsluſt 5%, bis 6 ½
U. oſtwärts nach N. ziehend.
6. Malchin Nachmittags, Neubrandenburg Nachmittags 2 bis
4½ U. im S. und SO.
10. Neubrandenburg Nachmittags 2% bis 3 ½ U. ferner Donner;
133
Friedrichshöhe Abends 7 U. von W. nach O. und um
11 U. von SW. nach NO.; Bützow Abends 10 bis 12 U.
(Zu Ludwigsluſt und Malchin nur Wetterleuchten.)
11. Friedrichshöhe Vormittags 10 U. von W. nach O., Neu:
brandenburg Mittags 12 bis 1 U., Malchin Nachmittags,
entfernt; Schwerin Nachmittags im W., entfernt.
17. Bützow Mittags 1 U., ſchwach; Neubrandenburg Nachmit⸗
tags 2½ U. und 6%, U. mehrere Gewitter aus SW.
nach NO., Schwerin Nachmittags gegen SO.
19. Ludwigsluſt Nachmittags 4½ bis 5 U. und 9½ bis 10½
U., beide im W., Friedrichshöhe 6 U. aus SW. nach NO.
und um 7 U. aus W. nach O., Neubrandenburg Abends
7½ bis 8½ U. im SW., Schwerin 9 bis 10 U. Abends
von SW. nach O., fern; Malchin Nachts, ſchwach.
28. Friedrichshöhe Nachmittags 1%, U. im N. und 6 ½ U. ein
anderes von S. nach N., Neubrandenburg Nachmittags
5 U., entfernt; Malchin 5 U., Wismar 5 bis 6 U., Bützow
ee % u. e Abends 8 ½ U. nur ſehr
ferne Blitze)
29. Malchin zwei Gewitter, Nachmittags und Abends; Lud⸗
wigsluſt Nachmittags 3½ bis 5 U. im SW., ſtark;
Schwerin 4½ bis 7 U. von S. nach NO., ſtark; Neu⸗
brandenburg 5 bis 7 U. von W. gen N., und ein zweites
8%, bis 10% U. von SW. nach NO., weſtwärts vor:
überziehend; Friedrichshöhe 6 U. von S, nach N.
30. Schwerin Vormittags 11 U. und Nachmittags 5 U., beide
von W. nach O. und entfernt; Malchin Nachmittags
1½ U. und ſpäter noch ein zweites; Bützow 1%, bis
2¼ U., Friedrichshöhe 2 U. aus SW. nach NO.
Juli. 5
1. Ludwigsluſt Vormittags 11½ bis 12½ U. ſüdwärts von
SW. nach SO. vorüberziehend; Bützow Mittags 12%, U.
2. Bützow Vormittags zwiſchen 10 und 11 U. und desgleichen
Nachmittags zwiſchen 2 und 3 U., Ludwigsluſt Vormit⸗
tags 11¼ bis 12%, U. aus W. und theils durch N. nach
134
NO., theils durch S. nach SO. ziehend; Neubrandenburg
11½ U. und ein zweites 12½ bis 1 U. nach NO. stehend,
Malchin Mittags; Schwerin Nachmittags 5 U.
8. Friedrichshöhe 2 U. Nachmittags aus SW. nach N., desgl.
um 5½ U. aus SW. nach NO. und um 7½ U. aus
NW. nach NO., Bützow Nachmittags zwiſchen 3 und 4
U., desgl. zwiſchen 5 und 6 U., Malchin 3 U., Ludwigsluſt
3½ bis 4 U. aus W., Schwerin 4 bis 6 U. W. nach
SO., Neubrandenburg 6%, U. im SW. entfernt.
4. Friedrichshöhe Mittags 12 U. SW. nach NW. und Nach⸗
mittags 1½ U. SW. nach NO., Bützow 12%, U., Mal⸗
chin Nachmittags; Schwerin 3 bis 5 U. im W. entfernt;
Ludwigsluſt Nachmittags 4 U. aus W., ſchwach.
5. Ludwigsluſt Nachmittags 3 bis 3½ U. aus W. im S. vor⸗
beiziehend und ein zweites 5 bis 6 U. in gleicher Rich⸗
tung; Friedrichshöhe um 4 U. SW. nach N. und um
6 U. ebenſo, ein drittes um 6 ½ U., aber aus W. nach
O.; Schwerin 5 U. W. nach SO., ziemlich ſtark; Bützow
5½ bis 6%, U., ſtark 5 ſteubrandenburg 6% U. (nur ein
Donner).
6. Bützow Nachmittags zwiſchen 4 und 5 U., ſchwach; Schwerin
5 U. von O. nach W., ſchwach; Friedrichshöhe 6 U. SW.
nach NO..
7. Ludwigsluſt Nachmittags 1½ bis 2½ U. aus W. durch S.
abziehend; Schwerin 4 U. entfernt; Friedrichshöhe 5 U.
SW. nach NW.; Bützow zwiſchen 5 und 6 U., entfernt;
Neubrandenburg 5½ U. im NW. und um 6½ U. im SW.
8. Neubrandenburg Morgens 5%, bis 6½ U. SW. nach NO.,
nahe vorüberziehend; Bützow Vormittags 7½ bis 9½
U. ſtark; Friedrichshöhe Vormittags 8 11½ U. S. nach
O.; Ludwigsluſt 9%, U. im O. und 11%, bis 12 U. im
S. nach SO,; Malchin Vormittags 10 U. und Nach⸗
mittags drei Gewitter.
15. Friedrichshöhe A Gewitter: Vormittags 10%, U. aus W.
nach N., um 11½ U. W. nach O., Nachmittags 1½ U
20,
24,
30.
135
SW. nach O. und um 7 U. SW. nach SO. — Bützow
3 Gewitter: Vormittags 11 U., Nachmittags zwiſchen
3 und 4 U., Abends 7 U.; Malchin Nachmittags Ge⸗
witter, Abends Wetterleuchten. — Schwerin Nachmittags
2 U. von S. nach SO., ziemlich fern; Neubrandenburg
4 Gewitter: Nachmittags 2 bis 3 U. im NO., um 5 U.
ferner Donner, um 6%, U. im NW. und 9½ bis 10
U. im W. und SW, ſtark und nahe.
Friedrichshöhe Vormittags 10% U. SW. nach O., Lud⸗
wigsluſt Mittags 12%, U. im N. und ein zweites um
2 U. von W. nach S., ziemlich nahe; Schwerin Nach⸗
mittags 3 U. von W. nach O.; Neubrandenburg 3 ½ bis
u im N.
Friedrichshöhe Morgens 3 U. von NW. nach S.
Schwerin Nachmittags 4 U. im O. und NO., Ludwigsluſt.
(Friedrichshöhe Abends 8 U. Blitze im SW.)
Auguſt.
Malchin Nachmittags entfernter Donner.
4. Friedrichshöhe Nachmittags 6 U. von W. nach NO.
10.
145
15.
16.
17.
26.
Schwerin Mittags 1 U. von W. nach N., ziemlich heftig.
(Friedrichshöhe Abends 10 U. Blitze im N.)
Malchin Nachmittags, ſchwach; Neubrandenburg 2 ½ bis
3 U. im SO. und ein zweites um 4 U. in NW., Lud⸗
wigsluſt Nachmittags 3½ U. im NW.
Friedrichshöhe Vormittags 8 U. NW. nach S.; Ludwigsluſt
Vormittags 10 U. im W.
Neubrandenburg und Malchin Nachmittags, entfernt; Lud⸗
wigsluſt Nachmittags 2½ U. aus W.
(Neubrandenburg Abends Wetterleuchten.)
Malchin Morgens, Neubrandenburg Nachmittags 1 U. im
S., Ludwigsluſt Nachmittag 1 U. aus W.
Schwerin Nachmittags 3 U. von W. nach O., ziemlich fern;
Friedrichshöhe von 4 U. an mehrere Gewitter von SW.
fer)
“MD =
{or}
Vorpommern.
30.
31.
136
nach O., Malchin und Neubrandenburg 6 U. Abends,
entfernt.
Berlin und Pommern.
Friedrichshöhe Nachmittags 5 U. von W. nach N.
September.
Neubrandenburg Abends 11 U. zwei Donnerſchläge.
Neubrandenburg Nachmittags 4½ U. ferner Donner; Frie⸗
drichshöhe 5½ U. von W. nach O., und ebenſo ein zweites
Gewitter Abends 8 U.
(Neubrandenburg Abends 8 ½ U. Wetterleuchten.)
(Abends Wetterleuchten: Schwerin 8 bis 9 U. im W. und
NW.; Neubrandenburg 9 U., Friedrichshöhe den ganzen
Abend an verſchiedenen Stellen des Horizontes.)
. Malchin Morgens 2 und 4½ U.; Ludwigsluſt um 4 U.;
Neubrandenburg 5 bis 5½ U. im N. vorbeiziehend.
(Ludwigsluſt Abends 8 bis 10%, U. Wetterleuchten im W.)
Friedrichshöhe Mittags 12½ U. von W. nach NO.
(Neubrandenburg Abends 8¼ U. Wetterleuchten.)
„Neubrandenburg Nachmittags 5½ U. im SW. ein ferner
Donner.
„Friedrichshöhe Nachmittags 5½ U. von SW. nach O.
November. 5
Brunshaupten Abends 8 bis 9 U. ſtarkes Gewitter von O.
nach N. (Friedrichshöhe Abends Blitze im SW., Neu⸗
brandenburg Abends 10 U. Blitze.)
Leider fehlen die Bützower Beobachtungen vom 15. Juli
an und auch in den Schwerinern iſt eine Lücke, indem Herr
Schmidt in der 2. Hälfte des April und der 1. Hälfte des Mai
ſich zu Mallitz in der Haideebene aufhielt. — Es iſt dies das
gewitterreichſte Jahr, welches in den mehr als 25 Jahre
umfaſſenden Bereich meiner eigenen Beobachtungen fällt; die
meiften Gewitter aber waren nur von ſehr kurzer Dauer. Zur
.
137
gleich zeichnet ſich dies Jahr durch längere Reihen täglich auf
einander folgender Gewitter (namentlich vom 28. Juni bis
8. Juli incl.) aus, vergl. Archiv XVIII. 180.
Tage, an denen electriſche Entladungen ſtattfanden, gab es
in der öſtlichen Hälfte des on Flachlandes zu
Frie⸗Lud-⸗ N
Bützow eiche ut cin. bran⸗ Erin ©.
x | = höhe denbg.
Decbr. 0 0 0 0 0 0 0
„„ 0... 0 90 0 0 2 w.
Februar 0 0 0 0 1 0 Bir
März 0 1 0 0 0 0
April 3a) [ 3401) 42) 3a)| 43) sa)! F. 21
Mai V 10)
Juni 7 10(1)| 7(63)] 901) 9 1
Juli 9 1061) 8 5 7 9 12) S. 36
Auguſt 1 5 5 KEN
Septbr. l 1 60) a) 8
October 0 0 0 0 0 0 H. 9
Novpbr. (1) 0 0 (1) 0 1
N 70
Gewitterſchäden ereigneten ſich folgende:
(8. Januar ſchlägt der Blitz in Flechtingen bei Neuhaldens⸗
leben ein.)
(29. Januar desgl. zu Mehldorf in Schleswig in den
Kirchthurm und zu Lübeck in den Blitzableiter der Jacobikirche.)
(5. Februar zündet der Blitz zu Gönne in Hinterpommern.)
11. April bei Wendfeld an der Roſtock⸗Teſſiner Chauſſee
ſchlägt der Blitz in eine Pappel und tödtet einen Hund an der
Karre eines Fiſchfahrers, ohne letzteren ſelbſt zu beſchädigen.
10. Mai legt der Blitz einen Schuppen auf dem Werder
bei Güſtrow in Aſche und es gerathen auch noch zwei
Scheunen mit in Brand. Zu Bülow bei Teterow brennt
das Viehhaus ab und ein kalter Schlag trifft den Kirchthurm;
auch in Briſtow wird letzterer durch einen zündenden Blitz
getroffen, das Feuer aber bald wieder gelöſcht.
138
4. Juni legt ein Blitz die Wohnung des Holzwärters zu
Semmerin bei Grabow in Aſche.
5. Juni ſchlägt der Blitz zu Wis mar in einen Speicher,
deckt einen Theil des Daches ab und verkohlt die Balken. —
Kalter Schlag in den Schornſtein des Chauſſeehauſes zu Pi⸗
ſede bei Malchin.
17. Juni ſchlägt der Blitz bei der Neubrandenburger Hai⸗
demühle in eine Schwarzpappel, die auch im vorigen Jahre
ſchon einmal vom Blitz getroffen ſein ſoll. — Zu Roga un⸗
weit Friedland legt der Blitz eine Scheune auf dem Pfarrhofe
in Aſche, neben welcher ſchon im Jahre 1831 ein Pferdeſtall
ein gleiches Schickſal gehabt hat, obgleich die Kirche mit einem
dieſe beiden Gebäude überragenden Thurme dicht dabei liegt.
28. Juni wird zu Wendorf bei Wismar eine Scheune
in Aſche gelegt; auch zu Menzendorf bei Schönberg ſchlägt
der Blitz ein; zu Selow bei Bützow brennt ein Bauerhaus
nieder.
29. Juni kalter Schlag zu Lapitz bei Pentzlin in einem
Stall, in welchem ein Pferd getödtet wird.
3. Juli. Der Blitz zündet zu Jürgensdorf bei Malchow.
8. Juli brennt die Windmühle zu Klinck bei Waren ab;
desgl. eine Scheune im Dorfe Breeſen im Roſtocker Diſtrict.
15. Juli zu Schönbeck bei Friedland brennt ein Kathen
ab; zu Niex brennen 2 Scheunen ab, zu Schlage der Vieh⸗
ſtall, in Warnemünde kalter Schlag, in Helmsdorf
bei Teſſin werden neben dem Viehhauſe zwei Menſchen er⸗
ſchlagen, zu Roggentin wird auf dem Felde ein Arbeits⸗
mann vom Blitz getroffen und theilweiſe gelähmt.
26. Auguſt legt der Blitz zu Fährdorf auf Pßbel ein
Viehhaus in Aſche.
(29. Auguſt zündet der Blitz zu Krakow bei Tantow in
Pommern.)
(30. Auguſt desgl. zu Bernau und zu Wittſtock bei
Neudamm im Regierungsbezirk Frankfurt.)
139
Es kamen demnach vor in Meklenburg
Zündende Blitze. . 16
Kälte Schlage 4
Menſchen getroffen. . 3 (davon 27)
Vieh getödtet 2
25
Als Geſammtreſultat für dies Jahre 1859
bis 66 ſtellt ſich hinſichtlich der Anzahl der Gewittertage fol⸗
gendes heraus:
|
1» 0er Sc 6500s e Mittel
December 2.159 4 0,500
Januar 2 3 VE
Februar 1 1 2 4 0,500
März 139,1) 3 213 1,625
April 3 3| 3 2 2 2 9 24 3.000: F. 11,375
kai 10 10 3 4 3 3 11 10 54 6,750
Juni 9 91712 8| 9 3 12 79 9,875)
Juli 4 715 7 8 6 10 12 69 8,625 8. 26,625
Auguſt 7 5) 8111) 4 12 5 8,125
Septbr 2 2 8 31 3875
Schober | 2 2 5 2 1 162000 K. 6,375
November 1 2 1 4 0,500
48 3751 42 4635 43 7037 S. 465
Was endlich die Gewitterſchäden in dieſen 8 Jahren be⸗
traf, ſo wurden Gebäude getroffen von
159, 60 6162 63 64 65166 ©. | Mittel
0 7 in 14 281665 8,125
91 6142 214432 4.000
iz 13 1 5016 30127097 12,425
—
Zündenden Blitzen
Kalten Schlägen
Leider fehlen Materialien zur Vergleichung aus anderen
Ländern; nur für das Königreich Baiern habe ich die Notiz
gefunden, daß dort in den Jahren 1811 bis 1817 durch Blitz
142 Feuerſchäden verurſacht worden ſind, alſo durchſchnittlich
im Jahre 20,2.
Menſchen wurden in Meklenburg 33 vom Blitze ge⸗
140
troffen, von denen 30 auf Meklenburg⸗Schwerin kommen, und
11 derſelben getödtet (davon 3 in Meklenburg⸗Strelitz und
Ratzeburg), alſo jährlich im Durchſchnitt 4,125 getroffen und
1,375 getödtet. — Dürften wir dies Verhältniß, daß von drei
durch Blitz getroffenen Leuten einer getödtet wird, überhaupt
als normirend für Meklenburg anſehen, ſo würden in Meklen⸗
burg⸗Schwerin in den 66 Jahren von 1801 bis 1866, für welche
der Staatscalender 110 durch den Blitz herbeigeführte Todes⸗
fälle angiebt, im Ganzen 330 Menſchen vom Blitze getroffen ſein.
Nehmen wir als durchſchnittliche Volkszahl in den obigen
8 Jahren für Meflenburg:- Schwerin 547,400 Einw.
an, jo iſt in dem Zeitraum von 1859 —66 jährlich von
145,973 Einw. einer vom Blitze getroffen und von
547,400 Einw. einer getödtet worden; nimmt man aber
den ganzen mit dem Jahre 1801 beginnenden Zeitraum von
66 Jahren, über den für Meklenburg⸗Schwerin Angaben über
die durch Blitz herbeigeführten Todesfälle vorliegen und ver⸗
anſchlagt man die durchſchnittliche jährliche Bevölkerung dann
auf 400,000 Einw., ſo ſtellt ſich das Verhältniß noch viel un⸗
günſtiger, denn dann kommt ſchon auf 240,096 Einw. ein To⸗
desfall durch Blitz, alſo auf faſt genau eben jo viele, wie fte fich
für das Königreich Preußen herausgeſtellt haben (242,526,
vergleiche Archiv XIII. 176.)
Die Gefahr, durch einen Blitz getödtet zu werden, war
alſo viel größer, als durch einen Eiſenbahnunfall
ſein Leben zu verlieren, denn es ſollen nach einer Notiz der
Volkszeitung vom Jahre 1865 bisher auf den Eiſenbahnfahrten
durchſchnittlich vorgekommen ſein
1 Todesfall und 1 Verletzung
in England auf 1,256,290 311,345 Reiſende
Frankreich „ 1,955,555 496,551 K
Belgien „ 8,861,804 2,000,000 5
Baden „ 17,514,977 1,154,311 ir
Preußen „ 21,411,488 3,892,998 8
141.
4. Bemerkungen über einige norddeutſche Ter-
tiärIiTofusßen,
Von
Dr. C. M. Wiechmann.
1. Conus Semperi Speyer (C. Allionii Beyr.
non Micht)
Fundort: Sternberger Geſtein.
Beyrich, S. 24, T. 1, F. 4 und 5.
Speyer, Caſſel, S. 4, T. 1, F. 1—5.
v. Könen, Mitteloligocän, S. 34.
Von dieſer im norddeutſchen Mittel und Oberoligo⸗
cän verbreiteten Art kenne ich aus dem Sternberger Ge—
ſtein nur ein älteres Exemplar, das ſich in der Samm⸗
lung des Herrn Dr. Brehmer zu Lübeck befindet. Ein
noch größeres Stück, welches loſe bei Brüel gefunden
ward und jetzt in den Beſitz des Herrn Landbanmeiſter
Koch zu Güſtrow übergegangen iſt, gleicht ganz Exempla⸗
ren deſſelben Alters von Caſſel, während ich zwiſchen den
jüngeren Stücken, wie ſie im Sternberger Geſtein, aber
immer nur ſparſam, vorkommen und denen des Kupel-
thons von Hermsdorf keinen Unterſchied anzugeben vers
mag. Wenn Speyer (Caſſel, S. 5 ff.) meint, daß das
von Beyrich, T. 1, F. 4, abgebildete Jugendexemplar dem
Conus Semperi nicht angehöre, und zwar der Knötchen
auf den Mittelwindungen wegen, ſo irrt er, und v. Könen
weiſt mit Recht darauf hin, daß ſich bei gut erhaltenen
Stücken auf den erſten Mittelwindungen ſtets mehr oder
weniger ſtarke Höcker auf der Kante des Daches zeigen.
Bei einem meiner Exemplare von Sternberg ſind die
142
— —
Höckerchen auf den beiden erſten Mittelwindungen ſehr
deutlich, verſchwinden aber allmählig auf der dritten Win⸗
dung. Bei einem anderen Stücke bemerke ich unter der
Kante der Schlußwindung zwei oder drei Spiralen, und
iſt es mir gelungen, auch bei einem Exemplare von Stern⸗
berg durch Kochen mit Waſſerglas die mehrfach erwähnten
braunen Flecke auf der Kante der Schlußwindung hervor⸗
zurufen. Bei noch einem anderen Stücke iſt die Schluß⸗
windung ganz mit Querlinien bedeckt, wie dies nach Speyer
auch bei jugendlichen Exemplaren von Caſſel der Fall iſt.
2. Oliva flammulata Lam. (O. Dufresnei Bast.)
Fundorte: Sternberger Geſtein; Brodtener Ufer bei
Travemünde.
Hörnes I, S. 47, T. 6, F. 1 und 2.
Beyrich, S. 31, T. 2, F. 7 und 8.
Die Mittheilung von Hörnes, daß auf den mit Waſ⸗
ſerglas präparirten Exemplaren der Oliva flammulata aus
dem Wiener Becken und Baiern die dieſer Art eigenthüm⸗
lichen rothbraunen Flecke erſcheinen, veranlaßte mich, einen
Theil meines Materials von den oben genannten Fund⸗
ſtätten der Behandlung mit ſiedendem Waſſerglas zu un⸗
terwerfen, und erlangte ich dadurch folgende Reſultate.
Die Sternberger Stücke, an denen der zarte Schmelz völlig
erhalten iſt, zeigen nach dem Waſſerglasbade die roſtbrau⸗
nen Flecke, welche unregelmäßig über die ganze Schale
verbreitet ſind, weit intenſiver gefärbt, als vorher; eine
lichtere Färbung des unteren Theils der Windung, wie
Hörnes angiebt, iſt dagegen nicht bemerkbar. Die mio⸗
cänen Exemplare aus dem Geſtein des Brodtener Ufers
dagegen veränderten ihre ſchmutzig graubraune Farbe nur
143
in ſo weit, daß die Baſalplatte viel heller, bei einem Stücke
faſt weiß, geworden iſt. — Beyrich beſchreibt ein Stern-
berger Exemplar der Roſtocker Sammlung (abgebildet T.
2, F. 8) und bemerkt dabei, daß das Gewinde deſſelben
verhältnißmäßig länger ſei, als das eines Exemplars von
Düſſeldorf: dieſe Bemerkung muß ich bei meinen Stücken
beſtätigen. Auch das Gewinde der Stücke aus dem Brod—
tener Geſtein iſt kürzer, als das der Sternberger, während
ſonſt ein Unterſchied zwiſchen beiden nicht zu finden iſt.
Bei dieſer Gelegenheit will ich nicht unterlaſſen, die
Sammler, welche unſerem Leſerkreiſe angehören, auf die
oft merkwürdigen Erfolge aufmerkſam zu machen, welche
durch die Anwendung des Waſſerglaſes bei
Tertiärconchylien erreicht werden. Ich benutze eine Mi⸗
ſchung von einem Theil Waſſerglas und zwei Theilen
Waſſer, bringe die Flüſſigkeit zum Sieden und lege dann
die Petrefacten auf eine halbe Minute hinein. Während
des Kochens muß die Maſſe fleißig gerührt werden, weil
ſich ſonſt leicht ein zäher Schleim abſondert, der von den
Conchylien ſchwer zu entfernen iſt. Bei Mollusken, welche
noch mit Sand angefüllt ſind, iſt dieſer zuvor ſo weit
irgend möglich zu entfernen, indem der Sand durch das
Kochen ſchnell gelöſt wird, auf der Schale feſtklebt und
ſolche verunreinigt. Als Beiſpiel der Wiederbelebung der
Farben führe ich eine Voluta Lamberti var. triplicata
Nyst (nach v. Könen übrigens S Voluta Bolli Koch)
aus dem Crag von Wyneghem an, die ein graugelbes
Anſehen hatte, nach dem Kochen mit Waſſerglas aber ſchön
braunroth erſcheint und um die Nähte der Windungen ein
breites weißes Band erhalten hat. Aber auch als Erhal⸗
tungsmittel iſt das Waſſerglas unerſetzlich, denn die zer⸗
brechlichſten Petrefacten, z. B. die von Caſſel, werden
durch ein Bepinſeln mit verdünntem Waſſerglas wieder
vollſtändig hart. Daß dieſe Feſtigkeit durch die Bildung
wirklicher Doppelſalze von kieſelſaurem Kali und Fiejel-
ſaurer Kalkerde entſteht, hat ſchon Hörnes nachgewieſen.
3. Voluta rarispina Lam.
Fundort: Brodtener Ufer bei Travemünde.
Hörnes J. S. 91, T. 9, F. 6—10.
Aus dem miocänen Geſtein des Brodtener Ufers be—
ſitze ich die obere Hälfte eines größeren Exemplars und
ein vollſtändiges jugendliches Stück dieſer ſchönen Voluta,
welche Hörnes trefflich beſchrieben hat. Herr Prof. Sand⸗
berger, dem meine Stücke vorgelegen haben, macht mich
darauf aufmerkſam, daß ſeines Wiſſens dies das erſte
Mal ſei, daß Voluta rarispina in den norddeutſchen Mio⸗
cänablagerungen gefunden iſt.
4. Aporrhais tenuis Boll.
Fundort: Caſſeler Becken.
Boll, Geognoſie der deutſchen Oſtſeeländer S. 178.
Beyrich, T. 11, F. 5.
Koch im Meklenb. Archiv, Jahrg. 15, S. 212.
Speyer, Caſſel, S. 62, T. 7, F. 1 und 2.
Von Caſſel erhielt ich ein Bruchſtück einer Aporrhais
mit der Bezeichnung A. speciosa Be yr. nebſt Verwei⸗
ſung auf Speyer's Arbeit. An dem Bruchſtück erkennt
man die ſchlanke Form des Gewindes; der aus dem
oberen Knotengürtel entſpringende Dorn des Flügels zieht
ſich an dem Gewinde bis faſt an die Embryonal-Windungen
hinauf; die Längsrippen ſind von ſehr deutlichen Spiralen
*
145
durchkreuzt, wodurch die Schale eine netzförmige Sculptur
erhält, und muß ich daher dies Stück der Aporrhais te-
nuis Boll zuweiſen, welche Art Koch fo genau geſchildert
hat. Auch Speyer hebt in ſeiner Beſchreibung die ein
regelmäßiges Gitterwerk bildende Sculptur hervor, ſeine
Abbildung (T. 7, F. 1 und 2) zeigt die ſchlanke Geſtalt
der Schale und den weit hinauf reichenden Dorn, ſo daß
ich nicht anſtehe, Speyer's A. speciosa Bey r. (doch
nicht ſeine var. unsinuata Sandb.) für A. tenuis Boll
zu erklären.
5. Fusus Brückneri Be yr.
Fundort: Sternberger Geſtein von Kobrow.
Beyrich, S. 288, T. 21, F. 4.
Da Beyrich bei Aufſtellung dieſer Art nur ein ein-
ziges Stück, Eigenthum der Roſtocker Univerſitäts-Samm⸗
lung, kannte, und der Fusus jedenfalls ſehr ſelten iſt, ſo
erwähne ich hier, daß ſich zwei Exemplare in meiner
Sammlung befinden, die jünger ſind, wie das Roſtocker,
und ſchön erhalten aus einem Gerölle verwitterten Stern—
berger Geſteins von Kobrow gewonnen wurden. Die
Stücke weichen von dem Roſtocker Exemplare nicht ab, je»
doch find auf der Schlußwindung noch Spuren der Längs—
rippen bemerkbar. Das glatte Embryonalende beſteht aus
drei Windungen; der Außenrand der Mündung iſt
innen glatt.
6. Cancellaria quadrata S ow.
Fundort: Sternberger Geſtein.
Beyrich, S. 314, T. 25, F. 6. i
Von dieſer im Unteroligocän allgemein verbreiteten
10
146
Art fand ich im Sternberger Geſtein ein wohl erhaltenes
Stück, das, wenn auch noch von ſehr jugendlichem Alter,
gänzlich mit Exemplaren von Weſteregeln, Latdorf u. ſ. w.
übereinſtimmt. Beyrich's genaue Beſchreibung paßt durch⸗
aus auf dies Stück, und ift ein Verkennen nicht möglich,
7. Pleurotoma peracuta v. Könen (P. Hörnesi
Speyer).
Fundort: Sternberger Geſtein.
v. Könen, Fauna von Helmſtädt, Nr. 63, T. 1,
F. 10 d und e.
v. Könen, Mitteloligocän, S. 41.
Speyer, Söllingen (1864), S. 30, T. 1, F. 3.
Die Stücke dieſer ſchönen Pleurotoma aus dem Stern⸗
berger Geſtein gleichen denen von Crefeld, ſind alſo ſchlanker,
als die von Hermsdorf, und es treten bei ihnen die Rippen
weniger ſcharf hervor. Ausgewachſene Exemplare ſcheinen
auch im Sternberger Geſtein ſelten zu ſein, denn ich kenne
davon nur zwei, eins in der Koch'ſchen Sammlung, das
andere (10 Mm. lang) in der meinigen. In beiden Samm⸗
lungen befinden ſich auch jüngere Exemplare von 4—5 Mm.
Länge, an denen die Rippen weniger ſtumpf ſind. Nach
v. Könen iſt die Art überall ziemlich ſelten; er nennt ſo⸗
wohl unter⸗, mittel⸗ und oberoligocäne, als auch miocäne
Fundorte.
8. Mangelia Roemeri Phil. sp.
Fundort: Sternberger Geftein.
Philippi, Beitr. zur Kenntniß der Tertiärverſteine⸗
rungen des nordweſtlichen Deutſchlands
(1843), S. 56.
v. Könen, Mitteloligocän, S. 43, T. 1, F. 9.
Von Mangelia Roemeri aus dem Sternberger Ge⸗
147
ftein befinden ſich Stücke in der Sammlung des Herrn
Landbaumeiſter Koch zu Güſtrow, wie in der meinigen;
die Art iſt jedenfalls nicht häufig. Bei einem meiner
Exemplare, die übrigens ganz mit ſolchen von Hohen⸗
kirchen übereinſtimmen, iſt die charakteriſtiſche Depreſſion
unter der Naht auf der Schlußwindung, „durch eine Kante
begränzt, über welche die Längsrippen als ſchwach gebo⸗
gene Anſchwellungen verlaufen“, deutlich ausgeprägt.
Für Mangelia Pfefferi v. Könen und Mangelia
Rappardi v. Könen, welche in von Könen's Mitteloli⸗
gocän S. 43 und 42 beſchrieben und T. 1, F. 8 und
F. 12 abgebildet ſind, nenne ich hier noch Weſteregeln
als Fundſtätte. Ich verdanke meine Stücke dem Herrn
Danneberg in Egeln.
9. Defrancia n. sp.?
Fundort: Sternberger Geſtein.
In der Sammlung des Herrn Landbaumeiſter Koch
zu Güſtrow, ſowie in der meinigen, wird eine zur Gruppe
Defrancia gehörende Pleurotoma aus dem Sternberger
Geſtein aufbewahrt, die ich für dies Mal wegen Mangel
an Vergleichsmaterial nur einfach anzeigen kann, indem ich
bemerke, daß die Art der Defrancia scalariaeformis
Sand b. (Sandberger, Mainzer Becken, S. 245, T. 16,
F. 8) ſehr nahe zu ſtehen ſcheint.
10. Borsonia decussata Be yr. (Pleurotoma uni-
plicata Speyer, non Nyst.)
| Fundort: Sternberger Geſtein.
Speyer, Söllingen, S. 31, T. 1, F. 4.
v. Könen, Mitteloligocän, S. 45, T. 1, F. 11. ;
Meine Exemplare aus dem Sternberger Geftein von
10 *
.
148
etwa 10 Mm. Länge gleichen durchaus denen von Hohen⸗
kirchen; bei beiden treten die Längsrippen ſchwächer her⸗
vor, als bei den typiſchen mitteloligocänen Stücken von
Hermsdorf. Ich verweiſe ſonſt auf v. Könen's Angaben.
11. Calyptraea depressa Lam. var. laevigata
Speyer?
Fundort: Sternberger Geftein.
Speyer, Lippe⸗Detmold, S. 29, T. 1, F. 13—15.
Das vorliegende Exemplar einer Calyptraea von
Kobrow bei Sternberg, welches einen Durchmeſſer von
14 Mm. hat, ſcheint zu der von Speyer aufgeſtellten
glatten Varietät der Calyptraea depressa Lam. von
Göttentrup zu paſſen; es paßt gut zu einigen Stücken
dieſer Art, welche ich von Bünde aus guter Hand erhalten
habe. Auch bei dem Sternberger Exemplar zeigt die leider
nur ſtellenweiſe erhaltene Oberſchale weiter keine Verzie⸗
rung, als die entfernt ſtehenden Anwachsſtreifen.
Speyer's Anſicht, daß die Calyptraea des Caſſeler
Beckens, welche man früher mit 6. chinensis L. identi⸗
ficirte, zu C. striatella Ny st. zu ſtellen ſei, trete ich bei.
12. Fissurella italica De fr.
Fundort: Latdorf.
Hörnes I, S. 641, T. 50, F. 28.
Mein ſchön erhaltenes Exemplar aus dem unteroli⸗
gocänen grünen Sande von Latdorf, das eine Länge von
25 Mm., eine Breite von 16 Mm. und eine Höhe von
8 Mm. hat, ſtimmt ganz mit den miocänen und pliocänen
Stücken überein, die mir von Wien und den italieniſchen
Fundſtätten vorliegen. Der einzige Unterſchied, den ich
zu finden vermag, beſteht darin, daß bei dem Latdorfer
149
Exemplare jene Rippen, welche in gewiſſer Entfernung von
einander ſtärker ausgebildet auftreten, nicht ſehr bemerkbar
ſind, doch mag dies in der Abreibung des Stückes ſeinen
Grund haben.
Die Fissurella kommt in Latdorf nur ſelten vor, und
fehlt ſie in Giebel's Fauna der Braunkohlenformation von
Latdorf bei Bernburg. Halle, 1864.
13. Patella acuminata Grat.?
Fundort: Grauer Sandſtein von Wittenburg.
Die kleine länglich⸗ſchildförmige Schale iſt mit zahl⸗
reichen mehr oder weniger ſtarken wellenförmigen Rippen
geziert, welche von feinen Querlinien durchkreuzt werden;
der Buckel, der etwas abgerieben erſcheint, liegt dem Vor⸗
derrande faſt doppelt ſo nahe, als dem Hinterrande. Bei
dem vorliegenden Exemplare, deſſen Inneres vom Geſtein
bedeckt iſt, läuft in der Mitte ein lichtbraunes Band um
die Schale herum. Höhe 3 Mm., Länge 5 Mm.,
Breite 3 Mm.
Herr Profeſſor Sandberger hat die Güte gehabt, die
Species zu beſtimmen, und erklärt der gefällige Forſcher,
daß dieſelbe höchſt wahrſcheinlich Patella acuminata Grat.
ſei, mit dem Hinzufügen, daß ihm Original⸗Exemplare
nicht vorliegen.
Wenn mich mein Gedächtniß nicht trügt, fo befindet
ſich ein aus dem Sternberger Geſtein ſtammendes Stück
dieſer Palella in der Koch'ſchen Sammlung.
14. Bulla (Cylichna) Kochii n. sp.
Fundort: Weſteregeln.
Die Schale iſt ei⸗ kegelförmig mit ſchief abfallender
150
Grundfläche und tief genabelten oberen Ende. Die Mün⸗
dung erweitert ſich nach unten plötzlich; der ſcharfe Außen⸗
rand erhebt ſich oben weit über das Gewinde und biegt
ſich dann in einem ſpitzen Winkel nach unten; der Spindel⸗
rand iſt umgeſchlagen, ohne jedoch angewachſen zur fein:
Die Schale iſt mit Querfurchen geziert, welche unten und
oben eng an einander ſtehen, dann aber nach der Mitte
zu durch weit größere Zwiſchenräume getrennt ſind, alſo
ſparſamer auftreten. Zugleich werden die Querfurchen in
der Mitte durch Abreibung leicht undeutlich, ſind aber
immer zu erkennen, d. h. bei meinen wenigen Stücken.
Länge 9 Mm., Dicke 5 Mm. — Die eigenthümliche Seulp⸗
tur und die Form des Außenrandes machen die Art leicht
kenntlich; ich widme ſie meinem verehrten Freunde, dem
Herrn Landbaumeiſter Koch in Güſtrow.
15. Cytherea incrassata S o w. sp.
Fundort: Sternberger Geſtein.
Sandberger, Mainzer Becken, S. 300, T. 23. F. 11;
T. 24, F. 13.
Meine Stücke der Cytherea incrassata aus dem
Sternberger Geſtein von Kobrow, Crivitzer Stadtfeld und
Parchim gleichen denen des Mainzer Beckens von Hacken⸗
heim aus der Chenopus⸗Schicht. Sie gehören der Va⸗
rietäkt obtusangularis Sandbg. an; die Form, Stärke und
Sculptur der Schale, die deutlich abgegränzte, aber nicht
vertiefte Lunnla, die ſpitze Form der Mautelbucht — dies
Alles iſt wie bei den Mainzer Exemplaren, und ich be⸗
daure nur, daß an keinem meiner Stücke das Schloß ſicht⸗
bar iſt. Ein jüngeres Exemplar von ſchöner Erhaltung,
151
an dem die Anwachsftreifen als dunkler gefärbte Bänder
hervortreten, habe ich Herrn Prof. Sandberger vorgelegt,
der meine Anſicht völlig beſtätigte.
Rleinere Mittheilungen.
1. Fiſchregen in Pommern und Meklen⸗
burg. — Die „Poſt« enthält folgende Mittheilung: In
der Nähe von Stargard in Pommern, unweit des Bahn⸗
hofes Dölitz regnete es am erſten Pfingſttage (9. Juni)
tüchtig — Fiſche! Dieſer Fiſchregen erſtreckte ſich über
einen beträchtlichen Flächenraum, und es gelang dem Ein⸗
ſender dieſes, in kurzer Zeit auf der Feldmark eine Cigar⸗
renkiſte voll zu ſammeln, von denen die meiſten, in's Waſſer
gethan, bis zum 11. lebten. Die Fiſche waren durchſchnitt⸗
lich einen Finger lang und ½ bis 1“ breit, und gehörten
zur Gattung der ſogenannten Weiß⸗ oder Grätenfiſche.
Sie ſind ohne Zweifel durch eine Waſſerhoſe einem der
zahlreichen Seen dortiger Gegend entführt worden, müſſen
jedoch eine bedeutende Strecke durch die Luft getragen wor⸗
den ſein, weil Niemand aus der nächſten Nachbarſchaft ein
derartiges Phänomen beobachtet hat. — Da im Aber⸗
glauben des gemeinen Mannes Fiſche Geld bedeuten, ſo
hofft derſelbige auf eine ergiebige Ernte und gute Preiſe,
wozu auch alle Ausſichten vorhanden ſind. — (Die Wahr⸗
heit dieſes Faetums wird dem bezeichneten Blatte durch
einen Medieinalbeamten in Bernſtein verbürgt.)
Aehnliche Fälle ſind aus Meklenburg bekannt und
zum Theil auch ſchon in unſerem Archiv berichtet. Der
152
ältefte, von welchem uns gemeldet wird, trug ſich bei Lärz
zu, wo eine Waſſerhoſe Fiſche aus der Müritz über Wieſe
und Feld warf (Archiv XII. 75); ebenſo wurden bei Stuer
durch die Waſſerhoſe am 31. Juli 1795 Löcher in die
Berge geriſſen und mit Waſſer angefüllt, in denen man
kleine lebendige Fiſche und Krebſe (ohne Zweifel aus dem
Plauer See ſtammend) fand (Archiv a. a. O.). Auch die
im Archiv XII. 88 beſchriebene Waſſerhoſe vom 28. Mai
1828 ſtreuete über die Feldmark des Dorfes Kratzburg
eine Menge von Fiſchen aus, die zum Theil ſelbſt von
anſehnlicher Größe waren. E. Boll,
2. „Beſtimmung des Längen-Unterſchiedes
zwiſchen Schwerin und Wuſtrow durch Chrono—
meter⸗Reiſen.“ — Dies iſt der Titel eines in den
„Aſtronomiſchen Nachrichten“ veröffentlichten Aufſatzes von
dem Director der Navigationsſchule E. F. Schütz in
Wuſtrow. Herr Director Schütz hat bereits im Jahre
1850 die geographiſche Lage von Wuſtrow in der Weiſe
beſtimmt, daß er den Kirchthurm und das Obſervatorium
der Navigationsſchule mit den Dreiecken der preußiſchen
trigonometriſchen Landesvermeſſung in Verbindung brachte.
Es erſchien aber für die Zwecke ſowohl der Navigations-
ſchule als der meklenburgiſchen Schifffahrt auch die Be⸗
ſtimmung der Länge des Obſervatoriums wünſchenswerth.
Eine Erleichterung für dieſes Unternehmen bot der Um⸗
ſtand, daß der Längenunterſchied zwiſchen Schwerin und
Altona, dem Ausgangspunkte faſt aller genauen Längen⸗
beſtimmungen in neuerer Zeit, ſchon 1848 durch Chrono⸗
meter⸗Reiſen genau beſtimmt und 1858 durch galvaniſche
£ 1
E 1 N
153
4
Signale mit noch größerer Schärfe feſtgeſtellt worden war.
In das Jahr 1858 fällt dann auch ſchon die weitere Un⸗
ternehmung, über deren Erfolg hier berichtet wird. So⸗
bald die erwähnten Arbeiten zur möglichſt genauen Feſt⸗
ſtellung des Längenunterſchiedes zwiſchen Altona und
Schwerin im September 1858 beendigt waren, kam Herr
Director Schütz mit dem Herrn Geheimen Canzleirath
Paſchen in Schwerin dahin überein, ſogleich — der un⸗
günſtigen Jahreszeit ungeachtet — zur Beſtimmung des
Längenunterſchiedes zwiſchen Schwerin und Wuſtrow durch
Chronometer⸗Reiſen zu ſchreiten. Das Großherzogliche
Miniſterium des Innern bewilligte die erforderlichen Geld⸗
mittel. Zu den drei Chronometern, welche dem Herrn
Director Schütz zur Dispoſition ſtanden, wurden noch
eilf von Tiede⸗Berlin, Krille-Altona, Profeſſor Karſten⸗
Roſtock und von der Landes -Vermeſſungs-Commiſſion in
Schwerin hergeliehen, und mit dieſen vierzehn Chrono⸗
metern wurden vom 29. September bis zum 9. October
1858 neun Reiſen zwiſchen Wuſtrow und Schwerin (17,6.
Meilen) ausgeführt, acht durch den Herrn Navigations⸗
lehrer Agrell in Wuſtrow, die neunte durch den Herrn
Director Schütz, welcher feine Anweſenheit in Schwerin
zugleich benutzte, um am 10. October mit dem Herrn Ge⸗
heimen Canzleirath Paſchen die Beobachtungen zur Be⸗
ſtimmung der Perſonal⸗ Differenz zu machen. Die Zeit⸗
beſtimmungen wurden in Schwerin von dem Geheimen
Canzleirath Paſchen in dem Obſervatorium der Landes-
vermeſſung mit einem Univerſal⸗Inſtrument von Piſtor und
Martins, in Wuſtrow von dem Herrn Director Schütz
in dem Navigationsſchul⸗Obſervatorium mit einem Paſſagen⸗
154
Inſtrument von Repſold angeſtellt. Wir empfehlen bie
ausführliche Berechnung der (158) Durchgänge der an
beiden Orten beobachteten Sterne (außer den Funda⸗
mental⸗ Sternen des Nautical Almanac noch die Sterne
oͤ, z und s im Drachen), der Zeitbeſtimmungen, der Uhr⸗
ſtände ꝛc. Mathematikern und Aſtronomen zum Nachleſen
und begnügen uns mit der Angabe des in den letzten Ar⸗
tikeln der gelehrten Abhandlung zuſammengefaßten Reſul⸗
tats: Wuſtrow liegt öſtlich von Schwerin 3m 538 852
mit dem mittleren Fehler & Os 076 und dem wahrſchein⸗
lichen Fehler E Os 051. In dem Werke des Herrn Prof.
C. A. F. Peters: „Ueber die Beſtimmung des Längen⸗
unterſchiedes zwiſchen Altona und Schwerin, ausgeführt
im Jahre 1858 durch galvaniſche Signale“ iſt die Länge
des Obſervatoriums der meklenburgiſchen Landesvermeſſung
in Schwerin öſtlich von der Altonaer Sternwarte (Meri-
diankreis) 5m 54 557 angegeben. Nach dem Nautical
Almanac iſt Altona 39m 468 14 öſtlich von Greenwich,
Paris Im 20 63 öſtlich von Greenwich und wird Paris
20° 0“ 0“ öſtlich von Ferro angenommen, dann iſt
Wuſtrow öſtlich von Altona 9m 48: 399
z - „Greenwich A9m 34s 54
s - „Ferro 2 Om 13: 91.
Nach der Beſtimmung der geographiſchen Lage von Wu⸗
ſtrow aus dem Jahre 1850 iſt Wuſtrow öſtlich von Ferro
2u Om 135 74. (Abgedruckt aus dem Nordd. Correſp.
1867, Nro. 85.)
3. Rothes Waſſer in Teichen. — Zur
Vervollſtändigung deſſen, was in Archiv XX S. 44 über
155
die rothe Färbung gefagt iſt, welche das maſſenhafte Auf-
treten des Monoculus Pulex gelegentlich in Teichen her⸗
vorbringt, mag der Wiederabdruck des nachfolgenden Be⸗
richtes, welchen Linne über dieſen Gegenſtand giebt, nicht
ohne Intereſſe ſein. Derſelbe iſt dem „Muſeum des
Wundervollen“ Bd. 3 S. 70 f. (Leipzig 1804) entlehnt
und lautet folgendermaßen: .
„In dem academiſchen Garten zu Upſala“, ſchreibt
der Ritter Linné an den Secretair der Academie der
Wiſſenſchaften zu Stockholm, „find drei Teiche, wovon
ſich der mittelſte, welcher der größte iſt, und in welchem
ſich keine Waſſerpflanzen befinden, allemal gegen den läng⸗
ſten Sommertag von einem Abend bis zum andern Mor⸗
gen, beſonders bei ſtillem Wetter, in Blut verwandelt.
Dieſes Blutwaſſer iſt aus mehr als einer Urſache ganz
ſonderbar, und ich habe Gelegenheit gehabt, es mehr als
einer Perſon, beſonders dem berühmten Klingenſtierna,
einem großen Phyſiker, zu zeigen.
Alle Morgen bei heiterm Wetter ſcheint es, als wenn
auf dieſem Teiche an allen vier Ecken Schießpulver ge⸗
ſtreuet worden wäre, welches ſich nach und nach von dem
Rande in einer ſehr regelmäßigen Ordnung nach dem
Mittelpunkte hinzieht. Nach Verlauf einiger Stunden ruht
es ganz in dem Mittelpunkte des Teichs. Das Waſſer,
über welches dieſer Staub hingezogen war, war mit einer
grauen und beinahe unſichtbaren Haut überzogen. Ich
kann nicht ſagen, woher dieſelbe entſtehe, und wie ſie ſich
bilde. Wenn man aber etwas Weniges von dieſer pul⸗
verartigen Subſtanz in einem Löffel ſammelt, ſo ſieht man
mit Erſtaunen, daß alles lebt, und daß ſie aus Millionen
156
Juſecten beſteht. Zugleich bemerkt man unter dem
Waſſer eine blutige Subſtanz, welche die größte Aehn⸗
lichkeit mit dem aus dem Fuße eines Menſchen gelaſſe⸗
nen Blute hat, das man in ein Gefüß mit Waſſer
laufen läßt.
Dieſer blutartige Körper macht das Waſſer an dem⸗
jenigen Orte, wo er ſich befindet, roth und giebt ihm ein
fleiſchfarbiges Anſehen. Er iſt bald mehr, bald minder
feſt, und löſet ſich bisweilen auf und wird unſichtbar,
während ſich ein neuer ähnlicher Körper anſtatt des vori⸗
gen bildet. Das Waſſer iſt alsdann ſo voll davon, daß
ſich Niemand deſſelben in der Küche zu bedienen wagt.
Früh gegen neun oder zehn Uhr löſet ſich alles auf und
verſchwindet. Gegen Abend hingegen erneuert ſich dieſe
Erſcheinung wieder. Man bemerkt ſie ebenfalls bei frü⸗
hem Morgen, beſonders, wenn es die Nacht über geregnet
hat. Wenn man dieſe blutartige Subſtanz in einen Löffel
ſchöpft, jo bemerkt man tauſend kleine Inſecten, welche
eine große Aehnlichkeit mit Gerſten⸗ oder Hafergrütze ha⸗
ben. Sie ſind alle ſo groß wie eine Linſe, haben zwei
Hörner, welche mit kleinen Zweigen umgeben ſind, ver⸗
mittelſt welcher ſie ſich im Waſſer empor heben, und ein
mitten auf der Stirne befindliches Auge. Dieſes Inſect
führt im Lateiniſchen den Namen Monoculus.
Wenn das Waſſer ſtille ſteht, ſo wird es faul und
trübe. Auf dieſe Art erhalten die Inſeeten gehörige Nah⸗
rung, und vermehren fich auf eine unglaubliche Art. Mit
Recht muß man über die unbegreifliche Menge dieſer In⸗
ſecten erſtaunen.“
157
4. Mitteloligocänes Thonlager zu Egeln
bei Magdeburg. — Bezug nehmend auf die Zuſammen⸗
ſtellung der mitteloligocänen Fundſtätten, welche Herr Dr.
v. Könen in der Einleitung ſeines trefflichen Werkes:
„Das marine Mittel⸗Oligocän Norddeutſchlands und ſeine
Mollusken⸗Fauna (Caſſel 1867)“ giebt, bemerke ich, daß
in neuerer Zeit der Rupelthon auch bei Egeln, unweit
Magdeburg aufgefunden iſt. Derſelbe tritt in einer Thon⸗
grube in der „Wartsgrund“ auf dem Egelſchen Stadtfelde
zu Tage, enthält viele Gypskryſtalle, verſchiedene Fiſch⸗
zähne und Leda Deshayesiana, jene wahre Leitmuſchel
des mitteloligocänen Thons. — Die Fundſtätte von Egeln
kann von Intereſſe werden, wenn es gelingt, die Ausdeh⸗
nung des Rupelthons weiter zu verfolgen, indem wir ja
in der nächften Umgebung die bekannte unteroligocäne Ab⸗
lagerung über der Braunkohle zu Weſteregeln haben. In
Weſteregeln finden ſich ferner die merkwürdigen Reſte von
Säugethteren, welche Germar in Keferſtein's Teutſchland,
geognoſtiſch⸗geologiſch dargeſtellt, Bd. 3, H. 3, 1826, S.
601—612, beſprochen hat. Solche Thierreſte kommen
mehrfach in jener Gegend vor; ich beſitze ſchöne Zähne
von Pachydermen aus einem Steinbruch von Etgersleben,
nordweſtlich von Egeln, während ſich ein Horn eines
Rhinoceros (vielleicht von tichorhinus Cuv.) von Weſter⸗
egeln gleichfalls in meiner Sammlung befindet.
Kadow. Dr. Wiechmann.
5. Geognoſtiſche Literatur Pommerns. —
Im Intereſſe derjenigen, welche die geognoſtiſchen Boden
verhältniſſe unſeres Nachbarlandes Pommern zum Gegen⸗
158
ſtande ihrer Forſchungen machen wollen, erlaube ich mir
nachſtehend die darüber handelnden Schriften aufzuführen,
ſo weit mir dieſelben bis jetzt bekannt geworden ſind.
a. Allgemeinen Inhalts und Quartärformation.
Denſo, von pommerſchen gegrabenen Seltenheiten, 7
Schulprogramme, Stettin 1747—52. 4to.
Thebeſius, Beiträge zur Naturhiſtorie des Pommer⸗
landes (e. 1760 verfaßt, gedruckt in den a Studien“
III. 1 S. 28 ff. 1835.)
Wilke, Nachricht von ſeltenen Verſteinerungen, vornäm⸗
lich des Thierreiches. (Dies iſt die einzige der hier namhaft
gemachten Abhandlungen, welche mir noch nicht zu Geſichte ge⸗
kommen iſt; ſie iſt 1769 gedruckt und ſoll hauptſächlich bei Star⸗
gard in Hinterpommern gefundene Trilobiten behandeln).
v. Arenswald, Geſchichte der pommerſchen und meklen⸗
burgiſchen Verſteinerungen, gedruckt in No. 46—49 der gelehrten
Beiträge zu den M. Schwerinſchen Nachrichten vom J. 1774
und ſpäter in der Zeitſchrift „der Naturforſcher“ V. 145 ff. und
VIII. 224 ff.
Wrede, geognoſtiſche Unterſuchungen über die ſüdbaltiſchen
Länder, beſonders über das untere Odergebiet. Berlin 1804.
v. Oeynhauſen, Bemerkungen auf einer mineralogi-
ſchen Reiſe durch Vor⸗ und Neupommern, — in Karſtens Archiv
XIV. 2. S. 227 ff. 1827. |
Quandt, über die Verluſte der pommerſchen Küſte an
die Oſtſee, — in den Baltiſchen Studien IV. 2. S. 1 ff. 1837.
v. Hagenow, Notiz über Auffindung eines antediluvia⸗
. Menſchenfkelettes in Veen — eben daſelbſt VII. 1
S. 267 f. 1840.
Boll, Geognoſie der deutſchen Oſtſeeländer. — Neubran⸗
denburg 1846. -
Gumprecht, zur geognoſtiſchen Kenntniß von Pommern,
— in Karſtens Archiv XX. S. 404 ff. 1846. a
159
Girard, über die geognoſtiſchen Verhältniſſe des nord⸗
öſtlichen deutſchen Tieflandes, — in der Zeitſchrift der deutſchen
geologiſchen Geſellſchaft I. 339. 1849.
Wessel, deseriptio geognostica regionis ostiis Viadrinis
. eircumjectae, Berolini 1851. 4to.
v. d. Borne, zur Geognoſte der Provinz Pommern, —
in der Zeitſchrift der deutſchen geolog. Geſ. IX. 473. 1857.
Boll, die Inſel Rügen. Schwerin 1858.
Lincke, Beitrag zur Kenntniß der Umgegend von Stettin.
— Schulprogramm, Stettin 1859. 4to.
Schmeckebier, Beitrag zur phyſicaliſchen Geographie
Pommerns, — Schulprogramm, Demmin 1859. 4to.
Boll, Beiträge zur Geognoſte Meklenburgs, mit Berück⸗
ſichtigung der Nachbarländer, — in dieſem Archiv XIX und
XXI, 1865 und 1867 (auch ſeparat gedruckt).
Behm, über die Bildung des unteren Oderthales — in
der Zeitſchrift der deutſchen geolog. Geſ. XVIII. 777 ff. 1866.
b. Tertiärformation.
Reuß, die Foraminiferen und Entomoſtraceen von Stettin,
— Zeitſchrift der deutſchen geologiſchen Geſ. IV. 16. 1852.
Beyrich, die Conchylien des norddeutſchen Tertiärgebirges,
Berlin 1853 —56 (auch in der Zeitſchr. d. d. g. G. abgedruckt).
Behm, die Tertiärformation von Stettin, — Zeitſchr. der
deutſchen geolog, Geſ. IX. 323. XV. 430. — 1857 und 63,
Behm, über die Stettiner Tertiärformation, dritter Ar⸗
tikel; — ſ. Amtl. Bericht über die 38. Verſammlung deutſcher
Naturforſcher und Aerzte, Stettin 1864 S. 90 ff. ?
ec. Kreideformation. |
v. Hagenow, Monographie der rügianiſchen Kreidever⸗
ſteinerungen, — in Leonhard und Bronn Journal für Minera⸗
logie 1839, 40 und 42.
Derſelbe beſchreibt rügianiſche Bryozoen in Geinitz
Grundriß der Verſteinerungskunde, Dresden 1846 (vergl. auch
Geinitz „das Quaderſandſteingebirge“ S. 234 ff., Freiberg 1849).
160
Unger, der Schwefelkiesbergbau auf der Inſel Wollin, —
Zeitſchr. der deutſchen geolog. Geſ. XII. 546. — 1860.
Reuß, die Foraminiferen der rügianiſchen Kreide, — *
Sitzungs⸗Bericht der Wiener Akademie (naturwiſſenſchaftliche
Claſſe) XLIV. 1. S. 324 ff. — 1862.
d. Juraformation.
Schultz, Beiträge zur Geognoſie und Bergbaukunde,
Berlin 1821.
Derſelbe, Grund- und Aufriſſe im Gebiete der Berg⸗
baukunde, Berlin 1823 (beſchreibt das Fritzower Lager).
Klöden, über das Fritzower Lager in Pommern, — f.
Karſtens Archiv VII. 113 3. 1834, Balt. Studien III. 1 S. 1
J. 1835 und Karſtens Archiv X. 627 J. 1837.
Römer A. handelt über die Fritzower Petrefacten in Leon⸗
hard und Bronn Jahrbuch 1837 (187), 1840 (537) und in
ſeinem Nachtrag „zum norddeutſchen Oolithengebirge“, Han⸗
nover 1839. 4to. 5
Weſſel, der Jura in Pommern, — ſ. Zeitſchr. der deut⸗
ſchen geologiſchen Geſellſchaft VI. 305. 1854.
Andree, zur Kenntniß der Jurageſchiebe von Stettin
und Königsberg, — ebendaf. XII. 573. 1860.
v. Hagenow, über die Juralager bei Kamin in Pom⸗
mern, — ſ. Amtl. Bericht über die 38. Verſammlung ꝛc. S. 81.
Stettin 1864. f
Behm, Nachtrag zu der vorſtehenden Abhandlung, —
ebendaſelbſt S. 86 ff.
Sadebeck, die oberen Juralager in Pommern, — Zeit:
ſchrift der deutſchen geolog. Geſellſch. XVII. 651. — 1865.
Sadebeck, de formatione Kimmeridgiensi Pomerania;
diss. inaug. Berol. 1865.
Sadebeck, Beitrag zur Kenntniß des baltiſchen Jura, —
Zeitſchr. der deutſchen geolog. Geſellſchaft XVIII. 292. 1866.
Neubrandenburg. Dr. E. Boll.
161
6. Feinde der Platten⸗Miesmuſchel
(Congeria Chemnitzii Fer.) — Im vorigen
Jahre unterſuchte ich die Eingeweide und den Mageninhalt
einer Plötze (Leuciscus rutilis L.) und fand darin zu
meiner Verwunderung Fragmente von Muſchelſchalen, die
jedoch jo Hein waren, daß weder Zeichnung noch Sculptur
mit der Lupe daran zu erkennen waren. Dies reizte meine
Neugierde; ich unterſuchte noch mehrere Magen von Plötzen
und Rothaugen (Scardinus erythrophthalmus L.), doch
nur von großen Exemplaren. In einem Magen fanden
ſich außer vielen zerriebenen Schalſtücken noch drei Ge⸗
häuſe von der Congeria, davon eine über drei Linien groß
war, ja in einem andern Magen waren deren ſogar ſieben,
darunter eine von 5 Linien. Darnach ſcheint mir jetzt
kaum zweifelhaft zu ſein, daß große Plötzen und Roth⸗
augen dieſe Muſchel im Jugendzuſtande als Nahrung in
Menge verſchlucken. Sah Darvin die Arten der Gattung
Scarus, Diodon und Balistes an Korallenriffen weiden
und mit ihren kräftigen Kiefern kleinere Korallenſtämme
zermalmen, ſo darf meine Wahrnehmung nicht auffallen.
Die Congerien haben ſomit doch Feinde, wodurch ihrer
ungeheuren Vermehrung ein gewiſſes Ziel geſetzt wird.
Lieb wäre es mir, könnten die Ichthyologen unſeres Lan⸗
des dieſe Beobachtung beſtätigen. Ich werde indeſſen wei⸗
tere Unterſuchungen im Laufe der Zeit hierüber anſtellen.
C. Struck.
7. Thonlager bei Goldberg. — Im Ar
chiv Ig. IV, S. 164 flgd. erwähnt Herr Dr. E. Boll
einen ſchönen Kryſtall von Marienglas, den der Rector
Huth in Krakow aus einer Thongrube bei Goldberg er⸗
Tl
162
halten hatte, und ſpricht dabei die Vermuthung aus, daß
es ſich, nach der ſchönen Erhaltung des Kryſtalls zu ur⸗
theilen, hier um ein tertiäres Thonlager handeln werde.
Nachdem ich mehrere Jahre hindurch nach dieſem Thon⸗
lager vergebens geforſcht, gelang es mir jetzt durch den
Beiſtand des Herrn Töpfermeiſters Hagemann zu Gold⸗
berg, daſſelbe aufzufinden. Das Lager befindet ſich auf
dem ſtädtiſchen Gebiete von Goldberg, und zwar da, wo
dieſes mit dem zum Kloſter Dobbertin gehörigen Forſt⸗
revier Schwenz zuſammenſtößt, in einer Niedrigung, in
deren Mitte ſich ein kleiner See befindet, und welche
„die Lüſchow“ genannt wird. Das kleine nach Dob⸗
bertin gehörige Waſſer iſt von einem Wieſenrande und
einem hübſchen Bruche eingefaßt, und in letzterem liegt
der theils gelblich theils grau gefärbte Thon, meiſtens nur
durch eine knapp einen Fuß ſtarke Raſenſchicht bebedt,
Der Thon, den die Töpfer einen fetten nennen, iſt ſo
reich an Gypskryſtallen, daß dies die Töpfer nöthigte, die
Gruben zu verlaſſen; die Kryſtalle, welche an der Ober⸗
fläche meiſtens etwas angewittert find, haben die Geftalt
einer ſchiefen rektangulären Säule, und iſt der größte 20
Mm. lang. Petrefacten ſind in dem Thon bisher nicht
beobachtet; ich werde jedoch im Laufe dieſes Sommers
genauere Nachforſchungen anſtellen und bin auch dann be⸗
reit, von den Gypskryſtallen abzugeben.
Wiechmann.
8. Ornithologiſches. — Falco peregrinus
niſtet vereinzelt in der Neubrandenburger Umgegend; am
12. April 1867 wurde in den Chemnitzer Tannen ein Neſt
mit 3 ſchon etwas bebrüteten Eiern gefunden. — Falco
4
Wem mmꝶmmmm̃ñ ß
163
haliaétus horſtet hier jedes Jahr, bald im Brodaer, bald
im Nemerower Holz; 1867 am 13. Mai aus dem, Neme⸗
rower Holz 3 Eier von ausgezeichneter Färbung erhalten.
— Circus pallidus Ende Mai ebenfalls mit 3 Eiern ge⸗
funden. — Circus rufus niſtet alljährlich auf dem hieſi⸗
gen Rohrplan; in früheren Jahren befand ſich auch Ardea
stellaris daſelbſt. Dieſelbe iſt ſeit ungefähr zwölf Jahren
verſchwunden, und außer verſchiedenen Entenarten haufen
einzelne Paare der Scolopax gallinago und des Rallus
aquaticus nebſt einigen Waſſerhühnern hier in ungeſtörter
Ruhe, weil ihnen der Näſſe wegen ſchwer beizukommen
iſt. — Grus cinerea, früher häufiger, jetzt ſehr ſelten. —
Aquila fulva, mehrmals ausgenommen, hat ſich ſeit meh⸗
reren Jahren nicht wieder blicken laſſen. — Falco pa-
lumbarius niſtet alljährlich bei der Brandmühle. — F.
apivorus kam früher ebenfalls vor, niſtete 1853 unweit der
Stadt auf einer Eiche im ſog. Stargardſchen Bruche und
ſpäter öfter im Mühlenholze, iſt aber ſeit mehreren Jahren
nicht wieder aufgefunden. — Aquila naevia jedes Jahr
im Brodaer Holze. Am 14. Mai 1867 daſelbſt mit 1
Ei gefunden. — Zu gleicher Zeit Otus palustris mit 5
Eiern. — Numenius arquatus mehrfach im Wieſenthale
von Neubrandenburg nach Treptow. — Lanius minor
einige Male in den Strelitzer Tannen gefunden. — Im
Zechower Revier bei Neuſtrelitz und im Brodaer Holz bei
Neubrandenburg kommt Picus martius in einzelnen Paaren
vor. — Picus medius im Burgholze bei Neubrandenburg.
— Von Mergus Merganser niſten alljährlich 20 - 30
Paare an der Brodaer Seite des Tolenſe⸗Sees, einzelne
an der Nemerower Seite in hohlen Bäumen. — Strix
164
Aluco hatte 1867 ſchon am 15. März 5 etwas bebrütete
Eier, 1868 noch einige Tage früher. — Sylvia locustella
1867 mehrmals gefunden, leider mit Jungen.
Neubrandenburg. W. Greve.
Anzeigen.
Herr Präpoſitus Boll zu Neubrandenburg beſitzt die
Platte eines ſehr gelungenen photographiſchen Bildes von
feinem verſtorbenen Bruder, dem Dr. Ernſt Boll, und
hat derſelbe in freundlicher Weiſe die Anfertigung von
Portraits geſtattet. Ich erſuche daher diejenigen Vereins⸗
mitglieder, welche das Bild unſers dahingeſchiedenen Freun⸗
des und Führers beſitzen möchten, mir ihren Wunſch bal⸗
digſt mitzutheilen; der Preis für das Portrait wird 8
Schill. betragen. Wiechmann.
Herr Lehrer H. Lenz zu Lübeck, Vereinsmitglied,
macht die Anzeige, daß er nach Erlangung eines großen
Theils des Häcker'ſchen Herbars bereit ſei, eine bedeutende
Anzahl deutſcher und ausländiſcher officineller Pflanzen
gegen Tauſch oder mäßiges Honorar abzugeben. Auch
kann derſelbe lübeckiſche Pflanzen, Phanerogamen und
Kryptogamen, ablaſſen.
Die Herren Vereinsmitglieder Landbaumeiſter Koch
zu Güſtrow und Dr. Wiechmann zu Kadow haben ges
meinſam eine Monographie über die Mollusken⸗Fauna
des Sternberger Geſteins unternommen, auch den erſten
Abſchnitt derſelben bereits vollendet. Damit dieſe Arbeit,
deren Bedürfniß ſchon lange anerkannt iſt, möglichſt voll⸗
ſtändig werde, erſuchen die genannten Herren alle Ver⸗
einsmitglieder, welche beſonders große oder durch Selten⸗
heit und ſchöne Erhaltung wichtige Conchylien aus jenem
Geſtein beſitzen, ihnen dieſe zur wiſſenſchaftlichen Benutzung,
auch Abbildung, auf kurze Friſt anzuvertrauen. Bereits
hat Herr Profeſſor Karſten die unter ſeiner Obhut ſtehen⸗
den Schätze des Roſtocker Muſeums zur Verfügung ge⸗
ſtellt, und geben ſich die beiden Herren der Hoffnung hin,
daß dies Beiſpiel vielfach Nachahmung finden werde. Die
anvertrauten Stücke werden auf das ſorgfältigſte behandelt
und baldigſt zurückgeliefert werden. |
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a. Seespiegel. b. Insel. c. Pflanzenfilz. d. Seeboden.
e. Schlammartise Erde.
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5 5 1 Br |
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| 5 I . i }
1
Ueberſicht der aus den meteorologiſchen Beobachtungen zu Hinrichshagen im Jahre 1866 gefundenen Mittel. (19. Jahr.)
Monat. Dechr. 1865, Januar 1866.) Jeßruar- März. il. | 0 ; 1
Monat, e ee Jan 1 ürz April. Mat September. November. Winter. Frühling. Sommer- Bemerkungen.
= : 27˙⁰ 70 26% 9.0 38 | 37% 0.0 16 | 27% 0% 84 2 Zu 14 27% 2% 72 27% 2% 44 27% 3% 02 27, 4% 25 27 4% 91 27 6% 31 26 Ilm 25° gu 2
Baro- 5 N e e able 8 7 7 U me 6 31 (26 11.“ 34] 26% 9 38 27° 0,0 84 27% 2% au" 05 je 9.
glg mm 30. Mg. 6. S. 0 o. ab. 10. Sm. il 2. Nm. 2. . 1. 5 6. W. 1 28. Ab. 10 W. 1 2. u. 10. W. — 17. Am. 2. S. 1 |4, An. a 8 1 —— 2. 5 2 8 om 1130. ub. 10. SW. 110. ub. 10, W. 2 9, Februar. 1. Matz 17. 2 944 e er 7
ei 25 3.30 28 1.70 25 1.84 28 4.22 28 3 03 28 146 23 044 27 1133 | 28.047 28463 | 283.54 28 52 Weser Be
und eee. 25. An. 2. W. 121. ub. 10. 8. 129. ub. to 8.0 28. Mg 6 8. 0 gl. Mg. 0. MD. 9. Mg 6. M. 0 |11. An. 2. W. 1120. Mg. 6. Ew. 61. Mg. 6. S7. o. 6. Mb. Jo, 8. 0 28, dt. 10. D.0 5 5 = 5 i ee el
auf 0 IR + 3 — — — 2 — — — 5 — — Sue pi |E 9. Zuni 0. October 8. December Die Temperatur
P Mittel aus drei 28 0.88 27 86 97 6 20 97 7 5 7 2 r T | der Zuft fanf unter bo
reducirt. W 28 0.89 27 8.67 27 6.29 27 7.11 27 9 47 27 9.43 27 9.72 27 7.85 27 7.76 27 8.52 28 0.33 27 7.04 27933 27 8.66 27 8.43 27 9.33 27 8.95 im an
j 11 es ie ea ee Debt. 88 — 18 Tg,
6 Uhr Morgens. 051 15.76 0°,57 — 0.80 3°.76 4°.96 119.75 10°50 A 90.25 Im 66 — 8
2 Februar — 13
5 sp . 8 1 3.31 * 5 A 5 22 2 N E = 1 — 23
2 Uhr Nachmittags. .69 3. 3.54 2.22 10.33 10.20 18.27 1518 15.24 15.00 887 3.66 url —
r —— ̃ ——— = - | Mal — 8
10 Uhr Abends. 0.80 2,30 1.86 0.19 5.03 552 11.29 10.65 10.37 10.93 3.81 216 5
Tempera⸗ e le
5 117 2 ia 7 ee [ee pe 7 55 5 . —— 183 = 2 ei Jade —92—
Mittel derſelben. 1.00 2,46 2.09 0.53 6.39 6,89 13.94 12.11 11.77 11.94 4.93 247 Mieg über 200
— a {| BL | 8 2 | R. im an
Mittel | Minima. | — 0.18 2 0.42 — 14 2 48 3.38 907 ; | re
{ur Mitte ima. 18 1.28 42 2 0 a 9.86 0 8.46 8.94 1.78 1.00 Zal,
der > — | — — — — = = 2 — Ag — 3
täglichen Maxima, 1.90 3.73 3.81 2.30 1051 10.79 18.92 15.95 10.20 16.00 9.00 3,85 eue. 2
4 bh ee - ä * Re. She — 20 -
der Luft [Halbe Summe derſelben, 0.86 2.51 2.11 0.58 6.40 7.09 14.39 1251 12.33 12.51 5.39 2.43
Unterſchied derſelben. 2.08 3.39 3.63 8.03 7.41 9.06 6,88 7.74 7.15 7.22 2.85
> all 1 = a l E | a — = 4 -
nach R. W 4.3 N — 58 — 31 — 1.5 4.6 5.0 | — 50 — 82 — 5.2 8 3.9 — 82 — 8.2
Abfolntes 18. Mg. fr. Sd. f 5 1 fr. SO. 1 — Mg. fr. S 0 23. Mg. fr. O. 0 28. Zi fe SW. 0 21. Mg. fr W. 0) 29. Mg. fe. ©. 0 Is. Mg. fe. W. 0,19, Ng. ft. SW. 0 24. Mg. 6. O. 1 123. Mg. fr. W. 0] 21. Februar 18. März 40. ug | 25. November | 23. November
Maximum 5. 0 7.2 8.2 79 18.9 17.6 25.0 21.3 22. | 21.2 18.2 9.2 8.2 18.9 25.0 21.2 25.0
17. Nm. W. 1 (22. Nm. 2. SW. 1010. Nm. 2. S. l 31. Na. O. 0 28. Nm. 2. SB. 2129. Nm. 2. Sd. 1125, Nm. 2. ED. 00 J. Nm. S. 1 | 27. Am. Sd. 1 23. Am. 2. Sd. 1 I. Nm. 2. D. 1 6, Nm. 2. W. 1 10. Bebruar 28. Upril, 29. Juni 23. September 29. Zuni
unterſchied derſelben. 9.3 10.4 13.4 13.7 223 19.1 20.4 163 18 4 17.2 23. 2 17.4 13.4 24.7 21.1 | 29.4 33 2
— — — e I En ER:
Dunfl- Minimum: 1.14 1,41 0.81 088 1.10 1,60 2.96 333 2.92 293 1.18 0,99 0.54 0.88 2.92 0.99 0.54
15, Ab. 10 6. Ab. 10. 21. Ab. 10 16. Ma 6. 20. Mg. 8. 21. Nn. 2. 18. Mg 6. 28 Nm. 2. 9. Mg. 8. 29. Nm. 2 24. Me. 6 22. Mg. 6. 21. Februar. 10. Marz 9. ung. 22. Woucnber 21. Festuat
ſnannung 5 . . een - Z mn Au Bande | „2a eben
in Maximum, 2.85 3.40 2.82 5.06 5.08 6 485 6.41 | 6.45 5.49 3.90 3.80 5.05 6.18 6.15 6.48
18. ub. 10 18. Am. 2. al. Nm. 2. 8. Am. 2. 20. Nm. 2. 20 Mg. 8 10. My. 6. 29, Num. 2 25. 26. Nm. 2 5. Nm. 2 13. Am. 2. 2. Februar 20. Mal 30. Zuni 25. September 30. Zuni
parifer Mittel aus drei x 2 7 an a
Linien, Beobachtungen, 2.00 2.25 2,08 118 2.62 281 4.71 4.51 48 4.38 2.52 2.29 3.06
— — — — T— —
Minimum, 50 64 So) 3) 30 34 30.4 39.2 348 304 46.1 61.1 5⁵ 30 30.4 20.4 30,0
Dunft- 15. Nm. 2. 30. Nm. 2. 26. Nm 2 10. Kn. 2. 28. Nm. 2. 20. Nm. 2. 20. Nm. 2. 14. Nm. 2. 22. Na. 2 [ 299. Nm. 2 93. Nm. 2 10. Nm. 2. 26, Gebiuae 26. April 20. uni 29. September 26. april
—— — — — — — - — — — — — — — ee — — — Ei — * u.
gehalt 1 de 100 100 100 100 100 100 100.0 1000 100.0 100.0 109.0 100.0 1000 100.0 100.0 100.0 100.0
nach Pro⸗ 2 ER an 8 Tg: an 2 79 CHE an 2 29. an 6 29. an 4 29. an_6 29. an 3 2. d. 19, Mg o, an 2 46 an 9 Tg. an 24 rg. an 14. 4g an 18 4. an 12 Kg. an 65 8g.
Mittel aus drei B ap — — | = E
centen. Ne 90 89 83 83 75 17 746 815 707 797 87.6 79.4 787 82.1 814
5 — . . . = . . — E
Minimum. 0.7 0.7 | 05 0.8 41 5.8 10.4 12.6 10,7 9.3 2.4 1.0 0.5 08 10.4 1.0 0.5
sl. s-11 22-24 7. 17—24. 25. ih, 20. 20. 14. 22. 25. 23. 4. 80. 22—24. Gebtuat. 7. 17. 24. Mir 20. Zuni 18. 24. 30, Novbr.| 2224. Febtuat
| — —— — — — - — — — = — — — 5 >
Tempe⸗ 10 Maximum, 3.7 4.3 | 44 4.2 103 12.8 19.7 18.8 170 14.3 12.8 6.3 44 12.8 19.7 14.3 19.7
21. 23 | 7. 2 28. 29, 50 1 | 27 | 2 1 % 7. Gebruar 29. Mai 30. Zuni 2. September 30. Zuni
Mittel aus 1 27 1 2 = 2 > == —= = R — 5 — „ie
ratur Beobachtung, 1,96 2.35 2.59 1 ar 8.79 15.08 1428 1354 12.87 6.84 3.47 14.30 721
= — - . — = — — —
Minimum, 29 2.3 2.3 2.2 3.0 6.7 9.7 125 115 an 5 3.5 2.3 2.2 9.7 35 .
des 31. | 11. 26. 18.19.22. | 1. 17 10 29. 15. 20, | 21. 23. 31. 30. 11. Zan. 26, Febr.“ 18. 19. 22. Math 1. Juni Zo. November 18. 19. 22. Mär
3 Maximum, 5.1 3.9 3.8 2.7 7.1 7 87 145 14.6 13,2 12.8 11.6 6.5 5.1 8.7 14.6 12.8 14.6
12 27. 46. 7-9 1. 29, 29. 30. 2. 28. 20 10 2 1. 2. December 29. Mat 2. Juli I. Eoptember ‚2 uli
Erd⸗ Mittel aus 1 5 i zur er = R f
Beokachtung. 372 3.04 9 2.37 5.50 7.38 12.13 13.00 12.37 12.22 8.58
bodens, i 0 33 33 3.0 9 15 Bra e e 10.7 N 45 5
30. 51. 16. | 20—28. 18. 19. Äh eh Kar 11-18. 17—10. 22—24. 30. 81 50 26—28. gehn, 18. 19. Mär) 1. 2. Juni 30. Rovember 18. 19. Mär)
— — —
* 5 = — — -— * — —— E — — — 5 5
tief 4 Maximum, 5.9 41 4.3 3.3 6.3 7.8 12.0 12.3 11,8 118 11.0 6.8 5.9 7.8 12.3 | 10.7 12.3
el. 1. 26—30, 10. 11. 1-5 30. 31. 30. 2. 3. 3. 5. 30. 31. 1. 3. 1. 2. 8—10. 1. December 31. Mai 2. 3. Zul! 22-24. Seplember 2. 8. an
Mittel aus 1 1 4
0 4.65 3.76 3.91 3.10 5.07 0.84 10.24 11.80 11,44 11.22. 8.95 5.93 41 5.00 11.19 7.61 6.39
Völlig heiter.
|
Dechr. 1805. Januar 1866 |
Jebruar.
Winter.
Himmels: —
Heiter.
Ziemlich heiter.
auſicht.
Wolkig.
Trübe.
Tage.
Bedeckt.
Mittel in Procenten 7 73 7 37 74 2.8 51.
der völligen Bedeckung. 70.9 1 10.0 3 48.7 57.4 5 52.3 51.0
. —
u 4 3
775 5
Wind⸗ ND. 1 3 0 1 1 5 | 47 14 2 68
— — — —
rich⸗ O. 9 0 4 20 24 21 22 7 15 7 34 5 13 71 41 46
.
tung, ED 7 8 18 12 13 5 7 1 9 27 20 0 33 0 . 17 17
lüglich if ii ij m . 3
S. 12 8 11 5 3 5 5 0 8 10 4 3 31 13 13 17
dreimal, — - —
SW. 3 51 2⁵ 12 20 12 12 23 30 37 11 43 111 4 7¹ 91
%
52 20 7 19 33 73 50 100 59
Ahr be⸗ Bi ar >
0 2 2 0 9 4
odachtet. aa ma
Tage. Windeütberhaupt. 27 30 2⁵ 21 27 28 20 28 22 9% 98 25 82 | 76 76 7)
Wäßrige
Nieder-
ſchlüge.
Tage.
Pelrag
der
Nieder⸗
ſchlüge.
Eleclriſche
Erſchei⸗
nungen.
Windſtille.
Thau.
9
or
Bemerkungen.
Der lezte Brüße
jabısfhuee fiel am
23 Mai 1866, ber
erſſe Winterfehnee am
I November 1806.
Der lezte Früß⸗
jabrafroft trat ein
am 24. Mai, der
erſte Winterftoſt am
17. Ockeber 1866.
Die gröfte Menge
Regen fel am 3. Mai
Morgens mit 150
Ruh. gleich 12 078
Regen.
Niederschläge überhaupt.
N
Reif. 9 5 2 7 5 5
Nebel. 9 4 | 3 | 8 5 2
L —
Regen. 7 15 | 12 4 9 17
— — .
egen und Schnee. 0 1 | 1 1 0 0
Schnee 2 4 4 | 8 0 1
Graupeln.
Hagel.
—
Kub.⸗Zoll
Schnee.
Höhe Regen.
in
Linien. Schnee.
Zuſammen Kub. Zoll.
395
420 1044
Zuſammen Höhe.
Gewitter.
Entfernte Gewitter,
33.417
35.0 iR
87.00
— le =
|
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Te
133
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