Skip to main content

Full text of "Archiv für klinische Chirurgie"

See other formats


This  is  a  digital  copy  of  a  book  that  was  preserved  for  generations  on  library  shelves  before  it  was  carefully  scanned  by  Google  as  part  of  a  project 
to  make  the  world's  books  discoverable  online. 

It  has  survived  long  enough  for  the  Copyright  to  expire  and  the  book  to  enter  the  public  domain.  A  public  domain  book  is  one  that  was  never  subject 
to  Copyright  or  whose  legal  Copyright  term  has  expired.  Whether  a  book  is  in  the  public  domain  may  vary  country  to  country.  Public  domain  books 
are  our  gateways  to  the  past,  representing  a  wealth  of  history,  culture  and  knowledge  that 's  often  difficult  to  discover. 

Marks,  notations  and  other  marginalia  present  in  the  original  volume  will  appear  in  this  file  -  a  reminder  of  this  book's  long  journey  from  the 
publisher  to  a  library  and  finally  to  you. 

Usage  guidelines 

Google  is  proud  to  partner  with  libraries  to  digitize  public  domain  materials  and  make  them  widely  accessible.  Public  domain  books  belong  to  the 
public  and  we  are  merely  their  custodians.  Nevertheless,  this  work  is  expensive,  so  in  order  to  keep  providing  this  resource,  we  have  taken  Steps  to 
prevent  abuse  by  commercial  parties,  including  placing  technical  restrictions  on  automated  querying. 

We  also  ask  that  you: 

+  Make  non-commercial  use  of  the  file s  We  designed  Google  Book  Search  for  use  by  individuals,  and  we  request  that  you  use  these  files  for 
personal,  non-commercial  purposes. 

+  Refrain  from  automated  querying  Do  not  send  automated  queries  of  any  sort  to  Google's  System:  If  you  are  conducting  research  on  machine 
translation,  optical  character  recognition  or  other  areas  where  access  to  a  large  amount  of  text  is  helpful,  please  contact  us.  We  encourage  the 
use  of  public  domain  materials  for  these  purposes  and  may  be  able  to  help. 

+  Maintain  attribution  The  Google  "watermark"  you  see  on  each  file  is  essential  for  informing  people  about  this  project  and  helping  them  find 
additional  materials  through  Google  Book  Search.  Please  do  not  remove  it. 

+  Keep  it  legal  Whatever  your  use,  remember  that  you  are  responsible  for  ensuring  that  what  you  are  doing  is  legal.  Do  not  assume  that  just 
because  we  believe  a  book  is  in  the  public  domain  for  users  in  the  United  States,  that  the  work  is  also  in  the  public  domain  for  users  in  other 
countries.  Whether  a  book  is  still  in  Copyright  varies  from  country  to  country,  and  we  can't  off  er  guidance  on  whether  any  specific  use  of 
any  specific  book  is  allowed.  Please  do  not  assume  that  a  book's  appearance  in  Google  Book  Search  means  it  can  be  used  in  any  manner 
any  where  in  the  world.  Copyright  infringement  liability  can  be  quite  severe. 

About  Google  Book  Search 

Google's  mission  is  to  organize  the  world's  Information  and  to  make  it  universally  accessible  and  useful.  Google  Book  Search  helps  readers 
discover  the  world's  books  white  helping  authors  and  publishers  reach  new  audiences.  You  can  search  through  the  füll  text  of  this  book  on  the  web 


at|http  :  //books  .  google  .  com/ 


über  dieses  Buch 

Dies  ist  ein  digitales  Exemplar  eines  Buches,  das  seit  Generationen  in  den  Regalen  der  Bibliotheken  aufbewahrt  wurde,  bevor  es  von  Google  im 
Rahmen  eines  Projekts,  mit  dem  die  Bücher  dieser  Welt  online  verfügbar  gemacht  werden  sollen,  sorgfältig  gescannt  wurde. 

Das  Buch  hat  das  Urheberrecht  überdauert  und  kann  nun  öffentlich  zugänglich  gemacht  werden.  Ein  öffentlich  zugängliches  Buch  ist  ein  Buch, 
das  niemals  Urheberrechten  unterlag  oder  bei  dem  die  Schutzfrist  des  Urheberrechts  abgelaufen  ist.  Ob  ein  Buch  öffentlich  zugänglich  ist,  kann 
von  Land  zu  Land  unterschiedlich  sein.  Öffentlich  zugängliche  Bücher  sind  unser  Tor  zur  Vergangenheit  und  stellen  ein  geschichtliches,  kulturelles 
und  wissenschaftliches  Vermögen  dar,  das  häufig  nur  schwierig  zu  entdecken  ist. 

Gebrauchsspuren,  Anmerkungen  und  andere  Randbemerkungen,  die  im  Originalband  enthalten  sind,  finden  sich  auch  in  dieser  Datei  -  eine  Erin- 
nerung an  die  lange  Reise,  die  das  Buch  vom  Verleger  zu  einer  Bibliothek  und  weiter  zu  Ihnen  hinter  sich  gebracht  hat. 

Nutzungsrichtlinien 

Google  ist  stolz,  mit  Bibliotheken  in  partnerschaftlicher  Zusammenarbeit  öffentlich  zugängliches  Material  zu  digitalisieren  und  einer  breiten  Masse 
zugänglich  zu  machen.  Öffentlich  zugängliche  Bücher  gehören  der  Öffentlichkeit,  und  wir  sind  nur  ihre  Hüter.  Nichtsdestotrotz  ist  diese 
Arbeit  kostspielig.  Um  diese  Ressource  weiterhin  zur  Verfügung  stellen  zu  können,  haben  wir  Schritte  unternommen,  um  den  Missbrauch  durch 
kommerzielle  Parteien  zu  verhindern.  Dazu  gehören  technische  Einschränkungen  für  automatisierte  Abfragen. 

Wir  bitten  Sie  um  Einhaltung  folgender  Richtlinien: 

+  Nutzung  der  Dateien  zu  nichtkommerziellen  Zwecken  Wir  haben  Google  Buchsuche  für  Endanwender  konzipiert  und  möchten,  dass  Sie  diese 
Dateien  nur  für  persönliche,  nichtkommerzielle  Zwecke  verwenden. 

+  Keine  automatisierten  Abfragen  Senden  Sie  keine  automatisierten  Abfragen  irgendwelcher  Art  an  das  Google-System.  Wenn  Sie  Recherchen 
über  maschinelle  Übersetzung,  optische  Zeichenerkennung  oder  andere  Bereiche  durchführen,  in  denen  der  Zugang  zu  Text  in  großen  Mengen 
nützlich  ist,  wenden  Sie  sich  bitte  an  uns.  Wir  fördern  die  Nutzung  des  öffentlich  zugänglichen  Materials  für  diese  Zwecke  und  können  Ihnen 
unter  Umständen  helfen. 

+  Beibehaltung  von  Google -Markenelementen  Das  "Wasserzeichen"  von  Google,  das  Sie  in  jeder  Datei  finden,  ist  wichtig  zur  Information  über 
dieses  Projekt  und  hilft  den  Anwendern  weiteres  Material  über  Google  Buchsuche  zu  finden.  Bitte  entfernen  Sie  das  Wasserzeichen  nicht. 

+  Bewegen  Sie  sich  innerhalb  der  Legalität  Unabhängig  von  Ihrem  Verwendungszweck  müssen  Sie  sich  Ihrer  Verantwortung  bewusst  sein, 
sicherzustellen,  dass  Ihre  Nutzung  legal  ist.  Gehen  Sie  nicht  davon  aus,  dass  ein  Buch,  das  nach  unserem  Dafürhalten  für  Nutzer  in  den  USA 
öffentlich  zugänglich  ist,  auch  für  Nutzer  in  anderen  Ländern  öffentlich  zugänglich  ist.  Ob  ein  Buch  noch  dem  Urheberrecht  unterliegt,  ist 
von  Land  zu  Land  verschieden.  Wir  können  keine  Beratung  leisten,  ob  eine  bestimmte  Nutzung  eines  bestimmten  Buches  gesetzlich  zulässig 
ist.  Gehen  Sie  nicht  davon  aus,  dass  das  Erscheinen  eines  Buchs  in  Google  Buchsuche  bedeutet,  dass  es  in  jeder  Form  und  überall  auf  der 
Welt  verwendet  werden  kann.  Eine  Urheberrechtsverletzung  kann  schwerwiegende  Folgen  haben. 

Über  Google  Buchsuche 

Das  Ziel  von  Google  besteht  darin,  die  weltweiten  Informationen  zu  organisieren  und  allgemein  nutzbar  und  zugänglich  zu  machen.  Google 
Buchsuche  hilft  Lesern  dabei,  die  Bücher  dieser  Welt  zu  entdecken,  und  unterstützt  Autoren  und  Verleger  dabei,  neue  Zielgruppen  zu  erreichen. 


Den  gesamten  Buchtext  können  Sie  im  Internet  unter  http  :  //books  .  google  .  com  durchsuchen. 


ARCHIV 


FÜB 


KLINISCHE  CHIRURGIE. 


HERAUSGBGBBEN 


▼OH 


Db.  B.  von  langenbeck, 

q^l^     OI>«^  Ifs^lleinaMUth  vBd  ProfeMor  d«r  Cblrnrgle,  DtrMtor  dM  ehinv|toe^ 
ophtlftalnMl«gtteh«B  Kllalkuu  d«r  UttWtriiat  «te.  «te. 


REDIGIRT 


D«.  BILLROTH,  und  Jh.  GÜRLT, 

«M*  ClUrarste  IB  Wira.  Prof.  d«r  CUrwgl«  in  BwUa. 


NEUNTER  BAND. 

Mit  6  TftfelB  ▲bbUdvngto  and  1  HolMchnitt. 


BERLIN,  1868. 
VK  R  I^AG  VpK   A,IJGiJj8T  ELI.RS^CdFI.WrALD. 


ÜBiM  des  Uaden  No^  «6. 


ARCHIV 


FÜB 


mmSCHE  CHIRURGIE. 


HERAUSGEGEBEN 


▼OK 


D«.  B.  TOH  LANGENBECK, 

G«h.  Ob«r  lledleliMMUUi  nnd  Prof«t«or  der  Cbirargle,  Diraetor  dM  ehinirglaeli- 
ophÜiAlBologttehM  Kllnlknmt  der  UaiTeriiat  eto.  eto. 


REDIGIRT 


D».  BILLROTH,  und  Du.  GÜRLT, 

Prof.  der  Chirurgie  ta  Wien.  Prof.  der  Chirurgie  in  Berlin. 


NEUNTER  BAND. 

Mit  6  Tafeln  AbbUdnngen  oiid  1  HoUschnitt. 


BERLIN,  1868. 
VERLAG;  V^5J,A,ÜGIJ,8T  ELLRSCJtH.WrALD. 


Unter  den  Uaden  Ko«  68. 


Inhalt 

8«lte 

1.   Bearooele.    Von  Dr  G.  W.  F.  Uhde.    (Hienn  Tat  !•)  .    •       1 
H«    Zur    Kritik  nnd  CftsniBtik  der  sogenannten  Chopar fachen 

RiLSkTticiilation.    Von  H.  Fremmert 21 

HL    BeobmclitaiigB-Stadien  Aber  Wnndfieber  nnd  aceidentelle  Wnnd- 
krmnlLbeiten.    Von  Dr.   Th.  Billroth.    (Dritte  Abhandlang. 

Scblasa.) 52 

IV .    Deber  gevaltsame  Streckung  von  Contractnren,  insbesondere 
des  KniegelenkeB.    Von  Prot  Hermann  Meyer.    (Biersa 

Taf.  II.  Fig.  1-6.) 169 

V.   BeitriLge  znr  Resection  des  Kniegelenkes.    Von  Dr.  König. 

(Hiemi  Tafel  U.  Fig.  7-11.) 177 

TL.   Mittheilangen  ans  der  chimrgiachen  Casnistik  und  kleinere 
Hittbeilnngen. 

1.  Ein  Fall  von  Dnterkiefergeschwnlst,  bedingt  durch  De« 
generation  eines  Zahnsackes.  V6n  Prof.  £.  Neu  mann« 
(Hieno  Taf.  II.   Fig.  12.  13.) 221 

2.  Zar  operativen  Behandlang  der  narbigen  Kieferklemme. 

Von  Dr.  G.  Jäsche 226 

3.  Ein  Fall  von  halbseitiger  Gesichtsatrophie,  in  Folge 
▼on  Verbrennung.  Mittheilnng  ans  der  Bonner  chimr- 
gischen  Klinik.    Von  Dr.  Hering.     (Hierzu  Taf.  III)    280 

4.  Zwei  Fälle  von  Ovariotomie  mit  glücklichem  Ausgange. 
Von  Dr.  SklifosBoffsky 284 

5.  Zcfr  Ovariotomie.    Von  Dr.  Dan  sei 244 

6.  Ein  günstiger  Fall  von  Haffcaaslöaiing  bei  eiteriger  Pe- 
riostitis und  Osteomjelitis  des  Schenkelbeines.    Von 

•    Dr.  P.  Pelechin 260 

VIL    Zur  Ligatur  der  Arteria  Carotis  comniunis,  nebst  einer  Sta- 
tistik dieser  Operation.    Von  Dr.  C.  Pü* 267 

1.  Lif^ator  bei  Blotungen 260 

2.  Ligator  bei  Aneurysmen ^^ 

3.  Ligatur  bei  Tamoreu ^26 

4.  Ligatar  vor  und  bei  der  Exstirpation  von  Geschwttlsten.    368 

6.   Ligatar  wegen  Nervenkrankheiten 872 

6.    Ligatar  nach  Brasdor  -  Wardrop.  •     • 8*'® 

YUI.  Beiträge  zur    Resection  des  Kniegelenkes.     (Fortsetzung  zu 

Seite  220.)     Von  Dr.  König.    ....••••.•.    *4<^ 
IX.   Deber  Herniotomie  ohne  Eröffnung    des    Bruchsackes.     Von 

Dr.  Doutrelepont -     •     ;    '     '     *    ' 

X  Oeber  die  durch  Verwachsung  entstandenen  LaryM- Steno- 
sen nnd^ihre  operative  Beseitigung-  (Hierzu  Tafel  IV. 
Fig.  1-3.)     Von  Dr.  J.  M.  RoBsbach- .     - *»^ 

1970 


II. 


i 


XL   Mittbeibnßen  ans  der  chirurgischen  Gasnistik  nnd  kleinere 
Mjtibeilungen. 

1.  Ein  neues  Lithotom,  welches  von  der  Steinsonde 
oicbt  abgleiten  kann.  (Zapfensteinmesser.)  (Hierzu 
Tjif,   IV.   Fig.  4-7)     Von  Dr.  Max.  LeudesdorC.    Ö07 

2.  Strirtnr    des   Mastdarmes    mit   Mastdarm  -  Scheiden- 
Fistel.    -    Excitfion  des  unterenr  Mastdarmeodes.  ~ 
Zweire  Strictur  am  oberen  Mastdarmeode    —    ver- 
gebliche Erweiterungsversuche.  —  Drohender  Ileus.  — 
Bildung  eines  Anus  artificialis.  —  Heilung.     Von  Dr. 

J.  Ä.  Gläser 509 

3.  IftoUrte  Luxation  des  Astragalns.  Von  Dr.  Fr.  G. 
LaDgguth 523 

4.  V4.^n4ftrirende  Bauchwande  —  Vorfall  des  Pancreas.  — 
Abtragung  desselben.  -  Heilung.  Von  Dr.  Bern- 
hard G.  Kleberg 523 

b*  Eistirpation  beider  Ovarien,  mit  einem  kurzen  Be- 
rit bte  Ober  die  Geschichte  der  Ovariotomie  in  Russ- 
knd.    (Hierzu  Taf.  V)    Von  Dr.  J.  Maslowsky.     .    527 

6     ?m  domo.    Von  Dr.  Danzel 541 

XIL    Carl  Otto  Weber,    Nekrolog.     Von   Dr.  Th.  Billroth.    545 

Xlir    NÄchruf. 569 

XiV,   Die  Wunden   des  Herzens   nnd  des  Herzbeutels.    Von  Dr. 

Georg  Fischer 671 

Caauiatik 800 

flacht  rag  zu  den  Beobachtungen  an  Thieren S95 

Literatur .- 906 

K am e f)  -  Register  fQr  die  Gasuistik  der  Verletzungen  bei 

Menschen 908 

XV.   Zar  Re^f^aeration  der  Knochen  nach  snbperiostaler  Gelenks- 

Rt^eectioD.    (Hierzu  Tafel  VL)    Von  Dr.  Doatrelepont.    .    911 
XVL    Eid  Beitrag  snr  organischen  Plastik  behufs  Heilung  von  Dn- 

terechenkelgeschwfiren.    Von  Dr.  R.  Schneider.  .    .    .    919 
XVII.   Natizen  aus  der  Praxis  der  chirurgischen  Poliklinik.    (Mit 

1  Abbildung  in  Holzschnitt)    Von  Prof..  Dr.  C.  Hneter.    .    926 

1*  Zur  Extraction  fremder  Körper 926 

%  Zur  Lehre  von  den  Luxationen 933 

3.  Ceber  eine  neue  Methode  zur  Fixirung  der  Extremi- 

tlten  bei  Anlegung  der  Gontentivverbäude.  ...    954 
XVni.    Mittheiluugen  aus  der  chirurgischen  Gasuistik  nnd  kleinere 
Mittbeiluugen. 

Fall  von  Arterienunterbindung  bei  Elephantiasis.    (Vor- 
läufige Mittheilung.)     Von  Professor  Dr.  G.  Hueter.    967 
XIX.   Julius  V.  Szymanowskj.    Nekrolog.    Von  Professor  Dr. 

A.  Walther 970 

I  « 

Gedruckt  bei  JoUua  Sittenfeld  in  Berlin. 


I. 
Hedrocele. 


Von 

Dr.  C.  ir.  F.  IJfeide 

ra  Branaaeliwtls. 

(Hierzu  Tafel  I.) 


Mastdarmbruch,    Hedrocele   (*?}  ed^a  der  Hintere,   das 
Gesftss),  Archocele  {6  d^oq  der  Vorderste,  Hinterste, 
After),    Fettdarmbrach,    AfterdarmbraclL,   Brach   am 
GesäsB,  Gesässbrach,  Hernia  intestini  recti,  H.  recti 
H.  rectalis,  H.  in  recto. 

Die  ersten  Bezeichnungen  sind  von  Schreger  nach  dem  gleich- 
kommeoden  Verhältnisse  des  Mutterscheidenbruches  gewählt. 

Seiler' s  Meinung  (Rust's.theor.-pr.  Handb.  d.  Ghir.  B.  8. 
S.  608.)9  dass  der  in  den  Philosoph.  Transactions.  V.  49.,  P.  238. 
XXVII.  ^on  J.  Nedham  mitgetheilte  Krankheitsfall  einen  Mast- 
darmbruch andeute,  mnss  wegen  des  ümstandes,  dass  die  bei 
John,  dem  13jährigen  Sohn  des  Tagelöhners  Lancelot  Watts, 
vorgelagerte  Darmpartie  ?on  einer  Wand  des  Mastdannrohres  nicht 
umhüllt  gewesen  ist,  vielmehr  dahin  ausgelegt  werden,  dass  der 
durch  die  Operation  und  Genesung  merkwürdige  Erankheitszu- 
stand  des  Knaben  in  nichts  Anderem,  als  in  einem  Eingeweide- 
vorfalle  durch  eine  Oeffnung  in  der  Wand  des  Rectum  bestan- 
den habe.      Eben  so  wenig  ist  es  für  zntreflfend  zu  halten,  den 

^.  l^iKB«««!'««^«  ^^^^ '•  Clünirgte.  IX.  1 


2  Dr.  ühde, 

von  Brodie  (London  Med.  and  Phys.  Journal  1827)  beschrie- 
benen Vorfall  aus  dem  After  mit  dem  Namen  Hemia  zu  bezeich- 
nen, weil  das  2  yards  lange  Stück  Dünndarm  nebst  dem  eat- 
sprechenden  Mesenterium  durch  einen  Querriss  im  vorderen  Tbeile 
des  Mastdarmes  hervorgefallen  war.     . 

Dahingegen  ist  dem  Dresdener  Arzte  beizustimmen,  wenn 
er  von  Portal  behauptet,  dass  dieser  (Precis  de  Chir.  prat 
IL  P.  Paris  1768.  8.  part.  ffl.  c.  III.  p.  661)  jenen  Bruch  in 
den  Worten:  „Les  intestina  ont  tant  de  facilit^  k  glisser  et  ä  se 
deplacer,  qu'on  a  vu  sortir  un  sac  herniaire  par  Tanus^  aofahrt 
Wenn  auch  aus  Port aTs  Angabe  nicht  klar  ersichtlich  ist,  welche 
Art  des  Mastdarmbruches  er  zu  schildern  die  Absicht  gehabt  hat, 
so  ist  nichts  desto  weniger  dessen  richtiges  Verständniss  tod 
dem  fraglichen  Bruche  desshalb  nicht  anzuzweifeln,  weil  er  in 
demselben  Werke  (c.  XI.  pag.  668,  669)  den  Vorfall  von  dem 
Bruche  ausdrücklich  und  in  der  heute  noch  gebräuchlichen  Be- 
deutung unterscheidet. 

Schreger  war  der  erste  Chirurg,  welcher  den  Mastdarm- 
bruch  diagnosirt  und  in  classischer  Weise  in  seinen  „Chirurgische 
Versuche«  B.  2.  Nürnberg  1818,  S.  186  —  208  beschrieben  hat 

In  der  pathologisch- anatomischen  Sammlung  des  h.  Celle- 
gium  anatomico-chirurgicum  zu  Braunschweig  findet  sich  unter 
Nr.  5.  des  von  mir  aufgestellten  Catalogs  (Braunsch.  1854  S.  24) 
aus  dem  Jahre  1821  ein  von  Pockels  aufbewahrtes  Präparat 
mit  Mastdarmbruch,  wo  ein  zwischen  die  vorgefallenen  Mast- 
darmhäute vorgelagertes  Ovarium  den  Bruch  bildet. 

Herr  Geheimer  Rath  vonBrunn  in  Köthen  hat  in  Ca  sp  er  ^s 
Wochenschrift  f.  d.  ges.  Heilkunde.  Jahrg.  1833,  B.  2.  Nr.  40. 
S.  934  einen  Fall  von  Mastdarmbruch  veröffentlicht. 

Herr  Ober-Medicinalrath  Baum  hat  die  Güte  gehabt,  mir 
über  den  Mastdarmbruch,  welcher  von  ihm  etwa  1835  in  Danzig 
beobachtet  ist,  briefliche  Mittheilung  zu  ertheilen. 

Dieffenbach  redet  in  seinem  Werke  „Operative  Chirurgie** 
B.  2.  Leipzig  1848.  S.  631  von  mehreren  Fällen  des  Mastdarm* 
bruches,  die  ihm  vorgekommen  sind. 


Hedrocele.  3 

Mir  hat  sich  ein  solcher  Brach  im  Jahre  1859  zur  Beob- 
achtung gestellt. 

Ans  dieser  historischen  Skizze  wird  ersichtlich,  dass  der 
Hastdarmbrach  nicht  nur  vor  Schreger,  sondern  auch  noch  zur 
Zeit  sehr  selten  beobachtet  worden  ist. 

Das  Intestinum  rectum,  nach  Krause  (Handbuch  d.  m.  Ana- 
tomie. B.  1.  Hannover  1833,  S.  501,  504),  beginnt  an  der  vor- 
deren und  linken  Seite  des  Promontorium,  steigt  anfänglich  ein 
wenig  nach  rechts,  dann  aber  vor  der  Mitte  des  Kreuzbeines 
herab,  genau  der  Biegung  der  Vorderfläche  des  Kreuz-  und  Steiss- 
beines  folgend;  hinter  den  im  kleinen  Becken  liegenden  Win- 
dungen des  Ileum;  hinter  der  Harnblase  im  männlichen  6e- 
sehlechte  —  hinter  der  Gebärmutter  und  Scheide  im  weiblichen 
Geschlechte;  und  endigt  vor  der  Spitze  des  Os  coccygis,  unter- 
halb des  Fundus  der  Harnblase  beim  Manne,  unterhalb  der  hin- 
teren Wand  der  Scheide  beim  Weibe,  indem  es  durch  den  After, 
bioter  dem  Perinaeum  sich  öfiiiet 

Der  Mastdarm  ist  in  seiner  vorderen  Wand  nur  bis  zur 
Hälfte  der  Länge,  an  den  Seitenwänden  nur  in  einer  Strecke  von 
2"  von  seröser  Haut  überzogen,  die  eine  Ausbreitung  des  schma- 
len nnd  kurzen  Mastdarmgekröses  ist,  welches  von  dem  Pro- 
montorium bis  zur  Höhe  des  zweiten  Kreuzbeinwirbels  herab'- 
steigt,  und  oberwärts  mit  den  unteren  Enden  des  Mesenterium 
und  des  Mesocolon  descendens  zusammenhängt.  Die  hintere 
Wand  der  oberen  Hälfte  des  Mastdarmes,  so  wie  die  ganze  un- 
tere, nicht  in  dem  Saccus  peritonaei  eingeschlossene  Hälfte  des- 
selben sind  nicht  von  seröser  Haut  bekleidet 

Sowohl  bei  der  anatomischen  Lage,  als  auch  bei  der  serö- 
sen Bekleidung  des  Mastdarmes  muss  es  ffir  kaum  möglich  er- 
achtet werden,  dass  an  einer  seitlichen,  oder  der  hinteren  Wand 
des  Rectum  ein  Mastdarmbruch  entstehen  könne.  Fasst  man 
aber  die  in  dem  Gavum  des  kleinen  Beckens  hervorragende  vor- 
dere Wand  des  Intestinum  rectum,  so  wie  die  im  Beckengrunde 
zwischen  der  Harnblase  oder  der  Gebärmutter  und  dem  Mast- 
darme durch  den  Saccus  peritonaei  gebildete,  tiefe,  weite  Grube, 

1* 


4  Dr.  Ohde, 

Excavatio  recto-vesicalis  peritonaei,  respective  Excayatio  recto- 
uterina  peritonaei,  in's  Auge,  so  lässt  sich  auf  viererlei  Weise 
die  Möglichkeit  der  Entstehung  eines  Mastdarmbruches  denken: 

1.  Irgend  ein  Baucheingeweide  drängt  sich  von  der  vorde- 
ren Wand  des  Mastdarmes  aus,  etwa  im  Niveau  des  Ansatzes  des 
Bauchfelles  an  das  Rectum,  in  das  Mastdarmrohr  hinein,  so  dass 
der  Bruch  entweder  innerhalb  dieses  wahrzunehmen,  oder  ausser- 
halb der  Mastdarmöffnung  zu  sehen  wäre. 

2.  Ein  Eingeweide  schiebt  sich  in  den  Prolapsus  des  Rec- 
tum, weicher  von  sämmtlichen  Häuten,  aber  nur  aus  dessen  vor- 
derer Wand,  gebildet  ist. 

Von  diesen  beiden  Formen  ist  mir  in  der  chirurgischen  Li- 
teratur kein  Fall  begegnet. 

3.  Ein  Theil  der  vorderen  Mastdarmwand  lagert  sich  in  der 
hinteren  Wand  der  Scheide  in  die  Vagina  hinein,  respective  aas 
dieser  hervor. 

Diese  von  Malgaigne  genannte  Rectocele  vaginalis  ist 
nicht  selten,  und  findet  sich  insbesondere  bei  Frauen,  welche 
während  der  Geburt  einen  Dammriss  erlitten  haben. 

Ich  habe  diesen  Bruch  erst  im  October  1865  an  der  23jährigen  H.  K. 
aus  L.  gesehen.  Sie  hatte  vor  anderthalb  Jahren  einen  Knaben  geboren, 
wobei  ihr  der  Damm  bis  etwa  V  ▼on  der  Afteröffnung  eingerissen  war. 
Während  der  Schwangerschaft  will  sie  einen  sehr  starken  Hängebanch  ge- 
habt haben,  so  dass  ihr  das  Gehen  in  den  letzten  zwei  Monaten  gar  nicht 
mehr  möglich  gewesen  sein  soll..  Seit  dieser  Geburt  will  sie  im  unteren 
Theile  der  Scheide  eine  Hervorragung  bemerkt  haben,  die  ihr  jedoch  oie 
Beschwerden  yerursachte.  Die  erwähnte  Hervorragung  wird  beim  Auseio- 
anderziehen  der  kleinen  Schamlippen  sichtbar,  und  stellte  eine  fingerhntför- 
mige,  dunkelrothe,  weiche  Gesehwulst  dar,  welche  an  der  hinteren  Scheiden* 
wand  sitzt  und  mit  einem  auf  diese  geführten  Finger  leicht  znrückzubrin 
gen  ist.  Brachte  man  einen  mit  der  Volarseite  nach  dem  Perinaeum  hin 
gerichteten  Finger  in  das  Rectnm,  so  war  man  im  Stande,  oberhalb  des 
Sphincter  ani  internus  in  eine  nach  der  Mutterscheide  hin  befindliche  Höhl« 
mit  der  Spitze  des  flectirten  Fingers  zu  dringen,  und  damit  den  Bruch  aus 
der  Schamspalte  zu  bringen,  so  dass  man  beim  Druck  auf  den  Maatdarm- 
scheidenbruch  die  darin  steckende  Fingerspitze  durchfühlen  konnte. 

4.  Ein  Baucheingeweide  legt  sich  in  das  vordere  Segment 


Hedrocele.  5 

aTis  allen     Bauten  des  Rectum  und  im  ganzen  Umfange  be- 
^^^4ea  Makstdarmvorfalles. 

y^    Es  beruht   da«    TVesen  dieses  Bruches  darauf,  dass  eine  Ein- 

^nng  yoa  !Ba.iiclieiDgeweide  in  dem  vorderen,  dem  Perinaeum 

.Wirandten    Abschnitte  des  aus  allen  Mastdarmhäuten  gebilde- 

liaYorbUes    stattfindet,  welche  die  innere  Fläche  des  Theiles 

^    ^^^m  fmtonaeum    berührt,  der  im  normalen   anatomischen  Zn- 

N^  sUade  dea  13  eberzag  einerseits  für  die  Excavatio  recto-vesicalis, 

ifisp^eä^e  recto- uterina,  andererseits  für  die  vordere  Wand  des 

I        liach  S ehre g er   gehört  eine  Summe  prädisponirender,  in 

f    der  Organisation    begründeter   Momente    zur  Entstehung   dieses 

E   BmcVi^.    Er  rechnet  dahin:  rückwärtige  Inclination  des  Beckens, 

r    langes  Keseateriam,  fast  gänzliche  Einlagerung  des  Dünndarm- 

i      eonvolntes  ia  die  Beckenhöhle,  schrägen  Verlauf  des  Colon  durch 

die  Baacbhöhle,  and  glaubt,  auf  Grund  einer  einschlägigen  See- 

tioiiy  einen  geringen  Vorsprung  des  Promontorium,  sowie  geringe 

Biegong  des  Steissbeines  noch  als  ganz  besonders  begünstigende 

TTmstSLnde  für  das  Hinabsinken  des  Darmes  in  die  Tiefe  annehmen 

sa  müssen,  indem  dadurch  eine  grössere  Weite  des  Einganges 

vnd  Aasganges  des  Beckens  entsteht.     Schreger  erklärt  aus- 

dr&ckhcb,   diese  tiefe  Lagerung  des  Dünndarmes   dfirfe  keines- 

ireges  etwa  als  Folge  des  Vorfalles  oder  des  Bruches  angesehen 

irerdea,  sondern  sei  ein  angeborenes  und  als  solches  vielmehr 

'     ein   begünstigendes  Moment  der  letztgenannten  Zustände.    Der- 

\     selbe   meint,    erst  jene   doppelseitige   organische  Prädisposition 

könne  die  Möglichkeit  zulassen,  dass  sich  zu  dem  Vorfalle  des 

Hastdarmes  eine  Eingeweidevorlagerung,  ein  Bruch,  geselle,  weil, 

wenn    die  Därme  bei   normaler  Stellung   oder  Vorwärtsneigung 

des  Beckens  auch  die  bedingte  tiefe  Lage  haben,  jeder  von  oben 

wirkende  Druck  dieselben  nach  vorne  und  nicht  nach  dem  Mast- 

darme  drängen  würde,  und,  wenn  das  Becken  bei  normaler  La- 

getung  der  Eingeweide  rückwärts  geneigt  ist,  eben  so  wenig  ein 

Jfastdarmbmch  xa*  Stande  kommen  könne. 

Die  Sectionen,  welche  Pockels,  von  Brunn  und  der  Ver- 


6  Dr.  Dhde, 

fasser  an  den  Kindern  vorgenommen  haben,  die  mit  einem  Mast- 
darmbrache  behaftet  waren,   sind  weniger  geeignet,  jene  von 
Schreger  dargestellte  .Prädisposition   zu   constatiren,   als  viel- 
mehr dazu  angethan,  die  von  dem  Erlanger  Chirurgen  für  un- 
statthaft ausgegebene  Meinung,  die  tiefe  Lagerung  des  Dünndar- 
mes als  Folge  des  Vorfalles  oder  des  Bruches  zu  betrachten,  als 
die  vorzuglichere  erscheinen  zu  lassen.    Denn  in  diesen  Leichea 
fand  sich  weder  die  rückwärtige  Neigung  des  Beckens,  noch  eia 
geringerer  Vorsprung  des  Promontorium.    Und  was  die  Deutung 
des  schrägen  Verlaufes  des  Colon,  so  wie  der  tiefen  Lage  des  Ein- 
geweides, nebst  Verlängerung  dessen  Bauchfellduplicatur  anlangt) 
so  dürften  sich  diese  Abweichungen  deshalb  weit  natürlicher  und 
einfacher  als  Wirkungen  des  Vorfalles  hinstellen  lassen,  weil  bei 
dem  längeren  Bestehen  eines  Mastdarmvorfalles,  wie  solches  bei 
allen  Individuen  mit  Mastdarmbruch  immer  stattgefunden  hat,  das 
Colon  transversum  dadurch,  dass  das  Colon  descendens  und  das 
S  romanum  wegen  ihres  Einfallens  in  das  nach  aussen  umge- 
stülpte Rectum  verkürzt,  respective  hinabgezogen  werden,  aus 
seiner  gueren  Lage  in  eine  die  Bauchhöhle  von  oben  nach  unten 
hin  schräg  durchgehende  Richtung  gebracht  werden  muss.    Durch 
diese  schräge  Lagerung  des  Colon  möchte  wohl  in  den  meisten 
Fällen  erst  der  Dünndarm  mehr  nach  dem  Becken  hin  getrieben, 
und  zugleich  dessen  Mensenterium  gezerrt,  respective  verlängert 
werden.    Erwäge  man  noch  dabei,  dass  in  Folge  des  Mastdarm- 
vorfalles die  Excavatio  recto-vesicalis,  respective  recto  -  uterina 
sich    gleichsam    in  den  Vorfall  verliert,  und  dann  als  etwaiger 
Stützpunkt  für  andrängende  Eingeweide  fehlt,   so  lässt  sich  un- 
schwer die  Schreger'sche  Prädisposition  erklären,  wie  bei  einem 
langwierigen  Mastdarm  vorfalle  durch  Drängen  und  dergl.  m.  ein 
Eingeweide  zwischen    die  vordere  Wand  des  Mastdarmvorfalles 
gerathen,  und  so  einen  Mastdarmbruch  bilden  kann.    Auch  spricht 
für  diese  Annahme  die  Art  des  Mastdarmbruches,  in  welcher  der 
Bruch  nicht  aus  Darm,  sondern  aus  anderen  Eine^eweiden  z.  B« 
aus  einem  Ovarium,  wie  in  der  Pockels'schen  Beobachtung,  be- 
steht.   In  einem  solchen  Falle  existirt'  auch  die  Schieflage  oder 


Hedroeele.  7 

Herabgesogenheit  des  Colon  transyersam,  weil  es  beim  VorfalleQ 
und  ümatfilpea  des    Rectum  diesen  folgen  und  dabei  schief  zu 
stehen  kommen  mass;  aber  hier  wird  in  Folge  des  Hinabglei- 
tens des  die  Excavation   bildenden  Peritonaeum,   respective  in 
Folge  des  damit  veranlassten  Yerschwindens  der  Excavatio  recto- 
cterina  in  dem  Prolapsas  recti,  der  Peritonaealüberzng  des  Ova- 
riam  (Ligamentum  latam)  allm&lig   nach  dem  After  hin  gezerrt 
and  dadorch  so   Torkfirzt,   dass  endlich,  bei  Vergrösserong  des 
Mastdarmvorfalles,  das  Ovarium  zwischen  die  vordere  Wand  des- 
selben gleitet,  and  anf  diese  Weise  einen  Mastdarmbrach  bildet. 
Der  Hastdarmbrnch  kann  entweder  durch  Pressen  der  Ge- 
dänne  gegen  die  aasgewichene,  zam  Brachsacke  gewordene  Ex- 
cavatio  recto  -  vesiealis  (recto- uterina)  in  der  vorderen  Wand  des 
Mastdarmvorfalles,    oder  durch  Herabziehen  eines  Eingeweides, 
mit  welchem   der  Hastdarmvorfall  in  irgend  einem  Zusammen- 
hange steht,  veranlasst  werden.    Der  zur  Aufnahme  einer  Ein- 
geweidevorlagerang geeignete  Mastdarmvorfall  muss  mit  einer  vor- 
deren Wand  versehen,  relativ  lang,  oft  wiedergekehrt  oder  schon 
längere  Zeit  bestanden  sein,  wenn  damit,  abgesehen  von  der  da- 
bei immer  vorkommenden  Schieflage  des  Colon  transversum,  eine 
Verlängerung  des  Mesenterium,  oder  eine  Verkürzung  des  Liga-, 
meütam  latam  an  dem  vorzufallenden  Eingeweide  vor  sich  gehen 
soll    Der  in   Bede  stehende  Bruch  kann  in  jedem  Lebensjahre 
auftreten. 

Der  Hastdannvorfall,  in  welchem  sich  eine  Eingeweidevor- 
lagerung  befindet»  erscheint  in  verschiedenen  Formen,  als  eine 
rundliche,  cylindriscbe,  kolbige  oder  gewundene  Geschwulst.  l)iese 
faUt  sich  prall  an,  und  bietet  dem  untersuchenden  Finger  unter- 
halb des  Spbincter  ani  vor  Allem  an  dem  vorderen  Theile  einen 
besonderen  Widerstand  dar.  Ihr  trockenes,  oder  wenig  feuchtes 
ond  stark  gerötbetes  Aussehen  Iftsst  bei  näherer  Betrachtung 
Folliculi  mucosi  and  erweiterte  Venen  erkennen.  Besteht  der 
Mastdarmbruch  lange  Zeit,  dann  treten  die  ausgedehnten  Yenen- 
geilechte  in  der  Mastdarmschleimhaut  deutlich  hervor,  oder  es 
wird  in  der  unteren  Partie  des  Prolap^us  eine  Odematöse  An- 


8  Dr.  ühde, 

schwellnng  bemerkbar.  In  Folge  von  Stockung  in  dem  Örtlichen 
Blntumlauf ,  oder  nach  Druck  bei  wiederholten  vergeblichen  Re- 
positionBversnchen  kommt  wohl  stellenweise  Brand  in  das  äussere 
Darmblatt,  der  dieses  durchlöchert,  und  befindet  sich  die  durch 
Gangrän  veranlasste  Oeffnung  an  der  vorderen  Partie  des  Vor- 
falles, so  communicirt  sie  in  der  Excavatio  recto  -  vesicalis  oder 
uterina  mit  dem  Inneren  des  Bauchfellsackes,  üebrigens  wird 
das  Drängen  des  Bruchkranken  auf  den  Mastdarm  itnmer  stärker 
und  anhaltender,  wobei  sich  der  Darmkanal  nur  sehr  spärlich 
oder  gar  nicht  entleert,  zumal  wenn  die  Hedrocele  erst  seit  kur- 
zer Zeit  und  heftig  aufgetreten  ist 

Die  Unmöglichkeit  der  Taxis  einer  nicht  eingeklemmten  He- 
drocele wird  durch  Peritonitis,  Eothanhäufung,  Verwachsung  and 
dergl.  m.  im  Bruche  veranlasst. 

Bei  einzelnen  Fällen  ist  auch  die  Einklemmung  dieses  Bra- 
ches beobachtet.  Ein  Mal  war  sie  durch  Entzündung  des  Darmes, 
welche  sich  auf  den  Bruchsackinhalt  erstreckt  hatte,  ein  anderes 
Mal  durch  den  Sphincter  ani,  noch  mehr  aber,  wie  es  schien, 
durch  die  Levatores  intestini  recti  bewirkt.  Nach  einigen  Chir- 
urgen soll  die  Incarceration  durch  den  Sphincter  ani  extemus, 
^och  mehr  durch  den  internus,  hervorgebracht  werden. 

Die  Erscheinungen  der  Einklemmung  bei  diesem  Bruche 
sind  denen  der  incarcerirten  Hernien  im  Allgemeinen  analog* 
Die  Geschwulst  des  Mastdarmbruches  lässt  sich  hart  anfassen, 
ist  nicht  zu  reponiren,  verursacht  bei  Berührung  Schmerzen;  die 
Dnterbauchgegend  wird  empfindlich  und  aufgetrieben;  den  Kran- 
ken überfällt  Unruhe  und  Schwächegefühl,  und  wird  derselbe  *von 
Durst,  Aufstossen,  Würgen,  Erbrechen  geplagt.  Alle  diese  Symp- 
tome werden  von  einem  fost  nicht  aussetzenden  zusammenschnü- 
renden Gefühle  auf  die  Aftermündung,  von  dem  fruchtlosen  Drän- 
gen auf  den  After  und  der  hartnäckigsten  Verstopfung  begleitet. 
Dieffenbach  fasst  die  Gruppe  von  Erscheinungen,  woran  ein 
von  ihm  beobachtetes  Kind,  welches  mit  einem  „inneren^  Mast- 
darmbruche behaftet  war,  in  den  Worten  zusammen,  jenes  habe 
„an  den  Erscheinungen  des  Yolvulus^  gelitten. 


Hedrocele.  9 

Verbleibt  die  Incarceration,  so  entsteht  in  dem  Theile  des 
vorgelagerten  Darmes,  welcher  der  Einschnürung  oder  dem  Drucke 
besonders  ausgesetzt  gewesen  ist,  brandige  Zerstörung  mit  Durch- 
brach von  Fäcalmassen  in  den  Bruchsack,  die  vorgefallene,  respec- 
tive  aasgestülpte  Mastdarmhaut.  Auf  den  Erguss  von  Darmgas 
und  Roth  in  den  Sack  erfolgt  dann  unverzüglich  dessen  Entzün- 
dung mit  Abscessbildung,  und  schliesslich  eine  Eothfistel  oder  ein 
widernatürlicher  After;  oder  der  Patient  geht  bald  an  Peritoni- 
tis, ohne  oder  mit  Eotherguss  in  die  Bauchhöhle,  bald  an  Ent- 
kriftung  zu  Grunde. 

Behufs  der  Diagnose  ist  der  Synjptomencomplex  und  die 
Erankheitsdauer  einer  besonderen  Beachtung  zu  unterwerfen. 
Vor  Allem  das  Drängen  des  Patienten  auf  den  Ailer,  die  un- 
gewöhnliche Grösse  oder  die  fortschreitende  Vergrösserung  des 
Hastdarmvorfalles ,  das  Fühlen  und  Hinaufschieben  der  vorgela- 
gerten Eingeweide,  deren  Wiedervorfall  beim  Husten  oder  Drän- 
gen auf  den  After,  die  besondere  Anschwellung  eines  Theiles  des 
Vorfalles,  die  schwierige  oder  gar  nicht  zu  erreichende  Reposi- 
tion des  Vorfalles,  sowie  das  längere  Bestehen  oder  mehrmalige 
Auftreten  des  Hastdarmvorfalles.  Sind  bei  einem  solchen  Vor- 
falle Erscheinungen  von  einer  Brucheinklemmung  zugegen,  so  ist 
wohl  kaum,  falls  nicht  ein  anderer  incarcerirter  Bruch  existirt, 
das  Vorhandensein  einer  Hedrocele  zu  bezweifeln. 

Eine  Verwechselung  kann  nur  mit  dem  Mastdarmvorfalle 
stattfinden.  Dieser  ist  ohne  Vorlagerung  von  Eingeweiden,  in 
der  Regel  nur  von  geringer  Länge,  leicht  zu  reponiren,  an  kei- 
ner Stelle  der  Circumferenz  ungewöhnlich  gewulstet,  und  besteht 
eine  Wnlstung,  so  wird  sie  augenscheinlich  und,  wie  die  Palpation 
'«hrt,  durch  Oedem  verursacht. 

Dieffenbach  spricht  von  einem  inneren  Mastdarmbruche. 
Was  derselbe  darunter  verstanden  hat,  ist  mir  unbekannt. 

Die  Prognose  ist  von  dem  Alter  des  Patienten,  der  Grösse, 
dem  Zeitbestande,  der  Fähigkeit  der  Wiedereinrichtung,  der  Un- 
möglichkeit der  Reposition  der  Hedrocele  abhängig.  Bislang  sind 
^e  grossen  oder  incarcerirten  Mastdarmbrüche  bei  jüngeren  In- 


10  Dr.  Ohde, 

dividaen  tSdtlich  abgelaufen.  Dagegen  haben  ältliche  Personen 
allerlei  Beschwerden,  selbst  Incarceration  des  Mastdarmbraches 
mit  darauf  folgendem  widernatfirlichen  After  längere  Zeit  ertragen. 

Da  kein  Fall  der  bekannt  gewordenen  Mastdarmbruche  eine 
chirurgische  Behandlung  erfahren  hat,  kann  weder  über  diese 
selbst,  noch  über  deren  Erfolg  geurtheUt  werden.  Es  bleibt  also 
nichts  weiter  übrig,  als,  den  anatomischen  Verhältnissen  der  Mast- 
darmgegend entsprechend,  die  Behandlung  unseres  Bruches  vor- 
zuschlagen. 

Ist  die  Hedrocele  reponibel,  werde,  nachdem  znr  Erschlafinng 
des  Sphincter  ani  und  zur  Aufhebung  des  weiteren  Vordringens 
der  Vorlagerung,  der  Patient  mit  niedrig  gelegtem  Kopfe  und 
etwas  erhöhtem  Becken  in  die  Bauch-  oder  Rückenlage  gebracht 
ist,  und  derselbe  seine  Beine  auseinander  gebreitet  hat,  ein  beöl- 
ter  Zeigefinger,  mit  der  Volarseite  dem  Damme  zugekehrt,  in  die 
Oeffnung  des  Prolapsus  geführt,  das  vorgelagerte  Eingeweide 
wieder  in  die  Excavatio  recto-vesicalis  oder  uterina  geschoben) 
und  endlich  der  Vorfall  durch  ümroUen  nach  innen  mittelst  zweieF 
Finger,  bei  gehöriger  Feststellung  des  oberen  Theiles  desselben 
durch  ein  paar  Finger  der  anderen  Hand,  oder  durch  diese  selbst 
zurückgebracht.  Zur  weiteren  Behandlung  mögen  dann,  je  nach 
Erfordern,  empfohlen  sein :  ruhige  Rücken  -  oder  Seitenlage  mit 
erhöhtem  Becken,  kräftigende  und  leicht  verdauliche  Nahrung, 
kalte  Bäder,  kalte  Elystiere,  subcutane  Injectionen  aus  Strycbni- 
num  sulphuricum  in  der  Nähe  der  Aftermündung,  Einfahrung  ^oa 
pessariumartigen  Apparaten  in  den  Mastdarm,  Anwendung  des 
Ferrum  candens,  das  D  u  p  u  y  t  r  e  n '  sehe  Operationsverfahren.  ^ 
bedünkt  mich,  dass  bei  einem  reponibelen  Mastdarmvorfalle  die 
Operationsverfahren :  Entfernung  des  Prolapsus  mittelst  der  Liga- 
tur, nach  der  galvanocaustischen  Methode,  durch  scharfe  Instm- 
mente  und  dergl.  m.,  theils  wegen  der  vielleicht  nicht  ausführ- 
baren vollständigen  Zurückhaltung  der  vorgelagerten  Eingeweide, 
theils  wegen  der  Gefahr  der  Wiedervorlagerung,  oder  des  Wie- 
dervorfalles nicht  wohl  rathsam  seien.  Die  von  Pockels 
(weiter  unten  besprochene)  entworfene,  aber  schon  früher  ohne 


Hedrocele.  11 

dessen  Wissen  von  Bünger  bei  einem  Vorfalle  mit  Erfolg  aus* 
gefahrte  Operation  der  ErOffnnng  der  BanchhGble,  mit  Hinauf- 
ziehen und  Befestigung  des  S  romanum,  dürfte  auch  nur  far  ver- 
zweifelte Fälle  bei  nicht  ganz  heruntergekommenen  Personen  auf- 
zosparen  sein. 

Bei  dem  nicht  reponibelen  aber  eingeklemmten  Mastdarm- 
brach  ist,  am  möglicherweise  die  Reposition  desselben  zu  errei- 
chen und  das  Leben  des  Patienten  zu  retten,  eine  chirurgische 
Operation  erforderlich.  Diese,  als  Incision,  auf  der  Höhe  oder 
dem  änssersten  Theile  der  Geschwulst  zu  beginnen,  würde  nicht 
sowohl  wegen  der  Entfernung  von  der  Einklemmungsstelle  un- 
praktisch, als  vielmehr  wegen  des  hohen  Standes  der  Verletzung 
im  Darme  bei  dessen  nachheriger  Reposition  durch  Austritt  von 
Darminhalt  in  die  Bauchfellhöhle  gefährlich  sein.  Dieffenbach 
meinte:  „man  wurde  am  passendsten  einen  Einschnitt  durch  die 
Baot  an  der  änsseren  Basis  der  Geschwulst  macfien ,  welcher  die 
Richtung  nacb  dem  Orificium  ani  hätte,  und  bis  auf  die  Ge- 
schwulst hinauf  dilatiren.  Nachdem  von  hier  aus  die  spannen- 
dea  Theile  durchschnitten,  und  die  Darmschlinge  blossgelegt  wor-' 
deo,  würde  sie  sich  zurückbringen  lassen.^  In  diesen  Worten 
ist  der  richtige  Anfangspunkt  für  die  Operation  verzeichnet.  Es 
fragt  sich  nur,  ob  diese  Herniotomie  an  jedem  Punkte  der  Gir- 
comferenz  gleich  zweckmässig  ausgeführt  werden  könne?  Bei 
dem  cylinderförmigen  Mastdarmbruche  ist  man  im  Stande,  von 
allen  Seiten  an  die  Umgegend  des  Afters  zu  gelangen ;  bei  dem 
warstf&rmigen  dagegen  kann  durch  die  Darmwindungen  die  Af- 
tergegend dermassen  und  so  fest  verdeckt  sein,  dass  es  nicht 
möglich  ist,  sich  durch  gehöriges  Abheben  derselben  Zugang  zu 
der  hinteren,  oder  einer  seitlichen  Partie  der  Gegend  des  Afters 
zo  verschaffen.  Für  einen  solchen  Fall  ist  nur  über  die  vordere, 
dem  Perinaeum  zugewandte  Seite  des  Mastdarmbruches  zu  einer 
Operation  zu  verfügen..  Aber  auch  abgesehen  von  jeder  Form 
dieser  Hernie,  die  vordere  Aftergegend  wurde  aus  verschiedenen 
Granden  immer  das  empfehlenswertheste  Operationsfeld  darbie- 
^^i  weil  daselbst,  und  zwar  in  und  nahe  der  Medianlinie,  die 


12  Dr.  ühde, 

Aa.  transversae  perinaei  weder  verlaufen,  noch  erhebliche  Zweige 
abgeben ,  hier  ein  operativer  Eingriff  wohl  kaum  Blatungen  oder 
ein  sonstiges  übeles  Ereigniss  besorgen  lässt;  an  dieser  Stelle 
nach  der  Operation  der  Zugang  zur  Vorlagerung  des  Eingewei- 
des unschwer  zu  bewerkstelligen  ist,  und  an  diesem  Orte  etwaige 
Einklemmung  in  Folge  von  Gontraction  des  M.  sphincter  ani  oder 
des  M.  levator  ani  am  sichersten  auf  operativem  Wege  aufgehe- 
ben  werden  kann;  Yortbeile,  welche  eine  Operation  entweder 
an  der  Seite  wegen  Blutungen  aus  den  Verzweigungen  der  Aa. 
pudenda  communis  und  transversa  perinaei,  oder  in  der  Nähe 
des  Os  coccygis  wegen  zu  weiter  Entfernung  von  dem  vorgela- 
gerten Eingeweide,  und  wegen  des  daselbst  hinter  dem  Darmrohre 
befindlichen,  somit  der  Bruchzurückbringung  hinderlichen  Meso- 
rectum  oder  anderen  Gekröses,  gar  nicht  zu  bieten  im  Stande  ist. 
Demnach  würde  die  Operation  behufs  Reposition  einer  an- 
beweglichen oder  incarcerirten  Hedrocele  am  zweckmSssigsten 
auf  folgende  Weise  zu  erreichen  sein:  Nachdem  der  Patient  in 
die  RückeQlage  gebracht  ist,  werden,  bei  niedrig  gelagertem  Kopfe 
und  etwas  erhöhtem  Steisse,  dessen  Beine  gespreizt  gehalten.  In 
der  vorderen  Aftergegend,  dicht  vor  dem  Schliessmuskel,  ist  als- 
dann,  etwa  1 — 2  Linien  neben  der  Medianlinie,  ein  Längsschnitt 
von  etwa  1  Zoll  durch  die  Haut  zu  machen^  ein  solcher  in  der- 
selben Richtung,  ungefähr  von  derselben  Länge  auf  die  Brachge- 
schwulst, respective  durch  die  Schleimhaut  des  Rectum  fortzu- 
führen, und  durch  die  Fascia  superficialis  des  Darmes  und  die 
Muskelhaut  des  Rectum  zu  dringen.  Besteht  nun  die  seröse 
Haut  aus  der  Excavatio  recto-vesicalis  oder  uterina  noch  frei 
und  mit  der  unteren  Partie  der  Muskelhaut  des  Rectum  (hier  mii 
der  oberen  Partie  der  Muskelhaut  des  Prolapsus)  unverwachsen, 
so  ist  auf  einer  Hohlsonde  oder  einer  Fingerspitze  ein  Bruch- 
messer zwischen  der  serösen  Haut  (dem  herabgedrängten  Peri- 
tonaeum),  und  der  inneren  Fläche  des  Sphincter  ani  einzufüh- 
ren, die  Messerschneide  nach  dem  Perinaeum  hin  zu  richten,  und 
der  Sphincter  ani,  je  nach  dem  Grade  der  Einschnürung,  ein-  oder 
mehrfach  einzukerben,  worauf  dann  die  Taxis  der  Vorlagerung 


Hedroeele.  18 

bei  nicht  geOffheter  seröser  Haut  erfolgen  mnss.  Ist  hingegen 
der  Peritonaealtheil  der  Excavatio  recto-vesicalis  oder  uterina 
io  Folge  irgend  welcher  Ursache,  z.  B.  durch  Entzündung ,  an 
die  entsprechende  Muskelwand  des  Rectum  angewachsen,  so  kann 
der  oben  angegebene  Bruchschnitt  vor  dem  Einschneiden  der  se- 
rösen Haut  an  der  dem  Schnitte  in  der  Schleimhaut  des  ausge- 
stülpten Mastdarmes  entsprechenden  Stelle  nicht  ausgeführt  wer- 
den, sondern  es  muss  alsdann  erst  in  der  bereits  erwähnten 
Richtung,  dicht  unterhalb  des  Sphincter  ani,  oder  mit  anderen 
Worten  hoch  oben  an  der  Geschwulst  und  in  der  schon  beste- 
henden Incision,  die  seröse  Haut  frei  präparirt,  mit  der  Pincette 
gefasst,  mit  einer  Scheere  oder  einem  Messer  aufs  Vorsichtigste 
eingeschnitten,  und  von  der  inneren  Seite  der  serösen  Haut  her 
der  Sphincter  ani  mittelst  eines  Bruchmessers  auf  der  Hohlsonde 
oder  Fingerspitze  eingekerbt  werden.  Die  Zurückbringung  der 
Torgelagerten  Eingeweide  ist  endlich,  hier  freilich  bei  Eröffnung 
der  serösen  Haut,  zu  bewerkstelligen.  Ob  zuletzt  noch  die  Ope- 
ration mit  dem  in  Rede  stehenden  Bünger sehen  Verfahren  zu 
beendigen  sei,  wird  vielleicht  demnächst  ein  einschlägiger  Fall 
entscheiden. 

Schliesslich  erlaube  ich  mir  folgende  drei  noch  unbekannte, 
vonPoekels,  Baum  und  mir  beobachtete  Fälle  der  Hedroeele 
hierunter  mitzutheilen. 

Pockels  hat  seine  einschlägige  Krankengeschichte  bezeich- 
net „Prolapsns  intestini  recti.  Rhachitis'^.  Die  betreffenden  Prä- 
parate sind  in  dem  von  mir  aufgestellten  Gataloge  der  patholo- 
gisch-anatomischen Sammlung  des  h.  Coli.  anat.-chir.  hieselbst, 
auf  S.  24  Nr.  .5.  und  auf  S.  66  Nr.  8.  eingetragen.  Von  diesem, 
welches  ein  Skelet  mit  ausserordentlich  vielen  Fracturen  dar- 
stellt, habe  ich  bereits  in  der  „Deutsche  Klinik**  Nr.  42.  1857 
S.  412  berichtet,  und  gehört  nur  jenes  (Taf.  I.  Fig.  1.)  hierher. 
R...,  ein  durch  und  darch  scropbulöses ,  höchst  rhacbitisches  Mädchen 
von  6  Jahren  —  etwa  so  gross  wie  ein  einjähriges  lünd  —  bekommt,  wahr- 
scheinlich in  Folge  von  Warmreiz,  am  12.  Novemcer  1821  einen  Frolapsug 
ani,  der  am  folgenden  Tage  schon,  zu  einem  fingerlangen  Prolapsus  recti 
wird.    leh   sah  sie  auf  Hrn.  G.'s  Veranlassung  den  15.  November  Morgens, 


U  Dr.  Dhde, 

der  Prolapsas  des  Mastdarmes  war  etwa  8  Zoll  lang ,  dankelrotb ,  sehr  ge- 
schwollen, so  dass  diese  einer  dicken  Blutwurst  ähnliche  Partie  an  3  Zoll 
im  Diameter  hatte.  Der  flQssige  Koth  ging  ohne  Beschwerde  ab  —  sie 
hatte  in  den  vergangenen  Tagen  einige  Male  gebrochen,  heute  aber  nicht- 
der  Sphincter  ani  war  durch  den  Prolapsus  sehr  erweitert,  so  dass  man  mit 
dem  kleinen  Finger  an  dem  umgekehrten  Darm  in  ihn  hineingehen  konnte.- 
Repositionsversuche  blieben  fruchtlos,  wahrscheinlich  wegen  zu  starker  Ge- 
schwulst des  umgestülpten  vorliegenden  Mastdarmes.  Es  wurden  Dmscbige 
von  eiskaltem  Wasser  um  die  vorliegenden  Theile  verordnet  —  16.  Not. 
Wenn  heute  der  seit  4  Tagen  vorliegende  umgestülpte  Darm  nicht  zo  repo- 
niren  ist,  so  will  ich  einen  Einschnitt  in  die  Bauchhöhle  machen,  fiber  den 
linken  Seitenbeine,  parallel  mit  den  Fibern  des  M.  obliqnus  internus,  3 
Zoll  lang  —  eingehen  mit  dem  bellten  Daumen  und  Zeigefinger  der  recb- 
ten  Hand,  das  S  romanum  des  Recti  fassen  und  heraufziehen,  und  dann  mit- 
telst zweier  Fäden  in  der  Wunde  befestigen,  damit  es  hier  anwachsen  qb^ 
nicht  wieder  herabsteigen  könne.  Diesen  Operationsplan  theilte  ich  Hrs. 
G.  und  H.  mit,  die  ihn  beide  billigten;  G.  sagte  mir,  dass  Prof.  BQngef 
schon  ein  Mal  eine  solche  Operation  mit  Glfick  an  einer  Frau  gemicbt 
habe.  —  Dm  2  Uhr  Nachmittags  gingen  wir  zusammen  zu  dem  Rinde,  das- 
selbe  wurde  auf  einen  Tisch  gelegt,  es  fand  sich,  dass  der  Sphincter  keine 
Einklemmung  verursachte,  mithin  eine  Einschneidnng  desselben  nicht  erfor- 
derlich war.  Repositionsversuche  wurden  gemacht,  aber  fruchtlos,  dabei 
zeigte  sich  aber  zugleich,  dass  die  Theile  der  mncösen  Haut  des  dicken 
Darmes,  welcher  auf  dem  Bette  gelegen  hatte,  deutliche  Flecken  von  Braüd 
an  sich  trug  —  und  diese  bestimmten  uns  denn,  obige  Operation  nicht  zb 
machen.  Dagegen  wurden  die  Versuche  der  Repostion  des  Darmes  erneuert 
-—  mit  mehr  Vorsicht  und  Umsicht  ~  und  sie  gelang.  G.  nahm  den  Dam 
i}  beide  (Qbereinander  gestellte)  Hände;  während  ich  mit  dem  Zeigefiogei 
in  den  Darm  bis  hoch  hinauf  einging,  mit  dem  Daumen  ihn  nach  iooeo 
umroUte,  hielt  G.  den  Darm  so  fest,  dass  er  nicht  nachgeben  konnte,  soo 
dern  immer  in  derselben  Richtung  hineingehen  musste.  Das  Drängen  de« 
Kindes  war  sehr  stark,  und  während  des  Drängens  hielt  ich  meinen  Fingei 
im  Darme  ruhig,  so  dass  das  eingebrachte  Stück  nicht  wieder  zurfikrollte- 
bei  jeder,  wenn  auch  noch  so  kleinen  Pause  rollte  ich  mit  dem  Danmei 
den  Rand  des  Darmes  wieder  nach  innen,  und  schob  ihn  mit  dem  Zeig» 
finger  durch  den  Sphincter  hinauf.  Auf  diese  Weise  gehing  es  uns  binnei 
einigen  Minuten  den  vorgefallenen  Darm  vollkommen  wieder  zu  reponireo 
ich  ging  mit  dem  Zeigefinger  hinterher,  und  fand  die  Beckenhöhle  ungemeii 
verengt.  Um  das  Vorfallen  zu  verhindern,  wurde  eine  Tbiode,  mit  eine 
kleinen  Oeffnung  am  After,  angelegt,  und  wurden  Klystiere  aus  kalten 
Wasser,  sehr  leichte  Kost  u.  dergl.  m.  verordnet. 


Hedzocele.  15 

Dieser  Fall  gab  mir  mehrere  Erfahmagen:  1)  stellte  ich  mir  die  Re- 
doetioD  eines  so  grossen  Stückes  vorgefallenen  umgestülpten  Rectum  viel 
schwieriger  vor,  als  sie  wirklich  ist,  wenn  man  sie  mit  einem  Assistenten  vor- 
nimmt; 2)  der  Assistent  ist  hier  von  Noth wendigkeit,  weil  der  Operateur 
mit  der  linken  Hand  allein  den  vorgefallenen  Darm  nicht  in  der  steten 
Lage  halten,  ihn  nicht  seiner  ganzen  Länge  nach  umfassen,  gegen  den 
SphJDcter  hindrücken  kann  —  dies  mnss  durch  zwei  beölte  Hände  des 
Ajfiistenten  geschehen.  —  Ehe  6.  dies  that,  war  es  mir  allein  unmöglich, 
deo  Darm  zurückzubringen;  als  aber  der  Darm  festgehalten  und  während 
der  Repositions versuche  immer  gelinde  comprimirt  wurde,  durch  die  beiden 
Dutereinander  nm  ihn  gelegten  Hände,  da  gelang  es.  Die  Lage  auf  dem 
Buche,  mit  angezogenen  Beinen  ,  aufgehobenem  Steisse,  niedrigem  Kopfe 
seheint  mir  ebenfalls  dabei  von  Wichtigkeit;  3)  dieser  Fall  sei  mir  zur 
Waroong,  nicht  gleich  zu  einer  lebensgefahrlichen  Operation  zu  schreiten, 
veDD  nicht  vorher  mit  gehöriger  Ansicht  und  Umsicht  die  Versuche  verge- 
beoa  gemacht  wurden,  das  Uebel  ohne  eine  solche  Operation  zu  heben. 
Nach  dem  ersten,  schlecht  gemachten,  misslungenen  Versuche  der  Reduction 
worden  einzelne  schwarze  Flecke  auf  dem  Darme  bemerkt,  für  Brand  gehalten, 
Qod  zum  Glück  für  das  Rind  darin  eine  Gontraindication  gegen  die  Opera- 
ratioQ  gefunden,  und  ich  war  sehr  geneigt,  den  Fall  als  unheilbar  zu  erklä- 
ren, den  Tod,  ohne  etwas  Weiteres  zu  thun,  abzuwarten.  —  Ein  solcher, 
S  Zoll  langer  Prolapsus  intestini  recti  sieht  viel  schlimmer  aus,  als  er  wirk- 
li'^h  ist,  er  war  schon  4  Tage  alt,  die  Entzündung  der  Geschwulst  war  durch 
die  kalten  Umschläge  gemindert,  das  Kind  litt  nicht  sehr,  hätte  wahrscheinlich 
noch  lange  so  leben  können,  wenn  der  Darm  nicht  reponirt  worden  wäre. 

Ich  kann  mir  jetzt,  bei  gehöriger  Ueberlegung,  keinen  Fall  denken,  wo 
das  Aufschneiden  der  Bauchhöhle  und  Zurückziehen  des  S  romannm  in  den 
den  Bauch  wirklieb  nöthig  würde.  Ist  es  eüi  Prolapsus  in  Folge  von  Schlaff- 
fa^'it,  ohne  Einklemmung  durch  den  Sphincter,  so  wird  er  nach  Anwendung 
▼on  kalten  Umschlägen,  vielleicht  auch  Blutegeln,  sich  auf  obige  Weise  zu- 
rückbringen lassen;  ist  der  Sphincter  ani  ein  Hinderniss  der  Reposition, 
dadurch  dass  er  zusammengeschnürt  ist,  so  muss  dieser  eingeschnitten 
werden,  gelingen  dann  die  Repositionsversuche,  mit  Vorsicht  erneuert,  nicht, 
^  ist  zu  erwarten ,  dass  sich  Adhäsionen  gebildet  haben  an  der  incarcerir- 
ten  Stelle.  Nur  in  einem  solchen  Falle  könnte  dann  versucht  werden,  den 
Bauchschnitt  zu  machen,  um  durch  Anziehen  des  Colon  descendens  diese 
Adhäsionen  zu  trennen. 

17.  Nov.  Gestern  —  6  Stunden  nach  der  Reduction  fiel  das  Rectum 
nieder  vor,  wurde  wieder  zurückgebracht,  —  heute  liegt  es  abermals  eben 
80  lang  vor,  als  gestern,  ehe  ich  es  reducirte !  ~  10.  Decbr.  Der  Prolapsus 
r^i  blieb  so,  wie  er  war.   Man  machte  den  Plan,  ihn  abzubinden,  führte  ihn 


16  Dr.  Dhde, 

aber  nicht  aus.  ^  Das  Rind  starb  gestern,  den  9.  Decbr.  Abends,  an  Ent- 
kräftnng.  —  Section  des  Unterleibes.*  Eingeweide  der  Bauchhöhle  TöUig 
normal.  Kein  Symptom  von  EntsQndang,  keine  Wflrmer,  keine  scrophulö- 
sen  Tuberkeln  im  ünterleibe.  Becken  überaus  Terkrfippelt,  sehr  eng.  Colon 
transversnm  ganz  herabgezogen  durch  das  Rectum,  das  sich  umgestfilpt 
hatte,  und  aussen,  einer  5  Zoll  langen,  dicken  \?urst  gleich,  vorlag;  die 
mncöse  Haut  des  vorliegenden  Intestinum  rectum  war  an  mehreren  Stellen 
oberflächlich  exulcerirt,  und  an  einer  Stelle  war  ein  Loch  durch  alle  Wände 
des  Darmes  —  ich  habe  ein  Bougie  vom  Unterleib  aus  zwischen  Mastdarm 
und  Ovarium  im  Peritonaeo  hinabgeschoben;  hieraus  sieht  man,  dass  das 
Peritonaeum  ganz  und  gar  hinabgeht,  und  dass  am  Sphincter  ani  keine 
Adhäsionen  stattgefunden  haben.  Das  Ende  des  umgestfllpten  Becti  ist 
wulstig  hart.  —  Das  linke  Ovarium  ist  ebenfalb  mit  dem  Peritonaeo  ein 
wenig  herabgezogen  in  den  Sphincter  ani. 

Baum  hat  mir  seinen  Fall  von  Hedrocele  aus  dem  Gedächt- 
niss,  etwa  in  folgenden  Worten,  gegeben: 

In  Danzig  --  etwa  1835  —  wurde  ein,  ungefähr  ein  Jahr  altes,  sehr 
schwächliches  Kind  mit  seiner  Mutter  in  das  Stadtlazareth  aufgenommen, 
welches  an  einem  gegen  3  Zoll  langen  Aftervorfalle  von  ungewöhnlicher 
Dicke  litt.  Der  in  die  untere  OefiTnung  eingeführte  Finger  zeigte  einen  be- 
deutenden Abstand  von  der  vorderen  Mastdannwand,  legte  ich  auf  diese 
einen  Finger,  so  konnte  ich  zwischen  beiden  Fingern  Därme  fühlen,  die  in 
die  Donglasschen  Falten  eingedrungen  waren.  Die  Reposition  sowohl  des 
Bruches  als  des  Prolapsus  recti  waren  trotz  der  allergrössesten  Mühe  unmög- 
lich. Das  Kind  übergab  sich  anhaltend,  war  sehr  jämmerlich  und  so  schwach, 
dass  ich  eine  Operation  für  nicht  mehr  gerechtfertigt  hielt  Das  Kind  starb  ^ 
noch  an  demselben  Tage,  und  die  Mutter  nahm  sofort  die  Leiche  mit  sich, 
so  dass  die  Section  nicht  gemacht  werden  konnte. 

Meine  Beobachtung  über  einen  Mastdarmbruch  verfehle  ich 
nicht,  in  Nachstehendem  zu  liefern: 

Johannes  Br.,  1  Jahr  4  Wochen,  gehörig  entwickelt,  von  stets  blassem 
Aussehen,  soll  schon  zu  wiederholten  Malen  am  Mastdarmvorfalle  gelitten 
haben.  Unter  dem  25.  März  1859  bekommt  der  Knabe,  nachdem  er  in  der  letz- 
ten Zeit  oft  an  Verstopfung  des  Leibes  gelitten,  unter  heftigem  Dr&ngen, 
aber  ohne  sich  übergeben  und  geschrieen  zu  haben,  einen  Vorfall  aus  dem 
After.  Dieser  wurde  aus  4  wurstförmigen  Wülsten  gebildet,  deren  Gesammt- 
l&nge  50  Gentimeter,  etwa  20  Zoll,  betrug.  Das  Ende  war  fest  auf  eine 
Hinterbacke  gelagert,  und  so  gestellt,  dass  eine  Geffnung  daran  nicht  wahr- 
genommen werden  konnte.    Der  Vorfall  zeigte  Windungen,  wie  der  Dünn- 


Hedrocele.  17 

dann,  schien  von  Gas  angemeia  stark  ansgedehat  zu  sein,  hatte  sehr  Tiel 
FoIIicDÜ  masosi,  erschien  etwas  feucht  und  glänzend,  »war  tief  geröthet»  sehr 
pnll,  gar  nicht  zasammendrQckbar,  und  besass  dicht  unter  dem  After  meh- 
rere Qnerfalten.  Der  After  war  sehr  erweitert,  und  zwischen  dem  Peri- 
oaeam,  respective  der  benachbarten  Ges&sshaut,  und  dem  Vorfalle  konnte 
loan  keine  Rinne  gewahr  werden.  Das  Kind  hatte  kurz  Tor  der  Zeit,  in 
welcher  ich  es  sah,  ein  wenig  Blut  mit  härtlichen  Kothbröckeln  aus  dem 
Prolapsus  verloren.  Des  Knaben  Arteria  radialis  hatte  Qber  140  Schläge, 
die  von  grosser  Schwäche  zeugten.  Er  schrie  kläglich,  und  drängte  fast  be« 
ständig  auf  den  After. 

An  der  Geschwulst  bestand  kein  Zeichen,  zufolge  dessen  man  eine  be- 
stimmte  Diagnose  auf  das  Vorhandensein  eines  Mastdarmbrnches  hätte  stel- 
len  mfissen. 

Alle  möglichen  Repositionsversuche  blieben  ohne  jeden  Erfolg.  Es  wur- 
den zur  Erschlaffung  des  Vorfalles  einzelne  Functionen  mittelst  einer  Nadel 
vorgenommen ;  es  entleerte  sich  auch  aus  den  kleinen  Oeffnungen  Luft  und 
etwas  wässerige  Flflssigkeit,  nichts  desto  weniger  verblieb  dje  Geschwulst 
pnll  und  von  der  oben  geschilderten  Beschaffenheit  Wegen  des  sehr  elen- 
den Zustandes  wurde  von  einer  Ohloroformirung  des  Kindes  abgestanden. 
Es  ward  daran  gedacht,  den  Vorfall  dicht  unterhalb  des  Afters  und 
zwar  an  dessen  freier,  vorderer  Perinäalseite  von  einer  gewissen  Länge, 
mittelst  eines  Bistouris  zu  spalten,  eine  etwaige  Vorlagerung  zu  reponiren, 
den  Prolapsns  abzuschneiden,  und  die  dadurch  entstandene  Querwunde  mit- 
telst blutiger  Näthe  zu  vereinigen.  Indessen  wollten  sich  die  Angehörigen 
des  kleinen  Patienten  auf  eine  Operation  des  Vorfalles  nicht  einlassen. 

Gegen  Abend  waren  bereits  starke  Ecchymosen  und  Brandflecken  von 
grossen  Dimensionen  an  verschiedenen  Stellen  der  äusseren  Schleimhaut  des 
Prolapsns  sichtbar  geworden,  und  in  der  folgenden  Nacht  1  Uhr  verschied 
das  Kind. 

26.  März.  Section,  Nachmittags  4  Ohr.  Es  konnte  nur  die  Bauchhöhle 
eröffnet  werden.  Die  Lage  der  Leber,  Milz,  des  Magens  normal.  Der  Ma- 
gen, durch  Fäulniss  etwas  erweicht,  enthielt  wenig  flassigen  Speisebrei. 
Der  Darm  lufthaltig.  Nach  \?egnahme  der  vorderen  Beckenwand  wurde  die 
ürinblase  entfernt.  Eine  Darmschlinge,  der  untere  Theil  des  Ileum,  ver- 
lief an  der  rechten  Seite  in  die  Tiefe  des  kleinen  Beckens.  Der  Dickdarm 
senkte  sich  von  links  her  in  das  kleine  Becken.  Das  Mesenterium  des 
llenm  lag  auf  der  rechten  Seite  des  Dickdarmes,  und  das  eigentliche  Rohr 
des  Darmes  nach  vorne,  dem  Perinaenm  zugewandt.  Bei  sorgfältiger  Unter- 
duchnng  zeigte  sich,  dass  der  Mastdarm  vorgefallen  war,  das  Ileum  von  der 
vorderen  und  rechten  Seite  her  in  das  Lumen  des  Mastdannvorfalles,  in  der 
Gegend,  wo  im  normalen  Znstande  die  Douglassche  Falte,  die  Exdavatio 

▼.  Laageobceli,  ▲rehir  f.  CJürorgi«.  IJL.  ^ 


18  Dr.  Uhde, 

recto-Tesicalis  sich  befindet,  wie  hineiogedrftDgt  I»g,  nnddie  angreDzeodi 
Dfiondarmtheile  yollstäadig  herabgezogen  waren.  Es  ergab  sich  ferner,  di 
das  Orificinm  ani  sehr  geräumig  nnd  weit  war;  die  grosse,  ausserhalb  di 
Afters  lang  herabhängende,  mehrfach  gewundene,  allerdings  ziemlich  colb 
birte  Geschwulst  auf  ihrer  Oberfläche  alle  Zeichen  der  Dickdarmschleio 
haut  an  sich  trug,  und  diese  Schleimhaut  in  die  umliegende  äussere  allg( 
meine  Haut  des  Dammes  u.  s.  w.  fiberging.  Alle  diese  Umstände  macht« 
es  klar,  dass  der  yorgefallene ,  ausgestfilpte  Mastdarm  die  äusserste  HfiU 
der  Geschwulst  bildete.  An  dieser  zeigte  sich  nach  liuks  zu  eia  herroi 
gestülptes  stumpfes  Ende,  und  auf  dessen  äusserster  Kuppe,  nach  oben  bii 
schlug  sich  die  Schleimhaut  des  Darmes  in  ein  Darmrohr  um,  in  welch« 
man  den  Finger  einffihren  konnte.  Dieses  Darmrohr  setzte  sieb  in  d» 
Flexura  sigmoidea  und  das  Colon  fort,  welche  sich  von  oben  her  in  ds 
Rectum  eingeschoben  hatten.  Das  Colon  transversnm  und  descendes  vsrei 
nach  der  linken  oberen  und  hinteren  Partie  des  Beckens  venogen,  do^ 
nach  dem  Mastdarme  hin  herabgesenkt.  Die  Flexura  sigmoidea,  ebenso  wie 
das  Rectum  hatten  ein  sehr  langes  Gekröse.  Die  Windungen  des  Proiap^t»* 
respectiTe  der  Hedrocele,  wurden  dadurch  veranlasst,  dass  tbeils  die  Gf 
Uis5e  des  Mastdarmes,  theils  das  Gekröse  für  den  gegenwäKigen  Znsuo^ 
nicht  weiter  ausdehnbar  gewesen  waren.  Zugleich  wird  daraus  erklSft 
daas  die  vordere  Wand  des  Vorfalles,  respective  Bruchsackes,  sich  ^orzüz- 
ticb  nur  hat  ausweiten  können.  i 

Da  das  Rind  schon  frfiher  oft  an  einem  Prolapsus  ani  gelitten  hittt'j 
lieas  sich  eine  Erschlaffung  des  Sphincter  ani  voraussetzen.  Bei  dem  \i^\ 
tigen  Drängen  auf  den  After  war  neben  der  Flexura  sigmoidea.  t^io'] 
Schlinge  des  DQnndarmes  in  den  ausgebuchteten  Theile  des  MastdaroM  r<}3 
einer  Längenausdehnung  vorgedrungen,  die  fast  auf  den  dritten  Tbeil  ^^ 
DQnndarmes  veranschlagt  werden  konnte.  Die  eine  ging  von  dem  ant< 
i'heile  des  Ileum,  die  andere  von  dessen  Anfangstheil  aus.  Die  Schlei 
haut  des  Vorfalles  war  dunkel  geröthet,  und  an  einzelnen  Stellen  in  I 
ginnender  Gangrän.  Nachdem  die  Hfille  der  Vorlagcrung  (der  Mastdsj 
an  dem  unten  convexen  Theile  der  Geschwulst  mittelst  eines  Messers  a^f[ 
ptvir  Zoll  geöffnet  worden,  floss  etwas  Bruch  wasser  ab,  und  zeigte  sieb  sol 
der  eingeschobene  Dickdarm,  als  auch  der  eingetretene,  respectiTe  ror| 
^Qtte  Dünndarm.  Am  Bruchsacke  waren  die  Gefässe  injicirt.  Man  Voi 
wenn  man  von  der  in  dem  Vorfalle  gemachten  Oeffnung  ans  ^^^^^ ' 
Spbincter  ani  zu  den  einen  Finger,  und  neben  dem  eingescbobeoen  Col 
von  der  Baqchhöhle  her,  den  anderen  Finger  gleichfalls  gegen  den  knsi 
d^  Mastdarmes  efinffihrte,  ohne  Hindemiss  beide  Fingerspitzen  zosanif 
briDgen.  Ebenso  vermochte  man  von  der  Bauchhöhle  her,  wenn  o^ 
vorgefallenen  Schlingen  durch  den  After  verfolgte,  den  Finger  in  den  T 


j^.^  Maubtd^xmeB  einzufaliTen,  gUichfaWs  ohne  Verletzung 
^  \^uiieVifQeii ;  Motnente  znr  Oenüge,  welche  in  dem  voi 
^^^iaadenseln  einer  Hedrocele  bekundeten.  An  der 
^ndannes  war  etwas  frisches  Exsudat  und  Peritoniti 
^  ^fter  keineswegea  aaf  das  Obrige  Periionaeum  verbrdi 
^  weder  Röthe  noch  Bxsndat  vorhanden  waren. 

Der    Grand    yron    dem  Misslingen  der  Taxis  lag  bi 
Brochsaokes,    so   wie  in  der  fibermässig  grossen  Voi 
j2  ifl  dem   Bmchsacke. 

Das  PrSpATStt   der  hiesigen  pathologisch -aoatomisc] 
Nr.  33,   und   ist   in  Fig.  2.  abgebildet. 


Erklürang*  der  Abbildungen  auf 

Fig.  la.      Ansicht   der  Hedrocele,  respective  der  Voj 

"linni    sioistram     in      der    Exc&vatio    recto  -  uterina,     von 

1-  Drin  blase      2.    Uterus,   3,  Colon  deaceüdens,  4.  Orariu 

f'uba.   5.    Ovarium    dextrum  nebat  Taba,,  6,  innere  Fifichc 

Fig.  15-     Ansiebt  der  Hedrocole,  reapective  der  Vor 

^imn  ainistmm    in     der  Excavatio    recto- uterina,    iooerhj 

i,  so  wie    zwiachen    der   vorderen  umgeatülpten  Mastd 

nde,  reapective  der  vorderen  Fläche  des  eiogescbobenei 

Seite.     1.  CJriDbiase,  2.  üterua,  3.  Coion  desceodens  ii( 

Aste  der  ArterisL  colica  ainiatr^,    4.  OFarinm  sinist 

des  umgestülpten  Mastdarmes,  des  Proiaj)8ns,   6.  ein 

ntömng  eatstandene    Oeffauog  in  der  yorderen   umgest 

i,  in  welcher  eine  Sonde  steckt,   die    in   der   Excavat 

len  dem  Ovskrium  sinistram   and  der  vorderen  Seite 

Dickdarmes,  nnd  in  dem  Prolapsas,  zwischen  der  vorde 

tdarmwand  —  an    dessen    serösem    Ueberzog  —  und    ; 

des   eingeschobenen  Dickdarmes  sich   befindet;   7.  G 

pnd  intestini  recti,  wo  sich  der  eingeschobene  Darm  nac 

zur    Vergrösaerang    des  Vorfalles    weiter    beiträgt,    t 

ch  welche  man  des  Oyatium  Bimstrum,  die  Sonde,  und 

eingeschobenen    Dickdarmes  erblicken  kann,   9.  Sehn 

he  man    das    Gekröse  dea  ptolabirten  und  eingeschot 


nehmen  kann. 

ta.      o       VnsicbLt  der  u^ato<ie\e  ^on  der  Seite.    1. 


üi 


20  Dr.  Uhde,  Hedrocele. 

deecendens,  3.  Excavatio  recto-vesicalis,  4.  Processas  ▼ermlfoimis,  5.  Dfian- 
darm  (d)  in  der  Excayatio  recto-vesicalis,  6.  Sphincter  ani,  7.  Prolapsos, 
an  welchem  auf  der  linken  Seite  die  Wand  entfernt  ist,  am  Einblick  über 
den  Inhalt  desselben  zu  gewinnen,  8.  Aenssere,  bei  dem  Vorfalle  des  In- 
testinum rectum  nach  innen  verlegte  —  seröse  -  Mastdarmhant,  respecÜTe 
die  innei;,e  — seröse— Fl&che  des  aus  der  Schleimhaut,  Muskelhaot  und  8e< 
rösen  Haut  bestehenden  Bruchsackes,  9.  eine  doppelte  Reihe  von  vorgela- 
gertem Dflnndarm  (d),  respective  Brnchsackinhalt,  10.  das  Mesenterium 
des  vorgelagerten  DQnndarmes,  11.  der  eingeschobene  Dickdarm,  12.  Ge- 
krOse  dea  prolabirten  Mastdarmes  und  eingeschobenen  Dickdarmes,  13.  Oeff- 
nung  de<]  ProUpsus,  an  welcher  sich  derselbe  durch  weiteres  Umlegen  des 
eingeschobenen  Dickdarmes  nach  aussen  verlängern  kann. 


n. 


Zur  Kritik  und  Casuistik  der  sogenannten 
Chopart'schen  Exartieulation. 


Von 

Ordijutor  am  Obnchow- Hospital  la  6t.  Petersbozs. 


Zu   vorliegender  Arbeit  wurde  ich  durch  eine   von  mir  im 
Mai  1864  an  beiden  Fassen  eines  jungen  M&dchens  vollzogene 
GVioparfsche  Operation  veranlasst.    Diese  Doppelexarticalation 
ist  insofern  eine  rara  avis,  als  die  eine  GliedablAsung  in  tarso 
indicirenden,  traumatischen  Yerletsungen,  organischen  Leiden  etc. 
natürlich  nur  ausnahmsweise  dermaassen  gleiche  Gr&nzen  haben, 
dass  sowohl  an  der  rechten,  als  an  der  linken  Extremität  eines 
Individuums  absolut  dieselbe  Amputationsstelle  (deren  es  bekannt- 
lich   an  der  kurzen  Fusswurzel  mehrere,  dicht  neben  einander, 
in  der  Ck)ntinnit&t  und  Contiguit&t  gelegene,  giebt)  gewählt  wer- 
den muss.  —  So  sind  denn  auch  in  der  That,   was  den   uns 
hier  speciell  interessirenden  beiderseitigen  Ghop  arischen  Schnitt 
aiibetrifiiy  meines  Wissens,  nur  zwei  Fälle  desselben  durch  Teztor 
bekannt  geworden.^ 


«;  Joarnal  d.  Chir.  n.  Aagenheilk.  t.  Walther  undY.  Ammon.   1846, 


22  H-  Fremmert, 

Zur  VeröflFentlichung  meiner  Operation  bewog  mich  übrigens 
nicht  die  Seltenheit,  sondern  das. Resultat  derselben;  das  von 
mir  seit  zwei  Jahren  beobachtete  Verhalten  der  Amputations- 
stümpfe unserer  Patientin,  welche  letztere  beim  Gehen  und  Ste- 
hen nicht  den  Vortheil  der  nur  an  einem  Fusse  Operirten,  das 
Körpergewicht  mehr  auf  der  gesunden  Extremität  ruhen  zu  las- 
sen, geniesst,  verdient  nicht  allein  Beachtung,  sondern  gewinnt 
für  die  Fersenretroversionsfrage  eine,  wie  mir  scheint,  fast  zwie- 
fache Bedeutung.  —  Dass  schon  früher  jahrelange  Observationen 
der  consecutiven  Zustände  einer  beiderseitigen  Chopart 'sehen 
E^articulation  stattgefunden  haben,  ist  zu  bezweifeln,  da  Tex- 
tor'h  Kranke  leider  bereits  dem  traumatischen  Fieber  erlagen. 

Obgleich  ich  anfänglich  nur  das  einfache  Factum  mitzuthei- 
len  beabsichtigte,  rissen  mich  doch  die  Discussionen ,  welche, 
wie  aus  den  Annalen  der  Chirurgie  bekannt,  seit  Decennien 
wegen  der  Dignität  des  Ghopart'schen  Schnittes  geführt  wor- 
den j  fast  unwillkürlich  mit  sich  fort,  veranlassten  gewisse  Stu- 
dien, und  bewogen  mich  endlich  dazu,  meiner  kleinen  Abhand- 
lung?: die  Form  zu  geben,  in  welcher  sie  jetzt  vorliegt.  Ich  habe 
nach  besten  Kräften  das  zerstreute  Material  zu  sammeki  ver- 
sucht, und  finden  sich  trotzdem  noch  Lücken  genug,  so  sind 
diese  nur  der  totalen  Ünzugänglichkeit  gewisser  Quellen  etc.  zQ- 
zuBchreiben. 

Was  zahlreichen  besseren  Federn,  als  der  meinigen,  bisher 
mi  gelungen  ist  (nämlich  die  Einigung  der  Ansichten  über  i^ 
Bürgerrecht  der  C  hepar  tischen  Operation),  vermesse  auch  ich 
mich  nicht,  in  endgültig  entscheidender  Weise  erzielen  zu  wol- 
len; gelingt  es  mir  nur,  die  ganze  Angelegenheit  zu  fördern, 
und  ihrem  Abschlüsse  um  einige  Schritte  näher  zu  bringen,  so 
Bind  meine  kühnsten  Hoffnungen  erf&llt. 

Amputationen  in  der  Gontiguität  waren  bereits  zu  Hipp^^' 
krates  Zeiten  bekannt;  ob  aber  eine  partielle  Fussablösaog> 
mit  alleiniger  Zurücklassung  des  Sprung-  und  Fersenbeines,  vor 
dem  letzten  Viertel  des  vorigen  Jahrhunderts  ausgeführt  wurde, 
lä&gt  sich  nicht  historisch  nachweisen.    Trotzdem  ist  diese  Ope- 


'^^txk  XVX1.Ä    C^^iÄ^l»*^^  der  sog.  Chopart  sehen  Ex^rticulation.     23 


»\^^  WH  ^^T^\«ve.\i.    »tt    der  Pirogoff-Syme'schen,  Textor- 

k  w^Ti%*^e\i.^ia.      lOL.     s»  w.  eine  alte,  und  jedenfalls  die  erste 

^^^\^^^  ^^^\»   \n.  articulis  tarsi.    Wird  also  kurzweg  von  einer 

^^V^ioVd&o  Tn^^io-tarsea,  tarso-tarsea,  intertarsea,  oder  in  tarso 

l!^^TK>^^ii^    1&0    ist^    darunter  immer  diese   zu  verstehen,   nicht 

^^^r  etwa  die  IPussabsetzung  sub  astragalo  oder  die  Laborie- 

/  ^b er  tische    d^sarticiilation  antä-scaphoidienne  etc.,  die  ja  auch 

X   "/eselben  Bezieidmungen  beanspruchen  dfirften. 

Sehen  ^^\t   von  den  unwahrscheinlichen  geschichtlichen  An- 
gäben gewisser  Autoren  ab,  so  ist  nach  Alphons  Robert,  wohl 
^ns^^^    ^^^     Abbeville    der   Erste,  der  die   Möglichkeit  un- 
^^erer  Operation    im  Jahre  1746  nachwies.     In  Deutschland  er- 
^^^-iwähiite  sie  zwar    Heister  bereits  1750*),  aber  F&lle  wirklicher 
^^nsführang    ^wurden   erst  drei  Jahrzehnte   später,    durch  Hun- 
^dtf^so^wsky  *),   bekannt.    Als  dieser  nämlich  im  Jahre  1780  oder 
^(3^er    1781    nach    Rochefort  kam,  zeigte  ihm  der  dortige  erste 
^^\iiraTgu8,    du    Vivier,  einen   scrophulösen  8jährigen  Knaben, 
dessen  Beine  des  Mittelfiisses,  und  die  meisten  Gelenkknochen 
A^  Yorderfiisses  kariös  waren,  und  dem  er,  mit  Zurficklassung 

V^s&s,  Sprang-    und  Fersenbeines,  die  er  beide  gesund  fand,  den 
Fuss  im  Gelenke  abgenommen  hatte;  Patient  fing  zwei  Monate 
später  bequem  aufzutreten  an.    Einem  Galeerensclaven  war  die- 
selbe Operation   gemacht  worden,   aber  ohne  dass  nach  sechs 
Soeben  ein  Anschein  von  Heilung  vorhanden  war.«*    Nach  die- 
sen beiden    durch  Zufall  zur  allgemeinen  Eenntniss  gekommenen 
"--Ampatationen,  die,  in  Ermangelung  früherer  Veröffentlichungen,  als 
^^^  ersten  ihrer  Art  angesehen  werden  müssen,  scheint  das  ganze 
^^r&hren  wieder  in  Vergessenheit  gekommen  zu  sein,  und  Cho- 
^^^n  musste  es,    wahrscheinlich  unabhängig  von  du  Vivier»), 


ther     G.  B.,  Lehre  von  den  blut  Oper,  am  menscbl.  Körper. 
^W       Schäfer   1853,  B.  n.  S.  19. 

^T    ff     ncaowsky's    med.-chir.    Beob.   auf  Beinen  Reisen.    Wien, 
•>!li        t783      S.  244—246. 
'^f '     -««  '   FroC    B.,  Handbuch  d.   Akinrgie.     Halle,   Anton,  1848, 


24  H.  Premmert, 

gleichsam  neu  erfinden.    Pariset  und  Petit*),  Mal{;aigne*)| 
Ghelius,  S6dillot  u.  A.  nennen  ihn  daher  kurzweg  den  Eat-T 
decker,  oder  ersten  Terrichter  der  Fussablösung  in  tarso.  ErJ 
d.  h.  Ghopart,  operirte,  wie  der  Augenzeuge  Lafiteaa 
richtet,  am  12.  August  1791,  und  beschrieb  den  Fall  im 
folgenden  Jahre')  (nicht  aber,  wie  es  z.  B.  bei  Vocke  heisst*)! 
im  Jahre  1787);  zugleich  gab  er  einzelne,  theilweise  noch 
gültige,  Verhaltungsmassregeln  för  sein  Verfahren  ^n,  und  mal 
nennt  dasselbe  seitdem  mit  Recht  den  C  hepar  tischen  Schnill| 
Seinem  Beispiele  folgte  Lafiteau  bereits   1792'),  und  sieb 
Jahre  später  Marc-Antoine  Petit.    Von  den  Franzosen  da 
auf  häufig  unternommen,   wurde   die   neue  Exarticulation  va 
Roux  auch  in  England,    im  Jahre   1814*),  eingeführt    Sei 
oft  übte  man  sie  in  Deutschland;  Ph.  v.   Walther  machte  sil| 
zuerst  1809,  und  stellte  bestimmtere  Regeln  f&r  sie  auf^).  Ibd 
folgten  Langenbeck'),  Klein,  Ghelius  u.  And.;  Texto^ 
allein  führte  sie  19  Mal  aus. 

Vor  du  Vivier  und  Chopart  hatte  man  in  allen  F§IleD| 
wo  die  Erhaltung  einzelner  Tarsnsknochen  sehr  wohl  möglicK 
gewesen,  doch  immer  die  allein  bekannte  ünterschenkelampotai 
tion  unternommen;  die  grössere  Gefahrlosigkeit,  und  die  Ver^ 
meidung  einer,  künstliche  Füsse  erfordernden,  Beinverkürzang 
waren  so  bedeutende  Vorzüge  der  neuen  Methode,  dass  diese 
sich  überall  Bahn  brechen,  und  warme  Anhänger  erwerben 
musste.  —  Die  Reaction  blieb  jedoch  nicht  aus;  —  Klagen,  welche 


I)  Dictionaire  des  sciences  m^dicales.    Paris,  1812,  B.  1.  p.  496. 

«)  Malgaigne,  Operat  Chir.  Russ.  üebers.  d.  Dr.  Tschistowitscb. 
St  Petersb.  1851,  pag.  346. 

•)  Emmert,  C,  Lebrb.  der  Chirargie.  1864,  4.  B.,  2.  Lief.,  p.  H^ 
(Foarcroj,  Jourual  des  decoav.  rel.  IV.  Paris  1792). 

*)  Vocke,  F  ,  Die  Leicheu-Operatt.    Berlin,  Hempel  1854,  p.  IH- 

•)  Ghelius,  M.  J.,  Handbuch  d.  Chir.,  pag.  802.  (Richter's  cbir. 
Bibliothek,  B.  XIV.,  S.  471.) 

•)  Emmert  etc.  (ParaU.  etc.,  pag.  247). 

*)  Ghelius  etc.  (Abhandl.  ans  d.  Geb.  d.  p.  Med.  pag.  143). 

•)  Ebendaselbst  (Bibliothek  f.  Ghir.  1810,  B.  3.,  pag.  746,  Taf.  1.) 


Zur  Kritik  nnd  Gasnistik  der  sog.  Cbopari'schen  Exarticnlation.     25 

TOD  Jahr  zn  Jahr  an  Zahl  und  bestimmterer  Form  zunahmen, 
tauchten  allmalig.  gegen  die  Operation,  nebst  ihren  Folgen  auf, 
nad  riefen,  da  es  auch  nicht  an  Vertheidigem  fehlte,  die  leb- 
haftesten Debatten  hervor.  Im  Gegensatze  zu  Aerzten,  welche, 
wie  s.  B.  F.  Blandin,  den  Ghopar tischen  Schnitt  selbst  der 
Exarticalatio  metatarso-tarsea  vorzogen,  gab  und  giebt  es  Viele, 
die  ihn,  als  unstatthaft  und  schädlich,  sogar  aus  den  Lehrbüchern 
gestrichen  wissen  wollen.  —  Soll  der  Chirurg,  bei  so  verschie- 
dener Meinung  der  renommirtesten  Autoren,  im  concreten  Falle 
richtige,  vorurtheilsfreie  Schlüsse  ziehen,  muss  er  alle  vorge- 
brachten Beschwerden  einer  speciellen  Untersuchung  unterwer- 
fen, und  das  Pro  et  Contra  streng  prüfend  gegen  einander  ab- 
wägen. —  In  Folgendem  will  ich  versuchen,  dieser  Forderung 
nachzukommen. 

In  der  ersten  Zeit  machte  man  der  Chop arischen  Ampu- 
tation s(^ar  die  Schwierigkeit  der  Ausführung  zum  Vor- 
wwf. Velpeau  erzählt  (s.  Günther),  dass  1799  einer  der  ge- 
schicktesten Wundärzte  von  Paris  %  Stunde  zu  ihrer  Vollendung 
brauchte;  Richerand  1823,  dass  die  Wundärzte  lange  nach 
dem  Gelenke  suchten,  obgleich  sie  einen  Wachsfuss  neben  sich 
batten,  nnd  Adelmann >)  sagt,  dass  Pelletan  einen  skeletir- 
ten  FusB  neben  den  Kranken  legte,  um  bei  der  Operation  Osteo- 
logie  zu  Studiren.  Dass  solche  Beispiele  eher  ein  schlimmes 
Licht  auf  die  anatomischen  Kenntnisse  der  ausübenden  Chirurgen, 
als  auf  die  Operation,  welche  in  der  Jetztzeit  naturlich  zu  den 
leichteren  gezählt  wird,  werfen,  bedarf  keiner  weiteren  Erklärung. 

Ferner  wurde  Langsamkeit  oder  völliges  Ausblei- 
ben der  normalen  Vernarbung  besonders  hervorgehob'en ; 
schon  in  duVivier's  Falle,  vom  Galeerensträfling,  soll  sich 
noch  nach  sechs  Wochen  kein  Anschein  von  Heilung  gezeigt 
baben,  und   Foucher^)  führt  einen    im   9.   Lebensjahre  von 


■)  Beiträge  zur  Heilkunde.  Riga  1853,  B.  2.,  Lief.  3.  »Ueber  Amput. 
d-  Fnsses  in  den  Taraalknochen.  * 

')  Canstatt's  Jahresbericht  über  d.  Fortsch.  d.  ges.  Medicin  fQr  1858, 
B.  V.,  p.  355  (Monii  des  Höp.  Nr.  120;  nach  Emmert:  Gav.  des  Hop.  123). 


26  H«  Fremmert, 

Job  ort  Operirten  an,  dessen  Amputationswunde,  bei  der  naeb 
4  Monaten  erfolgenden  Entlassung  aus  dem  Hospital,  noch  nidil 
vernarbt  war,  auch  nie  zum  vollkommenen  Schlüsse  kam,  und 
endlich  nach  20  Jahren,  die  Fussablösung  über  den  Enöcbek 
erheischte,  (üeberhaupt  sollen  nach  Prof.  Weber  inHeidelbeig 
die  schlechten  Heilungen  23  pCt.  bilden.*))  In  wie  weit  Um 
und  spätere,  nicht  näher  beschriebene  Falle  von  Verzögeraog 
des  Sanationsprocesses,  oder  völligem  Misslingen,  einer  zufrie- 
denstellenden Wundschliessung,  verfrühten  Gehversuchen,  ge- 
wissen Krankheitscomplicationen  und  besonderen  Heilmethodea 
zuzuschreiben  sind ,  muss  unermittelt  bleiben ;  heute  findet  wobl 
kaum  Jemand,  bei  Anwendung  der  nothwendigen  Yorsichtsmass- 
regeln,  in  dem  Vemarbungs vorgange  nach  dem  Chopartkhea 
Schnitte  etwas,  von  dem  nach  anderen  ähnlichen  Exarticolätio- 
nen  Stattfindenden,  Abweichendes. 

Von  Whatton's  Befürchtung,  der  Plantarlappen  sterbe 
ab,  sagt  Blas  ins  trocken,  dass  sie  mit  zahlreichen  Beobacb 
tungen  im  Widerspruche  stehe,  und  einer  fehlerhaften  Operations- 
weise  etc.  zuzuschreiben  sei. 

Auch  der  Sehnen-  und  Synovialscheidenentzüo 
düng  wurde  nach  dem  C hepar t'schen  Schnitte,  bei  welchem 
freilich  sehr  zahlreiche  Säcke  dieser  Art  geöfihet  werden,  eino 
übertriebene  Bedeutung  vindicirt.  —  Wir  wissen  wohl,  wie  pc- 
netrirende  Stichwunden,  oder  eine  vernachlässigte,  und  schnei 
in  die  Tiefe  dringende  Phlegmone  etc.  durch  das  üebergreifei 
auf  obige  Scheiden  zu  den  bedenklichsten  Erscheinungen  fuhren 
glauben  aber  nicht,  dass  diese  Entzündung  nach  Amputatiooea 
bei  aufmerksam  geleiteter  Behandlung,  Dimensionen  anniionit 
welche  A.  Robert's  maskirte  Aufforderung  zu  einem  Bück 
schritt  in  der  conservativen  Chirurgie  rechtfertigen  könnten'] 
(die  von  ihm  angegebene  Sterblichkeit,  nach  den  durch  Traumei 


')  Canstatt's  Jahresb.  für  1860,  B.  V.,  pag.  264. 
*)  Canstatt's  Jahresb.  für  1850,  B.  V.,  pag.  231.    (üeber  die  p*n 
Amput.  am  Fasse,  übers,  v.  Händel,  Weimar  1851.) 


Zar  Kritik  and  Gasuistik  der  sog»  Chopart'schen  Exarticulation.      27 

e:ebot6neD  FassablSsungen,  zeigt  sich  in  Verhältnissen  ^  welche 
Stellen,  wo  weniger  Sehnen  durchschnitten  werden,  in  einem  auf- 
fallenden Grade  begünstigen,  und  annehmen  lassen,  dass  er  allen 
Exarticulationen  in  tarso  die  ünterschenkelamputation  über  den 
Knöcheln  vorzieht).  Welcher  Werth  der  Entstehungserklä- 
ning  pyämiscber  Symptome  nach  Amputationen  von  Melchior 
Robert'),  der  den  Eiter  durch  die  Sehnenstümpfe  pumpen- 
artig hoch  in  die  Scheiden  befördern,  und  aus  diesen,  in  natura, 
Ton  den  Venen  resorbiren  liess,  beizulegen  ist,  bedarf,  in  Hin- 
blick auf  die  neueren  Entdeckungen,  keiner  weiteren  Ausein- 
andersetzungen. 

Exulcerationen  (wie  1815  bei  Villerme^s  20  Pa- 
tienten*) n.  A.),  Wiederaufbruch  der  gut  geschlossenen 
Narbe  und  Fistelbidungen  [s.  z.  B.  Schmidt^)]  siüd, 
wenn  sie  in  einer  Garies,  Abscessen  u.  dergl.  ihren  Ursprung 
verdanken,  wohl  am  C  hepar  tischen  Stumpfe  nicht  häufiger,  wie 
oaeh  anderen  ähnlichen  Amputationen;  als  Folgezustände  der  so- 
gleich zu  besprechenden  Retraction,  werden  sie  aber  noch  bei 
dieser  erwähnt  werden. 

Letzterer  Kategorie  der  Anfeindungs-Motive  reihen  sich  die, 
ebenfalls  von  Villermö  (s.  Blasius)  ausserordentlich  betonten 
Schmerzen  in  der  Narbe  an.  Sieht  man  jedoch  von  den 
Fällen  ab,  in  denen  durch  Talusluxation  Zerrung  der  kaum  ge- 
heilten Wunde  stattfindet,  so  hat  man  wohl  wenig  Grund,  ein 
besonderes  Excelliren  so  trauriger  Art  bei  der  nach  dem  Cho- 
part'schen Schnitte  entstandenen  Cicatrix  vorauszusetzen.  — 
Hntin«)  giebt  an,  dass  fast  alle  von  ihm  in  sechs  Jahren  un- 
tersachten, wohl  nie  im  Chopart'schen  Gelenke  amputirten 
Inyalideh  über  Narbenschmerz  klagten  (von  522  derselben  waren 


')  Gezette  medic.  de  Paris,  XVII.  Annöe,  T.  IL,  Nr.  33.,  1847. 

*)  S^dillot,  Gh.,  Traite  de  M^d.  oper.,  band,  et  app.  1853,  2.  ödit., 
T.  1.,  p.  423. 

')  A.rchiT  f.  kÜD.  Chir.  yod  v.  Langenbeck  etc.  1862  (Amp.  und 
Exart  in  d.  Tüb.  Klin.  v.  1843-62), 

*)  Ganst  Jahresb.  f.  1851,  B.  V.,  pag.  138.  (Gaz.  des  Uöp.  Nr.  129.)  . 


28  H.  Fremmert, 

nur  24  ganz,  36  theilweise  frei)  und  ist  also  dieser  auch  nacl 
GliedablAsongen  an  anderen  Stellen  eines  der  constantesten  Lei- 
den. Da  Zarücklassang  scharfer  Knochenprominenzen  (die  Hat  in 
so  häufig  bei  seinen  74  Sectionen  von  Amputationsstümpfen  als 
Ursache  der  Empfindlichkeit  entdeckte)  bei  den  Exarticulationen 
nicht  vorkommen  kann  (s.  auch  Soul6  ^))y  und  die  Ghopart'- 
sehe  Cicatrix  ausserdem  beim  Gehen  gewöhnlich  kaum  gedrückt 
wird,  so  muss  in  ihr  der  Schmerz  (immer  mit  Ausschluss  der 
durch  Retroversion  complicirten  Fälle)  sogar  massiger  sein,  als 
z.  B.  in  der  Narbe  der  am  Unterschenkel  Amputirten. 

Nach  Erledigung  dieser,  wie  ersichtlich,  absolut  haltlosen, 
und  wohl  auch  nie  einer  allgemeinen  Aufmerksamkeit  gewürdig- 
ten Anklagen  zweiten  Grades,  müssen  wir  uns  ausfuhrlicher  zur 
wichtigsten  Ursache  der  Anfeindungen,  zum  wahren  Stichblatte 
aller  in  dieser  Angelegenheit  stattgehabten  Discussionen,  mit  einem 
Worte,  zu  jenem  unglücklichen  Folgezustande  wenden,  der  ge- 
wöhnlich 

die  Fersenretraction 
genannt  wird.  Schon  1799  machte  Marc-Antoine  Petit  ^) 
einen  Fall  bekannt,  wo  bei  einem  vierjährigen  Knaben  nach  der 
Operation  eine  derartige  Verschiebung  der  beiden  übrig  geblie- 
benen Tarsalknochen  stattfand,  dass  das  Gehen  völlig  unmöglich 
wurde.  Auch  Andere  theilten  bald  Beispiele  so  trauriger  Folgen 
mit,  und  die  Zahl  dieser  Beobachtungen  wurde  im  Laufe  der  Zeit 
sogar  eine  so  bedeutende,  dass  es  jetzt  in  der  That  unmöglich 
wäre,  alle  hierher  gehörenden  Fälle  gesammelt  vorzufELhren.  Ich 
beschranke  mich,  weil  leider  eine  ausführlichere  Zusammenstel- 
lung, .wegen  erwähnter  Unzugänglichkeit  gewisser  Quellen  miss- 
lang, darauf,  nur  einige  Chirurgen  der  Neuzeit,  welche  wohlcon- 
statirte  Fälle  von  Fersenerhebung  aufweisen,  zu  nennen;  —  es 


')  Canst  Jabresb.  f.  1803»  B.  V.,  pag.  173.  (Jonm.  de  Mtfd.  de  Bor- 
deaux.) 

*)  Södillot,  Trait^  etc.  und  Emmert,  Lehrb..  etc  (Med.  da  coeur 
1799,  pag.  364.) 


Zur  Kritik  and  Gasnistik  der  sog.  Chopart'schen  Exarticnlation.     29 

nnd:  Larrey  1841  ^)  (MittheiluDg  an  die  Academie  vom  9.  No- 
vember), Laborie  1843*)  (einige  Fälle  von  Robert  und 
Jobert),  Stansky  1844'),  Foucher  1858  (ein,  wie  oben  ge- 
zeigt, nicht  allein  darcb  die  Retroversion  bemerkenswerther  Fall), 
Verneuil  1856^)  (ein  Fall,  dessen  nähere  Beschreibung  unten 
folgt),  Watson  1859')  (zwei  Fälle),  Huguier  1860«),  Ross 
in  Altona  (ein  Fall),  Paul  in  Breslau  (4  FälUe),  Fleury,  Mi- 
ranlt  (s.  Günther),  Sabatier,  Richerand,  Roux,  Vel- 
peau,  Ndlaton,  und  selbst  Blandin  (s.  S^dillot).  Ausser- 
dem lassen  die  Andeutungen  fast  der  meisten  grösseren  und  be- 
kannteren Operateure  vermuthen,  dass  diese  selbst  zahlreiche 
Retroversionen  beobachtet  haben;  eine  Anführung  ihrer  Namen 
schien  mir,  da  ich  nicht  einzelne  bestimmte  Fälle  hervorgehoben 
fand,  unnütz. 

Natfirlich  richtete  sich,  um  dem  üebelstande  vorzubeugen, 
oder  nachträglich  abzuhelfen,  die  allgemeine  Aufmerksamkeit  so- 
gleich auf  die  causalen  Momente;  eh^  wir  jedoch  zu  diesen  über- 
gehen, glaube  ich,  den  Begriff  der  sogenannten  Retraction  fest- 
stellen, und  das  Wesen  derselben  überhaupt  erläutern  zu  müssen. 
—  Leider  ist  eine  solche  Abschweifung  schon  dadurch  geboten, 
dass  nns  bisher'  ein  kurzer,  von  Allen  acceptirter,  den  ganzen 
Zustand  richtig  und  erschöpfend  bezeichnender  Name  für  die 
zuweilen  eintretende,  eigenthflmliche  Dislocation  des  Sprung-  und 
Fersenbeines,  nach  dem  C  hepar  tischen  Schnitte  fehlt.  —  Viele 
Autoren  (Blasius,  Günther  u.  s.  w.)  brauchen  den  Ausdruck 
, Retraction^;  ebenso  spricht  Chelius  von  der  „nach  hinten 
gezogenen  Ferse^,  und  Erichsen,  von  einer  „Auf^ärtszie- 
bung  der  Hacke^.    Alle  diese  Bezeichnungen  räumen  aber  einer 


>)  Ganst.  Jahresb.  f.  1841,  B   V.  (Annales  de  1a  cbir.  Nr.  12.). 
>)  Ganst.  Jahresb.  f.  1843,  B.  V.  (Annales  de  la  chir,  Novemb.) 
■)  Emmert,  Lehrb.  etc.  (Gax.  m^d.  de  Paris,  pag.  528). 
0  Ganst    Jahresb.   für  1858,   B.   V,   pag.  218.     (Gazette  des  Hop. 

Nr    20.) 

«)  Ganst.  Jahresb.  ffir  1859,  B.  V.,  pag.  244.    (Lancet,  11.  Juni.) 
*)  Emmert,  Lehrbach  d.  Ghir.  etc.  (s.  hierüber   Bon  vier,  Gaz.  des 

Höpit  ISeO,  74.). 


30  H.  Fremmert,     _ 

untergeordneten  Entetehungsursache  unserer  Tarsalknochenver 
Schiebung,  nämlich  dem  Muskelzuge,  viel  zu  viel  Bedeutung  ein. 
um  als  richtige  allgemein  angewandt  zu  werden.  C.  0.  Weber, 
Ravoth  und  Vocke  ')  sagen:  ,, Luxation,  oder  Subluxatioo 
des  Talas^,  und  Szymanowski  ,, Retroversion  der  Ferse 
solche  Nominationen  verletzen  nicht  die  Wahrheit,  richten  aber 
die  Aufmerksamkeit  zu  sehr  auf  einen  einzigen  Knochen,  gebeo 
kein  Bild  de^  Verhaltens  sämmtlicher  participirenden  Stumpf- 
tboile,  und  sind  also  zu  wenig  erschöpfend.  £in  gleicher  Vor- 
wurf trifft  wohl  auch  die  Redensarten:  „Luxation  des  Fussge- 
lenkes  nach  vome^  (Dieffenbach),  und  „permanente  Extension 
des  Sprunggelenkes^  (M.  Frank^).  Die  Ausdrücke:  „derFuss- 
Btummel  steht  wie  ein  Pferdefuss**  (Bardeleben),  oder  „Er- 
hebung zu  einem  Pes  epuinus^  (Emciert),-  liefern  immerhio 
noch  die  klarste  Vorstellung  vom  ganzen  Sachverhalt,  und  wäre 
wohl  die  Bezeichnung  „pferdefussartiger  Stumpf  nach  dem  C he- 
par tischen  Schnitte'^  vorläufig  als  die  treffendste  anzaseheo 
(Nur  der  Kürze  halber  werde  ich  zuweilen  die  Worte:  Retrac- 
ttan,  Retroversion,  Fersenerhebung  u.  s.  w.  anwenden.)  —  Kommt 
I  es  also  nach  unserer  Operation  zu  einer  das  Gehen  erschweren 

I  den,  oder  unmöglich  machenden  Dislocation  der  Stumpfknocbeo, 

'  so  ist  der  vordere  Fortsatz  des  Calcaneus  nicht  mehr  nach  auf- 

^  wärts  gerichtet,  wie  es  die  Bildung  des  Fussgewölbes  erheischte 

t^ondern  hat  sich  dermassen  gesenkt,  dass  sein  unterer,  vorderer 
Rand,  oder  sogar  seine  vordere,  früher  an  das  Würfelbeiu 
^tossende  Gelenkfläche  nach  unten  gerichtet  ist;  der  Fersenhöcker 
sieht  dabei  natürlich  nach  oben,  und  dient  nicht  mehr  zum  Stütz 
f  punkt  für  die  Körperlast.  .  Der  Astragalus  muss  bei  solchem  Ver 

I  halten  seines  Nachbars  nach  vorne,  unten  und  innen  gedraogl 

werden,  lässt  also  das  Gewicht  des  Körpers  mittelst  des  ScbieD- 
beines  j^zt  nur  noch  auf  den  hinteren,  schmäleren  Abschnitt  sei- 


» 


')  Chir.  Klinik  v.  Dr.  F.  Ravoth  n.  Dr.  F.  Vocke,  Berlin,  flenipel 
1852,  pag.  784. 

•)  System.  Lehrb.  der  g.  Chir.  von  Dr.  M.  Frank,  Erlangen,  Eoi^^ 
2.  B.,  pag.  906. 


Zar  Kritik  und  Gasnistik  der  BOg.  Ohopart'schen  ExarticolatioD.     31 

^er  Bolld  einwirken ,   und  kann  die  Bänder  bis  znm  Zerreissen 
^:li8paonen.      Zu    deutlicherer  Veranschaulichung  dieser  Zustände 
^^be  ich  hier  noch  das  Protokoll  einer  der  wenigen  Sectio nen, 
^^ie  an  pferdefussartigen  Chopart 'sehen  Stümpfen  gemacht,  wor- 
Jan  sind.    —    Ein    wegen  Caries  des  Vorfiisses  operirter  Rauch- 
(»iigfeger  ging,  nachdem  er  bereits  seit  mehr  als  zwei  Jahren  an 
f  ersenerhebung  gelitten  hatte,  durch  Tuberculosis  zu  Grunde,  und 
die  Ton  Yerneuil  >)  angestellte,  nähere  anatomische  Untersu- 
chung des  Fasses  ergab  folgende  vollständige  Lagenveränderung 
der    beiden    übriggebliebenen    Tarsalknochen :     ,,Der   Calcaneus 
war   der  Tibia,  hinter  welche  er  sich  geschoben  hatte,  fast  pa- 
nQel  gelagert,  denn  seine  Axe  bildete  mit  der  des  Unterschen- 
kels  einen  nach  oben  offenen  Winkel  von  circa  25  °.    Die  ehe- 
malige hintere  Fläche  sah  nun  fast  direct  nach  oben,  das  Wür- 
felbeinende  ruhte  auf  dem  Boden  auf.    Die  obere,  ehemals  hori- 
zontale Fläche   war  mit   ihrer   vorderen  Partie   in   Contat   mit 
dem   hinteren  Rande  der  Gelenkfläche  der  Tibia,  und  es  bildete 
sieh    hierdurch  ein  künstliches  Gelenk  von  2  Cm.  Breite  und  1 
Cnu    LAnge.    Die  obere  Fersenbeinfläche  und  die  hintere  Portion 
der  Tibia  sind  einander  zwar  sehr  genähert,  lassen  jedoch  einen 
Sinus  zwischen  sich,  welcher  mit  einem  fibrösen  Gewebe  erfüllt 
ist,    analog  demjenigen,  welches  man  um  chronisch  entzündete 
Gelenke  vorfindet.    Anch  der  Astragalus  hatte  eine  ähnliche  De- 
viation erlitten,  indem  seine  obere  Gelenkfläche  die  correspondi- 
r^ide  Gelenkflache  der  Tibia  nur  in  sehr  geringer  Ausdehnung, 
gana  nach  hinten,  berührte.    Nach  vorne  waren  die  Knochen  nicht 
ludir  mit  einander  in  Gontact,  und  die  Tibio-astrag.-Articulation 
xauA  Tome  weithin  offen.    Die  dadurch  entstehende  Lacune  war 
mit  Bündeln  neuen,  fibrösen  Gewebes,  in  verticaler  Richtung  ge- 
lagert,   ausgefüllt.      Der   weitaus   grösste  Antbeil    der   Bänder 
der  ArtJcnlatio-peroneo  tibialis,  sowie  das  untere  Ende  der  Tibia, 
weiches    vergrOssert   war,    waren    mit   Osteophyten    überzogen. 
Guz  aoffiillend  vear  die  Verringerung  der  Länge  des  Fersenbeines, 


•)  Canst  Jahreab.  t  1856,  B.  V.,  pag.  218.   (Qaz.  des  Hop.  Nr.  20.) 


32  H.  Fremmert, 

Bowie  die  des  Volums  des  AstragalttS,  von  welchem  weder  Kopl 
noch  Hals  mehr  zu  finden  war,  und  dessen  Vertical-Dorchmesser, 
statt  3  Gm. ,  kaum  die  Hälfte  mehr  mass.  Das  Fersenbein  da- 
gegen hatte  l\  Gm.  an  seiner  Länge  verloren,  d.  h.  fast  die 
ganze  Tuberositas  cuboida.  £s.existirte  ferner  bloss  noch  eine  Cal- 
caneo-Astragalus-Articulation,  welche  sehr  mobil  war,  wihreiul 
die  vordere,  mit  den  zwei  entsprechenden  Knochenpartieea  gäoz- 
lieb  verschwunden  war.  Der  Fuss  ruhte  demnach  auf  dem  spon- 
giösen  Gewebe  dieser  zwei  Knochen,  deren  Areolen  erOfihet  wa- 
ren, als  wenn  sie  abgefeilt  worden  wären.  Die  hintere  Partie 
des  Fersenbeines  war  erweicht,  und  mit  Fett  durchsetzt.  Sämmt- 
liehe  Muskeln  blass,  athropisch,  verfettet.  Die  vorderen  Moskelo 
und  Sehnen  des  Fusses  in  eine  Art  Membran  verschmokeD, 
welche  vor  der  Articulation  herabsteigt,  und  nicht  mit  der  Narbe, 
sondern  mit  der  vorderen  Partie  des  Astragalus  sich  vereinigt. 
Die  Sehnen  der  Tibiales,  der  Flexoren  und  der  Peronei  retra- 
hirt;  keiner  scheint  sich  in  dem  Lappen  zu  inseriren.  Sie  setzen 
sich  alle  an  dem  vorderen  Ende  des  Calcaneus  fest.  Kurz,  statt 
wie  dies  unter  Anderen  vorzüglich  von  Blandin  beobachtet 
wurde,  mit  den  Extensoren  in  Verbindung  zu  treten,  waren  die 
Flexoren  retrahirt,  wahrscheinlich  in  Folge  einer  chronischen  Ent- 
zündung des  Stumpfes.  Die  Achillessebne  dagegen  ^befand  sich 
in  einer  completen  Erschlaffung;  sie  bildete  eine  deutliche  Corve, 
die  Concavität  nach  rückwärts.  Die  Entzündung  schien  sich  niclii 
so  weit  erstreckt  zu  haben,  und  die  Gastrocnemii  niemals  retra- 
hirt gewesen  zu  sein.  Was  die  Nerven  anbetraf^  so  waren  aucl 
hier  die  Verzweigungen  des  N.  tibialis  posticus  wenig  gegen  dec 
Druck  geschützt,  indem  sie  zwischen  Knochen  und  Plantarlappen 
welcher  sehr  atrophisch  war,  hinliefen,  womit  vielleicht  ein  ana 
loger  Zustand  des  Nerven  ursächlich  zusammenhing.''  •—  ^^^ 
Sectionsberichte  von  Stansky  1843»)?  und  Foucher  1858') 
enthalten  Aehnliches;  Beide  untersuchten  Füsse,  an  denen  ecboi 


0  OaoBt.  Jahresb.  fQr  1850,  B.  V.,  pag.  238. 
*)  GaoBt.  Jahresb.  fQr  1858,  B.  Y.,  pag.  2^5. 


Zur  Kritik  and  Casnistik  der  sog.  Ghopart'schen  Extriicolation.     33 

Tor  Jahren  Knochendislocation  eingetreten  war,  und  die  scliIiesB- 
lieh  die  Unterschenkelamputation  erforderten.  Das  Vorhergehende 
wird  zur  Erklärung  dessen,  was  unter  Fersenerhebung  nach  dem 
Ghopart'schen  Schnitte  zu  verstehen  ist,  genfigen,  und  wir 
können  uns  zur  Aetiologie  dieses  Leidens  wenden. 

Die  Ursachen,  welche  zu  einer  Abweichung  des  Fussstum- 
mels  fuhren  können,  sind,  was  übrigens  die  Mehrzahl  der  Au- 
toren nicht  zugeben  will,  ziemlich  zahlreich,  und  müssen,  da  sie 
nicht  von  gleicher  Wichtigkeit  sind,  in  mittelbare  und  unmittel- 
bare eingetheilt  werden.    Man  hat  bisher,  meist  einseitig,  den 
Entstehnngsgmnd    bald  in  physiologischen  oder  pathologischen, 
bald  in  anatomischen  oder  mechanischen  Momenten  gesucht,  und 
musste  nicht  allein  manchen  Fall  für  räthselhaft  erklären,  son- 
dera  wurde    sogar  zu  nutzlosen  und  gefährlichen  Massnahmen 
verleitet.    Am  Allgemeinsten  ist  die  Ansicht  verbreitet,  dass  die 
Erhebung  des   Fersenhöckers,  mit    nachfolgender  Luxation  des 
Talus,  durch  Retraction  oder  Gontractur  der  zum  Extensor  pedis 
vereinigten,  und  in  die  Achillessehne  auslaufenden,  oberflächli- 
chen Wadenmuskeln  hervorgebracht  werde,  und  dass  diese  Wir- 
kung in  der  aufgehobenen  Thätigkeit  der  die  Dorsalflexion  ver- 
mittelnden Antagonisten  ihre  wesentlichste  Unterstützung  fände. 
H.  A.  Petit,  Larrey,  Ghelius,  Stromeyer,  Dieffenbach, 
Vocke,  Bardeleben,  Hyrtl,  Erichsen'u.  s.  w.,  waren  und 
sind  die  Hauptvertreter  dieser  Anschauung,  aus  welcher  leider 
Naehoperationeo  entstanden,  die  ihren  Zweck  wohl  selten  er- 
füllen, nicht  gefahrlos  sind,  und  später  noch  ausfuhrlicher  erwähnt 
werden.     Freilich  ist  es  einleuchtend,  dass  eine  Muskelgruppe, 
wenn  sie  das  üebergewicht  gewonnen  hat  (was  beim  Extensor 
pedis  sogar  nach  gelungener  Verwachsung  der  Flexoren  durch 
die   veränderten    Verhältnisse    der    Fusshebelstange    zu   Stande 
kommt),  Einfluss  auf  ihren  Insertionspunkt,  hier  also  anhalten- 
den Zug  auf  den  Fersenhöcker,  ausübt,  aber  dieser  wird  immer- 
hin, so  lange  keine  directe  Muskelreizung  stattfindet,  ein  massi- 
ger bleiben.     Fälle,  in  denen  Fersenerhebung  bei  völlig  scblafier 
Achillessehne  vorkam,  werden  nicht  selten  erwähnt  (Verneuil,* 

V.  Laag«nb«6k,  AridÜT  U  Chinirgi«.  IX.  3 


34  H.  Fremmert, 

Pouch  er  n.  s.  w.);  sie  sind  es,  welche  den  Muskelwirknngen 
beim  Zastandekommen  der  Fussabweichung  eine  nur  untergeord- 
nete Stellung  einräumen,  und  nach  anderen  Entstehungsarsachen 
suchen  lassen.  —  Zuerst  S6dillot,  dann  Szymanowski, 
Weber,  Emmert  u.  A.,  glaubten  diese  denn  auch  in  gewis- 
sen anatomischen  Eigenthümlichkeiten  des  Tibiotarsalgeleokea, 
welche  nach  Hinwegnahme  des  vorderen  Bogens  der  Fussarcade 
zur  Geltung  kämen,  und  durch  die  Körperschwere  u.  s.  w.  onter- 
stfitzt  würden,  gefunden  zu  haben,  und  verdient  diese  AuBicht  in 
der  That  eine  nähere  Würdigung.  Der  Fuss  bildet,  wie  PaoT) 
sagt,  ein,'  sich  auf  den  Ballen  der  grossen  Zehe,  auf  den  Ballen 
und  hinteren  Höcker  des  fünften  Metatarsus,  und  auf  den  Fer- 
senfortsatz stützendes,  an  der  inneren  Seite  weiter  offen  stehen- 
des Nischengewölbe  (Szymanowski),  oder  vielmehr  ein  ei- 
förmiges Dach,  dessen  Gipfel  oder  Schlussstein  (der  Talus,  auf 
den  ausschliesslich  die  Eörperlast  in  der  Richtung  der  Längsaxe 
des  Unterschenkels  drückt)  nicht  genau  in  der  Mitte  liegt,  son- 
dern der  Ferse  zugerückt  ist,  und  also  den  hinteren  Theil  des 
^Bogens  steiler  erscheinen  lässt.  Wird  nun  die  vordere  Hälfte 
dieses  Gewölbes  entfernt,  indem  man  die  Enucleation  im  höchst- 
gelegenen  Gelenke,  d.  h.  im  Ghopart^schen,  vornimmt,  so  ruht 
der  Eörper  mit  seiner  ganzen  Schwere  auf  dem  in  die  Höhe 
starrenden  hinteren  Arcadenreste,  und  wird,  was  Malgaigne 
übrigens  kurzweg  für  einen  stets  gelingenden  Vorgang  hält,  den 
ehemaligen  Gipfelstein,  d.  h.  das  Sprungbein,  niederzubeugen 
versuchen.  Die  Vorwärtsdrängung  des  Astragalus  muss  übrigens 
noch  durch  gewisse  Verhältnisse  seiner  oberen  convexen  (etwa 
120®  Spannung  haltenden)  Gelenkfläche  begünstigt  werden.  Es 
stellt  nämlich  beim  Stehen  und  Gehen  diese  obere  Rolle  nicht 
so  bereitwiUig  ihren  vorderen,  breiteren,  der  Gelenkgrube  völlig 
congruenten,  als  vielmehr  ihren  hinteren,  um  2— 3,5''^  schmale- 
ren, die  Articulatio  pedis  zu  einer  beschränkten  Arthrodie  erbe- 


■)  H.  J.  Paal,  Chir.  Krankh.  des  Bewegungs -  Apparates.    Lahr,  1&61, 
pag.  385. 


Zur  Kritik  and  Gasnistik  der  sog.  Ghoparfschen  ExarticnJatioo.     ^5 

benden  Theil  ein,  nnd  wird  dadurch   eine  andauernde  Senkung 
des   Taluskopfeä   zu   erzielen   suchen.      Szymanowski   glaubt 
ausserdem,  dass  die  Rolle  des  Astragalus  zur  Einnahme  dieser 
Stellung  durch  die  ünterschenkelknochen ,  sogar  ohne  Gehver- 
suche des  Patienten,  gezwungen  werde,  indem  die  VerAdung  des 
ausser  Function  gesetzten  Fussgelenkes,  mit  dem  Schwinden  der 
SyooTialflüssigkeit,  auch  Unbeweglicbkeit  der  Malleolen  (die  frü- 
her um  eine  Linie  auseinanderweichen,  und  das  breitere  Ende 
der  Rolle,  auch  bei  starker  Dorsalflexion,  aufnehmen  konnten) 
mit  sich  bringe.  —  Diese,  die  Fersenerhebung  auf  anatomisch- 
mechanische Quellen,  zu  .denen  man  ja  auch   das    von  hinten 
nach  vorne  ab-   und   einwärts   verlaufende   Planum    subtalicum 
(Paul)  rechnen  kann,  zurückführenden  Argumentationen  dürfen 
uns  aber  nicht  genügen,  wenn  wir  mehr,  als  nur  prädisponirende 
und  unterstützende  Causalmomente  kennen   lernen  wollen.    Da 
Dislocation  der  Stumpfknochen  nur  in  der  Minderzahl  der  Fälle 
vorkommt,  müssen  die  ungünstigen  architektonischen  Verhältnisse 
des  verstummelten   Fussskelets,    und   die   Körperschwere  doch 
durch  irgend  einen  umstand  unschädlich  gemacht,  paralysirt  wer- 
den, oder,  mit  anderen  Worten,  es  bedarf  erst  gewisser  Beding- 
ungen, um  jene  unglücklichen  Momente  zur  Geltung  zu  bringen. 
Mit  diesen  Bedingungen,  d.  h.  mit  den  wahren,  hervorrufenden 
Ursachen,  muss  man  sich  bekannt  machen,  um  die  räthselhaften 
Widersprüche  in  den  Operationsresultaten  aufzuklären,  und  eine 
rationelle,  überall  gültige  Behandlung  anzubahnen.     In  dem  Mo- 
dus operandi,  d.  h.  in  der  Lappenbildung  etc.,  auf  den  wir  noch 
zurückkommen,  glaube  ich,  obgleich  es  von  mehreren  Seiten  ge- 
schehen ist,  diese  unmittelbaren  Entstehungsgründe  der  Fersen- 
erhebung nicht  suchen  zu  müssen;  absolute  Absurditäten  ausge- 
i^chlosKen ,  hat  jedes  Verfahren ,  wie  sich  nachweisen  lässt,  Fälle 
aulzuweiBen,  die  einen  glücklichen   Ausgang  nahmen,  und  auch 
ans  meiner  Krankengeschichte  w^ird  man  hierher  bezügliche,  nicht 
uninteressante  Schlüsse  ziehen  können.    Das  Lebensalter  und  Ge- 
schlecht üben  ebenfalls  keinen  directen  Einfluss  auf  das  Zustande- 
kommen des  Lfeidens  aus,  und  den  Beruf  kann  man,  wenn  er 

3* 


36  H.  Fremmert, 

Gehen  und  Stehen  mit  sich  bringt,  auch  nur  zu  den  pradispo- 
nirenden  Ursachen  zählen.  —  Somit  verspricht,  wenn  wir  zu  den 
eigenthümlichen ,  durch  das  Körpergewicht  in  ihren  missliehen 
Folgen  unterstützten,  anatomischen  Verhältnissen  der  Stampf- 
knochen zurückkehren,  und  nochmals  die  Frage,  durch  welchen 
Umstand  diese  ungünstigen  Momente  paralysirt  werden,  yentili- 
ren,  nur  noch  der  Bandapparat  des  Fusses  einige  Aufklftmng  för 
unsere  Angelegenheit.  —  In  der  That  halte  ich  denn  auch  die 
zahlreichen,  meist  straffen  Ligamente  des  Taurus,  und  speciell 
des  oberen  Spranggelenkes  für  fest  genug,  um  dem  Eiastarse 
des  Fussbogenrestes  vorzubeugen;  manche  GingljrmusarticnlatioD 
scheint  in  gewissen  Stellungen  auch  unfehlbar  luxiren  zu  mflssen, 
und  doch  werden  die  schlüpferigen,  abgerandeten  Flächen  durch 
ihren  Bandapparat  in  der  normalen  Lage  erhalten.  Erst  wenn 
dieser,  die  schrägen  Gewölbsteine  kräftig  mit  einander  verbin- 
dende Mörtel  zerbröckelt,  fallt  die  Ruine  zusammen.  —  Entsteht 
also  eine  Dislocation  der  Tarsalknochen  nach  der  Ghopart'- 
sehen  Operation,  vor,  oder  sogar  auch  nach  Gehversuchen,  so 
sehe  ich  nicht  ein,  warum  man  den  Vorgang  anders,  als  bei  son- 
stigen spontanen  Verrenkungen  erklären  soll.  Einige  wenige 
Autoren  haben  zwar  auf  die  von  mir  gemeinten  Gausalmomeote 
aufmerksam  gemacht,  aber  es  ist  in  so  unvollkommener  Weise 
geschehen  (z.  B.  Weber  fahrt  nur  kurz  anter  Anderem  Ent- 
zündung des  Fussgelenkes  an,  und  Robert  spricht  von  seiner 
Sehnenscheidenentzündung),  dass  eine  nähere  Betrachtung  der- 
selben wohl  motivirt  ist.  —  Sehen  wir  von  der  Garies,  die,  na- 
türlich durch  Zerstörung  der  Articulationsflächen ,  auch  zn  Ge- 
lenkverschiebungen f&hrt,  und  von  der  parenchymatösen  Mnskel- 
entzündung  (s.  Paul,  „myopathische  Luxation^  pag.  410)  ab, 
so  sind  es  bekanntlich  die  Krankheiten  des  Bandapparates,  welche 
zu  consecutiven,  pathologischen  Verrenkungen  führen.  Hierher 
gehören:  1)  die  destructive  Entzündung  der  Kapsel,  und  2)  die 
Ausdehnung  des  Gelenkcavums  durch  seröse  Ergüsse.  Die  erstere 
wird,  wenn  wir  sogar  die  Erschlaffung  und  Zerstörung  der  fibrö- 
sen Theile  aus  dem  Spiele  lassen,  schon  durch  die  blosse  An- 


Zar  Kritik  nnd  Ga^niatik  der  sog.  Chopart'scheD  Ezarticoktion.     37 

foUiing  des  Gelenkes  mit  der  pathologischen  Zottenwachening 
der  Synovialis  Diastase  erzeugen,  und  dann  durch  einen  suftlli- 
gen  äusseren  Anlass,  eine  unwillkürliche  oder  willkflrliche  Be- 
wegung u.  8.  w.  die  vollkommene  oder  unvollkommene  Ausren» 
roikung  erfolgen.  Ebenso  kommen,  nach  Roser,  durch  enorme 
Ergösse,  die,  ohne  eiterige  Zerstörung,  den  Bandapparat  ausein- 
andertreiben, gpontane  Gelenkabweichungen  zu  Stande.  Dass  die 
Sprunggelenke  in  unserem  Falle  solchen  Leiden,  besonders  dem 
ersteren,  sehr  ausgesetzt  sind,  ist  einleuchtend;  und  müssen  also 
wohl,  so  lange  uns  andere,  stichhaltigere  Entstehungstheorieen 
fehlen,  gewisse  pathologische  Vorg&nge  (vorzüglich  die  Arthro- 
phlogosis  in  allen  ihren  Formen),  als  einzige  unmittelbare  Ur- 
sache des  pferdefhssartigen  Stumpfes  angesehen  werden.  Die 
Yerhütnng  und  Bekämpfung  dieser  Processe  wird,  wenn  sie  ge- 
lingt, wahrscheinlich  auch  die  Fersenerhebung  verhindern,  und 
gedenke  ich  bei  der  Therapie  noch  auf  diesen  wichtigsten  Punkt 
aosfahrlich  zurückzukommen. 

Die  Häufigkeit  des  pferdefussartigen  Stumpfes,  oder  viel- 
mehr das  Verh&ltniss  der  misslungenen  Oh opart' sehen  Opera- 
tionen zu  den  erfolgreichen,  lässt  sich  schwer  mit  Genauigkeit 
bestimmen ,  da  wohl  nur  über  die  Minderzahl  der  einzelnen  Fälle 
Berichte  vorliegen ,  und  diese  wiederum  sich  entweder  nicht  im- 
mer über  die  Folgezustände  auslassen,  oder  häufig  durch  zu  kurze 
Beobachtung  des  Kranken  etc.  unzuverlässig  werden.  Die  mei- 
sten Autoren  schlüpfen  daher  auch,  indem  sie  sich  der,  mannich- 
äche  Deutung  zulassenden  Ausdrücke  „zuweilen,  nicht  selten, 
oftmals,  besonders  häufig,  etc.^  bedienen,  über  die  ganze  Ange- 
legenheit eilig  hinweg,  und  findet  man  auch  wirklich  bei  einzel- 
nen, über  ihre  eigenen  Erfolge  berichtenden  Operateuren  directe 
Zahlenangaben,  so  setzt  der  vOllige  Mangel  an  Uebereinstimmung 
in  Erstannen.  Es  hatte  z.  B.  Paul  unter  fünf  Operirten  vier, 
bei  denen  Fersenerhebung  stattfand,  Robert  unter  dreien  einen, 
Blandin  unter  eilfauch  nur  einen,  Yelpeau  1839  unter  fftn- 
fen  keinen,  nnd  Textor  unter  siebzehn  keinen  einzigen,  um 
daher  annähernd  sichere  Zifiem  f&r  die  Häufigkeit  der  Stumpf- 


38  H.  Fremmert, 

abweicbung  im  Allgemeinen  zu  erhalten,  darf  man  nicht  den  An- 
gaben des  Einzelnen  folgen,  sondern  muss  aus  allen  bekannteren 
Fällen  eine  Durchschnittszahl  zu  gewinnen  suchen.  MicheP) 
sagt,  dass  von  acht  Operationen  nach  Ghopart  nur  f&nf  mit 
Erfolg  gekrönt  seien  (also  Fersenerhebung  bei  37,5  pCt.)  und 
Weber'),  dass  unter  den  82  Stampfen,  die  man  näher  kennt, 
50  brauchbare  waren  (Fersenerhebung  daher  bei  etwa  39  pGt.). 
Meine  aus  den  Berichten  von  mehr  als  40  Operateuren  znsam- 
mengestellte  Statistik  liefert  etwas  günstigere  Verhältnisse,  was 
übrigens  davon  abhängen  kann,  dass  mir  die  Details  zahlreicher 
Fälle,  die  vielleicht  anderen  Sammlern  zugänglich  waren,  unbe- 
kannt blieben  (von  123  Operationen,  die  ich  mit  Bestimmtheit 
nachweißen  kann,  fehlt  mir  für  47  jede  nähere  Angabe;  in  der 
Klinik  zu  Halle  wurden  z.  B.  von  1831  ~  1856  nicht  weniger 
als  14  Exarticulationen  in  tarso  gemacht,  und  doch  ist  kein  ein- 
ziger Fall  näher  beschrieben  worden').  Nach  meiner  Zusam- 
menstellung fand  unter  76  Operirten  nur  bei  25  derselben  Fer- 
senerhebung statt,  und  giebt  das  also  etwa  33  pGt. 

Was  jetzt  die  Symptome  und  den  Verlauf  unserer  Stumpf- 
abweicbung  anbetrifft,  so  bleibt,  nach  dem  Gesagten,  nur  noch 
wenig  zu  erwähnen  übrig.  Sie  kann  früher  oder  später,  schneller 
oder  langsamer,  vollkommener  oder  unvollkommener  zu  Stande 
kommen;  den  Fällen,  in  welchen  sie  schon  bald  nach  der  Ope- 
ration, vor  völliger  Yernarbung,  und  während  der  Patient  noch 
im  Bette  liegt,  auftrat,  stehen  andere  gegenüber,  in  denen  sie 
erst  nach  Jahr  und  Tag  (bei  Verneuirs  Rauchfangkehrer  nach 
18  Monaten)  zum  Vorschein  kam.  Halten  wir  die,  von  uns  als 
unmittelbare  Ursachen  angeführten  pathologischen  Processe  fest, 
so  lässt  sich  der  verschiedene  Zeitpunkt  des  Entstehens^  die  un- 
gleiche Schnelligkeit  der  Zunahme,  und  der  höhere  oder  niedri- 
gere Grad   der  Entwickelung  einer  Fersenerhebung  direct   aus 


')  J.  Hjrtl,  Handb.  der  topogr,  Ant,  4.  Aufl.  1860,  B.  IL,  pa^.  619. 
>)  ▼.  Laageobeck'B  Archiv.  B.  4.,  Heft  2.,  1863. 
')  Beiträge  z.  prakt.  Ghir.  ▼.  £.  Blasius,  Berlin  1848,  und  Neue  Bei- 
träge etc.«  Leipzig  1857. 


Zur  Kritik  und  Casiiistik  der  sog.  Chopart'scheo  Ezarticnlatioo.     S9 

diesen  ableiten.  Tritt  eine  Gelenkcaries,  parenchymatöse  Mos- 
kelentzündung,  Arthrophlogose,  oder  Eapselausdehnang  durch  Er- 
güsse gleich  nach  der  Amputation  ein,  so  wird  sich  auch  eine 
RetroTersion  früh  einstellen;  nimmt  die  primäre  Krankheit  einen 
schleichenden  Yerlauf,  so  wird  auch  die  Dislocation  der  Stumpf- 
kßochen  nur  langsam  ihre  höchsten  Grade  erreichen  u.  s.  w.  — 
Gesellt  sich  am  dem  Grundleiden  Fersenerhebung,  so  wird  das 
Gehen  und  Stehen,  wenn  es  nicht  schon  früher  beeinträchtigt 
war,  jetzt  mehr  oder  weniger  unmöglich,  und  der  Stumpf  nimmt 
eine  unnatürliche  Form  an.  Die  Sohle  ist  nicht  mehr  genau  nach 
unten  gerichtet,  die  Haut  fast  überall,  besonders  aber  auf  der 
herrorgetretenen  TalusroUe,  gespannt,  die  Hacke  meist  nach  hin- 
ten, unten  and  oben,  der  Sprungbeinkopf  nach  vorne,  unten  und 
iunen  verschoben,  die  Extremität  verkürzt.  Die  etwaige  Mobili- 
tät des  Stampfes  ist  beschränkter,  als  früher,  oder  wird  völlig 
aufgehoben,  der  Fuss  verharrt  in  der  Extension,  und  allmälig  ge- 
sellt sich  daza  Abmagerung  der  Wade.  NatürUch  erleidet  die 
Narbe  oder  die  noch  angeheilte  Wunde  Zerrungen,  und  es  kön- 
nen sich  Exulcerationen ,  Abscesse  und  Fisteln  bilden.  Schmer- 
zen sollen  nicht  immer  vorhanden  sein. 

Die  Diagnose  stützt  sich  auf  obige  Symptome,  und  brauche 
ich' wohl  nichts  in  Bezug  auf  sie  hinzuzufügen. 

Die  Prognose  ist,  obgleich  das  lange,  schmerzvolle  Siech- 
tbum  immerhin,  durch  Gonsumption  der  Kräfte,  zum  Tode  fahren 
kann,  doch  im  Allgemeinen  quoad  vitam  gerade  nicht  absolut 
ongünstig;  im  concreten  Falle  wird  sie  sich  nach  dem  Grade  der 
zu  Grunde  liegenden  Ursache,  und  nach  dem  üuiversalzustande 
des  Kranken  richten  müssen.  —  Völlige  Genesung  kommt  bei 
einmal  eingetretener  Fersenerhebung  höheren  Grades  wohl  nur 
selten  vor;  Patient  bleibt  gewöhnlich  mehr  oder  weniger  hin- 
kend, benutzt  später  Krücken  oder  einen  Stelzfnss,  und  bittet 
zuweilen  schliesslich  sogar  um  die  Amputation  über  den  Knöcheln. 

Therapie.  Das  älteste  gegen  die  Retraction  empfohlene 
Mittel  ist  die  Tenotomie,  die  nicht  allein  nach  bereits  eingetrete- 
ner Fersenerhebung,  sondern  auch  häufig,  als  präservatives  Re- 


40  H.  Fremmert, 

medium,  gleichzeitig  mit  der  Exarticulation  vorgenommen  wurde. 
—  Bereits  M.  A.  Petit  schritt  in  seinem  oben  erwähnten  FaUe 
zur  Durchschneidung  der  Achillessehne;  H.  Larrey  nahm  sie 
subcutan  vor;  Huguier,  Wilms^)  und  Bitot')  führten  sieza* 
gleich  mit  der  Fussablösung  aus,  Robert  wandte  sie  mehrmals  j 
in  veralteten  Fällen  an,  und  auch  Fleury  (s.  Blasius),  Vel-  , 
peau,  Jobert,  N61aton,  Stansky  und  Stromeyer')  übten 
sie  aus.  —  Einige  Lehrbucher  empfehlen  sie  noch  heute  (z.  B. 
im  Erichsen-Thamhayn'schen^)  heisst  es:  „bei  aufwärts  ge- 
zogener Hacke   hilft  nur  Durchschneidung  der  Achillessehne''), 
aber  die  Mehrzahl  der  neueren  Chirurgen  findet  in  ihr  nicht  mehr 
ein  sicheres  Abhülfemittel.    Da  die  Sehne,  wie  wir  bereits  ge- 
sehen haben,  nicht  nothwendig  gespannt  ist,  die  Durchschnei- 
dung nicht  ganz  ungefährlich,  und  auch  die  Erfolge  der  obenge- 
nannten Operateure  häufig  unbefriedigend  waren,  (Larrey  er- 
zielte, wie  Malgaigne  sagt,  keine  Heilung,  und  ebenso  ging  es 
Huguier,  Yelpeau,  Jobert,  Nölaton  undStansky;  Stro- 
meyer  hatte  mit  vielen  Mühsäligkeiten  zu  kämpfen,   und  bei 
Robert  kehrte,  trotz  dreimaliger  Dissection,  die  Fersenerhebong 
immer  wieder  zurück),  so  kann  man  jetzt  mit  Recht  wohl  im 
Allgemeinen    von   der   Tenotomie   abrathen.      Versucht   werden 
könnte  sie  allenfalls  in  denjenigen  verzweifelten  Fällen,  wo  die 
bereits  existirende  Arthrophlogose  oder  GelenkbändererschlaffuDg 
von  einer  deutlich  nachweisbaren,  anderen  Mitteln  absolut  trotzen- 
den Gontraction  der  oberflächlichen  Wadenmuskeln  (bei  der  frei- 
lich zu  untersuchen  ist,  ob  sie  eine  durch  Reflex  hervorgebrachte, 
entzündliche,  paralytische  oder  habituelle  ist)  hartnäckig  beglei- 
tet, und  in  ihren  schlimmen  Folgen  unterstützt  wird.    Ob  es  aber 
in  solchen  Fällen  genügt,  nur  den  Tendo  Achillis  zu  durchschnei- 


>)  Ganst  Jahresb.  für  1862.  B.  V.,  pag.  224.  (Deutsche  Klinik  Nr.  4) 

')  Oanst  Jabresb.  fQr  1858,  B.  V.,  pag.  254.  Jonrn.  de  M^d.  de 
Bord.  April) 

>)  Oanst.  Jahresb.  für  1844. 

*)  Prakt  Handb.  der  Ghir.  v.  John  E.  Erichsen.  Freie  Uebers.  ton 
Dr.  0.  Thamhayn  1864,  B.  1.,  p.  87,  Berlin. 


Zur  Kritik  und  CMoistik  der  sog.  Chopart'acben  Eiarticulation.     41 

den,  wird  von  Bobert  nicht  ohne  Grund  bezweifelt«  —  Durch- 
aas  za  verwerfen  ist  jedenfalls  die  mit  der  YorfiiBsablOsang 
gleichzeitig  vollzogene  Tenotomie.  Von  vielen  Seiten  ist  ferner 
ein  grosses  Gewicht  auf  die  Exarticulationsmethode  gelegt  wor- 
den, und  obgleich  man  dabei  nicht  immer  die  Prophylaxis  der 
Fersenerhebung,  sondern  auch  Yerschwärungen  der  Narbe  u.  s«  w. 
im  Auge  gehabt  bat,  so  findet  doch  die  Besprechung  etwaiger, 
aas  dem  Modus  operandi  entspringender  Vor-  oder  Nachtheile 
hier  ihren  geeignetsten  Platz.  Indem  ich  natürlich  f&r  das  Spe- 
ciellere  der  chimrgischen  Handgriffe  auf  die  Lehrbücher  verweise, 
führe  idi  hier,  um  dem  Leser  die  Unzahl  der  iiLr  unsere  Opera- 
tion gemachten  Vorschläge  wieder  in's  Ged&chtniss  zu  rufen,  nur 
karz  die  einzelnen  Methoden  an :  1)  Ursprüngliche  Methode  von 
Chopart  (Seitenschnitte,  oberer  Querschnitt,  Ablösung  des  kür- 
zeren Dorsallappens,  Exarticulation,  Bildung  des  Plantarlappens), 
von  Rnst  and  Textor  geübt,  und  nach  Letzterem  der  Quer- 
schnitt in  2  Momenten  zu  machen.  2)  Doppelter  Lappenschnitt 
Ton  Walther  (gleich  grosse  Lappen).  3)  Ovalärmethode  von 
Scoutetten.  4)  Schräg&chnitt  von  Blasius  (1838).  5)  Riche- 
raod,  Lisfranc,  Langenbeck  und  Klein  machten  gar  keinen 
Doraall^pen.  6)  S^dillot  empfahl  einen  inneren  Lappen,  7) 
Banden 8  einen  sehr  grossen  Dorsallappen,  und  versuchte,  wie 
aaeh  Blandin,  Chelius  und  Södillot,  die  Sehnen  recht  lang 
abzuschneiden.  8)  Maingault  bildete  zuerst  den  Plantarlappen, 
und  nahm  dann  einen  eingehen  Dorsalschnitt  vor.  9)  Syme 
machte  es  umgekehrt;  10)  Günther  bildete  drei  Lappen,  11) 
PouUain  (Pätrequin)  schlug  zwei  seitliche,  halbmondförmige 
Lappen  vor,  und  12)  Guthrie  spaltet  den  Plantarlappen.  —  Zu 
diesen  Vorschriften  ffir  das  Hauptverfahren  kamen  noch  ergän- 
zende Yorschläge  hinzu;  z.  B.  Malgaigne  proponirte  die  Besec« 
tioD  des  unteren  vorderen  Fersenbeinwinkels,  der  die  Kranken 
genire  und  Schmerzen  errege  (?I),  Huguier  wollte  den  Talus  auf 
eeiae  hintere  Fläche  versetzen  (II),  und  Baudensu.s.  w.  empfah- 
len die  Sehnennaht  Die  zwölf  Operationsmethoden  entsprangen, 
wttin  sie  nicht  sufUlig  durch  den  Zustand  der  Weichtheile  dictirt 


42  H.  Fremmert, 

wurden,  aus  sehr  verschiedenen  Motiven;  Einige  wollten  schoell 
operiren,  Andere  die  Schmerzhaftigkeit  des  Verfahrens  mildern, 
der  Narbe  eiue  gute  Lage  geben,  oder  endlich  der  Fersenerhe- 
bung  entgegenwirken.  Alle  unnützen  Spielereien  zurückweisend, 
möchte  ich,  wenn  die  ümst&nde  es  erlauben,  denjenigen  Metho- 
den, nach  welchen  die  Sehnen  des  Fussrückens  etwas  länger  ab- 
geschnitten werden,  und  der  Dorsallappen  also  nicht  zu  klein 
ist,  den  Vorzug  geben  (welcher  Meinung  übrigens,  wenn  wir  nur 
die  neueren  Chirurgen  berücksichtigen,  Szymanowski  nicht  si 
sein  scheint).  Kein  Anhänger  der  Baudens 'sehen  üebertiei- 
bung,  glaube  ich  jedoch,  dass  man,  obwohl  Textor  dabei  stets 
Fistelbildung  beobachtete,  unter  umständen  beide  Lappen  sogar 
gleich  gross  machen  kann;  in  keinem  Falle  wurde  ich  durch  den 
Zustand  der  Weich theile  dazu  gezwungen,  und  hatte  später  keinen 
Grund,  es  zu  bedauern.  Die  Vortheile  eines  dicht  an  den  Knochen 
abpräparirten,  also  nicht  allein  aus  der  Haut  zusammengesetzten, 
massig  langen  Rückenlappens,  bestehen  in  der,  ziemlich  bestinuDt 
vorauszusehenden ,  Verwachsung  der  Sehnenenden  mit  den  tof- 
deren  Gelenkflächen  des  Sprung-  und  Fersenbeines.  Blandin's 
Untersuchungen  (s.  S^dillot),  das  oben  angeführte  Yerneair- 
sche  SectionsprotokoU,  und  andere  Erfahrungen  beweisen  die 
Möglichkeit  des  Zustandekommens  solcher  AnlOthungen.  Ist,  im 
Gegentheil,  den  Sehnenstümpfen  diese  Chance  von  Hause  aas  ge- 
nommen, wie  z.  B.  bei  dem  Richerand'schen  Verfahren,  so 
müssen  sie  mit  den  Weichtheilen  verschmelzen,  üben  keinen, 
selbst  nicht  den  beschränktesten  Einfluss  auf  die  Bewegung  der 
Knochen  aus,  und  können  unangenehme  Zerrungen  hervorrufen. 
Das  sind  die  einzigen  Gründe,  welche  mir  die  Bildung  eines  nicht 
zu  kleinen  Dorsallappens  empfehlenswerth  erscheinen  lassen;  h^ 
deutend  genug  sind  sie  jedenfalls  nicht,  um,  wenn  der  Zustand 
der  Weichtheile  dieses  Verfahren  verhindert,  auch  auf  aUe  an- 
deren Methoden  der  Mediotarsalexarticulation  zu  verzichten.  Als 
prophylactisches  Mittel  der  Fersenerhebung  hat,  selbst  wenn  mdi 
annimmt,  dass  diese  immer  durch  Muskelzug  entsteht,  auch  ein^ 
die  Verwachsung  der  Sehnen  mit  den  Gelenk&chen  onterstfitzedf 


Zur  Kritik  und  Casniatik  der  aog.  Ghopart'schen  Exarticnlation.     43 

der  Operationsmodns  keine  Bedentang,  denn  die,  glücklichen 
Falles,  am  Knochen  neu  inserirten  Dorsalflexoren  werden,  wenn 
man  sie  sogar  für  normal  actionsfthig  hält,  doch  durch  das  Nä- 
herrücken  ihrer  Anschlagsstelle  zum  Stützpunkt  des  Fusshebels, 
an  Kraft  verlieren,  und  keine  vollkommen  genügenden  Antago- 
nisten für  den  Extensor  pedis  abgeben.  —  Die  Sehnennaht,  welche 
schliesslich  von  Einigen,  z.  B.  Wattmann  (s.  Blasius)  und 
Baudens  (s.  Günther),  empfohlen  wurde,  um  die  gewünschte 
Vereinigung  angeblich  ganz  sicher  (??)  zu  erzielen,  ist  kaum 
rtatthaft;  —  obgleich  diese  Naht  im  Allgemeinen  nicht  völlig  zu 
verwerfen  ist  (s.  z.  B.  Chassaignac's  glückliche  Zusammen- 
heftungen  der  Sehne  des  Ext.  poll.  long.')  und  Roux's  Erfah- 
mngen*)),  bleibt  sie  doch  für  unseren  Fall,  wo  die  nöthige  Ver- 
schmelzung ohne  Eunsthülfe  wohl  eben  so  häufig,  als  mit  dieser 
zu  Stande  kommt,  eine  unnütze  und  nicht  ungefährliche  Erschwe- 
rung der  Operation.  —  Die  auf  Erhaltung  der  normalen  Huskel- 
iüsertionspunkte,  durch  Auswahl  näher  zur  Fassspitze  gelegener 
Operationstellen,  hinzielenden  Verbesserangs  vorschlage  des  Gho- 
part'schen  Schnittes  bedürfen,  da  man,  ganz  abgesehen  von 
der  gefärchteten  Fersenerhebung,  schon  aus  anderen  Gründen 
immer  so  fem  wie  möglich  vom  Rumpfe  amputiren  wird,  kaum 
der  Erwähnung.  Gestatten  es  die  Weichtheile,  so  wird  man  im- 
mer, schon  um  dem  Fusse  eine  grössere  Plantarfläche  zu  gewin- 
Den,  nicht  allein  die  Ansatzpunkte  der  Mm.  tibiales  et  perooaei 
(das  Kahnbein,  erste  Keilbein,  Stücke  vom  1.  und  5.  Metatarsal- 
knochen),  sondern  auch  ihre  Nachbaren  schonen,  und  also  nach 
den  Vorschriften  und  dem  Vorgange  von  G.  Hayward  (1816), 
Mayor  (1834),  Schuh  (Prager  Viertel).  1845,  B.  L),  Laborie 
nndJobert»),    Paul    (1851)*),  Adelmann   (1853)«),   Ver- 

>)  Oansi.  Jahresb.  f.  1856,  B.  V.,  p.  273.    (Gaz.  des  Hop.  Nr.  98). 

*)  Ganat.  Jabreab.  f.  1845,  B.  lU.,  p.  20.    (Gaz.  des  Hop.  27.  Mars). 

')  Elements  de  Ghir.  op^r.  par  A.  Gn^rin,  2.  ödit,  1858,  pag.  166. 

•)  Ganat.  Jahresber.  für  1851,  B.  V.,  pag.  138.  (Günsbnrg's  Zeit- 
Khrift  1851). 

*)  Beiträge  zar  Heilkande.  Riga  1858,  B.  2.,  Lief.  3.  »Ueber  Ampat 
te  Fnaaes  in  den  Taraalknochea.* 


44  H.  Fremmert, 

neuil  (1854)^),  Demarquay  (1858)*)  operiren.  —  JedenMa 
bat  F.  Bland! n  Unrecht,  wenn  er  die  Ghopart^sche  Opera- 
tion der,  sammtliche  Fusswurzelknochen  conservirenden,  Exar- 
ticulatio  metatarso-tarsea  vorzieht,  and  sagt  Lisfranc')  von 
seiner  Argamentation  mit  vollem  Rechte ,  dass  sie  npfile  et  trop 
&ible^  sei.  Andererseits  darf  man,  wenn  genügend  viel  Weich* 
theile  far  den  Mediotarsalschnitt  vorhanden  sind,  ihm  auch  nicht 
höher  gelegene  Ampatationstypen,  den  Textor-Malgaigne'- 
sehen,  Syme-Pirogoff  sehen,  Jäger-Syme'schen,  oder  sogar 
Leno irischen  vorziehen,  denn  diese  bringen  erst  eigentliche 
Verkürzung  der  Extremität,  nebst  allen  ihren  Folgen,  mit  sich; 
Unterschiede  im  Mortalitätsverhältnisse  existiren  kaum  bei  diesen 
Gliedabsetangen  ^).  —  Um  der  Fersenerhebung  vorzabeugeo,  siiul 


»)  Canst.  Jahresb.   för  1865.,    B.  V.,    pag.   220.     (Revue  »ei-cbir. 
D^cemb.  1854). 

*)  Canst.  Jahresb.  f.  1858,  B.  V.,  pag^.  254.     (Gas.  möd.  de  Paris. 
Nr.  33.). 

')  Fr^cis  de  M^dec.  op^rat.  Paris  1846,  T.  2.,  pag.  306. 
*)  Obgleich  das  Gefährliche  des  Nftherrflckens  zum  Stamm  im  Allg^ 
meinen  feststeht,  und  am  Deutlichsten  aus  PauTs  grossen  statistisclieB 
Tabellen  (Die  conservative  Chirurgie  der  Glieder,  2.  Ausg,  1859)  herrorgebt, 
(von  194  in  tarso  Amputirten  starben  49  ^  25,189^,  während  bei  1242 
Unterschenkelablösungen  der  Tod  480  Mal  es  38,714  unter  100  eintrat],  so 
scheint  doch  die  Sterblichkeii  bei  den  Amputationen  fiber  den  Knebele, 
im  Fuss-  und  im  Mediotarsalgelenke  ziemlich  gleich  zu  sein.  Die  ADgabeo 
der  einzjslnen  Autoren  sind  freilich  durchaus  nicht  fibereinstimmend,  Hefen 
aber  immerhin  einen  Beweis  für  das  Gesagte.  Weber  giebt  an,  dass  ^oo 
97  nach  Ghopart  Operirten  14  starben,  und  zwar  kommen  auf  die  in 
Kriege  amputirten  29  Personen  allein  zehn  Todesfälle ;  die  fibrigeo  68  li^ 
ferten  eine  Mortalität  von  kaum  6^,  während  die  Ablösung  über  deo  Knö- 
cheln nach  Michel  in  Summe  auch  nur  JL0,3^  Todte  aufau weisen  btt- 
Robert  stellt  folgende  Tabelle  auf: 

durch  Traumen  geboten: 
Amputationen  oberhalb  der  Knöchel  lieferten    12  %  Todte 
„  im  Tibiotarsalgelenke       „         33%      „ 

„  nach  Chopart  „         50  ü      „ 

wegen  organ.  Leiden  vollzogene: 
Amputationen  oberhalb  der  Knöchel  lieferten    20  %  Todte 
„  im  Tibiotarsalgelenke        „         17  %      „ 

^,  nach  Chopart  „         US     „ 


Zur  Kritik  und  Oasoistik  der  sog.  Ghopart'schen  Exarticolation.     45 

ferner  manniehfache  Bandagen,  orthopädische  Apparate,  und  eigen- 
thämliche  Schuhe  vorgeschlagen.  Verbände  die  den  Fnssstum- 
mel  beständig  in  leichter  Flexion  erhalten,  und  wie  sie  z.  B. 
Boyer  und  Dieffenbach^)  empfehlen,  werden  nicht  viel  lei- 
sten, können  aber  immerhin  angewandt  werden;  Szymano- 
wski's  gefensterte  Gypskapsel,  welche  die  Malleolen  nicht  zusam- 
mendrücken soll,  erweckt  in  dieser  Hinsicht  das  meiste  Yer- 
traaen.  Textor  wandte  ausser  den  Binden  nur  noch  Seitwärts- 
lagemng  der  Kranken  an,  und  hat  in  der  That  keinen  einzigen 
Fall  von  Fersenerhebung  beobachtet. 

Unter  den  orthopädischen  Apparaten  verdienen  nur  die 
künstlichen  Füsse  von  Gornish*)  Beachtung;  —  wellenförmig 
gebogene  Hetallfedem  bilden  einen  neuen  Pfeiler,  und  halten 
den  vorderen  Theil  des  Stumpfes  nach  oben  gerichtet,  leider 
aber  ist  der  Apparat  schwer  und  kostspielig.  Auf  eine  passende 
Fussbekleiduug  für  die  nach  Chopart  Operirten  [legen  Laborie 
Sädillot,  Erichsen  u.  A.  mit  Recht  das  grösste  Gewicht,  und 
Ersterer  empfahl  schon  1843  Stiefel,  die  eine  Vertiefung  fBr  die 
Ferse,  nnd  Planum  inclinatum  mit  vorderem  höchsten  Punkt  von 
2  Gm.  für  das  WQrfelbeinende  des  Galcanens  hatten.  Södillot 
bUt  ein  kleines,  dickes  und  resistentes  Kissen,  welches  unter  den 
Stumpf  placirt  wird,  und  mit  den  vorderen  zwei  Dritteln  des 
Fersenbeineis  und  dem  Kopfe  des  Astragalus  zusammenpasst,  ge- 
radezu für  das  einzige  Hülfemittel  gegen  die  schlimmen  Folgen 
der  Chopart'schen  Operation;  ein  Kranker  Malgaigne's  war 
instinktmässig  selbst  auf  diese  sinnreiche  Ansetzung  (ingenieuse 
protbtee)  gekommen,  indem  er  einen  festen  Tampon  in  den  vor- 
deren Theil  seines  gewöhnlichen  Stiefels  stopfte,  und  ausser- 
ordentlich gut  marschirte.  Das  Nützliche  des  auf  so  billigem 
Wege  ergänzten  Schuhwerkes  ist  zu  einleuchtend,  um  weiterer 
Erklärungen  zu  bedürfen.   —   Ankylose   des    Fussgelenkes  (die 


► 


>)  Die  operative  Ohinirgie  von  J.  F.  Dieffenbach,  Leipsig,  Brock 
baoB  1848,  pag.  863. 

>)  Ganst  Jahresb.  f.  1858,  B.  V. ,  pag.  801.    (Lancet  U.  Nr.  11.  und 
15.,  1857  und  anch  Schnfidt's  Jahrbb.  1858,  Nr.  10.). 


46  H.  Fremmert, 

nach  Szymanowski  Tielleicfat  von  einer  durch  Acuponctar 
oder  leichte  Scarificationen  eingeleiteten  Entzündung  angebahnt 
werden  konnte),  wurde  freilich  jede  Abweichung  der  Stampf- 
knochen unmöglich  machen,  bleibt  aber,  selbst  wenn  sie  auf 
künstlichem  Wege  sicher  und  gefahrlos  gelänge (?),  immer  nur 
ein  relativ  günstiger  Ausgang.  Besser  wäre  es  wohl,  gerade 
Alles,  was  zur  Zerstörung  oder  Erschlaffung  des  Bandapparates 
führen  kann,  zu  vermeiden,  oder  zu  bekämpfen,  und  erst,  wenn 
die  Arthrophlogose  unabweisbar,  eine  Zertheilung  und  Restitutio 
in  integrum  aber  nicht  mehr  möglich  ist,  die  Gelenkversteifnng  an- 
zubahnen. Trägt  man  überhaupt  der  Indicatio  causalis  in  unse- 
rem Sinne  Rechnung,  so  wird  man,  um  der  Fersenerhebung 
vorzubeugen,  den  gewöhnlichen  therapeutischen  Vorschriften  für 
die  resp  Arthrophlogose,  das  Hydrarthron,  die  Arthrocace  und 
jene  zur  myopathischen  Luxation  fuhrende  Muskelentzündung 
folgen. 

In  kurzer  Wiederholung  sind  also  für  die  Prophylaxis  und 
überhaupt  für  die  Behandlung  unserer  Stumpfabweichung  im  All- 
gemeinen folgende  Sätze  aufzustellen:  Bei  der  Operation  ver- 
suche man,  einen  massig  grossen  und  möglichst  dicken  Dorsal- 
lappen, mit  nicht  zu  kurz  abgeschnittenen  Sehnen,  zu  gewinnen, 
verbinde  aber  nie  mit  der  Exarticulation  auch  die  Durcbschnei- 
dung  des  Tendo  Achillis,  oder  die  Naht  der  Flexorenstümpfe. 
Zusammenheftung,  erster  Verband  und  Nachbehandluug  bleiben 
im  Allgemeinen  die  gewöhnlichen.  Der  Stumpf  werde  so  früh, 
wie  möglich,  durch  Binden  (vielleicht  durch  eine  Gypskapsel) 
fixirt,  etwas  gebeugt,  und  der  Patient  selbst  auf  die  Seite  gelegt 
Bei  heftigen  entzündlichen  Vorgängen,  welche  die  Sprunggelenke 
in  Mitleidenschaft  zu  ziehen  droben,  oder  in  diesen  bereits  ihren 
Hauptsitz  aufgeschlagen  haben,  verfahre  man  energisch,  empfehle 
die  äusserste  Ruhe,  gebe  dem  Gliede  die  richtige  Stellung,  und 
wende  nach  Umständen  Blutentziehungen,  Kälte,  (später  feuchte 
Wärme),  Derivantia,  Gompressivverbände  und  Narcotica  an.  Ge- 
lenkempyem,  Ostitis  articularis,  Hydrarthron  und  idiopathische 
Huskelleiden   werden  nach   den  allgemeinen  Regeln  behandelt. 


^  Kn^  land   Cjunistik  der  sog.  Ghopart'schen  Exartievlation.     47 

Jfr^x^^n  ^wexd.e    jeder  zo  frühe  Gehversuch  verhindert,   und 
#  ^^  %^l«T  noch   mit  dem  entsprechenden  Schuhwerk  (etwa  nftch 
^^tWtY^")    eestattet.      Tritt   trotzdem    Dislocation   der  Stumpf- 
^^ocben  ein,  so  hoffen  Dieffenbach,  Robert  und  Andere  viel 
^00  orthopl.diBchen  Apparaten.    Die  Achillessehnen-Dnrchschnei- 
>ADg  w&re  ^oUeicht  nur  in  den  verzweifeltsten  Fällen  zu  versu- 
nken, und  muBS  man  zur  ultima  ratio  chirurgorum,  zu  einer  neuen 
f90lieren  Amputation  schreiten,  so  ist  genau  zu  erwägen,  ob  die 
^arch   die  Fersenerhebung   gesetzten  Inconvenienzen   bedeutend 
^enng  sind,  einen  lebensgefährlichen  Eingriff  bei  dem  bereits  ge- 
schwächten Patienten  zu  rechtfertigen. 

Werfen  wir  jetzt  einen  Rückblick  auf  Alles,  was  im  Vor- 
t  heri^efaenden  über  die  Retraction  gesagt  worden,  so  ist  ersicht- 
[  lieh ,    dass   dieser  letzteren  freilich  nicht  die  untergeordnete  Be- 
Identung    der  übrigen,  gegen  die  Ghopart'sche  Operation   vor* 
gebrachten  Beschwerden  gebührt,  ihr  aber  andererseits  auch  keine 
TIebersch&tzung  zu  Theil  werden  darf.     Dass  nach  dem  Gho- 
par tischen  Schnitte  eine  pferdefussartige  Erhebung  des  Stumpfes, 
nne     das    Gehen   unmöglich    machende   Dislocation   der   beiden 
abrisgebliebenen  Fnsswurzelknochen  vorkommen  kann,  steht  fest; 
dass   die  schlimmeren  Grade  aber  im  Allgemeinen  nicht  zu  häufig 
smd ,  and  bei  rationeller  Behandlung  wohl  auch  meist  ganz  ver- 
mieden werden  können,  ist  ebenso  ausgemacht.    Die  Fersenerhe- 
bung tritt,  mit  anderen  Worten,  zu  selten  auf,  und  ihre  Prophy- 
laxis   bietet  zu  viel  Aussicht  auf  völlige  Verhütung  des  üebels, 
m  die  Aufopferung  aller  Vortheile  der  G  hepar  tischen  Operation 
"(JLMngB  des  Gliedes,  Vermeidung  künstlicher  Füsse  etc.)  zu  recht- 
hsrtigen.  —  Sind,  kurz  gesagt,  gerade  genug  Weichtheile  für  die 
llediotarBalexarticttlation  vorhanden,  so  darf  auch  nur  sie,  nicht 
aber  eine  höhere  Amputation  ausgeübt  werden.  — Ich  schliesse  mich, 
obc^eich  freilich  mehrere  renommirte  Chirurgen,  z.  BEmmert^), 


i 


*)  Lehrb.  d.  Chir.  etc.,  B.  IV.,  pag.  175:  „Wir  mfissen  diese  Exarticu- 
ktion  als  eine  solche,  welche  einen  darchatis  nageeigneten  Stampf  für  den 
ttJcdgcbranch  zniSflst,  verwerfen.  Die  gfinstigen  Erfolge  Mancher  mögen 
"^     I  Gmod  in  zu  kazer  Beobachtnngszeit  der  Operirten  haben,  oder  dar- 


48  H.  Premmert, 

Malgaigne^),  Nilaton'),  Legoaest'),  gerade  der  entge- 
gengesetzten  Meinung  sind,  unbedingt  Chelius*),  Blasias'), 
Textor*),  Weber'),  Szymanowski')  etc.  an,  welche,  fem 


auf  berahen,  dass  man  sich  bezflglich  der  Braachbarkeit  des  Passes  tloscht, 
in  deren  Beurtheilang  die  Ansichten  sehr  Terschieden  sein  kSnoeo."  — 

■)  Bardeleben  (Lehrb.  d.  Ghir.  etc.  B.  IV.,  pag.  873)  sagt  vod  Mal- 
gaigne*8  hartem  Urtheil  („die  Resultate  der  Ghopart'schen  Openticn 
sind  überhaupt  sehr  schlecht"),  dass  es  das  des  Erfinders  der  Ampo- 
tation  soQs-astragalienne  ist. 

*)  Nölaton  rath  ,  wie  Vacqnes  (siehe  Ganst.  Jahresb.  f.  1859, 
B.  V.  pag.  239)  in  seiner  Inangaraldissertation  sagt,  die  Ver&buDg  dfr 
Ghopart*8chen  Operation  nur  bei  Greisen  ond  solches  Kranken,  weich« 
ein  sendentftres  Leben  f&hren. 

*)  Legoaest,  Prof.  am  Val-de-Gräce,  sagt  in  seinen  „Studien  über 
das  definitive  Resultat  der  partiellen  Pussampntationen,  nach  den  Erfahnis- 
gen  des  orientalischen  Krieges"  (siehe  Ganst.  Jabresb.  f.  1856,  B.  V. 
pag.  214),  dass  „die  Ghopart'sche  Operation  nnr  unter  gewissen,  onmög- 
lieh  Yorauszusehenden,  schwer  zu  erreichenden  Bedingungen  renssire.  Trotx 
mancher  glQcklicher  Beispiele  scheinen  die  Erfahrungen  über  sie  ebenso  ob* 
gOnstig  SU  lauten,  als  die  Theorie  veraussagt.  Sie  dfirfte  deshalb  ao3 
der  Praxis  zu  verbannen  sein.'* 

*)  Handb.  der  Ghirurgie  etc.  1829.  „Die  Erfahrung  hat  mich  über- 
zeugt, dass  bei  Walther 's  Verfahren  die  Ferse  nicht  nach  hinten  geiogeo 
wird.  Die  Vorzfige  der  Lisfranc 'sehen  Operation  erscheinen  weniger  be- 
deutend, wenn  man  die  grossere  Schwierigkeit  der  AusfÜhrniig  nnd  die 
Umn<Sglichkeit  einer  genauen  Lappenbildnng  bedenkt/* 

«)  Blasius,  Handb.  der  Akiurgie,  3.  B.,  2.  Theil,  pag.  9%:  „Msg  dob 
eine^  Heraufziehnng  der  Ferse,  die  von  manchen  Ghirurgen  gar  nicht,  yob 
anderen  in  sehr  geringem  Grade  beobachtet  worden,  immerhin  eintreten,  so 
haben  nichts  desto  weniger  bedeutende  V  ortheile  der  Amputatio  cmris  gH 
genfiber  Statt,  und  Larrey  giebt  der  letzteren  ganz  mit  Unrecht  den  Vortag' 

•)  Textor  (Journ.  der  Ghirurgie  u.  Augenheilk.  von  Walther  QQ^ 
Ammon  1846,  S.  302)  glaubt  die  Retraction  immer  vermeiden  zn  i^^^^j 
nen,  und  findet  es  beklagenswerth,  wenn  diese  heilsame  und  flberaos 
vortheilhafte  Operation  in  Misscredit  und  Vergessenheit  käme. 

')  Weber  (Deutsche  Klinik  fflr  1855,  Nr.  2.,  3.u.  4.)  meint,  „dass  sQj 
Beibehaltung  der  werth vollen  Ghopart 'sehen  Methode  ermonteri 
werden  mtlsse;  der  allerdings  oft  beobachteten  Retraction  und  dem  Aal 
treten  auf  die  Narbe,  lässt  sich  theils  vorbauen,  theils  nachträglich  abhelfen 

•)  Szymanowski  (Ganst,  Jahresb.  f.  1861,  B.  V.,  S.  283  n.  v.  Laij 
genbeck's  Archiv  B.  I.,   Heft  2.)    hält  sich  in  seiner  Kritik  der  L| 
gou est' sehen  Mittheilungen  für  berechtigt,  beim  Befolgen  gewisser  F 
schlfige,  auf  einen  günstigen  Ausgang  rechnen  zu  können» 


Zur  Kritik  und  Gasuistik  der  sog.  Ghopart^Bcben  Exarticulation.     49 

Ton  Blandin^s     Hyperlob,   entschieden   zur  Beibehaltung   der 
Ghopart*  sehen  Operation  ermuntern. 

Um  zu  zeigen,  wie  wesentlich  diese,  aus  obiger  Untersuchung 
der  Arbeiten  Anderer  resultirende  Ansicht  in  mir  durch  die  Er- 
folge meiner  eigenen  Doppeloperation  befestigt  und  gekräftigt  wer- 
den moßste,  gebe  ich  hier  zum  Schlüsse  die  Details  dieses  Fal- 
les in  kurzen  Umrissen;  —  wodurch  mein  casuistischer  Beitrag 
eio  grösseres  Recht  auf  Veröffentlichung  beanspruchen  kann,  als 
2.  B.  diejenigen  von  Listen^?  Fergusson')  und  Verneuil'), 
habe  ich  bereits  in  der  Einleitung  gesagt. 

Afimja  Iwanowna,  Dieostmagd,  22  Jahre  alt,  anverehelicht,  hatte 
am  24.  Mfirz  1864  die  Stadt  plötzlich  verlassen,  und  Tag  nnd  Nacht,  ohne 
Spei&e  nnd  Trank,  wandernd,  den  Ladogasee   erreicht     Auf  diesem,  der 
aoe\i  mit  Eis  bedeckt  war,  fand  man  sie  einige  Tage  später  in  kläglichem 
Zofttande,  lieferte  sie  am  29.  desselben  Monats  im  Petersbarger  Alexander- 
Hospital  ab,  und  daselbst  stellte  sich  sogleich  heraas,  dass  die  UnglOckliche 
beide   Fflase  von  der  Spitze  bis  etwa  zur  Articalatio  metatarso  -  tarsea  er- 
frorea  habe.    2^hen  und  Mittelfoss  waren  geschwollen,  dankelblaa,  nnd  so- 
rohl   an   ihrer  Dorsal-,  als  an  der  Plantarfl&che   mit  grossen  Blasen  be- 
deckt.    Das  Allgemeinbefinden  war  zufriedenstellend,  der  Puls  nur  wenig 
bescUeuiiigt  (90  in  d.  M.),  die  K^rpertemperatnr  nicht  erhöht,  Schlaf  und 
Appetit  gut,  die  Schmerzen  unbedentend.  —  Die  erfrorenen  Theile  wnrden 
ba.ld  1>randig,  und  machten  tlberhaapt  in  den  folgenden  sechs  Wochen  die  ge- 
«-ähnlichen  Verändernngen  durch.    Während  sich  an  beiden  FQssen,  etwas 
^or   dem  Tarso-Metatarsalgelenke  eine  regelmässig  gezeichnete,  stark  eiternde 
lind  t;iefe   Demarcationslinie  bildete,   mamificirten  die  Zehen;   vom  Mittel- 
fosae    fielen  grosse  Fetzen  der  Weichtheile  ab,  and  die  Knochen  waren  au 
oiefareren  Stellen  entblösst.    Der  Universalzastand  blieb  in  der  ganzen  Zeit 
ein   nngetrfibter.  —  An  beiden  Extremitäten  masste  endlich  zur  Ablösung 
des  Vorfnases  geschritten  werden,  nnd  zwar  konnte  man  sich,  da  das  All- 
gemeinbefinden eine   regelrechte  Operation  gestattete,  nicht  mit  einer  ein- 
fachen Absägung  der  Knochen  an  der  Demarcationslinie  begnügen.    Als  vom 
Rumpfe  entfernteste  Ampatationsstelle  wies  sich,  wenn  man  genflgende Lappen 
gewinnen  wollte ,   das  zwischen  Galcaneas  and  Astragalns  einerseits ,  und 
Oa  oavicnlare  und  cuboideam  andererseits  befindliche  Gelenk  aas;   genaue 


')  Ganst.  Jahresb.  f.  1842  (Lancet  B.  2  ,  Nr.  13.). 
')  Canst  Jahreab.  f.  1843  (Lancet  Vol.  L,  Nr.  20.) 
'}  Gazette  des  flöpitaax  1858,  Nr.  22. 

▼.  Laig«Bbeclc,  Arcblr  f.  CJUtorgie.  IX. 


50  H-  Fremmert, 

MessoDgen  der  yorhandenen  gesanden  Weichtheile  Tersprachen  an  beiden 
FQssen  nnr  dann  völlige  Schliessung  der  Operationswunde,  wenn  man  die 
Mediotarsaiezarticulation  vornahm. 

Am  11.  Mai  schritt  ich  denn  auch,  in  Gegenwart  der  Herren  Doc- 
toren  Person,  Hejfelder,  Lapnschinsky,  Haberrettel,  Büttig, 
Linsse  etc.,  zn  dieser  Absetzung  des  linken  Vorfnsses,  und  am  21.  zu  der 
des  rechten.  Die  Weichtheile  des  inneren  Fussrandes  wurden  ducch  einen 
einfi&chen  geraden  Schnitt  vom  Hdcker  des  Kahnbeins  bis  zur  Demarca- 
tionslinie  gespalten  und  auch  die  des  äusseren  durch  eine  ähnliche,  fast 
1"  hinter  der  Basis  des  fünften  Mittelfussknochens  beginnende  und  eben- 
falls an  der  Qränze  der  gesunden  Theile  endigende  Incision  getheilt  Der 
so  entstandene  Dorsallappen  wurde  jetzt  (von  der  Demarcationslinie  ans) 
dicht  von  den  Knochen  abpräparirt  und  zurückgeschlagen ,  darauf  die  Ex- 
articulation  vorgenommen,  sofort  der  Plantarlappen  abgelöst,  und  die  Artt. 
dorsalis  pedis,  plantaris  externa  et  interna  unterbunden,  oder  torquirt  — 
Da  die  Gränzlinie  der  brandigen  Theile  scharf  wie  ein  Zirkelschnitt  am 
beide  Füsse  herumlief,  so  hatten  wir  zwei  völlig  gleich  grosse  Lappen,  die 
nur  einer  unbedeutenden  Abrundung  bedurften;  sie  wurden  durch  Knopf- 
nähte zusammengeheftet,  und  reichten  gerade  nur  zur  Bedeckung  der  Ge- 
lenkflächen aus.  Bei  gewöhnlicher  Behandlung  der  Stümpfe  (Verband,  Eis- 
blase, später  permanente  warme  Fussbäder  etc.),  nahm  das  traumatische 
Fieber  seinen  normalen  Verlauf;  nur  am  1.  Juni,  als  sich  am  linken  Fasse 
ein  Erysipel  zeigte,  erreichten  die  Erscheinungen  eine  lebensgefährliche 
Höhe  (Temp.  in  der  Axilla  41,4  <»  C.,  Puls  120—140),  und  forderten  energi- 
schere Behandlung.  Als  ich  Patientin  am  15.  d.  M.  verliess,  um  eine  Reise 
in^s  Ausland  anzutreten,  war  sie  bereits  völlig  fieberfrei,  und  empfand  durch- 
aus keine  Schmerzen;  die  Stumpfknochen  zeigten  nicht  die  geringste  Ten- 
denz zur  Verschiebung,  und  die  Vernarbung  der  Wunden  war  fast  vollendet. 
Am  29.  Juli  scheinen  die  ersten  Gehversuche  gemacht^  bald  aber  wieder  auf 
einige  Zeit  aufgegeben  worden  zu  sein,  da  noch  keine  passende  Fussbeklei- 
dung  vorhanden  war.  Ich  fand  die  Operirte  nach  meiner  Rückkehr,  im  Spät- 
herbst, in  vortrefflichem  Zustande,  das  Gehen  war  freilich  noch  nicht  sicher, 
aber  der  Stumpf  konnte  nach  Wunsch  gebeugt  und  gestreckt  werden,  und 
liess  keinen  Gedanken  an  Abweichung  aufkommen.  Da  sich  das  arme 
Mädchen  noch  scheute,  einen,  beständiges  Laufen  und  Stehen  erfordernden 
Dienst,  wie  sie  ihn  früher  gehabt  hatte,  anzutreten,  und  sich  leider  augen- 
blicklich auch  kein  passenderes  Unterkommnn  fand,  so  wünschte  sie  in  einer 
Verpflegungsanstalt  placirt  zu  werden.  Am  4.  Januar  1865  trat  sie  denn 
auch  in  das  städtische  Armenhaus  bei  Smolna  ein,  und  erst  im  Juli  dessel- 
ben Jahres  konnte  ich  sie  in  Gesellschaft  des  Herrn  Dr.  Hein  rieh  sen 
wieder  besuchen.    Patientin  tummelte  sich  munter  umher,  und  wir  erstaunten 


Zar  Kritik  and  Casnistik  der  sog.  Ohopart^schen  Exarticnlation.     51 

über  die  Sicherheit  ihres  Ganges.  Dieser  zeigte  freilich  nicht  die  gewöhn- 
liche filasticitäty  and  hatte  etwas  Stampfendes,  konnte  aber  durchaus  nicht 
mit  dem  Gehen  anf  Stelzfüssen  verglichen  werden.  In  der  besten  Laune 
enablte  sie  uns,  dass  sie  sogar  tanzen  künne,  nnd  ihr  Oberhaupt  beim  Ste- 
hen nur  eine  zu  grosse  Beugung  des  Oberkörpers  nach  vorne  unmöglich  sei. 
Die  Fussbekleidnng  bestand  ans  kleinen,  mit  sehr  kurzen  Schnäbeln  ver- 
sehenen Lederstiefeln,  welche  an  der  Spitze  mit  Baumwolle,  die  sich  unter 
den  emporsteheoden  vorderen  Stumpftheil  schob,  ausgestopft  waren.  — 
Patientin  konnte  die  Tarsusreste  wilikörlich  bewegen,  und  namentlich  fiel 
die  kräftige  Flexion  auf.  Die  länglich -runden  Plantarflächen  waren  vorne 
schmaler  als  hinten,  und  massen  in  der  Länge  11  Cm.,  in  der  Breite  5,5-> 
(>,')  Cm.  Auf  den  Narben  zeigten  sich  kleine  callusartige  Haut  verdickungen; 
Sparen  von  Knochendislocation  waren  nicht  vorhanden.  In  demselben  er- 
freulichen Znstande  fand  ich  die  Amputirte  auch  bei  meinem  letzten  Be- 
sache  am  18.  Mai  1866,  d.  h.  gerade  2  Jahre  nach  der  Operation.  Sie  be- 
schäftigte sich  viel  mit  Näharbeiten,  macht  aber  häufig  weite  Geschäfts- 
gänge, ohne  die  geringsten  Beschwerden,  und  behauptet,  gerne  einen  passen- 
den Dienst  annehmen  zn  wollen. 


HL 

Beobachtimgs-StudieD  über  Wundfieber  und 
accidentelle  Wundkrankheiten. 

Voo 

Dr.  Th.  Blllroth. 

(Dritte  Abhandlung.    Scblass.) 
(Hierzu  Tabelle  L  bis  VI.) 


Rfickblick. 
Die  beiden  unter  obigem  Titel  von  mir  in  diesem  Archiv 
(Band  IL  pag.  324  und  Band  VI.  pag.  372)  veröffentlichten  Ar- 
beiten greifen  das  Object  der  Untersuchung  in  verschiedener  Wei^e 
an.  Der  erste  Artikel  ist  ein  Referat  über  eine  Reihe  von  kli- 
nischen Beobachtungen,  ein  Versuch,  die  Resultate  der  thermo- 
metrischen  Messungen  an  fiebernden  chirurgischen  Kranken  ge- 
ordnet zusammenzustellen;  es  blickt  dabei  das  Bestreben  de> 
Verfassers  durch,  einen  Typus,  eine  Regel  zu  finden,  unter  vtrelche 
sich  die  Erscheinungen  etwa  bringen  Hessen,  —  ein  Bestreben,  da< 
im  Ganzen  v^enig  Erfolg  hatte,  lieber  den  physiologischen  Zu- 
sammenhang von  Fieberursachen  und  Fiebererscheinungen  wurde 
damals  nicht  discutirt,  sondern  stillschweigend  angenommen,  das 
Fieber,  zumal  die  erhöhte  Temperatur  des  Blutes,  sei  die  Folge 
einer  Erregung  gewisser,  die  Körperwärme  regulirender  Herde 
in  den  nervösen  Centralorganen ;  beim  Wundfieber  erfolge  die.«^e 
Erregung  von  den  peripherischen  Nerven  her,  welche  ihrerseits 
wieder  durch  den  Act  der  Verletzung^  selbst,  so  wie  durch  die 


Ueber   Wundfieber  not]  accideotelle  Wundkrankheiten.  53 

nachfolgende  £ntzundnng  gereizt  werden.    Bei  dieser  AufFassung 
fehlte  es  an  jeder  theoretischen  Vermittelung  zwischen  dem  Wund- 
fieber und   den  Infectionsfiebem  (Pyämie,  Septicaemie  u.  s.  w.); 
letztere   mussten   damals  anter   allen  Umständen  als  etwas  neu 
Hinzukommendes,  etwas  ^Accidentelles**  erscheinen.    Die  Beob- 
achtung lehrte  freilich  bald,  dass  Wundfieber,  wie  Infectionsfieber 
in  innigem  Zusammenhange  mit  der  Wunde  und  ihren  Metamor- 
phosen  stehen;  so  lange  aber  die  Wärmequelle  des  Organismus 
nur   durch   die  peripherischen  Nerven  mit  der  Wun^le  vermittelt 
war,  blieb  der  Zusammenhang  aller  der  in  Rede  stehenden  Krank- 
heiten ein  lockerer,  ein  äusserlicher.    Ich  veröiTentlichte  die  Re- 
sultate meiner  Beobachtungen  ohne  rechte  innere  Befriedigung. 

Der  zweite  Artikel  (Bd.  VI.  pag.  372.)  ging  von  experi- 
mentellen Studien  über  die  Folgen  der  Jaucheinfection  aus.    Es 
wurde  bewiesen,  dass  nach  Injection  von  Jauche  in's  Blut,  oder 
in^s    ünterhautzellgewebe  Fieber   eintritt;   das   gleiche  geschieht 
nach  Injection  von  schlechtem  Eiter,  ja  auch  nach  Injection 
Ton    gewöhnlichem  frischen  Abscess-  und  Wundeiter. 
Für  Thiere,  zumal  für  Hunde,  sind  Jauche  (animalische  und  ve- 
getabilifsehe  putride  Stofie,  in  Flüssigkeiten  aufgelöst  oder  sus- 
pendirt),   und   die   verschiedensten   frisch  gebildeten  Eiterarten 
gleich    fiebererregend,    sei    es,    dass    sie    direct    oder    indirect 
(vom  ünterhautzellgewebe  aus)  in's  Blut  gelangen.   —  Folgende 
Schlüsse  aus  diesen  Experimenten  scheinen  gerechtfertigt:  Es  ist 
erwiesen,  dass  ein  frisches  Entzündungsproduct  (Eiter),  Thieren 
in*3  Blot  eingebracht,  Fieber  erregt;  es  ist  statthaft,  anzunehmen, 
dass    dies    beim  Menschen  ebenso  sein  wird;   wenn  also  beim 
Menschen  Producte  der  Entzündung  aus  den  entzündeten  Gewe- 
ben   in^8  Blut   gelangen,   was  höchst  wahrscheinlich  durch   die 
Lymphgefässe  und  Venen  nicht  selten  geschieht,  so  wird  dadurch 
die  Entstehung  des  Fiebers  vermittelt;  oder  anders  und  kürzer 
ausgedrückt:     das    einer    Entzündung   folgende   Fieber, 
und  zumal  das  Wundfieber,  ist  die  Folge  einer  Blnt- 
intoxiesLtiony  einer,  wenn  auch  gewöhnlich  leichteren 
(phhgistißcben^  Infection. 


; 


54  Dr.  Tb.  Billroth, 

Icli  habe  dann  versucht,  die  verschiedenen  Möglichkeiten  zu 
sichten,  welche  man  über  die  Art,  wie  der  in's  Blut  eingetretene 
Stofif  die  Fiebererscheinungen  vermittelt,  aufstellen  kann;  dies 
fuhrt  zu  höchst  schwierigen  und  verwickelten,  bis  jetzt,  wie  es 
scheint,  unlösbaren  Problemen,  auf  die  ich  nicht  mehr  zurück- 
komme. —  Es  ist  ferner  in  jener  Arbeit  nachgewiesen,  dass  auch 
getrocknete,  staubförmige  putride  Stoffe  und  Eiter  pyrogen  wir- 
ken, und  es  wurde  gezeigt,  wie  diese  Stoffe  möglicherweise  in 
den  Organismus  eindringen  können.  —  Endlich  ergab  sich  bei 
diesen  Beobachtungen,  dass  Eiter  und  Jauche  nicht  nur  sehr  stark 
wirkende  pyrogene  Körper  seien,  sondern  auch  am  Orte  der  In- 
fection  Entzündung  erregen,  also  auch  phlogogen  wirken,  eine 
übrigens  früher  schon  durch  zufallige  Beobachtungen  genügend 
bekannte  Erscheinung. 

Es  giebt,  wie  aus  einer  anderen  Experimentenreihe  weiter 
hervorgeht,  eine  grössere  Anzahl  pyrogener  Stofie;  einige  im  Eiter 
und  in  Jauche  enthaltene  einfachere  chemische  Körper  besitzen 
in  besonders  hohem  Maasse  pyrogene  und  phlogogene  Eigen- 
schaften. Es  fand  sich  bei  diesen  Untersuchungen,  dass  andere, 
auch  gelegentlich  im  Organismus  entstehenden  Stoffe  (z.  B.  koh- 
lensaueres Ammoniak)  in's  Blut  injicirt,  die  Körpertemperatur  be- 
deutend herabzusetzen  vermögen.  Da  es  indessen  für  jetzt  kei- 
nen besonderen  Werth  zu  haben  scheint,  erschöpfende  Versuchs- 
reihen über  die  pyrogene  Wirkung  aller  möglicherweise  am  Thier- 
körper  vorkommenden,  einfachen  und  zusammengesetzten  Stoffe 
anzustellen,  so  wurden  diese  Experimente  nicht  weiter  fortge- 
führt. —  Dies  der  wesentlichste  Inhalt  meiner  zweiten  Fieberarbeit. 

Gleichzeitig,  und  unabhängig  von  meinen  experimentellen 
Studien  arbeitete  0.  Weber  in  gleicher  Richtung;  die  Resultate 
seiner  Experimente  stimmen  mit  den  meinen  fast  vollkommen 
überein;  auch  zog  er  dieselben  Schlüsse  daraus,,  wie  ich.  Weber 
hat  zunächst  vor  mir  in  kleinen  Mittheilungen,  die  nicht  zu  mei- 
ner Kenntniss  kamen,  dann  in  seinen  höchst  interessanten  und 
wichtigen  Arbeiten  i^  der  „Deutschen  Klinik*^  (1864)  seine  Beob- 
achtungen  niedergelegt.    Er   hat  einige   wichtige  Punkte   noch 


Deber  Wundfieber  und  accideatelle  Wundkrankheiteo.  55 

weiter  gefuhrt,  als  ich;  über  diese  muss  ich  hier  einige  Bemer- 
kuBgea  einschalten. 

Weber  hat  in  einer  besonderen  Abhandlung  seine  thermo- 
electriscben  Untersuchungen  fiber  die  Temperatur  entzündeter 
Körpertheile  niedergelegt,  und  gefunden,  dass  die  Temperatur 
entzündeter  Theile  immer  höher  ist,  als  die  des  arteriellen  Blu- 
tet«; er  sucht  dies  auch  noch  dadurch  zu  beweisen,  dass  er  das 
venOse  Blut,  welches  aus  einem  Entzündungsherd  kommt,  wär- 
mer bnd,  als  das  zuströmende  arterielle.  Der  Schluss  hieraus  ist: 
es  wird  Wärme  beim  Entzündungsprocess  producirt.  Wenn  man 
diese  äusserst  subtilen  Experimente  nicht  nachmachen  kann,  (es 
fehlen  mir  dazu  Apparate),  so  ist  die  Mittheilung  vorläufig  ein- 
lach als  richtig  anzunehmen,  da  sie  an  sich  nichts  Unwahr- 
scheinliches enthält.  Wie  bedeutend  die  Wärmeentwickelung 
in  einer  gegebenen  Entzündungsfläche  sein  müsste,  um  in  einer 
gegebenen  Zeit  eine  gegebene  Masse  Blut  etwa  um  1  Grad  höher 
zu  erwärmen,  das  zu  berechnen,  liegt  nicht  in  meiner  Macht. 
Ob  es  möglich  ist,  hierüber  exacte  Berechnungen  anzustellen, 
weiss  ich  nicht  Meine  thermometrischen  Messungen  über  die 
Temperatur  entzündeter  Theile,  im  Verhältniss  zur  Temperatur 
des  Blutes,  haben  Resultate  ergeben,  die  mir  eher  gegen  die  An- 
nahme einer  Wärmeentwickelung  in  den  entzündeten  Theilen  zu 
sprechen  schienen;  doch  meine  Schlüsse  sind  vielfach  angegriffen; 
es  scheint,  dass  thermometrische  Messungen  zur  Lösung  der  Frage 
über  die  Wärmebildung  in  entzündeten  Theilen  nicht  ausreichen. 
Ich  möchte  indess  an  einen  Versuch  erinnern,  den  ich  zu  anderen 
Zwecken  früher  anstellte  und  mittheilte;  man  lege  einen  gesun- 
den Menschen  einen  Tag  lang  in's  Bett,  belege  ihm  einen  Arm 
mit  2  bis  3  Eisblasen,  und  messe  in  der  anderen  Achselhöhle 
die  Temperatur;  man  wird  finden,  dass  die  starke  Wärmeentzie- 
hung am  Arme  keinen  merkbaren  Einfluss  auf  die  gesammte  Kör- 
pertemperatur hat  Das  Umgekehrte  wird  mutatis  mutandis  Statt 
haben,  wenn  man  einen  Arm  mit  heissen  Kataplasmen  stunden- 
lang belegt  hält,  d.  h.  die  Bluttemperatur  wird  dadurch  nicht  er- 
höht,   obgleich   einem  Körpertheile   künstlich  Wärme  zflfceffihrt 


56  ör.  Tb.  ßillroth, 

wird.  —  So  wenig  ich  an  der  Richtigkeit  der  TV  eher 'sehen  Un- 
tersachuogen  zweifeln  möchte  y  so  wenig  möchte  ich  darauf  eine 
Fiebertheorie  stützen.  Dies  ist  auch  der  Eindruck,  den  Weber 
selbst  von  diesen  Versuchen  hatte;  er  lässt  das  eventuell  in  den 
entzündeten  Theilen  entwickelte  Wärmequantum  ganz  ausser  Be- 
rücksichtigung in  seiner  etwas  später  folgenden  ausführlichen  Fie- 
berarbeit 

Während  ich  bei  meinen  Experimenten  schwaches  Schwefel- 
wasserstofiwasser  als  einen  ziemlich  indifferenten  Stoff  für  Hunde 
erfand,  zeigen  einige  Experimente  von  Weber,  dass  nach  In- 
jection  von  starkem  Schwefelwasserstoffwasser  Anfangs  Tempe- 
ratur emiedrigung,  dann  aber  Temperaturerhöhung  und  Diarrhoe 
folgte;  in  dem  einen  Experimente  fiel  die  höchste  Fieberhöhe  aof 
den  ersten  (Taf.  V.  Exp.  III),  im  zweiten  Experiment  (Tat  V. 
Exp.  II.)  auf  den  dritten  Tag  der  Vergiftung.  Weber  fand  fer- 
ner, dass  Buttersäure  ein  höchst  giftiger,  die  Temperatur  sehr 
herabsetzender  Körper  sei. 

Während  ich  nach  meinen  Experimenten  annehmen  zu  mnmn 
glaubte ,  dass  im  Eiter  die  zelligen  Elemente  hauptsächlich  als 
die  fiebererregenden  zu  betrachten  seien,  hat  Weber  nachgewie- 
sen, dass  auch  Eiterserum,  von  Zellen  möglichst  befreit,  Fieber 
erzeugt.  —  Das  Experiment  über  die  pyrogene  Wirkung  von 
Flüssigkeit,  welche  entzündete  Gewebe  durchtränkt,  (Taf.  !• 
Exp.  IV.)  kann  ich  nicht  als  ganz  beweisend  zugeben,  da  die 
Flüssigkeit  aus  einer  Leiche  stammt.  —  Sehr  wichtig  ist  die  er- 
folgreiche Infection  eines  Thieres  mit  seinem  eigenen  Wnndeiter 
(Taf.  I.  Exp.  in). 

Ganz  neu  und  bedeutend  sind  die  höchst  interessanten  und 
erfolgreichen  Experimente  über  die  fiebererregende  Wirkung 
des  transfundirten  Blutes  fiebernder  Thiere  auf  gesunde  Thiere 
(Taf.  IV).  Es  wird  durch  diese  Versuche  direct  bewiesen,  dass 
das  Fieberblut  einen  auch  auf  andere  Thiere  übertragbaren  Fer- 
mentstoff enthält.  Die  Versuche  bieten  noch  besonderes  Inte- 
resse durch  die  grosse  Verschiedenheit  in  der  Schnelligkeit  der 
Wirkung  des   eingespritzten  Blutes,   indem  in  manchen  Fallen 


Oeber  Wundfieber  and  accideo teile  Wuudkrankheiten.  57 

die  höchste  Fieberhöbe  auf  den  dritten,  in  anderen  erst  auf  den 
sechston  Tag  der  Vergiftung  f&Ut. 

Auf  die  wichtigen  Experimente  Weber's  über  die  Entste- 
hung der  metastatischen  Abscesse  komme  ich  bei  Gelegenheit  der 
Pjäfflie  zuTuck. 

Eine  in  Kurzem  zusammengestellte  Uebersicht  der  betreffen-  ^ 
den,  von  Weber  und  mir  angestellten  Fieberexperimente  wird 
manchem  Leser  willkommen  sein.    (S.  Taf.  I.  bis  V.) 

Man  hat  bis  jetzt  weder  gegen  die  von  Weber  und  mir 
eingeschlagene  Methode  des  Experimentirens ,  noch  gegen  die 
daraus  gezogenen  Schlüsse  Widerspruch  erhoben;  ob  das  Fieber 
immer  als  phlogistische,  pumlente,  septische  Intoxication  auEzu- 
iassen  ist,  ob  es  nicht  doch  noch  möglich  sei,  durch  directe  &r- 
regang  der  betreffenden,  freilich  auch  noch  unbekannten  Nerven- 
Zentren  Fieber  zu  erzeugen,  das  steht  dahin;  dass  organische 
Sifte,  JTyphusgift,  Scharlachgift  u.  s.  w.,  wenn  sie  in  den  Körper, 
respeetive  in's  Blut  eintreten,  pyrogen  wirken,  wird  nicht  bezwei- 
lelt;  diese  Infectionsstoffe  sind  in  Betreif  ihrer  pyrogenen  Wir- 
kung dem  Eiter,  den  putriden  Steifen  u.  s.  w.  vollkommen  gleich- 
zusetzen. Mothwendig  erscheint  es  mir  freilich  nicht,  weder  aus 
theoretiBchen,  noch  aus  practischen  Grflnden,  eine  weitere  Fie- 
berarsache  anzunehmen;  man  wird  indess  abwarten  müssen,  bis 
fich  diese  neuen  Anschauungen  nicht  nur  bei  den  Chirurgen,  son- 
dern auch  bei  den  Pathologen  mehr  Bahn  gebrochen  haben,  ehe 
man  über  die  Fieberursachen  im  Ganzen  ein  ürtheil  feststellt. 


Wenn  ich  nun  von  dem  neuen  Standpunkte  aus  meine  erste 
Fieberarfoeit  überblicke,  so  treffe  ich  auf  so  mancherlei  Aeusse- 
ntngen,  theoretische  Bemerkungen,  Deutungen,  die  ich  jetzt  nicht 
i&ehr  Tertheidigen  möchte.  Die  Beobachtungsfacta  stehen  selbst 
*abei  starr  da ;  sie  bedürfen  nur  einer  anderen  Interpretation,  um 
fie  besser  zn  verstehen;  interessant  ist  es  mir,  dass  die  Resul- 
^t^:  selbst  die  numerischen,  die  damals  aus  einer,  wie  mir  jetzt 
^tinty  ziemlich   kleinen  Anzahl  von  Beobachtungen  kühn  zusam- 


58  Dr.  Th.  Billroth. 

mengestellt  sind^  sich  in  nichts  Wesentlichem  ge&odert  haben;  id 
habe  jetzt  fiber  das  vier-  bis  sechsfache  Material  zu  gebieten^  und 
die  Resultate  sind,  die  Temperaturbeobachtongen  betreffend,  so 
ziemlich  dieselben. 

Es  scheint  mir  nun  nicht  der  Mühe  werth,  eine  YergleichuDg 
zwischen  meinen  beiden  Fieberarbeiten  durchzufahren,  am  za  zei* 
gen,  wo  sich  die  darin  ausgesprochenen  Ansichten  widersprecbeo, 
wie  dies  bei  so  ganz  yerschieden  theoretischen  Ausgaoggpaoktefl 
der  Fall  sein  musste;  ich  wusste  nicht,  wen  eine  solche  Aogeiii- 
andersetzung  interessiren  sollte. 

Die  Aufgabe,  welche  ich  mir  für  dies  Mal  gestellt  habe,  ist, 
noch  ein  Mal  mein  gesammtes  Material  an  Beoback« 
tungen,  zumal  Temperaturniessungen  über  Wond- 
fieber  und  accidentelle  Wundkrankheiten,  zasammeo' 
zustellen,  die  klinischen  und  experimentellen  Beob- 
achtungsresultate zu  vergleichen,  und  zu  untersufbeO) 
wie  weit  beide  mit  einander  übereinstimmen. 

Ich  bin  weit  entfernt,  Alles  über  diesen  Gegenstand  wiedei- 
holen  zu  wollen,  was  ich  früher  bereits  erwähnt  habe;  nur  uf 
die  Hauptpunkte  möchte  ich  die  Aufmerksamkeit  der  Leser  nodi 
ein  Mal  lenken,  und  einige  neue  Gesichtspunkte  dabei  berabrea. 

Um  sich  über  das  Wesen  einer  Krankheit  eine  AnBchauoiig 
zu  bilden,  dazu  gehört  vor  Allem  die  möglichst  genaue  Aoaljäe 
der  wichtigsten  Symptome,  des  anatomischen  Befundes,  der  ätio- 
logischen Momente  etc.  bei  einer  möglichst  grossen  Zahl  genau  be- 
obachteter Fälle.  Dieser  klinische  Weg  der  Forschung  ist  freiliti} 
im  Vergleich  mit  demjenigen  der  directen  anatomischen  nnd  ex* 
perimentellen  Untersuchung,  ein  sehr  mühsamer,  nnd  wird  es 
immer  mehr,  je  skeptischer  das  Publicum  gegen  allgemeio  aus* 
gesprochene  Ansichten  wird,  von  denen  man  nicht  weiss,  wu 
stark  ihre  factische  Unterlage  ist.  Die  Beobachtungen,  weicht 
hier  zusammengestellt  sind,  konnten  natürlich  nicht  von  mir  alleit 
gesammelt  werden ;  um  in  einer  grossen  chirurgischen  Abtbeiluot 
dauernd  über  jeden  Kranken  Journale  zu  fuhren,  dazu  bedarf  e 
einer  systematischen  Vereinigung  von  Arbeitskräften ;  von  Osten 


Ueber   Wundfieber  ond  accidentelle  Wu  udk rank  bei ten.  59 

lä60  bis  Herbst    1866  sind  mehrere  Taugende  von  Krankenge- 
scbichten  auf  meiner  Abtheilung  geschrieben,  wie  ich  hoffe,  nicht 
vergeblich;    ich    habe    alle   diese  Beobachtungen  geordnet,   und 
hoffe,  einen  Theil    derselben  bald  der  Oeffentlichkeit  übergeben 
zu  können.     Ueber  tausend  Fiebercurven  von  chirurgischen  Kran- 
ken sind   gezogen,    und  zu  dieser  Arbeit  verwendet.    Die  Zahl 
der  Herren   Assistenzärzte   und  Assistenten,   welche   mir  durch 
ihren  regelmässigen   Fleiss  die  Möglichkeit  gaben,  diese  Arbeit 
lü  machen,  an  der  sie  den  wesentlichsten  Amheil  haben,  ist  be- 
reits so  gross,  dass  ich  hier  nicht  alle  namentlich  aufführen  kann ; 
fVh  sage  ihnen  hiermit  meinerseits  den  besten  Dank  für  ihre  thä- 
^ige  Mitarbeiterschaft. 


Capitd  XVUL 

Von  dem  einfachen  Wundfieber. 
Leichtere  Formen  von  septischer  und  phlogistiächer  Infection. 
Septische  und  purulente  Infectionsfebricula. 
§.  1.  Es  giebt  eine  sehr  grosse  Anzahl,  zum  Theil 
schwerer  Verletzungen,  bei  welchen  überhaupt  gar 
tein  Fieber  auftritt,  oder  bei  welchen  erst  nach  meh- 
reren Tagen  sich  Fieber  zeigt,  während  die  ersten 
Tage  nach  der  Verletzung  fieberfrei  waren. 

Diese  Beobachtung,   welche  ich  auch  früher  schon  voran- 
stellte, ist  theoretisch  von  sehr  grosser  Wichtigkeit;  sie  spricht 
im  meisten  gegen  die  Theorie,  dass  das  Fieber  durch  die  Rei- 
ung  der  verletzten  peripherischen  Nerven  vermittelt  werde,  denn 
^  ißt  kaam  denkbar,  dass  die  nervöse  Reizbarkeit  bei  zwei  go- 
lden, gleicbalterigen,  in  allen  äusseren  Erscheinungen  ähnlichen, 
■Hier  gleichen   Verhältnissen   verletzten  und  behandelten  Indivi- 
■len  sich  so  verschieden  äussert,  wie  es  wirklich  der  Fall  ist; 
ftb  will  es  allenfalls  noch  gelten  lassen,  dass  die  Intensität  des 
r!«bers  von    einer   solchen   nervösen  Reizbarkeit  abhängig  sein 
r^no,  doch  dass  das  Fieber  unter  gleichen  Bedingungen  bald  am 
^teo,  bald  am  dritten,  oder  gar  erst  am  siebenten  oder  zwanzig- 


ßf)  Dr.  Th.  Billroth, 

t^ten  Tage  anfangen  soll,  das  ist  doch  bei  dieser  Theorie  kaoi 
zu  hegreifen,  obgleich  ich  mir  freilich  frfiher  auch  in  diesei 
Punkte  nicht  anders  zu  helfen  wusste,  als  durch  die  Sappositii 
einer  verschiedenen  Reizbarkeit  auch  in  Betreff  der  Zeit,  in  we 
eher  die  Wirkung  des  Nervenreizes  als  Wärme  zum  Vorschel 
kommt. 

Was  lässt  sich  jetzt  über  das  erv^&hnte  Factum  vorbringen 
ÄUB  den  Infectionsexperimenten  geht  hervor,  dass  die  pyrogei 
Wirkung  des  beigebrachten  Giftes  fast  unmittelbar  nach  derll 
fection  beginnt,  und  im  Verlaufe  von  2  —  4  Stunden  schon  i 
hö€hBten  Wirkung  kommt.  Wir  dürfen  also  auch  wohl  fnr  di 
Menschen  annehmen,  dass  einer  Fiebertemperatur  die  pyrogei 
Into^ication  nur  wenige  Stunden  vorhergegangen  ist;  dies  i 
auch  practisch  für  die  Beurtheilung  von  Ursacheu  von  Nachfiebei 
sehr  wichtig.  Welches  mögen  nun  die  Stoffe  an  der  Wunde  sei 
die  das  Wundfieber  erzeugen:  wahrscheinlich  Blut,  welches  iv 
sehen  Wundrändern,  in  Taschen,  in  aufgelegter  Gharpie  etc.  6i< 
aüBummelt  und  zersetzt,  Gewebsdetritus  mortificirter  Partikel  d| 
Wündränder,  zersetztes  Serum,  welches  diese  mortificirten  G^ 
webe  noch  durchtränkt,  Umsetzungsstoffe  in  dem  noch  lebendige 
doch  von  ec tatischen  Gefassen  und  Millionen  junger,  neag 
deter  Zellen  durchsetzten  Gewebe.  Alle  diese  Dinge  sind  ab4 
freilieh  mehr  oder  weniger  an  jeder  Wunde  vorhanden,  sie  müssel 
doch  erst  in's  Blut  gelangen,  wenn  sie  Fieber  erzeugen  solla 
Eh  Igt  unzweifelhaft  möglich,  selbst  bei  complicirteren  Wandel 
da^s  sich  die  gesetzte  KreislaufsstOrung  durch  GoUateralen 
schnell,  so  vollständig  ausgleicht,  dass  femer  alle  Thromben 
Blut-  und  Lvmphgefässen  so  fest  geronnen  sind,  sich  ancb  a 
rasrli  zu  Bindegewebe  organisiren,  —  so  dass  weder  von  d< 
Wundfläche,  noch  aus  den  Wundrändern  etwas  resorbirt  win 
Dies  wäre  der  absolut  normale,  man  möchte  sag« 
ideale  Fall;  er  ist  bei  kleineren  einfachen  Wunden  die  Re«f 
bei  grösseren  die  Ausnahme. 

Weit  gewöhnlicher  ist  es,  dass  Resorption  erfolgt,  dasg  ^< 
nig^tens  bei  complicirteren  Wunden  Fieber  eintritt,  und  «war 


Eeber  Wandfieber  and  accidentelle  Wundkrankheiten.  61 

^eti  der  Zeit,  in  welcher  die  Resoiiptipii'  erfolgt,  früher  oder  spä- 

^r,  in  Bezug  darauf  können  die  Yerhältnisse  der  Wunden  vieler- 

\4ei  Verschiedenheiten  bieten  und  danach  der  Fieberanfang  schwan- 

^eo,  wenngleich  diese  Schwankungen  nicht  so  ganz  willkürlich 

siad,  wie   sich  bald  ergeben  wird,  weil  sie  von  anatomischen 

Vorgängen  abh&ngig  sind. 

Noch  ein  anderer  Gedanke  ist  hier  einzuschalten:    es   ist 
bekannt,  dass  viele  Infectionskrankheiten  den  Menschen  nur  ein 
Mal  hefidlen.    Sollte  Jemand,  der  früher  ein  Wundfieber,  sei  es 
ein  leichtes  oder  schweres,  gehabt  hat,  später  dagegen  geschützt 
sein?  giebt  es  eine  erworbene  oder  angeborene  Immunität  ge- 
gen septische  Infection?     Die  Experimente  an  Hunden  zeigen 
dies  nicht  an:  wenn  ein  Hund  ein  septisches  Infectionsfieber  über- 
standen hat,  80  schätzt  ihn  dies  keinesweges  dagegen,  dass  er 
bei  nener  Infection  schwer  erkrankt.    Ich  möchte  indess  in  die- 
ser Beziehung  nicht  endgültig  urtheilen:  die  Beobachtung  lehrt 
z.  B.  in  Betreff  der  Leicheninfectionen,  so  wie  auch  in  Betreff 
febriler  Folgen  bei  grossen  Jauchungen,  dass  es  manche  Individuen 
giebt,  die  bei  geringster  Veranlassung  häufig,  andere,  die  trotz 
häufiger  Veranlassung  selten  erkranken.    Vielleicht  hat  dies  rein 
Örtliche  Gründe:  beim  Einen  geht  die  Resorption  leicht,  beim  An- 
deren  schwer  von  Statten;  vielleicht  liegt  es  auch  in  einer  grösse- 
ren chemischen  Resistenz  des  Blutes:  was  das  Blut  des  Einen 
io  die  lebhafteste  chemische  Action  versetzt,  lässt  dasjenige  eines 
Anderen  vielleicht  ganz  in  Ruhe;  in  dieser  Beziehung  ist  man- 
ci^erlei  möglich;  vrir  wissen  über  die  hier  in  Frage  kommenden 
Momente  nichts ;  der  Phantasie  ist  hier  freier  Spielraum  gelassen ! 
§.  2.  Das  Wundfieber  beginnt  am  häufigsten  inner- 
halb der  ersten  48  Stunden  (in  87,7  pGt.  aller  Fälle). 

Hierzu  habe  ich  Folgendes  zu  bemerken:  ich  nenne  Wund- 
äeber  dasjenige  Fieber,  welches  der  Verwundung  zunächst  folgt; 
ein  Fieber,  welches  erst  mit  dem  Beginn  der  Eiterung  am  5ten 
Tage,  und  später,  beginnt,  bezeichne  ich  nicht  mehr  einfach  als 
Wandfieber,  sondern  als  Eiterfieber,  oder  allgemeiner,  als  Nach- 
feier.   Ferner  habe  ich  bei  den  statistischen  Zusammenstellun- 


62  Dr.  Th.  Billroth, 

gen  der  Fiebercurren  an  dem  früheren  Princip  festgehalten,  nur 
da  Fieber  anzunehmen,  wo  die  Temperatur  (wenn  auch  nur  ein 
Mal)  über  37,9**  hinausging,  weil  dies  nach  meinen  früheren 
Messungen  als  das  normale  Maximum  zu  betrachten  ist;  da  ich 
sehr  rigoros  in  dieser  Beziehung  verfuhr,  so  ist  eine  Anzahl 
sehr  geringer  Temperaturerhebungen  gar  nicht  in  Rechnung  ge- 
zogen, weil  sie  unter  dem  normalen  Maximum  blieben.  Die 
Zahl  der  als  einfaches '  Wundfieber  bezeichneten  Curven  ver- 
ringert sich  ferner,  und  zwar  erheblich  dadurch,  dass  ich  nur 
ganz  vollständige  Beobachtungen  verwerthet  habe,  endlich  nur 
Fälle,  in  welchen  die  erste  Temperaturmessung  noch  am  Tage 
der  Verletzung  selbst  (am  ersten  Erankheitstage)  gemacht  wer- 
den konnte,  während  keine  Fälle  gezählt  sind,  in  welchen  die 
Kranken  erst  zwei  oder  mehrere  Tage  nach  der  Verletzung  m 
Spital  gebracht  wurden.  Es  sind  ferner  alle  Fälle  eliminirt,  ia 
welchen  sich  das  Wundfieber  in  ein  tödtliches,  septisches,  oder 
Eiterfieber  fortsetzte,  dagegen  diejenigen  Fälle  benutzt,  in  weIcheD| 
der  Kranke  nach  dem  Wundfieber  schon  wieder  fieberfrei  war, 
bevor  ein  Nachfieber  in  ein  tödliches  Infectionsfieber  überging. 
Bei  strenger  Wahrung  aller  dieser  Rücksichten  bleiben  mir  273 
Curven  von  einfachen  Wundfiebem  übrig,  aus  welchen  sich  er- 
giebt,  dass  das  Fieber  anfing: 

am  1.  Tage  in  103  FäUen  (37,7  pCt.) 
am  2.     „      „   137      „       (50,0  pCt.) 
am  3.      „      „     19      „      (6,9  pCt) 
am  4.      „      „     U      „       (5,1  pCt) 
273  Fälle. 
Hiernach  fängt  das  Wundfieber  am  häufigsten  am  zwei- 
ten Tage  der  Krankheit,  d.  h.  am  Tage  nach  der  Ver- 
letzung, an.    Die  Rechnung  ist  so  gemacht,  dass  der  Tag  der 
Verletzung  als  der  erste  Krankheitstag  bezeichnet  ist,  und  so  fort; 
im  ist  in  so  fem  nicht  genau,  als  eigentlich  die  ersten  24  Stan- 
den, von  dem  Momente  der  Verletzung  au  gerechnet,  den  ersten 
Eraokheitstag  bilden;  es  war  nicht  möglich,  in  dieser  Weise  die 
Ctirven  durchgehends  zu  berechnen,  denn  wenn  auch  die  Opera- 


I 


Ueber  Wandfieber  and  accidentelld  Wundkrankheiten.  63 

tioneo  meistens  am  Yormittage  in  der  Klinik  gemacht  sind,  so 
sind  doch  nicht  alle  ausserhalb  des  Spitales  Verletzten  gerade 
am  Vormittage  yemnglückt.  Es  wäre  immerhin  möglich,  dass, 
bei  einer  vollkommen  genau  nach  24  stündigen  Perioden  berech- 
neten grossen  Anzahl  von  Fällen,  sich  die  Häufigkeit  des  Fieber- 
anfangs  fnr  das  Ende  der  ersten  24  stündigen  Periode  etwas  höher 
stellte,  als  bei  unserer  Zusammenstellung.  Jedenfalls  aber  ist 
der  an  die  Spitze  dieser  Paragraphen  gestellte  Satz  richtig. 

Ich  möchte  aus  dem  so  häufigen,  frühen  Auftreten  des  Wund- 
fiebers schliessen,  dass  dasselbe  als  septische  Febricula  au&u- 
hssen  ist;  jedenfalls  kann  hier  von  Eiter resorption  noch  nicht 
die  Rede  sein;  nur  die  Resorption  rasch  foulender  Stoffe,  oder 
die  durch  den  Entzundungsprocess  in  den  verletzten  Geweben 
rasch  entstandenen  ümsetzungsproducte  („phlogistisches  Gift^  — ob 
man  diese  Stoffe  septisch  nennt,  oder  nicht,  ist  in  chemischer 
Beziehung  wohl  gleichgültig)  können  die  Ursache  dieses  Fiebers 
bilden. 

Bei  Fractnren  könnte  man  auch  daran  denken,  dass  das  aus 
der  Markhöhle  in's  Blut  tretende  Fett  (man  sehe  hierüber  die 
vortreffliche  Arbeit  von  F.  Busch  aus  Königsberg  „über  Fett- 
ernboÜe''  in  Virchow's  Archiv.  Band  35.  Seite  325)  auch  eine 
Pyrogene  Wirkung  haben  könnte;  da  aber  bei  subcutanen  Frac- 
turen  selten  Fieber  Statt  hat,  so  dürfte  die  Besorption  des  un- 
tersetzten Fettes  eben  so  wenig  Fieber,  als  metastatische  Ab- 
seesse  erzeugen.  (Vergl.  darüber  auch  die  Arbeit  von  0.  Weber 
I.e.) 

Wenn  die  Verletzten  aber  erst  am  3ten,  oder  gar  erst  am 
4t6n  Tage  zu  fiebern  beginnen,  woran  liegt  das?  Kann  das  nur 
^iüen  Grund  darin  haben,  dass  der  pyrogene  Stoff  später  ein- 
dringt? Das  möchte  ich  nach  den  Experimenten  doch  nicht'ganz 
sicher  behaupten;  freilich  fehlt  die  Temperaturerhöhung  nach 
wirksamer  Intoxication  fast  nie,  doch  kann  sie  in  den  folgenden 
^ageu  noch  höher  werden,  als  am  Anfange,  wie  einige  von  We- 
ber's  Experimenten  beweisen;  das  Gift  kann,  auch  wenn  es  di- 
reet  in^a  Blut  gespritzt  wird,  nachwirken;  ich  deute  dies  hier  nur 


64  I>r.  Th.  Billroth, 

an,  da  ich  auf  diesen  Punkt  bei  Besprechung  der  Fieberhöhe  lu- 
rückkomme. 

Alter  und  Geschlecht  scheinen  keinen  Einfluss  auf  den  Be- 
ginn und  die  sonstigen  Verhältnisse  des  Wundfiebers  zu  habea^ 
wohl  aber  schien  es  mir,  als  wenn  das  Wundfieber  bei  solchen 
Individuen  besonders  früh  begänne,  die  bereits  längere  Zeit  an 
chronischen  Eiteraugen  litten,  zumal  wenn  man  hauptsächlich 
innerhalb  chronisch  -  entzündlich  infiltrirter  Theile  operirte,  wie 
bei  Resectionen,  Knochenexstirpationen,  und  ähnlichen  Operatio- 
nen, die  man  wegen  Garies  und  Necrose  macht.  Ich  hatte  hier- 
von einen  so  bestimmten  Eindruck,  dass  ich  nicht  zweifelte.  di«s 
sich  eine  Zusammenstellung  dieser  Fälle  anders  in  Betreff  der 
Zeit  des  Wundfieberbeginnes  gestalten  würde.  Nehme  ich  nar 
diese  Fälle  (es  sind  57;  nur  solche  Patienten  sind  hier  berück- 
sichtigt, die  zur  Zeit  der  Operation  fieberfrei  waren)  aus  obiger 
Anzahl  von  Curven  heraus,  so  ergiebt  sich,  dass  das  Fieber  anfing: 
am  1.  Tage  in  33  Fällen  (57,8  pCt.) 
am  2.  „  „17  „  (29,8  pCt.) 
am  3.      „      ,,     5      „       (8,7  pCt.; 

am  4.      „      „_  2    ^, (5,1  pCt.) 

57  Fälle. 
Ein  Vergleich  mit  der  obigen  Zusammenstellung  ergiebt,  dass 
die  meisten  dieser  Individuen  schon  am  ersten  Eraak- 
heitstage  zu  fiebern  begannen;  iür  die  ersten  48  Standen 
stellen  sich  die  Verhältnisse  wieder  vollkommen  gleich  ^r  beide 
Combinationen :  früher  87,7  pCt.,  hier  87,6  pCt.  —  Die  er- 
wähnte Differenz  ist  wohl  nichts  sehr  Wesentliches,  muss  aber 
doch  ihren  Grund  haben;  sollte  von  den  infiltrirten  Theilen 
schneller  resorbirt  werden  ?  sollte  mehr  auf  ein  Mal ,  als  sonst, 
resorbirt  werden,  da  in  diesen  kranken  Geweben  Venen-  und 
Lymphgefässstämmchen  dilatirt  sind?  möglich;  sollten  diese  In- 
dividuen schneller,  wenn  auch  weniger  gefährlich,  durch  den  pv- 
rogenen  Stoff  ins  Fieber  kommen,  als  andere?  nicht  unm5glicb. 
§.  3.  Das  Wundfieber  dauert  1  bis  7  Tage,  nnd 
darüber,  ohne  dass  es  an  einem  der  ersten  7  Tagebau- 


Deber  Wundfieber  ond  accidentelle  Wandkraokheiten.  65 

figer  aafhörte,  als  an  einem  anderen;  es  dauert  häufig 
aber  7  Tage,  indem  es  direct  in  Nachfieber  übergeht, 
welche  durch  accidentelle  Entzündungen  und  Eite- 
rungen bedingt  sind. 

Dass  die  Dauer  des  Wundfiebers  wesentlich  von  Vorgängen 
an  der  Wunde  abhängig  ist,  haben  wir  in  unserer  ersten  Fieber- 
arbeit genugsam  hervorgehoben.  Von  den  Experimenten  kom- 
men diejenigen  den  Vorgängen  beim  Menschen  am  nächsten,  in 
welchen  Eiter  oder  Jauche  (bei  Hunden  zeigte  sich  in  dieser  Be- 
ziehaog  kein  Unterschied)  in's  ünterhautzellengewebe  injicirt  wird : 
hier  entsteht  dann  eine  sich  zuweilen  protrahirende  Entzündung, 
mit  fortwährend  sich  aus  sich  selbst  neubildendem  phlogogenem 
und  pyrogenem  Stoffe;  dem  ersten  direct  erzeugten  Infections- 
fieber  folgt  ein  neues  Fieber,  entstanden  durch  Resorption  von 
pyrogenen  Stoffen,  aus  dem  sich  verbreitenden  Entzündungsheerde; 
als  sehr  interessante  Beispiele  hierfür  betrachte  man  Taf.  II. 
Exp.  IIL,  VI.,  VII.,  VIII.,  X.,  XIII.;  ferner  die  Experimente 
mit  Sehwefelammonium  Taf.  V.  Exp.  V.,  mit  kohlensauerem  Am- 
moniak Taf.  y.  Exp.  XI.  und  XII.,  in  welchen  ebenfalls  auf  die 
sabeatane  Injection  ausgedehnte  Entzündung  an  der  injicirten 
Stelle  folgte.  In  diesen  Experimenten  dauerte  das  Fieber  3,  3, 
3,  5,  6,  6,  7,  8,  0  Tage,  immer,  wie  es  scheint,  im  Verhältnisse 
zur  localen  Wirkung  des  injictrten  Stoffes  stehend,  denn,  betrach- 
ten wir  Fälle ,  in  welchen  der  injicirte  Stoff  local  keine  erheb- 
liche Entzfindung  erregte,  doch  aber  direct  pyrogen  wirkte,  so 
sehen  wir  das  Fieber  nur  kurze  Zeit  dauern,  wie  in  folgenden 
Fallen:  Taf.  IL  Exp.  IV.,  Jaucheinjection ,  die  Jauche  war  aus 
der  Stichöffoung  wieder  ausgeflossen,  daher  keine  Abscessbildung, 
nur  24  Stunden  Fieber;  ähnlich  in  Taf.  IL  Exp.  XIV.,  XV., 
XVIIL,  Infection  mit  trockenem  Eiter  und  putridem  Pulver; 
ferner  Taf.  V.  Exp.  VUL,  IX.,  X. ,  subcutane  Injection  von  Leu- 
cinlösung  u.  s.  w. 

Doch  die  Experimente  zeigen  auch  auf  der  anderen  Seite, 
dass  es  keines  Falles  immer  nothwendig  ist,  anzunehmen, 
dass  bei  andauerndem  Fieber  dem  Blute  immer  neue  Infections- 

T.LaagttBbeek,  ArcIüT  t  Chimxgle.  IX.  5 


66  Dr.  Th.  Billrotb, 

Stoffe  zugeführt  werden  müssen,  sondern,  der  ein  Mal  direct  in's 
Blut  eingeführte  Stoff  kann  durch  seine  fermentirende  Wirkung 
das  Fieber  längere  Zeit  unterhalten.  Es  ist  freilich  nicht  so  sel- 
ten, dass  innerhalb  24  Stunden  die  Infection  zur  Genesung,  oder, 
wenn  die  Dosis  zu  stark  war,  zum  Tode  führte  (siehe  Taf.  I 
Exp.  II.,  V.  bis  Vni.,  XL  bis  XVII.) ,  doch  kommt  es  aueli 
Tor^  dass  eine  einmalige  Injection  infectiöser  Flüssigkeiten  (denen 
keine  Körper  beigemengt  sind,  welche  Embolie  veranlassen  kön- 
nen) ein  länger  dauerndes  Fieber  unterhält,  z.  B.  ein  Fieber 
während  4  Tagen  nach  Injection  Ton  filtrirtem  Serum  aas  einer 
Leiche  (Taf.  L  Exp.  IV.),  Fieber  von  5  bis  7  Tagen,  nach  Injec- 
tion von  Fieberblut  (Taf.  IV.  Exp.  IIL  bis  VIL),  von  5  und 
6  Tagen  nach  Injection  von  Schwefelwasserstoffwasser  (Taf.  V. 
Exp.  IL  und  IIL).  Wie  lange  diese  Fieber  erregende  Wirkung 
eines  beliebigen  pyrogenen  Stoffes  bei  einmaliger  Infection  dauern 
kann,  wie  viel  die  Dauer  dieser  Wirkung  von  dem  inficirendeo 
Stoffe,  wie  viel  von  Race,  Alter,  Geschlecht  u.  s.  w.  des  infieir- 
ten  thierischen  Organismus  abhängt,  darüber  vermag  ich  nichts 
zu  sagen;  doch  wäre  Einiges  darüber  wohl  noch  experimentell 
zu  ermitteln. 

Zum  Beweise  des  an  die  Spitze  dieses  Parapraphen  gestell- 
ten Satzes  setze  ich  die  Zahlen  her,  aus  welchen  ich  ihn  fonno- 
lirt  habe,  wobei  die  in  §.  2  angeführten  Principien  über  die  Gren- 
zen des  einfachen  Wundfiebers,  wie  auch  im  folgenden  Paragra- 
phen, beibehalten  sind.  Das  Wundfieber  dauerte: 
in  33  Fällen  1  Tag, 
Tage, 


in 

.36 

'> 

•2 

in 

30 

»? 

3 

in 

29 

J> 

4 

in 

32 

»1 

5 

in 

29 

y 

6 

in 

29- 

» 

7 

in 

55 

9» 

m 

77 

mehr  als  7  Tage. 
273  Fälle. 
§.  4.  Die  höchste  Fieberhöhe  fällt  beim  Wnndfie- 


Ueber  Wandfieber  and  accideotelle  Wnndkrankbeiten.  67 

ber  meist  auf  den  ersten,  demn&cbst  anf  den  zweiten 
weit  seltener   auf  den   dritten,   vierten,   fünften,  am 
allerseltensten  später,  als  auf  den  ffinften  Tag. 

Die  hierüber  notirten  Zahlen  sind  folgende.     Höchste  Fieber- 


höhe         am  1.  Tage 

in 

110  I 

i'ällei 

1  (41,3  pCt.) 

am  2.      „ 

97 

69 

» 

(25,2  pCt.) 

am  3,     „ 

9? 

39 

?» 

(14,2  pCt) 

am  4.      „ 

w 

22 

5> 

(8,0  pCt.) 

am  5.     „ 

91 

19 

ti 

(6,9  pCt.) 

am  6.     „ 

15 

5 

'» 

(1,8  pCt.) 

am  7.      „ 

51 

6 

5> 

(2,1  pCt.) 

später  als  am  7.     „ 

55 

3 

n 

(1,0  pCt.) 

273  Fälle. 
Nach  Injection  pyrogener  Stoffe  direct  in's  Blut  pflegt  die 
höchste  Fieberhöhe  sehr  bald,  meist  in  2  bis  4  Standen,  erreicht 
zu  werden;  doch  giebt  es  Ausnahmen  von  dieser  Regel:  nach 
Injection  von  Schwefelwasserstoffwasser  in  die  Vena  cruralis  er- 
reichte eine  Katze  am  ersten  Tage  nur  39,9°,  am  dritten  Tage 
aber  41,1°  (Taf,  V.  Exp.  II.);  nach  Injection  von  Fieberblut 
wurde  die  höchste  Fieberhöhe  von  den  inficirten  Hunden  erst 
am  4ten,  3ten,  6ten,  2ten,  3ten  Tage  erreicht  (Taf.  IV.  Exp. 
III.  bis  VII.).  Wenn  ein  solcher  Erfolg  eintritt,  nach  subcuta- 
ner Injection  phlogogener  Stoffe,  so  wird  man  sagen:  dies  durch 
die  infeetiöse  Entzündung  erregte  Fieber  ist  höher,  als  das  direct 
durch  Resorption  des  injicirten  Infectionsstoffes  erzeugte  Fieber. 
Wenn  aber  bei  directer  Injection  in's  Blut  die  höchste  Fieberhöhe 
erst  nach  Tagen  eintritt,  so  dürften  die  gleichen  Reflexionen  darü- 
ber zu  machen  sein,  wie  im  vorigen  Paragraphen  über  die  Dauer 
md  eigenthümliche  Wirkungsart  der  betreffenden  Fermentwirkung, 
wobei  jedoch  eines  nicht  vergessen  werden  darf,  nämlich  die 
Fieber  erregende  Wirkung  der  Enteritis,  welche  in  den  meisten 
Fällen  auftritt,  in  welchen  man  pyrogene  Stoffe  direct  in's  Blut 
iojicirt.  Diese  hämorrhagische  Enteritis  kann  gewiss  das  durch 
die  Injection  erregte  Fieber  eine  Zeit  lang  unterhalten  und  stei- 
gern, wenngleich  die  dabei  eintretenden  Dianhoeen  und  Blutun- 

5' 


68  I>r-  Th.  Billroth, 

gen  bei  längerer  Dauer  unzweifelhaft  einen  deprimirenden  Eiofluss 
auf  die  Temperatur  haben. 

§.  5.  Wir  haben  uns  hier  doch  gewiss  nur  auf  die  allereio- 
fachsten  Fragen  über  Beginn,  Dauer  und  Zeit  der  höchsten  Höbe 
des  Wundfiebers  beschränkt,  und  wenn  wir  eines  der  beobachte- 
ten Dinge  erklären  wollen,  stossen  wir  immer  bald  auf  eine  Reihe 
von  nicht  zu  entscheidenden  Möglichkeiten.  Ich  habe  froher  die 
Fragestellungen  in  Betreff  des  Wundfiebers  noch  sehr  vermehit 
ich  habe  nach  Zeit  und  Art  der  Defervescenz,  nach  Erisis  und 
Lysis  geforscht;  die  Resultate  waren  sehr  wenig  befriedigeod; 
mögen  die  letzterwähnten  Verhältnisse  eine  wichtigere  Bedeutoog 
bei  den  typischen  Infectionskrankheiten  haben  oder  nichts  icb 
wage  darüber  kein  Urtheil  —  für  das  Wundfieber  haben  sie  oacli 
meinen  Beobachtungen  keinen  Werth. 

§.  6.  In  Betreff  der  Nachfieber  weiss   ich  nichts  Neues 
zu   dem    in    meiner  ersten  Fieberarbeit  Gesagten  hinzuzufugeo. 
dass  dieselben  durch  neue  Entzündungen  bedingt  sind,  Iäi*st  sich 
meist  bestätigen,  es  giebt  aber  auch  Fälle,  in  welchen  man  der 
Ursache  eines  Nachfiebers  durchaus  nicht  auf  die  Spur  kommen 
kann.    Nachfieber  sind  im  Ganzen  häufig;  da  man  die  meisten 
Fieber,  welche  sich  länger  als  7  Tage  nach  der  Verletzung  bin- 
aiehen,  wohl  als  solche  Wundfieber  bezeichnen  darf,  welche  di- 
rect  in  Nachfieber  übergegangen  sind ,  so  lassen  sich  von  den , 
oben  erwähnten  273  Fällen   55  als  solche  mit  Nachfiebera  bet 
zeichnen;  dies  kann  aber  nicht  als  statistische  Zahl  für  die  Nach< 
Heber  überhaupt  gelten:  es  wäre  viel  zu  gering  gerechnet,  i 
es  sind  dabei   weder  die  Fälle  berücksichtigt,  in  welchen  nack 
völlig  abgelaufenem   Wundfieber  auf  einen  und  mehrere  fiebeD 
freie  Tage  ein  Nachfieber  folgte,   noch  diejenigen  Fälle,  in  wei 
eben  gar  kein  Wundfieber  eintrat,  doch  ein  Nachfieber  sieb  spi 
ter   in  Folge   einer   accidentellen   Wundentzündung  entwickeln 
Nach  einer  ungefähren  Schätzung  mögen  etwa  in  einem  Dritthei 
vielleicht  in  der  Hälfte  von  Fällen  (jede  Art  von  Verletzung  ei« 
gerechnet)  Nachfieber  eintreten.    Dass  die  Temperatur  dabei 


Ueber    Wandfieber  and  accidentelle  Wundkrankheiten.  69 

höher  steigt,    als  beim  Wundfieber  des  gleichen  Patienten, 
ist  auch   schon    früher  erwähnt. 


Capitel  XIX. 

Von  den   schi^v^eren,  meist  tödtlich  endigenden,  Infec- 

tionsfiebern. 
Septisches   Infectionsfieber,  Faulfieber.    —    Purulentes  Infec- 
üonsfieber ,  Eiterfieber.  —  Purulentes  Infectionsfieber  mit  Throm- 
bose und  Embolie,  Pyämie. 

§.  1.     Die  jetzt  ziemlich  verbreitete  Trennung  von  Septicä- 
mie  und  Pyämie    grfindet  sich  einerseits  darauf,  dass  man  den 
örtUcben  Zustand   der  Wunde,  mit  dem  Allgemeinzustand  com- 
binirt,  andererseits  auf  die  Unterscheidung  der  Symptomgruppen. 
Wenn  man  einen  Kranken  mit  jauchender  Wunde,  mit  jauchen- 
dem   Geschwür,  mit  brandigem  Glied  etc.  vor  sich  hat,  und  dies 
Indiiridaam  zugleich  fieberhaft,  oder  sonst  überhaupt  schwer  krank 
ist,    so  leitet  man  diesen  Zustand  von  der  Infection  mit  Jauche 
ab  9    und  nennt  ihn  Septicämie  oder  septisches  Infectionsfieber, 
oder  Fanlfieber,  oder  typhöses  Fieber  etc.   So  trivial  es  erscheinen 
mag,  hierüber  noch  ein  Wort  zu  verlieren,  so  ist  es  doch  nöthig, 
sich    dies  immer  wieder  klar  zu  machen:  die  Septicämie  ist 
ein  ^wesentlich  ätiologisch  constrnirter  Erankheitsbe- 
?r if  f.     Die  Symptome  dieser  Krankheit  sind  freilich  in  einer  sehr 
grossen  Reihe  von  Fällen  sehr  gleichartig,  das  früher  aufgestellte 
Bild    vfrird  meist  zutreffen;  doch  hat  mich  eine  sorgfältige,  fort- 
Se^^etzte  Beobachtung  belehrt,  dass  man  doch  die  Differenzirung 
ier  Septicämie  von  der  Eiterinfection  nicht  zu  weit  treiben  darf. 
\  ^    ist  gerade   in  Betreff  des  Fiebers  bei  Septicämie  zu  sagen, 
dass    die   Temperaturen  anfangs   meist   sehr  hoch,   später  sehr 
niedrig  werden ;  doch  es  giebt  auch  Fälle,  in  welchen  die  Tem- 
penttaren  gfleich  Anfangs  niedrig  sind,  nie  sehr  in  die  Höhe  gehen, 
Ja,  es  sind   nxir  tödtiich  endigende  Fälle  begegnet,  in  welchen  die 
"^^öperahir    nie    über  die  normale  stieg,  während  die  trockene 


70  I>r-  Th.  Billroth, 

Zunge,  die  Benommenheit  des  Sensoriams  u.  s.  w.  die  Schwere 
der  Infection  genugsam  bezeichneten.  Einige  der  Patienten  star- 
ben mit  ansteigender  hoher,  andere  mit  tief  unter  die  Normale 
sinkender  Temperatur.  Wie  soll  man  sich  diese  Dinge  erklären? 
Die  Experimente  geben  darüber  einigen  Aufschluss;  der  Fieber- 
verlauf bei  einer  experimentell  erzengten  Septicämie  ist  der: 
rasches  Atisteigen  der  Temperatur  2  bis  6  Stunden  nach  der  In- 
toxication,  dann  allmäliges  Sinken,  oft  bis  unter  die  Normale, 
gewöhnlich  mit  gleichzeitigen  Darmentleerungen.  Zu  jeder 
Zeit  innerhalb  dieser  Temperaturbewegung  kann  der 
Tod  eintreten,  sowohl  bei  noch  ansteigender  Temperatur (TaU. 
Exp.  XV.,  Tat  II.  Exp.  II.,  V.,  XVII.),  als  bei  sinkender  oder 
tief  gesunkener  (Taf.  I.  Exp.  I.,  IL,  III.,  Taf.  II.  Exp.  XIIL, 
XX.).  Dies  dürfen  wir  wohl  auch  auf  den  Menschen  übertragen: 
das  Yerhältniss  der  Quantität  und  Qualität  des  resorbirten  Stoffes 
zur  Widerstandsfähigkeit  des  betreffenden  Individuums  wird  hier 
entscheidend  sein ;  ob  ein  septisch  inficirtes  Individuum,  bei  wel- 
chem nach  bedeutender  Fieberhöhe  die  Temperatur  sinkt,  genesen 
oder  sterben  wird,  lässt  sich  nicht  sogleich  ersehen;  wie  auch 
sonst,  ist  das  Fallen  der  Temperatur  nur  von  günstiger  Bedentimg, 
wenn  auch  die  Pulsfrequenz  sinkt,  und  der  Allgemeinzustand  sich 
bessert;  verschlechtert  sich  letzterer,  steigt  die  Pulsfrequenz,  wäh- 
rend die  Temperatur  immer  mehr  sinkt,  selbst  bis  unter  das  Mi- 
nimum des  Normalen,  so  ist  der  Tod  fast  sicher 

Der  vollständige  Mangel  des  Fiebers  bei  septischer  Intoxi- 
cation  ist  nicht  so  leicht  zu  erklären,  oder  lässt  wenigstens  mehr- 
fache Erklärungen  zu:  wenn  man  zugeben  darf,  dass  die,  sub 
finem  vitae,  unter  die  normale  sinkende  Temperatur  ein  Zeichen 
des  höchsten  (alle  Lebensthätigkeiten  gewissermassen  paralysi- 
renden)  Grades  der  septischen  Infection  ist,  so  wäre  daran  zu 
denken,  dass  die  Aufnahme  einer  grossen  Menge  oder  eines  sehr 
intensiven  Giftes  sofort  diese  höchste  Wirkung  hervorbrachte, 
ohne  dass  es  vorher  zur  •Temperaturerhöhung  kommt;  ■—  oder 
man  könnte  supponiren,  dass  die  betreffende  resorbirte  Jauche 
einen  oder  mehrere  von  solchen  Stoffen  in  grösserer  Menge  ent- 


Deber  Wnadfieber  ond  accidentelle  Wandkrankheiten.  71 

bSlt,  welche  erfahmngsgemftss  die  Temperatur  hernnterbringen, 
z.  B.  Battersänre  (Weber)  Schwefelwasserstoff  (nach  dessen  In- 
jection  iVs  Blut  eine,  wenn  auch  in  den  von  Weber  angeführ- 
len  Experimentea  sehr  vorfibergehende  Temperaturerniedrigung 
erfolgte) 9  kohlensaaeres  Ammoniak;  gewiss  liesse  sich  die  Zahl 
dieser  Körper  noch  durch  experimentelles  Suchen  vergrössem. 

Wenn  ich  früher  ausgesprochen  habe,  die  jauchige  Infiltra- 
tion und  Septicämie  entwickele  sich  nie  später,  als  am  4ten  Tage 
nach  der  Verletzung,  so  ist  dies  natürlich  cum  grano  saiis  zu  ver- 
stehen, und  soll  nur  bedeuten,  dass  an  einer  frischen  Wunde  die 
jauchige  Zellgewebsentzundung  nicht  später  aufeutreten  pflegt. 
Wenn  aber  eine  ganze  Extremität  gangränös  wird,  sei  es  in  Folge 
von  Quetschung,  Verbrennung,  Erfrierung,  Arterienerkrankung, 
Embolie  u.  s.  w.,  wenn  sich  brandiger  Decubitus  entwickelt, 
wenn  eine  bereits  eiternde  Wunde  in  späterer  Zeit  aus  irgend 
welchem  Grande  zerstört  und  jauchig  wird,  so  kann  natürlich 
immer  noch  Jaucheresorption  auftreten,  so  lange  eben  die  Be- 
dingungen dazu  vorhanden  sind.  Eiterresorption  kann  der  Jauche* 
reäorption  folgen,  und  umgekehrt;  so  können  sich  Gombinationen 
Terschiedener  Art  bilden. 

Dass  bei  reiner  Septicämie  Schüttelfröste  nur  äusserst  selten 
vorkommen,  muss  ich  auch  jetzt  noch  behaupten. 

§.  2.  Was  die  Eiterinfection,  das  Eiterinfectionsfieber, 
betrifft,  so  ist  das  ebenfalls  ein  lediglich  ätiologisch  construirter 
Begriff,  wie  Septicämie;  wir  können  jedes  mit  einer  eiternden 
Wände  zusammenhängende  Fieber  ein  Eiterfieber  nennen.  — 
Unter  den  Symptomen  desselben  sind  die  jeweilig  auftretenden 
Schüttelfröste  das  auffallendste;  sie  nehmen  vorwiegend  die  Auf- 
merksamkeit in  Anspruch,  wenn  sie  sich  wiederholen,  und  sich 
ein  intermittirender  Typus  der  Fieber  herausstellt. 

Vergeblich  appelliren  wir  hier  an  das  Experiment;  wir  in- 
jiciren  Eiter  von  verschiedenster  Qualität,  von  den  verschieden- 
sten Kranken,  verschiedenen  Thieren  in's  Blut,  in^s  Unterhaut- 
zellgewebe; wir  erzengen  Entzündung  und  Fieber,  wie  bei  den 
gleichen   Experimenten  mit   Jauche,    doch    wir   bringen   keine 


72  Dr.  Th.  Billroth, 

Schüttelfröste,  überhaupt  keinen  intermittirenden  Fiebertypos  zu 
Stande;  wohl  kommen,  je  nach  der  EntzündungsaaBbreitnng,  bei 
den  subcutanen  Injectionen,  und  auch  bei  der  Injectioo  in^s  Blat, 
Schwankungen  des  Fiebers  auf  und  ab  vor,  doch  sind  keine  in- 
termittirenden Fieberanf&lle  ermittelt.  Was  dürfen  wir  daraus 
schliessen?  Sollte  sich  der  Mensch  so  ganz  anders  gegen  die 
Eiterintoxication  yerhalten,  als  die  Versuchsthiere?  wie  weit  geht 
hier  der  Beweis  durch  Analogie? 

Zunächst  die  Bedingungen  des  Schüttelfrostes:  auf  diejenigen 
von  Seiten  des  inficirten  Individuums  will  ich  nicht  wieder  zu- 
-^ rückkommen,  sie  sind  zu  bekannt;  doch  man  kann  es  sich 
nicht  verhehlen,  dass  manche  toxische  Stoffe  leichter  einen  Schüt- 
telfrost hervorrufen,  als  andere:  das  Intermittensgift,  die  Stoffe, 
welche  beim  Beginne  der  Pneumonie,  des  Erysipelas  entstehen, 
bringen  leichter  Schüttelfrost  hervor,  als  z.  B.  Typhbsgift;  Schat- 
telfröste kommen  häufiger  bei  eiternden,  als  bei  jauchenden  Wan- 
den vor,  das  weiss  jeder  Chirurg;  oft  genug  fehlen  sie  freilich 
auch  ganz  bei  sehr  schweren,  tödtlich  verlaufenden,  pamlenten 
Infectionsfiebern.  Die  Bedingungen  fär  die  Entstehung  der  Schat- 
telfröste beim  Eiterfieber  liegen  wohl  theils  im  Individuum,  theils 
wohl  auch  im  resorbirten  Eiter.  Individuen,  welche  zu  Fieber- 
frösten disponirt  sind,  bieten  manchmal  Erscheinungen  hoher  ner- 
vöser Reizbarkeit  dar,  sind  somit  zuweilen  kenntlich,  doch  lässt 
sich  darüber  nichts  Sicheres  sagen.  Der  Fieberfrost  ist  beim  Eiter- 
fieber gewiss  nichts  ganz  Zufälliges,  doch  kann  man  auch  nicht 
beweisen,  dass  er  der  Eiterresorption  folgen  muss. 

Das  durch  Jauche  oder  Blut  intoxirte  Blut  wirkt  auf  manche 
Organe,  entzündungserregend.  Hunde  bekommen  fast  immer  En- 
teritis, Katzen  auch  wohl  Pleuritis  oder  Pneumonie,  Nephritis. 
Beim  Menschen  dürfen  wir  Darmcatarrh,  Icterus,  Milzschwelluog, 
Nierenhyperämie,  Gelenkentzündungen,  diffuse  Pneumonie,  diflfase 
Zellgewebsentzündung,  Parotitis,  als  Processe  bezeichnen,  welche 
wahrscheinlich  durch  das  intoxirte  Blut  angeregt  werden;  der 
Mensch  ist  in  dieser  Beziehung,  wie  es  scheint;  irritabler,  als  die 


Ueber  Wundfieber  ond  aceideatell     Wimdkrankheiten.  73 

meisten  Thiere;  er  neigt  bei  Jaache-  and  Eiterintoxication  mehr 
als  letztere,  zu  difiiisen  metastatischen  Entzüadnngen. 

Wie  steht  es  aber  mit  dem  intermittirenden  Typus  des  Fie- 
bers bei  der  Eiterinfection  ?  sollte  dies  mit  der  Art  der  Intoxi- 
cation  durch  den  Eiter  etwas  zu  thun  haben  ?  man  sollte  meinen, 
dass  eine  so  seltsame  Eigenschaft  der  Eiterwirkung  auch  auf 
Thiere  zu  übertragen  sei:  dies  ist  nicht  der  Fall,  wir  können 
den  intermittirenden  Typus  nicht  experimentell  durch  eine 
einmalige  Intoxication  hervorrufen. 

Wir  wissen  über  die  Ursachen  der  rhythmischen  Bewegun- 
gen im  gesunden  und  kranken  Organismus  so  gut  wie  nichts; 
wir  kennen  z.  B.  nicht  einmal  die  Ursachen  der  regelmässigen 
täglichen,  Ton  der  Verdauung  unabhängigen  Schwankungen  der 
Körpertemperatur.  Für  die  Febris  intermittens  hat  man  etwa  zwei 
Theorieen:  nach  der  einen  häuft  sich  innerhalb  einer  gewissen 
Zeit  im  Blute  ein  Stoff  an,  der  erst,  wenn  er  in  einer  gewissen 
Dosis  augesammelt  ist,  den  Fieberanfall  erzeugt;  mit  diesem  wird 
das  Gift  ausgeschieden,  bildet  sich  aber  sofort  neu:  nach  einer 
anderen  Vorstellung  erfolgt  eine  Anhäufung  krankhaften  Stoffes 
in  der  Milz,  wird  hier  zeitweise  abgekapselt,  und  kommt  von 
Zeit  zu  Zeit  bei  heftigerer  Blutbewegung  (mit  ihrem  Entladungs- 
stofie)  in's  Blut,  und  erzeugt  dann  sofort  den  Fieberanfall.  Beide 
Aaffassungen,  von  denen  die  letztere  nicht  so  ganz  in  der  Luft 
pcbwebt,  wie  die  erstere,  sind  auch  für  die  Fieberintermissionen 
bei  der  Eiterinfection  zulässig.  Mir  scheint  die  Annahme  plau- 
sibler, nach  welcher  jeder  Fieberanfall  durch  eine  neue  Entzün- 
dung, sei  es  an  der  Wunde,  oder  anderswo  am  oder  im  Körper 
erzengt  wird;  wir  können  das  nicht  immer,  aber  doch  leidlich 
häufig  nachweisen,  auch  können  wir  den  intermittirenden  Fieber- 
typus  willkürlich  durch  rasch  nach  einander  wiederholte  Injec- 
tionen  künstlich  erzeugen;  endlich  spricht  die  klinische  Beob- 
achtung dafür,  wie  wir  später  sehen  werden,  indem  wir  in  den- 
jenigen Fällen  weitaus  am  häufigsten  Schüttelfröste  beobachten, 
in  welchen  sich  metastatische  Processe  entwickeln.  (Vergleiche 
hierzu  §.  7.) 


74  Dn  Th.  Billroth, 

Ich  muss  hier  noch  einen  bis  jetzt  wenig  herTorgehobeneD 
Punkt  erwähnen:  man  würde  sehr  irren,  wenn  man  nur 
da  einen  intermittirenden  Fiebertypus  annähme,  wo 
sich  Schüttelfröste  zeigen.  Es  kommen  beim  Eiter- 
fieber häufig  Fieberanfälle  vor  ohne  Fröste.  Dies  kann 
nur  ermittelt  werden ,  wenn  man  continuirlich  den  ganzea  Tag 
lang  die  Temperatur  beobachten  und  etwa  alle  halbe  Standen 
notiren  lässt;  eine  solche  mühsame  Untersuchung  hat  za  wenig 
practische  Bedeutung,  als  dass  man  sie  oft  ausfuhren  liesse;  ich  habe 
es  nur  einige  Male  für  die  Klinik  thun  lassen:  man  hat  derartige 
intermittirende  Fieberanfälle  bei  Mangel  an  Frost  zu  yermathett) 
wenn  die  Morgen-  und  Abendtemperaturen  sehr  unregelmäs&ig 
springend  sind.  Ein  15 jähriger  Bursche  mit  gequetschter  pene- 
trirender  Kniegelenkwunde  hatte  höchst  unregelmässige  Tempe- 
raturen, zuweilen  Morgens  sehr  hoch  und  Abends  niedrig,  oder 
Morgens  und  Abends  niedrig,  oder  Morgens  und  Abends  hoch; 
Patient  kam  dabei  sehr  herunter,  hatte  aber  keine  Fröste;  eine 
fortgesetzte  Messung  ergab,  dass  er  bald  am  Mittag,  bald  am 
Abend  bei  fortschreitender  Phlegmone  an  Ober-  und  ünterseben- 
kein  Fieberanfalle  mit  sehr  hoher  Temperatur  hatte;  unter  solchen 
Umständen  gaben  natürlich  die  Morgen-  und  Abendmessimgen 
kein  richtiges  Bild  der  Fieberverhältnisse.  Ich  schloss  aas  die- 
sen und  ähnlichen  Fällen,  dass  eine  Diagnose  auf  intermittiren- 
des  Fieber  durch  das  Auftreten  oder  Ausbleiben  der  Fröste  nicht 
gemacht  werden  kann.*) 

§.  3.  Wenn  ich  die  Gombination  von  Eiterinfection  mit 
Thrombose  der  Venen  und  mit  Embolien  als  Pyämie  bezeichne, 
so  werden  hoffentlich  die  meisten  Chirurgen  damit  überein- 
stimmen.     Dass    man   Thrombose    und   Embolie    an   und  ^ 


*)  Man  wolle  mich  hier  nicht  so  verstehen ,  als  yerlange  ich  in  praxi 
für  solche  Fälle  eine  continairliche  Plebermessnng ;  über  die  practische  Seit« 
der  Thermometrie  in  der  Ghimrgie  behalte  ich  mir  für  später  noch  einige  kurze 
Bemerkungen  Tor.  Der  erwähnte  Patient  ging  zu  Grande;  ich  hatte  Beiou 
Jogendkraft  zu  yiel  Resistenz  gegen  die  Eiterinfection  zogetrant,  sonst  bitte 
ich  ihn  amputirt. 


Deber  Wandfieber  and  accidentelle  Wandkrankheiten.  75 

sich  nicht  wohl  Py&mie  nennen  könne,  ist,  denke  ich,  allgemein 
angenommen;  Niemand  wird  wohl  einen  Fall  von  Herzklappen- 
vegetation mit  nachfolgender  Embolie  der  Art.  fossae  Sylvii  als 
Pyämie  beseichnen.  Will  man  auf  der  anderen  Seite  jede  Ei- 
teriofection  Pyämie  nennen,  so  müsste  dann  nach  unserer 
Auffassung  über  Entstehung  und  Wesen  des  Fiebers,  jedes  Fie- 
ber bei  Eiterungsprocessen  pyämisch  genannt  werden,  ein  Sprach- 
gebrauch, der,  wenn  auch  vielleicht  nicht  sehr  praktisch,  doch 
wissenschaftlich  eher  zulässig  wäre.  Für  die  Combination  von 
Eiterfieber  mit  Thrombose  und  Embolie  den  Namen  „Pyämie*  bei- 
zabehalten,  scheint  zweckmässig,  und  ich  weiss  in  der  That  die. 
Sache  nicht  praktisch  brauchbarer  zu  wenden.  Man  irrt  freilich, 
wenn  man  glaubt,  das  Wesen  der  Krankheit  damit  tiefer  gefasst 
zu  haben;  man  irrt,  wenn  man  glaubt  nach  diesem  Recepte  in 
allen  Fallen  die  Pyämie  diagnosticiren  zu  können.*)  üeber  die 
Schwierigkeit  der  Diagnose  innerer  metastatischer  Processe  habe 
ich  mich  bereits  früher  ausgesprochen;  dass  es  auch  selten  mög- 
lich ist,  die  Thrombose  der  Hauptvenen  der  Extremitäten  sicher 
zu  diagnosticiren,  davon  habe  ich  mich  leider  im  Lauf  der  Zeit 
überzeugen  müssen;  ich  habe  Irrthümer  in  der  verschiedensten 
Ricbtoog  begangen:  wenn  man  z  B.  bei  einer  complicirten  Un- 
terschenkelfraktur  am  6.  oder  8.  Tag  die  Vena  saphena  als  har- 
ten Strang  fühlt,  und  den  ganzen  Schenkel  ödematös  findet,  so 
seheint  es  kaum  gewagt,  eine  Diagnose  auf  Thrombose  der  er- 
wähnten Vene  und  vielleicht  auch  der  V.  femoralis  zu  stellen; 
Pat.  stirbt  nach  einigen  Tagen,  und  die  Venen  erscheinen  leer 
oder  mit  dünnflüssigem  Blut  gefüllt,  dagegen  ist' das  Zellgewebe 
m  die  Vene  fest  infiltrirt;  die  Periphlebitis  hat  eine 
Thrombose  vorgetäuscht  Leben  solche  Patienten  länger, 
schwillt  das  Bein  ab,  sterben  die  Kranken  ohne  Fröste  in  der 


*)  Vielleicht  vSre  es  möglich,  dass  sieb  auf  einem  Congress  oder 
''ioer  Natnrforachergesellschaft  die  dentschen  Chirurgen  und  pathoiog.  Ana- 
tomen über  die  specielle  Nomenclatnr  auf  diesem  Gebiet,  so  wie  anf  dem 
'««biet  der  Geschwülste  einigten;  es  wäre  in  der  That  im  Interesse  des 
l'aterhchts  sehr  zu  wünschen. 


Dr.  Th.  Billroth,  76 

dritten  oder  vierten  Woche,  wie  es  scheint  an  ErschOpfang  ~  so 
wird  man  gar  keine  Ursache  haben,  noch  an  Thrombosen  za 
denken,  und  findet  doch  vielleicht  alle  Venen  des  verletzten 
Schenkels  voll  Eiter,  vielleicht  auch  Abscesse  in  den  Lungen, 
pleuritische  Ergüsse,  ohne  Spur  von  vorangegangener  Dyspnoe, 
und  andere  unerwartete  Dinge.  Bei  solchen  Beobachtungen  wird 
man  scheu  im  Diagnosticiren,  und  hundert  sichere  Diagno- 
sen in  andern  Fällen  vermögen  kaum  den  früheren  unangeneh- 
men Eindruck  über  die  ünvollkommenheit  der  Diagnostik  auf 
diesem  Felde  zu  verwischen.  Es  wäre  thöricht,  aus  den  erwähn- 
.ten  Irrthümern  schliessen  zu  wollen,  man  könne  Thrombosen  und 
Embolien  überhaupt  gar  nicht  diagnosticiren,  doch  das  moss  man 
sich  gestehen ,  dass  die  Entscheidung,  ob  kleine  embolische  Me- 
tastasen, etwa  ein  erbsengrosser  Herd  in  Lunge  oder  Milz,  vor- 
handen sind,  nur  am  Leichentisch  geschehen  kann.  So  kleine 
embolische  Herde  bringen  gewiss  keine  Lebensgefahr  mit  sich; 
an  ihnen  würde  der  Kranke  nicht  sterben;  dennoch  muss,  scheint 
mir,  festgehalten  werden,  dass  der  Krankheitsfall  mit  dem  em- 
bolischen Process  gewissermassen  in  eine  neue  Phase  tritt,  und 
dass  man  wohl  ein  besonderes  Gewicht  auf  die  Embolien  bei 
der  Eiterinfection  legen  darf.  -  Warum  erst  auf  die  Embolien, 
warum  nicht  schon  auf  die  Thrombosen?  diese  müssen  doch 
den  Embolien  voraus  gehen.  Wollten  wir  die  Combination  von 
Thrombose  mit  Eiterinfection  schon  Pyämie  heissen,  so  kämen 
wir  in  diagnostischer  Hinsicht  nicht  weiter,  wie  oben  be- 
merkt; selbst  an  der  Leiche  ist  die  Diagnose  von  Thrombosen 
kleiner  Venen  in  der  Nähe  der  Entzündungs-  und  Eiterherde 
sehr  schwer,  ja  selbst  unmöglich. 

Es  ist  a  priori  klar,  dass  in  allen  Fällen,  in  welchen  eine 
acute  Vereiterung  gefässhaltiger  Gewebe  erfolgt,  auch  Venen 
thrombirt  werden  und  vereitern;  diese  Thromben  können  seht 
klein,  und  doch  zum  Zerfall  und  zu  Embolien  sehr  geeignet  sein 
auf  diese  Thromben  in  den  kleinsten  Venen  und  ihre  Bedentnng 
far  die  Embolie  habe  ich  früher  gar  kein  Gewicht  gelegt,  weil 
ich  noch  kein  Verständniss  dafar  hatte*    Wenn  man  von  Venen 


Ueber  Wnndfieber  and  acciden teile  Wandkrankheiten.  77 

tbrombosen  als  Sectionsbefand  spricht,  so  hat  man  dabei  ge- 
wöhnlich nor  die  grossen  Hauptstimme  des  betreffenden  Glie* 
desim  Aage;  die  feinsten  kleinen  Venen  werden  meist  gar  nicht 
berücksichtigt;  die  mit  jauchigen,  halb  zerbröckelten  Thromben 
gefüllten  Venen,  z.  B.  in  der  Nähe  eines  jauchenden  Decubitus 
wären  Tielleicht  nur  mit  Aufwand  von  stundenlanger  anatomi- 
scher Präparation  frei  zu  präpariren.  Es  ist  nicht  nothwendig, 
dass  sich  die  Thrombose  in  die  grösseren  Geßisse  erstreckt,  um 
zor  Embolia  zu  fahren;  ja  es  wäre  denkbar,  dass  ein  Ent- 
zandangsherd  zur  Zeit  der  Section  bereits  ganz 
zu  Eiter  oder  Jauche  zerflossen  wäre,  aus  dessen 
thrombirten  Venen  in  frfiherer  Periode  Emboli  losge- 
rissen waren,  deren  Effecte  man  in  den  Lungen  findet.  Diese 
aprioristischen  Reflexionen  werden  durch  sorgfältige  anatomische 
Dotersuchungen,  zu  denen  ich  freilich  nicht  oft  die  Zeit  aufwen- 
den konnte,  yoUkommen  bestätigt;  auch  empfehle  ich,  eitrig  in- 
filtrirte  Gewebe  zn  erhärten  und  mikroskopische  feine  Abschnitte 
davon  zu  nntersnchen,  man  findet  da  oft  aufs  Schönste  die  mit 
£iter  gefüllten  kleinsten  Venen.  Aus  dem  Gesagten  ergiebt  sich, 
dass  die  Venenthrombose  viel  zu  häufig  bei  entzündlichen  Pro- 
cessen ist^  als  dass  man  daran  die  besondere  Bezeichnung  „Py- 
ämie'  knüpfen  dürfte,  wenn  man  diese  Bezeichnung  nicht  so 
sehr  yerallgemeinern  will,  dass  sie  dann  nichts  mehr  als  Ent- 
zändoDg  mit  Fieber  bedeutet. 

Es  ist  mir  aber  klar  geworden ,  dass  ich  früher  die  Quellen 
der  emboliscben  Proces^e  ihrer  Häufigkeit  nach  bedeutend  un- 
terschätzt habe,,  und  dass  ich  mir  auch  die  Emboli  selbst  stets 
i^Qr  als  grossse  präparirbare  Pfropfe  dachte,  weil  ich  nur  auf  die 
fe  in  grössere  Venen  fortgeleiteten  Thrombosen  meine  Aufmerk- 
samkeit gelenkt  hatte.  Wenn  schon  dieser  Umstand  mich  zwei- 
felhaft machen  musste,  ob  die  bekannten  metastatischen  Abscesse, 
Jamal  in  Langen  und  Milz,  je  andere  Ursachen  haben,  als  die 
Embolie  feinster  Geßsse  (s.  g.  Capillarembolie) ,  so  haben  end- 
lich die  Versnche  von  Weber  und  eigene  Experimente  diese 
frage  für  mich  jetzt  entschieden. 


78  Dr.  Th.  Billroth, 

In  meiner  ersten  Fieberarbeit  habe  ich  mich  dahin  ausge- 
sprochen, dass  die  Entstehung  so  vieler  Lungen-  und  Milzin- 
farcte  durch  Embolien  kleinster  Gefässe  (Capillarembolie)  min- 
destens nicht  für  jeden  Einzelfall  bewiesen  werden  kGnne;  dies 
muss  man  auch  jetzt  noch  zugeben.  Ein  Hauptargument  gegen 
die  zu  grosse  Verallgemeinerung  der  Capillarembolie  als  Ursache 
der  metastatischen  Abscesse  war:  wenn  man  auch  mgeben 
möchte,  dass  yielleicht  alle  Lungeninfarcte  von  Embolie  herrühr- 
ten, so  sind  damit  doch  die  freilich  seltener,  doch  auch  ohne 
Lungenembolien  vorkommenden  Infarcte  der  Milz  (vergl.  §.  U 
dieses  Kapitels)  und  Leber  nicht  erklärt,  denn  es  ist  nicht  wahr- 
scheinlich, dass  Körper,  welche  die  Gapillaren  der  Lunge  passirt 
haben,  noch  anderswo  im  Capillarsystem  stecken  bleiben.  Diese 
Reflexion  ist  bis  vor  kurzerZeitnicht  durchThatsachen 
widerlegt.  Ich  habe  einem  Hunde  Saft  aus  einem  Brustkrebs  in  die 
V.  jugularis  injicirt,  den  ich  durch  Zerhacken  und  Durchpressen 
der  weichen  Geschwulstmasse  durch  ein  Tuch  gewonnen  hatte: 
der  Hund  starb  nach  einigen  Tagen:  ich  fand  bei  der  Section  die 
Lungen  ganz  frei  von  Infarcten,  doch  mehrere  embolische 
Herde  in  der  Milz.  Dies  Experiment  beweist  also, 
dass  Körper  durch  die  Lungencapillaren  pasßiren, 
und  doch  noch  in  den  Milzcapillaren  stecken  bleiben 
können.  Das  Gleiche  beweisen  für  mich  auch  0.  Weber's Ex- 
perimente 4—8,  obgleich  in  allen  diesen  Fällen  zugleich  neben 
den  Embolien  in  Milz,  Leber,  Augen  ,^  auch  Embolien  in  den 
Lungen  waren ;  da  aber  alle  embolischen  Herde  iü  gleichem  Sta- 
dium gefunden  wurden,  so  ist  nicht  daran  zu  zweifeln,  dass  sie 
auch  zugleich  entstanden.  A  priori  muss  freilich  auch  dieMög: 
lichkeit  zugegeben  werden,  dass  sich  um  die  Lungenabscesse 
zerfallende  Thromben  in  den  Lungen venen  bilden,  die  natürlich 
gelegentlich  in's  linke  Herz,  und  von  hier  in's  Aortensystem  g^ 
langen  können;  in  einem  solchen  Falle  müssten  aber  die  Herde 
in  der  Milz  viel  frischere  Stadien  der  embolischen  Erkrankung 
darbieten,  als  die  Lungen.    —    Es  scheint  mir  somit  der 


Ueber  Wandfieber  und  accidentelle  Wnndkrankheiteii.  79 

Hanpteinwarf  gegen   die  Embolien  als  Ursachen  der 
metastatischen  Abscesse  bei  Py&mie  gehoben  zu  sein. 
§.  4    Man  kennt  eine  ganze  Menge  von  Ursachen  für  die 
Entstehung  und  den  Zerfall  ausgedehnter  Venenthromben,  doch 
pam  abgeklärt  ist  die  Sache  nicht;  beobachtet  man  unbefangen, 
so  kann  man  es  sich  doch  nicht  verhehlen,  dass  es  zuweilen 
den  Anschein  hat,  als  sei  die  Thrombose,  oder  —  nennen 
wir  es  mit  dem  alten  Namen  —   die  Phlebitis   schon  ein 
Effect  der  Infection.     Ich   glaube,   der  Gedankengang  bei 
diesem  Eindruck  ist  folgender:  man  sieht  eine  Menge  umfang- 
reicher Wunden,  bei  denen  ausgedehnte  Kreislaufstörung  vorhan- 
den war;  man  sieht  Wunden  mit  freigelegten,  selbst  mit  unter- 
bundenen grossen  Yenenstämmen  ohne  Gefahr,  ohne  irgend  welche 
Zufalle  heilen;  nun  kommt  ein  Fall,  in  welchem  sich  ausgedehnte 
EntzSndung  nm  die  Wunde  entwickelt  (mag  diese  Entzündung 
dareh  mechanischen  Insult,  durch  Infection  oder  sonst  wie  be- 
dingt sein),  es  treten  Schüttelfröste  auf,  der  Kranke  stirbt,  man 
findet  eiterige  Thrombose,  Lungenabscesse.     Man  raisonnirt  jetzt 
so:  in  dem  letzten  Falle  müssen  die  Entzündung  an  der  Wunde, 
die  Thrombose,    die  Embolie^  die  Schüttelfröste  wohl  im  Zu- 
sammenhang   stehen ,    von    einander    abhängig    sein ;     ausge- 
dehnte Thrombose   ist  nicht  nothwendig  die  Folge   vorliegender 
Verletzung,  sie  muss  eine  besondere  Ursache  haben:  der  Kranke 
ist  pyimisch  inficirt,  das  ist  der  Grund  der  ganzen  Geschichte. 
leh  glaube,    dass  hierbei  falsche   und  richtige  Schlüsse  aus  der 
Beobachtung  gesogen  sind.   Für  richtig  halte  ich  den  Satz,  dass 
die  Verletzung  selbst  nicht,  oder  nur  äusserst  selten 
Grund  ausgedehnter  Thrombosen  ist.   Ich  habe  früher  die 
Ausdehnung  der  traumatischen  Thrombosen,  z.  B.  bei  Quetsch- 
WQiiden,.  bedeutend  überschätzt;   es   ist  ganz   erstaunlich,  wie 
schnell  sich  der  Kreislauf  selbst  bei  starken  Zerschmetterungen 
der  Extremitäten  um  eine  Wunde  herum  regnlirt,  ohne  dass  da- 
^  ein  gar  zu  grosses  Geftssgebiet  durch  Gerinnung  ausser  Thä- 
^keit  kommt.    Diese  Ueberzeugung  habe  ich  gewonnen,  seitdem 
ich  die  Gef&sse  von  Extremitäten  öfter  untersucht  habe,  die  ich 


80  Th.  Billroth, 

wegen  Zerschmetterung  amputiren  musste.^  So  lange  die  Haapt- 
arterien  an  verletzt  sind,  und  das  Herz  kräftig  wirksam  arbeitet, 
ist  keine  Gefahr,  dass  ausgedehnte  Thrombose  entsteht.  So  wie 
aber  die  Hauptarterie  zerrissen  ist,  dann  wird  es  bedenklich;  da< 
langsam  circulirende  Blut  stockt  hier  und  da,  die  bald  folgende 
entzündliche  Schwellung  der  Weichtheile  genügt,  das  Blat  ia  den 
Yenen  vollends  zum  Stillstand  zu  bringen,  es  folgt  Gangrän. 
Zwei  Mal  sah  ich  bei  Oberscheukelfracturen,  zwei  Mal  bei  Unter- 
schenkelfracturon,  die  bei  der  Untersuchung  den  Gedanken  äo 
eine  Primär -Amputation  gar  nicht  aufkommen  liessen,  Gaogrio 
der  betroffenen  Extremitäten  eintreten ;  die  Diagnose  auf  Zerqnet- 
schung  der  Arterien  bestätigte  sich  in  allen  4  Fällen,  nur  einer 
kam  nach  der  Amputation  durch.  Es  ist  bekannt,  und  mir  bei 
den  hier  häufig  vorkommenden  Fällen  von  Gangraena  senilis  oft 
vorgekommen,  dass  bei  Störung  der  arteriellen  Circulatioii  ein 
kleiner  traumatischer  Reiz  genügt,  Stase  und  Gangrän  hervorzu- 
rufen. Wir  sehen  nun  aber  doch  häufig  bei  Verletzten  ausge- 
dehnte Stasen  in  den  Venen,  wenn  auch  nicht  so  oft  Gangräo 
auftreten  in  Fällen,  wo  die  Hauptarterie  nicht  zerrissen  oder  ge- 
quetscht ist;  da  also  das  Trauma  in  diesen  Fällen  nicht  die  Ur- 
sache der  ausgedehnteren  Girculationsstörung  ist,  was  ist  es  denn? 
ich  glaube,  es  ist  vorzüglich  die  CombinatiOQ  too 
Gompression  der  Venen  durch  das  schwellende  nnd 
entzündlich  infiltrirte  Gewebe  mit  Abschwächnog  der 
Herzcontraction  in  Folge  der  Blutintoxication,  oder 
wenn  man  will,  in  Folge  des  Fiebers.  Beobachtnag  am 
Krankenbett  und  anatomische  Untersuchung  haben  mich  in  fol- 
gender Weise  zu  diesen  Schlüssen  gefuhrt:  Es  sind  mir  keine 
Fälle  vorgekommen,  in  welchen  nicht  der  Thrombose  eine  Ent- 
zündung an  der  Wunde  vorherging;  diese  Entzündungen  stehen 
also  wahrscheinlich  in  bestimmtem  Zusammenhang  mit  der  Throni' 
böse.  In  manchen  Fällen  beobachtet  man  ganz  deutlich,  dass 
di6  Entzündung  vorwiegend  den  Venen  (besonders  gerne  der  V.  sa- 
phena) nachgeht;  das  die  Venen  umgebende  Zellgewebe  wird  be 
sonders  früh  infiltrirt;  sollte  dies  darauf  beruhen,  dass  das  Blnt, 


hr. 


Ueber  Wundfieber  und  aecidentelle  Wnndkrankheiten.  gl 

welches  von  der  stark  entzündeten  Wunde  kommt,  besonders 
irritirend  ist,  und  durch  die  Venen  wand  in's  perivendse  Zell- 
gewebe dringt,  wie  die  giftige  Lymphe  durch  die  Lymphgefiss- 
wandungen?  oder  ist  diese  Periphlebitis  vielleicht  eine  Perilym- 
phangoitis,  von  den  Lymphgefässstämmen  ausgehend,  welche  die 
V.  saphena  begleiten?  ich  habe  das  noch  nicht  untersuchen 
können.  Das  steht  aber  fest,  dass  zur  Zeit  der  Entwickelung 
der  Periphlebitis,  in  einer  Zeit,  wo  die  Vene  durch  das  anliegende, 
stark  durch  zellige  Infiltration  gespannte  Gewebe  schon  erheblich 
comprimirt  wird,  noch  keine  Thrombose  erfolgt  zu  sein  pflegt, 
wie  sich  ergiebt,  wenn  der  Kranke  in  diesem  Stadium  stirbt, 
oder  wenn  man  in  diesem  Stadium  amputirt.  —  Wenn  nun  aber 
der  Kranke  durch  andauerndes  Fieber  immer  mehr  herunter 
kommt,  wenn  die  periphlebitische  Infiltration  zur  diffusen  Phleg- 
mone wird,  wenn  sie  in  Eiterung  übergeht,  und  wenn  der  Kranke 
stirbt  oder  amputirt  wird,  dann  findet  man  in  der  Regel  Yenen- 
thrombose.  Es  scheint  also,  dass  der  dauernde  Fieberzustand, 
und  damit  die  Herzschwäche  hinzukommen  muss,  um  in  der  durch 
das  geschwollene  Gewebe  comprimirten  Vene  das  Blut  zur  Ge- 
rinnung zu  bringen.  Man  wird  hier  fragen :  warum  soll  es  von 
den  verschiedenen  Symptomen  des  Fiebers  gerade  die  Herz- 
schwäche sein,  welche  die  Thrombose  fertig  macht?  Ich  wähle 
diese  heraus,  als  das  einfachste,  durch  den  immer  schwächer 
werdenden  Puls  und  sonstige  Inanitionserscheinungen  am  ent- 
schiedensten wahrnehmbare  Symptom.  Ob  der  dem  Blute  bei- 
gemischte Eiter,  oder  Jauche,  oder  andere  Stoffe  die  Gerinn- 
barkeit des  Blutes  erhöhen,  das  ist  bald  bejaht,  bald  verneint, 
jedenfalls  wissen  wir  darüber  nichts  Sicheres.  —  So  scheint  also 
in  der  That  die  Eiterinfection  die  Thrombose  zu  begünstigen, 
wenn  auch  nicht  so  ganz  direct  Man  sollte  meinen,  dass  sich 
die  Richtigkeit  der  aufgestellten  Behauptung  experimentell  prüfen 
lassen  müsse.  Die  Herzschwäche  muss  durch  Infection  hergestellt, 
Qnd  dann  ein  Girculationshinderniss  in  den  Venen  gesetzt  werden, 
so  muss  die  ausgedehnte  Thrombose  kommen;  vielleicht  erzeugen 
wir  sogar  noch  embolische  Lungenabscesse  dazu,    dann    haben 

V.  Laagftabeek,  ArehiT  f.  Chirurgie.  IX.  Q 


82  I>r-  Tb.  Billroth, 

wir  die  ganze  Py&mie  anf  natfirlichste  Weise  hergestellt!    Alles 
ist  beisammen I    Fangen  wir  an! 

Ezp.  1.  Einem  starken  Dachshunde  warde  am  17.  April  (alle  Experi- 
mente sind  1866  gemacht)  die  V.  femoral,  in  der  Schenkelbeoge  anterbondeo, 
und  dann  central  ein  Scrnpel  filtrirte  Jauche  in  die  Vene  injicirt;  die  gleiche 
Operation  mit  Injection  wurde  am  20.  April  an  der  anderen  Seite,  am  23.  April 
an  der  Y .  jogul.  links,  am  5.  Mai  an  der  V.  jugul.  rechts  gemacht,  das  letzte 
Mal  aber  eine  Unze  Jauche  iiyicirt,  wonach  der  Hund  bald  starb.  Ich  ober- 
gehe  die  Schilderung  des  gewöhnlichen  Erfolges  dieser  Iigectionen,  and  er- 
wähne nur,  dass  der  Hund  vom  26.  bis  29.  April  apathisch  dalag,  nichts 
frass,  enorm  abmagerte;  dann  fing  er  an,  sich  zu  erholen,  bis  ich  ihn  io 
erwähnter  Weise  am  19.  Tage  nach  der  ersten  Operation  tödtete;  die  Tem- 
peratur stieg  nach  der  ersten  Injection  auf  40,5,  nach  der  zweiten  auf  41,0, 
hielt  sich  später  eine  Zeit  lang  zwischen  40,0  und  40,5,  fiel  dann  aufs  Nor- 
male, stieg  nach  der  letzten  Injection  wieder;  der  Hund  starb  mit  steigender 
Temperatur.  Bei  der  Section  fand  sich  in  allen  unterbnodeneo 
Venen  flfissiges  Blut,  die  bekannten  Veränderungen  im  Darm,  soost 
nichts  Abnormes. 

Ezp.  2.  Mittelgrosser,  schwarzer,  rauhhaariger  Hund;  6.  Mai  OnterblB- 
düng  von  A.  und  V.  femoralis  links  in  der  Schenkeibenge,  dann  Injection 
von  Jauche  in  das  benachbarte  Zellgewebe.  —  Das  operirte  Bein  schvoU 
enorm  an,  war  sehr  schmerzhaft,  der  Hund  wurde  immer  elender,  iri&i 
nichts,  wurde  am  II.  Mai  (am  6.  Tage  nach  der  Operation)  todt  gefunden. 
Bei  der  Section  fand  sich  das  operirte  Bein  total  gangränös,  von  Janche 
ganz  infiltrirt;  diese  Infiltration  erstreckt  sich  hoch  hinauf  in  die  Baocb- 
decken.  In  der  unterbundenen  Vena  femoralis,  die  oberhalb  der 
Ligatur  stark  erweitert  ist,  flfissiges  Blut;  kleiner,  fester  Throm- 
bus ober-  und  unterhalb  der  ünterbindungsstelle  an  der  Arterie;  alleranereo 
Organe  normal. 

Ezp.  3.  Schwarz  und  weisser,  kleiner,  zottiger  Hund;  am  4.  April  In- 
jection von  1  Unze  Jauche  in  die  V.  jugularis.  Ampntatio  femoris  links. 
Tod  nach  18  Stunden.  Keine  Thron^ben  in  derV.  femoralis  sinistr» 
und  der  unterbundenen  V.  jugularis.  Enteritis,  sonst  nichta  Ab- 
normes. 

Exp.  4.  Kleiner,  brauner,  kurzhaariger  Hund.  Amp.  femoris  rechts 
subcutane  Injectionen  von  Jauche  am  RQcken  am  11.  April,  neue  subcutane 
Injectionen  am  12.  April  am  Kopf;  am  13.  April  wurde  der  Hund  todt  ge- 
funden. Section:  in  der  V.  femoralis  re-chts  flüssiges  Blut;  nicbtä 
Abnormes  im  Körper,  ausser  jauchigen  Abscessen  an  den  Stellen  der  In- 
jection. 


Ueber  Wandfieber  nnd  accidentelle  Wandkninkheiten.  g3 

Exp.  5.  Grosser,  weisser  Padol;  am  21.  Mftrz  Amp.  femoris  rechts,  zu- 
gleich 1  Drachme  Janche  sabcatao  iDJicirt;  der  Hand  warde  Tom  21.  bis 
29.  darch  tägliche  subcntane  Injectionen  in  einer  Fiebortemperatar  tod  40,0 
bis  40,5  erhalten ;  dann  Hess  man  ihn  in  Rnhe;  er  erholte  sich,  nnd  wurde 
&m  2.  April  (am  12.  Tage  nach  der  ersten  Operation)  getödtet.  Section: 
Sberall  jancbige  Abseesse,  wo  die  Injectionen  gemacht  sind,  flfissiges 
Blnt  in  der  V.  ferner,  des  ampatirten  Schenkels. 

Exp.  6.  Kleiner  weisser  Hand;  am  4.  Mai  1866  Ampnt  femoris  links; 
die  frische  Ampntationswnnde  wird  mit  Jauche  begossen, 
Charpie,  mit  Janche  getränkt,  wird  auf  die  Wände  gelegt,  und 
die  Haut  darüber  vernäht  Heftiges  Fieber,  Schwellung  des  Stumpfes 
in  den  nächsten  3  Tagen;  der  Hund  hat  die  Charpie  schon  nach  24  Stun- 
den Ton  der  Wunde  abgeleckt;  bald  granulirt  die  Wunde  vortrefflich,  der 
Hund  erholt  sich  vollständig:  er  wird  am  11.  Mai  (8  Tage  nach  der  Opera- 
tion) getödtet.  Section:  Flfissiges  Blut  in  der  Y.  femoralis  des 
ampntirten  Beines. 

Das  Fieber  war  bei  diesem  Hunde  nicht  stärker  und  nicht  anders  ver- 
laufen, als  bei  einem  Hunde,  dem  ich  die  Amputation  des  Oberschenkels 
machte,  ohne  ihn  zu  inficiren.  In  beiden  Fällen  erfolgte  sweitägiges  Wund- 
fieber (bis  40,2)  nnd  am  5.  nnd  6.  Tage  ein  Nachfieber  (auch  bis  40,2),  dann 
Pieberlosigkeit.  In  allen  Fällen  bei  diesen  Amputationen  retrahirten  sich 
die  Mnskeln  stark,  so  dass  der  Knochenstumpf  etwas  vorstand.  In  keinem 
Falle  war  progressive  Eiterung  am  Stumpf,  in  keinem  Falle  Osteomyelitis. 

Iq  keinem  dieser  Experimente  ist  es  gelungen, 
eine  progressive  Venenthrombose  za  erzeugen,  ob- 
gleich die  Experimente  in  der  verschiedensten  Weise  modificirt 
sind;  die  Hunde  warden  theils  direct  durch  Injectionen  in's  Blut, 
theils  indirect  durch  Injectionen  in's  Zellgewebe  inficirt;  der 
febrile  Effect  blieb  nie  aus,  doch  es  erfolgte  keine  Thrombose, 
selbst  nicht  ^«  wenn  die  Thiere  durch  wiederholte  Injectionen  in 
zunehmenden  Marasmus  versetzt,  12  und  19  Tage  lang  lebten; 
ich  unterband  einen  Venenstamm  allein,  ich  unterband  Venen 
und  Arterien  des  gleichen  Schenkels,  ich  machte  Amputationen, 
nie  war  Thrombose  zu  erzeugen*). 


*)  Professor  Breslau  machte  mich  aufmerksam,  dass  ähnliche  Experi- 
mente von  P.  W.  Mackenzie  (The  pathology  and  treatment  of  Phlegmasia 
dolens.     London,  1863.)  gemacht  seien,  und  zwar  mit  Injection  tou  Milch- 

6* 


84  Dr.  Th.  Billroth, 

Was  soll  man  aus  diesen  Tbatsachen  scbliessen? 

Zunächst  raÜHsen  wir  die  Frage  stellen,  wie  weit  sind  diese 
Experimente  für  den  Menschen  verwerthbar?  Ich  habe  schon 
früher  darauf  aufmerksam  gemacht,  dass  beim  Menschen  gewisse, 
wenn  audi  nicht  constante  Verschiedenheiten  bemerkbar  sind, 
je  nachdem  er  durch  Eiter  oder  durch  Jauche  intoxirt  ist,  dass 
dagegen  bei  Hunden  nichts  der  Art  wahrnehmbar  sei.  Dass  ver- 
schiedene Thiere  äusserst  verschieden  reizbar  gegen  Infectionen 
sind,  ist  ebenfalls  Thatsache;  manche  neigen  sehr  zu  jaochigen 
Entzündungen,  andere  nicht  etc.  Hunde,  Katzen,  Kaninchen 
sind  schon  sehr  verschieden  vom  Menschen  in  diesen  Punkten; 
die  phlogogene  und  pyrogene  Wirkung  ist  bei  allen  genannten 
Thieren  da,  und  darum  sind  in  dieser  Hinsicht  auch  die  Resul- 
tate der  Experimente  für  den  Menschen  brauchbar;  wo  es  sich 
nun  aber  um  die  Art  der  Entzündung  handelt,  um  die  Kreislaufs- 
und Blutdruckverhältnisse  in  bestimmten  Gefässgebieten,  um  die 
Herzkraft  und  die  Gerinnbarkeit  des  Blutes,  da  lässt  uns  das 
Experiment  vielfach  im  Stich,  und  die  Analogieschlüsse,  welche 
aus  den  experimentellen  Thatsachen  gezogen  werden  sollten, 
werden  bedenklich  zweifelhaft.  Wer  möchte  eine  Procedur  wie 
in  Experiment  6.  bei  einem  Menschen  wagen!  einen  frischen 
Amputationsstumpf  mit  Macerationswasser  begiessen  und  mit 
darin  getränkter  Gharpie  verbinden!  Der  Hund  bekam  wohl 
Fieber,  doch  die  Jauche  veranlasst  bei  Hunden  nur  dann  pro- 
gressive Zellgewebsentzündungen,  wenn  sie  in's  Gewebe  mit  der 
Spritze  hineingetrieben  wird;  dieser  amputirte  Hund  befand  sich 
bald  ganz  wohl,  und  die  Wunde  granulirte  nach  wenigen  Tagen 
vortrefflich.      Impft  man  einen  Hund  mit  Jauche  am  Ohre,  so 


säure,  weil  Macke nzie  Ton  der  VoranssetzuDg  ausgeht,  dass  die  Milch- 
säure das  giftige  Agens  bei  der  pyämischen  und  puerperalen  Infection  sei. 
Diese  Voraussetzung  scheint  mir  zn  gewagt,  um  darauf  hin  zu  experimen- 
tiren;  Mackenzie  unterband  bei  Thieren  die  Vena  femoralis  nnd  injicirte 
Milchsäure;  er  stellt  die  Erfolge  so  dar,  als  sei  wirklich  danach  ausge- 
dehnte Thrombose  entstanden,  doch  seine  Schilderung  hat  mir  wenig  Zu- 
trauen erweckt. 


Deber  Wandfieber  und  accidentelle  Wandkrankheiten  g5 

hat  dies  meist  eine  geringe  locale  Entzflndung  zur  Folge,  ein 
Kaninchen  stirbt  gewöhnlich  davon.  Dass  Eiter  von  Pyämischen 
und  Nichtpyämischen  bei  Thieren  gleich  wirkt,  ist  schon  früher 
gezeigt.  Kurz,  es  scheint  nicht  gelingen  zu  wollen,  eine  ans- 
gedehnte  Thrombose,  wie  man  sie  beim  Menschen  leider  so  oft 
findet,  bei  Thieren  zu  erzeugen,  weil  eben  bei  den  Thieren  die 
dazu  nöthigen  Bedingungen  des  Kreislaufes  und  der  Blutgerinnung 
oicht  haben  hergestellt  werden  können.  Ich  halte  daher  dai^r, 
dass  die  negativen  Resultate  dieser  Experimente  nichts  gegen  die 
oben  aufgestellte  Hypothese  beweisen,  wonach  Compression  der 
Venen  in  einem  entzündeten  Theile,  verbunden  mit  einer  durch 
Eiter-  oder  Jaucheintoxication  bedingten  Herzschwäche,  die  Ent- 
wickelung  ausgedehnter  Thrombosen  begünstigt. 

Wenn  man  aus  diesem  Raisonnement  herauslesen  will:  die 
Pyämie,  (speciell  die  Gombination  von  Eiterinfection  mit  Throm- 
bose und  Embolie)  ist  eine  dem  Menschen,  wenn  auch 
nicht  ausschliesslich,  so  doch  sehr  vorwiegend  eigen- 
thfimliche  Erkrankungsform,  so  habe  ich  nichts  dagegen 
einzuwenden. 

Diejenigen  aber,  welche  «0*  dem  Dogma  festhalten,  „die 
Pyämie  ist  eine  specifische  Krankheit  unter  den  Krankheiten  des 
Menschen^  (d.  b.  es  giebt  nur  einen  Stoff,  welcher  die  Pyämie 
erzeugen  kann,  wie  es  nur  einen  Stoff  giebt,  welcher  Typhus, 
Cholera,  Masern  etc.  erzeugt)  werden  mir  jetzt  vorwerfen,  dass 
ich  die  angefahrten  Experimente  nicht  gelten  lassen  will,  weil 
^le  oicht  bestätigen,  was  ich  mir  darüber  gedacht  habe;  -  sie 
werden  sagen:  diese  Experimente  und  alle  früheren  dieser  Ar- 
beitereihe zeigen  ja  gerade  recht  schlagend,  dass  man  die  wahre 
Pyämie  nicht  erzeugen  kann,  folglich  muss  sie  doch  etwas  ganz 
Besonderes  sein.  Diesen  letzten  Schluss  halte  ich  nur  für  halb 
richtig;  ich  lasse  ihn,  wie  schon  oben  bemerkt,  gelten,  wenn 
man  sagt:  folglich  ist  die  Pyämie  wahrschemlich  eine  dem  Men- 
sehen sehr  eigenthümliche  Krankheit.  Auf  die  Lehre  von  der 
Specifit&t  der  traumatischen  bfectionskrankheiten  will  ich  später 
zurückkommen. 


',/ 


sc  Dr.  Th.  Billroth, 

§.  D.  Nachdem  wir  ans  so  vielfach  mit  dea  Wirkangen  von 
Eiter  und  Blut  beschäftigt  haben,  müssen  wir  noch  ein  Mal  aof 
die  Fnige  zurückgreifen:  wie  kann  denn  der  Eiter  in's  Blut  ge- 
langen? Ist  es  nicht  durch  Virchow's  vielfache  Arbeiten  be- 
wiesen worden,  dass  durch  die  Venenmündungen  kein  Eiter  von 
der  Wunde  resorbirt  werden  kann?  Ist  es  nicht  von  ihm  nach- 
gewiesen,  dass  die  dicke,  gelbe,  dem  Eiter  völlig  gleiche  Flüssig- 
keit Detritus  der  zerfallenen  Thromben,  puriforme  Substanz,  kein 
eigentlicher  Eiter  sei? 

Die  erste  Frage  anlangend,  nämlich,  ob.es  möglich  sei,  dass 
Eiter  von  den  Wunden  durch  die  Venen  in^s  Blut  gelange,  käon 
nac^h  dem  heutigen  Stande  unserer  Kenntnisse  durchaus  nicht 
geleugnet  werden,  v.  Recklingshausen  hat  nachgewiesen, 
dasä  Eiterkörperchen,  welche  sich  im  Zellgewebe  um  die  Vene 
bilden,  durch  die  Venenwandung  in  das  Innere  der  Vene  ein- 
dringen können.  Dies  ist  auf  folgende  Weise  von  ihm  dargetban: 
Er  legte  bei  einem  Thiere  eine  Vene  frei,  unterband  sie  erst 
ctiQtralf  dann  peripherisch,  so  dass  ein  Stück  von  etwa  1  Zoll 
Läug6  unterbunden  und  mit  Blut  gefüllt  war;  nun  streute  er 
Carmin  in  die  Wunde  und  nähte  dann  die  Hautwunde  za.  E^ 
bilden  sich  nun  Eiterzellen  um  die  Venen,  diese  nehmen  begie- 
rig da^  Carmin  in  sich  auf;  findet  man  carminhaltige  Eitenelleo 
nach  einigen  Tagen  in  dem  unterbundenen  Veoenstück,  ^o 
mü^äcn  sie  von  aussen  ^eingewandert  sein;  es  ist  wie  gesagt,  der 
IQ  dem  unterbundenen  Venenstück  gebildete  Thrombus  steckt 
voller  carminhaltiger  Eiterzellen! 

Dass   von  frischen  Wunden    aus    durch   die  Venen  Substani 
£en  iiufgenommen  werden  können,  zeigen  die  schönen  Vei^ucU 
von  F,  Busch  (1.  c.)  über  Resorption  von  zinnoberhaltigem  Fej 
aus  der  Markhöhle  von  Knochen.     Dieses  Eindringen  von  Su 
stanzen,  welche  auf  der  Wunde  sind,  in  die  blutenden  Vene 
müiulungen   wird    im    höchsten   Maasse    befördert   durch   ein 
Druck,  welcher  auf  die  Wundflächen  ausgeübt  wird.    Die  B 
pcrimente  von  Busch  sind  höchst  lehrreich  und  interessant,  i 
dem  sie  Manches  a  priori  fast  als  unzweifelhaft  Festgestellte  widi 


Deber  Wandfieber  und  accidentelje  Wuodkraokheiten.  g7 

legen  (Eindringen  von  fremden  Körpern  in  Venenwunden),  und  für 
die  Behandlung  der  Wunden  eehr  wichtige  Fingerzeige  ertheilen. 
Sie  zeigen  experimentell,  wie  gef&hrlich  Blntangen  in  schlecht 
eiternden  oder  jauchenden  sinuösen  Wanden  sind,  was  jeder 
pnictische  Chirurg  oft  genug  erfahren  hat. 

Dass  aas  dem  Thrombus  nur  puriforme  Masse  und  nichC 
wahrer  Eiter  werden  kOnne,  habe  ich  nur  so  lange  geglaubt,  als 
ich  nicht  selbst  Studien  über  die  Metamorphosen  des  Thrombus 
aof  erhärteten  Querschnitten  gemacht  hatte.  Ich  will  gern  Zwei- 
fel d^uun  gestatten,  dass  alle  Zellen,  die  man  später  im  Throm- 
bus findet,  ans  den  weissen  Blutzellen  des  Thrombus  entstehen, 
—  es  kann  nämlich  ein  grosser  Theil  eingewandert  sein  —  doch 
dass  der  Thrombus  sich  ebenso  gut  zu  wahrem  Eiter,  wie  zu 
Bindegewebe  umbilden  könne,  davon  bin  ich  fest  überzeugt.  Da 
es  nun  feststeht,  dass  ein  centrales  Thrombusende  durch  das 
noch  fliessende  Blut  eines  GoUateralastes  losgerissen  werden,  und 
in^s  rechte  Herz  gelangen  kann,  so  kann  das  gleiche  Geschick 
aach  einen  £u  Eiter  zerflossenen  Thrombus  treffen;  es  kann  ein 
Schub  Thrombuseiter  in's  Blut  gelangen,  es  wird  dadurch  gleich- 
zeitig eine  Eiterinfection,  und  das  nöthige  Material  zu  Embolien 
beigebracht;  wenn  der  Patient  bis  dahin  noch  nicht  pyämisch  war, 
so  wird  er  es  jetzt 

Man  sieht  aus  dem  Gesagten,  dass  die  Eiteraufnahme  in^s 
Blut  durch  die  Venen  theilweise  wieder  in  ihre  Rechte  eingesetzt 
werden  mnss. 

Daneben  spielt  aber  die  Eiteraufnahme  durch  die  Lymph- 
gefasse  in  meinen  Augen  doch  die  grossere  Rolle;  ich  habe 
früher  meine  Gründe  daf&r  beigebracht;  eine  neue  Stütze  finde 
ich  auch  in  der  erwfthnten  Arbeit  von  F.  Busch:  es  &nd  sich 
constant  zinnoberhaltiges  Fett  in  den  entsprechenden  Lymph- 
drösen,  wenn  solches  in's  Knochenmark  gespritzt  war,  während 
CR  in  dem  Venenblut  doch  Öfter  fehlte. 

Da  die  molukularen  BrOckel,  zu  welchen  die  feinsten  Lymph- 
gefässthromben  unzweifelhaft  auch  zerfallen  kOnnen,  in  den  näch- 
sten Lymphdrüsen  stecken  bleiben,  so  kann  wohl  Lymphangoi- 


88  Dr.  Th.  Billroth, 

tis,  Lymphadenitis  und  Eiterinfection  entstehen,  doch  auf  diesem 
Wege  keine  embolischen  Abscesse  (ausser  in  den  Lymphdrüsen^. 
Die  Lymphangoitis,  die  man  übrigens  bei  aurmerksamer  Beob- 
achtung unendlich  viel  häufiger  findet,  als  man  gewöhnlich  an- 
nimmt, führt  aber  dadurch,  dass  sie  nach  und  nach  zur  diffusen 
Phlegmone  wird,  die  sich  mit  Venenthrombose  combiniren  kann, 
auch  nicht*  so  selten  zur  Pyämie,  obgleich  dies  zum  Glück  nicht 
so  sehr  häufig  ist.  Auf  alle  Fälle  disponirt  das  Yerhältniss  der 
feinsten  Lymphgefässnetze  zum  Gewebe,  wie  wir  es  aus  den 
neuee^ten  Arbeiten  kennen,  in  hohem  Maasse  zur  Aufnahme  von 
Stoffen  flüssiger  und  molekularer  Art;  eine  zellige  Infiltration 
eines  Gewebes  wird  bei  einiger  Ausdehnung  wohl  immer  in 
einige  Lymphbahnen  einbrechen,  sie  hier  erfüllen,  dort  compri- 
roiren  und  so  fort,  während  die  Blutcapillaren,  wenn  sie  auch 
aus  Zellenplatten  zusammengesetzt  sind,  doch  eine  viel  res^sten- 
tere  Wandung  haben,  die  wahrscheinlich  keinen  molecularen  Kör- 
per durchlässt. 

Analyse  von  180  tödtlich  verlaufenen  Fällen   von 

septischen  und  purulenten  Infectionsfiebern 

und  Pyämie.*) 

§.  6.  Nachdem  ich  in  den  vorigen  Paragraphen  dieses  Ka- 
pitels eine  Reihe  wichtiger  Punkte  berührt,  und  zugleich  die 
Trennbarkeit  und  Zusammengehörigkeit  der  septischen,  purulenten 
Infection  und  der  Pyämie  erörtert  habe,  beabsichtige  ich  nun,  an 
der  Hand  klinischer  Beobachtung  auf  Aetiologie,  Symptome 
Sectionsbefund  und  Therapie  einzugehen,  und  zugleich  zu  ver- 
suchen, ob  sich  aus  den  statistischen  Verhältnissen,  welche  sich 
bei  dieser  Analyse  ergeben,  auch  Schlüsse  auf  das  Wesen  der 
Krankheit  nach  der  einen  oder  andern  Richtung  machen  lassen. 
Dies  mag  Manchem  eine  überflüssige  Mühe  zu  sein  scheinen,  je- 
der Chirurg   glaubt  die  Pyämie  genau  genug    zu   kennen!     der 


*)  Unter  diesen  180  Fällen  sind  die  in  der  ersten  Abhandlang  ange- 
führten mit  eingeschlossen. 


Ueber  Wandfieber  und  accidentelle  Wandkrankheiteo  89 

Eine  versichert  ans,  bei  ihm  komrae  sie  wenig,  oft  Monate 
oder  Jahre  lang  nicht  vor;  der  Andere  sagt  uns,  dass  viele 
seiner  Kranken  pyfimisch  werden.  Jeder  hat  8o  seine  Ein- 
drücke von  den  Fällen  zurückbehalten,  die  ihn  besonders  inte- 
ressirten ;  diese  Eindrficke  basiren  aber  auf  unendlich  vielen  Zq- 
Eiligkeiten.  Wenn  man  nan  fragt:  wie  viel  Procent  der  von 
ihnen  behandelten  complieirten  Unterschenkelfracturen,  oder  Ver- 
letzungen an  den  unteren  Eictremitaten  überhaupt,  starben  an 
aa  Pyämie?  oder:  wie  ist  bei  ihnen  das  Verhältniss  der  Ver- 
wundeten und  Operirten  zu  anderen  chirurgischen  Kranken?  so 
wird  man  selten  sichere  Antworten  erhalten.  Ich  kenne  keine 
Arbeit  fiber  Pyämie,  die  auf  einer  Reihe  von  genauer  beobachte- 
ten Fällen,  mit  Nachweis  für  jede  ausgesprochene  Behauptung, 
basirt  wäre;  in  Folgendem  will  ich  versuchen,  die  statistische 
Methode  auch  auf  die  chirurgischen  Infectionskrankheiten  zu  ver- 
wenden. 

Jede  statistische  Zusammenstellung  muss  von 
bestimmten  Principien  ausgehen,  und  kann  nur  von 
diesen  aifs  beurtheilt  werden.  Wir  müssen  daher  zunächst 
die  befolgten  Principien  entwickeln. 

Was  ich  unter  Infectionsfieber  als  generellen  Krankheits- 
begriff verstehe,  geht  aus  dem  Früheren  hervor;  iodess  der 
Begriff  ist  doch  sehr  elastisch:  wenn  z.  B.  ein  älterer  Mann 
am  3ten  Tage,  oder  etwas  später  nach  Operation,  oder  zu- 
fälliger Verletzung,  unter  massigen  Fiebererscheinungen,  rasch 
coUabirt  und  stirbt,  ohne  Fröste  gehabt  zu  haben,  ohne  dass 
man  bei  der  Section  metastatische  Processe  findet,  so  kann  er 
alg  am  Blutverlust,  oder  am  Marasmus  in  Folge  des  operativen 
Eingriffs,  oder  am  Wundfieber,  oder  an  Septicämie  gestorben 
DOtirt  werden,  denn  in  solchen  Fällen  ist  die  Beschaffenheit  der 
Wanden  selten  eine  gute.  Hat  ein  Patient  mit  complicirter  Frac- 
tar  in  der  3.  oder  4.  Woche  wiederholte  Nachblutungen,  wird 
er  nach  und  nach  schwächer,  sieht  die  Wunde  schlecht  aus,  fie- 
bert Patient,  blutet  wiederholt  und  stirbt,  so  kann  er  als  an  Nach- 
bktang,  oder  als  an  Eiterfieber  gestorben  notirt  werden  etc. 


90  Dr.  Th.  Billroth, 

Alle  solche  F&lle,  ia  welchen  die  Infection,  wenn 
auch  nur  mittelbar  mit  am  Tode  betheiligt  war,  siB4 
hier  mitgerechnet;  die  Zahl  von  180  Fällen  ist  eher  zu  hoch, 
als  zn  niedrig  gegrilFen. 

In  einiger  Verlegenheit  befand  ich  mich  mit  den  Patienten, 
welche  an  chronischen  Eiterungen,  doch  unter  zunehmendem  Fie- 
ber starben;  auch  bei  diesen  spielt  die  continuirliche  Infection, 
welche  die  Kranken  immer  kachektischer  macht,  eine  grosse 
RoUe,  und  der  Tod  kann  durch  eine  acute  Exacerbation  des  Ent- 
zündungsprocesses,  durch  einen  kleinen  Grad  von  acuterer  purolen- 
ter  Infection  hervorgebracht  werden,  den  ein  gesundes  Individnum 
überwunden  haben  würde.  Von  diesen  Patienten,  die  eine  im 
Ganzen  kleine  Gategorie  auf  meiner  Abtheilung  bilden,  habe  ich 
nur  diejenigen  Fälle  mit  in  Rechnung  gebracht,  in  welchen,  bei 
sonst  leidlichem,  fieberlosen  Allgemeinzustand,  ganz  acut,  in  Folge 
von  Abscessöffnungen,  Sondirungen  etc.  ein  heftiges  Eiterfiober, 
mit  tödtlichem  Ausgang  auftrat.  —  Diejenigen  Fälle,  in  welchen 
sich  Jaucheintoxication  mit  ürinintoxication  mischt  (ürininiiltra- 
tionen  mit  Folgen),  habe  ich  ausgeschieden,'  da  sie  eben  keine 
reine  Eiter-  oder  Jaucheinfection  sind. 

Da  wir  von  der  Hypothese  ausgehen,  dass  jedes  Wandfieber 
und  Eiterfieber  auf  Intoxication  beruht,  und  die  Combination  die- 
.ser  Infection  mit  embolischen  Processen  als  Pyämie  bezeichne- 
ten, —  da  ferner  die  embolischen  Processe,  und  somit  auch  die 
Pyämie  nicht  immer  diagnosticirbar  ist,  —  da  femer  weder  die 
Schüttelfröste,  noch  andere  Symptome  als  Beweise  für  Pyämie 
gelten  können:  —  so  liegt  es  auf  der  Hand,  dass  wir  nur  dann 
in  unseren  statistischen  Erhebungen  ganz  sicher  gehen  konnten 
wenn  wir  die  Sectionsberichte  mit  zu  Grunde  legten,  also  nui 
die  tödtlich  abgelaufenen  Fälle  berücksichtigten. 

Die  Unterscheidung   von  Wundfieber   und  Eiterfieber,    vor 
Septicämie  und  Pyämie,  ist  meist  nur  eine  graduelle;    wir  be 
sitzen  keine  objectiven,  statistisch  verwendbaren  An 
haltspunkte,   um  hierbei  etwa  gewisse  leichtere  und  schwe- 
rere Infectionen  zu  unterscheiden;   diese  ist  immer  nur  relativ 


Ueb«r  Wnndfieber  und  aceidentelle  Wondkrankheiten.  91 

^wer  oder   leicht,  je  nach   der  Wideretandafthigkeit  des  er- 
li.  rankten  Individuams;  weder  die  Höhe  der  Temperatur,  noch  die 
piil8hreqaena&,  noch  die  Trockenheit  der  Zange,  der  Hant  etc.  ist  ent- 
tcheidead.  Für  sichere  allgemeinste  statistische  Erhebungen  w&re  es 
ndthig  gewesen,  alle  Fälle  vom  leichtesten  Wundfieber  bis  zur  tödt- 
lich  endenden  Py&mie  zu  analysiren  und  zu  vergleichen,  wie  man 
bei  der  Typhußstatistik  auch  alle  schweren  und  leichten  F&lle 
berücksichtigt;    dann  würde  man  z.  B.  sicher  ermitteln  können, 
in  wie  yiel  Procent  von  Wundfieber  und  Eiterfiebem  überhaupt, 
Fröste  vorkommen,  wie  viele  von  denen,  die  Fröste  gehabt  ha- 
ben genesen,  wie  viele  gestorben  sind  etc.    Dies  ist  jedenfalls 
nach    anzoBtreben;    es  gehört  dazu  aber  ein  noch   gleichmtasi- 
ger  vollständiges  Material  an  genauen  Krankengeschichten,  Cur- 
ven   etc.,  als  ich  es  besitze.    Wenn  auf  meiner  Abtheilung  auch 
von    den   schweren  Fillen  genügende  Notizen  über  den  Fieber- 
verla^if  vorhanden  sind,  so  fehlt  doch  Genaueres  über  die  leich- 
leren  Fälle,  und  eine  grosse  Anzahl  von  diesen  leichteren  Fäl- 
len ,    welche  auf  der  chirurgischen  Secundarabtheilung  behandelt 
i^ind,    konnte  ich  gar  nicht  berücksichtigen;  die  Grundlage  einer 
solchen  Statistik  wäre  also  nach  verschiedenen  Seiten  eine  un- 
Lmrerlättsige  gewesen. 

Dorch  diesen  Mangel  geht  mir  besonders  das  Material  ab 
zar  Aufstellung  einer  statistisch  begründeten  Prognostik,  worauf 
ich  daher  verzichten  muss;  ich  kann  auch  nicht  sagen,  wie  gross 
die  Todes-Procentzahl  aller  nach  Verletzungen  oder  Operationen 
fiebernden  Patienten  ist,  d.  h.  mit  andciren  Worten,  wie  viel  Pro- 
cent TOD  den  infieirten  Individuen  starben;  wir  mfissen  uns  mit 
dem  Verhältnisse  der  an  Infectionsfieber  Gestorbenen  zur  Zahl 
der  Verwnndeten  begnügen. 

Bei  unserer  Auffassung  kann  selbstverständlich  die  Heilbar- 
keit der  septischen  und  eiterigen  Infection  nicht  mehr  in  Frage 
kommen.  Beispiele  von  geheilten  Fällen  von  Infectionsfiebern 
mit  Embolie  (von  Pyämie)  habe  ich  früher  beigebracht.  Eine 
Kategonsirang  der  Fälle  in  septische  und  punilente  Infection 
bibe  ich  nicbt  vorgenommen,  weil  hierbei  zu  viel  Willkür  hätte 


92  Dr.  Th.  fiillroth, 

angewendet  werden  müssen,  denn  wie  die  Beschaffenheit  des  Se- 
cretes  zur  Zeit  der  Infection  war,  darüber  geben  die  Krankenge- 
schichten nicht  immer  ganz  genauen  Aufschluss :  Jauche  nnd  Eiter 
sind  ja  oft  so  gemischt/  dass  man  nur  yon  jauchigem  Eiter,  oder 
eiteriger  Jauche  sprechen  Icann.  In  solchen  Fällen  iSsgt  sich  wohl 
klinisch  deduciren,  dass  mehr  die  Symptome  der  JaucheresorptioD, 
oder  mehr  diejenigen  der  Eiterresorption  vorliegen,  doch  das 
sind  Dinge,  die  sich  bei  statistischer  Verarbeitung  von  Kranken- 
geschichten nur  dann  verwenden  lassen ,  wenn  diese  von  voroe 
herein  nach  ganz  bestimmten  Schablonen  geschrieben  werden, 
was  bei  den  meinigen  nicht  der  Fall  war.  Ich  werde  in  der 
Folge  den  Ausdruck  „Pyämie*  nur  für  diejenigen  FiUe  verwen- 
den, welche  durch  die  Section  als  mit  Embolie  combinirte  Jauche- 
oder  Eiterinfectionen  constatirt  sind. 

Von  den  180  erw&hnten  Fallen  ist  in  16  die  Section  nickt 
gemacht,  theils  auf  besonderen,  dringenden  Wunsch  der  Verstor- 
benen selbst,  oder  deren  Angehörigen,  theils  weil  diese  Personen 
kurz  vor  ihrem  Tode  sich  in  ihre  Heimath  bringen  liessen.  Diese 
16  F&lle  fallen  also  für  die  folgende  Berechnung  aus,  nach  welcher 
von  164  F&llen  81  den  einfachen  Infectionsfiebern,  83 
der  Pyämie  angehörten;  man  sieht,  dass  die  Zahlen  Dahez4i 
gleich  sind. 

VITas  die  Zahlenberechnungon  in  Folgendem  betrifft,  so  habe 
ich  nur  solche  angestellt,  aus  denen  sich  möglicherweise  ein 
Schlnss  ziehen  lässt;  denn  Zahlen  Verhältnisse  auizustellen,  die, 
wenn  sie  auch  in  sich  irgend  eine  Wahrheit  enthalten,  für  kei- 
nen denkenden  Menschen  fSr  jetzt  eine  Beziehung  zu  dem  haben, 
was  mit  Hülfe  der  Zahlen  ermittelt  werden  sollte,  ist  eine  Car- 
rikirung  der  Statistik,  denn  die  Statistik  ist  sich  doch  nicht  selbst 
Zweck,  sondern  eben  nur  eine  Methode  unter  anderen,  wr  Er- 
forschung der  Wahrheit. 

Symptomatologisches. 
§.  7.    Von  allen  Symptomen  der  tranmatischen  Infections- 
fieber  haben  die  intennittirenden  FieberanfiUle  mit  Frost  stets 


Deber  WnDdfieber  und  accidentelle  Wandkrankheiten.  93 

am  meisten  imponirt;  da  wir  natürlich  nicht  bei  allen  diesen 
i  Kranken  continuirliche  Messungen  der  Temperatur  machen  konn- 
ten, um  den  intermittirenden  Fiebertypus  zu  ermitteln,  so  müssen 
wir  oos  an  das  Symptom  halten,  welches  die  heftigeren  Fieber- 
aoialle  so  oft  einleitet,  an  die  Schüttelfröste. 

Von  den  erwähnten  180  Fällen  fehlt  nur  in  zwei  ganz  de- 
fetten  Journalen  jede  Notiz  über  Fröste.  Unter  178  Fällen  yer- 
tiefen  95  mit  Frösten,  83  ohne  Fröste:  es  traten  also  in  etwas 
mehr,  als  der  Hälfte  der  tödtlich  verlaufenen  Fälle  von  Infec- 
!  tioQsfiebern  Fröste  auf  (wobei  die  Notiz  „starkes  Frösteln^,  und 
Aehnliches,  auch  als  Frost  gezählt  ist). 

I       Von  83   Fällen   von  Pyämie  verliefen  62  (74,7  pCt.)  mit 
Frösten,  21  ohne  Fröste. 

Von  81  Fällen  von  einfachen  septischen,  oder  eiterigen  In- 
fectionsfiebem  verliefen  24  (29,6  pGt.)  mit  Frösten,  57  ohne 
Fröste. 

Die  Fröste  kommen  also  bedeutend  häufiger  bei 
<ier  Pyämie  vor,  als  bei  den  einfachen  Infectionsfie- 
bern.  Diese  Thatsache  ist  mir  von  Wichtigkeit,  denn  sie  scheint 
»1  beweisen,  dass  die  Thrombose  und  Embolie  die  Veranlassung 
a  Frösten  bedeutend  steigert,  was  wiederum  dafür  spricht,  dass 
iie  intermittirend  auftretenden  Fieberanfälle  stets  durch  neue 
^ize,  durch  neue,  wiederholte  Infectionen  bedingt  werden. 

Die  Zahl  der  Fröste,  welche  im  Verlaufe  der  Krankheit 
^i  einem  Individuum  vorkommt,  hängt  wohl  von  sehr  verschie- 
<ieaen  Ursachen  ab;  ich  habe  nicht  finden  können,  dass  das  Alter 
Gnen  entscheidenden  Einfluss  darauf  hat;  ob  das  Geschlecht  von 
Einwirkung  ist,  kann  ich  nicht  sagen,  da  die  Zahl  der  weiblichen 
Kranken  zu  gering  ist  (auf  148  Männer  32  Weiber).  Die  Dauer 
hx  Krankheit  hat  wohl  Einfluss,  doch  giebt  es  lange  verlau- 
fcoJe  Fälle  mit  einem,  und  kurz  verlaufende  Fälle  mit  vielen 
Frösten.  Wie  viele  Fröste  wohl  durchschnittlich  am  häufigsten 
'B)  Verlaufe  dieser  Infectionsfieber  vorkommen,  zeigt  folgende 
Zosammenstellung  der  mit  Frösten  verlaufenen  95  Fälle: 


94 


Dr. 

Th. 

Billroth, 

1 

FroBt  bei  19  Individaen, 

2  FrOBte 

?> 

21 

n 

3 

i> 

>» 

14 

»> 

4 

)j 

j> 

15 

j> 

5 

»» 

9> 

9 

79 

6 

»» 

»» 

5 

»9 

7 

>> 

J» 

2 

J» 

8 

» 

»9 

3 

w 

9 

>» 

»J 

4 

n 

10 

w 

?» 

1 

JJ 

13 

JJ 

»1 

1 

'? 

14 

?> 

W 

1 

9J 

95  Indi^daen. 

In  den  meiBten  Fällen  haben  die  Kranken  also  nar  2,  und 
1  Frost,  seltener  4,  3,  5,  6,  ziemlich  selten  9,  8,  7  Fröste, 
äusserst  selten  mehr  als  9  Fröste.  Die  Zahl  von  14  Frösten  ist 
nicht  die  grösste,  die  ich  beobachtete;  ein  Mädchen  von  etwa 
15  Jahren,  welches  von  einer  acuten  Periostitis  der  Tibia  befal- 
len wurde,  hatte  in  3  Wochen  16  ausgebildete  Schüttelfröste, 
und  noch  oft  aaBserdem  Frösteln;  es  bildeten  sich  nach  einander 
viele  Abscesse  am  Unterschenkel,  fast  jede  Abscessbildung,  und 
viele  nothwendige  Incisionen  waren  vou  Schuttelfrösten  gefolgt; 
Patient  genas  vollkommen.  Dass  ein  Initialfrost  bei  einem  bis 
dahin  gesunden  Individuum  keine  prognostische,  schlimme  Be- 
deutung hat,  ist  bekannt;  von  ernsterer  Bedeutung  ist  es,  wenn 
ein  bereits  längere  Zeit  eiternder,  and  fiebernder  Kranker  einen 
Frost  bekommt;  sehr  gross  ist  die  Gefahr,  wenn  sich  unter  die- 
sen Verhältnissen  die  Fröste  wiederholen,  —  das  ist  ja  bekannt 
Man  kann  nicht  sagen,  das  Auftreten  von  Schüttelfrösten  sei 
prognostisch  entscheidend;  ein  wichtiges,  schweres  Symptom  blei- 
ben sie  immerhin. 

Es  ist  nicht  so  gar  häufig,  dass  ein  Kranker  in  24  Stan- 
den mehr,  als  einen  Schfittelfrost  bekommt;  ich  finde  no- 
tirt,  dass  bei  16  Kranken  je  2  Fröste  an  einem  Tage,  bei  6 
Kranken  je  3  Fröste  an  einem  Tage  auftraten.     Es  ist  eine  all- 


üeber  Wondfieber  und  accidentelle  Wandkrankheiten.  95 

geraeine  Annahme,  dass  die  pyftmischen  FrSste  häufiger  am 
Tage,  als  in  der  Nacht  sind,  sonst  aber  h&ehst  anregel- 
mässig aaftreten.  Bei  287notirten  Schüttelfrösten  ist  die  Zeit 
uDgefthr  angegeben;  prflfen  wir,  ob  die  genauere  Untersuchung 
den  allgemeinen  Eindruck  bestätigt*): 

Von  12—2    Uhr  M.  kamen     11  Schfittelfrftste  vor, 


2—4 

- 

- 

- 

6 

- 

4—6 

• 

- 

• 

7 

• 

6—8 

• 

- 

- 

19 

• 

8—10 

- 

• 

- 

40 

- 

10—12 

- 

- 

- 

28 

- 

12—2 

- 

A. 

- 

27 

- 

2—4 

- 

- 

- 

35 

• 

4—6 

- 

- 

•■ 

46 

- 

6—8 

- 

. 

- 

44 

- 

8—10 

- 

- 

. 

13 

- 

10—12 

- 

- 

- 

11 

- 

287  Schüttelfröste. 
Aus  dieser  Tabelle  ergiebt  sich  mit  Evidenz,  dass  die  Schfit- 
teirröste  in  der  Zeit  von  8  Uhr  Morgens  bis  8  Uhr  Abends  bei 
weitem  häufiger  vorkommen,  als  in  der  Zeit  von  8  Uhr  Abends 
bis  8  Uhr  Morgens;  auf  den  Tagesabschnitt  kommen  nämlich 
22U  Fröste,  auf  den  Nachtabschnitt  67.  Dies  kann  verschiedene 
Ursachen  haben:  es  ist  möglich,  dass  die  täglichen,  normalen 
Temperaturscbvrankungen,  die  sich  ja  auch  in  fieberhaften  Krank- 
heiten durch  höhere  Abendtemperaturen  geltend  machen,  auch 
inf  die  Disposition  zur  Entstehung  von  Schüttelfrösten  Einfluss 
haben.  Die  Zahl  der  Fröste  ist  zwar  zwischen  8  und  10  Uhr 
Morgens  schon  ziemlich  hoch,  steigt  aber  am  höchsten  gegen 
Abend,  zwischen  6  und  8  Uhr.  Ferner  können  eine  grosse  An- 
uhl  von  Reisen,  welche  den  Tag  über  auf  den  Krauken  wirken, 
zar  Entstehung  von  Frösten  Veranlassung  geben,  z.  B.  das  Yer- 


*)  In  folgender  Znaammenstellang  bedeutet  M.  von  12  Dhr  Mittomacht 
bis  12  Uhr  Mittags;  A.  ron  12  Dhr  llittags  bis  12  Uhr  Mitternacht 


96  Dr.  Th.  Billroth, 

binden  der  Wunden  mit  nicht  immer  tn  vermeidenden  Bewegun- 
gen und  Irritationen  der  verwundeten  Theile,  Incisionen  snr  Ent* 
leening  von  Nebeneiteningen,  Sondirungen  etc.  etc. 

Nicht  immer  folgt  derartigen  Irritationen  ein  Frost,  oft  nur 
heftigeres  Fieber,  das  sich  vielleicht  gar  nicht,  oder  erst  später 
za  Frösten  combinirt.  Wollte  man  einen  statistischen  Beweis 
führen,  dass  die  Fröste  durch  solche  Irritationen  der  Wanden 
häufig  angeregt  werden,  so  müssten  die  Journale  von  Anfang  an 
mit  besondeior  Rücksicht  auf  diesen  Punkt  geführt  sein;  dies  ist 
nicht  der  Fall  gewesen,  so  dass  ich  daher  nur  folgende  Facta 
aus  den  Journalen  entnehmen  konnte:  3  Mal  folgten  Fröstenach 
Sondirungen,  20  Mal  nach  AbscesseröfTnungen  und  Anlegung  von 
GegenöiShungen,  1  Mal  nach  Extraction  eines  Knochenstückes, 
3  Mal  nach  späten  Nachblutungen,  3  Mal  nach  secundären  Am- 
putationen oder  Resectioncn,  2  Mal  bei  Lageänderungen  mit  Ge- 
raderichtung der  Fragmente  bei  complicirten  Fractaren;  in  allen 
diesen  Fällen  fieberten  die  Patienten  bereits  eine  Zeit  lang.  In 
wie  Weit  hierbei  die  Frage  der  Infection  von  Aussen  zu  berück- 
sichtigen ist,  davon  später.  In  den  angeführten  Fällen  folgte  der 
Frost  2 — 6  Stunden  nach  der  Reizung. 

üeber  die  Zeit,  welche  von  der  ersten  Verletsang 
an  bis  zum  ersten  Froste  verlief,  kann  ich  von  70  Fällen 
Auskunft  geben:*) 

14  Mal  trat  der  erste  Frost  in  der  1.  Woche  ein, 

19 2.        .        . 

15 3. 

9 4. 

4 6.        .        - 

3 6.        -        . 

2 7. 

4     - -      -      später  als  in  der  8.  Woche  ein. 

70  Mai. 
*)  Die  Zahl  dieser  Fälle  kann  nicht  mit  derjenigen  Btimmen,  in  welcher 
fiberhanpt  Fröste  Torkamen ,  weil  hier  nur  von  Verletzungen  die  Rede  iaU 
während  die  Fälle,  in  welchen  die  Kranken  von  Decnbitus,  spontan  aufge- 
tretener Phlegmone  elc.  inficirt  wurden ,  nicht  mitgerechnet  werden  konnteB* 


i 


Ueber  Wundfieber    and  accidentelle  Wundkrmnkheiten.  97 

Es  wftre  ans  Grfioden,  die  sieh  aas  der  frfiheren  Darstellung 
Ton  selbst  ergeben,  entschieden  falsch,  den  Zeitpunkt  der  inten- 
Biveren,  geAhrlieheren  Infection  vom»  ersten  Schfitttelfroste  an  su 
datiren,  (dies  ist  nur  in  wenigen  Fällen  anzunehmen,  nftmlich  in 
denjenigen,  in  welchen  der  Frost  einer  Infection  von  Aussen 
folgt),  dennoch  aber  giebt  die  Zeit,  in  welcher  die  SchfittelfrOste 
am  häufigsten  auftreten,  ein  relatives  Mass  f&r  die  Zeit,  in  wel- 
cher die  Patienten  am  meisten  in  Gefahr  sind,  schwer  zu  er- 
kranken; dies  ist  also  in  den  ersten  3  Wochen  der  Fall,  und 
nimmt  von  der  6ten  Woche  an  schnell  ab.  —  Die  Zahl  der  in 
der  ersten  Woche  von  Schfittelfrösten  Befallenen  würde  viel  klei- 
ner sein,  wenn  man  nur  die  frisch  verletzten,  sonst  gesunden 
bdividuen  ber&cksichtigte;  diese  fangen  wohl  selten  vor  dem 
7ten  Tsge  an  zu  sch&tteln.  Die  Patienten  aber,  welche  schon 
^or  der  Operation  fieberten,  wenn  auch  m&ssig,  haben  zuweilen 
schon  am  1.,  mehrfach  am  3.  Tage  Fröste  bekommen,  z.  B.  ein 
Knabe,  dem  ich  die  Resection  der  Hüfte  wegen  Caries  machte, 
ein  Mann,  dem  ich  das  Knie  wegen  Caries  mehrere  Monate  vor- 
her reseeirte,  und  nun  den  Oberschenkel  amputirte,  eine  Frau, 
der  ich  den  Oberschenkel  wegen  acuter  Gonitis  amputirte,  ein 
Knabe,  dem  ich  einen  cariösen  Talus  extrahirte,  eine  Frau  mit 
nlcerirtem  Carcinoma  mammae,  die  kurz  vorher  ein  Erysipel 
durchgemacht  hatte  etc. 

In  F&llen  von  complicirten  Fracturen,  in  welchen  noch  am 
66.,  75.,  85.  Tage  nach  der  Verletzung  FrOste  auftraten,  nachdem 
bereits  vollständige  Reconvalescenz  eingetreten  war,  ist  sehr  wahr- 
Bchemlich  Infection  von  Aussen  im  Spiele. 

§.  8.  Berücksichtigen  vrir  jetzt  einige  andere,  mehr  oder 
minder  vrichtige  Symptome,  welche  bei  den  erw&huten  180  Kran- 
ken beobachtet  und  notirt  wurden. 

Yerdauungsorgane. 

Diarrhoe  (in  F&llen,  wo  keine  Abführmittel  gegeben  vmrden) 
ist  32  Hai  notirt,  und  hat  jedes  Mal  mehrere  Tage  bestanden  Nach 
den  Erfahrungen,  die  man  anThieren  macht,  denen  direct  in^s  Blut 
janchige  Stofie  injicirt  sind,  sollte  man  auch  beimMeaschen  viel 

V.  LftBitBbtek,  Ax«hiT  f.  Chlnrgt«.  IX.  7 


98  Dr*  Th.  Billroth, 

häufiger  Diarrhoe  erwarten;  indesB  schon  die  Experimente,  bei 
welchen  man  Eiter^^in^s  Zellgewebe  spritzte,  zeigen  ancb  bei  Hun- 
den weit  seltener  Diarrhoe,  «o  dass  vielleicht  ansonehmen  ist,  dass 
den  infectiösen  Flüssigkeiten  auf  dem  Wege  durch  die  Gewebe  und 
dttrch's  Lymphgef&sssystem  die  Bestandtheile  abhanden  kommen, 
welche  die  Enteritis  erzengen. —  Erbrechen,  auch  ein  bei  jau- 
chig intoxirten  Hunden  unmittelbar  nach  der  Operation  hHafig 
vorkommendes  Symptom,  kam  in  5  Fällen  beim  Menschen  vor 
(unabhängig  von  Chloroform).  —  Singultus  ist  6  Mal,  als 
lange  andauernd,  notirt.  —  Icterus  wurde  29  Mal  beobachtet, 
eine  ziemlich  grosse  Anzahl,  wenn  man  sie  mit  den  SectioDS- 
befunden  vergleicht,  woraus  sich  ergiebt,  dass  nur  8  MalLeber- 
abscesse,  und  3  Mal  diffuse  Schwellung  mit  Erweichung  der  Le- 
ber notirt  ist.  Dass  der  Icterus  bei  Infectionskrankheiten  nicht 
von  Leberabscessen  abhängt,  ist  freilich  längst  bekannt. 
Respirations  Organe. 

Pneumonische  Sputa  wurden  9  Mal,  Pneumothorax 
1  Mal  beobachtet;  dies  sind  sehr  kleine  Zahlen,  in  Riicksicht  aaf 
die  Sectionsbefunde  (75  Mal  Lungeninfarcte,  oder  Abscesse,  16 
Mal  diffuse  Pneumonie). 

Gefässsystem:  9  Mal  kamen  frühe,  13  Mal  späte  Nach- 
blutungen vor;  2  Mal  wurde  spontanes  Nasenbluten  beobachtet 

Harnorgane:  4  Mal  ist  Albuminurie,  ausserdem  3  Mal 
Hämaturie  mit  Epithelial-  und  Fibrincylindem  beobachtet;  von 
den  letzteren  Fällen  endigte  einer  (complicirte  Fractur  der  Un- 
terschenkel) ,  bei  vollkommener  Anurie ,  mit  Urämie.  —  Eiweiss 
ist  unzweifelhaft  viel  häufiger  im  Harne  gewesen,  als  es  notirt 
war;  es  kommt  eben  sehr  viel  darauf  an,  in  welchem  Stadium 
der  Krankheit,  und  wie  oft  die  Untersuchung  gemacht  wird. 

Haut  Exantheme  sind  sehr  selten  beobachtet;  1  Mal  Blas- 1 
eben  im  Gesichte,  1  Mal  ein  Urticaria- ähnlicher  Ausschlag,  l' 
Mal  ein  Herpes  an  der  Lippe,  1  Mal  Petechien.  —  Langwierige 
Eczeme  an  Unterschenkeln,  die  wegen  offener  Fracturen  lange  geei- 
tert hatten,  sind  einige  Male  vorgekommen,  doch  wohl  kaum  als 
metastatische  Processe  aufzufassen.  -^Wahres  Erysipel  com- 


üeber  Wundfieber  und  accidentelle  Wondkrankheiten,  99 

binirte  sich  5  Mal  mit  Pyftmiey  doch  nicht  als  metastatische  Ent- 
sfindong,  an  einer  der  Wunde  entfernten  Stelle  des  KOrpers,  son- 
dern als  erser  Ausdruck  örtlicher  Infection;  ans  dem  scharf  ab- 
gegrenzten, täglich  in  rundlichen  Figuren  vorschreitenden ,  wah- 
ren Erysipel  entwickelte  sich  dann  eine  Phlegmone,  mit  der  sich 
L;pnphangoiti8,  oder  direct  Yenenthrombose  etc.  verband.  — 
Decubitus  kam  54  Mal  vor,  und  war  nicht  selten  Ansgangs- 
ponkt  der  Infection.  Am  auffallendsten  sind  die  Fälle,  wo  schon 
am  4ten  Tage  bei  Septicämischen  brandiger  Decubitus  gefunden 
wird.  Ich  kann  auch  dafir  keine  andere  Erklärung  finden,  als 
man  sie  f&r  die  frühe  Entstehung  des  Decubitus  beim  Typhus 
giebt:  Stasis,  in  Folge  von  einer, »durch  septische  Intoxication 
bedingten  Herzschwäche,  bei  einem  unverhältnissmässig  kleinen 
Circulationswiderstande. 

Eine  Reihe  von  metastatisohen  Processen,  die  schon  an  Le- 
benden zu  erkennen  waren,  wie  Parotitis,  Gelenkentzündungen 
u.  A.  finden  sich  bei  den  Sectionsbefunden  untergebracht. 

§.  9.  üeber  die  Dauer  der  septischen  und  purulenten  In- 
fection und  Pyämie  lässt  sich  nichts  Bestimmtes  angeben.  Je 
nach  der  Intensität  des  Giftes,  je  nach  der  Quantität  desselben, 
je  nach  Widerstandsfähigkeit  des  Individuums  etc.  wird  der 
Kranke  firüher  oder  später  genesen,  früher  oder  später  sterben. 
Da  man  selten  genau  weiss,  wann  die  vielleicht  tödtlich  werdende 
Infection  beginnt,  so  kaon  man  nie  sagen,  wie  lange  die  Krank- 
heit "dauert;  nur  in  der  Zahl  von  Tagen,  die  zwischen  einer  Ver- 
letzung und  dem  Todestage  liegen,  haben  wir  ein  ungefähres 
Maass  f&r  die  Daner  der  Krankheit.  Für  die  lange  verlaufenden 
Fälle  ist  dieses  Haass  freilich  ganz  unsicher,  da  ein  Patient,  der 
in  der  6.  oder  10.  Woche  nach  einer  Verletzung  stirbt,  keines- 
weges  von  Anfang  an  pyämisch  zu  sein  braucht,  sondern  vielleicht 
nicht  lange  vor  dem  Tode  erst  schwer  inficirt  ist.  Die  folgende 
Zusammenstellung  bestätigt  in  Zahlen  die  ziemlich  bekannte  Er- 
Urung,  dass  die  meisten  Patienten,  welche  Infectionsfiebern 
nnterliegen,  innerhalb  der  ersten  4  Wochen  zu  Grunde  gehen. 

•       ***  ••         *        .»•«      •J»        t   *t         *         •  '4** 


100  Dr.  Th.  Billroth, 

Es  starben  in  der 

1.  Woche  nach  der  Verletzang  28  Individuen, 

2.  .  -  .  .  22  - 

3.  -  .  -  .  24  - 

4.  .  .  .  -  -  18 

5.  -  -  -  -  11  . 

6.  .  .  -  -  7  - 

7.  .  -  .  -  4 

8.  .  -  .  .  8  - 

9.  .  .  .  .  2  .      . 
10.^18.  ...  .  10 

129  Individuen. 
Ich  habe  in  der  ursprünglich  auf  Tage  berechneten  Tabelle 
die  einfachen  Infectionsfieber  von  der  Py&mie  getrennt;  es  er- 
giebt  sich  dabei,  dass  in  den  ersten  Wochen  bedeutend  mehr 
Individuen  ohne  Embolien  (meist  an  Septicämie)  starben,  wäh- 
rend später  die  Zahl  der  an  Pyämie  Gestorbenen  bedeutend  zq- 
nimmt.  In  der  1 .  Woche  sind  nur  3,  in  der  2.  Woche  ebenfalls 
nur  3  Individuen  als  an  Pyämie  gestorben  notirt,  neben  28  oad 
22  an  einfachen  Infectionsfiebem  Gestorbenen.  —  Später  kehrt 
sich  das  Verhältniss  fast  um;  es  gebt  daraus  als  wahrscheio- 
liches  Resultat  hervor,  dass  die  Thromben  in  der  Vene  wahr- 
scheinlich sich  erst  in  der  zweiten  Woche  bilden,  und  dann  in 
der  3.  und  4.  Woche  nach  der  Verletzung  durch  Erweichung  am 
gefährlichsten  werden. 

Sectionsbefunde. 

§.  10.  Da  in  16  Fällen,  wie  bemerkt,  die  Sectron  nicht 
gemacht  ist,  so  liegen  von  den  180  beobachteten  Fällen  nur  164 
Sectionsberichte  vor.  Aus  diesen  ergiebt  sich,  dass  51  Hai  gar 
keine  metastatischen  Entzfindungen  gefunden  wurden;  31,0  pCt 
der  Fälle  sind  also  sicher  nur  an  der  Blutvergiftung,  ohne  alle 
Complicationen,  gestorben,  und  zwar  sind  dies  nicht  nur  Fälle 
von  acuten  Septic&mien,  sondern  zum  Tbeil  Fälle,  die  sich 
Wochen  lan^rbingezogen  haben;    '    '  ~ 


Deber  Wandfieber  and  accidentelle  Woodkrankheiien  101 

§.  11.  Berficksitbiigen  wir  nnn  zunächst  die  F&Ile  Ton 
embolifichen  Processen,  so  zeigt  sich  Folgendes:  Es  finden 
sieh  Äbscesse  und  In&rcte 

in  den  Langen     ...    75, 

in  der  Milz     ....    17, 

in  der  Leber   ....      8, 

in  den  Nieren  ...  4. 
Die  Leber-  und  Nierenabscesse  sind  nur  an  Individuen  be- 
obachtet, die  zugleich  Lnogenabscesse  hatten,  ebenso  12  Fälle 
von  Milzinfarcten;  doch  in  5  Fällen,  in  welchen  sich  Milzabscesse 
fanden,  fehlten  Lungenabscesse.  Wir  haben  uns  Aber  diesen 
Pankt  schon  frfiher  (§.  3.  dieses  Kapitels)  ausgesprochen.  Dass 
sich  unter  83  Fällen  wahrer  Pyämie  75  Fälle  von  Lungenembo- 
lien und  nnr  5  Fälle  alleiniger  Milzembolien  finden,  ist  doch 
gewiss  ein  wichtiges  Factum  für  die  Annahme,  dass  die  Infarcte 
and  metaBtatischen  Äbscesse  der  Lungen  unter  den  gegebenen 
umständen  stets  von  Venenthrombosen  abstammen.  Warum 
nächst  den  Lungen  die  Milz  am  meisten  betroffen  ist,  ergiebt 
sich  daran«,  dass  ein  im^  Blute  kreisender  Körper,  der  die  Lun- 
gen passirt  hat,  und  in's  linke  Herz  gedrungen  ist,  aus  mecha- 
nischen Gründen  am  leichtesten  von  der  Aorta  aus  in  die  Milz- 
arterie dringt;  dies  zeigt  sich  auch  bei  Experimenten.  Prevost 
und  Co  Card  (Etudes  physiologiques  et  pathologiques  sur  le 
ramoUissement  cerebral.  Paris,  1866.  p.  43.)  sahen  bei  einem 
Hunde,  dem  sie  den  Bauch  eröffnet,  und  dann  TabackkOmchen 
mit  Wasser  in  das  centrale  Ende  der  Art.  cruralis  injicirt  hatten, 
zuerst  gleich  unter  ihren  Augen  Milzinfarcte  entstehen. 

Was  die  Befunde  von  Thrombosen  der  Hauptvenen- 
stämme der  verletzt  oder  entzfindet  geveesenen  Theile  betrifft, 
80^  sind  deren  in  den  164  SectionsprotokoUen  38  erwähnt,  und 
von  diesen  kommen  10  auf  solche  Fälle,  in  denen  keine  em- 
bolischen Processe  gefunden  wurden;  wir  können  also  nur  28  Be- 
funde Yon  Venenthrombosen  83  Fällen  von  Embolien  an  die  Seite 
stellen.  Ffir  dies  grelle  und  auf  den  ersten  Blick  das  Wesen 
der  Sache  scheinbar  sehr  beeinträchtigende  Verhältniss  (§.  3.  dieses 


102  D'-  Th.  Billroth, 

Kapitels)  ist  bereits  die  Erklärung  gegeben,  wozu  ich  nur  noch  hin- 
zufüge, dass  die  Untersuchung  der  Extremitäten venen  wohl  nie  Ter- 
s&umt  ist,  während  sich  freilich  an  anderen  Körpertheilen  dem  Auf- 
finden der  thrombirten  Venen  oft  schwer  zu  überwindende  Schwie- 
rigkeiten entgegenstellten,  und  sa  die  Untersuchung  nicht  immer 
gemacht  ist.  Etwas  vermehrt  wird  die  Zahl  der  Thrombosen  durch 
3  Fälle,  in  welchen  im  rechten  Herzohr  bröckelige  Gerinnsel 
gefunden  wurden;  es  waren  dies  aber  Fälle,  in  welchen  die  be- 
treffenden Individuen  längere  Zeit  marantisch  waren,  und  lange 
agonisirt  hatten,  so  dass  die  Beziehung  dieser  Herzohrgerinnsel 
zu  ausgebildeten  Lungenabscessen  immerhin  zweifelhaft  wird. 

Ich  will  gleich  hier  zwei  sonderbare  Befunde  im  Bereich  des 
Gef&sssystems  anfuhren,  die  ich  nur  als  metastatische  Throm- 
bosen bezeichnen  kann;  es  fand  sich  nämlich  ein  Mal  bei  einem 
18jährigen  Mädchen,  welches  an  ausgedehnter  Phlegmone  des 
Beines  gestorben  war,  eine  eiterige  Thrombose  des  Sinus  caver- 
nosus mit  sehr  geringer  secundärer  Meningitis  (Patientin  war 
bis  2  Tage  vor  dem  Tode  bei  Bewusstsein).  Ein  anderes  Hai 
fand  sich  bei  einem  jungen  Burschen,  mit  Handzerquetschong, 
der  pyämisch  wurde,  eine  eiterige  Thrombose  der  Venen  des 
Blasenhalses  und  der  Prostata,  die  während  des  Lebens  zu  Harn- 
verhaltung geffihrt  und  wiederholt  den  Gatheterismus  nOthig  ge- 
macht hatte,  der  jedoch  nie  auf  Schwierigkeiten  gestossen  war. 

Um  gleich  den  Befund  im  Bereich  des  Gefässsystems  hier 
abzuschliessen,  muss  ich  noch  dreier  Fälle  erwähnen,  in  welchen 
sich  mehrere  kleine  Abscesse  im  Herz  fleisch  vorfanden,  von 
denen  es  freilich  dahingestellt  bleiben  muss,  ob  sie  embolischer 
Natur  sind,  oder  nicht. 

Was  die  Lymphdrüsen  an  den  verletzten  Extremitäten 
betrifit,  so  wurden  dieselben  stets  stark  vergrössert,  und  meist 
sehr  blutreich  gefunden,  doch  Hessen  sich  nur  selten  Abscesse 
darin  erkennen. 

Die  Beschaffenheit  des  Herzblutes  hängt  sosehr  von 
der  Art  und  Dauer  der  Agonie  ab,  dass  es  mir  werthlos  erschien, 
darfiber  besondere  Erhebungen  aus  den  Protokollen  zu  machen. 


Deber  Wnndfieber  und  accideotelle  Wandkrankheiten.  103 

§.  12.  Was  die  fibrigen  Befunde  bei  den  164  Sectionen 
betrifft,  welche  sich,  nicht  auf  Embolie  zu  beziehen  scheinen,  so 
sind  es  folgende: 

a)  filutextrayasate:  Es  sind  7  Hai  punktförmige  Extra- 
vasate der  Pleura,  2  Mal  des  Pericardiums  notirt;  8  Hai  wird 
das  Pleuraexsudat,  5  Mal  die  Flüssigkeit  im  Pericardium  als 
bktig  bezeichnet  Fast  alle  diese  Befunde  gehören  der  Septic- 
ämie  an« 

b)  Metastatische  Entzündungen  seröser  Häute.  Ich 
schliesse  hier  die  Fälle  von  Pleuritis  und  Peritonitis  ans,  welche 
sieh  zu  Erkrankungen  der  Lunge,  Milz,  Leber  hinzugesellen,  und 
erwähne  nur  die  ganz  isolirt  aufgetretenen  Erkrankungen.  Hier- 
nach Bind  zu  erwähnen  5  Fälle  von  plenritischem ,  2  Fälle  von 
periearditisehem  Erguss  mit  Faserstoffflocken  oder  oberflächlichem 
Faserstoffbelag;  13  Fälle  von  metastatischen  Gelenkentzündungen 
(bei  welchen  diejenigen  Gelenkeiterungen  ausgeschlossen  sind, 
welche  sich  durch  Weiterverbreitung  der  Entzündung  von  eitern- 
den Fracturen  her  erklären  lassen).  —  In  4  Fällen  erkrankte 
das  Sehultergelenk,  1  Mal  doppelseitig  (also  5  Mal  bei  4  Indi- 
viduen); 2  Mal  entwickelten  sich  Eiterungen  im  Sternoclavicular- 
gelenk,  2  Mal  im  Handgelenk.  In  2  Fällen  trat  metastatische 
Vereiterung  des  Hüftgelenkes,  in  2  Fällen  des  Kniegelenkes  (in 
einem  dieser  Fälle  doppelseitig),  in  1  Falle  des  Fussgelenkes 
aof.  In  7  von  diesen  13  Fällen  bestanden  neben  den  Gelenk- 
eitenmgen  Thrombosen  und  Lungenembolien,  in  den  6  anderen 
Fällen  lagen  reine  Infectionsfieber  vor. 

c)  Von  den  Schleimhäuten  fanden  sich  am  häufigsten  die 
Broncbialschleimhaut  geröthet  und  geschwollen,  mit  vielem  Secret 
bedeckt;  acuter  Bronchialcatarrh,  wenn  auch  oft  nur  mit  wenig 
Hustenreiz,  ist  der  selten  fehlende  Begleiter  vielfacher  metasta- 
tischer Abscesse,  kann  sich  aber  bei  Infectionsfiebem  auch  ohne 
Longenabscesse  entvnckeln,  so  dass  ein  copiOser,  schaumig-schlei- 
miger oder  eiteriger  Auswurf  nur  bedingt  bei  der  Diagnose  der 
l^geninfarcte  benutzt  werden  kann.« 

In  den  Fällen,  in  welchen  sich  Diarrhöen  während  des  Le- 


104  Dr.  Th.  Billroth, 

bens  fanden,  ist  bei  der  Section  der  Darm  erOffiiet  worden; 
m&ssige  Schwellang  der  solitären  Follikel  und  Peyer'sdiea 
Plaques  ist  der  einzige  leidlich  constante  Befund  gewesen,  der 
sich  nur  selten  von  Hyperämie  begleitet  fand  (so  weit  dies  ans 
der  Leiche  erschlossen  werden  kann). 

d)  Diffase  Entzfindungen  drüsiger  Organe  fanden 
sich  mehrfach  vor:  16  Mal  diffase  Pneumonie,  zumal  der 
unteren  Lappen.  (Lungenödem  war  sehr  häufig,  ich  habe  darüber 
keine  Statistik  erhoben,  da  mir  dies  wenig  Werth  zu  haben 
schien.) 

In  66  Fällen  ist  die  Milz  als  geschwollen,  Tei^rOssert  no- 
tirt,  und  zwar  in  41  F&llen  von  Pyämie  (bei  denen  die  FiUe 
mit  Infarcten  und  Abscessen  der  Milz  ausgeschlossen  sind),  und 
in  25  Fällen  reiner  Infectionsfieber.  —  Da  die  betreffenden  Se^ 
tionsprotokoUe  theils  von  Prof.  Rindfleisch,  theils  Yon  Pro- 
fessor Eberth,  theils  von  mir  dictirt  sind,  so  schwanken  die 
Bezeichnungen  der  Milzconsistenz  im  Ausdruck  sehr;  die  Coo- 
sistenz  der  Milz  hängt  so  sehr  von  dem  Znstand  und  der  Menge 
des  darin  enthaltenen  Blutes,  von  der  Spannung  und  Starrheit 
der  Kapseln  und  Trabekeln  (deren  Muskeln  wahrscheinlich  auch 
eine  Todtenstarre  haben),  und  dann  erst  von  der  Beschaflenheit 
des  Parenchyms,  endlich  von  dem  Grade  der  Leichenzeraetzung  ab, 
dass  nur  die  minutiöseste  Berücksichtigung  aller  dieser  Verhllt- 
nisse  einen  sicheren  Schluss  auf  die  wahre  Consistenz  der  Pulpa, 
die  man  doch  eigentlich  bezeichnen  will,  erlaubt. 

Diffuse  Schwellung  und  abnorme  Weichheit  des  Leber- 
parenchyms,  welche  durch  einen  akuten  parenchymatSsea 
Process  bedingt  schien,  ist  3  Mal  notirt. 

2  Mal  ist  diffuse  metastatische  Parotitis  beobachtet. 

In  30  Fällen  sind  die  Nieren  als  stark  hyperämisch,  die 
Kapsel  als  leicht  lOsbar  notirt;  ich  will  darauf  kein  zu  grosses 
Gewicht  legen,  doch  d&rfte,  wie  schon  früher  bei  der  Albnmi- 
nurie  bemerkt,  ein  leichterer  Grad  difiuser  Nephritis,  der  so 
schwer  anatomisch  zu  erkennen  ist,  häufiger  bei  den  Infections- 
fiebem  vorkommen,  als  man  ihn  beachtet. 


I3eb«r  Waodfieber  ond  accidentelle  Wandkraakheiten.  105 

e)  Wir  kommen  endlich  zu  den  metastatischen  Zell- 
gewebsabseessen.  Da  haben  wir  1  Abscess  in  der  Kopf- 
sehwarte, mit  nachfolgender  eiteriger  Meningitis,  2  kleine  Abscesse 
im  Gesicht  (Stirn,  Angenbranengegend),  1  an  der  Vorderseite  des 
Iborax,  2  hinten  an  der  Scapnla,  2  um  das  Schultergelenk,  2  am 
Eieoxbein,  1  am  Fnss  (Gegend  des  Malleolus):  im  Ganzen 
II  Fälle.  —  In  manchen  dieser  Fälle  kann  man  die  Entstehung 
der  Abscesse  dadurch  vermittelt  erklären,  dass  ein  Druck  ein- 
gewirkt hat:  am  Bficken,  am  Kreuzbein;  bei  vorhandener  Dispg- 
sition  zur  Eiterung  mag  ein  geringer  Reiz  genügen,  um  eiterige 
Entzündung  hervorzubringen.  Wenn  man  noch  nicht  überzeugt 
ist,  wie  sehr  die  eiterige  oder  jauchige  Infection  den  ganzen 
Körper  durchdringt,  und  zur  Eiterung  an  sonst  gereizten  Stellen 
disponirt,  so  mögen  folgende  Beobachtungen  noch  dazu  dienen, 
diese  Ansieht  zu  stützen.  Es  ist  bekannt,  dass  einfache,  sub- 
cutane Fracturen  ohne  irgend  welche  Complication  nie  spontan 
eitern;  wenn  nun  Individuen  mehrere  Fracturen  haben,  leichtere 
sabcntane  und  vielleicht  eine  schwere  offene  ünterschenkelfractur, 
Ton  der  aus  sie  inficirt  worden,  so  findet  man,  wenn  diese  In- 
dividuen nach  einigen  oder  mehreren  Wochen  sterben,  auch  die 
Bubeatanen  Fracturen  bei  der  Section  eiternd;  ja,  es  ist  mir  so 
▼oigekommen,  als  wenn  in  manchen  Fällen  ein  bereits  ziemlich 
fester,  tiieilweise  knöcherner  Callus  unter  Einfluss  der  Infection 
la  Eiter  zerschmolzen  sei.  Es  sind  in  meinen  Proto-v  ollen 
4  solche  Fälle  notirt,  andere  sind  mir  aus  früherer  Zeit  wohl  im 
Gedächtniss. 

Man  hat  bei  den  pyämischen  Infectionen  die  jauchige  und 
eiterige  Osteomyelitis,  die  nach  offenen  Fracturen  und  Am- 
putationen zuweilen  eintritt,  als  ein  ziemlich  häufiges  Vorkomm- 
niss  bezeichnet,  und  ihr  deshalb  einen  besonderen  ätiologischen 
Werth  zuertheilt;  ich  stelle  denselben  nicht  in  Abrede,  doch  ist 
diese  Krankheit  unendlich  viel  seltener  Ausgang  pyämischer  Infec- 
tion, als  manche  Autoren  anzunehmen  scheinen.  Ich  habe  mir 
die  Mühe  nicht  yerdriessen  lassen,  in  allen  Fällen,  in  welchen 
Qv  eine  Spur  von  Verdacht  auf  Erkrankung  des  Knochenmarkes 


106  Dr-  Th.  Billroth, 

war,  die  betreffenden  Knochen  an&ttsftgen;  doch  nur  5  Mal  haben 
wir  Osteomyelitis  gefunden;  man  erkennt  ihre  Existenz  an  der 
Leiche  leicht  dadurch,  dass  sich  das  Periost  von  der  Knochen- 
oberfl&che  besonders  leicht  abziehen  l&sst,  wobei  man  meist  «leb 
subperipstale  Abscesse  findet. 

Aetiologisches. 

§.  13.  Ob  das  Geschlecht  einen  Einflnss  auf  die  Inficir- 
barkeit  hat,  darüber  habe  ich  nicht  der  Mflhe  werth  erachtet, 
besondere  Zahlenreihen  zu  erheben,  weil  die  Zahl  der  weiblichen 
Individuen  zu  gering  ist,  um  aus  einem  Verhältnisse  der  an  In- 
fection  gestorbenen  zu  den  verwundeten  Frauen  einen  besonderen 
Schlnss  ziehen  zu  kOnnen:  unter  den  erw&hnten  180  sind  nim- 
lieh  nur  32  Weiber,  gegenüber  148  Männern.  Dies  nngleiehe 
Yerhältniss  liegt  daran,  dass  1)  überhaupt  die  Zahl  der  weiblichen 
Individuen,  welche  hier  jährlich  auf  die  chimrg^che  Abtheilong 
aufgenommen  werden,  kaum  die  Hälfte,  oft  nur  ein  Drittbeil  Ton 
derjenigen  der  aufgenommenen  Männer  beträgt,  und  dass  2)  die 
schweren  Verletzungen,  welche  nahezu  in  Dreiviertheil  der  F&Ile 
Veranlassung  zu  den  tödtlichen  Infectionsfiebem  geben,  beiden 
Weibern  nicht  vorkommen,  weil  die  Weiber  wenig  schwere  und 
gefährliche  Arbeit  thun;  es  kommen  hier  die  gleichen  Ursachen 
in  Betracht,  wie  bej  der  Statistik  der  Fractnren. 

Das  Gleiche  muss  berücksichtigt  werden,  wenn  von  der  Be- 
ziehung des  Alters  zur  Infection  gesprochen  vrird;  ich  will  in- 
dess  die  das  Alter  betreffenden,  von  mir  angestellten  Erhebon- 
gen  mittheilen: 

Es  erkrankten  und  starben  im  Alter  von 


Jahren 

an 

einfachen 

an 

Py&mie 

nnsecirt  blieben 

SnnuBi 

Infectionsfiebem 

0-5 

0 

0 

0 

0 

6—10 

1 

1 

0 

2 

11—15 

2 

1 

1 

i. 

16—20 

3 

9 

0 

12! 

Latus    6  11  1  18 1 


Ueber  Wandfieber  und  accidentelle  Wnndkrankheiten.  107 


Jahrw 

an 

einfachen 

an  Py&mie 

nnseeirt  blieben 

Snnuna 

lofectionsfiebem 

Transport 

6     • 

11 

1 

18 

21-25 

8 

14 

1 

23 

26-30 

3 

12 

2 

17 

31-35 

5 

9 

1 

15 

36-40 

6 

•8 

1 

15 

41-45 

11 

9 

2 

22 

46-50 

7 

3 

3 

13 

51-55 

11 

6 

0 

17 

56-60 

11 

6 

2 

19 

61-65 

7 

2 

2 

11 

66-70 

3 

3 

0 

6 

71-75 

0 

0 

0 

0 

76-80 

1 

0 

0 

1 

81-85 

1 

0 

1 

2 

86-90 

1 

0 

0 

1 

81  83  16  180 

Es  ergiebt  sich  bierans,  dass  tod  den  180  Individuen  170 
im  Alter  von  16 — 65  Jahren  gestorben  sind;  es  wäre  aber  ganz 
f&lseb,  hieraus  schliessen  su  wollen,  dass  die  Infectionsf&higkeit 
vor  16,  und  nach  65  Jabren  besonders  gering  sei;  denn  die  Men- 
schen haben  in  zarter  Jagend  und  bohem  Alter  selten  Gelegenheit, 
sieh  schwer  zn  verletzen,  und  daher  auch  wenig  Gelegenheit,  pyä- 
misch  zu  werden. 

Innerhalb  der  Reihe  von  Fällen,  welche  zwischen  dem  16ten 
und  65sten  Jahre  vorkaipen,  sind  die  Schwankungen  nicht  so 
gross,  dasB  man  ein  Gewicht  darauf  legen  konnte;  auch  sind  die 
eii»elnen  Zahlen  zu  gering,  um  etwas  Weiteres  damit  anfangen 
zu  können.  —  Betrachten  wir  die  einzelnen  Reihen  von  Zahlen 
fiir  sieh,  so  ergiebt  sich,  dass  die  reinen  Infectionsfieber  häufiger 
in  den  Jahren  von  21—65,  die  Pyämie  häufiger  in  den  Jahren 
von  16 — 60  vorgekommen  sind;  darf  man  daraus  den  Schluss 
ziehen,  dass  die  wahre  Pyämie  häufiger  in  jflngeren  Jahren  sei? 
ieh  glaube  kaum;  die  Zahlen  sind  doch  wohl,  f&r  eine  solche 


108  I>r.  Th.  Billroth, 

Berechnung   auf  ftnf]&hrige  Altersperioden,   nicht  gross  genug, 
um  Zufälligkeiten  auszuschliessen. 

§.  14.  Ein  besonderes  Interesse  yerdient  die  Berücksich- 
tigung der  verletzten  Körpertheile,  mit  welchen  die bfee- 
tionsfieber,  respective  die  Inficirbarkeit  in  besonderem  Verh&Unisse 
zu  stehen  scheinen,  denn  schon  eine  kleine  Zahl  \on  Beobachtan- 
gen  lehrt,  dass  Handverletzungen  vreniger  gefährlich  f&r  Infectioa 
sind,  als  Knie  Verletzungen  u.  s.  w.  Ich  kann  nach  meinen  Be- 
rechnungen hierüber  Folgendes  aussagen.  Ich  bemerke  znoäcbst, 
dass  im  Ganzen,  vom  1.  Januar  1860  bis  1.  October  1866,  auf 
die  klinisch -chirurgische  Abtheilung  aufgenommen  sind:  3843 
Kranke,  von  denen  also  180  (4,6  pGt.)  an  Infectionsfiebern  ge- 
storben sind;  ob  diese  Todtenzahl  verhältnissm&ssig  hoch  oder 
niedrig  ist,  l&sst  sich  aus  diesen  Zahlen  kaum  ann^emd  sagen, 
denn  es  kommt  darauf  an,  zu  v«rissen,  welche  chirurgischen  Krank- 
heiten vorwiegend  waren;  die  Zahl  von  pyämischen  Erkrankan- 
gen,  welche  sich  zu  subcutanen  Entzündungen  hinzugesellen,  oder 
zu  subcutanen  Verletzungen  (Quetschungen  ohne  Wunde,  subcu- 
tanen Fracturen  etc.)  ist  so  gering,  dass  sie  kaum  in  die  WaagBcbale 
fällt.  Es  käme  also  auf  die  Zahl  der  Verwundeten  (indasive  der 
Operirten ,  exclusive  der  subcutanen  Verletzungen)  an.  Um  nao 
zu  wissen,  wie  viele  von  meinen  Verwundeten  an  InfectioDS- 
fiebern  gestorben  sind,  müsste  ich  zunächst  die  Zahl  der  Ver- 
wundeten und  Operirten  überhaupt  berechnen:  es  sind  1394,  wo- 
bei natürlich  die  operirten  Verwundeten  nur  ein  Mal  gezählt  sind 
(im  Ganzen  waren  also  36,2  pCt.  aller  meiner  Kranken  Ver- 
wundete oder  Operirte).  Von  den  180  an  Infectionsfiebern 
Gestorbenen  müsste  ich  dann  aber  diejenigen  abziehen,  welche 
von  nicht  traumatischen  Entzündungen  inficirt  sind:  es  sind  36| 
(24,3  pGt  der  an  Infectionsfiebern  überhaupt  Gestorbenen  180)j 
Hiemach  ist  nun  festzustellen,  dass  von  1394  Verletzten  an<I 
Operirten  144  (10,3  pCt.)  an  Infectionsfiebern  gestern 
ben  sind.  Diese  Zahl  ist,  als  allgemein  gültige,  immer  noch 
auf  alle  Fälle  hoch,  weil  es  sich  vorwiegend  um  schwere  Ver- 
letzungen handelte,   indem  die  leichteren  Fälle  gewöhnlich  ad 


^  \3eber  Yfandfieber  und  accidentelle  Wandkrankheiten.  109 

die  Secnndarabtheilang  verlegt  sind,  so  dass  sich  auf  meiner  Ab- 
tlieiluDg  h&ufig  eine  Gumulation  schwerster  chirurgischer  FäQe 
befindet 

Es  ist  bekannt,  dass  Infectionsfieber  Yorwiegend  bei  offenen 
Verletzungen  der  Knochen  auftreten;   hierSber  kann  ich 
folgende  Zahlen  angeben:  unter  den  144  Verletzungen,  welche 
fiir  Entwickelang  ton  tOdtlichen  Infectionsfiebern  Veranlassung 
gaben,  sind  113  Knochenverletzungen,  nur  31  Verletzungen  der 
Weichtheile   allein  (worunter  die  Gelenkverletznngen  wiederum 
die  grösste  Bolle  spielen).    So  eclatant  diese  Zahlen  sind,  würde 
tö  doch  wohl  ein  unrichtiger  Schluss  sein,   wenn  man  daraus 
entnehmen  wollte,  dass  die  Producte  der  traumatischen  Ostitis, 
Periostitis     und    Osteomyelitis    besonders    infectiös    sind;    die 
Knochenverletzungen  werden  vielmehr  gerade  durch  die  ausge- 
dehnten, tiefen  Eiterungen  der  Weichtheile  erst  recht  gefährlich; 
wahrscheinlich  ist  eben  die  Tiefe  der  Eiterungen,  und  die  dadurch 
bedingte  Gelegenheit  zur  Vorhaltung  und  Zersetzung  des  extra vasir- 
ten  Blutes  und  der  Secrete  die  Ursache  der  erwähnten  Thatsachen. 
Was  die  Beziehung  der  Localität  der  Verletzung  zur  Infection  be- 
trifft, so  genügt  es  begreiflicher  Weise  nicht,  zu  wissen,  me  viele 
von  den  144  an  traumatischer  Infection  Verstorbenen  am  Arme, 
wie  viele  am  Kopfe  etc.  verletzt  waren,  sondern  es  muss  die 
Zahl  der  Gestorbenen  im  Verhältnisse  zu   den  an  bestimmten 
Körpertheilen  überhaupt  Verletzten  in  Beziehung  gesetzt  werden, 
Bm  mit  Recht  zu  sagen,  Verletzung  dieses  oder  jenes  Körper- 
didles  disponire  am  meisten  zur  Infection. 

Hiernach  ist  folgende  Tabelle  I.  aufgestellt: 
Von 
116  am  Kopfe  Verwundeten  sind  4  an  Infection  gest.  =    3,4  pGt. 


208  am  Gesichte    - 

6    - 

-     =    2,8  pCt. 

115  am  Halse 

9    - 

-     =    7,8  pCt 

65  an  Brost  and  Bücken   - 

8    - 

-     =12,3pCt. 

40  am  Banche 

1    - 

-     =    2,5  pCt. 

89  in  der  Beckengegend    - 

6   - 

-     =    6,7  pCt. 

633  Latus  34 


110  Dr.  Th.  Billroth, 

Transport 
633  34 

303  an  Hand  und  Vorderann     9  an  Infection  gest.  =   2,0  pGt. 

80  am£lleDbog.biszarSchalt6r28    ...     =:35,OpCt 

293  am  Fasse  tt.  Unterschenkel  46    -        -  -     =  15^pGi 

85  vom  Knie  bis  »ur  Hüfte     28    -        -  -     =  32,9  pCt 

1394  144 

Zur  einfacheren  üebersicht  fuge  ich  noch  eine  Tabelle  II. 
hinzu: 

auf  Kopf  und  Hals  zusammen  kommen    4,3  pCt. 
auf  den  Rumpf  -  7,7  pCt 

auf  die  oberen  Extremitäten  -  9,3  pCt 

auf  die  unteren  Extremitäten  -  19,3  pCt. 
Aus  diesen  Berechnungen  geht  hervor,  dass  die  Verletzim- 
gen  vom  Ellenbogen  an  bis  zur  Schulter  häufiger  zur  InfectioQ 
fähren,  als  die  Verletzungen  vom  Knie  bis  zur  Hüfte,  femer  die 
Verletzung  von  Fuss  und  Unterschenkel  weit  häufiger,  als  die 
von  Hand  und  Vorderarm  (Tabelle  I.^,  während  sonst  im  Allge- 
meinen die  Verletzungen  der  unteren  Extremitäten  mehr  zur 
Infection  disponiren,  als  die  der  oberen  (Tabelle  II).  Ob  diese 
Zahlen  gross  genug  sind,  um  unzweifelhafte  Wahrheiten  zu  bezeu- 
gen, muss  ich  freilich  dahingestellt  sein  lassen. 

Worin  die  so  grosse  Difierenz  in  der  Infectionsdispositiou 
der  Verletzungen,  betreffs  der  Localität,  liegt,  ist  sehr  schwierig 
zu  sagen.  Die  Disposition  der  verschiedenen  Theile  zur  Eite- 
rung, und  namentlich  zu  diffusen  Eiterungen,  die  Entfernung  vom 
Centrum  des  Rumpfes,  ganz  specielle  Circulationsverhältnisse,  An- 
ordnung der  Lymphbahnen,  Intercalirung  von  mehr  oder  weniger 
Drüsen  etc.  etc.  mögen  hier  von  Einfluss  sein.  Mag  es  sein,  was  es 
wolle,  es  scheint  mir  durch  obige  Zahlen  unumstösslich  bewieseoJ 
dass  die  Localität  der  Verletzung  wirklich  bedeuten^ 
den  Einfluss  auf  die  Disposition  zur  Infection  hat| 
dies  ist  ein  sehr  wichtiges  Factum,  denn  es  stellt  die  inficirea^ 
den  Einflüsse,  welche  nicht  mit  der  Wunde  direct  zusammen] 
hängen,    (Infectionen    durch   Respirations- ,    Verdauungsschleiml 


Heber  Wandfieber  nnd  accidentelle  Wandknnkheiien.  Hl 

b&ate  etc.)»  mindestens  erheblich  zurück ,  und  stellt  die  Bezie- 
bung  der  Yerwundong  zur  Infectgion  in  den  Vordergrund. 

Was  die  36  Fille  betrifft,  bei  welchen  der  Ausgangspunkt 
der  Infection  in  nicht  direct  traumatisch  entstandenen  Entzündun- 
gen zu  suchen 'war,  so  bemerke  ich  nur,  dass  davon  7  auf  jau- 
chigen Decubitus  bei  Wirbelfracturen,  mit  Ruckenmarkszerreissun- 
gen,  5  auf  Gangraena  spontanea  kommen,  mehrere  auf  acute 
Gelenkfereiteningen  und  Phlegmone  bei  alten  Leuten,  einige 
aaf  direct  von  Aussen  gekommene  Infection  auf  Individuen  mit 
chronischen  Eiterungen.  In  2  Fällen  gingen  Patienten  an 
Infectionsfiebern  zu  Grunde,  ohne  dass  die  Entzfin- 
dnngsberde  mit  der  Luft  je  communicirt  hätten,  näm- 
lich in  einem  Falle  von  unreponirbarer  Luxation  des  Oberschenkel- 
kopfes mit  gleichzeitiger  mehrfacher  Beckenfactur,  und  in  einem 
Falle  von  subcutaner  Fractnr  des  Oberschenkels  bei  einem  alten 
Manne.  Beide  Individuen  starben  nach  mehreren  Schüttelfrösten  acut 
marastisch  unter  dauerndem  Fieber  in  der  5.  und  6.  Woche  nach  der 
Verletzung;  bei  beiden  trat  indessen  erst  sub  finem  vitae  Decubitus 
aof,  was  ganzgenau  constatirt  ist;  in  beiden  Fällen  fand  sich  wenig 
CaUus,  doch  Eiter  um  die  Fragmente,  keine  Thrombosen,  keine 
metastatischen  Abscesse.  —  In  einem  Falle  entwickelte  sich  bei 
einem  alten  Manne,  der  sich  durch  Fall  eine  Luxation  der  Schul- 
ter zugezogen  hatte,  die  nicht  reponirt  war,  eine  colossale  Masse 
Gas  ans  dem  Blntextravasat,  ohne  eine  Spur  von  Hautverletzung, 
ohoe  Bippen-  und  Pleuraverletzung;  es  trat  acute  Sepsis  ein, 
ieh  spaltete  den  Sack,  entleerte  eine  grosse  Menge  stinkenden 
Gases  und  stinkender  Jauche;  Patient  starb  bald  darauf.  Hier  hatte 
die  so  fiberans  selten  subcutan  eintretende,  spontane  Zersetzung 
des  Blutextravasates  den  Kranken  schon  tödtlich  inficirt,  ehe  ich 
die  Jauebehöble  eröffnete. 

§.  15.  Wir  kommen  jetzt  zur  Untersuchung,  ob  die  Jah- 
reszeit einen  Einfluss  auf  das  geringere  oder  häufi- 
gere Vorkommen  von  traumatischen  Infectionsfiebern 
hat 

Ich  habe,  um  dies  zu  constatiren,  die  erwähnten  180  Fälle 


112  Dr.   Th.  Billroth, 

SO   in  eine  Tabelle  angeordnet  (s.  den  unteren  Theil  von  Tab. 
VI.  und  Tab.  VI  a.) ,  dass  man  iientlich  die  Reihenfolge  der  Fälle 
sehen  kann,  welche  auf  meiner  Abtheilnng  vorkamen.    Die  Tabelle 
ist  nach  folgender  Anordnung  zusammengesetzt:  das  Jahr  ist  durch 
die  verticalen  starken  Linien  in  12  gleiche  Abschnitte  getheilt,  ent- 
sprechend  den   12  Monaten;  jeder  Monat  ist  wiederum  durch 
Verticallinien  in  4  gleiche  Abschnitte  getheilt,  entsprechend  den 
4  Wochen  des  Monats;  diese  Abtheilungen  von  je  7  Tagen  ent- 
sprechen freilich  nicht  ganz  der  Monatseintheilung  indem  in  den 
lezten  der  4  Abschnitte  (mit  Ausnahme  des  Februar)  immer  mehr 
als   7  Tage   eingetragen  sind;   diese  kleine  üngleichmissigkeit 
bringt  indess   keinen   wesentlichen  Schaden  flir  die  üebersieht- 
lichkeit  der  Tabelle.    In   dies  System   von  verticalen    Strichen 
sind  nun   dicke,    horizontale   Striche   von  verschiedener  Länge 
eingetragen,  welche  die  einzelnen  Fälle  repr&sentiren;  die  Striche 
beginnen  und  enden  an  denjenigen  verticalen  Strichen,  welche 
der  Anfangs-   und   Endzeit   der   Erkrankung    entsprechen;  bei 
dieser  Art  der  Einzeichnung  sind  wir  freilich  oft  in  die  zwei- 
felhafte Lage  gekommen,  wann  wir  das  tödtliche Infectionsfieber 
bei  dem  betreffenden  Falle  beginnen  lassen  sollten,  und  mussten 
uns  hierbei  von  den  Krankengeschichten  leiten  lassen;  bei  den 
ganz  acut  verlaufenen  Fällen  haben  wir  meist  nur  2  bis  3  Tage 
nach  der  Verletzung  an  dem  zu  machenden  Strich  in  Abzug  ge- 
bracht; bei  den  länger  verlaufenden  Fällen  haben  wir  uns  meist 
nach  den  Fiebercurven  richten  können,  und  die  Infection  da  an- 
fangen lassen,  wo  das  Fieber  durch  schnelles  Aufsteigen,  oder 
durch  üebergang   in   steile  Curven  einen  besonderen  Charakter 
anzunehmen  schien,  bei  gleichzeitig  anderen  schweren   Sympto- 
men.    Die  Anfangs-   und  Endtermine   wurden  in  dem  Linien- 
Systeme  nach  Augenmass  abgeschätzt,  falls  sie  nicht  zufUlig  aof 
Anfang  oder  Ende  einer  Woche  fielen,  z.  B.  der  allererste  Strich 
zeigt  einen  Fall  an,  welcher  vom  10.  bis  19.  Februar  verlief*) 


*)  Da  ich  die  Abtheilnng  erst  am  1.  Mai  1860  Übernahm,  und  tot  mii 
keine  Journale  geführt  wurden,  so  kann  ich  für  die  Zeit  Tom  1.  Januar  biä 
1.  Mai  nicht  garantiren. 


Ueber  Wandfieber  oDd  aecidentelle  Wundkninkheiten.  113 

Was  die  Form  der  Striche  anlangt,  bo  bedeutet  die 

Fälle,  in  welchen  bei  der  Section  keine  embolischen  Processe 
gefunden  wurden,      ■  Fälle  von.  wahrer  Pyämie,  -.--.—  an- 

secirte  Fälle.  Wenn  mehrere  Fälle  zagleich  auf  der  Abtheilung 
waren,  so  sind  die  betreffenden  Striche  über  einander  gezeichnet. 
Man  übersieht  nnn  leicht  auf  dieser  Tabelle,  wie  sich  die  Fälle 
folgten,  und  wie  sie  sich  anhäuften;  wir  werden  dieselbe  nach 
verschiedenen  Richtungen  hin  benutzen. 

Betrachten  wir  die  einzelnen  Jahre,  so  finden  sich: 
im  Jahre  1860      13  FäUe. 


1861 

25 

- 

1862 

23 

- 

1863 

39 

- 

1864 

31 

- 

1865 

32 

- 

1866 

17 

- 

big  1.  October.  •) 

180  Fälle. 

Hiemach  wären  die  Jahre  1860  und  1866,  selbst  abgesehen 
von  ihrer  ünvoUständigkeit,  die  besten  gewesen,  das  Jahr  1863 
das  schlimmste.  Greifen  wir  die  12  Monate  heraus,  in  welchen 
die  traumatische  Infection  am  mörderischsten  war,  so  ist  es  die 
Zeit  Tom  1.  Juni  1863  bis  1.  Juni  1864:  sie  umfasst  5  3  Fälle; 
dagegen  enthält  das  Jahr  vom  1.  Juni  1862  bis  1.  Juni  1863 
wohl  die  geringste  Anzahl,  die  sich  bisher  auf  12  Monate  ver- 
theilt  hat,  nftmlich:  17  Fälle. 

Die  Anhäufung  der  Fälle  je  nach  den  Jahreszeiten  stellt  sich 
so,  dass  die  meisten  Fälle  vorkamen: 

1861  im  Febraar,  Mai,  Joni,  Jali. 

1862  im  April,  Mai,  Joni,  Jali. 

1863  im  JqdI,  Juli,  Aagast,  Norember,  December. 

1864  im  Janaar,  Febraar,  April,  Mai. 

1865  im  Februar,  Mai,  Jani,  December. 

1866  im  M&rz,  April 

^)  Zn  welchen  noch  2  hinzakommen,  welche  vom  1.  October  bis  81. 
December  beobachtet,  doch  in  diesen  Ende  September  1866  abgeschloBsenen 
Ibaehaitt  nicht  mehr  aufgenommen  werden  konnten. 

V.  I«ABgeobeck,  ArehW  f.  Chinirgfe.  IX.  g 


114  Dr.  Th.  Billroth, 

Im  Jahre  1860  lässt  sich  eine  Aohfiofung  überhaupt  nicht 
<^on8tatiren;  wir  finden  somit  vertreten: 


Januar 

.    .    1  Mal 

Februar 

.    .    8    - 

Mftrz     .    . 

.    .    1    - 

April     .    . 

.    .    8    - 

Mai  .    .    . 

.    .    4    - 

Juni      .    . 

.    .    4    - 

Juli  .    .    . 

.    .    8    - 

AnguBt  .    . 

.    .    1    - 

September 

.    .    0    - 

October      . 

.    .    0    - 

November  . 

.    .    1    - 

December  . 

.    .    2    - 

Hieraus  ergiebt  sich,  dass  die  gefährlichsten  Zeiten  sind: 
Februar  bis  Juli,  darunter  Mai,  Juni  am  schlimmsten;  am  besteo 
die  Zeiten  von  August  bis  Januar,  darunter  September  und  Oc- 
tober am  gfinstigsten.  Im  Frühling  und  Sommer  ist  die  tran- 
matische  Infection  also  gefährlicher,  als  im  Herbst  und  Winter: 
hat  dies  einen  directen  Zusammenhang?  ist  die  Disposition  m 
Eiterung  in  dieser  Zeit  am  grossesten  ?  sind  die  Bedingfingen  für 
die  Zersetzung  der  Secrete  inf  dieser  Zeit  am  gfinstigsten?  mög- 
lich I  möglich!  —  doch  man  muss  sich  in  der  Statistik  sehr 
hfiten  vor  solchen  Schlüssen,  die  nur  auf  der  CoincidenK  beruhen. 
Dass  die  traumatische  Infection  im  Frühling  und  Herbst  beson- 
ders gefährlich  ist,  das  geht  aus  den  angeführten  Beobachtungen 
hervor;  warum  dies  aber  so  ist,  das  kann  sehr  verwickelte 
Gründe  haben.  Je  mehr  gefährliche  Fälle,  die  zur  Infection  dispo- 
niren,  auf  der  Abtheilung  sind,  um  so  mehr  werden  wahrschein- 
lich sterben;  es  ist  nun  aber  statistisch  nachgewiesen,  dass  der 
Zudrang  zum  hiesigen  Gantonspitale  am  stärksten  in  den  Mona- 
ten Mai  und  Juni,  am  geringsten  im  September  und  November 
ist;  diese  Krankenzahl  Verhältnisse  haben  gewiss  indirecten  Ein- 
fluss  auf  die  Zahl  und  Zeit  der  Todesfälle.  Es  kommt  hinsn, 
dafis  viele  schwere  Arbeiten,  die  im  Frühjahr  von  neuen,  tum 
Theil  noch  ungeübten  Arbeitern  begonnen  werden,  und  im  Win- 
ter ruhen,  Veranlassung  zu  schweren  Verletzungen  geben.    Man 


üeber  Wondfieber  und  accidentelle  WoDdkrankheiten.  115 

könnte  femer  hervorheben,  dass  gerade  im  Mai,  im  Beginne  des 
Sommersemesters,  die  meisten  Operationen,  und  deshalb  auch  die 
meisten  Infectionsfieber  vorkommen;  dieser  Einwand  wird  indess 
dadurch  entkräftet,  dass  in  gleicher  Weise  der  November  ein  ge- 
fahrlicher Monat  sein  musste,  was  nicht  der  Fall  ist.  Die  Zeit 
der  üniversitätsferien:  März,  September,  October  ist  freilich  unter 
den  weniger  gefährlichen  Monaten;  doch  kann  ich  versichern, 
dass  die  Üniversitätsferien,  wenn  auch  auf  die  Zahl  der  ver- 
schiebbaren Operationen  einigen  Einfluss,  so  doch  auf  die  Zahl 
der  Kranken  auf  meiner  Abtheilung  wenig  oder  gar  keinen  £in- 
floss  hat;  das  Spital  ist  Gantonspital,  und  die  Zahl  der  Aufnah- 
men wird  nur  wenig  durch  die  Lehrzwecke  modificirt .  —  End- 
lich muss  ich  noch  an  etwas  erinnern:  im  Sommer  werden  die 
chirurgischen  Operationscurse  gehalten;  wenn  sich  nun  auch  alle 
Personen,  welche  auf  der  Anatomie,  und  dann  wieder  in  den 
Krankensälen  zu  thun  haben,  stets  der  grössten  Reinlichkeit  be- 
fleissigten,  und  ich  immer  auf  die  grosse  Verantwortlichkeit  in 
dieser  Beziehung:  aufmerksam  machte,  so  wäre  eine  Uebertragung 
Yon  septischen  molecularen  Stoffen,  die  an  den  Kleidern  haften 
können,  doch  nicht  undenkbar,  uad  ich  habe  in  den  letzten  Jah- 
ren nicht  mehr  gestattet,  dass  diejenigen  Herren,  welche  als  As- 
sistenten oder  Assistentengehülfen  fungirten,  und  fast  allein  den  Ver- 
band der  Kranken  zu  besorgen  hatten,  an  den  OperationscurbCM 
Theil  nahmen;  auch  die  Sectionen,  von  denen  her  eine  Infection 
aaf  die  Wunden  geleitet  werden  könnte,  werden  schon  seit  meh- 
rere Jahren  vom  Professor  der  pathologischen  Anatomie  ge- 
macht. Ich  selbst  habe  für  die  Anatomie  stets  besondere  Röcke, 
and  beschäftige  mich  mit  anatomischen  Arbeiten  immer  erst,  nach- 
dem ich  auf  den  Krankensälen  die  Visite  gemacht  habe. 

§.  16.  Ein  besonderes  Gewicht  hat  man  stets  darauf  gelegt, 
dass  nicht  zu  viel  eiternde  Wunden  in  einem  Hause,  oder  in 
einem  Räume  angehäuft  werden,  denn,  sagt  man,  dadurch  ent- 
steht ein  besonderes  (specifisches)  Miasma,  welches  die  Pyämie 
erzeugt:  ist  diese  Entstehungsart  des  Miasma  bewiesen?  —  Es 
wire  hierbei  zunächst  das  Factum  zu  beweisen,  dass  bei  Anhäu- 

8* 


116  Dr  Th   Billrotb, 

fimg  von  eiternden  Kranken  in  einem  Raame  auch  Kranke  mit 
leichten  Verwundungen,  auch  Kranke  ohne  Wunden  inficirt  werden; 
femer  w&re  zu  beweisen,  dass  gerade  der  Eiterdunst  das  an- 
steckende sei. 

Was  die  Anhäufung  von  eiternden  Kranken  in  einem  Zimmmer 
betrifft,  ein  unter  gewöhnlichen  Spitalverhältnissen  leicht  m  be- 
seitigender Uebelstand,  so  kann  man  darüber  wohl  nur  im  ein- 
zelnen Falle  mit  der  Nase  urtheilen,  wenn  man  spät  Abends  oder 
Morgens  früh  in  einen  solchen  Saal  kommt.  Ich  bin  ausser 
Stande,  über  diesen  Punkt  Auskunft  zu  geben,  ob  Infectionsfieber 
häufiger  in  diesem,  oder  jenem  Saale  vorkommen,  denn  schon 
seit  dem  Sommer  1864  herrscht  eine  später  zu  besprechende 
Methode  der  Krankendislocation  auf  meiner  Abtheilung,  die  es 
unmöglich  macht,  die  einzelnen  Zimmer  nachträglich  nach  den 
Journalen  zu  controliren,  weil  der  Kranke  nie  lange  in  dem  Zim- 
mer bleibt,  in  welches  er  aufgenommen  wurde.  —  Möglieb  ist 
es  aber,  die  Zahl  von  eiternden  Kranken  anzugeben,  welche  la- 
gleich  auf  meiner  Abtheilung  in  jeder  Woche  gelegen  haben;  sie 
erleidet  nicht  unwesentliche  Schwankungen.  Wenn  man  nämlich 
jeden  Fall  mit  eiternder,  resp.  jauchender  Wunde  in  gleicher 
Weise  in  eine  Tabelle  einträgt,  wie  wir  es  mit  den  Infectionsfie- 
bern  gethan  haben ,  was  man  natürlich  nur  mit  jeder  Kranken- 
geschichte in  der  Hand  thun  kann,  so  muss  man  durch  Zäblong 
der  übereinander  fallenden  Linien  heraui^bringen  können,  wie  viel 
eiternde  Kranke  in  einem  Zeitabschnitte  (wir  haben  dazu  die 
Woche  gewählt)  auf  der  Abtheilung  waren;  man  würde  hiernach 
eine  Durchschnittszahl,  ein  Maximum  und  ein  Minimum  aofstel- 
len  können  für  die  Anzahl  eiternder  Wunden,  welche  je  per 
Woche  in  einem  Jahre  auf  der  Abtheilung  lagen;  es  wären  dann 
die  Beziehungen  dieser  Kesultate  zu  den  Anhäufungen  von  Infec- 
tionsfiebern  zu  untersuchen,  und  so  festzustellen,  ob  jedes  Mal 
die  grösste  Anhäufung  von  Todesfällen  an  Infectionsfiebem  mit 
der  grössten  Zahl  gleichzeitig  auf  der  Abtheilung  angehäufter 
eiternder  Kranken  zusammenfällt.  Ich  habe  nun  eine  solche  Ta- 
belle für  die  Jahre  1860—1863  ausgearbeitet;  sie  ist  zu  umfang- 


Deber  Wondfieber  and  accidentelle  WundkrankheiieD.  117 

reiche  am  mitgetheilt  za  werden ,  doch  sind  die  daraus  erhobenen 
Zahlen  zwischen  die  beiden  Hanptreihen  auf  der  Tabelle  VI.  und 
VI  a.  eingeschaltet  Eine  Yergleichung  der  so  gewonnenen  Zahlen 
ergiebt  Folgendes: 

Im   Jabre    1860   fand   keine   Anh&ufung   von   Pyämief&Uen 
Statt  —  1861  haben  wir  in  den  3  letzten  Wochen  des  Februar 
5  Fälle  von  tAdtlichen  Infectionsfiebem  bei  34,  35,  36  Kranken 
mit  eiternden  Wunden  per  Woche,   Zahlen,  welche  die  Durch- 
schnittszahl  36  für  das  Jahr  1861  nicht  äberschreiten,  vom  Maxi- 
mum 47  jedenfalls   erheblich    entfernt    sind.      In    der    letzten 
Woche  des  Mai,   und  in  den  3  ersten  Wochen  des  Juni  haben 
wir  8  Fälle  von  tödtlicher  Infection,  bei  39,  37,  38,  40  eitern- 
den Kranken  per   Woche.     In  den  beiden  letzten  Wochen  des 
Juli  finden  wir  4  tOdtliche  Infectionen,  bei  46  und  47  eiternden 
Kranken  per  Woche:  hier  haben  wir  allerdings  eine  Congruenz, 
wie  sie  a  priori  verlangt  wurde.  —  Nehmen  wir  das  Jahr  1862. 
Hier  ist  im  April,  Mai,  Juni,  Juli  eine  Anhäufung  von  13  rasch 
nach   einander   folgenden  tödtlichen  Infectionen   bei   dem   sehr 
wechselnden  Bestände  von  32—42  eiternden  Kranken  per  Woche, 
einer  Zahl,  die  sich  mehr  der  Durchschnittszahl  pro  1862  :  39, 
alä  dem  Maximum  :  46  nähert  —  Im  Jahre  1863  haben  wir  in 
der  letzten  Woche  des  Juni,  und  in  den  2  ersten  Wochen  des 
Juli  die   bedeutendste  Anhäufung   von  Todesfällen    durch  Infec« 
tion,  die  je  so  gehäuft  vorkam:     13;  diese  fällt  zusammen  mit 
dem  Bestände  von  53,  48,  48  eiternden  Kranken  per  Woche, 
Zi^en,   welche   das  Maximum   (53)   des  Jahres    1863   in  sich 
schliessen.  —  Weniger  stimmte  dagegen  wieder  die  Anhäufung 
von  Infectionsfällen  mit  der  Zahl  der  eiternden  im  November  1863. 
Ich  habe  im  Ganzen  von  dieser  Untersuchung  den  Eindruck 
erhalten,  dass  eine  consequente  £!ongruem,  die  eine  nothwendige 
Bedingung  in  sich  schlösse,   in  dem  besprochenen  Verhältnisse 
nicht  liegt.    Und  wenn  dies  der  Fall  gewesen  wäre?    müsste 
es  beweisen,  dass  der  Eiterdunst  die  krankmachende  Potenz  sei  ? 
wird  man  nicht  sagen  mfissen :  je  grösser  die  Zahl  der  eiternden 
Kranken  auf  einer  Abtheilung,  die  vorwiegend  die  acuten  chirur- 


118  Dr.  Th.  Billroth, 

gischen  Fälle  beherbergt,  um  80  grOsser  wabrBcheinlich  die  Zahl 
derTodescandidaten!  —  um  so  grösser  die  Gelegenheit  für  An- 
steckung! werden  die  Contagionisten  sagen.  Man  beseitige  die 
schlechten  Dünste  aus  den  Krankensälen  durch  gute  Ventilation, 
und  man  wird  die  Pyämie  verschwinden  sehen!  rufen  die  Mias- 
matiker.  Man  treibt  die  Ventilation  aufs  Aeusserste,  man  be- 
handelte die  Kranken  in  Zelten!  unter  freiem  Himmel!  —  sie 
bleiben  doch  nicht  von  Pyämie  verschont!  Wo  ist  hier  Wahr- 
heit? Wäre  ich  ein  Nathan,  so  würde  ich  den  Fragem  antwor- 
ten, wie  der  weise  Jude  dem  Sultan:  „was  will  der  Sultan? 
Wahrheit!  Wahrheit!  und  will  sie  so  —  so  baar,  so  blank,  — 
als  ob  die  Wahrheit  Münze  wäre!  —  Ja,  wenn  noch  uralte 
Münze,  die  gewogen  ward!  —  das  ginge  noch!  Allein  so  neue 
Münze,  die  nur  der  Stempel  macht,  die  man  aufs  Brot  nur  zah- 
len darf,  das  ist  sie  doch  nun  nicht!  Wie  Gold  in  Sack,  so 
streiche  man  in  Kopf  auch  Wahrheit  ein?''  —  Wenn  ich  nun  auch 
nicht  mit  einem  Gleichnisse  antworten  kann,  so  muss  ich  mir 
doch  in  Folgendem  vielfach  mit  Analogieen  helfen,  um  etwas  U" 
sammenhängend  auszudrücken,  was  ich  nach  meinen  Beobahton- 
gen  von  der  Sache  halte. 

§.  17.  Ich  bin  Von  der  Ansicht  ausgegangen,  dass  Wand- 
fieber und  Entzündungsfieber  durch  Resorption  pyrogener,  anf 
oder  in  der  Wunde  erzeugter,  oder  auf  dieselbe  übertragener 
Substanzen  entsteht.  Diese  pyrogenen  Substanzen  sind  organi- 
sche Verbindungen  verschiedener  Art,  verschieden  gefthrlich 
je  nach  Qualität  und  je  nach  der  aufgenommenen  Quantität,  ver- 
schieden gefährlich  ferner  für  verschiedene  Individuen;  die  mei- 
sten dieser  pyrogenen  Substanzen  sind  zugleich  phlogogen.  Die 
Intermission  des  traumatischen  Fiebers  hängt  vorzüglich  von  der 
intermittirenden,  d.  h.  schubweisen  Aufnahme  der  Inficirenden 
Körper  in's  Blut  ab,  doch  disponirt  die  Aufnahme  eiteriger  Sub- 
stanzen mehr  zu  Schüttelfrösten,  als  die  jauchiger  Substanzen; 
das  Phänomen  der  Schüttelfröste  genügt  nicht,  eine  besondere 
Art  von  Infectionsfieber  aufzustellen.  Die  Entstehung  ausgedehn- 
ter Venenthrombosen  ist  selten  die  directe  Folge  eines  Trauma, 


Deber  Wandfieber  nod  accidenielle  Wundkrankheiten.  I19 

sondern  bei  weitem  am  häufigsten  das  Resultat  von  Kreislanfs- 
stönmgen,  die  in  progressiven  Entzündungen  und  auch  in  dem  In- 
fectionsfieber  selbst  ihre  Ursachen  zu  haben  seheinen.  Man  kann  f&r 
die  FUle  von  traumatischer  und  phlogistischer  Infection,  die  sich 
mit  Thrombose  und  Embolie  verbinden,  den  Namen  ,,Py&mie^ 
sehr  wohl  beibehalten,  doch  liegt  keine  zwingende  Nothwendig- 
keit  vor,  diese  Krankheit  nach  Wesen  und  Entstehungsart  von 
anderen  Formen  septischer  oder  purulenter  Infection  zu  trennen, 
obgleich  die  Gomplication  durch  Embolien  eine  wichtige  und  fflr 
das  betreffende  Individuum  oft  folgenschwere  ist;  denn  es  werden 
dadurch  die  Infectionsherde  vermehrt,  und  wichtige  Organe  in 
ihrer  Function  beeinträchtigt.  Ob  die  Yenenthromben  zu  Jauche, 
Eiter  zerfallen,  ob  sie  schadlos  resorbirt,  ob  sie  organisirt  wer- 
den können,  h&ngt  hauptsächlich  von  dem  Zustande  der  Wunde 
oder  des  Entzftndungsherdes  ab,  von  welchem  die  Thrombose 
aosgiog. 

Jeder  acut  gebildete  Eiter  enthält  infectiOse  (phlogogene 
und  pyrogene)  Stoffe,  die  nach  Art  von  FermentkOrpern  wirken, 
wenn  sie  in's  Gewebe  des  Körpers  und  von  da  in's  Blut  ein- 
dringen; es  ist  möglich,  dass  der  Eiter  von  Kranken,  welche  an 
schweren  Infectionsfiebem'  leiden,  bei  Debertragung  in  die  Ge- 
webe eines  anderen  Menschen  st&rker  wirkt,  als  der  Eiter  eines 
Dicht  fiebernden,  sonst  gesunden  Menschen,  doch  ist  dies  nicht 
bewiesen,  noch  weniger,  dass  diese  Wirkung  eine  qualitativ  von 
der  Wirkung  anderer  Eiterarten  verschiedene  sei. 

Die  Bedingungen  fDr  die  Entstehung  besonders  intensiv  wir- 
kender infectiöser  Körper  sind  sehr  mannichfaltig,  Fäulniss  von 
Blat,  von  abgestorbenen  Gewebstheilen,  von  zurfickgehaltenem 
Eiter  erzeugt  die  mannichfaltigsten  Stoffe  in  bis  jetzt  nicht  ge- 
naoer  chemisch  bestimmbarer  Folge  von  Umsetzungen  mit  den 
verschiedensten  Durchgangsstufen.  Zurfickhaltung  solcher  fauler 
Secrete  in  hoch  temperirten,  entzündeten  Theilen  befördert  ihre 
Weiterentwickelnng,  znmal  ihre  fermentirende  Kraft.  Gfinstige 
Bedingungen  f&r  die  Aufnahme  dieser  in  der  Wunde  erzeugten 
Infeetionsstoffe  in's  Gewebe  und  in's  Blut  sind:  Verbände  auf  fri- 


120  I>r.  Th.  Billroth, 

sehen  Wanden,  welche  der  Yerhaltung  von  Blut  und  Secreten  Vor- 
schub leisten,  und  so  die  Zersetzung  der  letzteren  und  ihre  Auf- 
nahme in  die  klaffenden  Venen  und  Lymphgef&ssmündungen  be- 
sonders befördern,  Unruhe,  durch  welche  der  Kreislauf  in  den 
verletzten  Tbeilen  erheblich  yerstfirkt  wird,  Zerstörung  der 
Wundgranulationen  durch  ätzende,  zum  Zerfall  disponirende  Se- 
crete  und  mechanische  Reize,  durch  Blutungen  und  die  zur 
Stillung  der  Blutungen  nöthigen  Manipulationen  etc. 

Die  infectiösen  Stoffe  wirken  nicht  nur  in  flüssigem,  sondern 
auch  in  trockenem  Zustande;  dies  ist  f&r  die  phlogogene  und 
pyrogene  Wirkung  eingetrockneter  fauliger  Stoffe  und  eingetrock- 
neten Eiters  bewiesen.  Es  liegt  also  nahe,  anzunehmen,  dass 
diese  Stoffe  an  Gharpie,  Verbandzeug,  Instrumenten,  Schwämmen 
haftend,  unter  geeigneten  Umständ^en  infectiOs  wirken ;  sie  können 
in  Staubform  an  Wänden,  Betten,  an  den  Händen,  Haaren,  Röcken 
von  Aerzten  und  Krankenwärtern  hängen,  ja  sie  können  sich  in 
der  Luft  eines  schlecht  ventilirten,  schlecht  gereinigten  Zimmers 
suspendirt  befinden.  Ich  halte  es  für  wahrscheinlich,  dass  die 
betreffenden  inficirenden  Körper  in  der  Regel  nur  durch  die 
Wunden  aufgenommen  werden;  denn  wenn  diese  Stoffe  anch 
durch  die  Haut  und  Schleimhäute  in  die  Gewebe  dringen  könnten, 
so  wäre  es  nicht  wohl  erklärbar,  dass  nur  Verwundete  erkran- 
ken. Ich  bin  überzeugt,  dass  man  eine  gut  eiternde,  gut  gra- 
nulirende  Wunde  in  vielen  Fällen  ohne  Gefahr  einer  Luft  expo- 
niren  kann,  die  infectiöse  Körper  enthält,  denn  es  gehören  immer- 
hin noch,  wie  die  Beobachtung  zu  lehren  scheint,  besondere 
Bedingungen  dazu,  um  die  Infection  wirklich  auf  diese  Weise  zu 
Stande  zu  bringen.  Es  handelt  sich  wahrscheinlich  um  Infection 
mit  einem  Stoff,  der  von  einem  Kranken  mit  eiternder  oder 
jauchender  Wunde  stammt;  ja,  es  liesse  sich  folgender  Fall 
denken:  ein  Kranker  wird  durch  seine  eigenen,  an  der  Wunde 
gebildeten  Secrete  Intoxirt,  er  fiebert  heftig,  erholt  sich  aber; 
eine  Sonde,  die  an  seiner  jauchenden  Wunde  gebraucht  ist,  wird, 
nicht  gehörig  gereinigt,  in  die  Verbandtascbe  gesteckt;  Pak  wird 
nach  und  nach  fast  gesund,  seine  Wunde  heilt,   wird  etwa  in 


Oeber  Wundfieber  ood  accidentelle  Wundkrankheiten.  121 

<ler  8.  Woche  mit  der  erwähnten  Sonde  untersucht,  die  Wunde 
Watet  etwas;  Pat  hat  nach  2—4  Stunden  einen  Schüttelfrost,  es 
entwickelt  sich  eine  neuA  Entzündung  an  der  Wunde,  die  sich 
iinaofliörlich  ausbreitet,  die  Schüttelfröste  wiederholen  sich,  Pat 
i'tirbi  Was  ihm  begegnete  mit  der  bei  ihm  gebrauchten  unge- 
reinigten Sonde,  konnte  bei  Anwendung  des  gleichen  Instrumentes 
bei  einem  zweiten  Patienten  sich  ebensowohl  ereignen.  Dass 
die  80  Inficirten  immer  sterben  müssen,  soll  keinesweges  hiermit 
gesagt  sein;,  sie  können  auch  mit  einer  Lymphangitis  oder  einem 
Erysipel  davon  kommen.  Ich  nenne ''das:  Infection,  Andere 
aenneo  es:  Gontagion.  Die  Sache  bleibt  dieselbe,  denn  der 
Effect  jeder  Ck)ntagion,  jeder  Impfung  kann  nur  durch  Analogie 
der  Fermentwirkang  —  was  man  so  nennt  —  verstanden  werden. 
Vielleicht  war  die  angewandte  Sonde  rein,  doch  die  Charpie,  mit 
welcher  die  Wunde  bedeckt  ward,  enthielt  vielleicht  einen  be- 
sonders stark  inficirenden  Körper.  Bei  gehöriger  Vorsicht  sollte 
eine  solche  lofectionsart  nicht  vorkommen,  doch  wie  wenig 
achtet  man  noch  darauf!  Wie  ist  es  möglich,  jedes  Stück  Lein- 
wand, welches  im  Spital  meist  von  den  Kranken  selbst  zu 
Charpie  zerzapft,  im  Krankenzimmer  oft  aufbewahrt  wird,  zu 
controtiren!  —  Die  geschilderte  Art  der  Auffassung  unterschei- 
det sieh  sehr  wohl  von  derjenigen,  welche  früher  allgemein 
f(alt;  wir  glauben  die  infectiOsen  Stoffe  und  ihre  Träger  in 
trockenen  putriden  und  eiterigen  Stoffen  und  ihren  Um* 
setiangsprodacten  erblicken  zu  müssen.  Nach  der  frührren  Auf- 
JassoDg  war  das  durch  Anh&nfang  von  eiternden  Kranken  erzeugte 
Miasma  ein  besonderes  X,  ein  neuer,  immer  gleicher,  aus  dem 
Eiterdanst  sich  erzeugender,  sich  gevnssermaassen  präcipitirender, 
blonderer,  unbekannter  Körper,  ein  chemisches  X,  welches  man 
bis  jetzt  vergeblich  gesucht  hat.  Meine  Auffassung  hat  darin 
ihre  Hauptstütze,  dass  auch  trockene  putride  und  eiterige  Stoffe 
phlogogen  nad  pyrogen  auf  Thiere  wirken,  wenn  sie  gleich  der 
Massigen  Jauche  oder  frischem  Eiter  in's  Unterhautzellgewebe 
oder  in's  Blut  gebracht  werden,  wie  ich  früher  nachgewiesen 
habe.     Es   scheint  unbedenklich,    diese  experimentelle   Erfah- 


122  Dr.  Th.  Billroth, 

rang  auf  den  Menschen  zu  übertragen,  doch  fehlt  ihr  dasselbe, 
wie  den  anderen  Experimenten  dieser  Reihe,  und  wir  können 
keine  Differenz  in  der  Wirkung  der  verschiedenen  putriden  and 
eiterigen  trockenen  Körper  nachweisen;  es  ist  jedoch  sehr  mög- 
lich ,  dass  eine  quantitative  und  qualitative  Differenz  besteht. 
Ich  kann  übrigens  unbedingt  zugeben,  dass  es  möglicher  Weise 
nicht  der  trockene  Eiterstaub  als  solcher  ist,  der  schädlich  wirkt, 
sondern  Wesen,  die  sich  in  dem  eintrockenendem  Eiter  entwickeln, 
wie  man  es  für  die  Entwicklung  des  Cholera-  oder  Typbusgiftes 
aus  den  Dejectionen  abnimmt.  Jeder  Theorie  über  Infection 
werden  schliesslich  Schranken  gesetzt  durch  folgende,  bis  dahin 
unwiderlegbare  Sätze:  Jeder  Infectionsstoff  ist  je  ntich  Zeit  and 
Umständen  mehr  oder  weniger  intensiv ;  die  Bedingongen  für  die 
Infection  sind  zuweilen  sehr  complicirt,  zum*Theil  rein  mecha- 
nischer Art;  die  Inficirbarkeit  der  Individuen  ist  eine  verschie- 
dene. —  Wenn  man  behauptet,  die  Infection  müsse  nach  meiner 
Auffassung  noch  viel  häufiger  sein,  als  sie  ist,  so  kann  ich  einem 
solchen  Einwurf  freilich  nichts  weiter,  als  die  eben  aufjgestellten 
Sätze  entgegenhalten. 

Bei  mehrfachen  Gesprächen  über  diese  Gegenstände  mit 
Fachgenossen  habe  ich  gefunden,  dass  es  leidenschaftliche  An- 
hänger giebt  für  die  Annahme  eines  specifischen,  den  Kranken 
immer  nur  von  aussen  treffenden  Pyämie- Miasmas  oder  Gonta- 
giums  oder  miasmatischen  Contagiums,  welches  man  sich  bald 
fix,  bald  flüchtig  vorstellt  —  und  auf  der  anderen  Seite  leiden- 
schaftliche Anhänger  für  die  Annahme,  dass  nur  durch  Selbfit- 
infection,  nie  durch  Infection  von  aussen  Pyämie  entsteht.  Es 
scheint  mir  nicht  fruchtbar,  ein  Expose  zu  geben  über  das,  was 
diese  oder  jene  Autoritäten  unter  Miastna,  Gontagium,  Infection 
verstehen,  die  Ausdrücke  werden  eben  verschieden  gebraucht; 
wie  ich  mir  für  die  in  Frage  kommenden  Fälle  die  Debertra- 
gung  denke,  habe  ich  auseinandergesetzt.  Dass  der  sich  an  den 
Wunden  bildende  resorbirte  giftige  Stoff,  und  der  anf  Wun- 
den eventuell  übertragene  Infectionsstoff  immer  der  gleiche  für 
septische  Entzündung,  immer  der  gleiche  für  purulente  Entzfln- 


üeber  Wandfieber  aod  accidentelle  Wondkrankheiten.  123 

doDg  mit  Pyämie,  immer  der  gleiche  für  Lympbangitis  nein 
masse  —  kurz,  dass  er  ein  speciiischer  sein  müsse,  dafür  liegt, 
wie  mir  seheint,  keine  zwingende  Noth wendigkeit  vor,  ja  es 
scheiat  mir  diese  Proposition  a  priori  höchst  unwahrscheinlich. 
Eine  gewisse  Verwandtschaft  mögen  alle  diese  Infcctiont^stofle  unter 
einander  haben;  es  mag,  wie  schon  bemerkt,  das  Secret  eines 
Kranken  giftiger  sein,  wie  das  eines  anderen;  dafür  scheint  manche 
Beobachtung  zn  sprechen;  das  Experiment  lässt  uns  in  diesem 
Ponkt  im  Stich.  Einmal  in  die  Gewebe  eingedrungen,  wirken 
die  fraglichen  Gifte  wie  Fermente;  nicht  durch  das  eine  Staub- 
eben  Infectionsstoff  wird  der  inficirte  Mensch  so  schwer  krank, 
sondern  weil  dieses  Atom  Gifk  eine  Entzündung  erzeugt  mit 
böchst  giftigen  Producten;  diese  intoxiren  das  Blut  wiederholt 
So  lehren  mich  meine  Beobachtungen;  mir  ist,  seit  ich  mich  in 
der  schweren  Kunst  zu  beobachten,  wie  ich  hoffe,  mit  etwas  Erfolg 
geübt  habe,  kein  Fall  begegnet,  in  welchem  sich  nicht  an  der 
Inficirten  Wunde  Entzündungen  zeigten,  vor  oder  zugleich  mit 
der  Allgemeininfection;  mit  anderen  Worten,  die  hier  in  Be- 
tracht kommenden  Infectionsstoffe  wirken  alle  zunächst  phlogogen. 
Mir  sind  nur  wenige  Fälle  vorgekommen,  in  welchen  ich  mit 
Recht  eine  Infection  von  aussen  annehmen  zu  müssen  glaube; 
ich  will  zwei  mittheilen,  die  mir  besonders  eclatant  erscheinen. 

Johannes  K.,  37  Jahre  alt,  wurde  am  3.  September  1364  dnrch  einen 
Erdratsch  bei  Bisenbahnarbeiten  verschüttet;  seine  Hanptverletzung  war 
«in«  sehr  schwere,  complicirte  Fractnr  des  rechten  Unterschenkels;  mit 
^Osster  Sorgfalt  gelang  es,  Extremität  nnd  Leben  zu  erhalten,  doch  war 
^t  sehr  schwer  krank.  In  der  11.  Woche  waren  die  Wunden  bis  auf  eine 
kleine  Fistel  geheilt,  die  Fractur  fast  vollkommen  consolidirt  Pat.  war 
schon  lange  fieberfrei;  da  die  Fistel  nicht  heilen  wollte,  sondirte  ich  am 
U.  NoTember,  f&hlte  einen  kleinen  losen  Knochensplitter,  cxtrahirte  ihn  mit 
^bonnng,  bei  nor  geringer  Grannlationsblutnng.  Schon  am  Abend  des 
^-  Nov.  fieberte  Pat.  heftig,  am  27.  Mov.  hatte  er  einen  heftigen  Schüttel- 
frost, dann  mehrere  in  den  folgenden  Tagen;  am  3.  December  starb  der 
I'atieDt,  mit  dessen  Herstellnng  ich  mir  Wochen  lang  die  grösste  Mühe  ge- 
geben hatte.  • 

Jacob  £.,  20  Jahre  alt,  litt  seit  3  Jahren  an  Garies  des  rechten  Ellen- 
bogeogelenkes;  am  11.  Pebrnar  1861  sondirte  ich  die  Fisteln  in  der  Klinik, 


124  Dr.  Th.  Billroth, 

gelangte  mit  der  Sonde  in  den  morschen  Knochen,  geringe  Biotang;  Pat. 
war  fieberloB.  Am  Tage  darauf  war  die  Secretion  stärker,  das  Gelenk  mehr 
geschwollen  und  schmerzhaft,  Pat  fiebert;  am  13.  Februar  Schfittelfrost. 
Pj&mie,  Tod  am  33.  Febrnar. 

Mir  ist  es  bis  zur  Gewissheit  wahrscheinlich,  dass  in  diesen 
Fällen  die  betreffenden  Sonden  unrein  waren,  und  ich  richte 
seit  diesen  Erfahrungen  mein  Augenmerk  ernstlich  auf  die  Rein- 
heit der  Untersuchungs- Instrumente.  Will  man  die  Scepsis  anfs 
Aensserste  treiben,  so  könnte  man  sagen,  in  beiden  Fällen  war 
Blutung  vorhanden,  wenn  auch  gering,  das  Blut  zersetzte  sich 
•in  den  Fisteln,  wurde  resorbirt,  so  entstand  die  locale,  dann  die 
allgemeine  Infection.  Ich  kann  dieser  Auffassung  natärlich  nicht 
das  Wort:  unmöglich!  entgegen  halten,  doch  sie  ist  im  höchsten 
Grade  unwahrscheinlich!  So  unzählige  Male  sondiren  wir  mit 
mehr  oder  weniger  Blutung  alte  Knocheniisteln ,  und  es  macht 
keine  so  schwere  Erscheinungen;  wenn  diese  nun  doch  ein- 
treten, wie  in  den  erwähnten  Fällen,  worin  sollen  wir  das  Be- 
sondere suchen?  Ich  glaube,  es  ist  nicht  zu  weit  gegangen, 
wenn  wir  in  solchen  und  ähnlichen  Fällen  Infection  ?on  aussen 
annehmen. 

Noch  ein  Gesichtspunkt  wäre  in  Betreff  der  Specifitätsfrage 
zu  berühren,  nämlich  der,  ob  die  traumatische  Infection  in  Epi- 
demien auftritt  oder  nicht;  ich  will  diesen  Punkt  bei  Besprechung 
des  Erysipels  erörtern,  wo  uns  die  gleiche  Frage  entgegentritt 

Therapeutisches. 

§.  18.  Man  ist  so  gewohnt,  die  Pyämie  als  eine  unheilbare 
Krankheit  anzusehen,  dass  wohl  viele  Aerzte  meinen,  es  lohne 
sich  nicht  der  Mühe,  diese  Krankheit  zu  behandeln.  Nach  den 
von  mir  auseinandergesetzten  Ansichten  ist  es  klar,  dass  ich  die 
Frage  über  die  Heilbarheit  oder  Nichtheilbarkeit  der  Pyämie  gar 
nicht  discutiren  kann ,  weil  das,  was  man  früher  Pyämie  nannte, 
bei  genauerer  Analyse  sich  als  ein  Gomplex  verschiedener  Arten 
von  Infectionsfiebern  ergeben  hat,  deren  Intensität  die  grOssten 
Verschiedenheiten  bietet.   Ob  die  Gruppe  von  Fällen,  fBr  die  ich 


lieber  Wandfieber    nnd  accidentelle  Wandkrankheiten.  125 

schliesslich  die  Bezeichnnog  PySmie  beibehalten  habe:  Eiterinfec- 
tion  in  Combination  mit  Thrombose  und  Embolie,  noch  heilbar 
i$t,  anch  darüber  möchte  ich  nicht  discatiren,  weil  ich  auch  in 
dieser  begrenzten  Fassung  die  Pyämie  nicht  zu  diagnosticiren, 
Docb  ihren  Beginn  zu  cons^tatiren  vermag.  Eine  Discussion  über 
Heflbarkeit  nnd  Unheilbarkeit  der  Pyämie  erscheint  mir  in  der 
That  ausserordentlich  unfruchtbar.  Als  Fragen,  welche  zu  stellen 
and  zu  beantworten  sind,  bezeichne  ich  folgende :  L  Wie  können 
wir  die  Infection  eines  Verwundeten  verhüten?  II.  Weiche 
Mittel  sind  geeignet,  den  Kranken  zu  unterstützen,  um  die  er- 
folgte Infection  za  überwindet!? 

Ad  I.  Wie  können  wir  die  Infection  eines  Verwundeten  ver- 
bäten? Dies  wieder  und  wieder  hier  auslührlich  zu  erörtern, 
ist  nicht  meine  Absicht;  Vieles  ergiebt  sich  aus  dem  früher  Ge- 
sagten von  selbst,  Vieles  lüsst  sich  nur  recht  deutlich  in  praxi 
zeigen.  Je  mehr  sich  die  Erfahrungen  über  die  Behandlung  von 
Verletzungen  b&afen,  um  so  mehr  lernt  man  die  wichtigsten 
Pankte  erkennen;  ich  hoffe,  in  dieser  Richtung  noch  recht  viele 
Fortschritte  zu  machen.  Mit  dem  Wunsche,  Anderen  traurige 
Eifahmngen  zu  ersparen,  hebe  ich  Einiges  besonders  hervor; 
^^  erwarte  nichts  Neues,  man  erwarte  von  mir  keine  Univer- 
salmittel gegen  Pyämie!  nur  wenige  Rathschläge,  die  durch  die 
Er&brong  geprüft  sind. 

Die  Prophylaxis  gegen  Infection  beginnt  unmittelbar  nach 
i^r  Verwundung;  ich  habe  schon  früher  darauf  aufmerksam  ge- 
Bi^ht,  dass  schon  die  Frage,  ob  primär  amputirt  werden  soll 
oder  nicht,  entscheidet,  ob  ein  Fall  mehr  oder  weniger  zuV  In- 
fektion disponirt  ist  Es  handelt  sich  besonders  um  offene  Frac- 
^ren;  hier  wird  viel  gefehlt,  durch  zu  vieles  ünter- 
SQchen;  man  führe  nur  da  den  Finger  in  die  Wunde  ein, 
^0  man  Verdacht  auf  Gomplication  mit  Gelenk  Verletzung,  oder 
^f  bedeutende  Splitterung  hat;  bei  den  meisten  offenen  Frac- 
^ren  ist  es  unnöthig,  den  Finger  in  die  Wunde  zu  bringen; 
^0  wenig  in  dieser  Richtung  thun,  ist  in  der  Regel  weniger 
sc'lildlich,  als  das  zu  viel  thun.     Starke  arterielle  Blutungen  er- 


126  Dr.  Th.  Billroth, 

heischen  natfirlich  besondere  Haassregeln.  Vielleicht  geht  Pi- 
rogoff  zu  weit,  wenn  er  räth,  von  den  prim&ren  Kngelextrac- 
tionen  ganz  abzusehen,  doch  ist  diese  scheinbar  extravagante 
Ansicht  idines  so  erfahrenen  Chirurgen  für  mich  von  höchBter 
Bedeutung. 

Die  offenen  Fracturen  mfissen  möglichst  frfth  festgestellt 
werden;  man  lege  also  einen  Gypsverband  an,  und  schneide 
wenige  Stunden  später  ein  grosses  Fenster,  entsprechend  der 
Wunde,  aus;  man  lasse  dann  die  Wunden  unbedeckt,  und  hindere 
das  Aussickern  von  Blut  nicht. 

Um  mit  den  Gypsverbänden '  nützlich  wirken  zu  können, 
bedarf  es  langer  Studien.  Viele  Collegen  meinten  im  letzten 
Kriege,  der  Gyps  allein  müsse  es  thun,  und  hatten  es  vers&umt, 
zu  lernen,  wie  man  mit  Gyps  verbinden  muss!  Das  Verbinden 
der  Schussfracturen  mit  Gypsbinden  macht  es  nicht  allein!  Da- 
durch wird  man  nicht  zum  conservativen  Chirurgen  1  Ich  arbeite 
seit  mehr  als  10  Jahren  mit  Gypsverbänden,  und  erst  seit  etwa 
3  Jahren  glaube  ich  in  der  Handhabung  des  Gypsverbandes  zu 
sicheren  Principien  gekommen  zu  sein.  Die  Technik  dieser  Ver- 
bände ist  zumal  unter  den  Händen  meines  früheren  Assistenten, 
des  Herrn  Dr.  Ris,  zu  einem  hohen  Grade  von  VoUkonmieDbeit 
gediehen;  Herr  Dr.  Ris  wird  in  der  von  v.  Pitha  und  mir  redi- 
girten  Chirurgie  ausfabrlich  darüber  schreiben;  er  hat  die  wich- 
tigsten Verbesserungen  in  seiner  Dissertation  „Zur  Anlegung  des 
Gypsverbandes,  Zürich,  1865^  beschrieben. 

Auf  einen  Punkt  lege  ich  ein  besonderes  Gewicht,  wenn  ein 
Gypsverband  bei  offener  Fractur  angelegt  wird:  man  forcire  die 
Extension  nicht.  Kein  Verband  ist  im  Stande,  eine  starke  Dis- 
locatio  ad  longitudinem  vollkommen  auszugleichen;  man  zerre 
daher  die  Knochen  nicht  in  eine  Lage,  in  der  man  sie  doch 
nicht  erhalten  kann;  man  richte  den  Fuss  in  die  normale  Lage, 
doch  wenn  der  unter-  oder  Oberschenkel  nach  einer  offenen 
Fractur  auch  um  1 — 2 — 2\  Zoll  verkürzt  ist,  und  mit  dieser  Ver- 
kürzung consolidirt,  so  hat  dies  gar  keine  Bedeutung  im  Verhält- 
niss  zu  den  Folgen  von  Zerrungen,  die  an  solchen  fractaririen 


Ueber  Wnndfieber  and  accidentelle  Wondkrankhelten.  127 

GÜedern  Statt  haben,  zumal  wena  diese  in  den  ersten  Wochen 
aosgefohrt  werden.  Reductionen  Yon  Dislocationen  kann  man 
bei  offenen  Fractnren,  die  lange  eitern,  noch  sehr  spät  machen, 
da  der  Gallns  sich  dabei  nur  langsam  bildet  und  langsam  con- 
solidirt,  man  nbereile  sich  also  damit  nicht,  um  den  Patienten 
Dicht  durch  mechanische  Irritation  an  den  Bmchenden  in  neue 
Lebensgefahr  zu  bringen. 

Was  sonst  die  Anlegung  des  ersten  Verbandes  bei  den  mei- 
sten Operations  wunden  betriSt,  so  ist  für  alle  reinen  Flächen- 
wunden  die  einfache  Bedeckung  mit  trockener ^  oder,  im  Spital 
»elierer,  mit  einem  yerdünnten  Antisepticum  leicht  angefeuchteter 
Leinwand  oder  Watte  meist  unschädlich;  man  kann  sie  antrocknen 
lassen,  und  braucht  sie,  wenn  sie  nicht  übel  riecht,  erst  nach 
mehreren  Tagen  zu  entfernen.  Nicht  so  darf  man  bei  Hohl- 
wonden  Yerfahren,  wohin  die  weitaus  meisten  Operationswunden 
(naeh  Geschwulstexstirpationen ,  Resectionen,  Amputationen)  ge- 
liören;  es  ist  gans  ungemein  selten,  dass  grössere  Hohl  wunden 
vollständig  per  primam  heilen;  gewöhnlich  sammelt  sich,  selbst 
wenn  man  sorgfältigst  die  Blutung  gestillt  zu  haben  glaubt,  nach 
im  yerband,  zumal  nach  vollständigem  Schluss  der  Wunden 
dareh  Nähte,  Blut  unter  der  zusammengezogenen  oder  leicht  an- 
gedrfiekten  Haat;  schon  nach  24  Stunden  ist  dies  Blut  zersetzt, 
es  wird  resorbirt,  Patient  fangt  an  zu  fiebern ;  wird  das  Blut 
dach  jetzt  nicht  entfernt,  so  kommt  um  die  Wunde  jene  gefthr- 
li<be,  hell  -  bräunliche  Verfärbung  der  Haut  mit  Schmerz  und 
Sehwellong,  jene  septiäch-phlegmonOse  Entzündung  (s.  g.  puru- 
lentes  Oedem,  Pirogoff),  welche,  einmal  in  Ausbreitung  be- 
gi'iffen,  sich,  zumal  den  Venen  und  Lymphgefässstämmea  nach- 
gehend, mit  einer  Rapidität  verbreitet,  die  wahrhaft  erschreckend 
i4  Ich  halte  es  immer  fQr  ein  Glück,  wenn  diese  Erkrankungs- 
fonn  noch  im  ersten  Keime  erstickt  werden  kann,  denn  einmal 
gebreitet,  ist  sie -meist  unheilbar,  indem  sie  entweder  direct 
doreh  Septicämie,  oder  indirect  durch  colossal  ausgebreitete  Ver- 
eiterang des  Zellgewebes  und  Pyämie  zum  Tode  führt.,  —  Hat 
i&an  diese  Quelle  grOssten  Uebels  glücklich  umgangen,  so  ist  für 


128  D»"-   Th.  Billroth, 

den  Verletzten  oder  Operirten  schon  unendlich  viel  gewonnen.  — 
Mu86  man  HOhlenwnnden  verbinden,  muss  man  sie  wenigstens 
theilweise  n&hen,  so  lasse  man  solche  Verbände  wenigstens  nie 
länger,  als  höchstens  24  Stunden  liegen,  und  verfolge  das  Aus- 
sehen der  Umgebung  der  Wunden  in  den  folgenden  Tagen  mit 
Argusaugen,  um  sofort  verhaltenem  zersetztem  Blut  nnd  Secret 
einen  Ausweg  zu  verschaffen.  In  Betreff  der  Amputationsätfimpfe 
folge  ich  jetzt  dem  wiederholten  Rathe  Burow's,  den  Stampf 
ganz  frei  zu  lassen^  und  bin  sehr  zufrieden  mit  den  Erfolgen, 
nicht  nur  für  die  Amputirten,  sondern  noch  mehr  Ifor  die  reine 
Luft  in  den  Krankenzimmern. 

Es  ist  eine  bekannte  Thatsache,  dass  Blut,  und  sumal  Eiter, 
bei  gewöhnlicher  Zimmertemperatur,  der  Fäulniss  lange  wider- 
steht, während  Verbandstücke,  die  man  nach  12  Stunden,  ja  oft 
nach  6  Stunden  selbst  von  einer  gut  eiternden  Wunde  entfernt, 
meist  fibel,  jedenfalls  eiterig,  moderig,  wenn  auch  nicht  faulig 
riechen.  Da  es  nicht  wünschenswerth  ist,  den  Verband  gar  £o 
oft;  zu  wechseln,  so  habe  ich  mit  antiseptischen  Mitteln  aUer  Art 
diesem  Uebelstande  abzuhelfen  gesucht,,  und  bin  schliesslich  beim 
Ghlorkalkwasser  stehen  geblieben,  als  einem  einfachen  und  billigen 
Mittel.  Statt  der  Charpie  brauche  ich  Wattestücke,  welche  darch 
längeres  Kochen  in  Lauge  tauglicher  zum  Einsaugen  von  Flüssigkeiten 
gemacht  sind.  Diese  Verbandmethode  wird  auch  jetzt  vorwiegend 
auf  meiner,  Abtheilung  gebraucht.  Seit  einiger  Zeit  behandele  ich 
in  der  ersten  Zeit  wenigstens  die  Amputationsstümpfe  so,  dass 
ich  sie  auf  ein  Kissen  lege  ohne  allen  Verband  (bis  jetzt  aocl^ 
ohne  Suturen),  so  da^s  das  Ende  des  Stumpfes  mit  Manehette 
oder  Lappen  das  Kissen  etwas  überragt;  vom  Stumpfe  tropft  An- 
fangs Blut  und  Serum  ab,  dann  wird  letzteres  immer  dicker,  end< 
lieh  fliesst  Eiter  ab,  der  theilweis  in  Form  von  Krusten  an  de] 
Wundfläche  des  Stumpfes  antrocknet.  Zur  Aufnahme  des  ab' 
tropfenden  Secrets  setzt  man  eine  Metall-  oder  Porzellanschal< 
unter  den  das  Lagerungskissen  überragenden  Stumpf.  Das  voll^ 
kommen«  Freiliegen  des  Stumpfes  ist  dem  Patienten  nicht  nnan^ 
genehm ;  eine  breite  Longuette  über  den  Stumpf  genügt  zur  Fixaj 


Ueber  Wuadfieber  und  accidentelle  Wondkrankbeiteo.  129 

tioa  desselben,    falls  der  Kranke   etwas    unruhig  liegen  sollte. 
Wenn    die  Wunde  yoUkommen   granulirt,   und  keine  Spur  von 
Infiltration  sich  am  Stumpfe  zeigt,  kann  man  mit  Heftpflastern 
die  Wundränder    zusammenziehen,    und    einen  Verband  wie  ge- 
wöhnlich anlegen.  —  Es  hat  mich  nicht  wenig  überrascht,  zu 
beobachten,    dass    das  24  Stunden  lang  in's  Gefäss  abgelaufene 
Secret    durchaus    gar    keinen  Geruch   hat,    weder  in  den 
ersten  Tagen,    noch  später,   es   zersetzt   sich  auch  bei  Zimmer- 
temperatur in  24  Stunden  nicht.    Hieraus  geht  also  hervor,  dass 
die  Wundsecrete  und  das  Blut  eiset  durch  die  Berührung  mit  den 
Verbandstücken,  vor  Allem  wahrscheinlich  durch  die  Körpertem- 
peratur in  Fäulniss  gerathen;  denn  wenn  ein  Verband  dick  ist, 
so   wird  die  Temperatur  der  Verbandstücke  unmittelbar  an  der 
Wunde  nicht  sehr  von  der  Bluttemperatur  differiren.    Es  ist  aus 
den  Untersuchungen  von  Lücke  bekannt,   dass  es  blaue  Infu- 
sorien giebt,  welche  sich  nur  bilden,  wenn  frischer  Eiter  in  Gom- 
pressen  oder  in  erweichte  Epidermis  eindringt.  Der  so  entstehende 
blaue  Eiter  hat  nichts  Gefährliches  an  sich;  es  liesse  sich  aber 
wohl  denken,  dass  unter  analogen  Verhältnissen  sich  andere  In- 
fusorien entwickeln,  die  als  Gährungserreger  wirken,   oder   zur 
besonders  raschen  Fäulniss  der  Secrete  beitragen.  —  Dass  frische, 
kühle  Zugluft  organische  Körper  (z.  B.  aufzubewahrendes  Fleisch) 
coDservirt,   ist  bekannt,   während  eingeschlossene,   nicht  wech- 
selnde, wenn  auch  sehr  kalte  Luft  die  Entwickelung  von  Fäulniss 
beüBrdert. 

Die  Methode,  Wunden  ohne  allen  Verband  zu  lassen,  öfter 
schon  empfohlen,  nie,  so  viel  mir  bekannt,  mit  Consequenz  in 
grosser  Ausdehnung  verfolgt,  scheint  mir,  nach  dem,  was  ich 
bis  dahin  davon  gesehen,  einer  genaueren  Prüfung  sehr  werth. 
Für  viele  Fälle  bieten  sich  freilich  enorme  Schwierigkeiten,  um 
mit  dem  Abfliessen  des  Secretes  vollkommene  Reinlichkeit  des 
Bettzeuges  zu  verbinden,  auch  kann  nicht  an  allen  Wunden 
durch  Austrockenen  und  Abfliessen  des  Secretes  der  üble  Ge- 
rach vermieden  werden.  Stromeyer  gab  schon  vor  langer 
Zeit  den  Batb,  man  solle  die  Epidermis  von  gangränösen  Theilen 

V.  Laagenbeck,  Arcbiy  f.  Clünirgi«.  IX.  9 


ISO  Dr.  Th.  Billroth, 

abziehen,   am  sie  eintrocknen  zn  machen;   dies   hat  aber  nicht 

immer  Erfolg,  und  lässt  bei  Gangrän  ganzer  Finger  schon  im 

i'  Stieb,   noch   mehr   bei  Gangrän  ganzer  Hände,    Füsse,   Unter- 

echenkel.      In  solchen    Fällen    muss  man  freilich   zu  den  Aoti- 
f 

septicis    greifen;    ich    habe  Chlorwasser,   Creosotwasser,    essig- 

^  nauere  Thonerde  abwechselnd  gebraucht;  alle  diese  Mittel  sind 

f  wobl  brauchbar,  nehmen  den  Geruch  und  trockenen  das  Gewebe 

^  mehr  oder  weniger  aus,  doch  müssen  sie  alle  öfter  am  Tage  ap- 

plicirt  worden,  wenn  sie  dauernd  wirken  sollen.  —  Tiefe,  höhlige, 

^  jauchendo  Wunden  müssen  öftei  am  Tage  ausgespritzt,   und  der 

Abflusa  des  Secretes  mechanisch  möglichst  begünstigt  werden. 

^  Cober  die  Wasserbehandlung   habe  ich   mich  schon   früher 

^  wiederholt  ausgesprochen. 

Die  Eisbehandlung  frischer  Wunden  schadet  nichts,  ist  frei- 
lich oft  machtlos  gegen  septisch-phlegmonöse  Entzündung,  wenn 
Blut  und  Secrete  in  der  Tiefe  der  Wunden  verhalten  sind,  hat  aber 
oft  vortföfHiche  Wirkung  bei  Entzündungen  der  Haut  und  allen- 
falls auch  des  ünterhautzellgewebes;  ob  die  Kältewirkung  viel 
tiefer  geht?  —  Im  Felde  ist  die  Eisbehandlung  nur  selten  zu 
verwerthen;  das  Eis,  welches  in  die  in  kleinen,  elenden  Dörfern 
aufgesctilagenen  Feldlazarethe  wirklich  noch  hingelangte,  ohne 
zu  schmelzen,  konnte  dort  nicht  conservirt  werden.  So  hatte 
man  denn  heute  Eis,  morgen  nicht,  und  so  fort.  Es  dürfte  da- 
her zweckmässig  sein,  sich  für  die  Behandlung  der  Verwundeten 
im  Felde  nicht  zu  sehr  auf  das  Eis  zu  verlassen. 

In  Betreff  der  weiteren  Nachbehandlung  kann  man  auch 
nicht  oft  genug  wiederholen:  man  thue,  was  nothwendig 
ist,  an  den  Wunden,  doch  nicht  zu  viel,  nichts  Ueber- 
flüssiges.  Bei  allen  Höhleneiterungen  ist  es  freilich  nöthig, 
den  AtiBÜuss  möglichst  frei  zu  machen,  doch  man  verhüte  mög- 
lichst, dass  Blutungen  in  solchen  Höhlen  Statt  haben;  wohl 
müsBen  Gegenöffnungen  gemacht  werden,  doch  nicht 
I  durch  zu  dicke  Weichtbeile  hindurch;  denn  die  Schwel- 

lung der  dicken  Wundränder  verhindert  den  Ausfluss,  und  die 
Blutungen,  welche  bei  diesen  Incisionen  gewöhnlich  unvermeidlich 


üeber  Wundfleber  und  accidentelle  Wundkrankheiten.  131 

sind,  bringen  Gefahr;  durch  Einlegen  von  DrainagerOhren  kann 
man  die  Gegenöffnungen  durch  tiefe  Weichtheile  wohl  klaffend 
erhalten,  doch  man  übertreibe  die  Anlegung  solcher  Oeffnungen 
nicht.  —  Ich  habe  besonderen  Grund,  hierauf  Gewicht  xu  legen, 
denn  die  allerdings  tbeilweise  richtige  Behauptung,  dass  nach 
Eröflhung  eines  heissen  Abscesses  das  Fieber  nachzulassen  pflegt, 
könnte  dazu  veranlassen ,  zu  kühn  mit  den  AbscesserOffnungen 
Torzogehen.  Um  die  Thermometrie  nicht  in  übelen  Verdacht  zu 
bringen,  muss  ich  über  diesen  Gegenstand  einige  Worte  bemer- 
ken. Wenn  ein  Abscess  bereits  ziemlich  abgegrenzt  ist,  keine 
Neigung  zur  Weiterverbreitung  besteht,  die  Haut  bereits  sehr  ver- 
dünnt ist,  und  man  macht  nun  eine  Incision  an  der  verdünnten 
Hantstelle,  so  wird  sich  d^r  Eiter  leicht  und  vollständig  entlee- 
ren, das  plastisch  infiltrirte  Gewebe  (die  sogenannte  Abscesskap- 
sel)  in  dem  Eiterherde  wird  sich  vermöge  seiner  Elasticit&t  con- 
trahiren,  die  Lymph-  und  Blutgefässe  in  diesen  Wandungen 
werden  sich  zusammenziehen,  und  so  wird  keine  weitere  Resorp- 
tion pyrogener  Substanzen  aus  dem  Abscesse  stattfinden.  Wenn 
man  aber  einen  Eiterherd  einschneidet,  der  tief  liegt,  dessen 
Wandungen  noch  ziemlich  starr  sind,  und  daher  nicht  zusammen- 
fallen, wenn  bei  diesen  Incisionen  Blut  in  die  Abscesshöhle  dringt, 
ond  dort,  mit  dem  Eiter  vermengt,  sich  zersetzt,  weil  der  Aus- 
finss  durch  die  Oeffnung  nicht  frei  genug  ist,  dann  wird  das  Fie- 
ber nicht  nur  nicht  aufhören,  sondern  sich  steigern,  ja,  der  Zu- 
stand kann  durch  diese  hier  jedenfalls  zu  frühzeitig  gemachte 
Indsion  bedeutend  verschlimmert,  selbst  höchst  gefährlich  ge- 
macht werden. 

Deber  ungeschickte,  onnöthige  Extractionen ,  oder  vielmehr 
Losreissnngen  noch  halb  adhärenter  Knochensplitter,  über  nnvor- 
siehtiges  Manipuliren  bei  Extraction  von  fremden  Körpern  ist  von 
Stromeyer  und  Pirogoff  so  eindringlich  gesprochen,  dass  ich 
oiehts  mehr  darüber  zu  sagen  brauche. 

Man  behandele  die  Granulationsflächen,  zumal  in  Höhlen, 
mit  der  änssersten   Zartheit,    bei  jeder    Manipulation    an    der 

9» 


138  Dr.  Th.  Billroth, 

Wunde,  bei  jedem  Verbände ;  gesunde,  kräftige  Granulätionsflächen 
sind  der  kräftigste  Schutz  gegen  Infection. 

Wenn  ich  auf  die  erwähnten  umstände  bei  der  örtlichen  Be- 
handlung vor  allem  Anderen  Gewicht  lege,  und  dabei  nar  das 
hervorgehoben  habe,  worin  man,  wie  es  mir  scheint,  am  meisten 
fehlt,  wenn  man  anfangt,  Chirurgie  zu  treiben,  nnd  worin  ich 
selbst  aoi  meiisten  gefehlt  habe,  als  ich  die  Pyämie  noch  für  einen 
Luftgeist  hielt,  so  muss  ich  mir  doch  auch  über  die  AUgemeinbe- 
haadlung,  zumal  über  die  Luftdiät,  noch  ein  Wort  erlauben. 

Ventilation,  Zeltbehandlung,  Barackenbau I  das  sind  die  Ta- 
gQßparoIen.  Man  hat  prächtige  Ventilationsmethoden  in  neuen  Spi- 
tälern eingeführt,  und  doch  die  Pyämie  dadurch  nicht  ausgerottet; 
man  bat  die  Kranken  in  Zelten  behandelt,  und  sie  auch  da  pyä- 
migch  werden  sehen;  auch  in  den  russischen  und  amerikanischen 
Baracken  hat  es  nicht  an  Pyämie  gefehlt;  Officiere  in  Einiel- 
wobnungen  behandelt  sind  pyämisch  geworden;  jeder  Arzt,  der 
ausgedebiite  Privatpraxis  hat,  sieht  jährlich  Septicämie  und  Pyä- 
mie; iüb  bin  schon  wiederholt  zu  Pyämischen  auf  dem  Lande, 
bei  wohlhabenden  Bauern  und  Fabrikherren,  und  armen  BUin- 
Wärtern  consultirt  worden.  Das  Spital  allein  macht  die  Pyä- 
mieen  doch  nicht!  darüber,  denke  ich,  ist  man  einig.  —  Gate 
VentihtioQ  ist  durchaus  noth wendig,  denn  reine  Luft  ist  das 
nothwenJigste  Lebensbedürfniss;  eine  häufige  Lufterneuerung  ver- 
mag die  molecularen,  trockenen  Infectionsstoffe  zu  entfernen,  und 
tjomit  wirkt  sie  beihelfend  zur  Verhinderung  der  Infection;  doch 
die  inficirendeu  Stoffe  haften  auch  an  rauhen  Wänden,  am  Bett- 
zeuge, Verbandzeuge  etc.;  diese  Dinge  müssen  daher  aufs  Aeusser- 
läte  sauber  gehalten  werden,  Zimmer  und  Betten  müssen  oft  gründ- 
lich gereinigt  werden:  dies  ist  nur  möglich,  wenn  ein  und  das- 
selbe Ziiumer  nie  lange  hinter  einander  gebraucht  wird.  Ich  habe 
auf  meiner  Abtheilung  für  Männer  jetzt  5  Zimmer  zu  je  10  Bet- 
ten f  ton  diesen  dürfen  nur  4  Zimmer  belegt  sein,  ein  Zimmer 
wird  immer  gereinigt,  und  steht  dann  eine  Woche  bei  offenen 
Thüren  und  Fenstern  leer;  Thüren,  Wände,  Fenster,  Fussböden 
mit  Oelfarbe  angestrichen,  werden  dann  gewascheoi  die  Decke 


Udber  Wandfieber  and  accidentelle  Wnndkrankheiten.  133 

neu  geweisst,  die  Strohsäcke  neu  gefüllt,  die  Matratzen  gelüftet, 
geklopft- etc. 

In  das  gesäuberte  Zimmer  kommen  die  neu  aufgenommenen 
Kranken;  es  ist  der  Wechsel  bei  regelmässigem  Turnus  so  ein- 
gerichtet, dass  kein  Zimmer  länger,  als  4 — 5  Wochen  belegt  ist. 
Dies  Verfahren  ist  mühsam,  ich  muss  oft  mit  Zwang  Kranke 
halb  geheilt  entlassen,  im  Interesse  der  nachkommenden  frisch 
Verletzten,  doch  nur  eine  eiserne  Consequenz  und  Energie  kann 
hier  zum  Ziele  fuhren,  der  Reconvalescent  muss  seine  Behaglich- 
keit nicht  selten  opfern,  zu  Gunsten  eines  anderen  Schwerver- 
letzten. 

Mit  meinem  Yentilationssysteme  bin  ich  zufrieden,  es  ist  na- 
türliche Ventilation,  die  darin  besteht,  dass  oben  und  unten  in 
dem  grossen  Mittelfenster  statt  einer  grossen  Fensterscheibe 
grosse,  durchbrochene  Rosetten  angebracht  sind;  über  der  gegen- 
überliegenden Thüre  und  unten  in  derselben  sind  Quadratstücke 
von  dem  Durchmesser  grosser  Scheiben  ausgesägt,  und  in  diese 
Löcher  Drahtgitter  eingesetzt,  das  gegenüberliegende  Fenster  des 
Corridor  hat  ebenfalls  Ventilationsrosetten.  Der  Zugwind,  denn 
daa  heisst  doch  Ventilation,  geht  durch  die  Mitte  des  Zimmers, 
und  berührt  die  Krankenbetten  nicht.  Bei  strenger  Kälte  muss 
wobl  reichlich  eingeheizt  werden,  doch  die  Ventilatoren  werden 
nur  h%\m  Schneesturme  geschlossen.  Im  Sommer  stehen  Thüren 
and  Fenster  immer  offen.  Wenn  die  Wärter  einmal  auf  Rein- 
haltung der  Luft  in  ihren  Sälen  dressirt  sind  dadurch,  dass  As- 
sistenten und  Director  nicht  müde  werden,  zu  rügen,  wenn  es 
übel  riecht,  und  zu  loben,  wenn  es  gute,  reine  Luft  ist,  trotz 
Kranker  mit  sehr  übel  riechenden  Wunden,  so  lässt  sich  doch 
nach  und  nach  viel  Gutes  erreichen.  —  Mehr  Werth,  als  auf  die 
Ventilation,  lege  ich  auf  den  Wechsel  und  die  häufige,  gründ- 
liche Reinigung  der  Zimmer.  Auch  in  einem  Krankenzelte,  in 
einer  Baracke  fehlt  es  nicht  an  InfectionsmOglichkeiten :  sie  sind 
natürlich  weit  besser,  als  Kirchen,  Schulhäuser,  Tanzsäle;  wenn 
nian  einmal  diese  Räume  benutzen  will  oder  muss,  dann  muss 
man  auch  die  nOthigen  LOcher  da  in  die  Wände  schlagen  lassen, 


134  Dn  Th.  Billroth, 

wo  man  sie  braucht,  am  zweckmässigen  Zug  hennsteilen;  doch 
das  geschieht  leider  nicht,  oder  nur  äusserst  selten  Wie  sich 
der  Weihrauchdunst  lange  Zeit  in  den  Kirchen  erhält,  weil  kein 
Luftzag  in  ihnen  ist,  so  geht  es  auch  mit  dem  Eitergeruche,  dem 
Tabackdunste,  dem  Eothgernche  und  anderen  Dünsten,  die  sich 
in  Räumen,  wo  verwundete  Soldaten  liegen,  unvermeidlich  ent- 
wickeln. 

§.  19.  Ad  2.  Welche  Mittel  besitzen  wir,  um  einen  Kran- 
ken zu  unterstfitzen,  eine  schwere  traumatische  Infection  zu  fiber- 
winden? Wenn  man  denkt:  dieser  Kranke  ist  nun  sicher  septi- 
cämisch,  oder  pyämisch,  er  ist  verloren,  wozu  ihn  noch  beban- 
deln? so  ist  das  doch  ein  Eingeständniss  therapeutischer  Macht- 
losigkeit, zu  dem  man  sich  erst  so  spät  als  möglich  entschliessen 
sollte,  und  bis  der  Kranke  so  weit  gekommen  ist,  dass  jeder  er- 
fahrene Chirurg  die  Prognose  bei  einem  Kranken  so  schlecht 
stellt,  sollte  doch  vorher  etwas  geschehen  sein. 

Jeder  therapeutische  Standpunkt,  der  auf  einem  vernünftigen^ 
auf  richtige  Prämissen  basirten  Raisonnement  steht,  bat  so  lange 
seine  Berechtigung,  als  er  nicht  durch  eine  mit  Kritik  geübte  Er- 
fahrung widerlegt  ist. 

Da  wir  uns  an  die  Symptome  halten  müssen,  weil  wirkeia 
Messinstrument  f&r  die  Schwere  der  Infection  haben,  so  wird  zu- 
nächst festzustellen  sein,  wann  die  allgemeine  Behandlung  ein- 
greifen soll;  wenn  ich  kurz  sage,  wir  sollten  dann  stärker  ein- 
greifeU)  wenn  der  Verlauf  ein  bedenklicher  wird,  so  wäre  damit 
f&r  die  Belehrung  nicht  viel  gewonnen.  Nehmen  wir  einen  Fall 
von  complicirter  Unterschenkelfractur;  wir  haben  uns  nach 
der  üntersuchang  entschlossen,  das  Bein  zu  erhalten,  und 
behandeln  es  in  besprochener  Weise;  doch  die  Entzündung 
um  die  Wunde  erstreckt  sich  am  Ende  des  zweiten  oder 
dritten  Tages  bereits  über  einen  grossen  Theil  des  Unter- 
schenkels, die  Wunde  ist  immer  noch  blutig  jauchig,  Patient 
fiebert  stark,  ist  sehr  unruhig,  hat  sehr  trockene  Zunge,  delirirt. 
Wir  haben  unter  diesen  Umständen  zweierlei  Angriffspunkte 
für  die  Behandlung:    1)  die  jauchige  Entzündung,  die  sich  von 


Ueber  Wondfieber  and  accidentelle  Wandkrankheiten.  135 

der  verletzten  Stelle  aus  entwickelt,  ist  Ursache  der  septischen 
Intoxication,  sie  wird  vielleicht  Todesursache.  Beseitigen  wir 
diese  septische  Entzündung!  doch  wie?  durch  örtliche  Behandlung 
oder  dorch  Amputation?  a)  Die  örtliche  Behandlung  verspricht 
noch  so  lange  möglicherweise  gute  Wirkung,  als  bei  üntersohen- 
kelfractoren  der  Oberschenkel,  bei  Hand  und  Vorderarm  der 
Oberarm  noch  frei  von  Infiltrat  ist,  und  wird  nach  meinen  Er- 
fahrungen in  Folgendem  bestehen  müssen:  möglichste  Entleerung 
des  zurückgehaltenen  faulen  Blutes  durch  Ausspritzen  mit  Ghlor- 
wasser,  durch  Incision  spannender  flautbrücken,  oder  Fascien- 
rander  —  oft  erneuerte  Application  antiseptischer  Mittel,  wenn 
die  Wunde  stark  stinkt,  sonst  vollkommenes  Freiliegen  dersel- 
ben, und  Auslaufenlassen  des  Secretes;  —  Application  von  meh- 
reren Eisblasen  auf  den  ganzen  Unterschenkel  unterlasse  ich  sel- 
ten, gestehe  aber,  wie  früher  bemerkt,  dass  bei  reicherer  Erfahrung 
mein  Vertrauen  auf  die  Eältewirkung  bei  septischen  Entzündun- 
gen sehr  geschwächt  ist.  —  Blutentziehungen,  Vesicantien,  Jod- 
anstrich  habe  ich  völlig  unnütz,  sehr  tiefe,  grosse  Incisionen  meist 
schädlich  gefunden,  b)  Ist  die  Infiltration  bereits  zum  Ober- 
gchenkel,  eventuell  Oberarm  vorgedrungen,  so  bietet  sich  die 
Frage:  kann  die  Amputation  den  Kranken  retten?  Ich  habe 
früher  oft  unter  solchen  Verhältnissen  amputirt  und  Andere  am- 
putiren  sehen,  danach  kann  ich  Folgendes  sagen:  die  Oberschen- 
kelamputation unter  diesen  Umständen,  selbst  ganz  an  Gesunden 
(dann  meist  hoch  oben)  ausgeführt,  habe  ich  nie  lebensrettend 
wirken  sehen;  von  den  unter  solchen  Verhältnissen  ausgeführten 
Exarticulationen  in  der  Schulter  *habe  ich  zwei  durchkommen 
sehen.  Alle  übrigen  Patienten,  bei  welchen  ich  wegen  acut  jau- 
chiger Zellgewebsinfiltration  am  3ten  bis  etwa  lOten  Tage  (inter- 
mediär) Amputationen  grösserer  Gliedmassen  ausgeführt  habe, 
oder  habe  ausführen  sehen,  sind  gestorben.  Man  wird  also  auch 
bei  progressiver  acuter  Infiltration  obige  örtliche  Behandlung  in 
der  Regel  der  Amputation  vorziehen.  Eine  nicht  so  unbedeu- 
tende Zahl  von  jungen,  starken  Patienten  übersteht  die  septische 
bfiltration  des  Zellgewebes  und  Septicämie;  es  kommt  dann  über 


136  I>r.  Tb.  Billroth, 

allj  wo  die  Infiltration  war,  zur  Eiterung,  zur  massenhaften  Aus- 
stOBBung  von  Zellgewebspfröpfen,  Fascienfetzen  und  Fett  Man 
macht,  wo  es  nöthig  ist,  Zoll  lange  Incisionen,  reichlich,  doch 
mit  üiöglichßt  wenig  Blutung,  durch  dünne  Haut.  Während  aber 
der  Uebergang  der  Entzündung  in  Eiterung  erfolgt,  bilden  sich 
gewöbulich  Venen thrombosen,  sie  zerfallen  bald  mit  dem  rapiden 
Eiteraog^tprocesse;  das  bereits  gesunkene  Fieber  steigt  wieder, 
es  kommen  Schüttelfröste,  und  der  gerettet  erschienene  Patient 
geht  an  Pyämie  mit  Lungenembolien  zu  Grunde,  etwa  in  der 
4teD  oder  5ten  Woche  nach  der  Verletzung;  dasselbe  erfolgt  ge- 
wöhnlich, wenn  er  intermediär  amputirt  war,  und  sich  dann  am 
Stumpfe  lafiltrationen  gebildet  hatten.  Nicht  bei  Allen  kam  es 
so  weit;  war  die  Infiltration  nicht  zu  mächtig  ausgedehnt,  so 
übersteht  der  Patient  die  Infection,  und  wird  wieder  vOllig  ge- 
sund. Immerhin  hüte  man  sich,  die  Prognose  zu  günstig  zu 
Btellen,  wenn  auch  die  Patienten  den  Jauchungsprocess  an  der 
Wunde  und  die  Septicämie  überstanden  haben,  und  die  infiltrir- 
ten  Theile  in  Eiterung  übergehen.  Es  ist  mir  oft  dabei  vorge- 
kommen, als  wenn  gerade  mit  der  vollkommenen  Entleerung  des 
Eiters,  und  der  Abschwellung  der  infiltrirten  Extremität  die  Haupt- 
gefahr verbunden  wäre;  vielleicht  ist  gerade  das  Stadium,  wo  der 
Kreislauf  in  den  entzündet  gewesenen  Tbeilen  wieder  in  vollen 
Gang  tritt,  und  die  Lymphgefässthromben  flüssig  werden,  ein 
höcbbt  günstiges  für  die  Resorption  von  Eiter. 

3)  Neben  der  örtlichen  Behandlung  ist  aber  auch  die  Allge- 
meinbehandlung  nicht  zu  vernachlässigen.  Die  sogenannten  Anti- 
septica:  Mineralsäuren,  Chlor,  die  unterschwefligbauren  Salze,  die 
Febrifuga:  Chinin,  Veratrin,  Digitalis,  nützen  nach  meinen  Er- 
fahrungen nichts,  ebensowenig  die  Venaesection ;  diese  Dinge  habe 
ich  bei  der  Septicämie  schon  längst  bei  Seite  gestellt.  Wenn  ein 
Patient  eioen  heftigen  Fieberanfall  hat,  so  schwitzt  er  danach, 
dann  wird  ihm  leicht;  beruht  das  Fieber  auf  Blutintoxication, 
wie  wir  annehmen,  so  wird  der  pyrogene  Stoff,  in  welcher  Form 
e»  auch  eei,  wahrscheinlich  mit  dem  Schweisse  ausgeschieden. 
Bei  septisch  intoxirten  Hunden,  die  übrigens  nie  schwitzen,  wird, 


Ueber  Wundfieber  und  accidentelle  Wandkrankheiten.  137 

« 
wie  es  seheiat,  die  Materia  peccans,  falls  sie  direct  in's  Blut  in- 

jidrt  ist,  mit  dem  eintretenden  Durchfalle  ausgeschieden.  Es 
scheint  daher  rationell,  einen  dieser  Wege  zu  benutzen,  um  den 
Organismus  zu  unterstützen,  sich  des  Giftes  zu  entledigen.  Auch 
septisch  intoxirte  Menschen  bekommen  zuweilen  Diarrhoe  (wie 
wir  früher  gesehen  haben,  unter  180  an  Infectionsfieber  Gestor- 
beoen  hatten  32  Diarrhoe),  doch  sie  schwitzen  immer,  wenig- 
stens in  gewissen  Perioden  der  Krankheit.  Ich  habe  daher  im 
Laufe  der  letzten  Jahre  mit  Vorliebe  Schwitzcuren  bei  Septicä- 
mischen  angewendet,  wie  ich  glaube,  mit  zum  Theil  eclatantem 
Erfolge;  die  Wirkung  derartiger  Mittel  muss  man  selbst  wieder- 
holt beobachten,  um  sich  eine  üeberzengung  darüber  zu  verschaf- 
fea;  ich  habe  mehrmals  Patienten  durchkommen  sehen,  die  be- 
reits den  grössten  Theil  des  Tages  somnolent  waren,  oder  furi- 
bunde  Delirien  hatten,  unter  sich  gehen  Hessen,  und  eine  braune, 
bolzige  Zunge  hatten;  das  Mittel  wirkt  keinesweges  immer  gleich, 
muss  wiederholt  werden,  und  wirkt  natürlich  um  so  rascher,  je 
früher  es  angewendet  wird.  Es  ist  nicht  immer  leicht,  einen 
Septicämischen  in  Schweiss  zu  bringen:  gewöhnlich  lasse  ich  zu- 
erst eine  kalte,  nasse  Einwickelung  des  ganzen  Körpers  (wie 
bei  Typhus)  machen,  dann  die  Kranken  warm  bedecken,  und  bis 
3  Standen  liegen.  Zuweilen  wirkt  dies  gar  nicht,  dann  lasse  ich 
das  Einwiekelungstuch  in  warmes  Wasser  tauchen,  und  die  Pro- 
c«diir  wiederholen;  wirkt  auch  das  nicht,  so  setze  ich  die  Pa- 
tienten in  ein  warmes  Bad  von  28®  R.,  das  ich  nach  und  nach 
bis  aaf  32 — 35  ®  R.  erwärmen  lasse,  dann  folgt  die  warme  Ein- 
wickelang. Diese  Procednren  erfordern  bei  Patienten  mit  com- 
plicirten  Fracturen  grosse  Vorsicht  und  Geschicklichkeit  von  Sei- 
ten der  Wärter,  und  ich  hätte  daher  schon  längst  gerne  ein 
Schwitzzimmer  (ein  Sudatorium  und  Tepidarium,  wie  in  den  rö- 
mischen Bädern),  in  welches  ich  die  Patienten,  auf  einer  Bahre 
liegend,  ohne  Weiteres  könnte  hineinsetzen,  und  bei  32°  R.,  mit 
Federkissen  bedeckt,  schwitzen  lassen.  Ich  verspreche  mir  von 
diesen,  in  kurzer  Zeit  erzwungenen  colossalen  Schweissabsonde- 
ningen  nach  dem,  was  ich  davon  bis  jetzt  gesehen  habe,  viel, 


188  I>r-  Th.  Billroth, 

und  möchte  die  Collegen,  welche  viel  schwer  Verletzte  zu  be* 
handeln  haben,  dringend  auffordern,  diese  Behandlungsweise  za 
versuchen,  sie  aber  schon  früh  in  den  betreffenden  Fällen  ein- 
treten zu  lassen.  —  Die  Anwendung  von  Laxantien,  um  rasche, 
profuse  Diarrhoeen  zu  erzeugen,  wandte  Breslau  mit  grossem 
Erfolge  bei  Puerperalfieber  an.  In  den  Fällen,  in  welchen  ich 
dies  heroische  Mittel  bei  Pyämischen  anordnete,  fand  ich  die 
Wirkung  zu  schwer  zu  berechnen,  und  es  schien  mir,  dass  sehr 
rasch  danach  zu  starker  GoUapsus  eintreten  kann;  auch  hat  für 
chirurgische  Kranke  das  häufige  Unterschieben  der  Bettschassel 
etwas  sehr  Unbequemes.  Auch  nach  den  Schweissen  sind  die 
Patienten  oft  ziemlich  matt,  doch  ist  das  keine  so  unangenehme 
und  nicht  mit  Tenesmus  verbundene  Mattigkeit;  man  vergleiche 
an  sich  selbst  die  Mattigkeit  nach  einem  reichlichen  Abf&hrmit- 
tel  mit  der  Mattigkeit  nach  einem  römischen  Bade,  und  urtheile 
selbst 

Die  Narcotica  scheue  ich  bei  der  Septicäniie  nicht;  ich  lasse 
die  Patienten  in  der  Regel  Abends  Morphium  nehmen,  zumal 
wenn  sie  sehr  unruhig  sind. 

Weit  weniger,  als  in  der  oben  beschriebenen  frühen  Zeit 
nach  der  Verletzung  vermögen  wir  gegen  die  in  der  Sten  Woche 
und  später  eintretenden  Infectionen.  Dies  kommt  daher,  dass 
wir  jetzt  durch  septisches  Fieber  und  reichliche  Eiterung  er- 
schöpfte Individuen  vor  uns  haben,  bei  denen  sich  in  Folge  von 
Embolien  auch  die  Iniectionsherde  hänfen;  zu  alle  dem  kommt 
dann  vielleicht  noch  Pneumonie,  Pleuritis,  auch  wohl  Pericardi- 
tis,  Hepatitis,  Pleuritis,  Nephritis,  Enteritis,  Parotitis,  Decubitus  etc. 
etc.  hinzu.  Da  ist  freilich  die  Kunst  zu  Ende.  Die  Amputation 
nützt  da  selten  etwas,  nie,  wenn  es  sich  um  Oberschenkelampa- 
tationen  handelt. 

Chinin  und  Opium  dämpfen,  lindern  die  Fieberanfälle,  Wein, 
Kampher  excitiren  die  Nervencentren;  junge,  kräftige  Menschen 
ringen  unter  solchen  Verhältnissen  lange  mit  dem  Tode,  doch 
meint  erfolglos.  Sind  einmal  die  metastatischen  Entzündungen 
im  Gange,  fliegen  die  eiterigen  Emboli  im  Blute  herum,  dann 


üeber  Wandfieber  und  AcddeDtelle  Wandkrankheiten  139 

k/^onen  wir  nichts  mehr  machen;  wenige  Gumnlatios  von  Ent- 
ländangsherden,  einige  neue  Fieberanfälle  genügen,  den  ge- 
schwächten Organismus  niederzuwerfen.  Für  diese  Fälle  nützen 
aach  die  Schwitzenren  nichts.  Hier  sind  wir  am  unvermeidlichen 
Ende. 


Capitel  IX. 

Erjsipelas,  Lymphangoitis,  Trismus  und  Tetanus. 


1.    Vom  Erysipelas. 

§.  20.  Seit  der  Veröffentlichung  meiner  ersten  Arbeit  über 
Wandfieber  etc.^  in  welcher  ich  auch  das  Eryt^ipel  besprach,  haben 
die  dort  ausgesprochenen,  sich  meist  an  überkommene  Auffassun- 
gen anschliessenden  Ideen  über  diese  Krankheit  freilich  auch 
manehe  Veränderungen  erleiden  müssen,  da  mich  eine  ausgedehn- 
tere kritische  Beobachtung  mehr  und  mehr  auch  über  diese  Krank- 
heit belehrte. 

Was  zunächst  die  Abgränzung  des  Erysipelas  gegen  die  dif- 
fuse Dermatitis  überhaupt,  und  gegen  die  Entzündung  des  ünter- 
haotzellgewebes  betrifft,  so  brauche  ich  Niemand  zu  versichern, 
dass  man  in.  sehr,  sehr  vielen  Fällen  durch  die  scharfe  Abgrän- 
zang  der  Röthe,  durch  die  Art  des  Fortschrittes  dieser  Röthe, 
durch  die  Intensität  des  begleitenden  Fiebers  u.  s.  w.  das  Ery- 
^ipela8  als  eine  besondere,  wohl  charakterisirte  Form  der  Haut- 
entzündung erkennen  kann;  dennoch  muss  ich  auch  hervorheben, 
dass  es  immerhin  Fälle  giebt;  in  welchen  die  Kategorisirung  recht 
schwierig,  ja  unmöglich  sein  kann;  zumal  kann  die  Hautentzün- 
dung, welche  an  frischen  Wunden  durch  Verhaltung  von  Secret 
und  lüfection  der  Haut  mit  diesem  Secrete,  Tage  lang  hier  unbe- 
stimmt, dort  bestimmt  begränzt  sein,  bald  mit  starkem  Oedem, 
bald  mit  Lymphangoitis  einhergehen,  endlich  in  Phlegmone  mit 
Veaenthrombosen  etc.  übergehen,  so  dass  man  gar  nicht  mehr 
weiss,  in  welche  specielle  Kategorie  der  Infectionskrankheiten 
ein  solcher  Fall  zu  bringen  ist.     Ueber  die  auch  vorkommende 


140  Dr.  Th.  Billroth, 

Gombination  mit  Wnnddiphtberitis,  mit  Hospitalbrand  kana  ich 
gar  nichts  aussagen,  da  ich  hier  in  Zflricb  gar  keinen  Fall  von 
Nosocomialgangrän  sah;  so  viel  ich  mich  aber  von  Berlin  her 
erinnere,  ist  die  ROthung  beim  Spitalbrande  doch  meist  diffus, 
wenn  auch  nicht  selten  mit  Lymphangoitis  der  Stämme  combi- 
nirt;  dass  beide  Processe :  Wunddiphtheritis  und  Erysipelas  ganz 
verschiedene  Erankeiten  sind,  lässt  sich  wohl  daraus  mit  Sicher- 
heit nachweisen,  dass  man  nie  beim  entwickeltsten  Erysipelas 
eine  Beschaffenheit  der  Grannlationsfläche  sieht,  die  auch  nur  die 
geringste  Aehnlichkeit  mit  Nosocomialgangrän  gehabt  hätte. 

Was  die  137  vom  1.  April  1860  bis  1.  October  1866  im 
hiesigen  Spitale  auf  meiner  Abtheilung  beobachteten  Fälle  von 
Erysipelas  betrifft*),  so  ist  bei  ihrer  Auswahl  jedenfalls  eher  zu 
viel,  als  zu  wenig  gethan;  ich  wollte  die  Anzahl  nicht  verklei- 
nern, und  habe  daher  alle  etwa  zweifelhaften  Fälle  mitgerechnet; 
auch  die  wenigen  Fälle  sind  hier  mit  eingerechnet,  in  welchen 
sich  aus  dem  Erysipel  Phlegmone  und  Pyämie  entwickelte,  so 
dass  diese  in  den  Tabellen  also  zwei  Mal  figuriren,  früher  als 
Pyämie,  jetzt  als  Erysipele. 

Ich  habe  aus  später  zu  entwickelnden  Gründen  die  137 
Fälle  von  Erysipelas  in  zwei  Kategorieen  getheilt,  nämlich  in 
solche,  welche  sehr  bald  nach  einer  frischen  Verletzung  meist  in 
Folge  von  Retention  von  fauligen  Secreten  entstanden  (septische 
Erysipele  52),  und  in  solche,  welche  zu  bereits  gut  granaUren- 
den  Wunden,  Geschwüren,  Fisteln  hinzukamen  (Infectionserysi- 
pele  85).  Ich  will  nicht  alle  früheren  Bemerkungen  über  Erysipel 
noch  einmal  kritisch  durchgehen,  sondern  nur  das  hervorheben, 
was  mir  von  besonderer  Wichtigkeit  erscheint. 

§.  2.  üeber  130  Fälle  besitze  ich  Notizen  in  Betreff  des  Be- 
ginnes mit  oder  ohne  Frost:  hiernach  stellt  sich  heraus,  dass  von 
52  septischen  Erysipelen  nur  7  (13,4  pGt)  mit  Frost  begannen, 
von  den  78  Infectionserysipelen  30  (38,4  pCt.)  mit  Frost,  im 


*)  Es  sind  die  in  der  früheren  Arbeit  bereits  erwähnten  Fälle  mitge- 
gerechnet 


üeber  Wondfieber  and  accidentelle  Wnn  dkrankheiten.  141 

Ganzen  Ton  130  Fällen  37  028,4  pCt.)  mit  Frost.  Es  zeigt  sich 
hiernacii  wiederum,  dass  rein  septische  Infection  nicht  oft  Frost 
erzeagt;  dass  bei  den  Infectionsfällen  nicht  noch  weit  mehr  Fröste 
Dotirt  sied,  hat  mich  ftberrascht,  da  ich  nach  der  Erinnerung  die 
loidalfröste  bei  Erysipel  viel  häufiger  gehalten  hätte;  abgesehen 
TOB  den  Fällen,  welche  später  pyämisch  wurden,  haben  sich  bei  2  In- 
diridaeii,  die  dann  genasen,  die  Fröste  noch  1  Mal,  in  einem  Falle  2 
Mal  wiederholt,  eine  im  Ganzen  höchst  seltene  Erscheinung. 

Was  die  Dauer  der  einzelnen  Fälle  anlangt,  so  lässt  sich 
darüber  Folgendes  sagen:    Es  dauerten 

VCD  den  septischen  Erysipelen ;         von  den  Infec-        Summa 

tionserysipelen; 


llTag 

OFall 

2  Tage 

0    - 

3     - 

7  FSUe 

4     - 

3     - 

5     - 

1  FaU 

6     - 

9  FftUe 

7     - 

6     - 

8     - 

6     - 

9     - 

5     - 

10     - 

3     - 

11     - 

2     - 

12     - 

2     - 

13     - 

1  FaU 

U     - 

2  Fälle 

15     - 

OFaU 

16     - 

1     - 

17     - 

2  F&Ue 

18     - 

OFaU 

20     - 

1     - 

21     - 

0     - 

23     - 

1     . 

32     - 

0     - 

52  F&Ue. 


aiFfiUe 

3  ] 

F&Ue 

8     - 

8 

"         • 

7     - 

14 

- 

5     - 

8 

- 

10     - 

11 

- 

6     - 

15 

- 

6     - 

11 

- 

8     - 

14 

- 

5     - 

10 

- 

6     - 

9 

- 

2     - 

4 

- 

2     - 

4 

- 

6     - 

7 

- 

2     - 

4 

- 

2     - 

2 

- 

1     - 

2 

- 

1     - 

3 

- 

2     - 

2 

- 

2     - 

8 

- 

1  FaU 

1  FaU 

0     - 

1 

- 

1     - 

1 

- 

85  F&Ue. 

137  FaUe. 

?f 


142  Dr.  Th.  Billroth, 

Hieraas  ergiebt  sich,  dass  die  septischen  Erysipele  meist 
3 — 10  Tage,  die  Infectionserysipele  meist  1 — 10 — 13 Tage  dauern; 
gross  ist  der  unterschied,  wie  man  sieht,  nicht.  Von  allen 
beobachteten  Erysipelen  dauerten  die  meisten  2  —  10 
Tage,  die  Dauer  über  14  Tage  ist  eine  grosse  Seltenheit. 

Was  das  Fieber  anlangt,  so  habe  ich  darauf  früher  beson- 
deres Stadium  verwandt.  Je  mehr  sich  die  Zahl  meiner  Gurren 
gehäuft  hat,  um  so  weniger  ist  ein  bestimmter  Typus  des  Fiebers  za 
constatiren,  so  dass  es  mir  sehr  zweifelhaft  geworden  ist,  ob  man 
mit  Recht  das  Erysipel  den  Krankheiten  mit  typischem  Fieberver- 
laafe  an  die  Seite  stellen  kann.  Das  Fieber  beginnt  fast  immer 
mit  sehr  raschem  Ansteigen  bei  Individuen,  die  bis  dahin  fieber- 
frei waren;  selten  werden  später  höhere  Temperaturen  erreicht, 
als  am  ersten  Tage.  Bei  leichteren  Fällen  beginnt  schon  am  Er- 
krankungstage die  Defervescenz,  und  zieht  sich  mit  Abendsteige- 
rungen  mehrere  Tage  hin.  Bei  schweren  Fällen  dauert  die  hohe 
Temperatur  anfangs  mehrere  Tage  mit  wenig  Morgenremission  an. 
oder  (was  eigentlich  noch  häufiger  ist)  verläuft  mit  sehr  starken 
Differenzen  der  Morgen-  und  Abendtemperataren  Tage  oder 
Wochen  lang;  —  endlich  giebt  es  auch  solche  Fälle,  die  24  Stun- 
den und  länger  fieberfrei  sind,  dann  wieder  von  Neuem  anfangen 
zu  fiebern,  so  dass  sich  eigentlich  2,  3,  4  Erysipele  mit  kor- 
zen  Intervallen  wiederholen.  Ich  habe  dies  früher  Erysipele 
mit  discontinuirlichem  Verlaufe  genannt.  Septische  Erysipele  Ter 
laufen  gerne  mit  warziger,  quaddeliger  Hautschwellung  und  stei- 
len Fiebercurven.  Die  Dauer  schliesst  übrigens  die  Gefahr  nur  bei 
schwachen  und  alten  Leuten  ein ;  es  giebt  sehr  kurz  verlaufende 
tOdtliche  Erysipele,  und  ungefärhliche,  lange  dauernde  Fälle. 

Von  dem  Glauben  an  die  Defervescenz  des  Fiebers  bei  Ery- 
sipels an  den  ungeraden  (kritischen)  Tagen  bin  ich  ganz  abge- 
gekommen;  der  Beginn  der  Krankheit  ist  oft  sehr  schwierig  zu 
constatiren,  und  da  hiernach  nur  die  Abtheilung  in  24 stundige 
Abschnitte  als  Erankheitstage  gemacht  werden  könnte,  so  kommt 
bei  den  Berechnungen  nach  den  Curven  gar  zu  viel  Willkür  in's 
Spiel. 


Ceber  Wiuidfieber  und  accIdeBtelle  Wundkrankheiten.  143 

Es  giebt  Individaen,  welche  besonders  zu  Erysipelas  dispo- 
nirt  siad,  oder  man  sollte  wohl  besser  sagen,  bei  denen  der  In- 
fectionsstoff  besonders  leicht  haftet;  das  ist  längst  bekannt;  ich 
kann  folgende  Beispiele  dafür  beibringen:  4  Männer  bekamen 
vihrend  ihres  Ajafenthaltes  im  Spitale  je  2  Mal,  1  Mann  and  1 
Frao  je  3  Mal  vollkommen  charakteristisch  ausgeprägte  Erysi- 
pele, mit  Intervallen  von  mindestens  4—6  Wochen. 

Erkrankt  sind  51  Weiber  (37,9  pCt),  86  Männer  (62,1  pCt.); 
dieser  absolute  Ueberschuss  zu  Gunsten  der  Männer  bedeutet  aber 
keioesweges,  dass  die  Männer  leichter  inficirt  werden ;  man  könnte 
sogar  das  Gegentheil  deduciren:  die  Gesammtzahl  der  kranken 
Männer  ist  auf  meiner  Abtheilung  etwa  die  dreifache  von  derje- 
nigen der  Frauen;  es  müsste  also  bei  gleicher  Erkrankungsdis- 
position  beider  Geschlechter  die  Zahl  der  an  Erysipel  erkrankten 
Männer  die  dreifache  der  Frauen  sein;  da  dies  aber  durchaus 
nicht  der  Fall  ist,  so  ist  die  relative  Zahl  der  an  Erysipel  er- 
krankten Weiber  bedeutend  grösser,  als  die  der  Männer.  Man  hat 
hier  wiederum  ein  Beispiel,  wie  trügerisch  einzelne  statistische  Zah- 
b  ohne  specielle  Berücksichtigung  aller  Verhältnisse  sind.  —  Die 
gleichen  Bemerkungen  gelten  in  Betreff  des  Alters;  es  erkrankten 
im  Alter  von 

0 — 10  Jahren      6,  davon  starben    0 
11_20      .  27      -  -         0 

21—30      -  19      -  -         2  =  (10,5  pCt.) 

31^40      -  50      -  -         0 

41_50      .  22      .  .         3  =  (13,6  pCt.) 

61_60      -  21      -  -         4  =  (19,0  pCt.) 

61—70      .  18      -  .         6  =  (33,3  pCt.) 

71—80      -  4      -  -         2  =  (50,0  pCt.) 

137,  davon  starben  17. 
Es  geht  hieraus  hervor,  dass  im  Alter  von  11  —  60  Jahren 
^  meisten  Erkrankungen  vorgekommen  sind,  doch  beweist  dies 
Diebt  etwa,  dass  in  diesem  Alter  die  Erkrankungsdisposition  für 
Erysipel  am  grOssten  ist;  um  dies  festzustellen,  müsste  man  wis- 
^^n,  wie  viel  Individuen  der  einzelnen  Decennien  sich  unter  allen 


144  ^^'   Th.  Billroth, 

mit  Wunden,  Excoriationen,  Geschwüren  etc.  behafteten  Kranken 
befanden,  und  im  Vergleiche  zu  diesen  Gruppen  wäre  die  Zahl 
der  Erkrankungsfälle  procentisch  zu  berechnen.    Ich^  gestehe  auf- 
richtig, dasB  ich  den  Werth  einer  auf  diese  Weise  mit  enormer 
Mühe  zusammengebrachten,  vielleicht  mathematischen,  also  abso- 
luten Wahrheit  nicht  zu  begreifen  im  Stande  bin.    Je  mehr  ich 
mich  mit  diesen  statistischen  Berechnungen  befasst  habe,  um  so 
mehr  sehe  ich  ein,  wie  doch   in  allen  diesen  Berechnungen  so 
mancherlei  Willkür  mit  einlaufen  muss,  um  ein  Resultat  heraus- 
zubringen.    So  sind  denn  von  den  51  an  Erysipelas  erkrankten 
Weibern  7  (13,7  pCt.)  gestorben,  von  den  86  Männern  10  (10,4 
pCt.),  im  Ganzen  von   137  Erkrankten  17;    dies   scheint  doch 
einfach  genug,  und  doch  ändern  sich  diese  Zahlen  sehr,  je  nach- 
dem wir  die  7  Fälle,  in  welchen  sich  bei  der  Section  metastati- 
sche Processe  fanden,  mitzählen  oder  nicht;  lassen  wir  diese  bei 
Erysipel  aus,  weil  sie  schon  bei  der  Pyämie  in  Rechnung  kamen, 
so  haben  wir  auf  137  Fälle  nur  10  Todte,   also  nur  7,3  pCt. 
Das  Alter  scheint  am  meisten  Einfluss  auf  die  Gefährlichkeit  des 
Erysipelas  zu  haben,  abgesehen  von  den  Fällen,  in  welchen  sieb 
aus    eclatantem  Erysipel    Phlegmone    mit   Yenenthrombose  etc. 
herausbildete.  —  In  denjenigen  Fällen,   in  welchen  das  Erysipel 
tödtlich  verlief  (1  Mal  am  3.,  4.,  6.,  9.,  11.,  13.,  15.  Tage,  je 
2  Mal  am  7.,  8.,  10.,  18.,  20.  Tage),   konnten,   wie  erwähnt, 
einige  Male  metastatische  Processe  nachgewiesen  werden,  in  denen, 
wie  schon  an  den  Lebenden  zu  diagnosticiren,  der  gesammte  Krank- 
heitsverlauf  in  das  Bild  der  Pyämie  überging.   In  10  Fällen  wurde 
bei  der  Section  so  viel  wie  nichts  gefunden;   in  keinem  Falle 
Meningitis,   von   der  man  doch  früher  behauptete,   sie  trete  so 
leicht  zu  Erysipelas  capitis;   man  schloss  dies  trüber  fälscbUcb 
aus  den  Symptomen;  durch  die  Section  ist  darüber  nichts  be- 
stätigt. 

Es  ist  eine  herrschende  Ansicht,  dass  von  Wunden  am  Kopfe 
und  Gesichte  besonders  häufig  Erysipelas  ausgeht.  Ist  dies 
richtig? 


Ueber  Wandiieber    nnd  accidenielle  Wandkrankheiten.  I45 

Das  Erynpel  begann: 

am  Kopfe 15  Mali 

am  Gesiebte 34    -  |  58 

am  Halse 7    -  ) 

an  Brust  und  Racken    ...  16  Mal] 

am  Bauche 2    -  [   28 

in  der  Beckengegend      ...  10    -  ) 

an  den  oberen  Extremitäten    .     16  Mal)   ^^ 

51 


1 


an  den  unteren  Eitremitftten  .     35 

1377         137. 

Diese  Zusammenstellnng  zeigt,  daf^s  das  Erysipel  am  hftufig- 
sten  Yon  Wunden  der  unteren  Extremit&ten,  dann  des  Gesich- 
tes etc.  aasgegangen  ist.  Diese  absoluten  Zahlen  mflssten  aber, 
am  etwa  die  besonders  leichte  Haftbarkeit  der  Infection  an  einem 
I>e8tiinmten  Körpertheile  zu  zeigen,  durch  procentische  Berech- 
Hangen  corrigirt  werden ,  welche  ans  der  Anzahl  von  z.  B.  allen 
vorgekommenen  Verletzungen,  Fisteln,  Geschwüren,  Excoriatio- 
neo  ete.  am  Kopfe,  im  Verh&ltnisse  zu  den  Erysipelerkrankungen 
iun  Kopfe  berechnet  werden  müs8ten.  Da  mir  das  eventuelle 
ResQJtat  kein  besonderes  practisches  oder  theoretisches  Interesse 
zu  kaben  scheint,  so  habe  ich  eine  solche  Berechnung  nicht  an« 
gestellt.  Es  bleiben  so  vielerlei  wichtige  Momente,  welche  auf 
die  Entstehung  der  Erysipele  Einfluss  haben,  bei  den  sta- 
tistigcben  Berechnungen  unverwendbar,  dass  man  sich  fast  hüten 
nusB,  gleich  den  Stab  über  die  ganze  statistische  Methode  zu 
brechen;  z.  B.  im  Gesichte  kommen  so  viele  Operationen  vor, 
bei  welchen  durch  Verschiebung  von  Haut  oder  Lappenbildungen 
Höhlen  entstehen,  in  denen  sich  Secret  sammelt;  dass  dies  allein 
^hon  einen  nicht  unerheblichen  Ueberschuss  von  Erkrankungen 
Uefern  muss,  ist  für  mich  wenigstens  klar. 

§.  3.  Das  Erysipel  ist  eine  sowohl  anatomisch  schwer  fass- 
bare, als  in  Betreff  der  Entstehung  und  Verbreitung  nicht  immer 
leicht  verständliche  Krankheit. 

Wir  sind  wohl  über  die  Zeiten  hinaus,  in  welchen  man  die 

v.LftB|««b9ek,  ArehiT  f.  Ghtnirgl«.  IX.  IQ 


146  Dr.  Tb.  Billroth, 

Rose  als  eine  möglicherweise  mit  SchwaDknngen  der  Laftelectri- 
cität  zasammenbängende  Krankheit  bezeichnete,  oder  sie  als  Folge 
eines  verdorbenen  Magens  betrachtete,  —  doch  wenn  wir  sagen, 
die  Rose  ist  eine  acute  Dermatitis,  so  ist  damit  auch  noch  nicht 
gar  viel  gesagt,  denn  von  Masern,  Scharlach,  Erythem,  Urticaria 
können  wir  dasselbe  sagen.  Dass  die  Form  von  Dermatitis, 
welche  man  „Rose^  nennt,  anatomisch  durch  starke  Rosenröthe, 
durch  eine  ziemlich  scharfe  ümgränzung  ausgezeichnet  ist,  eine 
Umgrenzung,  welche  durch  abgerundete  Linien  kenntlich  ist,  und 
sich  aus  Anfangs  ganz  getrennt  stehenden  grossen,  rothen,  run- 
den, allm&lig  confluirenden  Flecken  zusammensetzt,  ist  bekannt; 
dass  diese  Dermatitis  zur  runzeligen  Erhebung  der  Haut,  zor 
Qnaddelbildung,  zur  Blasenbildung  gelegentlich  fUiren  kann,  dass 
sie  allm&lig  fortzuwandern  liebt,  und  nach  und  nach  den  ganzen 
KOrper  fiberziehen  kann,  ist  nicht  minder  bekannt.  Und  doch 
vermögen  wir  nicht,  die  anatomischen  Ursachen  genau  anzuge- 
ben, welche  diesen  einfachsten  Erscheinungen  zu  Grunde  liegen. 
Versuchen  wir,  auf  Umwegen  dem  Wesen  der  Krankheit  zunächst 
in  Betreff  der  anatomischen  Verhältnisse  etwas  näher  zu  kommen, 
denn  die  directen  Untersuchungen  der  an  Erysipel  erkrankten 
Haut  mit  dem  Mikroskop  liefern  keine  brauchbaren  Resultate. 

Es  ist  wohl  als  constant  zu  betrachten,  dass  immer  ein  An- 
fangs kleiner  Theil  der  Haut  zuerst  erkrankt,  und  dass  sich  von 
diesem  Theile  nur  im  Verlaufe  von  Tagen  und  Wochen  die  Krank- 
heit vorwärts  bewegt.  Diese  triviale  Bemerkung  setzt  sofort  eine 
tiefe  Kluft  zwischen  Masern,  Scharlach,  Pocken  einerseits,  und 
Erysipel  andererseits,  denn  bei  ersteren  wird  immer  ein  grosser 
Theil  des  KOrpers  in  kurzer  Zeit  übergössen ;  Masern  und  Schar- 
lach und  Pocken  brechen  massenhaft  hervor  am  Halse,  an  der  Brust, 
im  Gesichte,  die  Eruption  über  den  KOrper  pflegt  aber  in  24  Stunden 
vollendet  zu  sein,  der  Process  ist  auf  seiner  Hohe,  er  sinkt  bald 
wieder.  Man  hat  aus  dieser  Beobachtung  den  Schluss  gezogen^ 
dass  das  Gift,  in's  Blut  aufgenommen,  gleichgiltig  ob  durch  Haut, 
Lungen,  Darm,  erst  vom  Blute  aus  wirksam  wird,  die  Eruption 
der  genannten  Krankheiten  erfolgt  nach  Analogie  einer  Urticaria, 


üeber  Wnndfieber  and  aceidentelle  Wandkrankheiten.  147 

wie  sie  bei  maochen  Menschen  nach  Gennss  Ton  Erdbeeren  oder 
Krebsen  erfolgt.    Die  Masern-,  Scharlach-,  Pocken-Dermatitis  ent- 
steht oieht  nur  da,  wo  etwa  das  Gift  in  die  Haut  eingetreten  sein 
kiSDDle  (also  fßr  gewöhnlich  an  Gesicht  and  Händen,  als  den  ge- 
wöblich  unbedeckten  Körpertheilen),  sondern  überall  am  KOrper. 
Anders  Terhält  es  sich  mit  der  Wundrose;  sie  entsteht  nur  an  der 
Wände,  an  dem  Geschwüre,  au  der  Escoriation.  —  Giebt  es  ein 
Erysipclas  capitis  spontaneum,  welches  in  gleicher  Weise  entsteht, 
vie  Masern  und  Scharlach?    Ich   muss  das  nach  meinen  Erfah- 
rungen bestreiten,  und  habe  noch  keinen  Kliniker  gefunden,  der 
<Us  Eryeipelas  spontaneum  ernstlich  vertheidigt  hätte.    Ich  stehe 
•laher  nicht  an,   zu  behaupten,  ein  wahres  Erysipel  entsteht  nur 
fOQ  einer  Wunde,  einem  Geschwüre,  einer  Excoriation  aus,  viel- 
leieht  auch  von  einem  bestehenden,  vollständig  subcutanen  Entzün- 
iQQgsherde  ans;    es  giebt  nur  eine  Art  Erysipel,  das  Erysipelas 
traumaticom,  phlogisticum,  septicum  im  weitesten  Sinne  des  Wor- 
t^.  Da  nun  von  der  verwundeten  Stelle  aus  sich  die  Rosen-Der- 
Ostitis  langsam  bald  dahin,  bald  dorthin  weiter  bewegt,  so  ist 
e$  als  sehr  wahrscheinlich  anzusehen,  dass  ein  irritirender  Stoff 
iQÜ  phlogogenen  Eigenschaften  in  der  Haut  fortgeschoben  wird; 
dies  wird  so  lange  fortgehen,  bis  sich  dem  vorgeschobenen  Gifte 
Qnübersteigliche  Hindernisse  in  den  Weg  legen,  oder  das  Gift  selbst 
zerstört  (verbrannt)  wird.   Das  Erysipelas  erzeugende  Gift  wirkt  aber 
Qiebt  nur  phlogogen,  sondern  auch  pyrogen;  die  pyrogene  Wir- 
kung kann  sogar  in  seltenen  Fällen  der  phlogogenen  um  kurze 
Zeit  vorausgehen;   letztere   Erscheinung,    dass    nämlich   die  Pa- 
tenten   zuweilen    fiebern,    bevor    sie    selbst    oder    der    Arzt 
etwa8  ^on    Rose    bemerken,    scheint   mir   kein   Beweis    gegen 
die  Annahme    zu   sein,    dass    das  betreffende  Gift  seinen  Lauf 
m  der  Wunde   ans   beginnt.    —    Welche   Bahnen   durchläuft 
^  Gift   in    der   Haut?     Da  die  Haut  kein  trockener  Körper 
^^)  in  welchen  das  Serum,  welches  den  giftigen  Stoff  enthält, 
^adringen  könnte,  wie  eine  Flüssigkeit  in  Fliesspapier,  sondern 
i&ehr  einem   drainirten,  wasserreichen  Erdboden  gleicht,  durch 
Welchen  das  Wasser  nach  den  Gesetzen  der  Schwere,  der  Druck- 

10  • 


148  ^r  Th.  Bi)lroth, 

(lifferenzen,  mit  Widerständen  verschiedenster  Art,  schliesslich 
durch  vorgeschriebene  Bahnen  abfliessen  muss,  so  wird  es  am 
natürlichsten  sein,  anzunehmen,  dass  der  sich  dem  strömenden 
Ernährungssafte  in  den  Geweben  beimischende  giftige  Stoff  die- 
selben Bahnen  läuft,  welche  die  Ernährungssäfte  laufen;  diese  aber 
laufen  aus  dem  Gewebe,  in  welches  sie  durch  die  Arterien  und  Ca- 
pillaren  hineingedrückt  sind,  in  die  Venen  und  Lymphgefasse  zurück, 
wobei  wir  uns  wohl  die  Venen  als  das  grössere,  schnellere  Haupt- 
stromgebiet zu  denken  haben,  während  die  Bewegung  in  den 
Lymphgefässen  weit  langsamer  zu  denken  ist.  Das  Serum,  wel- 
chem das  Erysipelasgifi;  beigemengt  wird,  geht  also  theils,  und 
zwar  so  weit,  als  es  ganz  gelöst  ist,  durch  die  Venenwandungen 
in's  Blut,  theils  durch  die  Lymphgefasse;  in  letztere,  welche 
durchlöcherten  Drainageröhren  entsprechen,  könnten  auch  mole- 
kulare, im  Serum  unlösliche  Elemente  eintreten.  Andere  Bah- 
nen, als  die  genannten,  giebt  es  nicht  für  die  Bewegung  von 
Flüssigkeiten  in  der  Haut;  doch  könnte  das  Bindegewebe  ver- 
möge seines  starken  Quellungsvermögens  violleicht  doch  auch 
nach  und  nach  bei  abnorm  hohem  Blut-  und  Lymphdruck 
von  dem  vergifteten  Serum  in  sich  aufnehmen;  dies  würde  aber 
wieder  schnell  abfliessen,  sowie  der  Druck  sinkt,  und  zwar  durch 
die  genannten  Bahnen,  falls  es  nicht  durch  den  Schweiss  und 
durch  Verdunstung  mit  ausgeschieden  wird.  —  Wir  haben  nun 
unter  diesen  verschiedenen  Möglichkeiten  der  Ausbreitung  des 
Giftes  in  der  Cutis  zu  wählen,  und  ich  stehe  nicht  an,  es  für 
wahrscheinlich  zu  halten,  dass  das  Gift  den  capillaren  Lymph- 
bahnen, den  Netzen  feinster  Lymphgef&sse  folgt;  das  Auftreten 
runder  Flecken  an  den  Grenzen  des  Erysipels  deutet  offenbar 
darauf  hin,  dass  der  irritirende  Stoff,  welcher  die  Blutgefässe  zur 
fluxionären  Dilatation  zwingt,  immer  gewisse  umgrenzte  Gebiete 
von  Blutgefässen  auf  einmal  afficirt;  da  nun  die  Lympbbahnen 
im  Allgemeinen  den  Venenbahnen  folgen,  so  wird  das  Einschiessen 
des  Giftes  in  ein  mit  wenig  seitlichen  Abfuhrungsgefassen  ver- 
sehenes Lymphgefässnetz  auch  zugleich  das  diesem  Lymphgefäss- 
netz  entsprechende  Blutgefässnetz  in  fluxionäre  Reiznng  versetzen; 


Deber  Wuodfieber  ond  accidentelle  Wundkrankheiten.  {49 

30  entsteht  ein  rother  Fleck  auf  der  Hant,  der  nach  und  nach 
mit  dem  bereits  früher  erkrankten  Herde  confloirt;  auch  kleinen 
Lymphgefässst&mmcben  in  der  Cutis  läuft  das  Gift  nach,  so  giebt 
es  aaeh  rothe  Streifen  und  Netze  an  der  Grenze  der  erysipela- 
'  t5sen  Entzündung.     Diese  Erscheinungen  sind  bald  mehr,  bald 
weniger  deutlich  sichtbar,  sie   werden  einem  aufmerksamen  Be- 
obachter nicht   entgangen   sein.     So   wie   die  Venen   der  Cutis 
sich  zunächst  zu  netzartig  verbundenen,  dicht  unter,  zum  Theil 
Qoch  in  der  Cutis  selbst  liegenden  Stämmchen  sammeln  (Venen- 
oetze,  die  man  am  besten  an  halbfaulen  Leichen  sieht),  und  ans 
diesen  Netzen  sich  die  subcutanen,  in  der  Längsachse  der  Ex- 
tremitäten verlaufenden  Yenen^tämroe  bilden,  so  ist  es  auch  mit 
den  Lymphgefässen ;  aus  dem  capillaren  Lymphgefässnetze  geht 
der  irritirende  Stoff  in  die  Lymphgef&ssstämme,    von  diesen  in 
die  Lymphdrüsen;  es  sollte  also,   wenn  Erysipelas  in  der  That 
einer  capillaren  Lymphangoitis  entspricht,  sich  dazu  auch  Lym- 
pbangoitis  der  subcutanen  Stämme  und  Lymphadenitis  der  näch- 
sten Lymphdrüsen  gesellen.     Ich  kann  nach  meinen  auf  diesen 
Puakt   besonders    gerichteten    Beobachtungen    behaupten,    dass 
Schwellung  und  (wenn  auch  oft  nur  geringe)  Schmerzhaftigkeit 
der  nichsten  Lymphdrüsen  bei  Erysipel  nie  fehlt,  und  dass  rothe 
Streifen,  der  Längsachse  der  Extremitäten  nachziehend,  sich  auch 
sehr  oft  bei  Erysipel  nachweisen  liessen.    Dass  der  einmal  in 
die  stärkeren  Lymphgefässe  eingetretene  Stoff  nicht  wieder  rück- 
Wirts  zu  den  Capillaren   geht,   und    somit  die  gewöhnlich  so- 
genannte Lymphangoitis  kein  Erysipel   (wohl  aber  Phlegmone) 
mr  Folge  haben  kann,  ergiebt  sich  aus  den  physiologischen  Ver- 
liiltnissen  ohne  Commentar. 

Ich  habe  mich  in  die  hier  auseinandergesetzten  Yorstellun- 
gea  fiber  die  Entstehung  und  Ausbreitung  des  Erysipels  so  bin- 
eingelebt,  dass  mir  die  dagegen  zu  erhebenden  Einwände  nicht 
mehr  imponiren.  Doch  muss  ich  die  Berechtigung  einiger  der- 
selben anerkennen;  ich  kann  sie  nicht  alle  widerlegen.  Vor 
Allem  wird  man  sagen  mflssen:  warum  verläuft  denn  nicht  jede 
I^noatitis  in  der  geschilderten  Weise?    Warum  wird  nicht  ans 


150  Dr.  Tb,  Bi!)roth, 

leichten  Masern,  leichtem  Scharlach,  leichten  Pocken  erysipela- 
töse  Dermatitis,  capillare  Catis-Lymphangoitis,  wenn  das  phlogo- 
gene Gift  sich  so  mit  dem  Lymphstrome  fortbewegt.  Ich  kann 
diesen  Einwand  nicht  ganz  widerlegen,  doch  Hesse  sich  mit 
gleichem  Rechte  wohl  fragen:  warum  wird  nicht  aas  jeder  trau- 
matischen HautentKundung  Erysipelas  ?  warum  kommt  es  nicht  zu 
jeder  Qaetschwonde  hinzu?  Man  wird  hierauf  erwidern  müssen,  dai$ä 
in  diesen  Fällen  eben  angenommen  werden  müsse,  dass  die  ca- 
pillaren  Lympbbahnen  an  der  Wunde  sehr  schnell,  z.  B.  durch 
Faserstoffgerinnungen  oder  Exsudationen  verlegt  werden,  und  da- 
durch den  giftigen  Secreten  der  Eintritt  in's  Gewebe  verhindert 
wird;  wir  kommen  hier  auf  dieselben  Momente  zurück,  die  wir 
bei  der  Frage  fiber  Entstehung  und  Ausbleiben  des  Wnndfiebers 
erörtert  haben.  Es  giebt  eben  eine  Reihe  von  Entzfindungspro- 
Zossen,  die  früher  vollkommen  localisirt  werden,  als  von  ihnen, 
aus  etwas  in  die  Lymphbahn  eindringen  konnte,  während  in  an- 
deren Fällen  diese  Abgrenzung  der  Entzündungsherde  gestört 
wird,  oder  die  abgrenzende  Schicht  durch  besondere  Umstände 
wieder  zerstört  wird. 

§.  4.  Ich  komme  nun  auf  den  wichtigsten  Punkt,  näm- 
lich auf  den  irritirenden  Stoff,  welcher  die  Rose  erzeugt.  Wo 
kommt  er  her?  wie  entsteht  er?  ist  es  immer  derselbe,  oder 
giebt  es  mehr  Stoffe,  welche  Erysipel  erzeugen  können  ?  was  wird 
aus  ihm? 

Wir  können  dies  wiederum  nicht  direct  beantworten,  sondern 
müssen  das  Ziel  auf  zum  Theil  ziemlich  weiten  Umwegen  zu  er- 
streben suchen.  Woher  kommt  das  Erysipelasgift?  wie  entsteht 
es?  Diese  Fragen  legen  wir  uns  folgendermaassen  zurecht, 
um  sie  beantworten  zu  können:  Unter  welchen  Verhältnissen 
beobachten  wir  die  Entwickelung  des  Erysipels?  —  Hieranf 
lässt  sich  Folgendes  erwidern:  1)  Wenn  nach  einer  Operation 
in  einer  geschlossenen  Höhle  Blut  verhalten  war  und  sich  dies 
zersetzt;  also  unter  gleichen  Bedingungen,  wie  wir  auch  septi- 
sche Phlegmone  entstehen  sehen;  2)  bei  frischen  Wunden  ohne 
nachweisbare  besondere  Entzündung  oder  Secretverbaltung;  3)  an 


üeber  Wandfieber  und  accideotelle  Wuod  krank  heilen.  15] 

gat  gnmalirenden  Wanden,  selbst  wenn  keine  Rdzang  irgend 
welcher  Art  vorangegangen  ist;  4)  an  Excoriationen  der  Haut, 
zuweilen  ohne  alle  bekannte  Veranlassung,  zuweilen  nach  genau 
oachweisbarer  Erkältung  des  excoriirten ,  oder  sonst  schon  ge- 
reizten Körpertheils. 

Dass  im  ersten  Falle  das  Erysipelasgift  sich  in  dem  zer- 
setzten Blnt  und  ans  diesem  entwickelt,  ist  wohl  Jedem  plau- 
sibel, der  solche  Fälle  sab,  und  zumal  auch  den  oft  ausser- 
ordentlich raschen,  günstigen  Erfolg  der  Entfernung  des  zer- 
setzten Blutes  je  beobachtete.  Haben  keine  Secretverhaltungen 
statt,  und  es  kommt  doch  sehr  bald  zu  einer  Wunde,  vielleicht 
schon  nach  wenigen  Stunden  Erysipel,  so  ist  es  hOchst  wahr- 
Bcheinheh,  dass  bei  der  Operation  das  Gift  dem  verletzten  Ge- 
webe applieirt  ist  durch  Schwämme,  Gompressen,  Instrumente. 
Aach  das  Auftreten  von  Erysipel  an  einer  ganz  normal  granu- 
lirenden,  gut  aussehenden  Wunde  kann  wohl  kaum  anders,  als 
daroh  Infection  von  aussen  erzeugt,  gedacht  werden,  während 
dagegen  die  Fälle,  in  welchen  nach  Erkältung  in  einem  gereiz- 
ten Theile  Erysipel  entsteht,  das  Erysipelasgift  im  Gewebe  (durch 
^e  abnorme  Umsetzung  der  Säfte)  entstanden  gedacht  werden 
kann;  dieser  letzte  Process  ist  der  am  schwierigsten  zu  begrei- 
fende, doch  ist  das  Factum  wohl  nicht  zu  leugnen,  und  es  hiesse, 
glaube  ich,  den  Thatsachen  Gewalt  anthun,  wollte  man  auch  in 
diesen  Fällen  Infection  von  aussen  annehmen. 

Das  Erysipelasgift  entsteht  also  theils  aus  Stoffen  des  mensch- 
lichen Oj^anismus  selbst,  theils  wird  es  ihm  von  aussen  durch 
eine  Wunde,  eine  von  Epidermis  entblösste  Stelle  beigebracht. 
Können  diese  beiden,  auf  so  verschiedenem  Wege  der  Wunde 
zakommendea  Gifte  identisch  sein?  Dies  wäre  nicht  unmöglich; 
man  denke  sich  einen  Kranken,  bei  welchem  ein  Erysipel  sich 
am  3.  Tage  in  Folge  von  Verhaltung  von  &ulem  Blut  und  Secret 
entwickelt  hat,  und  denke  sich  femer  die  Schwämme,  mit  welchen 
das  faule  Secret  etwa  abgewischt  wird,  werden  nicht  genfigend 
gereinigt,  das  Secret  trocknet  in  den  Schwämmen;  die  Schwämme 
werden  vielleicht  erst  nach  Wochen  wieder  gebraucht  an  einer 


152  Dn  Th.  Billroth, 

anderen  frischen  oder  grannlirenden  Wunde;  es  ist  kein  Grand, 
anzanehmen,  dass.  das  trockene  Secret  nicht  mehr  wirke,  folg- 
lich kann  das  in  den  Schwämmen  eingetrocknete  Secret  wiederum 
angefeuchtet  und  auf  eine  Wunde  gebracht,  jetzt  gewiss  wiederum 
ein  Erysipel  erzeugen.  Cebertragen  wir  diese  Vorstellung  auf 
Gompressen,  Charpie,  Bettzeug,  Instrumente,  auf  den  Staub  an 
den  Wänden;  überall  können  Spuren  eines  eingetrockneten,  viel- 
leicht sehr  giftigen  Secretes  Torhanden  sein!  Wir  sind  hier 
wieder  bei  Dingen  angekommen,  die  geradezu  durch  einen  Ver- 
such am  Menschen  zu  prüfen  etwas  gefährlich  wäre,  doch  spricht 
manche  Detailbeobachtung  daf&r.  Vor  längerer  Zeit  kam  es  vor, 
dass,  nachdem  lange  kein  Fall  von  Erysipel  auf  meiner  Abtbei- 
lung  sich  gezeigt  hatte,  plötzlich  an  einem  Tage  8  Individuen 
daran  erkrankten ,  welche  in  den  verschiedensten  Theilen  meiner 
Abtheilung  weit  auseinander  zerstreut  waren;  diese  3  Individuen 
hatten  nichts  miteinander  gemein,  als  dass  sie  2  Tage  zuvor  alle 
3  in  demselben  Operationssaale  hintereinander  operirt  waren; 
liegt  es  nicht  sehr  nahe,  anzunehmen,  dass  alle  3  Individuen  im 
Operationssaal  inficirt  waren?  Ich  brauchte  damals  noch  immer 
zu  viel  und  zu  häufig  Schwämme  bei  den  Operationen,  und  habe 
diese  als  Infectionsträger  angesehen.  Eine  solche  Beobaehtung 
erscheint  mir  für  das  Verständniss  der  Erysipelasverbreitung  viel 
wichtiger,  als  die  immer  zweifelhafte  Deutung  einer  mit  grdsster 
Mühe  zusammengebrachten  Statistik.  —  So  viel,  um  zu  zeigen, 
dass  das  von  aussen  eine  Wunde  inficirende  Erysipelasgift  mög- 
licherweise dasselbe  sein  kann,  wie  das  im  Körper  ohne  Infection 
von  aussen  entstandene. 

Die  durch  specifische  Gifte  erzeugten  Krankheiten :  Cholera, 
Pocken,  Masern,  Scharlach,  Fleckfieber  etc.  zeichnen  sich  auch 
besonders  dadurch  aus,  dass  sie  epidemisch  auftreten.  Könnte 
man  eigentliche  Epidemien  von  Erysipelas  nachweisen,  so  würde 
das  sehr  f5r  das  specifische  We-^en  der  Rose  sprechen.  Diese 
Frage  habe  ich  bereits  früher  berührt  und  erledigt,  so  weit  es 
mir  möglich  war.  Meine  frühere  Arbeit:  „Ein  kleiner  Beitrag 
zur  Frage,  ob  gewisse  chirurgische  Krankheiten  epidemiscb  vor- 


Ueber  Wandfieber  and  accidentelle  Wnndkrankheiten.  153 

kommen*  (dieses  Archiv,  Bd.  IV.  S.  537)  ging  besonders  daraaf 
aos,  festzustellen,  ob  eine  Anh&ufiing  von  Erysipelasfällen  im 
Spital  mit  Anhäufung  von  Erysipelasfällen  in  Stadt  und  Land  zu- 
sammenfalle, oder  nicht.  Das  Ergebniss  war  negativ;  die  Ery- 
»pelasflLlie  auf  dem  Lande  halten  vollkommen  gleichen  Schritt 
mit  dem  häufigen  Vorkommen  von  Absces^sen,  Panaritien,  Phleg- 
monen, Carbunkeln  und  Furunkeln;  alle  diese  acuten  Haut-  und 
Unterhaatzellgewebsentzündungen  sind  im  Winter  und  Frühjahr 
hiofiger  wie  im  Sommer  und  Herbst;  eine  Epidemie,  welche 
diese,  die  acuten  Krankheiten  Oberhaupt  begünstigenden  Jahres- 
zeitea  dnrchschneidet,  oder  eine  Anhäufung  von  Erysipelasfällen, 
fand  sich  in  den  Jahren  1860  und  1861  im  Ganton  Zürich  nicht. 
Betrachten  wir  nun  die  Zusammenstellung  sämmtlicher  auf  meiner 
Abth^ang  vorgekommenen  ErysipelasfäUe ,  die  nach  den  früher 
(S.  11*2)  auseinandergesetzten  Principien  angeordnet  sind  (Taf.  VL 
obere  Reihe),  so  komme  ich  in  einige  Verlegenheit,  ob  daraus  ein 
Epidemisiren  des  Erysipels  im  strengeren  Sinne  des  Wortes  hervor- 
geht. Die  jetzt  gewählte  Art  der  Darstellung  giebt  uns  ein  weit 
besseres  Bild  über  die  Verhältnisse  der  einzelnen  ErysipelasfäUe 
za  einander,  als  dies  bei  der  früher  gewählten  Anordnung  der 
Füle  zu  Gurven  mOglich  war.  Wir  haben 
im  Jahre:        septische,        Infections-Erysipele ;  zusammen: 

13  22 

17  n 

20  26 

14  27 
11  22 

8  11 

2 8_^ 

52  85  137 

Die  in  meiner  früheren  Arbeit  als  Epidemie  im  Spital  be- 
^ichnete  Gruppe  von  Fällen,  die  vom  Mai  1860  bis  April  1861 
^icht,  erweist  sich  doch  als  sehr  vielfach  unterbrochen;  es  tritt 
keine  sehr  bedeutende  Gumulation  hervor.  Es  folgen  vom  Fe- 
bruar 1863  bis  August  1862  fast  nur  sporadische  Fälle,  während 


1860: 

9 

1861: 

4 

1862: 

6 

1863: 

18 

1864: 

11 

1866: 

3 

1866  bis  l.Oct. 

:    6 

154  Dr.  Th.  Billroth, 

dagegen  vom  October  1862  bis  Februar  1863  eine  starke  Aa- 
h&ufung  mit  Gumulation  von  9  F&llen  im  December  1863  auf- 
fallend ist;  doch  ist  diese  Reihe  auch  durch  freie  Wochen  im 
November  1862  und  Februar  1863  stark  unterbrochen.  In  ähn- 
licher Weise  folgen  von  Mai  bis  October  1863  viele  Fälle  rasch 
auf  einander.  Die  letzte  Gumulation  ist  endlich  von  Man  bis 
Juni  1864  zu  bemerken;  von  da  ab  nimmt  die  Zahl  der  Fälle 
enorm  ab,  und  nur  sporadische  Fälle  kommen  noch  vor.  In  den 
27  Monaten  vom  Juli  1864  bis  September  1866  finden  sich  nnr 
22  Fälle  verzeichnet,  von  denen  wohl  noch  3  als  in's  Spital  ein- 
geführt abgezogen  werden  können. 

Ich  bekenne  offen,  dass  es  mir  gewagt  scheint,  eigentliche 
Epidemien  aus  diesen  Daten  deduciren  zu  wollen,  obgleich  auf- 
fallende Anhäufungen,  unabhängig  von  der  Jahreszeit,  von  gleich- 
zeitigen anderen  Infectionsfiebern ,  von  der  Zahl  der  per  Woche 
auf  meiner  Abtheilung  vorhandenen  eiternden  Wanden,  nicht  in 
Abrede  gestellt  werden  können. 

Kurz,  ich  glaube,  man  kann  behaupten,  es  hat  hier  keine 
eigentlichen  Erysipelasepidemien  gegeben,  wie  es  Scharlach-, 
Masern-,  Pockenepidemien  gegeben  hat,  and  zwar  einfach  aus 
dem  Grunde,  weil  die  Entwickelung  eines  Erysipels  vorwiegend 
an  Wunden  geknüpft  ist,  also  somit  schon  eine  relativ  kleine 
Anzahl  Menschen  Oberhaupt  inficirbar  ist.  In  einem  Spital,  wo 
viele  Verwundete  sind,  wo  also  mehr  inficirbare  als  nicht  inficir- 
bare  Individuen  vereinigt  sind,  können  anter  Umständen  bei 
mangelnder  Vorsicht  viele  Infectionen  vorkommen;  je  mehr  infi- 
cirt  sind,  je  mehr  steigert  sich  die  Infectionswahrscheinlichkeit 
auch  f&r  Andere,  wenn  wir  annehmen,  dass  gewisse  zersetzte 
Secrete,  gewisse  faulige  Stoffe  direct  als  Erysipelas  erzeugendes 
Gift  wirken,  wenn  sie  auf  Wunden  übertragen  werden;  ob  aber 
der  Eiter  eines  Kranken  mit  Erysipelas,  oder  die  abgeschuppte 
Epidermis,  auf  die  Wunde  eines  anderen  Kranken  gebracht,  noth- 
wendiger  Weise  Erysipelas  erzeugt,  wenn  die  Wunde  des  Zwei- 
ten nicht  ausserdem  noch  gereizt  oder  verletzt  wird,  möchte  ich 
so  lange  bezweifeln,  bis  es  bewiesen  ist.   Ich  neigte  auch  früher 


Oeber  Wandfieber  and  xecidentelte  Wnndkrankheiten.  155 

sar  Annahme,  dass  bei  Anhäufung  von  Erysipelas-Kranken  sich 
ein  Sichtiges  Gontaginm  möchte  entwickeln  können ;  nach  meiner 
jetzigen  Auffassung  scheint  mir  dies  unwahrscheinlich.  —  Sollte 
ein  Kranker,  bei  welchem  sich  in  Folge  von  Vorhaltung  von 
Seereten  Erysipel  entwickelt,  ansteckend  auf  andere  wirken,  so 
rnftssten  ia  meiner  Tabelle  auf  einen .  markirten  Fall  (septi- 
sches Erysipel)  eine  Anzahl  •^—  markirter  folgen ;  dies  ist  nicht 
der  FaU,  wie  man  sich  bei  genauerer  Betrachtung  leicht  über- 
zeugen wird. 

Ist  nun  nach  allem  Gesagten  anzunehmen,  dass  es  ein  spe- 
cifisches  Erysipelasgift  giebt?  Muss  angenommen  werden,  dass 
es  aar  einen  Stoff  giebt,  der  in  oder  an  eine  Wunde  gebracht, 
nur  Erysipel  erzengen  kann?  Beweisen  lässt  sich  hier  wohl 
nichts.  Ich  glaube  kaum,  dass  man  durch  die  bisher  beobach- 
teten Thatsachen  gezwungen  ist,  dies  anzunehmen;  es  ist  nicht 
recht  begreiflich,  dass  es  einen  Stoff  geben  sollte,  der  immer 
eine capillare  Lymphangoitis,  einen  anderen,  der  immer  nur  eine 
Phlegmone,  einen  anderen,  der  eine  Lymphangoitis,  einen  anderen, 
der  eine  Phlebitis  erzeugen  muss,  sondern  es  ist  viel  wahrschein- 
Ueher,  dass  es  daraof  ankommt,  in  welches  Gewebe  der  infici- 
reode  Körper  vorwiegend  eindringt,  in  welchem  er  sich  durch 
Fenaentirung  potenzirt,  so  dass  es  also,  wenn  auch  nicht  ganz, 
doch  naheza  dem  Zufall  der  Impfung  oder  Selbstinfection  mit 
einem  putriden,  pumlenten  oder  sonstigem  phlogistischem  Gifte 
aoheim  gestellt  ist,  welche  der  genannten  Erkrankungsformen  sich 
entwickelt. 

2.    Von  der  Lymphangoitis. 

Es  sind  mir  bei  der  Durchsicht  der  Journale  nur  15  Fälle 
von  Lymphangoitis  anfgestossen ,  von  denen  11  an  den  oberen, 
^  an  den  unteren  Extremitäten  verlaufen  sind.  Diese  Zahl  ist 
sicherlich  viel  zu  klein,  denn  ich  habe  gerade  bei  genauerer 
nnterguchung  in  neuerer  Zeit  unendlich  viel  häufiger  die  be- 
kannten rothen  Lymphangoitisstreifen  als  früher  gesehen,  doch 
ist  es  gewiss   oft  vergessen,  es  in  den  Journalen  zu  notiren, 


156  Dr.  Th.  Billroth, 

weil  es  neben  bereits  bestehenden  phlegmonösen  Entzündungen 
keine  Bedeutung  hat  —  Klar  ist,  dass  die  rothen  Streifen  in 
der  Cutis,  welche  man  als  entzündete  Lymphgef&sse  zu  bezeich- 
nen pflegt,  nichts  Anderes  sind,  als  entzündetes  Zellgewebe  am 
die  subcutanen  grösseren  Lymphgeßssstämme;  das  Gift  fliesst 
langsam  durch  die  Stamme  den  Lymphdrüsen  zu,  dringt  dabei 
durch  die  enorm  dünne  Wandung  der  Lymphgefässe  hindurch, 
und  reizt  das  perilymphangitische  Zellgewebe  zur  Entzündung; 
diese  Entzündung  geht  meist  nicht  sehr  weit,  doch  wenn  der 
Stoff  sehr  giftig  ist,  wenn  sehr  viel  resorbirt  wird,  wenn  durch 
mehrere  LymphgeAsse  nebeneinander  phlogogener  Stoff  fliesst, 
dann  giebt  es  eine  conflnirende  Zellgewebsentzündung.  Ich  habe 
gefunden,  dass  sehr  viel  diffuse  Phlegmonen  als  Lymphangoitis 
beginnen,  und  dass  sich  zu  bestehenden  Phlegmonen  auch  sehr 
oft  Lymphangoitis  hinzugesellt. 

Der  inficirende  Stoff  wirkt  meist  auf  die  S&fte,  mit  denen 
er  sich  zunächst  mischt,  fermentirend,  so  vermehrt  er  sich  co- 
lossal  schnell  und  verbreitet  sich  rasch ;  aus  einem  Atom  Leichen- 
gift geht  auf  diese  Weise  eine  grosse  Menge  höchst  giftigen 
Eiters  hervor.  Ich  habe  mich  hierüber  anderswo  ungeschickt 
ausgedrückt,  und  das  ist  mit  Recht  gerügt  worden;  ich  sweifele 
keinen  Augenblick  daran  ^  dass  die  von  Leichen  kommenden 
Stoffe  von  sehr  verschiedener  phlogogener  und  pyrogener  Inten- 
sität sind;  es  ist  mir  auch  höchst  wahrscheinlich,  dass  Säfte  aus 
der  Leiche  eines  an  Blutzersetzungskrankheiten,  wie  Py&mie, 
Puerperalfieber  etc.  gestorbenen  Individuums  viel  giftiger  wirken, 
als  die  Säfte  anderer  Leichen.  Diese  intensivere  Wirkung  als 
Folge  einer  wahren  Contagion  in  solchen  Fällen  zu  bezeichnen, 
scheint  mir  nicht  praktisch,  wenn  wir  überhaupt  dem  Worte 
Contagion  eine  speciellere  Bedeutung  beilegen  wollen,  als  dem 
allgemeinen  Worte  Infection.  Die  speciellere  Fassung  der  jedem 
einzelnen  Mediciner  von  seinem  Lehrer  überkommenen  Begriffe 
von  Contagium,  Miasma,  Infection  etc.  sind  jetzt  so  verschieden, 
dass  man  sich  immer  erst  über  diese  Worte  verständigen  muss, 
ehe  man  anfangt,  zu  discutiren. 


üeber  Wundfieber  uud  accidentelle  V^ondkrankheiten.  I57 

Die  Lymphaogoitifl  kann  bis  znm  n&chsten  Lymphdrfisen- 
paket  fortkrieebend  sein  wie  ein  Erysipel;  sie  breitet  sich  aber 
nie  dem  Lymphstrome  entgegen  aus.  Da  aber  der  Weg  bis  zu 
dem  nächsten  Lymphdrusenpaket  selten  weit  ist,  so  dauert  eine 
einfache  Lympbangoitis  nie  sehr  lange,  es  sei  denn,  dass  eine 
diffiise  Phlegmone  daraus  wird.  Die  Fieberverh&Itnisse  bieten 
bei  der  Lympbangoitis  nicht  viel  Besonderes  dar;  der  erste  Er- 
goss  der  giftigen  Lymphe  in's  Blut  ist  meist  mit  hohem  Initial- 
fieber, auch  wohl  mit  Frost  verbunden;  der  weitere  Verlauf 
hängt  ganz  von  den  Ortlichen  Verhältnissen  ab. 


Ueber  Hospitalbrand  habe  ich  hier  in  Zürich  gar  keine 
Erfahrnngen  sammeln  kennen;  dic^e  Lflcke  ist  vollkommen  aus- 
gefällt dureh  die  kfirzlich  erschienene  vortreffliche  Arbeit  von 
Fischer  in  den  Charit^-Annalen,  auf  die  ich  verweise;  obgleich 
die  entafindlichen  Erscheinungen  um  die  diphtberitischen  Wunden 
und  das  damit  zusammenhängende  Fieber  sich  nicht  von  anderen 
septischen  Entzündungen  und  Fiebern  zu  unterscheiden  scheint, 
80  ist  doch  wohl  der  Krankheitsstoff,  welcher  die  Diphtheritis 
erzeogt,  ein  ganz  besonderer,  denn  weder  bei  Erysipelas,  noch  bei 
Lympbangoitis,  noch  bei  Phlegmone,  noch  bei  Phlebitis  habe  ich 
irgendwie  ähnliche  Veränderungen  an  den  Wunden  gesehen,  wie 
sie  sieh  bei  dem  Hospitalbrand  finden. 

3.    Trismus  und  Tetanus. 

§.  5.  üeber  diese  Krankheit  habe  ich  nicht  viele  neue  Be« 
otMichtnngen  gemacht,  kann  es  mir  aber  doch  nicht  versagen, 
noch  einige  Bemerkungen  Aber  dieselbe  niederzuschreiben. 

Im  Spital  sind  auf  meiner  Abtbeihing  vom  L  Januar  1860 
bis  1.  Oetober  1866  beobachtet  11  Fälle;  von  diesen  sind  9  sehr 
aent  tßdtlich  verlaofen,  2  chronische  Fälle  geheilt,  nämlich  ein 
janger  Mann  mit  Handquetschung,  und  ein  Mann  von  52  Jahren 
mit  Erfrierung  der  Hände;  bei  den  9  Gestorbenen  war  5  Mal 
die  Hand  zerrissen  oder  gequetscht,  1  Mal  ging  die  Krankheit 
von  spontaner  Gangrän   aller   Fingerspitzen   beider  Hände   aus, 


158  Dr.  Th.  Billroth, 

1  Mal  von  einer  Kopfwunde  ohne  Knochenverleteung,  1  Mal  von 
einer  Brandwunde  am  Oberschenkel,  1  Mal  von  einer  Operations- 
wunde der  Achselhöhle;  die  Individuen  standen  im  Alter  von 
5—70  Jahren;  alle  erkrankten  Individuen,  mit  Ausnahme  von 
einem,  waren  m&nnlich.  Ein  Mann  von  19  Jahren  verliess  am 
24.  August  1866  mit  einer  gut  grannlirenden  Wunde  an  einem 
Finger  das  Spital;  2  Tage  später  wurde  er  von  Trismus  und 
Tetanus  befallen,  und  starb  nach  48  Stunden.  Das  war  der  12^ 
freilich  nicht  im  Spital  selbst  vorgekommene  Fall;  von  diesen 
12  Fällen  entwickelten  sich  nur  10  im  Spital  selbst. 

Die  vielfachen  negativen  Resultate  meiner  Untersuchungen 
der  verletzten  Nerven  und  des  Rückenmarkes  bei  Tetanischen, 
haben  mich  von  der  Idee,  dass  es  sich  dabei  um  eine  ascen- 
dirende  Neuritis  handle,  ganz  abkommen  lassen.  Ob  der  Teta- 
nus eine  Blut-  oder  Nervenkrankheit  sei,  ist  eine  oft  ventiKrte 
Frage,  sie  ist  bald  so,  bald  so  beantwortet.  Durch  folgende 
Reflexion  bin  ich  dazu  gekommen,  mich  vorläufig  fär  die  An* 
nähme  zu  entscheiden:  Trismus  und  Tetanus  ist  eine  Blut- 
krankheit. Durch  den  Eintritt  eines  pyrogenen  Stoffes  in's 
Blut  entstehen  die  Erscheinungen  des  Fiebers;  diese  sind  sehr 
mannichfaltig:  hohe  Temperatur,  Stillstand  und  Rückschritt  der 
Ernährung  als  Zeichen  von  Seiten  der  trophischen  Nerven;  ab- 
norme Sensationen  in  der  Haut,  zumal  am  Rücken,  von  Seiten 
der  sensiblen  Nerven;  psychische  Erregung,  Delirien,  Hailucina- 
tioneq,  auch  wohl  Stupor,  Sopor  von  Seiten  der  psychischen  und 
sensitiven  Nerven;  Gänsehaut,  Zähneklappern,  Muskelzittern  von 
Seiten  der  motorischen  Nerven.  Je  nach  der  individuellen  Be- 
schaffenheit des  fiebernden  Menschen,  mehr  aber  noch  je  nach 
der  verschiedenen  Beschafienheit  und  Menge  des  Fiebergifkes  tritt 
bald  der  eine,  bald  der  andere  Theil  der  Störungen  mehr  her- 
vor. Fieber  mit  Delirien  und  Stupor  nennen  wir  nervöse  Fieber, 
Fieber  mit  dauernden  oder  wenigstens  auffallend  häufigen  Gon- 
tractionen  der  Kicfermuskeln  nennt  man  Trismus,  eventuell  Te- 
tanus,  wenn  sich  diese  abnorm  heftigen  Contractionen  in  vielen 
Muskelzweigen  zeigen.    Jedes  Gift,  welches  Fieber  erzeugt,  ist 


ücber  \7andfiebcr  und  acoidentelle  Wncdkrankheiten.  159 

wieder  aus  einer  Anzahl  auf  die  TerBcbiedenen  Nervenarten  be- 
sonders wirkender  Stoffe  zosammengesetzt;  ist  der  Stoff  vor- 
berrsebend,  welcher  aaf  die  motorigcben  Nerven  Ähnlich  wie 
Strychnin  wirkt,  so  entsteht  eben  Tetanus  (motorisches  Deliriam) ; 
dieser,  Tetanus  erzengende,  Stoff  kann  sich  aus  den  Producten 
acnter  EntzOindnngen  bilden,  unter  freilich  bisher  unbekannten 
DmsOnden;  es  giebt  aber  wahrscheinlich  ganz  bestimmte  Ver- 
bälhiisse  {%.  B.  der  Temperatnr,  des  Fenchtigkeitsgrades  der  Atmo- 
spblre  etc.),  welche  die  Erzeugung  dieses  Stoffes  begfinstigen, 
der  dann  auch  möglicher  Weise  übertragbar  ist.  —  Es  sollte 
mich  freuen,  wenn  sich  diese  Ideen  als  nicht  ganz  unfruchtbar 
erweisen  sollten;  sie  sind  experimentell  zu  verificiren.  Man 
sollte  Eiter  von  Tetanischen  auf  Hunde  fibertragen,  auch  Blut 
TOD  lebenden  tetanischen  Menschen  in  Hunde  transfundiren  etc. 
Die  letzten  F&Ue  von  Tetanus,  die  hier  vorkamen,  kamen  von 
aussen  her;  sie  verliefen  so  enorm  schnell  (in  18,  20  Stunden), 
dass  ich  sie  kaum  sah;  ich  beschäftigte  mich  bei  ihnen  mit 
therapeutischen  Versuchen,  indem  ich  versuchte,  sie  mit  Hülfe 
von  Chloroforminhalation  und  Morphiuminjection  in  dauernder 
Narcose  zu  erhalten  (nach  Nussbaum);  beide  Patienten  erwach- 
ten indees  bald  aus  der  Narcose,  und  das  Morphium  kam  bei 
ibnen  gar  nicht  zur  Wirkung. 

Die  bei  Tetanus  beobachteten  auffallend  hohen  Temperaturen 
haben  mit  Recht  die  Aufinerksamkeit  aller  derjenigen,  welche 
sich  mit  Thermometrie  beschäftigen,  auf  sich  gezogen.  Die  Ar- 
beit von  Leyden  über  hohe  Temperaturen  bei  künstlich  er- 
teogtem  Tetanus  schien  diese  auffallenden  Beobachtungen  voll- 
sländig  aufzuklären,  und  die  von  A.  Fick  und  mir  angestellten 
ControUversuche  bestätigten,  dass  bei  den  häufigen  tetanischen 
Muskelcontractionen  eine  enorme  Menge  Wärme  in  den  Muskeln 
gebildet  wird.  Ich  muss  die  Ulnsion  fiber  die  experimentell  ge- 
fundene Erklärung  der  hohen  Temperaturen  bei  Tetanus  leider  zer- 
stören, denn  gerade  der  letzte  Fall,  den  ich  beobachtete,  verlief 
in  18  Stunden  mit  heftigem  Opisthotonus  tödtlich,  bei  ganz  nor- 
malen Temperaturen,  ohne  eine  Spur  von  Fieber.  —  Es  giebt  also 


160  I>r.  Tb.  Billroth, 

Tetanas  mit  und  ohne  Fieber,  wenigstens  ohne  TemperatarerbShong: 
eine  alte  Gescbiehte!  Mir  kommt  das  vor  als  eine  Analogie  mit 
einigen  von  mir  beobachteten,  h&chst  bösartigen  Fällen  von  Sep- 
tic&mie  mit  niederen  Temperataren,  ohne  alles  Fieber! —  Auch 
die  Temperatarsteigerung,  vrelche  man  bei  Tetanisohen  noch  nach 
dem  Tode  beobachtet,  hatte  etwas  Imponirendes.  Ich  habe  seit- 
her bei  manchen  Individuen  die  Temperatur  wahrend  des  Todes 
und  unmittelbar  nachher  untersuchen  hissen,  und  g^nden,  dass 
eine  postmortale  Steigerung  der  Temperatur  in  geringerem  oder 
gr&sserem  Grade  fast  bei  allen  Individuen  Statt  hat,  die  mit  stei- 
gender Temperatur  sterben,  so  dass  es  also  nichts  Besonderes 
für  den  Tetanus  ist.  üeber  die  muthmaassliche  Ursache  dieser 
postmortalen  Temperatursteigerung  siehe  die  Arbeit  von  A.  Ficic 
und  mir* 


üeber  Delirium  potatorum  traumaticum  kann  ich 
nichts  Neues  sagen,  da  es  hier  zu  selten  vorkommt,  als  dass  ich 
reichliche  Erfahrungen  darfiber  sammeln  könnte.  Nur  so  viel 
will  ich  bemerken,  dass  diese  Delirien  nach  Form  und  Inhalt 
den  septicftmischen  Delirien  und  auch  dem  Delirium  nervosum 
(das  ich  bis  jetzt  ers$t  ein  Mal ,  bei  einem  gans  jungen  Manne 
sah,  der  sicher  kein  Säufer  war)  sehr  ähnlich  sind;  es  kann  unter 
Umständen  sehr  schwer  sein,  zu  entscheiden,  ob  inan  einen  vor- 
liegenden Fall  als  Delirium  potatorum  oder  als  septicimisches 
Delirium  bezeichnen  soll. 


Anhang« 

Von   einigen   besonderen  Temperatur  Verhältnissen  bei    verschie- 
denen Krankheiten. 

Temperaturen  bei  Verletzungen  des  Rückenmarkes. 

§.  7.    Ich  habe  bereits  in  meiner  frfiheren  Arbeit  erwähnt, 
dass  bei  Verletzungen  des  Rückenmarkes  im  oberen  Halstheile, 


Deber  Wondfieber  nnd  «ccidentelle  Wandknuikheiten.  161 

dicht  unter  dem  verUngerten  Mark,  sich  abnorm  hohe  Tempe- 
rataren zeigten,  w&hrend  bei  Verletzung  des  Rückenmarkes  tiefer 
unten  dies  nicht  beobachtet  wurde.  Ich  habe  dies  in  der  Folge 
wiederiiolt  beobachtet,  und  stehe  daher  nicht  an,  es  als  einen 
weiteren  Wahrscheinlichkeitsbeweis  für  eine  Beziehung  des  oberen 
Theiles  des  Rückenmarkes  zu  der  Wärmeentwickelung  zu  be- 
trachten. Man  ziehe  z.  B.  folgende  Beobachtung  in  Betracht:  ein 
starker,  kr&ftiger  Mann  von  39  Jahren  stürzt  hoch  herunter,  und 
bricht  den  4.  und  5.  Halswirbel,  mit  Zerreissung  des  Rücken- 
markes am  Mittag  des  12.  August  1862;  er  zeigte 

am  12.  August  Abends  4  Uhr  eine  Temperat  von  34,5®, 

-  12.       -  •       8     -       -  -  -    86,5%     . 

-  13.       -       Morg.    7     -       .  -  -    41,6% 

-  13.       -       Mittags  1     -      -  -  -    42,4*. 

Um  2  Uhr  5  Minuten  erfolgt  der  Tod;  postmortale  Steige- 
rung der  Temperatur  bis  2  Uhr  15  Minuten  auf  42,9  ®,  dann  all- 
m&Iiges  Sinken.  Die  Erscheinungen  boten  nichts  Aussergew&hn- 
liches  dar,  totale  Paralyse  sofort  nach  dem  Falle,  Tod  durch 
Respirationsparalyse  und  Lungenoedem,  wie  in  fast  allen  diesen 
F&llen.  Nicht  immer  waren  die  Temperaturen  so  hoch  wie  hier, 
doch  meist  schon  in  den  ersten  24  Stunden  über  40,0%  während 
die  Patienten  mit  tieferer  Rückenmarksverletzung  gar  keine  Fie- 
beriemperaturen  in  den  ersten  Tagen  zeigten.  Ich  kann  nach 
meinen  Erfahrungen  über  Temperaturmessungen  versicLern,  dass 
solche  Temperaturen,  wie  in  dem  eben  citirten  Falle,  bei  einfachen 
Wundfiebern  gar  nicht  vorkommen,  es  steckt  etwas  Besonderes 
dahinter,  was?  weiss  ich  freilich  night.  —  Gewiss  wäre  es  eine 
daokenswerthe  Arbeit,  wenn  man  diese  Frage  experimentell 
weiter  in  Angriff  nähme. 

In  einem  Falle  liess  ich  bei  Zerreissung  des  Rückenmarkes 
im  Rückentheil  wiederholte  Vergleichsmessungen  anstellen  in  der 
rechten  Achselhöhle  und  in  der  rechten  (paralytischen)  Schenkel- 
beuge; die  Temperatur  war  am  letzten  Orte  um  0,3  —  0,4^  höher 
als  am  ersten;  es  seheint  dies  auf  eine  Gefässparalyse  hinzudeuten, 
nach  Analogie  des  Bernard'schen  Versuches  am  Eaninchenohr. 

T.  Lt»g«Ab«ck,  AxekiT  f.  ChiraisU.  IX.  IX 


162  Dr.  Th.  Billroth, 

Es  sind  ähnliche  Beobachtungen  von  Levier  (Dissertation  Aber 
Rückenmarksapoplexie,  Bern,  1863)  gemacht;  sie  stimmen  auch  zn 
dem  betreffenden  Versuche  von  Schiff.  Die  Temperaturtopographie 
und  ihre  Abhängigkeit  von  der  Weite  und  Enge  der  Gefltose  ist 
übrigens  ein  so  complicirtes  Kapitel,  dass  man  mit  jedem 
Schluss  aus  dieser  oder  jener  Beobachtung  nicht  vorsichtig  genug 
sein  kann. 


Die  Temperaturen  bei  schweren  Kopfverletzungen  mit 
Hirnerscheinungen  sind  am  ersten  Tage  in  der  Regel  nicht 
aussergewöhnlich;  am  2»,  3.,  4.  Tage  finden  sich  aber  oft  hohe 
Temperaturen  bei  diesen  Kranken;  ich  finde,  dass  solche  Pa- 
tienten 40,1®,  ^)3^9  ^1)2^9  in  einem  Falle  ein  Moribundus  am 
4.  Tage  43,3®  hatten.  Wie  viel  dabei  die  entzündliche  Reizung 
gewisser  Hirnpartien,  wie  viel  die  paralytische  Wirkung  man- 
cherlei Körperfunctionen ,  wie  viel  die  Meningitis  und  septische 
Infection  mitwirken,  darüber  wage  ich  kein  Urtheil.  3  Fälle  von 
Meningitis  tuberculosa  acuta  bei  chronischen  Eiterungen  verliefen 
fast  fieberlos. 

Dass  ein  Schüttelfrost  zuweilen  als  Zeichen  traumatischer 
eiteriger  Meningitis  betrachtet  werden  kann,  ist  bekannt.  Viel- 
leicht lässt  sich  der  Satz  aufrecht  halten,  dass  der  Mangel  von 
Fieber  bei  Individuen,  die  unter  Erscheinungen  des  Hirndmckes 
starben,  auch  auf  Mangel  von  Meningitis  hindeutet,  und  dass  in 
^diesen  Fällen  der  Hirndruck  nur  von  filutextravasat,  Schädel- 
depression oder  Hirnödem  ohne  Entzündung  herrührt 

Temperaturen  bei  Peritonitis. 

§.  8.  Die  Bemerkungen  über  die  so  oft  auffallend  niederen 
Temperaturen,  welche  ich  in  meiner  ersten  Arbeit  machte,  haben 
sich  bei  fortgesetzter  Beobachtung  immer  mehr  bestätigt,  doch 
nicht  in  der  Weise,  dass  die  niedere  Temperatur  etwas  (3od- 
Staates  bei  Peritonitis  wäre,  sondern  nur  etwas  sehr  Häufiges; 
sehr  hohe  Temperaturen  beobachtete  ich  nie  bei  Peritonitis,  wohl 
aber  mittlere  Temperaturen,  ohne  bekannte  Ursachen  auf-  and 


Ueber  Wandfieber  and  aocidentelle  Wnndkraokheiten.  163 

abschwankend,  so  dass  also  die  Temperaturen  bei  Peritonitis 
überhaupt  nicht  für  die  Prognose  branchbar  sind;  im  Ganzen  ist 
eine  Peritonitis  mit  etwas  Fieber  besser ,  als  eine  Peritonitis  mit 
anderen  schweren  Symptomen  und  niederen  Temperaturen  dazu, 
doch  das  kann  man  auch  Ton  anderen  Eranklieiten  ebenso  sagen. 

Es  scheint  mir,  dass  sowohl  vom  retroperitonealen  Zell- 
gewebe, als  von  der  Fläche  des  Peritoneums  septische  Stoffe 
and  septisch  inficirte  Exsudate  enorm  schnell  und  massenhaft 
in's  Blut  eindringen,  denn  der  rasche  Tod  nach  Operationen  mit 
Verletzungen  des  Peritoneums  macht  mir  immer  den  Eindruck 
einer  sehr  intensiven  septischen  Intoxication ;  beweisen  lässt  sich 
das  freilich  bis  jetzt  nicht,  obgleich  der  grosse  Reichthum  an 
Lymphgefassen  und  die  Er&ffnung  derselben  in  die  Peritoneal« 
höhle  (v.  Recklinghausen)  diese  Absichten  plausibel  machen. 

Temperaturen  bei  acuten  Nierenkrankheiten. 

§.  9.  fiei  Nierenkrankheiten,  welche  eine  mangelhafte  Ab- 
sonderung  des  Harnes  zur  Folge  haben,  bei  denen  entweder  der 
Harnstoff  nicht  gehörig  ausgeschieden  wird,  oder  Bestandtheile 
zersetzten  Harnes  resorbirt  werden,  beobachtet  man  häufig  ab- 
norm niedere  Temperaturen.  Man  hat  freilich  nur  selten  Gele- 
genheit, solche  Fälle  rein  zu  beobachten;  ich  habe  Fälle  von 
Carcinoma  vesicae  mit  Tod,  durch  Urämie  bedingt,  von  Blasen* 
diphtheritis,  von  acuter  diffuser  Nephritis  gesehen,  die  mich  zur 
Aufstellung  obigen  Satzes  veranlassen,  den  ich  auch  schon  in 
meiner  ersten  Arbeit  angedeutet  habe.  Ganz  eclatant  war  ein 
Fall  von  ganz  acuter  diffuser  metastatischer  Nephritis  bei  einem 
starken  jungen  Manne  von  etwa  30  Jahren  mit  offener  Fractur 
des  Unterschenkels;  Patient  hatte  bis  dahin  hohe  Temperaturen, 
zumal  v?ährend  der  Schüttelfröste  gehabt,  mit  dem  Auftreten  des 
blutigen,  dicken  (an  Gylindern  und  Epithelien  sehr  reichen)  spar- 
samen Urins  fiel  die  Temperatur  unter  36%  und  obgleich  noch 
einige  Schüttelfröste  folgten^  stieg  die  Temperatur  während  der- 
selben nicht  über  37®. 

Ich  glaube,  dass  die  Experimente,  durch  welche  ich  nach- 
gewiesen habe,   dass  Anhäufung  von  kohlensauerem  Ammoniak 

11* 


164  Dr.  Th.  Billroth, 

im  Blate  die  Temperatur  herabsetzt,  mit  den  erw&hnten  Beobach- 
tuDgen  in  Zusammenhang  gebracht  werden  können. 

Wenn  Patienten  mit  Stricturen  Harnröhrenruptur  und  Urin- 
infiltration  bekommen ,  und  dadurch  sich  eine  brandige  Entzün- 
dung rasch  ausbreitet,  so  entsteht  ein  solches  Gemisch  Ton  Wir- 
kungen auf  die  Temperatur  durch  Aufnahme  von  Urin-,  Jauche- 
und  Eiterbestandtheiien,  dass  man  nichts  mehr  aus  derselben  er- 
schliessen  kann. 

Die  Schüttelfröste  nach  Catheterismus 

§.  19.  haben  von  jeher  die  Aufmerksamkeit  der  Chirurgen 
auf  sich  gezogen ;  ich  habe  dieselben  früher,  der  allgemeinen  An- 
nahme nachgehend,  als  die  Folge  einer  besonderen  Empfindlich- 
keit betrachtet,  stehe  indessen  jetzt  nicht  an,  sie  als  einen  An- 
fall von  Infectionsfieber  zu  bezeichnen.  Dass  es  sich  dabei  nicht 
um  ein  einfaches  Zittern  (wie  etwa  zuweilen  unmittelbar  nach 
einer  grossen  Operation,  nach  starkem  Blutverluste  etc.),  sondern 
um  einen  wirklichen  Fieberanfall  handelt,  habe  ich  schon  früher 
nachgewiesen.  Ein  solcher  Fieberanfall  pflegt  2—4 — 6  Stunden 
nach  dem  betreffenden  Catheterismus  zu  entstehen,  und  ist  immer 
die  Folge  einer  Urethritis;  die  Urethra  ist  meist  etwas  verletzt, 
oft  nur  oberflächlich,  oder  es  ist  ein  zu  starker  Catheter  in  die 
Urethra  oder  durch  eine  Strictur  durchgebracht.  Die  Producte 
der  Urethritis,  so  wie  überhaupt  der  Entzündung  der  Hamwege, 
vielleicht  der  ganzen  Beckengegend,  scheinen  ganz  besonders 
leicht  das  Phänomen  des  Schüttelfrostes  hervorzurufen,  wenig- 
stens beobachtet  man  verhältnissmässig  auffallend  häufig  bei 
nicht  complicirten,  subcutanen  Beckenfracturen  Schüttelfröste.  Die 
Schüttelfröste  bei  leichter  Urethritis  sind  meist  ungefährlich,  doch 
muss  man  die  Urethra  3—4  Tage,  zuweilen  noch  länger,  unbe- 
rührt lassen.  Häufige  Wiederholung  solcher  Fieberanfälle  beinoi 
vorsichtigsten  Bougiren  kann  zu  operativem  Einschreiten  nOthi- 
gen,  weil  man  sonst  den  Patienten  zu  häufig  in  Gefahr  bringt, 
und  in  der  Behandlung  nicht  vorwärts  kommt.  In  einem  Falle 
trat  nach  Einflihrung  der  Bougies  in  eine  Strictur  ein  sehr  hefti- 
ger  Frost  mit   dauerndem  Fieber   auf,  mit  schweren  nervösen 


Ueber  Wandfieber  und  accidentelle  Wandkrankheiten.  165 

Symptomen,  Urticaria  auf  dem  ganzen  Körper,  colossal  aus- 
gebrütetem  Herpes  labialis.  Die  Erscheinangen  waren  so  schwer 
gewesen,  dass  ich  später,  nachdem  Patient  von  diesem  Anfalle  ge- 
nesen war,  nicht  mehr  wagte,  Bongies  durch  die  vollkommen  per- 
meable Strictor  zu  bringen.  Ich  heilte  dann  den  Patienten  dnrch 
die  inssere  ürethrotomie. 


Schlttssbemerkung. 

§.  10.  Wenngleich  ich  nicht  sicher  versprechen  mOchte, 
niemals  wieder  aof  die  besprochenen  Gegenstande  znrfickzakom- 
men,  so  scheint  es  mir  doch  nicht  nnnöthig,  diese  Arbeitsreihe 
mit  einigen  aaf  Zweck  und  Tendenz  derselben  hindeutenden  Be- 
merkungen abzuschliessen. 

Die  imponirenden  Resultate  der  in  der  inneren  Hedicin  so 
ausgedehnt  angewandten  Thermometrie  hatten  mich  in  hohem 
Maasse  angeregt;  die  Idee,  diese  Untersuchungsmethode  auch  bei 
chirurgischen  Kranken  anzuwenden,  lag  nahe;  ich  führte  sie  aus, 
und  ging  an  die  Erklärung  des  Beobachteten  von  dem  mir  fiber- 
kommenen  Standpunkte  aus.  Der  Gedanke,  die  septischen  Fie- 
ber experimentell  zu  stndiren,  wurde  der  Ausgangspunkt  einer 
neuen  Reihe  von  Untersuchungen  und  darauf  gebauter  neuer  Theo- 
rieen  über  das  Wesen  des  Fiebers  fiberhanpt.  Die  Haltbarkeit 
dieser  Theorie  am  Krankenbette  zu  prüfen,  und  zu  untersuchen, 
in  vrie  weit  Experiment  und  klinische  Beobachtung  mit  den  Hy- 
pothesen stimmt,  führte  zu  einer  Revision  meiner  sämmtlichen 
einschlägigen  Beobachtungen,  und  führte  mich  zu  einem  vorläufi- 
gen Abschlüsse.  Die  Thermometrie  trat  allmälig  zurück  in  die 
ihr  gebührende  Stelle  einer  wichtigen  üntersuchungsmethode, 
deren  Handhabung  und  Verständniss  ebenso  durch  Erfahrung 
erlernt  werden  muss,  wie  jede  andere  Untersuchungsmethode;  ich 
lege  der  Thermometrie  nicht  mehr  Werth  bei,  als  ihr  gebührt, 
ich  überschätze  ihren  Werth  nicht,  wenn  sie  sich  auch  m^  ein 
rother  Faden  durch  diese  Arbeiten  zieht;  die  Temperatur  eines 


166  Dr.  Th.  Billroth, 

.   Kranken  ist  ein  Symptom,  wie  es  manche  andere  giebt,  es  spricht 
nur  verständlich  zu  dem  Arzte,  der  die  Sprache  erlernt  hsL 

Es  wäre  vielleicht  nicht  unmöglich,  die  Resultate  meiner  Ar- 
beiten in  eine  Anzahl  von  Aphorismen  zusammenzufassen,  wie  man 
es  in  unserer  Zeit  des  allgemeinen  Zeitmangels  liebt.  Für  diejenigen 
Leser,  welche  diesem  System  huldigen,  klmn  ich  nicht  schreiben ; 
ich  mache  die  altmodische  Prätension,  dass  mir  der  Leser  be- 
haglich folgt,  dass  er  sich  in  seinem  Ideengange  von  mir  leiten 
lässt;  ich  will  nicht  dadurch  wirken,  dass  ich  dem  Leser  einige 
Sätze  zum  Auswendiglernen  hinschreibe,  denn  das  hat  keine  nach- 
I  haltige  Wirkung;   die   besten  Gedanken   finde   ich   bei   anderen 

Schriftstellern  immer  zwischen  den  Zeilen ;  was  ich  lese,  interes- 
sirt  mich  fast  nur  deshalb,  weil  der  Stoff  selbst,  oder  die  Art, 
wie  er  behandelt  ist,  in  mir  neue  Gedanken  hervorbringt;  ich 
kann  nicht  begreifen,  wie  man  nur  receptiv  lesen  kann;  möchte 
meine  Arbeit  ihre  Leser  recht  productiv  machen  1  Objective 
Beobachtungen  streng  von  den  Hypothesen  zu  sondern,  und  so 
eine  wissenschaftliche  Arbeit  kritisch  zu  er&ssen,  ist  eine  ange- 
nehme geistige  Thätigkeit  beim  Lesen,  um  die  man  durch  eine 
geschäftsmässige  Behandlung  des  Stoffes  durch  den  Autor  in  neue- 
rer i^eit  auch  vielfach  gebracht  wird.  Rein  objective  Arbeiten  in 
die  Form  von  unurastösslichen  Orakelsprüchen  gehOllt,  kahl  bis  an's 
Herz  hinan,  trocken  vom  Wirbel  bis  zur  Zehe,  tauchen  in  solchen 
Massen  auf  allen  Gebieten  der  Medicin  auf,  dass  es  danach  schei- 
nen möchte,  als  ständen  wir  bald  der  vollen,  nackten,  absoluten 
Wahrheit  gegenüber!  Die  meisten  dieser  Orakelsprüche  gleichen 
todt  geborenen  Kindern.  Ich  möchte  ihre  Zahl  nicht  vermehren, 
sondern  wünschte  von  Herzen,  dass  diese  Arbeitsreihe  sich  als 
lebensfähig  und  keimfähig  erweisen  möchte  I 
Zürich,  den  5.  December  1866. 

Zu  den  Tafeln: 
Die  Erklärung  von  Taf.  L— Y.  ergieht  eich  aus  den  Uebenchriften. 
Die  Erklärung  zu  Taf.  VI.  findet  sich  S.  112. 


Dtber  Wandfieber  und  »ceideiitelle  Wandkrankheiteo.  iQi 


lAalt. 

6«iM. 

Rückblick 62 

Reenm^  des  Gedankengaoges  io  den  fifiberen  Fieberarbeiten.  — > 
0.  Weber 'b  Arbeiten  fiber  Fieber.  —  Aufgabe  and  Zweck  der 
Torliegenden  Arbeit 
Gapitel  XVUI. 

Von  dem  einfachen  Wandfieber 69 

§.  1.  FieberloB  Terlaufende  Fälle,  ihre  wichtige  Bedentung  für    • 
die  Theorie  des  Fiebers«  —  §.  2.  Beginn  des  Fiebers.  — 
§.  3.  Dauer  des  Fiebers.  —  $.  4.  Zeit  der  höchsten  Fie- 
berhOhe.   —   §.  5.  Mangel  eines  bestimmbaren  Typus.  — 
§.  6.  Nachfieber. 
GapitelXIX. 

Von  den  schweren,  meist  tOdtlich  endigenden  Infec- 

tionsfiebern 69 

§.  1.  Septic&mie  ist  ein  ätiologisches  Krankheitsbild.  Erklft- 
rangsversuche  fOr  die  grossen  Verschiedenheiten  des  Fie- 
bers bei  der  Septicämie.  —  §.  2.  Eiteriofection.  Die  Sehfit- 
telfröste  in  ibrer  Bexiehnng  zum  Eitergifte.  Ursachen  der 
Intermission  der  FieberanfiUIe.  Die  Fröste  sind  kein  siche- 
rer Anhaltspunkt  für  die  Entscheidung,  ob  der  Fieberty- 
pas  intermittirend  ist.  —  §.  3.  Eiterinfection  mit  Venen- 
thrombose  und  embolbchen  Processen.  Pjftmie.  Schwie- 
rigkeiten der  Diagnostik.  Schwierigkeit  beim  anatomischen 
Nachweise  der  Thrombosen.  Die  metastatischen  Abscesse 
der  Lungen,  Leber,  Mils  sind  immer  embolischen  ür- 
Bprunges.  —  §.  4.  Zusammenhang  Ton  Infection  und 
Thrombose;  Experimente.  ^  §.  5.  Wie  kann  Jauche  und 
Eiter  in's  Blut  gelangen? 
Analyse  von  180  tödtlich  Tcrlaufenen  Fällen  Ton  sep- 
tischen, purulenten  Infectionsfiebtfrn  und  Pyämie  .  88 
§.  6.  Principien,  nach  welchen  die  folgenden  statistischen  Be- 
rechnungen aufgestellt  sind. 

Symptomatologisches 92 

§.  7.  Die  Schüttelfröste.  —  Bei  Pyämie  sind  sie  häufiger,  als 
bei  anderen  Infectionsfiebem.  Zahl  der  Fröste  bei  einem 
Indiriduum.  Mehr  als  1  Frost  in  24  Stunden.  —  Tages- 
zeit, in  der  die  Fröste  am  häufigsten  vorkommen.  —  Wie 
bald  nach  der  Verletzung  tritt  der  erste  Frost  ein?  — 
§.  8.  Diarrhoe,  Brechen,  Singultus,  Icterus.  Pneumonische 
Sputa,  Pneumothorax.  Blutungen.  Albuminurie,  Hämatu- 
rie.   Exantheme.    Decubitus. 


168       ^^'  Th.  Billroth,  Ober  Wandfieber  u.  accid.  WundkrankheiteB. 

Dauer.    Verlauf. * 9S 

§.  9.  Wie  bald  nach  der  Verletznog  erfolgte  der  Tod? 

Sectionsbefnnde 100 

§.  10.  Häufigkeit  der  Metastasen  Oberhaupt  §.  11.  Bmbolisohe 
Processe.  Yenenthrombosen  in  den  yerletzten  oder  ent- 
zflndeten  Theilen ;  metastatische  Thrombosen,  Abscesse  im 
Herzfleische.  Lymphdrüsen.  —  §.  12.  a)  Blntextravasate; 
b)  metastatische  Entzflndungen  Server  HInte;  c)  Schleim- 
hauterkrankungen;  d)  diffuse  Entzflndungen  drflsiger  Or- 
gane; e)  metastatische  Zellgewebsabscesse;  f)  Osteomye- 
litis. 

•Aetiologisches 106 

§.  13^Ge8chlecbt,  Alter.  §.  14.  Beziehung  der  verletzten  KOr- 
pertheile  zar  Infectioit  §.  15.  Jahreszeit.  §.  16.  AnhSn- 
fuDg  von  eiternden  Wunden  im  Spitale.  §.  17.  Ansichten 
über  die  Entstehung  der  Infectionsfieber. 

Therapeutisches 134 

§.  18.  Prophylaxis.    Primäre  Operation  oder  Conserrirung.   Gyps- 
▼erbände.    Erster  Verband.    Behandlung  der  Wunden  ohne 
alle  Bedeckung.  Gegenöffnungen.  Ventilation.  §.  19.  Inter- 
mediäre und  secundäre  Amputation.    Schwitzkuren. 
Capitel  XX. 

Erysipelas,    Ljmphangoitis,    Trismus    und    Tetanus. 

Erysipelas «...     189 

§.  1.  Zur  Diagnose.  Statistisches.  Septische  und  Infections- 
Erysipele.  §.  2.  Häufigkeit  des  Initialfrostes.  Dauer. 
Geschlecht.  Alter.  Todesfälle.  Häufigkeit  des  Vorkom- 
mens an  bestimmten  KOrpergegenden.  §.  3.  Anatomisches. 
§.  4.  Aetiologisches. 

§.  5.  Lymphangoitis 155 

§.  6.  Trismus  und  Tetanus 157 

Anhang.    Von  einigen  besonderen  Temperaturverhältnissen  bei  ver- 
schiedenen Krankheiten 160 

§.  7.  Temperaturen  bei  Verletzungen  der  Nervehcentren;  §.  8.  bei 
Peritonitis;  §.  9.  bei  acuten  Nierenkrankheiten.  §.  10.  Die 
Schüttelfröste  nach  Oatheterismus. 
§.  lO.Schlussbemerkungen 165 


/. 


1},fJ. 


Fuxp.X.    Exp.M.  Ejqj.Xff.  Eoqim.  ExjiTOi: E^qhJJ: Krp.Xn.  E.iqxXy//. 
Juni,      JiinC.     Jxtfii,    Juni.     .Juli.      Juli .    Jitli.      Juli. 


Eittr  aus 
mrKJFSL 


tnii-Fiotktn- 

aasi 

Aks.idV, 


HMttid.  fuyulEamd.  gal. 


'düruan  lÜdaOr&n  tZgthmkm  Z^ptintkm  tMiniji 


ttJojudw^ 


kauern  ta^dott  ßi^  ffdasaf 


(mti.dKJa^ 
.Band. 


Ur  Eiter  m^  dte 


ns.  Uuiid 


i  d.V 
finwr. 
Hiuul. 


ßiUr.  KXKiC  BOlr  KJVUi  BiUrKjyiJ.  BüirKXmL  Bä/r  lÜSWi  BUA-AJISWa 


Gtooekneut 
ehr  Ld.V  Ikaftuukcn' 
Jugnl  Bunt  jitttoetmU 

tiWasteri. 


Tod  narh 

Ul  Stunde.  d.VJafiBtmAdrfwf,Bi 


OrirxKkneim 

pulorrrnit 
h  '  Waetserü 


BiUrXJtTLS. 


:  .^i^\A^^^  v^  ^)/-*Ayv    y.'-\< 


IV. 


Ueber  gewaltsame  Streckung  von  Contrac- 
turen ,   insbesondere  des  Kniegelenkes. 


Von 

Prilfi  Hermann  Meyer 

in  ZOrich. 
(Hierzu  Taf.  IL  Fig.  1-6.) 


ll?e<m   ich    mir  erlaube,  in  dem  Folgenden  einige  Worte  über 

die    ^e^valtsame  Streckung  von  Goniracturen  zu  reden,  so  kann 

Q&  liallöLTlich   oicht  meine  Meinung  sein,  die  Zweckmässigkeit  oder 

die  ln^icatiooen   eines  solchen  Verfahrens  kritisch   zu  wfirdigen; 

deaik    diese  Untersuchung  gehört   nicht    in    meine    Competenz. 

leli.    ^wfko&che   nur,  auf  einen,   wie  mir  scheint,  nicht  genügend 

beacbteten  Punkt  in  der  Methode  der  Streckung  aufmerksam  zu 

machen,    sei  die  Streckung  ein  einmaliger  Act  oder  ein  l&nger 

hingesogener. 

Ich  nehme  sogleich  das  Kniegelenk  als  Beispiel. 
Ist  eine  Contractur  im  Kniegelenke  vorhanden,  so  befindet 
rieh  die  Tibia  in  einem  stärkeren  Beugungsgrade  gegen  das  Fe- 
mnr,  and  ist  in  diesem  festgehalten.  Die  Frage  über  den  primä- 
ren Sitz  der  Contractur,  ob  derselbe  in  den  Bändern  oder  in  den 
Muskeln  zu  suchen  sei,  kann  ich  füglich  unberücksichtigt  lassen. 
Kb  genügt  für  den  Gegenstand,  den  ich  zu  besprechen  wünsche, 


170  Dr.  IL  Meyer, 

zu  wissen,  ditös  die  Tibia  io  dem  hinteren  Rand^  ihrer  Gelenk- 
fläche festgehalten  ist.  Versuchen  wir,  an  der  Leiche  eine  solche 
Gontractur  gewaltsam  in  der  Weise  zu  strecken,  dass  wir  den 
Oberschenkel  und  den  Unterschenkel  anfassen,  und  das  Knie  aus 
der  Beugelage  in  die  Strecklage  bringen,  dann  gelingt  dieses  als- 
bald unter  einem  hörbaren  Krachen  oder  Knirschen.  Das  Bein 
ist  dann  gerade,  aber  die  Gestalt  der  Kniegegend  ist  doch  kei- 
nesweges  die  normale.  Untersucht  man  nun  durch  Präparation, 
worin  der  Gestaltfehler  besteht,  so  findet  man  eine  Einknicknng 
der  vorderen  Wand  der  Tibia  zwischen  der  Tuberosltas  und  dem 
vorderen  Rande  der  Gelenkfläche,  also  an  der  von  dem  soge- 
nanten  Ligamentum  patollae  mit  unterliegendem  Gelenkfette  be- 
deckten Stelle;  einmal  fand  ich  auch  bei  einem  solchen  Versuche 
statt  einer  solchen  Einknickung  der  Tibia  eine  ähnliche  Ein- 
knicknng in  der  vorderen  Wand  des  Femur,  gerade  über  der 
Gelenkfläche  für  die  Patella. 

Wie  diese  Einknickung  der  Tibia  entsteht,  ist  unschwer  zu 
erkennen.  Es  sei  in  Fig.  1  (Tafel  IL)  eine  Seitenansicht  der 
beiden  Knochen,  Femur  und  Tibia,  gegeben.  Wärde  diese  Stel' 
lung  in  einem  gesunden  Knie  eingenommen  sein,  und  durch 
Anwendung  äusserer  Gewalt  in  die  Strecklage  verändert  werden, 
so  würde  eine  Bewegung  der  Tibia,  um  die  in  den  Condylen  des 
Femur  gelegene  Axe  des  Kniegelenkes  (L)  stattfinden.  (Ich 
nehme  der  Einfachheit  wegen  hier  nur  eine  Kniegelenksaxe  an, 
obgleich  deren  eigentlich  zwei  vorhanden  sind,  die  beide  in  der 
Zeichnung  mit  I.  bezeichnet  sind.)  Der  hintere  Punkt  a  des 
Durchschnittes  der  Tibia-Gelenkfläche  würde  dabei  in  der  Rich- 
tung gegen  vorne  auf  dem  Gondylus  des  Femur  verschoben.  — 
Nun  ist  aber  bei  der  Gontractur  der  Punkt  a  festgehalten  und 
kann  nicht  nach  vorne  rutschen;  er  wird  vielmehr  wegen  keiner 
fixirten  Lage  zum  Hypomochlion,  um  welches  die  Tibia  gedreht 
wird.  Die  Gelenkfläche  der  Tibia  mass  dann  an  den  Condylos 
des  Femur  angedrückt  werden,  so  weit  die  Elasticität  der  Ge- 
lenkknorpel etc.  dies  gestattet.  Ist  die  Grenze  der  elastischeo 
Compressionsfähigkeit   erreicht,   dann   ist   momentane  Ruhe  da. 


Ueber  gewalts.  Streckung  too  GontractareD,  iosbes.  d.  Kniegelenkes.   171 

Wirkt  die  Gewalt  weiter,  so  mfissen  die  Verhältnisse  auftreten, 
die  wir  bei  dem  gewaltsamen  Biegen  eines  Stockes  wahrnehmen, 
nimlich  Dehnung  auf  der  einen  Seite ,  oder  Gontraction  auf  der 
anderen  Seite,  oder  beides  zugleich.  Die  Dehnung  hätte  hier 
in  der  hinteren  Seite  des  Gelenkes  (bei  a)  zu  geschehen.  Han- 
gelhafte DehnoDgsf&higkeit  dieser  Stelle  des  Gelenkes  ist  aber 
gerade  der  Gegenstand  der  Behandlung,  und  es  könnte  eine  Deh- 
Bang  nur  dann  eintreten,  wenn  die  Knochensubstanz  der  beiden 
Geleakenden  eine  entsprechend  grosse  Widerstandsfähigkeit  be- 
ätzen  wurde.  Bekanntlieh  ist  aber  die  Widerstandsfähigkeit  der 
Knochensubstanz  beträchtlich  geringer,  als  die  der  fibrösen  Sub- 
stanz, namentlidi  wenn  diese  noch  sklerosirt  ist.  Wir  werden 
demnach  die  Debnungsmöglichkeit  der  Weichtheile  an  der  hin- 
teren Seite  des  Gelenkes  als  gar  nicht  yorhanden  ansehen  dürfen, 
nnd  fftr  den  durch  den  Punkt  a  bezeichneten  hinteren  Rand  der 
Tibia-Gelenkfläche  eine  unveränderliche  Fixirung  annehmen  kön- 
nen. Geschieht  dies,  dann  ist  auch  für  die  Weiterbewegung  der 
Punkt  a  Hypomochlion,  um  welches  die  Tibia  bewegt  wird.  Ein 
beliebiger  Punkt  c  der  Tibia  wird  dann  in  der  durch  den  Pfeil 
angedeutetea  Richtung  gegen  das  Femur  gedrängt,  und  ihm  stellt 
sich  der  aas  dem  Femur  kommende  Gegendruck  (für  c  aus  b 
kommend)  entgegen.  Eine  Weiterbewegung  kann  unter  diesen 
Verhältnissen  nur  stattfinden,  wenn  eine  der  beiden  gegen  ein- 
ander wirkenden  Druckkräfte  überwunden  wird,  und  in  Folge 
dessen  der  entsprechende  Knochen  eingeknickt  wird.  Dass  diese 
Einknickong  vorzugsweise  die  oben  bezeichnete  Stelle  der  Tibia 
trifft,  erklärt  sich  aus  der  Schwäche  der  Substantia  dura  an  die- 
ser Stelle. 

Würde  diese  Operation  in  gleicher  Weise  am  Lebenden  aus- 
gefEihrt,  so  würde  damit  allerdings  der  Erfolg  erreicht  sein,  dass 
das  Bein  dann  wieder  gerade  wäre;  eine  gewisse  Hissgestaltung 
der  Eniegegend  wäre  damit  allerdings  verbunden,  indessen  wäre 
diese,  so  lange  nicht  andere  üebelstände  dabei  sind,  an  und  für 
sieh  ziemlich  gleichgültig.  Dagegen  wird  aber  der  Erfolg  doch 
nicht  befriedigen  können,  weil  eine  Beweglichkeit  in  dem  Knie- 


172  Dr.  fl.  Meyer, 

geleake  gar  nicht,  oder  doch  höchst  ungeaägead  vorhanden  wäre. 
Die  Gelenkfläche  der  Tibia  ist  ja  in  ihrer  früheren  falschen  Lage 
und  Fixirung  an  dem  Femur  liegen  geblieben,  und  die  Gerade- 
richtang des  Beines  ist  nur  durch  eine  compensatorische  Erfim- 
muDg  in  der  Tibia  selbst  erreicht  worden  (vgl.  Fig.  2).  Die  Be- 
handlung einer  Eniecontractur  hat  aber  nicht  allein  darauf  zu 
gehen,  das  Bein  in  ein  lebendes  Stelzbein  zu  verwandeln,  son- 
dern sie  soll  auch,  so  weit  möglich,  dem  Kniegelenke  die  nor- 
male Beweglichkeit  verschaffen.  Würde  es  nun  therapeutischer 
und  mechanischer  Behandlung  gelingen,  in  einem  in  oben  be- 
zeichneter Weise  gestreckten  Kniegelenke  eine  grössere  Beweg- 
lichkeit wieder  herzustellen,  dann  würde  es  für  den  Patienten 
ein  wahres  Unglück  sein;  denn,  wenn  die  missgestaltete  Tibia 
bei  der  zur  Zeit  der  Operation  zurückgebliebenen  Beugestelluog 
ihrer  Gelenkfläche  eine  Streckstellung  hat,  so  muss  sie  bei  einer 
Strekstellung  ihrer  Gelenkfl&che  eine  Dorsalflexionsstellung  zeigen. 
Die  möglichen  Bewegungen  fällten  demnach  statt  des  Raumes 
zwischen  hinterer  (plantarer)  Flexion  und  Streckstellung  den 
Raum  aus  zwischen  Streckstellung  und  vorderer  (dorsaler)  Flexion; 
das  Kniegelenk  wäre  dann  gewissermassen  einem  Ellenbogenge- 
lenke zu  vergleichen,  wobei  das  Olecranon,  in  der  Kniekehle  ge- 
legen zu  denken  wäre. 

Es  ist  mir  nun  auffallend  gewesen  in  Berichten  über  ortho- 
pädische Anstalten,  in  den  Abbildungen  von  gerade  gestreckten 
Kniecontracturen  gewöhnlich  jene  oben  erwähnte  Missgestaltung 
der  Kniegegend  zu  finden,  welche  der  Hauptsache  nach  darin  be- 
steht, dass  der  Unterschenkel  mit  einer  Art  von  Hohlkehle  in 
den  Oberschenkel  übergeht.  Die  vordere  Profillinie  des  Beinen 
weicht  nämlich  unter  der  Kniescheibe  stark  rückwärts,  und  geht 
vrieder  längs  der  Tibia  gerade  abwärts.  Auch  ist  stets  die  Mög- 
lichkeit der  Bewegungen  des  Kniegelenkes  als  eine  mehr  oder 
weniger  beschränkte  bezeichnet. 

Dieser  umstand  erlaubt  einen  Schluss  darauf^  dass  die  Streck- 
operation in  solchen  Fällen  stets  in  der  oben  beschriebenen  Weise 
ausgeführt  worden  sei.     Ich  erinnere  mich  auch  vor  Jahren  in 


Deber  gewalts.  Streckang  von  Contractnren,  insbes.  d.  Kniegelenkes.    173 

einem  angesehenen  Spitale  einer  solchen  Streckung  beigewohnt 
zuhaben,  nnd  erinnere  mich,  dass  in  einem  gewissen  Stadium 
der  Gewaltanwendung  ein  sehr  vernehmbares  Krachen  sich  hOren 
lie^s,  mit  welchem  zugleich  die  ,,  Geradestreckung  ^  des  Beines 
beendet  war;  die  Anwesenden  sahen  das  Krachen  als  ein  will- 
kommenes Zeichen  der  Sprengung  der  ,,contrahirten^  Bänder  an, 
und  erkannten  einen  Beweis  für  die  Richtigkeit  ihrer  Auffassung 
in  der  plötzlich  und  gleichzeitig  eingetretenen  Streckung  des  Bei- 
nes. Ich  habe  jetzt  alle  Ursache,  zu  glauben,  dass  jenes  Krachen 
^on  der  Einknickung  der  Tibia  herrührte. 

Da  die  Geradestreckungen  durch  Maschinen  erzeugt  werden, 
deren  verschiedene  f&r  diesen  Zweck  angegeben  worden  sind, 
so  darf  die  Frage  entstehen,  ob  der  fehlerhafte  Erfolg  etwa  in 
der  C!onstruction  oder  der  Anwendungsweise  des  Apparates  be- 
gründet sei;  —  und  allerdings  lässt  sich  der  Apparat  nicht  frei- 
spreclien,  wenn  seine  Construction  oder  seine  An wendungs weise 
sieht  die  richtige  ist. 

Die  f&r  die  Kniestreckung  construirten  Apparate  pflegen  aus 
zwei  Schienen  zu  bestehen,  welche  an  dem  einen  Ende  mit  ein- 
ander articuliren;  diese  Schienen  werden  die  eine  an  den  Ober- 
sehenkel, die  andere  an  den  Unterschenkel  befestigt,  so  dass  die 
ärtt'cuh'rende  Stelle  an  dem  Kniegelenke  liegt,  und  dann  wird 
durch  irgend  eine  Vorrichtung  der  Winkel  zwischen  den  beiden 
Schienen  vergrössert.  Damit  die  Schienen  keinen  verletzenden' 
Druck  auf  die  Theile  üben ,  mit  welchen  sie  in  Berührung  kom- 
nien,  werden  sie  gefüttert  und  gepolstert. 

Sind  nnn  die  Schienen  ebene  Brettchen,  so  ergiebt  es  sich 
^on  selbst,  dass  die  sie  verbindende  Articulation  hinter  die  Haut 
der  Kniekehle  zu  liegen  kommen,  und  dass  ihre  Entfernung  von 
dieser  um  so  bedeutender  werden  muss,  je  höher  die  untergeleg- 
ten Polster  sind. 

Wird  nun  mit  einem  solchen  Apparate  die  Streckung  aus- 
S^luhrt,  so  wird  eine  gegenseitige  Bewegung  der  beiden  im  Knie- 
gelenk verbundenen  Knochen  ausgeführt,  und  zwar  um  die  durch 
die  ArticulatioD  der  Schienen  gegebene  Axe.     Aus  dem  früher 


174  Dr.  H.  Hejer, 

Gesagten  geht  nun  aber  hervor,  dass  dabei  die  beiden  Gelenk- 
enden stark  aufeinander  gedrückt  werden  müssen,  und  zwar 
um  so  mehr,  je  weiter  diese  Axe  hinter  (d.  h.  in  der  Rücken- 
lage unter)  der  Kniegelenksaxe  gelegen  ist.  Gewaltsame  und 
rasche  Ausübung  der  Streckung  muss  demnach  mit  Nothwendig- 
keit  zertrümmernd  auf  die  Gelenkenden  einwirken.  —  Die  Fig.  3. 
wird  dieses  erläutern.  Es  seien  die  beiden  Schienen  d  e  und  e  f 
in  e  articulirend,  gh  und  ik  seien  senkrecht  zu  den  Schienen 
gestellte  Befestigungsbänder;  es  ist  nun  klar,  dass,  wenn  yoU- 
kommene  Streckung  bis  zur  Continuität  der  beiden  Schienen  er- 
reicht ist,  die  beiden  Bänder  parallel  stehen  müssen,  und  zwar 
in  der  durch  punktirte  Linien  gegebenen  Lage;  es  ist  aber  auch 
ebenso  klar,  dass  dieses,  wenn  der  Apparat  wirklich  gut  schliesst, 
und  kein  Rutschen  der  Gliedtbeile  in  demselben  möglich  ist,  nur 
unter  Zerquetscbung  der  Gelenkenden  zu  Stande  kommen  kai\n. 
In  der  Fig.  4  ist  die  Streckung  der  beiden  Schienen  mit  den 
in  gleicher  Lage  zu  ihnen  beharrenden  Knochen  ausgeführt,  und 
aus  derselben  ersichtlich,  wie  weit  die  beiden  Knochen  inein- 
anderschlüpfän  oder  sich  gegenseitig  vernichten  müssten,  um  eine 
solche  Streckung  möglich  zu  machen.  Zum  Glück  schliessen  die 
Apparate  nicht  so  gar  zu  fest,  namentlich  nicht  an  den  Knochen, 
so  dass  durch  Verschiebung  diese  letzteren  wenigstens  etwas 
ausweichen  können. 

Der  Fehler,  welcher  die  Ursache  für  die  missgestaltende 
Geraderichtung  wird,  liegt  also  allerdings  in  dem  Apparate,  wenn 
dessen  Drehaxe  durch  seine  Construction  oder  darch  die  Polste- 
rung hinter  die  Drehaxe  des  Kniegelenkes,  oder  gar  hinter  die 
Kniekehle  zu  liegen  kommt. 

Aus  diesem  geht  nun  aber  auch  hervor,  auf  welche  Weise 
der  Fehler  zu  vermeiden  ist.  Der  Apparat  müsste  nämlich  so 
eingerichtet  sein,  dass  seine  Drehaxe  mit  der  Drehaxe  des  Knie- 
gelenkes zusammenfiele.  Diese  Bedingung  zu  erfüllen,  würde 
aber  eine  Unmöglichkeit  sein,  schon  allein  aus  dem  Grunde, 
weil  das  Kniegelenk  zwei  Drehaxen  hat.  Einen  Fehler  wird 
man  also  nothwendig  machen  müssen,  man  muss  ihn  aber  dann 


Ueb.  gewtltssme  Streckung  von  Gontracturen,  iosbes.  d.  Koiegeleokes.     175 

nach  der  Seite  bin  machen,  auf  welcher  er  nichts  schadet,  son- 
dern eher  noch  Nutzen  bringen  kann. 

Dieses  geschieht,  indem  man  die  Drehaxe  der  Schiene 
vor  (in  der  Rückenlage  über)  die  Drehaxe  des  Kniegelenkes 
bringt.  Man  wird  dann,  wie  die  Fignren  5.  und  6.  zeigen, 
während  der  Operation  die  beiden  Gelenkenden  von  einander 
zerren,  und  damit  dehnend  auf  die  umgebenden  Weichtheile  ein- 
wirken, namentlich  auch  auf  diejenigen  an  der  hinteren  Seite 
des  Gelenkes  (Punkt  a.),  wo  die  Dehnung,  als  der  Contractur 
am  direetesten  entgegen  wirkend,  am  meisten  Interesse  hat. 

Ich  habe  bisher  in  den  die  Contractur  bedingenden  Weich- 
Aeilen  vollständige  ünnachgiebigkeit  angenommen.  Nehmen  wir 
onn  einmal  vollständige  Widerstandsfähigkeit  der  Knochen  und 
eine  gewisse  Nachgiebigkeit  der  betreffenden  Weichtheile  an. 
Führen  wir  unter  diesen  Bedingungen  die  Streckung  nur  mit 
den  Händen  ans,  so  wird  die  Stelle,  an  welcher  sich  die  beiden 
Gelenkenden  aneinander  stemmen,  zum  Hypomochlion  werden 
müssen,  und  in  fortgesetzter  Gewaltwirkung  eine  Dehnung  der 
Weichtheile  in  der  Kniekehle  erfolgen  müssen.  Führen  wir  die 
gleiche  Operation  durch  Maschinen  aus,  welche  ihre  Drehaxe 
hinter  dem  Kniegelenke  haben,  so  wird  dieses  nicht  geschehen 
l^^nnen,  wenn  nicht,  was  freilich  immer  anzanehmen  ist,  die 
Knoehen  in  dem  Apparate  etwas  ausweichen.  Wenn  dagegen 
die  Drehaxe  des  Apparates  vor  dem  Kniegelenke  liegt,  dann 
f^eht  die  Wirkung  des  Apparates  direct  auf  die  Dehnung  dieser 
Theile  (vgl.  Fig.  5.  a.). 

Da  nun  in  Wirklichkeit  gewöhnlich  eine  gewisse  Dehnbar- 
keit der  Weichtheile  vorhanden  ist,  und  die  Knochen  jedenfalls 
«ine  gewisse  Widerstandsfähigkeit  besitzen,  so  wird  doch  bei  den 
Strecknngen  durch  unzweckmässige  Apparate  die  Geraderichtung 
nicht  allein  durch  die  Einknickung  der  Tibia,  sondern  auch  durch 
Dehnung  der  Bänder  und  der  Muskeln  zu  Stande  kommen 
können,  namentlich  wenn  therapeutische  Behandlung  (Bäder, 
Fetteinreibungen  etc.)  bereits  auf  Erweichung  hingearbeitet  hat; 
^od  es  kann  vielleicht  damit  auch   einzelne  Male  ohne  Läsion 


176    Dr.  H.  Meyer,  fiber  gewaltsame  Streckung  Ton  Contncturen  etc. 

der  Knochen  eine  mehr  oder  weniger  befriedigende  Heilang  er- 
zielt werden.  Immer  aber  muss  dabei  ein  nngenaaer  Scbloss  des 
Apparates  vorausgesetzt  werden. 

Der  einzige  Apparat  indessen ,  welcher,  wenn  es  in  dem 
speciellen  Falle  überhaupt  mOglich  ist,  eine  Streckung  des  Knie^s 
ohne  Gefährdung  der  Knochen  und  mit  directer  Dehnung  der 
contrahirten  Weichtheile  erzielen  muss,  ist  derjenige,  dessen  Dreh- 
axe  etwas  vor  der  Drehaxe  des  Knie's  gelegen  ist.  Natürlich 
darf  dieses  nicht  übertrieben  werden ;  es  muss  bei  der  Anpassung 
der  Axe  des  Apparates  vielmehr  die  Meinung  vorhanden  sein, 
sie  in  die  Knieaxe  zu  legen,  jedoch  mit  einem  kleinen  Fehler 
gegen  vorne.  In  den  Figuren  5.  und  6.  ist  es  übertrieben  dar- 
gestellt, um  das  Princip  scharf  auszusprechen. 

Die  ausgesprochenen  Sätze  müssen  Gültigkeit  haben  sowohl 
für  Anwendung  der  gewaltsamen  einmaligen  Streckung,  als  .far 
die  allmälige,  durch  Wochen  hingezogene  Dehnung,  üeber  den 
Werth  der  einen  oder  der  anderen  dieser  beiden  Methoden  zo 
entscheiden,  kann  natürlich  meine  Sache  nicht  sein. 

Die  Grundsätze,  welche  ich  hier  an  dem  Beispiele  des  Knie- 
gelenkes als  gültig  nachgewiesen  habe,  müssen  auch  für  alle 
anderen  Ck)ntracturen  Gültigkeit  haben,  und  es  ist  bei  der  An- 
wendung von  Streckapparaten  oder  Beugungsapparaten  stets  Rück- 
sicht zu  nehmen,  dass  die  Axe  derselben,  da  sie  nie  genau  in 
die  Axe  des  Gelenkes  gelegt  werden  kann,  so  angebracht  werde, 
dass  das  Gelenk  leicht  auseinandergezerrt,  keinenfalls  aber  die 
Gelenkflächen  auf  einander  gedrückt  werden. 

Wenn  man  diesen  Grundsatz  durchzuführen  sucht,  so  wird 
man  in  Bezug  auf  diejenige  Gontractur,  welche  neben  der  Con- 
tractur  des  Kniegelenkes  am  häufigsten  durch  Maschinen  behan- 
delt wird,  in  Bezug  auf  den  Klumpfuss  nämlich,  leicht  erkennen, 
dass  ein  Apparat,  welcher  die  Drehaxe  an  der  Ferse  hat,  nur 
Nachtheil  bringen  kann,  und  dass  die  Axe  des  Apparates  etwas 
vor  der  Spitze  der  Knöchel  gelegen  sein  muss. 


Beiträge  zur  Eesection  des  Kniegelenkes. 

Von 

Dr.  HSnls 

in  Hanaa. 
(Hierw  Taf.  L  Fig.  7-11.) 


I.  Me  EeMctUn  des  KniegeleBkes  bei  itn  Celenkerkrankugei  der  Uider« 

Die  Frage  aber  die  Zul&ssigkeit  der  Resection  bei  den  Er- 
krankungen des  Kniegelenkes  im  Kindesalter  ist  in  der  letzten 
Zeit  sehr  verschieden  beantwortet  worden.  Während  die  franzö- 
sische Chirurgie  die  Operation  fast  gar  nicht  geübt  hat,  —  wir 
werden  sehen,  dass  sich  nur  sehr  wenige  Fälle  von  französischen 
Chirurgen  verzeichnet  finden  — ,  wurde  dieselbe  von  den  GoUegen 
in  England  mit  einer  gewissen  Vorliebe  geübt,  und  auch  in  Nord- 
Amerika  scheint  dieselbe  ziemlich  fleissig  ausgeführt  worden  zu 
sein.  In  Deutschland  nahm  man  eine  mehr  abwartende  Stellung 
eJD.  Ein  Theil  der  GoUegen,  vielleicht  nach  traurigen  Erfah- 
rungen, welche  sie  mit  der  Operation  gemacht  hatten,  wollte  die- 
selbe auf  eine  sehr  geringe  Anzahl  von  Fällen  beschränkt  wissen, 
ein  anderer  Theil  hielt  zwar  mit  den  Engländern  ihre  Berechti- 
gung aufrecht,  war  aber  doch  durch  die  verschiedenen  erhobenen 
Bedenken  auf  der  einen  Seite  vorsichtig  geworden,  während  sie 
auf  der  anderen  Seite  durch  die  von  Jahr  zu  Jahr  vervollkomm- 
Bete  Behandlung  der  Gelenkkrankheiten  eich  in  der  Lage  sahen, 
Gelenke  zu  heilen,  welche  früher  unbedingt  der  Operation  —  sei 

f.  Langonb«ck,  AxehiT  f«  Chlrnrgi«.  IX.  12 


178  Dr.  König, 

es  der  Amputation  oder  der  Resection  —  verfallen  waren.  Hatte 
doch  insbesondere  die  Behandlung  der  Krankheiten  des  Knie- 
gelenkes bedeutende  Fortschritte  gemacht,  seit  man  hatte  ein- 
sehen lernen,  dass  nicht  an  den  Blutentziehungen,  den  Pflastern 
und  Salben,  sondern  vor  Allem  in  der  Ruhe  und  guten  Fixirung 
der  Gelenke  das  Heil  der  kleinen  Patienten  zu  suchen  sei. 
Waren  doch  die  Resultate  der  nach  diesem  Principe  behandelten 
Gelenke  so  erstaunliche,  dass  man  Glieder  heilen  sah,  welche 
früher  entweder  der  Amputation  verfielen,  oder  in  so  verkrnmm- 
ter  und  verdrehter  Stellung  nach  vielen  Gefahren  zur  Heilang 
kamen,  dass  sie  nur  sehr  unvollkommen  gebrauchsfähig  wurden. 
War  es  diesen  Resultaten  gegenüber  zu  verwundem,  wenn  sich 
eine  entschiedene  Reaction  gegen  operative  Eingriffe  erhob,  wenn 
man  zu  dem  Glauben  kam,  dass  man  mit  den  jetzigen  Mitteln 
wenn  nicht  alle,  so  doch  fast  alle  erkrankten  Gelenke  heilen 
könne?  Gewiss  war  das  um  so  weniger  auffallend,  als  sich  sehr 
bald  noch  ein  Feind  gegen  die  Resectionen  im  Kindesalter  er- 
hob, welcher  erst  Jahre  nach  der  Operation  zum  Vorschein  kam, 
und  die  Brauchbarkeit  der  operirten  Extremität  f&r  sp&tere  Jahre 
in  Zweifel  stellte.  Es  wurden  zunächst  von  England  aus  Erfah- 
rungen mitgetheilt,  welche  bewiesen,  dass  in  einzelnen  Fällen 
die  Glieder  der  im  Kindesalter  Resecirten  sehr  bedeutend  im 
Wachsthum  zurfickgeblieben  waren.  Man  fand,  dass  dies  fast 
nur  Fälle  waren,  in  welchen  die  Resection  beträchtliche  Knochen- 
stflcke  entfernt  hatte,  in  welchen  wahrscheinlich  die  Epiphysen- 
linie  mit  entfernt  worden  war.  Immerhin  liess  sich  dies  nicht 
für  alle  Fälle  nachweisen,  und  es  blieb  der  Vermuthung  Raum, 
dass  der  Eingriff  als  solcher,  auch  wenn  er  nur  in  der  Nähe  der 
Epiphysenlinie  stattfand,  einen  ungünstigen  Einfluss  auf  das  Wachs- 
thum des  Gliedes  üben  würde. 

Wenn  man  die  Thatsachen  reden  lässt,  so  muss  man  wohl 
unbedingt  zugestehen,  dass  eben  doch  nicht  alle  Fälle,  auch 
wenn  sie  nach  den  jetzigen  Principien  sachgemäss  behandelt 
v^urden,  zur  Heilung  kommen;  man  muss  zugestehen,  dass  man 
auf  der  einen  Seite  mit  dem    zu  weit  getriebenen  Gonserviren 


Beiträge  zur  Reseetion  des  Kniegelenkes.  1 79 

den  kleioen  Kranken  in  betrichtliche,  dorch  eine  zeitgemässe 
Reeection  abzuscbneidende  Lebensgefahr  bringt,  während  man 
andererseits  schliesslich  doch  nur  verkrüppelte,  mehr  oder  weniger 
ODbranehbare  Glieder  erzielt.  Vor  Allem  aber  soll  man  nicht 
veigessen,  dass  eben  nicht  alle  Kniegelenke  der  richtigen  Be- 
handlong  unterworfen  werden.  Das  Volk  auf  dem  Lande  ist, 
wie  jeder  beschäftigte  Arzt  weiss,  dem  neuen  Princip  noch  sehr 
wenig  hold,  und  auch  bei  den  Collegen  ist  es  noch  nicht  so 
atterwftrts  in  Fleisch  und  Blut  gegangen,  dass  man  nicht  Ver- 
flUtase  dagegen  täglich  zu  sehen  Gelegenheit  hätte.  Was  soll 
mit  diesen  Gelenken  geschehen,  welche  in  total  vernachlässigtem, 
jeder  conservativen  Behandlung  spottenden  Zustande  in  unsere 
Binde  kommen?  Warum  *soll  man  die  Heilung  derselben  nicht 
gerade  so  gut  auf  dem  Wege  der  Ausschneidung  der  kranken 
Enochentheile  versuchen,  wie  man  andere  Gelenke  durch  diese 
Operation  zur  Heilung  bringt?  Gar  mancher  College  würde  mit 
demselben  Vertrauen  zu  dieser  Operation  greifen,  wenn  eben 
aoBser  den  oben  erwähnten  Bedenken  der  Brauchbarkeit  des 
operirten  Gliedes  im  Allgemeinen,  sowie  der  Brauchbarkeit  der  bei 
Kindern  operirten  Glieder  im  späteren  Lebensalter  insbesondere, 
die  Operation  in  ihren  Folgen  für  das  Leben  des  Kindes  als  eine 
meist  sehr  gefährliche  sich  darstellte,  wenn  durch  Thatsachen 
bewiesen  werden  könnte,  dass  durch  dieselbe  nicht  mehr  Kinder 
üft*  Leben  verlieren,  als  ohne  die  Operation  durch  das  Leiden 
des  Gelenkes  an  sich. 

So  sehr  ich  mir  bewusst  bin,  dass,  wenn  ich  einige  Bei- 
trage zur  Lösung  dieser  Fragen  bringe,  meine  Hittheilungen 
keinen  Anspruch  auf  Vollständigkeit  machen,  so  mag  ich  doch 
nicht  länger  mit  dem,  was  ich  beibringen  kann,  zurfickhalten, 
wenn  ich  auch  nur  dadurch  vielleicht  Anregung  gebe,  die  Frage 
der  Enieresection  beim  Kinde  in  der  angegebenen  Richtung  weiter 
SQ  verfolgen.  Sollte  daher  hier  oder  da  Lückenhaftigkeit,  be* 
sonders  auch  in  Beziehung  auf  Benutzung  von  Literatur  bemerk- 
b^  lein,  so  bitte  ich,  diese  damit  zu  entschuldigen,  dass  ich  den 
Wttsek  hatte,  die  Aufmerksamkeit  der  Fachgenossen  von  Neuem 

12* 


180  Dr.  König, 

auf  eine  Operation  zn  richten,  die  bei  richtiger  Ansi&hrang  den 
besten  Leistungen  der  Chirurgie  auf  operativem  Gebiete  beiza- 
z&hlen  ist. 

Es  handelt  sich  nach  dem  so  eben  kurz  Angedeuteten  zu- 
nächst darum,  zu  constatiren,  welche  Fälle  von  Tumur  albus  oder 
Arthrocace  der  Kinder  zu  Vornahme  der  Resection  geeignet  sind 
Wir  wiesen  schon  darauf  hin,  dass  nicht  nur  die  vernachlässigtea 
Fälle  es  sind,  welche  der  Heilung  so  grosse  Hindemisse  bieten, 
dass  sie  f&r  die  Resection  geeignet  werden,  sondern  dass  auch 
manches  Gelenk  nicht  heilen  will,  welches  von  Anfang  an  zweck- 
mässig behandelt  wurde.  Wir  müssen  also  festzustellen  suchen, 
welches  die  Hindernisse  der  Heilung  sind,  und  ob  dieselben  der- 
art localer  Natur  erscheinen,  dass  man  von  der  Entfernung  des 
pathologisch  veränderten  Gelenkes  die  Heilung  erwarten  darf. 
Zugleich  müssen  wir  das  Allgemeinbefinden  des  kleinen  Patien- 
ten einer  strengen  Kritik  unterziehen,  wir  müssen  feststellen,  ob 
nicht  ein  allgemeines  Leiden  der  Nutrition  besteht,  welches  auch 
bei  günstigen  localen  Verhältnissen  die  Erhaltung  des  kindlichen 
Lebens  so  in  Frage  stellt,  dass  ein  jeder  grossere  operative  Ein- 
griff als  zweifelhaft  erscheint. 

Betrachten  wir  zunächst  die  localen  Verhältnisse  des  er- 
krankten Gelenkes,  welche  die  schwere  Heilbarkeit  bedingen, 
und  unter  Umständen  die  Resection  nöthig  machen  können.  In 
dem  späteren  Stadium  des  Tumor  albus  finden  sich  in  den  om 
das  Gelenk  herum  gelegenen,  durch  Bindegewebsneubildung  ge- 
schwollenen Weich th eilen  Fistelgänge,  welche  meist  nicht  direct, 
sondern  durch  gewundene  Gänge  mit  dem  vielbuchtigen  Gelenke 
oommnniciren.  Dieselben  zeigen  sich  nicht  geeignet,  um  eine 
freie  Entleerung  des  Eiters  zu  vermitteln.  So  kommt  es,  dass 
der  Eiter  sich  an  immer  mehr  und  mehr  Stellen  Wege  bahnt, 
es  entstehen  vielfache  Fistelöffnungen,  welche  trotzdem  nicht 
hinreichen,  um  den  Inhalt  des  Gelenkes  frei  ausfliessen  zu  lassen. 
Parallel  mit  der  Stockung  des  Eiters  geht  die  Entartung  des 
Gelenkes  selbst  Die  Kapsel  bekommt  ülcerationen,  die  Bänder 
erweichen,  verlängern  sich,  werden  schliesslich  in  Granulationen 


Beitrftge  zur  Resection  des  Kniegelenkes.  181 

nmgewandelt,  und  das  Gelenk,  welches  seinen  Halt  verliert,  er- 
leidet Yerechiedene,  unter  dem  Namen  der  Spontanluxation  be- 
kannte Verschiebungen.  Weitaus  die  wichtigsten  Veränderungen 
f&r  unsere  Frage  sind  aber  die,  welche  den  Knorpel  und  den 
Enoehen  selbst  betrefien.  Am  Knorpel  bilden  sich  grössere  und 
kleinere  ulcerirte  Stellen,  welche  in  die  Tiefe  gehen ,  und  auf  den 
Knochen  übergreifen.  Es  scheint,  dass  wir  f&r  die  F&lle,  in 
welchen  die  Kapsel  und  nicht  die  Knochenenden  selbst  der  pri- 
märe Sitz  der  Entzündung  war,  nach  unserem  jetzigen  Wissen 
zwei  Formen  \on  Erkrankung  der  Knochensubstanz  annehmen 
mfissen.  Die  eine  Form  scheint  die  zu  sein,  dass  von  der  Sy- 
noviahs  aus  der  Entzündungs-  und  ülcerationsprocess  auf  den 
Knorpel,  und  von  diesem  auf  den  Knochen  übergeht,  dass  sich 
dann  in  dem  Knochen  selbst  durch  die  Entzündung  weitere  Er- 
oährangsstörungen  bilden,  welche  Ausbreitung  der  Erkrankung 
bedingen,  und  welche  bei  ungünstigen  allgemeinen  und  örtlichen 
Verhältnissen  die  Ausheilung  des  Defectes  erschweren.  Die  andere 
Form,  welche  sich  möglicherweise  auch  mit  der  ersten  compli- 
ciren  kann,  scheint  sich  auf  abnorme  Druck  Verhältnisse,  sowie 
auf  Resorption  der  Knochensubstanz  durch  in  sie  hineinwachsende 
pathologische  Neubildungen  reduciren  zu  lassen.  Es  gehört  hier- 
her zunächst  die  Form  von  Entartung  der  Knochenoberfl&che, 
welche  sich  an  den  gegenüberliegenden  Gelenkenden  des  in  Folge 
der  Gelenkentzündung  fehlerhaft  gelagerten  Gelenkes  einstellt. 
Durch  die  fehlerhafte  Stellung  des  Gelenkes  werden  einzelne 
Stellen  der  Gelenkoberfläche  abnorm  gedrückt.  Sind  nun  bereits 
die  Knorpel  in  Folge  der  abnormen  Exsudation  im  Gelenk  er- 
weicht, oder  hat  sich  bereits  ein  Knorpeldefect  in  der  oben  an- 
gegebenen Art  ausgebildet,  so  bildet  sich  in  Folge  des  gegen- 
Beitigeo  Druckes  der  Gelenkenden  (meist  der  hintere  Theil  der 
Oberscheukelcondylen  und  eine  oder  die  andere  Seite  der  Ober- 
fläche der  Tibia)  ein  zunächst  oberflächlicher,  aber  allmälig  sich 
ausbreitender  Defect  am  Knochen  aus.  Sodann  gehört  dahin  die 
l^rption  des  Knochens,  welche  in  Folge  von  Granulationsbil- 
dtmg  von  der  Synovialis  und  den  degenerirten  Bändern  aus  ein- 


182  D^  König, 

tritt.  Die  Granulationen  wachsen  gleichsam  von  aussen  in  den 
Knochen  hinein,  und  bedingen  so  allmäJigen  Schwund  desselben. 

Aber  der  Knochen  kann  auch  in  einzelnen  Fällen  zunächst 
der  erkrankte  Theil  sein,  es  bilden  sich  bei  zunächst  noch  massig 
betheiligtem  Gelenk  Abscesse  innerhalb  der  Epiphyse,  oder  es 
bilden  sich  Granulationen  mit  Zerfall  der  Knochensubstanz,  oder 
ein  circumscripter,  in  Verkäsung  übergehender  Herd. 

Alle  diese  Processe  können  sich  mit  Ablösung  grösserer 
oder  kleinerer  Trümmer  des  Knochengewebes  Terbinden,  und 
auch  dadurch  ein  beträchtliches  Hinderniss  för  dfe  Heilang  des 
erkrankten  Gelenkes  bilden. 

Wir  wissen  nun,  dass  sämmtliche  destructive  Processe  an 
der  Oberfläche  oder  im  Inneren  der  Epiphyse  allmiälig  auch  an 
entfernteren  Stellen  des  Knochens  Ernährungsstörungen  bewirken. 
Wir  können  also  annehmen,  dass  bei  längerer  Dauer  derselben 
die  Ernährungsstörungen  die  Epiphysenlinie  erreichen  und  über- 
schreiten werden,  und  dass  sie  also  hierdurch  selbst  bei  end- 
licher Heilung  die  Ursache  zu  verkrüppelten,  im  Wachsthum 
zurückgebliebenen  Gliedern  abgeben  können.  Abgesehen  davon, 
fehlen  selten  Erscheinungen  im  Allgemeinbefinden  des  kleinen 
Kranken,  welcher  allmälig  anämisch  wird  und  abmagert  — 
Wie  stellen  sich  nun  die  so  eben  kurz  zusammengestellten  patho- 
logisch-anatomischen Verhältnisse  des  erkrankten  Gelenkes  kli- 
nisch dar.  Mit  Ausnahme  weniger  Fälle  haben  alle  diese  Er- 
krankungen des  Kniegelenkes  einen  chronischen  Verlauf.  Wir 
schliessen  also  auf  die  angefahrten  Veränderungen  des  Gelenk- 
apparates, wenn  das  erkrankte  Glied  nach  längerer  zweckmässiger 
Behandlung  nicht  heilen  will,  wenn  sich  an  demselben  beträcht* 
liehe  Schwellung,  vielfache  Fistelbildung  mit  zunehmender  Eite- 
rung, und  sonstigen,  direct  nachweisbaren  Symptomen  von  Garies 
der  Gelenkenden  constatiren  lassen,  oder  wenn  sich  Dislocationen 
an  demselben  zeigen,  die  nur  in  Folge  "von  Veränderungen  in 
der  angegebenen  Richtung  eingeleitet  sein  können.  Was  zunächst 
die  Fistelbildung  betrifft,  so  ist  es  gerade  die  Vielfältigkeit  der- 
selben und  ihre  Wiederkehr  an  bestimmten  Stellen,  (welche  die 


Beitrige  zur.  Resection  des  Kniegelenkes.  183 

bdie  Wahrscheinlichkeit,  dass  dieselben  Verftnderungen  inner- 
halb des  Gelenkes  entsj^echen,  begrOnden.  Im  Oberschenkel 
finden  wir  die  Fisteln  meist  der  oberen  Ansdehnong  des  Ge- 
lenkes entsprechend,  aaf  der  vorderen  Fliehe,  einen  bis  swei 
Zoll  oberhalb  der  Patella,  zu  den  Seiten  der  Strecksehne,  in  der 
Kniekehle  an  der  inneren  Seite  der  Flexoren.  Seltener  sind  die 
Fisteb  anssen  und  innen  an  den  Condylen  selbst  Am  unter- 
sehenkel  ist  eine  wesentlich  hftufig  fistnlOse  Stelle,  die  obere 
imiere  Partie  der  Tibia.  Seltener  ist  die  äussere  Seite  der  Tibia, 
niher  und  femer  vom  Gelenk,  der  Sits  von  Oefihnngen.  Die 
Gelenklinie  selbst  ist  ebenfalls  ziemlich  häufig  betroffen,  und 
zwar  besonders  links  und  rechts  vom  Lig.  patellae,  sowie  die 
lonenseite  des  Gelenkes.  Sind  an  allen  diesen  Stellen  lange  be- 
stehende Fisteln,  so  kann  man  mit  ziemlicher  Sicherheit  anneh- 
men, dass  sie  zu  einem  Gelenk  führen,  dessen  Knochenoberfläche 
krank  ist.  Das  Sondiren  derselben  ist  ziemlich  unsicher.  Der 
gewundene  Verlauf  lässt  nicht  immer  in  das  Gelenk  dringen, 
und  wenn  auch  dies,  so  doch  nicht  immer  die  kranke  Stelle 
treffen.  Ein  sehr  wichtiges  Symptom,  welches  keinen  Zweifel 
Itet  über  ein  tiefes  Ergriffensein  des  Gelenkes,  ist  das  Reiben. 
Kann  man  die  beiden  Gelenkenden  mit  Crepitation  gegenein- 
ander bewegen,  so  folgt  daraus  einmal,  dass  der  Bandapparat 
total  gelockert,  wahrscheinlich  zum  Theil  zerstört  sein  muss,  und 
dasB  die  Oberfläche  der  Knochen  rauh  ist.  Beträchtliche  Dislo- 
cationen,  wie  starkes  Ruckwärtssinken  der  Tibia,  beträchtliche 
Verdrehung  nach  aussen,  Genu-valgumstellung  in  einem  fistulösen 
Gelenke  lassen  auf  Aehnliches  schliessen.  In  Beziehung  auf  die 
Wdchheit  der  Knochen  ist  die  Nadel  ebenfalls  noch  als  ünter- 
Bttchnngsmittel  festzuhalten. 

Wir  haben  also  entweder  ein  erkranktes  Gelenk  von  Anfiang 
ui  tweckmässig  behandelt  und  finden  zuletzt  ein  klinisches  Bild, 
welehes  uns  wahrscheinlich  macht,  dass  ein  Theil  der  oben  ge- 
sehilderten  anatomischen  Läsionen  bestehe,  oder  wir  bekommen 
^  Glied  erst  in  Behandlung,  nachdem  es  in  einen  total  ver- 
n^U&Bsigten  Zustand  gekommen  ist.   In  dem  einen  Falle  haben 


184  !>'•  König, 

wir  die  gebräachliche  Therapie  versacht,  wir  haben  theils  mit 
sicherer  Lagerung  und  KMte,  theils  mit  Gyps-  und  Kleisterver- 
band unser  Heil  versucht,  in  dem  anderen  leiten  wir  die  Kor  zu- 
nächst auf  zweckmässig  conservativem  Wege,  wir  suchen  das 
Glied  allmälig  in  richtige  Lage  zu  bringen,  und  es  in  derselben 
durch  erhärtende  Verbände  zu  fixiren,  wir  erweitern  die  Fisteln, 
und  sorgen  für  besseren  Äusfluss  des  Eiters.  Trotzdem  will  das 
Knie  nicht  heilen.  Zuweilen  sind  wir  nicht  im  Stande,  einen 
freien  Äusfluss  des  Eiters  zu  erzwingen,  oder  auch,  wir  schaflen 
durch  unsere  Lagerungsversuche,  durch  eine  andere  Stellung  des 
deformen  Gliedes  und  der  schon  deformen  Gelenhoberflftchen 
neue  Druckverhältnisse,  welche  ein  Weiterschreiten  der  Garies  be* 
dingen,  oder  es  sind  Herderkrankungen  innerhalb  der  Epiphysen 
vorhanden,  welche  erst  jetzt  zum  Durchbruch  kommen,  ganz  ab- 
gesehen davon,  dass  partielle  Necrosirung  in  den  Gelenkenden, 
dass  vollständig  abgelöste  Knochenstücke  innerhalb  des  Gelenkes 
vorhanden  sein  können,  welche  jeden  Heilversuch  auf  conserva- 
tivem Wege  vereiteln  können.  Gar  oft  aber  will  ein  derartiges 
Gelenk  bei  der  zweckmässigsten  Behandlung  nicht  heilen,  ohne 
dass  wir  uns  so  ganz  bestimmte  Vorstellungen  machen  könnten, 
warum  es  nicht  heilt  Wir  wissen  eben  nur,  dass  besonders 
dann,  wenn  der  Knochen  ergriffen  ist,  gerade  das  Knochenge- 
schwür der  Heilung  widersteht.  Versuchen  wir  dann  noch  me- 
dicamentöse  Einspritzungen  in  die  Gelenkhöhle,  so  finden  wir, 
dass  auch  diese  uns  oft  im  Stich  lassen,  gerade  so  gut,  wie  auch 
öfter  die  locale  Application  von  Medicamenten  auf  leicht  zugäng- 
liche Knocheogeschwüre  ohne  Erfolg  bleibt,  und  erst  die  ober- 
flächliche Entfernung  des  erkrankten  Knochens  die  Heilung  ein- 
leitet. Die  Ausschneidung  der  erkrankten  Gelenke  ist  in  der 
letzten  Zeit  so  vielfach  geübt  worden,  dass  man  wohl  annehmen 
muss,  die  Resection  hat  sich  eine  bleibende  Stellung  far  die  zweck- 
mässige Kur  der  schwer  oder  gar  nicht  heilenden  anderen  Ge- 
lenke erworben.  Sind  die  Principien,  auf  welche  die  Ausflbong 
der  Resection  bei  anderen  Gelenken  sich  stützt,  die  richtigen,  so 
müssen  sie  auch  für  das  Kningelenk  des  Kindes  Geltung  haben, 


Beitrige  cor  Resection  des  Kniegelenkes.  185 

es  sei  denn,  dass  sich  gewichtige  Bedenken  erheben  liessen, 
welche  nur  die  Resection  dieses  Gelenkes  betreffen.  Wir  haben 
bereits  wiederholt  angei&brt,  dass  wirklich  in  der  Richtung  ver- 
sehiedene  Bedenken  erhoben  worden  sind,  und  woUen  dieselben 
jetzt  prüfen,  ob  sie  in  der  Tbat  bestehen.  Was  zan&chst  den 
Einwurf  der  Unnöthigkeit  der  Operation  betrifft,  so  habe  ich 
meinen  Standpunkt  zu  diesem  Vorwurfe  bereits  in  den  vorstehen* 
den  Zeflen  dargelegt,  und  brauche  qur  Weniges  hinzuzufügen. 
Der  Fortschritt,  welchen  die  Chirurgie  in  der  Behandlung  der 
erkrankten  Gelenke  gemacht  hat,  hat  wohl  den  Änlass  gegeben, 
dass  man  glaubte,  alle  Gelenke  jetzt  auf  conservativem  Wege 
heilen  xn  können,  und  mag  dieser  Glaube  wohl  deshalb  bei  dem 
Kniegelenke  am  meisten  Stätze  gefunden  haben,  weil  dieses  ge* 
rade  der  neuen  Art  der  Behandlung  zugänglicher  war,  als  andere 
Gelenke,  und  weil  man.  Gelenke  damit  zur  Heilung  brachte, 
welche  früher  der  Ämpnlation  anheimfielen.  Wenn  nun  aber 
aueh  einige  Gelenke,  welche  man  resecirt,  nach  jahrelangem  Ab- 
warten noch  geheilt  wären,  so  fragt  es  sich  sehr,  welchen  Nutzen 
man  dem  kleinen  Patienten  damit  verschafil.  Man  muss  zunächst 
nach  den  neueren  Erfahrungen  annehmen,  dass  die  Heilung  eines 
resecirten  Kniegelenkes  bei  zweckmässiger  Nachbehandlung  ziem* 
lieh  rasch  geht,  dass  sie  also  den  kleinen  Patienten  in  möglichst 
korter  Zeit  wieder  dem  Verkehr  zurückgiebt,  und  muss  weiter 
annehmen,  dass  die  Operation  eine  Reihe  von  Gefabren  abschnei- 
det, welche  das  Leben  des  Kranken  bei  längerer  Dauer  bedrohen. 
Dazu  kommt,  dass  die  Resection  gewiss  —  wie  wir  unten  noch 
weiter  ausfahren  wollen  —  in  einer  Anzahl  von  Fällen  das  Fort- 
schreiten der  Erkrankung  der  Gelenkenden  abschneidet,  und  so- 
mit der  Epiphysengrenze  das  Wachsthum  der  kranken  Extremi- 
tät Gonservirt  Man  wird  es  daher  bei  zu  langem  Abwarten 
ßchlieaslich  dahin  bringen  können,  dass  man  weder  das  Gelenk 
noeh  das  Glied  conserviren  kann,  und  dass  man,  falls  der  Kranke 
nickt  zu  Grunde  gehen  soll^  nach  der  Amputation  als  ^letztem 
^ttel  greifen  muss. 

Gewiss  aber  kann  die  Operation  nur  dann  gerechtfertigt  er- 


186  Dr.  König, 

scheinen,  wenn  »ie  auch  nützlich  ist,  d.  h.  wenn  durch  dieselbe 
ein  brauchbares  Glied  erzielt  wird.  Und  dies  können  wir  schon 
jstzt  für  die  Mehrzahl  der  Fälle  versichern.  Freilich  würde  nur 
in  den  wenigsten  Fällen  ein  bewegliches  Gelenk  erzielt,  was  ge- 
wiss vom  ideelen  Standpunkte  aus  das  Streben  des  Ghinugen 
sein  müsste  (siehe  unten),  aber  wir  erhalten  durch  die  Operation 
ein  Glied,  welches  zum  Gehen  sehr  wohl  brauchbar  ist,  nicht 
minder  brauchbar,  als  dasselbe  bei  spontaner  Ausheilong  eines 
schwer  erkrankten  Gelenkes  zu  werden  pflegt.  Dies  kann  ich 
wenigstens  in  den  drei  von  mir  geheilten  Fällen  versichern.  Ein 
erwachsener  Mann,  welchen  ich  vor  mehreren  Jahren  resecirte, 
arbeitet  an  der  Landstrasse  und  geht  den  3  Stunden  weiten  Weg 
von  seinem  Orte  bis  hierher  und  zurück  in  einem  Tage,  ohne 
sehr  ermüdet  zu  werden;  ein  vor  mehreren  Jahren  resecirter 
Knabe  giebt  seinen  Commilitonen  weder  in  der  Schnelligkeit  noch 
in  der  Ausdauer  der  Bewegungen  viel  nach,  und  das  zuletzt  vor 
Jahresfrist  operirte  kleine  Mädchen  ist  ebenfalls  den  gsmzen  Tag 
auf  den  Beinen.  Ein  Gleiches  scheint  doch  auch  aus  den  unten 
angefahrten  Beobachtungen  hervorzugehen.  Es  ist  nun  aber  ge- 
wiss nicht  genug,  wenn  wir  wissen,  dass  die  Extremität  in  der 
ersten  Zeit  nach  der  Operation  brauchbar  war,  das  Wesentlicbe 
ist,  dass  wir  auch  die  spätere  Brauchbarkeit  im  vorgerückten  Alter 
constatiren.  Wir  wissen,  dass  Zerstörung  der  ganzen  Epipfayse 
das  Wachsthum  des  Knochens  in  der  Längsrichtung  nach  der 
entsprechenden  Seite  hin  vernichtet.  Es  ist  also  im  höchsten 
Grade  wahrscheinlich,  dass  eine  Operation,  welche  die  ganze 
Epiphysenlinie  oder  einen  grossen  Theil  derselben  entfernt,  auch 
das  Wachsthum  des  Gliedes,  insofern  es  von  diesen  Theilen  ab- 
hängig war,  vernichten  wird.  Es  wurden  denn  auch  schon  bald, 
nachdem  die  Operation  Eingang  gefunden  hatte,  in  England  ein- 
schlägige Beobachtungen  gemacht.  Es  war  zunächst  ein  von 
Syme  operirtes  Kind,  bei  welchem  das  zurückgebliebene  Wachs- 
thum in  der  operirten  Extremität  constatirt  wurde.  Bald  kamen 
neue  Beobachtungen  hinzu,  sie  wurden  zusammengestellt,  und  es 
scheint  daraus  hervorzugehen,  dass  mit  der  Grösse  der  resecirten 


Beitrlge  xnr  Reseciion  des  KniegelenkeB.  187 

Stteke  die  Gefahr  des  ZurückbleibeuB  im  Wachsthom  zunimmt. 
Ueber  diesen  Gegenstand  hat  George  Murray  Humphxy  zu  * 
Cambridge  (Medice -chimrg.  Transactions.  Vol.  45.  1862.  p. 
283  etc.;  siehe  Gurlt,  Jahresbericht  ftr  1862  in  y.  Langen- 
beck's  Archiv  Bd.  5.  Seite  77.)  Dntersachangen  angestellt.  Es 
finden  sich  daselbst  .18  Beobachtungen  tabellarisch  zusammenge- 
stellt. In  8  FUlen  wuchs  die  operirte  Extremität  mit.  Bei  die- 
sen 8  Operirten  waren  2  bereits  im  Alter  von  17  Jahren.  In 
allrn  diesen  Fällen  wurde  nur  wenig  resecirt,  und  zwar  vom 
Oberschenkel  4  Mal  nur  eine  dünne  Scheibe,  1  Mal  '4  Zoll,  1 
Mal  1  Zoll;  von  der  Tibia  wurde  1  Mal  überhaupt  nichts  ent- 
femty  4  Mal  nur  dfinne  Scheiben,  1  Mal  ^  Zoll.  In  den  2  fibri- 
gen  Fällen  wurde  von  den  zwei  Knochen  zusammen  1  Mal  1^ 
und  1  Mal  2i  Zoll  entfernt.  Der  letztere  Fall,  2i  Zoll,  war  bei 
einem  17jährigen,  es  wurde  also  möglicherweise  auch  hier  die 
ganze,  oder  wenigstens  ein  Theil  der  Epiphysenlinie  erhalten; 
das  Wachethum  in  den  übrigen  Fällen  war  gestört. 

Analymren  wir  diese  Fälle,  so  ist  es  bei  fast  allen  wahr- 
scheinlich, dass  entweder  an  beiden,  oder  wenigstens  an  einem 
Koochen  die  Epiphysenlinie  mit  entfernt  wurde.    So  wurden  bei 
einem  9jährigen  und  bei  einem  12jährigen  grosse  Portionen  bei- 
der Knochen  entfernt  (Fall  12  und  13),  bei  einem  9-,  bei  einem 
12-  und  bei  einem  6jährigen  wurden  im  Ganzen  2'\  3^''   und 
gut  2''  entfernt  (Fall  9,  10,  11).    Im   15ten  Fall  wurden  die 
Gelenkflächen  resecirt  —  also  wahrscheinlich  so  weit  der  Knor- 
pel reicht,  and  somit  wohl  auch  die  Epiphysenlinie,  ebenso  im 
Uten  Fall,  wo  bei  einem  12jährigen  vom  Oberschenkel  das  Ge- 
lenkende, von  der  Tibia  4'',  also  wohl  sicher  ein  Theil  der  Epi- 
physenlinie mit  resecirt  wurde.    Im  16ten  Fall  wurde  bei  einem 
15jabrigen  vom  Oberschenkel  1'',  von  der  Tibia  Y  entfernt,  also 
sicher  die  Epiphysenlinie  der  Tibia  mit  resecirt,  und  im  18ten 
Fall  bei  einem  3jährigen  Kinde  Fem.  V'i  Tibia  4'^.     Es  bleibt 
dann  noch  der  14te  Fall  mit  1^'  von  beiden  Gelenkenden  bei 
einem  ISjfthrigen  Knaben,  wo  sich  später  34"  Verkürzung  her- 
ausstellte.    Von   dieser  Verkürzung  kamen  2  Zoll  auf  die  Tibia, 


188  Dr.  K«nig, 

also  war  auch  hier  wahrscheinlich  von  der  Tibia  der  grftsBere 
Theil  der  Epiphysenlinie  resecirt  worden. 

So  ganz  sichere  Schlüsse  Hessen  sich  indessen  auch  aas  die- 
sen Angaben  nicht  ziehen.  Einmal  ist,  wie  wir  sehen,  die  Be- 
zeichnung nicht  ganz  sicher  —  (Entfernung  der  Gelenkenden, 
Entfernung  von  so  und  so  viel  von  beiden  Enochenenden)  —, 
abgesehen  davon,  dass  man  nicht  weiss,  von  welchen  Stellen  der 
Knochen  aus  die  entfernten  Stücke  gemessen  wurden,  ob  von  der 
Spitze  der  Condylen  aus,  oder  von  der  Fossa  intercondyloidea  etc. 
Immerhin  geht  aus  der  Tabelle  im  Ganzen  hervor,  dass  die  Ge- 
fahr des  Zurückbleibens  im  Wachsthum  mit  der  Grösse  der  ent- 
fernten Stucke,  also  mit  der  Entfernung  der  EpiphysenflSche  oder 
der  dieser  benachbarten  Partieen  wächst.  Die  einseinen  F&lle, 
in  welchen,  trotzdem  dass  wenig  resecirt  wurde,  das  Wachsthom 
doch  zurückbleibt,  lassen  sich  aber  wohl  mit  Wahrscheinlichkeit 
darauf  zurückfahren,  dass  schon  krankhafte,  die  Epiphysenh'nie 
beeinträchtigende  Processe  der  Resection  vorausgegangen  waren, 
dass  die  Epiphysenlinie  selbst  durch  Ossification,  durch  Atrophie 
und  Bindegewebsneubildung  so  entartet  war,  dass  das  Wachsthum 
von  diesem  entarteten  Gewebe  nicht  mehr  vermittelt  werden 
konnte.  Da  sich  diese  letzteren  Fälle  jedoch  nach  der  einen 
Seite  jeder  Berechnung  entziehen,  andererseits  aber  in  ihren  Fol- 
gen nicht  der  Resection  zur  Last  fallen,  so  können  wir  dieselben 
zunächst  unbeachtet  lassen.  Dahingegen  ergiebt  sich  ftr  die  an- 
deren die  Nothwendigkeit,  genau  zu  bestimmen,  wie  viel  wir  in 
Jedem  Falle  von  den  beiden  Gelenkenden  entfernen  dürfen,  ohne 
in  Gefahr  zu  kommen,  dass  wir  die  Epiphysenlinie  berühren. 

Ich  suchte  mich  in  dieser  Richtung  zu  belehren,  indem  ich 
eine  Anzahl  von  Kniegelenken  jugendlicher  Individuen  mit  beson- 
derer Berücksichtigung  der  Epiphysenlinie  untersuchte.  Leider 
gelang  es  mir  nicht,  gerade  aus  dem  3ten  bis  8ten  Jahre  Ge- 
lenke zu  erhalten.  Ich  untersuchte  4  Gelenke,  und  zwar  eines 
von  einem  Neugeborenen,  von  einem  11jährigen,  16  jährigen  und 
18jährigen  Individuum.  Die  Zeichnung  ist  von  dem  11jährigen 
Mädchen  entnommen. 


ISS. 

öscr  ^ 


äticm 


^fi^  "■ 


de» 


^%«i^ 


r*\tl^ 


m%tn^ 


^Mt 


**^ 


9 


:<* 


\\c 


y?^ 


mH 


i 


190 


Dr.  KOnif , 


vex  erscheint.  Nach  ÄblOsang  der  Epiphyse  erscheint  die  Epi- 
physenebene  als  eine  von  den  Seitentheilen  nach  der  Mitte  missig 
gewölbte,  Yon  hinten  nach  yorne  ebenfalls  bis  über  die  Mitte  bin 
flach  nach  oben  gewölbte,  dann  aber  nach  nnten  der  Spina  tibiae 
entsprechend  steil  abfallende  Ebene. 

Nach  dieser  kurzen  Angabe  des  Verlaufes  der  Epiphysen- 
fläche  bei  beiden  Knochen  gebe  ich  in  der  folgenden  Tabelle 
QKÖglichst  genaue  Messungen  der  in  den  Figuren  punktirt  ange- 
gebenen Linien  an : 


ISjähriger 

lej&hriges 

lljihriges 

Neuge- 

1.  Oberschenkel. 

Mann. 

Mftdchen. 

Mftdchen. 

borener. 

a.  Fossa  intercondyloidea 

2.4  Gtm. 

2,    Gtm. 

1,6  Gtm. 

0,8  Ctm. 

anterior 

ß.  SeiteDhöhe      (Condylus 

intern.) 
^.  Seitenhöhe      (Gondylns 

extern.) 
3,  Fossa    intercondyloidea 

3,5  Gtm. 

3,2  Gtm. 

2,4  Ctm. 

1,6  Ctm. 

3,2  Gtm. 

3,0  Gtm. 

2,1  Ctm. 

1,3  Ctm. 

1,9  Gtm. 

1,8  Gtm. 

1,4  Gtm. 

0,6  Ctm. 

a.  Höheind.Fossaintercond. 

2,1  Ctm. 

2,    Ctm. 

1,9  Gtm. 

0,9  Ctm. 

gS 

b.  Mitte  d.  Gond.  internus 

3,2  Gtm. 

3,    Gtm. 

2,4  Gtm. 

1,5  Ctm. 

r^. 

c.  Mitte  des  Gond.  ezternus 

3,    Gtm. 

2,8  Gtm. 

2,1  Gtm. 

1,2  Ctm. 

2.    Tibia. 

a.  Vordere  Höhe. 

4,4  Gtm. 

4,2  Gtm. 

3,8  Gtm. 

ß,  Hintere  Höhe 

2.2  Gtm. 

1,8  Ctm. 

1,5  am. 

y.  Innere  Seitenhöhe 

2,1  Gtm. 

1,9  Gtm. 

1,5  Gtm. 

1,   Ctm. 

(f.  Aeussere  Seitenhöhe 

2,    Gtm. 

1,9  Gtm. 

1,4  Gtm. 

1,   Ctm. 

||1 

a.  Mitte 

2,    Gtm. 

1,7  Gtm. 

1,5  Ctm. 

0,8  Ctm. 

b.  Aeussere  Seitenhöhe 

1,6  Gtm. 

1,3  Gtm. 

1,2  Ctm. 

0,8  Ctm. 

f*?"! 

c.  Innere  Seitenhöhe 

1,6  Gtm. 

1,3  Gtm. 

1,2  Ctm. 

0,8  Ctm. 

Aus  diesen  Zahlen  ergiebt  sich  ein  ungefthres  Wachsthum 
der  Epiphyse  um  \  bis  1  Mm.  f&r  das  Jahr.  Man  wird  gnt 
thnn,  überall  nicht  mehr  als  ^  Mm.  Ar  jedes  Lebensalter  ansn- 
nehmen,  um  nach  den  gegebenen  Zahlen  der  Tabelle  die  Höhe 
der  Epiphysen  an  Oberschenkel  und  Tibia  zu  bestimmen. 

Es  handelt  sich  nun  darum,  practisch  nach  dem  so  eben 
Auseinandergesetzten  festzusetzen,  auf  welche  Art  man  dei  Säge- 
schnitt  an  den  Gelenkenden  der  Kinder  yoU&hren  sell^  um  in 


Beiträge  snr  Resection  des  Kniegelenkes.  191 

einem  giegebeoeii  Falle  mögliehst  viel  von  der  Epiphyse  za  ent- 
feniea,  olme  in  die  Ge&br  tu  kommen,  die  Epiphysenlinie  oder 
-ilkhe  zu  zerstOrea*  Wir  sehen,  dass  diese  Fläche  im  Ganzen 
eineo  gewissen  Parallelismus  mit  den  freien  Gontouren  der  über- 
kQorpelten  Gelenkenden  behauptet.  Daraus  folgt,  dass  der  pas- 
sendste Schnitt  ein  derartiger  Parallelschnitt  sein  würde.  Selbst- 
Btändig  ist  ein  solcher  bogenförmiger  Schnitt  nicht  zu  machen, 
wir  müssen  also,  um  die  Steigungen  und  Senkungen  der  Epiphy- 
senlinie zn  yermeiden,  den  Schnitt  allenthalben  so  anlegen,  dass 
er  bei  Erhaltung  des  Parallelismus  im  Ganzen  so  fem  von  der 
Linie  selbst  angelegt  wird,  dass  er  die  Steigungen  nirgends  er- 
reicht Haben  wir  den  Oberschenkel  so  weit  entblösst,  dass  der 
Kopf  mit  der  Insertion  der  Kapsel  am  Rande  des  Gelenkknorpels 
ZDm  Yorschein  kommt,  so  scheint  es  mir  geeignet ,  an  dem  Ge- 
lenkkopfe 4  Punkte  zu  bemerken,  durch  welche  die  Sägeschnitts- 
ebene zu  legen  ist,  wenn  sie  die  Epiphysenlinie  erhalten  soll. 

Nimmt  man  auf  der  Vorderfl&che  der  Condylen  die  Stelle, 
an  welcher  der  Enorpelrand  der  Epiphyse  aus  den  seitlich  fast 
^ertical  verlaufenden  Linien  in  die  horizontale  übergeht,  und  misst 
von  diesen  Punkten  aus  längs  des  verticalen  Randes  etwa  1  Ctm. 
ab,  bezeichnet  man  sich  auf  ähnliche  Weise  lauf  der  Hinterfläche 
der  Coodylen  in  der  Fossa  poplitea  das  Ende  der  beiden  inneren, 
bogenförmig  verlaufenden  knorpeligen  Linien  an  der  Befestigungs- 
stelle der  Kapsel,  und  misst  von  hier  aus  auf  dieser  Linie  bei- 
derseits am  inneren  und  äusseren  Condylus  ebenfalls  etwa  1  Ctm. 
ab,  80  kann  man  durch  diese  4  Punkte  (ich  habe  dieselben,  so 
weit  es  möglich ,  in  der  Abbildung  Fig.  7  a.  und  7  b.  mit  *  bezeich- 
net) einen  Säg^schnitt  legen,  welcher  bei  dem  11jährigen  Kinde 
überall  nngefUhr  die  Grenze  des  Entfernbaren  angiebt.  Dieser 
Schnitt  erhält  allerdings  etwas  mehr  vom  inneren  Condylus,  als 
n5thig  ist,  es  ist  dies  aber  nicht  zu  ändern,  da  es  nur  so  mög- 
Heh  ist,  den  Schnitt  in  eine  Ebene  zu  legen.  Würde  man  am 
inneren  Condylus  die  Punkte  tiefer  annehmen,  so  würden  am 
^i^reu  und  in  der  Mitte  einzelne  Theile  der  Epiphysenlinie 
entfernt  werden.    Das  auf  diese  Art  entfernte  Stück  hat  in  der 


192  Dr.  ICönig, 

Mitte  ungefähr  die  Höhe  von  1,2  Ctni.  (Fossa  intercondyloidea), 
an  den  Gondylen  ist  es  1,8  bis  1,9  Ctm.  hoch.  Am  Condylos 
internus  lässt  sich  dann  noch  eine  keilförmig  nach  der  Mitte 
verlaufende  Scheibe  entfernen,  bei  welcher  die  Basis  etwa  0,8  bis 
0,9  Ctm.  Breite  hat.  Nimmt  man  diese  Maasse  beim  lOjahrigen 
Kinde  an,  so  kann  man  durch  Zu-  und  Abzählen  von  ^  Mm.  fiir 
das  Jahr  sich  die  einseinen  Lebensalter  ergänzen. 

Das,  was  ich  von  dem  Femur  des  16  jährigen  Mädchens  ent- 
fernen konnte,  betrug  1,4  Ctm.  in  der  Mitte,  2,1  Ctm.  an  den 
Condylen. 

Für  die  Tibia  bestimmt  man  die  Grenzen  des  Sägschnittea, 
indem  man  von  dem  peripherischen  freien  Rande  des  Gelenk- 
knorpels beim  U  jährigen  Kinde  überall  ungefähr  0,5  Ctm.  ent- 
fernt bleibt.  An  den  beiden  vorderen  Seitentheilen  ist  dieser 
Rand  am  schärfsten  ausgeprägt,  sie  eignen  sich  also  am  besten 
zur  Bestimmung  der  Höhe  des  Schnittes.  Dieser  Schnitt  l&sst 
auf  beiden  Seitentheilen  kleine  keilförmige  Stücke  stehen,  and 
ebenso  bleibt  die  vordere  Ecke  bis  zur  Tuberos,  tibiae  stehen. 
Sie  kann  von  da  aus  keilförmig  nach  der  Mitte  hin  mit  einer 
ungefähr  0,5  Ctm.  breiten  Basis  an  der  Tuberositas  abgetragen 
werden. 

Das  bei  dem  angegebenen  Sägschnitte  entfernte  Stück  ist  in 
der  Mitte  etwa  1,5  Ctm.  hoch  und  flacht  sich  allmälig  nach  den 
Seiten  bis  zu  0,5  Ctm.  ab. 

Bei  dem*  16jährigen  kann  man  8— 9  Ctm.  wegnehmen.  Die 
Mitte  hat  dann  eine  Höhe  von  2  Ctm. 

Setzt  man  die  Stücke  des  Gelenkes,  welche  abgenommen 
wurden,  zusammen,  so  erhält  man  bei  dem  Gelenke  des  11  jäh- 
rigen Kindes  nicht  ganz  2,7  Ctm.,  bei  dem  des  16 jährigen  3,4  Ctm. 

Wir  erhalten  durch  diese  Messungen  Resultate,  welche  wir 
noch  später  bei  Besprechung  der  Knochenschnitte  im  operativen 
Theile  der  Arbeit  verwerthen  wollen,  aus  denen  wir  aber  schon 
jetzt  den  Schluss  ziehen  müssen,  dass  wir  in  dem  Opfern  von 
Theilen  der  Epiphyse  sehr  sparsam  sein  sollen.  Haben  vrir  aber 
einmal  das  Terrain  in  der  angegebenen  Art  blossgelegt,  so  bleibt 


Beiträge  zur  Resectton  des  Kniegelenkes.  193 

uns  eine  weitere  Entfernung  von  einzelnen  kranken  Enochen- 
theilen,  welche  die  Epiphysenlinie  zum  Theil  in  sich  fassen,  un- 
benommen. Abgesehen  davon,  dass  wir  mit  dem  Opfern  solcher 
kranken  Theile  keinen  Schaden  thun,  denn  der  entsprechende 
TheiL  der  Epiphysenlinie  war  ja  schon  durch  Krankheit  vernich- 
tet, ehe  wir  denselben  hinwegnehmen,  und. wir  thun  mit  dem 
Wegnehmen  des  kranken  Theiles  der  Weiterverbreitung  auf  die 
noch  gesunden  Theile  der  Epiphysenlinie  Einhalt,  abgesen  davon, 
meine  ich,  dass  es  doch  a  priori  wahrscheinlich  ist,  dass  das 
Wachsthum  im  Ganzen  nicht  wesentlich  gestört  sein  wird,  wenn 
ein  kleiner  Theil  der  Epiphysenlinie  geopfert  wird.  Das  ist  aber 
ganz  gewiss,  dass  die  Erkrankung  des  Knochens  ebensowohl  das 
Wachsthum  des  Gliedes  aufhebt,  wie  die  Resection.  Ein  Jeder 
hat  leicht  Gelegenheit  zur  Untersuchung  von  deformen  Kniege- 
lenken, welche  als  Resultat  von  lange  dauernder,  mit  Eiterung 
verbundener  Entzündung  aus  jugendlichem  Alter  zurückgeblieben 
sind.  Fast  alle  diese  Glieder  zeigen  grössere  oder  geringere 
Grade  von  Verkürzung.  Zum  Theil  kommt  diese  Verkürzung 
allerdings  auf  Rechnung  der  durch  Verschiebung  der  Gelenkenden 
bewirkten  Deformität  (Luxation  der  Tibia  nach  hinten),  zum 
grösseren  Theil  aber  auf  Rechnung  des  zurückgebliebenen  Wach^- 
thnmes.  Kach  forcirter  Streckung  dieser  Glieder  erhalten  wir 
fast  immer  ein  stark  verkürztes  Bein,  mit  grösserer  oder  gerin- 
gerer Luxation  der  Tibia  nach  hinten,  welches  dann  meist  doch 
nnr  mit  einem  festen  Verbände  oder  mit  einer  Kniemaschine  als 
Stutze  brauchbar,  und  noch  dazu  häufig  sehr  schmerzhaft  ist,  und 
leicht  ermüdet.  Alle  diese  Glieder,  welche  in  der  Art  deform 
waren,  sind  meiner  Erfahrung  nach  unbrauchbarer,  als  ein  recht- 
zeitig resecirtes  Glied.  Es  erscheint  mir  wenigstens  für  viele 
Fille  nicht  richtig,  das  Zurückbleiben  dieser  Glieder  aaf  Rech- 
nung des  Nichtgebrauches  zu  setzen,  denn  ein  Theil  derselben  ist 
in  stumpfwinkeliger  Stellung  geheilt  und  gebraucht  worden ,  sie 
können  activ,  wenn  auch  nur  in  beschränktem  Maasse,  gebeugt 
vnd  gestreckt  werden,  und  sie  sind  trotzdem  im  Wachsthum  zu- 
rSckgeblieben.     Wendet  man  den  Begriff  des  Zurückbleibens  aus 

T.LaB{aBb«ok,  AreUr  f.  Ohtrwgi«.  tl.  ]^3 


194  Ör.  König, ^ 

Nichtgebrauch  auf  alle  diese  Glieder  an,  80  wird  er  gewiss  nur 
angewandt,  um  pathologisch  unbekannte,  oder  schwer  erklärbare 
Thatsachen  zuzudecken.  Dies  mögen  nun  einmal  primär  Yom 
Nervensystem  ausgebende  pathologische  Zustände  sein,  es  sind 
aber  gewiss  in  den  eben  besprochenen  Fällen  weit  häufiger  Stö- 
rungen pathologischer  Art  in  der  Ernährung  der  der  Epiphysen- 
liuie  benachbarten  Theile,  unabhängig  vom  Nervensystem.  Die 
Zellenproduction  und  das  Wachsthum  in  dieser  Gegend  kann 
aber,  wie  allerwärts  sonst,  durch  pathologische  Processe  gestört 
sein,  durch  Entzündung  und  deren  Ausgänge,  durch  Granulations- 
bildung, durch  fettige  Degeneration,  durch  Sklerose  resp.  früh- 
zeitige Verknöcherung.  Dafür,  dass  Knochenschwund  und  alle 
die  am  Knochen  vorgehenden  Processe,  welche  man  unter  dem 
Namen  Caries  zusammenfasst,  häufig  die  Ursache  für  das  Zurück- 
bleiben der  Beine  im  Wachsthum  nach  lange  dauernder  fistulöser 
Gelenkentzündung  sind,  spricht  neben  der  länger  dauernden 
Fistelbildung  mit  Eiterung  noch  ein  umstand.  Es  scheint  näm- 
lich nach  meinen  Messungen,  dass  die  Tibia  besonders  stark  im 
Wachsthum  zurückbleibt.  Bedenkt  man,  dass  im  Ganzen  die 
Epiphysenlinie  der  Tibia  der  Oberfläche  näher  liegt,  als  die  des 
Oberschenkels,  und  dass  bei  gebogenem  Knie  die  ganze  Gelenk- 
fläche  derselben  weit  mehr  dem  Drucke  ausgesetzt  ist,  als  die 
des  Oberschenkels,  von  welchem  nur  der  hintere  kleinere  Theil 
mit  der  allmälig  rückwärts  sinkenden  Fläche  der  Tibia  in  Berüh- 
rung kommt,  so  erscheint  es  wahrscheinlich,  dass  die  Oberfläche 
der  letzteren  und  die  an  den  meisten  Stellen  nahe  liegende  Epi- 
physenlinie auch  mehr  der  Zerstörung  ausgesetzt  ist  Selbstver- 
ständlich gilt  dies  wesentlich  nur  für  den  Druckschwand,  und 
nicht  für  die  Erkrankung  der  knöchernen  Gelenkenden  aus  ande- 
ren Ursachen. 

Ich  führe  hier  kurz  die  Krankengeschichten  mit  einigen  Mes- 
sungen an  den  Gliedern  von  3  Kranken  auf,  welche  in  den  letz- 
ten Jahren  in  meiner  Behandlung  waren,  mit  der  Bemerkung, 
dass  es  nicht  etwa  ausgesuchte  Fälle  sind,  sondern  dass  ich  die 


Beiträge  zur  Resection  des  Kniegelenkes.  195 

sor  Beobachtung  nahm ,    welche  mir  gerade  in  der  letzten  Zeit 
zu  Gebote  standen. 

1.  M.,  ein  jetzt  30  Jahre  alter,  sonst  gesunder  und  kräftiger  Mensch,  er- 
krankte im  9ten  Jahre  angeblich  kurz  nach  einem  Falle  auf  das  rechte 
Knie  an  Gelenkentzündung.  Er  ging  6  Wochen  mit  leicht  gekrümmtem 
Knie  herum,  bekam  dann  ein  acutes  Exanthem.  Während  dieser  Krankheit 
Terschlimmerte  sich  die  Krankheit  des  Kniegelenkes;  da  nichts  für  das  Knie 
gethan  wurde,  so  krümmte  sich  dasselbe  zu  einem  rechten  Winkel,  schwoll 
beträchtlich  an,  und  wurde  nach  etwa  i  Jahre  ans  verschiedenen  Einschnit- 
ten Eiter  entleert  Nachdem  Pat  fast  1^  Jahr  zu  Bett  gelegen,  fing  er  wie- 
der an,  auf  Krücken  herumzugehen.  Es  hatten  sich  indessen  noch  viele 
Fisteln  gebildet,  welche  bis  zum  Uten  Jahre  eiterten.  Von  der  durch  eine 
Maschine  im  28ten  Jahre  allmälig  bewirkten  Streckung  fand  sich  ein  recht- 
winkelig gebogenes  Gelenk,  welches  noch  etwas  weiter  gebeugt,  aber  nicht 
gestreckt  werden  konnte.  An  demselben  war  die  Patella  auf  dem  Oondy- 
ias  ezternus  fixirt,  die  Tibia  nach  hinten  Inzirt  und  nach  aussen  verdreht 
Viele  Narben  und  ziemlich  beträchtliche  Verkürzung  zeugten  von  der  lange 
daaemden,  schweren  AfFection  des  Gelenkes.     . 

Die  Messungen  des  mit  Hülfe  einer  Kniemaschine  gestreckten,  jetzt  mit 
einem  Stützapparate  und  hohem  Absätze  leidlich  brauchbaren  Gliedes  erge- 
ben die  in  der  Tabelle  angegebene  Verkürzung. 

2.  F.,  20  Jahre  altes,  sonst  gesundes  Mädchen,  erkrankte  im  lOten 
Jahre  an  Entzündung  des  rechten  Kniegelenkes.  Das  Knie  schwoll  an,  und 
sehr  bald  entstanden  Fisteln  in  der  Kniekehle.  Indessen  ging  Patientin  mit 
leicht  gekrümmtem  Gliede  umher.  Im  14ten  Jahre  entstand  Exacerbation 
nach  einem  Falle  auf  das  Knie,  es  bildeten  sich  noch  mehr  Fisteln,  welche 
im  16ten  Jahre  zuheilten.  Das  in  einem  Winkel  von  145^  stehende  Glied 
wurde  faat  fortwährend  mit  Hülfe  eines  Stockes  gebraucht.  Es  liess  noch 
eine  Beugung  von  etwa  20°,  aber  keine  Streckung  zu,  dabei  war  die  Tibia 
leicht  nach  hinten  luxirt,  und  eine  ziemlich  beträchtliche  Genu-valgum-Stel- 
Inng  vorhanden.  Der  Fuss  war  nach  aussen  verdreht.  Vielfache  Narben 
fanden  sich  an  dem  deformen  Gelenke.  Nach  der  Streckung  durch  eine 
Maschine  ist  dasselbe  mit  Hülfe  eines  Stützapparates  leidlich  brauchbar. 
Die  Patientin  klagt  noch  stets  über  Schmerz  in  der  vorderen  Gelenkge- 
gend und  ermüdet  leicht    (Siehe  unten  die  Messungen.) 

3.  B.,  skrophulöser  Mann  von  25  Jahren.  Kniegelenkentzündung,  an- 
geblich im  12  ten  Jahre.  Eröffnung  verschiedener  Abscesse  nach  etwa  einem 
Jahre.  Die  Eiterung  dauerte  dann  etwa  1^  Jahre,  also  fast  bis  zum  löten 
Jahre.  Schon  etwa  1  Jahr  früher  benutzte  der  Kranke  das  in  einem  Win- 
kel Ton  145*  stehende  Glied,  welches  noch  um  einige  Grade  gebeugt,  aber 
flieht  gestreckt  werden  konnte. 

13* 


196  Dr.  König, 

Viel£uhe  Fistelnarben,  stark  nach  ansäen  Terdrebte,  nach  hinten  Inxirte 
Tibia. 

Verkfirznng  im  Ganzen.      Oberschenkel.      Tibia.      Verkfirenog  auf 

Rechnnng  der 
Verschiebung. 

1.  (M.)         8,5  Gtm.  3    Otm.        4  Gtm  1^  Gtm. 

2.  (F.)  7     Otm.  2    Gtm.        4  Gtm.  1     Gtm. 

3.  (B.)  9     Gtm.  2t  Gtm.        4  Gtm.  2,5  Gtm. 

Wir  erbaltea  im  Ganzen  ziemlich  gleichm&ssige  Zahlen, 
welche  daffir  sprechen,  dass  die  Tibia  am  meisten  im  Wachs- 
thum  zurückgeblieben  ist,  während  ein  kleinerer  Theil  dem  Wachs- 
tham  des  Oberschenkels,  und  ein  ziemlich  wechselnder  der  Dis* 
location  des  Gelenkes  zur  Last  f&IIt.  Aus  der  Grösse  der  Ver* 
kürzung  können  wir  ebensowohl,  wie  nach  der  Zeit,  in  welcher 
die  Gelenkeiterang  stattfand,  schliessen,  dass  das  Wachsthnm  des 
Gliedes  etwa  in  der  Zeit  vom  lOten  bis  14ten  Jahre  zarfick- 
bliebi  und  wir  sehen,  dass  wir  trotzdem  nach  der  Streckung  noch 
Glieder  bekommen,  welche  der  Länge  nach  zum  Gehen  recht 
wohl  brauchbar  sind.  Dies  berechtigt  uns  zu  dem  Schlüsse,  dass 
wir  auch  durch  die  Resection  brauchbare  Glieder  erzielen,  wenn 
wir  gezwungen  wären,  nach  dem  Uten  Jahre  mit  dem  Knochen- 
schnitte die  Grenze  der  Epiphysenlinijd  zu  überschreiten.  Das 
Wachsthum  würde  dann  nicht  mehr  zurückbleiben,  als  bei  den 
spontan  deform  geheilten  Gliedern,  und  die  Festigkeit  des  Glie- 
des wird  in  den  meisten  Fällen  bei  der  Resection  grösser  sein, 
als  bei  den  eben  beschriebenen  künstlich  gestreckten. 

Dies  leitet  uns  auf  die  Amputationsfrage.  Die  Entscheidung, 
in  sofern  sie  durch  die  Beschaffenheit  des  Knochens  an  sich  ge- 
geben wird,  scheint  mir  in  folgender  Weise  beantwortet  werden 
zu  müssen.  Absolut  indicirt  erscheint  die  Amputation  nur  bei 
so  weit  reichender  Erkrankung  des  Knochens  im  Kindesalter, 
dass  man  Stücke  von  grosser  Ausdehnung  (4  Zoll  und  mehr) 
reseciren  müsste.  Für  die  Knochenerkrankung  geringerer  Aus- 
dehnung, welche  jedoch  die  Epiphysenlinie  überschreitet,  müssen 
wir,  falls  wir  durch  bestimmte  Indicationen  zum  Operiren  ge- 
zwungen werden,  einen  Unterschied  nach  dem  Alter  des  Kindes 


Beftriige  zur  Resectioo  des  Kniegelenkes.  197 

macben.  Kinder  bis  za  10  Jahren  wird  man,  falls  die  ganze 
Epipbysenlinie  geopfert  werden  mass,  so  dasR  ein  darch  die  6p&- 
tere  Yerkfireung  doch  nur  wenig  brauchbares  Glied  erreicht  würde, 
lieber  ampntiren,  während  man  auch  bei  diesen  reseciren  wird, 
wenn  man  einen  grösseren  Theil  der  Epiphysenlinie  erhalten 
kann.  Kinder  vom  Uten  Jahre  an  sollte  man,  wenn  nicht  die 
oben  bezeichneten  sehr  bedeutenden  Stücke  vom  Gelenke  entfernt 
werden  müssen,  immer  reseciren,  auch  wenn  man  die  ganze  Epi- 
pbysenlinie opfern  muss.  Die  zu  erwartende  Verkürzung  Iftsst 
immer  noch  ein  leidlich  brauchbares  Glied. 

Wir  müssen  hier  noch  mit  einigen  Worten  den  allgemeinen 
Zofitand  der  kleinen  Kranken  berücksichtigen.  Viele  kleine  Pa- 
tienten sind  durch  die  lange  Eiterung,  durch  Fieber  und  Appe- 
titlosigkeit in  einem  an&mischen,  sehr  geschwächten  Znstande, 
leb  kann  diesen  Zustand  von  An&mie  nicht  als  Contraindication 
far  die  Resection  gelten  lassen.  Die  kleinen  Patienten  erholen 
sich  nach  Entfernung  des  kranken  Gelenkes  sehr  rasch,  wie  ich 
selbst  in  einem  Falle  zu  sehen  Gelegenheit  hatte.  Eben  so  wenig 
kann  man  allgemeine  Skrophulose  als  Contraindication  gelten 
lassen,  denn  auch  bei  dieser  pflegt  eine  Entfernung  des  erkrank- 
ten Gelenkes  häufig  gerade  einen  guten  Erfolg  auf  das  Allge- 
meinbefinden zu  haben.  So  beobachtete  ich  rasche  Heilung  einer 
EUenbogenresection,  gleichzeitig  mit  der  Heilung  vielfacher,  bis 
dahin  unvertilgbarer  Haut-  und  Drüsengeschwüre  bei  einein  Kna- 
ben. Sind  in  Folge  des  Gelenkleidens,  oder  anderweitiger  allge- 
gemeiner  Ursachen  bereits  amyloide  Organdegenerationen  ein- 
getreten, so  soll  man  jede  Operation  unterlassen.  Ebenso 
giebt  hochgradige  Tuberculose  Contraindication  gegen  die  opera- 
tiven Eingriffe ,  während  man  bei  deutlich  nachweisbarer  Tuber- 
cdose,  aber  bei  gutem  Allgemeinbefinden,  wenn  man  überhaupt 
eine  Operation  Ar  angezeigt  hält,  eher  zur  Amputation  schreiten 
wird. 

Georg  H.  Humphry  a.  a.  0.  hat  den  obigen  ähnliche 
Zuammenstellungen  in  Beziehung  auf  zurückgebliebenes  Wachs- 
tham  gemacht.    Er  schreibt  das  Zurückbleiben  im  Wachsthum 


198  Dr.  König, 

der  erkrankten  Gelenke  zumeist  dem  Nichtgebrauche  zu,  was 
allerdings  für  einzelne  Fälle,  in  welchen  auch  der  Fuss  im  Wachs- 
thum  zurückblieb,  zugestanden  werden  mnss.  Für  viele  Fälle, 
besonders  lur  die,  in  welchen  das  Glied,  wenn  auch  unvollkom- 
men, gebraucht  wurde,  ist  die  Erkrankung  der  Gegend  der  Epi- 
physenlinie  gewiss  die  wahrscheinliche  Ursache  der  Verkürzung 
des  Gliedes. 

Was  noch  schliesslich  für  die  Brauchbarkeit  des  Gliedes  im 
Allgemeinen  in^s  Gewicht  fallt,  das  ist,  dass  nach  der  neneren 
Nachbehandlung  mit  Gipsverband  die  Heilungszeit  sehr  abgekürzt 
erscheint,  so  dass  man  in  der  Lage  ist,  recht  bald  brauchbare 
Glieder  zu  erreichen.  Der  von  mir  resecirte  Knabe  begann  in 
der  8.  Woche  mit  dem  Gipsverbande  zu  gehen,  das  kleine 
Mädchen  nach  Verlauf  eines  Vierteljahres. 

Nachdem  wir  in  den  vorigen  Blättern  nachgewiesen  haben, 
dass  die  Resection  brauchbare  Glieder  liefert,  bleibt  uns  jetzt 
noch  die  Mortalitätsfrage  zu  erledigen.  Gewiss  würde  man  nicht 
zu  der  Ausübung  der  Operation  rathen  können,  wenn  nach  Ver- 
richtung derselben  der  Tod  aussergewöhnlich  oft  einträte.  Um 
diese  Frage  zu  beantworten,  müssen  wir  zur  Statistik  greifen, 
aber  wir  gestehen  gleich  zu,  dass  durch  dieselbe  nur  Unvoll- 
kommenes geleistet  werden  kann.  Wenn  wir  auch  annähernd 
richtige  Zahlen  für  die  Resection  des  Kniegelenkes  bei  Kindern 
zu  erwarten  hätten,  und  dies  steht  zu  bezweifeln,  so  gehen  uns 
doch  vollständig  die  Zahlen  ab,  welche  als  Hauptvergleichmoment 
dienen  müssten  —  ich  meine  eine  Mortalitätsstatistik  der  ohne 
Operation  behandelten  schweren  Kniegelenkseiterung  der  Kinder. 
Wir  können  also  die  Statistik  der  Kinderresectionen  nur  ver- 
gleichen mit  der  Amputation  des  Oberschenkels  und  mit  der 
Knieresection  bei  Erwachsenen.  Und  dieser  Vergleich  scheint 
im  Ganzen  nach  der  Zusammenstellung  von  Kinderresectionen, 
welche  ich  aus  der  Literatur  versucht  habe,  für  das  kindliche 
Alter  nicht  ungünstig  auszufallen.  Das  Kind  scheint  aber  einen 
so  beträchtlichen  EingrilBf  im  Ganzen  leichter  zu  ertragen,  wie 
der  Erwachsene,    üebrigens  glaube  ich,  dass  auch  für  Erwach- 


Beiträge  aar  Resection  des  Kniegelenkes. 


199 


sene  der  Erfolg  der  Knieresection  beträchtlich  besser  sein  wird, 
je  mehr  in  die  Nachbehandlung  das  Princip  der  absoluten  Ruhe 
aufgenommen  wird.     Eine  consequente  Anwendung  des  Gipsver- 
bandes alsbald  nach  der  Operation  würde  gewiss  bessere  Zahlen 
geben,   denn    nur    durch  den  Gipsverband  ist  eine  Feststellung 
der  resecirten  Theile,  und  mit  dieser  Feststellung  eine  möglichst 
geringe  Eiterung    und   beträchtlich   verminderte  Disposition  zur 
Jauchung  gegeben,  abgesehen  davon,  dass  der  Gipsverband  viel 
mehr  Aussicht   für   Erreichung   einer   festen  Verwachsung  giebt, 
als  jeder    andere    Verband.     Freilich   schliesst   keine  Verband- 
methode  die   localen  ungünstigen  Verhältnisse,  welche  in  einem 
Hospital  mehr  herrschen,  als  in  einem  anderen,  aus,  allein  die 
Pyämie   trifft    die    Knieresection   nicht  mehr,   als   die   anderen 
grösseren  Operationen. 

Wenn   ich    nun    eine  zusammenstellende  Statistik  der  kind- 
lichen Knieresectionen  gebe,  so  brauche  ich  nicht  zu  bemerken, 
dass  dieselbe    an    allen  allgemeinen  Fehlern  solcher  Zusammen- 
stellungen leidet.     Es  ist  möglich,  dass  ich  eine  grössere  Anzahl 
hätte  zusammenbringen  können,  wenn  mir  die  Literatur  besser 
zugänglich  gewesen   wäre.     Die  grössere  Zahl  der  Fälle  ist  der 
englischen  Chirurgie   entliehen,   ein  kleinerer  Theil   kommt   auf 
Deutschland ,  der  kleinste  auf  Frankreich.    Indem  ich  bemerke, 
dass  ich  die  48  ersten  Fälle  der  Hey  fei  der 'sehen  Statistik  ent- 
nommen habe,    werde  ich  bei  den  übrigen  Fällen  die  Quellen, 
aus  welchen  ich   dieselben  auszog,  bemerken.  Bemerken  will  ich 
noch,    dass  ich    nur   die  Fälle   bis  zum   16.  Lebensjahre  in  die 
Tabelle  aufnahm.  ^__ 


1. 
2. 
3. 


Sjme. 

derselbe. 
Frieke. 

Heusser. 


18  Jabre. 
17  Jahre. 
{8  Jahre. 

16  Jahre. 


1829 
1829 
1832 

1849 


lodicirende  Krank- 1 
heit 


Erfolg  der  Operation. 


Caries  des  Geleokes.  Lebt     Guter  Erfolg 
Cariea  des  Gelenkes.  Starb  »f  l^^*"  J?gf-. 
Caries  des  Gelenkes   Leb.  .«ut  ^fi^^^ 

Gonarthrocace.        U^btjo^^^^^^^^ 


200 


Dr.  König, 


Jabr- 

Indicirende  Krank- 

No. 

Operateur. 

Alter. 

gM>g. 

heit 

Erfolg  der  Operation. 

5. 

Jones. 

11  Jahre. 

1851 

Garies. 

Lebt  Vollkommener  Er- 
folg. 

6. 

derdelbe. 

7  Jahre. 

1852 

Garies. 

Lebt  Vollkommen. 

7. 

Paget 

14  Jahre. 

1852 

Garies. 

Lebt  Vollkommen. 

8. 

HeuBser. 

10  Jahre. 

1852 

Gonarthrocace. 

Tod  nach  wiederholter 
Resection  an  Erschöpf. 

9. 

Thomas. 

12  Jahre. 

1858 

Garies. 

Lebt.  Vollkommener  Er- 
folg. 

10. 

Jones. 

9  Jahre. 

1853 

Garies. 

Lebt    Vollkommen. 

11. 

Cotton. 

9\  Jahre. 

1853 

Garies. 

Lebt    Vollkommen. 

12. 

Gore. 

14  Jahre. 

1853 

Garies. 

Lebt.    Vollkommen. 

13. 

Thomas. 

16  Jahre. 

1853 

Garies. 

Lebt.  Vollkommener  Er- 
folg 
Lebt    Vollkommen. 

14. 

Keith. 

9  Jahre. 

1853 

Garies. 

15. 

Adelmann. 

16  Jahre. 

1853 

Garies. 

Tod  am  10.  Tage.  PjS- 

16. 

Pirrie. 

10  Jahre. 

1854 

Garies. 

mie. 
Nachträgliche  AmpuU- 
tion  mit  gutem  Erfolge. 

17. 

Brotherton. 

10  Jahre. 

1854 

Garies. 

Vollkommener  Erfolg. 

18. 

Fergnsson. 

10  Jahre. 

1854 

Garies. 

Tod  in  Folge  der  Ope- 
ration. 

19. 

Landsdown. 

12  Jahre. 

1854 

Garies. 

Lebt    Vollkommen. 

20. 

Pirrie. 

14  Jahre. 

1854 

Garies. 

Nachträgliche  Amputa- 
tion mit  gutem  Erfolge. 

21. 

Fergnsson. 

4  Jahre. 

1854 

Garies. 

Lebt    Vollkommen. 

22. 

Holt. 

8  Jahre. 

1854 

Garies. 

Lebt.    Gut 

23. 

Erichsen. 

7  Jahre. 

1854 

Garies. 

Lebt    Vollkommen. 

24. 

Pemberton. 

12  Jahre. 

1854 

Garies. 

Lebt    Vollkommen. 

25. 

Mackenzie 

12  Jahre. 

1854 

Garies. 

Tod.    Phthisis. 

26. 

Fergnssen. 

Kind. 

1854 

Garies. 

Lebt    Vollkommen. 

27. 

Smith. 

6  Jahre. 

1854 

Garies. 

Lebt    Gut. 

28. 

Brotherton. 

11  Jahre. 

1855 

Garies. 

Lebt    Vollkommen. 

29. 

Jones. 

9  Jahre. 

1855 

Garies. 

Lebt    Gut 

80. 

Goe. 

6  Jahre. 

1855 

Garies. 

Lebt    Gut 

31. 

Stanley. 

15  Jahre. 

1856 

Garies. 

Nachträgliche  Amputa- 
tion mit  gutem  Erfolge. 

32. 

Price. 

15  Jahre. 

1856 

Garies. 

Lebt    Gut. 

33. 

Erichson. 

.9  Jahre. 

1856 

Garies. 

Lebt    Vollkommen. 

It 

Price. 

9  Jahre. 

1856 

Garies. 

Lebt  Anscheinend  gut 

35. 

Goe. 

4^  Jahre. 

18.56 

Garies. 

Lebt    Gut 

36. 

Humphrej. 

12  Jahre. 

1856 

Ankylose  nach  Garies 

Lebt    Vollkommen. 

37. 

Square. 

11  Jahre. 

1856 

Garies. 

Lebt  Gut  Noch  in 
Behandlung. 

38. 

Page. 

12  Jahre. 

1856 

Garies. 

Lebt  Gut  Noch  io 
Behandlung. 

39. 

Bowman. 

16  Jahre. 

1856 

Garies. 

Lebt    Gut 

40. 

Jones. 

7  Jahre. 

1856 

Garies. 

Nachträgliche  Amputf 

tion  mit  gutem  Erfolge. 

Lebt.    Ungewisser  Zn- 

41. 

Bowman. 

16  Jahre. 

1856 

Garies. 

stand. 

Beiträge  snr  Resection  de«  Kniegeleokes. 


201 


Jahr- 

Indicirende  Krank- 

No. 

Opentear. 

Alter. 

gMf. 

heit. 

Erfolg  der  Operation. 

42. 

Hey. 

11  Jahre. 

1856 

Gonarthrocace. 

Lebt.  Scheinbar  gut 

43. 

Brans. 

13  Jahre. 

1856 

Garies. 

Nachträgliche  Amputa- 
tion mit  gutem  Erfolge. 

44. 

FergDsson. 

<>  Jahre. 

1856 

Gonarthrocace. 

Tod  in  der  Nacht  nach 
der  Operation  an  Blut- 
verlost 

45. 

Homphrej. 

2  Jahre. 

1857 

AcDte      Gelenkeite- 
rang. 

Tod. 

46. 

derselbe. 

5  Jahre. 

1858 

Garies. 

Lebt    Gut 

47 

derselbe. 

10  Jahre. 

1858 

Garies. 

Lebt    Gut 

48. 

Bowman. 

U  Jahre 

1858 

Garies- 

Lebt.    Gut 

49. 

TOD     Langen- 

4  Jahre. 

1857 

Ghroniscbe  Entzün- 

Nach    fast   vollendeter 

beck.  1) 

dnng,     Streckung, 
Gelenkeitening. 

Heilung  Tod  an  Tuber- 
culose  ond  Wirbelver- 
eiterong. 

50. 

derselbe,  i) 

U  Jahre. 

1859 

Bis   in   das   Gelenk 
reichende    Nekrose 
des  Femar. 

Heilung. 

51. 

derselbe,  i) 

9  Jahre. 

1861 

Garies  des  Gelenkes, 
spontane     Fractür 
der  Epiphyse. 

Heilung  mit  Beweglich- 
keit und  sehr  vollkom- 
menem   Gebrauche. 
Gipsverband. 

52. 

derselbe,  i) 

9  Jahre. 

1861 

Garies. 

Heilung  mit  Ankylose* 
Gipsverband. 

53. 

derselbe,  t) 

8  Jahre. 

1864 

Garies. 

Tod. 

54. 

Boteher.  3) 

15  Jahre. 

1858 

Garies. 

Glied    mitgewachsen. 
Heilung. 

55. 

Bauer.  *) 

14  Jahre. 

1860 

Deformität     des 
Kniees. 

Heilung  mit  2  ZoU  Ver- 
kürzung. 

56. 

Edw.Oanton.ft) 

15  Jahre. 

1860 

Verletzung  des  Ge- 
lenkes. 

Heilung. 

57. 

derselbe. ») 

8  Jahre. 

1860 

Verletzung  des  Ge 

Nachträgliche  Amputa- 

? 

lenkes. 

tion  mit  Heilung. 

58. 

Szymanowski. 
«) 

7i  Monate. 

1860 

? 

Gelenkeiterung. 

Heilung  mit  Beweglich- 
keit 

59. 

Frith.  1) 

13  Jahre. 

1857 

Gelenkverletznng 
mit    nachfolgender 

Heilung.  Znrfickgeblie- 
benes  Wachsthom. 

EntzQndung. 

1)  Lficke,  Beiträge  zur  Lehre  von  den  Resectionen,  v.  Langenbeck's  Ar- 
chiT  Bd.  m.  S.  319. 

^  Hfiter,  V.  Langenbeck's  Archiv  Bd.  VIIL  S.  104. 

^  Gurlt,    Jahresbericht  für  1859.    S.  111. 

4)  T.  Langenbeck's  Archiv  Bd.  IL  S.  645. 

')  Dublin  qoart  Journ.  of  med.  sc.  Vol.  31,  1861,  p.  74.  Gnrlt,  Jahres- 
bericht für  1860-1861.    Archiv  III.  S.  650. 

«)  Gorlt,    Jahresbericht  f&r  1860-1861.    L  A  HL  S.  552. 

7j  Med.  Times  and  Gazette  1861,  Vol.  1.   Gurlt,  Jahresbericht  1860  -  186L 


202 


Dr.  KOnig, 


Jahr- 

lodicirende  Krank- 

Nö. 

Operateur. 

Alter. 

«Mlg- 

heit 

Erfolg  der  Operation. 

60. 

Edwards  i) 

5  Jahre. 

1857 

? 

Heilung. 

61. 

fismarch.  >) 

12  Jahre. 

1859 

Kniegeleuksvereite- 
rung. 

Heilung. 

62. 

derselbe.  ») 

9  Jahre. 

1859 

KniegelenksTereite- 
rung. 

Heilung. 

63. 

derselbe,  s) 

7  Jahre. 

1859 

Kniegelenksvereite- 

Heilung. 

64. 

derselbe.  >) 

14  Jahre. 

1859 

rnog. 

Kniegelenks  Vereite- 
rung. 

Tod  am  17ten  Tage. 
Prämie. 

65. 

derselbe.  >) 

2  Jahre. 

1860 

Kniegelenksvereite- 
rung. 

Uli  geheilt  entlassen.  Ge- 
ßtorben  nach  späterer 
Exarticulation. 

66. 

A.  Richard.    S) 

12  Jahre. 

1862 

Garies. 

Nachträgliche  Amputa- 
tion.   Tod. 

67. 

derselbe. «) 

8  bis  10 
Jahre. 

1862 

Caries. 

Heilung. 

68. 

Lefort.  8) 

9  Jahre. 

1862 

Caries. 

Heilung. 

69. 

Giraldes.  ») 





Caries. 

Tod. 

70. 

derselbe.  >) 

— 

— 

Caries. 

Noch  in  Behandlaog. 
Lungentuberculose. 

71. 

Dassöris.  >) 

7  Jahre. 

1862 

Caries. 

Heilung. 

72. 

derselbe.  8) 

9  Jahre. 

1862 

Caries. 

Heilung. 

73. 

Holmes.  ^) 

10  Jahre. 

1861 

Caries. 

ZurQckgebliebenes 
Wachsthum  nach  2Jah- 
ren    1    Zoll.    Heilong 
nach  8  Wochen. 

74. 

derselbe.  *) 

18  Jahre. 

1862 

Caries. 

Nachträgliche  Ampata- 
tion.    Heilung. 

?6. 

derselbe.  ^) 
(Hewett.) 

11  Jahre. 

1861 

Garies. 

Heilung  nach  3  Monaten. 

76. 

derselbe.  *) 
(Smith.) 

9  Jahre. 

1859 

Garies. 

Nach  2  Jahren  war  die 
Verkürzung  die  gleiche, 
nach  nochmals  2  Jah- 
ren ebenfalls.  Entfer- 
nung 1  Zoll ,  Heilung 
nach  3  Monaten. 

77. 

Th.  Smith.*) 

6  Jahre. 

? 

Garies. 

Noch  in  Behandlong. 
Bis  jetat  gut 

78. 

Fergusson.  *) 

6  Jahre. 

1862 

Garies. 

Heilung.  1  Zoll  Yer- 
kflrzung. 

1)  Med.  Times  1861.    Vol.  1.    Gnrlt,   Jahresbericht  1860-1861. 

>)  Völckers,  Beiträge  zur  Statistik  der  Amputation  und  Resection.  v.  Lao- 
genbeck's  Archiv,  Band  IV.  S.  583. 

8)  A.  Vernenil,  Gaz.  hebdom.  de  Mödec.  et  Ghir.  1862,  p.  721.  Gurlt, 
Jahresbericht  f&r  1862,  S.  484. 

«)  Journal  fQr  Kinderkrankheiten.  Band  XLU.  1864.  Heft  I.  und  IL  S.  1.  Ceber 
die  Ausschneidung  der  Gelenke  bei  Kindern. 


Beiträge  zur  Resection  dea  Kniegelenkes. 


203 


No. 


Operateur. 


79.!Bardelebeii.  i) 
80.1     derselbe.  0 


81.  derselbe,  i) 
I         (Heineke.) 

82.  Bardeleben,  i 

83.  derselbe,  i) 


84. 
85. 


derselbe,  i) 
derselbe.  ^3 


86.1  Billroth.  3) 
87.|Pa8saTant.  >) 

8a  Roser- -i) 
89.'     derselbe.^) 

90.  iFergnsBOD.  &) 
91. '     derselbe.  *) 

92.       ■       ' 
93. 


94. 

95. 
96. 
97. 
98, 

99. 


derselbe.  ^) 
Price.  *) 


derselbe.  &) 

Fearn.  ») 
derselbe.^) 
derselbe.  *) 
derselbe.  ^) 

Cotton.  *) 


00. 1  Gore.  ») 
L01.i 


Alter. 


Jahr- 


11  Jahre. 
7  Jahre. 


6  Jahre. 

9  Jahre. 

13  Jahre. 
12  Jahre. 
4  Jahre. 


7  Jahre. 

15  Jahre. 

14  Jahre. 

16  Jahre. 

13  Jahre. 

Rind. 
6ti  Jahre. 

15  Jahre. 

12  Jahre. 

12  Jahre. 
9  Jahre. 

8  Jahre. 
7  Jahre. 

16  Jahre. 

Kinder 
nnter  15  J. 


Indicirende  Krank- 
heit. 


1862  Garies. 

1863  Garies. 


1864  Garies. 

1864  Garies. 

1861  Garies. 

1863  Garies. 

1864  Garies. 


1860  Tumor  albus. 

1862  Garies  darch  Kno- 
chentubercnlose. 

1856  Garies  scrophulosa. 
1859  Garies  mit  Luxation 

nach  hinten. 

1857  Garies. 
?      Garies. 

1857  Garies. 

1857  Acuter  Abscess  nach 
chronischerOelenk- 
affection. 

1858  Ghronische  Gelenk- 
entzündung. 

Tumor  albus. 
Garies. 
Garies. 
Garies. 


Garies. 


Erfolg  der  Operation. 


Tod  durch  Entkräftung. 

Tod.  Fettdegeneration 
des  Herzens.  Embolus 
der  Fossa  Syhii. 

Tod.  Acute  Meningitis. 

Heilung.        Mfissige 
Brauchbarkeit 

Heilung. 

Heilung. 

Das  Knie  in  Ankylose 
geheilt,  aber  die  Kleine 
laborirt  an  allgemeiner 
Rnocheneiterung,  da- 
her der  Ausgang  zwei- 
felhaft. 

In  der  6.  Woche  Tod  an 
Meningitis  tuberculosa. 

Nachträgliche  Amputa- 
tion.   Heilung. 

Tod.    Phlebitis. 

Heilung. 

Heilang. 

Heilung. 

Tod  durch  Ghloroform. 

Heilung. 


Tod.  Eiterige  Durch- 
fälle.   Erschöpfung. 

Heilung. 

Heilung. 

Heilung. 

Gut.  Noch  in  Behand- 
lung. 

Tod  in  der  9.  Woche. 
Anämie. 

Bei  beiden  Heilung. 


^)  Beiträge  zur  Kenntniss  der  Behandlung  der  Krankheiten  des  Kniees. 
>r.  Walther  Heineke.    Danzig  1866. 

^  (Briefliche  Mittheilung.) 

^)  (Brief  liehe  Mittbeilung.) 

^)  P.  Gh.  Price,  A  Description  of  the  Diseased  Gonditions  of  the  Knee- 
oint    London  1865.  S.  121. 

5;  Price  a.  a.  0.    S.  68  u.  s.  w. 


204 


Dr.  König, 


Jahr» 

Indicirende  Krank- 

No. 

Operateur. 

Alter. 

gaag. 

heit 

Erfolg  der  Operation. 

102. 

Keith.  1) 

14  Jahre. 

1854 

Heilung. 

103. 

Heath.  i) 

14  Jahre. 

1854 

Caries. 

Sehr  ausgedehnte  Re- 
section,  grosse  Verkür- 
zung. Geht  am  Stock. 

104. 

Greenhow.  ») 

8  Jahre. 

1853 

Caries. 

Nachträgliche  Amputa- 
tion.   Heilung. 

106. 

Fife.  0 

7  Jahre. 

1858 

Caries. 

Nachträgliche  Amputa- 
tion.   Heilung. 

106. 

Quain.  i) 

Knabe. 

Caries. 

Nachträgliche  Amputa- 
tion    Heilung. 

107. 

Cutler.  1) 

Knabe. 

Entfernung  der  Gelenk- 
fläche des  Oberschen- 
kels.   Tod. 

108. 

Lawson.  i) 

Knabe. 

Contractur. 

Heilung. 

109. 

Heath.  ») 

8  Jahre. 

Contractur. 

Heilung. 

110. 

Mayo.  i) 

15  Jahre. 

1856 

Caries. 

Heilung. 

111. 

König. 

Knabe, 
7  Jahre. 

1865 

Caries  fibulae.  Chro- 
nische   Gelenkent- 
zflndang.      Acuter 
Abscess    des    Ge- 
lenkes. 

Heilung. 

112. 

König. 

Mädchen, 
8  Jahre. 

1865 

Caries  genu. 

Heilung. 

1)  Price  a  a.  0.  S.  68  n.  s.  w. 


Wir  habeD  in  der  eben  aufgestellten  Statistik  112  Fälle  von 
Enieresection.  Die  letzten  Fälle  ßind  aus  der  Statistik/ welche 
sich  in  der  Arbeit  von  Price,  die  von  H.  Smith  herausge- 
geben wurde,  findet  In  der  Statistik  selbst  ist  das  Alter  der 
Patienten  nicht  erwähnt,  es  mnsste  daher  die  Kinderstatistik  aas 
den  beigefügten  Bemerkungen  über  die  einzelnen  Fälle  der  Auto- 
ren ausgezogen  werden.  Hierbei  wurden  mit  Vorsicht  die  Fälle 
ausgeschieden,  welche  sich  wahrscheinlich  schon  in  der  Heyfel- 
der'sehen  Statistik  notirt  fanden.  Auch  wurden  die  Fälle  eines 
Autors  nur  dann  aufgenommen,  wenn  sich  bestimmt  angeben  Hess, 
dass  alle  Kinderresectionen  desselben,  glückliche  und  unglückHche, 
angegeben  waren.    Wenn  daher  in  der  Tabelle  auch  viele  An- 


Beitr&ge  zur  Resection  des  Rniegeleokes.  205 

gaben  fehlen,  so  glaube  ich  doch,  dass  die  Statistik  derselben  im 
Ganzen  auf  Glaubwürdigkeit  Ansprüche  macht,  da  die  Angaben 
zumeist  von  den   einzelnen  Chirurgen  dem  Verfasser  selbst  ge- 
macht wurden.  Wir  haben  unter  diesen  112  Fällen  70  Heilungen 
mit  brauchbarem  Glied ,  9  Kniegelenke  sind  als  gut  bezeichnete, 
befanden  sich  aber  zur  Zeit  der  Mittheilung  noch  in  Behandlung, 
20  Todesfälle  ereigneten  sich  nach  der  Operation,   und  in  13 
Fällen  wurde  nachträglich  amputirt.  Von  diesen  nachträglich  am- 
patirten  wurden  11  geheilt  und  2  starben.    Die  Glieder  heilten 
fast  alle,  soweit  sich  dies  aus  den  Angaben  ersehen  liess,  durch 
feste  Vereinigung  der  Knochen  des  Ober-  und  Unterschenkels; 
bald  schien  dieselbe  ganz  fest,   knöchern  zu  sein,  bald  Hessen 
sich  noch   minimale   Bewegungen   zwischen    Tibia    und   Femur 
machen.  In  beiden  Arten  der  Verbindung  war  das  Glied  branch- 
bar. Nur  zwei  Fälle  konnte  ich  finden,  in  welchen  die  Erzielnng 
eines  mobilen  Gelenkes  erwähnt  wurde,  es  sind  dies  die  Fälle  51 
(v.Langenbeck)und58(SzymanowBki).  Der  letzte  Fall  ist 
togleich  noch  dadurch  merkwürdig,  dass  die  Operation  an  einem 
Kinde  von  7i  Monat  vorgenommen  wurde.    Der  Tod  trat  ein 
20  Mal,   und  zwar  direct  an  den  Folgen  der  Operation  durch 
Blutverlust,  Chloroform  etc.  4  Mal,  durch  Pyämie  und  ähnliche 
Processe  4  Mal,  durch  erschöpfende  Eiterung  nach  der  Operation 
an  Entkräftung  3  Mal,  durch  Tuberculose  2  Mal  und  durch  Me- 
ningitis,  worunter  einmal  tuberculose  Meningit.,   2  mal.    In  5 
FUIen  ist  die  Todesursache  nicht  angegeben.  Ueber  das  Wachs- 
thom  des  Gliedes  lässt  sich  keine  Statistik  nach  dieser  Aufzeich- 
nung machen,  da  nur  bei  den  allerwenigsten  Fällen  nachträgliche 
Hessongen  verzeichnet  sind.    Uebrigens  fand   ich  bei   manchen 
Gliedern  ein  fortschreitendes  Wachsthum,  oder  wenigstens  ein  nur 
geringes  Zurückbleiben  verzeichnet,  bei  welchen  man  nach  den 
Angaben  zu  der  Annahme  berechtigt  war,  dass  wenigstens  ein 
Theil  der  Epiphysenlinie  mitgeopfert  wurde,  so  dass  also  meine 
Behauptung  darin  eine  Stfitze  findet,  dass  das  Glied  mitwächst, 
wenn  nur  ein  Theil  der  Epiphysenlinie  erhalten  bleibt 

Wir  haben  also,  wenn  wir  die  TodesfiUle,  die  noch  nicht 


206  Dr.  König, 

ganz  geheilten  und  die  nachträglich  amputirten  zusammen  rech- 
nen, auf  .70  Heilungen,  42  misslungene  Operationen.  Die  Hei- 
lungen betragen  also  fast  ^,  genauer  nach  Procenten  berechnet 
kommen  auf  62|  pCt.  Heilungen  37 i  misslungene  F&Ue.  Die 
Todesfälle  betrugen  nicht  ganz  i  oder  procentisch  19  ^^  pCt. 

Vergleichen  wir  damit  verschiedene  Zusammenstellungen  von 
Enieresectionen  ohne  unterschied  des  Alters,  so  finden  wir  bei 
Heyf eider  auf  108  Erfolge  70  Misserfolge;  sie  verhalten  sich 
also  wie  i :  \  oder  procentisch  kommen  auf  60^  pCt.  Heilungen 
39|  pCt  Misserfolge.  Am  Leben  blieben  von  den  179  —  125, 
also  weit  fiber  1  oder  procentisch  starben  30^  pGt 

In  Gurlt^s  Jahresbericht  für  1862  fanden  wir  Mittheilangen 
über  Statistik  der  Resection  des  Kniegelenks  von  T.  Holmes 
(British  and  Foreign  Medico-Chirurgical  Review.  Vol.  30.  1862 
p.  225).  Nach  einem  kürzlich  von  R.  M.  Hodges  (On  the  ex- 
cision  of  joints)  in  America  publicirten  Buche,  in  welchem  die 
bekannt  gewordenen  Operationsfälle  möglichst  vollständig  ge- 
sammelt sind,  betreifen  208  die  Resection  des  Kniegelenks.  In 
runden  Zahlen  verlief  %  der  Fälle  tödtlich,  mehr  als  die  Hälfte 
^  misslang,  und  nur  bei  mehr  als  ^  wurde  das  Gelingen  festgestellt 
60  Fälle  verliefen  direct  ohne  Amputation  tödtlich,  9  weitere 
nach  Amputation.  Die  Totalsumme  der  Amputirten  beträgt  42, 
bei  14  anderen  wird  das  Glied  als  mehr  oder  weniger  unbrauch- 
bar geschildert,  demnach  116  misslungene  Fälle.  In  27  weiteren 
fehlt  die  Angabe  über  Brauchbarkeit  des  Gliedes,  sie  sind  nnr 
als  geheilt  bezeichnet.  Es  bleiben  also  nach  Holmes  nur  65 
brauchbare.  Dies  scheint  mir  doch  den  Skepticismus  etwas  zu 
weit  getrieben,  ich  meine  doch,  dass  es  keinem  Menschen  ein- 
fallen wird,  ein  Glied  als  geheilt  zu  bezeichnen,  wenn  es  nicht 
zum  Gehen  brauchbar  erscheint 

Wir  haben  also  69  tödtliche  Fälle  =  331^  pGt.,  Misserfolge 
fast  56  pCt.,  und,  wenn  wir  die  27  nur  geheilt  bezeichneten 
Fälle  zu  den  Erfolgen  rechnen,  92  Erfolge  oder  etwas  mehr  als 
44  pCt 

Holmes  hat  dann  die  Knieresectionen  der  Londoner  Hospi- 


Beiträge  zar  Resection  des  Kniegelenkes.  207 

täler  zasammengestellt,  er  giebt  aber  zu,  dass  bei  der  mangel- 
haften  Registrirung  die  Zahlen  nicht  ganz  unangreifbar  seien.  Es 
sind  im  Ganzen  95  Fälle.  Von  27  ist  es  bekannt,  dass  sie  ge- 
storben sind,  und  in  10  anderen  misslang  die  Operation  (8  am- 
patirt,  von  2  nichts  bekannt).  Unter  den  58  übrig  bleibenden 
Fällen  sind  bei  10  die  Angaben  ungenügend,  während  über  19 
der  anderen  eine  ganz  summarische  Angabe  vorliegt.  —  Wir 
sehen  aus  diesen  Angabeui  dass  die  ganze  Aufstellung- statistisch 
kaum  verwerthbar  ist,  wenigstens  gewiss  nicht  die  Zahl  der 
braachbaren  Glieder,  und  wir  wollen  daher  nur  daraus  die  28,4 
pCt.  Todesfälle  und  die  38,9  pCt.  misslungenen  Fälle  merken. 

In  der  neuesten  Zusammenstellung  von  Price  a.  a.  0.  finden 
sich  auf  291  Resectionen  des  Knies  78  Todesfälle,  also  nicht 
ganz  27  pGt.,  Erfolge  164,  also  etwa  56^^  und  127,  oder  etwa 
44^  pGt.  Misserfolge. 

Ich  habe  nun  noch  aus  der  Hey  felde  raschen  Tabelle  von 
183  Fällen  die  Statistik,  abzüglich  der  bis  zum  16.  Jahre,  ab- 
züglich ferner  der  ohne  Angabe  des  Alters  und  der  noch  in  Be- 
handlung befindlichen  zusammengestellt.  Es  sind  dies  102  an 
Erwachsenen  ausgeführte  Resectionen.  Unter  diesen  sind  45  gün- 
stige Erfolge,  40  Todesfälle,  12  nachträgliche  Amputationen  und 
5  schlechte  Erfolge  verzeichnet  Also  57  Misserfolge  auf  45  gün- 
stige Erfolge.  Es  kommen  auf  etwas  mehr  als -44  pCt.  Erfolge 
iast  56  pGt.  misslungene  Operationen  und  39  pCt  Todesfälle. 

Stellen  wir  die  Ergebnisse  nach  Procenten  zusammen,  so 

ergiebt  sich: 

Günstige      Miss-       Todes- 
Erfolge.      erfolge.       fälle. 

1.  H ey fei der,Auszugder Erwachsenen:  44  pGt.  56  pGt.  39  pCt 

2.  Statistik  von  Hodges   .....  44  -  56     -  33    - 

3.  Holmes^  Londoner  Hospitäler    .     .  —  -  38,9  -  28,4- 

4.  Die  gesammte  Hey  fei  der 'sehe  Sta- 
tistik   60^  -  39i   -  30^  - 

5.  Statistik  von  Price 56^  -  43^   -  27    - 

6.  Unsere  Kinderstatistik 62i  -  374    -  19/^- 


208  I>r.  König, 

Wir  finden  aas  diesen  Zahlen,  was  zunächst  die  Mortaliiäts- 
Ziffer  betrifft,  dass  sich  dieselbe  um  fast  das  Doppelte  günstiger 
stellt,  als  die  aus  der  Statistik  No.  1.  entnommene,  und  dass  sie 
um  10  pCt.  günstiger  erscheint,  als  die  Durchschnittszifier  aus 
den  Zusammenstellungen  2—5.  Die  Misserfolge  gestalten  sich 
um  18}  pGt.  besser,  als  die  aus  der  Statistik  No.  1.,  und  um 
7  pGt.  besser,  als  die  aus  der  Durchschnittsziffer  derselben  Num- 
mern 2—6.  Die  Erfolge,  in  Beziehung  auf  Brauchbarkeit  des 
Gliedes,  gestalten  sich  um  18}  pCt.  besser,  als  die  der  Statistik 
fßr  Erwachsene,  und  um  8^  pCt.  besser,  als  die  aus  den  Num- 
mern 2.,  4.,  5.  Wodurch  die  auffallend  ungünstigen  Resultate  in 
der  Statistik  von  Hodgos  zu  erklären  sind,  weiss  ich  nicht  zu 
sagen.  Möglicher  Weise  betreffen  dieselben  hauptsächlich  Er- 
wachsene. Vergleicht  man  die  Kinderstatistik  mit  den  drei  übri- 
gen, so  geht  daraus  hervor,  dass  hauptsächlich  die  Sterblichkeit 
nach  der  Operation  beim  Kinde  geringer  ist,  während  die  Zahl 
der  Misserfolge  nur  um  wenige  Procente  (etwa  3  pCt.)  geringer 
erscheint. 

Da  keine  specielle  Statistik  der  Amputation  des  Oberschenr 
kels  bei  Kindern  existirt  (so  viel  mir  wenigstens  bekannt  ist), 
80  ist  es  nicht  möglich,  in  der  Richtung  einen  Vergleich  anzu- 
stellen. Dass  die  Mortalitätsziffer  entschieden  günstiger  ausfällt, 
als  die  allgemeine  Ziffer  der  Oberschenkelamputationen  (4  nach 
PauFs  conservativer  Chirurgie  etc.,  62,6  pCt.  nach  Malgaigne, 
62,7  pCt.  nach  Tr^lat),  ist  wohl  als  sicher  anzunehmen.  Da- 
gegen scheinen  die  Resultate,  welche  aus  der  speciellen  Zusam- 
menstellung der  Oberscbenkelamputationen  wegen  Kniegelenks- 
erkrankung gewonnen  wurden  (Teale  zu  Leeds),  den  unserigen 
nahe  zu  kommen  (1  :  4|  in  den  Londoner  Hospitälern,  1  :  4  in 
den  Provinzial-Hospilälern,  nach  Bryant's  neuester  Statistik  1 :  7); 
siehe  Gurlt's  Jahresbericht,  dieses  Arch.  B.  1.  S.  115. 

In  den  folgenden  Zeilen  will  ich  versuchen,  das,  was  mir 
iiir  die  Operation  sowie  für  die  Nachbehandlung  wesentlich  er- 
scheint, aus  den  von  mir  gewonnenen  Erfahrungen  mitzutheilen. 
"  Ehrungen  erstrecken  sich  auf  4,  sämmtlich  günstig  ab- 


Beiträge  zur  Resection  des  Rniegelenkes.  209 

gelaufene  Fälle,  nur  der  letzte  —•  ein  resecirter  Enieschass  aus 
dem  Feldzng  dieses  Sommers  —  befindet  sich  noch  im  Hospital, 
doch  ist  die  Heilung  gesichert.  Yon  den  drei  übrig  bleibenden 
ist  noch  ein  Erwachsener,  die  beiden  übrigen  sind  Kinder.  In 
Beziehung  auf  die  Operation  bemerke  ich^  dass  ich  bald  einen 

I 1  Schnitt,  bald  einen  bogenförmigen  Schnitt  gemacht  habe. 

Der  letztere  scheint  mir  für  die  meisten  Fälle,  in  welchen  nicht 
Tiel  von  der  Tibia  entfernt  wird  ausreichend,  doch  muss  der  ho- 
rizontale Theil  stark  nach  unten,  dem  oberen  Ende  der  Tibia  ent^ 
sprechend,  angelegt  werden,  sonst  bietet  das  spätere  Absägen 
der  Tibia  Schwierigkeiten.  Den  von  Langenbeck  geübten 
Längsschnitt,  sowie  auch  den  von  Hueter  angegebenen  inneren 
Längsschnitt  habe  ich  an  der  Leiche  Öfter  geübt,  und  mich  von 
der  leichten  Ausführbarkeit  desselben  überzeugt.  Bei  stark  ge- 
schwollenen infiltrirten  Weichtheilen  scheint  mir  der  Querschnitt 
doch  noch  mehr  Raum  zu  geben,  und  den  Längsschnitt  in  der 
Absicht  auszufuhren,  um  dadurch  den  Streckapparat  des  Kniees 
sa  erhalten,  habe  ich  noch  nicht  versucht.  So  sehr  ich  von  der 
Yortrefflichkeit  des  Strebens,  dem  Patienten  ein  wirkliches  Knie- 
gelenk zu  erhalten,  überzeugt  bin,  so  halte  ich  doch  gerade  die 
Knieresection  för  eine  Operation^  die  noch  nicht  so  gesichert  ist, 
um  noch  weitere  Hisserfolge  ertragen  zu  können.  Und  dazu 
würde  ein  allgemeines  Streben,  das  Kniegelenk  mobil  zu  heilen, 
wahrscheinlich  fähren,  es  würden  wahrscheinlich,  abgesehen  von 
einigen  mobil  brauchbaren,  eine  grösssre  Anzahl  von  mobil  un- 
brauchbaren, schlotternden  Gelenken  erzielt  werden,  um  so  mehr, 
da  die  Operation  auch  von  weniger  geübten  Händen  ausgeführt, 
und  die  Nachbehandlung  geleitet  werden  muss,  als  von  denen 
des  ausgezeichneten  Berliner  Chirurgen.  Mögen  Berufene  in  der 
Richtung  weitere  Versuche  machen  —  nach  den  jetzigen  Erfah- 
rungen muss  man  wohl  im  Allgemeinen  davon  abrathen. 

Nach  Durchschneidung  der  Bänder,  Kapsel  etc.  bleiben  mir 
einige  Worte  über  die  Patella  zu  sagen.  Ich  habe  dieselbe  in 
zwei  Fällen  entfernt,  in  zwei  anderen  Fällen  blieb  sie  erhalten. 
Ich  kann  nicht  sagen,  dass  der  Verlauf  der  Fälle  ein  wesentlich 

T.  Lftagtabcck,  krchiw  f.  Chirarg««.  IX.  ]^ 


SlÖ  Dr.  König, 

verschiedener  gewesen  wäre,  die  Erhaltung  oder  Entfernung  der 
Patella  hat  weder  besondere  Zufalle  herbeigeführt,  noch  einen 
wesentlichen  Einfluss  auf  die  Dauer  der  Heilung  geübt.  Price 
a.  a.  0.  giebt  an,  dass  er  die  Patella  immer  wegnimmt,  seit  es 
ihm  passirt  sei,  dass  gegen  Ende  der  Heilung  sich  Abscesse  am 
Knie  bildeten,  und  dass  die  cariöse  Patella  als  Grund  dieser 
Abscesse  erkannt  und  entfernt  wurde.  Zugegeben,  dass  dies  ein 
Mal  sich  ereignen  kann,  so  ist  es  gewiss  nicht  die  Regel.  Einen 
Werth  lege  ich  fibrigens  der  Erhaltung  der  Patella  nicht  bei,  es 
sei  denn,  dass  man  sich  dazu  entscbliesst,  dieselbe  sammt  der 
Kapsel  zu  excidiren.  Obwohl  es  mir  a  priori  nicht  unwahr- 
scheinlich ist,  dass  die  Kapsel  öfter  Ursache  zu  nachträglichen 
Eiterungen  unangenehmer  Natur  werden  kann,  und  die  Entfer- 
nung derselben  auch  von  verschiedenen  Seiten,  besonders  für  die 
Exarticulation  am  Knie,  angerathen  wurde  (Billroth,  Deutsche 
Klinik  1859.  99),  so  sind  die  Acten  darüber  noch  nicht  ge-' 
schlössen.  Gewiss  aber  scheint  die  Gefahr  vielmehr  von  der 
noch  intacten  Kapsel  auszugehen,  also  bei  primären  Resectionen 
nach  einer  Verletzung,  als  von  der  degenerirten,  verdickten,  hie 
und  da  granulirenden  Kapsel  der  chronischen  Entzündungen.  Spe- 
cielle  ZnfUle,  welche  sich  auf  die*  Kapsel  beziehen  Hessen,  habe 
ich  bei  den  drei  wegen  Caries  resecirten  Gelenken  nicht  beob- 
achtet, wohl  aber  trat  bei  einem  in  der  6.  Woche  nach  Scbuss- 
verletzung  resecirten  Knie  eine  entschieden  von  der  zurückge- 
bliebenen oberen  Ausdehnung  des  Gelenksackes  ausgehende,  mit 
hohem  Fieber  verbundene  übele^ Eiterung  ein,  welche  jedoch, 
nachdem  der  Eiter  sich  frei  entleeren  konnte,  bald  zur  Heilung 
kan^. 

Nach  Freilegung  der  Knochenenden  verwende  ich  grosse 
Vorsicht  auf  den  Sägeschnitt.  Zunächst  erstreckt  sich  diese  Vor- 
sicht auf  die  möglichste  Erhaltung  gesunder  Knochentheile.  Ge- 
rade für  die  Resection  des  Kniegelenkes  im  Kindesalter,  wo  jede 
erhaltene  Linie  des  Knochens  von  Vortheil  für  die  spätere 
Brauchbarkeit  des  Gliedes  erscheint,  muss  man,  glaube  ich,  die 
wieder   neuerdings   f&r   die  Resectionen   im  Allgemeinen  von 


Beiträge  znr  Resection  des  Kniegelenkes.  211 

Böser  (Archiv  der  Heilkunde.  VII.  Jahrgang.  VI.  Heft,  S.  567) 
empfohlenen  Partialresectionen  mehr  in  Aufnahme  bringen.    Bei 
den  von  mir  operirten  Fällen  hätte  ich  dieselbe  nur    in  dem 
imtea  beschriebenen  ersten  Falle  üben  können,  doch  hielt  mich 
die  Scheu  davon  ab,  dass  eben  gerade  in  der  Richtung  specielle 
Erfahrungen  fehlen.  Die  4  ersten  Fälle  in  dem  Hey  fei  der 'sehen 
Buche  von  Partialresection  des  Oberschenkels  (S.  127)  beweisen 
nichts,  da  sie  wegen  Verletzung  gemacht  wurden;  von  den  beiden 
übrigen  Fällen  (Statham   und  Cuttler)  lässt   sich   ebenfalls 
kein  Schluss  ziehen,  (ein  Kind,  an  Garies  leidend,  wurde  gesund, 
ein  Knabe,  an  derselben  Krankheit  leidend,  starb),  da  in  beiden 
Fällen  Patella  und  Tibia   mit   einem  Meissel   abgeschabt,    also 
wahrscheinlich   eine  Knochenwunde,   zum  wenigsten   aber   eine 
wunde  Fläche  hergestellt  wurde.    Bei  Resectionen   an  anderen 
Gelenken  ist  man  ja  nicht  ängstlich  mit  dem  Stehenlassen  über- 
knorpelter  Flächen  —  man  lässt  die  Pfanne  bei  der  Schulterre- 
section,   und,  wenn  sie  gesund  ist,   auch  bei  der  Hüftresection 
stehen;  lässt  man  ja  doch  auch  beim  Kniegelenk  das  Waden- 
beinköpfchen sehr  häufig  intact,  und  ich  wfisste  nicht,  dass  in 
diesen  Fällen  besondere  Nachtheile  auf  Kosten  des  Knorpels  ge- 
schoben würden.  Das  Ellenbogengelenk  ist  ja  ebenfalls  oft  genug 
nur  theilweise  resecirt  worden,  und  ich  selbst  habe  noch  in  der 
letzten  Zeit  verschiedene  Fälle  heilen  sehen,  so  gut,  wie  die  To- 
talresectionen.  Senft leben  (Resectionen  grösserer  Gelenke,  dieses 
Archiv.  Bd.  3.  S.  95),  hat  die  Frage  der  Partialresectionen  ein- 
gehend betrachtet;  er  kommt  zu  dem  Resultate,  dass  vom  Knor- 
pel aus  allmälig  ebenso   gut  Bindegewebsneubildung  zu  Stande 
kommt,  wie  von  dem  abgesägten  Knochen,  und  dass  also  in  der 
Nator  des  Knorpels  durchaus  keine  Momente  liegen,  welche  eine 
Entfernung   desselben   bei   der  Resection   besonders  vortheilhaft 
erscheinen  lassen. 

Ich  stelle  also  beim  Sägeschnitt  im  Allgemeinen  die  Regel 
auf,  dass  man  möglichst  alles  Gesunde  erhalten  soll.  Sind  die 
Gelenkflächen  nur  ganz  oberflächlich  erkrankt,  so  nehme  ich  auch 
nur  ganz  oberflächliche  Partieen  fort,   und  halte  mich   mit  dem 

14* 


212  Dr.  Itönig, 

S&geschnitt  am  Oberschenkel  im  Allgemeinen  parallel  der  Gelenk- 
oberflache,  d.  h.  der  Schnitt  soll  vom  Ende  des  inneren  Condylus 
nngefähr  gleich  weit  entfernt  sein,  wie  Tom  Ende  des  äusseren. 
Heyfelder  hat  dies  schon  f&r  alle  Enieresectionen  als  Regel 
aufgestellt,  um  der  späteren  Abweichung  des  Kniees  nach  Aussen 
vorzubauen.  Aus  meiner  Beschreibung  des  Epiphysenknorpels  er- 
hellt, warum  der  Schnitt  gerade  beim  Eind  in  dieser  Art  am 
zweckmässigsten  ist  —  indem  man  nämlich  so  gleich  weit  von 
dem  Epiphysenknorpel  entfernt  bleibt.  Sollte  es  von  vorne  herein 
offenbar  sein,  dass  die  Erkrankung  an  einer  oder  der  anderen 
Stelle  über  die  Epiphysenlinie  hinausgeht,  so  rathe  ich  zunächst, 
den  bei  der  Betrachtung  der  Epiphysenlinie  angegebenen  Schnitt 
zu  machen,  welcher  in  einem  Schnitt  soviel  wie  möglich  von  dem 
Gelenkende  wegnimmt,  ohne  dem  Epiphysenknorpel  zu  nahe  zu 
kommen.  Dann  übersieht  man  das. Terrain;  man  kann,  wie  wir 
sehen,  vom  inneren  Condylus  bei  einem  Kinde  von  11  Jahren 
noch  weitere  0,8  C.  M.  entfernen,  wenn  man  den  Schnitt  keil- 
förmig, bis  vor  die  Mitte,  verlaufen  lässt;  betrifft  die  Krankheit 
nicht  die  ganze  Breite  des  inneren  Condylus,  so  lege  man  lieber 
die  Säge  fort,  und  entferne  mit  dem  Meissel,  Hohlmeissel  etc. 
das  Kranke.  Ebenso  verfahre  man,  wenn  die  Krankheit  an  an- 
deren Stellen  der  Geleukoberfläche  die  Epiphysenlinie  fiber- 
schreitet, man  gebrauche  das  Instrument,  mit  welchem  sich  das 
Kranke  in  möglichst  umschriebener  Weise  entfernen  lässt.  In 
ähnlicher  Weise  verfährt  man  an  der  Tibia,  man  merkt  sich  auch 
hier,  dass  vom  vorderen  Drittheil  derselben  ein  schief  nach  der 
Tuberositas  gehendes  grösseres  Stück  entfernt  werden  darf,  aber 
man  entferne  auch  hier  zunächst  eher  zu  wenig  an  der  oben  an- 
gegebenen Schnittlinie  und  nach  den  angegebenen  Grenzen,  als 
zu  viel.  Hoffentlich  stellt  sich  heraus,  dass  das  Längenwachsthum, 
wenigstens  zum  grösseren  Theile,  erhalten  bleibt,  wenn  ein  grös- 
seres Stück  der  Epiphysenlinie  erhalten  bleibt.  Es  scheinen  mir, 
wie  ich  schon  bemerkte,  die  Fälle  dafür  zu  sprechen,  in  welchen, 
der  Angabe  nach,  mehr  von  den  Epiphysen  entfernt  wurde,  als 
nach  den  oben  beschriebenen  Messungen,  bei  Erhaltung  der  Epi- 


Beiträge  zur  Resection  des  Kniegelenkes.  213 

physenlinie,  möglich  erscheint,  und  bei  welchen  später  doch  sehr 
geringe  Verkarznngen  notirt  worden.  Ich  selbst  habe  bis  jetzt 
nnr  einen  Fall,  welcher  dafür  zu  sprechen  scheint  (Fall  2).  In 
diesem  wurde  das  innere  Drittheil  der  Tibia  mit  der  kranken 
Epiphysenlinie  resecirt,  und  wenigstens  nach  einem  Jahre  kein 
zurückgebliebenes  Wachsthum  bemerkt  Auch  für  die  Adaption 
der  Enochenenden  sind  die  schiefen  Schnitte,  meiner  Erfahrung 
nach,  kein  Hinderniss,  wenn  man  wenigstens  gleich  nach  der 
Operation  einen  Gipsverband  anlegt 

Beim  Acte  des  Sägens  selbst  sei  man  vorsichtig,  dass  man 
einen  gleichmässigen  Schnitt  macht  Besonders  gilt  dies  f&r  die 
hinteren  Endeü  der  Schnitte,  welche  gar  leicht  so  werden,  dass 
kantige  Stucke  der  hinteren  Theile  der  Epiphysen  stehen  bleiben. 
Diese  hindern  das  Aufeinanderpassen  der  Theile  ausserordentlich, 
und  müssen  unbedingt  nachträglich  entfernt  werden.  Sind  die 
Knocbenschnitte  gemacht,  so  warte  man  die  Blutstillung  —  in 
den  tiefen  Theilen,  möglichst  ohne  Ligaturen,  ab.  Die  Vereinigung 
soll  nicht  gomacht  werden,  ehe  die  Blutung  ganz  aufgehört  hat, 
denn  ein  grösserer  sich  zersetzender  Bluterguss  gehört  in  meinen 
Augen  zu  den  grössten  Fatalitäten,  welche  den  kleinen  Kranken 
im  Anfang  der  Nachbehandlung  treffen  kann.  Primäre  Vereinigung 
suche  ich  immer  nur  in  dem  horizontalen  Theile  des  Schnittes 
zu  erreichen,  während  die  seitlichen  Theile  des  Schnittes  möglichst  - 
offen  gehalten  werden.  In  diese  Seitentheile  schiebe  ich  geölte 
Läppchen  —  später  DrainagerÖhrchen,  oder  die  unteren  Ab- 
schnitte von  elastischen  Katheterröhrchen  ein.  Jetzt  schreite  ich 
sofort  zur  Anlegung  des  Gipsverbandes.  Kommt  es  nicht  so  sehr 
auf  einen  Ctm.  in  der  Länge  an,  so  lege  ich  den  Gipsverband  in 
ganz  leicht  krummer  Richtung  des  Gliedes  an,  der  Gang  scheint 
mir  besser  zu  sein,  wenn  das  Glied  in  leicht  gekrümmter  Stel- 
lang heilt;  die  Bewegungen  des  Fussgelenkes  können  besser  aus- 
geführt werden,  als  bei  steif  geradem  Beine.  Ich  mache  den 
Gipsverband  so,  dass  ich  erst  das  ganze  Glied  mit  einer  weichen 
Leinenbinde  einwickele,  wobei  nur  die  Gegend  der  Wunde  frei- 
gelassen wird.   Dann  lege  ich  vorher  mit  Gips  bestreute,  und  in 


214  Dr.  König, 

Wasser  angefeuchtete  Flanellbinden  von  3 — 4  Finger  Breite,  zu- 
nächst in  Zirkeltouren,  so  dass  sich  ^  der  Touren  decken,  um 
das  Glied.  Will  sich  die  Binde  nicht  gut  legen,  so  wird  abge- 
schnitten, und  auf  diese  Art  ebenfalls  die  vordere  Kniegegend 
gleich  möglichst  frei  gelassen.  Die  Eniekehlengegend  und  die 
seitlichen  Theile  der  Eniegelenksregion  werden  durch  Längs- 
streifen verstärkt,  welche  durch  obere  und  untere  Zirkeltouren 
nochmals  fixirt  werden.  Wie  aus  der  Beschreibung  hervorgeht, 
werden  zunächst  alte  Fisteln  zugewickelt,  und  meist  pflegen  sie 
keine  weiteren  Unannehmlichkeiten  zu  machen.  Heilen  sie  nicht, 
so  erkennt  man  bald  an  den  betreffenden  Stellen  Eiterflecke  im 
Verband,  und  schneidet  auf  dieser  Stelle  in  den  Verband  ein 
Loch.  Bald  nach  Anlegung  des  Verbandes  werden  die  scharfen 
Ränder  an  der  Oefihung  des  Verbandes,  der  Wunde  entsprechend, 
mit  dem  Messer  geebnet,  und  nach  Aussen  eingebogen.  Rings 
um  den  Rand  herum  werden  die  Lücken  mit  Charpie  ausge- 
stopft, und  diese  mit  CSoUodium  getränkt,  so  dass  ein  Eindringen 
von  Wundflässigkeiten  zwischen  Haut  und  Verband  nicht  statt- 
finden kann.  * 

Im  Bett  wird  der  Resecirte  möglichst  flach  gelegt,  das  ein- 
gegipste Glied  nochmals  auf  einem  vom  Sitzknorren  bis  über  die 
Ferse  reichenden  Sandsack  befestigt.  Die  Rinne  flir  das  Glied 
wird  erst,  wenn  der  Kranke  liegt,  genau  nach  dem  Gliede  mit 
den  Händen  modellirt,  und  dann  das  Glied  mit  einigen  Tüchern 
auf  dem  Sacke  befestigt.  Ich  erreiche  so  eine  ziemlich  absolute 
Immobilität  des  Gliedes.  Das  Glied  wird  immobil  durch  den 
Gipsverband,  es  wird  aber  weiter  in  der  Rinne  des  schweren 
Sandsackes  so  befestigt,  dass  Bewegungen  des  Oberkörpers  sich 
demselben  wenig  mittheilen  können,  während  doch  auf  der  an- 
deren Seite  durch  die  Befestigung  mit  Tüchern  auf  den  starren 
Gipsverband  kein  localer  Druck  ausgeübt  wird.  Der  Kranke  soll 
nun  in  diesem  Verbände  möglichst  lange  liegen  bleiben  —  am 
besten  bis  zur  Vollendung  der  Heilung,  wenigstens  aber  4  —  6 
Wochen.  Hierzu  gehört,  dass  der  Verband  genügend  stark  ist, 
und   dass  man  für  Reinhaltung  desselben  sorgt.    Es  thut  dazu 


BeitrSge  zor  Resection  des  Kniegelenkes.  215 

fichon  viel,  dass  man  darcb  die  Oelläppchen  oder  BOhrcben  den 
Eiter  aber  die  Grenzen  des  Gliedes  binaos  in  vorgelegte,  oft  ge- 
wechselte Gbarpie  leitet;  es  gebOrt  dazu,  dass  man  die  mit  Col- 
lodiam  getränkten  Charpiemassen  öfter  erneuert,  und  dnrcb  Ein- 
nnd  Aufgiessen  von  Gblorwasser  oder  Lösung  von  bypennangan- 
saoerem  Kali  oder  der  Burow'scben  Flfissigkeit  für  Reinigung 
und  Gemcblosigkeit  sorgt  Zum  Abnebmen  vor  der  angegebenen 
Zeit  sollen  nur  bestimmte  ZwiscbenfUle  treiben. 

Massiges  Hervorquellen  der  Haut  an  der  freigelassenen  Ober* 
fliehe  des  Knies  tritt  immer  ein,  und  bringt  keinen  weiteren 
Nachtbeil,  ich  sucbe  dies  nicbt  durch  umwickeln  von  Binden 
zu  beseitigen,  denn  dazu  gebOrt  Aufbeben  des  Gliedes,  und  jedes 
Aufheben  soll  mögliebst  lange  vermieden  werden.  Quillt  aber 
der  Knietheü  stark  hervor,  oder  zeigen  plötzlich  freie  Tbeile  des 
Gliedes  starkes  Oedem,  deutet  heftiger  Schmerz  an  einer  be- 
stimmten Stelle,  mit  Entwickelung  von  consensuellen  Allgemein- 
symptomen,  auf  Eiterung  an  einem  nicbt  zugSnglichen  Orte  hin, 
60  muss  man,  falls  es  nicbt  möglich  ist,  durch  Erweiterung  be- 
reits bestehender  Fenster  die  kranke  Stelle  zugänglich  zu  machen, 
den  Verband  entfernen.  Ebenso  muss  man  denselben  entfernen, 
wenn  er  so  schadhaft  geworden  ist,  dass  er  f&r  ruhige  Lage  des 
Gliedes  keine  Garantie  mehr  leistet.  Ich  verrichte  dies  zum  Theil 
mit  der  Gipsscheere,  meist  aber  mit  einem  gewöhnlichen  Küchen- 
messer mit  winkeUger  Spitze.  Ich  rathe  aber,  falls  man  wieder 
einen  Verband  anlegen  will,  den  Kranken  vorher  auf  einen  er- 
höhtes Tisch  zu  setzen  und  zu  chloroformiren.  Auch  wenn  die 
Festigkeit  des  Gliedes  schon  in  einer  frühen  Zeit  gesichert  er- 
scheint, lege  ich  doch  noch  längere  Zeit  einen  Verband  an,  oder 
ich  lasse  dem  Operirten  eine  der  gebräuchlichen  Vorrichtungen 
w  Feststellung  des  Kniegelenkes  anfertigen,  lasse  ihn  aber  so 
bald  als  möglich  herumgeben. 

Als  zweite  Sorge  betrachte  ich  die  Entleerung  des  Eiters. 
Ich  habe  schon  bemerkt,  dass  ich  durch  Einlegung  von  Röbrchen 
den  Eiter  abzuleiten  suche.    Daneben  gehe  man  mit  Aengstlicb- 


216  Dr.  König, 

keit  allen  anderweitigen  Eiteransammlungen,  nach  and  erOffne  so 
bald  als  möglich. 

Mancher  wird  fragen,  wozu  diese  minutiöse  Erörterung  von 
diesen  allgemein  bekannten  Vorsichtsmassregeln  dienen  soll?  Ich 
wollte  in  dem  eben  Mitgetheilten  das  veröffentlichen,  was  ich, 
meiner  Erfahrung  nach,  als  das  Wesentlichste  f&r  das  Gelingen 
der  Knieresection  im  Allgemeinen,  und  beim  Kinde  im  Besonde- 
ren halte.  Ich  bin  so  fest  davon  überzeugt,  dass  absolute  Immo- 
bilisirung  der  operirten  Extremität  für  das  Gelingen  der  Opera- 
tion das  Wesentlichste  ist,  was  man  leisten  kann,  dass  ich  die 
Beschreibung  dessen,  wie  Ich  die  Immobilisirung  zu  erreichen 
suchte,  nicht  für  überflüssig  halte.  Ich  bin  aber  weit  davon  ent- 
fernt, zu  behaupten,  dass  man  dieses, Princip  nicht  auch  auf  an- 
dere Weise  erreichen  kann,  und  ich  weiss  auch  zur  Genüge,  dass 
man,  ohne  die  absolute  Ruhe  so  streng  durchzuführen,  wie  ich  es 
gethan  habe,  resecirte  Kniegelenke  heilen  kann.  Ebensowohl  bin 
ich  mir  bewusst,  nichts  Neues  zu  liefern.  Ich  habe  selbst  den 
Gipsverband  erst  angelegt,  nachdem  ich  denselben  in  der  v.  Lan- 
gen b  eck 'sehen  Klinik  bei  Resectionen  an  anderen  Gelenken 
hatte  in  Anwendung  kommen  sehen,  und  nachdem  er  mir  dort 
auch  flr  Knieresection  warm  empfohlen  worden  war.  Meinen 
ersten  Patienten  behandelte  ich  mit  einem  dem  Esmar  ch*  sehen 
nachgebildeten  Apparate,  und  hatte  ich  so  auch  Gelegenheit,  mich 
von  der  unendlich  grösseren  Einfachheit  der  Behandlung  im  Gips- 
verbande zu  fiberzeugen.  Der  von  mir  angegebenen  Art  des  Gips- 
verbandes rühme  ich  nach,  dass  er  sich  sich  sehr  rasch  machen 
lässt,  in  nur  wenig  mehr  Zeit,  als  man  nöthig  hat,  um  eine  Binde 
um  das  verletzte  Glied  zu  legen,  und  dass  er  sich  durch  Auf- 
legen von  Längsstreifen  an  den  Stellen,  wo  es  nöthig  ist,  sehr 
stark  machen  lässt.  Die  Heilung  der  Knieresection  scheint  mir 
bis  jetzt  ziemlich  analog  der  Heilung  der  complicirten  Fracturen, 
von  denen  Jedermann  weiss,  dass  man  seit  Einführung  des  Gips- 
verbandes Glieder  zur  Heilung  bringt,  an  deren  Conservirung  man 
in  früherer  Zeit  nicht  entfernt  denken  konnte.  So  erwarte  ich 
denn  auch,   dass  mit  der  allgemeinen  Einführung  des  Gipsver- 


Beiträge  zur  Resection  des  Kniegelenkes.  217 

bandes  nnd  der  absoluten  Ruhe  des  operirten  Gliedes  die  Resul- 
tate der  Enieresectionen,  sowohl  in  Beziehung  auf  Mortalität,  als 
anch  in  Beziehung  auf  die  spätere  Brauchbarkeit  der  Glieder, 
also  auf  die  Zahl  der  Nachamputationen,  noch  entschieden  bessere 
werden,  als  sie  bis  jetzt  gewesen  sind. 

Es  seheint,  dass  man  in  England  den  Gipsverband  nach  der 
Knieresection  noch  nicht  anwendet,  d.  h.  den  sofort  nach  der 
Operation  anzulegenden.  Wenigstens  geht  dies  aus  dem  Werke 
TOn  Price  hervor,  und  auch  eine  Bemerkung  von  H.  Smith  in 
dem  oben  angeführten  Aufsätze  in  dem  Journal  für  Einderkrank- 
heiten spricht  dafür.  Er  meint,  dass  es  möglicherweise  besser 
sein  könne,  gleich  nach  der  Operation  einen  Gipsverband  anzu- 
legen. 

In  Deutschland  mag  der  Gipsverband  hauptsächlich  von 
V.  Langenbeck's  Schülern  bei  dieser  Operation  geübt  worden 
sein,  und  auch  Bardeleben  pflegt  denselben  alsbald  nach  der 
Operation  anzulegen,  wie  aus  dem  Buche  von  Heineke  hervor- 
geht. In  Wien  scheint  der  Gipsverband  noch  nicht  nach  der 
Knieresection  geübt  zu  werden,  wenigstens  ist  derselbe  in  dem 
Bache  von  Dr.  W.  Scholz  (Amputation  und  Resection  bei  Ge- 
lenkverletzungen.    Wien  1866.)  nicht  erwähnt. 

Ich  lasse  noch  schliesslich  die  Krankengeschichten  der  von. 
mir  resecirten  beiden  Kinder  folgen. 

1.  Jah.  Glück,  6  Jahre  alt,  ans  Lorkaapten,  vorde  am  9.  Februar 
1863  iD  das  hiesige  Krankenhaas  aufgeDommen.  Das  kranke  Kniegelenk 
dea  sonst  gesunden  Knaben  war  —  seit  welcher  Zeit  Hess  sich  nicht  er- 
mitteln —  massig  geschwollen.  Das  Kniegelenk  stand  in  einem  Winkel  von 
150*  in  ziemlich  starker  Gena  Talgum-Stellung,  die  Patella  nach  aossen  dis- 
locirt,  die  fibia  leicht  nach  aussen  rotirt  Die  Wade  war  atrophiscli,  das 
Wadeabeinköpfcheo  stand  stark  nach  aussen  yor.  Es  fanden  sich  yerschie- 
dene  mSflsig  eiternde  Fisteln  —  eine  auf  dem  Wadenbeinköpfchen,  eine  auf 
der  Innenseite,  eine  auf  der  Aussenseite,  neben  dem  Rande  der  Tibia,  etwa 
ia  der  Hohe  der  Epiphjsengrenze. 

Nachdem  das  Knie  durch  Planum  inclin.  gestreckt  war,  wurde  ein  Gips- 
verband angelegt,  —  welcher  aber  bald  wieder  abgenommen  werden  musste, 
da  sich  auf  der  Vorderfläche  der  Tibia  neue  Fisteln  bildeten.  Trotzdem 
das  Knie  sehr  wenig  geschwollen  nnd  empfindlich  war,  wollten  die  Fisteln 


218  Dr-  König, 

nicht  heilen.  Im  Februar  1864  fand  man,  dass  der  obere  Theil  des  Waden- 
beines —  wahrscheinlich  bis  zur  Gelenkfläche  —  cariOs  war,  nnd  wurden, 
nach  Erweiterung  der  Fistel,  daselbst  einige  lose  StQckchen  entfernt  Nach- 
dem während  des  Jahres  1864  das  Befinden  sehr  wechselnd  gewesen  war, 
indem  das  Knie  bald  mehr,  bald  weniger  angeschwollen,  und  die  Bewegun- 
gen schmerzhaft  waren,  die  Fisteln  bald  reichlich  eiterten,  bald  mehr  Ter- 
narbten,  begann  im  Anfange  des  Jahres  1865  das  Knie  stärker  zu  schwellen. 
Dabei  stellten  sich  lebhafte  Schmerzen,  Fiebererscheinungen  und  Appetitlo- 
sigkeit mit  Abmagerung  des  kleinen  Kranken  ein.  Die  Fisteln  an  der  Tibia 
eiterten  wenig,  aber  aus  der  Fistel  am  Fibula-Köpfchen  floss  bei  Druck  aaf 
das  Kniegelenk  reichlicher,  grüngelber,  riechender  Eiter,  nnd  gleichzeitig 
wurde  die  Gelonksch wellung  weicher.  Das  Fieber  wurde  heftiger,  die  Ab- 
magerung nahm  zu,  und  so  wurde,  da  ein  einfacher  Gelenkschnitt  wegen 
der  gewiss  bestehenden  Caries  nicht  als  hinreichend  anzusehen  war,  die 
Resection  vorgenommen,  zu  deren  Beschleunigung  die  täglich  mehr  übelrie- 
chende und  sich  vermehrende  Eiterung  trieb. 

Am  20.  Februar  wurde  in  Ghloroformnarcose  zunächst  ein  Querschnitt 
in  das  Gelenk  geführt  Auf  das  äussere  Ende  desselben  wurde  ein  Längs- 
schnitt von  dem  geschwollenen  Kopfe  der  Tibia  bis  zur  oberen  Ausdehnnog 
des  Gelenkes  geführt,  um  dem  Eiter  möglichst  freie  Entleerung  zn  yersehaf- 
fen.  Nach  Durchtrennung  der  Seitenbänder  zeigten  sich  die  Lig.  cruciata, 
80  wie  die  Kapsel  geschwollen,  mit  Granulationen  besetzt,  welche  auch  die 
freien  Gelenkenden  überwucherten.  Die  Knorpel  waren  zum  Theil  erodirt 
auf  der  äusseren  Seite,  Tibia  und  Femur  oberflächlich  cariOa.  Auch  das 
Wadenbein köpfchen  war  tou  Granulationen  überwuchert;  in  das  Innere  des- 
selben führte  von  der  Gelenkfläche  aus  eine  Fistel ,  und  zeigte  sich  dzs 
Köpfchen  innen  total  in  eine  cariöse,  mit  Granulationen  und  losen  Knochen- 
stückchen gefQllte  Höhle  verwandelt  Es  wurde  vom  Femur  nur  so  viel  ent- 
fernt, dass  überall  an  der  Sägefläche  kein  Knorpel  mehr  sichtbar  war,  also 
ein  Stück  von  höchstens  0,5  Gtm.  an  den  Gondjlen,  von  der  Tibia  wurde 
nur  eine  ganz  schmale  Scheibe  abgetragen.  Dagegen  wurde  das  Wadenbein 
blossgelegt,  und  ein  etwa  zolllanges  Stück  entfernt,  —  zuletzt  auch  noch 
die  Patella.  Dann  wurde  die  Querwunde  genäht,  die  Längswnnde  durch 
tief  eingeschobene  Geliäppchen  oben  und  unten  offengehalten,  in  der  Mitte 
auch  genäht  Sodann  wurde  ein  Gipsverband  angelegt,  das  Glied  auf  einen 
Sandsack  gelagert 

Die  Reaction  war  eine  fast  nicht  bemerkbare.  Nach  einigen  Tagen  war 
fast  kein  Fieber  mehr  nachweisbar,  der  Appetit  wurde  gut  Sämmtliche  ge- 
nähte Stellen  heilten  zu,  und  die  Eiterung  wurde  bald  sehr  gering. 

Am  13.  März  musste  der  Verband  erneuert  werden,  da  sich  am  inneren 


Beiträge  zur  Resection  des  Koiegclenkos.  219 

GondjloB  ein  Abscess  gebildet  hatte,  doch  wurde  Dach  ErOffnnog  desselben 
alsbald  ein  neaer  Verband  angelegt 

Dann  wurde  bei  yollkommenem  Wohlbefinden  des  Patienten  der  Verband 
am  31.  MSrz  abgenommen.  Das  Bein  konnte  jetzt  ohne  DnterstQtzung  ge- 
hoben werden,  es  fand  sich  noch  wenige  Beweglichkeit  im  Gelenke,  dagegen 
hatte  die  Snppnration  fast  aufgehört.    Abermaliger  Gipsverband* 

Vom  15.  April  an  ging  der  Kleine  hemm,  und  zwar  nach  4  Wochen 
schon  ohne  Stock,  vom  Juni  an  ohne  Verband. 

Bei  seiner  Entlassung,  Ende  Juli,  war  er  den  ganzen  Tag  auf  den  Bei- 
nen, und  konnte  sehr  rasch  ohne  Stock  laufen.  Die  Fistel  am  Wadenbein 
war  mit  tiefer  Einziehung  geheilt,  bei  starker  Beugung  konnte  man  noch 
minimale  Beweglichkeit  im  Gelenke  nachweisen.  Das  Knie  stand  in  ganz 
leichter  Beugung,  der  Fuss  yielleicht  um  eine  Spur  nach  innen  rotirt.  Die 
Verkfirznng  betrug  etwa  \  Zoll. 

2.  Marie  Knoblauch,  7  Jahre,  aus  Hanau,  wurde  am  12.  Juni  1865  in 
das  hiesige  Krankenhans  aufgenommen.  Das  Kind  ist  vor  fast  1^  Jahren 
unter  acuten  Erscheinungen  Ton  Entzflndung  des  linken  Kniegelenkes  er- 
krankt. Nach  längerer  Behandlung  mit  Pflastern  and  Umschl&gen  wurden 
Incisionen  gemacht,  und  viel  Eiter  entleert.  Es  bildeten  sich  nachträglich 
mehr  und  mehr  Fisteln,  das  Knie  wurde  fortwährend  krummer,  die  Kleine 
▼erlor  den  Appetit,  und  magerte  ab. 

Das  Knie  stand  bei  der  Aufnahme  der  Kleinen  in  spitzwinkeliger  Ben- 
^ng,  war  sehr  empfindlich.  Es  fanden  sich  an  dem  Gelenke  vielei  Fisteln, 
2  an  der  Innenseite  des  Gelenkes  am  Oberschenkel ,  3—4  in  der  Kniekehle, 
zur  Seite  der  Flexoren,  eine  aber  in  der  Wade,  3— 4  an  der  Innenseite  der 
Epipbyse  der  Tibia.  Zum  Theil  ist  die  Haut  an  diesen  Fisteln  weit  nnter- 
minirt,  sie  sehen  breiten,  schmutzigen  Geschwüren  ähnlich,  und  entleeren 
massige  Mengen  dicken  Eiters.  Nachdem  in  Chloroform narcose  die  unter- 
minirte  Haut  abgetragen  war,  fand  sich,  dass  das  Glied  sich  leicht  bis  zu 
einem  Winkel  von  etwa  95  Grad,  aber  nicht  weiter  beugen  Hess.  Die  Pa- 
tella fand  sich  dann  an  normaler  Stelle,  der  Unterschenkel  leicht  nach  aussen 
rotirt,  die  Tibia  nicht  rfickwärts  gesunken.  Geschwollen  war  an  dem  Ge- 
lenke nur  die  Innenseite  am  Oberschenkel,  und  die  Kniekehlengegend.  Das 
Knie  wurde  anf  einer  Maschine  allmälig  gestreckt ,  die  Fisteln  zum  Theil 
gespalten,  und  dadurch  fttr  freieren  Abfluss  des  Eiters  gesollt  Das  Kind 
erholte  sich  allmälig,  hatte  aber  stets  abendliche  Fiebersymptome.  Auch 
wollte  der  Appetit  sich  nicht  recht  einstellen.  Die  Eiterung  liess  bald  nach, 
bald  wurde  sie  wieder  stärker;  die  Streckung  war  bald  bis  zu  einem  Win- 
kel Ton  150®  erreicht,  von  da  ab  wurde  sie  schmerzhaft,  und  die  Versuche, 
es  weiter  zu  bringen,  mnssten  zunächst  aufgegeben  werden.  Im  October 
bildeten  sich,  ohne  dass  man  einen  speciellen  Grund  hätte  angeben  können. 


220  ^^'  K6nig,  Beiträge  zur  Resection  des  Koiegeleokes. 

trotz  goter,  gesicherter  Lagerang  etc ,  von  Neuem  beträchtliche  EiteraDgen 
innen  am  Oberschenkel.  Nach  Oeffnnog  des  Abscesses  gelangte  man  von 
dieser,  am  Gondylus  intern,  gelegenen  Fistel  auf  cariAse  Stellen  in  grdsserer 
Ausdehnung,  welche  dem  Femur  und  der  Tibia  angehören  mnssten. 

Resection  am  13.  October  1865  in  Gbloroformnarcose :   Qaerschnitt  mit 
2  kurzen  Längsschnitten  aussen  und  innen.    D|e  Ligg.  cruciata   waren   nur 
noch  fragmentarisch  erhalten,  das  Gelenk  vorne  relativ  frei,  von  der  hinte- 
reu  Wand  der  Kapsel  reichliche  Granulationsbildung.  Der  Knorpel  des  Gon- 
dylus externus  und  der  Fossa  intercondyloidea,  so  wie  der  vordere  Theil 
des  inneren  Gondylus  zeigt  nur  kleinere  und  grossere  Defecte,  ebenso  der 
äussere  Theil  der  Tibia.    An  der  Hinterseite  des  Gondylus  internus  zeigt 
sich  ein  etwa  zwei  Groschen  grosser  Knorpeldefect,  mit  scharfen  Rändern. 
Ebenso  ist  der  Knochen  etwa  in  der  Tiefe  von  3  Linien,  entsprechend  die- 
ser Stelle,  zerstört,  das  spongiöse  Gewebe  von  Granulationen  durchwachsen. 
Ebenso  ist  das  innere  Drittheil  der  Tibia  in  noch  etwas  grösserer  Ausdeh- 
nung erkrankt,  das  äussere,  ausser  den  angegebenen  Knorpelveränderungen, 
gesund.     Die  Pfttella  ist  gesund.    Es   ward   von   dem  Oberschenkel   etwa 
1  Gtm. ,  von  den  Gondylen  aus  gemessen,  abgesägt    Im  inneren  Gondylus 
zeigt  sich  noch  eine  halbgroschengrosse,  3  Mm.  tiefe  Partie,  welche  ausge- 
kratzt wird.     Von  der  Tibia   wird  etwa  ein  4  Mni.  grosses,  uäd  von  der 
kranken  Innenseite  ein  etwa  noch  ein  5  Gtm.  langes  StQek,  allmälig  in  schie- 
fer Linie,  mit  dem  Hohlmeissel  entfernt.    Die  geraden  Schnitte  bleiben,  auf 
der  Quere  wird  genäht.    Dann  Gipsverband,  Lagerung  auf  einen  Sandsack. 
—  Die  Reaction  war  abermals  sehr  gering,  die  Eiterung  blieb  in  sehr  massi- 
gen Grenzen,  und  wurde  nur  2  Mal  etwas  stärker,  indem  sich  durch  abge- 
stossene  Knorpelstückchen  verursachte  Abscesse  bildeten.    Der  Querschnitt 
heilte  primär  zu.    In  der  vierten  Woche  wurde  der  Verband  entfernt,  um 
einen  solchen  Abscess  zu  eröffnen.    Von  Ende  December  geht  die  Kleine 
herum.    Einige  Fisteln  eiterten  noch  massig,   die  Verbindung  in  den  Ge- 
lenklinien war  noch  nicht  fest.    Daher  kam  es  wohl  auch,  dass  beim  Her- 
umgehen ohne  Verband  das  von  vorne  herein  leicht  gekrdmmte  Glied  eine 
etwas  stärkere  Krümmung  bekommen  hatte.  Es  wurde  deshalb  ein  leichter 
Streckapparat  angelegt  (April  1866).    Während  die  Kleine  mit  diesem  Appa- 
rate herumging,  streckte  sich  das  Bein  allmälig.    Als  sie  Ende  October  ent- 
lassen wurde,  war  die  Verwachsung  so  fest,  dass  ich  unsicher  war,  ob  sich 
überhaupt  noch  leichte  Bewegungen  machen  Hessen,  das  Knie  war  leicht 
gekrümmt,  eine  Fistel  am  Gondylus  internus  ging  noch  zuweilen  auf,    der 
Gang  war  sicher,  die  Kleine  konnte  den  ganzen  Tag  herumgehen  und  lau- 
fen, sie  war  körperlich  vollständig  erholt    Die  Verkürzung  betrug  5  Gtm., 
wovon  etwa  die  Hälfte  auf  üfe  Krümmung,  die  andere  Hälfte  auf  die  Re- 
section kommen  mögep. 


VL 

Mittheilungen  aus  der  chirurgisclien 

Oasuistik 

nnd 

kleinere  Mittheilungen. 

L  ÜB  Fall  ¥00  Unterkiefergeschwnlst,  bediagt  durch  Degeaeratton 

•iaes  Zahasackes. 

Ton 

Prof«  E«  IVeamanay 

in  K8iilg«b«rs  L  Pr. 

(Hiena  Tafel  II.  Figur  12.  18). 

Bei  einem  18jährigen  jnogen  Manue  hatte  sich,  angeblich  im  Laufe 
^ott  etwa  drei  Jahren,  nachdem  er  sich  wegen  Zahnschmerzen  zwei  Back- 
Ihne  ans  der  rechten  Dnierkieferhftlfte  hatte  ausziehen  lassen,  nnd  darauf 
in  kleines,  Eiter  entleerendes,  bald  heilendes  „Geschwflr**  entstanden  war, 
ine  Kiefergeschwnlst  entwickelt,  welche  ganz  allmllig  nnd  schmerzlos  zn 
iner  ansehnlichen  Grösse  herangewachsen  war.  Am  20.  November  v.  J. 
nrde  in  der  hiesigen  chirurgischen  Klinik  Ton  Herrn  Medicinalrath  Wag- 
er  die  Resection  des  kranken  Knochens  ausgeführt,  nnd  derselbe  mir  zur 
ntersnchang  Obergeben.    Der  interessante  Befund  war  folgender: 

Das  exstirpirte  Stfick  umfasst  die  ganze  rechte  Hälfte  des  horizontalen 
heiles  des  Unterkiefers.  Der  vordere  Sägeschnitt  geht  mitten  durch  die 
Weole  dea  ersten  rechten  Schneidezahnes,  der  hintere  durch  die  Aheole 
es  letzten  grossen  Backzahnes.  Beide  genannten  Zähne  fehlen  am  Präparat; 
orhanden  sind  dagegen  der  zweite  Schneidezahn,  der  Eckzahn  nnd  ein 
leiner  Backsshn,  alle  drei  sind  normal  beschaffen,  nnd  stehen  dicht  hinter- 
inander  im  Tordersten  Theile  des  Alveolarrandes.  Ausserdem  befindet  sich 


222  Dr.  E.  Neumann, 

ganz  hinten,  nnmittelbar  Tor  der  hinteren  Sägefläche,  ein  durch  Garies  fast 
gänzlich  zerstörter  grosser  Backzahn.  Zwischen  ihm  und  dem  yornstehendea 
kleinen  Backzahn  ist  eine  zahnlose  Lücke  von  1*  Länge,  welcher  entspre- 
chend der  Aheolarrand  auffallend  breit,  und  conyex  Torgetrieben  ist,  sich 
ausserdem  auch  durch  eine  mehr  elastisch  derbe,  als  knochenharte  Resistenz 
auszeichnet.  Die  bedeckende  Schleimhaut  erscheint  etwas  narbig,  jedoch 
sonst  normal. 

Die  auffälligste  Veränderung  besteht  nun  in  einer  bedeutenden  Aaftrei- 
bnng  des  Knochens,  von  welcher  nur  die  zunächst  an  die  Sägeflächen  an- 
stossenden  Knochentheile  ausgeschlossen  sind.  Die  beträchtlichste  Ausdeh- 
nung hat  die  äussere  (Gesichts-)  Fläche  erfahren;  sie  wird  durch  eine  gro- 
sbentheils  sehr  dQnne,  leicht  eindr&ckbare,  und  an  der  Stelle  der  stärksten 
Vorwölbung  defecte  Knochenlamelle  von  poröser  Beschaffeifheit  gebildet, 
durch  welche  hindurch  sich  deutlich  eine^^  fluctuirende  Beschaffenheit  des 
im  Knochen  eingeschlossenen  Gontentnm  wahrnehmen  lässt  An  mehreren 
Stellen  treten  an  ihr  secundäre  Ausbuchtungen,  in  Form  kleiner,  circum- 
scripter,  halbkugeliger  Prominenzen  hervor,  von  welchen  die  eine  eine  etwa 
stecknadelkopfgrosse  Oefifnnug  in  ihrer  Mitte  zeigt.  Nach  oben  erstreckt 
sich  die  Auftreibung  der  äusseren  Fläche  bis  zu  dem  Alveolarrande  hin,  so 
dass  an  dem  erwähnten  breiten  Theile  desselben  der  Alveolarfortsatz  ganx 
verstrichen  ist.  Nach  abwärts  findet  ein  allmäliger  Uebergang  in  den  sehr 
breiten,  gleichfalls  zu  einer  Kugelfläche  vorgewölbten  unteren  Kieferraod 
statt  Auch  hier  ist  der  Knochen  von  einer  äusserst  dQnnen,  und  an  meh- 
reren Stellen  durch  fibröse  Platten  unterbrochenen  Lamelle  gebildet.  Am 
wenigsten  in  ihrer  normalen  Form  verändert  erscheint  die  innere  (Mand- 
höhlen-)  Fläche;  sie  steigt,  nur  massig  convex  vorspringend,  im  Ganzen 
vertical  von  dem  Alveolarrande  abwärts,  und  besteht  ans  einer  durchweg 
resistenten  Knochenwand.  —  Wie  bedeutend  die  Volumszunahme  des  Kiefers 
ist,  geht  daraus  hervor,  dass  die  grösste  Dicke  desselben,  d«  h.  die  Entfernung 
zwischen  den  am  meisten  prominirenden  Punkten  der  äusseren  nnd  inneres 
Fläche  If",  die  Entfernung  des  Alveolarrandes  von  dem  tiefsten  Theile  der 
unteren  Fläche  2"  beträgt. 

Nachdem  der  Knochen  parallel  dem  Alveolarrande  von  vorne  nach  hinten 
durchsägt  worden,  zeigt  sich  im  Inneren  desselben  eine  Höhle,  welche  mit 
einer  etwa  apfelgrossen ,  geschwulstartigen,  kugeligen  Masse  ausgefüllt  ist 
Dieselbe  liegt  mit  glatter  Aussenfläche  der  gleichfalls  glatten  Innenfläche 
der  Höhle  fiberall  genau  an,  ist  an  diese  jedoch  so  locker  angeheftet,  dzas 
sie  sich  von  ihr  leicht  ablösen  lässt.  Nur  an  einer  Stelle  besteht  eine  in- 
nigere Adhärenz,  nämlich  unterhalb  der  erwähnten  breiten  Stelle  des  AI* 
veolarrandes;  hier  ist  die  Geschwulst  mittelst  eines  festen,  sehnigen  üevebes, 
welches  den  Verschluss  des  AlveoUrrandes  an  dieser  Stelle  bewirkt,  mit  der 


Oiiterkiefergeschwalst,  bedingt  darch  Degeneration  eines  Zahnsackes.   2*23 

bedeckenden  Schleimbant  fest  verwachsen.  An  der  Geschwulst  selbst  tritt 
nan  aaf  dem  Darchschnitte  zunächst  eine  äussere,  1  —  2'"  dicke,  speckig 
derbe  Bindegewebskapsel  hervor,  welche  die  übrigen  Theile  einschliesst 
Letztere  bestehen,  der  Hauptmasse  nach,  aus  einem  weichen,  rothen,  schwam- 
migen Qewebe,  welches  sowohl  durch  diese  Beschaffenheit,  als  durch  ihren 
lappig  zerspaltenen  Bau  grosse  Aehnlichkeit  mit  dem  Gewebe  der  Placenta 
zeigt  In  dasselbe  eingebettet  befinden  sich  zahlreiche,  knochenharte,  gelb- 
licbweisse  Goncremente  mit  drusig-höckeriger  Oberfläche,  deren  grOsste  den 
Um&og  einer  Mandel  erreichen,  während  die  meisten  als  kleinere  oder  grö- 
bere Sandkörner  sich  darstellen.  Ausser  diesen,  mit  ihr  in  festem  Zusammen- 
hange befindlichen  schwammigen  Geschwulstmassen  enthält  die  Kapsel 
femer  eine  blutig  gefärbte  Flüssigkeit,  im  Betrage  von  etwa  einem  Esslöffel, 
velche  in  einer  wallnussgrossen,  cjstenartigen  Höhle  in  dem  am  meisten 
Dach  aussen  prominirenden  Theile  der  Geschwulst  angesammelt  ist.  Die 
Begrenzung  dieser  Höhle  wird  theils  von  der  Kapsel  selbst,  welche  hier  zu 
einem  dfinnen  Häutchen  ausgedehnt  ist,  theils  von  den  die  Kapsel  ausfüllen- 
den Geschwulstmassen  gebildet  Der  wichtigste  und  interessanteste  Be- 
Btandtheil  der  Geschwulst  besteht  endlich  in  einem  grossen  Backzahne, 
welcher  mit  seinen  beiden,  etwas  verkürzten  Wurzeln  in  der  Kapsel  fest 
eingefügt  ist,  während  .seine  vierspitzige,  wie  es  scheint,  mit  unvollkom- 
mener Schmelzlage  bedeckte  Krone  zum  Theil  hei  in  die  Gjste  hineinragt, 
zum  Theil  dagegen  mit  jenem  weichen,  schwammigen  Gewebe  gewissermassen 
bewachsen  ist  Die  centrale  Vertiefung  der  Kaufläche  des  Zahnes  ist  mit 
einer  warzigen,  an  der  Oberfläche  rauhen  Goncretion  ausgefüllt,  welche  mit 
der  Substanz  des  Zahnes  fest  verschmolzen  ist.  Was  die  Lage  betrifft, 
welche  der  Zahn  im  Kiefer  einnimmt,  so  liegt  derselbe  der  inneren  (der 
Mandhöhle  zugekehrten)  Knochenlamelle,  und  zwar  dem  untersten  Theile 
derselben  an,  vertical  unter  dem  vorderen  kleinen  Backzahne.  Seine  nach 
unten  gerichteten  Wurzeln  ruhen  demnach  auf  dem  Boden  der  Knochen- 
schale,  seine  Krone  sieht  nach  aufwärts. 

Eine  weitere  Untersuchung  des  Präparates  ergab,  dass  noch  ein  zweiter 
Zahn  im  Kiefer  verborgen  ist  Derselbe  kam  erst  zum  Vorschein,  nachdem 
die  beschriebene  Gesehwulst  aus  ihrem  knöchernen  Gehäuse  thunlichst  aus- 
geschält war.  Es  stellte  sich  hierbei  nämlich  heraus,  dass  die  Höhle,  in 
welcher  dieselbe  gelagert  ist,  sich  im  vorderen  Theile  der  äusseren  Wand 
n  einer  Nische  ausweitet,  welche  einen  äusserlich  nur  wenig  bemerkbaren, 
leistenförmig  vorspringenden  Wulst  unterhalb  des  Eckzahnes  bildet.  In 
dieser  Seitennische  der  grossen  Höhle  befindet  sich  nun  ein  kleiner  Back- 
ahn  mit  schräg  abgestutzter,  einfacher  Wurzel«  Derselbe  ist  umschlossen 
von  einem  zarten,  geßssreichen  Häutchen»  welches  ihm  grösstentheils  nur 
ioee  aufliegt,  an  der  Wurzel  jedoch  und  einem  Theile  der  Krone  fest  adhä- 


224-  l^r.  E.  Neumann, 

rirt  Aoch  dieser  Zahn  ist  rertical  gestellt  mit  der  Krone  nach  auf-,  der 
Wurzel  nach  abwärts.  Der  darch  ihn  vorgetriebene  Theil  der  ftasseren  Kie- 
ferwand ist  stark  verdQnnt. 

Der  Nenrns  alveolaris  tritt  an  der  Innenfläche  der  Höhle  zn  Tage,  and 
iwar  verläaft  er  in  einer  vom  Knochen  gebildeten  Halbrinne,  zunächst  am 
Boden  der  Höhle  von  hinten  nach  vorne,  um  sodann  mit  einer  leichten 
Wendung  nach  rfickwärts  an  der  Innenfläche  der  äusseren  Knochenlamelle 
zu  dem  unter  dem  Eckzahne  gelegenen  Foramen  mentale  aufzusteigen. 

Die  mikroskopische  Untersuchung  zeigt  die  kapselartige  pen- 
pherische  Schicht  aus  fibrillärem,  meistens  von  braunen  Pigmentkörnern 
reichlich  durchsetzten  Bindegewebe  bestehend.  Von  ihrer  Innenfläche  er- 
heben sich  papilläre,  dendritisch  verzweigte,  mit  weiten  Gapillarschlingen 
versehene  Excrescenzen,  welche,  in  Verbindung  mit  einem  sie  umhflllenden 
mächtig  entwickelten  Pflasterepithel,  die  schwammige  Geschwnlstmasse  im 
Innern  der  Kapsel  bilden.  Die  in  sie  eingebetteten  Goncremente,  von 
welchen  die  kleineren  die  grösste  Aehnlichkeit  mit  dem  Gehirnsande  dar- 
bieten, erweisen  sich,  nach  Auflösung  der  Kalksalze  durch  Säuren,  eben- 
falb als  dergleichen  papilläre  Bildungen.  Der  Inhalt  der  Gyste  zeigt  von 
morphologischen  Bestandtheilen  nur  zahlreiche  Blutzellen  und  einige  Epi- 
thelien. 


Dass  es  sich  in  diesem  Falle  um  einen  degenerirten  Zahnsack,  and 
nicht  um  eine  innerhalb  des  spongiösen' Knochengewebes  des  Kiefers  ent- 
standene Neubildung  handelt,  bedarf  keiner  näheren  Begründung.  Die  An- 
wesenheit des  Zahnes  im  Inneren  der  Geschwulst,  ihre  lose  Einlagerung  in 
eine  glattwandige  Aushöhlung  des  Knochens,  sowie  die  feste  Adhärenz  an 
dem  Periost  des  Alveolarrandes  schliessen  jeden  Zweifel  aus.  Ebenso  lehrt 
der  mikroskopische  Befund  mit  Sicherheit,  dass  sich  die  Degeneration  anf 
die  Production  homologer  Gewebe  beschränkt  hat;  die  Geschwnlstkapsel 
ist  die  verdickte  Wand  des  Zahnsäckchens,  und  die  papillären  Bindegewebs- 
ezcrescenzen  mit  ihren  mächtigen  Epithellagen  finden  ihr  physiologisches 
Vorbild  in  jenen  als  normale  Bestandtheile  des  Zahhsäckchens  in  neuerer 
Zeit  erkannten  Bindegewebszotten ,  welche,  bekleidet  von  einer  dem  soge- 
nannten äusseren  Schmelzepithel  angehörenden  Epithelzellenschicht,  von  der 
Innenfläche  der  Zahnsackwandung  in  das  Gallertgewebe  des  Schmelzorganes 
hineinragen  (Kölliker,  Handbuch  d.  Gewebelehre.  2.  Aufl.  p.413).  ^  Was 
die  Entstehung  der  Degeneration  betrifft,  so  ist  die  Annahme,  dass  dieselbe 
in  Folge  einer  bestehenden  Dislocation  des  Zahnsäckchens  und  des  behin- 
derten Durchbruches  des  Zahnes  sich  ausgebildet,  um  so  wahrscheinlicher, 
als  beide  im  Kiefer  eingeschlossenen  Zähne  als  Ob  er  zähl  ige  betrachtet 


Onterkiefergeschwulst,  bedingt  darch  Degeneration  eines  Zahnsackea.      225 

werden  mflssen,  falls  die  Angabe  des  Kranken  richtig  ist,  dass  ihm  frfiher 
zwei  Baekzlhne  ans  der  betreffenden  Rieferhftlfte  extrahirt  worden  seien. 


Erklärung  der  Abbildungen  auf  Tafel  IL 

Fignr  12. 
Ansicht  des  Kiefers  von  seiner  Sosseren  Fläche  her. 

a.  Kaglige  Anftreibong  der  äusseren  Fläche  und  des  unteren  Randes, 
b.  b*.  Yordere  and  hintere  nicht  aofgetriebene  Abschnitte  des  Kiefers. 

c.  LQcken  der  Knochenschale  durch  fibröse  Platten  geschlossen. 

d.  Secnndfire  Ausbuchtungen  der  Knochenschale,  die  eine  mit  cen- 
traler Oeffnnng. 

a  Leistenfßrmige  Vortreibung  der  äusseren  Fläche  durch  den  dislo- 

cirten  kleinen  Backzahn. 
f.  Zahnfleisch, 
e:.  Oaiiöser  hinterer  Backzahn. 

Figur  13. 
Ansicht  der  unteren  Hälfte   des  durchsägten  Kiefers  Ton 
oben  her» 

a.  &■.  Vordere  und  hintere  nicht  aufgetriebene  Abschnitte  des  Kiefers 
b.  Verdickte  Wandung  des  degenerirten  Zahnsackes. 
c  Mit  Blut  gefällte  Höhle. 

d.  Schwammige  Masse  im  Inneren  des  Zahnsackes. 

e.  Concremente,  in  dieselbe  eingebettet 

f.  Der  in  den  Zahnsack  eingeschlossene  grosse  Backzahn,  von  seiner 
Kanflftche  her  gesehen,  an  der  linken  Seite  mit  dem  schwammigen 
Gewebe   bewachsen. 

g.  Aeussere  und 

g'.  Innere  Lamelle  des  Kiefers. 


f  K    ^ir      Arebiv  r.    Chirurgie,  ix.  15 


226  I>r-  0.  J&8c1ie, 


2.    Znr  operathreii  Behandlng  der  narbigen  Kieferkleme. 

Von 
in  Miscbnl-Nowgorod 


Die  auf  S.  168  des  Vin.  Bandes  dieses  ArchiTs  erwähnte  nnd  bereits 
im  Jahrgange  1868  (1854  im  Archiv  ist  ein  Druckfehler)  S.  209  der  med. 
Zeitung  Rasslands  beschriebene  Operation  zur  Hebung  der  narbigen  Kiefer- 
klemme KU  wiederholen,  fand  ich  erst  im  letzten  Sommer  Gelegenheit  Der 
nicht  minder  glückliche  Erfolg  in  diesem  zweiten  Falle  flberzengte  mich 
vollkommen  vom  Werthe  meiner  Methode,  welche  dessenungeachtet  bis  jetzt 
gänzlich  unbeachtet  geblieben  zu  sein  scheint,  sei*s,  weil  überhaupt  der  In- 
halt jenes  Organes,  damals  des  einzigen,  die  wissenschaftlichen  Lebensänsse- 
rnngen  der  in  Russland  zerstreuten  deutschen  Aerzte  ans  Licht  förd^nden« 
im  Mutterlande  weniger  Beachtung  fand,  als  es  mit  dem  seiner  Nachfolge- 
rin, der  Petersburger  med.  Zeitschrift,  der  Fall  zu  sein  scheint,  —  Bt\% 
weil  meine  damalige  Beschreibung  des  Verfahrens  keine  genügend  anschzo- 
liehe  Vorstellung  davon  gab,  —  oder  endlich,  weil  meine  Operation  durch 
eine  andere  in  den  Schatten  gestellt  wurde,  welche,  auf  demselben  Felde 
wirksam  und  gleichzeitig  auftretend,  aber  durch  volltönende  Namen  getra- 
gen, rasch  bei  den  Zeitgenossen  in  Aufnahme  kam.  —  Diese  Operation,  die 
Dnrchschneidnng  oder  die  Resection  des  Unterkieferknochens  nach  Eb- 
march  und  Rizzoli,  ist  unstreitig  eine  sehr  schätzbare  Erfindung,  nnd 
bei  wahrer  Ankylose  durch  keine  andere  zu  ersetzen  —  wenigstens  beim 
gegenwärtigen  Stande  der  Chirurgie.  Die  immer  zahlreicher  einlaufenden 
Berichte  über  derartige  Operationsftlle  (welche  ich  übrigens  nur  aus  Ourlt's 
Jahresberichten  kenne)  erregen  jedoch  den  Verdacht,'  als  werden  die  ge- 
nannten Verfahren  auch  auf  Fälle  ausgedehnt,  wo  ohne  Knochenverschmel- 
zung, einzig  durch  Verwachsung  der  Weichtheile  untereinander,  oder  dnicb 
Neubildung  narbiger  Stränge  die  Dnbeweglichkeit  der  Kiefer  hervorgerufen 
und  unterhalten  wird.  Die  bekannte  Erfolglosigkeit  der  einfachen  Trennung 
solcher  Stränge  und  Verwachsungen  könnte  allerdings  zu  dergleichen  ein- 
greifenderen Acten  verleiten,  aber  doch  erst  alsdann,  wenn  die  Möglichkeit 
eines  schonenderen  gänzlich  aufgegeben  werden  mnss,  ^  denn  die  Grund- 
idee jener  Operationen  weicht  am  Ende  doch  weit  ab  von  der  Richtung,  io 
der  sich  die  Chirurgie  der  Gegenwart  ihr  Ziel  gesteckt,  und  ihre  glänzend- 
sten Erfolge  erringt,  von  der  conservativen  nnd  restaurirenden ;  sie  giebtj« 


Zur  operatiTeo  Behaodlaog  der  narbigen  Kieferklemme.         227 

QQr  einem  Theile  des  ausser  Thätigkeit  gesetzten  Organes  seine  Functions- 
flhigkeit  wieder,  w&farend  sie  den  nicht  unbedeutenden  Rest  gänzlich  auf- 
giebt,  tu  kbensllnglicher  UntbStigkeit  yerdammt,  also  einen  Defect  zurfick- 
lässt,  dessen  Bedeutung  Jeder  einsieht,  den  sein  schadhaft  werdendes  Ge- 
bisa nöthigt,  bald  die  eine,  bald  die  andere  Seite  desselben  zum  Kauen  zu 
benutzen.  Aber  auch  die  schlimmste  Seite  der  Kieferresection  dürfen  wir 
nicht  aus  den  Augen  lassen:  die  nicht  ganz  selten  durch  Pyämie,  durch 
Bronchitis  oder  Pneumonie  herbeigelockte  Lebensgefahr,  wovon  nicht  nur 
meine  eigene  beschränkte  Erfahrung,  sondern  auch  die  reichhaltigen  Anna- 
len  grösserer  Anstalten,  wie  z.  B.  der  Berliner  Klinik,  Beispiele  aufzuweisen 
baben.  Dieser  Angriff  auf  den  Knochen  darf  mithin  immer  nur  als  letztes 
AnBknnftsmittel  anzusehen,  und  das  Streben  nach  einem  milderen,  nur  in 
den  Weichtheilen  sich  bewegenden  Verfahren  nicht  aufzugeben  sein.  Letz- 
tere Aufgabe  nun  glaube  ich  durch  mein  Verfahren  gelöst  zu  haben,  und 
halte  die  nochmalige  Besprechung  desselben  in  diesen  Blättern  zur  Brinne- 
ning  daran  für  um  so  nothwendiger,  als  meine  damalige  Beschreibung  in 
der  med.  Zeitung  Russlands  jetzt,  bei  abermaliger  Durchlesnng,  mir  selbst 
nicht  klar  und  genau  genug  erscheint,  die  von  Bojanus  a.  a  0.  gegebene 
aber  an  manchen  Ungenanigkeiten  leidet 

Der  leitende  Grundgedanke  meiner  Operation  geht  darauf  aus,  zuerst 
die  verloren  gegangene  Bekleidung  der  Zahnfortsätze ,  das  mit  einer  Ober« 
baut  bedeckte  Zahnfleisch,  wieder  zu  ersetzen,  und  zwar  nicht  auf  dem 
Wege  der  grannlirenden  Narbenbildung,  sondern  auf  dem  der  Plastik,  der 
Restauration  durch  Hautverpflanzung.  Diese  Neubildung  geschieht  aber  auf 
Kosten  der  Wange,  —  es  muss  ihr  daher  ein  Wiederersatz  dieser  letzteren 
folgen.  Diese  neue  Wange  Itegi  freilich  auch  mit  einer  wunden  Fläche  dem 
neuen  Zahnfleische  gegen&ber,  kann  aber  mit  dem  bereits  Qberhäuteten  nicht 
verwachsen.  Sonstige  Hindernisse,  die  sich  der  Entfernung  der  beiden 
Zahnreihen  entgegenstellen  können,  wie  ligamentöse  Verwachsungen  der  Ge- 
lenkflächen, Muskelretraction,  werden  durch  mechanische  Mittel  und  Mjoto- 
iBie  beseitigt 

Die  Operation  fand  ich  (bisher  wenigstens)  fttr  gerathen,  in  2  Acte  zu 
tbeilen,  deren  erster  wiederum  aus  2  oder  ans  8  Manövern  besteht,  die 
Zwischenzeit  aber  zur  Vervollständigung  der  im  ersten  Acte  erzielten  Re- 
sultate dient  —  Das  anschaulichste  Bild  des  Verfohrens  wird  die  Beschrei- 
bung des  erwähnten  Falles  geben. 

Im  Mai  dieses  Jahres  erschien  bei  mir  eine  junge  Bäuerin  mit  durch 
vollständige  Verschmelzung  der  Wange  und  des  Zahnfleisches  der  rechten 
Seite  unbeweglich  aneinander  gepressten  Kiefern,  üeberdies  erstreckte  sich 
auf  der  Anssenfläche  der  Wange  ein  harter,  dicker  Narbenstrang  in  hori- 
zontaler Riehtang  vom  reehtes  Mundwinkel  bis  znip  vorderen  Rande  dee 

15* 


228  ^r*  0'  J&sche, 

KanmuskelB.  Diese  Entstellaitg,  die  Folge  einer  im  Jahre  vorher  erhaltenen 
Schnsswnnde,  wurde,  zamai  durch  Behinderung  der  Brnährnng  und  der 
Sprache  bo  listig,  dass  die  Patientin  aus  weiter  Feme  herbeikam^  um  Hfllfe 
zu  suchen,  und  sich  bereitwilligst  jeder  Operation  unterwerfen  wollte.  — 
In  diesem  noch  nicht  so  veralteten  Falle  durfte  ich  hoffen,  ohne  Durch- 
schneidung  der  Kaumuskeln  durchzukommen,  und  schritt  daher  sogleich  zom 
horizontalen  Durchschnitt  der  Wange,  vom  Mundwinkel  bis  zum  vorderen 
Masseterrande,  also  einer  ansehnlichen  Verlängerung  der  Mundspalte  nach 
rechts.  Diesmal  war's  übrigens  kein  einfaches  Durch-,  sondern  zugleich  ein 
Ausschneiden  des  die  ganze  Dicke  der  Wange  durchsetzenden  Narbenstran- 
ges.  Hierauf  wurden  zwischen  die  Zahnreihen  beiderseits  grosse,  starke 
Spatel  geschoben,  und  durch  hebelartige  Bewegungen  derselben  die  Kinn- 
laden auseinandergedr&ngt,  was  auch  nach  einiger  Anstrengung  bis  zum  Ab- 
stände von  1  Zoll  (zwischen  den  Vorderzähnen)  gelang.  Hiermit  schloss 
der  erste  Act,  dessen  Ergebniss,  die  Entfernung  der  Kiefer  von  einander, 
während  des  darauf  folgenden  Zwischenactes  durch  Korkkeile  und  einen 
unten  näher  zu  beschreibenden  Apparat  unterhalten  wurde;  —  dieselben 
Mittel  hielten  natarlich  auch  die  beiden  Ränder  des  Wangenschnittee  ans- 
einander,  so  dass  jeder  derselben  für  sich  vernarben  konnte,  was  nngef&hr 
im  Laufe  eines  Monates  geschah,  indessen  auch  durch  fortdauernde  Einwir- 
kung des  Apparates  die  Aufsperrung  des  Mundes  aufs  Vollständigste  her- 
gestellt wurde,  und  Pat.  sich  im  Kauen  übte.  Nun  besass  sie  zwar  einen 
offenen  Eingang  zu  den  Speisewegen,  und  ein  frei  bewegliches  Kauwerk,  — 
aber  dagegen  auch  eine  unförmlich  weite,  nach  rechts  verzogene  Mundspalte, 
aus  der  fortwährend  Speichel  floss,  und  nur  eine  undeutliche  Sprache  er- 
klang: es  fehlte  ja  rechterseits  die  zum  natürlichen  Verschlusse  der  Mund- 
höhle, sowohl  bei  aufeindergeklemmten,  als  bei  auseinandergehenden  Zahn^ 
reihen,  nothwendige  Wandung,  —  es  blieb  uns  mithin  die  Aufgabe  einer 
Meloplastik,  der  Herstellung  einer  über  dem  Zahfleische  frei  verschiebbaren 
Backe.  Ein  Zahnfleisch  hatten  wir  schon:  die  Alveolarprocesse,  der  obere, 
wie  der  untere,  waren  ja  mit  fest  angelötheter  Haut  bedeckt,  und  diesen 
Ueberzug  Hessen  wir  ihnen  denn  auch,  im  Vertrauen  auf  die  Vensicherang 
einiger  Physiologen,  dass  die  Epidermis  sich  in  Epithel  umzuwandeln  ver- 
möge, wenn  sie  unter  gleiche  Verhältnisse  versetzt  wird,  wie  letiteres.  Zum 
Ersätze  des  daraus  hervorgehenden  Defectes  in  der  Wange  mussten  die  be- 
nachbarten Hauptpartien  dienen,  welche  wir,  von  oben  sowohl,  ab  von 
unten,  herbeizogen.  Hierin  bestand  nun  der  zweite,  durch  den  ersten  bereits 
vorbereitete  Act,  welchen  wir  folgen dermassen  durchführten:  Sowohl  ober-, 
als  unterhalb  der  Wangenspalte,  in  einem  Abstände  von  4—5'"  von  den  be- 
reits übernarbten  Rändern  derselben,  und  parallel  mit  ihnen,  führte  ich  je 
einen  horizontalen  Schnitt  durch  Haut  und  Zellgewebe,  —  die  Enden  die- 


Zar  operatiTen  Behandlung  der  narbigen  Rieferklemme.  2'29 

ser  Schnitte  gingen  in  Bllipsen  über,  am  sich  mit  den  Enden  der  Wangen  • 
spalte  anter  spitzen  Winkeln  zn  vereinigen ,  also  vorne  am  rechten  Mund- 
winkel, hinten  am  Yorderen  Masseterrande.  Anf  solche  Weise  waren  die  an 
die  Alyeolarforts&tze  jingeiatheten  Partien  der  Wangenhant  von  ihrem  Zu- 
sammenhange mit  der  fibrigen  abgetrennt,  um  in  dieser  Lage  belassen,  das 
neue  Zahnfleisch  darzustellen  Um  nun  aber  die  Backe  wiederherzustellen, 
prSparirte  ich  die  fibrige  Wangenhaut  ron  ihren  Unterlagen  ab,  vom  oberen 
Schnitte  ans  bis  zum  unteren  Angenhöhlenrande,  vom  unteren  bis  tief  unter 
den  Unterkieferrand  hinab,  —  so  weit,  dass  diese  Haut  sich  von  oben  so- 
wohl, oIb  von  nnten,  leicht  fiber  jenes  neue  Zahnfleisch  herüberziehen,  und 
ihre  wunden  Ränder  sich  ohne  Spannung  (sogar  bei  bis  anf  1"  weit  geöff- 
netem Monde)  untereinander  durch  Insectenn&hte  vereinigen  Hessen.  Sie 
▼erheilten  auch  grösstentheils  durch  rasche  Vereinigung,  und  sobald  ihre 
Narbe  hinreichend  fest  geworden  war,  um  einige  Dehnung  zu  vertragen, 
wurde  aach  wieder  für  weitere  Ausdehnung  des  Mundes  durch  den  erwähn- 
ten Apparat,  so  wie  durch  Raubewegungen  gesorgt,  um  sowohl  die  noch 
fibrige  Steifigkeit  im  Gelenke  und  den  Muskeln  zu  tilgen,  als  der  zusam- 
menziehenden Kraft  der  Grannlationsbildung,  auf  der  wunden  inneren  Fläche 
der  neuen  Backe  entgegenzuwirken.  Das  geschah  denn  auch  mit  solchem 
Erfolge,  dass  nach  einigen  Wochen,  als  diese  Fläche  sich  überhäutet  hatte, 
die  Vorrichtnngen  der  Sprech-  und  Kauwerkzeuge  als  hergestellt  angesehen 
werden  konnten,  nnd  Fat  mit  der  Weisung  entlassen  wurde,  die  Korkkeile 
zwischen  den  Zähnen  noch  längere  Zeit  hindurch  während  mehrerer  Stun- 
den am  Tage  zu  tragen. 

Der  erwähnte  Apparat  besteht  ans  2  hufeisenförmigen,  flachen,  eisernen 
Bügeln  mit  etwas  aufgebogenen  Rändern,  so  dass  sie  flache  Rinnen  darstel- 
len, in  welche  die  Zahnreihen  zn  liegen  kommen.  Die  Rinnen  sind,  um  den 
Druck  auf  die  Zähne  zu  massigen,  mit  Kautschukplatten  bedeckt.  Die  Bü- 
gel liegen  mit  ihren  flachen  Rändern  aufeinander,  so  dass  sie  sich  decken, 
und  die  Rinnen,  eine  nach  oben,  die  apdere  nach  unten,  sehen,  —  an  ihren 
Enden  sind  sie  durch  Chamiergelenke ,  oder  durch  Zapfen  verbunden,  an 
ihrer  Mitte,  auf  der  Höhe  der  Bögen,  haben  sie  Ansätze,  von  denen  der 
untere,  von  einem  Schraubengange  durchbohrt,  eine  Schraube  trägt,  die  mit 
ihrem  Ende  den  Ansatz  des  oberen  Bügels  berührt,  und  bei  ihrer  Umdrehung 
vor  sich  hertreibt,  wodurch  denn  beide  Zahnreihen  mittelst  eines  gleich- 
missig  vertheilten  Druckes  auseinandergedrängt  werden.  Je  düpner  die  Bü- 
gel, und  je  feiner  ihr  Schloss  gearbeitet  sind,  bei  desto  geringerem  Abstände 
der  Kbne  von  einander  lassen  sie  sich  schon  einführen;  unser  Apparat,  von 
einem  gewöhnlichen  Schlosser  verfertigt,  ist  ziemlich  derb  ausgefallen,  und 
fordert  daher  eine  vorläufige  Erweiterung  durch  Spatel  und  Korkkeile. 


230  I>r.  Hering, 


3.    Ein  Fall  von  halbseitiger  Gesicbtsatrophie,  in  Folge  Yoa  Ter- 

brenonng. 

Mittheilang  aus  der  Bonner  chirurgischen  Klinik. 

Von 

Dr.  Herinsy 

AssittenB-Arit  am  chirorgitehen  Klinikum  in  Bonn. 

(Hierzu  Tftf.  lü.) 


Ende  December  vorigen  Jahres  kam  die  53jährige  Agnes  Moll  aoi 
fiomheim  in  die  Klinik,  mit  einer  rechtsseitigen  Radinsfractnr  im  nnteren 
Drittel.  Es  wnrde  ein  Gypsverband  angelegt,  und  der  Bruch  heilte  in  nor- 
maler Weise.  Ausserdem  zeigte  die  Patientin  eine  äusserst  hochgradige 
linksseitige  Gesichtsatrophie,  welche  von  Jugend  an  besteht,  und  welche 
Patientin  von  einer  in  ihrem  ersten  Lebensjahre  erlittenen  Verbrennung  her 
datirt  Sie  fiel  nfimlich,  kaum  i  Jahr  alt,  von  dem  Arme  ihres  Bruders  mit 
der  linken  Schulter  und  der  linken  Gesichtshälfte  gegen  einen  glfihenden 
eisernen  Ofen.  Wie  tief  die  Verbrennung  gegangen,  und  wie  überhaupt  dar 
weitere  Verlauf  derselben  gewesen,  vermag  die  Patientin  nicht  anzugeben, 
da  sie  von  ihren  Eltern  Näheres  nicht  darüber  erfahren  hat;  das  aber  giebt 
sie  mit  der  bestimmtesten  Versicherung  an,  daas  ihr  Gesicht  vor  der  Ver- 
brennung eine  Missbildung  nicht  gezeigt  habe.  —  Während  nnn  die  linke 
Schulter  und  Arm  ganz  wohlgebildet  sind,  und  kaum  sichtbare  Spuren  der 
Verbrennung  erkennen  lassen,  bietet  das  Gesicht  eine  so  eigenthflmlicbe 
und  so  hochgradige  Verbildung  der  linken  Hälfte  dar,  dass  man  bei  der 
Profilbetrachtung  der  Patientin  von  den  beiden  Seiten  her,  gleich  einem 
Januskopfe,  zwei  ganz  verschiedene  Personen  vor  sich  zu  haben  glaubt, 
von  rechts  gesehen  ein  volles,  rnndes  Frauengesicht,  von  links  dagegen  ein 
hässliches,  mageres,  zusammengeschrumpftes,  jedoch  runzelfreies,  todtes, 
skeletähnliches  Altweibergesicht.  Die  beiden  Abbildungen,  von  denen  die 
eine  en  face,  die  andere  im  Profil  von  der  kranken  Seite  ans  genommen 
ist,  zeigen  diese  Verbildung  in  ganz  prägnanter  Weise. 

Die  Gegend  von  dem  linken  Ohre  bis  zum  Nasenrücken,  nach  Abwärts 
bis  zum  Rande  des  Unterkiefers,  nach  Aufwärts  durch  die  Fossa  temporalis 
zur  Stirn  bis  zur  Glabella,  und  von  hier  aus  über  das  linke  Scheitelbein 
bis  beinahe  zur  linken  Lambdanaht  ist  abgeflacht,  abgeplattet,  und  entbehrt 
vollständig  der  gewöhnlichen  Fülle.    Die  Haut  liegt  hier  ohne  Fettpolster 


Halbseitige  Gesichtsatrophie  ia  Folge  von  Verbrennung.  231 

ODd  msiftt  ohne  Masknlator  dem  Knochen  dicht  auf,  and  indem  sie  sich 
eng  an  denselben  anschmiegt,  markirt  sie  die  Vertiefungen  und  Erhabenhei- 
ten des  Schädelgerfistes  in  äusserst  auffallender  Weise.  So  zeigt  sich  als 
scharfe  Leiste,  den  linken  äusseren  Augenwinkel  mit  dem  Tragus  des  Ohres 
▼erhindend,  das  Os  sygomaticum,  Ober  welchem  sich  die  Fossa  temporalis 
£ut  doppelt  so  tief  ausbuchtet,  als  rechts,  während  nnter  ihm  die  Fossa 
psrotidea  und  canina  sich  als  tiefe  Gruben  zeigen.  Von  der  rechten,  ge- 
sunden Seite  ist  die  kranke  Gesichtshälfte  scharf  geschieden,  jedoch  ist  die 
Grenze  nicht  ganz  median,  sondern  zieht  sich  von  der  Stirn  aus,  wo  sie 
allerdings  median  liegt,  allmälig  nach  links  abweichend  um  die  linke  Ober- 
lippe und  Mundwinkel,  zum  Unterkiefer  herab,  welchen  sie  einen  Zoll  weit 
vom  Kinne  erreicht  Von  der  Gkibella  aus  folgt  sie  nach  oben  zu  fast  ganz 
der  Sutura  sagittalis,  und  hier  ist  die  Grenze  eine  äusserst  scharfe.  Am 
Halse  ist  eine  GrOssenverschiedenheit  nicht  zu  bemerken.  In  dem  genann- 
ten Bezirke  fallen  durch  ihr  normaleres  Ansehen  einige  Partien  auf,  welche 
inselartig  in  den  atrophischen  Theilen  prominiren.  So  bemerkt  man  eine 
keilfSnuige,  mit  der  Basis  von  dem  äusseren  Theile  des  oberen  Augenlides 
znsgebende  und  über  das  ganze  Stirnbein  sich  fortsetzende,  allmälig  sich 
zuspitzende  Insel,  deren  Baeis  die  Grösse  von  V  bat.  Zwei  andere  klei- 
nere, mehr  runde,  befinden  sich  auf  dem  Scheitelbeine.  Auf  allen  zeigt  die 
HzQt  hat  ihre  normale  Elasticität  und  Beschaffenheit;  unter  ihr  fflhlt  man 
den  Pftnnieulus  adiposus  und  die  Musknlatur,  zwar  nicht  in  flppiger,  jedoch 
inunerhin  deutlich  erkennbarer  Weise,  und  während  der  Knochen  an  den 
atrophischen  Stellen  das  Gefühl  darbietet,  als  hätte  man  einen  elastischen 
K<Sfper  nnter  seinen  Fingern,  als  kOnne  man  ihn  einknicken,  wie  ein  Kar- 
tenblatt, bietet  er  an  jenen  Stellen  die  gewöhnliche  Knochenresistenz.  Der 
Unterschied  wird  noch*  prägnanter  durch  den  Haarwuchs.  An  den  atrophi- 
s^en  Stellen  des  Scheitelbeines  bemerkt  man  nur  hier  und  da  yereinzelt 
stehende  Haare,  welche  sowohl  durch  Form  als  Farbe  von  dem  übrigen 
Hzapthaare  wesentlich  verschieden  sind.  Das  Haupthaar  ist  schwarz  und 
lang,  in  gute  Flechten  gewunden,  welche  die  Kranke,  um  die  kahlen  Stellen 
in  bergen,  von  rechts  nach  links  hinüber  zu  kämmen  pflegt;  an  den  atfo- 
phischen  Stellen  sind  sie  weiss,  und  kaum  4"  lang.  Auf  den  beiden  ge- 
nannten Inseln  ist  dagegen  der  Haarwuchs  wieder  üppig,  und  von  dem 
Qbrigen  Haupthaare  nicht  verschieden. 

Auf  der  Stirn  ist  die  Prominenz  des  linken  Tuber  eine  viel  geringere, 
als  rechts;  der  Arcns  superciliaris  ist  nur  an  seinem  äusseren  Theile,  da, 
vo  die  gesunde  Insel  sich  befindet,  bemerkbar  Die  Augenbrauen  der  lin- 
ken Seite  sind  nur  ganz  spärlich  vorhanden;  die  Augenlider  erscheinen 
Uager  nnd  dünner,  die  Oilien  derselben  sehr  sparsam.  Der  Augapfel  ist 
tief  in  die  Orbita  zurückgesunken,  jedoch  sind  die  Bewegungen  ganz  nor- 


232  I>r.  Hering, 

mal.  Die  Gonjanctiva  ist  injicirt,  die  Cornea  stark  getr&bt  Sehr  auffallend 
ist  die  Atrophie  des  linken  Nasenflfigels,  welcher  dem  Septem  nasale  so  an- 
liegt, dass  der  Raum  der  Nasenöffnang  wesentlich  yerkleinert  ist  An  der 
Ober-  und  Unterlippe  l&sst  sich  eine  Atrophie  nicht  erkennen,  jedoch  steht 
der  linke  Mundwinkel  etwas  höher,  als  der  rechte,  die  Nasolabialfalte  macht 
dadurch  links  einen  grosseren  Bogen,  als  rechts.  Die  Haut  liegt  an  den 
atrophischen  Stellen,  wie  gesagt,  dicht  auf  dem  Knochen,  ohne  Fettpolster 
und  meist  auch  ohne  Muskulatur  auf,  und  iSsst  sich  auf  demselben,  wenn 
auch  in  beschränktem  Masse,  verschieben,  sowie  in  eine  geringe  Falte  anf- 
heben;  sie  hat  ein  narbenartiges,  trockenes  Ansehen,  und  fühlt  sich  derb 
und  lederartig  an.  Sie  ist  jedoch  weder  geringer  temperirt,  noch  lassen 
sich  constante  Unterschiede  in  der  Sensibilit&t  gegen  die  rechte  Seite  nach- 
weisen; bisweilen  indess  erscheint  die  linke  Seite  sogar  etwas  hyperSsthe* 
tisch,  indem  die  electrischen  Ströme  links  oft  schmerzhafter  empfunden 
werden,  als  rechts.  In  der  Verzweigung  des  linksseitigen  Gef&sseysteras 
können  Unterschiede  gegen  das  rechte  nicht  aufgefunden  werden.  Die 
Pulsationen  der  Carotis  sind  links  ebenso  stark,  als  rechts;  ebensowenig 
können  in  den  Pulsationen  der  Temporales  und  Maxillares  extemae  merk- 
liche Unterschiede  nachgewiesen  werden.  Die  Motilitftt,  sowohl  des  Unter- 
kiefers, wie  der  Augenlider,  Mundwinkels,  Ober-  und  Unterlippe  ist  in  kei- 
ner Weise  gestört 

Die  Unterschiede  der  Grössenverhftltnisse  beider  QeslchtshSlften  sind 
folgende: 

Der  Umfang  des  Kopfes  in  der  üöhe  der  Glabella  und  Spina  occipita- 
lis  externa  beträgt  22  rheinische  Zoll,  yon  denen  11 V  Auf  die  rechte,  10^" 
auf  die  Unke  Kopfhftlfte  kommen.  Die  I^ftnge  des  Gesichtes  vom  Haar- 
wuchse  bis  zum  Kinn  beträgt  9^^',  davon  kommt  auf  die  Stirn  1%". 

Von  der  Incisura  supraorbitalis  bis  zum  Mundwinkel  beträgt  die  Länge 
rechte  3"  1"',  links  2"  5'". 

Von  der  Insertion  des  Nasenflfigels  bis  zur  Spitze  des  Tragus  rechts 
4"  6'",  links  8"  6'". 

Von  der  Mitte  der  Glabella  bis  zur  Spitze  des  Tragus  rechte  5''  3"S 
links  4"  6'". 

Von  dem  inneren  Augenwinkel  über  die  Ohrmuschel  bis  zur  Nacken- 
grübe  und  den  Dornfortsätzen  rechts  10''  1"',  links  8"  S"'. 

Von  der  Mitte  der  Glabella  fiber  den  Nasenrücken  bis  zum  inneren 
Augenwinkel  rechte  8"',  links  5'". 

Von  der  Mitte  der  Ghibella  über  den  Nasenrücken  bis  zum  Nasseren 
Augenwinkel  rechte  2"  S*",  links  2". 

Von  der  Mitte  der  Glabelhi  bis  zum  Unterkieferwinkel  rechte  5"  7"', 
links  4"  8"'. 


Halbseitige  OeBichisatrophie  in  Folge  voo  Verbrenaang.         233 

VoD  dem  Moodwinkel  bis  snm  Pbiltrum  der  Oberlippe  rechts  1''  i***, 
links  1"  4'". 

Von  der  Spitze  des  Tragus  bis  zor  Nackengrabe  and  den  Dornfort- 
BiUen  rechts  5"  4",  links  4"  6'". 

Von  der  Insertion  des  Nasenflflgels  bis  znm  Unterkieferwinkel  rechts 
4"  2"*,  links  8"  1"'. 

Die  Entfemnng  beider  ünterkieferwinkel  ron  einander  beträgt  3"  3'". 

Davon  kommt,  wenn  man  die  Rhaphe  des  harten  Oanmens  als  Theilungs- 
liDie  betrachtet,  anf  die  linke  Hllfte  1"  4'".  Dnrch  diesen  Unterschied  ist 
der  üoterkieferkOrper  nicht  gleichmftssig  bnfeisenförmig  gekrQmmt,  sondern 
der  linke  Theil  desselben  bildet  mit  dem  Rianstficke  einen  etwas  stumpfen 
Winkel:  gleichzeitig  steht  der  linke  untere  Rand  etwas  höher,  als  der  rechte, 
DDd  der  AWeolartheil  desselben  ist  nach  einw&rts  gerichtet,  so  da^ts  die 
noch  vorhandenen  Z&hne,  welche  ganz  gesnnd  erscheinen,  schief  nach  der 
ZoDge  zn  sehen.  Ein  gleiches  Verhalten  zeigt  die  Form  des  Unterkiefers; 
links  ist  der  Kreisbogen  kleiner,  das  linke  Ganmengewölbe  schmaler,  aber 
mehr  gew51bt,  die  Zahnreihe  steht  etwas  hGher,  und  anch  hier  stehen  die 
Zahnkronen  nach  einw&rts.  Die  Grenze  zwischen  den  Schneidezähnen  bei- 
der Seiten  ist  sowohl  am  Ober-,  als  Unterkiefer  nach  links  hin  yerrflckt 
Der  Wechsel  der  ZIhne  soll  der  gewöhnliche  gewesen  sein.  An  dem  Zahn- 
fleische in  der  Ganmen-  und  Wangenschleimhaut  Iftsst  sich  eine  besondere 
Verschiedenheit  nicht  wahrnehmen,  nur  erscheint  die  linke  Wangenschleim- 
haut  etwas  weniger  colorirt ;  die  Angabe  der  Patientin,  dass  die  linke  Mund- 
seite  stets  etwas  trockener  sein  solle,  Iftsst  sich  objectiv  nicht  constatiren. 
£ine  anifftllige  Veränderung  zeigt  jedoch  die  Zunge.  Während  die  rechte 
Znngeohälfte  die  gewöhnliche  Ffille  besitzt,  erscheint  die  linke  Hälfte  schma- 
ler Qod  dfioner;  dieser  Unterschied  ist  besonders  an  der  Zungenspitze  mar- 
kirt,  an  der  sich  eine  strahlige  Einziehung  findet.  Beim  Herausstecken 
weicht  die  Zunge  stets  nach  links  ab,  jedoch  ist  die  Motilität  derselben  in 
keiner  Weise  gestört,  anch  das  Geschmacksvermögen  ist  auf  beiden  Seiten 
gleich  gut,  wie  Versuche  mit  starken  Zucker-  und  Chininlösnngen  ergaben. 
Die  Narbe  steht  etwas  nach  links,  jedoch  konnten  weder  an  ihr,  noch  an 
den  Gaumenbögen  Abnormitäten  aufgefunden  werden.  Geruch  und  Gehör 
sind  Yollständig  gut.  Dagegen  ist  das  Sehvermögen  auf  dem  linken  Auge 
dnrch  die  durch  die  chronische  Keratitis  bedingten  Cornealtrübungen  we- 
sentlich beeinträchtigt  Die  geistigen  Functionen  sind  verhältnissmässig 
S«t  entwickelt 

Es  unterliegt  keinem  Zweifel,  dass  diese  Atrophie  mit  der  Verbrennung, 
vekbe  die  Patientin  im  ersten  Lebensjahre  erlitten  hat,  in  Zusammenhang 
zn  bringen  ist,  und  wenn  es  auch  bekannt  ist,  dass  Narben  durch  ihren 
Zng  und  Druck  die  Entwickelnng  der  betreffenden  Theile  beeinträchtigen, 


234  I>r.  SklifoBsoffsky, 

so  dfirfte  doch  eine  so  hochgradige  Entwiekelongshemmoag  des  ]pi5chenien 
Gerfistes  in  Folge  des  Narbendrnckes  nicht  gerade  hftnfig  snr  Beobachtaog 
gelangen,  nnd  deshalb  wohl  der  Veröffentlichung  werth  sein.  Dass  wir  es 
hier  nicht  mit  jener  Gesichtsatropbie  zn  thnn  haben»  welche  Rom berg  mit 
dem  Namen  Trophonearosen  belegt  hat,  dafür  spricht  ausser  der  Aetidogie 
die  narbige  Beschaffenheit  der  Hant,  andererseits  aber  der  Umstand,  dsss 
in  dem  atrophischen  Bezirke  einzelne  Inseln  sich  befinden,  an  denen  Haat 
nnd  Knochen  die  ganz  normalen  Charaktere  zeigen. 


4.    Zwei  FUle  tob  OYariotomie  mit  glteUicIiem  Augange. 

Von 

Dr.  Siaifassoffiikr, 

dlrlglrendein  Arsto  der  chlnirgisebMi  AbttittiliiBg  u  dem  Stedthospitale 
sa  Odessa. 


Vorliegende  zwei  Fälle  Ton  Ovariotomie  wurden  im  russischen  Medi- 
cinsk^  Wiestnik  (No.  10.,  11.,  39.,  41 ,  42.  Jahrg.  1865)  veröffentlicht  In 
beiden  Fällen  war  der  Stiel  der  Cyste  unterbunden,  und  in  der  Wunde  be- 
festigt; ebensowohl  waren  an  die  Adhäsionen  der  Cysten  Ligaturen  angelegt, 
deren  Enden  durch  die  Wunde  nach  Aussen  gebracht  wurden. 

Die  erste  O?ariotomie  in  Russland  wurde  von  Professor  K rassoff sky 
den  23.  December  1862  im  Klinikum  der  medico-chirurgischen  Academie  zu 
St.  Petersburg  ausgefQhrt*),  und  hatte  einen  gl&cklichen  Erfolg.  Das  Bei- 
spiel Prof.  Krassoffsky's  fand  bald  an  verschiedenen  Orten  unseres 
Vaterlandes  Nachahmer,  deren  Bemühungen  zu  ziemlich  guten  Ausgängen 
führten,  und  keineswegs  schlimmeren,  als  in  andern  Ländern  Europas.  Ab- 
gerechnet der  schon  früher  ausgeführten,  hat  Prof.  Krassoffsky  in  diesem 
Jahre  im  Laufe  einiger  Wochen  (vom  24.  Juni  bis  31.  August**)  im  Stadt- 
hospitale zu  Czarskoie  Sielo  in  Gegenwart  mehrerer  Aerzte  noch  sieben 
Ovariotomieen  ausgeführt;  von  den  Operirten  sind  schon  fünf  vollkommen 
geheilt,  eine  ist  auf  dem  Wege  hoffnungsvoller  Heilung  (14  Tage  nach  der 
Operation),  und  nur  eine  ist  gestorben.  In  allen,  diesen  Fällen  wurden  so- 
wohl der  Stiel  der  Cyste  als  auch   die  vorgekommenen  Adhäsionen  ver- 


*)  Dr.  Masloffsky  —  Ovariotomie  oder  Ansschneidung  der  Eierstock- 
geschwülste.   Inaug.  Dissert.  St  Petersburg,  1866.  S.  15. 
**)  Woienno-medicinsky  Journal,  October  1866. 


Zwei  F&lle  tod  Ovariotomie  mit  gl&cklichem  Aasgange.         235 

mittelst  Glfilieifleii  getrenDt,  —  eine  Methode,  der  Prof.  Krassoffsky,  dem 
Aj»cheiBe  nach,  den  Vonag  Tor  allen  andern  giebt,  indem  er  unter  andern 
venpricht,  in  kaner  Zeit  eine  aasf&hrliche  Beschreibnng  seiner  Beobach- 
tuDgen  mit  einer  kritischen  Analyse  aller  Methoden  der  Ovariotomie  mitzu- 
theilen. 

1.  FalL  Frau  Natalie  Jaworsky,  28  Jahre  alt,  Wittwe,  trat  am 
8.  September  1864  in  das  Stadthospital  zn  Odessa.  Die  Kranke,  eine  Brü- 
nette, mittleren  Wachses  nnd  guter  Körperconstitation ,  war  mager,  etwas 
anifflisch;  der  Unterleib  bot  eine  bedeutende  Zunahme  im  Umfange  dar; 
der  Nabel  verstrichen.  Der  Unterleib,  in  der  Höhe  des  Nabels  gemessen,  gab 
iO  Zoll,  die  Bntfernnng  des  Processus  xipboidens  von  der  Symphysis  ossium 
pobia  gleich  16  ZolL  Deutliche  Fluctuation  war  im  Unterleibe  fühlbar;  der 
PercQBsionston  überall  dumpf,  mit  Ausnahme  des  oberen  Theiles  des  Unter- 
leibes, wo  er  in  den  reinen  Darmton  überging.  Die  Banchdecken  beweglich, 
QDd  nur  bei  starker  Bewegung  derselben  von  rechts  nach  links  empfand  die 
Knske  einen  Si^hmerz  in  der  Gegend  des  Nabels  und  sechs  Finger  breit 
über  der  Crista  ossis  ilei  dextri;  an  letzterer  Stelle  empfand  die  Kranke 
bäofig  aach  spontane  Schmerzen.  Die  Hautvenen  der  Bauchdecken  stark 
entwickelt,  einige  bis  zur  Grösse  einer  Gänsefeder.  Der  Uterus  war  nach 
»bwSrts  gedr&ngt,  das  GoUnm  gegen  das  Os  sacrum  gerichtet;  der  in  die 
Vftgioa  eingeführte  Finger  fühlte  deutliche  Fluctuation  Tor  dem  Gollnm  uteri, 
venn  gleichzeitig  mit  der  andern  Hand  leichte  Schläge  auf  den  Unterleib 
ausgeübt  wurden.  —  Die  erste  Menstruation  stellte  sich  im  14  Lebensjahre 
der  Kranken  ein,  im  19.  heirathete  sie,  und  gebar  nach  einem  Jahre;  die 
Gebart  war  regelmässig.  Nach  sieben  Monaten  der  Yerheirathung  wurde  sie 
Wittwe.  Zwei ^ Jahre  nach  der  Geburt,  somit  vor  sechs  Jahren,  bemerkte  sie 
zuerst  in  der  rechten  untern  Hälfte  des  Unterleibes  eine  Geschwulst  von 
der  Grösse  eines  Hühnereies.  Die  Geschwulst  wuchs  langsam,  nnd  die 
Kranke  wurde  regelmässig  menstmirt;  erst  vor  einigen  Monaten  begann  die 
Gescbwolst  plötzlich  an  Umfang  zuzunehmen,  und  erreichte  das  Maass, 
welches  wir  angegeben  haben.  —  Nach  wiederholter  Untersuchung  der  Kran- 
ken warde  folgende  Diagnosis  gestellt:  der  Unterleib  i^  in  Folge  eines 
Tomor  ovarii  dextri  ausgedehnt,  dessen  Inhalt  wahrscheinlich  Aussig,  und 
dessen  Wände  wahrscheinlich  verwachsen  sind  mit  verschiedenen  Theilen 
des  Cavnm  abdominale,  und  zwar  besonders  rechterseits.  Auf  Grundlage 
dieser  Diagnosis  wurde  die  Radicalcur  ->  Ovariotomie  beschlossen.  Die 
Operation  wurde  im  Stadthospitale  ausgeführt.  Das  zur  Operation  bestimmte 
Zimmer  war  gross,  darch  zwei  Fenster  gut  erleuchtet,  und  lag  in  der  unte- 
ren Etage  des  rechten  Hospitalflügels,  Die  Fenster  desselben  standen  einige 
Tage  hindurch  vor  der  Operation  offen,  nnd  in  dem  Kamine  wurde  Stroh 
verbraant  aur  Reinigong  der  Luft.    Der  Oberarzt,  Dr.  Broussais,  der  mir 


236  Dr.  Sklifossoffsky. 

mit  Rath  and  That  während  der  AnsfÜhniDg  der  Operation  snr  Seite  stand, 
schonte  kein  Mittel,  nm  der  Kranken  alle  möglichen  Bequemlichkeiten  zu- 
kommen zu  lassen.  Die  Leib-  und  Bettwftsche,  sowie  alle  Bestandtheile  des 
Lagers  waren  vollkommen  nea;  Verbandmittel  und  Charpie  ausser  dem  Ho- 
spitale zubereitet;  die  vollkommen  neuen  Schw&mme  wurden  gekocht,  und 
in  verdünntem  Acidnm  chloricnm  macerirt  Die  Kranke  wurde  auf  eioem 
Bette  operirt;  nach  der  Operation  blieb  sie  auf  demselben  Lager.  Die  Ope- 
ration wurde  ausgcfOhrt  in  Gegenwart  des  Dr.  Zimmermann  (Operatear 
der  Medicinal Verwaltung),  und  der  Aerzte  des  Stadthospitales ,  DDr.  Solo- 
weitschik,  Morgen,  Groschoffsky,  Wdowikoffsky,  BernsteiD) 
Herzenstein,  und  Rosenblum.  -^  Am  Morgen  des  Operationstages 
wurde  der  Kranken  ein  Lavement  applicirt,  nachdem  sie  Tags  vorher  eine 
Unze  Olei  Ricini  genommen  hatte.  Am  22.  October,  an  einem  sonnigen  Tage, 
10  Tage  nach  den  letzten  Oatamenien,  schritt  ich  zur  Operation.  Die  Tem- 
peratur im  Zimmer  war  19**  R.;  um  die  Feuchtigkeit  der  Zimmerluft  zu  er- 
höhen, Hess  man  heisses  Wasser  neben  dem  geheizten  Kamine  verdampfen. 
Um  11  i  Uhr  wurde  der  Kranken  das  Chloroform  gereicht;  der  Harn  dorch 
den  Gatheter  entleert.  Um  11  Uhr  36  Minuten  machte  ich  einen  6"  langen 
Schnitt  durch  die  Haut  und  das  Unterhautbindegewebe,  von  dem  Nabel  bis 
zur  Symphysis  ossium  pubis.  Der  Schnitt  wurde  etwas  nach  links  von  der 
Linea  alba  geführt;  der  linke  Musculus  rectus  abdominis  war  verdrängt  von 
der  Linea  alba,  und  zwar  unten  auf  8—4  Finger  breit.  Die  Oeffnung  der 
Fascia  traosversa  und  des  Peritoneum  neben  der  Linea  alba  geschah  »of 
der  Hohlsonde.  Nach  Eröffnung  des  Peritoneums  floss  etwas  seröse  Flüs- 
sigkeit (Ascites)  heraus,  und  in  der  Spalte  der  Wunde  zeigte  sich  der  Tu- 
mor; auf  demselben,  in  seiner  vorderen  Wand,  verlief  von  oben  nach  oDten 
eine  Vene  von  der  Dicke  einer  Gänsefeder.  Ich  stiess  etwas  rechts  von  der 
erwähnten  Vene  einen  dicken,  gebogenen  Troicart  in  den  Tumor;  es  floss 
eine  seröse  Flüssigkeit  von  dunkelgelber  Farbe  und  Gonsistenz  einer  kräfti- 
gen Bouillon  heraus.  Nachdem  einige  Schüsseln  mit  dieser  Flüssigkeit  ge- 
füllt waren,  verstopfte  sich  die  Röhre  des  Troicart  durch  eine  dicke,  breiige 
Masse,  welche  mU  Haaren  vermengt  war.  Die  Geschwulst  war  bedeutend 
zusammengefallen,  so  dass  man  sie  mit  der  Hand  umgreifen  und  Verwach- 
sungen entdecken  konnte,  und  zwar  rechts  mit  dem  vorderen  und  seitlichen 
Theile  des  Peritoneum,  und  gerade  von  oben  und  links  mit  dem  Omentum. 
Die  Verwachsungen,  aus  einem  lockeren,  und  theilweijie  sehr  gefässreicheo 
Bindegewebe  bestehend,  stellten  sich  in  Form  breiter  Scheidewände  dzr. 
Der  Troicart  wurde  entfernt,  die  zunächst  liegenden  Verwachsungen  mit 
seidenen  Ligaturen  unterbunden,  und  auf  der  Seite  des  Tumor  durchschnit- 
ten. Dann  wurde  ein  1"  langer  Einschnitt  von  der  Einstichsöffnung  nach 
unten  gemacht,  der  Sack  des  Tumor  somit  eröffnet»  und  ein  Theü  der  breii- 


Zwei  F&lle  von  OTtfiotomie  mit  giacklichem  Anagsnge.  237 

gen  Maase  ana  ihm  entfernt.    Jetzt  war  ich  im  Stande,  den  ganzen  Tamor 
mit  der  Hand  zn  umgehen;  die  übrigen  Yerwachsangen  worden  unterbun- 
den und  durchschnitten,  und  der  ganze  Sack  des  Tumor  nun   durch  die 
Wnndöifnung  nach  aussen  gezogen;  die  Wurzel  des  Tumor  war  mit  einem 
dicken  Seidenfaden  unterbunden  und  Ober  demselben  dorcbschnitteufc  unter- 
halb dieser  Ligatur  wurde  sofort  noch  eine  doppelte  Schlinge  aus  weichem 
Eisendrahte  angelegt,  dessen  Ende  an  dem  (von  Lfier  zur  Operation  der 
Varicocele  erfundenen)  Serre-noeud  befestigt    Der  Dterus   und   das  linke 
OTsriom  waren  gesund,  und  lagen  frei  in  dem  kleinen  Becken.     Die  Perl- 
toDealhöfale  wurde  Yon  den  Blntgerinnseln  und  den  Theilen  des  flflssigen 
Inhaltes  des  Tumor  mit  einem  weichen  Schwämme  gereinigt,  und  zunächst 
lam  Schlüsse  der  Wunde  geschritten.    £s  wurden  3  Nfthte  aus  doppeltem, 
weichem  Eisendrahte  angelegt,  durch  die  ganze  Dicke  der  Bauchdecken  und 
dorcb  das  Peritoneum  selbst,  einen  Zoll  vom  Wnndrande  entfernt;  die  Enden 
des  Drahtes  wurden  auf  kleine  Stäbchen  aufgerollt    Die  erste  Naht  war 
^Bgelegt  in  der  Mitte  der  Wunde,  die  zweite  in  der  oberen  Hälfte,  und  die 
dritte  in  der  unteren  Hälfte;  diese  letztere  aber  so,  dass  sie  die  Wurzel  des 
Tamor  unterhalb  der  Eisendrahtligatur  durchbohrte.    Die  Wurzel  wurde  so 
in  dem  unteren  Wundwinkel  fizirt;  durch  diesen  wurden  die  Enden  von  7 
Ligaturen   dnrchgef&hrt,  welche  an  den  Verwachsungen   angelegt  waren. 
Femer  wurden  noch  7  Snturae  circumTolutae  applicirt,  welche  nur  durch 
die  Haut  und  das  Dnterhautbindegewebe  gingen.  —  Um  12  Uhr  60  Minuten 
war  die  Operation  beendet    Die  Kranke  erwachte  sofort  und  fühlte  eine 
grosse  Schwäche.     Auf  die  Wunde  wurde   trockene  Gharpie  gelegt,   eine 
weiche  Compreese  aus  Flanell  und  eine  breite  Binde  um  den  ganzen  Unter- 
leib. Den  Verband  berfihrte  eine  Blase  mit  Eis.  —  Die  ans  dem  CaTum  abdo- 
minale entfernte  Cyste  hatte  eine  mehr  oder  weniger  sphärische  Gestalt,  ihre 
Wände  waren  3  —4'"  dick.    Ausser  der  während  der  Operation  entfernten 
nUsaigkeit  Yon  19^  Pfund  enthielt  die  Gjste  noch  8^  Pfund  breiiger  Masse, 
gemischt  mit  Cbolestearin  und  Haaren;  der  Sack  wog  2|;  Pfund.    Demnach 
wzr  das  Gewicht  der  Cyste  mit  Inhalt  30^  Pfund.    Die  Cyste*  hatte  10" 
nach  rechts' von  ihrer  Wurzel  einen  Appendix  von  der  Grösse  einer  Orange; 
dieser  commnnicirte  nicht  mit  der  Cyste,  nnd  war  nur  von  breiiger  Masse, 
gemischt  mit  Haaren,  ausgefttllt    Die  Wand  dieses  Appendix  zeigte  in  ihrem 
oberen  Theile  einen  warzenförmigen  Vorsprung,  welcher  in  die  HOhle  der 
Cyste  hineinragte,  diese  Ausbuchtung  war  dicht  besetzt  mit  Haaren  von  der 
Uoge  von  circa  2",  die  fest  der  Wand  anhafteten.    In  der  Wand  der  Cyste, 
10"  gerade  nach  hinten  Ton  ihrer  Wurzel,  war  ferner  eine  Knochenlamelle 
▼00  2^"  Grösse  nnd  in  Form  eines  Hufeisens  bemerkbar;  die  innere  Fläche 
öer  Cyste  war  an  dieser  Stelle  tou  sehr  fest  in  der  Wand  sitzenden  Haa- 
reu  bedeckt     Von  jedem  Ende  dieser  Knochenlamelle  entsprang  ein  flaches. 


238  ^'-  SklifosBoffsky, 

fibrdBes  Band,  welche  B&nder  sieh  nach  einer  Ansdehnnng  von  1"  zu  einem 
dickeren  yereinigten,  und  dieses  dickere  Band  fixirte  sich  dann  an  dem  er- 
wähnten Appendix.  An  yerschiedenen  Stellen  der  inneren  Wand  der  Cyste 
konnte  man  ans  ihr  heranswaehsende  Haare  sehen,  aber  besonders  dicht 
waren  sie  an  dem  kleinen,  warzenförmigen  Yorspmnge.  —  Drei  Standen 
nach  der  Operation  erbrach  die  Kranke  fast  reine  Galle.  Um  6  Ohr  Abends 
Pnls  80,  voll;  der  Harn  wurde  durch  den  Katheter  entleert  Um  6|[  Uhr, 
um  7  und  S\  Uhr  wiederholte  sich  das  Erbrechen.  Verordnet  wurden  Eis- 
pillen, alle  5—10  Minuten.  Die  Nacht  war  unruhig.  33.  October.  Schmerz- 
hafte Empfindung  im  ganzen  Unterleibe;  Puls  80,  voll,  weich;  um  10|  Obr 
Erbrechen.  Die  Kranke  genoss  eine  Tasse  Bouillon;  nach  dem  Oeonsse 
der  Bouillon  schlief  sie  2  Stunden.  Um  7  Uhr  unbedeutende  Hitze, 
Puls  beschleunigt,  94;  um  7^  leichtes  Erbrechen  einer  schleimigen  Flfissig- 
keit  ohne  Galle.  —  24.  October.  Entfernung  der  oberflftchliehen  Verband- 
Btücke;  die  Wunde  hat  ein  futes  Aussehen,  fast  ohne  Absonderung,  die 
Ränder  verklebt.  Der  Serre-noeud  wurde  etwas  angezogen.  Unbedeutende 
Schmerzen  im  Unterleibe,  und  schwaches  Kollern  daselbst.  Puls  78,  voller. 
Vom  24.  October  an  wurde  der  Verband  täglich  2—3  Mal  gewechselt,  und 
die  Wunde  gereinigt.  Zu  Mittag  eine  Tasse  BouUlon;  Puls  92;  Kollern  im 
Unterleibe,  und  von  Zeit  zu  Zeit  stechende  Schmerzen  in  Folge  von  Oss- 
entwickelung;  der  Unterleib  leicht  gespannt.  —  25.  October.  Morgens  4 
Ohr  Katheterismus;  der  Urin  gab  bald  ein  Sediment  von  hamsaueren  Salzen; 
Entweich ung  vieler  Gase  per  anum.  Die  Wurzel  des  Tumor  war  fiber  der 
Ligatur  schwarz  und  weich  geworden,  und  verbreitete  einen  unangenehroeo 
Geruch;  die  Wunde  selbst  rein.  Die  Kranke  hatte  in  der  Nacht  wegen 
Gasentwickelung  im  Unterleibe  nicht  schlafen  können.  —  26.  October.  Nenn 
Stunden  hindurch  gut  geschlafen.  Um  6  Uhr  Morgens  Katheterismus.  Ent- 
fernung der  drei  Ligaturen.  Pnls  85;  Kranke  sehr  ruhig;  Harn  giebt  noch 
starkes  Sediment  Die  Eisblase  wurde  entfernt.  —  27.  October.  Sechs  Stun- 
den gut  geschlafen.  Beim  Wechsel  des  Verbandes  entleerte  sich  aus  der 
Wunde  ungef&hr  ein  TheelGffel  guten  Eiters.  Beim  Gatheterismus  beklagt 
sich  die  Kranke  über  einen  Schmerz  in  der  Urethra.  Im  Harne  zeigt  sich 
ein  schleimiger  Niederschlag.  Application  eines  Lavements,  dessen  Resultat 
zwei  reichliche  Stuhlentleerungen  waren.  •—  28.  October.  Beim  Wechsel  des 
Verbandes  wurden  alle  oberflSchiichen  Nähte  entfernt.  Die  ganze  Wunde 
ist  in  der  Tiefe  geheilt,  und  geben  sich  die  Wundrilnder  nur  oberflichlicb 
in  der  Haut  auseinander.  —  29.  October.  An  den  Einstich5ffnungen  der 
Nihte,  und  zwischen  den  Hautrfindern  ist  leichte  Eiterung  bemerkbar.  Die 
Wunde  wurde  durch  Heftpllasterstreifen  vereinigt.  Die  Kranke  urinirte  ohne 
Katheter.  —  30.  October.  Die  abgestorbene  Wurzel  wurde  mit  den  sie  ver- 
schliessenden  Ligaturen  entfernt,  sowie  eine  innere  Ligatur  aus  der  Perito- 


Zwei  Fille  von  Ovariotomie  mit  glficklicbem  Ausgange.  239 

nealh^hle.  Die  Wunde  wurde  mit  einem  in  aromatischer  Lösung  getr&nkten 
Gharpiebansche  bedeckt  —  81.  October.  Die  Kranke  hat  gut  geschlafen 
nnd  erlaubte  ich  ihr  das  Sitzen  im  Bette.  —  1.  November.  Die  Wunde  eitert 
sehr  wenig;  es  wurden  noch  drei  innere  Ligaturen  entfernt.  —  6.  November. 
Ss  wurde  die  fünfte  innere  Ligatur  entfernt,  und  die  Wunde  mit  einer  Solutio 
Argenti  nitrici  (gr.  ij  in  ^j  ^Q^*  destill.)  yerbunden.  —  7.  November.  Die  . 
teilten  zwei  inneren  Ligaturen  entfernt  Um  die  Wundränder  mehr  aneinander 
ZQ  n&hem,  wurden  zu  beiden  Seiten  drei  Bändchen  mit  Collodium  befestigt 
(Collodii  i'iß,  Aetheris  sulfarici  ^ß).  Der  Kranken  wurde  erlaubt,  einige 
Standen  hindurch  im  Laufe  des  Tages  auf  dem  Stuhle  zu  sitzen.  Abends 
stellten  sich  Schmerzen  im  untern  Theile  des  Unterleibes  und  des  Kreuzes 
ein,  welche,  da  der  Termin  der  Menstruation  erschienen  war,  fllr  Molimina 
menstraalia  gehalten  wurden;  und  in  der  That  zeigte  sich  eine  blutige  Aus- 
Bcheidung  aus  der  Scheide,  jronach  die  Schmerzen  aufhörten;  am  Abend 
hdrte  die  Blutausscheidung  auf,  und  die  Schmerzen  stellten  sich  nicht  mehr 
ein.  Vor  der  Operation  dauerten  die  Katamenien  immer  G  Tage.  —  10.  No- 
vember. Am  Morgen  stellten  sich  lancinirende  Schmerzen  im  ganzen  Un- 
terleibe und  Uebelkeit  ein;  sehr  bald  darauf  hatte  die  Kranke  drei  Stuhl- 
entleemngen,  und  ging  mit  der  letzten  ein  Ascaris  lumbricoides  ab.  Am 
Abende  hatten  die  Schmerzen  volbtändig  aufgehört.  —  24.  November.  Die 
Wunde  ist  volbtändig  geheilt  Die  starke  lineare  Narbe  vertieft  sich  an  der 
Stelle,  wo  die  Wurzel  des  Tumor  sass,  zu  einem  Trichter.  —  Von  dem  Tage 
der  Operation  bis  zur  vollständigen  Heilung  der  Wunde  waren  33  Tage  ver» 
Bossen.  Am  15.  Tage  nach  der  Operation  wurde  der  Kranken  erst  erlaubt 
das  Bett  zu  verlassen.  Bemerkenswerth  ist  jedenfalls  bei  dem  Heilungspro- 
ceese  der  Wunde,  dass  trots  des  mächtigen  operativen  Eingriffes,  trotz  der 
Anwesenheit  von  7  Ligaturen  in  dem  Gavum  peritonäale,  die  Reaction  selbst 
▼erhältoissmässlg  eine  so  geringe  war:  die  grösste  Anzahl  der  Palsschläge 
war  94,  welche  wir  an  dem  der  Operation  folgenden  Tage  beobachteten. 

2.  FalL  Olga  B.,  80  Jahre  alt,  unverheirathet,  kräftiger  Körperconsti- 
totion,  bot  eine  glatte,  kuglige  Anschwellung  des  Unterleibes  dar;  der  ganze 
ünterldb  gespannt,  der  Nabel  verstrichen,  fiberall  deutliche  Flnctuation. 
Die  Katamenien  erscheinen  regelmässig  nach  vier  Wochen.  Der  Unterleib 
hatte  in  der  Höhe  des  Nabels  einen  Umfang  von  41  Zoll,  die  Entfernung 
der  beiden  Spinae  ilei  anteriores  24  Zoll,  und  die  vom  Processus  ziphoideus 
bis  ZOT  Symphysis  ossium  pubis  18i  Zoll.  •—  Die  Anschwellung  wurde  vor 
4  Jahren  zuerst  in  der  rechten  Inguinalgegend  als  eine  Yerhärtung  von 
GinseeigTösse  bemerkt,  und  begann  ihre  Entwicklung  erst  im  Februar  1868 
in  dem  Maasse,  dass  die  Kranke  gezwungen  war,  sechsmal  in  1^  Jahren  die 
Pnnetion  des  Unterleibs  vornehmen  zu  lassen.  Nach  den  beiden  letzten 
Pnnetionen  untersuchte  ich  die  Kranke  und  fand  Folgendes:  der  Unterleib 


240  I>r«  Sklifoasoffsky, 

war  nach  Xnaflnss  einer  weisBen  stftrkemehlartigen  FlüssigkeU  znBammen, 
gefallen  nnd  in  der  rechten  Inguinalgegend  Hess  sich  eine  feste,  fanstgroftae 
Geschwulst  entdecken,  von  mehr  oder  weniger  runder  Form  nnd  höckeriger  Be* 
schaffenheit  Nach  links  von  dieser  Geschwnlst,  dicht  neben  der  Wirbels&ule, 
lag  noch  eine  Geschwnlst  von  derselben  Art,  aber  etwas  kleiner;  die  beiden 
Geschwülste  scheinen  untereinander  durch  ein  Band  vereinigt  zu  sein.  Nach 
der  letzten  im  März  1865  gemachten  Function  hatte  die  Kranke  Schmerzen 
in  der  rechten  Seite,  so  dass  sie  nur  anf  dem  R&cken  und  der  rechten  Seite 
schlafen  konnte,  ~  bei  der  geringsten  Bewegung  nach  links  wurde  der 
Schmerz  unertrSglich;  sie  hatte  zugleich  das  GefQhl,  als  dr&nge  etwas  ab- 
wärts. Diese  Schmerzen  dauerten  bis  zum  Tage  der  Operation.  —  Auf  Grund- 
lage des  Gesagten  wurde  folgender  Schluss  gezogen:  die  Kranke  hat  einen 
Tumor  ovarii,  wahrscheinlich  der  rechten  Seite;  möglicherweise  befinden  sich 
in  der  Wand  des  Sackes  noch  andere  Cysten;  nach  oben  rechts  werden  vir 
eine  Verwachsunjg  des  Tumor  mit  dem  Omentum  oder  der  unteren  Fläche  der 
Leber  finden;  vorzugsweise  aber  werden  solche  vorhanden  sein  links  vom 
Nabel,  wo  durch  einen  grossen  Troicart  6  Functionen  gemacht  wurden. 

Die  Operation  wurde,  am  24.  Juni  1865  in  dem  ausserhalb  der  Stadt 
nicht  weit  vom  Meere  gelegenen  Hospitale   der  barmherzigen  Schwestern 
ausgeführt   Die  Kranke  wurde  in  einem  Zimmer  untergebracht,  das  nie  Ton 
Kranken  bewohnt  gewesen  war.    Während  der  Operation  waren  zugegen: 
die  DDr.  Dieterichs,  Dallas,  Drey,  Wagner  sen.;   es  assistirten  die 
Aerzte  des  Stadthospitals:  Morgen,  Grochoffskj,  Soloweitschik  nnd 
Herzenstein.    Tages  vor  der  Operation  wurde  der  Kranken  eine  Unze  Olei 
Rlcini  gereicht  und  am  Morgen  des  2i.  ein  Lavement.   Die  Operation  wurde 
begonnen  um  11^  Uhr  Morgens,  es  war  ein  heller,  sonniger  Tag.    Nach  fOnf 
Minuten  Chloroformirens  war  die  Kranke  vollständig  anaesthesirt    Es  wurde 
in  der  weissen  Linie  ein  5^"  langer  Einschnitt  vom  Nabel  bis  zur  Symphysis 
ossium  pubis  gemacht;  nach  Eröffnung  des  Feritonaeums  floss  etwas  serOse 
Plfissigkeit  heraus,  und  eine  Cyste  von  weisslicher  Farbe  zeigte  sich  in  der 
Lichtung  der  Wunde.    Soweit  man  diese  mit  der  Hand  umgehen  konnte, 
war  sie  frei  von  Verwachsungen.    Mit  einem  grossen  gebogenen  Troicart 
wurde  ein  Einstich  gemacht  nnd  die  Flüssigkeit  entleert    In  dem  Maasse 
als  die  Cyste  an  Umfang  verlor,  wurden  ihre  Wände  an  die  Wundränder  ge- 
drückt, um  nichts  in  das  Cavnm  peritoneale  fliessen  zu  lassen.     Nachdem 
ungefähr  %  Eimer  dieser  Flüssigkeit  entleert  waren,  versuchte  ich  mit  der  lin- 
ken Hand  die  Cyste  herauszuziehen,  indem  die  rechte  in  der  Feritoneal- 
höhle  dieses  Bestreben  unterstützte.    Es  gelang  nicht,  weil  in  den  Wänden 
der  Cyste  noch  andere  Cysten  sassen,  welche  zusammen  einen  Umfang  dar- 
boten, dem  die  gemachte  Wunde  nicht  entsprach.    Ich  verlängerte  daher 
noch  um  2^"  die  ursprüngliche  Wunde  mit  einem  geknöpften  Messer,  indem 


Zwei  Fälle  von  OTariotomie  mit  gificklichem  Ausgange.  241 

ich  den  Nabel  Dach  lings  umging.  Jetzt  war  die  Cyste  nar  noch  nach  oben 
DDd  rechts  durch  häatige  Verwachsungen  an  das  Omentum  fixirt  Diese 
Verwachsung  mit  dem  Omentum  wurde  in  5  BQndel  getheilt,  jedes  derselben 
QDterbunden,  das  eine  Ende  der  Ligatur  kurz  abgeschnitten,  das  andere 
zur  Wunde  heransgefQhrt.  Nachdem  die  Cyste  auch  an  dieser  Stelle  befreit 
war,  entdeckten  wir  den  Stiel  der  Cyste  4''  lang  und  4  Finger  breit;  er  be- 
stand aus  der  stark  ausgedehnten  Fallopischen  Tube  und  dem  Ligamentum 
latnm^  in  welchem  sich  viele  starke  Yeuen  fanden,  sowie  das  Pnlsiren  zweier 
bedeotenden  Arterien  gefühlt  wurde.  Zwei  Zoll  von  der  Cyste  entfernt,  wurde 
durch  die  Mitte  des  Stieles  eine  Nadel  mit  einem  doppelten  starken  Seiden- 
faden geführt,  jede  Hälfte  besonders  unterbunden,  und  über  diesen  Ligatu- 
ren die  Geschwulst  abgeschnitten.  Beim  Isoliren  des  Stieles  entleerten  sich 
bis  6  Unzen  dunklen  vendsen  Blutes,  und  nur  der  besonderen  Aufmerksam- 
keit Dr.  Soloweitschik's,  welcher  die  fiauchdecken  hielt,  war  es  zu  ver- 
danken, dass  kein  Blut  in  die  PeritonSalhöhle  floss.  Gebärmutter  und  lin- 
kes Ovarium  waren  gesund.  5'"  bis  6'"  unterhalb  der  Seidenligatur  wurde 
noch  eine  ans  weichem  Eisendrathe  angelegt,  deren  Enden  an  dem  Serre- 
ooeud  befestigt  und  angezogen  wurden.  Das  Ende  des  Stieles  wurde  mit 
einer  LGsung  von  Perchloretum  ferri  bedeckt.  Nach  Reinigung  der  Wunde 
wurden  drei  metallische  Nähte,  1"  von  den  Wundrändern  entfernt,  durch 
die  Banchdeeken  angelegt;  die  erste  Naht  wurde  dicht  über  dem  Stiele, 
die  zweite  in  der  Mitte  der  Wunde  und  die  dritte  unter  dem  Nabel  ange- 
legt; neun  Suturae  circumvolutae  durch  die  Hseut  und  Dnterhautzellgewebe 
näherten  vollständig  die  Wundränder  aneinander.  Die  Wunde  wurde  mit 
trockner  Charpie  bedeckt,  einer  Compresse,  einem  Stücke  weichen  Flanells, 
und  schliesslich  umschloss  dies  alles  eine  breite  Binde.  Eine  Eisblase  be- 
rflhrte  die  Wunde.  Die  Füsse  wurden  bis  zu  den  Knieen  in  Flanell  einge- 
wickelt Die  Operation  dauerte  eine  Stunde  und  20  Minuten,  und  waren 
li  Unzen  Chloroform  yerbraucbt  worden.  —  Nach  Vollendung  des  Verbandes 
kam  die  Kranke  bald  zu  sich  und  klagte  über  einen  brennenden  Schmerz 
in  der  Wunde.  Um  6  Uhr  Catheterismus.  Um  10  Uhr  Abends  hatte  der 
Schmerz  aufgehört  und  blieb  nur  ein  Brennen  nach;  Puls  92,  schwach.  Die 
Kranke  schlief  unruhig  von  10  Uhr  Abends  bis  8  Uhr  Morgens,  wachte 
häofig  auf  durch  Schmerzen  im  Unterleibe  und  häufigen  Urindrang.  —  Die 
Cyste  hatte  eine  oblonge  Form  mit  5  Unebenheiten  an  ihrem  oberen  Theile, 
welche  von  den  kleinen  Geschwülsten  herrührten ,  die  im  Innern  der  Cyste 
lagen  und  theils  nach  innen,  theiis  nach  aussen  sich  vordrängten.  Eine  von . 
den  kleinen  Geschwülsten  wurden  angeschnitten,  wonach  eine  der  grossen 
Cyste  ähnliche  Flüssigkeit  sich  entleerte,  und  bemerkte  man  zugleich  im 
Innern  noch  andere  kleine  Geschwülste.  Ifan  kann  diese  ganze  Bildung 
sich  so  vorstellen,  dass  ein  grosser  Sack  kleinere  enthielt,  und  in  diesen 

«.  Laogenbtrk,  Archiv  f.  Chirurgie.  IX.  |5 


242  !>'•  Sklifosaoffßky, 

leUterea  sich  wiederum  kleine  Gescbnrülste  befanden.  Der  Inhalt  war  in 
allen  derselbe.  Die  Wand  war  3'"  bis  4'"  dick,  an  einigen  Stellen  noch 
mehr,  nnd  bestand  ans  einem  fibrösen  Gewebe,  welches  reichlich  Y4>a  Blnt- 
geftssen  durchsetzt  war;  die  innere,  mit  Epithelinm  bekleidete  Flftche,  hatte 
grosse  Aehnlicbkeit  mit  Scbleimhinten.  Die  Terschiedene  Dicke  der  Wand 
läset  sich  so  erklären,  dass  der  Hanytsack  zerstörte  und  resorbirte  kleine 
Cysten  in  sich  aufnahm.  Aus  der  Cyste  wurden  48  Pfund  Flüssigkeit  ent- 
leert, der- Sack  selbst  wog  6  Pfund,  folglich  wog  die  ganze  Geschwulst 
54  Pfund.  Farbe  und  Consisten«  nach  glich  die  Flüssigkeit  gekochter  flfis- 
siger  Stärke;  im  Grunde  der  Cyste  war  sie  dicker  nnd  chocoladeBfvbig. 
Die  mikroskopische  Untersuchung  zeigte  Eiterkörperchen  und  zarfsUene  fihit- 
kCrperchen,  zerstörtes  Plattenepithelinm  und  eine  bedeutende  Henge  einer 
feinkörnigen  Masse  in  Form  kleiner  Inseln.  ^  25.  Juni.  Es  ist  oooh  eine 
leichte  Empfindlichkeit  beim  Harnlassen,  der  Drang  dazu  seltener;  der  Harn 
hat  die  Farbe  eines  starken  Thees,  reagirt  sauer,  und  giebt  eia  leichtes 
Wölkchen  auf  dem  Boden  des  Gefässes.  Puls  92,.  voll,  weich.  Palientio 
beklagt  sich  über  Kpllem  im  Dnterleibe;  die  Gasentwicklung  verursacht 
einen  lebhaften  Schmerz,  besonders  im  Mesogastrio;  selten  emf^ndet  die 
Kranke  Debelkeit,  welche  flbrigens  nach  einigen  Eispillen  sofort  schwin- 
det. Um  6  Uhr  Abends  Aufstossen,  lebhafte  Gasentwickelung  im  Unterleibe, 
Puls  92,  GemftthsiBUBtand  der  Kranken  sonst  gut.  —  26.  Juni.  Die  Kranke  hat 
wegen  Gasentwickelung  fast  gar  nicht  schlafen  können.  Um  9  Uhr  Mor* 
gens  Wechsel  des  Verbandes;  die  Wnnde  zeigt  prima  intentio;  der  Stiel  ist 
schwarz  geworden  undi  stellt  eine  trockene  Kruste  dar,  unter  welcher  sich 
einige  Tropfen  eiterähnlicher  Flfissigkeit  befinden.  Der  Serre-noend  wurde 
leicht  angezogen.  Die  Wunde  wurde  wie  fr&her  Tcrbunden;  der  Bisbentel 
fortgesetzt.  Hauttemperatur  fast  normal;  Zunge  belegt  Um  8  Uhr  Nach- 
mittags Erbrechen  einer  schleimigen,  saueren  Flfissigkeit  und  darauf  Galle. 
Um  10  Uhr  Abends  wieder  Erbrechen,  und  hierauf  Erleichterung^  Ein  f5ti- 
der  Geruch  zwang,  den  Verband  in  wechseln,  welcher  sich  yollkommen 
trocken  erwies;  im  unteren  Wundwinkel  und  unter  der  Kruste  des  Stieles 
waren  einige  Eitertropfen.  Puls  92,  gleichmässig,  weich.  —  27.  JunL  Schlaf 
häufig  unterbrochen,  unruhig;  Gasentwicklung.  Einige  Tropfen  blutigen 
Eiters  waren  in  dem  oberen  Wundwinkel  sichtbar,  sowie  neben  dem  Stiele. 
Puls  92,  weich.  Urindrang  seltener,  nach  5  bis  6  Stunden;  beim  EiofQhren 
des  Catheters  floss  ein  grosser  Theil  des  Urins  nebenbei  aua;  im  Han  ist 
ein  leichtes  Schleimsediment  Gasabftang  per  anum.  Die  Kranke  schlief 
am  Tage  4.  Stunden.  10  Uhr  Abends:  Puls  100,  härter;  Durst,  Sefamen- 
empfindung  im  Unterleibe,  4  Finger  breit  links  vom  Nabel.  Die  Kranke  wies 
die  Bouillon  zurftck  und  genosa  den  ganzen  Tag  fiber  nichts».  —  2S.  Juni 
Gut  geschlafen  durch  6  Stunden;    nach  dem  Erwachen  fQhlte  die  Kranke 


Zwei  F^le  von  Ovariotomie  mit  glücklichem  Aosgaoge.  243 

im  gaosen  Körper  Hitze,  Debelkeit,  nnd  bald  darauf  zeigten  sich  die  Gata- 
iDenien,  die  10  Tage  vor  dem  Termin  erschienen.  Um  6  Uhr  Morgens  Wech- 
sel des  Verbandes;  die  3  tiefgelegenen,  das  Peritonaenm  durchbohrenden 
Nähte  wnrden  entfernt;  der  Berre-noeud  leicht  angezogen;  das  Eis  entfernt. 
Gasabgang  per  anam;  Anfstossen.  Dm  3  Uhr  Wechsel  des  Verbandes;  Un- 
terleib stark  aufgetrieben,  fiberall  tjmpaniti scher  Ton;  Patientin  beklagt  sich 
Ober  fortwährendes  Kollern  im  Unterleibe;  Pnls  92.  Patientin  verlangte 
Thee,  genoss  aber  nur  einen  Löffel  davon,  obwohl  sie  heftigen  Durst  hatte; 
nahm  keine  Nahrung  zu  sich  im  Laufe  des  Tages.  —  29.  Juni.  Schlaf  mit- 
telmSssig;  Oasabgang;  Gatamenien  aufgehört.  Eiterung  neben. dem  Stiele 
nimmt  zu;  der  Serre-noeud  wurde  angezogen;  Durst  geringer;  Patientin  fOhlt 
sich  wohl  Der  Besuch  der  Schwester  wurde  erlaubt.  Um  3  Uhr  Nachmit- 
tags Entfernung  der  oberflächlichen  Nähte;  es  wurden  mittelst  Collodium 
3  Bftndchen  an  jeder  Seite  befestigt ;  die  Wunde  wurde  mit  trockener  Char- 
pie  und  einer  Gompresse  bedeckt,  über  welcher  die  Bändchen  znsammenge- 
kn&pft  wnrden.  —  30.  Juni.  Nacht  gut  geschlafen.  Eiterung  unter  dem 
Stiele  nimmt  zu,  der  Stiel  stirbt  ab;  der  Serre-noeud  mehr  angezogen.  Die 
Kranke  genoss  mit  vielem  Appetit  eine  Tasse  Bouillon.  Ein  Kljstier  ver- 
ursachte eine  kleine  Stuhlentleerung  und  den  Abgang  vieler  Winde.  Auf 
eigenen  Wunsch  wurde  der  Kranken  zu  Wasser  etwas  weisser  Wein  gemischt. 
—  1.  Juli.  Gut  geschlafen.  Die  Kruste  des  Stiels  löst  sich,  und  unter  ihr 
entleert  sich  eine  bedeutende  Masse  einer  dunklen,  stinkenden,  eitrigen 
FIfissigkeit  Serre-noeud  angezogen.  Appetit  gut;  Pols  90.  Nach  einem 
Lavement  zwei  reichliche  Stuhlentleerungen.  —  2.  Juli.  Der  Serre-noeud 
entfernt,  der  die  Kranke  schon  belästigte.  Genuss  von  Milch  erlaubt.  — 
3.  Juli.  Der  abgestorbene  Stiel  wurde  tief  in  der  Wunde  unterbunden  und 
abgeschnitten.  Der  Kranken  wurde  erlaubt  auf  der  Seite  zu  liegen.  Im 
Laufe  von  2  Stunden  hatte  die  Kranke  6  flüssige  Stühle  und  Abgang  vieler 
Gase.  _  6.  Juli.  Seit  3  Tagen  keine  Stuhlentleerung;  Zunge  weiss  belegt; 
AppetitmangeL  Es  wurde  vorgeschlagen  2  Theelöffel  voll  Magnesia  usta 
zu  nehmen,  wonach  sofort  Erbrechen  erfolgte ;  nach  einer  Stunde  wurde  die 
Gabe  wiederholt,  wiederum  Erbrechen  und  Meteorismus.  Um  2  Uhr  Nach- 
uittagB  flüssige  Stuhlen tleerung,  nach  |  Stunde  eine  neue,  weniger  reich- 
liche, doch  kein  Abgang  von  Winden;  der  Unterleib  ist  gespannt.  Um  4  Uhr 
Nachmittags  lösten  sich  2  innere  Ligaturen,  welche  auf  dem  Netze  lagen. 
Aus  der  Tiefe  der  Wunde  entleert  sich  durch  den  unteren  Winkel  viel  Eiter; 
in  ^e  Wunde  wurde  ein  Drainageröhrchen  eingeführt.  Verordnet  wurde: 
Ammonii  acetici  3j,  Aquae  anisi  Jvj,  Gummi  arabici  gr.  x,  Syrupi  simplicis  3/9. 
^  S.  Stündlich  einen  Esslöffel  voll  zu  nehmen.  —  7.  Juli.  Nachts  zwei 
Stnhlentleemngen ,  Abgang  vieler  Gase;  der  Leib  weniger  gespannt;  die 
Zunge  rdn,  Appetit    Es  lösten  sich  noch  zwei  innere  Ligaturen.   Die  Kranke 

16* 


244  ^r.  SklifosBoffsky,    Zwei  Fälle  von  Ovariotomie. 

erhielt  Brlaubniss,  im  Lehnstuhle  zu  sitzen  und  im  Zimmer  umherzugehen. 
—  8.  Juli.  Nachts  hatten  sich  ungefähr  2  Pfund  stinkenden,  fl&ssigen  Eiters 
aus  dem  untern  Wundwinkel  entleert.  Schon  seit  einigen  Tagen  war  eine 
kleine  Geschwulst  links  4  Finger  breit  über  der  Symphysis  ossium  pubis 
bemerkbar  und  war  dieselbe,  da  die  Kranke  dort  keinen  Schmerz  empiaud, 
der  Ton  tympanitisch  wie  überall  war,  für  die  durch  die  Gase  ausgedehnte 
Bauchwand  gehalten  worden.  Nach  Ausfluss  dieser  eitrigen  Flüssigkeit 
verschwand 'aber  die  Erhabenheit,  der  Unterleib  nahm  an  Spannung  ab,  die 
Patientin  empfand  grosse  Erleichtemug,  und  der  Appetit  vergrösserte  sich. 
Wegen  reichlicher  Eiterabsondernng  sollte  der  Verband  immer  nach  4  Stun- 
den gewechselt  werden.  Abends  eine  Stuhlentleerung  im  Liegen,  da  beim 
Sitzen  eine  unangenehme  Spannung  im  Dnterleibe  gefühlt  wurde.  —  10.  Juli. 
Beim  Wechsel  des  Verbandes  wurden  nur  noch  einige  Tropfen  Eiter  bemerkt. 
Allgemeinzustand  sehr  gut.  —  11.  Juli.  Die  letzte  innere  Ligatur  löste 
sich.  —  12.  Juli.  Links  neben  dem  unteren  Wundwinkel  zeigte  sich  eine 
Verhärtung  des  Onterhautzellgewebes  von  der  Grösse  einer  Wallnuss,  and 
etwas  mehr  nach  oben  noch  eine,  aber  kleinere.  Eiterabsondernng  unbe* 
deutend;  Drainageröhre  entfernt.  Die  verhärteten  Stellen  wurden  zweimal 
täglich  mit' Jodtinktur  bepinselt.  —  13.  Juli.  Die  untere  Verhärtung  des 
Zellgewebes  begann  zu  eitern;  der  Biter  entleert  sich  frei  nach  aussen 
durch  den  unteren  Wundwinkel.  —  15.  Juli.  Die  Kranke  verliess  die  An- 
stalt und  fuhr  aufs  Land.  —  20.  Juli.  Auch  die  andere  Verhärtung  eitert; 
der  Eiter  bahnte  sich  einen  Weg  nach  aussen,  indem  er  die  Narbe  auf  i" 
an  dem  unteren  Wundwinke]  zerstörte.  Von  diesem  Tage  an  schritt  die  Re« 
convalescenz  rasch  vor  sich ;  die  Wunde  schloss  sich  bald.  In  diesem  Augen- 
blick ist  die  Kranke  vollständig  gesund. 


5.    Zur  Ovariotomie. 

Vom 

Dr*  Dansel 

In  Hu&burg. 


Die  glücklichen  Erfolge  der  Amerikaner  und  Engländer  im  Gebiete  der 
Ovariotomie,  Erfolge,  gegen  welche  die  der  deutschen  Chirurgen  gewaltig 
im  Rückstande  sind,  veranlassen  mich,  eine  von  mir  mit  glücklichem  Erfolge 
ausgeführte  Exstirpation  des  Ovariums  zu  veröffentlichen,  indem  es  mir 
möglich  ist,  durch  Vergleichung  von  fünf  Fällen  von  Eierstockserkrankung» 


Dr.  Danzel,   Zar  Oyariotomie.  245 

welche  ich  theils  operirt,  theils  secirt  habe,  die  Prognose  der  fraglichen 
Operation  gleichsam  mit  einigen  Illustrationen  zu  besprechen. 

1.  Fall.  (Vgl.  meine  chirurgischen  Erfahrungen,  Göttingen  1857,  8. 
46—56.)  Wenn  ich  dieser  Beobachtung  erwähne,  so  greife  ich  zehn  volle 
Jahre  sorfick:  das  ist  ein  Zeitraum,  welcher  f&r  die  Bedeutung  derselben 
von  Wichtigkeit  ist,  denn  es  ist  seitdem  die  Lehre  von  der  Exstirpation  der 
krankhaften  Eierstöcke  neu  aufgenommen  und  ausgearbeitet  worden,  und 
ich  selbst  hoffe,  diesen  Fortschritten  der  Wissenschaft  gefolgt  zu  sein.  Also, 
was  damals  nicht  gifickte,  hätte  sich  zehn  Jahre  später  vielleicht  bono 
eventa  ausf&hren  lassen.  Dessenungeachtet  muss  ich  Manches  von  dem, 
was  ich  damals  fQr  richtig  hielt,  noch  heute  unterschreiben,  und  es  ist  im 
Wesentlichen  nur  die  Encheirese  des  operativen  Vorgehens  und  die  Nach- 
behandlung, welche  hinter  den  neuen  Operationen  zurficksteht  Ich  werde 
es  durch  meine  jüngeren  Beobachtungen  beweisen  ^können,  dass  ich  im  Rechte 
war,  wenn  ich  damals  sagte,  dass  es  in  den  meisten  Fällen  unmöglich  sei,' 
den  Ausgang  der  Operation  zu  prognosticiren.  Es  sind  nicht  meine  Beobach- 
tungen allein,  welche  die  Schwierigkeit  und  Unsicherheit  der  Diagnose  der 
fraglichen  GeschwQlste  erhärten,  sondern  es  genOgt  ein  Blick  in  die  weit- 
schichtige Statistik  der  veröffentlichten  Fälle,  um  dieselbe  nachzuweisen. 
Du  toi  t 's  Zusammenstellung  ist  auch  in  dieser  Beziehung  höchst  lehrreich 
und  Jedem,  der  eine  Ovariotomie  ausf&hren  will,  zu  empfehlen. 

Ich  schreibe  keinen  Lehrbuchs -Paragraphen:  Journalartikel  sind  nur 
fragmentarische  Zusätze  zu  den  grossen  und  erschöpfenden  Leistungen  der 
Meister  der  Wissenschaft,  also  verlange  man  von  mir  nicht  eine  haarspal- 
tende Symptomatologie  und  Diagnostik  unserer  Krankheit.  Zu  einem  Lehr- 
buch fehlen  mir  Zeit  und  Kenntnisse,  aber  auf  diejenigen  Erscheinungen, 
auf  welche  es  hier  ankommt,  muss  ich  eingehn.  Will  man  sicher  und  glfick- 
lich  operiren,  so  soll  man  vor  der  Operation  wissen,  ob: 

1)  Die  Geschwulst  adhaerent  ist,  d.  h.  ob  sie  mit  dem  Uterus,  oder 
anderen  Eingeweiden  verwachsen  ist. 

2)  Ob  sie  feste  Gewebsßlemente  enthält,  oder  ob  sie  aus  einer  grossen 
Gjste,  oder  mehreren  Cysten  besteht. 

3)  Ob  es  bei  der  Trennung  etwaiger  Adhaesionen  zu  nennenswerthen 
Blutungen  kommen  wird,  oder  nicht. 

Dabei  lasse  ich  Verwachsungen  mit  der  Bauch  wand  als  irrelevant,  Vor- 
fall von  Darmwindungen  bei  der  Operation  als  vermeidbar,  und  ebenso  das 
Extravasat  der  Gystenflfissigkeit  in  den  Peritonäalsack,  als  Kunstfehler, 
ausser  Acht  Aber  die  Qualität  der  Geschwulst,  ihre  Beweglichkeit,  und 
die  internen  Blutungen,  diese  drei  sind  Momente  von  der  höchsten  Wichtig- 
keit, and  diese  drei  sind  gerade,  über  welche  der  Operateur  in 
den  meisten  Fällen  vor  der  Operation  im  Unklaren  sein  wird. 


246  J>r-  Daniel, 

Meia  erster  Fall  zeigte  eine  grosse  Cyste,  welche  fast  einen  Eimer 
voll  Flfissigkeit  enthielt,  aber  ab  dieselbe  mit  d^  Trocar  entleert  wsur, 
folgte  sie  dem  Zuge  der  eingesetzten  Haken  nicht  Ausser  dieser  mit  der 
Flezura  iliaca,  dem  Omentum  und  der  Blase  verwachsenen  Cyste  fand  sich 
noch  eine  zweite  im  kleinen  Becken  und  eine  dritte  am  anderen  Ovarinm. 
So  zeigte  es  die  Section.  An  der  Operation  starb  die  Kranke  nicht,  da 
dieselbe  nicht  vollendet  werden  konnte:  es  wurde  eine  Jodinjection  gemacht, 
und  erst  nach  Wochen  erlag  die  Kranke  einer  Peritonitis.  Die  Diagnose 
war  nicht  falsch  gewesen,  aber  sie  war  bei  weitem  nicht  scharf  genug,  um 
den  Operateur  sicher  stellen  zu  können.  So  geht  es  mit  vi^n  feinen 
Diagnosen  der  inneren  Medizin:  sie  werden  gestellt  zum  Erstannen  der 
Studenten  und  zum  Entsetzen  der  Angehörigen  des  Patienten,  aber  der 
feine  Diagnostiker  l&uft  keine  Gefahr  dabei,  wie  der  arme  Chirurg,  welcher 
die  Consequenzen  seiner  Diagnose  mit  dem  Messer  in  der  Hand  vor  der 
ganzen  Welt  zu  vertreten  hat.  Nun,  man  hat  es  oft  gepriesen,  dass  die 
Chirurgie  der  solideste  Theil  unserer  Wissenschaft  sei 

Ich  muss  noch  ein  Wort  sagen  fiber  interne  Blutungen,  bei  der  noth- 
wendigen  Trennung  etwaiger  Adhaesionen.  Man  weiss  natürlich  gar  nichts 
darüber,  bevor  die  Operation  so  weit  gediehen  ist,  ich  weiss  sehr  wohl,  wis 
man  Alles  dagegen  angewendet  hat,  bis  zum  Abbrennen,  aber  es  sind  ge- 
rade diese  Blutungen,  welche  häufig  noch  die  glQcklichste  Operation  ver* 
eiteln. 

2.  Fall  Grosser  Tumor  ovarii.  Exstirpation  den  27.  April 
1866.  Frau  B.,  Jüdin,  51  Jahre  alt,  litt  seit  zwei  Jahren  an  einer  harten, 
gespannten,  ziemlich  beweglichen,  undeutlich  fluctuirenden  Geschwulst  im 
Leibe,  und  war  im  Februar  d.  J.  pungirt  Dabei  waren  mit  grosser  Er- 
leichterung der  Patientin  sechs  Pfund  Flüssigkeit  entleert  Bei  ihrer  Auf- 
nahme in  das  unter  meiner  ärzlichen  Leitung  stehende  hiesige  Marien- 
krankenhaus, hatte  der  Leib  einen  Umfang  von  20  Zoll  und  maass  vom 
Nabel  bis  zur  Symphysis  ungefihr  sieben  Zoll.  Nach  rechts  war  der  Um- 
fang etwas  grösser,  als  nach  links.  Die  Frau  war  herabgekommen,  dys- 
pnoisch, hatte  Oedema  pedum,  allein  verlangte  dringend  operirt  zu  werden, 
ja  sie  erklärte,  wenn  nicht  bei  mir,  ginge  sie  nach  Cassel  oder  nach  London. 
Offenbar  hatte  sie  die  Literatur  der  bevorstehenden  Operation  stndirt,  auch 
kannte  sie  die  statistischen  Verhältnisse  derselben.  Ich  erwähne  dieser  Um- 
stände, weil  es  einer  directen  Aufforderung  bedurfte,  um  hier  die  Operation 
zu  wagen:  Flüssigkeit  schien  die  Geschwulst  zu  enthalten,  aber  ihre  Beweg- 
lichkeit war  nicht  lockend,  und  das  Allgemeinbefinden  und  das  Oedema 
pedum  waren  bei  der  öl  jährigen  Frau  freilich  auch  nicht  ermuthigenid. 

Die  Operation  verlief  folgendermassen.  Es  wurde  ein  Schnitt  durch 
die  Bauchdecken  gelegt  vom  Nabel  bis  oberhalb  der  Symphyse.    Ahi  der 


Zar  OTariotomie.  247 

Tumor  bloM  lag,  wurde  der  grosse,  fingerdicke  Spencer  Well* sehe  Troour 
eiogestoaseD,  nachdem  derselbe  zuvor  mit  einem  eUstischen  Abflnssrohr  ver- 
sehen war.  £s  floss  im  breiten  Strome  FJfissigkeit  ans,  welche  aber  dann 
stockte.  Bei  niherer  Untersacfanng  fand  sich  ein  dickes  Ooagalnm  im  Trocar, 
ftUeaa  ab  dieses  entfernt  war,  floss  doch  kein  Flaidnm  mehr  aus.  Der 
Tnmor  war  fest  Mit  groeeer  Mflhe  wnrde  derselbe  nach  Trennang  vieler 
Adhaesioeen  entfernt  nnd  dann  nm  den  kurzen,  sehr  dicken  Stiel  die  Klam- 
AMT  gelegt  Der  Tnmor  war  ein  Mednllarsarcom  von  swei  Pfund  Schwere, 
der  Utems  war  gesnnd  gewesen.  Abends  sehr  heftige  Schmersen,  der  Leib 
treibt  sich  meteoristisch  auf.  Am  29.  tritt  Erbrechen  ein.  Am  1.  Mai  ist 
die  Hautwunde  gut  verklebt,  nirgend  haben  die  Nadeln  eingeschnitten,  trots 
des  bedeutenden  Meteorismus:  das  Peritoneum  war  nicht  mitgeniht  Am 
selbigen  Tage  fällt  die  Klammer.  Agone  und  Tod  am  3.  Mai  Mittags,  f&nf 
Tage  nach  der  Operation.  Section  kann  ans  religiösen  RQcksichten  nicht 
voffenommen  werden.  Offenbar  hatte  hier  Ascites  mit  einem  festen  Tumor 
ovirii  vorgelegen. 

8.  Fall.  Grosses  Golloid  des  Ovarium.  Nicht  operirt.  Am 
11.  Min  1866  kam  Frau  B.,  62  Jahre  alt,  in*s  Hospital,  mit  einem  grossen, 
dookel  fluctuirenden  TnoKir  im  Leibe.  Das  Herz  war  gesund,  der  Drin  ohne 
Eiveiis.  Die  Frau  war  aehr  schwach,  litt  an  hftufigen  Ohnmächten,  mit  kleinem 
fadenförmigen  Puls.  Sie  verfiel  immer  mehr,  genoss  kaum  etwas,  und  hatte 
Oedema  pedum.  Am  17.  wurde,  der  heftigen  Schmerzen  und  grosser  Be- 
sngstignng  wegen,  ein  Pnnctionsversuch  mit  einem  gewöhnlichen  Trocar 
gemacht,  an  einer  deutlich  fluctuirenden  Stelle.  Rs  zeigt  sich  eine  dicke 
coUoide  Masse,  welche  nicht  durch  die  Röhre  ausiiessen  kann,  sondern 
afihsam  und  schwerOUig  drängt  sich,  durch  Druck  auf  den  Leib,  eine  Zilie, 
kleisteiartige  Materie  durch  die  Oanfile.  Die  Wunde  wird  geschlossen,  inner- 
lich Jodkali^  und  der  heftigen  Schmerzen  wegen  subcutane  Morphium-Injec- 
tionen.    Am  7.  April  tritt  der  Tod  ein« 

Die  Section  ergiebt  einen  grossen,  den  ganzen  Leib  fällenden  Ovarial- 
tsnor,  aus  einer  dinnwandigen,  nirgend  adhaerenten  Cyste  bestehend.  Die- 
selbe hätte  sich,  im  Beginne  der  Krankheit,  vortrefflich  zur  Operation  ge- 
eignet, jetzt  hat  sie  einen  dicken,  colloiden  Inhalt  nnd  die  dflnnwandige 
Cyste,  macerirt  und  zerrissen,  hat  ihr  Gontentum  in  die  Bauchhöhle  ergossen, 
so  dasB  der  dicke  Brei  kaum  ans  den  Darmwindungen  herauszubringen  ist. 
l^bei  secundäre  Bntzfindung,  welche  die  Därme  leicht  trennbar  verklebt. 
l^M  Platzen  des  Tumors  war  schon  bei  Lebzeiten  durch  die  furchtbaren 
Sehaersen  und  das  Wfirgen  und  Brechen  der  letzten  Tage,  so  wie  nament- 
lieh  duith  die  fast  plötslich  eintretende  Abplattung  des  Bauches  klar  ge 
wesea. 


248  I>r.  Danzel, 

In  diesem  Falle  hatten  die  allgemeinen  Erscbeinangen,  so  wie  die  Un- 
tersuchung des  Cjsten-Inhaltes  die  Operation  ausgeschlossen. 

4.  Fall.  Grosse  verjanchende  Ovarialcyste.  Nicht  operirt 
Frau  B.,  46  Jahre  alt,  hatte  seit  Jahren  einen  diagnosticirten  Tumor  ovani, 
welcher  schon  12—14  Mal  in  der  Stadt  pungirt  war,  und  zwar  per  vaginam, 
jetzt  8  Tage,  bevor  sie  in's  Hospital  kam,  zuletzt.  Eine  Hand  breit  unter, 
dem  Nabel  fOhlte  man  eine,  wie  es  schien,  wenig  bewegliche  Cyste,  sonst 
fiberall  Darmton.  Der  Uterus  ist  verzogen,  liegt  quer,  die  Portio  vaginalis 
fQhlte  man  ganz  nach  links  und  oben.  Die  Frau  ist  sehr  heruntergekommen 
hat  Aphthen  im  Munde,  geniesst  Nichts.  Kein  oedema  pedum.  Am  15.  Mii 
aufgenommen,  stirbt  sie  am  20. 

Die  Section  ergiebt  Verjauchung  der  einen  grossen  Cyste.  Die  Operatioo 
w&re,  des  sehr  kurzen,  breiten  Stieles  wegen,  sehr  misslich  gewesen.  Noch 
an  der  Leiche  will  es  kaum  gelingen,  den  Tumor  lege  artis  herauszu befördern 
Verwachsung  mit  dem  Uterus  war  keine  da,  trotz  der  Verziehung  der  Oteriu 
nach  links.    Es  war  das  linke  Ovarium  krank,  das  rechte  gesund. 

5.  Fall.  Ovarialtumor.  Exstirpation  und  Heilung.  Post  tot 
discrimina  rerum  komme  ich  endlich  zu  einer  glficklicheu  und  erqnickiicheD 
Beobachtung,  es  wird  hoffentlich  nicht  die  letzte  sein. 

Betty  S.,  22  Jahr  alt,  virgo,  hat  seit  zwei  Jahren,  bei  regelmftssiger 
Menstruation  und  übrigem  Wohlbefinden,  eine  langsam  zunehmende  Geschwulst 
des  Leibes.  Es  wurde  eine  grosse,  dünnwandige,  ziemlich- bewegliche  Cyste 
diagnosticirt.  Sie  kam  am  12.  Juni  1Ö66  in  mein  Hospital,  und  wurde  am 
15.  des  Monates  von  mir  operirt.^ 

Nachdem  der  Tumor  durch  eine  Incision  durch  die  Bauchdecken  vom 
Nabel  bis  oberhalb  der  Symphyse  blossgelegt  war,  wurde,  wie  oben,  der 
fingerdicke,  mit  seinem  AbfluHsschlauch  bewaffnete  Trocar  eingestossen.  Es 
entleerte  sich  circa  |  Eimer  Flüssigkeit,  und,  nachdem  der  Hakenapparat 
des  Trocars  in  die  leerer  werdende  Cystenwandung  eingesetzt  war,  folgte 
die  leere  Blase  dem  Zuge  der  Hand  willig  und  frei.  Der  Stiel  wurde  in 
die  Klammer  gelegt  Nichts  störte  die  glückliche  Operation,  als  plützlich 
auftretende,  sehr  bedrohliche  Chloroformerscheinungen,  noch  ehe  die  Klam- 
mer sass,  und  also  vor  Vereinigung  der  Bauchwnnde.  Künstliche  Respiratioos- 
bewegnngen  bei  geschickter  und  sorgfältiger  Assistenz  meiner  Herren  CoU 
legen,  welche  den  Darmvorfall  verhüteten,  bewahrten  uifs  vor  einem  Unglück 
in  diesem  kritischen  Momente.  Nun  wurden  zwei  Saturae  circumvolutae 
und  vier  nodosae  angelegt,  mit  Schonung  des  Peritoneums.  Darüber  grosse 
Heftpflasterstreifeu ,  Charpie  und  eine  mehrköpfige  breite  Flanellbinde. 
Nachdem  ich  noch  eine  subcutane  Morphium-Injection  von  }  Gran  gemacht 
hatte,  wurde  die  Kranke  ins  Bett  gelegt. 


Zar  Orariotomie.  249 

Abends  8  Uhr  vollkommene  Enphorie:  keine  Schmerzen,  Leib  weich, 
Pol«  88.  Bis  zom  18.  d.  M.  Abends  masste  der  Drin  mit  dem  Katheter  ab- 
genommea  werden.  Am  25.  Jnni  erfolgte  zuerst  Leibesöffnang,  bis  dahin 
varde  täglich  Opinm  gereicht.  Die  Nah  rang  war  nar  eine  flfissige.  Am 
19.  (am  15.  war  operirt)  wurde  zuerst  der  Verband  gelöst,  und  eine  Sutura 
nodosa,  welche  sich  dazu  eignete,  am  22.  und  23.  je  eine  Sutura  circa m- 
Toluta  entfernt,  am  24.  wieder  eine  nodosa.  Zwei  Nodosae  deckt  die  breite 
Klammer  und  sie  wären  nur  unter  grosser  Zerrung  derselben  zu  entfernen 
gewesen.  Am  25.  kann  wieder  ein  Faden  entfernt  werden,  and  endlich  am 
27.,  elf  Tage  nach  der  Operation,  fällt  die  Klammer.  Nun  wird 
sQch  der  letzte  Paden  entfernt,  welcher  durchgeschnitten  hat. 

Die  Wunde  ist  strichförmig  yernarbt,  nur  an  der  Stelle  des  Stieles  sieht 
man  eine,  wie  ein  eingezogener  Nabel  aussehende,  granulirende  Vertiefung. 
Am  3.  Juli  verläset  die  Kranke  das  Bett,  am  24.  geheilt  das  Hospital. 

Im  September  d  J.  traten  die  Menses  wieder  ein.  Der  Uterus  steht  in 
der  Ptthmngslinie.  Zuletzt  sah  ich  die  Kranke  am  21.  September,  sie  ist 
ToUkonmien  woh),  hat  aber  eine  Hernia  ventralis;  ich  werde  bei  der  näch- 
sten Operation  das  Peritoneum  mitnähen,  um  eine  solche  zu  vermeiden. 

Die  Fortschritte,  welche  das  Operationsverfahren  und  die  Nachbehand- 
lung gemacht  haben,  bestehend  in  dem  neuen  Instrumenten-Apparat  und  in 
der  Anwendung  der  trockenen  Wärme  und  der  Ruhe  des  Darmcanals  nach 
der  Operation  habe  ich  getreu  benutzt,  die  hohe  Zimmertemperatur  der 
Eogläoder  Hess  ich  unbeachtet,  da  die  bei  beiden  Operationen  herrschende 
Sommerwärme  mir  ausreichend  erschien.  Beide  Operirte  lagen  fibrigcns 
Dicht  mit  anderen  Kranken  zusammen,  sondern  sie  hatten  ihr  Zimmer  für  sich. 

Anhang. 

In  Bezug  auf  die  oben  erwähnten  bedrohliehen  Chloroform-Erscheinun- 
gen will  ich  hier  eine  kürzlich  gemachte  Erfahrung  nicht  länger  zurfick- 
halten,  welche  dem  Einen  oder  Anderen  von  Nutzen  sein  könnte.  Am 
22.  November  1866  exstirpirte  ich  unter  Chloroform  eine  scirrhGse  Mamma. 
Als  die  Geschwulst  eben  entfernt  war,  hörte  die  Kranke  auf  zu  athmen  und 
der  Puls  schwand.  Während  vergeblich  die  Fenster  geöffnet  und  mit  Aus- 
dauer die  kfinstlichen  Respirationsbewegungen  gemacht  wurden,  schritt  der 
Tod  weiter  vor:  die  Kranke  glich  vollkommen  einer  Leiche.  Zwei  erfahrene 
CoUegen  assistirten  mir  vergebens  bei  den  Wiederbelebungsversuchen.  Da 
wurde  der  Rotationsapparat  angewendet,  welchen  ich  seit  einiger  Zeit  immer 
bei  den  Operationen  in  der  Chloroformnarcose  gegenwärtig  halte,  wiewohl 
er  noch  nie  gebraucht  wurde.  Der  eine  Pol  wurde  am  Halse,  der  andere 
auf  die  Magengrube  gesetzt;  die  ersten  Wirkungen  äusserten  sich  in  Con- 


250  Dr.  P.  Petechili, 

tractionen  des  Leieator  scapolae  and  Bivester  m»xill«e,  und  nach  «nd  nach 
erwachten  alle  Respiration smoskeln  zu  neuem  Leben!  Die  Operation  koBote 
ohne  Gefahr  volieodet  werden,  die  Kranke  athmete  wieder,  war  aber  noch 
narcotisirt  Wir  hatten,  namentlich  nach  den  vorhergebenden  vergeblicbeR 
BdebuogsTersnchen,  den  vollkommenen  Eindruck  einer  Wiedererweckoog 
Yom  Todel 


Ein  gfinstiger  Fall  von  HflftansUsnng  bei  eiteriger  Periostitis 
nnd  Osteomjelitis  des  Schenkelbeines. 

Von 
Dr.  P.  Petecliln. 

AMlstensarst  In  der  c]ilnirgiscli«B  Klinik  in  6t.  Petertborg. 


Die  vorliegende  Beschreibung  dieses  Falles  aus  der  chirurgischen  Kli- 
nik Prof.  V.  Kiter' 8  ist  seit  einigen  Monaten  in  Petersburg  gedruckt  (He- 
dicittsky  Wiestniek  (Bote)  No.  9.  1866),  aber  ich  denke,  sie  wird  ebenso  von 
Interesse  für  Collegen  im  Auslände  sein,  nicht  nur,  weil  dieser  Fall  ein 
charakteristisches  Beispiel  der  acut  verlaufenden,  idiopathischen,  eiterigen 
Periostitis  in  einer  colossalen  Ausdehnung  darstellt,  sondern  weil  sie  »och 
einige  in  practischer  Beziehung  wichtige  Momente  für  diese  seltene  Oper»- 
tion,  welche  nach  Gfinther  eine  Sterblichkeit  von  über  50  pGi  hat,  hin- 
zufagt. 

N.  Mowtschanoff,  17  Jahre  alt,  trat  den  2.  August  1865  in  die  thera- 
peutische Klinik  ein,  und  wurde  dort  Folgendes  in  das  Jtrankenblatt  ^oo 
Dr.  Beriesin  eingeschrieben:  Der  Kranke  klagt  fiber  Schmerzen  im  rech- 
ten Knie,  welche  seit  4  Tagen  ohne  bekannte  Ursache  andauern  und  beim 
Druck  sich  verstärken;  keine  örtliche  Röthe  oder  merkliche  Anschwellnng« 
ausserdem  Hitze  des  Kopfes  und  Delirien  w&hrend  der  N&chte.  Pols  8^i 
schwach.  Temperatur  des  Körpers  Morgens  38,4  C,  Abends  39,8  C.  - 
Am  3.  August  erschien  eine  unbedeutende  Anschwellung  und  diffuse  Kötb« 
des  Knies.  Delirien  Tag  und  Nacht  Temperatur  Mg.  38,6,  Ab.  39,  5. 
Diagnose:  Rheumatismus  articularis  acutus.  Ordination  innerlich:  Magne- 
sia carbon.  3jj  auf  J^jj  Wasser;  Einreibungen  von  üngt  einer.  3/?,  Bxtr. 
Bellad.  3j;  Eis  auf  den  Kopf.  —  6.  August.  Temperatur  Mgs.  38,7,  Abd«. 
39,8.  Die  Anschwellang  ist  im  unteren  k  auf  den  vorderen  Theil  des  Unter- 
schenkels Qbergcgangen;  das  Bein  ist  flectirt,  eine  Extension  wegen  der 
Schmerzen  nicht  möglich.  Subcutane  Injection  von  Atropin,  Chloroform  mit 
Oel  auf  Watte  augewendet    Innerlich   nur  ein  GetrSnk  mit  Acid.  muriai 


B&ftaQ8l56Uog  bei  eiteriger  Periofititis  u.  Usieomyelitis  d.  Scbenkelbeines.  25 1 

dilat  —  8.  Aogast  Temperatnr  Mg.  38,5,  Ab.  40.  Schmerzen  in  dem  Beine 
fortdaaemd.  Anschwellung  und  Rdthe  nur  über  dem  Knie  bemerkbar,  beim 
Dmek  ist  es  nicht  sehr  empfindlich.  Fat  fühlte  sich  besser,  hütte  keine  De- 
lirien, bekam  aber  Nachtsch weisse.  —  11.  Angnst.  Chinin  bis  6  gr.  täglich« 
Bis  zam  20sten  schien  die  Krankheit  abzunehmen,  als  eine  Röthe  und  An- 
schwellung anf  dem  inneren  vorderen  Theile  des  Unterschenkels,  gleich  über 
dem  Knie,  erschien,  die  beim  Drucke  sehr  empfindlich  war.  —  22.  Augnst  stei- 
gerteo  sich  diese  Erscheinungen,  und  ich  wurde  hinzugernfen.  Ich  fand  in 
dem  Pai  einen  schwachen,  abgemagerten  Knaben,  welcher  jünger  als  17 
Jahre  aussah,  und  über  ziehende  Schmerzen  in  dem  Beine  klagte.  Die  nähere 
ÜDtersuchnng  zeigte  auf  der  inneren  Seite  des  Oberschenkels,  gleich  über 
dem  Gondylus,  eine  gleichmässig  vertheilte  Anschwellung  nnd  Röthe  der 
llant,  aof  welcher  der  Finger  keinen  Eindruck  zurückliess;  die  Röthe  war 
im  Centmm  gesättigter;  keine  Flnctuation  aufzufinden,  aber  der  Druck  auf 
den  Koochen  bedeutend  schmerzhaft  Der  Umfang  war  an  dieser  Stelle  um 
2  Gtm.  vergrössert  Im  Kniegelenke  wurde  nichts  gefunden,  die  Bewegung 
aber  war  wegen  Schmerzen,  welche  den  Fat.  auch  oft  in  der  Nacht  erweckten, 
gestört  Der  Puls  ungleich,  92.  Temperatur  Mg.  87,7  C,  Ab.  39,4  C.  Die 
Mutter  des  Knaben  war  eine  besonders  grosse  und  kräftige  Person ,  seine 
Brüder  und  Schwestern  gesund.  Als  die  Bildung  eines  tiefen  Abscesses  nnd 
Periostitis  diagnosticirt  wurden,  wurde  Fat  in  die  chirurgische  Abtheilung 
verlegt,  und  warme  Katapkismen  verordnet.  -  24.  August  Die  Anschwel- 
lung ist  anf  1  Gtm.  vergrössert,  die  Röthe  im  Zunehmen,  die  Schmerzen 
stärker,  örtlich  üitze  mit  der  Hand  zu  fdhlen;  eine  tiefe  Flnctuation  war 
nur  mit  Mühe  aufzufinden,  und  sodann  gegen  4  Dnzen  flüssigen  Eiters  durch 
einen  3  Gtm.  tiefen  Einstich  entleert  In  den  Stich  wurden  einige  Fäden 
geölter  Gharpie  eingeführt;  Dec.  Ghinae  regiae  vinosum.  -  26.  August.  Mit 
der  Sonde  warde  ein  ganz  freier  Gang  auf  dem  vorderen  Theile  des  Schen- 
kelbeines nach  oben  zwischen  der  tiefen  Schicht  der  Muskeln  entdeckt,  und 
der  Knochen  vom  Perioeteum  in  der  Strecke  von  4''  entblösst  gefunden. 
Der  allgemeine  Zustand  des  Kranken  zeigte  keine  Veränderung,  sein  Puls 
98,  Temp.  Mg.  37,8,  Ab.  39,6.  Der  Einstich  wurde  in  einen  Schnitt  von 
2"  Länge  verwandelt,  und  nach  Einführung  einer  langen  Sonde  durch  den 
Gang  in  der  Länge  von  6''  nach  oben  nnd  aussen  von  dem  Schnitte,  eine 
Gontraapertur  gemacht,  nnd  eine  elastische  Drainageröhre  mit  vielen  Oeff- 
nangen  dnrchgefährt,  ans  welcher  sogleich  mehr  als  ein  Pfund  halbflüssigcn 
Liters,  mit  Stückchen  Gewebe  und  Fibrin  vermischt,  durch  Druck  auf  die 
Höfte  von  den  Seiten  herauslief.  Diese  grosse,  anf  dem  Knochen  selbst  be- 
findliche Höhle  wurde  mit  warmem  Wasser  ausgespült,  und  dann  ein  Ver- 
band gemacht  Bei  der  mikroskopischen  Untersuchung  des  Eiters  wurden 
keioe  Rnochentheile  aufgefunden.    Der  vorausgesetzte  Gharakter  der  Peri- 


252  Dr.  P.  Petechin,  * 

Ostitis  als  eiteriger  wurde  jetzt  mit  Bestimmtheit  angenommen.  -—  27.  August. 
Der  Biter  kommt  fortwährend  in  grosser  Menge  aus  der  Drainageröhre  her- 
ans,  nnd  hat  einen  sehr  unangenehmen  Geruch.  Mit  der  Sonde  wurde  vom 
ersten  Schnitte  (2\**  Aber  dem  Condjlas  internus  femoris)  bis  an  6''  nach 
oben  Yon  allen  Seiten  eine  Entblössung  des  Knochens,  aber  keine  f&hlbare 
Veränderung  an  dessen  Substanz  gefunden.  Die  Schmerzen  im  Beine  wer- 
den mit  jedem  Tage  grösser.  Pat.  wird  viel  schwächer,  fiebert  und  schwittt 
dabei  stark.  Puls  160.  Temp.  Mg.  37,8,  Ab.  40.  —  Am  Slsten  klagte  Pat. 
aber  Husten,  die  Untersuchung  zeigte  einen  Lungencatarrh.  Die  Empfind- 
lichkeit des  Beines  war  so  gross,  dass  der  Verband  sehr  erschwert  war;  es 
wird  wenig,  aber  sehr  fauler  Eiter  entleert.  Statt  warmen  Wassers  zum 
Auswaschen  der  Höhle  wurde  warme  Ghlorkalklösung  gebraucht,  und  Mixt 
e  Rad.  Senegae  verordnet.  Am  nächsten  Tage  nahmen  das  schon  seit  2 
Tagen  bemerkbare  Oedem  des  ganzen  Beines,  und  die  Anschwellung  des 
Knies  bedeutend  zu,  so  dass  zwischen  beiden  Knieen  ein  Unterschied  voa 
4  Gtm.  gefunden  wurde;  ausserdem  war  im  Gelenke  Flüssigkeit,  nnd  eine 
dunkele  Withe  über  demselben.  Die  geringste  Bewegung  des  Beines  Hess 
den  Kranken  tobend  schreien.  In  diesem  Zustande  war  keine  weitere  Unter- 
suchung des  Knochens  möglich,  aber  eine  Osteomyelitis  wurde  jetzt  ^on 
Allen  angenommen.  —  Den  3.  und  4.  September  Abends  bekam  Pat  Schfit- 
telfröste  und  Delirien.  Am  5ten  sah  er  wie  ein  Typhöser  aus,  mit  rotbem 
brennendem  Gesichte,  ganz  trockener  Zunge,  öfteren  Delirien,  und  inzwischeo 
Stöhnen  und  Klagen  über  sein  Bein,  welches  er  ihm  abzuschneiden  bat 
Puls  140,  Temp.  Mg.  39,  Ab.  39,8.  Es  wurde  wenig  ichoröser  Biter  aus 
der  Drainageröhre,  und  noch  grösseres  Oedem  des  Beines  und  Entzündung 
des  Gelenkes  gefunden.  Es  wurde  beschlossen,  den  Oberschenkel  unter  den 
Trochantem  zu  ampntiren. 

Den  6.  September,  nach  Unterhandlung  mit  der  Mutter,  wurde  der  Knabe 
auf  den  Operationstisch  getragen,  in  eine  yollständige  Ghloroformnarcose 
gebracht,  nnd  unter  Anwesenheit  und  Assistenz  der  Herren  Prof.  Kiter, 
Ad.  Pr.  Bogdanowski  und  meiner  OoUegen,  der  Girkelschnitt  mit  einer 
Hautmanchette  und  zwei  Muskelschnitten  (der  letzte  um  den  Gipfel  des 
Gonns  der  nach  oben  gezogenen,  durchschnittenen  Weichtheile)  im  oberen 
Drittel  von  mir  gemacht,  während  die  Art  femoralis  im  oberen  Theile  des  Tri- 
angulum  Scarpae  mit  den  Fingern  vollständig  comprimirt  wurde.  Der  Haat- 
schnitt  wurde  sehr  wenig  über  der  Mitte  des  Oberschenkels,  und  die  Dnrch- 
sägung  des  Knochens  2"  unter  dem  Trochanter  major  ausgeführt.  Nach 
Unterbindung  der  Gefässe  wurde  der  zurückgelassene  Knochen  untersncbt: 
das  Knochenmark  trat  bedeutend,  wie  eine  kirschrothe  Pulpa  heraus,  das 
Periostenm  war  sehr  dick,  und  leicht  löslich,  demnach  entschieden  wir  ans 


fi&ftaaalösung  bei  eiteriger  PerioatitiB  a.  Osteomyelitis  d.  Schenkelbeines.    253 

YOD  aussen  bis  2*'  Aber  den  Trochanter  major,  die  Muskeln  wurden  vom 
Knochen  theilweise  mit  dem  Periosteum  losgetrennt,  ohne  die  grossen  Ge- 
fääse  zu  f erletzen,  nnd  danach  die  Kapsel  geöffnet,  der  Knochen  mit  star- 
ker Mose nx 'scher  Zange  gefasst,  nnd  durch  einen  neuen  Schnitt  losge- 
trennt. Im  hinteren  Lappen  wurde  noch  eine  kleine  Arterie  unterbunden; 
mit  den  früheren  Ligaturen  waren  es  im  Ganzen  10.  Jetzt,  nachdem  in  die 
Tiefe  eine  elastische  Drainagerflhre  gelegt  worden  war,  wurden  die  Haut- 
r&nder  der  lianchette  und  des  äusseren  Schnittes  durch  Karlsbader  Nadeln 
vereinigt,  und  endlich  ein  Verband  des  Stumpfes  mit  geölter  Gharpie  ge- 
macht Die  Operation  dauerte  im  Ganzen  wenig  über  20  lünnten;  von 
einer  Blutung  war  keine  Rede. 

Bei  der  umstindlichen  Zergliederung  der  entfernten  Extremität  wurde 
Folgendes  gefunden:  Der  Schenkelknochen  war  Tollständig  von  Periosteum  ent- 
blGsst,  Ton  den  Condjlen  bis  l\**  über  die  Mitte:  höher,  bis  zum  Halse  war  die 
Beinbaut,  wie  gesagt,  beäeutend  verdickt  nnd  sehr  leicht  abzulösen;  Neubildun- 
gen, von  derselben  ausgehend^  waren  nicht  vorhanden;  die  Substantia  com- 
pacta  fand  sich  beim  Durchsägen  des  Knochens  der  Länge  nach  nur  röther, 
als  gewöhnlich,  aber  ohne  andere  Veränderungen;  die  Substantia  spongiosa 
Diher  an  der  Mitte  zeigte  im  unteren  Drittel  kleine  Eiterherde,  von  der 
Grösse  eines  Hirsekornes  bis  zu  der  einer  Erbse,  und  war  mit  Blut  Qber- 
fällt  Das  Knochenmark  erschien  im  ganzen  Knochen  ebenso  blutreich,  nur 
dichter,  als  in  der  Norm.  Die  Muskeln  waren  welk,  in  der  tiefen  Schicht 
aber  unterhalb  der  Mitte  verschmolzen,  nnd  von  einem  jauchigen,  faulen 
Biter,  welcher  hier  den  ganzen  Knochen  umgab,  durchtränkt.  Die  Gefässe, 
besonders  aber  die  Vene,  waren  in  der  Mitte  bedeutend  verdickt  Im  Knie- 
gelenke fand  sich  auch  viel  jauchiger  Eiter,  und  im  oberen  Theile  des  Lig. 
capsnlare  zwei,  eine  dicke  Sonde  durchlassende  Löcher.  Hals  und  Kopf  des 
Schenkelbeines  zeigten  keine  sichtbaren  Veränderungen. 

Der  Kranke  schlief  nach  der  Operation  noch  1^  Stunden,  und  ass  beim 
Brwachen  mit  Vergnügen  ein  Stück  Hühnerbraten  nnd  trank,  dazu  frische 
Milch.  Temp.  Abd.  39,2;  Puls  120.  Er  fühlte  sich  wohl  nnd  war  sehr  zu- 
frieden, keine  Schmerzen  mehr  zu  haben;  er  hatte  auch  keinen  Schüttelfrost 
'fir  eine  Aaslösung*);  dazu  machte  ich  einen  Schnitt  durch  alle  Weichtheile, 


*)  Ich  selbst  war  um  so'  mehr  für  eine  Auslösung,  weil  einige  Monate 
vorher,  bei  einer  Amputation  des  Oberarmes  wegen  Garies  und  Necrosis 
antibracbii  nnd  Periostitis  des  unteren  Endes  des  Oberarmknochens,  ich  das 
durchsägte  Knochengewebe  nur  härter,  und  das  Periosteum  wenig  dicker 
als  normal  gefanden  hatte,  während  es  2  Wochen  später  nöthig  war,  eine 
Auslösong  zu  machen  wegen  eiteriger  Periostitis  des  zurückgelassenen 
Roocheastückes,  worauf  der  Patient  an  Erschöpfung  zu  Grunde  ging. 


264  I>r-  P-  Petechin, 

and  keine  Delirien  mehr.  ~  7.  Augnet.  Temp,  Mg.  38,6;  Ab.  39^.  Pols 
120.  Schlief  die  ganze  Nacht  aehr  ruhig.  Die  Ränder  der  Haot  &nden  sich 
am  ganzen  Stampfe  verklebt.  Die  nächsten  Tage  ging  es  ebenso  gnt,  am 
9ten  erschienen  einige  Tropfen  dicken,  reinen  £iters  ans  der  DrainagerGhre, 
und  4  Nähte  wurden  entfernt  Temp.  Mg.  38,3;  Ab.  39,2.  Pols  124.  Den 
loten  wurden  alle  Nähte  entfernt;  am  14ten  stiessen  sich  5  kleinere  Liga- 
turen, und  am  16ten  alle  übrigen  ab.  Temp.  Mg.  38,3;  Ab.  38,6.  Pnls  130. 
Während  dieser  Zeit  hatte  der  Patient  bei  gutem  Appetit  regelmässige, 
reichliche  Stuhlgänge,  etwas  alkalischen  Urin,  guten  Schlaf,  und  hatte  sich 
soweit  erholt,  dass  er  sich  ohne  Hiilfe  aufsetzen  konnte;  Pat  bekam  Hfih- 
nersuppe,  Kalbsbraten,  frische  Bier  und  Milch,  und  bis  2  Unzen  Xeres  täg- 
lich. Die  Eiterung  aus  der  Drainageröhre  war  massig  nnd  gutartig,  indem 
die  Verwachsung  von  aussen  sich  mehr  and  mehr  verstärkte.  So  ging  es 
bis  zum  29sten,  als  in  der  vorderen  Narbe  sich  ein  Abscess  bildete,  aus 
welchem  ich  beim  Eröffnen  gegen  2  Unzen  zersetzten  Eiters  entleerte.  Tem- 
peratur steigerte  sich  Abends  bis  40,  Puls  bis  142;  der  Kranke  wurde  unruhig. 
So  dauerte  es  einige  Tage,  als  zu  dem  ersten  ein  zweiter  Abscess  sich  ge- 
sellte; der  Eiter,  welcher  aus  der  Drainageröhre  kam,  war  ebenfalb  ttbelrie- 
chend;  die  beiden  nach  den  Abscessen  znrfickgebliebenen  Geschwüre  sahen 
sehr  welk  aus;  Ausspfilen  mit  warmer  Chlorkalk-Lösung  mit  einigen  Tropfen 
Spirit  camphorati.  Bis  zum  7.  October  verlor  der  Kranke  nicht  seinen 
Schlaf  und  Appetit,  als  er  plötzlich  einen  Schüttelfrost  nnd  dann  starkes 
Fieber  bekam;  die  Inguinaldrfisen  waren  vergrössert,  hart,  und  sehr  «npfind- 
lich,  die  Temperatur  steigerte  sich  über  40.  Verordnet  Infus.  Hb.  Digitalis  cum 
Acido  phosphorico  und  Mercurial-Einreibungen  in  die  Weiche.  Den  nächsten 
Tag  erschien  eine  erysipelatöse  Röthe  nnd  Oedem  am  äusseren  Winkel  des 
Stumpfes.  Jede  Reizung  durch  die  Drainageröhre  wurde  jetzt  unterlassen, 
Gollodium  ricinatum  auf  den  Rothlauf  gepinselt.  In  einigen  Tagen  erholte 
sich  der  Patient  wieder,  indem  der  Rothlauf  und  die  Drüsenentzfindang  ver- 
schwanden, die  Drainageröhre  Hess  sich  jetzt  so  schwer  hin-  und  herracken, 
dass  sie  entfernt  werden  musste.  Der  Drainagegang  heilte  in  einigen  Ts- 
gen  zu,  und  indem  die  2  Geschwüre  in  der  vorderen  Narbe,. von  welchen 
das  eine  bis  3''  tief  war,  in  ihrer  äusseren  Oeffnung  eine  eben  so  grosse 
Neigung  zum  Verschlusse  zeigten,  ohne  sich  in  der  Tiefe  mit  GrannlatioDen 
zu  füllen,  musste  einige  Wochen  laug  Laminaria  digitata  (mit  sehr  gnter 
Wirkung)  gebraucht  werden.  Am  19.  October  wurde  noch  ein  Abscess  hinter 
dem  Stumpfe,  fast  gegenüber  dem  Acetabnlnm,  geöffnet,  nnd  ein  Gang  von 
2"  Länge  gefunden.  Jetzt  füllten  sich  die  ersten  2  Geschwüre,  der  Kranke 
erfreute  sich  fortwährend  des  besten  allgemeinen  Zustandes,  nnd  fing  an, 
am  6.  November  auf  Krücken  umherzugehen.  Nach  einem  Monate,  wo  nnr 
ein  taubeneigrosser  Abscess  in  der  vorderen  Narbe  sich    aeigte    «nd  ein 


U.«at(l^.M).ii^  b«*WQ.Bge  h6r.«.k««.  war  der  Stumpf 

T'^if^'i^leT-  Wie  der  Stumpf  .olch»  Bewegongen  bes«e 
r^"?'it^«hw^en,  eü.f«hen  Stelzfnse.  mit  einem  Riemen  Dbcr 
^.±tX^  X«  Ri«-«-0«rt.l  machen  lies«,  der  Kranke  so 

d«t|ri«  "^V^.,  ^,,^elch  keine   KnochennenbUdung  .m 

t;^  '^Ilf tr«i n J*e -nte^re N-be  hart  -nd eingezogen  erschien. 

^"J^J^r^'^fc-ptb-onderheiten  sind  in  rein  operativer  Hm- 

*^  "t        n-' ^«STes  Scbenkelbeines  ist  von  allen  Chirurgen 

d.  <me  der  «ngünatigsten  ^  ^.„  .u^i»  ,„  „egen,  dass 

«dtt.  davon  kMinen  will,  so  Schemen  sie  ni 

^  vxmavtheU  abgenommen,  oder  eine  m  grosse  iruu 
«>  »  pn««  K^'P«^'"  "f  „eh  i.  dem  Blutverluste  vrihrend  der  Ope- 
sutckgelasseB  wud,  sondern  aucn  in  u  „..„„._  ,^ie  Svme  nnd 

.  j        .inSM  sehr  tüchtige  englische  Chirurgen  (.wi«  oj 

,^,  »  d«»  •".!«•  wjr»      g       6        Schranbencompressorium   von 

As.a.dale)    sich   entschieden,   ™»   Joneration  tn  comprimiren. 
Li.ter  die  AorU  abdominabs  bei  dieser  ^^^    femoralis  .m  Rande  des 

Beckens  genügend  «n  '»»»"•""'  ^      ^in  Jeder  sich  vorstellen;  es 

^t  „ter  de-  ^;;^-^tirde"Tn^^l-  Scarpae,  wo  der  Druck 
"*  r  «  t^Tot^efmch  sUttfinden  kann,  dass  bei  50  Operationen 
«U  den  «-e;";^;^^;,„  j,,  i„  keiner  den  geringsten  Blutverlust  ge- 
"  '^/.!rSeL?urdrOperation  der  AnsWsung  so  gemacht  wird  wie 
•*"  "^  «Jil^«  iothtendigkeit  geschah,  kann  die  Arterie  während 
«  «  Biiserem  Falle  •«  »»  *    Triangnlum  Scarpae  comprimirt  wer- 

ter g«»eu  zeit.  -J  ";^^f  J^,S^,rnie^^^^^^^  für  eine  solche  Dicke 
a«..wea.  «»«''*•'»  *;"*;f:^„ie  Muskelschnitt  gemacht  sind,  sogleich 
der  M«k«ln  wird)  «nd  «"  ^'«^»'«  ^^„„  ,^i„  »„.«eren  Schnitte  nur 

^Oeft«M»  "*«*"*V;  :Znktnn  welche  entweder  mit  den  Fin- 
*e  Aeef  *«  .^"^^f  ^C-^^^  t^^^t.  oder  gleich  unterbunden 
gen.  bi«  .or  ^»»-^-^f „^terlusseJe  Schnitt  bis  auf  den  Knochen 
werde»  können.    TiMrUh  mnss  oer  ^„^ögUch  mit  Periosteum, 

reicben  nni  dicht  an  demselben  •"«  M"«';^^'  l^  «„^,„,„  Schnitte  von 

•S«r  rr^-e^ruir  O^rt  «.hsten  den  Me- 

tboden  '»on  «»'•*»\!"'*>'*""/^''' ..„  den  Bewegnngen  des  Stumpfes 
*  Id,  „öchte  nochhin.nfl»gen,  d»s  «"  '  ^^^J^^ J  der  Muskeln  in 
(«•lehe  mit  einer  nnvertaderten  Lage  der  ganxen  i^ic 


256        I^r.  P.  PetechiOf  HflftaasKteang  bei  eiteriger PeriostltiB  etc. 

Zusammenhang  zn  stehen  scheinen)  bei  dieser  Operation,  welche  genügend 
für  einen  leichten,  gut  gemachten  Stelzfuss  erscheinen,  auch  die  Narbe  nie 
von  EinfluBs  anf  die  Genitalien  sein  kann,  indem  sie  z.  B.  die  grosse  Scham- 
lippe beim  Weibe  abzieht;  das  Sitzen  ist  dabei  ebenso  beqnem  (wie  anser 
Patient  zeigt),  als  mit  zwei  Ffissen. 

Die  Bewegungen  des  Stampf  es  waren  nach  einem  Jahre  schwächer  ge- 
worden, weil  der  Knabe  es  bequemer  fand,  seinen  schweren  StelifuBs  nicht 
zu  gebrauchen ;  und  nachdem  er  sehr  zunahm,  war  auch  die  Anshöhlang  im 
Stelzfasse  zu  eng  geworden.  Eine  Knochenneubildung  war  nicht  za  fühlen 
und  der  Ausgangspunkt  fQr  die  Bewegungen  war  die  untere  Narbe. 


Druckfehler: 
Seite  30.  Zeile  14  y.  o.  statt  epninus  1.  equinus. 
»     31.     ,      16  ▼.  0.  statt  Contat  1.  Contact. 
„     32.     ,      12  V.  o.  statt  athropisch  1.  atrophisch. 
»     36.     ,       9  ▼.  0.  statt  Taurus  1.  Tarsus. 


Zur  Ligatur  der  Arteria  Carotis  communis, 

nebst  einer  Statistik  dieser  Operation. 

Voa 

Dr.  C  PllK, 

Assistent  am  physiologischen  Institut  in  Breslau. 


Vorwort. 

Als  ich  jfur  meine  Dissertation,  anknüpfend  an  den  in  Zürich 
anf  der  Klinik  des  Herrn  Professor  Dr.  Billroth  beobachteten 
Fall  beiderseitiger  Ligatur  der  Art.  Carot  eomm.,  eine  Statistik 
dieser  Operation  aufzustellen  suchte,  erkannte  ich  sehr  bald,  dass 
die  Indicationen,  die  Folgen  und  der  Werth  dieser  seltenen  Ope- 
ration erst  durch  die  F&Ue,  in  welchen  die  Ligatur  der  Hals- 
schlagader überhaupt  gemacht  worden,  in  das  rechte  Licht  wür- 
den gestellt  werden.  Demgemäss  sammelte  ich  schon  in  ZQrich 
weiteres  Material,  was  mir  insofern  durch  die  dort  vorhandene 
Idzikowsky 'sehe  Dissertation^)  erleichtert  wurde,  als  sie  mich 
anf  manche  Quelle  aufmerksam  machte.  Vor  allem  aber  wuchs 
die  Zahl  der  Fälle  in  Berlin  ausserordentlich  an,  da  ich  dort, 
sowohl  in  den  öffentlichen  Bibliotheken,  als  in's  Besondere  in 
den  Privatbibliotheken  der  Herren  Prof.  Dr.  Hirsch  undGnrlt, 
sehr  viele,  bis  dahin  noch  nicht  durchgesehene  Journale  und 
Werke  vorfand.  Hier  erhielt  ich  endlich  im  Original  Norris*') 
gnte,  statistische,  von  mir  mehrEach  benutzte  Arbeit,  und  N.  Ghe- 


i)  De  ligatnra  carot  comm.    Greifswald.   1852. 

')  On  tying  the  carotid  arteiies.  Americ  Journ.  1847.   VoL  14.  p.  14. 

V.  L»nceB^««ki  Archiv  I.  Chirurg)«.  UL  17 


258  Dr.  C.  Pilz, 

vers'')  gründliche  ZusammengteUuDg,  J.  Ehrmann^s^)  fleissig 
nach  den  Originalen  gearbeitete,  aber  bei  Weitem  nicht  erschöpfende 
Schrift,  die  mit  zahlreichen  Fehlern  versehene,  oberflächliche  Arbeit 
G.  6.  Günther's')  nnd  die  Dissertationen  von  Zimmermann'}, 
Walther'')  und  Nemmert^).  Leider  erhielt  ich  diese  Schriften  so 
spät,  dass  ich  in  ihnen  nur  v^enig  Nenes  fand,  und  mir  im  Auf- 
finden der  Originale  keine  Zeit  und  Mühe  ert^part  worden  war; 
dafßr  hatte  ich  in  ihnen  eine  gute  Controle  fär  meine  Angaben; 
Woodys')  Arbeit  im  Original  zu  erhalten,   gelang  mir  nicht. 

Ein  Blick  auf  die  Literatur  der  Tabellen  zeigt,  dass  die  ein- 
schlägige Literatur,  besonders  die  ausländische,  üeissig  benutzt 
worden  ist.  Persönliche  Mittheilungen  und  briefliche  an  Hm. 
Prof.  Gurlt^^)  halfen  nicht  nur  die  Zahl  mehren,  sondern  auch 


3)  Remarks  od  the  effects  of  obliteration  of  the  carptid  arteriea  etc. 
Lond.  Med.  Gaz.   New  Ser.  1   1845.   Oct.  pag.  1140. 

*)  Des  effetB  prodoits  aar  Tenc^hale  par  roblit^tioa  des  vaisseanx, 
qui  s'y  distribueot.     1860.    Paris,   ches  B.  Bailli^re. 

>)  Lehre  yod  den  blutigen  Operationen  am  menschlichen  K(Srper.  Abth. 
5.   Operat.  am  Halse. 

«)  GoDspectus  chronol.  deligation.  arter.    Wfirzburg  (Bayreuth).    1833. 

7)  De  llgatura  carotidis  communis.    Leipzig.    1833. 
y*)  De  arteria  carot  comm.  lateris  ntrinsque  deligat   Dorpat. 

9)  Kew  York  Journ.  1857.  July.  Ueber  Ligatur  der  Carotis  commanis. 
^0)  Darch  eioe  grosse  Zahl  brieflicher  Mittheilnngen,  welche  mir  auf 
meine  Bitte  zu  Theil  geworden  sind,  ist  noch  eine  ganze  Reihe  nicht  publi- 
cirter  Fälle  an  das  Tageslicht  gekommen,  und  für  diese,  so  wie  andere  gleich- 
zeitige Nachweisungen,  sage  ich,  im  Namen  des  Verfassers  vorliegender 
Arbeit,  and  im  Namen  der  Wissenschaft  überhaupt  den  nachbenannten 
hochverehrten  Herren  Collegen  meinen  wärmsten  Dank.  Es  sind  dies  die 
Herren:  v.  Balassa  in  Pesth;  Bardeleben  in  Greifswald;  Bartels  in 
Kiel;  B.  Beck  in  Freibarg  i.  B.;  Blasius  in  Halle;  Bockenheimer  in 
Frankfurt  a.  M.;  W.  Boeck  in  Christiania;  E.  Boeckel  in  Stnussbnrg; 
V.  Bruns  in  Tübingen;  Busch  in  Bonn;  Esmarch  in  Kiel;  Hecker  in 
Freiburg  l  B.;  Knorre  in  Hamburg;  v.  Linhart  in  WOrzburg;  Lücke  in 
Bern;  Nnssbaum  in  München;  v.  Oettingen  in  Dorpat;  Passavant  in 
Frankfurt  a.  M.;  v.  Pitha  in  Wien;  Ried  in  Jena;  Roser  in  Marburg; 
Simon  in  Rostock;  Spence  in  Edinbnrg;  K.  Textor  in  Würzburg;  von 
Thaden  in  Altona;  Uhde  in  Braunschweig;  Vanzetti  inPadua;  Wem- 
her  in  Giessen;  Wagner  in  Königsberg;  Zeis  in  Dresden. 

I.  «elt. 


Zor  Ligatur  der  Art«ria  Carotis  commQnis.  260 

haaptsächlich  die  Mortalitftts-Ziffer  richtiger  etellen,  da  die  Mehr- 
zahl dieser  F&lle  einen  t&dtlicfaen  Ausgang  hatte.  Was  die  Anord- 
nung betriffl;,  so  fand  ich  es  für  gut,  in  die  Tabellen,  welche 
nach  den  Indicationen  zur  Operation  getrennt  chronologisch  geord- 
net sind,  das  Nothwendigste  nur  aufzunehmen,  das  weiter  Inter- 
essante ans  der  Krankengeschichte  jeder  Tabellenreihe  gedrängt 
folgen  zu  lassen.  Die  nach.Brasdor  und  Wardrop  operir- 
ten  FUle  trennte  ich  absichtlich  von  den  Aneurysmen.  Einen 
grosseren  Auszug  aber  glaubte  ich  geben  zu  müssen,  wenn  die 
Krankengeschiditen  entweder  gar  nicht,  oder  in  einer  sehr  schwer 
sQgänglicfaen  Zeitschrift  Teröffentlicht  sind.  Leider  werde  ich  hier 
Emigen  zu  viel,  Anderen  zu  wenig  aufgezeichnet  haben;  doch 
muss  ich  bekennen,  dass  die  Grenze,  uin  Allen  gerecht  zu  wer- 
den, hier  schwer  zu  ziehen  ist,  und  dass  ich  im  Verlaufe  der  An> 
beit  hierin  schon  vielfach  Aendemngen  vorgenommen  habe. 

Diesem  ersten  Abschnitte  folgt  ein  zweiter,  welcher  die 
statistischen  Ergebnisse  und  die  Besprechung  einzelner 
wichtiger  Punkte  enthUt. 

Um  Nachsicht  muss  ich  für  diese  Anordnung  bitten,  da  sich 
z.  B.  unter  Tumoren  und  Aneurysmen  Fälle  finden,  die  mit  glei- 
chem Rechte  zu  den  Blutungen  gezählt  werden  können,  und  um- 
gekehrt; ebenso  ßLr  die  Willkür,  mit  welcher  manche  Angabe  in 
den  Text  genommen  ist,  die  besser  der  Tabelle  überwiesen  wäre, 
vor  Allem  für  die  ungleichmässige  Behandlung,  die  an  vielen 
Stellen  hervortritt.  Entschuldigen  will  ich  dieses  damit,  dass  ich 
die  Arbeit  schon  als  Student  begonnen  habe,  später  durch  stö- 
rende Zwischenfälle  gezwungen  wurde,  sie  oft  auf  Wochen  und 
Monate  unberührt  zu  lassen;  denn  die  Arbeit  erforderte  viel  mehr 
Zeit,  als  ich  gedacht  hatte.  Für  die  Quellenangabe  ist  zu  be- 
merken, dass  die  secundäre  Quelle,  aus  der  ich  nur  in  Ermange- 
hing  des  Originales  geschupft  habe,  durch  einen  horizontalen 
Strieh  von  der  des  Originales  geschieden  aufgeführt  ist  Bei  der 
Angabe  des  Todestages  kann  vielleicht  hier  oder  dort  ein  Fehler 
vorgekommen  sein,  da  ich  bei  der  ersten  Notiz  gewöhnlich  gleich 
die  Summe   zog,  jetzt  aber,  schon  lange  von  Berlin  entfernt, 

17* 


260 


Dr.  0.  Pill, 


nicht  mehr  Gelegenheit  habe,  eine  Revision  hierio  vorzunehmen; 
glficklicher  Weise  ist  diese  Angabe  von  geringem  Werthe. 

Leider  richtete  ich  zu  spät  mein  Augenmerk  auf  die  Ligatur 
der  Carotis  externa,  als  dass  ich  durch  eine  Statistik  der  Fälle 
die  Frage  über  den  Vorzug  derselben  vor  der  Unterbindung  der 
Art.  Carot.  comm.,  und  besonders  über  die  Nachblutung  nach 
derselben  entscheiden  konnte. 

Weit  entfernt  von  dem  Glauben,  dass  in  dieser  Arbeit  eine 

I.  Ligatur  bei 


No. 

Operateur 

und 

Datum. 

Literatur. 

'l 

1           Ursache. 

1*! 

5^ 

Aus- 
gMg. 

O     6^. 

Tag».      1 

1. 

J.   Abemetby, 

Abernethy's 

M.     1. 

Verletzg.  (am  Halse 

kn» 

t  30 

London.  1803. 

Surg.     observat. 

1 

durch  ein  Kuhhom.) 

leil. 

Std. 

p.  193. 

3. 

Fleming.  1803. 
17.    Oct    engl 

Med.-chir.  Review. 
1827.  Jan. 

^"m"^- 

— 

Verletzg  (am  Halse). 
(Selbstmord.) 

8 

7 

Heiig. 

Schiffsarzt. 

1 

1 

8. 

Twitchell. 

New  Engl,  quart. 

m. 

r.  iSchussverletzc.  {d.  r. 

10 

13 

Heüg 

Keene.1807.  18. 

Joum.    of    Med. 

M.   '     '  Hals-  u.  Gesichts- 

Oct. 

and  Surg.   1842. 

!     1  hWfte).  (Carot.  int) 

Octbr. 

4. 

Dupuytren, 

Hodgson,      Di- 

'U 

r. 

Schussverletzg.  (Ca- 

— 

— 

t6Tg. 

Paris.  1814.  24. 

sease  of  the  art. 

rot  ext.  u.  Art.  fa- 

Febr. 

and     veins     par 
Brescbet,  Vol. 
2.  p-  39. 

cial.) 

6. 

Giroux,    Paris. 
1814.  30.  März. 

Ibid.  u.  Dupuy-      —    j  — 
tren,       Le<;ons            1 
orales.  Vol.3.p.65.            1 

Schussverlzg.  (Carot. 
ext.) 

7 

"~" 

t9Tg. 

6. 

Marjolin,     Pa- 

Ibid. u.  Gaz.  heb- 

^:  ~ 

Schussverletzg.  (Blu- 
tung am  6.  Tage). 

6 

_ 

t  21 

ris.  1814. 

dom.  1863.  p.  813. 

Tg. 

7. 

B.  Travers, 

Lond.    Med     and 

m!    r. 

Blutg.  (aus  partiell 
entferntCarcinom). 

._ 

16 

t  lö 

London.     1815. 

Physic*     Jonrn. 
Vol.   57.   p.  234 

Tg. 

13.  März. 

u.  327. 

8. 

Collier,     1815. 
22.  Jan. 

Medico  -  Chirurg. 
Transact.  Vol.  7. 
p.  107. 

"i 

1. 

Wunde   am   L   Kie- 
ferwinkel (Art.  fa- 
cial.  u.  ling.). 

8 

13 

Heiig. 

Zar  Ligatur  der  Arteri»  Carotis  commnoiB. 


261 


ToUeodete  Statistik  vorliegt,  bin  ich  vielmehr  überzeugt,  dass 
noch  viele  Beiträge  erfolgen  müssen,  um  dieselbe  als  eine  voll- 
ständige ansehen  zu  können. 

Meinen  besten  Dank  sage  ich  dem  Hrn.  Prof.  Garlt  für  die 
Yielfacben  Bemühungen,  für  die  mir  häufig  ertheilten  Rathschläge 
and  Verweisung  auf  mir  neue  Quellen,  und  allen  Herren  Pro- 
fessoren, die  mir  gütigst  ihre  Privatbibliotheken  zur  Benutzung 
gestatteten,  insbesondere  dem  Hrn.  Prof.  Hirsch. 

Blutnngeii. 


Besonderes  bei  der  Ligatur  und  im  Verlaufe 


TodeBursache  und  Section. 


Nach  einigen  Stand.  Delirium,  Fieber,  Gonvuls.  stär- 
ker auf  d.  r.  Seite,  mit  folgend.  Lähmung  r.;  con- 
▼uls.  Beweg,  dann  noch  L  Ligat.  in  d.  verlänger- 
ten Wunde. 

Das  Gefösfl  wurde  in  d.  Wnnde  nnterbd. 


Am  10.  Tage  erfolgte  d.  Blntg.,  Unterbind,  in  d.  er- 
weiterten Wnnde;  d.  Mutter  schloss  selbst  d.  Fa- 
den. Nachblntg.;  graduirte  Compress.  einige  Kno- 
chensplitter BtoBsen  sich  ohne  weitere  Zufälle  ab. 

Vom  2.  Tage  ab  Delir.  n.  Schwächezustand;  am  15. 
Tage  nach  d.  Verletzg.  trat  d.  erste  Blntg.  ein. 


Als  am  7.  Tage  heft  Blutg.  erfolgte,  geschah  d.  Li- 
ga!., es  folgte  bald  Fieber,  am  5.  Tg.  Delir.,  am 
7.  Stupor. 


Es  folgte  Fieber,  Husten,  Irresein  —   kurz  vor  dem 
Tode  drang  Blot  aus  der  Wunde. 


Als  am  22.  Jnni  d.  Blutg.  erfolgte,  machte  man,  nach 
▼ergeblich  angewandter  Stillung  durch  graduirte 
Compr.,  d.  Ligat.,  sogleich  stand  d.  Blutg.  —  26.  Juni 


D.  Artt.  facial,  ling.  n.  thj- 
reoid.  abgerissen  n.  Oarot.  int. 
zerrissen,  d.  Pia  injicirt,  geiat. 
Exsudat  zwischen  Pia  n.  Arach. 
d.  Gefässe  sind  sehr  gefflUt. 


Unter  d.  Ligai  war  d.  Geflsn 
schon  verschlossen. 

Blutg.  —  Art  occip.  war  ver- 
letzt worden.. 

Meningit  —  Zwischen  d.  Pia 
u.  Dura  wässerige  FlQssi^keit; 
oberer Thromb.  nicht  d.  intim, 
adhärirend,  denn  hier  fliesst 
lujectionsmasse  aus,  d.  Häute 
sind  durch  Eiterg.  getrennt,  d. 
untere  Thromb.  fBllt  d.Gefäss 
nicht  aus,  adhärirt  nur  oben. 


262 


Dr  C.  Pill, 


No. 


Operateor 

und 
Datam. 


Literatur. 


•I 


Ursache. 


1^ 


IQ 

Tag». 


^1 


Aus- 
gang- 


9. 


10. 


J.   Oole,    1816. 
28.  Jqd. 


Giersch,   1815. 
Jan  -Jnl. 


Lond.  Med.  Rep. 
1820.  Mai.  p.  375. 
0.  Rast,  Magas, 
Bd.  8.  S.  237. 


Rast,  Magaz.  Bd. 
2.  S.  140. 


Schasswande. 


Halsverletzg.  (Stich- 
wände.) 


11 


t 
4.  Tg. 


Heilg. 


11. 

12. 
13. 

14. 

15. 
16. 
17. 
18. 


Brodie,     1816. 
5.  Ja]. 


J.  Brown,  Da- 
bUn.  1817.  14. 
Jan. 

CasackiDablin. 
1820.  16.  Aag. 


Boileaa,    1822. 
23.  Jol. 


Bonet,  Manilla. 
1823.  24.  Sptb. 


Dnffin,     1824. 
11.  April. 


Bfinger,  Mar- 
barg.  1824.  19. 
Febr. 

Dzondi,  Halle. 
1824. 


Medic-Ghir.  Trans- 
act  Vol.  8.  p, 
224 


Dablin  Hospit.  Re- 
ports. Vol.  1.  p 
301. 

Dablin.  Hosp.  Re- 
ports. Vol.  3. 


North  Americ.  Med. 

and  Sarg.  Joarn. 

Vol.  1.  —   Fro- 

riep*sNotz.l825. 

Nov.  8.  110. 
Joarn.    g^n^r.     de 

M^d.    par    Gen- 

drin.  1827.  2.  p. 

254. 
Lancet.    1823-24. 

Vol.  2.   p.  200. 


27 


Ä- 


•2; 


Blatang  (nach  Ans- 
ziehen  ein.  Zahnes.) 


Schnittwunde  i  d.Ga- 
rot  (Federmesser.) 

Schnittwnnde 
(Selbstmörder). 


7Tg. 


Bfinger,      Prima 

carotid.       comm. 

utriqne  corp.hom. 

etc.  Marbarg.  1838. 
Rast,  Magaz.  Bd. 

18.  S.  115.  Fr.  Not. 

Bd.  6.  S.  304. 


3Ii. 
M. 


J»; 


391. 


601, 


r.  Halsverletzg.  e.  £pi- 
leptik  durch  e.  Mes- 
ser. (Art.  thyr.  sap. 
angenommen.) 


10 
Mim 


Blntg.  aas  e.  Fistel 
geschwür  am  Halse 


Blatg.  aas  d.  Monde. 
(Maxill.  int.) 


Schnittwunde       am 
Halse  (Selbstmord). 


Blntg.  aus  e.  Krebs 
der  Zunge. 


5Tg. 


—       t 
2,  Tg. 


12 
21 

12 


Heilg 


60.  Tg. 


Heilg. 


Heüg. 


20.  Tg. 


Heilg. 


5.  Tg. 


Zur  Ligatnr  der  Arteria  Carotis  commiiDiB. 


263 


Besonderes   bei  der  Ligatar  und  im  Verlaufe. 


Todesursache  und  Sectioo. 


Sauseo  im  1.  Ohre  a.  GefÜhllosigk.  d.  1.  Gesichts.  — 
2.  u.   12.  Juli  Gesichtsrose;  über  d.  Ligat.  ist  kein 
Puls  mehr  zu   fQhlen. 
rischen  zwei  Ligatt.  wurde  ^.  GefSss  durchschuitten. 


»  Compr.  der  Carot.  die  Blutg.  sistirte,  wurde  ein 
Bändchen  um  dieselbe  gelegt,  musste  aber  bald 
wieder  eotferat  werden,  da  das  Gesicht  rothblau 
wurde;  Fat.  wird  bleich,  Puls  klein,  intermitti- 
rend,  Athraen  schwer,  Haut  kalt;  die  Umstechnng 
d.  bloteoden  Partie  wurde  gemacht,  unter  Zurück- 
gebend, bedrohlichen  Erscheinungen;  ausser Schling- 
u.  Respirat.  >  Beschwerd.  trat  kein  Symptom  auf. 
Minuten  nach  d.  Operat.  heft.  Blutg.,  ein  einzelnes 
GefiUs  war  nicht  zn  unterscheiden;  Pen.  cand. 


e  Art.  thjr.  snp.  dext.  wurde  auch  unterbunden, 
17.  Sept.  blotiger  Eiter  u.  Blutg.,  es  wurde  d.  Ca- 
rot. tiefer  wieder  unterbunden ;  dennoch  dauerte  d. 
Blutg.  fort. 

It  Entfemg.  des  Messers  Blutung,  Ohnmacht;  mit 
Schluss  d.  Ligat.  Brlöschen  d.  Puls.  Ober  dersel- 
ben, und  d.  bestandenen  Kopfschmerzen;  aber  Tom 
26.  JaL  bis  4.  Aug.  rechtsseit.  Kopfschmerz. 

e  Ligat.  nach  Scarpa  — ;  zwischen  15.-20.  Tg. 
entfernt;  mit  d.  Ligat  d.  Geftthi  von  Krampf  u.  Ge- 
fühllosigkeit, d.  Stimme  heiser,  nur  etwas  Husten. 

ie  beim  Erbrechen  plötzlich  entstandene  Blutung 
steht  mit  d.  Ligat.;  nach  20  Tg.,  sinkt,  während 
bisher  ein  gnter  Fortgang  gewesen  war,  plötzlich 
d.  Pols ;  es  traten  leichte  Gonvuls.  d.  Gesichtes  auf. 
m  Tage  nach  d.  Ligat.  Delir.  u.  Fieber,  letzteres  8 
Tage  lang,  Pat.  hatte  d.  Augen  fest  geschlossen; 
am  5.  Entzdg.  d-  r.  Auges  zu  erkennen,  das  ver- 
loren geht.  ^  _,  „  ,  .  . 
ie  Bln^.  stand;*  am  3.  Tage  linksseit  Lähmung. 


Pract.  angul.  max.  dext.  et  corp. 
oss.  hyoid.  Yerletzg.  d.  Pharynx 
n.  Larjnx  u.  einig,  stark.  Zweige 
d.  Carot.,  d.  Lungen  gesund, 
Bronch.  mit  £iter  erfillt  (hin- 
abgeflossen.). 


Die  Wandung  d.  Art.  carot.  dunh 
Ablagerungen  in  ihren  dttnnen 
Wänden  undarchsichtig,  ihre 
Zweige  sehr  dünnwandig  und 
fast  durchscheinend. 


lUeinerAbscess  an  Stelled.  ersten 
Ligat,  die  i  Zoll  entfernten  En- 
den sind  offen,  r.  Carot  ist 
stärker,  als  1. 


Section  fehlt. 


264 


Dr.  0.  Pil«, 


No, 

Operateur 

und 

Datum. 

Literatur. 

^1 

1 

Ursache. 

ii 

Ad»- 
gaofr 

M 

.Tage. 

19. 

De  Gros,  1825. 

Boston   Med.   and 

it 

L 

HilsTerletznng. 

HeUg. 

27.  Febr. 

Surg.  Journ.  VoL 

2.  -  Norris,  2. 

Ser.  No.  13. 

20. 

Miller,       1825. 
Octob. 

West.    Jonrn.     — 
Norris,   Ser.   2. 
No.  U. 

it 

"■ 

Halsverletzung. 

27 

■^ 

Heflg. 

21. 

Textor,     1826. 

Neu-Ghiron.  Bd.  2. 

"i 

1. 

Schnittwunde.    (Ga- 

12 

13 

t 

10.  Mai. 

St.  2.    1827.    - 

rot.  ext.) 

30.  Tg 

Gräfe  Q.  Waltb. 

Joom.     Bd.    21. 

S.  408. 

22. 

Travers,   Tho- 

Lond.    Med.     and 

35j. 

r. 

Srhnittverletznng. 

hm 

IS 

t 

ma8-SpiUl.l826. 

Pbysic.  Journ.  Vol. 

M. 

(Garot  ext) 

UL 

56.  T« 

27.  Jun. 

56.  p.  327. 

28. 

Lanf^enbeck, 

Langenbeck*s 

1^- 

Blutung. 

t 

Göltingen.  1827. 

NeQeBiblioth.Bd. 

aosa 

29.  Jan. 

4.  St  3.  S.  586. 

24. 

e.  Mayo,    Lon- 
don.    1828.    10. 
Oct 

Lond.     Med.     and 
Physic.  Journ.  VoL 
38.  Dec. 

1! 

r. 

Bintg.    (aus  syphil. 
Ulcerationen    im 
Schlundkopfe). 

-^ 

15 

Heiig. 

25. 

Larrey,    Paris. 

Larrey,   Glinique 
chir.VoL2.  p.130. 

— 

r. 

BlDtg.  (nach  Degen- 

^. 

11 

t 

1828. 

* 

M. 

stich  im  Duell). 

25a. 

Si8C0,1829. 11. 
Sept 

Annali  univers.  di 
Med.  1829.  Dec. 

"J: 

L 

Blutg.   (aus   Aneur. 
träum.) 

- 

14 

Heile- 

26. 

Lake,    London- 
Hosp.     1829. 
Octob. 

Lancet    1830.    10. 
Apr. 

»^. 

L 

Blutung  (aus  einem 
Rachengeschwüre). 

4 

as 

Heiig 

27. 

▼.  Graefe,  Ber- 

Brflninghau- 

l 

Halsverletznng. 

»'t; 

lin.  1829. 

sen,       Dissertat. 

Berlin.  1829. 

28. 

R.  Mayo,  1829. 

Lond.    Med.     and 
Physic.  Journ.  VoL 
8.  —  Froriep's, 
Notiz.  1837.  Hft  3. 
S.  80. 

M. 

r. 

BlDtg.  aus  d.  Gau- 
mensegel (Pfeife). 

HeUg. 

29. 

Unbekannt, 
Winchester 
Gonnty     Hosp. 
1829. 

ProT.    Med.    Gaz. 
1829.    -    Lond. 
Med.   Gaz.   1829. 
VoL  4.  p.  414. 

1- 

r. 

Nachblutung. 

' 

Znr  Ligatur  der  Arteria  Carotis  commaDis. 


265 


Besonderes  bei  der  Ligatur  nod  im  Verlaufe. 


Todesursache  und  Section. 


Pat  blieb  3  Tage  laug  im  Zustande  allgem.  Dnem- 
pfiodlichkeit,  genas  allmälig. 

Pät  wurde  einsilbig;  am  21.  T.  war  der  Mund  ver- 
zogen n.  d.  r.  Arm  gelähmt,  am  23.  Lähmung  d.  r. 
Seite  n.  Sopor.  19.  Mai  Blutg.  aus  d.  Operations- 
wQode.. 

lo  der  Wunde  war  kein  Gefäss  zu  entdecken,  nach 
d.  Ligat.  noch  schwacher  Pols  über  ihr,  Kopf- 
schmerzen, Husten,  19.  Tag  Versuch  zur  Flocht, 
der  am  20.  gelingt  Zwangsjacke;  Irrereden,  Pat. 
reiset  den  Verband  ab,  Anfall  Ton  Wahnsinn;  17. 
Jdü  Blutung,  die  wiederkehrt. 

Nachdem  znr  Heiig.  eines  Kropfes  d.  Art.  thjr.  sup. 
QDterbunden  war  u.  sich  aus  d.  Wunde  eine  heft. 
Blutg.  einstellte,  wurde  zor  Ligat.  d.  Garot.  ge- 
schritten; sogleich  wird  Pat  bewegungslos,  hält  d. 
Augen  fest  geschlossen.    Coma. 

Nach  d.  Ligat  einige  Ohnmächten,  Sehvermögen  auf 
d.  r.  Auge  wird  geschwächt,  bessert  sich  aber  schnell, 
heftig.  Klopfen  in  d.  1.  Kopfseite. 

Sogleich  stand  d.  Blutg.,  einige  kleine  Gefässe  sind 
besond.  zu  ligiren,  Schlingbeschwerden  stellen  sich 
ein.  (L.  yeimuthet,  dass  d.  Garot  d.  Seite  dop- 
pelt war.) 


Oie  am  30.  Sept.  aufgetretene  Blutg.  wiederholte  sich 
am  3.  n.  4.  Oct,  d.  Ligat  verlief  ohne  besond.  Er- 
scheinungen, 7.  spontan  copiös.  Blutg.,  17.  kein 
Puls  in  d.  L  Carot,  1.  Pupille  dilatirt,  ohne  Ver- 
änderung d    Sehvermögens. 

Bald  erscheinen  Fieber  n.  Delirien,  von  Koma  gefolgt 


Ua  d.  Abscess  am  Gaumen  mit  d.  Messer  eröffnet 
wurde,  entstand  eine  so  heftige  Blutg.,  dass  M.  zur 
Ligat.  d.  Garot  schreiten  mosste;  am  1.  Tage  er- 
schien eine  nene,  bald  stehende  Blutg« 

2  Std.  nach  Exstirpation  eines  Steatoms  d.  üoterk. 
wurde  die  Ligat  noth wendig;  am  2  Tage  Schling- 
beschwerden, d.  Zunge  konnte  nicht  aus  d.  Munde 
gebracht,  ebenso  wenig  als  d.  Drin  entleert  wer- 
den; 3.  Tg.  schlftft  Pat  viel;   5.  allgem.  Besserung. 


Abscess  im  Gentr.  semiov.  Viens. 
L;  d.  untere  Thrombus  ist  fest 
u.  adhärent  bis  zur  Theilungs- 
stelle;  Abscess  in  d.  Arterie. 

Blutg.  —  Das  obere  Gef&sslumen 
ist  offen,  d.  untere  geschlossen; 
an  d.  Stelle  d.  Verwnndg.  hat 
sich  ein  Aneur.  saccat  gebildet 


Rechte  Hemisph.  ist  blutlos,  da- 
gegen die  Oberfläche  d.  1.  blut- 
reich. 


Als  Pat  nach  5  Jahren  an  Tn- 
berk.  starb,. zeigte  d.  Art.  ling. 
sich  als  Quelle  d.  Blutg. 


Gehimentzdg.  —  Die  Artt  max. 
u.  temp.  u.  Ven.  temp.  sind  ver- 
letzt, d.  Sinus  mit  Blut  fiberffiUt 


266 


Dr.  C.  Pils, 


No. 


Operateur 

and 
Datum. 


Literatur. 


! 


Ursache. 


il 


Tage 


30. 
31. 

32. 
33. 

34. 
35. 

36. 
37. 

88. 

39. 
40. 


41. 


Roux,        Paris 
1830. 

Delpecb,  Mont- 
pellier. 1831. 


Horner,    1832. 

18.  Juni. 
Roux,  1832.  23. 

Jan. 

Syme,      Edinb. 
1832.  1.  Oct. 


J.Wat8on,18d3. 


Tyermann, 
1834.  14.  Aug. 

H.  Mayo,  1834. 


J.  Trier,    1834 
Altona. 


Scott,  Lond.- 
Hosp.  1834. 

A.Elli8,  Dublin. 
1835.  26.  Jan 


ß^dor,  Troyes. 
1885.  24.  Apr. 


Quarante  annees  de 
pratVol.2.p.401. 

Günther,  No.  87, 


Americ.  Journ.  Vol. 

10.  p.  405. 
Quarante  annees  de 

pratVoL2.  p.d25 

Edinb.  Med.  and 
Snrg.  Journ.  Vol. 
88. 

Schmidt, Jahrbb 
Bd.  98.  S.  76. 


Med.andSurg.Rev. 
N.  S.  Vol.  29.  - 
Norris,  Mo.  21. 

Med.  quart.  Rev. 
1834.  p.  410. 


Altona.     Kranken- 

hausber.  1834.  S. 

8.  —  Günther, 

No.  83. 
Medic-Chir.  Trans- 

act.Vol.22.p.l34. 
Lancet.    1834-85. 

Vol.  2. 


30j. 
M. 


W. 


w. 


35j. 
M. 

301. 


8 


54 


km 


Schnssverletzung 
(wahrsch.    d.    Art 
lingual ). 

Blutung  aus  d.  Nase. 


Sebnittwande 

(Selbstmord). 
Verletig.  (d.  Oarot. 

ext.    durch    Glas 

Splitter). 
Rlutung  ans    Mund 

und  Ohr. 


Stichwunde. 


Verletsg.  am  Halse. 


Schnittwunde  8Tg. 

(Selbstm.).   (Garot. 
ext.) 


Schnittwunde.   (Art 
thyr.  sup.) 


Presse  m^d.  No. 
10.  —  Arch.  g^n. 
2.  S^r.  Vol.  13 
p.  253. 


29j. 
M. 


20i. 


Blutg.  aus  d.  Nase. 

Schnittwunde 
(Selbstmord). 


HalsTerletsoBg  (mit 
Pfriemen). 


8 
Tg. 


17 
Tg. 


Znr  Ligatar  der  Arteria  Carotis  commaois 


267 


Besonderes  bei  der  Ligatar  und  im  Verlaufe. 


Todesorsache  and  Section. 


^^ondere  ErBcheinungen  werden  nicht  angef&hrt. 


»gleich  stand  d.  Blutg.;  aber  Fieber,  Froatschauer, 

actrangartise  Schwellung  im  Verlaufe  der  Ven.  jag. 

int  trat  auf,  dann  Oedem  d.  1.  Aagee  mit  fast  voll- 

ständiger  Blindheit 

1  der  verlängerten  Wände  war  d.  Operat  erschwert, 

Ohnmacht,  leise  Stimme. 

'.  Joli  nach  Tonchiren  n.  am  Tage  nach  Lösnog  d. 

Ligat.  eine  leichte  Blotg. 

ich  d.  Ligat.  nimmt  d.  Geschwalst  ab;  Abds.  Blntg. 

las  Mnnd  n.  Ohr,  am  6.  Oct  Blatg.  ans  Mund  u. 

Käse,  Fat.  wird  ohnmächtig;  es  erfolgen  keine  Bla- 
tDDgen  mehr. 

■Dts  d.  Ligat.  d.  Oarot  a.  Ven.  jngnl.  in  d.  erwei- 
terten Wunde  stand  d.  Blutß.  nicht,  aber  auf  Um- 
biodang  eines  Stflckes  Fascie  in  d.  Nähe  des  Ge- 
fässes;  am  3.  Tage  erschwertes  Athmen,  Erweite- 
rn n^  d.  r.  Papille,  starke  Somnolenz,  Abds.  rechte 
ROrpers^te  gelähmt,  Strabismus. 


ich  d.  Ligat  traten  nur  Kopfschmerzen  anf;  am  6. 
Tg.  erforderte  eine  neue  Blutg.  eine  tiefer  angelegte 
Li^&t.  Steifigkeit  i.  1.  Arm  u.  Schalter,  gefolgt  von 
LSL^&miing  d.  L  Armes,  Beines  und  Gesichtes. 

m  Blntg.  stand,  d.  Luftröhre  war  gleichfalls  verletzt 


^  Blntg.  stand ,  und  d.  vorher  bestandene  Ezoph- 

talmos  schwand. 
Ligat  in  d.  Wände  gelang  nicht,  deshalb  d.  mit- 
Ibare.    2B.  onrnhiger  SchUf,  will  d.  Verband  ent- 
len,  29.  steht  dreimal  in  d.  Nacht  auf;  81.  Pat 
.  i  plOtslicfa  kalt,  schwach,  erbricht,  d.  sehr  kleine 
ils  flJJt  aof  60  Schläge,  Taubheit  in  d.  afßcirten 
ite  d.  Kopfes  j  Geeichtes  und  Armes;  Singultus, 
/  ooch  am  9.  Febr.  besteht 
^h  nach  d.  Operat.  phjs.  u.  intellect  Abgeschla- 
^r^\e\U  die  in  einigen  Stunden  schwand;  26.  etwas 
^^ind.  SchJncken,  Stiramlosigk.;  Mittg.:  Tnsmus, 
S^nTerwiming.  Schjafiiacht;  Nachm.:  Besserung. 


Entsdg.  der  Vena  jag.  int  u.  d. 
Gehirnes,  Eiter  an  dessen  Basis. 


Die  Art  yert.  sin.  war  fast  ganz 
durchschnitten,  Hirnsubstanz  an- 
scheinend (!)  partiell  erweicht, 
doppelseit  Pleuritis  sero-paral. 


In  d.  recht  Hemisphäre  zwischen 
(?)  Pia  u.  Arachnoid.  zwei  Abs- 
cesse,  Ulceratioa  an  d.  ersten 
Ligaturstelle;  tmter  d.  zweiten 
Ligat.  ein  Thrombus. 

Tubercnlose. 


^  L  TemporaJ.  fühlbar. 


Dr.  C.  Pill, 


No. 


Operateur 

nnd 

Datum. 


Literatur. 


Ursache. 


II 


SS 


It  i 


42. 

43. 
44. 

45. 

46. 

47. 

48. 

49. 


Dnncan,   1836. 
29.  März. 


M.  Jaeger,  Er- 
lauben. 1Ö36.  2. 
Mai. 

J.   R.   Wood, 
1839   26.  Juni. 

Pitha,        Prag, 

1840.    . 
Adelmann, 

Dorpat.      1841. 

10.  Not. 

Bräe,  1841. 
F^nin,  1841. 


S^dillot,StraB8- 
bürg.  1842.  11. 
(?)  u.  23.  Apr. 


Bdinb.  Med.  and 
Surg.  Journ.  Vol. 
62.  p.  117.  1844. 

Brief!.  Mitth.  von 
Ried  an  Prof. 
Gurlt. 

Schmidt,  Jahrbb. 
Bd.  98.  S.  75. 

Schmidt,  Jahrbb. 
1839   S.  336. 

y.  Langenbeck, 
Archiv  f.  klin..  Chi 
rurg.  Bd.  8.  S.5. 

Bertherand,  cit 

Gaz.  mäd.  deTAl- 
g^rie.  1862.  p.  59 


Gas.  m^d.  1842. 


601 


28. 


W. 


alt 

M. 

301. 


M. 


I9i. 


50. 

51. 

52. 
Q.53. 

54 


55. 

U.56 


Spence,  Edin- 
burgh 1842.  29. 
Mai. 

G.  Bück,    1842. 

Pirogoff,  Pe- 
tersb.  1843.  16. 
Jan.  1844. 9.  Jan. 

Peace,  1844. 
8.  Nov. 

E II  is,  Michigan. 
1844. 


Lond.  and  Edinb 
MontlyJoarn.Yol 
2.  —  Norris, 
No.  27. 

Schmidt,  Jahrbb. 
Bd.  98.  S.  76. 

Nemmert,  Dis- 
Bert  Dorpat  1844 
u.  1845.  p.  26. 

A.  Pensvlv.  Hosp. 
Norrie.   No.  28 

Atter.  Med.  Journ. 
1846*  Jan. 


38  j. 
M. 


M. 

22j. 
M. 

21j.ll 
M.  r. 


Blutg.   aus  Rachen- 
geschwür. 


Blutg.  nach  Operat 


Schnittwunde  (Artt. 

thyr.  8op.  o.  ling) 

(Selbstmord). 
Blutg.  aus  d.  Mnnde. 

Blatg.  ao8  d.  Zunge. 


SchusBTerletrang. 

SchuBsverletsg« 
(Art  maz.  ext) 


Stichwunde. 


krs 
Zeit 
5 
Tg 


13 
Tg. 


Blutg.  (aas  Gesichta- 
geschwQr). 

HalsTerletsg. 

I  Blute.  (aoB  Anenr. 

I  anaat) 

Blutg.    (ans    üleer 

hinter  d.  Rieferwin- 
kel. 

I  SchuBsyerletag.  derl 
i  Zunge. 


I    7    11 

|Tg.ll^ 


Zar  Ligatur  der  Arteria  Carotis  commnniB. 


269 


Besonderes  bei  der  Ligatar  ond  im  Verlanfe. 


Todesursache  and  Section. 


■6  Bltttangen  traten  am  4.,  10«  n.  11.  Tage  auf. 


Fall  d.  Ligat.  war  d.  Wände  bis  anf  eine  feine 
effhung  geschlossen. 

Yeriaof,  Abreissen  des  Verbandes. 

Ligat.  wurde  an  d.  pnlslosen  Pat.  mit  Erfolg  ge- 
^bt,  am  19.  Tage  trat  bei  einem  heftg.  Hostan- 
e  Naehblntang  ein. 

i  d.  Machblatg.  am  10.  d.  Dmstechnng  nichts 
yerrichtete  A.  Nachts  12  Uhr  d.  Ligat.  mit  d. 
torstftbchen;  29  Tg.  nach  d.  Operat  Puls  in  d. 
aorie,  post. 

ch  Gompress.  gestillte  filntg.  kehrte  wieder;  bei 

Xrireiterang  d.  Wunde  wurde  d.  Yen.  jag.  eit 

^•Ut  n.  Iigirt;  am  6.  Tage  unToUstftnd.  Aphonie, 

nach  16  Tg.  Terschwanden  ist;  nach  20  Jahren 

[^»t,  ooeh  gesond. 

'«  L-seitige  Lfthmang  n.  r.-seit.  d.  Gesichts,  d. 
"}g.  f    wird  schwJUsber,  Strabismus  int,    halbes 
ft.     28.  FroBt.     80.  2  Fröste.    1.  Mai  Pat  er- 
(?)  d.  L  Hand  anm  Kopfe. 


Blatg.  —  Der  Faden  hatte  durch- 
geschnitten, nnr  das  peripher. 
Ende  war  geschlossen,  d.  cen- 
trale d   Gefässes  war  offen. 

Blatong. 


Erschöpfung  dorch  Blutung. 


Erstickung.  —  Langgestielter  Po- 
lyp im  Larjnx. 


Pyftmie.  —  Eine  iDJectionsmasse 
fliesst  r.  peripherisch  aus.  Die 
Carotis  ext.  9  Mm.  unter  d  Dr- 
sprang  d.  Art.  fac.  durchschnit- 
ten, ihre  Wunde  6  Mm.  lang, 
d.  Ligaturfaden  adb&rirt  noch. 
Erweichungsherde  in  d.  vord.  u. 
mittL  Lappen  d.  r.  Hemisph.,  Ei- 
tersenkung besteht  im  Mediast 
ant;  beide  Lungen,  bes.  d.  r., 
zeigten  viele  kleine  Abscesse, 
Pblebit  nirgends  zu  finden. 

Erschöpfung. 


I  Text) 


<Mer  Lisat.  stand  sogt  d.  Blntg.;  nach  d  2ten 

^^Pat  nor  etwas  blasa»  hatte  weder  Schmerzen 

k Schwindel;  sp»ter  missige  Dyspnoe  n.  Husten. 


Blutung. 


270 


Dr.  C.  Pill, 


No. 


Operateur 

und 

Datum. 


Literatur. 


Ursache. 


n 


ii 


Tkg^. 


57. 


58. 


59. 


60. 


61. 


64. 


Vincent,  1845 
16.  April 


Mc  Murdo,  St 
Thomas -Spital 
1845.  1.  Dec. 


Triboli,  1845. 


LeOrosGlark, 
London.  1846. 
14.  Oct. 

Claus,  Bonn, 
1846.  81.  Dec. 


Beyer,     Gleve. 
1846. 


8.    W.    Fearn, 
1847.    2.  Febr. 


Medico-Ghir.Trans- 
act.  Vol.  89. 


E.  Crisp,  Krank- 
heiten und  Ver 
letzungen  d.  Blut- 
gefüsse.  S.  305. 

n  raccoglit  med 
Jul.  1845.  -  Op 
penh.  Zeitschr 
Bd.  32.  S.  559. 

Lancet.  1847.  Vol 
1.  p.  153.  u.  Lond. 
Med.  Gaz.  1847 
Febr. 

Brunswicker, 
Dissertat    Bonn. 
1853.  Delect  cas. 
ligat.  princip.  ar- 
ter. 

Gasper,  Wochen- 
sehr.  1846.  S.  128 


Prov.  Med.  and 
Surg.Journ.  1847 
8.  Sept.  u.  Amer. 
Joorn.  1848.  Jan. 
p.  267. 


""i 


27j. 
M. 


27j, 


29  j. 
M. 


611. 


tt 


7- 


A.  Eveff,  Ghel- 
tenham  •  Hosp. 
1847.  2.  Aug. 


Lancet.  1849.  Vol. 
1.  p.  556. 


45  j. 
M. 


Verletzg.   d.    Zunge 
(Pfeife). 


Blatg.  ans  früherem 
Drfiaenabscess. 


Schnittwunde     (am 
Winkel). 


Schnittwunde.  (Axt 
thyr.  sup.  od.  ling.) 


Halsverletzg.    (Mes- 
ser, Selbstmord). 


Salsverletzg.  (Garot 
facial.) 


Stichwunde.  (Garot. 
int) 


iTg 


10 


Std. 


15 


11 


Std. 


13 


20 


Halsverletzg  (Selbst- 
mord.) 


krz. 
Zeit. 


27 


Zar  Ligatur  der  Arteria  Carotis  communis. 


271 


Befl<Kidere8  bei  der  Ligatur  und  im  Verlaufe. 


Todesursache  und  Section. 


Die  ArU.  temporaL  hAren  nach  d.  Ligat  auf  zu  pul- 
siren,  d.  Puls  kehrt  nicht  mehr  znrfick. 
iach  d.  Ligat.  cootuIb.  Zuckungen  d.  r.  Bxtr.,  L&h- 
muDg  d.  1.  Bztrem.    Am  3.  Tage  Blutg.  ans  Mnnd 
Q.  Nase. 


lütg.  erfolgte  am  5.  und  6.  Tage. 


iDe  Sicberheitaligat  angelegt,  verursacht  am  10  Tg. 
eine  Nacbblatang. 


der  Wände  war  Solly  d.  Dnterbdg.  nicht  mög- 
lich; Gehirn erscbeinnngen  traten  nicht  aaf,  nur  15. 
SchlingbeschwerdeD;  16.  Pub  in  d.  Zweigen  d.  Ca- 
rotis ext.  sio.  ist  erlosclfen. 
sh]k{^f  Tom  Zungenbein  getrennt,  der  Schlund- 
kopf bis  in  d.  hintere  Wand;  1.  Jan*  kein  Kopf- 
scbmers,  aber  in  d.  r.  Kopfseite  wird  nichts  mehr 
gef&hlt. 

e  Blutg.  war  dnrch  d.  Ohnmacht  sistirt  worden ;  blu- 
tige NaÄt,  denn  d.  Ligat.  wurde  verweigert;  neue 
Blutungen  am  4  ,  7.  u.  10.  Tage  erheischen  d.  Li- 
gat; besond.  Eracheing.  treten  nicht  im  Verlaufe  aaf. 
gleich  stand  d.  Blatg.  —  Schlingbeschwerden  und 
Baflfoea torische  Anfalle. 


Serum  unter  d.  Arachnoid.  Ge- 
hirn r.  abgeflacht  n.  erweicht, 
in  d.  Substanz  sind  unregel- 
mässige Höhlen,  mit  grauer 
Fiassigkeit  u.  grüuL  Flocken  ge- 
füllt. Die  Spitze  d.  Pfeife  steckte 
an  d.  Bifarcationsstelle. 

Erschöpfang.  —  An&tzung  an  d. 
Biforcationsstelle;  d.  Oeffnung 
d.  Garot.  int  mfindet  in  e.  Sack 
von  IV  Durchmesser,  in  d.  sich 
d.  Yen.  jug.  ergiesst.  Tuber- 
culose  in  d.  r.  Lunge. 


Glossitis.  — ^  Der  Thrombus  in  d. 
Carot  war  1^"  lang. 


Ihrend  d.  Ligat.  blieb  Fat.  abwesend  (ohne  Ghlo- 
rof.),  kam  erst  nach  8 — SStd.  zu  sich;  Schlingbe- 
schwerden dauern  einige  Tage  an. 


Die  Langen  beide  im  unteren  Ab- 
schnitte congestiv,  d.  Bronchen 
mit  eiterig-schleimiger  Masse  er- 
ffillt,  d.  Bronchialschleimhaut 
injicirt,  Garot.  mit  dichtem, 
braunrothem  Thromb.  erfüllt, 
über  d.  Ligatur  e.  kl.  Thromb.; 
e.  kL  Abscess  in  d.  Arterien - 
wand;  d.  Stich  hatte  d.  Int  an 
d.  Bifurcationsstelle  getroffen, 
ebenso  d.  Nerv,  vagus,  der  am 

geripher.    Ende    entartet   war; 
chädel  und  Bauchhöhle  nicht 
eröffnet. 

Fat.  starb  14  Mon.  spftter  an  ei- 
ner inner.  Krankheit,  ohne  dass 
d.  Sect.  gemacht  werden  konnte. 


272 


Dr.  C.  Pill, 


No. 


Operatear 

und 

Datum. 


Literatur. 


Ureache. 


II 


II 


ADS- 


T^ge- 


65. 


Baizeau,  1847. 
27.  Mai. 


66. 


67. 


68. 


70. 

71. 

72. 
73. 


Schuh,     Wien 
1848.  14.  Nov. 


Luke,  Lond 
Hospit  1848.  6. 
Sept. 


Ossieur  de 
Rouler8,1848, 


Hargrave, 
1849.  23.  Jan. 


H.  Schwartz, 
cit.  1849.4.Mai. 


Bardeleben, 
Greifs  wald. 

1849.  15.  Sept 

G.  H.  Johnson, 
St   Georges. 

1850.  12.  Mai. 
Niccoli,    1850. 

2.  Juli. 


L'Union  m^d.  1861. 
p.  350. 


Schuh,  Abband]. 

aus  d.  Gebiete  d. 

Ghirurg.  etc.  1867. 

S.  288. 
Lancet.  1860.  Vol. 

2.  p.  109. 


Annal.  de  la  soc. 
d'^mulat.  1848.  p. 
306.  —  Chas- 
saignac,  Traitö 
des  opör.  Vol.  1. 
p.  826. 

Dublin.  quart. 

Journ.Vol.8.p.90. 


H.  Schwartz, 
Beiträge  zur  Lehre 
Tond.  Schusswun- 
den. S.  84. 

Idzikowsky, 
Dissertat.  de  Art. 
carotligat.  Greifs- 
wald. 1852. 

Lancet.  1850.  Vol. 
.  p.  118. 

Gaz.med.ItalTosc. 
1850.-Gaz.möd. 
1851.  p.  570. 


23j. 
M. 


18j. 
M. 


40j. 
M. 


M. 


61j. 
M. 


M. 


7j. 
M. 


Blutg.  (ausangeätz 
ter  Carotis). 


17 


^n 


Blutg.    (Max.    ext) 
(SchusBverletznng.) 

Schnittwunde 
(Selbstmord). 


Stichwunde. 


Blatg.  aus  e.  Punc- 
tionsstelle. 


SchusBwunde. 


Blutg.  (nach  cariöa, 
Process  am  Schei- 
telbein). 

Blutg.  aus  d.Schlnnd' 
köpf  (träum.). 

Schnittwunde 
(Selbstmord). 


1 

Mo- 
nat 

krs. 
Zeit 


t 
8.T 


t 
49.  T 


t 
3.1 


18 


in  4.  Heii 

Wo-J 
che.; 

22  'fleii 


9 
16 


Beil 


Zur  Ligatur  der  Arteria  G  arotis  communis. 


273 


Besonderes  bei  der  Ligatur  und  im  Verlaufe. 


Todesursache  und  Section. 


eil  d.  Ligat.  stand  sofort  d.  Blntg.,  Fat.  klagt  aber 
ober  Schmerzen  im  r.  Hjpochondr.,  Bruatbeklem- 
[üQng,  Sausen  n.  Klingen  im  Ohr  und  Schlingbe- 
ichwerden.  28.  Hinfälligkeit,  Somnolenz,  Respir. 
bt  leichter;  bald  siebende  neue  Blutg.;  29.  Blutg. 
Pat.  ist  zu  schwach  f&r  d.  Ligatur  d.  an  deren 
Seite;  neue  Blutg. 


Text). 


i  Ligat  war  in  d.  Wunde  nicht  möglich;  10  meh- 
ere  Blutungen  traten  auf.  Delirien,  Gesichtsrose; 
leitdem  Delirien,  Coma  neben  maniak.  Anfällen. 


d.  Blutg.  auf  Compress.  d.  Carot  stand,  machte 
aan  ohne  Erfolg  d.  Ligatur. 


Haut-  u.  Muakelschnitt  ging  transversal  —  we- 
en  erysipelat.  Entzdg.  der  Vorderseite  d.  Halses  — ; 
[»gleich  stand  d.  Blutg.  Der  Puls  in  d.  Art  temp. 
rloseh;  am  14.  Tg.  Blutg.  aus  d.  Wunde;  neue 
bscesse  bildeten  sich  im  Gesichte,  am  Halse,  doch 
ird  Fat.  auf  Wunsch  mit  noch  tiefer  Wunde  ent- 
laden, stirbt  aber  später. 

De  Gehimerscheinung  trat  auf,   nur  ein  heftiger, 
-seitiger  Kopfschmerz. 


ähllosigkeit  d.  L  Kopf-  u.  Gesichtsseite  verschwin- 
Bt  nach  einigen  Stunden;  Schmerzen  im  Verlaufe 
.  N.  qnintns,  Schwellung  d.  Gesichtes,  Schlingbe- 
äschwerden.     (Chlorof.) 

^rof. ;  nach  d.  erschwerten  Ligat  Neigung  zum  Schlaf, 
:hlingbeschwerd.  D.  Puls  ist  in  Art  temp.  nur  schwach 
i  fahlen,  nach  4  Tg.  zeigte  d.  Art.occip.  Puls, 
bdem  sich  ein  Anenr.  träum,  gebildet,  tritt  Blutg. 
□f.  Ligatur  nach  Scarpa,  neue  Blutg.  nach  2 
agen;  directe  Stillung. 

r.  Laag«ab«ek,  Arebiv  f.  CUrurgie.  IX 


Blutg.  —  Tuberk.  d.  Lungen  u. 
d.  Periton.  Das  Gehirn  ist  blass, 
d.  mittl.  1.  Lappen  zeigte  eine 
kl.,  bräunlich  gefärbte,  5  Ctm. 
in  d.  Tiefe  gehende  Stelle,  aus 
der  ein  Tröpfchen  Eiter  ausge- 
drückt werden  kann.  Die  knö- 
cherne Scheidewand  zwischen 
mittl.  Ohr  u.  Carot  zeigt  2  Se- 
quester, die  an  2  Stellen  d.  Ge- 
fäss  2—3  Mm.  weit  angeätzt 
haben;  d.  Trommelfell  ist  durch- 
bohrt 


Die  Wunde  grösstentheils  geheilt, 
einige  Tropfen  Eiter  an  d.  Li- 
gaturstelle,  Carot  von  d.  Ligat 
an  obliterirt,  ebenso  ihre  Zweige. 
Arachnoidea  leicht  getrQbt,  Ge- 
hirn beiderseits  normal. 

Blutg.  Die  Art  vertebr.  lieferte 
die  Blutg. 


Bronchialcatarrh.  —  Section  nicht 
gemacht. 


18 


274 


Dr.  C.  Pill, 


*i 

i 

o  ^ 

^  ü  ' 

No. 

Operateur 

und 

Datum. 

Literatur. 

• 

1          Draacbe. 

»o 

S^ 

5j   ?» 

O 

M 

^  Tag«. 

74. 

H.  Schwartz, 
cit.  1850. 

H.  Schwartz,        M. 

SchuBSwunden.  S. 

85.                         1 
Schmidt,  Jahrb.!  — 

r. 

SchnssverleizuDg. 

— 

-  ,Hei] 

1 

75. 

G.  Bück,  1852. 

r. 

Halswunde.    (Garot. 

„^ 

1 

-  i  t 

Bd.  98.  S.  76.      1 

ext.) 

11. 

76. 

Forster,    Frei- 

Briefl.    Mitth.    an,  M. 

1. 

Stichwunde. 

krz. 

-  jHeü 

Bing.  1852. 

Prof.Gurltdurch 
Prof.  Textor. 

Zeit 

77. 

Ros  er,  Marburg. 

Briefl.    Mitth.    anjöO— 

1. 

Nachblutg.  nach  Re- 

- 

-  ,    - 

1852. 

Prof.  Gurlt. 

'S- 
i: 

section. 

6, 

78. 

C.  0.  Weber, 

Weber,  Chir.  Er- 

r. 

Nachblutg.  nach  Ex- 

^ 

14      + 

Bonn.  1853.  11. 

fahr,  u.  UnterBu- 

Btirp. am  13.  Tage. 

162.' 

Nov. 

chungen.  S.  398. 

1 

79. 

Isaac  Green, 

Schmidt,   Jahrb. 

M. 

1. 

Schnittwunde    (Art. 

— 

—       + 

1853. 

Bd.  98.  S.  77. 

thyr.  Bup.)    Selbst- 
mord. 

1 

Mo 

80. 

Bertberand, 

Bertherand, 

"/ 

1. 

SchuBSwunde     (Art 

.— 

-    H« 

1854.    25.  Juni. 

Campagne  de  Ka- 

fac.). 

bjlie.  p.  121. 

81. 

Critchett,   cit. 

Lancet.  1854.  Vol. 

28j. 

r. 

Blutg.  aus  AbscesB. 

„^ 

-      t 

(Luke?).  1854. 

1.    p.  664. 

M. 

3. 

82. 

Birkett,  Gny's. 
Hosp.  1854 

Lancet.  1854.  Vol. 
1.  p.  664. 

'ö 

Blutung. 

— 

—       - 

83. 

T.M.HaUtead, 
1855.  2   Apr. 

Schmidt,   Jahrb. 
Bd.  98.  S.  77. 

"/ 

r. 

Blutg.  (Carcin.  Antr.) 

— 

31  lEifi 
1 

84. 

Boeck,       citat. 

Briefl.    Mitth.    an 

6g. 

r. 

Blutung. 

__ 

-  1    ^ 

1855.  Dec. 

Prof.  Gurlt 

0 

85. 

Critchett, Lon- 

Med.TimesandGaz. 

25j. 

— 

Blutg.    aus     Anenr. 

.. 

-  '  'f 

don-Uosp.  1855. 

1855.  p.  437. 

M. 

orbit 

•Sc 

86. 

Parker,  1855. 

Schmidt,   Jahrb. 
Bd.  98.  S.  76. 

i. 

Blntg.   ans    tieferen 
Zweigen   d.    Garot 
ext.  durch  Aetzen. 

~ 

""',    '' 

87- 

Bauden8,citirt. 

B.,   La  guerre  de 

H. 

— 

) 

..^ 

—      1 

89. 

Ib55.  Im  Hosp. 

Crimee.  p.  326. 

H. 

— 

)  Blutungen. 

... 

-  1    1 

Gulhan6  ausge- 

M. 

-Iv 



-  1    ^ 

führt. 

1 

90. 

Gh.  E.  Isaac, 

Schmidt,  Jahrb. 

M. 

—  SchuR8wunde(Garot. 

eing. 

—  ,BH 

1855. 

Bd.  98.  S.  77.      1 

ext.)  Selbstmord. 

Weh. 

91. 

Hutchinson, 

Med  Times  andGaz.i60j.  .1.  Blutg.  (Carcin  ) 

_        i 

1856.  Jan. 

1856.  Vol.  1  M&rz.l  M. 

l'' 

p.  209. 

1 

Zar  Ligatur    der  Artria  Carotis  commoois. 


275 


Besonderes  bei  der  Ligatur  ubd  im  Ve.rlaufe. 


Todesursache  uad  Sectiou. 


Massige  rechtsseitige  Kopfscbmerzen  sind  die  einzi- 
gen angegebenen  Folgen. 

Am  2.   Tage  warde  noch  d.  Ligat  d.  Garot  int.  ge- 

miK^ht. 
Die  aafgetretene  rechtsseitige  Lähmung  wich  erst  nach 

9  Monaten. 

Näcb  d.  3.  Blntg.  wurde  operirt,  bald  folgte  rechts- 
seitige Lähmung. 

Nach  d.  Ligat.  trat  Taubheit  d.  r.  KOrperhälfte  ein; 
auf  Wunsch  wurde  Pat.  mit  seiner  Wunde  entlassen ; 
2  Blatgn.  erfolgten  zu  Hause,  dann  der  Tod. 

Ohne  Chlorof.;  am  folgenden  Tage  Lähmung  der 
r.  Seite,  unzusammenhängende  Worte,  Geistes- 
schwäche. 

£s  erfolgte  Verminderung  d.  Sehkraft  auf  d.  1.  Auge, 
ßcbliDgbeschwerd.  u.  Stimmlosigkeit;  (Taubheit  we- 
^en  Caries),  in  d.  1.  Hälfte  d.  Pharjnx  verminderte 
Sensibilität    (Ehr  m.) 

Mit  Lfigat.  eriosch  d.  Blutung. 


Die  Bintg.  stand  in  Verbindung  mit  e.  Rachenpolypen ; 
das   anmittelbare  Resultat  war  befriedigend;  wei- 
tere Angaben  fehlen. 
Vorübergehende  Schwächung  d.  r.  Auges;  nach  1  Mon. 
1  Geschwulst  auf  i  reducirt;  nach  7  Monaten  neues 
.  Wachstbnni,  weitere  Abhülfe  wird  verweigert 
^^ne  Chlorof.,  Erscheinungen  sind  nicht  angefahrt 


Prämie  u.  Pericarditis. 
tion  fehlt. 


—  Sec- 


Die  Lunge  enthielt Garcinom- Kno- 
ten, d.  blutende  Stelle  nicht  zu 
ermitteln. 


Cholera.  —  Sectiou  fehlt. 


Erschöpfung.  —  Die  Ligat  lag 
gut;  unter  ihr  kein  Thromb., 
Über  ihr  einer  bis  zur  Theilungs- 
stelle  reichend,  dessen  oberer 
Theil  fester  war. 


Pat  stirbt   1856.  Febr.   an  Ka- 
chexie. 


/ 


^^ine  Gehirnerscheinangen.    Blutgn.  kehren  wieder. 


k 


K> 


leüuDgohne  weitere  Erscheinungen. 

gittert  d.  r.  Arra,  d.  Geist  normal; 
■"I  f^u'i»«i««>n  Tage  verhält  sieh  auch  d.  Arm  nor- 
ml  10  T«e  wird  Pat  schUflos,  r.  Bein  erscheint 
gelttint,  sp&ter  »ach  d.  Arm. 


^acb  d.  Operat. 


Erschöpfung. 
Blutungen. 


Section  verweigert. 


^ 


18« 


276 


Dr.  C.  Pilz, 


No. 


Operateur 

nnd 

Datum. 


Literatur. 


I        e 


Ursache. 


P 


Aus- 


>  ^<^  l  gang- 

Tage.       I 


92.  Schuh,     Wien 
1856.  5   Dec. 


93. 


Curtis,       1857, 
19.  April. 


94.  ,Field,Brighton. 

1858.  17.  Juni. 

95.  ]Khrmaun,l858. 


96. 


97. 


98. 


Ocöterr.  Zeitschr. 
für  pract  Heil- 
kunde. 1864.  S. 
167. 

Amer.  Journ.  1861. 
Apr.  p.  601. 

Med.Times  andGaz. 

1858.    Vol.  2.    p. 

217. 

Bhrmanir,  p.  39. 
No.  21. 


llolmesCooteJLond.  Med.  Times 
Barthol.  Ilosp.'  andGaz.  1858. Vol. 
1858.  I  1.  p.  89  u.  177. 


üre,  St.  Mary's-|Lancet-  1859.   Vol. 
IIüsp.  1859.  21.1  1.  p.  559. 
Mai.  I 

V.  Bruns,     Tü-'V  irchow's      Ar- 
bingen.     1859. 1  Chi v^  1860.  S.  547 


11.  Juli. 


99.  Ghassaignac, 
Paris.  1859.  2, 
August. 


99a.  Stanley,   1859. 
24.  Oct. 


(N.  F.  Bd.  8.). 


Gaz.    des     Höpit. 

1859.    p.  424.    a. 

Ghassaignac, 

Traite  des  operat. 

p.  326. 
Med.    Times    and 

Gaz.  18G0.  Vol.  1. 

p.  424  u.  630. 


21i. 
W. 


M. 
M 


20j. 
M. 


64 


34j. 
M. 


W. 


1i: ' 


26  j. 
M. 


24j. 
M. 


Blutg.  (Max.  int.) 


Schussyerletzg.     (in 
d.  Mund.) 

Nachb]ntg.  cnachEx- 
stirp  d.  Oberkiefers.) 

Blutg.  (Carot.  ext) 


Blutung  (Geschwulst 
des  Oberkiefers). 


Blutung  (Pfeife). 


r.  Nachblutung  (nach 
Exstirpation  der 
Schilddrüse). 


7 
Std. 


35 


End« 
d.  2. 
Weh. 
10 


f3 

Mon. 


Beils 


t 
4,  Tg 


t 
3.Tä. 


Heiig. 


t 
9.  Tg 


Blutung  (nach  Func- 
tion eines  Retro- 
pharyng,  -  Absces- 
ses. 

Blutung  (nach  Punc- 
tion  der  Mandel). 


Inrz. 
Zeit. 


—      14 


Heüg 


t 
61.  Tg. 


Zar  Ligatur  der  Arteria  Carotis  communis. 


277 


Besonderes  bei  der  Ligatar  und  im  Verlaufe. 


Todesursache  und  Section. 


Bei  d.  Trepanation  an  d.  Unterkiefer  zur  Durchscbneid.  Tuberculose   in   beiden  Lungen- 
d    Nerven  wegen  heftiger  Neuralgie  entstände,  so    seiten,  Necrose  des  Darmbeins 


heftige  Blatg.,  dass  Seh.  zur  Ligat.  schreiten  rousste, 
Kopfschmerzen;  Blntg.  nur  gemindert. 
Die  Ligatar  gab  keine  besonderen  Erscheinungen. 


Ohne  Chlorof.  19.  n.  20.  Hasten  und  Debelkeit  ver- 
schwinden  bald. 

Einige  Standen  nach  d.  Operat.  erfolgte  Hemipl.  r.; 
Hyperästhesie  d.  1.  Gesichtsseite,  Strabismus  nach 
oben  n.  links ;  4.  Tg.  Schlingbeschwerd.,  erschwer- 
tes Athmen;  seit  d.  Operat.  sprach  Fat.  kein  Wort. 


."0  St  nach  d.  Operation  erfolgte  l.-seitige  Lähmung; 
mit  d.  Ligat.  hatte  d.  Puls  in  d.  Gesichtsseite  auf- 
gehört, Schlingbeschwerden. 

Ohne  Chloroform;  der  Schlaf  war  gut,  22  und  23. 
kleine  Blntnngen;  keine  Gehirnerscheinnng,  nicht 
einmal  Kopfschmerz  trat  auf. 

Mehrere  neue  Blutungen  traten  auf.  16.  Abends  con- 
▼uls.  Bewegungen  der  Arme,  Zittern  der  Hände, 
einige  allgemeine  Convulsionen,  leichte  Delirien. 
Fieber  wird  stärker;  17.  hohes  Fieber.  Collapsusi 
18.  Dyspnoe,  Delir.  19.  Coma,  unwillkürliche  Ent- 
leerung. 20.  rechte  Gesichtshälfte  unbeweglich, 
wie  gelähmt;  convulsivisrhe  Bewegungen  des  rech- 
ten Armes,   wie  am  19. 


u.  an  d  Wirbelsäule, 
im  Text. 


Weiteres 


24  (36)  Std.   dauernde  Aphonie,  heftige  Kopfschmer- 
zen. —  Pat.  1861  ganz  wohl.  — 


3.  Dec.  schlechtes  Aussehen  der  fast  geheilten  Wunde. 
20.  Blatg.      21.  Erbrechen;  24.  Hemipleg.  Pupillen 


dilatirt. 


Die  Ilirnvenen  sind  links  gefüll- 
ter; d.  weisse  Substanz  ist  auf 
d.  Durchschnitt  leicht  punctirt. 
Oarot.  ext.  fast  am  Abgange 
verletzt,  ebenso  d.  Yen.  jug.  int., 
in  der  zwei  adhärente  Throm- 
beiT  sich  finden. 

Die  r.  Uemisphäre  etwas  wei- 
cher (!),  unter  der  Ligatur  ein 
kleiner,  lose  dem  Gefässe  anhaf- 
tender Thrombus,  über  derselben 

I  ein  gleicher,  noch  kleinerer. 


Nahe  d.  Falx  an  d.  r.  Gross- 
hirn -  Hemisphäre  ein  Abscess, 
von  einem  Entzündungsherde 
umgeben,  weiter  nach  vorne  ein 
zweiter,  haselnussgrosser  Abs- 
cess, weiter  nach  hinten  und 
aussen  ein  dritter,  kirschkern- 
grosser.  Der  r.  Seitenventrikel 
enthält  ein  trübes,  serös-eiteri- 
ges Fluidum  In  beiden  Lun- 
genspitzen alte,  tuberc.  Abla- 
gerungen, in  d.  r.  Lunge  zwei 
hanfkorngrosse  Abscesse  an  d. 
Peripherie ;  2  Thromben  in  d. 
Oarot,  Trunc.  anon.  fehlte. 


Im  1.  vorderen  Hirnlappen  ein 
Abscess,  im  hinteren  Theile  3 
bis  4,  1.  Heraisphäro  hinten  er- 
weicht. 


278 


Dr.  C.  Pill, 


No. 

Operateur 

und 

Datum. 

Literatur. 

|3 

1 

Ursache. 

p 

53 

Aus- 
gang. 

o 

s 

Tage.       l 

100. 

Demme,    citirt 
1859. 

Demme,        Milit. 
chir.  Studien.  Bd. 
1.    S.  121.  No.  9. 

M. 

r. 

Schussverletzung  d. 
Schläfe(Art.temp.). 

35 

— 

Heiig. 

101. 

LeGroB  Clark, 
1860.    23.  Jan. 

Med.  Times  and  Gaz. 
lö60.Vol.l.p.l90. 

-"i 

— 

Halsverlet^ung. 

Std. 

16 

Heiig. 

102. 

Deware,  1860. 

Med.  Times  and  Gaz. 

■"J: 

r. 

Blutung  (nach  Punc-    —  | 

14 

Heiig. 

• 

2.  Juui. 

1860.  VoL  1.  p.  90. 

tion  einer  Tonsille). 

103. 

Pope,  St.  Louis. 
1860.   16.  Sept 

Americ.Journ.1864. 
April,  p.  556. 

M. 

1. 

Blutg.   (Pfeilschuss). 

— 

spät 

Heiig. 

104. 

HutchinsoD, 
Metropolitan 
Free  Hosp.  1860. 

Americ.  Medic.  Ti- 
mes. 1861.    April. 

35  j. 
M 

— 

Stichwunde      (Max 
int.) 

13 

22 

Heiig. 

p.  20. 

24.  Sept. 

105. 

Nussbanm, 
Manchen.  1860. 
2.  Nov. 

Bayr.  ärztl.  Intelli- 
genz-Blatt.   1863. 
No.  33.   S.  461. 

8j 
W. 

1. 

Blutung  (Max.  int.). 

t 
2.  Tg. 

106. 

RedfernDavis, 
Birmingh.  1860. 

ßdinb   Med.  Jonrn. 
I8ii2.  Jan.  p.  685. 

M. 

1. 

Schnittwunde       am 
Halse  (Selbstmord). 

— 

21 

Heiig. 

107. 

V.  Langen- 
beck's  Klinik. 
1860.  Sommer. 

Krankenjournal. 
1860.  No.  221. 

e»j. 

r. 

Blutung  (Carot.  int.). 

i 
bald. 

108. 

Mannder,Lond. 
Hosp.         1861. 
30.  März. 

Clinic.  Lectures  and 
Reports   of  Lond. 

'9: 

r. 

Nachblutung    (nach 
Exstirpation       des 

— 

HeDg. 

Hospit. 

!  Unterkiefers). 

109. 

Weinlechner, 

Oesterreicb.     Zeit- 

40j. 

r.  Nachblutung    (Max. 

eini- 

... 

t 

Wien.  1861.  19. 

schrift   für  pract. 

W. 

ext.). 

ge 

6,  Tg. 

Mai. 

Heilkunde.     1864. 
S.  186  und  187. 

Zeit. 

V.    Q 

110. 

Boeckel, 

Gaz.  med.  de  Stras- 

'7. 

r.  Nachblutung  (Carot 

— 

..- 

t 

Stra8Sburg.l861. 

bourg.  1862.  No.  6. 

int).                         j 

3.T?. 

14.  Novbr. 

p.  100. 

• 

Zar  Ligatur  der  Arteria  Carotis 

communis.                            279 

Besonderes  bei  der  Ligatur  uud  im  Verlaufe. 

Todesursache  und  Section. 

H.  IlDSten  ist  die  einzige  Folge;  nach  1  Jahre  noch 
gesaad. 

lit  der  Ligat.  erlosch  jede  Pulsation  in  der  Mandel, 
es  erfolgte  Iceine  Blutung  mehr;  der  Tumor  war 
Dach  6  Monaten  ganz  verschwunden. 

Die  Geisteskräfte  durch  die  starken  Blutungen  und 
vielleicht  auch  durch  die  Ligat.  etwas  geschwächt, 
sind  bald  wieder  stark;  weitere  Erscheinungen  wer- 
den Dicht  aufgefQhrt. 

M  Standen  nach  der  Operation  tritt  ein  epileptifor- 
mer  Anfall  aaf. 


Dhne  Gblorof.;  mit  der  Ligat  erlosch  der  Puls  in  d. 

Temporal     3.   Wehen,    Abortus  erfolgt.      4.   Blu- 

taag  aus  der  früheren  Stelle.    Gehirnerscheinungen 

treten  nicht  ein. 
Operation  nach  Zang.     Weitere  Angaben  Ober  den 

Verlauf  fehlen. 
TroU  der  Ligatur  stirbt  Pat.  bald. 


Weitere  Angaben  über  den  Verlauf  finden  sich  nicht, 
als  dass  nach  einigen  Wochen  r.-seitige  Kopfschmer- 
zen, Herzpalpitat.  sich  geltend  machen. 

Abends  Nachblutung  ans  einem  Muskelaste;  später  Er- 
brechen, Kopfschmerz,  Schläfrigkeit;  Fieber.  (Ohne 
Chloroform.) 

Die  Carot  ext.  war  wegen  Blutung  schon  unterbun- 
den. Die  Ligat.  über  und  unter  der  Gefässwunde. 
15.  heftiger  Kopfschmerz  16.  Lähmung  des  1.  Ar- 
mes und  der  r.  Gesichtsseite*-  Goma.  17.  7  con- 
Tolsivische  Anfälle. 


Schwäche.     —     Die  Section  ist 
nicht  gestattet 


Erschöpfung.  —  Die  Wand  der 
Carot.  int.  war  stecknadelkopf- 
gross durch  ein  Epithelial-Car- 
cinom  angeätzt.  Präparat  in  der 
Institut-Sammlung. 


Section  nicht  gestattet 


Gehirnhautentzündung.  Die  Dura 
auf  d.  r.  Seite  gelblich;  eineln- 
cision  liefert  flockigeiterige 
Flüssigkeit;  die  ganze  vordere 
Seite  mit  Eiterstellen  versehen, 
die  Subst.  grisea  in  weiter  Aus- 
dehnung r.  erweicht;  1.  Hemisph. 
u.  kl.  Gehirn  nebst  Circ.  art. 
WilL  normal,  beide  Artt  vert 
u.  communic.  poster.  sind  gleich 
weit;  allgem.  Atherose  der  Hirn- 
gefösse.  Die  Carot  ext  auf  dem 
Wege  der  Obliteration,  unter  d. 
Ligat.  der  Carot.  comm.  ein  3 
Ctm.  langer  Thrombus;  in  Carot 
int.  kein  Thrombus. 


280 

Dr.  ( 

D.  Pill 

No. 

Operateur 

und 

Datum. 

Literatur. 

-2 

'S 

5 

» 

Ursache. 

111. 

Solly,   London. 
1862.    23.  Mai. 

British  Med.  Journ.34ö.? 

1. 

Wunde  des  Gesichtes 

-1  t 

1862.  No.  8.  p.  489. 

M. 

und  der  Schläfe. 

1 

112. 

Prichard,    Bri- 

Ibid. 1863. 18.  Apr. 

'V: 

1. 

Stichwunde         (Art. 

7 

1 

1 

-  ■    t 

stol.     1862.    6. 

vert.). 

,20.1 

Septbr. 

113. 
und 

Longmore,  cit 
1863.     12.  Mai. 

Lancet.  1864.    Jan. 
p.  90. 

H. 

r. 

1. 

Schussverletzang. 

— 

i3SSt 

114. 

18.  Mai. 

1 
1 

116. 

W.  Keen,  1863. 

Americ.     Jonrn. 

— 

1. 

Schussverletznng 

9 

4i      t 

16.  Jal. 

1864    Jul.    p.  27. 

M. 

(Max.  int.). 

41.1 

1 
1 

t 

116. 

Weinlechner, 

Oesterr.  Ztschr.  fQr 

m. 

r. 

Blutung     raus     An. 

15 

8-9'eeilü 

Wien.  1863.  15. 

pract    Heillcnnde. 

w. 

spur.). 

1 

Decbr. 

1864.  S.  187  u.  227. 

117. 

Partridg*e, 

Lancet.    1864.    10. 

21  j. 

r. 

Schnittwunde 

6 

11             t 

King's     College 

Dec.    p.  659. 

M. 

(Zweige    d.    Carot. 

29.  T 

Hosp.    1864.   8. 

ext.;. 

Apr. 

118. 

Fischer,  Flens- 
burg. 1864.    18. 
Apr. 

Fischer,  Flens- 

Och wadt's  Kriegs, 
chir.  Erfahr.  S.  333. 

m! 

— 

SchuspverletzuDg. 

— 

— 

t 
2.T1 

119. 

Ibid.  S.  334. 

.. 

r. 

Schussverletzung. 

_ 

11 

Hei> 

burg.  1864.  18. 

u. 

Apr. 

120. 

Fischer, Berlin. 

PersönlicheMitthei- 

24- 

1. 

Nachblutg.  (Exstirp. 

3 

9 

f 

1864.    12.  Juni 

lung. 

1/. 

der      Schilddrüse). 
(Thyr.  8up.) 

mit  m\p 
ßlutJTas« 

121. 

Beeby,     Guys- 

Med.     Times     and 

'i'; 

r. 

Blutg.  (Anätzung). 



-  1    ^ 

Hosp.         1864. 

Gaz.     1864.     19. 

.12.  Tj 

9.  Jul. 

Novbr.  p.  541. 

Zar  Ligatur  der  Artcria  Carotis  communis. 


281 


Besooderes   bei   der  Ligator  and  im  Verlaufe. 


Todesursache  und  Section. 


Mit  der  Ligatar  stand  die  Blutung,  es  folgten  aber 
Stimmlosigkeit,  Schlingbeschwerden,  Fieber.  Nach 
8  Tg.  Schmerzen  in  d.  Schläfen,  11.  Tag:  die  Wunde 
klafft  mehr,  neue  Blutung  (Gompr.),  Fat.  kommt 
nicht  mehr  znm  Bewusstsein,  Lfihmnng  der  r.  Seite, 
d.  1.  Ann  und  Bein  sind  in  steter  Bewegung. 

%ne  Ghlorof.  Die  L  Papille  wurde  contrahirt;  Schling- 
beschwerden, bald  nach  der  Operation  war  der  Puls 
in  der  l.  Temporal,  ffihlbar.  12.  blutiger  Eiter. 
14.  Blntnng.     20.  Dnd  21.  geringe  Blutung. 


Ohne  Ghlorof.;  keine  Erscheinungen. 


^fit  Ligat.  heftiger  Krampf  in  allen  Muskeln,  Ohn- 
macht, Blatg.  stand;  nach  5  Secunden  Alles  nor- 
mal; während  um  9  Uhr  noch  kein  Puls  in  der 
Temporal,  war,  wurde  er  um  11^  Uhr  bemerkt. 
19.  Blntnng  aas  der  Wunde,  ebenso  1.  Aug.  19.  Fie- 
ber. 20.  motorisehe  Lähmung  r.,  22.  Kr&mpfe  in 
der  r.  Seite.  23.  GoutuIs.  der  1.  Seite  mit  Blutg. 
ans  der  Wunde.  Resp.  schwer,  8  in  d.  Min.  Pu- 
pille L  contrabirt,  schwach  reagirend,  Sensor,  frei. 
24.    clonische  Krämpfe  nur  r.,   nicht  ganz  unbesinn- 

^  lieh.     26.  Krämpfe,  die  Sensibil.  ist  r.  erhalten. 

lehiraerscheinungen  traten  nicht  ein.    (Ghlorof.) 


4it  der  Li^t.  stand  d.  Blutung.  9.  Pat.  schläfrig, 
r.  Aage  leicht  afficirt,  r.  Radial:  voller;  10.  Schling- 
beschwerden, leichter  Puls  in  d.  r.  Temporal,  Mund 
et^ras  nach  1.  gezogen,  Gesichtsvermögen  r.  ge- 
schwächt bis  14.  18.  beide  Rad.  gleich,  Blutg.  beim 
Hosten  aas  der  früheren  Stelle.  25.  Schwellung 
des  Gesichtes  r.  26.  Fröste.  30.  Athembeschwerd. 
^egen  heft  Blatg.  musste  die  Max.  int.  noch  beson- 
^  ders  nDterbnoden  werden;  fnribunde  Delirien  mit 

eonmoleotein  Znstande  abwechselnd. 
W  Text.) 


Uefa  ZaDg's  Methode.   Gleich  nach  der  Ligat.  einige 
'  leichte  Convnlsionen  und  Einfallen  des  Abdomens. 
V  2.  Tag  neue  Blutung. 

^ie  Respiration  wurde  sehr  mfihsam,  10.  1.  Lähmung 
(Arm  ond  Bein),  Mund  nach  r.  gewandt,  Schling- 
beshwerden. 


Die  Carotis  ist  gut  verschlossen, 
die  Blutg.  entstand  aus  einer 
atherom.  Stelle  -i"  tiefer  dem 
Herzen  zu. 


Die  Carotis  fand  sich  nicht  durch 
Thromben  geschlossen,  ihre  In- 
tima  rauh,  geröthet;  die  Art. 
vert.  war  gerade  beim  Eintritte 
ins  Foramen  magnum  getrennt, 
und  ist  ohne  Thrombus. 

Beide  Carotid.  sind  geschlossen, 
die  Blutg.  entstammte  der  Art. 
lingual. 

Gehirnentzdg.  —  Auf  der  1.  He- 
misph.  dicker  Eiter,  im  vorderen 
r.  Lappen  1  Abscess,  im  übri- 
gen fast  die  Hälfte  der  L  He- 
misph.  in  Abscess  umgewandelt, 
doch  der  Thal.  opt.  und  Corp. 
striat  gesund.  DieCaroi  obli 
terirt. 


Tod  plötzlich.  Glottisödem;  die 
Lunge  congestionirt. 


Lungenlähmnng. 


Keine  Thromben  finden  sich  im 
Gefftsslumen. 

Die  r.  Heroisph.  hyperämisch, 
aber  weicher,  als  die  linke,  die 
Artt.  sind  mit  Coagulis  gefüllt. 
Sin.longit  enthält  Fi  brinmassen. 


282 


Dr.  C   Pil«, 


No. 

Operateur 
nnd 

Literatur. 

^1 

Ursache. 

Datam. 

<  S 

5 

122. 

Schuh,      Wien. 

Wien.  Wochenschr. 

"i 

l. 

Nachblntnng    (Max. 

1 

16   Beug. 

1864.     26.  Juli. 

•1866.    No.  101. 

int). 

123. 

B.  Reynolds, 
1864.    9.  Sept 

Bo8tMed.andSnTg. 
Jonrn.    1864.   No 
14.  —  Med.  News- 
Jan.  1865.  No.  265. 
p.  8. 

Lancet     1864.     5. 

M. 

1. 

Schnsswnnde. 

•^* 

— 

Heil?. 

124. 

H.Lee,  St  Geor- 

•2- 

1. 

Nachblutung. 

_ 

t 

ges  Hosp.  1864. 

Not.  p.  523. 

2.T? 

18.  Septbr. 
?.  Thaden,  Al- 

125. 

Briefl.     Mitth.     an 

^i 

r. 

Stichwunde. 

4 

16 

Beilg 

tena.  1864.    26. 

Prof.  Gnrlt 

Std. 

Septbr. 

126. 

R.  Ray,     Gny*8 
Ho8pit.l864.1ö. 
Mov.   5  h.  mat 

Med.    Times     and 
Gaz  1865.18.Febr. 
p.  171. 

lt. 

1. 

Blntg.  (ans  Tamor). 

4 

t 

n.Ts. 

127. 

Th.     Billroth, 

G.Pilz,DiBsertde 

27j. 

r. 

Blutg.  (AnäUung  d. 

f 

]27a 

Zfirich.      1864. 
13.  u.  26.  Dec. 

Art  carot  ntrius- 
gne      lat.     ligat 
Berolini.    1865. 

M. 

1. 

Carot.  int). 

""  In;  Tf. 

128. 

Hu  et  er,  Berlin. 

Joum.  d.   V.  Lan- 

68j. 

1. 

Nachblutung. 

bau 

16  iHeil? 

1864.     23.  Dec. 

genbeck's  Klin. 
1864.    No.  525. 

M. 

1 

129. 

A.  Smith,  Mid- 

Med.    Times     and 

I8j. 

r. 

Blntg.  (Carot  int). 

5 

-      t 

dlesex    Hospit 

Ga^.  1865.  Apr.  8. 

M. 

155;  StA 

1865.   15.  Jan. 

p.885. 

1 

Zar  Ligatnr  der  Arteria  Carotis  commnnis. 


283 


Besonderes  bei  der  Ligatnr  und  im  Verlanfe. 


Todesursache  und  Section. 


üd  Kopfschmerz,  Schwache  im  r.  Arme,  sehr  erwei- 
terte Papillen,  besonders  1.  Nachmittags  apathisch, 
geräoschyolles  Athmen.  27.  r.-seitige  Lähmung. 
itChlorof.;  lässt  den  Fat.  vor  Schluss  der  Ligat. 
erst  zo  sich  kommen;  dieser  wird  mit  der  Ligat. 
romatös,  welche  Erscheinung  bald  vergeht  3  Tage 
liindurcb  starke  Reaction.  •  Details  sind  nicht  an- 
gegeben. 

i  gate  Nacht,   sehr   schwacher   Puls.      20.    wird 
schwächer. 

fer  wenig  verschiebliche  M.  omohyoid.  wurde  durch- 
schnitten; sogleich  stand  die  Blutg  und  erlosch 
der  Pals  in  d.  Temporal.,  der  am  folgenden  Abende 
wiederkehrte;  r.  Gesichtshälfte  kühler,  als  1  3.  Tag 
Ziehen  im  1.  Unterschenkel,  das  sich  noch  mehrte 
f  Tag  heftiger,  24  Std.  anhaltender  Kopfschmerz 
in  der  r.  Parietalgegend ;  nach  6  Tagen  Alles  nor- 
mal, aber  der  Puls  ist  wieder  in  der  r.  Temporal, 
jrloschen;  Husten  blieb  längere  Zeit  hindurch. 
«d  erscheinen  Schlingbeschwerden,  L-seitige  Kopf- 
schmerzen, bisweilen  Singultus.  16.  Erysipel.  27. 
Schmerz  in  r.  Hand  und  Arm;  Angst.  2.  Decbr. 
Blutstrom  aus  der  Wunde.    In  2-3  Minuten  todt. 


5t  Chlorof.  Nach  d.  2.  Ligat.  Athmung  erschwert; 
oach  10  Minuten  Puls  in  der  Max.  ext.  fahlbar.  — 
weiteres  im  Text. 

i  Sehvermögen  1.  schwächer,  und  ebenso  die  r.  Seite 
^es  Körpers  schwächer;  8.  Jan.  Sehkraft  besser, 
>ber  die  r.  Seite  noch  geschwächt;  weitere  Details 
«nd  nicht  aufgefQhrt 

^  f-  Radial,  voller  als  1.,  Nachmittags  schwere  Re- 
spiration, welche  sich  noch  steigert. 


lieber  der  Ligat  ein  i"  langer, 
adhärirender  Thrombus. 


Die  Ligat  hatte  das  Oefftss  durch- 
schnitten, und  hing  am  oberen 
Theile  desselben,  welcher  durch 
einen  Thromb.  verschlossen  war, 
aber  das  untere  GefEss  war  offen 
geblieben,  die  durchgängig.  Artt. 
lingual,  u.  pharjng.  ascend.  sind 
erweitert  Pat.  hatte  keine  Art 
innom.,  Garot  u.  SubcL  ent- 
sprangen direct  aus  dem  Arcus. 

Section  im  Text. 


Vordere  Halsdrfisen  beiderseits 
geschwollen,  ebenso  r.  Mandel ; 
phagedän.  Geschwüre  in  der 
Mandelgegd.  Oeffnnng  von  2— 
3  Mm.  in  die  Garot  beim  Ein- 
tritt in  denGanal  carot;  unter 
dieser  Stelle  atheromat  Stellen, 
ebenso  tiefer  an d.  Garotis  selbst; 
in  der  Lunge  finden  sich  einige 
apoplectische  Herde. 


28  4 


Dr.  C.  Pilz, 


No 


Operateur 

und 
Datirm. 


Literatur. 


Ursache. 


2  ts    -o »: 


180. 


131. 


Richter, Berlin.  V.  Langeobeck's 


1865    20.  Nov. 


Busch,      Bonn, 
1865.  23.  Nov. 


132. 


133. 


134. 


134a 


135. 


136. 

136 
•a.  b. 


24 


Briefl.     Mitth. 
Prof.  Gurlt 


Bockenhei- 
mer,  Frankfurt 
a.M.  1865.  14. 
Dec. 

V.  Thaden,  Al- 
tona.  1866.  29. 
Januar. 


Broca,      Paris. 
1866.  26.  März. 


Koch,     Görlitz 
1866.  22   Juli. 


Klinik.  Journ.1865. 
No.  514. 


an 


27 


Briefl.     Mitth.    an 
Prof.  Gurlt. 


Briefl.    Mitth.     an 
Prof.  Gurlt 


Archives  g^n.  1866 
Juillet.  p.  24. 


Briefl.    Mittheilnng 
an  den  Verfasser. 


H.  Coote,  Lon- 
don. Barthol. 
Spit.  1866.  22. 
Aug. 

Gurlt,Jfiterbogk. 
1866.     23.  Aug 

1866.  Langen- 
salza. 


Uncet.  I866.V0I.2. 
p.  441. 

Persönl.  Mittheilg. 

Stromeyer,    Er 
fahr,  über  Schuss- 
wunden. 1866. 


'^; 


'2/. 


W. 


66i 


V; 


"J: 


38j 


S/: 


46  j. 
M 


26  j. 
M. 
M. 
M. 


Nachblutnng(Urano- 
plastik). 


Blntg.  ans  d.  Munde 
(im  Typhus). 


Blutung  (ans  Card- 
nom). 


Nachblutg.  (Max.int.) 
(Nervenresection). 


Blutung  (ans  ange- 
ätzter Carot.). 


Schussyerletzung 
(Nachblutung). 


1.  Nachblute.  (Exstirp. 
de8  0berkief.)(Max, 
int.). 


Nachblutg.  (Schnss- 
I  wunde). 
Blutung  (Zweige  der 
Garot.  am  Halse). 


ZuT   Ligatur  der  Arteria  Carotis  commanis. 


286 


Besonderes  bei   der   JLigatar  und  im  Verlaufe. 


Todesursache  und  Section. 


ich  nach  der  LigAt.  karze  Zeit  dauerndes  sterto- 
»es  Athmen.  21.  Atbmen  frei,  aber  Bewusstlosig- 
eit,  Pols  hebt  sieb  Al>eiids,  ohne  Besserung  der 
ilgemeinerscheiDUiigen.  22.  Fat.  wird  schwächer. 
Thermometer  in  beide  Gehdrgänge  gelegt,  steht 
0,8*  tiefer.  24.  1.  Arm  ist  nur  schwach  und  nn- 
E>)ldtand]g  zu  heben  »  das  Bein  normal.  Die  Sen- 
bilitat  ist  1.  erhallten.  Besondere  Erscheinungen 
^ten  weiter  nicht   &Qf. 


Ligat.  hatte  keine  anderen  Erscheinung,  im  Gefolge, 
s  das8  Fat.  in  den  ersten  8  Tagen  beim  Sprechen 
't  nicht  das  richtige  Wort  finden  konnte,  oder  auch 
ch  längere  Zeit  daxanf  besinnen  musste. 
seitlich  gelegene  Vene  blähte  sich  merklich  auf; 
n  folgenden  Tage  Dnbesinnlichkeit  und  Collapsus. 

Brof.;  als  Fat.  zu  sich  kommt,  wird  d.  Ligat.  ohne 
<ie  Himerscheioane;  geschlossen,  es  erfolgt  nur 
nSchreL  27.  Sehvermögen  r.  gemindert  28.  Kopf- 
hmerzen  rechts»  Hasten  nnd  Athembesch werden. 
Apr.  kein  Fnls   in    d-   Temporal.    Blutung. 


)Tof.  Ohnmacht,  spricht  verwirrt;  die  Temperat. 
I  der  r.  Schlafe  niedriger  als  1.  23.  abnorme  Sen- 
it.  in  der  r.  Gesicbtaaeite  bis  26.;  r.  Temporal, 
olsirt  erst  1.  Ang.  . 

IS.  war  die  eiste  Blatg.   eingetreten  aus  Max.  int. 


orof. 


r.  —  Ohne  jede    Brscheinung. 


AUgem.  Anftmie,  Gehirnsnbstanz 
gleichmässig  fest.  Carotis  hatte 
keine  Thromben. 

Anämie  des  Gehirnes;  r.  sind  d. 
kleinen  Venen  gefüllter  als  L; 
die  Verzweigungen  der  r.  Carotis 
sind  ebenso  blutreich,  wie  die 
der  1.;  das  Mediast.  ant  eiterig 
infiltrirt,  die  Infiltrat,  reicht  bis 
zur  Operationswunde.  In  der 
Gegend  der  Glottis  resp.  findet 
sich  ein  bis  auf  d.  Arytaenoid- 
Knorpel  gehendes  Cfeschwflr; 
das  eröffnete  Geföss  ist  nicht 
aufzufinden.  ~  Ein  Abscess  im 
Muse,  reci  abdom.;  Hämorrh. 
unter  dem  parietal.  Blatte  am 
Blasenhalse  u.  ein  kleiner  Eiter- 
herd. Hypostase  in  d.  Lungen. 

Gehirnentzdg.  ~  Section  nicht 
möglich. 

Blutreichthum  beider  Gehirnsei- 
ten gleich,  Art.  basiL  atherom. 
Ramns  commun.  poster.  weiter 
als  der  linke.  Deber  und  unter 
der  Ligat  feste  Gerinnsel. 

Lungenschwindsucht.  2  Throm- 
ben in  dem  durch  den  Faden 
durchschnittenen  Gefäs8e.20eff- 
nungen  d.  Carot  int  beim  Ein- 
tritt in  d.  Can.  carot  Caries 
der  Trommelhöhle.  Tuberkel 
in  beiden  Lungensoitzen,  eine 
Ca?erne  in  der  r.  Lunge. 


286 


Dr.  0.  Pils, 


No. 

Operatear 

und 

Datum. 

Literatur. 

1 

Ursache. 

Jl 

—1 

£ 

T««6-      .     J 

136c 

▼.  Bruns,  1866. 

Kriegs-Chir.  Erfah- 

— 

1. 

i 
Nachblutung     (Max.    - 

-  iHei 

rung.  B.  Beck. 

M. 

int). 

1 

137. 

Arn  Ott,  cit. 

Lancet.  1846.  p.  135. 

M. 

r. 

Blutg.  (nach  Extrat. 
einer  Pfeife). 

— 

-  '    1 

138. 

A  88  on,  Venedig. 

Briefl.    Mitth.    von 
Prof.      Vanzetti 
an  Prof.  Gurlt. 

Blutung. 

" 

■"" 

139. 

B.ögin,  cit. 

Receuil  de  m^m.  de 
Möd.  par  Begin. 
—  Oppenh.  Zeit- 
schrift Bd.  10.  S. 
385. 

Ü. 

Blutung  (Hieb). 

-  Qei 

140. 

Carpne. 

Crisp,    Von    den 

— 

— 

Blutung. 



-    He 

Krankh.etc.S.328. 

Ul. 

Chadwick, Hol- 

Lancet.  1851.  Voll. 

13j. 

r. 

Blutung     (Fall    auf 

— 

24   He 

ton. 

p.  177. 

M. 

Säge). 

i 

142. 

B.  Cooper. 

Lancet.  1846.  Vol.  1. 
p.  134. 
MUit.  -  Chir.     Stu- 

M. 

— 

Blutg.  (Selbstmord). 

— 

1  : 

143. 

Demme,  cit. 

— 

1. 

Blutg.  (Schufisfractur 

25 

-  He 

dien.  Bd.  1.  S.  121. 

M. 

des  Unterkiefers). 

No.  11. 

144. 

Dietrich8on. 

Norsk    Magaz.    for 
Laegevidenskaben. 
1848.  -  Oppenh. 
Ztschr.     Bd.    45. 

^; 

r. 

Blutg.  (Tum.  cavern.}. 

^~ 

-;He 

1 

S.  344. 

1 

145. 

Th.Evan,  Man- 
chester. 

Lancet.  1853  Vol.  2. 
p.  225. 

— 

r. 

Blutg.  (Verletzg.  am 
Kopfe  u.  Gesichte). 

— 

-    He 

146. 

G.  Gibb.    (wohl 

Lancet.  1857.  Vol.2. 

44  j. 

r. 

Blutung. 

— 

35  0.  Be 

1867.  80.  Aug ) 

p.  496. 

W, 

48  u.' 

147. 

G.B.  Günther, 

Günther,  Opera- 
tionen am  Halse. 

r. 

Stichwunde      (Max. 

1 

Leipzig. 

m! 

int). 

äüi 

Carot.  No.  62. 

148. 

Guthrie,    Lon- 

Lancet 1850.  Vol.2. 



—. 

Schnittwunde 

__ 

—  1    i 

don. 

p   143. 

M. 

(Selbstmord).    (Ca- 
rot int.) 

9 

1 

149. 

Jfingken,  Ber- 

Persönliche Mitthei- 

'K 

r. 

Blutung  (ans  Aneur. 



16  :Erf 

lin. 

Inng. 

anast.) 

i 

i 

150. 

JQngken. 

Persönliche  Mitthei- 

•Dttl. 

l. 

Stichwunde    (Carot 

kme 

1 

lung. 

Jhr. 
M. 

ext). 

Zdt 

I 

Zur  Ligatnr  der  Arterift  Carotis  commnnis. 


287 


Besonderes   bei  der  Ligatar  und  im  Verlaufe. 


C^ehirneracheinungen  sind  nicht  aufgeführt 

^ach  der  Ligat.  kehrte  die  Bintg.  wieder;  besondere 

Krecheinnngen  sind  nicht  angegeben. 
Ohne  jede  weitere  Bemerkung. 

Schlingbeschwerden    und  Unruhe  sind   die   einzigen 
I     aufgeführten  Folgen. 


Gebirnerecheinangen  traten  nicht  auf 

Bsid  nach  der  Operation  stellten  sich  keine  Erschei- 
nnngen  ein. 


Sogleich  erlosch  der  Pols  in  dem  sich  verkleinernden 
Tnmor.  Am  7.  Tage  Blutung  ans  der  Operations- 
wände,  später  noch  nene  Blutung. 


Beide  Enden  des  Gefässes  wurden  in  der  Wunde  un- 
terbanden. 81.  ürinverhaltnng.  1.  Sept.  Schling- 
beschwerden, die  am  2.  gebessert  sind.  3.  Fat 
spricht  zum  ersten  Male  wieder.  5.  leichte  Blutg. 
ans  der  Wunde. 

Na<*.h  der  Ligatur  bestand  die  Blutung  fort,  es  wurde 
nuQ  das  verletzte  Gefäss  selbst  unterbunden,  und 
die  erste  Ligat.  gelöst;  Fat.  behielt  eine  Lähmung 
d^s  N.  facial.  dext. 

Die  Blotnng  wurde  durch  die  Ligat.  nur  wenig  ge- 
mindert, deshalb  eine  zweite  über  der  verletzten 
Stelle,  und  endlich  noch  eine  um  die  Carot.  ext. 
gelegt;  die  Blutung  kehrte  nicht  wieder. 

Mit  der  ohne  Chlorof.  gemachten  Ligat.  wurde  das 
SehTermdgeo  r.  schwächer;  langsam  wieder  ganz 
hergestellt;  nach  einer  Reihe  von  Jahren  trat  bei 
nnzweckmässiger  Lebensweise  wieder  Fulsation  im 
Tnmor  auf. 

Mur  das  Sehvermögen  des  L  Auges  wurde  mit  der 
Ligat  auf  einige  Zeit  geschwächt;  Chlorof.  nicht 
angewandt 


Todesursache  und  Section. 


Fat  starb  nicht  an  Blutung. 


Reizung  der  Wunde  (?)  u.  Geistes- 
störung. 


Schwäche.  —  Ven.  jug.  ist  durch- 
gängig ohne  Entzflndung,  die 
Carot  int  ist  i''  weit  mit  Blut- 
gerinnsel erfüllt 


288 


Dr  C.  Pilz, 


No. 


Operateur 

und 

Datum. 


Literatur. 


C5   (  M, 


Ursache. 


S>  ,52    gang. 

Tage.       ! 


151. 


Jüngken,   Ber 
lin. 


Deutsche  Klinik. 
1853.  S.  167. 


—  ir- 
M.  ' 


Blutung         (Aneur. 
anast.)  (träum.). 


152. 

153. 
154. 

IMa 

155. 

156. 

156a 
b.c. 

157. 

158. 

159. 


160) 

161 

162) 

163) 

164) 

165. 

166. 


v.Langenbeck,  Busch, Ghir.Beob-48j. 
Berlin.  acht.   S.  285.  M. 


Lauer,  cit. 
Lavacherie. 


d.  Lawrence. 
10.  Jan. 


Blutung       (Carcin. 
Drüsen). 


Medic.  Zeitg.  1849. 

7.  I  M. 

Bullet,    de   rAcad.]55j. 

de  Med.  de  Belg.j  M. 

1848.  Vol. 7.  p.  789.1 

Lancet.l832.14.Jul.  31i.  r.   Blutung 

M 


Blutg.    (aus  Aneur. 

träum.). 
Biutug  (Anätzung  d. 

Carot.). 


Lynn. 

Mc  Cullogh, 

21.  Jun. 
Nnssbaum, 
(2  Mal). 

—  (1  Mal). 
Parker. 

Pirogoff,  Pe- 
tersburg, (in  den 
40  er  Jahren). 

Pirogoff. 


Pirogoff. 

Pirogoff. 
Poland. 

Riebet,  Paris. 


Americ.Journ.  1864 
Apr.  p.  334. 

Brief!.   Mitth.  an 
Prof.  Gurlt. 

Schmidt,  Jabrbb 
Bd.  98.  S.  77. 
Persönl.  Mittheilg. 

Persöul.  Mittheilg. 


P ,  Kriegs-Ghirurg. 
S.  421. 

Persönl.  Mittheilg. 

Med.     Times     and 
Gaz.l865.18.Febr. 

Gaz.  des  H6pit. 
1863.  p.  451.  und 
1859.  p.  424. 


M. 


Kiid. 


mittl. 

Alt. 

M. 

M 
M. 
M. 
M. 

M. 


Nachblntg.  (Exstirp. 
Parot.) 
Schussverletzung. 

Blutg.  (aus  carcinom. 

Tumor,  d.  Kopfes) 
Verletzg.  d.  Schl&fe. 
Blutung         (Aneur. 

träum). 
Blutung         (Aneur. 

anast.)  am  Scheitel 


Blutung 
anast.). 


(Aneur. 


Schussverletznng. 


Blutung  (ans  Ge- 
schwülsten). 

Blutung  (Tum.  des 
Oberkiefers). 

Schuss Verletzung  (in 
d.  Parotis-Gegend). 


U 


Zar  Ligatur  der  Arteria  Carotis  commanis. 


289 


'besonderes  bei  der  Ligatur  und  im  Verlaufe. 


Todesursache  and  Section. 


^er  Lilgat.  sinkt  die  Geschwulst  zasammen,  das 
'^hvennögen  des  r.  Aages  wird  auf  kurze  Zeit  her- 
gesetzt; später  wieder  Pnisat.  im  Tum.;  es  er- 
I^J^  neue  Blat^.,  die  darch  Dmstechung  und  Glüh- 
en gestillt  wird. 


^^  der  Ligat.  Anfangs  keine  Erscheinungen,  die 
^^mperatnr  ist  beiderseits  gleich.  7.  Tag  Einge- 
>>  v^mmenheit  der  r.  Kopfseite,  besond.  beim  Sitzen, 
*^it  dem  Gefühl  der  Leere,  nach  2  Tg.  wieder  normal. 
^^  «folgte  nur  Eingenommenheit  der  r.  Kopfseite,  8 
V^^ge  leicht  zu  stillende  Blutung. 
^'^«re  Angaben  fehlen. 


Als  Pat  an  Pjftmie  mehrere  Jahre 
nach  der  Operat.  starb,  zeigte 
die  Sect.  den  Tumor,  gebildet 
ans  den  Artt  occip.,  snric  post., 
temp.  u.  cery.  snp.,  die  bis  anf 
Gänsekieldicke  erweitert  wacen. 
Die  Carotis  war  3"  lang  oblite- 
rirt.  Die  Ligaturstelle  selbst 
vereint ;  d.  Art  thyr.  sup.  rechts 
weiter  als  links. 


Verletzung   betraf  den  L  Kiefer,  Gaumen  und  r. 
Der-  und  Unterkiefer. 

e  BlutoDgen  wurden  zam  Schweigen  gebracht. 

Angaben  felilen* 

igs  ging  AUes  gut;   die  Mutter  entfernte  sich  mit 
s  Kinde. 

i   **rmnor   welcher  die  Schläfen-,  Parotis-,  und  ünter- 

?  --eferffeseod  einnahm,   öffnete  sich  plötzlich  in  den 

*     tindf  mit  der  Ligat.   stand  die  Blutung;  Erachei- 

^«»fen  besonderer  Art  sind  nicht  eingetreten. 

^tfere  Erscheinnogen  im  Verlaufe  sind  nicht  an- 

^ften,  da  P.  sie   l>al^  »a»  dem  Auge  verlor. 

«ese  rerlor  P-   *>»1^  *«  ^«™  Gesichte. 

^^tw    .     *      r>imm4-atMe:   ^^^^  °^c^*  ^^  entdecken;  An- 
5^*"%^i!!;f  iShlxi«.   dann  Aphonie  und  hiS- 


Die  verletaten  Geftsse  sind  nicht 
aufzufinden.  Das  Gehirn  ist 
normal. 

Erschöpfung. 


Nachblutung. 


Nachblutung. 


19 


290 


Dr.  0.  Pilx, 


No. 

Operateur 

und 

Datum. 

Literatur.          || 

1 

13 

Ursache. 

-6  ^ 

C 

M 

TÄ«e. 

167. 

Robinson. 

Med.  Times  and  Gaz. 
1850.— Oppenh. 
Ztschrft.    Bd.  44. 
S.  424. 

'^: 

r. 

Blutg.  (Geschwür). 

— 

-      t 
i 

168. 

Remer,  Breslau. 

Persönl.  Mitth.  von 

60- 

1. 

Blntg.  (Garcinom  des 

__ 

-'f 

% 

Dr.Hodann,(der 
bei  der  Operation 
zugegen  war). 

^- 

Gesichts  u.  Halses). 

,St 

169. 

Romaglia, Nea- 

Froriep*B   Notiz. 

20j. 

1. 

Stichwunde    (Verte- 

_. 

-   f 

pel,  (um  1834.) 

Bd.  41.  S.  89. 

H. 

bral.). 

-    i 

169a 

Spence,    Edin- 

BriefL  Mittheilg.  an 

— 

— . 

Stichwunde  (an  der 

^~ 

burg. 

Prof.  Gurlt 

Theilungsstelle) 
(Selbstmord). 

10. 

170. 

Stromeyer, 

Maximen  d«  Kriegs- 

— 

r. 

Stichwunde. 

— 

-  + 

Erlangen. 

heilkunde. 

M. 

! 

?i' 

S.  159. 

171. 

Stromeyer,cit. 

Ibid.  S.  416. 

Ü 

"^ 

SchuBSverletzang 
(Max.  int.) 

"■ 

-     i 

172. 

Unbekannt. 

L'üuion.   1854.  - 
Schmidt,Jahrbb. 
Bd.  91.   S.  30. 

Ü. 

— 

Schusswunde  (Ober- 
kiefer). 

— 

-1- 

172a 

Unbekannt. 

Med.     and     Surg. 
history      of     the 
British   army  du- 

H. 

— 

Blutg    (Oarot.  ext.). 

— 

-•\ 

ring    the   war   a- 

gainst   Russia. 

1 

(1854—56).  Vol.2. 

; 

173. 

do.      Winchester 
Ho8p.(uml855). 

p.  308. 

Med.TimesandGaz 
1855.  Vol.  l.p.  32. 

- 

Nachhlutg.  (Exstirp. 
Ton  Drüsen). 

— 

i 

174. 

do.  Radcliffe  In- 

Med.TimesandGaz. 

35j. 



Blutung      (aus     d. 

_ 

-He 

firmary,  Oxford. 

1865.  Vol.  2.  p.  126. 

M. 

Munde). 

175- 

Im    American. 

Reports  on  the  ex- 

(11) 

— 

Verletzung. 

.^ 

'Bei 

185. 

Kriege    bis 

tent  and  nature  of 

M. 

März  1864. 

the  materials  etc. 

186- 

Washington.  1865. 

(34) 

— 

Verletzung. 

— 

-    ;)) 

219. 

p.  78. 
Eve,  Collect,  of  re- 

M. 

219a 

Voisin. 

r. 

Stichwunde  (Nacken) 

_ 

* 

mark.casesinsurg. 

M. 

(Vertebr.). 

220. 

Wood. 

p.  641. 

Schmidt,  Jahrbb. 
Bd.  98.  S.  76. 

I. 

Blutung. 

_    '      f 

'  4 

1 
1 
1 
1 

Zur  Ligatnr  der  Arteria  Carutis  conimnui.s. 


291 


besonderes  bei  der  Ligatur  und  im  Verlaufe. 


Todesursache  und  Section. 


erfolgte  bald,  bei  eioem  Palse  von  160  Schlägen, 
alte  des  Rumpfes  u.  der  unteren  Extrem.;  2.  Tag 
5rpertemperatur  normal,    ö.  Husten  u.  Debelkeit, 

Wiederkehr  der  leicht  zu  stillenden  Blutung  mit 
eigQng  zur  Ohnmacht 

der  durch  Kachexie  der  Auflösung  nahe  gebrach- 

n  Frau  zwang  eine  heftige  Blutg.  aus  dem  nicht 

(fitirpirbaren  Tumor  sogleich  zur  Ligat  d.  Carot, 

ie  keine  Erscheinungen  nach  sich  zog;  die  Blutg. 

and  sogleich,  ohne  wieder^kehren. 

it.  d'attente;  die  freigelegte  Carot.  Hess  auf  Druck 

?n  Puls  im  Anenr.  nicht  schwinden. 

Vena  jag.  int.  musste  zugleich  ligirt  werden. 


D  ümf&hren  der  Nadel  trat  eine  heftige,  tödtliche 
iatnng  eio. 

Iz  der  Ligat.  erfolgte  neue  Blutg.    Da  Fat  schon 

fämiaeb  irar,  so  wollte  S.  die  Max.  int  nicht  mehr 

iterbinden. 

erfolgte  sogleich  Heiserkeit,  die  Monate  lang  be- 

and. 

illgem.  engl.  Hospital  wurde  dieselbe  wegen  pri- 
Srer  Blntong  gemacht;  mit  der  Ligat  stand  die 
utnng. 


indere  EnelMinnngen  traten  nicht  anf ;  —  die  Art. 
mp.  war  bei  der  Exstirpat  unterbunden  worden; 
ich  1  Monat  trat  die  Nachblutung  ein. 
i  jede  Angabe. 

le  jede  Angabe,  dazu  gehören  noch  No.  156. 

No.  113,  114,  115. 

i  der  Ligat  stellen  sich  neae  Blutungen  ein;  der 
^rsach,  die  QefiBsenden  zu  finden,  scheitert;  es 
^den  sich  Schwäche  im  r.  Arme, 
folgenden  Tage  r.-seitige  Lähmung;  Coma. 


Erschöpfung.  —  Das  Geschwür 
gehörte  den  krankhaft  verän- 
derten Häuten  der  Carot  di- 
rect  unter  ihrer  Theilungsstelle 
an,  sie  selbst  war  eröffnet  worden. 

Erschöpfung. 


Es  bestand  ein  Anenr.  yertebr 
Pyämie. 


Carot.    an    der  Theilungsstelle 
▼erletzt 


Section  nicht  gemacht 


Erschöpfung. 


Section  fehlt 
Section  fehlt 


19* 


292  Dr-  C.  Pilz, 

Zusätze  zu  vorstehender  Gasuistik. 

1)  Das  Hörn  war  an  der  linken  Seite  des  Ringknorpels  bis  zür  Wirbel- 
säole  eingedrungen,  hatte  dabei  den  Pharynx,  die  Artt.  Carot.  int.  und  ext 
in  ihren  Zweigen  verletzt;  die  Gompression  der  Carotis  stillte  die  Blutung, 
wurde  aber  nicht  ertragen.  Am  nächsten  Morgen  sind  die  Pupillen  contra- 
hirt,  und  Pat  schliesst  die  geöffneten  Lider  schnell.  —  In  den  Seiten  Ven- 
trikeln br&unlich-trfibe  Masse,  die  Nu.  laryng.  sup.  und  glossophar.  verletzt. 

2)  Sogleich  erlischt  Puls  in  der  Carotis.  Die  Temperatur  der  Seite  min- 
dert sich;  die  Pupillen  sind  dilatirt 

7)  Cline  hatte  am  26.  Febr.  einen  Theil  der  festen  Geschwulst  aas  der 
rechten  Wange  entfernt,  diese  Schnittwunde  hatte  sich  mit  fnngösen  Gra- 
nulationen gefftUt  In  der  Nacht  des  12.  April  erfolgte  eine  arterielle  Blu- 
tung (3  Pinten);  der  Operation  folgte  Fieber  und  häufiges  Frösteln. 

12)  Beim  Versuche,  das  Gefäss  in  der  Wunde  zu  unterbinden,  entstand 
heftige,  mit  der  Ligatur  schweigende  Blutung,  die  nach  Entfernung  des  com- 
primirenden  Fingers  noch  einmal  auftrat;  beim  Zubettegehen  pulsirte  die 
rechte  Temporaiis.  15.  Schlaf  gut,  Halsschmerzen,  Schlingbeschwerden, 
—  Hals  wie  zugeschnürt  (\^enaesect.  35  Unz.).  —  17.  Die  Schlingbeschwer- 
den mindern  sich,  wie  die  Kopfschmerzen;  Schwerhörigkeit  rechts;  in  der 
Temporalis  schwacher  Puls,  nicht  in  Art.  coron.  lab.  — 23.  und  24.  Schwin- 
del, 25.  kein  Puls  in  Temp.  und  Max.  ext.,  wohl  aber  am  14.  Aug.,  nach* 
dem  alle  Erscheinungen,  bis  auf  eine  gewisse  Taubheit  der  rechten  Seite, 
geschwunden  sind. 

13)  Ein  schräg  verlaufender  Schnitt  hatte  die  Geflssscheiden  beider  Seiten 
blossgelegt;  da  bei  C's  Ankunft  die  Blutung  stand,  so  wurde  die  Wunde 
einfach  vereinigt;   die  am  Abend  auftretende  Blutung  erheischte  die  Ligatur. 

17)  Derselben  Person  hatte  Busch  (No.  311.)  wegen  Aneur.  anast.  die 
eine  Carotis  iigirt.  Gleich  nach  der  Operation  sind  die  Papillen  dilatirt; 
Geruch  und  Gehör  sind  normal;  Sensation  im  Kopfe  »nimiam  quietem*. 
1866  bemerkt  Dr.  Passavant  in  einem  Briefe  an  Prof.  Gurlt,  dass  der 
Pat.  noch  lebe. 

22)  Den  19.  Juli  und  7.  August  Frostanfall,  8.  Schmerzen  im  Kopfe  und 
der  rechten  Halsseite.  — 17.  starke  Blutung  (8  Duz.),  die  in  4  Stunden  wie- 
derkehrt ~  20.  vier,  am  21.  drei  Blutungen. 

24)  Der  rechte  Rand  des  Zäpfchens  war  ulcerirt.  die  rechte  Mandel  zer- 
stört, ebenso  auf  derselben  Seite  der  hintere  Ganmenbogen  und  die  Rachen- 
wand mit  Eiter  bedeckt;  sogleich  erlosch  in  der  Temporal,  der  Puls,  war 
aber  Nachmittags  schon  in  der  Art.  facial.  fühlbar. 

25a)  Die  Stichwunde  am  Halse  heilte  in  10  Tagen,  aber  schon  nach 
wenigen  Tagen  bildete  sich  ein  Tumor,  der  immer  weiter  wuchs,  der  Schlin- 
gen und  Athmen  hinderte;  beim  Einschnitte  entstand  nach  Wegnahme  der 


Znr  Ligatur  der  Arteria  Carotis  commnnis.  293 

Coagnla  eine  heftige,  nor  dnrch  die  Ligatur  zu  stillende  Blatnng;  am  5.  und 
6.  Tage  erfolgte  Fieber,  das  am  8ten  schwand;  Schwerhörigkeit  und  Ge- 
sichtsTerlnst  sind  die  aufgeführten  Folgen. 

30)  Die  in  den  Mnnd  gedrungene  Kugel  zerbrach  einige  Z&hne  und  den 
Unterkiefer,  ging  unter  der  Zunge,  welche  sie  tief  einfurchte,  hin,  und  blieb 
am  rechten  Kieferwinkel  liegen;  als  nach  8  Tagen  eine  Blutung  eintrat, 
wurde  yergeblich  das  Glftheisen  angewendet. 

34)  Nach  voraufgegangenen  Schmerzen  in  der  Unken  Rachenseite  zeigte 
sich  am  29.  Apr.  eine  Geschwulst  an  der  rechten  Halsseite,  d^e  bis  zum  Ohre 
hinaufsteigt;  am  8.  Sept  entleerte  sich  Eiter  aus  dem  Ohre;  bei  einer  am 
9.  ans  dem  Munde  erfolgten  Blutung  verkleinerte  sich  die  Geschwulst.  13. 
nene  Blutung;  vom  9.  bis  16.  Oet.  Zunahme  des  Tumors,  der  elastisch,  ohne 
Palsation  das  Gaumensegel  in  die  Höhe  hebt,  Athem-  und  Schlingbeschwer- 
den Terursacht;  die  Sprache  ist  undeutlich.  —  18.  3  Dnzen  betragende  Blutung. 

39)  Pat.  in  den  Schiffsraum  gefallen,  hatte  sich  einen  pulsirenden  Ex- 
ophthalmus des  rechten,  bewegungslosen  und  erblindeten  Auges  zugezogen; 
während  eines  Hustenanfalles  erfolgte  die  starke  Nachblutung. 

40)  In  der  1^  Zoll  langen,  vom  Kinn  bis  zum  Kieferwinkel  reichenden 
Wunde  sind  blutende  Gef&sse  nicht  aufzufinden;  den  comprimirenden  Ver- 
band sucht  Pat.  zu  entfernen;  neue  Blutung  am  26.  Jan.  zwingt  zur  Ligatur. 
26.  schwacher  Puls  in  der  Art  temporal,  mehrfacher  Versuch,  den  Verband 
zu  entfernen. 

43)  Von  einem  Barbier  war  dem  Patienten  eine  Geschwulst  in  der  Ge- 
gend des  rechten  Unterkieferwinkels  herausgeschnitten ,  und  dabei  die  Max. 
ext,  nahe  am  Ursprünge,  verletzt  worden;  die  heftige  Blutung,  durch  Glüh- 
eisen, Tamponnade  etc.  fOr  den  Augenblick  gestillt,  war  mehr  oder  minder 
stark  öfter  wiedergekehrt.  Bei  der  Operation  wurde  der  Hautscbnitt  am  äusse- 
ren (?)  Rande  des  M.  stemocleid.  gemacht,  und  der  untere  Theil  desselben 
durchschnitten.  Den  18.  Mai  erfolgte  beim  Stiefelausziehen  die  tödtliche 
Nachblutung. 

45)  Als  bei  dem  an  Krebs  des  Unterkiefers  Leidenden  w&hrend  der  Vi- 
site mit  dem  Dnrchbruche  des  Neoplasmas  in  die  Mundhöhle  heftige  Blu- 
tung sich  einstellte,  musste  die  Ligatur  der  Carotis  gemacht  werden;  die 
heftigen  Hnstenanfölle  hatte  ein  Poljp  verursacht. 

4G)  Am  7.  Tage  zog  das  Ligatnrstäbchen  den  Faden  heraus,  am  Uten 
folgte  Nachblutung;  nach  6  Monaten  ist  Pat.  ganz  wohl. 

49)  Die  hinter  dem  Unterkiefer  gelegene  Stichwunde  lieferte  eine  so 
starke  Blutung,  daes  Dr.  F.  ohne  Assistenz,  halb  im  Dunkeln,  die  Ligatur 
der  Carotis  (?)  ausf&hrte;  eiuToumiquet  blieb  liegen;  bald  fand  sich  ausser 
der  durch  das  Compressorium  geschaffenen  Gangrän  der  Haut  ein  Aneu- 
rysma^  dessen  Pulsationen  auf  Compression  der  Carotis  standen. 


294  I>r.  C.  PiU, 

52)  u.  53)  Seit  dem  6teD  Jahre  bestand  ein  kleiner  Tumor  auf  dem  Schei- 
tel, der  Bcbnell  za  HaselnussgrOsse  anwuchs,  und  bis  1842  langsame  Fort- 
schritte machte;  ein  Arzt  versuchte  in  diesem  Jahre  die  vermeintliche  Cyste 
zu  exstirpiren;  die  beim  Einschnitte  eintretende  Blutung  Hess  jedoch  davon 
abstehen;  als  am  4ten  Tage'die  zur  Goropression  angewandten  Bleiplatten  ent- 
fernt wurden,  erheischte  eine  heftige  Blutung  die  Anwendung  verschiedener 
Styptica.    Seitdem  traten  bei  körperlichen  und  geistigen  Anstrengungen  nicht 
selten  Blutungen  auf,  trotz  andauernder  Gompression  der  erweiterten  Art. 
occipit.  —  Vor  der  Operation  zeigte  sich  auf  dem  Scheitel  ein  fast  faust- 
grosser  Tumor,  der  aus  mehreren  kleineren  zu  bestehen  schien;  in  der  Mitte 
einer  auf  ihm  befindlichen  Narbe  fand  sich  ein  linsengrosses,  mit  einer  Blnt- 
kruste  bedecktes  Geschwür;  der  schmerzlose  Tumor  zeigt  dem  Herzschlage 
isochrone  Pulsationen;  seine  breite,  weiche  Basis  wird  bei  Anstrengungen 
hart.    Die  Artt.  occipit.  und  temporal,  waren,  besonders  links,  auf  Gänse- 
kieldicke erweitert    Mit  Schluss  der  Ligatur  empfand  Pat  plötzlich  einen 
massigen  Schmerz  in  der  Wunde  und  eine  „  gewisse  FOlIe "  im  Kopfe  fQr 
kurze  Zeit  —  5.  Tumor  pnlslos,  17.  das  Gesicht  zeigt  lebhafte  Röthuog,  der 
Tumor  Pulsation,  der  Puls  110  Schläge;  in  der  Nacht  heftige  Kopfschmerzen, 
Oebelkeit,  Erbrechen,  Durst,  Kälte  der  unteren  Extremitäten,  SchlafloBigkeit 
(Venaesect,  Hirud.,  Digit),  den  nächsten  Abend  besteht  nur  noch  Kopfschmerz 
und  Erbrechen.  —  18.  Wohlbefinden,  Pulsationen  nur  in  der  rechten  Seite  des 
Tumors.    Im  Januar  1844  ist  die  linke  Seite  des  Tumors  zusammengesun- 
ken; die  stark  pulsirenden  Artt.  temporal,  und  occipit.  rechts  erweitert;    2 
Stunden  nach  der  zweiten  Operation  wird  Pat  ängstlich,  unruhig,  klagt  über 
starke  Kopfschmerzen,  Ohrensausen,  Brechneigung;  das  Gesicht  isf  geröthet, 
der  volle  Puls  hat  120  Schläge  (Venaesect,  Eis,  Nitr.).    Abends   heftige 
Kopfschmerzen,  Ohrensausen,  Singulttis,  Erbrechen;  am  2ten  Tage  erfolgt 
Ermässigung  der  Erscheinungen,  die  aber  noch  am  4ten  Tage  nicht  gans 
geschwunden  waren.  —  5.  März.   Der  hühnereigrosse,  feste  Tumor  wird   mit 
Gompression  erfolgreich  behandelt 

58)  Section:  An  der  Theilungsstelle  bestand  nur  eine  kleine  Ver- 
bindungsbrficke  der  Garot.  ext,  die  OefTnung  der  Garot  int  war  zusam- 
mengezogen, mit  Gerinnseln  erffillt,  und  mflndete  in  den  aneurysmatischen 
Sack  ein. 

59)  Mit  Eintritt  der  Ohnmacht  war  die  Blutung  erloschen,  kehrte  aber 
am  18ten  Tage  wieder;  seitdem  mehrere  Blutungen  in  Zwischenräumen  von 
3-4  Tagen. 

63)  i  Stunden  nach  der  Verletzung  fand  F.  in  der  3  Zoll  langen  Wun  de 
kein  arterielles  Gefftss,  aber  bei  der  neu  eingetretenen  Blutung  ein  solches 
hinter  dem  Kieferwinkel. 

64)  Man  hatte  nach  Entfernung  der  Goagula  Nähte  angelegt,  doch   als 


Zur  Ligatur  der  Arteria  Carotis  communiB.  295 

beiflB  Anfsitsen  immer  neue  Blutungen  wiederkehrten,  und  keine  blutenden 
OefSsse  erkannt  würden,  schritt  £.  zur  Ligatur  der  Garot.  comm. 

65)  Es  bestand  seit  10  Monaten  bei  dem  tnberculös^en  Soldaten  Ohren- 
flasB  mit  Sehw&ehang  des  Gehörs;  weiterhin  bildeten  sich  Fistelg&nge.  Die 
erste,  bei  einem  Hastenstosse  auftretende  Blutung  aus  dem  Ohre  wurde  durch 
Tamponuade  gestillt,  wie  auch  später  die  aus  Nase  und  Mnnd  kommende. 

66)  14  Tage  nach  der  Verletzung  öffnete  S.  von  der  SchnssOffnung,  am 
▼orderen  Rande  des  M.  masset^  bis  znm  Schlfisselbeine  herab*  zwei  in  Ver- 
blnduQg  stehende  Abscesse,  entfernte  dann  in  der  Mittellinie  der  Nacken- 
muskelo  die  Kugel;  am  9.  Nov.  erfolgte  ohne  besondere  Veranlassung  aus 
der  Abscesswnnde  eine  Blutung,  ebenso  den  14ten.    Bei  der  Erweiterung 
des   Schnsskanales  Behufs  Aufsuchung  der  Art  max.  int  erfolgte  heftige 
Blotung;.DigitalcompresBion  wurde  nicht  ertragen;  bei  Schliessung  der  Li- 
ntia r  traten  keine  besonderen  Erscheinungen  auf,  aber  nach  3  Stunden  Ein- 
geschlafensein  der  linken  Extremitäten;   in  der  ^'acht  wenig  Schlaf  wegen 
relssender  Schmerzen  in  der  rechten  Gesichtshälfte.  —  15.  Das  Kauen  und 
SehUngen  ist  sehr  erschwert,  das  Gefühl  des  Eingeschlafenseins  bald  stär- 
ker, bald  schwächer,  die  Muskelkraft  links  ebenfalls  geschwächt;  Zittern  des 
ganzen  Körpers,  besonders  des  linken  Beines.  — 16.  2nial  Convulsionen  der 
linkea  Extremitäten,  deren  Motilität  geschwächt  erscheint,  Drang  zum  Üri- 
niren,   das  nur  unYoUkommen  gelingt,  Hantwärme  beiderseits  gleich;   das 
Bewasstsein  scheint  abzunehmen.  —  17.  Lähmung  der  linken  Extremitäten  und 
der  linken  Gesichtsseite,  reissende  Schmerzen  in  den  rechten  Extremitäten 
und  gleicher  Gesichtsseite,  Zittern  des  linken  Beines;  Schüttelfrost;  hohes 
Fieber,  Bewnastsein  getrübt,  laute,  aber  unbestimmte  Klagen.  -  lö*  Coma, 
unwillkürliche  Entleerungen.  —  19.  Frost,  Sopor.     Decubitus.  —  22.  Tod. 

Sect:    Die  inneren  Hirnhäute  blass,  blutleer,  Hirnaubstana  blase,  r.  wei- 
cher und  feuchter,  als  1.;  auf  der  Scheitelhöhe  mehrere  hanfkorngrosse  Abs- 
cesse in  der  Rinde,  die  hier  und  da  auf  die  Markhöhle  (?)  greifen;  in  den 
Ventrikeln  2  Quentchen  Serum;  die  r.  Pleura  und  Lunge  mit  schmelzendem, 
gelbem  Exsudate  überzogen,  im  unteren  Lappen  eine    haselnussgrosse,   he- 
paUairte  Stelle;  in  der  Pleurahöhle  2  Pfd.  jauchigen  Exsudates;  beide  Lun- 
gen blutreich;   beide  Thromben  normal;   nichts  Besonderes  »n  des  lA^vwtx«- 
stelle.  ^  AthaV- 

70)  Pat  hatte  vor  Kolding  einen  Schuss  durch   den  Oberkietet     ^^^^ 
ten;  die  Kugel  war  durch  die  Fossa  spheno-max.  gegÄngen,  hatto      ^p^^^ 
anser.  zerrissen,  und  den  äusseren  Gebörgang  verletzt;  —  Taub 
▼or  der  Operation  sehr  unruhig,  war  nach  derselben  ganz  mbig-  ^^^ud, 

72)  Pat  stiess  sich  beim  Fallen  das  Ende  eines  Sohirms»  ^^  ^^^ 

am  7.-8.  Tage  trat  eine  leicht  zu  stillende  Blutung  a.xif ,   dan»        va  ^^^^^. 
h  Ohre  ein  Abscess,  aus  dem  blutiger  ßiter  entleert  wird;  bei  eia«xn 


296  Dr.  C.  Pilz, 

anfalle  Blutung  ans  dem  Mande  und  der  Abscesswunde.    Der  Puls  bleibt  io 
der  1.  Temporal,  schwächer,  als  in  der  rechten. 

73)  Am  6.  Tage  xeigt  sich  das  sich  schnell  vergrOssernde  Aneur.  spar., 
am  22.  Juni  macht  Electropunct.  den  Tumor  fester;  derselbe  wird  schmerx- 

'haft;  1.  Juli  Blutung,  die  wiederkehrt;  mit  der  Ligatur  erscheinen  Schling- 
beschwerden, der  Puls  ist  sehr  hart  —  4.  ist  die  Haut  über  dem  Tumor  gan- 
gränös. Als  eine  neue  Blutung  auftrat,  und  N.  die  Gefässe  nicht  fassen 
konnte,  torquirte  er  die  ganze  Gegend  mit  Erfolg. 

74)  Die  Mnsketenkugel  war  unter  dem  l  Nasenflflgel  eingedrungen,  hatte 
den  Proc.  aheol.  des  Oberkiefers  und  den  harten  Gaumen  durchgeschlagen, 
die  Zungenwnrzel  r.  durchbohrt,  die  Speiseröhre  verletzt,  und  war  im 
Nacken  wieder  ausgetreten. 

76)  Pat  wurde  durch  einen  Pfriemen  so  verletzt,  dass  die  1.  Carot.,  der 
Plex.  brachial,  und  die  Speiseröhre  angestochen  wurde.  Nachts,  beim  Scheine 
▼on  2  Kerzen,  machte  F.  die  Ligatur;  heftige  Brechbewegungen  traten  naeh 
den  ersten  Schnitten  ein. 

78)  Da  die  Geschwulst  Ausläufer  zwischen  die  grossen  Gefässe  sandte, 
so  hatte  man,  so  weit  es  anging,  dieselbe  entfernt,  dabei  die  angeschnittene 
Art  thyr.  snp.  unterbunden.  Nach  Fall  dieser  Ligatur  am  13.  Tage,  ent- 
stand aus  ihr  eine  Blutung,  weshalb  der  kleine  Stumpf  neu  ligirt  wurde; 
bei  der  folgenden  Blutung  schritt  W.  zar  Ligatur  der  Carot.  comm. 

81)  Ein  tief  liegender  Abscess  d^r  Hals-  und  Gesichtsseite,  der  heftige 
Dyspnoe  verursachte,  wurde  geöffnet,  guter  Eiter  entleert.  Die  nach  5  Ta- 
gen auftretende  Blutung  —  besonders  aus  Transversa  fac.  ~  stand  nicht 
auf  Ligatur  derselben,  wohl  aber  auf  Compression.  Gegen  wiederkehrende 
Blutung  half  5  Tage  lang  die  Compression,  da  brach  der  Abscess  nach  Innen 
durch;  die  nun  eintretende  Blutung  zwang  zur  Ligatar  der  Carot  comm. 

80)  Das  Gesichtsvermögen  ist  nach  Jahren  1.  wieder  normal,  auch  zeigte 
die  ophthalmoscopische  Untersuchung  keine  Anomalie  (Ehr mann). 

84)  Hr.  Prof.  Heiberg  theilte  durch  Hrn.  Prof.  Boeck  Folgendes  mit: 
Pat.,  wegen  starker  Blutung  in's  Spital  aufgenommen,  sagt,  dass  er  vor  4 
Tagen  mit  einem  hölzernen  Stabe  verletzt  worden  sei,  so  dass  er  eine  Wunde 
der  Lippe,  des  Kinnes,  und  eine  1^'  lange  Wunde  im  Inneren  des  Mundee, 
zwischen  der  Wurzel  der  Zunge  und  dem  Unterkiefer,  in  deren  Grunde  man 
die  Carot  pulsiren  fühlte,  davongetragen  habe.  An  der  äusseren  r.  Seite 
des  Halses  fand  man  einen  rothen,  im  untersten  Theile  fiuctuirenden  Tumor, 
der,  geöffnet,  eine  Menge  übelriechenden  Eiters  entleerte.  7  Tage  nach  der 
Aufnahme  trat  eine  arterielle  (etwa  32  Unz.)  Blutung  ein,  und  als  am  fol- 
genden Tage  eine  neue  Hämorrhagie  wiederkehrte,  wurde  die  Ligatar  des 
Hauptstammes  ausgeführt  Blutungen  traten  nicht  mehr  ein;  die  Erschöpfung 
war  hochgradig. 


Zar  Ligatur  der  Arteria  Carotis  commnois.  297 

90)  Nach  der  Ligatnr  wurden  die  verletitcn  Zweige  der  Carot  ext.  auf- 
gesucht, konnten  jedoch  nicht  erreicht  werden.  Gompression.  Vereinigung 
der  Wände. 

92)  Die  Onterbindang  wurde  gemacht,  als  die  Gompression  der  Garot. 
die  Blotang  nicht  mehr  stillte,  aber  die  Blutung  dauerte  geschwächt  fort; 
da  aber  der  Blutstoss  geringer  geworden,  so  bildete  sich  bei  Gegendrücken 
eines  Sehwammes  nach  einigen  Minuten  ein  Thrombus.  Um  sich  gegen  eine 
nene  Blntang  zu  sichern,  wurden  1|  Zoll  des  Unterkiefers  resecirt,  und  die 
Art.  maz.  int.  unterbunden;  der  4  Tage  währende  Kopfsehmerz  war  das 
einzige  Symptom.  Im  Januar  war  Pat.  als  genesen  anzusehen.  Später  ent- 
wickelten sich  an  verschiedenen  Stellen  des  r.  Darmbeines,  1.  Halswirbels, 
des  Schlfisselbeiues  —  durch  Necrose  bedingte  —  Abscedirnngen.  Sect. :  Die 
lojeetion  in  die  I.  Carot.  und  beide  Vertebrales  durch  Prof  v.  Patruban 
ergab:  1"  der  Aiterie  fehlte  an  der  Ligaturstelle,  dafür  ein  dünner  Binde- 
gewebsstreif ;  das  obere  Carotisstück  ganz  obturirt ,  am  unteren  bis  zur  In- 
nom  reichende,  weiche,  frische  Gerinnsel.  Beiderseits  waren  die  Oarotis- 
Zweige  xiemlich  gleich.  Am  CircuL  art.  Will,  fanden  sich  auf  der  einen  (?) 
Seite  3  kleine,  neben  einander  Yerlaufende  Qef&sse. 

93)  Die  Kugel  schlug  die  unteren  Schneidezähne  aus,  ging  durch  die 
Zunge  unter  dem  Kieferwinkel,  und  wurde  durch  Eiterung  ausgestossen. 

98)  Bei  der  Exstirpation  war  eine  prophylactische,  offene  Schlinge  um 
die  Garot.  gelegt  gewesen,  die  am  Schlüsse  der  Operation  entfernt  wurde; 
gegen    30  Ligaturen  wurden  gebraucht    Nach  6  Tagen  erfolgte  die  erste 
Nachblutung  ans  dem  Stumpfe  der  Art.  thyr.  sup.,  von  der  die  Ligatur  sich 
schon  gelöst  hatte.    Dm  die  schwer  isolirte  Carot.  wurden  2  Ligaturen  ge- 
legt, deren  eine  über  der  Art.  thjr.  sup.  zu  liegen  kam.  —  15.  Juli  5i  h.  p.  m. 
heftige,  nnr  aus  der  Garot.  selbst  kommende  Blutung,  steht  auf  Gompression 
derselben  in  der  Wunde;  da  ein  Gompressorium  nicht  in  die  Wunde  gelegt 
werden  kann,  wird  Digitalcompress.  vom  15.  5J  h.  bis  20.  Juli  3?,  h.  p.m.  aus- 
gefibt.  —  18.  Pat.  hört  nicht  mehr,  kann  nicht  sprechen,  der  Mund  ist  zu- 
sammengeklemmt.    148  Puls.    Abd.     Schüttelfrost.  —   19.  Morg.  Puls  104, 
Abd.  152.     Resp.  72  -  76.    Augen  offen,  stier,  häußges  Schlagen  mit  dem  r. 
Arme.  —  S  e  c  t. :  Die  mit  der  Wand  verlöthete  Vena  jug.  enthält  ein  langes,  wei- 
ches Gcrinnael,   wie  die  übrigen  grossen  Venen;   nirgends  in  ihnen  Eiter, 
nirgends  eine  Spur  von  Phlebitis.    Die  Enden   der  durchschnittenen  Carot. 
sind  entfernt;  die  Art  subcl.  geht  hinter  der  Trachea  weg. 

99  a)  ist   leider  erst  später  eingeschoben ,   und   deshalb  in  den  statisti- 
schen Zasammenstellungen   nur   bei  Lähmung  und  Abscess  im  Gehirn  be-, 
rücksichtigt. 

1Q3)  General  Bayard,  am  11.  j^n  verwundet,  musste  die  Pfeilspitze 


298  Dr.  C.  Pilz, 

aus  Mangel  an  Instrumenten,  in  der  Unterkiefergegend  behalten;  leichte  Blu- 
tung aus  der  Nase.  Die  später  erfolgte  Extraction  der  Pfeilspitze  yerlief 
unter  heftiger  Blutnng  ans  Nase  und  Mund;  bald  traten  Schmerzen  beim 
Entfernen  der  Kiefer  von  einander  ein,  Schwellung  des  Gesichtes,  Biotnog, 
ein  grosses,  die  Schwellung  vermehrendes  Blutextravasat  erforderte  loci- 
sionen  im  Gesichte  und  im  Munde;  neue  Blutung  zwang  zur  Ligatur,  der 
keine  Blutung  mehr  folgte. 

106)  Der  Schnitt  hatte  nicht  den  Kehl-  und  Schlnndkopf  erreicht,  die 
Quelle  der  Blutung  ist  nicht  zu  finden,  die  ünterbiDdung  einer  kleinen  Ar- 
terie ohne  weiteren  Erfolg.  Da  die  Compression  der  Garot  die  Blotung 
stillte,  und  Pat.  immer  schwächer  wurde,  so  wurde  die  Ligatur  derselben 
gemacht. 

107)  Leider  fehlt  eine  genaue  Krankengeschichte.  Pat.  zeigt  eine  fanst- 
grosse  Geschwulst,  die  vom  Trigon.  coli.  r.  bis  zur  Mittellinie  des  Halses 
reicht,  an  den  Rändern  fest,  in  der  Mitte  fluctuirend  erscheint;  da  der  Kräfte* 
zustand  schwach  ist,  so  erscheint  eine  Operation  nicht  möglich.  Eine  Pqdc* 
tion,  —  eine  braune,  zähe  FlQssigkeit  entleerend  —  mit  nachfolgender  Jod- 
injection  schafft  Erleichterung;  die  Gjste  fQllt  sich  schnell,  neue  Eotiee- 
rnng;  die  Kräfte  nehmen  ab,  das  Athmen  wird  immer  beschwerter,  eiDe& 
Morgens  entsteht  bei  der  Visite  ans  der  Oeffoung  eine  heftige  Blutung,  bo 
dass  der  Assistent  sogleich  die  Ligatur  der  Garot.  machen  muss. 

109)  Bei  der  Exstirpation  durch  Schuh  war  die  Max.  interna  nahe  am 
Ursprünge  abgeschnitten  und  dann  ligirt  worden. 

110)  Bei  der  Ablösung  eines  Enchoodromes  von  der  Ge&sacheid^  hatte 
man  an  der  Theiluugsstelle  der  Garot.  eine  atheromatöse  Stelle  erkannt 
Am  7.  Tage  erfolgte  bei  leiser  Entfernung  eines  Ligaturfadens  heftige  Blu- 
tung aus  der  Garot.  exti,  die  sogleich  unterbunden  wird.  2  Tage  später 
verlangte  eine  Blutung  aus  der  atheromatösen  Stelle  die  Ligatur  über  und 
unter  der  Theiluugsstelle. 

112)  Das  Messer,  unter  dem  Proc.  mast.  eingestossen,  hatte  den  hinte- 
ren Rand  des  M.  sternocleid.  durchschnitten,  und  einen  langen  Schnitt  über 
den  Nacken  geschaffen. 

116)  Mit  der  Ligatur  erlosch  die  Blutung,  und  die  Pulsation  im  Aneur., 
in  der  4.  Woche  war  in  der  Art.  temporal,  r.  der  Puls  schwach  fUhlbar, 
wurde  dann  stärker;  in  den  ersten  Tagen  war  die  Art.  radial,  n  schwächer 
als  die  linke. 

118)  Die  Kugel,  eingedrungen  in  die  Flügelgaumengrube,  hatte  den  Proc. 
condjl.  zerschmettert,  ~  die  Kugel  blieb  zurflck  —  es  entstanden  heftige 
Athemnoth  und  Schlingbeschwerden,  die  Anämie  war  bedeutend.  Mit  der 
Ligatur  und  Entfernung  der  Kugel  aus  dem  Proc.  condyl.  max.  inf.  liess 
die  Athemnoth  nach.  —  Sect.:    Der  Oberkiefer  erschien  in  seiner  hinteren 


Zar  Ligatnr  der  Arteria  Carotis  commanis.  299 

Partie  gestreift,  ebenso  das  Keilbein  in  der  Gegend  des  Foram.  carot. ,  die 
Garoi  jedoch  nnverletat  Die  Kugel  hatte  etwas  hinter  der  Mandel  die  Pha- 
ryngeal wand  gefasst,  nnd  mit  dem  ganzen  weichen  Ganmen  von  r.  nach  1. 
gedringt,  dadurch  den  Aditus  laryngo - phar.  sehr  verengt;  starke  Blntex- 
travasate  verliefen  abwärts  in  die  r.  Hälfte  der  Glottis  nnd  Epiglottis. 

122)  27.  Die  Lähmung  bestand  ohne  Temperaturdifferenz,  die  Zunge 
iconnte  nicht  bervorges treckt  werden,  das  Schlucken  selbst  fQr  FlOssigkeiten 
nicht  möglich,  die  Sprache  kaum  verständlich,  unwilikörliche  Urinentleernng« 
—  28.  Dio  r.  Gesichtsseite  gelähmt.  Pat.  scheint  zu  verstehen,  ohne  beant- 
worten za  können;  Nachmittags  sagt  er  ».ja**  und  ,,neln^  —  29.  Die  Zunge 
kann  hervorgestreckt  werden,  die  Pupillen  reagiren  lebhaft  -  1.  August.  Pat. 
ist  noch  theilnahmlos,  FlQssigkeiten  können  leidlich  genossen  werden,  in 
der  1.  Carot.  nirgends  Pulsation.  ~  3.  Einige  Worte  werden  deutlich  ge- 
sprocheo,  aber  gewisse  Gegenstande  kann  Pat.  nicht  bezeichnen.  —  8.  Bewe- 
gung der  Zonge  besser,  und  am  18.  die  Sprache.  —  22.  Die  r  Extremitäten 
noch  vollständig  motorisch  gelähmt.  Die  r.  Gesichtsmoskeln  schlaff,  aber 
nicht  mehr  gelähmt,  Bewegung  der  Zunge  gut;  noch  besteht  Aphasie.  —  Dec. 
1866:  Alle  Erscheinungen  sind  bis  auf  die  schwere  Beweglichkeit  des  r. 
Beioe»  gewichen. 

124}  Bei  der  Untersuchung  fand  man  die  Carot.  angeätzt,  durfte  sie 
aber  wegen  der  erkrankten  Umgebung  nicht  am  Orte  unterbinden,  eine  Blu- 
tnng  erfolgte  nicht  mehr. 

125)  Am  3.  Dec.  fehlte  Puls  in  den  Zweigen  der  Artt.  max.  ext,  tem- 
poral, nnd  occipit    Die  Artt  centr.  retin.  sind  beiderseits  gleich. 

127)  M.,  27  Jahre  alt,  kam  am  23.  Nov.  mit  einer  Psoriasis  syphilit  an 
den  Extremitäten  und  dem  Thorax  behaftet,  so  wie  mit  den  Resten  eines 
fifttoldsen  Bubo  inguinalis  auf  die  syphilitische  Abtheilung  des  Zfiricher  Can- 
ton-Spitales,  in  die  Behandlung  des  Hrn.  Geh.-Rath  Prof.  Dr.  Griesinger. 
Hier  begann,  bei  passender  Behandlung,  —  besonders  äusserlich  Bäder  und 
innerlich  Sablimat  —  das  Exanthem  zu  erblassen,  die  Fistel  secemirte 
immer  weniger.  Pat.  war  mit  Ausnahme  der  frQheren  Infection  immer  ge- 
sund gewesen,  nnd  stammte  ans  gesunder  Familie.  Am  28.  Nov.  klagte 
er  fiber  Schmerzen  beim  Bewegen  des  Kopfes  nnd  beim  Oeffnen  des  Mun- 
des; es  fanden  sich  aber  bei  der  Untersuchung  nur  mehrere  Drfisen  unter- 
halb des  Proc.  mast  etwas  geschwollen  nnd  empfindlich,  der  Druck  auf  den 
Proc  mast  selbst  war  nnempfindlich ;  am  30.  gab  Pat  stärkere  Schmerzen 
in  der  Ohrgegend  an;  jedoch  die  äussere  Untersuchung  und  die  otoscopi- 
sehe  zeigten  nichts  Abnormes.  Am  2.  Dec.  trat  unerwartet  eine  etwa  8  Unz. 
ausmachende  Blutung  aus  dem  r.  Ohre  auf,  welche  minder  stark  am  3.,  4. 
nnd  6.  sich  wiederholte;  ausserdem  erkannte  man  deutlich  eiterige  Beimi- 
schung bei  der  am  4.  sich  einstellenden  Hämorrhagie,  zu  deren  Stillung 


300  Dr.  C  Pilz, 

mftQ  sich  die  beiden  ersten  Male  der  Tamponnade  des  äusseren  Gehörganges 
mit  trockener  Gharpie,  die  letzteren  Male  aber  in  LGsung  von  Ferr.  ses- 
quichl.  getanchter  Obarpie  bediente.  Am  6.  nnd  7.  erfolgte  nur  blntig-cite- 
.rige  Secretion  ans  demselben  Ohre,  keine  eigentliche  Bluinog.  Jetzt  er- 
kannte m  an  eine  ausgebildete  diffose  ROthung  in  der  Gegend  des  Dnterkie- 
ferwinkels,  welche  zum  Theil  von  einer  leichten  Aetzung  durch  darauf  ge- 
tropften Liq.  Fern  sesqnichl.  hervorgerufen  sein  konnte.  Zugleich  war  die 
ganze  Gegend  etwas  geschwollen  nnd  auf  Druck  empfindlich.  Die  Unter- 
Buchung  des  r.  Ohres  mit  dem  Ohrenspiegel  Hess  am  7.  nur  etwas  ange- 
trocknetes Blut  am  unteren  Rande  des  anscheinend  perforirten  Trommel- 
felles erkennen.  Diese  Untersuchung  war  jedoch  wegen  starker  Anscb «Tei- 
lung des  äusseren  Gehörganges  und  der  gerade  schlechten  Beleuchtang 
unsicher  und  nicht  entscheidend.  Den  8.  und  9.  stellte  sich  eine  copiöse 
Blutung  ein;  am  Abend  des  letzten  Tages  war  der  Puls  frcquent,  die  Tem- 
peratur erhöht,  die,  in  der  Achselhöhle  gemessen,  39,6^  betrug.  Der  10. 
verlief  ohne  Blutung,  nur  entleerte  sich  blutig- eiteriges  Secret  aus  dem 
Ohre.  Am  11.  fand  Hr.  Dr.  Lehmann  bei  der  Morgenvisite  ein  Speiglas 
voll  blutig- eiteriger  Masse,  in  der  die  eiterigen  B estandtheile  vorherrschten 
dieselben  waren  mit  Husten  aus  dem  Munde  entleert  worden.  Weder  ein 
Abscess,  noch  eine  Oeffnung  am  Gaumen  oder  an  der  hinteren  Pharjnx- 
wand  liess  sich,  bei  dem  etwas  behinderten  Ocffnen  des  Mundes,  auffiodon; 
auch  den  Tag  Aber  wurden,  unter  massigem  Hustenreize,  gleichartig  blutig- 
eiterige Sputa  entleert;  an  den  Lungen  war  durch  Percussion  und  Auscal- 
tation  nichts  Abnormes  zu  finden,  auch  hatte  früher  Fat  nie  an  Husten 
gelitten.  Am  12.  zeigte  sich  wieder  ein  geringer  Ausfluss  aus  dem  r.  Ohre; 
der  Auswurf  war  geringer  als  gestern,  betrug  den  Tag  über  gleichwohl  nocb 
etwa  10  Unzen,  und  Pat.  gab  an,  das  Gefühl  zu  haben,  als  käme  Alles 
aus  dem  Rachen.  In  der  folgenden  Itacht  fand  eine  heftige  Blutnog  ans 
dem  Ohre  und  Munde  statt,  welche  durch  Compression  der  Carot  gestillt 
wurde.  Am  13.  konnte  die  Perforation  constatirt  werden,  indem  bei  ge- 
nauer Untersuchung  des  besser  zu  öffnenden  Mundes  eine  Vorwölbung  der 
r.  Gaumengegend,  und  mit  einem  Spiegel  auch  eine  linsengrosse  Oeffonng 
an  der  seitlichen  Pharynxwand  wahrgenommen  wird,  aus  der  etwas  Eiter 
fiiesst.  Pat.,  durch  diese  Blutungen  angegriffen,  war  schon  sehr  ängstlich 
geworden,  und  obwohl  er  vollkommene  Ruhe  beobachtete,  gegen  den  stark 
auftretenden  Durst  nur  Eis  und  Limon.  sulph.  gebrauchte,  hatte  er  schon 
wieder  um  5  Uhr  Nachmittags  eine  so  heftige  Blutung  ans  Mund,  Nase  nod 
Ohr,  dass,  nachdem  dieselbe  durch  Compression  der  r.  Carotis  zum  Stehen 
gebracht  war,  Pat.  höchst  angegriffen  und  bleich,  mit  bläulichen  Lippen 
und  kleinem  Pulse,  dalag.  Hr.  Prof.  Billroth,  der  inzwischen  herbeige- 
rufen war,  beschloss,  sogleich  die  Unterbidung  der  bisher  comprimirteo  Art. 


Zar  Ligatur  der  Arteria  Carotis  commonis.  301 

Carot.  comm.  dextr.  zu  machen.  Nach  der  Cbloroformirang  wurde  die  Cn- 
terbiodnng  nach  A.  Oooper  glücklich  ausgeführt,  obwohl  stark  ausgedehnte 
Venen,  besonders  die  Vena  jag.  ext,  welche  nach  Aussen  geschoben  wurde, 
die  Operation  etwas  mühsam  machten.  Die  Unterbindung  hatte  auf  die  Ath- 
mnag  keinen  wahrnehmbareu  Effect.  Als  Fat.  aus  der  Narcose  zu  sich  ge- 
kommeD,  erbrach  er  nicht,  klagte  über  keine  Kopfschmerzen,  nur  zeigte  er 
starken  Darst,  der  durch  dargereichte  Eisstückchen  gem&ssigt  wurde.  L&h- 
moogscracheinungen  der  Gesichtsseite,  der  Extremitäten;  Veränderungen  der 
Stimme,  Sprache,  des  Auges  etc.  traten  in  keiner  Weise  ein.  Die  Wunde 
blieb  offen,  der  Ligaturfaden  wurde  aussen  befestigt,  ein  leichter  Verband 
angelegt.  —  Ord.:  Limon.  snlph  ,  Eis,  Ruhe. 

Nachdem  Fat.  die  Nacht  gut  geschlafen,  befindet  er  sich  am  14.  noch 
schwach,  hat  starken  Durst;  das  Sensorium  ist  frei,  Fat.  ist  mit  Ausnahme 
geriogen  Ropfwehes  ohne  Schmerzen;  die  Artt.  max.  ext  dx.  und  temporal 
polairen;  —  leider  wurden  sie  gestern  auf  Fulsation  nicht  untersucht  — 
Die  Wunde,  vom  besten  Aussehen,  schien  sich  bald  schliessen  zu  wollen, 
als  am  17.  Duc.  ihre  Umgebung  geschwollen  und  schmerzhaft  wurde;  bald 
entleerte  sich  auf  leichten  Dratk  Eiter  aus  der  Tiefe;  dreimal  wurde 
dieselbe  jetzt  täglich  mit  Aq.  chlor,  verbunden.  Zugleich  trat  hiermit 
eine  stärkere,  mit  etwas  Blut  untermischte  Eiterung  ans  dem  rechten  Ohre 
auf,  dessen  Gehör  erloschen  war.  Der  Zustand  des  Trommelfelles  konnte 
nicht  mehr  untersucht  werden,  wegen  der  starken  Schwellung  und  Schmerz- 
haftigkeit  der  Umgebung;  reinigende  Ausspritzungen  wurden  vorsichtig  ge- 
macht -'  wahrscheinlich  war  das  Gehör  schon  vor  der  Ligatur  verloren  ge- 
gangen; aber  nach  der  Unterbindung  wurde  man  erst  darauf  aufmerksam; 
des  Fat  Angaben  waren  darüber  zu  unbestimmt 

So  verflossen,  ohne  dass  eine  neue  Blutung  eingetreten  wäre,  9  Tage, 
in  denen  der  Math  und  das  Aussehen  des  Fat:  sich  gebessert  hatte;  die 
Eiterong  aus  der  sich  verkleinernden  Halswunde  hatte  nachgelassen,  ohne 
dass  die  Eiterung  aus  dem  Ohre  gleichen  Schritt  gehalten  hätte.  Da  er- 
folgte plötzlich  am  23.  Dec.  Abends  eine  heftige  Hämorrhagie  aus  Nase, 
Hoüd  und  Ohr,  welcher  die  Gompression  der  1.  Garot  und  dargereichte  Eis- 
stfickchen  Halt  geboten.  Eine  vollständige  Digitalcompression  wurde  noch  \ 
Stande  Ung  fortgesetzt,  und  dann  bis  6  Uhr  Morgens  eine  unterbrochene, 
Anfangs  10,  später  5  Minuten  währende  Plgitalcompression  von  4  sich  ab- 
wechselnden Assistenten  durchgeführt  Fat,  sehr  schwach,  schlief  in  die- 
ser Nacht  zeitweise,  war  ziemlich  ruhig,  bei  klarem  Bewusstsein,  empfand 
geringen  Druck  in  der  Stirn;  die  Hände  und  das  Gesicht  waren  kühl, 
der  Puls  frequent,  Durst  andauernd  heftig.  —  Eis,  Limon.  snlph.  Am  24. 
wurde  etwa  alle  Stunden  eine  5  -  10  Minuten  dauernde  Digitalcompressiou 
ausgeübt,  doch  in  der  folgenden  Nacht  von  derselben  abgestanden,  weil  Fat 


302  Dr.  C.  Pill, 

den  schmerzhaft  gewordenen  Druck  nicht  mehr  gat  ertrag.  Alles  ging  goi 
Fat.  schlief,  hatte  wieder  Appetit,  blieb  fieberlos,  die  Halswunde  scklos« 
sich  mehr  nnd  mehr,  die  £iterung  ans  dem  Ohre  nahm  nicht  zn,  als  in  der 
Nacht  vom  26.  zum  27.  Dec.  sich  eine  sehr  starke  Blutung  einstellte.  Bis 
zur  Ankunft  des  sogleich  gerufenen  Prof.  Billroth  wurde  die  Compression 
der  1.  Garot  mit  £rfoIg  gemacht;  derselbe  führte  die  für  dieses  traurige  Er- 
eigniss  beschlossene  Ligatur  der  1.  Carotis  aus.  Auch  diesmal  wurde  der 
sehr  angegriffene  Pat,  Chloroform irt,  aber  nachdem  mit  glücklicher  Deber- 
Windung  der  Schwierigkeiten,  welche  die  bedeutend  vergrösserten  Arterien 
und  Venen  dieser  Seite  boten,  die  Ligatur  um  das  sorgfältig  isolirte  Geßss 
gelegt  war,  Hess  man  Pat  vollständig  zu  sich  kommen,  und  schloss  nun 
erst  die  Ligatur.  Mit  Schluss  derselben  trat  vollständige  Bewusstlosigkeit, 
schwache,  langsame  Inspiration,  gefolgt  von  geräuschvoller,  stöhnender  Ex- 
spiration ein,  das  Gesicht  wurde  fast  noch  bleicher,  als  zuvor,  die  Augen 
starr,  die  Pupillen  verengt,  so  dass  Pat  den  Eindruck  eines  Apoplectischeo 
machte.  Reiben  der  Extremitäten,  Vorhalten  von  Ammoniak  und  Aether, 
Bespritzen  mit  kaltem  Wasser  etc.  hatte  durchaus  keinen  Erfolg;  -*  gleich 
nach  der  Operation  war  Pat  in  eine  horizontale  Lage  gebracht  worden. 
So  verging  etwa  eine  Stunde;  dann  kehrte  das  Bewnsstsein  alhn&llg 
wieder,  das  Aussehen  wurde  besser.  10  Minuten  nach  der  Operation  war  der 
Puls  in  der  Art.  temporal,  und  max.  ext  sin.  zu  fflhlen;  die  Art  radial 
fQhlte  sich  sogleich  nach  der  Unterbindung  sehr  gespannt  an.  In  der  Nacht 
hatte  Pat  yiel  Durst,  leichten,  oft  unterbrochenen  Schlaf.  Am  folgenden 
Morgen,  den  27.  Dec,  befand  sich  Pat  verhältnissmässig  gut;  sein  Aussehen 
war  noch  angegriffen,  die  Gesichtsfarbe  bleich,  der  Puls  massig  freqnent, 
die  Körpertemperatur  wenig  erhöht,  Pupillen  beide  gleich  weit,  normal;  er 
hatte  etwas  Druck  im  Kopfe,  und  viel  Durst;  schläft  viel,  ohne  im  Schlafe 
zu  sprechen,  Harn-  und  Stuhlentleerung  ist  willkürlich.  Derselbe  Zustand 
dauert  bis  28.  Dec  Mittags.  Während  Pat.  viel  schläft,  treten  nnwiUkflr- 
liehe  Entleerungen  ein,  dabei  behält  Pat.  andauernd  die  Rückenlage  bei, 
macht  oft  hebende  Bewegungen  mit  beiden  unteren  Extremitäten,  besonder! 
aber  mit  dem  1.  Beine.  Die  Hände  liegen  meist  ruhig,  vollführen  nur  bis- 
weilen greifende  Bewegungen,  der  Blick  ist  etwas  stier;  Pat.,  ohne  Appetit, 
antwortet  ungern  nnd  mürrisch  auf  .die  Fragen,  giebt  mehrfach  bestimmt 
an,  keine  Schmerzen,  selbst  nicht  mehr  im  Kopfe,  zu  haben.  Der  kleine, 
schwache  Puls  hat  116  Schläge,  Respiration  zählte  ich  zu  20  Athemzügeo. 
Am  29.  ist  das  Fieber  stärker,  der  Puls  leicht  comprimirbar,  klein,  hat  130 
Schläge,  ist  aber  in  beiden  Artt  max.  ext  zu  fühlen.  Pat  schläft  den  Tag 
über  Tiel,  hat  unwillkürliche  Urinentleerung,  die  Wunden  sehen  gut  aus,  der 
Ausflnss  aus  dem  r.  Ohre  ist  stärker;  dieselben  Bewegungen  beider  Beine 
erfolgen  auch  heute;  das  Bewnsstsein  ist  erheblich  geschwächt  —  Abendi 


Zar  Ligatur  der  Arteria  Carotis  commonis. 


Ligi 


303 


liegt  Pai  gleichüalle  mit  geechloasenen  Augen,  daa  Geeicht  ist  bleich,  etwas 
livid,  die  Lippen  bl&Qlicb,  Conjanotiva  blass;  auf  lautes  Anreden  kommt 
Pat,  wie  ans  einem  schweren  Traume,  zu  sich,  starrt  den  Betreffenden  mit 
gleich  weiten  Pupillen  an,  versteht  langsam  die  Fragen,  antwortet  kurz, 
nachdem  er  sich  etwas  hat  besinnen  müssen,  um  die  Augen  sogleich  wieder 
zu  schliessen;  noch  erkannte  Pat.  die  einzelnen  Gegenstände.  Zuckungen 
im  Gesiebte  sind  noch  nicht  aufgetreten,  dagegen  stellte  sich  Nachmittags 
bäofiges  »Flockenlesen*  ein.  Die  Sensibilit&t  war  noch  für  Berührung  und 
Nadelstiche  aller  Orten  gut  erhalten.  Der  kleine  Puls  zählt  120  Schläge, 
die  nicht  schwere,  aber  auch  nicht  flache  Respiration  16  Züge.  In  der  Nacht, 
wähieod  Pat.  bis  2  Uhr  dem  Wärter  ordentliche  Antworten  gegeben,  und 
jeden  Schmerz  in  Abrede  gestellt  hatte,  stellte  sich  plötzlich  gegen  2  Uhr 
ODter  Husten  eine  sehr  heftige  Blutung  aus  Ohr,  Mund  und  Nase  ein,  und 
Pst.  yerscbied  dann  ohne  Zuckungen  und  Krämpfe,  unter  den  Erscheinun- 
gen hochgradiger  Schwäche,  um  3^  Uhr  Morgens. 

Die  Temperaturmessungen  in  der  Achselhöhle  ergaben: 


Uorgs. 

Abds. 

Horgs. 

Abds. 

Morgs. 

Abdt. 

9.  - 

39,6« 

IH.  38,7« 

38,8« 

23.  37« 

— 

10.  39,6» 

39,2. 

17.  38.9. 

38    . 

24.  - 

38,1« 

11,  38,4. 

37,8. 

18.  38,8. 

37,8. 

25.    37. 

37,4. 

15.  3T,2« 

38    . 

19.  87,2. 

37,4. 

26.  37,1, 

37,7. 

18.  37,1, 

37,2. 

20.  37,5. 

37,6, 

27.  37,4. 

37,7, 

14.  87,5. 

37,9. 

21.  88,3, 

39,2. 

28.  87,4. 

38,3. 

15.  38,4. 

38,5^ 

22.  36,9. 

87,2. 

29.  39,5. 

38,9. 

Die  Sectio n  wurde  von  Herrn  Prof.  Rindfleisch  ausgeführt. 

Die  bleichen  Hautdecken  zeigen  ein  sparsames,  gelblich  -  rüthliches  Ro- 
seola-Exanthem nur  an  der  Brust  und  den  Armen;  eine  Narbe  findet  sich 
io  der  L  Ingninalgegend.  Oedem  ist  nirgends  Torhanden;  die  Papillen  sind 
gleich.  Das  nicht  verdickte  Schädeldach  zeigte  deutlich  die  Eindrücke  der 
Art  meningea;  das  Gehirn  ist  nicht  so  anämisch,  wie  man  hätte  erwarten 
sollen;  am  wenigsten  blutreich  erseheinen  die  vorderen  Gehiralappen.  Das 
aus  den  durchschnittenen  Arterien  (Carot.  und  Vertebr.)  ausfliessende  Blut 
ist  sehr  wässerig  und  blass.  Nach  der  Herausnahme  des  Gehirnes  zeigen 
sieb  die  Sinus  nicht  stark  gefüllt  Aus  dem  eröffneten  Sin.  transv.,  der 
eigentbümlicher  Weise  seine  Sehenkel  nicht,  wie  gewöhnlich,  in  Torcul.  He- 
roph.  sich  vereinigen  läast^  sondern  höher  hinauf  an  der  Schuppe,  findet  sieh 
^^nig,  gleichfalls  dünnflüssiges  Blut.  Dss  Gehirn  ist  in  allen  seinen  Theilen 
von  guter  Consistenz,  nirgend  erweicht;  die  Plex.  choroid.  sind  sehr  blass; 
die  Seitenventrikel  ohne  Flüssigkeits- Ansammlung.  Was  die  Garotiden  an- 
^gt.  so  erscheint  das  Lumen  der  rechten,  so  weit  man  sie  in  der  Schädel- 
höhle  sehen  kann,  etwas  erweitert,  auch  weist  sie  mehrere  schwache  Trü- 
bungen der  Intima  anf.    Um  dem  Orte  der  Blutung  auf  die  Spur  zu  kom- 


304  !>'•  C.  Pila, 

men,  wird  das  rechte  Ohr  mit  den  anliegenden  Gesichtsbedeckangen  in  seich- 
ten, langen  Schnitten  abgelöst;  bald  trifft  man  hierbei  anomale  Verhältnisse. 
Man  erkennt  nämlich  eine  spaltförmige  Oeffnnng  im  unteren  Theile  des  knor- 
peligen Gehörganges,  von  wo  aus  man  in  einen  Raum  hinter  dem  Kiefer- 
winkel gelangt    Um  weitere  Einsicht  zu  erhalten,  exarticulirte  Prof.  Bill- 
roth  den  r.  halben  Unterkiefer,  mit  möglichster  Schonung  der  Weichtheile. 
Nach  ZnrQcksch  lagen  der  Weich  theile  des  Gesichtes  sieht  man,  schräg  vom 
Meat.  andit.  ext.,  nach  unten   und  innen  eine  ca.  2  Zoll  lange  Höhle,  an 
gef&llt  mit  Blutcoagulis  und  krflmelig  eiteriger  Gerinnselmasse.    Jetzt  wurde 
die  Section  so  weiter  geführt,  dass  man  von  der  Unterbindnngsstelle  der 
rechten  Carotis  ausging;  die  bei  dem  Tode  noch  vorhandenen  Ligaturfiden 
waren  nicht  mehr  vorhanden,  mussten  also  beim  Transporte  herausgezogen 
sein.    Die  in  der  Tiefe  ganz  gesohlossene  Wunde  hatte  noch  schmale,  kleine 
Wnndränder.    Nachdem  von.  der  Wunde  aus  in  der  Richtung  der  Carotis 
ein  Längsschnitt  und  einige  Schnitte  zur  Isolirung  derselben  im  etwas  festen, 
speckigen  Gewebe  gefQhrt  waren,  fand  man  die  Arterie  über  2  Zoll  weit 
von  einem  festen,  der  Geflisswand  vollständig  adhärirenden  Thrombus  — 
wie  auf  einem  Querschnitt  gut  zu  zu  erkennen  —  verschlossen;  derselbe 
reichte  abwärts  bis  zur  Anonyma,  aufwärts  in  die  Garot.  ext.  und  int  ein 
Stück  hinein,  hier  jedoch  von  geringerer  Consistenz,  als  unten.    Um  die  ar- 
rodirte  Gef&ssstelle  zu  finden,  wurde  in  den  Abgang  der  Carot  vom  Stamme, 
bei    Verschluss  des  Lumens   derselben  an  der  Basis  cranii,  eine  Wasser- 
Injection  gemacht;  bald  sah  man  in  der  vorher  erwähnten  Höhle  sieb  das 
Wasser  sammeln,  und  die  Gerinnsel  heransspülen,  und  dann,  wie  es  ans  der 
Innenseite  der  Carot  int.,  bevor  sie  die  erste  Biegung  in  den  Canal.  caroL 
macht,  herausfloss,  und  einen  an  der  Wandung  des  Gefösses  noch  sitzenden 
Fetzen  derselben  hin-  und  herbewegte.    Die  Oeffnung  der  Arterie  an  ibrer 
inneren,  und  theilweise  vorderen  Wand,  von  8  Mm.  Länge  und  6  Mm.  Breite, 
war  nach  oben  zu  glatt  abgerundet,  nach  unten  etwas  schärfer;  nach  innen 
und  nach  aussen  versehen  mit  Fetzen  der  Wandung ,  von  welchen  der  Rest 
an  der  äusseren  Seite  mit  voller  Basis  aufsass,  an  der  inneren  nur  in  der 
Mitte  seines  Grundes.   Nach  Entfernung  der  Gerinnsel  aus  der  pathologischen 
Höhle  fand  der  eingeführte  Finger  nach  innen  und  unten  eine  Zuspitzung 
derselben ,- von  wo  aus  eine  Sonde  leicht  in  die  Rachenhöhlo  gelangt,  und 
vom  Munde  aus  hinter  dem  r.  Gaumensegel  sichtbar  wird;  nach  Durchschnei- 
dang  des  letzteren,  zu  besserer  Einsicht,  erkennt  man  genau  die  Perfora- 
tionsstelle.   Die  Grösse  der  pathologischen  Höhle  beträgt  in  grösster  Länge 
6,6  Ctm.,  in  grösster  Breite  3,6  Ctm. ;  ihre  Grenzen  sind  oben :  das  an  seiner 
unteren  Fläche  von  Weichtheileu  und  Periost  entblösste,  rauhe  Felsenbein; 
innen:  die  seitliche  Wand  des  Pharynx,  in  den  von  der  Höhle  aus  eine  Oeff- 
nung von  der  Dicke  eines  Rabenfederkieles  führt,  nach  vorne  der  Muse  pte- 


Znr  Ligatur  der  Arteria  Carotis  commoniB.  305 

rjgoid.  ist  und  hintere  Banch  des  Mose  digastricas,  nach  hinten  die  mit  ihrer 
Hascolator  versehene  Wirbelsäale ;  frei  in  dieser  IlOhle  lag  nan  die  Garot.  in- 
terna. Die  Wunde  an  der  linken  Halsseite  war  in  guter  Eiterung;  die  geöS- 
nete  Arterie  zeigte  keinen  Thrombus,  weder  Über  noch  unter  der  Ligatur,  auch 
ist  die  Intima  nicht  zerrissen;  doch  war  die  Geftsswand  so  stark  gefaltet, 
dass  Uodurchgängigkeit  ohne  Zweifel  bestanden  hat  —  Die  Qbrigen  Organe 
zeigen  nichts  Abnormes,  vor  Allem  die  Lungen  keine  Tifberculose,  nur  ist 
der  Blotgehalt  der  Tbeile  sehr  gering;  die  gesammte  Musculatur  erscheint 
trocken.  Um  das  Felsenbein  noch  genauer  zu  untersuchen,  wurde  es  keil- 
förmig herausgesägt;  es  zeigte  sich,  dass  die  die  Mastoid  -  Zellen  ausklei- 
dende Membran  abgelöst  ist,  und  die  Zellen  selbst  grossen theils  in  den  cariösen 
Process  hineingezogen  sind;  am  weitesten  jedoch  ist  die  Zerstörung  an  der 
unteren  Fläche  des  Felsenbeines  vorgeschritten.  Die  ganze  Partie  ist  nicht 
Dor  völlig  ihres  Periostes  beraubt,  sondern  es  bestehen  auch  Defecte  am 
Knochen  der  Art,  dass  in  dem  seiner  unteren  Wand  ganz  beraubten  Canal. 
caroticus  die  Garot.  int.  frei  daliegt.  —  Neben  der  Garies  am  Felsenbeine 
existirt  eine  geringgradige  am  Siebbeine;  das  erhaltene  Trommelfell  ist 
normal 

128)  Vor  6  Wochen  zeigte  sich  eine  Anschwellung  etwas  über  dem  L 
Kieferwinkel,  zuerst  beim  Kauen  bemerkbar  geworden.  Diese,  bis  Tauben- 
eigrösse  gewachsen,  nicht  mehr  verschieblich,  schmerzlos,  macht  die  Kau- 
bewegnngen  mit.  Am  21  Dec.  machte  Prof.  v.  Langenbeck  die  wegen 
der  nahen  Garotis  mühsame  Ausschälong  ohne  besondere  Blutung;  am  fol- 
genden Tage  geringe  Reaction;  am  23.  zwang  die  plötzlich  aufgetretene, 
nicht  zu  stillende  Blutung  aus  der  Wunde  zur  Ligatur  der  Art  Garot. 

130)  Ein  dreieckiger,  seine  Basis  dem  weichen  Gaumen  zuwendender 
Defect  im  harten  Gaumen  blieb  nach  einem  Pistolenschusse  zurück.  Die 
Bchmerhafte  Ablösung  am  8.  war  von  starker  Blutung  begleitet,  welche  auch 
nach  der  Operation  noch  aus  der  Nase  andauerte.  Nachdem  Pat.  sich  schon 
etwas  erholt  hatte,  trat  am  16.  aus  dem  1.  Seitenschnitte,  am  18.  ans  dem 
r.  eine  durch  Kälte  leicht  stillbare  Blutung  ein,  während  am  19.  ans  dem 
1.  Seitenschnitte  eine  schwer  stillbare  sich  einstellte,  und  eine  neue  am  20. 
Nachts  die  üaterbindung  der  Garot.  comm.  nöthig  machte. 

131)  Seit  dem  25.  Oct.  fühlt  sich  P.  B.  unwohl,  hzt  am  9.  Dec.  eine 
schwache  Blutung  aus  Nase  und  Mund,  aus  letzterem  wieder  am  11.  Dec.; 
es  erscheint  eine  neue  Roseola  und  Eruption  von  Furunkeln  am  1.  Vorder- 
arme; am  12.  fehlt  die  Remission  von  Puls  und  Temperatur.  13.  Blutung 
von  6—8  Duzen  aus  6— 8  Linien  langem  Einrisse  in  dem  r.  Gaumenbogen 
▼ird  dnrch  die  Tamponnade  gestillt.  15.  Der  Einriss  bildet  den  Eingang  zn 
einer  haselnossgrossen  Höhle,  deren  Wände  mit  grauem  Belag  bedeckt  sind; 
▼ährend  diese  Höhl*^  sich  vergrössert,  erfolgen  am  17.  und  19.  neue  Blu- 

V.  Lang«ob«ck'i  ArehiT  für  Chirurgio.  IX.  20 


306  !>'.  C.  Pilz, 

tangen.  Am  23.  trat  aber  eine  so  heftife  Hftmorrhagie  ein,  dasa  das  Blot 
immer  durch  den  Tampon  durchsickert,  nnd  mit  jedem  Hnstenstosse  sich 
die  Blutung  erneut 

132)  Die  im  Dec.  1864  auftretenden  Erscheinungen  wurden  fftr  eine 
Neuralgie  des  Ram  infraorbit.  gehalten,  bis  im  März  1865  allseitige  Voloms- 
zunähme  des  Oberkiefers  und  Verfall  der  Krftfte  die  Natur  des  Leideis  er- 
kennen liess.  16.  Apr.  Reseetion  des  Oberkiefers,  von  der  Fat.  den  9.  J&li 
genesen  war.  Die  wegen  allm&iig  gesteigerter  Schlingbeschwerden  nnter- 
nommene  Uatersuehung  im  October  erkannte  als  Ursache  derselben  einen 
von  der  linken  Pharjnxwand  ausgegangenen,  den  grAssten  Theil  des  Schlond- 
kopfes  verlegenden  Tumor;  gleichzeitig  zeigten  sich  die  Halsdr&sen  iafiltsrirt 
und  schmerzhaft  Nur  um  das  Schlingen  zu  erleichtern,  wurde  so  viel  als 
möglich  von  der  Neubildung  entfernt;  der  Process  schritt  jedoch  unter  Sin- 
ken der  Kräfte  weiter.  Am  14.  Dec.  fanden  zwei  starke  Blutungen  statt; 
B.  fand  die  Person  pulslos,  einer  Leiche  gleich;  bei  Reinigung  der  hintereD 
Rachen  wand  sah  man  das  Blut  von  oben  herabfliessen.  --  Tamponnade  mit 
Liq.  Ferr.  sesquichl.  und  Gompression  der  Carot  am  Halse,  da  wahrschein- 
lich die  Carot  int  angefitzt  war.  —  Abds.  11  Uhr  eine  heftige  Blatong,  die 
Dr.  Petri  durch  Gompression  der  Carot  gestillt  hatte,  Pat  wieder  pnlalos. 
B.  glaubte,  jetzt  die  Ligatur  nicht  länger  aufschieben  zu  dürfen.  Am  17. 
Tage  etwa  war  in  der  Carot  ext.  schwache  Pulsation.  Im  Januar  heftiger 
Ohrenschmerz,  mit  Ausfluss  aus  demselben,  Verbreitung  des  Schmerzes  über 
die  1  Kopfseite;  später  stellte  sich  Erbrechen  ein,  gefolgt  von  einem  zp^* 
thischen  Zustande  tind  einigen  Gonvulsionen. 

133)  Die  neue  Reseetion  des  N.  infraorbit  in  der  Flfigelganmengmbe 
hatte,  nach  Entfernung  der  vorderen  und  hinteren  Kieferhöhlenwand,  heftige 
Blutung  aus  der  Max  int  zur  Folge,  die,  Anfangs  durch  Tamponnade  ge- 
stillt, nach  2  Tagen  wiedergekehrt,  die  Ligatur  der  atheromatösen  Carot. 
comm.  verlangte. 

134}  Seit  dem  21.  Febr.  traten  mehrere,  bald  stärkere,  bald  schwächere 
Blutungen  auf.  —  B.  wollte  in  Wirklichkeit  die  Carot  int  ligiren.  —  Seit 
dem  28.  nimmt  das  Sehvermögen  immer  mehr  ab,  während  der  Augenspie- 
gel keine  Veränderung  auffinden  lässt. 

134a)  K.,  vom  Oesterr.  Inf. -Reg.  No.  49,  erhielt  bei  Kdniggrätz  einen 
Schuss,  genau  entsprechend  dem  Foram.  infraorbit,  die  AnsgangsöfiFnung 
lag  nach  rechts  vom  Proc.  spin.  des  2.  bis  3.  Halswirbels,  der  Blutverlast 
war  gering.  Er  wurde  in  das  Lazareth  nach  Görlitz  mit  einer  Abweichung 
des  1.  Mundwinkel«  nach  links  oben  gebracht  Hier  erfolgten  am  22.  Jali 
drei  profuse  Blutungen  aus  dem  Schusscanale ,  die  auf  Compresaion  bei- 
der Carotiden  stehen.  In  der  Nacht  vom  25.  zum  26.  eine  leichte 
Blutung. 


Zar  Ligatur  d(^r  Arteria  Carotis  commanis.  307 

136)  M.,  Feldwebel  im  Oesterr.  Inf.- Reg.  No.  43  war  am  3.  Jali  bei  Kff- 
ntggrSlz  verwaadet  worden.  Die  Kugel  ging  auf  der  linken  Seite  der  Nasen- 
worzel  durch  das  r.  Nasenbein  in  die  r.  Augenhöhle,  nach  Zerstörung  des 
Auges  nach  hinten,  um  unter  dem  r.  Proc.  mast  auszutreten;  Paralyse  des  N. 
fscial  Zugleich  bestand  eine  penetdrende  Brustwnnde  Aber  dem  r.  Schlflssel- 
beine.  Am  19.  Juli  trat  in  Jfiterbogk  aus  dem  Ohre  eine  Blutung  auf,  die 
sieh  von  dort  her  und  ans  einem  unterhalb  des  Schusscanales  eröffneten 
Senkungsabscesse  mehrfach  wiederholte,  in  der  Stftrke  von  6  bis  8  ünsen 
bis  zu  einer  halben  WaschschOssel  voll;  es  folgte  grosse  AnSmie  und  Fie- 
ber —  130  Pulse.  —  Nach  späterer  Mittheilung  wurde  noch  ein  Sequester 
ans  der  Wunde  unter  dem  Ohre  entfernt,  und  Pat  gesund  entlassen. 

136c)  Der  Schuss,  in  die  r.  Gesichtsseite  gegangen,  hatte  die  Ausgangs- 
öffnnng  unter  dem  linken  Proc.  mast. 

144)  Nach  4  Wochen  hat  der  Tumor  noch  ein  Drittel  seiner  früheren 
Grösse,  nach  6  Wochen  zeigte  er  von  Neuem  Pulsation. 

148)  Bei  der  Untersuchung  wurde  die  Vena  jug.  wandstfindig  unterbunden; 
die  Carot.  erschien  dabei  nicht  verletzt;  8  Tage  später  erfolgte  die  Blutung. 

152)  Die  Exstirpation  des  Tumors  war  nicht  mehr  möglich ;  nach  der  drit- 
ten Blutung  schritt  L.  zur  Ligatur.  Die  Geftssscheide  war  von  der  Neubildung 
noch  verschont ;  nach  der  Ligatur  wurde  so  viel  als  möglich  vom  Tumor  ent- 
fernt, wobei  noch  die  Resection  eines  Unterkieferstflckes  nothwendig  wurde. 

154  a)  Leider  finde  ich  in  meinen  Notizen  die  Quelle  des  dem  Originale 
entnommenen  Krankenberichtes  nicht  notirt.  Die  blutenden  Gefässe  wa- 
ren nicht  zu  finden.  Mit  der  Ligatur  stand  die  Blutung;  Pat.  verhielt  sich 
ruhig;  Erscheinungen  sind  nicht  aufgefahri  —  Am  nächsten  Morgen  gab 
Pat.  unvernfinftige  Antworten;  auf  Mittag  den  11.  stellten  sich  Delirien  ein 
(Digit),  bei  neuem  DeUrium- Anfalle  brachte  Opium  Ruhe  aber  keinen  Schlaf. 
Am  13.,  Mrgs.  2^  Ohr,  wurde  Pat.  schlechter,  und  starb  ohne  besondere  Er- 
scheinungen um  5if  Dhr. 

155)  L.  sagt  1832,  vor  40  Jahren  —  Liston  macht  anderen  Ortes 
dieselbe  Angabe  ~  machte  ich  die  Ligatur  der  Carot.  oomm.  bei  Nachblu- 
tung, nach  Exstirpation  der  Gland.  parot.,  da  Morell  bei  derselben  einen 
hart  am  Ursprünge  abgeschnittenen  Arterienstumpf  mit  einer  Ligatur  umge- 
ben hatte,  die  sich  Jedoch  bald  ablöste. 

169)  Nach  Anderen  scheint  der  Ligaturfaden  wieder  entfernt  worden 
zu  sein  (Guthrie,  Lancet    1850.    Vol.  1    p.  109). 

170)  Die  Stichwunde  lag  an  der  Theilungsstelle.  Da  Compression  we- 
gen Kropf  an  dem  kurzen  Halse  nicht  möglich  war,  so  machte  S.  die  Ligatur. 

220)  Die  profuse  Blutung  entstand  ans  ergiebigem  Einschnitt  in  einen 
fongösen  Tumor  des  Halses.  Eäne  Woche  nach  der  versuchten  Exstirpa- 
tion zwang  eingetretene  Blutung  zur  Ligatur. 


S08 


Dr.  C.  Pill, 


U.   Ligatiii?  bei 


No. 


Operateur 

and 

Datum. 


Literatur. 


il 


Ursache. 


|S  '=:S  :  Aas- 

«'S  I  ^M  I 

Tage        , 


221. 


A.Gooper, Lon- 
don.  1.  Nov. 


Med.-Ghir.  Trans- 
act.  Vol.  1.  p.  1. 


44j. 
W. 


222. 
223. 

224. 
325. 

226. 
227. 

228. 
229. 

980. 


Bierkön,Schw6 
den.l807.9.0ct. 


A.  Gooper, 
1808.    22.Jnn. 


Gline,St.Thom. 

Uospit      1808. 

16.  Dec. 
Macanlav,Gal- 

cutta.      '  1812. 

16.  Dec. 


Wright-Post. 

New  York.  Ibid. 

9.  Jan. 
Ph.v.  Walther, 

München.  1814. 

8.  Aug. 


Dnpont,    1814. 


Goates,     1816. 
3.  Jan. 


Dupuytren, 
Paris.         1818. 
19.  Jan. 


Biblioth.forLaeger. 

1823.  Oraefe  u. 

Walther,  Jonm. 

Bd.  21.  S.  405. 
Med.-Ghir.   Trans 

act.  Vol  1.  p.  224. 


Lond.  Med.  Rev, 
Vol.  2.    p.  96. 

Edinb.  Med.  and 
Surg.  Journ.  Vol. 
10.  p.  178. 


Americ.  Med.  and 
Philos.  Regist  Vol 
4.   p.  366. 

W'.  Neue  Heilart 
des  Kropfes.  Sulz- 
bach. 1817.  S.  41. 


Norris:  No.  6. 
Vanderhagen, 
These.    1815. 

Med.-Ghir.    Trans- 
act.  Vol.  11.  p.  277. 


LcQons    orales    de 
Clin.  Vol.  2.  p.56. 


'S- 

M. 
36j. 


35j. 
M. 


27j. 
M. 

41j. 
M. 


76j, 
W. 


Anenr.  Garot. 


5 
Mnt 


lljl    t 
12(;21.Tp. 


do.  hinter  d.  Ohre. 


do.  Garot.  int 


1 
I 

über    —  jBesae- 
8     I         rung. 
Jhr. 


6-7 
Mnt 


do.  Garot 


do.  Max.  int  träum, 


do.  unter  d.  Winkel 
d.  Unterkiefers. 

do.  Garot.  ext.  träum, 


do.  Garot  ext 


do.  Garot.  comm. 


do.  Garot.  int. 


10 
Mnt 


6 
Mnt 

6 
Mnt 


8 
Jhr. 


16| 
17{ 


18) 
21 


16j 
18 


Heiig, 


t 
4.  Tg. 

Heiig. 


Heiig. 


Heiig. 


Heiig. 


t 
71.  Ts. 


t 
8.  Tg 


Zar  Ligatur  der  Arteria  Carotis  communiB. 


309 


A^neTarysmen. 


Besonderes  bei  der  Ligatnr  und  im  Verlaufe. 


Todesursache  und  Section. 


Zwei  Ligaturen  ohne  Durchschneidnog  d.  Gef&sses  da- 
zwischen; am  8.  Tage  Lähmung  d.  1.  Armes  und 
Beines,  die  sich  zurücicbildet;  Entzdg.  d.  Sackes. 


Zwei  Ligaturen  ohne  Durchschneidung  d.  .Gefässes, 
heftiger  Schwindel.  Pat.  hört  wieder,  Geisteskräfte 
heben  sich  —  1823  neues  Wachsthuro  des  pulsiren- 
den  Tumors.     Das  Gehör  ist  erhalten  geblieben. 

Zwei  Ligaturen,  dazwischen  d.  Gefäss  durchschnitten ; 
d.  Pnlsationen  erlöschen  erst  am  50.  Tage;  Artt. 
fac.  und  temporal,  links  pulsiren  nicht  so  stark, 
als  rechts. 

12  Stunden  dauernde  Besserung,  dann  Husten,  er- 
schwertes Athmen,  Fieber. 

Als  am  15.  n.  16.  Dec.  Blutungen  aus  einer  Punc- 
tionsstelle  entstanden,  wurden  2  Ligaturen  mit 
Durchschneidung  d.  Gefässes  zwischen  ihnen  an 
d.  Carot  gelegt;  am  4.  Tage  d.  rechte  Seite  etwas 
schwächer;  d.  Schwäche  geht  langsam  zurück. 

Zwei  Ligaturen  mit  Dnrcbschneidung  des  Gefässes; 
mehrfache  Erscheinungen,  nach  5  Mon.  Entzdg.  d. 
Sackes  mit  wiederholten  Blutungen. 

Pulsationen  dauern  im  Tumor  fort,  sind  in  Artt.  tem- 
poral, u.  occip.  erloschen;  erschwertes  Athmen, 
Fieber,  einige  Zuckungen  im  Gesichte  links;  den 
25.  Aug.  hat  d.  Anenr.  dieselbe  Grösse,  aber 
schwächeren  Puls,  1.  Apr.  ist  es  pulslos  u.  fest. 


Das  Aneur.  wird  schmerzhaft,  Incision;  27.  n.  29. 
Febr.  Blutg.  aus  d.  Sacke,  die  sich  den  8.  n.  11. 
März  wiederholt. 


Schlingbeschwerden,  Schmerzen  im  Rachen;  den  26. 
unzusammenhängende  Sätze.  27.  Athembesch wer- 
den, Husten;  11  ühr  \bds.  Steifigkeit  d.  Halses; 
allgemeine  Unempfindlich keit. 


Der  entzündete  Sack  enthält  Eiter 
u.  Blutcoagula.  Die  EntzUndg. 
geht  bis  zur  Basis  cranii,  längs 
d.  N.  vag.;  Stimmritze  fest  ge- 
schlossen, Luftröhre  entzfindet, 
Schlnndkopf  sehr  contrahirt; 
d.  Oeffnung  d.  Kopfhöhle  wird 
verweigert. 


Pat.  stirbt  nach  13  Jahren  an 
Apoplexie.  Die  Circul.  arter. 
Will,  ist  links  weiter,  als  rechts; 
d.  Garot  comm.  gut  obliterirt, 
d.  Carot.  ext.  nur  am  Anfange. 

Die  Luftröhre  ist  durch  d.  Ge- 
schwulst zur  Seite  gedrängt. 


Blutung.  —  Linke  Carotis  un- 
dnrchgängig,  ein  Theil  d.  Lym- 
phe (!)  im  entzündeten  Sacke 
organisirt,  d.  Blutg.  entstand 
aus  erweiterten  Anastomosen  d. 
Tumors. 

Gehirn  ganz  normal;  im  Seiten- 
ventrikel blutiges  Serum,  circa 
4  Dnz.;  verbreitete  Atherose;  an 
d.  Ligaturatelle  Eiterherd,  mit 
Senkung  in  das  Mediast.  ant. 


810 


Dr.  C.  Pill, 


No. 

Operateur 

nnd 

Datum. 

Literatur. 

4 

1 

Ursache. 

Tage 

Attg. 
g*ng. 

231. 

Lyford,     1818. 
30.  Oct 

Lond.  Med. -Ghir. 
Traosact.  Vol.  11. 
p,  97. 

nt 

1. 

do.  Garot  comm. 

3 

Woh. 

28 

Beilg. 

232. 

Vincent,    Bar- 

Lond.  Med.    Ohir. 

52j. 

r. 

do.  Garot. 

8 

22 

+n> 

thol.  Hosp. 

Traosact.  Vol.  10. 

M. 

Woh. 

34.  Tg. 

1818.  19.  Dec. 

p.  212. 

233. 

HoUcher, 
1819.  27.  Sept, 

Graefe   u.   Wal- 
ther Journ.  Bd.l 
S.  823. 

"i 

r. 

do.  Garot.  comm. 

im 
Juni 

be- 
merkt 

15 

Heiig. 

284. 

Perry,  Glasgow. 
1820.    14.  Not. 

Glasgow      Med. 

39j. 

r. 

do.  Garot.  träum. 

1 

13 

Gene- 

Journ. VoL  4.  — 

M. 

Jhr. 

sung. 

Med.   Times    aod 

Gax.      1842-43. 

Vol.  1.    p.  669. 

285. 

Sykee,      1821. 
20.  Juni. 

Ohapman,Pbilad. 
Journ.  Iö25.  März. 
— Froriep,Notz. 
1824.  Febr.  S.  270. 

'^ 

r. 

do.  Garot.  träum. 

8 

Jhr. 

10 

Heiig. 

236. 

Schrader, 

Rnst,       Magazin. 

22j. 

L 

do.  Garot 

8 

20 

Genes. 

Quedlinburg. 
1820.  14.  Nov. 

Bd.  10.  S.  517, 

M. 

Jhr. 

ohne 
Erfolg. 

237. 

Vargas,  Porto- 

Periöd.   de   la  So- 

^; 

1. 

do. 

__ 

Heiig 

rico.           1823. 

cied.  med.-quirürg. 

18.  Aug. 

de  Gadiz.   Vol.  4. 
Julius  u.   Ger- 
80  n ,  Magaz.   Bd. 
25.   S.  409. 

238. 

Gaunit,  1827. 

Arch.gen^r.VoL17.    - 
p.  112. 

1. 

do. 

"■" 

— 

Beilg 

239. 

Warren,    1827. 

Host.     Med.     and  42j. 

1. 

do. 

4 

— 

Heiig 

26.  Oct. 

Surg.  Journ.  VoL  1. 
—  NorriSjNo.lö. 

M. 

Jhr. 

2i0. 

Molina,   Pavia. 

Annali  univers.    di 

29j. 

r. 

do.  Garot.  ext 

— 

21 

Heiig. 

1828.  23.  Mai. 

Medic.l828.Setbr.  W. 

1 

p.  423. 

1 
1 

1 
i 

Zur  Ligatar  der  Arteria  Carotis  commniiis. 


311 


Besondere^  bei  der  Ligatnr  und  im  Verlaufe. 


Todesarsache  and  Section. 


Nur  etwas  Husten  tritt  anf ;  ^  Jahr  später  erfolgt  den 
21.  Januar  geringe  BIntg.  aus  d.  Wunde. 

Mit  d.  Ligat.  wird  d.  Pulsation  nur  schwächer,  ist 
den  21.  Dec  in  d.  auf  i  verminderten  Tumor  er- 
loschen ;  unangenehme  Empfindungen  im  Abdomen 
hören  auf  mit  Fall  d.  Ligat  Den  22.  Jan.  Athem-  u. 
Schlingbeschwerden  so  stark,  dass  d.  Aneur.  eröff- 
net werden  muss. 

Mit  Ligat.  ein  Gefühl  von  Taubheit  d.  r.  Kopfseite, 
das  sich  Abds.  mindert,  am  3.  Tage  vergangen  ist; 
sogleich  fiel  d.  Tumor  zusammen,  d.  Pulsationen 
erloschen,  sind  am  8.  Tage  schwach  in  d.  bisher 
andauernd  sich  verkleinernden  Tumor  wiedergekehrt, 
ebenso  in  d.  r.  Art.  temporal. :  d.  aneur.  Sack  wird 
grösser,  fluctuirend  ohne  Puisat.  Den  20.  Oct  ist 
r.  ein  haselnussgrosser  Knoten  an  Stelle  d.  Aneur. 

Uiater  d.  Kieferwinkel  eine  schmerzhafte  Stelle  seit 
2  Jahren,  die  später  eiterte,  neben  welcher  sich  ein 
polsirender  Tumor  in  12  Monaten  bildete,  und  eine 
arterielle  Blutg.  lieferte ;  45  Tage  nach  d.  Ligatur 
e'me  leicht  zu  stillende  Blutg.    Details  fehlen. 

Zwei  Ligatt.  von  Darmsaiten  mit  Dnrchschneidung  d. 
Gefässes;  den  14.  Tag  von  Neuem  Pnlsat,  die  nach 
6  Mon.  nicht  mehr  besteht.  —  Grisp.:  Nach  1 
Jahre  ganz  gesund. 

Mit  d.  Ligat.  hören  auf  d.  Pulsat  im  Tumor,  d.  Schmer- 
zen im  Kopfe  u.  Gesichte;  auf  Augenblicke  erbleicht 
d.  L  Seite  d.  Gesichtes  u.  ihre  Temperatur  ist  nie- 
driger. Nach  10  Mon.  d.  alte  Zustand;  drflckt  Pat 
auf  d.  r.  Carot.,  so  tritt  Bewusstlosigkeit  ein. 

Abds.  Erbrechen,  leise  Stimme,  keine  Pulsat  im  Tu- 
mor; Pat  ist  im  nächsten  Jahre  noch  ganz  gesund. 


Nur  unter  d.  Ligat  ein  fester 
Thrombus;  fiber  ihr  ist  d.  Ge- 
fäss  offen;  Luftblasen  an  d.  In- 
nenwand d.  erweiterten  Aorta 
u.  grossen  Ge^se,  auch  unter 
d.  Arachnoid. 


Die  Palsationen  dauern  noch  mehrere  Wochen  fort. 


Scarpa^s  Methode,  Mit  d.  Ligat  hört  d.  Puls  auf 
in  a.  Max.  ext.  u.  Temporal.  Ohnmacht,  1  Minute 
Kälte  d.  Gesichtes,  Blässe  desselben  r.;  leicht  vor- 
übergehende Störung  d.  r.  Auges,  Schlingbeschwer- 
den u.  Husten  bis  zum  4.  Tage.  3  Monate  nach 
d.  Operat  sind  d.  Geisteskräfte  gut,  kein  Schwin- 
del mehr;  r.  Art.  radial,  voller,  dagegen  r.  Tempo- 
ral und  Facial.  schwächer,  als  links. 


312 


Dr.  0.  Pilz, 


"""" 

^ 

51                                         1 

•Oei    -6^ 

Operateur 

Sä  « 

1 

Aos- 

No. 

nnd 
Datum. 

Literatur. 

^1 

5 

s 

Ursache. 

"Tag*. 

gMg 

241. 

Maurin,      Ver 

Ret.  m^d.  1829.  Oet 

'V: 

1. 

do.  Garot.  träum. 

'  1  [9.  d. 

Heiig 

sailles.       1828. 

p.  53.  —  Med.  and 
Phjsical   Journal. 

Mnt  ober. 

20.  Nov. 

1830.Vol.63.p.l28. 

1 

242. 

Porter,  Dublin. 

Dublin    HoBp.    re- 

40j. 

r. 

do.  Garot.  int 

15 

Erfol 

1829.    21.  Aug. 

ports.   Vol.  5.   u. 
Dubl.  Journ.   Vol. 

w. 

Jhr. 

17.   p.  79. 

243a 

Ohiari,     1829. 
16.  Jun. 

Filiatre   Sebezio  3. 
An.    2.    fasc    — 
Ghassaignac, 
Traitä  des  Op^rat. 
p.  334. 

"i 

1. 

do.  Vertebr.  träum. 

t 

243. 

Vincent,  1829. 

Lancet.    1828  —  29. 

48j 

r. 

do.  unter  dem  Ohre. 

7 

^ 

+ 

18.  Jul. 

Vol.  2.  p.  570. 

H. 

Mnt 

6.T1 

244. 

C.  Walther,     . 

J.  G.  W.  Walther, 

■'2- 

1. 

do.  Garot 

_ 

13 

Heilg 

1830.   6.  Mai. 

Dissert    de  ligat. 

Garot.  comm.  Lip- 

siae.  1831. 

246. 

Green,   Dublin. 

Dublin      qnaiterly 

mj. 

r. 

do.  Garot.    (an   der 

fast 

21 

IBesse 

1831.  15.  April 

Journ.  Vol.l7.p.92. 

Theilungsstelle). 

4 
Mnt 

.  rooe- 

246. 

Dehane,    1832. 

Amer.     Journ.     of 

'S- 

r. 

do.  Garot  träum. 

-  1  11  .Heilg. 

20.  Jan. 

med.  sc.    Vol.  10. 

p.  496.    und  Med. 
Times    and    Gaz. 

' 

Vol.  10.    p.  34. 

247. 

J.  Gusack, 

Dublin      quartorlj 

20j. 

1. 

do. 

8-9 

Wim 

Dublin.      1832. 

Journ.  1847.  Fbr. 

M. 

Jhr. 

i 

22.  März. 

p.  262. 

248. 

Benedict, 

B.,   Klinische   Bei- 

'«■ 

r 

do.  Garot 

18 

14  leei* 

Breslau.     1833. 

träge  aus  d.  Ge- 

Mnt 

1 

24.  Jan. 

biete  d.  Wundarz- 
neikuostu.Aui^en- 
heilkd.    S.  22. 

:     1 
1 

249. 

Syme,    Edinbg. 

Bdinburgh     Journ 

43j. 

r. 

do.  Garot  träum. 

7 

21  Hcill 

1 

i 

1«35.  18.  Febr 

1835.  Vol  44.  p.  9. 

M. 

1 

Weh. 

i 

Zur  Ligatur  der  Arteria  Garotie  commanis. 


313 


Besonderes  bei  der  Ligatar  und  im  Verlaufe. 


Todesursache  und  Sevtion. 


Zwei  1  Zoll  entfernte  Ligat.  mit  Durchschneidung  d. 
Gefässes.     4  Std.  später   untere  Extremit&t  kalt, 
Druck  im  fipigastr.    Schmerz  im  1   Arme,  nach  7 
Std.  Husten;  am  22.  1.  Temporal,  pulsirend. 
Sogleich  erlischt  Puls  im  Tumor.    2  Std.  später  Fie- 
ber; 4  Std.  später  Puls  im  Aneur.;    am  2.  Tage 
nimmt  dasselbe  zu,  wird  schmerzhaft,  eröffnet  sich; 
eine  eingetretene  Blutung  wird  gestillt. 
Pat.  durch  ein  schneidendes  Instrument  am  15.  Apr. 
▼erletzt;  d.  Wunde  war  nach  6  Tagen  geheilt,  aber 
nach  12  Tg.  bestand  ein  pulsirender  Tumor,  der 
langsam  wuchs.  —  Die  Pulsat  blieben  bis  zum  27., 
Schlingbeschwerden,  Druck   im  Epigistr.;   später 
Seitenstechen,  Schwindel. 
Sogleich  schwand  Puls  im  Aneur.     1^  Std.  nach  d. 
Ligat.  Zuckungen  im  Gesichte  r.,  Lähmung  d.  1. 
Seite;  nnwillkfirliche  Entleernngen,  Stupor. 
Bei  Schlnss  d.  Ligat.  heftiger  Schmerz,  fast  ohnmäch- 
tig; Puls  aussetzend,  Temperatur  des  Gesichtes  n. 
Kopfes  links  herabgesetzt,  war  am  13.  Tage  aus- 
geglichen,, d.  Stimme  damals  noch   nicht  wieder 
klangvoll;  Schwindel  u.  Kopfschmerz  bestand  einige 
Zeit.     1.  Tag  heftiger  Husten,  4.  Tag.  Tumor  klei- 
ner, pulslos.    5   Tag  in  1.  Temporal,  schwache  Pnl- 
sation,  ebenso  nach  3  Wochen  in  Artt.  occipit.  u. 
auricuL  post. 
bgleich  wird  der  Tumor  sehr  verkleinert,  d.  Pulsat. 
sehr  gemindert,  und  ist  nach  1  Std  erloschen  (Por- 
ter zweifelt  daran).    5  Tage  später  ist  wieder  deut- 
licher Pub  im  Aneur. 

[it  d.  Ligat  wird  d.  Geschwulst  kälter,  blasser,  ist 
Abds.  von  normaler  Farbe  u.  Temperat.  Erschei- 
nungen treten  nicht  auf,  d.  Puls  ist  im  Tumor  ge- 
schwunden. 

ach  Ligat.  yiel  Schlaf^  dies  schwand  mit  Nasenblu- 
ten am  26.  Abds.;  22.  Stechen  im  Halse,  d. 
polslose  Tumor  ist  kleiner,  am  2.  Tg.  Bruststechen. 
—  Bei  d.  Operation  war  die  Pleura  zu  Gesichte 
gekommen. 

ils  im  Tumor,  mit  d.  Ligat  erloschen,  wurde  nach 
3  Std.  wieder  bemerkt,  erschien  am  6.  Tage  als 
leises  Zittern,  war  am  7.  Tg.  erloschen;  mit  Ligat 
schnell  Torfibergehende  Röthung  des  Gesichtes; 
starke  Kopfsehmerzen. 

e  in  Folge  des  Aneur.  bestehenden  Kopfschmerzen 
irlöschea  mit  d.  Ligat,  welche  gar  keine  Erschei- 
inngen  liefert;  der  pnlslos  gewordene  Tumor  wird 
logleieh  kleiner. 


Gehirn  r.  weicher;  im  1.  Seiten - 
Ventrikel  4  I3uz.  FlQssigkeit; 
nirgend  ein  Blutextravasat 


314 


Dr.  C.  Pils, 


No. 

Operateur 

und 

Datum. 

Literatur. 

i{ 

j 

Ursache. 

||   g|    Aus- 

250. 

Marcbai,  1835. 
19.  Jun. 

Joum.  hebd.  VoL  4. 
-Norrie, No.  25. 

7 

L 

Aneur. 

2 

Mnt 

— 

t 
6.  Tg. 

251. 
252. 

Randolpb, 

1836. 
Robertsen, 

1837. 

Pennsylf ania  Hosp. 

Norris,  No.  26. 
Dubl.  quart.  Journ. 

VoL  12.   p.  335. 

r. 
r. 

Varix.  aneur. 
Aneur.  Garot.  träum. 

2 

Mnt 

17 

t 

I.Tg. 
Heiig. 

253. 

Porter,  Dublin. 
1838.  22.  Aug. 

Dubl.  quart.  Journ. 
VoL  17.    p.  86. 

'S; 

L 

do.  träum 

5 

Weh. 

15 

t  51. 
Tg. 

254. 
255. 

Lauda,  1838. 

Döc^B,  Rheims. 
1839.  25.  Febr. 

Schmidt,  Jahrbb. 

Bd.  30.  S.  371. 
Ga«.     des    Höpit. 

1856.  p.  266. 

l. 
r. 

do. 
do. 

fast 

1 

Jhr. 

15 

Heiig. 

Oboe 
Erfolg. 

256. 
257. 
258. 

• 

Porta,      Pavia. 

1839.  12.  Mai. 

B.  Gooper, 
Guys  Hospit. 

1840.  7.  Apr. 
Kluyskens, 

1840.  5.  Aug. 

Delle  alter.  pathoL 
delle  Art  per  la 
ligat.   etc    p.  32. 

Guy's  Hospit.  Re- 
]forts.l841.No.l3. 

Fraeys,       Anna- 
les de  la  Soci^te 
de  M^d.  de  Gand. 
—  Chassaignac, 
Trait4  des  opörat. 
p.  329. 

1?; 

r. 

1. 

Aneur. 
do.  träum, 
do.  Vertebr. 

12 
Mnt. 

▼er- 
letzt 
den 
3- 
MaL 

SB 
22 

Beilg. 
indcft 

1 

259. 

Surrage,  1840. 
28.  Oct 

Lond.  Med.  Gazette. 
Vol.  28.  p.  392. 

1 

L 

do.  Max.  int. 

— 

-  jHeill 

1 

260. 

Key  (Growse), 
184l.  9.  Sept. 

Prov.     Med.      and 
Surg.  Joum.  1842. 
2.Apr.  Schmidt, 
Jahrbb.     Bd.    41. 
S.  76. 

■S»; 

r. 

do.  Garot. 

— 

81 

iHe>H 

261. 

Liston,     1841. 
21.  Oct. 

Lancet.  1841—42. 
VoL  1.  p.  104  u. 
p.  275. 

ät 

r. 

do.  fiüsum. 

2 
Mnt 

.\ 

Zur  Ugatar  der  Arteria  Carotis  communis. 


315 


Besonderes  bei  der  Ligatur  nnd  im  Verlaufe. 


Todesursache  und  Section. 


hs  für  einen  Abscess  gehaltene  Aneur.  wird  incidirt, 
heftige  Blutungen ;  d.  Ligat.  d.  Garot.  ext.  erfolg- 
los, deshalb  die  d.  Garot.  comm.;  am  2.  Tage  Gon- 
TolsioDen. 

Coma  in  derselben  Nacht. 

in  2.  Tsge  Puls  in  d.  Zweigen  d.  Garot.  ext,  der 
mit  d  Ligat  geschwunden  war;  nach  17  Tagen. 
Tomor  nicht  mehr  zu  sehen. 

beb  d.  Ligat  sind  d.  Pulsatt,  im  vericleinerten  Tumor 
iweifelhaft,  den  17.  Tag  EntzQndg.  d.  Sackes;  27. 
Sept.  Incision  desselben;  30.  Blutg.  aus  d.  Wunde; 
wiederholt  sich. 

)  Ligaturen  ohne  Durchschneidung  d.  Gefässes;  Nei- 
gung zum  Schlafen,  Heiserkeit ;  Temperat.  1.  geringer. 

Die  Palsatt  hören  auf  mit  d.  Ligat;  sind  d.  8.  März 
wieder  in  dem  seit  dem  2.  gewachsenen  Tumor; 
Schmerzen  im  Pharynx,  Aneur.  u.  Kopfe;  unruhiges 
Anssehen,  Puls  frequent,  bald  trockener  Husten; 
SUD  nächsten  Morgen  dieses  Alles  wergangen ;  dann 
Fieber,  Delirium  in  d.  2.  Nacht;  Besserung.  8.  Puls 
im  Aoear.  wiedergekehrt. 

t'igatDr  mit  Darmsaite  aasgef&hrt,  die  nicht  wieder- 
gefnuden  wird;  Details  fehlen. 

Das  Gesicht  wird  blase;  Oeffihl  allgemeiner  Völle  im 

Kopfe;  Zusammenschnüren  d.  Kehle,  ziegenähnliche 

Stimme;  Pulsat  erlischt  im  Aneur. 
Die  Gompression  d.  Garot.  hatte  die  Erscheinungen 

gehoben;   d.    Ligat    liess   sie   bestehen.     6.   bald 

schwindende  Schlingbeschwerden. 


Kit  d.  Ligat  wird  d.  Aneur.  kleiner  u.  pulslos.  Den 
31.  Abds.  arterielle  Blutg.,  dann  wächst  d.  Tumor  mit 
deatlichen  Pulsatt,  bis  3.  Nov. ;  Fieber,  Vereiterung 
i  Sackes. 

Ibne  Erscheinungen. 


Gehirncongcstion. 


Blutung.  -  Sect  nicht  gestattet 


Pat  starb  1844,  22.  Dec.,  an 
Blutg.  ans  d.  Sacke;  Sect  nicht 
gestattet;  wahrscheinlich  Aneur. 
Vertebr. 


^'  Schlingen  u.  Sprechen  besser. 
Aneur.,  kehrt  öfter  wieder. 


30«  Blutg.  aus  d. 


Blutung. 


316 


Dr.  0.  Pil», 


No. 


Operatear 

und 

Datum. 


Lit^ntnr. 


.1 


Ursache. 


ja  • 


-a  ■  gang. 


Tag«. 


262. 

263. 

264. 

265. 
266. 
267. 

268. 

269. 

270. 

271. 
272. 

273. 


Sjme,    Bdinbg, 
1812.  April. 


Johnson,  1842. 
22.  Jan. 


Mettauer, 
1842.  12.  Mai. 


Fairfax,  Alex- 
andria. 1842. 
18.  Jol. 

Hanter,  1843. 
3.  Aug. 

Dancan,  1843. 
25.  Dec. 


Y.  Balassa, 
Pesth.        1844. 
22.  Febr. 

Rom  pani,  1844. 
30.  Oct. 


Karatscha- 
roff,       Seme- 
now'sches  Hoap. 
1844. 

White,      1845. 
28.  Ang. 

y.Langenbeck, 
1845. 


Lerylier, 
Nancy.    1846. 


Lond.  and  Bdinb 
Monthly  Journal 
of  med.  ftc.    1842. 

S.  964.  --  Annal. 
e     la     Chirurg 
Vol7.p.251.1843. 
Lond.    Med.    Gas. 
1841-42.    Vol.  2. 
p.  57. 

Amer.Joum.  of  med. 
sc.  1849.  Oct 
p.  349. 

Dublin  quartJourn, 
Vol   24.    p.  522. 

Provincial  Med.  and 

Sarg.  Joum.  1849. 

p.  579. 
Efdinb.    Med.    and 

Surg.  Journ.  1844. 

Vol.  62.  p.  117. 


60j 


BriefL     Mitth. 
Prof.  Gurlt. 


an 


Monteiro,  Ab- 
handl.  fiber  seltene 
Ligaturf&lle.  — 
Schmidt,  Jahrbb. 
Bd.  77.  S.  236. 

Med.  Zeitg.  Russ- 
lands. 1846.  S.  39. 


7. 


29j. 
M. 


''J: 


littl. 
Alt. 
W. 

30j. 
W. 


'S- 


Lancet  1846. 
1.  p.  149. 


Vol 


PerRÖnl.  Mittheilg. 


Archives  g^nör.  de 
M4d.  1846.  4.  Sör. 
Vol.  11.  p.  469. 


'S: 


64i    1 


1i: 


do.  Carot.  int. 

do.  spont. 

do.  Carot.  int.  träum. 

Aneur. 

do.  am  Gaumen. 

do.  Carot. 

do.  Carot 

do. 

do. 

do. 
do.  träum.  (Schuss). 

do.  Carot 


5 
Mnt 


5 

Weh. 


20 


8i 
Jhr. 


t 
äOStd. 


22   Heiig. 


t 
12.  Tg 


-  t 

'  &.Tg- 

-  t 
|4.Tg. 

25  I    t 
'16.  Tg. 


18  'Heüg. 


1    t 
'20.  Tg. 


lHeilg.1 


3 
Mnt 

14 
Tg. 


10  iHeüg 


—  iHeiii 


I2M 


Zar  Ligatar  der  Arteria  Carotis  commnms. 


317 


Besonderes  bei  der  LigatDr  und  im  Verlanfe. 


Todesursache  und  Section. 


Blässe  d.  Gesichte»;  Schmerzen  im  Nacken  n.  Tumor; 
Am  folgenden  Morgen  Erbrechen  a.  Diarrhoe;  Coi- 
lapsus/  (S.  macht  den  Ausgang  unabhängig  von  d. 
Ligator). 


Abds.  Blatag  aus  d.  Wunde;  Puls  im  Anenr.  leise 
fahlbar;  Sensation  im  Epieastrium  bis  zum  24.; 
15.  MSrz  kleiner,  pulsloser  Knoten.  Art.  temporal, 
r.  pulsirt  stärker,  als  links. 

Hit  d.  Ligat  Schauem,  Debelkeit;  11  Std.  nachher 
Frösteln,  Geist  geschwächt,  1.  Hemiplegie.  2.  Tag 
Delirium,  Hosten,  Fieber,  Singultus.    Goroa. 

1  Stande  nach  d.  Operat  r.-seitige  Lähmung ;  geistige 
Fanctionen  sind  gut;  Details  fehlen. 

Details  fehlen. 

Hochgradige  DjspnoS  verlangte  d.  Traeheotomie;  da- 
bei zugleich  d.  Ligat.  Den  8.  Jan.  Blutg.  9.  Flac- 
taatioD  d.  Sackes,  Blutg.  aus  Mund  u.  Wunde. 

Zang's  Methode;  mit  Ligat  Betäubung,  ohnmacht- 
artige Anwandlungen,  Parese,  dann  Paralyse  d.  r. 
Seite;  r  Pupille  erweitert.  Athembeschwerden  u. 
Husten. 

Das  Anenr.  vermindert  sich ;  starke  Reaction,  den  16. 
Tag  zwei  kleine  Blutungen,  die  am  19.  stark  auf- 
treten. 


Sogleich  erlosch  Pulsat.  im  Aneur.,  das  in  Eiterung 
aberging  u.  incidirt  werden  musste. 


im  6.  Tage  eine  kleine  Blutg.  aus  d.  Wunde,  eben  so 
am  10.  u.  11.  Tage;  im  Dec.  zeigt  d.  Aneur.  %  sei* 
ner  früheren  Grösse. 

Srst  mit  Zunahme  d.  Geschwulst  stellte  sich  Pulsat 
ein;  nach  d.  Gperat.  klagt  Pat.  fiber  Leere  im 
Kopfe;  d.  Geistesfunctionen  gehen  scheinbar  lang- 
sam von  Statten,  sind  später  ganz  normal. 

Während  d.  Operat  ein  suffocatorischer  Anfall,  Ohn- 
macht; sogleich  hOrte  d.  Pulsat  auf,  d.  bisher  be- 
standenen suffocator.  Anfälle  kehren  nicht  wieder; 
Schlingbeschwerden  durch  10  Tage.  11.  Tag  l.-sei- 
tige  Hemiplegie  mit  Herabsetzung  d.  Sensibilität 
12.  Coma. 


Gehirn  normal;  Ligat  liegt  gut 


Meningen  blass;  r.  Hemisph.  giebt 
fluctuirendes  GefShl,  r.  Klein- 
hirn auch  erweicht;  alle  Arter. 
normal;  2  gute  Thromben. 

Erschöpfung. 


Wunde  in  ihrer  Umgebung  gut, 
2  gute  Thromben, 

Blutung.  —  Eröffnung  d.  Aneur. 
in  d  Pharynx;  Loch  in  d.  Garot 
an  d.  Theilungsstelle;  kleiner 
Thrombus  unter  d.  Ligat 


Zwei  aneur.  Säcke,  der  Oarot.  dx. 
.  Innom.  angehörend. 


Die  Section  ist  nicht  gestattet; 
d.  Ligat  hatte  sich  noch  nicht 
gelöst 


318 


Dr.  C.  Pil«. 


^ 

s' 

-6  ^ 

^ »: 

No. 

Operateur 

nnd 
Datum. 

Literatur. 

1 

Ursache. 

II 

53    gang- 

o 

M 

Tage.       1 

374. 

Duke,        1847. 

Med.  Press.  1844.- 

32j. 

r. 

do.  traom 

1 

17 

t 

11.  Jun. 

Lancet.  1848.  Yol. 
l.p.233.u.MoDthl. 
RetrospectofMed. 
Sc.  1848.  p.  43. 

M. 

Jhr. 

Bnde 
d.  5. 
Weh. 

275. 

Barrier,   Lyon. 
1847  (?)  3  Nov. 

Journ.  de  M6d.  de 

30j. 

1. 

do.  Temporal,  träum. 

.1— 

13 

Heiig. 

Lyon.     —      Gaz. 

W. 

med.  1848   p,  774. 

276. 

Wood,NewYork. 

Schmidt,  Jahrbb. 

1?; 

r. 

do.  Garot.  ext. 

— 

t3 

Heiig 

1847.    6.  Dec: 

1859.  Bd.  98.  S.  76. 

• 

277. 

Fox,  1848.    21. 

Amer.     Journ.     of 

*1^ 

r. 

do.  spur. 

.... 

20 

Hetig. 

Oct. 

med.  sc.  1849.  Oct 

p.  381. 

278. 

G.  Bück,    1848. 
5.  Jal. 

Americ.    Journ.   of 
med.sc.  1856.  Jan. 
p.  267. 

30^. 

r. 

4 

do.  traura. 

— 

11 
12 

Hellg 

279. 

Hewaon,     Lin- 
coln. 1860.    19. 
JuL 

Döces,  Rheims. 

Association  Medical 
Journ.  1854.  p.  5  76. 

'H: 

L 

do.  Garot   ext 

t 

— 

29 

Heiig 

280. 

Gaz.     des     Höpit. 

"J: 

r. 

do.  träum. 

104 

IB 

Heiig 

1860.     2.  Sept. 

1856.   p.  266. 

Jhr. 

281. 

HodgBon,     cit. 
1850. 

H.,  Treatise  of  the 
diseases  of  the  art 
and  veins.  p.  329. 

W. 

— 

do.  träum. 

14 

14 

Heiig 

282. 

Goß,    1851.    11. 

AsBOC.  Journ.  1858. 

I»; 

1. 

do.  Garot  tranm. 

5 

33 

Heild 

Dec. 

Nov.  -  B?e,  Col- 

Mnt. 

lect    of    remark. 

casesinSurg.1857. 

288. 

Dropsy  u.Bur- 
notte,      1^52. 
Jun. 

Annales  m^d.  de  la 
Flandre  occid.  — 
Gaz.  m^d.     1856. 
p.  229, 

^- 

1. 

do.  Garot 

1 
Jhr. 

18 

H«k 

Zar  Ligatur  der  ArUria  Oarotis  commanis. 


319 


Besonderes  bei  der  Ligator  nnd  im  Verlaufe. 


Todesursache  UDd  Section. 


Puls  schwand  för  immer  ans  dem  sogleich  fester  ge- 
wordenea  Tnmor,  4  Tage  lang  d.  früheren  hefti- 
gen Schlingbeschwerden;  Stimme  schwftcher,  wird 
bald  normal;  nach  Excess  plötzlich  Blntg.  ans  Nase 
Dnd  Mund. 

Schlingbeschwerden  u.  Stimmlosigkeit  am  3.  Tage  ge- 
schwunden; am  13.  Tage  ist  d.  pulslose  Tumor 
sehr  verkleinert. 

Ligatar  d.  Carot.  ext  u.  comm. :  Pulsationen  erlöschen, 
d.  Tumor  fällt  zusammen^  und  ist  im  Jan.  1849  kaum 
noch  zu  sehen. 

Hit  d.  Ligat  wird  d.  r.  Pupille  verengt;  sie  verblieb 
€8;  r.-seitiger  Kopfschmerz  mit  eigenthflml.  GefQhle 
in  demselben;  d.  Pnlsat  hören  sogleich  auf,  kehren 
zm  9.  Tage  wieder,  sind  nach  23.  Tagen  erloschen. 
Den  4.  Tag  n.  die  folgenden  Schmerzen  im  Tomoi, 
der  seit  dem  6.  Not.  sich  wieder  stärker  verklei- 
nert; im  JuL  1S49  ist  keine  Spur  d.  Aneur.  vor- 
banden. 

Ligatur  d.  Artt  Carot  u.  int  Die  hinter  d.  Kiefer- 
winkel gelegene  Wunde  wurde  vereinigt;  am  fol- 
genden Tage  bestand  schon  ein  Aneur.,  aus  dem 
starke  Blatug  zur  Ligat  zwang.  Beim  ersten  Ver- 
snche,  d.  Unterbindungsnadel  herumzufflhren,  be- 
kommt Pat.  etwa  5  Min.  lang  stertoröses  Athmen 
a.  Zuckungen ;  d.  zweite  Versuch  hat  keine  Folgen. 
5.  Auß  r.-seitiger  Kopfschmerz,  Blutung  aus  der 
Nase;  26.  nie  wiederkehrende  Blotg.  aus  d.  Wunde. 

Chloroform;  ohne  Erscheinungen.  23.  plötzliche  Ver- 
kleinerung; 28.  u.  29.  Blutg.  aus  d.  Wunde. 

Scarpa\->  Methode;  Puls  verschwindet  sogleich  aus 
dem  kleiner  werdenden  Tumor,  wie  die  bestehen- 
den Kopfschmerzen.  1.  Oct  wieder  Pnlsat.  durch 
3  Monate  hin,  die  aber  in  d.  Zweigen  d  Carot.  ext 
erloschen  ist;  nach  18  Monaten  auch  jene  Palsat 
geschwunden. 

Zwei  dicht  aneinander  liegende  Ligaturen;  d.  Melan- 
cholie bleibt  uDgeftndert 


Blässe  d.  Gerichtes ;  r.  Auge  schwächer,  Neigung  zur 
Ohumacht;  einige  Stunden  später  ist  d.  Tumor 
rechts  »  ^.  Nach  2^  Mon.  wird  aus  der  pulslosen, 
flnctuirenden  Stelle  etwas  Blut  entleert,  nach  2 
Jahren  noch  etwas  Eiterung;  1865  keine  Spur  des 
Aneurysma. 


Blutung.   -    Die   Section 
verweigert. 


320 


Dr.  0.  Pjla, 


No 


Operateur 

und 
Datum. 


Literatur. 


^1 


Ursache. 


Tage. 


Aus- 
gang. 


884. 


285. 


Benoit,  1852. 
29.  Sept. 

Solly,  Thomas 
Hosp.  1853.  22. 
Oct 


Gaz.  des  Hdpit. 
185.1  p.  23. 

Lancet.  1853.  Yol  2. 
p.  566.  n.  1854. 
Vol.  1.  p.  91. 


54 


286. 


287. 


288. 


Ballingal, 
Ostind.  Samset- 
jee  -  Jejeebboj- 
Hosp.  1854.  17. 
Aug. 

W.  S.  Olarke, 
Huddersfield  In- 
firmary.     1855. 
25.  Jul. 

Norrie,  Phila 
delphia.  1855. 
8.  Nov. 


Transact.  of  Med. 
Soc.  at  Bombay. 
1853-54.  p.  282. 


Lancet.  1855.  Vol.  2. 
p.  165. 


Americ  Joum.N.S 
62.  Apr.  1856. 
p.  396. 


289. 
290. 

291. 
292. 


South,  Thomas 
Hospit.  1856. 
5.  Jul. 

Hobart,  North. 
Infirm.  Cork. 
1837.  3.  Sept 

Schort,  Ostind. 
1857.  5.  Nov. 


Syme,   Edinbg. 
1859.  17.  Jun. 


Lond.  Med.  Times 
and  Gaz.  1856. 
Vol.  9.  Aug.  p  441 

Lond.  Med  Times 
and  Gaz.  1860. 
Vol.  1.    p.  64. 

Indiau  Aunals  of 
Med.  Soc.  No.  15 
p.  269. 

S*.  Observat.  in  cli- 
nical  Surg.  p.  154 


*/ 


60  j. 
M. 


30  i. 
M. 


35j. 
M. 


46). 


48j. 
M. 


M. 


"i 


20j. 


do   Art.  facial. 


do.  Carot.  and.Thei- 
lungsstelle. 


Ober 

1 

Mnt 


do.  Garot. 


do.  Garot. 


18 
Mnt. 

be- 
mkt. 

seit 

6 

Mnt. 


do.  Carot.  träum. 


do.  Garot.  ext. 


do.  Garot.  tranm. 


do.  Garot.  exi 


do.  Carot.  träum. 


Heils. 


t   29 
Tg. 


134 


Heiig. 


Heiig 


t 
S4.Tg. 


▼or6 
Mut 
▼er- 
letzt 

8 
Jhr. 

7 

Weh. 


t 

8,  Tg 
13    Heiig. 


11 


10 


Heiig 


Heiig. 


Zur  Ligatur  der  Arteria  Carotis  commanis. 


321 


Besonderes  bei  der  Ligatur  und  im  Yerlanfe. 


Todesursache  und  Section. 


Compression  d.  Carot.  hob  nur  d.  Palsat.  aof ;  änderte 
Dicht  d.  Grösse  d.  Tumors.  28.  Oct.  Electropnnc- 
tar  ohne  Erfolg. 

Sogleich  sank  d.  pnlslos  gewordene  Tumor  zusam- 
men. 28.  wieder  Pnlsat  bis  zum  8.  Nov.  14.  Saffo- 
cation;  Eröffnung  d.  Sackes.  15.  Athembeschwer- 
den,  17.  Blatangen,  Paralyse  d.  L  Armes.  Singnltus. 


Reichliches  Serum  an  d.  Gehirn* 
oberflftche  n.  in  d.  Seitenventri- 
kein ;  in  d.  r.  Hemisphäre,  nahe 
d  Oberfläche,  2  Abscesse;  einer 
im  mittleren  Lappen.  Atherose 
d.  Arter.;  unter  d.  Ligat  ein 
fester  Thrombus.  Garot.  ext. 
offen,  ein  kleines  Anenr.  an  d. 
1.  Garot.  —  Ghron.  Bronchial- 
Gatarrh. 


Chloroform ;  Pnlsat.  schwindet  sogleich,  n.  Gesicht  n. 
Gehör  bessert  sich;  Anfangs  Gefühl  von  Taubheit 
1 1.  Armes  n.  Beines.  15.  Sept.  d.  Tumor  wächst, 
fluetuirt  17.  Function  —  Eiter  n.  GerinnseL  —  26. 
profuse  BIntg.  aus  d.  Wunde,  kehrt  nicht  wieder. 

Chloroform;  keine  Erscheinungen  angegeben;  später 
ist  d.  Terkleinerte  Tumor  fest 


Pulaat  schwindet,  kurz  dauernde,  schwache  Gonvul- 
sionen  folgen  d.  Operation.  4.  Dec.  Gonvulsionen, 
Schling-  u.  Athembesch werden,  Bewusstsein  ge- 
trfibt,  1.  Aage  geröthet,  dann  Ruhe  bis  6.  Dec. 


Nach  d.  Ligatur  partielle  Paralyse.  ~  Einfache  Notiz. 


8.  wieder  Pnlsat  18.  Tumor  plötzlich  doppelt  so 
gross.  Suffocation,  Eröffnung  d.  Sackes,  Blntg., 
später  noch  3  Blutungen,  die  durch  Ligatur  eines 
Gefässea  gestillt  werden. 

Etwas  Kopfschmerzen.  14.  wieder  Pulsat.  16  ist  d. 
Tumor  pulslos,  ca.  4  so  gross 

AntyllDs'  Methode. 


».  LanK«fib«<>k  ,   Arohiv  (.  Chirurf^ie.   IX 


Der  Sack  zeigt  3  Oeffnnn^en: 
d.  p^ipherische  d.  Vena  jug., 
d.  peripherische  u.  centrale  d. 
Art.  occip  ;  2  gute  Thromben 
in  d.  Garot;  d.  Ligat  lose  im 
Eiter  liegend.  Die  obere  n.  vor- 
dere Partie  d.  1.  Hemisphäre  n. 
d.  hintere  d.  rechten  ^anz  er- 
weicht Die  Vena  jug.  ist  cen- 
tral thromb.,  sie  selbst  doppelt 


il 


322 


Dr.  C.  PiU, 


No. 

Operateur 

und 

Datum. 

Literatur.          ||    |           Ursache. 

Bestehen  d. 

1  Verlctig. 

i  1  !  Aus- 
5^    gang. 

ö     i«i 

Tage-       1 

293. 

Delore,    Lyon. 

Gaz.     des     Höpit.  63  j. 

_ 

do.  Carot. 

6 

1 
30  i     t 

1860.  31.  Jan. 

1860.    p.  461. 

M 

Mnt. 
be- 
mkt 

|49.  T;: 

1 
i 
1 

1 

294. 

Holt,  Westmin- 
ßter  Hosp.  1860. 
20.  Nov. 

Lancet.  1861.  Voll, 
p.  560. 

'2 

r. 

do. 

seit 
Spt. 

1 
16    Heil?. 

295 

R.  Knagges, 
Trinidad    Colo- 

Lond.  Med.  Times 

I5j 

r. 

do.     Carot. 

comm. 

. 

34  !     t 

and     Gaz.     1863. 

W. 

träum. 

44.  T? 

nial  Hospit. 

Vol.  2.   p.  8. 

[ 

1863.  16.  Jun. 

( 

29(3. 

Spence,    Edin- 

Brief!.  Mittheilg.  an 

H. 

r. 

do.  Carot. 

35. 

-                t 

bürg.         1865. 

Prof.  Gurlt. 

Tg. 

19.  Tf 

25.  Jul. 

' 

be- 
mkt. 

297. 

Lficke,      Bern. 

Archiv,    für     klin. 

•iöj. 

1. 

do.  Vertebr. 

trauni. 

— 

11 

t 

1865.  4.  Aug. 

Ghirurg.     Bd.    8. 

M, 

(angen    Carot). 

25.  Tg 

Hft.  1.  S.  78. 

298. 

Vanzetti,    Pa- 

Bnefl.  Mittheilg.  an 

GOj. 

do.  Carot.  diffus. 

t 

dua.    1865. 

Prof.  Gurlt. 

U. 

8.T. 

299. 

Z.  de  Gastro, 

Gaz.  möd.  d'Orient. 

31j. 

^ 

do.  Carot 

seit 

26 

t 

GoDstantinopel. 

1864.    p.  166. 

H. 

15 
Mnt. 

43.  T? 

300. 

Cattolica. 

n  Severino.    1836. 
-Gaz.  med.  1836. 
p.  425. 

M. 

1. 

do.  Vertebr. 

träum. 

— 

— 

ohne 
Erfolg 

301. 

Ghapel,  Saint- 
Malo. 

Lancet.l852.Vol.2. 
p.  509.   u.    Arch. 
gönör.      4.     Sör. 
Vol.  17.    p.  355. 

do.  Carot. 

+ 
4.T^ 

802. 

Freysc  a.  Bo- 

ElSigloMed. 1862. 

— 

— 

do.  beider  Carot.      1 

— 



Ueii^. 

tana. 

-    Schmidt, 
Jabrbb.       Biblio- 
graph. 1862. 
Lona.  Med.  Times 

de; 

einen 

303. 

Hnnter. 

^; 

r. 

do.  Carot  comm. 



^^^ 

Hcik 

and  Gaz.  VoL  31. 

—  Orisp,  S.  281. 

Mo.  446. 

Zur  Ligatur  der  Arteria  Carotis  communis. 


323 


Besonderes  .bei  der  Ligatur  und  im  Verlaufe. 


Todesursache  und  Section. 


Die  Pulsat.  kehrt  Abends  wieder.  7.  Febr  Schling- 
u.  Athembesch werden  geschwunden;  8.  d.  Anenr. 
pnUlos;  nach  Erkältung  wird  d.  Tumor  grösser  u 
schmerzhaft,  Angina,  Bronchitis;  vor  d.  Tode  5  Mi- 
nuten anhaltendes  Bluterbrechen. 


Cblorof.;  t^2.  Kopfschmerz  r. ;  24.  Urin  verhaltung.  G.Dec 
Aneur.  fester,  kleiner,  pulslos.  5.  Jan.  Husten, 
Schwellung  am  Halse  r.  8  Eiter  u.  Blut  aus  dem 
Sacke.  4  Std.  später  Blutg.  10.  Fröste,  Tumor 
wächst.    Abscessirung  am  Halse. 

Abtrennung  d  M.  sternocleid  ,  d.  Tamor  wird  nicht 
kleiner,  aber  schlaffer,  Suppnration  d.  Sackes. 


Ghlorof. ;  sogleich  erlischt  d.  Pulsat.  im  härter  gewor- 
denen Tumor,  tritt  aber  bald  wieder  ein;  2.  Tag 
Iluäten,  3.  Schmerzen  in  d.  Seite;  12.  Tag  Blutg. 
ans  d.  Wnode,  die  wiederkehrt. 

Die  Compression  d.  Arter.  hatte  d.  Pulsat.  schwächer 
werden  lassea,  d.  Ligat.  war  ohne  jeden  Erfolg; 
keine  Hiroerscheinun^en ;  später  Inj ection  von  Liq. 
Ferr.  sesquicbL,  neue  Blutg;  Eröffnung  d  Sackes: 
Oefäss  zu  unterbinden  unmöglich.  23.  r.  Hemiple- 
gie bemerkt.  *  Goma. 

Da«  Aneurysma  reichte  vom  Unterkieferrande  bis  zum 
SchlQaselbeine;  triangulärer  Lappenschnitt,  Ligat. 
1  Gtm  vom  Ursprünge;  leichte  (?)  Hirnerscheing.; 
keine  Blutg. 

Erscheinoogeo  folgen  d.  Ligat.  nicht;  nach  3  Tagen 
nimmt  d.  Anenr.  zu.  Einstich  schafft  Erleichterung, 
heftige  Blutg.  Spaltung  d.  Sackes  n.  Ligat.  d.  blu- 
tenden Carot.  ext. 

Der  Tumor  pulsirt  weiter. 


Alle  Zeichen  der  Gehirnerweichung. 


Ligatur  einer  Carotis. 


Innere  Blutang.  —  An  d.  Seite 
d.  Pharynx  ist  d.  Perforations- 
stelle,  von  d.  Ligat.  abwärts, 
fester,  adhärenter  Thrombus, 
an  jener  selbst  im  Zerfall  be- 
griffen ;  im  Sacke  zersetztes  Blut, 
Eiter,  n.  wallnussgrosses  Fibrin- 
gerinnsel. 


M.  sternocl  gut  vereinigt,  d.  3 
Zoll  lange  Tumor  enthält  festes 
Goagulum. 

Blutung.  —  Das  Herz  gesund, 
Aorta  sehr  erweitert,  ebenso  n 
Garot.  u.  Jnnom. 


Ligatur   fast   dorchgeschnitten; 
2  gute  Thromben. 


Blutung  durch  Ruptur  d.  Sackes; 
d  gänseeigrosstt  Aneur.,  mit  Ge- 
rinnsel erfQllt,  gehört  d.  Vertebr. 

Gehirnerweichnng. 


21* 


324 

Dr.  C. 

Pilz, 

No. 

Operateur 
und 
^   Datum. 

Literatur. 

<  % 

1 

•o 

t4 

Ursche. 

II  il 

Tag«, 

Aoä- 

gang. 

304. 

South,         cit. 
Liverpool ,  Nor- 
thern Infirmaiy. 

Ohelius-,    Handb. 
d.  Chirurg.  8.  Aufl. 
S.  1112. 

— 

do.  Vertebr.  (angen. 
Carot.). 

— 

— 

t 
14.  Tg. 

305. 

L.H.Zörnroth, 

PinskaLSkareS^lls- 

„^ 

r. 

do.  Temporal,  träum. 

. 

___ 

Heile 

Helsingfoni. 

kapets.Handlingar 

(nach  Arteriotomie.) 

Andra        Bandet 

Fierde  Heft.  1845. 

—  Oppenh.  Zeit- 

schr.       Bd.      34. 

S.  504. 

306. 

Onbekannt, 
Lissabon.      St. 
Josö  Hospit. 

Gaz.  de  Lisboa.  — 
British  Med.  Journ. 
1863.  Vol.  l.p.  197. 

1. 

do.  Vertebr.  (angen. 
Carot.). 

f 
20.  Tg 

Zusätze    zu    vorste 

221)  2.  Die  Pnlsationeu  sind  im  Tumor  nicht  wiedergekehrt;  Hasten 
tritt  ein.  3.  Kopfschmerzen.  8.  frei  von  Kopfschmerzen,  in  voriger  Nacht 
sehr  unruhig,  heute  l.-seitige  Lfthmung.  11.  Besserung  des  Armes.  17.  ge- 
reizter Zustand,  der  Tumor  ist  vergrOssert  und  schmerzhaft. 

222)  Mit  Ligatur  schwand  der  Puls  im  Tumor. 

223)  Am  16.  Oct  ist  das  stark  pulsirende  Aneurysma  bis  auf  ^  seiner 
früheren  Grösse  verkleinert;  später  ganz  geschwunden. 

226)  Fat  klagt  bald  Aber  vorübergehende  Schwere  des  r.  Beines,  and* 
Schwäche  des  r.  Armes,  starke  Kopfschmerzen  bestehen.  12.  Husten,  der 
Puls  wird  im  Tumor  schwächer.  2.  Febr.  Pulsation  nur  noch  an  einer 
Stelle  sicher  zu  erkennen;  seit  Jun.  erfolgt  neues  Wachsthum  des  Anen- 
rysma,  vom  3.  Sept.  an  mehrfache  Blutung  aus  demselben;  8.  der  zu  ent- 
leerende Tumor  wird  incidirt. 

229;  Mit  der  Ligatur  schwand  die  Pulsation.    1.  Febr.  ist  das  Anen-  . 
rysma  um  die  Hälfte  verkleinert;  die  früher  verengte  L  Pupille  und  das  ge- 
schwächte Sehvermögen  wieder  normal. 

232)  Sogleich  etwas  Schmerz  im  r.  Auge;  der  r.  Radialpuls  erscheint 
stärker,  als  der  linke. 

241)  Nachdem  einen  Monat  lang  vergeblich  Valsalva's  Methode  nnd 
Kälte  angewandt  waren,  schwand  mit  der  Ligatur  sogleich  und  für  immer 
die  Pulsation  im  Aneurysma. 

242)  Die  den  7.  Mai  1836  an  einer  Brustkrankheit  verstorbene  Person 
zeigt  folgendes  Verhalten :  Die  mit  der  Vena  jugul.  int.  in  eine  gleichmässige, 
bandartige  Masse  uttige^andelte  Carot   coiiini.  bin^  mit  dem  Reste  des  Aneu- 


Zar  Ligatnr  der  Arteria  Carotis  commanis. 


325 


Besonderes  bei  der  Ligatur  und  im  Verlaufe. 


Todesursache  und  Section. 


eschwalst  wuchs  nach  d.  Ligat.  sehr  schnell. 


als   in    d.  Garot.   u.  ihren  Zweigen  hört  sofort  auf, 
der  Sack  coUabirt,  eine  Nachblutg.  erscheint. 


lie  Ligat  hob  d.  Pulsat.  nicht  auf;  Pat.  Abds.  auf- 
geregt. 3.  Tag  Paralyse  des  N.  facial.  Der  Arm 
ist  schmerzhaft,  wird  dann  paralytisch. 


Blutung  durch  Berstung  d.AneQr. 
in  die  LuftrGhre.  Das  Aneur. 
d.  Vertebr.  lag  zwischen  d.  Proc. 
transY*  d.  4.  u.  5.  Halswirbels. 


Das  Anenr.  vertebr.,  in  d.  Höhe 
d.  3.-3.  Wirbels  gelejgen,  ent- 
hält Goagula  n.  flOssiges  Blut. 


I  n 


der  Gasuistik. 
rysma  innig  zusammen,  so  dass  die  wieder  vereinte  Ligatnrstelle  nicht  mehr 
za  erkennen  war.  Die  Garot  int.  zeigte  sich  bis  zum  Abgange  der  Artar. 
opbtli.  fest  verschlossen;  die  Garot.  ext  war  frei,  aber  viel  kleiner,  als  die 
der  gesunden  Seite;  der  mandelgrosse  Sack  bildete  eine  feste,  fibrGse  Masse. 
Eine  nicht  vollständige  Injection  ergab,  dass  durch  die  Art.  thyr.  inf.  zahl- 
reiche Anastomosen  hergestellt  waren,  auch  die  Artt.  snbcl.  und  vertebr. 
waren  um  die  Hftlfte  ihres  Lumens  erweitert,  wie  auch  die  absteigenden 
CervicalSste  der  Thyr.  inf. 

245)  Grisp  (p.  286.)  lässt  ein  Aneurysma  an  beiden  Seiten  bestehen, 
2  Honate  nach  der  Operation  ist  dasselbe  bedeutend  gewachsen,  während 
in  den  letzten  14  Tagen  das  Klopfen  nicht  mehr  an  Stärke  zunahm;  am 
20.  Sept.  soll  (nach  Broca,  Traite  des  Anuvrysmes.  p.  561)  nur  noch 
schwaches  Klopfen  vorhanden  gewesen  sein. 

261)  Seit  2  Monaten  trat,  neben  Dusten,  eine  Geschwulstbildung  unter 
dem  r.  Ohre  auf,  die  langsam  wuchs,  fluctuirte,  und  durch  den  Probetroicart 
am  20.  Oct.  Blut  entleerte.  Den  1.  Tag  trat  Blutung  ein  aus  der  Wunde, 
3.  Nov.  mehrere  Blutungen.  Die  Section  ergab  eine  mit  der  Theilungsstelle 
der  Carotis  zusammenhängende  Blutcyste,  durch  eine  3  Lin.  breite  und  V% 
Lin.  lange,  mit  einem  Gerinnsel  verschlossene  Oe£fnung;  den  Inhalt  dersel- 
ben bildete  schwärzliches  Blut;  Qber  der  Ligaturstelle  fand  sich  ein  Thrombus. 
268)  Die  Operation  geschab  ohne  Anästhcsirung.  Alle  Erscheinungen 
daaerten  bis  zum  5.  Tage,  Pulsationcn  erschienen  bald  im  Tumor  und  in 
der  Carot.  ext.,  jedoch  war  derselbe  nicht  mehr  so  prall,  wurde  unter  schwä- 
cher werdenden  Pulsationen  kleiner,  schrumpfte  von  der  Grösse  einer  Man- 


326 


Dr.  C.  Pilz, 


nesfanBt  zu  der  eines  GänBeeies  znsammen;  Ende  des  2.  Monats  volle 
Heilang. 

270)  Als  K.  sich  beim  Wassertrinken  hinten  fiber  bog,  empfand  er  hef- 
tigen Schmerz  an  der  r.  Halsseite,  dem  bald  die  Erscheinungen  des  Anea- 
rysmas  folgten. 

274)  Das  Aneurysma,  das  sich  äasserlich  in  keiner  Schwellung  am  Halse 
kund  gab,  prominirte  in  den  Rachen  hinein,  zeigte  deutliche  Pulsation  ond 
Blasebalggeräusch;  dennoch  wurde  es  von  einem  Arzte  punctirt.  Am  Ende 
der  5.  Woche  ist  der  Tumor  ganz  geschwunden,  die  Stimme  normal. 

278)  Später  ist  die  rechte  Zungenbälfte  atrophisch. 

285)  Am  23.  Oct.  ist  der  Gollateralkreislauf  völlig  hergestellt;  vom  4. 
bis  19.  Nov.  Husten  in  verschiedener  Heftigkeit.  4.  nur  schwacher  Puls  im 
Tumor,  der  am  8.  erloschen  ist;  vom  12.  an  wächst  der  pulslose  Tumor. 
19.  DyspuoS,  ßlutung,  krampfhaftes  Zucken  des  r.  Armes;  der  r.  Mundwin- 
kel steht  tiefer.  Resp.  42;  3  Dhr  Morgs.  das  Athmen  stertorös,  Puls  90. 
4h.  Dyspnoe  gesteigert,  Blutung,  Puls  120;  9h.  Puls  120.  Pat.,  sehr  schwach, 
schläft  andauernd.    11  h.  beim  Husten  eine  heftige  Blutung  aus  der  Wände» 


in.     Ligatur 


No. 

Operatenr 
und 

Literatur. 

ja 

1 

Ursache. 

2«    3*^     sang. 

Datum. 

<  m 

•o 

»^          -o      ^       ® 

O 

M 

Täte«.        1 

307. 

Travers,    Lon- 

Med. -  Chir.  Trans- 

34j. 

1. 

Aneur.      orbitale*) 

4 

21) 

Ueilg. 

don.      1809. 

act.  Vol.  2.  p.  1. 

W. 

diffus,  ronsec. 

Jhr. 

22I 

23.  Mai. 

' 

6 
Mut. 

308. 

Dalrymple, 

Med. -Chir.  Trans- 

44j. 

1. 

Aneur.  orbit.  diffus. 

9 

11) 

28^ 

Heilg. 

Norwich.    1813. 

act.    Vol.  6. 

W. 

consec. 

Mnt 

Auge 

7.  Apr. 

blind. 

309. 

Dupuytren, 

Lecons  oral.  Vol.  2. 

20j 

r. 

Aneur.  anast.   d.  r. 

An- 

11 

Gene- 

Paris.    1818. 

p.  43. 

H. 

Ohres  u.  ümgebg. 

geb. 

sung. 

8.  Apr. 

310. 

Wardrop,  Lon- 

Lancet.    Vol.    12. 

«~ 

1. 

Cavcrn.  Geschw.  d. 

An- 

^__ 

t 

don.    1818. 

p.  394. 

6 

Weh. 

Nackens,  leicht  blu- 
tend. 

geb. 

14.  Tg. 

*)  Die  Bezeichnung  Aneur.  orbitale  ist  als  Collectivname  in  der  Tabelle  beibe- 
halten, ebenso  sind  die  Ausdrücke  Fungus,  Fung.  haemat,  Tumor  antri  etc.  der  einzel- 
nen Autoren  aufgefQhrt,  da  die  wahre  Natur  der  Neubildung  meist  nicht  nach  der 
kurzen  makroscopischen  Beschreibung  zu  ermitteln  war. 


Zur  Ligatur  der  Arteria  Carotis  communis. 


327 


krampfhaftes  Zacken  des  r.  Armes,  während  der  linke  rnhig  daliegt  Resp. 
42.  1.  h.  p.  m.  1.  Arm  nnd  Bein  ganz  gelähmt,  der  Mund  nach  rechts  ge- 
zogen. Delirium,  Hasten.  Puls  120.  3.  h.  p.  m.  einige  Zeit  anhaltender 
Singultus,  Delirium.  10.  h.  p.  m.  Fat.  ist  bei  Bewusstsein.  20.  3  h.  a.  m. 
100  Pulse,  Singultus,  eine  Blutung  von  4  Dnz.,  die  Extremitäten  kalt,  seit 
5  h.  Coma.    7  h.  a.  m.  Tod. 

293;  Als  die  Digital  -  Gompression  nicht  mehr  ertragen  warde,  schritt 
D.  zur  Ligatur,  nach  Zang. 

295)  Ungern  operirte  K.  den  mit  Unterleibsleiden  Behafteten,  nur  das 
schnelle  Wachsthum  des  Aneurysmas  zwang  ihn  dazn. 

296)  Da  in  der  Nacht  vom  13.  auf  den  14.  Aug.  die  Blutung  wieder- 
kehrte, und  S.  nicht  zu  Hanse  war,  erweiterte  Dr.  Watson,  indem  er  das 
Blut  ans  dem  centralen  Ende  kommen  fohlte,  die  Wunde  in  der  Länge, 
durchschnitt  den  M.  sternocleid.  quer,  konnte  das  Gefäss  nicht  fassen,  un- 
terband deshalb  die  Carotis  ober-  und  unterhalb  der  blutenden  Stelle. 

306)  Anfangs  wurde  das  Aneurysma  vertebrale  ffir  einen  Abscess  ge- 
halten. 


bei   Tumoren. 


Besonderes  bei  der  Ligatur  und  im  Verlaufe. 


Todesursache  nnd  Section. 


Keine  GehirnstCmng.    2  Ligatt.  i**  entfernt. 


2  Ligatt,  mit  Durehschneidung  d.  Gefässes;  Schling- 
beschwerden. 15.  d.  Auge  in  seine  Höhle  zurück- 
getreten, 3.  Jul.  Blutg.  aus  dem  unteren  Theile  d. 
Wunde. 

Mit  Ligat.  Schmerz  in  einem  r.  Backenzahne;  Kopf- 
schmerz, Erbrechen,  Eiogeschlafensein  d.  L  Armes. 
9.  Erbrechen.  10.  noch  keine  Pulsat  in  Artt.  oc- 
cipit.  u.  temporal. 

Erst  4  Std.  nach  d.  Operat.  wird  d.  Tumor  schlaff, 
verliert  d.  dunkele  Färbung,  am  4.  Tage  wächst  er 
?on  Neuem. 


Erschöpfung. 


328 


Dr  C.  Pilz, 


No. 

Operateur 
und 

Literatur. 

il 

1 

Ursache. 

—- 

55  1 

Aus- 
g»ng- 

Datum. 

s 

1 

TÄge. 

311. 

Busch,  Marburg. 

Ru8t,  Mag.  Bd.  6. 

"J: 

L 

Aneur.    anast.    artt. 

An- 

12 

Besse- 

1819. 10.  Mai. 

S.  332. 

terop.,  front.,  occip. 

geb. 

rung. 

312. 

JamesoD,  1820. 

Pbilad.    Med.    Re- 

^: 

-. 

Tarn,     erect.     antri 

13 

— 

ßeilg. 

11.  Nov. 

cord.     Vol.  4.  — 

(fungos— Norris). 

Mnt. 

Norris,  No.  ö. 

313. 

Arendt,  Peters- 

Froriep'sNotizen. 
1822.  Febr.  S.  27. 

1^. 

r. 

Aneur.  anast.  faciei. 

.. 

17 

Heiig. 

burg.      1821. 

18.  Nov. 

3U. 

Granville, 

Americ.  Med.   Re- 

■a- 

1. 

Aneur.  anast.  arter. 

8 

___ 

Aus- 

Scharp, Pat- 

cord  1821.  Vol.  5. 

max.  int. 

Jhr. 

sicht 

tison,     Mary- 

p. 108-115. 

auf 

land.     1821. 

Heiig. 

315) 

Macgill,  Mary- 

New York  Med.  asd 



r. 

Tumores  vasc.  orbit. 

„« 

Gene- 

3161 

land.    1823. 

Phys.  Journ.  Vol. 
4.    p.  576. 

W. 

1. 

sung. 

317. 

Davidge,  1823. 
Apr. 

BuruB,    Anat    of 
head  and  neck.  1823 
—  Norris.  No. 8. 

M. 

1. 

Fungus  antri. 

" 

~ 

t   6 
Woch. 

318 
319) 

f  Frankfurter  Chi- 
)  rurg.  1828. 
)UlImann,Mar- 
(  bürg.     1824. 

Bünger,  Gratula- 
tionsscbreiben  an 
F.  Wurzer,  Mar- 
burg. 1838.  Prima 
carot  comm.  ntri- 
que     corp.    hum. 
cum    eventu    ap- 
plic.  ligat  etc. 

Maryl.Med.Record. 

1. 
r. 

jTum.  erect.  in  re 
(    gion.  autic.  sin. 

~ 

■- 

t 
-.  Tg 

320. 

Finley,     1824. 

— 

r. 

Fangus  antri. 

Mo- 

— 

Gene- 

27. Jul. 

Vo.l.  —  Norris. 
No.  9. 

H. 

nate 

sung. 

321. 

Barovero,1825. 

Repetitorio  di  Me- 

'S/; 

r. 

Tum.  fang,  palati. 

_ 



t9*'. 

19.  Sept 

dic.  di  Chirurg,  e 

(GO.  ?) 

di    Chim.   di   To- 

Tg 

rino.    1826.    Die. 

p.  529. 

322. 

Mc  Glellan, 
1825.  10.  Juni. 

.New   York     Med. 
)  and  Phys.  Journ. 

Ä»- 

1. 

Tum.  erect.  orbitae. 

44 
Jhr. 

14 

Heilg. 

323. 

McClellan,     ' 

/  Vol.  6.   Norris. 

S- 

1. 

Tum.  erect.  colli. 



14 

Heiig. 

1825. 

'  No.  11  und  12. 

324. 

Mc  Glellan, 

New- York  Med.  and 

'S/; 

r. 

Tom.  fang. 

_ 

unt. 

Heiig. 

1825. 

Phv8.Joum.Vol.5. 
—  Norris.  No.l3. 

2 

. 

Web. 

325. 

Maclachlan, 

Qlasg.  Med.  Journ. 

30  j. 

l. 

Tum.  pulsat.   (nach 

.-^ 

„^ 

t 

1825.    10  Jnl. 

Vol.  1.  -  Julius 
u.Gerson,Maßaz. 
Bd.  17.  S.  125. 

H. 

Arteriot.  temporal.). 

4.T!: 

Zur  Ligatur  der  Arteria  CarotiB  communis. 


329 


Besonderes  bei  der  Ligatur  und  im  Verlaufe. 


Todesarsache  uod  Section. 


\  Ligatt. ,  ^'*  entfernt  Ton  einander;  beim  Operiren 
öffnet  sich  d.  Tumor,  u.  es  werden  noch  12  Ligatt. 
angelegt;  nach  6  Wochen  trat  7  Tage  hindurch 
leichte  Blutung  auf. 

l  Ligatt.,  mit  Durchschneidung  des  dazwischen  lie- 
genden Gefassrohres;  d.  Tumor  nimmt  an  Grösse 
ab;  Blutentziehang  wird  in  der  Nachbehandlung 
noth  wendig. 

onerhalb  eines  Monats  beide  Ligaturen. 

>ie  Ligatur  d.  L  Seite  war  nach  Sc arpa 's  Methode 
;emacht  worden. 

i\a  2  Blutungen  in  den  nächsten  Tagen  wiederkehr- 
ten wurde  an  tieferer  Stelle  eine  neue  Ligat.  an- 
gelegt; Hirnerscheinnngen  wurden  nicht  bemerkt 


Erscböpfun« 


[it  Schlass  der  nach  Scarpa  applicirten  Ligat.  ent- 
stand Schmera  in  d.  r.  Kopfseite  u.  dem  Tumor; 
d.  Art.  temporaL  pulsirt  schwach  bis  zum  3.  Tage; 
Schlingl>esch werden;  am  3.'Tage  Delirien,  Paralyse 
d.  1.  Mundwinkels  u.  1.  Armes,  die  sich  gegen  den 
lö.  Tag  au  rückbildeten.    60.  Tag  gaetr.  Fieber. 


Ghron.  GehirnentzQndg.  u.  gastr. 
Fieber  —  d.  Vena  Jug  int.  war 
mitunterbnnden ,  ein  Thrombus 
Qber  u.  unter  d.  Ligat.  Das  Ge- 
hirn (?)  chronisch  entzündet,  eite- 
riges Exsudat  auf  der  r.  grossen 
Hemisph.,  dieselbe  erweicht. 


»a  Druck  nicht  ertragen  n.  d.  Unterbindung  d.  ein- 
zelnen GeHtose  unmöglich  wurde,  legte  M.  d  Ligat. 
um  d.  Carotis,  Pols  erlosch  sogleich  im  verkleiner- 
ten Tumor.  11-  heftig.  Bruststechen,  Athmen  be- 
f^cbwert,  starke  Kopfschmerzen  (Yenaesect)  14. 
redet  in  der  Nacht  irre,  respirirt  sehr  schwer. 


Pleuritis.  —  Im  Mediast.  ant. 
eiterige  Masse,  in  d.  r.  Pleura- 
höhle eiterige  Masse,  in  d.  1. 
etwas  Blut,  an  d.  Ligaturstelle 
kein  Eiter,  2  Thromben;  die 
Aeste  d.  Kopfes  erweitert 


330 


Dr.  C,  Pil2, 


No. 

Operateur 

und 

Datum. 

Literatur. 

Alter 
Geschlecht, 

Körpttrteite. 

Ursache. 

326. 

Wattmann, 
Wien.    1825. 

Sahb.   Med.-Chir. 
Ztg.  1852.    p   32. 

li: 

r.  iTum.  gland.  submax. 

1 

— 

-  !   t 

—  Kussmaul  u. 

Tenner 's  Arbeit 

327. 

Wardrop,  Lon- 

Lancet    Vol.     12. 

5 

1. 

Tum.  erect  faciei. 

An- 

11     Heil? 

don.  1826.  März. 

p.  817. 

Mnt 
W. 

geb. 

c* 

328. 

Fricke,     Ham- 
burg.   1826. 

Hamburger  Magaz. 
d.  Heiikd.  Bd.  12. 
S.  231. 

jun- 

Tum.  parotid. 

-   1 

t 

lö.Tj 

329. 

Ch.  Majo,  Lon- 
don ,    WeBtmin- 

Lond.     Med.     and 

26j. 

r. 

Sarcom    (fiber   dem    — 

17 

t     C 

Phys   Journ.  Vol. 

M. 

Ohre).                      ! 

M^ont 

ster  Hosp,  1827. 

58.  p.  408. 

20.  Jan. 

330. 

Li8franc,1827. 

Nouvelle  bibl.  med. 

'Ji; 

r. 

Fnng.    haemat. 

f 

Apr. 

Mai.    1827.    — 

(Aneur.  angenomm ) 

18.  T 

Froriep's    Notz. 

1829.    13.  Jal. 

331. 

Magendie,  Pa- 
ris. 1827.4.  März. 

Journ.   de  Physiol. 
1827.  Apr.  Vol.  7. 

'^; 

1. 

Fung.  (?)  max.  snp. 

— 

11 

Ver- 

sehlia 
merg 

332. 

J.  Wardrop, 

Lancet     Vol.     12. 

ii- 

1. 

Tum.  erect  faciei  et 

12 

25 

Bess 

1827.  (1.  Oct?) 

p.  762.  789.    Vol. 

An 

capitis  (träum.). 

runs 

p.  47. 

(t  10 
Tg. 

333) 

Mussey,    Han- 

American Journ.  of 

20j. 

r. 

Aneor.  anast  capit 

Bess 

334j 

nover   in    New 
Hampshire. 
1827.   20.  Sept. 
2.  Oct 

med.  sc.  1830.  Febr. 

M. 

1. 

ruug. 

335. 

Degnise,  1827. 

Arch.  g^ner.  1.  S^r. 





Tumor          (Aneur. 

» 

t 

VoL    15.    p.    169. 

w. 

Dietrich). 

U.Dietrich, Auf- 

suchen d.  Schlag- 

adern etc. 

. 

336. 

Dieffenbach, 
Berlin.     1828. 

Dietrich,        Das 
Aufsnch.  d.Schlag- 

2i- 

— 

Fnng.  parot 

— 

— 

A 

Sept 

adern  behufs  d.Un- 

terbdg.etc,  S.  150. 

Zar  Ligatur  der  Arteria  Carotis  commnois. 


381 


Besonderes  bei  der  Ligatur  und  im  Verlaufe. 


Todesursache  und  Section. 


ileich  nach  d.  Operat  einige  krampfhafte  Zncknngen 
d.  ganzen  KOrpers,  die  schnell  vergingen;  am  folgd. 
Tage  DeUrien  u.  Lähmung  d.  4.  Seite.   (3.  Venaesect.) 

lach  d.  Ligat.  war  d.  Kind  bleich  u.  erschöpft ;  konnte 
dann  d.   Angeolid  offnen;   10  Mon.  ist  noch  eine] 
häutige  Geschwulst  ohne  jede  Spur  von  Geissen  | 
übrig.  j 

Joi  die  Ernährungszafuhr  abzuschneiden,  wurde  d. 'Kachexie 
Ligat.  gemacht;  es  soll  Verkleinerung  der  Neubil-  ! 
düng  Anfangs  eingetreten  sein.  < 

^ach  d.  Ligat.  Schlingbeschwerden;  seit  2.  Mai  Ver- 
scblimmernng.  Blutg.,  Wachsthum  d.  Geschwulst, 
epileptische  Anfälle,  wendet  sich  auf  d.  1.  Seite.  Coma. 


H'ach  3  Std.   Zufalle  vom  Gehirn  aus;  entzQndliche 
Erscheinungen  d.  Halses,  Brust  u.  Magens;  Blutg. 


Sei  d.  Ligat.  Schmerz  im  Kiefer.  13  Std.  Ohnmacht. 
9.  Lähmnog  d.  r.  Armes,  Stimmlosigkeit,  epilepti- 
scher Anfall  —  im  Verlaufe  bessert  sich  d.  Läh- 
mung, aber  d.  Geist  wird  schwächer. 

i\t  d.  Ligat.  schwindet  Puls  im  Tumor,  ohne  dass 
er  coUabirt,  Abds.  leichte  Bewegung  im  oberen 
Theile  desselben,  r.  Carot.  pulsirt  stark ;  Uebelkeit, 
Erbrechen.  2.  Tag  Tumor  etwas  verkleinert,  Fat. 
wohl.  6.  Tas  Frost,  Fieber.  7.  Tag  Blutg.  Seit 
d.  10.  Tage  Verkleinerung  d.  Tumors.  11.  1.  Auge 
wird  afficirt,  —  hört  1.  schlecht. 

)bne  Erschein angen  von  Seiten  d.  Gehirnes;  Heiig. 
schaffte  erst  d.  £xstirpation. 


Gehirn  blutreich;  Veiitr.  ohne 
Exsudat.  Tumor  2  Pfd.  schwer, 
Sarcom,  nicht  mit  Parot.  zu- 
sammenhängend, war  durch  Os 
temporum  gedrungen,  von  d.  Me- 
ning.  bedeckt. 

Blutung.  —  Fung.  haem.  d.  1. 
mittleren  Schädelgrube,  Pars, 
petrosa  sehr  zerstört;  Vena  jng. 
mt.  6'"  weit  obliterirt,  Carot. 
zeigt  8^''  langen  Riss  unter  d. 
Ligat.,  L  Herz  dQnnnwandig. 
Abscess  im  Mediast   post. 


Lendenabscess;  Eiter  an  d.  Ba- 
sis cerebri  etc. 


)hnc  weitere  Details  findet  sich,  dass,  um  d.  Nah- 
rungsznfnhr  abzuschneiden,  d.  Ligat.  unter  d.  Kreuz- 
stelle d.  Hnsc.  omoh.  angelegt  wurde.  Hr.  Geh.  R. 
Jungken  will  sich  erinnern,  dass  in  diesem  Falle 
der  N.  vagus  mit  unterbunden  sei  (?). 


Kachexie. 


332 


Dr   C.  Pilz, 


No, 


Operateur 

und 

Datam. 


Literatur. 


^2 


Ursache. 


Tag». 


Ö, 


*5  4r  \ 


Auf- 
gang. 


337. 


338. 


339. 


Willaame, 
Metz.     1829. 
25.  Jan. 


Ronx,    Paris. 
1829. 


Mettauer,1829. 
12.  Mai. 


Larrey,  Referat. 
Oaz.  des  faöpit. 
1849.  p.  542. 


Gaz.  hebdom.  1859. 
p.  631. 

Amer.  Joorn.  1849. 
Oct.  p.  349. 


24j. 
M. 


26j. 
M. 


43j. 
M. 


340.  Warren,  1829. 


341. 
342. 

343. 

344. 


Warren,  1830. 

2.  Jan. 
Bushe,    1830. 

15.  Jan. 

VaLMott,1830. 


345. 


346( 
3471 


Paul,         Eigin, 
Gray  Hospit. 
1830.    29.  Jul 


Blasius,  Halle. 
1831. 


Gundelach  - 
MöUer,Kopen 
liagcn.     1831. 
13.  Sept.   1832. 

I  18.  Jan. 


War  reu.  Kritische 
Bern,  fiber  Diagn 
n.  Kur  d.  Geschw. 
Deutsch  v.B  res  8 
1er.    S.  225. 

Ibid.   S.  220. 

Med.  Ghir.   Ballet. 

VoLl.  — Norrie, 

No.  22. 
Amer.  Journ.  Vol.5. 

p.  255.  u.   VoL  7. 

p.  271. 
Lond.    Med.    Gaz. 

1831.  Vol,8.  p.  71. 


Tum.    erect   in   re- 
gione  temporal. 


Aneur.  orbit. 


Anenr.  anast 
et  cavi  nar. 


18j. 

W. 
19j. 

M. 

3 

Mnt 

f. 


Briefl.    Mitth. 
Prof.  Gurlt. 


an 


Graefe  u.  Wal- 
ther'sJourn  Hd 
21.    Ilft.  2. 


30«er 

M 


5i 


Ad- 

geb. 


antr. 


meh- 
rere 
Jhr. 


Aneur.  orbit.  träum. 


Aneur.  orbit. 

Tum.    erect     faciei 
(Aneur.  Walther). 

Aneur.  anast.  capit. 


Aneur.  anast  in  re 
gione  temporal. 


Tum.  carcin.  parot 


21 


Besse- 
rung. 


Gene- 
sung, 
(ofane 
Heiig. 

t 
12.  Tg 


An- 
geb. 

An- 

geb. 


.)| Aneur.  anast  in  re-  An-    13)   H 


•^)   Hcilg 
gione  front  et  na-  geb.    28)  i 
sal. 


15 


Gene- 

sung. 


Ueil^. 

Ileilg: 

runp 


-  t  5 
'  od  Ol 
16.  Tj 


Zar  Ligatar  der  Arteria  Carotis  commnois. 


333 


Besonderes  bei  der  Ligator  und  im  Verlaufe. 


Todesursache  und  Section. 


)nick  auf  d.  Tumor  machte  Gehirnerscheinungen; 
Dupuytren  wollte  ihn  nicht  operiren;  nach  d.  Li- 
gat  wurde  d.  Tumor  etwas  kleiner  u.  weniger  ge- 
färbt; blieb  dann  stationär  2  Std.  nach  d.  Operat. 
Schlingbeschwerden. 

Ss  treten  heftige  Schmerzen  in  d.  Wunde  u.  d.  Tum. 
orbit.  auf,  einige  Tage  zeigte  sich  heftige  Aufre- 
gung, die  an  Delirium  grenzte;  bei  d.  Entlassung 
noch  Exophth.  u.  Schmerz  im  Tumor. 

üit  d.  Ligat.  allgemeines  Zittern,  ö  Min.  andauernd; 
nachdem  Pat.  5  Min.  geruht,  heftige  Convulsionen 
d.  r.  Seite,  wilder  Gesichtsausdruck;  Lähmung  d. 
r.  Seite  in  24  Std.;  wurde  ein  Glied  r.  bewegt, 
Convuls.  Dellr.  andauernd.  Winseln,  Stimme  rauh, 
Durst  sehr  heftig;  Urinverhaltung,  Haut  heiss.  8. 
Tag  Coma.  1.  Pupille  erweitert,  bewegungslos,  r. 
erweitert,  Singnltus;  Athmen  mühsam,  stertorös, 
andaaernde  Rückenlage,  Wunde  gleich  gutes  Aus- 
sehen. Collapsus;  Tod,  unter  allgemem.  Oonyuls., 
linkerseits  heftiger. 

)ie  Ansdehnang  d.  Geschwulst  ging  tief  in  d.  Orbit, 
hinein. 


^*e  Ligat.    üess  Pulsat.  r.  erlöschen,  nur  kurze  Zeit 
hielt  Pulsat.  L  noch  an. 


Die  1.  Hemisph.  ganz  erweicht, 
ebenso  d.  Kleingehim  links. 
Meningen  normaL 


ogleich  erblasste  d.  r.  Gesichtsseite,  die  einzelnen 
uefksspakete  collabirten,  d.  Pols  ging  von  82  auf 
64  Schläge  herab ;  Compression  auf  die  Art.  tem- 
poral, wird  fortgesetzt,  am  19.  Tage  Puls  im  unte- 
ren Theile  d.  TumorSi  wird  bald  stärker;  am  8.  Oct 
Blutg.  aus  d.  Munde;  Verkleinerung  d.  Tumors,  mit 
schwacher  Palsation. 

%  d.  Tumor  nicht  mehr  eistirpirbar  war,  so  sollte 
d.  Nahrangsznfnhr  vermindert  werden;  in  kurzer 
Zeit  traten  mehrere  Schüttelfröste  auf  —  weitere 
Details  sind  nicht  mehr  erinnerlich, 
[ilsation  im  zusammengefallenen  Tumor  erlosch, 
leichte  Reaction;  Lähmung  d.  1.  Seite;  nach  3 
Wochen  wieder  Pulsat.,  welche  d.  Ligat.  der  ande- 
ren ArWGarot  aufhebt;  Masern. 


Pyämie.  —  Man  fand  ein  grosses, 
plastisches  Exsudat  längs  d. 
grossen  Gefässcn;  Eiter  im  Me- 
aiastantic;  nirgend  Abscesse. 

Pai  starb  später  an  Variola. 


334 

Dr. 

C.  Pi 

Iz 

1 

^  1  2 ; 

•6^ 

-4l 

No. 

Operateur 

und 

Datum. 

Literatur.           M^    | 

1 

Ursache. 

i>     ^^  Igang 

«    Tage,      i 

348. 

D.  L.  Rogers, 
1832.    12.Dec, 

American   Journ. 
Vol.  13. 

8 
Mnt 

r. 

Tnm.  erect  faciei. 

An- 
geb. 

— 

Heiig 

348a 

Beruard,  1833. 
26.  März. 

Oaz.    m^d.     1833. 
p.  608. 

"H: 

r. 

Aneur.  anast.  in  re^ 
gione  auricul. 

8 
Jhr. 

— 

Ueilg 

349. 

e.  Mayo,  1833. 

Med.    Quart.    Rev. 
1834.  Jan.  p.  410. 

5 
Mnt. 

M. 

1. 

Teleangiect 

An- 
geb. 

8 

Beas 

rang. 

360.' 
3ö0a 

C.A.Kuhl,Leip. 

zig.    1834.    24. 
.  Mai.      1834. 

4.  Aug. 

Kuhlii  opusc  aca- 
dem.scripsitOla- 
rus.   1842.  p.  51 
Specimea  1.  quae- 
stion.        Chirurg, 
part  14. 

H: 

1. 

Aneur.  aoast  in  re- 
gio ne     occipit 
(träum.). 

24 
Jhr. 

27 
27 

Heiig 

351. 

Zeis,  Leipzig 
1834.  30.  Aug. 

Oppenheim, Zeit- 
schrift. 1836.  Bd. 
3.    S.  9. 

15 

Mnt 

W. 

1. 

Teleangiect.    in    re- 
gione  auric. 

An- 

geb. 

8 

t    1 
Wo  » 

352. 

Dupujtren, 
cit.     1835.     im 
Jan. 

Legons    orales. 
p.  63.    Vol.  2. 

''I 

1. 

Tum.  in  reg.  terop. 

Rncephaloidkrebs 

(angenomm.  Aueur.) 

15 
Mnt 

be- 
fflkt 

'^-' 

+ 
15.  T 

353. 

Busk,   Seamen- 
Hosp.    1835. 
2.  Febr. 

Lond.  Med.  Trans- 
actVol.22.p.l24. 

^j. 

r. 

Aneur.orbit.(traum.). 

6 
Mnt 

13 

Heilj 

354. 

Michels,  1835. 
12.  März. 

BostMed.andSnrg. 
Journ.  Vol.  20.  — 
Oppenheim, 
Zeitschrift  Bd.  14. 
S.  391. 

23j. 
W. 

1. 

Aneur.  anast.  faciei 
et  occipit 

2 

Jhr. 

30 

""]« 

355. 

Velpeaa,(?)  Pa- 
ris.   1835. 

Lancet.  1850.   Vol. 
2.  p.  143. 

'2i 

1. 

Tum.    erect    in  re- 
gione  temporal,  (für 
Aneur.  gehalten). 

— 

— 

16.1 

355a 

JobertdeLam- 
balle,cit.l83G. 
22. Aug.  imHöp. 
St  Louis. 

BuIletdelAcad.de 
Mi^d.     de     Paris. 
Vol.  6.    p.  60. 

M. 

r. 

Tum.   erect    in   re- 
gione  temporal. 

4 
Mnt. 

■ 

+ 
2.1 

Zar  Ligatur  der  Arteria  Carotis  communis. 


335 


Besoi^deres  bei  der  Ligatur  und  im  Verlaufe. 


Todesuraacfae  und  Section. 


Bald  nach  d.*  Operat.  nahm  d.  Kind  d.  Brust,  Tumor 
nahm  allmälig  ab. 

2  Blon.  nach  d.  Entstehung  erheischte  eine  Blutnng 
am  19.  Dec.  1827  Spaltung  eines  Tumors;  unter 
diesem  entstand  bald  ein  neuer,  dessen  Blutg.  end- 
lich zur  Ligat.  fahrte;  Gehirnerscheinungen  fehlten. 

Die  ganze  ).  Gesichtsseite  war  erkrankt;  4  Setac. 
durch  d.  Geschwulst  hatten  keinen  Erfolg,  die  Li- 
gatur war  ohne  jeden  Zufall,  unter  directer  Gom- 
pression  d.  Gesichtes,  Verkleinerung  d.  Tumors. 

Sogleich  Convnlsionen;  dann  Obnmacht  (Venaesect ) 
3.  Aug.  lilutg.;  bei  der  zweiten  Operat.  leichte  Con- 
▼u]{}ionen.  Gesicht  blass,  kalt;  7.  Aug.  Parese  d. 
r.  Armes,  Schlingen  erschwert  Blutungen,  Fröste, 
Besserung;  Abnahme  d.  Tumoren. 

Gegen  Ende  d.  Operat.  Singnltus;  bei  Schluss  der 
Ligat.  Schrei  mit  Teränderter  heiserer  Stimme;  Te- 
leang.  blasser,  welker;  3.  Nov.  Krftmpfe,  mit  Läh^ 
mnng  d.  r.  Seite. 

Da  auf  Compression  d.  Art  Carot  die  im  Tumor  be- 
merkliehen Pulsationen  erloschen,  u.  dieser  fQrein 
Aneurysma  angesehen  wurde,  so  wurde  d.  Ligat. 
d.  Carot.  sin.  gemacht;  am  7.  Tage  nach  Abfall  d. 
Ligat.  eine  sich  wiederholende  Blutg.;  11.  Stunde 
Tor  d.  Tode  war  d.  r.  Seite  gelähmt 

Ligat.  Hess  d.  Puls  im  Tumor  erlöschen,  nach  4  Std. 
leise  fühlbar,  Blasegeräusoh  zu  hören,  dabei  war 
Tumor  verkleinert  u.  kein  Puls  in  d.  Temporal.; 
Schlingbeschwerden,  Husten  etc. 

im  6.  Mon.  d.  Schwangerschaft,  wurde  d.  Ligat  ohne 
bedeutende  Reaction  gemacht;  einige  Tage  beste- 
hen Schwindel,  Klopfen  im  1.  Ohre,  u.  geringe 
Pulsat.  im  Tumor.  Nach  einigen  Jahren  war  Pat. 
noch  wohl,  d.  Aneur.  ganz  geschwunden. 

^  nnterbaud  d.  Carott  comm.  und  int,  d.  Tumor 
nahm  an  Umfang  ab,  Blutg.  aus  d.  Wunde  kehrte 
mehrfach  wieder. 

bne  Gefairnerscheinnngen. 


Section  verweigert 


Encephaloidkrebs.  —  Beide  En- 
den d.  Arterie  gut  geschlossen ; 
kein  Gefäss  war  in  d.  N&he  d. 
Geschwulst  erweitert;  Gehirn 
ohne  jede  Veränderung. 


Blutung.  —  Diese  kam  aus  der 
oberen  Oeffnung  d. Carot,  durch 
d.  externa  vermittelt 


336 


Dr.  C.  Pilz, 


No. 


Operateur 

und 

Datnm. 


Literatur. 


^2 


Ursache. 


Tage 


356. 


867. 


858. 


859. 


A.  C.  Kühl, 
Leipzig.     1886< 
16.  Sept 


Ruhl,  Opusc.  acad, 
scripäit  Claras. 
1842.  Lips.  p.  6a 


43j. 
W. 


861. 


Miller,  1836. 


Ghelios,     Hei- 
delberg. 1837. 
18.  Jao. 

Pirogoff,  Dor- 
pat.      1837. 
26.  Jan. 


Dohlhoff.Mag- 
debarg.    1837. 
5.  Mai. 


Aachincloss, 
1839.   6.  Juli. 


Lond.  and  Edbgh.42>. 
Monthly     Joum.     W, 
1842.      p.  11.  - 
Lond.   Med.   Gaz. 
1845.    p.  1148, 

Roser    a.    Wnn- 
lieh's    Archiv. 
1843. 

Annal.  der  chir.  Ab- 
theilg.  d.Glinic.  zu 
Dorpat  Er8t.Jhrg. 
—  Oppenh.  Zeit- 
schrift. Bd.  9.  S.  43. 

Ra8t,Magaz.l838. 
Bd  51.  Hft  3. 
S.  512. 


362.  Velpeau,  Paris 
1839.    im  Joli. 


I9j. 
M. 


9 
Mni 


Lond.  Med.  Times 
and  Gazette.  1842, 
Vol.  1.   p.   106. 

Velpeaa,Le(;.oraI. 
1841.  VoL3.p.  437. 
—  Gaz.  hebdom 
1859.  p.  631. 


23j. 

1: 


Tum.  Vascal,   in   re- 
gione  front  (träum.) 


4 
Mnt. 


—    I     T 


Tarn,  erect.  in  orbit. 
(Aneur.  anast.  fa« 
ciei). 


Anenr.  varic. 
(träum.). 


temp. 


Tum.  erect.  occipit. 


Fungus  medull.  pa 
lati. 


Aneur.  anast.  capit 


Aneur.  orbit(traum.) 
(doppelseit). 


18 
Mnt. 


1 
Jhr. 


An- 
geb. 


21 


t 


Gen 

san< 


tl 
Tg 


26. 


An- 

geb. 

5-6 
Mnt. 


20 


Heil 


—    Gen 

so  III 


Zar  Ligatur  der  Arteria  Carotis  commanis 


337 


Besonderes  bei  der  Ligatur  und  im  Verlaufe. 


Todesursache  und  Section. 


gleich  sehwand  Pols  in  d.  r.  Gesicbt^beite,  schwache, 
leltene  Respiration,  4  Std.  lang  Bewusstlosigkeit; 
Schlingbeschwerden.  17.  unwillkärliche  Bewegun- 
reo  d.  Extremitäten,  Sensor! um  schwach. 


I  folgten  starke  Kopfschmerzen,  Sensation  im  Tn- 
mor;  am  2  Tage  nach  Excess  im  Trinken,  Läh- 
mung d.  1.  Seite. 


t  d.  Ligat.  fiel  d.  Varix  zusammen,  d.  Ohrensausen 
rerschwand;  nach  3  Tagen  der  frfihere  Zustand; 
Strom ey er  o|perirte  1842,  3.  Mai,  mit  Eröffnung 
i  Sackes  d.  L#1gat.  d.  Vene  mit  Erfolg, 
gleich  wird  d.  Tumor  welk,  coUabirt,  18  Tage  spä- 
ter trat  arter.  Slutg.  auf,  die  bis  zum  10.  März  7 
Ual  wiedergekehrt;  die  folgenden  12  Tage  ohne 
Klutg.  Die  M  utter  nimmt  d.  Kind  nach  Hause, 
roselbst  es  an  einer  Blutg.  stirbt, 
ich  d.  Operat.  sollte  dem  Recid.  d.  Nahrungszufuhr 
abgeschnitten  «'erden.  2  Std.  nach  d.  Operat.  un- 
iD^enebmes  GefGfal  in  d.  1.  Körperseite;  vergeht 
bald;  nach  8  Tagen  Lähmung  d.  1.  Seite  u.  d.  Haru- 
t>lase. 

t  Ligat.  stand  Pnlsat    Erbrechen  war  die  einzige 
Erscheinung;  am  26.  Juli  war  d.  Tumor  schon  ver- 
kleinert, 
n  3.  Tage  etwas  Schwere  im  Kopfe,  wenig  Schlaf. 


Die  Sect.  ergab,  ausser  Tuber- 
cnlose  in  d.  Lungenspitzen,  viel 
Schleim  in  d.  Bronchien,  einen 
kirschgrossen  Markschwamm  in 
d.  Milz,  u.  kleine  Abscesse  in 
d.  Leber.  Die  Ligat  hatte  d. 
Arter. Bubcl.  mit  eingeschlossen; 
d.  Thrombus  reichte  hakenför- 
mig bis  zum  Arcus  aort,  ande- 
rerseits konisch  bis  zur  Liga- 
turstelle; war  in  Art  subcl.  sehr 
kurz,  in  Art  Garot  dfinn  bis 
zur  Theilungsstelle;  d.  N.  vagus 
roth,  geschwollen,  von  Exsudat 
umhüllt;  d.  Zweige  d.  Art  tem- 
poral, waren  nicht  erweitert; 
d.  Tumoreu  d.  Reg.  front  dext 
u.  Reg.  temporal,  bestanden  aus 
Gefassen,  während  d.  anderen 
d.  Stirngegend  einen  Fung.  me- 
dull.  neben  Gefassen  zeigten; 
d  Parotiden  waren  indurirt  (tu- 
bercul.  (?).) 

Sect  zeigt  Veränderung  (welche?) 
im  Gehirn. 


Blutung. 


Unterer  Thrombus  in  Carot  ^*' 
laug,  fest,  oberer  |"  lang,  In- 
tima  geröthet;  Lumen  d.  r.  Ca- 
rot um  i"  weiter,  als  1.  Ge- 
hirn hjperämisch;  bedeutende 
Erweichung  in  d.  r.  Hemisphäre. 


V    Lnngenheeb,  ArchU  f.  Chirurf^e.  IX, 


22 


338 


Dr.  C.  PiU, 


^ 

ä 

1  -o-  ^  U- ..  i 

No. 

Operateur 

und 

Datnm. 

Literatur. 

5 

1 

Ursache. 

11  n 

Tage. 

Ai» 
gaig 

363. 

Jobert  de  Lam- 
bftlle,       Paris. 
1889.    7.  Ang. 

Bnllet    de    l*Acad. 
de  M6dec.de  Paris. 
Vol.  6.    p.  60. 

60,., 

r. 

Anear.  orbit 

3 

Jhr. 

— 

Heiig 

364. 

G.  Bock,    New 

Schmidt,  Jabrbb. 

19j. 

r. 

Encephal.  in  regione 

— 

13 

t  11 

York.        1839. 

1869.  Vol.  98.  p.  76. 

H. 

pari  et 

MOD 

21.  Dec. 

366. 

Pinel   Grand- 

Gaz.de8Hdpitl851. 

■S"; 

r. 

Tum.  puls,  faciei. 

20 

-~ 

Geo^ 

champ.  1839. 

p.  128. 

Jhr. 

suag. 

366. 

Kerr,      1840. 

Bdinb.  Med.  Jonm. 

67  j. 

r. 

Tum.    glanduL 

30 

26 

t  9 

sa  ApriL 

1844.       Vol.    51. 
p.  119. 

W. 

(Aneur.    angenom- 
men). 

Jhr. 

fijon 

367. 

Inn   Ho^ial  in 
Ohristiania, 
1840.  Ang. 

Briefl.    Mitth.    des 
Prof.    Boeck    an 
Prof.  Gurlt. 

H. 

- 

Teleangiect 

— 

— 

Gene 
sung 

368. 

Gadwell,  1840. 
16.  Sept 

BostMed.  and  Sarg. 
Jonm.  Vol.  24.  - 
Norrie   No.  36. 

'S'; 

r. 

Tum.  erect  orbit 

1 
Jhr. 

39 

Heiig 

369. 

Dndley,  J.G.B. 
1841.  Jan. 

Transact.     of    the 

1J- 

r. 

Tum.  erect.  orbit 

5^6 



Heiig 

Americ.  Med.  As- 

Jhr. 

sociat.  Vol.  3.  — 

Collect  ofremark- 

abl.  cases  in  Sar- 

370. 

Nottingham, 
1841.   4.  Jon. 

gerybyEve,p.78. 
Medic  Ztg.  Berlin. 

5^- 

1. 

Tum.  caT.  in  regione 

An- 

19 

Bess 

1841.  S.  171. 

bncc. 

geb. 

ruog 

371. 
379. 

Detmold,  New 
York.    1842. 
Detmold,  1842. 

(Schmidt,  Jahrbb. 
^  Bd.  98.  S.  77, 

'^. 

r. 
1. 

Tum.  vasc.   in  reg. 

bucc. 
Tum.  vasc.   in   r6g. 

mentali  et  gingiv. 

— 

16 
10 

Gene 

SUDg. 

ücilg 

373. 

J.  R.  Wood, 
New  York.  1842. 
2.  Wkn. 

Schmidt,  Jahrbb. 
Bd.  98.  S.  75. 

6 

mnt 

Aneur.  anast  bucc 
et  orbit 

9 

Heiig 

374. 

Blakman, 

Americ.  Jonm.  N.S. 

30i. 

r. 

Fang,  colli. 

2 

„^ 

t 

1848.  21.  Jan. 

Vol.  10.  -  Nor- 
rie  No.  38. 

M. 

Jhr. 

8,T| 

Zar  Ligatur  der  Arteria  Carotis  commoniB. 


3S9 


;0esoDdere8  bei  der  Ligatur  and  im  Verlaufe. 


Todesorsacbe  und  Section. 


^at.  hatte  keinen  Einflnss  aufs  Gehirn.   Hasten  n. 
geringe  Schlingbeschwerden  sind  die  einzige  Folge. 

le  Wunde  heilte  langsam,  der  wachsende  Tumor  blu- 
tete oft. 

ie  sehr  Terdfinnte  Haut  hatte  Blutungen  geliefert, 
weswegen  1838  beide  Artt.  fac,  transvers.,  infraor- 
bit.  n.  leniporal.  dext.  ohne  Veränderung  d.  Ge- 
schwulst unterbunden  wurden.  Die  Ligat.  d.  Garot. 
rerh'ef  ohne  Zufall ;  nach  einem  Jahre  kehrte  Tnr- 
jrescenz  u.  leichte  Blutung  wieder,  jedoch  so,  dass 
Pat.   wohl  blieb 

^a  Gompression  d  Palsat.  im  Tumor  aufhören  Hess, 
schritt  man  zur  Ligat.;  sogleich  schwand  sie;  die 
Gesichtsseite  einige  Standen  erblasst,  war  Abds. 
Dorm&l  gef&rbt,  das  sogleich  eingetretene  GefQhl 
▼oa  Brnstbeklemmung  verschwand  am  2.  Tage; 
Kopf»ch merzen  hielten  mehrere  Tage  an;  am  Tage 
nach  d.  Operat.  war  undeutliche  Pnlsation. 
it,  im  Aug.  aufgenommen,  wurde  im  Sept  wieder 
eutls^aaen;  das  Jonmal  fehlt 


Et  L.ig3»t.    nehmen  alle  Erscheinungen  ab;   nach  6 
Mon&ten  noch  ganz  wohl. 


bleich  erlischt  d.  Klopfen  in  ihm,  d.  Empfindung. 
k  1.  Gesichtsseite  vermindert,  am  2.  Tage  Temper. 
beider  Seiten  gleich,  aber  Ged&chtniss  schwach; 
Gedanken  verworren;  Geschwulst  vermindert  sich, 
, keine  Blutung  stellte  sich  mehr  aus  ihr  ein. 

Details  fehlen. 

'  Kit  nachfolgender  Canterisation  durch  Perr.  cand. 

^  Geschwulst  nimmt  ab,  keine  Blutung  tritt  mehr 
f^of  —  Torher  sehr  heftige.  -  Nach  8  Jahren  fin- 
^n  sich  noch  eine  Geschwulst,  aber  derb,  u.  von 
^  *^ormaler  Hautfarbe. 


Tumor  entsprang  in  d.  DiploS; 
gleicher  Tumor  an  der  sechsfach 
vergrAsserten  1.  Niere. 


LungenenttOndg.  Der  am  Halse 
pulsirende  Tumor  erwies  sich 
als  aus  Drflsen  bestehend,  in 
die  ein  Zweig  d.  Garot  ext  ging. 


/ 


Pat.   stirbt   nach  2  Jahren   an 
Lu  n  gensch  wi  ndsucht. 


Kachexie. 


22^ 


840 


Dr.  C.  Pill, 


No 

Operateur 

nnd 
Datum. 

Literatur. 

i 

\ 

2 

Ursache. 

I3j 

Aus- 
gang 

O 

&d 

Tage. 

375. 

Eccl  es, London. 

Lancet.  1844.  Voll. 

46j. 

r. 

Tum.     glandnl. 

1 

1843.   23.  Sept. 

p.  724. 

M. 

(angen.  Aneur.). 

jsing 

376. 

Bruus,    Tabin- 

Bruns,    Chir.  Pa- 

20 

r. 

Tum.  cav.  in  regione 

An- 

19  M\ 

gen.  1844.  2.JnI. 

thol.     u.    Therap. 

Weh. 

bucc. 

geb. 

d.    Kau-    a.    Ge- 

M, 

1 

schmacksorgane. 

Bd.  1.  2.  Abthlg. 

S.  168. 

377. 

Herpin,     1844. 
26.  Jnn. 

Gaz.  des  Hdpit. 
1853. 

1f; 

l. 

Aneur.  orbit. 

Heilj 

378. 

O'ReiUy.Dub- 

Dublin  Med.  Press. 

44j. 

r. 

Tom.  carcin. 

2 

+ 

lin,  Jervis  Street 

1844.  Oct.  -  Lan- 

M. 

(angen.  Anear.) 

Jhr. 

9.1 

Hospit.    1844. 
20.  Jal. 

cet.  1844.  VoL  1. 

p.  740. 

379. 

Bob,  1845. 

Arch.  genör.  1845. 

17j. 

r. 

Tum.  erect  dipIoSs. 

20 



t 

W. 

Mnt 

380. 

A.  C.  Post, 

New    York    Journ. 

\ 

r. 

Tum.  erect.  in    reg. 

-     t 

New  York.  1845. 

1845.  JuL  -    Op- 

bucc. 

2b  1 

12.  Apr. 

penheim,    Zeit- 

schrift.     Bd.    33. 

S.  369. 

381. 

P^tr^quin, 

.Journ.   de   Mont- 

22j. 

l. 

Aneur.  orbit.  träum. 

5 

t 

1845.  5.  Jan. 

)  pellier.  1845. 

M. 

Mnt. 

}Gaz.    hebdom. 

(  1859.    p.  631. 

382. 

Detmold,  1845. 

Schmidt,  Jahrbb. 

8 

L 

Aneur.  anast.  (unter 

An- 

1   -j 

Bd.  98.   S.  78. 

Hnt. 

d.  1.  Ohre). 

geb. 

i 

383) 

Warren,    1845. 

Amer.  Journ.  1846. 

23j. 

l. 

Tum.  erect.  oris,  &- 

_^ 

_  \ü 

384 

6.  Oct.  8.  Nov. 

Apr. 

H. 

r. 

ciei  collique. 

SD  Dl 

385 

Robert,    Paris. 

Gaz.     des     Hdpit 

t 

1. 

Aneur.  anast.  capit. 

An- 

ISjHoii 

386 

1846.  5.  Jun.  u. 

18  1.  p.  128. 

r. 

geb. 

ist 

1847.  22.  Febr. 

387. 

Wntzer,    Bonn. 

Brunswicker, 

25j. 

_ 

Aneur.  anast.    (Ca- 

_ 

18  'iH 

1847.  2.  Jan. 

Delect.  casuum  li- 
gat.  princip.  arter. 
Dissert    inaug. 

M. 

rot.  ext.). 

Bonn.    1853. 

1 

Zar  Ligatnr  der  Arteria  Carotis  commnois. 


341 


Besonderes  bei  der  Ligatur  apd  im  Verlaufe. 


Todesursache  und  Section. 


E3  1.  Tage  leichte  Gehirnstöruog,  4.  Tag  1. -seitige 
LähmuDg;  geht  im  Nov.  nach  Hause,  nachdem  die 
Motilität  theilvAise,  d.  Sensibilität  ganz  wiederge- 
kehrt war. 

er  Tumor  soll  erst  14  Tage  nach  d.  Geburt  bemerkt 
worden  sein;  d.  Geschwulst  wird  weicher,  d.  Tem- 
peratur d.  r.  Wange  bleibt  14  Tage  niedriger,  wei- 
tere Erschein  angen  sind  nicht  aufgeführt. 


I.  Oedem  vermindert,  Auge  sehr  zurückgetreten. 
29.  das  Sinsen  u.  Klopfen  geschwunden;  1.  Juli 
Auge  steht  normal,  sieht  wieder;  im  April  1B45 
tritt  das  andere  Auge  hervor,  Sehvermögen  gemin- 
dert, Klopfen  in  dieser  Seite;  Anwendung  vou  Eis 
beseitigt  d-  Leiden. 

als  im  Tumor  schwand  auf  Gompression  d.  Carotis, 
aber  ohne  Volumsverminderuug  u.  Veränderung  d. 
Farbe.  Nach  einer  guteu  Nacht  erschien  Fat.  am 
21.  apoplectiform ;  stertoröses  Athmen.  Pupillen  er- 
weitert, Extremit.  kalt,  unempfindlich.  25.  Diarrhoe. 
>bne  weitere  Angaben. 

^eJirien  stellten  sich  ein;  als  am  10.  Tage  d.  Wunde 
fast  geheilt  war,  kehrten  Fröste  mehrfach  wieder; 
ein  Abscess  am  Halse  wurde  entleert;  stirbt  unter 
Delirien. 


Fat.  stirbt  im  Jan.  an  Bronchi* 
tis.  —  Sect.  zeigt  d.  Garot.  ob- 
literirt.  Der  Drüsentumor  hallt© 
d.  tiefen  Halsmuskeln  u.  Nerven 


ein. 


Sect.  ergab  ein  Carciuom.   Kopf 
wurde  nicht  eröffnet. 


An  Blutung  und  Diarrhoe. 

Die  Jag.  int.  verdickt,  adh&rent, 
mit  Eiter  u.  Fibrin  gefüllt,  von 
d.  Basis  an  bis  zur  Vena  sub- 
Clav.  An  d.  1.  Hemisph.,  zwischen 
Arachnoid.  u.  Pia,  längs  d.  Ve- 
nen Eitermassen,  in  geringer 
Menge  auch  an  d.  r.  Hemisph. 
4  Phlebolithen  waren  im  Tumor. 


ogleich    sank    d.    Geschwulst   zusammen;    weiterer 
Verlauf  unbekannt. 

ifialuren  geschahen  in  34  Tageu,  dadurch  wurde  d. 
Exstirpation  erleichtert  (V). 
.  Text. 


;8  sollte  d.  Carot.  ext  unterbunden  werden,  da  aber 
in  d.  tiefen  Wunde  noch  viele  kleine  Zweige  zu 
sehen  waren,  die  mit  d.  Tumor  in  Verbindung  stan- 
den, so  wurde  d.  Garot.  comm  ligirt;  sogleich  er- 
losch d.  Pulsation  über  d.  Ligaturstelle;  nur  am  3. 
Tage  traten  starke  Kopfschmerzen  auf. 


342 


Dr.  C.  Pilz, 


No. 


Operateur 

und 

Datam. 


Literatur. 


o 


Ursache. 


II 


Tay. 


388. 

389) 
390t 


391. 


392) 
393) 

394. 


39da 

895. 
396. 


397. 


398. 


399. 


400. 


Detmold, 1847 

Blakman, 
1848. 


Van  Buren, 
1849. 


Reynolds, 
1844.  Van  Bu- 
ren, 1850. 
Lenoir,     1851. 

3.  März. 


Peixoto,  1851 
14.  Nov. 

Parker,  1851. 

Nnnneley, 
Leeds.    1852. 
4.  Nov. 


Dan.Brainard, 
Chicago.  1852 
11.  Nov. 


F.  Ried,    Jena. 
1854.  31.  Mai 


T.  B.  Curling, 
London  Uospit 
1854.  2.  Jun. 


Walton,  St.  Ma- 
ry*B  Hosp.  1854. 
5.  Jun. 


Schmidt,  Jabrbb. 

Bd.  98.     S.  77. 
Amer  Jonrn.   1848. 

Apr.   p.  357. 


New  York  Med. 
Journ.  1849.  — 
Schmidt,  Jabrbb. 
Bd.  98.  S.  77.  u. 
Oppenh.,  Ztschr. 
Bd.  45.   S.  263. 

Schmidt,  Jahrbb. 
Bd.  98.  S.  77. 

Gaz.  des  Hopit 
1852.  No.  38. 
p.  152. 

Bullet,    de   l*Acad. 

royale    de    Paris. 

Vol.  19.    p.  455. 
Schmidt,  Jahrbb. 

Bd.  98    S.  76. 
Med.-Chir.   Traos- 

act.  Vol.  42.  p.  165. 


Gaz.     des     H6pit. 
1853.  p.  561. 


Briefl.    Mittheilung 
an  Prof.  Gurlt. 


Med.  -  Chir.  Trans- 
act.Vol.37.p.221. 


40  j. 
W. 


40j. 


M. 

17j. 
M. 


"J: 


524j, 
M. 


49i. 


Tum.  malign.  faciei, 
Fung.  haemat 


Tum.  malign.  in  cavo 
narium. 


Aneur.  anast.  in  ca- 
pite. 

Tum.  erect  in  re- 
gione  temporal,  et 
orbital. 

Tum.  anris. 


Tum.  fibr.  pbaryng. 
et  nar. 
Aneur.  orbit.  träum, 


Med.TimesandGaz.!    5 
1854. Vol.  l.p.  184.  Mnt 

;  W. 


Aneur.  anast  in  or- 
bit. träum. 


Tum.  in  regione  colli 
et  faciei  dext 


Aneur.  orbit.  träum. 


Aneur.  orbit 


2 
Jhr. 


4 

Mnt 


seit 

3 

Mnt 


Zar  Ligatur  der  Arteria  Carotis  communis. 


848 


Besonderes  bei  der  Ligatur  und  im  Verlaufe. 


Todesursache  und  Section. 


Geringer  Erfolg.  —  Details  fehlen. 

Innerhalb  3  Wochen  wurden  beide  Ligaturen  angelegt, 
beim  Schluss  der  zweiten  verliert  Fat.  d.  Sehver- 
mögen links.  Dies  besserte  sich  in  wenigen  Mi- 
naten,  doch  blieb  d.  1.  Auge  u.  d.  Gedächtniss  einige 
Wochen  geschwächt. 

Mit  Ligat.  verkleinert  sich  d.  Tumor,  ein  heftiger 
Schmerz  in  d.  r.  Kopfseite  tritt  auf,  dann  auch  im 
Uinterkopfe  u.  im  1.  Hypochondrium;  Nachts  wird 
d.  Schmerz  heftiger;  Delirien  folgen,  1.  Hemiplegie 
u.  Besinnungslosigkeit. 


R.  hatte  d.  Artt.  temporal,  u.  dann  Gasot.  dext.  un- 
terbunden; d.  2.  Ligat.  hatte  Verminderung  d.  Ar- 
terienausdehnung  am  Kopfe  zur  Folge;  Details  fehlen. 

Der  Tumor  hatte  keine  Veränderung  erlitten.  Beson- 
dere Erscheinungen  waren  nicht  aufgetreten,  wei- 
tere Mittheilungen  sollten  folgen  (ich  habe  keine 
aufgefunden). 

Eine  Nachblutung  zwang  zur  Ligat  d.  Trunc.  brachio- 
cephal.,  nach  2  Mon.  befand  sich  d.  Arzt  ganz  wohL 

Erscheinungen  sind,  wie  andere  Details,  nicht  ange- 
geben.   Das  Wachsthnm  wurde  aufgehalten. 

Die  Ligat.  hob  alle  Erscheinungen  auf,  hatte  nur 
kurz  andauernde  Uebelkeit  im  Gefolge.  In  d.  Nacht 
zum  31.  Jan.  1853,  ohne  besondere  Veranlassung, 
neue  Her  vortreibung  d.  Augapfels  u.  Pulsat.  in  d. 
Augenhöhle.  21.  Jun.  sind  alle  Erscheinungen  an 
d.  erblindeten  Auge  verschwunden,  ebenso  d.  Puls 
iu  d    ganzen  1.  Art.  Carot. 

Mit  d.  Ligat.  erlosch  d.  Klopfen  u.  d.  Geräusch  im 
Tumor.  12.  Nov.  Kopfschm.  r.,  am  3.  Tage  trat, 
uuter  Wachsthum  d.  Tumors,  leichtes  Klopfen  n. 
Geräusch  wieder  auf,  Blutg.,  Acupunctnr;  Injection 
von  milchsaurem  Eisen. 

Ohne  Cblorof.;  d.  Geschwulst  wurde  auffallend  blass. 
3.  Jun.  Taubheit  in  d.  r.  Kopfhälfte  u.  r.  Arme, 
Verkleinerung  d.  Tumors.  7.  Lähmung  d.  r.  unte- 
ren Extremität. 

Sogleich  erloschen  d.  Kopfschmerzen  u.  d.  Klopfen, 
Pupillen  dilatirt  3.  Juni  Schlingbeschwerden, 
vorübergehende  Muskelzuckungen.  4.  Unterschei- 
dung von  hell  u.  dunkel,  d  Gesicht  bessert  sich, 
d.  Pupille  bleibt  weit. 

Ohne  Erscheinungen,  nach  2  Jahren  ist  d.  Kind  in- 
telligent, d.  Pupillen  sind  gleich,  d.  Gesicht  gut; 
die  Schwester  hatte  einen  Naevns  capitis. 


Kachexie. 


Gehirn  r.,  besonders  am  Corp. 
striat,  weicher»  als  1.,  ohne  hä- 
morrhagische Herde.  Tumor 
carcinomatös ,  schien  nater  d. 
Schleimhaut  zu  entspriegen; 
gute  Thromben  bestanden  an 
d.  Ligatnrstelle. 


Text. 


344 


Dr.  C.  Pilz, 


No. 


Operateur 

und 

Datum. 


Literatur. 


'    ^ 

• 

ua 

■8 

1  <  « 

S 

1      c 

M 

Ursache. 


I«    Tage. 


5j 


Aus- 


401. 


402. 

403 
404i 

405. 


406f 
407  ( 


408. 

409. 
410. 


411. 


412. 
413. 


J.  R.  Wood, 
1854.  7.  Dec. 


A.  B.  Mott, 
1854. 
Parker,   1854. 


Nonueley, 
Leeds.        1856, 
8.  M&rz. 


J.  R.  Wood. 


W.R.Donaghe, 
1856. 

A.  B.  Mott, 

1856. 
Stephen 

Smith,     1857. 

24.  Apr. 


Vau  Bureu, 
1857.    20.  Mai. 


Parker,   1857. 


Robert,    Paris. 
1857. 


Schmidt,  Jahrbb. 
Bd.  98.     S.  76. 


do.  S    77. 
do.    S.  76. 

Med.  Times  and  Gaz. 
1859.  Apr.  p.431. 


Schmidt,  Jahrbb. 
Bd.  98.  S.  75. 


do.   S.  78. 

do.    S.  77. 
do.   S.  78. 


do.   S.  77. 


do.    S.  77. 

Gaz.  hebdom.  1859. 
p.  53. 


23 


V: 


w. 

45j. 
M. 

38j. 
M. 


11: 


I5i 


25j. 
M. 


4%j 


Fung.  haemat.  man 
dib.  et  phar^ng. 


Aneur.    per    anast 
faciei. 
Garcin.  antri. 


Aneur.  orbit. 


Encephaloidkrebs  d. 
Antruro. 


Fung.  palat.  dur. 


Aneur.  anast 

Tum.   malign.    max 
sup. 


Tum.  puls,  in  orbita 
dextra. 


Tum.  erect.  in  reg. 

temporal,  et  parle- 

Uli. 
Aneur.  cirsoid. 


An- 
geb. 


30 

Weh. 


13 


t 

i  Jbi 


17    Heiig. 


ca. 

1 
Mnt. 


Heils 


-       t 
60.  T{ 


5  ,Gene- 
^**-  80 ng. 
26   Gene- 
sung. 


t 
13.  Tj 


21    In    B< 

;  hand- 
lang, 
t  in 
einig. 

Taget 


Zor  Ligatar  der  Arteria  Carotis  commuDis. 


345 


Besondered  bei  der  Ligatur  and  im  Verlaafe. 


Todesursache  and  Section. 


r  Tamor  Teranlasste  eDorme  Behioderang  beim 
Schlingen  u.  Athmen;  später  theilweises  Abbinden 
n.  Abtragen  d.  Tumors  durch  d.  Scheere  schaffte 
DQD  Linderang.  —  Fat.  geht  zu  einem  Krebsdoctor, 
wo  er  nach  }  Jahre  stirbt. 

iDe  besondere  Angaben;  nach  ^  Jahre  volle  Ge- 
nesong. 

)terbindang  beider  Gefässe  in  32  Tagen,  Details 
fehlen;  Nachblutg.  aus  einem  peripher.  Ende  wurde 
durch  Druck  gestillt;  Wunde  scfaliesst  sich. 
?at.  ohne  jede  Hirnerscheinung,  nur  nach  4  Tagen 
Schmerzen  im  Halse,  Schlingbeschwerden  u.  Expec- 
torat  von  etwas  blutigem  Schleime;  nach  einem 
Jahre  d.  1.  Auge  ganz  gut,  kein  Puls  in  d.  1.  Art. 
Garot. ,  aber  wohl  in  ihren  Zweigen  schwache  Pnl- 
sation. 

bne  Erscheinungen  geschah  d.  erste  Operation,  nach 
2  Mon.  wird  Fat.  gebessert  entlassen;  schon  nach 
1  Mon.  VergrdsBerung  der  wieder  ulcerirenden  Ge- 
schwulst. Die  2.  Ligat  hat  Dnruhe,  Trockenheit 
im  Monde  o.  Rachen  zur  Folge;  d.  Tumor  verklei- 
nert sich,  später  folgt  Diarrhoe,  Frost,  Delirien, 
Blosdegong  d.  Antrums,  Erschöpfung. 
>er  Tumor  hinderte  sehr  beim  Schlingen,  Atheraho- 
len  Q.  Sprechen;  Erscheinungen  werden  nicht  an- 
gegeben; nach  6  Wochen  wuchs  d.  Neabildg  wieder. 
Details  fehlen;  beim  letzten  Besuche  Hoffnung  auf 
Tolikommene  Genesung. 

>bae  Ghlorof.  (wegen  d.  vorhandenen  Athembeschwer- 
den),  bei  d.  Ligat.  mussten  viele  kleine  Arterien 
nnterbonden  werden;  keine  Störungen  traten  auf; 
Tamor  nicht  verkleinert,  seine  Bedeckungen  blässer, 
Schmerzen  n.  Blutungen  aus  d.  Tumor  sind  ge- 
schwunden; Kräfte  gebessert. 
^'or  d.  Li^at  ist  d.  Sehvermögen  erloschen ;  es  be- 
stand Exophthalmus  n.  hochgradiger  Schmerz; 
letztere  Leiden  sind  in  8  Ts^en  nach  d.  Operation, 
die  keine  Ersi-heinungen  im  Gefolge  hat,  ver- 
schwunden; am  S.  Tage  die  ersten  Zeichen  d. 
Pyämie. 


^acb  d.  Ligat.  erfolgten  keine  Hirnerscheinungen, 
^m  21.  Tage  Nachblutg.    Fat.  noch  in  Behandlung. 

Kiöe  gewisse  Aufgeregtheit  war  die  einzig  bemerk- 
bare Folge,  Fat.  auf  Wunsch  sehr  früh  entlassen; 
bald  folgen  Delirien  u.  Lähmung  d.  1.  Seite  u.  r. 
d.  Gesichtes,  dann  schnell  der  Tod. 


An  Phthisis. 


Kachexie. 


I^rschöpfung.    Section  ist  nicht 
gestattet 


Abzehrung. 


Pyämie.  —  Die  Ligat.  liegt  der 
(jefäsSBcheide  locker  an;  d.  Ge- 
fäss  vollkommen  getrennt;  die 
\"  zurßrkgezogenen  Enden  gut 
verschlossen;  d.  Vena  jugul., 
der  Ligaturstelle  gegenüber,  ex- 
ulcerirt  1"  weit;  in  d.  Lunge 
mehrere  Abscesse. 


Section  nicht  gestattet. 


346 


Dr.  0.  Pila, 


«X 

i 

!^-l 

•6  g  i 

No. 

Operateur 

und 

Datum. 

Literatur. 

it 

1 

lO 

Ursache. 

i 

|i(  Aas- 
'^     \  gan«:. 

O   ,M| 

Tage.       , 

414. 

NuDueley, 

Med.-Chir.    Trans- 

"V: 

1. 

Aneur.  orbit.  spont. 

^__ 

^_^ 

t   16 

1858.  3.  Apr. 

act.Vol.42.p.l76. 

Tg. 

415. 

Bowmau, 

Med.  Times  andGaz. 

'S: 

r. 

Aneur.  orbit.  träum. 

5 

t 

1859.  28.  Febr. 

1860.VoL2.p.l07. 

Mnt. 

17.  Tg 

•—  Demarquay, 

Tum.  de  lorbite. 

416. 

V.  Mott,    1859. 
1.  Jun. 

p.  327. 

New     York     Med. 
Press.     -     Med. 
Times    and    Gaz. 
1859.    p.  211. 

— 

l. 

Tum.  fnng.  antri. 

— 

— 

417. 

Nunneley, 

Med.-Chir.    Trans- 

42  j. 

r. 

Aneur.  orbit. 

seit 

23 

Gene- 

1859. 24.  Oct. 

actVol.42.p.l87. 

W. 

28/7. 

sung. 

418. 

Bertherand, 
1860.  15.  Mai. 

Gaz.   des     Höpit. 
1860.  p.  539. 

4i 
Mut. 
W. 

1. 

Tum.  erect.  in  reg. 
temporal. 

— 

Heiig. 

419. 

Bowman, 

Med.  Times  and  Gaz. 

40- 

1. 

Aneur.  orbit.  spont. 

17 

Gene- 

1860.  18  Jun. 

1860.  Aug.  u.  1861. 

"i 

mit  Isuns. 

Vol.  2.  p.  86. 

ßitgJ; 

420. 

Syme,       Edin- 
birrg.    1860. 
3.  Jul. 

S'.  Observat  in  cli- 
nical  Surg.  p.  161. 

22j. 

r. 

Aneur.  orbit.  epont 

14 

Ueil?. 

421. 

Hart,     1861. 

Lancet.  1862.  Vol.  1. 

llj 

1. 

Aneur.  arL-veuos  in 

_ 

8  lueilg 

März. 

p.  271. 

M. 

orbit.  träum. 

422. 

Morel  -  Laval- 

Gaz.desHöp.  1861. 

36  j. 

1. 

Fung.  pulsat.  durae 

2 

__ 

t 

löe,1861.7.Aug. 

p.  108. 

M. 

matr. 

Mnt. 

ll.T 

Zar  Ligatur  der  Arteria  Carotis  coiDinnnis. 


347 


Besonderes  bei  der  Ligatur  und  im  Verlaufe. 


Todesursache  und  Section. 


7.  empfand  Pat.  plötzlich  ein  Krachen  u.  Sehmerz 
im  L  Auge,  d.  Ligat.  war  schwierig,  u.  hatte  Cod- 
Tulsionen  1.  u  uorubige  Lage  d.  r.  Extremit.  zur 
Folge,  Fat  bleibt  etwas  uDbesioDlich,  Singultus, 
Uebelkeity  Puls  klein  (Ammon.);  wird  besinnlich 
nach  einigen  Stnoden;  kann  schwer  sprechen.  4. 
Apr.  Scblingbeschwerdeu.  5.  Convjuls.  1.  etc.  13.  4 
Blutungen,  die  sich  wiederholen. 


Mit  d.  Ligatur  bOren  Puls  u.  Geräusch  im  Auge  auf, 
ebenso  das  Doppeltsehen,  später  kehrt  d.  Geräusch 
wieder.  7.  Tag  hat  d.  Wunde  bchlechtes  Aussehen. 
10.  Tag  erfolgen  aus  ihr  Blutungen,  die  am  11.  u. 
12.  stärker  werden. 

Der  Tumor  Terminderte  sich  nach  d.  Operation  etwas. 


Eine  Woche  toc  d.  Geburt  plötzlicher  Schmerz  in  d. 
r.  Kopfseite,  später  im  r.  Auge,  das  heiss  ist  und 
nicht  mehr  bewegt  werden  kann,  später  Pulsation 
u.  Geräusch;  mit  d.  Ligat.  gehen  alle  Erscheinun- 
gen TorOber,  doch  kehrt  d.  Gesicht  nicht  wieder. 

Chloroform.  Die  Ligat.  d  Art.  Garot  ext;  bewirkte 
Verkleinerung  d.  Tumors,  aber  schon  am  Abende 
bestand  d.  frQhere  Zustand,  deshalb  wurde  so- 
gleich d.  Ligat  d.  Garot.  comm.  gemacht,  ohne 
jede  Erscheinung  u.  Störung  im  Verlaufe. 

Die  Erscheinaogen  gehen  sogleich  zurfick,x.  Gesichts- 
seite wärmer,  als  linke.  45.  Tag  Blutg.,  d.  Gesicht 
verloren. 

Das  Schwirren  u.  d.  Schmerz  im  Kopfe  stand  nach 
Compression  d.  r.  Garot,  u.  erlosch  mit  d.  Ligat. 
9.  Auge  hat  normale  Stellung,  Doppeltsehen  ge- 
schwunden. 

3  Wochen  lang  Digitalcompression  bis  zu  15  Minuten. 
Mit  d.  Ligat.  trat  Schwächung,  später  ErlÖscben  d. 
Geräusche  u.  Kopfschmerzen  ein;  Gehirnerschei- 
nungen erfolgten  nicht. 

^Is  d.  Art.  zur  Unterbindung  auf  einer  Sonde  erho- 
ben vurde,  wird  d.  Stimme  schwach,  u.  es  entsteht 
ein  Schmerz  im  1.  Auge;  mit  d.  Ligat.  erlöschen 
d.  Pulsationen,  mehrfache  Blutungen  treten  seit  d. 
11.  aus  d«  Wunde  auf    Fröste. 


Erschöpfung.  —  Linke  Hemisph. 
erweicht,  besonders  im  mittle- 
ren Lappen  ein  haselnussgrosser, 
erweichter  Herd ;  Gehirn  gleich- 
massig  blass;  d.  Zweige  d.  Artt. 
vcrtcbr.  u.  Garot.  atheromat 
Ligat  liegt  dicht  unter  d.  Bi- 
furcation,  tiefe  Theilung;  am  Ur- 
sprünge ist  die  Art  thjr.  ul-> 
cerirt,  Vena  jug.  n.  N.  vagus 
uormaL 

Blutung.  —  Art  Garot  ganz  ge- 
snnd,  Vena  ophth.  cavernös. 


Prämie.  —  Unterer  Thromb.  fest 
adbärirend,  nicht  d.  obere;  der 
aussen  sichtbare  Tumor  dringt  in 
2  Ausbuchtungen  durch  d.  Hirn- 
schale, bis  zur  Dura  mat ;  an  die- 
ser Stelle  zeigt  d.  Gehirn  eine 
Depression.  Abscesse  in  den 
Lungen. 


348 


Dr.  C.  PH«, 


No. 

Operateur 

und 

Datum. 

Literatur.          || 

i 

Ursache. 

|3.   5^1  gang 

Tage. 

423. 

V.Mott,  Vincent 
Hosp.    1861. 

Amer.  Med   TimeB. 
1861.      23.  März. 
193.  Spitalbericht 
d.  Vinc.  Hospit 

r. 

Tum.  fong.  antri. 

Geil-?- 

sang. 

424. 

D.  Greig,  Dun- 
dee.    1862.    30. 
Apr. 

Edinb.  Med.  Journ. 
1862.    Jul.  -  Doc. 
p.  44a 

'ü: 

1. 

Anenr.  orbit.  tranra. 

14 

24 

Heiig 

425. 

Sou  tham, 

Med.-Chir.   Trans- 

] 
28j.  ,r. 

Aneur.  anastom.  ca- 

8 

Heil" 

Royal  Infirmarv, 

act.  Vol.  48.  p.  Co. 

W. 

pit 

Jhn 

a-A^ai^ 

Birmingham.  " 

1864.  20.  Mai. 

42«. 

Morton,    1864. 

Amer.  Journ.   Apr 

"J: 

r. 

Aneur.  orbit.  spont. 

21 

Heiig 

4.  Dec. 

p.  318-327. 

(in  graviditate). 

427. 

Szokalsky, 

Mon.-Blatt  ffir  Au- 

7 

1. 

Aneur.  orbit.  träum. 

lUilg 

Warchan,  1864. 

genheilkd.     1864. 

Sept.-Dec.  S.  427. 

—    Schmidt, 

Jahrbb.         Ibüö. 

S.  329. 

428. 

Auvert,     Mos- 
kau. 

A.,   Selecta    prax. 
med.    et   Chirurg. 
Paris.     1848.    - 
Archives      g^n^r. 
4.   Sör.    Vol.   19. 

T 

r. 

Teleang.  in  regione 
auris. 

" 

+ 

p.  261. 

j 

429. 

BojanuB,Ni6ch- 

Archiv  für  kUn.  Chi- 

— 

L 

Polyp,  narium. 

_ 

13 ;  + 

113.  T| 

ny -Nowgorod. 

rurg.  Bd.  3.(Adel. 

mann  cit.). 

1                  m 

430. 

Van  Buren, 

Schmidt,  Jahrbb. 

']!: 

1. 

Aneur.  orbit  träum. 

- 

111     llloilcr 

(18Ö0?). 

Bd.  98.  S.  77. 

12 

i 

1 

1 

Zar  Ligatur  der  Arteria  Carotis  commonis. 


349 


Besonderes  bei  der  Ligatur  und  im  Verlaufe. 


Todesursache  nnd  Section. 


lit  d.  Ligat.  vermindert  sich  d.  Tumor  etwas;  20 
Std.  Dach  derselben  treten  Delirien  mit  Gonvulsio- 
nen  aaf,  weitere  Details  fehlen. 

Sei  einem  Fall  wird  d.  Kopf  1.  gestreift,  d.  Auge  nicht 
verletzt,  Pat.  betäubt,  folgenden  Tages  Kopfschmerz 
u.  Singen  im  I.  Ohre;  am  2o.  Apr.  Kopfschmerz, 
besonders  in  d.  Stirn,  Nachm.  im  1  Auge,  Schwel- 
lung d.  Augenlider  I.,  Sehvermögen  gemindert. 
28.  Exophthalmus,  Chemosis,  starker  Puls  in  d. 
Augenhöhle.  Mit  d.  Ligat.  schwindet  sogleich  d. 
Pulsation,  allmälig  kehrt  d.  Beweglichkeit  d.  Aages 
zurQck.  6.  Tag  kann  Pat.  schon  Finger  zählen,  in 
3  Monaten  Alles  normal. 

Ohne  Chloroform.  Während  d.  Ligat.  treten  Convnl 
sionen  auf.  22.  Wohlbefinden,  kein  Puls  in  Art. 
temporal  26.  Puls  in  Temporal.  Die  Gefftssaus- 
debnnng  nm  Kopfe  weich,  blutleer;  ^s  werden  4 
Fäden  an  d.  nlcerirten  Stelle  hindurchgelegt. 

Mit  d.  Ligat.  schwindet  d.  Pulsation,  Geräusche  n.  d. 
Turgescenz  der  Gefässe;  Nachmittags:  Puls  72, 
Trockenheit  u.  Schmerzen  im  Halse,  Kopfschmerz 
l.  5.  Schlingbeschwerden,  6.  um  Mitternacht  Con- 
Tulsionen,  denen  ein  guter  Schlaf  folgt;  seit  d.  9. 
ungestört  guter  Verlauf. 

Digiulcompression  3  Tage  lang;  mit  d.  Ligat.  treten 
keineHirnzn  falle  auf;  nach  4  Tagen  Pulsat.  in  Art. 
temporaL,  nie  mehr  im  Aneur.,  das  bald  schwand; 
Stellung  u.  Sehvermögen  d.  Auges  bald  normal. 


deutliche  Pulsat.  u.  mehrfache  Blutungen  bestanden. 
Die  Ligat  liess  d.  Tumor  schwinden,  aber  Kopf- 
schmerzen stellten  sich  ein,  gefolgt  später  von  einer 
Hemiplegie;   eine  kleine  Nachblutng  erschien. 


Der  Poljp  wuchs  dann  weiter,  n.  wurde  endlich  ex- 
stirpirt,  ohne  besondere  Blutung. 

^ach  einem  Fall,  mit  den  Zeichen  einer  Pract.  bas. 
cran.  zeigten  sich  in  d  4.  Woche,  Exophthalmus, 
mit  pochendem,  spannenden  Schmerze,  Sausen  etc., 
dagegen  hilft  d.  Compression  d.  Carot.,  deshalb  d. 
Ligat.,  worauf  Pulsat.  u.  Sausen  erlöschen;  d.  Ex- 
ophthalmus geht  langsam  zurtick,  bisweilen  noch 
Doppeltsehen;  besondere  Erscheinungen  treten 
nicht  an  f. 


Encephalitis. 


Pyämie. 


350 


Dr.  C.  Pilz, 


No. 

Operateur 

and 

Datam. 

Literatar. 

1 

Ursache. 

1 

O 

M 

T^V. 

431. 

Cherry. 

New  Orleans  Med. 
and   Snrg.  Joam. 

'H: 

— 

Tumor. 

— 

-  JBei^ 

1859.    p.  672.  — 

Ehrmann,     Des 

effets  prodnits  etc. 

• 

p.  55. 

432. 

Legonest. 

Oaz.  med.      1864. 
p,  214. 

w. 

1. 

Aneur.  orbit.  (oph- 
tbalm.)  träum. 

— 

-:Heil& 

433. 

ListoD. 

Lancet.  1844.  Vol. 
2.  p.  276. 

"^; 

l. 

jAnenr.  anast.  ? 
(Varix.  arter.  capit. 

— 

— 

10.  Tg 

434. 

iiacmanns, 
Dnblin. 

Crisp.,  Die  Krank- 
heiten d.  Artt.  u. 
Venen.    S.  185. 

M. 

Tum.  in  regione  colli. 

~ 

" 

+ 

435. 

MaiBonneuye. 

Gazette  des  Höpit 

30j. 

r. 

Anenr.    Tartcos.    in 

2 

^ 

t 

1849.p.506n.532. 

W. 

osse  pariet.  trauro. 

Mnt 

aTf 

436. 

Maunoir,  Genf. 

Omodei, Annali  di 

30j. 

1. 

Anear.  cirsoid. 

Gm- 

Medic.  1821.  p.  159. 

M. 

SODg. 

1 

487. 

Millies,    Leip. 
zig. 

Qfinther,  Opera- 
tionslehre. Lief.  61. 
S.  75. 

— 

— 

Struma  yascnl. 

— 

t 

4.  Tg 

438. 

V.  Mott. 

Amer.  Med.  Journ. 

_ 

L 

Garcin.  parot 

t  , 

439. 

1847.  Jul.  -  Prov. 

Med.    and    Snrg. 

Jonrn.  1848.  p.  137. 

Amer.  Med.  Jonrn. 

"" 

r. 

24Std 

439a 

Massej. 

19j. 

1. 

Naev.  vascul.  in  re- 

An- 



Heiig. 

489b 

1853.     N.  S.   52. 

M. 

r. 

gione  anris.             | 

geb. 

440. 

Syme. 

Provincial  Med.  and 
Snrg.  Journ.  1848. 
p.  137. 

jun- 
ger 
M. 

1 

r. 

Tum.    colli    (Anenr. 
angenommen). 

t 

Znr  Ligatur  der  Arteria  Carotis  cominnDis. 


351 


Besonderes  bei  der  Ligatur  und  im  Verlaufe. 


Todesursache  und  Section. 


Gehirnerscbeinungen  sind  nicht  bemerkt. 


Da  d.  Digitalcompression  nicht  zum  Ziele  führte,  so 
machte  L.  d.  Ligatt.  d.  Artt.  Garot.  comm.  n.  eit. 
mit  Erfolg,  ohne  jede  Erscheinung.  —  Chloroform. 

GehimerscheinuDgen  werden  nicht  aufgeführt. 

Man  hatte  ein  Aneurysma  angenommen. 


MVelpean's  Rath  wurde  d.  Art.  Garot.  ext  un- 
terbunden, sogleich  hörte  d  Puls  im  varicdsen  Ar- 
teriensystem auf,  d.  Ligat  fiel  am  16.  Tage,  gleich- 
zeitig war  d.  Art.  thyr.  sup.  ligirt  worden.  Da 
mehrere  Blutungen  auftraten,  so  sollte  d.  Art.  Ga- 
rot. int.  isolirt  unterbunden  werden;  sehr  schwer; 
M.  unterband  nun  d.  Carotis  comm.  u.  int.,  bald 
folgte  Lähmung  d.  Gesichtes  L,  am  folgenden  Tage 
volle  L  Hemiplegie. 

^'ach  Scarpa's  Methode,  temporär;  d.  Operation 
hatte  keine  Erscheinungen  im  Gefolge;  am  3.  Tg. 
wird  d.  Ligat.,  da  keine  Pulsat.  mehr  besteht,  ent- 
fernt; die  im  Ohre  u.  Auge  Yorhandenen  Schmer- 
zen vergehen,  d.  Unterkiefer  lässt  sich  wieder 
schmerzlos  Öffnen,  d.  Anfangs  verkleinerte  Tumor 
wichst  wieder  znr  frflheren  Grösse  an. 

Bei  einer  Struma,  bei  welcher  d.  Art  thyr.  (?)  bis 
zur  Dicke  eines  kleinen  Pingers  erweitert,  n.  d. 
Carot.  comm.  sehr  stark  war,  hoffte  M.,  durch  d. 
Ligat  Erleichterung  zu  schaffen;  Gehirnerschei- 
nuDgen  sind  nicht  angegeben. 

looerbalb  16  Minuten  wurden,  um  d.  Ernährung  der 
Neubildung  zu  entziehen,  beide  Hauptstämme  li- 
girt   Coma. 

Seit  8  Jahren  stärkeres  Wachsthnm;  heftige  Blutun- 
gen; innerhalb  eines  Monats  wurden  beide  Ligatt 
gemacht,  nur  you  vorübergehender  Schwächung  d. 
gleichseitigen  Auges  gefolgt 

Der  Tumor  zeigte  deutliche  Pulsat  an  allen  Theilen 
gleich,  sollte  bei  Anstrengungen  wachsen,  hatte  am 
oberen  Theile  ein  besonders  lautes  Geräusch.  Mit 
d.  Ligat  nahm  er  an  Umfang  ab,  keine  Hirner- 
scheinnngen  traten  ein. 


Blutung. 

Diarrhoe.  —  Das  angenommene 
Aneurysma  war  ein  carcinomat 
Tumor. 

Die  r.  Hemisph.  erweicht  Der 
N.  sympath.  ist  sowohl  in  d. 
Ligat.  d.  Art  Carot  comm.,  als 
int  mit  eingeschlossen. 


Tod  plötzlich.    Section  fehlt 


Nachblutung.  —  Das  angenom- 
mene Aneur.  war  eine  mit  d. 
Arterienscheide  verwachsene 
Cyste. 


352 

Dr.  ( 

D.  PiU 

} 

No. 

Operateur 

und 

Datum. 

Literatur. 

il 

1 

Ursache. 

Tmgß. 

441. 

J.  S.  Thebaut. 

Schmidt,  Jahrbb. 
Bd.  98     S.  77. 

r. 

Aneur.  anast  faciei. 

— 

10  'b^ 

ruE» 

442. 

Unbekannt. 

Vi  dal,   Traite   de    - 

— 

Tum.  carc.    (Aneur. 

— 

— 

ti 

pathol.  ext.  Vol.  2. 

angenommen). 

p.  bl8. 

443. 

Nunneley. 

Schmidt,  Jahrbb. 
Bd.  130.     Hft.  4. 

.oi. 

1. 

Aneur.  orbit.  träum. 

— 

—    Heil 

p.  73. 

444. 

Nunneley. 

do. 

•a- 

r. 

(Aneur. orbit  angen.) 
Carcinom. 

4 
Mnt. 

— 

- 

Zusätze    zu    Yorsteb 

307)  Im  Anfange  der  Schwangerschaft  fühlte  Fat.  plOtzliqli  ein  Knackes 
im  1.  Yorderkopfe,  mit  Schwellung  der  Augenlider ;  allmälig  bildete  sich  eine 
Hervortreibung  des  Augapfels  aus,  mit  Pulsationen  in  seiner  Tiefe.  Com- 
pression  der  Artt.  temporal.,  maxill.  ext  und  angul.  half  nichts,  nur  die  der 
Carotis.  Mit  der  Ligatur  schwindet  der  Kopfschmerz,  schwache  Palsationen 
bleiben  noch  fühlbar,  nach  4  Monaten  ist  der  Tumor  kleiner,  mit  schwachen 
Undniationen;  die  1.  Carotis  polsirt;  im  Mai  1811  volle  Heilung. 

308)  Plötzlich  entstanden. 

309)  Nach  15  Jahren  ist  der  Tumor  in  alter  Grösse  yorhanden. 

311)  Nach  der  Ligatur  föllt  der  Tumor  zusammen;  in  einigen  Monaten 
beginnt  der  aneurysmatische  Sack  zu  wachsen,  (Venaesect.),  es  werden  dann 
isolirt  die  zufOhrenden  Arterien  unterbunden,  und  eine  dirccte  Compression 
auf  den  Tumor  ausgeübt. 

315  u.  316)  Die  in  Hagerstown  lebende  Pat  hatte  au  beiden  Augen 
Rchwammartige  (?)  Geschwülste,  deren  stetiges  Wachsthum  durch  die  Liga- 
tur der  Carotis  verhindert  werden  sollte.  Mehrere  Monate  nach  der  Opera- 
tion war  Pat.  nicht  nur  wohl,  sondern  die  Tumoren  hatten  sich  auch  ver- 
kleinert Ausser  dieser  Notiz  im  Briefe  von  Dr.  Cohen  an  K.  Rodgers 
habe  ich  über  diesen  ersten  Fall  beiderseitiger  Ligatur  der  Carotis  nichts 
auffinden  können. 

327)  Der  teigig  sich   anföhlendo,  nicht  pulsirendp  Tumor  bedeckt«  die 


Zar  Ligatur  der  Arteria  Carotis  commonis. 


35S 


Besonderes  bei  der  Ligatur  und  im  Verlaufe. 


Todesursache  und  Section. 


Der  Tumor  wurde  blasser,  ohne  ganz  zu  schwinden; 
Details  fehlen. 

Yidal  fand  im  Temporalmuskel  eine  harte  Geschwulst, 
die  er  f&r  ein  Aneur.  hielt;  ein  anderer  Arzt  be- 
ging denselben  Fehler,  und  legte  d.  Ligat.  an. 

Ohne  Chloroform.  Mit  d.  Ligat.  schwand  d.  Sausen, 
d.  Geftssffllle  u.  Puls  in  d.  Augenhöhle,  4  Tage 
sp&ter  schienen  d.  Erscheinungen  wiederzukehren, 
doch  nach  8  Mon.  hatte  d.  Auge  normale  Stellang 
Q.  Aussehen ,  nur  d.  Sclera  blieb  dnnkeler,  Sehver- 
mögen links  gebessert,  nach  1^  Jahren  normal. 

Die  Ligat  schafft  Erleichterung,  aber  am  5.  Tage  1.- 
seitige  Lähmung,  die  langsam  zurückgeht  Die 
Polsat  des  in  seiner  GrOsse  unrerftuderten  Tumors 
kehrt  nicht  wieder. 


Todesursache  nicht  angegeben. 
Sect. :  d.  Tumor  war  ein  Krebs- 
knoten. 


ender    CasniBtik. 

balbe  Nasenwurzel,  das  obere,  nicht  zu  hebende  Augenlid,  nnd  reichte  in 
die  Augenhöhle. 

328)  Zu  diesem  Falle  bemerkt  G.  B.  Günther,  No.  235a.:  Nachdem  F 
einen  Faden  um  ein  Bündel  geführt,  und  die  dabei  Stehenden  Puls  darin 
in  fühlen  geglaubt,  wurde  die  Ligatur  geschlossen ;  der  Puls  in  der  Art  tem 
poral.  dauerte  fort    Die  Carotis  war  nicht  unterbunden  worden. 

329)  Die  Neubildung  umfasste  einen  grossen  Theil  der  Stirn,  der  Schlft- 
fengmbe,  den  Schläfen-  nnd  Seiten wandbeines;  eine  lange  Narbe  rührte  von 
einem  Operationsversuche  Ch.  BelTs  her.  Am  11.  Oct  wurde  der  Tumor 
so  weit  ab  mOglich  exstirpirt,  ohne  besondere  Gefftsse  zu  unterbinden;  die 
betreffenden  Knochen  waren  schon  angegriffen,  Aetzungen  blieben  gegen 
eine  neue,  flächenhafte  Ausbreitung  erfolglos;  am  dnrch  Nahrongsentziehung 
m  wirken,  wurde  die  Kopfschlagader  unterbanden. 

821)  Nachdem  schon  zwei  Operationen  am  Kiefer  ohne  Erfolg  ausge- 
^hrt  waren,  wollte  D.  die  Pat  nicht  mehr  operiren.  Versnchsweise  machte 
M.,  mit  Zustimmang  Lallemand's,  die  Ligatur  der  Carotis.  5  Stunden 
später  Schmerzen  im  Zahnfleische  und  Munde,  brennendes  Gefühl  beim  Schlin- 
gen; der  Pols  istfreqaent,  Kopfschmerzen  fehlen;  nach  12  Standen  ROthung 
nod  Schwellang  des  Gesichtes,  Kopfschmerzen,  Schlingbeschwerden,  der  lang- 
same Pols  voll,  grosse  Unrnhe,  (Venaesect)  Erbrechen.  Den  6.,  7.  nnd  8. 
starkes  »Arbeiten*  im  Tumor.    9.  Morgens  wohl,  nach  2  Stunden  Ohnmacht, 

▼.  Langenbcek,  ArehW  f.  Cblnirgic.  IX.  23 


354  ^r-  0.  Pila, 

der  Kopf  sinkt  auf  die  1.  Seite.  Gesicht  bleich,  das  r.  Bein  nnr  etwas  ge- 
schwächt; plötzlich  im  gelähmten  Arme  unwillkürliche  Contractionen.  Am 
Anfange  des  3.  Monates  ist  der  Tumor  nur  halb  so  gross. 

882)  Die  pulsirende  Geschwulst  bedeckt  Schl&fe,  Seitenwandbein  und 
Stirn;  die  I.  Carotis  ist  mit  ihren  Zweigen  bedeutend  erweitert,  besonders 
die  Art.  occipit.;  die  Art.  temporal,  wurde  ohne  Erfolg  früher  unterbunden. 
12.  Unbesinnlichkeit,  wie  gestern,  die  1.  Pupille  contrahirt;  13.  Besserung 
des  Allgemeinzustandes,  Verlust  des  1.  Auges.  Am  26.  Tage  hat  der  von 
normal  gefärbter  Haut  bedeckte  Tumor  nur  die  Hälfte  seiner  früheren  Grösse. 
die  Artt.  temporal,  und  occipit.  pulsiren  nicht  mehr.  Am  4.  Jan.  1828  fand 
Mayo  den  grossen  Tumor  stark  pulsirend.  —  Die  Injection  wies  nach,  das» 
die  Art  occipit.  hauptsächlich  die  Neubildung  veranlasst  hatte;  die  Carot. 
comm.  war  bis  zur  Theilungsstelle  obliterirt,  ebenso  die  Vena  jug.  int; 
um  das  Ghiasma  nerv,  optic.  herum,  und  im  4.  Ventrikel  fand  sich  Eiter. 

333)  u.  334)  Die  klopfende,  purpurrothe  Geschwulst  sass  mit  einer  Ba- 
sis von  5  Zoll  Durchmesser  auf  dem  Scheitel;  dieselbe,  angeboren,  hatte 
sich  seit  3  Jahren  bedeutend  vergrössert,  auf  ihr  bestand  ein  atonisches 
Geschwür,  das  mehrfache  Blutungen  geliefert  hatte.  Die  1.  Temporal.  (Art 
und  Ven.)  hatte  hart  am  Ohre  )  Zoll  Durchmesser;  die  geschlängelt  ver- 
laufende Art  temporal,  zeigt  Pnlsationen  bis  15  Fuss  Entfernung;  am  Kopfe 
sah  man  ausserdem  gegen  20  pulsirende,  wenigstens  gänsekieldicke  Gefässe; 
Nach  der  Ligatur  war  der  Tumor  nur  weniger  straff  gespannt;  der  Zafloss 
von  der  anderen  Seite  offenbar.  Die  Unterbindung  der  zweiten  Carotis  hatte 
gleichfalls  keine  Gehirnerscheinungen  im  Gefolge;  Pat.  erhob  sich  selbst 
vom  Operationstische  (Adstring.  Compress.).  Nach  2  Wochen  hat  der  Tu- 
mor i  der  alten  Grösse,  blieb  6  Tage  stationär,  wuchs  dann,  färbte  sich 
dunkeler.  Da  die  Ligaturen  das  Uebel  nicht  gehoben  hatten,  wurde  die  Ex- 
stirpation  gemacht  Schon  beim  langsamen  Umschneiden  der  Geschwulst 
▼erlor,  trotz  sofortiger  Unterbindung  der  einzelnen  Gefässe,  Pat  etwa  2 
Quart  Blut;  Ohnmacht;  die  250''  haltende  Wunde  ist  in  8  Wochen  fost 
geheilt  1837  giebt  M.  an,  dass  sich  Pat  wohl  befinde,  und  an  seinen  geisti- 
gen Fähigkeiten  keine  Einbusse  erlitten  habe. 

337)  Nach  Arch.  gön^r.  (1834).  S^r.  2.  Vol.  6.  p.  23.  soU  die  Ligator 
ohne  Erfolg  gewesen  sein. 

838)  Ohne  jede  Veranlassung  hat  Pat  am  inneren  Angenwinkel  eine 
eigenthümlich  drückende  Empfindung,  die  sich  bald  auf  den  Kopf  weiter 
ausbreitet;  die  entstandene,  haselnussgrosse  Geschwulst  pulsirt:  die  im  Mai 
gemachte  Unterbindung  der  Art  facial.  ist  ohne  Nutzen;  bald  zeigte  sich 
eine  pulsirende  Geschwulst  am  inneren  Winkel  des  1.  Auges. 

343)  M.   hatte   die  Ligatur   beider  Carotiden  in  Aussicht  genommeo, 


Zar  Ligatar  der  Arteria  Carotis  comnioDis.  355 

eisige  Zeit  nach  der  Operation  war  der  auf  i  seines  früheren  Volumens  zn- 
rfickgebildete  Tomor  härter  geworden,  so  dass  die  Exstirpation  erleichtert  ist. 
346)  n.  347)  Im  4.  Jahre  begann  der  an  der  r.  Nasenseite  ursprünglich 
sitzende  Tnmor  zn  polsiren,  nnr  die  Gompression  der  Carotis  hob  diese  Pal- 
sation auf;  die  Unterbindung  der  aufs  Doppelte  erweiterten  1.  Carotis  hatte 
keine  Gehirnerscheinungen  im  Gefolge. 

350)  Bin  Jahr  nach  einem  Falle  vom  Pferde  entstand  am  Hinterkopfe 
eine  kleine,  schmerzhafte,  deutlich  pulsirende  Geschwulst;  die  von  einem 
Chirurgen  für  einen  Abscess  angesehen,  geöffnet,  eine  später  wiederkehrende 
Blutung  lieferte.  Bei  der  Aufnahme  war  fast  der  ganze  behaarte  Kopf  und 
die  Stirn  auf  der  r.  Seite  mit  aneurjsmatischen  Geschwülsten  bedeckt.  Aus 
einem  kleinen  Geschwüre  am  Hinterkopfe  entstand  beim  Abnehmen  des  Ver- 
bandes eine  starke,  von  der  Art.  occipit.  gelieferte  Blutung ;  heftige  Blutung 
am  4.  Aug.  führt  zur  Ligatur. 

351)  Pat.  wird  etwas  kühler;  Abds.  Fieber,  das  einige  Tage  besteht; 
die  Stimme  für  einige  Tage  verändert,  Singnltus.  2  Tage  nach  der  Opera- 
tion ist  der  Tumor  wieder  turgescirender,  nimmt  dann  wechselnd  ab  und 
zn;  —  eine  gewisse  Beziehung  zum  Mondwechsel  bestand.  (?) 

353)  Den  18.  ist  das  Auge  kaum  noch  prominent,  späterer  Bericht  lässt 
den  Tumor' geschwunden,  und  den  Pols  in  der  Carot  comm.  und  ihren  Zwei- 
gen erloschen  sein. 

856)  Nach  Stoss  entstand  eine  Sugillation  an  der  Stirn;  seit  8  Monaten 
zeigt  sich  an  dieser  Stelle  ein  blänliches,  stetig  wachsendes,  leicht  bluten- 
des Knötchen,  die  Exstirpation  unterblieb  wegen  heftiger  Blutung  bei  Be- 
ginn derselben.  Die  die  halbe  Stirn  jetzt  einnehmende  Geschwulst  besteht 
eigentlich  ans  zwei  differenten  Neubildungen.  Die  Zweige  der  Art  temporal, 
erweisen  sich  als  erweitert,  eine  bläuliche  Excrescenz  sprosst  auf  dem  r. 
Sdieitelbeine;  beide  Ohrspeicheldrüsen  sind  schmerzhaft.  Um  die  Nahrungs- 
zufuhr  dem  Neoplasma  zu  entziehen,  wurde  die  Carot.  comm.  unterbunden. 

383)  u.  384)  Das  Uebel,  aus  einem  sogenannten  Muttermale  entstanden, 
bedeckte,  ausser  dem  grössten  Theile  der  1.  Gesichtsseite,  noch  einen  Theil 
des  Halses,  setzte  sich,  als  fnngöse  Geschwulst  mit  von  Blut  strotzenden 
Granulationen,  auf  die  innere  Seite  der  Unterlippe  und  über  die  untere  Zun- 
genfläche fort,  deren  1.  Hälfte  um  das  Doppelte  vergrössert  war.  Mit  der 
Ligatur  wurde  die  Geschwulst  blasser,  die  Lippeaschwellung  verkleinert. 
Die  Ligatur  der  rechten,  um  k  erweiterten  Carotis  hatte  keine  Folgen;  26. 
die  am  Tumor  vorhandenen,  exulcerirten  Stellen  sind  völlig  vernarbt,  die 
Gesichtsfarbe  erblasst,  die  Lippe  noch  unförmlich  dick;  bei  einer  keilförmi- 
gen Excision  aus  derselben  war  die  Blutung  gleichwohl  nicht  unbedeutend. 
Am  12.  Dec.  war  das  Gesicht  von  fast  normalem  Aussehen,  es  fehlte  Pul- 

23* 


856  I>r.  C.  Pill, 

sation  in  der  Temporaiis  und  anderen  (?)  Kopfarterien;  Ober  dem  Schlfissel- 
beine  fanden  sich  zwei  neogebildete,  starke  Arterien;  4  Monate  nachher  ist 
Fat.  noch  ganz  gesund. 

385)  n.  886)  Während  R.Cooper*s  Nadel  um  die  isolirte  Arterie  fahrt, 
stösst  Fat  einen  lauten  Schrei  aus,  die  Athembewegungen  werden  stark, 
der  Körper  mit  Schweiss  bedeckt,  die  Stimme  verändert;  alle  diese  Erschei- 
nungen, mit  Ausschluss  der  8  Tage  veränderten  Stimme,  lassen  schnell  nach. 
23.  Rippenfellentzündung;  3  Wochen  lang  pulsirt  die  1.  Temporaiis  nicht; 
der  pulslos  gewordene  Tumor  ist  kleiner;  nach  4  Wochen  Pols  im  Tumor, 
nicht  in  der  Temporaiis.  26.  Juli.  Obwohl  bisher  andauernd  ein  Druckrer- 
band  angewandt  worden,  tritt  aus  einer  noch  ulcerirenden  Stelle  eine  Bla- 
tung  ein;  die  Stimme  noch  verändert  (aiguS  et  rauque).  Bei  Schluss  der 
zweiten  Ligatur  wurde  Fat.  sehr  blass,  empfand  starke  Kopfschmerzen, 
Schwäche  ip  beiden,  und  Schmerzen  im  r.  Auge,  Brechneigung,  das  GefQhl 
von  Ameisenlaufen  in  der  unteren  Extremität,  dann  Schlingbeschwerden^ 
am  4.  Tage  ist  der  Znstand  fast  normal.  Den  1.  Mai  1850  bestehen  keine 
Fulsationen  im  Tumor. 

394)  Abweichende  Angaben  liefern  die  beiden  mir  zugänglichen  Qoellen. 
394  a)  (Die  Krankengeschichte  ist  nicht  ganz  deutlich). 
398)  Im  34.  Lebensjahre  war  eine  Geschwulst  unter  dem  Ohre  exstirpirt 
worden,  4  Jahre  darauf  ein  Recidiv.    Der  jetzige  Tumor  9''  lang  und  S|f" 
breit,  eigentlich  aus  3  bestehend,  nahm  die  rechte  Schläfen-,  Farotis-  ond 
Halsgegend  ein,  ragte  einwärts  in  die  RachenhGhle;  das  AUgemeinbefiadeo 
war  durch  heftige,   in  die  Stirn-  und  Hinterhauptsgegend   ausstrahlende 
Schmerzen  und  Schlaflosigkeit  alteriri  Da  die  Neubildung  immer  mehr  wuchs, 
und  Fat  einen  operativen  Eingriff  verlangte,-  die  Exstirpation  aber  nicht 
mehr  ausführbar  erschien,  so  wurde  zur  Ligatur  der  Carotis,  ohne  Chloro- 
form, geschritten.    Die  Geschwulst  wurde  auffallend  blass,  die  Respiration 
leichter,  der  FuLi  stieg  in  seinen  Schlägen  von  56  auf  96.    8.  Taubheit  in 
der  r.  KCrperhälfte,  besonders  im  Arme  und  den  Fingern,  Schmerzen  in  der 
Magen-  und  Lebergegend.    4.  Der  Tumor  ist  um  ^  des  Volumens  kleiner. 
6.  Schmerzen  im  r.  Arme,  der  nicht  freiwillig  beweglich  ist,  Gangrän  der 
Wundränder,  weiteres  Collabiren  der  Geschwulst  7.  Lähmung  des  r.  Beines. 
8.  grosses  AngstgefQhl,  Respirationsnoth.  —   Section:   Der  Tumor  ist  ein 
Markschwamm,  in  dessen  Inneren  durch  Zerfall  des  Gewebes  sich  eine  Höhle 
ausgebildet  hat;  in  der  Carotis  finden  sich  2  Thromben,  von  denen  der  pe- 
ripherische fester  ist    Coagula  finden  sich  auch  in  der  Anonyma  und  Sub- 
clavia, nebst  der  Vena  jug.  und  subcl.,  eine  fiitersenknng  besteht  am  Halse, 
längs  den  Gefftssen  herab;  die  GefEsse  der  Gehirnoberfläche  sind  stark  in- 
jicirt;  ein  blutiges  Extravasat  liegt  an  der  Schädelbasis,  dem  mittleren  r. 
Lappen  entsprechend;  Kleingehirn  hjperämisch. 


Zur  Ligator  der  Arteria  Carotis  commuoia.  357 

4U)  Abends  wird  Fat  unruhig,  es  treten  linksseitige  Convulsionen  auf; 
den  6.  unruhiger  Schlaf,  Fat.  liegt  schlaflos,  mit  geschlossenen  Augen;  im 
Auge  wieder  Pulsation,  die  rechtsseitige  Lähmung  ist  ausgesprochen.  10. 
eine  Spur  ron  Kraft  in  der  r.  Hand;  12.  Blutung  aus  der  Wunde,  die  Fa- 
ralyse  bessert  sich;  13.  Blutung,  Fat.  kann  die  Zunge  etwas  ausstrecken 
und  einige  Worte  undeutlich  aussprechen;  vom  14.  bis  19.  treten  mehrere 
Blutungen  ein. 

415)  Als  Fat.  zu  sich  kam,  ffihlte  sie  noch  das  Ger&nsch  im  Kopfe. 

416)  Hierbei  heisst  es,  dass  M.  in  diesem  Falle  das  46.  Mal  die  Liga- 
tur gemacht  habe. 

419)  Vor  der  Ligatur  war  durch  14  Tage  Digitalcompression  ausgefibt 
worden.  Als  am  45.  Tage  nach  der  Operation  2  Blutungen  sich  einstellten, 
wurde  das  Auge  wieder  prominenter,  und  zeigte  von  Neuem  ein  blasendes 
Geräusch ;  während  bis  zum  19.  Besserung  eintrat,  fand  sich  am  19.  und  20. 
Verschlimmerang,  dann,  mit  Verlust  des  Gesichtsvermögens,  Besserung;  7. 
Juli  1861  ist  Fat.  noch  ganz  wohl. 

421)  Von  dem  systol.  und  diast  Geräusche  war  letzteres  stärker;  die 
Gompression  ertrug  Fat  immer  nur  15  Minuten  lang. 

422)  Obwohl  die  Gompression  des  Gefftsses  keine  Aendernng  herbei- 
fQhrte  (!),  hob  die  Ligatur  desselben  die  Erscheinungen  völlig. 

428)  Etwa  vor  8—9  Jahren  begann  die  Neubildung  auf  dem  Scheitel- 
beine, ging  über  die  Schläfengrube,  hinter  dem  Ohre  fort,  zum  Hinterhaupte, 
dann  Aber  das  Stirnbein  zum  Augenwinkel.  Insbesondere  fanden  sich  die 
Artt.  temporftL  und  oceipit.  sehr  erweitert;  ans  einer  Geschwfirsstelle  waren 
schon  mehrfache  Blutungen  aufgetreten;  eine  solche,  beim  Entfernen  des 
Verbandes  sich  einstellend,  konnte  durch  Liq.  ferr.  sesquichL  nicht  zum 
Schweigen  gebracht  werden. 

439  a,  b.)  Dieser  Fall  wurde  durch  Verwechselung  fibersehen,  und  erst 
später,  als  die  Berechnungen  schon  beendet  waren,  als  selbstständiger  Fall 
aufgeffihrt. 

442)  Dies  scheint  nicht  der  von  Djpnytren  (Lei^ons  oral.  VoL  2. 
p.  63.)  citirte  Fall  zu  sein. 


358 


Dr.  0.  Pil«, 


TV.    Ligatur  vor  rmd  bei  der 


No. 

Operateur 

und 

Datum. 

Literatur. 

il 

5 

Ursache. 

U 

|5 

il 

Aus- 
gang- 

_s 

Tag«.       1 

445. 

Gog8well,1803. 

New  Engl.  Journ.  of 

37j. 

l. 

bei  Exstirpat  eines 

6 

14 

t 

4.  Nov. 

Med.    and    Surg. 
1824.  Vol.  13.   u, 
Schmidt,Jahrbb. 
Bd.  98.    S.  74. 

w. 

Tum.  d.  Parot. 

Mnt 

20.  Tg. 

446. 

Goodlad, 
Manchester. 
1815.  5.  Sept. 

V.  Mott,      New 

Lond.   Med.  -  Chir. 

Transact.    Vol.  7. 

p.  112. 
Med.     and     Surg. 

W. 

1. 

bei  Exstirpat   tum. 
parotidis. 

— 

11 

Gene- 
sung. 

447. 

'1/: 

r. 

bei  Exstirpat.  eines 



14 

t3 

York.      1818. 

Hospit.Regist.New 

Ualstumors. 

Mon. 

14.  Nov. 

York.  1818.  Vol.  1. 
part.  2.  —  Americ. 
Journ.  of  med.  sc. 

19  Tg. 

Vol.  8.    p.  45. 

448. 

Palm,    Leipzig. 
1820. 

J.  M.  Jaeger,  Re- 
section.  conspect. 
chron.  p.  1. 

"^ 

" 

vor  Exarticulat.  d. 

Unterkiefers. 

*"■" 

""" 

t 
3.  Tg 

449. 

Oraefe,  Berlin. 

Graefe    u.   Wal- 

ca. 

l. 

vor   Exstirpat.    des 

«. 

— 

Gene- 

1821. 26.  Juli. 

ther,   Joarn.  Bd. 
3.  S.  257. 

=2- 

Unterkiefers. 

sung. 

450. 

V.  Mott,    1821. 

New  York  Med.  and 

I7j. 

r. 

vor    Resection    des 

2 

15 

Gene- 

17. Nov. 

Phys.  Journ.  Vol.  1. 

—       Langen- 

beck'sNeueBibl. 

W. 

Unterkiefers. 

Jhr. 

sung. 

Bd.  4.      Heft.  3. 

S.  419. 

451. 

V.  Mott,     1822. 

New  York  Med.  and 

22j. 

1. 

vor   Exstirpat.   des 

1 

12 

Gene- 

30. März. 

Phy8.Journ.Vol.2. 
—      Langen- 
beck*8NeueBibl. 
Bd.   4.       Hft.   3. 
S.  443. 

W. 

Unterkiefers. 

Jhr. 

sung. 

452. 

V.  Mott,    1822 

New  York  Med.  and'l8j. 

r. 

vor  Exart.  d.  Unter- 

6 

— 

t 

15.  Mai. 

Phys.  Journ.  VoL  3. 

M. 

kiefers. 

Jhr. 

4.  Tg 

—      Langen- 

\ 

beck'sNeueBibl. 

Bd.  4.        Hft  3. 

S.  445. 

453. 

V.  Mott,  1822. 

New  York  Med.  and 
Phys.  Journ.  Vol.  1. 
p.  247.    —    Ger- 
son    n.    Julius, 
Magaz.  d.  ausländ. 
Liter.  1824.  S.  312. 

t- 

r. 

vor   Exstirpat.    des 
Unterkiefers. 

Gene- 
sung. 

454. 

MeredithRese 
1823. 

Schmidt,  Jahrbb. 
Bd.  98.    S.  77. 

~" 

— 

vor  ExstirpaU  eines 
Halstumors. 

— 

— 

— 

Zar  Ligatur  der  Arteria  Carotis  commnniH. 


359 


Exstii^ation  von  Gresch^vncilsteii. 


Besonderes  bei  der  Ligator  und  im  Verlaufe. 


Todesursache  und  Sectioo. 


L'O.  Tag  plötzliche  Blutung . 

Schlingbeschwerden  heftig. 

Bedeuteode  Blutung  wfthrend  der  Bxstirpation. 


Mit  Ligator  Fat.  bleich,  fast  pulslos,  2  Stunden  spä- 
ter Pat.  mit  kaltem  Seh  weisse  bedeckt,  in  d.  9. 
Std.  Pols  normal,  dumpfer  Schmerz  in  d.  Wunde. 

Effect'  auf  Blutung  nicht  angegeben;  am  8.  Tage  Läh- 
mung d.   r.   Seite. 

Pat.  so  angegriffen ,  dass  Resect  erst  am  18.  ge- 
schieht.    3  Ligatt.  (fac.  u.  ling.)  noch  nothwendig. 


Noch    12    Ligatt.    wurden  nothwendig  —  Uebelkeit, 
Abends  Blutung  ans  d.  Wunde. 


Noch  eine  Ligat.     17.  Husten.    19.  Schmerzen  in  d. 
1.  Seite,  Ohnmacht,  u.  stirbt  darin. 


Blutung. 


Lungenentzfindung. 


Lungenentzündung.  —  Im  Me- 
diast, antic.  viel  gelbe  Lymphe. 
(Eiter.) 


Erfolg  auf  Blutung  nicht  angegeben. 


Kein  gQnstiger  Einflus'ft  auf  die  stattfindende  Blutung 
bei  der  Operation. 


360 


Dr  C.  Pilz, 


No. 


Operateur 

und 
Datum. 


Literatur. 


«2 

s 

1 

• 

2 

1 

5 

iS 

Ursache. 


Tage. 


55  .gang. 


455. 
456. 


457. 

458. 

459. 

460. 
461. 

462. 

463. 
404. 

465. 
466. 


Stephen  Wil- 
liams,  1825. 

Dzondi,  Halle. 
1825.  8.  Juli. 


Gensonl,  Lyon 
1826.  6.  März. 


H.  Steyens, 
1826.  3.  Jun. 


Awl,   Somerset, 
Ohio.     1827. 


Warren,  1827. 


J.  Lizar8,Edin- 
burg.  1827.  Dec. 


Fonilloi,  1828. 


MeredithRese 

1829. 
G.     W.     Sted 

man,         1830. 

7.  Sept 


Scott,  London 
Hospit.  1832. 
4.  Febr. 

V.  Mott,  1832. 
Im  Febr. 


Schmidt,  Jabrbb. 
Bd.  98.    S.  77. 

F.  H.  Lambert, 
Dissertat  Lipsiae. 
1826.8«-  —  Die- 
trich, Das  Auf- 
suchen d.  Schlag 
ädern. 

Froriep's    Notiz. 
1833.  August.  S.  9, 


New  York  Med.  and 
PhjB.Journ.Vol.5. 
p.  311.  —  Ger- 
eon u.  Julius«- 
Magaz.  Bd.  15. 
S.  147. 

Western  Med.  and 
Phys.Journ.Vol.l. 
p.  423.  —  Ger- 
eon u.  Julius  - 
Magaz.  Bd.  17. 
S.  512. 

W.,  Deber  Tumoren. 
S.  97. 


Lancet  1830.  10. 
Apr.  —  Froriep, 
Notiz.  I.Folge.  Bd. 
27.  S.  330. 

Arch.  genör.  1828. 

Vol.   4.      p.  415. 

Larrey'sReferat 
Schmidt,  Jahrbb. 

Bd.  98.    S.  77. 
Edinbgh.  Med.  and 

Surg.  Journ.   Vol. 

38.  1832.  -  Med. 

Chir.  Rev.  Vol.  16. 

N.  Ser. 
Lond.    Med.    Gaz. 

1832.  Vol.  9.  p.  514. 

—  Norrie,     No. 

10.  genauer. 
Amer.  Journ.    Vol. 

13.    —    Norrie, 

No.  12. 


M. 

25  j. 
W. 


50j. 


60 


S/; 


'f. 


M. 


4öj. 
M. 


W. 


bei  Exstirpat.  eines 

Halstumors. 
bei    Exstirpat.    des 

Unterkiefers. 


bei    Exstirpat.    des 
Unterkiefers. 


bei  Exstirpat  einer 
Balggeschwulst 


bei    Exstirpat    des 
Unterkiefers. 


70 r  Exstirpat.  eines 
Sarcoms  d.  Hals- 
drflsen. 

vor  Resect  d.  Un- 
terkiefers (Sar- 
coma  medullae). 


vor  Exstirpat  eines 
Tum.  d.  Parotis. 

vor  Exstirpat  eines 

Halstumors, 
vor  Exstirpat.  eines 

Tum.  d.  Parotis. 


bei  Exstirpat  eines 
Tum.  d.  Oberkiefers. 


vor  Exstirpat.   des 
Unterkiefers. 


18 
Mnt 


1 

Jhr. 


12 

Jhr. 


5 

Jhr. 


14 


iGene- 

SUDg. 

f. 
18.  Tg. 


tl5. 
T& 


Gene- 
sang. 


Gene- 
sung. 


Gene- 
sung. 


t  n 

MDt. 


15 


Gene- 
sung. 


Gene- 

SUDg. 


t 
24Std 


Gene- 
sung. 


Zor  Ligmtor  der  Arteri»  Oaroti»  commanis. 


361 


BeBOoderes  bei  der  Ligator  nnd  im  YerUafe. 


Todesursache  ond  Section. 


ine  weitere  ÄDgaben* 

nflass  •of  Blatnng  nicht  bemerkt 


ick  d«  Vena  jof^.  int.  wurde  onterbanden;  ohne  be- 
sondere Angaben^ 


GehimenreichDDg. 


Ligat  hatte  durchgeschnitten. 
2  gnt  adhftrirende  Thromben 
d.  Venen  d.  Dnra  mater  leicht 
iDJicirt. 


bwohl  d.  Bxstiipat-  bei  d.  Ortese  d.  Tamors  n.  der 
eingetreteDen  Kachexie  wenig  leisten  konnte,  so 
wurde  d.  Operation  dennoch  durchaus  verlangt 
BlQtnng  gering.  .  ^.       «,  . 

ie  Opeiation  unterblieb  wegen  sn  heftiger  Blutung 
108  den  ineidirten  Theilen. 


ie  Art   max.  int.  g^b  dennoch  heftige  Blutung. 


Pat  starb  nach  einem  Jfthre  an 
RecidiT. 


Kachexie. 


(me  Einllans  auf  d.  BIntnng. 

si  d.  Operation  noch  7  Geflsse  su  unterbinden. 


»uTolsionen  stärker  links;  blotende  Art  fae.  so  li- 
giren. 


Unter  Conmlsionen. 


362 

Dr.  C. 

Pilz, 

No. 

Operateur 

und 
Datum. 

Literatur. 

Ursache. 

P 

5J  'gaa 

1 

O      {4 

Tage. 

467. 

Ewing,      Aber- 

Edinb.    Med.    and 

"2/: 

r. 

vor  Exstirpat.  eines 

30 

1 

-  ,    t 

deeii    Hospit. 
1832.  11.  Febr. 

Snrg.Journ.  1832. 

Halstumors. 

Jhr. 

In 

Jul.  p.  18. 

1 

468. 

Gibson,     1832 

Amer.     Journ.     of 

"i 

1. 

Exstirpat.     eines 

5 

36  JGen 

20.  Nov. 

med.  BC.    Vol.  13. 

Halstumors. 

Jhr. 

'sQBg 

Norris,  No.  13. 

469. 

£arle,    Barthol. 

Lond.    Med.    Gaz. 

1t 

r. 

vor  Exstirpat.   des 

2 

— 

.  Hospit.      1832. 

1832.  Vol.  9.  p  374. 

Oberkiefers. 

Jhr. 

3.  Dec. 

j 

470. 

Lusemberg, 

Froriep,  Notizen. 
Bd.  23.  S.  268.  - 

'^■. 

r. 

bei  Exstirpat.  einer 

20 

-  [Gen 

New  Orleans. 

^^ 

Parotis. 

Jhr. 

leuDf 

1834. 

Lancet.  1842-43. 
Vol.  1. 

\z 

1 
1 

471. 

Warren,    1836. 

W. ,  Ueber  Tumoren 

45]. 

l 

bei  Exstirpat.  eines 
Tumors  d.  Schild- 

2 

-    Gen 

14.  Sept. 

(dentsch).  S.  165. 

VF. 

Jhr 

|saß( 

drüse. 

472. 

Warren,     1837. 

W.,  On  Tumors. 

52j. 

r. 

Exstirpat.  einesHals- 

30 

— 

Get 

7.  März. 

p.  183. 

H. 

tumors.                    Jhr. 

6QQ 

473. 

Roux,     1837. 

Gaz.    des    höpit 

H/. 

r. 

Exstirpat.  eines  Tu- 

2 

-  .    -f] 

19.  Jun. 

1837. 

mors  d.  Parotis. 

Jhr. 

tR 

474. 

Brett,    1837. 

India  Journ.  of  med. 

17j. 



bei    Exstirpat.    der 

5 

~  iGen 

and  pbys.  sc.  1839. 

W. 

Parotis. 

Jhr. 

,SUQ 

Aug.    p.  201- 

475. 

Porta,   1841. 

Delle  alter,  patho- 

60i. 

r. 

bei  Exstirpat.  eines 

— 

— 

25.  März. 

log.    delle    Arter. 
p.  33. 
Americ.    Journ.    of 

W. 

Halstumors  (Fung.). 

476. 

Shipman, 

'«■ 

,_ 

vor   Exstirpat.   der 

4 

28  'Gel 

1844.  Mai. 

med.  sc.  1847.  Jul. 

Parotis. 

Jhr. 

SUD 

N.   Ser.     Vol.   2. 

1 

p.  264. 

477. 

C.  B.  Gibson, 

Americ.   Journ.   of 

35j. 

r. 

Exarticulat  d.   Un- 

6 

22  iGeg 

1844.  12.  Jani. 

med.  sc.    N.  Ser. 
Vol.  8.   -    Nor- 
ris,  No.  18. 

W. 

terkiefers. 

Jhr. 

r 

1 

478. 

V.  Mott,  1844- 
1845. 

Americ.   Journ.    of 
med.sc.  1845.  Apr. 

— 

r. 

vor  Exstirpat    des 
Unterkiefers. 

— 

1 

N.  Ser.    Vol.   18. 

1 

p.  525. 

479. 

Michanx, 

Bullet,    de    Tacad. 

*t/; 

1. 

vor  Exstirpat  eines 
Rachenpoljpen. 

1 

22   Gel 

1846.  8.  Nov. 

royaledeBelgique. 

Jhr. 

'sDß 

Vol.  12.  p.  347. 

• 

weiig- 
8teu. 

1 

480. 

Södillot,  1848. 

De  la  section  des 

26j. 

1. 

vor   Exstirpat.    der 

— 

-    1     i 

Strassburg. 

arteres.      p.    43. 
Obs.  8. 

M. 

Parotis. 

1 

481. 

Chassaignac, 

Gaz.    des   höpit. 

1/; 

r. 

vor   Exstirpat   der 



Paris.    1849. 

1850.    p.  16. 

Parotis  (Carcin.}. 

1 

Znr  Ligatnr  der  Arteria  Carotis  communiB. 


363 


Besonderes  bei  der  Ligatur  und  im  Verlaufe. 


Todesursache  und  Section. 


ehrere  Geftsse  noch  zu  unterbinden;  13.  Husten, 
leichte  Palsat  in  r.  Art.  Garot. 


rscheinangen  traten  in  keiner  Welse  auf  (Bericht 
schliesst  am  9.  Dec.) 

ehlinge  Tor  d.  Operat.  angelegt,  während  derselben 
zugezogen ;  6  Jahre  später  kein  Recidiy.  Erschei- 
ouDgen  traten  nicht  auf. 

lie  angeschnittene  Art.  thyr.  sup.  lag  zu  tief,  des- 
halb Ligat  d«  Carotis. 

hends  L  Seite  schwer  zu  bewegen ;  am  7.  Tage  Coma, 
Lähmang  d.  1.  Armes;  diese  geht  ganz  zurück. 


^i  d.  Operat.  erfolgte  heftige  Blutung  ans  dem  Ge- 
biete d.  Carot  ext. 

larmsaite« 


D  Beginne  d.  Operat  starke  Blutung;  nach  1  Jahre 
Pat.  noch  wohl. 


Carotis  erweitert,  sonst  gesund; 
guter  Verschluss,  Pseudomem- 
bran auf  dem  r.  Ventrikel;  Eiter 
im  Mediast.  ant. 


Recidiy  im  2.  Jahre.   Tod  durch 
Kachexie. 


Monat  später  Pat  noch  wohl. 


hne  Zufall  im  Verlaufe;  sehr  geringe  Blutung. 


Ligatt  mit  Dnrchscheidun^  d.  Gefässes.    Blutung 
wie  gewöhnlich.    Hemiplegie  r. 


eftige  Blutung  ans  dem  unteren  Ende  der  durch- 
schnittene» Art  Carot.  ext 


Starb  1848  an  Cachexia  carcin. 


Gehimentzfindung.  Die  1.  Gross- 
hirnhemisph.  bedeckt  mit  grün- 
lichem Eiter,  durchsetzt  mit 
Eiterherden. 


364 


Dr.  C.  Pilz. 


No. 

Operateor 

nnd 

Datnm. 

Literatur. 

i| 

1 

Ursache« 

1^ 

iu 

482. 

VanBaren.New 
York.    1862. 

Schmidt,  Jahrbb. 
Bd.  98.    S.  77. 

— 

— 

bei   Exstirpat.    von 
Drüsentumoren. 

— 

— 

Geo 
sun 

483. 

Hejfelder,  Er- 
langen.     1863. 
8.  Jan. 

Deutsche  Klinik. 
1863. 

^; 

r. 

bei  Exstirpat.  eines 
Halstumors. 

6 

Mnt 

— 

t 
2. 

484. 

Adelmann, 
Dorpat      1863. 
14.  Oct 

Arch.  f.  klin.  Ghir. 
Bd.  3.    S.  6. 

1i 

— 

bei  Exstirpat  eines 
Garcinom  d.  Zunge. 

— 

23 

Geo 

SOD 

486. 

Santesson, 
1863.  14.  Not. 

Hygiea.  Vol.  16.  p. 
348.— Schmidt, 
Jahrbb.     Bd.    91. 
S.  209. 

"J: 

r. 

bei  Exstirpat  eines 
Tum.  d.  Parotis. 

seit 

12 

Jhr. 

be- 
nerkl 

' 

Gec 

60  C 

486. 

B.  Mott,      New 
York.    1864. 

Schmidt,  Jahrbb. 
Bd.  98.    S.  76. 

— 

r. 

bei  Exstirpat  eines 
Fung.  haemat  des 
Auges. 

— 

— 

Gen 
SUD 

487. 

V.  Balassa, 
Pesth.    1864. 
16.  Jan. 

Briefliche  Mittheilg. 
an  Prof.  Gurlt 

1/; 

1. 

vor  Resect  d.  Un- 
terkiefers. 

16 
Jhr. 

14 

+ 
62. 

488. 

▼.  Pitha,  Wien. 
1864.  Mftrz. 

Oesterr.  Zeitschrft 
fttr  pract  Heilkd. 
1864.  Beil.  No.  18. 
—    Schmidt, 
Jahrbb.  1869.  Bd. 
103.    S.  336. 

It 

1. 

vor  Exstirpat  eines 
Sarcoms  d.  Parotis. 

9 

Gen 

SQD 

t 

9. 

489. 

Bardeleben, 
Greifswald. 
1864,  6.  Apr. 

LQtkemailer, 
Dissertot.   Greifs- 
wald.   1864. 

40- 

r. 

bei  Exstirpat.  eines 
Tum.    der   Parotis 
(Carcin.), 

*"~ 

"~~ 

490. 

Parker,   1864. 

Schmidt,  Jahrbb- 
Bd.  98.    S.  76. 

— 

r. 

Exstirpat  eines  Tu- 
mors d.  Gesichtes 
u.  Halses. 

— 

13 

- 

491. 

B.  Mott,  1865. 

Schmidt,  Jahrbb. 
Bd.  98.    S.  77. 

'it 

r. 

vor  Exstirpat  eines 
Halstumors. 

— 

18 

Ges 

SUSI 

492. 
498. 

Baner,  1856. 

Bsmarch,  Kiel. 
1867.    7.  Aug. 

Ehrmann,  p.  64. 
n.  Gas.  des  höpit 
1868.   p.  523. 

Briefl.  Mitthlg.  an 
den  Verfasser. 

•Sil- 

L 

bei  Exstirpat  eines 
Halstumors. 

vor  Exstirpat  eines 
cavemOsen  Rachen- 
polypen. 

— 

SQDl 

Gf 

sai 
unTi 
koa 

12J 

494. 

v.Langenbeck, 
Berlin.    1869. 
13.  Jan. 

Kranken  -  Journal. 
1869.  No.  6.   aus 
der   Berlin,    chir. 
Klinik. 

'S- 

r. 

bei  Exstirpat  eines 
Epithelial  -  Garcin. 
d.  Halses. 

2 

Jhr. 

— 

Zar  Ligator  der  Arteria  Carotis  commnnis 


365 


Besonderes  bei  der  Ligatur  ond  im  Verlaufe. 


Todesursache  und  Section. 


•läge  Blatg.  ans  Art.  tbjr.  snp.  zwang  zur  Ligat 

vloToform.  —  Die  Terletzte  Vena  jag.  int.  mit  einer 
IkUinge  umgeben,  die  wieder  entfernt  wird. 


i  Art.  ling.  lieferte 
licht  beendet 


d.  Blntg.;  die  Operat  wurde 


^oroform.  —  Die  Art  Garot  cerebr.  reisst  ab,  d. 
igat.  Terstirkt  d.  Blatong,  daher  eine  Ligat  en 
nasse;  keine  besondere  Erscheinung;  Operat.  wird 
nicht  beendet,  weil  d.  Neubildung  su  weit  aufwärts 
reicht     Put.  noch  14  Jahre  wohl. 

hloroform;  ohne  weitere  Angabe;  nach  einer-  lahre 
keia  Recidiv. 


ft 


kt  Dfthe  d.  Theilnngsstelle»  bald  nach^d.  Operat 
als  in  Zweigen  d.  Art  Garot.  ext. 


hlorofonn;  mit  d.  Ligat  erblasste  d.  Neoplasma  u. 
d.  L  Oesiciitshilfte.  4  Zweige  d.  Garot.  ext  sind 
zu  anterbinden;  Schwindel.  Die  Exstirpat  hatte 
Paraljse  d.  N.  facial.  zur  Folge. 


elir.  trem.;  Schlingbeschwerden,  am  5.  Tage  1.  He- 
miplegie, Frost 


tue  weitere  Angftben. 

m  RecidiT;  ebne  weitere  Angaben, 
^e  Gehimerscheiniing. 

eftige  Blutung  trat   dennoch  auf;  d.  Stiel  musste 
«Qstochen  werden ;  folgenden  Tages  r.  Hemiplegie. 

fiirnfnurfion  gestört,  ganz  wie  in  Schuh's  Fall; 
mung  u.  SprschstOrong  schwanden  nicht 
enajng  int.  wird  zuerst  ligirt,  dann  d.  Garot 
m  u.  mehrere  ihrer  grossen  Zweige,  bald  Husten. 
.  Schlin^beschwerd.,  schwere  Expectoration.  21. 
^filte  sinken. 


Keine  Luft  im  Herzen  oder  in  d. 
Venen.  Krebsablagernng  in  d. 
Leber,  Mesenter.  n.  Darmdrfisn. 

Fat  stirbt  3  Monate  sp&ter  an 
Kachexie. 


s.  Text 


Pjftmie.  —  A bscesse  in  r.  He- 
mi8|>h.  u.  1.  Pleuritis;  Pneumo- 
nie im  r,  oberen  u.  mittl.  Lap- 
pen. 

Recidiv  n.  Tod. 


Keine  Erweichnngsherde  im  Ge- 
hirn, keine  Thromben  in  d.  Si- 
nns; Art  Garot.  hat  guten 
Thrombus. 


866 


Dr.  0.  Pill, 


No. 

Operateur 

und 

Datam. 

Literatur.    , 

^1 

:^ 

Ursache 

•d^. 

1 1   An. 

o 

t4 

**Ta^.       I 

49Ö. 

v.Langenbeck, 

Archiv  f.  klin.  Ghir. 

65  j. 

1. 

bei  Exstirpat.  eines 
Epithelial  -  Garcin. 
d.  Halses. 

t 

1859.  30.  Mai. 

Bd.  1.   p.  77. 

M. 

2.1 

496. 

Bonyer,    1860. 

Gaz.  hebdom.  1864. 

vor  Exstirpat  eines 
Tum.  d.  Parotis. 

t 

13.  Jun. 

p.  195. 

3. 

(12. 
Gen 

496a 

Stande, 

Gflnther's     Sta- 

öOj. 

r. 

bei    Exstirpat    der 

2 



Limnach    bei 

tistik  der  Ligat.  d. 

W. 

Parotis. 

Jhr. 

sno 

Ghemnitäs.  1861. 

Art    Garot.     No. 
167a.  S.  67. 

497. 

S.  E.  Gooper, 

Amer.  Med.  Times 

12j. 

— 

bei  Exstirpat  eines 
Tum.  d.  Parotis  n. 





Gen 

1862. 

N.  S.  4.    24.  Jun. 

W. 

sunj 

1862. 

Submaxillardrfise. 

498. 

Verneuil,1863. 

Gaz.    des    höpit. 

41j. 

— 

vor  Exstirpat  eines 

. 

20 

GeB 

Joli. 

1863.  p.  439. 

Tum.   (Recid.)   der 
Parotis, 
bei  Exstirpat.  eines 

SUD 

499. 

Bardeleben, 

Brockmüller*8 

%: 

r. 

^ 

^^ 

Gea 

Greifswald. 

Dissertat.      1866. 

Halstumors. 

sun 

1866.  27.  Mai. 

Greifswald.  De  li- 
gat. carot.  etc. 

500. 

Adelmann. 

Archiv  f.  klin.  Ghir. 
Bd.  3.    S.  4. 

't 

r. 

bei   Exstirpat.    des 
Oberkiefers. 

t 
3, 

501. 

Ansianx. 

Söance  pubL  de  la 
Soc.  de  Toulouse. 
1837.  p.  76, 

— 

— 

vor  Exstirpat   der 
Parotis. 

- 

— 

Geo 

SUDj 

502. 

Ghanmet. 

Bullet.  möd.duMidi. 

'S; 

... 

vor  Exstirpat  eines 
Fung.  d.  ünterkief 

.. 

— 

t 

Gaz.  mäd.    1843. 

8. 

p.  700. 

a.  Garcin.  d.  Parotis. 

503. 

Detmold. 

Schmidt,  Jahrbb. 
Bd.  98.    S.  77. 

— 

- 

vor  ResectioD  eines 
Osteosarc.  d.  Ober- 
kiefers. 

— 

t 
3- 

504. 

Po  Hin,  Paris. 

Gaz.deshöpit.1863. 
p.  517. 
H.'s  üebcrsetzg.  d. 

— 

—" 

vor  Exstirpat  eines 
Garcin.  d.  Mandel. 

— 

— 

Ge^ 

sno 

505. 

Hebenstreit, 

— 

— 

bei  Exstirpat  eines 
Tum.  d.  Parotis. 



-_ 

Gen 

(citirt). 

Beir sehen  Syst. 

M. 

800 

d.  Ghir.      Bd.  4. 

S.  266. 

506. 

Labat 

GQnther's     Sta- 
tistik. No.  199. 

W. 

— 

Exstirp.  eines  Hals- 
tumors. 

— 

— 

Ge» 

Ö07. 

Mandt,   Greifs- 

Rust,  Magaz.   Bd. 

40j. 

1. 

vor  Exstirpat  (Re- 

—« 

.^ 

t 

wald.  ^ 

37.  8.  254. 

M. 

cid.)  eines  Fnngns 

V^c 

d.  Parotis. 

spll 

Zur  Ligatur  der  Arterta  Carotis  communis. 


367 


Besonderes  bei  der  Ligatur  nnd  im  Verlaufe. 


Todesursache  und  Section. 


ie  Vena  jag.  comm.  wird  yerlettt,  sogleich  unter- 
bunden, dann  auch  d.  Art  Garot.  comm.  31.  Krampf- 
anfall  mit  Bewusstsein,  dann  schwer  besinnlich,  Kopf 
1.  kubler,  als  r.  (gestern  nicht  so),  bald  Puls  100, 
Respirat  40 ,  Theilnahmlosigkeit,  1.  Jun.  GoUapsus, 
Bewusstsein  erloschen. 

Std.  später  sind  d.  Gol1at,eralbahnen  hergestellt. 
Die  Abtragung  war  mit  d.  Ecraseur  geschehen. 


Hirn  u.  Lunge  normal,  Art.  Ga- 
rot. gesund;  d.  Vena  jugul.  von 
Geschwulst  theils  durchwach- 
sen, nicht  verödet 


Unter  Goma.    Section  fehlt 


liloroform.    Erblassen  d.  Gesichtes,  am  ersten  Tage, 
Dar  etwas  Kopfschmerz  u.  Schlingbeschwerden. 

inempfindlicbkeit  d.  r.  Kopf-  u.  Gesichtsseite;  Kopf- 
schmerz. Schlingbeschwerden  einen  Tag,  L  Hemi- 
plegie beginnt  am  3.  Tage,  nimmt  4.  Tag  zn,  um 
aDmälig  ganz  znrfickzugehen. 
Ligatt  wurden  in  einiger  Entfernung  von  einander 
angelegt. 


jgat  einige  Tage  vor  d.  Operat  ;ohne  weitere  An* 

abe. 

tei  Anlegung  d.  1*  Ligat  erfolgte  Blutg. ,  ebenso  bei 
d.  2.,  deshalb  wurde  tiefer  eine  8.  Ligat  gelegt; 
am  2.  Tage  Hirnerscheinungen  (?). 


»hne  weitere  Angaben. 

[eine  Erscheinungen  folgten. 

>ie  Art  max.  ext.  war  angeschnitten  worden;  Pat 
lebte  noch  mehrere  Jahre. 

)ie  Art.  Garot.  comm.  u.  Vena  jug.  int  (ausführlich 
bei  ^festen  Geschw.  d.  Halses.*  No.  19). 

I  Tage  nach  d.  ersten  Operat  Ligat.  ergab  keine 
Erscheinnngen.  -  Nach  Operat.  Aderlass,  da  Pat 
wenig  Blut  verloren!  —  Am  15.  Tage  neues  Recidiv. 


In  Folge  d.  Exstirpat  eines  Nas.- 
Rachenpolypen.  —  Arter.-Haut 
am  peripher.  Ende  stark  gerd- 
thet;  das  zwischen  d.  Ligat.  ge- 
legene Stflck  nicht  sphacelös. 


Die  Art.  Garot.  fand  sich  bis  auf 
%  eröffnet,  welche  Oeffnung 
durch  die  geschwollene  Umge- 
bung u.  d.  gebildeten  Thromben 
verlegt  war. 


Pat  starb  ausserhalb  der  Klinik. 


368 


Dr.  C.  Pill, 


No. 


Operatear 

and 
DatQm. 


Literator. 


Ursache. 


AI 


508. 


509. 


Mayer,  Bonn  (?). 


V.  Mott 


510. 


511. 


512. 


Pirogoff. 


Richard. 


RoQx,   Paris. 


518. 


Ronx. 


Wigan,  der  zuge- 
gen war,  wird  ci- 
tirt  im  Lancet 
Vol   14.    p.  74. 

MoDthlj  Joarn. 
1861.  Jan. -Jan.  p. 
876.  aasLectores, 
reports  inNew  York 
regist  of  Med.  and 
Pharm.  Vol.  1. 
No.  11.  p.  169. 

P.,  Ornnozfige  der 
Kriegs  -  Ghirarg. 
S.  553.  o.  mfindl. 
Mittheilg. 

Qaz.  des  h6pit 
1868.    p.  451. 


45j 


«t 


▼or  Exstirpat. 
Unterkiefers. 


vor  Eistirpat. 
Unterkiefers. 


des 


des 


bei  Exstirpat.  eines 
Enchondroms  der 
Parotis. 

bei  Exstirpat.  eines 
Tarn.  d.  Parotis. 


bei  Exstirpat  eines 
Tom.  d.  Halses. 


Tor  Exstirpat  eines 
Tarn,  (aas  d.  Sinns 
maxill.)  temporftre 
Ligat 


6-7 
Mni 


04 

801 


1 


SDAg. 


eifie^ 


Sti 


Schmidt,  Jahrbb. 

Bd.   91.      S.   20. 

1856.  ist  im  citir- 

ten   Arch.   g^n^r. 

1856.  Febr.  nicht 

sn  finden. 
Qfinther,citirtNo. 

190.      GOschen, 

Jahrbficher.    DI. 

S.  686.  ans  Annal. 

de  th^rap.  Aoüt 

Diesen  mehr  oder  minder  ansf&hrlich  citirten  Fällen  fDge  ich  folgende,  mit  mai 
gelhaften  Angaben,  die  ich  leider  nicht  nachsehen  konnte,  bei: 
Maissonneare  nnterbindet  Tor  d  Exstirpat  einer 

Pirotisdrfise  d  Art.  Garot.,  bald  erfolgt  Tod  anter 

Gehirnerscheinnngen 

fioguier   unterband   w&hrend  d.  Exstirpat  eines 

flalstnmors  d.  Art  Garot 

Gonant  entfernte  bei  einer  Exstirpat  am  Halse  1^'' 

ans  der  Art.  Garot  .  » Americ.  med.  Times.  N  S. 

No.  8. 

Seatin  machte  nach  Veipean  d.  Liaat  bei  einer 

Exstirpation  glficklich    Joarn.   des  sc.  natur.  < 

Brnx.    1829.    Nov. 

Tolant  verrichtete  d.  Unterbindung  bei  Exstirpation 

eines  carcinomat  Tumors Gharlest  Jonm.  1856.  No 

•—    Schmidt,    Jsbrb 
Bd.  98.    S.  887. 


Gas. 


des  h5p. 
528. 


1863. 


Zur  Ligatur  der  Arteria  Carotis  communis. 


369 


Besonderes  bei  der  Ligatur  und  im  Verlaufe. 


Todesursache  und  Section. 


MiDe  weitere  Angaben. 


Tag  Tor  d.  Operat, ;  d.  BIntg.  soll  an  diesem,  wie 
in  den  anderen  4  ebenso  operirten  Fällen,  gering 
gewesen  sein. 


feim  Aufheben  d.  Geschwulst  heftige  Blutg.  ans  d; 
zerrissenen  Art.  fac.,  deren  Unterbindung  unmög- 
lich war. 

^or  d.  Operat  lose  Schlinge  um  d.  Art.  Garot.  ge- 
legt, die  bald  angesogen  wnrde;  keine  anf  d.  Li- 
gator bezOgliche  Erscheinungen. 

)ie  Garot  comm.  war  an  2  Stellen  zu  unterbinden, 
d.  Vena  jng.  int.  n.  N.  vagus  wurden  theilweise  ent- 
fernt; Hasten,  Heiserkeit,  erschwerter  Auswurf;  am 
5.  Tage  starkes  Fieber,  Fröste,  leichte  Delirien; 
Respiration  normal;  in  d.  Nacht  Goma;  Pat  reisst 

,d.  Verband  ab;  Blatg.  wird  gestillt 

t^h  48  Std.  wnrde  d.  Ligatur  entfernt. 


Pumlente  Infection. 


Gerinnselbildung  an  beiden  En- 
den d.Art,  keine  metastatischen 
Abscesse,  r.  Hemisphäre  blutrei- 
cher an  der  convexen  Fläche. 


VaL  Mott  soll  vor  Exstirp.  der  Max.  inf.  beideGarotid. 
nnterbnnden  haben,  und  dennoch  wegen  zn  heftiger 
Blntnng  gezwungen  worden  sein,  die  Ezstirpation 

anfznschieben  (wahrscheinlich  ungenaues  Gitat)  .  nach  Syme  —  Froriep's 

Notiz.  1838.  Dec.  S.U. 

Widmer  soll  die  Ligatur  bei  Exstirpation  eines  Tn- 
mors  ansgefflhrt  haben L'Exp^r.VoL2.p.dd6.(Idz.) 

C.  Em  mert  (Bern)  will  bei  einer  Oberkieferresection 
die  Garot  comm.  unterbunden  haben;  —  in  sei- 
nem Handbnche  fand  ich  keine  Erwähnung  dieses 
Falles  (Prof.  Lficke,  Brief  1.  Mltth.  an  Prof.  Gurlt). 

Gflntner  mnsste  bei  Resection  der  einen  Eiefer- 
hälfte  die  Garot  comm.  versch Hessen;  Pat  starb 

an  einem  Recidiv Medic.  Zeitung  Rnsslands. 

1860.    S.  26. 


V.  Laiig«ab«ek    ArehW  f.  Chlrnrgj«.  IX. 


24 


370  Dr.  0.  Pill, 

Zusätze  zu  vorstehender  Gasuistik. 

Hl)  Da  dies  der  einzige  Fall  ist,  in  welchem  die  Bahnen  des  herge- 
stellten Kreislaufes  nach  der  Onterbindnng  der  Carotis  comm.  genauer  an- 
gegeben sind,  so  erlanbe  ich  mir,  das  hierauf  bezügliche  Sectionsresultat 
genau  mitzutheilen.  Die  Injection  zeigte  auf  der  rechten  Seite,  nach  Ent- 
fernung der  Bedeckung  der  Vorderseite  des  Halses,  und  Biosslegung  der  Ca- 
rotis, dieselbe  vom  Ursprünge  bis  zur  Theilungsstelle  obliterirt,  als  ein  fester, 
ligamentöser  Strang  sich  darstellend,  nur  am  Orte  der  Ligatur  getrennt. 
Die  Vena  jug.  int.  und  N.  vagus  sind  normal,  die  r.  Art  subclav.  erweitert, 
hatte  fast  die  GrOsse  der  Art.  innom.;  die  1.  Carotis  war  auf  das  Doppelte 
ihres  normalen  Lumens  erweitert,  ebenso  ihre  sehr  geschlängelt  und  unre- 
gelmässig  verlaufenden  Zweige.  Von  der  r.  Art.  subcl.  entspringen  nan 
(Americ.  Journ.  Vol  8.  Plate  1.)  die  Art.  thjr.  Inf.,  die  sich  in  vier  Aeste 
spaltet,  von  denen  die  beiden  nach  oben  gehenden  Zweige  (Ram.  thjr.  u. 
Thyr.  asc.)  bis  auf  das  Doppelte  vergrössert  sind.  Itie  letztere,  im  Zickzack 
verlaufend,  theilt  sich  in  der  Gegend  des  Proc.  mast  in  mehrere  Zweige, 
die  mit  Zweigen  der  Art.  occipit.  in  Verbindung  treten^  und  die  oberen  Hals- 
muskeln versorgen;  ferner  verbindet  sie  sich  mit  der  Art.  vertebr.  Ebenso 
gehen  die  erweiterten  Artt  cerv.  prof.  und  superf.  vielfache  Verbindungen  mit 
Zweigen  der  Art.  occipit.  ein.  Auf  der  1.  Halsseite  (Plate  2.)  zeigt  die  Ca- 
rotis fast  die  Grösse  der  Anonyma;  sie  versieht  hauptsächlich  mit  Anasto- 
mosen die  r.  Gesichts-  und  Unterkieferpartie;  sichtlich  vergrOssert  zeigen 
sich  von  den  gewöhnlich  benannten  Zweigen  die  Art.  thyr.  sup.,  lingual^ 
pharyng.  ascend.  und  max.  int.  Die  Artt.  temporal,  und  coron.  lab.  zeigen 
zahlreich  gewundene,  untereinander  anastomosirende  Zweige;  besonders  er- 
weitert erscheinen  im  Gesichte  die  Artt.  ment ,  coronar.  labil  inf.,  anguli  oris 
und  die  ophthalm. 

449)  Allmälig  kehren  die  Geisteskräfte  wieder;  die  Lähmung  des  r.  Bei- 
nes hebt  sich  nach  einiger  Zeit,  Arm  und  Zunge  bessern  sich  langsam. 

464)  Bis  zur  Exstirpation  wurden  6  Gefässe  unterbunden,  und  eine  stark 
blutende  Arterie,  die  im  Stiele  des  Tumors  verlief;  nach  einem  Jahre  ist 
Pat.  noch  gesund. 

472)  Der  Tumor  reichte  von  den  Halswirbeln  bis  zum  Unterkiefer,  and 
abwärts  bis  zum  Laryux,  umschloss  fast  alle  Zweige  der  Carot.  ext,  wie 
auch  die  Vena  jug.,  den  N.  vagus  und  fast  die  Art.  subclav. 

483)  Die  mit  dem  Halsmuskel  innig  verwachsene  Geschwulst  umgab 
die  Carotis  Bei  der  Ablösung  derselben  musste  eine  kleine  Arterie  hart 
an  ihrem  Ursprünge  aus  der  Carotis,  durchschnitten  werden,  die  profuse 
Blutung  war  nur  durch  die  Unterbindung  des  Stammes  zu  stillen. 

487)  Die  ohne  Chloroform  gemachte  Ligatur  hatte  keine  Erscheinungen 


Zur  Ligatur  der  Arteria  Carotis  communis.  371 

im  Gefolge,  den  8.  Tag  Erysipel.  28.  geringe  Blutung  aus  der  Ligatur- 
vunde,  vobei  das  nekrotische  Oeiässstückchen  ausgestossen  wnrde.  Pai, 
der  entlassen  werden  sollte,  hatte  am  62.  Tage  einen  Schattelfrost,  dem  hef- 
tiges Erbrechen  mit  Schweiss,  dann  Sopor,  und  in  5  Stunden  Tod  folgte. 
Die  Section  ergab  eine  nussgrosse  Cyste  mit  apfelgrfinem,  flussigen  Inhalte» 
in  der  Mitte  der  1.  Hirnhemisphäre  gelegen,  vor  dem  Thalam.  nerv.  opt. 
das  1.  Corp.  striat.  graubraun  gef3&rbt,  hochgradig  erweicht;  ebenso  die  das- 
selbe umgebende  Hirnsubstanz,  die  schmutzig  grQnlich  -  grau  gefärbt  er- 
scheint. An  der  Ligaturstelle  finden  sich  2  gute,  aber  kurze  Thromben; 
die  Wandung  der  Carotis  ist  bis  nahe  zum  Ursprünge  atheromatös  entartet 

489)  Bei  der  Operation  wnrde  die  Art.  Carot.  ext.  verletzt;  obwohl  im 
Gewebe  ein  grösseres  Lumen  entdeckt  wurde,  so  machte  B.  dennoch  die 
Ligatur  der  Carot.  comm.,  weil  die  Carot.  ext,  vom  Tumor  involvirt,- vor- 
aussichtlich noch  mehrfach  durchschnitten  werden  musste,  und  es  sogar 
zweifelhaft  war,  ob  nicht  auch  die  Carot  int  in  demselben  eingeschlossen 
war.  Abends  traten  die  ersten  Spuren  des  Delirium  tremens  auf.  —  Die 
Section  zeigte  in  der  r.  Hemisphäre,  ausser  einem  thalergrossen,  dem  Schlä- 
fenbeine gegenüberliegenden  Abscesse,  nahe  dem  Centn  ovale  Vienss.  einen 
zweiten,  1^  Zoll  breiten,  grünlichen,  Eiter  enthaltenden  Abscess,  in  dessen 
Umgebung  die  Gefässe  turgescirten,  auch  an  der  Basis,  hinter  dem  r.  klei- 
nen Keilbeinflfigel  fand  sich  ein  Eiterherd,  der  sich  in  die  Fossa  Sylv.  hin- 
einzog. Die  1.  Hemisphäre  war  normal.  Ein  Eiterherd  erstreckte  sich  einen 
Zoll  in  das  Mediast  ant  hinein,  der  N.  vagus  war  an  der  Abgangsstelle  des 
N.  recurr.  mit  Eiter  umgeben,  den  Muse,  scaleni  angelöthet  Die  Art.  max. 
dext  erschien  vom  Eiter  arrodirt;  die  Fossa  glenoid.  max.  und  das  Coli, 
max.  rftuh;  der  knorpelige  Gehdrgang  war  durchbrochen  von  Eiter. 

493)  Ich  lasse  hier  die  nicht  veröCTentlichte ,  interessante  Krankenge- 
schichte vollständig  folgen:  ,Ich  unterband  am  7.  Aug.  1857  bei  einem  21- 
äbrigen  Manne,  der  an  einem  grossen,  cavernösen  Rachenpolypen  litt,  welcher 
zugleich  in  der  Fossa  max.  sin.  hervorgewachsen  war,  die  1.  Carot  comm. 
Ich  glaubte,  dass  die  cavernöse  Geschwulst  dien  r.  Oberkiefer  von  hinten 
her  durchwachsen  habe,  —  damals  war  von  v.  Langenbeck  noch  nicht 
auf  die  Entstehung  dieser  Geschwülste  in  der  Flügel^aumengrube  aufmerk- 
sam gemacht  —  und  war  darauf  gefasst,  den  Oberkiefer  reseciren  zu  müssen. 
Ich  liess  die  Unterbindung  der  Exstirpation  unmittelbar  voraufgehen,  weil 
ich  glaubte,  dass  die  Exstirpation  dadurch  viel  weniger  blutig  werden  würde. 
Darin  hatte  ich  mich  jedoch  getäuscht,  denn  bei  der  nun  folgenden  Opera- 
tion spritzten  bei  jedem  Schnitte  die  Arterien  so  stark,  dass  Fat  im  Gan- 
ten viel  Blut  verlor,  nnd  ich  mich  schliesslich  genöthigt  sah,  den  Stiel  der 
Geschwulst,  der  gegen  die  Flügelgaumengrnbe  ging,  in  toto  zu  umstechen. 
Am  anderen  Tage  folgte  Hemiplegie  der  r,  Seite  und  Störung  der  Gehirn- 

24* 


372 


Dr.  C.  Pilz, 


functionen,  ganz  genau  wie  in  Schuh's  Falle.  Der  Pat  erholte  sich  spä- 
ter wieder  so  weit,  dass  ich  am  31.  Oci.  den  häufig  blutenden  Nasenpoly- 
pen exstirpiren  konnte,  wozu  ich  mir  den  Weg  durch  Resection  des  Proc. 
nasal,  max  sup.  bahnte.  Auch  diese  Operation  war  enorm  blutig,  und  Pat 
kam  kaum  mit  dem  Leben  davon.  Die  Lähmung  verschwand  später  nicht 
ganz,  auch  das  Sprechvermögen  blieb  gestört,  und  Pat.  ist  später  ausser- 
halb des  Spitales,  ich  weiss  nicht  an  welcher  Krankheit,  gestorben". 

498)  y.  wollte  zuerst  die  Garot.  ext.  unterbinden,  besorgte  jedoch,  sie 
nicht  ohne  Zeitverlust  in  den  veränderten  Theilen  finden  zu  können;  die 
Ligatur  wurde  in  der  Narcose  ausgeführt. 


V.    Ligatur  wegen 


No. 

Operateur 

und 

Datum. 

Literatur. 

ü 

<  m 

1 

Ursache. 

Aus- 
gang. 

515. 

Liston,    1817. 
22.  Juni.    , 

Edinb.    Med.    and 
Sarg.  Journ.  1820. 
p.  66. 

'if: 

1. 

Kopfschmerz. 

— 

22 

Reine 
dau- 
ernde 
Besse- 

516. 

Mc  Glellan, 

Americ.  Med.  Rev. 

16j. 

r. 

Epilepsie. 

3 

«_ 

mng- 
Besse- 

Philadelphia. 
1826.     Mai. 

and  Journ.  Vol.  3. 

M. 

Jhr. 

rung 

p.  328.    —    New 
York  Journ.  1862. 

(An- 

zugs). 

March.  p.  228.  u. 

230. 

517. 

F.  E.  Becton, 

North.  Americ.  Med. 

22j. 

1. 

Epilepsie. 

9 

_ 

unver- 

Mutherford, 

and  Surg.   Journ. 

H. 

Jhr. 

ändert 

County  Tenessee. 

1827.  Jul.   Vol.  4. 

1827.  2  h  März. 

p.  88. 

518. 

Pres  ton,     Cal- 

Transact.    of   Cal- 

50j. 

r. 

Hemiplegie  1.  u.  Pa- 
ral.  d:  Pacial.  1. 

1 

20 

Besse- 

cutta.    1830. 

cutta.      Vol.  5. 

M. 

Mnt. 

rung. 

22.  Nov. 

p.  346. 

519. 

Preston,  1831. 

Transact.   of  Galc. 

26j. 

— 

Epilepsie. 

5 

29 

Bedeu- 

4. Febr. 

Vol.  5.    p.  359. 

H. 

Jhr. 

tende 
Besse- 

520 

Preston,  1831. 

Ibid.  Vol.  6.  p.  396. 

61j. 

r) 

Epilepsie  u.  Hemi- 

6 

13 

rung. 
Besse- 

521 

23.  Aug. 
14.  Novbr. 

M. 

\\ 

plegie. 

Jhr. 

rung. 

522) 
523 

Preston,  1831. 

Ibid   Vol.  6.  p  394 

^^- 

r\ 

Paralysis  partial.  u. 

_ 

__ 

Besse- 

7. Sept.  10.  Oct. 

1. 

Kopfschmerzen. 

rung. 

524/ 

Preston,  1831. 

Ibid.  Vol.  6.  p.  409. 



l. 

Epilepsie. 

8 

—  1  Ohne 

525( 

M. 

r 

Jhr. 

Erfolg. 

Zur  Ligatur  der  Arteria  Carotis  communis.  373 

499)  Da  der  untere  Rand  des  Tumors  mit  der  tiefen  Halsfascie  und 
den  groaaen  Gef&ssen  verwachsen  erscheint,  deren  Dnrchschneidnng  sicher 
ist,  ao  werden,  nachdem  der  Tumor  im  oberen  Theile  abprftparirt  ist,  Art. 
Carot.  comm.  und  Vena  jug.  int.  unterbunden;  der  peripherische  Theil  der 
letzteren  mass  nach  der  Dnrchschneidung  wegen  heftiger  Blutung  noch  be- 
sonders ligirt  werden.  In  der  ersten  Zeit  bleibt  die  rechte  Pupille  erwei- 
tert; Abends  ist  die  Empfindlichkeit  der  rechten  Gesichts-  and  Kopfseite 
schon  gebessert. 


Nervenkraiikheiten. 


Besonderes  bei  der  Ligatur  und  im  Verlaufe. 


Gegen  andauernden  klopfenden  Schmerz  in  d.  I.  Wange  u.  Oberkiefer,  der  sich  auf 
den  ganzen  Kopf  verbreitete,  waren  viele  Mittel  vergeblich  angewandt;  zußlUige 
Compreasion  d.  Carotis  gab  Erleichterung,  eben  so  Anfangs  d.  Ligatur. 

Ein  , Vascal.  Tamor*  Ober  d.  r.  Obre,  in  Beziehung  zur  Krankheit  gebracht,  Hess  von 
d.  Ligatur  HQlfe  erwarten;  nach  6  Monaten  der  frühere  Zustand. 


In  den  nächsten  10  Tagen  2  Anfälle;  Trinker,  Wiederkehr  der  Anfälle. 


Am  2ö.  etwas  Husten,  leichte  Schmerzen  in  d.  Brust  u.  Schlingbeschwerden. 

In  den  ersten  Ta^en  Schlingbeschwerden;  7.  Schmerzen  in  d.  1.  Schläfe;  15.  April 
noch  frei  von  einem  Anfalle;  Fat.  ist  physisch  u.  psychisch  besser. 

Seit  20  Jahren  Hemiplegie  links.  Am  Tage  nach  d..  Ligat.  Beweglichkeit  der  gelähm- 
ten Seite,  d.  Anfölle  werden  Anfangs  seltener;  ihre  erneute  Häufigkeit,  das  behin- 
derte Geben  u.  stärkere  Kopfschmerzen  lassen  zur  Ligat.  der  anderen  Seite  mit 
allgemeiner  Besserung  schreiten. 

Nach  d.  Ligat.  ist  Fat.  frei  von  Kopfschmerz  n.  hat  mehr  Kraft  im  Beine. 

Innerhalb  eines  Monats  wurden  beide  Arterien  unterbunden. 


374 


Dr.  C.  Pilt, 


No. 

Operateur 

und 

Datum. 

Literatur. 

i\ 

'1 
1 

Ursache 

ll 

Aas- 
gang- 

CS   1  M| 

Tage. 

526) 
527/ 

F  H.Hamilton, 

Buffalo  Med.  Journ. 

18j. 

T\  Epilepsie. 

seit 

Heiig. 

1838     u.    1839.    Vol.  2    p.  119.  - 

M. 

1 

Kiid- 

Aug.-March. 

New   York  Journ. 
1852.  Marcb.p.  231. 

; 

heit 

528. 

ParsoD,     1846. 

Amer.  Journ    1848. 

19  j 

^ 

Intermittirender 

2 



Ohne 

Apr.     p.  3o0. 

M. 

Kopfschmerz. 

Jhr. 

Erfolg. 

529. 

B.  Brown,  1848.  Amer.Journ.  1854. 

•'S; 

r. 

Epilepsie. 

5 

20 

Heilg.V 

5.  Juni. 

Oct.    p.  415. 

Jhr. 

530. 

W.Parker,1848.  New  York  Journ.  of 

Nov.                   1  med   and  coli.  sc. 

1  1852.  Mai.  p.418. 

32j. 
M. 

1. 

do. 

— 

13 

Yer- 

rUiu. 
iLflte. 

531. 

Morrogh,   New'lbid.    p.  419. 

24j. 

r. 

do. 

8-9 

15 

Ohne 

Brnoswick. 

M. 

Jhr. 

~ 

daa- 

1849.  23,  Febr. 

erode 
Besse- 
rung. 

532. 

J   R.  Wood, 

New  York.  1856. 

Scbmidt,  Jahrbb. 
Bd.  98.     S.  75. 

'V: 

— 

do. 

— 

— 

Besse- 
rung. 

533 

G.C.E.  Weber, 

ClevelandMed.Gaz. 

aoj. 

l.( 

do. 

5 

12 

Ohne 

534 

1857.    2.  u.  19. 
Dec 

1859     O.t.     - 
Americ.  Journ.  of 
med     sc.      N.  S. 
Vol.    39.    p.    574. 
1860. 

M. 

r.\ 

Jhr. 

Erfolg. 

535. 

Nussbaum,       |Bayer.  ärztl.  Intelli- 

'J2j. 

l. 

Neuralgie. 





Beilg. 

Mun'ben.  1862. 

genzblatt.       1863. 

W. 

9.  März. 

No.  33.   S.  461. 

536. 

Nussbaum, 
1862.  30.  Oct. 

Bayer,  ärztl.  Intelli- 
genzblatt.      1863. 
No.  33.    S.  472. 

t- 

r. 

Tic  douloureuz. 

— 

— 

Heiig. 

537. 

Nussbaum, 
1862     8.  Nov. 

Ibid.    S.  470. 

38  j. 
W. 

r. 

do. 

— 

— 

Erfolg. 

.538. 

Nussbaum, 
1862.  7.  Dec. 

Ibid.    S.  470. 

7 

r. 

do. 

— 

— 

Erfolg. 

ö.S9j 

North.  West.   med. 



Ij  Epilepsie. 



/ 

540! 

Angell. 

Journ.  185  .   Oct 



r! 

«_ 

1 

«nalnt 

541^ 

—  Amer.  Journ.  of 
med.  sc.  1861.  Apr. 

2. 
5' 

GD 
CO 

E 

IQ 

j 

eiiulnlt 
Tfi 

542. 

Krim  er,  citirt. 

Kleine rt,  Repert. 
1830.Hft.9.S.l-24. 
aus    Hohnbaum 
n.  Jahn 's    Med. 
Converstbl.  Jahrg. 
2.  No.  16.  S.  121 
bis  125. 

48j. 
M. 

1. 

Kopfschmerz. 

Besse- 
rung, 
(tnach 
13  Mo- 
naten.) 

Zur  Ligatar  der  Arteria  Carotis  commnnis.  375 


Besonderes  bei  der  Ligatur  und  im  Verlaufe. 


Seit  12  Jahren  wurden  d.  Anfälle  stärker;  d.  Empfönglichkeit  für  Anfälle  nach  der 
Unterbindang  erlosch  mit  der  zweiten.  —  Pat  zeigte  nach  2  Jahren  d.  1.  Carotis 
sehr  erweitert;  sonst  gesund. 

Anfangs  Erleichterung,  dann  das  alte  Leiden. 

Ohne  Chloroform;  mit  d.  Ligat.  hOren  Temporal,  n.  Fac  auf  zu  pulsiren;  Tor  Abfall 
d.  Ligat  wieder  Puls  in  d.  Temporal.  Bericht  (von  1853)  giebt  an,  Aura  u.  AnföUe 
sind  nicht  eingetreten,  aber  eine  unangenehme  Verwirrtheit. 

Die  Anfalle  worden  stärker;  Nachblutung  stand  auf  Compression. 


Mit  d.  Ligat.  frei  von  d.  lästigen  Kopfschmerz,  d.  Parese  d.  Armes  u.  d.  beschwerten 
Sprache;  am  8.  Tage  neuer  Anfall;  seit  5  Wochen  nach  d.  2.  Unterbindung  traten 
wieder  zeitweise  schwächere  Anfälle  auf,  doch  solid.  Geist  schwächer  werden. 


Schmerz  im  1.  Ange,  vermindertes  Sehen  ohne  Structurveränderung;  Schwindel,  Kopf- 
weh; Gesicht  links  stark  geröthet;  wegen  Neuralgie  am  28.  Resection  d.  Nerv.;  am 
9.  März  Ligat.  mit  voller  Wirkung;  doch  14  Tage  lang  UnbehQIflichkeit  d.  r.  Ar- 
mes; S  Stunden  nach  d.  Ligat.  ist  Puls  in  d.  Temporal,  zu  fühlen. 

Neben  Nerve nresection  Ligat;  12  Std.  nachher  1.  Lähmung,  am  8.  Tage  Sopor;  Pat. 
kommt  allmftlig  zu  sich,  nach  4  Wochen  stellt  sich  GefQhl  u.  Bewegungsfähigkeit 
wieder  allmftlig  ein.    Zor  Zeit  Pat  ganz  gesund,  keine  Spur  der  Lähmung. 

Mehrere  frohere  Nervenresectionen  hatten  nur  zeitweise  geholfen.  Die  Ligatur  ohne 
schlimme  Folgen. 

Schon  frfiher  Nervenresection;  diesmal  neben  Resect  noch  Ligat.  —  Schmerz  an  um- 
schriebener Stelle  d.  r.  Scheitelbeines,  u.  pelziges  GefQhl  d.  r.  Znngenseite. 


Ligator,  nach  Scarpa's  Methode,  Hess  d.  Kopfschmerz  verschwinden.  —  Genaueres 
im  Text. 


376 


Dr.  0.  Pill, 


No. 


Operateur 

nnd 
Datnm. 


Literatnr. 


5,3 


Ursache. 


|3 


a§  I  Ans- 
2  I  gaog. 


643| 
544J 
545 
546 
547 


-548. 


Val.  Mott. 
Nossbanm. 


T.  Patrnban, 
Wien. 


Schmidt,  Jahrbb. 

Bd.  98.    S.  76. 
Briefl.  Mittheilg.  an 

Prof.  Gurlt. 


Wiener  Med.  Presse. 
1866.  29.  Apr. 


W. 


Epilepsie, 
do. 


Tic  doulonrenx. 


24 

Jhr. 


—     Besse- 

iObne 
{Er- 


Heiig. 


Zusätze  zu  forste, h- 
580)  B.  erhielt  einen  Schlag  gegen  das  I.  Schläfenbein,  wurde  fQr  einige 
Standen  bewnsstlos,  bekam  dann  einen  epileptischen  Anfall;  Pat,  znr  Be- 
sinnung gekommen,  zeigte  den  Mund  nach  rechts  verzogen,  war  sprachlos, 
die  r.  Extremitftten  paretisch.  Nachdem  2-3  Monate  die  epileptischen  An 
fälle  bestanden  hatten,  traten  dafür  Kopfschmerzen  auf;  später  jedoch  kehr- 
ten dieselben  häufig  wieder.  Die  im  Juni  1848  gemachte  Trepanation  schien 
Hülfe  gebracht  zu  haben,  aber  nach  3  Monaten  zeigte  das  hartnäckige  Lei- 
den seine  frühere  Heftigkeit. 

531)  Innere  Mittel  waren  ohne  jeden  Erfolg  geblieben.  Nach  der  Ope- 
ration fühlte  sich  Pat.  besser,  aber  schon  den  9.  März  traten  2  Anfälle  auf, 
der  folgende  am  25.  Dec. 

542)  1818  soll  nach  starker  Darchnässnng,  unter  Fieber,  ein  linkaseiti- 


VI.     Ligatur  nach 


No. 


549. 


Operateur 

und 

Datum. 


Wardrop,  Lon- 
don. 1825.  Jun. 


Literatur. 


Wardrop,        On 
Aneur.  etc.  p.  24. 


*i 


'7. 


Ursache. 


Aneur.  Garot. 


I 


Tag».       I 


B^?*fr 
runp 


Zar  Ligatur  der  Arterta  GarotiH  commuais.  377 


Besonderes  bei  der  Ligatur  and  im  Verlaafe. 


Innerhalb  eines  halben  Jahres  warden  beide  Dnterbindangen  ansgefDhrt. 

In  allen  Fftllen  blieben  d.  Anftlle  aas,  dafflr  traten  aber  andere  Erscheinaogen  auf; 
z.B.  stundenlanges  Steifsein  in  allen  Extremitftten;  standen-,  ja  tagelaoge  Schling- 
beschwerden, Kopfweh,  Sprachlosigkeit,  Ohnmächten  etc.  In  einem  Falle  wurde  durch 
Brand  in  d.  Operations  wände  die  Vena  jugul.  angefttat,  die  heftige  Blutung  wurde 
durch  d.  amschlungene  l^aht  gestillt,  es  folgen  py&mische  Fröste,  Plearitis,  endlich 
nach  i  Jahre  Genesung. 

Die  Operation  hatte  keine  unangenehmen  Folgen. 


ender    GasniBtik. 

ger  Kopfschmerz  entstanden  sein;  die  Terschiedensten  Sedativa  und  Deri- 
Tantien  hatten  nur  vorübergehenden  Erfolg.  Da  Gompression  beider  Garo- 
tiden  Erleichterung  schaffte,  so  entschloss  sich  ein  Arzt  zur  Ligatur  der  1. 
Carotis,  die  wirklich  das  Leiden  hob.  Nach  4  Wochen  stellte  sich  Brustbe- 
klemmuDg  ein,  und  Athembeschwerden  bei  schnellem  Gehen.  13  Monate  nach 
der  Operation  erfolgte  plötzlicher  Tod.  Die  Section  zeigte  das  Gehirn  an- 
imisch  (?},  die  Geflsse  an  der  1.  Seit«  nicht  erweitert,  aber  die  Plex.  choroid. 
vmricös.  Die  1.  Garotis  war  an  ihrem  centralen  Theile  erweitert  Am  Bo- 
gen der  Aorta  fand  sich  ein  geborstenes  Aneurysma,  dessen  Innenwand  mit 
mehreren  Schichten,  , Afterbildungen*  ausgekleidet  war;  der  r.  Vorhof  ist  di- 
latirt,  die  1.  Pleurahöhle  mit  Blut  etwas  erfüllt  —  Die  Deutung,  als  ob  das 
Aneurysma  sich  in  Folge  der  Ligatur  gebildet  habe,  ist  eine  irrige. 


Brasdor  -  ^Wardrop, 


Besonderes  bei  der  Ligatur  und  im  Verlaufe. 


Todesursache  und  Section. 


Mit  Schluss  d.  LigaL  nahm  wider  Erwarten  d.  Ge- 
scbwalst  an  Umfang  ab;  Gehirnerscheinungen  tra- 
ten in  keiner  Weise  auf.  Am  4.  Tg  Tumor  noch 
i  der  früheren  Grösse,  zeigt  undeutliche  Wellenbe- 
wegungen, ist  am  5.  Tg  grösser,  pulsirend,  wird 
wiäer  kleiner,  eröffnet  sich  dennoch  spontan. 


378 


No. 


Dr.  C.  Pilz, 


Operateur 

und 

Datum. 


Literatur. 


ii 


Ursache. 


1^ 

|2 


Tf. 


550. 


551. 


552. 


553. 


554. 


Wardrop,  Lon- 
don.     182G. 
10.  Dec. 


Lambert,  1827. 
1.  März. 


G.  Basb, 
Ghatham.  1827, 
11.  Sept. 


Evans,    1828. 
22.  Jul. 


Montgomory, 
1829.  10.  März. 


Wardrop,      ibid. 
p.  29. 


57j.  r. 


V: 


do. 


Lancet.  VoL  11 
p.  8^1.  u.  VoL  12. 
p.  218.  a.  War- 
drop, On  Anear. 
p  36. 


Laocet  VoL  14. 
p.  142  u.  149.  u. 
Wardrop,  p.  49. 


Wardrop,        On 
Aneur.  p.  93. 


Lancet.  1833.  p.421. 


49j. 
W. 


"i 


30  i. 
M. 


555. 


556. 


Rigeu,  Amster- 
dam.      1829. 
21.  Febr. 


VaL  Mott, 
New  York.  1829. 
26.  Sept 


V,e1pean,  Nout. 
El^m.  de  M^d. 
op^r.  1839.  VoL  2. 
p.  214.  (Mittbeilg.) 

Amer.  Med.  Journ. 
VoL  5. 


M. 


"i 


do. 


do. 


Aneur.  Innom. 
GaroL 


23 


und 


Ane.ur.  Garot.  (V) 


Aneur.  Innom.   (an* 
gen.)  (Aortae;. 


do.  Innom. 


19 


t   ' 
62.  Tg 


Geo& 

SUDS 


SjGene- 


2.0 

*   a 

o 


sang. 


18   tl25. 
Tg 


—  I  (t  13. 
Jod) 


15 


(t22;4 

1830.] 


Zar  Ligatur  der  Arteria  Carotis  communiB. 


379 


tsonderes  bei  der  Ligatur  und  im  Verlaufe. 


Todesursache  und  Sectiou. 


2.  Oct  schwacher  Puls  in  d.  r.  Temporal,  die 
Bat  im  Tumor  geringer;  Tolles  Wohlbefinden  bis 
4.  Woche,  dann,  nach  reichlichem  Genüsse  von 
rit.,  Wachsen  der  Ton  Neuem  pulsirenden  Ge- 
irulst;  Oedem  d.  Beine. 


d.  Onterbindang  erfolgte  Uebelkeit  u.  Erbrechen, 
lomor  nimmt  sogleich  ab,  r.  Radial- Puls  voller 
härter.  3.  Tag  Tumor  fest.  11.  Blutung.  5 
chen  später  olcerirt  d.  Narbe;  18.  April  Blutg. 
I  d.  Wunde,  die  wiederkehrt    1.  Mai  Blutung. 


d.  Operation  verkleinert  sich  die  weicher  ge- 
rdene  Geschwulst;  das  Schlingen  wird  gebessert, 
Stimme  lauter,  d.  Geschwulst  verkleinert  sich 
ch  weiter,  u,  wird  pulslos. 

i.  Ligatnr  hört  d.  Puls  auf  an  allen  Zweigen  d. 
rotis,  nicht  im  Tumor,  ist  am  23.  u.  24.  sogar 
Irker.  25.  Fieber.  27.  Abds.  Delirium.  28.  besser. 
.  kalter  Seh  weiss,  Dofähigkeit  zum  Schlucken  u. 
m  Sprechen,  Obliteration  d.  Bracbialis  etc.,  r.-sei- 
;e  Parese,  d.  Gedäcbtniss  wird  schwächer. 

;e  Stunden  nach  d.  Operation  Athem-  u.  Schling- 
schwerden.  22.  mehrere  Blutungen;  später,  10. 
D.,  Eiterentleerang  aus  d.  Munde,  u.  3.  Jul.  blu- 
er  Auswurf. 


heftigen  Erscheinungen  schwanden,  es  Termin- 
rte  sich  d.  Tumor  bedeutend;  Pat  wurde  im  Mai 
gen  einer  Hernie  operirt. 

^age  nach  d.  Operation  Besserung,  Schmerz  beim 
blocken,  d.  Pulsation  ist  schwächer,  d.  Tumor 
'iner.  28.  Puls  in  r.  Radial,  deutlich  (vorher 
ht).  29.  Die  Sprache  ist  besser,  wie  der  ganze 
stand.  16.  Oct.  ist  Puls  ganz  yerschwunden,  d. 
imme  normal;  später  sollte  d.  Subclav.  nnterbnn 
n  werden. 


Das  Herz  ist  um  d.  Dreifache 
vergrössert,  d.  r.  Carotis  am 
Ursprünge  erweitert,  u.  durch- 
gängig, wie  alle  ihre  Zweige, 
mit  Ausnahme  d.  Thyreoid.  sup. 
Atherose  d.  Aorta,  Innom.  u. 
Carotis. 

Die  Carotis  ist  mit  d.  N.  vagus 
verwachsen,  d.  Aortenbogen  er- 
weitert, d.  r.  Subclav.  gesund; 
der  untere  Theil  d.  Tumors  ist 
consolidirt,  an  d.  Ligaturstelle 
ein  3'"  langes  GeschwQr. 


Vom  alten  Sacke  ist  nichts  vor- 
handen, d  Art.  u  Vene  sind 
verHchlossen,  erstere  von  der 
Theil ungsstelle  an  bis  zum  Ur- 
sprünge; es  bestand  noch  ein 
Anenr.  d.  Aorta;  die  r.  Carotis 
fand  sich  sehr  erweitert 

Asthma.  —  Das  zwischen  Innom. 
u.  Carotis  links  gelegene  Aneur. 
war  mit  festen  Coagulis  ausge- 
fällt 

Athemnoth.  —  Das  r.  Schlüssel- 
bein ist  theilweise  absorbirt,  d. 
Aneur.  Innom.  geht  auf  Carot. 
n.  Subclav.  r.  über;  d.  Carotis 
war  thrombirt 


380 


Dr  C.  Pill, 


Ko. 


Operateur 

und 
Datam. 


Literatur. 


uS    I 


Orsaehe. 


.        Th>. 


537.  jWickham,  Win-. Medico*Ghir. Trans- Ö5J. 
ehester  Uoftpit.|  actions.     Vol.  23.   M 
1B29.  25.  Sept.<  p.  405. 


568. 


559. 


560. 


561. 


562. 


ÖÜ3. 


Aston  Key, 
18d0.  20.  Jal. 


Morisson, 
1832.    8.  Nov. 


Fearn,    1836. 
30.  Aag. 


Dohlhoff,  Mag- 
deburg. 1837, 
13.  Juni. 


Li  8  ton,  London, 
1838.    18.  Jul. 


Lond.    Med.    Gaz 
1830.  Jul. 


Americ.  Med.Journ, 
Vol.  19.    p.  329. 


Lancet.  1836  u. 
1838.  -  Americ. 
Med.Joarn.Vol.l9. 
p.  522. 


Ru8t,Magaz.  1838 
Bd.   51.     Hft 
S.  517. 


Laacet.  1838.VoL2. 
p.  668. 


List ou, London.  Linccl.       1839/40. 


um  1838. 


Vol.  1.  p.  37.  — 
Broca,Traitöde8 
Anevrysmes. 
p.  600. 


61j. 


42j 


W. 


51j 


31j 


—    r. 
M. 


r.  jAneur.  Innom. 


do 


Aneur.  Inaom.    uod 
Carot. 


Aneur.  Innoio. 


do. 


Anenr.  Subcla  v.     — 


Zar  Ligatur  der  Arteria  Carotis  commaDis. 


S81 


ssonderea  bei  der  Ligatur  and  im  Verlaafe. 


Todesarsache  and  Section. 


.  Ligat.   wird  d.  Sack  Bchlaifer,  d.  Palsat.  be- 
llt fort;  es  wird  am  3.  Dec.  d.  Snbclay.  ligirt. 


1.  Ligat.  hört  d.  Polsat  im  zasammengesankenen 
cke  aaf,  nach  1^  Std.  Goma,  nach  voranfgegan- 
Der  DyspnoS. 


ge  Standen  nach  d.  Operation  sind  d.  Polsatt. 
irl[6r;  es  folgt  ein  GefQhl  von  Leere  in  d.  r. 
opfhSIfte;  Bessernng.  12.  Not.  Ohnmacht;  — 
ohlbefinden. 


M.  omohyoid.  wird  durchschnitten;  d.  Arterienwan- 
DDgen  erscheiiien  yerdickt;  mit  d.  Ligat  Schmerz 
D  r.  Ohre,  einige  Stunden  nachher  erschwertes 
thmen,  das  gegen  Abend  gesteigert  ist  21.  Hasten, 
Seite  blasB,  kalt  4.  Sept  Geschwulst  kleiner  u. 
^ter.  2  Jahre  sp&ter  Ligat  d.  Sabclav. 
)td.  nach  d.  Operation  giebt  Pat  an,  ein  eigen- 
bümliches  GefQhl  von  Helligkeit  (Leere?)  im  Kopfe 
n  haben;  d.  r.  Temporal,  palsirt  nicht;  Kopf- 
chmerz,  Brechneigung.  16.  Bewnsstsein  gestört, 
>  Seite  gelähmt;  18.  Athemnoth;  Trinken  erregt 
tnmer  Husten. 


^t.  d.  Subclav.  innerhalb  d.  Mm.  scaleni;  am  11.  Tg. 
Blutung,  die  am  13.  wiederkehrt. 

[enfallB  wurde  zugleich  d.  Sabclav.  n.  Caroi  unter- 
bunden, am  4.  Tg.  lebte  Pat.  noch;  weiterer  Bericht 
I^^H.  (Velpeau  erwähnt  einmal,  dafis  bei  L  am 
w.  Tg.  Tod  eingetreten  sei.) 


Ruptur  d.  Sackes.  —  Hers  fettig 
degenerirt,  Art  pulmon.  doppelt 
so  gross,  als  gewöhnlich,  Vena 
cav.  sup.  dilatirt,  Atherose  in 
Aorta;  d.  Anenr.  hatte  sich  auch 
auf  Garot  n.  Subclav.  ausge- 
dehnt Die  r.  Snbclav.  war  vom 
Schlflsselbeine  bis  zur  ersten 
Rippe  verschlossen,  d.  Garot 
von  d.  Kreuzungsstelle  d.-  M. 
omohyoid.  an. 

Es  fand  sich  d.  1.  Garotis  fest 
geschloesen,  beide  Vertebr.  sehr 
verengt  Das  mit  Brustbein, 
Schlüsselbein  u.  1.  Rippe  ver- 
wachsene Aneur.  gehörte  dem 
erweiterten,  atheromatösen  Aor- 
tenbogen an;  d.  r.  Garotis  u. 
Subclav.  waren  normal. 

\lfl  Pat  plötzlich,  1834.  d.  4.  Jnl., 
starb,  fand  sich  d.  r.  Subclav. 
theilweise  erweitert,  d.  Anonyma 
doppelt  so  gross,  ab  gewöhn- 
lich, atheromatös;  d.  r.  Garot 
vom  Ursprünge  bis  zur  Ligatur- 
stelle sehr  erweitert,  mit  dickem 
Fibrin  .erfüllt 


Das  Schlüsselbein  cariös;  im 
Anenr.  viel  coagnl.  Blut;  in  d. 
äusseren  Wand  d.  1.  Anonyma 
eine  längliche  Oeffnung,  Garot. 
1^"  weit;  oben  bis  zur  Bifur- 
cation  mit  festen  Goagulis  er- 
fQUt«,  kein  Unterschied  zwischen 
beiden  Hirnhälften,  massige 
Hyperämie. 

Blutung.  —  Garot  u.  Anonyma 
obliterirt,  aber  d.  Subclav.  u. 
ihre  Zwei::e  sind  durchgängig. 


382 


Dr.  0.  Pilx, 


No. 

Operateur 

und 

Datum. 

Literatur. 

=i 

i 
1 

& 
•o 

Ursache. 

-6   . 

l3 

5=-  e 

o 

ü 

T.,. 

564. 

CoIbod,  NoTon. 
1839.* 

Bullet    de   PAcad. 

royale    de    Paris. 

1840/41.  Vol.6.p.8 
Neu  haUB,Dissert 

IS*' 

1. 

Aneur.  Garot 

28   H 

1 

1 

565. 

Demme,    Bero. 

38j. 

r. 

do. 

._ 

1 

1840.  24.  Sept. 

Bern.    1841.    80. 
Bra8dor*8    Me- 
thode zur  Hejjung 
d.  Aneur.     p.  10. 

H. 

49 

566. 

J.  R   Wood, 
1840.    Dec. 

Schmidt,  Jahrbb. 
Bd.  98.    S.  75. 

»5(- 

r. 

Aneur.  Carot. 

— 

12    Q< 

567. 

Fergusson, 

Monthly  Journ. 

H 

r. 

Aneur.  Innom. 

und 

3 

— 

!  1841.  22.  Juni. 

1841.  —    Americ. 

Subclay. 

Jhr. 

\ 

Med.  Journ.  N.  S. 

; 

Vol.  3. 

1 

668. 

Porta,   Pavia. 

Porta,  Delle  alte- 

60 j. 

r. 

Aneur.  Innom., 

Ca- 

^^^ 

^ 

t 

1842.  April  (?) 

rat,    pathol.    etc. 

W. 

rot.  u.  Snbclay. 

1845.    p.  35. 

569. 

Button,    1842. 

Dublin  quart  Journ. 

"J: 

r. 

Aneur.  Innom. 

1 

30 

27.  Jun. 

Vol.  25.  p.  499.  u. 

Jhr. 

!7€ 

Vol.  13.    p.  84. 

570. 

O'Shaughnes- 

Gaz.   m^d.      1843. 

H: 

r. 

Aneur.  Innom. 

nnd 

sy,  um  1843. 

p  288. 

Carot.  (angenomm.). 

1 

10 

571. 

Rompan],1844. 
30.  Oct 

Schmidt,  Jahrbb 

70j. 

r. 

Aneur.  Innom. 

und 

Bd.  77.     S.  236. 

M. 

Carot. 

~    21 

572. 

Rossi,    1844. 

Lancet.  1844.  Juni. 
-  Gaz.  med.  1844. 

H. 

r. 

Aneur.  Innom. 

— 

,  6 

578. 

Campbell, 

p.  58. 
Month.  Journ  1845. 

"i 

r. 

Aneur.  Innom. 

(an- 

_ 

-  ;  t 

1845.  8.  März. 

p.  45.  -•    Dublin 
Journ.  1852.  Vol. 

genommen). 

1 

1 

} 

13.   u.     Norrie, 

1 

No.  15. 

574. 

Malgaigne, 

Arch.  gdn^r.  1851. 

11: 

r. 

Aneur.   Innom. 

Ca- 

.— 

18  , 

1845.  3.  Apr. 

4.  Ser.      Vol.  27. 

rot  u.  Subclav 

, 

! 

p.  226. 

T* 

1                         ! 

i 

< 

>^ 

Znr  Ligatur  der  Arieria  Carotis  commanis. 


383 


Besonderes  bei  der  Ligatur  und  im  Verlaufe. 


Todesursache  und  Section. 


üa  21.  Tg.  leichte  Blntg.  aas  d.  Wunde;  Entzfinduag 
eines  Auges  mit  Verlust  65.  Tg.  Wund«  yemarbC 
Tumor  verkleinert,  schwach  palsirend. 

bpferscheinungen  7.  Oct.  Frost;  Pleuritis,  Entzün- 
doDg  d.  Sackes;  Blutungen. 


Ohne  weitere  Angaben. 

(anfangs  ging  Alles  gut,  nach  8  Tg.,  unter  Fieber, 
Broochitis,  während  der  schwach  pulsirende  Tumor 
sich  verkleinerte. 

Darmsaite  wurde  zur  Ligat.  yerwandt;  Phlegmone  d. 
,  Halses  folgte  schnell, 

TerBchwinden  d.  Tumors  mit  d.  Ligatur;  d.  Pulsat 
wird  geringer.  22.  Tg.  Blutg.  aus  d.  Wunde,  die 
sich  wiederholt;  38.  Tg.  Schauer  n.  convulsiv.  Be- 
wegungen, ähnlich  epileptischen,  ebenso  nach  3 
Tagen,  es  nimmt  d.  Tumor  nun  zu,  blutige  Sputa. 


Mit  d.  Ligat  erfolgt  keine  Veränderung  im  Tumor, 
2  Tg.  vor  d.  Tode  Beäogstiguug  u.  Husten. 


Heftige  Reaction  (?).  Verminderung  d.  Geschwulst, 
va  16.  Tg.  zwei  kleine  Blutungen ,  die  verstärkt 
wiederkehren.    19.  Blutg. 

Es  wurde  d.  Garot  u.  Subclay.  simultan  ligirt 

Mit  d.  Ligat  erscheinen  r.-seitige  Kopfschmerzen  u. 
Erweiternni  d.  1.  Pupille,  d.  Tumor  schwindet,  um 
^Imälig  wiederzukehren;  nach  3  Std.  Husten  u. 
Fieber.    23.  Fieber,  Delirium,  starke  Herzaction. 

Nach  d.  Operat  mindern  sich  d.  Beschwerden,  d.  Tu- 
mor wird  kleiner.  Am  17.  Oct.  wird  d.  Subclav. 
unterbanden. 


Section  im  Text 


Pleuro- Pneumonie.  —  Der  Tu- 
mor ganz  mit  Goagulis  erfüllt, 
über  d.  Ligat  kein  Thrombus. 

Keine  Veränderung  in  den  Kör« 
perhöhlen,  d.  Thrombus  in  d. 
Garot  7  Mm.  lang. 

Die  Garot  war  deutlich  durch- 
schnitten, über  d.  Ligat  Atbe- 
rose,  d.  Sack  enthält  geronne- 
nes Blut  u.  eiterige  Masse,  Gom- 
munication  mit  d.  Luftröhre; 
Atherose  an  der  nicht  erwei- 
terten Aorta;  d.  r.  Subclav.  u. 
Garotis  obliterirt,  1  Zoll  lang. 

Ruptur  d.  Aorta.  —  Doppelter 
Thrombus  in  der  fest  geschlos- 
senen, gesunden  Garot;  Ano- 
nyma  fest  am  Ursprünge  obli- 
terirt 

Die  Sect  weist  d.  beiden  Aneu- 
rysmen nach,  welche  fast  ganz 
mit  Fibrin  erfüllt  sind. 

£s  bestand  Verschluss  d.  1.  Ga- 
rotis u.  Vertebr.  rechts. 

Lungenentzündung.  —  Aneur.  d. 
Aorta,  guter  Thrombus  in  d. 
Garot.;  Aortenklappen  normal. 


Die  r.  Garotis  findet  sich  obli- 
terirt, nicht  d.  Subclay. ;  Athe- 
rose d.  Anonyma;  d.  Gehirn 
zeigt  keine  Anomalie. 


384 


Dr  C.  PiH. 


Ko 


Operslev 

und 
IHtnm. 


Literater. 


Hl 

c    S 


ürsacke. 


'S 'S    5  S 
13    52  aB^ 


575.  ViUrdebo,       Arch.  f^es^r.  4.8^  70j. 
I  Parit.    1847.     ,  VoL  15.    p.  547.  ;  IL 


576 


577. 


578. 


579. 


580. 


581. 


Laae.SlMarj*»  Uaeei  1852.  ?oL2. 
Hotpit    1852.    p^7.ii.Brick8€D, 


7.  Joü. 

W.  Wright, 
1855.  L  Oet 


CaTeiller, 
1869.    25.  Aug. 


Batcher, 
Doblin,  Mercer'B 
Hoflpit  1863. 
6.  Ibi. 


Parker,     1863 
2.  Sept 


A.  W.  Smith, 

Naw  OrleaoB. 
1864.   15.  Mai. 


Chinirgie.I>eot8ch 
Bd.  2.   S.  224. 

Lancetl»56.?ol.l 
p.  711.  (Referat) 


Gaz.  des  höpit  1859. 
N0.33.— Demme, 
Spec.  Chirorg.  d. 
Scbasswanden. 
S.  210. 


B.,  Operaiiye  and 
conserv.  Sargerj 
p.  855. 


Americ.    Jonrn. 
1864  April,  p.  562. 


Brief  Rogers  an 
Val.  Mott,  in 
Amer.  Med  Times. 
—  Schmidt, 
Jabrbb.  1865. 
S.  207  0.  ff. 


301 


70j. 


24  j. 
M. 


42j. 
M. 


33 


It 


T.  Attear.  Ii 
I  Gant. 


i      üi 


Aaew.  Oarot 


r.  Aaear.  Innoak 


Anear.     SobcUv. 
traom. 


Aneor.  Inaom. 


Anenr.  Sabclav. 


5 


Anenr.  Innom. 


10.' 


t8 
Std 


15 

mit4S.1 
Bl. 


13  IHeill 


Zur  Ligatur  der  Arteria  Carotis  commaiiiB. 


385 


l^eBon^eres  bei  der  Ligatnr  and  im  Verlaufe. 


Todesursache  and  Section. 


rden. 


*B    Methode    war  ohne  Erfolg  angewandt 


«loroform;    d.    Onterbindnogsstene  gesund,  Erschei- 

HDDgen    treten     nicht  aaf.    Der  Bericht  reicht  nur 

^rtns  zaiD   6.   Taige«    die  weiteren  Angaben  stammen 

'^ron  Erich  sen* 
^     erfolgte   l.-seitige  L&hmnng.  « 


t  ne  Chloroform  ;  mit  d.  Ligat  ward  d.  r.  Gesichts- 
3b&lfte  etwas  entArbt;  sogleich  folgte  d.  Unterbin- 
dung d.  Sttbclav..  Sogleich  fiel  d.  Tumor  zosam- 
:3Hnen.  25-  Schlingbeschwerden  die  einzige  Klage 
~9>i8  Mm  27.  Palöfrcquen»,  Husten.  31.  Puls  in 
^^d.  Art.  rad.  1-  Sept.  mit  Husten  eine  Blutung, 
■^sbenao  d.  2.   n.   3. 

^  ioroform;  wor  Schlass  der  Ligatur  liess  B.  Pat.  zu 
^ich  kommen,  direct  erfolgten  keine  ßrscheinun- 
-^en-  sD&ter  Srbrecben.  7.  Nachmittags  Puls  in  r. 
T-cniporal.  leiae  fühlbar.  8.  Alles  gut,  dann  plötz- 
3ich  Nachmitt.  geräuschvolle,  erschwerte  Respiration 
^%i.  bald  Tod. 

schwand     d.  Pulsat^   10.  Tg.  leichte  Blutg, 


Es  fand  sich  ein  Aneur.  am  An« 
fange  d.  Anon.  n.  d.  Carotis. 
Diese  war  an  d.  Ligatarstelle 
geschlossen,  d.  Sack,  mit  Aus- 
nahme des  höchsten  Punktes, 
von  einer  Fibrinschicht  ans^e- 
fQllt;  im  Gentrnm  fand  sich 
schwärzlich-schleimiges  Blat. 

Lungenentzündung.  —  Der  Sack 
ftlllte  sich  mit  Fibrinschichten, 
nlcerirte',  u.  trat  dann  mit  d. 
1.  Lungenspitze  in  Verbindung. 

Abscess  in  d.  r.  Hirnhftlfte:  der 
Sack  ist  mit  Faserstoff  gefQllt, 
d.  Snbclav.  offen;  sn  ihr  fQhrt 
vom   Sacke  ans   ein   Canal 
(Erichsen). 

Section  im  Text 


•gleich 


J2   Ligatnr  d.  Vertebr.,  u  24.  Tg  Ligat  d.  Subclav. 
innerhalb  der  Um.  »calenl  7.  Oct  Die  Blutg.  kehrt 


'^'^der. 


*^^bdem  »m  ^-.^/^^r^-'J"^l*u\.^.f?  ^^- ^•^'^"<>°*- 


Am  Halse  alle  Theile  normal,  Cap 
rot  gesund,  Subclay  sehr  er- 
weitert, mit  Goagnlis  erffillt, 
diese  fehlen  in  d.  Anon.;  Aorta 
nicht  erweitert,  aber  atb«roma- 
tOs;  Pleuren  gesnnd. 

Blutung.  —  Die  Injectionsmasse 
fliegst  aus  dem  peripherischeo 
Ende  d.  Subclay.,  d.  Carotis  ist 
gut  obliterirt.  Das  äusserst« 
Ende  d.  Subclav.  u.  Carot.  is 
durch  Ulceration  zerstört;  da 
peripberiacbe  Ende  d.  Subclai 
ist  u\c€rirt,  d.  Vena  jng.  in 
links  ist  durch  alte  Thrombc 
geschlossen. 


A;    -^^«^"^ird   d.  Carot  noch 'unterbunden;  wegen 
Ve^rillrer'''BTutg.    »och  d.  Vertebr.  recht.;  d.  ßlutun- 
i«    iiehf  en   nicbt  wieder,  d.  Tumor  schwindet,  die 
^«nde  gao»  geheilt.  (Erster  Fall  von  Heilung.) 


x«»*s«' 


B 1»  «  e  kT  •  ArehiT  tti  CUrargi«.  n. 


25 


886 


Dr.  G.  Pilx, 


No. 


Operateur 

QDd 

Datum. 


Literatur. 


2if 


Ursache. 


ii 

1 

Tage- 


11 


gang 


582. 


582. 

a.b. 

583. 
584. 
585. 

586. 


Chr.  Heath, 

V^estminst.  Hosp. 

18ü5.    21.  Not 


Nnssbaam*), 
M&Dchen. 

Pirogoff. 
Pirogoff. 
Pirogoff. 


TilanaB, 
Amsterdam. 


Lancet.l86ö.Vol.2. 
p.  619  n.  724. 


30j. 


Briefl.  Mittbeilg,  an 
Prof.  Gurlt 


P.,  Kriegschirurgie.  »ittt 
S.  457.  I  ^' 

Ibid.  Bi^- 

M 
Ibid.  M. 


Velpean,  Kouv. 
i\4menn  de  Med 
op^r.Yol.2.p.214< 


(2) 


Anenr.  Innom. 


18    Gene 

SQDg 


Anenr.  Innom. 
Anenr.  Innom. 

do. 

do. 

Anenr.  Aortae. 


Znsfttze    zu    vorst 

549)  Nach  Erichsen  (Chirurgie,  deutsch  von  Thambayn)  soll  Pat. 
noch  8  Jahre  gelebt  haben. 

550)  Pat.  bekam  vor  4  Jahren  Kopfweh,  dann  einen  apoplectischen  Anfall, 
einen  zweiten  vor  2  Jahren.  Im  Juli  des  Jahres  bemerkte  eine  Freundin  aofillig 
die  starken  Pulsationen  am  Halse.  —  Gleich  nach  der  Operation  erfolgte 
eine  leichte  Ohnmacht.    11.  Trockenheit  im  Halse;  2  Ohnmachtsanf&lte. 

551)  A.  Gooper,  der  das  Aneurysma  für  ein  sogenanntes  »wahres* 
hielt,  widerrieth  die  Operation,  Key  und  B.  Gooper,  weil  sie  es  für  ein 
Anettr3*sma  der  Anonyma  ansahen;  für  die  Operation  sprachen  Wakley  und 
\Vardrop. 

552)  Pat.  befand  sich  im  Mftrz  1830  noch  wohl.  1828,  den  19.  April, 
war  kaum  noch  eine  Spur  des  Aneurysma  zu  sehen;  das  Athmen  und  Schlin- 
gen unbehindert,  das  Herz  pulsirte  nicht  mehr  arythmiscb. 

*)  Folgende  8  Kftlle  sind  unter  den  600  statistisch  Tcrwertheten  nicht 
mit  eingerechnet:  156a.  b.  c  Nussbaum;  169a.  Spence;  439a.b.  Mus- 
sey;  582a.  b.  Nnssbaum;  99a.  Stanley  ist  nur  bei  den  Hemiplegieen 
▼erwandt  worden. 


OhD 
Erfol 
I 
j'Gen« 

SUDg 

Gen€ 
snng 

I  t3 
Wd 


Gern 

sung 

(t   i 

Moo 


Steh 


Zar  Ligatar  der  Arteria  Carotis  comronnis. 


387 


Besonderes  bei  der  Ligatar  und  im  Verlaufe. 


Todesursache  nnd  Sectioo. 


Nach  d.  Ligat.  der  Sobclav.  wtfrde  sogleich  d.  Carot 

unterbanden,  ohne  Erfolg  auf  d.  Tumor;  in  4  Std. 

Uebelkeit,    Abds.   Pols  in  Artt.  temporal,   u.   fac. 

23.  Puls  in  Art.  brach.    25.  Puls  in  Art  rad.    26. 

Pat.  wohler,  d.  Tumor  wird  kleiner.  30.  Dec.  Wunde 

geheilt,  Pat.  wohl,  keine  CirculationsstOrnng,  Tumor 

r- r&ndert;  deutliche  Pulsat.  nur  am  bterno-Glavi* 

cular-Gelenke. 
Beide  Operationen    wegen   der  ausgebildeten  Venen 

blutig,  aeigten  geringe  Reaction  im  Verlaufe;  das 

Aneur.  wuchs  weiter,  und  führte  zum  Tode.  i 

Auffallende  Erleichterung  ist  d,  Folge;  Umfang   u.  1 

Pulsation   d.   Geschwulst  wird  schwächer;  Wunde  | 

heilt  { 

Schon  nach  der  ersten  Woche,  Minderung  d.  Athem- 

noth ,  Verminderung  d.  Umfanges  u.  d.  Pulsat.  im 

Tumor.  ; 

In  der  ersten  Woche  keine  Verftndemng,  in  d.  dritten  Aneur.  Anon.,    xnm  Arcus  sich 

Kopfschmen,  Sopor,  Tod.  hin   erstreckend,  mit  Gerinnseln 

erfüllt;  partielle  Erweichung  in 
>  einer  Hemisphäre. 
T.  hielt  es  ftkr  ein  Aneur.  Carot;  Pat  genas;  aberjDas  Aneur.  Aortae  war  mit  al- 

nach  5  Mon.  plötzlicher  Tod.  i  ten  Fibrinmassen  erfüllt 


ender     Casnistik. 

553)  Seit  Anfang  des  Jahres  1327  datirtPat  seine  Rnrzathmigkeit  und 
Spannang  fiber  der  Brost;  als  den  10.  M&rz  bei  einem  Hustenanfalle  sich 
eine  wallnnssgrosse,  pulsirende  Geschwulst  am  Halse  zeigte,  wurde  die  Re- 
spiration normal.    Die  seit  dem  3.  April  gebrauchte  Valsalva'sche  Me- 
thode half  bis  zum  Hai,  dann  schnelles  Wacbsthum  bis  zum  1.  Juli»  Still- 
stand bis  zum  20.,  neue,  schnelle,  mit  yielen  Beschwerden  verbundene  Zu- 
nahme des  Tumors.  —  29.  Pnisation  ist  im  Tumor;  Abds.  alle  Erscheinun- 
gen  gebessert     3  Wochen   nach  der  Verstopfung  der  rechten  Armarterie 
hatte    sich   der  Kreislauf  im  Arme  ausgebildet,  und  er  zeigte  im  October 
wieder  das   normale  Volumen;  seit  15.  Aug.  nimmt  das  Klopfen  im  Sacke 
ab.  —  Erichsen  bemerkt  hierzu  (Bd.  2.   S.  213)  dass  im  nächsten  Jahre 
(8.  Aug.  1830}  Vereiterung  des  Sackes  eingetreten,    —    Norris,  dass  am 
16.  Mai  1831  jede  Spur  des  Aneurysma  geschwunden,  —  und  Grisp  CS.220) 
dass  Pat  nach  9  Jahren  noch  wohl  sei. 

55i)  Am  10.  ist  die  Pnisation  geringer,  und  den  12.  erloschen,  am  14. 
ist  der  Tumor  nur  halb  so  gross.  Am  28.  treten  neue  Vergrösserung 
der  Geschwulst  nnd  Schlingbeschwerden   auf;  aus  dem  am  29.  eröffneten 

2* 


888  Dr.  G.  Pils, 

Tamor  entleert  sich  stinkende,  chocoladefarbene  FlOssigkeit.  30,>  Aus  der 
erweiterten  Oeffnang  wird  noch  mehr  umgewandeltes  Blut  entfernt;  jetzt  er- 
folgt dauernde  Besserung;  der  Tumor  ist  ganz  yerscbwunden. 

657)  Fat,  sonst  gesund,  bemerkte  vor  6  Monaten  fiber  dem  r.  Schlflssel- 
beine  eine  schmerzlose,  nicht  pulsirende  Schwellung,  die  in  8  Tagen  schwand; 
seit  4  Wochen  zeigt  sich  ein  neuer  Tiimor  am  Brustbeine,  der  Athembe- 
sch werde  verarsachte,  aber  keine  deutlichen  Pulsationen  erkennen  Hess« 
A.  Cooper  hielt  dies  gleichfalls  für  ein  Aneur.  Anonym.  26.  ist  die  Pal- 
sation schwächer,  27  Kopfschmerzen;  den  27.  Nov.  ist  der  Tumor  doppelt 
so  gross.  Mit  der  Ligatur  der  Art.  subclav.,  ausserhalb  der  Mm.  scaleni,  fiel 
der  Tumor  zusammen,  hörten  die  Druckerscheinungen  auf  die  Luftröhre  auf. 
4.  Puls  besteht  im  verkleinerten  Tumor.  Am  7.  Tage  plötzlich  Delirium, 
Wachsthum  des  Aneurysma,  Herz  und  1.  Carotis  pulsiren  heftig  (Venaesect). 
Abds.  8  Uhr  ist  Pat  erst  wieder  ruhig;  die  Ligatur  löste  sich  den  25.  Dec. 
Den  5.  Febr.  geht  Fat.  aus  dem  Spitale,  hat  am  15.  eine  stilibare  Blutung. 
16.  Tod  unter  Blutung. 

565)  Im  Auszuge  gebe  ich  diese,  wie  es  scheint,  ganz  unbekannt  ge- 
bliebene Krankengeschichte.  Fat  bemerkt  seit  April  eine  sich  langsam  ver- 
grÖBsernde,  klopfende  Geschwulst  in  der  r.  Supraclaviculargegend;  spSter 
erfolgten  stechende  Schmerzen  in  der  r.  Kopfseite,  besonders  im  Verlaufe 
der  Artt.  occipit  und  temporal.,  neben  Schwindel,  Hustenreiz  und  Abmage- 
rung des  n  Armes.  Die  r.  Carotis  pulsirte  stark,  die  r.  Art  brachial,  seh  wi- 
cher, als  die  linke;  da  die  Compression  der  Carotis  alle  Erscheinungen  ver- 
schwinden Iftsst,  so  wird  zur  Ligatur  derselben  geschritten;  sogleich  ver« 
mehrter  Kopfschmerz,  dann  Schmerz  im  Tumor;  gegen  Mittag  Ciogenom- 
menheit  des  Kopfes,  Schwindel,  mit  massiger  Temperaturerhöhung  desselben; 
der  verkleinerte  Tumor  pulsirt  schwächer,  starke  Herzpalpitationen ,  r.  Art 
radial,  voller  (Venaesect).  29.  vermehrte  Kopferscheinungen  (Venaesect), 
dann  Alles  gut  bis  7.  Oct.,  es  erfolgt  Frösteln,  Pleuritis,  a.  Nov.  Beim 
Husten  tritt  eine  Blutung  auf.  4.  Der  wieder  stärker  gewordene  Tumor 
wächst.  5.  Neue  Blutung  beim  Husten.  Die  früher  circumscripte  Geschwulst 
ist  jetzt  diffus,  schmerzhaft,  pulsirt  theilweise  auch  an  der  L  Halsseite.  Puls 
108.  Muthlosigkeit  11.  Blutungen.  Im  Tumor  ist  an  einer  Stelle  Luft; 
reissende  Schmerlen  im  geschwächten  r.  Arme.  12.  Bewusstsein  stets  an- 
getrfibt  geblieben.  Sect:  Der  Tumor  nach  dem  Tode  zusammengesunken; 
Eiter  reicht  von  der  Ligaturstelle  bis  zur  Clavicula,  die,  wie  die  erste  Rippe, 
etwas  absorbirt  ist  Am  Herzen  ist  der  L  Ventrikel  hypertrophisch,  die 
Klappen  normal;  die  Aorta  ist  bis  zur  Thoracica  dilatirt  und  atheromatös; 
die  Aorta  asceud.  zeigt  fiber  der  Semilunarklappe  ein  taubeneigrosses  Aneu- 
rysma, eine  zweite,  kleine  Erweiterung  findet  sich  am  Bogen;  der  Trunc 
anon.  entspringt  normal,  ist  jedoch  um  seine  Langsame  gewunden,  und,  der 


Zar  Ligatur  der  Arteria  Carotis  commnnis.  3gg 

Bifareation  zu,  erweitert;  das  Aneurysma,  4  Zoll  lang  und  3^  Zoll  breit, 
gehört  nnr  der  Carotis  an,  hat  sich  aber  Aber  die  Art  snbclay.  weggelegt; 
es  zeigt  2  Oeffoangen,  dnrch  welche  die  Sonde  in  einen  mit  festem  Coaga- 
lum  ansgefQllten  Sack  gelangt;  die  Lnogenspitze  ist  mit  dem  Aneurysma  ver* 
lOthet;  seitlich  fiffnet  sich  dasselbe  zur  Trachea  hin.  Nach  Eröffnang 
erkennt  man,  dass  das  Aneurysma  aus  zweien  besteht,  yon  denen  das  klei- 
nere der  Ligaturstelle  nahe,  das  grössere  der  Theilungsstelle  zn  liegt;  beide 
sind  durch  einen  3  Linien  dicken,  organisirten  Thrombus  getrennt;  der  In- 
halt des  unteren  Sackes  ist  Blut,  dieser  mfindet  aus  in  den  Trnncus  anon., 
in  die  Subclav.  und  r.  Pleura;  der  obere  enthält  Eiter;  tou  seinen  1  Oeff- 
nungen  gehen  2  in  das  umliegende  Bindegewebe,  die  dritte  geht  zur  Trachea, 
und  die  vierte  nach  Aussen  an  die  Ligaturstelle.  —  Dieses  Präparat  befin- 
det sich  in  der  Bemer  Sammlung. 

674)  Pat  yerliess  nach  der  ersten  Unterblndung,  mit  Verweigerung  der 
zweiten,  das  Spital;  Excesse;  neues  Wachsthum;  da  die  Circulation  in  der 
Carotis  sich  yollständig  hergestellt  hat,  so  wird  die  Snbclay.  unterbunden; 
19.  Dyspnoe.  20.  Husten.  21.  Pulsationen  schwächer.  23.  Erbrechen 
2.  Nov.,  vielleicht  nach  einer  Erkältung  (?),  Frost,  Erbrechen,  Stickanfälle. 
Yergrfisserang  des  Aneurysma^;  3  Tage  vor  dem  Tode  war  Puls  in  der  Art 
radial  zu  ffihlen. 

575}  Das  untere ,  kleinere,  mit  Coagulis  fast  gef&Ute  Aneurysma  zeigte 
in  seiner  Mitte  noch  einen  offenen  Gang. 

578)  Bei  Magenta  erhielt  Pat.,  nach  Sturz  mit  dem  Pferde,  2  Bajonett- 
stiche unter  die  r.  Clavicuia;  beide  Wunden  vernarbten.  20.  Aug.  erkannte 
man  eine  pulsirende  Geschwulst  in  der  Regio  supra-clavicul.,  die  sich  schnell 
vergrösserte.  Sect:  Das  Aneurysma  war  fast  gänzlich  eingesunken;  durch 
die  klaffende  Operationswunde  gelangt  man  zu  weichen,  nicht  entfernbaren 
Gerinnseln;  die  r.  Lunge  ist  luftleer,  gegen  die  Wirbelsäule  gepresst;  der 
vordere  Thoraxraum,  von  einer  dicken  Pseudomembran  ausgekleidet,  zeigte 
metamorphosirte  Blutgerinnsel;  vom  vorderen  Mediast  ans  reicht  ein  mit 
Jauche  erfQllter  Sack  zur  Operationswunde;  die  Luftröhre,  die  grossen  Hals- 
gefässe  sind  von  Jauche  umspQlt,  ebenso  der  r.  Bronchus,  der  hintere  Mit- 
telfellraum ist  mit  Exsudat  erfQUt  —  Das  Herz  ist  klein,  die  1  Ctm.  weit 
getrennte  Carotis  ist  am  peripherischen  Ende  gut  obliterirt,  am  centralen 
Ende  mit  einem  kleinen,  weichen,  leicht  ablösbaren  Thrombus  geschlossen, 
ebenso  verhält  sich  die  Art  subclav.,  deren  abgehende  Zweige  alle  durch- 
gängig sind;  das  Aneur.  der  Art.  subclav.  hängt  mit  der  Vena  subclav.  und 
dem  Plex.  brachial,  zusammen,  sein  Inhalt  hat  nur  im  Centmm  noch  weiche, 
rothe  Blutgerinnungen. 

579)  Da  sich  nicht  mit  Sicherheit  feststellen  Hess,  wie  weit  sich  auf  die 
grossen  Geftasstämme  das,  angeblich  nach  heftiger  Bewegung,  1862  entstan- 


390  ^r*  G-  Pilz» 

däne  Anearysma  en^recken  wOrde,  bo  sollte,  je  nach  dem  Befände,  die  Caro- 
tis, oder  Subclam,  oder  beide  ligirt  werden.  Als  sich  neben  der  £r weiterang 
der  AnoDjma  anch  die  Snbdav.  dilaürt  zeigte,  wnrde  yon  der  Ligatar  dieses 
Gefftsses  abgestanden,  nnd  nnr  die  Carotis  i  Zoll  Tom  Ursprange  nnterbunden. 
582)  Holt  nnd  Fergnsson  hielten  den  Tumor  fflr  eine  geflssreiche 
Geschwulst;  Lane  und  Erichsen  versprachen  sich  nicht  viel  von  der  Ope- 
ration. —  Sp&terer  Bericht  fehlt  mir. 


Ausser  diesen  mebr  oder  weniger  detaillirten  Beobachtangen 
findet  sich  noch  eine  Reihe  von  Fällen  an  verschiedenen  Orten 
citirt,  deren  Quellen  vielleicht  späteren  Arbeitern  zugänglich  sind^ 
und  die  ich  deshalb  hier  aufführe. 

Warner  und  Else  nach  Wood  in  AyerilTs  Chirurgie.    1825. 

Taillefer  sn  Honfleur  machte  die  Ligatur  der  Carotis  (Bullet  de  1» 
soci^t^  royale  de  Paris.   1837—38    Vol.  2.  pag.  60). 

Holland  citirt  eine  Ligatur  der  Carotis  nach  Wardrop  (Dublin  quart 
Journ.  1852.  VoL  13.  pag.  94.  aas  dem  Repet  der  gesammt  deutsch.  Med. 
n.  Chir.  von  Neumeister,  1830.  S.  119.  -r  Dort  wenigstens  fand  ich  die 
Angabe  nicht  bestätigt). 

£richsen  soll  (nach  Lancet  1864.  VoL  1.  Jan.  23.)  die  Ligatur  bei- 
der Carotiden  gemacht  haben;  keine  weitere  Erwähnung  dieses  Falles  habe 
ich  finden  können,  auch  nicht  in  setner  Chirurgie. 

Nach  Neufyille  wurde  in  Paris  die  Carotis  auf  beiden  Seiten,  wegen 
starker  Nachblutung,  in  einem  Falle  unterbunden,  in  welchem  die  Muskel- 
schichten  des  Nackens  nnd  Hinterhauptes  verletzt  waren,  ohne  dem  tOdtli- 
chen  Ausgange  Torzubengen  (Beck,  Deber  die  Anwend.  der  Ligat.  an  einer 
der  Wunde  entfernten  Stelle.  S.  79). 

Demme  sen.  machte  die  Unterbindung  der  Carot.  comm.  und  ext.  zu- 
sammen 2  Mal;  von  den  Operirten  starb  eine  Person  (Schweiz.' Zeitschrift. 
Bd.  1.   S.  76). 

Flaubert  unterband  mit  Erfolg  die  linke  Carotis  wegen  erneuten 
Wachsthums  eines  schon  zweimal  operirten  Tumors  am  Kopfe  (Arch.  g^nör. 
2.  S^.  12.   p.  843  —  eingehe  Notiz  — ). 

Nach  Mc  Clellan  machte  Macgill  diese  Operation  mehrfach  (New 
York  Journ.  1852.  March.  p.  228). 

Michon  soll  wegen  Blutung  (Nach  Idzikowsky,  Lanzette  franc. 
Vol.  12.  p.  475  —  dort  nicht  zu  finden  — )  die  Ligatur  der  Carotis  mit  Er- 
folg gemacht  haben. 

Garrey  (Larrey?)  unterband  die  Halsschlagader  mit  Erfolg,  wegen  Blu- 
tung (Idz.  No.  199.  Transact.  m^d.  1833.  p.  360  —  dort  nicht  angegeben  — ). 


Zar  Lfgatvr  der  Arteria  Carotis  commiinis.  891 

Hall  machte  die  Ligatar  wegen  erectilem  Tamor  mit  gutem  Ausgänge. 
(B  o  r  n  B  y  Sarg.  Anat  p.  486.  (Idz.)  —  ist  in  der  alten  Ausgabe  nicbt  aufgefQhrt). 

LonrenQo  ligirte  wegen  filutong  diese  Arterie  (Joum.  hebdom.  Yol.  8- 
p.  456.   Berard's  Dict  en  trente  yoinmes.  p.  422). 

Lebrun  unternahm  die  Operation  wegen  eines  Aneurysmas  der  Carotis. 
(Gaz.  m^d.  1860.  p.  455  —  blosse  Notie  — ). 

Jon  ebenso,  nach  Lisfranc  (Thise.   p.  180). 

Larrey  citirt  einen  g«ficklichen  Ausgang  dieser  Operation,  die  wegen 
Blutang  gemacht  war  (Clin.  chir.  Vol.  2.  p.  129). 

Hierher  sind  auch  die  f&r  eine  Statistik  nicht  yerwendbaren  FftUe  Nnss- 
banm's,  156a.  b.  c,  und  582a.  b.  zn  x&hlea. 

Mott  machte  3  Mal  die  Unterbindung  beider  Garotiden,  davon  2  Mal 
bei  Kindern  bis  zu  einem  Jahre,  glQcklich  (Schmidt,  Jahrbb.  Bd.  98.  S.  76.) 

Girand  soll,  nach  Gross,  die  Carotis  und  Vena  jug.  int,  nach  Schnss- 
yerletznng  unterbunden  haben ;  Ober  den  Ausgang  ist  nichts  bekannt.  (Americ 
Jonrn.  Apr.  1867.  p.  325.)  Dagegen  berichtet  Americ.  Jonrn.  Vol.  11.  nur, 
dass  Giraud  angiebt,  ein  firanz5sischer  Chirurg  habe  lu  Toulouse  diese 
Operation  gemaehi;  am  6.  Tage  seien  Erscheinungen  aufgetreten.  Ausgang 
unbekannt. 

.Titozzi  soll  eine  linksseitige  Ligatur  Terrichtet  haben.    (AnnaL  med.* 
chir.  compil.  p.  cur.  de  T.  Metex a.  1846.  Kot.) 

Nach  LOcke's  brieflicher  Mittheilung  an  Prof.  Gnrlt  will: 

Demme  sen.  wegen  Variz.  aneur.  die  Carotis  mit  Erfolg  nnterbnnden 
haben,  und  es  soll  von 

Knapp  (Heidelberg)  eine  Ligatur  mit  tOdtüehem  Ausgange  gemacht 
worden  sein. 

Handyside  musste,  wegen  heftiger  Blutung  nach  Eztraction  eines 
Zahnes,  die  Carotis  durch  die  Ligatur  schlieesen;  der  Ausgang  war  glttck- 
lich  (Spence,  Briefl.  Mittheilung  an  Prof.  Gnrlt).. 

Ferner  wurde  die  Ligatur  ausgeftthrt  von: 

Blakmann,  bei  einer  bösartigen  Nenbildnng  (West  L&ne.  -* 
Schmidt,  Jahrbb.   1858.   Bd.  99.  S.  888). 

Parker,  wegen  Carcinom  des  Antr.  Highm.  (Schmidt,  Jahrbb.  1867. 
Bd.  98.  S.  77). 

Choppin,  nach  Schusswunde  (New  Orleans  Med.  News.  —  Sohmidt', 
Jahrbb.    1859.    Bibliogr.). 

Pauli  machte  1  Mal  die  Ligatur  (Schmidt,  Jahrbb.  1867.  Hft.  6.), 
wegen  Blutung  pun  einer  Stichwunde. 

Im  Feldzuge  des  Jahres  1866  wurde  im  Uzareth  au  Görlitz  noch  S 
Mal  (daTOn  1  Mal  mit  Ausgang  in  Genesung,  1  Mal  in  Tod),  nnd  zu  Schweid- 
nitz  1  Mal  durch  Dr.  Scholz  die  Carotia  comm.  unterbunden.     Mehrfach 


392  Dr.  C.  Pilz,  t 

wurde  diese  Operation  yon  Geh.-Rath  Middeldorpf,  und  wegen  Hc  don- 
lonrenx  1  Mal  noch  yon  ▼.  Patruban  aasgeffibrt;  nach  Zimmermann 
soll  Girocet  diese  Unterbindung  unternommen  haben. 


Zu  eliminiren  sind  aus  der  Statistik  Idzikowsky's,  neben  Ehr- 
mann*6  Berichtigung,  die  FftUe  Ton  Regnoli  nnd  Keate,  welche  keine 
Ligatur  anlegten,  ebenso  Härders  (citirt).  Dieser  sagt  in  seinem  Ap- 
piarium,  pag.  324.  obs.  86.:  Bei  einem  30 jährigen  Manne  mit  Aneurysma 
der  1.  Halsschlagader  wurden,  unter  Gompression  des  centralen  Endes  der 
Carotis,  aus  gemachter  Incision  die  Blutgerinnsel  entfernt,  dabei  erfolgte 
eine  durch  Adstringentien  und  Tamponnade  nicht  mehr  zu  stillende  Blutung ; 
als  man  nun  zur  Unterbindung  des  blutenden  Gefftsses  selbst  schritt,  war 
Pat  schon  verschieden.  Nach  Beck  yersuchte  auch  Bau  den  s  der  star- 
ken Blutung  aus  verletzter  Carotis  durch  die  Ligatur  Einhalt  zu  thun,  aber 
schon  während  der  Operation  starb  Patient.  DerHosack  nnd  Wright  zu- 
geschriebene Fall  ist  der  von  Post,  der  Scarpa  vindicirte  von  Molina* 
und  der  unter  Granville  besonders  aufgeführte  durch  Pattison  operirt. 
Von  Pelle  tan  wurde  nicht  die  Carot  comm.,  sondern  die  Carot.  ext.  an- 
terbunden.  Der  nach  Ehr  mann  yon  Chejne  operirte  ist  der  schon  nnter 
Syme  aufgeführte  Patient,  und  die  angebliche  Ligatur  der  Halsschlagader, 
welche  Knth  gemacht  haben  soll,  ist  eine  von  JCeith  ausgeführte  Ligatur 
der  Carotis  ext  (Journ.  of  med.  sc.  1851.  YoL  12.  p.  435). 

Die  von  Szymanowski  referirte  Ligatur  Güntner'sist  aus  Versehen 
einmal  als  eine  beiderseitig  von  ihm  selbst  verrichtete  Operation  angeführt 
worden,  dasselbe  Loos  hat  Langenbeck's  Fall  No.  23.  in  mehreren  engli- 
schen Journalen  erlitten,  woran  Norrie'  Angabe  wohl  die  Schuld  trSgt- 
Die  Bemerkung  v.  Walther's  (Gräfe  u.  Walther  Journ.  Bd.  5.  S.  241.), 
dass  er  zu  Frankfurt  einen  jungen  Mann  gesehen,  dem  wegen  sehr  yerbrei- 
'  teter  Teleangiectasie  yor  2  Jahren  die  linke  Carotis  unterbunden  worden, 
dessen  Leiden  aber  wieder  langsam  sich  zur  früheren  Hdhe  gesteigert  habe, 
so  dass  man  vielleicht  die  Ligatur  auf  der  anderen  Seite  noch  in  Anwendung 
ziehen  müsse,  hat  ihm  nicht  nur  die  Zuerkennung  der  ersten  Operation, 
sondern  sogar,  wie  es  mir  scheint,  den  Ruf,  beide  Carotiden  unterbunden 
zu  haben,  eingetragen.  Schliesslich  sei  noch  bemerkt,  dass  die  Namensver- 
änderung  yon  Kühl  in  Hohl  aus  dem  Lancet  1846.  Vol.  1.  p.  134.  in 
mehrere  französische  Journale  übergegangen  ist. 


W&hrend  die  Unterbindung  der  grossen  Schlagadern  der  Ex- 
tremitäten in  den  letzten  Decennien  durch  eine  weniger  eingrei- 
f  ende,  und  zugleich  ziemlich  sichere  Methode,  die  der  Compres- 
Bion,  und  inebesondere  der  Digitalcompression,  in  yielen  F&Uen 


Zur  Ligatur  der  Arteria  Carotis  ccynmunis.  393 

mit  Erfolg  ersetzt  worden  ist,  bleibt  doch  die  Anwendung  der 
letzteren  gerade  für  die  HalBscblagader  nur  in  sehr  engen  Gren- 
zen möglich,  und  es  verlangt  diese  Arterie  deshalb  oft  gebieterisch 
die  Ligatur.  Wenn  jedoch  schon  bei  den  Schlagadern  der  Extre- 
mitäten die  Ligatur  derselben  nicht  immer  ohne  Gefahr  für  die 
Erhaltung  des  Gliedes,  ja  selbst  des  Lebens  verläuft,  so  ist  dies 
in  weit  höherem  Hasse  der  Fall  fHx  die  in  Rede  stehende  Ope- 
ration, da  mit  Verschliessung  der  Halsschlagader  eine  grosse 
filutbahn  der  Ernährung  des  Gehirnes  entzogen,  und  dadurch  oft 
das  Leben,  oder  wenigstens  die  Gesundheit  vernichtet  wird.  Weil 
aber  vielfach  in  der  Anwendung  dieser  eingreifenden  Operation 
gefehlt  worden,  so  erscheint  es  nicht  fiberflfissig,  die  Erfolge  und 
Wirkungen  der  Ligatur  der  Arteria  Carotis  communis  durch  eine 
Statistik,  die  auf  möglichst  breiter  Basis  ruht,  in  das  volle  Licht 
gesetzt  zu  sehen. 

Obwohl  in  der  Literatur,  soweit  sie  mir  zn  Gebote  stand, 
676  sichere  Fälle  von  Unterbindung  der  Halsschlagader  verzeich- 
net sind,  so  konnte  ich  doch  nur  600  statistisch  verwerthbar  zn- 
sammenstellen.  Unter  diesen  600  Fällen  verliefen  319,  also 
53 (^)  ^  mit  Genesung;  259,  also  43(v)  %,  mit  Tod;  bei  22 
Fällen,  also  3(^)  's,  fehlt  jede  Angabe  aber  den  Ausgang.  Von 
dieser  Mortalit.'itsziffer  sind  jedoch  29  in  Abzug  zn  bringen,  bei 
welchen  entweder  die  Art.  vertebr.  afficirt  war,  oder  die  Patien- 
ten an  anderen,  mit  der  Ligatur  in  keiner  Beziehung  stehenden 
Krankheit  starben.  Wegen  Affection  der  Art  vert.  fallen  aus :  No. 
68,112, 169,219a.,  243a«,  297,  304,  306;  wegen  Erschöpfung:  No. 
134,  168,  411,  494,  500,  —  328,  336,  364,  366,  374,  375,  388, 
401,  404,  407,  408,  434;  wegen  Lungenentzündung  444.  Bei 
dem  nach  Wardrop-Brasdor  operirten  Aneurysma  glaubte  ich 
eliminiren  zu  dürfen  No.  554,  556,  576,  580;  doch  kann  hier 
auch  eine  andere  Ansicht  geltend  gemccht  werden.  Nach  Aus- 
schluss dieser  Fälle  stellt  sich  dieHortalitätszahl  auf  38(1^)%,  welche 
Ziffer  jedoch  bei  den  verschiedenen  Indicationen,  derentwegen  die 
Operation  ansgefQhrt  worden,  eine  verschiedene  ist.  In  den  nun 
folgenden  Zusammenstellungen  sind  alle  nicht  Gestorbenen,  sei  es, 


394 


Dr.  C.  Pilz, 


dass  sie  mit  oder  ohne  Erfolg  operirt 
gegenübergestellt.  Demnach  war  der 
schiedenen  Ursachen  unternommenen 


wurden,  als  Genesene  jenen 
Ausgang  nach  den  aus  ver- 
Operationen : 


CO    iH   CO   oo 

o 

•s 

Sb   •     •     • 

a 


^    I     i     I 

O 


§$ 

f 


^  ö«  P«    .  A 

-2"  .#f  ^  **        !t 

eo  ^^         ^^ 


P    P    s    S     . 

.2.2.2.5    t 

s  8  g  a 

?■  ■  • 


9 

a 


Stsgs    :: 

a 
p 

•    •     •     •     I  • 

s 


3  *   '   '   • 


a 


g 


O 

'S 

ta 


CO 

a 

O  n 

^  o 

§  '^ 

a  d 

•2  a 


^ 


!:§ 


a  S  .9  2 
&§  g  «^ 
o  >.  2  fr  p 


I 


I 


04 


S 


8^ 


I 


iS 


3   'S 


i 

a 

•i 

d 

d 

o 


> 

1 

CO    f    OÄ    0       1 

00 

9 

si 

SSS«  1 

OD 

s 

'S 

p 

1     1     t     1     1 

1 

> 

s 

1 

SS5S« 

■^ 

0> 

Ä 

s 

sggs« 

r- 

s 

p 

d 

0 

a 
^    •    1     1     1 

• 

1 

'S 

>- 

55^8« 

3 

s 

M 

o 
^    •     1     •     1 

1 

s 

0 

s 

"g     1      •      •      1 

p 

1 

^4 

lO 

p 

§  I 

Ig 
II 


M 

P  03 

.SS«" 


g  8 

9   S 


S    0 


S   3 


ii 

o    S 

g  £ 


8 


^     .  p 


2  &  a  '3   2 

o  .ä   02    s!   ^^ 

O  M    0>     O« 

H  H  ;z«  O 


CD 

§ 


9   « 
I  1 


Zar  Ligator  der  Arteria  Garotis  comm^oiB.  395 

Im  Lancet,  1844.  Oct  Vol  2.  p.  39  beisst  es  von  Inman^ 
dass  bei  der  Unterbindung  der  Art.  Carot.  comm.  nach  Bunter 
unter  40  Personen  11  starben,  also  21(h)  Hj  ^äbrend  Lisfranc 
in  seinem  Precis  de  M6d.  op6rat.  Vol.  3.  p.  126  angiebt,  dass 
gewöhnlich  von  2  Operirten  einer  sterbe. 

Dass  die  Mortalit&tszahl  bei  den  nach  B ras dor- Wardrop 
Operirten  —  hier  wurde  noch  8  Mal  die  Art.  snbclav.,  darunter 
5  Mal  simultan  mit  der  Carotis  ligirt  —  und  den  wegen  Blu- 
tung Operirten  am  grössten,  dagegen  bei  den  unter  der  Rubrik 
Nervenkrankheit  aufgeführten  am  geringsten  ist,  darf  wohl  Nie- 
mand Wunder  nehmen.  Da  jedoch  bei  den  „Blutungen^  die 
Veranlassungen  derselben  und  die  dadurch  mitbedingte  Aussicht 
auf  einen  glücklichen  Ausgang  sehr  verschieden  waren ,  so  will 
ich  ebenfalls  eine  Zusammenstellung  derselben  geben.  Die  we- 
gen Blutung  ausgeführten  Operationen  hatten  folgendes  Resultat: 

1)  Bei  Schasswauden unter  41  Fällen  genasen  19,  starben  20. 

(2  ermangeln  d.  Angabe  d.  Ausganges.) 

2)  Bei  durch  Kriegswaffen  Verletzten  unter  46      •  -        12,       -        34. 

3)  -    Hieb-»  Stoss- und  Stichwunden     -      21      -  -  8,-13. 
4;    -    Schnittwunden -      26      -            -         12,      -        11. 

(darunter  7  Selbstmörder.) 

5j    -    Nachblutungen -      26      -  -        10,       -        15. 

(1  ohne  Angabe  d.  Ausganges.) 

6)  -    Blutung  aus  Tumoren     ...-17-  -  5,       -        11. 

(1  ohne  Angabe  d.  Ausganges). 

7)  -    Blutungen  durch  Anfttzung      -      17      -  •  6,       -        11. 

(1  ohne  Angabe  d.  Ausganges.) 

8)  -    Spontanen  Blutungen   ....    -       4      -  -  2,  .2* 

9)  -    Verletzungen    ohne   Angabe 

der  Ursachen -      33      -  -        18,       -        13. 

(2  Falle  ohne  Angabe  d.  Ansg.) 

Es  beträgt  in  Procenten  die  Mortalit&tsziffer  (in  runden  Zahlen) : 
bei  1)  49  3S,  2)  74  5g ,  3)  62  % ,  4)  44  5i ,  5)  58'% ,  6)  und  7) 
65  %,  8)  60  5^,  9)  39  %.  Yerhältnissmissig  günstig  verliefen 
hiernach  die  Blutungen  nach  Scbussverletzungen ;  doch  wohl  nur 
scheinbar,  denn  die  unter  2)  aufgeführten  F&lle  durften  grOssten- 


396  !>'  C.  Pilz, 

theils  hierher  noch  za  rechnen  sein.   Bei  8)  ist  die  Zahl  zu  klein, 
um  Werth  zu  haben. 

Ohne  besonderes  Gewicht  darauf  zn  legen,  erw&hne  ich,  der 
Vollständigkeit  wegen,  dass,  was  das  Geschlecht  anlangt,  unter 
537  Personen,  bei  denen  dasselbe  angegeben  ist,  die  Ligatur  an 
403  Männern  und  134  Weibern  ausgeführt  worden  ist;  unter  erste- 
ren  finden  sich  202  Fälle  mit  Genesung,  190  mit  Tod,  11  ohne 
Angabe  des  Ausganges  notirt;  unter  letzteren  86  mit  Genesung, 
45  mit  Tod,  3  ohne  Angabe  des  Ausganges.  —  Was  die  einzel- 
nen Indicationen  betrifft,  so  vertheilen  sich  die  Zahlen  also: 


Mn.  mit  Genes. 

Todt. 

Unbk. 

Wb.  mit  Genes. 

Todt  Dnbk. 

Blutungen  ....  192    - 

80 

106 

6 

23    . 

9 

14      - 

Aneurysmen ...    58    - 

87 

20 

1 

23    - 

15 

8      - 

Tumoren 73    - 

45 

26 

2 

51    - 

36 

14       1 

Exstirpationen    .    35    • 

18 

16 

1 

20    - 

14 

4       2 

NerTenkraakheiten  20    - 

20 

— 

— 

6    - 

6 

—      — 

Operationen    nach 

Bra8d.-Wardr.  25    - 

5 

19 

1 

11    - 

6 

5     - 

Unter  451  Fällen,  in  denen  die  Seite  der  Operation  ange- 
geben ist,  findet  sich  die  Ligatur  194  Mal  linksseitig,  mit  Aus- 
gang in  Genesung  120  Mal,  in  Tod  70  Mal,  und  4  Mal  ohne 
dessen  Angabe  verrichtet;  rechtsseitig  257  Mal;' von  diesen  ge- 
nasen 143,  starben  108,  16  entbehren  der  Angabe  des  Resultates. 

Berücksichtigt  man  das  Alter  von  10  zu  10  Jahren,  so  er- 
hält man  folgende  üebersicht: 
Bis   zum    I.Jahre:    9  Genes.    2  Todte.    1  Mal  fehlt d.  Angabe  fiber d. Ausg. 


om    1.— 10.   - 

11      - 

4 

- 

1  do. 

do. 

do. 

-    11.-20.    - 

44      - 

17 

- 

3  do. 

do. 

do. 

-    21.-30.   - 

69      - 

38 

- 

— 

-    31.-40.   : 

45      - 

21 

- 

— 

-    41.-50.   r 

31      - 

30 

- 

3  do. 

do. 

do. 

-    51.-60.   - 

22      . 

22 

- 

1  do. 

do. 

do. 

-    61.-70.   - 

3      - 

20 

- 

1  do. 

do. 

do. 

-    71.-76.   . 

— 

2 

. 



Diese  vertheilen  sich  nach  den  angenommenen  Indicationen: 


Zur  Ligstar  der  Arteria  Otrotis  commoDis. 


897 


BId- 
tnngen. 

Anenryü- 
men. 

Tumoren. 

Exatirpa- 
tionen. 

Nerren- 
krankbeit 

Operationen 
nach    Bras- 
dor-\?ardr. 

Jahre. 

i 

1 

l 

1 

1 

s 

1 

1 

B 

i 

s 

1    . 

1 

O 

•2 

C 

o 

^1= 

s 

i 

i 

1 

s 

bis  1 
1-10 
11-20 
21-30 
31-40 
41-60 
51-60 
61-70 
71-76 

8 

8 

24 

11 

7 

1 

1 

16 

11 

6 

5 

9 

2 

1 

5 

15 

16 

6 

6 

1 

1 
6 
8 
6 
6 
8 
1 

1 

9 
6 

18 

19 

10 

9 

6 

2 
2 
8 
9 
2 
8 
8 
2 

1 

1 
1 

1 

1 
7 
5 
2 
6 
6 
2 

2 

4 
8 
5 
8 
8 

1 
1 

1 

6 
8 
8 
8 
8 

— 

8 
8 
1 

1 

8 
2 

€ 
6 
4 

1 

— 

Deutlich  sieht  man  an  beiden  Reihen,  wie  die  grOsste 
Zahl  der  Genesungen  in  die  Blüthejahre  ?on  20 — 30 
fällt,  und  dann  langsam  sinkt;  am  deutlichsten  tritt  dies 
leicht  erklärlich  in  der  Rubrik  „Blutung^  hervor.  Ebenso  ge- 
langt man  beim  Blicke  auf  den  Abfall  der  Ligatur,  trotz  der  sehr 
grossen  Schwankungen,  zu  dem  Resultate,  dass  in  der  Hehrzahl 
der  Fälle  am  13.  und  14.  Tage  die  Lösung  erfolgte;  dreimal 
nur  trat  dabei  leichte  Blutung  auf.  Rechnet  man  die  Extreme, 
den  4.  und  96.  Tag,  ab,  so  sind  noch  210  Ligaturangaben  ver- 
zeichnet, die  sich  in  folgender  Weise  einreihen.  Es  erfolgte  der 
Abfall  der  Ligatur: 
3  Mal  den    7.  Tag.         12  Mal  den  17.  Tag.  8  Mal  den  27.  Tag^ 


4    - 

8. 

- 

18 

18. 

6 

- 

28.      - 

8    - 

9. 

- 

4 

19. 

2 

. 

29.      - 

7    - 

10. 

• 

7 

20. 

8 

- 

80.      . 

16    - 

11. 

- 

12 

21. 

2 

- 

81.      - 

11    . 

12. 

. 

10 

22. 

2 

- 

88.      . 

21    . 

18. 

- 

8 

23. 

8 

- 

84.      . 

19    - 

14. 

- 

8 

24. 

2 

- 

86.      - 

18    - 

16. 

- 

2 

25. 

1 

- 

86.      . 

12    - 

16. 

. 

6 

. 

26. 

1 

- 

89.      - 

898  Dt.  0.  Pili. 

1  Mal  den  48.  T^,  1  M&l  am  Ende  der  4.  Woche,  1  Mal  in  der  3.  Woche, 
und  3  Mal  am  Ende  der  2.  Woche. 

Vom  9.  bis  22.  Tage  ist  also  die  grosse  Breite, 
in  welcher  von  einem  grossen  Gefässe  die  LOsnng  der 
Ligatur  sn  erfolgen  pflegt;  gewöbnlicli  wird  ein  kürzerer 
Zeitraum  angegeben.  Selbstverständlich  sind  die  Fälle,  bei  denen, 
nach  Scarpa's  Vorgänge^  der  Schliessungsfaden  in  kurzer  Zeit 
entfernt  wird,  nicht  berflcksichtigt  Solche  erfahrungsgemässen 
Mittelzahlen  finden  natürlich  nicht  ihre  Stelle,  wenn  man,  etwa 
wie  Lauda  (254)*)  zwei  Ligaturen  anlegt,  von  denen  die  un- 
tere aus  einem  dreifachen  Faden  mittelmässig  (?)  fest,  die  obere 
sogar  aus  einem  fünffach  genommenen  Faden  fest  geschlossen 
wurde.  Darmsaiten  kamen  selten,  No.  235, 256, 425  und  568,  He- 
talldrähte  nie  zur  Verwendung.  In  9  Operationen  wurden  2  von 
einander  entfernte  Ligaturen  ohne  Durchschneidung  des  GefSss- 
rohres,  und  10  mit  Durchschneidung  desselben  gemacht.  Dieses 
früher  angewandte  Verfahren,  welches  durch  bessere  Throm- 
birung  eine  Nachblutung  verhindern  sollte,  wurde  nach  Hodg- 
Bon  (1.  c.  p.  220)  von  Aetius  (Serm.  4.  Tetr.  4.  Cap.  10) 
zuerst  angerathen.  In  der  Mehrzahl  der  Operationen  wurde,  nach 
A.  Cooper^s  Verfahren,  an  der  Kreuzungsstelle  des  M.  omohyoid. 
und  des  M.  stemocieid.,  sei  es  direct  über,  s^i  es  gerade  unter 
derselben,  die  Ligatur  angelegt;  davon  wurde  bei  8  Fällen  von 
Blutung  abgewichen,  bei  welchen  die  Ligatur  in  der  verlänger- 
ten Wunde  geschah,  in  9  Fällen,  in  welchen  man  Scarpa^s 
Methode^  in  No.  292,  wo  Syme  AntylTs  Methode  anwandte, 
und  in  4  Fällen,  in  denen  nach  Zang's  Vorschrift  die  Unter- 
bindung geschah.  Wie  R.  Davis  (No.  106.)  dazu  kommt,  diese 
Methode  als  eiiie  französische  zu  bezeichnen,  dafür  habet  ich  kei- 
nen Grund  auffinden  können;  denn  die  von  den.  Franzosen  ein- 
fach Södillot  zugeschriebene  Methode  war  von  Zang  in  seiner 
„ D3irstellung  blutiger,  heilkundiger  Operationen^  Bd.  1.  S.  180 
schon  1813  gegeben. 


*)  Im  Folgenden  werden  die  Fälle  nar  nach  ihren  Kümmern ,  nicht 
nach  ihren  Operateuren  citirt,  um  jeder  Verwechselang  yorsnbeagen. 


Zur  Ligatnr  der  Arteria  Carotis  commnnis.  $$<^ 

Dasfl  einige  Male  der  M  omohyoid.,  and  mehrfach  der  ioaere 
Bauch  des  M.  stemocleid.  durchschnitten  wurde,  verdient  nicht  be- 
sondere Berficksichtigung.  Oefter  kamen  Irrungen  in  der  Diagnose 
▼or;  so  wurde  die  Unterbindung,  wegen  Affection  der  Art.  ver- 
tebr.  11  Mal  gemacht,  nSmIich  bei  No.  35,  68,  112,  169,  219a, 
243a,  268,  297,  300,  804,  306;  wegen  fälschlicher  Annahme 
eines  Aneurysma  der  Art.  Carot  9  Mal,  in  No.  352,  355,  366, 
375,  434,  440,  442,  555,  686.  In  No.  250,  261,  274,  306  und 
350  hielt  man  das  Aneurysma  für  einen  Abscess,  wovon  an 
anderen  Geftssen  Ribes  (Gaz.  m6d.  1835.  No.  10  und  11)  10 
F&lle  anfAhrt.  Auch  bei  der  Unterbindung^  traten  Versehen  ein : 
Broea  fasste  anstatt  der  Art.  Carot.  int.  die  Art  Carot.  comm., 
und  Kühl  zugleich  mit  dieser  —  in  einem  Falle  von  hoher  Thei- 
lang  der  Anonyma  —  die  Art.  snbclav.  in  die  Schlinge. 

Im  Americ.  Joam.  1847.  p.  29.  findet  sich  ein  hierher  gehöriger  Fall 
aas  einem  New  Yorker  Hospital  referirt:  Aas  einer  Gescbwflrsstelle  in  der 
Mitte  des  Halses  erfolgte  eine  so  heftige  Blntang,  dass  man  sich  aar  Liga- 
tur der  Art  Carotis  eotsebloes;  durch  das  überall  anhaftende  Blut  war  die 
Erkennung  der  Theile  sehr  erschwert,  und  als  man  endlich  die  eröffnete 
Ge^ssi'taeide  zu  erkennen  glaobte,  legte  man  nm  die  vermeintliche  Arterie 
eine  Ligatur,  ohne  der  Blutung  Einhalt  zu  thun;  fQr  eine  Unterbindung  der 
Art.  sobclaT.,  aus  deren  Gefassbezirke  also  die  Blutung  stammen  musste, 
erschien  Pat.  schon  zu  schwach.  Die  Section  zeigte  die  Ligatur  um  einen 
auf  der  Oefftssscheide  liegenden  Fi brincy linder  geschlungen,  und  die  Blu* 
tuttg  der  Art  thyr.  inf.  entstammend« 

Der  K  vagns  v^urde  wahrscheinlich  nie  —  auch  nicht 
336  —  miteingebunden,  nur  in  Ko.  512  ein  Stück  aus  demselben 
excidirt,  dagegen  wurde  der  N.  sympath.  in  435  mitgefassl. 
Yen  besonderen  Vorkommnissen  ist  noch  zu  erwähnen,  dass  die 
Arterie  3  Mal  an  einer  tieferen  Stelle  von  Keuem,  1  Hai  sogar 
zum  3.  Haie  zu  unterbinden  war.  Ausser  ihr  wurden  mehrfach 
noch  andere  grosse  Gefasse,  tbeils  zugleich,  theils  vor  oder  nach  die« 
serOperation  ligirt:  1  Hai  die  Anonym ,  Subclav.  und  Vertebr.  (581), 
1  Hai  die  Anonym.  394  a,  9  Hai  die  Subclav. ,  darunter  6  Hai  zu- 
gleich mit  der  Carot.  (557,  560, 574;  und  556,  562,  563,  572,  578, 
582);  die  Carot.  ext  und  int.  1  Hai  (435);  die  Carot.  int  4  Hai 


400  Dr-  0  Pill, 

(75,  276,  278,  355);  die  Carot  ext.  6  Mal  fl^S,  250,  299,  318, 
432);  die  Art.  max.  int.  1  Mal  (118);  die  Art.  thyr.  sup.  2  Mal 
(13,  435);  die  Vena  jag.  comm.  1  Mal  (495);  die  Vena  jag.  int. 
10  Mal  (35,  48,  321,  458,  494,  499,  506,  512,  169a,  ond  bei 
144  wandständig).  Schliesslich  sei  noch  bemerkt,  dass  diese  Ligatar 
in  Amerika  186  Mai  gemacht  worden,  in  Alexandrien  1  Mal,  in  Ost- 
Indien  12  Mal ,  in  England  158  Mal,  in  Deutschland  95  Mal,  in 
Frankreich  77  Mal,  in  Rassland  22  Mal,  in  Italien  15  Mal,  in  Nor- 
wegen, Holland  und  Belgien,  in  der  Schweiz,  je  6  Mal,  in  Spanien 
2  Mal,  in  der  Türkei,  Ungarn  and  Dänemark  je  1  Mal. 

(Hierbei  rechoete  icb  %.  B.  die  in  Algier  gemachten  zn  Frankreich.) 
Wichtiger,  als  diese  allgemeinen  Angaben,  die  sich  leicht 
noch  vermehren  lassen,  erscheint  mir  die  Analyse  der  Erschei- 
nangen,  die  im  Gefolge  der  Ligatnr  aaftraten,  nach  Abschlass 
einer  grossen,  zam  Gehirn  fohrenden  Blatbahn.  Hierza  werde 
ich  zaerst  die  bekannt  gewordenen  Yersache  an  Thieren,  and  die 
bei  Menschen  gefundenen  Obliterationen  anführen,  denen  karz  die 
Erfahrangen  bei  Compression  der  Art.  Carot.  comm.  folgen  mögen. 

Die  Beobachtung  ÄTicenna's*),  dass  nach  Ligatur  dieser  Hal&ge- 
fisse  bei  Thieren  die  Motilität  and  Sensibiiit&t  erlischt,  wurde  Ton  Ste- 
phanus  und  Bagiiyi  best&tigt,  und  schon  Valverdus  macht  die  Auf- 
gabe, dass  man  nach  Verschluss  der  Carotiden  die  Besinnung  verliere,  and 
in  tiefen  Schlaf  verfalle.  Nach  Emettus  ergab  die  Cnterbindang  der  Art 
Carotis,  zugleich  mit  der  Vena  juguL,  bei  einem  Hunde  keine  Folgen,  bei 
9  anderen  trat  dagegen,  nach  vorausgegangenen  apoplectiformen  Erscheinun- 
gen, Goma  und  Tod  ein. 

Valsal  V  a  versuchte  die  beiderseitige  Ligatur  an  3  Hunden,  von  denen 
nur  einer  am  Leben  blieb.  Dionis  and  Lamur  sahen  keine  besonderen 
Erscheinungen  nach  Ligatnr  der  Garotis  eintreten,  ebensowenig  vanSwieten 
nach  beiderseitiger  Ligatnr.  Bichat  (Recherches  sur  la  vie  et  la  mort. 
p.  160)  ghiubt  sich  nach  seinen  Versuchen  zu  dem  Ausspruche  berech- 
tigt, dass  die  Obliteration  der  Carotiden  wenigstens  nicht  schnell  zum  Tode 
führe,  denn  nur  2  Hunde  starben  nach  6  Stunden,  und  Kellie  und  Spence's 
Versuche  sprechen  für  die  Unschädlichkeit  der  Ligatur  an  Thieren.  Miller 
fand,  auf  18  Versnobe  gestützt,  dass  die  Unterbindung  einer  Halsschlagader 
nur  vorübergehende  (8  Standen  anhaltende)  Schwftchnng  der  Motilität  and 


*)  In  diesen  Angaben  folge  ich  N.  Che vers,  soweit  mir  die  Originale  fehlen. 


Zur  Ligatur  der  Arteria  Carotis  commanis.  401 

SeosJbilitit  nach  sich  siehe.  Die  Yerschliessung  beider  Garotiden  bei  3 
Hunden  nnd  9  Kaninchen  ergab  nur  in  einem  Falle  gar  keine  Erscheiniui* 
gen,  in  8  Fällen  Tod,  in  den  anderen  schwere  Erscheinungen  mit  Ana- 
gang  in  Genesung.  Die  zahlreich  beobachteten  Symptome  sind :  Verändert« 
Lungen-  und  Herzaction,  Sinken  der  Temperatur,  Schwanken  des  Kopfes, 
Sinkenlassen  des  Kopfes  auf  eine  Seite,  Schlafsucht,  Schvrindel,  Verlust  des 
SehTermdgens,  Strabismus,  Convulsionen,  Trismus,  Tetanus,  Ghorea  (!).  .In 
2  Fällen  war  der  N.  vagus  mitnnterbunden.  Bei  einer  Ziege  trat,  wie  bei 
Kaninchen,  nach  4  Tagen  der  Tod  ein;  eine  Taube  zeigte  Schwäche  in  dei 
Haltung,  und  starb  unter  Convulsionen ,  nachdem  die  Temperatur  nn4 
Herzaction  bald  gesunken  war.  Ein  schlafendes  Murmelthier  erwachte  nichts 
die  Temperatur  stieg,  das  Thier  starb  am  3.  Tage,  ein  Pferd  aber  starb 
schon  nach  58  Minuten  unter  Convulsionen.  Ph,  y.  Walther  (Neue  Heil- 
art des  Kropfes.  Seite  62)  beobachtete  nach  Ligatur  einer  Carotis  bei  Hun- 
den gar  keine  Hifnerscheinungen.  Jobert  (de  Lamballe)  (Bullet  de 
TAcad.  de  Paris.  Vol.  6.  p.  63)  verrichtete  bei  Kaninchen  die  Ligatur  beider 
CarotideD,  ohne  Erscheinungeu  zu  sehen.  Die  8  Mal  gemachte,  doppelsei- 
tige Ligatur  an  Pferden  —  einmal  mit  Durchschneidung  des  N.  vagus,  ein- 
mal des  N.  recnrr.,  und  einmal  mit  Einbinden  des  14.  recurr.  —  ergab  bei 
letzteren  eine  Steigerung  der  sonst  schon  eingetretenen  Djspnoe,  immer 
Gonvulsionen  und  Tod  in  2—6  Stunden.  Die  Section  zeigte  Hyperämie  und 
Apoplexie  in  den  Lungen;  ebensowenig  überstanden  Maulesel  diesen  Ein- 
griff, sehr  gut  aber  Hunde  und  Hammel.  Ganz  anders  lauteten  frühere 
Beobachtungen  May  er*  s  (Disqnisit.  de  arter.  regenerat.),  der  immer  bei 
Hunden,  Kaninchen,  Ziegen,  Murmelthier,  Pferd  und  Taube,  nach  heftigen 
Erscheinungen  von  Seiten  des  Nervensystemes,  den  Tod  eintreten  sah.  Dasa 
jedoch  die  Ligatur  einer  oder  beider  Garotiden  nicht  diesen  grosses  Ein- 
fluss  übt,  ausser  bei  Pferden  und  Mauleseln,  darin  stimmen  A.  Gooper^ 
Porta,  Pommer,  Nemmert  und  Ebrmann  überein,  deren  zahlreiche 
Experimente,  obwohl  sie  mir  im  Originale  vorliegen,  ich  übergehe,  da  sie 
nichts  Neues  mehr  bieten.  Alessandri^s  Experimente  bestätigen  die  an 
Pferden  gemachte  Erfahrung,  erweitern  sie  aber  noch  dahin,  dass  bei  filat« 
entziehung  und  ausreichender  Zeit  für  die  Bildung  eines  Gollateralkreielati- 
fes,  ehe  die  andere  Carotis  unterbunden  würde,  das  Leben  trotz  der  grossen 
Störungen  erhalten  werden  könne.  Schon  A.  Gooper  hatte  den  Grund  des  . 
tiefen  Eingriffes  bei  den  Solidungula  richtig  darin  gefunden,  dass  die  Artt 
vertebr.,  verbal tnissmässig  sehr  klein,  nicht  im  Stande  sind,  in  ihrer  Bahn 
genügend  arterielles  Blut  dem  Gehirne  zuzuführen.  Bei  Hunden  zieht  der 
Eingriff  nicht  so  schwere  Folgen  nach  sieh,  dies  hat,  nach  Pa&vm,  mit 
Recht  seinen  Grund  in  einer  Querverbindung  beider  Arterienbah- 
nen in  der  Höhe  des  2.-3.  Halswirbels.    Dass  von  den  aufgeführten  Er- 

▼,  LaBg«iib«ek'0  ▲tcIüt  f.  dürnrgi«.  UL  26 


409  Dr.  CPUs, 

BCheinnngen  ein  grosser  Theil  auf  die  Art  der  Operation  zorficknibeiiebeii 
ist,  ist  sicher;  daher  stammen  die  Differenzen  der  verschiedenen  Operateure; 
besondei«  massgebend  erachte  ich  ffir  die  Entscheidung,  ob  die  folgende  Li* 
gatnr  allein  in  den  frOher  angegebenen  Erscheinungen  zn  erkennen  sind, 
oder  nicht,  die  zahlreichen  Experimente  des  in  der  Unterbindung  gefibten 
Porta  (Delle  alteraz.  path.  delle  arter.  etc.  1845),  der  in  weit  Aber  100 
Fftllen  die  relative  Unschädlichkeit  der  Ligatur  der  Carotis 
und  Carotiden  bezeugt 

Ausser  dieser  künstlich  herbeigefflhrten  Obliteration  der  Art. 
Carotis  finden  sich  in  der  Literatur  einige  F&Ile,  in  denen  eine, 
oder  sogar  beide  Halsschlagadern  Yerschlossen  waren.  Hall  er 
(Opusc.  pathoL  Observai  23.  p.  301.)  sah  schon  1749  an  der 
Leiche  einer  Frau  die  linke  Halsschlagader  verschlossen.  Bai  Hie 
(Transact.  of  a  Soc.  for  the  improv.  of  med.  knowl.  Vol.  1.  p.  119) 
fand  bei  einer  Person  an  der  rechten  Carotis  comm.  ein  mit  Coa- 
gulis  erfalltes  Aneurysma,  durch  welches  volle  ündurchgängigkeit 
geschaffen  war,  während  auf  der  linken  Seite  ein  gleichfalls  be- 
stehendes, mit  Coagttlis  erf&lltes  Aneurysma  die  Lichtung  des  Roh- 
res beeinträchtigte.  Eine  ähnliche  Beobachtung  machte  Cru- 
veilhier  (Gaz.  m6d.  1838.  p.  76.).  Petit  (Acad.  royale  des 
sc  de  Paris.  1765)  sah  bei  einer  Section  die  früher  aneurysma- 
tisch  gewesene,  linke  Carotis  obliterirt,  ohne  dass  in  den  letzten  7 
Jahren  irgend  eine  Gehirnerscheinung  aufgetreten  war.  A.  Coo- 
per  (Med.-Chir«  Transact.  YoL  1.  p.  12)  fand  durch  ein  Aneu- 
rysma der  Aorta  die  eine  Carotis  verschlossen,  ohne  dass  der 
Geist  der  Frau  gelitten  hatte.  Nach  Wardrop  (On  Aneurism 
and  its  eure.  p.  77)  beobachtete  Hakelcan  ein  Aneurysma 
der  Aorta,  das  die  rechte  Carotis  zum  Verschluss  gebracht  hatte 
Pilcher  (Lancet  1839.)  fand  die  linke  Carotis  durch  ein  Aneu- 
rysma des  Aortenbogens  verschlossen,  auch  Velpeau  beobachtete 
eine  Obliteration  dieser  Arterie  (Nouv.äUm.  de  mid.  opäraL  p.  75), 
ebenso  Willigk  (Canstatt,  Jahresber.  1854.  Bd.  2.  S.  74). 
Im  Lancet  1826.  ist  aus  dem  Middlesex  Hospit  die  Oblite- 
ration der  rechten  Carotis  durch  ein  Aneurysma  Innomin.  er- 
wähnt bei  einem  38jährigen  Hanne,  und  (im  Lancet  1844.)  von 
Barrow  die  Obliteration  der  rechten  Carotis  durch  ein  Aneu- 


2ar  Ligatar  der  Arteria  Carotis  eommania.  403 

rysma  der  lonominata  bei  einer  47 j&hrigen  Frau.  Norm.  Ghe- 
vers  (1.  c.  p.  1147)  beobachtete  rechts  eine  plötzliche,  halb- 
seitige Lähmang  bei  einem  Manne,  der  sich  bisher  ganz  wohl  ge- 
ffihlt  hatte;  seitdem  nahm  ein  allgemeiner  Sehwichemstand  Ober- 
hand, und  raSie  ihn  nach  6  Wochen  hinweg.  Das  Gentr.  oyal. 
Vieuss.  und  das  Gorp.  striat.  war  links  erweicht,  die  Rinde  hy- 
perämisch,  die  Hirnarterien  waren,  besonders  links,  sehr  erwei- 
tert; ein  Aneurysma  der  Aorta  bestand,  und  eine  Obliteration  der 
ganzen  linken  Carotis  comm.  Todd  (Med.  -  Ghir.  Transact  Vol. 
27.  p.  301),  zu  einem  37jährigen  Manne  gerufen,  fand  diesen  in 
tiefem  Coma,  mit  erweiterten  Pupillen,  ToUer  linksseitiger  L&h- 
mung  des  Gesichtes  und  KOrpers;  derselbe  hatte  vor  3  Tagen, 
nach  einem  Ohnmachtsanfalle,  heftige  Brusterscheinungen  gezeigt 
Die  Section  des  am  11.  Tage  Gestorbenen  erwies  die  Ruptur 
eines  Aorten- Aneurysmas  in  das  Pericardium,  daneben  volle  Ob- 
literation der  rechten  Halsschlagader;  im  vorderen  Lappen  der 
anämischen  Hemisphäre  einige  Erweichungsherde.  Savorj 
(Med.-Ghir.  Transact  1856.)  fand  einen  Verschluss  der  Subclavia 
und  linken  Garotis ;  ausser  Kopfschmerzen,  Schwindel,  Schwächung 
des  Sehvermögens  links^  linksseitiger  Hornhautulceration,  war  nur 
in  den  letzten  Wochen  eine  Schwächung  der  rechten  EOrperseite 
sichtbar  geworden.  Hughes  (Med.  Gaz.  Vol.  39.)  erkannte  den 
Anfang  der  linken  Garotis  und  Subclavia  durch  ein  Aneurysma 
der  Aorta  und  Innomin.  verschlossen.  Grisp  (1.  c.  p.  169)  er- 
zählt ausführlich  einen  Fall,  in  dem  bei  einer  50  Jahre  alten  Frau 
mit  Aneur.  Aortae  (in  mehr  als  35  Tagen  vor  dem  Tode)  eine  Ver- 
stopfung der  rechten  Garotis  und  Subclavia  unter  convulsivischen 
Anfällen  erfolgte;  aufrechtes  Stehen  brachte  (wegen  Anämie  des  Ge- 
hirns) immer  Bewusstlosigknit  zu  Wege;  leider  fehlt  die  Section. 
Koberwein  will  (in  einer  I^ote  zu  Hodgson,  Krankheiten 
der  Arterien  und  Venen)  einen  Schädel  gesehen  haben,  an  dem 
der  eine  Ganalis  caroticus  ganz  geschlossen,  die  anderen  Ar- 
erien-Oeffnungen  an  der  Basis  sehr  verengt  waren.  Interessanter 
noch  ab  diese  Beobachtungen  sind  folgende,  leider  zu  kurz  mit- 
getheilten  von  N.  Gheversi  . 

26* 


404  I>r.  G.  Pils, 

DaTj  beobachtete  einen  36ji&hrigen  Soldaten,  der  an  Athembescbwer-  - 
den,  Ohnmächten,  Schwäche  des  Geeichtsvennögens  litt;  während  die  rechte 
Carotis  schwach  pnlsirte,  war  die  linke  pulslos.  Die  Section  zeigte  ein 
Anenrjsma  Aortae,  daneben  Verschlnss  der  Knken  Carotis  nnd  SnbclaTia, 
nebst  Verengerang  der  rechten  Carotis  und  Sabdavia.  Der  2.  Fall  Dayy*8 
ist  folgender:  Ein  66 jähriger  Officier,  Schwindelanfällen  unterworfen,  die 
sich  bis  zur  Bewusstlosigkeit  steigerten,  zeigte  nach  einiger  Zeit  Verschlim* 
merung  dieses  Leidens,  wobei  der  Puls  in  den  Halsarterien  ganz  erlosch, 
später  auch  in  den  Schläfen,  der  Achsel  und  der  Hand.  Nach  15  Monaten 
machte  der  Tod  den  Leiden  ein  Ende.  Das  grosse  Aneurysma  der  Aorta, 
mit  Fibrinmassen  erfüllt,  war  geborsten,  und  verschloss  fast  ganz  die  ab- 
gebenden Aeste.  Es  erwies  sich  die  linke  Carotis,  Vertebralis  und  Snbcla- 
Tia als  fest  geschlossen,  die  rechte  Carotis  nnd  Subclavia,  obwohl  auch 
verengt,  waren  nach  dem  Abgange  des  völlig  obliterirten  Anenrjsma  durch- 
gängig. 

Ferner  ist  noch  zu  erwähnen  die  Beobachtung  Pelletan^s 
(Ve^peau,  Nout,  el6m.  de  med.  opirat.  p.  89),  der  die  Anonyma 
(Ende),  rechte  Subcl.  und  Carot.  fest  geschlossen  fand,  ohne  im  Le- 
ben Erscheinungen  beobachtet  zn  haben,  und  dieDarrach^s  (ibid.) 
in  dessen  Falle,  ohne  Symptome  zu  zeigen,  die  Innom.  nnd  linke 
Carotis  verschlossen  gefunden  wurden.  Ehrmann  (1.  c.  p.  98) 
berichtet  einen  Fall  von  Verschluss  beider  Garotiden  durch  einen 
Tumor  der  Gland.  thyreoid.  bewirkt;  der  Patient  starb  unter  Deli- 
rien. Deville  endlich  (Bullet,  de  la  Soc.  anat.l847.yol.22.p.  465) 
fand  bei  der  Section  eines  an  Aneur.  der  Subclav.  Gestorbenen, 
obwohl  das  Anenr.  nicht  obliterirt  war,  beide  Garotiden  geschlossen, 
nnd  die  rechte  Subclavia  innerhalb  der  Mm.  scaleni,  sammt  den 
den  von  ihr  abgehenden  Zweigen.  Diesen  Beobachtungen  kann 
ich  durch  die  Güte  des  Herrn  Dr.  0.  Wyss  folgenden  seltenen 
Sectionsbefund  eines  Falles ,  soweit  er  die  uns  interessirendea 
Theile  betrifft,  beifügen,  dessen  Details  er  in  einer  späteren  Arbeit 
mittheilen  wird. 

Das  Präparat  entstammt  der  Leiche  eines  50jährigen  Mannes,  der  am 
80.  Juli  1866  hier  starb.  Es  findet  sich  an  dem  in  Alcohol  aufbewahrten  Prä- 
parate ein  Aneurysma  der  Aorta  ascend.,  am  Uebergange  in  den  Arcus  und 
die  Innomin.  Die  Höhle  der  letzteren,  Aber  kastaniengross,  misst  gegen  3 
Gtm.  in  der  Länge  und  Breite,  2^  Otm.  in  der  Tiefe,  und  vffibt  sich  aiark 
hervor,  besonders  nach  hinten  Ober  den  rechten  Bronchus,  mit  dem  sie,  wie 


Zur  Ligatnr  der  Arteria  Carotis  communis.  405 

mit  dem  unteren  Theile  der  Trachea,  fest  verwacbsen  ist  Der  Sack,  wel- 
chen die  Anonjma  bildet,  ist  an  dem  der  Art  snbclav.  und  Carotis  znnSchst 
gelegenen  oberen  nnd  hinteren  Theile  mit  festen,  der  Wandung  adhäriren- 
den  Gerinnseln  erfüllt,  die  Abgangsstelle  der  beiden  grossen  Stämme  ist 
erkennbar  ab  ein  schmaler  Spalt.  Die  gaoze  rechte  Carotis,  bis  zar  Tbei- 
liiDgsstelle  mit  festem,  organisirten  Thrombus  ausgefällt,  erscheint  abge- 
plattet; alle  Zweige  der  Carotis  sind  durchg&ugig.  Die  linke  CaYotis  zeigt 
keine  Oeffnnng  an  der  sonstigen  Abgangsstelle,  sondern  eine  continairüche 
Wand  findet  sich  bis  zum  Abgange  der  normalen  Subclavia  sin«,  nur  mit 
atheromatCsen  Stellen,  wie  die  Aorta,  ihr  Bogen  und  die  Innominata  yer- 
sehen;  auch  sie  ist  strangartig  abgeplattet,  und  zeigt  die  stark  verdickte 
Innenfläche  gegenseitig  verwachsen.  Das  Gehirn,  von  normaler  Consisteni, 
ergab  bei  der  Anti^sie  im  rechten  Corp  striat.  eine  alte,  apoplectische,  nicht 
hSmorrbagische  Narbe,  und  darunter  einen  Erweichungsherd,  ausserdem 
CjrBticerken  in  der  Possa  Sylvii  und  dem  vorderen  rechten  Grossgehirn- 
lappen,  und  hier  und  da  an  der  Oberfläche  beider  Gehirnlappen.  Der  Cir- 
cul.  Art.  Willis,  normal;  die  Artt.  vertebrales  erscheinen  nicht  erweitert. 
Hierzu  erwähne  ich  aus  der  Krankengeschichte  nur,  dass  nach  Toraufge- 
gangener, unvollkommener  linksseitiger  Lähmung,  etwa  5  Wochen  vor 
Beginn  der  Beobachtung,  ein  apoplectiformer  Anfall  eintrat,  mit  heftigen 
Brustsymptomen  und  Schwäche  der  linken  Seite;  Fat.  kam  in  das  Spital; 
an  der  Art.  radial,  ist  der  Puls  klein,  ebenso  au  der  Art  axill.,  kein  Puls 
in  linker  Art.  Carot.  und  facial.,  Zunge  und  Uvula  gerade,  sjst.  Geräusch 
Aber  der  Aorta,  setzt  sich  sehr  schwach  in  die  rechte  Carotis  und  Subclar. 
fort.  Die  Papillen  gleich,  der  Nerv,  facial.  links  gelähmt.  Sehvermögen 
gnt,  Sprache  heiser;  Bewusstsein  klar  (3.  Juni).  Die  Sensibilität  gegen 
Berfihrong  Yollkommen  erhalten,  nicht  vollständige  linksseitige  Lähmung 
(3.  bis  9.  Juli);  Zunahme  der  linken  Facial.- Paralyse;  bei  der  Untersuchung 
zeigte  auch  die  linke  Carotis  keinen  Puls  (24.  Juli).  Langsames  Sinken  der 
Kräfte  seit  4  Wochen,  die  Lähmung  des  linken  Beines  wie  die  des  Gesich- 
tes gebessert;  in  der  rechten  Art  radial,  brachial,  und  axill.  ist  kein  Puls 
SU  fühlen,  kein  Ton  zn  hören. 

Hier  haben  auch  die  Krankenberichte  von  572  und  558 
ihren  Platz. 

Auf  den  ersten  Blick  scheint  es  auffallend,  wie  der  Ver- 
Bchlnss  einer  oder  sogar  mehrerer  Gefässbabnen  mit  so  wenig 
schädlicher  Einwirkung  auf  die  Ernährung  des  Gehirns  verbun- 
den sein  kann,  während  nicht  selten  die  Ligatur  einer  Carotis 
scboD  schwere,  tödtlich  wirkende  Folgen  nach  sich  zieht.  Diese 
Thatsachen  finden  einfach  darin  ihre  Erklärung,  dass  in  jenen 


406  !>'•  C-  Pil».  ^ 

langsaln  imd  allmklig  die  VerschliessuDg  sich  ToUiieht,  so 
diu»  ein  Gollatenlkreislaof  sich  vor  dem  Tollen  Yerschlnsse  in 
genfigender  Weise  entwickelt  bat;  während  in  letsterem 
Falle  die  nicht  ansreichende  Ernährung  des  Gehirns  sich  gettsnd 
macht  and  je  nach  dem  Zastandekommen  der  GoUatenlbahnea 
weitere  Erscheinangen  liefert. 

Wenden  wir  uns  noch  einen  Augenblick  su  den  Beobach- 
tungen fiber  die  Compression  der  Carotiden,  so  wusste  schou 
Bnfns  V.  Epbesus,  (Morgagni,  De  sedibus  et  caas.  morb. 
epist  19),  dass  beim  Menschen  dieselbe  zur  Bewnailosigkeit  fahre, 
denn  ei  sagt:  „Arterias  per  Collum  subeuntes  earotides,  id  est 
somniferas,  antiquos  nominasse,  quoniam  compressae  homioem 
sopore  gravabant'*  Diese  Erscheinung  wird  aber  mehr  als  eine 
Wirkung  der  dabei  afficirten  Nerven  von  ihm  wie  von  Galen 
angesehen;  an  jener  Stelle  wird  von  Yalverda  der  Versuch  des 
Columbus  erzahlt,  der  zu  Pisa  in  einer  Gesellschaft  sich  da- 
durch den  Ruf  eines  Zauberers  zuzog,  dass  er  bei  einer  Person 
durch  Druck  auf  die  Halsschlagadern  Bewusstlosigkeit  herbei- 
führte. 

Grössere  Yersuchsreihen  von  Jacobi,  Kussmaul  und  Ten- 
ner, Ehrmann,  neben  der  zur  Heilung  der  Epilepsie  und  an- 
derer Nervenkrankheiten  vonParry,  £arle,Malapert,  Bland, 
Bomberg,  Plemming,  Allier,  Dehang,  Ghisholm,  Mers, 
Reimer,  Strohelin,  Trouseau,  etc.  angewandten  Compres- 
sion, ergaben  das  Resultat,  dass  gewöhnlich  Verdunkelung  des 
Gesichtes,  Schwindel,  Betäubung,  Schwäche  der  Beine,  Tanmela, 
Ohnmacht,  endlich  Bewusstlosigkeit  und  Zusammensinken  eintritt 
Kussmaul  und  Tenner  (Untersuchung  über  den  Ursprung  und 
Wesen  der  fallsuchtartigen  Zuckungen  etc.)  kamen  zu  folgendem 
Urtheile  (S  32.):  Es  erblasst  das  Gesicht,  krampihafte  Ver- 
suche, das  Auge  au  schliessen,  werden  gemacht,  die  Pupilleo 
verengem  sich  (bei  5  von  6  Pers.),  um  sich  dann  bei  allen  zu 
erweitem,  die  Respiration  wird  langsamer  und  tiefer;  jelat  er- 
scheint Sdiwindel,  Schwanken,  Bewussdoei^eit»  die  Paüentea 
drohen  von  den  Stühlen  zu  stirzen;   bei  2  geistesschwaches, 


Zar  Ligatar  der  Arteria  Carotie  communis.  407 

anämischen  Personen  wurde  die  Gompression  noch  weiter  fortge- 
Betzt;  es  erfolgten  Würgen,  Brechbewegnngen,  allgemeine  Zuckun- 
gen. Mit  Aufheben  der  Compression  rOthete  eich  das  Gesicht 
lebhaft,  die  Augen  thr&nten,  die  Pupillen  wurden  anfangs  noch 
weiter,  in  wenigen  Sekunden  kehrte  Willenskraft  und  Bewosst- 
sein  wieder;  die  Röthung  des  Gesichtes  yerlor  sich  langsam,  die 
ersten  Athemzfige  waren  sehr  tief;  nachtheilige  Folgen  hatte  diese 
Procedur  nie.  Ehr  mann  macht,  auf  Fray's  Untersuchungen  ge- 
stüzt,  darauf  aufmerksam,  dass  an  tiefer  Stelle  leicht  die  Art 
vertebr.  mit  comprimirt  werden  kann.  —  Diese  auf  An&mie  des 
Gehirns  nnd  Auges  beruhenden  Erscheinungen  sind  dieselben, 
welche  uns  bei  der  Analyse  der  operirten  F&lle  wieder  entgegen- 
treten, KU  denen  wir  jetzt  filergehen  wollen. 

Während  Ehrmann  unter  213  genauer  beschriebeneu  Fäl- 
len, 47  mal,  also  in  22  pGt.,  Gehirnerscheinungen  auftreten  sah, 
von  denen  30,  also  67  pCt,  einen  tödtlichen  Ausgang  nahmen, 
lasst  L.  Lefort  (Gaz.  heb.  1864.  p.  27)  bei  241  Operirten 
73mal,  also  bei  30  pCt.,  Gehirnerscheinungen  auftreten,  von  denen 
54,  also  7  3  pCt.,  starben.  Leider  konnte  der  geehrte  Verfasser, 
da  er  nicht  mehr  im  Besitz  des  Mannscripts  war,  und  die  Arbeit 
bis  heute  nicht  gedruckt  ist,  mir  keine  Einsicht  in  seine  Stati- 
stik gestatten.  Ich  fand  bei  520  Fällen,  unter  welchen  nicht 
jene  Beobachtungen  ausgeschlossen  sind,  in  denen  andere  Schrift- 
steller, wie  Norris  und  Wood,  obwohl  ihnen  die  Quellen  zu- 
gänglich waren,  keine  Gehirnerscheinungen  referiren,  dass,  mit 
TJebergehung  der  Kopfschmerzen,  Athembeschwerden,  Verändo'* 
rang  des  Gesicht-  und  Sprachvermögens  165mal,  also  bei  32  pGt. 
aller  Operirten  Erscheinungen  von  Seiten  des  Gehirns  bemerkt 
wurden;  von  diesen  starben  91,  also  56  pCt.  —  2  Fälle,  deren 
Ausgang  nicht  angegeben  war,  konnten  nicht  berficksichtigt 
werden. 

Zur  besseren  Uebersicbt  der  Vertheilung  jener  Zahlen,  will 
ich  folgende  Tabelle  beiftgen: 


408 

Dr. 

C.  PiU, 

Zkhlder 

Gebirnerschei- 

Gestorbene. 

Proc- Verb,  der 

Fülle. 

Bongen. 

Erscbeingg.  m 

den  Geetorb. 

Blatnogen    ...  167 

69, 

»Iso 

in  413 

40.  also  24  }. 

683;. 

AMDrysmea   .  .    89 

82, 

- 

89. 

16,    -     19.. 

60,. 

Tumoren   ....  189 

32, 

• 

23, 

20,    -     14.. 

62.. 

EzstiipttioiieD  .    63 

18, 

- 

81. 

8,    -     18.. 

61,. 

Nerrenknnkhh.     31 

8, 

- 

25. 

—     ■     — 

— 

Operation  nach 

Bra8d.-Wardr.    38 

n, 

- 

29. 

7.    -     19.. 

64«,. 

In  Folgendem  ist  nicht  mit  einbegriffen  die  Yerscbliessnng 
der  Carotis,  die  indirect  durch  Ligatur  der  Anonyma  erzielt  wor- 
den ist  von  Arndt,  Bland,  Bujalsky  (2),  S.  E.  Cooper  (2), 
Dupuytren  cit,  Graefe,  Hall,  Hutin,  Lizars,  Y.  Mott, 
Normann  und  Pirogoff.    Alle  hatten  einen  tödtlichen  Ausgang. 

Unter  der  grossen  Zahl  von  Hirnerscheinungen  verdienen 
die  grösste  Aufmerksamkeit  die  Paralysen  und  Paresen,  sei  es 
dass  sie  volle  Hemiplegieen  waren,  oder  nur  als  Lähmung  einer 
Extremität  oder  Gesichtsseite  auftreten.  Nicht  weniger  als  50* 
mal  zog  die  Operation  eine  halbseitige  Lähmung  der  Extremität 
ten  nach  sich,  betraf  also  über  8  pCt.  aller  Operirten  (520)  und 
da  von  diesen  38,  also  76  pCt.,  starben,  so  stellt  sich  die  Mor- 
talit&tszahl  fQr  die  Gesammtheit  der  Fälle  auf  6  pCt.;  für  die 
einzelnen  Indicationen  leiten  sich  in  runden  Zahlen  die  Procente 
also  ab: 


Zahl  der 

Hemipl. 

in  pGt. 

Gestorb* 

inpCt 

Proc.-Verb.derZahl 

Fälle. 

d.  Hemipl.  a.  Geat 

Blutungen   .  .  167 

19 

lU. 

16 

10  s. 

84» 

Anearysmen  .    82 

8 

10  „, 

7 

9.. 

87.. 

Tumoren  ...  139 

14 

10., 

11 

9.. 

79.. 

Exstirpation..    63 

5 

8., 

2 

3,. 

40.. 

MeiYenkrkhh.     31 

1 

3., 

— 

— 

— 

Operat.    nach 

Bra8d-Wardr.38 

3 

81,, 

2 

6» 

67,. 

Allerdings  hat  danach  die  Rubrik  Blutung  die  relativ  grösste 
Zahl  von  Lähmungen,  und  es  würde  sich  dieselbe  bei  genaueren 
Angaben  der  63  eliminirten  Fälle  noch  höher  stellen;  dennoch 
möchte  ich  glauben,  dass,  wie  die  Aneurysmen  schon  bei   dem 


Zar  Ligatur  der  Arteria  Carotis  commanis.  409 

angünstigen  Vergleich,  —  da  ihre  Zahl  nar  die  H&Ifte  jener  aas* 
macht  und  die  Redaction  aaf  100  dieses  Hissverh&ltniss  nicht 
hebt  — ,  die  höchste  Mortalit&tszahl  aufzuweisen  haben,  sie  bei 
annähernd  gleichen  Beobachtungen  relativ  mehr  Lähmungen  im 
Gefolge  gehabt  haben  würden. 

Von  diesen  Hemiplegieen  traten  27  rechtsseitig  und  23  links« 
seitig  auf.  In  6  dieser  Fälle  bestand  zugleich  eine  nicht  der 
operirten  Seite  entsprechende  Facial-Lähmung,  wie  sie  bei  Ge- 
hirnaffectionen  nicht  selten  ist,  .nämlich  in  No.  37,  67,  121,  122, 
285  und  435,  unter  diesen  nur  einmal  rechtsseitig.  Von  weite- 
ren lAbmungen  erfolgte  die  des  linken  Armes  3mal,  in  No  110, 
321  und  472,  des  rechten  Armes  2mal,  in  No.  306  und  331, 
und  mit  Lähmung  des  rechten  Beines  vergesellschaftet  in  No.  398; 
bei  110  bestand  ausserdem  gleichseitige,  rechtsseitige  Gesichtsläh* 
mung  iind^  in  321  linksseitige;  eine  Besserung  dieser  Lähmungen 
erfolgte  in  No.  321,  331  und  472,  ohne  dass  in  den  beiden  letz- 
teren Fällen  ebenso,  wenig  wie  in  den  drei  anderen,  das  Leben 
erhalten  blieb.  Paresen  des  linken  Armes  zeigten  No.  131  und 
309  (entg.),  des  rechten  No.  225,  350a  und  535  (entg.),  219  a 
(gleicbs.)  endlich  der  beiden  gleichseitigen  Extremitäten  226. 
Sensibilität^störungen,  die  sich  meist  zurück  bildeten  und  immer 
die  operirte  Seite  betrafen,  stellten  sich  ein  auf  der  Kopf*  und 
Gesichtsseite  7mal,  in  No.  8,  12,  40,  61,  71,  233  und  370,  in 
beiden  Extremitäten  2mal,  in  No.  78  und  286,  zugleich  in  Kopf 
und  Arm  2mal,  bei  No.  70  und  398,  an  der  Zunge  in  No.  538, 
im  Pharynx  bei  No.  80;  gestorben  sind  von  diesen  die  Operir* 
ten  unter  61,  78  und  398. 

Ehe  ich  in  den  zusammenstellenden  Angaben  fortfahre,  will 
ich  versuchen,  den  Grund  Jflr  die  nicht  selten  in  Folge  dieser  Ope- 
ration auftretenden  Erscheinungen  zu  geben.  Wenn  schon  ge- 
wöhnlich der  Sectionsbefnnd  bei  Gehimkranken  nicht  genfigt,  um 
an  der  Hand  der  in  diesem  Gebiete  noch  nicht  heimisch  gewor- 
denen Physiologie,  den  Zusammenhang  von  Ursache  und  Folgen 
verständlich  zu  machen,  so  ist  dies  noch  in  höherem  Haasse  der 
FaU,  wenn  die  Befunde  so  dürftig  ausfallen,  dass  man  einfach. 


410  Dr.  C.  Pil», 

Yon  einem  Erweichungsherde  spricht,  dem  man  bisweilen  nar 
die  erl&aternde  Bemerkung  zaf&gt:  im  mittleren  Hirnlappen  ge- 
legen, oder  von  Abscessen  der  Rindensubstans  des  vorderen  Lap- 
pens. Oder  was  will  es  bedeuten,  dass  man  eine  Hyperämie, 
eine  starke  Füllung  der  Sinus  betont,  Befunde  die  gar  nicht  im 
Leben  schon  bestanden  haben  müssen,  sondern  sehr  gut  in  der 
vielleicht  mehrere  Tage  unzweckmSissig  mit  dem  Haupte  gelager- 
ten Leiche  sich  gebildet  haben  können.  Fast  nie  hat  man  sich 
die  Mühe  genommen,  die  grossen,  an  der  Basis  befindlichen  6e- 
ftssbahnen  zu  untersuchen,  geschweige  denn  die  kleineren,  selbst 
nicht  einmal  in  der  N&he  des  Erweichungsherdes;  dass  mikros- 
kopisch die  Grenze  der  Veränderung,  die  vielleicht  weiter  geht, 
als  man  auf  den  ersten  Blick  ahnt,  nicht  festzustellen  versucht 
worden  ist,  kann  danach  kaum  Wunder  nehmen.  Dadurch 
ist  meine  beim  Beginne  der  Arbeit  gehegte  Hofl^ung,  für 
einen  Theil  der  Gehimkrankheiten  ein  brauchbares  Material 
zusammentragen  zu  helfen,  getäsucht  worden.  —  Die  erste 
Erklärung,  welche  die  Beobachter  der  Fälle  für  den  Zu- 
sammenhang mit  den  muthmasslichen  Veränderungen  gaben, 
&nden  sie  in  einer  Apoplexia  sanguinea,  wie  z.  B.  Börard. 
Dafür  sprechen  jedoch  nicht  die  Sectionsresultate,  denn  nur  bei 
5  und  398  findet  sich  ein  wirkliches  Blutextravasat  an  der  Bar- 
sis  des  Gehirns;  im  ersten  Falle  sind  die  aus  seeundärer  Quelle 
geschöpften  Angaben  zu  mangelhaft,  um  sich  einen  Schluss  über 
die  Folgen  der  Verletzung  zu  erlauben;  im  letzteren  ist  es  mehr 
als  gewagt,  den  Vorgang  sicher  stellen  zu  wollen.  Schon  im 
Lancet,  1828 — 29.  Vol.  2.  sprach  sich  bei  einer  Discussion  über 
diesen  Gegenstand  ein  englischer  Arzt  —  wenn  mein  Gedächtniss 
mich  nicht  täuscht,  Pavel  —  unter  Anderem  für  die  vermin- 
derte Blutzufuhr  als  Ursache  der  Gebirnerscheinungen  aus, 
und  sie  ist  es  in  der  That,  die  im  Verein  mit  einigen  Folge- 
zuständen den  verschiedensten  Erscheinungen  zu  Grunde  liegt. 
Die  einfachsten  Zufälle  von  Seiten  des  Gehirns:  die  Kopf- 
schmerzen, welche  in  48  Fällen  notirt,  19  mal  die  operirte 
Seite  betrafen  (wie  in  Nr.  22.  37.  248.  etc.),  der  Schwindel, 


Zor  Li^tor  der  Arteria  Carotie  commanie.  411 

welcher  in  7  FÜlen,  die  Ohnmacht  nnd  Torflbergehende  Be- 
wnsstlofligkeit,  welche  18  mal  erfolgten,  sind  allein  durch 
An&mie  bedingt;  dafSr  spricht  ihr  Auftreten  gleich  nach  der  Li- 
gatur und  ihr  allmiliges  Vergehen.  Recht  bezeichnend  ist  daf&r 
Nr.  153.,  indem  die  Eingenommenheit  des  Kopfes  mit  dem  ei- 
genthflmlicben  Gefllbl  der  Leere  beim  Sitzen  zunahm,  und  Grisp's 
Fall  (1.  c.  S.  170),  erwihnt  bei  den  Obliterationen,  in  welchem 
Patientin,  als  sie  eine  aufrechte  Stellung  einnahm,  plötzlich  mit 
dem  Rufe:  »Wo  bin  ich?*^  bewusstlos  wurde;  ebenso  Nr.  236,  bei 
welchem  Drnck  auf  die  nicht  unterbundene  Carotis  sogleich  Bewnsst- 
losigkeit  hervorrief.  Doch  schon  hier  dürfte  ein  zweiter  Umstand 
in  sein  geschmälertes  Recht  treten:  die  venöse  Stauungs- 
Hyperimie  derselben  Seite.  MitSchluss  der  Carotis  durch  die 
Ligatur  kommt  auf  einige,  wenn  auch  noch  so  kurze  Zeit  kein 
Blut  in  die  von  ihr  versorgten  Arterien  —  bis  durch  den  Circulus 
arteriös.  Willis«  solches  von  der  Carotis  der  anderen  Seite  nnd  den 
Yertebrales  zugeführt  wird  — ;  es  bleiben  damit  die  kleinsten  Ar- 
terien ungefüllt,  es  fehlt  also  ein  Moment  für  die  Fortbewegung 
des  Venenbltttes,  und  es  erfolgt  dadurch  Stauung,  die  eine  Er- 
höhung der  schon  durch  Anämie  bedingten  Erscheinungen  liefern 
wird;  natürlich  muss  bei  gleichzeitigem  Abschluss  der  Yen.  jug. 
int,  wodurch  dem  Abfliessen  des  Yenenblutes  ein  bedeutendes 
Hindernisss  gesetzt  ist,  die  schädliche  Nachwirkung  noch  ver- 
grOssert  werden,  wie  es  die  früher  zusammAigestellten  9  Fälle 
meist  zeigen,  z.  B.  85.  321.  494.  etc.,  bei  denen  eine  vollkom- 
mene Genesung  —  in  4  Fällen  in  Nr.  48.  458.  499.  566.  ~ 
aber  nicht  ausgeschlossen  ist.  Weil  das  Gehirn  auf  ganz  kurze 
Zeit  gar  nicht,  und  für  einige  Zeit  ungenügend  mit  sauer- 
stoffhaltigem Blute  versehen  wird,  so  leidet  die  Integrität  der 
dasselbe  zusammensetzenden  Elemente,  dadurch  die  von  ihm 
ausgehende  Innervation  und  Leitung,  in  Folge  dessen  Paresen 
und  Paralysen  auftreten.  Wird  die  Ernährung  wieder  hergestellt^ 
ehe  bleibende  Veränderungen  der  Structur  erfolgt  sind,  so  üben 
die  Gehirntbeile  wieder  ihre  Thätigkeit  aus,  und  die  Lähmungs- 
erseheinnngen    bilden   sich   Hand  in  Hand   mit  jenen  zurück« 


413  Dr.  0.  Pilx, 

Dem  scheinbar  richtigen  Einwurfe,  dass  nach  dieser  Auffassang 
die  L&hmnngen  sogleich  erfolgen  mflssten,  um  langsam  zurück- 
zugehen,  lässt  sich   einfach   entgegnen,    dass   nach  Abspemmg 
des  arteriellen  Blutes,  die  Gewebe,  um  mich  des  Ausdruckes  zu 
bedienen,   noch   mit   ernährungsfäbiger  Flüssigkeit   durchtränkt 
sind,  und  diese  vorl&ufig  die  Ernährung  unterhält;  mit  steigendem 
Verbrauche  bilden  sich  erst  Paresen  aus,  die,  wenn  nicht  schon 
neue  Ernährungsbahnen  gebildet  sind,  zn  Paralysen  werden,  um 
bei  hergestelltem  Collateral-Ereislauf  zurückzugehen.    Als  Beispiel 
für  diese  Auflassung   yerweise   ich   auf  Nr.  268.     Gleich  nach 
Schluss  der  Ligatur  erfolgte  Betäubung  und  ohnmachtartige  Au- 
Wandelung,  dann  Eingeschlafensein  der  rechten  Extremität,  gefolgt 
▼on  Yollständiger  Lähmung;   nach  wenigen  Tagen   geschah  die 
Rückbildung.     Damit   steht  auch  in  Beziehung  das  gewühnlich 
frühe  Eintreten  von  Lähmungen  nach  starken  Blutungen,  wie  in 
Nr.  49.  121.  etc.    Geht  der  Verlauf  nicht  in  dieser,  ich  möchte 
sagen,  normalen  Bahn,  stellt  sich  die  Ernährung  der  Theile  oder 
einzelner  derselben  nicht  in  genügender  Weise  her,  so  beginnt 
eine  tiefere  Veränderung  des  Gewebes,  die  meist  als  ein  Er- 
weichungsprocess  mit  Entzü.ndung  der  Umgebung  auf* 
tritt.    Trifft  diese  nachfolgende  Erweichung  Stellen,  die  in  Ver* 
bindung  stehen  mit  den  das  Gesicht  und  die  Extremitäten  Ter- 
sorgenden  Nerven,  so  stellen  sich  diese,  gewöhnlich  erst  spät 
auftretenden  Lähmungen  ein,  wie  z.B.  in  Nr.  21.  37.  273.  etc.; 
solche  Fälle  enden  gewöhnlich,  wegen  verbreiteter  Veränderun- 
gen am  Gehirn,  tödtlich.    Wenn  Jäger  (Med.-Ghir.  Zeitg.  1830. 
S.  459),  anschliessend  an  Graefe's  Fall,  die  Ansicht  äussert, 
dass  nach  der  Ligatur  eine  Entzündung  der  lotima  sich  auf  die 
kleinen  Gel&sse  fortpflanze,  dann  durch  diese  auf  die  Himsubstanz 
fibergehe,  in  Folge  dessen  der  eiterige  Zerfall  eintrete,  so  dürfte 
diese  Erklärung  wohl  nur  historisches  Interesse  haben.    —    In 
den  Pathol  Transact.  Vol.  10.  p.  54  findet  sich  folgende,  unserem 
Gegenstande  nicht  fern  stehende  Beobachtung. 

Eid  41jilhriger  Mann  hatte  2  heftige,  epileptifonne  Anfälle  ohne  para* 
Ijtische  ErscheinaDgen  gehabt,  den  einen  Tor  3,  den  anderen  Tor  2  Mona- 


Zar  Lig»tiir  der  Arteria  Carotis  eommnniB.  418 

ten.  2  Stunden  vor  der  Aufiaahme,  am  17.  Jan.  1859,  erfolgte  ein  dritter 
Anfall  mit  rechteeeitiger  LShmang  und  theilweisem  Verluste  des  Bewnsst« 
seios;  bei  der  Aufnahme  war  Pat  besinnlich,  aber  geistig  geschw&cht.  Nach- 
dem später  Bewusstlosigkeit,  Lähmung  des  Darmes,  der  Blase  und  Decubi- 
tus aufgetreten,  erfolgte  am  24.  Tage  der  Tod.  Section:  Die  Gehimober- 
flSehe  ist  wenig  hyperämisch,  die  Arachnoidealflüssigkeit  trübe,  Exsndation 
findet  sich  im  Veriaufe  der  Venen,  besonders  an  der  linken  Hemisphäre;  die 
Gehirnmasse  erscheint  äusserlich  normal,  mit  Ausnahme  des  linken,  mittle- 
ren Lappens,  der,  von  »marmorirtem"  Ansehen,  grQngelblich ,  onelastisch» 
weich,  dabei  aber  bruchig  ist  Die  Oberfläche  des  Thalam.  nnd  Corp.  striat« 
links,  Ton  demselben  Aussehen,  ist  etwas  eingesunken,  und  von  erkranktem 
Gewebe  umgeben;  im  vorderen  Theile  des  Corp.  striat  liegt  ein  nnregel- 
massiger,  bröckeliger,  rostfarbener  Klumpen,  in  der  Umgebung  orangefar- 
bige Stellen;  die  Ventrikel  sind  normal;  das  Herz  und  die  grossen  Qef&sse 
gesund,  nur  in  der  linken  Carotis  interna  und  den  Abgangsstellen  ihrer 
Gefässe  findet  sich  ein  alter  Fibrinpfropf.  Die  entarteten  Stellen  zeigen 
mikroskopisch:  körnige  Zellen  .granulär  cells",  mit  Fetttröpfchen  neben  Eiter- 
zellen.—Ein  anderer  Fall  (PathoL  Transact.  Vol.  10.  p.  50)  mag  auch  hier 
seine  Stelle  finden.  Eine  23jährige  Frau,  die  vor  6  Jahren  den  ersten  epi- 
leptischen Anfall  hatte,  erlitt  deren  noch  drei;  8  Tage  vor  dem  Tode  er- 
folgte, unter  theilweisem  Verluste  des  Bewnsstseins,  linksseitige  Lähmung, 
ein  letzter  Anfall,  von  Coma  gefolgt,  trat  10  Stunden  vor  dem  Tode  auf. 
Diesesmal  bestand,  ausser  «Congestion*  des  Gehirnes,  Erweichung  des  rech- 
ten vorderen  Lappens,  die  sich  bis  in  das  Corp.  striat  erstreckte.  Verschluss 
der  rechten  Carotis  int  und  ihres  , vorderen  und  mittleren*  Zweiges  durch 
ein  noch  weiches  Coagulum,  nebst  bandartiger  Obliteration  der  linken  Ca- 
rotis interna. 

Ob  bei  diesem  Erweichungsprocesse  die  Thrombose  der 
kleinsten  Geiasse  mit  in  Betracht  kommt,  darfiber  kann  ich  kein 
Urtheil  abgeben,  doch  ist  diese  Möglichkeit  keinesweges  von  der 
Hand  zn  weisen;  dann  wäre  der  Process  wohl  derartig,  wie  ihn 
Prevost  und  Cotard  etc.  Gaz.  mäd.  1866.  No.  1,  2,  4,  12,  auf 
Experimente  gestützt,  beschrieben  haben.  Unter  den  hier  in  Be- 
tracht kommenden  50  Fällen  Ton  Hemiplegieen  finden  sich  in  den 
Sectionsangaben  bei  24  Gestorbenen  (denn  14  andere  haben  kei- 
nen Sectionsbericht),  2  Fälle  ohne  Veränderungen  im  Gehirn; 
No.  352  und  561;  in  No.  95  Hyperämie  desselben;  Entzündung 
der  Hirnhäute  mit  Exsudation  in  die  Ventrikel  in  No.  1,  Erwei- 
chung von  Gross-Gehirntheilen  oder  Abscesse  in  demselben  19mal 


414  I>r.  0.  Pil«, 

» 

(No.  21,  35,  37,  49,  57,  64,  96,  115,  121,  243,  264  (auch  Klein- 
hirn)  360,  391,  480,  48.9,  577);  in  No.  357  endlich  die  unbe- 
stimmte Angabe,  dass  Veränderungen  des  Gehirns  vorhanden 
gewesen  seien.  Bei  den  Paralysen  oder  Paresen  einer  Extremi- 
tät seigte  die  Section,  so  weit  ein  Bericht  Torliegt,  3mal  Ge- 
hirnentzündung, in  No.  110,  321  und  398  (mit  Blutaustritt  an 
der  Basis),  in  131  Anämie  des  Gebims.  Von  den  Sensibilitäts- 
stOrungen  ermangeln  die  3  tOdtlich  verlaufenen  Fälle  der  Section. 
Die  2  Fälle  No.  122  und  493,  welche,  linksseitig  operirt,  neben 
der  gekreuzten  Lähmung  die  Erscheinungen  der  Aphasie  liefer- 
ten, gingen  in  Genesung  aus. 

Anders  verhält  sich  1S2,  bei  welcher  Patientin  die  Aphasie 
ohne  jede  andere  Lähmung  bald  nach  der  Ligatur  auftrat  und 
blieb;  eine  spätere  Gehirnentzündung  führte  den  tödtlichen  Aus- 
gang herbei.  Die  Section  wurde  leider  nicht  gestattet.  Zu  der 
immer  noch  schwebenden  Frage  über  Aphasie  kann  ich  somit 
keinen  casuistischen  Beitrag  liefern,  obwohl  diese  Fälle  der  Bro- 
c ansehen  Theorie  nicht  entgegenzustehen  scheinen.  —  Hier 
möchte  ich  noch  erwähnen,  dass  Nunn  (Med.  Times  and  Gaz. 
1867.  Vol.  1.  p.  156)  die  einfache  Bemerkung  macht,  dass  in  einem 
Falle  von  linksseitiger  Ligatur  der  Garot  comm.  volle  Sprach- 
losigkeit aufgetreten  sei;  vielleicht  ist  dies  eine  mir  unbekannt 
gebliebene  Beobachtung« 

Der  Weg,  auf  welchem  aus  der  anderen  Carotis  und  den  bei* 
den  Vertebrales  nach  Verschluss  einer  Carotis  das  Blut  der  betref- 
fenden Gehirnhemisphäre  zugeführt  wird,  ist  natürlich,  wie  schon 
B^rard  betonte,  in  dem  Circul.  art.  Willis,  gegeben;  von 
der  Integrität  jener  Strombahnen  und  dieses  Yerbin- 
dungskreises  hängt  das  Leben,  oder  wenigstens  die 
volle  Gesundheit  der  Operirten  ab. 

No.  572  und  588  wurden  Opfer  des  Todes,  weil  bei  sonst 
vollständiger  Obliteration  der  oben  genannten,  zufahrenden  Ge- 
f&sse  die  Blutzufnhr  zu  gering  war;  hier  bildet  sich  an  Stelle 
einer  vorübergehenden  Ohnmacht  ein  comatOser  Zustand  ans,  wie 
unter  anderen  Verhältnissen  aus  demselben  Grunde  in  438  und 


Zur  Ligatur  der  Arteria  Garotig  commiinis.  415 

439,  dem  einzigen  Falle,  in  welchem  beide  Carotiden  nach- 
einander unterbanden  wurden.  Im  Uebrigen  wurde  die  Ligatur 
beider  Carotiden  an  einer  Person  noch  29  Mal  yerrichiet: 

311)  Busch.  52)   ^.  „        5Ö)   ^„.  113)  . 

„.«!  «.,  e«!  Pirogoff.  i  Ellis.        ^^l  Longmorecit. 

317)  Bünger.         53)  **  56)  114) 

127    )  ^.,,       .     309) Do puy treu.  316) „        .,,     818)  .Frankfart.  Chir. 

(  Billroth.         I  JMacgill.         } 

127a.)   °"*'^*'^"    413)Robert.  816)         ^         819)  üUmann. 

333)  439a.)  „  346)  Gundelach-       850    )    ^    ^, 

3341  """^^-  439bJ  ^""^y-     8471  Möller.  850  J    ^'*'^- 

3Ö3)   «,  385)  „    ^     ^       389)  „,    ,  392)   Reynolds. 

««J  Warren.     ^^  {  Robert  J  Blakman.       ^^„J   „       „ 

384)  386)  890)  893)    Yan  Buren. 

403)^  406)  „      ,      520.   522.   524J  ^  526)  „       ., 

^^JParker.   ^    J  Wood.     ,^^     ^^^    ^^3  Preston.    ^^^j  Hamilton. 
404)  407)  521.   523.    525)  527) 

533)  539)  543) 

J   Weber.      J  AngelL        J   V.l.  Mott. 

3  Mal  Ton  Y.  Mott,  1  Mal  von  Carnochan,  dessen  im  Aus- 
zuge mir  während  des  Druckes  zugekommene  Krankengeschichte 
ich  kurz  mittheilen  will. 

Bei  der  bis  zum  28.  Jahre  'gesunden  Patientin  hatte  sich  unter  dem 
Mundwinkel  ein  warziger  Auswuchs  gebildet,  der,  8  Mal  exstirpirt,  recidi- 
?irte;  trotz  yielfacher  innerer  Medication  hatte  sich  innerhalb  14  Jahren 
eine  bedeutende  Anschwellung  knotigen  Charakters  Aber  beide  Gesichtshilf" 
ten  verbreitet,  und  die  veränderte  Haut  am  Kinne  und  Halse  zeigte  alle 
Charaktere  der  Elephant.  Arab.  Die  verdickten  Augenlider  konnten  nicht 
von  einander  entfernt  werden;  rechts  war  das  Sehen  unmöglich,  durch  Ver- 
schluss der  Nasenlöcher  der  Geruchssinn  ausser  Function  gesetzt,  durch  die 
verdickten  Lippen  konnte  kaum  ein  TheelOffel  eingeführt  werden;  der  rechte 
äussere  GehOrgang  war  geschlossen.  Im  Nov.  1858  wurde  die  wegen 
der  tiefen  Lage  und  starken  Blutung  aus  der  veränderten  Haut  erschwerte 
Unterbindung  der  rechten  Carotis  gemacht.  Schon  nach  vrenigen  Minuten 
zeigten  sich  die  Hantpartieen  geschrumpfter,  blasser,  kflhler,  weicher,  nach 
14  Tagen  konnte  Fat  hören  und  sehen;  am  28.  Tage  fiel  die  Ligatur;  nach 
8  Monaten  vrar  ein  weiteres  Schrumpfen  nicht  bemerkbar.  Nach  6  Monaten 
wmrde  die  andere  Carotis  mit  befriedigendem  Resultate  ligirt.  Einzelne 
Theile  der  Wangen,  Lippen  etc.  sind  nachträglich  entfernt  Jetzt,  nach 
8  Jahren,  ist  der  Zustand  recht  befriedigend,  zeigt  keine  Neigung,  sich  wei- 
ter zu  verbreiten,  ist  vielmehr  immer  noch  in  der  Rfickbildung  begriffen. 
StGrangen«der  Gehimfunctionen  traten  bei  keiner  Ligatur  auf.  Denselben 
Weg  zur  Heilung,  oder  wenigstens  Besserung  des  Leidens  schlugen  schon 


416  I>r.  G.  Pilz, 

ein:  Garnochan,  Bntcher,  Fayrer  etc.  an  anderen  Theilen.  (Amerie. 
Journ.  of  med.  sc.  Iä67.  JuL  p.  109.  —  Mediz.  Gentralblatt.  1867.  No.  43. 
S.  683.) 

Bei  diesen  Operationen  beiderseitiger  Ligatur  erschien  unter 
23  genauer  beschriebenen  Fällen,  in  Folge  der  2.  Operation  nur 
bei  Robert  3  Tage  anhaltendes  Ameisenlaufen  in  der  unteren 
Extremität,  neben  Schmerz  im  gleichseitigen  Auge  und  Einge- 
nommenheit des  Kopfes,  bei  Dupuytren-Robert  Hemiplegie, 
bei  Busch-Bünger  am  2.  Tage  Coma,  Sensation  im  Kopfe  und 
Verlust  des  gleichseitigen  Auges^  bei  Pirogoff  wie  bei  der  1. 
Ligatur  Kopfschmerzen,  Erbrechen  und  ausserdem  Singultus,  bei 
Kühl  neben  Kopfschmerzen  Verminderung  des  Sehvermögens  und 
Parese  des  rechten  Armes,  bei  Blak  man  blieb  der  Geist  meh- 
rere Wochen  geschwächt.  In  allen  übrigen  Fällen  hatte  die  2. 
Ligatur  keine  Erscheinung  im  Gefolge,  nicht  einmal,  als  sie  schon 
von  Ellis  nach  vier  Tagen  angewandt  wurde,  sogar  nicht  bei 
Möller,  dessen  erste  Ligatur  Hemiplegie  bewirkt  hatte.  Eine 
Erklärung  dieser  scheinbar  so  befremdenden  Thatsache  glaube 
ich  in  der  Bildungsweise  des  Collateralkreislaufes  finden  sn 
können.  Indem  mit  Schluss  der  Ligatur  die  Bahn  der  einen 
Carotis  dem  grossen  Kreislaufe  entzogen  ist,  die  Blutmenge,  wie 
in  den  meisten  Fällen  unverändert  geblieben,  also  die  Spannung 
im  Arteriensystem  und  besonders  im  Anfange  desselben  in  der 
Aorta  erhöht  worden  ist,  so  wird  auch  in  die  andere  Carotis  und 
in  schwächerem  Maasse  in  die  beiden  Vertebrales  etwas  mehr 
Blut  als  vorher  einströmen,  und  deshalb  wird  eine  für  die  ein- 
zelnen kleinen  Arterien  und  Capillarbezirke  allerdings  verschwin- 
dend kleine  Erweiterung  eintreten  können;  geschieht  in  nicht 
zu  später  Zeit  die  Ligatur  der  zweiten  Carotis,  so  finden  die 
Vertebrales  wie  die  an  der  Halsseite  gelegenen  starken  Zweige 
der  Subclavia  die  schon  angelegten  neuen  Bahnen  vor,  so  dass 
der  CoUateralkreislauf  sich  schnell  herstellen  kann;  macht  man  die 
2.  Ligatur  erst  spät,  so  unterstützt  das  neue  Gef&ssnetz  der  zu- 
erst operirten  Seite  und  die  schon  erweiterten  Bahnen  der  ande- 
ren Seite  die  Bestrebungen  der  Vertebrales.    Durch  diese  Vor- 


Zar  Ligatur  der  Arteria  Carotis  commanis.  417 

Btellnng  über  die  Art  und  Weise  der  Bildung  von  CoUateral- 
babnen  kann  man  vielleicht  die  scheinbar  gleichseitigen  Paraly- 
sen erklaren,  die -nur  in  No.  273,  398,  413  und  553  beobachtet 
sind,  und  auf  einer,  durch  die  in  diesen  Fällen,  aus  nicht  nachweis- 
lichen Momenten,  vermehrten  Hyperämie  der  nicht  operirten  Seite  — 
also  in  Wirklichkeit  einer  gekreuzten  Lähmung  —  beruhen 
würden.  Das  Gehirn  hermetisch  in  seiner  unnachgiebigen  Kapsel 
eingeschlossen,  würde  in  seinen  Elementen  bei  diesem  Vorgange 
eine,  wenn  auch  noch  so  kleine,  allseitige  Compression,  oder  viel- 
leicht richtiger  unendlich  feine  Verschiebung  seiner  klein- 
sten Theile  erfahren,  so  weit  ein  Ausgleich  durch  die  Cerebro- 
spinal-Flüssigkeit  nicht  möglich  ist.  Ob  hierbei  eine  wirkliche 
Zerreissung  kleinster  Gefässe  eine  Rolle  spielt,  bleibt  ungewiss, 
nicht  unmöglich;  denn  die  einzige  Sectioui  von  398,  die  .mir  vor- 
liegt, macht  hierüber  keine  genaueren  Angaben.  Hierbei  muss 
ich  noch  bemerken,  dass  in  No.  273  Lerylier  diese  gleichsei- 
tige Lähmung  nicht  betont,  sondern  sie  einfach  mit  gekreuzter 
Lähmung  anderer  Fälle  zusammenstellt,  so  dass  der  Verdacht 
einer  Verwechselung  der  Seite  sich  beim  Lesen  der  Eranken- 
geschiehte  mir  sogleich  aufdrängte;  gleichwohl  musste  ich  ihn 
anführen;  in  No.  553  war  die  Obliteration  der  Armarterie  der 
Grund  seiner  Lähmung.  Den  so  eben  geschilderten  Vorgang, 
der  sic^h  auch  in  der  Hemisphäre  der  operirten  Seite  ausbilden 
musB,  möchte  ich  auch  für  die  Erklärung  der  meist  nach  einigen 
Tagen  distinct  gleichseitig  auftretenden  Kopfschmerzen  und 
besonderer  Sensation,  die  bald  als  Leere,  als  Völle  etc.  bezeich- 
net v^ird,  anführen;^  ebenso  dürfte  er,  im  Bunde  mit  der  Anä- 
mie, die  meist  gleichseitigen  Convulsionen  und  später  eingetre- 
tenen Lähmungen,  soweit  dieselben  nicht  von  eingetretener  Hirn- 
entzündung abzuleiten  sind,  hervorgerufen  haben.  —  Berücksich- 
tigen wir  die  Convulsionen,  so  starben  von  16  mit  diesem  mehr 
oder  wenig  stark  auftretenden  Symptome  behafteten  Personen,  14; 
von  3  mit  epileptischen  Anfällen  nach  der  Ligatur,  starben  2.  Nach 
ihren  zahlreichen  Versuchen  glauben  sich  Kussmaul  undTenner 
(Ursprung  und  Wesen  der  fallsüchtigen  Zuckungen  etc.)  zu  dem 

T.  Langeobeek-ft  Arehi?  fOr  Chirurgi«.  TX.  27 


418  Dr.  C.  Pill. 

Schlüsse  berechtigt,  dass  die  convulsivischen  und  speziell  epilep- 
tischen Krämpfe  durch  Blutleere  des  Mittelgehirns  bedingt 
seien;  Schröder  v.  d.  Kolk  (Bau  u.  Funct.  der  Med.  oblong,  etc.) 
postulirt  für  sie  die  Hyperämie  der  Medulla  oblongata. 

Von  den  übrigen  noch^  aufgetretenen  Erscheinungen  stellte 
sich  in  Nr.  20.  eine  3  Tage  dauernde  „allgemeine  Unempfind- 
lichkeit^  ein,  und  es  folgte  der  Ligatur  in  Nr.  31.  eine  mehrere 
Stunden  währende,  physische  und  psychische  Abgeschlagenheit, 
worauf  Ideen-Verwirrung,  Trismus  und  Somnolenz  erschien;  beide 
Fälle  endeten  in  Genesung.  Wirksam  trat  die  Hyperämie  in  den 
9  Fällen  von  Somnolenz  hervor,  von  denen  7  wegen  Blutung 
operirt  wurden  und  4  starben.  In  den  17  Fällen  von  Coma, 
unter  denen  5  Mal  Delirien  voraufgingen,  und  nur  2  genasen, 
lag  eine  mehr  oder  minder  ausgesprochene  Entzündung  des 
Gehirns  zu  Grunde,  sei  es,  dass  in  den  Sectionen  dieselbe  nur 
als  hochgradige  Hyperämie  oder  als  ausgesprochene  Gehirnent- 
zündung mit  weiteren  Veränderunngen  geschildert  wird.  —  Dass 
die  Begriffe  Somnolenz,  Coma  und  Sopor  scharf  auseinanderge- 
halten sind,  ist  unwahrscheinlich.  —  Sopor  wird  zweimal  als  Folge 
der  Ligatur  angegeben;  dieser  trat  bei  dem  in  Genesung  enden- 
den Fall  Nr.  536  nach  8  Tagen  auf,  nachdem  schon  am  ersten 
Tage  Lähmung  erfolgt  war,  im  anderen  Falle,  Nr.  585.,  nach  der 
3.  Woche;  hier  zeigte  die  Section  Erweichung  einer  Hemisphäre. 
Von  den  24  Fällen  mit  Delirien  genasen  4.  Mit  Ausschluss  von 
5  der  Section  entbehrenden  Fällen,  zeigte  sich  8  Mal  Meningitis, 
1  Mal  Extravasat  an  der  Basis,  1  Mal  Hyperämie,  3  Mal  Absce- 
dirung  in  der  Hirnsubstanz,  1  Mal  Phlebitis.  1  Mal  wird  die 
Angabe  gemacht,  dass  blutiges  Serum  in  den  Ventrikeln  gewesen 
sei,  das  Gehirn  selbst  aber  normal;  1  Mal,  dass  die  Gehirnsnb- 
stanz  normal  gewesen;  2  Mal  traten  die  Delirien  bei  hohem 
Fieber  der  Patienten  auf,  so  dass  eine  Hyperämie  hier  annehm- 
bar ist.  Schwächung  des  Geistes  in  Folge  der  Operation  findet 
sich,  ausser  in  den  3  tödtlich  endenden,  Gehirnveränderung  zei- 
genden Fällen  Nr.  67.  264.  und  561.,  noch  8  Mal  aufgefährt, 
bei  denen  nur  in  Nr.  79.  und  495  der  Tod  eintrat;  im  letzteren 


Zor  Ligatur  der  Arteria  Carotis  communia.  419 

war  die  Yen.  jag.  comm.  mit  unterbanden.  Naehdem  wir  frfiher 
als  besonders  wichtig  für  die  weitere  Ernährang  des  Gehirns  die 
Integrität  der  anderen  Art.  Carotis,  beider  YertebraJes  und  des 
Gircul.  art.  Willisii  erkannt  haben,  und  über  den  Verschluss  der 
ersteren,  so  weit  die  zugängliche  Literatur  es  thut,  Mittheilungen 
gemacht  sind,  bleiben  nur  noch  über  die  letztere  Communications- 
bahn  einige  Worte  zu  sagen.  Vielfach  findet  sich  die  Angabe, 
dass  die  Gefässe  der  Hirnbasis  zahlreiche  Variationen  in  ihrer 
Grösse  bieten,  nirgend  ist  bis  jetzt  von  denen,  welche  über  ge- 
nügendes Material  gebieten,  eine  genauere,  grössere  Arbeit  er- 
schienen ;  hätte  doch  ein  Anatom,  der  sich  zur  Aufgabe  gemacht 
hat,  an  Massenuntersuchungen  anatomische  Thatsachen  festzu- 
stellen, wie  oft  z.  B.  dieses  oder  jenes  Sesambein  vorkomme, 
oder  die  Art  und  Zahl  der  Klappen  an  einer  Vene,  diesen  Gegen- 
stand in's  Auge  gefasst,  er  hätte  ein  grösseres  Verdienst  sieh 
erworben.  Ehr  mann  (1.  c.  p.  78)  macht  hierüber  die  einzigen 
Angaben,  denn  die  wahrscheinlich  in  den  letzten  grossen  Werken 
des  Geh.-Rath  Barkow  niedergelegten  bezüglichen  Thatsachen 
stehen  mir  zur  Zeit  noch  nicht  zu  Gebote.  Er  fand,  dass  die 
Art.  comm.  post.  der  einen,  auch  beider  Seiten,  nicht  selten 
die  Art.  cereb.  post.  (s.  cerebell.  prof.)  an  Weite  übertreffe  — 
die  Zahl  beträgt  nämlich  in  seiner  Untersuchungsreihe  von  120 
Beobachtungen  17 — 19  pCt.  — ,  andererseits,  dass  sie  bisweilen 
sehr  eng,  fadenförmig  gefunden  werde,  dann  meist  auf  beiden 
Seiten  (p.  79),  und  öfter  als  dieses,  beim  Abgange  von  der  Ca- 
rotis durch  atheromatösen  Process  gänzlich  geschlossen;  auch 
die  A.  comm.  ant.  fand  sich  mehrfach  sehr  verengt.  Unter  den 
Präparaten  der  hiesigen  anatomischen  Sammlung  befinden  sich  — 
nach  meiner  Erinnerung  —  ebenfalls  mehrere,  bei  denen  die 
Rami  comm.  post  beiderseits  sehr  eng  sind,  und  eines, 
wenn  ich  nicht  irre,  bei  dem  die  A    comm.  ant.  doppelt  ist. 

Von  Seiten  des  Gehörorgans  erfolgte  3  Mal,  in  Nr.  12.  25  a. 
und  49.,  gleichseitige  Schwerhörigkeit,  eine  Erscheinung,  die 
wahrscheinlich  mehr  mit  dem  peripherischen  Endapparat,  als  mit 
dem  Gehirn  in  Zusammenhang  zu  bringen  ist,  ganz  wie  bei  dem 

27* 


420  !>'•  0.  Pill, 

Auge,  bei  welchem  15  Mal  gleichseitige  Schwächung  des  Gesichts- 
sinnes eintrat;  nur  in  Nr.  283.  wurde  —  vielleicht  eine  Ver- 
weohselung  —  das  Auge  der  anderen  Seite  befallen ;  3  Mal  anter 
diesen  trat  gleichseitige  Entzündung  des  Auges,  mit  Verlust  des 
Sehvermögens,  nach  der  Ligatur  auf,  bei  Nr.  17.  117.  332;  dass 
hier  nicht  das  Gehirn  selbst  jenes  gewöhnlich  schnell  vorüber- 
gehende Leiden  verschuldete,  beweist  nicht  nur  der  Umstand  der 
ausnahmslosen  Einseitigkeit,  sondern  mehr  noch,  dass  daneben 
gewöhnlich  keine  Gehirnerscheinung  anderer  Art  sich  zeigte.  Nach- 
dem die  Anämie  der  Retina  gehoben  war,  wurde  das  Sehvermö- 
gen wieder  normal,  ein  Vorgang,  der  nach  Mimosky's  Ver- 
suchen (Bericht  über  Leist.  d.  Augenheilkde.  1865.  von  Knapp.) 
nicht  viel  Zeit  in  Anspruch  nimmt,  denn  die  Ligatur  beider 
Garotiden  an  Thieren  zeigte  den  Blutstrom  gar  nicht,  oder  nur 
auf  Augenblicke  unterbrochen;  ja  bei  Thieren  genügt  eine  Ver- 
tebralis,  um  die  Girculation  in  der  Retina  zu  unterhalten.  Daher 
kommt  es,  dass  nicht  nur  in  Nr.  80.,  bei  der  Untersuchung  nach 
schon  eingetretener  Herstellung  der  Sehkraft,  wie  zu  erwarten  stand, 
keine  Veränderung  erkannt  werden  konnte,  sondern  nicht  einmal 
bei  Nr.  134-,  als  die  Untersuchung  mit  dem  Augenspiegel  früh 
angestellt  wurde.  Dass  der  veränderte  intraoculare  Druck  nicht 
gleichgültig  ist,  bleibt  ebenfalls  anzunehmen;  Experimente  müssen 
darüber  definitiv  entscheiden.  Der  3  Mal  eingetretene  Strabismus 
beider  Augen  (Nr.  35.  49.  95.)  steht  in  Zusammenhang  mit  dem 
hier  vorhandenen  Gehimleiden;  wodurch  er  in  letzter  Instanz 
bedingt  sei,  kann  ich  nicht  angeben;  ob  nach  Pr6vost  das  Corp. 
striat.  besonders  in  seinem  hinteren  Theile  verändert  gewesen, 
lässt  sich  wegen  mangelhafter  Section  nicht  sagen.  Schwer  ist 
für  die  nach  der  Ligatur  auftretenden  Pupillenveränderungen  eine 
genügende  Erklärung  zu  geben;  für  die  5  Mal  eingetretene  Ver- 
engerung lässt  sich,  sofern  sie  mit  anderen  Gehirnerscheinungen 
vergesellschaftet  ist,  an  eine  besondere  Reizung  des  N.  oculomot 
denken,  bei  12  anderen  von  Erweiterung  will  eine  mögliche 
Reizung  des  Sympath.,  oder  Lähmung  des  N.  oculomot.  nichts 
sagen;  eher  noch  lässt  sich  eine  Anämie  der  Muskulatur  selbst 


Zar  Ligatur  der  Arteria  Carotis  communiB.  421 

annehmen;  freilich  stellt  man  den  M.  dilat  irid.  von  manchen 
Seiten  in  Frage.  —  Singultns,  immer  mit  mehr  oder  weniger  hef- 
tigen Erscheinungen  von  Seiten  des  Gehirns  verbanden,  trat 
8  Mal  auf,  in  einigen  Fällen  bestand  zugleich  Erbrechen.  —  Die 
häufigsten  aller  Erscheinungen  sind  die  Schlingbeschwerden,  die 
nicht  seltener  als  55  Mal  aufgeführt  sind;  sie  werden,  wie  Ehr- 
mann ganz  richtig  bemerkt,  wohl  auf  Quetschong,  weniger  des 
N.  vagus,  als  der  zahlreichen,  zum  Pharynx  gehenden  Nerven- 
zweige zu  beziehen  sein,  die  ferner  noch  bei  der  Entzündung  in 
der  Wunde,  wie  der  Pharynx  und  wohl  der  Oesophagus  selbst, 
afficirt  werden;  sie  finden  sich  aber  nicht,  wie  nach  der  Lage 
der  Theile  anzunehmen  wäre,  häufiger  auf  der  linken  Seite. 
Dasselbe  Moment  dürfte  f&r  die  34  Mal  notirten  Hustenanfälle 
in  Frage  kommen,  bei  denen  von  anderen  Ursachen  noch  5  Mal 
Entzündung  des  Mediast.,  2  Mal  Pleuritis,  2  Mal  Lungenentzün- 
dungen zu  erwähnen  sind.  Die  Veränderungen  der  Stimme,  die 
15  Mal  als  Aphonie,  und  4  Mal  als  Heiserkeit  geschildert  werden, 
sind  nicht  darauf  zu  beziehen,  dass  der  N.  vagus  mit  in  die 
Schlinge  gefasst  wurde,  wohl  aber  auf  Quetschung  desselben  und 
der  zahlreichen  Fäden,  die  zwischen  ihm  und  den  sympath. 
Plexns  laufen.  Ghassaignac  (Gaz.  des  höp.  1857.  p.  424) 
nahm  zur  Erklärung  des  Druckes  auf  die  Nerven  in  seinem  Falle 
eine  Blutinfiltration  an,  und  durch  Girald6s  (Gaz.  des  höp. 
1857.  p.  128)  wurde  eine  Auffassung  ausgesprochen,  wie  ich  sie 
mir  auch  vorher  gebildet  hatte.  Hiernach  bildet  sich  um  die 
Ligaturstelle  an  der  äusseren  Gefässwand  —  ähnlich  dem  soge- 
nannten äusseren  Callus  —  ein  mehr  oder  minder  starkes  Exsu- 
dat, wie  es  die  schönen  Abbildungen  Portals  (1.  c.)  zeigen,  und 
dieses  übt  einen  Druck  auf  den  N.  vagus  aus,  der  nicht  besonders 
ausweichen  kann;  so  lange  dieses  Exsudat  noch  zunimmt  und 
fortbesteht,  hält  —  vielleicht  wegen  veränderter  Leitung  und 
eingetretener  Reizung  —  die  Veränderung  der  Stimme  an.  Bei 
dieser  Erklärung  würde  das  relativ  seltene  Auftreten  in  günstigen 
Nebenumständen,  geringer  Exsudation  etc.  zu  suchen  sein.  — 
Für  die  25  Fälle  von  Athembeschwerden,  die  sich  bis  zu  hoch- 


422  !>'•  0.  PiU, 

gradiger  Dyspnoe  steigerten,  findet  man  den  Grund  in  einer  üeber- 
fflllung  des  kleinen  Kreislaufes,  in  hohem  Fieber  (12  Fälle  von 
Gehirnleiden  mit  hohem  Fieber),  in  Gontusion  des  N.  vagns, 
YergrOsserung  und  Druck  des  Aneurysmas  auf  die  Trachea:  nur 
1  Mal  zeigte  die  Section  in  Nr.  129.  apoplektische  Herde  in  der 
Lunge,  —  während  dieselbe  bei  Pferden  die  Kegel  ist  — ;  Miller 
nimmt  darnach  diese  der  Ligatur  folgende  Erscheinung  (Grisp 
L  c.  p«  235)  yiel  zu  häufig  an.  Die  Section  ergab  bei  diesen 
Personen  6  Mal  Eiter  im  Mediast.  antic,  2  Mal  Druck  des  ver- 
grOsserten  Tumor  auf  die  Trachea;  2  Mal  bestanden  Lungenkrank- 
heiten; 1  Mal  hochgradige  Congestion  der  Lungen;  1  Mal  war 
der  Vagus  bei  der  Verwundung  verletzt  worden.  Noch  will  ich 
des  Vorkommnisses  gedenken,  dass  4  Patienten  beim  Umf&hren 
des  Fadens  um  die  Arterie  unter  lautem  Schrei  ohnmächtig  wur- 
den, oder  mit  den  Zeichen  höchster  Angst  und  Erregtheit  zitternd 
dalagen ;  jedesmal  konnten  die  Operateure,  nachdem  sie  sich  da- 
von überzeugt  hatten,  dass  das  Gefäss  allein  gefasst  worden 
war,  die  Ligatur  ohne  weitere  Erscheinungen  schliessen;  ein 
starker  Druck  der  vielleicht  zu  sehr  gebogenen,  starken  Anen- 
rysmennadel  trägt  hier  wohl  die  Schuld. 

Nachdem  ich  die  Erscheinungen,  welche  nach  dieser  Ope- 
ration aufzutreten  pflegen,  in  der  Häufigkeit  ihres  Vorkommens, 
soweit  die  Berichte  es  gestatten,  berücksichtigt,  und  eine  Erklä- 
rung der  ihnen  zu  Grunde  liegenden  Ursachen  zu  geben  ver- 
sucht habe,  —  wobei  ich  bemerken  muss,  dass  schon  Ehr  mann 
meistens  die  richtige  Erklärung  gab,  ich  jedoch,  bevor  ich  seine 
Schrift  erhielt,  dieselben  erkannt  hatte,  —  will  ich  nur  noch 
auf  die  Nachblutungen  und  die  Sectionsresnltate  hindeuten,  ehe 
ich  bei  den  einzelnen  Indicationen,  nach  welchen  die  Ligatur 
gemacht  wurde,  verweile.  Schon  Porta  fand,  dass  beim  Men- 
schen die  Nachblutungen  häufiger  auftreten  nach  der  Ligatur,  als 
bei  Thieren.  Derselbe  fand  bei  600  zusammengestellten  Ligaturen 
75  Mal  Nachblutung,  also  12^  pCt  Davon  kamen  auf  132  Li- 
gaturen der  in  Rede  stehenden  Arterie  nur  9  Nachblutungen, 
also  64  pCt.    Bei  meiner  Znsammenstellung  fand   ich   99  Mal 


Zar  Ligatnr  der  Arteria  Carotis  commonis.  423 

Nachblutung  eintreten,  eingerechnet  die  Blutung  aus  entzündetem 
aneurysmatischen  Sacke.  Rechnen  ^ix  wieder  mit  wenig  Abän- 
derungen die  Fälle,  in  denen  gar  keine  Angaben  gemacht  sind, 
wie  früher  bei  den  Gehirnerscbeinungen,  ab,  zu  denen  sich  jedoch 
bei  scharfer  Sichtung  Tiele  durch  Wood  allein  Terbürgte  F&lle 
neben  einigen  anderen  gesellen  müssten,  so  erhalten  wir  eine 
für  die  Ligatur  der  Carotis  absolut  gar  nicht,  nur  relativ  für  die 
einzelnen  Rubriken  geltende  Zahl,  die  also  besser  erst  bei  jenen 
einzeln  berücksichtigt  zu  werden  verdient;  hier  würden  40  pCt. 
sonst  als  Ziffer  der  Nachblutung  anzugeben  sein.  Unter  den  99 
Fällen  traten  50  aus  der  Operationswunde  auf,  also  meist  ent- 
standen aus  den  nicht'  gut  thrombirten  Gefässen,  vermittelt  durch 
die  Gollateralen.  Es  dürfte  hier  nicht  unpassend  sein,  auf  den 
Fehler  zu  verweisen,  dass  man,  zur  sogenannten  vollkommenen 
Isolirung  der  Arterie,  ihre  Scheide  in  grosser  Ausdehnung  ab- 
löste; dadurch  wurde  der  ausgebreiteten  Necrotisirnng  des  6e- 
fasBStückes  Vorschub  geleistet  und  eine  gefährliche  Nachblutung 
herbeigeführt.  Als  vervollständigende  Bemerkungen  mögen  zum 
Schloss  die  wichtigeren  Sectionsresultate  kurz  angeführt  werden. 
Der  Tod  wurde  herbeigeführt:  durch  Nachblutung  19mal,  durch 
Pyämie  lOmal,  durch  Erschöpfung  ISmal,  durch  Kachexie  6mal, 
durch  Lungen-  und  Rippenfellentzündung  71mal,  durch  Ruptur 
des  Aneurysma  (Br.  Ward.)  4mal,  durch  Glottisödem  und  Er- 
stickung je  Imal.  Als  besondere  Veränderungen  wies  die  Sec- 
tion  nach:  9mal  Gehirnentzündung,  6mal  Hyperämie  ISmal 
Erweichung,  ISmal  Abscesse  im  Gehirn,  4mal  Exsudat  in 
den  Ventrikeln,  4mal  Exsudat  und  Extravasat  an  der  Basis  des 
Gehirns,  Imal  starke  Injection  der  Pia  und  Imal  Trübung  der 
Arachnoidea;  3mal  Venenentzündung,  4mal  Abscesse  an  der  Li- 
gaturstelle, 8mal  Eitersenkung  in's  Mediast.  ant.,  2mal  in's  posti- 
cum,  9mal  verbreitete  Atherose.  Den  Grund  der  primären  oder 
secundären  Blutung  erkannte  man  in  der  Carot.  comm.  7mal, 
der  Carot.  ext.  und  ihrem  Stromgebiete  lömal,  der  Carot  int 
8mal,  der  Vertebr.  9mal,  der  Thyr.  sup.  14mal,  der  Lingualis 
lOmal,  der  Max.  ext  7mal,  der  Tempor.  Imal,  der  Occipit.  2mal. 


424  I>r-  C.  Pilz, 

Sieht  man  die  zahlreichen  Fälle  von  Blutung  durch,  wegen 
deren  die  Ligatur  der  Carot.  comm.  gemacht  wurde,  so  muss  man 
eingestehen,    dass    diese  Ligatur  nicht   immer   nothwendig  war. 
In  den  meisten  Fällen  von  Verletzung  des  Halses  und  Hinter- 
hauptes wird  die  Compression  der  Carotis  die  Entscheidung  lie- 
fern, ob  die  Blutung  ihrem  Gefässgebiete  oder  dem  der  Verte- 
bralis  entstammt;  tritt  aber  die  letztere,  wie  nicht  selten,  in  der 
Höhe  des  4.  oder  gar  2.  Halswirbels  erst  in  den  Ganal.  vertebr., 
dann  kann  die  auf  die  Carotis  ausgeübte  Compression  ebenfalls 
auf  die  Yertebralis  wirken,  und  in  solchen  Fällen  hat  man  mehr- 
fach unnützer  Weise  die  Ligatur  der  Carotis  ausgeführt    Giebt 
aber  bei  einer  Verletzung  das  Carotis- Gebiet  die  Blutung  her,  so 
ist  hier,  wie  bei  allen  Gefässverletzungen,  der  oberste,  besonders 
von  Guthrie  aufigestellte  Grundsatz  zu  beobachten:  Beide  Enden 
der  Arterie   in  der    nöthigenfalls    erweiterten  Wunde  zu  unter- 
binden;   dies   gelingt   am    leichtesten    bei   den   Schnittwunden; 
schwerer  bei  den  Schusswunden  und  Nachblutungen.    Neudörfer 
(in  dem  letzten  Hefte  seiner  Kriegschirurgie)  fehlt  meiner  Meinung 
nach  sehr,  wenn  er  kurz  absprechend  dieses  Verfahren  als  in  der 
Praxis  unausfahrbar  angesehen  wissen  will;  musste  doch  in  No. 
75  dieser  besser  gleich  einzuschlagende  Weg  später  genommen 
werden.     Kann  jedoch    das    verletzte  Gefäss  nicht   aufgefunden 
werden,  so  käme  immer  noch  die  Digitalcompression  in  Frage, 
wenn  die  Art  der  Verletzung  sie  nicht  ausschliesst;   hierzu  be- 
darf es  in  der  Halsgegend  eines  mit  den  anatomischen  Verhält- 
nissen Vertrauten,  der  sogar  mit  Anderen  wegen  der  schnellen 
Ermüdung  abwechif^eln  muss;   ist  man  nicht  in  der  Lage,    über 
geeignete  Wärter  verfügen  zu  können,  oder  wohnt  man  entfernt 
von  dem  Orte,    oder   befindet  man    sich  gar  auf  dem  Schlacbt- 
felde,    wo  die  Zeitverhältnisse   mit  in  Betracht  zu    ziehen    sind, 
dann   muss  man  sich  zur   mittelbaren  Ligatur  der  Carotis   ent- 
schliessen,  da   man    nicht   auf  spontane  Heilung  der  Gef&ssver- 
letzung,  wie  sie  Larrey  gesehen,  rechnen  darf. 

So  sah  ich  folgenden  Fall  in  Reinerz.    Als  im  Anfange  Joli  unser  3tes 
schweres  Feldlazareth  des  6.  Anneecorps  dort  thätig  war,  wurde  ich  eines 


Zur  Ligatur  der  Arteria  Carotis  commnnis.  425 

Nachmittags ,  da  die  anderen  Gollegen  anderweitig  beschäftigt  waren ,  tou 
einem  Krankenwärter  in  die  Colonnaden  gerufen,  wo  bei  einem  prenssischen 
Verwundeten  pl($lzlich  eine  heftige  Hämorrhagie  aus  dem  Munde  aufgetreten 
war;  ich  fand  den  noch  blutenden  Patienten,  mit  kleinem  Pulse,  bleich  da- 
liegen; Compression  der  1.  Carotis,  Eisstückchen  und  kalte  Deberschläge 
auf  die  linke  Kopfseite  stillten  sogleich  die  Blutung;  eine  genauere  Unter- 
suchung konnte  ich  nicht  Yornehmen;  ich  sah,  dass  die  Kugel  in  die  linke 
Wange  eingedrungen  war,  dann,  auf  dem  Boden  der  Mundhöhle  hingegan- 
gen, die  linke  Zungenseite  in  ihrer  Mitte  tief  eingerissen  hatte;  die  Kugel 
fühlte  ich  in  dieser  Gegend  nicht;  Pat.  war  so  schwach,  dass  ich  von  ihm 
nichts  erfahren  konnte,  wahrscheinlich  war  die  Kugel  nicht  mehr  in  der 
Wunde.  —  In  diesem  Falte  wurde  man  bei  neuen  Blutungen  deren  Quelle 
man  nicht  genauer  erkannt  hätte,  da  die  Compression  der  Carotis  sich 
als  nfltslich  erwies,  die  Ligatur  derselben  haben  anwenden  mflssen.  Den 
nächsten  Tag  fand  ich  den  verlegten  Patienten  nicht  wieder,  da  ich  den 
Namen  nicht  wusste;  am  2.  Tage  yerliess  ich  Reinerz. 

Guthrie  war  es  auch,  der  die  Carot.  ext.  in  allen  Fällen 
ligirt  haben  wollte,  wo  ans  ihrem  Bereich  die  Blutung  erfolgte. 
In  neuerer  Zeit  ist  diese  Arterie  mehrfach  mit  Erfolg  unterbunden 
worden,  so  Ton  Guyon,  Dolbeau,  Gore,  Partridge,  Keith, 
Wutzer,  Bruns  etc.  Doch  liegt  über  die  relativ  immer  noch 
wenigen  F&lle  keine  statistische  Arbeit  vor,  aus  der  besonders  er- 
sichtlich ist,  ob  die  a  priori  häufige  Nachblutung  eintritt,  und  ihre  Un- 
terhindung sicher  grosse  Gefässtumoren  beseitigt.  Was  sich  gegen  die 
von  Guthrie,  Wutzer  und  Maissonneuve  erhobene  Vertheidi- 
gung  einwenden  lässt,  hat  Bardeleben  (Chirurg.  Bd.  2.  S.  181) 
kurz  gesagt.  —  Nachblutungen  traten  unter  220  Fällen,  von  denen 
62  keine  genaueren  Angaben  haben,  öSmal,  also  nach  Abzug 
jener  in  33|  pCt,  ein;  von  diesen  erfolgte,  nach  den  zu  spar- 
samen Berichten,  dieselbe  18mal  aus  der  Operationswunde  und 
•  3mal  aus  dem  Munde;  an  Nachblutung  starben  von  diesen  53 
Perdonen  16,  also  35  pCt.,  jene  nicht  mit  einbegriffen,  bei  wel- 
chen hochgradige  Erschöpfung  nach  der  Hämorrhagie  als  Todes- 
ursache aufgeführt  wird.  Die  Section  giebt  nur  an,  dass  der 
Thrombus  fehlte:  über  der  Ligatur  2mal,  unter  ihr  2mal,  gar 
nicht  vorhanden  war  bei  2  Personen,  Imal  der  obere  nicht  ad- 
härent  war,  Imal  beide  nicht.    Die  Quelle  der  primären  Blutung 


426  Dr.  C.  Pilz, 

ist  durch  die  Section  oder  Untersuchung  im  Leben  in  folgender 

Weise  für  die  einzelnen  Arterien  sichergestellt: 

Carotis  commtinis  6  Mal.     Carot  int.    3  Mal,  and  ihr  Bezirk    6  Ha]. 

*  Carot  ext.  2    -                do.  11 

Max.  int.      9    -                 do.  5 

Max.  ext     2    -                do*  3 

Thjr.  8up.   6    -                do.  5 

Lingnalis     3    -                do.  5 

Occipitalis    1    •                 do.  1 

Temporaiis  1    -                do.  — 

Vertebralis  5    -                do.  — 

Ein  grösseres  Interesse  als  die  Blutungen  bieten  die  Aneu- 
rysmen, und  da  sie  meist  mit  der  Ligatur  behandelt  worden 
sind,  so  habe  ich  versucht,  unter  Hiozufugung  der  anderen  be- 
obachteten Aneurysmen  der  Carotis,  mit  Ausschluss  der  intracra- 
niellen,  so  weit  die'  Literatur  zur  Zeit  mir  zugänglich  ist,  die 
Erfahrungen  über  dieselben  gedrängt  zusammenzufassen.  Der 
erste  berichtete  Fall  stammt  von  Lancisins. 

Eine  40  jährige,  hysterische  Frau  bekam  Herzklopfen,  Schwin- 
del und  starke  Pulsation  in  der  Carotis;  trotz  angewandter  Ad- 
stringentien  verschlimmerte  sich  die  letztgenannte  Beschwerde, 
eine  spätere  Behandlung  schaffte  Besserung.  (Lancisins,  De 
Aneurysmat.  propositio  33.  p.51.  GollectioLauth.)  Einen  anderen 
sah  Morgagni  (Observat.  of  Aneurism.  Sydenham  Society,  p.  263) 
bei  einer  Frau  zu  Bologna;  der  Puls  war  hart,  beide  Carotiden 
schlugen  stark,  besonders  die  linke  zeigte  sich  erweitert.  In  der 
Hunte  raschen  Sapimlung  findet  sich  auch  ein  Aneurysma  dieser 
Arterie,  die  selbst  obliterirt  ist  (Ibid.  p.  99.)-  Erweiterungen 
der  Carot  comm.  und  int  hat  nach  Crisp  (1.  c.  Seite  229)  A. 
Bums  mehrfach  beobachtet,  2mal  an  Lebenden,  ohne  dass  Er- 
scheinungen irgend  welcher  Art  bestanden.  Crisp  selbst  sah 
im  Thomas-Hospit.  bei  einem  61jährigen,  wegen  Fussgeschwür 
eingetretenen  Schmidt,  an  der  linken  Halsseite  ein  zuf&llig  be- 
merktes Aneurysma,  das,  von  der  Grösse  eines  kleinen  Apfels, 
seit  14  Jahren  ohne  jede  Beschwerde  bestanden  haben  soll;  auch 


Znr  Ligatur  der  Arteria  Carotis  communis.  427 

die  rechte  Garot.  schien  erweitert  zu  sein;  ein  Leiden  der  Mi- 
tralklappe war  nachweislich. 

Derselbe  sah  im  Georges-Hospit.  Museum  das  Präparat  eines 
Aneur.  der  Carotis,  die  nahe  der  Theilungsstelle,  neben  einer  klei- 
nen aiheromatOsen  Ablagerung,  eröffnet  ist;  auf  der  Ansscnseite 
liegt  dem  Geftsse  ein  grosses,  festes,  2  Fäustedickes,  in  der  Mitte 
nur  hohles  Goagulum  auf.  Dasselbe  stammt  von  einem  39jähri- 
Manne,  der  nach  plötzlichem  Stechen  im  Halse,  Schmerzen  im 
Schlünde  eine  Geschwulstbildung  daselbst  hatte  (S.  231.). 
Ein  zweites  Aneurysma  betraf  eine  60jährige  Frau,  gelegen  an 
der  Theilnngsstelle  links,  taubeneigross,  ohne  äussere  Veranlas- 
sung entstanden;  leichte  Zuckungen  im  Gesicht  und  Taubheit 
des  linken  Armes  sind  die  Folgen;  in  6  Monaten  blieb  der  Zu- 
stand nngeändert,  die  Ligatur  wurde  verweigert;  ferner  fand  ich 
durch  Grisp  noch  angeführt,  dass  Dune  an  bei  einem  SOjähri- 
gen  Neger  ein  rechtsseitiges  Aneurysma  beobachtete,  das,  nicht 
operirt,  platzte  (Edinb.  Med.  and  Surg.  Journ.  Vol.  12),  und  im 
45.  VoL  die  Beobachtung  von  Auchincloss  über  ein  Aneurysma 
der  Garotis,  neben  einem  solchen  der  Innom.  und  Subclav.  Von 
einem  doppelseitigen  Aneur.  der  Garot.  bei  einer  Geisteskranken 
erzählte  mir  Prof.  Pirogoff.  Heilung  grösserer  Aneurysmen 
durch  Yalsalva's  Methode  dürfte  selten  sein;  berichtet  wird  die- 
ser Ausgang  von  Beaumont  (Lancet.  1854.  29.  Jan.  p.  75); 
nicht  so  glücklich  war  bei  dieser  Methode  Maurin.,  241,  der  zur 
Ligatur  schreiten  musste.  Ist  das  Aneurysma  nicht  zu  gross,  so 
durfte  die  bei  Weitem  nicht  genügend  berücksichtigte  Digital- 
compression  neben  der  diätetischen  Behandlungsweise  in  Anwen- 
dung gezogen  werden;  eine  Heilung  auf  diesem  Wege  erzielt  zu 
haben,  berichtet  Sbeppard  (Med.  Times  and  Gaz.  1863.  Vol. 
2.  p.  43),  und  directe  (!)  Gompreasion  wandte  mit  Erfolg  G in i - 
sellian.  (Annal.  univ.  GIX.  p.  351  Gennajo.  Schmidt,  Jahrbb. 
1867.  Heft  6.  S.  378).  Eerr  sah  bei  einem  32jähr.  Manne  1866 
den  27.  Jan.  an  der  linken  Halsseite,  wo  er  vor  6  Monaten  ver- 
wundet worden,  ein  faustgrosses  Aneurysma.  Die  Digital-Gom- 
pression   wurde  anfangs  nicht   ertragen,   später  ganz  gut.    Am 


428  !>'•  C.  Pilz, 

20.  April  verliess  Pat.  das  Spital;  der  Tamor  war  verkleinert, 
das  Geräusch  und  die  Pulsation  geschwunden.  (Americ.  Journ. 
1867.  Apr.  p.  402.)  Von  den  übrigen  gegen  Aneurysmen  ge- 
brauchten Methoden  kamen  nur  die  Injection  mit  coagulirenden 
Flfissigkeiten,  die  Electropunctur  und  Acupressur  zur  Anwendung. 
Nach  Broca  (Traitä  des  Anevr.  p.  382)  bewirkte  eine  zweima- 
lige grosse  Injection  von  Liq.  Ferri  in  ein  nicht  mehr  operirbares 
Aneurysma  der  Carot.  comm.,  nach  Abfall  der  gebildeten  Eschara, 
eine  zum  Tode  f&hrende  Blutung.  Durch  Electropunctur  erreichte 
Hamilton  (Dublin  quart.  Journ.  1846.  Vol  2.  p.  539.)  ein 
Verschwinden  der  Pulsation,  die  bald  wiederkehrte;  Tom  zweiten 
Tage  an  wuchs  das  Aneurysma,  der  Puls  erlosch  in  ihm  am  15. 
Tage,  und  der  Tumor  wurde  fester;  dennoch  starb  Patient  bald, 
und  die  Section  zeigte  im  Centrum  eine  zäh-^scbleimige  schwarze 
Masse.  Auch  Broca  (I.  c.  p.  342)  berichtet  von  Niceoli  (Li- 
vorno),  dass  dieser  durch  eine  6malige  Electropunctur  in  einer  Woche 
heftige  Entzündung  in  dem  unter  der  rechten  Submaxillargegend 
gelegenen  Sack  hervorrief,  die  mit  Ruptur  endete.  In  neuester 
Zeit  kam  die  Acupressur  zur  Verwendung,  wovon  die  gütige 
Mittheilung  Spence's  berichtet.  Danach  operirte  in  dieser 
Weise  Dix  (zu  HuU),   der  schon  (Med.  Times  and  Gaz.    1860. 

2.  Jan.)  die  Vortheile  dieser  Methode,  gegenüber  der  Ligatur, 
ausgesprochen  hat,  eine  Person  mit  Erfolg;  in  einem  anderen 
Falle,  von  Watson  nach  dieser  Methode  behandelt,  erfolgte  am 

3.  und  4.  Tage  Nachblutung,  dann  Tod.  Dass  das  besonders  von 
Fergusson  empfohlene  Verfahren  der  „Enetung'^  hier  nicht  zur 
Anwendung  kommen  darf,  bemerkt  Salzer  (Wien.  Med.  Wochen- 
schrift. 1867.  S.  127.)  sehr  richtig;  für  die  hierbei  möglichen  Fol- 
gen will  ich  den  interessanten  Fall  Esmarch's  (Vi rchow 's  Ar- 
chiv. 1857.  Bd.  11.  S.  410)  kurz  anführen,  indem  bei  der  Unter- 
suchung des  Aneurysmas  der  linken  Halsschlagader  Pat.  plötz- 
lich zusammensank,  wie  bei  einem  apoplectischen  Insult,  mit 
Lähmungserscheinungen  der  rechten  Seite.  Nachdem  am  dritten 
Tage  unter  schweren  Gehimerscheinungen  der  Tod  eingetreten 
war,  zeigte  die  Section  Embolie  der  1.  Garoi   int.  mit  Erwei- 


Zar  Ligatur  der  Arteria  Carotis  commuiiis.  429 

chung  des  1.  Corp.  striat  und  theüweiser  des  Corp.  callos.;  im 
Pons  VaroL  anterhalb  des  Aquaed.  Sylv.  lap  ein  frisches  Blut- 
extravasat  und  1  Gtm.  davon  nach  vorne  ein  kleineres;  viele 
capilläre  Extravasate  bestanden  in  der  Umgebung;  der  Embolus 
setzte  sich  fort  in  die  Art.  foss.  Sylv.,  die  Ophthalm.  bis  zum 
Eintritt  in  die  Orbita,  und  eine  kleine  Strecke  in  die  Art.  corp. 
call.  Dieser  Fall  zeigt  auch,  wie  vorsichtig  man  bei  der  Unter- 
suchung sein  muss.  Will  man  diese  Methode  bei  Aneurysmen 
der  Innominata  und  selbst  bei  grossen  der  Subclavia  in  An- 
wendung bringen,  so  muss  man  sorgfältig  vor  der  Manipulation 
die  Carot  und  Subclav.  comprimiren,  und  selbst  noch  kurze 
Zeit  nach  dem  Aufhören  comprimirt  lassen.  Am  häufigsten  ist 
zur  Heiluung  der  Weg  der  Ligatur  nach  Hunter  eingeschlagen, 
deren  Resultate  in  der  zweiten  Tabellenreihe  uns  vorliegen.  Be- 
rücksichtigt man  die  Erfolge,  die  traumatischen  Aneurysmen  mit 
einbegriflfen,  so  sind  48  Personen  geheilt,  2  gebessert,  5  mit  un- 
verändertem Leiden  aufgeführt.  Soweit  die  Berichte  reichen, 
lassen  sich  über  die  spontanen  Aneurysmen,  über  welche  allein 
eine  Zusammenstellung  Werth  hat,  folgende  Angaben  machen: 
Von  49  Aneurysmen  gehören  den  verschiedenen  Ländern  fol- 
gende Zahl  der  Fälle  an:  England  24,  America  7,  Frankreich 
7,  Deutschland  4,  Italien  2,  Ostindien  2,  Schweden  1,  Russland 
1,  Ungarn  1 ;  also  das  sogenannte  classische  Land  der  Aneurys- 
men hat  auch  hier  eine  in  die  Augen  springende  Majorität  Un- 
ter 48  davon  afficirten  Personen  finden  sich  34  Männer  und  14 
Weiber,  so  dass  Grisp's  Angabe  über  die  relative  Häufigkeit 
dieses  Aneurysmas  bei  Frauen,  auf  welche  neuere  Schriftsteller 
sich  beziehen,  ihren  Grund  in  der  nicht  grossen  Zahl  von  Be- 
obachtungen, denen  die  traumatischen  beigezählt  wurden,  hat; 
unter  43  Fällen  war  27mal  die  rechte  und  16mal  die  linke  Seite 
ergriffen. 

Zuverlässige  Angaben  über  die  Lage  und  Form  der  Aneu- 
rysmen lassen  sich  aus  den  Berichten  nicht  ableiten.  In  Betreif 
der  Alters- Verhältnisse  fand  ich  folgende  Reihe:  von  1—9  Jahren 
1  Fall,  10— 19  J.  1  Fall,  20-29  J.  8  Fälle,  30— 39  J.  9  Fälle, 


430  I>r.  0.  PiU, 

40-49  J.  8  F.,  50— 59J.  4  F.,  60-69  J.  6  F.,  70— 79  J.  2  F. 
So  kann  ich  vollkommen  Broca's  Angabe,  dass  von  30 — 40  Jahren 
die  grösste  Häufigkeit  von  Aneurysmen  sich  findet,  bestiUigeD, 
ja,  dass  speciell  das  35.  Jahr  das  bevorzugteste  erscheint;  denn 
dieses  hatte  allein  5  Fälle  aufzuweisen.  Nicht  in  allen  F&Uen 
bestanden  die  mit  diesem  Aneurysma  sonst  verbundenen  Be- 
schwerden, ja  einige  wurden  nur  zufällig  bemerkt;  selten  nur 
findet  sich  ein  verbreiteter  atheromatOser  Process  nachgevriesen ; 
in  Nr.  261.  bestand  ein  Aneur.  spurium  und  jenes  in  Nr.  259.  soll 
nach  Ausziehen  eines  Zahnes  entstanden  sein.  Sehen  wir  noch 
auf  den  Erfolg  der  Operation,  so  wurden  28  Personen  geheilt, 
3  genasen  ohne  Heilung,  18  aber  starben;  rechnen  wir  hierzu 
die  9  nach  Brasdor- Wardrop  operirten  Falle,  —  unter 
denen  sich  6  Frauen  und  3  Männer  befanden,  die  Erkrankung 
6  Mal  rechtsseitig  und  3  Mal  linksseitig  vorkamen,  von  denen 
5  genasen  und  4  starben  — ,  so  stellt  sich  die  Mortalitätszahl 
auf  38  pGt.  der  Operirten.  Einige  Vorkommnisse  nach  der  Li- 
gatur mögen,  ihres  besonderen  Werthes  wegen,  noch  ihre  Stelle 
hier  finden.  Entzündung  des  Sackes  trat  17  Mal,  darunter  nur 
2  Mal  bei  traumatischen  Aneurysmen,  auf,  gefolgt  8  Mal  von 
Nachblutung  aus  demselben,  von  denen  4  Fälle  tOdtlich  endeten; 
1  Mal,  in  Nr.  226,  erfolgte  die  Suppuration  erst  nach  17  Monaten, 
um  später  eine  Nachblutung  zu  liefern.  Diese  Entzündung  des 
Sackes  erklärt  Broca,  wie  ich  glaube,  ganz  richtig.  Nach  ihm 
sind  zwei  Arten  von  Fibrin  -  Ausscheidungen  scharf  auseinander- 
zuhalten; die  erstere  erfolgt  in  der  Gef&sswand  ziemlich  paralle- 
len, also  concentrischen,  all  mal  ig  entstehenden  Schichten  (caillots 
actifs),  die  letztere  in  schnellem  Herausfall  des  Fibrin  in  grösse- 
rer diffuser  Masse  (caillots  passifs) ;  nur  jene  wird  eine  dauernde 
Obliteration  durch  weitere  Organisation  herbeifuhren,  diese  nur 
eine  zeitweilige;  entsteht  eine  Entzündung,  so  sind  sie  selbst  dem 
Zerfall  anheimgegeben;  sehr  häufig  bricht  dann  der  Sack  auf, 
in  8  Fällen  jedoch  musste  er  der  dyspnoischen  Erscheinungen 
wegen  eröfi'net  werden.  Ueber  die  Nachblutungen  sei  bemerkt, 
dass  sie  in  10  Fällen  aus  der  Wunde  sich  einstellten,  1  Mal  am 


Zur  Ligatar  der  Arteria  Carotis  commanis.  431 

1.  Abende,  7  Mal  yor  dem  22.  Tage,  1  Mal  am  45.  Tage,  1  Mal 
sogar  nach  einem  Vierteljahre;  in  Nr.  274.  *  erfolgte  sie  allein 
ans  dem  Mande. 

Von  den  Girculationserscheinnngen  will  ich  nur  anfuhren, 
dass  6  Mal  die  Pulsation  im  Aneurysma  nicht  erlosch,  einige 
Male,  schwächer  geworden,  noch  surückblieb,  darunter  1  Mal 

1  Stunde  lang,  1  Mal  2,  und  1  Mal  4  Tage,  1  Mal  mehrere  Wochen 
und  1  Mal  50  Tage.  Eine  Wiederkehr  der  Pulsation  im  Aneu- 
rysma erfolgte  14  Mal;  unter  diesen  2  Mal  bald  nach  der  Ope- 
ration, 1  Mal  nach  einer  Woche;  1  Mal  nach  3,  und  1  Mal  nach 
4  Stunden,   l  Mal  denselben  Abend,   1  Mal  am  5.,  6.  und  8., 

2  Mal  am  9.,  1  Mal  am  14.  und  29.  Tage.  —  Zum  Schluss  will  ich 
noch  des  Aneur.  der  Art.  vertebralis.  gedenken.  Dieses,  nach 
Stichwunden  aufgetreten,  wurde  für  ein  Aneurysma  der  Carotis  ge- 
halten, zumal,  wenn  Cömpression  dieser  die  Erscheinungen  be- 
deutend yeränderten.  Theils  unter  „Blutung^,  theils  unter  „Aneu- 
rysma^ finden  sich  in  den  Tabellen  11  Fälle,  in  denen  wegen 
Verletzung  der  Art.  vertebr.  die  Ligatur  ausgeführt  wurde,  davon 
hatte  sich  in  folgenden  6  Nrn.:  243a.  258.  297.  300.  ^04.  und 
306.  schon  ein  Aneurysma  ausgebildet;  alle  Fälle  waren  trauma- 
tischen Ursprunges  und  endeten  tOdtlich.  Zu  diesen  ist  zur  Ver- 
volltitändigung  Monti*s  Beobachtung  zu  erwähnen  (Della  ferita 
deir  arteria  yertebrale  diGherini.  p.  24):  Ein  20 jähriges  Mäd- 
chen, mit  einer  Togi  linken  Kieferwinkel  bis  hinter  das  Ohr 
reichenden  Stichwunde,  kam  am  31.  Juli  1861  zu  Mailand  in's 
Hospital.  Als  die  verschiedensten  Mittel  zur  Stillung  einer,  nach 
Erbrechen  wieder  eingetretenen,  Blutung  —  nachdem  am  10.  Tage 
die  Wunde  sich  zu  vernarben  begonnen  hatte  — ,  sich  unzuläng- 
lich erwiesen,  wurde  von  M.  am  18.  August  die  Ligatur  der 
Carotis  comm.  ohne  Nutzen  ausgeführt;  in  36  Stunden  erfolgte 
der  tödtliche  Ausgang,  und  die  Section  zeigte  die  Arter.  vertebr. 
zwischen  1.  und  2.  Halswirbel  verletzt.  —  Ausser  diesen  erwähnten 
Irrthümem  in  der  Diagnose  wurde  noch  9  Mal  die  Carotis  wegen 
vermeintlichen  Aneurysma^s  unterbunden.*) 

*)  Das  Anenr.  arterioso-veDos.  zwischen  Art.  Carotis  und  Vena  jagul.  int., 


432  Dr.  C.  Pill, 

Wenn  schon  bei  den  aufgeführten  F&IIen  yon  Blntangen  und 
Aneurysmen  nicht  immer  nach  allgemein  zu  billigender  Indicatioa 
gehandelt  wurde,  so  ist  dies  noch  viel  weniger  der  Fall  bei  der 
nun  zu  betrachtenden  Operations-Reihe.  Hier  wäre  es  oft  Pflicht 
gewesen,  eine  locale  Behandlungsweise,  sei  es  die  der  Injection 
coagulirender  Substanzen,  der  Galvanopunctur,  der  GalTonocaostik 
etc.  allein,  oder  in  Verbindung  mit  der  Digitalcompression,  an- 
zuwenden; letztere  allein  würde  bei  den  meisten  Leiden  nur 
wenig  geholfen  haben,  obwohl  sie  bei  Orbital-Aneurysmen  Erfolge 
aufzuweisen  hat.  Sollte  die  Ligatur  der  Carotis  ext.  sich  als 
weniger  sch&dlich  herausstellen,  so  würde  diese  natürlich  der  der 
G.  comm.  oft  vorauziehen  sein.  Ganz  zu  verwerfen  ist  die  Ligatur 
der  Carotis,  wie  die  der  Arterien  überhaupt,  *bei  Neoplasmen, 
um  diesen  die  Nahrungszufuhr  zu  entziehen;  dem  Gehirne  ent- 
zieht man  sie  dadurch  leichter,  als  der  meist  bösartigen  Neubil- 
düng,  zumal,  wenn  man  simultan  beide  Carotiden  ligirt,  wie  Mott, 
der  in's  Besondere  jenes  Verfahren  empfiehlt.  In  keinem  der 
Fälle:  Nr.  328.  329.  336.  375.  360.  398.  etc.  wurde  etwas  er- 
reicht, i^ur  oft  eine  Hemiplegie  dem  armen  Patienten  yerschaflft; 
fand  sich  wirklich  nach  der  Operation  eine  Verkleinerung  des 
Tumors,  so  war  sie  nur  vorübergehend,  da  die  Ursache  derselben, 
die  verminderte  Blutmenge,  bald  ihre  frühere  Grösse  erreidite. 
Von  besonderem  Interesse  dürfte  es  an  dieser  Stelle  sein,  die 
Beobachtungen  über  Aneur.  orbitale  zusammenzustellen,  für 
dessen  Einzelheiten  ich  auf  Demarquay  (Trait6  sur  les  tumeurs 
de  Torbite)  verweise.  In  der  mir  zu  Gebote  stehenden  Literatur 
fand  ich  28  Fälle  mit  der  Ligatur  behandelt:  282.  307.  308. 
338.  341.  353.  362.  363.  368.  369.  377.  381.  396.  397.  399. 
400.  405.  414.  417.- 419.  420.  421.  424.  426.  427.  430.  432. 
443.,  zu  denen  vielleicht  Nr.  85.  411.  und  340.  zu  zählen  sind; 
in  415.  machte  B.  wegen  vermeintlichen  Aneurysma's  die  Ligatur, 

Yon  welchen  9  Fftlle  im  Americ.  JourD.  1867.  Apr.  p.  46  zusammenge- 
stellt Bind,  verlangte  keine  besonderen  Massregeln,  und  hatte  meist  einen 
gOnstigen  Verlauf;  die  Beobachtungen  stammen  von  Larrey  (2),  Marx, 
Williamson,  Rigaud,  Soret,  Desperanches,  A.  B^rard  und  Gi- 
raldes.    v.  Li n hart  fügt  in  seinem  Compend.  S.  i7b  Mare  (?)  binsu. 


Zur  Ligatnr  der  Arten»  Carotis  comnunnis.  433 

ebenso  L.  in  394.  and  N.  in  444. ;  bei  jenem  zeigte  die  Section 
eine^  veränderte  Yen.  ophthalm.,  bei  diesem  bestand  eine  blutreiche 
Geschwulst  in  der  Orbita;  in  421.  war  ein  Aneur.  arterioso-venos. 
Unter  diesen  28  Fällen  befanden  sich  14  Männer  und  14  Frauen, 
die  jedoch  bei  den  18  spontanen  Aneurysmen  sich  so  vertheilen, 
dass  von  12  Frauen  6  linksseitig  und  6  rechtsseitig  befallen 
waren,  während  bei  nur  6  Männern  3  linksseitig  und  3  rechts-* 
seitig  erkrankt  waren.  Ungleich  häufiger  ist  also  diese  A£fection 
beim  weiblichen  Geschlecht,  bei  dem  es  in  3  Fällen  in 
der  Schwangerschaft,  oder  ba|^  nach  der  Entbindung  auftrat 
Durch  die  Ligatur  wurden  19  Personen  geheilt,  7  genasen  ohne 
Heilung,  und  2  starben;  in  Nr.  432.  wurde  zugleich  die  Garot. 
Qxt.  ligirt;  in  Nr.  397.  brachte  erst  die  Injection  von  Ferr. 
lact.  Hülfe,  und  bei  Nr.  381.,  wo  es  sich  wahrscheinlich  um 
kein  Aneur.  orbitale  handelte,  nützte  auch  die  nachfolgende 
Electropunctur  nichts;  3  Mal  war  der  Ligatur  die  Digitalcompres- 
sion voraufgegangen.  Berücksichtigt  man  das  Alter  der  wegen 
spontanen  Aneurysma's  behandelten  Personen,  so  stellt  sich,  mit 
Ausnahme  des  wahrscheinlich  angeborenen  in  400,  und  des  An. 
arterioso- venös,  in  421.,  folgende  Altersreihe  auf:  18,  22,  25,  26, 
34,  36,  38,  41,  42,  44,  50,  54,  58,  60,  60,  65  Jahre. 

Als  Beleg,  wie  leicht  man  sich  bei  der  Diagnose  täuschen 
kann,  dient  Gendrin^s  Fall  (Lebens  sur  les  malad,  du  coeur. 
1.  p«  240),  bei  .dem  durch  Verschluss  der  arteriellen  Orbital- 
zweige eine  Hämorrhagie  um  den  Sin.  cavern.  und  Ausdehnung 
der  Orbital venen  der  Exophthalmus  bewirkt  wurde,  ferner  N61a* 
ton's  Fall  von  Aneur.  art-venos.  träum,  der  Garot.  int.  im  Sin. 
cavern.,  bei  dem  im  Leben  die  Diagnose  gestellt  war;  vielleicht 
ist  hierher  zu  rechnen  auch  der  von  Taylor  mit  Injection  von 
Tannin  geheilte  Fall.  Jener  von  Pol  and  in  den  Ophthal,  hosp. 
reports.  (1860.  p.  217)  referirte  Fall  von  traumatischem  Aneur.  bei 
einem  damals  23  jährigen  Seemanne  ist  der  von  Van  Buren  operirte. 
Während  des  Druckes  erschienen  folgende  2  Berichte,  die  idi 
der  Yollständigkeit  wegen  wiedergebe.  1867,  den  13.  April,  zeigte 
sich  ein  42jähriger  Mann,  der  vor  13  Monaten  von  einem  Omni- 

T.  LaBg«Bb«ek'«  ArehlT  f&r  Chlnirgl«.  TU,  28 


434  Dr.  C.  Pill, 

buB  gefallen,  sich  eine  Fractur  des  Unterkiefers  sogesogen  and 
am  Kopfe  verletzt  hatte;  eine  Narbe  über  der  linken  Augenbraue 
blieb  zurück ;  seitdem  traten  häufig  Kopfschmerzen  auf,  mit  Ter- 
wirrung  der  Gedanken;  seit  dem  letzten  Jahre  besteht  eine  seit 
6  Monaten  zunehmende  Hervortreibung  des  linken  Augapfels,  aaf 
dem  das  SehTermOgen  geschwächt  ist,  und  der  selbst  im  Schlafe 
nicht  von  den  Augenlidern  bedeckt  wird;  der  Tumor  wird  pulsirend, 
die  Art.  u.  Yen.  supraorb.  sind  erweitert  15.  April  Ligatur;  nach 
3  Stunden  sind  die  Palsationen  erloschen.  16.:  Kopfschmerzen; 
Heilung.  (Edinb.  Med.  Journal.  1867.  Jul.) —  Laurenceerzähllt 
(Britsh  med.  Joum.  1867.  No.  253)  die  Heilung  eines  linksseitigen 
traumatischen  Orbital-Aneurysmas  nach  vergeblicher  Anwendung 
des  Skey'schen  Gompressorium  bei  einem  41).  Manne.  Mit  Dnrecbt 
hat  man  diese  Krankheitsform  nicht  selten  zum  Aneur.  per  anasto- 
mosin gerechnet;  es  handelt  sich  aber  meist  um  ein  difiuses  Anenr. 
der  Art.  ophthalm.,  bald  primitiv,  baldconsecutiv.  An  Leichen 
sind  wahre  Aneurysmen  dieser  Arterie  an  beiden  Augen  von 
Guthrie  gesehen;  an  einem  von  Garron  du  Villards;  ein  sol- 
ches mit  Aneur.  der  Gart.  int.  und  Obliteration  des  Sin.  cavemosna 
einmal  von  Giraudet.  An  der  Art.  cent.  retin.  soll  A.  Gooper 
ein  Aneurysma  beobachtet  haben,  und  an  beiden  Augen  einer 
badischen  Prinzessin  S  c  h m i  d  1  e r.  Diffuse  Aneurysmen  sahen 
Middlemore  bei  einem  30jährigen  Manne,  der  nach  Verlast 
des  Auges  und  starken  Blutungen  aus  demselben  bydropisch  zn 
Grunde  ging,  und  Freer  (Birmingham)  bei  einem  30j&hrig6n 
Manne  tödtlich  verlaufen.  —  Demarquay's  Angaben  sind  als 
zuverlässig  hierbei  meist  zu  Grunde  gelegt.  —  Ausser  diesen 
nicht  besonders  behandelten  Fällen  fand  ich  nach  vergeblicher 
Anwendung  der  Electropunctur  die  Injection  von  Liq.  Ferr.  eesq. 
mit  Erfolg  gebraucht  von  Bourguet  [d'Aix]  (Acad.  des  sc.  1855. 
19.  Nov.),  und  von  Vanzetti  und  Gioppi  die  Digitalcompres- 
sion mit  bestem  Erfolge  gekrönt  audgeffibrt  (Schmidt's  Jabrbb. 
1859.  Vol.  102.  S.  53).  Soll  man  hiernach  den  Weg  des  ein- 
zuschlagenden Heilverfahrens  im  Allgemeinen  angeben,  fio  ist 
ohne  Frage  die  Digitalcompression  in  erster  Linie  zu  versuchen; 


Znr  Ligatur  der  Arteria  Carotis  commonis.  435 

nur  wenn  sie  nicht  l&nger  vertragen  wird,  oder  wenn  sie,  gut 
ausübt,  dennoch  nicht  zum  Ziele  fuhrt,  wird  man  zur  vorsichtigen 
Injection  coagulirender  Flüssigkeiten  schreiten,  am  Besten,  noch 
mit  der  Digitalcompression  verbunden.  Wird  dadurch  kein  Er- 
folg erreicht,  so  wird  man  seine  Zuflucht  zur  Ligatur  der  Carot. 
comm.  nehmen,  nicht  zu  der  angerathenen,  der  Carot  int.,  denn 
diese  bietet  nicht  nur  nicht  dieselben  Gefahren  für  die  Ernährungs* 
stdruDgen  des  Gehirns,  sondern  auch  den  Nachtbeil,  dasF,  abge- 
sehen von  der  tieferen  Wunde,  sich  schneller  durch  die  Gesichts* 
äste  der  Carot.  ext.  der  Zufluss  zur  Orbita  herstellen  kann. 

Wenn  Crisp  (1.  c.  S.  235)  sich,  zu  dem  Ausspruche  be- 
rechtigt glaubt,  dass  die  Unterbindung  der  Carot  sich  bei  den 
Geschwülsten  des  Gesichtes  und  £opfes  häufiger,  als  die  meisten 
Wundärzte  zu  glauben  geneigt  seien,  mit  Nutzen  anwenden  lasse, 
90  würde  er  nach  den  vorliegenden  Resultaten  wohl  von  der 
einseitigen,  oder  gar  beiderseitigen  Ligatur,  um,  wenn  nicht  das 
üebel  zu  heilen,  doch  das  Leben  zu  verlängern,  wie  er  meint, 
Abstand  nehmen;  denn  25  pCt.  Todte  von  den  wegen  Neoplas- 
men ,  Gefässgeschwülsten  etc.,  mit  Ausnahme  des  vorher  speciell 
besprochenen  Aneuf.  orbit«,  Operirten,  bieten  doch  kein  erfreu- 
liches Resultat  dieser  Operation,  zumal,  wenn  unter  62  Operirten 
nur  18  mit  Heilung  gedacht  sind,  von  denen  jedoch  kein  weiterer 
Bericht  gegeben,  ja  die  nicht  einmal  durch  den  Verlauf  als  sicher 
geheilt  anzusehen  sind;  und  diesen  gegenüber  ständen  immer 
noch  44  Personen,  denen  die  Operation  keine  Hülfe  brachte. 

Wenden  wir  uns  zu  der  Reihe  von  Fällen ,  in  denen  v  o  r  o  d  e  r 
bei  der  Exstirpation  von  Tumoren  etc.  die  Ligatur  ge- 
macht wurde,  so  muss  man  auch  hier  über  die  zu  häufig  angewandte 
Ligatur  den  Stab  brechen.  Hinter  uns  liegt  die  Zeit,  wo  man 
wegen  einer  Exarticulation  oder  gar  partiellen  Resection  der 
Mandibula  vorher  die  Ligatnr  an  die  Carotis  legte ;  trat  in  einem 
solchen  Falle  Genesung  ein,  so  wäre  dieselbe  auch  sicher  ohne 
jene  erfolgt,  nicht  aber  kann  dies  von  dem  Ausgange  in  Tod 
gesagt  werden ;  zu  «ehen  ist  leider  der  Einfluss  auf  die  Blutung 
während  der  Operation  bemerkt,  als  dass  eine  bestimmte  Zah- 

28* 


436  I>r.  0.  Pil«f 

lenreihe  Bich  ableiten  liesse;  ja  in  461.  nnterblieb  die  Besection 
wegen  zu  starker  Blotang  aue  den  incidirten  Tbeilen,  nnd  in  451. 
mussten  noch  12  Ligataren  angelegt  werden;  einmal  mosste  Mott 
in  450.,  weil  dnrch  die  Ligatur  Pat.  sa  angegriüen  war,  die  Ope- 
ration aufschieben.  Auf  die  Resultate  der  vorliegenden  Opera- 
tionen gestutzt,  kann  man  wohl  den  Aussprach  thun,  dass  vor 
der  Operation  nie  die  Ligatur  um  die  Garot  geschlossen  werden 
soll,  dass  während  der  Operation  dieselbe  zu  unterbinden  ist, 
wenn  die  zuerst  abgehenden  Aeste,  wie  Art.  thyn,  sup.  zu  nahe  dem 
Stamme  abgeschnitten  sind,  als  dass  die  Ligatur  derselben  mit  Erfolg 
gemacht  werden  konnte,  wenn  Blutungen  ans  der  Tiefe  auftre- 
ten, deren  Quellen  durchaus  nicht  zu  ermitteln  sind,  die  aber  auf 
Compression  der  Garot  sogleich  stehen,  oder  wenn  der  Tumor 
die  Carotis  oder  ihre  Hauptzweige  yoUstftndig  umwachsen  hat,  so 
dass  sie  sicher  durchschnitten  werden  mfissen;  hier  wire  eine 
peripherische  und  centrale  Ligatur  zu  empfehlen.  Bei  den  £x- 
tirpationen  wurde  die  Ligatur  der  Garot.  comm.  SOmal,  yor  den- 
selben S4mal  angewandt; 'unter  den  letzteren,  die  uns  besonders 
interessiren,  ermangeln  17  FUle  der  Angabe  über  den  Einfluss 
auf  die  Blutung,  13  zeigen  die  volle  Nutzlosigkeit  derselben,  und 
nur  in  4  Fällen  soll  die  Blutung  sehr  gering  gewesen  sein,  eine 
vielleicht  noch  individuelle  Bemerkung;  rechnet  man  hinzu,  dass 
unter  diesen  34  Personen  7  Gehirnerscheinungen  zeigten,  und 
mehrere  davon  starben,  so  wird  man  wohl  in  Zukunft  nicht 
so  freigebig  mit  diesem  Verfahren  sein. 

In  demselben  Maasse,  wie  man  sich  gegen  die  Ligatur  vpr  einer 
Exstirpation  aussprechen  mnss,  wird  es  bei  den  unter  n Nerven- 
krankheiten** zusammengeiassten  Operation  geschehen  müssen. 
In  keinem  der  Fälle,  in  denen  wegen  Epilepsie  die  Unterbin- 
dung ausgeführt  wurde,  ist,  ausser  bei  der  doppelseiligen  ligatur 
von  526.  und  527.,  Heilung  erfolgt,  und  auch  in  diesem  Falle  hat 
kein  späterer  Bericht  das  Andauern  der  Heilung  verbürgt.  Wenn 
bei  der  ersten  dieser  Krankheit  wegen  unternommenen  Operation 
ein  mit  der  Epilepsie  in  Beziehung  gesetzter  Gef&sstnmor  dieselbe 
damals  nicht  irrationell  erscheinen  liess,  so  gebenbeso  nders  Pre- 


Zar  Ligatur  der  Arteria  Carotis  eommanis.  437 

BtoD's  merkwürdige  F&lle^  die,  weil  sie  bäofig  reprodacirt  sind, 
yon  mir  nicht  aasf&brlich  wiedergegeben  wurden,  keine  sa  recht- 
fertigende Indication  fQr  diese  Operation  ab;  dennoch  hat  gerade 
er  znr  Nachahmung  angespornt,  so  dass  Bird  sogar  ernstlich 
die  Frage  discutirte,  ob  die  Ligatnr  nicht  bei  Geisteskranken  mit 
Kopfcongestionen  zu  yersachen  sei.  Ging  doch  Pres  ton  von 
der  Ansicht  ans,  dass  die  Hyper&mie  des  Gehirns  oft  der  Grand 
der  idiopathischen  Epilepsie  sei,  und  diese  durch  die  Unterbin- 
dung einer  oder  auch  beider  Garotiden  gehoben  werden  könnte. 
Angenommen,  dass  die  Hyperämie  des  Gehirns  oder  eines  be- 
stimmten Theiles  der  Gentralorgane,  —  der  Hedulla  oblongata  nach 
Schröder  v.  d.  Kolk  —  die  epileptishen  Erscheinungen  be- 
dinge, so  würde  mit  der  Ligatur  doch  noch  eine  yenöse  Hyper- 
ämie, und  bald  nach  ihr  eine  arterielle  Hyperämie  im  Bezirke 
der  nicht  unterbundenen  Gefässe  auftreten;  in  späterer  Zeit  würde 
sich  die  frühere  Blutfülle  des  Gehirns  und  seiner  Theile  für  ge- 
wöhnlich wieder  hergestellt  haben,  so  dass  auf  eine  Heilung 
durch  die  Ligatur  nicht  zu  rechnen  ist;  lässt  man  Schröder  y. 
d.  Kolkes  Ansicht  gelten,  so  würde  bei  doppelseitiger  Ligatur  die 
Hyper&mie  der  Med.  obl.  ausserordentlich  gesteigert  werden,  also 
eine  günstige  Wirkung  nicht  zu  erwarten  sein.  Noch  irrationel- 
ler erseheint  es  mir,  die  Ligatur  zur  Hebung  der  durch  den  apo- 
plectischen  Insult  gesetzten  Veränderungen  in  einer  Gehirnbemi- 
sphäre  zu  unternehmen.  Da  man  sich  wohl  nicht  mit  der  Hoff- 
nung tragen  wird,  einer  neuen  Blutung  yorzubeugen,  indem  zur 
Zeit,  y?o  man  an  einer  solchen  Person  die  Ligatur  auszuführen 
im  Stande  ist,  schon  so  yiel  Blut  ausgetreten  ist,  dass  der  Druck 
in  dem  eröffneten  GeOss  gleich  dem  der  Umgebung  geworden  ist, 
so  kann  man  nur  mit  Jordan  (Med.  Times  and  Gaz.  1863.) 
durch  schnellere  Resorption  des  Extrayasates  den  Druck  auf  das 
Nervengewebe  yermindem  wollen,  denn  die  schon  zertrümmer- 
ten Leitungsbahnen  bleiben  es;  jene  Absicht  wird  aber  illusorisch 
durch  die  sich  ausbildenden  coUateralen  Bahnen;  der  schnelleren 
Resorption  tritt  auch  hindernd  die  sogleich  eintretende  yenöse 
Hyperämie  entgegen,  und  endlich  dürfte  es  nicht  zu  yerantwor- 


438  Dr.  C.  Pilz, 

ten  sein;  wegen  eines  vielleicht  nussgrossen  apoplectischen  Her- 
des, bei  meist  krankhaft  veränderten  Gelassen,  durch  die  Ligatur 
noch  grössere  Ernährungsstörungen  des  Gehirns,  und  grosse  Ge- 
fahr für  das  Leben  herbeizuführen,  Ich  glaube  nicht,  dass  Jor- 
dan, Angesichts  der  Mortalität  der  Operation,  in  dieser  traurigen 
Lage  für  sich  die  Ligatur  verlangen  würde.  Während  wir  in 
der  Ligatur  kein  Mittel  besitzen,  die  epileptischen  Anfälle  zu 
heben,  so  ist  in  der  Digitalcompression  ein  unschädliches  und 
häufig  nicht  unwirksames  Mittel  gegeben,  wie  die  früher  citirten 
Männer  bezeugen;  der  Erfolg  ist  sicher  nur  der  momentan  ver- 
änderten Circulation  im  Gehirn,  und  wahrscheinlich  im  Mittel- 
gehirn  und  dem  verlängerten  Marke  zu  suchen;  bestimmtere  An- 
gaben über  diese  Circulation  kann  ich  nicht  machen,  der  Hypo- 
thesen will  ich  mich  enthalten.  Endlich  muss  ich  noch  beim  Tic 
douloureux  erwähnen,  dass  besonders  Nussbaum  gegen  denselben  • 
die  Garotis-Unterbindung,  nach  nutzlosen  Nervenresectionen,  an- 
wandte, anscheinend  mit  günstigem  Erfolge;  doch  sähe  ich  gerne 
nach  Jahren  die  Bestätigung  der  vollen  Heilung,  ebenso  von  v« 
Patruban,  der  auf  Nussbanm's  Empfehlung  dieselbe  Opera- 
tion in  den  letzten  2  Jahren  4mal  ausführte;  zwei  mit  Heilung 
endende  Fälle  will  ich,  in  Ermangelung  der  Originale,  im  Aaszuge 
mittheilen : 

▼.  Patrnban  (OeDtralbl.  der  med.  Wisaensch.  1866.  S.  4U)  machte  die 
Ligatar  der  Carotis  bei  einer  50 jährigen  Frau,  der  er  frQher  den  r.  Nenr. 
infraorbit.  wegen  Nviralgie  resecirt  hatte,  die  dann  6  Jahre  gesund  geblie- 
ben war;  1859  wurde  der  I.  N.  infraorbit.,  mit  wenig  Aussicht  auf  Erfolg, 
resecirt;  1865  wurde  der  r.  N  ment.  und  der  Ram.  ioframaxill.  am  Poramen 
mentale  mit  dem  Glfiheisen  gebrannt;  hieranf  erfolgte  eine  halbjährige  Pause 
der  Schmerzen,  dann  aber  ein  heftiges  RecidiV 'im  N.  inframaxilL  dext. 
durch  alle  rechtsseitigen  Quintusäste  sich  Terbreitend.  Die  Operation  Ter- 
lief  ohne  Erscheinungen,  der  Schmerz  erlosch  vollständig.  —  Ein  zweiter,  mir 
später  im  Auszuge  zugänglich  gewordener  Fall  ist  aufgeführt  in  der  Oesterr. 
Zeitschr.  ffir  prakt.  Heilkd.  1867.  No.  6.  S.  107.  t. Patruban  stellte  eine 
43jährige  Frau  vor,  an  der  die  Ligatur  der  Carotis  gegen  eine  recidiTirte 
Prosopalgie  vorgenommen  war;  vor  8  Jahren  hatte  eine  Nenrenreaectic«  des 
Infraorbit  nur  4  Monate  lang  Besserung  gebracht,  die  Ligatnr  hatte  bis 


Zur  Ligatar  der  Arteria  Carotis  commanis.  439 

jetzt  das  Debel  gehobeq.    Von  einem  Tierten  Falle  sagt  P.,  dass  Pat.  nur 
wegen  vernachlässigter  Pflege  während  des  Krieges  gestorben  sei. 

Danach  wären  von  Nussbaum  and  v.  Patruban  6mal, 
meist  bei  Frauen,  wegen  Tic  doul.  die  Ligatur  in  Anwendung 
gebracht,  und  2  der  Patienten  gestorben.  Diese  Zahlen  sind  je- 
doch zu  klein,  um  einen  bestimmten  Ausspruch  über  den  Werth 
dieser  Operation  bei  der  in  Rede  stehenden  Krankheit  thun  zu 
können;  einmal  geschahen'  neben  der  Ligatur  noch  mehrfache 
Resectionen.  Jedenfalls  int  ein  späterer  bestätigender  Bericht 
noch  abzuwarten,  ehe  man  sich  in  ähnlichen  Fällen,  in  denen 
doch  die  Digitalcompression  der  Carotis  zu  versuchen  wäre, 
zu  einer  Operation  entschliesst,  die  nicht  so  gering  in  ihren  Fol« 
gen  anzuschlagen  ist,  wie  v.  Patruban  es  thut. 

Indem  ich  mich  zur  Ligatur  der  Carotis,  nach  Brasdor- 
Wardrop,  bei  Aneurysmen  ausgeführt,  wende,  muss  ich  die 
Abtrennung  dieser  Fälle  von  den  Aneurysmen  überhaupt  dadurch 
erklären,  dass  wegen  der  besonderen  Methode  und  der  Erkran- 
kung mehrerer  Arterienstämme  in  diesen,  eine  einfache  Ver- 
gleichung  mit  den  übrigen  Aneurysmen  nicht  richtig  gewesen 
wäre.  Während  nach  der  gewöhnlichen  Methode  die  Ligatur 
zwischen  Herz  und  erkranktem  Gef&sstheile  angelegt  wurde^  rieth 
zuerst  Brasdor  nach  Deschamps'  Zeugniss  (in  der  Soci6te  de 
M6d  1798.  3.  Nov.)  die  Unterbindung  zwischen  dem  Aneurysma 
nnd  dem  Gapillargebiete  (periph.  Theile)  auszuführen,  indem  er  eine 
Obliteration  durch  den  verlangsamten  Blutlauf  erwartete.  W  a  r  d  r  o  p , 
der  den  ersten  Erfolg  nach  dieser  Methode  aufzuweinen  hatte, 
ging  noch  weiter,  und  hielt  die  Verminderung  der  Blutznfuhr,  z. 
B.  die  Ligatur  der  Carotis  beim  Aneur.  Innom.,  schon  genügend. 
um  ein  Aneurysma  zu  heilen;  später  führte  Fear n*)  die  Ligatui 
beider  zuführenden  Arterien  gegen  das  an  der  Spaltungsstelle 
gelegene  Aneurysma  aus.  Dieses  Verfahren,  schon  von  Bras- 
dor   allein  für  den  Trunc.  anom.   und  die  Femoral,    berechnet. 


*)  Die  weitere  Berflcksichtignng  der  Art.  snbclav.  ist  unterblieben, 
weil  Herr  Dr.  Koch  eine  statistische  Arbeit  über  dieses  Gef&ss  in  diesem 
Archive  bald  veröffentlichen  wird. 


440  !>'•  C.  Pill, 

schlag  Laugier,   ohne  dass  er   oder  ein  Anderer   glflcklicher- 
weise  den  Plan  aasf&hrte,  beim  Anenr.  der  Aorta  abdom.   vor, 
indem  er  die  beiden  Artt  iliac.  ext.  zu   unterbinden  rietb,   am 
dadurch  die  Gircnlation  im  Aneurysma  zu  verlangsamen ;  ob  durch 
diese  Verlangsamuug  aber  schon  eine  Besserung  des  Zustandes 
eintreten  würde,   bleibt  mehr  als   zweifelhaft;  das  noch  wirk- 
samere Verfahren  der  gleichzeitigen  Ligatur  an  beide  Iliac.  comm. 
kann   nur  in  der  Theorie,   nie  in  der  Praxis   beachtet   werden 
(Bullet  Chirurg.  1840   Vol.  21.  pag.  89.)    Ausser  der  Unterbin- 
dung der   abgehenden  Arterien  ist  gegen  das  Aneur.  Innomin. 
neben  Valsalva's  Methode  nur  selten  ein  operativer  Weg  ein- 
geschlagen worden.     O'Shaugnessy  machte,   nachdem  er  aus 
diagnostischem  Irrthum  gegen  das  vermeintliche  Aneur.  Innom. 
die  Ligatur  der  Carotis  vergebens  angewandt  hatte,  ebenso  er- 
folglos die  Electropunctur.    Ebenso  sah  Broca  (Traite  des  An6vr. 
p.  358)  im  Hdpital  de  la  Piti6  auf  Laugier's  Abtheilung  Wert- 
heimber  in  ein  Aneur.  des  Truncus  brachio-cephal.    gegen  10 
Nadeln   einfuhren,   die   alle  mit  dem   positiven  Pol   verbunden 
wurden,   während  Pat.  den    negativen  in  der  Hand   hatte;   der 
Tumor  etwas  fester  geworden,  blieb  aber  durchgängig  fBr  Blut, 
am   andern  Tage   war   das  Goagulum   verschwunden.    Die  In- 
jection  von  Liq.  Ferr.  machte  nach  Broca  (ibid.  p.  408)  nar 
einmal  Barrier  zu  Lyon.    Er  Hess  dabei  die  Carotis  und  Subcl. 
so  gut  als  möglich  während  der  Injection  und  noch  20  Minuten 
nachher  comprimiren;  nach  der  ersten  Injection  wurden  diePol- 
sationen  für  einige  Tage  schwächer,  ebenso  nach  der  2ten,  vor- 
übergehend in  höherem  Grade  nach  der  3ten,  dann  erschien  Ent- 
zündung im  Verlauf  des  Stichganges;  als  Pat.  das  Hospital  ver- 
liess,  pulsurte  der  sichtlich  vergrOsserte  Tumor  ebenso  stark  wie 
früher.  —  Verweilen  wir  nun  einen  Augenblick  bei  den  Folgen 
der  an  der  peripherischen  Seite  des  Gefässes,  z.  B.  der  Carotis 
wegen  eines  Aneur.  Carot.  gelegten  Ligatun  Mit  der  Ligatur  wird  die 
frühere  Blutmenge  in  die  Carotis  einfliessen,  kann  aber  nur  zur 
Sub'^lavia  hin  aus  derselben  heraustreten,  so  dass  dadurch  schnell 
ei/ie  Verlangsamung  des  in  der  Carotis  strömenden  Blutes,  und 


Zar  Ligatur  der  Arteria  Carotis  communis.  441 

damit,  ausser  der  FibrinausseheiduDg  an  der  Ligatarstelle,  diese  auch 
an  den  ruhenden  Wandschichten  des  Gef&sses  erfolgen  kann.  Hier- 
mit geht  Hand  in  Hand  eine  allmälige  Verkleinerung  der  Höhle 
durch  immer  neue  Schichten,  und  eine  schwächere  Pulsation; 
das  erstere  erfolgte  in  549,  551,  552,  555,  556,  557,  558,  569, 
573,  (recid.)  574,  578,  nach  einiger  Zeit  in  554,  560,  564,  571, 
584.  Da  bei  diesem  Vorgange  ein  sogenanntes  actives  Goagulum 
entsteht,  so  ist  die  Aussicht  auf  eine  Entzündung  des  Sackes  sehr 
in  die  Ferne  gerückt,  und  damit  die  aus  demselben  auftretende 
gefthrliche  Nachblutung.  Wird  >ber  wegen  Aneurysma  der  In- 
nomiata  oder  der  Subclavia  die  Ligatur  dei*  Garot.  gemacht,  dann 
findet  eine  weniger  gleichmässige  Fibrinausscheidung  eher  statt,  und 
es  kann  bei  dem  sogenannten  Goagulum  passivum  zum  Zerfall  der- 
selben im  entzündeten  aneurysmatischen  Sacke  kommen,  wie  554. 
nnd  569.  zeigen ;  dass  beim  Aneur.  Innom.  schnell  die  Goagulation 
im  Sacke  eintritt,  beweisen  die  Sectionen  von  567.  und  571.  Aber 
nicht  allein  die  Blutung  aus  dem  aneurysmatischen  Tumor  ist 
bei  der  peripherischen  Ligatur  seltener,  sondern  auch  die  Nach- 
blutung aus  dem  Gef&dse,  besonders  aus  seinem  centralen  Ende, 
denn  hier  hat  sich  zur  Zeit,  wo  bei  Lösung  der  Ligatur  vom 
19.— 22.  Tage,  wie  wir  früher  sahen,  eine  hinlänglich  obliteri- 
rende  Faserstofimenge  im  Sacke  gebildet,  so  dass  das  noch  im 
unteren  Theile  desselben  einfliessende  Blut  nicht  mehr  bis  zur 
Ligaturstelle  gelangen  kann.  8  Mal  entstand  bei  diesem  Opera- 
tionsverfahren  eine  Nachblutung,  darunter  6  tödlich  endigende 
Fälle;  von  den  4  bei  Aneur.  Garot.  auftretenden  Blutungen 
endete  die  in  551.,  dem  peripherischen  Ende  entstammende  tödt- 
lich,  jene  in  565,  kam  aus  dem  theils  obliterirten,  theils  in  Ver- 
bindung mit  der  Anonyma  etc.  stehenden  Sacke;  in  den  übrigen 
4  F&Uen  trug  die  Subclavia  die  Schuld  der  Nachblutung.  Wenn 
wir  hierin  der  Hunter'schen  Methode  gegenüber  nur  Vortheile 
erkannt  haben,  so  ist  die  Frage  nach  den  Folgen  für  die  Er- 
nährung .des  Gehirns  vielleicht  weniger  günstig  beantwortet.  Dass 
er  beim  Aneurysma  der  Garotis  gleichgültig  bleibt  für  das  Ge- 
hirn,   ob   man   die  Ligatur   am,  centralen    oder  peripherischen 


442  Dr.  0.  Pilz, 

Theile  anlegt,  liegt  aaf  der  Hand;  anders  wird  es  nach  der  Li- 
gatur der  Carotis  und  Subclavia  wegen  Äneur.  Anon.  oder  Sub- 
clav.,  zumal  wenn  man  an  letzterer  Arterie,  um  einen  besseren 
Thrombus  zu  bilden,  die  abgehenden  Hauptäste,  Vertebr.,  Mamm. 
int  etc.  mitunterbindet,  indem  auch  die  Vertebralis,  wenn  auch 
nicht  die  eintretende  Gerinnung  im  Sacke  das  Lumen  der  Ter* 
tebralis  verlegen  wurde,  der  Blutbahn  für  das  Gehirn  entzogen 
würde,  und  dieses  dann  nur  auf  Carotis,  Vertebr.  und  Subclav.  der 
anderen  Seite  angewiesen  wäre.  Natürlich  versäume  man  nicht, 
wie  bei  jeder  Garotis-Ligatur,  sich  von  den  Verhältnissen  der 
grossen  Stämme  der  anderen  Seite  zu  überzeugen,  ehe  man  zur 
Ligatur  schreitet,  um  nicht  die  Fälle  wie  558.  und  572.  zu  ver- 
mehren. Sieht  man  aul  den  Werth  dieser  Operation,  die  40mäl 
ausgeführt  wurde,  und  zwar  9mal  wegen  Aneur.  Garot,  IGmal 
wegen  Aneur.  Innom.,  4mal  wegen  Aneur.  Garot  und  Innom., 
4mal  wegen  Aneur.  Aortae  und  4mal  wegen  Aneur.  Subclav.,  Imal 
wegen  Aneur.  Innom.  und  Subcl.,  2mal  wegen  Aneur.  Innom., 
Subclav.  und  Garot,  so  darf  man  ihn  nicht  unterschätzen,  obwohl 
nur  12  als  genesen  angeführt  werden,  denn  die  Operation  geschiebt 
ja  nur  in  den  Fällen,  wo  andere  Verfahren  nichts  nützen,  oder 
nicht  mehr  ausführbar  sind,  und  zwar  gegen  ein  Leiden,  das  in 
kurzer  Zeit  zum  Tode  fQhren  würde;  hätte  man  mit  der  Ligatur 
der  Subclavia  die  ihrer  Ilauptäste  verbunden,  so  wäre  wahrschein- 
lich das  Resultat  besser  gewesen. 

Was  die  Art  der  Ausführung  anlangt,  so  wird  man  bei 
einem  grossen,  nahe  am  Ursprünge  der  Carotis  beginnenden  Aneu- 
rysma nicht  im  Zweifel  sein,  und  nach  der,  wenn  möglich,  immer 
zu  versuchenden  Digitalcompression  die  Ligatur  peripherisch  an 
die  Garot  anlegen,  wenn  es  gebt  nicht  zu  nahe  der  Bifurca* 
tionsstelle ;  dagegen  kann  man  beim  Aneur.  Innom  unsicher  sein, 
welche  Ligatur  zuerst  anzulegen  sei.  Diday  (Bullet  de  TAcad. 
de  M6d.  Vol.  8.  p.  74)  und  Bland  in  (ibid.  p.  963)  stimmen 
darin  überein,  dass  nur  die  Ligatur  beider  Gefässe  zum  glück- 
lichen Ziele  führen  könne,  und  B.  erwidert  richtig  auf  Velpeau's 
Empfehlung,  nur  die  Ligatur  der  Garot  gegen  jenes  Leiden  zu 


Zar  Ligatur  der  Arteria  Carotis  communis.  443 

Yersuchen,  dass  der  angebliche  Fall  Yon  Heilnng  auf  diesem 
Wege  ein  Irrthnm  sei,  indem  es  sich  gar  nicht  um  ein  Aneur. 
der  Innom.  gehandelt  habe.  Dass  jedoch  beide  Gefässe  zu  glei- 
cher Zeit  durch  die  Ligatur  zu  verschliessen  seien,  möchte  ich 
nicht  unbedingt  als  nothwendig  annehmen.  Immer  würde  die 
leichter  und  weniger  geßhrliche  VerE>chliessung  der  Garot.  zuerst 
zu  machen  sein,  und  gleichzeitig  eine  wenigstens  intermittirende 
Compression  der  Subclavia  geschehen  müssen;  erreichte  man 
hierdurch  nicht  den  gewünschten  Erfolg,  so  müsste  die  Liga- 
tur der  Subclavia,  mit  gleichzeitiger  Unterbindung  der  grossen 
Seitenäste,  ausgeführt  werden,  um  eine  frühere  Tbrombirung  der 
Subclavia  zu  erreichen,  und  nicht  die  oft  genug  eingetretene  Blu- 
tung aus  dem  peripherischen  Ende  zu  erhalten  wie  in  578;  ge- 
ring oder  gar  nicht  verschlossen  zeigte  die  Section  nach  ein- 
facher Ligatur  der  Subclavia  das  Gefäss  in:  557,  562,  574,  577, 
578  und  580.  Würde  man  simultan  beide  Gefässe  verschliessen, 
so  würde  man  leichter,  wenn  auch  vielleicht  nicht  Ruptur  des 
Sackes,  doch  Entzündung  desselben  erhalten,  und  wegen  des  in 
kurzer  Zeit  reichlich  abgeschiedenen  Faserstoffes,  caillots  passifs, 
tödtliche  Blutung  fürchten  müssen.  Mit  Roux  die  Ligatur  der 
Subclavia  zuerst  zu  machen,  dafür  sehe  ich  keinen  Grund  vorlie* 
gen.  —  Herr  Dr.  Koch,  dem  ich,  wie  allen  geehrten  Herren,  die 
so  gütig  waren,  mir  irgend  eine  Mittheilung  zu  machen,  meinen 
besten  Dank  dafür  hier  aust^preche,  machte  mir  die  Angabe,  dass 
Bickersteth  am  10.  Mai  1864  bei  einem  35jähr.  Manne  wegen 
Aneur.  der  Innom.  die  Garot.  mit  einigem  Erfolge  unterband; 
am  28.  Juli  wurde  auch  die  rechte  Subclavia  ligirt.  Ausgang 
nicht  bekannt.  (Med.  Times  and  Gaz.  1^64.  p.  101.) 

Ein  Rückblick  auf  die  gewonnenen  Resultate  lässt  folgende 
als  gesichert  erscheinen: 

Da  die  Ligatur  der  Garot.  comm.,  bei  Berücksichtigung  der 
ihr  folgenden  Erscheinungen  und  des  nicht  selten  tödtlicben 
Ausganges,  als  keine  gleichgültige  Operation  anzusehen  ist, 
so  darf  dieselbe  nur  angewendet  werden,  wenn  andere  weniger 
eingreifende  Metboden   nicht   ausführbar   sind,   oder  zu  keinem 


444  Dr.  C.  Pilz, 

Ziele  f&hren.  Daher  dfirfte  die  Digitalcompression  —  tod 
anzulftssigen  Compressorien  ist  Abstand  zu  nehmen  — ,  sobald 
es  die  Verhältnisse  gestatten,  stets  zuerst  zur  Anwendung  kom- 
men; sollte  sie  auch  noch  von  der  Ligatur  gefolgt  werden,  seist 
die  Hoffnung,  dass  keine  schwereren  Gehirnerscheinungen  auf- 
treten werden,  nicht  gering. 

Der  Grund  der  Gehirnerscheinungen  ist  auf  arterielle 
An&mie,  verbunden  mit  venOser  Hyperämie  und  die  durch 
den  sich  ausbildenden  CoUateralkreislauf  verursachten  Gewebs- 
Insultationen  zurückzufahren. 

Deshalb  hat  man  sich  vor  der  Ligatur  der  Carotis  stets  vom 
normalen  Verhalten  der  anderen  Carotis  und  der  Subclavia  zu 
fiberzeugen.  Sicher  ist,  dass  die  Ligatur  der  zweiten  Carotis, 
wenn  sie  nicht  in  zu  kurzem  Zeiträume  der  ersten  folgt,  selten 
Gehirnerscheinungen  aufzuweisen  hat. 

Bei  einer  Stichwunde  unter  und  hinter  dem  Ohre  ist  an  die 
möglicher  Weise  verletzte  Art  vertebral.  zu  denken,  und,  um 
keine  nutzlose  Ligatur  der  Carotis  f&r  diesen  Fall  auszuf&hren, 
durch  Compression  der  Carotis  der  Gef&ssbezirk,  welchem  die 
Blutung  entstammt,  festzustellen.  Bevor  aber  die  blossgelegte 
Carotis  unterbunden  wird,  muss  noch  einmal  die  Compression 
dieser  eine  sichere  Entscheidung  treffen. 

Bei  der  Verletzung  ist  stets  in  der  frischen  Wunde  die 
Unterbindung  der  beiden  Gefässenden  zu  versuchen.  Die  spon- 
tanen Aneurysmen,  deren  Vorkommen  besonders  vom  20.  bis 
80.  Lebensgabre  und  am  häufigsten  im  35.  stattfindet,  -* 
wie  schon  Broca  angiebt,  —  sind  neben  einer  modificirten 
Valsalv  ansehen  Methode,  ohne  Aderlässe,  besonders  durch  die 
Digitalcompression  zu  behandeln,  ehe  man  zur  Ligatur  schreitet 

Bei  den  Gefässtumoren,  meist  im  Bezirke  der  Carotis  ext 
gelegen,  ist  neben  der  Digitalcompression  der  Carotis  comm.  die 
locale  Behandlungsweise  viel  mehr,  als  bis  jetzt  geschehen,  zn 
berficksichtigen. 

Ganz  zu  verwerfen  ist  die  Ligatur  der  Carotis,  um  einem 
Neoplasma  die  Nahrungszufuhr  zu  entziehen. 


Zar  Ligator  der  Arteria  Carotis  commnnis.  445 

Bei  den  Orbital  -  Anearysmen ,  die  besonders  h&niig  spon- 
tan beim  weiblichen  Geschlecbte  auftreten,  ist,  nach  vergeblich 
angewendeter  Digital-Compression,  Heilung  durch  die  Ltgatur  zu 
zu  erwarten.  Als  Heilmittel  gegen  idiopathische  Epilepsie  darf 
die  Ligatur  der  Halsschlagader  nie  angewandt  werden;  hier  hat 
die  Compression  wenigstens  tempor&re  Erfolge. 

Gegen  Tic  douloureux  die  Unterbindung  der  Carotis  auszu- 
fahren, ist  nach  den  vorliegenden  Resultaten  nicht  unstatthaft, 
von  theoretischer  Seite  aber  nicht  verständlich,  und  in  jedem 
Falle  nicht  empfehlenswerth.*)  Dagegen  verdient  dieBrasdor- 
Wardrop^sche  Methode,  sobald  die  modificirte  Valsalva'sche 
Methode,  die  sehr  erschwerte  Digitalcompression  etc.  keinen  gün- 
stigen Ausgang  beim  Aneur.  Innom.  —  dessen  Diagnose  gesichert 
sein  muss  —  erzielt  haben,  volle  Beachtung.**)  Man  wird 
am  Besten  bei  ausgeübter  Compression  der  Subclavia  die  Li- 
gatur der  Carotis  ausf&hren,  und,  wenn  dies  nicht  genügt,  die 
Unterbindung  der  Art.  subclavia  mit  ihren  Hauptftsten  folgen 
lassen.  Diese  Methode  schützt  in  hohem  Maasse  vor  den  Ge- 
fahren der  Entzündung  des  Sackes  mit  nachfolgender  Blutung. 


*)  Diese  Ansicht  wird  unterstützt  durch  folgende  Yon  Hrn.  Prof.  Roser 
mir  gemachte  gfitige  Mittheilnng :  Bei  einer  30- bis  31  jähr.  Dame,  die  seit  dem 
12.  Jahre  an  heftiger  Neuralgie,  Anfangs  im  UnterkiefernerTen,  litt,  machte  Prof. 
Vf,  1868,  nach  partieller  Kieferresection,  die  Nervenausschneidang  ohne  Er- 
folg, 2  folgende  Operationen  hatten  dasselbe  Resultat.  1866  hatte  sie  die 
heftigsten  Schmerzen  in  der  Wange,  den  Kiefern,  der  Stirn,  den  Schläfen, 
bis  zum  Hinterhaupte  hin,  scheinbar  am  heftigsten  in  der  Ciiterkiefemarbe. 
Nach  erfolgloser  Resection  des  üntcrkiefertheiles  oebst  Nerv  unterband  Hr. 
Prof.  Roser  die  Carotis,  ohne  bedeutende  Besserang;  zeitweise  Remissio- 
nen  schienen  einzutreten;  bald  verlor  R.  die  Patientin  ans  dem  Auge.  — 
Ebensowenig  hob  die  Neuralgie  des  3.  Qaintnsastes  in  3  anderen  Fällen  die 
Uaterbindong  der  Art.  Oarot  facialis;  temporäre  Linderung  erfolgte;  auch 
diese  3  Patienten  haben  zur  Zeit  M.  verlassen. 

«*)  In  der  Med.  Times  and  Gaz.  1867.  Vol.  2.  p.  439  wird  aus  dem 
Lond.  Hospit  die  am  18.  Sept.  von  Mann  der  erfolglos  verrichtete  gleich- 
seitige Cnterbindong  der  Artt.  Subclav.  und  Carotis  bei  einem  wahrschein- 
lich au  Aneur.  Innom.  leidenden  Manne  referirt;  die  genaueren  Details  wer- 
den versprochen. 

Breslau,  den  2.  Juli  1867. 


VIIL 

Beiträge  zur  Resection  des  Kniegelenkes. 

Von 

Dr.  Hfiniff 

in  Hanau. 
(Portsetzung  zu  S.  220.) 


3.    Me  fireiiei  ier  ABpitattoi^  gfi^eiiber  4er  etiienireidci  iii  re* 
•edrendei  IdiaidlvDg  bei  dei  Sehiurerlctingei  dei  Kil^deikM^ 

„Trotz  einiger  bekannter  Heilungen  (sagt  Hennen  in  den 
Grundsätzen  der  Militairchimrgie)  kann  es  als  ein  Grandsatz  der 
der  Militairwundarzneikunst  aufgestellt  werden,  dass  ein  zer» 
rissenes  Gelenk,  vorzüglich  das  Knie-,  Knöchel-  und  Ellbogen- 
gelenk  niemals  unampntirt  das  Schlachtfeld  verlassen  mfisse,  wenn 
der  Verwundete  nicht  augenscheinlich  zu  schwach  ist'  und  der 
Tod  demnach  die  sichere  Folge  der  Amputation  sein  würde." 

Stellen  wir  diesem  von  Hennen  aufgestelltea  Grundsatz 
Piro  go  ff 's  Aussprüche  über  die  Verletzungen  des  Kniegelenkes 
entgegen,  (Grundzüge  der  allgemeinen  Kriegschirurgie  1864)  so 
gipfeln  seine  Resultate  in  den  höchst  trostlosen  Worten:  Tod 
nach  und  ohne  Amputation.  Daneben  giebt  er  aber  die  Erklä- 
rung ab:  „eins  werde  ich  mir  nie  verzeihen,  dass  ich  die  grossen 
Einschnitte  in  die  Gelenkkapsel  und  die  Resection  des  Kniege- 
lenkes an  Verwundeten  nicht  versucht  habe",  und  später:  „da  ich 
in  der  Behandlung  der  Schussfracturen  des  Kniegelenkes  sowohl 
gegen  eine  starke  Antiphlogose  als  gegen  die  expectativ  conser- 
virende  Methode  und  Amputation  ein    grosses  Misstrauen  hege, 


Beiträge  zur  Resectioo  des  Kniegelenkes.  447 

80  mass  ich  mich  nan  nolens  yolens  für  die  Resection  des  Knie- 
gelenkes erklären^. 

Vergleichen  wir  diese  beiden  Aussprüche  eines  älteren  und 
eines  neueren  Militairchirnrgen,  so  könnte  es  scheinen,  als  ob 
die  Chirurgie  an  der  Behandlung  der  Schuss^erletzungen  des 
Kniegelenkes  einen  Rückschritt  gemacht  h&tte;  denn  w&hrend  die 
Amputation  nach  dem  Ausspruch  des  älteren  Chirurgen  ganz  ein- 
fach als  Grundsatz,  als  Dogma  aufgestellt  wird,  hat  der  Ausspruch 
Piirogoff's  etwas  vollständig  Schwankendes,  und  nur  die  Ver- 
zweiflung an  dem  günstigen  Ausgange  der  Antiphlogose,  der  expec- 
tativen  and  amputirenden  Methode  treibt  ihn  dazu,  sich  für  die 
Resection  des  Kniegelenkes  zu  erklären,  welche  er  selbst,  wie  aus 
dem  vorher  angefahrten  Ausspruch  hervorgeht,  nicht  versucht  hat. 

Sachen  wir  bei  anderen  Schriftstellern  über  Militairchirurgie 
Trost  in  dieser  Frage,  so  ergeht  es  uns  vielfach  nicht  viel  besser. 
Denn  während  Strom e y er  (Haiimen  der  Kriegsheilkunst  S.  731) 
sagt:  „Man  sieht  aus  dem  Vorhergehenden,  mit  welchen  Schwie- 
rigkeitsn  die  Erkenntniss  einer  blossen  Kapsel  Verletzung  verbun- 
den sein  kann,  und  dies  ist  hier  um  so  mehr  zu  beklagen,  da 
wir  bis  jetzt  nicht  berechtigt  sind,  die  conservative  Chirurgie 
weiter  als  auf  die  blossen  Kapselverletzungen  auszudehnen^ ;  so 
lesen  wir  S.  741: 

„Meine  wenigen  Versuche,  die  Erhaltung  des  äliedes  durch 
vollständige  Durchschneidung  der  Seitenbänder  oder  durch  Re- 
section zu  erzielen,  betrafen  Fälle,  in  denen  die  Amputation  den 
Umständen  nach  nicht  rathsam  war;  sie  haben  das  Leben  nicht 
gerettet,  aber  in  Betreff  des  örtlichen  Verlaufes  geben  sie  Auf- 
munterung und  ich  würde  keinen  Anstand  nehmen,  dieselben 
wieder  aufzunehmen,  unter  Verhältnissen,  wo  die  Pyämie  nicht 
in  Betracht  gezogen  zu  werden  braucht^^ 

Immerhin  bemerkt  man  bei  den  neueren  Arbeiten  eine  grössere 
Neigung  zu  den  nicht  amputirenden  Methoden.  Dies  finden  wir 
in  den  Arbeiten  dieses  Archivs,  welche  die  Erfahrungen  des  letz- 
ten Schleswig-Holsteinischen  Krieges  besprechen.  So  fugtLQcke 
lu  den  einfachen  Kapselverletzungen  Condylendurchbohrung  mit 


448  Dr.  König, 

Kapselverletzuog  ohne  Splitterung,  und  Kapselverletenng  mit  Knor- 
pelverletzung  als  Verletzungen  hinzu,  bei  welchen  die  Conser- 
Tirung  versucht  werden,  und,  je  nach  Umständen,  Gelenkschnitt, 
Besection  oder  Amputation  später  ausgeführt  werden  soll  (Kriegs- 
chirurgische Aphorismen,  Bd.  7,  Heft  1  d.  Arch.),  und  Heine  (Bd. 
7,  HÄt  3  d.  Arch.)  will  die  Conservirung  versucht  wissen  in 
allen  Fällen  von  einfacher  Verletzung  der  Synovialkapsel,  von 
solchen  bei  gleichzeitigen  Strei&chussrinnen  der  Gelenkfläche  einer 
oder  beider  Epiphysen,  bei  reinen  canalförmigen  Perforationen 
der  Gelenkenden  von  Femnr  und  Tibia,  und  endlich  bei  Schuss- 
fracturen  der  Patella,  die  nicht  von  solchen  der  Gelenkepiphysen 
begleitet  sind.  Am  entschiedensten  spricht  sich  wohl  Nendörfer 
aus  dem  feldärztlichen  Bericht  übei^  die  Verwundeten  in  Schles- 
wig (Bd.  VI.  S.  536  d.  A)  in  conservativem  Sinne  aus:  „Wenn 
man  nun  bedenkt,  dass  die  Verhältnisse  dieses  Krieges  in  den 
4  citirten  sowie  in  den  anderen,  hier  nicht  angeführten  Fällen 
nicht  gestatteten,  allen  Ansprüchen  in  der  Behandlung  einer  so 
schweren  Verletzung  zu  genügen,  dass  namentlich  bei  Vielen  das 
verletzte  Gelenk  gar  nicht,  bei  anderen  erst  nach  8  — 14  Tagen 
fixirt  werden  konnte,  dann  gewinnt  man  die  Deberzeugung,  dass 
die  Schussverletzung  des  Kniegelenkes  durchaus  nicht  mehr  Be- 
rechtigung als  Amputationsindication  besitzt,  als  jede  andere 
Schussfractur  des  Femur,  und  kann  sich  der  gegründeten  Hoffiiong 
hingeben,  wenn  es  einmal  zum  Axiom  der  Kriegschirurgie  er- 
hoben werden  sollte,  an  die  Stelle- der  bisher  üblichen  immedia- 
ten  Oberschenkelamputation  den  immediaten  Gypsverband  zu 
setzen,  dass  dann  die  Zahl  der  geheilten  Enieschüsse  eine  viel 
grössere  sein,  zu  den  alltäglichen  Erscheinungen  zählen  wird, 
und  nicht  wie  bisher,  wo  dergleichen  Heilungen  bloss  als  seltene 
Raritäten  und  glückliche  Ausnahmen  aufgeführt  werden^. 

Ich  habe  diesen  aphoristischen  Rückblick  in  die  Literatur  der 
Schussverletzungen  des  Kniegelenkes  zur  EinfQhrung  einer  kurzen 
Besprechung  dieser  Verletzungen  für  nöthig  erachtet,  um  an  be- 
weisen, wie  sehr  die  Lehre  von  diesen  Verletzungen  eine  auf  Er- 
fahrungen gegründete  Revision  nOthig  hat    Nur  dadurch  wird  es 


Beiträge  rar  Resection  des  Kniegelenkes.  449 

möglich  setn,  dem  Chirargen,  welcher  sich  bei  den  Meistern  Ratiis 
erholen  will,  etwas  mehr  zu  gewähren,  als  ihm  bis  jetzt  in  den 
besten  Lehrbüchern  geboten  wird;  nur  dadurch  wird  ein  späterer 
Autor  im  Stande  sein,  festere  Anhaltspunkte  für  das  Handeln  zu 
bieten,  als  es  bis  dahin  mOglich  war.  Aus  der  Lage  der  Dinge 
erhellt  aber,  auf  welchem  Wege  diese  Erfahrungen  gemacht  wer- 
den mfissen.  Die  Erfahrungen  über  Amputation  des  Ober- 
schenkels können  wenigstens  annähernd  als  brauchbar  betrachtet 
werden ;  man  hat  wenigstens  eine  Statistik,  und  weiss,  dass  die- 
selbe leider  meist  recht  schlechte  Resultate  geliefert  hat.  För 
die  conservirende  Behandlung  hat  man  fast  keine  Statistik ;  denn 
hier  können  wir  weder  die  allen  anderweitigen  Erfahrungen  ge- 
genüber so  ausserordentlich  günstige,  der  Tabelle  der  Gelenk- 
verletzungen von  Surgeon  Baer  aus  dem  Amerikanischen  Kriege 
entnommene  Zusammenstellung  (von  103  conservativ  behandelten 
Verletzungen  des  Kniegelenkes  50  genesen,  53  gestorben),  noch 
die  bis  jetzt  so  ausserordentlich  ungünstigen  Resultate  der  Knie- 
resection  bei  Schussverletzungen  im  Kriege  (bis  zum  vorjährigen 
Feldzuge  28  Resectionen  mit  4  sicheren,  1  unsicheren  Heilungs- 
resultat) gebrauchen.  Zu  Versuchen  in  der  Richtung  der  Erhal- 
tnng  der  zerschossenen  Kniegelenke  in  den  zukünftigen  Feld- 
zügen muss  also  vor  Allem  angeregt  werden,  denn  dieselben  sind 
in  ausgedehntem  und  besonders  in  einem  den  jetzigen  therapeu- 
tischen Ansprüchen  genügenden  Haasse  meines  Wissens  bis 
jetzt  noch  nicht  gemacht.  Material  dazu  drängt  sich  schon  dem 
Wundarzt  wider  Willen  auf,  denn  der  Grundsatz,  welchen  Hennen 
aufstellt:  dass  kein  Knieverletzter  das  Schlachtfeld  unamputirt 
verlassen  sollte,  ist  schon  längst  an  der  Unmöglichkeit  der  Aus- 
fbhrung  gestrandet.  Aber  man  lasse  dann  diese  der  Amputation 
glücklich  einmal  Entgangenen  nicht,  wie  es  leider  meist  noch 
geschehen  ist,  in  der  Idee,  dass  die  secundäre  Amputation  doch 
ihr  einziger  Rettungshafen  sei,  auf  eiuem  Spreukissen,  oder  gar 
ohne  alle  Lagerungsmittel  liegen,  sondern  man  mache  den  emst- 
lichen  Versuch  der  Erhaltung  mit  dem  ganzen  neueren  conser- 
vativen  Apparat.     Die   Schwankenden   aber   und   die   absoluten 

T.  Langanbeek*!  ArchW  f.  Chmirgie    IX.  29 


450  Dr.  König, 

Yertheidiger  der  Ampotation  mögen  sieh  die  missliehen  Erfolge 
der  OberschenkelamputatioB  in's  Gedächtniss  rufen,  sie  mögen 
bedenken,  dass  die  Statistik  der  Enieresection  in  den  Friedens- 
spitälem  eine  bessere  Mortalit&tsziffer  giebt,  als  die  der  Ober- 
schenkelamputation, dass  ^so  wenigstens  als  LataretboperatioQ 
der  Resection  noch  eine  bessere  Zukunft  bevorsteht.  Sie  mögen 
weiter  bedenken,  dass  denn  doch  auch  die  besten  künstlichen 
Glieder  einem  wenn  auch  steif  geheilten  Beine,  sowohl  in  Be- 
ziehung auf  ihre  Leistungsfilhigkeit,  als  in  Beziehung  auf  die  spl- 
tere  sociale  Stellung  des  Verletzten  betr&chtlich  nachstehen,  und 
diesem  Vortheile  zu  Liebe  wird  der  Verletzte  gewiss  einige  Pro- 
zent Gefahr,  welche  der  conservativen  Cur  vielleicht!  mehr  auf 
Rechnung  kommen,  in  den  Kauf  nehmen. 

Leider  bin  ich  auch  nach  dem  Feldzuge  des  vergangeneu 
Jahres,  in  welchem  ich  in  den  Hainspit&lern  als  Arzt  wirkte, 
ausser  Stande,  schon  jetzt  Erfahrungen  in  der  bezeichneten  Rich- 
tung in  irgend  wie  beweisender  Zahl  anzuführen.  Ich  hatte  Ge- 
legenheit, in  den  Hospitälern  von  Laufach,  Frohnhofen,  Aschaffen* 
bürg,  Tauberbischoffsheim,  sowie  in  den  Frankfurter  Reserve- 
Lazarethen  eine  ziemliche  Anzahl  Enieverletzter  zu  sehen,  und  im 
Aschaffenburger  Lazareth,  Infanteriecaseme,  in  welchem  ich  bis 
zur  Auflösung  desselben  im  September  thfttig  war,  zu  behandeln. 
Ich  sah  nur  wenige  geheilte  Eniegelenksverletzte,  soviel  ich  mich 
erinnere  nur  drei,  welche  geheilt  waren.  Alle  drei  waren,  soviel 
ich  zu  ermitteln  vermochte,  mit  Gypsverband  behandelt  worden. 
Ebenso  sind  meine  Beobachtungen  fiber  Resection  sehr  beschrSnkte, 
zwei  Resectionen,  in  Frankfurt  gemacht,  gingen  zu  Grunde,  eine 
welche  ich  verrichtete,  und  von  der  weiter  die  Rede  sein  wird, 
wurde  glficklich  geheilt.  Hehr  Günstiges  könnte  ich  von  den 
secund&ren  Amputationen  berichten,  welche  nach  Generalarzt 
Burow's  Angabe  ohne  Naht  und  bei  freier  Lagerung  auf  einem 
Eissen  behandelt  wurden.  Eine  energisch  conservative  Behandlung 
der  Knieverlctzten  in  ausgedehnterem  Haasse  habe  ich  nirgends 
gesehen.  W&re  Einiges  von  dem  Gyps,  welcher  bei  den  Ober- 
schenkelfracturen  in  ziemlich  reichlichem  Maasse  verwandt  wurde, 


Beiträge  sur  Reseetibn  des  Kniegelenkes.  451 

wftren  einige  Drahtstiefel  oder  Hohlrinnen  den  Knieverletzten 
von  vorne  herein  sagev\randt  v?orden,  so  hätte  man  virohl  auch 
mehr  gate  Erfolge  £u  registriren.  Aber  ftberall  fehlte  das  werk- 
th&tige  Vertrauen  der  Collegen  und  zumeist  auch  der  Verletzten. 
In  Ermangelung  positiver  Erfahrungen  in  therapeutischer  Rich- 
tung, habe  ich  während  der  Dauer  der  Kriegslazarethe  versucht, 
durch  treue  Beobachtung  des  Verlaufes  der  Knieverletzungen  mir  ein 
klares  Bild  der  Gefahren  zu  verschaffen,  welche  diesen  Unglficklichen 
drohen.  Ich  habe  mich  dabei  fiberzengt,  dass  die  Gefahren  fftr 
die  Knieverletzten  in  den  meisten  Fällen  bedingt  sind  durch  die 
Menge  und  Beschaffenheit  des  in  dem  verletzten  Gelenke  sich 
bildenden  Secretes.  Es  kommen  zweifellos  Verletzungen  des 
Gelenkes  vor,  welche  mit  ausserordentlich  geringer  Eiterung  und 
mit  fast  keinen  fieberhaften  Allgemeinerscheinungen  verlaufen 
und  heilen.  Ein  andermal  wird  die  Eiterung  stärker,  aber  es 
tritt  doch  keine  massenhaft  jauchige  Secretion  und  kein  heftiges 
Resorptionsfleber  ein.  Selbstverständlich  ist  diese  Art  des  Ver- 
laufes vielmehr  eigenthümlich  den  Stich-  und  Schnittwunden  des 
Kniegelenkes,  kommt  sie  je  einmal  bei  Schussverletzungen  vor, 
so  sind  es  gewiss  nur  die  einfachen  Kapselverletzungen,  welche 
die  Möglichkeit  eines  solchen  leichten  Verlaufes  zulassen.  Bei 
weitem  die  meisten  Verletzungen,  des  Kniegelenkes  rufen  eine 
acute,  sehr  zur  Zersetzung  tendirende  Eiterung  hervor.  Im  Gan- 
zen geht  der  Grad  der  Zersetzung  parallel  dem  Grade  der  Ver- 
letzung der  Weichtheile  und  Knochen,  und  so  mag  denn  die  von 
Stromeyer  aufgestellte  Eintheilung  als  Skala  f&r  die  Gefahr 
der  Verletzungen  betrachtet  werden: 

1.  Einfache  Kapselwunden  des  Kniegelenkes. 

2.  Kapselwunden  mit  Knochenverletzung. 

a.  Gontusionen  der  articulirenden  Enden. 

b.  Spalten  von  extracapsulären  Knochenbrächen,  die  in*8 
Gelenk  fahren. 

c.  Splitterbräche  der  articulirenden  Enden. 

d.  Penetrirende  Kapselwunden  mit  Knochenverletzung  und 
Zurflckbleiben  der  Kugel  und  anderer  Fremdkörper. 

29* 


452  Dr.  König, 

Man  kann  also  wohl  im  Allgemeinen  annehmen,  dass  nm 
so  eher  die  Secretion  sich  in  massigen  Grenzen  halten  wird,  je 
geringer  die  Verletzung  an  sich  ist,  und  dass  die  Absondeniog 
eines  Wasserst  zersetzten,  jauchigen  Secretes  um  so  mehr  zu  er- 
warten steht,  je  ausgebreiteter  die  Zertrümmerung  der  Enoeheo 
ist,  dass  femer  die  Anwesenheit  fremder  Körper  im  Gelenk, 
besonders  von  Stücken  der  Bekleidung,  eine  iasserst  Abele  Jau- 
chung hervorzurufen  pflegt.  Freiich  gilt  dieser  Ausspruch  nicht 
f&r  alle  Fälle,  denn  geringfügige  Kapselverletzungen  pflegen  eben- 
falls häufig  sehr  acute,  zur  Zersetzung  tendirende  Eiterung,  mit 
sehr  heftigen  Allgemeinerscheinungen  zu  bedingen.  Betrachten 
wir  nun  zunächst  die  Erscheinungen,  welche  das  verletzte  Glied 
in  den  ersten  und  späteren  Tagen  nach  der  Verletzung  bietet 
Eine  beträchtliche,  sehr  bald  nach  der  Verletzung  eintretende 
Schmerzhaftigkeit  ist  fast  allen  Knieverletzuugen  eigen.  Der  Schmerz 
tritt  bald  spontan  auf,  bald  folgt  er  der  allergeringsten  Erschütte- 
rung des  Gliedes,  einem  Stosse  an  den  Fuss,  einer  Untersuchung, 
ja  schon  einem  geringen  Stosse  an  das  Bett.  Der  Schmerz  ist 
um  so  heftiger,  je  weniger  für  eine  sichere  Lagerung  des  kranken 
Gliedes  gesorgt  ist,  für  welche  Fälle  der  Kranke  bemüht  ist, 
die  geeignetste  Lage  im  Bette  zu  finden  (halbe  Flexion  und 
Lagerung  auf  der  Aussenseite).  Bei  dem  geringsten  Versuche, 
diese  Lage  zu  ändern,  treten,  unter  convulsivischen  Muskelbe- 
wegungen des  Schenkels,  die  heftigsten  Schmerzen  ein.  Die 
Schmerzen  werden  im  Anfange  wesentlich  bedingt  durch  Ei^sse 
von  Blut,  Exsudat,  welche  die  Kapsel  beträchtlich  spannen^  in 
späterer  Zeit  durch  Lockerung  des  Gelenkes,  durch  Reibung  der 
degenerirten  fracturirten  Gelenkflächeh. 

Sehr  wechselnd  zeigt  sich  die  Schwellung.  Von  der  acu- 
testen  Schwellung  des  ganzen  Gliedes  bis  an  das  Becken,  bis 
zu  leichter  Gelenkschwellung,  welche  jedoch  selten  ohne  gleich- 
zeitig ödematöse  Schwellung  des  Unterschenkels  höheren  oder 
geringeren  Grades  eintritt,  finden  sich  mannichfache  Uebergänge. 
Was  zunächst  die  locale  Schwellung  betrifft,  so  kann  man  nicht 
sagen,  dass  ein  bedeutender  Grad  dieser  Schwellung  immer  eine 


Beiträge  zar  Reaection  des  Kniegelenkes.  459 

sehr  äbele  Bedeutung  hätte.  Wir  finden  im  Gegentheil  oft  bei 
sehr  schlimmen  Verletzungen  nur  einen  sehr  geringen  Grad  von 
Schwellung.  Der  Grund  f&r  die  locale  Schwellung  des  Gelenkes 
liegt  eben  immer  in  den  der  speciellen  Verletzung  eigenthäm- 
lichen  mechanischen  Verhältnissen.  So  kommt  es  vor,  dass  die 
Kapselwunden  rasch  verkleben,  das  Gelenk  sich  prall  anf&llt. 
Ist  dann  das  Gelenk  bis  auf  das  äussert^te  ausgedehnt,  so  reisst 
die  Kapsel  an  der  Schuss-  oder  auch  an  einer  anderen  Oeffhung, 
ein  Theil  des  Eiters  entleert  sich  durch  die  äussere  Wunde,  oder 
auch  nur  durch  die  Kapselwunde  in  das  umgebende  Gewebe, 
und  während  das  Gelenk  leerer  wird,  schwillt  der  Oberschenkel 
und  die  Wade  durch  sich  bildende  Eiterdepots  an.  Selten  sind 
diese  Oeffnungen  so,  dass  sie  einen  vollkommenen  Abfluss  des 
Secretes,  eine  Abschwollung  des  Gelenkes  herbeifuhren,  sei  es, 
dass  ein  Theil  des  Secrertes  zu  eonsistent  ist,  sei  es,  dass  eine 
Art  von  Elappenmechanismus  den  Abfluss  nur  eines  Theiles 
der  Flüssigkeit  zulässt.  Zuweilen  tritt  auch,  besonders  bei 
vorhandenem  Bluterguss  und  unvollkommener  Gommunication 
des  Gelenkes  mit  der  äusseren  Luft,  eine  rasche  tympanitische 
Anschwellung  des  Gelenkes  ein,  dasselbe  füllt  sich  prall  an  mit 
stinkendem  Gase. 

Liegen  die  Schussöffnungen  weiter  entfernt  vom  Gelenk,  so 
tritt  zuweilen  eine  so  geringe  Schwellung  des  Gelenkes  ein,  dass 
man  lange  im  Zweifel  bleiben  kann,  ob  dasselbe  wirklich  ver- 
letzt wurde,  bis  erst  die  weiteren  Erscheinungen  hinzutreten. 
Hier  findet  sich  meist  die  Erklärung  in  der  Art,  wie  die  Kugel 
vom  Knochen  aus  durch  die  Epiphyse  in  das  Gelenk  eindrang. 
Die  Kugel  bildet  so  'zuweilen  einen  Gang,  welcher  so  zweck- 
mässig für  den  Eiterau.sfluss  aus  dem  Gelenke  erscheint,  dass  bei 
ganz  schlimmen  Knochen^ertrummerungen  am  Gelenk  selbst  nur 
sehr  geringe  Schwellung  eintritt,  während  sich  Abscess  und  In* 
filtration  am  Oberschenkel  hinauf  bilden.  Ein  eclatanter  Fall 
dieser  Art  wurde  noch  spät,  mit  glücklichem  Erfolge,  in  Aschaffen- 
burg  amputirt.  Die  Einschussöffnung  fand  sich  am  Beginn  des 
unteren  Drittheils   auf  der  Innenseite    des  Oberschenkels;   die 


454  ^'  K6aig, 

Kugel  hatte  nicht  aofgefondea  werden  können;  das  Kniegelenk 
war  nur  sehr  wenig  geschwollen,  in  seiner  Form  nicht  yerindert^ 
dagegen  schwoll  der  Oberschenkel  bis  tum  oberen  Drittheil  auf 
der  hinteren  und  oberen  Seite  betr&chtlich  an,  und  es  bildeten 
sich  Jancheherde.  Gleichzeitig  hatte  der  Verletzte  ein  aiemlich 
heftiges  septisches  Fieber,  welches,  je  nach  der  Entleerung  oder 
Ffillung  und  neuer  Entwickelung  der  Jaucheherde,  bald  ab- 
bald  zunahm.  Erst  in  der  6.  Woche  gelang  es,  von  einer  tiefe- 
ren AbscessöfFnung  aus,  eine  auf  der  hinteren  Schenkelflicbe, 
etwas  Aber  der  Epiphysenlinie  gelegene  Knochenverletzung  zu 
finden,  welche,  neben  anderen,  in  der  letzten  Zeit  aufgetretenen 
Erscheinungen,  die  Gelenkverletzung  sicherstellten.  Nadi  der 
Amputation  zeigte  sich  in  dem  Kniegelenk  nur  sehr  wenig  flfis- 
siger  Inhalt  Die  Kugel  hatte  vom  Bande  der  Fossa  intercon- 
dyloidea  posterior  ein  Knochenstück  sammt  der  Kapsel  losgeris- 
sen, und  steckte  fest  im  Kopfe  der  Tibia.  Sie  hatte  dadurch  einen 
Kanal  gebildet,  welcher  eine  fortwährende  Entleerung  des  Secre- 
tes  nach  den  Weichtheilen  des  Oberschenkels  möglich  machte. 

Wir  betrachteten  bis  jetzt  die  Schwellung,  welche  wesenüicb 
durch  Ansammlung  von  Secret  in  der  Gelenkhohle  bedingt  wird, 
oder  durch  secund&re  Senkung  des  Secretes  von  den  Scbussöff- 
nangen  der  Kapsel,  oder  von  neu  sich  bildenden  Oeffnungen  in 
der  Umgebung  des  Gelenkes  (Senkungsabscesse).  Wir  bemerkten 
schon,  dass  selten  eine  allgemeine,  wenn  auch  leichte,  ödematSse 
Schwellung  des  Unterschenkels  fehlt,  eine  Schwellung,  welche 
meist  nur  als  Ausdruck  der  vorfibergehend  gestörten  Girculation, 
zuweilen  jedoch  eines  bleibenderen,  durch  Venenverstopftuig 
bedingten  Blutlaufshindernisses  erscheint,  und  in  noch  sp&teredr 
Zeit  als  Zeichen  von  Blutleere  und  Nierenerkrankung  auftritt 
Für  die  höheren  Grade  erstreckt  sich  das  Oedem  über  das  Knie 
hinaus  bis  zum  Becken,  ohne  dass  diese  Fälle  an  sich  gerade 
einen  schlimmen  Verlauf  nehmen  müssten.  Bei  dieser  Schwellong 
ist  die  Haut  blass,  nicht  geröthet  Empfindlichkeit  ist  nicht 
vorhanden,  der  Finger  drückt  sich  leicht  in  das  Gewebe  ein,  and 
bleibt  stehen.    Böthet  sich  dagegen  die  Haut,  wird  die  Schwel- 


Beitiige  lar  Resection  des  Kniegelenkes.  455 

lang  b&rter,  empfindlich,  so  bildet  sie  h&nfig  die  Maske  ftr 
Jaueheberde  in  den  Weichtheilen,  welche  sich  näher  and  femer 
vom  Gelenk  in  den  Muskeln,  am  Periost  nnd  in  der  Markböhle, 
tbeils  in  Zusammenhang  mit  den  Gelenkabscessen ,  theils  anab- 
hftngig  davon,  als  Zeichen  einer  weit  fortgeschrittenen  Septicaemie 
entwickeln.  Das  einmal  inficirte,  nekrosirende  Gewebe  wirkt 
gleichsam  inficirenä  auf  das  angrenzende,  so  dass  nach  und  nach 
die  Weichtheile  in  grosser  Ausdehnung  nekrotisch  zerfallen, 
und  jauchende,  wieder  zur  Vermehrung  der  Septicaeniie  bei- 
tragende Herde  mit  nekrotischen  Gewebsfetzen  bilden.  Die 
eben  besprochene  Art  der  Schwellung  ist  wohl  eine  leichte  Form 
dessen,  was  Pirogoff  unter  dem  Namen  des  acut  purulenten 
Oedems  beschrieben  hat:  «Der  Oberschenkel  schwillt  zuweilen 
enorm  auf,  die  Geschwulst  ist  sehr  hart  und  prall,  die  Haut 
dunkel  gerOthet,  aber  der  Fingerdnick  hinterl&sst  keine  auffal- 
lende Grube.  Die  pralle  Anschwellung  des  Gliedes  macht  den 
Eindruck,  als  ob  die  Spannung  mehr  die  tieferen  Theile  ein- 
nehme, und  in  der  That  findet  man  bei  der  Section  nicht  die 
subcutanen  und  subaponeurotischen  Zellschichten,  sondern  das 
intermuscul&re  Bindegewebe  und  die  einzelnen  Muskelbündel  mit 
Eiter  infiltrirt|  die  Muskelsubstanz  sieht  dadurch  marmorirt,  und 
mit  gelblichen  Punkten  und  Streifen  durchsetzt  aus.** 

Es  bleibt  mir  flbrig,  noch  einige  Worte  über  die  SchussOff- 
nnngen  zu  sagen.  Bald  bleiben  beide  Oeffnnngen  lange  oflTen, 
bald  schliesst  sich  eine,  am  leichtesten  die  AusgangsöiTnung,  zu- 
weilen schliessen  sich  alle  beide.  Ebenso  verschieden  ist  ihr 
äusseres  Aussehen.  Nur  selten  finden  sich  an  ihnen  frische,  rothe, 
turgescente  Granulationen,  meist  haben  dieselben  einen  schlaffen, 
blassen  Gharacter.  In  einzelnen  F&llen  verwandeln  sie  sich  in 
h&ssliche,  um  sich  fressende  Geschwüre,  besonders  dann,  wenn  sie 
einer  hässlichen,  corrodirenden  Jauche  zum  Ausfluss  dienen. 

Die  Art  des  Secretes  und  die  Masse  desselben  übt  dann  auch 
den  entschiedensten  Einfluss  auf  die  Allgemeinerscheinungen,  auf 
den  Verlauf  der  Verletzungen  des  Kniegelenkes  aus.    Wir  erwähnten 


456  ^'-  König, 

schon,  dasB  von  der  Absonderang  einer  m&sgigcn  Menge  von  gutem 
Eiter  bis  zur  massenweisen  Secretion  von  höchst  fibelriechender, 
Schwefelwasserstof&eicher   Jauche   vielfache  Uebergänge  stattfin- 
den.    Wir  bemerkten,  dass,  wenn  diese  Regel  auch  Ausnahmen 
erleidet,  die  Bösartigkeit  des  Secretes  im  Allgemeinen  von  der 
Schwere  der  Verletzung  abh&ngig  ist.    Je  mehr  Zertrfimmening 
der  Weichtheile,  der  Knochen,  je  mehr  vergossenes  Blut,  welches 
sich  nicht  entleeren  kann,  je  mehr  Fremdkörper  vorhanden  sind, 
desto  grösser  ist  die  Ge&hr  des  Eintrittes  von  profuserer,  fibeler 
Secretion  und  nbeler   Allgemeinerscbeinungen.    Freilich   hat  aaf 
den  Eintritt  übeler  Jauchung  nicht  nur  die  prim&re  anatomische 
Beschaffenheit,   sondern  auch,  abgesehen  von  der  Salnbrität  des 
Lazareths,  in  welchem  sich  der  Verletzte  befindet,  die  Art  der 
Behandlung   und  ihr  Einfluss   auf  secund&re   anatomische  Ver- 
änderung einen  wesentlichen  Einfluss.    Wir  wissen  Alle,  dass  eine 
complicirte  Fractur  um  so  weniger  zur  Eiterung  tendirt,  je  mehr 
die  Fragmente  fixirt  sind,  je  weniger  sie  Gelegenheit  haben,  durch 
Bewegungen  in  den   umgebenden  Geweben   und  ah  sich    selbst 
weitere  Ursache   zu  Entzündung,   Secretion   und  Zersetzung  zu 
geben.    Bei  dem  Kniegelenk  verhält  es  sich  genau  ebenso.   Das 
nicht  fixirte,  dem  Willen  des  Kranken  fiberlassene,  vielfach  be- 
wegte Gelenk,   dessen  B&nder  alsbald  durch  Eiterung   zerstört, 
'  durch  Gewebswucherung  erschlafft  werden,  erfährt  sehr  bald  wich- 
tige Veränderungen  an  seinen  fiberknorpelten  Enden.    Die  Knor- 
pel werden  rauh,  schleifen  sich  ab,  oder  werden  resorbirt  durch 
Granulationswucherung,  der  Knochen  geht  die  in  frfiherer  Zeit  unter 
dem  Namen  von  Caries  bekannten  Veränderungen  ein,  die  rauh 
gewordene  Oberfläche    erleidet  an  den  am   meisten  dem  Druck 
ausgesetzten  Theilen  einen  Druckschwund,  grössere  und  kleinere 
Stficke  werden  gefässlos  und  nekrosiren,  andere  Portionen  werden 
aufgesogen  durch  von  der  Epiphyse  aus  wuchernde  Granulationen. 
Und  dieser  ganze  Prozess  bewirkt  dann  wieder  ähnliche  Verän- 
derungen, Vermehrung  des  Secretes  und  der  Allgemeinerscbeinun- 
gen, wie  die  primären  Zertrümmerungen  des  Gewebes,  sie  bewir- 
ken jauchige  Senkungen   und   Infiltration,   wie  sie  bereits  oben 


Beiträge  zur  Resection  des  Kaiegelenkes.  457 

beschrieben  wurden,  ünerw&hnt  will  ich  hier  nicht  lassen,  dass 
derartige  späte  Verschlimmerungen  zuweilen  bei  einfachen  Kap* 
selstreifschüsfien  durch  spätere  Nekrosirong  des  contundirten 
Rapselstückes,  und  bei  Fracturen  mit  Spalten  in  das  Geleok  her- 
beigeführt werden.  Ich  beobachtete  einen  Fall  der  letzten  Art, 
bei  welchem  erst  in  der  7ten  Woche  nach  versuchter  Entfernung 
eine^  Splitters  acute  Gelenkverjauchung  und  Tod  eintrat. 

Es  geht  aus  der  eben  angestellten  Betrachtung  der  localen 
Erscheinungen  hervor,  in  welcher  Art  die  allgemeinen  Erschei- 
nungen der  Enieverletxten  aufgefasst  werden  müssen.  Sie  zeigen 
sich  bei  dem  regelm&ssigf^n  Verlauf  dieser  Verletzungen  als 
Symptome  eines  höheren  oder  geringeren  Grades  von  septischer 
Infection.  Von  diesem  Gesichtspunkte  aus  muss,  wie  Roser 
zu  verschiedenen  Malen  gezeigt  hat,  die  Pathologie,  von  diesem 
Gesichtspunkte  aus  muss  die  Behandlung  derselben  betrachtet 
werden.  Ffir  die  ganz  schlimmen  Fälle  gilt  ja  diese  Anschau- 
ung schon  seit  längerer  Zeit,  während  der  Glaube  an  die  Ab- 
hängigkeit der  allgemeinen  fieberhaften  Erscheinungen  von  der 
Zersetzung  und  der  Resorption  des  zersetzten  Exsudates  auch  (ur 
die  leichteren  Fälle  erst  in  der  letzten  Zeit  mehr  und  mehr  An- 
hänger gewonnen  hat. 

Die  ganz  bOsen  Fälle  von  Septicaemie  treten  nun  besonders 
gerpe  bei  grössere^  Zertrflmmerungsschüssen,  sowie  bei  Vorhan- 
densein von  grösseren  Mengen  Blutes  im  Gelenk  und  in  den 
umgebenden  Weichtheilen  und  Knochen  ein.  Sie  können  den 
Kranken  schon  im  Verlauf  weniger  Tage  unter  dem  Bilde  eines 
typhösen  Fiebers  dahinraffen.  Die  Kranken  verfallen,  wie  Es- 
march  (üeber  Resection  nach  Schusswnnden  S.  33)  sagt,  ent- 
weder in  wüthende  Delirien  oder  in  Sopor,  die  Zunge  wird  trok- 
ken  und  dunkelbraun,  häufig  tritt  Icterus  hinzu,  und  der  Tod  er- 
folgt in  wenigen  Tagen.  Von  diesen  schlimmsten,  rasch  tödten- 
den  septischen  Fiebern  bis  zu  den  leichteren  und  leichtesten  fin> 
den  unmerkbare  üebergänge  statt,  aber  die  Aehnlichkeit  findet 
sich  bei  allen  Ein  continuirliches  Fieber  mit  grösseren  oder  ge- 
ringeren Abendeiacerbationen   befällt  alle.    Dabei   verliert   sich 


458  i>r.  KOoig, 

alsbftld  der  Appetit,  insbesondere  die  Neigung  sn  FleicM^kost. 
Hftufig  treten  DarcbflUe  ein,  und  die  braun  belegte,  beim  Heraus- 
strecken  oft  zitternde  Zunge  wird  trocken  und  rissig.  Ein  ge- 
wisser Grad  von  Theilnahmlosigkeit,  von  gestörter  Integrität  des 
Bewttstseins  ist  fast  allen  eigen.  Manche  werden  ans  ihrer  Apa- 
thie nur  durch  Manipulationen  an  dem  schmerzhaften  GUede  ge- 
weckt, Andere  zeigen  mehr  Neigung  zu  stillen  oder  lanteren  De- 
lirien. Daneben  ist  der  Schlaf  ein  sehr  unruhiger,  durch  Delirien 
und  Schmerz  an  dem  verletzten  Gliede  häufig  unterbrochener 
Sbhlummer.  Die  Gesichtsfarbe,  w&hrend  der  Zeit  der  Fieberex- 
acerbationen  roth,  nimmt  oft  einen  Stich  in's  Gelbliche  ein,  wah- 
rer Icterus  ist  seltener.  Der  rasche  Consum,  welchen  das  con- 
tinuirliche  Fieber  herbeiführt,  zeigt  sich  in  der  rapiden  Abnahme 
des  (subcutanen  Fettes.  Häufig  treten  gangränöser  Decubitus^  zu- 
weilen auch  anderweitige  melastatisch-septisohe  Herde  an!  In 
wieder  milderen  Fällen  findet  sich  nur  ein  Gatarrh  des  Verdau- 
nngscanals,  mit  Neigung  zu  DurcbfÜllen  und  demsdben  continuir- 
lichen  Fieber.  Doch  auch  bei  diesem  milderen  Verlauf  bleibt 
die  Neigung  zur  Betheiligung  des  Sensoriums,  die  Neigung  zu 
rascher  Macies,  zu  Decubitns.  Allen  gemeinsam  ist  das  Schwio* 
den  des  gefiihrb ringenden  Zustandes  mit  der  Verminderung,  mit 
dem  Besserwerden  der  Eiterung,  sei  es  daas  die  Quelle  des  fie- 
bererregenden Eiters  von  selbst  versiecht,  sei  es  dass  durch  ope- 
rative Eingriffe,  Amputation,  Resection,  grössere  oder  kleinere 
Incisionen  Hülfe  geschaflt  wird. 

Freilich  können  hinzutretretende  anderweitige  Schädlichkeiten 
den  Verlauf,  und  somit  auch  die  therapeutischen  Grundsätze  mo- 
dificiren;  es  kann  Gangrän,  es  kann  Erysipel  hinzukommen,  der 
Kranke  kann  von  Pyämie  befallen  werden,  aber  diese  Zufälle 
kommen  von  aussen  zu  der  Gelcnkverletzung  hinzu.  Unter  allen 
diesen  hinzukommenden  Krankheiten  ist  leider  die  Pyämie  die 
am  häufigsten  auftretende  und  die  meisten  Kranken  dahinraffende. 
Herrscht  einmal  diese  Krankheit  in  einem  Hospital,  so  sind  der- 
selben die  Knieverletiten,  als  Kranke  mit  grossen  Wanden,  be- 


Beitrftge  snr  Resection  des  RDiegelenkes.  469 

Bonders  nnterworfeO)  doeb  gewiss  nicht  mehr,  als  die  Ampatirien 
aoch. 

In  den  sp&teren  Stadien  der  Knieverletznngen  nimmt  der 
Kranke  meist  das  Bild  an,  welches  die  mit  chronischen  Knie* 
gelenkseitemngen  behafteten  Personen  darbieten  Die  Eiterung 
wird  gutartiger,  weniger,  um  ^on  zu  Zeit  sich  wieder  zu  vermeh- 
ren, stärker  su  riechen;  gleichzeitig  fiebert  der  Kranke,  entspre- 
chend diesem  wechselnden  Zustande  des  Gelenkes,  und  magert 
ab.  Möglicherweise  ist,  wie  Roser  bemerkt  hat,  auch  dieses 
hektische  Fieber  durch  die  Resorption  von  septischen  Stoffen 
zu  erklären.  Auffallend  ist  es  wenigstens,  wie  mit  der  Ent- 
fernung des  eitererregenden  Tbeiles  durch  Amputation  oder 
Resection,  der  Kranke  oft  rasch  sein  Fieber  verliert,  und  sich 
binnen  Kurzem  erholt.  Bei  Manchen  versiecht  dann  die  Eite- 
rung auch  spontan,  das  Knie  heilt  mit  Ankylose,  aber  bei  den 
Wenigsten.  Wenn  nicht  anderweitig  geholfen  wird,  so  tritt  Hy- 
drops, mit  und  ohne  Nierendegeneration,  zu  der  Krankheit  hin- 
zu, und  die  Kranken  gehen  nach  spät  marastisch  zu  Grunde. 

Der  Knieverletzte  leidet  also  an  Eiterung,  respective  Jauche- 
bildung eines  Gelenkes,  dessen  -Grösse  der  reichlichen  Entwicke- 
Inng  von  Secret  sehr  günstig  ist,  und  dessen  anatomische  Ver- 
hältnisse der  freien  Entleerung  dieses  Secretes,  sowie  der  zer- 
trflmmerten  und  später  nekrosirenden  Theile  grosse,  zuweilen 
unüberwindliche  Schwierigkeiten  entgegensetzen.  Die  Folge  die- 
ser starken  Secretion  und  Zersetzung  des  angehäuften  Secretes 
ist  ein  höherer  oder  geringerer  Grad  von  fieberhaften  Allgemein« 
erseheinungen,  welche  den  Verletzten  bald  unter  dem  Bilde  einer 
ganz  acuten  Sepsis  rasch  dahinraffen,  bald  unter  milderen,  durch 
septische  Infection  bedingten  Fieberzufällen  mehr  allmälig  dem 
Tode  entgegenftthren.  Nur  in  wenigen  Fällen  erschöpft  sich 
die  Quelle  der  Gefahr  ohne-  weiteres  Eingchreiten  des  Ghimr- 
gen ;  meist  gilt  es,  thätig  einzugreifen,  es  gilt,  die  Hindemisse, 
welche  sich  der  freien  Entleerung  des  zersetzten  Secretes  und 
der  Gewebstrfimmer  entgegenstellen,  zu  beseitigen,  ehe  die 
schwersten  Symptome  von  Septicämie,   ehe  eine   hinzutretende 


460  Dr,  König, 

Py&mie  oder  ein  parulentes  Oedem  jede  Hülfe  als  zu  Bpkt  be- 
zeichnen müssen.  Allen  diesen  Gefahren,  welche  die  Gelenk- 
veijauchung  später  bereitet,  geht  Der  allerdings  aus  dem  Wege, 
welcher  möglichst  viele  Oberschenkel  gleich  nach  der  Verletsang 
amputirt,  aber  er  schafft  mit  der  Amputation  dem  Yerletsten  kei- 
nen Freibrief  f&r  das  Leben.  Die  Zahlen  sprechen  dafär  leider 
nar  zu  deutlich.  Nach  Esmarch  starben  von  128  in  den  ersten 
Schleswig-Holsteinischen  Feldzugen  Amputirten  77,  und  die  den 
Reports  on  the  extent  and  nature  of  the  materials  etc.  ans  dem 
Nordamerikanischen  Feldzage  entüommenen  Zahlen  weisen  unter 
1597  Amputirten  1029  Todte  und  nur  568  Genesene  nach  (Mor- 
talitäts-Procent:  64,43.)  Der  primären  Amputation  wurde  ich 
also  nur  die  Verletzten  zuweisen,  deren  Verletzung  so  ausgedehnt 
ist,  dass  sie  auf  der  einen  Seite  eine  Heilung  überhaupt,  selbst 
mit  RescctioD,  nicht  möglich  erscheinen  lässt,  w&hrend  sie  auf  der 
anderen  Seite  mit  Wahrscheinlichkeit  den  baldigen  Eintritt  der 
oben  geschilderten  schwersten  Zufälle  von  localer  Veijauchung 
mit  Septicämie  herbeif&hrt. 

Es  gehören  hierher  zunächst  die  groben  Geschützverletzungen 
mit  weit  ausgedehnter  Zerreissung  der  Weichtheile  des  Gelenkes, 
oder  Zertrümmerung  der  Gelenkenden.  Es  gehören  femer  hier- 
her die  Flintenschüsse  des  Kniegelenkes  mit  beträchtlicher,  die 
Epipbysengrenze  überschreitender  Zertrümmerung  eines  oder 
beider  Gelenkenden,  sowie  die  Fracturen  einer  Diaphjse  in  der 
Nähe  des  Gelenkes,  mit  Fissur  oder  Fractur  in  das  Gelenk  hinein. 
Um  die  Diagnose  die^^er  verschiedenen  Verletzungen  auf  dem 
Schlachtfelde  zu  machen,  dazu  wird  aber,  so  weit  ich  beurtheilea 
kann,  die  Untersuchung  der  Wunde  mit  dem  Finger  nicht  unter- 
lassen werden  dürfen.  Freilich  wird  dieselbe  nicht  immer  nöthig 
sein,  wenn  man  ^chon  von  aussen  diagnosticiren  kann,  dass  die 
Gelenkenden  nicht  in  ausgedehntem  Maasse  verletzt  sind,  aber 
nicht  Jeder  wird  die  Fertigkeit  in  der  Diagnostik  dieser  Ver- 
letzungen haben,  wie  sie  Pirogoff  verlangt.  Für  die  Feststel- 
lung der  Anwesenheit  der  Kugel,  oder  von  Knochenfragmenten 
im  Gelenk,  verlangt  übrigens  auch  Pirogoff  die  Digitalonter- 


Beiträge  zor  Resection  des  Kniegelenkes.  461 

Buchung;  hier  muss,  sagt  er,  der  Fioger  eingeführt  werden,  und 
das  ist  namentlich  in  Schusswunden  der  Fall,  aber  nicht  in  allen, 
und  nicht  immer.  Aber  es  sollte  keine  Fingeruntersuchung  vor- 
genommen werden,  ohne  dass  man  dorn  Verletzten  das  Resultat 
der  üntersuchang,  ganz  kurz  auf  einen  Zettel  geschrieben,  mit- 
giebt  (eine  dnrauf  bezügliche  Einrichtung  scheint  jetzt  bei  dem 
preussischen  Heere  eingeführt  zu  werden),  denn  wenn  auch  eine 
kurz  nach  der  Verletzung  ausgeführte  derartige  Untersuchung 
wohl  nicht  so  schadenbringend  für  den  Verletzten  ist,  so  w&chst 
der  Nachtheil  beträchtlich  in  sp&terer  Zeit. 

Nur  unter  günstigen  Aussenverhältnissen  wird  man  auch  von 
diesen  letzten  Verletzungen  einige  noch  durch  prim&re  Resection 
vor  dem  Eintritt  der  schweren  secundftren  Erscheinungen  be- 
wahren können.  Es  kann  dies  in  den  F&llen  geschehen,  in 
welchen  die  Verletzung,  Zertrümmerung  der  Gelenkenden  nur 
so  weit  geht,  dass  man  nach  allgemeinen  Grundsätzen  noch  ein 
brauchbares  Glied  erwarten  kann,  bei  welchen  sich  aber  gleich- 
zeitig bestimmt  sagen  l&sst,  dass  die  äusseren  Verhältnisse  eine 
aufmerksame  Nachbehandlung  gestatten.  Dies  ist  aber  leider 
nicht  immer,  ja  man  kann  wohl  sagen,  dass  es  selten  der  Fall 
ist  Die  Nachbehandlung  einer  Amputation  ist  einfach  auszufah- 
ren, während  der  Resecirte,  besonders  der  Enieresecirte,  einer 
steten  sorgsamen  Pflege  von  kundigem  Wärter-  und  ärztlichem 
Personal  bedarf.  Gleichzeitig  bedarf  er  f&r  die  ersten  Wochen 
der  äussersten  Ruhe  auf  gutem  Lager.  Der  Gyps verband,  wel- 
chen er  nach  der  Operation  erhält,  soll  das  Glied  gleich  in  rich- 
tiger Lage  fixiren,  und  möglichst  lange,  wo  möglich  Wochen  lang, 
liegen  bleiben.  Dass  alle  diese  Desiderien  sich  bei  Weitem  nicht 
immer  gleich  nach  einer  grösseren  Schlacht  mit  vielen  Verwun- 
deten beschaffen  lassen,  bedarf  keines  weiteren  Beweises. 

Sind  diese  schwersten  Fälle  ausgeschieden,  so  werden  die 
übrigen  zunächst  dem  Zuwarten  überwiesen.  Für  alle  übrig  blei- 
benden besteht  jetzt  die  nächste  Sorge  in  der  Anlegung  eines 
passenden  Verbandes,  welcher  jede  Bewegung  des  verletzten  Ge- 
lenkes unmöglich  macht.     Wer  jemals  beobachtet  hat,  wie  bei 


462  I>r.  König, 

einer  complicirtcn ,  bis  dahin  mit  nicht  festem  Verbände  behan- 
delten   Fractur  die    durch  die  fortwährende  Reibung  der  nicht 
fixirten  Fragmente  unterhaltene  Eiterung  alsbald  beschränkt  wird, 
sobald  ein  richtig  fixirender  Verband  angelegt  wurde,  der  wird 
auch    die   Nothwendigkeit   eines   fixirenden   Verbandes   flir   die 
Knieverletzungen,  selbst  ffir  die  mit  Knochenzertrümmerung,  zur 
gestehen.    Derselbe  beschränkt  die  Jauchung,  und  somit  die  G^ 
fahr,  er  beschränkt  aber  auch  mit  dem  Aufhören   der  Reibung 
die  heftigen  Schmerzen  des  Verwundeten.     So  räth  denn  auch 
Pirogoff,  den  Gypsverband  unter  allen  Umständen  anzulegen. 
Freilich  muss  derselbe  wegen  eintretender  Schwellung  öfter  ent- 
fernt werden,  aber  dann  soll  man  wo  möglich  wenigstens  eine 
Gypsrinne,  welche  das  Glied  immer  noch  besser  fixirt,  als  jeder 
andere  Lagerungsapparat  (Drahtstiefel,  Fusskasten,  Blechrinne, 
Spreukasten  etc.),  anlegen.     Etsumschläge  werden,  wenn  man 
sie  haben   kann,  in  den  meisten  Fällen  yon  Nutzen  sein.     Pftr 
alle  Verletzten  gilt  nun  die  Beschränkung  der  Eiterung  zunächst 
als  die  Hauptsache.    Für  die  leichten  Knochenverletzungen  mit 
Kapseleröffnungen,   und  für  die  blossen  Kapselverletzungen  dür- 
fen wir  unter  diesen  Verhältnissen  die  Heilung  erwarten;  für  die 
mit  schwererer  Knochenverletzung  warten  wir  auf  den  günstigen 
Moment  zur  secundären  Resection.    Treten  aber  im  Verlauf  dieser 
Behandlung  schwerere  Erscheinungen  ein,  welche  durch  Zunahme 
der  Eiterung,  und  durch  mangelhafte  Entleerung  des  zersetzten 
Secretes  bedingt  sind,  so  müssen  wir  uns,  falls  wir  den  Kranken 
nicht  unter  den  Erscheinungen  von  Jaucheresorption  zu  Grunde 
gehen  lassen  wollen,  zum  Handeln  entschliessen.    Da  uns  hier 
erfahrungsgemäss  kleine  Einschnitte  nur  einen  vorübergehenden 
Erfolg  verschaffeu,  indem  sie  sich  alsbald  wieder  schliessen,  und 
das  Secret  nur  unvollkommen  entleeren,  so  müssen  wir  die  schon 
durch  Petit,  und  gewiss  nicht  ohne  Grund,  empfohlenen,  in 
neuerer  Zeit  wieder  von  verschiedenen  Seiten  in  Erinnerung  ge- 
brachten, breiten  Eröffnungen  des  Gelenkes  in  der  Art  üben,  dass 
wir  dieselben,  bei  gleichzeitig  constatirter  Knochenzertrfimmerung 
und  Verletzung,  sofort  mit  der  Resection  verbinden.    Leider  feh- 


Beiträge  zur  Reaection  des  KoiegeleDkes.  4^3 

len  ans  bis  jetzt  Thatsaeben,  welche  die  Zweckm&ssigkeit  dieser 
grossen  Einschnitte  beweisen.     Die  wiederholten  Empfehlangen 
derselben  stützen  sich  theils  noch  immer  auf  Petit's  Aassprach 
darüber,  theils  auf  vereinzelte  günstige  Erfahrungen.    Pirogoff 
sieht   ihren  Nutzen  hauptsftchlich  darin,   dass   sie  der  heftigen 
Spannung   des   eiternden    Gelenks    entgegenarbeiten,    während 
Roser  (Archiv  der  Heilkunde    1866.  S.  561  etc.)  in  der  Mög- 
lichkeit der  freien  Entleerung  zersetzten  Exsudates  den  Yortheil 
der  grossen  Einschnitte  findet.    Res  er  Jiat  (a.  a.  0.)  die  Gründe, 
welche  für  und  gegen  die  Operation  sprechen,  kurz  und  treffend 
geschildert;  ich  erlaube  mir  daher,  auf  die  Arbeit  selbst  zu  ver- 
weisen.    Es  scheint  mir,  dass  auch  Neud Orfer  (Handbuch  der 
Eriegschinirgie.    I.  H&lfte.  Allgemeiner  Theil.   Anhang.  S.  296) 
mehr  diese  geringeren  Grade  von  Septicaemie,   und  nicht  die 
Pyaemie  im  Auge  bat,  wenn  er  sie  als  erste  und  wichtigste  In- 
dication  zur  Resection  aufstellt     Die  folgende  Schilderung  scheint 
mir  wenigstens  für  diese  Anschauung  zu  sprechen :    „Wenn  nach 
einer  Gelenkverletzung,  obschon  die  Eiterung  bereits  eingeleitet 
ist,   die  Pulsfrequenz,   die  Körpertemperatur,    der   verzehrende 
Durst,  die  reiche,  den  KOrper  erschöpfende,  profuse  Eiterabson 
derung,  auf  gleicher  Hohe  bleiben,  oder  gar  in  Zunahme  be* 
griffen  sind,  wenn  der  Kranke  Appetit  und  Schlaf  verliert,  nur 
sp&rliche  Mengen  Drin  absondert,  und  eine  Gemüthsunruhe  er- 
kennen  lässt,  wenn  er  gar  Schüttelfrost  bekommt,  ein  Colorit 
mit  gelblichem  Stich  annimmt,  und  zu  collabiren  beginnt,  dann 
ist  ein  solcher  ZuFtand  die  urgenteste  Indication  für  die  Gelenk- 
resection.* 

Die  Gelenkresection  soll  in  diesen  Füllen  ja  nicht  mehr 
leisten,  als  ein  ausgedehnter  Gelenkschnitt,  ht  das  Gelenk  ohne 
tiefere  Verletzung  beträchtlich  gespannt,  von  zersetztem  Exsudat 
angefüllt,  so  wird  die  breite  Eröffnung  genügen.  Aber  gerade 
die  mit  Epiphysen Verletzung  complieirten  Verletzungen  bedingen 
Öfter  diese  starke  Spannung  nicht,  das  Exsudat  kann  sich  Öfter 
durch  anderweitige  Oeffnungen  in  der  Kapsel,  durch  Spalten  in 
Folge  der  Absprengung  eines  intracapsulären  Knochenstfieks  selbst 


464  Dr.  KGnig, 

in  die  Umgebung  verbreiten.  Hier  genflgt  der  einfache  Scljoitt 
nicht,  der  abgesprengte,  zertrümmerte  Knochen  muss  entfernt 
werden,  wenn  die  weitere  Ursache  zur  Exsudatbildang  and  Zer- 
setzung entfernt  werden  soll.  Aber  man  soll  auch  in  diesen 
Fällen  mit  dem  Material  sparsam  sein,  man  soll  nicht  mehr  ent- 
fernen, als  unbedingt  nöthig  ist.  Will  man  auf  einem  unTerletz- 
ten  Knochen  den  Knorpel  nicht  stehen  lassen,  so  soll  man  (ob- 
wohl bis  jetzt  keine  Beweise  dafür  erbracht  sind,  dass  ein  mit 
Knorpel  bedecktes  Epiphysenende  sich  weniger  gut  für  die  Hei- 
lung eignet,  als  ein  angefrischtes)  wenigstens  den  Knorpel  nur 
oberflächlich  entfernen.  Das,  wat^  Neudörfer  a.  a.  0.  über 
dieses  planlose  Wegschneiden  der  Knochenenden  sagt,  ist  gewiss 
sehr  der  Beherzigung  werth.  Haben  wir  dtch  unter  den  wenigen 
gelungenen  Knieresectionen  nach  Schussverletzung  eine  partielle 
aufzuweisen  (die  von  KnoVre  in  Hamburg,  wo  nur  die  Tibia 
resecirt  wurde). 

Zufälle ,  welche  einen  operativen  Eingriff  nöthig  machen, 
können  nun  bald  früher,  bald  später  eintreten.  Wenn  es  einiger- 
maassen  möglich  ist,  so  wird  man  die  ersten  5 — 6  Tage  vorfiber- 
gehen  lassen,  aber  man  kann  auch  in  dieser  Zeit  zum  Handeb 
gezwungen  werden,  wenn  drohende  Symptome  von  Zersetzung 
eintreten.  Das  Ende  der  zweiten,  die  dritte  und  vierte  Woche 
werden  aber  zumeist  den  Zeitpunkt  des  operativen  Einschreitens 
abgeben.  Aber  auch  in  späterer  Zeit  tritt  oft  noch  Indication 
zum  Eingreifen  ein.  In  der  5.  und  6.  Woche  pflegen,  nachdem 
die  Eiterung  und  das  Allgemeinbefinden  sich  gebessert,  öfter 
von  Neuem  Exarcerbationen  einzutreten.  Die  eigentlich  primäre 
Verletzung  des  Gelenkes  zeigt  schon  deutliche  Spuren  von  Heilaog, 
aber  es  tritt  in  Folge  der  durch  die  Reibung  am  verletzten  Ge- 
lenk eingeleiteten  Erweichung  und  üsur  des  Knochens  (Garie.O 
erneuerte  Eiterung,  Jauchung  mit  Reactionserscheinungen  ein. 
Die  Resectionen  in  diesem  Zeitpunkt  werden  ganz  besonders  fro- 
stige Chancen  bieten ;  denp  abgesehen  davon,  dass  in  dieser  Zeit 
der  Lazarethdienst  zumeist  ein  in  jeder  Beziehung  geordneter 
sein  wird,  stehen  auch  die  Resectionen  selbst  denen  wegen  er- 


Beitrage  zur  Reseetion  des  Kniegelenke».  465 

ganischer  Gelenkerkrankung  ausgeführten  am  nächsten.  Ich  theile 
hier  auch  die  von  mir  in  dieser  Zeit  ausgeführte  Reseetion 
kurz  mit: 

L.  A.,  Musketier  Tom  49.  k.  k.  Inf. -Reg.,  erhielt  am  14.  Jnli  bei 
Asehaffenborg  einen  Schuss  in  das  linke  Kniegelenk.  Wochen  lang  war 
das  Gelenk  nur  dorch  einige  Kissen  fixirt  vorden.  Es  war  unter  dieser 
Behandlung  starke  Plexionsstellung,  mit  Rotation  des  Dnterschenkels  nach 
aussen,  eingetreten.  Die  Eiterung  war  m&ssig  geblieben;  Reactionserschei- 
nungen  in  der  2.  und  8.  Woche,  bei  starker,  riechender  Eiterung,  heftig. 
Von  der  6.  Woche  an  wurde  zunächst  mit  Planum  inclinatum  allmftlige 
Streckung  bewirkt,  und  darauf  Gjpsverband  angelegt  Schon  von  der  2ten 
Woche  war  Oedem  bis  zur  Hflfte  eingetreten,  Welches  sich  in  der  letzten 
Zeit  durch  den  Gypsverband  allmftlig  vermindert  hatte.  Die  Kugel  war  durch 
den  oberen,  äusseren  Rand  der  Patella,  deren  Fractur  constatirt  wurde, 
eingedrungen,  und  mitten  auf  dem  Gondyl.  extern,  ausgetreten.  Die  Ein- 
schussöffnung war  trocken,  mit  rothen^Granulationen  geschlossen,  die  Ans- 
gangsOffnung  sonderte  .massige  Mengen  ron  wenig  zersetztem  Eiter  ab. 
Das  Knie  war  massig  geschwollen,  bei  Bewegungen  sehr  empfindlich;  in 
der  5.  Woche  war  ein  jauchiger  Abscess  am  inneren  Gondylus  eröffnet  wor- 
den, und  jetzt  entwickelte  sich  ein  grösserer,  jauchiger  Abscess  etwas  tie- 
fer, innen  am  Gelenke,  und  innen  neben  der  Tibia  an  der  Wade,  welcher 
sich  fast  3  Zoll  am  Unterschenkel  erstreckte.  Das  Fieber  nahm  in  den  letz- 
ten Wochen  beträchtlich  zu,  der  Appetit  hatte  sich  fast  ToDstandig  verlo- 
ren, die  Zunge  war  trocken  geworden,  und  ein  zweithalergrosser,  gangränö- 
ser Decubitus  am  Kreuzbeine,  sowie  ein  kleinerer  auf  der  rechten  Hinter- 
backe hatten  sich  rasch  entwickelt.  Ich  transportirte  den  Verletzten  im 
QjpsTerband  per  Eisenbahn  am  10.  September  von  A schaffenbarg  in  das 
hiesige  Krankenhaus,  und  nahm  am  11.  Sept.  die  Reseetion  vor.  Das  Ge- 
lenk wurde  zunächst  durch  einen  nach  unten  convexen  Schnitt  eröffnet, 
das  Femur  etwa  2j^  Gtm.  breit  abgesägt  (da  sich  bis  in  diese  Höbe  der 
äussere  Gondylus  erkrankt  zeigte),  die  in  drei  StQcke  zertrümmerte  Patella 
(die  Stücke  waren  durch  lockeres  Bindegewebe  verbunden)  aus  ihren  Ver- 
bindungen herausgeschält,  und  dann  der  oben  erwähnte,  jauchige  Abscess, 
welcher  mit  dem  Gelenke  communicirte,  durch  einen  2  Zoll  langen  Längs- 
schnitt neben  der  Tibia  gespalten.  Von  der  Tibia  musste  ein  etwa  Genti- 
meterbreites  Stück  entfernt  werden,  da  besonders  die  innere  Fläche  dersel- 
ben, sammt  der  gegenüberstehenden  hinteren  und  unteren  inneren  Fläche 
des  Femur,  bis  in  diese  Tiefe  durch  Drucknsur  erkrankt  war.  Der  mittlere 
Theil  der  Wunde  wurd«  genäht,  die  beiden  Seiten  offen  gelassen,  und  Oel- 
läppchen  eingelegt   Die  Incision  zur  Seite  der  Tibia  blieb  weit  offen;  dann 

T.  LADg«Dbeok't  Archiv  für  Chirargle.  TX.  QQ 


468  !>'•  ^fönfg, 

die  Amputation  indicirt  sein,  wenn  es  gilt,  ein  änsserstes  Mittel 
ssu  wagen,  um  den  Verletzten  dem  gewissen  Tode  zu  entreissen. 
Es  hiesse  leichtsinnig  mit  dem  Leben  spielen,  wollte  man  dann 
bei  dem  Versuch,  das  Glied  zu  erhalten,  dem  Kranken  einen  oder 
den  anderen  Eiterherd,  von  welchem  ans  die  Zersetzung  weitere 
Fortschritte  machen  würde,  stehen  lassen.  Die  Nothwendigkeit 
der  Amputation  aus  diesem  Grunde  kann  leicht  in  der  interme- 
diären Zeit  auftreten,  wie  Ros er  schon  hervorgehoben  hat(Gen- 
tralblatt  vom  21.  Juli  1866),  sie  kann  aber  auch  noch  in  späte- 
rer Zeit  als  letztes  Rettungsmittel  des  Verletzten  bei  acut  ein- 
tretender Septicämie  höheren  Grades  nOthig  werden. 

Ich  habe  schon  bei  der  Besprechung  der  Symptome  der 
Knieverletzungen  die  weitere  Ausführung  der  Pyämiefrage  unter- 
lassen. Wir  besprachen  daselbst  die  Symptome,  welche  der  Ge- 
lenkverletzung als  solcher  und  der  Knieverletzung  speciell  eigen- 
thümlich  sind,  die  Pyämie  ist  aber  kein  der  Gelenkverletzung 
an  sich  eigentbümlicher  Prozess.  Sie  ist  ein^  Accidens,  welches 
da,  wo  es  einmal  in  ausgedehnterem  Maasse  auftritt,  die  Verletz- 
ten gleichmässig  betrifit,  und  welches  allerdings  den  Patienten 
mit  grossen  Verletzungen,  und  insofern  auch  den  Knieverletzun- 
gen  in  höherem  Maasse  zu  Theil  wird,  als  den  leichten  Ver- 
letzungen. Die  Ampntationsstatistik  von  inficirten  Hospitälern 
zeigt  aber  zur  Evideuz  dass  die  Amputationswunden  in  nicht  ge- 
ringerem Grade  zum  Auftreten  der  Pyämie  disponiren,  und  dass 
wir  also  den  Menschen  in  keine  bessere  Lage  versetzen,  wenn 
wir  ihn  amputiren.  Für  solche  Lazarethe  mag  wohl  Pirogoffs 
Ausspruch:  „Tod  mit  oder  ohne  Amputation^  seine  Geltung 
haben.  Trotzdem  muss  zugestanden  werden,  dass  es  Fälle  giebt, 
in  welchen  bei  besonders  starker,  durch  die  localen  Verhältnisse 
bedingter  Eiterung,  welche  sich  durch  die  angegebenen  Mittel 
nicht  beseitigen  lässt,  die  Besorgniss  vor  dem  Eintritt  der  Pyä- 
mie uns  zur  Amputation  treiben  kann.  Hat  sich  dagegen  die 
Pyämie  durch  den  Eintritt  der  bekannten  Symptome  bereits  deut- 
lich manifestirt,  so  schneiden  wir  durch  Entfernung  des  Gliedes 
den  Krankheitsprozess  nicht  ab.    Hier  haben,  neben  der  Sorg« 


Beitr&ge  zur  Resection  des  KDiegelenkes.  469 

ffir  freie  Eiterentleerung  und  den  weiteren  therapeutiacben  und 
diätetischen  Vorschriften,  die  anderweitigen  neueren  Grundsätze 
der  PyämiebehandluDg,  vor  Allem  die  Isolirnng,  die  Zerstreuung, 
wo  mOglicfa  die  Zeltbehandlung  in  von  dem  inficirten  Hospital 
entfernten  Zelten  Platz  zu  greifen. 


Ich  fasse  zum  Schluss  meine  Ansichten  fiber  die  Behand- 
lang der  Enieverletzungen  in  folgenden  Sätzen  zusammen: 

1.  Die  Frage  der  Zulässigkeit  der  Resection  und  Conser- 
vation  bei  den  Schussverletzungen  des  Kniegelenkes  ist  durch 
die  Erfahrung  bis  jetzt  noch  nicht  entschieden.  Gegenüber  den 
misslicben  Erfahrungen,  welche  die  Statistik  der  Oberschenkel- 
amputation ergiebt,  erscheint  eine  aufmerksame,  den  neueren 
Grundsätzen  der  Chirurgie  angepasste  Conseryationsbebandlung 
(GypsTerband  etc.)  im  grossen  Maasstabe  dringend  geboten. 

2.  Der  klinische  Verlauf  der  Knieverletzungen  ergiebt,  dass 
die  Verletzten  an  einem  durch  locale  Zersetzung  des  Exsudates 
bedingten,  theils  sehr  acut  und  öfter  tOdtlich  auftretenden,  theils 
weniger  heftigen  Resorptionsfieber  (Septicämie)  leiden. 

3.  Die  ausgedehnten  Zertrnmmerungsschfisse  des  Kniege- 
lenkes verlangen  die  primäre  Amputation;  denn  einmal  würde 
das  Glied  doch  nicht  branchbar  geheilt  werden  können,  und  so- 
dann bedingen  gerade  diese  Verletzungen  mit  der  grössten  Wahr- 
scheinlichkeit eine  acute,  rasch  tödtende  Septicämie.  Die  übrigen 
Verletzungen  werden  zunächst  behandelt,  als  ob  sie  conservirt 
werden  sollten.  Eine  primäre  Resection  ist  der  äusseren  Ver- 
hältnisse halber  im  Kriege  nur  selten  möglich. 

4.  Die  Behandlung  der  übrigen  Verletzungen  richtet  sich 
zunächst  nach  dem  Verlauf.  Der  Eintrit  acuter  Septicämie  for- 
dert in  den  meisten  Fällen  die  Amputation.  Der  Eintritt  der 
weniger  acuten  Form  von  Septicämie  macht  freie  |!ntleerung  des 
Secretes,  Entfernung  der  Fremdkörper  und  Enochentrümmer  nöthig. 
Hierzu  werden  bald  einfache  Einschnitte  ausreichen,  bald  werden 
breite  Eröffnungen  des  Gelenkes  mit  und  ohne  Resection  (Ent- 


470  I^r.  König,  Resection  des  Kniegelenkes. 

fernuDg  des  Erkrankten  am  Knochen)  nOthig  werden.  Aach 
nach  diesen  Eingriffen  darf  die  Nachbehandlung  mit  festem  Ver- 
bände (Gypsverband)  nicht  versäumt  werden. 

5.  Ausgedehntere  Knochenverletzung  fordert  unter  allen 
ümst&nden,  auch  wenn  keine  drohenden  Erscheinungen  eintre- 
ten, die  Resection,  oder,  wenn  die  Knochenverletzung  sich  weit 
über  die  Epiphysen  ausdehnt,  secundäre  Amputation. 

6.  Der  Eintritt  ven  Pyämie  giebt  nur  in  seltenen  F&Uen 
eine  Indication  zu  operativen  Eingriffen. 


IX. 

Ueber  Herniotomie 

ohne  EröfFnung  des  Bruchsackes 


Ton 


Dr.  Doatreleponty 

Privat -Docent  za  Bonn. 


Die  Herniotomie  ohne  Eröffnung  des  Bmchsackes  ist,  nach 
Sabatier  (Mödecine  op6ratoire.  Nouvelle  Edition  par  Sanson 
et  B6gin  T.  III.  p.  534),  schon  von  Franco.  welcher  zuerst 
die  Operation  des  eingeklemmten  Bruches  ausf&hrte,  und  von 
Ambr.  Parä  gemacht  worden;  sie  öffneten  nur  den  Bruchsack, 
wenn  ohne  diese  Verletzung  die  Taxis  nicht  gelang.  J.  L.  Petit, 
dessen  Namen  diese  Operation  gewöhnlich  trägt,  ist  jedoch  der 
erste,  welcher  besonders  auf  die  Yorzfige  der  Schonung  des 
Brachsackes  aufmerksam  gemacht  hat,  und  diese  Operationsme- 
thode sehr  empfahl. 

Er  sagt  (Trait6  des  maladies  chirurgicales.  T.  II.  p.  370  ff.) 
dass  er  diese  Methode  der  Herniotomie  seit  mehr  als  30  Jahren 
ausgeübt,  und  widerlegt  die  Gründe,  welche  gegen  dieselbe  an- 
geführt wurden;  verwahrt  sich  aber  gegen  den  Vorwurf,  dass  er 
die  Eröffnung  des  Bruchsackes  überall  verwerfe,  worauf  er  seine 
Ansicht  über  die  Indicatonen  dieser  Methode  mittheilt:  „Mon 
sentiment  est  donc  qu'  exceptä  les  hernies  gangreneuses,  Celles 
qui  sont  maronn6es  et  quelquesunes  de  Celles,  dans  lesquelles 
rintestin  contient  des  corps  etrangerä,  toutes  les  autres  peuvent 


472  ^^'  DoQtrelepont, 

6tre  traiteefi  ainsi,  il  y  eu  a  mdme,  qa'on  ne  doit  point  tntiter 
autrement.^ 

Trotz  seiner  warmeD  Empfehlangen  fand  die  nach  ihm  be- 
nannte Herniotomie  nur  wenig  Anklang  unter  den  Chirurgen,  and 
gerieth  fast  in  Vergessenheit,  bisMonro,  (Abbildungen  und  Be- 
schreibungen der  Scbleims&cke,  herausgegeben  von  Rosenmfiller) 
sie  wieder  aufnahm,  und  besonders  ans  dem  Grunde  dringend 
empfahl,  um  die  Entblössung  der  D&rme  und  deren  Contaet  mit 
der  Luft,  welche  nach  ihm  die  Gefährlichkeit  der  gewöhnlichen 
Herniotomie  bedinge,  zu  yermeiden.  A.  Gooper  (Anatom.  Be- 
schreibung und  chirurgische  Behandlung  der  ünterleibsbrüche  von 
G.  A.  Key)  empfahl  dieselbe  besonders  bei  grossen  Brfichen,  und 
fugt  hinzu,  dass  er  überzeugt  sei,  „dass  dieses  Operationsverfsdi- 
ren  nach  und  nach  allgemein  in  Gebrauch  kommen  werde,  wenn 
es  erst  h&ufiger  angewendet  worden,  und  wenn  man  gefunden 
hatte,  dass  es  gefahrlos  und  nicht  ungewöhnlich  schwierig  sei, 
wenn  es  nur  früh  genug  in  Anwendung  gebracht  werde.^ 

Nach  Gooper  trat  besonders  Key  für  die  Operation  aaf, 
und  suchte  ihr  den  Vorrang  yor  der  anderen  Methode  zu  ver- 
schaffen. Seit  der  Zeit  hat  in  England  die  Herniotomie  ohne 
Eröffnung  des  Bruchsackes  immer  mehr  Anh&nger  gewonnen, 
von  denen  ich  nur  B.  Gooper,  Teale,  Lawrence,  Gay, 
Paget,  Ward  erw&hnen  will,  so  dass  sie  jetzt  ein  Allgemeingut 
der  englischen  Chirurgen  geworden  ist. 

In  Frankreich,  der  eigentlichen  Heimath  der  Herniotomie 
ohne  Eröffnung  des  Bruchsackes,  ist  diese  nur  von  einigen  Chi- 
rurgen vertheidigt  und  empfohlen  worden,  w&hrend  die  meisten 
zu  ihren  Gegnern  zu  zählen  sind.  Eine  Hauptschuld  hierzu  hat 
wohl  die  Annahme  von  Dupuytren,  dass  in  den  meisten  Fällen 
von  Einklemmungen  es  nicht  die  Bruchpforte  sei,  welche  die 
Einklemmung  mache,  sondern  dass  dieselbe  vielmehr  in  dem 
Bruchsackhalse  zu  suchen  sei,  welche  Annahme  von  Malgaigne 
noch  übertrieben  wurde,  indem  er  eine  Einklemmung  durch  die 
Bruchpforte  vollständig  leugnete. 

Velpeau   (Medecine  operatoire.  T.  IV.    2.  Edition)   giebt 


Ueber  H«rDiotoniie  ohne  Rröffonng  des  Brncfasackes.  473 

sie  für  manche  F&lle  za:  ,,Gette  m^thode,  qui  k  la  rigueur  ponr- 
rait  6tro  mise  en  pratique  avec  Saccus  dans  les  bernies  röcentes 
et  pea  YoIamineuBes,  ne  märite  pas  Tottbli  on  eile  est  tomböe. 
Ayant  döcoavert  le  sac,  d6brid6  Tanneau,  si  Ton  parvient  k  röduire 
la  hernie,  Topiration  se  r^duit  manifestement  k  une  sorte  de  taxis/* 

Auch  Yidal  betont  die  geringe  GefJUirlichkeit  der  Operation: 
„Je  pense  que,  dans  les  oas,  ou  eile  ponrra  6tre  appliqu^,  cette 
Operation  sera  moins  dangereuse  que  le  proc^dö  ordinaire.^^ 

Als  warme  Yertheidiger  der  Operation  kOnnen  wir  unter 
den  Franzosen,  ausser  Petit,  nur  Bonnet,  Diday  und  in  der 
neuesten  Zeit  Colson  (Memoire  sur  Topöration  de  la  hernie 
etrangl^e  sans  ouyerture  du  sac.  Arch.  gön  de  Mödecine.  1863. 
Mars,  Avril,  Mai)  erw&hnen. 

Deutschland  hat  auch  verh&ltnissmässig  wenige  Anhänger 
der  Peti tischen  Hernioiomie,  obschon  6.  A.  Richter  sie  bereits 
gegen  ihre  Gegner  vertheidigte.  Er  sagt:  ^Man  hat  sich  in  der 
neueren  Zeit  fast  eine  Pflicht  daraus  gemacht,  diese  Methode 
gänzlich  und  in  allen  Fällen  zu  yerwerfen.  Einer  hat  dem  Anderen 
nachgesprochen  und  keiner  hat  auf  die  Absicht  des  Erfinders 
und  die  Fälle;  in  welchen  allein  er  sie  empfiehlt,  Acht  gehabt.* 
Er  führt  die  gegen  die  Operation  angegebenen  Grftnde  an,  und 
sagt  Yon  ihnen:  „Sie  sind  freilich  aufi^allend,  aber  bei  weitem 
so  wichtig  und  beweisend  nicht,  als  sehr  Viele  glauben.  Zuver- 
lässig ist  sie  nicht  in  allen  Fällen  thunlich,  aber  ebenso  zuver- 
lässig ist  sie  auch  nicht  in  allen  Fällen  zu  verwerfen/^  Er  un- 
tersucht dann  die  Gründe  dagegen,  hebt  die  Yortheile  der  Ope- 
ration hervor,  und  sagt  zum  Schluss: 

„Ich  halte  also  daffir,  dass  diese  Operationsart  mit  Nichten 
überhaupt  und  in  allen  Fällen  zu  verwerfen  ist,  sondern  zuwei- 
len, unter  gewissen  bestimmten  umständen,  mit  Nutzen  und  Yor- 
theil  verrichtet  werden  kann.^^ 

G.  J.  M.  Langenbeck  (Abhandlung  von  den  Leisten-  und 
Schenkelbrüchen)  empfiehlt,  den  Sack  nur  in  dem  einen  Falle  zu 
schonen,  wenn  bei  einem  grossen  angewachsenen  Bruche,  der 
schon  vor  der  Incarceration  nicht   reponirt  werden  konnte,  die 


474  Dr-  Dontrelepont, 

Incaroeration  dadurch  entstand,  dass  noch  eine  neue  Dannpor- 
tion vorfiel,  weil  man  hier  die  Gedärme,  welche  wegen  ihrer 
festen  Adh&sionen  nicht  reponirt  werden  konnten,  der  Luft  aus- 
setzen und  entblösst  liegen  lassen  müsste. 

Hesselbach geht  noch  weiter,  und  will  nur  dann  den  Bmch- 
sack  unerGffnet  lassen,  wenn  seine  Eröffnung  dadurch  unmöglich 
ist,  „dass  die  vorgefallenen  Eingeweide  durch  die  sogenannte 
fleischige  oder  tendinöse  Adh&sion  unter  sich  und  dem  Bmch- 
sacke  total  verwachsen  sind/^  Für  ihn  überwiegen  die  Yortheile 
der  Eröffnung  des  Bruchsackes  bei  weitem  die  Nachtheile  der 
Nichteröffnung. 

Blasius  giebt  die  Operation  unter  den  Bedingungen  so, 
dass  1)  die  prolabirten  Theile  nicht  brandig  seien  und  2)  die 
Einklemmung  bestimmt  durch  die  alleinige  Erweiterung  des  Bauch- 
ringes gehoben  werden  könne,  nur  in  den  F&llen  jedoch,  1)  wenn 
der  Bruch  frisch  und  klein  ist,  2)  wenn  er  sehr  alt  und  gross 
ist,  so  dass  die  vorgefallenen  Theile  in  der  Bauchhöhle  keinen 
Fiats  hätten  und  wieder  vorfallen  mflssten,  oder  gar  nicht  repo- 
nirt werden  könnten,  sondern  nur  noch  neue  prolabiren  würden, 
und  wenn  die  Einklemmung  durch  Vorfall  einer  neuen  Darm- 
partie, oder  Volamvermehrung  der  schoi^  vorliegenden  bewirkt 
ist,  3)  wenn  der  Darm  in  grösserer  Ausdehnung  und  auf  untrenn- 
bare Weise  mit  dem  Bauchfelle  adhärirt,  4)  wenn  das  Coecnm 
oder  Colon  vorliegt,  wegen  der  Cohäsion,  die  es  natürlicher  Weise 
mit  dem  Bauchfelle  hat  und  sehr  bald  mit  anderen  Theilen 
eingeht. 

Auch  Zang  will  nur  als  Ausnahme  von  der  Regel,  jedes- 
mal den  Brachsack  zu  eröffnen,  die  Petit'sche  Operation  in  den 
folgenden  Fällen  zugeben:  1)  dass  bei  einem  neu  entstandenen 
Bruche  der  Bauchring  den  hinreichenden  Grund  der  Einklem- 
mung enthält,  2)  wenn  ein  Brach  mit  grossem  Inhalt,  oder  Even- 
tration besteht,  und  3)  wenn  man  gewiss  ist,  dass  eine  feste 
Verwachsung  der  vorgefallenen  Theile  mit  dem  Bruohsack  be- 
steht, und  die  Einklemmung  bloss  durch  den  Bruchring  vermit- 
telt ist. 


Ueber  Herniotomie  ohne  Eröffnung  des  Brnchsackes.  -  475 

Seiler  (in  Rast's  Handbuch  der  Chirurgie)  sagt,  man  könne 
nur  in  sehr  seltenen  Fällen  den  Versuch,  ohne  Eröffnung  des 
Sackes  zu  reponiren,  machen,  nämlich  bei  kleinen,  neu  entstan- 
denen Brüchen,  wo  der  Bruchsack  mit  den  benachbarten  Thei- 
len  noch  nicht  fest  yerwachsen  ist,  die  Einklemmung  nicht  durch 
den  Bruchsackhals,  oder  Verengerung  des  Körpers  desselben  be- 
wirkt wird,  und  man  weder  Brand  noch  Verwachsungen  der  in 
demselben  liegenden  Gebilde  zu  färchten  hat. 

Dieffenbach  (Operative  Chirurgie)  verwirft  die  Operation 
im  Allgemeinen  als  ganz  unzweckmässig;  man  wirke  im  Dunkeln; 
er  will  sie  nur  auf  die  extremen  F&lle  reduciren,  nämlich  auf 
ganz  kleine,  neue  und  auf  ganz  grosse,  alte  Brüche.  Für  sehr 
werthYoU  hält  er  sie  jedT^ch  bei  Nabel-  und  Bauchbrüchen  älte- 
rer, dickleibiger  Personen,  weil  bei  ihnen  die  gewöhnliche  Me- 
thode der  Herniotomie  sehr  gefährlich  ist,  bald  durch  den  freien, 
directen  Eintritt  der  Luft  in  die  Bauchhöhle,  bald  durch  das 
Hineinfliessen  des  Wundsecretes  und  des  Eiters  in*  das  Cavum 
abdominis. 

Chelius  will  die  Nichteröffnung  des  Bmchsackes  höchstens 
auf  die  Fälle  beschränken,   wo  der  Bruch  neu  entstanden,  oder 
ausserordentlich  yoluminös,  oder  völlig  im  Bruchsackhalse  ange-' 
wachsen,   und.  man   gewiss  ist,   dass  die  Einklemmung  in  der 
Bruchpforte  ihren  Sitz  hat 

L inhart,  (Vorlesungen  über*Unterleibshemien)  welcher  eine 
Zeit  lang  „aus  dem  einfachen  Grunde^,  weil  das  Peritoneum 
nicht  verletzt,  die  Bauchhöhle  nicht  geöffnet  wird,  ein  Verthei« 
diger  dieser  Methode  war,  will  dieselbe  jetzt  nur  sehr  bedingt 
empfehlen.  Er  hält  die  Eröffnung  des  Peritoneum  bei  Weitem 
für  nicht  so  gefährlich,  sagt  dass  gerade  bei  denjenigen  Hernien, 
wo  diese  Gefahr  am  meisten  zu  i&rchten  wäre,  nämlich  bei 
grossen  Scrotal-  und  Nabelhernien  die  Einklemmung  durch  Knik- 
kungen,  Verschlingungen  oder  durch  Netzadhäsionen  oder  neu- 
gebildete Bindegewebsstränge  im  Innern  des  Bruchsackes  bedingt 
seien,  und  bei  kleineren  Hernien  hätte  man  gar  keine  Garantie, 


476  ^f-  DoatrelepoDt, 

daBS  der  Brachsack  nicht  auch  eine  Einschnürung  mache.  Aus- 
serdem befürchtet  er  bei  dieser  Methode  die  Reduction  en  masse. 
Als  wanne  Yertheidiger  dagegen  treten  in  Deutschland  onr 
einige  Chirurgen  auf,  wir  nennen  Preyss,  Mayer  und  beson- 
ders Danzel,  welcher  zuerst  in  Holscher 's,  dann  in  den  Jena- 
igchen  Annalen  und  zuletzt  in  seinen  Herniologischen  Stadien  for 
die  Operation  auftrat.  In  der  neuesten  Zeit  haben  hauptsüchlich 
Schuh  (Zeitschrift  der  k.  k.  Gesellschaft  der  Aerzte  za  Wien 
1849),  Busch  (Lehrbuch  der  Chirurgie.  IL  Band.  2.  Abtheilung), 
Ravoth  (Berliner  klinische  Wochenschrift,  1866  No.  52)  und  B. 
Schmidt  (G^ünther's  Lehrbuch  yon  den  blutigen  Operationen. 
4.  Abtheilung.  2.  ünterabtheilung)  die  Herniotomie  ohne  Eröff- 
nung des  Bruchsackes  empfohlen.         ^ 

Die  glücklichen  Resultate,  welche  ich  nach  der  Herniotomie 
ohne  Eröffnung  des  Bruchsackes  beobachtet  habe,  bewegen  mich, 
dieselben  zu  yeröffentlichen,  um  nochmals  die  Ausfuhrung  dieser 
OperationsmSthode  in  den  passenden  Fällen  zu  empfehlen.  Trots 
der  Empfehlungen,  welcher  bis  jetzt  diese  Operation  sich  zu  er- 
freuen hatte,  wird  sie  bei  Weitem  nicht  so  h&nfig  ausgeführt,  als 
sie  es  gerade  wegen  ihrer  geringen  Gei&hrlichkeit  verdient  Mit 
'Recht  sagt  Schmidt:  „Die  grössere  Zahl  der  Gegner  sind 
solche,  welche  die  Petit 'sehe  Operation  noch  nicht  ausgeführt 
haben  und  die  Yortrefflichkeit  ihres  Operationsverfahrens  durch 
ungegründete  Beschuldigungen  zu  verwerfen  bemüht  sind.  Er 
sagt  ferner,  dass  er  selbst  den  Prozess  der  Wiedergeburt  an 
einem  der  vorzüglichsten  Chirurgen  beobachtet,  der,  sobald  er 
die  erste  Operation  nach  Petit  ausgeführt  hatte,  sofort  erkannte, 
dass  viele  der  geltend  gemachten  Gegengründe  theoretisch  seien, 
und  ein  ähnliches  Bekenntniss  machte  wie  Schuh.  Dieser 
schreibt:  „Ich  getraue  mir  ein  Wort  über  den  Bruchschnitt  zu 
sprechen,  da  ich  ihn  bereits  140  Mal  vollführte.  Ich  war  auch 
mit  den  Erfolgen  weit  glücklicher,  als  viele  Andere.  Nichtsdesto- 
weniger mache  ich  mir  Vorwürfe,  diesen  so  nahe  liegenden  Ver- 
such, der  Hebung  der  Einklemmung  ausserhalb  des  Bruchsackes 
erat  in  den  letzten  Jahren  angestellt  zu  haben,  denn  ich  bin  fest 


Deber  Herniotomie  ohne  ErCfTnang  des  Brochsackes. 


477 


fiberzeagt,  dass  Mancher  gerettet  worden  vr&re»  der  nach  der 
Operation  an  Enteritis  gestorben  ist.^ 

Auch  Busch  war  früher  Gegner  der  Operation.  Er  sagt: 
„Ich  war  im  Anfange  meiner  Tbätigkeit  durch  die  Autorität  mei- 
nes Lehrers  Dieffenbach,  welcher  einer  der  grössten  Gegner 
dieser  Operation  war,  yon  ihrer  Anwendung  zurückgeschreckt, 
bis  ich  durch  fremde  Erfahrungen  belehrt,  eigene  sammelte,  und 
nun  einer  der  wärmsten  Anhänger  derselben  geworden  bin.^ 

Heine  eigenen  Erfahrungen  beziehen  sich  auf  12  Fälle  von 
Herniotomie  ohne  Eröffnung  des  Bruchsackes,  von  denen  ich  8 
als  Assistenzarzt  der  hiesigen  chirurgischen  Klinik  in  der  Zeit 
Tom  1.  April  1861  bis  1.  Mai  1865  beobachtet  habe;  die  4  an- 
deren habe  ich  im  evangelischen  Hospitale,  oder  in  der  Woh- 
nung der  Patienten  selbst  operirt.  Diese  12  Herniotomieen,  welche 
ohne  Eröffnung  des  Bruchsackes  ausgeführt  werden,  lasse  ich 
tabellarisch  folgen,  um  dann  Bemerkungen  über  die  Operation 
selbst,  deren  Vortheile  und  über  die  Vorwürfe,  welche  ihr  ge- 
macht sind,  anzuknüpfen: 


No. 

Name  und 

Wohnort  des 

Patienten. 

5* 
3  "^ 

Art 
des  Braches. 

Std. 

PI 

Erfolg. 

• 
Bemerkungen. 

1. 

Johann     D.      ans 

72 

Hemia  cmra- 

24 

2/12. 

16./12. 

Tod. 

Tod,     nii^ht    in 

Poppeisdorf. 

lis  sinist. 

1861. 

1861. 

Folge  der  Ope- 

ration, sondern 
an  Marasmus. 

2. 

Friedrich   Z.  aas 

67 

do. 

24 

13./1. 

28./i2. 

Gene- 

Ein  Stück  Net£ 

Bonn. 

1862. 

1862. 

sung. 

konnte  nicht  re- 
ponirt  werden. 

3. 

Margarethe   G. 
aus  Bonn. 

48 

do. 

12 

16.A 
1862. 

ii.ys. 

1862. 

Gene- 
sung. 

4. 

Johann    H.      aas 

n 

Bemia       in- 

26 

10./4. 

21./4. 

Gene- 

Bonn. 

gnin.  extern. 

1862. 

1862. 

sung. 

6. 

H.  y    Schreiner   aus 

59 

Bernia  crar<i- 

IC 

18./12. 

15/1. 

Gene- 

Ein Stack   Netz 

Bonn. 

lis  dextr. 

1863. 

1834. 

sung. 

konnte  ni«'ht  re- 
ponirt  werden. 

6. 

Helene  P.        ans 
Bonn. 

28 

do. 

24 

10./7. 
1864. 

1468. 

18./4. 

Gene- 
sung. 

7. 

Ets  H.  ans  Bonn. 

70 

do. 

60 

28./12. 
1864. 

18./1. 
1865. 

Gene- 
sung. 

478 


Dr.  Dontrelepont, 


Name  nnd 

fei 

Art 
des  Bmches. 

4i| 

H 

st 

No. 

Wohnort  des 

l| 

il 

U 

Brfolg. 

Bemerknnges. 

Patienten. 

a 

Std. 

cS  o« 

&a 

8. 

Agnes  S.  ans  Bonn. 

40 

Hernia  cmra- 
lis. 

36 

21. /4 
1865. 

13/6. 
1865. 

Gene- 
sung. 

9. 

R.,  Manrer  ans  Geis: 

60 

Hernia       in- 

36 

20./9. 

20./10. 

Gene- 

lar. 

gnin.  ext 
Hernia  crnra- 

1862. 

1862. 

sung. 

10. 

Fran  D.  ans  Bonn. 

73 

72 

17./1. 

6./2. 

Gene- 

lis sinistr. 

1864. 

1864. 

sung. 

11. 

Isaac  L.  ans  Benel 

60 

Hernia       in- 

gnin.  dextr. 

Hernia  cmra- 

9 

25/5. 

1865. 

12./6. 
1865. 

Gene- 
sung. 

12, 

Fran  A.  ans  Bonn. 

43 

4 

29./8. 

24./9. 

Gene 

lis  dextr. 

1866. 

1866. 

snng. 

Unter  diesen  Fällen  sind  9  Schenkelbruche  und  3  äussere 
Leistenbrüche.  Das  Alter  der  Patienten  war  sehr  verschieden; 
in  einem  Falle  wurde  die  Operation  bei  einem  lömonatlichen 
Kinde  ausgeführt,  die  anderen  Patienten  waren  theils  im  mittle- 
ren Älter,  drei  über  70  Jahre  alt.  Ausser  den  erwähnten  Fällen 
kamen  in  der  chirurgischen  Klinik  während  der  Zeit,  fn  welcher 
ich  Assistent  war,  noch  5  Herniotomieen  vor,  bei  welchen  der 
Bruchsack  eröffnet  werden  musste;  von  diesen  5  Patienten  star- 
ben 4,  während  yon  den  12  Patienten,  welche  ohne  Eröfinnng 
des  Bruchsackes  operirt  werden  konnten,  nur  einer  gestorben 
ist,  und  zwar,  wie  die  Krankengeschichte,  welche  ich  hier  folgen 
lasse,  zeigt,  kann  dieser  Todesfall  nicht  als  Folge  der  Operation 
betrachtet  werden. 

Johann  D.,  72  Jahre  alt,  ans  Poppeisdorf  (No.  1.  der  Tabelle),  eio 
schwacher  Greis,  litt  seit  langer  Zeit  an  einem  Schenkelbruche,  welcher 
gewöhnlich  durch  ein  Bruchband  zurückgehalten  wurde.  Am  1.  December 
1861,  Abends,  trat  der  Brnch  wieder  neben  dem  Brnchbande  aus,  nnd  konnte 
nicht  mehr  reponirt  werden.  Der  hinzngerufene  Arzt  Tersuchte  die  Taxis, 
aber  ohne  £rfo1g,  nnd  schickte  dann  den  Pat.,  24  Stunden  nach  der  Ein- 
klemmung, in  die  chirurgische  Klinik.  Hier  wurde,  da  auch  in  der  Narkose 
die  Taxis  nicht  gelang,  zur  Herniotomie  geschritCen.  W&hrend  der  Operation 
erbrach  Patient  flU^nlent  riechende  Massen.  Nachdem  der  Bmchsack  too 
allen  Seiten  freigelegt  worden  war,  wurden  die  Ligg.  Gimbemati  undPon- 
partii  eingeschnitten,  ohne  dass  die  Taxis  gelang.  Bei  n&herer  Untersuchung 
sah  man  einige  über  den  Bmchsackhals  Tsrlaufende  Fasern^  welche  eine 


Deber  Herniotomie  ohne  Erfiffonng  des  Brnchsackes.  479 

deutliche  Binschnfining  in  demselben  machten.  Zwischen  swei  Pincetten 
wurden  diese  einschnfirenden  Fasern  durchschnitten,  worauf  die  Reposition 
leicht  gelang.  Der  Bmchsack  blieb  in  der  Wände  znrück.  Gleich  nach 
der  Operation  hörten  die  Uebelkeit,  das  Erbrechen  nnd  die  Schmerzen  ani^ 
nach  3  Stunden  erfolgte  auf  ein  Larement  Leibesöffnung.  Am  folgenden 
Tage  fühlte  sich  Pai  recht  wohl,  der  Leib  war  gar  nicht  aufgetrieben,  der 
Stuhl  erfolgte  ton  selbst  Puls  90.  Ohne  dass  eine  st&rkere  Reaetion  auf 
die  Operation  folgte,  schössen  bald  Granulationen  aus  der  Wunde  heraus, 
welche  einer  raschon  Heilung  entgegenging.  Pat  hatte  jedoch  keinen 
Appetit,  er  wollte  nichts  zu  sich  nehmen,  und  wurde  tagtftglich  schwächer. 
Die  Zunge  wurde  roth  und  trocken.  Der  Stuhl  erfolgte  normal  von  selbst, 
der  Leib  war  weder  schmerzhaft,  noch  aufgetrieben.  Am  12.  Tage  nach  der 
Operation  kam  noch  ein  Bronchialcatarrh  hinzu,  und  am  14.  Tage  entschlief 
der  Patient  ganz  ruhig.    Die  Section  wurde  leider  nicht  zugegeben. 

Wenn  wir  auch  keinen  Sectionsbefund  hier  anfiibren  kOnnen, 
so  unterliegt  es  wohl  keinem  Zweifel,  dass  eine  Peritonitis  nicht 
die  Todesursache  war,  sondern  dass  der  alte,  schwache  Patient 
an  Marasmus  zu  Grunde  ging,  dass  also  der  Operation  die  To- 
desursache nicht  zugeschrieben  werden  kann. 

Bevor  wir  die  Vortheile,  welche  durch  die  Schonung  des 
Brnchsackes  bedingt  werden,  und  die  Vorwürfe,  welche  gegen 
dieselbe  von  den  Gegnern  angeführt  werden,  besprechen,  wollen 
wir  über  die  Operation  selbst  noch  Einiges  sagen. 

Petit  beschreibt  die  Operation  mit  folgenden  Worten:  „Lors- 
qu'on  a  decouvert  le  sac  herniaire,  et  qu'on  Ta  degami  jusqu'a 
Tanneau  des  graisses  et  des  membranes  qui  le  couvrent,  on  prend 
une  sonde  plate  courbee  par  son  bout  et  cannel^e  dans  son  mi- 
lieu,  on  Pinsinue  entre  Tanneau  et  le  sac,  on  passe  la  pointe  du 
bistouri  dans  sa  cannelure,  pour  couper  ce  qui  se  trouve  de  l'an- 
neau  engage  sur  le  bout  de  cette  sonde;  et  si  Ton  croit  n'en 
avoir  pas  assez  coup6  pour  debrider  suffisamment  Tanneau,  on 
continue  de  pousser  cette  sonde  plate  sous  Tanneau  et  de  couper 
tout  ce  qui  se  trouve  sur  la  sonde:  par  ce  moyen  le  sac  reste 
en  entier  et  Tanneau  devenu  moins  serr6,  les  parties  renfermäes 
dans  la  hemie  sont  moins  k  la  g§ne  et  Ton  peut  les  faire  ren- 
trer,  en  les  ponssant  avec  douceur.^ 

In  unseren  Fällen  wurde  bei  der  Operation  in  mancher  Be- 


480  ^'  DoDtrelepont, 

Ziehung  von  diesem  Verfahren  abgewichen.  Sie  wnrde  auf  fol- 
gende Weise  ausgeführt:  Durch  Erhebung  einer  Hantfalte  wurde 
die  Haut  in  der  L&ngsrichtung  des  Bruchs  durchschnitten,  der 
Hautschnitt  erstreckte  sich  von  der  Bruchpforte  bis  zum  Ende 
des  BruchkOrpers,  um  den  ganzen  Bruchsack  freilegen  zu  kön- 
nen. Nachdem  auf  der  vorsichtig  eingeführten  Hohlsonde  dann 
die  den  Bruchsack  noch  bedeckenden  Fascien  schichtenweise  durch- 
schnitten, und  so  die  vordere  Wand  des  Bruchsackes  freigelegt 
worden  war,  wurden  die  Hüllen  des  Bruchsackes  von  ihm  ab- 
präparirt,  was  gewöhnlich  mit  den  Fingern  ganz  sanft  geschehen 
konnte;  nur  sehr  selten  mnsste  das  Messer  oder  die  Cooper  sehe 
Scheere  zur  Hülfe  genommen  werden,  um  feste  Verwachsungen 
zu  trennen.  Auf  diese  Weise  wurde  der  ganze  Bruchsack  von 
allen  Seiten  freigelegt,  so  dass  man  den  ganzen  Bruch  mit  dem 
in  die  Bruchpforte  vordringenden  Bruchsackhalse  genau  übersehen 
konnte.  Ich  halte  diese  vollständige  Freilegung  des  ganzen 
Bruches,  welche  ich  von  Busch  habe  ausfuhren  sehen  und 
welche  ich  in  meinen  Fällen  immer  ausgeführt  habe,  für  vor- 
iheilhafter  und  sicherer,  als  die  partielle,  weil  man  zuerst  anf 
diese  Weise  am  sichersten  erkennen  kann,  ob  man  wirklich  den 
Brnchsack  vor  sich  hat,  oder  noch  eine  Fascienschichte  über 
demselben  liegt,  und  weil  man  dann  mit  ziemlicher  Sicherheit, 
wenigstens  in  den  Fällen,  wo  der  Bruchsack  nicht  sehr  verdickt 
ist,  sich  auch  von  dem  Zustande  des  Bruchinhalts  überzeugen 
kann.  Nachtheile  hat  dieses  Verfahren  nicht,  höchstens  dass  die 
Wunde  einige  Tage  länger  zu  ihrer  Heilung  nothwendig  hat,  als 
bei  dem  linearen  Freilegen  des  Bruchsackea,  ein  Zeitverlust  inr 
den  Patienten,  welcher  in  Bezug  auf  die  grössere  Sicherheit  bei 
der  Operation  von  gar  keinem  Belang  ist.  Debersieht  man  nnn 
hiernach  die  ganze  Brucbgeschwulst  und  die  Bruchpforte,  so  geht 
man  zum  zweiten  Akte  der  Operation  über,  zur  Erweiterung  der 
Pforte.  Diese  kann  entweder  von  innen  nach  aussen,  wie  es 
gewöhnlich  geschieht,  oder  von  aussen  nach  innen,  v^ie  sie  Hes- 
selba ch  empfohlen  hat,  ausgeführt  werden;  ich  halte  die  letz- 
tere f&r  besser,  weil  man  immer  fibersieht,  was  man  durchschuei- 


Ueber  Hemiotomie  ohne  ErGffnang  des  Bnichsackes.  4gl 

det.  W&hrend  ein  Gehülfe  die  Brnchgeschwalst  sanft  mit  den 
Fingern  nach  der  entgegengesetzten  Seite  drückt,  wird  eine  Hohl- 
sonde zwischen  Bruchsackhals  und  Pforte  eingef&hrt,  auf  welcher 
dann  die  auf  derselben  sich  befindenden  Theile  mit  dem  Messer 
von  aussen  nach  innen  durchschnitten  werden.  Diese  Erweite- 
rung der  Bruchpforte  kann,  wenn  ein  Schnitt  nicht  genügt,  an 
mehreren  Stellen  geschehen,  um  nicht  durch  einen  einzigen 
grösseren  Schnitt  Gefässe  zu  verletzen;  also  das  Döbridement 
multiple  ¥on  Vi  dal.  Ehe  man  zur  Reposition  schreitet,  unter- 
sucht man  noch  genau  den  freiliegenden  Bruchhals.  Man  wird 
hänfig  feine  Bindegewebsstränge  über  denselben  Yerlaufen  finden, 
welche,  trotz  ihrer  Feinheit,  h&ufig  die  Einklemmung  verursachen, 
oder  wenigstens  noch  Hindernisse  der  Taxis  entgegenstellen.  In 
mehreren  Fällen  habe  ich  erst,  nachdem  dieselben  auf  der  Hohl- 
sonde getrennt  waren,  die  Taxis  gelingen  sehen.  Ist  auf  diese 
Weise  die  Bruchpforte  so  erweitert,  dass  sie  den  Bruchhals  nicht 
mehr  einschnüren  kann,  so  schreitet  man  zu  dem  3.  Akte  der 
Operation,  der  Taids.  Der  Druck  bei  dieser  darf  nur  ein  sehr 
sanfter  sein,  denn  da  er  direct  auf  den  Bruchsack  wirkt,  könnte 
leicht,  besonders  da  der  ganze  Bruchsack  freigelegt  ist,  durch 
einen  st&rkeren  ein  Rednction  en  masse  stattfinden.  Man  wird 
diese  jedoch  immer  verhüten  können,  wenn  bei  der  Ausübung 
der  Taxis,  in  dem  Augenblick,  wo  der  Inhalt  zurückzutreten  be- 
ginnt, der  Bruchsack  mit  den  Fingern  zurückgehalten  wird.  Ge- 
lingt die  Reposition  nicht  auf  eine  sanft  ausgeführte  Taxis,  so 
schreite  man  gleich  zur  Eröfihung  des  Bruchsackes.  Gelingt  sie 
dagegen,  so  kann  der  obere  Theil  der  Hautwunde  mit  einigen 
Nähten  geheftet  werden,  der  untere  Wundwinkel  muss  jedoch 
offen  gehalten  werden,  weil  eine  vollständige  prima  intentio  der 
Wunde  nicht  zu  erwarten  ist,  und  man  durch  Offenhalten  dieses 
Wundwinkels  dem  sich  bildenden  Eiter  freien  Abfluss  verschaf- 
fen muss. 

Die  Yortheile  der  Schonung  des  Bruchsackes  bei  der  Her- 
niotomie  sind  so  einleuchtend,  dass  man  sich  wundem  muss, 
dass  sie  nicht  ein  Allgemeingut  der  Chirurgen  geworden  ist.   Die 

▼.  LmBg«Bb«ek*»  Areblr  t  OhRwglt.  IX.  Sl 


482  ^'  Doatrelepont, 

Herniotomie  ohne  ErOffaimg  des  Bruchsackes  setzt  eine  nicht 
penetrirende,  die  Herniotomie  mit  Eröffnung  des  Brachsackes 
eine  penetrirende  Bauchwnnde. 

Wenn  auch  der  Brachsack,  wenigstens  bei  alten  Brüchen, 
nicht  mehr  so  empfindlich  gegen  eine  Verletzung  sein  wird,  wie 
das  gesnnde  Bauchfell,  und  wenn  sogar  die  in  neuerer  Zeit  bei 
den  Ovariotomieen  und  Laparotomieen  gemachten  Erfahrungen  uns 
lehren,  dass  eine  Verletzung  des  Bauchfelles  nicht  immer  von 
einer  Peritonitis  gefolgt  wird,  wie  es  früher  angenommen  wurde, 
80  kann  man  doch  nicht  leugnen,  dass  die  meisten  lethal  ver 
laufenen  Herniotomieen  Peritonitis  als  Todesursache  aufweisen. 
Diese  Entzündung  des  Bauchfelles  ist  zwar  häufig  durch  die  Ein- 
klemmung selbst  yor  der  Operation  verursacht,  aber  ebenso  häu- 
fig directe  Folge  der  Operation.  Nicht  allein  die  Verletzung  des 
Peritoneum  kommt  hierbei  als  Ursache  in  Betracht,  sondern  viel- 
mehr noch  der  Umstand,  dass  durch  die  Eröffnung  des  Sackes 
der  Inhalt  desselben  dem  Contacte  der  Luft  ausgesetzt  wird,  dass 
bei  der  Reposition  der  Druck  direct  auf  das  Peritoneum  vigce- 
rale  wirkt,  dass  Blut  oder  später  Exsudate  der  Wunde  in  die 
Bauchhöhle  fliessen. 

Bei  der  Petit'schen  Herniotomie  werden  diese  die  Perito- 
nitis  bedingenden  Momente  ausgeschlossen,  und  dieses  erklärt  die 
günstigen  Resultate  der  Operation. 

In  unseren  12  Fällen  hatten  wir,  wie  oben  gezeigt,  nur 
einen  Todesfall  zu  beklagen,  den  wir  jedoch  durchaus  als  unab- 
hängig von  der  Operation  erklären  mussten.  Auch  kam  in  kei- 
nem Falle  eine  allgemeine  Peritonitis  nach  der  Operation  vor, 
im  Gegentheil,  die  Heilung  verlief  in  den  meisten  Fällen  rasch 
und  günstig.  Es  traten  keine  drohenden  Erscheinungen  auf,  die 
Patienten  fieberten  kaum  einige  Tage  schwach,  es  folgte  nur  ein' 
leichtes  Wundfieber  dem  operativen  Eingriff,  wie  es  bei  jeder 
grösseren  eiternden  Wunde  immer  eintritt. 

Nur  in  zwei  Fällen  (No.  2  und  6  der  Tabelle)  verlief  die 
Heilung  nicht  ganz  so  günstig,  es  waren  diese  Fälle  complicirt, 
in   soweit   wenigstens,   als    ein  Stück  Netz,    welches    mit  dem 


Deber  Heroiotomie  ohne  EröffnuDg  des  BrnchBackes.  483 

Bruchsack  verwachsen  war,  in  dem  Bruchsacke  liegen  blieb. 
Diese  beiden  Fälle,  welche  jedoch  auch  günstigen  Ausgang  hat- 
ten, lasse  ich  hier  folgen: 

1.  Fr.  Z.,  56  Jahre  alt,  von  Bonn,  leidet  an  einer  Hernia  cmralia  ein. 
incarcerata  seit  24  Standen.  Vor  seiner  Aufnahme  in  die  Klinik  am  13.  Jan. 
1862  sind  schon  vielfach,  aber  ohne  Erfolg,  Repositionsversnche  gemacht 
worden.  Der  Bruch  ist  ungefähr  gänseeigross.  Gleich  nach  seiner  Auf- 
nahme wnrde  Fat.  chloroformirt,  und  da  auch  in  der  Narcose  die  Taxis 
ohne  Erfolg  blieb,  zur  Herniotomie  geschritten.  Nach  Erweiterung  der 
Bruchpforte  durch  mehrere  Einschnitte,  ohne  ErOfifnung  des  Sackes,  ging  der 
grösste  Theil  des  Brachinhaltes  leicht  bei  dem  Taxisversuche  zurück,  es 
blieb  nur  ein  Fettklampen,  welcher  mit  dem  Peritoneum  verwachsen  war, 
in  dem  Bracksacke  aassen  liegen;  die  Brachpforte  war  sehr  gross,  von 
einer  Einklemmung  nichts  mehr  wahrzunehmen.  Durch  einige  Hefte  wurde 
dann  die  Hautwunde  geschlossen.  Schon  3  Stunden  nach  der  Operation 
bekam  Fat.  einen  normalen  Stuhl,  in  Folge  eines  dargereichten  Klystiers. 
Die  Uebelkeit  und  das  Erbrechen  waren  vollständig  geschwunden.  Bis 
zum  dritten  Tage  nach  der  Operation  war  der  Verlauf  sehr  günstig,  an  die- 
sem Tage  jedoch  klagte  Fat.  über  ziemlich  heftige  Schmerzen  um  die 
prima  intentione  geheilte  Wunde,  es  trat  geringes  Fieber  ein  (Fuls  92),  die 
Schmerzen  Hessen  zwar  nach  Application  von  einigen  Blutegeln  nach,  aber 
am  7.  Tage  nach  der  Operation  zeigte  sich  die  ganze  Umgebung  der  Wunde 
erjsipelatös  gerötbet  und  ödematös;  es  wurden  warme  Breiumschläge  appli- 
cirt,  worauf  am  folgenden  Tage,  nach  einer  Incision,  eine  grössere  Menge 
Eiter  sich  entleerte.  Der  Leib  war  durchaus  nicht  aufgetrieben,  auch  nicht 
schmerzhaft  bei  Druck.  Die  Verdauung  normal.  Das  Fieber  wurde  heftiger, 
Fat.  bekam  einen  leichten  Schüttelfrost.  Es  stellte  sich  bald  heraus,  dass 
noch  andere  Eiteransammlungen  vorhanden  waren,  worauf  am  24.  Januar^ 
also  11  Tage  nach  der  Operation,  diese  geöffnet,  und  verschiedene  Eiter- 
gänge in  den  Muskeln  gespalten  wurden.  In  den  folgenden  Tagen  verschwand 
das  Fieber,  die  Wunden  zeigten  bald  gesunde  Granulationen,  und  heilten 
allmälig  zu,  so  dass  der  Fat.  am  28.  Februar  geheilt  entlassen  werden 
konnte.  Die  Bruchpforte  war  so  gross,  dass  man  mehrere  Finger  in  die- 
selbe einführen  konnte,  und  dass  grössere  Darmpartieen ,  wenn  Fat.  auf 
war,  vortraten;  der  irreponible  Netzbrnch  war  während  des  Entzflndungs- 
prozesses  geschrumpft,  so  dass  fast  nichts  mehr  von  ihm  warzunehmen  war. 
Es  wurde  dem  Fat.  ein  gutes  Biuchband  gegeben. 

Am  Abende  des  8.  März  1867  wurde  derselbe  Patient  wieder  mit  allen 
Erscheinungen  der  Incarceration  in  die  chirurgische  Klinik  aufgenommen. 
24  Standen  vor  seiner  Aufnahme  war  der  faustdicke  Bruch  hervorgetreten, 

31* 


484  ^'  DomtrelepoBt, 

lud  konote  nieht  larfiekgebraeht  wwdeo.    Gleich  wr  haftiges  Rrbtechea 
eingetreten,  durch  welches  nach  12  Stunden  schon  kothige  Missen  entleert 
wurden.    Mehrere  TkxisTersuche  führten  nieht  sum  Ziele;  die  Geschwulst 
wir  nur  mlssig  gespsnnt,  und  teigig  anzuf&hlen.    Pat  wurde  chlorofonuxl, 
und  da  dann  die  Taxis  ohne  Resultat  blieb,  wurde  die  Hemiotomie  aosge- 
ffihrt.    Nach  Dnrchftchneidnng  der  Haut  und  des  subcutanen  Bindegewebes 
seigte   sich   der  Bruchsack   und   die   durchscheinenden   Gedirme.     Trotz- 
dem, dass  die  Bruchpforte  weit  war,  Hess  sich  die  Reposition  doch  nicht 
erreichen.     Es  mnsste  der  Brucbsack  eröffnet  werden,  wobei  sich  wenig 
Bruchwasser  entlerte.    Nach  TollstSndiger  Spaltung  des  Brnchsackes  seigte 
sich  ein  Convolnt  Ton  Darmschlingen,  welche  an  ihren  Berührungspunkten 
mit  einander  Terwacbsen  waren.    Diese  Verwachsungen  waren  so  fest,  und 
überbrückten  theilweise  die  Schlingen,  dass  an  eine  Trennung  nicht  gedacht 
werden  konnte.    Der  Darm  selbst  war  missig  injicirt  und  ziemlich  gespannt. 
Ein  Stück  Nets  war  in  der  Nähe  der  Bmchpforte  fest  mit  dem  Bmchsacke 
Terwachsen.    Nachdem  der  Bruchsackbals  nach  oben  durch  einen  Schnitt 
erweitert  war,  bot  die  Bruchpforte  so  nel  Raum,  dass  man  bequem  neben 
dem  Darme  mit  zwei  Fingern  eingehen  konnte.    Trotzdem  gelang  die  Re- 
position nicht,  weil  das  DarmcouTolnt  sich  nicht  entleeren  konnte.     Zur 
Verkleinerung  des  Bmchinhaltes ,  und  um  die  Reposition  zu  ermöglichen, 
wurde  mit  dem  Troicart  darin  punctirt,  dessen  Ganüle  eine  gelbe,  stinkende 
Flüssigkeit  entleerte.  Der  Darm  fiel  hierauf  zusammen,  und  es  wurde  dann 
die  ganze  Terwachsene  Partie  reponirt    Das  Torliegende  Netz  wurde  ab- 
geschnitten.   Erst  am  3.  Tage  nach  der  Operation  erfolgte  Stahlgang,  trotz 
Anwendung  Ton  Gljsmata.    Am  2.  Tage  war  der  Leib  tympanittsch  aufge- 
trieben  und  schmerzhaft  in  der  Umgebung  der  Brochpforte;  diese  Symp- 
tome schwanden  jedoch  bald,  nach  Application  Ton  10  Blutegeln,  und  nach- 
dem der  Stuhl  erfolgt  war.    Sonst  Terlief  die  Heilung  ganz  nach  Wunsch, 
und  Anfangs  April  war  die  Operationswnnde  fast  geheilt   Am  8.  April  be- 
kam jedoch  Patient  wieder  heftiges  Fieber,  es  stellte  sich  eine  beiderseitige 
Pleuropneumonie  ein,  welche  den  Z.  am  13.  April  hinrafiFte.  —  Die  Section 
ergab  Folgendes:  In  beiden  Pleurahöhlen  ungefähr  1  Maass  grünlich  gelbes 
Exsudat,  beide  untere  Lungenlappen  an  der  Spitze  infiltrirt;  Lunge  sonst 
wenig  ödematOs.   Pericardium  enthält  eine  ziemliche  Quantität  Serum,  Herz- 
fleisch fettig,  an  der  Valvula  mitralis  fettige  Einlagerungen,  Aorta  und  Pol- 
monalis  atberomatds.    In  der  Bauchhöhle  eine  bedeutende  Quantität  gelb- 
lich gefärbtes  Serum.     Milz   klein,   sehr   blass.     Leber  am  Rande  etwas 
fettig.    Das  Omentum  nach  unten  an  der  Bruchpforte  adhärent,  hat  das 
Colon   transTersum  Tollständig  geknickt  und  heruntergezogen,  das  obere 
Ende  des  Ileum  zeigt  4  feste,  verwachsene  Darmschlingen;  die  äusserste 
Spitze  derselben  sitzt  an  der  Bmchpforte.    Die  Operationswnnde  ist  fast 


Ueber  Hemiotomie  ohne  Eröffnang  des  Brnchaackes.  485 

Tollständig  vernarbt,  so  dass  man  too  anssen  nicht  in  den  Bruc^sack  ein- 
dringen kann.  Der  Bruchsack  ist  nicht  mehr  zn  erkennen ,  in  schwieliges 
Bindegewebe  umgewandelt  Der  Magen  ist  anch  durch  das  unten  adhäri- 
rende  Netz  nach  unten  gezogen,  und  in  der  N&he  des  Pylorns  geknickt. 
Dieser  Stelle  entsprechend,  ist  die  Schleimhaut  stark  hyperämisch,  mit  £c- 
chjmosen  versehen.  Das  Ileum  enthält  breiige,  gelbliche  Massen.  Nieren 
normal.  Die  Aorta  descendens  und  die  beiden  Artt.  iliacae  sind  stark  athe- 
romatOs,  mit  bedeutenden  Kalkeinlagerungen. 

2.  Schreiner  H.,  59  Jahre  alt,  aus  Bonn,  bemerkte  zuerst  vor  15  Jah- 
ren einen  kleinen,  wallnnssgrossen  Knoten  an  der  rechten  Grnralpforte,  der 
nicht  reponirt  werden  konnte.  Bald  gesellte  sich  ein  Oruralbruch  hinzu, 
welcher  trotz  dieses  irreponibelen  Netzbruches  durch  ein  Bruchband  zurück- 
gehalten wurde.  Der  irreponibele  Theil  lag  neben  der  Pelote.  Zweimal 
war  schon  der  Bruch  eingeklemmt  gewesen,  mit  allen  Zeichen  der  Incarce- 
ration,  die  Tuis  gelang  jedoch,  lange  fortgesetzt,  jedes  Mal.  Am  17.  De- 
eember  1863,  gegen  8  Dhr,  trat  plötzlich  der  Bruch  grOsser  als  gewöhnlich 
hervor,  er  konnte  nicht  zurflckgefflhrt  werden,  und  alle  Erscheinungen  der 
Einklemmung  stellten  sich  bald  ein.  Glystiere,  Taxis,  warmes  Bad  blieben 
ohne  Erfolg,  weshalb  Patient  am  folgenden  Tage  um  12  I3hr  in  das  Johannis- 
Hospital  aufgenommen  wurde.  Da  auch  in  der  Narcose  die  Taxis  nicht  ge- 
lang, schritt  man  zur  Herniotomie,  welche  auch  hier  ohne  Eröffnung  des 
Bruchsackes  gelang.  Der  irreponibele  Netzbrnch  blieb  auch  in  dem  nicht 
eröffneten  Bruchsacke  liegen,  und  die  Wund^  wurde  durch  einige  Nähte  ge- 
schlossen. Die  Einklemmungserscheinungen  verschwanden  gleich  nach  der 
Operation,  nur  wollte  kein  Stuhlgang,  trotz  der  dargereichten  Glystiere,  er- 
folgen, es  gingen  nur  Flatus  ab.  Pat.  hatte  vor  seiner  Aufnahme  in  das 
Hospital  von  dem  behandelnden  Arzte  Tinctura  Opii  erhalten.  Am  19.  Abds* 
klagte  Pat.  Ober  Schmerzen  in  der  Bruchgegend,  es  stellte  sich  geringes 
Fieber  ein.  Am  20.  traten,  nach  Darreichung  einer  Ricinusemulsion,  meh- 
rere breiige  Stühle  ein.  Am  20.  schwoll  die  Operationsgegend  au,  es 
zeigte  sich  eine,  die  ganze  Umgebung  der  Wunde  einnehmende  Röthe,  wäh- 
rend das  Fieber  heftiger  wurde,  und  die  Gegend  der  Brnchpforte  bei  Druck 
sehr  schmerzhaft  war,  weshalb  einige  Blutegel  angesetzt  wurden.  Die 
Wunde,  welche  per  primam  fnt.  geheilt  war,  wurde  mit  der  Sonde  eröffnet, 
und  entleerte  eine  ziemliche  Quantität  Eiter.  An  den  folgenden  Tagen  muss- 
ten  noch  einige  Incisionen  in  der  Umgebung  gemacht  werden,  um  dem  Eiter 
freien  Abflnss  zu  verschaffen.  Während  dieses  Processes  erfolgte  der  Stuhl 
normal,  der  Leib  war  nicht  aufgetrieben.  Nachdem  dem  Eiter  ganz  freier 
Abflnss  verschafft  war,  verliess  das  Fieber  den  Patienten,  die  Geschwulst 
und  die  Röthe  verschwanden,  die  Wunden  granulirten  schnell  zu,  so  dass 


486  ^f*  Dontrelepont, 

der  Patient  am  15.  Jad.  1864  ans  dem  Hospitale  entlassen  werden  konnte. 
Der  irreponibele  Netzbrnch  war  in  diesem  Falle  geblieben. 

In  diesen  beiden  Fällen  sehen  wir  nach  der  Operation  eine 
Entzfindang  des  Brachsackes  und  des  angrenzenden  Bauchfelles 
eintreten,  welche  jedoch  auf  diese  Theile  sich  beschränkte  und 
keine  drohenden  Erscheinungen  darbot.  In  dem  ersten  Falle 
hatte  sich,  wie  die  zweite  Operation,  deren  Details  mir  Herr 
Geheime-Rath  Professor  Dr.  Busch  mitzutheilen  die  Güte  hatte, 
sowie  später  die  Section  nachwiesen,  die  Entzündung  auch  auf 
das  Peritoneun}  der  angrenzenden  Darmschlingen  fortgesetzt  und 
hier  feste  Verwachsungen  derselben  hervorgebracht,  aber  sich 
nicht  weiter  erstreckt.  Gerade  diese  Verwachsungen  waren  die 
Ursache,  dass  bei  der  2.  Operation  die  Reposition  nicht  gelang, 
und  nur  nach  der  Function  des  Darmes  möglich  wurde.  Es  ist 
sehr  fraglich,  ob,  wenn  der  Bruchsack  in  diesen  Fällen  eröffnet 
worden  wäre,  die  Peritonitis,  welche  wohl  schon  vor  der  Ope- 
ration als  Folge  der  Einklemmung  begonnen  hatte,  so  beschrankt 
geblieben  wäre,  und  nicht  durch  die  bei  der  Eröffnung  des  Bruch- 
Sackes  gegebenen  neuen  Reizungen  eine  allgemeine,  lethale  ge- 
worden wäre.  Die  Hauptvortheile  dieser  Operation  sind  also 
NichtVerletzung  des  Peritoneum  und  dadurch  Vermeiden  der  Be- 
rührung der  Bauchhöhle  und  der  Bruchcontenta  mit  der  äusseren 
Luft,  und  Vermeiden  von  Erguss  von  Exsudat  oder  Blut  in  die 
Bauchhöhle.  Gerade  diese  letzteren  Momente,  welche  bei  Nabel- 
und  Bauchbruchen  am  leichtesten  mitwirken  können,  sind  es, 
welche  Dieffenbach,  einen  der  grössten  Gegner  der  Petit- 
schen  Herniotomie  veranlasst,  diese  Operation  als  sehr  werthvoil 
für  die  Operation  dieser  Brucharten  zu  empfehlen.  Neben  diesen 
wichtigsten  wären  noch  als  weitere  Vortheile  anzuführen,  dass 
bei  einer  Verletzung  einer  Arterie  bei  der  Erweiterung  der  Brnch- 
pforte  das  Blut  nicht  in  die  Bauchhöhle  fliessen  und  der  Darm 
hierbei  nicht  so  leicht  verletzt  werden  kann.  Hierauf  lege  ich 
jedoch  nicht  so  viel  Gewicht,  da  wir  wohl  im  Stande^  sind,  diese 
Verletzungen  in  den  meisten  Fällen  zu  vermeiden.  Ebenso  we- 
nig Gewicht  lege  ich  darauf,  dass  die  Heilnngazeit  bei  den  nach 


Deber  Hemiotomie   ohne  ErOffnnng  dei  Brnchsackes.  4g 7 

Petit  Operirten  eine  kfirzere  ist,  als  bei  der  anderen  Methode; 
die  geringere  Gefäjirlichkcit  derselben,  welche  durch  die  oben 
erwähnten  Momente  bedingt  ist,  allein  sollte  die  Chirurgen  zu 
ihrer  allgemeinen  Anwendung  ermahnen.  . 

Wie  verhält  es  sich  nun  mix  den  sogenannten  Nachtheilen, 
welche  man  ihr  zum  Vorwurfe  gemacht  hat? 

Die  wichtigsten  Einwände  sind: 

1)  dass  man  im  Dunkelen  operire,  man  wisse  nicht  wie  die 
Eingeweide  beschaifen  seien,  welche  man  reponirt; 

2)  die  Ursache  der  Einklemmung  liege  häufig  nicht  in  der 
Brucbpforte,  sondern  im  Bruchsackhalse  oder  in  den  Bruch- 
contentis  selbst  und  dadurch  werde  leicht  eine  Masseure- 
duction  gemacht; 

3)  die  Operation  wäre  schwieriger  und  mühsamer. 

In  den  von  mir  beobachteten  Fällen  war  keiner  dieser  Vor- 
wurfe gerechtfertigt,  und  ich  bin  fest  überzeugt,  dass  man  diese 
Nachtheile  bei  unserer  Operation  vermeiden  kann. 

Am  schwersten  wiegt  der  erste  Vorwurf,  dass  man  bei  der 
Peti tischen  Hemiotomie  Theile  in  die  Bauchhöhle  zurückführt, 
deren  Beschaifenhcit  man  nicht  kennt,  sie  könnten  brandig  sein, 
oder  dem  Brande  nahe,  und  nach  der  Reposition  könnte  eine 
Perforation  des  Darmes  eintreten,  welche  eine  rasch  lethal  ver- 
laufende Peritonitis  hervorrufen  würde.  Diesem  Einwände  ent- 
gegnet Richter  schon  mit  Recht:  „Wenn  der  Wundarzt,  nach- 
dem er  sich  bereits  zur  Operation  entschlossen  hat,  noch  einen 
Versuch  wagt,  den  Bruch  durch  Taback  oder  durch  die  Taxis 
oder  irgend  ein  anderes  gelinderes  Mittel  zurückzubringen  und 
der  Versuch  gelingt,  so  ist  nun  auch  der  Bruch  uneröffnet  zu- 
rückgebracht worden,  und  darinnen  liegende  Theile  können 
wider  Vermuthen  schadhaft  sein.  Denn  warum  soll  das  jetzt  bei 
der  Taxis  nicht  zu  befürchten  sein,  was  man  eine  halbe  viertel 
Stunde  später  bei  der  Operation  fürchtet?  Und  wird  man  denn 
nun  den  Wundarzt  wegen  dieses  letzten  glücklichen  Versuches 
tadeln?  Oder  wird  sich  ein  vernünftiger  Wundarzt  durch  diese 
Gründe  von  einem  solchen  Versuche  abhalten  lassen?^ 


488  ^r.  Doatrelepont, 

In  den  F&llen,  wo  man  Brand  des  Darmes  bef&rchten  moss, 
wird  man  natürlich  die  Petit'sctie  Herniotomie  nicht  ausfahren 
wollen,  ebenso  wenig  als  man  dort  noch  Tiele  Taxisversnche 
machen  wird.  Den  Brand  werden  wir  aber  erkennen  können, 
wenn  nicht  schon  yov  der  Operation,  doch  nachdem  der  Bruch* 
sack  vollständig  freigelegt  ist,  die  Entf&rbung  der  Haut,  die  Ver- 
wachsungen derselben  mit  den  tiefer  liegenden  Theilen,  das  Oedem, 
Emphysem  der  Bruchhüllen,  die  Beschaffenheit  und,  nach  Eey, 
der  übele  Geruch  des  Bruchsackes  selbst  und  seines  Inhalt  wer- 
den uns  da  nicht  im  Zweifel  über  die  brandige  Beschaffenheit 
des  Darmes  lassen,  und  sollten  noch  Zweifel  vorwalten,  so  wird 
man  die  Eröffnung  des  Brucbsackes  vornehmen  können.  Auch 
sagt  Teale  mit  Recht,  dass  ein  in  Brand  übergegangenes  Darm- 
stfick  nicht  so  leicht  in  die  Bauchhöhle  zurückzubringen  sei,  denn 
meistens  hätten  sich  schon  Adhäsionen  mit  dem  Bruchsack  und 
dem  in  der  Nähe  gelegenen  Bauchfelle  gebildet.  Gewöhnlich 
könnten  daher  solche  Vorla^erungen,  selbst  wenn  die  Einklem- 
mung durch  den  Schnitt  gehoben  ist,  nur  mit  einer  darcbaas 
unzulässigen  Gewalt  zurückgebracht  werden. 

In  dem  zweiten  Vorwurfe  können  wir  auch  keine  Ge&hr 
für  unsere  Patienten  erkennen.  Wo  die  Einklemmung  nicht 
durch  die  Bruchpforte  bedingt  ist,  werden  wir  es  bald  daran  er- 
kennen, dass  die  Bruchpforte  sich  nicht  eng  um  den  Bruchsack- 
hals anlegt,  oder  dadurch,  dass  die  ausgeführte  Taxis  nicht  die 
Reposition  erreicht.  Eine  Einklemmung  durch  dfe  Pforte  selbst, 
welche  Dupuytren  bekanntlich  als  nur  sehr  selten  annahm 
und  Malgaigne  sogar  vollständig  leugnete,  kommt  häufiger 
vor,  als  man  wohl  annimmt.  Die  Zahl  der  nach  Petit  Hernio- 
tomirten  giebt  einen  deutlichen  Beweis  davon,  obschon  diese 
Methode  noch  so  wenig  ausgeübt  wird.  Bei  19  Herniotomieen, 
welche  ich  behandelt  habe,  war  12  mal,  in  16  Fällen  von  Bon- 
net  9mal,  in  9  Fällen  von  Golson  8mal  u.  s.  w.  die  Hernio- 
tomie ohne  Eröffnung  des  Bruchsackes  möglich ;  es  lag  also  hier 
die  Einklemmung  auch  ausserhalb  desselben.  In  den  Fällen,  wo 
die  Incarceration  nicht  durch  die  firuchpforte,  sondern  durch  den 


Ueber  Herniotomie  ohne  Eröffnung  des  Brnchsackes.  489 

Brncbsackhals,  oder  sogar  innerhalb  des  Bruchsackes  bedingt 
wird,  ist  die  Reposition  des  Bmchinhalts  mit  Zurückhalten  des 
Brnchsackes  ausserhalb  -  der  Bauchhöhle  nicht  möglich,  es  sind 
Fälle,  welche  für  unsere  Operation  nicht  passen,  in  welchen  die 
Eröffnung  des  Bruchsackes  nicht  umgangen  werden  darf.  Aber 
hier  ist  durch  den  Versuch  der  Schonung  des  Bruchsackes  nichts 
verdorben,  es  bleiben  dieselben  Chancen  nach  dem  vereitelten 
Versuche  zur  Eröfinung  des  Bruchsackes,  wie  vorher.  Dass  eine 
Reposition  en  masse  in  dem  Falle,  wo  die  Einklemmung  nicht 
durch  die  Bruchpforte  bewirkt  wird,  durch  die  Petit 'sehe  Her- 
niotomie sehr  leicht  entstehen  wird,  kann  ich  nicht  zugeben, 
wenn  man  so  verfährt,  wie  es  in  unseren  Fällen  geschehen.  Es 
kommt  besonders  hierbei  darauf  an,  dass  die  nach  Blosslegung 
des  Sackes  und  Erweiterung  der  Bruchpforte  ausgef&hrte  Taxis 
sehr  sanft  sei,  dass  man  versuche,  die  der  Bruchpforte  zunächst 
liegenden  Bruchcontenta  zurukzufQhren  und  dabei  den  Bruchsack 
selbst  immer  ausserhalb  der  ünterleibshöhle  mit  den  Fingern 
zurückhalte.  Nie  darf  die  Taxis  so  ausgeführt  werden,  dass  man 
den  Druck  auf  die  ganze  Bruchgeschwulst  ausübe. 

Was  nun  den  dritten  Vorwurf  berifft,  so  können  die  Schwie- 
rigkeiten einer  Operation  nicht  in  Betracht  kommen,  wenn  diese 
weniger  Gefahr  für  den  Patienten  bringt. 

üebrigens  habe  ich  nicht  beobachtet,  dass  die  Operation  so 
viele  Schwierigkeiten  dargeboten  hätte ;  ich  habe  sie  in  der  Pri- 
vatpraxis mit  einem  einzigen  Assistenten  ausgeführt,  der  neben- 
bei noch  den  Puls  während  der  Narcose  zu  controliren  hatte. 
Das  Freilegen  des  ganzen  Sackes  erfordert  natürlich  mehr  Zeit 
als  wenn  man  nur  an  einer  Stelle  ihn  freilegt,  aber  diese  län- 
gere Dauer  der  Operation  kann  hier  gar  nicht  in  Betracht  kom- 
men —  In  Bezug  auf  den  Zeitpunkt  der  Herniotomie  schreitet 
man  jetzt,  und  zwar  mit  vollem  Rechte,  viel  schneller  zur  Ope- 
ration als  in  früheren  Zeiten.  Damals  wurde,  ehe  man  zum  Mes- 
ser griff,  das  ganze  Heer  der  Mittel,  welche  gegen  die  Einklem- 
mung empfohlen  waren,  versucht,  und  dadurch  wurde  die  beste 
Zeit  zur  Operation  versäumt.    Je  frilher  operirt  wird,  desto  gün- 


490    Dr.Doatrelepont,  Geber Heroio tomie ohne Eröffnii og d.  Brnchsacke!. 

stiger  ist  die  Prognose.  Seitdem  wir  die  Chloroformnarkose  b^ 
sitzen,  sind  wohl  in  den  meisten  Fällen  die  früher  angewandten 
Mittel  fiberflüssig.  Wenn  in  derselben  die  Taxis  des  Bmcfaef 
nicht  gelingt,  so  warte  man  nicht  länger  mit  dem  Bruchschnitte 
Handelt  man  nach  diesem  Verfahren,  so  wird  man  in  den  mei- 
sten Fällen  nicht  zu  befurchten  haben,  dass  Biand  des  Darmes 
schon  eingetreten  sei,  und  man  wird  häufiger  die  gefahrlose  Ope- 
ration nach  Petit  ausfuhren  können. 

Speciello  Indicationen  für  die  Petit 'sehe  Herniotomie  auf- 
zustellen, wie  man  es  nach  der  Grösse  und  Art  des  Bruche.«. 
nach  der  Dauer  der  Einklemmung  u.  s.  w.  gethan  hat,  halte  icb 
weder  für  rathsam  noch  für  möglich.  Sie  ist  nur  in  den  FUIeQ 
ausfahrbar,  wo  die  Incarceration  nur  ausserhalb  des  Brucbsackes 
liegt,  und  diese  Fälle  können  wir  vor  der  Operation  nicht  dia- 
gnosticiren.  In  allen  Fällen  von  eingeklemmten  Hernien,  bei  de- 
nen ein  Verdacht  auf  Gangrän  des  Darmes  nicht  vorliegt,  ver- 
suche man  immer  die  Schonung  des  Bruchsackes,  und  versacbe 
eine  sanfte  Taxis  nach  Erweiterung  der  Bruchpforte.  Geling 
die  Reposition  nicht,  so  kann  man  noch  immer  zur  Eröffooog 
des  Bruchsackes  schreiten. 


X. 


lieber  die  durch  Verwachsung  eDtstandeoen  Larynx- 
Stenosen  und  deren  operative  Beseitigung. 


Von 


Dr.  med.  J.  ]fl.  Rossbach 

in  Würzburg. 


(Hierzu  Taf.  IV.    Fig.  1-3.) 

Ueber  die  durch  Verwachsung  der  einander  gegenüberstehen- 
den Kehlkopfs  Wandungen,  sowie  der  Taschen-  und  Stimmbänder 
entstandenen  Stenosen  ist  bis  jetzt,  im  Vergleich  mit  den  durch 
Schwellung,  Neubildungen  u.  s.  w.  daselbst  hervorgerufenen  Ver- 
schliessnugen  und  Verengerungen  noch  wenig  bekannt.  In  der 
ganzen  laryngoskopischen  Literatur  zerstreut  finden  sich  bis  jetzt 
nur  12  Fälle,  und  von  diesen  wurden  die  wenigsten  einer  aus- 
führlichen Untersuchung  und  Beobachtung  unterzogen. 

Das  Hauptcontingent  zu  diesen  Verwachsungs-Stenosen  lie- 
ferten die  syphilitischen  Geschwüre,  welche  bei  ihrer  Hei- 
lig stets  grosse  Neigung  zur  Bildung  starker  Narben  haben  und 
oft  genug  Anlass  zu  den  wunderlichsten  Verzerrungen  im  Kehl- 
kopf werden..  Stossen  dann  solche  Geschwüre  z.  B.  am  vor- 
deren Vereinigungswinkel  der  Stimm-  und  Taschenbänder  zu- 
sammen, so  muss  nothwendig,  Je  nach  der  Grösseder  Geschwüre, 
^itt«  Verwachsung  der  Theile  und  ein  mehr  oder  minder  grosser 


492  Dr.  J.  M.  Rossbach, 

Verschluss  der  Stimmritze  eintreten.  Ebenso  ist  es  leicht  be- 
greiflich, wenn  ringförmige  Geschwüre  an  anderen  Stellen,  z.  B. 
in  der  Gegend  unter  don  Stimmb&ndern  sitzen,  dass  bei  Rück- 
gang der  UIceration  ein  Zusammenheilen  der  einander  gegen- 
überliegenden Kehlkopfswandnngen  und  eine  Stenosirung  dieser 
Partie  stattfindet.  -  Von  den  oben  angeführten  12  Fälen  tref- 
fen allein  auf  Syphilis  7;  4  von  diesen  letzteren  wurden  von 
Türck  (1.),  1  im  ärztlichen  Bericht  des  allgemeinen  Kranken- 
hauses in  Wien  vom  Jahre  1866,  s&mmtlich  mit  mehr  oder  min- 
der grossten  Verwachsungen  der  Stimmb&nder  oder  der  Stimm- 
und  Taschenb&nder  zusammen,  beschrieben;  ferner  1  von  Seme- 
leder (2.);  dessen  Beschreibung  aber  nur  höchst  kurz  und  un- 
voUstfindii!:  ist,  und' bei  dem  die  Verwachsung  höchst  wahrschein- 
lich in  der  subglottischen  Gegend  stattfand;  und  endlich  1  von 
J.  Schnitzler  (3.)  mit  einer  Verwachsungsmembran  in  dersel- 
ben Gegend.  •—  Als  zweithäufigste  Ursache  finden  wir  Hals- 
schnitwunden,  bei  denen  es  selbstverständlich  eben  so  viele 
Möglichkeiten  der  Art  der  Verwachsung  giebt,  als  verschiedene 
Schnittrichtungen  vorkommen  können.  Neben  einer  von  Rey- 
naud  (4.)  schon  in  der  vorlaryngoskopischen  Zeit  (1841)  be- 
schriebenen -  vollständigen  Veröchliessung  des  Kehlkopfes  unter- 
halb des  Schildknorpels  durch  eine  von  hinten  und  oben  nach 
vorne  und  unten  gehende  Scheidewand,  die  sich  nach  einer  star- 
ken, durch  den  Kehlkopf  und  die  Speiseröhre  sich  erstreckenden 
Schnittwunde  entwickelt  hatte,  finden  wir  noch  3,  wenn  auch 
nur  zu  theilweiser  Verwachsung  führende  Halswunden  von  Tfirck 
(5.)  beschrieben,  und  eine  kurze  Bemerkung  über  eine  fast  voll- 
ständige Verwachsung  der    mittleren    Kehlkopfshöhle    aus  eben 


1)  Dr.  Ludwig  Tfirck,  Klinik  der  Krankheiten  des  Kehlkopfes  nod 
der  Luftröhre.    Wien.    1866.    S.  408—411. 

>)  Schmidt,  Jahrbficher.    Bd.  134.    S.  118. 

5)  Wiener  mediz.  Presse.     1867.    5.    S.  106. 
4)  Schmidt,  Jahrbficher.    Bd.  37.    S.  162. 

6)  AUgem.  Wiener  mediz  Zeitnng.    1866.    No.  44.  und  Dr.  L.  Tflrck, 
Klinik  der  Krankheiten  des  Kehlkopfes  n.  s.  w.    S.  484-486. 


Ueber  die  durch  Yerwacbsong  entsUodeDeD  Larjnx-Stenoseo  etc.     493 

dieser  Ursache  von  Brons  (6.)  —  Ein  weiterer  Fall  endlich, 
ebenfalls  von  Brans  bekannt  gemacht  (T.)»  war  während  eines 
Typhus  entstanden,  also  höchst  wahrscheinlich  Folge  eines  typhös- 
diphtheritischen  Processes;  die  Stenose  sass  in  dem  unter- 
halb der  Stimmbänder  gelegenen  Abschnitt  des  Kehlkopfes  und 
unterbrach  die  Communication  beinahe  ganz,  so  dass  man  durch 
die  in  der  mittleren  Keblkopfehöhle  angesammelte  Flüssigkeit 
nur  hie  und  da  kleine  Luftibl&schen  aufsteigen  sah. 

Die  Art  und  Weise  jedoch,  wie  die  Verwachsungen  aus  den' 
Geschwüren  entstanden,  von  welcher  Ausdehnung  letztere  selbst, 
wie  lange  die  üebergangsstadien  waren^  erhellt  aus  keiner  der 
oben  angeführten  Krankengeschichten.  Zu  einer  laryngoskopi- 
schen  Beobachtung  gelangten  dieselben  entweder  gar  nicht,  oder 
erst  dann,  wenn  die  Verwachsung  und  Stenosirung  bereits  einen 
hohen  Grad  erreicht  hatte,  oder  nach  bereits  vorgenommener 
Tracheotomie. 

In  den  meisten  Fällen  überliess  man  die  Sache,  ohne  eine 
operative  Beseitigung  des  Grundleidens  zu  versuchen,  ihrem  na- 
türlichen Verlaufe,  oder  begnügte  sich  mit  einer  künstlichen  Er- 
öffnung der  Luftwege  unterhalb  des  Respirationshindernisses,  und 
wur  zufrieden,  nur  das  Leben  gerettet  zu  haben,  und  suchte  noch 
durch  eine  medicamentöse  Behandlung,  so  bei  syphilitischer  Grund- 
lage durch  eine  Schmier-  oder  Sublimatcur,  eine  Erleichterung 
und  B ^serung  hervorzurufen ;  und  nur  5mal  schritt  man  zu  einer 
unmittelbaren  Operation  der  Verwachsung;  so  Bruns  bei  der 
bereits  erwähnten,  nach  einem  Typhus  eingetretenen  Verwachsung. 
Es  war  bereits  eine  Tracheotomie  gemacht  worden,  so  dass  er 
nicht  auf  dem  natürlichen  Wege,  durch  die  Mundrachenhöhle 
einzugehen,  sondern  die  Trachealfistel  mit  dem  Galvanokauter 
nur  zu  erweitern  brauchte,  um  mit  demselben,  nach  oben  gerich- 
teten Instrument  sodann  die  Yerwachsungsstelle  einfach  zu  durch- 


<0  Victor  Y.  Bruns,  Die  Laryngoskopie  und  laryng.  Chirurgie.  1865. 
S.  442  u.  443. 

^)  Derselbe,  Bbendas.    S.  442. 


494  I>r.  J.  M.  RoBBbach, 

trennen.    Der  Erfolg  war,  nachdem  die  Wiederverwachsnng  durch 
eingelegte  Bougies  und  Katheter  vefhindert  worden  war,  ein  sehr 
günstiger.    Der  Kranke  erhielt  seine  Stimme,  wenn  auch  heiser, 
zurQck,    konnte   wieder  Luft   durch  Mund  und  Nase   einziehen, 
doch  nicht  in  solchem  Maasse,  dass  die  in  die  Trachea  eingelegte 
Canüle  überflfissig  geworden  wäre.    Durch  ein  an  letzterer  an- 
gebrachtes Klappen ventil  sprach  er  so  gut,  „dass  man  ihm  sein 
Leiden  gar  nicht  anmerkte."  (8.)  —  Auch  den  durch  eine  Quer- 
schnittwunde entstandenen  Verwachsungsfall  operirte  Bruns  mit 
dem  Galvanokauter^  so  dass  auch   hier  die  freie  Gommnnication 
zwischen  den  beiden  Abschnitten  der  Kehlkopfehöhle  wiederber 
gestellt  wurde.     Leider  fehlt  bis  jetzt  die  ausführliche  Beschrei- 
bung des  Verlaufes  und  Ausganges  dieser  Operation  (6.),  so  dass 
ich  nur  aus  den  Abbildungen  dieses  Falles  im  „Atlas  zur  Laryn- 
goskopie" von  Bruns,  Tafel  3,  Figur  6,  und  Tafel  8,  Figur 4") 
den  Schluss  ziehen  kann,  dass  auch  diese  zweite  Operation  von 
der  Halswunde  aus  gemacht  wurde.  —  Die  dritte  Operation  war 
von  Türck  bereits  Ende  1863  an  einer  durch  Syphilis  entstan- 
denen, narbigen,  membranartigen  Verwachsung  des  grösseren  vor- 
deren Abschnittes  der  Stimm-  und  Taschenbänder  gemacht  wor- 
den, und  zwar  auf  dem  natürlichen  Wege,  indem  er  nach  vor- 
hergegangener örtliche  Narcotisirung  durch  Chloroform-Morphia- 
lösung    mit    dem    gedeckten    Win  trieb 'sehen    lanzettfSrihigen 
Messer  zuerst  die  oberflächliche  Schicht  der  Verwachsun|smem- 
bran    durch  trennte,    und   hierauf  erst  mittelst   eines  geknöpften 
krummen  Messers  die  ungefähr  2  Linien  dicke,  sehr  feste  Mem- 
bran bis  in  der  Nähe  des  vorderen  Glottiswinkels  spaltete.    Wenn 
auch  eine  theilweise  Wiederverwachsung  eintrat,    so  blieb  doch 
immer  noch  die  hintere  Hälfte  des  Spaltes  klaffend,  so  dass  zwar 
die  Aphonie   nicht   gehoben,    aber  dafür   die  Dyspnoe  beseitigt 


B)  Neben  einer  kurzen  Notiz  in  dem  bereits  unter  Anmerkang  ^)  er- 
wähnten Werke  findet  s*ch  die  ausführlichere  Darstellung  dieses  Falles  in 
einer  Inanguralabhandlung  von  Julius  Frank  aus  Stuttgart:  pBeitr&ge 
zur  Bronchotomie,  nach  den  an  der  Chirurg.  Klinik  zu  TQbingen  gemachten 
Erfahrungen.    1867.«    S.  33. 


Ueber  die  durch  Verwachsnng  entstandenen  Larynx- Stenosen  etc.     595 

wnrde  (1.).  —  Ein  vierter  Versuch  wurde  bei  dem  in  dem  är^t- 
licben  Bericht  des  Wiener  allgemeinen  Krankenhauses  erwähnten 
syphiUtischen  Patienten  mit  einem  Sichelmesser,  doch  ohn^:  Er- 
folg, gemacht.  Nach  einer  wieder  eingetretenen  Yerkl  bung 
unterliess  man  alle  weiteren  Eingriffe.  —  Die  fünfte  Operation 
endlich,  ebenfalls  auf  natürlichem  Wege  intralaryngeal,  wurde 
TOn  Schnitzler  in  Wien  (3.)  an  der  unterhalb  der  Stimmbän- 
der gelegenen  Yerwachsungsmembran  eines  syphilitischen  Mannes 
gemacht.  Der  Erfolg  war  ein  ähnlicher,  wie  bei  dem  Türck- 
schen  Falle,  nur  scheint  hier  auch  nicht  die  geringste  Wieder- 
verwachsung eingetreten  zu  sein,  so  dass  der  Kranke,  bis  auf 
die  durch  narbige  Einziehung  der  obersten  Luftröhrenringe  schon 
vorher  bedeutend  verengerte  Trachea,  geheilt  entlassen  werden 
konnte  (9.). 

In  der  letzten  Zeit  kamen  mir  zweimal  Larynxgeschwüre 
zur  Beobachtung,  bei  denen  sich  als  Endresultat  solche  narbige 
Verwachsungen  der  Taschen-  und  Stimmbänder  einstellten.  Es 
war  mir  auf  diese  Weise  möglich,  die  Entstehung  und  den  Ver- 
lauf derselben  beinahe  von  Anfang  an  zu  sehen,  was  bei  allen 
bis  jetzt  veröffentlichten  und  in  der  Einleitung  angeführten  Be- 
obachtungen nicht  der  Fall  war.  Der  zuerst  zu  beschreibende, 
bei  dem  in  der  kürzesten  Zeit  die  Tracheotomie  nöthig  geworden* 
wäre,  steht  auch  in  der  Beziehung  einzig  da,  als  zugleich  eine 
beinahe  totale  Verwachsung  nicht  allein  der  Taschen-,  sondern 
auch  der  Stimmbänder  eingetreten,  die  Stimme  gänzlich  und  die 
Respiration  grossentheils  verfallen  war,  und  doch  beide,  Stimme 
wie  Respiration,  durch  die  vorgenommene  Operation 
gleichmässig  und   bis  zur    vollkommenen  Norm   wieder   her- 


9)  Schnitzler  scheint  den  TQrck' sehen  Fall  nicht  gekannt  zu  ha- 
ben, sonst  würde  er  den  seinigen  nicht  als  den  ersten  bezeichnet  haben, 
der  auf  dem  natürlichen  Wege  operirt  worden  sei.  Leider  blieb  anch  er 
eine  ausführliche  Darlegung  der  ganzen  Krankengeschichte  schuldig,  er- 
wähnt z.  6.  mit  keinem  Worte ,  wie  die  Stimme  vor,  wie  sie  nach  der  Ope- 
ration war,  welchen  Umständen  er  verdankte,  dass  auch  nicht  die  geringste 
Wieder  Verwachsung  der  gespaltenen  Membran  eintrat  u.  s.  w. 


496  Dr.  J.  M.  RosBbach, 

gestellt  wurden.  In  dem  Türe  kuschen  Falle  waren  zwar  auch 
die  Taschen-  und  Stimmbänder  verwachsen;  allein  es  wurde 
durch  die  Operation  nur  die  Respiration,  nicht  aber  die  Stimme 
wiederhergestellt;  in  dein  Schnitzler'schen  Falle  waren  die 
Taschen-  und  Stimmbänder  gar  nicht  verwachsen,  so  dass  durch 
die  Operation  nur  ein  Respirationsweg  wiederhergestellt  zu  wer- 
den brauchte.  -—  An  Interesse  gewinnen  dieselben  ausserdem 
noch  durch  die  Beobachtung  der  Ursache,  warum  nach  richtig» 
Trennung  gerade  der  Yerwachsungsmembran  an  den  Stimm-  und 
Taschenbändern  eine  Wiederverwachsung  nicht  mehr  stattfindet, 
eine  Kathet^risation  des  Kehlkopfes  also  gänslich  entbehrlich  ist. 

1.  Chr.  y.,  32  Jahre  alt,  Schnhmacher  you  hier,  stellte  sich  mir  am 
12.  April  1867  mit  einem  bereits  4  Monate  alten  Halsleiden  vor.  Derselb« 
hatte  sich  schon  am  22.  December  Nachts  durch  eine  heftige  Erkältung 
einen  „rauhen  Hals**  zugezogen,  denselben  jedoch  nicht  beachtet,  sondern 
sich  noch  mannichfaltigen  anderen  Schädlichkeiten  ausgesetzt,  so  dass  sich 
sein  Zustand  von  Tag  zu  Tage  verschlimmerte,  und  endlich  am  17.  Jannv 
1867  ärztliche  Hülfe  in  Anspruch  genommen  werden  musste.  Die  damalige 
Behandlung,  der  sich  Pat.  übrigens  sehr  unregelmässig  unterzog,  bestand 
in  allen  möglichen  Hausmitteln,  Tropfen,  Mixturen  und  Pulvern,  so  lange, 
bis  in  der  Nacht  des  20.  März,  nach  einem  starken  Spaziergange  bei  kaltem 
Wetter,  ein  Erstickungsanfall  eintrat  Als  auch  jetzt  die  verschiedenen 
Brechmittel,  die  Einreibungen  mit  Grotonöl,  und  die  Einathmongen  voo 
Ammon.  muriat  und  Morph,  keine  Besserung  herbeiführten,  der  vorher  dicke 
Mann  immer  mehr  abmagerte,  die  Stimme  ganz  verfallen  blieb,  ond  sich 
dazu  eine  von  Tag  zu  Tage  grösser  werdende  Athemnoth  gesellte,  wurde 
der  Kranke  zur  laryngoskopischen  Untersuchung,  die  bis  jetzt  noch  nicht 
vorgenommen  worden  war,  an  mich  gewiesen.  —  Der  behandelnde  Arzt  hatte 
die  Krankheit  bis  jetzt  für  einen  croupös-diphtheritischen  Process  des  La- 
rynx  gehalten  —  der  Kranke  will  in  den  erbrochenen  Massen  selbst  weisse 
Häute  beobachtet  haben  -> ;  ein  anderer  Arzt,  der  den  Kranken  in  frfiherea 
Jahren  behandelt  hatte  und  jetzt  consultirt  wurde,  für  eine  syphilitische 
Affection,  ohne  jedoch  eine  dagegen  gerichtete  Behandlung  einzuleiten.  — 
Die  Entscheidung  in  diesem  Falle  war  auch  wirklich  schwer.  Der  Kranke 
selbst  giebt  an,  vor  18ö5  nie  krank  gewesen  zu  sein;  erst  in  diesem  Jahre 
will  er  sich  eine  Zerreissung  des  Frenulum  zugezogen  haben,  die  in  14  Ta- 
gen durch  Baden  in  Chamillenthee  rasch  heilte;  1856  bekam  er  einen  tripper- 
artigen Ausfluss,  der  sehr  lange  anhielt;  186B  starke  Schmerzen  im  Hoden, 
aber  nach  einer  starken  Quetschung  desselben,  die  in  8  Tagen  wieder  ver- 


Ueber  die  dorch  YerwftchsiiDg  entstandenen  Larynx-Stenosen  etc.    497 

giogen.  Obiger  Arzt  hatte  diese  Affection  'für  eine  syphilitische  Hodenent- 
zündang  gehalten,  und  graae  Salbe  einreiben  lassen.  Sonst  läagnet  der 
Kranke,  der  mir  seine  ganze  Anamnese  mit  dem  grdssten  Freimnth 
erzählte,  bestimmt  jede  andere  Kranitheit,  besonders  will  er  nie  an  Hant- 
ansschlägen  gelitten  haben.  Da  nnn  auch  die  genaueste  Untersacbnng, 
ausser  einer  Vertief ang  in  der  Glans,  an  Stelle  des  rerloren  gegangenen 
Frennlum,  einer  sehr  kleinen  sternförmigen  Narbe  an  der  Corona  gtandis, 
am  ganzen  Körper  auch  nicht  die  geringste  yerdächtige  Stelle  wahrnehmen 
lieas,  sich  nirgends  geschwollene  Drfisen,  nirgends  Residaen  einer  flant- 
krankheit  vorfanden,  auch  dessen  Fran  und  2jähriges  Eiod  vollkommen 
gesund  waren,  da  ferner  bei  der  sogleich  vorgenommenen  Besichtigung  des 
Halses  keine  pathologischen  Veränderungen,  Narben  n.  s.  w.  am  weichen 
Ganmen,  an  den  Ganmenb6gen,  an  den  Tonsillen  sich  vorfanden,  der  ganze 
Process  vielmehr  im  Kehlkopf  localisirt  war,  und  auch  in  diesem  ein  Lieb- 
lingssitz  der  syphilitischen  Geschwüre,  die  Epiglottis,  intact  geblieben  war, 
so  entschied  ich  mich  zn  der  erstgenannten  Diagnose  eines  croupös-diph- 
tberitischen  Processes,  der  ans  einer  lange  Zeit  vernachlässigten  katarrha- 
lischen Kehlkopfentzündung  mit  katarrhalischen  Geschwüren,  nach  einer 
nochmaligen  heftigen  Erkältung,  sich  herausgebildet  hatte. 

Die  am  12.  April  1867  von  mir  zum  ersten  Male  vorgenommene  Hals- 
Dntersnchung  des  kleinen,  blassen,  immer  noch  ziemlich  pastösen  und  kurz- 
halsigen  Patienten,  dessen  Brnst  breit,  wohlentwickelt  und  normal,  dessen 
Stimme  gänzlich  verfallen  war,  und  nur  aus  heiseren  Geräuschen  bestand 
(heisere  Aphonie),  ergab  folgende  Resultate:  Die  Schleimhaut  des  Mundes, 
der  Rachenhöhle  u.  s.  w.  zeigt,  wie  bereits  erwähnt,  keine  Veränderungen, 
das  Innere  des  Kehlkopfes  dagegen  bietet  einen  ausserordentlich  zerrissenen 
und  nnregelmässigen  Anblick  dar.  Wenn  man  bei  ruhiger  Inspiration  be- 
obachtet, sind  zunächst  die  Taschenbänder  als  solche  nicht  mehr  zn  er- 
kennen; an  ihrer  Stelle  sieht  man  nur  noch  nnregelmässige ,  zerrissene 
Fetzen,  stark  geschwollen  und  mit  tiefen,  nnregelmässigen  Geschwüren  von 
speckigem,  gelbem  Ansehen,  bedeckt  Das  linke  legt  sich  von  hinten  nach 
▼orne  immer  mehr  in  die  Mitte  des  Kehlkopfs -Innern  hinein,  und  erscheint 
ganz  vorne  sogar  nach  rechts  narbig  hinübergezogen,  so  dass  es  das  linke 
Stimmband  vorne  ganz  verdeckt,  und  hinten  nur  der  Theil  zu  sehen  ist, 
dessen  Grundlage  bereits  dorch  den  Vocalfortsatz  gebildet  wird,  als  ein 
nnregelmässiges,  und  durch  Geschwüre  zerfressenes  Stückchen  Fleisch.  Das 
rechte  Taschenband  ist,  soweit  es  frei  über  einer  Morgagni'schen  Tasche 
hängen  sollte,  noch  mehr  zerstört,  mit  Geschwüren  bedeckt,  und  scheint 
seinen  ganzen  Rand  auf  einige  Millim.  verloren  zn  haben.  Man  müsste  daher 
eigentlich  von  dem  rechten  Stimmbande  eine  viel  grössere  Oberfläche  sehen, 
als  bei  normal  grossem  Taschenbande.    Dies  ist  jedoch  nicht  der  Fall;  im 

T.  Lftng«nbeok,  ArehW  f.  Chlrarfie.  IX.  22 


498  ^^'  J-  ^  RosBbaeh» 

GegenÜieil  ist  durch  die  grossen  SnbstanzTerliiste,  welche  auch  diesei 
Stimmband  erlitten  hat,  eine  so  grosse  Excayation  am  Stimmbandnuide 
eingetreten,  dass  man,  besonders  in  der  Mitte,  das  Stimmband  nar  ab 
kleine,  schmale  Leiste  nnter  dem  Rest  des  Taschenbandes  vortreten  sieht, 
nnd  nnr  nach  hinten  ein  grösseres  Stfick  sich  erhalten  hat.  Besonders 
deutlich  werden  die  Zerstörungen  an  den  Stimmb&ndem  bei  Intonstioss- 
Versuchen,  also  beim  Schluss  der  Stimmbftnder;  in  diesem  Falle  legen  sich 
nur  die  hintersten  Stimmbandtheile  (die  yordersten  kann  man,  wegen  des 
nach  rechts  gesogenen  Taschenbandes,  wie  bereits  bemerkt,  nicht  sehest 
an  einander,  die  mittleren  Theile  bleiben  weit  aus  einander  liegen,  so  dasa 
also  zwischen  den  geschlossen -sein -sollenden  Stimmbftndem  ein  Loch  er- 
scheint mit  zackigen  Rftndern  und  beinahe  runder  Form,  nur  nach  Torae 
und  hinten  sich  etwas  zuspitzend,  und  halb  so  gross,  wie  die  Glottis  bei 
ruhiger  Inspiration.  —  Auch  ausserhalb  der  Stimmb&nder,  die  vordere 
Flftche  des  unteren  Kehlkopfdrittels  einnehmend,  nnd  sogar  noch  in  des 
Anfang  der  Trachea  sich  fortsetzend,  erscheint  ein  auf  einem  geschwollescB 
Untergründe  aufsitzendes,  mit  Wucherungen  umgebenes,  misefarbiges  Ge- 
schwür mit  unregelmftssiger,  theils  erhabener,  theils  vertiefter  OberflSebe.  - 
Zugleich  war  eine  Verengerung  der  ganzen  Kehlkopfshöhle  eingetreten,  eia- 
mal  durch  die  erwähnte  beginnende  narbige  Zusammenziehung  der  Tascbei- 
bftnder,  dann  durch  das  erhabene  Geschwflr  im  unteren  Drittel  des  Kckl- 
kopfes,  und  endlich  besonders  durch  starke  Schwellung  der  SchleimhaBt, 
besonders  der  die  Giessbeckenknorpel  überziehenden,  so  dass  schon  eii 
ziemlicher  Grad  von  Dyspnoe  bestand. 

Augenscheinlich  war  hier  grosse  Gefahr  vorhanden,   dass  einerseits 
die  Geschwüre  noch  weiter  um  sich  griffen,  nnd  zur  Blosslegung  der  Knorpe 
n.  B.  w.  führten,  andererseits,  dass  die  Schwellung  wachse,  oder  durch  eii 
rasch  eintretendes  Oedem  Erstickung  hervorrufe.  —  Die  dagegen  eingeleitet!  \ 
Behandlung  bestand  im  Touchiren  der  Geschwüre  mit  einer  anfangs  schwich^  J 
ren  (gr.V  — 3j),  dann  st&rkeren  (gt.XY^^i)  HöUensteinlösuog,  aof<ü»{ 
immer  ziemlich  lange  dauernde  dyspnoische  Anf&lle  eintraten ,  und  Eioatli-j 
mungen  von  Tannin.    Die  Geschwüre  reinigten  sich,  gingen  langsam,  abtf 
sicher  zurück.    Nach  14  Tagen  waren  alle  Geschwüre,  mit  Ausnahme  di 
unter  den  Stimmbändern  sitzenden,  viel  kleiner  geworden,  zugleich  war 
schon  eine  fortschreitende,  wenn  bis  jetzt  auch  immer  noch  unbedentesii 
Verwachsung  der  Taschenbftnder  ersichtlich. 

Leider  musste  ich  während  einer  Reise,  5  Wochen  lang,  die  Behandlung  d 
Beobachtung  dieses  interessanten  Falles  aussetzen,  und  anderen  Händen  ü\M 
lassen.  Als  ich  zurückkam,  war  die  Stimme  noch  gerade  so,  wie  frökil 
es  wechselten  nur  die  heiseren  Stimmgeräusche  mit  knarrenden  und  raoM 
ab,  welche  letzteren   von  dem  Kranken  immer  als  eine  Verbesserung  i 


Ueber  die  durch  VerwachsiiDg  entstandenen  Larjnx-Stenosen  etc.    499 

Stimme  angesehen  wnrden.  Die  Athemnoth  war  bedeutend  grösser  gewor- 
den; es  waren  mehrmals  Stickanfälle  eingetreten,  und  der  Kranke  konnte 
nicht  mehr  den  Hammer  schwingen,  ohne  von  bedeutendem  Lnftmangel 
heimgesucht  zu  werden. 

Die  vom  8.  Juni  an  wieder  yorgenommenen ,  langdauernden,  und  Yom 
Kranken  mit  grosser,  lobenswerther  Ausdauer  ertragenen  Untersuchungen 
ergaben  zunächst,  dass  eine  Verwachsungsstenose  im  Kehlkopf  eingetreten 
war.  —  Geschwüre  sind  nicht  mehr  zu  sehen.  Die  Taschenbänder  sind  weit 
ttber  die  Hälfte  mit  einander  verwachsen,  und  zwar  so,  dass  die  Linie, 
welche  die  Verwachsung  bildet,  schief  von  hinten  und  links  nach  vorne  und 
rechts- eich  zieht.  Die  Grube,  welche  dadurch  erzengt  wird,  ist  nicht,  wie 
es  bei  normalem  Aneinanderlagem  der  Taschenbänder,  z.  B.  im  Anfange  von 
Reflexbewegungen,  geschieht,  ein  nach  unten  gerichteter,  ziemlich  scharfer 
Keil,  sondern  mehr  ausgerundet,  offenbar  deshalb,  weil  durch  den  Dlcerations- 
process  ein  grosser  Theil  der  das  Taschenband  bildenden  Hautfalte  zerstört 
ist,  die  narbige  Verwachsung  mithin  wegen  mangelnden  Gewebes  beide 
Taschenbänder  nach  oben  zog;  der  verwachsene  Rand  beider  Taschenbänder 
ist  somit  nicht  so  weit  von  dem  oberen  Rande  der  Epiglottis  entfernt,  wie 
es  der  normal  lange  Rand  ohne  Snbstanzverlnste  sein  wfirde.  Der  nicht 
verwachsene  Theil  der  eben  genannten  Bänder  zeigt  sich  bedeutend  verdickt, 
unregelmässig  gerandet,  und  mit  verschieden  gerundeten  und  verschieden 
grossen  Erhöhungen  und  Vertiefungen  bedeckt  Der  Spalt,  der  zwischen 
denselben  somit  bleibt,  bildet,  in  Verbindung  mit  der  Rima  interarjt.  poster., 
eine  Rautenform,  indem  die  Taschenbänder  hier  nach  hinten  divergiren,  die 
Rima  aber  nach  hinten  convorgirt.  Ausserdem  zeigt  das  linke  Taschenband 
in  seinem  ganzen  Verlaufe  von  vorne  nach  hinten  gleichsam  eine  Knickung, 
welche  offenbar  durch  den  Zug  der  sich  contrahirenden  Narbe  hervorgerufen 
ist;  die  Knickungslinie''verläuft  parallal  etwa  ^  Cmtr.  von  dem  eigentlichen 
Taschenbandrande  entfernt  von  vorne  nach  hinten,  so  dass  die  zwischen  der 
Knickungslinie  und  dem  Taschenbandrande  gelegene  Schleimhautpartie  das 
auffallende  Licht  ganz  anders  widerspiegelt,  als  die  übrigen  Theile,  die 
nach  oben  und  aussen  von  derselben  liegen,  und  dadurch  im  ersten  Augen- 
blicke für  ein  Stimmband  imponiren  kann.  Beiderseits  hat  ferner  auch  die 
von  der  Plica  arj-epiglott.  nach  dem  Taschenbandrande  sich  ziehende 
Schleimhautfläche  durch  mehrere  Buckel  und  dazwischen  liegende  Vertie- 
fungen, ebenfalls  Folge  der  hier  gewesenen  und  jetzt  vernarbten  Geschwüre, 
ihre  platte  Beschaffenheit  grösstentheils  verloren.  Die  obere  Abtheilung 
der  Kehlkopfshöhle  bietet  somit  ein  im  Anfange  schwer  zu  enträthselndes 
Bild  dar;  die  Schwierigkeit  steigt  bei  den  Versuchen,  noch  weiter  in  die 
Tiefe  zu  dringen.  Der  Rand  der  hinten  gebliebenen  rautenförmigen  Oeffnung 
ist  nicht  senkrecht  abgeschnitten,  sondern  steigt  auf  beiden  Seiten,  in  Folge 

82* 


500  ^r-  J-  M.  RoBBbach, 

der  Btarken  Schwellung  dieser  Partie  der  Taschenbänder,  wieder  achii^ 
nach  innen  nnd  unten,  so  dass  von  einem  gewöhnlichen  Beleuchtnngsapparat 
zu  wenig  and  zn  schwache  Strahlen  in  die  eigentliche  untere  Oeffnnng 
fallen,  als  dass  man  ein  klares  Bild  bekommen  könnte.  Erst  nach  öfterer 
Untersuchung  beim  prächtigsten  Sonnenlicht  wurde  es  auch  hier  mehr  Tag. 
Jetzt  erst  konnte  ich  ganz  in  der  Tiefe  einen  höchstens  1  Mm.  breita 
Spalt  erblicken,  der  bei  Intonation sTcrsuchen  schwand,  bei  Respirationsbe- 
wegungen sich  ö£fnete,  offenbar  die  ausserordentiich  verengerte  Glottis; 
rechts  von  ihr  war  ein  ganz  kleines  Stückchen  Stimmband  von  derselben 
rothen  Farbe,  wie  die  ganze  übrige  Kehlkopfsschleimhant,  links  gar  keim 
zu  erblicken. 

Nachdem  ich  mich  noch  mittelst  der  Kehlkopfssonde  überzeugt  hatte, 
dass  auch  die  Enge  der  Stimmritze  von  einer  Verwachsung  der  vorderen 
Partieen  der  Stimmbänder  herrühre,  entschloss  ich  mich  zu  einer  intrz- 
laryngealen  Operation.  Die  Schwierigkeiten  und  die  leichte  Möglichkeit 
des  Misslingens  lag  jedoch  klar  vor  Augen,  nnd  ich  bereitete  daher  für 
diesen  Fall  den  Kranken  auf  die  Tracheotomie  vor.  Zunächst  ging  ans  dem 
damals  mir  noch  allein  bekannten  Tfirck'schen  Falle  hervor,  dass  die  Ope- 
ration nicht  mit  einem  oder  zwei  grossen  Schnittzügen  vollendet  werden 
dürfte,  wenn  man  nicht  bei  der  grossen  Beweglichkeit,  nnd  den  gleich  beim 
Beginn  des  Schnittes  eintretenden  Reflexbewegungen  in  eine  falsche  Schnitt- 
richtung  gelangen  will.  Aus  diesem  Grunde,  und  weil  eine  stärkere  Bla- 
tung  bei  der  Enge  der  Stimmritze  leicht  Erstickung  hervorrufen  konnte, 
beschloss  ich  femer,  nur  mittelst  kleinerer  Stiche  nnd  Schnitte,  nnd  ausser- 
dem so  viel  als  möglich  durch  mechanisches  Zerreissen  zuerst  die  Taschen-, 
sodann  die  Stimmbänder  auseinander  zu  bringen  (besonders  durch  letiterea 
musste  die  Blutung  eine  unbedeutende  werden),  und  keine  Zeit  und  Mühe 
zn  sparen,  um  nur  immer  in  der  gehörigen  Richtung  zu  bleiben,  nnd  keine 
fabchen  Wege  zu  bahnen.  Wenn  es  mir  im  Anfange  auch  wahrscheinlidi 
war,  dass  eine  Wiederverklebong  und  -Verwachsung  der  getrennten  Theiie 
schnell  eintreten  würde,  so  wollte  ich  dennoch  nicht  durch  gleich  von  An- 
fang an  eingelegte  Katheter,  einmal  wegen  der  grossen  Dnannehmlichkeit 
dieser  Procedur  für  den  Kranken,  dann,  weil  bei  der  ausserordentlichen 
Enge  der  Stimmritze  kaum  Bougies,  geschweige  grössere  Katheter,  hätten 
eingelegt  werden  können,  dasselbe  verhindern  —  ich  hätte  ja  nach  dem 
Scheitern  aller  Versuche  immer  auch  dies  noch  versuchen  können  — ,  son- 
dern lieber  durch  mehrmaliges  Eingehen  mit  den  Instrumenten  jeden  Tag 
die  Verklebung  wieder  trennen.  Ausserdem  schien  es  mir  damals  schon 
möglich,  durch  die  Bewegungen  der  betreffenden  Theile  beim  Athmen  und 
Sprechen  allein  schon  gegen  die  Verwachsung  wirken  zu  können,  nnd  so 
schritt  ich  denn  nach  Stägiger,  und  wegen  der  immer  eintretenden  Athem- 


Deber  die  darch  VerwachBong  entstandenen  L  arjnz-StenoBen  etc     501 

noth  schwieriger  Yorflbung  darch  Einfttbrang  ron  Sonden,  und  nach  gehö- 
riger Anftstheeirang  durch  Einathmnngen  nnd  Bepinselnngen  mit  Tannin, 
am  18.  Jani  zar  Operation. 

18.  Jani  1867.    Der  Kehlkopf  war  bei  rahiger  Respiration  ganz  gut  zn 
Übersehe^,  sogar  besser,  als  beim  Intoniren ,  wo  dann  immer,  anter  grosser 
Anstreogang,  der  Kehlkopf  in  die  HGhe  gehoben,  and  der  Kehldeckel,  statt 
sich  mehr  in  die  Höhe  za  richten,  mehr  nach  hinten  gezogen  warde.    Das 
erste  Instrnment,  welches  ich,  anter  grosser  Aafregong  des  Patienten,  an- 
wendete, war  ein  einfaches,  ungedecktes,  zweischneidiges  and  sehr  spitzes« 
gekrfimmtes  Kehlkopfsmesser,  nach  den  Angaben  von  Brans.    Ich  ging  mit 
demselben  in  die  zwischen  den  Taschenbftndern  hinten  gebliebene  Spalte, 
and  machte  mehrfache  kleine  Ritznngen  in  der  Verwachsangsspalte.    Die 
Blutung    war   nicht  stark  und  hörte  bald  auf,  rief  aber  trotzdem  heftige 
Stickanfälle  hervor.  i-  19.  10  Uhr  Mrgs.    Fortsetzung  der  gestrigen  Ver- 
suche durch  kleine,  von  hinten  nach  yome  gehende  Einschnitte  in  die  Yer- 
wachsungsstelle.    Abds.  5  Uhr:  Einstich  mit  gedecktem  Messer  in  der  Nfthe 
des    vorderen    Ansatzes    der   Taschenbftnder   im  *  Schildknorpelwinkel.    — 
20.  Anwendung  des  gedeckten  Messers,  und  Versuch,  ohne  Hervorstrecken 
der  Schneide,  nur  mit  dem  mehr  stumpfen  Schneidendecker,  die  Verwach- 
sungen durch  öfteren  Druck  und  Zug  von  hinten  nach  vorne  zu  lösen  und 
zu  zerrciesen.    Theilweises  Gelingen.'  Der  Kranke  athmet  sogleich  leichter, 
trotz  der  ziemlich  starken  Blutung  tritt  kein  Erstickungsanfall  ein.    Das 
Instrument  wird  gut  vertragen,  und  kann  lange  im  Kehlkopfe  gelassen  wer- 
den.   Die  Glottis  spuria  ist  bedeudend  erweitert;  man  sieht  nach  Aufhören 
der  Blutang  nun  auch  die  wahre  Stimmritze  bis  dahin,  wo  auch  die  Stimm- 
bänder verwachsen  sind;  auch  sieht  man  das  rechte  Stimmband  in  bedeu- 
tend grösserer  Ausdehnung,  wie  frfiher.  —  Mittags  Wiederholung  desselben 
Versuches,  mit  geringem  Erfolge. 

Jede  Ritzung  hat  bis  jetzt  Stunden  lang  gedauert.  Trotz  des  besten 
Willens  des  Patienten,  wird  nur  selten  der  Kehlkopf  so  ruhig  gehalten,  dass 
man,  ohne  Gefahr,  falsche  Wege  zu  bahnen,  mit  bem  Messer  eingreifen 
durfte.  Daher  war  jedes  Mal  hundertmaliges  EinfEIhren  des  Spiegels  und 
Einfahrung  der  Instrumente  nöthig,  bis  einmal  ein  Moment  zur  Operation 
sich  bot. 

21.  Morgens  Fieber,  Puls  120,  offenbar  theilweise  bedingt  durch  die 
enormen  Anstrengungen  des  Patienten  Tages  zuvor,  dann  durch  einen  in  der 
Freude  des  Herzens  gemachten  Spaziergang  bei  grosser  Hitze  und  leieht- 
sinniges  Trinken  kalten  Bieres^  Es  wurden  daher  heute  die  operativen  Ein- 
griffe ausgesetzt,  Ruhe  im  Bette  und  Limonade  verordnet,  so  dass  gegen 
Abend  schon  das  Allgemeinbefinden  wieder  besser  war.  —  22.  Leichtes 
Oedem  an  der  vorderen  Flftche  der  Epiglottis;  schwerere  Geraderichtung 


503  ^'  J-  M.  RoBsbach, 

denelben.  Morgens,  trotz  eiostflndiger  Versuche,  ünmögliehkeit,  daa  Instni- 
ment  mhig  einznbringeiL  —  Mittags  2  Uhr  besseres  Gelingen.  Aaf  Ein- 
stechen nnd  Vorschneiden  gegen  den  Vereinignngswinkel  wird  der  Spalt 
Iftnger  nnd  breiter,  doch  werden  die  begrenzenden  Rinder  nicht  gera^inig. 
Abends  5  Uhr  Fortsetzung.  Die  jetzt  Yorgenommenen  Einstich-Schnitte  nnd 
-Risse  sind  von  geringem  Blntverlnste  begleitet  Das  gedeckte  Messer  wird 
nnn  immer  auch  in  die  wahre  Stimmritze  geführt,  so  dass  die  mit  dem 
Schneidendecker  nach  vorne  geführten  Risse  nicht  allein  die  Taschen-,  son- 
dern auch  die  Stimmbänder  trafen.  —  Nach  den  heutigen  SstHndigen 
Sitzungen  sind  Taschen-,  wie  Stimmbftnder  fast  bis  zu  ihrem  rorderen  Ver- 
einigungswinkel  gespalten.  Doch  ist  eine  genaue  Besichtigung  heute  nicht 
mehr  mOglich,  wegen  der  Er8ch<(pfung  des  Patienten,  und  wegen  der  Trü- 
bung des  Bildes  durch  die  allerdings  geringe  Blutnng.  Ordination:  Mehr- 
stündige kalte  Deberschläge  um  den  Hals,  Ruhe  im  Bette.  —  23.  Die  laute 
Stimme  ist  weithin  verständlich  wiedergekehrt,  nicht  mehr  heiser,  aber  noeh 
rauh,  knarrend.  Wie  schon  seit  mehreren  Tagen,  so  sind,  besonders  heute, 
deutlich  weissliche,  flottirende  Fäden  an  den  Stimmbandrändem  zu  bemer- 
ken, welche  bei  den  Respirationsbewegungen  hin-  und  hergepeitscht  werden. 
Zwischen  der  noch  nicht  gespaltenen  kleinen  Verwachsungsrinne  quillt  beim 
Intoniren  immer  eine  weisse,  wie  der  feinste  Schnee  aussehende  Masse  her- 
T^,  die  immer  wieder  zurücksinkt,  und  sich  nie  zu  Schleimpätzchen  gestal- 
tet Die  Stimmbänder  sind  weit  sichtbar.  Das  rechte  entbehrt  des  schar- 
fen Randes,  ist  ganz  abgerundet,  scheint  sich  aber  beim  Intoniren  zqzu- 
schärfen.  Dabei  ist  die  Oberfläche  beider  ^stark  gerOthet,  nur  an  dem 
rechten  glänzt  das  Pünktchen  des  Vocalfortsatzes  aus  dem  rothen  Gninde 
schneeweiss  hervor.  —  24.  Nach  2  weiteren  Sitzungen,  in  denen  die  Erwei- 
terung, immer  besser  gelang,  die  Stimme  immer  kräftiger  wurde,  liess  ich 
eine  Pause  in  der  Operation  eintreten,  und  zwar  deshalb,  weil  der  Patient 
heftige  Schmezen  im  Einnbackengelenke  und  an  der  Zunge  bekam,  dann, 
weil  durch  die  langen  operativen  Eingriffe  das  Oedem  an  der  Epiglottis  sieh 
vergrOssert  hatte,  und  auch  im  Kehlkopfe  ziemlich  heftige  Entzündungser- 
scheinungen eingetreten  waren.  Eine  Untersuchung  wurde  aber  trotzdem 
mehrmals  täglich  vorgenommen,  ebenso  durch  Einführen  und  Vorziehen  der 
Sonde  die  sich  wieder  bildende  Verklebuog  hintertrieben.  —  28.  Der  letzte 
Rest  des  verwachsenen  Taschenbandes  wird  durchschnitten.  —  1.  Juli.  Seit 
dem  letzten  stärkeren  operativen  Eingriffe  ist  das  Innere  des  Kehlkopfes, 
umgekehrt  wie  früher,  nicht  mehr  so  gut  bei  Inspiration,  wohl  aber  besser 
bei  Intonation  zu  übersehen.  Ausserdem  ist  jetzt  durch  lapge  Debung  ein 
so  weites  Herausstrecken  der  Zunge  mGglich,  dass  nicht  allein  der  Rachen- 
theil  der  Epiglottis,  sondern  auch  die  hintere  Rachenwand,  fast  bis  zu  der 
Spitze  der  Giessbeckenknorpel  herab,  mit  blossem  Ange  gesehen  werden 


üeber  die  durch  VerwachfliiDg  entstandenen  Larjnz-Steifosen  «tc.    503 

kann.  — -  Bd  einem  solchen  starken  Vorstrecken  der  Znnge  entstand  pldtz- 
Hcb,  ohne  weitere  nachweisbare  Ursache,  eine  sehr  starke  Blntnng,  als  deren 
Sitz  ich  eine  Zungenpapille  erkennen  konnte.  — >  2.  Heute  wird  der  letzte 
Rest  anch  des  Stimmbandes  gespalten,  theils  mit  dem  geknöpften  Messer, 
theils  mit  dem  Schneidendecker,  durch  Zug  Ton  hinten  nach  Tome.  Blu- 
tung wieder  ziemlich  stark.  Die  Stimme  gewinnt  sogleich  an  Sch&rfe,  aber 
nur  f&r  kurze  Zeit. 

Dies  ist  der  Verlauf  der  Operation,  die,  neben  so  riel  Zeit,  unendliche 
Mfthe  nnd  Geduld  in  Anspruch  nahm,  die,  mit  Aussicht  auf  geringen  Erfolg 
begonnen,  im  höchsten  Grade  durch  ihr  Resultat  belohnte.  Nach  noch  wei- 
teren 8  Tagen,  wfthrend   deren  durch  oftmalige  BinfQhrungi  von  Sonden 
immer  und  immer  wieder  einer  Verwachsung  entgegengetreten  wurde,  war 
Alles  geheilt,  ohne  Wiederyerwachsnng,  die  Stimme  verlor  immer  mehr  ihre 
Ranhheit,  die  Töne  wurden  wieder  YoUkräftig,  und  jetzt  (20.  Sept.)  merkt 
man  dem  wieder  dick  und  kriftig  gewordenen  Manne  nicht  das  geringste 
Leiden  seiner  Stimmorgane  mehr  an,  und  das  Kehlkopfs-Innere  bietet  fol- 
gendes Bild:  Bei  Intonation  schliessen  die  Stimmbftnder  vollkommen,  die 
Stimmritze  verläuft  nur  äusserst  wenig  in  schr&ger  Richtung.  Die  Taschen- 
bänder treten  dann  weit  auseinander,  bilden  auch  im  Schildknorpelwinkel 
keinen  Vereinigungswinkel  mehr,  sondern  setzen  sich,  fast  parallel  mit  ein- 
ander nach  vorne  verlaufend,  jedes  ffir  sich,  an  die  vordere  Kehlkopfswand 
an,  offenbar  weil  bei  der  Operation  durch  das  Zerreissen  der  Membran  auch 
Theile  der  Schleimhaut  mit  zerrissen  sind ,  dann  jedenfalls  noch  durch  den 
Zug  der  nach  Innen  vorspringenden  Stimmbänder  auf  die  stark  narbig  ver- 
änderte Schleimhaut,  indem  denselben  wahrscheinlich  nicht  mehr  hinläng- 
lich Schleimhaut  zu  Gebote  steht;  sie  müssen  sich  deshalb  beim  Vorsprin- 
gen auf  Kosten  der  Schleimhaut  der  Taschenbänder  und  der  Morg agni- 
schen Tasche  vergrössern,  und  es  liegt  der  Schluss  nahe,  dass  bei  Intona- 
tionsstellnng  der  Stimmbänder  die  Morgagni*schen  Taschen,  wenigstens 
in  ihren  vorderen  Abschnitten,  grossentheils  odejr  ganz  verzogen  sind,  und 
ihren  Charakter  als  Taschen  verloren  haben.  —  Dasselbe  ist  noch  der  Fall 
bei  starker  Inspiration,  wie  sie  z.  B.  unmittelbar  nach  einer  längeren,  kräf* 
tigen  Intonation  stattfindet;   die  Taschenbänder  liegen  dann  immer  noch 
ziemlich  auseinader,  bilden  aber  vorne  schon  wieder  einen  allerdings  abge- 
rundeten Winkel.   Die  Stimmbänder  aber  berühren  sich  noch  im  vordersten 
Winkel,  offenbar  durch  die  lange  Gewöhnung;  nach  hinten  lassen  sie  eine 
weite  Glottisspalte  zwischen  sich,  die  durch  das  stark  ausgeschweifte,  linke 
Stimmband  links  eine  stark  gebogene,  rechts  aber  eine  mehr  gerade  Linie 
zur  Begrenzung  hat.   —  Nur  bei  schwacher  Respiration  legen  sich  beide, 
Taschen-  wie  Stimmbänder,  in  ihrer  vordersten  Abtheilung  noch  etwas  zn- 


604  Dr.  J.  M.  Roflsbacb, 

summen,  so  dass  sowohl  die  wahre,  wie  die  falsehe  Stimmritfe  kleiaer  €f- 

•cheioen,  als  sie  in  Wirklichkeit  sind. 

2.  G.  D.,  28  Jahre  alt,  Bremser,  schon  Tor  1  Jahre  an  SjphilU  ▼<& 
mir  behandelt,  stellte  sich  mir  Ende  Juli  1867  mit  neuerdings  eingetretenes, 
wahrscheinlich  syphilitischen  KehlkopfsgeschwQren  vor.  Neben  einem  Die» 
an  dem  rechten  Giessbeckenknorpel,  waren  besonders  die  Stimmbänder  davoi 
ergriffen,  die  Dmgegend  Gdematös  geschwollen,  so  dass  Tolhitindige  Heiserkeit 
eingetreten  war.  Die  theils  locale,  theils  gegen  die  Grundkrankheit  ge- 
richtete Behandlang  fOhrt  anch  rasche  Heilung  der  Geschwüre  herbei,  doek 
so,  dass  mit  dem  Verschwinden  derselben  nnter  meinen  Augen  eine  Tig 
f&r  Tag  zunehmende  Verwachsung  der  Stimmbänder  unaufhaltsam  eintrat, 
und  nach  Ablauf  einer  Woche  2  Drittheile  verwachsen  waren.  Die  Respi- 
ration wurde,  wenn  auch  der  Kranke  nicht  fiber  Beengung  klagte,  laat, 
heiser,  mühsam;  die  Sprache  aber  war  besser  als  vorher  geworden,  was 
offenbar  daher  rührte,  dass  vorher  gar  keine  normalen  Stimmbandr&nder 
vorhanden  waren,  und  jetzt  wenigstens  das  hintere  Drittheil  normal  functio- 
nirte.  Interessant  war  hier  das  Verhalten  der  Verwachsungsmembran  selbst, 
die  bei  den  verschiedenen,  besonders  Inspirationsbewegungen,  eine  starke 
Spannung  erlitt,  so  dass  sie  an  ihrem  hinteren  Ende  immer  durch  die  starke 
Spannung  ganz  anämisch  und  schneeweiss  wurde.  —  Die  Operation,  mit 
denselben  Instrumenten  ausgeführt,  wie  beim  vorigen  Falle,  oft  nnterbrocheo 
durch  die  lange  geschäftliche  Abwesenheit  des  Kranken,  zog  sich  über  eines 
Monat  hinaus.  Es  wurde  mir  hier  besonders  klar,  dass  täglich  mehrmals 
durch  instrumentelle  Trennung  die  vorher  verwachsenen  Theile  immer  wieder 
auseinandergezogen  werden  müssen,  und  dass  starke  Respiration  und  vieles 
Sprechen,  was  ich  besonders  empfahl,  allein  nicht  hinreichend  ist,  um  die 
Trennung  bleibend  zu  machen,  da  der  Kranke  mehrmals  nach  4 tägiger  Ab- 
wesenheit immer  wieder  auf  den  alten  Standpunkt  zurückgefallen  war.  Die 
nach  vollendeter,  beinahe  totaler  Spaltung  zurückgebliebenen  Entzündongs- 
erscheinungen  gingen  ohne  jede  Behandlung,  trotz  des  anstrengenden  Dien- 
stes, in  einigen  Wochen  zurück,  und  der  Kranke  ist  jetzt  vollkommen  Ben 
seiner  Respiration  und  Sprache. 

Wir  erhalten  somit  bei  einem  Rückblick  auf  die  kurze  Ge- 
Bchichte  und  auf  meine  Erfahrungen  bei  den  eben  betrachteten 
Kehlkopfsverwachsungen  und  deren  operativer  Entfernung  in 
Kürze  folgende  Resultate:  1)  Die  nicht  seltenen  und  meist  nach 
Ulcerationsprocessen  eintretenden  Verwachsungen  der  Stimm-  und 
Taschenbänder,  sowie  anderer  Theile  des  Kehlkopfes  sind  immer 
einer  auf  natürlichem  MTege  vorzunehmenden  Operation  zuj^g- 


Ueber  die  durch  Yerwachsiing  entstandenen  Larynx-StenoBen  etc.    505 

lieh.    2)  Diese  Operation  ist  nicht  schwieriger,   vielleicht   nur 
etwas  mehr  Zeit  ia  Ansprach  nehmend,  als  andere  instrumen- 
teile Eingriflfe  in   den  Kehlkopf,   z.  B.  Entfernung  von  Neubil- 
dungen.   3)  Eine  vollständige  Verwachsung  ist  überhaupt  nicht 
möglich,   wenn   der   Verlauf  der  ursächlichen  Krankheiten   mit 
dem  Kehlkopfspiegel  überwacht  wird.    4)  Einlegung  von  Bou- 
gies  oder  Kathetern  ist  wohl  in  den  meisten,  vielleicht  in  allen 
Fällen  nicht  nOthig;  und  zwar  deshalb,  weil  man  eine  Wieder- 
verwachsung durch  täglich  mehrmals  vorgenommene  Eingriffe  mit 
stumpfen  Instrumenten  gänzlich  verhindern,  eintretende  schwächere 
Verklebungen  aber  immer  wieder  auseinanderreissen  kann.    5) 
Ein  gutes  Hilfsmittel  gegen  Wiederverwachsungen  ist  jedenfalls 
auch  noch  das  viele  und  starke  Sprechen,  sowie  ein  "öfter  vor- 
zunehmendes  heftiges  Athmen.    6)  Die   dabei   nötbigen  Instru- 
mente sind:    a.   In   manchen  Fällen  von  schlaffen  Kehldeckel- 
bändem   und   dadurch    erschwerter    Aufrichtung    desselben    die 
Bruns'sche  Kehldeckelpincette,   die   wirklich   Ausgezeich- 
netes leistet,  und  neben  dem,  dass  sie  keine  Reflexbewegungen 
hervorruft,  auch  keinen,  oder  einen  äusserst,  geringen  momentan 
stechenden  Schmerz  hervorruft,  und  dadurch  gestattet,  mit  gröss- 
ter  Sicherheit  die   nöthigen  Schnitte  im  Innern  des  Kehlkopfes 
KU  machen,    b.  Ein  geknöpftes  Kehlkopfsmesser.     Hag  dasselbe 
construirt  sein,  wie  immer,  so  sind  Einschnitte  in  den  sich  sen- 
kenden Kehldeckel  nicht  wohl,  aber  ein' zu  tiefes  Verletzen  durch 
schnelles  Herausziehen  zu  umgehen,    c.  Zur  Dilatation  und  Zer- 
reissung  habe  ich  mich,  wie  bereits  mitgetheilt,  des  Schneiden- 
deckers  an  dem  B musischen  gedeckten  Messer  bedient.     Um 
nicht  immer  die  Röhre   reinigen    lassen  zu   müssen,   in  der  die 
Messersonde  verläuft,  würde  es  wohl  am  besten  sein,  für  obige 
Fälle  eine  dicke  Kehlkopfsonde  an  ihrem   vordersten  Abschnitt 
so  platt  schlagen  zu  lassen,  dass  sie  ein  stumpfes  Messer  gleich- 
sam repräsentirt.     7)  Blutungen  bei  dieser  Operation  sind  nicht 
zu  befürchten. 

Erklärung  der  Abbildungen   auf  Tafel  IV.,   die  sämmtlicb 
dem  zuerst  mitgetheilten  Falle  angehören: 


506         ^'  J*  M.  Rosflbach,  Oeber  die  durch  Venrachsnog eto. 

Ttf,  IV. 
Flg.  1.    KehlkopfBbild  am  7.  Jani  1867. 
Figi  2.    Bild  desselben  Kehlkopfes  am  20.  Jani« 
Fig.  8  a.    Bild  nach  Yollendeter  Operation  am  8.  Jali,  bei  IntonatioDB- 
Stellung  der  Stimmbänder. 

Fig.  8  b.    Bild  am  Datum  ron  8  a.,  bei  leiser  Respiration,  und 
Fig.  8  c.  bei  heftiger  Inspirationsbewegung. 
Wfirzbnrg,  den  26.  September  1867. 


XI. 


Mittheilungen  aus  der  chirurgischen 
Casuistik    und    kleinere   Mittheilungen. 


L  Ein  nraet  Litbotom,  welches  von  der  Stelnionde  nicht  abgleiten 
kann.  (Zapfen  -  Steinmeaser.) 

Ton 

Dr.  llax*  lieadesdorf  in  Hamburg. 


(Hieran  Taf.  IV.  Fig.  4—7.) 


ZoYÖrdersi  eine  knrze  Krklftrnng  der  Abbildungen: 

Fig.  4  ist  das  Messer  von  der  Seite  nnd  in  Rnbe, 

Fig.  5.  von  oben,  wobei  b  Über  a  gedrfickt  ist,  wodurch  2  Zapfen  seit- 
lieh hervortreten,  welche  das  Lithotom  in  der  Weise  fixiren,  dass  es  anf  der 
Sonde  zwar  vorwärts  gehen,  dieselbe  aber  nicht  verlassen  kann. 

Fig.  6.  zeigt  das  Messer  in  Action  anf  der  Steinsonde. 

Fig.  7.  ist  die  Steinsonde,  isolirt  dargestellt,  um  bei  dieser  Oelegen- 
heit  zn  bemerken,  dass  ich  sie  in  der  Weise,  wie  es  schon  Dupnytren. 
(Le<;ons  orales)  wfinschte,  anfertigen  liess,  dass  sie  die  Urethra  des  Patien- 
ten gut  ansffillt,  nnd  zugleich  an  ihren  oberen,  nach  Innen  geschlagenen 
R&ndem  so  abgerundet  ist,  dass  die  Urethral  Wandungen  möglichst  ausge- 
dehnt, nnd  möglichst  wenig  gereizt  werden.  So  einfach  diese  Bedingung 
ist,  so  erinnere  ich  mich  doch  nicht,  sie  an  den  gewöhnlichen  Steinsonden 
hinreichend  beachtet  gesehen  zu  haben. 

Bemerkt  sei  noch,  dass  b  höchst  leicht  Qber  a  geht,  und  doch  sehr 
sicher  gehalten  wtrd.  Bin  geringer  Druck  auf  a  andererseits  genügt,  um 
es  von  b  zu  decbargiren  und  die  Zapfen  c  zurficktreten,  und  damit  das  Mes- 
ser von  der  Sonde  entfernbar  zn  machen.  Nicht  nur  in.  dem  Fig.  7.  ange- 
gebenen Winkel,  sondern  in  jedem  beliebigen  Ifast  sich  das  Messer  anf  der 


508  ^r.  Max.  Leudesdorf, 

Steinsonde  mit  gleicher  Leichtigkeit,  nnd  ohne  Stossen  und  Aufgehalten- 
werden  durch  die  geringste  Rraftanwendung  ftthren  (tnto,  cito  et  jncnnde). 
Uebrigena  iet  das  ganze  Instrument  so  kfinstlerisch  sorgfältig,  nnd  zugleich 
dauerhaft  gearbeitet,  dass  ich  jeder  Idee,  die  es  werth  ist,  eine  solche  Ver- 
körperung wflnsche.  Der  Yerfertiger  meines  Instrumentes  heisst  Dannen- 
berg,  ist  ein  SchOler  Lüer's,  und  wohnt  hier  in  Hamburg,  Raboisen  74. 

Die  Idee  dieses  Instrumentes  kam  mir  bei  Gelegenheit  einer  zu  macheo- 
den  Lithotomia  perinealis.  Dergleichen  fällt  hier  in  Hamburg  selten  Tor. 
Einer  unserer  ersten  Chirurgen  z.  B.,  der  mir  sehr  wirksam  beim  Entwickeln 
des  3  Zoll  im  LSngsdurchmesser  und  2^  Zoll  im  Qnerdurchmesser  grossen 
Steines  (der  Fall  endete  glacklicb)  assistirte,  nnd  welcher  seit  langen  Jah- 
ren einer  bedeutenden  Praxis  vorsteht,  hatte  noch  nie  einen  Steinschnitt 
gemacht.  Man  kann  hieraus  ermessen,  wie  sehr  wir  uns  über  unsere  Stein- 
Operation  freuten,  besonders  da  wir  den  neuesten  Ausspruch  Strom ey er *b 
Yor  Augen  hatten,  wo  keinem  Chirurgen  eigentlich  zu  sterben  erlaubt  wird, 
ehe  er  eine  solche  Operation  gemacht  habe.  Wie  dem  anch  sein  mag,  in 
meinem  Falle  handelte  es  sich  um  ein  enorm  adiposes  Individuum,  Ober 
60  Jahre  alt,  wo  die  Vesica  ausser  dem  Bereiche  der  Fingerspitze  war.  Die 
zQ  Hülfe  kommende  Idee  war,  anfrichtig  gestanden,  zum  grOssten  Tbeile 
eine  Geburt  der  Angst,  mit  dem  Messer  die  Steinsonde  verlassen  zu  kön- 
nen. Obgleich  nnn  zur  Zeit  der  Operation  das  oben  beschriebene  Messer 
sich  noch  nicht  genfigend  entwickelt  hatte,  und  ich  genöthigt  war,  mit  dem 
sonst  so  vortrefflichen  La ngenbeck 'sehen  Messer  zn,  operiren,  anch  nicht 
von  der  Sonde  kam,  so  wurde  ich  doch  in  dem  Gedanken  von  der  Noth- 
wendigkeit  eines  Instrumentes,  welches  die  Sonde  nicht  verlassen  kann,  noch 
mehr  best&rkt  Sicher  mit  grossem  Rechte,  wird  in  den  Handbttchem  be- 
sonders betont,  daes  man  die  Haltung  der  Leitnngssonde  einem  der  besten 
Assistenten  Übertragen  solle,  weil  der  Operateur  von  diesem  bei  der  Füh- 
rung der  bisherigen  Lithotome  vielfach  abhängig  ist  Uebernimmt  man  die 
Sonde  ans  der  Hand  des  Assistenten,  nachdem  man  mit  dem  Messer  den 
Boden  der  Sonde  gefühlt  hat,  so  ist  besonders  der  Unerfahrenere  wenig  ge- 
neigt, ihre  Richtung  nnd  ihre  Beziehung  znr  Blase  viel  zn  ftndem,  weil  seine 
Gedanken  vorzftglich  mit  der  Haltung  nnd  Führung  des  Messers  beschiftigt 
sind.  Ich  fürchte,  es  wird  dabei  die  Leitnngssonde  oft  nicht  tief  genog, 
und  oft  zn  tief  in  die  Blase  geschoben.  Den  Virtuosen  der  Chirorgie  wird 
'  dergleichen  vielleicht  nie,  oder  selten  widerfahren,  obgleich:  qnaodoqoe 
dormitat.  et  bonns  Homerns.  Anch  wird  ihre  künstlerische  Hand  nie  die 
Sonde  verlassen,  wenn  nicht  etwas  ganz  Besonderes  eintritt,  eine  stürmisehe 
Bewegung  des  nicht  genügend,  oder  vielleicht  ans  Gründen  gar  nicht  chlo* 
roformirten  Kranken.  Diese  Möglichkeit  ist  für  die  übrigen  Aente  sicher 
eine  häufigere.   Um  diese  Möglichkeit  vollständig  aufzuheben,  ein  Instrument 


Ueber  ein  neues  Lithotom,  welches  von  d.  Steinsonde  nicht  abgleiten  kann.  509 

za  haben,  welches  nicht  allein  die  Sonde  ohne  den  Willen  des  Operateurs 
nicht  verlassen  kann ,  und  welches  doch  aSagleich  mit  der  grössten  Leich- 
tigkeit sich  vorwärts  bewegt,  das  man  zugleich  jedem  Beliebigen  zu  halten 
geben  kann,  wenn  irgend  ein  Umstand  es  erfordert,  erfand  ich  dies  Litho- 
tom. Nun  kann  der  Operateur  der  Haltung  der  Sonde  eine  viel  grOssere 
Aufmerksamkeit  zuwenden,  und  wird  auch  seinen  Ausschnitt  viel  besser 
machen  können.  Der  Patient  kann  sich  bewegen,  so  viel  er  will,  der  Un- 
erfahrenste wird  das  Messer  sicher  weiter  f&hren.  Es  bedarf  dazu  gar  kei- 
ner Geschicklichkeit  Wenn  aber  in  irgend  einem  Fache  |  so  ist  es  sicher 
in  unserem,  die  Sicherheit  und  das  Heil  des  Objectes,  welches  hier  der  lei- 
dende Mensch  ist,  die  Hauptsache.  Das  Ingenium  des  wirklich  grossen  Chi- 
rurgen wird  immer  genug  Gelegenheit  zu  glänzen  finden,  wenn  auch  einzelne 
mechanische  Fertigkeiten  durch  ein  gutes  Instrument  unnöthig  gemacht  wer- 
den sollten. 


2.   Strictnr  des  lastdarmes  mit  lastdarm-Scheidenlistel.  —  Ez- 

cisioB  des  mteren  Hastdarmendes.  —  Zweite  Strictv  am  oberen 

Hastdarmende  —  vergebliche  Erweitenmgsversnche.  —  Drohender 

Ileus.  —  Bildung  eines  Anns  artiflcialis.  —  Heilnng. 

Von 

Br.  J.  A.  GlAser  in  Hamburg. 


Frau  V  .  .  .  kam  im  Juni  1864  in  meine  Behandlung.  —  Sie  gab  an, 
seit  geraumer  Zeit  an  heftigem  Schmerz  im  Mastdarm,  Verstopfung  und 
zeitweilig  an  Koth-Abgang  durch  die  Scheide  zu  leiden.  —  Sie  bat  drin- 
gend um  Hülfe,  eventuell  operative  HQlfe,  ganz  besonders  mit  Rücksicht 
auf  die  Verunreinigung  der  Scheide,  von  der  sie  fürchtete,  es  werde  die- 
selbe den  Ekel  ihres  Gatten  erregen,  und  dadurch  eine  Störung  ihres  glück- 
lichen Verhältnisses  herbeiführen. 

Frau  V.  i^t  28  Jahre  alt,  unter  MittelgrGsse,  proportionirt  gebaut,  von 
blühendem  Aussehen,  gesunder  Hautfarbe,  genügendem  Fettpolster.  —  Sie 
giebt  an,  in  ihrem  18.  Jahr  ansserehelich  geschwängert  zu  sein,  und  abor- 
tirt  sn  haben.  Sie  Iftugnet  jede  syphilitische  Infection,  sowie  den  Coitus 
praeter  naturam.*) 

*)  Ich  muss  hierzu  bemerken,  dass  ich  im  Verlaufe  einer  nun  Jahre 


510  Dr.  J.  A.  Gllser, 

Ihr  Leiden  begann  während  eines  Aufenthaltes  am  Gap  der  gntes 
Hoffnung,  Tor  nunmehr  6  Jahren,  mit  Verstopfung,  der  sich  bald  daruf 
heftiger  Schmerz  beim  Stuhlgang  zugesellte.  Vor  1  Jahr  bemerkte  sie  xn- 
erst  einen  Qbelriechenden  Abgang  aus  der  Vagina,  nachdem  eine  an  der 
hinteren  Wand  derselben  entstandene  kleine  Geschwulst  von  einem  hiesigec 
Arzt  durch  einen  Einschnitt  eröffnet  worden. 

Sie  klagt,  sie  entleere  bei  beständigem  quälenden  Drängen,  das  ibr 
die  Nachtruhe  raube,  nebst  wenigen  festen  KQgelchen  nur  flQssigen  Eotb, 
und  auch  dies  nur  nach  Gebrauch  von  eröffnenden  (Redlinger'scheo) 
Pillen.  Unterlasse  sie  dieselben  anzuwendeif,  so  fühle  sie,  unter  Zunahme 
aller  Erscheinungen,  firechneiguog.  —  Gl^^smata,  Ricinns-Oel  bleiben  ohne 
Wirkung.  — -  Eben  jetzt  habe  sie  seit  einigen  Tagen  den  Gebrauch  der  Pil- 
len ausgesetzt 

Die  nunmehr  vorgenommene  Untersuchung  ergab  Folgendes: 

Der  Bauch  ist  durchaus  weich,  weder  aufgetrieben  noch  empfindlich. 
Die  InguinaldrQsen  leicht  geschwollen  aber  weich.  Der  Anus,  fest  geschlos- 
sen, ist  von  ziemlich  prallen,  doch  weichen,  lividen,  mehr  als  erbsengrossea 
Knötchen  umgeben,  zwischen  denen  sich  seichte,  mit  Eiter  bedeckte  Sub- 
stanz-Verluste der  Oberhaut  zeigen.  Etwa  2  Zoll  Ober  dem  Orificium  tni 
f&hlt  man  eine  nicht  ganz  ^  Zoll  hohe,  kreisförmige  Strictur,  am  vorderefl 
Umfange  stärker  als  am  hinteren  hervortretend,  welche  den  Zeigefinger  be- 
quem durchlässt.  Bis  zur  Strictur  konnte  man  an  der  Mastdarm-Schleim- 
haut oder  in  die  Tiefe  der  Wand  wesentliche  Veränderungen  nicht  bemer- 
ken, ober  derselben,  im  vorderen  Umfang  des  Rectum,  erschien  die  Schleim- 
haut gewulstet.  Die  Strictur  Hess  sich  bequem  herabziehen.  Der  Schmen 
beim  Eindringen  in  dieselbe  ist  ziemlich  heftig,  lässt  aber  alsbald  nacL 
Der  Finger  zeigte  danach  einige  Blutstropfen.  Die  Untersuchung  durch 
die  Scheide  führt  den  Finger  in  eine  Höhle  der  hinteren  Scheidenwaod, 
welche  die  letztere  wie  verdoppelt  erscheinen  lässt.  Eine  in  diese  Höhle 
eingeführte  Sonde  kommt  im  Mastdarm  unterhalb  der  Strictur  zum  Vor- 
schein. Der  Sachlage  nach  ist  es  wahrscheinlich,  dass  sich  eine  andere 
Communications  -  Oeffnung  oberhalb  der  Strictur  befinde.  Die  hintere  Schei- 
denwand ist  oberhalb  iener  Höhle  gesund  und  am  Rectum  verschieblich. 
Die  Portio  vaginalis  ist  normal.  Die  Menses  sind  normal,  aber  spärlich; 
während  sie  fliessen,  Erleichterung  der  Schmerzen.  Ihr  Appetit  ist  gut, 
doch  wagt  sie  aus  Furcht  vor  nachfolgenden  grösseren  Beschwerden  bei 
der  Defäcation  nicht,  ihn  zu  befriedigen. 

Am  21.  Juni  1864  wurde,  unter  geringem  Schmerz  und  Verlast  Ton  nor 


langen  Bekanntschaft,  die  Frau  immer   vollkommen  zuverlässig  und   offeo 
bezüglich  ihrer  Verhältnisse  fand. 


Strictar  des  MAstdarmes  etc. ,  Bildung  eines  Anus  aitificialis.        511 

wenigen  Tropfen  Blnt,  die  Strictar  gegen  dts  Steissbein  dorchschnitten  nnd 
so,  unter  Beschaffung  vSn  grösserem  Raum,  die  dargelegten  VerhUtnisse, 
insbesondere  die  roluminOse  Beschaffenheit  der  stricturirenden  Substanz 
und  anseheinend  normales  Verhalten  der  Schleimhaut  oberhalb  derselben 
bestätigt  Die  darauf  folgende  Erleichterung  bei  der  Oeftcation  war  nur 
Ton  kurzer  Dauer. 

Bei  der  Wahl  des  nun  eingeschlagenen  operativen  Verfahrens  leiteten 
folgende  Gesichtspunkte: 

War  die  die  Strictur  bedingende  Verfindernng  der  Gewebe  bOsartiger 
Natur,  so  konnte  selbstverständlich  nur  radicale  Beseitigung  desselben,  so- 
mit des  kranken  Mastdarmtheiles,  Hälfe  schaffen.  Nun  lag  diese  Voraus- 
setzung nicht  ausserhalb  der  Möglichkeit,  wenn  schon  ihre  Wahrscheinlich- 
keit, Angesichts  des  blähenden  Ausseheus  und  der  guten  Ernährung  der 
Kranken,  nach  so  langer  Dauer  des  Leidens,  des  Mangels  merklicher  An- 
schwellung der  Drflsen  des  Plexus  sacralis,  der  fehlenden  VerlGthung  mit 
der  Scheide  im  Bereich  der  Strictur,  vielleicht  auch  des  Alters  der  Kran- 
ken, keine  bedeutende  genannt  werden  konnte.  War,  andererseits,  die 
siricturirende  Substanz  gutartig,  bestand  sie  also  etwa  ans  wucherndem 
Bindegewebe  und  hypertrophischer  Muscnlaris,  so  war  bei  ihrer  sehr  volu- 
minösen Beschaffenheit  durch  Behandlang  mit  Bougies,  mit  oder  ohne  In- 
cision,  wenn  auch  Erleichterung,  doch  eine  völlige  Beseitigung  kaum  zu 
erwarten,  ohne  dies  aber,  ohne  eine  völlige  restitutio  iu  integrum  der  be- 
theiligten Gewebe,  eine  Heilung  der  einen  so  wesentlichen  Theil  des  Lei- 
dens bildenden  und  ohnehin  so  hartnäckigen  Recto-Vaginal-Fistel  kaum  zu 
erwarten.  —  Wurde  dagegen  die  in  Aussicht  genommene  Exstirpation  des 
unteren  Mastdarm-Endes  beschafft,  so  konnte  damit,  betreffs  der  Eventuali- 
tät bösartiger  Erkrankung,  die  Beseitigung  alles  Kranken  gehofft,  betreffs 
des  wahrscheinlichen  Befundes  einer  einfachen  Strictur,  unter  Beseitigung 
dieses  Hindernisses  und  unter  Verschiebung  der  oberen  gesunden  Mastdarm- 
Portion  an  der  Vaginal- Wand,  von  der  nachfolgenden  Granulation  und  Ver- 
narbnng  wohl  ein  Verschluss  der  Perforation  der  Scheidenwand  erwartet 
werden.  Mit  Rflcksicht  anf  eine  etwa  zu  befürchtende  Incontinenz  des 
Kothes,  habe  ich,  wenigstens  in  einem  von  mir  beobachteten  (wenn  auch 
nicht  in  meinem)  Falle,  durch  die  nachfolgende  Narbenstrictur  der  Fort- 
schaffung grössere  Hindemisse  als  der  Zarfickhaltang  des  Faeces  erwach- 
sen sehen,  wie  dies  ja  auch  andere  Beobachtungen  bestätigen. 

Am  29.  Juni  wurde  zar  Ezstirpation  des  Mastdarm-Endes  geschritten. 
Die  Kranke  warde  chloroformirt  und  in  die  Steins chnitt- Lage  gebracht. 

Ich  kann  nicht  umhin,  diese  Lage,  die  ja  auch  Lisfranc  angewandt, 
gegenfiber  der,  obwohl  von  Dieffenbach,  empfohlenen  Lage  auf  dem  Bauch 
oder  genauer:  Stellung  mit  vorfibergeneigtem  und  unterstütztem  Oberkör- 


512  Dr.  J.  A.  Gl&ser. 

per  TorzuKieben,  bo  weit  meine  Erfahrang  an  meinen  eigenen  und  einigen 
wenigen  fremden  Fällen  reicht.  * 

Motiyirt  scheint  mir  dieser  Vorzug: 

1)  Durch  die  Nothwendigkeit  der  Chloroform -Narcose  in  dieser 
äusserst  schmerzhaften  und  (auch  in  weit  geübteren  Händen  als  die  met* 
nigen)  ziemlich  langwierigen  Operation.  —  Denn  die  Bauchlage,  wie  sie 
offenbar  das  Athmen  beeinträchtigt,  erschwert  zugleich  die  Beobachtung 
der  Chloroform  Wirkung 

2)  Dadurch,  dass  sie  für  den  weitaus  delikatesten  Theil  der  Operation: 
die  Trennung  des  Mastdarmes  you  der  Scheide  (resp.  Prostata)  das  Operar 
tionsfeld  in  bessere  Beleuchtung  und  bequemeren  Angriff  bringt,  als  das 
Dieffenbach*sche  Verfahren. 

Es  wurde  das  untere  Mastdarmende  möglichst  nahe  an  den  in  den 
Schnitt  einbegriffenen  Hämorrhoidalknoten  kreisförmig  umschnitten,  und  so- 
bald die  vom  Schnitte  begrenzten  Bedeckungen  von  ihrer  Unterlage  gelöst, 
und  dadurch  das  Mastdarmende  in  der  Höhe  von  einigen  Linien  frei  be- 
weglich geworden,  durch  letzteres  eine,  seine  Lichtung  in  der  Quere  kreu- 
zende, dicke,  vierfache  Fadenschlinge  ziemlich  straff  gezogen,  und  deren 
beide  Enden  vor  dem  Anus  aussen  geknQpft 

Ich  darf  mir  wohl  erlauben,  den  Gebranch  dieser  Schlinge  als  eine 
ganz  ungemeine  Erleichterung  des  immer  ziemlich  häkeligen,  und  in  diesem 
Falle  durch  das  die  Fistel  umgebende,  harte  Gewebe,  recht  unbequemen 
Verfahrens  der  Trennung  des  Mastdarmes  von  der  Scheide  zu  loben.  — 
Der  Mittelfinger  der  linken  Hand  hakt  die  Schlinge  an,  der  Daumen  der- 
selben geht  in  den  Mastdarm  ein,  der  Zeigefinger  deckt  und  spannt  zugleich 
die  Scheide,  man  enträth  aller  Dazwischenkunft  Ton  Hakenzangen  und  As- 
sistentenhänden,  und,  indem  man  alle  Anspannung  selbst  und  mit  einer 
Hand  übt,  entgeht  man  der  Gefahr,  Unerwünschtes  in  die  Schnittlinie  zu 
bringen. 

Nachdem  in  dieser  Weise  die  Trennung  des  Rectum  von  der  Scheide 
bis  zur  Höhe  der  Strictur  bewerkstelligt,  und  in  gleicher  Höhe  der  Darm 
ringsum  gelöst  war,  ward  dessen  hintere  Wand  sammt  der  Strictur  mit  einem 
Scheerenschnitte  gespalten,  der  Darm  bis  zur  Grenze  gesunder  Schleimhaut 
—  ca.  i  Zoll  über  der  Strictur  —  ringsum  gelöst,  und  es  wurden  in  dieser 
Höhe  jederseits  mehrere  starke  Ligaturen  durch  die  Darmwand  geführt.  — 
Diesseits  der  Ligaturen  trennte  dann  ein  querer  Schnitt  die  kranke  Mast- 
darmpartie ab.  —  Die  genauere  Betrachtung  des  Präparates  wies  später 
nach ,  dass  der  Schnitt  zwar  in  übrigens  gesundem  Gewebe  geführt  war, 
dass  indessen  wohl  noch  über  den  Schnitt  hinaus,  nach  Oben,  die  Schleim- 
haut von  Epithel  entblösst  gewesen,  ein  Umstand,  den  zn  bemerken,  die 
starke  Blutung  verhinderte,  während  sie  zugleich  zu  schleuniger  Beendigung 


Sirictor  des  Mafitdarmes  etc.»  Bildung  eines  Anas  artificlidis.       513 

der  Operation  dringend  aufforderte.  —  Bei  der  nachmals  erwiesenen  gut- 
artigen Beschaffenheit  der  Strictur  war  dies  ziemlich  gleichgültig,  ohnehin 
aber  war  es  kaum  mit  Sicherheit  möglich,  über  die  erreichte  Höhe  von  fast 
3  Zoll  hinauszugehen*). 

Die  Befestigung  des  Darmendes  an  der  Haut  der  Nates  stillte  den 
Theil  der  Blutung,  der  nach  Torsion  der  spritzenden  Gef&sse  noch  fort- 
dauerte. —  Ich  halte  es  für  zweckmässiger,  diese  Befestigung  bei  gestreck- 
ten Schenkeln  der  Kranken  vorzunehmen,  weil,  wenn  sie,  wie  hier  in  der 
Steinschnittlage  geschieht,  die  relativen  Lageverhälmisse  der  Hautpartieen 
Ter&ndert,  und  dadurch  unangenehme  Spannungen  in  den  ohnehin  zur  Er- 
zielung der  Näherung  von  Haut  und  Darm  ziemlich  stark  in  Anspruch  ge- 
nommenen Nähten  erzeugt  werden. 

Die  Wunde  wurde  ohne  weiteren  Verband,  als  mit  kalten  Compressen, 
gelassen. 

Patientin  war  sehr  erschöpft  —  5  Stunden  nach  der  Operation  trat, 
bei  sehr  kleinem  Pulse,  heftiger,  kolikartiger  Leibschmerz,  mit  beständigem 
Erbrechen  und  beständigem  Abgange  sehr  reichlichen,  geformten  Kothes 
ein.    Eispillen  —  kleine  Dosen  Opium  —  kalte  Umschläge  auf  den  Bauch 

Am  folgenden  Tage  waren  alle  unangenehmen  Symptome  verschwun- 


*)  Ich  kann  bei  dieser  Gelegenheit  nicht  umhin,  aufmerksam  zu  machen 
anf  die  grosse  Verschiedenheit,  die  in  den  Angaben  der  Schriftsteller  herrscht 
über  die  Beziehungen  des  Peritoneum  zum  Mastdarme. 

Bezüglich  der  Geschlechtsverschiedenheit  behaupten  Mal- 
gaigne  (Manuel  de  m^dec.  op^rat.),  und  Blandin  (citirt  bei  Vidal),  die 
Entfernung  vom  Orific.  ani  zum  Peritoneum  sei  beim  Manne  grösser,  als 
bei  der  Frau,  indessen  Lisfranc,  Riebet  und  Sanson  (citirt  bei  N^- 
laton,  Pathol.  Chirurg.),  und  Fergusson  (übersetzt  you  Frankenberg) 
dM  gerade  Gegentheil  angeben. 

In  Maassen  ausgedrückt  lauten  die  Angaben,  wie  folgt: 
Hyrtl  (Top.  Anat.  Zerglied.  K.)  8  ZoU  »  ca.         8  Gtm. 

Luschka  (Anatom.) 63;~8     - 

Malgaigne  (Manuel)  .  .  .' 6—8     - 

bei  der  Frau (4-6     -) 

11  .      (108  Mm.) 

bei  der  Frau (16  -     (162     -  )) 

8  -       (81     -    ) 

Bei  der  Frau (4  -       (41    -  )) 

Fergusson 4  Zoll  ea  ca.  10^  - 

do.           bei  der  Frau  ....  6    -     »ca.  (1%  -    ) 

Luschka  hält  es  für  unsicher.  Über  5i  Gtm.  (ca.  2  Zoll)  hinauszu- 
gehen. ^  Man  Tergleiche  damit  Richet'a  Angaben. 

▼.  Laagonbaek't  Axehiv  Ar  Cliirarsl«.  IX.  33 


514  I>r.  J.  A.  Gltser, 

den;  der  Katheter  entleerte,  statt  wie  gestern  nur  einige  Tropfen,  eine  be- 
trächtliche Menge  eines  Anfangs  noch  etwas  concentrirten,  spiter  gans  nor- 
malen Urines.  —  Am  8.  Tage  nach  der  Operation  wurden  die  eisten  der 
stark  einschneidenden  N&hte  entfernt  —  Appetit  .stellt  sich  ein. 

6.  Tag.  Das  Rectun  hat  sich  ron  der  Befestignngsstelle  an  da*  et- 
was nach  Aussen  umgeschlagenen  Haut  surflckgesogen  (fast  1  ZoH)  —  ani 
der  Vagina  kommt  etwas  braune  FlQssigkeit  von  kothigem  Gerüche  —  leich- 
ter Drang  zum  üriniren. 

Nachträglich  ist  tu  bemerken,  ^ass  die  unmittelbar  nach  Abtrennung 
des  Darmes  rorgenommene  Untersuchung  nichts  Verdichtiges  im  Open- 
tionsfelde  wahrnehmen  liess. 

Die  Untersuchung  des  exstirpirten  Darmtheiles  ergab,  nebst  betrieht- 
licher  Verdickung  der  Muskelachicht,  eine  flach  Tcrtiefte  Oeschwfin- 
flftche,  mit  ausgebuchteten,  weichen  Rindern  und  dunkelrothem  Grunde, 
aus  dem  einzelne,  theils  kreis-,  theila  streifenförmige  Inseln  yerdidrter 
und  opaker  Schleimhaut  herrortraten,  unter  denen,  wie  der  erschwerte 
und  knirschende  Durchschnitt  ergab,  das  submucGse  Zellgewebe  ver- 
dickt und  indnrirt  war.  —  Der  wulstige  Vorsprung,  wie  ihn  die  Strietor 
im  Leben  geboten,  liess  sich  an  dem  Präparate  nicht  mehr  erkenneiu 
Eine  weiterhin  ron  competenter  Seite  vorgenommene  mikroskopisehe 
Untersuchung  ergab,  dass  die  wahrgenommenen  Vertnderungen  nicht 
bösartiger  Natur  waren. 

Am  6.  Tage  wurde,  da  inswischen  keine  Rothentleerung  wieder  ein- 
getreten, etwas  Inf.  Senn.  comp,  mit  Bmuls.  Amygd.  gereicht,  wolUuf,  un- 
ter sehr  heftigen  Kolikschmerien  suerst  Klumpen  trockenen,  dann  reich- 
liche Mengen  breiigen  Kothes  abgingen,  wovon  nichts  in  die  Vagina  ge- 
langte. —  Die  letzte  Naht  wurde  entfernt 

Am  7.  Tage:  .Spontane  Urin-Entleerung  —  die  Wunde  grannürt  Ieb> 
haft.    Allgemeines  Befinden  vortrefflich. 

Am  8.  Tage:  verlangt  aufzustehen  —  spontane  Bntleening  von  festen 
Kothe  in  etwa  wallnussgrossen  Klumpen  unter  geringen  Kolikachmer- 
zen.    Rinder  des  Darmes  und  der  Wunde  genihert« 

Am  9.  Tage  Abgang  von  gut  gefärbten  und  geformten  Faeces  ohne 
Schmerz. 

Am  12.  Tage:  Die  Vagina  blieb  rein;  der  Stuhl  erfolgte  immer  unter 
mehr  oder  weniger  heftigen  Kolikschmerzen,  war  meist  halbflQsaig  und  oft 
mit  weisslichen  Fetzen  gemischt,  dazwischen  einzelne  Klflmpchen  festen 
Kothes.  Die  drifte  nahmen  einigermassen  zu;  die  Kranke  sass  auf,  ging 
umher,  der  Appetit  aber  blieb  gering,  die  Zunge  dick  weiss  belegt;  Ptt 
hatte  etwas  Foetor  oris  und  missigen  Durst,  bei  in  der  Frfihe  erhöhter 
Körpertemperatur,  und  etwas  beschleunigtem  PuLm,    Das  gute  Anssehes 


Strictar  des  MMtdarmea  etc.,  Bildung  eines  Anns  artificialis.       515 

der  Wunde,  inmitten  deren  das  Rectum  sich  wieder  in  seine  ndiSren  Fal- 
ten gestellt  hatte,  gab  für  jenen  Zustand  keine  Erklftrnng.  —  Von  Zeit  sn 
Zeit  mnsste  durch  ein  mildes  Aperiens  (Int  lazat.  mit  Emnis.  Amjgd.), 
das  immer  unter  heftigen  KolÜKSchmersen  wirkte,  der  Stahlgang  angetrie- 
ben werden. 

Am  20.  Tage  zeigten  sich  auf  mehreren  der  Falten  des  Rectum  milch- 
weisse,  etwa  einen  Sechser  grosse,  yon  dunkel  gerötheter  und  geschwollener 
Schleimhaut  umgebene  Flecken,  die  den  am  Präparate  beschriebenen  sehr 
Ihttlich  waren.  —  Dieselben  wurden  mit  der  Scheere  entfernt,  weil  damals 
der  mikroskopische  Befund  des  exstirpirten  Stockes  noch  nicht  bekannt 
war.  ^  Pat.  nimmt  und  yertr&gt  Ol.  jecor. 

34.  Tag.  Der  Appetit  viel  stärker,  indess  die  Wunde  sich  mehr  und 
mehr  zusammenxieht,  und  sehr  massig  eitert  —  Uuter  Blähungen  Abgang 
einer  puriformen  Flüssigkeit  ans  dem  Darme.  —  Diese  Erscheinung  erhält 
sich  bis  zum 

82.  Tage,  wo  täglich  mehrere  Male  Injectionen  von  lauem  Ha- 
ferschleim und  abwechselnd  von  schwacher  HöUensteinlOsung  ge- 
macht wurden,  die  man  am 

37.  Tage  (6.  August)  aussetzte,  weil  die  Kranke  immer  unmittelbar 
danach  einen  lebhaften  Schmerz  in  der  Oegend  der  Flex.  iliaca  empfand. 

SS.  Tag:  Bei  Ubigerem  Aufrechtstehen  tritt  ein  massiger  Prolapsus 
des  Darmes  ein. 

Da  der  fortgeschrittene  Zustand  der  Wunde  eine  genauere  Untersu- 
chung des  Darmes  gestattete,  ward  diese  vorgenommen,  und  nachmals  durch 
eine  spätere  bestätigt  —  Man  fühlte,  in  der  Höhe  von  12  Ctm.  ober  dem 
Rande  des  kfinstlichen  Afters,  eine  scharf  hervortretende,  deutlich  ringför- 
mige Strictar,  die  einige  Linien  hoch  war,  in  normaler  Lage  des  Darmes 
nur  eben  von  der  Spitze  meines  Zeigefingers  erreicht  wurde,  bei  Vorfall  des 
Darmes  aber  die  Fingerspitze  eindringen  liess.  —  Gegen  Berfihrung  war  sie 
empfindlich,  und  nach  derselben  drang  glasiger  Schleim  in  grösserer  Menge 
aus  dem  Darme  hervor.  (Auch  in  den  Zwischenräumen  zwischen  den  ein- 
zelnen Def&cationen  floss  solcher  Schleim  oft  unter  Blähungen  ab.)  —  Die 
2.  Nummer  der  Mastdarm-Bougies  drang  ohne  Schwierigkeit  in  die  Strictnr 
ein.  —  Bei  Einführung  stärkerer  Nummern  trat  ein  Schmerz  in  der  linken 
bypogastrischen  Gegend  auf,  der  aber  bei  längerem  Verweilen  des  Instru- 
mentes wieder  verschwindet 

Der  häufige  Abflnss  der  erwähnten  Flfissigkeit,  und  der  Vorfall  des 
Dannes  machte  der  Frau  grosse  Unbequemlichkeit 

Die  Versuche,  die  Strictnr  durch  Bougies  zu  erweitem,  wurden  durch 
d  Monate,  bald  täglich,  bald  2— Stägig  fortgesetzt.  Trotzdem  aber,  dass 
68  allfflälig  gelang,  die  stärksten  Nummern  der  Mastdarmbougies,  ja,  eigens 

88* 


516  Dr.  J.  A.  Olftser, 

f&r  diesen  Zweck  Terfertigte,  noch  dickere,  Ton  konischer  Gestalt,  eion- 
f&hren,  indessen  die  Wunde  geheilt  war,  gelang  es  nicht,  die  BeschwerdeB 
za  beseitigen.  Immer  fand  die  Kothentleernng  nnr  nach  langem  Drlogtc 
und  heftigen  Toransgegangenen  Kolikschmersen  Statt,  gleichgültig,  ob  harte, 
ob  breiige  Massen,  entleert  wnrden«  —  Anch  ausser  den  Zeiten  der  De&e- 
cation  traten  diese  Schmerzen  auf  sehr  geringe  Veranlassungen,  leichte  Er- 
kältungen, Genuss  an  sich  sehr  unschuldiger  Dinge  (gekochte  Frfichte  etc), 
ein.  —  Gegen  die  von  Zeit  zu  Zeit  auftretende  Verstopfung  musste  mit  Ab- 
führmitteln verfahren  werden,  die  meistens  lange  Zeit  nicht,  dann  pldtzikk 
sehr  heftig  wirkten.  —  Vom  Ol.  Ricini  musste  dabei  abgesehen  werdeo,  ib 
es  immer  Erbrechen  verursachte.  —  Da  Glystiere,  in  der  gewöhnlichen  Wd« 
applicirt,  natürlich,  wegen  Mangel  des  Sphincter,  wirkungslos  blieben,  lies: 
ich  mir  ein  konisches,  mit  einem  Hahn  Tersehenes  Rohr  anfertigen,  io  d« 
Hoffnung,  dies  werde,  möglichst  tief  eingeführt,  so  genau  Ton  der  Strietar 
umschlossen  werden,  dass  der  Verschluss  des  Hahnes  die  Injectionsflüssig- 
keit  einige  Zeit  im  Darme  oberhalb  der  Strictur  zurückhalte,  und  in  die- 
ser \7eise  auch  medicamentöse  Flüssigkeiten  zur  Einwirkung  auf  die  Dini- 
schleimhaut  gelangen  könnten,  deren  kranker  Zustand  sich  durch  deo  be- 
ständigen, die  Kranke  sehr  belästigenden  Ausfluss  mucopurulenter  Flfissig- 
keit  kundgab.  —  Dieser  Versuch  misslang  durchaus. 

Eine  bei  Torgefallenem  Darme,  und  daher  tief  stehender  Strictor,  vor- 
genommene, sehr  aufmerksame  Untersuchung  Hess  eine  wulstige,  uch  t^ 
das  Lumen  der  Strictur  klappenartig  lagernde  Schleimhautpartie  erkenneiL 
Vielleicht,  dass  diese  die  eigenthümliche  Wirkungsweise  der  erCffoendei 
Mittel  und  die  sehr  beschwerliche  Entleerung  auch  bei  breiigem  und  selbst 
flüssigem  Kothe  erklärt. 

Den  Vorfall  des  Darmes  hielt  am  besten  ein  durch  Scheokelriem«! 
befestigter,  konisch  zugeschnittener  Schwamm  zurück,  bis  die  zuoehoieode 
'  Narbenverengerung  diese  Unterstützung  entbehrlich  machte. 

Aller  Schmerzen  und  Beschwerden  unerachtet,  hatte  das  Allgemeii- 
befinden  der  V.  .  •  sich  stetig  gebessert  Ihre  Kräfte  mehrten  sich,  so  ^ 
sie  ihre  Hausarbeit  selbst  Terrichten  konnte,  ihr  Appetit  war  stark,  ihr  Kö^ 
perumfang  nahm  zu,  die  Menses  traten,  ob  spärlich,  doch  regelmässig,  j^^ 
mal  mit  wesentlicher  Erleichterung  der  KoliJcschmerzen  ein.  Der  üt^ 
war  in  normaler  Stellung  und  beweglich. 

So  blieb  der  Zustand  bis  zum  Juni  1865,  wo  die  zunehmende  Narbea- 

I  Verengerung  die  Einführung  der  Bougies  erst  erschwerte,  dann  die  der  stSr- 

I  keren  Nummern  dadurch  unmöglich  machte,  dass  man  mit  ihnen,  die  schoa 

i  in  der  Narbe  ein  Hinderniss  des  Eindringens  fanden,  in  der  Höhe  der  Stri^ 

tur  unmöglich  mit  Sicherheit,  und  ohne  Anwendung  gefährlicher  Getni^ 

operiren  konnte.  ^  Als  unter  diesen  Umständen  die  Def&cation  immer  b^ 


Strictar  dM  Hutdinnea  etc.,  Bfldnog  eines  Anns  »rüficimlis.        517 

ruckte  tl*i  ""J  »chmenh^fter  werde,  nnd  mit  einer  K.t«trophe  drohte 

dere  T  *",^.'~^'»'  •'«*»*  »«*  •«•chherigerOanteris.tion.  -  Der  J- 
Hflh;  ^T\  '""''*  '**  """•  '°»*"«»'  «•«>  "  bedenken.  d«s  bei  d^, 
l^Sr.  ™\"'*'^«"8«»  Z-ginglichkeit  der  Strictnr.  deren  Spaltung  wedi 
xuterhT«?  "°'"""''"^'''  ""'  *•  Wiederrereinignng  der  Wnndrtadfr  CZ 
»»♦r  f-T  "*''  """  "'"*  «hiJtende  BerOhrong  des  Kothes  mit  der 
m»thn,„shch  geschwürigen  Dannflache,  eammt  deren  Folgen:  Bildung  neuer 

künstLchen  Afters  scheine  ihm  d„  einige  geeignete  Verehren.  -  Zu  Z 

7L  V^T"  '"'^  ''°"*'  ''•*  '^™"''«'  "*«''  ««'»«"K*"  Anseinandersetaung 
I!!!  T  ?  i*""  """*  seiner  Polgen,  nnd  VorfBhrung  eines  derartig  behandelt 
ten  Ind,«dunm,  sich  nicht  »erstehen.  -  Auch  rerweigerte  sie,  wegen  der 
grossen  Schmerzhaftigkeit  nnd  oifenbaren  Erfolglosigkeit.  EndeJnli  die  fer- 
nere EmfÄhrnng  der  Bongiee.  -  -  Es  war  demnach  leider  darcb  die  Ope- 
ration nicht,  erreicht,  als  die  Schliessung  der  Scheidenflstel.  welche  defini- 
tnr       ^  *"«  ^'»«""■"»c»'  die  Erkenntniss  der  Gntartigkeit  der  Stric 

nr.  «M  aee  Vorhandenseins  einer  «weiten,  die  bei  blosser  Erweiternag,  »e- 
gen  Ihres  hohen  Sitzes,  fast  8  ZoU  Ober  dem  Anus,  auf  directem  Wege  nicht 
Mtte  entdeckt  werden  kflunen.  -  Natürlich  kann  nur  das  erste  Moment 

on  oem  ich  glaube,  dass  bei  der  Beschaffenheit  derTheile  es  auf  anderem' 
^  ege  nicht  erreicht  worden  w«re,  einigermassen  in's  Gewicht  fallen.  _ 
eine  •nl'i*^''*  '""  ^"^"^  *°  etablirter  kflnstlicher  After  würde  immer 
D       flür  *""•«•'  nnd,  wenn  nicht  diesen,  doch  gewiss  das  Beeret  der 

armaache  «wischen  Anns  »rtificialis  nnd  Fistel  nach  unten,  nnd,  bei  An- 
leert haben  ^  ^*'''°''**''  ''"**'*'*®'  ^"""^  dieFiBtel,  als  durch  den  Anne,  ent- 

2»^ m''^*"*  '*'''  ^'"  Kranke  fast  ein  Jahr  lang  nicht  gesehen,  ward  ich 
™         ""  ^®^  e%  gerufen.     -    Sie  hatte  Tor  2  Tagen,  früheren  War- 
nungen zum  TVotz,  ein  Gericht  Bohnen  gegessen,  seitdem  Kolikscbmerzen 
von  grosser  Heftigkeit,  und  Erbrechen  alles  Genossenen.  -  Der  Bauch  war 
im  Allgemeinen  weich,  nicht  wesentMch  empfindlich  oder  aufgetrieben,  in 
er  linken  Regio  hjpogaetric»  jedoch,  dicht  über  dem  Lig.  PonpartÜ,  'eine 
"     fi  jr***"*  ^nftreJbnng    von    yermehrter  Resistenz,  bei   der   Bertt'hrnng 
empfindlich,  bei  der  Percossion    gedämpft.  -  Die  Afteröffnnng,    oder  viel- 
mehr der  Wnndkanal,  der  xum  Rectum  führt,  ist  so  eng,  dass  er   Anfangs 
»um  die  Spitze  des  Fingers   asnlSsst.  die  aber  unter  m&ssig  echmerzbaften 
™  ""^*"  ^«»«gnngen,  bei   massiger  Blutung,  allrnUig  eindrang,  Vorauf  die 
ÄinlBbrnng  eines  Darmrohres,     bis  zur  HShe  tou  ca.  10  Zoll,    goi^ng.  - 
ine  reichliche  lojection    ontloorte   nnverdaate  Reste  Ton  grQn«Q    Erbsen, 
e  Ben  etc.,  eine  zweite  reichliche  Mengen  von  dünnlflssigem  Kothe    nebst 


618  Dr-  J-  ^  Gl  Her, 

fielen  Gasen,  unter  grosser  Brleichternng.  —  Eisstftckchen  md  EmiilB.  mh 
Extr.  Hjosc. 

26.  Mai:  Heftige  Schmerzen  und  Schlaflosigkeit  ^  reichliche  Blntoi^ 
ex  ano,  mit  der,  trotz  der  Kranken  gegentheiliger  Behanptnng,  Roth  abge- 
gangen zu  sein  scheint,  da  die  Schwellung  und  Dimpfong  in  der  Regio 
iliaca  verschwunden  sind.  ~  Die  Blutung  dauerte  Abends  noch  fort,  mi^ 
wurde  mit  jeder  Bewegung  stftrker.  -*  Kalte  Iigection,  BisamBchlige,  Mor- 
phium. 

27.  Mai.  Die  Schmerzen  haben  abgenommen,  die  Blntang  ist  ver- 
schwunden. 

Nach  diesem  memento  mori  willigte  die  Kranke  in  die  Anlegung  des 
künstlichen  Afters.  —  Bezfiglich  des  dafttr  zu  wählenden  Ortes,  sprach  fir 
das  Gal Ilsen* sehe  Verfahren  die  Onbekanntschaft  mit  der  Aosdehnung, 
bis  zu  welcher  sich  etwa  die  Erkrankung  des  Darmes,  oberhalb  der  Stric- 
tur,  aufwärts  erstrecken  möchte  —  dagegen:  die  Schwierigkeit  dieser 
Methode,  die  Neigung  der  in  der  Lumbargegend  angelegten  Oeffnung  n 
späterer  Yerengerung,  insbesondere  die  flehentliche  Bitte  der  Kranken,  die 
den  After  nicht  einmal  in  der  Fine' sehen  Gegend  (wo  ^sie  ihn  an  einer 
anderen  Kranken  gesehen)  wollte  angelegt  haben,  weil  sie,  durch  ihre  Ver- 
hältnisse ganz  auf  sich  selbst  angewiesen,  ihn  daselbst  nicht  gehörig  rei- 
nigen und  verbinden  könne.  —  Ausserdem  erfuhr  ich,  dass  der  Verschlo» 
in  dieser  letzteren  Gegend  durch  die  beständige  Verschiebnng  der  Rippen 
und  Grista  ilium  gegen  einander  seine  besonderen  Schwierigkeiten  habe. 

28.  Mai.  Es  wurde  unter  diesen  Umständen  die  Littre'sehe  Openh 
tion  gewählt.  —  Der  Hautschnitt  fiel  parallel  der  Neigung  des  vorderen  En- 
des der  Grista  ilium,  etwa  1  Zoll  oberhalb  derselben,  war  3  Zoll  lang,  ond 
lag  mit  seinen  vorderen  %  einwärts  von  der  Spina  anter.  sup.  —  Hiernach 
fiel  der  Schnitt  mit  seinem  vorderen  Theile  bis  fast  zu  seiner  Mitte  in  die 
Sehne  des  M.  obliq.  ext.,  in  welchem  Bereiche  demnach  nur  2  Muskelsehich- 
ten  ^  obliq.  int. 'und  transv.  —  getroffen  wurden.  —  Den  Sehnenfasen 
des  Obliq.  ext  lief  der  Schnitt  fast  parallel,  oder  kreuzte  sie  unter  selir 
spitzem  Winkel. 

Die  Blutung  war  sehr  gering,  keine  Torsion  oder  Unterbindung  erfor- 
derlich. Die  sehr  schaffen  Fasern  des  M.  transv.  wurden  mit  der  Scheere 
durchschnitten. 

Ich  will  hier  noch  einfügen,  dass  in  der  Nacht  vor  der  Operatios 
die  Kranke  viel  fifissigen  Koth  entleert  hatte.  —  Demgemäss  war  bei 
der  Operation  der  Darm  weder  allgemein,  noch  an  einer  umschriebenen 
Stelle,  aufgetrieben,  und  es  Hess  sich  mit  der  Percnssion  eine  ge- 
dämpfte Stelle  nicht  ermitteln. 
Als  man  schon  auf  die  Fascia  transversa  zu  stossen  glaubte,  zeigte  ei 


Strictnr  des  MastdanneB  etc.,  Bildang  eines  Anns  artificialis.       519 

sich,  dass  man  nicht  mit  dieser,  sondern  mit  der  inneren,  sehr  verdickten, 
and  deutlich  geschichteten,  zellgewebigen  Umhüllung  des  M.  transv.  zu  thun, 
und  demnach  jenseits  dieses  Mnskelfleisches  noch  zwei  Schichten  zu  trennen 
hatte,  ehe  man  auf  dem  Peritoneum  ankam.  —  Als  dies  durchschnitten  war, 
dr&ngte  sich  nur  Netz,  kein  Darm  in  die  Wunde.  —  Letzterer  erschien 
auch  nicht,  als  die  Oeffnung  im  Peritoneum  erweitert  wurde.  —  Es  blieb 
demnach  nichts  fibrig,  als  nach  ihm  zu  suchen,  und  man  fand  ihn,  zusam- 
mengezogen, auf  der  Schaufel  des  Os  ilium  liegend.  —  Nachdem  er,  her- 
▼orgezogen,  deutlich  als  Dickdarm  und,  seiner  Beweglichkeit  nach,  als  Flex. 
sigmoidea  erkannt  war,  wurde  er  im  inneren  wie  im  äusseren  Wundwinkel 
mit  einer  starken  Ligatur  durchstochen,  deren  beide  Buden  an  entsprechen- 
den Stellen  durch  die  Wundränder  geführt  wurden.  Es  ward  dann  der 
Dann  in  seiner  Längsrichtung  gespalten,  und  man  knüpfte  die  Ligaturen.  — 
Es  trat  weder  Roth  noch  Gas  aus  dem  Darme.  Erst  weiterhin,  indess 
durch  fernere  Nähte  die  Ränder  des  Darmes  mit  denen  der  Bedeckungen 
genauer  Tereinigt  wurden,  kamen  beide  zum  Vorschein.  —  Die  Kranke  hatte, 
trotz  des  Verbrauches  von  Chloroform  J  ij.,  nur  eine  unvollkommene  Nar- 
kose. —  5  Stunden  nach  der  Operation  waren  Hände  und  Füsse  kfihl,  das 
Gesicht  bleich  —  Puls  klein,  84,  häufiges,  durch  den  Gebrauch  tou  Eis 
nur  unTolIkommen  in  Schranken  zu  haltendes  Erbrechen;  sie  jammert 
beständig  Ober  unerträgliche  Schmerzen  und  Blähungen,  die  nicht  abgehen. 
(Ord.:  Morphium  in  Aq.  Lauroc.  —  Leichte  Gataplasmen.)  —  29.:  Einige 
Stunden  geschlafen  —  aus  dem  Anus  artificialis  ist  kein  Roth  mehr  abge- 
flossen —  das  Erbrechen  cessirt,  Uebelkeit  ist  noch  vorhanden.  -^  Aeusse- 
rer  Umfang  der  Wunde  geschwollen,  und,  bis  gegen  die  falschen  Rippen 
hinauf,  empfindlich  und  spontan  schmerzend.  —  Bei  Untersuchung  der 
Wunde  gehen  einige  Flatus  ab.  —  Nach  wiederholter  Application  von  Blut- 
egeln mit  reichlicher  Blutung  schwanden  Schmerz  und  Uebelkeit  ^  30.:  Aus 
dem  Anus  artif.:  Flatus,  kein  Roth.  —  Uebelkeit  nur  noch  bei  Geruch  war- 
mer Speisen.  —  Zunge  feucht  und  fast  rein.  —  Puls  112—114,  Urin  reich- 
lich und  klar,  aber  nur  durch  den  Katheter  entleert.  —  Schmerz  nur  an- 
fallsweise und  kolikartig.  —  Empfindlichkeit  in  der  Lumbal- Gegend.  -^  Die 
Wunde  hat  ein  etwas  schlaffes  Aussehen.  —  31.:  Geformter  Roth  und  reich- 
liche Blähungen  aus  dem  kfinstlichen  After  —  Erwachen  des  Appetites.  — 
Nimmt  Eigelb,  Buttermilch,  Bouillon.  ~  1.  Juni:  Reichlicher  Abfluss  breii- 
gen Rothes  aus  der  Wunde.  —  Eine  lockere  Sutur  entfernt.  —  Puls  lOC^  — 
2. :  Reichlicher  Rothabfluss.  —  Umgebung  der  Wunde  erysipelatös  geröthet, 
ist  der  Sitz  klopfender  Schmerzen.  ~  Nach  Entfernung  von  3  Snturen: 
Abfluss  von  reichlichem,  guten  Eiter  aus  dem  Wundrande.  —  Nachlass  der 
Schmerzen,  Empfindlichkeit  im  Hypochondrium  gering.  —  Der  flbrige  Leib 
weich.  —  Gataplasmen.    ^    3. :  Entfernung  der  letzten  Nähte.  —  Die  Rän- 


520  ^^'  J-  ^*  Oliser, 

der  des  Dannee  mit  den  Bedeckungen  eng  yerbnnden.  —  Die  Dannscbleiai- 
haut  wenig  gewnlstet  und  rnftssig  geröthet  —  Reichlicher  Kothabflnes  ans 
der  Wände.  —  i.:  Appetit  noch  gering  ^  Kothabfloss  ans  dem  Rectum, 
wenig  aas  der  Wunde,  deren  Umgebung  normales  Aussehen  seigt,  und  der«n 
Ränder  nur  noch  wenig  eitern.  —  Drin  wird  spontan  entleert  —  6.:  Pols 
84  -^  Appetit  noch  gering  —  Stimmung  deprimirt.  —  Vom  äusseren  Ende 
des  oberen  Wundrandes  erstreckt  sich  ein  Eitergang  nach  ans-  und  auf- 
wärts. —  Am  oberen  und  inneren  Umfange  der  Wunde:  Empfindlichkeit  und 
gedämpfte  Resonanz.  —  Langsame  Zunahme  des  Appetites.  —  11.:  mässi- 
ger  Prolapsus.  ^  15.:  Der  Stuhl  kommt  regelmässig  des  Morgens,  meist 
in  2  Absätzen,  grösstentheils  durch  den  Anus  artificialis,  dessen  yerheilte 
Ränder  einen  Längsspalt  begrenzen.  —  Am  17.  begann,  unter  Verstopfung 
und  Fieber,  eine  ZellgewebsentsOndung  in  der  Umgebung  der  Wunde,  die, 
bis  gegen  Anfang  Juli  anhaltend,  die  Kranke  sehr  herunterbrachte.  —  Bin 
Eiterherd,  der  sich  zwischen  der  Wunde  nnd  dem  Ob  pubis  gebildet  hatte, 
schien  zum  Einschreiten  aufzufordern.  —  Als  ich  aber,  nach  Spaltung  der 
Sehne  des  Obliq.  ext  und  einer  etwa  1'"  dicken  Muskelschicht,  unterhalb 
derselben  keinen  Eiter  fand,  wagte  ich,  in  Rücksicht  auf  die  ziemlich  reiche 
Geftssverbreitung  aus  der  Circumflexa  ilium,  im  Zwischenräume  zwischen 
Obl.  int  und  transvers.,  nicht,  weiter  in  die  Tiefe  zu  gehen,  sondern  be- 
gnügte mich,  die  Incisionsränder  durch  Charpie  auseinander  zu  halten, 
worauf  sich  gegen  Abend  eine  grosse,  mit  Fetzen  abgestorbenen  Zellgewe- 
bes vermischte  Menge  Eiters  aus  derselben  ergoss. 

Nachdem  die  Eiterung,  gegen  Mitte  Juli,  aufgehört,  machte  das  Befin- 
den der  Kranken  rasche  Fortschritte.  Der  Appetit  wurde  glänzend,  Körper- 
Umfang  und  Kräfte  nahmen  bedeutend  zu;  sie  hat  das  Gef&hl  Tollkomme- 
nen  Wohlbefindens,  und  sagt,  seit  8  Jahren  wisse  sie  jetzt  zuerst  wieder, 
was  es  heisse,  gesund  zu  sein. 

Die  Afteröffnung  nähert  sich  mehr  der  Kreisform,  und  zeigt  völlig  nor- 
male, kaum  an  den  Rändern  etwas  resistentere  und  geröthete  Umgebung.  ^ 
Die  Oeffnung  erfolgt  täglich  1  Mal,  fast  unmittelbar  nach  dem  Genüsse  von 
Gaffee.  ~  Nur  bei  .Gennss  gewisser  Speisen  folgt  kurz  danach  noch  eine 
zweite  Entleerung. 

Während  aller  breiige  oder  flüssige  Koth  durch  den  Anus  artific  geht, 
finden  kleine  Stücke  festen  Kothes  dann  und  wann  ihren  Weg  durch  das 
Rectum.  —  Ein  unbedeutender,  kolikartiger  Schmerz  ^begleitet  bisweilen  die 
Entleerung. 

letzt  ^  Juni  1867,  also  1  Jahr  nach  der  Operation,  ist  der  Zustand 
folgender:  Appetit  voitrefflich,  das  Fettpolster  überall  gut  ausgebildet  Farbe 
blühend  —  Stimmung  durchaus  heiter  —  sie  besorgt  ihren  nicht  ganz  un- 
bedeutenden Hausstand  selbst    Nur  für  die  schwersten  Arbeiten  —  Wasser- 


Strictor  des  Ihstdaniies  etc.,  Bildung  eines  Anns  artiflcialis.       521 

tragen  —  hat  sie,  wegen  der  dabei  henrortretenden  Neignng  sn  Prolapans, 
eine  Hfilfe. 

Die  Entleemngen,  wie  oben  beschrieben;  nnr  bei  Erkiltnng  der  FQsse, 
Gennss  s&nerlicher  Speisen,  epidemischen  Einflössen:  etwas  grossere  Nei- 
gung zu  Durchfall  als  in  frfiheren  Jahren. 

'  Am  nnbehaglichsten  ist  ihr  Zustand  bei  drohendem  Sturme  und  Un- 
wetter. Dann  tritt  jedesmal  ROthe,  Schmers  und  Empfindlichkeit 
in  der  Umgebung  des  Anns  artificialis  auf,  mit  Neigung  tu  Prolapsus  und 
Diarrhoe. 

Bezüglich  des  Yerechlusses  fQr  den  Anus  artificialis,  war  die  erste 
Idee,  ein  gewöhnliches  Bruchband  für  linksseitige  Hemia  inguin.  anzulegen, 
und,  von  dessen  Pelote  ans,  eine  andere,  an  einer  Feder  befestigt,  gegen 
die  Bauchüffnnng  wirken  zu  lassen.  —  Es  erwies  sich  aber,  dass  diese, 
durch  die  relati?  feste  Lage  des  Bracherium  sich  empfehlende  Gonstruction 
unausführbar  war,  wegen  ihrer  Beeinträchtigung  der  Beugung  des  Oberkör- 
pers. —  £s  ward  deshalb  eine  4"  bei  5''  messende,  der  Bauchwand  in  der 
Krfiftimnng  annähernd  entsprechende  Pelote  angefertigt,  die  von  einem  breiten 
(6")>  elastischen  Bauchgfirtel  gehalten  wurde,  dessen  beide  Enden  an  Knöpf- 
chen auf  der  Aussenseite  der  Pelote  befestigt  wurden.  —  Auf  der  Bauchseite 
dieser  Pelote  war  eine  zweite,  nur  wenig  Torspringende  Pelote,  in  ih- 
rem Umfange  der  der  Bauchwunde  entsprechend,  so  befestigt,  dass  sie  sich 
um  eine,  ihrem  (und  der  Wunde)  längsten  Durchmesser  parallele  Achse  be- 
wegte, welche  annähernd  die  Richtung  tou  der  Spina  anter.  sup.  zur  Sym- 
physis pnbis  hatte. 

Dieser  Apparat  entsprach  so  lange  allen  Anforderungen,  als  die  Elasti- 
cität  dee  Gürtels  Tollkommen  blieb  —  demnach  unter  dem  Einflüsse  des 
Schweisses  und  der  Körpt^rwärme  nicht  lange.  —  Es  musste  daher,  da  die 
häufige  Beschaffung  neuer  Gürtel  die  finanziellen  Kräfte  der  Kranken  über- 
stieg, anders  gesorgt  werden.  —  Der  jetzt  angewandte  Verband,  der,  wie 
es  scheint,  sowohl  in  Bezug  auf  Zurückhaltung  des  Kothes  und  Darmes, 
als  in  Hinsicht  auf  das  GefDhl  von  Sicherheit  bei  Anstrengungen,  das  er 
der  Kranken  Terleiht,  allen  Anforderungen  entspricht,  ist  sehr  einfach.  — 
Er  besteht  in  einem  wasserdicht  überzogenen  Bruchbande,  mit  schwacher 
Feder,  die  nicht  das  Becken  umfasst,  sondern  sich  mit  ihrem  unteren  Rande 
auf  die  Crista  11.  stützt  —  Die  links  befindliche  Pelote,  deren  Achse  in  der 
Richtung  der  Feder,  also  horizontal,  Terläuft,  ist  mit  ihrer  Bauchfiäche  ein 
wenig  aufwärts  gerichtet,  und  lagert  so,  unter  Vermittelung  Ton  Gom- 
pressen,  auf  dem  Anus  artificialis. 

Ich  habe  nur  noch  hinznzufBgen,  dass  in  letzter  Zeit,  bei  Verlust  des 
Appetites,  leicht  belegter  Zunge,  gelegentlicher  Diarrhoe,  mit  Kolikschmerz, 
Abgang  tou  Taeniagliedem  aus  dem  Anus  artificialis  Statt  hatte,  und  dass 


522  Dr.  J.  A.  Glftter,  Stiietnr  dea  MMtdwmeft  eto. 

die  snr  £z8tirpfttion  des  Reetom  •  findas  angelegte  Wonde  jetot  einen  i^g 
übernarbten  Trichter  bildet,  dessen  blindes  Ende  mehrere  fistnlfise  Bingfiog«^ 
Ton  kanm  einer  Linie  Durchmesser,  seigt,  die  siemlich  reichliche,  schlei- 
mige Flfissigkeit  dorchlMsen. 


3.  Ifolirte  Luation  des  istragilu. 

Ton 

Br.  Fr.  Cl.  Iianscatli 

zn   Sulzbach   bei   Saarbrficken. 


Am  7.  MSrz  1867  wurde  der  Bergmann  Kunkel,  28  Jahre  alt,* »ob 
Yoelklingcn  gebfirtig,  von  der  Grube  Gerhard  in's  hiesige  Knappschsfts- 
Hospital  per  Wagen  gebracht,  weil  ihm  in  der  Grube  ein  auf  den  Fuss  her- 
abfallendes Felsenstack  (Kohlenstflck)  den  rechten  Astragalns  aosgeieakt 
hatte. 

K.  hatte,  auf  einem  niedrigen  Schemel  sitsend,  Kohlen  losgehiaen. 
Dabei  hatte  sich  der  Fuss  in  einer  fibermässig  addncirten  Stellung  befu* 
den,  so  dass  der  Malleolus  extemus  möglichst  weit  sich  rom  Fersenbeiie 
entfernte,  und  die  Tom  Malleolus  nach  dem  Fersenbeine  und  Astragilu 
Terlaufenden  B&nder,  so  wie  das  Kapselband,  in  grOsster  Spannung  befan- 
den. Wunderbarer  Weise  eröffnete  das  herab&llende  Kohlenstflck  die  Kx^ 
sei  und  B&nder,  ohne  den  Malleolus,  das  Fersenbein  und  WQrfelbein,  oder 
sonst  einen  Fnssknochen  irgend  zu  beschädigen* 

Bei  der  Untersuchung  fand  sich  das  Sprungbein  isolirt  herroigediingt, 
nur  die  fiber  dem  Sprungbeine  liegende,  transveniell  durchrisseoe  Hut 
war  der  Art  zwischen  dem  Astragalns  und  Wfirfelbeine  eingeklemmt,  das« 
sie  mit  Gewalt,  mit  der  Kornzange,  hervorgezogen  werden  mnsste.  Der 
Astragalns  selbst  hing  nur  noch  an  einigen  unzerrissenen  Bandresten,  osd 
wurde  ohne  Schwierigkeit  mit  einem  schmalen  Messer  ausgelöst  Die  swiscken 
dem  Malleolus  und  den  Fnssknochen  befindliche  Wunde  liess  sich,  nach  Kot* 
fernnng  des  Astragalns,  leicht  schliessen  mittelst  Heftpflasterstreifen,  ond 
wurde  mit  einer  Bisblase  bedeckt  ^  Als  %ich  nach  einigen  Tagen  Eiteroog 
einstellte,  wurden  den  Tag  Ober  (12  Wochen  lang)  permanente  Bider  mit 
einem  schwachen  Chamilienaufguss  gemacht,  während  der  Nacht  ein  Sal- 
benrerband  aufgelegt  —  Da  der  Malleolus  ext  xu  weit  herabreichte,  ood 


Dr.  Fr.  G.  Langgnth,  Isolirte  Luxation  des  AstragalnB.       528 

in  die  Hwit  stotsend,  dem  Verletzten  fortwährende  Sehmerfen  machte« 
niieste  er  ram  grdseten  Theile  resecirt  werden.  Wiederholt  rnnssten  auf 
der  inneren  Seite  des  Fassgelenkes  Gegenöffnnngen  gemacht  werden,  nm 
dem  Eiter  Abfloss  sn  Terschaffen,  nie  aber  wurde  ein  Nachbargelenk  in 
Mitleidenschaft  gezogen.  »  Der  Verletzte  hat  jetzt,  nach  18  Wochen»  einen 
passenden  Schnb  bekommen,  und  kann  schon  ziemlich  gnt  gehen,  nur  bat 
der  Fnss  eine  Neigung  nach  innen.  -  Der  entfernte  Astragalas  ist  aofbe- 
wahrt,  nnd  steht  zur  VerfQgnng* 

Ich  will  noch  hinsoftgen,  dass  der  Verletzte,  gegenwärtig  ein  blähen- 
des Anssehen  hat,  überhaupt  ein  gesunder,  kräftiger  Mann  ist;  auch  seine 
Eltern  und  Geschwister  sind  noch  am  Leben,  und  erfreuen  sich  einer  gu- 
ten Gesundheit 


4.  Penetrlrende  Banchwniide  —  Torfall  def  Pancreaf.  —  Abtra- 
gnDg  desselben.  —  Heilong. 


Toa 


Hr.  Bemliard  G«  HLIefberc, 

Qrdinator  auf  der  Abtheilnng  für  männliche  chirurgische  Kranke  im  Stadt- 
Hospitale  zu  Odessa. 


Die  einzige  Angabe  Ober  Vorfall  des  Pancreas  fand  ich  bei  Professor 
Hjrtl.  Dieser  citirt  in  der  f&nften  Auflage  seiner  topographischen  Ana- 
tomie (Bd.  1.  S.  712)  einen  Ton  Laborderie  in  der  Gazette  des  höpi- 
tanx,  1866.  No.  2.  beschriebenen  Fall  tou  Vorfall  einer  Partie  des  Pancreas, 
Abtragung  derselben,  nnd  Heilung  im  Verlaufe  von  8  Wochen.  Hyrtl 
spricht  seinen  Zweifel  Ober  die  angegebene  Natur  des  vorgefallenen  Körpers 
»OS,  und  meint,  dass  derselbe  ein  Netzklnmpen  gewesen,  dessen  Fettbildnng 
häufig  die  Form  tou  Läppchen  annehme,  welche ,  mit  imbibirtem  Blutroth 
getränkt,  fflr  die  Acini  der  Bauchspeicheldrfise  gehalten  worden  wären.  — 
Mir  scheint  diese  Verwechselung  ziemlich  schwer;  denn  in  drei  tou  mir 
untersuchten  Pancreas  war  der  acinöse  Bau  der  aus  zwei  bis  drei  grösseren 
Lappen  beetehenden  Drttsen  nach  aussen  sehr  wenig  ausgesprochen ;  so  dass 
Yon  eigentlichea,  mit  Fettablagerungen  am  Netze  zu  Terwechselnden  Läpp- 
ehen kaum  die  Rede  sein  konnte,  höchstens  von  dem  mosaikartigen  Anein- 
aaderliegen  kleinerer,  durch  seltene  Zwisehenstreifen  verbundener»  und  von 


524  I>r*  Bernhard  6.  Kleberg, 

einer  platten  Membran  gleichmftssig  und  gemeinechaftlich  übenogener  Ab- 
schnitte. ~  In  dem  gleich  zn  beschreibenden  Falle  war  selbst  von  einer 
derartigen  Zeichnung,  geschweige  denn  von  einer  Lftppchenbildnng,  gar  keine 
Andeutung  ~,  das  Ganze  sah  vielmehr  ganz  gleichmässig  dnnkelroth,  pnll 
nnd  platt  ans;  ob  das  nnn  ein  Effect  der  dnrch  die  Einklemmung  in  der 
Wnnde  bewirkten  Blntstanung,  und  der  Retention  des  in  der  Drüse  fortbe- 
reiteten Saftes  gewesen  sei,  oder  ob  dergleichen  Verschiedenheiten  im  Aus- 
sehen des  Pancreas  normaliter  vorkommen,  wage  ich  nicht  zu  entscheiden, 
obgleich  Letzteres,  bei  der  Analogie  der  Banchspeicheldrfise  mit  der  Glan- 
dula submaxillaris,  a  priori  wohl  wahrscheinlich  erscheint,  da  letztere 
manchmal  ja  anch  ganz  gleichmftssig  prall  nnd  platt  erscheint,  w&hrend  sie, 
in  anderen  Fällen,  an  ihrer  Oberfi&che  ein  deutlich  gelapptes  Aussehen  bie- 
tet. —  Ferner  ist  es  aus  der  Physiologie  bekannt,  dass  das  Pancreas  in 
verschiedenen  Zeiten  der  Verdauung  ein  ganz  verschiedenes  Verhalten  und 
Aussehen  zeigt;  dass  es  w&hrend  der  Verdauung  dunkel,  sehr  blutreich, 
prall  ist,  wfthrend  es  nach  derselben  schlaff,  gelbgrfln  und  blutarm  erscheint 
—  Endlich  bietet  das  Pancreas  durch  seinen  Fettgehalt,  der  so  sehr  ver- 
schieden ist,  und  durch  etwaige  Kränkelten  so  sehr  mannichfache  Formen, 
und  ein  so  wechselndes  Aussehen  dar,  dass  eine  Differenzirung  zwischen 
einem  eingeklemmten  Stfick  Netz  und  einem  Vorfalle  des  Pancreas  in  ein- 
zelnen F&Uen  wohl  sehr  schwer,  gewiss  aber  nicht  unmöglich  sein  mag. 

Sehr  schwer  schien  es  mir,  die  Möglichkeit  eines  Pancreas -Vorfalles 
durch  eine  verh&ltnissmftssig  kleine  Bauchwunde,  und  ohne  Verletzung  von 
anderen  fiingeweiden,  als  des  das  Pancreas  in  jeder  Stellung  immer  be- 
deckenden  kleinen  Netzes  zu  erklären;  jedoch  fand  ich  gerade  bei  Hyrtl, 
a.  a  0.,  eine  Angabe,  deren  Gonsequenzen  es  fast  auffallend  erscheinen 
lassen,  dass  dergleichen  Zufälle  nicht  öfter  beobachtet  worden  sind.  —  H jrtl 
sagt  nämlich:  «Wenn  der  Magen,  wie  es  bei  Scirrhus  pylori,  zuweilen  ge- 
schieht, eine  senkrechte  Lage  einnimmt,  und  tiefer  in  den  Bauch  hinabtritt, 
wird  ein  Theil  des  Pancreas  frei,  nnd  steht  an  die  vordere  Banchwand  an, 
von  welcher  es  nur  durch  das  kleine  Netz  getrennt  ist*.  Eine  senkrechte 
Stellung  des  Magens  nun  dürfte  häufiger  vorkommen,  als  man  glaubt,  dz 
vielerlei  Ursachen  denselben  mechanischen  Effect  haben  können,  wie  ein 
Scinhus  pylori,  z.  B.  Vergrösserung  der  Leber,  peritonitische  Adhaesioneo, 
verschiedene  Körperstellnngen ,  äusserer  Druck  auf  die  Seitenwand  des 
Bauches,  oder  auf  die  Leber  etc.  Tiefes  Stehen  des  Magens,  so  dass  das 
Pancreas,  über  der  kleinen  Gnrvatur  des  Magens,  durch  die  Bauchdecken 
hindurch  zu  fQhlen  ist,  erwähnt  Hyrtl  a.  a.  0.  S.  671;  ebenso  das  so  tiefe 
Herabsteigen  desselben,  dass  er  in  Leistenbrüchen  vorgefunden  worden.  — 
Endlich  kommt  die  Tiefstelinng  des  Magens  als  angeborene  Anomalie,  nnd 
bei  Viel-Essem  vor,  die  ja  durch  alle  Stände  nicht  selten  sind,  und  im 


Penetrirende  Baachwnnde,  Yoifall,  Abtragong  des  PancreM.    Heilang.    525 

Baaern-,  sowie  Soldatenstande,  schon  der  groben,  nnTerdanlichen  Nahmng 
wegen,  wohl  die  Mehrzahl  bilden,  so  dass  es  fast  sn  verwundern  ist,  dass 
die  in  Rede  stehende  Verletsnng  nicht  häufiger,  namentlich  bei  den  so  yiel- 
fachen  im  Kriege  beobachteten  Banchwnnden  vorkommen  sollte;  jedoch 
erwihnen  weder  Pirogoff,  noch  Demme  derselben. 

Folgender  Fall  iet  bei  seiner  Aufnahme  gleichzeitig  mit  mir  von  Dr. 
Soloweitschik  beobachtet  worden,  und  die  mikroskopische  Ontersnchang 
des  abgetragenen  KOrpers  wurde  gemeinschaftlieh  von  Dr.  Wagner  jnn. 
und  mir  gemacht,  um  den  immerhin  seltenen  Fall  durch  dreier  competenter 
Zeugen  Mund  bestätigt  zu  wissen. 

Anton  Stepanowitsch,  60  Jahre  alt,  ausgedienter  Soldat,  wurde 
am  4.  Mai  d.  J.,  Abends  8  Ohr,  in  räuberischer  Absicht  Qberfallen,  und  er- 
hielt dabei,  in  stark  gebückter  Stellung,  einen  Messerstich,  von  unten  her, 
in  den  Bauch.  —  Br  wurde  am  5.  Mai,  Morgens  6  Uhr,  in  die  chirurgische 
Abtheilnng  des  hiesigen  städtischen  Krankenhauses  aufgenommen. 

Status  praesens:  Patient  kräftigen  Körperbaues;  am  grossen,  aber 
schlaffen  Bauche  befindet  sich  rechts,  in  der  Mitte  zwischen  Nabel  und 
der  Höhe  des  unteren  Rippenbogens,  in  der  Mammillarlinie,  eine  horizon- 
tale, etwa  1''  lange  Wunde,  deren  innerer  Winkel  ganz  scharf,  deren  äuss- 
rer  Winkel  dagegen  mehr  abgerundet  erscheint  —  Aus  der  Wunde  hängt 
ein  etwa  3"  langer,  2''  breiter,  an  seinem  freien  Ende  etwas  dicker  und 
breiter  werdender,  von  einer  durchscheinenden,  glatten  Membran  überzoge- 
ner Körper,  von  durchschnittlich  4^  Dicke,  braunrother  Farbe,  und  zäher 
Consistenz.  —  Die  Wunde  umschliesst  diesen  Körper  so  eng,  dass  derselbe 
in  ersterer  wie  eingeschnürt  erscheint.  Der  Percussionsschall  rings  um  die 
Wunde  tjmpanitisch ;  der  untere  Rand  der  vergrösserten  Leber  —  Pat  ist 
Gewohnheitstrinker  —  verläuft,  deutlich  durch  Percussion  begrenzbar,  If 
über  der  Wunde;  der  Bauch  nur  im  nächsten  Umfange  der  Wunde  etwas 
empfindlich;  gleich  bei  der  Aufnahme  ist  ein  normaler,  nicht  blnthaltiger 
Stuhl  abgesetzt  worden;  Puls  voll,  weich,  zählt  72  Schläge  in  der  Minute; 
Pai,  durch  Zorn  und  Wnth  sehr  erregt,  klagt  aber  nicht  über  Schmerz. 

Diagnose:  Dem  Orte  nach,  konnte  der  vorgefallene  Körper  aus  einem 
Stücke  Netz,  Magen,  Darm,  Leber  oder  Pancreas  bestehen.  —  Magen,  Darm 
und  Leber  Hessen  sich  gleich  auf  den  ersten  Blick  ansschliessen;  am  Netze 
hätten  bei  dem  fettleibigen  Patienten  Fettablagernngen  nicht  fehlen  dürfen; 
ferner  bildet  der  Körper  eine  feste,  eng  zusammenhängende,  fiberall  gleich- 
artige Masse;  einzelne  Schichten  Hessen  sich  in  keiner  Weise  isoHren,  ein- 
zelne susgedehnte  GefSsse  nicht  nachweisen,  so  dass  wir  den  vorgefaUenen 
Körper» für  das  Pancreas,  und  zwar  den  Kopf  desselben,  halten  konnten. 

Behandlung:  Da  eine  Reposition  des  vorgefaUenen  Theiles,  wegen 
einer  zu  befürchtenden  inneren  Einklemmung,  und  deren  nicht  abzusehnden 


526  I>r-  Bernhard  G.  Kleberg, 

Folgen,  miulich  ereehien«  so  wurde  derselbe  dareh  zwei,  durch  die  Wunde 
und  durch  die  eingeklemmte  Partie  durchgeführte  Kariebader  Nadeb  h 
der  Wunde  sicher  fixirt,  dann  eine  feste,  seidene  Schlinge,  etwa  4"'  toq 
der  Wunde  entfernt,  lose  um  den  Torgefallenen  Körper  gelegt,  Tor  dend- 
ben  eine  gerade  Nadel  durchgestossen ,  und,  eine  Linie  vor  der  letsteien, 
der  Körper  in  einem  Messersnge  abgeschnitten.  Die  sehr  reiche,  wie  vu 
einem  Siebe  herrorquellende  Blutung  steht  bei  Znsiehung  der  Schlinge  so- 
fort; dadurch  aber  wird  der  Verschluss  der  Wunde  etwas  gelockert,  so  daai 
nun,  eine  Commnnication  der  Bauchhöhle  mit  der  Luft  su  rerhüten,  reehti 
und  links,  in  jedem  Wundwinkel,  noch  je  eine  Knopfnaht  angelegt  werden 
musste;  die  Schlinge  wird  mit  Heftpflaster  an  der  Bauch  wand  befestigt, 
der  Tor  derselben  liegende  Stumpf  Torsichtig  mit  Liq.  Ferri  sesquichl.  be> 
tupft,  und  darauf  kalte  Omschlige  über  den  gansen  Bauch  verordnet  Fat 
hat  während  der  ganzen  Zeit  keinen  Schmerzenslaut  Ton  sich  gegeben.  — 
Der  abgeschnittene  Körper  bestand  aus  einem  Convolut  dicht  an  einander- 
gedrängter,  unter  einander  durch  lockeres  Bindegewebe  Tcrbundener,  «nen 
die  Längsaze  des  Körpers  einnehmenden  Kanal  rund  umgebender,  mnder, 
rothgef&rbter  Körperchen,  Ton  etwa  Stecknadelkopfgrösse.  Der  glatte  Uebw- 
zug  des  Körpers  ist  von  demselben  nicht  abstreifbar.  Mehrere  von  den  klei- 
nen Körpern  wurden  mit  Nadeln  zerzaust,  und  unter  das  Mikroskop  ge- 
bracht, worauf  sich,  bei  einer  Vergrösserung  von  200,  in  denselben  deat- 
liehe,  in  lockeres  Bindegewebe  eingeschaltete,  sich  baumförmig  verzweigeadt 
Gänge  erkennen  liessen,  deren  Endauslfiufer  sich  in  ein  Conglomezat  tob 
hellen,  darchscheinenden  Bläschen  auflösten.  ^  Zur  Oontrolle  wurden  die- 
selben kleinen  Körperchen  eines  einer  frischen  Leiche  entnommenen  Paa- 
ireas  in  derselben  Weise  untersucht;  in  diesen  erschienen  die  Gänge  schma- 
ler, die  Büschen  kleiner,  und  wie  granulirt  —  Die  Verschiedenheit  der 
Bilder  lässt  sieh  wohl  ungezwungen  erklären  durch  die  Anstauung  von 
Pancreassaft  im  ersten  Falle,  und  im  zweiten  durch  die  mangelhafte  Thä- 
tigkeit  des  Pancreas  bei  einem  an  Tuberculose  der  Lungen  Verstorbenen, 
Ton  welchem  dasselbe  stammte. 

Oeber  den  weiteren  Verlauf  ist  wenig  zu  bemerken;  Fieber,  Peritoni- 
tis, Verdauungsstörungen  stellten  sich  nicht  ein;  die  Nadeln  und  Sutoren 
wurden  nach  4  Tagen,  wo  der  Stiel  vollständig  mit  den  Wundrändem 
verwachsen  war,  entfernt;  die  kalten  Umschläge  weggelassen;  der  Stumpf, 
und  mit  ihm  die  Ligatur,  fallen  am  10.  Tage  ab;  Pat  verlässt  am  35.  Mu 
das  Hospital,  mit  einer  trichterförmig  eingezogenen,  ganz  schmerslosea 
Narbe,  von  welcher  aus  sich  ein  harter  Körper,  von  etwa  IV  Dnrchmesaer, 
in  die  Bauchhöhle  hinein  verfolgen  lässt 

Da  die  Ernährung  des  Patienten  bis  dahin  in  keinerlei  Weise  gelitten 
hatte,  der  Ausffihmngsgang  des  Pancreas  ja  auch  nicht  mit  der  vorgefime» 


Penetrirende  Bancliwimde,  YorlUl,  Alrtnignog  des  Pancreae.  Heilung      627 

xl^iT^T^'''*  '"''  "^  ***''*  '^^*'  Termnthen,  das.  der  «rtokgebliebene 
*iiou  oes  Fancreaft  die  Faacüon  des  ganzen  Tollkommen  aoafttUe. 


5.    Kzstirpation  beider  Ovarien,  mit  einem  kanen  Berichte  Aber 
die  fieschichte  der  Ofariotomie  in  Rnsaland. 

Von 

»»•  Jr.  Rlasloivsliyr  aoß  St.  Petersborg. 
(Hiereu  Taf.  V.) 


?iS?^£f\?^^^  •nrltte.la  daplei.     »er  Stiel 

i^l  ^i^it!^^^  ^"  "^^  *«  «ikeüei  abgebranti  dter  Stiel 

Z^^iZlil!'i!!^^'^'i^  ■**  •*■•'  "«•^"'  «terkMdei.      Me    Stiele 

■ei«er  attgetekeltteaei  Cjnitm  werdea  ia  die  leekeaböUe  larickgeaclie. 

bei.     TeUtOuidige  leilaag. 

Darja  Grigorjewnä,  die  Fran  eines  Bauers,  80  Jahre  alt,  tnt  den 
28.  September  1866  in  die  Klinilc  von  Prof.  A.  Krassowslty  ein.     Sie  liH 
M  einer  Geschi^lat  im  ünterleibe,  die  sich  vor  2i  Jahren  gezeigt  hatte.  ~ 
le  KranJcheit  begann,  nach  der  Aussage  der  Patientin,  nach  einer  SrkU- 
tung,  in  Folge  deren  die  Regeln  cessirten,  und  sich  ein  Oedem  des  ganaen 
Kötpers  einstellte.   Nach  2  Wochen  Yerschwand  das  Oedem  von  seibat,  aber 
seit  derzeit  bemerkte  die  Kranke  auf  der  rechten  Seite  des  Unterleibes  eine  Ge- 
^hwulst,  die  sich  schnell  yergrösserte,  ~  In  den  ersten  Jahren  ▼ernrsacbte  die 
Geechwulst  der  Kranken  keine  besonderen  Uiden,  und  sie  ftthlte  sich  so  wohl, 
daas  sie  ungestdrt  die.'sch  wersten  Arbeiten  ▼errichten  konnte.  SeU  einem  halben 
«hre  aber  loderte  sich  das  AUgemeinbefinden;  die  Kranke  konnte  nw  mit 
Mühe  ihren  hauslichen  Besch&ftigongen  nachkommen,  der  Unterleib   nahm 
an  Dmliuig  zu,  es  trat  Sohwerathmigkeit  ein,  und  die  BmÄhrung  ihres  gan- 
»en  Körpers  htt  in  dem  MaMse,    dass  es  selbst  der  Umgebung  aufael.  — 
Bude  August  1866  bekam  die  Kranke,  ohne  nachweisbare  Ursache,    staike 
Schmerzen  im  ünterleibe,  mit  Fiebererscheinungen  und  Erbrechen.      Diesel- 
ben  verschwanden  jedoch    nacli    der  Anwendung  blutiger  SchrGpfkOpfe.  _ 
Die  bestandige  und   schneUe    Vergrösserung    des  Unterleibes,    die    starke 
Athemnoth  und  eine  sichtbar  annehmende  Abmagerung  des  ganzen  Körpers 
bestimmten  sie,  in  ^^  Klinik  einaotreten. 


528  Dr.  J.  Maslowskj, 

Darja  Grigorjewna,  geboren  im  Petersburger  GoaTemement,  t^ bis 
min  Beginne  dieser  Krankheit  stets  gesund  gewesen,  nnd  lebte  beBtSndii 
im  Dorfe,  wo  sie  anch  in  dieser  Krankheit  mit  inneren  Mitteln,  jedoeh  ohad 
allen  Erfolg  behandelt  worden  war.  Die  Eltern  und  nfUshsten  VerwandteB 
der  Kranken  sind  bis  jetzt  gesund.  —  Die  Kranke  ist  9  Jahre  Terheirathet, 
hat  nie  geboren,  die  Regeln  begannen  im  18.  Jahre,  und  waren  bis  vm  Be- 
ginne der  Krankheit  stets  regelmässig;  seit  derselben  aber  zeigten  sie  skl 
nur  2  Mal,  und  zwar  in  grösseren  Zwischenräumen.  Der  Appetit  der  Kran- 
ken is0  ziemlich  gut,  aber  nach  dem  Essen  stellt  sich  ein  GefQhl  yon  Scbvere 
in  der  Magengegend,  Debelkeit  und  Sodbrennen  ein,  zugleich  ist  häafig  Stahl- 
Verstopfung  vorhanden.  —  Sie  kann  frei  ihren  Drin  lassen,  nur  stellt  sicii 
häufiger  Harndrang  ein.  Die  Kranice  ist  blond,  von  mittlerer  Grösse,  mi 
ziemlich  entwickelter  Musculatur;  die  Farbe  des  Gesichtes,  der  Gonjanctin, 
der  Schleimhaut^  der  Lippen  nnd  des  Mundes  ist  blass,  das  Doterhaotfett- 
Gewebe  des  Gesichtes,  des  Halses  und  der  Extremitäten  ist  atropbiseL 
Der  Hals  lang,  die  Muskeln  desselben  deutlich  ausgeprägt  In  der  Ye&a 
jugularis  hört  man  Nonnengeräusche.  —  Die  Brust  ist  regelmässig  entwickelt 
der  untere  Theil  umfangreicher,  als  der  obere.  Die  BrOste  atrophisch»  die 
Warzen  unverändert  In  den  oberen  Lnngenlappen  hört  man  vorne  deDtii- 
ches  vesiculäres  Athmen;  in  den  unteren  Lungenlappen  hinten  ist  das  Atb- 
mungsgeräusch ,  insbesondere  rechterseits,  schwächer,  als  in  den  oberes. 
Die  Respiration  etwas  beschleunigt,  bis  zu  24  Mal  in  der  Minute.  Das  Ben 
ist  oben  und  rechts  verdrängt;  der  Herzstoss  ist  im  linken  4.  Intercostal- 
Raum  zu  fahlen.  Die  Herztöne  rein,  ohne  Nebengeräusche.  Der  Pols  n- 
gelmässig,  von  massiger  Spannung,  54  in  der  Minute.  —  Die  Leber  ist  Q> 
eine  Rippe  nach  oben  verdrängt;  bei  der  Percussion  geht  die  untere  Greife 
in  den  leeren  Schall  der  Geschw;ilst  Ober;  die  Grösse  und  Lage  der  Mil2 
Hess  sich  durch  die  Percussion  nicht  genau  bestimmen.  —  Der  ganse  Üi- 
terleib  war  durch  eine  Geschwulst  gleichmässig ,  kugelförmig  aosgedeiint: 
die  Geschwulst  i6t  nach  oben  zu  stärker  entwickelt,  daher  ragt  die  obere 
Hälfte  des  Unterleibes  mehr  hervor,  als  die  schmalere  untere;  nach  bei- 
den Seiten  hin  wird  die  Geschwulst  von  einer  Linie  begrenzt,  die  0*0 
sich  von  der  letzten  Rippe  zur  Spina  superior  anterior  ossis  ilei  geiogo 
denkt  Die  Haut  des  Unterleibes  ist  verdflnut,  und  etwas  gespannt;  der 
Nabel  verstrichen,  und  etwas  nach  oben  und  links  verschoben;  die  sobes- 
tanen  Venen  sind  nicht  ausgedehnt  —  Der  Umfang  des  Unterleibes ,  *o' 
der  Höhe  des  Nabels,  beträgt  98  Ctm.;  der  Längendurchmesser  der  Oe* 
schwulst  vom  Process.  ensiformis  bis  zur  Symphysis  pubis  beträgt  38  Cts)*' 
der  Querdurchmesser  von  einer  Spina  ossis  ilei  zur  anderen  45  Ctm- " 
Die  Geschwulst  zeigte  beim  Betasten  eine  glatte  Oberfläche,  und  deatlic" 
zu  fühlende  Gontouren;  nach  oben  erstreckte  sie  sich  weit  über  dio  notei^ 


Oeber  die  BxBtirpation  beider  Ovarien.  529 

RippenrSnder  hinauf.  Die  Banchvandnngen  waren  über  der  Geechwnlst 
leicht  beweglich,  ond  konnten  in  eine  Falte  aufgehoben  werden,  wobei  die 
Hand  an  der  vorderen  ond  den  seitlichen  Gegenden  ein  ReibnngsgerSnsch 
empfand.  —  Die  ganie  Geschwulst  liess  sich  leicht  von  der  einen  Seite  zur 
anderen  bewegen,  bei  diesen  Bewegungen  jedoch  nahmen  weder  die  Bauch* 
wand  noch  der  Nabel  Antheil;  Ton  unten  nach  oben  konnte  die  Geschwulst 
nm  zwei  Querfingerbreit  verschoben  werden.  —  Auf  der  ganzen  rorderen 
Fläche  der  Geschwulst  gab  die  Percussion  einen  leeren  Schall,  der  sich 
rechts  nach  oben  bis  zur  5.,  links  bis  zur  7.  Rippe  erstreckte;  nach  unten 
erstreckte  sich  die  Geschwulst  bis  zu  den  Rändern  der  Beckenknochen.  In 
dem  hinteren  Theile  des  linken  Hypochondrinms,  und  auf  beiden  Seiten  der 
Lambalgegend  war  der  Percnssionsschall  tympanitisch ,  und  änderte  sich 
auch  nicht  bei  veränderter  Lage  der  Kranken.  In  der  ganzen  Geschwulst 
fühlte  man  eine  deutliche  Fluctuation  nach  allen  Richtungen,  und  nur  in 
der  rechten  Seite  des  Beckens  war  sie  etwas  schwächer.  —  Bei  der  ma- 
nuellen Untersuchung  der  Geschlechtstheile  fand  sich  Folgendes:  Die  äusse- 
ren Theile  und  die  Scheide  boten  keine  Veränderungen  dar;  die  Portio  va- 
gioalis  uteri  hat  eine  konische  Gestalt,  fühlt  sich  hart  an,  und  ist  nach 
hinten  und  rechts  verschoben;  der  Grund  des  Uterus  ist  nach  vorne  und 
links  gebeugt;  die  Gr59se  und  Structur  normal;  der  ganze  Uterus  kann 
leicht  von  einer  Seite  zur  anderen,  und  von  unten  nach  oben  verschoben 
werden,  und  befindet  sich  offenbar  in  keinem  innigen  Zusammenhange  mit 
der  Geschwulst.  Durch  die  vordere  )Yand  der  Vagina  kann  man,  wenn  man 
die  Geschwulst  von  oben  nach  unten  drückt,  die  elastische  Wand  des  unte- 
ren Segmentes  der  Geschwulst  fühlen,  und,  bei  Erschütterung  der  Bauch- 
wand ongen,  ein  deutliches  Schwappen  von  Flüssigkeit  bemerken.  —  Durch 
die  hintere  Wand  der  Vagina  fühlt  man  eine  kleine,  umgrenzte,  elastische 
und  wenig  bewegliche  Geschwulst.  Die  oberen  und  unteren  Extremitäten 
Bind  gesund.  —  Der  Harn,  von  strohgelber  Farbe,  neutraler  Reaction,  ent- 
hält weder  Ei  weiss,  noch  Zucker. 

Die  wiederholte  Untersuchung,  welche  von  Prof.  A.  Krassowskj 
und  mir  ausgeführt  wurde,  überzeugte  uns,  dass  wir  es  sehr  wahrscheinlich 
mit  einer  einfachen  Gjste  des  rechten  Eierstockes,  mit  flüssigem  Inhalte,  zu 
thnn  hatten.  Diese  Cyste  ist  weder  in  bedeutendem  Umfange  mit  der 
Bauchwand  verwachsen,  noch  steht  sie  in  innigem  Zusammenhange  mit 
dem  Uterus,  wahrscheinlich  aber  besteht  eine  Verwachsung  an  der  Stelle, 
wo  vor  einem  Monate  eine  circumscripte  Entzündung  des  Peritoneums  vor- 
handen war.  Die  kleine,  wenig  bewegliche  Geschwulst,  welche  man  durch 
die  hintere  Wand  der  Vagina  durchfühlte,  konnte  entweder  als  Anhang  der 
Cjste,  oder  als  eine  kleine  Geschwulst  des  linken  Eierstockes  gedeutet 
werden. 

V.  Langenbeek,  ArehU  f.  Ctalrargle.  IX.  34 


530  Dr.  J.  MaslowBky, 

Der  Kranken  wird  eioe  Operation  —  die  Exstirpation  der  Gescfavaht  - 
Torgeacklagen,  und  sie  willigt  darin  ein.  —  Es  wurde  beschloasen,  die  G^ 
schwulst  durch  Abbrennen  des  Stieles  mit  einem  Glüheisen  zu  entferD«t 
in  der  Weise,  wie  Prof.  A.  Krassowsky  die  Operation  in  London  imJakt 
1865  Ton  dem  berühmten  Oyariotomisten  Baker  Brown  4  Mal  hatte  an^fsb 
ren  gesehen.  —  Den  30.  September  erhielt  die  Kranke  ein  warmes  Bad  tu 
zur  Nacht  ein  Clysma.  —  Prof.  A.  Krassowsky  erlaabte  mir,  dieOvw^ 
tomie  unter  seiner  Leitung  auszuführen.  —  Den  2.  October  1865  sdinr. 
ich  zur  Operation,  in  Gegenwart  des  Hrn.  Präsidenten  der  Academie  P.  1 
Dubowitzky,  der  Hrn.  Prof.  A.  A.  Kieter  und  W.  M.  Florinsky,  de 
Ordinatoren  der  Klinik,  mehrerer  fremder  Aerzte,  und  der  Stodenten  dö 
6.  Corsns.  —  Die  Kranke  wurde  zuerst  im  Krankenzimmer  chlorofonsRt. 
dann  in  den  durch  künstliche  Beleuchtung  erhellten  Operationssail  ge- 
bracht, und  auf  den  Operationstisch  gelegt.  Die  Temperatur  des  Ziffimen 
=  170  R.  —  Nachdem  ich  meine  Stellung  anf  der  rechten  Seite  der  Kna- 
ken  eingenommen  hatte,  durchschnitt  ich  mit  einem  Messer  (Bistoori  bH 
convezer  Schneide)  in  der  Mitte  zwischen  dem  Nabel  und  der  SymphjsH 
ossinm  pubis,  längs  der  Linea  alba,  schichtweise  die  Haut,  das  sobcatu« 
Fettgewebe  und  die  Fascien,  in  einer  Länge  von  ca.  10  Gtm.;  zwischen  des 
Pincetten  wurde  die  Linea  alba  darchschnitten ,  und  das  verdickte  Perita- 
neum  geöffnet;  auf  einer  breiten  Hohlsonde  wurde  der  Schnitt,  entsprechest 
der  ganzen  Länge  der  Wunde  vergrdssert  Aus  der  Wunde  drängte  äk^ 
die  gespannte,  perlmutterglänzende,  vordere  Fläche  der  Gyste  hervor.  Ab^ 
der  linken  Wundlippe  zeigte  sich  eine  unbedeutende  arterielle  Blntoog,  dl' 
durch  Zusammendrehen  des  betreffenden  Gefässes  gestillt  wurde.  Co  dk 
Gyste  zu  untersuchen,  führte  ich  durch  die  Wunde  meine  rechte  Htod  b 
die  UnterleibshGhle  ein,  und  konnte  bis  zum  Diaphragma  hinanfkommea. 
wobei  ich  mich  überzeugte,  dass  der  obere,  vordere  Theil  der  Gystenvin^ 
nirgends  Verwachsungen  darbot;  unterhalb  und  rechts  vom  Nabel  aber  füblu 
die  Hand  eine  sehr  lockere ,  circumscripte  Verwachsung  der  Gyste  mit  dt^r 
vorderen  Bauchwand,  die  sich  durch  leichte  Bewegungen  mit  der  Bsd^ 
löste.  — '  Nach  unten  wurde  die  Wunde  mit  einem  geknöpften  Bistouri,  luik 
oben,  auf  einer  Hohlsonde,  mit  einer  winkelig  gebogenen  Scheere  erveiteit, 
wobei  der  Nabel  links  umgangen  wurde.  Die.  Grösse  der  Wunde  betmi 
nun  134  ^^^'  —  Dann  wurde  die  Gyste  in  dem  oberen  Winkel  der  ^uode 
mit  einem  gebogenen  Troicart  von  massiger  Dicke  durchstossen,  und  di' 
Stilet  herausgezogen.  Es  floss  nun  aus  der  Röhre  der  flüssige,  kaffeefarbi^ 
Inhalt  der  Gyste  in  einem  gleichmässigen  Strahle  aus.  Die  Menge  betnir 
ca.  30  Pfund.  Die  Wand  der  Gyste  fiel  in  dem  Maasse,  als  sich  die  FlO«- 
sigkeit  entleerte,  allmälig  zusammen,  so  dass  sich  der  Troicart  znletxtis 
unteren  Winkel  der  Wunde  befand.  —  Darauf  schloss  ich  die  Oeffnung  ^^ 


Oeber  die  ExstirpstioD  beider  Orarien  etc.  531 

Röhre  mit  einem  Finger,  mid  zog  mit  der  liaken  Hand,  indem  ieh  die  vor- 
dere Wand  der  Cjste  in  Form  einer  Falte  anfliob,  einen  Theil  denelben 
vorsichtig  nnd  Ungsam  ans  der  Wunde  heraus,  dorchstach  dann  mit  dem 
in  die  Rdhre  wieder  eingeffthrten  Stilet  die  heransgeiogene  Falte,  nahm 
das  Stilet  heraas,  schranbte  es  mit  dem  scharfen  Ende  in  die  Handhabe 
ein,  und  f&hrte  es  dann  mit  dem  stumpfen  Ende  abermals  in  die  I^icart- 
Röhre  ein.  Unter  das  so  dnrchgeflUirte  Instrument  wurde  eine  starke  U- 
gatnr  angelegt,  und  die  Wand  der  Cyste  auf  diese  Weise  an  dem  Troicart 
befestigt  —  Durch  Torsiehtiges  Ziehen  am  Troicait  gelang  es  ohne  Mfthe, 
die  Cjste  mit  dem  Reste  des  Inhaltes  aus  der  Bauchhöhle  heraussnsiehen; 
zu  gleicher  Zeit  Terhinderten  die  Gehfilfen,  durch  Druck  auf  die  Rinder 
der  Wunde,  ^w  Heraustreteu  der  Oedirme. 

Das  grosse  Becken  war  leer;  die  Darmschlingen  waren  nach  oben  und 
zn  den  Seiten  der  Wirbelsäule  Terdringt  —  kai  der  rechten  Seite  der  hin- 
teren FlSche  der  Cyste  zeigte  sich  eine  accessorische  Geschwulst,  in  Form 
einer  besonderen  Cyste. 

Die  ganze  Cyste  gehörte  dem  rechten  Bierstocke  an,  und  hatte  einen 
Stiel  Ton  7  Ctm.  Unge,  und  ungefiUir  6  Ctm.  Dicke.  —  Der  Uterus  war 
▼on  rosarother  Farbe  und  normaler  Grösse» 

Um  die  Cyste  YorlSnfig  besser  halten  zu  können,  wurde  um  den  Stiel, 
unmittelbar  neben  der  Cystenwand,  die  Kette  tou  Chassaignac*«  Ecra- 
seur  angelegt  nnd  zugezogen.  Dann  wurde  die  Cyste,  Aber  der  Kette,  mit 
einer  Scheere  entfernt,  um  den  Stiel  aber,  in  einer  Entfernung  Ton  2  Ctm. 
▼cm  rechten  Rande  des  Uterus,  der  Clamp  you  Baker  Brown  angelegt  -- 
Die  Platten  des  Clamps  wurden  mit  einer  Schraube  stark  zusammengepresst; 
der  Ecrasenr  wurde  mit  dem  Stiele  fiber  den  Rand  der  perpendicullren 
Platte  hinObergef&hrt,  nnd  unbeweglich  festgehalten.  Um  die  Wonde  vor 
der  Hitze  zu  schfitzeu,  wurde  unter  den  Clamp  eine  dicke  Schicht  Charpie 
untergelegt  —  Darauf  brannte  ich  mit  dem  bis  zur  Rothglfihhitze  erwärm- 
ten, prismatischen  Canterium,  indem  ich  es  langsam  s&geförmig  hin  und 
her  bewegte,  den  Stiel  der  Cyste  auf  der  perpendicullren  Platte  ab.  Es 
blieb  danach  auf  dem  abgebrannten  Theile  des  Stieles  ein  länglicher,  brau- 
ner Schorf  von  ca.  2  Ctm.  Länge.  •-  Es  fand  dabei  keine  Blutung  statt. 
Der  Clamp  wnrde  Torsichtig  entfernt.  Der  nachgebliebene  Rest  des  Stieles 
wurde  in  die  Beckenhöhle  zurfickgeschoben.  Bei  der  Untersuchung  des 
kleinen  Beckens  zeigte  sich,  dass  auch  der  linke  Eierstock  in  eine  multi- 
locnläre,  beinahe  Orangengrosse  Cyste  umgewandelt  war.  Der  Stiel  dersel- 
ben war  dünn,  nnd  beinahe  1}  Ctm.  lang.  Ich  schritt  auch  an  die  Entfer- 
nang  dieser  Cyste.  —  Die  Kürze  desr  Stieles  erlaubte  es  nicht,  den  Clamp 
zum  Abbrennen  anzulegen,  es  wurde  daher  en  masse  um  den  Stiel  mit 
einem  starken  Zwirnfaden  eine  Ligatur  fest  angelegt,  die  Enden  derselben 

34* 


532  ^^*  ^*  Maslowsky, 

kurz  abgeBchnitten,  und  die  Cyste  mit  der  Scheere  entfernt  Dar  Rest  des 
Stieles  wnrde  in  die  Beckenh<(hle  znrfickgeschoben.  —  Ane  der  Beckechfihli 
▼nrden  ihit  einem  weichen,  warmen  Schwämme  gegen  5  Onxen  serte-bloth 
ger  Flfiseigkeit  entfernt  —  Die  ganie  Wnnde  der  Banchwand  wnrde  toi 
Prof.  A.  KrassowBky  mit  drei  durch  die  ganze  Dicke  der  Wnadlippea 
gehenden  Knopfn&hten,  mit  Hülfe  der  langen  Nadeln  Startin'e  nnd  euer- 
nen  Drahtes  vereinigt;  eine  jede  Naht  war  4  Ctm.  von  dem  Rande  der 
Wnnde  entfernt,  nnd  durchdrang  auch  das  Peritoneum;  durch  folgendem 
oberflächliche  Knopfnihte,  welche  1|  Ctm.  Ton  dem  Wnndrande  abstanden, 
wnrde  die  Wnnde  Tollkommen  geschlossen.  —  Eine  solche  Anlegung  der 
Nihte,  welche  von  Baker  Brown  allen  anderen  vorgezogen  wiid,  wnrde 
bei  uns  zum  ersten  Male  bei  dieser  Operation  angewandt,  nad  erwies  skli, 
wegen  der  Schnelligkeit  nnd  Bequemlichkeit,  als  sehr  practisch.  —  Gleicli 
nach  der  Anlegung  der  Naht  hatte  die  Wunde  eine  Länge  von  12  Ctm.: 
der  untere  Winkel  war  6  Ctm.  von  der  Symphysis  ossium  pubis  entfernt, 
der  obere  erstreckte  sich  1  Ctm.  Aber  den  Nabel.  —  Die  Wnnde  worde  oit 
einem  trockenen  Plnmasseau ,  einem  kleinen  Kissen  ans  Cbarpie,  nnd  einer 
dicken  Flanellcompresse  bedeckt,  nnd  Alles  mit  einer  breiten  Leinenbiod? 
befestigt  »  Die  Kranke  wurde  dann  in  einem  noch  vollkommen  nzrcoti- 
sirten  Znstande  in  ein  besonderes  Zimmer  gebracht,  dessen  Temperatur 
17<>  R.  betrug.  Die  Operation  dauerte  eine  Stunde  nnd  5  Minuten;  die 
Kranke  ertrug  sie  so  gut,  wie  man  es  nicht  besser  wfinschen  konnte;  wäh- 
rend der  ganzen  Zeit  war  sie  vollkommen  ohne  GefQhl,  nnd  nicht  ein  ein- 
ziges Mal  hörte  man  sie  schreien  oder  stöhnen.  —  Chloroform  waren  15 
Drachmen  verbraucht  worden. 

Die  ausgeschnittene  Cyste  stellte  eine  Geschwulst  von  rundlicb- läng- 
licher Form  dar,  auf  deren  hinterer  Wand  eine  kleinere,  längliche  Cyste 
mit  breiter  Basis  aufsass.  —  Der  Längendurchnlesser  der  Geschwulst  betms 
nach  dem  Zusammenfallen  der  Wand  36  Ctm.;  der  Umfang  der  kleioerei 
Cyste  betrug  33  Ctm.  Das  Gewicht  des  Cysteninhaltes,  welcher  wlbrend 
der  Operation  ausgelassen  wurde,  betrug  34  Civilpfunde,  der  Sack  mit  dem 
Reste  des  Inhaltes  wog  4  Civilpfunde.  —  Die  Oberfläche  der  Cyste  tu 
glatt,  nnd  von  perlmutterweisser  Farbe,  mit  Ausnahme  einer  circumscript^o 
Stelle  der  rechten,  vorderen  Fläche,  wo  Rauhigkeiten,  nnd  hier  nnd  da  Re^te 
der  weichen  Pseudomembranen  vorhanden  waren ;  die  Stelle  entsprach  <lef 
gewesenen  circumscripten  Verwachsung  mit  der  Bauchwand.  Die  Tuba  Fal- 
lopii und  das  breite  Mutterband  waren  auf  der  Oberfläche  der  kleinereii 
Cyste  ausgespannt;  in  diesem  Bande  bemerkte  man  verästelte  Geflsse,  dl« 
in  der  Nähe  der  Stelle,  wo  der  Stiel  durchschnitten  war,  in  ein  gemeinsa- 
mes BQndel  zusammentraten,  nnd  auf  dem  Durchschnitte  selbst  sah  man 
die  Lumina  von  5  bedeutenderen  Gef&ssen.    Die  Wand  der  Cyste  hatte  eine 


lieber  die  Exstirpation  beider  0?arien  etc.  533 

Dicke  von  1^  bis  4  Millim.,  und  bestand  aas  festem,  fibrrlliren  Bindegewebe, 
elastischen  Fasern  und  Geflssen.  —  Das  Oyarinm  war  Tollständig  in  die 
Geschwulst  untergegangen.  Anf  der  inneren  FIftche  der  Cyste  befanden 
sich  drei  abgesonderte  Hohlrftnme,  von  Wallnass-  bis  HfihnereigrOsse,  die 
▼on  einander  dnrch  feste  Zwischenwände  geschieden  waren.  —  Der  Inhalt 
dieser  Cysten  bestand  ans  einer  flüssigen,  colloiden  Masse,  yon  caffeebran- 
ner  Farbe  und  nentraler  Reaction.  Derselbe  bestand,  wie  die  mikroskopi- 
sche Dntersnchnng  lehrte,  hauptsächlich  aus  Cylinderepithelzellen,  grossen, 
colloiden  Kugeln  und  kleinen  Fettkfigelchen.  Die  längliche,  kleinere  Cyste, 
die  anf  der  rechten  Seite  der  grossen  Geschwulst  aufsass,  stand  in  keiner 
Commmunication  mit  der  H6hle  der  letzteren,  sondern  war  von  derselben 
durch  eine  schlaffe  Membran  getrennt.  Der  Inhalt  derselben  bestand  aus 
einer  consistenten ,  honigartigen,  fadensiehenden  Masse,  die  in  Essigsäure 
unlöslich  war.  Der  in  der  Mitte  des  Ecraseurs  gebliebene  Theil  des  Stieles 
hatte  eine  Länge  von  1  Ctm.  8  Millim.;  auf  dem  Querschnitte  desselben, 
nach  Entfernung  der  Cyste,  sah  man  die  Lumina  von  5  Gefässen;  das  an- 
dere Ende  dieses  Stieltheiles  war  in  einen  ziemlich  festen,  braunen  Brand- 
Bchorf  Ton  2  Ctm.  2  Millim.  Länge  und  1^  Millim.  Dicke  umgewandelt.  — 
Die  ausgeschnittene  Cyste  des  linken  Eierstockes  bestand  aus  einer  runden, 
kuotigen  Geschwulst,  deren  Umfang  18  Ctm.  betrug,  und  ein  Gewicht  yon 
45  Solotnik  hatte.  Auf  der  äusseren  Oberfläche  befanden  sich  mehrere  ab- 
gesonderte, kleinere  Cysten,  von  der  Grösse  einer  Erbse  bis  Wallnuss;  anf 
der  hinteren  Fläche  der  Cyste  verlief  die  Tuba  Fallopii,  deren  Lumen  ver- 
grössert  war.  Anf  dem  breiten  Mutterbande  sassen,  an  dfinnen  Stielen,  3 
Cysten  von  Hanfkorngrösse  auf;  in  diesem  Bande  bemerkte  man  die  Ver- 
zweigung von  4  kleinen  Gefässen.  Die  seröse  Membran  der  Cyste  war  8 
bis  5  Millim.  dick,  und  liess  sich  leicht  ablösen,  wobei  der  weisse,  halb- 
flüssige Inhalt  der  jungen  Cysten  heraustrat  Die  innere  Fläche  bestand 
gleichfalls  aus  vielen  kleinen  Cysten,  die  eine  ebensolche  Inhaltsmasse  ent- 
hielten, wie  die  jüngeren  Cysten  des  rechten  Eierstockes. 

Das  Befinden  der  Kranken  nach  der  Operation.  1.  Tag 
(2.  October).  Nach  Verlauf  von  zwei  Stunden  fühlte  die  Kranke  einen  ge- 
ringen Schmerz  im  Unterleibe;  Puls  40  in  der  Minute;  Respiration  16;  Tem- 
peratur 37,8^  (C),  Durst  Als  Getränk  erhielt  sie  Wasser  mit  Rothwein. 
Zum  Abend  wurde  der  Schmerz  im  linken  Hypochondrinm  stechend:  Puls 
voll,  68;  Temper.  88,2<»  (C.)  Sie  erhielt  Eztr.  Opii  aqnos.  gr.  1  p.  d.;  äusser- 
lich  Chloroformi  {^ß)  cum  OL  Hyoscyami  cocto  (^ij.)-  Emuls  AmygdaL  dulc. 
pro  potu.  Catheterismus.  —  2.  Tag.  Die  Kranke  fühlt  sich  wohl;  Puls  80, 
Temp.  38,6<>.  Die  Wunde  im  guten  Zustande;  unbedeutende  Empfindlich- 
keit der  Wundränder  und  ihrer  nächsten  Umgebung;  Catheterismus.  —  Die 
Kranke  erhält  eine  kräftige  Fleischbrühe.    Des  Abends  klagte  die  Kranke 


534  I>r-  J-  MaslowBkj, 

fiber  Schmen  in  der  UmgebuDg  der  Wunde;  Pals  90;  Temp.  39^.  Ezu. 
Opii  aq.  gr.  ß  p.  d.  Zur  Nacht  schwitzte  sie  am  ganzen  Körper.  Gathe- 
teriamus  —  8.  Tag.  Die  Nacht  hatte  die  Kranke  ruhig  geschlafen.  Pub  77; 
Temper.  38,2^.  Die  Wunde  in  demselben  Zustande.  Es  wird  ein  ebeosoi' 
eher  Verband  wieder  angelegt.  Gatbeterismns.  Sie  erhält  Fleischbrühe  mi 
ein  weichgekochtes  Ei.  Der  ganze  Tag  verging  ohne  besondere  VerSade- 
rong.  —  4.  Tag.  Der  Znstand  der  Kranken  ist  befriedigend;  Pule  67;  Ttm^ 
38,8.  Die  tiefen  Nätbe  werden  abgenommen;  es  zeigte  sich  an  der  Steile 
der  mittleren  Naht  ein  wenig  consistenter  Biter.  Derselbe  Verband.  Die- 
selbe  Nahrung.  Des  Abends  klagte  die  Kranke  über  quilenden  Dorst  Sie 
erhielt  Natri  bicarbon.  gr.  X  in  einem  Bsslöffel  Handelmilch  gelöst  Dtoac^ 
Hess  der  Durst  nach.  Catheterismns.  —  6.Tag.  Puls  68;  Temperatur  37> 
Die  Wunde  im  guten  Zustande.  Die  Untersuchung  per  vaginam  zeigte,  dass 
die  linke  Wand  der  Vagina  gespannt  und  empfindlich  war,  und  dasa  der 
Uterus  eine  bedeutende  Beweglichkeit  besass.  Es  wird  derselbe  Verbuk 
angelegt,  nur  das  Empl.  adhaesivum  durch  Leinwandstreifen  mitColIodiaa 
(suture  seche  au  collodion,  E.  Koeberl^.)  ersetzt  Solche  Leinwandstr^fti 
haben  den  Vortheil,  dass  sie  die  Verbandmittel  dauerhaft  fiber  der  Wände 
befestigen  und  zugleich  8—10  Tage  ununterbrochen  liegen  bleiben  köDDea, 
ohne  die  Haut  zu  reizen ,  was  bei  dem  Emplast.  adhaesirnm  znweflen  beob- 
achtet wird.  Anstatt  des  CoUodium  gebrauchte  ich  zu  demselben  Zweck« 
in  Chloroform  gelöste  Guttapercha,  welche  die  Leinwandatreifen  »iSAti 
mit  der  Haut  verklebt,  als  das  Gollodium.  —  6.  Tag.  Die  Kranke  Ut  in  be^ 
friedigendem  Znstande;  Puls  55;  Temper.  37,1.  Beim  Verbinden  derWaode 
werden  8  oberflächliche  Nfthte  abgenommen.  Die  Wundrftnder  sind  am  uh 
teren  Winkel  in  einer  Länge  von  4  Gm.  auseinandergegangen.  Derselbe  Ver- 
band. Nach  einem  Gljsma  erfolgte  der  erste  Stuhl.  Sie  erhielt  BoailloB, 
Hühnerfleisch  und  Bothwein.  Gatheterismns  4  mal  täglich.  —  7.  Tag.  Pols 
und  Temperatur  unverändert.  Die  Wunde  in  gutem  Zustande;  es  wurde 
eine  oberflächliche  Naht  entfernt.  Dieselbe  Nahrung.  >- 8.  Tag.  Es  werden 
die  letzten  Nähte  entfernt.  Das  obere  Drittel  der  Wunde  ist  per  primzo 
intentionem  geheilt;  der  übrige  Theil  zeigt  eine  oberflächliche  Biteraog- 
Bei  der  Untersuchung  per  vaginam  konnte  man  die  Stiele  der  entferotea 
Gjsten,  in  Form  kleiner  Anschwellungen,  durchfühlen;  der  Utems  war  be* 
weglich.  Die  Wunde  wird  verbunden  mit  Infus.  Ghamom.  (Hj.)  cum  Liqaaai. 
Mjrrhae  (Jj.)  Nach  Anwendung  eines  Glysma  erfolgte  Stahlgang.  Dieselb« 
Diät.  Gatheterismus.  —  9.  Tag.  Die  Wunde  seoernirt  etwas  consistenteß 
Eiter;  der  Allgemeinzustand  der  Kranken  normal.  Suppe  mit  RindAeiscb 
und  Bothwein.  —  10.  Tag.  Der  untere  Theil  der  Wunde  bedeckt  sich  mit 
Granulationen.  Die  Kranke  wird  in  halbsitzende  Stellung  gebracht;  sie 
nrinirt  ohne  Hfllfe  des  Gatheters.  —  11.  Tag.    Die  Kranke  hat  Durchfall, 


Ueber  die  Exstirpation  beider  Ovarien  etc.  535 

ohne     Sehmer:(eD  im  Unterleib;  der  Zustand   fieberlos.     Nach  i  gr.  Extr. 
Opii    &q.  hörte  der  Darehfall  auf.     Die  Wände   in   demselben   Znstande. 
—    12.  Tag.    Die  Wunde  heilt  zu;  oberflächliches  Touchiren  mit  Arg.  nitn 
I>er  Zastand  der  Kranken  ist  befriedigend;  der  Appetit  normal;  der  Schlaf 
rahig;   kräftige  Di&t--Vom  13.  bis  16.  Tage  trat  keine  besondere Yer&n- 
derang  ein;  am  16.  Tage  erlaubte  man  ihr,  das  Bett  zu  verlassen,  und  im 
Zimmer  herumzngehen.  ^  18.  Tag.   Die  Wonde  ist  im  unteren  Drittel  zu- 
geheilt; die  Ernftbrung  der  Kranken  hat  sich  bedeutend  gebessert  — 20.  Tag. 
In    der  Mitte  der  Narbe  hat  sich  eine  fistulöse  Oeffnung  yon  2  Om.  Lftnge 
gebildet;  deu  22.  Tag  (23.  October)  zeigte  sich  eine  zweite  fistulöse  Oeff- 
nang,  von  1  Gm.  Lftnge.  — 28.  Tag.    Die  fistulösen  Gänge  sind  nach  Ein- 
spritzang  einer  Arg.  nitr.-Lösung  (gr.  ij.  ad  ^ij.)  verheilt;  die  an  Stelle  der 
Wunde   aurfickgebliebene  Narbe  ist  von  8i  Gtm.  Lftnge.     Bei  der  Dnter- 
&achang  per  taginam  zeigte  sich  folgendes:  Portio  vaginalis  uteri  ist  nach 
hinten  gerichtet,  der  üternsgrnnd  nach  vorne;  der  Uterus  frei  t>ewegllch,  nach 
rechts  fühlt  man  mit  Mflhe  au  Stelle  des  rechten  Stiels  eine  unbedeutende 
Anschwellung;  nach  links  kann  man  nichts  von  den  Ueberresten  des  Stiels 
Y>emerken.    Die  Ernftbrung  der  Kranken  hat  sichtbar  zugenommen;  sie  fühlt 
Bich  Tollkommen  wohl.    Den  29.  Tag  (30.  October)  verlftsst  Patientin  ge- 
sund das  Hospital 

Nach  5  Monaten  kam  die  von  mir  Operirte  wieder  nach  St.  Petersburg, 
and  ich  stellte  sie  den  19.  Mftrz  1866  den  Mitgliedern  der  Gonferenz  der 
Medico-Chirurgischen  Academie  vor.    Darja  Grigoijewna  hat  sich  sehr  er- 
holt; sie  hat  eine  gesunde  Gesichtsfarbe;  der  Ausdruck  des  Gesichts  zeugt 
von  Heiterkeit  und  Zufriedenheit;  die  firnstdrfisen  sind  in  Folge  von  Zu- 
nahme des  Panniculus  adiposus  grösser  geworden.    Die  geradlinige  Narbe 
des  Unterleibs  erinnert  an  die  fiberstandene  Operation;  am  unteren  Winkel 
bemerkt  man  ein  unbedeutendes  Anseinandertreten  der  Mnsc.  recti.    Bei  der 
Untersuchung  per  vaginam  zeigt  sich :  Der  Dterns  von  normaler  Grösse  und 
beweglich}  an  der  Stelle  der  Stielreste  ist  nichts  zu  bemerken.   Das  vöUige 
Ausbleiben  der  R^eln  ist  mit  keinen  jcrankhaften  Erscheinungen  im  Orga- 
nismus verbunden.    Die  WoUustempfindnngen  sub  coitu  sind  noch  erhalten ; 
jedoch  nicht  in  dem  Masse,  wie  vor  der  Operation.    Patientin  fuhr  nach 
Hause  zurfick,  mit  dem  Rathe,  das  Tragen  einer  Dnterleibsbinde  nicht  zu 
vernachlftssigen. 

Dieser  Fall  von  Ovariotomie  ist  insofern  bemerkenswerth,  als  er  der 
erste  in  Russland  ist,  in  welchem  die  Exstirpation  beider  Ovariencjsten 
vorgenommen  wurde  (Ovariotomia  duplex),  in  welchem  femer  dieses  Opera- 
tionsverfahren angewandt  wurde,  und  der  einen  glflcklichen  Ausgang  hatte. 
Ich  finde  es  hier  am  Platze,  eine  kurze  Uebersicht  fiber  die  Geschichte 
der  Ovariotomie  in  Rnssland  zu  geben.  —  Es  blieb  in  diesem  Lande  die 


536  ^^'  J>  Haslowsky, 

Frage  von  der  Ovariotomie  lange  Zeit  anberührt  Bei  der  Behandlong  der 
Eierstockscjsten  worden  verschiedene  innere  Mittel  oder  folgende  Operatioas- 
▼erfahren  angewandt:  Paracentese  der  Gjste  mit  nachfolgender  EinsphUnB^ 
▼on  Jod  (Boinet),  das  Liegenlassen  der  Canflle  in  der  Cyste  nnd  Dnrchfob- 
ren  einer  chirurgischen  Drainage.  Die  nach  solcher  Behandlung  erhalteicB 
Resultate  waren  aber  sehr  ungen&gend.  Prof.  A.  Krassowskj,  meiB 
hochverehrter  Lehrer  der  Gjnaekologie  und  Oeburtskande,  der  «eh 
von  den  ungflnstigen  Resultaten  bei  der  früheren  Behandlung  aus  6ig^ 
ner  Erfahrung  zur  Genüge  fibersengt  hatte,  führte  aun  ersten  Mal  dl« 
Ovariotomie  in  Russland  mit  glücklichem  Erfolge,  den  23.December  1862, 
aus.  Dieser  glücklich  verlaufene  Fall  hatte  einen  sehr  günstigen  Einfloas 
auf  das  Schicksal  der  Ovariotomie  in  diesem  Lande  überhaupt,  nnd  es  ge- 
bfihrt  daher  mit  Recht  die  Ehre  des  ersten  Ovariotomisten  in  Russland,  , 
Herrn  Prof.  A.  Krassowskj.  Seinem  Beispiele  folgten  bald:  Prof.  V.  i 
Grube  in  Ghafkow  (28.  Mai  1864);  Dr.  Ikawits  in  Tambow  (27.  Jnai 
1864);  Prof.  Sxjmanowski  in  Kiew  (22.  September  1864);  Dr.  Sklif- 
fassowsky  in  Odessa  (22.  October  1864.  24.  Juni  1865);  Dr.  Kade  ia 
St.  Petersburg  (6.  December  1864);  Prof.  Karawajef  in  Kiew  (2.'>.  Febnnr 
1865);  Dr.  Frohen  in  St.  Petersburg  (9.  Juli  1865);  Dr.  J.  Maslowskj 
(2.  October  1865);  Prof.  A.  Kieter  (3.  December  1865).*)  -  In  der  w«> 
liehen  Klinik  der  Kaiserlichen  Medico- Chirurgischen  Academie  au  St  Peten- 
bürg  wurden  bis  cum  Jnni  1866,  mit  Einschlnss  meines  oben  besehriebeoeo 
Falles,  8  Ovariotomieen,  nnd  unter  denen  2  doppelseitige,  ausgeführt  Die 
Operirten  befanden  sich  im  Alter  von  15  bis  39  Jahren.  In  6  Fällen  waren 
Verwachsungen  der  Cystenwand  mit  dem  Omentum  und  dem  PeritoneoD 
vorhanden;  in  drei  Füllen  wurden  die  Verwachsungen  mit  der  Hand  gel&t; 
in  einem  Falle  wurde  das  verwachsene  Omentum  mit  dem  fil  de  Floreoc« 
unterbanden,  und  die  Verwachsung  mit  dem  breiten  Mutterbande  mit  dem 
Ecraseur  gelöst;  in  den  beiden  letzten  Fällen  wurden  die  Verwachsnngei 
mit  glühendem  Eisen  getrennt.  Der  Stiel  der  Eierstockscyste  wurde  im  &- 
sten  Fall  nach  dem  Verfahren  van  Stüling  befestigt;  in  2  Fällen  wurde 
der  Stiel  mit  einer  Ligatur  (ligatures  perdues)  umbunden,  nnd  dann  in  die 
Beckenhöhle  zurückgeschoben;  in  zwei  Fällen  wurde  der  Clamp  Professor 
A.  K  ras  so  WS  ky 's  angelegt;  in  den  drei  übrigen  wurde  der  Stiel  mit 
einem  glühenden  Eisen,  unter  Anwendung  meines  schnabelförmigen 
Gauteriums,  abgebrannt 


*)  Prof.  Haartmann  in  Helsingsfors  führte  1848  eine  Ovariotomie 
aus,  allein  mit  tödtlichem  Ausgang;  dieser  Fall  aber  hatte  keinen  Einflass 
auf  die  Frage  von  der  Ovariotomie  und  hat  daher  nur  ein  historisches 
Interesse. 


Deber  die  Exstirpation  b«ider  Ofvien  etc.  537 

^^J^'i^  T"'"'**-'  -^  •'•'  <''«»P  --  e«««»  k""«»  Stiel  um- 
S^nirP^LT  T  '"  '•'«•  ""•«»  «'»»"-B;  die  drei  übrigen 
™r»;it    •  '!;  ?""'*"'•    ""^  «•«•»ctnitteneo  Ojefn  wmn  iJ  6 

r^rl^^i'l^TJ'"''  ""  *■•  ^•*«  -^-'>  -d  i«  einem  F.Ue 
piif^  ?w    ^  '""**''  ""•^*»'  •'"•  Dermoideyete. 

Sterke  V«,«1k     »»»"otomia  der  colosemlen  dennoiden  Cyste,  bei  welcher 
io^en-tonitio:'  *"'"  *"'  ''•  •^>'«  »*"•>  -»^  ^7  Stunden  in  Folge 

Woe.eMr"rji;?bia?„*r8,Y  ^  '^""0-''^  ^  ^erLufe  einiger 
7  OrnrioLmTJ  S  *'  ^"«"*^  '">  Z««koeselo'achen  Krukenhsuse 

d^Lellle  ;,i:  Wrriescenx  und  eine  ist  gestorben.    E.  waren  Ton 
let^r«  FMe  "       "*  ''°'"^'*'  Oy«ioto-.ieon.     In   einem   .on  den 

Fibroid  Hm  n»!  **''  !"""  ''"'  ^J"'*""'  «*"  aubperitoneale».  mitteIgnMses 
TnS^^t  «I     n'"':^"''°'  *"  ™*  «"'•  der\:«T-noe«J  Koeberl^.. 

t^nir.  7ndVrd^e"\r "?  '•  ^'*' "  "'*""^""'^  "*•  ^- 

l>mtt«n  «In  fl!  •  V.  "*"'*™«-    ^"«  exstirpirten  Cysten  waren  coUoide,  und 

?mfrnT»H'5  "n""  "^"'**"''  ~""'  >''^«-  «»••  Cysten  in  gro«.e« 
Fm!;!  r  ^r  <>'»«-*»"'  ""d  dem  Peritoneum  yerw^^hsen  w«en;  in  2 
t!Z  !?,  ^*'°  ''*"'"»°**»«»«'  Tb«!  des  Omentum  mit  dem  Glftheiaen  ent- 
rerTonB\n "'"*'"  *"*"*  '""  Orariotomie  wurden  nach  dem  Yerfah- 
rinn»         "  «u  '  °°'"'  Anwendong  meines  schnabelförmigen  Caute- 

™r*  n«.r    •  ^'*  »"«hwnnde  wnrde  dann  stets  durch  Knopfo&the 

tLtT^T^''  ^'*''**  ""^  ^«^  Nadeln  Startin's  geechloesen.  Bin 
ob^ii^w- K  °'°*^**  *"  Peritoneum  (tiefe  Naht),  der  andere  nur  die 
der  o  «  "  ®*^'"'"'''*«°  *<*  Wnndlippen  (oberil9chlicbe  Naht).  Mach 
gele  t  *"'*''  *'*"'  °*'*'°  enrihnte   Verband  von   E.  KoeberlÄ  an- 

Im  Ganzen  wurden  ron  Prof.  A.  Kraasowsky  in  der  KUnik  und  dem 

sch»«i  ♦  f '"^owsky,  Orariotomie  oder  Ezstiipation  der  Bierstockge- 
struo^T'  .  "*''^'*'  Dissertation.  Mit  einer  Tafel,  Abblldangen  der  In- 
Meditiinrvi  t'^°**"  enthaltend.  8.  (156  5.)  St  Petersburg  1866.  CWoenno- 
jueoittineki  hnnaL    Octbr-  NoTbr.  Decbr-  1866.) 


538  I>r-  J-  MasIowBkj, 

Zankoeselo'schea  Krankenkenhause  15  OfariotomieeD  mosgefahrt;  tod  des- 
eelben  hatten  9  einen  günstigen,  6  einen  tödtlichen  Aasgang*'). 

In  RuBsland  wurden  bis  zam  Oktober  1866  im  Ganzen  28  Ovarioto 
mieen  anegefflhrt,  ron  denselben  waren  25  Tollstftndige  (5  beideraeitige, 
Ovariotomia  duplex).  14  Operirte  genasen,  11  starben;  in  2  FäUea  word« 
die  Operation  nicht  an  Ende  geffihrt;  in  einem  Falle  war  ein  Fehler  io  der 
Diagnose  gemacht  worden;  derselbe  endete  t<(dtlich **). 

Gegenwärtig  wird  wohl  Niemand  bezweifeln  können,  dass  bei  der  Oft- 
riotomie,  ausser  einer  richtigen  Diagnose  und  gfinstigen  hygienischen  Ver- 
hältnissen, das  Operationsverfahren  selbst  von  dem  grGssten  Einfloss  aot 
den  Ausgang  der  Operation  ist  Dieses  Verfahren  bezieht  sich  insbesoodere 
auf  die  Art  der  Trennung  des  Cystenstieles. 

Schon  seit  der  Zeit,  wo  die  Ovariotomie  zum  ersten  Mal  ausgeführt 
wurde,  angefangen  mit  Robert  Houstoun  (1701)  bis  anf  die  Ovarioto- 
misten  Englands,  Frankreichs,  Amerika*s,  Deutschlands,  Rasslands  der  Ge- 
genwart ist  auf  die  Art  der  Entfernung  der  Geschwulst  die  meiste  Auf- 
merksamkeit verwandt  worden.  Zu  diesem  Zwecke  wurden  tu  verscbiedeoefl 
Zeiten  verschiedene  Methoden  vorgeschlagen,  namentlich :  1)  AUgemeiae  w^ 
partielle  Ligatur;  2)  das  Verfahren  von  Stilling;  3)  Clamp;  4)  Ecrasear; 
5)  Acnpressur  von  Simpson;  6)  Glüheisen  von  Baker  Brown.  Ohne 
mich  specieller  auf  die  Beschreibung  aller  dieser  Methoden  einznlaseeo,  die 
ich  auf  Grund  meiner  Beobachtungen  am  Krankeabette  der  Operirteo,  kri- 
tisch in  meiner  Dissertation  besprochen  habe,  will  ich  nur  das  letzte  Ope- 
rationsverfahren, als  das  gegenwärtig  am  meisten  gebrincfa liehe,  etvas 
nAher  betrachten. 

Der  Londoner  Ovariotomist  Baker  Brown,  gestatzt  auf  die  Idee 
J.  Olay's,  gebrauchte  im  Jahre  1865  das  Glfiheisen,  um  den  Stiel  der 
Cyste  zu  trennen,  und  schlug  zu  dem  Zwecke  seinen  Olamp  und  ein  pris- 
matisches Gauterium  ror.***)  Ich  wandte,  wie  erwähnt,  zum  ersten  Mal  in 
Russland  die  Methode  Ton  Baker  Brown  an,  und  bemerkte  dabei,  di» 
der  Glamp  dieses  Ovariotomisten  nicht  immer  zum  Abbrennen  eines  knrzeo 
Stieles  angewandt  werden  könne.  Das  bewog  mich  im  Januar  1866,  meisen 
Glamp  vorzuschlagen,  auf  dem  man  sowohl  einen  kurzen,  als  langen  Stiel, 


♦)  Prof  A.  Krassowsky,  Kurze  Mittheilung 'über  7  Ovariotomie^»- 
(St  Petersburger  Medicinische  Zeitschrift.  Bd.  XL  Hft.  7.  1866.) 

**)  Die  Zahl  sftmmtliche^  in  allen  Ländern  ausgeführten  Ovariotomieeo 
belauft  sich  nach  unserer  Statistik  bis  zum  Jahre  1866  auf  904;  von  densel- 
ben erfolgte  Heilung  in  533  Fällen  (59  pGt.),  und  endeten  tödüich  871  Fäiie 
(41  pGt.) 

•♦♦)  The  Lancet.  VoL  IL  N.  IX.,  X.  pp-  229,  260.  1866. 


Geber  die  Exstirpation  beider  Ovarien  etc.  539 

als  auch  die  Adhäsionen  abbrennen  kann.    Auf  meinem  Olamp  kann  man 
leicht  Gewebstheile  von  8— 1^  Cm.  Länge  abbrennen ,  was  mit  dem  Glamp 
▼on  Baker  Brown  nicht  möglich  ist.    Bei  den  Verbuchen,  bei  welchen  ich 
Hunden  die  Oberschenkelgefässe  mit  den  Muskeln,  en  masse,  mit  Hülfe  des 
prismatischen  Ganterinms  abbrannte,  erfolgten  Blutungen  ans  den  grösseren 
Arterien,  die  selbst  nach  wiederholtem  Ganterisiren  nicht  aufhörten«    Aus- 
serdem beweisen  auch  die  ron  Prof.  A.  Rieter,  A*  Krassowskj  in  St 
Petersburg,  und  yon  Dr.  Butcher  in  Dublin  ansgeffihrten  O?ariotomieen, 
dasa  das   prismatische  Gauterium  die  Blutung  aus  den  grossen  Oeftssen 
des  Stieles  und  des  Omentum  nicht  stillt    Dm  die  Blutung  der  grösseren 
Gefllsse  der  Gystenstieles  oder  der  Adhäsionen  zu  stillen,  schlug  ich  ein 
bis   aar  Rothgiahhitxe  erwärmtes  schnabelförmiges   Glfiheisen  ror, 
mit  dem  man  das  Lumen  selbst  der  blutenden  Gellsse  cauterisiren  kann« 
Hier  erfolgt  der  Verschluss  dee  Gefässes  theils  durch  die  nach  innen  .um- 
geschlagenen Ränder  der  Gefllsswandungen,  theils  durch  feste,  in  Folge  der 
Hitze  entstehende  Blutgerinnsel.     Ich  bin  nach  den  Erfahrungen,  die  ich 
bei  den  OTariotomieen  gemacht  habe,  flberzengt,  dass  auf  diese  Weise  am 
sichersten  einer  secundären  Blutung  yorgebengt  werden  kann.     Professor 
A.  Krassowskj  wandte  in  den  letzten  9.  Fällen  mein  schnabelförmiges 
Glüheisen  mit  Erfolg  an,  und  in  einem  Falle  operirte  er  mit  meinem  Glamp. 
Welches  Schicksal  nun  der  Brandschorf  oder  die  Terschiedenen  Liga- 
turen in  der  Bauchhöhle  erleiden,  darfiber  haben  meine  Versuche  an  Hun- 
den, die   ich  schon   im  Jahre  1864   begann,  positi?e  Resultate  ergeben 
dieselben  sind  in  Kurzem  folgende: 

1)  Die  Hunde  ertragen  die  metallischen  Ligaturen  leichter,  als  die  sei- 
denen. 

2)  Die  seidenen,  eisernen,  kupfernen,  silbernen  Ligaturen  und  fils  de 
Florence  werden  stets  tou  neugebildetem  Bindegewebe  eingekapselt,  um  die 
seidenen  bildet  sich  zugleich  ein  wenig  Eiter. 

3)  Das  üterushom  beim  Hunde,  zu  dem  die  Blhtznfnhr  durch  eine 
feste  Ligatur  rollkommen  unterbrochen  ist,  und  welches  inmitten  der  serösen 
Membranen  gelassen  wird,  necrotisirt  nicht,  sondern  wird  von  neugebildetem 
Bindegewebe  umgeben,  und  erhält  von  demselben  sein  Ernährungsmaterial. 

4)  Der  Brandschorf  auf  dem  Gomn  uteri  wird  nicht  durch  Eiterung 
abgestossen,  sondern  von  neugebildetem  Bindegewebe  eingekapselt,  und  ver- 
wächst dann  fest  mit  den  umliegenden  Theilen. 

5)  Die  Bauchwunde  wächst  dann  am  yoUständigsten  und  schnellsten 
zu,  wenn  die  Nähte  auch  das  Peritoneum  durchdringen. 

Sowohl  diese  Resultate,  als  auch  die  Beobachtungen  am  Krankenbette 
beweisen,  dass  das  Abbrennen  des  Stieles  der  EierstocksgeschwQlste  das 
beste  und  sicherste  Verfahren  ist,  das  man  sowohl  bei  langem,  als  kurzem 


540  Dr.  J.  Maslowskj, 

Stiel  anwenden  kann.  Endlich  sprechen  anch  dafür  die  gläoaeBden  Resal- 
täte,  welche  von  den  OYariotomisten' Baker  Brown  in  London  und  Prof. 
A.  Kraesowsky  in  St  Petersburg  erzielt  worden  sind. 


Cbap  im  Akbremea  des  Stieles  nd  der  Yerwachsugt«  der  Hoslods- 

sesi&wilste. 

Erklärung  der  Abbildnngen  anf  Tafel  V. 

Fig.  1.  Der  Glamp  besteht  ans  einer  Stahlröhre  (A  B),  von  16  Gn. 
Länge  and  4  Gm.  Breite,  in  der  sich  eine  geradlinige  Scbranbe  mit  einem 
qneren  Handgriff  (B)  befindet  An  der  Schraube  ist  eine  Schraubenmutter 
▼on  5  Gm.  Länge  angebracht;  die  mit  Längsstreifen  y ersehenen  Arme  der- 
selben endigen  in  gabelförmige  Schraubenmuttern  (G  0),  welche  sum  Be- 
festigen eines  dicken  Silberdrahtes  (c  c)  dienen.  In  der  Mitte  der  hjnteren 
Fläche  ist  ein  gebogener  Handgriff  angebracht  (Fig.  2.  D.)  Anf  das  vor- 
dere Ende  der  Röhre  schraubt  man  ein  unter  sehr  stumpfem  Winkel  gebo- 
genes Endstück  (E)  von  6  Gm.  Länge  an,  das  in  einen  mit  swei  oTslen 
Oehrchen  (F  F)  versehenen,  abgerundeten  Rand  (F  P)  yon  6  Gm.  Breite 
und  6  Mm.  Dicke  ausläuft 

Die  Oberfläche  des  Randes  (F  F)  ist  mit  netxförmigen  EinkerbuDgea 
▼ersehen.  An  jedem  Seitenrande  des  Endstückes  befindet  sich  ein  Blocic 
(Fig.  2.  G).  Durch  die  Oehrchen  (F  F)  ist  ein  dicker  Silberdraht  durchge- 
zogen, welcher  an  der  queren  Schraubenmutter  befestigt  wird.  An  der 
oberen  Oberfläche  des  Endstückes  (E)  sind  zwei,  unter  demselben  stunpfea 
Winkel  gebogene,  aufeinander  liegende  Platten  (Fig.  2.  H  J)  angebracht  Die 
untere  Platte  (H)  besteht  aus  Elfenbein,  die  obere  (J)  aus  Neusilber.  Der 
horizontale  Theil  (H  J)  dieser  Platten  ist  6  Gm.  lang,  3  Gm.  breit;  der  ge- 
neigte (K)  2  Gm.  breit  Der  obere  abgerundete  Rand  dieser  Platten  befin- 
det sich  in  gleicher  Höhe  mit  dem  entsprechenden  Rande  des  EndstOckea. 

Fig.  2.  Stellt  den  Glamp  von  der  Seite  dar;  man  sieht  den  Block 
(0),  der  dazu  dient,  die  Silberdrähte  in  der  richtigen  Lage  zu  erhalten. 
Die  Handhabe  (D). 

Fig.  8.    Prismatisches  Gauterium. 

Fig.  4.  Das  schnabelf5rmige  Gauterium,  das  yom  Verfasser  zum  iso- 
lirten  Ganterisiren  grösserer  Gefässe  der  Adhäsionen  und  des  Oystenstieles 
Torgeschlagen  worden  ist  Es  ist  vortheilhaft,  zwei  solcher  Gauterien,  von 
verschiedener  Dicke  des  Schnabelendes  (A),  you  ^  und  1^  Mllm.  Dnrch- 
messer  zu  haben. 

Fig.  5.  Zange  zum  Erfassen  und  Befestigen  der  erhitzten  Gauterien 
an  die  Handhabe, 


üeber  die  Bxatirpation  beider  Ovarien  etc.  541 

Fig.  6.    Handhabe  för  die  Cauterien. 

Mein  Glamp  wird  in  folgender  Weise  angewandt:  Das  eine  Ende  dea 
dicken  Silberdrahtes  befestigt  man  am  linken  Arm^  der  Schranbenmatter 
(G);  das  andere  Bnde  f&hrt  man  Aber  den  entsprechenden  Block  (G)  darch 
das  linke  Oehr  des  Endstückes.  Dann  nmfasst  man  mit  diesem  Draht  den 
Stiel  der  Eierstocksgesehwnlst  oder  die  Adhisioneo,  sieht  den  Draht  darch 
das  rechte  Oehr  durch,  legt  ihn  am  Block  (0)  an,  und  befestigt  ihn  dann 
an  dem  rechten  Arm  der  Schranbenmatter.  Aaf  diese  Weise  wird  der  zum 
Abbrennen  bestimmte  Theil  darch  die  Drahtschlinge  festgehalten.  Darauf 
dreht  man  die  Handhabe  der  Schraube  von  links  nach  rechts,  und  zieht  so 
den  in  der  Schlinge  gelegenem  Theil  der  Geschwulst  immer  mehr  zusam- 
men, nnd  er  wird  dadurch  fest  an  den  Rand  des  Bndstfickes  angedrückt 
Darauf  brennt  man  diesen  Theil  mit  Hülfe  eines  zur  RothglOhhitze  erwärm- 
ten prismatischen  Gaateriums  auf  der  Platte  des  Endstückes  durch ,  indem 
man  sftgefOrmige  Bewegungen  mit  geringem  Druck  ausübt  Darauf  lockert 
man  Tersuchs weise  ein  wenig  die  Drahtschlinge,  indem  man  die  Schraube 
▼on  rechts  nach  links  dreht,  um  zu  sehen,  ob  eine  Blutung  erfolgt  Im 
Falle  dieselbe  eintritt,  schraubt  man  die  Schlinge  wieder  fester,  und  caute- 
risirt  dann  die  Lumina  der  Blutgeftsse,  die  sich  auf  dem  Schorf  als  gelbe 
Ringe  darstellen,  mit  meinem  schnabelförmigen  Gauterium.  Hiernach  steht 
die  Blutung  gewöhnlich  still.  Darauf  entfernt  man  die  Drahtschlig^,  indem 
man  das  rechte  Ende  des  Drahtes  von  der  Schraubenmutter  löst,  und  es 
aus  dem  rechten  Oehr  herauszieht 

Ich  schlage  vor,  den  Stiel  oder  die  Adhäsionen  der  Eierstocksge- 
schwülste nur  mit  Hülfe  meines  Gauteriums  abzubrennen.  In  dem  Zweck 
fasst  man  den  zum  Abbrennen  bestimmten  Theil  mit  demselben  Glamp,  in 
der  früher  beschriebenen  Weise,  und  schneidet  dann  den  erfassten  Theil  über 
der  Drahtschlinge  mit  einer  Scheere  ab;  die  Gefässlumina  werden  dann 
einzeln  mit  dem  Ende  des  schnabelförmigen  Gauteriums  gebrannt,  und  dann 
noch  die  ganze  Oberfläche  des  durchschnittenen  Tbeiles  mit  der  Kugel  des- 
selben Gaateriums  einige  Mal  cauterisirt 


6.  Pro  domo. 

Von 


Dr.  DAüsel, 

'Arzt  des  katholischen  Krankenhauses  in  Hamburg. 


Im  2.  Hefte  des  VII.  Bandes  dieses  Archives,  S.  304.,  lese  ich  eine 
kurze  Krankengeschichte  eines  von  mir  im  Sommer  des  Jahres  1864  im 


542  ^T'  Daniel, 

hiesigen  katholischen  Krankenhanse  bebandelten  Kranken.  Herr  Dr.  G. 
Heine  hat  die  Krankengeschichte  in  Berlin,  oder  sonst  wo,  gemacht  nnd 
erzfthlt,  nnd  ich  habe  4en  Kranken  in  Hamburg  behandelt  nnd  geheilt  Un- 
ter so  bewandten  Omstfinden  kommen  mir  noch  ein  Paar  nachirigliche  Be- 
merknngen  in  der  Angelegenheit  in. 

Der  Fall,  um  welchen  es  eich  hier  handelt,  ist  ein  sehr  bedenteDder 
und  in  vielfacher  Beziehung  interessanter:  ja  das  Schicksal  meines  Patien- 
ten ist  auch  in  nichtärztlichen  Kreisen  mit  grosser  Theilnahme  yeifolgt 
worden,  indem  derselbe  dem  energischen  Handeln  des  Generalarztes  ▼.  Lan- 
ge nbeck,  welcher  ihn  damals  von  Gopenhagen  nach  Ramburg  entführte, 
sein  Leben  yerdankte. 

Der  Kangl  Preussische  Premier  Lieutenant  ▼.  J.  war  am  28.  Marzjeoea 
Jahres  durch  einen  Plintenschuss  verwundet  worden,  und  obgleich  die  Ver- 
wundung nur  eine  einfache  Fleisch  wunde  durch  die  Wade,  mit  Kingangs- 
und  Ansgangsloch ,  gewesen  war,  so  fand  ihn  doch  v.  Langenbeck  noch 
am  12.  Mai  in  Gopenhagen  ungeheilt|  und  zwar  mit  Gangraena  noso- 
comialis.  Der  Generalarzt  brachte  ihn,  wie  gesagt,  nach  Hamburg,  und  am 
14.  Mai  übergab  er  ihn  im  hiesigen  katholischen  Krankenhause  meiner  Be- 
handlung. Am  16.  Mai  applicirten  wir,  da,  trotz  der  angewandten  ümschlSge 
von  hypermangansauerem  Kali,  der  Brand  in  24  Stunden  deutliche  Fort- 
schritte gemacht  hatte,  das  Ferrum  candens.  An  demselben  Nachmittage 
reiste  v.  Langenbeck  ab,  nnd  Hberliess  mir  nun  die  Behandlung  allein. 
Der  Brand  stand  nicht  unmittelbar  nach  der  Anwendung  des  Ferrum  can- 
dens, sondern  erst  nach  energisch  fortgesetzten,  nnd  h&ufig  wiederholten 
Aufschlägen  einer  starken  Lösung  von  Kali  chloricum.  Als  der  Schorf, 
Brandschorf  und  Brennschorf,  sich  losgestossen,  zeigte  sich  erst,  wie  gro» 
der  Substanzverlust  geworden:  fast  die  ganze  L&nge  des  Unterschenkels, 
nnd  mehr  als  zwei  Drittel  des  Umfanges  desselben  nahm  die  grosse  Wonde 
ein,  dabei  war  sie  sehr  tief:  von  Gastrocnemiis  keine  Rede  mehr,  vom  So- 
leus  nur  noch  Reste,  die  Sehnen  des  Flexor  digitorum  communis,  des  Flexor 
haltueis  nnd  Tibialis  posticus. lagen  nicht,  sondern  baumelten  in  der  Wände: 
im  tiefen  Grunde  sah  man  die  hintere  Fläche  der  Tibia.  Dessenungeachtet 
ging  nur  die  Sehne  des  Tibialis  posticus  verloren.  Alles  Debrige  wurde 
durch  die  sorgfältigste  Behandlung  vor  dem  Untergänge  bewahrt  Die  Eite- 
rung war  so  copiös,  dass  ich  den  Patienten  die  erste  Zeit  dreimal  amTa^e 
verbinden  rousste,  und  dennoch  blieb,  bei  dem  durch  Sorge,  Schmerz,  Säfte- 
Verlust  und  Fieber  auf  das  Aeusserate  herabgekommenen  Kräftezustande 
des  Kranken,  noch  Wochen  lang  die  Genesung  überhaupt  zweifelhaft, 

Dass  bei  einer  solchen  Wunde,  deren  Heilung  mehr  als  problematisch 
erschien,  und  deren  erste  erfreuliche  Fortschritte  so  viel  Interesse  erregten, 
dass  ich  nicht  selten  die  Ehre  hatte,  bei  meiner  Visite  Gollegen  vom  Köngl 


Pro  domo.  54\ 

Prenssischen  Militair  sn  Znschanern  zu  habea,  dasfl,  bei  einer  solchen  Wände 
der  gaoxen  Wade  Torlftofig  kein  allzu  grosses  Gewicht  aaf  Stellang  des 
Fasses  nnd  Kniegelenkes  gel^  werden  darfte,  liegt  aaf  der  Hand.  Den- 
noch war  Beides  noch  am  20.  Jnli  so  gnt,  dass,  wie  ich  in  meinem  Journale 
finde,  an  dem  Tage  y.  Langenbeek,  bei  einem  Besuche  in  Hamburg,  der 
Hoffnung  Raum  gab,  Pat  werde  schon  nach  der  beabsichtigten  Badekur  in 
Teplitz  wieder  gehen  kennen.  Am  2.  August  entliess  ich  meinen  Patienten, 
mit  fast  geheiltem  Beine,  nach  Teplitz,  und  Anfangs  October,  also  2  Mo- 
nate, nachdem  derselbe  Hamburg  yerlassen,  kam  er  nach  Berlin,  and  nun 
zeigte  sich,  dass  eine  Tenotomie  der  Achillessehne  und  eine  Streckung  des 
Beines  noch  nothwendig  geworden  war. 

Das  ist  der  thatsftchliche  Verlauf  des  Falles,  und  so  ist  Herr  Dr.  Heine 
durchaus  nicht  berechtigt,  in  seinem  Aufsätze  »die  Schussverletzungen  der 
unteren  Extremitäten  nach  eigenen  Erfahrnngen"  fremde  Erfahrungen 
herbeizuziehen,  und  noch  dazu  die  ganz  fiberflflssige  und  nnvorsichtige  Be- 
merkung einfliessen  zu  lassen,  dass  ^ 

.in  Folge  nicht  ganz  sorgfiltigen  Achtens  auf  die 
.Knie-  und  Fussstellung  w&hrend  der  Wundheilung 
»in  Hamburg'*) 
»sich  eine  Retraction  im  Kniegelenke  und  ein  Pes  equinns  entwickelt  habe.* 
Der  Herr  Patient  und  ich  selbst,  wir  haben  alle  Ursache,  mit  der 
Wnndheiinng  in  Hamburg  sehr  zufrieden  zu  sein,  allein  grosse  So bstanz Ver- 
luste der  Wade,  namentlich  der  Haut  derselben,  haben  solche  Difformitäten, 
wie  die  genannten,  auch  bei  der  sorgfUtigsten  Behandlung  nur  gar  zu  leicht 
in  ihrem  Gefolge,  in  dem  vorliegenden  Falle  aber,  sehe  ich  auch  in  der  un- 
gefährlichen Nachoperation  einer  Tenotomie  in  der  That  ein  geringeres  I3u- 
glGck,  als  die  Heilung  durch  unzeitige  Sireckversuche  aufzuhalten,  oder  gar 
in  Frage  zu  stellen;  im  Gegentheil,  zwischen  diesen  beiden  Eventualitäten 
wird  keinem  Chirurgen  die  Wahl  schwer  werden,  und  unter  allen  umstän- 
den muBS  man  die  Behandlung  mit  durchgemacht  haben,  ehe  mau  sich  ein 
Drtheil  in  der  Sache  erhiuben  darf.  So  viel  pro  domo.  KQrzHch  erlebte 
ich  etwas  ganz  Aehnliches  in  Folge  eines  grossen  Substanzverlustes  in  der 
Kniekehlen-  und  Wadenhaut,  und  da  die  Krankengeschichte  auch  sonst  von 
Interesse  ist,  will  ich  ihrer  bei  dieser  Gelegenheit  erwähnen. 

Johannes  K.,  ein  Knabe  von  6  Jahren,  kam  in's  Hospital,  wegen 
eines  seit  Jahren  bestehenden  Kniegelenkleidens.  Das  Kind  war  in  einem 
sehr  traurigen  Zustande,  abgemagert  und  fiebernd,  wimmerte  es  Tag  und 
Nacht  vor  Schmerzen.    Das  Knie  stand  im  rechten  Winkel,   war  hochroth, 


*)  Warum  nicht  auch  in  Teplitz,  während  der  zwei  Monate? 


^544  Dr*  Dantel, 

heisB,  und  grenste  sieb,  dick  geschwolleiiy  kolbenförmig  rom  mageren  Ober- 
sebenkel  ab.  Dabei  8  Fisteln,  welche  einen  dünnen  Eiter  entlieaeen.  Die 
Sonde  fühlte  das  tief  zerstörte  Gelenk.  Unter  diesen  Dmstlnden  beschloss 
ich  die  totale  Resection  des  KniegelenkeSi  welche  ich  am  6.  De- 
cember  1864  ansführte.  Ich  machte  den  Bogenschnitt  von  einem  Tnberen- 
Inm  znm  anderen.  Die  Patella  ezstirpirte  icb;  Ligamenta  cmdata  waren 
theilweise  zerstört;  Tibia  voll  schlaffer  Grannlationen  aaf  der  zerstGrten  Ge- 
lenkflftche,  Pemnr  weniger  ergriffen«  Ich  sftgte,  grnndsfttslich,  von  Beideo 
nor  eine  dünne  Lamelle  ab,  aber  die  Knochen  Hessen  sich  nicht  eonformi- 
ren,  nnd  bei  dem  Yersnche  riss  die  kranke  Kniekehlenhaut  ein,  nod  eot- 
'  leerte  einen  bedeutenden  Senkungsabscess.  Um  die  Flüchen  der  Sigeschnitte 
einander  zn  nühern,  mnsste  nocb  ein  ^"  dickes  Stfick  des  Femor  abgesigt 
werden.  Nael^dem  die  Blotnng  gestillt,  nnd  die  Wunde  gereinigt  war,  zeigte 
sich  der  grosse  Einriss  in  der  Haut  der  Kniekehle,  welche  in  ziemlich  wei- 
tem Umfange  nnterminirt  war,  was,  bei  der  Winkelstellnng  des  Knies,  vor 
der  Operation  nicht  so  deutlich  erkannt  werden  konnte.  Die  Eztremitit 
wurde  nun  in  eine  Schiene  gelegt,  wie  sie  Linhart  in  seiner  operatifes 
Chirurgie,  S.  435.  abbildet  und  empfiehlt  Diese  Schiene,  mit  einem  be- 
weglichen Mittelstücke,  welches  entfernt  werden  kann,  so  dass  man  ein  be- 
deutendes StQck,  über  nnd  unter  der  Operations  wunde  hinauf,  das  Glied 
biossiegen,  und  so  täglich  verbinden  kann,  ohne  dass  die  Extremität  aaeh 
nur  im  Geringsten  in  ihrer  ruhigen  Lage  gesUSrt  zu  werden  braucht,  habe 
ich  jetzt  in  zwei  Fällen  angewendet,  und  muss  ihr  sehr  das  Wort  reden. 
Nach  der  Resection  des  Ellenbogengelenkes  bediene  ich  mich  einer  ähnlicheo 
Schiene,*)  welche,  nach  demselben  Principe  der  ruhigen  Lagerung  der  Ex- 
tremität, Vorderarm  nnd  Oberarm  im  stumpfen  Winkel  zu  einander  erhält; 
bei  ihr  ist  die  Gegend  der  Operationswunde  ganz  frei,  indem  die  beiden 
SchienenstDcke,  auf  welchen  der  Oberarm  und  Vorderarm  lagern,  nur  darfh 
eine  eiserne  Spange  verbunden  sind,  welche  zu  gleicher  Zeit  als  Handgriff 
dient  Beide  Apparate  können  ohne  Zweifel  auch  durch  Gyps  ersetzt  wer- 
den, allein  sie  sind,  namentlich  fKr  die  ersten  Wochen  der  Kur,  so  lange 
die  Eiterung  noch  copiös  ist,  zu  empfehlen. 

In  der  Linhart'schen  lagert  das  operirte  Bein  sehr  sicher,  nnd  die 
Fussstellnng  kann  auch. durch  das  Fnssbrett  derselben  sehr  gut  normirt 
werden,  allein  in  dem  so  eben  erzählten  Falle  gslang  es  mir  dennoch  nicht, 
einen  Pes  eqninus  zu  rerbfiten,  eben  weil  der  grosse  Substanzverlust  der 
Kniekehlen-  und  Wadenhaut  in  der  Narbenbildung  alle  meine  Bemühungen 
yergeblich  machte.  Nun,  ich  habe  mir  keine  grosse  Sorge  daraus  erwachsen 
lassen,  sondern  ror  allen  Dingen  mich  bestrebt,  eine'  feste  Vereinigung  der 


*)  Bereits  ip  drei  Fällen. 


Pro  domo.  545 

darchsigteo  Koochen  sn  eniolen.  Nach  vielen  Fort-  und  RflcksehrittOD, 
ein  ganzes  Jahr  Terstrich  dartiber,  hatte  ich  endlich  ein  fest  consolidirtes 
Bein,  an  gleicher  Zeit  aber  aach  einen  gans  gehörigen  Pes  equinns  Yor  mir. 
Am  1.  December  durchschnitt  ich  nun  meinem  Kranken  die  Achillessehne, 
nnd  legte  den  Fnss  einige  Wochen  in  Gjps.  Schon  im  Mars  dieses  Jahres 
ging  mein  Patient  ohne  Stock  nnd  Krficke,  und  der  Pes  equinns  ist  l&ugst 
vergeaaen.  Die  Analogie  des  obigen  Pes  equinns  und  dieses  sweiten  liegt 
auf  der  Hand,  und  in  beiden  F&llen  handelte  es  sich  um  weit  wichtigere 
Dinge,  als  um  die  VerhQtnng  einer  Difformitit,  welche  ganz  ungefährlich 
dnrch  das  Tenotom  verbessert  werden  konnte :  ich  bin  aber  anch  der  festen 
Ansicht,  dass,  unter  ähnlichen  Verhältnissen,  der  Pes  equinns,  mehr  oder 
minder,  gar  nicht  an  vermeiden  sein  wird. 


XII. 

Carl  Otto  Weber, 

weiland  Professor  der  Chirurgie  in  Heidelberg. 


Nekrolog 


VOB 


Dr.  Th.  Blllroth. 


Als  sich  die  Nachricht  von  dem  am  11.  Juni  1867  so  unerwar- 
tet erfojgten  Tode  Otto  Weber's  in  Heidelberg  durch  Deutsch- 
land verbreitete,  hat  sicherlich  Jeder,  der  mit  der  Entwickelung 
der  modernen  Medicin  in  Beziehung  stiind,  eine  tiefe  Betrubniss 
eppfanden.  Die  Fachgenossen  fühlten,  dass  die  Wissenschaft 
einen  Verlust  erlitten  hatte,  zu  dessen  Ausgleichung  es  minde- 
stens wieder  Jahre  bedürfen  wird;  die  Freunde  und  Altersge- 
nossen Weber's  durchdrang  ein  schmerzliches,  inneres  Weh, 
und  sagten  sich:  f&r  mich  ist  Weber  nicht  mehr  zu  ersetzen, 

▼.  Lang«ob«ek'i  ArehW  fTir  Chiriiripe.  TX.  35 


546  ^r-  '^^^  Billroth, 

wir  verlieren  in  ihm  einen  Mann,  dessen  Frenndschaft  uns  zum 
Lebensbedürfnisse  geworden  war.  Wer  ihm  nahestand ,  konnte 
den  Gedanken  nicht  fassen,  dass  Weber  nicht  mehr  sein  sollte. 
Er,  der  so  rastlos  th&tig  war,  der  immer  schaffte,  unerschöpflich 
war,  nicht  nur  an  neuen  Ideen  und  Arbeitsplänen,  sondern  auch 
unermfidlich  in  der  Ausfuhrung  dieser  Pläne,  er  sollte  nicht  mehr 
sein!  es  schien  undenkbar!  Wir  empfanden  stets  eine  behag- 
liche Sicherheil,  wenn  wir  wussten,  Weber  beschäftigt  sich  jetzt 
mit  diesem  oder  jenem  Gegenstande,  denn  wir  wussten  immer, 
es  kommt  etwas  Vorzügliches  heraus.  Und  das  sollte  nun  Alles 
vorbei  sein!  das  sollte  jetzt  aufhören  in  einem  Momente,  in  wel- 
chem die  Kraft  dieses  Mannes  im  kräftigsten  Wachsen  war?  so 
jäh  sollte  die  Periode  der  Glassicität  dieses  trefflichen  Gelehrten, 
Arztes,  Lehrers  abbrechen!  Unmöglich!  und  doch  leider  nur  zu 
wahr!  Armer  Freund!  es  sollte  Dir  nur  vergOnnt  sein,  Deine 
Aussaat  keimen  zu  sehen!  doch  ihr  Heranwachsen,  ihre  kräftige 
Entwickelung  solltest  Du  nicht  mehr  erleben!  Dein^Geist  ab& 
lebt  unvergänglich  in  der  Wissenschaft  fort,  denn  die  wiüirha& 
productive  geistige  Arbeit  ist  unvertilgbar!  sie  ist  die  Unsterb- 
lichkeit des  Geistes! 

Wenn  wir  bei  dem  Tode  eines  unserer  Lieben  zugegen  sind, 
so  drücken  wir  ihm  sanft  die  starr  gewordenen  Augen  zu,  und* 
suchen  so  den  uns  lieben  Zügen  den  Ausdruck  des  Schlafes  ta 
geben;  so  prägt  sich  das  Bild  des  Verewigten  unserer  Phan- 
tasie freundlicher  ein,  als  das  starre  Bild  des  wahren  Todes. 
Ich  mochte  es  damit  vergleichen,  wenn  ein  Freund  dem  Freunde 
einen  Nekrolog  schreibt;  es  mildert  den  Schmerz,  es  versöhnt 
uns  mit  der  unabweis^ichen  Nothwendigkeit,  das  Geschehene  als 
geschehen  anzuerkennen,  wenn  wir  ihm  geistig  die  Augen  schlier- 
Ren,  und  uns  an  dem  Bilde  des  Entschlafenen  wehmüthig  er- 
freuen, indem  wir  für  uns  das  Facit  seines  Lebens  ziehen.  & 
liegt  in  der  Natur  der  Dinge,  dass  ein  solches  Bild  kein  völlig 
objectives  sein  kann,  jede  Schilderung,  die  wir  von  unseren 
Freunden  oder  von  unseren  Feinden  entwerfen,  enthält  „Wahrheit 
und  Dichtung^. 


Carl  Otto  Weber,  Nekrolog.  547 

Mir  war  es  erst  im  Laufe  der  letzten  Jahre  Tergönnt,  We- 
ber persönlich  näher  zu  treten,  wenngleich  wir  durch  die  Rich- 
tung unserer  beiderseitigen  Arbeiten  schon  lange  in  naher  geisti- 
ger Beziehung  zu  einander  standen.  Durch  letzteren  Umstand 
glaube  ich  mich  wohl  berechtigt,  den  Nekrolog  für  meinen  Freund 
zu  schreiben.  Dass  ich  die  grosse  Vielseitigkeit  in  Web  er 's 
Arbeiten  und  Talenten  nur  von  meinem  Standpunkte  aus  beur- 
theilen  kann,  d.  h.  nur  soweit  ich  sie  zu  würdigen  weiss  und 
verstehe,  ist  selbstverständlich,  doch  hebe  ich  es  besonders 
hervor  ffir  Diejenigen,  welche  die  Ansicht  hegen,  ein  Nekrolog 
müsse  eine  mit  der  Waage  historischer  Kritik  abgemessene  Bio* 
graphie  sein.  Das  ist  ganz  einfach  schon  deshalb  nicht  möglich, 
weil  man  seine  Altersgenossen,  ebensowenig  als  sich  selbst,  als 
historisches  Object  im  strengen  Sinne  des  Wortes  beurtheilen 
kann.  Ich  werde  mich  bemühen,  meine  Aufgabe  nach  Kräften 
zu  lösen.  Die  meisten  deutschen  Zeitschriften  haben  Weheres 
Tod  als  einen  der  grössten  Verluste  für  die  Wissenschaft  be- 
trauert, einige  auch  kurze  Nekrologe  gebracht.  Selbst  die  ärzt- 
liche Gesellschaft  von  New  York  hat  in  warmen  Worten  des 
traurigen  Ereignisses  und  der  Verdiensie  des  Verstorbenen  ge- 
dacht. 


Carl  OttoWeber  wurde  am  29.  December  1827  in  Frank- 
furt am  Main  geboren;  sein  Vater  war  ein  tüchtiger,  auch  durch 
schriftstellerische  Arbeiten  bekannt  gewordener  Philologe  von  viel- 
seitiger Bildung,  und  wurde  bald  nachher  als  Gymnasial-Director 
nach  Bremen  berufen.  Dort  verlebte  unser  Weber  seine  Jugend, 
und  erlangte  seine  erste  Bildung  unter  der  Leitung  seines  Vaters. 
Schon  früh  trat  die  Neigung  zu  den  Naturwissenschaften  bei  ihm 
hervor;  Botanik,  später  Paläontologie,  Geologie  waren  Lieblings- 
Gegenstände  far  die  eigene  Arbeit,  ohne  dass  deshalb  die  alten 
Sprachen  vernachlässigt  wurden.  So  bezog  Weber^  vortrefflich 
vorgebildet,  1846  die  Universität  Bonn,  um  Medicin  zn  studiren. 
Es  gelang  ihm  bald,  zu  verschiedenen  Lehrern  in  den  Naturwis- 

35* 


548  !>'•.  Tb.  Billrotb, 

senschaften  in  persönliche  Beziehungen  zu  treten,  so  dass  er  so- 
wohl am  chemischen,  wie  am  physikalischen  Laboratorium,  und 
bei  seinem  Lehrer  in  der  Mineralogie  als  Famulus  fungirte.  Am 
4.  April  1851  wurde  Weber  in  Bonn  promovirt,  reiste  dann 
nach  Berlin,  um  seine  Studien  fortzusetzen,  und  sein  Staatseia- 
men  zu  machen,  nach  dessen  Absolvirung  er  sich,  im  Sommer 
1852,  nach  Paris  begab;  seine  Absicht,  von  dort  nach  London  zu 
reisen,  wurde  durch  Familienereignisse  gehindert  Mit  dem  Win- 
tersemester 1852  wurde  er  Assistent  an  der  chirurgischen  Klinik 
in  Bonn,  welche  damals  unter  der  Leitung  des  vortrefflichen, 
wenn  auch  schon  gealterten,  und  dem  Erblinden  nahen  Wutzer 
stand.  Durch  diese  Stellung,  welche  er  in  den  nächsten  Jahren 
behielt,  war  die  Richtung  far  seine  weitere  Entwickelung  be- 
stimmt; je  weniger  Wutzer  im  Stande  war,  seine  Functionen 
als  Lehrer  zu  vollziehen,  um  so  selbstständiger  wurde  Weber 's 
practische  Thätigkeit  Er  habilitirte  sich  1853  fiLr  Chirurgie,  trieb 
mit  besonderer  Vorliebe  daneben  pathologische  Anatomie  und 
Histologie,  und  kam  durch  seine  Stellung  an  der  Klinik  auch  bald 
in  Beziehungen  zum  Publicum,  indem  er  theils  als  consultirter 
Chirurg,  theils  als  Hausarzt  sich  das  Vertrauen  und  die  Liebe 
seiner  Patienten  zu  erwerben  wusste.  —  Wenngleich  sich  Weber 
nach  dem  Rficktritte  Wutzer's  (1855)  wohl  einige  Hofihung  ge- 
macht hatte,  die  klinische  Professur  in  Bonn  zu  erhalten,  so  sollte 
dies  doch  nicht  geschehen,  und  im  Interesse  der  Wissenschaft 
dQrfen  wir  diesen  Umstand  nicht  beklagen;  denn  wenn  Weber 
neben  Klinik  und  Vorlesungen  die  aasgedehnte  Praxis  beibehalten 
hätte,  welche  sich  fQr  ihn  im  Laufe  der  nächsten  Jahre  in  Bonn 
und  Umgebung  entwickelte,  so  wäre  wohl  eine  Reihe  von  den 
vortrefflichen  Arbeiten  aus  dieser  Zeit  nicht  entstanden.  Weber 
blieb  noch  1  Jahr  Assistent  der  chirurgischen  Klinik,  nachdem 
die  Leitung  derselben  an  Professor  W.  Busch  übergegangen  war; 
dann  wurde  er  1857  ausserordentlicher,  1862  ordentlicher  Pro- 
fessor der  pathologischen  Anatomie,  und  widmete  sich  diesem 
Fache  mit  ganzem  Eifer;  daneben  aber  war  er  Director  der  chi- 
rurgischen Abtheilung  des  evangelischen  Spitales,  und  blieb  da- 


Carl  Otto  Weber,  Nekrolog.  549 

durch  in  Zusammenhang  mit  einem,  wenn  auch  kleinen,  Bpeciell 
chirurgischen  Wirkungskreise.  Wenngleich  Weber  nicht  über 
seine  Stellung  in  Bonn  zu  klagen  hatte,  sein  Fach  mit  Eifer  lehrte, 
und  darin  mit  eminentem  Erfolge  arbeitete,  so  war  es  doch  immer 
ssein  stiller  Wunsch,  als  chirurgischer  Kliniker  su  wirken^  um  ausge- 
dehnte Gelegenheit  zu  haben,  seine  Studien  practisch  zu  yerwer- 
then;  dieser  Wunsch  wurde  ihm  erfüllt  durch  die  Berufung  nach 
Heidelberg  (1865,  Ostern),  wo  er,  nach  dem  Rücktritte  Chelius^ 
die  SteUe  als  Professor  der  Chirurgie  und  Director  der  chirurgi- 
schen Klinik  übernahm.  In  die  letzten  Jahre  in  Bonn  und  das 
erste  Jahr  in  Heidelberg  fällt  die  colossalste  literarische  Arbeits- 
leistung Weber's. 

Er  hatte  sich  schon  in  Bonn,  im  Jahre  1858,  mit  Fr&olein 
Julie  Gehring,  der  Tochter  eines  Beamten  in  Bonn,  verhei- 
rathet.  Erst  nach  achtjähriger  Ehe  hatte  er  die  Freude,  dass 
ihm  ein  Sohn  geboren  wurde,  den  er  leider  nicht  lange  überle- 
ben sollte. 

Web  er 's  Stellung  in  Heidelberg  wurde  schnell  eine,  auch 
äusserlich,  glänzende;  seine  consultative  und  operative  Praxis 
nahm  rasch  grosse  Dimensionen  an;  es  bedurfte  seiner  eminenten 
Energie  und  seiner  hervorragenden  Gaben,  um  allen  an  ihn  ge- 
stellten Ansprüchen  zu  genügeb,  und  doch  noch  daneben  zu  ar- 
beiten. Bald  gewann  er  sich  auch  in  Heidelberg  die  Liebe  sei- 
ner Schüler,  die  Zahl  der  Studirenden  nahm  zu;  sein  auch  im 
Auslande  bereits  berühmter  Name  zog  junge  Aerzte  verschieden- 
ster Nationen  nach  Heidelberg,  um  von  ihm  zu  lernen.  Als  We- 
ber nach  Heidelberg  berufen  wurde,  war  die  Augenklinik  noch 
mit  der  chirurgischen  Klinik  verbunden;  er  leitete  die  zeitgemässe 
Trennung  ein,  und  übergab  die  Augenklinik  an  Professor  Knapp. 
üeber  das  schlechte,  alte  Krankenhaus,  und  über  die  miserablen 
Arbeitsräume  hörte  man  Weber  oft  klagen.  Ganz  besonders 
quälte  es  ihn,  dass  seine  Krankenzimmer  fast  nie  von  Diphtheri- 
tis  und  Rose  frei  wurden;  in  mehreren  Briefen  schreibt  er  mir  miss- 
müthig  darüber,  dass  die  kleinsten  Operationen  in  den  Räumen 
seines  Krankenhauses  zuweilen  diphtberitisch  würden,  ja,  dasB  er 


550         '  I>r*  Th.  Billroth, 

schon  manche  Fälle  auf  diese  Weise  verloren  h&tte.  Seine  Studien 
in  dieser  Richtung  waren  unermüdlich ;  er  versuchte  es  auf  alle 
Weise,  ätiologisch  und  therapeutisch,  dieser  Krankheit  beizukom- 
men.  Sehr  wahrscheinlich  hat  er  sich  bei  diesen  Untersuchungen 
selbst  inlipirt;  er  erkrankte  am  5.  Juni  1867  an  Angina,  mit 
An£EUig8  croupOsem,  sp&ter  diphtheritischem  Charakter,  und  erlag 
dieser  Krankheit,  bei  klarem  Bewusstsein  über  seinen  Zustand, 
dem  Tode  mit  Ruhe  in's  Auge  blickend,  am  Morgen  des  11.  Juni 
1867,  im  vierzigsten  Lebennjahre.  Bei  der  durch  Professor  Ju- 
lius Arnold  gemachten  Section  fand  sich,  ausser  der  Diphthe- 
ritis  des  PharyniL  und  Laryns,  noch  eine  stark  mitentwickelte 
fettige  Degeneration  des  Herzens  (vielleicht  das  Residuum  einer 
nach  Scharlach  aufgetretenen  Pericarditis  vom  Jahre  1860),  die 
gleiche  Krankheit,  der  sein  Vater  vor  einer  Reihe  von  Jahren 
erlegen  war.*) 

Das  ist  der  Gang  des  äusseren  Lebens  0.  Web  er 's  gewe- 
sen. Bevor  ich  auf  die  Leistungen  dieses  Mannes  als  Forscher. 
Schriftsteller  und  Lehrer  übergehe,  will  ich  noch  etwas  über 
seine  persönliche  Erscheinung  und  seinen  Charakter  hinza- 
fügen.  Obgleich  wir  uns  bereits  auf  der  Naturforscherversamm- 
lung in  Göttingen  flüchtig  gesehen  hatten,  so  erinnerte  ich  mich 
doch  Weber's  Persönlichkeit  später  nicht  mehr.  Als  ich  ihn 
im  Jahre  1866  persönlich  kennen  lernte,  war  er  ein  Mann  vod 
untersetzter,  mittelgrosser, stämmiger  Figur,  ziemlich  stark;  sein 
bedeutender  Kopf,  umwallt   von    schwarzem,   schon   etwas  mit 


*)  Es  ward  nach  verschiedenen  in-  und  ausländischen  Zeitungen  die 
falsche  Nachricht  verbreitet,  Weber  sei  in  Folge  von  Infection  durch  Croop- 
membranen,  welche  er  nach  einer  Laryngotomie  aufgesogen  haben  sollte,  ge- 
storben, und  zwei  seiner  Assistenten  dazu.  Hierbei  ist  einigea  Wahre  mit 
Falschem  vermischt  worden.  In  Bonn  (18G4)  hatte  Weber  sich  in  der  That 
anf  die  erwähnte  Weise  mit  Group  inficirt,  nnd  bekam  eine  cronpGse  Angina, 
welche  ihn  einige  Zeit  an's  Bett  fesselte,  von  welcher  er  sich  aber  völlig  er* 
holte,  nnr  dass  eine  Neigang  zu  Halsschmerzen  nach  geringfQgigen  Veran- 
lassungen zurfickgeblieben  war.  —  Bevor  Weber  in  Heidelberg  von  Diph- 
theritis  befallen  wnrde,  hatte  sein  Assistent,  Dr.  Heine,  einen  leichten 
Anfall  dieser  Krankheit  gl&cklich  fiberstanden. 


Carl  Otto  Weber,  Nekrolog.  651 

weiss  gemischtem  reichen  Haar,  imponirte  gleich  beim  ersten  An^ 
blick;  die  tiefliegenden,  sehr  dnnkelen,  lebhaft  glänzenden  Augen 
waren  das  Beweglichste  in  den  sonst  rahigen  Gesichtszügen; 
die  etwas  vorübergebeugte  Haltung  des  Kopfes  machte  den  Ein- 
druck des  Sinnens  und  Grübelns,  und  erschien  auch  wohl  als 
Zerstreutheit,  wenn  Gespiäche  geführt  wurden,  die  ihn  wenig 
interessirten. 

Man  merkte  ihm  an,  dass  er  immer  so  ganz  in  seinem  wis- 
senschaftlichen Gedankenkreise  lebte ;  eine  gewisse  Unruhe,  etwas 
Unstates,  als  reue  es  ihn  eigentlich  immer,  dass  er  nicht  bei  der 
Arbeit  sei,  anstatt  sich  zu  unterhalten,  verliess  ihn  selten.  Wen- 
dete sich  das  Gespräch  auf  Gegenstände,  die  ihn  warm  inter- 
essirten, so  belebte  sich  sein  ganzes  Wesen;  er  hatte  sehr  ge- 
sunde, weiss  und  rothe  Gesichtsfarben,  und  da  er  leicht  vom 
Eifer  des  Gespräches  hingerissen  wurde,  so  wechselten  Röthe 
und  Blasse  des  Gesichte»  dann  schnell;  die  heftige  innere  Erre- 
gung drückte  sich  dann  in  seinen  Zügen  aus.  Er  trank  fast  gar 
keinen  Wein,  kein  Bier,  rauchte  nicht,  und  konnte  auch  nicht 
gut  in  Gesellschaft  von  Rauchern  sein,  weil  er  bald  von  Kopf- 
weh und  Beklommenheit  befallen  wurde,  und  immer  nach  einer 
grösseren  Gesellschaft  eine  schlaflose  Nacht  hatte.  Dies  Alles 
hatte  sich  bei  zunehmender  geistiger  Anstrengung,  zumal  beim 
Arbeiten  bis  tief  in  die  Nacht  hinein,  im  Laufe  der  letzten  Jahre 
sehr  gesteigert,  so  dass  er  deshalb  grössere  Gesellschaften  mied. 
Bei  der  ersten  Berührung  mit  fremden  Menschen  hatte  er  zu- 
weilen etwas  Scheues,  Unsicheres,  doch  legte  sich  das  bald,  so 
wie  er  längere  Zeit  mit  denselben  Menschen  verkehrte;  diese 
Eigenschaften  mögen  Manchen,  der  flüchtig  mit  ihm  in  Berüh- 
rung kam,  nicht  sympathisch  berührt  haben.  So  wie  indess  die 
Bekanntschaft  gemacht,  Berührungspunkte  zu  finden  waren,  dann 
wurde  er  warm,  und  war  Allen,  die  er  schätzte,  ein  treuer,  zu- 
verlSiisiger,  wahrer  Freund.  Man  konnte  vortrefflich  mit  ihm  dis- 
cutiren;  er  ging  auf  Alles  ein,  demonstrirte  mit  Freuden  seine 
Präparate,  war  ruhig  ausgesprochenen  gegentheiligen  Meinungen 
gegenüber  nie   empfindlich  oder  absprechend.     Bewusst  seiner 


552  Dr.  Th  Billroth, 

Kraft  und  seiner  Talente,  hatte  er  einen  edelen  Stolz  als  deutscher 
Gelehrter  in  seiner  Brust,  doch  war  er  nie  arrogant,  sondern 
freundlich  und  liebenswürdig  im  ürtheil  über  Andere,  und  uner- 
müdlich in  Anregung  seiner  Schüler  und  jüngeren  GoUegen.  Ein 
hervorragendes  Talent  zum  Zeichnen,  welches  er  sehr  fleissig  ge- 
übt hatte,  kam  ihm  bei  der  Herausgabe  seiner  anatomi^^ch- 
chirurgischen  Arbeiten  sehr  zu  statten;  er  machte  alle  seine 
Zeichnungen  mit  grosser  Sorgfast  selbst;  ausserdem  hat  er  sich 
früher  aber  auch  mit  Oelmalerei  beschäftigt,  und  seine  Zimmer 
waren  reich  durch  Oelbilder  geziert,  die  theils  von  ihm,  theils 
von  seiner  hOchst  talentvollen  Frau  gemalt  waren.  In  den  letz- 
ten Jahren  gönnte  er  sich  keine  Müsse  mehr  dazu,  doch  liess  er 
es  sich  nicht  nehmen,  auch  die  Zeichnungen  zu  seinen  letzten 
Arbeiten  mit  der  grüssten  Sorgfalt  selbst  auszuführen.  Ausser 
Malerei,  Umgang  und  Unterhaltung  mit  Fachgenossen,  Künstlern, 
guter  belletristischer  Leetüre,  hatte  er  keine  Nebenbeschiftigan- 
gen,  keine  Passionen,  sondern  lebte  ganz  ausschliesslich  seinen 
Beruf  und  seiner  Wissenschaft.  —  Er  liebte  es,  stets  den  geit- 
desten,  directesten  Weg  zu  gehen,  und  konnte  dabei  recht  derb 
sein,  auch  wohl  verletzen.  Hindernisse  in  der  Erreichung  seiner 
Bestrebungen  konnten  ihn  wohl  sehr  aufbringen  und  gereist 
machen,  doch  l&bmten  sie  seine  Thätigkeit  nicht,  sondern  stärkten 
sie  nur ;  er  besass  eine  zähe  Ausdauer  bei  Allem,  was  er  angriff; 
das  zeigen  aUe  seine  Arbeiten,  besonders  giebt  sich  diese  Ener- 
gie der  Arbeit  und  des  Strebens  auch  in  den  wiederholten  An- 
strengungen und  Bestrebungen  kund,* den  Neubau  des  akademi- 
schen Krankenhauses  in  Heidelberg  zu  beschleunigen.  Er  hatte 
um  seine  Patienten,  und  wegen  der  Verkümmemng  der  Er- 
folge seiner  Operationen  in  dem  alten  Spital  viel  zu  leiden;  d^r 
schleppende  Geschäftsgang,  die  Energielosigkeit  in  den  oberen 
Behörden,  die  Unterbrechung  der  Krankenhausbauprojecte  dnrch 
den  Krieg  im  vorigen  Jahre,  das  Alles  versetzte  ihn  im  Lufe 
des  letzten  Jahres  in  eine  gereizte,  nervös  sehr  erregbare  Stim- 
mung, machte  ihn  wohl  auch  vorübergehend  muthlos;  doch  bald 
griff  er  die  Sache  wieder  von  Neuem  auf,  und  verfolgte  sie  mit 


Carl  Otto  Weber,   Nekrolog.  553 

neuer  Kraft  und  Energie.  Er  konnte  Ungerechtigkeiten,  unzweck- 
mässige  Einriebtongen  nicht  bestehen  sehen,  ohne  sofort  einza- 
schreiten.  Indolenz  war  ihm  in  den  Tod  verhasst;  er  musste 
immer  handeln,  wenn  er  etwas  zn  bessern  fand;  vielleicht  ging 
er  in  solchen  Dingen  manchmal  etwas  zn  weit,  nnd  machte  sich 
dann  Feinde,  ohne  der  Sache  zu  nützen;  das  lag  eben  in  seinem 
Charakter  nnd  in  seinem  nnrubigen,  lebhaften  Temperamente. 

Weber  lebte  sowohl  in  Bonn  wie  in  Heidelberg  ziemlich 
zarftckgezogen;  er  liebte  nie  grosse  Gesellschaften,  liebte  das 
Salonleben  nicht,  sondern  verkehrte  meist  nur  mit  wenigen,  ihm 
näher  stehenden  Freunden,  und  sah  gerne  Leute  um  sich,  nahm 
sich  jedoch  selten  die  Zeit,  Andere  aufzusuchen.  In  Bonn  bildeten 
Helmholz,  Pflüger,  0.  Jahn,  in  Heidelberg  Helmholz  und 
Friedreich  seinen  näheren  Umgang,  gerne  verkehrte  er  auch 
mit  jüngeren  talentvollen  Leuten,  und  interessirte  sich  warm  und 
lebhaft  flir  seine  jüngeren  Freunde,  so  besonders  für  Heine  und 
Julius  Arnold.  Er  lebte  in  seinem  Hause  einfach  und  ausser- 
ordentlich glücklich;  seine  Frau  besorgte  sein  Haus  in  liebens- 
würdigster Weise,  and  wusste  ihm  alle  kleinen  Plagen  des  Lebens 
fem  zu  halten,  ihn  auch  wohl  zuweilen  ruhiger  zu  stimmen,  wenn 
er  angegriffen  von  Vorlesungen,  Arbeiten  und  Praxis,  und  mit- 
unter erzürnt  über  Dies  oder  Jenes  nach  Hause  kam.  Ich  habe 
mich  in  diesem  Hause  oft  wohl  und  glücklich  befunden;  denn 
seit  ich  Weber  persönlich  kannte,  besuchte  ich  ihn  wiederholt 
in  dem  schönen  Heidelberg. 

Innen  war  Weber  voller  Arbeitspläne,  und  war  sehr  glück- 
lich in  der  Wahl  seiner  Gegenstände,  glücklich  in  seinen  Frage- 
stellungen. Dies  ist  fBr  den  Gelehrten  ebenso  wichtig,  wie  etwa 
di^  Wahl  des  Stoffes  bei  der  dramatischen  Poesie.  Oft  sagte  er 
bei  zweifelhaften,  discutirbaren  Beobachtungen :  , Ja,  wenn  ich  nur 
Zeit  hätte,  da  liesse  sich  wohl  etwas  machen,  man  müsste  das 
so  oder  so  angreifen.^'  Weber  war  sich  über  das  Ziel  seiner 
Arbeiten,  den  Inhalt,  das  Wesen  seines  Lebens  und  seines  Be- 
rufs so  klar!  Diese  Klarheit  über  sein  eigenes  Selbst  blieb  bis 
zu  seinen  letzten  Stunden ;  er  ging  dem  Tode,  wenn  auch  scKmerz- 


564  Dr.  Tlu  Billroth, 

lieh  und  voller  Wehmath,  doch  ohne  Klage,  in  toUer  Ergeboog 
in  das  unvermeidliche  entgegen.  Sein  Assistent  nnd  treu^ 
Freund  Heine  hat  mir  brieflich  diese  Scene  in  wahrhaft  ergrei- 
fender und  zugleich  erhebender  Schilderung  mitgetheilt  Aus^ 
der  vor  tiefem  Seelenschmerz  vollständig  gebeugten  Frau,  wareo 
seine  Freunde  Friedreich  und  Heine  bei  seinem  Tode  zu- 
gegen. „Ich  habe  nur  das  Rechte  gewollt,  ich  habe  es  mit  Alien 
gutgemeint!'^  „Arbeitet  und  schaffet,  damit  es  wachse,  blühe  and 
gedeihe^'  waren  die  letzten  zusammenhängenden  Gedanken,  welche 
er  aussprechen  konnte;  nachdem  er  von  Frau  und  Kind  und 
Freunden  Abschied  genommen,  wurde  das  Sprechen  immer  müh- 
samer, dennoch  beobachtete  er  die  Störungen  und  das  Aufhöreo 
der  einzelnen  Functionen  seines  KOrpers,  gab  dann  noch  knrze 
Andeutungen  darüber,  bis  er  endlich  nach  kurzem,  schwereoi 
Kampf  seinen  Geist  aushauchte. 


Weber  war  ein  sehr  fruchtbarer  und  glücklicher  Schrift- 
steller; seit  seiner  Dissertation  1851  bis  1867  hat  er  fast  nie 
aufgehört,  literarisch  zu  arbeiten.  £r  beobachtete,  er  experimea* 
tirte,  er  mikroskopirte,  er  arbeitete  eben  immer;  cumulirten  sich 
die  Beobachtungen  in  einer  Richtung,  so  bildete  sich  die  eigeae 
Anschauung,  sie  ward  verglichen  mit  denen  Anderer,  die  Diffe- 
renzen wurden  gesichtet;  die  Frucht  fiel  von  selbst,  weil  sie 
langsam  und  vollkommen  gereift  war.  Frühzeitige  Uebang  io 
concinnem  Zusammenfassen  eigener  und  fremder  Ansichten  bildet 
den  Lehrer  wie  den  Schriftsteller  aus.  I>ie  Gestaltung  des  Stof- 
fes muss  leicht,  ohne  Mühe  vor  sich  gehen,  dann  kommt  es  auch 
leicht  zu  Papier.  So  schrieb  Weber  leicht,  weil  er  die  im  Kopie 
fertige  Arbeit  gewissermassen  nur  aufs  Papier  zu  schreiben  brauchte. 
Er  war  eine  auf  Gründlichkeit  und  Breite  angelegte  Natur,  und 
gab  seiner  Individualität  in  dieser  Richtung  wohl  oft  etwas  zi 
sehr  nach;  nichts  sollte  in  der  Darstellung  des  Beobachteten  ver- 
gessen, alles  Bezügliche  sollte  angeführt  werden,  Niemandes  Ar- 
beit auf  dem  gleichen  Gebiet  sollte  unerwähnt  bleiben.  Diese 
fast  SU  gewissenhafte  Gründlichkeit  bat  einige  seiner  grössereo 


Carl  Otto  Weber,   Nekrolog.  55Ö 

Arbeiten  etwas  Bchwerf&Uig  gemacht;  er  fühlte  dies  wohl,  konnte 
sich  jedoch,  aas  Besorgniss  oberfl&chlich  zn  werden,  nicht  ent* 
schliessen,  zu  kürzen. 

Nachdem  die  pathologische  Andtomie  darch  Rokitansky 
far  Deutschland  fundamentirt  war,  und  dann  durch  Reinhard, 
Virchow,  He  ekel  neues  Leben   in  diese  Wissenschaft  kam, 
nachdem  dann  die  Histologie  durch  Henle,  Remak,  KOlIiker, 
Brücke  n.  A.  aus  der  Taufe  gehoben  und  gross  gesogen  wurde, 
war  es  wohl  begreiflich,  dass  Web  er 's  bedeutendes  Beobach- 
tungstalent,  dem  Strome  folgend,  sich  zur  Histologie,  und  zwar  zu 
der  ihm  am  nächsten  liegenden  pathologischen  Histologie  richtete. 
So  wie  die  älteren  Chirurgen  oft  von  der  Anatomie  her  die  Brücke 
zur    Chirurgie    schlugen,    wie   die  Hunter,    Cooper,   Bell, 
CM.  Langenbeck  u.  A.,  sich  auch  später  immer  noch  beson- 
ders gerne  mit  Anatomie  beschäftigten,  so  hat  eine  Reihe  anderer 
Chirurgen  ihren  Ausgangspunkt  ebenf&lls  an  der  Anatomie  ge- 
nommen,  und  zwar  zeitgemäss  von  der  allgemeinen  Anatomie, 
von  wo  sie  zur  pathologischen  Histologie  übergingen.    Es  bleibt 
in  der  That  dem  Anfänger  in  der  Chirurgie  nicht  viel  Anderes 
übrig;  Jahre  vergehen,  selbst  in  sehr  grossen  Kliniken,  bis  die 
Assistenten  so  viel  gesehen  haben,  dass  sie  aus  eigener  Erfah- 
rung mitreden  könnten,  und  dann  gehören  die  Beobachtungen  in 
den  Kliniken  doch  zunächst  dem  Director  der  Klinik;  der  Assi- 
stent, welcher  selbst  Forscher  sein  oder  werden  will,  muss  sich 
also  ein  Gebiet  sichern,  auf  dem  er  ganz  frei,  ganz  souverän  ist; 
dazu  ist  nun  gerade  die  pathologische  Histologie  und  die  experi- 
mentelle Pathologie  sehr  geeignet.  —  So  wurde  Weber  auch  aus 
den  zuletzt  angefahrten  Gründen  dem  Mikroskop  zugeführt.   Nach- 
dem er  sich  in  der  pathologischen  Anatomie  und  Histologie  durch 
hervorragende  Arbeiten   ausgezeichnet  hatte,   war  es    natürlich, 
dass  man  ihm  dieses  Fach  in  Bonn  übertrug.     Obgleich  es  ihm 
dann  in  der  Folge  keinesweges  an  chirurgischem  Beobachtungs- 
material  fehlte,  so  war  dasselbe  doch  zu  klein,  als  dass  darauf 
hin  eine  rasche  selbsständige  chirurgische  Entwickelung  möglich 
gewesen  wäre.     Die  äusseren  Verhältnisse  brachten  es  mit  sich 


556  I>r.  Th.  Billrotb, 

da88  Weber  erst  zwei  Jahre  vor  seinem  Tode  in  ein  breite* 
chirurgisches  Fahrwasser  gerieth,  wo  er  nun  ganz  selbststäodig 
zu  steuern  hatte.  Unzweifelhaft  hätte  sich  Weber  als  Cbirarj; 
in  Heidelberg  immer  bedeutender  entwickelt.  Doch  so,  wie  sm 
Leben  und  seine  Arbeiten  nun  einmal  abgeschlossen  vor  uns  liegen, 
glaube  ich  mich  nicht  zu  täuschen,  wenn  ich  ausspreche,  das? 
der  Schwerpunkt  von  Web  er 's  literarischen  Leistungen  auf  Seite 
der  pathologischen  Anatomie  und  experimentellen  Pathologie  liegi 

Leider  hat  sich  nirgends  in  Web  er 's  Papieren  ein  Yerzeicli' 
niss  seiner  Werke  gefunden,  so  dass  ich  nicht  versichert  bin, 
Alles,  was  er  hat  drucken  lassen,  aufgefunden  zu  haben.  Eine 
Znsammenstellung  von  seinen  Arbeiten  verdanke  ich  Herrn  Dr. 
Heine  in  Heidelberg;  Manches  kOnnte  ich  noch  hinzufugen,  es 
ist  mir  gewiss  nichts  Wesentliches  entgangen,  doch  k&nnten  klei- 
nere Notizen,  Auszüge  von  Vorträgen,  die  er  in  wissensdufi- 
lichen  Gesellschaften  gehalten  hat,  möglicherweise  übersehen  sein. 

Seine  Doctor-Dissertation  „Ossium  mutationes  osteonuüioa 
universaii  effectae^^  giebt  nicht  nur  durch  ihren  Umfaüg,  sosJeni 
vielmehr  durch  den  sorgfältig  verarbeiteten  Inhalt  zu  erkeu^ 
dass  der  Verfasser  damit  wirklich  einen  Beweis  ernster  Arbeii 
leisten  wollte,  während  sonst  ja  die  meisten  lateinischen  DisserU- 
tionen  nur  als  ein  Onus,  als  eine  reine  Form  betrachtet  werden 
Chemische  und  mikroskopische  Untersuchungen  sind  in  die^f 
Dissertation  ausführlich  beschrieben,  die  Wirkungen  der  Knochen- 
erweichung auf  die  Form  des  Skeletes,  zumal  des  Beckeos. 
genau  erOrtert.  Wie  sehr  dieser  Gegenstand  Weber  interessirte, 
zeigt  sich  daran,  dass  er  ihn  später  noch  zwei  Mal  bearbeitete. 

Es  folgen  bald  gute  Assistenten-Arbeiten  aus  der  Klinik 
Wutzer's  in  der  „Deutschen  Klinik''  1851  No.  15  u.  ff. 

1)  Fractur  des  Oberarmbeins  innerhalb  derKapsel 
Innerer  Leistenbruch.  Bronchopneumonie  mit  tödt- 
lichem  Ausgang. 

2)  Siebzehntägige  Luxation  des  Oberschenkels 
nach  hinten  und  oben,  mit  erfolgreicher  Einrichtung- 
Bruch  des  Oberarmbeins. 


Carl  Otto   Weber,  Nekrolog.  557 

3)  Ungewöhnlich  ausgedehnter  Marksohwamm  des 
Hodens  und  männlichen  Gliedes,  der  Lungen  und  der 
Leber. 

Femer  in  der  „Deutschen  Elinik^^  1855  No.  2,  3  und  4, 

Ueber  Amputationen  des  Fusses, 

1)  das  Pirogoff'sehe  Verfahren. 

2)  die  Methode  nach  Ghopart. 

3)  Resection  am  Fuss. 

Dann  wieder  in  der  „Deutschen  Klinik^^  185b  No.  23.  Die 
Verengerung  der  Harnröhrenmündung  bei  der  ange- 
borenen Phimose  und  nach  Amputation  des  Gliedes, 
und  Verfahren  zu  ihrer  Beseitigung. 

Die  ersten  grösseren  patliologisch-anatomischen  Beobachtun- 
gen, welche  Weber  als  Assistent  der  chirurgischen  Klinik  ver- 
öffentlichte, betreffen  zwei  Ranulageschwfilste  und  ein  Sacralge- 
sohwulst  mit  Cysten.  Beide  Aufsätze  stehen  im  6.  Bande  von 
Virchow's  Archiv  und  sind  betitelt:  „Zur  pathologischen  Ana- 
tomie der  Ranula^'  und  „Notiz  über  ein  Foetus  in  foetu  und  das 
Vorkommen  von  Paralbumin  in  einer  Cyste  der  Geschwulst.^^ 
Beide  Arbeiten  enthalten  chemische  Analysen  von  Boedeker. 
In  dem  ersten  Aufsatz  will  es  Weber  aus  der  chemischen  Con- 
stitution des  Cysteninhaltes  wahrscheinlich  machen,  dass  die  von 
ihm  beobachteten  Ranulogeschwülste  aus  Schleimbeuteln  unter  der 
Zange  entstanden  sind.  Der  zweite  Aufsatz  ist  eine  interessante 
casuistische  Mittheilung;  von  Fötaltheilen  in  einer  Sacralgeschwulst 
fand  sich  ein  Handrudiment  vor;  ausserdem  bestand  die  Ge- 
schwulst aus  Fett  und  Cysten;  das  9  Wochen  alte  Kind  fiber- 
stand die  Operation  gut. 

Es  folgte  ein  Aufsatz:  „Anatomische  Untersuchung  einer 
hypertrophischen  Zunge,  nebst  Bemerkungen  über  die  Neubildung 
quergestreifter  Muskelfasern^  im  7.  Bande  von  Virchow^s  Ar- 
chiv. Diese  Arbeit  berührte  schon  eine  der  schwierigsten  und 
damals  vielfach  discutirten  Fragen;  die  pathologische  Neubildung 
von  Muskelfasern  wurde  zur  Zeit  vielfach  beanstandet,  so  dass 
Virchow  Gelegenheit  nahm,   diesem  Aufsatze  des  jungen  For- 


568  I>r-  Th.  Billrq^th, 

Bchers  einen  weiteren  beizufügen,  in  welchem  er  ieine  Beobadn 
tongen  fiber  Mnskelnenbildnng  beschrieb. 

Das  Hauptwerk  aus  dieser  ersten  Periode  Weber 's  ist  ein« 
Monographie  in  Quart,  betitelt:  »Die  KnochengeschwAlste  in 
anatomischer  und  praktischer  Beziehung.  Erste  Ab- 
theilung: Die  Exostosen  und  Enchondrome.  Bonn  1856.' 
Weber  tritt  mit  dieser  Arbeit  gleich  in  die  erste  Reihe  der- 
jenigen Männer,  welche  mit  Hfilte  aller  Methoden  der  Forschimg 
die  Wissenschaft  cu  finden  bemüht  sind.  Geschichte  und  Lite- 
ratur, genaue  anatomische,  histologische,  histogenetische,  chemische 
Analyse,  klinische  Beobachtung,  Behandlung,  Statistik  werdoi 
mit  grossem  Geschick  benutzt,  um  die  m&glichste  Klarheit  über 
den  abzuhandelnden  Gegenstand  zu  verbreiten.  Die  unermüd- 
liche Ausdauer  in  der  Arbeit,  unterstützt  tou  hervorragendeo 
Zeichentalent  (die  Abbildungen  zu  dieser  Monographie  hat  We- 
ber selbst  auf  Stein  gezeichnet),  das  Streben  noch  mügUckt 
klarer,  auf  anatomischer  Basis  begründeter  Abgrenzung  der  ver- 
schiedenen Formen  von  Geschwülsten,  tritt  in  dieser  Arbeit  Vei- 
vor.  Dieselbe  sollte  nur  eine  erste  Abtheilung  eines  grossen 
Werkes  bilden,  doch  es  blieb  dabei;  es  fehlte  Weber  später  an 
Zeit,  und,  so  lange  er  in  Bonn  war,  auch  an  eigenem,  frisebeo 
üntersuchungsmaterial  von  Knochengeschwfilsten,  welche,  ausser 
Enchondromen  und  Exostosen,  immerhin  zu  den  Seltenheiten  ge- 
hören. So  blieb  das  Werk  liegen;  es  traten  andere  wissenschaft- 
liche Fragen  in  den  Vordergrund,  denn  es  kam  jetzt  die  Zeit 
des  harten  Kampfes,  welchen  Virchow  und  seine  Schule  Ar 
die  BindegewebskOrperchen  als  Zellen,  und  für  die  selbststindig^ 
formative  Reizbarkeit  dieser  Zellen  führte.  Die  Arbeiten  too 
Red  fern  und  His,  die  Histogenose  bei  Entzündung  und  Ge- 
schwulstbildung überhaupt  wurden  Tagesfragen:  Die  Cellularpa- 
thologie  wurde  gezeugt  und  bald  geboren. 

Weber  hat  den  thätigsten  Antheil  an  diesen  Fortschritteo 
gehabt;  es  erschien  eine  Reihe  von  Arbeiten,  welche  die  Ent- 
Wickelung  der  jetzt  allgemein  anerkannten  Beobachtungen  we- 
sentlich förderten,  und  zu  ihrer  Verallgemeinerung  m&chtig  bei- 


Carl  Otto  Weber,   Nekrolog.  559 

trugen;  noch  bis  in  die  letzte  Zeit  hat  Weber  in  dieser  Rich- 
tung gearbeitet.  Ich  nenne  die  hierher  gehörigen  Aufsätze  zu- 
sammen, wenngleich  der  erste  und  letzte  derselben,  der  Zeit  ihrer 
Entstehung  nach,  fast  ein  Jahrzehnt  auseinanderliegen: 

Ueber  die  Veränderungen  der  Knorpel  in  Gelenk- 
krankheiten.  (Virchow's  Archiv.    Bd.  13,)    1857. 

Zur  Entwickelungsgeschichte  des  Eiters.  (Ibidem. 
Bd.  15.)    1858. 

Briefliche  Hittheilung,  den  Glaskörper  und  die 
Muskeln  betreffend.    (Ibidem.   Bd.  16.)    1859. 

lieber  den  Bau  des  Glaskörpers  und  die  patholo- 
gischen, namentlich  entzündlichen  Veränderungen 
desselben.    (Ibidem.   Bd.  19.)    1860. 

üeber   die  Betheiligung   der   Gefässe,   besonders 

der  Gapillaren,  an  den  Neubildungen.    (Ibidem.   Bd.  29) 

1864. 

Ueber  die  Ent^ickelung  des  Epithelialkrebses  in 
inneren  Organen,  nebst  Bemerkungen  über  die  Strnc- 

tur  der  Leber  und  Lunge.   (Ibidem.   Bd.  29.)    1864. 

Ueber  die  Neubildung  quergestreifter  Muskelfa- 
sern, insbesondere  die  regenerative  Neubildung  der- 
selben nach  Verletzungen.  (lUdem.  Bd.  39.)  1867.  (Hier- 
über eine  vorläufige  Mittheilnng  im  Centralblatt  Ar  die  med. 
Wissenschaften.  1863.) 

Ueber  die  Betheiligung  der  Muskelkörperchen  und 
der  quergestreiften  Muskeln  an  den  Neubildungen, 
nebst  Bemerkungen  über  die  Lehre  von  der  Specifi- 
cität  der  Gewebselemente.   (Ibidem.   Bd.  39.)    1867. 

Diese  acht  Arbeiten  gehören,  wie  bemerkt,  ihrem  Inhalte 
nach  zusammen,  indem  in  ihnen  die  Betheiligung  der  Gewebs- 
elemente an  den  pathologischen  Neubildungen,  wie  sie  theils  als 
Entzfindungsproduete ,  theils  als  Geschwülste  auftreten,  beschrie- 
ben ist.  Die  Sorgfalt  der  Beobachtung,  die  ausserordentliche 
Sauberkeit  und  Feinheit  der  Zeichnungen,  der  Fleiss,  welcher 
auf  die  Darstellung  verwandt  ist,  die  Ausdauer,  mit  welcher  die 


560  I>r-  Tb.  Billroth, 

Beobachtangen  fortgesetzt  und  bis  zum  Abschlüsse  darc&geffibrt 
sind,  erregen  unsere  höchste  Bewnnderang;  sie  thnn  dies  nm  so 
mehr,  wenn  wir  bedenken,  dass  Web  er 's  Stadien  in  eine  Zeit 
fielen,  in  welcher  eine  so  sorgftltige  Ansbildung  im  Mikroskopireo 
keinesweges  geübt  wurde,  wie  dies  heut  zu  Tage  fast  auf  jeder 
Universität  der  Fall  ist.    Weber  musste  sich  selbst  die  Unter- 
suchungsobjecte  suchen,  und  die  Methoden  schaffen.    So  wie  jeder 
Beobachter  seine  Eigenthümlichkeiten  hat,   so  waren  bei  We- 
ber's  Zeichnungen  vornehmlich  die  allzu  scharfen  Contoaren  und 
die  nie  fehlenden  Forts&tze  und  Yerbindungsf&den  zwischen  den 
Bindegewebszellen  auffallend;  wie  viel  hiervon  an  der  Art  uid 
Weise  der  chemischen  Behandlung  des  Objectes,   wie  viel  am 
Mikroskope,  wie  viel  an  Zeichenmaterial  und  Zeichenmanier  ge- 
legen hat,  l&sst  sich  schwer  sagen.    Von  der  von  ihm  behaupte- 
ten endogenen  Zellenentwickelung   und  Ausbildung  zu  groBsen 
Mutterzellen  bei  der  Bindegewebseiterung  konnte  ich  mich  nie 
flberzeugen;  an  der  Wahl  der  Objecto,  der  chemischen  Beba»(- 
lung  derselben,  und  vielen  anderen  Dingen  liegt  oft  sehr  vi«ifir 
die  Deutung  der  gewonnenen  Bilder,  und  ich  zweifeie  daher  k^- 
nesweges  daran,  dass  Weber  richtig  gesehen  hat;  die  Dentoog 
des  Gesehenen  wird  ja  immer  von  den  Ideen,  mit  welchen  die 
Untersuchung  beginnt,   beeinflusst.    Mag  sich  nun  auch  in  der 
Folge  Dieses  und  Jenes  aus  der  erw&hnten  Epoche  der  Eotiun- 
dungs-  und  Neubildungslehre  als  unhaltbar,  und  unrichtig  fom  | 
Beobachter  gedeutet  erweisen,   so  nimmt  dies   der   Bedeotoig 
der  Webe  raschen  Arbeiten  nichts;  sie  bleiben,  nach  Inhalt  ond 
Form,  mustergültig,  classisch,  weil  sie,  aus  wissenschaftliehea 
Geiste  hervorgegangen,  und  nach  wissenschaftlicher  Methode  gear- 
beitet, in  ihrer  Zeit  das  höchste  Erreichbare  repräsentiren. 

Ich  füge  hier  noch  drei  Arbeiten  hinzu,  welche  auch  Docb 
in's  Gebiet  der  pathologischen  Anatomie  gehören,  und  an  die 
früheren  Arbeiten  über  Knochen  anknüpfen. 

Enarratio  consumptionis  rachiticae  in  puellaad- 
jectis  nonnullis  de  rachitide  et  osteomalacia  adnota- 

I 


Carl  Otto  Weber,  Nekrolog.  561 

tionibas.    Bonnae.    1862.    Academigcbe  Schrift,  behnfs  Er- 
nennang  zam  Professor  ordinarias. 

Zar  Geschichte  des  Enchondroms,  namentlich  in 
Bezug  auf  dessen  heredit&res  Vorkommen  und  secun- 
d&re  Verbreitung  in  inneren  Organen  durch  Embolie. 
(Virchow's  Archiv.   Bd.  35.)   1866. 

Zur  Kenntniss  der  Osteomalacie,  insbesondere 
der  senilen,  und  über  das  Vorkommen  von  Milchs&ure 
in  osteomalacischen  Knochen.   (Ibidem.  Bd.  38.)    1867. 

Die  innere  Befriedigung,  welche  diese  anatomischen  Arbeiten 
in  Betreff  der  morphologischen  Verhältnisse  bei  der  Neubildung 
gewährten,  liess  Weber  doch  nicht  verkennen,  dass  die  physio- 
logische Genesis,  die  nähere  und  fernere  Aetiologie  der  Neubil- 
dongen  immerhin  noch  in  tiefes  Dunkel  gehüllt  ist  Anatomi- 
sche und  klinische  Beobachtung,  Experiment,  Statistik  liess  er 
Kusammenwirken,  um  in  Betreff  der  Geschwulstbildung  wo  möglich 
neoe  Anhaltspunkte  zu  gewinnen.  Wir  finden  in  dieser  Richtung 
einen  vartrefBich  gearbeiteten  Abschnitt  in  einem  Buche  von  ihm 
betitelt:  „Chirurgische  Erfahrungen  und  Untersuchun- 
gen.^ Berlin.  1859.  Die  fibrigen  Abschnitte  dieses  Werkes 
sind  vorwiegend  praktisch-chirurgischen  Inhaltes,  und  sind  später 
zu  erwätmen.  Auch  den  Entzündungsprocess,  als  lebendigen  Vor- 
gang mit  allen  seinen  Symptomen,  machte  er  zum  Gegenstande 
neuer  Untersuchungen.  Das  Resultat  dieser  Studien  ist  grössten- 
theils  in  Weber's  Hauptwerke,  in.  dem  ersten  Bande  der  von 
V.  Pitha  und  mir  redigirten  grossen  Chirurgie  niedergelegt,  doch 
sind  vorher  kleinere,  vorläufige  Mittheilungen  da  und  dort,  theils 
in  Dissertationen,  theils  in  Vorträgen  in  medicinischen  Gesell- 
schaften etc.  niedergelegt  Mir  sind  davon  nur  bekannt:  „Ueber 
den  problematischen  Einfluss  der  Nerven  bei  der  Ent- 
stehung von  Entzfindungen,  und  über  Gefässnerven.^ 
(Gentralblatt  i&r  d.  med.  Wissensch.  1864.  No.  10.)  und  „Ueber 
W&rmeentwickelung  in  entzündeten  Theilen^  (Deutsche 
Klinik.  1864.  No.  43.  u.  44.).  In  der  ersten  Mittheilung  wider- 
legt er  die  Behauptung  Samuers,  dass  Reizung  sympathischer 

▼.  Langenbtck*!  Arclilv  f.  Cbirurgl«.   IX.  3g 


562  I>r-  Th.  Billroth, 

Nerven  Entofindong  in  dem  betreffenden  Nervengebiete  mache. 
Er  fand  bei  diesem  Experiment  gelegentlich  die  interessante 
Thatsacbe,  dass  die  nacb  Durchschneidung  des  N«  sympathicas 
gelähmten  Gef&sse  am  Kaninebenohre  sich  nach  Application  von 
Kälte  noch  zusammenziehen,  nach  Application  von  Wärme  noch 
mehr  erweitem,  üeber  die  Wärmeentwickelnng  in  entzfindeteo 
Theilen  kam  er  durch  thermoelectrische  Versuche  zu  positiven 
Resultaten,  hielt  jedoch  die  Wärmeentwickelung  im  Entzündungs- 
herde für  so  gering,  dass  er  sich,  zur  Erklärung  der  Fieber- 
temperatnren ,  nach  anderen  Wärmequellen  umzusehen  genöthigt 
fand.  Hierbei  gerieth  er  in  eine  lange  Reihe  von  Versuchen, 
welche  nicht  nur,  wie  die  vorigen  und  die  folgenden,  bloss  von 
histologischer  und  praktisch -chirurgischer  Bedeutung  sind,  son- 
dern für  die  allgemeine  Pathologie,  ja,  für  die  Medicin  im  Gan- 
zen von  Wichtigkeit  geworden  sind.  Eine  Analyse  dieser  im 
Jahre  1864  in  der  Deutschen  Klinik  veröffentlichten,  und  durch 
viele  Nummern  hindurchgehenden  Arbeit  würde  zu  weit  fuhren: 
sie  ist  betitelt  „Experimentelle  Studien  über  Pyämie, 
Septicämie  und  Fieber.^  Das  Resultat  dieser  mühevoUeo 
Untersuchungen  ist,  dass  das  Fieber  immer  Folge  einer  Blatio- 
toxication  ist,  und  dass  dieser  Zustand  weit  inniger  mit  Pyämie 
und  Septicämie  zusammenhängt,  als  man  bis  dahin  vermuthet 
hatte.  Sowohl  Virchow's,  als  meine,  in  das  Gebiet  von  Ent- 
zündung, Pyämie,  Septicämie,  Thrombose,  Embolie  etc.  gehören- 
den Arbeiten  wurden  durch  Web  er 's  Untersuchungen  bestätigt, 
und  erheblich  erweitert.  Es  ist  wohl  mehr  als  Zufall,  es  ist  un- 
zweifelhaft ähnliche  Organisation  und  Zeitströmung,  dass  Weber 
und  ich  fast  immer  zugleich  an  den  gleichen  Materien  arbeiteten, 
und,  mit  Ausnahme  weniger  Details,  fast  immer  zu  den  gleichen 
Resultaten  gelangten.  Wir  haben  stets  ganz  unabhängig  von  ein- 
ander gearbeitet ;  erst  im  Laufe  der  letzten  3  Jahre  kam  ich,  wie 
erwähnt,  mit  dem  Verstorbenen  in  nähere  Beziehung,  aus  der 
sich  bald  eine  herzliche  Freundschaft  entwickelte.  Dass  meine 
Fieberarbeiten  etwas  früher  zur  Veröffentlichung  kamen,  als  die 


Carl  Otto    Weber,  Nekrolog.  563 

seinigen,  war  ein  reiner  Zufall;  Weber's  Arbeit,  der  meinen  in 
Gedankengang  und  Ausarbeitung  so  ähnlich,  ist  unabhängig  von 
meiner,  zum  Theil  sogar,  dem  Datum  der  Experimente  nach, 
früher  entstanden.  Diesen  experimentellen  Arbeiten  voran  ging 
der  Aufsatz  im  V.  Bande  dieses  Archivs:  »Zur  Frage  über 
dieEntstehung  undHeilungderlcborrh&mie.^  Mansieht 
dem  Aufsatze  an,  dass  die  später  entwickelten  Ideen  über  diesen 
Gegenstand  dem  Verfasser  damals  noch  theilweise  unklar  vor- 
schwebten; auch  in  dieser  Hinsicht  besteht  eine  Analogie  mit 
meiner  ersten  Fieberarbeit  im  zweiten  Bande  dieses  Archivs. 

Nach  diesen  Leistungen  Web  er 's  konnte  es  keinem  Zwei- 
fel unterliegen,  dass  er  unter  allen  Chirurgen  Deutschlands  am 
meisten  befähigt  war,  die  schwierigsten  Capitel  aus  dem  Gebiete 
der  allgemeinen  Chirurgie  vollständig  zu  bearbeiten.  Als  ich  im 
Jahre  1864  der  wiederholten  Aufforderung  des  verdienten  und 
kühn  unternehmenden  Verlegers,  Herrn  F.  Enke,  Folge  leistete, 
mit  V.  Pitha  gemeinschaftlich  die  Redaction  eines  grossen  chi- 
riv'gischen  Werkes,  mit  Hinzuziehung  der  besten  und  th&tigsten 
chirurgischen  Schriftsteller  Deutschlands,  zu  unternehmen,  ver- 
sicherte ich  mich  vor  Allem  der  Mitarbeiterschaft  0.  Web  er 's 
und  R.  Volkmann' s  für  die  allgemeine  Chirurgie,  und  hätte  das 
Unternehmen  ohne  diese  Männer  nicht  begonnen.  Bei  der  Bear- 
beitung des  Abschnitt  I.  dieses  Werkes  »Die  Gewebserkran- 
kungen  im  Allgemeinen  und  ihre  Rückwirkung  auf 
denGesammtorganismus^  (1865)  habe  ich,  wie  das  gesammte 
medicinische  Publicum,  nicht  nur  die  Gediegenheit  und  Vollstän- 
digkeit des  Inhaltes,  die  Beherrschung  der  gross  angelegten 
Formen  bewundert,  sondern  ebenso  sehr  die  Schnelligkeit,  mit 
welcher  diese  Arbeit  fertig  wurde.  Dies  war  auch  nur  dadurch 
möglich,  dass  Weber  durch  alle  seine  bisherigen  Arbeiten  so 
vollständig  für  das  neue  Werk  vorbereitet  war,  dass  er  das  oft 
Durchdachte  nur  niederschreiben  und  durch  die  Literatur  zu  ver- 
vollständigen brauchte.  Wer  es  weiss,  wie  ermüdend  auch  solche 
Arbeit  noch  ist,  wenn  daneben  Vorlesungen  gehalten,  und  Praxis 
besorgt  werden  sollen,  wie  es  in  Bonn  und  Heidelberg  der  Fall 

36* 


564  Dr.  Tb.  Billroth, 

war,  der  begreift  es  kanm,  wie  diese  Arbeit  in  wenigen  Monaten 
ut  Stande  kam. 

Weber  hatte  auch  noch  den  Abschnitt  ^üeber  die  f&r  die 
Chirurgie  wichtigsten  AUgemeinkrankheiten **  übernommen,  nnd 
war  in  den  letzten  Monaten  seines  so  jih  abgebrochenen  Lebens 
mit  Vorarbeiten  f&r  diesen  so  äusserst  schwierigen  Gegenstand 
beschäftigt  Statistische  Erhebungen  über  Erysipel  und  Hospital- 
brand beschäftigten  ihn  lebhaft.  Leider  ist  yon  diesem  Materials 
nichts  verarbeitet;  es  ist  indess  zu  hoffen,  dass  es  Hrn.  Dr.  Heine 
in  Heidelberg,  mit  welchem  Weber  viel  über  diesen  Gegenstand 
sprach,  gelingen  wird,  das  vorhandene  Material  sn  einer  Arbeit 
zusammenzustellen. 

Wir  kommen  jetzt  zu  den  ganz  selbstständigen,  praktisch- 
chirurgischen  Arbeiten  Web  ei- 's.  Die  ersten  finden  sich  in  den 
schon  erwänten  „Chirurgischen  Erfahrungen  und  Unter- 
suchungen^, vom  Jahre  1859;  dieselben  enthalten  folgende 
grosse,  untereinander  nicht  zusammenhängende  Arbeiten: 

Die  Ursachen  des  Chloroformtodes  und  die  Mittel, 
denselben  zu  verhüten. 

Praktische  Bemerkungen  über  Knochenbrüche. 

Bemerkungen  und  Versuche  über  die  Luxationen 
der  Gelenke. 

Operative  Miscellen  (über  Blutstillung,  fremde  Kflrper, 
Plastische  Operationen,  Operative  Behandlung  der  Anohylosen). 

Im  Jahre  1863  erschienen  in  diesem  Archiv  (Bd.  4.)  fol- 
gende zwei  Arbeiten: 

Ueber  Uranoplastik  bei  ganz  jungen  Kindern. 

Ueber  die  Amputationen  ober-  und  unterhalb  des 
Fussgelenkes,  insbesondere  über  den  Werth  der  ver- 
schiedenen Methoden  derselben. 

Es  folgen  1865  und  1866  die  grossen  Abschnitte  in  der 
Enke' sehen  Chirurgie: 

Krankheiten  der  Haut,  des  Zellgewebes,  des 
Lymphgefässsystemes,  der  Venen,  der  Arterien  und 
d^r  Nerven  (Bd.  II.    Abtheilung  2.) 


Carl  Otto  >Veber,   Nekrolog.  565 

Die  chirurgischen  Krankheiten  des  Gesichtes. 
(Bd.  III.  Abthlg.  1.  Heft  2). 

Die  letzte  Arbeit  Weber's  war:  „Praktische  Miscellen^ 
(Deutsche  Klinik.   1867.  No.  18.  n.  ff.);  sie  enthalten:' 

1)  Einige  Bemerkungen  über  den  Gypsverband, 
insbesondere  bei  complicirten  Fractnren  des  Unter- 
schenkels, und  die  Verbindung  des  Gypsyerbandes 
mit  Klammerapparaten. 

2)  lieber  die  Anlegung  von  Gypsverb&nden  in  der 
Schultergegend,  und  besonders  an  den  ffüften. 

3)  £ine  ausgedehnte  plastische  Operation,  mit 
Ersatz  der  Nase  aus  dem  oberen  Rande  der  Stirn  und 
Bildung  von  drei  Augenlidern.  Inselförmige  Epithel^ 
bildungen  inmitten  einer  granulirenden  Fläche.  Fall 
von  Scalpirung  des  Schädels,  mit  erfolgter  Heilung 
und  Regeneration  des  Epithels. 

4)  Drei  Fälle  von  Totalexstirpation  der  Parotis 
wegon  Carcinom,  nebst  einem  Falle  von  Hyxosarcom 
der  Ohrspeicheldrüse. 

5)  Ezstirpation  eines  Gliosarcomes  vom  Nerv,  cru- 
ralis,  mit  einem  Stücke  der  Arteria  und  Vena  femora- 
lis.  Perforation  der  Vene  durch  die  Geschwulst.  Un- 
gestörte Ernährung  des  Beines.  Wiederherstellung 
der  Nervenleitung. 

6)  Zur  Behandlung  der  Harnröhrenstricturen 
durch  gewaltsame  Erweiterung. 

7)  Zur  Operation  des  Dammrisses. 

Alle  diese  Arbeiten  sind  jetzt  so  bekannt,  und  die  darin 
niedergelegten  Beobachtungen,  ebenso  sehr  wie  die  histologischen 
Studien  Weber's,  in's  medicinische  Publikum  fibergegangen,  dass 
eine  weitläufige  Exposition  des  Inhaltes  keinen  Zweck  haben 
würde.  Dass  es  unendlich  schwerer  ist,  auf  dem  Gebiete  der 
praktischen  Chirurgie  bahnbrechende  Arbeiten  zu  liefern,  als  auf 
dem  Gebiete  der  Anatomie  und  Physiologie,  das  ist  jedem  Ein- 
geweihten  bekannt.    Die  Ursache  liegt  darin,   dass  das  Gebiet 


566  I>r-  Th.  Billroth, 

der  praktischen  Cbirargie  viel  älter  und  viel  grösser  ist,  als  das 
der  Histologie;  auf  letzterem  kann  man  durch  Arbeit,  Hübe  und 
Talent  doch  noch  den  Status  praesens  des  Wissens  ermitteln;  in 
der  praktischen  Medicin  ruft  es  dem  kleinsten,  scheinbar  neueo 
Gedanken  von  allen  Ecken  ein  ,,schon  dagewesen^^  entgegen,  ood 
dies  ist  um  so  mehr  der  Fall,  je  mehr  man  literarisch  forscht.  Will 
man  methodisch  das  Eine  oder  Andere  in  der  praktischen  Ue- 
dicin  und  Chirurgie  prüfen,  so  gehören  dazu  Beobachtung^egeo- 
stände,  nämlich  Kranke,  und  zwar  sehr  viele  von  einer  Art 
Der  Anatom  k&nn  sich  meist  sein  Beobachtungsmaterial  schaffen, 
der  Chirurg  muss  nehmen,  was  kommt.  Weber  hat  seine  chi- 
rurgischen Beobachtungen  mit  enormer  Ausdauer  und  rastlosem 
Fieiss  notirt  und  verwerthet;  wäre  es  ihm  vergönnt  gewesen,  in 
der  Sphäre  weiter  zu  wirken,  in  welcher  er  sich  in  den  letzten 
Jahren  seines  Lebens  bewegte,  so  hätte  er  noch  viel  Eminenteres 
leisten  müssen;  denn  er  hatte  eine  Grundlage  von  Kenntnissen, 
eine  Uebung  in  der  Handhabung  der  Methoden,  welche  die  Quel- 
len alles  menschlichen  Wissens  erschliessen,  wie  Wenige;  er 
hatte  eine  Arbeitskraft,  welche  ich  in  unserer  Wissenschaft  nur 
derjenigen  Virchow's  an  die  Seite  stellen  kann;  er  war  im 
Stande,  mit  verhältnissmässig  wenig  Mühe  Aufgaben  zu  lösen,  za 
welchen  Andere  der  dreifachen  Zeit  bedurft  hätten. 

Auch  auf  dem  Gebiete  der  Biographie  und  Geschichte  hat 
Weber  gearbeitet,  und  Einiges  veröffentlicht  So  befinden  sieh 
in  den  von  R.  Haym  herausgegebenen  Preussischen  Jahrbüchern 
(bei  G.Reimer  in  Berlin  erscheinend)  einige  Aufsätze  von  ihm: 
„Johannes  MüUer^^  (Bd.  I.  S.  545.)  und  „Alexander  von 
Humboldt  und  sein  Einfluss  auf  die  Naturwissenschaft^^ 
(Bd.  U.);  letztere  Arbeit  erschien  später,  von  ihm  selbst  weiter 
ausgeführt,  im  16.  Jahrgange  der  Verhandlungen  des  naturhistori- 
schen Vereins  der  Preussischen  Rheinlande  und  Westphalens. 
In  diesem  Archiv  steht  (Bd.  V.)  „Carl  Wilhelm  Wutzer,  eia 
Nekrolog.^^  In  den  Grenzboten  II.  (Zeitschrift  far  Politik  und 
Literatur)  ein  kleiner  Artikel  „üeber  die  Anfänge  der  pa- 
thologischen Anatomie^S  endlich  in  der  „Deutschen  Klinik^^ 


Carl  Otto  Weber,  Nekrolog.  567 

1860  No.  30  und  31:  Die  Bedeutung  der  pathologischen 
Anatomie  für  die  medicinische  Wissenschaft  und  Pra- 
xis. Eine  akademische  Rede.  —  Seine  Habilitationsrede  behufs 
Erlangung  der  Venia  legendi,  gebalten  am  4.  März  1853  „de 
nexu  artem  inter  medicam  atque  scientias  naturales'^ 
ist,  so  viel  mir  bekannt,  nicht  gedruckt.  —  Hohe  Achtung 
vor  den  verdienten  M&nnem  der  Vorzeit,  innige  Verehrung 
für  seine  Lehrer,  tiefes  Verständniss  der  culturhistorischen  Be- 
dentang epochemachender  Persönlichkeiten  sprechen  sich  in 
diesen  mit  Schwung  und  feiner  Stylistik  gearbeiteten  Auf- 
sätzen ans. 

Auch  als  Lehrer  war  Weber  ausgezeichnet,  und  von  allen 
Schülern,  welche  es  ernst  mit  der  Sache  meinten,  hoch  verehrt 
und  geliebt.  Gegen  Faulheit  und  Oberflächlichkeit  war  er  streng; 
er  widmete  seine  Zeit  gerne  seinen  Schülern,  und  war  unermüd- 
lich im  Erklären  und  Demonstriren,  doch  verlangte  er  dafür  auch 
unbedingte  Aufmerksamkeit,  Fleiss  und  Eifer  von  seinen  Assi- 
stenten und  Studenten.  Bei  seinem  lebhaften  Temperament  und 
bei  den  vielfachen  Gedanken,  welche  ihn  fortwährend  beschäf- 
tigten, bei  der  complicirten  und  exacten  Zeiteintheilung,  die  ihn 
allein  befähigen  konnte,  so  colossal  viel  in  einem  kurzen  Leben 
zu  leisten,  darf  man  sich  nicht  wundern,  wenn  Weber  zuweilen 
gegen  seine  Umgebung  heftig  und  gereizt  sein  konnte.  Abge- 
sehen von  seinem  Charakter,  welchem  Indolenz  und  laxe  Pflicht- 
erfüllung ein  Gräuel  waren,  war  vielleicht  durch  seinen  vor- 
trefflichen Lehrer  Wutzer  etwas  von  der  älteren  Haltung  des 
Spitalarztes  und  Professors  auf  ihn  übergegangen.  Der  Unter- 
richt in  der  praktischen  Chirurgie  stösst  auf  eminente  Schwie- 
rigkeiten, wenn  ihm,  wie  es  bei  dem  Quadriennium  des  Studi- 
ums kaum  anders  möglich  ist,  nur  3  Semester  zufallen,  und  auch 
in  diesen  die  Chirurgie  mit  und  neben  vielerlei  anderen,  eben- 
falls höchst  wichtigen  Gegenstanden  betrieben  wird.  Wenn  nicht 
Jemand  ein  oder  zwei  Semester  der  Chirurgie  speciell  widmen 
will  und  kann,  so  ist  es  unmöglich,  dass  er  so  weit  kommt, 
selbst  mit  Sicherheit  Hand  anzulegen.    Wenn  der  Student  in  der 


568  Dr.  Th.  Billroth, 

chirurgischen  Klinik  Krankengeschichten  fahren,  tftglicfa  auf  die 
Visite  des  Ässistenzartes  wartend,  in  dessen  Gegenwart  die  Ver- 
bände machen,  bei  den  Operirten  wachen,  nnd  priyatim  die  ehi- 
mrgische  Literatur  über  seine  F&lle  nachstudirm  soll,  dann  bleibt 
ihm  in  der  That  wenig  Zeit  zu  anderen  Dingen ;  ja,  will  jmd  soll 
er  es  in  gleicher  Weise  auf  der  inneren  Klinik  treiben,  dann  ist 
seine  Zeit  so  ausgeiUlt,  dass  er  i&r  nichts  Anderes  Zeit  haben 
kann.  Auf  grossen  Universitäten,  bei  grossem  Material  der  Kran- 
ken, bei  vielen  Studenten  ist  es  dem  Director  der  Klinik  natür- 
lich ganz  unmöglich,  sich  täglich  speciell  mit  jedem  Einzeloen 
zu  beschäftigen,  er  mfisste  eine  Unzahl  Assistenten  haben,  nm 
die  Journalfahmng  und  die  Verbände  der  Studenten  zu  control- 
liren.  Weber  brachte  seinen  Schfilern  grosse  Opfer  an  Zeit 
und  Geduld.  Er  hat  viele  Mediciner  zu  tfichtigen  Chirurgen  her- 
angebildet, und  hat  sich  dann  auch  mit  einzelnen  ganz  speziell 
beschäftigt,  indem  er  sie  zu  literarischen  Arbeiten,  zumal  zu  Dis- 
sertationen, anregte,  und  ihnen  mit  steter  Bereitwilligkeit  znr 
Hand  ging.  Leider  sind  mir  nicht  alle  Dissertationen  bekannt, 
welche  unter  Weber 's  Leitung  gearbeitet  sind,  ich  kann  sie  da- 
her nicht  namhaft  machen,  doch  ist  ihre  Zahl  ziemlich  gross. 
In  den  letzten  Jahren  suchten  auch  viele  ausländische  junge 
Aerzte  Heidelberg  auf,  um  bei  Weber  vrissenschaftlich  Chirurgie 
treiben  zu  lernen;  so  hatte  Weber  schon  bei  seinen  Lebzeiten 
vielbch  die  Freude,  seine  Ideen  von  Bestrebungen  in  die  weite- 
sten Kreise  verbreitet  zu  sehen. 

Weber  hat  ausserordentlich  viele  verschiedene  Vorlesungen 
gehalten;  in  Bonn  Aber  Augenkrankheiten,  Verbandlehre,  Kno- 
chenbrfiche  und  Verletzungen,  mikroskopische  Anatomie  der  Ge- 
schwfilste,  allgemeine  pathologische  Anatomie  mit  Demonstrationen, 
allgemeine  und  specielle  Chirurgie,  Operationslehre;  femer  hielt 
er  in  Bonn  Curse  über  Verbandlehre,  chirurgische  Operationen, 
Augenoperationen,  mikroskopische  Anatomie.  In  Heidelberg  be- 
schränkte er  sich  auf  allgemeine  und  specielle  Chirurgie,  Opera- 
ti^nslehre,  Operationscurse  und  chirurgische  Klinik. 

Als  Arzt  war  Weber  besonders  beliebt;  er  hatte  in  Bonn 


Carl  Otto  Weber,  Nekrolog.  569 

eine  grosse  Praxis,  aus  welcher  man  ihn  ungern  scheiden  sah; 
er  konnte  und  wollte  sich  dieser  Praxis  nicht  entziehen,  weil 
sie  ihm  stets  neues  Beobachtungsmaterial  zuführte,  obgleich  sie 
ihm  auf  der  anderen  Seite  viel  Zeit  kostete.  £r  war  nur  kurze 
Zeit  in  Heidelberg,  als  auch  dort  bereits  eine  grosse  Anzahl  von 
Hülfe  Suchenden  zu  ihm  kam.  Die  Liebenswürdigkeit  und 
Theilnahme  für  seine  Kranken,  der  Eifer,  mit  welchem  er  sich 
der  Behandlung  jedes  Einzelnen  hingab,  Hessen  ihn  bald  das 
Pabliknm  für  sich  gewinnen.  Ebenso  sorgfältig  behandelte  er 
aach  seine  Hospitalkranken,  und  die  humane  Art  und  Weise,  wie 
er  mit  diesen   verkehrte,   übertrug   er   auch  auf  seine  Schüler. 


So  bewegte  sich  dieses  reiche  Leben  in  den  schönsten  Ver- 
bältniBsen  fort.  Geachtet  und  geliebt  von  Allen,  die  ihn  kannten, 
volle,  fruchtbare  Saat  auf  seine  Umgebung  ausstreuend,  hätte 
Weber,  nach  menschlicher  Berechnung,  noch  lange,  lange  wirken 
können,  und  hätte  sich  unzweifelhaft  dann  breiter  entwickelt  und 
intensiver  gewirkt  —  da  raffte  ihn  eine  verhängnissvolle  Krank- 
heit rasch  dahin. 

Er  ist  aus  unserer  Mitte  plötzlich  verschwunden;  der  in  der 
Medicin  so  berühmt  gewordene  Name  „Weber^^  ist  um  einen 
Repräsentanten  ärmer  geworden.  Ich  rufe  dem  Freunde  nach, 
was  er  von  Johannes  Müller  schrieb:  „Sein  Geist  wird  in 
seinen  Schöpfungen  fortleben,  wie  er  im  GeisA  seiner  Schüler 
die  Wissenschaft  lebendig  fort  und  fort  befruchtet.^^ 

Wien,  den  1.  December  1867. 

XIIL 
nr  a  c  h  r  II  f. 

Der  so  unerwartet  erfolgte  Tod,  welcher  Herrn  Professor 
Dr.  C.  0.  Weber,  einen  der  Leiter  deutscher  medicinischer 
Wissenschaft,  mitten  in  voller  Manneskraft  und  in  emsigster  Aus- 
übung seiner  so  vielseitigen  Thätigkeit  dahingerafit,  hat  auch 
bei  den  Vertretern  deutscher  Arzneiwissenschaft  diesseits  des 
Oceans  einen   erschütternden   Eindruck   hervorgerufen,   und  es 


570  Nachruf. 

haben  daher  die  unterzeichneten  Mitglieder  des  deutschen  Hos- 
pitals und  des  Dispensary  der  Stadt  New  York  in  einer  ausser- 
ordentlichen Geschäftssiteung  beschlossen,  ihren  Gefühlen,  welche 
durch  das  so  tragische  Ereigni^s  aufgeregt  wurden,  einen  öffent- 
lichen Ausdruck  zu  verleihen. 

Wir  verehrten  in  dem  Veratorbenen  den  Repräsentanten  de^ 
Fortschrittes,  sowohl  auf  dem  Gebiete  der  pathologischen  Ana- 
tomie, wie  der  specifisch  deutschen  Chirurgie,  indem  er  durch 
seine  schon  in  den  ersten  Studienjahren  begonnenen  und  weiterhin 
sich  immer  grossartiger  gestaltenden,  selbstständigen  Forschungen 
auf  beiden  Gebieteh  sich  unumslössliche  Verdienste  um  unsere 
deutsche  Wissenschaft  errungen,  und  zu  der  gerechten  Hoffnung  Ver- 
anlassung gab,  dass  er  als  Forscher,  wie  als  Lehrer,  bald  die  her- 
Torragendste  Stellung  unter  seinen  Gollegen  wurde  errungen  haben. 

Wenn  wir  uns  erlauben,  von  hier  aus  unsere  Theilnahme 
an  dem  Ableben  des  Dr.  C.  0.  Weber  in  die  Oeffentlichkeit  zo 
bringen,  so  geschieht  dieses  in  dem  Bewusstsein,  dass  der  Werth 
des  Hingeschiedenen,  weit  über  die  engeren  Grenzen  des  Vater- 
landes hinaus,  überall  da,  wo  deutsche  Wissenschaft  eine  Heim- 
stätte gefunden,  erkannt,  und  sein  Verlust  empfunden  wird. 

Einzelne  der  Unterzeichneten,  welche  das  Glück  hatten,  als 
Studiengenossen  in  persönlichem  Verkehr  mit  dem  Verstorbenen 
gestanden  zu  haben,  drückt  die  Wucht  des  Ereignisses  doppelt 
schwer,  da  er  ihnen  durch  die  vielen  hervorragenden  Eigenschaf- 
ten seines  edelen  menschliehen  Charakters  theuer  geworden  war. 

Für  die  Hinterbliebenen,  welche  sein  Tod  am  unmittelbar- 
sten berührt,  möge  die  allgemeine  Theilnahme,  die  derselbe  auch 
hier  zu  Lande  hervorgerufen,  mit  dazu  beitragen,  das  Herbe  des 
Schmerzes  zu  mildern. 

New  York,  den  25.  Juli  1867. 

Dr.  C.  Lellmann.       Dr.  E.  Schilling.       Dr.  A.  Pramann. 

Dr.  M.  Herzog.     Dr.  A.  Jacobi.     Dr.  H.  Althof, 

Dr.  F.  Simrock.    Dr.  E.  Krackowizer.    Dr.  L,  Voss. 

Dr.  H.   Goleke.     D):.  J.  Kammerer.    Dr.  E.  Noeggerath. 

Dr.  E.  Rosenberg.     Dr.  £.  Schwedler.     Dr.  F.  Zinsser. 


Uedrnckt  bei  Jnlias  Sittenfeld  la  BerUn. 


XIV. 

Die  Wunden  des  Herzens 

und  des  Herzbeutels. 

Von 

Dr«  Qeorff  Fischer^ 

>  iD  Hannover. 


Die  Herzwunden  stehen  augenblicklich  bei  den  Chirnrgen 
in  Ungnade.  Früher  mit  demselben  Eifer  gepflegt,  wie  die  übri- 
gen penetrircnden  Brastwanden,  werden  sie  jetzt  selten  bearbei- 
tet, und  ist  ihnen  nur  ein  dürftiges  Plätzchen  in  den  neueren 
deutschen  Schriften  angewiesen.  Es  erklärt  sich  die  Vernacli- 
lässigung  aus  der  von  Alters  her  eingewurzelten  Ansicht,  dass 
der  Verletzte  rasch  und  fast  immer  zu  Grunde  geht,  dass  selbst 
die  Diagnose  dieser  relativ  seltenen  Verwundung  in  den  meisten 
Fällen  unmöglich  erscheint.  Dieses  Preisgeben  jeder  Hoffnung 
bestimmte  mich  zu  einer  neuen  Bearbeitung  der  Herzwunden, 
und  suchte  ich  aus  einer  möglichst  grossen  Anzahl  von  Beobach- 
tungen präcisere  Anschauungen  feststellen  zu  können,  in  der 
Hoffnung,  für  den  Kranken  günstiger^  Chancen  zu  gewinnen. 

Die  Arbeit  stützt  sich  auf  452  Wunden  des  Herzens 
und  des  Herzbeutels.  Die  Casuistik  derselben  ist,  um  die 
Beschreibung  übersichtlich  zu  erhalten,  hinten  angefügt,  und  sind 
die  wichtigsten  Fälle  ausführlich  mitgetheilt,  während  die  über- 

T.  Lmngtobeek,  ArcbW  f.  Chirargie.  IX.  gj 


572  I^f  Georg  Fischer, 

wiegende  Mehrzahl  auf  das  Nothwendigste  zugestutzt  ist.  Die 
alleinige  AufTührong  der  Citate  ist  ebenso  werthlos,  wie  die 
vollständige  Wiedergabe  fär  den  Leser  abschreckend. 

Herrn  Ober  -  Medicinalrath  Baum  in  Göttingen  danke  ich 
bestens  für  die  Herbeischaffung  einzelner  französischer  Disserta- 
tionen, die  weder  in  Göttingen  und  Berlin  vorräthig,  noch  ao? 
der  Bibliothöque  de  r£cole  de  mädecine  in  Paris  zu  erhalten  wa- 
ren; dergleichen  Herrn  Medicinalrath  Schuchardt  in  Gotb 
für  einige  ältere  Fälle. 

Ganz  besonderen  Dank  schulde  ich  meinem  Bruder,  Dr. 
Louis  Fischer,  Assistenzarzt  der  medicinischen  Klinik  in  G^t- 
tingen,  für  die  vielseitige,  zeitraubende  Benutzung  der  dortigen 
Universitäts-Bibliothek. 

Wenn  einzelne  Verletzungen  vermisst  werden,  so  möge  der 
Mangel  einer  grösseren  medicinischen  Bibliothek  am  hiesigen 
Orte  mich  entschuldigen. 


Die  Herzwunden  gehören  zu  den  schwersten  penetrirendeo 
Brustwunden.  Jahrhunderte  lang  galten  sie  für  absolut  tödtlich, 
eine  Heilung  derselben  für  unmöglich,  und  erst  nach  und  nach 
wurde  durch  Sectionen  die  Yernarbung  einer  Herzverletznng 
sichergestellt.  Während  diese  Thatsacho  nur  unter  grosser  Zo- 
rückhaltung  allmälig  anerkannt,  und  damit  die  überlieferten  Leb- 
ren der  alten  Chirurgie  verdrängt  wurden,  erhielt  die  Poesie  den 
alten  Volksglauben  von  dem  sicheren  und  augenblicklichen  Tode 
der  Herzwunden  bis  jetzt  aufrecht.  Mit  der  Vervollkommnung 
der  Prognose  hielt  die  Diagnose  nicht  gleichen  Schritt;  sie  blieb 
und  steht  noch  auf  einer  niederen  Stufe.  Es  wurden  die  ver- 
schiedensten Anläufe  genommen,  sichere  pathognomonische  Zei- 
chen für  die  Herz-  und  Herzbeutelwunden  ausfindig  zu  machen, 
aber  stets  wieder  verworfen.  Der  Therapie  kamen  die  im  I^nfe 
der  Zeit  gemachten  Fortschritte  im  Bereiche  der  penetrirenden 


üeber  die  Wunden  des  Herzens  und  des  Herzbeutels.  573 

Bnistwnnden  zu  Gute,  obwohl  noch  jetzt  die  eutgegengesctztcn 
Ansichten  einander  gegenüberstehen. 

Diese  Unvollkommenheiten  sind  ein  hinreichender  Grund, 
um  das  Studium  der  Herzwunden  frisch  zu  erhalten,  und  es  ist 
nicht  gerechtfertigt,  wenn  namhafte  Chirurgen  der  jetzigen  Zeit 
dieselben  in  den  Hintergrund  drängen,  in  der  Voraussetzung, 
dass  die  Verletzung  wenig  Sorge  macht,  die  Hülfe  des  Wund- 
arztes in  der  Regel  nicht  mehr  nöthig  ist,  da  der  Tod  bald 
eintritt 


Goschichte. 

Die  Geschichte  der  Herzwunden  beginnt  mit  dem  Homeri- 
schen Zeitalter,  in , welchem  das  Herz  als  Theil  des  menschlichen 
Körpers  und  als  Sitz  des  Lebens,  der  Seele,  des  Empfindens 
u.  s.  w.  bekannt  war. 

Homer,  welcher  seine  Schlachtengemilde  reich  mit  Beschreibungen  von 
Wunden  aosgestattet  hat,  ISsst  seine  Helden  sehr  häufig  an  Brustwunden 
sterben:  unter  diesen  sind  folgende  Herzwunden:  1)  Utas  XIII.,  442: 

SÖQv  S*iv  xqadCji  iminf/H, 

ij  ^ä  ol  äifxufQOvaa  *ai  ohqtaxov  HBkifJu^iv 

hX^og 

wo  Idomeneus  dem  Alkathoos  die  Lanze  in  das  Herz  stiess,  welches 
durch  sein  Erzittern  das  Schaftende  des  Speeres  erbeben  machte,  eine  Er- 
scheinung, die  en  miniature  f&r  die  Versuche  der  Acupunctur  bei  Thieren 
als  Vorbild  hätte  dienen  können,  in  dieser  Grösse  aber  yon  keinem  Chi- 
rurgen beobachtet  ist,  und  nur  bei  einem  Homerischen  Recken  poetisch  ge- 
dacht werden  konnte.    Alkathoos  starb  darauf.  —  2)  Uias  XVI.,  480: 

äkX  IßaK^  ly^*  üiqa  n  g^qivtg  li^;|faTa»  äfA^  äSivöv  x^q, 

Patroklos  trifft  den  Sarpedon  mit  dem  Speer,  wo  das  Zwerchfell 
resp.  Herzbeutel  sich  um  das  dichte  (entweder  dicht- von  Eingeweiden  um- 
schlossene, oder  aus  dichtem  Fleisch  bestehende)  Herz  schliesst    Nachdem 
Sarpedon  noch  eine  kurze  Rede  gehalten  und  (V.  504,  505) 
ix  XQ^^^  ^^  idqv,  nqoit  d§  ^qivtq  a\>tip  inovto 
TOio  d^äfia  tlfvxifv  ts  xal  ^yx^og  i^iqv^  ^hf*^^- 
Patroklos  ihm  die  Lanze  aus  dem  Leibe  gesogen  hat,  wobei  das  Zwerchfell 
(Herzbeutel)  folgt,  stirbt  er.    Seine  Herswunde  wird  beglaubigt  im  Vers  660 
wo  es  heisst  nßtßXufifiit'Ov  ^loq".    Es  fragt  sich,  ob  dieser  Stelle  zufolge 

37  • 


674  I^r»  Georg  Fischer, 

Homer  den  Herzbeutel  gekannt  hat,  was  dem  Sino  entsprechender  ▼£». 
Es  ist  nicht  zn  Itngnen,  dass  an  allen  übrigen  Stellen  (s.  B.  Hias  X.  10. 
Odjss.  IX.  301)  und  bei  den  ältesten  Schriftstellern  das  Wort  ffffivt^  stet« 
als  Zwerchfell  zn  fibersetzen  ist.    Gleichzeitig  wird  indess  schon  bei  des 
ältesten  Griechen  das  Zwerchfell  fQr  den  Sitz  des  gesunmten  geistigen  Le- 
bens gehalten,  es  wflrde  daher  die  Vorstellung  nicht  nngerechtfertigt  «r* 
scheinen,  das  Herz  als  Sitz  des   Lebens  von  diesem  Organ  umkleidet  n 
wissen.    Es  ist  mithin  möglich,  dass  der  Herzbeutel  als  ein  dem  Zwerchfell 
angehöriger  Theil,  mit  welchem  er  ohnehin  durch  Bindegewebe  Terbandea 
ist,  indess  nicht  als  selbstst&ndiges,  dem  Worte  g>Qivtg  entsprechendes  Or- 
gan von  Homer  gekannt  ist.  •—  8)  Hias  XVII.  519.    Der  Fall  ist  iweifei- 
haft.    Are  tos  wird  in  den  Unterleib  durch  den  Gurt  hindnrch  Ton  einea 
Wurfspiess  getroffen,  welcher  ihm  die  Gedärme  scharf  durchwühlt,  seise 
Glieder  löst.    Im  Vers  535  heisst  es,  dass  er  diSäiyfiivov  ^toq  (mit  zer- 
rissenem Herzen)  daliegt.    Dieser  Ausdruck  kann  bildlich  gebraucht  wer- 
den (z.  B.  Odyss.  XIII.  320),   allein  da  im  folgenden  Verse  Automedoo 
dem  Are  tos  die  R&stung  ahszieht,  was  an  allen  anderen  Stellen  und  des 
Ileidencharakter  gemäss  nur  bei  einem  Todten  yorkommt,   ausserdem  ici 
Verd  539  Automedon  sagt,  dass  er  ihn  getGdtet  habe,  und  auch  jener  Abs- 
druck  dem  im  zweiten  Fall  citirten  analog  ist,  so  ist  aDzunehmen,  dz» 
Are  tos  todt  mit  zerrissenem  Herzmuskel  dabg;.    Anatomisch  wird  daducb, 
dass  der  Spiess  in  den  Unterleib  eindrang,  diese  Herzwnnde  nichc  unn^- 
lieh;  nimmt  auch  Homer  es  damit  nicht  sehr  genau,  indem  er  z.  B.  die 
Leber  bald  durch  einen  dicht  an  der  Brustwarze  eindringenden  Pfeil  (Odyss. 
XXU.  82),  bald  unterhalb  des  Zwerchfelles  (Hias  XL  579)  yerwnnden  UssU  -  j 
Was  den  Verlauf  der  beiden  ersten  Herzwunden  anbetrifft,  so  waren  beid« 
tödtlich,  die  eine  sofort,  die  andere,  nachdem  der  Speer  ausgezogen  var, 
nnd  ist  die  Ansicht  Ober  den  sofort  nach  der  Bxtraction   des  Instramestei 
eintretenden  Tod  bis  in  die  Neuzeit  aufrechtgehalten.     Im  Debrigen  sind 
die  meisten  Wunden  bei  Homer,  die  nach  echter  Heldenart  häufig  von 
ein*  und   hinten  ausdringen,   zumal   die  Wunden   der  Eingeweide,  BUn 
(liias  V.  67)  Leber,  Lunge,  sofort  tödtlichi    Eine  grössere  Gefahr  der  Ben- 
wunden  kennt  Homer  nicht,  und  wenn  er  bei  Verletzungen  den  Ort  der 
Wunde  häufig  neben  die  Warze  Terlegt,  so  mag  er  als  Dichter  eine  nibeft 
Bezeichnung  fflr  wQnschenswerth  gehalten  haben,  es  beweist  indess  sieht, 
dass  er  dabei  eine  grössere  Gefahr  des  Herzens  im  Auge  gehabt  hat,  d». 
er  an   diesem  Ort  sowohl  die  Lunge  (Hias  IV.  528),  als  auch  die  Leber 
(Odjss.  XXII.  82)  u.  s.  w.  verwunden  läset  —  AU  Wunde  eines  gros- 
sen Gefässes  muss  die  angesehen  werden,  wo  Hias  XIII.,  546 

^lißa  TTuCav  ix£Q<rev, 

fli  ävfk  vdSra  diovca  diufimq^q  aixiv*  IxHvit. 


üeber  die  Wunden  des  Herzens  und  des  Herzbeutels.  575 

Antilochos  die  vom  Rficken  zum  Halse  laufende  Ader  durchschnitt, 
vorauf  der  Tod  eintrat  Einen  Unterschied  zwischen  Arterien  und  Venen 
kennt  Homer  nicht. 

Die  dramatischen  Dichter  der  Griechen  kannten  weder  die 
grossere  Gefahr  der  Herzwunden,  noch  einen  sichern  Tod  durch  dieselben, 
was  daraus  henrorgeht,  dass  sie  den  Selbstmord  stets  auf  andere  Weise 
vollziehen  lassen  (Jokaste  durch  ErhSugen  [auch  Odjss.  XI.  278],  Anti- 
gone  durch  ErwArgen,  Eurjdice  mittelst  Durchbohrnng  des  Unterleibes 
durch  das  Schwert). 

Hippocrates  (460  —  370  a.  Chr.)  (Aphor.  Sect.  VI.  18.),  welcher  das 
Herz  fOr  die  Wurzelstfttte  der  Arterien  ansieht,  stellt  die  Herzwunden  in 
eine  Reihe  mit  denen  der  Blase,  Gehirn,  Zwerchfell,  D&rme,  Leber,  kennt 
also  die  wahre  Bedeutung  derselben  nicht,  und  hält  sie  fQr  tödtlich.  Er 
sagt:  xvcm  S$axaniovxi  f  iyxiqtaXov  ^  xa^Striv  1}  ^qivag  f  jtSy  ivjigwv 
u  jiSv  XiTndfv  ^  xoMriv  ^  ^naQ  ^avaiätSeg.  (Während  die  meisten  Her- 
ausgeber des  Hippocrates  das  Wort  d^uvaiaidsg  als  »lethale,  tödtlich*'  inter- 
pretiren,  und  diese  Ansicht  in  den  späteren  Jahrhunderten  gethellt  wird,  fas- 
sen es  Sprengel  und  nach  ihm  Landsberg  als  »lebensgefährlich*  auf, 
und  stützen  sich  auf  eine  wahrscheinlich  vorhippocratische  Stelle:  Coac.  prae- 
not  T.  I.  p.  310.,  wo  es  heisst:  dno&njcxovift  de  fiaXtara  ix  iwv  JifWfAä' 
jiov,  ifv  ng  iyxitpuXoy  xqiad'fi,  ^  ^ajjf^^y  fiviXdvj  vj  ^naQ,  f  y>Qivag,  ^  xuq- 
ä(fiv,  $  xvCt^v,  rj  fkißa  rtSv  nax^twv.  Das  Wort  fAuhcra  soll  eine  abso- 
lute Tödtlichkeit  ausschlicssen.  Bei  den  Hippocratikern  wird  auch  die 
Leber  xaqdtti^  in  späteren  Zeiten  anch  der  Magen  so  genannt) 

Aristoteles  (dS4— 322  a.  Chr.),  erzählt  (de  gener.  anim.  exerc.  62), 
dass  das  Herz  des  Leo  nid  as,  der  bei  Thermopylae  fiel,  mit  Haaren  bedeckt 
gewesen  sei,  und  hält  die  Herzwunden  fDr  tödtlich.  Es  heisst  bei  ihm  (de 
part.  anim.  Lib.  UI.  cap  4)  »cor  solum  viscerum,  itaque  omnium  corporis  par- 
tium, ouUum  Vitium  patitur  graves;  idque  rccta  ratione.  Cum  enim  princi- 
pinm  corrnmpitur,  nihil  est,  quod  caeteris,  quae  inde  pendent,  praebere 
possit  auxilium. 

Es  Hess  sich  erwarten,  dass  in  der  kriegsreichen  Zeit  der  Alten  die 
Kenntnisse  über  die  Verletzungen  sich  bald  erweiterten,  und  scheint  es, 
dass  die  absolute  TOdtlichkeit  der  Herzwunden  schon  dem  Volke  bekanut 
waren,  indem 

Ovid  (t  17  p.  Chr.)  (Epist  III.  Lib.  I   21)  singt 
»sanabit  nuUa  vulnera  cordis  ope.* 

Dieser  durch  die  Kriege  hervorgerufene  Fortschritt  macht  sich  beson- 
ders bei 

Celsus  (zur  Zeit  des  Augustus  und  Tiberius,  80  a.  Chr.— 37  p.  Chr.) 
geltend,  welcher  die  Sectionen  an  Todten  und  Lebenden  ihrer  Nutzlosigkeit 


576  ^r-  Georg  Fischer, 

und  Grausamkeit  halber  verbannt  wissen  will,  da  man  hinreichend  Gele 
genheit  finde,  an  Verletzungen  Anatomie  xn  stndiren.  Gelsoa  beschreibt 
zuerst  Symptome  Ton  Herz  wunden  und  den  frühzeitigen  Tod  nach  denselben. 
(Medicinae  libri  octo.  Lib.  V.  cap.  26.  edid.  Leon  Targa.  p.  235.  Lvgi 
Batar.  1786:  Igitnr  corde  percusso,  sanguis  mnitns  fertnr,  venae  langn«- 
cnnt,  color  pallidissimns ,  sndores  frigidi  maJiqne  odoris  tanqnam  irronto 
corpore  oriuntar:  eztremisqne  partibua  frigidis  matnra  mors  aeqaiiar. 

Johannes  der  Evangelist  (Evang.  Gap.  19,  v.  34;  im  70.  Lebest 
jähre  c.  80  p.  Ghr.  geschrieben)  sagt  beim  Tode  Jesu:  uXX  $1$  JiJSv  ^qatwiüf 
kÖYXfl  a<^tcp  ^^y  nXivQäv  ^wl^f  xal  iv&vg  l^ijX&tv  alfut  xut  Mwq.  Der 
Ausflnss  von  Blut  und  Wasser  hat  einige  Autoren  zn  der  Annahme  einer 
Herzbeutel-  resp.  Herzverletzung  veranlasst,  während  Andere  darin  nur 
etwas  Symbolisches,  Wunderbares  erkennen, 

Plinins  d.  Ä.  (zur  Zeit  des  Titns  and  Domitian  79—96  p.  Ghr.)  (Se- 
cund.  Natur.  Histor.  Lib.  XL  cap.  37.)  glaubt,  dass  das  Hers  nicht  toq 
Krankheiten  anderer  Grgane  afficirt  werde,  und  dass  seine  Wanden  sofon 
den  Tod  bringen  ,quod  solum  hoc  (sc.  cor)  viscerum  vitiis  non  maceratar 
nee  supplicia  vitae  trahit:  laesumque  mortem  illico  affert* 

Aretaeus  (zur  Zeit  Domitian's)  (De  caus.  et  sign,  acut  et  diut  morb. 
Lib.  IL  cap.  L  p.  10.  B.  Lugdun.  Batav.  1735.  ed.  Boerhave)  sagt,  bei  Ab- 
handlung der  Lungenentzfindung,  dass,  wenn  das  Herz  leide,  der  Tod  nicbt 
lange  auf  sich  warten  lasse:  Uqwtov  rotyagovv  ^  fuv  ^  Ma^dftj  Jid^ 
ovx  flg  fxaxgäv  jov  &avdjov  fj  ä/AßoXij. 

Galen  (geb.  131  p.  Ghr.)  (De  locis  affectis.  T.  VUL  Lib.  V.  cap.  t 
p.  304.,  ed.  Kfihn)  sah  nicht  selten  Herz  wunden  bei  Gladiatoren,  wobei 
der  Tod  rasch  unter  Ohnmächten  eintrat.  «Wenn  die  Verletzung  bis  ia 
einen  der  Ventrikel  dringt,  so  tritt  der  Tod  auf  der  Stelle  ein  durch  BIb- 
tung,  und  zwar  um  so  rascher,  wenn  der  linke  Ventrikel  verletzt  ist.  Dringt 
dagegen  die  Wunde  nur  in  das  Herzfleisch,  ist  sie  nicht  penetrirend,  io 
bleibt  der  Kranke  nicht  allein  den  Tag,  sondern  auch  noch  Aber  die  fol- 
gende Nacht  hinaus  leben,  worauf  der  Tod  durch  EntzQndung  eintritt;  der 
Geist  bleibt  intact."  (Unrichtig  ist  die  Auslegung,  dass  nicht  penetrireode 
Wunden  in  der  Nacht  nach  der  Verletzung  tödten). 

Die  Ansichten  des  Gelsus  und  Galen  galten  lange  Zeit  hindurch, 
zum  Theil  bis  in  die  neuere  Zeit  herab,  so  dass  die  Nachfolger  meistens 
nur  Gopieen  und  wenig  Neues  liefern. 

Paul  von  Aegina(c.  634)  (Medicinae  totius  enchiridion.  Basileze 
1Ö46.  Lib.  VL  p.  506.  De  telis  extrahendis.  cap.  88.)  bespricht  die  Ver- 
letzung des  Herzens  durch  einen  PfeiL  «Si  cordi  impactum  ait  telum  prope 
sinisteriorem  mammillam,  id  ipsum  non  vacuo  loco,  sed  quasi  ab  altero  ex- 
ceptum  apparet.    Ac  pulsatilem  interim  motum  edit,  sanguis  niger,  si  ex- 


Heber  die  Wunden  des  Herzeus  und  des  Herzbeutels.  577 

itum  habuerit,  effertar,  extrema  frigescuDt,  sudor  promauat,  animus  deficit . . 
absqne  dilatione  interitas  sabseqaitar.'' 

Die  arabischen  Aerzte  liefern  nichts  Besonderes.  Rhazes  (f  923) 
erwähnt  die  Herzwunden  gar  nicht;  Avicenna  (f  1036)  (Canon  medicinae. 
Venetiis.  1608.  Tom.  II.  Lib.  IV.  Fen.  4.  Traet  I.  p.  139)  sagt:  »in  corde 
antem  non  speratur  salus,  quum  in  eo  accidit  vulnas*';  —  and  Albucasis 
(t  1122)  (De  chirnrgia.  Argent  1544;  auch  herausgegeben  von  J.  Chan- 
ning.  Ozonii.  1778.  T.  II.  p.  447)  giebt  fast  wörtlich  die  Beschreibung  von 
Paul  V.  Aegina  wieder,  fügt  nur  später  hinzu,  dass,  wenn  man  den  Pfeil 
fahle,  und  ein  Einschnitt  über  ihm  möglich  sei,  man  einschneiden  solle. 

Brunus  (c.  1252)  (Chirnrgia  magna.  Lib.  I.  cap.  6.  1546.)  wie  Paul 
von  Aegina. 

Lanfranchi  (c.  1295)  (Lib.  IL  cap.  5.)  fügt  zu  den  bekannton 
Symptomen  die  Syncope  und  Oppression  hinzu ,  hält  den  Ausfluss  von 
schwarzem  Blute  für  eine  Eigenthümlichkeit  der  Herzwunde,  während  ein 
rothes,  schaumiges  Blut  auf  eine  Lungenwunde  deutet. 

Guy  deChauliac  (c.  1363)  (Lib.  III.  2.  Theil.  cap.  5.)  betont,  ausser 
den  Symptomen  nach  Paul  v.  Aegina,  die  Syncope. 

Bertapaglia  (c.  1450)  (Lib.  II.  cap.  2.)  lässt  rothes  Blut,  und  zwar 
stossweise,  ausfliessen. 

Benivenius  (f  1503)  (De  abditis  morb.  caus.  Obs.  65.)  beschreibt 
zuerst  die  Heilung  einer  Herzbeutelverletzung,  die  indess  unsicher  ist,  da 
die  Section  fehlt  (s.  Fall  302).  Derselbe  soll,  wie  Marc.  Donatus  (De 
medic.  bist,  mirab.  Mantuac.  1586.  Lib.  V.  cap.  4.)  erwähnt,  im  Cap.  81.  an- 
geben, dass  bei  der  Section  des  Ludovicus  Kicolinus  im  linken  Yen* 
trikcl  eine  harte  Narbe  (callum),  von  der  Grösse  einer  Nuss  gefunden  sei, 
die  er  als  die  Krankheitsursache  angesehen  habe,  auch  soll  er  (Cap.  89.) 
bei  einem  Diebe  im  linken  Ventrikel  einen  Abscess  gefunden  haben. 

J.  Hollerins  (1498—1562)  (Comm.  aphorismi  allegati)  war  der  Erste, 
welcher  die  Heilung  einer  Herzwunde  für  möglich  hielt,  und  meint,  dass, 
wenn  eine  Wunde  das  Fleisch  und  die  Pulpa  des  Herzens  trefiTe,  es  nicht 
nöthig  sei,  dass  der  Mensch  stürbe.  Er  fügt  hinzu,  dass  ein  Mann  2  Jahre 
lang  mit  einem  Tuberculum  im  Herzen  lebte. 

Hieron.  Cardanus  (geb.  1501)  (De  causis,  signis  et  locis  morb. 
1583.  Basileae.  p.  170)  recapitolirt  die  Symptome  nach  Celsus,  die  Le- 
bensdauer nach  Galen.  Auch  sagt  er,  unter  Bestätigung  von  Spigelius: 
,J'ay  veu  en  Anthoine  Algiate  vne  portion  du  pericarde  ötee";  worauf 
Heilung  erfolgte,  obwohl  das  Athmen  später  durch  tiefe  Seufzer  »nterbrochen 
war.  Es  würde  dieses  der  erste  bewiesene  Fall  einer  Pericardiurowunde  sein. 
Ambroise  Par^  (1509—1590)  (Opera  chirnrgica.  Frankfurt  a.  Main 
1594.  p.  307:  De  vuln.  thor.  Cap.  30.)  sagt  zur  Diagnose:  si  ingens  sangui 


578  ^'-  Georg  Fischer, 

018  vis  erumpat,  si  tremor  nniversi  corporis  membra  quatiat,  8i  polsos  par- 
TOS  Sit  et  laogoeat,  si  color  pallidos,  si  sodor  frigidos,  si  crebn  sjncope 
oboriator,  extremisqoe  partibos  frigidis,  matora  mors  sequitor»  —  vieder- 
holt  also  im  Wesentlichen  Celsos,  ood  recapitolirt  im  Uebrigen  das  bis 
dahio  bekaont  Gewordene.  £r  beschreibt  io  Fall  228  die  erste  aathentiKh< 
peoetrireode  Herzwoode,  wobei  indess  ein  bestimmter  Herzabschnitt  nicht 
angegeben  ist. 

Fallopios  (1523—1562)  (Opera  omnia  tractatns  de  yalnerlbns  in  ge< 
nere.  Gap.  10.  Francfnrt.  1600.  p.  168.  213)  nimmt  stets  einen  rascheo, 
plötzlichen  Tod  an,  hält  das  Herzfleisch  für  zo  hart  zor  Verheilung,  nnd  ein« 
Gonsolidation  für  nnmOglich,  da  das  Herz  immer  in  Bewegung  ist  Auch 
ist  die  Temperatur  desselben  sehr  warm,  so  dass  es  sich  leicht  entzfindct 
F.,  welcher  die  Symptome,  wie  die  fibrigen  Autoren  aofzfthlt,  unterscheidet 
zuerst  näher  Wunden  des  rechten  und  linken  Ventrikels,  und  stätzt  aof 
den  Umstand,  dass  schwarzes  Blut  aus  dem  ersteren,  rothea  ans  dem  letz- 
teren komme,  die  Diagnose. 

H.  Fabricios  ab  Aquapendente  (1537—1619)  (Opera  Chirurg 
cap.  21.  p.  104.  Patavü.  16G6)  hält  die  Herz-  und  Herzbeutel  wunden  ßr 
tödtlich  .  .  .  si  cor  vulneretui,  desperata  est  res,  sicut  etiam  si  .  .  .  peii- 
cardii  tunica.  An  eioer  anderen  Stelle  (Pars  ima.  Lib.  2.  c.  42.  161i^ 
sagt  er,  dass  Wanden,  welche  bis  in  die  Brusthöhle  dringen,  Herz,  Hen- 
beotel,  Zwerchfell  oder  Langen,  letztere  in  aosgedehnter  Weise,  Terletzec, 
alle  tödtlich  sind;  es  sei  deswegen  unnöthig,  sichihrer  Gnr  halber  zu  bemfiben 

F.  Rota  (1550)  fand  nach  einer  nicht  penetrirenden  Herzwande  (der 
erste  Fall),  als  der  Tod  nach  langen  Leiden  erfolgt  war,  den  Herzbeutel  er- 
weitert, und  die  Herzsabstanz  zerstört. 

Fernelius  (f  1558)  (Pathologia.  Lib.  V.  c.  12.)  giebt  an,  dassWoo- 
den,  die  nicht  tief  in  den  Ventrikel  dringen,  nicht  auf  der  Stelle  tödtto, 
und  beschreibt  die  von  B.  Cabrol  citirte  Narbe  (Fall  271),  die  vielleicht 
auf  eine  Wunde  zurflckzuführen  ist. 

J.  Lomnius  (1560)  (Observ.  medic.  Libri  tres;  AmstelodamL  1761 
Lib.  IL  p.  143)  hält  die  Blutung  ffir  verschieden  stark,  je  nachdem  Aite- 
rien  oder  Venen  getroffen  sind,  spiicht  von  langsame  Pulse,  bleicher 
Farbe,  kaltem  Schweisse  u.  s.  w. 

Fabricius  von  Hilden  (1560—1634)  (Observ.  chir.  Centur.  V.  Obi 
74.  p.  370.  1641}  behauptet,  dass  Wunden  von  Herz,  Leber,  Gehiro. 
Lungen,  £ingeweiden  nicht  immer  tödtlich  sind,  und  citirt  Fall  236. 

Sanctorios  (1561—1636)  experimeotirte  an  Kaninchen,  was  später 
näher  erwähnt  ist. 

Senne rt  (1572-1637)  (Practica.  T.  IL  P.  2.  cap.  15.  p.  703.  Log- 
dun.  1650)   citirt  folgenden  ioteressanten,   obwohl  nicht  beweisenden  Fall: 


Die  Wanden  des  Herzens  nnd  des  Herzbeutels.  579 

Ein  Stndent  stiess  sich  (Herbst  1582)  ans  Schwermntli  einen  Degen  unter 
der  4.  Rippe  ein,  so  dass  er  unter  der  9.  Rippe  nieder  herauskam,  und 
wurde  im  2.  Monat  geheilt.  Nach  8  Monaten  (Mai  1583)  abermals  Schwer- 
muth,  Erbrechen,  kalte  Seh  weisse,  Ohnmacht,  plötzlicher  Tod.  Es  waren  Zwerch- 
fell, Lunge  durchbohrt,  die  linke  Lunge  fast  ganz  vereitert,  der  Magen  lag  in  der 
linken  Brusthöhle,  das  Herz  war  nach  der  rechten  Seite  dislocirt,  wo  auch  im 
Leben  der  Herzschlag  gefflhlt  war,  und  gleichzeitig  fast  ganz  verzehrt. 

Realdus  Golumbus  (De  r»  anatomica.  Libri  15.  1593)  hat  in  Rom 
die  Leiche  eines  Schfilers  secirt,  dem  das  Pericardium  fehlte.  Bei  Lebzei- 
ten fiel  derselbe  sehr  oft  in  Ohnmacht,  einem  Todten  fthnlich.  Der  Fall 
wird  anch  von  Bruno  Seidel  (De  morb.  incurab.  1593.  p.  16  u.  folg.)  citirt- 

J.  G.  Weber  (Anchora  Sauciotorum.  Uratislaw.  p.  79.  1600.)  fand 
zuerst  im  Herzen  eines  Thieres  (Hirsch)  eine  Kugel  eingekapselt. 

Melchior  Sebiz  (Examen  vnlnerum  partium  dissimilarium.  Pars  IL 
Argentorati  1637)  stellt  in  den  §§.  68—100.  die  bis  dahin  bekannt  gewor- 
denen Thatsachen  zusammen,  aus  denen  wir  nur  Folgendes  entnehmen: 
§.  68.  Die  Wunden  des  Herzbeutels  sind  an  sich  nicht  tödtlich,  werden  es 
aber  durch  Zuf&Ue;  dabei  fliesst  der  Humor  aqueus  aas.  §.  76.  werden  die 
Symptome  nach  Gelsus  aufgefflhrt.  Andere  ffigen  noch  hinzu  einen  raschen 
GoUapsns  aller  Kräfte,  Sjncope,  kleinen  Puls,  Facies  Hippocratica  bei  her- 
annahendem Tode  u.  s.  w.  §.  77.  Einige  Balten  die  Herzwunden  ffir  tödt- 
lich, Andere  nicht.  §§.  85—87.  enthalten  Beobachtungen  an  Thieren.  §.  96. 
Liebautius  sagt,  dass  alle  Herz  wunden  absolut  tödtlich  sind,  plötzlich, 
wenn  sie  gross  und  tief,  später,  wenn  sie  nur  klein  sind.  §.  99.  Tiefe 
Herzwunden,  die  in  den  Ventrikel  dringen,  besonders  aber  in  den  linken 
und  zumal  die,  welche  zugleich  grössere  Herzgefässe  verletzen,  sind  ent- 
weder sofort,  oder  nicht  lange  nachher  tödtlich.  §.  100.  GrQnde  dafür 
sind:  1)  Die  plötzliche,  rasche  Lösung  der  Lebensgeister,  2)  die  enorme 
Blutung,  3)  die  Zerstreuung  der  Wärme,  4)  die  beständige  Bewegung  des 
Herzens,  welche  eine  Verwachsung  verhindert,  5)  die  Härte  und  Fibrosität 
des  Herzens,  welche  die  Cvfj^yivCtg  erschwert,  6)  die  Hfilflosigkeit  der  The- 
rapie, indem  die  Mittel  nicht  bis  zum  Herzen  dringen,  7)  die  EntzQndung, 
8)  die  grosseste  Noth wendigkeit  und  besondere  Würdigkeit  des  Herzens. 

N.  Muler  beschreibt  1641  im  Fall  105.  die  erste  Wunde  eines  be- 
stimmten Herzabschnittes  (rechter  Ventrikel),  welche  nach  16  Tagen  tödtete, 
und  ist  aus  dem  Pomp,  in  welchen  er  seine  Beschreibung  einhüllt,  auf  das 
Ausserordentliche  des  Falles  zu  schliessen. 

N.  Tnlpius  (1593—1674)  giebt  1642  im  Fall  79.  die  erste  Angabe 
über  einen  Bluterguss  (in's  Pericardium?). 

Idonis  Wolf  giebt  aus  dem  Jahre  1642  im  Fall  268.  die  erste  sichere 
Beschreibung  einer  durch  Vernarbung  geheilten  Herz  wunde. 


580  Dr.  Georg  Fischer, 

P.  Zacchias  (1584—1659)  erwShnt  1651  im  Fall  15.  zuerst  die  Ver- 
letzung des  flerzens  mit  einer  Nudel,  und  fügt,  bei  dem  Tode,  der  nach  6 
Tagen  erfolgte,  hinzu:  »hoc  quidem  mirabile  auditu  est**.  Ferner  beisst  es 
bei  ihm:  .lethalia  vulnera  de  necessitate  sunt,  quae  cor  quomodocnmqce 
laeserint,  cum  viscos  nobilissimnm  continni  soiutiooem  oon  patiator,  nt 
communis  est  medicorum  opinio.* 

Pierre  de  Marchettis  (1589—1673)  beschreibt  1665  im  Fall  211. 
die  erste,  nach  einer  Verletzung  auftretende  Pericarditis.  Jamain  schreibt 
die  Autorschaft  J.  v.  Me  k  eren  (1668)  zu,  und  verwirft  die  Beschreibunis 
?on  Marchettis,  die  nicht  auf  eine  Herzwonde  passen  soll.  Mir  scheinen 
die  Beschreibungen  der  beiden  Autoren  denselben  Fall  zu  behandeln,  und 
lOst  sich  damit  der  Widerspruch. 

Schenck  (J.  Schenckii  a  Grafenberg,  Obs.  med.  rar.  Lyon.  1641 
p.  261)  erwähnt  die  später  mitgetheilten  Beobachtungen  an  Thieren,  ron 
Jacotius,   Thomas  de  Vega,   Brassavolus   o.  A. 

Die  Beschreibungen  von  Herzwunden  häufen  sich.  Henri  ab  Heers 
(1647),  welcher  im  Fall  344.  die  erste  Schusswunde  des  Herzens  geliefert 
zu  haben  scheint,  Panarolus  (1652),  Th.  Bartholinus  (1654)  ▼eröffent- 
lichen  einige  Fälle,  und  werden  einzelne  Beobachtungen,  s.  B.  Fall  105^ 
300.,  welche  damals  noch  unglaublich  schienen,  von  Gaspar  Schott 
(Physica  curiosa.  Herblpoli.  1667.  Lib.  III.  p.  497)  in  Schutz  genommen.  — 
P.  Stoll  (Quaest.  erudit.  et  paradox,  sylva.  Basil.  1652.  4.'  Lib.  Y.  p.354, 
citirt  von  A.  y.  Hall  er,  Biblioth.  chir.  T.  I.  Bern  u.  Basel  1774.)  sagt: 
,» Vulnera  cordis  non  esse  lethalia.*' 

B.  Suevus  de  Rotenburg  (Observ.  et  histoires  Chirurg.,  tireesdea 
oeuTres  de  4  ex  cell.  m^d.  1669.  p.  184.  cap.  9.)  hält  die  Wunden  des  Peri- 
cardium  nur  dann  fQr  absolut  tödtlich,  wenn  sie  gross  sind  und  das  Wasser 
ausläuft,  sonst  nicht;  es  kommt  dann  hektisches  Fieber  hinzu.  Er  briogt 
die  erwähnte  Ansicht  von  J.  Hollerius,  die  ganz  vergessen  schien,  wieder 
in  Erinnerung,  und  hält  die  nicht  penetrirenden  Wunden  fQr  nicht  so  rasch 
tödtlich,  als  die  penetrirenden,  die  sofort  tödten. 

Th.  Bonet  (1620—1689)  (Sepulchretum  anatomic  p.  1606  u.  folg. 
Genf.  1679.)  konnte  schon  20  Fälle  sammeln. 

Joh.  Dolaeus  (1638-1707)  (Encjclop.  Chirurg,  rat.  Francfnrt  1689. 
cap.  VI.  p.  683)  hält  die  Herz-  und  Herzbeutelwunden ,  wobei  das  Wasser 
ausläuft,  fQr  immer  tödtlich. 

0.  Musitanus  (1635  1714)  (Chir.  phjsic.  T.  III.  De  vulner,  Coloniae 
AUobr.  cap.  56.  p.  297.  1698)  bestreitet  die  Angaben  Einzelner,  dass,  wenn 
das  Herz  verletzt  sei,  dickes,  schwarzes  Blut  ausfliesse,  sobald  die  Wunde 
bis  in  den  Ventrikel  gehe.  Er  meint,  dass  bei  Verletzung  des  linken  Ven- 
trikels das  Blut  tenuis  und  floridissimus,  und  wenn  die  Vena  cava  verletzt, 


Ueber  die  Wunden  des  Herzena  ond  des  Herzbeutels.  581 

Schwans  and  dick  sei.  Die  Zeichen  einer  Hers  wände,  welche  ansicher  sind, 
d»  es  nicht  penetrirende  Wunden  giebt,  sind  kalter  Seh  weiss,  Eiskälte  der 
Extremit&ten,  Sjncope,  Kleinheit  des  Pulses,  Schwäche,  Tod,  auch  wenn 
die  Blutung  gering  war.  Fliesst  bei  diesen  Zeichen  rothes  oder  schwarzes 
Blut,  so  wird,  je  nachdem,  der  linke  oder  rechte  Ventrikel  verletzt  sein* 
Kommen  jene  Herzsymptome  nicht  hinzu,  und  besteht  eine  starke  Blutung, 
so  wird,  wenn  die  Wunde  auf  der  rechten  Seite  liegt,  und  schwarzes  Blut 
liefert,  die  Vena  cava,  wenn  links,  und  rothes  Blut  fliesst,  die  Aorta  ver- 
letzt sein.  Die  Herzwunden  sind  nothwendig  tödtlich,^  und  können  nicht 
penetrirende  einen  Tag  Qberleben;  auch  leben  die  Kranken  mit  Ver« 
letzungen  des  rechten  Ventrikels  länger,  als  mit  Verletzungen  des  linken. 
Die  Wunden  der  grossen  Geisse  sind  tödtlich. 

Lorenz  Heister  (Chirurgie  1,  Ansg.  1718;  1.  Theil.  1.  Buch.  1.  Cap. 
1747.)  „Absolut  lethale  Wunden  sind,  wo  keine  menschliche  Hülfe  den  Ver- 
wundeten hätte  saWiren  können«  Hieher  gehören  alle  Wunden,  wo  man 
das  Geblfit  darch  kein  Mittel  stillen  kann  ...  als  da  sind  Wunden,  so  in 
die  Hohligkelt  des  Herzens  oder  dessen  Anriculas  gehen,  .  .  .  grosse  Wun- 
den der  Lunge,  grossen  Adern ,  Zwerchfell  .  .  .  (S.  108).  Der  Tod  erfolgt, 
ehe  der  Chirurg  kommen  kann. 

J.  Bohn  (De  renanciat.  vuln.  1732.  p.  218  a.  folg.)  stellt  die  älte- 
ren Fälle  zusammen. 

Boerhave  (Vorlesung  fiber  patholog.  Betrachtung  des  Herzens.  1736.; 
Sammlang  anserles.  Abhandlgg.  Leipzig.  1784.  IX.  Bd.  L  S.  483  u.  folg.) 
stellte  den  Satz  auf,  dass  die  äusserste  Schwäche  des  Kranken  heilsam, 
und  fast  das  einzige  Mittel  zur  Heilung  ist,  stärkende,  erregende  Mittel  scha- 
den, und  Menschen  mit  anglaublich  wenigem  Blute  leben  können;  die  ge- 
fundenen Narben  sprechen  fflr  die  Heilbarkeit  der  Herz  wunden. 

6.  ▼.  Swieten  (Comment.  in  H.  Boerhave,  Aphor.  T.  I.  1742. 
p.  256  u.  folg.)  hält  die  Heilung  fOr  möglich,  die  Wunden  des  linken  Ven- 
trikels für  gefährlicher,  als  die  des  rechten,  Wunden  der  Art.  und  Vena  co- 
ronar.  an  der  Basis  des  Herzens  f&r  sicher  und  schnell  tödtlich  wegen  ihres 
Blutverlustes. 

Unter  beständiger  Zunahme  und  Vervollständigung  der  einzelnen  Fälle 
wird  eine  ansffihrliche,  ausgezeichnete  Abhandlung  geliefert  von 

Senac  (Traite  de  la  structure  da  coear,  de  son  action  et  de  ses  ma- 
ladies.  T.  II.  1749.  p.  866  a.  folg.),  worin  die  bekannten  Thatsachen  zusam- 
mengefasst,  aus  den  Beobachtungen  an  Thieren  Scbl&sse  auf  die  Herzwun- 
den bei  Menschen  gezogen  werden.  Die  Wanden  sind  stets  schwer,  jedoch 
geben  nicht  penetrirende  Chancen  der  Heilung,  welche  beobachtet  ist;  eine 
absolute  Tödtlichkeit  besteht  nicht.  Der  Anstritt  des  Blutes  aus  der  Herz- 
wunde  wird  durch  einen  Pfropf  oder  die  Membr.  int ,  welche  nicht  zerrissen 


582  ^^'  Georg  Fischer, 

ist,  gehindert,  selbst  wenn  die  äusseren  Fasern  zerrissen  sind.  Die  Pro- 
gnose richtet  sich  nach  der  Empfllnglichkeit  des  Herzens  zur  Entzfindoof. 
Die  Wanden  des  Pericardiums  (p.  342)  sind  nicht  immer  tGdtlich;  der  Aiu- 
fluss  von  Wasser  wird  anter  den  Symptomen  derselben  aufgeführt  Wusdei 
der  grossen  Gefässe  geben  tOdtliche  filatnngen ,  anch  sind  die  Wanden  der 
Herzohren  geföhrlich.  Die  Eröffnung  der  Art  und  Vena  coronar.  briagt 
nicht  sofort  den  Tod  herbei,  weil  der  Blatansflnss  weder  stark  noch  npide 
genng  ist,  dass  die  Lebenskraft  bricht.  S^nac  unterscheidet  die  OefahRi 
bei  penetrirenden  i^nd  nicht  penetrirenden  Wunden.  Wenngleich  bei  ihm 
die  Herzwunden  schon  mit  grosser  Sorgfalt  studirt  sind,  so  blieben  die 
Todesursachen  doch  mehr  oder  weniger  unberücksichtigt,  und  es  gebfihit 

Morgagni  (De  sedib.  et  caus.  morb.  Yenetiis.  1761.  Tom.  IL  Lib.I^' 
Epist  53.  u.  A.)  das  Verdienst,  zuerst  eine  Theorie  fiber  die  gewi^hnlichstd 
Todesursache  (Compression  des  Herzens  durch  Bluterguss  in  das  Periev- 
dium)  aufgestellt  zu  haben,  welche  heute  noch  gftltig  ist 

Durch  diese  beiden  grösseren  Arbeiten  wurde  das  Interesse  den  Ben- 
wunden  wieder  mehr  zugelenkt,  und  es  erschienen  verschiedene  Dissertitio- 
nen:  Mumsen  (Dissert  de  corde  rupto.  Lips.  1764.);  Triller  (Dis5«it 
de  mirando  cordis  vulnere.  Viteberg.  1775.);  E.  G.  Böse  (De  vuln.  cori 
in  foro  absolut  leth.  Lips.  1785.);  Murray  (Dissert.  de  rupto  corde.  Ups. 
1788.). 

Wie  gering  dennoch  eine  üebereinstimmung  der  Ansichten  am  Ende 
des  18.  Jahrhunderts  war,  beweist  ein  Ausspruch  von  de  la  Motte,  wel- 
cher 1771  eine  nach  12  Stunden  tödtliche  Wunde  des  rechten  Ventiikeb 
veröffentlichte  (Fall  75),  und  dabei  schrieb,  dass  Aerzte  und  Ghirnrgeo, 
welche  nicht  bei  der  Section  waren,  den  Fall  nicht  glauben  wollten;  so 
schwer  war  es,  sich  zu  überzeugen,  dass  ein  Kranker  mit  einer  Henwonde 
einen  Moment  nach  der  Verletzung  noch  leben  konnte.  . 

Trotzdem  dass  noch  im  Jahre  1780  J.  Pauli  eine  geheilte  Herxwunde 
(Fall  270)  beobachtet  hatte,  sprach  sich  1783  der  berühmte  englische  Gbiror^ 

Benj.  Bell  (Lehrbegriff  der  Wuudarzneikunst  1783.;  fibenetit  tod 
Dr.  Hebenstreit  IV.  TheiL  S.  112.  1807)  folgendermaassen  aus:  M^ 
ob  wir  gleich  Beobachtungen  von  Herz  wanden  ohne  tödtliche  Folgen  zofg^ 
zeichnet  finden,  so  hat  man  doch  grosse  Ursache,  zu  vermuthen,  dies  ds- 
bei  eine  geflissentliche  Täuschung  oder  ein  Irrthum  Torgefallen  sei*.  —  ^^' 
gleichen:  Ploucquet  (Comment.  med.  in  proc.  crimin.  Argentor.  Vl^*- 
§§.  42—44.),  welcher  die  Heilungen  bei  Thieren  kannte,  bei  Menschen  i&dess 
eine  absolute  Tödtlichkeit  annahm.  —  Piekzonka  (Dissert  de  lethal.^tt^Q' 
cord.  Königeberg.  1799.).  —  Metzger  (Dissert  de  lethal.  t.  cord.  Regis- 
mont    1799.). 

Die  Fortschritte,  welche  zu  Anfang  des  19.  Jahrhunderts  in  der  Cbi- 


Ceber  die  Wanden  des  Herzrns  und  des  Herzbeutels.  583 

mrgie  der  BrpstvundeD  gemacht  wurden,  kamen  den  Uerzwanden  zu  Gute. 
Vor  Allen  ist 

A.  G.  Richter  (Wundarzneikunst  IV.  Band.  S.  324,  391  u.  a.  Göt- 
tingen,  1786—1804.)  zu  nennen,  welcher  den  Gebrauch  der  Sonden  zur 
Diagnose  verwarf,  und  wiederholte  Aderlässe  dringend  empfahl,  deren  Er- 
folg er  durch  die  Beispiele  von  Ledran  (15  Aderlässe,  Heilung),  S  chmncker 
(8  Tage  lang  alle  6  Stunden)  beweist.  Bei  dem  Falle  von  Sassard  (Fall 
249)  fragt  er  an,  ob  nicht,  da  hier  und  in  ähnlichen  Fällen  das  in  der 
Wunde  gesammelte  geronnene  Blut  die  Wunde  geschlossen,  und  so  das  Le- 
ben auf  einige  Tage  gefristet  habe,  die  Losstossuug  des  Blntpfropfes  durch 
Aderlass  und  Rnhe  hätte  verhfitet  werden  können,  und  ob  es  nicht  yielleicht 
möglich  sei,  auf  diese  Art  selbst  Wunden  des  Herzens  und  der  grossen 
Gefäsastämme  zu  heilen. 

In  der  neueren  Zeit  sind  die  Herz  wunden  hauptsächlich  in  Frank- 
reich cultivirt,  und  haben  Larrey  und  Dupuytren  bis  jetzt  die  grosse- 
ste Anzahl  von  Herzwunden  beobachtet  (L.  7,  D.  II).  Larrey  (Glinique 
chirnrgicale.  T.  II.  Paris.  1829.  p.  284  n.  folg.)  sucht  die  Diagnose  der  Herz- 
beutel- und  oberflächlichen  Herzverletzung  festzustellen,  von  denen  er  meh- 
rere Heilungen  aufzuweisen  hat,  und  bringt,  gestützt  auf  Experimente  au 
Leichen,  einen  zur  Paracentese  des  Herzbeutels  gfinstigen  Platz  in  Vor- 
schlag. Dupuytren  (Lei^ons  orales  de  clinique  Chirurg.  T.  II.  Paris.  1832. 
p.  167—192;  T.  VI.  1839.  p.  335-355)  legt  grosses  Gewicht  auf  die  Rich- 
tung der  Wunde  in  Bezug  auf  die  Bedeutung  der  verletzten  Fasern  u.  s.  w. 
Beide  Autoren  befürworten  den  Aderlass. 

In  jener  Zeit  wurden  einige  Pariser  Thesen  TcrOffentlicht.  Den  An- 
fang machte  Gilbert  (Recherches  anat  et  pathol.  sur  les  l^sions  du  coeur. 
These.  Paris.  1804.  nr.  298);  sodann  J.  B.  Alleweireldt  (Gonsiderations 
snr  les  l^sions  m^caniques  du  coeur.  These.  Paris.  1807.  nr.  73),  welcher 
58  Herz  wunden  zusammenstellte;  Alph.  Sanson  (Plaies  du  coeur.  These. 
Paris.  1827.  nr.  259),  welcher  30  Fälle,  darunter  hauptsächlich  die  Beobach- 
tungen aus  dem  H6tei-Dieu  von  Dupuytren  veröffentlichte;  und  H.  de 
Montegre  (Dissert.  sur  les  plaies  peuöUantes  de  la  poitrine  bt  les  iesions 
du  coeur.  These.  Paris.  1836.  nr.  ü.).  ~  Gleichzeitig  erschien  ein  Artikel 
▼on  Prion  (Möm.  sur  les  plaies  p^n^tr.  de  la  poitrine.  M^m.  de  TAcad. 
royale  de  möd.  Paris.  1833.  T.  II.  p.  391  u.  folg.)  und  eine  grossere  Arbeit 
▼on  Ollivier  d'Angers  (Dictionn.  de  möd.  8.  Theil.  1834.  S.  244-264), 
welcher  fiber  64  Fälle  verffigt;  sodann  ein  Aufsatz  von  Jobert  de  Lam- 
balle  (R^flexions  sur  les  plaies  penetrantes  du  coeur.  Archiv,  gen^r.  de 
m^i  lU.  Sörie.  T.  VI.  Sept.  1839.  p.l~23),  welcher  auf  ein  bei  Herzwun- 
den charakteristisches  Geräusch  aufmerksam  machte. 

Zwischendurch   lieferten   die  Lehrbücher  der  Ghirurgie  und  Medicin 


684  ^'*-  Georg  Fischer, 

von  de  la  Motte,  Boyer,  Bögin,  Nölaton,  Richerand,  Bovilliad 
u.  A.  Bcitiäge. 

AuB  der  jfingsten  Zeit  datiren  einzelne  Thesen  von  Ellcaume  (Essai 
ßor  les  ruptures  dn  coeur.  These.  Fairis.  1867.  nr.  186.),  welcher  18  tru- 
matische  Rupturen  des  Herzens  aufweisen  kann;  von  M.  A.  Jamain  (Des 
plaies  du  coeur.  Th^se.  Paris.  1857.),  dessen  Arbeit  auf  121  Verletznogeo 
basirt  ist,  G^rard  (Essai  sur  la  löthalit^  des  plaies  pänötrantes  dn  coear. 
These.  Strasbourg.  1868.  II.  Serie,  nr.  431.),  von  welchem  mit  Tonrdes 
Versuche  an  Kaninchen  angestellt  wurden,  und  M  Fälle  zusammengestellt  sind 

Das  aus  England  gelieferte  Material  ist  dem  französischen  gegec- 
aber  ein  sehr  geringes.  Meistens  sind  es  Jourualartikel  von  Baird,  Garn- 
gee,  G.  Lees,  Wallace,  Thurnam,  Leared,  Peacock,  Garnochao, 
Fuge  und  Prescott  Hewett  U.A.,  welche  in  der  Gasuistik  nachzosehen 
sind.  Guthrie  stellte  eine  grosse  Anzahl  von  Herzwunden  zusammen  (Oo 
wounds  and  injuries  of  the  ehest.  III.  part  of  the  lectnres  on  some  of  the 
more  important  points  in  surgery.  p.  48—60.  London.  1848.). 

Aus  Amerika*  kam  eine  Arbeit  von  J.  R.  Goxe  (Some  Observation^ 
on  wounds  of  the  heart  Americ.  Journ.  of  med.  science.  Vol.  IV.  Nr.  VHI. 
August.  1829.  p.  307—314),  welcher  die  Heilung  der  Herzwunden  leugnet, 
während  von  John  Turgien  (Fall  184)  das  Gegentheil  behauptet  wird;  so- 
dann eine  grössere  Abhandlung  von  Sam.  S.  Purple  (New  York  Jonmil 
of  Med.  and  the  collateral  sciences  by  S.  S.  Purple.  May.  1865.)  mit  42 
Fällen. 

Aus  der  übrigen  ausländischen  Literatur  sei  noch  erwähnt  de  Joag 
(Dissert.  de  vuin.  cordis.  Groningae.  1838.),  worin  42  neuere  Fälle  znsam* 
mengestellt  sind,  Giovanni  Bru^gnoli  (Fall  266.  1862.),  und  Ferd.  Zan- 
netti,  welcher  die  neueste  und  umfangreichste  Arbeit  in  der  Geaammtlite- 
ratur  mit  159  Fällen  bis  jetzt  geliefert  hat*  (Studii  sopra  le  ferite  del  caore 
piu  specialmente  pella  ntilita  della  pratica  medico-forense.  Second.  ediiione. 
Firenze.  1866.  273  Seiten).  Die  ausführlich  mitgetheilten  Fälle  sind  zwischen- 
durch eingereiht,  und  am  Ende  findet  sich  ein  kleiner  Anhang  von  Prof. 
Betti. 

Die  deutsche  Literatur  hat  in  neuerer  Zeit  wenig  aufzuweisen.  C. 
Steifensand  (Grefeld.  üeber  Herz  wunden  und  Blnteitravasat  in  der  Brust- 
höhle. Gasper'e  Wochenschrift.  1838.  No.  15.)  bezweifelt  den  Druck  des 
im  Pericardinm  enthaltenen  Blutes  auf  das  Herz  als  eine  Todesursache,  hält 
die  VerSchliessung  der  Herawunde  durch  Blutgerinnsel  für  eine  leere  Ttän- 
mcxei,  und  hebt  hervor,  dass  der  Aderlass,  bei  vorangegangenem  grossen 
Blutverluste,  den  Tod  beschleunigen  kann.  •—  Speyer  (Hanau.  Ueber  die 
Ursache  der  Tödtlichkeit  eindringender  Herzwunden.  Heidelberger  med.  An* 
naien.  IV.  3.  1840.)  stellt  3  Zeiträume  auf,  in  denen  der  Tod  eintritt,  ent- 


Ueber  die  Wanden  des  Herzens  und  des  Herzbeutels.  585 

weder  plötzlich,  innerhalb  einiger  Stunden,  oder  langBam  nach  einigen  Stun- 
den, oder  mindestens  erst  nach  48  Stunden.  —  Prof.  K.  G.  Jung  (Schwei- 
zer Zeitschr.  Bd.  H.  Hft.  2.  1841.)  machte  Beobachtungen  Ober  die  Verwund- 
barkeit des  Herzens  beiThieren.  —  Brach  (Med.  Ztg.,  herausgeg.  Tom  Ver- 
ein f&r  Heilicunde  in  Proussen.  1842.  Bd.  H.)  bespricht  die  Prognose  haupt- 
sächlich in  Rücksicht  auf  die  gerichtliche  Medicin.  —  Landsberg  (Bres- 
laa,  Oppenheim's  Zeitschr.  für  die  gesammte  Medicin.  1850.  April.  S. 
417-r*440)  giebt  einige  geschichtliche  Daten,  h&lt  den  Thrombus  in  der  Herz- 
wunde für  eine  theoretische  Erfindung,  glaubt,  dass,  wenn  beim  Aderlasse 
kein  Blut  fliesst,  dieses  Zeichen  grossen  Werth  für  die  Diagnose  hat,  und 
hält  die  Verletzung  für  absolut  lethal,  da  die  Therapie  vollständig  ohnmäch- 
tig ist.  —  Die  pathologische  Anatomie  der  Herzwunden  ist  in  letzter  Zeit 
bereichert  durch  17  Sectionsberichte  von  Gasper  (Pract.  Handb.  der  ge- 
richtl.  Med.  Thanatolog.  Theil.  1857.  Klinische  Novellen  zur  gerichtl.  Med. 
1863.),  und  durch  11  Sectionsberichte  von  A.  Niemann  (Henke's  Zeitsch. 
für  St  A.  K.  1857.  3.  Heft;  1859,  1.  u.  2.  Heft;  1861.  2.  Heft.)  u.  s.  w. 

Monographische  Arbeiten  über  Herzwunden  hat  die  neuere  deutsche 
Literatur,  ausser  einer  kleinen  Arbeit  von  Dr.  Rob.  Schalle  (Ueber  Herz- 
wnnden.  Dissertat.  Leipzig.  1864.  34  Seiten;  73  Fälle)  nicht  aufzuweisen, 
und  geben  die  Lehrbücher  der  Chirurgie  (Wernher,  Chelius,  Emmert, 
Bar  deichen,  Billroth  u.  A.)  die  kriegschirurgischeu  Schriften  (Piro- 
goff,  Demme),  die  medicinischen  Arbeiten  über  Herzkrankheiten  (Bam- 
berger, Friedreich,  Duchek)  nur  kurz^  Beiträge  zu  den  Herzwunden. 

Ein  Literaturverzeichniss  über  die  einzelnen  Fälle  wird  durch  die  Ca- 
Huistik  fiberflüssig,  und  sind  die  wichtigsten  Fälle  hinreichend  kenntlich  ge- 
macht. 


Anatomie. 
Da  die  Kenntniss  der  anatomischen  Verhältnisse  der  Herz 
gegend  wesentlich  dazu  beiträgt,  der  Diagnose  der  Herzwunden 
eine  grössere  Sicherheit  zu  geben,  so  sind  dieselben,  insoweit 
sie  diesem  Zwecke  entsprechen,  hauptsächlich  nach  Luschka, 
practisch  zurechtgelegt.  Es  ist  von  vornherein  zu  bemerken, 
dass  die  Zahlenangaben  über  die  räumHchen  Verhältnisse,  Dicke 
u.  8.  w.  selbstverständlich  nur  als  relative  Grössen  aufzufassen  sind. 

L    Vordere  Brastwand. 

Die  vor  dem  Brustbeine  liegende,   wenig  verschiebbare  Schicht  war 
bei  einem  Erwachsenen  4  Millim.  dick,  das  Brustbein  selbst  im  oberen  Be- 


586  I^r-  Georg  Fischer, 

zirke  höchstens  1,5  Gtm.,  im  mittleren  0,8,  im  unteren  höchstens  0,2  Gtm. 
dick.  An  der  hinteren  Wand  des  Brustbeines  liegt  die  Membr.  propr.  stnff 
an,  ist  sehr  resistent,  lOst  sich  daher  bei  Fractnren  des  Sternnm  eher,  aU 
dass  sie  zerreisst,  wodurch  die  Brustorgane  vor  eindringenden  Fragmenten 
geschfitst  werden.  Die  abnormen  Spaltungen,  rundlichen  LQcken  im  Brast- 
beine  sind  für  Verletzungen  wichtig. 

Die  Brustdrüse  liegt,  wenn  sie  wohl  geformt  ist,  vertical  Ton  der  3. 
bis  7.  Rippe,  transversal  vom  Stemalrande,  bis  zur  vorderen  Grenie  d& 
Achselgegend.  Die  Warze  beim  Weibe  liegt  meist  auf  der  5.  ,Rippe,  uod 
ist  ca.  11  Gtm.  von  der  Lin.  stern.  entfernt;  beim  Manne  dagegen  meist 
zwischen  der  4.  und  5.  Rippe,  auch  auf  denselben,  seltener  zwischen  der  5. 
und  6.  Rippe.    Meist  ist  sie  10  Gtm.  von  der  Sternallinie  entfernt. 

Von  den  Muskeln  dieser  Gegend  wird  die  Dicke  des  M.  pect  w^.  io 
maximo  auf  1,6  Gtm.  angegeben. 

Die  Rippenknochen  sind  nicht  über  15  Millim.  (zwischen  10 — 18  Millia, 
nach  Heule)  hoch,  und  durchschnittlich  11  Millim.  dick.  Von  den  Rippei- 
knorpeln  ist  der  2.  überall  gleich  breit  und  dick;  die  übrigen  verjfingeo 
sich  von  der  3.  Rippe  an,  so  dass  von  der  8.  Rippe  an  das  mediale  Ende 
zugespitzt  zuläuft. 

Die  Intercostalräume,  deren  Weite  beim  Athmen  wechselt,  sind  an  der 
Verbindung  von  Knochen  und  Knorpeln  der  Rippen  am  weitesten ,  werdes 
medianwftrts  enger,  so  dass  von  der  5.  Rippe  an  die  Sternalanden  der  Knor- 
pel dicht  aneinander  liegen.  Die  Intercostalgefftsse,  Anfangs  zwischen  den 
M.  int  ext  und  Pleura,  dann  zwischen  M.  int.  ext  und  int,  verlaufen  ab 
Ram.  int.  am  oberen  Rande  der  nächstliegenden  Rippe,  als  Ram.  sup.  am 
unteren  Rande.  Nur  die  Verletzung  des  letzteren  kann  Besorgniss  eiregeo. 
Gegen  das  Stemum  zu  verliert  die  Art  interc.  so  an  Stärke,  dass  ihre  Ver- 
letzung ebenfalls  keinen  Anlass  zu  Befürchtungen  giebt 

Die  Art  mamm.  int  zieht  hinter  den  Rippen  herab.  Sie  liegt  nicht 
dicht  am  Sternalrande  (Hjrtl),  sondern  vfechselnd,  je  nach  der  Breite  des 
Brustbeines  1  und  1,6  Gtm.  davon  entfernt.  Hinter  und  dicht  an  den  Knor- 
peln der  1.  bis  6.  Rippe,  vom  M.  int  int.  nur  durch  etwas  Bindegewebe  ge- 
trennt, theilt  sie  sich  schliesslich  in  die  Art.  epigastr.  sup.  und  Art  musc 
phren.,  welche  letztere  zwischen  den  Knorpeln  der  6.  und  7.  Rippe  naci 
unten  und  aussen  weiter  läuft.  Von  der  Brusthöhle  aus  wird  sie  bis  znis 
Sternalrande  des  4.  Rippenknorpels  nnf  von  der  Fase  endothor.  und  der 
Pleura,  weiter  nach  unten  noch  vom  M.  transv.  thor.  ant  bedeckt.  Von  der 
7.  Rippe  bis  zum  oberen  Rande  des  Knorpeb  der  8.  Rippe  ist  sie  von  S 
Venen  begleitet,  die  sich  hier  in  eine  Vene,  an  der  inneren  Seite  der  Ar- 
terie, vereinigen.  Selten  liegt  sie  hinter  dem  Brustbeine  (Fall  360).  Ihre 
Unterbindung  ist  nicht  häufig,  und  am  leichtesten  im  2.  und  3.  Intercostal- 


Ueber  die  Wondeo  des  Herseoa  ond  des  Henbeotela.  587 

raame.    Zo  treonen  ist  dabei  die  Haut,  M.  pect  mig.,  eine  dfinne  Aponea* 
rose,  nnd  der  M.  intercoat  int. 

Daa  Zwerchfell,  dessen  fleischige  Platte  ca.  3—84  Millim.  dick  ist, 
steht  in  der  rechten  Hälfte  höher,  als  in  der  linken,  auf  welcher  daa  Hen 
ruht  Unter  gewöhnlichen  Verh&ltniasen  liegt  der  höchste  Punkt  bei  völliger 
Exspiration  gewöhnlich  rechts  hart  Ober  dem  Stemaleode  des  Knorpela  der 
4.  Rippe,  links,  um  die  Höhe  dieses  Knorpels,  tiefer. 

Die  Dicke  der  Bmstwand  ist,  nach  Alter,  Geschlecht,  Indindnalitftt, 
sehr  Terachieden*  Ala  relative  Verhältniaae  ergaben  aich  bei  einem  achön 
gebauten,  muakelkrftftigen  Manne  folgende  Zahlen: 

i  Stelle  der  Verbindung  vom  Maanbr.  u. 

)     Corp.  atemi 2,4  Otm« 

in  der  Lin.  sternalis  ^^^^^  ^^^^  ^^  ^^^^^^  ^^^^^^    ^        ^^^ 


/ 


Unteres  Ende  des  Corp.  sterni    ...    1,3 

!  Regio  supramammalia 4,6 
Regio  mammalia 2,6 
Regio  inframammalis .2 

in  der  Lin.  parasternalis  |  unmittelbar  unter  der  Clavicula   ...    8,2 
(entspricht  meist  genau  (  im  ganxen  fibrigen  Theile  circa   .    •    .    2 
der  Verbindung  von  Rippenknochen  und  Knorpel). 
Der  poetische  Arzt  trifft  mit  seinem  Reime 
i»ein  Zoll  und  einen  halben  nur 
und  stille  steht  des  Lebens  Uhr" 
(ca.  3,6  Ctm.)  aiemlich  genau  obiges  Maaaa,  wenn  man  in  der  Lin.  para» 
sternalis  2  Ctm.,  und  auf  den  Lungenrand  1  Ctm.  anaeiat. 

II.  len. 
1)  Dicke. 
Die  Scheidewand  der  Ventrikel  ist  9^12  Millim.  dick,  mit  Ausnahme 
der  Para  membr.,  welche  1]f*-2  Millim.  dick  iat,  die  Scheidewand  der  Vor- 
höfe höchatena  2i  Millim.  dick.  Der  rechte  Vorhof,  höchatens  3^  Millim 
dick,  entbehrt  an  einaelnen  Stellen  fast  ganx  der  fleischigen  Grundlage,  ao 
dass  äussere  und  innere  Herzhant  sich  unmittelbar  berfihren,  nnd  iat  hier 
nur  i  Millim.  dick,  der  rechte  Ventrikel  höchatena  6  Millim.  Der  linke  Vor* 
hof  iat  höchatens  3  Millim.,  der  linke  Ventrikel  höchstens  11  Millim.,  also 
mehr  al»  noch  einmal  so  dick,  als  der  rechte  Ventrikel,  während  die  Dicke 
beider  Vorhof^ände  im  Wesentlichen  dieselbe  ist  Die  Capacität  des  Her- 
zens während  des  Lebens  ist  nicht  zu  bestimmen;  dagegen  wird  die  Blut- 
menge, welche  mit  einer  Systole  in  die  Aorta  getrieben  wird,  auf  188  Gramm 
angegeben  (Volkmann). 

2)  Musculatur. 
Bis  auf  die  unwillkOrliche  Contraction  im  Wesentlichen-  mit  den  flbri- 

.Langaobeck,  Arohiv  f.  Chlrurgi«.   IX.  ^ 


688  I>r*  Georg  Fischer, 

gen  Skeletmaskeln  flbereinstimmend,  bildet  der  Verlanf  der  Mnskelbfiiidel 
ein  solchee  Chaos ,  dessen  endgültige  Entwirrung  der  Histiologie  noch  vor- 
behalten  bleibt,  dass  derselbe,  obwohl  fftr  die  Herzwnnden  Ton  grosser 
Bedentaog,  sich  practisch  noch  wenig  verwerthen  liest  Eine  genauere 
Beschreibang  ist  daher  nnnfits.  Bemerkt  sei,  dass  nach  den  neueren  üi- 
tersnchnngen  Ton  Winkler^}  das  Fleisch  der  Voriiöfe  Ton  jenem  der 
Kammern  vollständig  geschieden  ist,  beide  aber  gleichzeitig  eine  genein- 
scbaftliche  Mnsculatnr  haben.  Diese  Mebenmuscnlator  (hnssere  oder  ge- 
meinschaftliche  Schicht  der  Autoren)  ist  sehr  dfinn  (nnr  einige  MiUim.  dick, 
Luschka),  l&aft  steil  Ton  der  Basis  zur  Spitze,  von  rechts  nach  links, 
herab.  In  der  Hanptmnscnlatar  (alle  anderen  Schichten  der  Autoren)  sisd 
die  Fasern  aufs  Innigste  mit  einander  yerflochten,  in  allen  nur  denkbzrei 
Richtungen  yertheilt,  so  dass  von  einer  Schichtbildong  keine  Rede  sein  kinn. 
Es  lassen  sich  6  Fasernarten,  welche  in  rerschiedenen  Richtungen  dorck- 
einanderlaofen ,  in  ihr  nachweisen.  Physiologisch  ist  die  Hauptmuscnlstor 
ein  untrennbares  Ganze.  Nnr  die  linke  Kammer  ist  selbststSndig,  die  reckt« 
nur  ein  untergeordneter  Theil  der  linken. 

8)  Oef&see  des  Herzens. 

Die  Art.  coronar.  dextr.  Iftuft  unter  dem  rechten  Herzohre  in  der  reck- 
ten Forche  des  Snlcns  atrioventr.  bis  zur  hinteren  Lftngsfarche,  in  welcher 
sie  bis  zur  Herzspitze  hinabsteigt.  Die  Art.  coronar.  sinist  liegt  An&ogs 
hinter  der  Art  pulm.,  dann  unter  und  hinter  dem  linken  Herzohre,  Uaft 
theils  in  der  linken  Lftngsfarche,  theils  im  Snlc.  long.  sup.  abwärts  bis  sar 
Spitze.  Es  giebt  im  Verlaufe  Anomalieen.  Die  Vena  cordis  magna  est- 
spricht  der  Art  coron.  sin.,  die  Vena  cordis  med.  der  Art.  coron.  dextr. 
4)   Nerven  des  Herzens. 

Die  Nerven,  theils  vom  Sjmpathicus,  theils  vom  Vagus  kommend, 
treten  zwischen  der  Aorta  und  Art.  pulm.  zam  Plexus  zusammen,  aus  wel- 
chem derPlex.  cord.  sin.  und  dext,  welche  mit  den  Goronargeflssen  ver- 
laufen, abgehen.  Die  letzten  Endigungen  der  Nerven  sind  noch  nicht  ia 
den  Muskeln  ermittelt,  nur  mit  Bestimmtheit  Ganglien  im  Herzgeflechte,  und 
an  den  kleinsten ,  bereits  in  die  Maskelsubstanz  eingetretenen  Zweigches 
nachgewiesen. 

6)   Pericardiom. 

Bei  einem  jangen,  gesunden  Hingerichteten  betrug  die  Menge  des  Uq. 
peric  1^  Drachmen.  Ohne  gewaltsame  Ausdehnung  kann  das  Pericardinn 
mindestens  noch  ca.  6  Unzen  Flfissigkeit  aufnehmen,  und  werden  wenige 
Unzen  ohne  Störungen  ertragen.    Die  Nerven  stammen  aus  dem  Phrenicosy 


*)  Archiv  fQr  Anatomie,  Physiol.  n.  s.  w.  von  Reichert  und  Dubois- 
Rejmond,  1865.  Nr.  2.  3. 


Deber  die  Wunden  des  Hertens  und  des  Herzbeutels.  589 

SjmpathlcDS  nnd  Vagns  dezt.  Eine  kleine,  dreieckige  Stelle  Torne  entbehrt 
des  Plevrafiberznges.  Sie  liegt  in  der  HOhe  der  unteren  Hftlfte  des  Corp. 
stemi,  theils  neben,  theils  hinter  dem  linken  Rande  des  Stemnm,  vom  Ster- 
nalende  der  4.  linken  Rippe  bis  abwftrts  zum  Zwerchfelle,  mit  der  Spitze 
aafwirts,  mit  ihrer  8  Ctm.  breiten  Basis  abw&rts  gerichtet  Sie  ist  am  Ster- 
nalende  des  Knorpels  der  6.  nnd  6.  Rippe  durch  Zellstoff  an  die  Brustwand 
geheftet,  daher  hier  zwischen  jenen  Rippen  die  Paracentese  ohne  Verletzung 
der  linken  Pleura  möglich  ist 

6)   Lage  der  Lunge  und  Pleura  zum  Herzen. 

Lunge.  Die  Lungen  bedecken  vorne  das  Herz  voUstindig,  bis  auf 
eine  kleine  Stelle  links  neben  dem  Sternum,  welche  in  der  Leiche  vom  un- 
teren Rande  des  medialen  Theiles  des  4.  Rippenknorpels  anf&ngt,  im  media- 
len Theile  des  4.  Intercostalranmes ,  hinter  den  medialen  \  des  5.  Rippen- 
knorpels und  einem  kleinen  Segmente  des  5.  Intercostalranmes  liegt  An 
diesen  Stellen  treten  die  Pleura  cost  und  und  Pleura  pericard.  in  unmittel- 
bare Berfihmng.  Um  die  Herzspitze  legt  sich,  innen  nnd  unten  von  der 
lateralen  Hälfte  des  Knorpels  der  5.  Rippe,  ein  fast  1  Ctm.  dicker  Fortsatz 
des  Lungenrandes  herum,  so  dass  tou  einem  directen  Anstossen  des  Her- 
zens an  die  Brustwand  für  gew/Shnlich  keine  Rede  sein  kann.  In  der  Re- 
gel fi^erschreitet  die  rechte  Lunge  die  Mitte  des  Corp.  sterni  nach  links 
nnd  ist  es  Ausnahme,  wo  die  rechte  Pleura  resp.  Lunge  sich  kaum  bis  an 
den  rechten  Sternalrand  erstreckt. 

Pleura.  Die  PL  cost  dext  zieht  von  der  Incisura  clav.  schrSg  ab- 
wärts, Ins  fast  gegen  das  untere  Ende  des  linken  Randes  des  Manubr.  st., 
wo  sie  in  spitzem  Winkel  der  linken  Pleura  sich  nähert  Beide  laufen, 
sich  fast  berührend,  gerade  abwärts  neben  einander  hinter  der  linken  Hftlfte 
des  Sternnm  herab,  bis  dem  Ansätze  des  4.  Rippenknorpels  gegenfiber,  wo 
sie  sich  trennen,  und  die  rechte  gerade  abwärts  läuft,  in  der  Höhe  des 
Ansatzes  der  6.  Rippe  in  stumpfem  Winkel  nach  rechts  abbiegt,  um  stets 
nach  rechts,  hinter  dem  7.  Rippenknorpel,  in  die  Seitenregion  weiter  zn 
gehen«  Die  PI.  cost  sin.  hat  oben  denselben  Verlauf,  wie  die  rechte  Pleura, 
biegt  am  4«  Rippenknorpel  schräg  abwärts  nach  links,  zieht  hinter  dem  5., 
6.  Knorpel  weg,  so  dass  sie  mit  ihren  medialen  Theilen,  sowie  dem  5.  nnd 
6.  Intercostalranme  keine  Verbindung  eingeht,  und  hier  das  kleine,  drei- 
eckige Feld  Torne  am  Pericardium  von  der  Pleura  frei  bleibt  Die  grosseste 
Entfernung  der  linken  Pleara  betrug  vom  Sternalende  der  6.  Rippe,  hori- 
zontal gemessen,  4  Ctm.;  in  den  meisten  Fällen  in  der  Höhe  des  Stemal. 
randes  der  5.  Rippe  1,5  Ctm.,  der  6.  Rippe  2  Ctm.,  der  7.  Rippe  3,6  Ctm.; 
Anomalieen  kamen  Tor.  —  Unbedeckt  von  der  Pleura  sind  vorne  oben,  hinter 
dem  Manubrium,  in  dem  von  den  convergirenden  Rändern  der  Pleuren  ge- 
bildeten Theile,  ein  Segment  der  Thymus,  der  Art.  innominata,  der  Anftng 

38* 


590  ^r.  Georg  Fischor, 

der  Carotis  sin.,  der  mediaJen  HiUfte  der  Vena  innom.  ein.,  Theil  der  Lnft 
röhre.  Yorne  unten  sind  nnbedeckt  die  stemalen  Segmente  der  linken  &, 
6.,  7.  Rippenknorpel,  resp.  Intercostalrinme,  das  linke  untere  Drittel  des 
Corp.  stemi  und  Proc.  xiphoideus ,  vom  Herien  mithin  ein  kleiner  Theil  des 
rechten  Ventrikels,  welcher  dicht  am  Brustbeine,  im  linken  5.  Intercostal- 
räume,  hinter  dem  6.  Rippenknorpel  und  jenem  Abschnitte  des  Corp.  stemi 
liegt  —  Zwischen  der  PI.  pericardiaca  und  dem  flenbentel  liegt  der  N. 
phrenicus ,  welcher  rechts  sich  um  den  rechten  Umfang  des  Pericardiama  m 
hemmlegt,  dass  er,  je  tiefer,  um  so  weiter  nach  hinten  liegt,  vihrend  der 
linke  um  den  linken  Umfang  des  Pericardiums  herabsteigt. 
7}  Lage  des  gansen  Herzens. 
HerYorznheben  ist,  dass  in  der  rechten  Brusth|Ufte  %,  in  der  linket 
%  Tom  Herzen  liegen,  so  dass  das  Herz  beim  Erwachsenen  die  MittelliDie 
nach  rechts  um  1—1^ '^  nach  links  um  3—3^''  fiberragt  Zwischen  den 
rechten  Ventrikel  und  der  hinteren  Wand  des  Stemum  ist  ein  Raum  tos 
ca,  5—6  Millim.  Im  rechten  Abschnitte  liegen  der  rechte  Vorhof,  mit  Ans* 
nähme  der  Spitze  seines  Hersohres,  die  rechte  H&lfte  des  linken  Vorhofes, 
mithin  auch  das  ganze  Sept  atrior.,  femer  ein  in  seiner  Mitte  2  Gtm.  brei- 
tes, an  den  Enden  spitz  auslaufendes  Stfick  der  Basis  des  rechten  Vestri- 
kels  und  das  obere  Bude  des  Sept.  rentr. ;  hinter  dem  Sternnm  liegen  mekr 
als  h  dos  rechten  Ventrikels,  ein  Theil  des  rechten  Vorhofes  und  das  rechte 
Herzohr.  Im  linken  Abschnitte  finden  sich  der  grössere  Theil  der  rechtem 
und  die  ganze  linke  Kammer,  die  Spitze  des. rechten  Herzohres,  die  linke 
Hftlfte  des  linken  Vorhofes.  --  Die  höchste  Stelle  der  Basis  des  Herzem 
entspricht  bei  jungen  Individuen  der  Sternalinsertion  der  2.  Rippe.  —  Die 
Herzspitze  liegt  in  der  Leiche  meist  in  der  Mitte  des  5.  linken  Intercostal- 
ranmee,  unter  dem  lateralen  Ende  des  5.  Rippenknorpels;  sie  entspricht  aossea 
einer  Stelle  daumenbreit  medianwftrts  von  der  Lin.  papillär.,  meist  3  qoer- 
fingerbreit  unter  der  linken  Warze.  Selten  liegt  sie  höher,  mitunter  tiefer 
hinter  dem  6.  Rippenknorpel.  Ein  directes  Anliegen  derselben  an  die  Brost- 
wand  wird,  wie  erwfthnt,  durch  den  sich  zwischenschiebenden  Fortsatz  der 
Lunge  verhindert.  —  Die  vordere  conveie  Fläche  des  Herzens  hat  dk 
grosseste  Breite  an  niveau  des  Stemalrandes  des  4.  Rippenpaares,  betriig^ 
ca.  11  Gtm.,  wovon  4  auf  die  rechte,  7  auf  die  linke  Thoraxhftlfte  kommen.  — 
Die  Grenzen  des  Herzens  lassen  sich  annnftherad  durch  folgende  Linien  be- 
stimmen: Der  rechte  Rand  des  Herzens,  von  der  ftusseren  Wand  des  rech- 
ten Vorhofes  gebildet,  beginnt  am  Sternalende  des  2.  rechten  Intercoet, 
Iftuft  mit  nach  aussen  convexer  Linie,  deren  höchste  Gonvexit&t  dem  3.  lo- 
tercost  entspricht,  gegen  das  Sternalende  des  5.  rechten  Rippenknorpels, 
um  hier  in  den  unteren  Rand  umzubiegen.  Letzterer,  dem  rechten  Ventri- 
kel angehörig,  zieht  von  hier  quer  schief  nach  links  und  unten  hinter  den 


Ueber  die  Wanden  dee  Herzens  und  des  Herzbeutels.  591 

unteren  Ende  des  Corp.  sterni,  dem  Knorpel  der  6.  linken  Rippe  weg,  nm 
im  5.  Intercost.  mit  dem  unteren  Ende  des  linken  Herzrandes  die  Herzspitze 
zu  bilden.  Der  linke,  mehr  nach  hinten  liegende  stumpfe  Rand,  durch  den 
linken  Ventrikel  gebildet,  und  ganz  von  der  linken  Lunge  aufgenommen, 
verlSuft  vom  Stemalende  des  2.  linken  Intercost.,  in  einer  nach  aussen  con- 
▼exen  Linie,  schr&g  nach  unten  und  links  bis  zur  Herzspitze. 

8)   Lage  der  einzelnen  Abtheilungen  des  Herzens. 

Rechter  Vorhofl  Meist  liegen  %  nach  rechts  vom  Brustbeine,  ^, 
worunter  das  ganze  Herzohr  vor  der  Wurzel  der  Aorta,  die  Art  pulmon. 
comm.  fast  berührend,  hinter  dem  Corp.  sterni.  Bisweilen  ist  das  Yerhftlt- 
niss  umgekehrt  Das*  oberste  Ende  (Herzohr)  liegt  in  der  Mitte  des  Ster- 
nslendes  des  2.  Intercost.,  dicht  am  Brustbeine,  das  untere  am  Stemalende 
des  6.  rechten  Rippenknorpels.  Der  Vorbof,  ganz  yon  der  Lunge  bedeckt, 
kommt  mit  der  Brustwand  nicht  in  Berflhmng. 

Rechter  Ventrikel.  Hinter  dem  Corp.  sterni  liegt  ca.  \  des  Ven- 
trikels vom  Sternalrande  der  3.  Rippe  bis  zur  Basis  des  Proc.  xiphoid.;  die 
übrigen  %  breiten  sich  von  der  Mitte  des  Sternalrandes  des  2.  linken  In- 
tercost (einige  Linien  über  dem  Rande  des  3.  Rippenknorpels)  bis  unter 
das  mediale  Ende  des  6.  Rippenknorpels  aus.  Dieses  Stück  nimmt  Ton 
oben  nach  unten  bis  zu  4  Querfinger  zu.  Der  rechte  Ventrikel  ist  am  we- 
nigsten Ton  der  Lunge  bedeckt.  Die  hinter  dem  Knorpel  der  5.,  zum  Theil 
auch  4.  und  6.  linken  Rippe,  und  dem  4.  und  5.  Intercost.  befindliche  Fläche 
bleibt  bei  der  Exspiration  von  der  Lunge  frei,  und  lehnt  sich  grösstentheils 
an  die  Brustwand  an.  —  Das  Ostium  ven.  dextr.  und  Vah.  tricusp.  liegt 
im  Verlaufe  einer  Linie,  die  das  Stemalende  der  5.  rechten  Rippe  mit  dem 
lateralen  Ende  des  Knorpels  der  1.  linken  Rippe  yerbindet  Das  Ost  arter. 
dextr.  und  VaW.  semilun.  der  Art.  pulmonalis  liegt  meist  dicht  am  Brust- 
beine, in  der  Mitte  des  linken  2.  Intercost,  bisweilen  hinter  dem  Stemal- 
ende der  3.  Rippe. 

Linker  Vorhof.  Derselbe  liegt  von  allen  Abtheilungen  am  weite- 
sten nach  auf-  und  rückwärts,  hinter  der  Aorta  und  Art  pulmonalis.  Von 
▼orne  ist  nur  die  unter  dem  Knorpel  der  2.  linken  Rippe  vorragende  Spitze 
des  Herzohres  sichtbar,  welche  sich  links  um  die  Art.  pulmonalis  herum- 
legt. In  der  Höhe  des  oberen  Randes  des  2.  Rippenknorpels  und  2.  Inter- 
cost liegt  er  theils  hinter,  theils  links  Tom  Steraum.  —  Das  Sept.  atrioram 
entspricht  einer  Linie  vom  Stemalende  des  2.  rechten  Intercost.  bis  zur 
Sternalinsertion  der  3.  linken  Rippe. 

Linker  Ventrikel.  Das  kleine,  Tome  sichtbare  Segment  desselben 
ist  ein  höchstens  daumen-  bis  2 querfingerbreiter  Streifen.  Derselbe  zieht 
Yon  der  Mitte  des  2.  Intercost.,  dem  lateralen  Ende  des  3.  Rippenknorpels 
anliegend,  bis  zum  5.  linken  Intercost.  herab,  so  dass  sein  äusserer  Umfang 


592  ^^'  Georg  Fischer, 

der  Verbindung  yod  Knochen  nnd  Knorpel  der  3.,  4.,  6.  Rippe  nshesu  eit- 
spricht  Da  bei  der  Systole  derselbe  sich  von  links  nach  rechts»  bei  der 
Diastole  umgekehrt  dreht,  so  legt  er  sich  mit  Terschiedenem  Omfange  u 
die  vordere  Brnstwand  an.  Die  Anssenseite  ist  von  der  linken  Lnnge  be- 
deckt, so  dass  meist  nnr  beim  Ansathmen  eine  kleine  Stelle  freibleibt  - 
Das  Sepi  yentr.  ragt  nach  dem  rechten  Ventrikel  conrex  hinflber,  dbher 
die  vordere  Lftngsfnrche  der  Grenze  beider  Ventrikel  nicht  entspricht  As 
der  3.  4.  Rippe  erreicht  es  fast,  bis  auf  1—1^  Ctm.,  den  linken  Stemal- 
rand.  —  Das  Ostinm  ven.  sin.  und  Valv.  mitralis  liegt  im  2.  linken  Inter- 
cost,  ihre  Mitte  ca.  2  Gtm.  vom  Brnstbeinrande  entfernt.  Der  vordere  oder 
sog.  Aortenzipfel  der  Mitralis  liegt  4^  Gtm.  vom  Stemalrande,  nnmittelbv 
unter  dem  Knorpel  der  3.  Rippe.  —  Das  Gstium  arter.  sin.  und  Valv.  seal- 
lun.  der  Aorta  liegt  theils  hinter  der  Sternalinsertion  der  3.  linken  Ripp«, 
theils  hinter  dem  anstossenden  Gorp.  sterni ,  mitunter  auch  im  2.  oder  3. 
Intercostalraume. 

Aorta  ascendens.  Sie  liegt  fast  ganz  hinter  dem  Gorp.  Btemi, 
dessen  rechter  Rand  im  1.  Intercost  durch  die  stärkste  Wölbung  der  Ar- 
terie meist  um  einige  Millimeter  fiberschritten  wird,  uogefllhr  in  einer  Lisie 
vom  Sternalende  der  3.  linken  Rippe  bis  gegen  das  Sternalende  des  1.  reck- 
ten Intercostalraumes.  Ihre  Entfernung  von  der  BrustWand  differirt,  indes 
sie  im  Anfange  6,  am  Ende  2  Gtm.  beträgt. 

Arteria  pulmonalis.  Sie  liegt  Anfangs  vor  der  Aorta,  später  lisks 
von  ihr,  und  zwar  fast  ganz  nach  aussen,  dicht  am  linken  Stemalrasde. 
Sie  steigt  vom  oberen  Rande  des  Sternalrandes  des  3.  Rippenknorpels  dicht 
am  Brustbeine,  hinter  dem  Knorpel  der  2.  Rippe,  auf  und  rQckwärts,  nod 
tritt  durch  den  1.  Intercostalraum  hinter  das  Sternalende  des  1.  Rippes- 
knorpels.  Von  der  Brustwand  durch  die  linke  Lunge  getrennt,  entfernt  sie 
sich  mehr  und  mehr  davon. 

Vena  cava  sup.  Man  findet  sie  hinter  dem  Sternalende  des  Knor- 
pels der  1.  rechten  Rippe,  wo  sie  von  der  Aorta  adsc.  etwas  überlagert  wird; 
sie  läuft  dann  in  der  Nähe  des  Brustboinrandes  abwärts  bis  zur  Mitte  des 
2.  rechten  Intercostalraumes ,  häufig  auch  bis  zum  Sternalende  des  3.  Rip- 
penknorpels. 

Die  letzten  Abschnitte  der  Aorta,  Art  pulmon.  und  Vena  cava  sop- 
sind  im  Fericardium  eingeschlossen. 

9)  Bewegungen  des  Herzens  und  der  Lungen. 

Die  Bewegungen  des  Herzens  sind  von  den  Athembewegungen  nnd 
von  den  rhythmischen  Bewegungen  des  Herzens  selbst  abhängig.  Die  erste- 
ren  sind  bei  ruhiger  Respiration  sehr  unbedeutend;  nur  bei  einer  möglichst 
tiefen  Inspiration  kann  das  Herz  um  i— 1"  nach  abwärts  und  umgekehrt 
dislocirt  werden.    Die  zweite  Art  besteht  in  einer  Drehung  von  links  nach 


Ueber  lie  Wunden  des  Herzens  und  des  Herzbeutels.  593 

rechts  um  die  Lätgsachse  bei  der  Systole  derVentrikel,  so  dass  ein  grösse- 
rer Tbei]  des  linken  Ventrikels  vorne  sichtbar  wird;  bei  der  Diastole  tritt 
die  frühere  Stellung  ein.  Es  ist  constatirt,  dass  bei  der  Systole  das  Herz 
nach  links  und  unten  herabsteigt^  trotzdem  es  sich  dabei  in  seinen  Dimen- 
sionen verkürzt,  und  umgekehrt  (Fälle  von  Bamb-erger,  Ollenroth). 
Die  Lungen  verschieben  sich  in  der  L&ngs-  und  seitlichen  Richtung.  Bei 
der  Exspiration  reichen  sie  bis  zur  6.  und  7.  Rippe.  Bei  der  ersteren  liegt 
der  Herzbeutel  in  grosserer  Ausdehnung  der  Brnstwand  an. 


Beobachtungen    an    Thieren. 

Berücksichtigt  man,  dass  der  Bau  und  Mechanismus  des 
Herzens  bei  den  höheren  Tbierclassen  nach  demselben  Typus 
angelegt  ist,  und  seine  Bedeutung  für  das  Leben  dieselbe  Wich- 
tigkeit hat,  als  beim  Menschen,  so  rechtfertigt  es  sich,  das  vor- 
handene Material  zu  prüfen.  Dasselbe  ist  theils  in  Experimen- 
ten, theils  in  zufalligen  Verletzungen  niedergelegt. 
1)    Experimente,   Acupunctur. 

Abgesehen  Ton  den  unglaublichen  üeberlieferungen  des  Al- 
terthums,  dass  Thiere  ohne  Herz  gelebt  haben '),  sind  die  ersten 
Beobachtungen  in  die  Zeit  des  Galen')  zurückzuführen,  welcher 
von  Opfertbieren  berichtet,  die,  nachdem  ihnen  auf  dem  Altar 
das  Herz  herausgenommen  war,  noch  athmen,  heulen,  sogar  ent- 
-fliehen  konnten,  und  endlich  an  der  Blutung  starben.  Aehnliches 
berichten  Columbus')  von  einem  Hunde,  welchem  vorher  die 
Herzgefässe  unterbunden  waren,  und  M.  Sebiz*)  von  Fröschen, 
die  in's  Wasser  zurückflohen.  Stich-  und  Schnittwunden  des  Her- 
zens erwähnen  Brassavolus*)  von  einem  Schweine,  welches, 


1)  G.  Plinins  (Secnnd.  Hb.  XI  cap.  37.  p.  284)  erzählt,  dass  dem 
Dictator  Caesar  an  dem  Tage,  wo  er  zuerst  den  Purpur  trug  und  auf  gol- 
denem Sessel  sass,  beim  Opfern  zweimal  Thiere  vorkamen,  denen  das  Ilerz 
fehlte.  Dasselbe  berichten  Plutarch  (in  yita  Caesaris.  p.  737),  und  Sue- 
tonius  (cap.  77.). 

>)  Galen  de  Hippocr.  u.  Piaton  placitis.  Lib.  II.  cap.  4,  Charter. 
Tom.  V.  p.  97.     . 

')  De  re  anatomic.  Lib.  15.  1593. 

*)  Examen  yulner.  pari  dissimil.  Pars  II.  Argentorati.  1637.  §.  91. 

5)  Comment.  ad  Aphor.  XVIII.  3.  6. 


594  Dr.  Georg  Fischer, 

mit  einer  Wunde  an  der  Herzspitze,  noch  frass,  1  Stande  lang 
lebte,  und  gewiss  noch  länger  gelebt  hätte,  wenn  nicht  eine  neae 
Wunde  hinzugekommen  wäre.  Er  meint,  dass  Thiere  eine  Zeit 
lang  leben  können,  wenn  ein  Tbeil  der  Herzspitze  abgeschnitten 
ist.  Dieser  Ansicht  tritt  ein  Fall  Ton  Henri  ab  Heers')  bei 
welcher  einen  Hund  in  Montpellier  sah,  dem  mit  einem  Rasir- 
messer  ein  mehr  als  2  Finger  tiefer  Einschnitt  in  die  Herzspitze 
gemacht  war,  darauf  zu  seinem  Herrn  zurücklief,  als  ob  ihm 
nichts  passirt  sei.  Auch  berichtet  Glandorp^i  dass  Sancto- 
rius  einem  Kaninchen  (Hund  nach  S6nac)  ein  spitzes  Instru- 
ment in  das  Herz  gestossen  habe,  worauf  es  noch  mehrere  Mo- 
nate gelebt  hat.  Derartige  Versuche  müssen  zu  Zeiten  Sönac's') 
häufiger  gewesen  sein,  da  dieser  den  allgemeinen  Satz  aufstellt, 
dass  der  einzige  Reiz,  welcher  beim  Einstecken  einer  Nadel  in 
das  Herz  der  Thiere  stattfinde,  convulsivische  und  häufigere  Be- 
wegungen des  Herzens  seien.  Es  ist  nicht  unwahrscheinlich, 
dass  S6nac's  Beobachtungen  bei  blossgelegtem  Herzen  stattge- 
funden haben. 

Genauer  werden  die  Beobachtungen  im  Anfange  dieses  Jahr- 
hunderts. Bretonneau*)  (1818)  steckte  bei  jungen  Hunden 
eine  Nadel  in  allen  Richtungen  durch  das  Herz  hindurch,  ohne 
dass  die  Thiere  den  geringsten  Schmerz  laut  werden  Hessen,  oder 
dass  sonstige  Ereignisse  eintraten.  Nur  bei  einer  gewissen  Grösse 
der  Nade>  drang  Blut  aus,  und  fand  sich  einmal  ein  kleiner  £r- 
guss  in's  i^ericardium.  Dieselben  Resultate  erhielt,  bei  gleichen 
Versuchen,  Velpeau*^),  welcher  an  der  Ecole  pratique  im  Jahre 
1822,  bei  einem  mittelgrossen  Hunde,  das  Herz  zu  4  verschie- 
denen  Malen  mit  einer  6"  langen  Nadel  ganz  durchstach;  das 
Thier  war  nach  6  Monaten  noch  ganz  wohl.     Larrey*)  consta- 

iTobft.  med.  Lib.  I.  Obs.  11.  1686. 

*)  Opera  omnia  specnl.  chirarg.  p.  66.  London.  1720. 

«)  Trait4  de  la  strncture  da  coeur  etc.  T,  II.  1749.   p.  367. 

4)  Haime,  Notice  enr  racnpnnctnre  Jonrn  univereel  des  sciences 
m^d.  T.  XIII.  p.  85.  Paris.  1819. 

5)  Traitö  d*anatomie.  T.  I.  p.  604.  2.  ^d.  Paris.  1833. 

«)  Clinique  chirurgicale.  T.  II.    Paris.    1829.   p.  284  u.  folg. 


Deber  die  Wanden  des  Herzens  nnd  des  Herzbeutels.  595 

tirte  ebenfalls  die  ÜDempfindlichkeit  bei  Thieren,  dabei  aber  mehr 
oder  weniger  heftige  Coatractionen  an  den  Stichen  nnd  verstärkten 
Herzschlag.  Wenn  z.  B.  die  Spitze  des  linken  Ventrikels  ange- 
schnitten, und  sofort  der  Finger  eingeführt  wurde,  mit  der  Vor- 
sicht, dass  das  Blut  nicht  entwischte,  so  war  er  stark  zusammen- 
gezogen. Eine  ähnliche  Contraction  fand  statt,  Wenn  die  Wände 
der  Ventrikel  durchbohrt  wurden.  ' 

Eine  grössere,  ausftthrlichere  Arbeit  lieferte  Prof.  K.  G  Jung^), 
welcher  seine  Versuche  mit  einer  eisernen  (auch  silbernen),  an 
einem  Ende  platten,  zweischneidigen,^  fast  1''' breiten,  4'Mangen 
Nadel  anstellte.  Er  experimentirte  nur  an  den  Ventrikeln,  und 
steckte  die  Nadeln  an  der  Stelle  der  deutlichsten  Pulsationen  ein. 
Was  getrofifen  wurde,  war  aus  den  folgenden  Erscheinungen  nicht 
zu  erkennen;  es  ergab  sich  jedoch  bei  den  Sectionen,  dass  beim 
tiefen  Einsenken  der  Nadel  beide  Herzkammern  getroffen  waren. 
Bei  16  Versuchen  am  Hunde,  Fuchs,  Ziegenbock,  Kaninchen, 
Eule  fand  sich,  dass  sämmtliche  Thiere  die  Acupunctur  des  Her- 
zens Tertrugen,  selbst  ohne  bleibenden  Nachtheil,  wenn  sie  zu 
verschiedenen  Zeiten  mehrfach  wiederholt  wurde.  Bei  einem 
Hunde  und  Kaninchen  fanden  sich  an  der  frischen  Herzwunde 
ein  kleines  Blutcoagulum,  bei  den  später  getödteten  Hunden 
und  dem  Fuchse  deutliche  Herznarben.  Die  ferneren  Resultate 
waren:  1)  das  Herz  besitzt  keinen  hohen  Grad  organischer  Wirk- 
samkeit, und  namentlich  ist,  wie  schon  Ferrus  bemerkt,  sein 
sympathischer  Einfluss  viel  beschränkter,  als  man  bisher  glaubte; 
2)  leichtere  Grade  von  Verwundung  der  Ventrikel  mit  schnei- 
denden Instrumenten  sind  durchaus  nicht  immer  absolut  tödt- 
lich;  3)  die  Verletzungen,  wie  sie  in  den  Versuchen  vorgenom- 
men waren,  sind  schmerzlos,  und  unterscheidet  sich  hierin  das 
Herz,  als  organischer  Muskel,  auffallend  von  dem  animalen  Mus- 
kelgewebe; 4)  das  Herz  entzündet  sich  weit  weniger  leicht,  als 


^  Beobacbt.  Aber  die  Yervundbarkeit  des  Herzens  bei  Thieren.  Ber. 
Ober  die  Verh.  d.  natnrf.  Ges.  in  Basel.  1835—1836.  S.  14.  Schweiz.  Zeit- 
schrift.  Bd.  IL   nft.  2.    1841. 


596  I>r.  Georg  Fischer, 

andere  Organe,  darcb  mechanische  Reise,  und  besitzt  demnich 
ofienbar  bei  Weitem  weniger  Empfindlichkeit,  als  manche  andere, 
tum  organischen  Leben  gehörige  Theile,  wie  z.  B.  die  Leber. 
Nie  wurden  dentliche  Spuren  von  Entzündung  am  Herzen,  nie 
Verwachsung  des  Herzens  mit  dem  Herzbeutel  gefunden;  5)  d^ 
Einbringen  einer  Nadel  in  das  Herz  bewirkt  Verminderung  der 
Pulsschl&ge. 

Die  Physiologie  ist  reich  an  Versuchen  mittelst  der  Aenpnne- 
tur,  und  soll  aus  der  grossen  Reihe  derselben  nnr  hervorgehoben 
werden,  dass  Garlisle^)  (Dublin)  die  Herzbewegungen  nur  we- 
nig beeinträchtigt  fand,  Anfangs  leichte  Palpitationen  bemerkte, 
die  sich  indess  bald  wieder  Terloren.  Dasselbe  unbetr&chüicbe 
Zunehmen  der  Zahl  der  Herzschläge  fand  R.  Wagner*),  sogleieh 
nach  dem  Einsenken  der  Nadel,  und  ein  baldiges  Zur&ckgehen 
auf  die  Norm;  Schiff)  dagegen  will  durchaus  keine  Störungen 
im  Rhythmus  des  Herzens  bei  jungen  Sängethieren  beobachtet  ha- 
ben. —  Die  Schmerzlosigkeit  ist  durch  Virchow^)  wiedemis 
bestätigt,  welcher  lange  Sonden  von  den  Halsvenen  in  die  Hen- 
Höhlen  einführte,  die  innere  Herzoberfläche  in  hohem  Grade 
mechanisch  reizte,  und  dabei  fand,  dass  die  Thiere  keine  Schmer- 
zen&äusserungen  von  sich  gaben,  auch  reflectorisch  keine  aufOd- 
ligen  Aenderungen  in  den  rhythmischen  Herzbewegungen  hervor- 
gebracht wurden.  Pathologisch-anatomisch  sind  die  Versuche  von 
Gärard')  und  Tour  des  interessant,  welche  bei  Kaninchen  Na- 
deln von  1,2  Millim.  Dicke  an  der  Spitze  in  Kammern  und  Vor- 
kammern einsenkten,  und  fanden,  dass  die  Herzwunden,  sowie 
eine  Wunde  der  Art.  pulmon.,  durch  Blutcoagula  verstopft  wa- 
ren, und  im  Pericardium  Blutergusse,  wahrscheinlich  in  Folge 
der  Arter  Jen  Verletzung,  sich  vorfanden.    Die  Verletzungen  blie* 


1)  Bei  Lee B,  Dublin  Journ.  IL  1837. 

2)  Funke,  Lehrb.  der  Physiologie.  1855.  IL  1001. 

3)  Union  möd.  1850.  p.  488. 

4)  Friedreich,  Krankh.  des  Herzens.   1861.  S.  409. 

')  Kssai  snr  la  löthaiitä  des  plaies  pen^ir.  du  coenr.   These.    Stras* 
bourg.  p.  18,  14.  1868. 


Ueber  die  Wanden  des  Henena  und  des  Herzbeutels.  597 

ben  ohne  nachtheilige  Folgen,  und  erfolgte  der  Tod  im  2.  Jahre 
durch  einen  Pleuraerguss.  Entzundungsproducte  an  den  Stich- 
wunden bei  Hunden,  in  Form  von  runden,  platten,  graulichen 
Auflagerungen,  glaubt  Faure^),  mit  grösserer  Wahrscheinlichkeit 
nachgewiesen  zu  haben. 

2.  Pathologische  Beobachtnngen. 

a)    Wunden. 

unter  den  Schusswunden  des  Herzens  ist  eine  der  in- 
teressantesten alteren  Beobachtungen,  welche  die  geringe  Reac- 
tion  von  Herzverletzungen  bei  Thieren  beweist,  die  von  Lucas 
Schröck*): 

Die  KnrffirBtin  Dorothea  von  Brandenbarg  schoss  1686  einen  grossen 
Hirsch  in  einer  fintfernnng  Ton  ca.  100  Schritt  in  die  linke  Seite.  Derselbe 
lief  noch  3-400  Schritt,  langsam  schwankend,  den  linken  Vorderfass  nach- 
ziehend, nnd  stark  bietend,  fort,  worauf  ein  Jäger  ihm  auf  80  Schritt  eine 
Kugel  in  das  Hinterhaapt  schoss.  Als  der  Hirsch  noch  nicht  stQrzte,  ging 
er  noch  6  Schritt  näher,  nnd  sandte  ihm  eine  3.  Kngel  neben  dem  linken 
Ohre  in  den  Kopf,  worauf  der  Hirsch  wie  todt  amfiel  und  bewegungslos 
liegen  blieb.  Er  blieb  i  stunden  lang  wie  todt  liegen.  Als  er  dann  auf 
den  Bauch  gewendet,  der  Kopf  auf  einen  Wagen  gelegt  nnd  an  den  Hörnern 
hinanfgehoben  werden  sollte,  richtete  er  sich  auf,  entriss  sich,  und  entfloh 
mit  grosser  Schnelligkeit.  Die  Hunde  erreiched  ihn  nach  3—4000  Schritt, 
stellen  ihn,  worauf  er  eine  Kugel  hinten  in  den  Rücken  erhält,  niederge- 
worfen wird  und  stirbt  Die  Kurffirstlichen  Aerzte  fanden,  dass  der  erste 
Schnss  in  die  linke  Brasthöhle  von  hinten  durch  den  rechten  Ventrikel  ge- 
drungen war,  den  linken  Ventrikel  gestreift  hatte,  nnd  yome  unter  dem 
rechten  Herzohre  wieder  ausgetreten  war.  Man  konnte  in  die  Herzwunde 
bequem  einen  Finger  einfahren;  das  Herzfleisch  war  an  beiden  Seiten  der 
Wunden  sehr  gequetscht  und  zerrissen. 

Andere  Schusswunden  werden  yon  Th.  Bartholin')  er- 
wähnt, wo  ein  Hirsch  von  Friedrich  III.,  Könige  von  Dänemark, 
geschossen,  noch  50  Schritt  fortlief,  ehe  er  todt  umfiel.  Beide 
Ventrikel,   mit  dem  Septum,   waren  durchschossen,   die  Wunde 


1)  Arch.  g^n^.  6.  S^r.  IH.  p.  129.  Febr.  1864. 
3)  Ephemer,  nai  cur.  Dec  II.  ann.  V.  Norimberg.  1687.  obs.  4.;  auch 
▼on  Albinus  (Dissert.  de  cery.  u.  s.  w.  Frankfurt  1686.)  en&hlt. 
')  Hist  Anatom,  rar.  Gentur.  I.  Hist.  77. 


598  ^r.  Georg  Fischer, 

3''  gross.  Hyrtl')  giebt  an,  dass  ein  durch's  Hers  geschosse- 
ner Hirsch  durch  eine  Bucht  des  Eönigssees  schwamm.  X 
Alexandrinus')  sah  ein  Schwein,  mit  einem  Schasse  mitten 
durch  das  Herz,  noch  eine  Strecke  weit  fortlaufen. 

Eine  Ruptur  ist  von  Führer')  bei  einem  Hunde  Jl>eobach- 
tet,  der  einen  Fusstritt  in  die  Brustwand  bekommen  hatte.  Ne- 
ben ausgedehnten  Sugillationen  in  den  Weichtheilen,  fand  man 
im  unversehrten  Herzbeutel  einen  ziemlich  grossen  Blutklumpen, 
vorne  am  linken  Ventrikel  eine  groschengrosse  Contusion,  in 
deren  Mitte  ein  unregelmässiger  Riss  bestand.  Derselbe  drang 
nur  durch  die  oberen  Muskelschichten.  Vielleicht  hat  diese  Stelle, 
im  Momente  der  Verletzung,  der  Brustwand  gerade  angelegen; 
da  aber  nur  die  oberflächlichen  Schichten  verletzt  waren,  so  ist 
es  möglich,  dass  der  Riss  im  Herzen  eine,  durch  plötzlich 
krampfhafte  Gontraction  bedingte  Muskelzerretssung  vorstellt, 
vielleicht  an  einer  durch  die  Contusion  momentan  gelähmten 
Stelle.  Eine  andere  Vorstellung  über  das  Entstehen  einer  Rup- 
tur hat  Gamgee*),  welcher  meint,  dass  im  Augenblicke,  wo 
das  Thier  getödtet  wird,  eine  Paralyse  der  Wände  und  Organe 
des  Thorax  eintritt,  so  dass  das  einem  schlaffen  Sacke  zu  ver- 
gleichende Herz,  wenn  das  Thier  hinstürzt,  an  der  schwächsten 
Stelle  bersten  muss. .  Er  sah  Rupturen  der  Vena  azygos  bei  Thie- 
ren,' welche  im  Schlachtbause  zu  Ferrara  mittelst  Dnrchschnei- 
dung  des  Rückgrates  getOdtet  waren. 

Narben  im  Herzen  sind  mehrfach  bei  Hirschen,   Hunden 
beobachtet*). 

b)   Fremde   Körper    im   Herzen. 

In  den  meisten  Fällen  waren  es  Kugeln,  welche  bei  ver- 


1)  Topogr.  Anatom.  I.  S.  484.  1857. 

9)  Boerhave,  In  der  Sammlung  anserles.  Abb.  Leipzig.  1784.  II.B<i. 
I.   S.  433. 

8)  Handb.  der  cbir.  Anatom.  I.  Abth.  1857.  S.  676. 

^)  J.  S.  Gamgee,  Researcbes  in  patholog.  anat.  and  clin.  snrgeiy. 
London.  1856. 

&)  MisceU.  Cur.  decnr.  2.  An.  6.   p.  166. 


Ueber  die  Wanden  des  Henens  nnd  des  Herzbeutels.  599 

schiedeDen  Thieren  im  Herzen  gefunden  wurden,  und  ist  die  äl- 
teste Beobachtung  die  von  J.  G.  Weber'),  welcher  eine  Kugel 
in  der  Herzwand  eines  Hirsches  eingekapselt  fand,  desgleichen 
von  Thomas  de  Yerga,  Caspar  Rej^s,  Grainger*),  wel- 
cher letztere  bei  einem  fetten;  zur  Zeit  des  Todes  völlig  gesun- 
den Dammhirsche  eine  Kugel  in  einer  Cyste  der  Herzwand,  circa 
2^'  von  der  Spitze,  fand.  Das  Herz  war  hier  fest  mit  dem  Pe- 
rieardium  yereinigt;  die  Kugel  wog  292  Gran.  Aehnlich  war  es 
bei  einem  in  Bradley  Park  erschossenen  Rehbocke'),  der  ganz 
gesund  zu  sein  schien,  und  eine  Kugel  in  einem  Eitersacke  der 
Herz-Substanz  hatte,  an  welcher  Stelle  das  Pericardium  fest 
mit  den  Rippen  verwachsen  war.  Es  schien  eine  Rippe  schon 
frflher  durch  einen  Schuss  verletzt  zu  sein.  Ausser  bei  Hirschen*^, 
wurden  noch  Kugeln,  resp.  SchrotkOmer  bei  einem  Schweine  von 
J.  C.  Weber*),  bei  Hunden,  welche  damit  längere  Zeit  gelebt 
hatten,  von  Jean  Lasserre*),  Boerhave''),  Baudon"),  bei 
einem  Hasen  von  Otto^)  in  der  Herzgegend  eingekapselt  ge- 
fanden. —  Eine  Pfeilspitze  sah  Desiderius  Jaconus^^) 
im  Herzen  eines  Hirsches,  der  lange  Zeit  vorher  damit  ge- 
schossen war.  —  Nicht  selten  war  das  Vorkommen  von  Na- 
deln; so  fand  Duvernoy'O  bei  einer  Kuh,  dass  die 
mit  Rost  aberzogene  Nadel  den  rechten  Ventrikel  durchbohrt 
hatte,  und   an  der  yerletzten  Stelle  alte  Adhärenzen  zwischen 


1)  Anchora  Sauciatonim  etc.  Uratislaw.   1600.  p.  79. 

3)  Bdinb.  Med.  Journ.  1.  Octob.  1816. 

')  Lond.  med.  and  phjs.  Joaru.  Vol.  36.  Sept  1817. 

«)  Ephem.  Nat  cur.  Dec.  IIL  ann.  V.  VI.  obs.  111. 

*)  Siehe  i). 

*)  Auch  Jean  de  la  Serre  bez.  Ephem.  Nat.  cur.  Dec.  IL  ann.  VI. 
Obs.  77.  1687.  p.  166  (mitunter  als  Fall  von  DolaeuB  aufgeführt). 
•     7}  Siehe  S.  598.  Cit.  2. 

^)  Dissert.  sur  les  plaies  pöo^tr.  de  la  poitrine.  These.  Paris.   1815. 
w.  806.   p.  16. 

*)  Hyrtl,  Topogr.  Anatomie.   I.   S.  484.  1857. 

^^)  Auch  JacotiuB,  Comment.  Goao.  Hippocr.  Lib.  I.  Seet  3.  p.  99. 

**)  Auch  Du  Verney;  bei  J.  C.  Peyer;  Parerga  anat.  et  med.  septem. 
Oenf.  16§1  c  6. 


600  l>r.  Georg  Fischer, 

Herz  and  Pericardium  bestanden.  Auch  Otto^)  fand  bei  einer 
Kuh  eine  Stopfnadel  in  der  Höhle  des  linken  Ventrikels,  ivelche 
durch  die  vordere  Wand  der  Speiseröhre  nnd  das  Pericardinm 
dorthin  gelangt  war.  Ausser  einem  dritten  Falle  bei  einer  Kuh*), 
beschreibt  Albers')  einen  solchetf  bei  einer  Kuh,  der  zar  ge* 
gerichts&rstlichen  Untersuchung  kam,  wobei  eine  Sfeeckiiadel  im 
linken  Ventrikel  gefiinden  wurde.  Es  waren  Athmangsbesdiwer- 
den,  schnelle  Ermfidung,  Unlust  zum  Fressen,  Abmagerung  beob- 
achtet, und  der  Tod  w&hrend  des  Kalbens,  das  ftbrigens  leicht 
Yor  sich  ging,  erfolgt  Mitunter  werden  gar  keine  besooderea 
Zufälle  w&hrend  des  Lebens,  bei  fremden  KSrpern  im  Heraen, 
beobachtet,  dagegen  das  Herz  hftnfig  partiell  hypertrophisch  ge- 
funden. Ausser  bei  Kühen,  Ochsen  (Hall er ^),  einem  Schafe'), 
sah  Neurohr')  eine  kleine  Stecknadel  im  Herzen  eines  ^  Jahre 
alten  Hahnes,  der  frisch  und  gesund  war,  als  er  geschlachtet 
wurde.  —  Einen  Nagel  fanden  Wepfer  und  Blasius^)  im 
Herzen  eines  Pferdes.  —  Das  spitze,  kleinfingerlange  Ende  eines 
Stockes  durchbohrte,  wie  F.  Plater')  in  Basel  sah,  das  Hen 
eines  Schweines,  welches  vor  6  Monaten  damit  von  Schwein^ir- 
ten  geschlagen  war.  —  Interessant  ist  die  Beobachtung  von 
de  Castelnau  und  Ducrest'):  Einem  starken  Hunde  wurde, 
nachdem  ihm  4  Tage  zuvor  7  Gramm.  Eiter  in  die  rechte  Vena 
saphena  eingeführt  war,  worauf  er  sehr  schwach  wurde,  ein 
Holzcylinder  von  4  Gtm.  L&nge  und  3  Millim.  Dicke  in  die 
linke  Vena  saph.  eingeschoben,  und  durch  ein  langes  Stilet  hoch 


1}  Seltene  Beob.  zor  Anatomie,  Phys.,  Pathol.  gehörig.  L  Hft.  lSi6. 
2)  Bphem.  Nat  cur.  Gent.  IX.  X.  p.  462. 

>)  Albers,   Claras  und  Radius,   Beiträge  zur  prakt.   Heilknsde. 
Bd.  8.  Hft.   Leipzig.  1834. 

*)  Biblioth.'ehir.   Vol.  IL   p.  878. 

6)  M^moires  de  Tacad^mie  de  Dijoo.  I.  p.  107. 

<}  Henke*B  Zeitschr.  Ar  StA.K.  1825.  3.  Hft  S.  183. 

7)  Epbem.  ^ski.  cur.  Dec.  H.  aon.  X.  obs.  171.   p.  313. 

8)  Henri  ab  Heers,  Obs.  med.  Lib.  I.  obs.  2. 

*)  M^moires  de  Tacad.  de  m^dec.  T.  XII.  p.  69.  72. 


Ueber  die  Wonden  des  Henens  und  des  Henbeoteb.  601 

hinauf  geleitet  Das  Thier  wurde  bald  krioker,  der  Pols  rapid, 
Oedem  am  Fnsse  trat  ein,  grosse  Mattigkeit,  Tod  nach  2  Tagen. 
Man  fimd  ein  1  Ctm.  langes  Ende  des  Gylinders,  die  vordere 
Wand  des  rechten  Ventrikels  durchbohrend,  grOsstentheils  noch 
im  Ventrikel,  von  einem  Pfropf  umringt,  der  jenen  ansf&llte. 
Das  Pericardinm  war  durch  yiel  coagnlirtes  Blut  ausgedehnt,  die 
Vena  cav.  inf.  leicht  geftrbt  durch  Blutmaceration. 

Resumiren  wir  kurs  die  aus  den  Beobachtungen  an  Thie« 
ren  gewonnene;!  Resultate,   so  steht  vor  Allem  fest,  dass  Ver- 
letzungen mit  feinen  Nadeln,  selbst  wenn  dieselben  die  Kammern 
oder  Vorkammern  penetriren^  und  wiederholt  angestellt  werden, 
in  der  Regel  von  den  Thieren  gut  vertragen  werden,  und  die- 
selben noch  lange  Zeit  nachher  gut  leben  kOnnen;  keinenfalls 
sind  sie  absolut  tödtlich.    Die  Wunden  werden  durch  Blutcoagula 
verstopft,  eine  etwas  st&rkere  Blutung  kommt  nur  bei  Verletsun- 
gen  mit  dickeren  Nadeln,  oder  bei  gleichzeitiger  Verwundung 
eines  grosseren  Herzgeflteses  vor,  und  fand  dieselbe  immer  in 
das  Pericardinm  und  die  Pleura  statt.    Entzftndungsproducte  an 
den  Stichwunden  sind  wahrscheinlich,  jedoch  nicht  absolut  sicher- 
gestellt.   Diese  Verletzungen  sind  schmerzlos,  mag  der  Reiz  das 
Horz  von  aussen  oder  innen  treffen.    Der  Herzschlag  wird  nicht 
wesentlich  alterirt,  und  wenn  im  Anfange  eine  geringe  Zunahme 
der  Frequenz,  welche  durch  die  Verwundung  der  Weichtheile  und 
die  Angst  der  Thiere  bedingt  sein  mag,  beobachtet  ist,  so  kehrte 
dieselbe  alsbald  zur  Norm  zurfick.    Schnittwunden  der  Herzspitze 
überlebten  die  Thiere  gut    unter  den  häufiger  vorkommenden 
Schusswunden  wurden  selbst  Verletzungen  beider  Ventrikel  nicht 
sofort  tOdtlich;  die  Thiere  liefen  eine  Strecke  weit  und  schwam- 
men fort.    Selbst  bei  einer  Wunde  des  rechten  Ventrikels,  mit 
nachfolgender  Blutung  und  noch  2  nachtrikglich  erfolgten  Scbfissen 
in  den  Kopf,  bestand  das  Leben  fort;  es  trat  eine  Syncope  von 
%  Stunden  ein,  worauf  der  Hirsch  noch  4000  Schritte  weiter  lie^ 
und  dann  nach  einer  vierten  Kugel  starb.    Es  ist  anzunehmen, 
dass   in    Folge    der  %  standigen   Syncope,    welche    durch    die 
Blutung   und    die   Kopfwunden    begünstigt    war,    die    ziemlich 


602  I^r*  Georg  Fischer, 

grosse  Wunde  durch  einen  Pfropf  Terstopft  wurde,  der  in  der 
langen  Zeit  sich  fester  organisiren- konnte,  so  dass  es  nachher 
dem  Thiere  noch  möglich  war,  eine  so  grosse  Strecke  zu  durch- 
laufen. —  Verheilungen  Ton  Herzwunden  sind  beobachtet  - 
Rupturen  sind  entweder  penetrirend,  oder,  indem  nur  die  oberen 
Schichteli  zerrissen  sind,  nicht  penetrirend;  in  beiden  Fällen  öft- 
ren sie  tödtlich.  ^  Fremde  KOrper  im  Herzen,  welche  unter 
den  Verletzungen  bei  Thieren  am  häufigsten  als  Complicatioo 
gefunden  sind,  drangen  entweder  von  aussen  oder  von  der  Speise^ 
röhre  ein,  und  sind  in  letzterem  Falle  mit  dem  Fressen  ver- 
schluckt. Dieselben  zeigten  in  der  Regel  keine  b^sonderea 
Symptome,  und  wurden  ohne  Nachtheil  im  Herzen  ertragen.  Es 
fanden  sich  Kugeln,  theils  frei  in  den  Herzhöhlen,  theils  in  der 
Herzwand  eingekapselt,  wobei  die  ursprüngliche  Wundstelle  des 
sonst  gesunden  Herzens  mit  dem  Herzbeutel  fest  adhärirte,  theils 
in  einem  Eitersacke  der  Herzsubstanz.  Ebenso  wie  Kugeln,  wur- 
den auch  Nadeln,  Pfeilspitzen,  ein  Stockende  lange  Zeit  schadlos 
im  Herzen  getragen.  Von  einer  Vena  saphena  aus  wurde  ein 
Holzcylinder  mit  dem  Blute  in  den  rechten  Ventrikel  geschwemmt 
Aus  diesen  Thatsachen  geht  für  die  Lehre  von  den  Herzwim- 
den  bei  Menschen  hervor,  dass  im  Allgemeinen  a  priori  die  Heil- 
barkeit derselben  nicht  zu  bezweifelnjst,  ja  wesentlich  muterst&tzi 
wird,  selbst  wenn  man  zugeben  muss,  dass  die  Reaction  auf  Ver- 
letzungen bei  Thieren  eine  geringere  ist  Einzelne  von  der  Na- 
tur vorgezeichnete  Wege,  wie  sie  bei  Thieren  im  Verlaufe  der 
Verletzung  beobachtet  sind,  werden  wir  als  dieselben  Vorgänge 
später  wieder  antreffen,  und  darin  Stützen  für  den  Verlauf,  Pro- 
gnose und  Therapie  gewinnen. 


Wanden    des  Herzens    nnd    des    Herzbeatels. 

Nach  Analogie  der  penetrirenden  Brustwunden  thetlt  man 
die  Herzwunden  am  natürlichsten  nach  ihrer  Entstehung  in  fol- 
gende Gruppen :  1)  reine  Stichwunden,  2)  Schnittwunden,  3)  Schuss- 
vmnden^  4)  Quetschwunden  und  Rupturen.    Diesen  verschiedeneo 


üeber  die  Wunden  des  Herzens  and  des  Herzbeutels.  603 

Gruppen  ist  die  Complication  mit  fremden  EOrpern  anzureiben^ 
In  zweiter  Linie  steht  der  Unterschied  der  Tiefe  der  Wunde,  wo- 
bei es  sich  darum  handelt,  ob  die  Verletzung  auf  die  Herzwand 
beschränkt  bleibt,  oder  in  die  Herzhöhle  eindringt.  Damach  sind 
penetrirende  ^on  nicht  penetrirenden  Wunden  zu  trennen.  Diese 
Eintheilung  ist  nicht  so  unrichtig,  wie  Alfr.  Poland*)  meint,  der 
ihr  nur  einen  genügen  Werth  beilegt,  da  beide  Gruppen  von  Ver- 
letzungen tödten.  Es  müssen  besonders  für  die  Prognose  neue 
Gruppen  nach  dem  Sitze  der  Herzwnnde  gebildet  werden,  so  dass 
Wunden  der  einzelnen  Ventrikel,  VorhOfe  u.  s.  w.  von  einander 
zu  trennen  sind.  Der  Ausgang  der  Verletzung  wird  tödtlicbe 
F&lle  und  Heilungen  unterscheiden.  Von  diesem  combinirten  Ge- 
sichtspunkte aus  ist  die  Casuistik  angelegt.  Wenn  Schalle  den 
Ausgang  der  Verletzung  allein  zur  Eintheilung  benutzt,  und  unter 
seine  4  Abtheilungen  Stich-  und  Schusswunden,  Verletzungen  des 
rechten  Ventrikels  und  linken  Vorhofes  u.  s.  w.  durcheinander 
wirft,  so  ist,  wie  er  selbst  zugesteht,  diese  Gruppirung  durchaus 
ungenügend,  zugleich  auch  unpraktisch. 

Die  Verletzungen  des  Herzbeutels  sind  bei  den  gleich- 
artigen Herzwunden  abgehandelt,  und  die  Wunden  der  grossen 
Geiässe  nur  dann  berücksichtigt,  wenn  sie  innerhalb  des  Herz- 
beutels mit  diesem  zugleich  verletzt,  gleichsam  als  Complicationen 
der  Herzbeutelwunden  aufzufassen  sind. 

Bevor  die  Verletzungen  der  Stich-,  Schnitt-,  Schusswunden 
u.  8.  w.  anatomisch  zergliedert  werden,  soll  die  Statistik  der  Herz- 
wunden, insoweit  sie  sich  auf  die  pathologische  Anatomie  bezieht, 
näher  geprüft  werden. 

Statistik. 

Die  Herzwunden  sind  relativ  seltene  Verletzungen;    so  ist 

2.  6.  London  mit  seinen  2  Millionen  Einwohnern,  wie  Guthrie 

1848  behauptet,  fast  frei  von  Herzwunden  geblieben.    Auch  giebt 

es  keinen  Chirurgen,  der  eine  grössere  Anzahl  von  F&llen  aus 


•)  Holmes,  System  of  aurgery.   1861.  II.  p.  876. 

t.  LaBff«Bb«»k't  ArehlT  f&r  Clilnirsl«.  IX.  39 


604  Dr.  Georg  Fischer, 

eigener  Anschauung  kennt  Eb  haben  Dupuytren,  welcher 
die  meisten  Fälle  von  Anfang  an  beobachtet  hat,  nur  11,  Larrey 
7  Wunden,  Gasper  17  Sectionsberichte  aufgezeichnet  Der  Aato- 
ritätenglaube  tritt  somit  in  den  Hintergrund,  und  nur  aus  einer 
möglichst  grossen  Zahl  von  Beobachtungen  lassen  sich  allgemeine 
Schlüsse  ziehen.  Von  den  Herzwunden  gehören  die  meisten  Fälle 
der  Civilchirurgie  an,  wo  sie  auf  Mord,  Selbstmord,  Duelle  in  der 
Regel  zurückzuführen  sind,  weit  seltener  der  Eriegschirurgie;  es 
sind  u.  A.  die  Fälle  von  Larrey  alle  in  Paris  beobachtet,  wäh- 
rend er  in  seinen  militärischen  Gampagnes  et  voyages  nicht  einen 
Fall  aufzuweisen  hat  Da  Stichduelle,  bei  denen  die  Brustwane 
der  Zielpunkt  war,  in  der  Keuzeit  seltener  geworden  sind,  und 
die  häufigeren  Einzelkämpfe  in  früheren  Eriegen  gegen  die  Schnss- 
Verletzungen  bei  jetziger  Eriegfuhrung  weit  zurückstehen,  so  sind 
im  Ganzen  früher  mehr  Herzwunden  zur  Beobachtung  gekommen, 
als  jetzt,  zumal  die  rasch  tödtenden  Schusswunden  im  Kriege  sel- 
tener zur  Section  kommen.  Einen  üeberblick  über  die  Selten- 
heit der  im  Eriege  zur  Beobachtung  kommenden  Herzwunden 
erhält  man  aus  der  Statistik  der  amerikanischen  Bürgerkriege^, 
wo  auf  87,822  Verwundete  (darunter  7062  Schusswanden  des 
Thorax,  mit  4759  Wunden  der  Thoraxwand  und  2303  penetriren- 
den  Brustverletzungen)  nur  4  Schusswunden  des  Herzens  kamen. 
Die  vorliegende  Arbeit  stützt  sich  auf  452  Fälle,  worunter 
401  Herz-  und  51  Herzbeutelwunden  sind.  Bei  einem 
Vergleich  mit  der  Statistik  anderer  Autoren  stellt  sich  von  vorne- 
herein heraus,  dass  aus  kleinen  Statistiken  mitunter  total  falsche 
Schlüsse  gezogen  sind.  So  sei  vorab  npr  ein  Beispiel  erwähnt: 
Schalle  citirt  unter  73  Herzwunden  30  Wunden  des  rechten 
Ventrikels,  von  denen  18  starben  und  12  heilten  (!),  femer  12 
Eugelwunden,  von  denen  5  starben  und  7  heilten  (I);  von  67 
Wunden,  bei  denen  der  Ausgang .  angegeben  ist,  heilten  26.   Soll 


*)  Reports  on  the  extent  and  natore  of  the  materials  avaüable  for 
the  preparation  of  a  medical  and  snrgical  history  of  the  rebellion.  Circa- 
lar  6.  War  departement  Snrgeou  generals  office.  Washington,  1.  Korbr. 
1865.    Philadelphia.   1865. 


Deber  die  Wunden  des  Herzens  and  des  Henbentels.  605 

aas  diesen  Zahlen  ein  Schlnss  über  die  Häafigkeit  der  Heilungen 
gezogen  werden,  so  würde,  wie  später  nachgewiesen  wird,  eine 
durchaus  verkehrte  Anschauung  daraus  gewonnen  werden.  ^ 

Folgende  Statistik  repräsentirt  das  Verh&ltniss  der  Wanden 
unter  den  einzelnen  Herzabschnitten: 


1855. 

1834.    1864.    1857. 

1866. 

1 

Gtatlcr.    Pirple. 

OUirier.    SehiQi.   Juuii*}. 

EuMtti**). 
penetr. 
45 

M 

pCt 

Rechter  Ventrikel 

.    3        21 

29        30         43 

128 

27,2 

Linker  Ventrikel 

.    5        12 

12        18         28 

82 

101 

22,1 

Beide  Ventrikel  . 

.    2          2 

9          5           9 

12 

26 

57 

Rechter  Vorhof  . 

.  -          2 

3         3           8 

18 

28 

62 

Linker  Vorhof  •  . 

.    1        - 

1          1           2 

4 

IS 

28 

Spitze  and  Basis 

,  —        — 

7         •.           7 

— 

19*« 

'•)] 

♦•♦)  (Spitie  16,  Spitj 

Ben.  Basis  1,  Basis  2.) 

Septnm  ventr. .  . 

.  -          2 

—          2            2 

— 

7 

1,6 

Unbestimmt  .  .  . 

•  —        — 

3         6            4 

6 

67 

Herzbeutel 

.  —        — 

-         8          - 

— 

61 

11,8 

fr. 

Körper    2 
Herzohr 

beide  Herzohren    1 
u.  linker  Ventr*    1 

ganzes  Herz    1 

16 

8,5 

Art.  coronar.    2 

3 

unterer  Theil    1 

keine  Indication  12 

rechtes  Herz    2 

4 

linkes  Herz    1 

5 

nicht  penetr.  17 

unsicher  12 

Heilnngen    9 

Snmma.  .  .  11        41         64        73        121  153         452 

Aus  meiner  Statistik  geht  hervor,  dass  die  Verletzungen, 
welche  an  allen  Herzabschnitten  vorkommen  können,  an  Häufig- 
keit in  folgender  Weise  auf  einander  folgen:  Wunden  des  rech- 
ten Ventrikels,  des  linken  Ventrikels,  des  Herzbeutels  ohne  Herz- 
verletzung, des  rechten  Vorhofes,  beider  Ventrikel,  des  ganzen 
Herzens,  des  linken  Vorhofes  und  des  Sept.  ventr.,  die  übrigen 
Angaben  sind  nicht  genau  genug.  Am  grössten  ist  der  Ab- 
stand zwischen  den  Wunden  der  Ventrikel  und  den  übrigen  Ab- 
schnitten, während  der  unterschied  zwischen  denen  des  rechten 


*)  Von  den  121  Fällen  sind  Fall  28  und  45  als  Yerletzangen  bei  Thie- 
ren  abzurechnen,  so  dass  nnr  119  Fälle  bleiben.  > 

**)  Im  Ganzen  sind  159  Fälle  aufgeführt;  darunter  sind  11  spontane 
Rupturen,  3  Mal  ist  derselbe  Fall  doppelt  aufgezählt,  so  dass  nur  145  Fälle 
bleiben. 

39* 


606  !>'•  Georg  Fischer, 

und  linken  Ventrikels  durchans  nicht   sehr  hervorstechend  ist 
Hierin  liegt  eine  Abweichung  von  den  übrigen  Statistiken,  in 
welchen  der  linke  Ventrikel  weit  mehr  zurücktrat,  ja,  seine  Ver- 
letzung für  sehr  selten  angesehen  wurde  (Jobert).   Man  machte 
für  den  rechten  Ventrikel  die  grosse  Oberfläche  geltend,  welche 
derselbe  der  vorderen  Brustwand  zukehrte,  während  vom  linken 
nur  sehr  wenig  vorne  am  Herzen  erscheint,  derselbe  fast  gani 
vom  rechten  Ventrikel  bedeckt  ist.    Dieser  theilweise  richtigen 
Vorstellung  ist  hauptsächlich  durch  die  anatomischen  Abbildungen 
Eingang   verschafft,   in   deney   vom  linken   Ventrikel   nur  ein 
schmaler  Streifen  aufgezeichnet  ist,   allein  man  berücksichtigte 
dabei  nicht,   dass  bei  der  Systole  des  Herzens,  in  Folge  der 
Achsendrehung,  ein  ungleich  grösserer  Abschnitt  des  linken  Ven* 
trikels  der  vorderen  Brustwand  gegenüber  liegt.    Nur  so  lisst 
sich  erklären,  dass  die  Wunden  des  rechten  und  linken  Ventri- 
kels an  Häufigkeit  durchaus  nicht  sehr  difieriren.  —  Dass  die 
alleinigen  Verletzungen  des  Herzbeutels  denen  des  Herzens  sehr 
nachstehen,  beruht  darauf,  dass  die  einwirkende  Gewalt  in  der 
Kegel  so  gross  ist,  dass  die  nahe  anliegende  Herzwand  mit  ge- 
troffen wird.  —  Auf  diese  Wunden  folgen  die  der  Vorhöfe,  welche 
mit  ihren  in  geringerem  Grade  ausgedehnten  Höhlen   versteck- 
ter liegen.     Der  rechte  Vorhof,   dessen  Verletzung   derjenigen 
beider  Ventrikel  ziemlich  gleichkommt,  liegt  fast  ganz  hinter  dem 
Sternum,  ist  daher  nur  für  schiefe  Wunden  zugänglich,  und  wird 
mithin  viel  seltener,  als  ein  Ventrikel  getroifen.    Noch  seltener 
wird  der  linke  Vorhof  verletzt,  da  er  sehr  tief  liegt,  so  dass  nur 
selten  ein  Instrument  ihn  erreicht.   -^   Die  ausserordentlich  ge- 
ringe Oberfläche,  welche  das  Sept.  ventr.  bietet,  erklärt  die  grosse 
Seltenheit  dieser  Wunde,  ohne  dass  gleichzeitig  eine  Herzhöhle 
geöflhet  wird. 

Vergleicht  man  die  Summe  der  Ventrikelwunden  mit  denen 
der  Vorhöfe,  so  überwiegen  erstere  um  das  Sechsfache: 

GOn-    Parple.    Olli-      Schalle.     Ja-       Zan-       Verf. 


ther. 

vier. 

main. 

nettl 

Ventrikel 

.  .    10 

87 

60 

55 

83 

89 

357 

Vorhöfe  . 

1 

2 

4 

4 

11 

17 

31 

Ueber  die  Wanden  des  Herzens  und  des  Herzbeutels.  607 

und  nicht  um  das  10— ISfache,  wie  ans  den  kleineren  Statistiken 
hervorgeht.  Die  wenigen  Fälle,  wo  ein  Ventrikel  und  Yorhof 
gleichzeitig  verletzt  waren,  sind  zu  ersteren  gezählt. 

Bei  einer  Prüfung  der  rechten  und  linken  Herzabschnitte 

Gfln-  Purple.  Olli-  Schalle.      Ja-  Zan-  Verf. 

ther.  Tier.                      main.  netti. 

Rechts    .  .    8  23  32             33             51             60  155 

Links  ...    6  12  13             19             31             37  119 

stellt  sich  bei  der  erwähnten  grosseren  Häufigkeit  der  Wunden 

des  linken  Ventrikels  heraus,  dass  die  Verletzungen  der  rechten 

Seite  nicht  in  dem  Grade  überwiegen,  wie  früher  angenommen 

ist:  1,3  : 1  (früher  2,  1,7  : 1  u.  8.  w.). 

Unter  den  51  Verletzungen  des  Herzbeutels  sind  38  alleinige 
Wunden  desselben  und  13,  welche  mit  Wunden  der  grossen  Ge- 
fässe  innerhalb  desselben  complicirt  sind. 

Je  nachdem  die  Verletzungen  in  die  Herzhöhlen  penetriren, 

oder  nicht,  vertheilen  sich  dieselben,  ohne  Berücksichtigung  der 

Heilungen,  in  folgender  Weise:  Auf  351  Wunden  kommen  319  pe- 

netrirende  und  34  nicht  penetrirende  Wunden. 

Penetr.  Nicht  penetr.  Summa. 

Rechter  Ventrikel  ...  98  9  (8,4  pGi)  107 

Linker  Ventrikel ....  88  7  (6,3  pGt)  95 

Beide  Ventrikel    ....  24  —  24 

Rechter  Vorhof 28  —  28 

Linker  Vorho^ 13  —  13 

Spitze 5                 .        1  12 

Basis ....—'  1  1 

Septnm  rentr 3  3  6 

Ganzes  Herz 15  —  15 

Linkes  Herz 5  —  5 

Rechtes  Herz 8  —  3 

Art  coron 1  —  1 

Art.  palmon.  ..*••.  —  1  1 

unbestimmt 36  4  40 

319  (91  pCt)  82  (9  pCt.)  351 

Alleweireldt*)  .  .       29  9  58 

Ollitier 58  6  64 

Zannetti 115  17  144 

*)  Alleweireldt  zählt  unter  seinen  58  F&llen  4  penetrirende  (Fälle 
33-36),  und  8  nicht  penetrirende  (46—53)  Wunden  bei  Thieren  auf,  so  dass 
nur  46  Fälle  bei  Menschen  fibrig  bleiben.  Zieht  man  obige  38  Fälle  davon 
ab,  so  bleiben  noch  3  Gontusionen,  4  Heilungen,  1  Wupde  beider  Ventrikel 
fibrig. 


608  ^r-  Georg  Fischer, 

Es  f&llt  die  um  das  lOfache  geringere  Anzahl  von  nicht 
penetrirenden  Wunden  auf,  und  beruht  dieselbe  auch  hier  darauf^ 
dass  in  der  Regel  die  Gewalt,  mit  welcher  das  Instrument  ein- 
gestossen  wird,  so  gross  ist,  dass  die  Herzwand  durchbohrt  wird. 
Die  Wunden  des  Septum  ventr.  sind  als  solche  stets  nicht  pene- 
trirend,  und  wenn  S  Fälle  unter  den  penetrirenden  aufgezeichnet 
sind,  so  waren  dieses  Rupturen,  wodurch  beide  Ventrikel  mit 
einander  in  Verbindung  traten.  Die  Herzspitze  hat  eine  grössere 
Anzahl  von  nicht  penetrirenden  Wunden  aufzuweisen,  obwohl  die 
Husculatur  hier  dünner  ist,  als  an  der  Basis  und  in  der  Mitte 
der  Herzens;  allein  da  ein  Instrument  häufiger  quer  zur  Längs- 
axe  des  Herzens  auftrifflt,  so  wird  es  an  der  Spitze  ein-  und  aus- 
dringen können,  ohne  einen  der  Ventrikel  zu  eröffnen,  etwas 
höher  hinauf  kann  vielleicht  ein  Ventrikel  schon  federdick  ge- 
öffnet werden  (F.  155).  Am  linken  Ventrikel  sind  die  nicht 
penetrirenden  Wunden  seltener,  als  am  rechten,  und  zwar  unge- 
fähr in  demselben  Verhältniss,  wie  beide  Verletzungen  an  Häufig- 
keit überhaupt  differiren;  bei  der  grösseren  Dicke  der  Herzwand 
am  linken  Ventrikel  sollte  man  ein  anderes  Verhältniss  erwar- 
ten. An  den  Vorhöfen  können  diese  Wunden;  bei  der  ausser- 
ordentlich geringen  Dicke  ihrer  Wände,  nicht  vorkommen. 

Es  sind  die  Wunden  nach  ihrer  verschiedenen  Entstehung 
zu  sondern,  und  erhalten  wir  an: 

Stichwunden 44 

Stich  -  Schnittwunden 260 

Schnsswnnden 72 

Qaetschwnndenn.  Ruptnren 76 

452 

Dieselben  vertheilen  sich  in  folgender  Weise: 

Stich.      Stich  -  Schnitt. 

Rechter  Ventrikel  10  85 

Linker  Ventrikel  14  59 

Beide  Ventrikel .    4  16 

Rechter  Vorhof  .    3  11 
Linker  Vorhof   .  —  5 

Spitee —  12 

Basis  .  , 1  1 

Septnm  ventr.    .    1  2 

Ganzes  Herz    .  .  — 2  

Latus  ...  83  155  53  54         i        888" 


hUBB. 

Rnptnren. 

Snmma 

22 

6 

123 

16 

12 

101 

4 

2 

26 

2 

12 

28 

1 

7 

13 

1 

8 

16 

1 

— 

3 

1 

3 

7 

5 

9 

16 

Deber  die  ^fanden  des  Henens  nod  des  Herzbeateis. 


609 


Stick 

Transport ...  33 
Rechtes  Her«  .  .  — 
Linkes  Henß,  .  .  — 
Art.  coronar.  .  .    1 
Unbestimmt  ...    6 
Herzbeutel    ...    4 

Stich -SchniU. 

193 

3 

1 

1 
31 
31 

SchuBS. 

53 

1 
4 

7 
7 

Rupturen. 
54 

13 
9 

Snmma. 

333 

4 

5 

2 
57 
51 

44 

260 

72 

76 

452 

Eine  weitere  Gruppirung  fahU;  zu  folgenden  üebersichten: 


S  1 

b  i  c  h. 

1 

St 

ich  - 

Seh] 

aitt 

Penetr.   | 

Nicht 

Heiig.  1 

Heiig. 

r 

«ssj' 

penetr. 

t 

QQ 

1 

Penetr. 

Nicht 
penetr. 

fremde 
Körp. 

Sect. 
Sympt 

Rechter  Ventrikel 

3 

1 

—      4 

2 

_ 

72 

2 

2 

5      4 

Linker  Ventrikel 

6 

3 

1    — 

4 

— 

53 

4 

~~ 

1      1 

Beide     Ventrikel 

2 

2 

—    — 

— 

— 

14 

— 

.  2    -  • 

Rechter  Vorhof  . 

2 

1 

—    — 

— 

— 

10 

— 

1 

— .    — 

Linker  Vorhof.  . 

— 

— 

—    — 

— 

— 

5 

— 

— 

—    — 

Septum  Tentr.    . 

— 

— 

—    — 

1 

— 

— 

2 

— 

—    — 

Spitze 

— 

— 

—    — 

— 

— 

1 

7 

— 

3      1 

Basis 

— 

— 

—      1 

— 

— 

— 

— 

— 

1    — 

Ganzes  Herz    .  . 

.-. 

— 

—    — 

— . 

— 

— 

— 

2 

—    — 

Linkes  Herz  .  .  . 

— 

— 

—    — 

— 

— 

1 

— 

— 

—    — 

Rechtes  Herz  .  . 

— 

— 

—    — . 

— 

— 

3 

— 

— 

—    — 

Art.  coronar.   .  . 

1 

— 

—    — 

— 

— 

— 

— 

— 

1    — 

Unbestimmt  .  .  . 

2 

1 

_     — 

1 

2 

17 

3 

— 

6      5 

Herzbeutel.  .  .  . 

— 

2 

-      2 

— 

— 

15 

— 

3 

2    11 

16 

10 

1      7 

8 

2 

191 

18 

8 

21    22 

44 


260 


Rechter  Ventrikel 
Linker  Ventrikel 
Beide  Ventrikel 
Rechter  Vorhof  . 
Linker  Vorhof  . 
Septum  ventr.  . 
Spitze  und  Basis 
Ganzes  Herz  .  . 
Linkes  Herz  .  .  . 
Rechtes  Herz  .  . 
unbestimmt  .  .  . 
Herzbeutel .  .  .  . 


S  c  h  u  B  s. 


14  1 

13  2 

4  — 

2  - 

1  — 


5    — 

4    - 


6    - 
2    — 

53      3 


1      1 
—      1 


—      1 


1      3 


5    — 


-  1 

—  1 
l  4 
6  6 


Quetschwunden 
und    Rupturen. 


5 

11 

2 

12 

7 

4)3 
'8 


10 
5 

66 


1(?) 


—      1 


1      1 
—      4 


76 


610  I>r.  Georg  Fischer, 

Diesen  Tabellen  ist  nur  wenig  hinzuzufügen;  hervorzuheben 
ist  die  bedeutend  grossere  Anzahl  der  Stich-  und  Schnittwunden, 
allen  übrigen  Verletzungen  gegenüber,  die  ziemlich  gleiche  Haa- 
figkeit  von  Schusswunden  und  Rupturen,  während  die  reinen 
Stichwunden  die  geringste  Anzahl  bieten.  Es  sei  sogleich  anf- 
merksam  gemacht  auf  die  grosse  Zahl  der  Heilungen.  —  Stich- 
wunden. Das  häufigere  Vorkommen  derselben  am  linken  Yen« 
trikel,  im  Vergleich  zum  rechten,  ist  ein  Zufall,  aber  wiedemn 
ein  Beweis,  dass  im  Ganzen  die  Wunden  dieses  Abschnittes  nicht 
zurückstehen,  wie  früher  geglaubt  ist.  Auf  44  Wunden  kommen 
26  penetrirende,  8  nicht  penetrirende,  10  Heilungen  (4  Wunden 
des  Herzbeutels.)  —  Stich -Schnittwunden.  Da  sie  die 
Hauptmasse  bilden,  so  stehen  die  Verletzungen  der  einzehien 
Herzabschnitte  in  demselben  Verh&ltniss,  wie  in  der  Hauptstati- 
stik. Unter  260  Wunden  waren  191  penetrirende,  18  nicht  pe- 
netrirende, 8  mit  fremden  Körpern,  43  Heilungen  (31  Wunden 
des  Herzbeutels).  —  Schusswunden.  Unter  den  72  Verletzun- 
gen sind  die  meisten  sicher  genug  beschrieben,  um  Demme's 
Ansicht,  dass  es  nur  wenige  beglaubigte  Beobachtungen  Ton 
Schusswunden  gäbe,  zu  widerlegen.  Unter  denselben  waren  56 
penetrirende,  4  nicht  penetrirende  und  12  Heilungen  (7  Wunden 
des  Herzbeutels,  welche  meistens  durch  Streifschüsse  zu  Stande 
kamen).  Auch  hier  ist  der  Unterschied  zwischen  Wunden  des 
rechten  und  linken  Ventrikels  nicht  gross.  —  Quetschwunden 
und  Rupturen.  Da  einige  Autoren  die  durch  Schuss  entstan- 
denen Zerreissungen  hierzu  zählen ,  so  müssen,  um  eine  Ve^lei- 
chung  der  Rupturen  in  specie  anstellen  zu  kOnnen,  von  meiner 
Statistik  6  Schussverletzungen  (4  des  rechten,  1  des  linken 
Ventrikels,  1  des  ganzen  Herzens)  hinzugefügt  und  3  reine  Quet- 
schungen des  linken  Ventrikels  abgezogen  worden. 

Elleanme.  Gamgee»      Verf. 

(aota^  71  Bapt.  16  tranmAt) 

RechterVeotrikel   ...    5  8  10  (6+4) 

Linker  Ventrikel  ...    2  8  10  (12+1-3) 

Beide    Ventrikel  .    .    .  _  -.  2 

Rechter  Vorhof  ....    6  4  12 

Linker  Vorhof    .  .    ■    .    3  7 7 

16  22  41 


Deber  die  Wunden  des  Henens  und  des  Herzbenteh.  611 

Eileaame.  Gamgee.      Verf. 

Ventrikel 7  11  22 

Vorhöfe    ....    ■    .    9 11 19 

Rechts 11  12  22 

Links 5  10  17 

Uebereinstimmend  mit  der  allgemeinen  Ansicht,  sind  die 
Rupturen  der  rechten  Herzabschnitte  (um  13  pGt.,  nach  £11  e- 
aume  um  37  pGt)  häufiger,  als  die  der  linken,  während  die 
spontanen  Rupturen,  wie  feststeht,  links  häufiger  sind.  —  Der 
Unterschied  zwischen  den  Rupturen  der  Ventrikel  und  VorhOfe 
ist  gering  (um  7  pCt.  mehr  bei  ersteren).  —  VfTährend  bei 
jenen  beiden  Autoren  die  Rupturen  des  rechten  Ventrikels  häu- 
figer sind,  als  die  des  linken,  kommen  sie  nach  meiner  Statistik 
gleich  häufig  vor.  FQr  jene  Ansicht  hat  man  mit  Recht  die 
exponirtere  Lage  und  die  dünneren  V^ände  des  rechten  Ventrikels 
hervorgehoben,  welche  die  Ruptur  eher  begünstigen;  dabei  dürfte 
indess  zu  berücksichtigen  sein,  iass  der  an  sich  schon  10,  12- 
mal  höhere  Druck  des  arteriellen  Blutes,  welcher  durch  eine 
Pression  des  Thorax,  ähnlich  wie  bei  der  Exspiration  wesentlich 
vermehrt  vnrd,  vorwiegend  auf  das  linke  Herz  zurückwirkt, 
wobei  ausserdem  noch  die  sehr  viel  geringere  Dehnbarkeit  des 
dickwandigen  linken  Ventrikels  zu  veranschlagen  ist.  Damit 
stimmen  die  Experimente  von  C  haussier  (s.  unten)  überein.  — 
Eine  Ruptur  beider  Ventrikel  entstand  durch  ein  Rippenfragment, 
sowie  eine  Eröffnung  beider  Höhlen  durch  einen  Querriss  an  der 
Herzspitze.  Abgesehen  hiervon  war  die  Ruptur  des  rechten  Vor- 
hofes am  häufigsten  und  die  des  linken  am  seltensten.  In  den 
anderen  Statistiken  ist  die  Ruptur  des  linken  Ventrikels  am  sel- 
tensten, und  wird  das  häufigere  Vorkommen  am  linken  Vorhof 
im  Vergleich  zu  jenem  durch  die  dünneren  Vorhofs  wände  erklärt. 
Die  Höbe  der  Rupturen  ist  ziemlich  gleich  auf  Basis,  Spitze  und 
Mitte  vertheilt,  wie  EUeaume  bei  28  Fällen  herausfand. ,~  unter 
den  8  Verletzungen  des  ganzen  Herzens  sind  6,  bei  denen  dasselbe 
von  den  Geftssstämmen  losgerissen  ganz  frei  lag;  zu  denen  mit 
unbestimmter  Angabe  gehören  ausser  8  Rupturen  noch  4  Quet- 
schungen, darunter  eine  Compression,  Contusion,  Commotion  und 


612 


Dr.  Georg  Fischer, 


DislocatioQ.  Die  Zerreissungen  des  Pericardium  waren  meisteos 
durch  Rippenfracturen  yeranlasst,  kamen  indess  auch  bei  unver- 
letztem Skelet  vor;  es  sind  unter  diese  Rubrik  auch  3  Fälle  von 
traumatischer  Pericarditis,  ein  Bluterguss  in  den  Herzbeutel  gezählt 

Fremde  Körper.  Eine  üebersicht  über  dieselben  wird  in 
einem  besonderen  Gapitel  geliefert. 

Als  Gomplicationen  sind  die  gleichzeitigen  Verletzungen 
von  Ventrikeln,  Vorhöfen  und  der  Herzabschnitte,  überhaupt  mit 
grösseren  Gefässen  aufgeführt;  über  Wunden  der  Lunge,  Bancb- 
eingeweide  später. 

RechterVentrikel f.     Linker  Ventrikel  f. 


Rechtes  Herzohr 
Linkes  Herzohr. 
Spitze 

Stich- 
Schiütt 
2 

Schnss. 
2 

2 

fremde 
Körp. 

• 
1 

Stich- 
Schnitt 

4 

2 

1 

Schuss. 
1 

1 

fremde 
Körp. 

Rupta- 
ren. 

1 

Septam  ventr.    . 
Art.  coronar.   .  . 
Aorta    

1 

Art.  palmon.   .  . 
Vena  palmon.     . 
Aorta,  Art.  pulm. 
Art.  mamm.    int. 

1 
1 

Rechter  Vorhof  f.        Linker    Vorhof  f. 


Art  coronar.  .  . 

Aorta 

Art.  pnlmonalis. 
Vena  palmon. .  . 
Vena  cava  sap.  • 
Vena  cava  inf.  . 
Art.  mamm.  iat. 


Stich- 
Schnitt 
1 

1 
1 


Schuss. 
1 


fremde 
Körp. 


Rup- 
tar. 


Stich- 
SchniU 


Schuss. 


fr. 
Körp. 


Ropt 


Linker  Ventrikel 
Art  coronar.   . 
Vena  coronar. 

Aorta 

Art  pulmonalis 
Vena  cava .  .  , 
Orosseüerzgefässe 
Art  mamm.  int 
Vena  mamm.  int. 
Art.     nnd    Vena 
mamm.  int  .  . 


Beide  Ventr.*! 


Spitze  f. 


Unbestimmtf, 


Stich. 


Stich. 


Stich.  fr.Krp. 
2         1 


Herzbentel  f. 


Stich.  Rupt. 
—         1 


4  1 

2  - 

1  - 

1  - 

1  - 

1  - 


Deber  die  Wanden  des  Herzens  nnd  des  Herzbeutels. 


613 


Aetiolog  i'e. 

Die  verschiedeDen  Arten,  durch  welche  HerzverletznDgen  zu 
Stande  kommen,  vertheilen  sich  in  folgender  Weise: 


I.  Stichwunden. 

Nadeln  ....  28 
Sohusterpfriem  4 
Stilet  .....  3 
Schabeisen  .  .    2 

Feile 2 

Eiserner  Stift 
Fiscbgrftte  .  . 
Zahnstocher  . 
Bolzsplitter  . 
Dorn    .  .  .  .  . 

44 


II.  Stich  -  Schnittwunden. 

Messer 93 

(Degen 33 

{Schwert 7 

(Sabel 3 

Bajonett 9 

Dolch 9 

Lanze 1 

Sichel 1 

Stich  ? 54 

Unbestimmt   ....  48 
(Zähne,  Knochen)  .    2 

260 


III.  Schnsswunden. 

Kugel  .  .  58 
Schrot  .  .  10 
Ladestock  1 
Stein  ...  1 
Nasser  .  .  1 
Holzpflock    1 

72 


I.  Unter  den  Nadeln  finden  sich  Näh-,  Stopf-,  Strick-,  Haar- 
und  Stecknadeln.  Sehr  häufig  blieben  sie  im  Herzen  zurück,  und 
selten  wurden  sie  nach  der  Verletzung  wieder  zurückgezogen.  Mit- 
unter waren  sie  verschluckt,  und  drangen  vom  Oesophagus  in  das 
Herz  ein,  obwohl  es  Fälle  gab,  wo  es  ganz  unentschieden  blieb, 
welchen  Weg  sie  genommen  hatten;  auch  dürfte  das  Wandern 
der  Nadeln  zu  bc^^rücksichtigen  sein,  so  dass  erst  einige  Zeit  nach 
der  äusseren  Verletzung  das  Herz  verwundet  wird.  —  Von  der 
Speiseröhre  resp.  Magen  waren  die  Fischgräten,  der  Dorn  ein- 
gedrungen, während  der  Weg,  den  der  Zahnstocher  genommen 
hatte,  um  in's  Herz  zu  dringen,  unbekannt  blieb.  Der  eiserne 
Stift,  welcher  1"  und  mehrere  Linien  lang  war,  war  schon  vor 
12  Jahren  eingeführt,  und  ragte  aus  dem  Sternum  hervor.  — 
Herz  wunden  durch  Pfeile  werden  von  Albucasem,  P.  von 
Aegina  und  anderen  älteren  Schriftstellern  im  Allgemeinen  auf- 
geführt. 

n.  Bei  den  Messern  sind  die  verschiedensten  Arten  ver-, 
zeichnet:  Tisch-,  Brod-,  Feder-,  Taschen-,  Einschlag-,  Feuerstahl- 
Schuster-,  Schlächter-,  Radirmesser,  Scalpell,  und  variirten  die 
Länge,  Breite,  Form  und  Schärfe  der  Spitze  und  Klinge  sehr. 
Die  Grössenverhältnisse  im  Vergleich  zur  Wunde  werden  später 


gl4  Dr.  Georg  Fischer, 

berflcksichtigt.  Die  Yerletznog  mit  einem  Schwert  hatte  einiu! 
das  Eigenthfimlichei  dass  sie  vom  Oesophagus  aus  geschah,  in- 
dem ein  Gaukler  versuchte,  ein  Schwert  zu  verschlingen.  De^ 
gleichen  waren  die  Z&hne  mit  der  Goldplatte  von  einem  Gebis 
durch  die  Speiseröhre  in  den  Herzbeutel  gelangt  Eigenthfinlid 
war  es,  dass  2  Feinde,  welche  aufeinander  losgingen,  sich  gegen- 
seitig in's  Herz  trafen. 

HL  Kugeln  und  SchrotkOmer,  welche  durch  Flinten  nü 
Pistolen  abgefeuert  waren,  blieben  mitunter  im  Herzen  sitzes. 
Ein  aussergewöhnliches  Schussmaterial  waren  ein  Ladestock 
(FaU  368),  Holzpflock  (F.  315),  Steine  (F.  336),  Waser 
(F.  349). 

IV.   Quetschwunden  und  Rupturen,    unter  76  hieriier- 

gehörigen  Fällen   waren   7  Quetschungen   und  69  traumatisch« 

Rupturen: 

Quetschungen:    a)  mit  offener  Wnnde  (Holzpfabl  1,  Stein  1); 

b)  traumatische  Carditie  nnd  Pericarditis  (darcb  eine 
Schlag,  Sto88,  Fall,  Hofschlag  auf  die  Bmat  5). 

Rnptnren:  durch  das  Hinweggehen  eines  Wagens  fiber  den  Thorax  .  H 
durch  Quetschung  zwischen  den  Rädern  zweier  Wagen     .    S 

Wagen  und  Mauer     .    .    .   .    S 

Deichsel  nnd  Mauer  .    .    •   .    ' 

Kammrad,  Wasserrad     ...    3 

Sttfrz  aus  bedeutender  Höhe  (Hans,  Baum)    ...  IS 

Sturz  aus  geringer  Höhe  (Leiter,  Waffen,  Pferd)     .    ' 

Einsturz  einer  Mauer,  Stein,  Eisengebälk,  schwerer 

Ballen,  Kornsack .....€ 

.      Hufschlag  (3),  ^Fnsstritt  (1) i 

gewaltsames  Anschlendern  gegen  einen  Baum     .   .    S 

blosse  Erschütterung 1 

-      Fall  (?),  Schlag S 

unbestimmt S 

Von  Schussverletzungen,  welche  Rupturen  ähnlich,  Ton  aa- 
deren  Autoren  zu  dieser  Classe  gezählt  werden,  sind  6  Fille 
bekannt,  dazu  1  Schrotschuss,  durch  welchen  eine  Pericarditi: 
entstand. 

Die  Rupturen,  welche,  häufig  mit  Fracturen  der  Thoraxwaad 
und  Zerreissungen  von  Lungen  und  Baucheingeweiden  compliciit 
sind,  kommen  sowohl  bei  schwachen,  als  kräftigen  Personen  vcn 
sobald  nur  die  Gewalt  hinreichend  gross  ist  Unter  60  Fälle£ 
kamen  53  bei  Erwachsenen,  7  bei  Kindern  vor;  unter  ersteres 


Deber  die  Wunden  des  Herzens  and  des  Henbentels.  615 

waren  47  Männerf  6  Frauen.  Das  Yerh&ltniss  zwischen  Männern 
und  Frauen  ist  dasselbe,  wie  bei  Elleaume,  welcher  unter 
18  Fällen  16  Männer,  2  Frauen  (also  8  :  1)  antraf;  dagegen 
meint  dieser  Autor,  dass  die  Rupturen  bei  Kindern  häufiger  wären, 
als  bei  Erwachsenen,  weil  sie  in  ihrer  ünerfahrenheit  sich  den 
Gefahren  trotziger  aussetzen.  Meine  Statistik  widerspricht  dieser 
Ansicht,  und  es  ist  begreiflich,  dass  Erwachsene  männlichen 
Geschlechtes  am  häufigsten  jenen  Gefahren  ausgesetzt  sind. 

Die  quetschenden  Gewalten,  welche  auf  den  Thorax  einwir- 
ken, werden  häufiger  die  Lungen,  als  das  Herz  trefien,  da  dieses 
bei  seiner  Beweglichkeit  eher  ausweichen  kann;  nichtsdestowe- 
niger kann  auch  dieses  entweder  durch  eingedrückte  Knochen- 
fragmente, oder  ohne  Verletzung  der  Thoraxwand  zerrissen.  Ist* 
die  einwirkende  Gewalt  schwächer,  so  kommt  es  möglicher  Weise, 
jedoch  viel  seltener,  zu  einer  Carditis,  Pericarditis  ohne  Zer- 
reissung.  Die  Ruptur  entsteht  entweder  direct  mechanisch,  durch 
Knochenfragmente,  oder  indirect  durch  Gontrecoup.  So  wird  eine 
Ruptur  in  Folge  eines  Schusses  dadurch  zu  Stande  kommen 
können,  indem  das  von  Blut  ausgedehnte  Herz  an  einer  Stelle 
plötzlich  getrofifen  wird,  das  Blut  von  hier  in  die  Umgebung  aus- 
weicht, welche  ohnehin  schon  ausgedehnt  eine,grössere  Blutmenge 
nicht  fassen  kann,  und  zerreisst,  daher  die  Raptur  dann  wohl  nicht  an 
der  Stelle  des  Chocs,  sondern  an  einem  entfernten  Orte  liegt.  Bei  an- 
deren quetschenden  Gewalten  (Rad  über  die  Brust  u.s.  w.)  kann  z.  B. 
die  Aorta  comprimirt  werden,  so  dass  das  bei  der  Systole  des 
linken  Ventrikels  auszutreibende  Blut  keinen  Ausweg  hat,  in 
das  Herz  zurückstürzt  und  bei  den  vermehrten  angestrengten 
Contractionen  ein  Riss  im  linken  Ventrikel  entsteht  Auch  lässt 
sich  annehmen,  dass  bei  einem  Druck  auf  den  Thorax  das  ar- 
terielle Blut  der  Lungen,  welche  der  Gewalt  eine  grosse  Ober- 
fläche bieten,  rascher  durch  die  Venae  pulmonales  in  den  linken 
Vorhof  getrieben  wird;  trifit  damit  die  Systole  des  linken  Ven- 
trikels zusammen,  wobei  die  Valv.  mitr.  beide  Abschnitte  trennt, 
so  wird  der  linke  Vorhof  resp.  Herzohr  bei  dem  vermehrten  An- 
drang zerreissen  müssen.    Zu  jener  ersteren  Anschauung  gelangte 


616  Dr.  Georg  Fischer, 

F.  Ghaussier*)  durch  Esperimente  an  lebenden  Thiereo;  er 
unterband  bei  einem  Hunde  die  Aorta,  und  sah  fast  augenbh'ck- 
lieh  den  linken  Ventrikel  und  das  linke  Herzohr  zerreissen,  dans 
drückte  er  auf  die  Art.  pulmon.  und  fand,  dass  der  rechte  Veo- 
trikel  sich  erweiterte,  aber  nicht  zerriss.  Auch  Davy**)  stellte 
Experimente,  an  Leichen  an,  bei  denen  er  die  grossen  Geiasse 
in  der  Nähe  des  Herzens  unterband,  und  in  das  Herz  eine  Flüs- 
sigkeit einspritzte.  Es  zeigte  sich,  dass  sowohl  von  den  GefiisseiL 
als  vom  Herzen,  eine  grosse  Widerstandskraft  geleistet  wurde, 
jedoch  in  verschiedenem  Grade  bei  verschiedenen  Fällen.  —  Es 
werden  Rupturen  bei  anscheinend  geringfügigen  Verletzungen  za 
Stande  kommen, können,  wenn  das  Herzfleisch,  wie  es  im  höhe^ 
jen  Alter  nicht  selten  ist,  durch  Fettentartung  verändert  ist 
Denselben  Erfolg  wird  eine  stattgehabte  Myocarditis  haben,  welcbe 
Abscesse,  panielle  Herzaneurysmen,  Schwielenbildnng  im  Ge- 
folge haben  kann.  Der  Gerichtsarzt  wird  diese  Verhältnisse 
zu  berücksichtigen  haben. 

Ob  die  Rupturen  bei  der  Diastole  oder  Systole  entstehen, 
ist  aus  den  Angaben  über  die  anatomische  Form  derselben  his 
jetzt  nicht  sicher  zu  ermitteln  gewesen;  es  schien  einmal  bei 
einer  gleichzeitigen  scorbutischen  Veränderung  am  Herzen  der 
Riss  nach  und  nach  von  innen  nach  aussen  entstanden  zu  seifi- 
(Fall  390.) 

Die  Ursachen  der  Herzverletzungen  sind  bei  einer  grossen 
Anzahl  von  Fällen  nicht  angegeben,  jedoch  gelang  es  ans  er. 
200  Beobachtungen  festzustellen,  dass  der  Mord  am  häufigsten 
vorkommt  (er.  80mal)  und  dann  der  Selbstmord  (er.  60mal; 
folgt.  Hinter  diesen  Ursachen  stehen  weit  zurück  Duell,  Schlacht, 
Strassenkampf,  Nothwehr  u.  s.  w.,  auch  beruht  ein  grosser  Theü 
auf  Unvorsichtigkeit,  wozu  die  meisten  Rupturen  gehören.  — 
Man  hat  den  Japanesen  mit  ihrer  besonderen  Caprice  ffir  den 
Selbstmord,  den  sie  f&r  eine  tapfere,  ruhmvolle  Handlung  halten, 


«)  S.  Gitat  des  Falles  406. 

**)  Jos.  S.  Gamgee,  Researches  in  pathological  anatomy  aad  dini- 
cal  surgery.    London.    1856. 


Ueber  die  Wanden  des  Herzens  nnd  des  Herzbentels.  617 

um  gemeinen  Strafen,  dem  Feinde  n.  s.  w.  zu  entgehen,  die 
Ehre  angethan,  die  Selbstentleibung  mittelst  eines  Stiches  in  das 
Herz  den  japanesischen  Selbstmord*)  zu  nennen,  weil  von  ihnen 
diese  Todesart  sehr  häufig  gebraucht  wurde.  Es  scheint,  dass 
jetzt  der  „Harakiri^,  das  Aufschlitzen  des  Unterleibes,  über  jene 
Art  des  Selbstmordes  den  Sieg  davongetragen  hat,  und  werden 
schon  die  Knaben  in  den  Schulen  über  die  Handgriffe,  die  Feier- 
lichkeiten und  die  Fälle  belehrt,  wo  diese  Art  von  Selbstmord 
unumgänglich  nothwendig  ist. 

Auffallend  ist  die  relativ  grosse  Zahl  von  irren  Selbstmör- 
dern (12)  und  werden  am  häufigsten  heftige  Melancholie,  Wahn- 
sinn, Monomanie  (5),  Mania  puerperalis  aufgeführt.  Als  Ca- 
riosa  seien  erwähnt,  dass  ein  Metzger  im  Fieberdelirium,  als 
ihm  träumte,  dass  er  schlachte,  sein  Schlachtmesser  sich  in  die 
Brust  stiess;  ein  junger  Mann  bei  furchtbarem  Zahnweh  sich  ein 
Messer  in's  Herz  stiess  und  eine  Frau,  um  sich  an  ihrer  Nach- 
barin zu  rächen,  sich  aus  der  3.  Etage  stürzte. 

Es  können  far  den  Gerichtsarzt  Zweifel  bestehen,  ob  em 
Mord  oder  Selbstmord  vorliegt.    Abgesehen  von  den  allgemeinen 
Principien,   welche   zur  Entscheidung  in  Frage  kommen,  wird 
eine  gerade,  horizontale  Richtung  einer  Stich-Schnittwunde  dafür 
sprechen,  dass  die  Verletzung  von  einem  Anderen  geschehen  ist 
Handelt  es  sich  darum,  zu  erfahren,  ob  die  Verletzung  von  einem 
Anderen  absichtlich  oder  zufällig  geschehen  ist  (Fall  189),  so 
hat  man  die  Richtung  von  oben  nach  ujiten  eher  für  eine  ab- 
sichtliche, eine  horizontale  oder  aufsteigende,  mehr  für  eine  zu- 
fällige angesehen.    So  kam  es  vor,  dass  der  Stich  den  3.  Inter- 
costalraum  und  den  4.  linken  Rippenknorpel  durchdrang,  und 
dabei    den  unteren  Rand   der  Art.    pulmon.    und   den    rechten 
Ventrikel  traf;  es  war  ungewiss,  ob  der  Verletzte  in  das  entge- 
gengehaltene Messer  betrunken  hineingefallen,  oder  damit  absicht- 
lich ermordet  war.    Aus  der  Lage  der  Theile  geht  hervor,  dass 
der  Stich  von  unten  nach  oben  geführt  war,  nnd  nicht  umge- 

^  V.  Pommer(T.  Pommer's  Schweizer  Zeitschrift.  Bd.  L  Hft.  1. 1835.) 


618  I^r.  Georg  FiBcher, 

kehrt,  wie  Gasper  behauptete,  da  der  Anfang  der  Art.  pulmon. 
meiHtens  im  2.  Intercostalraum  erst  beginnt.  —  Es  kann  sogar 
nngewiss  bleiben,  ob  eine  Nadel  verschlackt  durch  den  Oeso- 
phagus in  das  Herz  gelangt,  oder  in  einem  Anfall  von  Selbstmord 
durch  die  Brustwand  eingestossen  ist  (Fall  30),  wenn  nirgeoi« 
entsprechende  Narben  oder  Wunden  zu  finden  sind. 

Nebenbei  sei  hier  erwähnt,  dass  zu  den  historisch  bekannt 
gewordenen  Herzverletznngen  die  Ermordung  von  EOnig  Hein- 
rich IV.  von  Frankreich  (Fall  202),  des  Herzogs  von  Berry 
(Fall  190),  des  Erzbischofs  von  Paris  (Fall  177),  des  Grafen 
von  Sirey  (Fall  131),  der  Selbstmord  des  Duca  di  Villc- 
neuve  (Fall  16),  der  Tod  von  Latour  d'Auvergne,  ^le 
Premier  grenadier  de  la  France*  (Fall  172)  gehören.  Der  Tod 
des  Epaminondas*)  ist  vielleicht  durch  eine  Herzwunde  be- 
dingt. 


Pathologische    Anatomie. 
1.    Stich  -  uni   Stieh  -  SchBittwandleB. 

A.    Penetrirende   Wudden. 

Um  Wiederholungen  zu  vermeiden,  werden  die  reinen  Sdcb- 
wunden  hier  mit  den  Stich- Schnittwunden  zusammen  abgehandelt 
Eine  genaue  Grenze  zwischen  beiden  ist  ohnehin  schwierig  n 
ziehen,  da  manche  Instrumente  mehr  zu  dieser,  andere  zu  jen^ 
Gruppe  hinneigen.  Eine  dritte  Abtheilung  aus  den  Stich-Quetsch- 
wunden zu  bilden,  wie  es  G6rard  thut,  der  dahin  Flenret, 
Lanze,  Bajonett  rechnet,  ist  gar  zu  subtil  und  hat  keinen  prak- 
tischen Werth. 

1)  Wunde  des  Herzens.  Die  einzelnen  Herzabschnitte 
können  an   den   verschiedensten  Stellen,   Basis,  Mitte,  Spitit 


*}  EpaminondaB  wurde  in  der  Schlacht  bei  Mantinea  Ton  eises 
Spiesse  in  die  Brust  getroffen.  Die  Aerzte  erklärten,  er  werde  sterben,  so^ 
bald  man  da«  Eisen  aus  der  Wände  ziehe.  Er  Hess  es  nach  einigen  Aogefi- 
blicken  herausziehen,  und  starb. 


Ueber  die  Wanden  des  Herzens  nnd  des  Herzbeutels.  619 

hintere  Fläche  a.  s.  w.  verletzt  werden«  Gewöhnlich  wird  die 
Wände  in  der  Richtung  liegen,  in  welcher  die  äusseren  Weich- 
theile  verletzt  sind.  Demnach  wird  eine  penetrirende  Herzwunde 
bald  einen  directen  Verlauf  von  vorne  nach  hinten  haben,  bald 
wird  diese  vorherrschende  Direction  durch  Abweichungen  nach 
oben  nnd  unten,  rechts  und  links  u.  s.  w.  modificirt  werden; 
es  wird  das  Herz  quer  oder  in  seiner  Lange  getroffen.  Die 
Richtung  der  Wunde  hat  einen  Werth,  jedoch  nicht  in  der  Aus- 
dehnung, wie  bis  jetzt  angenommen  ist.  Man  betonte  hauptsäch- 
lich, dass  das  Instrument  die  Muskelfasern  vorwiegend  in  der 
Länge  oder  Quere  treffen  könne,  wodurch  ein  Klaffen  der  Wunde 
wesentlich  beeinflusst  würde,  indem  sie,  wenn  die  Fasern  in  der 
Länge  perpendiculär  getrennt  sind,  weit  mehr  klaffb,  während, 
wenn  sie  parallel  den  Muskelfasern  läuft,  eine  Annäherung  der- 
selben zulässt.  Da  aber  durch  die  neueren  Untersuchungen  über 
die  Herzmusculatur,  wie  vorhin  gezeigt  ist,  eine  innigste  Ver- 
flechtung, ein  nach  allen  möglichen  Richtungen  Durcheinander- 
laufen der  Fasern  nachzuweisen  ist,  so  ist  es  klar,  dass  von  einer 
Wirkung  auf  ein  isolirtes  Muskellager  gar  keine  Rede  sein  kann, 
die  Fasern  in  den  verschiedensten  Richtungen  getrennt  werden, 
so  dass  die  Wirkung  der  einen  durchschnittenen  Faser  die  einer 
entgegengesetzten  wieder  aufhebt.  Auf  die  älteren  anatomischen 
Anschauungen  hin,  wonach  verschiedene  Schichten  unterschieden 
wurden,  Hessen  sich  und  sind  von  vielen  Chirurgen  Speculationen 
gebaut,  die  weithin  ausgedehnt,  jetzt  weniger  Werth  haben.  Man 
kann  aUerdings  z.  B.  an  der  Innenseite  der  Ventrikel  vorwiegend 
longitudinale  Fasern  verfolgen,  und  würde  ein  Instrument,  wel- 
ches quer  zur  Längsaxe  auftritt,  diese  quer  durchschneiden,  so 
dasB  sie  klaffen  und  den  Blutaustritt  erleichtern,  allein  es  werden 
schon  vorher  aussen  und  in  der  Mitte  so  verschiedene  Faserzüge 
getrennt,  dass  es  schwer  sein  würde,  die  schliessliche  Wirkung 
zu  bestimmen.  Im  üebrigen  passen  jene  feine  Nüancirungen 
überhaupt  nur  auf  kleinere  Wunden  von  wenigen  Linien,  da  bei 
grösseren  das  Blut  widerstandslos  nachstürzt.  Gärard  nahm 
hauptsächUch  auf  die  oberflächliche  sichtbare  Schicht  Rücksicht, 

▼.  LaBgenbtek*t  Archiv  f.  Chirurgie.    IX.  ^Q 


620  Dr.  Georg  Fischer, 

und  kommt  zu  dem  Schluss,  dass,  da  der  vorfipriogende  Rand 
des  rechten  Ventrikels  fast  horizontal  auf  dem  Zwerchfell  liegt, 
w&hrend  der  linke  Rand  des  Herzens  fast  yertical  steht,  aseh 
die  Wanden,  welche  parallel  den  Rippen  liegen,  parallel  dee 
Fasern  des  rechten  Ventrikels  laufen,  dagegen  die  des  linkoi 
Ventrikels  transversal  durchschneiden.  Er  sieht  darin  einen 
glücklichen  Umstand,  da  die  Verletzungen  des  rechten  Ventrikel«^ 
am  h&ufigsten  sind,  und  indem  sie  durch  die  Contraction  des 
Herzens  leichter  geschlossen  werden,  weniger  gefährlich  sind,  ik 
die  Wunden  des  linken  Ventrikels.  Auch  soll  im  Allgemeinen 
die  transversale  Richtung  vorherrschen,  da  die  Richtung  der 
Rippen  sich  jeder  anderen  Form  entgegenstellt.  Das  Resultat, 
zu  welchem  66rard  in  Beziehung  auf  die  Tddtlichkeit  jener 
Wunden  kommt,  ist  richtig,  allein  die  Voraussetzung  ungenügend, 
da  die  Wirkung  sicher  nicht  von  der  oberflächlichen  Huskd- 
Schicht  allein  abhängt;  die  eigentliche  Hauptmusculatur  berück- 
sichtigt er  eben  nicht. 

Die  Wichtigkeit  der  Richtung  der  Wunde  liegt  darin,  dass: 
eine  perpendiculär  die  Herzwand  durchdringende  Wunde  dem 
Blut  den  nächsten  Weg  nach  aussen  verschafft,  während,  wenn 
sie  schräg  in  der  Herz  wand  liegt,  das  Blut;  einen  längeren  Weg 
nach  aussen  zu  passiren,  und  beim  sich  Aneinanderlegen  der 
Muskelfasern  einen  grosseren  Widerstand  zu  fiberwinden  hat,  so 
dass  mitunter  gar  kein  Blut  in  den  Herzbeutel  eintritt.  Trift 
das  Instrument  sehr  schräg,  fast  parallel  der  Oberfläche  der 
Herzwand  auf,  so  ist  die  Gefahr  noch  geringer,  und  es  liegen 
Beobachtungen  vor,  wo  das  Leben  sich  Monate  lang  hingehalten 
hat  (Fall  261),  während  bei  einem  geraden  Verlauf  der  Wunde 
der  Tod  entschieden  früher,  wenn  nicht  augenblicklich,  einge- 
treten wäre.  Die  Spannung  des  Blutes  hält  solche  schräge  Wan- 
den geschlossen,  wie  dieses  Experimente  mit  kräftigen  Wasser- 
injectionen  beweisen,  wobei  nichts  durchgelassen  wurde.  Das 
Instrument  dürfte  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  das  Herz  in  etwas 
schräger  Richtung  treffen  (zumal  wenn  die  Verletzung  bei  einer 
etwas  nach  vorne  geneigten  Stellung  beigebracht   ist),    da   das 


Ueber  die  Wunden  des  Herzens  und  des  Herzbeateis.  621 

Herz  von  der  Queraxe  des  Körpers,  in  welcher,  der  Lage  der 
Hippen  halber,  das  Instrument  meist  eingefflhrt  wird,  abweichend 
liegt 

Sehr  verschieden  wird,  je  nach  der  Form,  Richtung  und 
angewandten  Gewalt,  mit  welcher  das  Instrument  geführt  wird, 
die  Grösse  und  Tiefe  der  Herzwunde  sein.  Es  können  I,  oder 
bei  gleichzeitigen  Wunden  des  Septum  beide  Ventrikel,  bei 
grösserer  Gewalt  das  Hers  von  einer  zur  anderen  Seite  durch- 
bohrt werden;  auch  kann  das  Herz  von  einer  oder  mehreren 
Stellen,  die  sich  entweder  auf  denselben  oder  verschiedene 
Herzabschnitte  vertheilen,  verletzt  sein.  Seltener  ist,  dass  in 
dem  einen  Abschnitt  eine  penetrirende,  in  dem  anderen  eine 
nicht  penetrirende  Wunde  liegen,  wenn  die  eine  Wand  schräg 
durchsetzt  ist.  (Fall  11,  184.) 

Stichwunden.  Das  meiste  Interesse  bieten  die  Verletzun- 
gen mit  Nadeln,  welche  auch  am  h&ufigsten  sind.  Bei  der 
meistens  geringen  Lange  dieses  Instrumentes  muss  man  wissen, 
dass  eine  1^'  10^"  l^nge,  bis  an  den  Kopf  eingestochene  Stock- 
nadel den  rechten  Ventrikel  an  der  Spitze  traf,  ohne  ihn  zu 
perforiren,  ein  IV  langes  Stück  einer  Nadel,  welches  dicht 
unter  der  Haut  zu  fühlen  war,  den  Herzbeutel  und  die  Aorta 
erreichte,  eine  1\"  lange  Nadel  den  linken  Ventrikel  an  der 
Spitze  penetrirte.  Ein  1  '*  langes,  zwischen  Sternnm  und  Rippen 
festsitzendes  Stück  verletzte  den  rechten  Ventrikel  iast  bis  an  seine 
Höhle. 

Die  Wunden  durch  Nadel,  Schusterpfriem,  Feile  u.  s.  w.  sind 
auf  der  äusseren  Herzwand  sehr  klein,  1  bis  wenige  Strich  lang, 
und  können  dabei  etwas  klaifen.  Meistens  sind  sie  durch  einen 
schwarzen  Fibrinpfropf,  welcher  sie  verstopft,  kenntlich,  können 
sich  aber  auch  so  wenig  auszeichnen,  dass  sie  ganz  übersehen 
werden;  es  ereignete  sich  dieses  bei  derselben  Wunde  3  Aerzten, 
and  erst  dem  vierten  gelang  es  durch  Auffindung  der  inneren 
Oeffnung,  die  Verletzung  zu  constatiren  und  mittelst  der  Sonde 
die  äussere  Weichtheilwunde  zu  finden.  Der  Wundkanal  in  der 
Herzwand  entspricht  dem  Durchmesser  der  Nadel  u.  s.  w.,  ist 

40* 


622  l>r-  Georg  Fischer, 

klein,  und  häufig  mit  scbwarsen  Fibringerinnfieln  gefUlIt.  Meist 
lässt  sich  der  Ganal  durch  eine  feine  Sonde  von  aussen  naeh 
innen  verfolgen,  was  nur  dann  misslingt,  wenn  an  der  inneron 
Oeffnung  sich  ein  Trabekel  vorlegt.  Dieselbe  ist  ebenfalls  kleto, 
und  muss  häufig  erst  gesucht  werden,  wo  sie  dann  nur  b« 
grosser  Anspannung  oder  durch  die  vorsichtig  eingeführte  Sonde, 
welche  den  Pfropf,  Trabekel  zur  Seite  schiebt,  entdeckt  wiri 
Die  Wunden,  welche  durch  Fischgräten,  einen  Dom  von  der 
Speiseröhre  aus  geschehen,  haben  dieselben  Charaktere;  ein  drd- 
eckiges  Schabeisen  und  Feile  gaben  der  Herzwunde  eine  dreieckige 
Form.  Die  Veränderungen,  welche  durch  Garditis,  Pericaniius 
entstehen,  werden  später  erwähnt,  nur  sei  hier  darauf  aufmerk- 
sam gemacht,  dass  in  einem  Falle  einer  Nadelverleteung,  wo  am 
11.  Tage  der  Tod  eintrat,  an  der  äusseren  Wunde  ein  unregel- 
mässiger rundlicher  Defect  von  0,4  Ctm.  Länge  und  0,2  Ctm. 
Breite  bestand,  die  Wunde  eccbymosirte  Ränder  hatte,  die  doreb 
ein  weisses,  ziemlich  festes  Faserstoffgerinnsel  geschlossen  waren 
(Fall  9).  Dieser  Defect  war  grösser  als  die  Nadel,  und  schieo 
es,  als  ob  der  Stichcanal  durch  Zerfall  des  die  Wunde  umgeben- 
den Gewebes  sich  erweitert  hatte.  Beim  Aufschneiden  des 
Ganais  zeigte  sich  dicht  an  der  äusseren  Oeffnung  eine  etva 
erbsengrosse,  blutig  infiltrirte  Höhlung,  während  nach  innen  der 
Ganal  wieder  enger  wurde.  Simon  untersuchte  die  Muskelfa- 
sern, welche  die  Wunde  begrenzten,  mikroskopisch,  und  fand  sie 
verändert,  körnig  infiltrirt,  mit  theilweise  ganz  undeutlicher  Qac^-- 
streifung,  während  die  Fasern  an  anderen  Stellen  des  Herzens 
normal,  deutlich  gestreift  waren,  und  nur  wenige  Körner  zeigten. 
In  einem  anderen  ähnlichen  Falle  war  die  äussere  Wunde  vob 
einem  trichterförmigen  Geschwür  von  4'"  Durchmesser  umgeben 
—  Bei  diesen  kleinen  Stichwunden  werden  die  Muskelfasern  ge- 
trennt und  auseinander  gehalten,  ohne  dass  eine  eigentliche  Gen- 
tinuitätstrennung  stattfindet.  Wird  die  Nadel  zurückgezogen,  so 
gehen  die  Theile  in  ihre  alte  natürliche  Lage  zurück,  und  die 
Oeffnung  schliefst  sich.    Auch  werden  in  Folge  des  Reizes  die 


Geber  die  VruDden  des  Herzens  aud  des  Herzbeutels.  623 

Muskelfasern   das   Instrument   genau  nmschliessen ,   so  dass  das 
Blttt  swiBchen  ihm  und  der  Stichwand  nicht  ausdringen  kann. 

Stich -Schnittwunden.  Dieselben  sind  durchschnittlich 
grösser  und  gefährlicher,  als  die  Stichwunden,  und  haben  bei 
ihrer  fiberwiegenden  Häufigkeit  ein  grösseres  practisches  Interesse. 
Die  äussere  Wunde  des  Herzens,  welche  meistens  durch  Blutge- 
rinnsel bedeckt  ist,  giebt  nicht  immer  genau  die  Form  des  In- 
strumentes wieder;  so  ist  eine  Bajonettwunde  von  einer  Messer- 
wunde nicht  immer  sicher  za  unterscheiden,  und  beruht  dieses 
auf  der  Contraction  der  Herzmuskeln,  durch  welche  die  ursprüng- 
liche Form  verwischt  wird.  Die  äussere  Wunde  ist  meistens 
länglich,  selten  halbmondförmig,  und  einmal  glich  sie  bei  einem 
Messerstich  einem  umgestürzten  D  (o).  War  das  Instrument 
scharf  und  zweischneidig,  so  sind  die  Winkel  der  Wunde  gleich 
spitzig,  die  Wundränder  scharfkantig,  und  können  letztere  mit 
Blut  unterlaufen,  sammt  der  nächsten  Umgebung  entzündet  sein. 
Sehr  verschieden  ist  die  Grösse ;  die  kürzesten  Dimensionen  kön- 
nen 1'"  Länge,  1''^  Breite  sein,  obwohl  dieses  selten  vorkommt; 
am  häufigsten  sind  die  Messerdegenwunden,  4 — 9^"  lang,  1 — 3^'' 
breit,  und  nur  in  wenigen  Fällen  bis  zu  6"  lang,  2**  breit,  so 
gross,  dass  man  einen  Finger  hindurchfahren  kann.  Ist  das  In- 
strument in  der  Mitte  breiter,  als  an  der  Spitze,  wie  es  gewöhn- 
lich der  Fall,  so  ist  die  Herzwunde  auch  kleiner,  als  die  der 
äusseren  Haut.  Die  Wundränder  liegen  entweder  in  ihrer  ganzen 
Länge  aneinander,  oder  sie  klafien  überall,  oder  nur  von  einem 
Ende  einige  Linien  lang,  während  das  andere  geschlossen  ist, 
was  durch  eine  ungleichmässige  Zusammenziehung  der  Herzmus- 
kehn  bedingt  wird.  —  Der  Wundcanal,  welcher  .bei  schrägen 
Wunden  und  Wunden  der  dickeren  Herzkammern  durchschnitt- 
lich länger  ist,  hat  die  der  äusseren  Wunde  entsprechende  Breite, 
kann  mithin  auch  sehr  eng,  rabenfederdick  sein;  er  verjüngt  sich 
nach  innen  bei  spitz  zulaufenden  Instrumenten.  Selten  erscheint 
derselbe  im  Verhältniss  zum  Instrument  sehr  erweitert.  Er  ist 
entweder  leer,   oder  mit  schwarzen,  grauröthlicben  Gerinnseln, 


624  I>r-  Georg  Fischer, 

seltener  mit  einer  lympbartigen  Flüssigkeit  aosgef&Ut,  welche  die 
R&nder  vereinigt  Die  Gerinnsel  können  selbst,  wenn  sie  nur 
in  geringem  Grade,  aber  von  einer  gewissen  Consistens  yorhaa- 
den  sind,  die  Blutung  verhindern,  oder  doch  aufhalten  und  da- 
durch das  Leben  verlängern,  ja,  die  erste  Bedingung  zur  Heilang 
werden.  Sie  können  in  Gontinuitftt  mit  dem  Pfropf,  welcher  die 
Herzbeutelwunde  verstopft,  stehen,  und  liegen  oft  im  Wnndcanale 
so  fest  angedrückt,  dass  sie,  selbst  wenn  ein  Wasserstrahl  aii 
sie  einwirkt,  sich  nicht  vom  Platze  bewegen.  Werden  die  schwar- 
zen Gerinnsel  in  Wasser  ausgewaschen,  so  lassen  sie  weisse  Fi- 
brinfliden  zurück,  die  an  den  Wundrändem  festhaften.  —  Die 
innere  Wundöffnung  hat  im  Allgemeinen  den  geringsten  Durch- 
messer, und  es  kann  vorkommen,  dass,  wenn  höchstens  die  Spitie 
des  Instrumentes  in  die  Herzhöhle  eingedrungen  ist,  wenig  da- 
von gefehlt  hätte,  dass  die  Wunde  gar  nicht  penetrirt  wäre.  £? 
wird  die  äussere  Wunde  die  innere  um  so  viel  an  Grösse  über- 
treffen, als  die  Klinge  des  Messers,  Dolches,  br.eiter  als  die  Spitze 
desselben  ist.  Es  können  die  äusseren  Muskelfasern  am  weite- 
sten getrennt  sein,  die  Trennung  der  folgenden  sich  allmllig 
vermindern,  so  dass  die  innersten  durchstochenen  Fasern  sich 
berühren  und  die  Wunde  schliessen.  Genaue  Messungen  besei- 
tigen, dass  die  Grösse  der  Wunde  mit  der  Tiefe  abnimmt;  so  war 
bei  einer  Messerwunde  das  Pericard.  1'^  6'"  lang,  die  vordere 
Herzwand  T'  lang,  die  hintere  9'''  lang  angeschnitten;  in  einem 
anderen  Falle  war  die  Wunde  der  Haut  9"',  die  des  PericarA 
6"S  die  des  linken  Ventrikels  5"'  lang.  —  Die  verletzte  Em- 
höhle  ist  entweder  blutleer,  oder  mit  schwarzen  Gerinnseln  ge- 
füllt, welche  entweder  fest  coagulirt,  oder  sehr  häufig  mit  düno- 
flüssigem  Blut  vermischt,  zum  Verschluss  der  Wunde  beitragen 
köRnen.  So  fand  man  innen  im  Ventrikel  einen  Pfropf  unmii- 
telbar  auf  der  Wunde  liegen,  und  hatte  derselbe  so  den  Blataos- 
tritt  verhindert,  was  mit  dem  anfanglichen  Wohlbefinden  des 
Kranken  übereinstimmte;  erst  am  3.  Tage  fand  eine  secundire 
Blutung  statt.  Diesem  Vortheil  der  Pfropfbildung  steht  der  Nach- 
theil zur  Seite,  dass  sie  das  Herz  mehr  der  Entzündung  aassetzt 


Ueber  die  Wunden  des  Herzens  und  des  Herzbeutels.  625 

und  in  der  Hohle  die  Blutcirculation  hemmt.  Es  kommen  auch 
weissgelbliche,  harte,  resistente  FibrinpfrOpfe  vor,  die,  einer  Ader- 
lassBcbwarte  ähnlich,  von  denen,  welche  als  Leichenproduct  auf- 
zufassen sind,  ztt  unterscheiden  sind.  Die  Thrombusbildang  in 
der  Wunde  fQr  ein  Leichenproduct,  für  eine  mehr  theoretisch 
gedachte,  als  durch  die  Erfahrung  nachgewiesene  Thatsacbe  zu 
halten,  ist  eine  Ansicht  von  Landsberg*),  welche  gleich  von 
vorneherein  bekämpft  werden  muss,  da  die  Thrombusbildung  der 
wesentlichste  Factor  zur  Heilung  einer  Herzwunde  ist.  Er  glaubt, 
dass  bei  30  ""R.  alle  Bedingungen  für  die  Goagulation  des  Blutes 
im  Körper  fehlen.  Dieser  Ansicht  stehen  verschiedene  That- 
Sachen  entgegen:  so  ist  es  bekannt,  dass,  wenn  das  Blut  wäh- 
rend des  Lebens  ans  zerrissenen  Gefassen,  aus  der  Girculation 
heraus  in  das  Parenchym  der  Organe  tritt,  coagulirt,  z.  B.  bei 
Apoplexieen  des  Gehirns;  ferner  sind  die  sog.  falschen  Herzpo- 
lypen, die  während  des  Lebens  entstehen,  nichts  Anderes,  als 
Blutgerinnungen  in  verschiedenen  Stadien  ihrer  Umwandelung, 
für  welche  die  neuere  Medicin  Symptome,  Prognose  und  Behand- 
lang aufführen  kann. 

Die  Verletzung  beschränkt  sich  nicht  immer  auf  die  zuerst 
getroffene  Herzwand,  es  können  auch  in  der  Höhle  Trabekeln, 
Klappen  zerschnitten  sein,  die  Verletzung  auf  das  Septum  über- 
gehen. Sie  kann  in  demselben  enden,  3'"  tief  eindringen,  ohne 
dass  es  ganz  durchbohrt  wird,  oder  auch  die  gegenüberliegende 
Wand  durchsetzen.  Somit  können  beide  Ventrikel,  ein  Vorhof 
und  ein  Ventrikel  getroffen  werden,  und  das  Messer  noch  da- 
rüber hinaus  das  Pericard.  in  seinem  hinteren  Theile,  die  Lungen 
durchbohren  und  bis  zur  Wirbelsäule  vordringen.  Die  Spitze 
des  Herzens  kann  ganz  abgeschnitten  sein.  Werden  beide  Ven- 
trikel so  getroffen,  dass  eine  Commnnication  jener  Herzhöhlen 
durch  das  Septum  hin  eintritt,  so  erweitert  sich  die  Art.  pnlmon., 
wenn  das  Leben  lange  genug  besteht.  Zeigt  das  Herz  mehrere 
Verletzungen  (6  Stiche),  so  kann  die  eine  penetriren,  die  an- 


♦)  S.  Citat  von  Fall  G. 


626  ^^'  Georg  Fischer, 

dere  nicht;  beide  können  dicht  nebeneinander  parallel  liegen,  so 
dasB  sie  nur  durch  eine  kleine  (IV)  Brücke  von  Fett  yon  ein- 
ander getrennt  sind,  oder  auch  die  eine  Wunde  trifit  in  die  an- 
dere hinein,  woraus  unregelm&ssige  Formen  (verschobenes  Ypsi- 
lon u.  B.  w.)  entstehen.  Seltener  ist,  dass  eine  Weichtheilwunde 
und  2  Herzwunden  oder  1  Wunde  aussen  am  Herzen  und  2  im 
Inneren,  desselben  bestehen;  in  beiden  F&Uen  ist  das  Instrument 
zurück-  und  von  Neuem  yorgestossen.  Man  hat  dieses  bei 
Selbstmördern  beobachtet,  welche  in  ihrer  aufgeregten  Wuth  sich 
wiederholt  verletzten.  —  Die  Wunde  kann  in  der  Quer-  und  Läogs- 
axe  des  Herzens  liegen,  so  dass  im  letzteren  Falle  das  Instru- 
ment an  der  Spitze  ein  -  und  an  der  Basis  des  Herzens  aastreteo 
kann.  Geht  die  Wunde  durch  einen  Herzabschnitt  ganz  hin- 
durch, so  kann  die  Eingangsöffnung  fast  um  einen  Querfinger 
höher  liegen,  als  die  Ausgangsöfihung,  und  Hess  sich  in  diesem 
Falle  nachweisen,  dass  der  Mörder  auf  einem  erhöhten  Flau 
gestanden  hatte,  die  Verletzung  von  oben  nach  unten  ge- 
schehen war. 

Erfolgt  der  Tod  rasch,  so  findet  man  das  Herz  in  seiner 
normalen  Grösse,  dicht,  consistent,  die  Muskeln  von  normalem 
Aussehen.  War  der  Blutverlust  dabei  sehr  gross,  so  war  d^ 
Herzfleisch  blass,  contrahirt,  hart  oder  auch  schlaff.  Auch  wird 
eine  grosse  Blutmenge  im  Herzbeutel  durch  Gompression  das 
Herz  auf  ein  geringeres  Volumen  zur  Contraction  und  Atrophie 
bringen.  In  der  N&he  der  Wunde  sind  die  Muskeln  oft  gelUicb 
roth,  weicher.  Es  kann  an  der  Wunde  ein  Adhäsionsproces^ 
bestehen,  welcher  zur  Vernarbung  führt  (worflbBr  später),  oder 
es  prävaliren  carditische  Erscheinungen.  Die  Wundr&nder  und 
die  Muskeln  in  der  Umgebung  sind  entzündet,  tiefer  gerOthet, 
wodurch  der  gebildete  Pfropf  zum  Zerfall  gebracht  werden  kann. 
Schon  am  5.  Tage  fand  man  dicht  an  der  Wunde,  zwischen  dem 
Herzfleisch  und  dem  serösen  üeberzuge,  eine  dfinne  Schicht  eines 
ziemlich  derben,  schmutzig  gelben,  thalergrossen  Gerinnsels  ab- 
gelagert, welches,  die  Serosa  in  hirsekomgrossen,  zahlreichen 
Knötchen  erhebend,  derselben  ein  rauhes,  gänsehautShnliches  An- 


Ceber  die  Wunden  des  Herzens  ond  des  flenbentels.  627 

sehen  verlieh;  sie  war  ausserdem  ansehnlich  yerdickt  (F.  90). 
In  höheren  Graden  von  Garditis  findet  man  das  Hers  atrophirt, 
morsch,  leicht  za  zerquetschen,  mitunter  ganz  ulcerirt;  auch  kann 
an  der  Oberfläche  des  Herzens  ein  Abscess  in  einer  aus  sehr 
dicken  Wänden  bestehenden  Gyste  sich  entwickeln.  Das  Herz 
ist  oft  dabei  in  Folge  der  gleichzeitigen  Pericarditis  mit  weiss- 
lichen  Exsudatmassen  umhüllt.  Die  Entzündung  kann  sich  nur 
auf  den  verletzten  Herzabschnitt  beschränken,  diesen  destruiren, 
während  der  angrenzende  Ventrikel  ganz  intact  bleibt  (F.  105). 

2)  Wunde  des  Herzbeutels.  Dieselbe  kommt  entweder 
für  sich  allein,  oder  weit  häufiger  combinirt  mit  einer  Herzwunde 
vor.  Es  ist  ein  Irrthum,  die  Möglichkeit  einer  alleinigen  Ver- 
letzung zu  leugnen  (Beck*),  und  weist  die  Gasuistik  38  Fälle 
dieser  Art  nach.  Der  Herzbeutel  wird  leicht  allein  durch  Knochen- 
splitter geritzt,  durch  Kugeln  gestreift  und  würde  durch  eine  grössere 
Menge  Liq.  pericardii  das  Herz  nach  hinten  gedrängt,  und  so  vor 
der  Verletzung  geschützt  werden  können.  Feine  glaubt  sogar, 
dass  im  Fall  298  die  Schneide  des  Messers  nach  hinten  gerich- 
tet gewesen  sei,  so  dass  durch  den  stumpfen  Rand  desselben  das 
Herz  selbst  nach  hinten  zurückgedrängt,  und  so  die  Verletzung 
desselben  verhindert  sei.  Je  senkrechter  das  Instrument  auftrifift, 
um  so  mehr  wird  die  Gefahr  einer  gleichzeitigen  Herzverletzung 
vorliegen.  Es  mögen  nicht  alle  Punkte  des  Herzbeutels  dem 
Instrument  gleichmässig  zugänglich  sein,  und  wird  die  vordere, 
obere  Wand  in  der  Gegend  des  rechten  Herzohres  selten  ohne 
das  Herz  verletzt  sein,  weil  hier  der  Herzbeutel  dicht  anliegt. 

Die  Wunde  "des  Herzbeutels  entspricht  meistens  in  der  Lage, 
Form,  Grösse  und  Menge  den  Herzwnnden,  und,  sowie  auch  diese, 
dem  Volumen  des  Instrumentes.  Wird  dieses  wiederholt  einge- 
stossen,  ohne-  ganz  aus  der  Hautwunde  gezogen  zu  sein,  so  kann 
der  Herzbeutel  mehr  Wunden  haben,  als  die  äussere  Haut  So 
kam  es  vor,  dass  bei  2  Hautstichen  4  Wunden  im  Herzbeutel 

•)  Medic.  Jarisprnd  London.  1842.  Vol.  I  p.  270.  .it  is  difficnlt  to 
conceive  of  the  pericardiam  beiog  wounded  without  a  corrcspondent  injarj 
of  the  heart* 


028  I>r.  Georg  PiBcher, 

und  Herzen  angetroffen  wurden  (F.  20).  Am  häufigsten  wird, 
ebenso  wie  am  Herzen,  die  vordere  Wand  desselben  verletzt,  ob* 
wohl,  wenn  das  ganze  Herz  durchbohrt  ist,  auch  die  hintere 
Wand  getroffen  werden  kann.  Trifft  das  Instrument  nicht  direet 
von  vorne  nach  hinten  auf,  sondern  von  unten  nach  oben,  so  kaos 
die  Wunde  tiefer  (2  Gtm.  F.  58)  liegen,  als  die«  des  Herzens, 
und  umgekehrt.  —  Bei  Nadelverletzungen  ist  die  Wunde  nadel- 
dickgross;  dabei  kann  sie  aussen  am  Pericard.  nicht  zu  sehen 
sein,  indem  sie  von  dicken  Exsudatmembranen,  Ecchymosen  ver- 
deckt ist,  während  innen  die  kleinen  Substanz  Verluste  sichtbar 
sind.  Mitunter  sind  die  Stichwunden  durch  falsche  Membranen 
obliterirt.  Ein  Pfriem  gab  der  Wunde  eine  ovale,  ein  dreieckiger 
spitziger  Schaber  eine  dreieckige  Form.  Bei  Verletzungen  mit 
Messer,  Degen  u.  s.  w.  sind  die  Wunden  grösser,  von  3',  6,  8'^ 
^ — 1'^  lang.  Wie  vorhin  erwähnt,  sind  sie  meist  etwas  grösser, 
als  die  Herzwunden  bei  spitz  zulaufenden  Instrumenten,  selten 
kleiner;  so  betrug  eine  Messerwunde  des  rechten  Ventrikels  V\ 
die  des  Herzbeutels  V  (F^^l  189).  Die  Wundränder  sind  bei 
Schnittwunden  scharf,  nicht  sugillirt,  liegen  entweder  aneinander, 
verschliessen  sich  klappenartig,  können  auch  durch  einen  Pfropf, 
welcher  mit  dem  Pfropf  in  der  Herzwunde  adhärirt,  verstopts 
sein,  oder  sie  klaffen  sogar  bis  auf  V'*  Iq  ^^^  Umgebung  der 
Wunde  ist  das  Bindegewebe  oft  mit  Blut  infiltrirt.  Mitunter  findet 
man  den  Herzbeutel  verfärbt,  dunkelblauroth  durch  Ecchymoseo, 
welche  aussen  und  innen  aufliegen  können.  In  einem  Falle  (F.  266) 
Hess  die  Section  die  Vermuthung  zu,  dass  bei  der  Verwundang 
ein  Theil  des  Herzbeutels  in  die  Herzwunde  eingedrängt  sei,  was 
zur  Verstopfung,  welcher  eine  Verheilung  folgte,  beigetragen 
hatte. 

3)  Bluterguss  in  den  Herzbeutel  und  Pericarditis^. 
Ein  Bluterguss  in  den  Herzbeutel  ist  eine  sehr  gewöhnliche  Er- 
scheinung, jedoch  variirt  die  Blutmenge  in  allen  Abstufungen 
von  ca.  3  Gramm  bis  4i  Pfund,  wobei  der  Herzbeutel  prall,  flac- 
tuirend,  sackförmig  um  das  4fache  ausgedehnt  sein  und  die 
Lungen  verdrängen  kann.    Die  Blutmenge  ist  in  der  Regel  ziem* 


Ceber  die  Wanden  des  Herzens  nnd  des  Henbentels.  629 

lieh  gross,  steht  aber  doch  meist  im  Yerhältniss  zur  Grösse  und 
Richtung  der  Herzwunde.  Bei  einer  sehr  kleinen,  die  Herzwand 
schräg  durchbohrenden  Wunde  wird  das  Blut  meist  nur  schwer 
und  langsam  abfliessen,  wahrscheinlich  auch  nur  während  der 
Diastole,  indem  bei  der  Systole,  in  Folge  der  Gontraction  des 
Herzens,  die  Wunde  sich  schliesst.  Obwohl  auch  Fälle  vorkamen, 
wo  aus  einer  kleinen  Wunde  viel  Blut  austrat,  so  wird  bei  einem 
stark  contrahirten  Herzen  immer  nur  wenig  ausfliessen  können. 
Zu  einer  solchen  Gontraction  inclinirt  das  Herz  ebenso,  wie  alle 
anderen  musculösen  Eingeweide,  deren  Muskelfasern  bei  ihrer 
fortwährenden  Action  das  Bef^treben  zeigen,  sich  zu  nähern.  Es 
wird  zumal  bei  kleinen  Wunden  die  Blutung  aus  den  dfinnwan* 
digen  Yorhöfen  relativ  grösser  sein,  als  aus  den  Ventrikeln^  da 
bei  letzteren  eher  die  Möglichkeit  einer  Pfropfbildnng  und  Ver- 
schlnss  der  Wunde  gegeben  ist.  Bei  kleinen  Herzbentelwunden 
wird  sich  das  Blut  in  bedeutenderer  Menge  im  Herzbeutel  an- 
sammeln, da  bei  grösseren  es  rascher  in  die  Pleurahöhlen  ab- 
fliesst,  so  dass  in  diesem  Falle  oft  gar  kein  Blut  im  Pericard.  an- 
getroffen wird.  Der  Abflugs  aus  demselben  kann  verhindert 
weiden,  wenn  es  von  einer  starken  Lage  Fett  umgeben  ist. 
Meistens  ist  das  Blut  coagulirt,  so  dass  ein  grosser  Pfropf  im 
Herzbeutel  liegt.  Derselbe  kann  auch  dünn,  aber  resistent  das 
Herz  umgeben,  leicht  abzulösen  sein,  sich  am  Niveau  der  Wunden 
verdicken,  und  hier  eine  Adhärenz  zwischen  Herz  und  Herz- 
beutel veranlassen.  Bald  ist  coagulirtes  mit  flüssigem  Blut  ver- 
mischt, bald  dasselbe  ganz  flüssig.  Seine  Farbe  ist  häufiger 
Schwarzroth,  schwarzbraun  als  röthlich,  mitunter  blutig«serös,  auch 
missfarbig.  Es  stammt  meistens  aus  der  Herzhöhle,  kann  aber 
auch,  wenn  die  Schiefheit  der  Herzwunde  den  Blutaustritt  aus 
dem  Innern  verhindert,  aus  der  Herzsubstanz  selbst  kommen. 
Eine  frische  Blutung  im  Herzbeutel  wird  in  der  Regel  secundär 
sein,  und  ist  dann  durch  Bewegungen  des  Kranken,  Erkältung, 
Husten  u.  s.  w.  veranlasst,  kann  vermuthlich  auch  dann  entste- 
hen, wenn  der  Stichcanal  durch  Eiterung  sich  vergrössert,  wie 
es  bei  2  Nadelwunden  deutlich  beobachtet  ist,  dadurch  das  Fa- 


630  ^f*  Georg  Fischer, 

serBtoffgerinnsel,  welches  in  deDselben  die  Blatang  verhiodert 
hatte,  gelockert  und  ganz  losgelöst  wird.  Dieselbe  wird  ver- 
hindert werden,  wenn  die  innere  WandöfTnnng^^  in  den  Trabekeln 
liegend,  von  Muskelleisten  bedeckt  ist;  auch  kann  yielleicht  eioe 
Nadel,  welche  längere  Zeit  im  Herzen  steckt,  als  Tampon  dienen, 
and  der  Faserstoff  sich  an  derselben  niederschlagen.  Jedoek 
reicht  nicht  immer  diese  Art  der  Tamponnade  ans,  und  wird  im  Pe- 
ricard.  eine  grossere  Blutmenge  angetroffen.  Bei  gleichzeitiger 
Verletzung  der  Lunge  sah  man  bei  Oeffnen  des  Herzbeutels  Luft 
mit  Geräusch  ausdringen. 

Die  Pericarditis  ist  häufig  mit  Carditis  gepaart     Im  acuten 
Stadium  ist  das  Exsudat  mehr  serös,  später  wird  es  serös-eiterig 
oder  durchweg  eiterig.    Der  Eiter  ist  entweder  von  guter  Be- 
schaffenheit, oder  stinkend,  dunkelgrün,  russig-braun,  mit  Lnit, 
foetidem  Gas  vermischt;  er  kann  entfärbte  Fibrinflocken  enthal- 
ten,  die  sich  an   der  Herzoberfläche  festsetzen.      Seine  Menge 
yariirt  sehr,  und  kann  so  bedeutend  werden,  dass  die  Lunge  \m 
auf  die  Hälfte  ihres  Baumes  zuröckgedrängt  wird.    Das  Pericard. 
ist    anfangs  hyperämisch,    geschwollen,    sammetartig   gelockert 
später  verdickt,  innen  runzelig  granulirt,  mit  zellenförmigen,  wei- 
chen Pseudomembranen  bedeckt,  die  oft  mit  Blutserum  imbibirt, 
die  ganze  Höhle  auskleiden.   Indem  sie  auch  das  Herz  umhfillea 
geben  sie  demselben  eine  filzige  Oberfläche,  die  hier  und  da  1, 
2**  dick  ist,  oder  es  hängen  an  ihr  röthliche,  leicht  zerreisslicbe, 
flottirende  Excrescenzen,  die,  wenn  sie  abreissen,  als  Fetzen  im 
Exsudat  umherschwimmen.   Die  Folgen  hiervon  sind  Adhäsionen 
zwischen  Herzbeutel  und  Herz,  entweder  partiell,  zumal  im  Um- 
kreis der  Wunden,  oder  fiberall.     Frisch   sind  dieselben  leicht 
zerreisslich ,  während,  wenn  sie  älteren  Datums  sind,  als  breite 
platte  Bündel  derb  sind,  und  sich  schwer  trennen  lassen.    Eis 
solcher   Adhäsionsprocess   war    in    einem   Falle    zwischen   dea 
Wunden  im  Herzbeutel  und  Zwerchfell   schon  nach   16  Stonden 
beendigt.    Im  vorgerückten  Stadium  einer  eiterigen  Pericarditis 
kann  der  Herzbeutel  ganz  consumirt  sein,  so  dass  das  Herz  offen 
liegt  (Fall  300).     Die  im   Fall   236   erwähnte   Fistel,  welche 


.    Ueber  die  Wanden  des  Herzens  und  des  Herzbeutels.  631 

eiterte,  wird  eine  Pericardialfistel  gewesen  sein.  Dergleichen 
Fisteln  sind  bei  Abscedirungen  einer  Pericarditis  nach  anssen  in 
ein  Nachbarorgan,  Aneurysma  oder  Echinococcussack,  nach  Ope- 
rationen und  Verwundungen  beobachtet  (0.  Wyss*)).  —  Als  eine 
Paracentese  des  Thorax  im  Fall  272  gemacht  war,  traf  man  bei 
der  Section  auf  Verhältnisse,  welche  auf  den  ersten  Blick  schwer 
£u  erklären  waren:  es  fand  sich  zwischen  Mediastinum  und 
Hersen  eine  membranOse  Tasche,  eine  Art  Cyste,  die  nichts  An- 
deres als  der  Herzbeutel  sein  konnte;  in  der  vorderen  Wand 
derselben  lag  die  Stichöfihungfder  Operation,  (also  zugleich  Pa- 
racentase  des  Herzbeutels).  Die  Cyste  war  vorne  vor  dem  Her- 
zen erweitert,  verlängerte  sich  nach  hinten  bis  zur  Wirbelsäule, 
war  dicht,  innen  mit  Zotten  bekleidet,  und  enthielt  eine  schwärz- 
lich eiterige  Fläs6igkeit.  Ein  Theil  der  Cyste  war  durch  die 
Entleerung  zusammengefallen,  adbärirte  fest  mit  dem  visceralen 
Blatt  am  Herzen,  so  dass  ein  Abziehen  desselben  nicht  leicht  war; 
man  fand  hier  Stellen,  die  theils  sehr  entzündet,  theils  mit  gan- 
gränösen Flecken  besetzt  waren. 

4)  Vernarbung  der  Herz-  und  Herzbeutelwunde. 
Eine  Vernarbung  ist  bei  kleinen  engen  Stichwunden  häufiger,  als 
bei  grösseren  Messer-  und  Dolchwunden,  bei  nicht  penetrirenden 
Wunden  wahrscheinlich  häufiger,  als  bei  penetrirenden.  Sie  kommt 
bei  Herzwunden  auf  analoge  Weise,  wie  bei  anderen  Muskelwun- 
den zu  Stande,  indem  der  Wundcanal  durch  einen  Blutpfropf  ver- 
stopft, dadurch  eine  weitere  Blutung  verhindert  wird,  und  sodann 
zwischen  die  Wundränder  eine  plastische  Ausschwitzung  erfolgt, 
welche  sich  organisirt.  Unterstützt  wird  der  Verschluss  der  Wunde 
durch  Pseudomembranen  aus  dem  Herzbeutel,  welche  sowohl  die 
Wunde  desselben  schliessen,  als  auch  die  Herzwnnde  überdecken 
können,  femer  durch  Verwachsungen  des  Pericard.  und  des  Her- 
zens, vielleicht  auch  durch  ein  Hineindrängen  des  ersteren  in  die 
Herzwunde,  wie  vorhin  erwähnt  ist.  Die  dem  Herzen  eigene 
Contractilität  wird  ein  wichtiger  Factor  zur  Verheilung  sein.    Die 


*)   Habilitationsschrift.    Breslau.    1866. 


682  Dr-  Georg  Fischer, 

Pfropfbildung  wird  an  allen  HerKabBcbnitton  aogetroifen,  kaan 
schon  nach  einigen  Tagen  (am  3.  Tage,  Dupuytren)  und  selbst 
naoh  3  Wochen  gefunden  werden,  wo  mehrere  kleine  Wundes 
an  der  Oberfl&ohe  des  Ventrikels  durch  schwarze  Fibrinpfröpfe 
Terstopft  waren.  Die  Möglichkeit  einer  Vernarbung  liegt  mithin 
auch  in  sp&teren  Perioden  vor.  Wenngleich  die  Narbe  an  sieh 
wohl  nur  aus  einer  plastischen  Ausschwitzung  und  nicht  direct 
aus  dem  Pfropf  entsteht,  so  ist  bei  einer  penetrirenden  Herzwnnde 
doch  sicherlich  vorher  die  Pfropfbildung  nöthig,  um  den  Austritt 
des  Blutes  zu  verhindern,  die  Wunde  zu  schliessen.  Lands- 
berg*) und  Steifensand**)  haben  daher  Recht,  wenn  sie  die 
eigentliche  Vemarbung  durch  einen  Adh&sionsprocess  zu  Stande 
kommen  lassen,  Unrecht  dagegen,  wenn  Ersterer,  abgesehen  von 
seinem  Zweifel  am  Thrombus  überhaupt,  diesen  fBr  die  Vernar- 
bung  f&r  durchaus  unzuverlässig.  Letzterer  die  Versehliessaog 
der  Herzwunde  durch  Blutgerinnsel  für  eine  leere  Träumerei  halt 
Wie  liesse  sich  wohl  der  Fall  erklären,  wo  das  rechte  Herzobr 
mit  der  Aorta  von  einem  Degen  durchbohrt  waren,  und  der  Kranke, 
trotzdem  er  mehrfach  umherging,  11  Tage  lang  lebte,  wenn  nicht 
die  Wunden  durch  einen  Pfropf  verschlossen  gewesen  wären? 
Von  einer  nachträglichen  Penetration  einer  anfangs  nicht  pene- 
trirenden Wunde  kann  hier  keine  Rede  sein  (F.  198). 

Je  nach  der  vorgeschrittenen  Organisation  zu  einem  Narben- 
gewebe  trifft  man  bei  Sectionen  auf  beginnende  >  theilweise  oder 
vollständige  Vernarbungen.  Bei  ersterer,  einer  Art  Agglutina- 
tion, wird  man  die  Anwesenheit  von  Lymphe  im  Wundcanal, 
welche  die  Ränder  mit  einander  vereinigt,  als  den  Anfang  der 
Vernarbung  ansehen  müssen  (F.  110);  zu  diesem  Stadium  wird 
auch  die  Verklebung  der  Herzwunde  mit  Pericard  und  Schliessung 
derselben  gehören  (F.  91).  Eine  partielle  Vernarbung  fand  sieh. 
als  die  Herzwunde  auf  5"'  Länge  (F.  276),  in  %  ihrer  Ausdeh- 
nung (F.  184)  vernarbt  war.  Bei  dieser  Gruppe  ist  es  vielleicht 
möglich,  dass  sich  während  des  Lebens  eine  vollständige  zarte 

*)  Glut  Ton  Fall  6. 
••)  Oitat  von  Fall  197. 


Ueber  die  Wanden  des  Herzens  nnd  des  Herzbeutels.  6S3 

Narbe  gebildet  hat,  die  indess  noch  nicht  solide  genug  durch 
zu  heftige  Bewegungen,  Anstrengungen  des  Kranken ,  durch  die 
vom  Fieber  hervorgerufene  stürmische  Bewegung  des  Hersene 
wieder  aufgerissen  ist.  Eine  vollständige  feste  Yernarbung  kann 
in  kurzer  Zeit  entstehen.  Es  schien,  dass  dieselbe  in  5  Tagen, 
während  welcher  Zeit  ein  Kranker  scheintodt  im  Winter  im  Freien 
gelegen  hatte,  am  rechten  Ventrikel  beendet  war;  er  starb 
10  Tage  darauf  an  Gangrän  seiner  beiden  erfrorenen  Beine 
(F.  262).  Welchen  Grad  der  Festigkeit  in  diesem  Falle  die 
Narbe  gehabt,  wird  nicht  gesagt;  jedenfalls  genügte  der  Ver- 
schluss, dass  ohne  Zwischenfall  der  Kranke  hätte  am  Leben 
bleiben  können.  Im  Uebrigen  lässt  sich  die  Zeit,  welche  zur 
Vernarbung  erforderlich  ist,  nicht  bestimmen.  Eine  vollständige 
Herznarbe  kann  zu  einer  dauernden  Heilung  führen,  wie  die  Fälle 
beweisen,  wo  Kranke  noch  10,  19  Jahre  gelebt  haben. 

Die  Form  der  Narbe  ist  verschieden;  sie  kann  eine  fibröse 
Linie  vorstellen,  welche  durch  die  ganze  Dicke  eines  Ventrikels 
geht,  und  somit  die  Wunde  zu  einer  penetrirenden  stempelt,  sie 
kann  auch  sternfSrmig,  viereckig,  3  Gtm.  gross,  2  Finger  breit 
sein  (F.  271).  Man  spricht  sogar  in  einer  älteren  Beobachtung 
von  einem  Gallus  an  der  Stelle  der  früheren  Wunde,  der  so  lang, 
wie  das  erste  Glied  des  kleinen  Fingers,  mit  dem  Herzbeutel 
verwachsen  war  (F.  269).  Ist  die  Narbe  nur  klein,  wenige  Linien 
lang,  so  bleibt  es  oft  ungewiss,  ob  die  Wunde  ursprünglich  pene- 
trirt  hat,  oder  nicht.  Mitunter  wird  sie  durch  eine  Furche  ange- 
deutet, die  je  nach  Grösse  des  Substanzverlustes  im  Herzmuskel 
verschieden  gestaltet  und  tief  ist.  Die  Narbe  besteht  aus  einem 
festen  fibrösen  Gewebe,  ist  weisslieh;  nicht  selten  sind  von  ihr 
Herz  und  Pericard.  verwachsen.  Sie  kann  an  den  verschieden- 
sten Stellen  der  Basis,  Mitte  und  Spitze  liegen. 

Die  Umgebung  d^r  Narbe  hat  mitunter  einen  j^ntzündungs* 
hof  (F.  184,  im  Umkreis  eines  ^  Dollar),  auch  kann  der  Muskel 
in  weitem  Umfange  um  sie  herum  durch  schwieliges  Gewebe  ver- 
härtet sein. 

Ein4^  dauernde  Heilung  wird  durch  gleichseitige  Verletzung 


634  l>r  Georg  Fischer, 

einer  Klappe  nicht  yereitelt;  so  fand  man  die  VaW.  mitralis  in 
2  dicke,  sehnenartige  Lappen  zerschnitten.  Nach  der  Verheikog 
kann  eine  excentrische  Hypertrophie  zurückbleiben.  Dieselbe 
war  in  einem  Falle  2  Mannsfaost  gross,  mit  Dilatation  yerbon- 
den,  and  hatte  sich  gleichzeitig  ein  partielles  Aneurysma  gebil- 
det, dessen  Wand  ausschliesslich  ans  den  zu  einer  Membran  ver- 
schmolzenen Blättern  des  Herzbeutels  bestand,  am  rechten  Veih 
trikel  sass  und  gegenüber  im  Sept.  Tentr.  ein  Loch  lag,  welches 
kleinfingergross  in  den  Ventrikel  führte  (F.  267). 

Die  Narbe  des  Herzbeutels  entspricht  meistens  derjenigen 
im  Herzen,  und  bietet  nichts  Besonderes  dar.  Es  kann  die  Wnode 
im  Herzbeutel  yoUst&ndig,  dabei  die  Herzwunde  nur  theilweise 
(F.  184)  oder  garnicht  (F.  156)  vernarbt  sein.  In  einem  FalK 
wo  man  nach  2  Monaten  eine  spontane  Ruptur  der  Narben  fer- 
muthete,  wurde  der  Herzbeutel  in  einer  gewissen  Strecke  ver- 
narbt gefunden,  während  die  Herzwunde  weit  geöffnet  war  (F.  165). 
Mitunter  zeichnet  sich  die  Stelle  der  Verletzung  wenig  aus;  eine 
kleine  Vertiefung  an  der  inneren  glatten  Seite  des  Herzbeutels, 
die  mit  einer  Ausbeugung,  gleich  dem  Foramen  ovale,  yerglicbeo 
wird ,  ohne  weitere  pericarditidche  Erscheinungen,  war  Alles,  was 
man  fand  (F.  280).  Als  Unicum  steht  ein  Fall  da  (F.  279), 
welcher  3  Monate  nach  der  Verletzung  zur  Beobachtung  kam, 
und  verschieden  interpretirt  ist.  Man  fand  am  Herzen  einen 
1—2^'  langen  Appendix,  der,  vom  rechten  Ventrikel  ausgehend, 
von  Hennen  f&r  einen  Fettstiel  angesehen  wurde,  während 
Guthrie  in  ihm  ein  abgeschnittenes,  unten  angeheftetes,  umge- 
drehtes Stück  vom  rechten  Ventrikel  erkannte.  Ist  letztere  An- 
sicht die  richtige,  so  würde  es  sich  Termuthlich  um  die  Heilang 
einer  nicht  penetrirenden  Wunde  des  rechten  Ventrikels,  im 
ersteren  Falle  um  die  Heilung  einer  Herzbeutelwunde  handeln. 
Guthrie  unterstützt  seine  Ansicht  durch  eine  Abbildung,  hat 
indess  in  der  letzten  Ausgabe  der  betreffenden  Arbeit  die  Kritik 
über  die  Ansicht  Hennen 's  weggelassen.  Microscopische  Unter- 
suchungen des  Appendix  sind  nicht  erwähnt,  ähnliche  patholo- 
gische Erscheinungen  in  der  Literatur  weder  in  der  einen  noch 


üeber  die  Wanden  des  Herzens  und  des  Herzbeutels*  635 

ia  der  anderen  Richtung  hin  gemacht,  es  ist  daher  schwer,  sich 
für  die  Ansicht  des  einen  oder  anderen  berühmten  englischen 
Chirurgen  mit  Bestimmtheit  zu  entscheiden. 

Nach  der  Yerheilung  einer  Herzbeutelwunde  mit  Bluterguss 
und  Pericarditis  blieb  die  linke  Seite  mehr  eingedrückt,  als  die 
rechte,  auch  stand  die  linke  Warze  um  4,  6"^  tiefer,  als  die 
rechte.  Larrey  hat  zweimal  nach  einer  wahrscheinlichen  Hei- 
lung einer  Herzbeutelwunde  eine  Atrophie  des  Herzens  verrouthet, 
welche  yielleicht  die  Folge  einer  successiven  Vernarbung  des 
Herzbeutels  und  seiner  Adhärenzen  an  der  ganzen  Oberfläche  des 
Herzens  war  (F.  370,  294). 

5)  Wunde  der  Thorax  wand.  Die  Hautwunde  ist,  wenn 
sie  durch  eine  gewöhnliche  Nadel  gemacht  ist,  in  der  Regel  ein 
sehr  kleiner  umschriebener  Fleck,  der  oft  erst  bei  genauer  Unter- 
suchung entdeckt  wird,  ja  ganz  übersehen  werden  kann.  Es 
kam  vor,  dass  er  erst  nach  dem  Auffinden  der  Herzwunde  ge- 
funden wurde,  und  war  durch  den  Fettreichthum  des  Kranken 
fast  ganz  verwischt.  Dieser  Umstand  ist  för  den  Gerichts- 
arzt wichtig,  wenn  es  sich  darum  handelt,  zu  wissen,  ob  z.  B. 
eine  Nadel  von  aussen  oder,  nachdem  sie  verschluckt,  von  der 
Speiseröhre  in  das  Herz  gekommen  ist,  wobei  es  sich  um  eine 
zufällige  Verletzung  handeln  kann,  wenn  die  Nadel  mit  dem 
Essen  verschluckt  ist,  im  anderen  Falle  sogar  um  einen  Selbst- 
mord. Es  giebt  eben  mehrere  Fälle,  wo  der  Weg  der  Nadel, 
ob  von  aussen  oder  durch  die  Speiseröhre,  unentschieden  blieb 
(F.  30,  40,  41,  451),  und  ist  dann  in  letzterem  keine  Verletzung 
nachzuweisen  (F.  29).  Zu  berücksichtigen  ist  das  Wandern  der 
Nadeln,  so  dass  sie  erst  nach  einiger  Zeit  im  Herzen  anlangen. 
Eine  4schneidige  Nadel  gab  eine  kleine,  fast  runde,  1\'"  grosse 
Narbe,  eine  starke  Stopfnadel  hinterliess  einen  ganz  kleinen,  um- 
schriebenen Fleck.  Bei  einer  Verletzung  mit  4  grossen  Steck- 
nadeln fand  sich  eine  sechslingsgrosse  Wunde,  welche  durchaus 
nicht  im  Verhältniss  zur  Grösse  der  Nadel  in  Folge  der  Eiterung 
sich  vergrOssert  hatte,  ebenso  wie  die  Herzwunde.  Ein  4kan- 
tiger  Pfriem  machte  eine  4eckige,  V"  lange  Wunde,  eine  drei- 

T.  Lftügenback,  Arebiv  f.  Chinirgl«.    XI.  ^-^ 


636  I^'  Georg  Fischer, 

eckige  Feile  und  Schaber  dreieckige  Wunden,  desgleichen  ein 
Bajonett,  wobei  man  den  kleinen  Finger  einf&hren  konnte.  Nacb 
Dupuytren  soll  auch  ein  rundes  Instrument  eine  dreieckige 
Wunde  machen  können,  was  für  die  gerichtliche  Medicin 
von  Bedeutung  ist.  Dolch-,  Messer-,  Degen-,  Schwertwundeo 
sind  länglich  oder  halbmondförmig,  haben  scharfe,  glatte,  meist 
unsugillirte  Ränder,  die  an  den  Enden  auch  oyal  verlaufen  können 
und  scharfe,  spitze  Winkel.  Macht  eine  schmale,  dreieckige 
Degenklinge,  mit  platter,  zweischneidiger  Spitze,  mehrere  Wunden 
so  können  die  einen  oberflächlichen  Wunden  linear,  die  etwas 
tieferen  dreieckig  sein,  und  die  Form  von  Blutegelstichen  haben 
(F.  112).  Die  Länge  und  Breite  der  Wunde  variirt  nach  dem 
Volumen  und  der  Richtung  des  Instrumentes  von  6'''  — 3";  selbst 
ein  doppelschneidiges  Messer  gab  nur  eine  6'^'  lange  Hautwunde. 
Die  Ränder  der  Wunde  liegen  entweder  genau  aneinander,  so  dass 
sie  linear  erscheint,  oder  sie  klaffen  bis  auf  2  Fingerbreite.  Zwischen 
ihnen  .  können  Muskelbündel  vom  M.  pect.  maj.  hervorquellen. 
Mitunter  finden  sich  mehrere  Wunden  in  der  Herzgegend,  so  z.  & 
bei  einem  Selbstmörder  sogar  10  Messerwunden,  und  zwar  meist 
dann,  wenn  über  den  ganzen  Körper  Wunden  vertheilt  sind,  von 
denen  22,  32  Messerstiche  bei  einem  Ermordeten  gezählt  sind. 
Wenn  Selbstmörder,  wie  früher  erwähnt,  das  Instrument  zurück- 
ziehen und  wieder  Verstössen,  so  kann  die  Wunde  vergrössert, 
von  unregelmässiger  Form  werden,  so  dass  sie  z.  B.  IV"  grösser 
als  die  grosseste  Breite  des  Messers  ist,  in  einem  anderen  Falle 
fand  man  sie  h!*  breit  und  die  Klinge  nur  V  breit.  Die  Wände 
ist  entweder  trocken,  oder  sie  blutet,  enthält  oft  einen  sie  ver- 
schliessenden  schwarzen  Blutpfropf;  in  späterer  Zeit  kann  sie 
eitern.  Kleine  Stichwunden  verheilen  sehr  rasch,  und  sind  die 
Narben,  die  selten  bei  der  Berührung  schmerzen,  oft  schwer  zn 
finden;  an  ihrer  inneren  Seite  sah  man  leichte  Blutunterlanfnngen. 
Richtung  und  Tiefe  der  Wunden  sind  ganz  ausserordentlicb 
verschieden;  sie  können  entfernt  von  der  Herzgegend  liegen  und 
doch  das  Herz  treffen,  bis  in  die  Wirbelsäule,  in  die  Leber  u.  s.  w. 
hineingehen.     Die   verschiedene  Richtung   ist  für  die  Diagnose 


Ueber  die  Wunden  des  Herzens  nnd  dea  Henbentels.  637 

wichtig;  es  kann  z.  B.  die  Hautwunde  zwischen  der  6.  und  7. 
Rippe  liegen,  und  bei  der  Richtung  des  Instrumentes  von  unten 
nach  oben,  zwischen  der  6.  und  6.  Rippe  in  die  Brusthöhle  ein- 
dringen, ja,  es  kam  bei  einem  Selbstmörder,  der  mehrfach  zu- 
gestossen  hatte,  vor,  dass  nur  eine  Hautwunde  über  der  5.  Rippe 
lag,  und  2  Wunden  in  den  Intercostalräumen,  zwischen  der  3.  und 
4.  und  4.  und  5.  Rippe  sich  vorfanden.  Diese  veränderte  Rich- 
tung hat  die  Wirkung,  dass,  wenn  Haut-,  Pleura-,  Herzwunde 
nicht  gerade  einander  gegenüberliegen,  der  Ausflnss  von  Blut 
nach  aussen  verhindert  wird,  und  dieses  sich  mehr  im  Herzbeutel, 
der  Pleura  ansammelt  (F.  159,  44).  Es  kann  femer  ein  Instru- 
ment an  derselben  Narbe  eingeführt,  verschiedene  Herzabschnitte 
treffen,  worüber  später. 

Um  die  Wunde  herum,  unter  der  Haut,  zvdschen  dem  M. 
intercost.  nnd  der  Pleura  trifft  man  nicht  selten  auf  eine  Ge- 
schwulst und  verschiedene  grosse  Ecchymosen  (bis  6  Finger  breit) 
die  sich  noch  weiter  nach  innen  in  das  Mediastinum,  ja,  bis  zur 
Achselhöhle  fortsetzen  können.  Im  Zellgewebe  um  die  Wunde 
ist  mitunter  Luft  vorhanden.  Der  M.  pect,  mj.,  die  Mm.  intercost, 
mitunter  auch  der  Anfang  des  M.  rect.  abdom.,  sind  meist  yer- 
letzt,  ecchymosirt.  Die  OefTnung  an  der  inneren  Thoraxwand  in 
der  Pleura  kann'  durch  einen  kleinen  rothbraunen  Punkt,  der 
ringsum  mit  Pseudomembranen  umgeben  ist,  markirt  sein. 

Von  den  Gefassen  der  Thoraxwand  kommen  besonders  die 
Artt.  intercostales,  die  Artt.  mamm.  int.  und  ext  mit  ihren  Venen 
in  Betracht.  Ihre  Verletzungen  liefern  oft  grosse  Blutungen  nach 
aussen  und  innen.  Bei  einer  durchschnittenen  Art  mamm.  int. 
fand  man  einmal  beide  Enden  auseinanderstehend  und  durch  sehr 
weiche  Pfropfe  obliterirt.  Die  Ven,  mamm.  int  war  gleichzeitig 
mit  der  Arterie  und  für  sich  allein  verletzt,  letzteres  immerhin 
ein  Zufall,  dass  das  Messer,  welches  den  2.  Rippenknorpel  dicht 
am  Sternum  durchbohrte,  nicht  zugleich  die  neben  der  Vene 
liegende  Arterie  traf. 

Die  Rippen  und  Rippenknorpel  können  durchbohrt  und,  selbst 
wenn   sie  verknöchert  sind,   ganz  durchschnitten   sein,   obwohl 

41* 


638  ^^-  Georg  Fischer, 

häufiger  das  Instrament  an  ihnen  abgleitet  und  darch  die  loter- 
coBtalräume  allein  eindringt.  Das  Ende  einer  durchschnitteoeD 
Rippe  kann  nach  innen  vorspringen,  anch  von  aussen  her  sicht- 
bar sein.  Es  können  mehrere  Rippen  (4,  5,  6)  ganz  durch- 
schnitten,  andererseits  die  obere  Rippe  in  ihrem  unteren  Drittel, 
die  untere  in  ihrem  oberen  Drittel  angeschnitten  sein.  —  Die 
Verletzung  des  Sternum  war  nicht  sehr  selten.  Selbst  mit  einem 
durchaus  nicht  scharfen  und  spitzen  Messer  wurde  ein  sonst 
gesundes  Sternum  in  der  Mitte  und  von  der  Lange  der  Hesser- 
breite  vollkommen  durchbohrt  und  waren  ^nmer  an  der  Spalte 
die  Ränder  aufgeworfen.  Die  RSnder  können  im  üebrigen  80 
dicht  aneinanderliegend  dass  selbst  die  feinste  Sonde  weder  von 
innen  noch  von  aussen  in  die  Enochenwunde  eingeffihrt  werden 
kann ;  sie  waren  ganz  glatt,  ohne  jegliche  Splittemng.  Es  mosste 
sogar  erst  ein  Sägeschnitt  durch  das  Sternum  die  Yerletzung  des- 
selben bestätigen.  In  der  Regel  liegt  die  Hautwunde  oberhalb 
des  Knochens,  wenn  er  verletzt  ist,  obwohl  es  sich  ereignete, 
dass  dieselbe  im  Intercostalraum  lag  und  dann  in  schräger  Bich- 
tong  das  Sternum  durchsetzt  hatte,  was  während  des  Lebens 
nicht  diagnosticirt  wurde. 

6)  Gleichzeitige  Verletzungen,  a)  Herzgefässe, 
grosse  Gefässe.  Die  Verletzung  der  Art.  coronaria  kommt 
bei  penetrirenden  und  nicht  penetrirenden  Herzwunden  vor,  in 
letzterem  Falle  bei  einem  Degenstich,  der  von  hinten  eindrang: 
auch  war  die  Herzwand  einmal  nur  sehr  oberflächlieh  dabei  an- 
geritzt. Es  ist  nur  ein  Fall  bekannt,  wo  das  Herz  veri^chont 
blieb  (F.  14).  Es  wird  bald  der  Stamm,  bald  nur  ein  Zweig 
getroffen;  man  fand  die  Vasa  coron.  circumfl.  im  Sulcus  tränst, 
durchstochen  und  mit  Blutextravasat  umgeben.  Die  Arterien- 
wunde kann  verheilen,  und  sah  man  an  der  Basis  des  Henen^^ 
eine  kleine  Furche  in  Form  einer  Narbe,  in  welche  das  GeKss 
ursprüglich  zu  münden  scheint,  dabei  hielt  eine  Injection  in  das 
Arteriensystem  an  dieser  Stelle  an  (F.  272).  Die  Vena  coron.  dextr. 
war  von  einer  Fischgräte  durchstochen.  —  Die  Wunden  der  grossen 
Gefässe  bestehen  entweder  gleichzeitig  bei  Herz  -  oder  bei  Herz- 


Ueber  die  Wanden  des  Herzens  and  des  Herzbeateis.  639 

beutelwanden.  Die  Aorta  ist  ganz  durchbohrt,  seltener  ange- 
schnitten gefunden.  Auch  war  nur  die  äussere  Haut  derselben 
gestreift,  wodurch  eine  kleine  Ecchymose  entstanden  war.  Es 
kam  vor,  dass  sie  unmittelbar  hinter  einer  Klappe  verletzt  war, 
die  Wunde  bedeckte  und  wahrscheinlich  beim  Eindringen  des 
Instrumentes  niedergeklappt  gewesen  war.  Dicht  hinter  der  2'" 
grossen  Wunde  lag  eine  nussgrosse,  mit  Blutgerinnsel  ausge* 
füllte  Höhle.  Man  fand  die  Aorta  1"  vom  Austritt  3'^'  lang  und 
1"'  klaffend  mit  scharfen  Rändern  angestochen.  Bei  einer  am 
3.  Tage  tödtlichen  Verletzung  des  rechten  Ventrikels  mit  starker 
innerer  Blutung  war  die  Aorta,  ohne  verletzt  zu  sein,  bis  auf 
das  Volumen  der  Gruralis  verkleinert.  Auch  kam  es  vor,  dass 
bei  einer  Nadelwunde  unter  der  äusseren  Haut  der  Aorta,  gerade 
an  ihrem  Anfange,  sich  ein  Blutgerinnsel  fand,  von  dem  Umfange 
eines  Schillings.  Ungefähr  ^*'  fiber  den  Aortaklappen  waren 
3  —  4  Stichöffnungen  durch  die  ganze  Dicke  der  äusseren  Arte- 
rienwand, V^  ^01^  einander  entfernt;  eine  davon  war  ca.  Vis''  lang, 
als  wenn  sie  durch  die  Pulsationen  der  Arterie,  während  die  Nadel 
noch  darin  steckte,  erweitert  worden  wäre  (F.  24,  ähnlich  im 
Fall  451).  Die  Aorta  wurde  bei  den  Fleisch  -  Schnittwunden 
gleichzeitig  mit  dem  rechten^  dem  linken  Ventrikel,  dem  rech- 
ten Vorhof  und  allein  mit  dem  Herzbeutel  verletzt,  die  Art. 
pulmo  nalis  ist  in  ihrem  unteren  Rande  mit  dem  angrenzenden 
Theil  der  Vorderwand  des  rechten  Ventrikels,  sodann  mit  dem 
rechten  Herzohr,  beiden  Ventrikeln,  dem  Herzbeutel  allein  und 
mit  der  Aorta  und  dem  rechten  Ventrikel  zusammen  verletzt. 
Man  fand  ihre  Wunde  durch  ein  Blutgerinnsel  verschlossen,  wo- 
durch das  Leben  12  Tage  erhalten  blieb  (F.  450).  Die  Vena 
Cava  snp.  war  durch  ein  Bajonett  links  hinten  mit  dem  linken 
Herzohr  und  der  Speiseröhre  schief  gespalten  (F.  206),  auch 
allein  mit  dem  Herzbeutel  getroffen.  Durch  wunderbaren  Zufall 
gelangte  einmal  die  Spitze  eines  Messers  in  das  Zellgewebe, 
welches  die  V.  cava  sup.  und  den  Truncus  anonymus  verbindet, 
ohne  diese  Gefftsse  zu  verletzen  (F.  247). 

b)  Lungen.    Die  Verletzungen  derselben  sind  die  häufig- 


640  ^^'  Georg  Fischer, 

sten  Gomplicationen  bei  Herzwunden,  was  sich  aus  ihrer  Lage 
zu  einander  hinreichend  erklärt,  und  kommen  sie  sicher  häufiger 
vor,  als  sie  beschrieben  sind,  zumal  sie  in  den  genau  aufgezeich- 
neten Fällen  öfter  angeführt  werden.  Bei  dem  kleinen  Herzab- 
schnitt, welcher  frei,  direct  der  vorderen  Brustwand  anliegt,  dürfte 
a  priori  die  Lungeaverletzung  noch  häufiger  sein,  wenn  nicht 
beim  Athmen  diese  Lage  insofern  geändert  würde,  dass  bei  der 
Exspiration  der  Herzbeutel  in  grösserer  Ausdehnung  der  Brost- 
wand anliegt,  mithin  bei  der  Inspiration  die  Lunge  in  der  Herz- 
gegend leichter  einer  Verletzung  ausgesetzt  ist.  Meistens  wird 
der  vordere  Rand  der  linken  Lunge  getroffen,  und  kann  auch 
die  Lunge  nach  der  Durchbohrung  des  Herzens  verletzt  werden. 
Selten  dringt  das  Instrument  in  ein-  und  demselben  Ghoc  in 
beide  Lungen.  Die  Zahl  und  die  Grösse  der  Wunden  ist  ver- 
schieden; oft  so  klein,  dass  sie  übersehen  wird,  kann  sie  mit- 
unter V'  und  mehr  betragen,  in  derselben  liegt  ein  schwarzem 
Blutcoagulum.  Eine  Vernarbung  ist  neben  einer  geheilten  Hens- 
wunde  beobachtet  (F.  273).  —  In  späterer  Zeit  kommen  nicht 
selten  pneumonische  Veränderungen  vor,  und  bei  grösseren  Pleura- 
ergüssen eine  Gompression  der  Lunge. 

c)  Bluterguss  in  den  Thorax,  Pleuritis.  Die  Blutun- 
gen in  den  Thorax  sind  ausserordentlich  häufig,  und  geschehen 
meistens  in  die  Pleurahöhle,  seltener  in  das  Mediastinum.  Bei 
ersteren  wird  die  Verletzung  der  Pleura  vorausgesetzt,  die  auch 
in  der  Regel  vorkommt,  da  nur  ein  sehr  kleiner  Theil  der  vor- 
deren Herzfläche  von  der  Pleura  nicht  überzogen  ist.  Die  linke 
Pleura  wird  häufiger  verletzt;  es  können  beide  Pleuren  getroffen 
werden,  wenn  das  neben  dem  Sternum  eindringende  Instrument 
schräg  nach  der  anderen  Seite  zu  vordringt,  oder  die  Pleura  der 
anderen  Seite  wird  nach  der  vollständigen  Durchbohrung  des 
Herzens  in  der  Tiefe  getroffen.  Das  Blut  stammt  aus  der  Herz- 
höhle und  läuft  durch  die  Wunde  des  Pericard.  ab,  oder  aus  den 
Lungen  und  den  Gefassen.  Es  zeigt  dieselben  Eigenschaften,  die 
beim  Bluterguss  im  Perir.ard.  angeführt  sind;  in  späterer  Zeit 
kann  es  missfarbig,  stinkend  gefunden  werden.    Die  Menge  ist 


Deb«r  die  Wanden  des  Herzens  and  des  Henbeatels.  641 

sehr  variabel,  von  wenigen  Esslöffeln  bis  zu  6  Pfund  (z.  B.  bei 
Verletzung  des  linken  Vorhofes).  Sind  mehrere  Herzabschnitte, 
z.  B.  beide  Ventrikel,  oder  derselbe 'Abschnitt  mehrere  Male  ge- 
troffen, so  ist  die  Blutung  grösser;  es  liessen  2  kleine,  durch 
einen  Schaber  hervorgerufene  dreieckige  Wunden  des  linken  Ven- 
trikels 3  Pfund  austreten.  Die  grossesten  Mengen  werden  bei 
gleichzeitiger  Verletzung  der  Gefllsse  angetroffen,  z.  B.  bei  der 
Art.  intercost.  3,  4—5  Pfund,  Art.  mamm.  int.  3  Maass,  6  Pfund, 
Ven.  Cava  Eup.  4  Pfund,  und  bei  einer  Wunde  der  Art.  coronar. 
war  die  Brusthöhle  ganz  voll  Blut.  Bei  Verschluss  der  äusseren 
Tboraxwunde,  fehlendem  Parallelismus  der  Weichtheile-  und  Brust- 
wunde  ist  die  Blutung  im  Inneren  durchschnittlich  grösser,  da- 
gegen werden  ein  Hinderniss  fKr  die  innere  Blutung  alte  Adhä- 
sionen zwischen  Pleura  cost  und  pulm.  sein.  Neben  der  Blu- 
tung in  die  Pleura  ist  meist  auch  Blut  im  Pericard.  vorhanden, 
selten  dringt  es  aus  dem  Herzen  ganz  in  die  Pleura,  so  dass  im 
Herzbeutel  kein  Tropfen  gefunden  wird.  Es  sammelt  sich  in  der 
Regel  in  dem  abschfissigsten  Theil  der  Pleurahöhle;  auch  hier, 
wie  im  Pericard.,  kann  eine  secundäre  Blutung  erfolgen. 

Pleuritis  kommt  meistens  mit  Pneumonie,  Pericarditis  vor, 
schien  bei  einer  kleinen  Nadelverletzung  von  letzterer  fortgepflanzt 
aufgetreten  zu  sein.  Man  findet  ein  seröses,  citronenfarbiges  oder 
mit  Blut  vermischtes  dunkleres  Exsudat,  dabei  bald  frische,  leicht 
zerreissliche,  bald  ältere  resistente  Adhäsionen  zwischen  Lungen 
und  Thoraxwand,  Lungen  und  Herzbeutel,  welche  sehr  fest  ver- 
wachsen sein  können.  Auch  lag  sogar  zwischen  Pericard.  und 
6.  Rippe  ein  massig  fester,  rötblichweisser  Bindegewebsstrang 
von  V  Länge,  der  vielleicht  auf  eine  frühere  Verletzung  zurück- 
zufuhren war.  Pseudomembranen  überziehen  die  Lungen  und 
verdecken  oft  ihre  Wunden.  Es  kommen  auch  Empyeme  vor, 
bei  denen  ein  dünner  oder  dickflüssiger  Eiter  die  ganze  Brust- 
höhle ausfüllen,  die  Lungen  comprimiren  kann. 

d)  Baucheingeweide.  Die  Verletzungen  derselben  sind 
nicht  sehr  häufig,  und  kommen  in  fast  gleich  grosser  Anzahl  bei 
Stich-,  Schnitt-,  Schuss-  und  Quetschwunden  vor.   Das  Zwerch- 


642  ^^'  ^«org  Fischer, 

feil,  wird  als  das  dem  Herzen  zunächst  liegende  Organ,  am  hiu* 
figsten  verletzt,  bald  im  sehnigen,  bald  im  moscnlösen  Theile. 
In  der  Regel  war  es  ganz,  ^  bis  mehrere  Zoll  lang  dorchstoehen, 
nur  einmal  hielt  das  Messer  in  dem  Gentnun  an,  ohne  es  ganz 
zu  durchbohren.  Der  Dünndarm  stieg  durch  dies  Loch  im 
Zwerchfell  in  die  Brusthöhle,  und  verwuchs  daselbst  durch  ein- 
zelne Fasern  (Fall  269).  Als  Folgen  der  Verletsung  fliegst 
das  Blut  aus  der  Brust-  in  die  Bainchhöhle  und  das  Becken.  — 
Die  Leber  kann  oberflächlich,  aber  auch  1  —  6''  tief  einge- 
schnitten sein.  Bei  einer  1'*  tiefen,  3'"  breiten  Wunde  war  der 
Gang  mit  einem  Pfropf  bekleidet,  welcher  beide  Lippen  zusam- 
menhielt, wodurch  der  Austritt  von  Galle  verhindert  and  eine 
beginnende  Veftheilung  angedeutet  war  (Fall  100).  —  Die  Ver- 
wundung des  Magens  ist  meist  penetrirend  und  beschränkt  sich 
selten  auf  die  Oberfläche.  Die  Speiseröhre  wurde  vom  Thorax 
aus  nur  einmal  getrofien,  in  Verbindung  mit. dem  linken  Henohr 
und  der  Vena  cava  sup.,  häufiger  wurde  sie  beim  Verschlingeo 
fremder  Körper  verletzt.  —  In  der  Regel  werden  mehrere  Baneh- 
eingeweide  gleichzeitig  verletzt,  und  kennt  man  Fälle,  wo  neben 
dem  rechten  Ventrikel,  Zwerchfell,  linken  Leberlappen,  Magen, 
Milz,  Colon  descendens  von  einem  Säbel  durchstochen  waren 
(Fall  61).  Ein  Degen,  welcher  am  Nabel  eindrang,  traf  das 
Netz,  Jejunum,  Vena  cava  super.,  Niere,  Leber,  Gentmm  des 
Zwerchfells  und  rechten  Ventrikel  (F.  112),  ein  Bajonett  ging 
durch  das  Colon,  Magen,  Leber,  Zwerchfell,  rechte  Hemehr, 
Lungen  und  Brustmuskeln  (Fall  199). 

B.    Nicht   penetrirende   Wunden. 

Die  pathologische  Anatomie  der  nicht  penetrirenden  Stich- 
und  Stichschnittwunden  hat  wenig  zu  berichten,  da  sie  selten 
zur  Beobachtung  gelangt  sind. 

Die  Tiefe  einer  nicht  penetrirenden  Wunde  ist  und  mnss 
verschieden  sein  wegen  der  Dicke  der  verschiedenen  Herzab- 
schnitte. Eh  würde  z.  B.  eine  4  Millim.  tiefe  Wunde  am  linken 
Ventrikel  eine    oberflächliche,    nicht   penetrirende ,  am   rechten 


Deber  die  Wunden  des  Herzens  und  des  Herzbeutels.  643 

Yentrikel  eine  zwar  nicht  penetrirende,  aber  vor  Penetration  ge- 
neigte, und  an  beiden  Vorhöfen  eine  penetrirende  Wunde  her- 
vorbringen. Der  geringste  Grad  der  Verletzung  war  der,  wo  ein 
Messer  nur  den  äussersten  üeberzng  der  glatten  Fläche  des 
Herzens,  nicht  aber  die  Substanz  des  Herzens  traf  (Fall  240), 
oder  auch  nur  in  die  Fettschicht  um  die  Herzspitze  herum  ein- 
drang, ohne  in  die  Musculatur  zu  kommen  (Fall  215).  Es  kann 
das  Herz  nur  angeritzt  sein,  so  dttss  die  Wunde  1'^'  tief,  \*"  lang, 
1"'  breit  ist  (Fall  116),  oder  auch  2—4  Millim.  tief  sein,  wie 
es  bei  einem  Lungenstich  yorkam  (Fall  172).  In  noch  höherem 
Grade  kann  der  Ventrikel  in  \  seiner  Dicke  verletzt  sein,  ja 
das  Instrument  fast  bis  in  die  Herzhöhle  dringen,  so  dass  nur  eine 
zarte  Schicht  Huskelsubstanz  unverletzt  bleibt.  In  diesem  Falle 
v^ird  es  mögliqh  sein,  dass,  wie  schon  S^nac*)  als  Hypothese 
aufstellte,  die  Trennung  der  oberflächlichen  Fasern  zur  Ruptur 
der  tieferen  Fasern  pr&disponirt,  dass  also  durch  den  stflrmischen 
Andrang  des  Blutes  die  letzte  verdfinnte  Brücke  von  Fasern 
durchbrochen  wird,  so  dass  die  Penetration  vollendet  ist.  Auf 
diese  Weise  erklärt  Boyer**)  den  Fall  116,  wobei  indess  die 
Wunde  nicht  genau  genug  beschrieben  ist.  —  Sind  vorher  beide 
Blätter  des  Herzbeutels  zu  einer  einzigen  Membran  verschmolzen, 
und  ist  diese  mit  der  Herzoberfläche  verwachsen,  so  kann  nach 
erfolgter  Penetration  die  Membran  durch  den  Andrang  des  Blu- 
tes abgehoben  werden,  und  sich  so  ein  partielles  Aneurysma 
entwickeln,  wie  es  Mfihlig  (Fall  267)  erwähnt.  S6nac  und 
nach  ihm  N^laton***)  vermutheten  schon  vor  Bekanntwerden 
jenes  Falles  die  Möglichkeit  der  Bildung  eines  partiellen  Aneu- 
rysmas und  stellte  Letzterer  die  Hypothese  auf,  dass  der  Punkt 
der  Herzwand,  dessen  Resistenz  vermindert  sei,  durch  eine  nicht 
penetrirende  Wunde  allmälig  nachgäbe,  und  so  ein  Aneurysma 
entstände.  Diese  Annahme,  fBr  welche  keine  Beobachtung  vor- 
liegt, hat  nicht  viel  Wahrscheinlichkeit   für   sich;   es  wird  die 


*)  Trait^  de  la  strnctBre.  da  coeur.   1777.    T.  II.   p.  428. 

'^)  Tnit4  des  malad.  Chirurg.    T.   Vll.    p.  218.    Paris.  1831.   4.  ödit. 

*^  Elements  de  pathologie  chirargicale.   T.  III.    1864.  p.  468. 


344  ^^'  Georg  Fischer, 

lotete  Bracke  von  HerzfoBorn  eher  voUeads  durchbrechen,  als 
sich  zar  Wand  eines  Aneurysma  erweitern. 

Es  kann  schwierig  sein,  mit  Bestimmtheit  den  Charakter  der 
Wände,  ob  sie  penetrirt  oder  nicht,  zu  bestimmen,  dabei  geliogt 
es  nicht,  im  Inneren  der  Herzhöhle  eine  Verletzung  zu  iSnden,  ob- 
wohl eine  Sonde  bis  dicht  an  dieselbe  eingebracht  werden  ksniL 
Dass  bei  einer  schr&gen  Richtung  des  Instrumentes  an  dem  einea 
Herzabschnitt  eine  nicht  penetrii^nde,  an  dem  anderen  eine  p^ 
netrirende  Wunde  bestehen  kann,  ist  erwähnt 

Die  Blutung  in  dem  Herzbeutel  ist,  wenn  keine  Complication 
besteht,  durchschnittlich  ?iel  geringer,  als  bei  penetrirendeo 
Wunden,  und  kann  sogar  fehlen  (Fall£240);  in  jenem  Falle  stammt 
sie  dann  aus  Gefässen  der  Herzsubstanz  oder  aus  dem  Medii- 
stinum.  Besteht  das  Leben  eine  Zeit  lang  fort,  so  kann  die 
Blutung  auch  zu  einer  grösseren  Menge  anwachsen  (Fall  212), 
und  so  betrug  dieselbe  am  14.  Tage  4  Pfund  in  der  Pleurahöhle. 

Gomplicationen  mit  Verletzungen  der  Herz-  und  grosseo 
Gef&sse,  der  Lungen  kommen  auch  bei  diesen  Wunden  tot; 
dass  Baucheingeweide  neben  ihnen  nicht  verletzt  sind,  ist  Zufall 

Pericarditis,  Garditis  werden  bei  der  Section  angetroffeo. 

Eine  Vemarbung  einer  nicht  penetrirenden  Wunde,  dereo 
Annahme  früher  nur  der  Analogie  halber  vermuthet  worden,  ist 
bei  der  erwähnten  Heilung  der  Wunde  der  Art.  coronar.  anzu- 
nehmen, da  hierbei  gewiss  einzelne  Muskelfasern  des  Henens 
mit  verletzt  waren  (Fall  272).  Die  Sectionsberichte  sprechea 
sich  nicht  immer  bestimmt  genug  aus,  dass  man  stets  Heilnngefl 
von  penetrirenden  und  nicht  penetrirenden  Wunden  unterBcheides 
kann.  Philipp  v.  Walther  hat  eine  Heilung  an  der  Ober- 
a&che(?)  des  Herzens  beobachtet  (Fall  277).  Yermuthete  Hei- 
lungen sind  hinreichend  vorhanden,  und  wird  berichtet,  dasseio 
Kranker  schon  am  6.  Tage  wieder  arbeitete  (Fall  36);  es  ist 
anzunehmen,  dass  zu  den  auf  Symptome  sich  stützenden  Hei- 
lungen reichlich  so  viele  nicht  penetrirende  Wunden  gehören,  al$ 
penetrirende. 


Deber  die  Wanden  des  Herzens  und  des  Henbentels.  645 

IL    SchnsswiindeD. 

Das  Herz  wird  darch  Schussverletzungen  auf  verschiedene 
Weise  verwandet;  meistens  schlägt  die  Kugel  darch  das  Herz 
hindurch,  oder,  was  bei  Weitem  seltener  ist,  die  Kugel  streift  das 
Herz,  bleibt  auch  in  demselben  sitzen,  oder  sie  veranlasst  eine 
Art  Ruptur  des  Herzens,  ohne  dieses  direct  zu  berühren. 
A.    Penetrirende  Wunden. 

1)  Wunde  des  Herzens  und  des  Herzbeutels.  Wird 
das  Herz  von  einer  Kugel  getroffen,  so  kann  es  ganz  und  gar 
zerfetzt  sein,  und  einen  schwärzlichen  Brei  bilden,  so  dass  die 
Herzsubstanz  nur  in  einem  kleinen  Theile  zu  erkennen  ist  Eine 
solche  Zermalmnng  kann  nur  einen  Herzabschnitt,  Spitze,  Ven- 
trikel u.  B.  w.  treffen,  während  der  andere  Ventrikel  nur  einzelne 
zerrissene  Stellen  zeigt.  Diese  ausgedehnten  Zerfetzungen  der 
Herzsubstanz,  welche  häufiger  bei  Schüssen  aus  unmittelbarster 
Nähe  vorkommen,  auch  durch  grosse  Kriegsgeschosse  entstehen, 
sind  nicht  die  Norm  fär  Schasswunden;  in  der  Regel  findet  man 
einen  Schnsskanal  mit  vorderer  und  hinterer  Oeffnung,  welcher 
das  Herz  m  der  Quere  oder  Länge  nach  durchbohrt,  und  wird 
auch  diese  Art  bei  Schüssen  aus  grosser  Nähe  beobachtet.  Die 
Oeffnungen  sind  rundlich,  klein  oder  mehrere  Zoll  breit,  so  dass 
sie  bequem  einen  Finger  aufnehmen,  oder  es  existirt  ein  mehr 
länglicher  4— If"  langer  Riss.  In  beiden  Fällen  sind  die  Ränder 
der  Oeffnung  ungleich,  gefranzt,  zerrissen  und  können  mit  einer 
Menge  kleiner  Wärzchen  übersäet  sein.  Die  Eingangsöffnung  ist 
mit  Gerinnsel  bedeckt  Der  Wundkanal  wird  innen  von  zer- 
rissenen Fleischfasern  gebildet,  entspricht  an  Grösse  dem  Volum 
der  Kugel,  und  kann  1  **  lang  sein.  In  der  Regel  ist  er  schwärz- 
lich, wie  verbrannt,  mit  Gerinnsel  gefüllt,  und  enthielt  einmal 
ein  ausgesprengtes  Stück  einer  Rippe,  auch  einen  Papierpfropf 
und  sogar  2  Haare,  welche,  mikroskopisch  untersucht,  sich  als 
Haare  von  der  Brust  des  Kranken  erwiesen,  in  demselben 
Falle  auch  kleinere  Fasern  weisser  Leinwand  vom  Hemde  dessel- 


646  I>r.  Georg  Fischer, 

bea.  Von  der  Eingaogsöffinang  gehen  mehr  oder  weniger  aus- 
gedehnte Risse  in  die  Herzsubstanz  hinein.  Die  Aasgangsöffirnng, 
welche,  je  nach  der  Richtung  der  Kugel,  verschieden  snr  Ein- 
gangsOffnung  liegt,  mitunter  mehrere  Zoll  von  derselben  entfernt, 
zeigt  ähnliche,  wenn  auch  nicht  immer  so  deutlich  ansgepriigte 
Zerreissnngen  und  denselben  Durchmesser.  Im  Inneren  der 
Herzhöhle  sind  Trabekeln,  Klappen  zerrissen,  und  es  ist  sehr 
selten,  dass  die  Kugel  ein-  und  ausdringt,  ohne  hier  Zerreissim- 
gen  angerichtet  zu  haben  (Fall  305).  Ein-  und  Ausgangsöffimog 
fehlen,  wenn  die  Kugel  das  Herz  nur  streift,  und  dabei  doch  die 
Wunde  penetrirt.  Es  kam  vor,  dass  die  Kugel  1  Zoll  unter 
dem  Proc.  xiphoideus  eingedrungen,  schief  aufwärts  gegangen  war. 
und  die  hintere  Fläche  des  linken  Ventrikels  gespalten  hatte 
(Fall  325).  Das  Herz  nebst  Herzbeutel  können  auch  2  Wunden 
haben,  so  bei  einem  Selbstmörder,  bei  dem  2  Pistolen  gefuodea 
wurden.  Beide  Wunden  lagen  im  linken  Ventrikel,  and  naluD 
die  vordere,  ca.  2  Ctm.  grosse,  die  ganze,  stark  gequetschte 
Ventrikelwand  ein,  während  die  andere,  nahe  dem  linken  Her^ 
ohr,  nur  eine  einfache  Continuitätstrennung  von  höchstens  1  Ctm. 
Ausdehnung,  ohne  Zerreissung  der  Ränder,  nur  oberflächlich  wir. 
Beide  communicirten  durch  eine  Art  Kanal  in  der  Wand  des 
Herzens  (F.  334). 

Erfolgt  der  Schuss]|[ mittelst  Schrot,  so  findet  man  selteo 
eine  einzige,  häufig  mehrere  Wunden  am  Herzen  (bis  6),  die, 
wenn  der  Schuss  aus  grosser  Nähe  abgefeuert  ist,  mehr  conceo- 
trirt  um  einen  Punkt  herumliegen,  während  sie  sonst  sich  mehr 
auf  das  ganze  Herz  vertheilen.  Die  Wunde  ist  entsprechend 
klein,  erbsengross,*  2*'*  im  Durchmesser,  der  Canal  eng,  versohle 
den  lang.  Die  Wunde  aber  kann  auch  eine  mehrere  Linien  quere, 
V  lange  Zerreissung,  eine  Art  Ruptur  bilden,  >enn  die  Fasern 
einer  von  2  Schrotkörnem  durchbohrten  dünnen  Stelle  in  Folge 
des  ungestümen  Blutstromes  und  der  dadurch  bedingten  Zemmg 
plötzlich  nachgeben.  Während  das  eine  Schrotkorn  penetrirt, 
kann  das  andere  in  der  Herzsubstanz  sitzen  bleiben. 

Bei  einem  Schuss  mit  Steinen  fand  sich  an  der  Oberfläche 


Deber  die  Wunden  des  Henene  und  des  HeRbentels.  647 

des  rechten  Ventrikels  ein  ülcns,  nnd  hatte  hier  der  Stein  das 
Hers  vielleicht  zuerst  berflhrt.  Am  linken  Ventrikel  war  eine 
grosse  Aashfthlang  in  der  Herzsubstanz,  in  welcher  der  Stein, 
von  der  Grösse  einer  Nuss,  gelegen  hatte.  Die  Muskelsubstanz 
war  hier  fast  ganz  geschwunden,  so  dass  die  innere  und  äussere 
Wand  des  Herzens  dicht  aneinanderlagen  (F.  386). 

Ein  wahrscheinlich  mit  Wasser  geladener  Schuss  hatte  das 
Herz  bis  zur  Unkenntlichkeit  zerfetzt  (F.  349),  ein  Holzpflock 
blieb  im  Herzen  sitzen. 

Die  mit  der  Herzwunde  verbundene  Herzbeutelwunde 
ist  rundlich,  seltener  länglich,  die  Ränder  zackig  zerrissen,  wenn 
sie  durch  eine  Kugel  veranlasst  ist  Beim  Schrotschuss  trifft 
man  mehrere  (bis  7)  kleine  Wunden,  die  am  Ein-  und  Ausgang 
durch  kleine  Ecchymosen  angedeutet  sind,  sonst  aber  leicht  fiber- 
sehen werden  können.  Auch  lag  dabei  vorne  am  Herzbeutel 
ein  BluterguBS  von  2  Thalergrftsse.  Selten  ist  der  Herzbeutel 
ohne  Herzwunde  durchschossen,  wobei  er  in  grosserer  Ausdeh- 
nung zerrissen  ist;  auch  kann  er  secundär  durch  einen  Streif- 
Bcbuss,  welcher  das  Sternum  zerschmetterte,  perforirt  sein  (F. 
360,  361). 

Es  bleiben  noch  eine  Anzahl  Schuss  Verletzungen  (6)  fibrig, 
welche  den  Uebergang  zu  Quetschwunden  und  Rupturen  bilden, 
und  dabei  unter  sich  verschieden  sind.  Dahin  gehören  auch  die 
Lnftstreifschusse,  bei  denen  ohne  äussere  Wunde  das  Herz,  die 
Langen,  grossen  Gefässe,  Wirbel  u.  s.  w.  zerissen  sein  können 
und  der  Tod  meist  momentan  eintritt.  Man  beobachtete  diesel- 
ben, wenn  Leute  an  eine  Brustwehr  gelehnt  waren  und  letztere 
von  12-  oder  24-Pfundern  durchschossen  wurde.  Bei  der  letz- 
ten Belagerung  von  Antwerpen  durch  die  Franzosen  fand  man 
mehrere  Soldaten,  die  an  Ruptur  des  Herzeos  gestorben  waren, 
ohne  dass  äusserlich  eine  Verletzung  zu  finden  war.  —  Es  ka- 
men vor: 

a)  eine  Herzwunde  ohne  Verletzung  des  Herzbeu- 
tels mit  einer  äusseren  Wunde,  welche  früher  ffir  unmög- 
lich gehalten  wurde  (de  Haen:  cor  non  potest    vulnerari  nisi 


648  *  Dr.  Georg  Fischer, 

simul  perfodiatnr  pericardiam) ;  dieselbe  ist  beobachtet  Ton  Bo- 
rellus  (F.  367),  Holmes  (F.  303)  und  Heydenreich  (F.  206) 
am  rechtnn  YeDtrikel.  Dieser  war  entweder  zerrissen,  oder  hatte 
an  der  Oberfläche  eine  runde,  dem  Durchmesser  der  Kngel  est- 
sprechende  Wunde,  die  den  Anfang  eines  Ganais  mit  im  Inneren 
zerrissenen  Wänden  bildete.  Der  Herzbeutel  enthielt  viel  Bim, 
war  unverletzt,  und  fand  sich  einmal  im  extrapericardialem  Binde 
gewebe  eine  breite  Ecchymose.  Die  Kugel  lag  ausserhalb  des 
Herzbeutels,  einmal  frei  auf  demselben,  oder  in  der  Pleurahöhle 
Diese  Fälle  erinnern  an  die  Muskelquetscbungen  bei  Lnftsfereif- 
schössen.  Jene  Ecchymose  liess  Holmes  vermuthen,  dass  der 
Herzbeutel  durch  die  Kugel  in  das  Innere  des  Herzens  gestosseo 
und  dann  wieder  ausgestülpt  sei.  Heydenreich  glaubte,  dass 
seine  Verletzung  auf  eine  doppelte  Weise  hätte  zu  Stande  kom- 
men können:  a)  Es  konnte  durch  den  Anprall  der  Kugel  eine 
Berstung  der  Kammerwand,  ohne  Einriss  der  HerzbeutelhüUe  er- 
folgt sein,  welche  Annahme  jedoch  bei  der  Regelmässigkeit  und 
Rundung  des  Ganais  sehr  wenig  Wahrsheinlichkeit  für  sieh  bst 
b)  Die  Verletzung  war  vielleicht  so  entstanden,  dass  der  nach- 
giebige Herzbeutel,  ohne  einzureissen,  mit  der  Kugel,  oder  viel- 
mehr von  derselben,  wie  ein  Handschuhfinger  sackförmig  in  die 
Kammer  eingetrieben  wurde,  dass  jedoch  nachher  durch  die  Zo- 
sammenziehungen  der  Herzwand  und  den  Druck  des  in  die  Kam-  , 
merhöhle  zusammengepressten  Blutes  wieder  eine  Austretung  der  i 
umgestülpten  Partie  stattfand.  Der  Tod  erfolgte  demnach  doreh 
eine  innere  Blutung  und  den  Stillstand  der  Herzthätigkeit  bei 
der  Blutansammlung  im  Herzbeutel. 

ß)  eine  Zerreissung  des  Herzens  ohne  gleichzei* 
tige  Verletzung  des  Herzbeutels  und  ohne  äussere 
Wunde.  Auch  diese  Verletzung  kam  dreimal  vor,  und  ist  tos 
Hufeland  (F.  346),  Pr.  Frin  (F.  306)  und  J.  D.  Ward  (F.  323) 
beobachtet.  In  den  beiden  letzten  Fällen  erfolgte  der  Tod  nach 
10  Minuten.  Die  Haut  zeigte  entweder  keine  Spur  einer  Ver- 
letzung oder  nur  eine  zarte,  schwarze  Marke.  Das  Zeug  def 
Kranken  konnte  durchlöchert  sein,  allein  die  Kugel  war  nicfat 


Ueber  die  Wunden  des  Henens  nnd  des  Herzbeutels.  649 

in  die  Brust  eingedrnDgen,  und  lag  einmal  im  Hemde.    Die  In- 
tercostalmuskeln  waren  zerrissen,  oder  doch  so  gequetscht,  dass 
sie  sich  leicht  mit  dem  Finger  durcbstossen  liessen,  auch  konnte 
das  Brustbein  zerschmettert  sein.    Der  Herzbeutel  war  ganz  un- 
verletzt, nur  von  Blut  ausgedehnt,  welches  auch  im  Mediast.  antic. 
gefunden  wurde.    Am  rechten  sowohl  wie  am  linken  Ventrikel 
fand  sich  ein  Riss,  der  1"  lang,  oder  so  gross  war,  dass  er  den 
Finger  durchliess;  in  höherem  Grade  war  das  Herz  ganz  geplatzt, 
so  dass  Alles  im  Blute  schwamm.    Ob  die  Diastole  der  Ven- 
trikel, in  welcher  sie  passiv  erweitert,  weniger  Widerstand  leisten, 
die  Art  der  Verletzung  begünstigt,  ist  nicht  sicher  zu  bestimmen. 
Hufeland  glaubte  in  seinem  Falle,  dass  entweder  gar  keine  Kugel 
in  die  Pistole  hineingeladen  sei,  und  3ie  Zerplatzung  des  Herzens 
nur  durch  die  Explosion  des  Pulvers  erfolgte,  oder,  was  wahr- 
scheinlicher war,  da  eine  plattgedrückte  Kugel  im  Hemde  gefun- 
den wurde,  die  Kugel  ohne  Pfropf  auf  das  Pulver  im  Pistolen- 
anf  aufgesetzt,  derselbe  recht  fest  auf  die  Brust  gedrückt  nnd 
losgeschossen  sei.    Die  Luft  im  Laufe,  welcher  der  Ausgang  er- 
schwert war,  hatte  als  Widerstand  gegen  die  Kugel  gewirkt,  und 
einerseits  dieselbe  am  Eindringen  in  den  Körper  verhindert,  an- 
dererseits den  Stoss  des  Pulvers  durch  Gegendruck  der  Brust 
mitgetheilt  und  die  gewaltsame  Zerstörung  bewirkt. 

2)  Bluterguss  in  den  Herzbeutel,  Pericarditis  und 
Yernarbung  der  Herz-  und  Herzbeutelwunde.  Eine 
Ansammlung  von  schwarzem  coagulirtem  Blut  oder  blutigem 
Serum  im  Herzbeutel  wird  in  der  Regel  beobachtet,  und  wird 
da ,  wo  eine  Herzwunde  ohne  Verletzung  des  Pericard.  besteht, 
das  Blat  verhindert,  in  die  Pleurahöhle  abzufliessen.  Die  Menge 
der  Blutung  kann  auch  bei  kleinen  Wunden  in  Folge  eines  Schrot- 
sehasses,  sowohl  im  Herzbeutel,  als  in  der  Pleura,  bedeutend 
werden. 

Pericarditis  ist  hier  seltener,  als  bei  Stich  -  Schnittwunden, 
weil  der  Tod  meistens  zu  rasch  eintritt.  Sie  entstand  erst  ein- 
mal am-  9.  Tage,  und  fand  man  bei  der  Section  die  kleine  Wunde 
im  Herzbeutel  durch  plastisches  Exsudat  geschlossen,  das  Herz 


050  I^r*  Georg  Fischer, 

mit  demselben  überdeckt,  seine  Wunde  geschlossen,  and  um  die 
im  Septam  sitzende  Kagel  eine  abkapselnde  Cyste  in  der  BiMnof 
begriffen  (F.  342).  Eine  selbstst&ndige  Pericarditis  entwidel» 
sich  2,  3  Tage  nach  einem  Schrotschnss  (F.  373). 

Yemarbungen  von  Schnsswunden  wurden  mehrere  beobach- 
tet, als  Kugeln,  Schrot  in  der  Herzwand  eingekapselt  warei 
Auch  ohne  diese  Gomplication  sab  man  Schusswanden  in  der  Yer- 
narbung  begriffen,  als  der  Tod  durch  Erschöpfung  eintrat  (F.  362], 
und  war  eine  Kugelwunde  schon  am  4  Tage  so  weit  yernarb; 
dasB  man  nur  noch  eine  Sonde  durchfuhren  konnte  (F.  311). 

3)  Wunde  der  Thoraxwand.  Die  durch  eine  Engel 
entstandene  Hautwunde  ist  meist  rundlich,  und  hat  die  Grö^ 
des  Projectils,  selten  ist  ste  yiel  grösser,  als  dasselbe.  DieEi«- 
gangsöffnung  ist  ^—2"  lang,  \—2"  breit,  kann  den  Durchmc« 
eines  Bleistifts,  eines  Silbergroschen  und  mehr  haben.  Die  Bin- 
der  der  unregelmässigen  Oeffnung  sind  häufiger  zackig,  xerri^s. 
uneben,  als  glatt,  scharf  und  gewulstet,  können  trichterffiriDif 
eingestülpt  sein,  eine  Eigenschaft,  die  indess  ebenso  häufig  feblt 
Dabei  sind  sie  trocken,  wie  yom  Brande  geschwärst,  leder-,  per- 
gamentartig.  In  der  Wunde  können  geronnenes  Blut,  Rippee- 
fragmente,  Lederstückchen  liegen.  Die  Umgebung  erscheint  b 
einem  Durchmesser  von  i  —  ö"  vom  Pulver  verbrannt,  gelbbnti 
geschwärzt  oder  ecchymosirt,  hart  und  lederartig.  Die  Ausgange 
Öffnung  ist,  wenn  sie  vorbanden  ist,  oft  kleiner  als  die  Eingangs- 
öffnung, ihre  Ränder  bald  nach  aussen  gestülpt,  bald  nicht  & 
kamen  bei  einer  Eingangsöffnung  2  Ausgangsöffnungen  vor,  wekl'^ 
von  einer  nussgrossen  Kugel  hervorgebracht,  Y  breit  nebeneio* 
ander  lagen,  und  liur  durch  eine  2"'  breite  Hautbrücke  von  ^ 
ander  getrennt  waren.  —  Die  Hautwunde  eines  Schrotschusst* 
ist  erbsengross,  von  2,  8'^^  Durchmesser,  scharf,  rundlich  oder 
zerrissen.  Bei  einem  Schuss  aus  grossester  Nähe  concentrir^ 
sich  die  Körner  auf  einen  kleinen  Raum,  im  anderen  Falle  kön- 
nen sie  sich  in  grosser  Ausdehnung  über  den  Thorax  zerstren^ 
Es  kam  vor,  dass  die  Hauptmasse  in  das  Gesicht  und  Hals  tii^ 
und  nur  ein  einziges  Schrotkorn  unter  der  Warze  eindrang,  <i^l 


Deber  die  Wunden  des  Henens  nnd  des  Henbentels.  651 

Herz  traf,  worauf  nach  einer  Yiertelstunde  der  Tod  eintrat.  Man 
zählte  bis  gegen  26  kleine  Wanden.  Bleiben  die  Eömer  am 
Stemum,  ^n  den  Rippen  liegen,  so  können  sie  eine  umschrie- 
bene Periostitis  veranlassen.  —  Bei  dem  Schuss  mit  Wasser 
war  die  Wunde  sehr  gross,  2"  lang,  1"  breit,  zerrissen,  die  Rin- 
der weder  nach  innen,  noch  nach  aussen  gestülpt,  in  der  Um- 
gebung lagen  einige  suggillirte  Stellen;  eine  Ausgangsöffiiung 
fehlte.  —  Die  durch  einen  Stein  heryorgebrachte  Wunde  war 
klein,  von  i"  Durchmesser,  rund,  mit  starken  Verbrennungser- 
scheinungen in  der  Umgebung.  —  Der  Schusscanal  kann,  wie 
bekannt,  seine  Richtung  verschiedentlich  ändern;  er  ist  mit  coa- 
gulirtem  Blut,  in  späterer  Zeit  mit  Eiter  gefüllt,  der  sich  in 
einer  HOhle  desselben  bis  zu  einer  Pinte  ansammeln  kann.  In 
einem  Falle  kam  Gangrän  mit  grösserer  Eröffnung  der  Thorax- 
wand vor.  —  Die  Muskeln  der  Brustwand  und  Intercostalräume 
sind  zerrissen,  oft  wie  verkohlt,  die  Lücken  mit  Blut  ausgefüllt.  — 
Die  Rippen  werden  entweder  durch  einen  Streifschuss  ange- 
brochen, ein  Theil  derselben  abgesprengt,  so  dass  ein  mehr  oder 
vreniger  grosser  Substanzverlust  entsteht,  oder,  was  häufiger  vor- 
kommt, durchschossen  und  zersplittert.  Die  Splitter  liegen  lose 
in  der  Hautwunde,  oder  werden  später  durch  die  Eiterung  lös- 
gestossen.  Auch  ereignete  es  sich,  dass  ein  2"  langer  Splitter 
in  das  Herz  hineingetrieben  wurde,  wodurch  die  Wunde  eine 
längliche  Rissform  bekam.  —  Yom  Rande  des  Sternum  können 
kleine  Stücke  abgeschossen  werden,  oder  der  Knochen  wird  durch 
einen  Streifschuss  ganz  zerschmettert,  wobei  secundär  das  Peri- 
cardium  perforirt  werden  kann.  Eine  solche  Zerschmetterung 
geschah  auch  durch  den  blossen  Anprall  der  Kugel,  ohne  dass 
sie  eindrang.  —  Gleichzeitige  Knochenverletzungen  kamen  am 
Schulterblatt  vor  —  Wunden  der  Art.  intercostal.  und  Art  mamm. 
int.  sind  nicht  aufgezeichnet.  Man  glaubte  in  einem  Falle  letz- 
tere verwundet,  versuchte  erfolglos  eine  Unterbindung,  allein  bei 
der  Section  fand  man  sie  in  einer  abnormen  Lage  hinter  dem 
Sternum,  so  dass  eine  Verletzung  in  diesem  Falle  unmöglich 
schien. 

▼.  Laagenbeek't  Arohiv  für  Chirurgie.  IX.  42 


652  I>r-  Georg  Fischer, 

4)  Gleichzeitige  Yerletzangen.  a)  Herzgefädse, 
grosse  Gefisse,  NerTen.  Eine  besondere  YerletzuDg  der 
Art.  und  Yen.  coronaria  wird  nieht  erwähnt.  Die  Aorta  wir 
sowohl  an  ihrem  Ursprung  ans  dem  Herzen  losgerissen  (Fat!  340; 
als  auch  die  äussere  Haut  derselben  von  der  Kngel  gestreift,  als 
sie  zwischen  Aorta  und  Oesophagus  durchgegangen  war  (Fall  328). 
£8  kam  vor,  dass  ein  Schrotkorn  in  den  aufsteigenden  Ast  der 
Aorta  ein*  und  nicht  wieder  ausdrang,  so  dass  es  wahrscheio- 
lieh  weiter  getrieben  war  (Fall  341).  Ein  Zweig  der  An 
pulmonalis  war  durch  einen  Schuss  in  den  Rficken  verletzt 
und  fiel  die  Kugel  in  dieselbe  hinein,  um  in  den  rechten  Veotri- 
kel  einzudringen  (Fall  305),  auch  wurde  sie  gleichzeitig  mit  di^eo 
Yentrikel  durch  einen  Schrotschuss  getroffen  (Fall  319).  Die 
Yena  pulmonalis  wurde  wahrscheinlich  ebenSEills  von  einer 
Kugel  perforirt,  die  dann  in  das  linke  Herzohr  und  schliesslieli 
in  den  linken  Yentrikel  gerieth  (Fall  333).  —  Die  Nerves- 
p  lex  US  in  der  Nähe  der  grossen  Gefässe,  um  den  Oesophago? 
herum,  können  zerrissen,  von  rothbrauner  Farbe  sein  (Fall  328). 

b)  Lungen.  Ihre  Yerletzung  ist  häufig,  die  Wunde  rund- 
lich, schwärzlich  von  Blutgerinnsel,  und  verschieden  lang.  Der 
Schusskanal  zeigt  zerrissene  Ränder  und  kann  Fragmente  von 
zersplitterten  Rippen  enthalten;  die  Umgebung  ist  scbwarzrotb 
marmorirt.  An  der  Wurzel  der  Lunge  fand  man  einmal  einen 
kleinen  bläulichen  Fleck  im  Bindegewebe,  und  schien  hier  ein 
Holzpflock  in  dieselbe  eingedrungen  zu  sein.  In  höheren  Graden 
ist  die  Lunge  ganz  zerrissen.  Nicht  selten  bleiben  Kugehi, 
Schrotkömer  in  ihr  stecken.  Als  Folge  der  Yerletzung  tritt 
Pneumonie  auf,  sowohl  in  dem  angrenzenden  Lappen  der  verlets- 
ten  Partie,  als  auch  in  der  anderen  unverletzten  Lunge.  Kleiuei« 
Wunden  fand  man  später  bei  Sectiooen  voltständig  vemarbk 

c)  Bluterguss  in  den  Thorax,  Pleuritis.  Der  Bist- 
erguss  ist  in  der  Regel  bedeutend,  wechselt  zwischen  4  Unzen 
bis  4,  6  Pfund.  Bei  Yerletzungen  beider  Pleuren  ist  er  dureh* 
schnittlich  grösser,  und  fand  man  auf  der  Seite,  wo  die  Lunge 
nicht  verletzt  war,  4  j^fund,  auf  der  anderen  mit  verletzter  Lunge 


Ueber  die  Wunden  des  Henens  und  des  Henbentels.  65S 

2  Pfund;  auf  beiden  Seiten  einmal  2  Quart  flfissiges  Blut.  Im 
Blut  können  die  Kugel,  Rippensplitter,  Papierpfröpfe,  Fetzen  der 
Herzsubstanz  enthalten  sein.  Pleuritische  Exsudate,  Empyeme  mit 
ihren  Adhärenzen  und  Gompression  der  Lungen  werden  beobachtet, 
d)  Baucheingeweide.  Die  Verletzung  derselben  ist  dann 
am  häufigsten,  wenn  der  Schuss  von  der  Bauchwand  eindringt, 
.und  kann  bei  ein-  und  derselben  Verwundung  die  Kugel  durch 
den  convexen  Theil  der  Leber,  zwischen  den  Platten  des  Meso- 
colon  durch  den  Schwanz  des  Pancreas  gehen,  die  Milz  zer- 
reissen  und  durch  das  Zwerchfell  in  die  Brusthöhle  gelangen 
(F.  313).  Ein  Theil  des  Wergpfropfes  kann  dabei  auf  der  Ober- 
fläche der  Leber  liegen  bleiben.  Bei  einem  sich  zertheilenden 
Schrotschuss  werden  einzelne  Körner  in  den  verschiedensten  Orga- 
nen (Milz  u.  s.  w.)  gefunden.  Seltener  werden  die  Baucheingeweide 
bei  dem  Eindringen  des  Projectils  in  den  Brustkorb  getroffen, 
obwohl  auch  hierbei  Zwerchfell,  Magen,  Milz  getroffen  sind,  je 
nach  der  veränderten  Richtung  des  Schusses  (F.  362,  332).  Am 
Magen  war  eine  Wunde  an  der  EingangsOffnung  neben  der  Gar- 
dia deutlich  vernarbt,  indess  die  Ausgangsöfihung  nicht  zu  finden, 
und  lag  dabei  die  Kugel  auf  der  linken  Niere  (F.  362).  Im 
Falle  332,  wo  die  Kugel  die  5.  linke  Rippe  durchbrochen  und 
das  Zwerchfell  getroffen  hatte,  wird  die  Verletzung  in  dem  Mo- 
ment völliger  Exspiration  stattgefunden  haben,  da  nur  hierbei  der 
hohe  Stand  des  Zwerchfelles  bis  zur  5.  Rippe  mOglich  war. 

B.  Nicht  penetrirende  Wunden. 
Den  Uebergang  von  penetrirenden  Wunden  zu  dieser  Gruppe 
vermitteln  Streifschflsse,  bei  welchen  die  Gommunication  mit  der 
Herzhöhle  nur  sehr  gering  ist  (F.  310.  Beck).  Die  eigentlich 
nicht  penetrirenden  Wunden  sind,  abgesehen  von  den  Fällen,  wo 
eine  Kugel  in  der  Herzwand  stecken  bleibt,  ohne  die  Herzhöhle 
dabei  zu  eröffnen,  ausserordentlich  selten,  und  es  ist  nur  ein 
Streifschuss  bekannt,  wo  der  rechte  Ventrikel  contundirt,  ein- 
zelne Muskelfasern  oberflächlich  corrodirt  waren;  die  Kugel  lag 
im  Herzbeutel  (F.  318,  Nälaton). 

42* 


654  Dr.  Georg  Fischer, 

m.    (üaetochwiiiiden  md  Rnptareo. 

1)    Quetschwanden. 

Zn  dieser  Gruppe  gehören:  a)  diejenigen  offenen  WnndeiL 
bei  denen  ein  relativ  stumpfer  Körper  von  aussen  den  Thoni 
durchdringt  und  das  Herz  verletzt  Es  liegen  nur  2  Beobadh 
tungen  hiervon  vor:  in  der  einen  drang  ein  Holzpfahl  tw 
Bauch  aus  durch  das  Zwerchfell  in  beide  Ventrikel,  nnd  war  dk 
Wunde  1'^  lang,  hatte  unegale,  zerrissene  R&nder;  dabei  fandeo 
sich  2  Quart  Blut  im  Thorax  (F.  393).  In  dem  anderen,  nicht 
ganz  klaren  Falle  hatte  ein  Stein  ein  kleines  Loch  in  dem  Her^ 
beutel  und  eine  kleine  ecchymosirte  Wunde  im  linken  Yorhof 
hervorgebracht  (F.  410). 

Es  gehören  b)  diejenigen  F&lle  hierher,  wo  in  Folge  eioeg 
Schlages,  Stosses  u.  s.  w.  eine  Entzündung  des  Herzens  nad 
Herzbeutels  entstanden  ist.  Am  Herzen  fand  man  dabei  aa 
der  Oberfläche  livide,  selbst  brandige  Stellen,  ÜIcerationen  und 
Erweichungen,  welche  die  ganzen  Herzw&nde  einnahmen,  aasser- 
dem  Eiter  im  Herzbeutel  und  Adhäsionen  zwischen  ihm  und  d^ 
Herzen  (F.  387,  418).  Pericarditis  für  sich  allein  wurde  diagno- 
sticirt  und  verlief  zur  Heilung  in  Fällen,  welche  direct  iuxA 
die  Quetschung,  und  nicht  durch  die  mitunter  gleichzeitigen  Rip- 
penfracturen  (F.  446,  447,  448)  entstanden  waren. 

2)   Rupturen. 

Die  Zerr eissungen  am  Herzen,  welche  durch  sehr  versehie- 
dene  Gewalten  veranlasst  werden,  haben  mehr  oder  weniger 
einen  ähnlichen  Charakter,  so  dass  aus  den  anatomischen  Ver- 
änderungen auf  die  Art  der  Verletzung  nicht  geschlossen  werden 
kann.  Selbst  da,  wo  die  Ruptur  durch  eine  heftige  Erschütte- 
rung des  Thorax,  oder  direct  durch  eine  Fractur  der  Rippe,  des 
Brustbeins  veranlasst  ist,  ist  das  Ansehen  fast  dasselbe.  Ein 
merkwürdiges  Zusammentreffen  war  ein  Fall  mit  traumatiscker 
Ursache  und  scorbutischen  Veränderungen  am  Herzen,  so  das^ 
es  nicht  ganz  sicher  war,  welcher  Ursache  die  Ruptur  ihren  Ur- 
sprung verdankte  (F.  390). 

1)  Wunde  des  Herzens.  Die  Ruptur,  deren  folgende  Be- 
schreibung sich  auf  einen,   bis  in  die  Höhle  penetrirendeo 


Ueber  die  Wunden  des  Herzens  und  des  Henbentels.  555 

Riss  in  die  Herzwand  bezieht,  ist  verschiedeo  gross,  ^  —  IV' 
lang;  i^ — 1"  breit,  klaffend,  so  dass  man  den  Zeigefinger  einAh- 
ren  kann.  Sie  ist  auch  einerseits  nnr  3'"  Darch'messer  lang, 
gänsefederdick,  und  kann  andererseits  den  ganzen  Herzabschnitt 
einnehmen,  ja  durch  das  ganze  Herz  gehen.  Die  R&nder  der- 
selben, welche  meistens  gleichmässig  klaffen,  oft  in  der  Mitte 
mehr,  als  an  den  Enden,  sind  gewöhnlich  scharf  gezackt,  ge- 
franzt,  zerrissen,  mitunter  ecchymosirt.  Nur  bei  der  Einwirkung 
eines  scharf  zugespitzten  Enochenfragments  werden-  sie  ganz 
scharf  sein.  Der  Riss  ist  entweder  einfach,  so  dass  in  der  näch- 
sten Umgebung  die  Herzsubstanz  unverletzt  ist,  oder  es  laufen 
von  demselben  nach  verschiedenen  Seiten  hin  kleinere  und  grössere 
Risse  in  die  Muskelsubstanz  aus,  wobei  die  Ruptur  sternförmig 
wird.  Sie  kann  in  mehrere  Lappen  getheilt  sein,  wenn  die  Ver- 
letzung durch  verschiedene  Enochensplitter  geschah.  Es  bilden 
diese  Rupturen  die  Uebergänge  zu  den  höheren  Graden,  wo  meh- 
rere Herzabschnitte,  das  ganze  Herz  zerrissen  ist.  Ueber  das 
gegenseitige  Grössenverhältniss  der  inneren  und  äusseren  Oe&ung 
liegen  keine  Beobachtuogen  vor,  während  bei  spontanen  Rupturen 
die  innere  Oeffnung  im  Allgemeinen  viel  enger  sein  soll,  als  die 
äussere  (Elleaume^.  Der  Riss  ist  mit  coagulirtem  schwänzen 
Blut  ausgefallt,  und  oft  an  seiner  Oberfläche  durch  Extravasat 
ganz  verdeckt.  Die  Ruptur,  welche  sowohl  vorne  als  hinten  lie- 
gen, und  bald  von  einer  zur  anderen  Seite  sich  herumziehen  kann, 
stellt  entweder  einen  Quer-  oder  Längsriss  dar,  und  kann  in  letzterem 
Falle  von  der  Basis  längs  dem  Rande  zwischen  beiden  Ventri- 
keln bis  zur  Spitze  verlaufen.  Liegt  der  Riss  an  der  Grenze 
eines  Herzabschnittes,  so  war  z.  B.  das  rechte  Herzohr  fast  voll- 
ständig quer  von  der  Ven.  cava  sup.  abgerissen.  Abgesehen 
von  den  Zerreissungen  des  ganzen  Herzens,  erstreckt  sich  der 
Riss  selten  auf  mehrere  Herzabschnitte  zugleich,  es  sind  nur 
2  Fälle  an  beiden  Ventrikeln  und  sodann  eine  Ruptur  am  rech- 
ten Herzohr  und  linken  Ventrikel  bekannt. 

Ausser  diesen  Rupturen,  welche  an  der  äusseren  Herzwand 
dem  Pericard.  zugekehrt  liegen,   giebt  es  Einrisse  im  Inneren 


656  ^^'  Georg  Fischer, 

des  Herzens.  Dieselben  sind  sehr  selten,  liegep  mitunter  im 
Septum,  wodurch  eine  Commanication  beider  Ventrikel  zn  Staade 
kommt.  Dabei  fanden  sich  an  der  Oberfläche  des  Herzens  Ecchy- 
mosen.  Beide  Formen  können  sich  combiniren,  indem  neb« 
einer  Ruptar  des  rechten  Herzohres  im  Inneren  Qaerfissuren  übet 
dem  Ostium  venosum  und  in  der  das  Foramen  ovale  verschliesäen- 
den  Membran  yorkommen  können  (F.  396). 

Die  Herzmnscttlatur  ist,  wenn  der  Tod  sogleich  eintritt,  nor- 
mal fest,  derb,  weder  mürbe,  noch  atrophisch,  kann  auch  dord 
Congestion  dunkeler  geftrbt,  selbst  braungelb,  fthnlich  der  Leber, 
angetroffen  werden,  während  die  innere  Oberfläche  der  Höhlen 
gleichmässig  kirschroth  ist  Mitunter  war  das  Herz  grösser,  ak 
gewöhnlich,  contrahirt,  selten  welk,  runzelig.  Pathologische  Ver- 
änderungen des  Herzens,  z.  B.  fettige  Entartung  xl  b.  w.,  wie  sie 
bei  den  spontanen  Rupturen  als  Vorbedingung  zu  ihrer  Ent- 
stehung angesehen  werden,  sind  für  das  Zustandekommen  der 
traumatischen  Rupturen  nicht  erforderlich,  und  die  Ansicht  ton 
Walshe,  welche  eine  Veränderung  yoraussetzt,  ist  nicht  richtig. 

2)  Wunde  des  Herzbeutels.  Der  Einriss  des  Herxbes- 
tels,  welcher  neben  einer  Herzruptur  Torkommt,  liegt  meistens 
dieser  gegenfiber,  ist  bald  mehr  ein  Längsriss,  bald  ein  rund- 
liches (haselnuBsgrosses)  Loch  mit  unregelmässig  zerrissena 
Rändern.  Die  Länge  des  Risses  stimmt  nicht  immer  mit  der- 
jenigen der  Herzruptur  flberein,  nur  einmal  waren  beide  gleich 
gross,  und  zwar  nur  lÖ'''  lang.  Der  Herzbeutel  wird  in  seiner 
ganzen  Länge  zerrissen  sein,  wenn  das  total  abgerissene  Hen 
aus  ihm  entschlüpft,  worüber  später.  Man  sah,  dass  ein  Fn«- 
ment  einer  Rippe  die  Oeffnung  im  Pericard.  ausf&Ute;  wahrschem- 
lich  hatte  dasselbe  anfangs  diese  sowohl,  wie  die  Herzwnnde  ge- 
schlossen und  einen  Blutergusss  yerhindert,  worauf  sodann  bei  einer 
stärkeren  Bewegung  das  Fragment  aus  der  Herzwunde  sich  surfid- 
zog,  der  Blutung  freien  Lauf  lieds  und  dem  Leben  ein  Ende  macht« 
(F.  399). 

Dieselben  Ursachen,  durch  welche  Herzrupturen  entstehen; 
können    eine    Ruptur    des    Herzbeutels    ohne    Herzver- 


Deber  die  Wunden  des  Herzens  nnd  des  Herzbentels.  057 

letznng  hervorrufen  (5  Fälle).  Dabei  ist  das  Pericard.  meisteDS 
in  seiner  ganzen  Länge  zerplatzt  (F.  441),  oder  der  Riss  doch 
wenigstens  sehr  gross  (13  Gtm.  lang,  10  Gtm.  breit,  F.  439), 
und  es  ist  nicht  selten,  dass  das  Herz  dabei  einen  leichten  Yor- 
spning  bildet  (F.  438).  Es  gehOrt  dahin  anch  die  wahrschein- 
liche Dislocation  des  Herzens  nach  rechts,  wobei  ein  Riss  im 
Herzbeutel  nnd  der  Pleura  vorauszusetzen  ist  (F.  444).  In  allen 
diesen  Fällen  waren  gleichzeitig  Fracturen  an  den  Rippen  oder 
am  Stemum,  welche  den  Herzbeutel  zerrissen  hatten. 

Auf  der  anderen  Seite  kommen  bei  denselben  Ursachen 
Rupturen  des  Herzens  ohne  Herzbeutelverletzung  vor; 
(5  Fälle:  383,  396,  401,  402,  408).  Dass  das  Intactbleiben  des 
Herzbeutels  in  ungefähr  der  Hälfte  aller  Fälle  stattfinde  (Gam- 
gee,  citirt  von  A.  Poland),  ist  zu  weit  gegriffen.  An  diese 
und  die  zuletzt  erwähnte  Gruppe  reihen  sich  die  frfiher  ange- 
fahrten (Seite  649)  Zerreissungen  in  Folge  einer  Schassver- 
letzang. 

3)  Bluterguss  in  den  Herzbeutel,  Pericarditis. 
Im  Herzbeutel  findet  sich  theils  flfissiges,  theils  dunkel  geronne- 
nes Blut  meist  in  grosser  Menge,  so  dass  derselbe  um  das  Vier- 
fache ausgedehnt,  über  die  angrenzende  Lunge  hinweggespannt 
liegen  kann.  Selbst  aus  einem  3'"  grossen  Riss  im  rechten 
Herzohr  hatte  sich  viel  Blut  zwischen  Pericard.  und  Sternum  an- 
gesammelt. Selten  findet  sich  im  Herzbeutel  gar  kein  Blut, 
wenn  es  in  die  Pleurahöhlen  abgeflossen  ist,  und  war  derselbe 
dabei  leicht  bläulich  gefärbt  Die  Blutung  fehlt,  wenn  die  Rup- 
tur im  Septum,  also  im  Inneren  des  Herzens  liegt.  —  Eine  Peri- 
carditis im  Gefolge  einer  Ruptur  kam  nicht  vor,  da  der  Tod  zu 
frühzeitig  eintrat. 

4)  Vernarbung.  Eine  Vernarbung  der  Ruptur  ist  nicht 
beobachtet  Dagegen  hat  man  einen  Sehnen  fleck  von  der 
Grösse  eines  Franken  auf  der  vorderen  Herzfläche  gefunden  und 
ihm  gegenüber  2  eingedrückte  Rippenknorpel,  welche  bei  einer 
Fractur  das  Herz  insultirt  und  ihre  eingedrückte  Lage  behalten 
haben;  der  Herzbeutel  war  dabei  unverändert  (F.  443).   Es  liegt 


358  ^r,  Georg;  Fischer, 

nahe,  diesen  Fall  für  eine  Heilung  einer  traumatischen  Irritaticm 
der  Herzoberfläche  anzusehen.  Jedenfalls  hat  er  das  Interesse, 
der  von  Friedreich*)  aufgestellten  Yermuthnng,  dass  Sehnen- 
flecke,  als  Wucherungen  und  Hyperplasieen  des  pericardiiden  und 
subpericardialen  Bindegewebes,  die  Effecte  eines  pechaiiischeD, 
die  Herzoberfläche  treffenden  Irritans  sind,  eine  gewisse  Sicher- 
heit zu  geben.  Die  Ansicht  wird  dadurch  unterstützt,  dass  die 
Sehnenflecke  bei  ihrem  häufigen  Vorkommen  meist  an  Stellen 
des  Herzens  gefunden  werden,  welche  sxi  harten,  resistenten 
Theilen  der  Brustwand  angedruckt  sind,  indem  ihre  Lieblings- 
stellen am  rechten  Ventrikel  dem  unteren,  von  Lunge  nnbedeek- 
ten  Theile  des  Stemum,  am  linken  Ventrikel  dem  5.  Rippen- 
knorpel entsprachen. 

'5)  Wunde  der  Thoraxwand.  In  den  meisten  Fallen 
findet  man  auf  der  Haut  weder  eine  Wunde,  noch  eine  Sugilla- 
tion,  mögen  die  Verletzungen  am  Herzen  noch  so  gross  s^. 
Weniger  häufig  kommen  in  der  Herzgegend  Sugillationen,  kleioe 
Hautabschürfungen,  leichte  Contusionen  vor;  nur  einmal  fand  fdcb, 
als  eine  Wageijdeichsel  den  Kranken  gegen  eine  Mauer  gepressfc 
hatte,  eine  breite  schwarze  Ecchymose  an  der  Basis  der  Brost,  die 
sich  bis  oben  und  aussen  an  den  Schenkel  fortsetzte.  Dieses 
seltene  Vorkommen  der  Blutergüsse  in  der  Haut  wird  zam  Theil 
durch  den  sehr  oft  momentan  eintretenden  Tod  begünstigt,  wo- 
bei die  Herzaction  sofort  und  vollständig  aufhOrt,  so  dass  für  die 
Ecchymosirung  in  die  Gewebe  gar  keine  Zeit  übrig  ist.  Einmal 
war  die  linke  Brust  ganz  flach  gedrückt.  Desgleichen  sind  die 
Veränderungen  unter  der  Haut  nicht  allgemein,  es  gehören  dahin 
Blutextravasate  im  Unterhautzellgewebe,  unter  dem  Pectoralis 
major,  im  subpleuralen  Zellgewebe,  Zerreissungen  der  Intercostal- 
muskeln,  Emphysem. 

In  grosser  Anzahl  kommen  Fracturen  an  den  Rippenkochen 
und  -Knorpeln,  am  Brustbeine  vor  (unter  76  Fällen  44 mal), 
und  bringen  diese  theils  direct  durch  ihre  vorspringenden  Frag- 

*)  Krankheiten  des  Herzen».  Handbuch  der  epeciellen  Pathologie  nnd 
Therapie,  red.  von  Virchow.    V.  Bd.  II.  Abth.  1.  Lief.  1867.  S.  101. 


Deber  die  "VIFanden  des  Henens  und  des  Herzbeutels.  659 

mente  die  Ruptur  zu  Stande ,  nnter  welchen  Verhältnissen  die 
durch  EenlenscblSge  Hingerichteten  sterben  werden,  theils  be- 
stehen sie  nebenher,  ohne  Einflnss  auf  die  Ruptur.  Es  wurden 
27  Mid  Rippenfractureu  beobachtet,  unter  denen  12  directe  Ver- 
letzungen. Häufiger  waren  es  die  8.,  auch  wohl  die  5.  Rippe, 
welche  das  Herz  trafen.  Die  Fractur  liegt  meistens  dem  Her- 
zen gegenüber,  kann  im  Knochen ,  an  der  Verbindung  von  Kno- 
chen und.Knorpel,  oder  in  letzterem  selbst  stattfinden.  Die  Herz- 
wunde kam  auch  zu  Stande,  wenn  die  Rippen  weiter  seitwärts, 
an  der  Verbindung  der  beiden  hinteren  mit  dem  vorderen  Drittel, 
gebrochen  waren.  Das  verletzende  Fragment  springt  nach  innen 
vor,  ist  scharf,  spitz,  mitunter  wie  ein  Flötenschnabel  geformt; 
es  kann,  wie  vorhin  erwähnt,  in  der  Herzbeutelwunde  steckend 
angetroffen  werden.  Am  Herzen  kOnnen  von  den  Rippen  ver- 
schiedene Abschnitte,  vorne  und  hinten,  selbst  beide  Ventrikel, 
durch  ein  Fragment  getroffen  werden;  die  Wunde  ist,  wie  die 
im  Herzbeutel,  meist  1—2  *'  gross.  —  Die  Fracturen,  welche  nicht 
im  Zusammenhange  mit  der  Ruptur  stehen,  kamen  an  den  ver- 
schiedensten Rippen  vor:  es  können  alle  wahren  Rippen,  ja  sämmt- 
liche  Rippen  auf  einer  Seite  (F.  423.  424),  gebrochen  sein.  Be- 
stehen Doppelfracturen,  so  liegt  die  eine  hinten  in  der  Nähe  der 
Wirbelsäule,  die  andere  vorne  am  Stemum.  Unvollständige  Brüche 
sind  beobachtet,  bei  denen  aussen  keine  Gontinuitätstrennung 
sichtbar  war,  und  combiniren  auch  diese  sich  mit  vollständigen 
Fracturen.  Als  bei  einer  Section  keine  Rippenfractur  gefunden, 
am  Thorax  manipulirt  wurde,  brach  rechts  und  links  mit  Ge- 
räusch die  5.  Rippe,  wobei  im  Anfange  wahrscheinlich  der  Bruch 
incomplet  gewesen  war.  Es  ist  bemerkenswerth ,  dass  bei  Kin- 
dern mit  Rupturen  nur  2  Mal  Rippenbrüche  vorkamen,  was  durch 
die  grössere  Elasticität  ihrer  Brustwände  bedingt  sein  mag. 

Fracturen  der  Brustwand  wurden  17  beobachtet,  unter  de- 
nen in  11  Fällen  das  Fragment  die  Herzruptur  hervorgerufen 
hatte.  Man  findet  diese  Fractur  sowohl  im  oberen  Drittel,  in 
der  Mitte,  als  auch  dicht  über  dem  Proc.  xipboid.  liegen ;  es  ka- 
men sogar  3  Fracturen  an  demselben  Sternum  vor.     Meistens 


ggO  Dr.  Georg  Piseher, 

sind  es  einfache  Querbrüche,  mitanter  Gomminativbrficbe, 
welchen  letzteren  auch  nar  der  Herzbeutel  allein  serrisseo  ^] 
kann,  auch  konnte  nur  eine  Diastage  zwischen  dem  Mannbria 
und  dem  Corpus  vorliegen.  Bei  den  nicht  verletzenden  Stent^ 
brächen  besteht  keine  Disloeation.  Eine  Combination  von  Rf 
pen»  und  Brnstbeinbrüchen  ist  nicht  selten. 

Verletzungen  der  Gefltose  am  Thorax  sind  nicht  besondei 
erw&hnt. 

6)  Gleichzeitige  Verletzungen,  a)  Herzgefli^ 
und  grosse  Ge fasse.  Risse  in  den  Kranzarterien  sind  nkti 
anfgeflihrt.  An  der  Aorta  bestand,  nahe  an  ihrem  Austritte,  s 
der  Tnnica  externa  ein  Bluterguss,  neben  einer  Ruptur  des  lis- 
ken  Yorhofes  (F.  412),  sodann  ein  Riss  in  dem  aufsteigeodfc 
Theile,  neben  einem  Herzbeutelrisse  (F.  488),  und  drittens  m 
Zerreissung  der  Aortenklappen,  bei  einer  Ruptur  an  der  Bas* 
des  Herzens,  neben  der  Insertion  der  Aorta  (F.  384).  In  d^ 
Vena  cava  sup.  fanden  sich  bei  einer  Ruptur  des  rechten  Hen- 
obres  2  kleine  rothe  Flecken,  von  denen  der  eine  sart  dnrt^r 
löchert  war,  und  in  beiden  durch  die  Tunica  externa,  da,  wo  es» 
Intima  zerrissen  war,  das  Blut  durchschimmerte  (F.  398).  Ik 
Vena  cava  inf.  zeigte  einen  longitudinalen  Riss,  der  sich  be 
zum  rechten  Herzohre  fortsetzte  (F.  401);  eine  Ruptur  der  An 
pulmon.  bestand  neben  einer  Ruptur  des  linken  Ventrikel» 
(F.  388),  eine  solche  der  Ven.  pulmon.  neben  Ruptur  des  lin- 
ken Herzohres  (F.  408).  —  Mitunter  lag  der  Riss  unmittelbar  so 
der  Grenze  der  Gefässe  und  eines  Herzabschnittes,  so  zwisehei 
der  Vena  cava  sup.  und  rechtem  Herzohre  (F.  394),  und  giof 
ein  Riss  im  rechten  Ventrikel  quer  um  den  Rand  der  Art.  pul- 
mon. herum  (F.  374). 

Selbstständige  Zerreissungen  der  Herzklappen  kommen  in 
Folge  heftiger  Muskelanstrengungen  vor,  gehören  indess,  stm 
genommen,   hier  nicht  her.     Peacock*)   sammelte  deren  1' 


*)  Injarj  of  the  yaWes  of  the  heart  from  yiolent  mnsculzr  exertioc 
The  mooihly  Journal  of  medical  science.  Vol.  XV.  1852.  Edinburgh,  an ' 
On  some  of  the  canses  and  effects  of  valtolar  disease  of  the  heart  Lot- 
don.    1866.    p.  Si. 


Deber  die  Wunden  des  Herzens  nnd  des  Henbentels.  661 

Fälle  (10  Hai  Aortenklappen,  4  Mal  Mitralis,  3  Mal  Tricaspida- 
lis),  und  e0  sehien,  dass  präexistirende  Veränderungen  an  den 
Klappen  diese  Bisse  begfinstigten. 

b)  Lungen,  Blnterguss  in  den  Thorax.  Einrisse  der 
Lungen  sind  häufig.  Sie  können  einen  Rand,  einen  Lappen,  ja 
die  ganze  Lunge  einnehmen,  und  auf  6,  8  Stellen  Tertheilt  sein. 
Sie  sind  ebenso,  wie  die  Herzruptnr,  entweder  durch  einwärts 
gedrängte  Rippenfragmente,  oder  ohne  dieselben  entstanden.  An- 
statt einer  Ruptur  kommen  auch  leichte  Ecchymosen,  Anschop- 
pungen mit  schwarzem  Blute,  zumal  an  den  den  Rippenfracturen 
anliegenden  Stellen,  vor.  —  Neben  einer  nach  einer  Quetschung 
entstandenen  Pericarditis  kann  sich  gleichzeitig  eine  Pneumonie 
entwickeln. 

Blutergüsse  in  eine  oder  beide  Pleurahöhlen  sind  häufig,  und 
in  der  Regel  bedeutend;  mehrfach  kam  ein  Extravasat  im  Me- 
diast, antic.  vor,  während  in  der  Pleura  sich  kein  Blut  fand. 

c)  Baucheingeweide;  andere  Verletzungen.  Die 
Rupturen  an  Baucheingeweiden  sind  im  Ganzen  nicht  häufig.  Am 
meisten  disponirte  die  Milz,  zur  Ruptur,  welche  4  Mal  neben  der 
Herzruptur  allein,  und  3  Mal  mit  gleichzeitigem  Risse  in  der  Le- 
ber bestand.  Auch  letztere  Ruptur  kam  allein,  und  mit  Ver- 
letzung der  Lunge  vor,  zeigte  einmal  2  gesonderte  Risse.  Das 
Zwerchfell  ist  ca.  3  Mal  zerrissen  gefunden,  und  waren  dabei 
einmal  einzelne  Unterleibsorgane  durch  den  Riss  in  die  Brusthöhle 
versetzt.   Rupturen  an  Därmen  und  Nieren  sind  nicht  aufgezeichnet. 

Zu  den  übrigen  complicirenden  Verletzungen  gehören  Frac- 
turen  des  Schädels,  der  Wirbelsäule  mit  dem  Kreuzbeine,  Frac- 
tnren  und  Luxationen  des  Schlüsselbeines,  der  Extremitäten, 
Trennung  der  Symphysis  pubis  u.  s.  w. 

3)  Seltene  Fälle. 

Es  bleiben  noch  einige  Beobachtungen  übrig,  welche  von 
den  schlechthin  als  traumatische  Rupturen  aufgeführten  Fällen, 
wegen  ihrer  Seltenheit,  besonders  getrennt  zu  werden  verdienen; 
dahin  gehört  vor  Allem: 

a)  Ein    totales  Abgerissensein   des  Herzens   von 


662  I>r.  Georg  Fischer, 

den  groBsen  GefSssen.  Dasselbe  ist  6  Mal  beobachtet,  und 
waren  die  Ursachen  folgende:  eine  blosse  Erschütterong  mit  Fall 
in's  Wasser,  ohne  directe  Einwirkung  einer  Gewalt  (F.  420),  das 
Anschleudern  gegen  einen  Baum  (F.  422),  eine  Quetschung  Ton 
einem  einstürzenden  Eisengebälk  (F.  423),  ein  Sturz  von  40  Fugs 
Höhe  (F.  424),  das  Erfassen  von  einem  Kammrade  (F.  425), 
und  eine  Quetschung  durch  einen  zusammenfallenden  Baum 
(F.  426).  Das  Herz  war  yon  den  grossen  Gef&ssen  ganz  abge- 
rissen, und  lag  frei  in  dem  zerrissenen  Herzbeutel,  oder  ausser- 
halb desselben  frei  und  lose  in  der  Brusthöhle;  nur  einmal  hing 
es  noch  an  der  Vena  cava  inf.  fest,  und  waren  dabei  die  Rän- 
der des  Risses  ganz  scharf^  wie  abgeschnitten.  Das  Gewebe  des 
Herzens  konnte  fest,  derb  sein,  und  war  auf  der  Haut  meistens 
keine  Wunde  zu  sehen.  Als  ein  Unicum  steht  der  Fall  da,  wo 
das  abgerissene,  mehrfach  gebrochene  Herz  ans  der  aufgeplatzten 
Brusthöhle  10  Schritte  weit  wegflog  (F.  426).  Bei  allen 
diesen  colossalen  Verletzungen  waren  viele  Rippenbruche,  oder 
Rupturen  in  den  Lungen,  der  Leber,  Milz,  grosse  Blutergüsse 
vorhanden. 

b)  Eine  Dislocation  des  Herzens  nach  rechts  in 
Folge  einer  Quetschung  durch  ein  Wasserrad  (F.  444).  Der 
Kranke  war  sich  bewusst,  dass  vor  der  Verletzung  das  Herz  auf 
der  linken  Seite  geschlagen  hatte,  während  es  jetzt  rechts  vom 
Sternum  pulsirte. 

c)  Eine  Gompression  des  Herzens  durch  das  einge- 
drückte Fragment  eines  gebrochenen  Sternum,  ohne  dass  eine 
Herzwunde  dabei  vorlag  (F.  431). 

d)  Eine  Commotion  des  Herzens  durch  Sturz  eines 
Kornsackes  auf  einen  66  jährigen  Mann.  Dabei  war  in  der  rech- 
ten Wand  des  Herzbeutels  eine  thalergrosse  Sugillation,  in  der 
linken  Wand  des  Herzens,  vom  Atrium  bis  zum  Ventrikel  ver- 
laufend, ein  2"  langer,  ^'^  breiter,  sugillirter  Streifen  (F.  386> 
Hierzu  wird  auch  der  Fall  gehören,  wo  nach  einem  Sturze  vom 
Wagen  an  der  linken  Seite  das  Septum  im  Inneren  eine  Quet- 
schung „bruise'^,  so  gross  wie  ein  Kronenthaler  bestand  (F.  415). 


Ueber  die  Wunden  des  Herzens  nnd  des  Herzbentels.  663 

e)  Eine  nicht  penetrirende  Rnptar  am  Herzen. 
Dieselbe  kam  am  rechten  Ventrikel  vor,  als  ein  Fragment  vom 
Stemam  denselben  1''  lang  in  ^  seiner  Dicke  zerrissen  hatte 
(F.  379),  und  gehört  hier  ein  unter  Herzbeutelmpturen  aufge- 
zeichneter Fall  her,  wo  ohne  gleichzeitige  Fractaren  ein  ober- 
flächlicher, kaum  i'*'  tiefer,  klaffender  Riss  am  linken  Ventrikel 
bestand  (F.  391).  Auch  eine  als  Gontusion  des  Herzens  er- 
wähnte Beobachtung,  mit  einem  Risse  im  Pericardium,  bei  einer 
Fractur  des  Brustbeines,  ist  hier  anzureihen  (F.  432).  —  Der- 
artige oberflächliche  Einrisse  in  die  Muskelsubstanz,  bei  fehlender 
äusserer  Wunde,  finden  ihres  Gleichen  in  der  Beobachtung  von 
Führer  bei  einem  Hunde  (Seite  598). 

lY.    VreMde    Korper. 

Die  fremden  Körper  im  Herzen  und  Herzbentel,  wie  sie  als 
Complicationen  der  Herzwunden  gefunden  werden,  sind  der  besse- 
ren üebersicht  wegen  hier  besonders  zusammengestellt.  Die  Zahl 
derselben  beläuft  sich  auf  47,  und  bilden  die  grösste  Hehrzahl 
Nadeln  (18),  und  Kugeln  resp.  Schrot  (13),  während  nur  yer- 
einzelt  vorkamen :  ein  abgeplatztes  Stück  von  einem  Gewehrlaufe, 
ein  abgebrochenes  Degenende,  ein  Radirmesser,  ein  eisernes  Sti- 
let,  ein  eiserner  Stift,  Feile,  Zahnstocher,  Fischgräte,  Dorn  von 
Prunus  spinosa,  Holzsplitter  und  Holzpflock,  Papierpfropf,  Haare, 
Fasern  von  Leinwand,  Zahngebiss,  Knochenstück.  Zu  den  un- 
wahrscheinlichen Fällen  gehören  die,  wo  Brunnenkresse  und  ein 
Wurm  im  Herzen  gefunden  wurden.  Mitunter  waren  es  Stücke 
des  verletzenden  Instrumentes  (Degen,  Feile,  Nadel),  von  denen 
das  längste  5''  betrug,  während  die  Nadeln  meistens  ca.  l^Mang 
waren;  in  einigen  Fällen  mag  das  Instrument  erst  bei  der  ver- 
suchten Extraction  abgebrochen  sein.  Kugeln  werden  dann  im 
Herzen  anhalten  können,  wenn  sie  aus  grosser  Entfernung  kom- 
men, und  nicht  mehr  Kraft  genug  haben,  das  Herz  ganz  zu  durch- 
setzen. 

Die  fremden  Körper  dringen  meistens  von  der  Herzgegend 
durch  den  Thorax  ein,  entweder  direct  in\s  Herz,  oder  vermittelst 


664 


Dr.  Georg  FiBcher, 


Wanderung  durch  die  Langen  und  die  Venen.  Die  Möglichkeit 
der  Verletzung  durch  Wandemog  ist  bei  Nadeln  ganz  aioberge- 
etollt,  wo  die  Symptome,  welche  auf  eine  Herzwunde  deuteten, 
erst  sp&ter  eintraten.  Der  Weg,  den  die  Nadeln  bis  zum  Herzea 
eittflchlagen,  ist  nicht  möglich,  anzugeben.  Seltener  kommen  die 
fremden  Körper  aus  der  Speiseröhre,  aus  welcher  sie  direet  in 
die  Thoraxhöhle,  oder  erst  nach  Durchsetzung  des  Magens,  ia 
dieselbe  eintreten.  Diesen  Weg  haben  Nadeln,  eine  Fischgrite, 
Dom,  Zahngebiss  eingeschlagen.  L&sst  die  Anamnese  Zweifel 
darüber,  auf  welche  Weise  der  fremde  Körper  in's  Herz  gelangt 
ist,  so  kl&rt  meistens  die  Section  darüber  auf,  obwohl  es  aucb 
vorkommen  kann,  dass  man  weder  in  der  Snsseren  Haut,  noch 
in  dem  Herzen  und  der  Speiseröhre  Wunden,  resp.  Narben  siebt, 


IJebersIcht 


Lage   im  Herzen. 

No. 

Fremde  Körper. 

Bigenschaftea 

/rechter  Ventrikel. 

1. 

Nadel 

8'  lang. 

[            do. 

2. 

Nadel. 

— 

Ganz  in 
der  Wand. 

\           do. 

Jlinker  Ventrikel. 

3. 
4. 

Kneel. 
Nadel. 

2"  lang,    1-*  diek, 
oxydirt,    .abgebro- 
chen. 

f           do. 

5. 

Papierpfropf. 

— 

VSeptnm  ventr. 

6. 

Kngel. 

Zollgross. 

(rechter  Ventrikel. 

7. 

Zahnstocher. 

IV,  elfenbeinern. 

Llinker  Ventrikel. 

8. 

Feile. 

Abgebrochen. 

In  der 

1           do. 

9. 

Holzsplitter. 

— 

Wand  nnd 

/beide  Ventrikel. 

10. 

Nadel. 

— 

Höhle. 

j           do. 

11. 

Eisernes  Stilet. 

4"  lang,  2'"  dick. 

[rechtes  Herzohr. 

12. 

Nadel. 

1",  rnssig. 

1  Septam  ventr. 

13. 

Nadel. 

3  bis  4  Ctm. 

[rechter  Ventrikel. 

14. 

Kngel. 

Platt. 

i           do. 

16. 

Kngel. 

Platt 

In  der 

1           do. 

16. 

Kngel. 

— 

<           do. 

17. 

Schrot. 

— 

Hohle. 

]           do. 

18. 

Holzpfiock. 

3"  lang. 

1           do. 

19. 

Haare,  Leinwand. 

— 

[           do. 

'20. 

Dorn. 

4'"  lang. 

Ueber  die  Wunden  des  Henens  und  des  Herzbeutels. 


665 


so  dasB  die  Art  des  Eindringens  ungewiss  blieb  (F.  451).  — 
Dass  hierbei  Zweifel  entstehen  können,  ob  der  Körper  suftUig 
yerschlnckt  war,  oder  ein  Selbstmord  durch  Einstechen  von  aussen 
vorlag,  beweist  eine  Discussion  in  der  Academ.  de  m^dec.  (30. 
Juli  1833)  über  den  Fall  30,  wobei  die  Ansichten  der  Chirurgen 
getheilt  waren.  Auch  bei  Kugeln  kann  es  unbestimmt  bleiben, 
ob  sie  von  aussen  in's  Herz,  oder  von  innen  durch  Gef&sse  hin- 
eingekommen sind  (F.  366);  es  kann  sogar  das  Auffinden  der 
Kugel  im  Herzen  selbst  Schwierigkeiten  machen  (F.  342).  Beim 
Eintritt  durch  den  Thorax  kann  der  fremde  Körper  in  der  Tho- 
raxwand, im  Sternum,  in  den  Rippen  u.  s.  w.  stecken  bleiben, 
und  so  Herz  und  Herzbeutel  verwunden. 


der    fremden   Kfirper. 


Lebensdauer. 

Eintritt. 

Bemerkungen. 

Fall. 

18  Tage. 

? 

Herz  hypertrophisch.    Pericarditis. 

30. 

6  Jahre. 

Sternnm. 

Mit  Pfropfen  bedeckt. 

87. 

20  Jahre. 

Thorax. 

Hypertrophie,  Marbe,  Herz  mürbe. 

366. 

1  Jahr. 

? 

Eingekapselt. 

41. 

7  Stnoden, 

Thorax. 

• 
Fallt  \  der  Ventrikelwand  aus. 

334. 

12  Tage. 

Thorax. 

Eingekapselt,  Pericarditis. 

342. 

lObisldStooden. 

? 

Selbstverwnndnng  des  Ventrikels. 

17. 

21  Tage. 

Thorax. 

— 

18. 

47  Tage. 

«. 

.— 

19. 

9  Monate. 

Thorax. 

Kopf  im  rechten,  Spitze  i"  im  linken 
Ventrikel. 

22. 

20  Tage. 

Thorax. 

Fest  im  Herzen,  Spitze  im  rechten  Ventr. 

21. 

Lange  Zeit. 

Speiseröhre  ? 

Fest  im  Herzen,  Aneurysma  aort.  desc. 

23. 

? 

? 

Umgeben  von  Fibrin. 

42. 

Einige  Jahre. 

Thorax. 

Narbe  im  Herzen. 

364. 



Thorax. 

Ans  der  Art.  pulmon.  hineingefallen. 

317. 

6  Jahre. 

Thorax. 

Eingekapselt,  Herznarbe. 

303. 

67  Tage. 

Thorax. 

Frei,  Hypertrophie,  Herznarbe. 

316. 

5  Wochen. 

Thorax. 

Schnss;  durch  Lunge,  Vena  cava  n.  s.  w. 

815. 

26  Tage. 

Thorax. 

Schuss. 

862. 

1|  Jahre. 

Speiseröhre. 

Frei,  mit  Fibrin  bedeckt,  Ilerznarbe. 

38. 

666 


Dr.  Georg  Fisehtr, 


Lage  im  Herzen. 

No. 

Fremde  Körper. 

Eigenscliafteii. 

In  der  ^ 
Höhle. 

do. 
linker  Ventrikel 

do. 
do. 
do. 
rechtes  Herzohr. 
do. 

21. 
22. 
23. 

24. 
25. 

26. 

Knochen. 

Nadel 

Nadel 

Kugel 

Stack  vom  Gewehr. 

Schrot  (oben  17.). 

Degenende. 

Ik"  lang. 

Lang. 

Lang. 

5''  lang. 

Herz  ganz  durchbohrt,  J 

27. 
28. 

Radirmesser. 
Radirmesser. 

— 

Unbestimmt  im  Herzen.   | 

29. 
30. 

Fischgräte. 
Nadel. 

Hf"  lang,  scharf 

Im  Herzbeutel    \ 

31. 

82. 

33. 
34. 

35. 
36. 

Nadel 

Kugel 
Kugel 
Kugel 

Kugel 
Papierpfropf  (oben 

Goldplatte. 

U"  lang. 

2"  lang,  1"  breit 

Aussen  anf  dem  Herzbeutel. 

37. 

Kugel. 

Klein. 

im  Rippenknorpel 
zwischen  Rippen. 

In  der                 do. 
Thorax-  <2^i8clion    Rippen    nnd 
^     , .    1    öternum. 
W»Dd.    J           do.        do. 

Mm  Sternum. 

[unter  der  Haut 

38. 

89. 

40. 
41. 

42. 
43. 
44. 

Nadel 
Nadel 

Nadel 
Nadel 

Nadel 

Eiserner  Stift. 
Nadel 

l"  10'"  lang. 

34  Gtm.  lang. 
1"  lang. 

W  lang. 
1"  lang. 

öGtm.lang,llMfliaL 
dick. 

In  den  Lungen. 

45. 

Nadeln. 

2  Stück.             _ 

Ni 

1  c  h  t  r  a  g. 
im  Herzbeutel 
in  der  Wand   des  lin- 
ken Ventrikels. 

46. 
47. 

Nadel 
Kugel 

— 

Deber  die  Wanden  .des  Henens  and  des  Henbenteb. 


667 


LfCbensdaner. 

Eintritt 

Bemerkangen. 

FaU. 

8  Tage. 

lO  Wochen. 
7   Wochen. 

22  Standen. 

Speiseröhre? 
Speiseröhre. 
Speiseröhre? 

Thorax. 
Thorax. 

Thorax. 

Herz  mehrfach  darchstochen. 

Tod  darch  Gangrän  des  Beines. 

Beim    Hingerichteten,    keine    ftassere 

Wunde. 
Dnr<h  die  Vena  palmon. 
Beim  Platzen  des  Gewehres. 

In  die  Lange  hinein. 

117. 
39. 
40. 

833. 
326. 
316. 
200. 

4  Tage. 
6  Tage. 

Thorax. 
Thorax. 

— 

217. 
218. 

3  Monate. 

Speiseröhre. 
Thorax. 

Verletzang   des    Magens,   Zwerchfelles, 

Vena  coron.  a.  s.  w. 
Hypertrophie  des  Herzens,  Adhäsionen. 

25. 
43. 

Einige  Tage. 

24  Standen. 
14  Tage. 
44  Standen. 

52  Jahre. 
5  Tage. 

Speiseröhre. 

Thorax. 
Thorax, 
lliorax. 

Thorax. 
Speiseröhre. 

Frei,  Riss  im  rechten  Ventrikel,  Coro- 

nargefösse. 
Oberflächliche  Erosion  des  rechten  Ventr. 
Frei,  Verletzang  des  rechten  Ventrikels. 
Frei,  Verletzang  des  rechten  Ventrikels, 

aasgestossen. 
Eingekapselt,  Adhäsionen. 

Zähne  in  der  Speiseröhre,  Pericarditis. 

29. 

318. 
812. 

309. 

367. 
809. 

257. 

3  Standen. 

Thorax. 

Pericardium  anverletzt,  Verletzang  des 
rechten  Ventrikels. 

308. 

6  bis  7  Wochen. 
Momentan? 

10  bis  12  Std. 

1  Stande. 
12  Jahre. 
9^  Monate? 

\   Thorax. 

Verletzg.  d.  Pericard.  a.  d.  Herzoberfläche. 
Verletzang  des  Pericardiam  and  rechten 

Ventrikels,  nicht  penetrirend. 
Extrahirt,  Heilang. 
Verletzg.  d.  recht.  Ventr.,  nicht  penetrird. 

Verletzang  der  Aorta,  des  "Pericardium 
Verletzang  der  Herzbasis. 
Extraction,  Heilung. 

33. 
37. 

35. 

28. 

24. 
31. 
34. 

21  Tage. 

Thorax. 

Pericarditis,  Carditis. 

32. 

2  Tage? 
16  Tage. 

? 

8  Wunden  in  der  Aorta. 

451. 
452. 

T.  Langanbtek,  ArehlT  f.  Chirurgie.  IX. 


43 


668  Dr.  Georg  Fischer, 

Die  Tabelle  zeigt,  dass  die  meisten  fremden  EOrper  in  der 
Hoble  der  einzelnen  Herzabschnitte  (13)  angetrolFen  sind,  sodanc 
gleichzeitig  in  der  Wand  nnd  Höhle  (7),  in  der  Thoraxwand  (7), 
in  der  Herzwand  (7),  im  Herzbeutel  (7),  dnrch  das  ganze  Ben 
(2),  unbestimmt  (2),  auf  der  äusseren  Oberfläche  des  Herzbeu- 
tels (1),  von  den  Lungen  aus  (1). 
Der  fremde  Körper  liegt 

a)  vollständig  in  der  Wand  eines  Herzabschnit- 
tes, von  der  Herzmusculatur  umgeben.  In  dieser  Weise  fand 
man  Nadeln,  Kugeln  und  einen  Papierpfropf  sowohl  im  rechten. 
linken  Ventrikel,  als  im  Septum.  Meistens  war  die  Wnnde  nicht 
penetrirend,  so  dass  die  Herzhöhle  nicht  geöffnet  war,  oder  der 
fremde  Körper  lag  im  Wnndcanal  einer  penetrirenden  Wunde. 
In  jenen  Fällen  hat  die  Verletzung  im  Allgemeinen  weniger  6^ 
fahr,  als  bei  anderen  Lagen,  da  sie  in  geringerem  Grade  die 
Functionen  stört,  und  es  kam  vor,  dass  die  Kranken  noch  6, 
20  Jahre  lebten.  Bei  längerem  Aufenthalte  sind  die  Nadeln  oxy- 
dirt  Sie  sowohl,  als  die  Kugeln,  können  von  einer  Cyste  in  der 
Herzwand  umgeben,  oder  mit  Pfropfen  bedeckt  sein.  Das  Ben 
wird  hypertrophisch,  auch  mürbe,  und  ist  Pericarditis  mitonttf 
die  Todesursache. 

b)  in  der  Wand  eines  Herzabschnittes,  während 
ein  Ende  des  Körpers  in  die  Herzhöhle  hineinragt. 
Diese  Lage  kam  am  rechten,  linken,  beiden  Ventrikeln,  am  rech- 
ten Herzohre,  dem  Septum  ventr.  vor.  So  kann  z.  B.  der  Kopf 
einer  Nadel  in  der  Wand  des  rechten  Ventrikels  liegen,  dieselbe 
das  Septum  durchbohren  und  ihre  Spitze  V'  ^  ^i®  Höhle  des 
linken  Ventrikel  hineinragen.  Man  fand  in  dieser  Lage  Nadeloi 
Feile,  Stilet,  Zahnstocher,  Holzsplitter,  indess  keine  Kugeln.  Bei 
dem  Hineinragen  in  die  Höhle  kommt  es  bei  spitzen  Körpern 
vor,  dass  der  Ventrikel  bei  seinen  Contractionen  sich  selbst  ao 
der  Spitze  des  Instrumentes  mehrfach  verwundet.  Die  Spitze  ist 
oft  mit  Fibrin  umkleidet.  Der  Körper  liegt  entweder  nur  locker 
in  dem  Gewebe,  so  dass  er  leicht  zu  extrahiren  ist,  oder  er  steckt 
10  fest,  dass  er  nur  mit  Gewalt  herauszubefftrdem  ist,  und  seine 


Ueber  die  Wanden  des  Herzens  and  des  Henbeatels.  696 

Lage  sieb  bei  den  Terschiedensten  Bewegangen  nicht  änderte 
Bei  der  gewaltsamen  Extraetion  zerbrach  eine  Nadel  in  3  Stflcke, 
nnd  wurde  sie  gans  oxydirt  gefanden.  Als  Folge  der  Verletzung 
kam  ein  Aneurysma  der  Aorta  descend.  vor,  welche  in  ihrem 
unteren  Theile  von  einer  Nadel  angestochen  war.  —  Bei  dieser 
Lage  wird,  sumal  wenn  die  Wunde  eine  zur  Herzaxe  schiefe 
Richtung  hat,  der  Tod  sich  yerzögern  können,  und  es  ist  bemer- 
kenswerth,  dass  ein  eisernes,  4''  langes  Stilet,  welches  beide  Ven- 
trikel verletzt  hatte,  den  Tod  erst  nach  20  Tagen  herbeiführte. 
Es  hatte  alg  Tampon  gewirkt,  indem  die  Muskelfasern  sich  fest 
zusammendrängten  und  so  den  Blutaustritt  verhinderten. 

c)  in  einer  Herzhöhle.  Bei  dieser  h&ufigsten  Lage  steht 
der  rechte  Ventrikel  (8)  obenan,  seltener  lagen  die  Körper  im 
linken  Ventrikel  (4),  im  rechten  Herzohre  (1;  gleichzeitig  im 
rechten  Ventrikel  1).  Eine  Beobachtung  vom  linken  Vorhofe 
fehlt,  die  Schussverletzungen  lieferten  die  meisten  Fälle  (8)  und 
wurden  Kugeln,  Schrot,  ein  Holzpflock,  ein  Stück  eines  Gewehr- 
laufs, Haare  und  Leinewand  hineingeschossen;  die  übrigen  Fälle 
betrafen  Nadeln,  einen  Dorn,  Knochenstück  und  ein  Degenende, 
welches  letztere  5'Mang  bis  in  die  Lungen  hineinragte.  Die  Kör- 
per liegen  entweder  frei  in  der  Höhle,  oder  sind  von  einer  Binde- 
gewebshülle eingekapselt  und  adhäriren  an  den  Wänden,  wo  sie 
mit  Fibrin  überzogen,  von  Sehnenfäden  und  Fleischsäulen  über- 
kreuzt, in  ihrer  Lage  festgehalten  werden;  die  Herzwunde  ist, 
wenn  der  Tod  später  eintritt,  vernarbt,  das  Herz  selbst  mitunter 
hypertrophisch  und  dilatirt.  Die  innere  Oberfläche  der  Höhle 
war,  als  Schrotkömer  frei  im  rechten  Ventrikel  lagen,  mit  einer 
Menge  brauner  Papillen  ausgekleidet,  so  dass  sie  einer  Ochsen- 
zunge ähnlich  war.  —  Die  Fälle,  in  welchen  Kugeln  nach  meh- 
reren Jahren  im  Herzen  gefunden  wurden  (F.  363,  364),  wer- 
den von  Meckel*)  und  Beck**)  in  einer  durchaus  annehm- 


*)    Bei   Landsberg,    Oppenheim,    Zeitschrift    für  die  geiammte 
MediciD.    1850.    ApriL    S.  417—440. 

*•)  Sefausswonden.    1850.    S.  180. 

48* 


670  ^^*  Georg  Fischer, 

baxen  Weise  erklärt;  da  es  sich  schwer  begreifen  lässt,  am, 
wenn  die  IKugel  sofort  in  die  Herzhöhle  eingedrungen  und  das 
Blut  nachgestfirzt  ist,  das  Leben  sieb  längere  Zeit  hindurch  er- 
halten kann,  so  ist  es  wahrscheinlich,  dass  dieselbe  anfangs  tief 
in  die  Ventrikelwand  eindringt  und  hier  in  der  Weise  feststecken 
bleibt,  dass  ihre  vordere  Fläche  in  die  Herzhöhle  hineinragt  and 
so  als  Tampon  vorerst  den  Blutaustritt  verhindert.  Die  hinter 
ihr  liegende  Herzwand  kann  sich  mit  Exsudat  füllen,  verschliessen 
und  schliesslich  vernarben,  während  die  Kugel  durch  die  Cod- 
tractionen  bei  der  Systole,  durch  den  Druck  der  Fasern  allmälig 
weiter  nach  einwärts,  gegen  die  Herzhöhle  hin,  und  schliesslicli 
vollständig  in  dieselbe  hineingedrängt  wurde.  Eine  solche  Mög- 
lichkeit ist  nicht  abzuweisen,  da,  wie  vorhin  erwähnt,  Kugeln  ifl 
der  Herzwand  sitzen  bleiben  können,  ohne  dass  bei  der  Sectioo 
eine  Eröffnung  der  Herzhöhle  angetroffen  wird.  —  Nicht  immer 
drangen  bei  Schussverletzungen  die  fremden  Körper  direct  darcli 
die  Herzwand  ein,  es  konnten  die  Kugeln  zuerst  die  Art  pul- 
monalis,  vielleicht  auch  die  Yen.  pulmon.  perforiren  und  so  in 
die  Herzhöhlen  gelangen;  ein  durch  Schnss  eingedrungener  Holz- 
pflock schien  sogar  durch  die  Yen.  cava,  das  rechte  Herzohr,  in 
den  rechten  Yentrikel  gelangt  zu  sein,  dabei  waren  die  äussere 
Herzwand  und  der  Herzbeutel  unverletzt.  Die  Möprlichkeit  einer 
solchen  Wanderung  durch  die  Gefässe  wird  durch  die  erwähnte 
Beobachtung  an  einem  Hunde  (Seite  600),  wo  ein  Stückchen  Holx 
in  die  Yena  saphena  eingeführt,  in  den  rechten  Yentrikel  ge- 
langte, bewiesen*  Es  ist  wahrscheinlich,  dass  auch  im  Falle  36C 
die  Kugel  von  Innen  her  in  den  rechten  Yentrikel  gedrungen  ifii 
da  aussen  am  Herzen  keine  Spur  einer  Narbe  gefunden  wurde. 
Dabei  lag  sie  jedoch  nicht  frei  in  der  Herzhöhle,  sondern  einge- 
kapselt in  der  Wand  des  rechten  Yentrikel,  und  wird  durch  das 
Endocardium  sich  in  die  Musculatur  eingedrängt  haben,  unter 
dieser  Yoraussetzung  würde  sie  wohl  aus  der  Yena  cava  super, 
in  den  rechten  Yentrikel  gekommen  sein  und  ist  es  nicht  notii- 
wendig,  dass  sie,  daselbst  angekommen,  durch  den  Blutstrom  in 
die  Art.  pulmonalis  fortgetrieben  wurde;  indem  sie  von  Fleisch- 


Ueber  die  Wanden  des  Herzens  and  des  Herzbeutels.  671 

B&ulen,  Sehaenfäden,  in  ihrer  Lage  festgehalten  werden  kann. 
Als  im  rechten  Ventrikel  und  dem  rechten  Herzohre  gleichzeitig 
Schrotkörner  gefanden  warden,  die  innere  Oberfläche  des  letz- 
teren aber  nicht  verletzt  war,  schien  es,  dass  der  Schrot  auf 
endocardialem  Wege  vom  Ventrikel  in  das  Herzohr  gelangt  war. 
Von  der  Speiseröhre  aus  hatten  sich  Nadeln,  ein  Dorn,  wahr- 
scheinlich aach  das  Enochenstuck  bis  in  die  Herzhöhle  weiter- 
gearbeitet und  der  Dom  Veranlassung  zu  einem  Pericardialstein 
gegeben.  —  Mehrfach  wurden  diese  Verletzungen  zufällig  in  der 
Leiche  gefunden,  indem  sie  während  des  Lebens  gar  keine  Er- 
scheinungen gemacht  hatten,  und  war  eine  den  Tod  bedingende 
Gangrän  des  Beines  wahrscheinlich  eine  Folge  von  Embolien, 
die  von  Thromben  im  linken  Ventrikel,  in  welchem  eine  Haar- 
nadel lag,  entstanden  waren.  —  Der  Tod  erfolgte  in  seht  ver- 
schiedener Zeit,  zwischen  wenigen  Wochen  und  mehreren  Jahren. 

d)  ganz  durch  das  Herz  hindurch.  Es  wird  diese 
Lage  von  einem  Radirmesser  beschrieben,  welches  einmal  mit 
einem  Ziegelstein  in  die  Brust  getrieben  war  (Es  ist  möglich, 
dass  die  Fälle  217  und  218  gleich  sind,  obwohl  einige  Verschie- 
denheiten vorkommen). 

e)  unbestimmt  im  Herzen  lagen  eine  Nadel,  wobei  das 
Herz  hypertrophisch  geworden  war,  und  eine  Fischgräte,  welche, 
von  der  Speiseröhre  eingedrungen,  Magen,  Zwerchfell,  Herzbeu- 
tel, das  Septum  und  eine  Vena  coronar.  verletzt  hatte ;  das  stumpfe 
Ende  derselben  lag  noch  im  Magen. 

f)  im  Herzbeutel  fand  man  Kugeln  (4),  eine  Nadel  (2), 
Papierpfropf  und  eine  Goldplatte  von  einem  Zahngebiss.  Die 
Kugeln  lagen  meistens  frei  im  Herzbeutel  und  hatten  den  rech- 
ten Ventrikel  entweder  oberflächlich  corrodirt,  oder  in  ihm  eine 
penetrirende  Wunde  hervorgebracht,  wobei  die  Kugel  durch  die 
Herzcontractionen  wahrscheinlich  aus  der  Herzhöhle  wieder  zu- 
rück in  das  Pericardium  gestossen  war.  Die  längste  Lebensdauer 
war  14  Tage.  Einmal  war  die  Kugel  eingekapselt  und  fanden  sich 
dabei  alte  Adhäsionen,  die  auf  spätere  Pericarditis  hindeuteten; 
der  Kranke  lebte  noch  52  Jahre  nach   der  Verletzung  und  war 


672  I>r-  Georg  FiBcher, 

▼on  einer  Herzwunde  nichts  tu  sehen.  Der  Papierpfiropf,  wel- 
cher durch  einen  Schuss  eingedrungen  war^  schwamm  im  Blut, 
das  sich  im  Herzbeutel  angesammelt  hatte,  umher;  eine  Nadel 
und  Goldplatte  waren  verschluckt  worden  und  hatte  erstere  des 
rechten  Ventrikel  und  die  Goronargeftsse  verletzt,  lag  mit  der 
Spitze  im  Herzbeutel,  mit  dem  Oehrende  in  der  Pleurahöhle;  eine 
andere  Nadel,  deren  Eingang  unsicher  war,  hatte  in  der  Aorta 
3  kleine  Wunden,  auf  welchen  Ecchymosen  lagen,  liervoi^ebraeht, 
und  war  ans  ihnen  eine  starke  Blutung  in  den  Herzbeutel  er- 
folgt; die  2"  lange  Goldplatte  brachte  eine  tOdtliche  Pericarditis 
zu  Wege,  und  lagen  die  Z&hne  derselben  in  der  Speiseröhre. 

g)  aussen  auf  dem  Herzbeutel,  welcher  unverletzt  war, 
wfthrend  im  rechten  Ventrikel  eine  Wunde  bestand,  lag  frei  eine 
kleine  Bleikugel  und  ist  die  Erkttrung  dieses  Falles  auf  Seite  648 
nachzusehen. 

h)  in  der  Thorax  wand  festsitzend  waren  unter  den  7  Fäl- 
len 6mal  Nadeln  und  Imal  ein  eiserner  Stift,  welche  von  den 
angegebenen  Punkten  aus  das  Herz,  den  Herzbeutel  und  die 
Aorta  verletzten.  In  2  F&Uen  erfolgte  eine  Extraction  der  Nadel, 
worauf  Heilung  eintrat,  die  Verletzung  des  Herzens  beruhte  da- 
her nur  auf  Vermuthung. 

i)  Vor  den  Lungen  steckend  hatten  2  Nadeln  eine  Peri- 
carditis und  Garditis  hervorgerufen,  und  waren  ihre  Spitzen  nach 
dem  Herzbeutel  zu  gerichtet. 

Es  bleiben  noch  2  Beobachtungen  übrig,  welche  den  Stem- 
pel der  ünwahrscheinlichkeit  an  sich  tragen  (F.  118),  und  be- 
ziehen sich  dieselben  auf  vorgefundene  Brunnenkresse  und  einen 
Wurm  im  Herzen.  Jener  Fall  stammt  aus  dem  Jahre  1670; 
dieser  scheint  nicht  viel  jünger  zu  sein,  und  werden  beide  sich 
dahin  erklären  lassen,  dass  bei  den  in  damaliger  Zeit  roher  aus- 
geführten Sectionen  Kresse  und  Wurm  unbemerkt  aus  dem  auf- 
geschnittenen Hagen  in  das  Herz  gelangt  sind. 

Schliesslich  sei  erwähnt,  dass  Kugeln,  nachdem  sie  das  Herz 
verletzt  haben,  an  verschiedenen  Stellen  der  Brust  u.  s.  w.  wie- 
dergefunden werden;  man  fand  sie  mehrfach  in  den  Lungen,  wo 


Deber  die  Wondon  des  HonenB  and  des  Eenbeutels. 


673 


sie  eine  Entzfindnrg  veranlasst  hatten,  in  der  Pleurahöhle,  zwischen 
den  hinteren  Rippen,  Rüokenmnskeln,  auf  der  Kiere.  Eine  Kugel, 
welche  in  die  Vena  cava  gedrungen  war,  wurdo  am  Ursprung 
der  Iliaca  entdeckt  (F.  311).  Auch  konnte  sie  bei  fehlender 
Ausgangsöffcung  nicbt  gefunden  werden. 

Es  geht  aus  der  Beschreibung  hervor,  dass  die  fremden 
Körper  an  den  verschiedensten  Stellen  im  Herzen  und  Herzbeu- 
tel liegen  und  die  Art  ihrer  Verletzung  eine  durchaus  verschie- 
dene sein  kann.  Blutungen  in  den  Herzbeutel,  Pericarditis  sind 
häufig  die  unmittelbaren  Folgen,  obwohl  ein  verhältnissmässig 
grosser  Theil  der  Fälle  in  Heilung  endigt,  die  mitunter  durch 
die  Extraction  vermittelt  ist.  Im  üebrigen  sind  die  Fälle  selten, 
wo  der  im  Herzen  steckende  Körper  in  der  äusseren  Wunde 
sichtbar  ist.  Sitzen  sie  in  der  Thoraxwand,  so  bleiben  sie  häufig 
anentdeckt,  und  es  ist  eine  Ausnahme,  wo  eine  Nadel  aussen 
einen  kleinen  Vorsprung  machte,  der  eine  mit  dem  Herzen  syn- 
chronische  Pulsation  zeigte  (F.  24). 

Sitz  der  Weichtheilwande. 
Die  Lage  der  äusseren  Wunde  hat  einen  besonderen  Werth 
fBr  die  Diagnose  der  Herzwunden,  und  wird  die  etwas  ausge- 
dehnte Beschreibung  dadurch  gerechtfertigt,  obwohl  sie  nur  einen 
Anhaltspunkt  bietet,  ohne  eine  absolute  Sicherheit  zu  gewähren. 
Die  verschiedene  Richtung,  welche  das  Instrument  nimmt,  die 
angleiche  Lage  des  Herzens,  welche  bald  höher,  bald  tiefer,  nach 
vorausgegangenen  Krankheiten  wechselt,  werden  modificirend  ein- 
wirken. 

Linke     Seite. 


Zwiiicben : 

Entfernt 

vom 

Steraalrande. 

s 

> 

i 

o 

a 

5» 

GeflBsep 

geweide. 

1—3.  Rippe. 
4o- 

do. 
>urch  a.  Hippe. 

Nahe. 
2Ctni. 

8 

1 
1 

i 

1- 

.— 

1 

1 

i 

Art,  fmlm,  1 

674 


Dr.  Georg  Fischer, 


Zwischen  r 

EDtfenjt 

vom 

Stcmülraade. 

1 

>• 

X 

ii 

^ 
J 
Ä 

1 

? 

f 

Gefäss«. 

3—4.  Rippe. 

do. 
Durch  4.  Rippe. 
4-*5.  Rippe. 

do. 

do. 

do. 

do. 

do. 

do. 

do. 
Durch  5.  Rippe. 

5—6.  Rippe. 

do. 

do. 

do. 

do. 
4.,  5.  Q.  6.  Rippe 
Durch  6.  Rippe. 

do. 
6—7.  Rippe. 

do. 

do. 

do. 

do. 
7-8.  Rippe. 

Dicht 
ICtm. 

IV'. 

2"  von  d.  MiUe. 

8V'. 

5"  TOD  d.  MiUe. 

Dichr 

14". 

2". 

3"  von  d.  Mitte. 

Nahe. 

Dicht 

Dicht. 

3"  Ton  d.  Mitte. 
10Ctm.y,d.Mitte. 

Einige  Linien. 

2 

1 
2 
1 

1 

4 

1 
1 
3 

1 
5 

2 

4 

1 
4 

1 

1 
8 
1 

1 

9 

1 

1 

2 

1 
8 

1 

1 
1 
1 

3 

1 

1 

1 
1 

1 

2 

1 

1 
1 

1 

2 

1 

— 

2 

1 

3 
2 

1 

2 

1 

3 

1 

2 

1 

Art.  pnlm.  1 
Aorta  1 

Aorta  2. 
Art.  coron.  1. 

Aorta  L 

Zwcrdiffr 

Müll' 

Zwercbfe. 

Zirerci:V 
Zwerdie. 

Linke    Warze. 


Warze. 
Neben. 
Unter. 

.       4". 

.      t". 

.      1". 

.      IV'. 

.        2". 

^   1  Qaerhand. 
Ueber. 

14  Otm. 
Zwischen   Stern. 

und  Warze. 


Art  coron.  1. 


Art  coron.  1. 


lieber  die  Wanden  des  Herzens  and  des  Herzbeutels. 
Rechte    Seite. 


675 


Zwischen 

Entfernt 

Tom 

Sternahrande. 

< 

r 

< 

1 

1 

5« 

s 

0 

? 

1 

Gefässe. 

Banch- 
eingeweide. 

Dnrch  2.  Rippe. 
2-3.  Rippe. 

do. 

3 — 4.  Rippe. 

4—5.  Rippe. 

do. 

do. 
5—6.  Rippe. 
Darch  6.  Kippe. 
7—8.  Rinne. 
Unter  d.  falsch  R. 
Unter  d.  Schulter. 
Unter  d.  Cla^ic. 
Zw.  R  n.  Sp.  ilei. 

2". 

2"  von  d.  Mitte. 

1 

2 
1 
2 
2 

1 
1 

— 

1 

1 

2 
1 

1 

2 

1 

— 

1 

1 
1 

1 

(Aorta  1. 
gr.  Gef.  1. 
Ven.cavasup. 

Venacay.l. 

Aorta,Arter. 

pulmon.  1. 

Art  coron.  1. 
Vena  cava  1. 

Oesophag.  1. 

Zw.  Magen  1. 

Zw.  Leber  1. 

Oesophag.   1. 
Leber  1. 

Rechte    Warze. 


1"  unter 
2-     . 
2"  Ton 

2''  aussen 


I 

I 

I  1 
1 

|1 


S  t  e  r  n  u  m. 


Durch  d.  Ster- 

num. 
Oben. 
Links  au  niTcau 

der  4.  Rippe. 
Links  au  niveau 

der  6—6.  R. 
Linke  Mitte. 
Rechts  au  niveau 

der  5.  Rippe. 

Vom  Sternum. 

do. 

do.  > 

do. 

Aufd.Sternum. 


1". 

Nahe. 
3V"  rechts. 


I 


Aorta  1. 


Herzgegend   (?) 


2   3   2 


1    6    1 


676 


Dr.  Georg  Fiacher, 
Seite. 


\P:^  2 


CS 


ö=i 


3.1 


Geflsae. 


Banclh 

eingewtide 


L.  Achaelhöble.  ■— 
Unter  falsch.  1.R.I  2, 


»     I 


jVenapalm.  1 


Bauen 


Linka. 
do. 

do.     zwischen 
Proc.  xiph.  u.  R. 
Rechte   do.  do. 

Linka. 
Rechts. 

Proc.  xiphoidena. 
2"  über. 
8"  unter. 

Herzgrabe. 
Hypochondriom. 
Ueber  Nabel. 
Epigaatr. 

1 
8 

2 
2 

i 

1 
1 

1 
l 

1 

1 

1 

2 

1 

AorU  1. 

Leber,  PUuT 
fiIi,lfeRlil 
Leber  1. 

Leber,  Migl 

Zwerchfell  1 

Zwerchfell  i 

U  i  n  t  e  D. 


Eingang  4.  Wirbel  )  _ 

Ausgang  Ton  4—5.  Rippe.) 
Eingang  zwischen  5.  n.  6.  Rippe.) 
Ausgang  unter  d.  link.  Warze.  | 
Eingang  zwischen  7.  u.  8.  Wirbel. 
Eingang  unter  Scapnia  ) 

Ausg.  2"  hinter  d.  link.  Warze.) 
Ausgang  an  der  Herzspitze. 
Eingang  zwischen   Scapula  und 
WirbelnSule. 


Art  pulm.  1, 

Art.  coron.  1. 
Aorta  1. 


Fassen  wir  die  Uebersicht  enger  zusammen,  so  Tertheilte 
sich  die  Lage  in  ca.  300  F&Uen  in  folgender  Weise: 


r 

P   , 


ZW.  2 
durch 
zw.  3 
durch 

i  n-dnrch 

l'zw.  6 

durch 

zw.  6 

zw.  7 


8. 
2. 


1-8.  R. 

3.R. 
-4.  R.  13 

4.R.    6. 
-6.  R.  26.      - 

5.R.    3. 
-6.  R.  36.       - 

6.  R.    6.      - 
-7.  R.  2L 

.8.R.    7.      — 

unter  falsch.  R. 
verschieden 
127. 


Brust? 
25. 


Deber  die  Wanden  des  Henens  nnd  dea  Herzbentels.  g77 

Danach  erh&lt  man  165  Wnnden  linkfi,  38  rechts,  SO  am 
Sternnm  und  in  der  Herzgegend,  26  mit  unbestimmter  Lage  am 
Thorax,  mithin  im  Ganzen  258  Fälle,  wo  die  Wände  Torne  am 
Thorax  lag,  5  in  der  Seite,  26  am  Bauch,  11  hinten. 

üeberwiegend  liegen  die  Verletzungen  ?orne  auf  der  linken 
Seite,  obwohl  auch  vom  Bauch,  von  der  hinteren  Thoraxwand 
das  Herz  erreicht  werden  kann.  Von  den  Intercostalräumen, 
welche  dem  Instrument  zugänglicher  sind,  als  die  Rippen  selbst, 
kommen  im  5.  linken  die  meisten  Wunden  vor,  welchem  der  4., 
6.,  3.,  2.  folgte.  Äpf  der  rechten  Seite  zeigte  der  4.  die  meisten, 
sodann  der  3.,  5.,  2.,  7. 

Linke  Seite.  Zwischen  2..und  3.  Rippe  wurde  meistens 
der  rechte,  sodann  der  linke  Ventrikel,  das  Septum,  die  Art  pul- 
monah's  getroffen;  auch  würde  hier  das  linke  Herzohr  zugänglich 
sein.  —  Zwischen  3.-4.  Rippe.  Es  gehört  hierher  die  Ver<* 
letzung  der  Art  pulmonalis,  welche  bei  den  Ursachen  (Seite  617) 
näher  besprochen  ist.  Wfirde  der  rechte  Ventrikel  getroffen,  so 
konnte  leicht  beim  tieferen  Eindringen  des  Instrumentes  nach 
hinten  auch  der  linke  Ventrikel  verletzt  werden.  Bei  der  Dre- 
hung des  Herzens  um  die  Längsaxe  während  der  Systole,  wird 
der  linke  Ventrikel  hier  und  an  den  tieferen  Stellen  dem  In- 
stmment  zugänglicher  werden,  als  bei  der  Diastole.  Ein  Messer 
drang  oben  in  den  rechten  Ventrikel,  neben  dem  rechten  Herz- 
ohre, und  ging  durch  das  Septum  in  das  linke  Herzohr,  die 
Ven.  pulmon.  (F.  59).  Die  Aorta  konnte  bei  der  A^**  vom  Ster- 
nalrand  liegenden  Wunde  nur  getroffen  werden,  wenn  das  In- 
strument schräg  nach  rechts  verlief  (F.  168). 

4.  Rippe.  Ventrikel  wurden  2mal  in  gleicher  Entfernung 
von  der  Warze  und  dem  linken  Sternalrande  verletzt. 

Zwischen  4.  und  5.  Rippe.  Es  waren  der  Verletzungen 
doppelt  so  viele,  als  zwischen  der  3.  und  4.  Rippe,  und  mehr 
am  linken,  als  am  rechten  Ventrikel.  Der  rechte  Vorhof  wurde 
mit  der  Aorta  getroffen,  als  ein  Schuss  5''  von  der  Mitte  des 
Sternnm  ein-  und  rechts,  4'^  von  der  Warze  ausdrang,  mithin 
von   links  unten  nach  rechts  oben  verliei  (F.  340).    Der  linke 


678  ^r-  Georg  Fischer, 

Yorhof  soll  durch  einen  Stein,  welcher  nahe  am  Stemnm  ein- 
drang, getroffen  sein  (F.  410?);  es  wfirde  diese  Stelle  jedenfalls 
die  tiefste  an  der  vorderen  Thorax  wand  sein,  von  wo  aas  der 
linke  Yorhof  erreicht  ist.  Eine  Heilung  des  Herzbeutels  wird 
vermuthet,  als  die  Kugel  unter  der  Warze  ein-  und  hinten  zwiscfaeD 
8.  und  9.  Rippe  ausdrang. 

5.  Rippe.  Eine  Kugel  trat  IV  von  der  Warze  ein  und 
verletzte  den  linken  Yentrikel  und  die  Art.  coronaria. 

Zwischen  5.  und  6.  Rippe.  Wie  erw&hnt,  kamen  hier 
die  meisten  Yerletzungen  vor,  ca.  3mal  so  häufig,  als  zwischen 
der  3.  und  4.  Rippe.  Die  Wunden  des  rechten  Yentrikels  ent- 
sprachen meist  einer  äusseren,  1^ — 2'^  vom  Sternnm  entferntes 
Wunde,  die  des  linken  Yentrikels  lagen  theils  1—1-^''  unten  and 
aussen  von  der  Warze,  auch  3— 5V  ^on  der  Mitte  des  StemaiE. 
Eine  Wunde  nahe  am  Sternum  wird  den  linken  Yentrikel  wahr- 
scheinlich in  der  Systole,  bei  einer  Richtung  von  rechts  nad 
links,  getroffen  haben  (F.  122).  Die  Herzspitze  wurde  unter 
der  Warze  und  an  der  Yerbindung  von  Rippenknochen  und  Knor- 
pel, getroffen,  das  rechte  Herzohr  von  der  seitlichen  Mitte  dies^ 
Intercostalraumes  erreicht.  Yon  einer  tieferen  Stelle  ans  vmrde 
es  nicht  getroffen. 

6.  Rippe.  1  und  2^'  unter  der  Warze  wurde  der  linke 
Yentrikel  verletzt,  und  ging  dabei  in  einem  Falle  die  Kugel 
zwischen  Aorta,  deren  Haut  gestreift  wurde,  und  Oesophagus 
durch. 

Zwischen  6.  und  7.  Rippe.  Hier  nimmt  die  Zahl  de: 
Wunden  gegen  höhere  Stellen  ab.  In  einem  Falle  drang  J j 
eigentliche  Brustwunde  zwischen  5.  und  6.  Rippe  ein,  und  tr« 
den  linken  Yentrikel  ^  mithin  war  die  Richtung  entschieden  voc 
unten  nach  oben.  Die  Wunden  des  linken  Yentrikels  waren  t:£ 
häufiger,  als  die  des  rechten,  und  lagen  in  einem  Rayon  toc 
Sternum  an  bis  10  Gmt.  davon  entfernt,  wobei  in  diesem  ¥sL 
die  hintere  Wand,  und  sodann  Zwerchfell  und  Magen  getrofie: 
wurden.    Der  Herzbeutel  wurde  verletzt,  als  die  Wunde  1\"  vo: 


Ueber  die  Wonden  des  Herzens  and  des  Herzbeutels.  679 

»ternttin  lag,  sich  nach  oben,  rechts  über  den  6.  Rippenknorpel 
va^ndte,  nnd  dann  das  Stemnm  perforirte  (F.  243). 

Zwischen  7.  nnd  8.  Rippe.  Als  ein  Messer  den  linken 
(Tentrikel  traf,  hatte  es  die  Richtung  von  links,  unten,  nach 
-echts,  oben  (F.  123).  Dieser  sowohl,  als  der  rechte  Ventrikel, 
nrurden  in  der  N&he  der  Spitze  verletzt. 

Warze.  Rnppr&cht  (F.  281),  welcher  einer  Verletzung 
anter  der  linken  Warze,  die  er  als  Wunde  des  rechten  Ventri- 
kels diagnosticirt  hatte,  heilte,  stellte  zur  weiteren  Bestätigung 
Beiner  Diagnose  6  Versuche  an  Leichen  an,  mit  demselben- In- 
strument und  möglichster  Berücksichtigung  der  Momente  in  der 
Krankengeschichte.  Er  traf  dabei  4mal  den  rechten  Ventrikel 
oberhalb  der  Herzspitze  und  2mal  deren  Mnscnlatur. 

Rechte  Seite.  2.  Rippe.  Hart  am  Sternum  wurde  die 
Vena  mamm.  int.,  welche  als  eine  einzige  an  der  inneren  Seite 
der  betreffenden  Arterie  liegt,  sodann  Lunge  und  Herzbeutel  ge- 
troffen, und  drang  das  Hesser  in  das  Zellgewebe,  welches  die 
Vena  cava  an  den  Tmncus  anonym,  festheftete  (F.  247). 

Zwischen  2.  und  3.  Rippe.     U"  vom  Stemnm  und  3'^ 
unter  dem  Schlüsselbein  bei  einer  Richtung  nach  abw&rts,  links 
und  hinten,  wurde  die  Vena  cava  sup.,  das  linke  Herzohr  und 
die  Speiseröhre  getroffen  (F.  206);  die  Aorta  einmal  gerade  unter 
dem  2.  Knorpel,  dicht  am  Stemnm  (F.  24).    Eine  2"  über  der 
linken   Hüfte   eindringendes   Bajonett  fand    rechts   neben   dem 
Sternum,  zwischen  den  Knorpeln  der  2.  und  3.  Rippe,  seinen 
Ausweg,  und  hatte  dabei  den  rechten  Ventrikel  getroffen  (F.  74). 
Zwischen  3.  und  4.  Rippe.    Der  rechte  Vorhof  wurde 
am  üebergange  in  den  rechten  Ventrikel  verletzt.    Eine  Kugel, 
welche  nahe  am  Sternum  eindrang,  lief  nach  links  unter  dem- 
selben fort,  traf  nur  den  Herzbeutel  und  ging  dann  in  die  linke 
Lunge  (F.  360);  ein  Holzpflock,  welcher  4"  vom  Sternum  ein- 
drangt gelangte  auf  Umwegen  in  den  rechten  Ventrikel  (F.  315). 
Z  w  i  s  c h  e  n  4.  u.  6.  Ri  p  p  e.  Die  Vena  cava  wurde  an  der  Stelle 
getroffen,  wo  sie  sich  in  die  V.  cava  sup.  und  mf.  theik.   Eine 


680  ^f*  Oeorg  Fischer, 

Stichwunde,  2"  nach  aussen  von  der  Warse,  ging  durch  d^ 
Lungen,  Art.  pnimon.,  Aorta,  Herzbeutel,  in  den  rechten  Yb^ 
trikel  (F.  111). 

Zwischen  5.  und  6.  Rippe.  Eine  Kugel,  welche  nah' 
am  Sternum  eindrang,  den  rechten  Ventrikel  ca.  1"  tod  ds 
Spitze  durchbohrte,  ging  durch  das  Zwerchfell,  Magen,  und  Uiet 
auf  der  linken  Niere  liegen  (F.  362) ;  auch  traf  ein  Messer  hier 
den  rechten  Ventrikel.  Das  rechte  Herzohr  wurde  durdi  em 
Wunde  am  üebergange  von  Knorpel  und  Knochen  und  unter  de* 
rechten  Warze  erreicht. 

6.  Rippe.  Ein  Degenstich  musste  tief  hinein  gegaages 
sein,  da  ein  6"  langes  Degenende  im  rechten  Herzohr  stecke 
(F.  200). 

Zwischen  7.  und  8.  Rippe.  Das  rechte  Herzohr  vurde 
getroffen,  als  ein  Degen  schief  von  unten  nach  oben  mit  Gewil: 
eindrang,  fiber  der  Aorta  und  den  grossen  Gefässen  hinweg  ii 
die  linke  Lunge  ging  (F.  195). 

unter  den  falschen  Rippen  wurde  ein  Mann  in  auf- 
rechter Stellung  verwundet,  so  dass  es  den  Augenzeugen  imiDög- 
lich  schien,  dass  das  Herz  verletzt  sei,  obwohl  die  Symptooe 
dafclr  sprachen;  es  waren  Zwerchfell,  rechter  Ventrikel  und  Leber 
verletzt.  Da  äusserlich  nur  eine  1"  breite  Stichwunde  zu  bemtf- 
ken  war,  so  ist  anzunehmen,  dass  der  erste  Stich  in  die  Lebtf 
ging,  der  Verletzte  im  Moment  darauf  eine  solche  Biegung,  i?abr- 
scheinlich  nach  hinten  und  links  machte,  dass  der  Degen,  ns) 
zweiten  Male  zugestossen,  nach  oben  eindringend,  den  rechtes 
Ventrikel  verietzte  (F.  66). 

Es  ist  bemerkenswerth,  dass  von  der  ganzen  rechten  Seite 
des  Thorax  aus  kein  einziges  Mal  der  linke  Ventrikel  ftr  sieb, 
und  nur  einmal  das  linke  Herzohr  getroffen  wurde;  die  Ter- 
letzungen  betrafen  meistens  den  rechten  Ventrikel  und  den  rech- 
ten Vorhof. 

Sternum.  Von  den  Wunden,  welche  das  Sternum  dveb- 
bohrten,  traf  eine  3'"  unter  der  Verbindung  desselben  mit  des 
Schiasselbein  den  Herzbeutel  mit  der  Aorta  (F.  248),  wähiaiiJ 


Ueber  die  Wanden  dee  Henens  und  des  Henbeatels.  ggl 

die  übrigen  im  oberen  and  mittleren  Theile  des  Stemum  alle 
den  rechten  Ventrikel  erreichen.  Wie  erwähnt,  kann  dabei  die 
Hautwande  neben  dem  Sternnm  liegen  und  bei  der  schrägen 
Richtung  des  Instrumentes  doch  dieser  Knochen  durchbohrt  wer- 
den. Bei  einem  Schuss,  der  mitten  auf  das  Sternum  .traf,  und 
eine  Contusion  hervorrief,  war  dieses  zerschmettert,  das  Herz 
geplatzt 

Seitliche  Thoraxwand.  Von  der  linken  Achselhöhle 
aus  wurde  2mal  der  linke  Ventrikel  getroffen,  einmal  durch  einen 
Schuss  in  der  vorderen  Falte  desselben,  zwischen  3.  und  4.  Rippe 
durch,  sodann  durch  einen  Stich  in  der  Achselhöhle,  6KGtm* 
unter  der  Falte,  zwischen  5.  und  6.  Rippe.  —  Zwischen  den 
linken  falschen  Rippen  und  der  Spina  ilei  drang  ein  Bajonett 
durch  verschiedene  Baucheingeweide  bis  in  den  rechten  Ven- 
trikel. 

Bauchwand.  Am  Proc.  xiph.  war  bei  einem  Schuss  die 
Haut  geschwärzt  und  bestand  dabei  eine  Ruptur  des  rechten 
Ventrikels.       ^ 

Zwischen  Proe.  xiph.  und  linken  Rippenknorpeln 
drang  ein  Schuss  mit  Steinen  ein,  der  beide  Ventrikel  verletzt 
hatte. 

Zwischen  Proc.  xiph.  und  dem  7.  Rippenknorpel  am 
Gipfel  des  M.  rect.  abdom.,  lag  eine  Stichwunde,  welche  zu  einer 
vermuthlichen  Heilung  einer  Herzbeutelwunde  i&hrte.  Um  die 
Diagnose  dieses  Falles  sicher  zu  stellen,  wurde  von  Larrey?) 
an  Leichen  experimentirt.  Ein  Messer  wurde  in  die  aufrecht- 
gestellte Leiche  an  derselben  Stelle,  in  derselben  Richtung  und 
Tiefe,  soweit  es  ging,  eingestochen.  Man  fand  die  äusseren  Be- 
deckungen, einen  kleinen  Theil  des  M.  rect.  abd.  und  den  Herzbeu- 
tel penetrirt,  ohne  gleichzeitige  Verletzung  des  Bauchfelles  und 
des  Herzens.  Der  Versuch  ist  stets  mit  demselben  Erfolge  wieder- 
holt worden,  und  schloBS  Larrey  daraus,  dass  obige  Stelleder 
günstigste  Platz  für  die  Paracentese  des  Herzbeutels  sei  (F.  294). 

•)  Climqoe  chirorgicale.    T.  II.    Paria.    1839.    p.  284  n.  folg. 


682  ^^'  Georg  Fischer, 

Ein  ähnlicher  Fall,  wo  ein  Säbel  an  obiger  Stelle,  quer  und  in 
der  Mitte  des  Epigastriums,  eindrang,  führte  bei  Larrey  ebeo< 
fallfi  zur  Heilung  (F.  292).  Die  von  ihm  empfohlene  Stelle  znr 
Paracentese  des  Pericard.  wurde  von  Bochdalek*)  geprfift,  ond 
fand  er  bei  56  Versuchen  an  Erwachsenen,  dass  39mal  keine 
weitere  Verletzung  dabei  verbunden,  3mal  die  linke  Pleura  ge- 
troffen, war,  und  in  14  Fällen  es  zweifelhaft  blieb. 

ZwischenProc.  xiph.  und  rechten  Rippen  wurde  bei 
der  Richtung  des  Instrumentes  schief  nach  links,  in  einer  Tiefe 
von  4",  Leber  und  Hagen  verletzt,  und  traten  nach  3  Tagen 
Garditis  und  Pericarditis  ein;  es  erfolgte  Heilung. 

Unter  dem  Proc.  xiph.  drang  eine  Kugel  durch  die  Leber, 
Pancreas,  Milz,  Zwerchfell,  rechten  Ventrikel  (F.  313);  in  mm 
anderen  Falle  schief  von  unten  und  innen  nach  oben  aussen  wurde 
der  rechte  Ventrikel  allein,  ohne  Zwerchfell  und  Lunge,  verletzt 
(F.  94).  1"  unter  dem  Proc.  xiph.,  links  von  der  Linea  alba,  bei 
einer  Richtung  schief  aufwärts,  nach  der  linken  Brusthöhle  to. 
drang  eine  Kugel  in  die  hintere  Wand  des  linken  Ventrikel 
nachdem  Leber,  Zwerchfell,  Lunge  durchbohrt  waren  (F.  325). 
Rechts  unter  dem  Proc.  xiph.,  bei  einer  Richtung  nach  links,  wurde 
dagegen  der  rechte  Ventrikel  getroffen  (F.  309). 

Den  übrigen  in  der  Tabelle  bezeichneten  Stellen  an  der 
Bauch-  und  hinteren  Thoraxwand  ist  nichts  hinzuzufügen. 


Symptome. 

Die  Symptome  der  Herzwunden  sind  sehr  mannich&ltig  utd 
dabei  ausserordentlich  variabel,  so  dass  es  schwer  f&llt,  für  die 
Verschiedenheiten  stets  einen  richtigen  Gommentar  bei  der  Hasd 
zu  haben.    Dieselben  werden  einzeln  aufgeführt. 

1)  Aeussere  Wunde.  Dieselbe  hat  im  Allgemeinen  ^or 
anderen  penetrirenden  Brnstwunden  nichts  Charakteristisches 
voraus,  und  sind  ihre  durch  die  Formi  Grösse  und  Richtung  des 


♦)  Prager  Vierteljahrsschrift.    LXV.  1-54,  LXYUI.  79—187.    1860. 


Deber  die  Wonden  des  Henens  nod  des  Herzbeutels.  683 

verletzenden  Instrumentes    bedingten  Unterschiede  im   patholo- 
gisch-anatomischen   Theile    beschrieben.     Die    frische   Wunde 
blutet  meistens,  kann  aber  auch  durch  einen  Pfropf  yerschlossen 
Bein,  so  dass  man  über  die  Tiefe  und  Richtung  derselben  im 
Unklaren  bleibt.    Mitunter  dringt  Luft  aus  ihr  heraus,  dieselbe 
kann  bei  jeder  Inspiration  ein-,  bei  der  Exspiration  mit  Geräusch 
aasdringen,  und  wird  diese  Erscheinung  durch  die  Richtung  der 
Wunde  und  Stellung  des  Kranken  beeinflusst.    Drang  die  Wunde 
schief  ein,  so  dass  die  Haut-  und  tiefere  Thoraxwunde  nicht  ge- 
rade einander  gegenfiberlagen,  so  war  der  Ein-  und  Austritt  der 
Luft  verhindert,  w&hrend,  wenn  nach  dem  Verschieben  der  Haut 
sich  beide  Wunden  entsprachen,  dieses  Ph&nomen  wieder  eintrat. 
So  drang  beim  Aufheben  des  linken  Armes  etwas  Luft  aus,  was, 
wenn  der  Patient  sich  w&hrend  des  Athmens  ruhig  verhielt,  auf- 
hörte.   Auch  kam  es  vor,  dass  sie  nur  bei  aufrechter  Stellung 
des  Kranken  austrat,  und  erklärte  man  dieses  bei  der  fehlenden 
Lungen  Verletzung  dahin,  dass  das  Herz  die  im  verletzten  Herz- 
beutel angesammelte  Luft,  indem  es  sich  mehr  nach  vorne  legte, 
austrieb  (F.  298).     Bei  gleichzeitigem  Austritt  von  Blut  wird 
dieses  schaumig.    Mitunter  bestand  in  der  Umgebung  der  Wunde 
ein  geringes  Emphysem,  das  sich  beim  Drucke  durch  Knistern 
kundgab   und   sich  bei  nebenher  bestehender  Lungenverletzung 
über  Brust,  Hals,  Gesicht  und  schliesslich  über  den  ganzen  Kör- 
per ausbreitete.    Auch   ohne  diese  Verletzung  war  es  bei  einer 
Wunde  des  Herzbeutels  am  folgenden  Tage   sehr   umfangreich, 
verschwand  indess  am  4.,  5.  Tage.  —  In  einem  späteren  Sta- 
dium wird,  wenn  Pericarditis ,  Pleuritis  hinzukommen,  der  Aus- 
fluss  blutig  serös,  und  es  ereignet  sich,  dass,  als  bei  heftiger  Op- 
presBion  der  Verband  gelöst,  die  Wundränder  durch  einen  Catha- 
ter  getrennt  wurden,   aus  der  Tiefe  eine  Menge   blutig-seröser 
Flüssigkeit  vorstfirzte,  die  3  grosse  Becken  fällte.    Die  Wunde 
kann  eitern  und  Knochensplitter  der  verletzten  Rippen  entleeren, 
schliesslich  vernarben,  andererseits  auch  gangränös,  fistulös  wer- 
den.   Aeltere  Beobachtungen  sprechen  von  dem  Ausfluss  eines 
Humor  lymphaticus,  wie  er  im  Herzbeutel   vorkommt  (F.  93), 

V.  L«ttg«iib«ek,  Archlf  f.  Chlnirgl«.   XI.  44 


684  I)r*  Georg  Fischer, 

and  Yon  Wasser  bei  jedem  Herzstoss,  in  Folge  einer  Henbeatel- 
wunde  (?  F.  301).    Es  können  sofort  eine  Ecchymose  nnd  sUrke 
Geschwulst  um  die  Wunde  herum  sich  bilden;  treten  dieselbei 
erst  nach  einigen  Tagen  (7)  auf,  so  kann  erstere  ziemlich  gros? 
werden,  und  einen  Bluterguss  in  der  Brusthöhle  anzeigen,  letz- 
tere die  Folge  einer  Ansammlung  im  Herzbeutel  sein,  welcher 
dabei  bis  zu  11  Litre  Eiter  enthielt.    Schmerz  fehlt  in  der  Regel 
ganz,  oder  ist  sehr  gering  an  der  äusseren  Wunde,  selten  ist  er 
lebhaft,   wird  durch  Athemanstrengungen   vermehrt,  and  dau 
als  ein  stechender,  von  der  Wunde  ausgehender,  durch  die  Brbt 
sich  ziehender  Schmerz  beschrieben.     Nur  einmal  kam  es  to:. 
dasB  die  Narbe  an  der  Hautwunde  bei   der  Berührung  lebbtft 
schmerzte  (F.  21).    Bei  der  Durchschneidang  der  Art.  inter- 
costalis  konnte  die  Pnlsation  an  einem  der  Enden  sich  der  iuse- 
ren  Haut  mittheilen,  so  dass  die  Verletzung  daran  erkannt,  di^ 
Arterie  durch  Erfossen  derselben  zur  Retraction  Teranlasst  word« 
Fremde  Körper,  Nadeln,  ffthlt  und  sieht  man  mitunter  ia  der 
Wunde  oder  unter  der  Haut,  und  war  die  einer  Nadel  Tom  Her- 
zen mitgetheilte  Bewegung  durch  eine  Pulsation  sichtbar  (F.  24) 
Man  prüfe  überhaupt  bei  gewissen  F&Uen  die  Herzgegend,  ^^ 
nicht  ein  fremder  Körper  daselbst  verborgen  ist;  so  hatte  ou 
einmal  in  derselben  das  Gef&hl  eines  kleinen  fremden  Körper^ 
und  war  der  Druck  auf  diesen  Punkt  kaum  schmerzhaft,  es  ge- 
lang dabei,  durch  Incision  die  Extraction  einer  Nadel  (F.  34). 

2)  Blutung.  Die  Blutung  nach  aussen  ist  eines  der  hau-  | 
figsten,  indess  durchaus  nicht  constanten,  Symptome,  und  dabei 
ausserordentlich  verschieden  in  der  Quantit&L  War  das  b- 
strnment  sehr  spitz  und  dünn,  so  fehlt  die  Blutung  ganz,  und  es  I 
liegt  kein  einziger  Fall  einer  Nadel  Verletzung  vor,  wo  aas 
der  ftusseren  Wunde  eine  stärkere  Blutung  stattfand,  es  kaoes 
dabei  nur  Blutansammlungen  im  Pericard.  vor.  Bei  einer  Ver- 
letzung der  Aorta  durch  eine  Nadel,  fand  sich  nur  im  Heode 
des  Kranken  ein  kleiner  Blutfleck.  Auch  bei  den  Wunden  dortti 
die  übrigen  Stichinstrumente ,  Schabeisen,  eisernen  Stifte,  Ff^^ 
men,  Feiion,  fehlte  die  Blutung  entweder  ganz,  oder  war  docli 


Deber  die  Wanden  des  Herzens  nod  des  Herzbeutels.  685 

sehr  anbedeutend,  mit  Ausnahme  einer  starken  Blutung,  wo  eine 
Feile  gleichseitig  eine  Art.  intercostalis  getroffen  hatte. 

Bei  den  Messer-,  Dolch-,  Degenwunden  ist  die  Blutung  in- 
der  Hehrzahl  der  Fälle  heftig,  so  dass  in  kürzester  Zeit  die 
stärkste  Anämie  eintrat,  und  reiht  sich  dieselbe  unmittelbar  der 
Verletzung  an.  Der  Kranke  wird  schwimmend  im  Blute  gefun- 
den, und  war  dasselbe  bei  einer  gleichzeitigen  Verletzung  der 
Art.  mamm.  int.  sogar  durch  das  Bett  hindurch  geflossen,  man 
findet  oft  weite  Strecken  entlang  noch  Blntspuren.  Je  grösser 
die  Herzwunde  ist,  um  so  intensiver  und  rascher  ist  im  Allge« 
meinen  die  Blutung,  obwohl  man  schon  bei  einer  6'"  langen  pene- 
trirenden  Wunde  den  Tod  nach  wenigen  Minuten,  in  Folge  der 
Blutung,  eintreten  sah.  Der  Herzabschnitt  selbst  steht  in  keinem 
Constanten  Zusammenhang  mit  der  Blutung,  es  kommen  am  rech- 
ten und  linken  Ventrikel  gleich  häufig  starke  Blutungen  vor,  und 
ist  die  Ansicht  von  Demme  (wahrscheinlich  nach  Jamain's 
Statistik  aufgestellt),  dass  der  rechte  Ventrikel  meistens  eine 
stärkere  Blutung  veranlasst,  als  der  linke,  nicht  richtig.  Bei 
starken  Blutungen  sind  häufig  nebenher  die  Art.  mamm.  int.  oder 
eine  Art.  intercost.  verletzt,  wenngleich  bei  einer  Messerwunde 
der  Art.  intercost.  prima  nach  aussen  gar  i^ein  Blut,  nach  innen 
eine  grosse  Menge  desselben  sich  ergoss.  —  Mitunter  ist  die  äussere 
Blutung  gering,  in  noch  selteneren  Fällen  fehlt  die  Blutung  ganz, 
sowohl  nach  aussen,  wie  nach  innen.  Ein  C'ehlen  derselben  wurde 
sogar  bei  einer  Verletzung  beider  Ventrikel  beobachtet  und  gar 
nicht  geahnt.  Für  eine  geringe  oder  vollständig  fehlende  Blutung 
liegen  verschiedene  Grande  vor;  die  Hautwunde  correspondirt 
nicht  mit  der  Herzwunde,  letztere  ist  an  sich  schief.  Haut-  und 
Herzwunden  sind  k^ein,  sinuos,  daher  selbst  bei  manchen  kleinen 
Bajonettwunden  die  Blutung  gering  ist,  und  ebenfalls  bei  einem 
Messerstiche,  wo  die  Herzwunde  so  klein  war,  dass  sie  nur  bei 
einer  bedeutenden  Anspannung  der  Theile  entdeckt  werden  konnte. 
Der  Blutaustritt  wird  sodann  verhindert  oder  beschränkt  durch 
eine  rasche  Verstopfung  der  Wunden  durch   einen  Pfropf  oder 

Fettklümpchen,  durch  das  Instrument  selbst.    Gering  ist  die  BIu- 

44  • 


686  ^f'  Georg  Fischer, 

tang  bei  nicht  penetrirenden  Herz-  und  alleinigen  Herzbeutel* 
wanden,  wenn  nicht  gleichzeitig  Arterien  getroffen  öind.     Nichc 
unwahrscheinlich  ist  es,  dass  in  Folge  des  ersten  Reizes  durch 
die  Verletzung,  wenn  dieselbe  klein  war,  das  Herz  sich  80  con- 
trahirt,  dass  die  R&nder  der  Wunde  nahe  an  einander  gebracht 
werden,  wodurch  im  Anfang  die  Blutung  verhindert  wird,  da- 
gegen beim  Nachlass  der  Contractionsfthigkeit   wieder    eintritt. 
Bei  einer  geringen  Blutung   nach    aussen   wird   immerhin   eine 
starke  innere  Blutung  bestehen  k<$nnen,  welche  in  kürzester  Zeit 
tödten  kann.  —  Ausser  der  wechselnden  Quantität  der  Blutmenge 
erhält  die  Blutung  durch  die  Einwirkung  mehrerer  umstände  eiB 
verschiedenes  Gepräge.    In  Folge  der  momentan  aufgehobe- 
nen Spannung  im  Herzen  wird  im  ersten  Augenblicke  das  Blak 
in  Form   eines   kräftigen,   continuirlichen   Strahles,    ausdringefl 
können,  und  sodann   abgesetzt  bei  jeder  Systole  der  Ventrikel, 
isochron  mit  dem  Herzschlag  sich  entleeren.     Wird  die  Circola- 
tion  durch  passende  Mittel  beruhigt,  so  wird  die  heftige  Blutang 
nach  und  nach  geringer,  und  hört  dann  ganz  auf.  Gelingt  diese> 
nicht  sogleich,  so  kann  die  Blutung  einige  Tage  hindurch  anhal- 
ten, bis  sich  die  Wunde  verschlossen  hat;   es  wird  sogar  ein 
Fall   erwähnt,   wo  bei  einer  Verletzung  des  linken  Ventrikeln 
17  Tage  hindurch  fast  1  Pfund  Blut  verloren  ging  (F.  187).   An- 
dererseits kann  momentan  die  Blutung  gestillt  sein  und  nach  3, 
4  Stunden  sehr  heftig  beginnen,  dann  wieder  abnehmen  und  bot 
zeitweise  sich  vermehren.  —  Die  Respiration  wirkt  auf  die  Blu- 
tung ein,  so  dass  sie  bei  jeder  Inspiration  sich  erneuern,  bei  der 
Exspiration  aufhören  kann,  mithin  stossweise  erfolgt;  umgekehrt 
kann  das  Blut  auch  bei  der  Exspiration  mit  Geräusch  austreten. 
Tiefes  Seufzen,  Husten  regt  oft  die  Blutung  an.  —  Die  Lage, 
und  vor  Allem  die  Bewegung  des  Kranken,  übte  einen  grossen 
Einfluss  aus.    Es  kam  vor,  dass  bei  einer  Blutung  in  die  Pleura- 
höhle, sobald  der  Kranke  die  entsprechende  Seitenlage  einnahm, 
das  Blut  nach  aussen  stürzte,  überhaupt  wird  die  geringste  fi^ 
wegung,  die  leiseste  Muskelanstrengung  die  Blutung  anregen  ond 
vergrössern  können.     Diese  Gefobr  besteht  hauptsächlich  in  der 


Ueber  die  Wunden  des  Herzens  nnd  dcfs  Herzbeutels.  QQ^ 

ersten  Zeit  der  Verletzting,  wo  die  Verheilung  noch  im  Anfangs- 
Stadium  ist,  indesss  auch  später  noch,  so  dass  der  Kranke  zu 
leder  Zeit  einer  secnnd&ren  Blatnng  ausgesetzt  ist.  Das  Auf- 
richten im  Bette,  das  sich  Drehen  von  einer  zur  anderen  Seite,  sind 
die  häufigsten  Veranlassungen,  und  drang  in  einem  Falle  bei  jeder 
Anstrengung  das  Blut  2->3"  hoch,  in  einem  kleiniingerdicken 
Strahl  empor.  Unter  frappanten  Erscheinungen  kommen  secun- 
däre  Blutungen  zu  Stande,  wenn  die  Kranken,  nach  einigen  Tagen 
sich  wohl  f&hlend,  das  Bett  verlassen,  oft  nur  um  ihren  Stuhl- 
gang zu  befriedigen,  oder  auch  umhergehen,  essen  und  trinken, 
wie  es  ihnen  beliebt.  Sie  fallen  dann  mitunter  plötzlich  um,  und 
sterben  nach  wenigen  Minuten,  oder  es  entwickelt  sich  ein  hef- 
tiges Fieber,  Aufregung,  Dyspnoe  und  der  Tod  tritt  nach  einigen 
Stunden  ein.  In  beiden  Fällen  findet  man  frische,  oft  sehr  be- 
deutende Blutungen  im  Herzbeutel  oder  den  Pleurahöhlen.  Es 
wird  dabei  in  früheren  Stadien  entweder  durch  die  Bewegung 
des  Kranken  oder  durch  das  in  Folge  einer  Erkältung  entstan- 
dene Fieber,  der  Pfropf  in  der  Herzwunde  losgestossen  werden, 
60  dass  auch  eine  anfangs  schmale  Wunde,  welche  wegen  ihrer 
schrägen  Richtung  nicht  blutete,  vom  Blutstrom  durchbrochen 
wird  (F.  164).  Selbst  nach  6,  14  Tagen,  wo  die  Wunde  der 
Haut,  des  Herzbeutels  geheilt  und  die  Herzwunde  zum  Theil  schon 
vernarbt  oder  in  beginnender  Verheilung  gefunden  wurde,  durch- 
brach Aas  Blut  die  zarten  Narben  nnd  das  den  Herzbeutel  um- 
gebende reichliche  Fett,  welches  bisher  als  schätzender  Wall  den 
Ausfluss  des  Blutes  verhindert  hatte  (F.  165,  91).  —  Während 
die  Annäherung  der  Wundränder  die  Blutung  nach  aussen  ver- 
hindert, kann  die  Erweiterung  einer  kleinein,  gering  blutenden 
Wunde  die  Blutung  vermehren,  und  zwar  so  stark,  dass  der  Arzt 
wie  mit  Blut  überschfittet  wird,  und  in  wenigen  Minuten  7, 
8  Pfund  Blut  verloren  gehen.  Denselben  Erfolg  kann  die  Ex- 
traction  des  Instrumentes  haben,  welches  bisher  als  Obtnrator 
gewirkt,  nach  dem  Ausziehen  dem  Blut  freien  Lauf  lässt.  Hat 
dabei  ein  Blutcoagulum  sich  gebildet,  so  kann  nach  der  Extraction 
eine  Blutung  entweder  ganz  fehlen,  oder  sie  erfolgt  nur  nach 


688  I>r.  Georg  Fischer, 

innen.    Es  ist  bekannt,  dass  nach  einem  Aderlass  die  Blvtisg 
aufhören  kann. 

Das  ansfliessende  Blut  ist  entweder  ein  rothes  arterielles, 
oder  ein  schwarzes  venöses.  Die  Farbe  ist  nur  in  weniges 
Beobachtungen  angegeben;  rothes  Blut  wird  erwähnt  bei  einer 
Wunde  des  linken  Ventrikels,  gleichseitiger  Yerletsnng  der  Art 
mamm.  int.,  der  Lunge;  schwarzes  Blnt  floss  ans  bei  Wunden 
des  rechten  Ventrikels,  des  linken  Ventrikels  mit  der  Art.  eoro- 
naria  (F.  175),  einer  geheilten  Herzbeutelwunde  mit  vennotb- 
lieber  Herzverletzung  (F.  370).  Das  Blnt  mag  hftcfiger  schwan 
sein,  weil  die  Verletzung  der  venöses  Blut  f&brenden  Herxab- 
schnitte  häufiger  ist;  bestimmte  Behauptungen  sind  bei  dem  ge- 
ringen Material  nicht  aufeustellen,  zumal  auch,  m^  bei  der  Dia- 
gnose gezeigt  wird,  verschiedene  UmstSnde  die  Farbe  beeio- 
Aussen. 

Der  Blut  strahl,  der,  wieerw&hnt,  im  Anfang  kräftig,  con- 
tinuirlich  oder  isochron  mit  dem  Herzschlag  ansdringen  kaofi. 
wird  bei  einer  Verletzung  mit  einem  zweischneidigen  Instromeote 
von  Schreibfederdicke  angegeben;  bei  einer  Dolchwonde  drus 
er  federdick  mit  ziemlicher  Gewidt  empor,  um  10—12  Ctm.  ^or 
der  Brust  auseinander  zu*  gehen,  auch  kleinfingerdick  2 — 3^  hoch. 

Eine  Blutung  aus  dem  Munde  ist  mitunter  erw&hnt,  and 
werden  dabei  Lungenverletzungen  bestanden  haben,  die  zwar  nickt 
immer  dabei  aufgezeichnet  sind.  —  Bei  Schusswunden  durch 
Kugeln  ist  die  Blutung  im  ersten  Moment  in  der  Regel  sehr  hef- 
tig, so  dass  der  Kranke  von  Blut  trieft,  und  kann  sie  2  Tage 
lang  in  lebensgefährlicher  Grösse  fortbestehen,  bevor  sie  anftngt, 
geringer  zu  werden  (F.  363  Heilung).  —  Mitunter  war  sie  nur 
gering  und  zwar  am  rechten  Ventrikel,  als  man  bei  der  Seotion 
die  Kugel  und  einen  Papierpropf  im  Herzbeutel  fand.  Wahr- 
scheinlich hatte  letzterer  zu  Anfang  die  Herzbeutelwunde  geschlos- 
sen, welche  durch  die  Herzcontractionen  wieder  aus  dem  Ven- 
trikel getrieben  war,  der  Blutung  ein  Hindemiss  gesetzt  hatte; 
erst  später  wird  sie  in  das  Pericard.  und  die  Pleura  stattgefiin- 
den  haben  (F.  309,  312).   Auch  da,  wo  die  Wunde  des  rechten 


Ueber  die  Wunden  des  Herzens  und  de«  Herzbeutels.  689 

YentrikelSy  durch  den  uoTerletzten  Herzbeutel  hindurch,  von  einer 
Kugel  veranlasst  war,  fand  keine  Blutung  nach  aussen,  aber  eine 
grosse  Ansammlung  im  Pericard.  statt  (F.  308).  Bei  Verletzun- 
gen des  linken  Ventrikels  verhinderte  der  weite  Weg  die  äussere 
Blutung,  da  die  Kugel  durch  den  Unterleib  eingedrungen  v^ar, 
gestattete  indess  eine  starke  innere  Blutung  in  denselben  (F.  325); 
in  einem  Falle,  V70  die  durchschossene  Wand  dieses  Ventrikels 
zur  Hälfte  mit  einem  Papierpfropf  ausgefüllt  v^ar,  fehlte  sie  ganz 
(F.  334).  —  Bei  einem  Schrotschuss  ist  wegen  der  kleinen  Herz- 
wunde  die  äussere  Blutung  nicht  gross«  Als  ein  Stein  in  die 
Brust  geschossen  war,  bestand  fast  gar  keine  Blutung  und  waren 
dabei  auch  beide  Herzhöhlen  nicht  geOffhet. 

8)  Ohnmacht.  Dieselbe,  ein  sehr  häufiges  Symptom,  kommt 
entweder  unmittelbar  nach  der  Verletzung  vor,  indem  der  Kranke 
nach  einem  Stich,  Schuss  niederstürzt  und  sofort  besinnungslos 
ist,  oder  derselbe  bewegt  sich  erst  nooh  eine  Strecke  fort,  fällt 
ohnmächtig  nieder,  schliesslich  kann  die  Ohnmacht  erst  im  Ver- 
lauf der  Krankheit  auftreten.  In  einigen  Fällen  behält  der  Kranke 
seine  volle  Besinnung  bis  zum  Tode. 

Was  vorab  das  Niederst&rzen  des  Verletzten  anbetrifil, 
so  kann  dasselbe  so  augenblicklich  mit  der  Verwundung  zusam- 
menfallen, dass  die  Autoren  es  damit  vergleichen,  als  ob  der 
Kranke  vom  Blitz  getroffen  sei,  Schuss  und  Zusammenstürzen  Eins 
sind.  Häufig  tritt  dabei  sofort  der  Tod  ein  (la  menace  k  la  beuche 
contre  Tennemi,  qni  Tavait  frappö,  F.  172),  oder  eine  Ohnmacht; 
mitunter  bleibt  die  Besinnung.  Erfolgt  der  Sturz  nicht  so  rapid, 
so  kann  der  Kranke  sich  senken,  auf  die  Hände,  das  Gesicht 
fallen,  indess  auch  hinten  überstürzen.  In  England  scheint  die 
populäre  Ansicht  zu  herrschen,  dass  Personen,  welche  durch  das 
Herz  geschossen  sind,  in  die  Hohe  springen;  A.  Pol  and*)  er- 
wähnt dieselbe,  fügt  aber  richtig  hinzu,  dass  sie  nicht  durch 
Beobachtungen  bestätigt  sei.  —  Unter  87  Beobachtungen  mit  Ohn- 
mächten (Stich-Schnitt  69,  Schuss  11,  Rupturen  7)  trat  dieselbe 


*)  Holmes,  System  of  snrgery.    1861.    IL    879. 


690 


Dr.  Georg  Fischer, 


in  30  F&llea  (20  Stich-Scbnitt;  6  Schosg;  4  Roptaren)  sefoit 
ein  und  fielen  die  Kranken  besinonngdos  niedw: 


Stich-Schnitt. 

Dauer  der  Ohnmacht 

Tod. 

Fall 

Linker  Ventrikel. 

4.  Tag. 

175. 

do. 

— 

20.  Tag. 

164. 

do. 

.. 

2.  MoD^t 

165. 

Rechter  Ventrikel 

.^ 

15  Minnten. 

64. 

do. 

10  Minuten. 

4^  Stunden. 

3. 

do. 

(2  Stunden.) 

15  Stunden. 

112. 

do. 

do. 

6.  Ti«. 

93. 

do. 

do. 

6.  Tag. 

96. 

do. 

do. 

9.  Tag. 

101. 

do. 

5  Minuten. 

10.  Tag. 

100. 

Link.  Hersohr  n.  Vena  caiTa. 

Kurze  Zeit. 

2.  Tag. 

206. 

Spitze  und  Arter.  mamm. 

do. 

20.  Tag. 

216. 

Aorta. 

do. 

6.  Tag. 

249. 

Arteria  coronaria. 

4  Stande. 

8.  Tag. 

14. 

Heilung: 

Arteria  coronaria. 

-. 

63.  Tag. 

272. 

? 

(Kurze  Zeit) 

— 

287. 

Pericardinm. 

«— 

-i- 

29T. 

? 

— 

— 

284. 

? 

— 

~^ 

289. 

Pericardinm. 

— 

•— ' 

298. 

Seh  UBs  wunden. 

Dauer  der  Ohnmacht 

Tod. 

FtIL 

Linker  Ventrikel. 

7  Wochen. 

326. 

do. 



83  Stunden. 

328. 

Rechter  Ventrikel. 

4  Stunde. 

14  Tage. 

812. 

Septnm. 

4  Stunden. 

12  Tage. 

342 

Heilung: 

Pericardium. 

— 

— 

373. 

Pericardium. 

— 

— 

370. 

Rnptaren. 

Dauer  der  Ohnmacht. 

Tod. 

Fall 

Beide  Ventrikel. 

Bald. 

392. 

Septum. 

— 

4  Stunden. 

413. 

Recht.  Herzohr  U.Vena  caTa. 

— 

10  Minnten. 

40L 

Heilung: 

Dialocation  dea  Herzens. 

(8  Standen.) 

— 

444. 

Es  sind  die  verschiedensten  Herzabschnitte  und  Geftsse  ge- 
troffen und  dauerte  die  Ohnmacht  verschieden  lange,  von  5  Mi- 
nuten bis  4  Stunden.  In  einem  Falle  brachte  die  Berfihraog  des 
Herzens  mit  dem  Finger  bei  der  Untersuchung  der  Wunde  des 
Patienten  wieder  zu  sich.    Der  Tod  erfolgte  in  versehieden  lao- 


*     Deber  die  Wanden  des  Herzens  nnd  des  Herzbentels.  691 

ger  Zeit,  yon  wenigen  Minuten  bis  nach  2  Monaten,  meistentheils 
nach  6—10  Tagen.  Bemerkenswerth  ist,  dass  unter  den  30  FU- 
len  die  auffallend  grosse  Zahl  Ton  9  Heilungen  vorkam  und  war 
in  allen  diesen  Fällen  die  Ohnmacht  eine  hochgradige,  anhal- 
tende, wobei  mitunter  Urin,  Faeces  unwillkfirlich  entleert  wur- 
den. Dieses  Factum  Iftsst  schliessen,  dass  die  Fälle,  wo  eine 
tiefe  Ohnmacht  sofort  nach  der  Verletzung  eintritt,  und  die  Kran- 
ken im  tiefsten  GoUapsus  liegen,  die  glficklichsten  sind.  Es  hat 
die  Syncope  f&r  die  Herswunden  eine  so  grosse  Bedeutung,  einen 
80  maassgebenden  Einfluss  auf  die  Therapie  derselben  gehabt, 
indem  eines  der  wichtigsten  Mittel,  der  Aderlass,  sich  hauptsäch- 
lich darauf  stützt,  dass  ein  von  Pirogoff  beobachteter  anatomi- 
scher Befund,  der  jene  Ansicht  stfttzt,  hier  aufgeführt  werden 
soll.  Derselbe  secirte  einen  in  syncoptischen  Anfällen  gestorbenen 
jungen  Mann,  welcher  im  letzten  Halbjahre  3  sehr  tiefe  und  lange 
anhaltende  Syncopen  gehabt  hatte.  Das  Pericard.  war  bis  zur 
KopfgrOsse  eine  Erwachsenen  erweitert,  auf  2V'  verdickt,  mit 
frischem  Blutgerinnsel  ausgef&Ut;  an  seiner  und  des  Herzens 
Dnrchschnittsfläche  sah  man  die  Folgen  der  Syncopen.  Es  be- 
stand nämlich  die  Verdickung  des  Pericard.  ans  3  verschiedenen 
Schichten;  die  dfinnste  und  festeste  war  die  äussere,  lag  weiss- 
gelblich  geschichtet  an  der  inneren  Fläche  des  Pericard.  und 
Hess  sich  stellenweise  schwer  trennen.  Die  mittlere  Schicht  war 
dicker,  trockener,  safliger,  rOthlich;  die  dritte  innerste  war  dem 
aneurysmatischen  Fibringerinnsel  analog,  enthielt  deutliche  Spu- 
ren des  Blutextravasates,  und  war  durch  Imbibition  von  frisch  er- 
gossenem Blut  gefärbt.  Die  vierte  Blutung  wurde  lethal,  und 
bestand  die  Quelle  aller  in  3  kleinen  atheromatösen  DIcerationen 
an  der  Wurzel  des  Aorta  adscend.,  von  denen  eine  deutlich  ver- 
narbt war,  und  von  den  beiden  anderen  stecknadelkopfgrossen 
OefTnungen  war  eine  nur  locker  durch  Gerinnsel  verschlossen, 
die  andere  offen. 

In  zweiter  Reihe  stellen  die  Fälle,  wo  die  Kranken  unmit- 


*)  Grandzüge  der  aDgem.  Kriegscbimrgie.    1864.    S.  645. 


692 


Dr.  Georg  Fischer, 


telbar  nach  der  Verletzung  noch  eine  Strecke  weit  fortgehefi, 
beyor  sie  ohnmicbtig  niedersinken.  Entweder  starben  sie  dami^ 
oder  befinden  sich  hinterher  relati?  gut,  Beobachtangen,  wie  ae 
sich  bei  Thieren  wiederfinden.  Hierher  gehören  Ton  fenen  87  Fli- 
len  38  (Stich-Schnitt  83,  Schnsswunden  2,  Rapturen  3). 


Rechter   VentrikeL 

Linker  YentrikeL 

Tod. 

Fall. 

Tod.           1  FiIL 

3  Schritte. 

t 

44. 

66  Schritte. 

\  Stande. 

141 

10      n 

•    (Art  cor.) 

61. 

120  FusB. 

3i    . 

145. 

10      . 

■  ■  (Bancheingw.) 

74. 

200      , 

t  (Art  coron.) 

171 

20      . 

<    (Art  mamm.) 

62. 

460      , 

k  Stande. 

m 

60-60  , 

In  9  Tagen. 

98. 

600      . 

&      » 

m 

60      . 

t 

47. 

Mehr.  Strass. 

16    . 

& 

lange  Strasse. 

ö.  Weh.  (Schnss). 

316. 

n.  Treppen. 

5.  Tag. 

86. 

ca  4  Stande. 

i      .    (Schass.) 

324 

U  Meilen. 

3.  Tag. 

82. 

EingeSchritt 

*•  1*6-  . 

1^ 

p  Entfemg. 

49  Standen. 

m 

? 

8.  Tag.  (Art  int) 

16L 

Beide  VeDtrikel. 

Spitze. 

2  Schritte. 

Wenig  Minuten. 

177. 

100  Schritte. 

9  Stand.  (Rnpt) 

417. 

lange  Strasse. 

1  Stunde. 

10. 

Weiter  Weg. 

- 

209. 

einige  Schritt 

Bald. 

178. 

Rechter  Vorhof. 

Pericaidimn. 

Stflrzt,   steht 

t  (Ruptur.) 

396. 

Weiter  Weg, 

1 
8.  Tac  (ArtorU;  li 

auf  u.   geht 

corootris).        1 

fort 

do. 

11  Mout«  (Heilssa 

100  Schritte. 

t  (Art  mamm) 

197. 

long). 

Fahrt  1  Std., 

1  Stunde  (Rupt.) 

399. 

Nach    der 

7.  Tag. 

243 

gehrt  weiter. 
Nach  Hospit. 

Wohnung. 

22  Stunden. 

200. 

n.  znrQcIc. 

Aorta. 

Unbestimmte  Henabechnttte. 

Nach    dem 

1.  Stande. 

24. 

EingeSchritt 

l 

m 

Hospital 

Treppe  hinauf. 

«i 

Nach    dem 

2.  Stunde. 

269. 

Nach  Hospit 

«.Tag. 

231 

Hospital. 

40-60  Schritt 
200 

t 

JA 

828. 

Auch  hier  liegen  die  Yerletzangen  in  den  veifichiedeostoa 
Abschnitten.  Mit  Stich-Schnittwunden  konnten  die  Kranken  so- 
gar 450  Schritt  laufen,  mehrere  Treppen  steigen,  U  Meilen  lorfiek- 


Ueber  die  Wunden  des  Herzeos  und  des  Herzbentels.  693 

legen,  sogar  6  Tage  hintereinander  täglieh  in's  Hospital  snm  Ver- 
binden kommen.  Es  giebt  Fälle,  wo  sie  nach  der  Verletzung 
mit  ihrer  Waffe  auf  den  Gegner  eindrangen  (F.  228,  178),  sich 
noch  eine  Zeit  lang  vertheidigten  (F.  161).  Mit  Schusswnnden 
gingen  die  Kranken  noch  640  Schritt  weit,  mit  einer  Ruptur 
100  Schritt,  und  fuhr  ein  Kranker  noch  1  Stunde  und  ging  dann 
in's  Spital.  Nicht  minder  staunenswerth  sind  die  Fälle,  wo  Ver- 
letzte zwar  einen  kfirzeren  Weg  zurftcklegen,  indess  eine  ungleich 
schwerere  Herzwunde  haben;  so  konnte  ein  Kranker  mit  einer 
Wunde  des  rechten  Ventrikels,  Art.  eoron.,  Lunge,  Zwerchfell, 
Leber,  Magen,  Milz,  Colon  noch  10  Schritt  gehen,  bevor  er  nie- 
derstärzte  (F.  61,  ähnlich  74),  ein  Anderer  mit  7  Wunden  der 
linken  Lunge  und  3  Wnnden  des  Herzens  (penetrirenden  Wun- 
den des  linken  Ventrikels)  umhergehen  und  erst  nach  \  Stunde 
sterben  (F.  140),  auch  konnte  ein  Verletzter  nach  einer  halb- 
stQndigen  Ohnmacht  und  4  Stunden  langer  völliger  Ersch&pfung 
einen  weiten  Weg  zarftcklegen  (F.  14).  —  Diese  Beobachtungen 
berichtigen  die  Ansicht  von  Landsberg,  welcher  meint,  dass 
nur  dann  die  Kranken  noch  eine  Strecke  weit  laufen  kOnnen, 
wenn  sie  nicht  penetrirende  Wunden  erhalten  haben,  die  durch 
den  anstrengenden  Lauf  rasch  penetriren.  Fflr  viele  Fälle  wird 
diese  Ansicht  richtig  sein,  dagegen  sprechen  die  Verletzungen 
beider  Ventrikel,  des  rechten  Herzohres,  an  welchem  eine  nicht 
penetrirende  Wunde  nicht  vorkonunt  nnd  die  vollständige  Durch- 
bohrung eines  Ventrikels  mit  Steckenbleiben  des  Instrumentes  in 
demselben.  —  Die  Fälle  haben  f&r  den  Gerichtsarzt  eine 
Wichtigkeit;  es  kam  zweimal  vor,  dass  der  Gerichtshof  den  Aerz- 
ten  die  Frage  vorlegte,  ob  die  mit  einer  Herzwunde  Behafteten 
noch  eine  Strecke  weit  gehen,  einen  Schlag  auf  den  Gegner  aus- 
fahren konnten  (F.  178,  225).  In  dem  einen  Fall  ist  die  Ant- 
wort nicht  bekannt,  in  dem  anderen  Jahre  1855  bestritten  er- 
fahrene Aerzte  diese  Möglichkeit,  obwohl  aus  den  begleitenden 
Umständen  das  Gegentheil  hervorging. 

Schliesslich  sind  Ohnmacbtm  im  Verlaufe  der  Krankheit 
beobachtet;  es  gehören  19  Fälle  (Stich-Schnittw.  16,  Schussw.  3), 


694 

eine  geringere  Ansahl 
auftretenden. 


Dr.  Georg  Fischer, 

als  die  unmittelbar  naeh  der  Verletnc: 


Linker  VenUikel. 
1           Tod.          1 

Fall. 

Rechter  Ventrikel. 
1            Tod. 

Fi:. 

beimVerband. 

Wiederholt. 
Häufig, 
l^ach  10  Min. 

33  Standen. 

49        „ 
10.  Tag. 
23.    . 
6.      . 
16  Standen. 

828. 
150. 
162. 
107. 
169. 
6. 

8    Standen 
lug. 

(Schasa.) 
(Schass;  beim 

Aufrichten ) 
(Schuss,  und 

r.  Heraohr.) 

2.  Tag. 

28.    . 

2.      . 

26.     . 

67.     . 

5: 

31-: 

Spitze. 

Pericardimn. 

Häufig. 

15.  Tag. 

213. 

3  Ohnmacht 
Am  3.  Tage. 

.                   1 
7.  Tag.               ' 

Aorta. 

Unbestimmter  Heraabechnitt. 

Wiederholt. 

1  Stande. 

24. 

Wiederholt 

? 

^ 

Wiederholt:  F.  284.  —  Zu 


Heilangen. 
Ohnmächten  geneigt:  F. 
Verletzang:    F.  285. 


Bald  nacb  ii'- 


Die  Ohnmächten  kommen  entweder  vereinzelt  Tor,  oder  wie- 
derholen sich  häufiger  in  Intervallen.  Sine  erneuerte,  oft  ot 
geringe  Blutung,  die  geringBte  Bewegung,  das  Erbeben  ein« 
Armes  (wobei  eine  Nadel  vielleicht  ein  Herzganglion  berfthrt  to 
[F.  33]),  Aufrichten  im  Bette,  Wechsel  des  Verbandes  sd 
meistens  die  Gelegenheitsursachen,  die  bei  den  erschöpften  Ena- 
ken  diese  consecutiven  Ohnmächten  plötzlich  heryormfen.  Sie 
kann  zu  einer  Zeit  vorkommen,  wo  der  Kranke  ganz  hergestell: 
zu  sein  schien,  und  beveirkte  selbst  am  28.  Tage  eine  leicbte 
Muskelbewegung,  einen  .plötzlichen  Tod  (F.  108).  Ihre  Duer 
wird  bis  auf  3  Stunden  angegeben.  Mitunter  geht  sie  ia  mt 
soporOsen  Zustand  über,  der  zum  Tode  führt  Es  kamen  3  Hei- 
lungen vor,  in  deren  Verlauf  eine  blitzartige  Asphyxie  beobaehMt 
v?urde  und  Ohnmächten  bei  den  geringsten  Bewegungen  eio- 
traten. 


Ueber  die  Wonden  des  BerzenB  und  des  Herzbeateis.  695 

Sehr  selten  war,  dass  die  Ohnmacht  zu  einem  Scheintod 
sich  ausdehnte  und  hielt  derselbe  in  dem  Falle  von  Dnrande 
5  Tage  an,  welche  Zeit  der  Verletzte  im  strengen  Winter  draas&en 
im  Freien  gelegen  hatte,  worauf  die  Herzwande  geheilt  war 
(F.  262,  275). 

Die  Ohnmacht  entsteht  meist  in  Folge  de9  Blutverlustes;  wo 
indess  Yerletzung  und  Ohnmacht  zusammenfallen,  keine  Blutung 
stattfindet,   beruht  sie   auf  einer  nervOsen  Depression.     Es  ist 
möglich,  dass  beim  ersten  Choc  das  Herz  momentan  stillsteht, 
der  Herzschlag  sich  vermindert,  und  eine  Stase  in  den  venösen 
Gef&ssen,  eine  mangelnde  Zufuhr  arteriellen  Blutes  zum  Gehirn 
eintritt  und  als  Resultat  eine  Ohnmacht  entsteht.    Dabei  sind  in- 
dividuelle Dispositionen  zu  Ohnmächten  zu  berücksichtigen.    Bei 
dem  w&hrend  derselben  bestehenden  tr&gen  Blutumlauf  kann  sich  in 
dem  ans  der  Circulation  ausgetretenen  Blut  im  Verlaufe  der  Herz- 
wunde einen  Pfropf  bilden  und  consilidiren ;  sie  wird  somit  zu 
einem  wesentlichen  Hfilfsmittel  zur  Verheilung  einer  Herzwunde. 
4)  Sohw&che.    Die  Schw&che,  welche  ebenfalls  h&ufig  ist, 
schliesst  sich  entweder  an  die  Ohnmacht  an,  oder  tritt  sofort  an 
Stelle  derselben  ein.    Die  Kranken  können  von  Anfang  an  so 
collabirt  sein,  dass  man  in  jedem  Augenblick  ihren  Tod  erwar- 
tet; sie  liegen  ermattet  da,  mit  schwacher,  abgebrochener  oder 
ganz  erloschener  Stimme,  lassen  den  Kopf  von  einer  auf  die  an- 
dere Schulter  Collen,  und  sind  nicht  im  Stande,  ihre  sohlaif  herab* 
h&ngenden  Glieder  zu  bewegen,  sich  aufzurichten.    Ein  Kranker 
mit  einer  Wunde  des  rechten  Herzohres  und  der  Art.  coronar. 
ffthlte  sich  so  schwach,  dass  er  sich  nicht  vom  Kamp^latz  zu- 
r&ckbringen,  noch  auf  den  RQcken  legen  lassen  wollte,  aus  Furcht, 
zu  sterben.   Die  Ursache  der  Schwäche  ist  der  Blutverlust.   Sel- 
tener entwickelt  sich  die  Schw&che  erst  nach  einigen  Stunden. 
Sie  wird  bei  der  Verletzung  der  verschiedensten  Herzabschnitte 
und  auch  bei  nicht  penetrirenden  Wunden  beobachtet,  wenn  nur 
gleichzeitig  eine  starke  Blutung  dabei  war.    In  der  Regel  ist  sie 
intensiv,  obwohl  dadurch  nicht  immer  ein  frfiherer  Eintritt  des 
Todes  bedingt  wird;  so  starb  ein  Kranker  mit  einer  Wunde  bei- 


696  ^r.  Georg  Fischer, 

der  Ventrikel,  der  anfangs  im  tiefsten  CoUapsas  gelegen  hatte. 
erst  am  4.  Tage.  —  Hit  einer  Wnnde  des  rechten  Yentrikds, 
nebst  sofort  eintretender  grosser  Scbw&che,  lebten  die  Krank« 
1,  4,  8,  10,  ja  26  Tage,  nnd  hatte  im  letzten  Falle,  bei  einer 
Schnss Verletzung,  ein  15stQndiger  Collapsus  bestanden.    Trat  ia 
Folge  der  zwischendurch  entstandenen  Blutaogen,  Fieber  o.  s.  v. 
die  Schwäche  erst  sp&ter  nach  einigen  Standen,   Tagen  ein,  » 
gingen  die  Kranken  nach  8, 10, 14  Tagen,  8,  ö  Wochen  za  Gmode 
Mit  einer  Schasswunde  machte  ein  Kranker  noch   eine  lltigip 
Seereise  and  wurde  erst  beim  Transporte  vom  Schiffe  sehwad 
Die  Wunden  des  Ventrikels  tödten  darchschnittlich  rascher,  weu 
anfangs  grosse  Schw&ohe  yorhanden  war,  nach  2,   16  Standen, 
3,  5  Tagen,  obwohl  auch  hier  ursprfinglich  Moribunde  erst  nict 
20  Tagen,  3  Monaten  starben.    Bei  einer  Verletzung  des  reck- 
ten Herzohres  war  ein  Kranker  anfangs  noch  so.  frisch ,  dass  er 
Ton  der  Fregatte  zum  Hospital  ging,  wurde  indess  nach  8  Stan- 
den sehr  schwach  und  starb  bald.    Eine  Wände  der  Art  corotir. 
rief  sogleich  einen  4stündigen  Collapsus  hervor  und  t5dtete  ineli 
12  Tagen;  in  einem  anderen  Falle  nach  63  Tagen;  eine  Eaptir 
des  Septum  mit  ftusserster  Prostation  nach  1  halben  Stande,  eis 
Schass  durch  dasselbe,  wonach  der  Kranke  moribund  wurde,  em 
nach  12  Tagen.  —  Es  sind  5  Heilungen  (3  am  Pericard.«  2  aa 
rechten  Ventrikel)  beobachtet,  bei  denen  die  Kranken  Ton  Ac- 
fang  an  die  grosseste  Schw&che  zeigten,  sterben^  in's  Hospiul 
gebracht  wurden,  und  eine  Bettung  unmöglich  schien;  aach  s:e 
giebt  daher  ebenso,  wie  die  Ohnmacht,  gewisse  Chancen  zu  eioeo 
glucklichen  Verlauf.    Bei  den  Herzbeutelwunden  mit  Heilang  hatte 
ein  Kranker  sogar  36  Stunden  in  der  Agone  gelegen,  ein  anderer 
in  seiner  Trunkenheit  einen  starken  Blutverlust  gehabt;  bei  eines 
dritten,  der  4  Stunden  lang  im  Collapsus  gelegen  hatte,  war  nul 
12  Tagen  die  Wnnde  im  Pericard.  yernarbt.     Bei  den  beito 
Heilungen  am  rechten  Ventrikel  war  ein  Kranker  arspraaglKa 
moribund  gewesen,  ein  anderer  nach  der  Extraction  eines  Dolckes 
und  darauf  entstandener  Blutung  sehr  schwach  geworden. 

Wie  gering  die  Seh  wiche  im  Anfang  sein  kann,  beweis 


Deber  die  Wanden  des  Hersena  und  des  Henbeatels.  697 

die  nnter  der  Ohnmacht  aufgezeichneten  Fälle,  wo  die  Kranken 
noch  Strecken  weit  fortgingen  u.  s.  w.;  eine  Frau  fand  sogar 
noch  die  Kraft,  nachdem  sie  sich  eine  Wunde  in  dem  Herzbeutel 
und  der  Fettschicht  des  Herzens  beigebracht  hatte,  sich  am  Fenster 
aufzuh&ngen  (F.  215).  Anch  im  Verlaufe  konnte  die  Schw&che 
gering  sein,  so  dass  die  Kranken  an  den  folgenden  Tagen  um- 
hergingen und  ihre  Arbeit  wieder  aufnahmen. 

5)  Angst.  In  der  Regel  ist  dieselbe  mit  DyspnoS,  Oppres- 
sion  verbunden  und  beruht  auf  einer  Compression  des  Herzens 
und  der  Lungen;  es  ist  dann  im  AnEemg  eine  innere  Blutung,  im 
späteren  Verlauf  Pericarditis,  Pleuritis  die  Ursache.  Die  Kranken 
stehen  des  Nachts  auf,  um  sich  durch  Hin-  und  Hergehen  Er- 
leichterung zu  verschaffen  und  können  schon  nach  wenigen  Stun- 
den unter  der  fürchterlichsten  Angst  sterben.  Wenn  ältere  Auto- 
ren (Naumann*),  P.  Frank**))  eine  unnennbare  Angst  als 
Symptom  der  Herzwunden  hervorheben,  so  wird  nur  die  durch 
jene  Ursache  bedingte  darunter  zu  verstehen  sein.  —  Seltener 
tritt  die  Angst  momentan  ein,  wenn  durch  irgend  eine  Bewegung 
der  Druck  auf  das  Herz  jsich  steigert  Man  sah  dieselbe  bei  einer 
Frau,  welche  sich  eine  Nähnadel  in  die  Brust  gestossen  hatte,  in's 
Hospital  ging  und  nur  mit  Mühe  überredet  werden  konnte,  dort 
zu  bleiben;  plötzlich  bekam  sie  grosse  Angst,  Schmerzen  u.  s.  w. 
Die  Section  zeigte  eine  Durchbohrung  der  Aorta  durch  die  Nadel 
und  einen  Bluterguss;  dabei  ist  anzunehmen,  dass  in  jenem  Mo- 
ment die  Verletzung  geschah  (F.  24).  Schon  beim  Aufheben  des 
linken  Armes,  beim  tiefen  Inspiriren  konnten  Angst  und  Schmerz 
in  der  Praecordialgegend  eintreten  (F.  282).  —  Neben  dieser 
secundär  sich  entwickehnden  Angst  wird,  wenn  auch  selten,  bei 
den  Kranken  unmittelbar  nach  der  Verletzung  eine  Todesangst 
beobachtet  Es  gehört  hierher  ein  Fall,  wo  ein  24jähriges  Mäd- 
chen, nachdem  es  sich  ein  Messer  in  das  Herz  gestossen  hatte, 
um  Hülfe  schreiend  zum  Fenster  hinaus  sprang  (F.  64).   Häufiger 


*)  Handbuch  der  medic.  Klinik.    1830.    11.    S.  88—23. 
»*)  Epistol.    L   II.    §.  20G. 


698  I>r*  Oeorg  Fischer, 

haben  die  Kranken  eine  Todesgewissheit,  ohne  dass  sie  da- 
bei unruhig  sind.  Der  vorhin  erwähnte  Patient  wollte  sich  mnk 
aufheben,  noch  auf  den  Rücken  drehen  lassen,  weil  er  bei  seÜKf 
Schwäche  die  Ueberzengung  hatte,  sterben  zu  miisseD.  Desgle- 
chen  fand  man  die  Todesgewissheit  bei  Soldaten,  die  durch  um 
Schusterpfriem  in  der  Brust  verletzt,  durch  einen  Schoss  zu  Bode: 
gestreckt  waren;  bei  einem  Mädchen  mit  einer  Nadel  in  der  Bm 
u.  A.  Alle  Verletzten  behielten  ihre  Ruhe.  —  Hitanter  fehlt  dk 
Angst  im  ganzen  Verlaufe  der  Krankheit  und  die  Kranken  stsrhea 
bei  voller  Besinnung. 

Schliesslich  ist  zu  erwähnen,  dass  nach  der  Heilnng  emer 
Wände  des  Herzbeutels  und  der  Lunge  der  Kranke  in  den  ersten 
3  Wochen  noch  Angst  und  Beklemmungen  bekam,  sobald  er  sä 
rasch  aufrichtete,  was  indess  später  ganz  verschwand.  Wahr- 
scheinlich werden  dabei  die  Herzpalpitationen  sich  vermehrt  habea, 
wie  es  auch  nach  anderen  Heilungen  beobachtet  ist. 

6)  Schmerz.  Der  von  der  äusseren  Wunde  aosgehendi 
Schmerz  ist  vorhin  besprochen.  Es  fragt  sich ,  in  wie  weit  m 
der  Herzwunde  selbst  Schmerzen  entstehen.  Die  Experimente  u 
Thieren,  die  Acupunctur  bei  Menschen  haben  eine  entsdiiedeae 
Schmerzlosigkeit  nachgewiesen,  und  werden  bei  den  Herzwuudei 
die  directen  Berührungen  des  Herzens  mit  dem  Finger  oder  h- 
strumenten  darüber  Aufechluss  geben  können.  Schon  Harvej 
hielt  das  Herz  für  ganz  unempfindlich  und  stützte  sich  besouderi 
auf  eine  Beobachtung  an  der  Brustwunde  des  Sohnes  von  Lord 
Montgomery,  wo  er  das  Herz  mit  dem  Finger  berührt  hatte- 
Dasselbe  geschah  von  Ollenroth,  Bambergeir  (F.  286,  296), 
welche  die  Untersuchung  so  lange  ausdehnten ,  dass  sie  sich  eii 
Bild  über  die  Mechanik  der  Herzbewegung  machen  konnten;  ii 
beiden  Fällen  litten  die  Kranken  nicht  im  Geringsten.  Dagefea 
riefen  die  Untersuchungen  von  de  Lapeyronie,  Reiche  (F.  2(6, 
297)  jedesmal,  wenn  der  Finger  das  Herz  berührte,  eine  Syncope 
hervor,  und  einmal  ein  Erwachen  aus  der  Bewusstlosigkeit,  mü 
Klage  über  furchtbaren  Schmerz.  Aehnlichen  Erfolg  hatte  die 
Berührung  mit  der  Sonde;  entweder  reagirte  der  Kranke  dnreh- 


Uebor  dia  Waadaa  dea  Herzena  and  des  Herzbeutela.  699 

aus   nicht,  oder  es  trat  Syncope  ein  (F.  254).    Beim  3"  tiefen 
Einfuhren  einer  Bougie  in  einen  Schusscanal  entstand   heftiger 
Schmerz  (F.  309),  während  die  Berührung  mit  einem  Gatbeter 
keinen  grossen  Schmerz,  aber  ein  unangenehmes  Gefühl  der  Kälte 
und  Erstarrung  hervorbrachte  (F.  294).  —   Was  nun  die  ver- 
echiedeneu  Arten  der  Verletzungen  anbetrifft,  so  ist  bei  Nadel-, 
Pfriemwnnden  kein  Schmerz  beobachtet,  selbst  nicht  bei  einem 
6jährigen  Kinde.    Ein  Pfriem  konnte   1,   2  Minuten  lang  unbe- 
wnsst  in  der  Brustwande  stecken,  der  Kranke  damit  in  seiner 
Beschäftigung  fortfahren;  in  einem  anderen  Falle  empfand  der 
Kranke  im  Moment  der  Verletzung  ebenfalls   nichts   und    ging 
weiter.    Bei  Messer-,  Degen-,  Dolch  wunden  besteht  eine  Ver- 
schiedenheit.   In  der  Regel  fehlt  der  Schmerz;  es  kam  vor,  dass 
der  Verletzte  sich  anfangs  ganz  wohl  fühlte,  seine  äussere  Wunde 
für  ganz  unbedeutend  hielt,  ja,  er  glaubte  bei  einer  Wunde  des 
linken  Ventrikels  nur  seine  Kleider  verletzt  und  merkte  erst,  nach- 
dem er  einige  Schritte  gegangen  war,  an  der  Blutung,  dass  er 
verletzt  war.    Bei  einer  Herzbeutelwunde  wurde  er  erst  von  seinen 
Kameraden  auf  eine  Wunde  aufmerksam  gemacht.    Eine  Bajonett- 
wunde des  linken  Ventrikels  zeigte  während  des  ganzen  Ver- 
laufes eine  wunderbar  grosse  Unempfindlichkeit,   und  zog  sich 
sogar  ein  Kranker  das  Bajonett,  welches  in  den  Bauch  ein-  und 
auf  der  Brust,  nach  Verletzung  des  rechten  Ventrikels,  ausge- 
drungen war,  ohne  Hülfe  selbst  aus,  hielt  sich  durchaus  nicht 
für  schwer  verwundet,  ging  noch  10  Schritt  weiter,  bevor  er  ohn- 
mächtig wurde,  und  klagte  auch  später  nur  über  wenig  Schmerz. 
Diesen  Beobachtungen  gegenüber  kommt  es  vor,  dass  der  Kranke 
sofort  nach  dem  Messerstich  laut  aufschreit  (ob  aus  Angst  oder 
Schmerz  ist  nicht  gesagt),  über  heftiges  Stechen  in  der  Brust 
klagt,  oder  nur  einen  lebhaften,  aber  oberflächlichen  Schmerz  in 
der  Herzgegend  empfindet.    Selbst  im  tiefsten  Gollapsus  unmit- 
telbar nach  der  Verletzung  stiess  ein  Kranker  mehrfach  ein  krei- 
schendes, schmerzhaftes  Geschrei  aus.  —  Bei  Schusswunden  ist 
selten  von  einem  momentan  heftigen  Schmerz  die  Rede,  obwohl 
auch  sogleich  ein  bohrender  Schmerz  in  der  Herzgegend  vorkommt. 

Y.  Lange  nbeek't  Archlr  für  Cbirargie.  IX.  45 


700  I>r.  Georg  Fischer, 

Selbst  ein  lOj&hriges  Kind,  dem  durch  SchuBS  ein  Hol2pfloek  ii 
den  rechten  Ventrikel  gedrangen  war,  empfand  darchans  keinen 
Schmerz.  Es  ist  möglich,  dass  die  Kranken  ihre  Kugel  deatli«li 
SU  fühlen  glauben  und  die  Extraction  yerlangen,  auch  eine  Be- 
wegung der  Kugel  nebst  einem  Druck  auf  das  Hers  fühlen.  Ab 
eine  Kugel  frei  im  Pericard.  lag,  entstand  mitunter  ein  drfickeih 
des  Magenkneifen,  was  durch  den  Druck  sich  erklären  lasst  In 
der  ersten  Nacht  hatte  ein  Kranker  das  GefQbl,  als  wolle  ihn 
das  Hers  herausspringen.  —  Bei  Quetschwunden  wirkt  die  Gewalt 
auf  die  äussere  Thoraxwand  so  stark  ein,  dass  die  sofort  auf- 
tretenden Schmerzen  dadurch  hinlänglich  erklärt  werden.  Ab 
durch  Quetschung  in  einem  Wasserrade  eine  Dislocation  des 
Herzens  nach  rechts  erfolgte,  hatte  der  Kranke  sofort  auf  der 
rechten  Brustseite  heftige  Schmerzen  und  das  Gefiibl,  als  ob  ihn 
ein  fremder  Körper  in  die  rechte  Lunge  eingedrungen  sei.  - 
Die  Grösse  der  Herzwunde  bestimmt  den  Schmerz  nicht. 

Berücksichtigt  man,  dass  Entzündungen  und  DegeneratioMc 
der  Endocards  und  des  Herzmuskels  meistens  von  kaum  nennem- 
werthen  Schmerzen  begleitet  sind,  so  geht  aus  allen  diesen  Beob- 
achtungen hervor,  dass  die  Verletzung  des  an  sensitiven  Ntf- 
ven  armen  Herzens  gar  keine  oder  höchst  geringe 
Schmerzen  veranlassen.  Es  :it  daher  schon  früher  (Bo;m 
u.  A.)  die  Abwesenheit  des  Schmerzes  für  ein  diagnostiscbei 
Zeichen  der  Herzwunden  angesehen.  Das  Pericard.  scheint,  wie 
man  aus  den  starken  Schmerzen  bei  acuter  Pericarditia  schliea^ 
kann,  sehr  sensibel  zu  sein,  und  werden  demnach  die  im  Anto 
entstehenden  Schmerzen  von  den  Wunden  der  Brustwand  und  des 
Herzbeutels  abhängen. 

Sobald  der  erste  Choc  vorüber  ist,  können  bald  oder  mutl 
einigen  Stunden,  neben  grosser  Dyspnoö,  den  Symptomen  innerer 
Blutung  Schmerzen  entstehen,  die  als  Folge  des  Blutdruckes  an- 
zusehen sind.  Nach  einigen  Tagen  können  dieselben  von  Periev- 
ditis,  Pleuritis  abhängen.  Dabei  kommen  manche  Nuancen  Tor: 
bald  heftig,  tief,  bald  gering  und  oberflächlich  in  der  Herzgegeoi 
auf  einer  oder  auf  beiden  Seiten,  unter  den  falschen  Rippen,  ün 


Oeber  die  Wooden  des  Herzeas  aad  des  Herzbautels.  701 

Epigastrinm,  wo  er  auf  Drack  sich  vennehrt,  nad  war  la  diesem 
Falle  ein  Schoitt  darch  den  Plex.  pneumogastricus  nachzuweisen 
(F.  328),  bei  Pericarditis  zog  sich  der  Schmerz  von  der  Herz- 
gegend bis  zum  unteren  Winkel  des  Schulterblattes  hin  und  nahm 
mit  der  Vergrösserung  des  Exsudats  ab.  Fliesst  bei  einer  Wunde 
des  Zwerchfelles  das  Blut  aus  dem  Thorax  in  den  Bauch,  so  wird 
mitunter  ein  grosses  Gewicht  im  ünterleibe  empfunden.  Geistige 
Aufregung,  wobei  die  Girculation  stürmischer  wird,  kann  bei 
Pericarditis  den  Schmerz  steigern. 

Zu  den  irradiirenden  Schmerzen  gehören  die  Schulter- 
schmerzen, welche  auf  derselben  Seite  der  Verletzung  entstanden, 
als  eine  Nadel  vorne  zwischen  der  rechten  2.  und  3.  Rippe,  ein 
Messer  zwischen  der  linken  5.  und  6.  Rippe,  3"  vom  Stemum 
den  linken  Ventrikel,  ein  Stich  zwischen  linken  7.  und  8.  Rippe, 
2"  vom  Sternum  den  Herzbeutel  trafen.  Es  können  sich  an  der- 
selben Seite  die  Schmerzen  in  der  unteren  Extremität  bis  in  die 
Zehen  verbreiten  und  kam  dieses  bei  einer  Wunde  in  der  Mitte 
des  Epigastriums  vor,  welche  tief  in  das  linke  Hypochondrium 
ging,  den  Herzbeutel  durchbohrte,  desgleichen  bei  einer  Wunde 
durch  den  5.  Rippenknorpel,  welche  die  Art.  coronar.  und  das 
Herz,  jedoch  ohne  zu  penetriren,  traf. 

Nach  der  Verbeilung  nebst  überstandener  Pericarditis  kann 
noch  eine  Zeit  lang  eine  Spannung  in  der  Herzgegend,  selbst 
nach  2  Jahren  noch  häufig  Gongestionen  zum  Herzen  zurück- 
bleiben, die  jedesmal  durch  Blutentziehung  gehoben  wurden.  Eine 
zurückgebliebene  Schmerzhaftigkeit  an  der  Narbe  der  Hautwunde 
bei  der  Berührung  ist  früher  erwähnt. 

7)  Lage  des  Kranken.  Die  Kranken  vertragen  in  dcM* 
Regel  die  horizontale  Lage  im  Bette. gut,  obwohl  sie  ihnen  auch 
so  beschwerlich  werden  kann,  dass  sie  trotz  grosser  Schwäche 
sich  zu  erheben  suchen,  um  aufrecht  zu  sitzen,  zumal  wenn  Er- 
stickungsanfälle, Praecordialangst  hinzukommen.  Andererseits  ist 
bei  grosser  Athemnoth  die  horizontale  Lage  die  einzig  erträgliche, 
oder  es  kann  der  Kranke  in  allen  Richtungen  bequem  im  Bette 
liegen.    Bei  einem  Erguss  in  das  Pericard.,  mit  oder  ohne  Blu- 

45* 


702  I^r*  Georg  Fischer, 

tung  in  die  linke  Pleura,  konnten  beide  Kranke  nur  auf  der 
rechten  Seite  liegen,  hatten  auf  der  linken  Seite  stets  grosse  Angst 
Bei  fehlendem  Erguss  und  einer  Wunde  des  linken  Yentrikek 
war  dagegen  die  rechtsseitige  Lage  unmöglich,  desgleichen  bei 
dem  Befunde  einer  im  Herzbeutel  eingekapselten  Kugel  neben 
den  Residuen  einer  alten  Pericarditis.  Bei  zunehmender  ünrobc 
sagt  keine  Lage  zu ;  es  besteht  mithin  eine  grosse  Verschiedenheit 

8)  Gesichtsansdruck.  Die  Veränderungen  im  Gesirk 
der  Verletzten  sind  die  Folgen  der  Blutung,  der  durch  sie  her- 
vorgerufenen Schwäche  und  treten  meist  sofort  nach  der  Ver- 
letzung auf.  Sehr  selten  ist  es,  dass  der  Kranke  mit  unTeräo- 
dertem  Gesichtsausdruck  im  Anfang  durchaus  nicht  den  Eindruck 
eines  Schwerverwundeten  macht,  und  der  Arzt  eine  nicht  peoe 
trirende  Brustwunde  vor  sich  zu  haben  glaubt,  bis  nach  eiDiges 
Stunden  die  schwersten  Symptome  eintreten.  Die  Kranken  sind 
in  den  meisten  Fällen  sehr  blass,  oft  von  Todesblässe  im  gaozee 
Gesicht  Nur  einmal  wird  erwähnt,  dass  gleich  nach  der  Ver- 
letzung das  Gesicht  in  derselben  Minute  roth  und  blass  wurde. 
Die  Lippen  sind  cyanotisch,  selten  blass,  weiss,  und  kann  dk 
Cyanose,  zumal  bei  herannahendem  Tode,  sich  über  das  gaose 
Gesicht  ausdehnen;  die  Zunge  ist  dunkelblau,  trocken,  und  dringt 
bei  gleichzeitiger  Lungenwunde  blutiger  Schaum  aus  dem  MaoJe. 
Die  Temperatur  ist  gesunken ;  Nasen,  Ohren  sind  kalt.  Die  Ängeo 
erscheinen,  von  lividen  Ringen  eingefasst^  matt,  halbgeöffnet,  mit- 
unter in  Thränen  gebadet;  die  Pupillen  können  erweitert,  star, 
nach  oben  verzogen,  oder  im  tiefen  GoUapsus  verengt  sein.  D^ 
Gesicht  trägt  das  Gepräge  der  Erschöpfung,  des  tiefsten  Leidens, 
der  Angst  und  Traurigkeit,  so  dass  es  den  Eindruck  machen  kanHi 
als  wfinsche  sich  der  Kranke  den  Tod  herbei ;  bald  ist  der  Ein* 
druck  der  eines  Moribunden.  In  einem  Falle  wird  der  Gesichts* 
ausdruck  als  ein  verwirrter,  verstörter  bezeichnnt,  in  einem  an- 
deren als  närrisch  (gripp6)  convulsivisch.  (Vergl.  die  nervösea 
Symptome).  —  Die  beschriebenen  Veränderungen  combiniren  sieb 
in  verschiedener  Weise. 

9)  Kälte.    Als  Folge  der  Blutung  und  meist  im  Verhält- 


Deber  die  Wunden  des  Herzens  nnd  des  Herzbeatels.  703 

niss  zur  Grösse  derselben  ist  die  Temperatur  vermindert,  so  dass 
die  Extremitäten,  oder  bei  stärkerer  Anämie  der  ganze  Körper 
kalt  sind.  Die  Kälte  wird  selbst  in  der  heissesten  Jahreszeit  als 
oine  Eis-,  Marmorkälte  beschrieben.  In  der  Regel  tritt  sie  sofort 
ein,  in  einem  Falle  4  Stande  nach  der  Verletzung.  Das  Gefühl 
der  Kälte  und  Erstarrung  bei  Berührung  des  Herzens  mit  einem 
Catheter  ist  vorhin  erwähnt. 

10)  Haut.  Auf  der  Haut  des  Gesichts  oder  des  ganzen 
Körpers  stellt  sich  anfangs  ein  kalter,  klebriger  Sohweiss  ein; 
später,  wenn  eine  fieberhafte  Reaction  eintritt,  wird  die  Haut 
wieder  wärmer,  bleibt  oft  trocken.  Oedem  trat  am  folgenden 
Tage  nach  einer  Schassverletzung  an  den  Beinen  und  Füssen 
auf,  blieb  14  Tage  stehen  und  verschwand  dann  wieder;  es  wurde 
ausserdem  bei  einem  Klappenleiden  und  Vorläufer  eines  Erysipe- 
las  am  Augenlide  beobachtet. 

11)  Zittern.  Dasselbe  ist  selten  beobachtet;  bei  Schnitt- 
und  Schusswunden  kam  es  spasmodisch  und  mii  der  Zeit  sich 
vermehrend  vor,  war  dagegen  bei  einer  Quetschwunde  (F.  430) 
allgemein.  In  der  Regel  ist  es  ein  anämisches  Symotom^  konnte 
indess  auch  als  nervöse  Aifection  aufzufassen  sein. 

12)  Fieber.  Das  Fieber  tritt  meistens  erst  ein,  wenn  der 
erste  Ghoc  vorüber  ist,  die  Symptome  des  CoUapsus  zurücktreten. 
Es  kann  in  geringem  Grade  beginnen,  einige  Tage  so  anhalten, 
bis  es  bei  einer  besonderen  Ursache  (Umhergehen  des  Kranken 
u.  8.  w.)  hitziger  wird.  Es  wurde  erst  am  8.  Tage  der  erste 
Frost  beobachtet  Häufig  beginnt  es,  ohne  dass  sich  direct  eine 
Gelegenheitsursache  nachweisen  lässt,  und  erst  die  Section  lässt 
vermuthen,  dass  der  Anfang  des  Fiebers  mit  einer  secundären 
Blutung  nach  innen  zusammengetroffen  ist.  Das  Fieber  kann 
dabei  einen  Tag  bestehen,  vorübergehen  und  nach  einigen  Tagen 
bei  einer  erneuerten  Blutung  wieder  eintreten.  Bei  starken  Blu- 
tungen, die  sich  durch  Dyspnoe,  Oppression  u.  s.  w.  sofort  kennt- 
lich machen,  entsteht  das  Fieber  plötzlich  und  heftig  (F.  200).  — 
In  vielen  Fällen  kündigt  es  eine  Pericarditis,  Carditis,  rieuritis 
an,  von  denen  erstere  meist  am  2.,  3.  Tage  sich  entwickeln.  — 


704  Dr-  Georg  Piseber, 

Es  erscheint  nicht  unwahrscheinlich,  dass  dnrch  die  Heftigkeil 
des  Fiebers  eine  zarte  Narbe  in  der  Herzwande  wieder  anfg^ 
gerissen  werden  kann  (F.  276). 

Gehen  wir  sn  den  eigentlichen  CircnlationsstO rangen 
aber,  welche  vornehmlich  durch  die  Blutung  und  Entafindungeo 
bedingt  werden. 

13)  Herzschlag.    Derselbe  ist  am  häufigsten  in  Folge  der 
Blutung  in  seiner  Stärke  herabgesetzt  und  kann  sowohl  bei  alleini- 
ger Schwäche  des  Kranken,  als  wie  bei  einer  Blutung  in  dea 
Herzbeutel,  dem  Geffihl  sich  mehr  entziehen.    Er  ist  anfiuigs  io 
verschiedenen  Graden  schwach,  fast  unmerklich  oder  fiberhaopt 
nicht  zu  ffihlen,  kann  dabei  aber  seinen  regelmässigen  Rhythmus 
behalten.    Dass  die  durchschnittenen  Herzmuskelfasem  sich  sehr 
nnregelmässig  zusammenziehen  und  dadurch  stets  einen  anregel- 
mässigen Herzschlag  heryorrufen,  trifft  mithin  nicht  immer  zu.  — 
Andererseits  wird  der  Herzschlag  gleich  anfangs  lebhaft,  beschleu- 
nigt, deutlich  zu  fühlen  sein.    Es  gab  F&Ue,  wo  er  bis  zum  Tode 
tumultuarisch  blieb  (F.  110),  ja  sogar  die  Brust  gewaltsam  hob 
(F.  282).    Bei  einer  Messerwunde  des  Herzbeutels  war  dersdbe 
kurz  nach  der  Verletzung  so  laut,  dass  man  ihn  in  einer  Ent- 
fernung von  mehreren  Schritten  deutlich  hOren  konnte  und  an- 
willkfirlich  die  Yermuthung  erweckte,  dass  Luft  in  den  Herzbei- 
tel  eingedrungen  sei,  die  bei  der  Bewegung  des  Herzens  hin- 
und  hergetrieben  wurde  (F.  280).  ^-  Sind  die  Kranken  sehr  er- 
schöpft,  so  kann   von  Anfang  an  die  Herzcontraction  unregel- 
mässig sein,  und  wird  in  4  Fällen  von  einem  Zittern  des  Herzens 
gesprochen,    welches   einige  Minuten   nach   der  Verletzung  bei 
Schnitt-,  Schusswunden  und  Rupturen  vorkam  (F.  107,  283,  310, 
400).    Lavender,  welcher  nach  den  ersten  5  Minuten  die  Herz- 
thätigkeit  ganz  aufgehoben  sah,  f&hlte  nach  abermals  5  Minuten 
ein  leises  Zittern  des  Herzens  und  wird  dieses  mit  dem  anfangs 
noch  undeutlich  erscheinenden  Herzstosse  identisch  sein;  desglei- 
chen Beck,  welcher  den  Herzschlag  gleichzeitig  undeuüich,  die 
HerztOne  entfernt  verschwommen  wahrnahm.  —  Im  Verlauf  der 
Krankheit  wird  sich  der  Herzschlag  je  nach  den  Verhältnissen 


üeber  di6  Wanden  des  Herzens  und  des  Herzbeutels.  705 

sehr  Terscbieden  präsentiren.    Ist  er  anfangs  tnmaltnarisch,  so 
kann  er  mit  eintretender  Pericardids  schwächer  und  zuletzt  un- 
föblbar  werden;  bei  einer  Blutung  in  den  Herzbeutel  plötzlich 
nicht  mehr  zu  fühlen  sein  (F.  175).    umgekehrt  kam  es  vor, 
dasB  derselbe  anfangs  bei  ftusserster  Schwäche  des  Kranken  kaum 
fahlbar)  dagegen  am  5.  Tage  sehr  heftig  war.    Er  kann  sich  im 
Yerlauf  sogar  so  kräftig  entwickeln,  dass  er  nach  mebr&ch  er- 
folgten Aderlässen,  das  eine  Mal  am  6.  Tage,  in  Folge  seiner 
Heftigkeit  die  Heftpflaster  lüftete,  im  anderen  Falle  am  7.  Tage 
beim  Abnehmen  des  Verbandes  in  der  Wunde  sichtbar  wurde, 
und  schien  der  angelegte  Finger  den  unmittelbaren  Eindruck  der 
Herzspitze  zu  f&hlen.     Bei   einer  Herzbeutelwunde  war  er  am 
4.  Tage  sehr  stark  und  eigenthümlich;  wurde  nämlich  die  Wunde 
60  mit  der  Hohlhand  bedeckt,  dass  die  Finger  nach  unten  ge« 
richtet  waren,  so  fühlte  man  mit  diesen  das  Klopfen  des  Herzens, 
während  man  in  der  Hohlhand  die  Empfindung  hatte,  als  würde 
bei  jedem  Herzschlag  eine  Flüssigkeit  gegen  dieselbe  angeschlagen 
(F*  297).    In  dem  erwähnten  Falle  von  Dislocation  des  Herzens 
in  Folge  einer  Quetschung,  war  unter  der  linken  Warze  der  Herz" 
schlag  nicht  hörbar,  wie  vor  der  Verletzung,  dagegen  pulsiite 
das  Herz  rechts  V*  vom  Stemum,   zwischen  6.  und  7.  Rippe 
(F.  444).   Eine  zweifache  Herzpulsation  zwischen  5.  und  6.,  und 
3.   und  4.  Rippe  kam  bei  einer  Messerwunde  beider  Ventrikel 
vor  (F.  266),  und  wird  dabei  die  vordere  Herzfläche,  in  einer 
grösseren  Ausdehnung  die  Brustwand  berührt  haben,  als  es  ge- 
wöhnlich der  Fall,  aber  nicht  überaus  selten  ist.  —  Nach  Ver> 
heilungen  von  Herzwunden  bleiben  oft  die  heftigsten  Herzpalpi- 
tationen  zurück  (F.  282),  und  können  dieselben  Jahre  lang  fort« 
bestehen  (F.  260),  so  z.  B.  bei  der  Einkapselnng  einer  Kugel  im 
rechten  Ventrikel  6  Jahre  lang,  wobei  in  den  ersten  3  Jahren 
der  Kranke  sehr  von  Palpitationen  gequält  wurde,  in  den  letzten 
weniger  (F.  368).    Andererseits  kam  nach  der  Verletzung  von 
Herzbeutel-  resp  Herzwunden  ein  kaum  hörbarer  Herzschlag  vor, 
so  dass  Larrey  eine  Atrophie  des  Herzens  vermuthete,  welche 
durch  eine  successive  Vernarbung  des  Herzbeutels  und  seiner  Ad- 


706  I^'-  Georg  Fischer, 

härenzeD   mit   der   ganzen  Oberfläche  des  Herzens  bedingt  seb 
sollte  (F.  294,  370). 

14)  PercQSsion  und  Anscnltation.  Die  pbysiealischfE 
Untersuchnngsmethoden  sind  leider  nur  bei  einer  geringen  Ansah' 
von  Fällen  (c.  45)  zur  Anwendung  gekommen.  Die  Percns- 
sion  des  Herzens  giebt  bald  eine  normale  Dämpfung,  bald  is 
der  Ton  bei  einem  Erguss  in  den  Herzbeutel  matter,  und  kaan 
über  der  Dämpfung  ein  abnorm  beller  Ton  bestehen.  Die  Däm- 
pfung ist  an  Dmfang  verschieden;  man  beobachtete  sie  bis  10  Ctn. 
im  Umkreis  der  Wunde,  auch  vrar  die  Ausdehnung  am  5.  Tag« 
so  gross,  dass  die  Dämpfung  IV  fiber  den  rechten  Rand  de^ 
Sternnm  hinausragte.  Eine  totale  Dislocation  des  Herzens  Daeli 
rechts,  durch  eine  quetschende  Gewalt,  sowie  ein  theilwekas 
Hinuberdrängen  desselben  nach  rechts,  in  Folge  eines  linksseiti- 
gen Pleuraergusses,  Hessen  sich  nachweisen.  Als  Luft  aus  des 
Herzbeutel  mit  Geräusch  ausdrang,  war  in  der  Präcordialgegeac 
eine  übertriebene  Resonanz  (F.  176).  Ein  wechselnder  Percos- 
sionsschall  in  der  Herzgegend  wurde  bei  aufrechter  und  liegender 
Stellung  des  Kranken  wahrgenommen  und  beruhte  dieselbe  wahr- 
scheinlich auf  einer  Luftansammlung  iin  verletzten  Herzbeutel 
Lag  der  Kranke  auf  dem  Rücken,  so  kam  ein  tympanitiseher 
Schall,  sass  er  aufrecht,  ein  mehr  gedämpfter,  indem  das  Ben 
sich  der  Brustwand  mehr  näherte  und  die  Luft  nach  hintes 
drängte.  Auch  der  tympanitische  Schall  war  bald  heller,  bak! 
dumpfer,  je  nachdem  in  der  Diastole  das  Herz  sich  mehr  ^b 
der  Brustwand  entfernte  und  umgekehrt  (Feine.   F.  298). 

Sehen  wir  zuvörderst  von  den  pericarditischen  Erscheiono- 
gen  ab,  so  hört  man  durch  Auscultation  die  Herztöne  bald 
normal  oder  entfernt,  verschwommen,  bald  auch  gar  nicht,  je 
nach  dem  stärkeren  oder  geringeren  Bluterguss  im  Herzbentel 
Landsberg  (F.  6)  will  den  Herzschlag  etwas  nndulirend  gebort 
haben,  so  dass  beide  Schläge  gleichsam  als  schleifende  Töne  ic  j 
einander  gingen,  und  mit  dem  Carotidonpulse  in  keiner  geoaaen  | 
Harmonie  standen.  —  Von  Geräuschen  sind  verschiedene  Artea 
gehört  worden: 


lieber  die  Wanden  des  Herzens  und  des  Herzbeutels.  707 

Ein  wellenformigeB  Knistern,  ähnlich  wie  bei  einem  vari- 
cOsen  Aneurysma  hörte  Ferrns  (F.  21) ,  der  überhaupt  zu- 
erst auf  ein  Geräusch  bei  Herzwunden  anfinerksam  machte.  Es 
war  am  2.  Tage  bei  einer  Wunde  des  linken  Ventrikels  zwischen 
der  linken  5.  und  6.  Rippe  hörbar ,  folgte  den  Herzbewegungen 
und  blieb  bei  einer  normalen  Respiration  stehen;  am  11.  Tage 
kam  ein  pericardiales  Geräusch  (bruit  de  lime)  zum  Vorschein. 
Bei  der  Section  fand  sich  ein  Stylet  im  linken  Ventrikel,  mit 
einem  Ende  frei  in  die  Höhle  des  rechten  Ventrikels  ragend,  ohne 
die  gegenüberliegende  Wand  zu  erreichen. 

Es  folgten  die  Beobachtungen  von  Jobert,  welcher  annahm, 
dass,  sobald  das  Herz  geöffnet  sei,  die  getheilten  Fasern  unge- 
wöhnliche Bewegungen,  unregelmässige  Palpitationen  machten, 
welche  sieh  mit  dem  gewöhnlichen  Herzschlag  vermischten.  Er 
hält  das  Geräusch  von  Ferrus  für  ein  pathognomonisches  Zeichen 
einer  Herzwunde  und  will  den  Rhythmus  des  Herzschlages  mehr 
beachtet  wissen,  da  dieser  einen  speciellen  Charakter,  ganz  ver- 
schieden von  dl9m  Rhythmus  des  beschleunigten  Herzschlages,  wel- 
cher bei  einem  fast  blutleeren  Kranken  am  Ende  einer  Blutung 
stattfindet,  haben  soll.  Ausserdem  hörte  Jobert  bei  3  Herz- 
wunden, die  er  beobachtete,  ein  zweites  Geräusch,  welches  er 
für  ein  constantes,  pathognomonisches  Zeichen  hält.  Dasselbe 
war  ein  Pfeifen,  Zischen  (susurrus),  ähnlich  dem,  wenn  Blut 
von  einer  Arterie  in  eine  Vene  tritt  Es  ist  ungewiss,  ob 
das  Geräusch  jedesmal  bei  einer  breiten  Her;&wunde  besteht,  auch 
kommt  es  nicht  in  allen  Perioden  vor,  sondern  hört  vielmehr  in 
dem  Moment  auf,  wo  ein  Pfropf  die  Wunde  schliesst;  das  Fort- 
bestehen und  Aufhören  desselben  correspondirt  daher  mit  der 
Blutung.  Im  FaU  110  hörte  man  4  Stunden  nach  der  Verletzung, 
bei  welcher  eine  äussere  und  innere  Blutung  bestand,  jenes  Ge- 
räusch. Am  folgenden  Tage  hörte  die  äussere  Blutung  auf,  und 
war  am  Tage  darauf  das  Geräusch  verschwunden;  später  kam 
ein  pericardiales  (bruit  de  rape)  Geräusch  zum  Vorschein.  Man 
faod  an  der  Herzspitze  2  Oeffiiungen,  deren  Ränder  durch  Lymphe 
vereinigt  waren  und  gleichseitig  eine  totale  Durchbohrung  des 


708  !>'•  Öeorg  Fischer, 

rechten  Ventrikels  mit  Zerschneidnng  mehrerer  Fleisehsinlea, 
Pericarditis.  Im  Falle  76  hörte  man  das  Ger&nsch  bis  sun  Tode, 
der  nach  13  Stunden  erfolgte,  dabei  war  der  rechte  Ventrikel 
durchbohrt  Im  Falle  100  wurde  bei  dem  stark  blutendeo  Kran- 
ken das  Geräusch  sofort  bei  der  Aufnahme  wahif^enommen  Uni 
Yon  den  Studenten  best&tigt;  es  erhielt  sich  noch  am  2.  Tage 
neben  einem  normalen  Respirationsger&nsche  und  wich  am  8.  Tage 
einem  pericardialen  Reibeger&usche.  Der  rechte  Ventrikel  wr 
durchbohrt  und  fand  man  in  jener  Wunde  und  in  der  dea  Peri- 
cardium  PfVöpfe. 

Metallklänge,  welche  kurs  abgebrochen,  einen  Ton  hat- 
ten, als  ob  man  mit  dem  Fingernagel  gegen  eine  Flasche  u* 
schlägt,  horte  Steifensand  (F.  197)  am  6.  Tage,  bis  n  wel- 
cher Zeit  wiederholt  Blutungen  eingetreten  waren,  neben  dem 
nur  far  das  Ohr  yemehmbaren  Heraschlag.  Es  war  der  redite 
Vorhof  2"  lang  nahe  am  üebergang  in  den  rechten  Ventrikd 
▼erletst,  und  der  Kranke  an  Verblutung  gestorben.  Auch  Feine 
(F.  298)  horte  gleich  nach  der  Verletzung  metallisch  klingende 
TOne,  die  mit  Rhonchi  yerbunden  auf  eine  Ansamndung  tm 
Flüssigkeit  im  Pericard.  hinwiesen.  Am  folgenden  Tage  war  der 
erste  Ton  nicht  ganz  rein,  und  der  zweite  an  der  Herzspitie  mit 
einem  leichten  Geräusche  yerbunden. 

Systolische  Blasegeräusche  sind  mehrfach  beobaobtet. 
Brugnoli  (F.  266)  hOrte  sie  unter  der  Clayicula  nnd  Achsel 
sehr  deutlich  und  verdeckten  dieselben  die  HerztOne.  Sie  bliebez 
nach  der  Verheilung  mit  einer  excentrischen  Herzhypertrophie 
zurück  und  zeigte  die  spätere  Section  eine  Verletzung  der  VzIt. 
mitralis,  welche  in  2  dicke  sehnenartige  Lappen  zerschnitten  war. 
Mfihlig'(F.  267)  erzählt,  dass  ein  blasendes  Geräusch  nach  der 
Verheilung  der  Wunde  entstanden  sei,  welches  den  Kranken  in- 
dess  nicht  weiter  beunruhigte.  10  Jahre  später  war  es  einige 
Wochen  vor  dem  Tode  stärker  geworden  und  v^eckte  beide 
TOne.  Es  bestand  eine  Verletzung  beider  Ventrikel,  die  dadurcb 
in  Gommnnication  getreten  waren,  sodann  eine  Hypertrophie  des 
linken  Ventrikels,  ein  partielles  Aneurysma  am  rechten  Ventri* 


Ueber  die  WnndeD  des  Herzeos  nnd  des  Herzbeutels.  709 

kel,  eine  Verletzung  and  InBufficiens  der  Aortenklappen,  sowie 
eine  Stenose  am  Orificium  aortae.  Das  im  Leben  hOrbare,  dop- 
pelte, blasende  Geräusch  am  Herzen,  war  gewiss  hauptsächlich 
von  der  Veränderung  am  Orificium  aortae  bedingt.  —  Tuefferd 
(F.  283)  hörte  gegen  Ende  der  Verheilung  einer  Herzwunde 
(wahrscheinlich  rechter  Ventrikel)  den  ersten  Herzton  gleich  einem 
Blasen,  welches  sich  in  die  Aorta  und  Carotiden  fortpflanzte.  Das 
Blasen  wurde  vom  33.  Tage  an  immer  stärker  hörbar,  verdeckte 
beide  normale  Herztöne  und  war  intermittirend.  Bei  der  Seiten- 
lage hörte  es  der  Kranke  selbst.  —  Morawetz  (F.  237)  glaubte 
das  systolische  Geräusch  mit  Garditis  und  «der  davon  abhängigen 
momentanen  Insufficienz  der  Valv.  mitr.  in  Folge  der  Paralyse 
eines  oder  des  anderen  PapiUarmuskels  in  Verbindung  bringen 
zu  müssen.  —  N^laton')  bemerkt,  dass  man  bei  einer  Verletzung 
des  Herzohres  auf  1  M^tre  Entfernung  ein  Blasegeräusch  hörte, 
dessen  Timbre  ein  amphorisches  Blasen  war. 

Ein  Sägegeräusch  beim  zweitenHerzton  hörte  Krause 
(F.  280)  am  folgenden  Tage  nach  der  Verletzung  des  Pericard., 
wobei  keine  starke  Blutung  stattgefunden  hatte.  Dasselbe  liess 
am  3.  Tage  nach,  kehrte  am  4.  wieder,  um  am  5.  ffir  immer  zu 
verschwinden,  worauf  beide  Herztöne  wieder  normal  wurden. 

Consonirendes  Rasseln  (Gegurgel),  zumal  bei  der  Dia- 
stole der  Ventrikel,  wird  von  Skoda  (F.  445)  in  einem  Falle 
erwähnt,  wo  er  eine  Blutung  in  dem  Herzbeutel  vermuthete  und 
glaubte  er,  dass  Herz  und  Herzbeutel  stärker  verklebt  seien,  und 
bei  den  Herzbewegungen  durch  das  Losreissen  der  anklebenden 
Stellen  das  Rasseln  erzeugt  wurde. 

Geräusche,  welche  von  der  Systole  zur  Diastole 
forttönten,  hörte  Rupprecht  (F.  281)  am  3.  Tage,  bei  einer 
in  Heilung  ausgehenden  Wunde  des  rechten  Ventrikels,  dabei 
deutliche  Herztöne,  am  4.  Tage  Reibungsgeräusche.  •—  Ein  eben- 
falls mit  dem  Pulse  nicht  synchronisches  Blasebalg%eräusch 
vernahm  Lavender  (F.  283)  noch  14  Tage  lang  nach  der  Ver- 


El^menta  de  pzthologie  chirargicAle.    T.  lU.   1864.  p.  474. 


710  ^r,  Georg  Fischer, 

heilang  einer  Wunde  des  rechten  Ventrikels  und  verlor  sich  d^ 
selbe  erst  allmälig. 

Ein  schnurrendes  Geräusch  bestand,  ausser  dem  erwähl- 
ten, in  dem  Falle  von  Brugnoli,  und  entstand  durch  die  Cce* 
munication  beider  Ventrikel.  In  Mühlig's  Falle  mit  derseJbai 
Verletzung  \ivird  ein  Schnurren  nicht  erwähnt,  und  ist  viellekit 
nur  eine  Verstärkung  des  erwähnten  systolischen  Geräusches  dsret 
jene  Gommunication  erzielt 

£in  Geräusch  des  hydraulischen  Rades  (bmitderoie 
hydraulique)  beschreibt  Morel -Lavallee  (F.  391,  439,  44?;. 
als  pathognomonisches»  Zeichen  für  Rupturen  des  Hersbeutels  ud 
der  Pleura.   Er  sah  in  3  Jahren  jene  3  Fälle  und  war  stets  jeae^ 
Geräusch  vorhanden.     Zweimal  wurde  die  Diagnose  durch  dat 
Section  bestätigt,  einmal  erfolgte  Heilung.   Die  Ursache  war  m 
heftige  Erschütterung   des  Herzbeutels,  wodurch   dem  Geveke 
Vibrationen  weit  fiber  seine  Resistenzf&higkeit  mitgetheilt  wer- 
den.   Das  Geräusch,  welches  gleichzeitig  einen  Erguss  von  Fli^- 
sigkeit  und  Luft  in  den  Herzbeutel  anzeigt,  war  bald  intennia;- 
rond,  und  fiel  mit  der  Gontraction  der  Ventrikel  zusammen  (k 
jeder  7—15—20  Pulsation,  wobei  es  sich  4-,  5mal  wiederholle. 
F.  439;,  bald  continuirlich  bei  jeder  Systole  (¥.  449).    Mao  höre 
es  schon  in  einiger  Entfernung  vom  Kranken,  am  intensivski 
über  der  Herzgegend  und  nur  in  der  Ruckenlage,  indem  es  beii 
Aufsetzen  verschwand.'    Bald  dauerte  es  wenige  Stunden,  wurde 
am  folgenden  Tage  schwächer  und  verschwand,  bald  sogar  5  Ta^ 
(F.  439).    Das  Geräusch  ist  sicher  hervorgerufen  durch  das  Eii* 
treiben  von  Luft  und  Flüssigkeit,  in  Folge  der  Herzbewegug. 
erinnert  deutlich  an  das  hydraulische  Rad,  dessen  Schaufeln  sfc- 
cessiv  in  gleichmässigen  Intervallen  Luft  mit  Wasser  schlafeü 
und  soll  auch  mit  dem  Tone  zerschlagener  Eier  ähnlieh  sein. 
Es  ist  von  anderen  endo  -  und  pericardialen  Gei^uschen  ganz  ver- 
schieden, ^uhrt  auch  nicht  von  Ripponfracturen  her,  da  diese  da- 
bei fehlen  können;  die  Herztöne  sind  normal. 

Das  Eindringen  von  Luft  will  Filhos  (F.  161)  neben 
der  Wunde  wahrgenommen  haben;  es  wird  dahin   beschrieben. 


Deber  die  Wanden  des  Herzens  und  des  Herzbeateis.  711 

dasB,  wenn  die  Dilatation  der  Brust  vollständig  war,  die  Luft 
ein  Hindemiss  fiberwand  und  sich  rasch  in  eine  Höhle  stürzte. 

Diesen  Beobachtungen  gegenüber  giebt  es  einige  Fälle,  in 
denen  bestimmt  darauf  aufmerksam  gemacht  ist,  dass  keine 
Geräusche  am  Herzen  vorkamen;  dahin  gehören  die  Fälle  mit 
Steckenbleiben  einer  Nadel  im  Septum  (F.  42),  einer  Kugel  im 
Septum  (F.  342),  die  Einkapselung  einer  Kugel  im  Herzbeutel 
(F.  367),  das  Ein-  und  Ausdringen  einer  Kugel  durch  den  rech- 
ten Ventrikel,  so  dass  2  Oeffaungen  vorhanden  waren  (F.  362), 
eine  V'  lange,  2''  von  der  Spitze  entfernte  Stichwunde  des  rech- 
ten Ventrikels  (F.  85),  eine  5'"  lange,  penetrirende  Wunde  des 
linken  Ventrikels,  wobei  die  scharfen  Ränder  eng  aneinander 
lagen  (F.  151). 

Die  Aufzeichnungen  über  Herzgeräusche  sind  im  Vergleich 
zur  Statistik  der  neueren  Zeit  sparsam ;  dabei  int  zu  berücksich- 
tigen, dass  die  Schwäche  des  Kranken,  die  heftige  Dyspnoe  von 
der  Auscultation  des  Herzens,  entweder  ganz  oder  von  einer 
wiederholten  Untersuchung,  abgehalten  haben. 

Die  Bedingungen,  unter  denen  Herzgeräusche  bei  Herzwun- 
den entstehen,  dürften  folgende  sein:  1)  Es  ist  möglich,  dass, 
wenn  aus  einer  feinen  Herzwunde  das  Blut  gewaltsam  ausströmt, 
in  Folge  der  Reibung,  ein  Geräusch  entstehen  kann,  das  sofort 
aufhört,  wenn  ein  Pfropf  die  Wunde  verschliesst.  Es  kann  da- 
durch die  Zeit  seines  Bestehens  sehr  kurz  sein,  und  wird  dieses 
ein  Hauptgrund,  weshalb  es  am  Herzen  so  selten  beobachtet  ist 
(^Jobert).  2)  Bei  einer  Klappenverletzung  werden  an  den  flot- 
tirenden  Enden  Geräusche  entstehen  können  (F.  266,  267).  Eine 
Parallele  dazu  findet  man  in  den,  durch  Muskelanstrengung  her- 
vorgerufenen Zerreissungen  der  Herzklappen,  wobei  Quain')  bei 
einer  Zerreissung  der  Aortenklappe  einen  eigenthümlichen  Ton 
vernahm,  der  sich  über  die  Brust  bis  zum  Nacken  und  Ohren 
hinzog  und  einige  Tage  gehört  wurde.  3)  Bei  der  ^Communica- 
tion  beider  Ventrikel  (F.  266,  267).    Einen  Anhaltspunkt  würde 


♦)  Bei  Friedreich,  1.  c   S.  188. 


712  Dr«  Georg  Piseli<»r, 

man  bei  den  MiBsbildangen  des  Herzena  in  der  Perforation  des 
Septam  yentriculoram  finden.  Die  Diagnose  derselben  ist  schwie- 
rig, da  zamal  in  Betreff  der  physikalischen  Symptome  eine  exacte, 
hinreichende  Gasuistik  fehlt*  Ich  hörte  im  Einderhospitale  zu 
Prag  (1861)  eine  Wahrscheinlichkeits  -  Diagnose  aof  Perforation 
des  Septam  stellen  bei  einem  6jfthrigen  Kinde,  das  nie  acut  krank 
gewesen,  sich  wegen  gelinder  Abmagerong,  Appetitlosigkeit  vor- 
stellte. Anf  der  Brast  und  dem  etwas  aufgetriebenen  Baneh 
waren  die  Venen  erweitert,  Leber  und  Milz  f&hlbar  vei^Ossert. 
Der  Herzschlag  bestand  i*'  unter  der  linken  Brustwarze;  man 
f&hlte  ein  intensives  SSgeger&usoh,  anstatt  des  ersten  Tones  hörte 
man  ein  systolisches  Geräusch,  der  zweite  Pnlmonalton  war  etwas 
accentuirt,  der  Puls  klein.  Gegen  eine  alleinige  Insufficienz  der 
Valv.  mitralis  sprachen  der  kleine  Pols  und  das  Sftgeräusch,  viel- 
leicht bestanden  eine  Insufficienz  und  Stenose  der  Mitralis  zo- 
sammen,  obwohl  nach  Analogie  von  3  anderen  dort  beobachte- 
ten Fällen  die  Diagnose  einer  Perforation  des  Septam  ventr.  am 
wahrscheinlichsten  schien.  4)  Es  wird  mOglich  sein,  dass  an 
dem  frei  in  den  Ventrikel  ragenden  Ende  eines  Instrono^ntea, 
durch  Reibung  des  Blutes,  ein  Geräusch  entsteht  (F.  21).  Es 
sass  in  jenem  Fall  das  Instrument,  ohne  sich  bei  Bewegungen 
zu  derangiren,  so  fest,  dass  man  kaum  aniiehmen  kann,  dass 
Blut  von  einem  in  den  anderen  Ventrikel  fiberfloss.  5)  In  Folge 
der  Anämie  werden  sich  anorganische  Geräusche  bilden.  6)  Bei 
Klappenfehlern.  7)  Bei  Blutungen  in  den  Herzbeutel  (F.  445). 
8)  Bei  Eindringen  von  Luft  und  Flfissigkeit  in  den  Herzbeutel 
(F.  391,  439,  449). 

Das  Vorkommen  von  Geräuschen  bei  Herzwunden  ist  ge- 
sichert und  kann  durch  die  negativen  Fälle  nicht  entkräftet  wer- 
den, indem  wenigstens  bei  den  in  der  Herzwand  steckenden, 
im  Pericardium  eingekapselten  fremden  Körpern,  bei  einer  Schuss- 
verletzung  mit  2  Oeffiingen  keine  Bedingungen  für  ein  Geräusch 
vorhanden  waren.  Eine  ausweichende  Erklärung  für  die  verschie- 
denen Nuancirungen  der  Geräusche  zu  geben,  ist  bis  jetzt  nicht 
möglich;  weder  die  Geräusche  von  Jobert,  noch  von  Morel- 


üeber  die  Wooden  des  Herseas  nad  dee  Hersbeatais.      ,     713 

LaTallie,  die  Ton  ihnen  bei  mehreren  Verletzangen  gehört 
worden,  sind  Ton  anderen  Beobachtern  wieder  gehört.  Wenn  die 
Möglichkeit  vorliegt,  dass  ein  Ger&nseh  nur  sehr  knrze  Zeit  ge- 
hört werden  kann,  dass  breite  Herzwnnden  kein  Geräusch  veran- 
lassen, indem  die  Reibnng  des  Blates  dabei  nicht  kräftig  genug 
ist,  so  ist  sa  schliessen,  dass  die  Diagnose  einer  Herzwande  darch 
das  Vorhandensein  eines  Geräasches  an  Sicherheit  bedeatend  ge- 
winnt, die  Abwesenheit  des  letzteren  dieselbe  indess  nicht  aas- 
schliesst. 

Die  pericarditischen  and  plearitischen  Geräusche 
sind  bekannt;  es  wurden  Reibegeräusche  (bruit  de  lime,  bruit  de 
rape)  mehrfach  aafgenannt.  Zu  erwähnen  ist,  dass  Dolbeau 
(F.  216)  bei  einer  Pericarditis,  wobei  Eiter  und  Gas  yermischt 
waren,  neben  den  entfernten  Herztönen  ein  amphorisches  Blasen 
and  metallisches  Klingen  hörte,  S tokos  (F.  373)  ein  intensives 
Reibungsgeräusch,  welches  auf  einzelne  Stellen  beschränkt,  an 
einem  Punkt  verschwand  und  an  einem  anderen  wieder  auftrat. 
Die  EntzQndung  musste  sich  demnach  nicht  auf  der  ganzen  Ober- 
fläche, sondern  auf  einzelnen  Punkten  ausgebildet  haben. 

15)  Pals.  Der  Puls,  welcher  im  Anfang  der  Verletzung 
onter  dem  Einflüsse  des  geschwächten  Herzmuskels  steht,  der 
durch  den  auf  ihn  vom  Blut  im  Herzbeutel  ausgeübten  Druck  an 
Kraft  verliert,  ist  demgemäss  meistens  kleiner,  als  in  der  Norm, 
und  wird  in  verschiedenen  Graden  als  schwach  und  fiidenfftrmig, 
kaum  fthlbar,  nicht  fühlbar  beschrieben.  Neben  dieser  Verschie- 
denheit variiren  auch  die  Schnelligkeit  und  der  Rhythmus,  indem 
der  geschwächte  und  gereizte  Herzmuskel  sich  häufiger  und  un* 
regelmässig  contrahirt  Ein  kleiner,  frequenter,  unregelmässiger, 
intermittirender  Puls  ist  mithin  im  Anfang  am  häufigsten.  Die 
Unregelmässigkeit  besteht  mitunter  darin,  dass  der  Puls  auf  der 
einen  Seite  deutlicher  ist,  als  auf  der  anderen,  nach  der  Heilung 
einer  Herzbeutelwunde  blieb  er  links  kleiner,  als  rechts,  und  war 
oft  intermittirend.  Die  Annahme  Jobert's,  dass  ein  intermit- 
tirender Puls  nur  bei  Entstehen  eines  Ergusses  im  Herzbeutel 
und  Bildung  von  Pfropfen  in  den  Herzhöhlen  gefunden  wird,  lässt 


714  I>f*  Georg  Fischer, 

sich  nicht  halten,  da  b&ofig  auch  bei  &asserster  Kleinheit  des 
Pulses,  in  Folge  partieller  Contractionen  des  linken  Ventrikeln 
(z.  B.  bei  Stenose  der  Mitralis),  ein  intermittirender  Pak  geiriB' 
den  wird.  —  Ausnahmen  sind,  dass  der  Puls  von  Anfang  ^ 
regelmässig  ist  und  bis  zum  Tode  so  bleibt.  In  5  Fällen  war 
dabei  wenig  oder  gar  kein  Blut  im  Herzbeutel.  Selten  ist  der 
Puls  anfangs  ruhig  und  langsam.  Als  eine  Herzwunde  durch  eic 
Instrument  geschlossen  blieb,  so  dass  keine  Blutung  erfolgte,  gii^ 
der  Puls  ganz  ruhig,  und  wurde  erst  später  schnell,  ebenso  st 
das  Herz  von  einer  noch  darin  sitzenden  Nadel  angestochen  war 
Der  Puls  wurde  in  2  F&Uen  langsam  gefunden,  als  eine  sehr 
innige  Verwachsung  des  Herzbeutels  mit  dem  Herzen  bestani  - 
Zu  den  seltener  vorkommenden  Eigenthümlichkeiten  des  Pulsen 
gebort  ein  Zittern  desselben,  welches  gleich  nach  einer  Ohnmaelit 
bestand  und  sich  nach  und  nach  vermehrte  (F.  285);  ausserdes 
ein  harter,  gespannter,  concentrirter  Puls,  ein  pouls  serrä. 

Nach  dem  Choc  verändert  sich  der  Puls  bei  eintretender 
Reaction;  der  anfangs  nicht  fühlbare«Puls  kommt  zum  Vorschein. 
hebt  sich  nach  und  nach,  wird  voller,  frequenter;  es  kann  der 
Garotidenpuls  sichtbar  werden.  Eine  Gemüthsaifection  beschleu- 
nigt ihn.  Im  Verlaufe  wechselt  die  Beschaffenheit  oft  sehr,  si^ 
z.  B.  im  Falle  21:  Verletzung  am  24,  26.  P.  klein,  intermitti- 
rend.  29.  P.  stärker,  entwickelter,  regelmässiger.  31.  P.  klein, 
wegdrfickbar.  1.,  2.,  4.  Juni.  Puls  100,  etwas  unregelmässif 
nicht  intermittirend.  5.  P.  stärker,  häufiger.  6.  P.  intermiui- 
rend,  wegdrfickbar.  7.  P.  häufig.  13.  Tod.  —  Mit  dem  Eid- 
tritt  von  Pericarditis  u.  s.  w.  wird  der  Puls  frequenter,  voller, 
bei  secundären  Blutungen  schwächer.  Man  sieht,  dass  eine  ausser- 
ordentlich grosse  Verschiedenheit  des  Pulses  besteht. 

Die  Respirationsstörungen  im  Verlaufe  der  HerzwoB- 
den  sind  vorsichtig  zu  beurtheilen,  da  in  den  meisten  Füleo 
gleichzeitig  Lungenverletz^ingen  bestehen. 

16)  Athem.  Unter  70  Fällen,  in  denen  über  das  Atbmea 
der  Kranken  berichtet  ist,  war  es  nur  in  7  Fällen  vrährend  der 
ganzen  Dauer  der  Krankheit  normal,  in  63  Fällen  abnorm.  Am 


Ueber  die  Wundeo  des  Herzens  und  des  Herzbeutels.  715 

• 
häufigsten  beobachtete  man    ein  gleichzeitig  mühsames  und  be- 

Bchleamgtes  Athmen,  eine  DyspnoS,  die  verschieden  hochgradig, 
bis  zur  Erstickungsnoth,  welche  in  jedem  Augenblicke  dem  Leben 
ein  Ende  zu  machen  droht,  sich  steigern  konnte.  Als  verHchie- 
dene  N&ancen  kamen  bald  kurze  In-  und  Exspirationen  vor,  bald 
erfolgten  mehrere  kurze,  oder  zeitweise  hintereinander  mehrere 
tiefe,  schmerzhafte  Inspirationen,  so  dass  der  Rhythmus  unregel- 
mässig wurde,  damit  war  mitunter  Schluchzen,  Seufzen  verbun- 
den. Die  Thorax bewegungen  konnten  so  heftig  werden,  dass  der 
Kranke  festgehalten  werden  musste  (F.  88).  Eigenthümlich  war, 
in  dem  Falle  von  Dislocation  des  Herzens  nach  rechts,  dass  ein 
Gef&hl  von  Snffocation  eintrat,  sobald  eine  kalte  Substanz  auf 
die  rechte  Thoraxseite  gebracht  wurde.  Seltener  ist  das  Athmeu 
langsam  und  mühsam,  es  kann  röchelnd,  piepend,  keuchend,  fast 
auf  Null  reducirt  sein,  indem  der  Thorax  unbeweglich  wird  und 
ein  Bauchathmen  entsteht. 

Die  Ursachen  der  Dyspnoe  sind,  wenn  sie  sofort  nach  der 
Verletzung  auftritt,  Compression  des  Herzens  und  der  Lunge  durch 
Blutungen  in  den  Herzbeutel  und  die  Pleura.  Bei  kleinen  unbe- 
deutenden Ergüssen  bleibt  das  Atbmen  frei.  Im  späteren  Ver- 
laufe bedingen  Pericarditis,  Pleuritis,  Pneumonie,  Eiterungen  im 
Mediastinum,  Adhäsionen  zwischen  Lunge  und  Pleura,  Herzbeutel 
und  Pleura  die  Athemnoth.  Wenn  durch  die  Anwesenheit  eines 
fremden  Körpers  die  entzündlichen  Erscheinungen  in  den  serösen 
Häuten  unterhalten  werden,  so  kann  mit  denselben  die  Athem- 
noth chronisch  werden  (F.  31,  41).  Ein  plötzliches  Auftreten 
derselben  im  Verlaufe  der  Krankheit  hängt  meist  von  einer  secun- 
dären  Blutung  ab  (F.  97). 

17)  Blutauswurf,  Husten.  Bei  30  Verletzungen  fand 
sich  13mal  Bluthusten,  7mal  Husten  ohne  blutigen  Auswurf,  10- 
mal  weder  Husten  noch  Auswurf.  Bei  jenen  13  Fällen  wies  die 
Section  Lungenwunden  nach,  und  war^bei  2  Heilungen  darunter 
eine  solche  vorauszusetzen.  Die  Lungenwunden  geschehen  so- 
wohl durch  Stich,  Schnitt,  Schuss,  als  durch  Quetschung.  Der 
Blutauswurf  trat  in  der  Regel  gleich   nach  der  Verletzung  auf, 

T.  Langtobeck,  Archiv  f.  Cbirursi«.   IX.  4(} 


716  Öf.  Georg  Fischer, 

einige  Stunden  sp&ter  in  einem  Falle,  als  eib  Stylet  im  Herur 
und  der  Lunge  stecken  geblieben  war,  und  so  als  Pfropf  wir- 
kend, die  Blutung  verhindert  hatte;  selten  an  dea  folgendta 
Tagen.  Es  wurde  schwarzes  und  rothes  Blut  meistens  nur  ii 
geringer  Menge  ausgeworfen  und  ^at  blutiger  Schleim  aus  des 
Munde ;  nur  einmal  wird  fiber  einen  sogleich  erfolgenden  heftipü 
Blutsturz  berichtet  (F.  162).  Blut  mit  Eiter  vermischt  wurde 
sogar  schon  36  Stunden  nach  der  Verletzung  ausgeworfen  (F.  7) 
Bei  einer  Bajonettwunde  der  Lunge  war  der  Auswarf  nicht  bkö^ 
(F.  74);  auf  der  anderen  Seite  hält  es  Landsberg  für  möglicL, 
dass  ohne  Lungenwunde  in  Folge  einer  Endosmose  des  extra^a- 
sirten  Blutes  durch  die  Lungenpleura  ein  rothtingirter  Äuswiiif 
entstehen  könne.  Ein  Husten  ohne  Blutauswnrf  kann  schon  io 
Anfange  sehr  heftig,  beklemmend  werden,  so  z.  6.  bei  eioeo 
grossen  Blutergusse  in  der  Pleura  mit  heftiger  Dyspnoe,  wobei 
ebenfalls  die  Lunge  verletzt  war  (F.  3),  desgleichen  bei  eines 
starken  Ergüsse  in  Pleura  und  Bauchhöhle  (F.  96),  bei  derDis- 
location  des  Herzens  nach  rechts;  im  späteren  Verlaufe  bei  En- 
pyem  u.  s.  w. 

Von  den  im  Ganzen  seltenen  Verdauungsstörungen  wird 
am  häufigsten 

18)  Erbrechen  aufgenannt  Es  trat  sofort  ein,  als  gleiel- 
zeitig  eine  Verletzung  des  Magens  bestand,  wobei  einmal  geroD- 
neues  Blut  erbrochen  wurde,  etwas  später,  als  ein  Instrumeot 
das  Zwerchfell  verletzt,  jedoch  nicht  penetrirt  hatte.  Es  kaoo 
bei  Magen-  und  Zwerchfellverletzungen  auch  bloss  zum  Brech- 
reiz ohne  Erbrechen  kommen.  Vielleicht  hat  eine  frei  im  Herz- 
beutel liegende  Kugel  durch  den  Druck  auf  das  Zwerchfell  eic 
Erbrechen  veranlasst,  da  in  dem  betreffenden  Falle  keine  son- 
stige Verletzung  bestand.  Hatten  die  Verwundeten  kurz  vor  der 
Verletzung  eine  Mahlzeit  zu  sich  genommen,  waren  sie  eine  Zeit 
lang  gegangen,  so  fingen  iie  an  zu  erbrechen  und  bekamen  neoen 
Brechreiz,  wenn  sie  sich  Anstrengungen  unterzogen.  Bei  einem 
oder  dam  anderen  Falle  wird  das  Erbrechen  auf  Trunkenheit  zu- 
rückzuführen sein;  auch  ist  zu  berücksichtigen,  dass  es  im  Ge* 


Deber  die  WDuden  des  Herzens  nod  des  Herzbentels.  717 

folge  einer  heftigen  Blutung,  einer  Pericarditis  entstehen  kann.  — 
Eigenthfimlich  war,  dass  bei  dem  Kranken  mit  Dislocation  des 
Herzens  nach  rechts,  in  den  ersten  3  Jahren,  beim  Genuss  selbst 
von  wenig  Fleisch,  nach  1  Viertelstunde  Erbrechen  eintrat,  des- 
gleichen, wenn  etwas  Anderes  in  grösserer  Menge  genossen  war. 
Dabei  entstand  stets  ein  grosser  Schmerz,  Spannung  in  der  rech- 
ten Mammagegend  und  aufgeregter  Herzschlag;  gewisse  Nahrung 
(Milch,  Wein,  Zucker)  riefen  Oppression  hervor.  —  In  mehreren 
Fällen  kamen  bei  Stich-,  Schusswunden,  Rupturen  sogleich  nach 
der  Verletzung  Erbrechen  von  wasserheller,  galliger  Flüssigkeit 
vor,  ohne  dass  Gelegenheitsursachen  angegeben  sind. 

19)  Durchfall  ist  selten,  kam  gleichzeitig  mit  Erbrechen 
unmittelbar  nach  der  Mahlzeit  vor,  und  war  auf  Erkältung,  mas- 
senhaftes Trinken  von  kaltem  Wasser  zurückzuführen.  Bei  einer 
Magenverletzung,  wobei  Galomel  bis  zum  Mercurialismus  gegeben 
wurde,  entstanden  Diarrhoen,  die  gar  nicht  zu  stillen  waren. 
Eine  unwillkürliche  Entleerung  von  Faeces  und  Urin  erfolgte 
einige  Male  unmittelbar  nach  der  Verletzung  in  der  Besinnungs- 
losigkeit, auch  gleichzeitig  bei  Brechanstrengungen. 

20)  Durst  tritt  anfangs  im  Gefolge  der  Blutung  auf,  ver- 
bindet sich  auch  mit  Erbrechen,  grosser  Unruhe.  In  dem  eben 
erwähnten  Falle  von  Magenverletzung  war  er  heftig,  bestand  bis 
zum  Tode  und  war  durchaus  nicht  zu  stillen.  Dabei  bestand 
auch  eine  Appetitlosigkeit,  so  dass  der  Kranke  26  Tage  ohne 
alle  Nahrungszufuhr  blieb.  Veranlasste  zu  Anfang  die  Herzver- 
letzung nur  geringe  Erscheinungen,  so  blieb  der  Appetit  gut.  — 
Die  Urinabsonderung  ist  normal;  und  einmal  wurde  bei  einer 
Verletzung  des  linken  Ventrikels,  nebst  starkem  Bluterguss  in 
den  Thorax,  der  Urin  vorübergehend  blutig  gefunden  (F.  328), 
sowie  neben  einer  complicirenden  Amputation  des  Penis  eine 
Gystitis  entstand  und  der  Urin  eiterig  wurde  (F.  11). 

21)  Schlingbeschwerden  mit  Halsschmerzen  verbunden, 
ein  Gefühl  von  Völle  im  Schlünde,  sowie  krampfhafte  Zusammen- 
ziehnngen  in  demselben,  sind,  abgesehen  von  mechanischen  Ur- 
sachen, wenn  ein  fremder  Körper  verschlackt  war,  in  mehreren 

46* 


718  ^r.  Georg  Fischer, 

F&llen  beobachtet  (F.  24,  285,  294,  368).  Es  konnte  sogar  eis 
Kranker  mit  einer  Wunde  des  rechten  Ventrikels,  des  Zwereb- 
feiles  und  Pericarditis  keinen  Tropfen  Flüssigkeit  Terschluckefi, 
ohne  dass  Erstickung  drohte  (F.  110).  Es  werden  diese  Be- 
schwerden theils  Ton  einer  vom  Herzbeutel  auf  die  SpeiserCbn 
fortgeleiteten  Entzündung,  theils  von  einem  Druck  auf  dieselbe, 
bedingt  durch  eine  Ansammlung  im  Pericardium  abh&ngen. 

22)  Nervöse  Symptome.    Kehrt  mit  dem  Aufhören  der 
Ohnmacht  das  Bewusstsein  zurück,  dann  bleiben  die  Kranken  mit 
klarem  Geiste  ruhig  bis  zum  Tode,  oder  sie  sind  ängstlich,  trac- 
rig,  können  zu  deliriren  anfangen.    Die  Delirien  treten  meistens 
erst  mit  herannahendem  Tode  auf,  obwohl  sie  auch  bei  veriieil- 
ten  Fällen  vorgekommen  sind  (F.  289),  und  können  mehrere 
Tage  anhalten.    Als  nach  einem  Sturz  ein  Holzpfahl  in  das  Em 
eindrang,  und  der  Tod  nach  %  Stunden  eingetreten  war,  halle 
der  Kranke  so  stark  gerast,  dass  4  Männer  ihn  im  Bett  halten 
mussten  (F.  393).   —  Die  eingetretene  Schwäche  ist  mitunter 
eher  das  Resultat  einer  nervösen  Aifection,  als  durch  die  Bluton^ 
bedingt  (F.  161);  auch  war  bei  einem  Schrotschuss  zu  Anfang 
die  nervöse  Depression  das  Hauptsymptom,  und  erst  am  2.  Ta5[e 
traten  die  Erscheinungen  einer  Pericarditis  in  den  Vordergrund.  - 
Cerebralsymptome,  auf  Meningitis  beruhend  (F.  11),  starke  Goi- 
gestion  zum  Gehirn,  mit  Verlust  des  Erkennungsvermögens,  welche 
i  Stunde  dauerte  und  eine  grosse  Neigung  zur  Schläfrigkeit  lo* 
rückliess,  kamen  vor  (F.  161).  —  Als  Störungen  im  Bereich  der 
Bewegung  und  des  Gefühls  traten  in  Folge  der  durch  die  Blutung 
veränderten  Girculation  im  Gehirn  und  Rückenmark  leichte  con- 
vulsivische  Bewegungen  auf;  dahin  gehörten  das  krampfhafte  Be- 
wegen der  Augen,  des  Mundes,  das  Starrwerden  der  Kinnbacken; 
die  Gesichtsmuskeln  können  sich  zu  einem  närrischen  Ausdruck, 
einer  Art  sardonischen  Lächeln  verziehen.     Krampfhafte  Bewe- 
gungen kamen  auch  an  den  Muskeln  der  Brust,  der  Extremi- 
täten vor,  und  wurden  bei  einer  Ruptur  schon  2  Minuten  nail) 
der  Verletzung  heftige  Convulsionen  beobachtet.    In  dem  erwähn- 
ten Falle  von  Hirncongestion  traten  Convulsionen  an  allen  Mas- 


Ueber  die  Wunden  des  Herzens  und  des  Herzbeutels.  719 

kein  der  liokeo  Seite  auf  and  blieb  nach  halbstündigem  Anfalle 
eine  theilweise  Gefühls-  und  Bewegungl&hmang  links  zurück,  der 
Mund  war  nach  rechts  gewandt,  die  Lider  nicht  genau  zu  schliessen, 
die  Zunge  wich  nach  links  ab;  das  linke  Auge  war  träge  nnd 
erkannte  die  Gegenstände  langsamer,  als  das  rechte.  Nach  3  Tagen 
schienen  Gefabl  und  Bewegung  an  den  unteren  Extremitäten  wie- 
derkehren zu  wollen;  später  traten  Muskelstarre  am  Hals  und 
Rücken  auf,  worauf  der  Tod  erfolgte.  Die  Section  wies  dabei 
kleine  Erweichungen  in  der  weissen  und  grauen  Substanz,  leichte 
Injection,  dabei  normale  Verhältnisse  im  verlängerten  Mark  und 
Rückenmark  nach  (F.  161).  Vorübergehend  waren  ein  Eioge- 
schlafensein  des  linken  Armes  (F.  287;  nach  Girard  möglicher- 
weise durch  eine  Pfropfbildung  in  der  Art.  aiillaris  bedingt)  und 
der  Beine  und  Füsse  unmittelbar  nach  der  Verletzung  (F.  3), 
sowie  Contraction  ^er  unteren  Extremitäten  (F.  175);  eine  Para- 
lyse der  rechten  Seite  konnte  durch  einen  Bluterguss  im  linken 
Seiten veotrikel  des  Gehirns  erklärt  werden.  Wunderbar  waren 
die  Gefühlsstörungen  bei  Fall  444,  bei  der  Einwirkung  von  Kälte 
und  Wärme.  Bei  einer  verheilenden  Wunde  entstand  noch  ein 
Monat  in  der  Reconvaloscejiz  heftiger  Schmerz  im  Plexus  brachia- 
lis  an  der  Seite  der  Verletzung,  längs  des  unbeweglich  werden- 
den Armes  (F.  289).  —  Da  die  aus  dem  Sympathicus  und  Va- 
gus stammenden  Herznerven  zwischen  der  Aorta  und  Art.  pul- 
monalis,  also  an  der  Basis  des  Herzens  zum  Plexus  card.  magn. 
zusammentreten,  der  sich  dann  theilt,  so  nimmt  Richerand*) 
an,  dass  Veränderungen  von  Seiten  der  Bewegung  und  des  Ge- 
fühls besonders  heftig  bei  Verletzungen  an  der  Basis  des  Herzens 
auftreten,  eine  Ansicht,  die  bis  jetzt  noch  nicht  hinreichend  durch 
Beobachtungen  gestützt  ist. 

2d)  Abmagerung.  Es  wird  dieselbe  in  einigen  Fällen  er- 
v?ähnt,  wo  sie  sich  nach  einer  geraumen  Zeit  entwickelt  hat. 
Unter  Anderem  kam  sie  3mal  vor,  als  fremde  Körper  im  Herzen 
stecken  geblieben  waren.  Der  Tod  trat  dabei  nach  3,  5,  10  Wochen 


•)  Nosogr.  Chirurg.    T.  IV.    p.  2. 


720  I>r.  Georg  Fischer, 

ein,  und  hatte  sich  hektisches  Fieber,  Lungentabercolose  hiozt- 
gesellt.  Iq  anderen  Fällen  bestanden  gleichzeitig  Cystitis,  Mages- 
Verletzung  mit  vollständiger  Nahrungsentziehang  und  Dianhoec, 
auch  Empyem. 

24)  Bei   gleichzeitiger  Schwangerschaft   trat    an  demselb?9 
Tage  der  Verletzung  Abortus  ein  (F,  78,  88). 


Verlauf. 

Nach  den  so  eben  beschriebenen  Symptomen  ein  detaillirte: 
Schematisches  Bild  fiber  den  Verlauf  der  Herwanden  anfsuzeiel- 
nen,  wird  durch  die  hinreichende  Auswahl  derselben  in  der  & 
suistik  überflüssig.  «Es  sei  nur  mit  wenigen  Worten  der  in  itf 
Segel  beobachtete,  dabei  doch  sehr  verschiedene  Verlauf  aop- 
deutet,  um  daran  die  Unregelmässigkeiten  zu  ^nüpfen. 

Stürzt  der  Verletzte  nicht  in  demselben  Moment  der  Ver- 
wundung todt  zusammen,  was  sehr  selten  vorkommt,  so  kam)  er 
nach  wenigen  Minuten,  im  Zustande  äusserster  Prostation,  oh 
oder  ohne  Besinnung,  sterben.  Häufiger  überlebt  der  Krank^  dec 
ersten  Cboc,  fällt  sogleich  in  eine  Ohnmacht,  oder  bewegt  ^ki 
erst  noch  eine  Strecke  weiter,  bevor  eine  Syncope  eintritt,  ic 
welcher  er  verschieden  lange  verharrt.  Die  Symptome  äusserer 
und  innerer  Blutung:  Kleinheit  des  Pulses,  Blässe,  K&lte,  Dys- 
pnoe u.  s.  w.  stellen  sich  ein,  die  Schwäche  nimmt  zn  und  der 
Kranke  stirbt  nach  wenigen  Stunden,  einigen  Tagen,  üeberlebt 
er  diese  Zeit,  so  beleben  sich  die  Kräfte  wieder,  der  Puls  ent- 
wickelt sich,  die  Temperatur  steigt,  die  Blässe  lässt  nach  nod 
man  darf  annehmen,  dass  sich  die  Herzwunde  durch  einen  Pfroi^^ 
geschlossen  hat.  Unter  günstigen  Verhältnissen  consolidirt  sicii 
derselbe  bis  zur  definitiven  Heilung,  oder  er  wird  von  einer  secnn- 
dären  Blutung  wieder  losgestossen,  welche  häufig  dem  Lebeo  eia 
Ende  macht.  Am  2.-4.  Tage  treten  Pericarditis,  Carditis  hinzu, 
welche  entweder  zum  Tode  fuhren,  und  zwar  mitunter  dadoreb 
dass  sie  den  Pfropf  destruiren  und  eine  Blutung  veranlassen,  oder, 
wenn  sie  sich  nur  in  geringem  Grade  entwickeln,  sogar  die  Bai- 


Ueber  die  Wundeo  des  Herzens  und  des  Herzbeutels.  721 

lang  begfiastigen  können,  indem  sie  Adhärenzen  zwischen  dem 
Herzbeutel  und  der  Herzwande  hervorrufen.  Zieht  sich  das  Leben 
Wochen  lang  hin,  so  sind  es  meistens  Schwache,  Ergüsse  von 
dut  und  Eiter  in  den  Herzbeutel  und  die  Pleura,  Pneumonie 
u.  8.  w.,  welche  den  Kranken  in  Gefahr  bringen  und  selbst  nach 
Monaten  noch  den  Tod  durch  hektisches  Fieber,  Emaciation 
herbeiführen  können.  Entsteht  eine  definitive  Heilung,'  so  keh- 
ren die  Kräfte  allmälig  zurück,  und  es  bleiben  mitunter  noch  eine 
Zeit  lang,  oft  Jahre  hindurch,  Uebel  zurück,  die  später  aufgenannt 
werden. 

Was  die  Unregelmässigkeiten  im  Verlaufe  anbetrifft,  so 
kommt  eine  grosse  Verschiedenheit  vor 

1)  in  der  Zeit  des  Eintrittes  der  eigentlichen  Herz- 
Symptome.    Es  ist  bei  der  Ohnmacht  erwähnt,  dass   Kranke 
lange  Strecken,  bis  U  Meilen,  zu  Fuss  zurücklegen  können,  bevor 
intensive  Erscheinungen  auftreten,  dass  ein  Mann  des  Morgens 
verletzt  von  einer  Fregatte  zum'Arzt  ging,  welcher,  eine  nicht 
penetrirende  Brustwunde  diagnosticirend,  ihn  wieder  zurückgehen 
liess,  und  am  Abend  plötzlich  ein  tiefer  Gollapsus,  die  Erschei- 
nungen einer  inneren  Blutung  eintraten  (F.  200);  eine  solche 
Verzögerung  dehnte  sich  bei  einer  nicht  penetrirenden  Wunde 
der  Herzspitze  bis  auf  den  zweiten  Tag  aus,  und  hatte  der  Kranke 
am  ersten  Tage  nicht  die  mindesten  Zufälle  gezeigt  (F.  212). 
Man  schickte  einen  Kranken,  der  keine  grosse  Besorgniss  erweckte, 
am  7.  Tage  vom  Hospital  in's  Gefängniss  und  fand  am  12.  Tage 
bei  der  Section  eine  Wunde  der  Art.  pulmonalis,  des  Herzbeutels, 
der  Lunge  (F.  450).    —  Wenn  bei  Schnittwunden  des  rechten 
Ventrikels  4,  8,  selbst  13  Tage  keine  Zufälle  eintraten  (F.  87, 
99,  115),  so  ist  es  nicht  unmöglich,  dass  dieselben  anfangs  ni<^t 
penetrirend  waren,  schliesslich  aber  die  geschwächten  Herzwände 
dem  Blutandrange  nicht  widerstehen  konnten  und  bersteten.    Es 
wird  erzählt,  dass  ein  Kranker  6  Tage  hintereinander  in's  Hospi- 
tal zum  Verbinden  ging  und  dann  starb  (F.  233).    Selbst  bei 
Schusswunden  verzögerte  sich  der  Eintritt  der  Symptome;  so  bei 
einer  Schusswunde  eines  10jährigen  Kindes,  welches  14  Tage  lang 


722  I>r.  Georg  Fischer, 

oline  besondere  Zufälle  blieb,  umherging,  spielte  u.  s.  w.;  daci 
erst  traten  Abmagerung  und  nach  5  Wochen  der  Tod  ein  (F.  315) 
Werden  Nadeln  vercbluckt,  so  können  erst  nach  einigen  Tagen 
intensive  Erscheinungen  auftreten. 

2)  Verschieden  ist  der  Zeitpunkt  der    Verschlimme- 
rung bei  anfangs  geringfügigen  Herzsymptomen.    Be: 
penetrirenden  Schnittwunden  des  rechten  Ventrikels  kam  es  vor, 
dass  erst  am  4.,  6.  Tage  schwere  Symptome  auftraten,  der  Krank 
bis  dahin  sich  ziemlich  gut  befand.    Die  Pericorditis,  welche  meist 
am  2  —  4.  Tage  sich   entwickelt,  konnte  erst  am   9.  Tage  &A 
zeigen,  als  eine  Kugel  in  das  Septum  ventr.  gedningen,  da«elbst 
stecken  geblieben  war  und  der  anfangs  moribunde  Kranke  sick 
bald  erholte  und  8  Tage  lang  sich  subjectiv  wohl  befand,  so  dass 
er  für  gesund  gehalten  wurde  (F.  342).    Sehr  bänfig  tritt  dorek 
Bewegungen  der  Kranken  eine  Verschlimmerung  ein.    Verinders 
dieselben  rasch  ihre  Lage  im  Bette,  richten  sie  sich  auf,  so  kaos 
sofort  der  Tod  eintreten ;  das  blosse  Aufheben  des  linken  Annes 
rief  Angst,  Schmerz  in  der  Herzgegend  hervor  und  bedeckte  sich 
das  Gesicht  mit  Schweiss  (F.  282).    Standen  die  Kranken  ass 
dem  Bette  auf,  so  wurden  sie  schwindelig,  sahen  Schwarz  tor 
den  Augen;  dabei  kam  es  mehrfach  vor,  dass  sie  sich  zum  Nacht- 
stuhl hinschleppten,  entweder  soforj;  todt  zusammenstQrsten,  oder 
ohnmächtig  wurden  und  bald  darauf  starben.    Die  damit  verboo- 
dene  Anstrengung,  die  Georg  II.,  KOnig  von  England,  an  einer 
spontanen  Herzruptur  sterben  Hess,  wird  hier  doppelt  geAhrlicb 
(F.  309,  312).     Als  ein  Verletzter  5  Tage  ohne  Besorgniss  ge- 
wesen war,  und  am  6.  Tage  im  Zimmer  umherging,  trat  eise 
schwer  zu  stillende  Blutung  und  bald  darauf  der  Tod  ein.    Ver- 
lassen sie  das  Zimmer,  so  kann  in  Folge  einer  Erkältung  Eaf<te&, 
Pericarditis,  eine  secundäre  Blutung  entstehen.     Mitunter  fahlen 
sie  sich  so  wohl,  dass  sie  wieder  anfangen  zu  arbeiten,  sich  Ver- 
gnügungen hingeben,  worauf  dann  ebenfalls  Ohnmacht,  Erbrechen 
und  plötzlicher  Tod  eintreten  können  (F.  14,  184,  239,  387). 
Dahin  gehört  auch  ein  sehr  merkwürdiger  Fall,  wo  ein  Kranker 
mit  vollständiger  Durchbohrung  des  rechten  Herzohres  und  der 


Deber  die  Waod^^n'des  Herzens  und  des  Herzbeutels.  723 

Aorta  mehrere  Tage  hintereinander  spaiieren  ging,  am  11.  Tage 
in  einem  Wirthshause  ohnmächtig  wurde  and  nach  einer  Stunde 
starb  (F.  198)..  —  Diese  Gefahren  bestehen  noch  längere  Zeit 
fort,  so  dasis  selbst  da,  wo  der  Verletzte  in  der  6.  Woche  geheilt 
entlassen  wurde,  in  der  8.  Woche  ein  plötzlicher  Tod  eintrat,  als 
er  aufstand,  um  ein  Bedürfniss  zu  befriedigen;  es  war  eine  se- 
cundäre  Blutung  aus  der  theilweise  vernarbten  Herzwunde  ein- 
getreten. Die  Narbe  wurde  selbst  nach  2  Monaten  in  Folge  eines 
heftigen  Fiebers  bei  Pleuritis  wieder  aufgerissen,  nachdem  der 
Patient  schon  lange  wieder  gearbeitet  (F.  165,  276).  Tödtliche 
Rückfälle,  in  Folge  allzu  reichlichen  Genusses  von  Nahrungsmit- 
teln, kamen  nach  2  Monaten,  einem  halben  Jahre  vor  (F.  269, 
316).  Geistige  Aufregungen  beschleunigten  den  Tod;  so  z.  B. 
der  Besuch  der  Braut,  Fragen  des  Polizeicommissars  (F.  7). 
Auch  hat  das  plötzliche  Gegenüberstellen  des  Kranken  mit  seinen 
Mördern  in  dem  einen  Falle  unmittelbar  eine  Pericarditis  hervor- 
gerufen (F.  100),  in  dem  anderen  während  der  Reconvalescenz 
den  Tod  beschleunigt  (F.  234). 

3)  Was  die  Intensität  des  Verlaufes  im  Allgemeinen 
betrifft,  so  berechtigt  eine  grössere  Anzahl  von  Fällen  und  zumal 
die  von  Larrey  beobachteten  Heilungen  von  Schnitt-  und  Schuss- 
verletzungen des  Herzbeutels  zu  der  Behauptung,  dass,  wenn  die 
Kranken  im  Anfang  in  den  tiefsten  GoUapsus  fallen 
nnd  diesen  glücklich  überleben,  die  Hoffnung  auf  Ge- 
nesung um  so  grösser  wird  (F.  292,  293,  294,  370).  Es 
können  Kranke  mit  nicht  penetrirenden  Herz-  und  Herzbeutel- 
wunden sich  auffallend  rasch  erholen  (F.  36,  296),  und  anderen- 
theils  bei  nicht  penetrirenden  Wunden  des  Septum  und  des  lin- 
ken Ventrikels,  ohne  bemerkenswerthe  Symptome  ster- 
ben (F.  173,  207),  und  würden  hier  die  Fälle  heranzuziehen  sein, 
welche,  wie  bei  der  Diagnose  gezeigt  wird,  durchaus  nicht  den 
Eindruck  einer  Herzverletzung  machten.  —  Der  Verlauf  kann  so 
schwankend  sein,  dass  bei  einer  Schusswunde  des  linken  Ven- 
trikels 7  Wochen  hindurch  die  Hoffnung  auf  Genesung  aufrecht 
erhalten  werden  konnte  (F.  326),  und  bei  einer  nicht  penetriren- 


724  ^^'  Georg  Fischer, 

den  ZerreisBung  des  rechten  Ventrikels  durch  ein  SternalfragraeL: 
10  Tage  lang  ein  Schwanken  zwischen  Besserung  und  Erstickooss- 
anfallen  bestand  (F.  379).  Bei  Verletzung  beider  Ventrikel  er- 
wartete man  jeden  Augenblick  den  Tod,  und  doch  lebte  der 
Kranke  noch  4,  5  Tage  (F.  186). 

4)  Von  Complicationen  während  des  Verlaufes  siad 
bekannt  geworden:  Pericarditis,  Garditis,  Pleuritis,  Empyem,  Pneo- 
monie,  Bronchitis,  hektisches  Fieber  mit  Tuberculose,  Erysipeks. 
Gangrän  (in  Folge  von  Kälte  und  Embolie,  letztere  ans  Throm- 
ben des  linken  Ventrikels  stammend,  F.  39),  Blutung  in's  Gehiro, 
Meningitis,  Lähmungserscheinungen. 

5)  Als  Folgekrankheiten  nach  verheilten  Herzwusdea 
kommen  vor:  Klappenfehler  mit  Herzgeräuschen  —  Hypertroph^ 
des  Herzens  nach  Verletzung  beider  Ventrikel  (F.  266,  267)  — 
Atrophie  des  Herzens  nach  Herzbeutelwunden,  wahrscheialicb 
durch  successive  Vernarbung  des  Herzbeutels  mit  der  Herzoberflicbe 
bedingt  (F.  294,  370),  —  Aneurysmen,  sowohl  an  der  Aorta 
descendens  mit  einer  OeiTnung'in  den  Herzbeutel  bei  einer  Nadel- 
verletzung des  rechten  Herzobres  (F.  23),  als  auch  als  partielle 
Aneurysma  am  rechten  Ventrikel  bei  Verletzung  beider  Ventrikel 
(F.  267).  —  Palpitationen  am  Herzen,  welche  sogar  6  Jahre  be- 
standen (F.  363).  —  Zu  den  eine  Zeit  lang  nach  der  Verletzung 
anhaltenden,  später  vorübergehenden  Erscheinungen  gehören  Con- 
gestionen  zum  Kopf  und  Herzen,  die  schliesslich  auf  Blutent- 
Ziehungen  wichen,  sodann  Angst,  Beklemmung,  kleiner  Herz- 
schlag und  Puls,  auch  stürmischer,  unregelmässiger  Herzschhg. 
blasse  Haut,  Schwäche,  Reizbarkeit  des  Gharakters  (F.  36). 


Diagnose. 

Die  Diagnose  der  Herzwunden  ist  sehr  schwierig  und  bis 
auf  die  neuere  Zeit  herab  für  unmöglich  gehalten. 

Den  ersten  wichtigsten  Anhaltspunkt  für  die  Diagnose  findet 
man  in  dem  Sitz  der  Wunde  in  der  Herzgegend.  Es  wird 
vorab  die  Frage  zu  entscheiden  sein,  ob  die  Brustwande  über- 


Ueber  die  WoDden  des  Herzens  nnd  des  Herzbeutels.  725 

haupt  penetrirt  oder  nicht.     Sehr  selten  klärt   die  Grösse  der 
Wunde  auf  den  ersten  Blick  darüber  auf,  indem  man  hineinsehen 
kann,  Luft  aus-  und  einströmen  hört.    Eher  werden  ein  soforti- 
ges Zusammenstürzen  des  Kranken  mit  folgender  Besinnungslosig- 
keit Penetration  vermuthen  lassen,  obwohl  daran  zu  erinnern  ist, 
dass  dieses  auch  bei  nicht  penetrirenden  Wunden,  wenn  heftige 
Gemöthsaufregungen,  z.  B.  beim  Duell,  vorangegangen  sind,  beob- 
achtet wird.    Die  Penetration  wird  sichergestellt  werden  durch 
ein  in  weiter  Umgebung  der  Wunde,  an  der  Brust  entstandenes 
Emphysem,   während  ein  gering  umschriebenes  Emphysem  bei 
Schusswanden  wenigstens  keinen  Beweis  abgiebt,   da  die  Luft 
der  Kugel  folgen,  durch  die  Hautwunde  sogleich  eindringen  kann. 
Eine  sofort  eintretende  starke  Blutung  aus  der  Wunde,  verbun- 
den mit  schwachem  Pols,  Blutspeien,  Kälte  der  Glieder,  hoch- 
gradiger  Dyspnoe,   sowie   did   physikalischen   Symptome   einer 
inneren  Blutung  beweisen  die  Penetration  der  Brustwunde. 

Man  sollte  kaum  glauben,  dass  bei  einer  vorhandenen  Herz- 
wunde darüber  Zweifel  vorliegen  könnten,  ob  die  Weichtheil- 
wunde  penetrirt  oder  nicht,  und  dennoch  bestandsn  sie.  Es  konnte 
ein  Kranker,  dem  selbst  ein  5''  langes  Ende  eines  Degens  im 
Herzen  steckte,  in's  Spital  kommen,  weder  Schmerz  noch  Athem- 
Doth  zeigen,  einen  ruhigen  Puls,  sicheren  Gang,  unverändertes 
Gesicht  haben  und  lag  kein  einziges  Symptom  vor,  welches  jenes 
Degenende  in  der  Brust  vermuthen  Hess,  obwohl  die  Gameraden 
das  Stück  nicht  hatten  finden  können.  Der  Arzt  entliess  den 
Kranken  und  wurde  derselbe  Abends  fast  moribund  zurückge- 
bracht (F.  200).  Dupuytren,  welcher  diesen  Fall  erzählt,  be- 
richtet über  einen  zweiten,  wo  die  Brust  sonor,  der  Athem  nor- 
mal waren,  weder  Husten,  noch  blutiger  Auswurf  bestanden,  kurz, 
kein  Zeichen  einer  Penetration  vorlag  und  die  anfängliche  Schwäche 
und  Zittern  als  nervöse  Symptome  aufgefasst  wurden,  dabei  aber 
eine  starke  äussere  Blutung  und  die  Folgen  derselben  bestanden 
(F.  161).  Die  Kleinheit  der  Wunden,  die  von  einem  Degen  her- 
vorgebracht, die  Form  von  Blutegelstichen  hatten,  von  denen  die 
grosseste  nicht  breiter  als  4t'"  war,  Hess  Mercier  in  Zweifel  über 


726  ^^'  G«org  Fischer, 

die  Penetration,  obwohl  der  Kranke  selbst  angab,  dass  der  Defsl 
6"  tief  eingedrungen  sei  (F.  112).   Ebers  war  es  bei  der  soi^faitk 
sten  und  wiederholten  Untersuchang  nicht  möglich,  die  Verletzci: 
eines  wichtigen  Organes  annehmen  zn  müssen,  und  fand  er  mci- 
her  den  Herzbeutel  mit  dem  änssersten  Ueberzuge  des  Herzes.- 
verletzt   (F.    240).     Noch   greller   tritt   eine    Beobachtung  tos 
H.  de  Hontfegre  hervor,  wo  die  Wunden  der  Haut   so  kies 
und  oberflächlich  schienen,  dass  man  sie  für  nicht  penetrirecii 
hielt  und  bei  der  Section  'das  Herz  von  einem  Radinnesser  gao: 
und  gar  durchbohrt  fand  (F.  218).    Ist  das  Sternum  verletzt,  sc 
kann  es  selbst  bei  der  Section  noch  schwer  werden,   die  Ver- 
letzung, welche  in  die  Brusthöhle  fuhrt,  zu  finden,  so  nahe  liegen 
die  Wundränder   des  Knochens   aneinander  (Nicolai,    F.  64> 

Aus  diesen  Beobachtungen  geht  hervor,   dass  eine  penetri- 
rende  Brustwunde,  ja  eine  Herzwunde  vorkommen  kann,  wens 
Symptome  von  Seiten,  der  Circulation  und  Respiration  ganz  feh- 
len, zumal,  wenn  das  Instrument  schief  eindringt,  dadurch  die 
äussere  Blutung,  das  Eindringen  von  Luft  verhindert  wird,  wenn 
femer  ein  abgebrochenes  Ende  vom  Instrumente    in  der  Bni^i 
stecken  geblieben,  als  Pfropf  die  Herzwunde  verschliesst  und  is 
Anfang  keine  beunruhigenden  Symptome  zum  Vorschein  kommen 
lässt,  wenn  schliesslich  die  Hautwunde  so  klein  ist,  dass  sie  mit 
den  Dimensionen  des  Instrumentes  nicht  übereinzustimmen  scheint 
Bei  Schussverletzungen  muss  man  auf  sogenannte  ContouriraDgeo 
Rücksicht  nehmen,   bei  welchen  die  Kugel  in  der  Herzgegend 
aufschlägt,  unter  der  Haut  weit  um  den  Thorax  herumlaufen  kann, 
und  so  keine  Penetration  stattfindet. 

Bei  dieser  Möglichkeit  einer  falschen  Diagnose  fragt  es  sidi, 
ob  man  durch  genauere  örtliche  Untersuchung  die  Penetration 
sichern  kann  und  darf.  In  früheren  Zeiten,  wo  ein  grosser  Werth 
darauf  gelegt  wurde,  ert^ann  man  die  veischiedensten  Mittel;  dazu 
gehören  die  Injection  von  lauem  Wasser,  welche  indess  gefähr- 
lich ist  und  täuschen  kann,  sobald  es  sich  unter  der  abgelösten 
Pleura  anhäuft.  Desgleichen  ist  die  gewaltsame  Respiration  aaf- 
gegeben,  wobei  man  den  Kranken  tief  inspiriren,  Wunde,  Hand 


Ueber  die  Wanden  des  Herzens  und  des  Herzbeutels.  727 

und  Nase  schliessen  und  dann  eine  Anstrengung  zum  Blasen 
machen  liess,  indem  man  ein  Licht  vor  die  Wunde  hielt  Flackerte 
dasselbe,  so  war  die  Wunde  penetrirend.  Dieses  Mittel  bringt 
keinen  Schaden,  kann  indess  täuschen,  sobald  der  Wundcanal 
eng,  schief,  sinuös  ist,  und  ein  Blut-Fettpfropf  denselben  ausfülU. 
Es  bleibt  nur  die  Untersuchung  mit  dem  Finger  und 
der  Sonde  übrig,  welche  die  Penetration  der  Brustwunde  und 
zugleich  die  Diagnose  einer  Herzwunde  möglicherweise  sicher- 
stellen soll.  Die  Untersuchung  mit  dem  Finger  geschah  von 
Ollenroth  (F.  286),  welcher,  nachdem  er  vorher  eine  Sonde  be- 
nutzt hatte,  mit  dem  Finger  das  Herz  umgehen  konnte,  und  so- 
gar eine  6'^'  lange,  flache  Wunde  an  der  Herzspitze  liegen  sah. 
Bamberger  (F.  296)  fühlte  *in  der  I"  lang  klaffenden  Wunde 
die  glatte,  schl&pfrige,  aber  nirgends  verletzte  Herzspitze,  Larrey 
(F.  293),  Hager  (F.  372)  unmittelbar  am  Finger  die  Herzpul- 
sationen; desgleichen  berührten  und  umgingen  de  Lapeyronie 
(F.  255)  und  Reiche  (F.  297)  das  Herz.  Boyer  (F.  87)  war 
selbst  dann  noch  im  Zweifel,  ob  die  Wunde  penetrirte  oder  nicht, 
als  er  den  kleinen  Finger  bis  zu  einer  ziemlich  beträchtlichen 
Tiefe  eingeführt  hatte.  —  Ungleich  häufiger  als  der  Finger  wurde 
die  Sonde  zur  Untersuchung  gebraucht,  um  sogleich  nach  der 
Verletzung  sich  über  die  Penetration  der  Brustwunde  zu  instrui- 
ren«  Es  kam  dabei  dennoch  vor,  dass  der  Arzt  darüber  in  Un- 
gewissheit  blieb,  als  die  Sonde  nur  IV  tief  eindrang,  während 
das  Bajonett  augenscheinlich  2"  tief  eingedrungen  zu  sein  schien 
(F.  150).  Die  Sonde  kann  die  Richtung  des  Wundcanals  näher 
bestimmen,  wodurch  die  Diagnose  einer  Herzwunde  gesicherter 
erscheint.  Ein  Chirurg  liess  sich  dadurch  zur  Diagnose  der  Herz- 
verletzung bestimmen,  gab  sie  aber  bei  dem  besser  werdenden 
Allgemeinbefinden  wieder  auf  und  fand  dann  bei  der  Section 
eine  Verletzung  beider  Ventrikel  (F.  184).  Mehrfach  berührte 
die  Sonde  das  Herz;  es  wurde  als  harter  KOrper  gefühlt  (F.  336^, 
Podr  azki  (F.  325)  und  ein  Anderer  (F.  295)  fühlten  den  Wider- 
stand und  sahen  die  Sonde  synchronisch  mit  den  Bewegungen 
des  Herzens  pendelartig  sich  bewegen,  bei  jedesmaligem  Herz- 


728  I>r.  Georg  Fischer, 

schlag  vor-  und  zurückgcstossen.     Larrey  (F.  294)   sah  el>^- 
falls  eine  elastische  Gummisonde  darch  kleine,  ngeimhasig  uf- 
einanderfolgende  Stösse  zurückgeworfen  und  schien  es,  dass  di^ 
selbe  fast  ausgestossen  wäre,  wenn  man  dieselbe  sich  selbst  aber- 
lassen  hätte.    In  anderen  Fällen  fühlte  die  Sonde  keinen  Wider- 
stand und  konnte  nach  allen  Richtungen  hin  frei  bewegt  wer- 
den«  —   Seltener  wurde    im  späteren   Verlaufe  am   6.,  7.,  ^ 
11.  Tage  eine  Sondirung  vorgenommen.    Steifensand  misslas 
es  dabei,  in  die  Brust  einzudringen,  indem  er  in  der  Bchrilg  oact 
unten  laufenden  Wunde  nur  auf  den  rauhen  Rippenknorpel  stiesi 
(F.  197).   Bei  Tuefferd  drang  die  Sonde  9  Gtm.  ein  und  sdilos 
er  aus  der  Richtung  auf  eine  Verletzung  des  rechten  Ventrikeln 
Vergeblich  sondirteFuge  wiederholt  zur  Auffindung  einer  Kuge. 
welche  der  Kranke  zu  fahlen  glaubte  und  daher  die  Extractids 
verlangte. 

Was  die  unmittelbaren  Folgen,  Vortbeile  und  Nachdieile  tf- 
betrifft,  welche  aus  der  Untersuchung  mittelst  Finger  und  Son^ 
entstanden,  so  wird  unter  ca.  30  Fällen  3mal  heftiger  Schmea 
2mal  Syncope,  Imal  ein  Gefühl  von  Kälte  und  Erstarrung  IDf^ 
geben;  in  den  übrigen  Fällen  ist  von  einer  Reaction  des  Eisfi* 
ken,  selbst  bei  ausgedehnter  Untersuchung  mit  dem  Finger,  nick 
die  Rede.  In  keinem  Falle  hat  sich  eine  den  Tod  bescbleoii- 
gende  Erscheinung,  z.  B.  eine  stärkere  Blutung  u.  s.  w.  Jana 
geknüpf  und  sind  unter  10  Fällen,  wo  das  Herz  wirklich  berakrt 
wurde  (6  mit  dem  Finger,  4  mit  der  Sonde),  7  geheilte  Wandei 
des  Herzbeutels  aufgenannt,  während  bei  den  3  anderen  Tei- 
trikelwunden  der  Tod  erst  längere  Zeit  nach  der  Sondimog  er- 
folgte, mit  dieser  in  keinem  Zusammenhange  war.  —  Die  Unter- 
suchung hatte  in  den  Fällen  von  Ollenroth  und  Bamberger 
physiologische  Resultate  geliefert,  indem  sie  über  die  BewegvD- 
gen  des  Herzens  Aufschlüsse  gab;  sie  hat  eine  Penetration  der 
Brustwunde  bestätigt,  obwohl  dieselbe  auch  einmal  misslaog,  so- 
dann Verletzungen  des  Herzbeutels  bewiesen,  Wunden  des  Eer- 
zens  mitunter  sicherer  gestellt,  und  dagegen  bei  der  ÄafEodBAf 
einer  Kugel  im  Stich  gelassen. 


Deber  die  Wanden  des  Henens  und  des  Herzbentels.  729 

Es  ist  Dicht  zu  leugnen,  dass  im  Allgemeinen  die  Unter« 
Buchung  mittelst  Finger  und  Sonde  kein  abschreckendes  Beispiel 
geliefert  hat,  dennoch  sprechen  sich  fast  alle  Autoren  gegen  diese 
Untersuchung  bei  Herzwunden  aus;  nur  Larrey^)  stfltzt  seine 
Diagnose  von  Herzbeutelwunden  mit  auf  die  Sondirung  und  meint, 
dass,  wenn  die  Sonde  in  eine  gewisse  Tiefe,  zwischen  Sternum 
und  den  Enden  der  7.  und  8.  linken  Rippe,  von  vorn  nach  hin- 
ten, etwas  von  unten  nach  oben,  von  rechts  nach  links  eindringt, 
und  man  sieht  und  fühlt,  wie  sich  die  Bewegungen  des  Herzens 
dem  Instrumente  mittheilen,  wenn  selbst  der  Finger  exploriren 
kann,  man  sich  von  der  Oeffnung  im  Herzbeutel  und  der  in  dem« 
selben  angesammelten  Flüssigkeit  fiberzeugen  kann,  welche  nicht 
mit  der  in  der  Pleura  oder  Unterleib  zu  verwechseln  ist.     Die 
Fortschritte  der  neueren  Kriegschirurgie  verwerfen  die  Sondirung 
der  Brus^wunden  zur  üntersachung  der  Penetration  und  lassen 
den  Finger  nur  dann  za,  wenn  ein  fremder  Körper  vermuthet 
wird,  wo&ei  er  als  Leitungsmittel  zur  Extraction  desselben,  nicht 
zur  Entscheidung  der  Penetration,  dient  (Pirogoff ')).     Von 
dem  Gesichtspunkt  ausgehend,  dass  die  allgemeinen  Regeln  bei 
penetrirenden  Brustwunden  mehr  Werth  haben,  ala  einzelne  schad- 
los  verlaufende  Sondirnngen   bei  Herz  wunden,   ist  im  Allge- 
meinen die  Sondirung  bei  Herzwunden  als  diagnosti- 
sches Hülfsmittel  zu  verwerfen.    Die  Sonde  bringt  immer- 
hin die  Gefahr  mit  sich,  einen  falschen  Weg  zu  bahnen,  einen 
gebildeten  Pfropf  in  der  Weichtheilwunde,  dem  Herzbeutel,  viel- 
leicht auch  am  Herzen,  loszustossen ,  in  Folge  des  Reizes   das 
Herz  zu  stärkeren   Gontractionen  anzuregon,   wodurch  eine  bis 
dahin  nicht  penetrirende  Wunde  vielleicht  penetrirt,  sodann  in 
späterer  Zeit  heilsame  Adhärenzen  zwischen  Herz  und  Herzbeutel 
zu  lösen  und  schliesslich   nicht  immer   unbedingt  sicheren  Auf- 
schluss  zu  geben.    Das  Einfahren  des  Fingers  würde  nur  dann 
erlaubt  sein,  wenn  der  Arzt  den  Kranken  bald  nach  der  Yer- 


•)  GHniqne  chirargicale.    T.  IL    Paris.    1829.    S.  284  n.  folg. 
**)  Grnndzfige  der  allgem.  KriegBchiiurgie.    1864,    S.  207. 


730  I>r-  Georg  Fischer» 

letzung  fitark  blutend  findet  um  die  Blutung  zvl  stiUen,  yielleidit 
um  eine  solche  aus  der  Art.  intercost.  oder  mamm.  int.  %u  ent- 
decken. Ausserdem  ^urde  auch  hier  die  Yermuthang,  dass  eis 
abgebrochenes  Instrument  u.  s.  w.  in  der  Wunde  steckt,  die  Unter- 
suchung mit  dem  Finger  gestatten. 

Für  diese  Einschränkung  der  Sondimng,  wodurch  möglicher- 
weise die  Diagnose  in  Zweifel  gelassen  wird,  mnss  dem  Verletx- 
ten  dadurch  eine  um  so  grössere  Sicherheit  zu  Theil  werdes. 
dass  jede  Brustwunde  in  der  Herzgegend  mit  der  grossesten  Aof- 
merksamkeit  behandelt  wird.  Es  giebt  eben  Fälle,  wo  Hcraver- 
letzte  mit  sehr  geringen  oder  gar  keinen  Symptomen  sich  pri- 
sentiren,  und  dfirfen  dabei  die  Kranken  nicht  den  Gefahren  aus- 
gesetzt sein,  welchen  sie  bei  oberflächlicher  Behandlung  entge- 
gengehen. Der  Ausspruch  Pirogoff's,  dass  bei  fehlenden  Leff- 
gendrucksymptomen  (Luft-,  Blut-,  Eiterdruck)  man  sich  nicht 
viel  darum  zu  kümmern  hat,  ob  die  Brustwunde  penetrirt  oder 
nicht,  ist  in  Betracht  jener  Thatsachen  im  Allgemeinen  zu  be- 
schränkt. 

Hat  man  sich  für  eine  penetrircnde  Brustwunde  entschiedes, 
so  fragt  es  sich,  ob  eine  einfach  penetrirende  Wnnde  oder  mt 
Herz-,  Herzbeutel-,  Lnngenwunde  u.  s.  w.  vorliegt  Vorab  sei 
bemerkt,  dass  es  kein  einziges  pathog  nomonisches  Sym- 
ptom giebt,  welches  mit  absoluter  Sicherheit  eio« 
Herzwunde  diagnosticiren  lässt. 

Einen  der  wichtigsten  Anhaltspunkte  giebt  die  Lage  der 
Verletzung  und  hat  man  bei  jeder  Wunde  in  der  Herzgegei»! 
auf  eine  Herzverletzung  zu  fahnden.  In  einem  früheren  Gapitel 
sind  die  Stellen  am  Thorax  angegeben,  an  welchen  das  Herz 
und  seine  einzelnen  Abschnitte  verletzt  werden  kOnnen.  Weoa 
dabei  nebenher  intensive  Symptome  auftreten,  so  bleibt  es  auf- 
fallend, dass  Marini  (F.  165)  seinen  Fall  als  einfach  penetri- 
rende Brustwunde  ansehen  konnte.  Selbstverständlich  wird  asck 
ein  in  der  Herzgegend  eindringendes  Instrument  das  Herz  unver- 
letzt lassen  können,  wenn  es  der  Brustwand  entlang  mehrere 
Zoll  fortgleitet.    Liegt  die  Wunde  von  der  Herzgegend  entfernt 


Geber  die  Wanden  des  flerzens  und  des  Herzbeutels.  731 

und  in  dieser  keine  Ausgangsöflfnang,  so  fehlt  von  dieser  Seite 
her  ein  Anhaltspunkt,  obwohl  die  Möglichkeit  vorliegt,  dass  das 
Herz  getroffen  ist    Ein  solcher  Fall  kann  gerichtlich  wichtig 
sein,  indem  nach  dem  Urtheil  der  Augenzeugen  eine  Verletzung 
des  Herzens  unmöglich  schien,  und  doch  bei  dem  Verletzten  in 
aufrechter  Stellung  unter  den  rechten  falschen  Rippen  durch  einen 
Degenstich  der  rechte  Ventrikel  durchbohrt  war  (F.  66;.    Die 
Weichtheil  wunde  fehlt,   wenn 'fremde  Körper  verschluckt,   von 
der  Speiseröhre  aus  ins  Herz  dringen,  sie  kann  auch  bei  Nadel- 
verletzungen übersehen  werden,  wenn  sie  sehr  klein,  durch  den 
Fettreichthum  des  Kranken    verwischt   ist.    Mitunter   giebt   die 
Section  erst  dar  über  Aufschluss,  wobei  es  dem  Gerichtsarzt  oft 
sehr  schwer  werden  kann,  den  gewaltsamen  Tod  aufzuklären,  wie 
Fall  1  beweist,  wo  erst  der  4.  hinzugerufene  Arzt  im  Stande 
war,  die'  durch  eine  Nadel  hervorgebrachte  Herzwunde  und  in 
Folge  dessen  die  äusserst  kleine  Hautwunde,  zu  entdecken.    Es 
erhellt  daraus,  dass  eine  ausserordentlich  sorgiältige  Untersuchung 
der  Haut  nothwendig  ist  und  auch  von  Erfolg  gekrönt  sein  kann 
(F.  22).    Die  kleinste  Wunde  in»  der  Herzgegend  ist  zu  berück- 
sichtigen, selbst  wenn  gleichzeitige  Verletzungen  an  den  Extremi- 
täten u.  8.  w.  weit  mehr  in  die  Augen  springen;  man  entgeht 
dabei  wenigstens  der  Gefahr,  eine  Herzwunde  während  des  Lebens 
ganz  übersehen  zu  haben,  wie  es  Simon  begegnet  ist  (F.  9), 
welcher  die  unregelmässige  Herzaction  dem  Blutverlust  aus  den 
übrigen  Wunden  zuschrieb.  —  Neben  dem  Sitz  der  Weichtheil- 
wunde  ist  wesentlich  auf  die  Richtung,  welche  das  Instrument 
genommen  hat,   Rücksicht  zu  nehmen,  und  kann  mitunter  die 
Lage  der  Kranken,  in  welcher  die  Verletzung  beigebracht  ist, 
dafür  Anhaltspunkte  geben. 

Das  Instrument  mnss  geprüft  werden.  Als  ein  Verletz- 
ter die  Symptome  einer  Herzwunde  zeigte,  genügte  die  Besich- 
tigung der  nur  5'"  langen  Stahlklinge,  welche  auf  einem  grossen 
Griff  sass,  um  zu  beweisen,  dass  eine  Fenetratien  der  Brust  un- 
möglich war;  die  alarmirenden  Symptome  waren  daher  nervöser 
Natur  (F.  302a).    Wie  in  der  Aetiologie  gezeigt  ist,  brauchen 

r.  Langenbeck'i  Archiv  f.  Cbiror^'i«.    IX.  47 


732  ^r-  Georg  Fischer, 

Nadeln  nur  etwas  Aber  1"  lang  zu  sein,  um  das  Herz  treffeo  u 
können.   Es  kommt  vor,  dass  der  Kranke  selbst,  oder  die  Zeu^eo 
im  Stande  sind,  anzugeben,  dass  das  Instrument  bis  ao  den  Griff  eie- 
gedrungen  war,  so  dass  man  aus  der  Länge  der  Klinge  fiber  die 
Tiefe  der  Wunde  aufgeklärt  wird.   FQr  den  6  e  r  i  c  b  ts  a  r z  t  kano  ^ 
wichtig  sein,  zu  wissen,  ob  mit  diesem  oder  jenem  InstrumeDt^ 
die  Verletzung  geschehen  ist,  es  werden  dann    Vergleichnogei 
zwischen  den  Dimensionen  der  Wunde  mit  denen  des  Instrameo- 
tes  anzustellen,   die  Beschaffenheit  der  Wundränder    so   prüf» 
sein.    Dabei  ist  zu  berücksichtigen,  dass  von  verschieden  gefone- 
ten   Instrumenten   gleichartige   Wunden    hervorgebracht   werden 
können,  und  machte  Dupuytren  darauf  aufmerksam,  das«  res 
einem  runden  Instrumente  auch  dreieckige  Wunden  gebildet  wer- 
den können  (F.  7),  ebenso  wie  eine  aus  mittlerer  Entfernaog 
geschossenen  Spitzkugel  und  eine  schmale  dreischneidige  Stoss- 
waffe (Dolch,  schmales  Bajonett)  oft  ähnliche  Wunden   rnacb^ 
(Schalle).     £s  kam  vor,    dass  mit  einem  in   der  grossestes 
Breite  19  Millim.  grossen  Messer  eine  17  Millim.  lange  Wood! 
gesetzt  wurde,  woraus  sich  deutlich  abmessen  liess,  wie  weit  das 
Instrument  eingedrungen  war.     Ein  sicherer  Schluss   lässt  s\ä 
nicht  immer  daraus  ziehen,  da  eine  Ungleichheit  zu  Stande  kom- 
men  wird,  wenn  das  Instrument  schräg  aufgesetzt  wird.    Das 
Hinaufreichen  von  Blutflecken  ist  nicht  immer  ein  sicheres  Zeiehei 
über  die  Wunde;  während  in  dem  einen  Falle  man  aus  densel- 
ben auf  eine  Tiefe  von   IV'  schloss  (F.  298),  waren  in  eiuesi 
anderen  kaum  einige  Blutflecken  am  Dolch  zu  bemerken  (F.  177). 
Wird  das  Instrument  mit  abgebrochener  Spitze  vorgezeigt  ood 
ist  letztere  nicht  zu  finden,  so  erinnere  man  sich,  dass  dieselbe 
im  Herzen  stecken  bleiben  kann,  selbst  wenn  die  Kranken  oieht 
die  geringsten  Symptome  zeigen  (F.  18,  200). 

Die  äussere  Blutung  allein  sichert  die  Diagnose  nicht 
Sie  ist  zwar  in  der  Regel  heftig,  wobei  sie  indess  auch  aus  des 
Lungengefässen,  den  grossen  Brustgefässen,  der  Art.  mamm.  int 
und  intercost.  kommen  kann,  wird  aber  auch  ganz  fehlen  köunen, 
wofür  die  Gründe  unter  den  Symptomen  aufgeführt  sind.    Em^ 


Ueber  die  Wanden  des  Herzens  und  des  Herzbeutels.  733 

Blutung  aus  der  Art.  mamm.  int.  ist  möglich,  wenn  die  Wunde 
1  Ctm.  vom  Stemalrande  an  den  Enorpelenden  der  1. — 7.  Rippe 
liegt,  und  ist  an  dieser  Stelle  auch  richtig  erkannt  (F.  246); 
andererseits  leitete  jene  Stelle  irre,  als  die  Arterie  hinter  dem 
Stemum  lag,  mithin  gar  nicht  getroffen  sein  konnte  (F.  360). 
Die  Diagnose  der  Blutung  aus  der  Art.  intercost.  braucht  sich 
nicht  auf  den  bekannten  Versuch,  mit  dem  gebpgenen  Karten- 
blatt und  verchiedenen  anderen  Hülfsmitteln,  zu  stutzen;  ist  die 
Wunde  gross,  so  dass  der  Finger  eingeführt  werden  kann,  so 
wird  man  das  Blut  fliessen  fühlen.  Im  Uebrigen  kamen  stärkere 
Blutungen  aus  der  Intercostalis ,  welche  hellroth,  ohne  Schaum, 
abfliessen,  fast  nur  hinten  am  Thorax  vor,  und  da  sie  sehr  ge- 
schützt liegen,  meist  nur  dann,  wenn  die  Rippen  durchstochen 
sind.  —  Aus  der  Blutung  allein  lassen  sich  die  Quellen,  ob  aus 
den  Herz-  oder  Lungengefässen,  nicht  unterscheiden.  —  Ein  mit 
jeder  Ventrikelsystole  isochron  entleerter  Blutstrahl  unterstützt 
die  Diagnose  einer  penetrirenden  Herzwunde,  kommt  indess  auch 
bei  Verletzungen  der  Art.  intercostalis  vor,  und  wird  durch  die 
Unregelmässigkeit  der  Herzaction,  welche  der  Verletzung  bald 
folgt,  leicht  undeutlich  gemacht.  —  Die  Behauptung  älterer 
Autoren,  dass  aus  der  Farbe  des  Blutes  auf  eine  Verletzung  des 
rechten  und  linken  Herzens  geschlossen  werden  kann,  ist  min- 
destens einzuschränken,  da  bei  gleichzeitigen  Wunden  von  Weich- 
theil-  oder  Herzarterien  und  Venen  ein  gemischtes  Blut  ab- 
fliessen wird.  In  neuester  Zeit  scheint  Friedreich  (1.  c.  S.  191) 
jene  ältere  Ansicht  zu  theilen,  wenn  er  sagt,  dass  aus  der 
venösen  oder  arteriellen  Natur  des  ausströmenden  Blutes  sich 
die  Diagnose  einer  Verletzung  des  rechten  und  linken  Herzens 
begründen  liesse.  Man  wird  bei  einer  intensiv  rothen  oder 
schwarzen  Blutung  höchstens  eine  Vermuthung  auf  diese  oder 
jene  Verletzung  hegen  dürfen.  Eine  Blutung  ohne  Blutbläseben 
wird  für  eine  Herzwunde,  gegenüber  einer  Lungenverletzung, 
sprechen.  —  Es  ist  eine  theoretisch  gedachte  Ansicht,  einen 
bltttig-serösen  Ausfluss  auf  eine  Herzbeutelwunde  oder  oberfläch- 
liche Herzwunde  zurückzuführen.    Der  Liquor  pericardii  bes);eht 

47* 


734  I>r.  Georg  Fischer, 

in  zu  geringer  Quantität  und  wird  zu  rasch  abfliessen,  um  beob- 
achtet werden  zu  können;  jener  Ausfluss  kommt  meist  in  späterer 
Zeit,  bei  aufgetretener  Pericarditis,  Pleuritis,  vor. 

Ein  sofortiges  Niederstürzen  der  Verletzten  mit  anhaltender 
Besinnungslosigkeit,  äusserste  Angst,  Todesgewissheit,  aafhllend 
rasche  Abnahme  der  Lebenskräfte  sind  obwohl  durchaus  nicht 
pathognomonisch ,  doch  häufiger  bei  Herz-  und  Lungenwunden, 
wobei  zu  berücksichtigen  ist,  dass  in  seltenen  Fällen  eine  Syn- 
cope  auch  bei  nicht  penetrirenden  Brustwunden  in  Folge  von 
Furcht,  Schmerz  u.  s.  w.  vorkommen  kann.  Der  Schmerz  hin- 
ter dem  Brustbeine,  in  der  Herzgegend,  hat  nur  geringen  Wertb, 
da  er  auch  bei  einem  Bluterguss  im  Mediastinum  antic.  vorkom- 
men kann,  von  der  Herz  wunde  selbst  kaum  ausgeht;  er  ent- 
wickelt sich  erst  mit  der  Entzündung.  Ein  lebhafter  Schmen 
in  der  Herzgegend  ist  durchaus  nicht  constant,  wie  man  früher 
glaubte.  -—  Als  Folgen  der  Blutung  kommen  häufig  Ohnmachteo^ 
Blässe,  Gyanose,  Kälte  des  Körpers,  kalter  Schweiss,  Zittern,  eui 
schwacher,  intermittirender  Puls,  schwacher  oder  beschleunigter 
Herzschlag,  Dyspnoe,  Dämpfung  am  Thorax  vor,  Symptome,  die 
indess  auch  bei  Verletzungen  von  Lungen-,  Thoraxgefässen  vor- 
handen sein  können  und  für  sich  allein  nicht  den  Werth  haben, 
den  man  ihnen  früher  beilegte.  Auch  das  Zittern  des  Herzens, 
welches  ehemals  sehr  betont  wurde,  ist  maassgebend.  Der  Herz- 
schlag variirt  sehr,  und  ist  nicht  immer,  wie  Jobert  meint,  ein 
eigenthün^licher  Rhythmus  desselben,  welcher  auf  einer  bestän- 
digen convulsivischen  Aufregung  der  Herzmuskeln  beruhen  sollt 
ein  pathognomonisch  es  Zeichen. 

Die  grosseste  Wahrscheinlichkeit  erhält  die  Diagnose  dnrch 
endocarditische  Geräusche  verschiedener  Art,  einer  Herzdämpfang, 
Schwäche  oder  Fehlen  des  Herzschlages,  Verdeckung  der  Hert* 
töne,  einer  am  2.,  3.  Tage  auftretenden  Pericarditis.  Vielleicht 
wird  ein  leichter  Bluterguss  in  den  Herzbeutel,  bei  beunruhigen- 
den Allgemeinerscheinungen,  im  Anfang  leicht  übersehen  werden 
können.  Jene  wichtigen  physikalischen  Untersuchungen  welche 
womöglich  täglich  angestellt  werden  sollen,  werden  leider  da- 


Ueber  die  VpDden  des  HeneDS  und  des  Herzbeutels.  735 

durch  mitunter  eingeschränkt,  dass  Schwäche,  Dyspnoe  und  die 
unbedingt  nothwendige  geistige  und  körperliche  Ruhe  des  Kran- 
ken dieselben  ganz  contraindiciren  oder  doch  einschränken.  Ver- 
dauungsstörungen, nervöse  Erscheinungen  haben  f&r  Herzwunden 
nichts. Charakteristisches.  —  Die  Vermuthung,  welche  Lands- 
berg aus  seiner  Beobachtung  zieht  (F.  6),  dass  beim  Aderlass 
kein  oder  sehr  wenig  Blut  fliesst  (ebenso  Mair,  Compendium 
der  Chirurgie.  1865.  S.  593),  da  bei  eintretender  Asphyxie  die 
Venen  niederer  Ordnung  ihren  Inhalt  entleeren,  ohne  so  leicht 
neuen  Zufluss  zu  erhalten,  wird  durch  eine  grosse  Anzahl  von 
Beobachtungen  widerlegt  und  es  ist  nur  in  den  Fällen  90  und 
111  besonders  erwähnt,  dass  beim  Aderlass  kaum  U— 3  Unzen 
Blut  flössen. 

Man  sieht,  dass  kein  einzelnes  Symptom  för  sich,  sondern 
erst  die  Combination  mehrerer  die  Diagnose  sichergestellt,  dass 
sie  bei  dem  Fehlen  einzelner  wichtigen  Symptome  unsicher  wird. 

Die  Diagnose  einer  nicht  penetrirenden  Herzwunde 
ist  mit  Sicherheit  nie  zu  stellen.  Am  meisten  berechtigt  dazu 
der  Ausgang  in  Heilung,  selbst  wenn  anfangs  schwere  Symptome 
beobachtet  sind.  Der  günstige  Ausgang  scheint  Larrey  in 
4  Fällen  (F.  292,  293,  294,  370)  veranlasst  zu  haben,  eine  Ver- 
letzung des  Herzbeutels  und  der  Oberfläche  des  Herzens  anzu- 
nehmen, obwohl  er  einmal,  im  Verlaufe  der  Verletzung,  die  Hoff- 
nung auf  Genesung  aufgab.  Eine  Vermuthung  liegt  vor,  wenn 
in  den  ersten,  ja  bis  zum  13.  Tage  hin,  keine  erheblichen  Zuf&Ue 
eintreten,  längere  Zeit  ein  Schwanken  zwischen  Besserung  und 
Verschlimmung  besteht,  überhaupt  nichts  Bemerkenswerthes  bis 
zum  Tode  eintritt  (F.  173,  207).  Die  Diagnose  ist  desshalb  nicht 
immer  möglich,  weil  auch  bei  diesen  Wunden  der  Tod  in  Folge 
einer  Nervenerregung  sogleich  eintreten  kann  (F.  27,  172),  bei 
gleichzeitigen  Geftssverletzungen  der  V.  cava,  Art.  coronar.,  Art. 
mamm.  u.  s.  w.,  in  Folge  der  Blutung,  intensive  Erscheinungen 
auftreten.  Es  können  der  leiseste  Stich  am  Herren  ungestüme 
Gontractionen  desselben  hervorrufen  und  andererseits  penetrirende 
Wunden  im  Anfang  gar  keine  Symptome  geben.     Das  Fehlen 


736  Dr.  Georg  Fischer, 

einzelner  Symptome,  z.  B.  Ohnmacht,  Pulslosigkeit  u.  s.  w.  be- 
rechtigt  nicht  zur  Diagnose. 

Gleiches  gilt  für  die  Wunden  des  Herzbeateis,  die  tod 
oberflächlichen  Herzwunden  durchaus  nicht  sicher  zu  unterschei- 
den sind.  Die  Diagnose  kann  wahrscheinlich  gemacht  werden, 
durch  eine  Untersuchung  mit  dem  Finger  oder  der  Sonde,  wel- 
chen die  Bewegungen  des  Herzens  mitgetheilt  werden,  obwohl 
dabei  immerhin  Herzwunden  übersehen  werden  können.  Das  Hen 
wird  durch  eine  Herzbeutelwunde  als  glatter,  schlüpfriger  Körper 
deutlicher  gefühlt  werden,  als  durch  den  unverletzten  Herzbeutel 
Auf  den  Abfluss  einer  wässerigen  Flüssigkeit,  welcher  lange  Zeit 
hindurch  früher  betont  wurde,  ist  nichts  zu  geben,  da  es  mit  der 
grossesten  Schwierigkeit  verbunden  sein  würde,  eine  so  kleine 
Menge  von  einem  heftigen  Blntstrahl  zu  unterscheiden.  Am 
meisten  wird  diese  Wunde  durch  2  Symptome  gesichert,  welche 
sich  auf  das  Eindringen  von  Luft  in  den  Herzbeutel  beziehen; 
zuerst  kann  der  Herzschlag  so  laut  sein,  dass  er  auf  mehrere 
Schritte  hin  gehört  wird,  indem  die  eingedrungene  Luft  durch 
die  Bewegungen  des  Herzens  hin  und  her  getrieben  wird  (F.  280), 
sodann  kann  bei  aufrechter  und  liegender  Stellung  der  Percos- 
sionsschall  wechseln,  indem  die  Luft  im  Pericardium  verschie- 
dene Stellen  einnimmt  (F.  298).  Natürlich  müssen  in  beiden 
Fällen  Symptome  einer  Herz-  oder  Lungenwunde  fehlen.  Wenn 
nach  einer  Stich -Schnittwunde  in  den  ersten  beiden  Tagen  keine 
besonderen  Erscheinungen  auftreten  und  dann,  ohne  dass  Blutun- 
gen dazwischen  gekommen  sind,  am  2. — 4.  Tage  Pericarditis  sich 
daranschliesst,  so  hat  man  Grund,  eine  Herzbeutel  -  resp.  ober- 
flächliche Herzwunde  zu  vermuthen. 

Bei  Schttsswunden  wurde  die  Diagnose  in  leichtfertiger 
Weise  dadurch  unmöglich  gemacht,  dass  dem  Hospitalarzt  ^on 
Kranken  eine  Kugel  überreicht  wurde,  welche  ihm  ein  Militair- 
arzt  ausgeschnitten  und  gegeben  haben  sollte.  Bei  der  Section 
fand  sich  dieselbe  in  der  Lunge  (F.  360).  In  den  Fällen,  wo 
nach  Schussverletzungen  eine  äussere  Wunde  fehlt  und  die  Herz- 
wunde einer  Ruptur  gleicht,  erfolgt  der  Tod  meist  sehr  rasch, 


Deber  die  WaDden  des  HerzeAs  and  des  Herzbeateis.  737 

und  wurde  derselbe  einmal  irrthümlich  voo  Seiten  eines  Kropfes, 
welchen  der  Kranke  an  sich  Jiatte,  hergeleitet  (F.  306).  In 
diesen  Fällen  ist  kaum  eine  Diagnose  möglich. 

Bei  Rupturen  überholt  der  Tod  in  der  Regel  die  Diagnose. 
Erfolgt  er  in  späteren  Stunden,  so  wird  die  Art  der  Verletzung, 
die  etwaigen  Fracturen  der  Rippen  und  des  Sternum,  der  Blut- 
ergttss  in's  Pericardium  nebst  dem  Symptomen -Complex  einer 
inneren  Blutung,  eine  Ruptur  vermuthen  lassen.  Die  Dislocation 
der  Fragmente  in  der  Herzgegend  stellt  sie  noch  sicherer.  Auöh 
dann,  wenn  der  Tod  nicht  rasch  erfolgt,  und  Tage  lang  ein 
Schwanken  zwischen  Besserung  und  Erstickungsanlallen  besteht, 
kann  möglicherweise  eine  nicht  penetrirende  Ruptur  bestehen 
(F.  379).  Eine  Dislocation  des  Herzens  nach  rechts  giebt  be- 
stimmte objective  Symptome.  Für  Rupturen  des  Herzbeutels  giebt 
Morel-Lavallöe  sein  hydraulisches  Geräusch  als  pathognomo- 
nisches  Zeichen  an,  wobei  das  Nähere  unter  den  Symptomen 
(S.  710)  nachzusehen  ist.  Die  Diagnose  einer  alleinigen  trau- 
matischen Pericarditis  hat  nichts  Besonderes. 

Die  Diagnose  eines  im  Herzen  steckenden  fremden  Kör- 
pers ist  meist  sehr  unsicher.  Mitunter  klärt  der  Kranke  selbst 
den  Fall  auf,  wenn  z.  B.  eine  Nadel  in  die  Brust  gestossen, 
darin  geblieben  ist  und  intensive  Symptome  auftreten  (F.  34,  35). 
Fehlt  bei  Nadelverletzungen  die  Anamnese,  so  bleibt  die  Dia- 
gnose unsicher  (F.  42),  jedenfalls  sollen  Brust  und  Herz  unter- 
sucht werden  und  der  Arzt,  wenn  er  z.  B.  den  Kranken  schlafend 
ündet,  die  Untersuchung  nicht  für  immer  aufgeben  und  den  Fall 
für  unbedeutend  halten.  Dnter  solchen  Umständen  kam  es 
wenigstens  vor,  dass  eine  Nadel  zwischem  dem  Sternum  und 
den  Rippen  bei  der  Section  angetroffen  wurde,  durch  deren  Ex- 
traction  der  Kranke  möglicherweise  hätte  gerettet  werden  können 
(F.  28).  Die  Nadel  kann  unter  der  Haut  gefühlt,  einen  pulsiren- 
den  Vorsprung  bilden  (F.  24).  Es  ist  erwähnt,  dass  bei  der 
nicht  aufzufindenden  Spitze  des  verletzenden  Instrumentes  man 
an  jene  Möglichkeit  denken  soll,  desgleichen  bei  fehlender  Aus- 
gangsöflFnung  einer  Schussverletzung.    Beim  Eindringen  des  frem- 


738  I>r.  Georg  Fischer, 

den  Körpers  von  der  Speiseröhre  in  das  Hera  oder  Herebeat«L 
wird  die  Diagnose  kaum  möglich« werden;  dasselbe  kann  durch 
eine  tiefe  Ohnmacht  eingeleitet  werden  (F.  29),  nnd  eine  Peri- 
carditis  entstehen  (F.  257). 

Die  Diagnose  von'  einer  Lungenwunde  kann  nnr  durch 
den  Complex  der  Erscheinungen  gemacht  werden.  Liegt  die 
Verletzung  in  dem  kleinen  Räume  neben  dem  Hnken  Brustbein- 
rande  am  Niveau  des  4.  Rippenknorpels,  also  da,  wo  das  Ben 
nicht  von  der  Lunge  bedeckt  ist  und  ist  man  von  der  directei 
Richtung  des  Instrumentes  von  vorn  nach  hinten  überzeugt,  so 
wird  eine  Lungenwunde  unmöglich  sein.  Weicht  dabei  das  In- 
strument nach  einer  oder  der  anderen  Seite  hin  ab,  liegt  die 
Wunde  ausserhalb  dieser  kleinen  Grenze,  so  wird  entweder  nur 
der  schmale,  das  Herz  überragende  Theil  des  Lungenrandes  oder 
ein  grösserer  Lungenabschnitt  mitverletzt  sein.  Es  handelt  sich 
vor  Allem  um  die  Frage,  ist  das  Herz  oder  die  Lunge  verletzt? 
Erwähnt  ist,  dass  jene  unmittelbar  nach  der  Verletzung  rapid 
auftretenden,  intensiven  Erscheinungen  häufiger  bei  Hera-  als 
Lungenwunden  vorkommen.  Pneumo-,  H&mothorax,  starke  Blu- 
tung nach  aussen  finden  sich  bei  beiden  Verletzungen,  während 
ein  mehr  und  mehr  zunehmendes  Emphysem  des  ünterhautzell- 
gewebes,  der  Auswurf  von  schaumigem  Blut  fSr  Lungenwunden 
charakteristisch  sind.  Bekannt  ist,  dass  Blutspeien  auch  bei  ein- 
fachen Contusionen  der  Brust  ohne  Lnngenverletzung  vorkommen 
und  bei  kleinen  Lungen  wunden  fehlen  kann,  und  andererseits 
Pneumothorax  ohne  Lungenwunde  vorkommt  und  dann  fehlt, 
wenn  das  Instrument  durch  Adhäsionen  in  die  Lunge  hineinge- 
gangen ist,  welche  den  Eintritt  der  Luft  in  die  Pleurahöhle  ver- 
hindern. Bei  Schusswunden  der  Lunge  sind  die  Blutungen  im 
Allgemeinen  geringer,  bei  denen  des  Herzens  dagegen  sehr  stark 
Pneumothorax  und  Emphysem,  bei  ersterem  nicht  constant  Nur 
dann,  wenn  die  Lunge  durch  Knochensplitter  u.  s.  w.  mehrfach 
zerrissen  wurde,  wird  rasch  sich  ein  bedeutender  Pneumo-Hämo- 
thorax  entwickeln  können.  Die  Diagnose  zwischen  einer  Lungen- 
oder Herzbeutel  wunde  liess  selbst  Pirogoff  unbestimmt,  obwohl 


lieber  die  Wanden  des  Herzens  nnd  des  Herzbeutels.  739 

die  Abwesenheit  des  Herzschlages  und  der  HerstOne  ihn  letztere 
vermnthen  Uessen  (F.  371). 

Wunden  der  grossen  Brnstgefässe  sind  von  Herzwanden 
nicht  sicher  zu  unterscheiden.  Rupp recht  stellte  aus  dem  Ort, 
der  Tiefe  der  Wunde,  dem  Ausfluss  Ton  dunkelem  Blut  ohne 
Luft,  die  Diagnose  auf  eine  Herzwunde,  oder  Wunde  eines  grossen 
GefSsses,  mit  Ausschluss  siner  Lungenwunde.  Da  alle  venösen 
grossen  Geftsse  von  der,  vom  Instrumente  eingeschlagenen  Rich- 
tung aus,  nur  mit  einer  Lungenwunde  h&tten  complicirt  sein 
können,  so  diagnosticirte  er  eine  Verletzung  des  rechten  Ven- 
trikels an  der  Spitze,  und  bestätigte  seine  Diagnose  durch  Ver- 
suche an  der  Leiche;  der  Fall  heilte  (F.  281). 

Bei  Complicationen  mit  Wunden  des  Zwerchfelles,  der 
Bauchorgane  vermischen  sich  die  Symptome  so  sehr,  dass  eine 
sichere  Diagnose  unmöglich  vrird.  Es  können  ausserdem,  wenn 
tief  von  der  Bauchhöhle  aus,  mit  Verletzung  von  Eingeweiden, 
das  Instrument  in  die  Brusthöhle  gedrungen,  Lungen  nnd  Herz 
verletzt  hat,  die  Symptome  von  Seiten  des  Herzens  so  unklar 
werden,  so  geringfügig  erscheinen,  dass  an  eine  Herzwunde  gar 
nicht  gedacht  wird  (F.  74).  Eine  Perforation  des  Magens  wurde 
richtig  erkannt,  die  daneben  bestehende  Wunde  des  rechten  Ven- 
trikels ganz  übersehen  (F.  362).  Es  sind  jene  Complicationen 
zu  vermuthen,  wenn  die  Verletzung  von  der  Brusthöhle  aus  in 
der  Umgebung  des  Proc.  xiphoideus,  mitunter  auch  zwischen  den 
unteren  Rippen  am  Thorax  geschieht.  Erbrechen,  üebelkeit. 
Schluchzen,  Schmerz  im  Epigastrium,  Schwere  im  Unterleib,  in 
Folge  eines  Blutextravasates,  Aufgetriebensein  desselben  «ind  da^ 
mit  verbunden. 

Da  in  der  Reihe  der  Symptome  keine  genaueren  Anhalts- 
punkte f&r  die  Verletzung  der  verschiedenen  Herzabschnitte 
vorliegen  (über  die  Farbe  des  Blutes  s.  oben),  so  wird  eine  Diffe- 
rentialdiagnose derselben  nie  sicher  sein  und  nur  die  Lage  der 
Weichtheilwunde  zu  den  einzelnen  Abschnitten  wird  bei  der 
jetzigen  genaueren  Eenntniss  derselben  zuverlässigere  Vermuthun- 
gen  als  früher  darüber  zulassen.    Es  sind  in  den  geheilten  Fällen 


740  Dr.  Georg  Fischer, 

mit  mehr  oder  weniger  Sicherheit  derartige  Diagnosen  gestellt 
indess  nar  selten  gleichzeitig  Experimente  an  Leichen  gemacht^ 
wodarch  die  Diagnosen  mehr  Glaubwürdigkeit  erlangt  haben 
(Rapprecht,  Larrey). 

Sprechen  alle  Symptome  far  eine  Herzwnnde ,  so  darf  man 
sich  nicht  durch  das  Fortleben  der  Kranken  irre  leiten  lassen,  i?i( 
es  Landsberg  (F.  6)  that,  dem  seine  Zweifel  um  so  grösser  wor- 
den» je  länger  das  Leben  anhielt.  Von  dieser  Seite  wird  die 
Diagnose  nicht  erschüttert.  Dieselbe  kann  in  den  ersten  Tages 
unsicher  bleiben  und  kl&rt  sich  oft  erst  im  weiteren  Verlaufe 
auf,  sowie  auch  andererseits  einzelne  FUle  vorkommen,  bei  deoeo 
selbst  bis  zum  Tode  nicht  im  Entferntesten  an  eine  Henver- 
letzung  gedacht  ist,  so  wenig  treten  hervorragende  Symptome 
auf  (F.  9,  11,  74). 

Zum  Schluss  sei  bemerkt,  dass  die  Diagnose  einer  Hers- 
wunde in  vielen  Fällen  möglich  sein  wird  und  durch- 
aus nicht  immer  auf  einer  Vermuthung  beruht,  was  bis  jetst 
meistens  angenommen  wurde.  Eine  sichere  Diagnose  ist  wertb- 
voll,  da  die  Kranken,  wenn  sie  die  Verletzung  überleben,  der 
Gefahr  entgehen ,  falsch  behandelt  zu  werden.  Schwankt  mu 
nur  zwischen  einer  Herz-  oder  Geßlssverletzung,  so  hat  diese 
Unsicherheit  für  den  Verletzten  keinen  Nachtheil,  da  die  Behand- 
lung dieselbe  ist. 


Ausgang. 
Es  besteht  eine  wunderbare  Verschiedenheit  in  dem  Aas- 
gange  der  Herzwunden.  Sie  tödten  entweder  sofort,  nach  eini- 
ger Zeit,  oder  sie  verheilen,  ohne  dass  man  im  Stande  ist,  dafür 
entsprechende  pathologisch-anatomische  Verschiedenheiten  ange- 
ben zu  können.  Bei  der  kleinsten  unbedeutendsten  Verlettaag 
kann  der  Kranke  sofort  todt  niederstürzen,  während  er  mit  aos- 
gedehnten  Schnitt-  und  Schusswunden  Tage  lang  leben  kann; 
die  Verletzung  einer  feinen  Nadel  tödtet  vielleicht  sofort,  wäh- 
rend eine  Kugel  im  Herzen  einheilte  u.  s.  w. 


Ueber  die  Wunden  des  Herzens  und  des  Herzbeutels. 


741 


Da  einzelne  Grenzen  über  den  Zeitraum,  wenn  der  Tod 
eintritt,  nie  scharf  bestimmt  werden  kOnnen,  so  hat  die  dreifache 
Eintheilung  von  Speyer*),  wonach  der  Tod  plötzlich  innerhalb 
einiger  Stunden,  langsam  nach  einigen  Stunden,  mindestens  erst 
nach  48  Stunden  eintritt,  keinen  praktischen  Werth. 

In  der  nachstehenden  Statistik  sind  die  452  Verletzungen 
nach  dem  sofortigen,  späteren  Tod  und  Heilung  vertheilt. 


•;dnH 
•qoRS 


t 

B 


o   ^ 


S 


^  |J9^Tgds 


'  bC 


-a  S 


•JdraJs 


°Q  ^  (  {S    l'^ojog 


CO  o 
00 


o 
H 


'jd^^ds 


•jJOJQg 


•^  g 


IM     O 


•^draTg 


•?.>9S 


*J8!)Sd6 


H  r^iojQg 


bO 

a 

-fei 

C»     T?     ^ 


S    OB 


CQ09        <^09lHi-l 


I  I  I 


eoeoo«  ^   I    j  th 


,^  I- I  ,  1- 


I  I  I  I  I  I  I 


I  I  I  I  I   M 


«H  lO  «H  CO  C4  04  O« 


(N  O  ^^  O  CO    I     i 


I  I  I  I  I  I  I 


I  I  I  I  I  I 


I  I 


-^  CO  «H  ^  ^ 


"MM" 


iO»-iO« 


I  I 


O  CO 


lO  0^04  t« 


Oi  r-  r-    I  th 


I  I 


MI   I  I  I  I 


M  1-^  I 


I  I  I 


I  I 


«Sil-.  I  — 


e*     I   r^    I  CO  lO 


lo  , 


1^  I 


1"^  I 


I 


9    U  4> 

»fl  J4  'S  «^ 


4> 

9 

'S   « 


:  ' «   .SS 

£?    ^    M    ^ 

.sS-äaSgat: 


5^ 


8-3 
Dta 


gS^9g 


2^9?. 


'Sf 


o 

00 

o 
H 


s 

a 

9 


•^^ 


IH^  i     to 


oo  r 


s 


+  s 


*)  Heidelberger  Med.  Annalen.    IV.    3.     1840. 


742 


Dr.  Georg  Fischer, 


I.    Tod    sofort 


Sitz  der 

Stich- 

Stich- 

Schuss- 

Quetsch- 

ProccDte 

Verletzung. 

wun- 
den. 

Schnitt- 
wonden.'' 

wunden. 

wunden, 
Rupturen. 

Summe. 

(auf  Sma«  der 

eioaalBcaWBila 

IranehatO- 

Recht  Ventr. 

2 

19 

4 

2 

27 

21,9  S. 

Linker  Ventr. 

— 

17 

3 

5 

25 

25    . 

Beide;  Ventr. 

— 

7 

1 

1 

9 

34    . 

Recht.  Vorh. 

1 

— 

1 

5 

7 

25    , 

Linker  Vorhof 

— 

1 

1 

3 

5 

38    , 

Ganzes  Herz 





2 

8 

10 

62    . 

Rechtes  Herz. 



3 

^ 



3 

Linkes  Herz. 

— 

^ 

3 

— 

3 

— 

Unbestimmt. 

1 

6 

4 

3 

14 

— 

Herzbeutel. 

'  — 

—   . 

— 

1 

1 

2    . 

Summe.  . 

4 

53 

19 

28 

104 

26    J. 

Es  sind  zu  dieser  Gruppe  auch  diejenigen  Verleteangeo  ge- 
rechnet, bei  denen  der  Tod  innerhalb  der  ersten  2,  3  Hinntsi 
erfolgte. 

Aus  der  Statistik  anderer  Autoren  ergiebt  sich  folgende 
Verhaltniss; 

Latenelet*)  85  Pftlle  mit  14  sofort.  Tod      (16  %). 
J^amain         121      ,       .     21      .  ,        (11  %\ 

Zannetti      152      «       .    .54      .  „        (85  S). 

Jamain  glaubt/ dass,  wenn  alle  Herzwunden  veröffentlicbt 
wären,  die  Proportion  lauge  nicht  so  gunstig  wäre,  als  bei  jeser 
Statistik  sich  herausstellt  Er  hat  darin  Recht,  da  bei  meioer 
3imal  so  grossen  Statistik  der  sofortige  Tod  um  9  pGt.  öfter  lor- 
kam.'  Die  Zahlen  von  Zannetti  liefern  ein  noch  ungünstigeres 
Resultat,  trotzdem  die  Anzahl  seiner  Fälle  weit  geringer  ist. 

Vergleichen  wir  die  einzelnen. Arten  der  Verletzungen  mit- 
einander, so  stellt  sich  heraus,  dass  die  Rupturen  am  häufigtai) 
einen  sofortigen  Tod  herbeiführen   (36  pGt.);   ihnen    folgen  die 


*)  Dictionnaire  des  ^tudes  med.  pratiq.  T.  III.  Paris.  1833.  p.  136. 


Heber  die  Wanden  des  Herzena  nnd  des  Herzbeutels.  743 

Schusswunden  C26pCt.),  die  Stich-Schnittwunden  (20pCt.),  Stich- 
wunden (9,2  pCt),  bei  welchen  letzteren  sogar  ein  einfacher 
Madeistich  einen  sofortigen  Tod  zar  Folge  haben  kann.  Dahin 
gehören  2  Wnnden  am  rechten  Ventrikel  (F.  1,  27),  von  denen 
die  eine  penetrirte,  die  andere  nicht.  Auch  trat  der  Tod  sofort 
bei  einer  nicht  penetrirenden  Lanzenwnnde  des  linken  Ventrikels 
ein  (F.  172). 

Was  die  Verletzungen  der   einzelnen  Herzabschnitte  anbe- 
trifft,  80   ordnen  sich  dieselben  nach  der  H&afigkeit  folgender- 
maassen:  Voran  stehen  diejenigen,  welche  das  ganze  Herz  be- 
treffen, und  folgen  die  Wanden  des  linken  Vorhofes,  beider  Ven- 
trikel, des  rechten  Vorhofes  mit  dem  linken  Ventrikel,  des  rech- 
ten Ventrikels  nnd  4^8  Herzbeutels.    Die  Wunden  der  Vorhöfe 
ziehen  mithin  öfter  einen  sofortigen  Tod  nach  sich,  als  die  der 
beiden  einzelnen  Ventrikel.    Entgegengesetzte  Ansichten  vertreten 
N^laton  (I.  c.  p.  471),  nach  welchem  die  Wanden  der  Vorhöfe, 
trotz  ihrer  geringen  Dicke,  nicht  rascher  zum  Tode  führen,  und 
stutzt  er  sich  dabei  auf  3  Fälle,  in  denen  der  Tod  nach  einigen 
Stunden,  mehreren  Tagen  erfolgte  (F.  177, 192,  198),  desgleichen 
Steifensand,  welcher  meint,  dass  die  Wunden  des  linken  Ven- 
trikels am  h&ufigsten   einen  augenblicklichen  Tod  herbeiführen, 
während  die  der  Vorhöfe  nicht  so  schnell  tödtlich  sind,    üeber- 
einstimmend  mit  ihm  und  Jamain  ist  auch  hier  bei  Wunden 
des  linken  Ventrikels  der  Tod  rapider,  als  bei  denen  des  rech- 
ten, wenngleich  nur  um  ca.  3  pGt;  das  Gegentheil  behauptet 
Purple.    Der  linke  Vorhof  überbietet  den  rechten  um  ISpCt; 
die  grössere  Häufigkeit  am  linken  Herzen,  sowohl  am  Vorhofe, 
als  am  Ventrikel,  wird  auf  der  arteriellen  Natur  derselben  be- 
ruhen.   Es  fehlen  Wunden  des  Septum,  der  Spitze,  und  eine 
allein  bestehende  Wunde  des  Pericardium. 

Unter  diesen  104  Verletzungen  kamen  15  Fälle  vor,  bei 
denen  Gomplicationen  von  mehreren  Herzabschnitten  (ausser 
denen  beider  Ventrikel)  oder  mit  Gef&ssverletzungen  bestanden: 


744 


Dr.  Georg  Fischer, 


Rechter  Ventrikel  f. 

Rnp. 
tnr. 

Rechtes  Herzohr  f. 

Rechtes  Herzohr  . 
Linkes  Herzohr  . 

1 
1 

1 
1 

1 
2 

— 

Vena    cava 

— 

1 

Spitze 

Art.  mamm.  int   . 
Art.  coronaria    .  . 
Art  palmonalis.  . 

Linkes  Herzohr  f. 

Vena  pnlm. 
Aorta   .  .  . 

1 

Linker  Ventrikel. 

1 

Spitze,Sept,Art.cor. 
Spitze,  Sept,  rechtes 
Herzohr,  Milz  .  .  . 
Art  coronaria.  .  .  . 
Aorta,  Leber,  Milz  . 

1 

~ 

l 
1 

Herzbeatel  f. 

1 



Aorta  a.  B.w. 

— 

l 

Für  die  Art  und  Weise,  wie  der  sofort  oder  nach  wenigen 
Minuten  eintretende  Tod  zu  erklären  ist/  giebt  es  versehiedeoe 
Möglichkeiten,  von  denen 

a)  die  Zermalmnng,  Zerschneidang  des  ganzen  Heneos 
oder  einer  Hälfte,  das  Abgerissensein  des  Herzens  aofzuführeo 
sind,  welche  in  demselben  Augenblicke  der  Verletzung  die  Cir- 
culation  ausser  Thätigkeit  setzen. 

b)  in  Folge  einer  Verblutung.  Trotzdem  von  Galen  vd 
allen  älteren  Schriftstellern  die  Verblutung  als  die  einzige  tr- 
sache  des  rapiden  Todes  betrachtet  ist,  sind  die  Fälle  selten,  wo 
4,  6  Pfund  Blut  und  mehr  plötzlich  entleert  wurden,  da  sieb 
leicht  ein  Coagulum  bildet,  welches  die  Blutung  verhindert  Jeoe 
Mengen  können  als  tödtlich  angesehen  werden,  wenn  die  Be- 
hauptung richtig  ist,  dass  derjenige  Blutverlust,  welcher  etwa  die 
Hälfte  der  gesammten  Blutnienge  (bei  Erwachsenen  ca.  Vu  vom 
Körpergewicht  nach  Welcker)  beträgt,  ein  tödtlicher  ist  Er- 
folgt die  Blutung  langsamer,  so  kann  selbst  bei  viel  bedeutende- 
rem Blutverlust,  wie  andere  Verletzungen,  Operationen  beweisen, 
ohne  erhebliche  Störungen  das  Leben  um  Stunden,   Tage  sich 


Ueber  die  Wunden  des  Herzens  and  des  Herzbeutels.  745 

verlängern.  Das  frappanteste  Beispiel  von  Seiten  der  Herzwun- 
den findet  sich  im  Falle  187,  wo  17  Tage  hindurch  täglich  1  Pfund 
aasfloss.  Je  grösser  die  Blutung  im  Moment  ist,  um  so  rascher 
und  intensiver  wird  als  Rückwirkung  sich  eine  Anämie  des  Ge- 
hirns und  Rfickenmarks  entwickeln. 

c)  in  Folge  einer  plötzlich  entstehenden  starken  arteriel- 
len Anämie  des  Gehirns,  beruhend  auf  dem  Mangel  an  sauer- 
stoffreichem Blute  bei  Blutungen  aus  dem  linken  Herzen.  Die 
Quantität  derselben  braucht  durchaus  nicht  immer  fibermässig 
gross  zn  sein. 

d)  Wenn  eine  grosse  Menge  Blut  sich  im  Herzbeutel  an- 
sammelt und  keinen  Ausweg  findet,  wird  eine  Gompression 
des  Herzens  stattfinden,  welche  plötzlich  eintretend,  die  Gir- 
culation  aufheben  und  sofort  tödten  kann.     Morgagni*)  war 
der  Erste,  welcher  die  Gompression  des  Herzens  als  Ursache  des 
plötzlichen  Todes  feststellte.    Nach  ihm  sind  die  Herzbewegungen 
leicht  verwirrt  durch  den  äusseren  ungewohnten  Gontact  des  Blutes 
und  verhindert  durch  die  Menge  Flüssigkeit,  welche  es  umgiebt, 
den  Herzbeutel  ausdehnt  und  nothwendig  das  Herz  comprimiren 
muss.    Bei  jeder  Gontraction  des  Herzens  wird  Blut  in  den  Herz- 
beutel treten,  coaguliren;  es  folgt  frisches  Blut  in  den  wenig 
nachgiebigen  Sack,  so  dass  eine  Dilatation  des  Herzens  immer 
schwieriger,   die   Blutzufuhr   zum  Herzmuskel    immer   geringer, 
schliesslich  das  Herz  gelähmt  wird,  und  der  Tod  eintritt.    Dass 
bei  einer  allmäligen  Ansammlung  von  Flüssigkeit  im  Herzbeutel 
diese  Wirkung  nicht  zur  Geltung  kommt,  beweisen  die  grossen 
Mengen  Exsudat  bei  Hydropericardium,  eiteriger  Pericarditis,  allein 
diese  Thatsache  gegen  die  Gompression  als  Todesursache  geltend 
zu  machen  (Steifensand,  Friedreich),  dürfte  nicht  richtig 
sein,  weil  der  Unterschied  in  der  plötzlichen  und  allmäligen  An- 
sammlung liegt.    Aehnliche  Erscheinungen  kommen  im  Bereich 
der  Gehirnkrankheiten  vor,  wo  bei  Himapoplexie  nicht  die  Menge 


*)  De  sedibus  et  caus.  morb.    Epist  69.    Sect.  5. 


746  Dr.  Georg  Fischer» 

des  Blutes,  sondern  der  plötzliche  Erguss  tödtet,  während  bei 
Hydrocephalus  der  Tod  keineswegs  plötzlich  eintritt.  —  Bei  ein^ 
geringen  Blutergnss  in  den  Herzbeutel  wird  keine  tödtliche  Herz- 
compression un  Stande  kommen;  derselbe  kann  möglicherweise 
nützen,  indem  er  die  Herzwande  schliessen  hilft 

e)  Es  giebt  F&lle,  wo  weder  die  Grösse  der  Verletztog. 
noch  der  Bhtung,  den  sofortigen  Tod  erklären  können,  so  z.  6 
bei  2  Nadel  Verletzungen  am  rechten  Ventrikel,  von  denen  sogv 
eine  nicht  penetrirend  war  (F.  1,  27),  yermuthlich  hat  hierbei 
eine  Verletzung  von  Herzganglien  stattgefunden,  derei 
Existenz  als  Gentralapparate  im  Herzen,  wie  es  scheint,  gesichert 
ihre  nähere  Bedeutung  indess  noch  dunkel  ist  (Gerard  erklärt 
den  plötzlichen  Tod  im  Fall  1  durch  Syncope). 

•  f)  Vielleicht  wird  eine  heftige  Gemfithsaufregang« 
Angst,  Schreck,  Zorn,  gepaart  mit  einem  hohen  Alter,  schleek- 
tem  Allgemeinbefinden,  im  Moment  der  Verletzung  durch  Störang 
der  Herzinnervation,  die  Gontractionen  des  Herzens  plötzlich  sn^ 
pendiren  können.  Diese  Vermuthung  stützt  sich  auf  eine  nictit 
penetrirende  Lanzenwunde  (F.  172)  eines  68jährigen  Manoes. 
wobei  weder  ein  Bluterguss  in  den  Herzbeutel,  noch  in  die  Pleor} 
stattfand.  Jamain  will  diesen  Fall  durch  eine  Erregung  d^ 
Herzens  (nach  Sönac)  oder  eine  convulsivische  Unruhe  dessel- 
ben (nach  Jobert)  erklärt  wissen.  Dass  der  Zorn  und  eioe 
heftige  moralische  Erregung  die  Ursache  waren,  in  Folge  derefi 
der  Kranke  von  A.  Parä  (F.  228)  noch  200  Schritt  seinen  FeiiHi 
verfolgen  konnte  und  dadurch  der  Tod  bis  dahin  verzögert  wurde. 
wie  Sanson  annimmt,  ist  immerhin  fraglich,  da  es  eine  Meog« 
von  Beobachtungen  giebt,  wo  die  Kranken  weit  grössere  Streckafi 
zurücklegten,  ohne  dass  irgend  eine  heftige  Erregung  dabei  u* 
gegeben  ist 

g)  Romberg  nimmt  nach  den  Versuchen  an  Thieren  von 
Marshall  Hall,  bei  den^n  nach  einem  Hammerschlag  auf  dea 
Hagen,  das  Herz  mehrere  Secunden  stille  «stand,  an,  dass  auch 
bei  Menschen,  nach  gewaltsamen  Schlägen  auf  die  Magengegead, 
ein  plötzlicher  Tod  durch  Herzlähmung  entstehen  kann.  ^^ 


Ueber  die  Wanden  des  Herzena  und  des  Herzbeutels.  747 

wurde  dieselbe  auch  bei  traninatischen  Berzrupturen,  die  durch 
jene  Ursache  entstehen  können,  in  Anschlag  zu  bringen  sein. 

h)  Complicationen  mit  Verletzungen  anderer  Organe  bei 
Hersbentelverletzungen  erklären  mitunter  den  plötzlichen  Tod. 

Häutig  werden  mehrere  Ursachen  zu  gleicher  Zeit  den  so- 
fortigen Tod  bedingen. 


t.  LanK«<*t*«e)<  1  ArehU  I.  Chirurgie.  IX.  48 


748 


Dr.  Georg    Fischer, 


n.     Toi 


1.  Stunde. 

1-24  Std 

I.Tg.  Ende  2.  Woche, 
d.  1.  Weh. 

8.  Woche.    4  Woche, 

ä 

9 

rs 

a 
s 
's 

4 

• 

% 

a 

a 
JA 

'3 

J3 

op 
x: 

s 

JB 

B 

t 

3 

*^ 
Ol 
3 

08 

a 
« 

c 
s 

^^ 
'S 
C/3 

4 

a 

1 

a 

5 

« 

s 

B. 

3 
08 

d 

s 
s 

1   § 

•-  -9 
00  aö 

S 

s 

CO     CO    ^ 

B    -   t^ 

2   >«'I5 

fi.  ^  .d   5  =- 

Recht    Veotr. 

_ 

9 

lU 

4 

8 

3 

l!20 

2 

. 

12   1 

1 

1 

2- 

1 

2- 

Link.     Ventr. 

2 

12 

2:- 

1 

5 

3 

3 

3 

14 

~ 

1 

*i  ^ 

2 

1 

-     1 

^  - 

^  -  - 

Beide    Ventr. 

l 



— 

— 



1 

— 



3 



_ 

1 

i_^ 

«- 

1 

1  — 

1. 

-   1- 

Recht    Vorh. 



2 



2 



3 

- 

1 

3 







3- 

— 

._ 

... 

i 

Linker    Vorh. 

— 

2 

— 

— 

— 

1 

- 

— 

1 

— 

1 

— 

2  — 

- 

_- 







Septum    .  .  . 

— 

— 

— 

1 

— 

— 

— 

— 

— 

1 

_ 

.. 

2  — 

— 

— 



— .  .^  - 



Spitze   .... 

- 

- 

— 

" 

— 

- 

- 

— 

2 

2 

*r 

~ 

— 







(lanzes  Herz. 

— 



_ 

__ 

«_ 

_ 



_ 

2 

2 

__ 

^ 

__ 





^__  ^ , 





Rechtes  Herz. 

Linkes    Herz. 

— 

— 

— 

— 

1 

— 

— 

— 

— 

— . 

~ 

— 

— 

— 

— 

- 



—  — 



Art     corou.  . 

— 

- 

— 

— 

— 

— 

— 

1 

LI n bestimmt  . 



1 

— 

— 

— 

4 

1 



1;  ft 

1 



1 

— 

1 

1 



_    —    ~ 

- 

H  r/bnutel. 

2 

— 

- 

- 

2 

1 

- 

-10 

- 

- 

— 

3 

- 

1 

- 

— i—  - 



--i- 

Stichwunden 

5 

5 

7 

__l__^ 

2 

4 

Stich.  Srhnitt 



26 



— 

25 

- 



_ 

60 

1 

— 

31 



— 

— 

3U- 

-  -    2!-- 

SrhU88WUud. 

— 

— 

3 

- 

- 

8 

— 

— 

6  — 

— 

— 

2 

— 

— 

—    1  - 

1- 

Rupturen    •  . 

"~~ 

~"~ 

"~" 

3 

— 

"~ 

— 

8 

— 

""" 

-    1 

"~ 

"• 

— 

5 

"" 

^—  —  - 

_•— 

Summe  .  . 

'i' 

P 

- 

4( 

5 

^ 

P 

-- 

^ 

T 

P 

•^ 

-- 

8 

^  >.— ^ 

T^ 

Die  Angaben  anderer  Autoren  sind  folgende: 


Blut 

Blut 

nnp:  . 

Ent- 

Cere 

Zan  uetti 

? 

im 
Peri- 
card. 

rasch. 

lang- 
sam. 

zün- 
dung. 

An 
ämie. 

Gan- 
grän. 

bml- 

er- 

wcicb 

SM. 

Tod  sogleich    .  . 

14 

29 

l 

«» 



_^ 

__ 

_ 

H 

In  wenigen   Min. 

2 

2 

G 

— 

— 

— 

— 

— 

10 

1  Stunde    .... 





lü 

— 



«« 

_^ 



It) 

1  Std.:  Ende  des 

I.Tases 





10 

4 

_ 



^_ 



U 

1  Tag:  Ende  der 

l    Woche  .  .  . 

12 

2 



6 

4 





l 

25 

2.  Woche   .... 

6 

3 



1 

7 





17 

3.-4.  Woche  .  . 

3 



... 



G 

1 

1 

11 

2.  Monat 

_ 

1 

._ 

__ 

3 

^^ 

4 

Unbestimmt  .  .  . 

— 

— 

— 

2 

— 

— 

— 

i 

87 

87 

83 

11 

22 

1 

1 

1 

143 

Deber  die  Wanden  des  Herzens  nnd  des  Herzbentels. 


749 


_P- 

ä    t 

6 

r. 

}.  Woche. 

7.  Woche. 

10.  Woche. 

3.  Monat 

6.  Monat. 

9.  Monat. 

Unbestimmt. 

tt 

4) 

ca 

9 

a 

a 
ja 

s 

S 

a 

4 

a 

'S 

9 

e 

4> 

d 

-s 

'S 

XJ 
9 
9 

e 

9^ 

§ 

n 

5-0 

o   2 

.9      ? 

S 

S 

*S 

9 
9 

9 
4» 

1    9  I  fp 

k. 

n 

t* 

tF     ^ 

^   > 

ha 

g 

^ 

h. 

g 

^ 

^ 

Im 

9 

C> 

1  s 

kl 

V 

l^ 

C 

'  ^:'    S 

2 

> 

1 

«     9 

> 

'i'   S 

5 

> 

'^■f 

S 

9 

» 

^ 

9 

CO 

cc 

9 

> 

73 

« 

9 

4-> 

:  ^1  9 

o. 

4 

^ 

9     O* 

jq 

^     9 

CL 

4 

J3 

9 

o. 

-o 

Xi 

9 

Q. 

X3 

x: 

9 

D. 

.c 

X3 

9 

o« 

>   ö  Ija 

9 

o 

c? 

^     S3 

o 

Ö    ^ 

.9 

U 

CJ 

9 

«^ 

%> 

n 

O 

o 

n 

9 

V 

O 

£3 

9 

z»  j  o 

tf 

;^ 

iS 

-g    PC 

■^ 

z   « 

an 

«J 

■«-• 

O 

SA 

♦* 

'ZL 

;<) 

tf 

••^ 

o 

CA 

■^ 

«J 

V 

tf 

>  o?  1'/) 

Ä 

CO 

C» 

:0 

O}    CO 

Ä 

73 

73 

/> 

CO  173 

73 

«3 

73 

OJ 

O) 

73 

.__ 

1 

_ 

_ 

^ 

1  — 

3 

3 

3 

— 

— 

— 

1 

— 

1 

— 

— 

— 

1 

— 

— 

1 

— 

- 

— 

— 

— 

— 

1 

— 

— 

— 

1 

3 
2 

4 
2 

1 

2 

1 

4 
2 

.  





_ 

„^ 



.^ 

_ 







__ 

_ 

__ 

__ 



__ 

_ 

___ 



__ 

_ 

.  — 

— 



— 

— 



— 

— 

— 



— 

— 



— 

— 



— 



.. 

— 

.» 



_ 





— 

1 

.  - 

— 

— 

— 

- 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

^ 

— 

— 

- 

— 

— 

1 

— 

— 

— 

— 

1 

1 

— 

l 

■  — 

— 

— 

- 

- 

— 

- 

— 

— 

- 

- 

- 

- 

— 

- 

— 

— 

- 

— 

— 

— 

— 

— 

3 

— 

— 

- 

- 

- 

~ 

— 

- 

— 

— 

- 

- 

- 

— 

— 

- 

— 

- 

— 

— 

— 

- 

— 

1 

— 

. 



_ 



— 

— 







__ 

— 





•— 

— 









_ 

3 

_ 

_« 

1 

2 
4 

1 

7 
3 

1- 



l 

— 

- 

- 

— 

— 

- 

- 

l 

— 

— 

- 

- 

1 

3 

- 

- 

4 

15 

— 

— 

— 

1- 

^ 

— 

1 

- 

— 

— 

1 





1 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

~ 



— 

15 

— 

•— 

" 

■~~ 

— 

-"• 

~" 

^ 

^ 

~ 

"— 

*-" 

1 

— 

*"- 

— 

"— 

1 

— 

— 

— 

— 

— 

■~~ 

-^ 

23 

_jr-   . 

-„_ 

P-^ 

^---— —           1 

.«.*— --^- 

1 

l 

2 

1 

1 

1 

2 

l 

A 

1 

5 

7 

Lateneiet. 

J  a  m  a  i  n. 

od  sogleich  .... 

U 

— 

21 

innen  24  btnn 
1     4  Tagen   . 
8       •         . 
1-2       .         . 

16  ,        . 

17  •        . 

20      . 

23  :   . 

28      .        . 

45      «        . 
iele  Monate  . 
Jahre    

n           •«  •    • 

den 

lö 

9 
20 

9 

5  ' 

1 

2 

2 

1 

1 

1 

1 

2 

1 

In    3  Wochen • 

.       4        .        

9      2  Monaten 

.      ö        .        

.      n      •        

in  mehreren  Monaten  .  . 

4 
16 
31 
16 

10 
2 
2 

1 
1 

1 

annetti:    143                  »5 
—    54            —  14 

105 
-    21 

.später,  Sa.:  ^ 

) 

71 

84 

570 


Dr.  Georg  Fischer, 


Die  VerletsangeD  vertheilen  sich  folgenderm jutssen : 


Rechter  Ventrikel      69    - 

66  % 

Linker     Ventrikel      59    - 

68». 

Beide  Ventrikel   .      11     - 

42  J. 

Rechter  Vorhof    .      16    — 

53  J. 

Linker  Vorhof.    .        8    - 

61». 

Septnm  Tentric.  .       6    — 

71t. 

Spitze     ....      10    - 

62*. 

Gftnxes  Her»    .    .       2    — 

Linkes  Her»    .    .        1    — 

Art.  coronaria              1    — 

UnbeBtimmt         .      19    — 

Heribentel  ...      19    - 

36». 

Samme  ...    219    — 

56», 

Die  l&ngste  Dauer  ist  folgende: 

Stich- 

Stich- 
Schnitt- 

Schnaa- 

Rnp- 

wanden. 

wunden. 

wanden. 

torea. 

Rechter  Ventrikel   . 

18  Tage. 

18  Tage 

2Mott.  6  Tg. 

12  Tage. 

Linker  Ventrikel .    . 

21  Tage. 

9  Wochen. 

10  Wochen. 

S  Tage. 

Beide  Ventrikel  .    . 

8i  Monate 

5  Tage. 

4  Wochen. 

U  Stoida. 

Richter  Vorhof  .    . 

Lange  Zeit. 

16  Tage. 

— 

14  Stoodei 

Lenker  Vorhof    .    . 

2  Tage. 

2i  Stunden. 

— 

2  Tilge. 

Sept   ▼entricnlornm 

10  Tage. 

12  Tage. 

12  Tage. 

4  StoD4e& 

Spitxe 

— 

20  Tage. 

7  Tage. 

9  Standet. 

Bmib 

— . 

— 

7  Tage. 

— 

Art.  coronuri»     .    . 

8  Tage. 

— 

— . 

— 

Pericardium    .    .    • 

2,  3  Wochen. 

Einige  Tage. 

2  Tage. 

8  Tage. 

Bei  einem  Vergleich  mit  den  Fällen,  wo  der  Tod  sofort 
eintritt,  ist  vor  Allem  zxl  constatiren,  dass  noch  einmal  soviel 
Fälle  später  tödten,  als  sofort  (2,1  :  1),  und  tritt  dieses 
Yerhältniss  bei  allen  Herzabschnitten  ein  (bei  Jamaia  ist  das 
Verhältniss  noch  grösser,  4:1,  bei  Zannetti  geringer,  1,6:1). 
An  Wunden  des  rechten  Ventrikels  starben  die  Kranken  2,dinal 
häufiger  in  späterer  Zeit,  als  sofort  (56:21,9),  am  linken  Ven- 
trikel 2,3mal,  am  rechten  Vorhofe  2,lmal,  am  linken  Vorbofe 
1.6mal,  an  beiden  Ventrikeln  l,3mal  häufiger.  Hierans  folgt  an- 
dererseits, dass  bei  Wunden  des  rechten  Ventrikels  ^  Leben 
sich  länger  hinzieht,  als  bei  Wunden  des  linken  Ventrikels,  bei 
denen  des  rechten  Vorhofes  länger,  als  bei  denen  des  liokeo; 
der  spätere  Tod  tritt  bei  mehr  als  der  Hälfte  aller  Ventrikel* 


Ueber  die  Wanden  des  Henens  nnd  des  Henbentels.  751 

nd  Vorhofsverletzangen  eio.  Die  älteren  Ansichten  fiber  die 
tapidit&t  des  Todes  bei  Herzwunden  werden  dadurch  wesentlich 
rscbfittert.  —  In  Betreff  der  verschiedenen  Arten  der  Verletzun- 
;en  war  ein  späterer  Tod  bei  Stichwunden  6mal  h&ufiger  (25  : 4), 
in  sofort  eintretender  Tod  bei  Stich-Schnittwunden  2,8mal,  bei 
>cbu6swuDden  nur  l,3mal  h&ufiger,  während  bei  Quetschwunden 
ind  Rupturen  umgekehrt  der  sofortige  Tod  um  l,5mal  hänfiger 
7ar.  —  Berücksichtigen  wir  die  ausserordentlich  verschiedenen 
Zeitpunkte  des  später  eintretenden  Todes,  die  sowohl  bei  allen 
] erzabschnitten  vorkommen  und  durch  die  Verschiedenheit  der 
Todesursachen  bedingt  sind,  so  zeigt  sich,  dass  bis  an  das  Ende 
1er  2.  Woche  die  bei  weitem  grosseste  Anzahl  von  Kranken  am 
^^eben  bleibt,  während  darüber  hinaus  nur  vereinzelte  Fälle  sich 
inden.  Die  meisten  Kranken  starben  vom  Ende  des  1.  Tages 
)is  Ende  der  1.  Woche  (übereinstimmend  mit  Jamain,  Late- 
lelet  und  Zannetti),  sodann  zwischen  der  1.  und  24.  Stande, 
»während  die  Zahl,  welche  in  der  2.  Woche  stirbt,  ungef&hr  die 
gleiche  und  geringer  als  jene  ist.  An  Stich-  und  Stichschnitt- 
wunden starben  die  meisten  in  der  1.  Woche,  an  Schasswunden 
and  Rapturen  am  1.  Tage.  —  Am  längsten  erhielt  sich  das  Leben 
bei  einer  Stichwunde  beider  Ventrikel  und  zwar  bis  8i  Monat; 
anter  den  Stich-Schnittwunden  war  der  längste  Termin  9  Wochen 
bei  einer  Wunde  des  linken  Ventrikels,  bei  einer  Schusswunde 
des  rechten  Ventrikels  2  Monat  6  Tage,  unter  den  Rapturen 
12  Tage  und  war  dieses  eine  nicht  penetrirende  Ruptur  des 
rechten  Ventrikels.  Eine  Commotio  cordis  tüdtete  erst  nach 
8  Tagen,  eine  penetrirende  Ruptur  des  rechten  Vorhofes  nach 
14  Standen,  und  eine  Quetschwunde  des  linken  Vorhofes  am 
2.  Tage. 

Es  geht  daraus  hervor,  dass  weder  der  einzelne  Herz- 
abschnitt an  sich,  nocli  die  verschiedenen  Arten  der 
Herzwunden  mit  Ausnahme  vollständiger  Zermalmun- 
gen eiften  sofortigen  Tod  bedingen.  Den  späteren  Tod 
stets  damit  erklären  zu  wollen,  dass  die  Wunden  anfangs  nicht 
penetrirten  und  später,  in  Folge  des  Durchbruchs,  bei  dem  stürmi- 


752 


Dr.  Georg  Pibcher, 


sehen  Andrang  des  Blates  sich  zu  solchen  gestalteten  (Lands- 
berg),  ist  nicht  gerischtfertigt,  da  der  Verlauf  und  Section^ 
fand  häufig  die  Verletzung  von  Anfimg  an  zu  einer  penetrirafi- 
den  gestempelt  haben. 

Die  Complicationen  sind  hier  weit  zahlreicher,  als  die- 
jenigen, bei  denen  der  Tod  sofort  eintritt. 


Sitz   der 
Verletzung. 

Rechter  Ventrikel   f. 
Stich-             Stich-            Schoaa- 
wunden.           Schnitt          wunden.         RoptnreiL 

Rechter  Vorhof  .  . 

Spitze 

Art  pnlmooalis  .  . 

Aorto 

Aorta,   Art    pulm. 

— 

i  Stunde. 
5  Tage. 

15  Stunden. 
13  Stunden. 

67  Tage. 

r 

_^ 

Linker   Ventrikel  f- 

Doppel  wunde  .  •  . 
Rechter  Vorhof  .  . 
Spitie    

Arteria  coronaria  . 

Aorta 

Art3ria  pnlmonalis 
Vena  pulmonalis  . 

ö  Minuten. 
10  Minuten. 

2  Stunden. 

5  Tage. 

4  Tage. 
i  Stunde. 

12  Stunden. 

aS  Standen 
10  Wochen. 

4  Standet. 

Beide    Ventrikel  f. 

Arteria  pulmonalift 

— 

? 

— 

— 

Spitzet. 

Arteria    und    Vena 
mamm.  int.   .  . 

20  Tage. 

Unbestimmt  f. 

AoiU 

Arteria  coronaria  . 
Vena  corooaria  .  . 

— 

1,  2  Tage 
2  Stunden. 
i  Stunde. 

""• 

Rechter    Vorhof  f. 

Doppelwunde    .  .  . 
Art.  mamm.  int    . 
Arteria  coronaria  . 

Aorta 

Art  pulmonalia  .  . 
Vena  cava  sup.  .  . 
Vena  cava  ini.    .  . 

Lange. 

t  btuude. 

8  Tage. 

9  Stunden. 
11  Tage. 

? 

Standen. 
? 

10  MiDatei. 

Deber  die  Wanden  des  Beizens  nnd  des  Henbeotels. 


753 


Sitz  der 
Verletzung. 

Stich- 
wunden. 

Linker 
Stich- 
Schnitt 

V  0  r  h  0  f  t. 

Schuss- 
wunden. 

Rupturen. 

Vena  cava  sup.  .  . 

— 

2  Tage. 

— 

— 

Herzbeutel    f. 

Linker  Ventrikel   . 

Aoru 

Arteria  'pulmonalis 

Vena  caya 

Art.  mamm.  int.    . 
Vena  mamm.  int  . 

1  Stunde. 

2  Stunden. 
10  n.  12  Tg. 
36  Stunden. 
12  Tage, 

— 

2  Tage. 

Bemerkenswerth  ist,  dass  Gomplieationen  mit  Verletzungen 
der  grossen  Gefässe  den  Tod  oft  erst  nach  mehreren  Stunden, 
selbst  Tagen,  herbeiführen;  eine  Wunde  des  rechten  Yorhofes » 
mit  der  Aorta  tödtete  sogar  erst  am  11.  Tage*)  (F.  198),  die 
einer  Art  pulmonalis  am  10.  und  12.  Tage  (F.  251,  450),  eine 
Stich  -  Schnittwunde  des  rechten  Ventrikels  mit  der  Aorta  und 
Art  pulmonalis  nach  13  Stunden  (F.  111),  eine  Bajonettwunde 
des  linken  Herzohres  und  der  Vena  cava  sup.  am  folgenden  Tage 
(F.  206). 

Der  spätere  Tod  tritt  am  häufigsten  ein  1)  in  Folge  der 
Blutung.  Sie  tödtet  a)  als  primäre  Blutung  durch  die  grosse 
Menge,  welche  verloren  geht,  wodurch  dem  Herzen  zur  Ausfüh- 
rung seiner  Functionen  das  Material  und  die  Kraft  entzogen  wird, 
und  durch  die  eingetretene  Erschöpfung,  das  Daniederliegen  der 
Ernährung.  VerzOgert  wird  der  Tod,  wenn  das  Blut  aus  einer 
kleinen,  schiefen,  wenig  klaffenden  Wunde  nur  langsam  austreten 
kann,  obwohl  das  Klaffen  der  Wunde  allein  durchaus  nicht,  wie 
Ollivier  annimmt,  der  einzige  Maassstab  für  die  verschiedene 
Lebensdauer  ist.     Als  die  Aorta  verletzt  war,  wurde  die  kleine 


•)  Boy  er  soll  bei  einer  kleinen,  dreieckigen  Wunde  der  Aorta,  am 
Ausgange  des  linken  Ventrikels,  den  Tod  am  6.  Tage  haben  eintreten  sehen. 


754  ^f*  Georg  Fischer« 

Wunde  derselben  von  der  anliegenden  unverletsten  Aortenklappe, 
wenn  sie  aufgerichtet  war,  verdeckt,  und  trat  der  Tod  erst  loä 
15  Stunden  ein  (F.  112).  Eine  kleine  Wunde  kann  gowohl  m 
einem  feinen,  spitzen  Instrumente,  einem  breiten  Messer,  we«: 
es  kaum  eine  Penetration  des  Herzens  hervorgenifea  hat,  aL< 
auch  durch  einen  Schrotschuss  und  eine  Quetschung,  wobei  die 
Ruptur  nur  gänsefederdick  ist,  bewirkt  werden.  Bei  grösserei 
Wunden  wird  die  Blutung  und  damit  der  Tod  verzögert,  wea 
die  Herzwunde  sogleich  verschlossen  wird,  was,  wenn  nicht  der 
contrahirte  Zustand  des  Herzens  selbst  die  Wunde  weniger  klaüa 
l&sst,  auf  verschiedene  Weise  möglich  ist  Am  häufigsten  ist  es 
ein  Blutpfropf,  wobei  der  Verschluss  durch  die  äusserste  Schwiele 
des  Kranken,  welche  mit  einer  Syncope  beginnt,  begünstigt  wird, 
ferner  dadurch,  dass  die  Herzmusculatur  schief  durchbohrt  wird, 
so  dass  die  Wunde  weniger  klafft.  Der  Verschluss  wird  sodaoD 
bewirkt  durch  ein  in  der  Wunde  steckengebliebenes  Instrumeat 
^(Stilet,  Pfriem,  Feile  u.  s.  w.),  durch  einen  Papierpfropf  be 
Schusswunden,  durch  das  bei  einem  Schuss  in  die  Herzwande 
hineingetriebene  Pericardium,  welches  erst  durch  die  Herzcoa- 
tractionen  wieder  ausgetrieben  wird  (F.  308),  vielleicht  sogar 
durch  die  Kugel  selbst,  wenn  sie  in  den  Ventrikel  gedrungeo, 
die  Wunde  deckt  und  so  die  Blutung  verzögert,  bis  sie  ebeofalli 
durch  die  Herzcontractionen  in  den  Herzbeutel  zurückgetrieben 
wird  (F.  309).  Schliesslich  wird  möglicherweise  ein  in  die  Hen- 
wunde  eingetriebenes  Fragment  einer  gebrochenen  Rippe  die 
Blutung  zeitweise  hemmen  können  (F.  399).  —  Die  Grösse  der 
Wunde  bestimmt  jedenfalls  nicht  allein  den  früheren  oder  spä- 
teren Eintritt  des  Todes;  es  kann  eine  6'''  lange  Wunde  des 
rechten  Ventrikels  sogleich  oder  nach  wenigen  Minuten  tödten. 
während  bei  einer  daumenbreiten  Wunde  des  linken  Ventrikel» 
der  Tod  erst  nach  einigen  Stunden  eintrat  (F.  49,  52,  53,  146).  - 
Die  Blutungen  aus  den  grossen  Gefassen,  selten  aus  der  Art 
mamm.  int.,  der  Art  intercost.  können  den  Tod  bedingen.  - 
Ist  die  primäre  Blutung  auf  diese  Weise  verzögert,  so  wird 
durch  Lösung  des  Pfropfes 


Deber  die  Wanden  des  Henens  und  des  Herzbentels.  755 

b)  eine  secund&re  Blutung  entstehen  können.  In  der 
Regel  in  der  nächsten  Zeit  auftretend,  kann  sie  selbst  nach 
9  Wochen,  wo  die  Wanden  des  Thorax,  des  Herzbeutels  schon 
vernarbt  sind,  noch  eintreten  und  tödten. 

c)  durch  Compression  des  Herzens  oder  der  Lun- 
gen. Die  Herzcompression  kann  in  späterer  Zeit  entstehen, 
wenn  nach  Losstosäung  des  Pfropfes  eine  secundäre  Blutung  statt- 
findet oder  dieselbe  durch  Selbstverwundung  des  Herzens  an  einem 
in  der  Bmstwand  steckengebliebenen  Instrumente  erfolgt,  auch 
wenn  nach  einiger  Zeit  die  Penetration  einer  bis  dahin  nicht 
penetrirenden  Wunde  eintritt.  Die  Blutinfiltration  im  Bindege- 
webe, um  die  Herzbeutel  wunde  herum,  wird  den  Druck  noch 
vermehren; 

d)  durch  Pfropfbildung  im  Inneren  des  Herzeng 
(Jobert),  vielleicht  auch  durch  arterielle  Embolie  (Gärard), 
indem  vom  Herzen  aus  Fibrinpfröpfe  in  die  Arterien  weiterge- 
führt, dieselben  obturiren,  auch  in  die  Lungen  transportirt  wer- 
den können.  Es  ist  diese  Embolie  zwar  noch  nicht  durch 
Sectionen  bestätigt,  indess  vermuthet  G6rard,  dass  in  dem  ge- 
heilten Falle  287,  wo  der  Arm  ohne  bekannte  Ursache  einge- 
schlafen war,  eine  Obturation  der  Art  axillaris  stattgefunden 
habe.  Obwohl  diese  Möglichkeit  zugegeben  wird,  so  wird  das 
Eingeschlafensein  an  den  Extremitäten  nicht  immer  hierauf  zu- 
rückzuführen sein,  da  im  Falle  3  dasselbe  sofort  nach  der  Ver- 
letzung an  den  Beinen  und  Füssen  geklagt  wurde,  wobei  eine 
so  rasche  Obturation  beider  Artt.  crurales  nicht  angenommen  wer- 
den kann.  Jenes  Symptom  wird  hier  durch  den  Blutverlust  be- 
dingt sein.  Im  üebrigen  hat  schon  Lau  gier  (F.  39)  die  Ver- 
muthung  ausgesprochen,  dass  die  bei  einer  Herzwnnde  entstan- 
dene Gangrän  des  Beines  wahrscheinlich  von  Embolie  aus  dem 
linken  Ventrikel  entstanden  ist.  ~~  Der  Tod  erfolgt 

2)  in  Folge  von  Entzündungen  und  zwar  am  häufigsten 
durch  Pericarditis,  welche,  meist  am  3,  4  Tage  auftretend, 
schon  am  3.  Tage  den  Tod  herbeiführen  (F.  152),  oder  sogar 
erst  am  9.  Tage  sich  entwickeln  kann.   Bei  einer  Nadelverletzong 


756  !>«••  Georg  Fischer, 

eotstand  sie  erst  im  8.  Monate  mit  tödtlichem  Ausgange,  nach- 
dem Pneumonie,  Bronchitis  vorhergegangen  waren;  es  ist  wahr- 
scheinlich,  dass  die  Nadel  auf  ihrer  Wanderung  su  jener  Zeit 
erst  in  den  Herzbeutel  gelangt  ist.  Nach  einem  Schlag  können 
Pericarditis  undCarditis,  welche  häufig  mit  ihr  verbanden  ist, 
schleichend  entstehen  und  den  Tod  nach  6  Monaten  herbeifuhreo. 
Obwohl  anzunehmen  ist,  dass  ein  geringer  Grad  von  Pericarditis 
gewisse  Chancen  für  die  Heilung  abgiebt,  indem  dadurch  AdhI- 
sionen  zwischen  Herz-  und  Herzbeutel  entstehen,  welche  die 
Herzwunde  schliessen  können  (F.  265,  363),  so  haben  heftige 
Entzündungen  mit  intensivem  Fieber  die  Gefahr,  dass  sie  durch 
Lösung  des  Pfropfes  eine  Blutung  veranlassen,  und  frische,  zarte 
Narben  der  Herzwunde  wieder  aufreissen  können.  Pericarditis 
und  Carditis  sind  die  vorwiegende  Todesursache  bei  nicht  pene- 
trirenden  Wunden,  da  hier  die  Blutung  zurücktritt,  desgleicheo 
beim  Eintreten  eines  fremden  Körpers  in  das  Herz  und  bei 
alleinigen  Verletzungen  des  Herzbeutels,  deren  Gefahr  nichti  wie 
früher  geglaubt  wurde,  auf  dem  Abfluss  des  Liquor  pericardii  be- 
ruht. —  Ausser  diesen  Entzündungen  können  Pleuritis,  Pnea- 
monie,  Empyem  und  eine  mit  ihnen  auftretende  septische  In- 
fection  den  Tod  bedingen. 

3)  Durch  hektisches  Fieber,  Erschöpfung  in  Folge 
von  Diarrhoen  zu  einer  Zeit,  wo  die  Herzwunde  schon  in  der 
Vernarbung  begriffen  ist. 

4)  Wird  auch  hier  eine  traumatische  Irritation  eines 
Herzganglions  als  Todesursache  gelten,  da  bei  einer  Nadel- 
verletzung der  oberfl&chlicben  Herzschicht  der  Tod  plötzlich  erst 
bei  der  3.  Ohnmacht  eintrat  (F.  33). 

5)  Es  ist  nicht  unmöglich,  dass  bei  einer  anEtmgs  noch  zar- 
ten Vernarbung  eines  dünnen,  atrophischen  Herzens,  in  Folge  einer 
körperlichen  Anstrengung,  eine  spontane  Ruptur  dem  Lebeo 
ein  Ende  machen  kann  (F.  165). 

6)  Als  seltene  Todesursache  kommt  eine  Affection  de 
Gehirns  (F.  161)  vor,  und  sind  als  solche  ein  Biutergnss  ins 


üeber  die  Wanden  des  Henens  und  des  Hersbentels.  757 

den  linken  Seiteny/entrikel  (F.  410),  meningitische  Erscheinangen 
(F«  11)  anfgenannt. 

7)  Gilt  als  zaflUUge  Todesursache  der  Mangel  rationel- 
ler Hülfe  und  Anwendung  darcbans  unpassender  Mittel  (F.  116). 

Als  unabhängig  von  der  Herzwunde  auftretende  Todesursachen 
sind  beobachtet:  Erstickung  in  Folge  eines  am  Halse  stark  ent- 
wickelten Emphysems,  oder  einer  von  Gesichtsrose  sich  ausdeh- 
nenden Phlegmasie,  femer  Erysipelas  des  Beines,  Gangrän  der 
Extremitäten  nach  Erfrierung,  Apoplexie  des  Gehirns  nach  einem 
Sturz  auf  den  Kopf,  Miliartuberculose,  Amputation  des  Femur, 
Blutung  aus  der  verletzten  Vena  cruralis,  complicirende  Ver- 
letzungen der  Bancheingeweide  u.  s.  w. 


HI.     Heilung. 

Wenn  seit  den  Zeiten  Homer 's  das  Herz  als  der  Sitz  des 
Lebens  bekannt  war,  die  Dichter  aller  Völker  sich  aberboten 
baben,  die  grosse  Bedeutung  des  Herzens  in  ein  poetisches  Ge- 
wand zu  hfiUen  und  noch  jetzt  die  Helden  der  Tragödie  den 
Dolch  iast  immer  auf  die  Herzgegend  setzen,  wenn  der  Tod  ein- 
treten soll,  so  hat  es  durchaus  nichts  Befremdendes,  dass  die 
Verletzung  des  Herzens  im  Volke  von  jeher  und  noch  jetzt  f&r 
ibsolnt  tödtlich  gehalten  wird. 

Die  Aerzte  haben  bis  in  die  neueiB  Zeit  unter  dem  Einflnsse 
lieser  Tradition  gestanden.  Wenn  von  Jacobus  Hollerius 
^geb.  1498)  die  Versicherung  ausgesprochen  wurde,  dass  Fleisch 
ind  Pulpa  des  Herzens  verwundet  sein  könnten,  ohne  dass  der 
Tod  erfolge;  wenn  von  Fernel  (f  1558)  und  Tourby  im  Jahre 
.642  (F.  268,  271)  Narben  am  Herzen  gefunden  wurden,  von 
velchen  die  letztere  sicher  auf  eine  Wunde  zurückzufuhren  war, 
0  sind  diese  vereinzelten  Notizen,  sowie  die  aus  früher  Zeit 
tammenden  geheilten  Herzwunden  bei  Thieren,  welche  der  Ana- 
ogie  halber  hätten  benutzt  werden  können,  übersehen,  und  man 
lat   bis  in  die  neuere  Zeit  an  die  absolute  Lethalität  geglaubt 


758  I>r-  Georg  Fischer, 

Die  Aerzte  wehrten  sich  lange,  diese  Ansicht  aofzageben,  obwohl 
zwischendurch  einzelne  Heilangen **)  durch  Sectionen  verdffeotliclit 
waren.  Mit  welchem  Pomp  eine  Herzwande  beschrieben  wordej 
die  erst  nach  einigen  Stunden,  eine  damals  unerhörte  Zeit,  tödtete, 
beweist  der  Fall  von  N.  Maler  (F.  105  ans  dem  J.  1641).  Es 
berichtet  de  la  Motte  im  Jahre  1732  (F.  75)  fiber  eine  nach 
12  Stunden  tOdtlich  verlautene  Herzwunde  und  fugt  hinzu,  daj» 
Aerzte  und  Chirurgen,  welche  nicht  bei  der  Section  waren,  deo 
Fall  nicht  glauben  wollten,  weil  nach  ihrer  Ansicht  der  Tod 
hafte  sofort  eintreten  müssen.  Der  berühmte  englische  Chirurg 
B.  Bell  (1783)  wusste,  dass  geheilte  Herzwunden  veröffBntlicbt 
waren,  vermuthete  indess,  dass  „dabei  eine  geflissentliche  Tio* 
t5chung  oder  ein  Irrthum  vorgefallen  sei.**  G.  C.  Conradi**) 
hielt  noch  im  Jahre  1796  die  bet^chriebenen  Narben  für  zweifel- 
haft und  meinte,  dass  sie  vielleicht  von  verwachsenen  Wasser- 
blasen herrührten  oder  nur  narbenäbnliche,  callöse  Veranstaltungea 
wären«  Selbst  im  Jahre  1829  versuchte  Coxe*^*^),  geleitet  dorch 
RandalTs  Fall,  darzuthun,  dass  Herzwunden  nicht  verfaeileo 
könnten  und  wollte  dieses  durch  mehrere  Gitate  beweisen. 

In  jetziger  Zeit  ist  die  Heilung  einer  Herzwande  zvreifellos 
und  damit  die  Poesie  der  Helden  zu  Grabe  getragen.  Die  Hei- 
lung ist  immerhin  selten,  obwohl  bei  Weitem  nicht  in  dem  Grade, 
wie  bisher  geglaubt  ist,  und  dürfte  die  Bezeichnung  Pirogoff's 
(L  c.  S.  544),  sie  als  ein  Guriosum  in  der.  Wundenlehre  an- 
zusehen, immer  mehr  zurücktreten.  Cathcart  Lees  m^te  im 
Jahre  1837,  dass  die  Heilungen  bei  englischen  SchriftstellerD 
weniger  häutig  vorkämen,  als  bei  Schrifstellern  des  Contineots, 
und  Guthrie  behauptet,  dass  im  Jahre  1648  in  London  kein 
Chirurg  war,  welcher  eine  Heilung  einer  Herwunde  gesehen,  noch 

*}  Die  Angabe  von  Beck  (Schuss wunden.  1850.  S.  180.},  dass  A.  Par^. 
Saviard)  Lerouge,  Boy  er  Heilnugen  beobachtet  haben,  scheint  irr- 
thfimlich.  Es  eind  wenigstens  alle  F&lle  dieser  Autoren,  die  ich  babe  er- 
mitteln können,  tödtlich  verlaufen. 

**)  Handbuch  der  patholog.  Anatomie.  Hannover.  1796.  p.  419  n-folf. 

***)  Jolin  Redmann,  Americ.  Journ.  of  med.  science.  Vol.  4.  1829' 
No.  Vlll.    August 


Deber  die  Wonden  des  Herzens  und  des  Herzbeutels. 


759 


bei  anderen  Aerzten  beobachtet  hat,  überhaupt  selten  ein  Fall 
lebend  zur  Behandlung  gekommen  sei.  Die  meisten  Heilungen 
werden  aus  der  Givilchirnrgie  berichtet,  und  es  ist  selbstverständ- 
lich, dass  bei  den  ungünstigen  Verhältnissen  im  Kriege,  abge- 
sehen von  der  schlechteren  Prognose  der  Schussv^unden,  am  sel- 
tensten eine  Heilung  zu  Stande  kommt;  Pirogoff  v^eiss  sich 
keiner  Heilung  aus  dem  ersten  schlesveig- holsteinischen,  italieni- 
schen und  orientalischen  Kriege  zu  erinnern.  —  Aus  den  bis  jetzt 
bekannt  gewordenen  grösseren  Statistiken  von  Ja  mal  n  (121  Fälle) 
und  Zannetti  (152  Fälle)  sind  von  ersterem*)  10  Heilungen, 
von  letzterem  9  bekannt  geworden. 

Nach  meiner  Gasuistik  sind  unter  452  Fällen  72  Hei- 
lungen beobachtet,  von  denen  36  durch  dieSection  sicher 
gestellt,  und  36  nach  Symptomen  vermuthet  sind.  Die- 
selben vertheilen  sich  in  folgender  Weise: 


Sitz  der 
Verletzung. 


Stich- 
wandeD. 


l 


Stich- 
Schnitt. 


a 


O) 


Schnee- 
wanden. 


B 

U3 


Qnetechw. 
Kuptnren. 


Snmme. 


RechterVentrikel 
Linker  Ventrikel 
Beide  Ventrikel 
Septnm    Tentric. 

Spitie 

Basis 

Arteria  coronaria 
Games  Hers  .  . 
Rechtee  Heri  .  . 
llerEbeutel  .  .  . 
Unbeetimmt  .  .  . 


12 
5 
2 

1 
8 
1 

1 


11 
5 


1 

1 

Id 

9 


6 
6 
2 

1 

4 

1 

1 

1 

11 

22 

17 


Sa.: 


21 


22 


36 


36 


72 


Trennt  man  die  72  Fälle  in  60  Heilungen  von  Herz-,  und 
22  Herzbeutelv7unden,  so  vertheilen  sich  dieselben  nach  ihrer 
Entstehung,  wie  folgt: 

*)  Demme  und  Pirogoff  gelangen  ans  Jamain's  Fällen  durch  Snb- 
traction  der  tödtlichen  Fälle  Ton  der  Gesammtzahl  zu  16  Heilungen.  Es  sind 
indess  im  Original  nur  6  Fälle  (F.  260,  262,  273,  286,  287,  363)  aufgeführt, 
und  kommen  ans  den  CiUten  noch  4  Fälle  (F.  34,  265,  268,  288)  hinsn. 


760  ^r.  Georg  FiBcher, 

Herz.  Herzbeutel. 

I  Nadeln  8  (6  im  Herzen). 
Stilet  1.  —  ^ 

Dorn  1  (darin). 

I  Messer  10.  I  Messer  5. 

Bajouett  1  1   B:.ionett  1. 

?         10.  f         ?        2. 

Schnssvnnden     7  (4  Kugeln  darin).  —  5  (1  Kugel  darin). 

Quetschwunden, 

Rnptnren         8.  —  4 

Snmme  ...  50.  ~  22. 

Auf  401  Herzwunden  kommen  50  Heilungen,  voa  denen  33 
durch  die  Section  festgeBtellt^  17  nach  Symptomen  vermutbet 
sind.  Rechnet  man  auf  letztere  17  Fälle  10  Beobachtungen,  wo 
an  der  richtigen  Diagnose,  nach  der  Beschreibung,  nicht  zn  zwei- 
feln ist,  so  erhält  man  43  sichere  Heilungen  (10,7  pCt.). 

Von  51  Wunden  des  Herzbeutels  heilten  22  mit  3  consta- 
tirten  und  19  diagnosticirten  Heilungen.  Nimmt  man,  wie  vorbin, 
von  letzteren  12  sichere  Heilungen  an,  so  erhält  man  15  Bei- 
lungen (30  pCt.).  —  Die  Procentsätze  für  die  einzelnen  Herz- 
abschnitte werden  bei  der  Prognose  näher  aufgeführt. 

.  Beurtheilt  man  die  Häutigkeit  der  Heilungen  an  den  einzelnen 
Abschnitten  und  bei  den  verschiedenen  Arten  der  Verletzungen 
allein  nach  den  Sectionsbefunden ,  so  kommen  am  häufigsten 
Heilung  an  der  Herzspitze  (18  pCt.)  und  am  Septnm  (14  pCt) 
vor,  und  sind  diese  Wunden  eben  solche,  wo  keine  Herzhöhle 
eröffnet  ist,  also  nicht  penetrirend.  Es  folgen  die  des  rechten 
Ventrikels  (9,7  pGt.),  beider  Ventrikel  (7,6  pCt.),  des  linken 
Ventrikels  (5  pCt.).  Die  grössere  Häufigkeit  bei  beiden  Ventri- 
keln ist  eine  zufällige,  da  gerade  diese  Verletzung  es  ist,  bei 
welcher  der  Tod  am  häufigsten  sofort  eintritt  Dagegen  steht  im 
Einklang,  dass  Wunden  des  rechten  Ventrikels,  welche  seltener 
sofort  tödten,  als  die  des  linken,  auch  häufiger  zur  Heilung  ge- 
langen. Gärard  glaubt,  dass  die  meisten  Wunden  des  rechten 
Ventrikels  von  mittlerer  Grösse  heilen  würden,  wenn  sie  nnr 
durch  einen  geringen  Grguss  in  das  Pericardium  complicirt  sind 
Heilungen  bei  Verletzungen   des  rechten  und  linken 


Deber  die  Wanden  des  Herzens  und  des  Herzbeutels.  761 

* 

Yorbofs  sind  nicht  beobachtet,  wiederum  ein  Beweis  für 
die  grössere  Gefährlichkeit  dieser  Wanden,  im  Vergleich  za  Ven- 
trikelwanden. Die  Vernarbung  einer  durchschnittenen  Art.  coronar. 
wurde  constatirt,  als  am  63.  Tage  der  Tod  durch  Empyem  ein- 
trat. Hält  man  die  geringe  Anzahl  von  sicheren  Heilungen  der 
Herzbeutelwunden  (6  pCt )  der  Gesammtzahl  von  Heilungen  der- 
selben entgegen,  so  drängt  sich  die  Yermuihung  auf,  dass  bei 
einer  grossen  Anzahl  diagnosticirter  Heilungen  der  Herzbeutel 
nicht  allein,  sondern  •  gleichzeitig  oberflächliche  Herztheile  mit- 
verletzt waren,  wie  Larrey  in  seinen  Fällen  immer  annahm« 
Es  ist  ausserdem  wahrscheinlich,  dass,  wenn  der  Herzbeutel  allein 
verletzt  und  vernarbt  ist,  in  späterer  Zeit  die  Narbe  leicht  bei 
ihrer  Kleinheit  übersehen  werden  kann.  Die  Stichwunden  liefern 
am  meisten  Heilungen  (18  pGt),  ihnen  folgen  die  Schusswunden 
(8,4  pGt.),  die  Stich-Schnittwunden  (8  pGt.),  die  Quetschwunden. 
Geheilte  Rupturen  kamen  nicht  vor,  und  bezieht  sich  der 
eine  Heilungsfall  auf  eine  Quetschwunde  (F.  443.),  die  Seite  657 
näher  beschrieben  ist.  Das  Verhältniss  der  Schusswunden  zu 
den  Stich  -  Schnittwunden  wird  bei  der  Prognose  näher  ent- 
wickelt 

Aus  der  vorigen  Tabelle  ist  ersichtlich,  dass  Heilungen  bei 
den  Verletzungen  der  verschiedensten  Instrumente  vorkommen, 
am  häutigsten  durch  Nadeln,  sodann  durch  Messer,  Degen,  Dolch, 
Bajonnett  u.  s.  w.  Es  wurden  12  Heilungen  beobachtet,  wo- 
bei fremde  Körper  im  Herzen  längere  Zeit  gesteckt  hatten, 
eine  frappirende  Thatsache,  welche  die  geringe  Reizbarkeit  des 
Herzens  beweist,  indem  dabei  eigenthümliche  Symptome  gefehlt 
haben,  und  die  Heilungen  selbst  nach  eiteriger  Entzündung  des 
Herzmuskels,  Pericarditis,  zu  Stande  gekommen  sind.  Bei  8  Hei- 
lungen durch  Nadelverletzungen  wurde  6  Mal  die  Nadel  im  Herzen 
später  entdeckt,  bei  12  verheilten  Schusswunden  5  Mal  eine 
Kugel,  ausserdem  noch  1  Dorn. 

Die  grosseste  Anzahl  der  durch  die  Section  festgestellten 
Heilungen  ist  hinreichend  genau  genug  beschriebeo,  um  an  ihrer 
Glaubwürdigkeit  nicht  zu  zweifeln,  und  es  liegt  kein  Grund  vor^ 


762  ^r«  Oeorg  Fischer, 

mit  Demme  anzunehmen,  dass  die  Nachweise  von  Narben  tri- 
gerisch  sind,  und  nicht  mit  Nothwendigkeit  far  eine.  wlrklieL 
vorangegangene  Perforation  der  Herzwände  sprechen.  Unsicher 
erscheinen  nur  3  Fälle  aus  der  älteren  Zeit  (F.  271.,  274.,  303.). 
wo  die  Notizen  über  die  Narben  ungenau  sind,  dieselben  ?iel- 
leicht  von  einem  Abscess  herrühren,  auch  die  Veranlassungei 
nicht  angegeben  sind.  —  Leider  lässt  sich  nicht  immer  ans  dei 
Beschreibungen  ersehen,  ob  die  ursprüngliche  Verletsnng  ei&e 
penetrirende  oder  nicht  penetrirende  war;  es  ist  daher  die  Be- 
obachtung Velpeau's  werthvoU  (F.  260.),  wo  die  Vernarbang 
durch  die  ganze  Dicke  der  Herzwand  den  Beweis  liefert,  daas 
penetrirende  Wunden  heilen  können.  Ph.  v.  Walther 
spricht  von  einer  geheilten  Wunde  der  Oberfläche  des  Heneni 
(F.  277.),  welche  als  eine  Heilung  einer  nicht  penetri- 
renden  Wunde  anzusehen  ist.  Es  würde  damit  die  Ansicht 
Jamain's,  dass  letztere  nur  auf  Vermuthung  beruht,  aofn- 
geben  sein. 

Die  Todesursachen,  an  denen  die  geheilten  Kranken  schliess- 
lich zu  Grunde  gingen,  beziehen  sich  zum  Theil  auf  die  Herz- 
Verletzung  selbst,  und  werden  als  solche  genannt  eine  sponUfie 
Ruptur  der  noch  zarten  Herznarbe  in  Folge  einer  Anstrengasf, 
eine  nach  10  Jahren  auftretende  secundäre  Endo-Pericarditis,  bei 
einer  Perforation  des  Septum  und  Aneurysma  des  rechten  Ven- 
trikels (F.  267.)}  eine  excentrische  Hypertrophie  des  rechtes 
Ventrikels,  mit  Leberhypertrophie,  bei  einer  Perforation  des  Sep- 
tum nach  19  Jahren  (F.  266.)>  eine  Apoplexie,  vielleicht  bedingt 
durch  die  Schwäche  der  Herzaction  bei  der  Dünnheit  der  Hen- 
wände,  nach  3  Monaten  (F.  261.),  Gangrän  des  Beines,  wahr- 
scheinlich in  Folge  von  Embolie  aus  den  Thromben  des  linken 
Ventrikels  (F.  39).  Ausserdem  trat  der  Tod  ein  durch  Ver- 
schlingung der  durch  eine  Zwerchfellswunde  in  die  Brusthöhle 
getretenen  Dünndärme  (F.  269),  durch  Bronchitis,  Pneumonie, 
Pleuritis,  Empyem,  Tuberkulose,  Erfrierungsbrand  o.  s.  w.  - 
Die  Kranken  starben  nach  verschieden  langer  Zeit,  nach  15  Tagen, 
mehreren  Monaten,  4,  6,  7,  10,  12,  20,  ja  selbst  52  Jahren. 


Deber  die  Wanden  des  Herzens  nnd  des  Herzbeutels.  763 

Was  die  nach  Symptomen  diagnosticirten  36  Heilungen  an- 
betrifit,  80  ist- die  Möglichkeit  zuzugeben,  dass  von  dem  einen 
oder  anderen  Autor  eine  falsche  Diagnose  gestellt  ist.  In  den 
Fällen  von  Ollenroth,  Bamberger,  Reiche  ^ird  jeder  Zweifel 
dadurch  gehoben,  dass  der  verletzte  Herzbeutel  gefühlt,  ja  Ersterer 
sogar  die  Wunde  an  der  Spitze  des  Herzens  gesehen  haben  will. 
Die  Fälle  von  Rupprecht  und  theilweise  von  Larrey  sind 
dnrch  Versuche  an  Leichen  sicher  gestellt.  Nehmen  wir  an,  dass 
diejenigen  von  Wagner,  Stilling,  Gilbert,  Pirogoff, 
Lavender,  N^laton,  Lees,  Tr^lat,  O'Gonnor,  Bartholin, 
Galen,  Montögre,  Benivenius  unsicher  sind,  so  bleiben  noch 
immer  ca.  22  Fälle  übrig,  aa  deren  richtiger  Diagnose  wir  kein 
Recht  haben  zu  zweifeln.  —  Die  Verletzungen  geschahen  mit 
dem  Messer  (9  Mal),  Dolch  (3),  Degen  (5),  Nadel  (2),  durch 
Stich-Schnitt  (5),  Schuss  (6),  Quetschung  (6).  —  Die  Diagnose 
wurde  gestellt  auf  Verletzung  des  rechten  Ventrikels  (4;  als  4 
Schnitt),  des  linken  Ventrikels  (1;  Stich),  der  Herzspitze  (1 ;  Stich), 
des  Herzbeutels  (19,  darunter  11  Stich-,  4  Schuss  wunden,  4 
Quetschungen,  welche  letztere  sich  in  3  Pericartiden  und  1  Rup- 
tur theilen),  unbestimmter  Herzabschnitte  (11,  darunter  2  Nadel-, 
5  Stichschnitt-,  2  Schusswunden,  und  1  Quetschwunde  und  1  Dis- 
location).  —  Trotzdem,  dass  nur  die  Herzspitze  durch  Gesicht 
und  Gefühl,  der  rechte  Ventrikel  durch  Leichenexperimente  sicher 
diagnosticirt  wurden,  ist  anzunehmen,  dass  mit  Hülfe  der  jetzigen 
genaueren  topographischen  Kenntniss  man  bestimmtere  Ver- 
muthungen  über  die  getroffenen  Abschnitte  wird  stellen  können. 

Die  Zeit,  nach  welcher  die  Kranken  als  geheilt  entlassen 
wurden,  und  in  welcher  sie  späterhin  noch  beobachtet  sind,  war 
sehr  verschieden,  und  variirte  zwischen  einigen  Wochen  und 
mehreren  Jahren. 

Die  nach  verheilten  Herzwunden  auftretenden  Folgekrank- 
heiten sind  beim  Verlauf  näher  angegeben. 


Prognose. 
Die  Prognose  der  Herzwunden  hat  von  jeher  die  Chirurgen 

T.  LaDgenbeok,  AreblT  f.  Chlnirgi«.   XI.  AQ 


764  ^^'  Georg  Fischer, 

am  meisten  beschäftigt.  Vom  Alterthame  bis  auf  die  neuere  Zeit 
herab  kannte  man  nur  eine  absolute  und  rasche  TOdtlichkeit  der 
Herswunden,  und  wenn  auch  alhnälig  die  letztere  Ansicht  dorch 
Beobachtungen  umgestossen  wurde,  so  hielt  man  eine  Heihmg 
dennoch  fflr  unmöglich.  Einige  Schriftsteller  wollten  die  Hen- 
wunden  wegen  ihrer  absoluten  TOdtlichkeit  sogar  ganz  ans  dem 
Bereich  der  Chirurgie  verdr&ngen.  Es  bedurfte,  wie  schon  er- 
wähnt, erst  einer  grosseren  Reihe  von  Sectionsbeftinden,  um  der 
Möglichkeit  der  Heilung  Glauben  zu  verschaflfen. 

Man  kann  ca.  10  pCt.  Heilungen  bei  Herawunden, 
und  ca.  30  pGt.  bei  Herzbeutelwunden  annehmen. 
I.  Prognose  der  verschiedenen  Arten  der  Verletaungeo 
und  der  einzelnen  Herzabschnitte  mit  dem  Hers- 
beutel. 

Es  steht  fest,  dass  im  Allgemeinen  nicht  penetrirende 
Wunden  weniger  gefährlich  sind,  als  penetrirende. 
Obwohl  Heilungen  bei  beiden  Gruppen  vorkommen,  erstere  ancb 
momentan  tOdten  können,  so  ist  dieser  Ausgang  bei  den  nicht 
penetrirenden  Wunden  der  bei  weitem  seltenere,  und  die  Liebens- 
dauer  durchschnittlich  eine  längere,  da  die  beiden  hauptsäch- 
lichsten Todesursachen,  eine  starke  Blutung,  und  eine  Compressioo 
des  Herzens  bei  ihnen  weniger  häufig  vorliegen,  während  Carditis 
und  Pericarditis  bei  beiden  Arten  von  Verletzungen  gleich  häufig 
sind.  Jamain  urtheilt  nicht  richtig,  wenn  er  den  nicht  pene- 
trirenden Wunden  nur  die  Wahrscheinlichkeit  einer  geringeren 
Gefährlichkeit  beilegt. 

Es  ist  nicht  immer  roOglich,  für  die  verschiedene  Lebens- 
dauer, auch  nur  f&r  den  momentanen  und  späteren  Tod  ent- 
sprechende anatomische  Verschiedenheiten  nachzuweisen:  es 
können  2  anscheinend  gleiche  Wunden  die  eine  sofort,  die 
andere  viel  später  tOdten.  Häufig  bestimmt  die  Blutung,  indem 
eine  kleine,  enge  Wunde  rasch  tOdten  kann,  wenn  das  Blut  im 
Herzbeutel  das  Herz  stark  comprimirt,  und  andererseits  eine 
grosse  Wunde,  wobei  das  Blut  nach  aussen  abfliesst,  erst  später 
tödtet  (F.  99.).  —  Im  Allgemeinen  ist  die  grossere  Herewunde 


Deber  die  Wanden  des  Heraens  and  des  Herzbentels.  765 

die  gef&hrlicbere,  nnd  wird  ffStu  ihre  Diagnose  mitunter  die  Kennt- 
nisB  des  Instrumentes»  die  Beschaffenheit  der  Weichtheilwunde 
Anhaltspunkte  geben.  Man  nimmt  an,  dass  die  Wunden,  wobei 
die  Muskelfasern  des  Herzens  in  der  Qaeraxe  desselben  getroffen 
werden,  gef&hrlicher  sind,  als  die  Längswunden,  da  sie  mehr 
klaffen  und  dadurch  die  Blutung  begünstigen.  66rard  stimmt 
diesem  Satze  f&r  Ventrikelwnnden  bei,  während  er  bei  den  Vor- 
hSfen  die  transversalen  Wunden  wegen  der  Anordnung  ihrer 
Fasern  fBr  weniger  schwer  hält  (?).  Es  ist  bei  der  grossen 
Verfilzung  der  Muskelfasern  kein  hoher  Werth  auf  die  Quer-  und 
lüngsrichtnng  der  Wunde  zu  legen.  Viel  wichtiger  ist  der  unter- 
schied einer  geraden,  direct  von  vorn  nach  hinten  eindringenden, 
und  einer  schrägen  Wunde.  Letztere  verhindert  den  Blutaustritt 
in  höherem  Maasse,  und  ist  weniger  geßbrlich;  sehr  schräge 
Wunden,  wobei  das  Instrument  fast  parallel  der  Oberfläche  des 
Herzens  in  seiner  Muskulatur  eine  Strecke  weit  fortläuft,  bevor 
es  penetrirt,  haben  am  wenigsten  Gefahr,  indem  der  Blutdruck 
sie  geschlossen  hält.  Es  werden  diese  Wunden  eher  zu  Stande 
kommen,  wenn  das  Instrument  von  der  Bauchhöhle  eindringt. 
Demnach  wird  auch  die  Richtung  einer  Wunde  die  Prognose  be- 
einflussen. 

Unter  den  Stichwunden  haben  die  Nadelverletzungen  ein 
besonderes  Interesse.  Analoge  Verletzungen  haben  wir  bei  den 
Versuchen  der  Acupunctur  des  Herzens  bei  Thieren  kennen  ge- 
lernt, aus  denen  hervorgeht,  dass,  wenn  dabei  feine  Nadeln  zur 
Anwendung  kommen,  die  Verletzungen  nicht  allein  nicht  tödten, 
sondern  auch  von  den  Thieren  gut  vertragen  werden.  Hierdurch 
aufgemuntert,  sind  sogar  Acupuncturen  am  menschlichen 
Herzen  vorgenommen.  Searle**)  versachte  dieselbe  bei  Cho- 
lera, um  im  aspbyktischen  Stadium  derselben  das  Herz  zu  reizen, 
hat  jedoch  keinen  therapeutischen  Erfolg,  aber  auch  keine  Ge- 
fahren nach  der  Verletzung  beobachtet.     Es   soll   häufig   dabei 


*)  Relation  bistoriqae  et  ni^dicale  da  cholera-morbas  de  Pologne  par 
A.  Brierre  de  Boismont.    Vol.  L    1831. 

49» 


766  I>r.  Georg  Fischer, 

eine  Beschleunigung  des  Pulses  sfjkltgefunden  babeo  (Demme) 
und  wurden  diese  Versuche  Ton  russischen  Aerstea  in  der  erstes 
grossen  Choleraepidemie  (auch  in  der  Cholera  za  W&rsaw)  wie- 
derholt. Beyron**)  punktirie  das  Hers  einer  ISjUirigen  Frai 
mit  Nadeln.,  um  Rheumatismus  zu  heilen  (!),  wobei  2  Nadek 
48  Stunden  lang  im  Herzen  gesteckt  haben  und  das  Mittel  vos 
Erfolg  gekrönt  gewesen  sein  soll.  Ein  italienischer  Ant,  As- 
ton io  Carraro***),  machte  den  Vorschlag,  die  Acnpnnctur  des 
Herzens  bei  Scheintod  anzuwenden.  „Es  soll  eine  sngespiUte 
Metallnadel,  von  der  Dicke  eines  feinen  Strickstockes  in  oder 
durch  den  Körper  des  Herzens,  innerhalb  der  ersten  24  oder  30 
Stunden  nach  dem  Tode  gesteckt  werden.  Die  Operation  ist 
darauf  berechnet,  die  schlummernde  Lebenstb&tigkeit  aufs  Neie 
zu  erwecken  und  soll  dieselbe  im  Fall  des  Gelingens,  dem  Wit- 
dererwachen,  weder  schmerzlich,  noch  nachtheilig  sein.*'  Die 
Vertheidiger  dieses  Vöröchlages  stfitzten  sich  auf  Unglücksfille') 
wo  Menschen  bei  der  Section  wieder  erwachten,  und  auf  die 
Versuche  an  Thieren,  bei  denen  nach  dem  eben  erfolgten  Tode 
neue  Herzcontractionen  durch  Acupunctur  hervorgerufen  wanlea 
(S6galas;  in  der  Academie  royale  in  Paris  w^urde  damal:>  die 
Acupunctur  zur  Erforschung  des  wahren  Todes  anerkannt).  Abs 
der  neuesten  Zeit  sind  keine  Empfehlungen  bekannt  geworden*), 
und  wenn  auch  die  heutige  Physiologie  eine  Menge  Versuche 
aufzuweisen  hat,  in  denen  die  Acupunctur  bei  Thieren  unsciiäd- 


•)  Bei  Guthrie,  1.  r.  S.  59. 

*♦)  Annali  universal!  di  medicina  u.  s.w.,  bei  Taberger,  Der  Seheic- 
Tod  in  seinen  Beziehnogen  anf  das  Erwachen  im  Grabe  u.  s.  w.  Hannover. 
Ib29.    S.  100;  —  auch  Froriep's  Notizen.   Nr.  310.    Bd.  XV.    &  90. 

^**)  A.  Vesalins  secirte  ein  Uoffräulein.  Als  er  naeh  firSiFonagdes 
Brustkastens  die  Herzspitze  mit  dem  Messer  berfihrte,  fing  das  Hers  aa,  sicA 
zn  rontrahiren,  nnd  trat  nach  einigen  Pulsationen  der  wahre  Tod  ein.  I^r 
Kaiser  verzieh  dem  Vesal,  w&hrend  der  Papst  ihm  die  Busse  moferiegte. 
zum  heiligen  Grabe  zn  wallfahrten,  wobei  er  auf  der  Rfiokreise  starb. 

f)  R.  Schalle  citirt  Wagner  in  GGttingen  und  Dieffenbaeh,  b^ 
der  Anwendung  der  Acupunctur  als  therapeutisches  HQlfsmitteL 


Deber  die  Wanden  den  Herzens  und  des  Hertbeotels.  767 

lieh  war,  so  ist  dieselbe  am  Herzen  des  Menschen,  wie  aus  Fol- 
gendem hervorgeht,  ganz  zu  verwerfen. 

Von  44  Stichwunden  tödteten  4  sofort  (9,3  pCt),  26  später 
(4  nngewiss)  und  10  heilten  (18  pCt  sichere  Heilungen).  Bei 
jenen  4  FftUen  waren  3,  wo  die  Verletzung  mit  einer  zum  Theil 
sehr  feinen  Nadel  am  rechten  Vorhofe  und  rechten  Ventrikel 
geschah,  an  letzterem  sogar  ohne  zu  penetriren.  Dieser  letztere 
Fall  wflrde  genügen,  um  die  Acupunctur  des  Herzens  der  grossen 
Gefahr  halber  ganz  zu  verbannen;  er  ist  zugleich  ein  Beweis 
gegen  Ollivier's  Behauptung,  dass  nicht  penetrirende  Wunden 
nie  vor  dem  6.  Tage  tGdten,  und  gegen  Görard's  Ansicht,  dass 
Verletzungen  mit  Haar-,  N&hnadeln  keine  ernste  Gefahren  haben 
und  wenn  sie  ohne  Complication  die  Ventrikel  treffen,  heilen, 
auch  vielleicht  an  den  Herzohren  unschädlich  sind.  Im  üebrigen 
ist  die  Prognose  der  Stichwunden,  wegen  ihrer  Kleinheit  und 
Enge,  welche  sich  einem  Blnterguss  mehr  widersetzen,  von  allen 
Herzwunden  die  gflnstigste,  und  dfirfte  eine  feine  penetrirende 
Stichwunde  kaum  gefährlicher  sein,  als  eine  nicht  penetrirende 
Stich-Schnittwunde.  Die  Verletzung  an  sich  ist  immerhin  unbe- 
deutend und  liegt  die  meiste  Gefahr  in  Nachblutungen  und  Ent- 
zündungen. Je  feiner  das  Instrument  ist,  um  so  geringer  ist 
auch  die  Gefahr.  Die  Prognose  der  Stichwunden  stellt  sich 
gfinstig,  indem  bei  ihnen  noch  einmal  so  viele  Heilungen,  als 
augenblickliche  Todesfälle,  und  letztere  in  einer  weit  geringeren 
Anzahl  vorkommen,  als  die  späteren  Todesfälle  (1:6).  Selbst 
bei  den  dfinnwandigen  VorhOfen,  deren  Verletzung  immer  tödtet, 
ist  der  sofortige  Tod  seltener,  als  der  spätere.  —  Der  progno- 
stische unterschied  zwischen  den  Verletzungen  des  rechten  und 
linken  Ventrikels  fällt  in  sehr  geringem  Grade  zu  Gunsten  des 
letzteren,  aus,  was  durch  die  dickere  Wand  desselben  bedingt 
wird.  Dieselbe  gestattet  schwieriger  eine  Penetration  und  ver- 
hindert mehr  die  Blutung  aus  einer  feinen  Wunde,  welche  als 
Todesursache  hier  obendrein  seltener  ist,  als  bei  Stich  -  Schnitt- 
wunden. Auch  bei  den  Wunden  beider  Ventrikel  trat  der 
Tod  häufiger  in  späterer  Zeit  ein,  als  sofort,  bei  Wunden  des 


768  ^f-  Georg  Fischer, 

rechten  Vorhofes  später,  als  bei  deaea   des    linken.     Ger^rt! 
hält  die  Wunden  der  Herzohren,  die  mit  einem  Instrument  unter 
2  Millim.  Durchmesser  geschehen,  für  heilbar,  da  ihre  allerdinp 
geringe  Dicke  doch  im  Yerhältniss  zu  ihrer  ArbeitsknUt  st^ 
welche  f&r  die  Gontractionen  erforderlich  ist;  desgleichen  Di- 
puytren   enge  Wunden   derselben   fär  heilbar;   beide   Antores 
können  indess  kein  Beispiel  einer  Heilung  liefern.     Eine  Ver- 
letzung der  Art.  coronaria,  ohne  gleichzeitige  Herzwnnde,  tödteie 
am  8.  Tage.     A  priori  ist  anzunnehmen,  dass  die  Stichwanden, 
welche   den  Herzbeutel   aliein   betreffen,   die   geringste    Ge&br 
haben.    Wenn  keine  Heilungen  derselben  verzeichnet  sind,  so  iä 
zu  vermuthen,  dass  bei  späteren  Sectionen  die  geringfügigen  Nar- 
ben fibersehen  sind.    Wenn  Stich-Schnittwunden  des  Herzbeutels 
heilen  kOnnen  und  zwar  in  einem  sehr  günstigen  Verhältnisse, 
so  wird  die  Prognose  der  reinen  Stichwunden  desselben  nock 
gfinstiger  sein.     Ein  sofortiger  Tod  kam  bei  ihnen  nie  ¥or  und 
starben  die  Kranken  meist  in  der  2.,  3.  Woche  an  PericardiUs.  - 
Bemerkonswerth  ist,  dass  unter  den  10  Heilungen  mit  8  Nadel- 
verletzungen 6  Fälle  waren,  wo  Nadeln  in  der  Herzsubstanx  resp. 
Höhle,  gefunden  wurden,  und  einmal  ein  Dorn,  mithin  die  Pro- 
gnose bei  der  Gegenwart  dieser  fremden  Körper  nicht  ungnnstigei 
wird.    Stecken  die  Nadeln  erst  in  der  Herzwand  darin,  so  sehei- 
nen die  Gefahren  der  Entzündung  nicht  so  gross  mehr  zu  sein, 
trotzdem  sie  anfangen  zu  rosten,  wohl  aber  auf  dem  Wege  dort- 
hin, wo  Pneumonie,  Pericarditis  oft  nach  einander  auftreten  kön- 
nen (F.  22).    Der  linke  Ventrikel  bietet  f&r  das  Steckenbleibea 
einer  Nadel  wegen  seiner  dickeren  Herzwand,  bessere  Ghaoceo, 
als  der  rechte  (4:2);  auch  wurde  die  Nadel  im  Sept.  yentr. 
ohne  Nachtheil  getragen. 

Die  Stich -Schnittwunden  haben  eine  schlechtere  Pro- 
gnose, als  die  reinen  Stichwunden.  Von  260  Fällen  tödteten  53 
sofort  (20pGt.),  149  später  (15  ungewiss)  und  43  heilten  (8pGt 
sichere  Heilungen).  Es  ergiebt  sich  bei  ihnen  eine  um  die  Hälfte 
geringere  Anzahl  von  constatirten  Heilungen,  als  bei  den  Stieb- 
wunden (8: 18)  und  eine  über  die  Hälfte  grössere  Anzahl  tid 


Deber  die  Wanden  des  Herzens  nnd  des  Herzbeaiels.  769 

sofort  eintretendem  Tode  (9  :  20).    Dennoch  ist  die  Prognose  nicht 
80  ungfinstig,  wie  man  in  frfiheren  Zeiten  geglaubt  hat,  wo  die 
bekannten  Prognosen  der  Autoren  sich  hauptsächlich  auf  diese 
Haaptgruppe  der  Herzwunden  bezogen.    Es  sind  immerhin  8  pCt. 
sichere  Heilungen  bekannt;  rechnet  man  die  nach  Symptomen 
diagnosticirten  Heilungen  hinzu,  so  erh&lt  man  16pGi;  es  wird 
mithin  der  richtige  Procentsatz  zwischen  beiden  Zahlen  liegen«  — 
Während  auf  den  rechten  Ventrikel  5,8  pGt  sichere  Heilungen 
(85  zu  5)  und  22pGt.  sofortiger  Tod  (85  zu  19)  kommen,  fallen 
auf  den  linken  Ventrikel  1,7  pCt  Heilungen  (59  zu  1]  und  28  pCt 
sofortiger  Tod  (59  zu  17);  berücksichtigt  man  ferner,  dass  in 
der  ersten  Stunde  mehr  Todesfälle  yom  linken  Ventrikel  aus  be- 
kannt sind,  so  sind  dieses  genfigende  Beweise  f&r  die  grössere 
Gefahr  der  Stich -Schnittwunden  des  linken  Ventrikels,  im  Ver- 
gleich zum  rechten.    Eine  Uebereinstimmung  findet  bei  beiden 
einzelnen  Ventrikeln  darin  statt,   dass  in  dem  Zwischenräume 
von  einigen  Stunden  bis  zum  3.  Tage  die  wenigsten  Kranken  sterben, 
während  vom  3.— 10.  Tage  die  meisten  zu  Grunde  gingen.   Die 
grössere  Dicke  der  Wundränder  des  linken  Ventrikels,  welche  an 
sich  fär  die  Heilung  eine  gflnstigere  Ghance  giebt,  indem  sie  der 
Verklebung  eine  grössere  Oberfläche  bietet,  genügt  mithin  nicht, 
um  diesen  Wunden  eine  bessere  Prognose  zu  geben;  die  arte^* 
rielle  Blutung  sistirt  die  Girculation  und  Innervation  rascher,  als 
die  venöse  Blutung,  und  wird  dadurch  hauptsächlich  die  Gefahr 
bedingt.     Gärard  erklärt,  ausser  diesem  Grunde,  die  grössere 
Gefahr  beim  linken  Ventrikel,  durch  die  häufigere  quere  Rich- 
tung dieser  Wunden;  drittens  soll  nach  ihm  ein  Bluterguss  in 
die  Pleura  in  Betracht  kommen,  welcher  bei  Wunden  des  rech- 
ten Ventrikels  eine  Ausnahme  ist,  da  ein  Instrument  diesen  ohne 
Verletzung  der  Pleura  treffen  kann,  den  linken  Ventrikel  dagegen 
nicht.    Im  Uebrigen  den  sofortigen  oder  raschen  Tod  binnen  1, 
2   Stunden  bei  Wunden  des  linken  Ventrikels  regelmässig  auf 
Plenraergfisse  zurückzuführen,  wie  es  G6rard  will,  wird  durch 
verschiedene  Beobachtungen  widerlegt  (F.  122,  124,  126).    Der 
Autor  erklärt  ebenso  den  raschen  Tod  bei  Wunden  des  rechten 


770  ^''  Georg  Fischer, 

Ventrikels  durch  PleuraergQsse  und  h&lt  diese   (&r  die  nichite 
Todesursache.    Dem  steht  entgegen,  dass  ein  Ergnss  in  den  Ben- 
beute!  viel  h&ufiger  die  Ursache  des  raschen  Todes   ist,  als  eis 
Pleuraerguss.    Bei   den  Verletzungen    beider   Ventrikel   ist  der 
Ausgang  in  den  Tod  die  Regel,  und  zwar  meistens  sofort;  nicbte- 
destowenjger    sind   2  Heilungen  nach  einem  Messerstidi  beob- 
achtet (F.  266,  267).     Da  man  durch  Zahlen,  wenn   auch  nv 
ann&hernd  im  Stande  ist,  einen  prognostischen  unterschied  zwisdien 
den  Wunden  der  einzelnen  Ventrikel  zu  geben,  so  mnss  die  Ao- 
sieht  von  Jobert  als  eine  zu  oberflächliche  zurtcktreten,  wenn 
er  diesen  unterschied  f&r  unwichtig  h&lt,  da  jede  breite  Wund« 
sowohl  an  dem  einen,  wie  am  anderen  Ventrikel  rasch  tödtet, 
ebenso,  wie  an  einer  grossen  Arterie.    Es  genügt  nicht,  räe 
rasch  tödtliche  Wunde  des  rechten  Ventrikels  und  eine  erst  an 
4.  Tage  tödtliche  Wunde  beider  Ventrikel  daf&r  als  Beweis  auf- 
zustellen, wie  }ener  Autor  thut.  —  Wären  die  älteren  Ansicbtes 
von  dem  regelmässigen  oder  auch  nur  häufigeren  augenblicklichen 
Tode  bei  Herzwunden  richtig,  so  müssten  dieselben  hauptsäch- 
lich durch  die  Verletzungen  der  Vorhöfe,  welche  nie  heilen  und 
somit  die  gefährlichsten  sind,  gestützt  werden.   Dennoch  ist  aoch 
bei  ihnen  der  sofortige  Tod  viel  seltener,  als  der  spätere,  und 
hat  die  Verletzung  des  rechten  Vorhofes  wohl  gunstigere  Chan- 
cen, als  die  des  linken,  da  bei  jenem  sich  das  Leben  länger 
hingezogen  hat.    Auch  hier  wird,  wie  bei  den  Ventrikeln,  die 
venöse  Blutung  einen  weniger  raschen  Tod  bedingen,  als  die  ar- 
terielle.    Obwohl  keine  Heilung  bei  ihnen  vorliegt,  so  soll  mao 
die  Möglichkeit  derselben  nicht  ganz  verwerfen,  wenn  man  wei^.s 
dass  ein  Kranker  mit  vollständig  durchbohrtem  rechten  Herzohre 
und  der  Aorta,  trotz  wiederholter  Extravaganzen  (stundenlanges 
Umhergehen,  Purgiren  u.  s.  w.),  erst  am  11.  Tage  starb  (F.  198). 
Die  grössere  Gefahr  dieser  Verletzungen,  im  Vergleich  zu  denen 
der  Ventrikel,  liegt  auf  der  Hand.   —   Die  beiden  Verletzungen 
des  Septum  ventr.  tödteten  am  8.  und  12.  Tage^  Wunden  der 
Spitze  können  heilen  und  erhielt  sich  bei  den  tSdtlichen  Wan- 
den das  Leben  bis  zum  20.  Tage.  —  Bei  31  Stich-Schnittwnn- 


Ueber  die  Wanden  des  Henens  and  des  Herzbeaiels.  771 

den  des  Herzbeutels  wurden  2  sichere  nnd  11  diagoosticirte  Hei- 
lungen bekannt,  während  kein  einziger  augenblicklicher  Todes- 
fall eintrat,  nnd  von  den  fibrigen  18  Fällen  10  zwischen  dem 
Ende  des  1.  Tages  nnd  der  1.  Woche  starben;  es  ergiebt  sich 
daraus  eine  gfinstige  Prognose.  —  Wenn  abgebrochene  St&cke 
eines  Degens,  Hessers,  Bajonetts  im  Herzen  steckengeblieben 
sind,  so  erfolgt  stets  der  Tod,  obwohl  sie  als  Pfropf  wirkend 
denselben  hinausschieben  können.  Gerard  hat  Unrecht,  die 
Gegenwart  eines  solchen  fremden  Körpers  für  einen  günstigen 
Zufall  zu  halten,  welcher  das  Leben  verlängert  und  eine  Heilung 
erlaubt.  Steckt  das  ganze  Instrument  so  in  der  Wunde,  dass  es 
einer  Extraction  zugänglich  ist,  so  ist  in  diesem  Augenblicke  die 
Prognose  sehr  zweifelhaft  Es  kann  bei  der  Extraction  der  Tod 
sofort  eintreten,  im  anderen  Falle  indess  die  MOglichheit  einer 
Heilung  fortbestehen. 

Von  72  Schusswunden  tOdteten  19  sofort  (26  pCt),  26 
später  (15  ungewiss)  und  12  heilten  (8,4  pGt.  sichere  Heilungen). 
Die  allgemein  angenommene  grössere  Gefahr  der  Schusswunden 
vor  den  Stich -Schnittwunden  wird  bestätigt  durch  das  häufigere 
Vorkommen  des  sofortigen  Todes  (um  6  pCt.),  anscheinend  wider- 
legt durch  die  grössere  Anzahl  der  sicheren  Heilungen  (um  0,4  pCt). 
Dagegen  ist  anzuffthren,  dass  bei  allen  den  6  constatirten  Heilun- 
gen in  5  Fällen  (4  am  rechten  Ventrikel,  1  am  Herzbeutel)  eine 
Kugel  in  der  Herzwand,  Herzhöhle  oder  Herzbeutel  gefunden 
wurde,  mithin  eine  Gomplication  mit  einem  fremden  Körper  be- 
stand, welche  bei  den  Stich-Schnittwunden  nicht  verheilte.  Diese 
Thatsache  unterstützt  die  früher  anisregebene  Theorie,  dass  die 
Kugel  zuerst  in  der  Herzwand  liegen  bleibt,  nicht  penetrirt,  und 
erst  allmälig  in  einigen  Fällen  bis  in  die  Herzhöhle  vordringt, 
während  die  nach  aussen  gelegene  Oeflfnung  sich  schliesst;  die 
Kugel  setzt  sich  dann  fest  oder  kapselt  sich  ein.  Es  ist  wahr- 
scheinlich, dass,  wenn  die  Kugeln  frei  in  der  Herzhöhle  liegen, 
sie  beständig  reizen  und  bald  den  Tod  herbeif&hren,  und  wird 
bei  den  Heilungen,  wo  man  die  Kugel  frei  in  der  Höhle  fand, 
dieselbe  früher  in  der  Herzwand  gelegen  haben.    Will  man  auf 


772  Dn  Georg  Fischer, 

das  Plus  von  0,4  pGt  eioen  Schluss  bauen,  so  würde  mithin  ei:^ 
anfangs  nicht  penetrirende  Schut^swunde  mit  Steckenbleibeo  <k 
Kugel  in  der  Herzwand  weniger  gefährlich  sein,   als  eine  fm- 
trirende  Stich-Schnittwunde.   Die  Vernarbung  einer  gewöhnlick 
das  Berz  durchbohrenden  Schusswunde  wird  nur  durch  eine  eis- 
zige  Beobachtung  (F.  362)  am  rechten  Ventrikel   bewiesen,  e 
ist  mithin  die  Prognose  der  gewöhnlichen  Schnsswanden  oksi 
Complication,  wie  sie  am  h&ufigsten  yorkommen,  sehr  viel  schlec!:- 
ter,  als  die   der  Stich  -  Schnittwunden.     Da  jene   Complicitia 
nicht  zu  diagnosticiren  ist,  so  darf  man  an  der  Heilung  mi 
Schusswunde  verzweifeln.  —  Schüsse  mit  Schrotkörnern  düröe: 
wegen  ihrer  kleineren  Wunden  und  geringeren  Blatang  güostigef 
sein,,  als  die  mit  Kugeln,  obschon  sichere  Heilungen  fehlen  i^ 
ein  augenblicklicher  Tod  bei  ihnen  vorkommt,  auch  dabei  meiste:? 
das  Herz  von  mehreren  Schroten  an  verschiedenen  Stellen  Ter* 
letzt  wird.    Der  sp&tere  Tod  ist  unter  den  Schusswnnden  haufi;^ 
als  der  sofortige,  und  Harald  Schwartz  hat  Unrecht,  sie  & 
sofort  tödtlich  zu  halten;  andererseits  ist  der  sofortige  Tod  blf- 
figer,  als  bei  Stich*Schnittwunden.    Bei  Wunden  des  linken  Tei* 
trikels,  welche  nicht  zur  Verheilung  kamen,  trat  der  Tod  öfter 
sofort  ein,  als  bei  denen  des  rechten  Ventrikels,  konnte  inde^^ 
bei  beiden  auch  in  weite  Zeit  hinausgeruckt  werden.   Die  Wun- 
den beider  Ventrikel,  des  Septum,  der  Spitze  tOdten  nicht  imm^ 
sofort,  wohl  die  des  rechten  und  linken  Vorhofes.   Mit  AusnabiDe 
von  1  constatirten  und   4  diagnosticirten  Heilungen   haben  die 
Wunden  des  Herzbeutels  immer  später  getödtet.   Die  eine  Heiloog 
betraf  die  Einkapelung  einer  Kugel.    —   Sobald   Papierpfrdpfe, 
Kleiderfetzen  in  die  Herzwunde  hineingeschossen  werden,  wird 
die  Prognose  schlechter.  "* 

Die  Quetschwunden  und  Rupturen  haben  von  alie« 
Herzwunden  die  schlechteste  Prognose.  Von  76  Fällen  starbci 
28  sofort  (36  pCt.),  18  später  (23  ungewiss)  und  7  heilten.  Cour 
den  Heilungen  war  nur  1  Fall  durch  die  Section  bestätigt,  ^ 
betraf  dieselbe  eine,  durch  ein  Rippenfragment  hervorgenifeoa 
Irritation  der  Herzoberfläche  (F.  443).    Die  6  vermutheten  Bei* 


Deber  die  Wanden  des  Herzens  und  des  Uenbentels.  773 

langen  vertheilen  sich  auf  3  traumatische  Entzündungen  des  Herz- 
l>eutels,  1  Ruptur  desselben,  1  Bluterguss  in  denselben,  vielleicht 
lurch  einen  oberflächlichen  Einriss  der  Herzsubstanz  oder  Ruptur 
les  Herzbeutels  bedingt,  und  1  Dislocation  des  Herzens  nach 
rechts.  Heilungen  von  Rupturen,  mOgen  dieselben  complet  oder 
incomplet  sein,  kamen  nicht  vor.  Die  Rupturen  sind  die  ein- 
zigen Herzverletzungen,  bei  denen  ein  sofort  eintretender  Tod 
läufiger  ist,  als  der  spätere,  zugleich  auch  häufiger,  als  bei  an- 
leren Verletzungen,  ebenso  auch  hier,  bei  lebensgefährlichen 
[Jomplicationen,  z.  B.  Schädelfracturen,  Rupturen  der  Bauchein- 
;eweide  das  Leben  einige  Stunden  sich  erhalten  kann  (F.  409). 
Mitunter  mag  bei  späterem  Tode  eine  anfangs  nicht  penetrirende 
luptur  im  Verlauf  zu  einer  penetrirenden'geworden  sein,  wenn- 
gleich ein  Beweis  dafür  fehlt.  Eine  incomplete  Wunde  des  rech- 
en Ventrikels  tödtete  erst  am  12.  Tage,  eine  Commotion  des 
inken  Ventrikels  am  8.  Tage.  Letztere  soll  ohne  Störung  des 
Zusammenhangs  auch  sofort  tödtlich  werden  können,  obwohl  sie 
neistens  nur  Ohnmächten  zur  Folge  hat.  Gonstante  Rupturen 
Odten  eher,  wenn  nicht  auf  der  Stelle,  so  doch  nach  kurzer 
iOit  und  es  ist  eine  Seltenheit,  dass  bei  einer  Ruptur  des  rech- 
en Vorhofes  der  Tod  erst  nach  14  Stunden  eintrat.  Zu  den 
ofort  tOdtlichen  Fällen  gehören  auch  die  Zerreissungen  des 
anzen  Herzens  oder  nur  einer  Hälfte,  das  Abgerissensein  des- 
elben.  Bei  Rupturen  des  Herzbeutels,  von  denen  nur  eine  Hei- 
log  auf  Verni9thung  beruht,  erhielt  sich  das  Leben  8  Tage  lang. 
L  Prognose  bei  complicirten  Herz-  und  Herzbeutel- 
wunden. 
Die  Prognose  wird  schlechter,  sobald  mehrere  Herzabsohnitte 
der  ein  Herzabschnitt  mit  grösseren  Gefässen  zugleich  verletzt 
nd,  und  es  ist  abgesehen,  von  Verletzungen  beider  Ventrikel, 
ein  einziger  Fall  geheilt.  Man  fand  zwar  an  der  Basis  des 
erzens  eine  kleine,  tiefe  Narbe,  in  welche  die  Art.  coronaria 
[findete,  allein  die  Verletzung  der  Herzsubstanz  ist  dabei  kaum 
snnenswerth;  der  Fall  beweist  (F.  272)  wenigstens  die  Mög- 
3hkeit  der  Vernarbung  einer  verletzten  Art.  coronar.,  welche 


774  Dr.  Georg'Pischer, 

früher  vielfach  angezweifelt  ist  (van  Swieten,  Senac  itA. 
M5gen  Wunden  der  Ventrikel  mit  denen  der  Vorböfe  oder  di^ 
Oberhaupt  mit  Verletzungen  der  Aorta,  Art.  pulmon.,  Vena  ck% 
u.  «.  w,  combinirt  sein,  es  tritt  stets  der  Tod  ein  und  zwar  dord* 
sehnittlich  frfiher,  als  bei  einfachen  Wunden,  obwohl  ancb  kk 
der  spätere  Tod  häufiger  ist.  Gomplicationen  mit  Wanden  cä 
Art.  mamm.  int.  oder  intercost  trüben  die  Prognose.  (Frie^ 
reich*)  rechnet  die  Verletzung  der  Art.  mamm.  int.  zu  den  a^ 
solut  lethalen,  da  nur  bei  augenblicklicher  Hülfe  in  Spitälern  o.  5. « 
geringe  Blutungen  dieser  Arterie  durch  Unterbindung  gestillt  wer- 
den können,  was  in  der  gerichtlichen  Medicia  keine  An- 
wendung findet).  Die  Lebensdauer  richtet  sich  nach  der  Dip^ 
tat  der  Gefässe  und  ist  sehr  verschieden;  bei  einer  Wunde  in 
rechten  Vorhofes  mit  der  Aorta  blieb  der  Kranke  11  Tage  la^ 
leben,  bei  einer  Herzbeutelwunde  mit  Verletzung  der  Art.  pulinos. 
10,  12  Tage,  bei  einer  Wunde  des  linken  Ventrikels  und  k 
Vena  cava  sup.  2  Tage  u.  s.  w.  —  Kleine  Lungenwunden  «tf- 
den  die  Tödtlichkeit  einer  Herzwunde  nicht  absolut  erforders 
grössere  bedingen  meist  an  sich  schon  den  Tod.  Sobald  Wonda 
der  Baucheingeweide  hinzukamen,  erfolgte  immer  der  Tod,  ob- 
wohl die  Herzwunde  schon  vernarbt  sein  konnte  (F.  362). 

Wie  bei  allen  anderen  Verletzungen  werden  Dyscrasien,  b^ 
stehende  Krankheiten,  zumal  organische  Herzleiden,  Schwkbt 
hohes  Alter,   aufgeregter  Zustand   n.  s.  w.    die   Prognose  ver- 
schlechtern. 
III.   Prognose,  beeinfiusst  durch  die  unmittelbares 
Folgen  der  Wunden. 

Voran  steht  die  Blutung,  die,  wenn  sie  sehr  bedeutend  bi 
und  sich  nicht  stillen  lässt,  die  Prognose  schlechter  macht;  d^ 
bei  hat  eine  innere  Blutung  mehr  Gefahr,  als  eine  äussere,  i^ 
jenige  in  den  Herzbeutel,  bei  einiger  Grösse  mehr,  als  die  ä 
die  Pleura.  Ein  kleiner  unbedeutender  Erguss  in  den  Heiibes* 
tel  kann  günstig  sein,  indem  er  zur  Verschliessung  der  äusser^^ 

*)  Anleitung  zur  gerichts&rztl.  Unter&uchang  der  Kdrperrerletig.  S.l<^ 


Ueber  die  Wanden  des  Herzens  und  des  Herzbeutels.  775 

OefTnang  der  Herzwunde  beitragen  hilft.  Starke  Pleuraergüsse 
todten  häufig  durch  Asphyxie.  Eiue  grössere  secundäre  Blutung 
zieht  in  der  Regel  den  Tod  unmittelbar  nach  sich,  da  die  Schw&che 
des  Kranken  und  eine  schlechte  Contraction  der  Muskeln  hinzu- 
kommen, wenn  schon  ein  Narbengewebe  sich  an  der  Herzwunde 
entwickelt  hat,  auch  erscheint  eine  zweite  Pfropfbildung  frag- 
lich. —  Syncope  und  Schwäche  sind,  wenn  sie  gleich  nach  der 
Verletzung  auftreten,  und  nicht  als  unmittelbare  Vorboten  des 
Todes  bestehen,  günstige  Momente,  indem  durch  sie  eine  Pfropf- 
bildung, der  erste  Schritt  zur  Heilung,  ermöglicht  wird.  Die- 
jenigen Kranken,  welche  mit  anscheinend  geringfügiger  Verletzung 
sieh  kräHig  genug  fühlen,  umherzugehen,  unruhig  sind,  haben  eine 
viel  zweifelhaftere  Prognose.  Es  ist  früher  schon  erwähnt,  dass 
die  meisten  Heilungen  dann  beobachtet  wurden,  wenn  die  Kran- 
ken in  den  ersten  Stunden  und  Tagen,  nach  der  Verletzung, 
gleichsam  zwischen  Leben  und  Tod  geschwankt  haben.  Eine 
gelind  auftretende  Pericarditis  ist  ebenfalls  der  Heilung  günstig, 
durch  ihre  Adhäsionsbildungen,  zwischen  der  Wunde  des  Herzens 
und  des  Herzbeutels,  eine  intensive,  eiterige  Pericarditis  und  Car- 
ditis  wird  dagegen  meistens  lethal,  desgleichen  ein  hochgradiges 
Empyem  der  Pleura.  Hiernach  sind  auch  die  einzelnen  Symptome 
der  Circulation  und  Reppiration  zu  beurtheilen. 

Es  wird  nie  im  Verlaufe  der  Verletzung  eine  Zeit  geben, 
wo  man  mit  Sicherheit  eine  Heilung  vorhersagen  darf.  Der 
Kranke  kann  im  Anfang  eine  Zeit  lang  noch  so  günstige  Sym- 
ptome zeigen,* so  dass  man  ihn  ausser  aller  Gefahr  glaubt,  eine 
einzige  Anstrengung  und  rasche  Bewegung  u.  s.  w.  kann  ihn 
plötzlich  zu  Grunde  richten.  Dasselbe  gilt  auch  für  die  späteren 
Wochen,  wo  er  an  Auszehrung  sterben  kann.  Man  sei  daher 
sehr  vorsichtig  mit  der  Prognose,  auch  dann,  wenn  die  Diagnose 
gesichert  scheint. 

Resumiren  wir  kurz  die  wichtigsten  prognostischen  Punkte: 
1)  Jede  Verletzung  des  Herzens  und  des  Herzbeutels  ist  ge- 
fährlich und  kann  tödtlich  werden. 


776  ^^'  Georg  Fischer, 

2)  Jeder  Herzabschnitt  und  der  Herzbeutel,  mit  Ausnahme 
des  rechten  und  linken  Yorhofes,  lassen  Heilungen  zu. 

3)  Von  Herzwunden  heilen  ca.  10  pCt,  yon  Herzbeutel- 
wunden  ca.  SOpCt.,  mithin  bei  beiden  mehr,  als  bisher  ange- 
nommen ist 

4)  Keine  Verletzung,  mit  Ausnahme  yon  yoUständigen  Zer- 
störungen des  ganzen  Herzens  oder  einer  Hälfte  durch  Quetsehong 
oder  Schuss,  bedingt  an  sich  einen  sofortigen  Tod,  obwohl  bei 
der  Verletzung  eines  jeden  Herzabschnittes  der  Tod  momentan 
eintreten  kann. 

5)  Bei  Stich-,  Stichschnitt-  und  Schusswunden  ist  ein  so- 
fortiger Tiod  seltener,  als  der  spätere,  bei  Rupturen  umgekehrt 
Selbst  bei  den  Wunden  der  VorhOfe,  den  gefährlichsten  Hersver- 
letzungen,  trat  der  Tod  doppelt  so  häufig  später,  als  sofort  ein. 
Ed  ist  hierauf  Gewicht  zu  legen,  da  manche  neuere  Autoren  den 
rasch  eintretenden  Tod  als  Grund  angeben,  dass  die  Herz  Ver- 
letzung nur  wenig  Sorge  macht 

6)  Stich-,  Stichschnitt-,  Schusswunden  des  Herzens  und  Herz- 
beutels kSnnen  heilen;  Rupturen  und  stärkere  Quetschungen  des 
Herzens  (Contusion,  Gommotion,  Abgerissensein)  tOdten  immer, 
während  eine  leichte  Irritation  des  Herzens  durch  ein  Rippen- 
fragment, eine  Dislocation  desselben  yon  links  nach  rechts,  zur 
Heilung  kamen.  Die  Heilung  einer  Ruptur  des  Herzbeutels  wird 
yermuthet 

7)  Am  gefährlichsten  sind  die  Rupturen  und  Qi^tschwnnden, 
ihnen  folgen  die  Schuss-,  Stichschnitt-  und  Stichwunden. 

8)  Penetrirende,  grosse,  gerade  von  vorn  nach  hinten  ein- 
dringende Wunden  sind  gefährlicher,  als  nicht  penetrirende, 
kleine  und  schräg  die  Herzwaud  durchsetzende  Wunden. 

9)  Am  gefährlichsten  sind  die  Wunden  des  linken  und 
rechten  Vorhofs,  und  folgen  ihnen  die  Wunden  beider  Ventrikel, 
des  linken  und  rechten  Ventrikels,  des  Sept.  yentr.,  der  Herz- 
spitze, des  Herzbeutels.  Wunden  der  Vorhöfe  haben  eine  schlech- 
tere Prognose,  als  Wunden  der  Ventrikel,  die  Wunden  des  linken 
Vorhofes  eine  schlechtere,   als  die  des  rechten.     Wunden   des 


Deber  die  Wanden  des  Herzens  und  des  Herabentels.  777 

linken  Ventrikels  sind  gefährlicher,  als  die  des  rechten  Ventrikels, 
Herzbentelwunden  weniger  gefährlich,  als  Herzwanden.  (Znm 
Theil  entgegengesetzte  Ansichten  yon  N^laton,  Steifensand, 
Purple  8.  S.  743.)  Die  grossere  Gefahr  der  linken  Herzab- 
schnitte wird  hauptsächlich  durch  die  arterielle  Natur  der  Blu- 
tung bedingt. 

10)  Heilungen  sind  nicht  beobachtet  bei  Rupturen  und 
Quetschwunden  des  Herzens,  Abgerissensein  desselben,  vollstän- 
digen Zerstörungen  desselben  durch  Schnitt  und  Schuss,  allen 
Wunden  des  rechten  und  linken  Vorhofes,  den  Schussverletznngen 
des  linken  Ventrikels,  beider  Ventrikel,  des  Septum  und  der 
Herzspitze,  bei  allen  Wunden  mehrerer  Herzabschnitte,  mit  Aus- 
nahme beider  Ventrikel,  bei  Gomplicationen  mit  Wunden  grosser 
Gefässe. 

Der  Gerichtsarzt  wird  jene  Wunden  für  absolut  lethal  zu 
erklären  haben;  ferner  alle  diejenigen  penetrirenden  Herzwunden, 
welche  sofort,  oder  doch  sehr  rasch  tödten,  mag  die  Todesursache 
sein,  welche  sie  wolle;  eine  Hülfe  ist  bei  ihnen  unmöglich.  Bei 
später  eintretendem  Tode  wird  er  zu  entscheiden  haben,  ob  nicht 
bei  den  Wunden,  die  eine  Heilung  zulassen,  durch  eine  rationelle 
Behandlung  eine  solche  hätte  zu  Stande  gebracht  werden  können. 
Tritt  trotz  einer  solchen  der  Tod  durch  Verblutung,  Compression 
des  Herzens,  Carditis  und  Pericarditis  u.  s.  w.  ein,  so  ist  die 
Wunde  ebenfalls  absolut  lethal;  war  die  Behandlung  nicht  kunst- 
gerecht, wie  später  gezeigt  wrrd,  so  ist  die  Wunde  nicht  für  ab- 
solut lethal  zu  erklären.  —  Bocker*)  zählt  alle  penetrirenden 
Wunden  zu  den  unter  allen  Umständen  tödtlichen,  ebenso  Alle- 
weireldt,  und  finden  sich  die  aus  dem  Alterthum  überlieferten 
Ansichten  von  dem  unbedingten  Tode  noch  bei  einzelnen  Aerzten 
der  neueren  Zeit  (Henke,  Schmidtmüller,  Baudon  u.  A.). 
—  Nicht  penetrirende  Wunden  werden  fast  übereinstimmend  von 
den  Schriftstellern  für  nicht  absolut  lethal  erklärt  Obwohl  der 
Satz    im  Allgemeinen    richtig   ist,   so  sind  sie  dennoch  absolut 


*)  Lehrbuch  der  gerichtl.  Medicin.    1857.    8.  132. 


778  Dr.  Georg  Fischer, 

leibal,  wenn  sie  auf  der  Stelle  tödten,  wie  es  bei  VerletznngeB 
darcb  Nadeln,  Lanze  vorgekommen  ist,  auch  dann,  weaa  deris 
Folge  einer  Entzündung  u.  s.  w.  eintretende  Tod  durch  die  zweck* 
massigste  Behandlung  nicht  abgewandt  werden  konnte.  —  ^iä 
penetrirende  Wunden  mit  Verletzung  der  Art.  coronaria  werdei 
tOdtlich,  sind  aber  nicht  absolut  lethal,  da  eine  Vernarbnng  müc- 
lieh  ist;  penetrirende  Wunden  mit  dieser  Complication  dagegea 
sind  absolut  lethal  (ebenso  Schmidtmüller*);  Masins**)  HL^ 
es  unentschieden,  ob  die  Verletzung  eines  kleinen  Astes  der  An 
coronar.  absolut  lethal  ist).  —  Wunden  des  Herzbeutels  »oi 
a  priori  nicht  für  absolut  lethal  zu  halten,  weil  die  Existent  def 
Herzbeutels  nicht  unbedingt  zum  Leben  nothwendig  ist,  derselbe 
fehlen  kann.  Seine  Verletzungen  sind  immerhin  sehr  ge&hrüei 
an  sich  nur  zufallig  tödtlich.  Die  Gefahr  im  Abflnss  der  I4 
pericardii  zu  suchen,  hat  nur  historisches  Interesse.  Gompliet' 
tionen  verändern  insofern  die  Prognose,  als  gleichzeitige  Ver- 
letzungen der  grossen  Gef&sse*^*)  absolut  lethal  werden. 

11)  Sichere  Heilungen  kamen  vor  bei  Schosswundeo  des 
rechten  Ventrikels  und  des  Herzbeutels,  mit  Steckenbleibeo  einer 
Kugel  in  denselben,  bei  Stichschnittwnnden  des  rechten  oo^ 
linken  Ventrikels,  beider  Ventrikel,  der  Herzspitze,  der  Art 
coronar.,  mit  gleichzeitiger,  nicht  penetrirender  Herswunde,  b«i 
Wunden  des  Herzbeutels;  bei  Stichwunden  des  rechten  nodliot^ei 
Ventrikels,  des  Septum  yentr. 

Wenn  bei  Stichschnittwunden.  Heilungen  beider  Ventrikd. 
der  Herzspitze  und  des  Herzbeutels  vorgekommen  sind,  so  M 
die  Möglichkeit  von  Heilungen  bei  den  weniger  gefährlichen  Stk^- 
wunden  dieser  Abschnitte  vor;  auch  wird  eine  StichschnittwoDili 
des  Septum  heilen  können,  da  eine  Stichwunde  desselben  beätt: 


•)  Staataarzneiknnde.    1804.    §.  466. 

*)  Handbuch  der  gerichtl.  Arzneiwisscnsch.    Bd.  II.    Abth.  2.  §•  ^^ 
♦**)  Gnattani  (De  anenrjsmatibns;   bei  J.  Hennen  I.  c)  tr^  \ 
einen  Kranken,  der  mit  einer  Wunde  der  Aorta  8  Jahre  fiberiebte.  Vtf 
fand  ein  Auenrysma  der  Aorta  abdominalis,  correapondirend  der  alteo  ^^ 
eine  äussere  Verletzung  in  der  Londeugegend« 


Deber  die  Wunden  des  Herzens  nnd  des  Hersbentels.  779 

vielleicht  auch  eine  Schusswande  des  linke  n  Ventrikels  mit  obiger 
Complication  (das  Leben  erhielt  sich  bis  zum  15.  Tage,  F.  452.), 
da  die  dickere  Wand  desselben  für  das  Steckenbleiben  einer 
Kugel  in  derselben  günstigere  Chancen  bietet,  als  am  rechten 
Ventrikel,  wo  die  Heilung  gesichert  ist. 

12)  Heilungen,  welche  nach  Symptomen  vermuthet  sind,  und 
denen  keine  analoge,  durch  die  Section  constatirte  Heilungen  zur 
Seite  stehen,  kamen  vor  als  Rupturen  und  Quetschungen  des 
Herzbeutels,  Dislocationen  des  Herzens  nach  rechts. 

13)  Im  Herzen  stecken  gebliebene  Nadeln  und  Kugeln  machen 
die  Verletzung  im  Allgemeinen  nicht  tödtlich,  indem  sehr  h&ufig 
bei  diesen  Complicationen  Heilungen  eintreten;  dagegen  sind  alle 
Fälle,  wo  grössere  abgebrochene  Stucke  eines  Degens,  Stilets 
u.  8.  w.  im  Herzen  stecken  bleiben,  absolut  tödtlich. 

14)  Man  stelle  niemals  eine  absolut  sichere  Prognose. 


Behandlung. 
Die  aufmerksamste,  energischste  Behandlung  von  Herz*  und 
Herzbeutelverletzungen  ist  eine  selbstverständliche  Forderung,  und 
dennoch  nicht  überflüssig,  sie  hervorzuheben,  wenn  man  sieht, 
dass  manche  Schriftsteller  die  Herzwunden  nur  oberflächlich  be- 
sprechen, eine  Behandlung  ganz  bei  Seite  stellen,  da  dieselbe  bei 
dem  rasch  eintretenden  Tode  überflüssig  sein  soll.  Von  diesem 
Standpunkte  aus,  wo  der  Arzt  achselzuckend  nur  Vorschriften 
der  Euthanasie  anordnet,  und  alle  Hoffnungen  in  den  Worten: 
„nichts  dabei  zu  machen,^  zerrinnen,  wäre  es  ein  Glück  für  den 
Kranken,  wenn  die  Diagnose  einer  Herzwunde  unsicher  wäre, 
und  dem  Arzte  doch  die  Verpflichtung  bleibt,  die  Verletzung  als 
eine  penetrirende  Brustwunde  zu  behandeln.  Da  die  Diagnose 
selbst  eine  Penetration  unsicher  lassen  kann,  so  ist  der  obige 
Satz  dahin  zu  erweitern,  dass  jede  Wunde^in  der  Herz- 
gegend mit  grossester  Sorgfalt  beobachtet  und  behan- 
delt werden  mnss.  Gewiss  sind  manche  Fälle,  bei  denen  die 
Diagnose  unsicher  blieb,  tödtlich  verlaufen,  weil  die  Behandlung 

▼.  Lftoccabaek,   ArohW  f.  Cbirnrgit.   IX.  gQ 


780  D«*.  Georg  FiBcber, 

nieht  energisch  eingeleitet  wurde.   Man  beginne  dieselbe  in  d^: 
BewnsHtsein  einer  möglichen  Heilung. 

Im  Allgemeinen  gelten  die  Principien  der  Behandlung  tm 
penetrirenden  Bnistwunde.  Die  Behandlung  der  nicht  penetn- 
renden  Herzwunden  yon  den  penetrirenden  zu  trennen,  wie!^ 
hier  und  da  geschehen  ist,  hat  keinen  praktischen  Werth,  daiix 
Diagnose  meistens  im  Stiche  lässt. 

Will  man  die  Wege  anbahnen,  welche  die  Natur  zur  Heilufe 
einschlägt,  so  treten  yerschiedene  Indicationen  anf :    1)  als  lodi- 
catio  vitalis  die  Stillung  einer  lebensgefährlichen  BIntang;  2)  dir 
Begünstigung  der  Pfropfbildung  in  der  Herzwnnde,  die  BerohigsM 
der  Girculation,  damit  der  gebildete  Pfropf  nicht  zerfallt  und  lof- 
gestossen  wird;  3)  die  Bekämpfung  der  allzu  heftigen   Enaä:* 
*  düngen,  namentlich  der  Garditis  und  Pericarditis.   Es  giebt  gewiif 
kein  Mittel  in  der  Welt,  wie  sich  Lands berg  ausdrückt,  eioa 
Adhäsionsprocess,  worin  die  einzige  Rettung  liegt,  hervorzurofei 
noch  zu  befördern,  allein  die  adhäsive  Entzündung,  welche  o: 
definitiTcn  Heilung  der  Wunde  nöthig  ist,  tritt  von   selbst  eii 
wenn  sich  das  Leben  nach  der  Pfropf bildung  erhalt,  und  ei« 
ausgedehnte  Antiphlogose  den  Erfolg  hat,  die  Girculation  za  br 
ruhigen,  die  Intensität  der  Entzündung  herabzusetzen.     Lands- 
berg  glaubt,  dass  die  obligate  Behandlung  mittelst  Antiphlogose 
eher  hindert,  als  fördert,  ja,  die  diätetisch  so  dringend  gebotecs 
Ruhe  in   den  Symptomen    der  Verletzung   selbst   ihren    directei 
Widerspruch  findet;  er  hält  mithin  die  Herzwunde  für  eine  abso- 
lut lethale.    Der  Autor  überspringt  die  Pfropfbildung,  die  er  alltf- 
dings  ganz  verwirft;,  auf  welche  indess  die  Antiphlogose  sicherli«'^ 
den  grossesten  Einfluss  hat,  und  welche  in  ihrer  fortschreitendes 
Entwickelung  zur  Neubildung  von  Bindegewebe  dadurch  gevi^ 
gefördert  wird.  —  Im  weiteren  Verlaufe  müssen  die  Complica- 
tionen   behandelt,    die  Reconvalescenz   richtig   geleitet    werdeo 
Die  Mittel  dien^  den  verschiedensten  Indicationen,  und  werden 
daher  einzeln  abgehandelt. 

Trifll  der  Arzt  den  Kranken  am  Orte  der  Verletzung,  nc' 
findet  er  eine  Stich-  oder  Schnittwunde  in  der  Herzgegend,  s<} 


Deber  die  Wunden  des  Henenff  und  des  Herzbeatelt.  781 

sehe  er  den  Kranken  als  einen  Schwerverletzten  an,  beyor  er 
noch  genauere  Untersueliungen   angestellt  hat,  und  lasse  sich 
durch  die  etwa  vorhandene  Kraft  des  Verletzten,  der,  seine  Wunde 
vielleicht  kaum  fBhlend,  sich  zum  Fortgehen  anschickt,  und  durch 
die  anscheinend  geringffigige  Wunde,  welche  mit  den  fehlenden 
Symptomen  in  Einklang  steht,  nicht  irre  leiten,  und  den  Kran- 
ken in  horizontaler  Lage,  mit  möglichst  geringer  Bewegung,  fort- 
schaffen.  Hat  sich  sodann  bei  näherer  Untersuchung  eine  leichte, 
nicht   penetrirende   Brustwunde    mit    voller   Sicherheit    heraus- 
gestellt, so  hat  jene  FQrsorge  nicht  geschadet.    Man  denke  sich 
den  Fall,  wo  unter  obigen  Verhältnissen  der  Arzt,  nichts  Schlim- 
mes ahnend,  den  Kranken  nach  Hause  gehen  lässt,  dieser  viel- 
leicht nach  wenigen  Minuten  stirbt,  und  die  Section  eine  Herz- 
wunde nachweist;  es  würden  ihn  die  schwersten  Vorwürfe  treffen. 
Ihm  zum  Vortheile   sind   derartige  Fälle   selten,   und  er  erhält 
meistens  sogleich  das  Bild  eines  Schwerverletzten.   Es  wird  dann 
auf  freiem  Felde  schon  eine  energische  Behandlung  (Stillung  der 
Blutung;  Aderlass)  beginnen  müssen,   bevor   ein  Transport  des. 
Kranken  gestattet  ist. 

Die  Therapie  verlangt 

1)  einen  Verschluss  der  äusseren  Wunde,  je  nach 
1er  Grösse  derselben,  mittelst  der  Naht  oder  Heftpflaster.  Man 
tchliesse  eine  Stich-  und  Schnittwunde  rasch  und  genau,  wenn 
»ine  heftige  Blutung  besteht,  wodurch  dieselbe  sistirt  oder  in 
Schranken  gehalten  werden  kann,  desgleichen,  wenn  Erstickung, 
iine  gefährliche  Ohnmacht  drohen.  Steht  die  Blutung,  so  lege 
Dan  eine  nasse  oder  geölte  Gompresse  auf  die  Wunde,  darüber 
^harpie,  und  befestige  Alles  durch  einige  Bindentouren  um  den 
^horax,  dessen  Bewegungen  dadurch  gleichzeitig  verringert  wer- 
en.  Nach  der  Beendigung  des  Verbandes  kann  sich  der  Kranke 
ehr  erleichtert  fühlen;  der  vorher  auf  Null  reducirte  Puls  ent- 
ri ekelt  sich  mehr,  die  Lippen  färben  sich  wieder  u.  s.  w.  Dass 
eim  ersten  Verbände,  ^  Stunde  nach  der  Verletzung,  heftige 
;oIik  und  copiöser  Stuhl  eintraten,  war  eine  zußlllige  Erschei- 
ung.      Den  entgegengcRetzten  Erfolg,  welchen  die  Annäherung 

50* 


782  I>r-  Georg  Fischer, 

der  Wundränder  hat,  kann  eine  VergrBsseraiig  der  Wände  baba 
indem  dadurch  häufig  eine  starke  Blutung  angeregt  wiri  h 
geringer  Ausdehnung,  wie  sie  Larrey  sehr  vorsichtig  zur  Dia- 
gnose vornahm,  schadet  sie  nicht.  Den  ersten  Verband  lasse 
man  liegen,  und  erneuere  ihn  nicht  eher,  bis  eine  besondere  Ib- 
dication  (Erstiekungsgefohr,  heftige  Blutung)  dazu  zwingt;  « 
konnte  noch  am  5.  Tage  beim  Lösen  desselben  eine  eolossak 
Blutung  eintreten.  Das  Gleiche  gilt  von  den  NShten,  die  nur  bei 
heftiger  Dyspnoe,  wo  man  einen  gehinderten  Abflnss  sn  fer- 
muthen  hat,  fortzunehmen  sind.  Das  Abnehmen  des  Verbands 
geschehe  sehr  yorsichtig,  um  etwaige  Adh&sionen  zwischen  da 
Wundrändern  nicht  zu  trennen.  Dieselbe  wfirde  nur  bei  dr 
dringendsten  Gefahr  der .  Erstickung  erlaubt  sein,  und  kann  daai 
durch  den  Abfluss  der  stagnirenden  Flfissigkeit  den  Kranken  &k 
erleichtern.  —  Da  bei  Schusswunden  stets  Eiterung  erfolgt,  ^ 
verschliesse  man  die  Wunde  nicht  genau,  sondern  lege  eine  Con- 
presse  auf;  nur  bei  starker  Blutung  nach  aussen  oder  iona 
schliesse  man  sie  fest,  und  kann  die  etwaige  Möglichkeit,  im 
dann,  durch  einen  Bluterguss  nach  innen,  rasch  der  Tod  dorck 
Asphyxie  eintritt,  jene  Behandlung  nicht  hindern.  —  Gelingt  der 
Verschluss  der  Wunde  nicht,  um  die  äussere  Blutung  in  Schru- 
ken  zu  halten,  so  kann 

2)  eine  Compression,  vielleicht  eine  ünterbinduof, 
nöthig  erscheinen.  Für  erstere  liegt  ein  Fall  yor,  wo  antani^ 
die  einfache  Compression  der  Wunde  die  Blutung  hemmte  rnüi 
beim  Wiederbeginnen  derselben  eine  Compression  im  Lanfe  der 
Art.  mamm.  int.  die  Blutung  vollständig  sistirte.  Die  Sectios 
zeigte  eine  quer  durchschnittene  Art.  und  Vena  mamm.  int,  derea 
auseinanderstehende  Enden  durch  sehr  weiche  Pfropfe  obliteritt 
waren  (F.  216).  Bei  einem  bis  zum  2.  Tage  anhaltenden  Ze- 
stopfen  der  Wunde  kam  man  ebenfalls  zum  Ziel  und  konnte  der 
Pfropf  dann  ohne  Blutung  entfernt  werden  (F.  15S).  Es  kam 
nie  zu  einer  Unterbindung  der  Art  mamm.  int.  und  intercost 
Die  Verletzung  jener  Arterie  wurde  meist  erst  bei  der  Seetioa 
gefunden  und  nur  einmal   richtig  diagnosticirt     H.  Scbwartz 


Ueber  die  Wanden  des  Herzens  and  des  Herzbentels.  783 

versuchte  ihre  Unterbindung  vergeblich,  und  fand  nachher,  dass 
die  Arterie  hinter  dem  Sternum  lag;  er  räth  den  Versuch  ihrer 
Dnterbindung  nur  dann  an,  wenn  sie  deutlich  spritzt  und  ihre 
Verletzung  gesichert  ist.  Aehnlich  verhielt  es  sich  mit  der  Ver- 
letzung der  Art.  intercost.  Larrey  gelang  es,  mit  dem  Finger 
hinten  in  einem  Ausschnitt  der  Rippe  die  Pulsation  der  durch- 
schnittenen Enden  dieser  Arterie  zu  fahlen,  zu  fassen,  und  so 
ihre  Retraction  zu  begünstigen;  der  Fall  verheilte,  ohne  dass 
von  einer  erneuerten  Blutung  die  Rede  war.  Die  Art.  mamm. 
ext.  wurde  einmal  unterbunden.  Es  gelten  auch  hier  die  allge- 
meinen Regeln,  indem  eine  doppelte  Unterbindung  oder  Um- 
stechung der  Art.  intercost.  die  Blutungen  dieser  Gefässe  stillen 
können,  ohne  dass  dabei  die  Wunde  der  Weichtheile  allzuviel 
erweitert  werden  darf.  —  Ist  der  erste  Verband  in  jeder  Weise 
beendet,  so  müssen  rasch 

3)  die  äusseren  Verhältnisse  des  Kranken  geordnet 
werden.  Der  Kranke  erhält  ein  eigenes  Zimmer,  in  welchem 
grosseste  Stille  herrschen  muss.  Die  Umgebung  des  Kranken 
wird  auf  das  nothwendigste,  aufmerksamste  Wartepersonal  be- 
schränkt;* anderen  Familiengliedern  ist  der  Zutritt  streng  ver- 
boten. Der  Kranke  enthalte  sich  alles  unnOthigen  Sprechens; 
jede  Aufregung  werde  streng  vermieden.  Dupuytren  erzählt, 
vTie  in  2  Fällen  durch  den  Besuch  der  Geliebten  und  Fragen 
des  Polizeicommissarius  der  Kranke  unruhiger  wurde,  einmal  am 
folgenden  Tage  sich  ein  Gehirnleiden  entwickelte  und  beide  Male 
der  Tod  beschleunigt  wurde  (F.  7,  161).  Auch  Jobert  und 
Nilaton  beobachteten  beim  Gegenäberstellen  des  Mörders  eine 
Verschlimmerung  und  eine  beginnende  Pericarditis,  welche  in 
einer  Zeit,  wo  man  bei  der  Pfropfbildung  in  der  Herz-  und  Herz- 
bentelwunde  auf  einen  glücklichen  Ausgang  hoffen  durfte,  den 
Tod  bewirkte,  selbst  noch  in  der  Reconvalescenz  (F.  100,  234). 
Der  Arzt  beruhige  das  Gemüth  des  Kranken  und  suche  ihm  die 
Angst  über  die  Schwere  der  Verletzung  zu  benehmen.  Die  Be- 
hauptung von  Cathc.  Lees,  dass  der  Zustand  des  Gemfithes 
einen  zwar  unerklärbaren,  aber  factisch  erwiesenen  Einfluss  auf 


784  Dr.^Georg  Fischer, 

die  Mischung  des  Blutes  und  seine  grössere  und  geringere  Pia- 
sticitat  und  Gerinnbarkeit  habe,  soll  dahin  gestellt  bleibea  - 
Der  Kranke  liege  in  der  Ruckenlage  so  unbeweglich  im  Bette, 
wie  es  ihm  nur  möglich  ist;  es  gelang  durch  eine  solclie  ako- 
lute  Ruhe  eine  Blutung,  welche  durch  den  Verband  hindoreb 
drang,  total  zu  stillen.  Ist  schon  Dyspnoe  vorhanden,  so  latsm 
man  ihn  von  Anfang  an  mit  erhöhtem  Oberkörper  liegen;  im 
Uebrigen  wähle  der  Kranke  sich  die  Lage  aus,  in  welcher  er 
am  Besten  athmen  kann,  nur  verändere  er  dieselbe  nicht  lo- 
nöthiger  Weise. 

Lavender's  Kranker  musste  16  Tage  lang  auf  dem  Buckei 
liegen  und  wurde  geheilt.  Der  Urin  muss  in  liegender  Stellnuj 
im  Bette  entleert,  und  wenn  dieses  nicht  gelingt,  der  Catbeter 
gebraucht  werden.  Für  den  Stuhlgang  vnrd  ein  Becken  unter- 
geschoben und  werden,  wenn  nöthig,  Clystiere  mit  Hülfe  eioe$ 
langen,  biegsamen  Schlauches  gegeben.  In  beiden  Fällen  ändere 
der  Kranke,  in  dem  von  beiden  Seiten  zugänglichen  Bette,  ^ 
wenig  als  möglich,  seine  Lage.  Welche  ausserordentliche  Wich- 
tigkeit die  absoluteste  Ruhe  für  den  Kranken  hat,  beweisen  die 
früher  aufgeführten  Fälle,  wo  bei  Bewegungen  im  Bette,  Yeränden 
der  Lage,  Aufstehen  u.  s.  w.  der  Tod  sofort  oder  bald  danii 
eintrat.  Der  Kranke  muss,  wenn  auch  die  beunruhigenden  Sys- 
ptome  bald  nachlassen,  eine  anscheinend  gefahrlose  Ruhe  eintrai, 
wochenlang  das  Bett  hüten,  auch  später  noch  heftige  Beweguageo, 
Arbeiten  und  Excesse  vermeiden,  und  streng  überwacht  werden. 
Je  ruhiger  der  Kranke  anfangs  wird,  um  so  mehr  verdoppele  man 
die  Vorsicht. 

4)  Kälte.  Der  Kranke  wird  nur  leicht  bedeckt,  die  Ldi 
muss  stets  frisch,  die  Zimmertemperatur  so  kalt  als  möglieh 
(0  Grad  und  unter  0)  gehalten  werden.  Ist  dieses  im  hoheo 
Sommer  nicht  zu  erreichen,  so  dürfte  ein  Aufenthalt  im  Keller 
zu  überlegen  sein.  Es  werden  bei  allen  Arten  von  Wunden  auf 
die  Herzgegend  und  rings  um  den  Thorax  Eisbeutel  gelegt,  dl« 
so  lange  es  der  Kranke  verträgt,  erneuert  werden.  —  Die  günstige 
Wirkung  der  Kälte  beweist  hauptsächlich  ein  Fall,  wo  der  Kranke 


Deber  die  Wanden  dee  Herzens  und  des  Henbentels.  785 

5  Tage  lang  im  Winter  draussen  im  Freien  scheintodt  gelegen 
hatte,  wodurch  eme  Heilung  der  Herzwande,  nebenbei  swar  eine 
Gangr&n,  dureh  Erfrierung  an  den  Extremitäten  entstand  (F.  262). 
Die  K&lte  unterstützt  wesentlich  die  Wirkung  des  Aderlasses,  be- 
günstigt eine  Contraction  der  Herzmusculatur,  die  Sistirung  der 
Blutung  und  eine  Coagulation  derselben,  auch  wird  durch  die 
Eisbeutel  ein  leichter  Druck  erzielt  (energische  Anwendung  der 
Kälte  ist  bei  den  einzelnen  Fällen  selten  erwähnt). 

5)  Blutentziehungen,  Aderlass.  Die  Ansichten  über 
den  Aderlass  bei  penetrirenden  Brustwunden  lassen  sich  in  einem 
Ausspruch  Stromey  er 's*)  zusammenfassen,  welcher  sagt,  „dass 
es  keine  Art  von  Wunden  gäbe,  bei  denen  man  mit  dem  Blute 
so  verschwenderisch  umgehen  muss,  wie  bei  penetrirenden  Brust- 
wunden, und  dass  2  oder  3  Aderlässe  in  den  ersten  24  Stunden 
und  ebensoviel  in  den  folgenden  beiden  Tagen  etwas  ganz  Ge- 
wöhnliches sind^,  und  an  einer  anderen  Stelle,  „es  ist  besser, 
dass  das  Blut  durch  die  Aderlässe  entleert  werde,  als  dass  es  in  den 
Thorax  fliesse.^  Dieses  Drtheil  wird  mehr  oder  weniger  überall,  und 
zumal  von  den  Militairchirurgen  (Pirogoff,  Demme  u.  s.  w.)  ge- 
theilt.  In  wie  weit  in  neuerer  Zeit  eine  Schwankung  gegen  den  Ader- 
lass sich  Bahn  brechen  wird,ist  nooh  nicht  mit  Bestimmtheit  vor- 
herzusagen**). 

Die  Erfahrung  bestätigt,  dass  bei  einem  raschen  Blutverlust 
die  Gerinnbarkeit  des  Blutes  zunimmt  und  eine  innere  Blutung 
dadurch  gestillt  werden  kann.  Die  günstigen  Chancen,  welche 
ein  am  Herzen  Verletzter  durch  eine  Syncope,  Schwäche  unmit- 
telbar nach  der  Verletzung  erhält,  indem  in  dieser  Zeit  die  Pfropf- 
bildung vor  sich  geht,  können  durch  den  Aderlass  erzi^t  wer- 

*)  Maximen  der  Kriegsheilknnst    1861.    S.  444. 

**)  Gegen  den  Aderlass  bei  penetrirenden  Brustwunden  sprachen  sich 
aas:  As h hurst  (F.  167),  König  (im  Archiv  der  Heilknnde.  V.  2.  3.  4. 
1864),  der  Nordamerikanische  Bericht  (F.  327),  in  welchem  gesagt 
wird,  dass  der  Aderlass  aufgegeben  zu  sein  scheint.  Von  der  Schlacht  bei 
Langensalza  berichtet  Stromejer,  dass  nur  1  Aderlass  bei  Brustverletzun- 
gen, und  zwar  auf  seinen  Rath,  sonst  keine  Blutentziehungen  ausgeführt 
seien.  In  wie  weit  dieses  in  einzelnen  Fällen  wfinschenswerth  gewesen, 
kann  er  nicht  beuitheilen. 


786"  .    ^'  Georg  Fischet, 

den,  welcher  den  Kranken  in  einen  der  Syncope  ihnliehee  tt 
Btand  versetzt.  Derselbe  verringert  den  Gehalt  de»  Blutes  u 
rothen  Blutkörperchen,  vermindert  die  Widerstände,  welche  im 
Abnahme  mit  sich  fuhrt  (Valentin*),  so  daes  die  Ausdehnes) 
der  Herzabschnitte  eine  geringere,  die  Herzkraft  und  die  Spae^ 
nung  in  den  Gef&ssen  geschw&cht  wird.  Dadurch  muss  ei^ 
Pfropfbildung  zwischen  den  Wundr&ndern  erleichtert,  die  Orp^ 
sation  des  Pfropfes  ermöglicht  und  die  Gefahr  verringert  w^e:^ 
dass  derselbe  durch  stürmischen  Blutandrang  wieder  losgestosses 
wird.  Der  Aderlass  wird  ferner  eine  allzu  heftige  Pericarditis, 
Carditis  bek&mpfen. 

Der  Aderlass  muss  sofort  gemacht  werden,  wenn  nach  des 
Verschlusse  der  Wände  Dyspnoe  eintritt,  die  eine  innere  Blatm^ 
anzeigt.  Sie  giebt  die  erste  und  wiederholte  Indication  zu  des- 
selben,  sowohl  bei  Stich-,  Stichschnitt-,  als  Schusswunden;  der 
Puls  und  Schmerz  bestimmen  ihn  dabei  nicht.  Es  ist  dabff 
nOthig,  dass  der  Arzt  den  Kranken  stBndlich  sieht,  um  zur  reck- 
ten Zeit  mit  der  Blutentziehung  bei  der  Hand  zu  sein. 

Die  Frage,  wie  viel  Blut,  wie  häufig  zur  Ader  gelassen  wer- 
den soll,  ist  mit  keinem  bestimmten  Maasse  zu  beantworten.  Cas- 
statiren  wir  zunächst  die  Thatsache,  dass  bei  20  geheilten  Ben- 
wunden  der  Aderlass  in  ausgedehnter  Weise  zur  Anwendung  kam. 
Es  wurden  die  Aderlässe  in  den  ersten  Tagen  nach  der  Ver- 
letzung verschiedentlich  wiederholt:  bis  4-,  5mal  in  2  Tagen,  3- 
bis  6mal  in  3  Tagen,  Tmal  in  7  Tagen  u.  s.  w.  Die  grosseste 
Aderlässe  wurden  von  Gilbert,  6  Aderlässe  in  den  erstes 
8  Stunden  gemacht  (F.  288,  Heilung),  von  B6gin  lOmal  io  dei 
ersten  Tagen,  darunter  5mal  an  einem  Tage  (F.  287,  Heilang). 
von  Dupuytren  wurden  in  der  ersten  Stunde  4  Becken  Blot 

*)  Versuch  eioer  physiologischea  Pathologie  des  Herzens  ond  der 
Blutgefässe.  1866.  Valentin  behauptet,  dass  der  Gcsammtinhalt  desGf 
fässsystemes  durch  Blutungen,  Inanition  nicht  geändert,  die  Anämie  rickti- 
ger  alB  BlatverdUnnung  bezeichnet  wird.  Nicht  die  Blntmeuge,  sonden 
nur  der  Gehalt  an  rothen  Blutkörperchen  nimmt  ab.  Ein  Aderlaas,  weiebef 
bei  Klappenfehlern  das  Herzklopfen  lindert,  wirkt  nicht  durch  die  aogeb 
liebe  Abnahme  der  Blotmenge,  sondern  durch  die  Verminderung  der  Wider* 
st&nde,  welche  die  Abnahme  der  Blutkörperchen  mit  sich  f&brt 


Deber  die  \¥nnden  des  Herzens  und  des  Herebeotels.  787 

entleert  und  an  demselben  Tage  noch  3  Aderl&sse,  zu  je  3  Becken, 
verordnet,  denen  am  folgenden  Morgen  ein  nener  Aderlass  folgte 
(F.  285,  Heilung).  Die  zur  Zeit  abgelassene  Blutmenge  betrug 
bis  zu  60  Unzen,  worauf  eine  Ohnmacht  erfolgte  (F.  35,  Heilung). 
Im  Uebrigen  war  nach  4  Aderlässen  in  den  ersten  6  Tagen  der 
Kranke  noch  so  krilftig,  dass  er  am  7.  Tage  2  Stunden  lang  um- 
hergehen konnte.  Bei  geringeren  Mengen,  von  12 — 20  Unzen, 
trat  wohl  Erleichterung,  indess  keine  Heilung  ein. 

Es  herrscht  bei  den  meisten  Autoren  eine  Uebereinstimmung 
aber  die  energische,  wiederholte,  selbst  bis  zur  Syncope  fahrende 
Anwendung  des  Aderlasses,  bei  zunehmender  Dyspnoe  und  sich 
Reben  des  Pulses  (Schälle  gegen  den  Aderlass).  Dupuytren 
gab  die  Verordnung,  da^s  dem  Kranken  nur  die  zum  Leben 
nAthigste  Menge  Blut  erhalten  bleiben  solle.  Diese  Bestimmung 
variirt  mit  den  verschiedenen  Ansichten  über  die  Menge  des  Blut- 
verlustes, welche  ein  Mensch  ertragen  kann;  man  nimmt  jetzt 
an,  dass  ein  rascher  Blutverlust,  von  4—6  Pfund,  bei  einem  Er- 
wachsenen eine  Lebensgefahr  mit  sich  bringt,  während  ein  Ader- 
lass von  1  Pfund  genflgt,  um  eine  Ohnmacht  zu  erzielen.  Boer- 
have*),  welcher  ebenfalls  bei  Herzwnndeu  die  äusserste  Schw&che 
fKr  heilsam  und  fast  das  einzige  Mittdl  zur  Heilung  hielt,  machte 
darauf  aufmerksam,  mit  wie  wenigen,  fast  unglaublich  geringen 
Blutmengen  das  Leben  bestehen  kann,  indem  Beispiele  vorliegen 
sollen,  wo  Menschen  mit  wenigen  Unzen  Blut  noch  einen  Mo- 
nat gelebt  haben  und  geheilt  sind  (?). 

Dass  der  Aderlass  bei  allzu  grosser  Schw&che  des  Kranken 
contraindicirt  sein  kann,  indem  er  den  Tod  beschleunigt,  versteht 
sich  von  selbst.  Es  bleibt  dem  Tact  des  Chirurgen  fiberlassen, 
Zeit  und  Grösse  zu  bestimmen.  Wird  nach  einem  heftigen  Blut- 
verlust noch  fiber  das  Maass  hinaus  Blut  gelassen,  so  kann  der 
Kranke  in  die  grosseste  Aufregung  kommen,  wodurch  die  Piropf- 
bildnng  gehindert  wird.    Philipp  von  Walther**)  meint,  dass 

*)    Vorleaangen   fiber    patholog.   Betrachtang    des  Hersens.     1786. 
Sammlaog  anterlea.  Abbandl.    Leipzig.    1784.    Bd.   IX.  1«    S.  488  n.  folg. 
*«)  System  der  Ohirorgie.    V.    1851.    S.  279. 


788  ör-  Georg  Fischer, 

der  Aderlasfi  mitunter  bei  Herzwunden  durchans  nicht  anwesi- 
bar  sei,  da  wegen  der  Verleteung  des  Centralorganes  der  Kreir 
lauf  stille  steht.  In  solchen  äussersten  Fällen  hat  er  etwas  dvrd 
Blutegel  za  leisten  gesucht  und  dieselben  gleich  zu  Hunderts 
auf  £inmal  gesetzt,  bis  der  Kreislauf  wiederhergestellt  war.  Er» 
dann  konnte  ein  Aderlass  mit  Erfolg  stattfinden  und  wurde  ii 
concreten  Falle  wiederholt,  bis  das  Leben  gerettet  schien.  - 
Die  innere  Hedicin  bekämpft  den  Aderlass;  Duchek*)  wanr 
sowohl  bei  den  gewöhnlichen  Wunden,  als  bei  den  Ruptnrea, 
vor  den  neuerdings  sehr  gerfihmten  Aderljissen,  und  meint,  dis 
die  Nutzlosigkeit  oder  vielmehr  Schädlichkeit  derselben  sich  sefa^ 
dargethan  hat  (?),  Friedreich**)  bespricht  die  fibrigea  Mitte' 
bei  den  Herzwunden,  erwähnt  indess  den  Aderlass  gar  nicht 

Dass  der  Aderlass  keine  absolute  Nothwendigkeit  zur  H^ 
lung  einer  Herzwunde  ist,  beweisen  einzelne  Heilungen,  »b»1 
bei  Wunden  des  Herzbeutels.  Dennoch  halte*  ich  denselben  fir 
das  wichtigste  Mittel  bei  Herzwunden,  welches  in  des 
ersten  Tagen  ausgiebig  und  so  oft  es  erlaubt  scheint,  angeweade: 
werden  muss. 

Blutegel  sind  mitunter  neben  dem  Aderlass  sur  Anwes* 
düng  gekommen,  sogar  in  einem  Falle  60  Stück  auf  einmal  (F.  299, 
Heilung  einer  Herzbeutel  wunde),  desgleichen  SchröpfköpfeniB 
die  Wunde  herum.  Beide  können  den  Aderlass  nicht  ersetxeo. 
und  sind  nur  dann  am  Platze,  wenn  im  späteren  Yerlaafe  m 
Pericarditis,  Ecchymosen  zu  bekämpfen,  die  Resorption  vob 
Exsudaten  zu  begünstigen  ist;  sie  können  dabei  den  Schmen 
lindern,  das  Fieber  massigen  (nach  Skoda  haben  Blutegel  b« 
Pericarditis  keinen  Werth,  da  das  flüssige  Exsudat  dabei  sich 
nicht  verändert).  20  Blutegel  ad  anum,  wie  sie  von  Bojer 
(F.  159),  Dupuytren  (F.  88)  verordnet  wurden,  schafften  keine 


♦)  Handbuch  der  epeciellen  Pathologie  u.  Therapie.  Bd.  I.  1.  Lief. 
1863.    S.  81  u.  folg. 

♦•)  Herzkrankheiten.  Virchow's  Handbuch  der  spec.  Pathologie  a. 
Therapie.    Bd.  V.    2.  Abth.    1.  Lief.    2.  Auflage.    1867.    S.  191. 


Deber  die  Wanden  des  Hersena  und  des  Herzbeutels.  780 

Srieiohteraogy  und  werden  den  Kranken  in  geiner  Lage  auch  viel 
;u   8«hr  beonrabigen. 

6)  Di&t.    Dieselbe  wird  anfangs  anf  Haferschleim  und  s&uer- 
ich-  kalte  Getr&nke  redacirt;  daneben  sind  Eispillen  zu  reichen. 
LAvender's  geheilter  Patient  bekam  in  den  ersten  16  Tagen 
aar  Hafeirgratze  und  Johannisbeeren.   Bei  eintretender  Besserung 
gehe  man  nar  sehr  allmalig  und  erst  in  sp&terer  Zeit  aiu  etwas 
kräftigerer  Nahrung  fiber.    Wemi  Schalle  (I.  c.  S.  34;  Wein, 
Fleischbrühe,  Eigelb  zur  Erhaltung  der  Kräfte  empfiehlt,  ohne 
eine  Ao&ngs  karge  Di&t  auch  nur  erwähnt  zu  haben,  so  beweist 
dieaof  ein  Verkennen  der  vorliegenden  Erfahrungen.    Es  kam 
vor^  dasB  nach  14  Tagen  ein  Rückfall  eintrat,  als  der  Kranke 
sßu  viel  gegessen  hatte  nnd  schloss  sich  der  Tod  daran  (F.  316) ; 
auch  wird  in  den  Fällen,  wo  die  Kranken  mit  ihren  Kameraden 
assen,  in's  Wirthshans  gingen,  der  Diätfehler  den  ersten  Impuls 
zur  seoundären  Blutung  gegeben  haben  (F.  82,  198).    Selbst  da, 
als  ein  Patient  65  Tage  lebte,  dürfte  man  anpehmen,  dass  bei 
entsprechender  Diät  eine  vollständige  Heilung  ermöglicht  worden 
w&re,  indem  man  eine  zarte  Vernarbung  zerrissen  fand.    Man 
sieht  daraas,  des   Rübenessers,    genannt  Raparius,   gar   nicht 
zu  gedenken  (F.  269),  dass  gerade  während  der  Reconvalescenz 
die  grosseste  Vorsicht  in  der  Diät  zu  beobachten  ist.    Tritt  in 
sp&teren  2Mten  hektisches  Fieber  ein,  so  hüte  man  sich,  den 
Kranken  mit  China,  Eisen  u.  s.  w.  stärken  zu  wollen;  hierbei 
sowohl,  als  bei  zurückbleibenden  Palpitationea,  Herzhypertrophien, 
Klappenleiden,  halte  man  Maass  in  einer  tonisirenden  Behandlung. 
Ein  Aufenthalt  auf  dem  Lande  wird  zuträglich  sein.  —  Simon, 
welcher  eine  tödtlich  endende  Nadelstichwunde  des  linken  Ven- 
trikels  vor  ausgedehnten  Verletzuiigen  am  Arme   übersah,  hatte 
energisch  Wein  angewandt  und  erklärt,  dass  derselbe  durch  die 
Schwäche  des  Kranken  indicirt  gewesen   und   sicher   auch   bei 
Erkennung  der  Pericarditis  in  gleicher  Dosis  gegeben  wäre  (F.  9). 
Sobald  Simon  die  Pericarditis  erkannte,  hätte  er  auch  eine  Herz- 
verletzang  vermuthen  müssen,  da  er  die  kleine  Wunde  neben 


790  Dr.  Georg  Fischer, 

dem  Sternum  gesehen  hatte;  unter  dieser  Voranssetziuig  würi 
eine  mehrfache  Därreichnng  von  Wein  nicht  zu  billigen  sein. 
7)  Medicamente.  Die  Digitalis  ist  bis  jetzt  etwas  t«: 
nachl&ssigt  und  nur  ca.  6  Mal  aufgeführt,  so  dass   ein  sicheß 
Urtheil  über  sie  fehlt.  Sie  wurde  als  Infus,  mit  und  ohne  Nitrnc 
am  folgenden  Tage  der  Verletzung,  als  Tinct.  Digit.  aethera  x 
Tinct.  Opii  an  demselben  Tage,  und  als  Digitalin  in  der  3.  Wocj 
(6  Milligr.  in  24  Stunden)  gegeben,  und  nur  in  letzterem  tu. 
erw&hnt,  dass  der  Puls  trotzdem  sich  auf  der  Hohe  von  112  Sch& 
gen  erhielt.  Zwei  Kranke  heilten.  Die  Digitalis  wird  ihre  Hup^ 
Verwendung  bei  eingetretener  Pericarditis  finden,  sobald  die  Ben- 
contractionen  unvollständig  und  frequent  sind,  masa   indess  sei' 
vorsichtig,   unter  Berflcksichtigung  der  Schwäche  des  Krank« 
gegeben  werden.     Sie,  mit  Schalle,  ganz  zu  verwerfen,  v«: 
sie  zu  langsam  wirken  soll,  ist  nicht  gerechtfertigt,  da  die  i^ 
nigsten  Herzwunden  sogleich   tOdten.  —  Opium  ist  nicJit  u 
häufiger,  als  die  Digitalis  aufgefährt.    Man  gab  es  bei  bestiBi* 
ger  Unruhe,  Schlaflosigkeit,  Schmerzen  und  Erbrechen,  ohne  i^ 
von  grossen  Erfolgen  die  Rede  war.     Jober t  hat  es  in  ter- 
schiedenen  Perioden  ohne  Nutzen  gebraucht,  und  weder  eioe  Be- 
ruhigung des  aufgeregten  Herzei:*".    noch  eine  Sistirung  der  Blf- 
tung  damit  erzielt.     Man  halte  im  Allgemeinen  mit  den  Opiafes 
zurfick.  —  Purgantien  sind  im  Anfange  zu  verwerfen.    H» 
Stuhlverstopfung  wird  erwfinscht  sein,  damit  der  Kranke  in  seiser 
Ruhe  nicht  gestört  wird,  und  kann  man  nOtliigenfalls  mit  Cb- 
stieren  nachhelfen.     Auch  bei  eingetretener  Pericarditis  sei  mi^ 
vorsichtig  mit  ihnen.     Bei  einer  Diagnose  auf  Perforation  d« 
Magens  hat  man  Galomel  mit  Opium  bis  zum  Merenrislism^ 
gegeben,  worauf  erschöpfende  Diarrhöen,  und,  höchst  v^hrscheis- 
lich  in  Folge  derselben,  der  Tod  eintraten.    Eine  schwache  A£* 
Wendung   von  Mercurialien  fand   bei  einer  Heilung   statt,  ^asi 
dfirfte  Galomel  unter  den  Purgantien  immerhin  den  Vorzug  faabee 
Auch  mit  Tartarus  emeticus  wurden  bei  überiBehener  Ben- 
wunde  starke  Stuhlentleerungen  hervorgerufen,  worauf  am  5.  Taft 
der  Tod  eintrat.  (Guthrie  empfiehlt,  ausser  den  Blntentziehnagea« 


Deber  die  Wunden  des  Heraena  nnd  des  Herebentela.  791 

ils    antiphlogistiscbe  Mittel  Galomel,  Antimon  and  Opium;  die 
/Anwendung  des  Eises  erw&hnt  er   nicht.)     China  im  Decoct 
wurde   dem  Kranken  zum  Nachtheil   schon  am  3.  Tage  verab- 
reicht, Chinin  vom  8.  Tage  an  mit  Erfolg  gegen  das  Fieber  ge- 
geben ;  auch  wird  es  bei  Pericarditis  die  schwachen  Herzcontrac- 
tionen  regelmässiger  und  vollständiger  machen.    Empfohlen  sind, 
abgesehen  von  verschiedenen  Pflanzenmitteln  aus  älterer  Zeit,  die 
Blausäure  (Sstundl.  1  Tropfen)  von  Wagner,  und  später,  bei* 
lebhafterem  Herzschlage,  Kali  nitricum  mit  Aq.  Lauroeerasi,  bei 
Vielehen  Mitteln  der  Patient  in  14  Tagen  hergestellt  war  (F.  284.). 
Purple  rfihmt  das  Veratrum  viride  zur  Schwächung  der  Herz- 
thätigkeit,  Nelaton  und  Dupuytren  fähren  neben  der  Digitalis 
die  Belladonna  auf,  obwohl  von  ihr  keine  besonderen  Resul- 
tate bekannt  geworden  sind  (F.  81.),  und  Letzterer  beide  Mittel 
f&r  wahrscheinlich  unzureichend  hält. 

Reizmittel  sind  hauptsächlich  äusserlich  angewandt,  um 
den  ersten  lebensgefährlichen  CoUapsus  zu  beseitigen  oder  zu 
verkürzen.  Dahin  gehören,  Essigwaschungen,  Reiben  des  ganzen 
Körpers  mit  heissen  Tfichem  und  heissem  Campherspiritus,  und 
wurde  dabei  innerlich  Kaffee,  Aether  erfolgreich  gegeben.  Fried - 
reich  empfiehlt  die  belebenden  Mittel  bei  bedeutender  Anämie 
und  Pulslosigkeit.  Die  Syncope,  welche  unmittelbar  nach  der 
Verletzung  auftritt,  energisch  mit  Reizmitteln  zu  bekämpfen,  kann 
durchaus  nicht  empfohlen  werden,  und  beginne  man  lieber  gleich 
mit  kalten  Umschlägen.  Nach  derselben  mag  man  versuchen, 
durch  Senfteige,  Yesicatore,  heisse  Handbäder  das  Blut  nach  den 
Extremitäten  zu  treiben;  Fussbäder  sind  dagegen  zu  verwerfen, 
weil  sie  den  Kranken  aus  seiner  Lage  bringen. 

8.  Kunstliche  Entleerung  von  Blut  und  Eiter. 
Prflfen  wir  zuerst  das  Material  unserer  Casuistik.  Zur  Ent- 
leerung von  Blut  wurde  in  2  Fällen  die  Wunde  erfolglos  aus- 
gesogen (F.  190.,  198).  Dupuytren  spaltete  die  Wunde  des 
Herzogs  von  Berry,  dessen  rechtes  Herzohr  getroffen  war,  um 
die  Quelle  des  inneren  Ergusses  zu  erkennen,  da  ihm  eine  Ver- 
IdtzoQg  der  Art.  intercont.  möglich  schien  (F.  190.).     In  dem 


792  ^'  Georg  Fisclier,  I 

geheilteil  Falle  von  Ollenroth  (F.  286.)  wnrde  dieWudett 
3  Zoll  erweitert,  und  drang  \  Maass  Blut  ans.  Auf  vnblo^ 
Weicie  gelang  es  Larrey,  durch  8  Zoll  tiefes  EinflUiren  ete 
weiblichen  Gatbeters  gleich  nach  der  Verletzung  aus  dem  Hevj 
beatel  2  Becken  blutig-seröser  Klüssigkeit  zu  entfernen,  wor« 
der  Kranke  sehr  erleichtert  war,  und  schliesslich  heilte  (F.  291 
Auch  Thompson  liess  am  2.  Tage  durch  Ein  Ähren  eines  eltf^ 
sehen  Gatbeters  eine  Menge  Blut  aus  der  Pleura  ab,  mit  whlits- 
lieh  tOdtlichem  Ausgange  (F.  153.).  —  Eine  Paracentese  k 
Pleura  bei  einer  inneren  Blutung  wurde  von  Ca  ran  ins  (F.IM3. 
und  in  neuerer  Zeit  von  Landsberg  (F.  6.)  und  Schwärt: 
(F.  91.)  gemacht,  jedoch  stets  erfolglos  und  mit  tOdtiichem  Ac^ 
gange.  In  dem  einen  Falle  war  nur  eine  geringe  Menge  Bk 
im  Thorax,  dagegen  c.  1  Pfund  im  ausgedehnten  Henbentel,  ■ 
anderen  Falle  verhinderte  ein  vom  Herzbeutel  zur  Pleura  gBbenie 
Strang,  woran  die  Lunge  adhärirte,  den  Blutanstritt.  Larrey 
schickte  sich  zweimal  zu  derselben  an ,  wurde  indess  dardi  i^ 
inzwischen  eintretende  Besserung,  und  andererseits  dnrch  die  n- 
nehmende  Schwäche  des  Kranken  daran  yerhindert  (F.  328.,  S«*)^)^ 
—  Eine  Paracentese  des  Herzbeutels  bei  Blutdruck  ist  niebt  |^ 
macht,  und  unterblieb  dieselbe  bei  Larrey,  bei  zn  p^- 
Schw&ehe  des  Kranken  (F.  246.). 

Zur  Beförderung  des  Abflusses  von  Eiter  wurden  mit  Erfolg 
2  mit  Leinwand  überzogene  Federposen  (Ollenroth)0aDchäs 
Leinwandstreifen  (Larrey)  in  die  Wunde  eingeflifart,  vrelci^* 
letztere  gleichzeitig  Adhäsionen  zwischen  der  äusseren  Wao^ 
und  der  Herzbeutelwnnde  verhindern  seilte.  Als  am  fi.  Ttf? 
wegen  Ersticknngsgefahr  der  Verband  gelöst,  und  die  Wood- 
ränder  durch  den  Catheter  getrennt  wurden,  drangen  ans  i^ 
Herzbeutel  3  grosse  Becken  weingelber  FlQssigkeit  ans,  ^^^ 
Larrey  eine  elastische  Gummisonde  einf&brte,  in  Folge  i^^ 
sich  noch  ein  viertes  Becken  entleerte  nnd  später  HeiloDg  «^ 
trat  (F.  294.).  Eine  ^  "  breite  Erweiterung  der  Wunde  war  A^ 
besonderen  Erfolg  (F.  336.)  —  Eine  gleichzeitige  Paracente»«^'^ 
Pleurahöhle  und  des  Herzbeutels  machte  Larrey  (1810)  i^^^ 


lieber  die  Wunden  des  Herzens  nnd  des  Herzbeutels.  798 

einen  Einschnitt  unter  der  linken  Warze,  parallel  dem  oberen 
Rande  der  6.  Rippe,  tind  starb  der  Kranke  am  21.  Tage  nach 
der  Operation  (F.  272.). 

Die  angefahrten  Thatsachen  mtmtern  nicht  sehr  zu  mecha- 
nischen Eingriffen  auf,  and  fragt  es  sich,  wie  im  Allgemeinen  die 
Chirurgen  über  die  künstliche  Entleerang  von  Blat  and  Eiter  bei 
Herxwunden,  und  überhaupt  bei  penetrirenden  Brustwunden,  ur- 
theilen.  Das  Aussaugen  der  Wunde  hat  nur  noch  ein  historisches 
Interesse,  und  erinnert  an  die  Zeit,  wo  bei  Stichduellen  eigene 
Succeurs  zugegen  sein  mussten,  deren  Th&tigkeit,  wie  W.  Mau- 
qest  de  la  Motte  erzählt,  einen  so  wunderbar  glücklichen  Er- 
folg hatte,  dass  man  das  Aussaugen  f&r  ein  teuflisches  Werk 
hielt,  und  ein  Pfaffe  dem  so  Behandelten  sogar  das  Sacrament 
verweigerte.  Man  war  in  früherer  Zeit  rascher  mit  der  Eröff- 
nung des  Thorax  bei  der  Hand,  als  jetzt,  hat  auch  günstige  Re- 
sultate erzielt,  obwohl  die  Möglichkeit  offen  bleibt,  dass  manche 
derartige  Operationen  fiberflüssig'  gewesen  sind.  Dupuytren 
empfahl  die  Operation  im  spätesten  Stadium,  wenn  Erstickung 
droht,  die  innere  Blutung  gestillt  ist,  was  an  der  Rückkehr  der 
Wärme,  der  Hautfarbe  zu  erkennen  ist.  Bis  dahin  ist  jede  Opera- 
tion sch&diich,  da  die  Entleerung  nur  eine  neue  Anhäufung  zur 
Folge  hat.  Glaubt  man,  dass  die  Blutung  aus  der  Art.  intercost 
kommt,  so  räth  er,  die  Wunde  zu  spalten,  und  that  dieses  bei 
der  Wunde  des  Herzogs  von  Berry.  Es  ist  die  Behandlung 
dieser  Verletzung  mit  unrecht  angegriffen  worden  (Steifen- 
sand). Obwohl  es  nicht  sicher  ist,  dass  auf  solche  Eröffnung 
jedes  Mal  eine  Ruhe  eintritt,  da  möglicherweise  ein  neues  Ex- 
travasat folgt,  so  war  doch  in  jenen  FäUen ,  wo  der  Tod  wirk- 
lich von  der  Anfullung  der  Brusthöhle,  welche  Erstickung  macht, 
abhängt,  nichts  Anderes  zu  thun,  als  auf  alle  Fälle  Erleichterung 
zu  schaffen.  Es  kann,  wie  Guthrie  sagt,  die  Wahl  schwierig 
werden,  obwohl  bei  der  Entleerung  der  Pleurablutung  noch 
Chancen  für  das  Leben  bestehen;  im  Uebrigen  ist  auch  der  Tod 
durch  Blutung  leichter,  als  der  Tod  durch  Erstickung.  Aehnlich 
urtbeilt  Stromeyer,   indem   er  die  Behandlung   beim  Herzog 


794  I>r*  Georg  Fischer, 

von  Berry  Ar  eine  Haassregel  der  Eatbanasie  hklt.  Bd  pene- 
trirenden  Brustwanden  sind  Erweiterangen  der  Wunden,   sowie 
eine  Thoracentese  so  gut  wie  aufgegeben  (Stromeyer,  Piro- 
gofi)  und  werden  nur  selten  noch  gemaeht    Es  ist  der  Blut- 
druck in  der  Pleurahöhle  meist  nur  im  Anfiinge  lebensgefUtrlicbr 
und  die  Heilungen  von  grossen  Blutergüssen  durchaus  nicht  sel- 
ten.   Die  Prognose  der  Thoracentese  ist  sehr  schlecht}  und  frag; 
es  sich  nur,  ob  nicht  vielleicht  verbesserte  Methoden   (die  toi 
Roser,  Archiv  der  HeOk.,  YL,  Heft  1.)  die  Erfolge  gfinstiger 
machen.    Anders  ist  es  beim  Empyem  der  Brust^  wo  die  Opera- 
tion ihre  bestimmten  Indicationen  hat.  —  Die  Paracenteae  des 
Herabeutels  zur  Hebung  des  Blutdruckes  ist  von  Niemand   ans- 
gef&hrt,  aber  mehrfach  empfohlen:  so  von  Larrey,  welcher  ia 
dem  erw&hnten  Falle  246  vermutbete,   dass  die  OperatioD,  tar 
rechten  Zeit  ausgeführt,  das  Leben   h&tte  retten  können.      Er 
empfohl  sie  im  Jahre  1824,  geleitet  durch  den  Fall  294.,  swischeo 
dem  Pr.  xiphoid.  und  dem  Knorpel  der  7.  linken  Rippe  m  maeheiL 
Auch    verlangt  Baudens*),  dass  bei   grosser  Blutung  in  des 
Herabeutel  nach  einigen  Tagen,  wenn  keine  Wiederkehr  der  Bit- 
tung  mehr  zu  f&rchten  ist,  derselben  ein  Ausweg  verschafft  wer- 
den muss.    Nälaton  muss  eine  Indication  fUr  sie  haben,  da  er 
eine  Methode,  die  einfache  Function   mit  langem  Troiear,  am 
linken  Bande  des  Sternum,  im  5.  Intercostalraume,  etwas  schitf 
nach  dem  Mediastinm  zu,  empfiehlt;  Guthrie  will  die  Er5flnuof 
nach  Harvey,  wenn  das  Pericard.  sich  mehr  und  mehr  ausdehnt; 
von  Chelius  wird  die  Paracentese  bei  Blutextrcvasat  fftr  das 
einzige,  obwohl  sehr  zweifelhafte  Mittel  gehalten.  —  Weit  hio- 
figer,  als  beim  Bluterguss  in's  Pericard.,  musste  sich  die  Kritik 
&ber  die  Paracentese  bei  wässerigem  und  eiterigem  Ergnss  aus- 
sprechen, und  gehen  die  Ansichten  in  neuester  Zeit  sehr  aas- 
einander.  Während  Billroth^)  die  Paracentese  des  hydropischeo 


*)  Gliniqae  des  plaies  d^armes  a  fen.    Paris.    1836. 
**)  Hacdbncb  der  allgem.  and  speciellen  Chirurgie,  tod  Pitha  uni 
Billroth.    Bd.  111.    2.  Abth.     1.  Lief.    1865.    S.  163. 


Ueber  die  Wnnden  des  Henens  und  des  Herzbeutels.  795 

Herzbeutels  fftr  eine  Operation  halt,  welche  an  dasjenige  heran- 
streift, was  einige  Chirurgen  Prostitntion  der  chirurgischen  Kunst, 
chimrgische  Frivolität  nennen,   wird  sie  von  Trousseau*)  ver- 
theidigt,  welcher  ihr,  nach  seinen  und  anderen  Erfahrungen,  die 
grosse  Gefahr  abspricht,    sogar  die  Jodinjection  zur  Radicalkur 
bei  Hydropericardium  f&r  unschädlich  hält.  Er  hält  sie  nur  dann 
für  dringend  indicirt,  wenn,  was  allerdings  selten  ist,  ein  fiber- 
m&ssiges  Exsudat  das  Leben  bedroht.    Sie  erleichtert  den  Kran- 
ken, und  firistet  die  sofort  bedrohte  Existenz.  Er  zieht  die  Pnnc- 
tion  mit  dem  Bistouri  dem  Troicar  vor,  und  wählt  mit  Jobert 
den  A^  5.  Intercostalraum ,  indem  er  gegen  den  Larrey^schen 
Ort  die  mögliche  Verletzung  eines  Zweiges  die  Art.  mamm.  int., 
nnd   bei  starkem  Oedem  und  Fett  die  möglicherweise  verfehlte 
Richtung  des  Instrumentes,  auf  welche  Velpeau  hinweist,  an- 
fährt.    Aach  Oppolzer**)  hält  die  Faraeentese  bei  acuter  und 
chronischer  Pericarditis,  wenn  auch  nur  in  den  seltensten  Fällen, 
fQr  angezeigt,  nnd  zwar  dann,  wo  die  durch  die  Massenhaftigkeit 
des  Ergusses   bedingten  Gompressionserscheinungen  und   deren 
Folgeznsttnde  die  Yomahme   der  Operation   zur  Vitalindication 
machen,  vorausgesetzt,  dass  Aderlass,  Digitalis,  Narcotica  nicht 
genützt  haben.    Nach  Skoda***)  ist  die  Function  nur  bei  sehr 
grossen  Exsudaten  Versuchs  halber  vorzunehmen,  indem  das  Her- 
aosgelassene  sich  bald  ersetzt,  und  aus  dem  freien,  nicht  genug 
resistenten  Blatte  Blut  austritt     Es  sind  Heilungen  von  Herz- 
beutelparacentesen   bekannt  geworden    von   Aranf)   mit  Jod- 
injection, und  von  G.  All  her  tt  in  Leedsff). 

Aus  alledem  geht  hervor,  dass  man  bei  Herzwunden  im 
Allgemeinen  sich  der  kfinstlichen  Entleerung  von  Flfissigkeiten 
enthalten  soll.     Man  mache  keine  Versuche,  das  Blut  aus  der 

*)  Medic.  Klinik.   Bd.  I.    (Uebersetzt  von  Gulmaon.)   1866.    Gap.  34. 

**)  Vorlesungen  über  spec.  Pathologie  n.  Therapie.  (Heransgeg.  ?on 
StoffelU.)    Briangen.    1866. 

♦♦♦)  Wiener  med.  Presse.    1866.    No.  40,,  41. 

t)  Obserr.  de  p^ricardite ,  trait^e  par  la  ponction  et  Tliyection  jodee. 
Bullet  de  TAcad^m.  imper.  de  med.    Nov.    1855. 

tt)  Med.  Times  and  Gaz.    Vol.  11.    No.  853.    1866, 

V.  LADgttAbtck't  Arehlf  f.  ObirargU.   IX.  g^ 


796  ^r.  Georg  JFi»eh«r, 

Fl^i&rahOhle  abzulassen,  da  es  gefiUirlich  und  nnnftte  ist  Das  ■ 
derselben  gerinnende  Blnt  wirkt  dorchaiiB  nicht  reizend,  tck^ 
laast  keine  Pleuritis  und  wird  rasch  resorbirt.     Bei  drofaeole 
Erstickungsgefahr  wfirde  eine  Entleerung  rasch  ein  neues  Sxto 
vasat  zur  Folge  haben;  und  in  den  übrigen  F&llen  können  d&ns 
Lufteintritt,  Pleuritis,   Fäulniss  des  Blutes  Gehren  entstebei 
Handelt  es  sich  um  Gompressionserscheinungen  durch  Blatdmsäi 
im  Herzbeutel,  so  sind  die  Wirkungen  der  Aderlisae,  des  Em 
ab;ntwarten.   HeUen  diese  nichts,  uxid  dr&ngt  die  Gefiahr,  so  di£ 
inan  den  Tod  zu  erwarten  hat,  so  wird  das  TorsichÜge  Eiafiln 
ren  eines  Katheters  apzurathen  sein.     Erst  dann,  wenn  differ 
nichts  entleert  y  im  Falle  er  die  Hersbeutel wonde   nicht  trif. 
sollte  man  zur  Paracentese  des  Herzbeutels  schreiten,   Toraiufs- 
setzt,  dass  die  Diagnose  ganz  fest  steht,  der  Kranke  nicht  a 
sCihwach  ist.    Bei  einer  Eiteransammlung  in  der  Pleua  kano  ii 
spätrer  Zeit,  wenn  Erstickungsgefahr  eintritt,  der  Eiter  janekf 
wird,  eine  Erweiterung  der  Wunde  oder  die  Operation  des  Em- 
pyems angezeigt  sein;  drängen  die  ZuOUe  nicht,  so  fiberljs« 
man  den  Aufbruch  der  Natur.    Bei  serösen  Pleuraergfissen  ^ 
die  Operation  contraindicirt    Für  den  Eiterabfluss  aas  dem  Hot- 
beutel  kann  bei  zunehmender  Gefahr  das  Lüften  der  Wnndriiidtf, 
das  Einfähren  eines  Katheters  Ton  Erfolg  sein.    Wird  die  Parv 
centese  des  Herzbeutels  in  die  Grenzen  ger&ckt,  in  welche  ^ 
Trousseau,  Oppolzer  einengen,  so  verliert  sie  den  Charakter 
einer  frivolen  Operation. 

9)  Extraction  der  fremden  Körper.  Es  hat  sich  foa 
Alterthum  bis  auf  die  heutige  Zeit  herab  die  Tradition  vererbt 
dass  das  Ausziehen  des  Instrumentes  aus  der  Brustwnnde  ge- 
fährlich und  sofort  tOdtlich  sein  kann.  Homer  liess  den  Sar- 
pedon  unmittelbar  nach  dem  Ausziehen  des  Pfeils  sterben,  nni 
die  Aerzte  des  Epaminondas  erklärten,  er  werde  sterben,  so- 
bald man  den  Spiess  aus  der  Brust  ziehe.  Die  Erfahrungen  bei 
Herzwunden  unterstfltzen  jene  populär  gewordene  Ansicht  nicht 
ganz.  In  einer  grossen  Anzahl  von  Beobachtungen  wurden  Ni- 
deln,  Dolch,  Bajonett,  Hesser  gleich  nach  der  Verletzung  heraus- 


Deber  die  Wanden  des  Henens  nnd  des  HenbenteLi.  797 

gesogen,  mit  oder  ohne  bedeutende  Blutung,  und  die  Kranken 
Iel>ten  noch  mehrere  Stunden,  Tage.  Nur  in  2  F&llen  knüpfte 
sich  an  die  Extraction  eines  Messers  und  Pfriems  ein  unmittel- 
barer Tod  und  ein  üebelbefinden,  worauf  nach  ^  Stunde  der  Tod 
eintrat  (F.  4,  179).  Die  Extraction,  bei  welcher  das  Instrument 
abbrechen  kann,  so  dass  ein  Theil  desselben  im  Herzen  zurfick- 
bleibt,  geschah  bald  ?on  dem  Verletzten  selbst,  bald  von  den 
Cameraden;  es  kam  vor,  dass  ein  Bajonett  so  fest  sass,  dass 
jener  e^  nicht  herausbekommen  konnte  und  die  Extraction  von 
Anderen  geschehen  musste  (F.  150),  oder  dieselbe  ganz  unter- 
blieb (F.  21,  Tod  nach  20  Tagen).  Stilling  erzählt,  dass  so- 
gar ein  Ladestock,  welcher  die  Brust  von  vorne  nach  hinten  durch- 
ll^ohrte,  wobei  eine  Verletzung  des  rechten  Herzens  vermuthet 
wurde,  mit  Gewalt,  extrahirt  sei  und  Heilung  erfolgte  (F.  3&8). 
Die  Frage  der  Extraction  hat  eine  grosse  Bedeutung,  wenn 
man  die  ausserordentliche  Wichtigkeit  berücksichtigt,  die  ein 
Lebep  von  einigen  Stunden,  bei  vollem  Bewusstsein,  für  den  Pa- 
tienten haben  kann.  Nach  den  vorliegenden  Erfahrungen,  wo 
nach  der  Extraction  des  Instrumentes  die  grössere  Zahl  von 
Eranke^  nicht  sofort  starb  und  ihnen  dadurch  eine  Chance  der 
Heilung  eröffnet  wurde,  w&hrend  bei  unterlassener  Extraction 
stets  der  Tod  eintritt,  wenn  es  sich  nicht  um  feine  Nadeln  und 
Kugeln  handelt,  scheint  mir  dieselbe  unter  gewissen  Voraus- 
setzungen gerechtfertigt,  und* es  wird  den  Arzt  nie  ein  Vorwurf 
treffen  können,  wenn  der  Kranke  unmittelbar  nachher  stirbt. 
Findet  man  das  Instrument  aus  der  äusseren  Wunde  hervorragen, 
sieht  oder  f&hlt  man  es  in  der  Wunde,  so  versuche  man  es  her- 
auszuziehen, und  zwar  langsam,  vorsichtig,  unter  Ausschluss  einer 
Kraftanstrengung  und  weiterer  Eingriffe,  gleichviel,  ob  während 
oder  ausserhalb  einer  Ohnmacht  des  Kranken.  Lose  Rippen- 
splitter, Kleiderreste  u.  s.  w.  entferne  man  aus  der  äusseren 
Wunde.  Liegt  das  Instrument  nicht  in  derselben,  so  kann  es 
vorkommen,  dass  eine  Nadel  unter  der  Haut  sitzt,  einen  Vor- 
sprung bildet  und  deutlich  zu  f&hlen  ist.  Es  würde  dann,  wie 
schon  Albttcasis  für  die  Extraction  eines  Pfeiles  aus  dem  Her- 

61  • 


798  !>'•  Georg  Fischer, 

zen  angegeben  hat,  ein  Einschnitt  auf  derselben  za  machen  bbI 
sie  zu  extrahiren  sein.  Es  gelang  dieses  in  3  FUlen,  von  deoei 
2  heilten,  zum  Theil  mit  sofortigem  Nachlass  der  Symptoo». 
w&hrend  der  dritte  bei  einer  Wunde  der  Aorta  nach  1  Stank 
tOdtete  (F.  24,  34,  35);  auch  ist  es  nicht  unwahrscheiotich,  dig 
im  Fall  28,  wo  die  Art  der  Verletzung  verkannt  war,  die  Ei- 
traction  der  Nadel  das  Leben  h&tte  retten  können.  Das  Aus- 
schneiden einer  Kugel  aus  der  Thoraxwand  ist  selbstferstto'- 
lieh.  —  In  den  übrigen  F&Uen,  wo  der  fremde  Körper  inb 
Wunde  nicht  sieht-  noch  f&hlbar  ist,  kein  Äusserer  Vonpini 
den  Sitz  anzeigt,  stehe  man  durchaus  von  dem  Versuch  der  Es- 
traction  ab,  da  der  Eingriff  zu  gei&hrlich  und  eine  Eiokapsel&o; 
von  Nadeln  und  Kugeln  mit  Ausgang  in  Heilung  möglich  i^ 
Die  Literatur  der  penetrirenden  Brustwunden  kennt  einzelne  i^ 
hin  gehörige  tolle  Operationen,  die,  obschon  mit  gflnstigen  li» 
gang,  nicht  zu  einer  Wiederholung  auffordern  dürfen.  Einer  der 
verwegensten,  aus  Amerika  stammenden  F&Ile  ist  aaten*)  ^ 
geführt,  da  das  Herz  eine  gewisse  Rolle  dabei  spielt 

Das  Fortnehmen  eines  Lappens  vom  Herzbeutel  (F.  &- 
sowie  eine,  bei  anhaltender  Eiterung  ausgeführte  Resectiood« 
Sternum  (F.  300),  gehören  der  älteren  Zeit  an. 

Die  beschriebene  Behandlung  bezieht  sich  vorzugsweise^ 
Stich-,  Stichschnitt-  und  Schuss wunden  des  Herzeas;  emeB^ 


•)  B.  8.  Cooper  in  San  Francisco,  1857.  (bei  Pirogoff  Lc.S.5i^ 
Bin  1 "  langes  Bisenstack  einer  explodirten  Flinte  dringt  unter  der  Aci'' 
höhle  in  die  linke  Seite  des  Thorax  ein.  Brnch  der  6.  Ripp«-  ^^^^ 
Brschöpfnng  in  Folge  der  Eiterung,  DrnckzufUle,  Operation  steh  ^1  ^^ 
naten.  Entblössnng  von  8  Rippen,  Resection  der  cariösen  7.  Ripp«  ^^^  ^ 
Öffnung  eines  Retrocostalabscesses.  Da  auch  nach  der  Resection  keio  n^ 
der  Körper  zu  finden  war,  so  resecirte  man  noch  3  andere  Rippen'^ 
weise.  Man  fand  die  verdickte  Pleura  durchlöchert,  aber  wieder  k«"^ 
fremden  Körper.  Ghloroforminhalation,  Durchsuchung  der  Thoraxbffble,  *^ 
nigstens  |  Standen.  Man  findet  das  BisenstOck  endlich  zwischen  dea  nf^^ 
zen  und  der  Aorta  descendens.  Bei  seiner  Bxtraction  dtslocirt  lat^  '* 
Herzspitze.  Heilung  nach  16  Wochen,  nachdejn  Patient  noch  eine  P»«^ 
nie  Obenitanden  hatte. 


Deber  die  \¥andeD  des  Herzemi  und  des  Henbeutels.  799 

bandluDg  der  Raptaren  —  il  n^j  a  pas  de  traitement  pour  les 
rnptorefl  des  parois  da  coeur,  Bouillaud  —  tritt  selten  ein,  da 
die  meisten  sofort  tödtlich  sind.  Die  Anwendung  des  Eises  wird 
momentan  lindem  können.  Bei  Complicationen  gelten  dieselben 
nnd  die  allgemeinen  Regeln  der  Chimrgie. 

Die  Behandlang  des  Kranken  kann  gerichts&rstlich  in 
Frage  kommen,  wenn  es  sich  daram  handelt,  zu  wissen,  ob  der- 
selbe richtig  behandelt  ist,  and  darch  eine  passende  Therapie  der 
Tod  h&tte  abgewendet  werden  können.  Es  sind  einselne  Fälle 
beobachtet,  wo  Eanstfehler  aaf  der  Hand  liegen  and  der  Kranke 
möglicherweise  h&tte  gerettet  werden  können.  Im  Fall  116  waren 
weder  die  Yerletzang  der  Art.  intercost,  des  Rippenknorpels,  der 
Langen,  noch  die  i^^  grosse  Wunde  des  Herzbeutels,  die  1'''  tiefe 
Wunde  des  rechten  Ventrikels  nothwendig  tödtlich;  auch  war 
die  Blutung  durchaus  nicht  gross.  Dabei  wurden  vom  3«  Tage 
an  nahrhafte  Kost,  Chinadecoct  gegeben,  die  Wunde  mit  Wein- 
umschl&gen  verbunden,  von  kühlenden  Mitteln,  einem  Aderlass 
ist  keine  Rede.^  In  dem  eben  aufgenannten  Fall  28  hätte  viel- 
leicht die  Nadel  geßhlt  werden  und  ihre  Extraction  das  Leben 
retten  können.  Es  fragt  sich,  ob  nicht  in  dem  Fall  85  ein 
Aderlass,  anstatt  der  Blutegel  mehr  genfitzt,  ob  Reizmittel  am 
Platze  gewesen  sind,  auch  dflrfte  im  Fall  312,  bei  rechtzeitig 
angewandter  Antiphlogose,  das  Leben  länger  erhalten  sein  könnn. 
Brach  verlangt,  dass,  wenn  als  Erstickungsursache  ein  grosser 
Bluterguss  in  der  Pleura  gefunden  wird,  die  Paracentese  wenig- 
stens versucht  sein  muss,  wenn  nicht  die  Wunde  als  absolut 
lethal  erklärt  werden  soll.  Nach  obigen  Auseinandersetzungen 
ist  dieser  Ausspruch  zu  bestreiten.  Der  Erstickungstod  durch 
einen  Bluterguss  in  die  Pleura  und  das  Pericardium  macht  die 
Wunde  absolut  lethal,  da  keine  Hfilfe  von  der  Paracentese  zu 
erwarten  ist.  Anders  verhält  es  sich  mit  dem  Erstickangstode 
durch  Eiterdruck,  gegen  welchen  die  Paracentese  der  Pleura  und 
des  Herzbeutels  versucht  sein  muss,  wenn  nicht  die  Wunde  abso- 
lut lethal  sein  soll.  —  Die  Kunstfehler  beziehen  sich  hauptsäch- 
lich auf  die  fehlende  Anwendung  der  Kälte,  der  Blutentziehungen 


gÖOf  Dr.  Georg  Fischer, 

und  ein  Sparen  derselben  bei  vorhandenen  Indicatioaea,  den 
Nichtrerhindem  von  Gemüthsaitfregttngen,  kOrperlieken  Beweguih 
gm  im  Bette,  Anstrengungen,  schwerem  Stafalgaog,  sa  aahiiiafter 
and  reichlicher  Diftt,  frflhem  Aufstehen  n.  s.  w. 


€B8nl§tik. 


Stichwunden. 

1.     Ted. 

I)  Penctrlrcnilc  IVanden. 

Reekter  Teitrikal.  i)  Sae  (De  TorigiDe  de  la  m^dec.  legale;  ReeoeJ 
p^riod.  de  la  Soc.  de  m^d.  de  Paris.  T.  8.  p.  31.  1800,  2.  8eaL>  Eiu 
Hofdame  in  Sardinien  bohrt  im  Jahre  1728  ihrem  schlafenden  Gattea  «sc 
spitze,  lange  goldene  Nadel  in  die  Brost  Tod  wahrscheinlich  ao  gl  eich. 
8  Aerzte  entdeoken  hei  der  Section  nichts;  erst  hei  einer  nenen  üiter> 
Buchung  findet  sich  an  der  inneren  Fl&ohe  des  rechten  Ventnk^  ein  kleii« 
Loch,  und  ein  fthnliches,  diesem  entsprechendes  auf  der  Haut,  durch  des 
Fettreichthum  des  Kranken  fast  ganz  Terwischt 

9)  Stevens  (Magazin  Ton  Gerson  nnd  Julius,  1829.  I.  513.).  Rech- 
ter Ventrikel  mit  Nadel  am  Sulc.  trans.  verletzt.  Pericard.  voll  Flot: 
Tod  nach  2  Stunden. 

S)  Dupuytren  (A.  Sanson,  These  1827,  obs.  L  p.  1<$.  Lecoait, 
19  J.,  mit  Schaheisen  (ratisse)  von  3''  im  2.  linken  Intercost^  nahe  an 
Stemum  verletzt«  Getroffen  bleibt  er  unbeweglich,  wird  abwechselnd  nti 
und  blass,  klagt  Aber  Eingeschlafensein  in  Beinen  und  Fflssen.  (jerioge 
Blutung.  Bald  Athmen  genirt,  viel  Husten;  Ohnmacht  von  10  Miootei 
(Essig).  Beim  Verband  heftige  Golik,  copiöser  Stuhl,  Eiskftite.  Oppressioo 
nimmt  zu,  grosse  Schwftche,  f  nach  4^  St  Wunde  der  Haut  und  dci 
Pericard.  7'''  lang,  letzteres  voll  Blut  Rechter  Ventrikel  neben  der  Art 
pnlmon.  durchbohrt;  Art.  mamm.  int  angeschnitten,  linke  Lungenvasd 
verletzt 

Linker  Tentrlkel.  4)  Duchek  (Handb.  der  spec.  Path.  u.  Ther.  I.  B. 
I.  Lief.  S.  81.  1862).  Schusterpfriem  dringt  in  den  6.  Intercost  Bcbief 
nach  oben,  bleibt  unbewusst  2  Minuten  stecken,  wobei  Patient  sieh  weiter 
beachiltigt   Nach  der  Extraction  sogleich  Debelbefindea^  Patient  eag^  ^ 


Deber  die  Wonden  des  Henens  ond  des  Herzbeotels.  gOl 

werde  sterben*,  f  nach  ca.  10  Minoten.  Linker  Ventrikel  an  der  Spitze 
penetrirt,  Bliit  im  P^rieardinm. 

I()  Metzger  (de  leihal.  vnln.  cordie.  Regism.  1803.  QerichtL  med. 
Abhandl.  1808.  S.  26).  Schoeterpfriem  hinter  8.  Rippe  nach  oben  trifft 
Spitze  nnd  linken  Ventrikel,    f  nach  6  Minoten  (4  as  6?). 

G)  Landsberg  (Oppenheim'e  Zeitschr.  fDr  gee.  Medic  XLIII.  4. 
1860.  S.  482).  88jfthr.  Mann  erhilt  Stich  mit  4kantigem  Schoeterpfriem, 
fBhlt  nichts,  geht  Treppe  herab,  Aber  die  Strasse,  nach  seiner  entfernten 
Wohnung  im  1.  Stock.  Nach  i  Stunde  Erbrechen,  Ohnmacht  IntensiTC 
Zeichen  innerer  Blotong  . . .  Herzschlag  ondolirend,  so  dass  beide  Schl&ge 
gleichsam  als  schleifende  Tdne  in  einander  gingen.  Wonde  4eckig,  ca. 
1'''  Dnrchm.,  links  zwischen  6.  ond  7.  Rippe,  8"  Ton  der  Mitte.  Weder 
Hasten,  noch  Emphysem,  Lage  indifferent.  Grosses  Hitzegefühl,  etwas 
Dorchlall,  Geist  klar.  Obwohl  die  Lage  der  Wonde  für  eine  Herzwonde 
sprach,  schien  sie  anwahrscheinlich,  da  znmal  eine  Perforation  des  linken 
Ventrikels  mit  dem  bestehenden  Leben  nicht  übereinstimmte;  je  länger  das 
Leb^n,  am  so  grosser  die  Zweifel.  Diagnose:  Innere  Blotnng,  vielleicht  aas 
Art  intereost  oder  mamm.  int;  Aderlass,  das  Blat  floss  langsam,  tropfen- 
weise. Patient  rahig,  hat  Todesahnong.  Pols,  Herzschlag  schwftcher.  Er- 
öffnung der  Banchhöhle  mit  Paraceotese.  Aos  Pleura  floss  kein  Blat  Pat 
glanht  sich  besser,  f  sanft  nach  16  S  t  Wenig  Blat  im  Thorax,  ca.  1  Pfand  im 
Fericard.  Im  linken  Ventrikel  eine  etwas  klaffende,  IV"  lange,  Tollstlndig 
penetrirende  Wände.  Eine  Sonde  drang  nicht  ganz  ein,  da  innen  Trabe- 
cnla  Torli^en.  Adhäsionen  zwischen  Pericard.  ond  Zwerchfell.  —  Tod  durch 
Druck  ond  Lähmung,  nicht  durch  Anämie.  Merkwürdig  ist  der  in  16  St 
fast  Tollendete  Adhäsionsprocess. 

9)  Dapaytren  (Le^.  orales.  T.  U*  1832.  p.  182).  dOjähr.  Mann  stOsst 
sich  mit  einer  Feile  5— 7mal  in  die  Herzgegend.  Viel  Blut  aus  Mund  und 
Wanden,  aach  *Laft  aus  letzteren.  Athem  kurz,  Puls  klein,  Patient  so 
schwach,  dass  Aderlass  nnmdglich.  Später  wiederholter  Aderlass.  Nach 
36  St  Auswarf  Ton  Blut  and  Eiter.  Verband;  Besserung,  f  nach  3  Tagen, 
beschleanigt  durch  Besach  der  Geliebten  und  der  Polizei.  5  dreieckige 
Wanden,  von  denen  2  über,  3  unter  der  Warze.  Viel  Blut  in  den  Pleuren; 
Blatverlüst  im  Ganzen  3—4  Pfd.  Im  Pericard.  kaum  1  Löffel  toII  Blut  und 
Eiter.  3  Wunden  im  Pericard.,  linken  Ventrikel  und  linker  Lunge.  Innere 
Wunden  des  linken  Ventrikels  schwer  za  finden,  da  das  Instrument  sich 
in  den  Fleischsäulen  verloren  hat  Ein  Pfropf  Torstopft  innen  die  Wunden. 
Das  Blut  stammt  aas  der  Art  intereost 

•)  (üeber  den  Volksgesundheitszustand  und  die  Wirksamkeit  der 
Gifilhospitäler  im  Raiserthnm  Rassland  im  Jahre  1855.  St  Petersburg 
1866.  S.  271).    2()!}ähr.  M.  stOsst  sich  Nähnadel  in  die  Herzgegend;  f 


802  Dr.  Georg  Fischer, 

nach  4  Tagen.  Im  Pericard.  and  linken  Ventrikel  eine  nadeldieke  Wiidc, 
welche  eine  feine  Sonde  durchlSsst.  Die  ftaseere  Wunde  des  linken  V» 
trikels  war  Ton  einem  trichterförmigen  Geschwürchen  tod  ^***  Dmchaesier 
nmgehen.  Pericard.  mit  serGseiteriger  Flflssigkeit,  ohne  Blat  gefUlt;  Y^M 
nicht  zn  finden. 

•)  Th.  Simon  (VierteQahrsschrift  f.  gerichtL  n.  Mentl.  Median.  Kesf 
Folge.  III.  B.  2.  Hfi  S.  291.  1865).    46jShr.  Fran,  melaneholiaek,  Terietc 
sich  am  Arm;  Unterbindung  der  Art.  radialis  nnd  nlnaris.    Nahe  an  SUr- 
nnm  eine  kleine,  nicht  blutende  Wunde.  Später  erf&hrt  man,  das«  Paäaakii 
sich  hier  4Stecknadeln,  von  IV'  LInge,  bis  an  den  Kopf  hlBO^estoeb 
hatte,  die  von  der  Wärterin  heransgesogen.    Grosse  Schwäche,  Pols  fcia 
fühlbar,  öfter  Ohnmächten.    Hehrfach  Wein.    Schwäche  simmt  an,  stvki 
Beklemmungen;  f  nach  11  Tagen.    Kleine  Wunde  im  6.  Interoost  liaks: 
im  Mediast  ant.  Eiter.   Ein  \**  langer,  fester,  röthlichweiaser  Bindegevel»' 
Strang  heftet  das  Pericard.  an  die  6.  Rippe.    Aussen  am   Pericard.  vüm 
dicke  Ezsudatmembranen;  darin  2^  Unzen  gelbrdthliche  Flüssigkeit.    Aisbm 
am  linken  Ventrikel,  nahe  der  Spitze,  ein  rundlicher  Defect  tob  0,4  Gla. 
Länge,  0,2  Gtm.  Breite,  mit  ecchymosirten  Rändern,  durch  weiaeea,  festes 
Gerinnsel  geschlossen.   Eine  Sonde  entdeckte  die  innere,  swisehea  Muskel- 
leisten  verdeckte  OefFnung.    Dicht  unter  dem  Pericard.  zeigte  sieh  an  der 
Wunde  eine  erbsengrosse,   blutig  infiltrirte  Höhlung,    so   daaa    hier  4a 
Pericard.  von  der  Muscnlatur  abgeltet  war,  dann  wurde  der  Ganal  wieder 
enger,  und  war  in  der  ganzen  Länge  mit  Gerinnseln  gefällt    Deber  disKr 
Stelle  im  Pericard.  2  thalergrosse  Ecchymosen,  innen  im  Perieard.    D« 
Herzwunde  entsprechend  3  kleine  Substanzverlnste.   Viel  Eiter  in  der  hsksi 
Pleura.  —  Die  Herzwande  ist  bei  den  grossen  Verletzungen  am  Arm  bei 
Lebzeiten  übersehen,  die  Unregelmässigkeit  des  Herzschlages  dem  grosiei 
BlutTcrlust  ans  den  Armarterien  zugeschrieben.  S.  behauptet,  daaa  er  den  Woi 
auch  bei  Erkennung  der  Pericarditis  gegeben  haben  würde.»  Der  Tod  er- 
folgte durch  die  Nadelstiche,   auch  nicht  durch  BlutTorlnst,  da  der  Pik 
anfongs  ganz  toII  war.    Als  Folge  der  Acnpnnctur  ist  die  Plenrilia  sinistn 
aufzuführen,  die  wahrscheinlich  von  der  Entzündung  des  Pericardiutt  u^ 
Mediast.  ant.  fortgeleitet  ist.    Die  Verwachsung  des  Pericardiam  mit  der 
6.  Rippe  deutet  Tielleicht  auf  eine  frühere  Verletzung,  obwohl  aosaea  keiie 
Spur  davon  wahrzunehmen  ist.    Mikroskopische  Untersuchung  der  Muskel- 
fasern. 

Beide  Ventrikel.  lO)  Gyriacus  Lucius  (J.  Schenkii  (Hwerr.  sei 
p.  261.  Frankf.  1600).  Student  in  Ingolstadt  erhält  mit  spitM«  Stilet 
einen  Stich  links  in  die  Brust,  läuft  über  einen  langen  Plata,  f  sack 
1  Stunde,  bei  vollem  Bewusstsein.  [Der  Fall  häufig  in  2  Beobaehiuig« 
getrennt  von  Lucius  (Bonet,  Sepulchr.  anat  p.  1612.  §.  IQ  andSeheik 


Oeber  die  Wunden  des  Herzens  and  des  Henbentels.  803 

,  (Obs.  med.  Tar.  nov.  admir.  Frankf.  1600.  Lib.  IL).  Der  Fall  von  Th.  Zwin- 
ger (Theatr.  Tit  hnman.  Basel  1604.  Vol.  n.  Lib.  lY.  p.  352)  ist  ebenfalls 
derselbe.  Demgemiss  ist  bei  AUeweireldt,  Fall  14  =  32,  bei  Zannetti, 
FaU  2  »  138]. 

ti)  Dnpnytren  (Le^.  orales.  T.  IL  1882.  p.  178).  40j&hr.  Mann, 
Torstiramt^  ampatirt  sich  den  Penis,  Blntnng  nicht  stark,  6  Ligataren.  Nach 
einigen  Tagen  Delirien,  welche  anhalten;  grosse  Schw&che,  Drin  eiterig; 
Paln  langsam,  Beine  kalt,  Athem  normal.  Oerebralsymptome  Tormehren  sich, 
Abmagernng,  f  nach  3  Wochen  im  apoplectischen  Znstand.  Hjperftmie 
im  Gehirn  and  seiner  HIate.  Anf  dem  mit  flflssigen  Blut  gefüllten  Pericard. 
eine  Eoehymose;  in  derselben  2  enge  Wanden  dnrch  falsche  Membranen 
obliterirt  Zwischen  2.  nnd  3.  Rippe  vorne  eine  Temarbte  Wände  Ton  IV 
Durchmesser.  Ecchjmosea  s wischen  M.  intercost  nnd  Plenra;  5,  6  kleine 
Herswanden,  Ton  denen  die  meisten  den  rechten  Ventrikel  penetriren;  eine 
in  dem  Sept  yentr.,  eine  andere  nicht  penetrirende  in  dem  linken  Ventri- 
keL  flerasabstanx  leicht  zerqnetschbar.  Die  Henwande  ist  mit  einer 
langen  Sattler -Nadel  (carrelet)  geschehen,  welche  mehrfach  eingestossen 
ist.  Die  Schiefheit  der  Wanden  verhinderte  die  Blntang.  Trotz  genaaer 
Beobachtang  ist  nichts  gefunden,  was  eine  Hersverletsang  ahnen  liess. 

leehisr  Vtrhtf«  19)  F.  Zannetti  (Stndii  sopra  le  ferite  del  caore 
pin  specialmente  pella  ntilita  della  pratica  medico  -  forense.  See.  ediz 
Firense  1866.  Fall  85).  1839.  Brudermord,  Nadel;  f  sofort  Blat  im 
Pericardiom« 

tS)  Ballingal  (iSU;  Oatlines  of  military  Snrgery.  3.  Edit.  p.'296, 
bei  Zannetti  Fall  109),  von  Dr.  Qrace  beobachtet,  Nadel;  f  nach 2  Tagen 

Art.  ceiikarli.  14)  Clark  (New  York  Med.  Press.  Wiener  Wochen- 
schrift 13.  1860).  l^fthr.  Knabe  mit  Schnsterahle  verletzt;  i  St  be- 
wnastLos,  4  St  vOllig  erschöpft,  geht  dann  weiten  Weg.  Erstickangsanfllle, 
PrScordialangst,  Delirien,  anhaltendes  Erbrechen  (Pargans).  Nach  4  Tagen 
Besaerang,  Patient  arbeitet  etwas,  Brechreis,  f  plötzlich  am  8.  Tage.  Peri- 
cardiom  and  Art  coronaria  1"  von  Herzspitze  verletzt,  Herzmnskel  ver- 
schont Wände  des  Pericard.  vernarbt;  in  demselben  Blat  Wahrschein- 
lich war  die  Wände  der  Art  coron.  darch  ein  Goagalam  verschlossen,  wel- 
ches sich  knrz  vor  dem  Tode  geMst  hat 

VakMÜsuit  il^)  P.  Zacchias  (Qaaest  medic.  legal,  op.  VoL  L 
Lib.  V.  Tit  2.  qaaest  2.  p.  300.  1661).  Wahnsinniger  Priester  reisst  sich 
Penis,  Serotam  nnd  Hoden  mit  einem  Male  ab,  steckt  sich  mehrere  grosse 
Nftdeln  onter  der  linken  Warze  ein;  f  nach  6  Tagen  «hie  qaidem  mira* 
bfle  aadita  est",  da  alle  Nadeln  durch  die  Herzwftude  gingen.  ^ 

te)  Ballingal  (L  c.  bei  Zannetti,  Fall  110).  Admiral  oder  Dpca 
di  Villeaeave.    Selbstmord  mit  Nadel;  f  sofort 


9Ö4'  Dr.  Georg  Fischer, 

a.  Hit  fremden  ROrpern. 

Rerkter  YeDfrtkel.  19)  Barbier  (Jonm.  des  sciene*  med.  T.  32.  p.9^ 
Paris.  1888).  Gftrtner,  vor  3  Tagen  anscheinend  sehr  gesvod,  hat  j«tii 
sUrke  Oppression,  Angst,  die  nicht  zu  erklären  sind,  i  nach  10—12  S: 
Ein  Zahnstocher  Ton  Elfenbein,  1^  lang,  steckt  im  Fleisch  des  Te: 
trikels,  ist  leicht  zo  extrahiren.  8  I^cher  ih  der  H6hle,  so  dass  es  sefain. 
als  ob  der  Ventrikel  durch  Contraction  dem  fremden  K<(rper  begegnet,  sA 
selbst  Terletzt  habe.  Pericardinm  schwarzbrann,  enth&lt  gleichgeflriitf 
Flfissigkeit 

Lisker  Tntrlkel.  M)  Ronx  (M^moires  de  rAcadteie  roj.  de  Mfdcc 
Tom.  m.  Faic.  3.  p.  46-876.  1884.  Paris).  M.  stOsst  sich  Feile  io  H«r^ 
gegend;  Diagnose  unsicher,  t  nach  21  Tagen.  Langes  Stfick  der  F«Oi 
steckt  in  dem  offenen  linken  Ventrikel  und  war  wahrscheinlich  beim  Y«- 
such,  das  Instrument  herauszuziehen,  abgebrochen. 

19)  S.  S.  Purple  (New  York  Jonm.  Mai  1865,  FaO  10).  Holx 
Splitter,  federkieldick,  im  mittleren  Drittel  des  linken  Ventrikels,  f  u<ik 
47  Tagen  an  Brysipelas  des  Beines. 

•O)  T.  Pommer  (v.  Pommer*s  Schweizer  Zeitschr.  Bd.  I.  Hfl  L 
1836).  42  jShr.  Mann.  Selbstmord.  Deber  der  linken  5.  Rippe,  nahe  » 
Sternnm,  ragt  1"  lang  ein  3eckiger,  spitzer,  5''  langer  Schaber  Gr  hm 
Kupferstechen)  aus  einer  Wunde,  war  schwer  zu  extrahiren.  8  Wonden  it 
den  Intercostalmuskeln  zwischen  8.  und  4.,  und  4.  und  5.  Rippe.  4  dr«> 
eckige  Stiche  im  Pericard.  und  am  linken  Herzen  nahe  sasammra,  v«b 
denen  2  in  den  linken  Ventrikel  drangen.  3  Pfd.  Blut  im  Pericard.  oi^ 
linken  Piedra. 

Beide  Tenirikel.  M)  Ferrus  (Repertoire  g^ntral  d^änatoniie  et  ^ 
phjsioL  T.  n.  p.  402.  Paris  1826).  Stuart,  34]fthr.,  yerrfickt,  stilsst  uc^ 
zwischen  linker  5.  und  6.  Rippe  am  24.  Mai  ein  spitzes  Instrument  in  & 
Brust.  26.:  Blass,  kalt,  Puls  klein,  intermittirend ,  Athem  knra,  Aogr. 
Wnnd*e  fast  Temarbt;  heftiger  Schmerz  bei  Berflhmng  der  Narbe,  HwzsclüH 
oberllftchlich,  dabei  wellenförmiges  Knistern,  fthnlich  einem  yaricOsen  Aieo- 
rjsma.  Horizontale  Lage  schmerzhaft  (Senfteig  an  die  Waden).  Bxtndioi 
des  Instrumentes  wurde  nicht  versucht,  da  Patient  versicherte,  dass  er  es 
habe  nicht  ausziehen  können.  29.:  Puls  st&rker,  regelmissiger  (Äderte). 
80.:  Puls  klein*,  jenes  GerSnsch  dasselbe.  1.,  2.,  3.  Juni:  24stfindiger  Frost, 
normale  Auscnltation.  Puls  103,  unregelmSssig;  die  Arterienzusammefi* 
Ziehung  scheint  nnvoUständig.  Grosse  Schwäche.  5.:  An  der  Narbe  eii 
Feilengerftusch,  ähnlich  dem  Geräusch  von  La6nnec  (40  Blutegel).  6.: 
Rvse  am  linken  Auge.  7.,  8.:  Kopfrose,  Geräusch  ebenso.  Zunehmend 
Schwäche,  f  am  20.  Tage  nach  der  Verletzung.  Iigection  der' A^nduoi- 
dea,  Gehirn  gesund.    In  beiden  Pleuren  viele  Adhäsionen.   Die  Unke  Loag« 


Deber  die  Wanden  des  Benenfl  und  d^  Herzbeniele.  808^ 

stark  mit  dem  Pericard.  adhirirend,  war  durch  dieeee  in  Folge  seiner  grossen 
Aoedebnfnnf  stark  comprimirt.  In  demselben  10—12  Dnsen  rOthlichen  Eiters, 
etwas  fStide;  ein  Theil  der  Flocken  nmhUHe  das  Her».  Im  unteren  Drittel 
dee  linken  Yentrikels  steckte  ein  4"  langes,  2"'  dfckes  leisernes  Stilet 
(iLrt  Pfriem,  Uhrmacherfeile),  so  dass  die  freie  Spitie  aussen  ca.  18'"  Tor« 
sprang,  das  Instrament  das  Septnm  durchbohrte  und  die  Spitse  in  detf 
rechten  Tentrikel  drang.  Bs  lag  fest,  so  dass  es  bei  den  Bewegungen  sicbr 
nkkt  derangirte,  und  sehr  sehief,  was  f&r  die  DnschAdlichkeit  seiner  Gegen- 
murt  sehr  wichtig  war. 

•M)  Leaming  (London  med.  Gas.  Januar  1844).  Btnem  ISjUbrigen 
Mädchen  soll  am  4  August  18^  eine  Nadel  in  den  rechten  Busen  einge- 
drungen'sein,  wobei  es  nicht  sicher,  ob  die  Nadel  unter  der  Haut  stecke. 
-  L.  fiwd  die  Spur  eines  Stichea  1"  unter  der  Warze,  beim  Druck  schmerz- 
los. 8.  Septbr.:  Ohne  Husten  und  Frost  entstand  rechtis  Pleuresie,  weicht 
unter  Antiphlogose  wich.  18.  Febr.  1848:  Rechts  leichte  Pneumonie,  dop- 
pelte Bronchitis.  Heilung;  Hustetf  blieb.  10.  Mint  Kirthapf^  dea  l^erch- 
fells.  26.:  Heftiges  Erbrechen,  Puls  80.  5.  April:  Pericardifis,  f  am' 
27.  April,  nach  9  Monaten.  Im  Pericard.  eine  Pinte  flttssigen  Bluties,- 
wiele  Adhftsionen  in  demselben  und  in  den  Pleuren.  In  deii  linken  Ven- 
trikel springt  die  Nadel  V  ▼or,  hatte  das  Septum  und  den  rechteii  Ventri- 
kel durchsetzt  und  lag  mit  ihrem  Kopfe  in  der  Waoid  des  letzteren.  Die< 
gemachte  Oeffnnng  schien  ganz  mit  coagulirbarer  Lymphe  Tcrschlossev 
XU  sein.  , 

Rechter  Terhef.  WB)  Sklarsky  (Ami  de  la  sant^;  joum.  russ^,  nr.  21. 
1841).  öCjfthr.  Frau,  lange  brustkrank,  plötilidi  gestorben.  In  den  Win- 
den des  rechten  Henohres,  neben  der  Vena  caya^  lag  eine  rost^e,  1"  lange 
I^adel  so  fest,  dus  sie  nur  mit  Gewalt  zu  eztrahiren  war,  wobei  b\4  in 
3  Stocke  zerbrach.  Im  Pericard.  li  Pfd.  coagulirten  Blutern  Grossee  Aneu- 
rysma der  Aorta  desc,  am  unteren  Theile  ein  Loch,  welches  in's  PcvicardL 
ging.  8.  meinte  dass  die  Nadel  vom  Oe^phaguli  aus  in*s  Hers  gdkoiftmeui 
und  durch  die  Bewegungen  desselben  sich  im  rechten  Heraohi«  fedtge- 
setzt  habe. 

lersbeitel  und  Atrlt  s4sc  M)  St  Bartholoih.  Hospital  zu  London 
(Lancet  1860.  Vol.  L  p.  90).  Einer  19$fthr.  Frau  dringt  eine  Nadel  in  die 
Brust,  sie  geht  in*s  Spital.  Zwischen  rechtem  2.  und^d.  Rtppenknorpel,  dicht 
am  Sternum  ist  Vorq>rung  von  V'  H0he,  pulsirend;  V'  davon  eine  kleine 
Wunde;  nur  ein  kleiner  Blutfleck  im  Hemde.  Geffthl  von  Völle  im  Schlund' 
und  Schmer«  in  der  rechten  Schulter,  Athem  rascher.  Patientin  wollte 
nicht  im  Spital  bleiben;  plötzlich  heftiger  Scbmern,  Ohnmacht,  Angst 
Durch  Indsion  Ober  dem  Vorsprung,  wird  ein  IV  langes  Stflck  einer  Nadel 
eztrahirt    Grössere  Schwäche,  f   1  Stunde  nach  Ankunft   im  SfftsL' 


g06  D  r.  Georg  Fischer, 

2  Stichwanden  im  Pericardinm ;  1  Finte  Blut  darin.  Am  AafaDg  der  Aom 
unter  der  Externa  ein  Blntergnss,  V  &ber  den  Klappen  3,  4  Stich vnadeB 
darch  die  ganze  Dicke,  k"  von  einander. 

üabesUmmt  fft)  Andrews  (London  Med.  Times.  12.  Mai  18G0;  auch 
Lancet  1860.  Vol  IL  p.  186).  öQjähr.  Frau,  sterbend  an  der  ThBrschwelk 
gefunden;  Anamnese  fehlt.  Im  Pericardinm  l^f  Finten  Blut.  Riae  Fisch- 
gr&te,  H**  lang,  so  scharf  wie  eine  Nadel,  mit  dem  stumpfen  Ende  im 
Magen,  hatte  8  Wunden  des  Zwerchfells  und  Fericardinms  ▼eraalasst,  ra 
hinten  in*8  Herz  gedrungen,  hatte  das  Septum  und  eine  Vena  coroa.  dextr, 
verletzt  Im  Darm  einzelne  Stfleke  der  Grftte,  zum  Theil  verdaut 
t)   IVlelit  penetrlrende  IVanden. 

Linker  Teotrlkel.    tS)  Graves  (1849.  New  York  Med.  Exmaiaer.  V.  5. 
p.  2  u.  94  bei  Zannetti,  Fall  116).    Selbstmord  mit  langer  Na deL    Spitie  • 
des  linken  Ventrikels;  t  nach  8  Tagen  an  Garditis  und  FericsrditiB. 
a.    Mit  fremden   Körpern. 

lackier  TeitrikeL  t9)  Th.  Simon  (1.  c.  S.  301).  58j&hr.  Frma,  nelaii« 
cholisch,  Morgens  frfih  von  der  l^ftrterin  moribund  gefunden,  Verletaua^ 
nicht  nachgewiesen.  Zwischen  7.  und  8.  Rippe,  unter  der  linken  Mamma» 
ist  eine  1"  10'"  lange  Stecknadel  bis  an  den  Kopf  eingeetossen,  in  d«o 
rechten  Ventrikel,  nahe  der  Spitze,  ohne  vollständig  zu  perforiron.  VieJ 
blutiges  Serum  und  Blut  im  Fericardium.  Herz  normal.  Das  Blut  stamst 
wahrscheinlich  aus  einem  Geflsse  der  Herzwand,  genflgt  indess  kaum  bei 
seiner  Menge  als  Todesursache.  Tflngel  glaubt,  dass  die  im  Henes 
steckend«  Nadel,  wenn  sie  den  Herzbewegungen  nicht  folge,  das  Organ 
gleichsam  fixire  und  seine  Bewegungen  hemmen  könne.  S.  zieht  die  Ver- 
letzung der  Nervenoentra  in  Betracht  Fatientin  hat  irQher  stets  ein  Thicr 
im  Leibe  gefDhlt;  es  ist  daher  fraglich,  ob  ein  Selbstmord  vorliegt,  oder 
ob  sie  nicht  bloss  »das  Thier*  hat  stechen  wollen.  Tod  vielleicht  mo- 
mentan. 

99)  F.  Feck  (Frov.  Joum.  Juli  1852).  6j&hr.  M&dchen  ftllt  Mittags, 
Brustschmen,  bald  besser.  Abends  Angst,  Athem  kurz,  Nachts  uimhi^ 
Der  Arzt  findet  das  Kind  schlafend.  Später  heftiger  Brustschmen,  Hin* 
fiUligkeit,  i  nach  10— 12  St  Eine  starke  Stopfnadel  war  an  der  linken 
3.  Rippe,  dicht  am  Stemum,  eingedrungen  und  so  abgebrochen ,  dass  ein 
1"  langes  Ende  an  der  Basis  festsass.  Vorne,  am  rechten  Ventrikel  eine  i" 
lange,  gerissene  Wunde,  nicht  penetrirend,  jedenfalls  durch  die  Herzbe- 
wegungen, bei  welchen  die  Ventrikelwand  sich  an  der  Nadel  hin-  und  her- 
schob,  entstanden.  Im  Fericardium  viel  Blut;  Vene  im  Mediast  verletzt 
F.  meint,  dass  die  Diagnose  wegen  mangelhafter  Dntersuchung  des  Kiades 
nicht  gestellt  ist  und  dem  Tode  durch  Extraction  hätte  vorgebeugt  werdet 
können. 


Ueber  die  Wanden  des  Henens  nnd  des  Henbeotels.  g07 

99)  G.  Soverini  (Bulletino  delle  scienze  mediche  di  Bolagna.  1859. 
b^prile.  p  302).  37j&hr.  M.  hat  wahrscheinlich  eine  Nadel  mit  dem  Basen 
erschlackt;  einige  Tage  leichte  Schmerzen  im  Schlünde,  grosse  Schwäche, 
ieind  Laattragen  plötzlich  Ohnmacht,  welche  3  Standen  dauert,  nach  2  Tagen, 
>ei  TÖliigem  Wohlbefinden,  Hintenfiberfallen  im  Bette  und  plötzlicher  Tod, 
>bne  Lant,  ohne  Bewegung.  Im  Paricardinm  4^  Pfd.  Blut,  meist  coagnlirt; 
[1  inten  rechts  darin  eine  IV  lange  Nähnadel  mit  dem  Oehrende  in  der 
Pleura.  Hinten  am  rechten  Ventrikel  ein  Riss,  1|;"  lang,  oberflächlich,  da- 
bei aber  2  Zweige  der  Art.  coron.  dextr.  nnd  2  benachbarte  y^qqq  ge- 
troffen.   Herz  blutleer,  contrahirt. 

89)  Renaaldin  (Archiv,  g^n^r.  de  möd.  T.  11.  2.  S4rie.  1833.  p.  586). 
M.«  monomanisch,  hat  mehrfach  ts  sacht,  sich  das  Leben  zn  nehmen. 
OppresBion,  kein  Schmerz;  matter  Ton  in  Herzgegend.  Am  13.  Tage  ver- 
mehrte Oppression,  Fat.  erhebt  sich,  f  am  18.  Tage.  Im  Pericard.  2  Litres 
seroparal.  Flüssigkeit,  Wände  dick,  innen  grannlirt.  Herz  vergrössert;  in 
der  Wand  des  rechten  Ventrikels  steckt  eine  3"  lange  Nadel.  Auf  der 
Haut  keine  entsprechende  Narbe.  Tod  durch  Pericarditis.  Ungewiss,  ob 
Nadel  verschluckt  oder  von  aussen  eingedrungen. 

Bisis.  81)  Krflgelstein  (Henke's  Zeit^chr.  f.  St.-A.-K.  1848.  4. 
S.  295).  30jähr.  M.,  übersteht  die  Gholera,  plenritische  Schmerzen;  plötz- 
lich heftiger  Schmerz  im  rechten  Oberarm,  Angst,  Oppression,  kalter 
Seh  weiss,  Pulslosigkeit;  grossester  Schmerz  an  der  Mitte  dea  Brnstbeinea: 
Tod.  An  dieser  Stelle  ragt  .aus  dem  Stemum  ein  eiserner  Stift,  spitz, 
ca.  1"  hug  nach  innen;  aussen  nichts  Abnormes.  Der  Stift  hat  Pericard. 
und  Basis  des  Herzens  angestochen.  Pericard.  voll  Wasser  strotzend.  Vor 
12  Jahren  hat  Pat  sich  den  Stift  in  die  Brost  gestossen,  viele  Jahre  Brust- 
beschwerden, Knrzathmigkeit,  wogegea  er  nichts  gebraucht  hat 

leraWatel.  St)  Milit.  Med.  Joum.  in  Rassland.  XXIX.  Nr.  2.  (Schmidfs 
Jahrb.  1841.  S.  178).  A.  K.  stösst  sich  2  Nadeln  in  die  linke  Brost,  hef- 
tige Schmerzen,  Aussen  nichts  Abnormes,  Hasten,  Angst  Starke  Antiphlo- 
gose.   Bald  Schwäche,  Tranrigkeit,  viel  Husten  and  Schmerz,  f  am  21.  Tage. 

2  Nadeln  in  der  Lunge,  mit  der  Spitze  nach  dem  Pericardium  za  gerichtet, 
Pericarditis,  Garditis. 

SS)  Ger  lach  (Wfirzbnrg.  Med.  Zeitschr.  V.  1864.  S.  70).  Einem 
lOjäbr.  Mädchen  war  vor  6  Wochen  Nähnadel   in  Brust  eingedrungen. 

3  Ohnmächten,  f  bei  der  3.,  als  es  auf  die  Bank  gestiegen,  den  Arm  er- 
hebt Nadel  im  Rippen knorpel,  hat  Pericard.  durchbohrt,  war  in  das  visce- 
rale Blatt  soweit  vorgedrungen,  dass  das  Herz  sich  daran  verletzte.  Peri- 
carditis. Tod  durch  Irritation  eines  Herzganglions  bis  zur  Sistirung  der 
Functionen« 


jB06  Br.  Qeorf  Fisoh»?, 

IL    leiUig. 

IMMttwii  M)  Trölat  (Ballelia  de  th^npeat  1846.  T.XXIX.p.2e 
Paria  1846).  Frialein  Q.  atöist  sieh  awiacheo  6.  und  7.  Rippe  liaka  cit 
Nadel  ein,  merkt  sogleich,  daea  sie  eich  den  Tod  ^egobeiL  Mac^  iz- 
am  folgenden  Morgen  aes  Patientin  wie  gev^Uinlieh.  In  der  B»rxße§& 
hatte  man  dae  Oel&hl  eines  kleinen,  fremden  Kftrpesa,  Dradk  kann  acJi^c 
haft.  Am  B.  Tage  klagt  Patientin,  daes  man  ihr  eine  groaa«  Hadd  ■ 
Herren  I^umb.  Da  die  Diagnose  jetst  sicherer  gewordeo,  kleiBer  Eiaachmc 
Bxtraction  einer  Nadel,  2  Millim.  anter  der  HsJit  weg.  Die  Kadel  hat  1^  Hüb 
P^Hshmesser  am  grossesten  Ende,  ist  5  Ctm.  lang»  oxjdirt,  var  per^s^ 
calfr  in's  Herz  gestossen.    Tod  nach  9\  Monat 

S#)  J.  jLjnch  O*0oanor  (London  med.  Gazette  XYIL  Oethr.  I' 
19^.  p.  82).  SOjSihr.  M.,  nim^t  zam  Selbstmord  i  Unze  Laadaasm,  wa 
ches  er  wieder  erbricht,  stösst  sich  dann  eine  Stopfnadel  in  die  Em 
gflgend,  Bchlftft  8  Stunden,  darauf  heftiger  Schmerz,  Schweiaa,  laee^ 
Athem,  Zeichen  einer  acnten  Entzündang  des  Herzens  and  seiner  His^ 
Verletzung  unbekannt;  Aderlass  von  60  Dnzen;  worauf  Ohnmacht;  B&n^ 
rang.  Nach  %  Stunden  schlechter.  Aufklärung  Aber  Verletzang.  ^^ 
zwischen  5.  and  6.  Rippe  eingestossen,  Einschnitt,  fixtraction  der  ii' 
langen  Nadel  aus  dem  M.  intercost  ext.  Sogleich  Nachlass  der  Sjmptoe 
Nach  6  Tagen  gesund.  Pai  lebte  noch  10  Jahre.  —  (Simon  hllt  die  Heß- 
Torletzung  fDr  ungewiss,  da  es  auffallend  sei,  dass  die  acute  Herz- csfi 
HerzbeutelTerletzung  sich  binnen  6  Tagen  verlor). 

Linker  Teitrikel.  SS)  Escherich  (Med.  Oorresp.  bajeracher  A&i^ 
2»  Jahrg.  1841.  No.  40).  Garditis,  Pericarditis  mit  raschem  Tod  bei  eis« 
Arzte.  Aussen  am  linken  Ventrikel,  nahe  der  Spitze,  lag  eine  eingezogHi 
narbenfthnliche  Stelle,  ebenso  eine  Narbe  im  Pericardium,  der  ftusaeren  Hut 
der  linken  Brost  Pat  ist  Tor  7  Jahren  mit  dreiachneidigem,  dlnaco,  spiD^ 
Stilet,  eine  Querhand  unter  der  linken  Warze  verwundet;  2  tiefere  Stiel' 
wanden  im  Ricken.  Pat.  am  3.  Tage  ausser  Bett,  am  6.  im  Bemfe  tbS&$. 
Die  Stichwanden  waren  damals  für  nicht  penetrirend  erkllrt.  Seit  jetcr 
Verletzung  ?rar  Pat  sehr  reizbar ,  leicht  alterirt.  Es  ist  eine  nicht  ptsc- 
trirende  Wunde  des  linken  Ventrikels  anzunehmen,  die  p.  pr.  int  o^ 
Exandat  geheilt  ist  GIftcklieher  Verlauf  durch  Kleinheit,  Form  der  Wob^* 
Antiphlogose,  Ruhe  unterstfitzt 

Mit  fremden   Körpern. 

Eethler  TeatrlkeL  99)  G^rard  (ßssai  sur  la  löthalite  des  plaies  peseff 
da  coeur.  These.  Strasbourg  1858.  obs.  7).  G^rard  sab  eiaea  Sehlbr. 
dpT  sich  eine  Stricknadel  in  das  Brustbejn  geetossen  hi^ttß.  Die  Oia«' 
raden  zogen  einen  Theil  der  Nadel  aus,  glaubten,  dass  sie  ganz  hw» 


Ueber  die  Wunden  d^  Eenwß  wA  des  Hersbentelfl.         ,^/QQ 

wäre.  Einige  Zeit  Schmenen  in  der  Herzgegend;  dann  Geenndbeit.  Nich 
6  Jahren  reehtß  Pneumonie,  Tod.  In  der  Wand  des  rechten  Ventrikels  Toxin 
und  unten  lag  ein  Metallstiel  bis  in  das  Sept.Tentr.,  bedeckt  mit  jfibrinOs^, 
organisirten  PfirOpfen. 

S9)  Kussmaul  (Wfirzburg.  med.  Zeitschr.  1864.  V.  S.  61).  Sin 
junger  Mann  in  Briangen,  piit  Tubercnlose,  ohne  Symptome  eipes  Herz- 
leidens stirbt.  Im  Pericardium  ein  glatter,  faseriger,  aus  Kal)ÜLdrxi^cbC|n 
bestehender,  bohnengrosser,  nicht  adhftrenter  Körper;  AdhSsionen  im  P.eii- 
cardium.  Im  rechten  Ventrikel  ein  4'"  langer  Dorn  Ton  Prunus  spinosa, 
mit  dünnen  Fibrinmembranen  bedeckt,  frei  in  der  Höhle.  Narbe  hinten, 
V*  über  der  Spitze.  Der  Dom  war  Tor  14  Jahren  beim  Essen  von  Rettig 
Terschluckt,  hatte  eine  Zelt  lang  Beschwerden  in  der  Magengegend  gemacht; 
war  die  Veranlassung  zum  Pericardial^in.  (Derselbe  Fall  tou  Steinlein 
in  seiner  Dissertation,  Erlangen  18163,  beschrieben.) 

Lliker  Ventrikel.  S9)*Laugier  (bei  N^laton,  Moments  de  pathol. 
Chirurg.  T.  U.  1^.  S.  473).  Präparat  im  Musöe  Dupuytren,  nr.  34:  (^jfthr. 
IC^nn  hat  Haarnadel  tou  der  Speiseröhre  aus  durch  das  Herz  in  den 
linken  Ventrikel  bekommen.  Herzverletznng  nicht  vermnthet,  zuf&llig  gß- 
fanden.  Tod  durch  (Gangrän  des  Beines,  wahrscheinlich  durch  fimbolie 
von  den  Thrombosen  im  linken  Ventrikel  herstammend. 

40)  Grnveilhier  (Traitä  d*Anat  path.  g^n^r.  T.  2.  1852.  p.  201) 
sah  bei  einem  Hingerichteten  eine  lange  Nadel  quer  durch  den  linken  Ven- 
trikel liegend,  rechtwinkelig  zum  L&ngsdurchmesser.  Aussen  niohts  AJb- 
Dormes,  so  dass  die  Nadel  wahrscheinlich  von  d^r  Speiseröhre  her  einge- 
drungen. —  (Vielleicht  derselbe  Fall  von  Jobert,  der  aus  dem  Herzen  eines 
Hingerichteten  eine  lange,  mit  Eiter  umringte  Haarnadel  auszog). 

41)  J.  Nein  (New  York  Joum.  of  med.  Juli  1849).  Neger,  1  JaJIir 
lang  Brustbeschwerden,  gelegentlich  Herzklopfen.  Tod.  In  der  ftusseren 
\?and  des  linken  Ventrikels  lag  abgebrochene  Nadel  mit  der  Spitze  nach 
der  Herzspitze  zu,  stark  ozjdirt,  2"  lang,  in  einer  Cyste.  Keine  Oeffnnng 
am  Herzen,  wo  sie  eingedrungen.  Adhäsionen  zwischen  Pleura  und  Pericar- 
dium, Spuren  von  Peritonitis. 

SeptuB  Tentr.  4t)  Legraod  du  Saulle  (Gaz.  des  höpit  1858  25.) 
sah  beiPiorrj  folgenden  Fall:  4()ifthr.  Mann,  wegen  Gesichtsrose  im  Spital, 
bekommt  nach  4  Tagen  eine  so  starke  Phlegmasie,  dass  Asphyxie  eintrat 
und  Petient  vor  der  Tracheotomie  starb.  Eine  3,4  Gtm.  lange  Steck- 
nadel, mit«  Fibrin  umgeben,  steckte  fest  im  Septum,  ragt  in  die  Höhle; 
am  Pericardium  keine  Veletzung^  Aetiologie  fehlt  (Wohl  derselbe  Fall,  den 
Piorry  in  der  Union  med.  1858,  32,  von  einem  5^ähr.  Manne  beschreibt 
Tod  nach  10  Tagen.  Wiederholt  auscultirt,  keine  Abnormit&t  am  Herzen. 
5  Ctm.  lange  Nadel  im  Septum). 


glO  Dr.  Georg  Fischer, 

IJihettiBmt«  4S)  J.  Hennen  (ObserTations  ob  some  importiitpd 
in  the  practice  of  militarj  aargery.  Bdinbnrgh  1818.  p.  ^K>)  beobiet^ 
Yon  St.  Hammick:  Nadel  im  Henen,  ohne  Spur,  wie  sie  dahin  ^^ 
5  Monate  Tor  dem  Tode  Brnstechmen,  f  an  Garditis.  Immense  ?erdiekd 
nnd  Erweitemng  des  Organs  mit  bedeutendem  Austritt  eoagniirharer  Ljs^ 
an  der  OberflScbe,  AdhSsionen  am  Pericardinm.  —  Derselbe  FaU  too  Bii< 
(Monthhj  Jonrn.  April  1843)  Präparat  im  Royal  Naval  Hoap.  an  PljBod 
Stecknadel. 


Stich  -  Schnitti¥aDden. 
Rechter  TentrikeL 

1)  Pemetrlreiide  lITanälem. 
1.    Seferi    Ted. 

44)  OUiTierd' Angers  (Dictionnaire  d^  Medec  VoL  p.l6SlS.£i 
Kutscher,  Messer,  geht  2  Schritt,  f.  4.-6.  linke  Rippe,  nahe  sa  ^ 
nnm  durchschnitten;  im  Pericard.  2"  langes,  6'''  breites  Loch;  mIii«^ 
Blnt  darin.  Rechter  Ventrikel  im  oberen  Drittel  geOffnet,  Hen  bhr^ 
sehr  contrahirt,  hart.  Anfangs  starke  Inssere  Blntnng,  nachher  den 
Schiefheit  der  äusseren  Wnnde  gehindert  Tod  durch  Gompression  des  Hens^ 

45)  l^allace  (Lancet  1833  — 1834;  Behrendts  Repertorinm.  l^- 
S.  383).  J.  B.  erhält  Wunde  mit  langem,  spitzem  Messer,  stflrst,  f.  Vsi 
unter  7.  Rippe,  am  äusseren  Rande  des  M.  rect  abd.,  IS*"  breit .  ^ 
Zwerchfell  1"  tief  in  den  Leib,  wieder  durch  Zwerchfell,  PericardhuB,  i^ 
ten  Ventrikel,  Herzwunde  6"  lang,  viel  im  Pericardinm. 

4e)  Wittoke  (Henke*s  Zeitschr.  f.  St.-A.-K.  1839.  3.  HfL  &SL' 
Knabe  fällt,  stürzt  in  ein  Messer,  t,  Wunde  zwischen  linker  4.  isA- 
Rippe,  V*  lang,  i"  breit,  ca.  1|"  vom  Sternnm  entfernt;  l\^  Kogen^ 
gr((sseste  Breite  des  Messers.  Pericardinm  und  rechter  Ventrikel,  i"  ^ 
getrennt.  2  Uuzen  Blut  im  Pericard.;  14  Qnart  in  Plenra.  Tod  dsK^ 
innere  Blutung;  Blut  drang  nicht  nach  aussen,  weil  die  Wunde  der  War) 
theile  nicht  mit  Oeffnung  in  die  Brust  correspondirte,  sondern  Tersd»iis 
war.  Nichts  Anderes,  als  die  gerade,  horizontale  Richtung  der  Wonde  ^' 
fDr  Mord. 

49)  Fischer  (Hofrath;  Hufeland's  Journ.  der  pr.  Arsn.-K.  1:^ 
V.  Stock.  MoTbr.  S.  98).  Bauer  erhält  Messerstich  in  den  rechten  Veiträi^ 
bewegt  sich  60  Schritt  fort,  fällt  nieder  auf  den  Bauch,  f. 

49)  G^rard  (1.  c  These,  obs.  18),  beobachtet  Ton  Tourdes:  ^ 
17jähr.,  erhält  Stich  mit  Messer,  blutet  stark,  f  nach  einigen  Ißii^ 
Wunde  durch  linken  Rippenknorpel,  nahe  dem  Stemum.  Pericard)»^ 
▼ielBIut  gefüllt,  comprimirt  beträchtlich  den  linken  Ventrikel.  RecbttfT^ 


Oeber  die  Wunden  des  Henens  ond  des  Herzbentels.  811 

brikel  gani  durchbohrt,  Pericardinm  daTor  nnd  dahinter  yerletst;  Wunde 
aadigt  im  Mediaet.  poat.,  wo  viel  Blnt  ergossen.  Die  Wunde  der  linken 
Seite  yerschoben,  Tiel  Blat  in  der  Pleura,  wodurch  linke  Lunge  sehr  com- 
piimirt. 

40)  Targioni  (1797  bei  Zannetti  L  c.  Fall  32).  6'"  lange  Wunde 
des  rechten  Ventrikel  und  des  Sepi  intern ,  t  n^ch  wenigen  Minuten  durch 
Blatung.    Viel  Blut  in  der  rechten  Pleura,  wenig  im  Pericardinm. 

^mi)  Targioni  (1804,  bei  Zannetti  1.  c.  Fall  39),  Brust- und  andere 
Wunden.  Wunde  des  rechten  Ventrikels  an  der  Spitze,  f  sofort  durch  Com- 
pression.    Blut  im  Pericardinm,  wenig  in  der  rechten  Pleura. 

«1)  Targioni (1807, bei  Zannetti  I.e.  Fall 42).  Doppelte  Wnnde  des 
rechten  Ventrikels,  i  nach  wenigen  Minuten  durch  Blutung.  Wenig  Blut 
im  Pericardinm,  Tiel  im  Thorax. 

St)  Targioni  (1827,  bei  Zannetti  1.  o.  Fall  59).  6'''  lange  Wunde 
vom  am  rechten  Ventrikel,  t  nach  wenigen  Minuten  durch  Blutung.  Wenig 
Blut  im  Pericardinm.    8  Pfd.  in  der  rechten  Pleura  (▼.  49). 

S9)  Betti  (1828,  bei  Zannetti  l.  c.  Fall  62).  6'''  lange  Wnnde  des 
rechten  Ventrikels,  f  sogleich  durch  Gompression.    Blnt  im  Pericardinm. 

S4)  Targioni  und  Zannetti  (1830,  bei  Zannetti  1.  c.  Fall  66). 
Wunde  in  Herzgrube  durch  Zwerchfell  im  rechten  Ventrikel  und  Sept.  intery. 
f  sofort  durch  Gompression.  1  Pfd.  Blnt  im  Pericardinm,  sehr  wenig  in 
der  linken  Pleura. 

lUk)  Targioni  nnd  Zannetti  (1839,  bei  Zannetti  1.  c.  Fall  84). 
Selbstmord,  Messer,  doppelte  Wnnde  des  rechten  Ventrikels,    f  sofort 

1  Pfd.  Blut  im  Pericardinm. 

Se)  C.  Millanta  (1841,  bei  Zannetti  1.  c.  FaU  93),  rechter  Ven- 
trikel Ton  einer  zur  anderen  Seite  durchbohrt;  f  sofort.  (3oagu1irtes  Blut 
im  Pericardinm. 

M)  Welschins  (Rat.  Vuln.  cap.  4.  p.  41,  bei  Michaelis  Bern- 
hard! Valentin!  Pandectae  med.  legal.  Francf.  1701,  part.  ü.  sect  III.  (as.  8- 
p.  373).  Stoss  auf  rechte  Mamma,  2  Finger  von  der  Warze.  Lungen,  rech- 
ter Ventrikel  Tollstftndig  durchbohrt  bis  zu  den  linken  Rippen,  f  sehr  bald. 

M)  Jamal n  (1.  c  These,  p.  33).  t  sofort  600  Gramm  coagulirtes 
Blut  im  Pericardinm.  Herz  kleiner  als  normal.  Wunde  des  Pericardiam  um 

2  Gtm.  tiefer  als  die  des  rechten  Ventrikels. 

Gomplicatlonen. 

ft9)  Görard  (1.  c.  These,  obs.  20),  beobachtet  von  Tonrdes:  27jähr. 
Mann  erhiUt  Messerstich;  Blutstrom,  t  nach  wenigen  Mjnnten.  Wnnde  im 
linken  3.  Intercost  innen  tou  der  Warze.  Pleura,  Lungenwand,  Pericardium 
mit  Blut  geffilU.    Line&re  Wunde  des  rechten  Ventrikels,  durch  Sept.  interr., 

T.  LABgeobeck'i  ktthiw  für  Cttirorglc.  IX.  gO 


^12  ^^*  GeorfT  Fischer, 

linkes  Hersohr  and  Vena  ^nlmon.,  endigt  im  Mediaat  post   Tiell 
in  linker  Pleura,  theib  flfissig,  theils  coagnlirt  I 

eo)  C.  Millanta  (1848»  bei  Zannetti  1.  c.  Fall  114).  YerimJ 
im  RQcken;  Wunde  des  rechten  Ventrikels  nnd  rechten  Vorhofes;  t« 
gleich  dnrch  Compression.    Viel  Blnt  im  Pericardiom. 

ei)  A.  Niemann  (Henke*8  Zeitschr.  f.  St.-Ars.-K.  1869.  1  B 
8.  833).  Schmuggler  mit  krummem  Säbel  erstochen«  geht  10  Schritt.] 
Wunde  links  5"  über  Crista  ilei,  in  der  Mitte  der  3.  falaehen  Rippe,  I. 
lang,  l\"  breit}  Pinger  draag  1"  ein;  Wunde  unter  dem  4.  Rippenkaos?^ 
\"  lang.  5  Pfd.  Blut  in  beiden  Pleuren;  Pericardinm  rechts  4"  rerwasifl 
Wunde  im  rechten  Ventrikel  1"  Tom  Margo  acutus,  und  auf  der  Obetfikk 
wo  Zweige  der  Art  coronar.  verletzt  waren.  Zwerchfell,  linker  Leberli? 
pen,  Magen,  Milz,  Colon  desc,  noch  einmal  Zwerchfell  yerletzt  Der  l\ 
breite  Sftbel  muss  mehr  als  mit  dem  3.  Theile  seiner  Lftnge  eingedrassi 
sein  und  mit  seiner  grossesten  Breite  gewirkt  haben.  Sch&ife  des  Sid» 
muss  nach  unten  gerichtet  gewesen  sein,  denn  nur  so  konnte  der  Stich  u-' 
der  Brust  in  die  Bauchhöhle  dringen. 

•9)  J.  Miller  (Henke's  Zeitschr.  f.  St-Ann.-K.  1844.  2.  Hft  S.4ST. 
25jihr.  Mann  mit  Messer  erstochen,  stürzt  18—20  Schritt  weiter,.f.  Was* 
links  zwischen  2.  und  3.  Rippe,  U''  vom  Sternum,  1|;"  lang»  1"  breit  Kci^ 
pel  der  3.,  4.  Rippe  an-  und  durchschnitten;  desgleichen  Art  mamai.  ist. 
Pericard.  1"  geOffnet  6  Pfd.  Blut  in  Pleura,  7  Unzen  im  Pericard.  VTcii 
des  rechten  Ventrikels,  S""  lang,  bis  in's  Sept  interT.,  ohne  letstttes  i: 
penetriren.  Messsr  passt  genau  in  die  Wunde.  —  Die  Herswunde  wsr  b» 
gitudioal,  daher  das  Klaffen  nicht  so  gross,  und  der  Tod  nicht  auf  derStelk 

b.    Ted   spiier. 

es)  B.  F.  Joslin  (New  York  Lancet  Vol.  I.  Jan.- Juni  184S>  V<^' 
Schneidemesser;  V'  lange  Wunde  des  rechten  Ventrikels,  f  nach  10 M: 
nuten. 

04)  Nickolai  (Henkele  Zeitschr.  f.  St-A.-R.  1844.  3.  Hft.  S.^1 
24jfthr.  Mädchen  mit  Brodmesser  gestochen,  springt  zum  Fenster  biBU^ 
bewnsstios,  f  uach  |;  St.  Wunde  rechts  zwischen  &  nnd  6.  Rippe,  nab«  ^ 
Sternum,  l"  lang,  endigt  in  der  Mitte  des  Sternum.  Eine  penetriren  de  Bn^ 
wunde  ist  nicht  zu  finden.  Das  Sternum  ist  in  der  Mitte  messerbreit  fi^^ 
kommen  durchbohrt,  innen  eine  Spalte  mit  aufgeworfenen  Rindern  sichtbL' 
Pericardium  von  rechts  geöffnet,  dem  Canal  im  Sternum  an  Riebtang  t^ 
Grösse  gleich,  mit  Blut  gefallt.  Wunde  im  rechten  Ventrikel  %"  lang,  '^ 
gleicher  Richtung,,  wie  obige;  Valv.  tricusp.  zerschnitten;  8  Unsea  filatis 
Mediastinum.  Messer  nicht  sehr  scharf,  daher  die  Durchbohrung  des  ge^u 
den  Sternum  auffallend.   . 


Deber  die  Wanden  des  Herzen»  ond  des  Herebentels.  BIS 

M^)  Spejer  (Henke's  Zeitschr.  f.  St.- Ann. -K.  1838.  2.Hft  S.  304). 
38jfthr.  Mann  vom  Brnder  mit  Meser  erstochen,  f  n^b  i  St.  Im  Blot 
schwimmend;  Wände  links  swiscben  6.  nnd  7.  Rippenknorpel,  1"  2'"  lang, 
\"  klaffend,  schief  Tsrlanfend.  6  fingerbreites  Blnteztravasat  im  Zellgewebe. 
Wunde  des  Pericard.  V*  2***  lang,  wenig  Blat  darin.  Wände  Torn  am  rech- 
ten Ventrikel,  nahe  der  Spitze,  %"  lang,,  schief,  IV"  klaffend.  3  Pfd.  Blnt 
in  linker  Pleura.  Beide  Ventrikel  blutleer.  Unbedeutende  Wunden  am  Kopf 
und  Oberschenkel. 

•#)  Weinhold  (Hufeland*s  Joum.  d.  pr.  Arzn.-R.  1813.  V.  Stflck 
78).  Gapitain  sticht  Soldaten  mit  Degen  in  rechte  Seite.  Bald  eiskalt  wie 
Marmor,  wahrscheinlich  Verletzung  eines  grossen  Blntgefässes,  f  nach  ^  St. 
Der  Mann  war  stehend  rechts  unter  den  falschen  Rippen  getroffen,  wobei 
merkwflrdigerweise  das  Herz  verletzt  war.  Wunde  drang  in  den  grossen 
rechten  Leberlappen,  von  da  musste  der  Degen  zurückgezogen  sein,  der 
Verletzte  sich  zugleich  gewendet  haben,  denn  5"  vom  Ende  der  Wunde 
begann  ein  2.  Stich,  welcher  das  Centrum  des  Zwerchfells,  Pericardinm, 
rechten  Ventrikel  durchbohrte.  Aussen  nur  ein  1 '"breiter  Stich,  welcher 
dennoch  innen  einen  oberen  11"  langen  Canal  zum  Herzen,  einen  unteren 
6''  langen  zur  Leber  bildete.  Beim  2.  Stich  war  der  Degen  über  die  Leber 
hinweg  in's  Herz  gegangen. 

G9)  Cecchi  (1834,  bei  Zannetti  L  c.  Fall  80}  mehrere  Wunden, 
eine  quer  durch  das  ZwerchfeU.  Hechter  Ventrikel  quer  durchbohrt,  bis 
an  die  hintere  Seite  des  linken  Ventrikels.  Starke  äussere  Blutung,  f  nach 
\i  St  durch  Blutung. 

GS)  G^rard  (L  c.  These,  obs.  19),  beobachtet  von  Tourdes:  H., 
83jfthr.  Mann,  erhftlt  Messerstich.  Starke  Blutung,  f  nach  25  Minuten. 
Wunde  zwischen  linker  5.  nnd  6.  Rippe  schief.  Viel  Blat  in  linker  Pleura, 
linke  Lunge  vorn  unten  leicht  zerrissen;  Pericardinm  rechts  geöffnet,  gefüllt 
mit  flassigem  nnd  coagulirtem  Blut.  Herzwnnde  liegt  auf  dem  Sept  interv., 
geht  durch  in  rechten  Ventrikel,  endigt  auf  seiner  rechten  Seite. 

SG)  Mos  Chi  (1817,  bei  Zannetti  1.  c.  FaÜ  4G).  Wunde  des  rech- 
ten Ventrikel,  kleinfingerdick,  f  nach  (  S,t.  durch  Blutung.  Blnt  im  Peri- 
cardinm, Mediastinum. 

90)  HQbner  (Rasteubnurg;  Sammlung  von  Natur-  nnd  Medicin 
n.  s.  w.  Geschichten.  Breslau  1718;  Frablingsquartal,  4.  Versuch.  Class.  IV. 
art.  11.  pt  996).  Frau  mit  Degen  durchstochen,  f  nach  1  St.  Wunde  im 
rechten  Ventr.,  nahe  der  Spitze  und  Basis,  ^  Daumen  breit.  Viel  Blnt  er- 
gossen —  (als  Breslauer  Sammlung  citirt). 

91)  Targioni  (1806,  bei  Zannetti  1.  c.  Fall  40)  doppelte,  wenige 
Linien  grosse  Wunde  des  rechten  Ventrikels,  f  nach  2  St.  an  Blutung. 
Blut  im  Pericardinm  nnd  linken  Pleura. 

52' 


814  Dr.  Georg  FiBcher, 

119)  iBensehmfdt  (Veriiandl.  d.  ▼ereiDigten  irstL  Oes.  d.  Schve 
Zürich  1828.  Hft.  1.  S.  68).  Messer;  f  nach  2^  St.  b*"  lange  Wosa 
Tome  oben  im  rechten  Ventrikel 

9S)  Schlegel  (Miacell.  nat  cnrios.  ann.  II.  obe.  118;  bei  Allev^ 
reldt,  Dissertation  snr  les  l^sions  m^caniqnes  dn  coenr.  These.  Paris  W 
nr.  78.  p.  27.  obe.  26).    f  nach  5«6t  (bei  Jamain  fiüach  nach  6  Tasn! 

M)  W.  Babington  (Medical  records  and  researcbea.     Londoo  17% 
p.  69.   nr.  4).    Marinesoldat  fUlt  anf  Bajonett,  das   anter   d^  liske 
falschen  Rippen  perpendicnlir  bis  Enm  Griff  eindringt.     Psatient  «t bt  «i 
ohne  Hfllfe  ans,  geht  8—10  Sehritt,  fUlt  ohnmächtig  hin.    Wenig  SdtBc 
Wnnde  2"  Ober  Hüfte,  dringt  in  Bauchhöhle.    Trots  anscheinend  geziapf 
Blntnng  grosse  Schwäche,  Rllte,  Pnls  kanm  fühlbar.    Doppelter  Aderhsi 
giebt  kein  Blnt    Bin  Theii  des  ans  der  Wnnde  Torgetretenen  Ketiea  vvv 
abgeschnitten.    Alles  Getränk  macht  Uebelkeit,  kein   Brbroehen.    Atka 
Anfangs  frei,  später  schwerer,  snletat  sehr  schnell  nnd  mühsasL    Keio  ffi;t 
answnrf.  Bmst-  nnd  Magenschmerzen,  welche  sehr  heftig  werden.   Schar. 
anf  der  rechten  Bmsl,  so  dass  der  rechte  Arm  nicht  an  gebrancbeDk 
Obere  Bmst  schwillt;  nach  einigen  Stunden  die  ganze  Bmst,  Gesiebt,  ffu 
znletzt  der  ganze   Körper  geschwollen,  f  plötzlich  an  ^atjcknag  o:: 
9  Stunden   (ftdsch  9  Tage,  Zannetti,  14  Stunden,  Guthrie).    Gai: 
stets  klar  gewesen.   Wunde  dreieckig,  links  mitten  zwischen  Linea  albs  asc 
Rückgrat,  1"  breit,  klaffend,  schrig  auf -einwärts;  Colon,  Magna  9"  tcc 
Pyloras,  linker  Leberlappen,  Zwerchfell  yerletzt,  tou  da  in  die  Bmai  Vis^ 
des  Pericardium  und  des  rechten  Ventrikels  im  unteren  Theile,  wieder  dsrtt 
Pericardium,  Lunge.    Ausgang  rechts  neben  Steraum,  zwischen  2.  iid: 
Rippe.    Bauchhöhle,  Pericard.  enthalten  wenig  Blut,  rechte  Pleura  aekr  ^ 
2  Quart    Kein  Koth  in  der  Bauchhöhle,  durch  den  entstandenen  Pd€ia> 
thorax  draug  bei  jeder  Exspiration  Luft  in  die  Wunde  zwischen  des  Kip- 
pen, daher  allgemeines  Bmphysem.  (Sehr  geringe  Symptome  der  HerzwzB^e 
(Von  J.  A.  Ehrlich  in  den  Ghirarg.  Beobacht  Leipzig  1796.  Bd  L  pi  9^ 
Anmerk.  falsch  als  Wnnde  des  rechten  Herzohres  citirt). 

M)  de  la  Motte  (Trait^  complet<de  chirargie.  Tom.  IIL  Paris  1132 
p.  87).  Soldat,  Degen,  Wnnde  zwischen  linker  6.  und  6.  Rippe,  t  lod 
12  St.  Linke  Brost  voll  Blnt;  sehr  kleine  Wunde  an  der  Spitze  des  reck 
ten  Ventrikels.  Wahrscheinlich  trat  bei  jeder  Diastole  eine  gewisse  Http 
Blut  aus;  aber  die  Wunde  war  so  unbedeutend,  dass  eine  so  lange  2eii 
(12  St.)  dazu  gehörte,  um  die  in  der  Pleura  befindliche  Blutmeage  n 
liefern,  weil  sich  die  Wnnde  bei  der  Systole  schloss  und  keinen  Trop^^s 
Blot  entleerte.  Aerzte  nnd  Chirurgen,  welche  nicht  bei  der  Sectios  «««£• 
wollten  den  Fall  nicht  glauben,  weil  Patient  so  lange  gelebt  hatte. 

9G)  Jobert  de  Lamballe  (R^flexions  sor  les  pfaues  p^n^traates^ 


Deber  die  Wanden  des  Henena  and  des  HenbeatelB.  815 

coear.  Arob.  g^nör.  de  MMec.  Sept  1839.  m.  S^rie.  T.  VI.  p.  5).  Prits, 
3djähr.,  erhält  Bajonettwande  links  sm  Niyean  des  4.  Rippenknorpels. 
Heftiger,  sber  oberflächlicher  Schmerz,  intensive  Dyspnoe,  Angst.  Hen- 
schlag  sehr  aufgeregt;  man  hört  ein  Geränseh,  als  wenn  Blut  von  einer 
Arterie  in  eine  Vene  fliesst  Trots  Blntegel,  Aderlass,  f  nach  18  St 
Pericard.  3,4'"  lang  vorn  getrennt,  grosser  Pfropf  darin;  2,3"'  lange  Wände 
am  Gipfel  des  rechten  Ventrikels.    Flflssiges  Blut  in  der  Pleura. 

9t)  Chianea  (Rec  de  Möm.  de  Möd.  et  de  Ghir.  milit.  T.  XL  p.  85. 
Paris  1823).  Soldat,  Hesser,  f  luu^h  36  St  Wunde  des  rechten  Ventri« 
keift  nnd  der  Leber.    Blut  in  der  Pleura. 

ra)  Henri  ab  Heers  (Observ.  medic.  p.  114—117.  Lngdun.  Batav. 
1685).  Ehemann  stOsst  im  Zorn  seiner  schwangeren  Frau  einen  Dolch 
rechts  in  die  Brust  Abortus,  t  am  2.  Tage.  Wunde  des  rechten  Ventrikels. 

90)  Nie.  Tulpius  (Obs.  med.  Lngd.  Batav.  Ed.  V.  Lib.  IL  cap.  18. 
1642).  2  Wunden  a)  in  Leber,  Magen,  Zwerchfell;  b)  durch  Mediast  in 
den  rechten  Ventrikel,  f  am  2.  Tage.  Viel  Blut  im  Pericard.  ....  eum 
tarn  effnsa  sanguinis  copia,'  ut  illi  undiquaque  innataret  nobilissimum  hoc 
viscus  ..." 

8e)  Restrick  (Chirurg.  Journ.  milit  T.  2.  p.  397,  bei  Allewei- 
reldt  L  c  p.  28.  obs.  80).  Mann  erhält  Wunde  mitten  links  im  Thorax; 
Emphysem  umher.  Schwäche;  kein  Fieber,  Blutauswurf,  Athemnoth.  Ader- 
lass, Besserung.  Dann  Syncope,  f  am  2.  Tage.  Sehr  kleine  Wunde  des 
rechten  Ventrikels,  der  blutleer;  im  Pericard.  fStides  Blut 

91)  Dupuytren  (Le^.  oral,  de  clin.  chir.  183a  T.  6.  p.  845,  bei 
A.  Sanson.  Th^e.  1827.  obs.  III.  p.  18).  Renvoy,  21jähr.,  trunken,  er- 
hält 3.  Febr.  Stich;  merkte  erst  nach  einigen  Schritten  an  der  Blutung, 
dass  er  verwundet;  Nachts  auf  dem  Kamp^lats  liegend.  4.:  ein  Arzt  setst 
2  ScbrOpikOpfe  um  die  Wunde,  zieht  viel  Blut  aus.  Wunde  links  zwischen 
5.  und  6.  Rippe,  IV  vom  Stemalrand,  1''  lang.  Bei  jeder  starken  Inspira- 
tion, Husten,  dringt  Blutstrahl,  schwarz,  kleinfingerdick,  2  —  3''  hoch  aus 
der  Wunde.  Lage  auf  Rücken  und  linken  Seite  unerträglich.  Athem, 
Husten  angestrengt,  kein  Blutauswurf,  noch  Emphysem.  Puls  sehr  klein, 
105.  Gesicht  bleifarbig,  kalte  Extremitäten.  Abends  Aderlass,  5  gr.  Bella- 
donna. 5.:  Nachts  2  Stunden  Schlaf,  Patient  fflhlt  sich  besser,  Athem 
leichter,  Puls  voller,  90,  Wärme  gleichmässiger.  Mittags  Aderlass.  Abends 
mehr  Dyspnoe,  Puls  sehr  klein  und  fireqnent  6.:  Dyspnoe  sehr  gross. 
Aderlass.  t  am  8.  Tage.  2  Finten  Blut  in  linker  Pleura.  Rechter  Ven- 
trikel an  der  Spitze  durchbohrt;  Pfropf  verschliesst  Oeffnnng.  Aorta  auf 
das  Volumen  der  Cruralis  verkleinert.  Wunde  der  linken  Lunge  und  des 
Pericardium. 

8t)  Le  Voyer  (Mäanges  de  chimrg.  par  Saucerptte.    Vol.  L 


816  I^r-  Georg  Fischer, 

p.  874.  Paris  1801).  Soldat,  24jSbr.,  erhUt  Stich  mit  Degen,  konai^ 
1^  Meilen  Tom  Schlachtfeld  nach  Hanse.  Wenig  Fieber.  9.  Tag:  Fat.  «k^ 
sieh,  speist  mit  den  Gameraden,  passirt  die  ReTue.  3.  Tag:  Eitsgw  Fkb^ 
Aufregung,  Atbem  sehr  schwer,  Patient  kann  sich  weder  aufrecht  ei^ak^ 
noch  liegen,  f  nach  3^  Tagen.  WuDde  quer  durch  rechten  Ventrikel,  61 
lang;  darin  2  fettige  (graissenx)  K6rper,  Ton  denen  der  grOosere  ai  d^ 
.VaW.  tricnsp.  entspraog,  sich  nach  unten  direct  auf  die  Wand«  legte,  ^ 
den  Blatanstritt  modificirt  hatte.  Pericard.,  linke  Pleura  mit  irieefaeB  M 
gefallt    (Secnndäre  Blutung  am  8.  Tage). 

88)  Domini c.  Panarolus  (latrologisimoram  sea  medee.  oleerr 
Pentecostae  quinqae  Romae  1652.  4.  Hanau  1654.  4.),  Beobaehtnag  ^ 
römischen  Chirurgen  Gulielmus  Riva:  Frau  Tulpha  erbilt  7  Wniida 
Ton  denen  2  in  den  rechten  Ventrikel  driogen,  t  na^ch  4  Tagen  (Uct 
Panaeolns;  häufig  als  2  Fälle  von  P.  und  RiTa  beschrieben,  a.  E  te 
Zannetti  Fall  6  und  139.  Von  Letzterem  als  Wunde  des  rechten  VoiM» 
und  Tod  nach  2  Stunden  aufgef&hrt). 

M)  Zacharias  Fürst  (Ephemer,  medic.  academ.  natar.  cnrioa  Dk 
II.  Ann.  ni.  Norimbergae.  1685.  obs.  113).  Soldat  sticht  mit  Degen  ^ 
erhöhtem  Platz  eine  Magistratsperson:  letztere  stfirzt  Geringe  Bhta^ 
Geist  stets  klar,  f  am  4.  Tage.  Lunge,  Pericardium,  rechter  Veotrftii 
durchbohrt,  so  dass  der  Eingaog  der  Wunde  fast  1  Querfinger  bOber  H 
als  der  Ausgang.  (Nach  der  Zeichnung  findet  sich  EingangsOffnirag  vmk 
Ausgang  hinten).  Viel  Blut  in  beiden  Ventrikeln,  ganze  Thorax  mit  Blc 
gefönt  (falsch  als  Wunde  beider  Ventrikel  beschrieben.  Bei  Alle veireUt 
ist  dicHe  Beobachtung  obs.  XXI.  ohne  Citat,  während  obs.  XXIV.  jenes  ö» 
hat,  Ton  Verletzung  des  rechten  Ventrikels  und  Tod  nach  4  Tagen  spiiekt> 

§ft)  Spencer  Smith  (The  Lancet  26.  Jan.  1867).  21jähr.  Maas,  be- 
wusstloB,  mit  kalter,  feuchter  Haut,  fast  unmerklichem  Pnbe,  tiegei^ 
Athem,  contrabirten  Pupillen  am  25.  Decbr.  ln*8  Spital  gebracht  Ln^ 
normal,  Herztöne  fast  nicht  zu  hören,  Herzstoss  nicht  sichtbar.  1"  iztff 
und  rechts  von  der  linken  Warze  war  eine  Stichwunde,  welche  horiioittil 
unter  den  Weichtheilen  von  links  nach  rechts  sich  l\"  erstreckte.  Ait»* 
rienblut  ans  Wunde  und  Muud;  bald  Bewnsstsein  znrfick.  Eis  inaerüti 
äusserlich.  Patient  schlief  Nachts,  aus  der  Wunde  drang  noch  12  St  hif 
Blut  26.:  Haut  warm,  Schmerz  in  Rücken  und  Beinen,  Puls  86.  27: 
Grosse  Schwäche;  keine  abnormen  Geränsche  am  Herzen  und  io  Lst^ 
28.:  Suffocatioaserscheinungen ;  heftige  Stiche  in  Herzgegend,  kons  Heim- 
liche Dämpf ang,  Herztöne  stärker  und  rauher,  als  vorher;  an  der  ^tfttf 
schwaches  Reibegeräusch.  29.:  Alle  Symptome  heftiger;  in  der  Hengegei' 
starkes  Knistern,  Puls  120.  t  am  5.  Tage.  In  den  letzten  Tsgeo  BHa- 
egel,  Opinm,  Reizmittel.    Wnnde  zwischen  5.  und  6.  Rippenknoipel;  » 


Deber  die  Wonden  des  Her/ens  and  des  Henbentels.  817 

»ricardimn,  welches  durchbohrt,  5  Unien  flOseigee  Serum  und  Bliteosgn- 
m ;  beide  Flftchen  der  Membran  mit  frischer  Lymphe  bedeckt,  stellenweise 
atrk  geröthet  Hen  vergrOssert,  weich.  Wände  des  rechten  Ventrikels  8" 
311  der  Spitse,  \"  lang,  mit  Lymphe  bedeckt    Links  Plenritis. 

9A)  T.  Bartholin  (Hist  aoat.  et  med.  rar.  cent.  L  bist  77.  p.  115. 
mntekL  1664).  Messer,  zwischen  3.  and  4.  Rippe  links.  Patient  geht 
ingen  Weg  ans  Vorstadt  nach  Hanse,  beh&It  Bewnsstsein,  t  am  5.  Tage. 
TiiDde  des  rechten  Ventrikels  mit  kleiner»  schmaler  Oeffnnng.  Blntergass 
s    Pleura  (keine  Dyspnoe). 

69)  Boyer  (Pourcroy,  M^dec.  ^lairöe  par  les  sc.  pbys.  T.  n. 
.  d2.  Paris  1791).  Selbstmord,  66jfthr.  Mann,  Messer  in  Hals  und  1  fin- 
erbreit  vom  Proc.  ziph.  über  dem  7.  Rippenknorpel,  1"  breit.  Aofaogs 
on  oben  nach  nuten,  dann  von  unten  nach  oben.  Kleiner  Finger  dringt 
iemlich  tief  ein;  kein  Lnftaustritt ,  die  Wnnde  schien  nicht  sn  penetriren. 
^atient  ruhig;  starker  Aderlass.  11.:  Aderlass.  Schmerz  im  RQcken,  Nar- 
roticnm.  18.:  Gesicht  gelblich,  Ausdruck  Terändert.  Athem  wird  röchelnd 
^jocope,  Pols  schwach.  14.:  Tod  am  5.  Tage.  Im  Pericard.  riel  röthllches 
Wasser  mit  Blntklnmpen.  Rechter  Ventrikel  rerletst;  die  Inssere  Wunde 
Eiemlich  breit»  die  innere  sehr  klein,  so  dass  kaum  die  innere  Haut  ganz 
geöffnet  war,  woraus  hervorgeht,  dass  die  Spitze  des  Messers  kaum  pene- 
trirt  hat,  w&hrend  die  breitere  Klinge  aussen  eine  entsprechend  grossere 
Oeffnnng  machte. 

89)  Dupuytren  (Leg.  oral,  de  clio.  chir.  1839.  T.  6.  p.  846;  bei 
A.  Sanson.  These.  ^1827.  obs.  VIIL  p.  16)  Didon,  32jähr.  Frau,  Selbst- 
mord, Tranchet  (Messerkneif),  dessen  stumpfes  Ende  sie  gegen  eine 
Mauer  gelehnt  Quere,  1''  lange  Wunde  zwischen  linken  6.  und  6.  Rippen 
knorpei,  stürzt  sogleich.  Starke  Blutung  ans  Wunde  und  Mund.  Athem 
schwer,  Puls  rasch  (2  Aderlässe).  Besserung.  Frau,  di  Monat  schwanger, 
abortirt.  Nach  3  Tagen  Athem  schwerer,  Gesicht  blass  (20  Blutegel  am 
After),  keine  Erleichterung  (Aderlass,  Senfteig,  Vesicator).  Symptome  stei- 
gern sich.  Beim  Athmen  beftige  Thoraxbewegnngen,  wobei  man  Pat.  halten 
mnss;  t  &m  &•  Tage.  Rechter  Ventrikel  vorne  in  der  Mitte  durchbohrt, 
fester  Pfropf  ▼erschliesst  den  Eingang.  Peric4urdium  mit  Blnt  gefQUt;  Ver- 
letzung der  linken  Lunge. 

S0)  Billy  (Zod  med.  gall.  obs.  X.  April^  bei  Bonet,  Sepulch.  anatom. 
T.  ni.  p.  876.  obs.  3).  B,  24i&hr.  Mann,  erhält  im  Kampf  Stich  mit  Degen 
(Schwert)  2  Finger  unter  der  rechten  Warze;  f  »m  5.  Tage.  Wunde  zwischen 
3.  und  4.  Rippe,  Verletzung  der  Lunge,  Pericardium,  rechter  Ventrikel  unter- 
halb des  rechten  Herzohres  —  (falsch  als  Wunde  des  rechten  Herzohres  be- 
Bchrieben  . . .  tandem  immediate  infra  cordis  auriculam  dextram  rentriculi 
snbditi  fondnm  attigisse  gladii  mncronem  . . .). 


818  !>'•  Georg  Fischer, 

•O)  Stadelmeyer  (Med.  Gorresp.-BI.  bajersefa.   Aerste.  K  Jmir 
1848.  Nr.  3).    1.  März  mehrere  Stiche  mit  Messer.    Sogleich  regiiB^^? 
auf  dem  RftckeD,  TodteoblSsse,  Angen  starr,  Glieder  kalt,  Pols 
Atbem  kaum  bemerkbar.    Plötzlich  kreischendes,  sehmeraiiaftes 
sich  wiederholend,  mit  Ohnmacht  abwechselnd.    Schmers  in  Oaieilei^  Er 
brechen.    Weder  Blntang,  Hnsten,  blntiger  Answnrf,  noch  BrnatbekteuMM*! 
Banchwnnde,  ans  welcher  Netz  prolabirt.    Verband,  Gelmiztiir  mit  Sjr.  d,A 
Nachts  Unruhe;  Durst,  Puls  fadenförmig,  oft  Erbrechen,  keine  Ath^nbeiekOT 
den.    Erbrechen  durch  Laudannm  Terringert    3.:   Btwas  Bessmisg^     4 
Durchfall;  Brustsufftlle  und  Erbrechen  fehlen,  SchluchzeiL     IMii  Dert^ 
fall,  durch  Laudannm,  Extr.  Gascar.  gestillt.  Heftiger  Magenachmtf«;  Aätr- 
lass  entleert   nur  3   Dnzen   Blut.    Nachm.:  Verftdl,    IMirien,    t  am  5. 
Tage.    Wunde  rechts  zwischen  1.  nnd  3.  Rippe,  10|"'  vom  StNona,  >' 
lang,  femer  Wunde  3^"'  rechts  von  der  Mitte  des  Stemomn  und  ßV'  '^^ 
Sternoclayiculargelenk,  11"'  lang,  sodann  Wunde  am  Baneh,  ObersehesM 
Durch  die  1.  war  die  Art.  inter.  prima  durchschnitten.    In  der  ntkm 
Pleura  6  Pfd.  Blut.    Durch  die  2.  war  Pericardium  nnd  rechter  y^tnts 
▼erletzt;  Peiicard.  zu  \  mit  Blut  gefüllt    Die  innere  Wände  des  rsctei 
Ventrikels  mehr  als  5'"  durch  Blutcoagulnm  ziemlieh  fest  verkMt   ^ 
der  freien  Fläche  des  Endocardiums,  der  Umgebung  der  Wunde  ein  Üakr- 
grosses  Exsudat.  In  der  linken  Pleura  3|  Unzen  hlntigen  Semn».   Mages- 
wunde.    Lungen  unverletzt 

•I)  Schwartz  (Mittheil,  aus  dem  Archiv  der  Gesellseh.  pr.  äi^ss 
in  Riga.  I.Samml.  1839).  Messer,  Wunde  aber  5.  linker  Rippe;  tief.  Bis  sa 

5.  Tage  ohne  Besorgniss.  Am  6.  Tage  geht  Pat  umher,  worauf  Blotai^ 
die  nur 'auf  Eis  und  Tamponade  stand.  Bald  Oppression,  HersacUag  liekt^ 
fahlbar.  Puls  frequent,  Glieder  kahl.  Aderlass.  Links  Mattigkeit.  SiSAm 
Oppression;   Paracentese  des  Thorax,  wobei  sich  nichts  entleert,  f  >• 

6.  Tage.  Pericard.  und  rechter  Ventrikel  verletzt  Untere  Fliehe  ^ 
Herzens  durch  Adhäsionen  mit  Pericard.  verklebt,  daher  untere  Wnnde  fe- 
schlossen,  die  obere  vom  Extravasat  im  Pericard.  bedeckt.  Perieard  loi 
Fett  umgeben,  welches  Ausflnss  des  Blutes  gehindert  Durch  die  Bewe- 
gung des  Kranken  war  dieser  schatzende  Wall  durchbrochen.  4,  5  Pfss^ 
Blut  im  Thorax.  Ein  zelliger  Strang  vom  Pericard.  zur  Pleura  hinderte  dei 
Ausflnss  bei  der  Paracentese.  —  Die  Herzwunde  begann  zu  verheilen.  W&« 
die  Operation  höher  gemacht,  so  h&tte  Pat  sich  verblutet. 

•9)  (Miscell.  Cnrios  ann.  3.  dec  3.  app.  2).  Mord,  Messer,  fai 
6.  Tage.    Wunde  des  rechten  Ventrikels.    Brusthöhle  ganz  mit  Blut  gefitit 

•9)  Oh.  F.  Garmann  (Ephem?  nat  curios.  Dec.  IL  ann.  IIL  obser. 
114  Norimberg.  1685;  conf.  Abb.  der  römisch-kaiserl.  Academie.  T.  Hn 
p.  189).    Mann,  trunken,  erhUt  Stich  mit  kngem,  spitien  Messer  wdä 


Ueber  die  Wunden  des  Henens  and  des  Herzbeutels.  819 

ureh  Knorpel  des  Sternom  an  der  5.  Rippe.  Wände  des  rechten  Ventrikels, 
'''  lang,  3  Finger  Aber  der  Spitse.  Ans  der  Wände  kam  yiel  Blnt  nnd 
ymphatiscbe  Flfissigkeit  (haemor  Ijmphaticns),  wie  sie  im  Pericard.  ist 
>lininacht,  Delirien,  kein  Schlaf,  Atbem  schwer,  Pnls  langsamer,  nnregel- 
QSUssig;  t  am  6.  Tage.  Viel  Blnt  in  der  rechten  Pleura  (bei  Allewei- 
-elldt  ist  dieser  Fall  obs.  XXII.  und  derselbe  wie  obs.  XXV.). 

•4)  Vols  (Mitthea  aus  dem  badischen  &ntl.  Ver.  IX.  13.  1855). 
97a nde  dicht  unter  dem  Proc.  xiph.  links,  schief  nach  oben  und  aussen, 
y*  klaffend;  es  floss  beständig  schwarzes  Blut  mit  Blutblasen  vermengt 
aas.  Knorpel  der  6.  Rippe  sichtbar  durchschnitten;  t  am  6.  Tage.  Wunde 
des  rechten  Ventrikels,  dagegen  Lungen,  Zwerchfell  nicht  getroffen. 

Stt)  de  TBcluse  (Histoire  de  TAcad.  roj.  des  scienoes.  1744.  Paris 
1748.  p.  14.  art  9.  yeröffentlicht  von  de  la  Sdne).  39i&hr.  Mann  erhUt 
Stieb  mit  Degen  etwas  unter  der  linken  Warze.  Behandlung  anscheinend 
erfolgreich,  so  dass  Patient  am  5.,  6.  Tage  sich  ziemlich  gut  befand.  Ver- 
schlimm^jrung,  t  md  7.  Tage.  Rechter  Ventrikel  zwischen  Spitse  und 
Mitte  getroffen,  das  ganze  Herz  mit  coagniirtem  Blut  gefftlli 

••)  ValsaWa  (Morgagni,  de  sed.  et  caus.  morb.  Venetiis  1761. 
Tom.  II.  Lib.  IV.  art.  3).  35j&hr.  Mann,  Messer,  Wunde  zwischen  5.  und 
6.  Rippe  in  der  Mitte  des  Stemum.  Sofort  grosser  Gollapsus.  Nach  3  Stun- 
den allmSlige  Wiederkehr  der  Kräfte.  Am  folgenden  Tage  Husten,  Durch- 
fall.  Letzterer  hörte  am  6.  Tage  auf,  Husten  immer  schlimmer.  Vom  An- 
fang an  OefQhl  eines  grossen  Gewichtes  im  Bauch,  t  am  8.  Tage.  Sehr 
viel  Blnt  im  Thorax.  Durch  Wunde  des  Zwerchfells  strOmte  das  Blut  aus 
dem  Thorax  in  die  Bauchhöhle.  Rechter  Ventrikel  yerletzt,  so  comprimirt, 
dass  aus  der  Wunde  kein  Blut  drang  *  (bei  Sanson  sind  Fälle  X.  und 
XUI.  dieselben). 

•9)  Morand  (Opuscules  de  chimrg.  2.  Tbl  S.  184.  Paris  1772; 
Histoire  de  Tacadem.  royale  des  sciences.  1735  (Paris  1738).  p.  21.  obs. 
anat.  9).  Soldat  erhält  Stich  mit  Degen  zwischen  5.  und  6.  Rippe,  unter 
linker  Warze,  2  fingerbreit  Tom  Sternum.  3  Tage  ohne  schwere  Symptome, 
am  4.  Fieber,  Athemnoth,  t  am  9.  Tage  und  i  Stunden  (nicht  am 
2.  Tage  nach  Zannetti  Fall  20).  Pericard.  vome  und  hinten  durchbohrt. 
Wunde  des  rechten  Ventrikels,  nahe  der  Spitze,  des  Zwerchfells,  Leber, 
Blut  im  Pericardium;  eiteriges  Serum  in  beiden  ThoraxhGhlen.  —  M.  zwei- 
felt, dass  ein  ähnlicher  Fall  mit  so  langem  Leben  schon  bekannt. 

•§)  Diemerbrock  (Anatom,  libr.  II.  cap.  VI,  p.  266  bei  Bonet 
und  de  Jong).  W.,  22iähr.,  Schwert,  geht  60—60  Schritt,  stflrzt,  Ohn- 
macht Wunde  sehr  klein,  Blutung  gering.  Als  man  am  3.  Tage  den  Ver- 
band löste,  starke  Blutung;  Pat  isst  und  trinkt  Abnahme  der  Kräfte. 
Bewusstsein,  ohne  Schmers,  t  «n  9-  Tage  und  8  Stunden.   Wunde  rechts 


820  T>T    Georg  PiBcber, 

swiBcheo  5.  und  6.  Rippe,  wo  sie  in  den  Knorpel  abergebeo,  1"  breit.  Wnodo 
des  rechten  VentrikelB  nahe  der  Insertion  der  Vena  cavs  oberhalb  der  ?al?. 
tricnsp.    Pericardiam  und  Pleura  voll  Blot 

•9)  Idonis  Wolf  (Obs.  med.  chir.  libr.  dao.  QnedHnbnrK  1704. 
obs.  9.  p.  21).  Beobachtvogen  von  F.  Dekkers:  Baaer  erh&lt  Stich  mit 
Messer,  stürzt  sofort,  viel  Blut  ans  Wunde.  8  Tage  ohne  alle  Erscheinui- 
gen;  Arterienpuls  nirgends  gefühlt  f  am  9.  Tage  (nicht  2.  Tag,  Zannetti 
Fall  16).    Wunde  des  rechten  Ventrikels  2  Finger  breit 

lee)  Jobert  (1.  c.  S.  7).  Prevot,  21j&hr  ,  erh&lt  am  80.  April 
7  Stiche  mit  Messer,  5  Minuten  ohne  Besinnung,  sofort  yiel  Bio!  aas 
Wunden.  Links  vom  Epigastrinm  6  Wunden,  deren  grosseste  4  Finger  nnter 
der  linken  Warze,  unter  der  6.  Rippe,  8"'  lang  var;  die  anderen  Wanden 
lagen  tiefer.  Grosser  Collapsus;  Geräusch,  wie  im  Fall  76;  von  mehreren 
Studenten  gehört  1.  Mai:  Nachts  starke  Blutung;  Athemanstrengung,  Ge- 
räusch hörbar.  2.:  Als  dem  Patient  plötzlich  seine  Mörder  gegenfiberge» 
stellt  werden,  tiefer  Schmerz,  Reibger&osch  (bruit  de  rftpe).  3.:  Beklem- 
mungen, linke  Bruatseite  fast  ganz  matt,  mehr  Schmerz.  4. :  Grosse  Schwäche^ 
Schmerz  in  der  Herzgegend  sehr  abgenommen,  Reibgeräusch.  Mehrere  Ader- 
lässe, worauf  Erleichterung.  6.-6.:  üandbäder,  Laxantien.  8.:  Nach  Ans- 
leerangen  schien  Besserung  zu  kommen.  9.:  Plötzlich  Ersticknngsnoth,  t 
am  9.  Tage.  Allgemeine  Blässe,  linke  Lunge  durch  serösblutigen  Erguss 
comprimirt,  keine  Wunde.  Die  grosseste  Wunde  unter  der  6.  Rippe  geht 
schräg  bis  zur  Insertion  des  Pericardiums  am  Zwerchfell;  Wunde  des  Peri- 
cardiums,  nicht  des  Zwerchfells;  Wunde  des  rechten  Ventrikels,  der  ganz 
durchbohrt  Auf  dem  Wege,  den  das  Instrument  genommen,  Fibrinpiröpfs. 
Wunde  des  Pericard.  durch  Pfropf  verstopft,  welcher  gleichzeitig  der  Herz- 
wunde  anhängt,  die  im  ganzen  Verlauf  mit  einem  Pfropf  ausgekleidet  ist 
Herz  gross,  schlaff.  Pseudomembran  im  Inneren  des  Pericard.  Alle  Wun- 
den zeigen  Ecchjmosen.  Bauchwunden  in  Leber,  Magen;  eine  1''  tiefe 
Leberwunde  ist  mit  Pfropf  bekleidet,  welcher  beide  Lippen  zusammenhält 

101)  Sönac  (Traitö  de  la  structure  du  coeur,  de  son  acUon  et  de 
ses  maladies.  T.  IL  1749.  p.  372).  Junger  Mann  verletzt,  Syncope,  Er- 
holung; Bewegungen  frei,  Appetit,  t  aim  9.  Tage.  Wunde  fiber  der  Valr. 
tricusp. 

t09)  Augö  (Marigues,  Remarques  sur  le  plaies  du  coeor;  Ancieo 
Journ.  de  m^dec.  T.  48.  p.  244.  Paris  1777).  Mann  mit  Doloh  links  ge- 
stochen. Ganz  wohl,  plötzlich  nach  einem  Fehler  in  der  Lebensordnnng 
Wunde  wieder  aufgerissen,  t  am  13.' Tage  an  BlntTerlustund  Schwäche. 
Wunde  des  rechten  Ventrikels  zwar  sehr  klein,  aber  doch  eine  grosse  Menge 
Blut  austreten  lassend  (Moriquez  bei  Zannetti). 

tes)  Maschner  (Ver.  deatsche  Zeitscbr.  tSt-Antt.*K»  184&  Neue. 


Ueber  die  Wunden  des  Hersens  nnd  dee  Henbentels.  g21 

Folge.  OL  Bd.  L  Hft.  Nr.  X.  S.  163).  19jShr.  Mann,  durch  Eintchlag- 
meseer  xwiechcn  4.  nnd  6.  Rippe,  2"  rechte  Tom  Stemnm,  Tenrnndei 
Sterke  Blutung,  weder  Husten,  Schmen,  noch  Auswurf.  Es  drang  ein  helles, 
schaumiges  Blut  stossweise  ans.  Strenge  Antiphlogose.  Pat  bis  zum  8.  Tage 
ohne  besondere  Symptome,  ausser  Bett,  wollte  in  Dienst  gehen.  Am  10.  Tage 
Tief  schlechter,  BrschiSpfung,  grosse  Unruhe,  Husten,  knner  Athem,  f  am 
14.  Tage  suifocatorisch.  108  Unzen  Blut  in  Pleura.  Wunde  des  Pericard. 
%"  Durchmesser  mit  obliterirten  Rftndern.  Kleine  Wunden  des  rechten  Ven- 
trikels mit  glatten  Rändern;  nirgends  Anh&ufung  tou  Blut  oder  Entzflndang. 

104)  Müller  (Obserr.  et  bist  chhrurg.  en  douze  centuries.  Oeneve 
1799;  J.  Y.  Meckren,  Obs.  med.  chir.  Amsterdam,  p.  158.  1683  (1652?). 
Wunde  rechts,    f  am  14.,  15.  Tage  (yielleicht  gleich  Fall  105). 

KI4«*)  Lieutand  (Historiaanatom* med.  ed.  Portal  nnd  ed.  Schle- 
gel. Gotha  1796.  toL  9.  obs.  609).  Soldat,  vulnns  penetrans  nsque  in  sinum 
deztmm  cordis,  Eiter  in  der  rechten  Brusthöhle  am  Herzen,  t  D»<^h  15 
Tagen  (beiZannetti  L  c.  Fall  unrichtig  als  nicht  penetrirende  Wunde cit). 

iOA)  N.  Huler  (Sennert,  Opera.    Liv.  V.  part.  4.  chap.  3.  p.  864. 
Firis  1641). 

.Nicol.  Mulerins,  dem  Leser  einen  Gruss.^ 

Man  hat  bis  jetzt  geglaubt,  dass  eine  Herzwunde  nicht  mehr  als  eine 
kleine  Stunde  das  Leben  erhftlt.  Es  muss  hier  die  äusserst  merkwflrdige 
Geschichte  eines  Soldaten  erwähnt  werden,  welcher  mit  einer  Herzwande 
länger  als  15  Tage  lebte.  Eine  Beobachtung  dieser  Art  ist  weder  von  alten, 
noch  von  neueren  Ärzten  gemacht.  Andreas  Haesevenger  in  der  Ge- 
hörte das  berühmten  Grafen  Wilhelm  tou  Nassau,  GouTerneur  von 
Friesland,  GrGniogen  n.  s.  w.  erhielt  von  seinem  Kameraden  eine  Brust* 
wunde  am  22.  August  1607  Abends  und  t  9,m  8.  September  1  Stunde  nach 
Sonnenuntergang,  also  nach  16  Tagen.  Auf  Befehl  des  Miiitairprätor 
machte  ich  die  Section  mit  dem  Chirurgen  Gaspard  und  Luc  Hnlien 
in  Gegenwart  des  edlen  Bernhard  Hoorkens  und  yieler  berühmter  Offi- 
ziere. Nach  Eröffnung  der  Brust  floss  Tiel  flbelrieohender  Eiter  aus,  die 
Wunde  drang  in  den  rechten  Ventrikel,  hatte  diese  ganze  Partie  afficirt, 
während  der  linke  Theil  intact  war.  Damit  Niemand  an  der  Wahrheit  zwei- 
felt, ist  der  Fall  beglaubigt  durch  den  edlen  Beruh.  Hoorkens,  Präfect 
der  Stadtgarde  und  Peter  Pappus,  Miiitairprätor.  Letzterer  wird  diese 
merkwärdige  Beobachtung  in  seineu  weisen  Armeecommentaren  aufnehmen. 
Geschehen  zu  Groningen,  22.  Juni  1627. 

Bernhard  Hoorkens,  Obiges  bezeuge  ich. 

Geschehen  am  22.  Juni  1627. 
Feter  Pappns  von  Tmtzbergk,  ich  bezeuge,   dass  diese  Geschichte 

ud  flr  mieh  hinreichend  eonstatirt  ist 


822  Dr.  Georg  Fischer, 

tOB)  Letennear  (Balletin  de  la  Sociale  anatom.  13.  Jahrg..  p.  dOa 
Paris  1838).  Präparat;  6  Stiche  mit  Messer  in  die  linke  Warzengegend, 
f  am  18.  Tage.  2  Wanden  des  rechten  Ventrikels  dnrch  PfrOpfe  ge- 
schlossen. 

109)  Dominicas  de  Roy  (Bonet,  Sepnlehr  anat.  p.  160.  §.  13; 
anch  bei  J.  B.  Pantonns,  Giomale  de'  UtteraU  d'Italia.  t  XXI.  p.  148) 
schente  sich  nicht,  mit  einer  Sonde  die  Herzwnnde  eines  Mannes  nachzn- 
weisen.  Ohnmächten,  heftige  Herzpalpitationen,  Tiel  weisser  Biter  ans  der 
Wnnde  des  Pericard.  Wunde  des  rechten  Ventrikels,  t  *^  33-  Tage  — 
(hSafig  als  2  Fälle  von  Roy  und  Fantonns,  als  Wände  des  linken  Ventri- 
kels beschrieben.  Alleweireldt  obs.  29ss41.  Sanson  citirt  den20.  Tag). 

tOS)  LOaillot  (Mdm.  möd.  snr  le  traitm.  des  plaies  p^netr.  de  la 
poitrine).    f  «n  28.  Tage  nnverhoflft  in  Folge  einzelner  heftiger  Mnskel 
bewegangen.  * 

1%i  ipateri  Mit  CeMpUcatiraei. 

109)  Mos  Chi  (1829,  bei  Zannettr  1.  c.  Fall  64).  7'''  lange  Woode, 
theils  im  rechten  Vorhofe,  theils  im  rechten  Ventrikel,  t  nach  \  Si 
dnrch  Blatnng.    Wenig  Blut  im  Pericard.,  sehr  viel  in  der  rechten  Pleura. 

tt0)  Jobert  (I.e.  S.  6).  Anbert,  Ö^ähr.,  Selbstmord,  doppelsehnei- 
diges  Messer,  zwischen  5.  und  6.  Rippe  links,  2''  vom  Stemalrand,  pa- 
rallel mit  Intercostalraam,  6—7'''  lang.  Nach  4  Stunden  änsserste  Prostn- 
tion, Athem  penibel.  Links  nnten  matter  Ton,  Athem  mit  gargoniUemeot) 
dabei  Blatnng  ans  der  Wände.  In  Herzgegend  Geränsch,  ähnb'ch  dem  Sa- 
snrrns  bei  Aneurysma  Taricos.  Pat.  kann  nicht  links  liegen.  Mehrere  Ader- 
lässe. 2.  Tag:  Mattigkeit  links  stärker«  unmöglich  eine  starke  InspiratioB 
an  machen,  Pols  klein,  nnregelmässig,  Herzschlag  rasch.  3.  Tag:  Obiges 
Geränsch  verschwanden.  4.  Tag:  Snffocation  Tormehrt,  heftiger  Schmoi 
in  der  Herzgegend  bis  zum  nnteren  Winkel  des  Schnlterblattes,  Hersschlag 
dnmpf;  Reibegeränsch  (brnit  de  räpe),  grosse  Unrnhe.  5.  Tag:  Mattigkeit 
in  Herzgegend  stärker,  f  am  6.  Tage  Wände  des  Zwerchfells,  2  Wanden 
der  Herzspitze,  rechter  Ventrikel  ganz  dnrchbohri  Viel  Blnt  in  der 
linken  Plenra;  Pericarditis.  Beide  Wanden  der  Spitze  mit  Lymphe  gefttOt, 
welche  die  Ränder  vereinigt  Hers  sehr  weich,  enthält  weissgelbliehe  PMpfe. 

Itf)  Ver.  dentsche  Zeitschr.  ffir  St-Arzn.-K.  1856.  Neoe 
Folge.  VL  Bd.  1.  Hft.  Nr.  8.  S.  163.  Nach  der  Verletznng  sofort  zqszd- 
mengestfirzt,  bewnsstlos.  Aderlass  gab  icaam  li  Unzen  Blnt  Unrnhe,  Rt- 
dialpnls  nicht  fOhlbar,  am  Hals,  Leiste  deutlich.  Athem  mhig,  mitnnter 
Erbrechen,  mehrfach  dabei  nnwillkfirlicher  Stohglang.  Blässe,  Kflhie.  Er- 
holnng  noch  f  Standen,  dann  wieder  bewnsstlos,  t  nach  18  Standen. 
Wände  dreieckig,  rechts  2"  nach  Aussen  von  Warze,  SV"'  luig,  zwiseheo 


Oeber  die  Wunden  dee  Henens  nnd  des  Henbenteb.  82S 

4.  nnd  5.  Rippe,  Linke  Pleura  ganz  mit  Blnt  geffiUt,  ebenso  im  Pericard. 
Vfnnde  der  rechten  Lnnge,  Art  pnlmon.  dextra,  Aorta,  rechter  Yen- 
trikel,  in  letxterem  kaum  1'^'  Durchmesser. 

tl9)  Mercier  (Bullet  de  la  Soci^t^  anat  de  Paris.  XII.  Jahr, 
Paris  1837.  p.  249).  45jShr.  Hann,  Selbstmord,  Degen,  welcher  schmal 
und  dreieckig,  seine  Spitze  abgeplattet,  28chneidig.  9  Wunden  am  Bauch, 
Ton  denen  3  unter  dem  Nabel,  die  anderen  darflber.  Einige  dreieckig,  von 
der  Form  von  Blntegektichen,  andere  linear.  Durch  die  breiteste,  4"'  lang, 
rechts  unten  im  Bpigastrium,  war  wahrscheinlich  das  Herz  verletzt  Pat. 
sprach  erst  nach  2  Stunden,  gab  an,  dass  das  Instrument  6''  tief  einge- 
drungen, Leibschmers.  Leib  gross,  empfindlich.  Puls  klein,  Irequent  Wun- 
den so  klein,  dass  man  an  der  Penetration  zweifelte.  Aderlass;  t  nach 
15Stunden.  Verletzt  sind  Netz,  JejQuum,  Vena  cava  adsc,  Niere,  Leber, 
Zwerchfell,  Pericardinm,  worin  wenig  Eint,  untere  Flftche  des  rechten  Ven- 
trikeb  zweimal,  IV"  und  3'"  breit,  sodann  die  Aorta  dicht  hinter  einer 
Klappe.  Letztere  bedeckte  aufgerichtet  die  Wunde,  welche  2  V  gross.  Hin- 
ter der  Wunde  der  Aorta  eine  nussgrosse  Höhle  mit  Blutgerinnsel.  Lungen 
unverletzt    Wunde  des  linken  Herzohres. 

c)  Ttdi  nbestlmmte  leit. 

tlS)  Angenstein  (Gasper's  Vierteljabrsscbr.  fQr  gerichtl.  u.  öffentl. 
Medic.  23.  Bd.  1863.  S.  330).  Mord;  Taschenmesser,  Wunde  oben  auf 
dem  Stemum  rechts,  10'"  lang,  klafft  etwas,  scharfe  R&nder,  spitz  e  Winkel 
abwärts  auf  der  Mitte  des  Stemum  rerlaufend.  Wunde  des  Knochens  so 
eng,  dass  die  feinste  Sonde  nicht  durchging,  glatt,  ohne  Splitter.  Viel  Blut 
in  Pleura  und  Pericardinm.  Wunde  des  Pericard.  8"',  des  rechten  Ventri- 
kels 5"^ 

114)  Traill  (Monthlj  Journ.  Decemb.  1848). 

9)  IVIclit  penctrlrende  Wunden  —Tod« 

tift)  Latour  (Histoire  de  h^morrhagies.  T  L  p.  72.  obs.  83.  Or- 
leans 1815).  Mönch,  Selbstmord,  Messer,  perpendicolir  fiber  Ansatz  des 
Zwerchfells,  dann  schief  nach  oben.  Lebt  13  Tage  ohne  Zufälle,  Puls  ruhig, 
dann  plötzlich  Athemnoth,  f  am  13.  Tage  an  Erstickung.  Boyer  fand 
Wunde  des  Pericard.  und  rechten  Ventrikels,  dessen  Wände  in  I;"  seiner 
Dicke  getheilt  waren.  Das  nicht  getheilte  Viertel  widerstand  anfangs  dem 
Blutdruck,  zerriss  zuletzt  (?),  daher  Erguss  nnd  Tod. 

tie)  Neu  röhr  (Henke's  Zeitchr.  f.  St.-Arzn.-K.  1825.  3.  Hft.  S.  133). 
40jähr.,  Schiächtermesser.  9.  Jan.  Starke  Blutung,  Tiel  Brustschmerz, 
Athemnoth,  Puls  klein.  Verletzung  l\**  lang  zwischen  Stemum  und  Warze. 
Sondirung  stellte  Penetration  fest  Keiu  Blutspeien;  aq.  Goulardi,  riel 
schnarzes  Blut  dringt  aus,  Hand  auf  Wunde.    11.:  Starkes  Fieber.    12. 


:8g4  ^'  Georg  FUeher, 

GrosBe  Seh  wiche»  nahrhafte  Dilt,  Chinadecoct  16.:  Delirien,  grosse  Ob- 
rohe.  19.:  f  nach  10  Tagen.  4«  Rippe  darchschnitteo »  iinlES  8"  voa 
St«mnm,  Art  intercost  verletit  Im  Pericardiam,  welches  V  huig 
yerletzt,  4  Unzen  Blnt  Wnnde  des  rechten  Ventrikels  l*"  tief,  1^'''  laa^ 
1'''  breit,  ohne  Entzfindangserscheinnngen.  In  der  linken  Plenra  10—12  üu. 
Blnt  Lnnge  verletzt  -r  (Mangel  gehöriger  HQlfe,  Anwendung  des  Oeges- 
theils).  —  Anch  als  Fall  von  A.  Henke  anfgeführt 

S)  Fremde  Mftrper  —  Tod. 

Die  beiden  Fälle,  in  welchen  die  fremden  KGrper  nicht  direct  ateefaea, 
schliessen  sich  an  Fall  17  an. 

tl9)  (Froriep's  Notizen.  XXIII.  p.  63).  Seit  8  Tagen  Bmstschmer- 
zen.  Tod  im  Hdtel-Dien.  Im  rechten  Ventrikel  fand  sieh  ein  14''  langes 
Knochenstück,  welches  das  Herz  mehrfach  dnrchstochen  hatte. 

f  M)  J.  G.  Greisel  (Ex  litter.  D.  O.  S.  Jnng,  Vienna  VratisL  missis 
ad  D.  Sachsiam.  Ephem.  medic.  phys.  acad.  nat  curios.  Dec.  I.  ann.  L 
Lipsiae  1670  obs.  41).  Ein  TabercnlOser  f  plötzlich  an  Erstickung.  Ausser 
Ulcerationen  der  Lnnge  fand  man  »multo  mirabilins",  im  rechten  Ventrikel 
ein  grOnes,  nnyersehrtes  StQck  Brunn nenkresse  (foliolnm  Sisjmbrii}, 
welches  nach  Aussage  der  \7ittwe  am  Abend  Torher  genossen  war.  Dabei 
Ruptur  der  Lunge  in  die  aspera  arteria  (Trachea).  —  Ebenso  nnvahr- 
scheinlich,  wie  dieser  Fall,  ist  die  Beobachtung  Ton  J.  Hebenstreit  (in 
libello  de  Feste),  wo  ein  Mann,  der  wegen  heftigem  dolor  cordis  die  be- 
rfihmtesten  Aerzte  consultirte,  starb,  und  man  bei  der  Section  einen  ^ 
Wurm  im  Herzen  fand. 


Linker  VentrikeL 

fi)  Pesietrlrende  IVandeii  ^  Tod« 

a.    Ted    sefert^ 

iI9  — tee)  Ollivier  d*Angers  (l  c  S.  249).  Mittheilnng  von  Dr. 
Denis  Mord  durch  PapaToine  an  2  Kindern.  1)  Messer  ron  Tom  nach  hifi* 
ten,  bis  Wirbelsäule.  2)  Von  oben  nach  nnten,  durch  linken  Ventrikel,  bia 
tief  in  die  Leber. 

191)  Casper  (Pract  Handbuch  der  ger.  Medic.  Thanatoiogischer 
Theil.  1857.  S.  210).  3  Messerstiche;  links  li**  aber  der  Warze  und 
links  zwischen  5.  und  6.  Rippe,  IV  von  der  Warze.  Beide  lagen  \"  von 
einander.  In  linker  Pleura  20  Unzen  Blut  Wnnde  an  der  Basis  des  Pen- 
cardium,  dicht  am  Zwerchfell,  \"  lang,  Wunde  des  linken  Ventrikels  ebes- 
solang. 

199)  Behrendts  Repertorinm.  Jahrg.  V.  1834.  ApriL  S*  888,  Moid, 


Deber  die  Wonden  des  Horzens  und  des  Henbentels.  825 

Schastermesser,  t  n^b  wenigen  Minuten.  Reine  Blotnng.  Verletz,  des 
5.  Intercost  i*\  nahe  am  Sternnm.  Im  Pericard.  viel  Blut.  Verletzung  des 
linken  Ventrikels  nahe  der  Spitze. 

ttS)  Görard  (l  c.  obs.  12).  Beobachtung  von  Tourdes:  26j&hr. 
Mann,  Selbstmord  mit  28cbneidigem  Messer.  Sogleich  Blutstrom,  Syncope, 
dann  wieder  Besinnung,  Ohnmacht,  f  mit  den  Worten:  »ich  Onglflcklicher, 
was  habe  ich  gethanl*  Thränen  in  den  Augen.  Wunde  zwischen  7.  und  8. 
Rippe,  nahe  dem  Sternum.  Enormer  Bluterguss  in  linke  Pleura.  2  Lungen- 
wunden, in  rechter  Pleura  kein  Blut.  Wunde  des  linken  Ventr.,  nahe  der 
Spitze;  viel  Blut  im  Pericaid.,  im  Ganzen  mehr  als  2  Kilogr.  Blut  extra va- 
sirt    Innen  war  die  Wunde  durch  Fleiscbsäulen  bedeckt. 

it4)  Targioni  (1798,  bei  Zannetti  1.  c.  Fall  33).  Messer;  linker 
Ventrikel  ganz  durchstochen,    f  durch  Gompression,  Blut  im  Pericard. 

It5)  Targioni  und  Zannetti  (1813,  bei  Zannetti  I.e.  Fall  105). 
9**'  lange  Wunde  des  linken  Ventr.  f  nach  wenigen  Minuten  durch  Blutung. 

MG)  Targioni  und  Lecchini  (1849,  bei  Zannetti  L  c.  Fall  117). 
t  durch  Gompression.    Viel  Blut  im  Pericard. 

199)  Targioni  und  Lecchini  (1853,  bei  Zannetti  i.  c.  Fall  124). 
Schräg  penetrirende  Wunde.  Wenig  Blut  imPericard.  5Pfd.  in  der  linken  Pleura. 

M9)  Diem  erb  rock  (Anat  corp.  hum.  u.  s.  w.,  lib.  VL  de  arteriis. 
p.  605.  1689).  Duell,  Degen,  Mitte  der  Brust,  stQrzt,  .quasi  fulmine  ictus 
concidit,  moxque  exlinctus  est*,  linker  Ventrikel  durchbohrt.  —  Einen 
fihnlichen  Fall  sah  D.  früher  in  Lejden. 

M9)  Balth.  Timaeus  (Gasus  med  prax.  36  aonornm  obs.  Leipzig. 
1667.  Lib.  VL  Obs.  38.).  Hasselroth,  Stud.,  erhält  im  Duell  Wunde 
mitten  in  die  Brust,  etwas  über  dem  Sternum,  stQrzt  und  f  sogleich  .  .  . 
magnum  profundumque  in  cordis  usque  sinum  sinistrum  .  .  .  (nicht  seno 
destro,  nach  Zannetti). 

ISO)  OHivier  d'Angers  (L  c.  S.  ^49).  Gensdarm  erhält  Degen- 
stich. Linker  Ventrikel  allein  durchbohrt.  Herz  contrahirt,  blutleer,  Peric. 
ausgedehnt. 

131)  Ollivier  d'Angers  (Annales  d'hygi^ne  pubL  et  de  m^d.  l^g. 
Juli.  1843.).  Graf  Siraj  fällt  in  den  Stockdegen  seines  Gegners.  Wunde 
zwischen  link.  6.  u  7.  Rippe,  10  Gtm.  von  der  Mitte  des  Sternum,  9  Gtm. 
Ton  Warze,  9  Millim.  lang,  2  Millim.  klaffend.  Im  Peric.  8—4  Unzen  Blut. 
Wunde  des  link.  Ventrikels  1''  lang  hinten,  durch  und  durch.  Verletzung  des 
Peric ,  Lunge^  Zwerchfelles,  Magens  u.  s.  w.    Klinge  22  Gtm.  lang,  vierseitig. 

tat)  Gasper  (Pract.  Handb.  d.  gerichtL  Med.  Thanatolog.  Theil. 
18&7.  S.  352).  84 jähr.  Frau  ermordet  mit  scharfem,  dreikantigem  Instru- 
ment Tod  durch  Verblutung;  linker  Ventr.  ganz  durchbohrt,  ausserdem 
linke  Lmge,  Zwerehfell. 


Dr.  Georg  Fischer, 

C  o  m  p  1  i  c  a  t  i  0  B  e  IL 
tSS)  A.  Niemann  (Henke*«  Zeitschr.  f.  Si-A.-K.  1857.  a  Hfl 
8.  184).  HaDdwerksbnrsche  mit  Messer  erstochen.  Wnnde  links  4''  1*^ 
nnter  Clavicnla,  2"  von  Mitte  d.  Stemnm,  1"  lang,  i'*  breit,  4.,  5.  Ripp« 
durchschnitten.  Im  dnnkelblaorothen  Pericardinm  1  BsslGffel  sehwarsrSth- 
Ichen,  coagnlirten  Blutes,  unten  1"  &**  durchschnitten.  Wunde  der  Hert- 
spitse,  1''  lang,  des  linken  Ventr.  9"'  lang,  das  Septnm  eingeschnitten, 
Verletzung  von  Kranzgef&ssen.  In  linker  Pleura  i  Quart  Blut,  in  rech- 
ter i  Quart. 

b.Todsplter. 

184)  Wallace  (Lancet.  1833—1834.  Vol.  U.  No.  5).  Schuster 
beim  Auflauf  erstochen,  f  nach  6  Minuten.  Vordere  Wand  d.  linken  Ven- 
trikels durchstochen. 

ISA)  Langenbeck  d.  Aelt.  (Nosol.  u.  Ther.  der  chir.  Krankh.  1830. 
Bd.  4.).  Federmesser  von  Herzgrube  aus  durch  Zwerchfell  in  linkes 
Ventrikel,  f  binnen  10  Minuten. 

ISe)  Rosini  (1839,  bei  Zannetti,  L  c.  Fall  86)  5'''  lange  Wunde 
des  linken  Ventrikels,  f  nach  12  Minuten  an  Blutung.  Aeussere  Wnnde 
2  Daumen  lang. 

IS9)  Alberti  (1839,  bei  Zannetti,  1.  c.  Fall  88).  9"«  lange  Wunde 
des  link.  Ventr.,  f  nach  10—12  Minuten  an  Blutung.  6  Unzen  Blut  in 
Pericardinm,  6  Pfd.  in  linken  Pleura. 

IS8)  Targioni  und  Zannetti  (1842,  bei  Zannetti,  1.  c  Fall 96). 
11'"  lange  Wnnde  des  link.  Ventr.  an  der  hinteren  Furche,  f  nach  cm.  IS 
Minuten  an  Blutung.    8  Unzen  Blut  im  Pericardinm.  3  Pfd.  in  link.  Pleura 

t89)  Bonajuti  und  Zannetti  (1843,  bei  Zannetti,  Lc  Fall  106). 
11 ''^  lange  Wunde  des  linken  Ventrikels,  nahe  der  hinteren  Lingsfnrche. 
t  nach  i  Stunde  an  Blutung.  9  Unzen  Blut  im  Pericardinm,  8  Pfd.  io 
linker  Pleura.    (Sehr  wahrscheinlich  derselbe  Fall  mit  138.) 

140)  Beck  (1853,  bei  Zannetti,  1.  c.  Fall  131).  H.  erhält  7  Wod- 
den  der  linken  Lunge  und  3  des  link.  Ventr.,  geht  umher,  töricht,  f  nach 
^  Stunde. 

141)  Morgagni  (De  sedib.  et  cans.  morb.  Venetiis.  1761.  T.  ü. 
Lib.  IV.  Bp.  53.  Art  26.)  Bettler  in  Mailand,  40jähr.,  erhSlt  Messer- 
stich, 2  Qnerfioger  unter  linker  Warze,  geringe  Blutung,  geht  66  Schritte, 
setzt  sich,  erbricht,  f  nach  ^Stunde.  In  Pericardinm  und  linken  Pleuz 
viel  Blut.  Wunde  des  linken  Ventr.,  vorne  in  der  Mitte;  aussen  eng,  iBoao 
so  klein,  dass  sie  nur  bei  bedeutender  Anspannung  der  Theile  zu  sebea 
war.    Speisereste  in  Lunge. 

449)  0.  Millanta  (1849,  bei  Zannetti,  1.  c.  Fall  119).    3'"  Issfi 


Ueber  die  Wanden  des  Herzens  und  des  Herzbentels.  827 

Wunde  des  linken  Ventrikels,  einem  Zipfel  der  V.  mitralis  gegenüber,  f  nach 
^  Std.  an  Blutung. 

148)  Bonajuti  und  Zannetti  (1845,  bei  Zannetti,  I.e.  Fall  111). 
Mord.  7^'"  lange  Wunde  des  linken  Ventrikels,  f  nach  1  Stunde  an 
Blutung.    2  Unzen  Blut  im  Pericardium,  3  Pfd.  in  linker  Pleura. 

144)  Mosch i  (1831,  bei  Zannetti,  1.  c.  Fall  68).  Linker  Ventrikel 
ganz  durchbohrt,  f  nach  Ik  Standen  durch  Blutung.  Viel  Blut  im  Peri- 
cardium,  sehr  viel  in  der  linken  Pleura. 

t4ft)  Gerard  (1.  c.  Obs.  18.),  beobachtet  von  Tourdes:  Kalater, 
erh&lt  Stich  in  die  Achselhöhle,  geht  40  Meter,  ruft  »ich  bin  yerwundet, 
ich  muss  sterben!''.  Blutspuren  auf  jener  ganzen  Strecke,  Kleider  mit  Blut 
durchtr&okt  Nach  3  Std.  in's  Hospital;  sehr  schwach,  kalt,  blass,  bewusst- 
los,  ohne  Pols,  Athem  frei,  f  nach  ^  Stunde,  also  3^  Stunden  nach  der 
Verletzung.  Wunde  links,  zwischen  5.  u.  6.  Rippe,  6|  Ctm.  unter  Achsel- 
falte. 16  Ctm.  von  Mitte  des  Stemum,  32  Millim.  lang,  linke  Pleura  gefUllt 
mit  Blut.  Lunge  verletzt;  Pericardium  18  Millim.  lang  geöffnet,  Wunde  des 
linken  Ventrikels,  im  unteren  Viertel,  ganz  durchstochen,  15  Millim.  lang, 
6  Millim.  breit,  Septum  durchbohrt    Wundkanal  im  Herzen  5  Ctm.  lang. 

t4e)  Targioni  (1799;  bei  Zannetti,  1.  c.  Fall  34).  Daumenbreite 
Wunde  des  linken  Ventrikels,  f  nach  einigen  Stunden  an  Blutung. 
Wenig  Blut  im  Pericardium,  viel  in  der  Pleura. 

149)  Targioni  und  Lecchini  (4848;  bei  Zannetti,  I.e.  Fall  113). 
9"'  lange  Wunde  des  linken  Ventrikels.  Wundkanal  schräg,  eng;  Verletzung 
der  Leber,  f  nach  einigen  Stunden  an  Blutung.  Viel  Blut  im  Bauche 
und  Thorax,  c%.  6  Unzen  im  Pericardium. 

149)  Gonrtial  (Nonv.  obs.  anat.  sur  les  os.  Paris.  1705'.  Obs.  III. 
p.  138.)  Degen,  zwischen  linker  5.  u.  6.  Rippe  von  unten  nach  oben. 
Pat.  geht  mehr  als  600  Schritte,  geringe  Blutung,  Athem  leicht,  f  nach  5 
Stunden.  4  Unzen  Blut  in  der  Brust.  Linker  Ventrikel  im  oberen  Theile 
durchbohrt,  in  die  Wände  drang  kleiner  Finger  ein. 

149)  Hodge  (Americ.  med.  •  chir.  Review.  IV.  3«  p.  496.  Mai. 
1860).    t  nach  36  Stunden. 

MO)  Featherson  (Med. -chir.  Transact.  T.  IL  London.  1813. 
p.  58—62;  auch  als  Fall  A.  Oooper*s  citirt:  A  case  of  wound  of  the 
heart.  Gommunicated  bj  A.  Cooper,  read  April  24.  1810.  in  Med.-chir. 
Soe.).  Soldat  ftUt  auf  Bajonett,  zwischen  linker  6.  und  7.  Rippe,  geht 
zur  Leibwache  in  einiger  Entfernung,  wo  das  Bajonett  von  einem  Sol- 
daten ausgezogen  wird;  er  selbst  konnte  es  nicht  ausreissen:  Bald  Sjn- 
cope,  Beine  kalt.  Puls  kaum  fDhlbar,  geringe  Blatong;  nach  i  Stunde  Besse- 
rung; Stich  durch  die  brüst  von  Wunde  aus.  Sonde  dringt  IV  tief  ein, 
obwohl  Bajonett  augenscheinlich  2"  eingedrungen.    Pat.  kann  nicht  rechts 

▼.  Langenbeck,   ArebW  f.  ChtriirKie.    IX.  53 


828  I>r«  Oeorg  Fischer, 

liegen,  niebt  Bicfaer»  ob  Wnnde  in  Pleura  penetrirt  Aderlans.  Fat  steht 
am  folgenden  Tage  auf,  gebt  im  Saale  umher,  spricht  lebhaft,  wird  daiu 
rahiger,  steht  ans  dem  Bette  auf  wegen  Ansleerang,  Sterbegef&bl«  f  pl6ti- 
lieh,  nach  49  Stunden.  Wunde  9"'  breit,  \"  tief,  Klappe  der  V.  raitr. 
lerschnitten.    Blut  in  Pericardinm  und  Pleura. 

Mi)  Maschka  (Prager  med.  Wochenschr.  1864.  2.).  19jftkr.  Mann 
erh&it  Messerstich  swischen  linker  5.  und  6.  Rippe,  gleich  weit  tosi 
Sternum  und  Warze,  blutet  wenig,  9'"  lang,  4'"  breit  Herzstoas  deutlich, 
ruhig,  kein  Ger&usch,  Herzdämpfung  normal;  beim  Vorbeugen  des  KGrpen 
stossweise  Blut  aus  der  Wunde;  bald  Puls  schwächer,  f  am  3.  Tage.  2 
Pfund  Blut  in  linker  Pleura.  Wunde  des  Pericardinm  6'"  lang,  2'"  klaffend, 
etwas  Blut  darin.  Wunde  Torne  im  linken  Ventrikel  5*''  lang,  mit  scharfes, 
eng  aneinander  liegenden  Rändern. 

tft9)  Sue  (3«-  Osserraiione.  Lez.  oral.  Tom.  2.  p.  182—186.  1883. 
bei  Zannetti,  1.  c  Fall  70).  Wunde  sehr  klein,  f  nach  3  Tagen  an  Pe- 
ricarditis. 

tftS)  Thompson  (London  Med.  Times  and  Gas.  Nov.  7.  1863). 
17 jähr.  Mann  fällt  am  5.  Oct  in  ein  Bajonett,  welches  vom  Pat  selbst 
herausgezogen  wurde-,  geht  einige  Schritte,  Ohnmacht,  starke  Blntang. 
Wunde  links  zwischen  5.  u.  6.  Rippe,  IV  »ach  unten  und  aussen  von  der 
Warze,  dreieckig,  kleine  Pinger  kann  eindringen.  Haut  wurde  verscbobeo 
so  dass  die  Hautwunde  der  tieferen  Wunde  entsprach,  drang  Luft  ein  und 
aus,  stossweise  arterielles  Blut;  Zustopfen  der  Wunde.  6.:  Grosse  Schwäche, 
Pfropf  entfernt,  Naht  7.:  Herz  nach  rechts  gedrängt,  Reibegeräusch.  Oa- 
lomel  mit  Opium.  In  Wunde  elastischer  Gatheter  und  ein  Schoppen  bräoo- 
lieber,  blutiger  Flfissigkeit  aus  der  Pleura  entfernt.  8.:  Hers  in  aonnzler 
Lage,  Geräusch  an  der  Spitze.  Besinnung  schwindet.  9. :  f  &ni  4.  Tago. 
Wunde  des  linken  Ventrikels,  1^**  Ober  Spitze,  geht  hinten  am  Septnm 
durch.  Schoppen  schwarzen  Blutes  in  linker  Pleura;  anch  Blut  in  rechter 
Pleura,  wo  Bajonett  eingedrungen. 

154)  Meyer  (Baldinger*ä  Neues  Magazin.  Bd.  IV.  S.  105.). 
Wunde  links  zwischen  6.  und  7.  Rippe,  unter  Mamma,  wo  M.  serr.  ant  maj. 
und  M.  rectus  zusammenstossen,  2**  breit,  Luftaustritt  bei  Exspiration,  in 
der  Umgebung  Emphysem.  Grosse  Schmerzen  und  Angst,  bei  Seitenlage 
Blutung;  Fieber.  Aderlässe,  f  am  4.  Tage.  Vordere  Lungenlappen,  Pen* 
cardium,  linker  Ventrikel,  hintere  Lungenpartie  verletzt.  Im  Thorax  blnti* 
ges  Serum. 

t»A)  A  Niemann  (Henke's  Zeitschr.  f  St.-A.-K.  1857.  S.  Bft 
S.  136.)  Messer  von  Hirschfängergestalt;  Pat.  konnte  sieh  erst  naeh  i 
Stunde  aufrichten,  grosse  Blutung.  Nach  2  Std.  gelangt  er  mit  Mähe  an 
seinen  Wohnort,  Ohnmacht,  Leicheablässe,  auf  ROckea  Hegend,  Angst,  Be- 


Ddber  die  Wnndeo  des  Heneos  und  des  Herzbentela.  829 

klemmoDg,  Schmerzen  unter  den  kürzen  Rippen  nnd  der  linken  Schulter; 
Pols  klein.  Auf  Bäuerliche  Getr&nke  steht  Blntnng.  Am  4.  Tage  mehr 
Angst,  Schlaflosigkeit,  f  am  6.  Tage  unter  Symptomen  von  Lnngenlähmnng. 
^Vnnde  zwischen  5.  n.  6.  Rippe  links,  $***  gross,  3"  von  der  Mitte  des  Kör- 
pers entfernt  In  linker  Pleura  39  Loth  Blnt.  Im  Pericardinm  6"'  grosse 
Wunde,  darin  missfarbiges  Blut.  An  Spitze  des  linken  Ventrikels  quere 
Stichwunde;  Ganal  rabenfederdick. 

IftS)  Omodei  (1851?  Annal.  universal.  Fase.  137.  p.  423.  bei 
Zannetti,  1.  e.  Fall  131.).  Kaum  getroffen,  Syncope,  dann  Wiederbelebung, 
geht  fort;  f  nach  5  Tagen.    Blut  im  vernarbten  Pericardium. 

IM)  Th.  Volpi  (Beobachtungen  über  eine  penetrirende  Herzwunde. 
Pavia.    1792.).    f  am  5.  Tage. 

IM)  Piffard  (Gaz.  des  h6pit.    No.  28.    1840.)    t  am  5.  Tage. 

M9)  Boyer  (Horn*B  Archiv  für  medic.  Erfahrungen.  Jahrg.  1829. 
Bd.  XXX.  S.  889.)  Junger  Mann  verwundet  sich  mit  Messer,  glaubt  nur 
Kleider  verletzt,  da  er  keinen  Schmerz  füht.  Nach  10  Minuten  hat  er  Klei- 
der blutig,  Erbrechen,  f&llt  zur  Erde.  Rothes  Blut  dringt  aus,  Gesicht  bleich, 
Athem  rasch,  Puls  klein,  rasch.  Qnerwunde  zwischen  4.  n.  5.  Rippe  links, 
2  Finger  breit  vom  Sternum,  6—7'"  lang.  Da  Haut-  und  Pleurawunde  nicht 
parallel,  war  Blutung  verhindert.  Sondirung;  Heftpflaster.  Durch  Percussion 
und  Anscultation  wird  innere  Biatnng  nachgewiesen.  Ohne  Bewnsstsein, 
Aderlass;  Senfteig.  2.  Tag:  3  Aderlässe,  iO  Blutegel  ad  anum,  Angst  mehrt 
sich,  f  am  6.  Tage.  2  Pfund  Blut  in  Brustbahle,  Eiter  im  Pericardium. 
Innere  Wunde  des  linken  Ventrikels  sehr  klein.  Herz  hypertrophisch  und 
hart    Kein  Blut  im  Pericardium. 

ISO)  Leveillö  (Dictionn.  des  sciences  med.  Tom.  43.  1820.  p.  75). 
u.  folg.).    Verticale,  3—4''  lange  Durchbohrung,  f  am  7.  Tage. 

tOI)  Dupuytren  (Lebens  orales  de  clin.  chir.  VI.  1839.  S.  34G; 
auch  erzählt  von  Paillard  (Joiirn.  univ.  et  hebdom.  T.  V.  No.  64.  1831. 
378.).  Geray,  84jähr.,  am  5.  Nov.  2  Messerstiebe  in  Bauch  und  Brust 
erhalten,  gebt  und  vertheidigt  sich  noch  eine  Zeit  lang,  dann  Erbrechen 
Starke  Blutung,  blass,  gebßckt,  Ge.sicfat  etwas  verwirrt,  Puls  regelmässig, 
sehr  schwach;  Herzschlag  fast  unmerklich.  Allgemeines,  spasmodiscbes 
Zittern.  Die  Schwäche  scheint  eher  Resultat  einer  nervösen  AfTection,  als 
durch  Blutverlust  bedingt.  Wunde  6—7'"  lang,  links  zwischen  4.  und  5. 
Rippe,  die  andere  3—4  Qnerfinger  breit;  beide  berflbren  sich.  Wenig  Blut 
ans  Brustwunde.  Kein  Zeichen  einer  Penetration;  Brust  sonor,  Athem  re- 
gelmässig, weder  Husten,  noch  Blntauswurf;  Bauch  geschmeidig;  Pat.  sehr 
ruhig.  (Gnmmipflaster  auf  Wunden.)  6  :  Aderlass  von  8  Unz.  Durch  Be- 
such der  Geliebten  sehr  aufgeregt.  7. :  Aderlass  von  8  Unzen.  Starke  Gon- 
gestion zum  Gehirn,  Verlust  des  Erkennungsverroogens,  Convulsionen  aller 

53* 


830  ^r,  Georg  Fischer, 

Muskeln  links.  Zustand  dauert  ^  Stunde,  lässt  Paralyse  der  gansen  linken 
Seite  zurück.  Gefühl,  Bewegung  sind  verloren,  Mund  nach  rechts.  Linke 
Augenlider  können  sich  nicht  genau  schliessen,  Zange  nach  links ;  Fat  ant- 
wortet exact  (Senfteig).  8. :  Ebenso  (Schröpfköpfe  hinter  die  Ohren).  9. :  Reio 
Kopfschmerz.  Linke  Seite  überall  sonor.  M.  Fi l hos  hört  nebeo  der  Wunde, 
dass,  wenn  die  Dilatation  der  Brust  vollständig  ist,  die  Lnft  ein  Hiademise 
überwindet,  und  sich  rasch  in  eine  Höhle  stürzt.  Heraschlag  regelmässig. 
(Schröpfköpfe,  Gljstier).  10.:  Zustand  schlimmer;  keine  Besserung  vom  Ge- 
hirn; Gefühl  und  Bewegung  scheinen  an  den  unteren  Extremit&teo  wieder- 
kehren zu  wollen.  Puls  regelmässig,  häufig  Abends  Gongestionen  anm  Ge- 
hirn (15  Blutegel  hinter  die  Ohren,  Senfteig  an  Waden).  IL:  Maskelstarre 
an  Uals  und  Rücken.  12.:  GedächtniiS  gut;  richtige  Antworten.  13.:  Tod, 
am  Ö.  Tage.  Penetrirende  Bauchwunde;  im  Peritoneum  kein.Blnt.  In  lin- 
ker Pleura  4  Unzen  Blut.  Arteria  intercost.  an  der  4.  Rippe  geöffnet, 
aus  welcher  jene  Blutung  stammt.  Wunde  im  Pericardinm  3V  lang.  Qner- 
wunde  des  linken  Ventrikels,  gleich  einem  umgestürzten  D  (  ^),  8|'"  breit 
Die  äusseren  Fasern  sind  am  meisten  getrennt,  die  folgenden  weniger,  so 
dass  die  inneren  sich  berühren,  und  so  die  Wunde  schliessen.  Im  Pericar- 
dinm 1  Unze  Blut.    Erweichung  und  Injection  im  Gehirn. 

tet)  Nicolo  Frisi  (Piliatre  Sebezio.  MaL  1834.  p.  27).  L.  erhält 
von  seinem  Bruder  Stich  mit  Messer  unter  der  linken  Warze  Sogleich 
Blut  aus  dem  Munde,  Gesicht  bleich,  kalter  Schweiss,  Puls  schwach,  int^- 
mittirend.  Häufige  Sjocope»  leichte  Dyspnoe,  Wundschmerz,  wenig  Blntaos 
Wunde.  Allmälig  Erholung,  plötzlich  f  am  10.  Tage.  Pleura  voll  Blut. 
Langes  Leben  dadurch  bedingt,  dass  Wnnde  des  linken  Ventrikels  durch 
einen  festen  Pfropf  geschlossen  war. 

MS)  Boyer  (Malad,  chirurg.  T.  Vll.  p.  216.  Paris.  1831.).  16jäbr. 
PastetenbScker,  Messer.  Symptome  eines  Blutergusses  in  die  Brust,  und 
Entzündung  des  Pericardiums  und  Herzens,  t  am  10.  Tage.  Viel  Blnt  io 
Brust.  Wunde  des  Pericardiums  3"\  der  Sack  sehr  verdickt  und  übsrzU 
entzündet,  mit  Eiter  ohne  Blut  darin.  Kleinere  Wunde  im  linken  Ventrikel, 
an  dieser  Stelle  Herz  und  Pericardinm  verwachsen.  Im  Laufe  der  Ben- 
wunde  ein  kleiner  Pfropf.  Es  war  nur  die  Messerspitze  eingedrungen,  dt- 
her  die  Wunde  so  klein.  -^  (Vielleicht  derselbe  Fall  wie  169). 

1Q4)  Uhde  (Deutsche  Klinik.  No.  19.  1866.).  29jahr.,  Selbstmord, 
Einschlagmesser,  spitz,  scharf,  3"  lang,  V'  hreit.  Geringe  Blntnng- 
Eindruck  eines  Verwundeten,  dem  der  Tod  bevorstand.  Antiphloirose,  wonnf 
Besserung,  so  dass  Pat.  am  3.,  4.,  6.  Tage  das  Zimmer  verliess,  amheipog 
gegen  ärztliche  Verordnung,  ü.  Tag  mehr  Husten  und  Schmerzen,  (Blut- 
egel). Diarrhoe.  Nachts  blutet  die  Wunde,  die  schon  eiterte;  Blntnng  wie- 
derholt sich.  Befinden  schlechter,  Angst,  heftige  Schmerzen,  Delirien,  fam 


Deber  die  Wanden  des  Herzens  und  des  Herzbeutels.  831 

20.  Tage.  Wände  links,  zwischen  4.  und  5.  Rippe,  3"  yom  Sternum,  \'* 
lang.  Ecchymosen  in  den  Weiehtbeilen ;  Rippen  durchschnitten,  viel  Blut 
in  der  Bmst.  Pericardium  ^**  Terletst,  entzfindet,  Adhäsionen  zwischen  Herz 
und  Pericardium.  Wände  des  linken  Ventrikels,  eorrespondirend  mit  der 
des  Pericardiums,  war  ^"  lang. 

!•«)  Marini  (Annal.  d'hyg.  publ.  T.  35.  p.  112.  1840.  aus  dem 
Raccoglitore  medieo.  Febr.  1844  u.  1845.).  d2jlibr.  Frau  erhftit  11.  Juli 
Stich  mit  Messer.  Zusammenfallen,  starke  Blutung,  bewusstlos.  Aeusser- 
ste  Schwftche,  Syncope,  Athem  genirt,  kalter  Schweiss,  Puls  schwach,  inter- 
mittirend.  Wunde  zwischen  4.  und  5.  Rippe  links,  6  Gtm.  Vom  Sternum. 
Als  einfache  penetrirende  Wunde  angesehen,  demnach  6-7  Mal  Aderlass. 
Als  die  Brustwunde  vemarbt,  liess  man  am  26.  August  Pat.  angeblich  voll- 
kommen geheilt  ausgehen.  15.  Sept.  beim  Aufstehen ,  um  ein  Bedflrfniss  zu 
befriedigen,  pUStzlich  f,  also  nach  65  Tagen.  Aeussere  und  intercostale 
Wunde  vollstftndig  vernarbt  Citronenfarbiges  Serum  in  linker  Pleura. 
Pericardium  verdickt,  in  gewissen  Strecken  vernarbt,  Cyste  mit  Blut  an  dem- 
selben. Im  Pericardium  2  Pfd.  Blut.  Atrophie  des  Herzens,  conische  Oeff- 
nung  in  der  Herzspitze  mit  linkem  Ventrikel  in  Verbindung,  so  breit,  um 
eine  Pincette  einzulassen,  correspondirt  mit  Narbe  des  Pericardiums.  — 
(Fall  interessant  durch  secund&re  Blutung.  Vielleicht  Heilung  bei 
entsprechender  Diät;  wahrscheinlich  an  spontaner  Ruptur  gestorben,  welche 
bei  der  noch  zarten  Vernarbnng  des  dfinnen  Herzens  leicht  entstehen  konnte.) 

Spate  rTad    Mit   CaMplicifiaBeB. 

!«•)  Tilanus  (Nederi.  Weekbl.  v.  Oeneesk.  1854.  Juni).  40jähr. 
Mann,  Selbstmord,  Messer.  Nach  i  Stunde  Pupille  starr,  Thorax  unbe- 
weglich, Bauchathmen,  leichte  Convulsionen ,  Radialpuls  fehlt,  ca.  16  Unz. 
Blut  auf  Boden  nnd  Kleidern,  Verband.  In's  Spital  gebracht,  an  der  ThOr 
noch  gesprochen,  rasch  Tod  naoh  2  Stunden.  Wunde  links  zwischen  4. 
und  5.  Rippe,  8  Gtm.  vom  Sternum,  i  Gtm*  unter  Warze,  2  Gtm.  breit, 
schief  nach  unten.  Im  Pericardium  24  Uoz.  Blut.  Doppelwunde  des 
linken  Ventrikels  a)  7  Gtm.  von  der  Spitze,  dicht  am  Sulc.  longit.,  1^  Gtm. 
breit,  schief;  b)  an  der  Vereinigung  der  Zipfel  der  Valv.  bicusp.,  in  Sulc. 
transv.,  blind  vor  dem  linken  Herzohr  endigend.  Im  Sulc.  transv.  um  die 
verletzten  Vasa  coron.  circumfl.  Extravasat.  Kein  Blut  in  Brusthöhle;  Lun- 
gen unverletzt.  — -  (Die  schiefe  Richtung  der  ersten  Herz  wunde,  welche 
2i  Gtm.  in  der  Muskelsubstanz  verlief,  lässt  vermuthen,  dass  sie  bei  etwas 
nach  vom  gebeugter  Stellung  und  während  der  Herzsystole  beigebracht  ist, 
als  die  Spitze  nach  vorne  gekehrt  war.  Die  zweite  Wunde  ist  bestimmt 
beigebracht,  als  die  Valv.  mitr.  horizontal  gestellt  war,  oder  das  Ost.  veno- 


832  Dr.  Georg  Fischer, 

sam   schloBs.    (Die  2stündige  Dauer    des  Lebens  wird  darcb   die  schiefe 
Richtnng  der  Wanden  erklärlich). 

tA9)  Ashharst  (Americ.  Journ.  of  med.  sc.  Jan.  1862. p.  61).  Wunde 
links,  2"  unter  der  Warze.  Starke  Blotung.  Nach  8  Tagen  Dyspaoe,  welche 
am  folgenden  Tage  nachliess;  f  am  5.  Tage.  6.  Rippe  dorcfaBchaitleo  im 
Knorpel ;  Pericardiam,  Herzspitze,  linker  Ventrikel,  Longe  verlelift.  Peri- 
carditis,  Pleuritis,  blutiges  Serum  in  linker  Pleura. 

t98)  Baird  (London  and  Edinburgh  Monthlj  Journ.  April  1643). 
Raubmörder  erhielt  Stich  mit  Schnappmesser,  fast  keine  Blutung,  Haft 
fliehend  150  Yards  (=  450  engl.  Fuss),  f  nach  t  Stunde.  2  Bmatwuu* 
den  links  zwischen  3.  und  4.  Rippe,  4%"  vom  Centrum  dee  Steronm,  4^" 
von  Clavicula  und  zwischen  5.  und  6.  Rippe,  b^**  vom  Oentram  dea  Ster> 
num  und  8i"  von  Glavicula.  In  linker  Pleura  3  Pinten  Blut,  woiarch 
Lunge  sehr  oomprimirt.  Wunde  des  linken  Ventrikels  im  unteren  Theile 
seines  mittleren  Drittels  durch  die  untere  Hautwunde,  die  äussere  Haut  der 
Aorta,  wodurch  eine  kleine  Ecchymose  entstanden,  durch  die  ober«  Haut- 
wunde verletzt 

f.  T^d^  uhesÜMMte  Idt. 

!••)  V.  Pommer  (v.  Pommer's  Schweiz.  Zeitschr.  Bd.  I.  Hft  L 
1835).  26jähr.  Mann,  Selbstmord,  Messer.  Wunde  links  zwischen  4.  und 
r>.  Rippe,  quer,  i"  unter,  1"  innen  yon  der  linken  Warze,  9'"  lang.  Wunde 
des  linken  Ventrikels,  der  Lunge,  des  Pericardiums  9'''  lang.  2  parallele, 
nur  durch  !§"'  breite  Brücken  von  einander  getrennte  Wunden,  von  deneo 
die  obere  5'",  die  untere  6'"  lang,  jede  fflr  sich  in  den  linken  Ventrikel 
drang.  3^  Pfd.  Blut  in  linker  Pleura  und  Pericardium.  (Mord  im  See;  Feuer- 
etahlmesser).  ^ 

i90)  Sedillot  (Manuel  coniplet  de  Mödee.  l^e  p.  170).  Bin  Stad. 
med.  stOsst  sich  ein  2schiieidige8  Messer  in  die  Heragegend  und  in  ver- 
schiedene grossere  Qefässe.  Geringe  Blutung  aus  der  Brustwnnde.  f  darefa 
Blutung  aus  der  Vena  crnralis.    Linker  Ventrikel  schräg  durchbohrt 

191)  Letenneur  (Journ.  de  la  santö  de  ra^d.  de  Nantes;  Gaz.  hebd. 
2.  S^rie.  1.  17.  p.  279.  1864). 

9)  BTickt  penetrirende  IWanden  —  T«d. 

199)  San son (I.e.  These,  p. 36).  0.  Latour  d'Auvergne  .lepremier 
grenadier  de  France*,  68jShr.,  erhielt  in  der  Schlacht  bei  Neustadt  (anno 
8.  Juli)  einen  Lanzenstich  zwischen  6.  und  7.  Rippe,  fällt  uro  .lamenace 
a  la  bouche  contre  Vennemi  qui  l'avait  frapp^*,  stirbt  sofort  Fautre! 
secirt:  Pericardium  4—5  Ctm.  (V)  zerrissen,  wenig  Blut  darin,  Wunde  an 
der  Spitze  des  linken  Ventrikels,  sehr  klein,  3—4  Millim.  tief,  nicht  peoe- 
trirend.  •—  Der  Tod  ist  erklärt  durch  plötzliche  Suspension  der  Henbewe- 
gungen  in  Folge  der  grossen  Erregung  im  Moment  der  Verletzung. 


Deber  die  Wanden  des  Henens  and  des  Herzbeutels.  833 

m)  D.  V.  Riedlio  (Lineae  medicae.  an.  VI.  Aagaetae  Vindelicorom 
1700.  p.  986).  Mann,  melanoholisoh ,  Seibetmord,  Meeeer,  9  Wanden  an> 
scheinend  leicht,  an  beiden  Handgelenken,  Schläfe,  Halsrnnskel,  Rinn,  fiber 
5.  Rippe  nicht  penetrirend,  fiber  dem  7.  Knorpel  penetrirend.  Reine  schweren 
Symptome,  nichts  Besonderes  ausser  Blat  im  Schlünde,  f  nach  2  Tagen. 
Untersoehong  der  Wnode  zwischen  3.  nnd  4.  Rippe.  Pericardinm  mit  Blat, 
an  8  Stellen  darchbohrt;  Wunde  des  linken  Ventrikels  unten,  nicht  pene- 
trirend. 

Tod  mit  CompUcatioBOB. 

IM)  F.  Grilli  (Livorno  1853;  bei  Zannetti  1.  c.  Fall  126).  Wunde 
mit  Messer  Torne  links  im  Thorax.  Patient  geht  darauf  800  Schritt  zum 
Spital,  legt  sieh  aufs  Bett  nnd  stirbt  Wonde  des  linken  Ventrikels  an 
der  Torderen  Ungsfnrche,  nicht  penetrirend,  nebst  Wunde  der  Art.  coron. 
sinistra.  3— 4Dnz.  Blut  im  Pericacdium.  f  nach  wenigen  Minuten  durch 
langsame  Gompression. 

IM)  Riebet  (bei  Jamain  1.  c.  S.  77,  gesammelt  von  MauTais). 
Mann,  68jfthr.,  Selbstmord  am  20.  M&rs,  Messer.  Ohne  Besinnung,  Puls 
klein,  regelmässig;  Lippen  bUlnlich,  Athem  Ängstlich,  blutiger  Schanm  aus 
dem  Munde,  Haut  kalt  Innen  und  1|[  Ctm.  fiber  der  linken  Warze  eine 
fast  quere  Wunde  17  Millinu  lang,  ergiesst  ziemlich  viel  Blut  Abends  Con- 
tractur  der  unteren  Glieder.  21.:  Gesicht  bläulich,  Dyspnoe,  Seufzer,  RQcken- 
lage,  Stimme  schwach,  Schmerz  au  niyeau  der  Wunde,  beim  Husten  dringt 
schwarzes  Blut  aus,  Hersschlag  nicht  ffthlbar;  Resonnanz  der  Herzgegend, 
klare,  bestimmte  T6ne,  Puls  100.  Blntspeien  (Biswasser  auf  Wunde).  22.: 
Blutung.  Mattigkeit  in  linker  Achsel.  23.:  Schmerz  und  Dyspnoe  weniger. 
Pat  giebt  an,  dass  er  fallend  das  Messer  ausgezogen  hat,  worauf  sogleich 
bewusstlos.  Mattigkeit  nnd  Fehlen  des  Respirationsgeriusches  in  der  lin- 
ken Seite  bis  zum  Niveau  des  Winkels  des  Schulterblattes.  24  :  Aufregung, 
Gesicht  cyanotisch,  Schmerz  links.  Pols  116.  8  SchrOpfkOpfe  in  Hers- 
gegend, Gpium,  i  am  4.  Tage.  Successive  Verletsungen  des  Thorax, 
Lunge,  Pericard.,  linken  Ventrikels,  Pericard«,  Lunge.  Linke  Pleura  geffiUt 
mit  Blut  Pericard.  enthält  Luft,  welche  mit  Geräusch  ausdringt,  sehr  wenig 
Blut  darin.  Ein  Pfropf  ▼eranlasst  Adhärenz  zwischen  Pericard.  und  Herz. 
Quere  Wunde  des  linken  Ventrikels,  rielleicht  nicht  penetrirend,  zwischen 
den  getrennten  Fasern  liegt  eine  grauröthliche  Lage  von  organisirtem  Fibrin. 
Wunde  eines  vorderen  Astes  der  Art  coronar.  Beginn  von  Peritonitis.  ^ 
(Vorwiegend  asphyktische  Erscheinungen). 

Beide  Tentrikel. 
a.  Sefort  Tod. 
19«)  J.  Helwig  (Obs.  med.  phys.  Augsburg  1680.  Obs.  68).  Degen, 


834  Dr.  Georg  Fischer, 

(1653),  geringe  Blutung.  Wunde  zwischen  falschen  Rippen  rechts,  geht 
hinten  heraus.  Beide  Ventrikel  ganz  durchbohrt;  kein  Blut  darin.  Langen 
unverletzt. 

199)  Gaultier  de  Glaubrj  (bei  Jamain  1.  c.  S.  7d).     Ermordang 
von  M.  Sibour,   Erzbischof  von  Paris.    Der  Mörder  faaste  mit  der 
linken  Hand  den  rechten  Arm  des  Erzbischofs  und  traf  ihn  mit  der  rech- 
ten Hand  so  gewaltig  mit  einem  catalonischen  Dolch,  daas  daa  Messge- 
wand,  welches  mit  Reliefstickereien  besetzt  und  einem  sehr  dicken  Stoff 
garnirt  war,  und  die  Kleider  durchbohrt  wurden,  das  Stichblatt  (garde)  der 
Waffe,  indem  es  die  Brust  traf,  ein  einem  Fanstschlage  ähnliches  Gerftnseh 
hervorbrachte.   Die  Waffe  wurde  zurückgezogen,  ohne  dass  es  bemerkt  wnrde. 
Der  Mord  geschah  etwas  vor  dem  ersten  Pfeiler  des  grossen  Schiffes.   Der 
Erzbischof  wich  2  Schritte  nach  hinten  zurfick  und  rief:  »Der  Dnglflckliehe! 
mein  Gott!"  dann  sank  er  in  die  Arme  der  Umstehenden.    Er  wnrde  Aber 
das  grosse  Schiff,  den  Chor,  Sacristei  weg  in  das  Zimmer  vom  Pfarrer  von 
St.  Etienne  -  du  -  Mont  gebracht  und  auf  das  Sopha  gelegt    Man  gab  ihm 
ein  Glas  Wasser,  welches  er  verschluckte  und  machte  er  damnf  mehrere 
starke  Inspirationen.    Ein  Arzt  in  der  Kirche  constatirte  die  Wunde;  keine 
Blutung  nach  aussen.    Nach  weüigen  Augenblicken  trat  der  Tod  ein, 
Die  Einbalsamirung  geschah  nach  22  Stunden,  das  Herz  sollte  fBr  sich  ein- 
balsamirt  werden.    Die  Wunde,  ca.  3  Gtm.  lang,  links  im  vorderen  Drittel 
der  Brust,  zwischen  4.  und  5  Rippe.    Im  Thorax  war  ein  firgnss  von  ca. 
1  Liter  Blut.    Die  4,  und  5.  Rippe  waren  eingeschnitten,   Pleura,  linke 
Lunge,  Pericardium  verletzt;   das  linke  Herz   war  ganz  durchbohrt,  das 
rechte  Herz  im  unteren  Theile  gespalten;  beide  Höhlen  blutleer.   Die  Klei- 
der mit  Blut  befleckt,  am  Dolch  kaum  einige  Blutflecke. 

199)  AUeweireldt  (Diss.  sur  les  Usions  m^caniqoes  dn  ooenr. 
These,  nr.  73.  Paris  1807.  p.  41).  Pascal  erhält  Wnnde  beider  Ventrikel, 
stirbt  kurze  Zeit  darauf.  Die  Zeugen  berichten,  dass  P.  2  Stockschlige  aaf 
den  Feind  geführt  und  dann  gesagt  habe:  »Meine  Herren,  ich  rufe  Sie  za 
Zeugen,  Dcijenige,  den  Sie  dort  hingehen  sehen,  istSersant,  der  mir  so- 
eben einen  Stich  mit  einem  Stilet  gegeben  bat"  S.  sagt  in  seiner  Ver- 
theidigung,  dass  er  den  tödtlichen  Stich  erst  gethan,  nachdem  er  die  Stock- 
schläge erbalten.  Nach  dem  Urtheil  der  Zeugen  schien  es  indes»,  dass  er 
P.  verwundet,  bevor  dieser  ihn  geschlagen.  Das  Tribunal  stellt  sur  Auf- 
klärung folgende  Fragen:  Konnte  P.,  nachdem  er  den  Dolchstich  erhallen, 
noch  Kraft  und  Geistesgegenwart  genug  haben,  um  einzelne  Schritte  zo 
gehen,  einen  ersten  heftigen  Stockschlag  und  dann  einen  zweiten,  weniger 
heftigen,  seinem  Feinde  geben V  Die  Aerzte  Beuchet  u.  A.  gaben  weise, 
reservirte  Antworten  (die  nicht  aufgezeichnet  sind).  —  Der  Fall  war  die 


Deber  die  Wunden  des  Herzens  und  des  Henbeutels.  835 

Veranlassung  zu  Alleweireldt's   Arbeit     Bei  Jamain  ist  Schlegel 
unrichtig  als  Autor  citirt. 

199)  Morgagni  (l.  c  ep.  59.  sect  4).  Schuster  erhält  Messer- 
stich, sehreit,  zieht  das  Messer  aus,  f  so  rasch,  ehe  Nachbaren  herbei- 
geeilt Rechter  Ventrikel  und  Septum  in  der  Mitte  durchstochen.  Tod 
durch  Compression« 

ISO)  Gecehi  (1832,  bei  Zannetti  I.  c.  Fall  71).  Brnst-  und  an- 
dere Wanden.  Die  Spitse  des  linken  Ventrikels  war  abgeschnitten  und  das 
Messer  in  den  rechten  Ventrikel  eingedrungen.  Tod  sofort  Viel  Blut  im 
Pericardium. 

Ml)  Targioni  und  Zannetti  (1840,  bei  Zannetti,  Fall  92).  11'" 
lange  Wunde,  welche  durch  den  rechten  Ventrikel,  das  Septum,  bis  in  den 
linken  Ventrikel  geht  Tod  nach  wenigen  Minuten  durch  Compression. 
10  Unzen  Blut  im  Pericard.,  Blutinfiltr.  im  Mediastinum. 

189)  Mfinsen thaler  (Henke's  Zeitschr.  f.  St-A.-K.  1838.  2.  Hft. 
S.  311).  22jftbr.,  mit  Messer  erst.ochen.  Wunde  links  zwischen  6.  und  7. 
Rippe,  IV  vom  Sternum,  1"  lang,  die  penetrirende  Brustwunde  lag  zwischen 
5.  and  6.  Rippe.  In  linker  Pleura  4  Pfd.  Blut;  im  Pericard.  4—5  Unz.  Blut; 
an  der  Insertion  des  Zwerchfells  durchstochen.  An  der  Spitze  des  rech- 
ten Ventrikels  dieselbe  Wunde,  wie  in  der  Haut  und  Pericardium,  unten 
geschlossen,  oben  2^"  klaffend;  linker  Ventrikel  ebenfalls  durchstochen;  auch 
hinten  im  Pericard.  eine  2'"  grosse  Oeffnung.  Beide  Ventrikel  blutleer,  und 
die  Wunden  derselben  nur  durch  Fett  an  der  Herzspitze  von  eiander  ge- 
trennt 

b.  Tod  spiter. 

i9S)  Lentin  (Beitr.  zur  ausfibend.  Arzneiwissensch.  SuppLbd.  1808. 
Hufeland 's  Biblioth.  d.  pr.  Heilk.  1810.  IV.  S.  176).  Stich,  sogleich  sehr 
schweres  Athmen,  f  nach  6  Tagen.  Stich  durch  das  rechte  Herz,  Sep- 
tum, linke  Herz,  also  durch  und  durch.  Wunde  durch  geronnenes  Blut 
verstopft. 

194)  J.  Trugien  (Americ  Joum.  of  medic.  science.  1850.  Archives 
g^ner.  1851.  p.  224.  4.  S^rie.  T.  37).  21jähr.  Neger  war  vor  einigen  Minu- 
ten in  die  Brust  gestochen,  lag  im  tiefsten  Collapsus  auf  dem  Boden,  kalt 
wie  Marmor,  viel  Schweiss,  weder  Puls  noch  Herzschlag  fühlbar.  Wunde 
V  lang,  links  in  gleicher  Entfernung  von  der  Warze  und  dem  Sternalrand; 
geringe  Blutung.  Sonde  bog  nach  rechts  ab.  Der  Chirurg  glaubte  eine 
Herzwnnde  vor  sich  zu  haben,  aber  da  die  Sonde  nach  rechts  abbog,  Pat. 
in  der  Nacht  viele  unverdauliche  Speisen,  die  er  am  Tage  zuvor  genossen, 
erbrochen  hatte,  woraus  vielleicbt  der  Collapsus  zu  erkllren  war,  am  fol- 
genden Morgen  die  Reaction  gemässigter  war,  so  verwarf  er  diese  Ideen. 
Athem  ohne  Schmerz,  schien  normal;  grosse  Sensibilität,  selbst  Schmerz 


836  I>r.  Georg  Fischer, 

beim  Druck  auf  das  Epigastrinm.  Strengste  horisontale  Li^e  osd  abso- 
lute Ruhe  empfohlen.  Alles  |nt  bis  zam  5.  Tage,  wo  Patient  gegen  An- 
Ordnung  aufstand,  sich  anstrengte,  lustig  schwatzte;  plötalicb  aeUecbte« 
Befinden,  f  nach  5  Tagen.  Wnnde  V'  breit,  schräg  dorch  i.  Rippenknor- 
pel, Pericard.,  drang  in  die  Substanz  des  rechten  Ventrikels,  ohne  an  pene- 
triren,  durchbohrte  das  Septum  und  den  linken  Ventrikel  bis  in  die  Höhle. 
Im  Pericard.  1^  Pinten  Blut,  wodurch  Gompression  des  Herzens«  Wunde 
des  Pericard.  war  ganz  vernarbt,  ebenso  die  Heriwande  in  %  ihrer  ku- 
dehnnng  und  im  Omkreis  von  ^  Dollar  mit  einem  Bntsfindnngehof  umge- 
ben. ^  T.  verwirft  den  Gebrauch  der  Sonde.  —  (Tod  nicht  am  65.  Tage, 
wie  Jamal n,  Demme  citiren;  Friedreich  führt  unrichtig  das  Americ 
Jonrn.  1860  an;  der  Autor  mehrfach  Turgien  geschrieben).  —  Die  Art  der 
Verletzung  ist  ähnlich  im  Fall  11. 

i9A)  J.  Dolaens  (Bphem.  natiir.  'ur.  Dec.  11.,  ann.  IL  obs.  188. 
p.  419.  1683,  conf.  Abhandl.  der  röiiusch  ktiserl.  Academie.  ThL  XH.  p. 
364).  25jfthr.  Mann  erhält  Stich  mit  Sch>^ert  zwischen  4.  und  6.  rechtes 
Rippe  unter  der  Warze,  f  nach  4—5  Stunden.  Viel  Blnt  mit  Semm  in 
Thorax.  -->  (Der  Fall  wird  oft  als  Beobachtung  Ton  Dolaens  and  sodano 
als  Beobachtung  in  den  Ephem.  nat  beschrieben.  An  einer  anderen  Stelle 
▼on  J  Dolaens  [Encjcloped.  chimrg.  rational.  Francfnrt  1689.  oap.  VI. 
p.  683]  heisst  es:  »Ille  Kopff",  den  D.  in  den  Miscell.  cnrios.  decnr.  L  er- 
wähnt, wurde  mit  dem  Schwert  in  das  Herz  gestochen,  und  starb  sogleich). 

19«)  Saviard  (Obs.  chirnrg.  1783.  Paris,  obs.  113).  26jähr.  Maso 
erhält  (Juli  1688)  Degenstich  rechts  zwischen  3.  und  4.  Rippe.  Grosse 
Athemnoth,  sehr  schwach,  daher  keine  Operation  des  Empjems.  Man 
glaubt,  dass  er  jeden  Angenblick  sterben  müsse,  f  erst  am  4-  —6.  Tage. 
Herz  ganz  durchbohrt,  vom  rechten  zum  linken  Ventrikel,  durch  das  Sep- 
tum. Thorax  voll  Blut.  Wenige  Klflmpchen  Blut,  welche  die  Wnnde  der 
Ventrikel  verstopft  hatten,  hatten  das  Leben  so  lange  hingehalten.  —  (Oft 
als  Wunde  des  rechten  Ventrikels  citirt). 

lOT)  Fantoni  (Giornale  de'  litterati  d^Itolia.  T.  XXI.  p.  146.  146). 
Soldat  erhält  Degenstich  durch  das  Sternnm,  verliert  täglich  fast  1  Pfd. 
Blut  aus  der  Wunde,  konnte  nicht  rechts  liegen,  Pols  nnegal,  t  nach 
17  Tagen.  Linker  Ventrikel  nnd  Septum  durchstochen  (bis  in  den  rech- 
ten Ventrikel.  Alleweireldt  L  c.  obs.  28).  Weder  Blut  noch  Eiter  io 
Pericardium.  Destniction  der  Herzfasern.  —  (Oft  als  Wunde  des  linkes 
Ventrikels  citirt). 

c  Ted|  nnbestlMMte  leit,  mU  and  ohne  CeMplictUeBen. 
ili#)  6.  Wolfg.  Wedelius  (De  Tuln.  cord.  leth.  actum  1667,  die 
VII.  höv.   in  Miehaelis  Bernhardi   Valentini  Pandectae  med.  leg. 


Ueber  die  Wonden  des  Herzeos  und  dea  Heribeutels.  837 

Prancf.  1701«  part  IL  aect.  III.  cas.  VIL  p.  372).  Meseer,  Wuode  linka 
swiseheD  8.  und  4.  Rippe,  m  deo  rechten  Ventrikel,  Kleinfingerbreite,  darch 
Septnm  in  den  linken  Ventrikel.  Viel  Blnt  im  Perieardiom  und  linkem 
Thorax. 

M9)  Prenssendorf  (Med.  Centr.-Ztg.  16.  1857).  Stich;  die  Abeicht 
eines  Mordes  wird  gelängnet  Es  war  die  Richtung  des  Stiches  an  ermit> 
teln,  indem  eine  solche  von  oben  nach  nnten  ffir  eine  absichtliche,  hori- 
zontal oder  aufsteigend  fBr  eine  mehr  zoflUlige  Verletzung  sprechen  sollte. 
Es  war  rom  Schwiegersohne  ein  firodmesser  entgegengehalten,  in  wel- 
ches Pat  angreifend  und  trunken  hineingefallen  sein  soll.  Stich  1}"  vom 
linken  Stemalrand  durch  4.  linken  Rippenkorpel  und  Muskeln  des  S.  luter- 
cost,  Lunge,  Pericardium,  untere  Rand  der  Art  pulmo n.,  vordere  Wand 
des  rechten  Ventrikels,  oberen  Theil  des  Septum  bis  in  den  linken  Ven- 
trikvl.  Alte  Wunden  lagen  in  der  Längsachse,  daher  die  Messerschneide 
senkrecht  eingestochen  schien.  Da  der  untere  Rand  der  Art.  pnlmon. 
und  der  angrenzende  Theil  der  Vorderwand  des  rechten  Ventrikels  nicht 
unterhalb,  sondern  oberhalb  der  8.  Interoost.  liegen,  selten  gerade  dahin- 
ter, so  muss  der  Stich  in  beinahe  wagerechter  Richtung  mit  einer  kleinen 
Neigung  nach  oben  gegangen  sein,  kann  aber  durchaus  nicht  die  Richtung 
von  oben  nach  unten  gehabt  haben,  wie  Gasper  gegen  Verf.  nnd  Medici- 
nalcoUeginm  behauptet  Die  Oeschwornen  erkiftrten  die  Verletzung  für  ab- 
sichtlich, unter  der  Annahme  von  Nothwehr  Ähnlichen  Umstinden;  freige- 
sprochen. 

Rechter  Torhof. 

i)  Penetrlrende  IViiadeii  —  T«d« 
i.  Spiter  led. 

§•0)  Dupuytren  (Clin.  Chirurg.  T.  IL  p.  179.  1889).  Der  Herzog 
von  Berry  wurde  am  13.  Febr.  1820  Abends  8  Uhr  mit  einem  Dolch, 
beim  Portgehen  ans  der  Oper,  getroffen.  Der  Prinz  zog  sich  selbst  dea 
Dolch  aus.  Die  Wunde  etwas  unter  dem  rechten  Busen  war  ca.  1"  breit, 
durch  schwarzen  Pfropf  geschlossen.  M.  Blancheton,  frappirt  Ober  die 
Oppression,  welche  er  einem  Erguss  in  die  Brust  zuschrieb,  entfernte  den 
Pfropf,  worauf  nur  wenig  schwarzes  Blut  ausfloss.  Vergebliche  Aderllsse, 
Aussaugen,  SchrOpfkOpfe.  Letztere  erleichterten,  indem  einige  Unzen  Blut 
aus  der  Brust  kamen.  Herzbewcgnngen  unmerkbar,  Puls  klein,  schwach, 
unregelmSssig.  Man  spaltete  die  Wunde,  um  die  Quelle  des  Blutergusses 
zu  erkennen,  welcher  aus  einer  verletzten  Art.  intereost  stammen  konnCe. 
Brennender  Durst,  Erbrechen,  Stuhlausleerungen,  tnaeh8(7)Stunden. 
Wunde  zwischen  5.  und  e.  Rippe,  durch  Lunge,  Pericardium,  rechtes  Herz- 
ohr, letzteres  durch  und  durch  gestochen.  Der  Dolch  war  im  Centrum  des 


838  Dr.  Georg  Fischer, 

Zwerchfelles  angehalten,  ohne  es  ganz  zu  durchbohren.  3  Pfd.  BInt  in  der 
rechten  Thorazhöble.  —  (D.  meint,  dass  das  Leben  sich  einige  Standen 
verlängern  konnte,  weil  die  Wnnde  eine  Höhle  traf,  wo  schwarses  Blut 
langsam  circulirt;  unter  gleichen  Umständen,  bei  Verletzung  der  linken  Herz- 
seite,  würde  sie  rascher  tödtlich  gewesen  sein).  —  (Mehrfach  nnricfa^g  als 
Wunde  des  rechten  Ventrikels  citirt). 

191)  Johan  van  BeTerwyck  (Werken  der  Geneeskonst.  Amst. 
1672.  3  de  Boek,  cap.  1.  Bladz.  131).  Wunde  zwischen  linker  5.  und  6. 
Rippe  durch  rechtes  Herzohr.  f  nach  87  Stunden.  Blnterguss  in  Lun- 
gen, auf  Zwerchfell.    Fat.  hatte  nur  über  Athembeschwerden  geklagt 

!••)  Blegnj  (Jonrn.  de  ro^d.  p.  309.  ann.  XL).  Wunde  des  rechten 
Herzohres,  f  nach  5  Tagen. 

t9»)  H.  de  Montegre  (These  de  Paris,  nr.  6.  1836.  p.  7).  Beobach- 
tung von  Alquie.    Wnnde  des  rechten  Herzohres,  f  am  20.  Tage. 

Spater  Ui  ait  G^MplicatUnen. 

ۥ4)  Targioni  und  Zannetti  (1843,  bei  Zannetti  L  c.  Fall  104). 
Brust-  und  andere  Wunden.  Doppelwnnde  des  rechten  Herzohres;  f 
nach  i  Stunde  durch  Blutung.  6  Dnz.  Blut  im  Pericardiuro,  c«.  22  Oni. 
im  rechten  Thorax. 

095)  Percy  (Bncyclopödie  method.  m^dic.  T.  U.  p.  319.  Paris  1790 
bei  Jamain  S.  55;  bei  San  so n  obs.  19.  S.  25).  Duell  zwischen  Offizier 
und  Juristen  in  Bösan<^on.  Degen  schief,  von  unten  nach  oben,  rechts, 
mehr  als  6"  tief,  zwischen  der  letzten  wahren  und  ersten  falschen  Rippe; 
Patient  senkte  sich,  fiel  auf  die  Kniee,  dann  auf  die  Hände,  Gesicht  Nach 
■!^  Stunde  volle  Besinnung,  so  schwach,  dass  er  sich  nicht  wollte  zurück- 
bringen, noch  auf  den  Rücken  legen  lassen,  ans  Furcht,  sogleich  zu  sterben. 
Ersticknngsnoth  vergröeserte  sich  bald.  Bei  einer  Erweiterung  der  Wnnde 
colossale,  rothe,  schaumige  Blutung.  Auf  die  rechte  Seite  gelegt,  entstand 
Blutung  von  mehr  als  7—8  Pfd.  binnen  wenigen  Minuten.  Verstopfung  der 
Wunde,  Kälte  scheinen  einen  Augenblick  Puls  und  Kräfte  zu  beben,  i  nach 
9  Stunden  in  schrecklichster  Angst.  Wunde  der  rechten  und  linken  Lunge. 
Die  Degenspitze  war  über  der  Aorta,  den  grossen  Gefässen  hinweggegan* 
gen,  hatte  Pericardium,  Art.  coronar.  und  rechtes  Herzohr  geGffnet. 

iOO)  Jamain  (l.  c.  S.  52).  Junges  Mädchen  (Hosp.  St.  Louis  1840) 
Wände  des  rechten  Herzohres  und  der  Art.  pnlmonalis,  einer  Vzlv. 
sigmoidea,  f  nach  einigen  Stunden. 

t99)  G.  Steifensand  (Casper 's  Wochenschr.  1838.  No.  15).  2(l|jähr. 
Mann  erhält  Messerstich,  16.  Sept.,  geht  noch  ca.  100  Schritt,  stürzt, 
trieft  von  Blut.  Wunde  1"  lang,  rechts  neben  Sternum,  zwischen  3.  und  4. 
Rippe,  schräg  nach  unten,  Druckverband.    In  den  folgenden  Tagen  grosse 


lieber  die  Wunden  des  Hertens  nnd  des  Herzbeutels.  839 

Unruhe»  geniesst  nur  Wasser,  frei  tod  bedenklichen  Symptomen,  bis  am 
20.  eine  neue  Blutung,  die  wiederkehrt,  eintrat.  22. :  Ganz  ohne  Puls,  kalt, 
Athem  mühsam,  volle  Besinnung,  beim  Herzschlag  mitunter  kurz  abgebro- 
chene Metallklftnge,  als  ob  man  mit  dem  Fingernagel  gegen  eine  Flasche 
anschllgt.  Schwarzes  Blut  aus  der  Wunde,  bei  Bewegungen  mehr.  Sonde 
kann  nicht  in  Brust  eindringen.  28.:  Plötzlich  Tod  am  8.  Tage,  als  Pat 
die  Lage  ändern  wollte.  8  Maass  Blut  in  rechter  Pleura.  Wunde  der  A  rt. 
mamm.  int,  Pericard.,  rechter  Vorhof,  nahe  am  Uebergang  In  den  rech- 
ten Ventrikel.  Wunde  des  Pericard.  3'",  des  Vorhofes  2'".  —  Tod  durch 
Verblutung,  da  das  schnell  entzogene  Blut  mehr  als  die  Hälfte  der  im  Kör- 
per befindlichen  Blutmasse  betragen  mochte.  Bis  zum  Tage  vor  dem  Tode 
weder  Athemnoth,  noch  sonstige  Brustbeschwerden. 

M8)  Saviard  (Nouy.  recueil  d'obs.  chir.  comment  par  Lerouge. 
Paris  1783.  p.  392).  Beobachtung  von  Gobert:  M.  erhält  Degenstich 
seitlich  zwischen  4.  und  5.  Rippe,  stfirzt  sogleich.  Bin  Camerad  sog  5  Mi- 
nuten laug  die  Wunde  aus,  nach  Hause  gefahren;  ein  PerrOcken macher- 
geselle liess  zur  Ader.  4  Aderlässe  in  G  Tagen,  Diät,  Ruhe.  Patient  stand 
am  7.  Tage  auf,  ging  2  Stunden  spazieren.  Diese  Promenade  schien  ihn  zu 
erleichtern.  Am  folgenden  Tage  Pnrganz,  wonach  sich  Pat.  nicht  schlech- 
ter fflhlte,  ging  wieder  spazieren.  Am  8.  Tage  wieder  gearbeitet;  Abends 
Schwäche,  Athemnoth,  Pnrganz.  Am  11.  Tage  zweifelte  er  nicht  mehr  an 
seiner  Heilung,  ging  in*s  Wirtbshaus,  daselbst  grosse  Schwäche,  nach  dem 
Spital  gebracht,  f  am  11  Tage.  2  Pinten  Blut  in  beiden  Pleurahöhlen; 
viel  Blut  im  Pericardium.  das  rechte  Herzohr  und  die  Aorta  waren  auf 
demselben  Wege  vollständig  durchstochen.  —  Auffallend  ist  das  lange  Leben, 
zumal  Pat.  so  unruhig  nnd  nur  4mal  zur  Ader  gelassen  war;  er  war  indeas 
schon  vor  der  Verletzung  so  schwach,  dass  hier  4  Aderlässe  ebensoviel 
wirkten,  als  sonst  10  bei  Anderen.  —  (Bei  Zannetti,  Fall  31  gleich 
Fall  91). 

b.    T«d|    anbestlMMte  Zeit. 

199)  Dorsej  (Elements  of  snrgery,  citirt  von  R.  P.  Simmons,  s. 
Fall  811).  Bajonett  dringt  durch  Colon,  Magen,  Leber.  Zwerchfell  in  das 
rechte  Herzohr,  durch  die  Lungen  in  die  Brustmuskeln. 

e.    lüt  frcaden  Körpern. 

900)  Dupuytren  (Lec^ons  orales  de  clin.  Chirurg.  VI.  1839.  p.  344.) 
Duval,  35jähr  ,  Duell,  Degen,  Wunde  schief  in  der  Höhe  der  rechten  6. 
Rippe.  Der  Spitalchimrg  hielt  sie  für  eine  nicht  penetrirende  Brust- 
wunde, zumal  weder  Brnstschfiierz,  Athemnoth  vorhanden.  Puls  ruhig,  ganz 
Bii'her,  Gesicht  ohne  Alteration;   er  gab  nach,    dass  Pat.  ohne  Stfitie  auf 


940  I>r-  Georg  Fieoher, 

aeine  Fregatte  zarflckgiog.  Die  Zeugen  sagteo,  4mb  der  Degen  ca.  5^'  tot 
der  Spitze  abgebrochen  aod  dieses  StAck  nicht  so  finden  sei.  Keine  Indi- 
cation,  dass  das  Bisen  in  der  Brust  steckte.  Abends  (Verletsang  MoigeBs 
10  Ohr)  auf  einer  fiahre  in*s  Spital  gebracht  Athem  schwer,  starkes  Bist 
speien,  RAcheln,  Schmerz,  Puls  schnell,  unregelmftssig,  Stimme  sekwacb. 
Haut  heiss,  trocken,  Nacht  sehr  unruhig,  Stertor,  f  nach  28  Standen 
Das  Degenende  von  8"  in  das  rechte  Herzohr  an  der  Basis  eingetretes, 
hat  Lunge  verletzt  Eine  Finte  Blut  in  den  Pleuren. 
•Ol)  Siehe  Fall  104a. 

Linker  Torhof. 

Pcnctriremde  IVamden   —  T«d, 
a.   Ted  sefeil 

909)  Bonet  (Sepulch  anat.  Lib.  IV.  sect  3.  §.  3.  p.  1607).    Anso 
1610,  maji  16.    Henriette  Magnus  IV.,  Galliarum  rez,  rheda  ireetos 
a  parricida  Ravaillac  percnssus,  cultro  bis  in  pectus  fdacto,  s  tat  im  in* 
teriit,   praemissis  aliquot  Tocabulis  et  ejecto  per  os  sanguine.    Postndie 
aperto  corpore,  notatnm  vulnus  in  latere  sinistro,  inter  axillam  et  maBil- 
lam,  transversi  digiti  latitndine,  tendens  supra  muacnlum  pectoralea  sd 
dictam  mamillam  quatuor  digitis  profundum,  caritatem  thoracis  non  attis- 
gens.    Alterum  vulnus  inferiore  foit  loco,  inter  quintam  et  sextam  costsm, 
in  medio  ejusdem  lateris,  pectus  penetrans,  latitudine  sinistri  pulmonis  per- 
forans,  inde  truncum  arteriae  venosae  discindens,  ita  nt  minimum 
digitum  admitteret,  paulo  supra  cordis  auriculam  sinistram;  inde 
pulmo  nterque  hansit  sanguiuem,  qui  per  os  rejectus  est:  quo  iterum  adeo 
infarcti  foere,  ut  omnioo  nigri  quasi  ab  ecchjmosi  apparuerint.    Insignis 
quoque  sanguinis  coocreti  copia  in  cavo  thoracis  reperta  eat,  nee  aontas* 
tillum  in  ventriculo  cordia  deztro,  qui  necnon,  insignia  vasa  inde  prodeno- 
tia,  prae  vacuatione  subsidebant.     Ac  Tena  cava,  qua  ictum  respiciebat, 
juzta  cor,  prae  contusione  ab  ictu  cultri  inducta»  nigricans  apparuit   Idee- 
que  ab  omnibus  sancitum  id  vulons  unicam  et  necessariam  letbi  cauasD 
extitisse.    Gaeterae  corporis  partes  integerrimae  et  sanae  visae  sunt,  corpus 
enim  optima  temperie  donatum  erat,  ac  rita  conformatione. 

»Actum  Parisiis  aono  et  die  dictis.  Medici  regii  subsignati:  A.  Petit, 
A.  Milo,  Uluius,  Regnardus,  Magister,  Falesius,  Majeruias, 
Hupertus,  Mirrheus,  Carreus,  Auberius,  Yvelinns,  üimus  juu., 
Altinus,  Pens,  Lussonius,  Sequinus.* 

b.  Ted  spiter. 

•OS)  Targioni  (1802,  bei  Zannetti  1.  c.  Fall  37).  6"'  lange  Wunde 


Oeber  die  Wunden  des  Herseas  und  des  Herzbeutels.  SAl 

des  linken  Ventrikels,  f  naeh  |f  Stunde  an  Blutung.  Viel  Blut  in  lioker 
Pleara. 

••4)  Tnrgioni  (1789.  Raccolta  di  autossie  fiscal!;  bei  Zannetti, 
1.  c.  Fall  30).  Wunde  des  linken  Herzohres,  f  nach  IStunde  an  Blutung. 
Viel  Blnt  im  Thorax,  wenig  im  PeriGardinm. 

•••)  Ver.  deutsch.  Zeitschr.  f.  St.-Arzn.-K.  1855.  Neue  Folge. 
VI.  Bd.  1.  Hft.  No.  8.  S.  166);  ca.  SOjftbr.;  Wunde  neben  dem  Sternalrand 
der  rechten  ClaTicnla,  dreieckig,  Basis  3'",  jeder  Schenkel  2'".  Sonde 
drang  1^'  ein.  An  beiden  Armen  Aderlasswunden,  f  nach  2—21  Stunden. 
6  Pfund  Blut  in  linker  Pleura.  Stich  schief  in  linke  Brusthöhle,  durchdrang 
linken  Ventrikel,  Lunge,  endete  zwischen  1.  und  2.  Rippe,  wo  sich  eine 
Stichwunde  von  ca.  2"'  befand. 

Tad  spiUcr  mit  Ca«pUcaiianen. 

90e)  Ghastenet  fils  (Journ.  de  chir.  milit.  T.  IL  p.  377.  1782. 
Extrait  de  TEucjclop.  m^thod.  m^d.  T.  II.  p.  819.  Paris  1790).  Mann; 
Bajonett,  rechts,  1^'  vom  Sternum,  3''  unter  Clavicula,  stQrzt  besinnungs- 
los, kommt  wieder  zu  sich.  Wunde  schief  nach  links  und  hinten,  blutet 
wenig.  Luft  dringt  bei  jeder  Inspiration  ein,  mit  Geräusch  aus.  Körper 
eiskalt  (im  Juli),  fast  im  Znstand  der  Suffocation.  Bei  der  Lage  auf  der 
rechten  Seite  starke  Blutung.  Aderlässe,  f  am  folgenden  Tage.  Wunde 
zwischen  2.  und  3.  Rippe;  4  Pfd.  blutiges  Serom  im  Thorax.  Durchstochen 
sind  rechte  Lunge,  Pericardium,  Vena  cava  sup.,  das  linke  Herzohr  und 
Oesophagus.  Blut  anf  dem  Zwerchfell,  im  Magen.  —  (Cbarbonet  bei 
Zannetti). 

Septam  ventricnlornm. 

IVicIil  pcmetrireiide  IVaiidcii  —  T«d  »pAler. 

909)  G.  Horstius  (Obsery.  med.  sing.  Lib.  I.  obs.  18).  ^Gefangener, 
Selbstmord,  Messer,  Wunde  unter  der  linken  Warze;  keine  besonderen 
Symptome;  f  am  8  Tage.  Instrument  durch  Lunge  direct  io  die  Tiefe 
des  Septum,  ohne  einen  oder  den  anderen  Ventrikel  zu  verletzen. 

t09)  E.  Gol  de  Villards  (Gours  de  chirurg.  T.  IIL  p.  281  Paris. 
1716),  ähnlich  wie  Fall  207.    Degenstich,  f  am  12.  Tage. 

HerzBpitze. 

i)  Penetrirend«»  IWiimden  —  T«d  »pAler* 

•OO)  Mangetus  (Samml.  auserl.  Abhandl.  Leipzig  1784.  IX.  Bd.  1. 
S.  571).  Jude,  legt  nach  der  Verletzung  einen  ziemlich  langen  Weg  zurück, 
t  am  6.  Tage.  Wunde  der  Spitze  penetrirend,  so  zasammengezogeo,  dass 
Dor  wenig  Tropfen  Blut  ausdrangen. 


842  ^r.  Georg  Fischer, 

•)  IVIchi  peMCtrirende  irmideit  —  TmI  «pftCer. 

•iO)  Schlegel  (Nene  Materialien  f.  d.  St- Ann.-  u.  pr.  Heiik.  Bd.  I. 
S.  144.  1819).  Ein  Metiger  hatte  sich  im  Fieberdelirimn,  als  ihn  trftomte, 
dass  er  schlachte,  sein  gewöhnliches  Schlachtmesser  in  die  Brost  ge- 
stossen  und  die  Spitze  des  Herzens  getroffen,  f  nach  110  Stniideo. 
(Penetr.  oder  nicht  penetr.?). 

Mi)  J.  van  Meckeren  (Heel-  en  Geneeskonstige  Aanmerkingen. 
Amsterdam  1668  Aaum.  32.  Bl.  193).  Mann  erhielt  1654  Wände  links 
zwischen  4.  und  5.  Rippe.  Pols  langsam,  schwach,  kalter  Schweiss,  Athen 
mahsam,  f  am  7.  Tage.  Pericardinm  und  Herz  fest  verwachsen,  desglei- 
chen Lunge  und  Pleura,  Pericardium  und  Pleura.  Wunde  der  Spitze,  1  Quer- 
finger tief,  1"  breit.  —  (Die  1.  authentische  Pericarditis.  —  Derselbe  Fall 
wird  als  Beobachtung  von  P.  de  Marchettiv,  welcher  am  8.  Nov.  1654 
jenen  Kranken  mit  Abraham  Sluyter  sah,  aufgeführt). 

91t)  Fallners  (Beitr&ge  zur  pract.  und  gerichtl.  Arzneiknnde.  1799 
Bd.  1.  S.  158).  40jähr.  Mann,  mit  4^"  langem  Messer,  das  links  in  die 
Brust  bis  au's  Heft  eingestossen ,  verwundet.  Am  1.  Tage  nicht  die  mio- 
desten  Zafälle;  am  2.  heftiges  Fieber,  das  vorüberging.  Später  Fieber,  Br- 
stickungserscheinungen,  f  am  11.  Tage.  Wunde  der  Spitze,  ohne  in  Yeo- 
trikel  einzudringen.    Viel  Blut  in  linker  Pleura. 

913)  W.  Triller  (Diss.  de  mirando  cordis  vulnere  post  XIV  dieo 
demum  lethali.  Vitembergae  1775).  Frau  ersticht  ihren  Mann,  Messer. 
Blässe,  Zittern,  Erbrechen,  häufig  Ohnmacht.  Nach  einigen  Stunden  Besse- 
rung, Appetit,  Angst.  2.  Tag:  Kräfte  nehmen  zu.  Beim  Versuch  anfzo- 
stehen,  Schwarzwerden  vor  den  Augen,  Schwindel,  Angst;  t  plötzlich  am 
14.  Tage.  Wunde  zwischen  5.  und  6.  Rippe,  unter  der  linken  Warze,  S" 
lang.  Im  Thorax  4  Pfd  Blut;  kein  Blut  im  Pericardium.  Wunde  derSpitie 
klein,  eng,  nicht  penetrirend.  —  (Derselbe  Fall,  bei  welchem  als  Aotor 
Weitzmann  citirt  ist). 

•14)  Schlegel  (Med.  forens.  opusc.  bei  Alleweireldt  1.  c.  p.  35. 
obs.  45).    Gh.  Rnhmer;  i  nach  14  Tagen. 

Tad,   unbestiMMte   leit. 

9IA)  Casper  (1.  c.  S.  536).  d4jähr.  Frau,  Selbstmord,  Tischmesser. 
2  Wanden  links  zwischen  7.  und  8.  Rippe;  nach  dieser  Verletzung  hiogt 
sie  sich  am  Fenster  auf.  2  gleich  grosse,  |"  lange  Wunden  im  Pericsr- 
dium;  kein  grosser  Erguss  darin.  An  der  Spitze  der  Fettschicht,  welche 
das  Herz  umkleidet,  eine  ^"  lange  Trennung,  scharf  gerändert 

Tad,  spater,   Mit  Caapllcidttnen. 

•le)  Dolbeau  (bei  Jamain  1.  c.  S.  82).   Roax,  4S$ähr.,  moaoiDB* 


Deber  die  Wanden  des  Herzens  nnd  des  Herzbentels.  843 

niBcb,  Selbstmord.  10  Messerstiche.  Blntong  dnrcb's  Bett  hindurch,  roth, 
stossweise  bei  der  Inspiration  aasdringend,  bei  der  Exspiration  aafh<(rend; 
besinnnngslos.  Wanden  liegen  in  der  Herzgegend,  2  fiber  nnd  nach  aussen 
von  der  Warze,  4  vor  dem  Sternnm,  4  nnter  der  Warze,  Compression  im 
Verlauf  der  Art.  mamm.  int.  sistirt  die  Blntang.  Präoordiale  Mattigkeit. 
4.  Tag:  Oppression,  Aderlass,  welcher  später  wiederholt.  14.  Tag:  Bis  da- 
hin stets  Dyspnoe,  Syncope.  Abnorme  TOne  in  der  Herzgegend,  bei  starken 
Inspirationen  amphorisches  Blasen  nnd  metallisches  Klingen,  f  »m  20.  Tage. 
Wunde  bis  zum  G.  Rippenknorpel;  Verletzung  der  Art.  und  Vena  mamm. 
int.y  deren  Enden  auseinanderstehen  und  durch  sehr  weiche  Pfropfe  oblite- 
rirt  sind.  Im  Pericard.  1^  Litres  fötiden  Eiters  mit  Gas  vermischt,  russig 
braun.  An  der  Herzspitze  2  kleine  Ecchymosen;  vielleicht  war  die  Wunde 
nicht  penetrirend.  Geringer  Ergnss  in  linker  Pleura;  kleine  Fistel  vom 
Pericardium  in  das  Lnngengewebe. 

Ganzes  Herz. 
T«d  spater,  mit  trtmien  Rorpera. 

919)  Sam.  S.  Pnrple  (New  York  Journ.  Mai  1855.  Fall  29).  Geistes- 
kranker verletzt  sich  mehrfach,  darunter  eine  14"'  lange  Wunde  zwischen 
Proc.  xiph.  nnd  Knorpeln  der  linken  Rippe,  f  am  4.  Tage.  Herz  ganz 
and  gar  durchbohrt  von  einem  noch  darin  steckenden  Radirmesser, 
welches  Patient  sich  wahrscheinlich  mittelst  eines  Ziegelsteines  in  die  Brust 
getrieben  hatte. 

tl8)  H.  de  Montegre  (These,  Paris  1B3&   p.  6/    Seeofticiant  ver- 
wundet sich  mehrfach;  Wunde  so  klein,  dass  sie  nicht  für  penetrirend  ge 
halten.    Keine  besonderen  Symptome,  f  am  G.  Tage.    Herz  ganz  und  gar 
von  einem  Radirmesser  (grattoir  du  bureau)  durchbohrt  und  darin  liegeDÜ. 
Wahrscheinlich  gleich  dem  vorhergehenden  Falle. 

Linkes  Herz. 
Tod  später. 
tl9)  B.  Wichmann  (Epistolae  ab  eruditis  viris  ad  Alb.  Hallerum 
scriptae.  T.  II  Bernae  1773.  or.  404).  Schwert;  f  nach  12  —  14  Stun- 
den. Wunde  der  4,  Rippe,  l"  vom  Knorpelanaatz.  Wunde  des  linken 
Herzens  (Herzohr,  Kammer  und  Spit/e).  Ein  Blutpfropf  verachtoss  unter 
der  Herzspitze  die  Wunde.  Blut  im  Tborai:.  —(Nicht  T.  IV.,  wie  citirt  wird) 

Recbtes  Herz. 
Tod  sofort. 

MO— f9l)  Pantoli  (1831;  bei  Zannetti  i.  c.  Fälle  G6,  67).  Zwei 
Feinde  treffen  sich  gleichzeitig;  in  beiden  Fällen  \vird  das  rechte  Herz  fast 
an  demselben  Punkte  verletzt  nnd  trat  der  Tod  sofort  ein  dnrch  Compres- 
sion, d.  h.  viel  Blat  im  Pericardium. 

V.  I<AOg«nb«ek*a  Arehiv  Ka  Gbirurgie,  TX.  54 


84i  Df'  Georg  Fischer, 

tn)  Bartolini  (1842;  bei  Zannetti  1.  c  Fall  96).  Wunde  des 
rechten  Hersens  mit  dem  Septam.  t  sogleich  durch  Oompression.  Viel 
Blnt  im  Pericardinm. 

DBbestimmte  HerzabBchnitte. 

t)  Penetrlrende  Wimde»  —  T«d« 

a.  Ted  sefeil 

«9S)  Beck  (1833;  M^d.  leg.  bei  Zannetti  1.  c.  Fall  74).  Dolch, 
Patient  l&oft  einige  Schritte,  schreit,  stürzt,  f. 

••4)  H.  Demme  (Milit-chir.  Stnd.  in  den  italienischen  Laxaretfaen. 
II.  Abth.  Specielle  Ghir.  der  Schussw.  1861.  S.  117).  Tischler  steigt  mit 
einem  Messer  im  Herzen  die  Stafen  einer  hohen  Kirchentreppe  hinan, 
stfirzt  erst  an  den  Sftalen  des  Portals  nieder. 

Mft)  Görard  (l.  c.  obs.  6).  October  1855  stand  eine  Fran  vor  den 
Assisen  in  Delemont  *(Canton  Bern),  welche  im  Streit  einem  Nachbar  ein 
Küchenmesser  in  die  Herzgegend  gestossen  hatte.  Der  Verletite  lief 
noch  40—60  Schritt  bis  zn  seiner  Wohnung  und  f  anf  deren  Schwelle. 
Die  Klfiger  verlegten  den  Schauplatz  des  Mordes  dahin,  wo  der  Ermordete 
gestorben  war,  wShVend  die  Frau  in  der  Vertheidignng  die  Yerlettnng  asf 
ihren  Grundbesitz  verlegte.  Die  Jury  stellte  2  Aerzten  die  Frage:  ^.ob  ein 
Mann  mit  durchbohrtem  Herzen  noch  40  Schritt  laufen  könne?*  Erfahreoe 
Aerzte  behaupteten  »Nein*,  indess  bewies  das  Zeugenverhör  das  Gegentheil; 
der  Mord  war  am  hellen  Tage  von  einer  Menge  Personen  gesehen  worden. 

tt6)  ?  (bei  Zannetti  1.  c.  Fall  127).  Schuster  sticht  seine  Fran  in 
den  Leib,  als  sie  noch  nicht  todt  war,  in's  Herz. 

999)  Lazzeretti  (Medicina  forense.  Firenze.  1854.  Part  I.  distrib. 
VI.  p.  l64.  e  seq.).  Selbstmord;  Schnitt  in  die  Art  brachialis;  2  Wunden 
mit  Bistouri,  von  denen  eine  in*s  Herz  ging. 

«?8)  Ambr.  Par^  (Opera  Chirurg.  Francf.  a.  M.  1594.  S.  307.  de 
vuln.  thor.  cap.  30).  Edelmann  in  Turin  erhält  im  Duell  einen  Degen- 
stich unter  der  linken  Warze  versetzt,  noch  einige  Stiche  gegen  den  Peiod, 
welcher  entfloh,  verfolgt  ihn  noch  200  Schritt  und  stürzt  todt  um.  Wunde  des 
Herzens  so  gross,  um  den  Finger  einzuführen;  viel  Blut  auf  dem  Zwerchfell 

b.  Ted  spiter. 

•••)  H.  de  Montegre  (1.  c.  p.  8).  Soldat,  Wunde  mit  Fleuret,  f 
nach  ^  Stunde.    4—5  Duz.  Blut  im  Pericardinm. 

teso)  Lindstram(SvenskaLftkare-SfillskapetUandlingar.  ElfteBandet 
1827.  6).   Selbstmord  im  Wahnsinn,  6  Stichwunden  in's  Herz,  f  nach  12  Std. 

teSi)  Villers  u.  Capelle  (Joum.  de  la  Society  de  Sant^  et  d'Histoite 
nat  de  Bordeaux.  T.  I.  p.  18).  Penetrirende  Wunde,  f  nach  26  Stunden. 


Deber  die  Wanden  des  Henena  nnd  des  Henbeotek.    .       845 

t)  Daniel  Sennert  (Lib.  Y.  part  IV.  cap.  HI.,  bei  Nie.  Tul- 
piuB).    Hen,  Zwerchfell,  Magen  verletzt,  f  ^^  2*  Tage. 

tMM)  Mnys  (Obs.  rares  de  m^d.,  d'anat.  et  de  ehir.  de  Van  de 
Wiell,  flberseUt  von  Planqne.  T.  ü.  p.  249.  Paris  1768).  Fat  ging 
mit  seiner  Herawnnde  6  Tage  in*8  Hospital  zum  Verbinden,  starb  dann. 
(Es  ist  dieselbe  Beobachtung,  welche  von  demselben  Antor  gen.  J.  Mnsins 
(Prax.  chir.  rat  Dec.  5.  obs.  2.  fol.  263)  beschrieben  wird,  wo  es  heisst: 
dass  Jndaens  Arnhemiensis  6  Tage  lang  2mal  täglich  zu  Fuss  nach  seinem 
Hanse  znm  Verbinden  kam. 

teS4)  N^laton  (Gaz.  des  hOpii  Paris  1853.  nr.  184).  Arbeiter, 
Messer  in  Herzgegend.  Alle  Zeichen  der  Herzverletznng.  Pat^  reconva- 
lescirte,  als  er  eines  Tages  seine  Mörder  vorfibergehen  sah;  alsbald  schwere 
Symptome,  f  nach  48  Stunden.  1  Gtm.  breite  Herzwunde,  Spuren  von 
Pericalrditis. 

tes&)  J.  Rh  od  ins  (Obs.  möd.  cent.  11.  obs.  39).  Soldat,  Degen, 
starke  Entzündung,   f  nach  9  Tagen  (anno  1624). 

9Se)  Marchettis  (Obs.  med.  Chirurg.  Padua  1675.  obs.  47).  Vero- 
neser,  Wunde  des  Sternum  an  der  4.  linken  Rippe,  woraus  Fistel  eqtstaad, 
die  Tiel  eitert.  Ohnmächten,  Erschöpfung.  Pat.  lebte  einige  Monate. 
Pericardium  und  fast  die  ganze  Herzsubstanz  ad  fibras  usque  ab  ulcere 
exesam.  (?  Bei  derselben  Verletzung  wird  als  Autor  Fabricins  v.  Hilden 
citirt). 

«S9)  Morawetz  (Oesterr.  Woohenschr.  No  22.  1845).  43jähr.,  quere 
Stichwunde  im  6.  linken  Intercostalranm.  Blnterguss  im  linken  Thorax. 
Rasche  Abnahme  der  Frequenz  des  Pulses,  systolisches  Gerftusch,  was  auf 
tranmatische  Entzflndung  des  Herzens,  momentane  Insufficienz  der  Mitral- 
klappe in.  Folge  einer  Paralyse  eines  oder  des  anderen  Papillarmnskels 
schliessen  Iftsst.    Messer. 

Tad  spater  mH  C«MpllcitianeB. 
teS8)  Schneider  (De  catarrh.    L.  3.    c.  3,  bei  Bonet,   Sepulchr. 
anai).   Schwert;  Herz  und  Aorta  yerletzt  f  an  demselben  oder  folgen- 
dem Tage  (in  seqnenti  die  jndicis  rogatn  corpus  defuncti  incidebatur). 

c.   Tad,  anbcstlaate  leit. 

t99)  Mnmmins  Ludens  (bei  Alleweireldt  I.e.  obs.  44).   Wunde 
der  Herzgegend«    Lange  Zeit  schlimme  Znf&Ue,   schien  ganz  hergestellt; 
nntemahm  ermfidende  Arbeiten;   Ohnmächten,   plötzlich  Tod.    Abscess  in 
einer  Cyste  Ton  sehr  dicken  Wänden  lag  an  der  Oberfläche  des  Herzens. 
t)  Michi  penefrircnsie  I^Fiinden  —  T«d. 

940)  Ebers  (Rnst's  Magazin  fttr  die  gesammte  Heilkonde.  Bd.  21. 

54* 


g46  I>r*  Georg  Fischer, 

S/245).  28jähr.,  melancholisch,  Selbstmord,  Messer,  Herzgegend.  Ganz 
unbedeutende  Blutung;  bei  der  sorgf&ltigsten  Untersuchung  nicht  die  ge- 
ringste Besorgniss  der  Verletzung  eines  wichtigen  Organs.  Wegen  gastri- 
scher Erscheinungen  Tart  emet.,  kein  Erbrechen.  8.  Tag:  Plötzlich  Blu- 
tung, plötzlich  t  am  3.  Tage.  Wunde  dicht  über  BrnstknorpeL  Es  war 
die  glatte  Fläche  des  Herzens  so  berfihrt,  dass  nur  der  änsserste  Deberzng, 
nicht  die  Herzsubstanz  verletzt  schien.    Im  Pericardium  kein  Blut. 

Hit  C«HpUeatioiei. 

Ml)  de  Lamotte  (Traite  complet  de  Chirurg.  T.  III.  p.  86.  Paris 
1732).  Capitain  hat  1697  Degenstich  von  hinten,  zwischen  &  und  6. 
linker  Rippe,  erhalten,  welcher  etwas  unter  der  linken  Warze  wieder  aus- 
getreten ist  Ohne  Puls ,  kalt  wie  Eis ,  obgleich  in  der  heissesten  Jahres- 
zeit schon  fji  Stunde  nach  der  Verletzung;  f  nach  2  Stunden.  Pericard. 
an  2  Stellen  durchbohrt;  im  Herzen  eine  schiefe,  nicht  penetrirende  Wunde, 
welche  die  Art.  coronar.  öffnet.  Dieselbe  hatte  so  viel  Blut  geliefert, 
dass  die  Brust  ganz  voll  auf  dieser  Seite  war. 

SM)  J.  Bell  (Ueber  die  Natur  und  Heilung  der  Wunden;  a.  d.  Eng- 
lischen 1798).  Oberflächliche  Wunde  mit  Verletzung  der  Art  coronar., 
Degen,  f  nach  2  Stunden  unter  grosser  Angst  Pericardium  strotzend 
vor  Blut 

Herzbeutel, 
ft.   Tod  spater. 

949)  Grüttner  (Deutsche  Klinik  7.  Octbr.  1865).  Stich  in  Hm- 
gegend;  Patient  fühlt  kaum  seine  Wunde,  wird  erst  von  Anderen  darauf 
aufmerksam  gemacht,  Naht  Patient  geht  ohne  Beschwerden  nach  seiner 
Wohnung.  Erst  nach  36  Stunden  schwere  Symptome,  Ohnmacht,.  Dyspnoe. 
Nähte  entfernt,  worauf  sich  viel  serösblutige  Flüssigkeit  entleert,  Dyspnoe 
lässt  nach.  Am  5.  Tage  ist  die  Herzdämpfung  so  gross,  dass  sie  IV  nach 
rechts  über  das  Sternum  ragt;  Reibungsgeräusch.  Patient  so  stark,  dass 
er  ohne  Hülfe  aufstand,  guten  Appetit  hatte,  f  am  7.  Tage.  Wunde 
zwischen  6.  und  7.  Rippe,  1^''  links  vom  Sternum,  perforirt  dieses;  Wunde 
des  Pericard.  2'*'  breit;  Pericardium  mit  Eiter  und  Luft  gefüllt 

•44)  Michaelis  Beruh.  Yalentinus  (Pandectae  medico  -  legal. 
Francfurt  1701.  pars  II.  sect  III.  cas.  VI.  p.  369).  Wunde  unter  linker 
Warze,  über  4.  Rippe  durch  Pericardium,  Lunge,  bis  linken  Scapula,  f  am 
11  Tage;  beglaubigt  von  der  Universität  Giessen,  4.  Decbr.  1655. 

945)  A.  Gooper  (Vorlesungen  über  Ghirurgie.  Bd.  IL  S.  178).  Sichel, 
Wunde  klein,  tief,  Pat  schien  schwer  verletzt«  Nach  2—3  Tagen  heftiger 
Schmerz  in  Herzgegend;  bald  fing  Pat  an  aufzuschwellen,  konnte  nicht  im 
Bett  liegen,  t  nach  2^3  Wochen.    Viel  blutiger  Eiter  im  Pericardium. 


Deber  die  Wanden  des  Herzens  and  des  Herzbeateis.  847 

I.  T«d  spiier,  mU  (•■plieatitiei. 

täß)  Larrey  (Glinique  chimrgieale.  T.  11.  Paris«  1829.  p.  330). 
Mann,  17.  Decbr.,  Daell,  Säbel  (briqaet),  Wände  zwischen  linken  Knorpeln 
der  7.  and  8.  Rippe,  einige  Linien  vom  Sternam,  1*'  lang.  Starke  Blutong 
sofort,  wahrscheinlich  ^ns  der  Art.  'mamm.  int.  Heftpflaster,  SchröpfkOpfe 
am  die  Wände.  25.:  Heftige  Schmerzen  an  linker  Seite,  Athem  schwec, 
Symptome,  welche  anf  Yerletznng  des  N.  diaphragm.  and  des  Pericardiam 
liindeuteten,  in  welchen  Blutergass  vermathet  L.  wollte  Paracentese  des 
Pericardiam  machen,  wurde  durch  die  Schwäche  des  Patienten  verhindert, 
f  am  12.  Tage.  Wunde  des  Pericardium,  worin  \  Litre  Blat,  Wunde  der 
Art.  mamm.  int  Die  Paracentese  zur  rechten  Zeit  gemacht,  hätte  das 
Leben  retten  können. 

S49)  Magnus  (Casper's  Wochensch.  No.  16.  1844).  Mord,  22  Wun- 
den mit  Tisch  messen  Knorpel  der  2.  Rippe  hart  am  Stemum,  Wunde 
der  Vena  mamm.  int.,  Lunge,  Pericardium  im  obersten  Theile.  Das 
Messer  geht  in  das  Zellgewebe ,  welches  die  Vena  cava  sup.  an  den  Tronc. 
anonym,  heftet    2  Quart  Blut  in  linker  Pleura,  im  Pericard.  kein  Tropfen. 

•49)  Angenstein  (Casper's  Yierteljahrsschr.  ffir  ger.  und  Offentl. 
Med.  Bd.  23.  1863.  S.  334).  Messer.  Wunde  über  dem  Stemum,  3'" 
unter  Verbindung  des  Schlüsselbeines  mit  dem  Sternum,  8|["Mang.  Wunde 
des  Sternum  erst  durch  einen  Sägeschnitt  ermittelt,  da  kein  Instrument  in 
die  Knochenrinde  einzuführen  war,  so  dicht  lagen  die  Ränder  zusammen. 
Wunde  des  Pericard.  3|'"  lang,  1  Tasse  Blut  darin;  Wunde  der  Aorto,  1" 
vom  Austritt  aus  dem  Herzen,  3**'  lang,  1'^'  breit 

940)  Sassard  (Joarn.  de  med.  T.  46.;  bei  Benj.  Bell.  Chirargie 
VIL  44.  1804.  Uebersetzang  ron  Hebenstreit).  Aorta  nahe  am  Herzen 
durchstochen,  f  plötzlich  am  6.  Tage  (ob  hierher  gehörig?). 

MO)  Th.  Bartholinus  (Acta  med.  1673.  Obs.  21.).  Schwert, 
Wunde  rechts  zwischen  2.  und  3.  Rippe,  Wunde  der  grossen  Herzge- 
fässe  an  der  Basis  des  Herzens,  der  Langen,  f  bald,  ohne  Zeichen  des 
Schmerzes. 

tM)  Bonajuti  und  Zannetti  (1842,  bei  Zannetti,  1.  c.  Fall  99). 
nicht  penetrirende  Wunde  von  wenigen  Linien  am  Bulbus  der  Art- 
pulmonalis,  f  nach  10  Tagen  durch  Entzündung. 

tut)  Mo  ran  d  (Opuscules  de  Chirurgie.  IL  Theil.  S.  184.  Paris.  1772). 

Soldat,  Degen,  rechts  zwischen  4.  und  5.  Rippe,   f  nach   36  Standen. 

Wände  des  Pericard.,  der  Vena  cava,   da,  wo  sie  sich  in  die  Vena  cava 

sup.  und  inf.  theilt 

c.  Ttd,  nnlesÜMMte  leit« 

•HS)  Casper  (1.  c.  S.852).  32jähr,  Mord,  dorch  32 Messerstiche, 

t  durch  Verblutung  aus  Lungenwnnden ,  Wunde  des  Pericard.  i"  lang. 


848  ^^'  Oeorg  FiBch^r, 

9Sä)  Spigelios  (bei  Sönae,  1.  c.  S.  844)  sah  Wunde  des  Pericard., 
nahm  sogar  einen  Lappen  dieses  Sackes  fort.  Bei  der  Sondimng  trat  Sjn- 
cope  ein,  als  die  Sonde  das  Herz  berOhrte. 

YUft)  de  Lapejronie  (bei  S^nac,  i.  c.  S.  344).  Nach  der  Ver- 
letzung entstand  ein  Abscess,  der  viel  Sernm  lieferte,  Pericardinm  fUite 
sieh.  Fat  sehr  ängstlich,  Oppression;  beim  Einführen  des  Fingers  trat 
Sjneope  ein. 

Me)  Parant  (Jonrn.  de  Toolonse.  Jdn.  1858.). 

d.   Ted  später,  mU  freadei  lirieri. 

fW)  Bnist  (Gharleston  Journ.  Jan.  1858).  IL  hat  2  Zähne  ver- 
schluckt,  worauf  Schmerz  entsteht.  Nach  5  Tagen  intensiver  Schmers, 
Oebelkeit,  Pnls  100,  Delirien,  f  am  5.  Tage.  Pericardinm  von  übelriechen- 
dem Gas  nnd  dunkelgrünem  Eiter  ausgedehnt,  entzündet  Im  Oesophagus 
sitzen  2V  über  der  Gardia  die  beiden  Zähne,  deren  2"  lange,  1''  breite 
Goldplatte  rechts,  hinten  in  das  Pericardium  eingedrungen  war. 

9ft8)  University  College  Hospital  (Lancet.  1860.  Vol  II. 
p.  186).  Ein  (Bankier  will  ein  stumpfes  Schwert  verschlingest  perforirt 
mit  der  Klinge  den  Oesophagus  nnd  das  Pericardinm,  f  nach  einigen  Tagen. 

MO)  Ragaine  (Union  med.  18ö4.  No.  44).  Einem  Mexicaner  wird 
ein  Messer  in  den  Rücken  gestossen.  Klinge  bricht  ab.  Pat  geht  fort, 
keine  Blutung,  Krämpfe,  f  i^&ch  2  Stunden.  Wunde  rechts  zwischen  7. 
und  8.  Rückenwirbel  durch  Wirbelsäule.  Aorta,  8  Otm.  von  derCurratur, 
3  Millim.  lang  durchschnitten,  das  Pericardium  von  hinten  geüffnet  Die 
Klinge  steckte  darin,  hatte  als  Tampon  gedient,  daher  keine  Blutung.  (VergL 
Schnchardt's  Zeitschrift  für  pract  Medic.  u.  Medicinalw.  1865.  VI. 
S.  681.) 


n.    leilMgen. 
t)  DareH  Sectlonen  beatfttlyt. 

Bechter  Tentrikel. 

•eO)  Yelpeau  (TraitiS  d'anat.  chir.  T.  I.  1.  ödii  p.  544;  2.  4dii 
p.  604.  1833).  Kohlenträger,  50jähr.,  Säufer.  Vor  9  Jahren  Messerstich 
in  die  linke  Brust.  Mehrere  Monate  in  Todesgefahr,  dann  Heilung,  worauf 
nur  Palpitationen  zurückblieben.  Gegenüber  der  Narbe  des  Thorax  eine 
fibröse  Linie,  welche  ganz  durch  die  Dicke  des  rechten  Ventrikels  ging, 
correspondirend  dem  Substanzverluste  im  Pericardium.  Da  die  Narbe  durch 
die  ganze  Wand  ging,  ist  penetrirende  Wunde  wahrscheinlich.  —  Jobert 
citirt  den  Tod  nach  1  Jahre.  Larrey's  Gitat  (Olinique  Chirurg.  T.  U.  Paris. 
1829.  S.  284  u.  folg.)   wird  sich  auf  diesen  Fall  beziehen;  Narbe  ca.  J" 


Deber  die  Wunden  dea  Henens  nnd  des  Herzbeutels.  849 

Uttg;  t  durch  Gastroenteritis;  desgleichen  das  Präparat  von  Ferrus,  vel* 
ehes  Guthrie  Ton  jenem  Falle  trennt. 

tet)  Lankester  (London  med.  Times.  7.  Not.  1868).  i4jfthr.  Knabe, 
vor  8  Monaten  mit  Federmesser  rerletzt,  geheilt  entlassen.  Narbe  auf 
linker  Brust,  bis  sum  Herzen  su  rerfolgen,  rechter  Ventrikel  schief  durch- 
bohrt; t  an  Apoplexie,  wahrscheinlich  in  Folge  der  schwachen  Herzaction 
bei  der  Dfinnheit  der  Wftnde  als  Folge  der  Wunde  —  (partielle  Heilung). 

•••)  Dnrande  (M^moires  sur  Pabus  de  l'enseTelissement  des 
raorts.  Strassbourg.  1780.  p.  28).  Mitte  December  1769  erhält  ein  Soldat 
einen  Degenstich  in  die  Brust,  yerliert  Tiel  Blut,  bleibt  5  Ti^e  lang 
scheintodt  auf  einer  Treppe  im  Schutt  eines  demolirten  Quartiers  liegen. 
Niemand  kam  Torbei,  er  w&rde  sonst  sicher  beerdigt  sein.  Vor  Kälte  wa- 
ren ihm  beide  Beine  erfroren,  f  an  Gangrän.  Der  Scheintod  war  durch 
Blutverlust,  Kräfteverlust,  Kälte  entstanden.  Rechter  Ventrikel  war  Tcrletzt. 
Die  Wunden  des  Herzens,  Pericard.,  der  Lungen  waren  in  den  6  Tagen  ver- 
narbt, Pat.  hatte  10  Tage  im  Spital  gelebt,  f  also  nach  15  Tagen  —  (der- 
selbe Fall,  den  Ohastenet  im  Journ.  de  Möd.  milit.  Paris.  1782.  beschreibt). 

•ea)  Sam.  S.  Purple  (New  York  Journ.  Mai.  1855.  Fall 84).  Ba- 
jonett, t  nach  14  Tagen.  Wunde,  im  Pericardium  und  rechten  Ventrikel 
Tcmarbt 

tS4)  Faget  (Dictionn.  des  ^tudes  möd.  prat  T.  8.,  bei  Zannetti, 
1.  c.  Fall  26).  Nach  6  Jahren  Heilung  einer  Wunde  des  rechten  Ventrikels 
constatirt,  mit  5'"  langer  Narbe;  ungewiss,  ob  ursprftnglich  penetrirend. 

Linker  Tentrikel. 

•M)  Richerand  (Nosogr.  chir.  T.  IV.  p.  8.  Paris.  1808).  Degen, 
Wunde  unter  linkem  Hypochondrium,  Pericardium  war  am  Herzen  durch 
Narbe  adhärent,  weiche  selbst  mit  den  Wänden  des  linken  Ventrikels  zu- 
sammenhing. Die  Narbe  war  sternförmig.  R.  sagte  zu  Alleweireldt 
(Obs.  56),  daas  Alle  bei  der  Section  sich  fiberzeugt,  dass  das  Herz  ober- 
flächlich Tcrletzt  gewesen  und  geheilt  sei. 

Beide   Tentrikel. 

•••)  GioT.  Brugnoli  (Sopra  un  ferimento  di  cuore  con  lesione 
d'ambo  i  ventricoli  andato  a  gnarigione.  Bnlletino  delle  scienze  mediche. 
Juni  1862).  Schuster  in  Bologna  erhielt  28.  August  1835  Messerstich, 
2"  unter  der  linken  Warze,  nahe  am  Brustbeine.  Deutlich  blasendes  Ge- 
räusch unter  der  Glavicula  und  Achsel,  welches  die  Herztöne  verdeckte; 
starkes  Herzklopfen  und  Katzenschnurren.  Man  f&hlte  zweifache  Herzpul- 
sation zwischen  5.  und  6.  Rippe  und  zwischen  8.  und  4.  Rippe.  Nach  78 
Tagen   geht  Pat.  in's  Geschäft.    Hierauf  unter   der  linken  Clavicula  Ge- 


g50  ^^'  Georg  Fischer, 

schwQlst,  welche  in  Folge  einer  Langenblntung  ood  Milcfadi&t  TerschwftBdL 
Fat.  behielt  Herzhypertrophie  mit  systolistihem  Ger&asche,  namentlich  an 
der  Basis  des  Herzens.  Nach  19  Jahren  7  Monaten  Leberhypertrophie, 
Kolik,  Oedem  der  Beine,  Tod.  fixcentrische  Herzhypertrophie,  yerdicktea 
Pericardinm,  viel  mit  dem  Herzen  verwachsen.  Im  rechten  Ventrikel,  neben 
der  Valv.  semilanaris,  ein  viereckiges,  3  Gtm.  grosses,  weisses  Narbesgewebe, 
ebenso  am  Sept  ventric.  Die  Yalvula  mitraUs  war  in  2  dicke,  sehnenartige 
Lappen  zerchnitten.  Da^  Messer  hatte  von  oben  nach  nnten  das  Pericard^ 
die  vordere  Wand  des  rechten  Ventrikels,  die  Scheidewand,  Valv«  mitr.  und 
das  Endocard.  des  linken  Ventrikels  durchbohrt,  und  war  so  tief  in  die 
hintere  Wand  des  linken  Ventrikels  gedrungen,  dass  wenig  an  einer  völligen 
Durchbohrung  des  Herzens  fehlte.  Die  Art  pulmon.  war  in  Folge  der  Com- 
munication  beider  Ventrikel  erweitert.  Bei  der  Verwundung  war  ein  Theil 
des  Pericard.  in  die  Herzwunde  eingedrftngt,  was  zur  Verstopfung  derselben 
beigetragen  hatte.  Das  schnurrende  Geräusch  entstand  durch  Gommunica- 
tion  beider  Ventrikel. 

9S9)  Mühlig  (GonstantinopeL  Gaz.möd.  d'Orient  IV.  6.  Sept  1860). 
Maurer  in  Neapel  hatte  10  Jahre  vor  seinem  Tode  einen  Messerstich 
links  vom  Sternum  erhalten,  wovon  die  Narbe  noch  sichtbar.  Lebensge&br, 
Besserung,  Fat  hat  wieder  gemauert.  Seitdem  bemerkte  er  am  Honen  bla- 
sendes Geräusch,  das  ihn  indess  nicht  weiter  beunruhigte.  Einige  Wochen 
vor  dem  Tode  heftige  Athemnoth,  Husteu,  beginnendes  Anasarca,  dann  Auf- 
nahme im  Spitale.  Das  Blasen  am  Herzen  war  stärker  geworden,  verdeckt« 
beide  Töne.  Scrotum,  Beine  sehr  ödematGs,  nach  Scarificationen  rasch  zu- 
nehmende Gangrän,  Erschöpfung,  Tod.  Unter  der  Insertion  des  4.  Rippen- 
knorpels am  Sternum  links  eine  lineare  Narbe  von  i  "  Länge,  schräger  Rich- 
tung; Narbe  von  innen  sich  erstreckend,  Ende  des  4.  Rippenknorpels  sprang 
leicht  nach  innen  vor.  Linke  Lunge  überall  mit  Brnstwand  und  Pericardiam 
durch  alte  Adhäsionen  zusamm^nhängond,  Herz  vom  rechten  Lungenrande 
überdeckt.  Peric.  mit  dem  ^Herzen  überall  eng  verwachsen,  auf  der  Seite 
des  rechten  Ventrikels  fühlte  man  durch  das  Pericard.  hindurch  einen  har- 
ten,  vorspringenden  Körper.  Herz  2  Mannsfaustgross,  Pericardinm  Hess  sich 
von  der  Ventrikelwand  durch  starkes  Ziehen  lostrennen,  mit  Ausnahme  da, 
wo  der  harte  Körper  gefQhlt  wurde.  Hypertrophie  betraf  besonders  lin- 
ken Ventrikel,  dessen  Höhle  erweitert  und  in  die  Länge  gezogen  war.  Innen 
im  rechten  Ventrikel  war  eine  runde,  mit  Narbengewebe  ausgekleidete  Oeff- 
nung,  welche  die  Spitze  des  kleinen  Fingers  aufnahm,  durch  die  man  in 
einen  ca.  nussgrossen  Sack  gelangte;  im  Grunde  desselben  stiess  man  auf 
einen  harten,  höckerigen  Körper.  Beim  Oeffnen  des  Sackes  ergab  sich  ein 
partielles  Aneurysma  des  Herzens,  dessen  Wand  ausschliesslich  von 
den  beiden,   zu  einer  Membran  verschmolzenen  Blättern  des  Herzbeutels 


Ueber  die  Wunden  des  Heneos  und  des  HerzbentelB.  85 1 

(ohne  jede  Spur  tod  MoBkelfiuern)  gebildet  wurde;  im  Oraude  des  Sackes 
lag  ein  incmstiries  Faserstoffgerinnsel.  Das  Aneurysma  sass  an  der  Ver- 
bindung der  beiden  oberen  Drittel  des  rechten  Ventrikels  mit  dem  unteren 
Drittel;  ihm  gegenfiber  im  Septnm  ventric.  ein  Loch,  das  kaum  die  Spitse 
des  kleinen  Fingers  aufnahm,  durch  welches  man  in  den  linken  Ventrikel 
kam.  Das  Loch  war  auf  dieser  Seite  fast  noch  einmal  so  weit,  als  rechts, 
fiberall  mit  Narbengewebe  bekleidet,  das  sioh  auch  noch  einige  Linien  weit 
in  den  linken  Ventrikel  erstreckte,  in  dem  es  nach  oben  eine  halbmondför- 
mige, die  Oeffnnng  theil weise  Terschliessende  Falte  bildete,  während  nach 
unten  eine  fthnliche  Falte  frei  im  linken  Ventr.  flottirte.  Die  Semilunar- 
klappen  der  Aorta  zeigten  an  ihrer  ftusseren  Fl&che,  ganz  nahe  dem  freien 
Rande  und  in  gleicher  Entfernung  von  ihrer  seitlichen  Insertion,  eine  blu- 
menkohlartige Wucherung,  an  ihrer  inneren,  gegen  das  Lumen  gerichteten 
Flftche  eine  deutliche  Spaltung.  Die  Aorta  adscend.  etwas  erweitert,  athe- 
romatfis,  Mitralklappen  leicht  verdickt,  nahe  der  Insertion  etwas  ossificirt, 
an  der  Tricuspid.  und  Art  pulm.  nichts  Abnormes.  Herzsubstanz  blassroth, 
gelblich  gestreift,  schlaff,  mflrbe.  Vorhöfe  sehr  erweitert,  Wandungen  ver- 
dfinnt.  Leber  vergrössert,  hyperftmisch,  muscatnussartig.  Vena  cava  inf. 
enthllt  viel  schwarzes  Blut  —  (Es  ist  sicher,  dass  die  Herzhöhlen  vor  10 
Jahren  verletzt,  das  Stilet  in  den  rechten  Ventrikel,  und,  nach  Durchboh- 
rung des  Septum,  in  den  linken  Ventrikel  gegangen  war.  Tod  durch  se- 
cundftre  Endo-Pericarditis,  ohne  dass  das  Aneurysma  oder  die  Perforation 
des  Septum  zum  Tode  direct  beigetragen  haben.  Jedenfalls  war  die  Wunde 
nach  der  Verletzung  durch  Gerinnsel  verstopft,  als  dessen  Residuum  die 
im  Aneurysma  befindliche  Fibrinconcrellon  angesehen  werden  kann.  Wahr- 
scheinlich war  damals  nicht  viel  Blut  im  Pericardium,  weil  sonst  gewiss 
partielle  Verdickungen,  Fibrinablagerungen  zu  bemerken  wären.  Das  frag- 
liche Goagulum  war  zuletzt  als  Tampon  vom  Pericardium  fixirt,  indem  die- 
ses durch  adhäive  EutzOndung  innig  mit  dem  Herzen  verwuchs.  Wunden 
des  Poricard.  und  dea  Ventrikel  entsprachen  sich  genau.  Die  nach  der 
Verletzung  auftretende  EntzOndnng  hatte  sich  auch  gleichzeitig  auf  das 
Endocard*  ausgebreitet  und  eine  Insufficienz  der  Aortenklappen, 
so  wie  eine  Stenose  am  Orificium  Aortae  herbeigeführt.  Die  Folgen  waren 
Hypertrophie  mit  Erweiterung  des  linken  Ventrikels,  Ausbuchtung  der 
Vorhöfe,  venöse  Stasen,  Entartung  und  fortschreitende  Lähmung  der  Herz- 
substanz; ausserdem  floss  Blut  durch  das  Loch  im  Septum  fortwährend  aus 
dem  linken  in  den  rechten  Ventrikel.  Es  ist  der  erste  Fall  eines  par- 
tiellen Aneurysma  träum,  des  Herzens;  bemerkenswerth  ist,  dass 
das  Aneurysma  nicht,  wie  gewöhnlich,  den  linken,  sondern  den  rechten  Ven- 
trikel betraf,  weil  letzterer  mehr  Verletzungen  exponirt  ist  Das  im  Leben 
hörbare  doppelte,  blasende  Geräusch  am  Herzen  war  in  der  Hauptsache 


862  Dr.  Georg  Fischer» 

jedenfallB  tob  der  Yerftnderang  am  Orific  Aortae  bedingt  Wahrscheialieh 
hat  aaeh  der  Durchgang  des  Blutes  ans  einem  in  den  anderen  Ventrikel 
durch  die  enge  Oeffnnag  im  Septum  die  St&rke  des  systolischen  Gerinaehet 
vermehrt). 

Herzspitze. 

•es)  Id.  Wolf  (Obserr.  chir.  L.  L  Obs.  21.  Qnedltoborg.  1704) 
Tourby  secirte  1642  eine  Leiche,  bei  welcher  vor  4  Jahren  eine  Yerletsung 
mit  einem  Schwert  stattgefunden.  Das  Hen  war  aa  der  Spitxe  rerwan- 
det  gewesen:  cujus  vulneris  evidentissima  testis  cicatrix  adhae  restabat  ab 
Omnibus  clare  conspicienda. 

•••)  0.  Stalpart  van  der  Wiel  (Obsenr.  rariores;  centnr.  poster. 
pars  prior.  Leidae.  1727.  Obs.  23).  Aim^  de  Foix,  ein  Chirurg,  enihlt 
dass  er  einen  Anführer  der  Reiterei  gekannt,  der,  wegen  aeiuee  grossen  Ap- 
petites auf  Rfiben  (raparnm)  «Raparius''  genannt,  geheilt  sei,  nachdem  er 
eine  Seh  wert  wunde  erhalten,  die  durch  Zwerchfell,  Pericardiam  bis  in 
Herzspitse  gegangen.  Nach  i  Jahre  ass  er  wieder  so  viel  R&ben ,  daes  er 
keine  Winde  lassen,  noch  Stuhlgang  haben  konnte,  und  starb.  Aa  der 
Wundstelle  im  Herzen  war  ein  Gallus,  so  lang,  wie  das  erste  Glied  des 
kleinen  Fingers,  mit  dem  Pericardium  verwachsen.  Ein  Theil  deor  D&qd- 
dfirme  war  durch  das  Loch  im  Zwerchfelle  eingedrungen  und  hier  durch 
Fasern  verwachsen. 

t90)  J.  Pauli  (bei  Math.  Michaelis  Sikora,  Gonspect  medie. 
leg.  legibus  austriaco-provinc.  accommodatus.  Prag.  1780.  Pars  IV.  Gap.  IL 
De  vuln.  lethalit.  §.  14.)  fand  nach  vielen  Jahren  bei  einer  geheilten  Brust- 
wunde  eine  Narbe  (callum)  im  Pericardium  und  Henspitie.  —  (Auch  citirt 
Bphem.  Nat  Gent  5.    p.  421.   Dec    I.   ann.  2.    p.  195.) 

H  e  r  z  b  a  8  i  8. 

m)  Bartihol.  Gabrol  (Alphabet  anatom.  avec  plusieurs  obserrst 
particuli^es.  Geneve.  1602.  Obs.  62).  Ausspruch  Ton  Fernel:  Bei  einem 
erhängten  Diebe,  an  der  Basis  neben  der  Kransnaht  eine  Narbe  von  2  Fin- 
gerbreite und  Dicke  eines  Testen  (Silbermünse),  vermuthlich  auf  einer  Wunde 
beruhend. 

Arteria  Corona ria. 

tn)  Larrey  (Glinique  Chirurg.  T.  IL  p.  291  Paris.  1829).  B.Saint- 
Ogne,  30jfthr.,  am  18.  März  verwundet,  links,  1^'  Uog,  Knorpel  der  & 
Rippe  durchschnitten.  Starke,  rothe  Blutung,  isochron  mit  Henschlsg. 
Blass,  kalt,  Gyanose,*  Pub  klein,  Stimme  schwach,  Athem  schwer,  Schloch- 
zen,  Augen  matt,  in  Thränen  gebadet,  Pat  schien  den  Tod  zu  wüiischeo. 


Deber  die  Wunden  de.  Benena  and  des  HerxbenteU.  868 

N.ch  dem  Stiche  wm  ftit.  sogleich  in  Ohnm«bt  geMen,  und  d»  Inetru- 
Tn  nL7T°'  .«'«P«"*«''  ««^»nngen  mit  heieeem  klanell.    FuS^. 

^hme^r  'iT""  "T""'  Abm^ierung.  Oppreseion.  Angst.  Schmer. 
Widern  ot^"»   «nd  Operation  des  Bmpy.m,  dnrch  Schnitt, 

Toa  1  Litre  gelbhch-hrfanlicher  FIBesIgkeit.  Wihrend  der  Operation  gros., 
sX!L    .  .         "''"  «bwecheelnd  «ffnen  nnd  schUessen.  um  die  . 

V^Tt  '*"?*"*'•'•"•  P»*-  ««Wi^f  ™e«t  seit  der  Verlet«.ng  .twaa 
Irib!;  *^'  T-  '^  der  Auefln«  .„f,  „«„«  Oppr«»ion.  Trennung  der 
t^T^vt^^iT  '°°  *  ^'»•'»"«beclcen.    Hoflhnng  »nf  HeUong.   .1. 

mlmmTl*«!  I*^'  """  "''  ^«'**»""6-    ^erlet^ng  der  Art. 

Zj^  Zt  '  ??  ''""''•  '" ''«""  •»"  N«»«'  ^^  '•»«»•«  "»  Z''«« 

hWt  mI,  "J;  "  "*.  '^'"  '^'"'^*-  *'»*  I»i«^«»"  «  ^  Arteriensystem 
n«  iZ  '.K?"  *[""^'"''*'  '"*"  ^«^  J*"*«^  "'«5**  ""•  wenige  Li- 
Z  !?.'  's;  .""'''  ^'"^'  •"»^«»»"8«'  entsündet;  Oberfläche  de.  Her- 
^tM«  ![t  "*•"  Medi«tinnm  nnd  Her.  bg  eine  .nsgedehnte.  innen 
Tr  ^T^  J'?™'«*"'«'  ^'»^  enthaltende  Cyste,  die  sich  nach  hinten  bis 
«nr  Wirbelsinle  yerllngerte.  L.  UUt  sie  für  das  ausgedehnte  PericM-dinin, 
welche,  er  angestochen  (beschrieben  auf  Seite  681). 

Dabestimmte    HsrxabseliBitte. 

••■>  Boogon  (ArchiT.  g^n^r.  de  m^d.  1826.  1.  S^rie.  T.  VIL  p.  140). 
mj^t:  Sparen  einer  alten  penetrirenden  Bmstwunde.  Lnnge,  Pericardinm 
und  Ben  waren  verwandet  gewesen  nnd  Ternarbt  Fat  an  fremder  Knuik- 
heit  gestorben. 

994)  Acta  Lipsiens.  1706.  p.287.  Narbe  einer  Henwnnde  gefanden. 

t»*)  Rerne  mädic.  franc.  et  Strang.  VoL  XI.  1829.  Soldat  tm- 
teht,  scheintodt,  bleibt  Uegen,  weil  fllr  todt  gehalten.  Nach  einiger  Zeit 
Brholang  und  Hwlnng.  Später  Tod  durch  fremde  Krankheit;  Tollkommen 
geheilte  Henwnnde. 

•*•)  Rongnon  (Vuln.  cord.  .nbitamorte  non  snperreniente.  Vennntii 
1786.  p.  7.  Consider,  pathol.  - eemiotic).  Soldat,  Degenstich,  erholt  sieh 
«Piter,  arbeitet  wie  gewfihnlieh.  SpSter  Fieber,  Plenritis,  +  nach  2  Monaten, 
Zun  Thsil  Ternarbte  Hemrnnde,  6'"  lang.  Das  Fieber  scheint  die  frisehe 
Narbe  nieder  aufgerissen  an  haben,  Fat.  starb  am  4.  Tage  der  Plenritis. 

•«)  Ph.  V.  Walther  (Sjrtem  der  Chirurgie.  V.  1861.  S.  279).  Hei- 
lung «ioer  Wunde  des  Pericardinm  nnd  der  Oberflftche  des  HerMns. 


854  Dr.  Georg  Fischer, 

•99}  £.  Jaofisen    (Ball,    delle   Sc.    med.  —  Presse    m^dicale.     31. 
1862). 

Herzbeutel. 

ms)  Blackadder  (J.  Hennen,  Observ.  on  some  imporiant  points 
in  the  practice  of  military  surgery.  Edinburgh  1818.  p^  439).  Soldat  mit 
Bajonett  verwundet;  3  Monate  nachdem  er  geheilt  enilasseo,  Tod  darcfa 
Pneumonie.  Wunde  2''  links  ttber  dem  Proc.  xiph.,  unter  der  Narbe  ein 
Vorsprung  einer  Rippe.  Im  Zwerchfell,  da  wo  es  mit  dem  Pericardinm  ad- 
härirt,  fast  in  einer  Linie  mit  der  Susseren  Wunde  eine  Perforation,  die  bis 
in's  Pericardium  ging  und  den  Ringfinger  durchliesa.  Dnrch  dieses  Loch 
hing  ein  Fettstiel  (a  fatty  pedicle),  1"  lang,  ca.  Vs"  breit,  etwas  gelappt; 
derselbe  entsprang  vorn  vom  Herzen,  ca.  V^"  von  der  Spitze.  Hers  grösser, 
als  gewöhnlich,  vorne  mit  dem  Pericardium  durch  lange  Ligamente  adhäri- 
rend,  wahrscheinlich  Producte  einer  früheren  Entzündung.  Hennen  be- 
zeichnet es  als  »herniary  Protrusion  of  a  pedicle  springing  from  the  heart*. 
PrSparat  in  Obatham.  —  Derselbe  Fall  ist  von  Guthrie  (On  wonnds  and  in- 
juries  of  the  ehest.  London  1848.  p.  58.  Abbild.;  auch  Oommentaries  on  the 
surgery  of  the  war.  6^edit.  1855.  p.  513,  514)  in  einer  ganz  abweichendeo 
Art  und  Weise  beschrieben:  Dierking  erhielt  in  der  Schlacht  bei  Water- 
loo  einen  Stich  zwischen  der  5.  und  6.  Rippe  mit  eioer  Lanze,  welche 
zurückgezogen  wird.  Er  fällt  vom  Pferde,  verliert  viel  Blut  ans  dem  Munde 
und  der  Wunde,  wird  nach  Brüssel  gebracht,  ohne  weitere  Sorge  für  seine 
Wunde.  Da  seine  Kräfte  noch  schwach  waren,  Herzpalpitationeu  bestanden, 
wurde  er  im  November  1815  als  Invalide  nach  England  geschickt,  f  dann 
bald  an  Pneumonie.  Guthrie  sah  zufällig  die  Brustverletzung:  Narbe  im 
Rippenknorpel  und  der  unteren  linken  Lunge.  Die  Lanze  war  durch  das 
Pericardium  gegangen,  hatte  ein  Stück  vom  äusseren  Rande  dei 
rechten  Ventrikels  abgettchuitten,  welches  unten  angeheftet, 
umgedreht,  2'*  vom  Herzen  herabhing,  während  der  Theil  des  Ven- 
trikels, wo  es  abgeschnitten  war,  gerunzelt  (in  der  Abbild,  steht  »puckered 
cicatriz  of  the  wound")  und  mit  einer  serösen  Membran  gleich  dem  Herten 
selbst  Oberzogen  war  (^a  piece  . .  of  the  right  ventricle,  which  being  attached 
below,  tnrned  over  and  hung  down  from  the  heart  to  the  eztent  of  two 
inches^)  Die  Lanze  machte  dann  ein  ovales,  fingergrosses  Loch  im  Oentr. 
tendin.  des  Zwerchfelles.  UnregeJ massige  Narbe  an  der  Oberfläche  der  Leber, 
Adhäsionen  zwischen  Herz  und  Herzbeutel  als  Folge  der  Entzündung.  Hätte 
der  Mann  länger  gelebt,  so  wäre  vielleicht  eine  Magen-  oder  Darmhemie  in 
dem  Herzbeutel  entstanden.  —  Guthrie  erklärt  die  Beschreibung  Hennen'a 
von  dem  Assistenten  Black adder,  welcher  nicht  bei  der  Sectlon  war  ond 
später  eine  Präparation  vorgenommen  hatte,  für  irrthümlich.    Uebrigens  ist 


Deber  die  Wonden  des  Herzens  und  des  Herzbentels.  g5d 

diese  Bemerkung  über  Hennen  nnd  das  zufällige  Entdecken  der  Herzwnnde 
in  der  Ausgabe  vom  Jahre  1855  (6.  starb  18&6)  fortgelassen. 

MO)  A,  Krause  (Danzig)  (Das  Empjem  nnd  seine  Heilung.  Danzig 
1843).  Baum 's  Klinik:  2()jähr.  Mann,  durch  Messer  mehrfach  in  der 
Brust  verwundet,  die  eine  Wunde  zwischen  4.  und  5.  Rippe  links,  etwas 
unter  und  rechts  von  der  Warze,  IV  lang,  die  andere  mehr  nach  aussen 
und  oben  zwischen  3.  und  4.  Rippe.  Der  Herzschlag  war  so  laut,  dass  man 
ihn  in  einer  Entfernung  von  mehreren  Schritten  deutlich  hören  konnte;  es 
schien,  dass  Luft  in  den  Herzbeutel  eingedrungen,  bei  der  Bewegung  des 
Herzens  hin-  und  hergetrieben  wurde.  Beim  Erheben  des  linken  Armes 
drang  etwas  Luft  aus  der  Wunde;  verhielt  sich  Patient  ruhig,  so  trat  keine 
Luft  aus.  Geringe  Blutung,  Fat.  so  stark,  dass  er  noch  eine  bedeutende 
Strecke  zu  Fuss  nach  dem  Spital  gegangen  war,  blutige  Sputa  fehlten. 
Sondirung,  dennoch  schien  die  Diagnose  deutlich  genug,  dass  das  Messer, 
ohne  Lunge  und  Herz  zu  verletzen,  das  Pericardium  geOffnet  hatte.  Naht, 
Binde  um  den  Thorax,  kalte  Umschläge,  Aderlass,  Lage  mit  erhöhtem  Ober- 
körper. Am  folgenden  Tage  Fieber,  Emphysem  um  die  Wunde,  Sägege- 
räusch beim  2.  Ton.  Brustschmerz  (Aderlass,  Blutegel,  Digitalis).  Am 
3.  Tage  liess  Geräusch  nach,  kehrte  am  4.  wieder  (Aderlass),  Fieber  Hess 
nach,  Herztöne  normal;  allmälig  Zeichen  eines  Empyems,  hektisches  Fieber, 
Tod  nach  11  Monaten.  Empyem  links.  Das  Pericardium,  welches  sich  nebst 
dem  Herzen  unterhalb  des  Stemum  befand,  war  an  seiner  linken  Wand  ver  • 
dickt,  die  innere  Fläche  glatt  und  zeigte. eine  Vertiefung,  eine  Art  Ausbeu- 
gung gleich  dem  Foram.  ovale,  welche  der  inneren  Oeffnung  des  Stichcanals 
entsprach  u.  s.  w.  —  (Heilung  der  Wunde  des  Pericardium,  ohne  dass  Peri- 
carditis  hinzugekommen). 

•)  IVacli  Sj'inptoineii  wermatliet« 

Rechter   Ventrikel. 

•91)  Rupprecht  (Spitalztg.  12.  1862).  41jähr.  Maler,  sticht  sich 
mehrfach  einen  Dolch  in  die  Brust,  wo  er  den  Herzschlag  am  deutlichsten 
fühlte,  bis  an  das  Heft  hinein;  Dolch  b"  lang.  Bald  darauf  Dolch  aus  der 
Wunde  entfernt,  worauf  starke  Blutung.  Grosseste  Erschöpfung  und  Anä- 
mie. Todtenblässe,  Glieder  kalt,  schlaff,  Zunge  dunkelblau,  trocken.  Puls 
kaum  fühlbar.  Unter  dem  Heftpflaster  sickert  continuirlich  etwas  dunkeles 
Blut  aus.  Leerer  Ton  bis  zur  2.  Rippe,  Herztöne  schwach,  wie  bei  peri- 
cardialem  Exsudat;  Husten,  Athemnoth  nahmen  zu.  (Energisch  belebende 
Mittel).  Die  4.  Wunde  unter  der  linken  Warze  blutete  am  meisten,  aus  ihr 
war  der  Dolch  ausgezogen.  Diagnose  einer  Wunde  des  rechten  Ventrikels. 
Körper  mit  heissen  Tüchern  erwärmt,  Aether,  Kaffee,  aufrecht  sitzen  lassen  i 
CS  entleerten  eich  15  Unz.  Blut,  was  den  Kranken  erleichterte.    Athem  wird 


856  ^r«  Georg  Fischer, 

freier,  Herztöne  bGrbar,  Blatnng  geringer.  (Tinet  Opii  und  Tiiict.  Dtgit 
aetheres,  Eis  aafs  Hen,  Senfteig  an  die  Glieder,  stündlich  Fleisehsnpp« 
mit  Ei).  Forttdnendes  Gerftusch  von  der  Systole  zur  Diastole.  4.  Tag: 
Stechende  Bmstschmersen,  Hasten,  Fieber,  beginnende  linksseitige  Pneomo- 
nie  nnd  Pericarditis  (Reibnngsgerftasche).  Am  33.  Tage  wieder  Pneumonie 
links  und  rechts;  bald  Besserung;  nach  einigen  Wochen  Hentöne  fast  rein. 
Nach  3  Monaten  yollkommen  Heilung.  —  R.  bestfttigte  seine  Diagnose  doreb 
Versuche  an  Leichen. 

tSt)  H.  Tuefferd  (Union  m^d.  1860.  nr.  40).  3Qfthr.  Bauer  erhilt 
mit  Messer  6  Wunden,  von  denen  nur  eine  gefllhrlich  im  linken  2.  Int»- 
costalraum  swischen  Glavicnla  und  Brust  lag,  3  Gtm.  lang,  schrig  ron  oben 
nach  unten,  von  aussen  nach  innen.  Weder  blutiger  Auswurf,  Emphjsen, 
Luftaustritt,  noch  Erguss  in  Pericardium  und  Pleura.  Pat  sehr  ediwach, 
Ohnmächten,  Oppression,  heftige  Henpalpitationen ,  kleiner  rapider  Pab 
(Naht).  Bald  schien  Patient  dem  Tode  nahe  (Aderlass,  der  wiederholt  wird). 
Erleichterung,  Athem  freier,  Hasten.  Am  3.  Tage  grosse  Oppression.  Wunde 
geöffnet,  worauf  einige  Löffel  mit  Luft  vermbchten  Eiters  sich  entleertes. 
Am  9.  Tage,  als  feste  Adhäsionen  vermuthet  wurden,  drang  eine  Sonde 
9  Gtm.  abwärts,  nach  Innen  ein.  Die  10  Gtm.  lange  Messerklinge  war  hin- 
ter der  vorderen  Brustwand,  zwischen  dieser  und  der  Lunge,  herabg^tittai, 
und  musste  sehr  nahe  am  Herzen  Torbeigegangen  sein,  wenn  sie  es  nicht 
getroffen  hatte.  Am  25.  Tage  schloss  sich  die  Wunde;  die  heftigen  Hen- 
palpitationen (120  in  der  Minute),  sowie  die  Oppression  dauerten  fori  Wenn 
Patient  sich  im  Bett  anfrichten  wollte,  bedeckte  sich  sein  Geeicht  mit 
Schweiss,  Ohnmacht;  bei  der  geringsten  Bewegung,  selbst  beim  Auf- 
heben des  linken  Armes  oder  bei  tiefen  Inspirationen,  entstanden  Angst, 
Schmerz  in  der  Herzgegend.  Percussion  hier  matt,  der  erste  Herztos 
glich  einem  Blasen,  das  sich  bis  in  die  Aorta  und  Garotiden  fortsetzte; 
Schwäche.  Am  33.  Tage  Pat  kräftiger,  nicht  mehr  zu  Ohnmächten'  geneigt. 
Puls  trotz  DigiUlln  (6  Milligrm.  in  21  Standen)  112,  Athem  kurz,  Palpitz- 
üonen  fortdauernd,  in  der  Präcordialgegend  ein  immer  stärker  werdendes 
Blasen  hörbar,  welches  beide  Herztöne  verdeckte,  intermittirend ,  in  Aort» 
und  Garotis  deutlich  zu  hören.  Bei  der  Seitenlage  hörte  es  Pat  selbst  — 
Forget  bemerkt  dazu:  1)  die  Erscheinungen,  die  noch  bestehen,  sind  nicht 
von  Anämie  abhängig,  da  sie  nicht  gleich  nach  der  Verletzung  entstanden; 
ähnliche' in  den  Fällen  von  Velpeau  und  Latour.  2)  Der  rechte  Ven- 
trikel ist  getroffen,  wegen  der  Lage,  der  Richtung  und  Symptome.  Das 
Fehlen  einer  inneren  und  äusseren  Blutung  spricht  nicht  dagegen.  Ueber- 
dies  konnte  ein'  leichter  Erguss  in's  Pericardium  bei  den  intensiven  Er- 
scheinungen leicht  übersehen  sein.  Wahrscheinlich  hat  sich  findocarditis 
entwickelt    3)  Heilung  durch  Vernarbung  ist  möglich.    Es  bestehen  die 


Deber  die  Wnnden  des  Henens  nnd  des  Henbeutels.  857 

Gefahren  der  Raptnr  des  Herzens  bei  der  geringen  Resistenz  seiner  Winde, 
der  Eitemng  im  Pericardiam,  rechten  Ventrikel  fort.  4)  Therapentische 
Empfehlungen. 

t9S)  LftTender  (Proceed.  of  the  Med.  Assoc.  of  the  State  of  Ala- 
bama for  X850)«  15jlhr.  Mann  erhUt  Stich  mit  Messer,  dessen  Klinge 
3"  lang,  %''  breit,  zwischen  linke  4.  nnd  6.  Rippe  an  den  Knorpelenden. 
Mach  5  Minuten  Erbrechen,  Kinnbacken  starr,  kalter  Schweiss,  Angen  ein- 
gefallen, Athem  aussetzend,  mehr  seufzend,  Herzschlag  fehlt,  continnirlich, 
Tenfises  Blut  aus  der  Wunde  (ca.  1  Gallone).  RQckenhige,  kalte  Umschlftge, 
Kampherspiritus  in's  Gesicht,  Luftzug,  hierauf  Nachlass  der  Blutung,  Athem 
bleibt  gehemmt,  mitunter  Stertor.  Nach  Minaten  leises  Zittern  des  Herzens, 
Puls  ffihlbar.  Nach  4  Stunden  grosse  Unruhe,  heftige  Schmersen,  Puls 
120,  aussetzend.  Pat  mnsste  16  Tage  auf  dem  Rficken  liegen,  sich  cathe- 
terisiren  lassen;  Diftt  nur  Hafergrütze,  Johannisbeeren;  Morphium  gegen 
grosse  Unruhe,  Antiphlogose,  schwache  Mercurialien.  Nach  4  Wochen  ent- 
lassen; noch  14  Tage  lang  ein  deutliches,  mit  dem  Pulse  nicht  synchroni- 
sches  Blasebalggerftusch ,  das  erst  allmftlig  sich  ferlor.  —  (Purple  hält 
Diagnose  f&r  unsicher). 

t84)  Wagner  (Essen)  (Hannov.  Corr.-Bl.  10— 12.  1850).  SOjähriger 
Weber  stffsst  sich  Messerspitze  zwischen  linker  5.  nnd  6.  Rippe,  nahe 
dem  Sternum,  in  die  Brust  Stürzt  nieder,  rührt  kein  Glied,  Blässe  und 
Kälte  fiber  den  ganzen  Körper.  Mühsam  und  in  Intervallen  nach  Luft 
schnappen,  Pupillen  nach  oben  verzogen,  Puls  fadenförmig,  langsam,  kaum 
fühlbar.  Kein  Bluthusten,  geringe  Blutung.  Eine  Sonde  fuhr  tief  in  ein 
Gavum  hinein,  wo  sie  überall  hin  bewegt  werden  konnte.  Die  blitzartig 
eingetretene  Asphyxie  u.  s.  w.,  die  Lage,  Richtung  der  Wunde,  die  Länge 
des  mit  Blut  gefärbten  Messers  liessen  Verletzung  des  Herzens,  vielleicht 
des  rechten  Ventrikels  vermuthen.  Mehrere  Tage  Dyspnoe,  Angst,  bei  den 
geringsten  Bewegungen  Ohnmächten,  lauter  Symptome  von  Blutung  in's 
Pericardinm.  —  Alle  3  Stunden  1  Tropfen  Blausäure,  später  bei  lebhafterem 
Herzschlag  Kali  nitric.  und  Aq.  Lanrocer.,  zur  Resorption  der  Blutung  im 
Pericardinm  Inf.  flor.  Arnic.  Brn&twunde  heilte  in  den  ersten  Tagen  ohne 
Eiterung.    Pat  nach  16  Tagen  völlig  hergestellt 

Linker  Yentrikel. 

Ml()  Dupuytren  (Sanson  1.  c.  Obs  80.  p.  41).  Ginet,  Stud.  med., 
mit  28chneidigem  Instrument  in  die  Brust  gestossen.  Wunde  links,  dicht 
unter  dem  Busen,  bis  zur  Basis  des  Warzenhofes,  ca.  1"  vom  Stemnm,  im 
Intercost  Bald  darauf  Syncope,  durch  Essigwaschungen  im  Gesicht 
rasch  beseitigt  Puls  zitterte;  beim  Trennen  der  Wundränder  dringt  Luft 
aus.   Blntstrom  von  Schreibfederdicke,  roth,  isochron  mit  Herzschlag;  beim 


858  I>f-  Oeorg  Fischer, 

Seufzen  intensiver;  geringer  beim  Ann&hem  der  Wnndrftnder.  Puls  bebl 
eich,  Athem  schwer,  Geffihl  eines  enormen  Gewichtes  anf  dem  ZwerefafelL 
Nach  1  Stande  Aderlass  Ton  4  Becken;  Erleichternng,  Blatang  mis  der 
Wunde,  die  durch  Heftpflaster  vereinigt,  hört  anf.  Percnssion  der  Bmst 
▼ome  normal,  hinten  unten  matt;  mitunter  krampfhaftes  Zusammenzieheo 
im  Schlünde.'  D.  verordnet  nach  6  Stunden ,  sobald  der  Puls  aieh  hebt, 
Aderlass  in  der  Weise,  dass  dem  Pat.  nur  die  ndthige  Menge  Blot  som 
Leben  gelassen  wird.  An  demselben  Tage  noch  8  Aderlisse  an  je  8  Beeken; 
i  UnseSyr.  Diacod.  2.  Tag:  Puls  rasch,  Athem  kurz,  Aderlass.  Oft  Klage 
aber  Zusammenziehen  im  Schlünde,  nur  8  blutige  Answfirfe.  6.  Tag:  Die 
Heftpflaster  durch  den  Herzschlag  gelflftet,  als  ob  unter  ihnen  eine  grosse 
Arterie  ISge.  8.  Tag:  Stflndlich  1  Bsslöffel  Bouillon,  nach  und  nach  stei- 
gernd. 20.  Tag:  Patient  steht  mit  Erlaubniss  auf.  25.  Tag:  Heftpflaster 
fort;  der  Grund  der  Wände  verheilt;  Patient  geht  aus.  Am  88.  Tage  reist 
er  aufs  Land;  mager,  blass,  Pols  noch  etwas  rasch.  —  (Wegen  der  rothes 
Blutung  vielleicht  Wunde  des  linken  Ventrikels). 

Herzspitxe. 

996)  Ollenroth  (Schmucker 's  vermischte  chir.  Schriften.  2. Th. 
1785.  S.  127).  Soldat,  42jähr.,  stösst  sich  Messer  von  \"  Länge,  an  der 
Basis  \**  breit,  zwischen  linker  5.  und  6.  Rippe  an  der  Verbindung  der 
Knorpel,  in  die  Brust.  Nach  6  Stunden  gefunden,  im  Blute  schwimmend, 
Wunde  verstopft;  Sondirnng.  Heftiges  Herzklopfen,  Husten,  R(k^heln,  Pais 
klein,  intermittirend ,  krampfhafte  Bewegungen  in  Brust  und  Gliedern.  0. 
erweitert  Wunde  auf  3'*,  worauf  über  j;  Maass  schaumiges,  coagnlirtes  Blot 
nach  und  nach  mit  Geräusch  ausdringt;  er  fand,  dass  die  Wunde  dorch 
den  vorderen  Rand  der  linken  Lunge,  Herzbeutel,  Herzspitze,  welche  eise 
6'"  lange,  flache  Wunde  trug,  gegangen  war.  0.  konnte  das  Herz  in  sei- 
ner Systole  und  Diastole  genau  mit  den  Fingern  bemerken,  und  sich  fiber- 
zengen,  dass  das  Herz  in  der  Systole  sich  verlängert,  und  zugleich,  mit  der 
Spitze  etwas  auswärts  gebogen,  die  6.  Rippe  berührt,  in  der  Diastole  sich 
verkürzt  (am  AehnlichiSten  mit  schraubenförmiger  Bewegung  einer  Spiral- 
feder). Wenn  das  Herz  sich  contrahirte,  erweiterten  sich  die  Arterien,  deoo 
wenn  die  Herzspitze  den  Finger  berührte,  war  die  Art.  radialis  in  der  Dia- 
stole, und  wenn  beim  4.,  5.  Schlage  der  Puls  intermittirte,  war  am  Henen 
eine  mühsamere  und  mehr  zitternde  Systole.  —  Bourdonnets,  Pflaster; 
äussere  Luft  durch  Kohlenfeuer  abgehalten;  innerlich  Hafergrütze,  Saft  mit 
Laudannro;  Glystier;  über  den  Unterleib  Fomente  aus  Chamillen  und  Holloo- 
der.  2.  Tag  grosse  Dnruhe,  Pat  hatte  versucht,  den  Verband  abzureissen, 
blutiger  Auswurf,  Puls  voller;  (Aderlass  von  8  Unzen).  Viel  Blut  ans  der 
Wunde;  beim  Abnehmen  des  Verbandes  flössen  10  Unzen  röthlicher  Lymphe 
aus.    Aderlass  von  6  Unzen.    3.  Tag  starke  Beklemmung,  heftiger  Hosteo, 


Deber  die  Wanden  des  Henens  and  des  Hersbeateis.  859 

BlaUuswaif.  Aderlaas  von  8  Dnzen.  Gegen  das  Bindringen  von  Lnft  in 
die  Brusthöhle  Hess  er  Dämpfe  fon  abgekochtem  Hollander,  Melissen  ein- 
athmen.  Puls  blieb  voll,  Aderlass  von  6  Unzen.  4«  Tag:  Pai  in  bestindi- 
gem  Sopor.  Aas  der  Wände  Icamen  7  Dnzen  hellbraane,  faalende  Materie. 
6.  Tag  Besserang,  IcrSftige  Diftt.  Aaswarf  eiterartig,  was  sich  bald  ferrin - 
gerte.  2  Federkiele  beförderten  aas  der  Wände  den  Eiter.  In  der  5.  Woche 
Tollstftndige  Heilang.  Pat.  sofort  aaf  Festung,  wo  er  sich  nach  Umständen 
gut  befanden  haben  soll. 

Unbestimmte  HersabsoIiBltte. 

f89)  Bögin  (gesammelt  Ton  Henri,  Recneil  de  m^moires  de  möd. 
de  chir.  et  de  pharm,  milit.  par  B^gin,  Jacob  et  Broassais.  Vol.  49. 
1841.  S.  166—173;  auch  in  den  Annaies  de  la  chir.  franQ.  T.  II.  p.  477. 
Paris.  1841).  Soldat  am  4.  Dec.  mit  Dolch  getroffen ;  überscbfittet  mit  Blat, 
stflrzt  beeinnangslos  zasammen,  entleert  nnwillkQrlich  Urin  and  Faeces,  leb- 
los in's  Spital  gebracht,  kommt  bald  zu  sich.  Blässe,  närrischer  (gripp^;, 
conTalsiyischer  Gesichtsaasdruck,  Gjanose,  Kälte,  Angst,  Athem  schwer, 
Pols  kanm  fühlbar.  Wände  1 "  anter  der  linken  Warze,  3  Ctm.  lang,  zwischen 
4.  a.  6.  Rippe,  1  Ctm.  Tom  Sternalrande.  Weder  Lnftanstritt,  noch  Bmphj- 
sem,  Blatang  sistirt,  kein  Blataaswarf,  Brast  sonor,  nnr  Torne  in  Herzge- 
gend grössere  Mattigkeit,  Herzschlag  kaam  bemerkbar.  Nach  4  Standen 
starke  Blutung;  durch  horizontale  Lage,  absolute  Diät  fast  total  gehemmt. 
Als  Pat.  sich  erheben  will,  kommt  Blutstrom,  federdick,  gewaltig  aus  der 
Wunde,  um  10—12  Ctm.  hoch  erst  auseinander  zu  geben;  RQckenlage, 
worauf  Blutung  stand.  Aderlass  von  360  Grmm.  minderte  Oppression  und 
Erstickungsnoth  Nach  5  Std.  Aderlass  von  180  Grmm.,  am  folgenden  Tage 
6  Aderlässe.  6.:  2  Aderlässe.  7.:  keine  Angst  mehr.  8.:  Athem  leicht, 
Eingeschlafensein  des  linken  Armes  ohne  bekannte  Ursache.  9.:  Mattigkeit 
im  Praecordium,  Reibegeräusch,  Aderlass.  15—26.:  Symptome  mindern  sich, 
Nahrung  wird  vermehrt  27.:  Wunde  geschlossen;  Mattigkeit  im  Präcordium 
hat  abgenommen,  Herzbewegung  normal,  keine  Oppression.  1.  Januar:  Er- 
lanbniss,  Torsichtig  zu  gehen.    15.  Januar  geheilt  entlassen. 

M9)  P.  F.  Gilbert  (Recherches  anat  et  pathol.  sur  les  lösions  du 
coeur.  These  .de  Paris.  1804.  No.  298).  33jähr.  Sapeur,  im  Duell  verwun- 
det, wobei  Lage,  Natur  der  Symptome  eine  oberflächliche  Verletzung  des 
Herzens  voraussetzen  liess.  6  Aderlässe  in  den  ersten  8  Stunden;  voll- 
kommen geheilt 

•89)  Tournel  (Ajaccio)  (Recueil  de  mömoires  de  m^dec.  de  chir.  et 
dePharmae.  militaires.  Rödig4  par  Estienne,  Begin  et  Jacob.  Vol.  29. 
Paris.  1836).  2  Stichwunden  der  Brust,  Pat.  im  Blute  schwimmend,  be- 
wasatlos,  sprachlos  gefunden.    Aus  einer  Wunde  zwischen  3.  und  4.  Rip- 

V.  Lftii(«abtek,  AreldT  f.  Chlrargie.  IX.  ^ 


ißfy  Dr.  Georg  Piaoher, 

ptnknorp«!  atrOmte  Lnft  (Heftpflaster),  Pals  fadenförmig,  Spot»  nicht  bit- 
tig» Bdchehi.  Beim  Heben  des  Palees  Aderlass,  Erbrechen,  Stuhlgang 
2.  Tag:  Fieber,  Ang^t,  5Aderl3Use.  Nach  4  Tagen  Beruhigung,  Vem&rbnn^ 
Nachts  Delirien,  Gonvalsionen.  Mehrere  Wochen  hindurch  Besserung  uad 
Verschlimmerang,  endlich  Reconvalescenz.  Fat.  behielt  eine  leichte  Beklem- 
mnng  auf  der  Brust,  Krampf  im  Zwerchfelle  zar&ek.  Nach  einem  Monat 
hieftiger  Sehmerz  im  Plexus  brachialis  der  linken  Seite,  längs  des  oobeweg- 
lich  werdenden  Armes.  Herzschlag  oft  stQrmisch,  unregelmfissig.  ~  Der  Fall 
wird  als  Verletzung  des  Herzens,  der  Lunge,  des  Phrenicns  aufgef&hrt, 
Heilung. 

%90)  N^iaton  (Gaz.  des  höpit.  Paris.  18ö3.  No.  134).  Bin  16jähr 
Koch  stiess  sich  bei  furchtbarem  Zahnweh  ein  Messer  in 's  Hers,  wohl 
nicht  in  der  Absicht  des  Selbstmordes,  denn  Pat  war  gleich  darauf  s^r 
Überrascht  und  tief  bewegt,  Ohnmacht  nach  einigen  Minuten.  Beim  Srwaches 
Angst,  Athembesch werden.  Wunde  links  im  4«  Intercostalraume,  3  Cts. 
▼on  der  Warze,  4i  Ctm.  vom  Sternalrande,  1  Gtm.  Ung.  Grepitation  des 
Zellgewebes;  grosser  Schmerz  in  Herzgegend.  Normales  AthmnngsgerSuscb; 
Mattigkeit  unter  der  Wunde,  kein  Blutansururf.  Diagnose  wegen  Ohnmacht 
Aogst,  Präcordialschmerz.    Hoffnung  auf  Genesung  Torhanden. 

tBt)  H.  deMont^gre  (These.  Paris.  1836.  p.  10.)  Officier  st&M 
sich  Degen  zwischen  5.  und  6.  Rippe  unter  der  Warze  ein,  die  Spitie 
dringt  am  Schulterblatt  zwischen  6.  und  7.  Rippe  ans.  Heftige  Athemnolb, 
Hosten,  Schmerzen  in  der  Herzgegend,  Mattigkeit  um  die  Wunde  herum; 
nnregelmftssige  Girculation,  Sjncope.    Heilung  im  2.  Monat. 

Herzbeutel  —  mit  oder  ohne  Herzwinde. 

tO«)  Larrey  (Glinique  cfiirnrg  T.  II.  Paris.  1829.  S.  333).  Soldat 
mit  Sftbel  gestochen,  Wunde  zwischen  Proc.  xiphoid.  und  7.  Rippe  lisks, 
V*  lang.  Diagn.:  Wunde  des  Pericard.,  Erguss  in  dasselbe,  und  wahrseheia 
lieh  Wunde  der  Oberflftche  des  Herzens.  Durch  einen  3''  tief  eingeführteo 
weiblichen  Catheter  entleerten  sich  2  Becken  brauner,  serös-blutiger  Flüssig- 
keit, worauf  Erleichterung.  Schmerz  längs  des  Linken  unteren  Gliedes  bii 
in  die  Zehen.  Oppression,  grosse  Angst;  Sussorste  Prostration.  (Verbsod, 
schleimige  Getränke  mit  Eis;  Aderlass  und  SchrGpfköpfe,  sobald  sie  indi- 
cirt  sind).  Pat  hatte  viel  Blut  verloren,  grosse  Schwäche.  L.  war  sicher, 
dass  das  Pericardinm  verletzt,  nnd  nicht  die  Thoraxhöhle,  wie  einige  Aente 
glaubten,  denn  die  Respiration  war  normal,  Blut  nicht  ausgeworfen.  2.  Ti^ 
keine  Veränderung.  3.  Tag:  Pericarditis  (Aderlass,  Schröpfköpfe),  fiitersb- 
floss  ans  Wunde.  Vom  9.  Tage  an  Besserung,  Resorption  begünstigt  durch 
2  Moxen.  Am  32.  Tage  war  Pat.  gesund,  am  50.  Tage  entlassen.  Wahr* 
scheinlich  adhärirt  Pericardium  mit  dem  Herzen,  dessen  Volumen  normsl^ 


Ueber  die  Wanden  des  Eettenn  tnd  des  Henbeotela.  861 

Herzschlag  und  Puls  sind  klein,  Hant  blass,  linke  Seite  mehr  eingedruckt; 
als  die  rechte,  Warze  steht  links  tiefer. 

99S)  Larrey  (Ibid.  p.  818).  Chapon;  Degen  dringt  hinten  awfschen 
7.  nnd  8.  Rippe  ein,  scheint  Art.  intercost  verletzt  zn  haben,  dann  die  Lange, 
Pericardiam  nnd  einige  oberflächliche  Pankte  des  Herzens;  der  Degen  dringt 
2"  hinter  der  linken  Warze  ans.  Pat.  sterbend  in*s  Spital:  Körper  kalt  irie 
Eis,  Lippen  entfärbt,  Aagen  matt,  in  Thr&nen,  Stimme  erloschen,  Pols  fast 
Nall;  bei  der  geringsten  Bewegnng  Blut  ans  beiden  Wanden.  L.  f&hrte  den 
Finger  Tome  in  die  Wände,  am  sie  za  schltessen,  fflhlte  gleichsam  entbUtosI 
die  directen  Palsationen  des  Herzens.  (Heftpflaster).  Hinten  sachte  er  mit 
dem  Finger  die  finden  der  Art  intercost  za  fassen,  nnd  so  die  Retraetfon 
za  begflnstigen  (Compression).  Keine  Hoffnnng  fflr  den  Pat  8^  Standen 
Agone.  Pat  vnrde  erwärmt  a.  s.  v.  Nach  2i  Standen  stellte  sich  die 
Wärme  wieder  ein,  Athem  freier,  Kräfte  heben  sich.  Aderlass  nnd  Schrdpf** 
k^^pfe  nach  Bedarf.  Nach  mehreren  Stflrmen  Heilang,  am  Ende  des  8.  Mo- 
nats entlassen.  Der  Herzschlag  war  darch  die  vordere  Narbe,  in  der  dm- 
gebang  fahlbar. 

«94)  Larrey  (Ibid.  p.  815).  Seh.,  22jähr.,  erhält  StSch-Schnittwnnde 
zwischen  Proc.  xiphoid.  and  7.  Rippe  links,  Oeschwnlst  nnd  Eccbymose  am 
die  Wände,  Baach  ausgedehnt,  Gesicht  blase;  starke  Blatnng,  grosse  Schwiche, 
Trankenheit  2.  Tag:  L.  constatirte  penetrirende  Brastwaüde,  Oppression, 
Herzschlag  kaam  ffihlbar,  Erweiterung  der  Wände,  wobei  die  Art  epigastr. 
Torslchtig  nmgangen  wurde;  Ausfluss  Ton  nel  blutigem  Serum,  Bilei<ihte^ 
rang.  Nach  i  Stunde  Aderlass.  3.-*^6.  Tag  2  Aderlässe.  6.  Tag:  Pat  in 
Erstickungsgefahr.  Verband  gelöst,  Trennnng  der  Wandränder  durch  einen 
Gatheter,  worauf  sogleich  3  grosse  Becken  weingelber  Flfissigkeit  sich  en^ 
leerten.  L.  sondirte  mit  Gummisonde,  die  8^4"  eindrang,  dabei  entleerte 
sich  ein  4.  Becken  Flüssigkeit  Die  Sonde  wurde  durch  kleine,  regetanftsm^ 
StGsse  zurfickgeworfen.  Diagnose:  Erguss  in  Pericardiam,  Wunde  desseV* 
ben.  Zur  Sicherung  der  Diagnose  stellte  L.  Versuche  an  Leichen  im.  Heh« 
rere  Aerzte  fflhhen  die  durch  den  Herzcboc  der  Sonde  mitgetheilten  Bew«« 
gnngen,  welche  fast  ausgestossen  wäre,  wenn'man  dieselbe  sich  sdbst  fiber-f 
]as8en  hätte.  Die  Bertihrung  am  Herzen  machte  ein  unangenehmes- GefUil 
der  Kälte  und  Erstarrung,  keinen  heftigen-  Schmers.  8  Tage  lang  Aoninstf 
blutiger  FlQssigkeit,  dann  Eiterung.  Am  16.  Tage  ging  Pat  nmfaei',  wnrde 
besser;  nach  2  Monaten  Heilung.  —  Der  Herzschlag  nnd  Pal«  w^en  sehr 
redocirt,  was  yielleicht  auf  eine  Atrophie  des  Herzens  hindeatet;  wahr*' 
seheinlich  Adhäsionen  zwischen  Pericardiam  und  Hen.  Der  Fall  ist;  mh0i 
der  erste  und  einzige  positiTe  Fall  einef  Oeffnung  des  Pericardiums  mü 
Heilung.    Vielleicht  war  auch  das  Herz  yerletzt 

MA)  Hufeland's  Journal  der  pnkct«  Arzn.    1829.    V.  St    Not: 

66* 


862  ^^-  Georg  Fischer, 

S.  30).  Bin  Arzt  beschreibt  eine  Mania  pnerperalis  bei  seiner  Gattin,  woriu 
dieselbe  sich  13  Stichwunden  aaf  der  linken  Brust  mit  einem  Seal  pell 
beibringt,  ausserdem  Wunde  der  Art  brachialis,  Vena  med.  und  ceph 
Wahrscheinlich  keine  penetrirende  Brustwunde.  Nach  2  Stunden  plOtsllcb 
todtenblass,  Puls  kaum  fühlbar,  arterielle  Blutung  aus  Brustwunden.  Dif 
Sonde  drang  zwischen  5.  und  6.  Rippe  durch  3  Wunden  2"  tief  ein,  und 
wurde  bei  jedem  Herzschlage  vor-  und  zurQckgestossen.  Pat  erkl&rte,  sie 
habe  die  2^''  lange  Klinge  mehrfach  bis  an  das  Heft  gerade  nach  hinten 
gestossen.  Diagnose:  Verletzung  des  Pericard.,  vielleicht  auch  des  linken 
Ventrikels.  Unterbindung  der  Art  mamm.  ext.  Pat  genas.  Nach  10  Ta- 
gen Messerstich  zwischen  Proc.  xiphoid.  und  falschen  Rippen  in  Leber  und 
Magen.  Nach  8  Tagen  Symptome  einer  Carditis  und  Pericarditis  mit  Wabo- 
sinn.  Heilung.  Nach  2  Jahren  ganz  geheilt,  häufig  Congestionen  zum  Kopfe 
and  Herzen. 

«••)  Bamberger  (Virchow's  Archiv.  1856.  9.  Bd   S.  328).  SOjShr. 
Selbstmord,  Messer;  geringe  Blutung,  Anfangs  im  Strahle.    Nach  i  Stunde 
Bewusstsein,  Blässe,  am  unteren  Rande  der.  5.  linken  Rippe  Wände,  1"  lang« 
ans  welcher  bei  jeder  Herzcontraction  massig  viel  dunkeles  Blut  sich  ent- 
leert.   B.  fahrt  Zeigefinger  ein  und  begegnet  sogleich  der  glatten,  schlQpfe- 
rigen»  nirgend  eine  Verletzung  bietenden  Herzspitze.    Zweifellos  war  dzs 
Pericardium  geöffnet,  da  man  durch  dieses  hindurch  die  Herzspitze  gewiss 
nicht  mit  solcher  Deutlichkeit  gefühlt  hätte.    B.  Oberzeugt«  sich  sicher,  wie 
bei  jeder  Sjstole  die  erhärtete   und  etwas  zugespitzte  Herzspitze  an  dem 
senkrecht  von   vorne   nach  hinten  eingeführten  Finger  längs  der  vorderes 
Brustwand  in   der  Richtung  von  oben  nach  unten »  und  etwas  nach  lioks 
noch  um  ein  Geringes  unter  die  untere  Begrenzung  des  Hautschnittes  herab- 
glitt, wobei  jedesmal  eine  stärkere  Blutung,  während  sie  sich  in  der  Dia- 
stole nach  aufwärts  retrahirte  und  unfühlbar  wurde.    Ungewissheit  über  die 
Dauer  des  1.  Zeitmomentes,  während  dessen  sich  die  Herzspitze  längs  dem 
Finger  bewegte.    Eine  hebeiförmige  Bewegung  nach  vorne,   eine  RotatioD 
am  die  Längsachse  war  nicht  wahrzunehmen«  —  Sogleich  Naht,    Nach  eini- 
gen Tagen  Paricarditis,   massiger  Erguss  in  die  linke  Pleura,   leichte  Hi- 
moptoe.    Pat.  erholte  sich  rasch,  nach  einigen  Wochen  entlassen.    Weder 
in  das  Pericardium,  noch  in  die  Pleura  war  Lufteintritt  erfolgt,  wie  die  täg- 
liche Untersnchung  nachwies.  —  Da  es  sicher,  dass  in  der  Systole  sich  dss 
Herz  im  Längsdurchmesser  verkleinert  und  die  Herzspitze  um  ein  beträcht- 
liches tiefer  gefühlt  wird,  als  bei  der  Diastole,  was  nur  durch  ein  wahrei 
Herabrficken  des  ganzen  Herzens  erklärt  werden  kann  (Skoda),  so  ist  e« 
wahrscheinlich,  dass  in  diesem  Falle  der  Stich  in  die  Zeit  der  Diastole  ge- 
fidlen  ist,   denn  nur  so  ist  es  begreiflich,   vrie  die  Herzspitze,   die  in  der 
Wände  deutlich  puisirte,  unverletzt  blieb.    Nicht  undenkbar,  dass  die  hef 


Deber  die  Wnnden  des  Henens  und  des  Herzbeutels.  863 

Uge,  phjeiBche  Erschütterang  im  Momente  des  Stiches  das  Znstandekom^ 
men  der  Systole  yerhinderte. 

999)  Reiche  (C  asper 's  Wochenschr.  fQr  die  ges.  Heilk.  1883.  Not. 
Ko.  46).  82 jähr.,  Selbstmord,  Tischmesser,  Wände  links  zwischen  4.  und 
5.  Rippe,  Aber  der  Warze,  1^'  breit  Der  Finger  konnte  in  den  mit  Blnt 
gefönten  Herzbeutel  eindringen,  das  Herz  umgehen.  Ber  Bewegungen  Blu- 
tung. Bei  Berflhrung  des  Herzens  kam  der  bewusstlose  Pat.,  dessen  Olieder 
kalt,  Puls  kaum  fikhlbar,  zu  sich,  klagte  sogleich  Aber  furchtbaren  Schmers, 
den  die  Untersuchung  machte.  Naht,  Eis,  Aderlass,  Nitrum.  Ausser  etwas 
Schmerz  am  Halse  und  Schlingbeschwerden,  Befinden  gut;  Abends  grosse 
Angst,  Beklemmung,  Aderhss  von  12  Unzen.  2.  Tag  ebenso,  daher  wieder 
Aderlass  von  12  Unzen;  24  Blutegel.  4.:  Herz  schlug  stark.  Wurde  die 
Wunde  so  mit  der  Hohlhand  bedeckt,  dass  die  Finger  nach  unten  gerichtet 
waren,  so  ffthlte  man  mit  diesen  das  Klopfen  des  Herzens,  während  die 
Hohlhand  die  Empfindung  hatte,  als  wfirde  bei  jedem  Herzschlage  eine 
Flfissigkeit  gegen  dieselbe  geworfen.  Aderlass  von  12  Unzen.  Bei  fortge- 
setzter Aotiphlogose  nach  und  nach  Genesung;  nur  in  den  ersten  8  Wochen 
traten  beim  schnellen  Emporrichten  Angst  und  Beklemmung  ein,  die  später 
ganz  Terschwanden.  —  Geheilte  Wunde  des  Herzbeutels  und  der  linken 
Lunge. 

999)  Feine  (Diss.  inaug.  Pericardii  laesi  casum  rariorem  sistens  col- 
latum  cum  similibns,  qui  noti  sunt,  casibus.  Leipzig.  1SÖ4).  28 jähr,  mit 
Tischmesser  in  die  rechte  Brust  yerwundet,  16.  Febr.  geringe  Blutung. 
Wunde  zwischen  4.  und  5.  Rippe,  2"  Ton  der  Mitte  des  Sternum,  10"'  lang, 
nach  den  Blutspuren  am  Messer  zu  urtheilen,  ca.  li"  tief.  Percussion  nor- 
mal, nur  rechts  begann  eine  Dämpfung  tou  der  8.  Rippe,  ifnks  von  der  4. 
Rippe.  Keine  Heryorwölbung  in  der  Herzgegend.  Herzdämpfung  tou  der 
5.  Rippe  bis  zum  6.  Intercostalraume ,  vom  linken  Sternalrande  bis  zur  Li- 
nea papill.  Zwischen  4.  und  Ö.  Rippe,  wenn  Pai  auf  dem  Rücken  lag,  tjm- 
panitischer  Schall,  Pols  80.  Wenn  Pat.  sass,  reichte  die  Herzdämpfung  bis 
zur  4.  Rippe  und  hörte  man  keinen  tympanitischen  Schall,  wenn  aufrecht, 
strömte  Luft  aus.  Herzchoc  so  undeutlich,  dass  nirgends  leicht  zu  fühlen. 
Als  Pat  sich  hinlegte,  wurde  heftige  Herzbewegnng  gefühlt.  Der  Herzstoss 
unten  am  Deutlichsten  gehört  Die  Töne  der  Ventrikel  haben  metallischen 
Klang,  nicht  so  hell,  wenn  Pat  sich  aufrichtet,  wobei  ein  heftiger,  heller 
Rhonchus.  Hinten  beiderseits  helle  Percussion.  Diagnose:  f&r  Verletzung 
der  Art  mamm.  int,  der  Pleura,  Lunge  allein  kein  geuDgendes  Zeichen, 
vielleicht  war  ein  Ast  der  Art  intercost  durchschnitten;  dagegen  war  eine 
Verletzung  des  Pericard.  sehr  wahrscheinlich  wegen  des  wechselnden  Per- 
cussionsschaUes  bei  aufrechter  und  liegender  Stellung;  wahrscheinlich  war 
Luft  im  Pericardium  angesammelt,  welche  immer  nach  oben  drang,  daher 


864  ^*  Georg  Piseher, 

i^  liegender  StelliiDg  tjmpsaitiBcher  ScJbalL    Dass  bei  wiederholtem  Perea- 
üreD,  sobald  sich  das  Herz  zasammenzog,  der  tjmpaflitigche  8chaU  bald 
heller,  bald  dumpfer  war,  erkl&rt  sich  so,  dass  bei  der  Systole  eia  dumpfe- 
rer Sehall  kam»  indem  das  Herz  mit  seinem  vorderen  und  unteren  Theik 
an  die  vordere  Thorixwand  anschlug  und  sich  ihr  n&herte,  so  daes  die  Luft 
aus  diesem  Theile  des  Perieard.  in  den  hinteren  zurückgetrieben  wurde. 
Deshalb  war  auch  in  aufrechter  Stellung ,  wenn  das  Hers  mehr  nach  vorae 
lag,  ein  gedAmpfter  Schall;  bei  der  Diastole  entfernt  sich  das  Hert  wie- 
der TOB  der  Brnstwand,  an  seine  Stelle  tritt  Luft,  daher  der  tympanitisehe 
Schall    Es  erklärt  sich  so  auch  das  Ausströmen  von  Luft  bei  aufraehtsr 
Stellung.    Der  Rhonchns  bei  den  Herztönen  und  die  metalliscbea  TOne  zei- 
gen an^  dass  Fiössigkeit  im  Pericardium  ist  (Blut  ans  den  Gelisaea  dm 
Mediastinum  oder  der  Art.  intercost.).    Die  Luft  im  Pericardium  kann  nur 
Ton  anseen  eingedrungen  sein,  da  keine  Zeichen  einer  Lungenwnnde  vorlie- 
gen. -*-  Kftlte,  keine  Blutentziehnng,  weil  Pat  einen  sehr  schwachen  Kte- 
per  und  schon  viel  Blnt  verloren  hat.    17.  heftige  Schmerzen  in  der  Mitte 
des  Sternum,  im  rechten  Arm^,  Rficken,  Athembeschwer'den.    Herzdimpfong 
grösser,  1.  Ton  nicht  ganz  rein,  2.  Ton  mit  leichtem  Ger&usche;  auch  jetzt 
noch  Verschiedenheit  der  Percnssion   bei  Systole  und  Diastole.    20.  stete 
Eisumschlftge,  Befinden  besser.    23.  m&ssige  Pleuropneumonie.    27.  Besse- 
rung, Sis  entfernt    H.  März  geheilt  entlassen. 

999}  Paradis  (Recneil  de  mömoires  de  mödec,  de  chir.  et  dephsi- 
mac.  milit.  R^dig4  piir  Estienne,  B^gin  et  Jacob.  YoL  XL.  Pens. 
1837).  Pat  betrunken,  Garabinerstich,  2''  tief  zwischen  7.  und  8.  Rippe, 
links  vom  Stemum;  Emphysem.  60  Blutegel,  nach  Ende  der  Trunkenheit 
Aderlass.  2.  Tag  Fieber,  Dyspnoe,  blutige  Sputa,  Schmerzen  (Aderlass, 
Schröpfköpfe).  6.:  Aderlass.  7.  ängstliche  Delirien,  Fieber;  Aderlsss. 
8.:  Durch  langen  Gebranch  von  Sinapismen,  Chinin:  Besserung.  Athem 
noch  schwer.  Heftige  Schulterschmerzen,  durch  Morphium  endermatisch 
geheilt    Nach  9  Wochen  entlassen.  -—Geheilte  Wunde  des  Pericardium. 

300)  Galen  (VIL  livre  de  ses  administr.  anatom.,  bei  Sönac  1.  e. 
p.  8i9).  Sohn  des  MaruUus  verletzt  Schlechte  Behandlung,  nach  4  Moos- 
ten  Eiterung;  Einschnitt-  Heilung  nicht  dauernd.  G.  löste  das  erkranicte 
Stemnm:  das  Herz  lag  offen,  Pericardium  getrennt  und  durch  Eiterung  cod- 
snmirt    Heilung  (?). 

SOI)  Bartholin  (bei  S^nac  1.  c  S.  345).  Dolch  öffnet  das  Peri- 
cardium, Wasser  dringt  bei  jedem  Herzstosse  ans ,  Heilung  (?). 

8Q9)  Benivenius  (De  abdit  morb.  caus.  Gap.  65;  bei  S^sse 
1.  c.  p.  343).  Schwert,  Wunde  in  Herzgegend,  starke  Blutux»g,  Pnls  schwacb, 
Gesicht  bleich,  kalter  Seh  weiss.  Tod  in  Aussicht;  vollständige  Geneeong. 
Non  cor  erat  vulneratnm ,  sed  pericardium  (?). 


Deber  die  Wundeo  des  SeiMui  Und  des  UenbenteUi.  665 

309a)  Pnsin  (CoUeci  de  th^ses.  No.  17.  Tome  9.  Th^  91;  M 
Saneon,  These.  Obs.  29.  p.  40).  D.,  22jfthr.,  robest^  stOsst  skh  mit  ef&cAr 
Stahlklinge  in  die  Brust.  Wände  anter  linker  Warze,  am  oberen  Rande  der 
6.  Rippe,  2"  Darchmesser.  Pat.  lag  auf  dem  Racken,  ohne  Besinnung,  mit 
kaltem  Schweisse,  Athem  kurz,  anstrengend.  Puls  klein,  eoneentrirt,'unre- 
gelnässig.  P.  glaubte,  eine  Hers'wunde  vor  sich  zu  haben;  die  PrQfbng  der 
nur  6'*'  langen  Stahlklinge  genfigte,  die  Wunde  ffir  eine  nicht  penetrireade 
Bnietwunde  zu  erklären.    Aderlass;  Pat.  am  folgenden  Tage  geheilt. 


Schasswanden. 

I.    T«d. 

Hechter  Ventrikel. 

1)  Pcnetrlrende  l¥iiiiden* 
a«  Safart  Tad. 
R.*)  tOB)  Holmes  (British  Americ.  Journ.  of  med.  and  physio. 
sciences.  T.  I.  p.  227,  und  Joseph  Gamgee,  Rnptnres  of  the  haart  of 
external  violence.  London.  1856).  t  nach  kurzer  Zeit.  Querflffaung  vorne 
im  rechten  Ventrikel,  von  Fingerbreite.  Breite  Eechymose  im  extrapericar- 
diaUn  Bindegewebe,  welche  vermnthen  liess,  daes  das  Pemardiom  duroh 
die  Kugel  in  das  Innere  des  Herzens  getrieben  sei.  Pericard.  nicht  Terietvt, 
rigide.    Kugel  in  der  Pleurahöhle* 

b.  Tod  sofort,  mit  CompUcatitvea« 

•04}  A.  Niemann  (Heske's  Zeitsohr.  181^9.  1.  Hft  S.  198).  Holt* 
dieb,  durch  Schrotscbnss  aus  kurzer  Entfernvng  erschossen;  Kleider  aebr 
blutig.  24  Schrotwunden  in  einer  Ausdehnung  von  14".  Im  Periaardium 
16  Unzen  Blut,  massig  viel  in  Brusthöhle.  Oeffnuag  in  der  Hersspitae 
und  im  rechten  Ventrikel  Keine  Wände  im  Pericardinm.  Vielleicht  kam 
das  Schrot  vom  Zwerchfelle  aus  in^^  Pericardium,  die  Oeffnung  dordi  Blat« 
erguss  verdeckt.  * 

30A)  J.  D.  Mauchart  (Academ.  Caesareo-Leopoldin.  natura« ourioa. 
Ephemerides  Cent.  L  et  IL  Frankfurt  und  Leipzig.  1712.  Obs.  28.  p.  68. 
De  Yulnere  eordis  singulari,  lethiferoX  Pistolenschusa  in  RQckea,  kaum  8 
Worte  gesprochen,  t*  Linker  Thorax  voll  Blut,  rechter  leer.  4.  Wifbel  aer- 
schmettert.  Kugel  in  Art  pulmonalis  dextr.  niederfallend,  durch  Pevi- 
cardium  neben  linkem  Herzohr  in  rechtem  Ventdkel,  aus  der  Spitze  aualra- 


*)  Die  mit  R,  bezeichneten  F&üe  sehliessen  sich  den  Rupturen  an. 


866  I>r-  Georg  Fischer, 

teod,  ohne  im  loneren  FleischsSalen  zo  zerreiesen,  steekt  swiflchen  4.  otd 
5.  Rippe  neben  Sternnm. 

b.    Tod  später. 

m.  90B)  Fr.  Fr  in  (Recneil  des  actes  de  U  Society  de  Sant^  de  Ljos. 
T.I  p.  201.  Krejsig,  Hertkrankb.  1815.  II.)-  68j&hr.  M.  mit  Kropf,  fn»^ 
10  Minuten.  Aussen  keine  Wände,  daher  Vermuthnng»  dase  der  Tod  toü 
Kröpfe  herrühre;  nichts  Besonderes  darin.  Am  Proc.  zipb.  eine  schwane 
Borke,  Hant  nicht  zerrissen,  Muskeln  sehr  gequetscht,  Pericardiom  anrer- 
letzt,  mit  Blut  gefüllt  Rnptnr  im  rechten  Ventrikel,  fingergross.  Fiat,  w 
sitzend  im  Stnhle,  mit  der  Flinte  in  der  einen,  Kugeln  in  der  anderen  Haadi 
gefunden.  —  (Wohl  derselbe  Fall  bei  Elleaume,  1.  e.  p.  13,  als  Aator 
Fine.)  ^ 

R.  309)  Borellus  (Zodiac.  med.  Call.  ann.  3.  p.  156,  b«  La- 
tour, Hist  des  hömorrhagies.  T.  L  p.  72.  Obs.  81.  Orleans.  1815).  Serreoil, 
Schnss  in  die  Brust,  t  nach  3—4  Stunden.  Unterer  Theil  des  rechtes 
Ventrikels  zerrissen.  Pericardinm  uuTerletzt;  Kugel  lag  ausserhalb  dessel- 
ben, hatte  also  das  Herz  nicht  getroffen;  Pericardiom  voll  Blut  —  (Der- 
selbe Fall,  welchen  Boirel  citirt  (Arch.  gönör.  V.  1834.  August). 

B.  SOS)  Hejdenreich  rBayerisch  ftrztl.  IntelHg.  -  Blatt  1865. 
No.  61).  Selbstmord.  Wunde  links  am  oberen  Rande  der  6.  Rippe,  9"voo 
Stemalrande  Bleistiftgross,  Ausgang  fehlt  Geringe  Blutung.  Frost»  Durst, 
Erbrechen,  Glieder  tou  eisiger  K&lte,  Puls  und  Herzschlag  kaum  zu  fllhlea. 
Etwas  Wein;  zunehmende  Cjanose,  f  nach  3  Stunden.  Auf  dem  unver- 
letzten Herzbeutel  lag  eine  kleine  Bleikugel  frei  auf;  12—15  Unzen  Bist 
darin.  Kleine,  runde  Oeffnung  an  der  Spitze  des  rechten  Ventrikels,  der 
Anfang  eines  in  den  Ventrikel  dringenden  Kanales,  welcher  dem  Volnmea 
der  Kugel  entsprach.    Kein  Blut  in  den  Plenren. 

809)  Fuge  (Edinburgh  Med.  and  Surg.  Joum.  1.  ApriL  1818). 
30j&hr.  Schweizer,  Selbstmord«  Wunde  rechts  unter  Proc.  xiphoid.  nach 
links  laufend;  Bongie  dringt  3"  ein,  wobei  heftiger  Schmerz;  geringe  Bla- 
tung.  Erbrechen,  welches  selbst  durch  Opium  nicht  gestillt  wird.  2.  Tsg 
mehr  Brnstschmerz,  Ade^lass  von  12  Unzen,  worauf  keine  besondere  Er- 
leichterung. Kneifen  im  Magen,  grosse  Beängstigung.  Ohne  Hfllfe  auf  des 
Nachtstuhl,  worauf  Ohnmacht,  spftter  noch  einmal  auf  denselben,  stirbt  da- 
selbst plötzlich  nach  44  Stunden.  Kugel  in  rechten  Ventrikel  gedrungen, 
durch  Herzcontractionen  wieder  ausgcftrieben ,  liegt  frei  im  Pericardiom, 
worin  \  Pinto  Blut  und  Papierpfropf.  2  Quart  Blut  in  rechter  und  linker 
Pleura.  —  (Von  Guthrie  als  Fall  tou  Trigge  citirt) 

SiO)  Beck  (Schusswnnden.  1849.  S.  180).  B&chsenschnas,  WundeS 
Finger  unter  Warze.    Angst,  heftiger  Schmerz  in  der  Herzgegend,  Athem 


Deber  die  Wanden  des  HeraeoB  und  des  Henbeatels.  867 

schwer,  Zittern,  kalte  Glieder,  Ohnmacht  Herzschlag  sittemd,  nnregel* 
massig,  Herztöne  Terschwommen,  matter  Ton,  f  am  3.  Tage,  schnell  nach 
einigen  Bewegnngen.  Wnnde  des  Pericardinms,  rechter  Ventrikel  gestreift, 
so  dato  Gommanication  mit  der  Höhle  nur  gering  war;  Kugel  in  der  Lnnge; 
Plenra,  Pericardinm  toII  Blnt. 

811)  R.  P.  Simmons  (Western  Joarn.  of  the  medical  and  phjsic. 
sciences.  VoL  IX.  No.  36.  p.  382.  Cincinnati.  1836).  Pistolenkogel;  Wunde 
zwischen  linker  6.  nnd  7.  Rippe  am  Sternum,  Pals  fehlt,  kalte  Glieder,  Gja- 
nose,  Erbrechen,  Diarrhoe,  Angst,  Dnbesinnlichkelt,  Landanum.  2.  Tag  mehr 
Wftrme.  Aderlass  von  30  Unzen.  Schwäche  nimmt  zn,  f  sanft  nach  97 
Stunden.  Pericardinm  entzündet;  Tcrnarbte  Wnnde  rechts  nnd  vorne 
am  Herzen,  dnrch  die  nnr  eine  Sonde  dringt  Rechtes  Herzohr  mit  Lymphe 
gefüllt.  Kngel  in  Vena  cava  gedrangen,  am  Ursprünge  der  Vena  iliaea 
entdeckt 

3M)  Fuge  (Bdinbargh  Med.  and  Snrg.  Jonrn.  1.  April  1818,  mit  Ab- 
bildung). 25jlhr.  Soldat,  am  16.  Januar  durch  Schuss  verwundet,  J  Stunde 
ohne  Besinnung,  geringe  Blutung,  fester  Glaube,  sterben  zn  mflssen,  per 
Schiff  von  Gorunna  nach  Plymouth  gebracht  27.:  Wunde  links  neben  Ster- 
nnm  zwischen  2.  und  3.  Rippe,  leicht  granulirend.  Pat  f&hlt  deutlich  Ku- 
gel, verlangt  Extraction.  Wiederholte  vergebliche  Sondirung.  Grösste  Angst, 
Atbem  rasch,  grosse  Schwlche.  29.  Delirien,  Pat  geht  auf  Nacbtstuhl,  so- 
gleich ohnmächtig,  30.:  f,  am  14.  Tage.  2  Quart  Blut  in  linker  Pleura, 
i  Finte  Blut  im  verdickten  Pericardinm,  Garditis.  1"  lange  Oeffnung  im 
rechten  Ventrikel,  Kugel  im  Pericardinm.  —  (Als  Fall  von  Trigge  citirt 
bei  Guthrie.) 

e.  Tod,  »bestimmte  Zeit. 

318)  A.  Niemann  (Henke's  Zeitschr.  fQr  St-Arzn.-K.  1859.  1.  Hft 
S.  184).  Bauer,  Selbstmord,  Pistolenschuss.  Wunde  unter  Proc.  xiphoid. 
2"  lang,  1^'.'  breit,  ans  ihr  ragt  ein  Stück  Leder  hervor.  Ausgang  links 
zwischen  2.  und  8.  falschen  Rippe,  nahe  der  Wirbelslule.  Kugel  durch  Le- 
ber, Pancreas,  Milz,  Zwerchfell,  rechter  Ventrikel  zerrissen,  Wirbel  zersplit- 
tert, 1  Maass    Blnt  in  Brust-  und  Bauchhöhle. 

314)  A.  Niemann  (Henkels  Zeitschr.  für  St-A.-K.  1859.  1.  Hft 
S.  185).  Schrotschuss,  26  Löcher  in  Kleidung.  Vorne  am  Pericardinm 
Blntergnss  von  2  Thalergröese.  6  runde  Löcher  im  rechten  Ventrikel,  3 
Löcher  in  Herzspitze.    In  Pleura  1  Maass  Blut,  Sch&delverletznng. 

d.    T«d  spiter,   mit  fremdei  Kirpen. 

31K)  Thomas  Davis  (Transact.  of  the  provincial  med.  and  snrg. 
association.    T.  V.   p.  11.   London  med.  Gaz.  1834.  Jnly.  p.  344).    W.  M», 


968  ^'*  ßeorg  Fischer, 

lOjfthr,  Kind,  sobiMst  aioh  bei'm  Yersodie,  mb  einer  .toattiiig  foi^*  eii 
Oewehr  sn  machen,  einen  3"  Uagen  Holzpflock  zwiachen  3.  snd  4.  Bippe 
rechte  in  die  Brust)  geht  sogleich  40  Ruthen  weit  nach  Banse.    Starke  Bio- 
tnng,  bei  rechtsseitiger  Lage  Ten(teer  Blntstrahl  ane  der  Wnnde,   imae 
Schwäche,  wenig  Schmerz.    Erholung  binnen  14  Tagen.    Fat  ^eht  umher, 
sogar  24  Ruthen   weit    Später  Abmagerung,  oft  Ohnmacht,   Frost.    Km 
Husten,  noch  Blutauswurf,  t  nach  5  Wochen  2  Tageo.    Kleine  Narbe  in 
der  Haut,  kein  Srguss  in  Pleura.    An  der  Wursel  der  rechten  Longe,  nebea 
der  Art  pulmon.,  ein  kleiner,  bläulicher  Fleck;  im  Pericardinm  ^  Uose  Se- 
rum.   Der  Holzpflook  stak   im  rechten  Ventrikel,  zwischen  FleischsfinJeD, 
sein  unteres  Ende  mit  didcem  Pfropfe  bedeckt    Keine  Spur  einer  Narbe 
im  Herzen  oder  Pericardinm.   D.  glaubt,  dass  der  Pflock  dnreh  die  Liisge, 
Vena  cava,  rechtes  Heraohr  in  den  rechten  Ventrikel  gekommen  iat  —  (Die 
Autorschaft   wird  Ton  G.  Sheward  in  Lond.  med.  Gazette.  1834.  p.  541 
reclamirt.  A.  Poland  citirt  in  Holmes,  System  of  surgery.  1861.  U.  379 
die  Namen  falsch  als  David   nnd   Steward.    Bei  Hyrtl  in  der  Topegr. 
Anatomie.  Bd.  I.  1857.  S.  485  besieht  sich  das  Gitat  von  Jarjavay  saf 
den  Fall  Ton  Th.  Davis,  nicht  auf  einen  besonderen  Fall.   HyrtPs  C^tat 
der  Arch.  g4nör.  de  Möd.  Juin.  1834.  p.  209  ist  unrichtig,  muss  p.  289  faeisseo.) 

SM)  Randall  und  Hu'dspeth  (The  Americ.  Jonrn.  of  tkemed.  aod 
physic.  sciene.  Vol.  IV.  No.  VII.  Msl.  1829).  Junger  Neger  erhält  aus  5 
Fuss  Entfernung  einen  Schrotschuss,  und  dringt  die  ganze  Ladung  liala 
vom  Steraum,  l\*'  vom  unteren  Ende  ein.  Pat  stfirat  so  rasch  als  der 
Sefauss  zusammen.  Puls  kaum  fühlbar,  Athem  schwer,  geringe  Blntnog, 
Blntspeien.  7.:  Schwäche,  Syncope.  8.:  Besserung,  Abends  Fieber,  Oedem 
an  Beinen.  9.:  Gangrän  der  Wunde.  11.:  Gangrän  auf  ^"  Durchmesser 
hat  den  Thorax  geöffnet  Verheilung  nach  8—4  Wochen  vollständig.  Nach 
1«^2  Wochen  Rückfall,  als  Pat  zu  viel  gegessen;  hectisches  Fieber,  f  im 
67.  Tage.  Adhäsionen  zwischen  Herz  and  Perieardium,  linke  Pneumosi», 
3  freie  Schrot körner  in  der  Hdhle  des  rechten  Ventrikels,  derselbe  sehr 
verdickt,  2  freie  Schrotkörner  in  der  Höhle  des  rechten  Herzohres. 
Vernarbung  der  Wunden  fast  vollständig.  Ventrikel  sehr  vergrössert,  %09- 
gekleidet  mit  einer  dichten  Lage,  aus  welchem  zahlreiche  braune  PapiUeo 
kamen,  so  daes  sie  eioer  Ochsenzunge  ähnlich  sah.  —  (Derselbe  Fall,  vel- 
eher  London  Med.  and  Phys.  Jouni.  1830.  Febr.,  Froriep's  Notizen.  1830. 
Mai.  S.  192,  Journal  des  progres.   T.  XVII.  p.  267  citirt  ist) 

S19}  Blumhardt  (Correspond^-Bl.  der  Württemberg.  Aefzte.  1851. 
Ganstatt*s  Jahresber.  1851.  Bd.  IV.  S.  26)  Plattgedrückte  Kugel  im 
rechten  Ventrikel,  ohne  Verletzung  des  Herzens  eder  Pericard.  Sie  war  aas 
denr  linken  Aste  der  Art  pulmon.,  wo  der  Sobusskanal  endigte,  dorthin 
gelangt. 


Ueber  die  Wanden  des  Henene  and  dee  HersbeatelB.  9ß0 

9)  JVIelit  penetrlrcnde  IVandeii  ^  Tod, 

318)  N^laton  (Elements  de  pathol.  clifraig.  T.  IIL  1854.  p.  468)* 
Unteroffici^,  Seibetmord,  Pistole,  f  naeh  24  Standen.  Kugel  hat  vordere 
Wand  des  rechten  Ventrikels  conto  ndirt,  mit  oberflftchlicher  Erosion  einzel- 
ner Maske)fasem,  lag  im  Pericardinm,  worin  yiel  blntiges  Serum.  Am  Her* 
aen  Ecchjmose,  ein  Zeichen  der  tiefen  Gontasion ,  welche  das  Projectil  her- 
▼orgebracht. 

319)  Targioni  nnd  Zannetti  (1832,  bei  Zannetti  1.  o.  Fall  73). 
Scbrotschoss  des  rechten  Ventrikels,  nicht  penetrirend,  und  der  Art  pal- 
monalis.    i  sofort    BInt  im  Pericardinm. 

Linker  TentrikeL 

Pcnetrirende  IVanden  —  Tod. 

t.   Tad  safort 

3«0)  Devergie  (ll^dec.  l^ale.  T.  II.  p.  299.  Paris.  1840).  Piste- 
lenschnss  aas  Schassn&he,  linker  Ventrikel  an  Basis  getrennt,  Wmdränder 
nnegal,  gefranst,  mit  Wftrschen  abersäet 

3«i)  Fischer  (Magdeburg.  Deutsche  Klinik.  1850.  No.  27).  Selbst^ 
mord;  im  linken  Ventrikel  lag  neben  einer  grossen  L&ngswunde  ein  2'' lan- 
ges Stflck  aus  der  6.  Rippe,  welches  ausgesprengt  war.  Viel  Blut  in  linker 
Pleara. 

M9)  Recueil  de  m^moires  de  m^d.,  de  Chirurgie  et  de  pharmaci^ 
milit  IMdig^  par  Estienne,  B^gin  et  Jacob.  Vol.  XUII.  Paris.  1837. 
Art  8.).    Der  2.  FaU. 

b.  Tod  spUer. 

R.  3t8)  J.  D.  Ward  (Medical  Times  and  Gas.  1863.  Vol.  I.  p.  79). 
26j&hr.  feuert  Pistole  auf  seine  Brust  ab,  f  nach  10  Minuten.  Haut 
unter  der  linken  Warze  leigt  eine  leichte  Marke,  veranlasst  durch  das  Griff- 
ende eines  Schraubenschlüssels  zum  Auseinandernehmen  der  Pistole.  Zwi- 
schen der  5.  und  6.  Rippe  die  Intercostalniuskeln  perforirt  im  Umfange  einer 
Fingerspitze;  Pericardinm  intact,  mit  Blut  sehr  gefüllt;  im  linken  Ventrikel 
vorne  ein  Längsriss  von  1"  Länge.    Uemd  verbrannt,  Weste  durchlöchert 

394)  Adams  (Gaz.  hebdom.  de  Mödec.  et  de  Ghir.  1861.  p.  609). 
i3j&hr ,  Schrotschuss.  Pat  ging  darauf  eine  Strecke  weit;  blass,  Athem 
ängstlich,  Puls  nicht  fühlbar.  Ein  Glas  Branntwein  trinkt  er  i^it  Behagen, 
t  nach  I  Stunde.  Ein  einzelnes  Schrotkorn  dnrch  den  6.  Intercostalraum 
hat  den  linken  Ventrikel  dorchdniBgen.  Ecchymose  am  Bin-  nnd  Austritte; 
im  Pericardinm  viel  Blat 


870  I>r.  Georg  Fischer, 

StK)  Podrazki  (Allgemeine  Wiener  med.  Ztg.  VII.  1862.  Na  if 
21  jähr.,  Selbstmord.  Wunde  1"  unter  Proc.  xiphoid.  links  Ton  Linea  »Sa 
Blntnng  nicht  stark.  Nach  1  Stunde  starke  Anämie,  Athem  mQhsam,  Hostes 
Die  Sonde  hat  die  Richtung  zur  linken  Brusthöhle,  stösst  aaf  Widerstsst 
wird  sjnchronisch  mit  Bewegungen  des  Herzeos,  pendelartig  bewegt  Zh 
terleib  aufgetrieben,  schmerzhaft  Besserung  bis  zum  6.  Tage,  Pneomoiif, 
t  am  10.  Tage.*  Hinten  am  linken  Ventrikel  Oeffnung;  Leber»  ZwerchfeL 
Lunge  verletzt;  Kugel  hinten  zwischen  5.  und  6.  Rippe. 

S9<l)  Gitat  von  Fall  822.  Blinder  Schuss.  Sjncope,  Symptome  m 
Herz-  und  Lungenentzündung,  Hoffnung  auf  Genesung,  f  nach  7  Wochea 
Linker  Ventrikel  durchbohrt,  darin  ein  fremder  Körper  mit,  Fibrin  au^s«- 
kleidet  bis  in  die  Aorta;  Lungen  wunde  yemarbc,  Eiter  im  Pericardium.  - 
(Wohl  derselbe  Fall,  den  Mallö  in  seiner  Clinique  chirurgicale.  Paris,  l&3^ 
beschreibt).  Im  linken  Ventrikel  steckte  ein  St&ck  von  dem  beim  Abfeoen 
geplatzten  Gewehre.    Wunde  zwischen  6.  und  7.  Rippe  links. 

T«d  sf&ter  mit  C«mplica(ioBei. 

899)  Bericht  ans  dem  nordamerikanischen  Kriege;  Gitat  S.  52.  - 
4  SchussTerletzungen  des  Herzens.  Der  längste  lebte  12  Standen;  die 
Kugel  ging  in  den  linken  Ventrikel  und  kam  aus  dem  rechten  Heriolir 
heraus. 

Bt8)  Larrey  (1.  c.  S.  821).  Offizier,  Duell,  Schuss  auf  W  Distzat 
Wunde  durch  die  6.  linke  Rippe,  1''  unter  und  hinter  der  Warze,  Kogel 
aus  der  rechten  Achselhöhle  geschnitten.  Beim  Vereinigen  der  Wunde  flos« 
schwarzes,  schaumiges  Blut  aus,  dabei  heftige  Sjncope,  Patient  erstickt« 
fast;  sogleich  Wunde  geschlossen.  Patient  besserte  sich  jetzt,  Klage  fiber 
grosse  Kälte  und  schmerzhafte  Erstarrung  der  Glieder,  welche  eiskalt  vareiL 
Im  Ganzen  starke  Blutung,  bald  Auswurf  ?on  rothem  Blut  (Aderkss),  Nichts 
erschreckende  Syncope,  Zeichen  eines  Ergusses  in  die  rechte  Brnstseite. 
L.  wurde  an  der  Operation  des  Empyems  durch  die  grosse  Schwäche  d« 
Patienten  gehindert  f  nach  83^ Stunden.  Wunde  des  linken  Ventrikel» 
ca.  1"  lang,  Hess  den  Finger  durch.  Die  Kugel  ging  zwischen  Aorta  Dod 
Oesophagus  durch,  hatte  die  Aorta  gestreift,  einen  pneumogastriächen 
Knoten  zerschnitten.  Beide  Lungen  gesenkt,  schwärzlich.  Links  kein  Er- 
guss,  rechts  1  Litre  blutiger  Flüssigkeit  —  Die  grossen  Schmerzen  und 
Druck  in  der  Magengegend  sind  durch  den  rechtseitigen  Erguss  und  tiefd 
Verletzung  der  Nerven  bedingt  L.  glaubt,  dass  die  Operation  des  EmpjeB» 
geholfen  hätte. 

e.   T«d|  ubcstlMmte  Zeit 

)  A.  Niemann  (Henke's  Zeitschr.  f.  St.-A..K.    1857.  3.  Ha 


Deber  die  Wunden  des  Herzens  und  des  Henbentek.  871 

152).     Ein  schwangeres  Mädchen  Ton  ihrem  Geliebten  erschossen.    Wände 

durch  6.  Rippe  links,  l**  vom  Sternnm;  Ausgang  rechts  an  der  7.  und  8. 

Rippe  nnter  dem  Schulterblatt,  4  Pfd.  Blut  in  der  linken,  2  Pfd.  in  der 

rechten  Pleura.    Wenig  Blut  im  Pericard.,  worin  2groschengrosse  Oeffnnng; 

Wände  des  linken  Ventrikels  3'^  lang. 

SSO)  Casper  (Prakt  Handb.  der  ger.  Medic.  Thanatol.  Theil.  1857. 

S.  30).    Selbstmord;  Kugel  dicht  Ober  5.  linker  Rippe  hinein,  Spitze  des 

linken  Ventrikels  zerrissen.    Viel  Blut  in  linker  Pleura. 

SU)  Derselbe  (Ibid.  S.  305).  Wunde  links  zwischen  6.  und  7. 
Rippe,  durch  linke  Lunge,  Pericardium,  linker  Ventrikel  ganz  zerrissen; 
Kngel  steckt  im  unteren  Lappen  der  rechten  Lunge.  4  Unz.  Blut  in  linker, 
20  Unz.  in  rechter  Pleura. 

889)  Derselbe  (Ibid.  S.  316).  dOj&hr.,  Selbstmord.  Eingang  durch 
5.  Rippe,  IV  ▼on  linker  Warze,  Ausgang  am  RQcken  links,  3"  tiefer  als 
▼orn,  2"  vom  Proc.  spin.  des  9.  Rückenwirbels,  li"  langer  Riss  im  linken 
Ventr.,  Lungen  gesund;  Wunde  im  Zwerchfell,  Milz;  yiel  Blut  in  linker  Pleura. 

d.   Ted  spater,  mit  fremden  Eirpen. 

8S8)  The  Indian  Annais  of  Med.  Science.  1854,  1.  (Edinburgh 
med.  Joum.  CXGIX.  p.  417.  1854).  In  der  Schlacht  Schuss  vom  in  linke 
Achselhöhle,  einige  Tage  Blutung.  Dyspnoe  und  Haemoptoe,  Abmagernng, 
hektisches  Fieber,  f  nach  10  Wochen.  Wunde  zwischen  3.  und  4.  Rippe, 
woselbst  im  Canal  eine  Höhle  mit  1  Pinto  Eiter.  Kugel  im  linken  Ven» 
trikel,  überkreuzt  von  Fleischsäulen  und  Sehnenfftden,  Herz  sonst  normal 
Wahrscheinlich  hat  die  Kugel  die  Vena  pulmon.  perforirt,  von  da  in's  linke 
Herzohr,  linken  Ventrikel. 

834}  Deguise  fils  (Bulletin  de  la  Soci4t^  de  Chirurg,  de  Paris. 
T.  l  Paris  1851.  p.  885).  Selbtmord,  Taschenpistole,  Wunde  an  nifeau 
der  linken  Brust,  5  Ctm.  Durchmesser,  zerfetzt,  schwarz,  8.  und  4.  Rippe 
gebrochen;  breite  Communication  mit  der  Pleurahöhle  und  noch  tiefer  eine 
stark  geröthete  Membran,  wahrscheinlich  das  Pericardium.  Keine  Blutung, 
Blässe,  Bewusstsein,  f  nach  7  Stunden.  2  Wunden  des  Pericardium  und 
des  linken  Ventrikels,  von  denen  die  eine  durch  einen  Papierpfropf  ausge- 
füllt war;  beide  Wunden  communicirten  mit  einander  durch  eine  Art  Ganal 
in  der  Wand  des  Herzens.  Wunde  der  linken  Lunge.  In  einer  kleinen 
Höhle  zwischen  8.  und  9.  Rippe  neben  den  Wirbeln  lag  eine  Kugel,  die  zweite 
war  nicht  zu  finden. 

Beide    Ventrikel, 
t.  Ted  sofert 
tSft)  Targioni  (1819;  bei  Zannetti  L  c  Fall  49).    Viel  Blnt  im 
Pericardium  und  linker  Pleura,  Tod  durch  Gompression. 


8t2  !>'•  G«org  Pisclier, 

b.  Tod  sfiter. 

BSe)  MoU  en  van  Eldik  Tydschrift.  1B36  (15de  Jahrgang  4^ 
st.  p.  384).  27.  Jali:  Selbstmord,  ein  Telnm  igniferam  mit  Steineofa 
ladeD,  auf  die  Brast  abgedrückt  Keine  Wände  zwischen  Proc.  xipL  i:i 
linkem  Rippenknorpel »  keine  Blatung,  starke  VerbrennungserBcheinimgai 
Athem  schwer,  grosse  Angst,  Oyanose,  Glieder  kalt,  PaLs  schwach,  Aderk« 
▼on  12  Unzen,  16  Blutegel,  kalte  Umschläge.  In  niahster  Zeit  mehr  Atli«£ 
noth,  Beängstigungen,  f  nach  4  Wochen  3  tagen.  Deber  die  Veriadf- 
mng  am  Herzen  s.  Seite  646. 

c.  Ted,  ubestimMte  Zeit 

B89)  Bardinet  (Bullet  de  la  Sociöt^  de  möd.  et  de  phann.  deli 
Hante-Vienne  1852).  Selbstmord,  Pistole,  in  der  Hersgegend;  die  uatm 
H&lfte.    Beide  Ventrikel  ganz  zerstört. 

888)  Sehr  ende  r  (Annales  de  la  Sociöt^  de  H^d.  de  Oand.  loli 
1841.  p.  449—456).  Sehrotschuss  aus  Pistole.  Wand^  zwischen  3.  und  i 
Rippe,  viel  Blut  in  beiden  Pleuren.  7  Löcher  im  Perieardinm,  tlorhi  nei 
BMit  Im  rechten  Ventrikel  ^  *'  langer  Riss,  sodann  Riss  iai  SepMi  nd 
linken  Ventrikel,  in  dessen  Wand  Schrotkörner. 

Rechter  Torhof. 
••  Tod  sefort. 

889)  Targioni  and  Lecchini  (1849,  bei  Zannetti  Le.FaU118)k 
Kogel  durchbohrt  rechten  Ventrikel,  Blut  im  Perieardinm»  4  Pfd.  in  liokcr 
Pleura. 

b.   Tod  Mit  Cemplieatioien. 

840)  A.  Niemann  (Henke's  Zeitschr.  f.  St-Arzn.-K.  1867.  B.Bk 
S.  158).  Kugel  links  zwischen  4.  und  5.  Rippe,  2"  unter  der  AehseIhdMc 
ein-  und  rechts  4''  von  der  Warze,  i"  unter  der  Achselhöhle  ausgednifi- 
gen.  Oberer  Lappen  der  linken,  mittlerer  Lappen  der  rechten  Lunge  dorth* 
bohrt  Aorta  am  Ursprung  aus  dem  Herzen  losgerissen,  rechter  Ventrikel 
aufgerissen.    In  beiden  Pleuren  je  12  Unzen  Blut 

Linker  Torhof. 
Tod  sofort,  «It  (MTplicitioi  itd  flreüdeM  JLirper. 

841)  Münzenthaler  (Benk«*8  Zeitschr.  f.  St-Arzn.-K.  1837. 
24.  ErgSnz.heft  S.  262).  Sehrotschuss,  Wunde  hinten  links'  zwisdftfr  Spitte 
des  Schulterblattes  und  Rflckgrats,  S"  darunter  6ine  zir^ite  Wun^^L   IMe 


Ueber  die  Wanden  dee  Hensene  nnd  des  Henbentela.  878 

Pleura  toU  Blut,  Wände  der  Lange,  Scbrotkorn  im  Brnstbein,  Pericsrdian 
voll  Blat,  keine  AaBgangBÖffoang.  Linker  Ventrikel  hinten  dnrehboiirt 
Beide  Ventrikel  nnd  der  rechte  Vorhöf  nnverletzt  Dm  Blei  war  in  die 
Aorta  adsc.  ein-  nnd  nicht  wieder  ausgedrungen,  wahrscheinlich  in  der* 
selben  weiter  getrieben. 

Septum  ventricülortm. 

84t)  Garnochan  (Edinbnrgh  Med.  Jonrn.  Octbr.  1855).  dSjfthr., 
Schass  in  Herzgegend,  sogleich  tiefster  Collapsns,  nach  4  Standen  Erho- 
lung. In  den  nächsten  8  Tagen  sabjectiv  wohl,  so  dass  fQr  gesund  gehal- 
ten. Am  8.  Tage  Pericarditis  (!),  t  am  12.  Tage.  Pericardium  gefüllt 
mit  blutigem  Seram,  Kugel  Ton  1"  Umfang  sass  im  Septnm,  nm  sie  hemm 
eine  abkapselnde  Cyste  in  der  Bildung  begriffen,  Herzwunde  selbst  ge- 
Bchloasen.  (Nach  einem  Berichte  im  New  York  Medical  Record,  1.  M&rz. 
1867.  S.  19  war  aussen  am  Herzen  keine  Narbe,  die  Kngel  anfangs  vergeb- 
lich  gesucht  und  dann  erst  zuf&llig  gefunden).  —  Patient  nicht  an  der  Wunde, 
sondern  an  der  Pericarditis  gestorben;  auffallend  war  der  Tollstftndige  Man- 
gel aller  Krankheitserscheinungen  eine  Zeit  lang  nach  der  Verletzung. 

Herzspitie,    lerxbasis. 
Ui  s^ler. 

94M)  Garanius  (Zodiac.  med.  Gall.  Junii  Ann.  IL  obs.  13,  bei 
Bonet,  Sepnlchn  anat.  T.  IIL  p.  379).  2.  kleine  Kogeln  dringen  bei  fa- 
plosion  in  Lange,  die  3.  zerreisst  die  Herzspitze.  Am  3.  Tage  Paraoeatese, 
t  am  7.  Tage.  ^  (Eranius  nach  Zannetti). 

344)  Henri  ab  Heers  (Spadacrene  [hoc  est  fons  apadanus]  et  oba. 
med.  Lib.  I.  Logdun.  Batav.  1685.  p.  114—117).  Brudermord.  2  Kogeln 
hatten  Basis  nnd  Spitze  zerrissen;  Zereehmettemng  dee  linken  Armee,  f 
am  7.  Tage.  —  (Fall  343  und  344  nach  OlliTler  nicht  penetrirMdX 

Ganzes  Herz. 

a.  Ted  sefort 

84»)  Rigal  (de  Gaillac;  Bullet  de  la  Soc.  de  chir.  de  Paris.  T.  1. 
p.  893.  1851).  45jShr.,  geisteskrank,  erschiesst  aus  grosser  N&he  seine  Fran. 
Wunde  rechts  hinten,  unten  und  innen  vom  Schulterblattwinkel;  durch  rechte 
Lunge.  Die  Bleiladung  hat  das  Herz  Tom  Oipfel  bis  Basis  zermalmt» 
unter  linker  Warze  ausgetreten. 

B.  S40)  Hnfeland  (Hofeland's  Joum.  d.  pr.  Arzneik.  1802.  2  St 
200).  Selbstmord,  Pistolenschoea.  Am  ganaen  KOrper  keine  Wunde,  nur 
eine  Gontorfon  in  der  Mitte  des  Bmalbeino.    Im  Eemd  eine  plaitgedKilckte 


874  !>'•  Georg  Pisoher, 

Kogel.    Brastbein  an  jener  Stolle  zerschmettert,  das  Herz  geplstsf^  so  diu 
Alles  im  Blat  schwamm. 

b.   Tod  9    nbeitimmte  leii. 

349)  Gas  per  (Pr.  Handb.  der  ger.  Medic.  Thanat  Theil  1851 
S.  303).  Scboss  beim  Kampf  über  dem  Manubr.  stemi;  Hera  gans  uü 
gar,  oben  linke  Lnngenlappen  theilweise  zerrissen.    Kugel  nicht  an  fioda 

848)  Derselbe  (Ibid.  S.  318).  Zfreifelhaftor  Selbstmord  eines  Büi- 
den  darch  Pistole.  Wände  zwischen  linker  6.  and  7.  Rippe,  f  lang,  {'' 
breit  mit  gerissenen,  nach  oben  i"  breit  schräg  verbrannten  Rftndera,  liob 
Lange  ganz  zerrissen,  Herz  so  zerfetzt,  dass  nar  ein  Stflck  aas  der  Wsid 
des  rechten  Ventrikels  za  erkennen.    In  Pleura  8  Unzen  Blat 

349)  Derselbe  (Ibid.  S.  320).  Selbstmord.  Wunde  IV  unter  lioker 
Warze,  auffallend  gross,  2"  lang,  1"  breit;  zerrissene  Rinder.  Sehn«, 
wahrscheinlich  mit  Wasser,  Aasgang  fehlte.  Zerschmetterang  der  Unkei 
4.— 11.  Rippe.  In  linker  Pleara  14  Quart  Blut;  im  zerrissenen  Pericardin 
lag  das  bis  sur  Unkenntlichkeit  zerfetzte  Herz ;  im  Blut  der  Pleara  Rippeo- 
Splitter,  Papierpfropf,  keine  Kugel. 

Linkes  Herz, 
a.  Tod  sofort. 

BKO)  Prion  (Möm.  sur  les  plaies  pönötr.  de  la  poitr.  Mto.  h 
racad^m.  roy.  de  möd.  Paris  1833.  T.  II.  Obs.  8.  p.  426).  Waffenschnied 
erschiesst  anvorsichtig  einen  Eintretenden;  Pistole  mit  2  Kageln  gelad«; 
eine  Kogel  hat  das  ganze  linke  Herz  in  der  Lfinge  durchbohrt 

Sftl)  Tardien  (Soci^tö  de  biologie;  Gas.  möd.  de  Paris  1849.  N.  12. 
18.  Febr.).  Füntenschass  ans  4  Fuss  Entfernung,  linkes  Hers  bnchstiblieb 
zerrieben,  nur  zerrissene  Ueberresto  des  linken  Ventrikels  and  linken  Herx- 
ohres.    Muskelgewebe  zermalmt,  die  rechten  Höhlen  nicht  betheiligt 

9M)  Targioni  (1803;  bei  Zannetti  1.  c.  Fall  88).  Schasswaode 
des  linken  Vorhofes  und  linken  Ventrikels,  f  durch  Compression,  Tiel  Bht 
im  Pericardium.  | 

b.    Tod,  ubestimmte  leit 

SM)  Gas  per  (Ibid.  S.  810).  40jähr.,  Pistole,  zweifelhafter  Selbst- 
mord, Wunde  links  zwischen  4.  and  5.  Rippe.  Zerfetzang  des  gaoxcn 
Herzens,  in  linker  Pleura  3  Pfd.  Blut,  Kugel  nicht  zu  finden,  obwohl  keis 
Ausgang. 

Unbestimmte  Herxabschnitte. 
t.  Ted  sofort 
3SA)  Tardien  (Annal.  d'hyg.  pubL  1860).   Wunde  anter  Froe.  xiph., 


lieber  die  Wanden  des  Henens  und  des  Herzbeateis.  875 

liatte  Leber,  Zwerchfell,  Hers  durchbohrt;  Wandr&oder  geschwärzt,  wie  vom 

Srande.    Ein  Theil  des  Wergpfropfes  Isg  auf  der  convexen  Leberober  fläche. 

S^ft)  Bon  et  (Sepul.  anat  Genf  167»),    Kugel  mitten  durch  das  Hers. 

SAe)  Lazzeretti  (Oitat  von  Fall  227.  p.  189.    Gaz.  des  Tribunanx 

18.  März  1838).    Pistolenschuss  in  den  Kopf,  t  erfolgt  nicht,  zweiter  in*a 

Hers,  t  sogleich. 

SM)  Rasche  (  Casper's  Wochenschr.  No.  3.  1843.  S.  61).  Schrot- 
Bchaas.  Patient  läuft  noch  10  Schritt,  ruft  oft:  »Ach  Gott!*  Herz  tou 
einem  Rehposten  zerrissen. 

b.  Ted  später. 

SK8)  Jackson  (Lancet.  II    21.  Nov.  1869).    f  nach  3  Standen. 
SK9)  Henri  ab  Heers  (CiUt  von  Fall  844).    Herz  von  4  kleinen 
Kageln  durchbohrt,  t  i^m  6.  Tage. 

Herxbettel. 

Tod  später. 
seo)  Harald  Schwartz  (Beiträge  zur  Lehre  von  den  Schass^wou- 
den.    1864.    S.  101).    Offizier  ip  der  Schlacht  yerwundet,   Kugel     r«olita 
zwischen   3.  und  4.  Rippe  neben  Sternum  eingedrungen,   Richtung^      naoh 
links  unter  das  Sternum.   Patient  übergab  dem  Arzt  eine  Spitzkugel,    ^^-«lolae 
sogleich  nach  Verletzung  ausgeschnitten  sein  sollte-   Rechts  Pleuritis,     I^t^ri- 
carditis.     Abends  arterielle  Blutung,  am  folgenden  Morgen  noch    oiöi»»- 
Da  wahrscheiolich  die  Art  mamm.  int  verletzt,  wurde  ünterbindunS    ^^'* 
sucht,  welche  misslaog,  f  am  2.  Tage.    Rechte  Lunge  verletzt,  welcl»«        '® 
Quelle  der  Blutungen  war,  Zerreissung  des  Pericardiums ,  Kugel  ia     liö    *f 
Lunge.    Art  mamm.  int  lief  abnorm  hinter  dem  Sternum»  konnte      ^^    ^^ 
nicht  getroffen  sein. 

Seä)  Lyons  (Report  on  the  pathologjr  of  the  army  in  the  east;-     ^\ 
120  pp.  London  1860).  Secundäre  Perforation  des  Pericardiums  obea   recht^ 
in  Folge  eines  Streifschusses,  welcher  das  Sternum  in  der  Höhe  des  3.  J|j^ 
tercostalr.  von  rechts  nach  lioks  zeraphmetteit  hat.    Das  Med.  ant.  ge/Hl|^ 
mit  Elter,  Pleurahöhlen  unverletzt 


II.     lelliBgei. 
•)  Darcli  »cctIosteM  be«tÄtl»t, 

Hechter   Tentrikel. 

Mt)  J.  H.  Gant  (Oharleston  Journ.  Mai  1867;  Americ,  Joi^n^  ^^^^ 
med.8cienc.  Juli  1857.  S.  292).  Constebler  erhält  Revolverschnss.  »wi^^^^^^. 


876  ^^'  Qeorg  Fischer, 

nnd  6.  Rippe,  rechts  vom  Sternirai.  Sofort  tiefer  Collapsiis,  Ohamacht 
Erbrechen.  Der  znerst  geholte  Arzt  hatte  sondiri  Physikal.  Dntersiichniif 
der  Brost  normal;  am  Herzen  keine  Gerfinsche.  Diagnose:  P^rCoimtioc 
des  Magens.  Nicht  zn  stillender  Dnrst,  Geffihl,  als  ob  das  Hers  heram- 
springen  wollte.  Calomel  mit  Opium,  später  Aderlass.  Nach  2  Tagec 
Diarrhoe,  welche  sehr  schwächte.  Plnmb.  acet.  mit  Opinm,  VeBicatore  aaf 
den  Unterleib,  später  Reizmittel,  Chinin.  Nach  15  Tagen  MerciirialismQ& 
Diarrhoe  danert  fort,  f  am  26.  Tage.  Umschriebene  Narbe  am  H«aea 
Kagel  am  rechten  Ventrikel  an  der  Spitze  ein-  nnd  «nten  ansgetreten.  Sia- 
nnd  Änsgang  2"  von  einander.  Pericardium  entzündet,  hie  und  da  mit 
dem  Herzen  verwachsen.  Anf  endocardialem  Wege  2  Haare  und  ein«  Lent- 
wandfizser  vom  Hemde.  Deatliche  Narbe  vor  der  CardialGAmiig  des  Ma- 
gens, wo  Kngel  jedenfalls  eingetreten  war;  die  Bahn  der  Rogel  aoa  dem 
Magen  herans,  darch  Zwerchfell,  war  nicht  zn  ermitteln;  sie  lag  aaf  der 
linken  Niere.  —  fiemerkenswerth  sind  der  15  Standen  andauernde  CoUap- 
BUS,  das  26  Tage  ohne  alle  Nahmngsznfnhr  bestehende  Leben  bei  Ver- 
letzung so  wichtiger  Theile,  ferner  das  Sondiren,  Galomeldosen  bis  zna 
Mercurialismns.  t  m^hr  durch  Diarrhoe,  lüerc,  Erschöpfung  als  durch  die 
zwar  gefährlichen,  aber  in  Vernarbung  begriffenen  Wunden.  —  (Grant  ns- 
richtig).  • 

soft)  Latour  (Orleans;  Hisi  philos.  et  m^d.  des  cauaes  easent 
immöd.  ou  proch.  des  hömorrhagies.  T.  L  p.  75.  Grl^ns.  Gbs.  SS.  1815i, 
auch  Fournier:  Dict.  des  scienc.  m^d.  Paris.  T.  IV.  p.  217).  Soldat  er- 
hält Schuss  in  die  Brust,  wie  todt  fortgetragen;  starke  Blutung,  die  lebens- 
gefährlich erst  am  3.  Tage  anfängt  geringer  zn  werden;  Besserung,  Eite- 
rung der  Wände;  Vernarbung  nach  3  Monaten.  Soldat  wohl,  nnr  Palpita- 
tionen,  welche  ihn  8  Jahre  quälen;  weniger  stark  in  den  folgenden  3  Jah- 
ren, t  an  fremder  Krankheit.  Maussion  secirt:  Kugel  eingekapselt  im 
rechten  Ventrikel,  nahe  der  Spitze,  zum  Theal  bedeckt  durch  Pericardioa, 
theilweise  sich  stQtzend  auf  das  Septum  medium.  SübstanzTcrlust  an  einer 
fracturirten  Rippe. 

S64)  Vandelli  (bei  Penada:  Osservazione  med.  anat  sopra  qb 
ulcere  corrodente  e  profundo  riscontrato  etc.  Saggi  di  Padova.  Vol.  IIL 
part  IL  p.  59).  Kugel  im  rechten  Ventrikel,  Wunde  im  muscuUSsen  Thdl 
des  Herzens  ganz  Temarbt.  Schuss  Tor  einigen  Jahren,  f  an  fremder 
Krankheit. 

865}  H.  Suckow  (Gerichtl.  med.  Beurtheilung  des  Leichenbefundes. 
Jena  1849.  p.  178}  Viele  Jahre  nach  der  Verletzung  wurde  Kugel  in  der 
Höhle  des  rechten  Ventrikels  gefunden. 

S6G}  Gälnsha  B.  Balch  (Americ.  Joum.  of  the  med.  saieMe.  Nev 
Ser.   Vol.  42.  1861.  p.  293).    l^jähr.,  erhält  Schnss  ca.  2"  tom  Acromiea, 


Ueber  die  WoDdeo  des  Henena  nod  des  Henbentels.  877 

nahe  dem  Sternalraiide  des  SchlfisBelbeinea,  gennge  Blotang,  keine  Störang, 
nach  6  Wochen  gesnnd.  Nach  6  Jahren  Pneumonie  rechts,  seitdem  Herz- 
leiden mit  starken,  weit  sichtbaren  Palsationen.  Kurz  Tor  dem  Tode  wird 
Klappenleiden  diagnostieirt.  Jetzt  nach  20  Jahren  Tod  dnrqh  Pnenmo- 
nie.  Das  Herz  nm  das  Doppelte  TergrOssert,  sehr  mürbe,  aussen  keine 
Narbe.  In  der  Wand  des  rechten  Ventrikels,  nahe  der  Spitze,  steckt  die 
Ragel  eingekapselt.    Pericardinm,  Torzüglich  rechts  sehr  adhärent 

Herzbeutel. 

Se9)  Union  möd.  1864.  nr.  89.  Ein  74jähr.  Soldat  erhielt  in  der 
Schlacht  bei  Salamanca  (22.  Jali  1812)  eine  Kugel  in  die  linke  Brnstseite, 
kam  wegen  starker  Djspnoe,  als  Folge  einer  seit  2  Jahren  bestehenden 
Bronchitis,  in  das  Spital  zu  Dublin.  Bis  dahin  ganz  wohl,  nur  war  der 
Schlaf  aof  der  rechten  Seite  nicht  möglich.  Er  glaubt  die  Bewegung  der 
Kugel  zn  fQhlen,  neben  einem  Druck  auf  sein  Herz.  Kein  abnormes  Ge- 
r&Dsch,  Tod.  Die  Kugel  war  eingekapselt  im  Pericardinm,  zwischen  den 
Mündungen  der  Hohlvenen.  Alte  Adhäsionen  deuteten  auf  eine  frQhere 
Pericarditis. 

f )  ÜTaeli  Symptoiiien  wermntliet* 

Rechtes  Hers. 

S<M)  Stilling  (Cassel;  Deutsche  Klinik.  1866.  28).  Vor  8  Jah- 
ren wurde  einem  BQrgergardisten  ein  eiserner  Ladestock  durch  den  Thorax 
geschossen.  Eingang  zwischen  5.  und  6.  Rippe,  dicht  am  Sternum,  wo- 
selbst der  Ladestock  2—3"  ans  der  Brust  vorragte,  Ausgang  hinten  zwischen 
5.  und  6.  Rippe,  2  Qnerfioger  rechts  von  der  Wirbels&ule,  woselbst  jener 
1''  hervorragte.  Starke  Dyspnoe,  Bluthusten,  kleiner  Pols,  heftigste 
Schmerzen  beim  Schlingen.  Ausgedehnte  Antiphlogose :  in  den  ersten 
2  Tagen  5  Aderlftsse  zu  je  16  Unzen,  ferner  82  Blutegel  an  den  Thorax, 
6  Tage  nnd  Nfichte  Eisumschl&ge  nm  die  ganze  Brust;  Inf.  digitalis  mit 
Nitrum,  keine  Nahrung.  Vom  5.  Tage  an  Besserung.  Nach  6  und  14  Wochen 
eiterten  Kleiderreste  heraus.  Patient  nach  3i  Monat  genesen,  lebt  noch 
als  Schuhmacher  ganz  rfistig,  hat  nur  Athemnoth  beim  Treppensteigen; 
Brustschmerzen  bei  Witterungs&nderung.  Percussion  und  Auscultation  des 
Herzens  normal.  St  glaubt,  dass  der  Ladestock  durch  den  unteren  Theil 
des  rechten  Herzens  gegangen  (?). 

Unbettimnte    lers&bschnitte. 

Seo)  Oathcart  Lees  (Dubl.  Journ.  of  med.  science.  Mai.  1837. 
p.  169  —  180).    Student,  DueU,  Pistole  fast  auf  die  Brust  gesetzt,  kleine 

66  • 


878  Dr.  Georg  Fischer« 

ftuBsere  Wände,  Betftabnng,  nnerkl&rliche  Angst,  iDtermittirender  Pals,  Mei- 
gang  za  Ohnmachtenr     Heilang  (?)• 

HerzbenteL 

S9tl)  Lftrrej  (Cliniq.  chinirg.  T.  11.  Paris  1829.  p.  805).    Memoin- 
ger,  28jähr.,  23.  Jan.    Selbstmord,  Pistole,  fllllt  sogleich  hinten  fiber,  üat 
leblos,  im  Blute  schwimmend.    Tiefster  Oollapsas.    Kngel  links,  dicht  not« 
der  Warze  zwischen  4.  und  5.  Rippe  eingegangen  nnd  hinten  xwischeo  B. 
und  9.  Rippe  unter  dem  Schulterblatt  heraus.    (Frictionen   mit  Gampher- 
spiritas  zur  Erwftrmung).     Beim  Verbinden  gefährliche  Ohnmacht,   daher 
rascher  Schlnss  der  Wunden.   Antiphlogose,  absoluteste  Ruhe.     Pat  hatte 
ein  OppressionsgefQhl,  welches  jeden  Augenblick  seinem  Leben  ein  Eode 
za  machen  schien.    Bis  zum  30.  Januar  wurden  7  Aderlässe  gemacht;  Ab- 
nahme des  Verbandes.     Der  Herzschlag  zeigt   sich  unter   der  Wände  m 
stark,  dass  er  sichtbar  ist,  der  angelegte  Finger  scheint  den  nnmittelbareo 
Eindruck  der  Herzspitze  zu  fühlen.    Diese  Erscheinung,  die  Richtung  der 
Wunde,  der  grosse  Verlust  an  Blat  im  Moment  der  Verletzung  ond  beio 
Verband,   die  grosse  Hersbeklemmung   in  den  ersten  24  Stunden  lasses 
glauben,   dass  das  Pericardium  Torne  Ton  der  Kugel  durchbohrt  ist,  dau 
grosse  Lungengef&sse  zerrissen,  wahrscheinlich  auch  das  Hers  gestreift  ist 
Eine  Operation  des  Empyems,  auf  welche  L.  Torbereitet  war,   nnterblieb, 
da  die  grosse  Ecchjmose,  Zeichen  eines  Blutergusses  im  Thorax,  resorbiit 
wurde.    Besserung.    Patient  sehr  schwach,  mager,  Pols  klein ,  frequest: 
Herzschlag  kaum  hörbar,  daher  vielleicht  Atrophie  eingetreten,  ohne  Zweifel 
durch  die  successive  Vernarbung  des  Pericardium  am  Herzen.     10.  April 
die  Wunden  verheilt    Nach  It  Jahren  schrieb  Patient,  dass  er  gesund  sei 

S9l)Pirogoff  (GrundzOgeder  allgem.  Kriegschimrgie.  1864.  S.  232; 
Offizier,  Kugel  links  zwischen  Knorpeln  der  5.  nnd  6.  Rippe  quer  dank 
die  Brust  wurde  hinten  zwischen  Scapula  und  R&ckgrat  ausgeschnitten. 
Herzschlag  mit  der  Hand  nicht  zu  fühlen,  man  hörte  nur  in  der  Feme, 
Ton  Zeit  zu  Zeit,  sehr  undeutliche  Schlage,  aber  keine  Heratöne.  Percos* 
sion  in  Präcordialgegend  und  ganzen  Brusthälfte  sehr  matt  Gesicht  blsss, 
Athem  schwer,  weder  starke  Blutung,  noch  Bluthusten.  In  den  ersten  drei 
Tagen  dmalig.  Aderlass  mit  Erleichterung,  Blutegel  in  Herzgegend.  Heilaog 
nach  2  Monaten.  P.  ist  unsicher,  ob  Verletzung  der  Lunge  oder  des  Pen- 
cardiums,  glaubt,  dass  die  Abwesenheit  des  Herzschlages  nnd  der  HerztGoe 
fQr  letztere  sprechen. 

SM)  Banden s  (bei  Hager,  Oeber  Wunden,  Risse  n.  s.  w.  S.  324). 
Kugel  dringt  unter  Scapula  und  unter  der  Herzspitze  ein,  nachdem  sie  die 
7.  Rippe  gebrochen  hat,  wieder  aus.  Schmerz  in  Herzgegend,  Rewusst* 
iosigkeit,  gestörte  Oircnlation,  Angst,  Blutung.    Bei  der  Untersuchung  lar 


Deber  die  Wanden  des  Herzens  und  des  Herzbeutels.  879 

£ntfernang  der  Rippensplitter  wurde  der  Finger  Tom  Herzschlag  berührt 
Ncch  2  Monaten  Heilung.  Eine  Yerlötznog  des  Pericardiums  erscheint 
sicher,  eine  Verletzung  des  Herzens  selbst  ist  nicht  anzunehmen.  ^ 

Sra)  Stokes  (Krankheiten  des  Herzens,  übersetzt  von  Lindwurm, 
1855.  S.  68).  Schrotschuss  über  grosse  Fl&che  der  Brust,  kleine  Wunden 
io  der  Herzgegend.  Obnmacht,  venöse  Depression.  Nach  2—3  Tagen 
war  CoUapsus  geschwunden.  Pericarditis.  Intensives  Reibungsgeriusch, 
auf  einzelne  Stellen  beschrfinkt,  verschwand  an  einem  Punkte,  trat  an  dem 
anderen  wieder  auf.  Heilung.  Rein  Zweifel,  dass  Pericardium  afficirt^ 
nur  breitete  sich  die  Entzündung  nicht  auf  die  ganze  Oberfläche,  sondern 
auf  einzelne  Punkte  aus.  Diese  eigenthümlichen  physikalischen  Erschei- 
nnngen  sind  sonst  bei  idiopathiscfier  Pericard.  nie  beobachtet. 


Quetschwanden   and  RuptareD* 

L    Tfd. 

Rechter   Ventrikel. 

i)  Penetrlrende  Wunden. 

a.  Ted  stfert 

SM)  Prescott  Hewett  (Lond.  med.  Gazette.  Mai  14.  1847.  S.  870). 
53j&hriger  Mann  vom  Pferde  auf  die  Brust  geschlagen.  Keine  ftnssere 
Wunde.  Fractnren  des  Sternum  ohne  Dislocation,  der  linken  2.-6.  Rippe, 
der  rechten  2.  -  4.  Rippe.  Ruptur  vorn  im  rechten  Ventrikel  neben  und 
quer  um  den  Rand  der  Art  pulm.,  zeigefingerdick;  grosse  Ruptur  im  Peri- 
cardium, viel  Blut  darin,  kein  Blut  in  der  Pleura.  Herz  gr(^sser  als  ge- 
wöhnlich. 

SM)  Ohr.  Vater  (Ephemer,  nat.  curios.  Dec.  m.  ann.  IX.  und  X. 
Norimbergae,  Francofnrti,  Lipsiae  1706.  obs.  164).  30jfthr.  Frau  1695  von 
einem  Wagen  gequetscht  Fractur  der  1.  und  2.  linken  Rippe  nahe  dem 
Sternum,  der  linken  Clavicnla.  Pericardium  in  sehr  geringem  Grade  ver- 
letzt Rechter  Ventrikel  nahe  der  Spitze  zerrissen,  viel  Blut  im  Pericard. 
Ruptur  nicht  durch  Fractur,  sondern  durch  Compression  des  Thorax  ent- 
standen. 

k  Ui,  ufcestinnte  UlU 

SM)  A.  Niemann  (Henke's  Zeitschr.  f.  St-Arzn.-K.  1861.  2.  Hft 
S.  326).  Oebergefahren.  Pericard.  in  der  Gegend  der  Vena  cava  sup.  10"' 
lang  gerissen;  ebenso  der  rechte  Ventrikel  10'"  lang  an  der  MQndung  jener 
Vene.     Im  Mediast  ant  viel  Blut     Pericard.  um  das  4fache  mit  Blut  ge- 


880  I^r*  Georg  Fischer, 

füllt  -^  (Der  Riss  im  Pericard.  bildet  den  Unterschied  rom  Fall  403  lad 
dem  Verf.). 

SY9)  Samuel  Gooper  (Hamilton,  Fractnres  and  Dlslocatioci 
p.  171).  Präparat  im  University  College  zn  London  von  Raptar  d^s  reck- 
ten Ventrikels,  dnrch  einen  Theil  des  zerbrochenen  Sternam. 

89S)  Valerins  (bei  Sönac.  1.  c.  S.  376).  Fraa  rom  Wagen  ge- 
quetscht. 

t)  miclit  penetrirende  Wanden  -^  Tod  «pAter. 

S90)  Dupujtren  (Clin,  chirnrg.  T.  IL  p.  215.  Paris  1839).    41jShr. 
Mann  durch  Wagendeichsel  seitlich  gegen  eine  Mauer  gepreaat.      Fractnr 
mehrerer  Rippen,  Qnerfractur  des  Sternum  an  der  Verbiadnng  der  beidei 
oberen   mit  unterem  Drittel;   oberes  Fragment    siemlich   tief  gegen   daa 
Mediastinum  gedrQckt  (Äderlass,  Bandage).    Alles  ging  gut,  bis  am  4.  Ti^ 
grösssere  Oppression,  Fals   klein  (Äderlass).     10  Tage  lang   Schwanket 
zwischen  Besserung  und  Erstickungsznf&Ilen ,  kein  Emphysem,  aber  breite 
schwarze  Ecchymose  von  der  Basis  der  Brust  bis  oben  und  aussen  sb 
SchenkeL    f  am  12.  Tage  durch  Pericarditis.   Oberes  Fragment  des  Ster- 
num in  Pericardium  gedrungen,  hat  den  rechten  Ventrikel  in  %  seiner  Dicke 
zerrissen.    Viel  blutiges  Serum  in  der  rechten  Pleura;  alte  starke  AdbS- 
renzen  zwischen  beiden  Pleuren.  —  (Auch  als  Fall  von  Breschet,  unrich- 
tig mit  Ruptur  des  linken  Ventrikels  citirt.    Siehe  Fall  480). 

Linker  fentrikoL 

i)   Penetrlr^nde  Umändern  —  Tod» 

a.    Ted  stftrt. 

S90)  filleanme  (Essai  snr  les  ruptures  du  coeur.  Thtee.  no.  186. 
Paris  1857.  p.  14).  2Qj&briger  Mann  stürzt  in  Abgrund,  durch  Baum  fort- 
gerissen; t  nach  wenigen  Minuten.  Raptur  des  Pericardinms  und  lioken 
Ventrikels.    Herzfleisch  ganz  gesund. 

391)  Targioni  nod  Zannetti  (bei  Zannetti  L  c.  Fall  128).  Kot- 
scher springt  vom  Wagen,  um  Pferde  anzuhalten,  stürzt  auf  Steine.  Rop- 
tur  mit  sternförmiger  Zerreissong.    Herz  contrahirt    Blut  im  Pericardioo. 

SM)  Albers  (Horn's  Archiv  f.  medic.  Erfahr.  1832.  Mira.  S.  189). 
Soldat  erhält  Fasstritt  auf  Herzgegend,  stirbt  nach  wenigen  Minuten,  yifl 
Blut  im  Pericardium,  Herz  klein,  eontrahirt,  1''  lange  Roptur  im  liokeo 
Ventrikel,  deren  Ränder  nichts  Abnormes  zeigen;  Herzsubstans  normal. 

Ted,  alt  CtaplIcatl^Bea. 

SSS)  J.  Thurnam  (Lood.  med.  Gazette.  17.  Febr.  1838.  p.  815). 
50 jähr.  M.  fällt,  übergefahren.     Hautläsionen  vom  links  auf  der  Brost. 


Deber  die  Wnaden  des  Hersens  und  des  Herzbeutels.  881 

r  Pract.  der  linken  6.— 8.  Aippe,  2i"  von  den  Knorpeln,  Qaerbnich  des 
Steronm  unten,  ohne  Dislocation.  Fericard.  unverletzt,  enthält  etwas  blu- 
tiges Serum,  welches  auch  in  beiden  Pleuren.    Riss  des  linken  Ventrikels. 

...des  rechten  Herzohres,  2"  lang,  oberfiftchliche  Ruptur  im  Septnm, 
xHersspitze  1''  lang;  Milz. 

S84)  Bergeon  (Bouillaud,  Maladies  du  coeur.  T.  II.  p.  608. 1835). 
78 jähr.  Frau  stürtzt  sich,  um  sich  an  einer  Nachbarin,  mit  welcher  sie  sich 
etets  zankt,  zu  rächen  (!),  40'  hoch  aus  der  3.  Etage.   Fractur  von  7  Rippen 

^  rechts.    1  Pfd.  Blut  im  Pericard.    Ruptur  des  linken  Ventrikels  an  der  In- 

:    aertioB  der  Aorta,  Riss  der  Aortenklappen,  Leber,  Milz. 

fc.  Ted  spater* 

SM)  Prescott  Hewett  (Gitat  von  Fall  874).  29jähr.  Mann  stürzt 
▼on  einer  Leiter,  tiefster  Oollapsus,  Gesicht  blau,  Hände  sehr  kalt,  kein 
Puls«  Bald  verschwand  Congestion,  Puls  f&hlbar,  starker  Brustschmerz,  f 
nach  2  Stunden.  Keine  äussere  Verletzung;  viel  flüssiges  Blut  im  Pericard. 
Bisa  vom  im  linken  Ventrikel  V  lang,  i**  weit;  Herz  sonst  gesund.  Blut« 
erguss  um  die  Wurzel  der  linken  Lunge,  im  Bauch;   2  Risse  in  der  Leber 

Q.*)  SSe)  Oasper  (Pr.Handb.  der  gerichU.  Medic.  Thanatolog.  Theil. 
1857.  S.  280).  Ein  Sack  mit  Korn  fällt  auf  66jähr.  Mann.  Fract.  commin. 
des  Femur;  Amputation,  t  uach  8  Tagen  (am  2.  Tage  nach  Amputation). 
Fractur  der  beiden  ersten  Rippen,  des  3.  Brustwirbels.  In  der  rechten  Wand 
des  Pericard.  eine  thalergrosse  Sugillation,  in  der  linken  Wand  des  Herzens 
vom  Atrium  bis  zum  Ventrikel  ein  2"  langer,  \'*  breiter  sugillirter  Streifen, 
also  eine  wahre,  höchst  seltene  commotio  cordis! 

Q.SS9)  Bl  an  Card  (Anat  prac.rat.  u.  s.  w.  Amsterdam  1688.  Centur 
alter,  obs.  VI.  p.  202).  Bauer  von  einem  Heu-Karren  übergefahren;  grosser 
Brustschmerz,  Dyspnoe.  Keine  Fractur,  nach  4  Tagen  gearbeitet;  bald  hef- 
tiges Fieber,  Delirien,  Syncope,  fam  11. Tage  durch  Pericarditis,  Garditis, 
Viel  Eiter  im  Pericardium,  Ulcerationen  oben  am  linken  Ventrikel  und  den 
Herzohren,  Erweichung.  ^  (Nach  Zannetti  Fallld.  Tod  am  7.  Tage,  Ulcer. 
am  rechten  Herzohr). 

Ted,  Bit  CeHplIcatlesei. 

98S)  Prescott  Hewett  (Gitat  von  Fall  374,  Seite  871).  Mann  in 
mittleren  Jahren,  übergefahren,  f  nach'4  Stunden.  Fractur  des  Sternum 
dicht  über  dem  Herzen,  von  8  Rippen  rechts,  2  links.  Viel  Blut  im  Peri- 
cardium und  Mediastinum,  nicht  in  Pleura.  Riss  vorne  am  linken  Ventrikel 
1"  lang,  k"  breit;  Riss  vorne  iuArtpuImonalis,  Hypertrophie  des  linken 
Ventrikels,  sonst  gesund.    Riss  in  der  Milz. 

*)  Die  mit  Q.  bezeichneten  Fälle  sind  Quetschwunden  und  Quetschungen. 


882  I>r.  Georg  Fischer. 

e.  Tfd|  iBfcestiHHte  lelt 
•••)  Worbe  (Ballet,  de  la  Facalt^  de  m^dec.  1814;  auch  bei  Gligt 
Atlas  der  patbol  Anatom.  Jena  1850.  Lief.  7.  Taf.  III).  ISgibr.  Koabi 
▼om  Wagenrade  ecrasirt  Brastknochea  normal,  Pericardiom  toU  Bist 
Riss  des  linken  Ventrikels  von  der  Basis  bis  sur  Spitze  Ulogs  dem  Ran4e, 
'der  ihn  vom  recbten  Ventrikel  trennt 

S90)  Per  ras  (Arcb.  g^n^r.  de  mödeo.  Tom.  B.  1825.  S.  463}. 
Prftparat:  Am  linken  Ventrikel  nahe  der  Spitze  einige  scorbutiscbe  Fleeku 
und  eine  1"  lange  Ruptor.  Hier  war  die  Herzsnbstanz  verändert  ond  der 
Riss  angenscbeinlich  nach  und  nach  von  innen  nach  aassen  entstandea 
Bcorbutische  Erweichung  des  Magens.  Kurz  vor  dem  Tode  Fall,  Fiacttr 
▼on  3  Rippen  an  jeder  Seite,  seitdem  Beklemmungen,  GefQhl  von  Hitze  in 
der  Herzgegend.  Ist  Ruptur  durch  Scoirbnt  oder  fintzQndnog  nach  des 
Fall  entstanden?  Sicher,  dass  der  Tod  unyerhofft,  ohne  alarmirende  Erschei- 
nungen eintrat,  welche  meist  bei  Ruptur  vorkommen.  Der  Sita  am  £od^, 
des  linken  Ventrikels  ist  nach  Rostan  der  gewöhnlichste. 

•)  Klelit  penetrlremde  IVnndeii  —  Tesi 

S9i)  Morel-LavalUe  (Gaz.  des  h6pit  1860.  19;  auch  1864.  46,  i8» 
51,  53).  Sturz  10  Ellen  hoch  auf  linke  Seite.  8  Stunden  Bewußt- 
losigkeit, 2  Stunden  spftter  tiefes  Coma.  Fractur  des  Sch&dels  und  Schlissd- 
beins.  In  der  Herzgegend  hörte  man  schon  aus  einiger  Entfernaug  eis 
eigenthQmliches,  intermittirendes,  dem  Herzschlage  entsprechendes  Geriaich. 
Dasselbe  war  Ähnlich  mit  dem  Tone  zerschlagener  Eier  oder  vielmehr  dea 
MQhlengeränsch,  welches  durch  das  Aber  die  Schaufeln  des  Wasserrades 
strömende  Wasser  erzengt  wird.  Das  Geräusch  konnte  nicht  von  einer 
Rippenfractur,  die  nicht  bestand,  herrQbren;  es  war  von  endo-  und  peri- 
cardialem  Ger&usch  ganz  verschieden ,  glich  vielmehr  dem  Tone,  der  dorek 
Bewegung  einer  Flfissigkeit  mit  oder  auch  ohne  Luft  entsteht;  es  word^ 
daher  eine  Communication  des  Pericard.  mit  der  Pleura  und  Flfissigkeit  is 
beiden  Höhlen  angenommen.  Die  Gegenwart  von  Luft  war  bei  der  Abweseo- 
heit  tympanitischer  Erscheinungen,  des  amphorischen  Athmens  und  da 
metallischen  Klanges  zweifelhaft.  Tod  unter  Dyspnoe  am  anderen  Mor- 
gen. In  der  Brusthöhle  ca  1  Pfd.  blutiges  Serum  ohne  Luft.  Im  P«ri* 
cardium  ein  rundliches,  unregelmässig  zerrissenes  Ix>ch,  haselnnssgross; 
an  der  entsprechenden  Stelle  am  linken  Ventrikel  ein  oberflächlicher,  ksov 
V  tiefer,  Iclaff ender  Riss;  daselbst  eine  geborstene  Vene,  wodurch  der 
ErgusB.  Herzhöhle  und  Klappen  uorinal.  —  Das  MQhlengerftosch  wir 
sicher  durch  die  Bewegung  dor  FIQssigkeit  entstanden ,  welche  bei  der  Sj- 
stole  der  Ventrikel  aus  der  Pleura  in  das  Perieardiam  nnd  bei  der  Diastole 


Oeber  die  Wanden  dee  Herzens  nnd  des  Henbentels.  883 

wieder  inrttekpaaairte.    Lofb  war  entweder  nicht  vorhanden,  oder  entging 
der  Beobachtung. 

Beide  TentrikeL 

a.  Tod  saftrl. 

Z9t)  Loir  (DiBB.  surquelq.  poiote  de  m^d.  Th^e.  Paris  No.  45  in 
Arch.  g^n^r.  April  1835).  23j&hr.  Fuhrmann  kam  zwischen  die  Rftder  von 
2  Wagen;  sogleich  bewnsstlos,  todt.  Fractnr  der  8.  9.  Rippe  an  Verbin- 
dung der  2  hinteren  Drittel  mit  dem  vorderen;  in  linker  Pleura  sehr  viel 
Blut;  desgleichen  im  Pericardium,  worin  eine  *2''  grosse  OefFoung.  Hinten 
am  Herzen  eine  1^"  lange  Qaerwunde,  die  in  beide  Ventrikel  dringt,  mit 
zerrisseneD,  ecchymosirten  Rändern.  Die  Verletzung  des  Pericardiums  nnd 
des  Herzens  war  sicher  durch  das  nach  innen  getriebene,  scharfe,  stark 
vorspringende  vordere  Fragment  der  8.  Rippe  geschehen;  Ruptur  der  Milz, 
als  Folge  der  Contnsion.  —  (Der  Fall  wird  auch  citirt  als  Beobachtung 
von  Choisy  bei  Bouillaud  [Maladies  du  coeur  T.  II,  p.  499.  1835.]  als 
Beobachtung  von  Bouillaud  selbst  und  als  Beobachtung  von  Dupuytren 
und  Marx  [Gliniq.  chir.  T.  IL  p.  213.  Paris  1839). 

fc.  Tfd  spiter. 

Q  S9S)  Beckett  (The  provincial  med.  Gazette,  M&rs  1829  [nicht 
1820  nach  Zannettt  Fall  15];  auch  London  med.  and  physic.  Journ.  Mai 
1829.  Vol.  VL;  Archiv,  genör.  de  m^d.  XX.  p.  262).  25jfthriger  Dachdecker 
stfirzt  vom  Hause,  auf  hölzernes  Gel&nder,  welches  oben  in  den  Bauch 
dringt,  worauf  viel  DQnndarm  austritt.  Darm  reponirt,  Nath.  Pat  sehr 
erschöpft,  kalt.  Puls  nicht  fühlbar,  Athem  schwer,  Pat.  raste  so,  dass  4 
Männer  ihn  im  Bett  halten  mussten;  t  nach  IJ  Stunden.  Wunde  durch 
Zwerchfell  bis  in  beide  Ventrikel,  durch  Septnro;  in  jedem  Ventrikel  Riss 
von  1"  lang.    2  Quart  Blut  im  Thorax. 

Rechter   7orhof. 
a.  Tfd  saftri. 

S94)  Lees  n.  Bob.  Smith  (Dublin  Journ.  of  med.  scienc.  VoL  II. 
1887.  p.  174).  Fran  zwischen  Mauer  nnd  Wagen  gequetscht  Fractur 
einiger  Rippen,  die  in  die  Lunge  hineingetrieben.  Pericardium  voll  Blut;  r. 
Herzohr  fast  vollständig  von  der  Ven.  cav.  sup.  quer  abgerissen. 

S^S)  Du  Verney  (Trait^  des  Maladies  des  os.  T.  I.  Paris  1751.  S. 
275).  Mann  f&IIt  beim  Kegelspiel  anf  einen  Stein.  Fractur  des  Corpus 
sterni,  mit  Splitternng  nnd  Eindrückung.  Pericardium,  r.  Herzohr  in  8, 
4  Lappen  zerrissen. 


884  Dr.  Georg  Fischer, 

S96}  Diet.  Mnmesen  (DisB.  de  corde  mpto.  LipeiM  1764;  toeii 
bei  Chr.  Oottl.  Ludwig,  Adveiearia  medicpract  Lipsiae»  1769.  ?oL  L 
pars  L  No.  4.)  Idjftbriger  Maan  erhüt  Hnfschlag,  etünt  kopfüber  k 
Boden ,  steht  sofort  wieder  aaf,  eilt  in  den  Stall ,  iSllt  todt  am.  Aasses 
keine  Verletzung;  Qnerfractnr  des  Steranin,  4V  Aber  Gart  xiph.,  kein  Bist 
im  Thorax.  Pericardium  unverletzt,  aber  von  Blut  und  Semm  so  aasge- 
dehnt, dass  es  beide  Lungen  zurückdrängte.  Ruptur  des  yordeen  Hen- 
ohres,  perpendiculär,  sehr  eng,  in  der  Mitte  mehr  auseinander  sterbend,  {[" 
lang.  Ueber  dem  Ost  venös«  eine  Qnerfissur,  1^"  lang;  eine  3.  Fissar  in 
der  Membran  des  For.  ovale.    Noch  andere  innere  Lftsionen. 

S99)  Gasper  (Pr.  Handb.  der  ger.  Medic  Thanator.  Theil  1857. 
S.  28).  ö9jähr.  Frau,  übergefahren.  Leiche  wachsbleich.  Aussen  keine 
Verletzung.  Ruptur  des  rechten  Vorhofes,  mit  scharf  zackigen  Rftndem  fom 
Ventrikel.    Herz  sonst  gesund,  im  Pericardium  viel  Blut. 

Ted,   Bb  CoHplieatifBei. 

9S8)  Sam.  Nebel  (Ephemer,  nat  curios.  Dec  III,  ann.  IIL  Lipsia« 
et  Francofurti  169G.  Obs.  82).  Bauer  vom  Wagen-Pferde  geworfen,  mt 
Strecke  weit  fortgeschleift  am  Zügel,  sofort  todt  Reine  äussere  Verletzosg 
noch  Fractur;  viel  Blut  im  Pericardium.  Hera  contrahirt,  blutleer.  Raptor 
des  rechten  Herzohres,  kleinfingerdfck.  In  der  Vena  cava  9  reihe  Plecko, 
von  denen  der  eine  mit  kleinem  Loche  durchbohrt  In  rechter  Flean 
S  Quart  Blut,  links  nichts.  Beim  Manipuliren  am  Thorax  brach  die  rechte 
5.  Rippe,  auch  die  linke  5.  Rippe.  Ruptur  durch  feste  Gompression  dei 
Thorax  mit  den  Zügeln  entstanden,  oder  Fat  ist  übergefahren. 

b.    Ted  später. 

•••)  Wilkin  und  Lees  (Dnbl.Journ.VoL  IL  p.  174.  1837).  Bnatf 
übergefahren,  steht  auf,  lenkt  den  Wagen  noch  eine  Stunde  lang,  gclK 
wegen  Schmerzen  in*s  Spital,  legt  sich  aufs  Bett  und  stirbt  beim  sieh 
Wenden  auf  die  Seite,  also  nach  ca.  1  Stunde.  Fractur  der  5.  Rippe, 
deren  Ende  den  rechten  Vorhof  und  Pericardium  penetrirt  hat  Das  Frag- 
ment füllte  die  Ocffnung  im  Pericardium  aus,  war  jedoch  vom  Herzen  eot^ 
fernt.  Wahrscheinlich  hat  dasselbe  bis  zum  Spital  beide  Oeffnongen  ^t- 
schlössen  und  so  den  Bluterguss  verhindert,  der  dann  in*s  Pericardiui 
stattfand. 

400)  Rust's  Magazin  für  die  ges.  Heilkunde.  B.  16.  S.  93. 
I.Heft  V.  1826;  l^jähr.  Knabe  übergefahren,  keine  Verletzung,  noch  Sa- 
gillation,  bald  Erbrechen,  Durst,  Angst,  Beklemmung,  Puls  nicht  so  fühleo, 
Herzschlag  undeutlich  zitternd,  Glieder  kalt,  fnaoh  liStunden.  Fractur 
der  6.  —  8.  Rippe  rechts  2"   vom  Brustbein,   der  5.  —  7.  Rippe   |''  voi 


Deber  die  Wanden  des  Herzens  und  des  Herebentels.  885 

"Wirbelsftale.  Raptnr  hinten  an  der  Verbindung  vom  rechten  Hersohr  mit 
Vorhof,  scharfe  Ränder»  9'"  lang.  Herz  welk,  runzlig.  4  Quart  Blnt  im 
Pericardinm. 

Tf dl  Mit  CoBplkatlwei. . 
«et)  B.  P  jper  (Lancet  1844.  Vol.  IL  p.  121).  24jfthr.  Mann  vom 
Pferde  geworfen,  woraof  Kanone  über  den  Leib  geht  Nach  2  Minuten 
heftige  GonTulsionen  der  Glieder,  fiewusstlosigkeit,  Athem  schwer,  Muskeln 
bald  starr,  Aderlass;  f  nach  10  Minoten.  Fractnr  der  rechten  6.  —  8. 
Rippe,  des  Sternum  mit  kaum  merklicher  Dislocation.  Pericardinm  toU 
Blut^  wenig  in  den  Plenren.  L&ngsriss  in  der  Ven.  cav.  in  f.  von  der 
Innenfläche  des  Perioardiums  bis  zum  rechten  Herzohr,  Pericardium  nuTcr- 
letzi»    Milz  zerrissen. 

e.   Tf4,   nnfcestlmmte  Zelt. 

4at)  A.  Niemann  (Henke's  Zeitschrift.  1861.  2.  Heft  S.  825). 
80)ähr.  Mann  fibergefahren.  8'''  langer  Riss,  hinten  an  der  Basis  des 
rechten  Herzohres  dicht  an  der  MQndung  der  Ven.  cav.  snp.  im  Pericar- 
dinm 8  Quart  Blut,  der  seröse  Ueberzug  des  ganzen  Herzens,  sowie  die 
innere  Fläche  der  Höhlen  glelchmässig  kirschroth.  —  (S.  Fall  376). 

4aS)  Bouillaud  (Malad,  du  coenr.  T.  IL  p.  505.  1835).  Sturz 
aus  dfm  Fenster  bei  entsetzlicher  Angst  einer  Dyspnoe;  Riss  des  rechten 
HerzQhres. 

404)  Bertin  (Ollivier  d'Angers  h  c.  Seite  350).  Stnrz  aus  dem 
Fenster;  Riss  des  rechten  Herzohres. 

4114)  Otto  (Lehrb.  der  pathoL  Anatomie  I.  Berlin  1830.  S.  285). 
Rechtes  Herzohr  vom  Splitter  des  eingeschlagenen  Sternum  zerrissen. 

Linker  Torlior. 
a.   T«d  sofort 

4#0)  F.  Chanssier  (bei  Porta],  M^moir.  de  l'Aeadem.  roy.  des 
Sciene.  1784.  p.  51;  ferner  Recoeil  de  Mömoir.^  Consultat.  et  Rapports  snr 
divers  Objets  de  M^dec.  legale.   Paris  1824.  p.  451).    3(]Sähr.  Mann  schräg 

.  fiber  den  linken  Thorax  gefahren.  Aussen  keine  Wunde,  Diastase  des  linken 
Sterno-Glavieulargelenkes.  Einfache  Fractnr  der  beiden  ersten  Rippen,  doppelte 
Praetor  an  den  flbrigen  Sternalrippea,  viel  Blut  im  Pericardium.  Riss  des 
linken  Herzohres  nahe  dem  Ventrikel,  fingergross.    Langen  nicht  verletzt 

409)  E.  Lonsdale  (Treatise  of  Fractures  p.  258.  1835).  21Jähriger 
Mann  übergefahren.    Die  linken  8  Rippen  hinten,  die  4  mittleren  vorne  ge- 

;  brechen.  Viel  Blut  im  Pericardium  und  Pleura.  Riss  des  linken  Herzohres, 
indem  die  Bmchenden  der  Rippen  gegen  dasselbe  gediängt  waren. 


886  ^'  Georg  Fischer, 

Tfd  bU  CoHpUcttIfiei. 

4tl§)  G.  Ben  nett  (Lond.  med.  Gazette  21.  Januar  1832.  S.  682). 
27jähriger  Mann  zwischen  Wagen  und  Maaer  gequetscht.  Fractnr  der  2. -4. 
Rippen  an  den  Winkeln,  Intercostalmnskeln  xerrisaen,  weil  Blut  in  Brost- 
höhle,  Praetor  des  Stemnm,  3''  Tom  Pr.  ziph.  Pericardiam  noTerletst;  Riss 
des  linken  Herzohres  nnd  einer  der  Yen.  palmon. 

k.   T«d  spiter. 

409)  B^rard  (Dissert  sar  plnsiears  points  d'anatomie  pathol.  et  de 
Patho].;  snr  nne  rnpture  de  l*oreillette  ganche,  Thdse  nr.  23.  Faria  I826l 
S.  15).  Jaoger  Mann  fällt  ans  hoher  Etage  mit  dem  Kopf  TQran,  f  naeii 
2i  Stunden.  Riss  des  linken  Herzohres,  rund,  gftnsefederdick,  etwas  ge- 
franzt.    Viel  Blat  im  Pericardinm.    Fractnr  des  Schädels,    Rias  der  Lebe 

410)  Hernonx  (Gaz.  hebdomad.  Nr.  8.  1857).  Einem  75jährign 
Mann  springt  beim  Steinklopfeo  ein  Stein  auf  die  Hersgegend.  Wonde 
links  zwischen  4.  und  5.  Rippe,  nahe  am  Stemnm,  klein,  uiu:«gelmi8si& 
nicht  klaffend.  Am  2.  Tage  Paralyse  der  rechten  Seite,  f  am  2.  Tage. 
BlatergQss  im  Pericardinm,  darin  ein  kleines  Loch,  entsprechend  der  änssera 
Wnnde,  kleine  ecchymosirte  Wunde  im  linken  Yorhof;  BlatergnsB  im  liakea 
Seitenventrikel  des  Gehirns.  (Fall  nicht  ganz  klar.) 

c.    Ted,   ubesttamte  lelt. 

411)  J.  S.  Gamgee(Researches  in  pathological  anatomj  and  dioici] 
snrgery.  London  1856).  d8jähriger  Mann  Tom  Wagen  gestürzt,  Pericar- 
dinm oben  zerrissen;  Riss  des  linken  Herzohres,  gänsefederdick;  Hers  somt 
gesnnd;  Leber  zerrissen. 

41t)  A.  Niemann  (Henke's  Zeitschr.  1859.  2.  Heft  8.  333).  56jlbr. 
Frau  stOrzt  sich  mehrere  Stock  hoch  aus  dem  Fenster.  12  Qaart  Blot  in 
Pericardinm.  Linker  Yorhof  dicht  am  Herzohr  zeigefingerdick  serrissea. 
Blntergnss  in  der  Tnnic.  ext  der  Aorta,  wo  sie  ans  dem  Henen  tritt 
Fractaren  am  Oberarm,  Kreuzbein wirbel;  Symphysis  obs.  pnbis  zollveit 
auseinander  gerissen. 

Septam  ?eiitrl€iiloriiiiL 
Ted  spiter. 

41S)  Giraldes  (Archiv,  g^n^r.  de  Möd.  Juli  1853.  S.  119).  Beob- 
achtet von  Prescott  Hewett:  12jähr.  Knabe  stürzt  hanshoch  herantar, 
bewusstlos,  t  nach  4  Stunden.  Thorax  unverletzt,  kein  Blot  im  Pericar- 
dinm.   Yom   am  Herzen,    dem  oberen  Theil  des  Septnm   gegenüber,  IV* 


Deber  die  Wanden  des  Henena  und  des  Herzbentela.  gg7 

unter  der  Wnnel  der  Aorta  eine  1''  breite  Eccbymose,  welche  einer  Ruptur 
entspricht  Dieselbe  liegt  oben  im  Septam,  theilt  es,  macht  beide  Ven- 
trikel eommnniciren.  Die  innere  Membran  des  linken  Ventrikels  ist  der 
einzige  Theil  des  Septnm,  der  nicht  zerrissen.  Die  Raptnr  setzt  sich  vorne 
am  Septnm  fort  bis  auf  die  vordere  Wand  des  rechten  Ventrikels.  Gonta- 
sion  des  Gehirns,  Sch&delfractnr  n.  s.  w. 

414)  Prescott  flöwett  (London  med.  Gazette.  Hai  14.  1847. 
S.  871).  öjähr.  Knabe  fibergefahren,  grosser  Collapsns,  t  QMh  {  Stande. 
Qaetschnngen  am  Arm,  Bein,  Brost,  Bauch.  Praetor  der  2.-6.  linken, 
der  3.  — -  5.  rechten  Rippen.  Kein  Blut  im  Pericardium,  dagegen  in  linker 
Pleura.  2  Ecchymosen  an  der  Oberfläche  des  Herzens.  Roptor  im  Septom, 
an  der  Vereinigung  des  unteren  und  der  beiden  oberen  Drittel,  macht  beide 
Ventrikel  eommnniciren.  Structur  gesund,  Lungen  unverietzt.  Praetor  im 
Kreusbein,  Bauch  normal. 

9  4111)  Markham  (London  med.  Times' 1858,  27.  Pebr.).  Mann  vom 
Omnibus  gefallen  auf  die  Seite,  dann  auf  Uinterkopf,  f  durch  Blutergoss 
in's  Gehirn.  An  der  inneren  Oberflftche  des  Septum  im  linken  Ventrikel 
war  eine  Quetschung  .bruise*  so  gross  wie  ein  Kronenthaler,  sicherlich 
durch  den  Pall  entstanden. 

Herzspitze. 

Ted  spater. 

416)  Dickinson  (London  Med.  Times.  31.  Jan.  1863.)  5j&hr.  Kind, 
Qbergefahren,  in's  Spital  gebracht,  bald  todt  Keine  Äussere  Wunde.  Peri- 
cardium voll  Blut  aus  einem  Querriss  durch  die  Herzspitze;  beide  Ventrikel 
geöffnet,  flerz  in  grösserer  Ausdehnung  zerrissen,  als  Pericardium.  Keine 
Practur. 

419)  St.  Thomas  Hosp.  in  London).  (Chirurgie  iron  Ohelius, 
übersetzt  tou  South.  Voll.  p.  546).  Mann  übergefahren,  geht  noch  100 
Schritt,  stirbt  unter  Suffocationserscheinuogen  nach  9  Stunden.  Practuren 
des  Stemum,  der  2  ersten  Rippen  rechts,  der  5  oberen  links.  Ein  scharfes 
Rippenende  war  in  das  Pericardium  gedrungen,  hatte  das  Herz  nahe  der 
Spitze  verwundet;  Riss  im  Zwerchfell  rechts  und  der  linken  Lunge  an  der 
Spitze;  viel  Blut  in  beiden  Pleuren  und  Pericardium. 

9  419)  Akens ide  (Philosoph.  Transact  YoL  L  HL  p.  853.  1764; 
EncjcL  m^th.  part.  m^d.  T.  IL  p.  319;  Oommentarii  de  rebus  in  scientia 
,  natur.  et  medic.  gestis.  VoL  XllL  Th.  3»  p.  676.  Lipsiae  1766).  14j&hr. 
Kind  erhält  Schlag  auf  Brust,  heftige  Schmerzen,  starkes  Herzklopfen,  Puls 
schwach,  unegal,  viel  Bluthusten,  f  nach  6  Monaten.  Livider  Pleck, 
brandig  an  der  Herzspitze;  die  Desorganisation  ging  bis  in  die  Herzhöhlen; 
Carditis,  Pericarditis. 


888  Dr.  ^eorg  Fischer, 

Ganxes  Bers. 
I.   Tf d  sfftrt. 

4iO)  du  Verney  (Trait^  des  maladies  des  os.  T.  I.  Paria  1751.  p. 
335).  Steinbrecher  Tön  einem  5'  langen  Stein  znsammeogepreaat  Dmtut 
zwischen  Mannbr.  und  Corpus  sterni,  Herz  und  Lungeo  ganz  zerrissen. 

4tO)  Majer  (Salzburgische  med.-cbir.  Zeitg.  31.  Augast  1835).  Baic: 
fiUt  durch  die  Erschütternng  Tom  Sturz  eines  Balkens  auf  ein  Flosa,  is 
den  Hubs,  ohne  Tom  Balken  berQhrt  zu  sein ;  sogleich  herausgezogen,  to^ 
5  Pfd.  Blut  im  Thorax,  viel  im  Pericardinm.  Riss  im  Pericarditun,  vo  dk 
Aorta  aufsteigt,  Herz  tou  einander  gerissen;  Substanz  gesund. 

4M)  Dnbreuil  (Joum.  de  laSoc.  dem^.  prat  de  Montpellier;  des 
anomalies  arterielles.  Paris  1&47.  p.  13  u.  s.  w.).  Ursache  wahracheiolici 
traumatisch.  Riss  in  der  ganzen  Länge  des  Herzens  von  der  Baais  beide: 
Ventrikel  bis  zur  Spijtze;  Gonsistenz  eher  yermehrt  als  vermindert. 

4tt)  Gasper  (Pract.  Handb.  der  gen  Medic.  Thanatolog.  Tb.  1857. 
S.  122).  24 jähriger  Mann  von  einem  schweren  Wagen  mit  grossester  Gt- 
walt  gegen  eine  Pappel  geschleudert  Aussen  keine  Wunde,  Proew  apin.  des 
1.  Brustwirbels  gebrochen.  Das  Herz  war  von  den  Gefässen  ganz  and  gar 
abgerissen,  so  d^ss  es  frei  lose  in  der  Tiefe  der  Brnsthöhle  lag;  Perietr- 
dinm  ganz  zerrissen,  Herzsubstanz  derb,  Riss  in  Lunge  und  Leber.  30  Qairi 
Blut  in  linker  Brust 

4n)  Gasper  (Rlin.  Novellen  zur  ger.  Medic.  1863.  S.  847).  Mann 
durch  ein  stürzendes  Eisengebälk  des  Daches  sofort  getOdtet  Querbracbe 
an  allen  wahren  linken  Rippen.  6—8  Risse  in  linker  Lunge,  nicht  ros 
Fractur  herrührend.  Pericardinm  der  ganzen  Länge  nach  anfgerissen,  Ben 
von  den  grossen  Gefässen  abgerissen,  lag  frei  im  Pericardinm. 

4t4)  Gasper  (GiUt  von  Fall  423,  S.  348).  35jähr.  Mann»  40  Foas 
hoch  vom  Baum  geschleudert.  Linke  Brust  ganz  flach  gedrückt,  beide 
Schlüsselbeine  aus  der  Lage  gerissen,  sämmtliche  linke  Rippen  gebrochen 
Das  Herz  hing  nur  noch  an  der  Yen.  cav.  inf,  alle  übrigen  Gefässe  dzvoa 
abgerissen,  mit  ganz  scharfen  Rändern,  wie  abgeschnitten.  Riss  in  Looge 
und  Leber. 

4tll)  Flügel  (Aerztl.  IntelL-Blatt  Nr  26.  1859).  17jähr.  Mann  yoo 
Kammrade  gefanat,  nach  wenigen  Augenblicken  vom  Gameraden  heraosge- 
zogen;  sofort  Tod.  Wenige  Tropfen  Blat  ans  Mond  und  Nase^  viel  Baot- 
abschärfungen  am  K6rper.  Fractur  der  4.  Rippe  nahe  der  Warze.  Beide 
Plenren  toU  Blut  Pericardium  hat  rückwärts  einen  Längsriss,  aus  welchem 
das  in  der  Gegend  der  Vorhof-Kammerwandungen  abgerissene  Herz  frei  in 
die  Brusthöhle  getreten  war.    Risse  in  Lunge,  Leber,  Milz. 

49G)  deBerghes  (Gasper^e  Wochenschr.  f.  die  ges.Heilk.  Berlin 


Ueber  die  Wunden  des  Henene  nnd  des  Herzbeutels.  gg9 

1844.  S.  826.  Nr.  20).  Mann  Tpn  einem  umfallenden  Baume  so  «usam- 
meogequetscht,  dass  Brust-  nnd  Banchhöhle  nebst  den  Kleidern  aufplatzten 
und  der  grosseste  Theil  der  Eingeweide  durch  die  Kleider  hervortrat  Das 
Herz  von  den  GefEssatämmen  losgerissen,  flog  10  Schritt  weit  weg, 
war  an  der  Spitze  mehrfach  geborsten,  so  dass  man  in  beide  Ventrikel  ein- 
dringen konnte.  Am  Herzen  fand  sich  von  den  Arterienstämmen  mit  den 
Klappen  keine  Spur,  und  waren  die  letzteren  mit  dem  grossesten  Theil  der 
Yorhöfe  im  Leichnam  geblieben. 

nnbestimmte  lerzabschnitte. 

a.  Tf  d  8«ffrt. 

499)  HntchiBsoli  (London  Med.  Times.  81.  Jan.  1863).  Kind  nie- 
dergeschlagen auf  der  Strasse.  Keine  äussere  Verletzung,  Ruptar  des  Her- 
zens, der  rechten  Lunge.  Wahrscheinlich  war  das  Kind  nachher  fiberge- 
fahren. 

4t9)  Leared  (London  Med.  Timeii.  81.  Jan.  1863).  Bin  Maurer  stürzt 
auf  einen  Mann,  Pericardinm  voll  Blut,  gesackte  Ruptur  des  Ventrikels. 

4t9)  Transaet  Edinb.  Med.  Ohir.  Soc.  VoL  L  Präparat  im 
Museum  of  the  Royal  College  of  Snrg.  Edinburgh.  Ruptur  des  Herzens 
beim  Kinde,  Welches  fibergefahren.    Weder  äussere  Wunde  noch  Fractur. 

fc.    Ted  später,   liehl  peaetrlrende  Wandei. 

4Sa)  A.  Sanson  (Tb^e.  1827.  Obs.  XXiV.  p.  84). 'Mahnet,  40jähr., 
von  einer  Wagendeichsel  heftig  gegen  die  Brust  gerannt;  Sternum  und  meh- 
rere Rippen  gebroeben.  Blässe,  grosse  Angst  und  Oppression,  Puls  klein, 
grosse  Schwäche  (Aderlass,  Bandage).  2.  Tag  dieselben  Symptome  (Ader- 
lass);  t  am  J8.  Tage.  4.—^.  redite  Rippe  3''  vom  Sternum  gebrochen, 
Qaerfractur  des  Sternum  an  niveau  der  4.  Rippe.  Mehr  als  1  Pinte  bluti- 
gen Serums  in  der  Pleura.  Oberes  Fragment  des  Sternum  nach  innen  ge- 
trieben, perforirt  das  Pericardium;  au  nivean  dieses  Fragmentes  Querwunde 
im  Herzen,  nicht  penetrirend,  1"  lang,  welcher  sich  der  Knochen  ge- 
nau anlegt  Pericardium  ger<^thet,  innen  mit  Adhärenzen.  (Tod  nicht  am 
80.  Tage  nach  Ollirier,  am  20.  Tage  nach  Jamain.  Der  Fall  ist  wohl 
sisher  gkich  FaU  879.) 

e.  Tfd|  ufcestiBmte  lelt 
Q.  4Sf)  J.  L.  Petit  (Traitö  des  maladies  des  os,  heransgeg.  von 
Louis.  T.  II.  Paris.  1772.  p.  101).  Gangränöse  (?)  Geschwulst  an  Brust 
und  Hals  bis  zum  Knie;  Eindrfiokung  des  2.  Stttckes  des  Sternum,  durch 
welobes  das  Herz  comprimirt  wurde.  Viel  blutiges  Wasser  im  Pericar- 
dium und  den  Seiten  der  Brust;  weitere  Angaben  fehlen. 


890  ^^*  Georg  Fischer, 

9.  4St)  Watson  (New  York  Joaro.  of  Med.  Vol.  m.  p.  351).  Fnci 
Btemi,  bei  welcher  das  Pericardium  zerrissen,  das  Herz  jedoch  nar  con- 
tandirt  war. 

4S9)  Salinsse  (11  filiatre  sebezio,  Octob.  1834).  Roptur  des  Ha< 
zens,  weiter  keine  Verletzung,  ausser  einer  sehr  leichten  Cootasfon. 

4S4)  Asdrnbali  (Nuovi  Commentari  di  Medic.  e  di  Chirorg.  pnbbl 
dai  Sign.  Brera,  Ruggieri,  Oaldani.  Padora.  1818.  Sem.  H.  p.  289) 
Ruptur  durch  Sturz  vom  Pferde 

4SII)  Irving  (Lancet  L  10.  März.  1859). 

4S6)  Christison  (bei  Watson:  On  homicide.  p.  96).  Roptar 
dnrch  Fall. 

4S9)  Christison  (Citat  von  Fall  436).    Roptur  dorch  Schlag. 

Herzbeutel, 
a.   T«d  sfftirti  bII  CtBpUcalieiei. 

4S9)  Costa  de  Sarda  (Oaz.  des H6pit  1853.  p.  413).  45Jihr.Mu8 
stürzt  ans  dem  8.  Stock  eines  Hauses.  Ruptur  des  Pericardiams  in  seioer 
ganzen  Länge  links,  so  dass  das  Herz  einen  leichten  Vorsprang  ozcbt 
3  Fracturen  im  Stemum,  wobei  in  der  Mitte  der  ersten  ein  Fragment  nadi 
hinten  gezogen  ist  Risse  in  der  Aorta  ascend.,  Lunge,  Zwerchfell;  rtf- 
schiedene  Fracturen  nnd  Luxationen. 

b.   T«d  ipitcr. 

4ao)  Morel- LavalHe  (Oaz.  de  Paris.  No.  46,  48,  51,  03.  im 
20 jähr.  Mann  stürzt  hoch  herunter.  Fractur  des  Femur,  Lähmung  aotea. 
Pat  hCrte  in  der  folgenden  Nacht  selbst  ein  Geräusch ,  ähnlich  dem  dank 
Blasen  in  eine  leere  Flasche.  M.*L.  hffrte  jetzt  links  ein  Geräusch,  dardi 
gleichzeitige  Bewegung  von  Luft  und  Flüssigkeit  hervorgebracht,  iai  Mo- 
mente der  Ventrikelcontraction ,  jedoch  nicht  jedesmal,  sondern  bei  jeder 
7.,  15,  20.  Pulsation,  wo  es  sich  dann  4—5  Mal  wiederholte;  am  deoüicfi' 
sten  im  Niveau  der  Brustwarze.  Beim  Aufsitzen  verschwand  es,  bei  hori- 
zontaler Lage  kam  es  zurück.  Herztöne  normal,  das  Geräusch,  welches  ?9^ 
selbst  gehört,  ähnlich  dem  Tintement  mdti{illique.  Nach  5  Tagen  verschtmn- 
den,  dann  «pericardiales  Reibegeräusch;  plötzlicher  Tod  am  8.  Tage.  Luft 
in  Brusthöhle,  Blut  im  Pericardium,  Ruptnr  desselben  13  Gtm.  lang,  lOGtO' 
breit;  die  Ruptnr  liess  Luft  austreten,  Innenfläche  des  Pericard.  mit  fridcit^' 
Gerinnungen  besetzt.    Skelet  anverletzt 

c    Tad|  nbestlmmte  Idt 

440)  F.  Lente  (New  York  Journ.  of  Medic.  1851.  Sepi).  Eio^Bi 
36jähr.  Manne  stürzt  ein  schwerer  Ballen  auf  die  Brust,  Comminnti?brocli 


Ueber  die  Wnnden  des  Eenenn  und  des  Henbentels.  891 

des  Sternnm  zwischen  2.  nnd  3.  Rippe;  Fractnr  eines  Halswirbels,  Rnptnr 
den  Pericardiams. 

4yit)  Gasper  (Gitat  von  Fall  422.  S.  124).  44 jähr.  Mann  46'  tief  in 
den  Keller  gefallen  (wahrscheinlich  sofort  todt).  Pericardinm  seiner  gan- 
zen Länge  nach  zerplatzt,  Herz  unverletzt.  Aensserlich  nicht,  Fractnr  des 
Sch&dels;  Riss  in  Leber,  Milz,  Einknicknng  der  Rippen. 

4yi9)  Hermann  vOesterreich.  med.  Wochenschr.  Mo.  11. 1846).  Zwerch- 
fell und  Pericardium  zerrissen;  einzelne Onterleibseingeweide  in  die  Bmst- 
höhle  Tersetst. 


II.    leiliigeB. 
i)  Darcb  Sectloiieis  bestAÜst. 

UnbeBtimmte  HeriabBohnitte. 

9«  4M)  GaTasse  (Manuel  des  fractnres  dea  Oartilages  costanx. 
Th^se  de  Paris.  1865.  p.  12).  39 jähr.  Geisteskranker;  Section:  Fractur  des 
7.  und  8.  Rippenknorpels  links,  eingedrQckt  geblieben;  auf  der  vorderen 
Fläche  des  Herzens,  entsprechend  der  Rippenverletzung,  einen  Sehnenfieck 
Ton  der  GrOsse  eines  Franken;  Pericardium  unyeiändert 

9)  Mach  Symptoiiieii  wermathet« 

GanieB  Ben. 

9*  444)  W.  Stoke»  (Bdinburgh  Med.  Jonm.  1.  Juli  1881;  London 
Med.  Gazette  80.  Juli  1831.  p.  560).  21jähr.  Mann  im  Jahre  1822  zwischen 
einem  Wasserrade  gequetscht,  3  Stunden  ohne  Besinnung.  Links  2  untere 
Rippen,  rechts  Glavicula,  Hnmerus,  5.  —  7.  Rippe  gebrochen.  Emphysem 
rechts  im  Gesicht  nnd  auf  der  Brust;  vollständige  Bewegungsparalyse  im 
rechten  Arm  mit  grosser  Gef&hlsstörung.  Grosser  Schmerz  rechts  in  der 
Brust  mit  einem  GefQhl,  als  ob  fremder  Körper  in  die  rechte  Lunge  ein- 
gedrungen, das  Athmen  hemmte.  )fan  bemerkte,  dass  das  Herz  rechts 
vom  Sternum  pulsirte.  Kurzer,  trockener  Husten  ohne  Auswurf.  Pai 
gab  klar  an,  dass  seit  der  Verletzung  der  ganze  Schmerz  rechts  gewesen 
sei.  Nach  2  Tagen  verschwand  Emphysem.  Im  nächsten  Monat  Husten, 
Schmerz;  am  Ende  desselben  ausser  Bett;  in  den  folgenden  8  Monaten  oft 
Sehmerz,  die  Paralyse  verschwand  allmälig,  Pat  konnte  nicht  lange  lesen, 
die  Buchstaben  erschienen  dann  als  schwarze  Linien.  —  Von  da  bis  jetzt 
schlug  das  Herz  rechts,  vom  Sternum,  Herzschlag  bei  Aufregung,  Bewegung 
stärker,  keine  Dyspnoe.  Husten  blieb  stärker  im  Winter.  Wenn  Pat  die 
rechte  Hand  in  kaltes  Wasser  tauchte,  hatte  er  ein  eigenthflmliches  Gefähl, 

T.  LaBg«nb«ek,  Ardü^  f.  Chirargi«.   IX.  gY 


892'  ^-  Georg  Fischer, 

welches  im  rechten  Arm  nnd  der  rechten  Brnst  anfstieg,  dabei  wnrde  der 
Arm  krampfhaft  an  den  Thorax  gebracht.  Heisses  Wasser  hatte  denselbec 
Effect,  jedoch  nicht  so  stark.  Kalte  Substanzen  anf  die  rechte  Bmst  ge- 
bracht, veranlassten  Gefühl  Ton  Snffocation.  In  den  ersten  3  Jahren  bea 
Gennss  selbst  von  wenigem  Fleisch  Erbrechen  nach  |  Stande,  ebenso  wem 
Anderes  in  grösserer  Menge  genossen,  dabei  grosser  Schmers  mit  spaü* 
nendem  GefQhl  in  der  rechten  Mammagegend,  nnd  aufgeregter  Herzschlag 
Appetit  besser  im  Sommer  als  im  Winter,  gewisse  Nahrung  nnd  Getrink* 
(Milch,  Wein,  Zucker)  machen  Oppression.  Seitdem  in  jedem  Winter  Est* 
Zündungserscheinungen  rechts  in  der  Brust  mit  grosser  Dyspnoe,  Palpi- 
tation.  1829  erhielt  er  Digitalis  (bis  10  Gran),  welche  gut  wirkte,  3  Monate 
hindurch,  worauf  der  Puls  anf  dO  zurückging.  Jetzt  gesunder  Eindruck, 
Husten,  Puls  100—120.  Der  Herzschlag  ist  nicht  links  unter  der  Warze, 
aber  rechts  zwischen  6.  und  7.  Rippe,  1"  vom  Sternum;  Töne  normal,  i^eic 
Klappenfehler.  Eine  Disloeation  des  Herzens  nach  rechts  scbeict 
unzweifelhaft,  Pat  wusste,  dass  früher  das  Herz  links  geschlagen  hatte;  eis 
Aneurysma  der  Aorta  descend.  kann  den  Herzschlag  rechts  nicht  veranlasit 
haben;  also  Disloeation  des  Herzens,  mit  Ruptur  des  Pericardinms  und  der 
rechten  Pleura. 

Dnbestimmte   Hertabschnitte. 

44ft)  Skoda  (Abhandl.  über  Percuss.  und  Auscult  Wien  1861 
S.  313).  Auf  Schuh's  Abtheilung  Mann  mit  linkem  Pneumothorax  in  Folge 
einer  Compression  der  Brust  durch  2  Wagen.  Herzbewegungen  von  einem 
Gerftnsche  begleitet,  das  genau  dem  Gegurgel  der  Excavationen  (coDsoni* 
rendes  Rasseln)  glich.  Besonders  war  die  Kammerdiastole  vom  Gegargel 
begleitet.  Wir  glaubten,  dass  etwas  Blut  in*8  Pericardinm  ergossen,  dass 
deshalb  das  Herz  an  das  freiere  Blatt  des  Herzbeutels  stirker  anklebe,  «sd 
dass  bei  den  Herzbewegungen  durch  das  Losreissen  der  anklebenden  Steiles 
dieses  Rasseln  erzengt  werde.  Punction  des  Thorax,  wodurch  Luft  entferai 
Heilung.    Das  Rasseln  im  Pericardinm  nach  einigen  Tagen  verschwunden. 

Herzbentel. 

9.  44G}  Brockmann  (Holscher's  Annalen.  6.  Jahrg.  Heft  3,4) 
21jlhr.  Mann  bekommt  Hufschlag  auf  die  Bmst,  hat  sofort  Schmerzen  lo 
der  Tiefe  der  Brust,  Blutspeien.  Sofort  krftfüge  Antiphlogose;  erst  nach  S 
Tagen  trat  Pericarditis  deutlicher  hervor,  welche  intensiver^  chronisch  wurde, 
die  grCsste  Gefahr  hatte,  Heilung.  —  Sicher  waren  das  Pericardium  nnd  die 
Lungen  traumatisch  afficirt. 

9.  449)  BillFoth  (Handb.  der  allg.  und  spec.  Chirurgie  von  Pitha 
und  Billroth.    HI.  Bd.  IL  Abth.  1.  Lief.  S.  122.  1865).    Bei  Unksseitiges 


Deber  die  Wunden  des  Herzens  und  des  Henbeutels.  898 

Rippenfracturen  lo  der  MammlUarlinie  entstand  nnmittelbar  darauf  eine  be« 
dentende  Pericarditis,  nicht  die  Folge  einer  Zerreissnng  durch  die  Fractur, 
sondern  Folge  der  t^oetschnng. 

Q.  449)  Billroth  (Ibid.  S.  132).  Pericarditis  nach  Stoss  in  der 
Herzgegend,  ohne  Fractur  von  Rippen  oder  deren  Knorpel. 

449)  Morel  -Lavall^e  (Gitat  tou  Fall  439).  Vom  Wagenrade  ge- 
streift, Praetor  der  4.-7.  Rippe,  Hantemphysem.  Erguss  von  Flfissigkeit 
in  die  Brusthöhle,  dabei  hörte  M.-L.  bei  jeder  Systole  sein  Luftwasserge- 
rausch,  selbst  auf  Distanz.  Am  2.  Tage  war  es  schwächer,  am  8.  Tage  ver- 
schwunden. Diagnose  einer  Ruptur  des  Pericardiums.  Heilung  nach  weni- 
gen Wochen. 


Nachtrag. 

4ftO)  Cavasse  (Gaz.  des  H6pit  1865.  No.  24.)  Degeif stich  im  2.  lin- 
ken Intercostalraum,  2  Gtm.  vom  Sternum,  von  oben  links  nach  unten  rechts. 
Husten,  Blutauswurf.  Geringe  Besorgniss,  da  Pat.  am  7.  Tage  vom  Hospi- 
tale in's  Gefängniss  gebracht.  Daselbst  keine  schweren  Symptome,  Pat 
will  arbeiten,  bleibt  nicht  zu  Bett;  f  plötzlich  am  12.  Tage.  Wunde  des 
vorderen  Randes  der  rechten  Lunge  (Narbe),  des  Herzbeutels  (fast  ver- 
heilt), Art  pulmonalis  darch  und  darch  nebst  der  hinteren  Klappe.  Ar- 
tehenwQnde  durch  kleines  Blutgerinnsel  verschlossen,  vreil  Blut  im  Herz- 
beutel. 

4ftl)  Waymouth  (Lancet  1867.  9.  März.  p.  298).  40jährige 
Frau  f,  nachdem  Ohnmächten,  Erbrechen  stattgefunden.  Nähnadel  im 
Herzbeutel,  der  geffiUt  mit  Blut  3  Ecchymosen  vorne  am  aufsteigenden 
Theile  der  Aorta,  unter  ihren  Klappen,  correspondirend  mit  3  Wunden. 
Auf  der  Haut  und  am  Oesophagus  keine  Wunde.  Wahrscheinlich  von  aussen 
eingedrungen,  weil  Pat  häufig  Nadeln  in  ihrem  Kleide  oberhalb  der  Herz- 
gegend trug. 

459)  Hopkins  (Ohio.  New  York  Pathological  Society;  New  York 
Medical  Recr)rd.  1.  März.  1867.  p.  18,  angefahrt  von  Hamilton).  Pistolen- 
kugel in  der  Wand  des  linken  Ventrikels;   f  nach  15  Tagen. 

Unbrauchbare    Fälle    sind: 

Paul  Ammann  (Medic.  critica.  Stadae.  1677.  Gas.  54).  Ein  Bar- 
bier behauptet,  eine  Herzwunde  beobachtet  zu  haben,  welche  indess  nach 
dem  Obergutachten  der  Leipziger  Facultät  in  Frage  gestelk  wird  (Ghirurgns 
est  furca  dignus). 

Morgagni  (De  sedib.  etcaus.  morb.  Venetiis.  1761.  Tom.  IL  Lib.IV. 
Epist  53.  Art.  29).    Ein  Gallischer  Reiter   wird   mit   einem  Schwerte  ver- 

67  • 


894  I>r.  Georg  Fiseher, 

letzt    M.  selbst  ist  nngewiss,  ob  das  Loch  im  rechten  Ventrikel  dorcb  di« 
Verletzung,  oder  kÜDstlich  durch  die  Sonde  gemacht  ist 

Als  Herzwnnden  sind  falsch  citirt  die  spontanen  Raptnren  tob: 

Bertherand  (Monitenr  des  höpit  RsTne  m^.-ch]n  de  Paris.  18S6. 
No.  78). 

Brera  (Di  nna  straordinaria  rottara  del  cnore.  G<Sttinger  geL  Anxei- 
gen.    1817.    Bd.  I.    No.  55.  p.  543).    60j&hr.,  dem  Trank  ergebene  Fru. 

Ghrastina  (Zeitschr.  der  k.  k.  Qes.  d.  Aerzte  in  Wien.  1857.  S.  716: 
ärztlicher  Bericht  Aber  das  städtische  Versorgnngshaos  am  Alserbach,  toi 
Solaijahre  1856).  2  spontane  Rnptnren  ~  S.  719  —  atheromatOse  Botv* 
tnng  nnd  Verknöcherang  der  Arterien 'als  prftdisp.  Moment  für  epontue 
Rnptnr. 

GruTeilhier  (Anatom,  path.  Livr.  3.  20.  22.  40).  Lir.  22:  Plötz- 
licher Tod  bei  ^iner  Fr^n,  die  3  Tage  Torher  gestürzt  ist;  Rnptnr.  Anf  die 
äussere  Gewalt  wird  kein  Gewicht  gelegt.  Die  anderen  Fälle  sind  eben^ 
spontane  Raptnren.  —  Lir.  40:  Pericarditis  haemorrhagica.) 

Olmi  (Memoria  di  nna  morte  repent  caggionata  della  rottara  del  cnore 
Piacenze.  1803)  —  nicht  Glini,  Firenze. 

Pigeanx  (Journal  nniversel  et  hebdom.  de  Mödec^  et  de  Chir.  pnt 
Paris.   T.  8.   No.  104.    1832). 

Rostan  (Jonm.  de  M^d.  1820.  Jnil.  Möm.  snr  les  mptnres  dn  coeor. 
Jonrn.  g^ner.  de  mädec.    Rödig^  par  G.  de  Glanbrj.    T.  72.    p.  99). 

Wright  (Med.  Obsenr.  and  Enqoiries  by  a  Soc  of  Phys.  London. 
1784.  Vol.  VI.).  Dragoner,  Riss  in  der  Vena  ca?a,  beim  Aufladen  eioei 
Wagens. 

Falsche  und  ungenaue  Gitate,  daher  nicht  darin  zu  finden,  sind: 

Gasper's  Wochenschrift.  1845.  No.  3  (von  Hyrtl  citirt).  Kngel  6 
Jahre  im  Herzen;   wahrscheinlich  Fall  von  Latour. 

Ghampejus  (Gomment.  in  Galen  bist.  Lib.L  No.35.  Lib. IV.  No. 85> 

Gopland  (Bncycl.  Wörterb.  Bd.  4.  S.  733). 

Frank,  J.  (Prax.  med.  T.  H.  Sect.  H.). 

Heurteloup  (Receuil  pöriod.    T.  IL    p.  38). 

Marcucci  (Grteschi  giomale  di  Medic  Venet  1763.  No.  4). 

Wagner  (Gorresp.  des  Vereins  für  gemeinsch.  Arbeiten  znr  FOzderuDg 
der  wiss.  Heilk.    Hannorer.    1853.    No.  7.  8.). 


Deber  die  Wunden  des  Herzens  und  des  Herzbeutels.  895 


Nachtrags 

zü  den  Beobachtungen  an  Thieren« 


Der  auf  die  Anregung  von  Professor  Dr.  E.  Garlt  bear- 
beitete Nachtrag  stütst  sich  auf  Beobachtungen  der  neueren 
thi erärztlichen  Literatur  und  musste  bei  dem  yorgeschrit- 
tenen  Druck  der  Arbeit  rasch  ausgeffihrt  werden.  Prof.  Ger  lach 
stellte  mir  bereitwilligst  die  Bibliothek  der  hiesigen  EOnigl.  Thier- 
arzneischule  zur  Yerffigung. 

Das  häufige  Vorkommen  von  Verletzungen  des  Herzens  und 
des  Herzbeutels  bei  Thieren  und  die  praktische  Wichtigkeit  der- 
selben hat  das  Interesse  der  Thierärzte  in  hohem  Grade  ent- 
wickelt. Während  die  Chirurgen  den  Herzverletzten  mit  hoff- 
nungsloser Ergebung  behandelten,  suchte  der  Thierarzt  nach  einer 
möglichst  sicheren  Diagnose,  um  durch  firfihzeitiges  Abschlachten 
einen  Theil  des  Schadens  abzuwenden  und  dadurch  vorzubeugen, 
dass  dasselbe  bei  zunehmender  Abmagerung  crepirt. 

Man  kennt  sowohl  Verletzungen  des  Herzbeutels 
allein,  als  auch  Wunden  .des  Herzbeutels  und  des  Herzens  zu- 
gleich. Die  ersteren  kommen  bei  penetrirenden  Brustwunden 
vor,  und  sind,  wie  E.  F.  Gurlt  nachweist  (10)  gefährlich,  aber 
nicht  tOdtlich.  SosahDelafond  einen  Hund  (6),  der  von  einem 
Eber  in  die  Brust  gestossen  war,  wobei  man  mit  dem  Finger  bis 
in  den  Herzbeutel  dringen  konnte.  Die  Wunde,  welche  eine 
schäumige  Flftssigkeit  enthielt,  wurde  zugenäht  und  genas  der 
Huad  in  8  Tagen.  Es  kommt  sodann  yor,  dass  ein  mit  dem 
Futter  verschluckter  fremder  E&rper  in  den  Herzbeutel  gelangt, 
ohne  in  das  Herz  Torzudringen  und  sind  diees  Fälle  nicht  eben 
selten,  wo  eine  Nadel  u.  s.  w.  frei  im  Pericardium  flottirend, 
neben  den  Erscheinungen  der  Pericarditis,  angetroffen  wird 
(Hulme  47). 

Die  Verletzungen  des  Herzbeutels   und   des  Her- 


g96  I>r-  Oeorg  Fischer, 

zens  sind  bei  weitem  häafiger  und  meistens  solche,  welche  dura 
fremde  Körper  veranlasst  werden.  Man  iindet  sie  in  den  thier- 
ärztlichen  Schriften,  in  der  Regel  bei  der  chronischen  Herz-,  Ben- 
beutelentzfinduDg,  abgehandelt. 


1)    Ursache n. 
Diese  Verletzungen  geschehen  nach  £•  F.  Garlt  mehr  k 
Kühen  and  Ziegen,  als  bei  Ochsen  and  Schafen,  und  zwar  dortb 
spitzige  Körper  von  der  Bauchhöhle  aus,  indem  diese  mit  des 
Futter  oder  aus  Naschsucht  verschluckten  Körper  bei  dem  Wie- 
derkäuen die  Haube  oder  den  Wanst,  und  dann  das  Zwerchfell 
durchbohren  und  sich  so  bis  zum  Herzbeutel  hinarbeiten.    Diesa 
Art  der  Verletzung   ist  die  häufigste  und  sah  Tissot  dieselbe 
binnen  14  Jahren  7mal,  Lindenberg  binnen  10  Jahren  13mal 
Boizy  6mal,  Hämo n  in  verhältnissmässig  kurzer  Zeit  13mal;  es 
soll  überhaupt   die  Zahl   der  Beobachtungen   über   traumatische 
Herzentzündung  bei  Rindvieh  in  der  neaeren  Zeit  sich  sehr  ver- 
mehrt haben.    Bei  Pferden  sind  diese  Verletzungen  sehr  selten: 
Henniger  (20)  sah  einmal  eine  Nadel  im  linken    Ventrikel, 
während  Boizy  (35)  behauptet,  dass  nie  ein  fremder  Körper  im 
Pericardium   des   Pferdes   beobachtet  sei,   dabei   eine   tödtlicbe 
Pleuropneumonie  entstehen  würde.    Sicher  ist,  dass  Pferde  mehr 
zu  acuter,  Rindvieh  mehr  zu  chronischer  Herzentzündung  hin- 
neigen.   Der  Ausgang  der  fremden  Körper  ist  fast  immer  die 
Haube  oder  der  Wanst  und  kennt  E.  F.  Gurlt  nur  einen  Fall 
von  Ziller  (8),  wo  die  Nadel  vom  Löser  eingedrungen  war. 
Die  fremden  Körper  sind   in  der  grossesten  Mehrzahl  Nadeln 
(Näh-,  Strick-,  Stopf-,  Haarnadeln)  von  1—3"  Länge-   An  Häufig- 
keit folgen  denselben  die  Nägel,  welche  bald  gerade,  bald  krumm 
gebogen  waren,  sodann  Eisendraht  von  1--6''  Länge,  ein  Stück 
Holz,   welches  1'^  lang,   federkieldick  war,   eine  Messerklinge 
(12  Ctm.  lang,  2  Gtm.  breit),  Gabeln,  Löifel,  Zahn  einer  Flachs- 
hechel, ein  spitzer  Knochep  von  ^"  Länge  u.  s.  w.  —  Selten  sind 
bei  Hausthierren  Schusswunden,  etwas  häufiger  Rupturen. 
Letztere  entstehen  bei  heftigen  Erschütterungen  der  Brust;  Kohl- 


Deber  die  Wunden  des  flersena  nnd  des  Henbentels.  397 

^  es  (11)  sah  dieselbe  beim  Pferde  durch  Splitternng  eines  Rippen- 
brucbes  und  Eindringen  des  Fragmentes  in  das  Herz  entstehen, 
Rodet  (5)  bei  einer  Hündin  durch  Sturz  aus  einer  Hohe  von 
20  Fiiss,  Bergmann  (12)  durch  Ausgleiten  eines  Pferdes  mit 
den  Hinterfussen ,  so  dass  es  mit  dem  Bauch  fast  auf  die  Erde 
kaia,  durch  Anrennen  eines  Pony's  gegen  ein  Fuhrwerk  (30) 
u.  8.  w. 

2)    Pathologische   Anatomie. 

Die  Verletzung  durch  Nadeln  u.  dergL  betrifit  h&ufiger  den 
rechten  Ventrikel  (Hering  37,  Kraus  ö8,  Funke  24),  als  den 
linken  (Gurlt  10).    Die  Nadel  kann  an  verschiedenen  Stellen 
oben,  in  der  Mitte  und  an  der  Spitze  in  den  Ventrikel  eindringen ; 
sie  steckt  entweder  mit  der  Hälfte  ihrer  Länge,  oder  ganz  in 
dem  Ventrikel,  kann  auch  an  der  Spitze  des  linken  Ventrikels 
eindringen,  das  Herz  ganz  durchbohren,   und  in  der  Mitte  des 
rechten  Ventrikels  herausdringen,  so,  dass  beide  Ventrikel  durch- 
stochen sind  (32.,  40.).     Seltener  liegt  die  Nadel   frei  in   der 
Ventrikelhöhle.     Eine  12  Ctm.  lange  Messerklinge  sass  6  Gtm. 
tief  in  der  Herzsubstanz  fest  (50),  wähtend  ein  Stückchen  Holz 
sich  so  gegen  die  Herzklappen  angesperrt  hatte,  dass  die  Wir- 
kung derselben  dadurch  aufgehoben    wurde  (44.).     Der  fremde 
Körper  ist  mit  dem  einen  Ende  in  der  Lunge,  im  Zwerchfell 
(13.,  23.,  50.)  festsitzend  gefunden,  ja,  es  soll  das  stumpfe  Kopf- 
ende eines  Nagels  sogar  im  Magen  gesessen  haben,  das  andere 
Ende  durch  das  Zwerchfell  in  das  Herz  gedrungen  sein.   Da  der 
Tod  in  der  Regel  bald  auf  die  Verletzung  folgt,  so  ist  der  fremde 
Körper  meist  unverändert,  während  man  im  anderen  Falle  einen 
Nagel  an   der   Spitze   von   der   einwirkenden   Magensäure  fast 
gänzlich  aufgelöst  fand,  woraus  man  schloss,  dass  derselbe  viel- 
leicht schon  i  Jahr  im  Magen  gelegen  hatte  (19.).   Mitunter  ge- 
lingt 68  nicht,  den  fremden  Körper  aufzufinden,  und  kann  der- 
selbe, während  der  Weg  von  der  Haube  zum  Herzen  deutlich 
durch  plastisch  verdichtete  Massen  bezeichnet  ist,  nach  der  Ver- 
letzung einen  Ausweg  am  Rumpf  oder  den  Extremitäten  gefunden 


898  Dr.  Georg  FiBeher, 

haben.     Dabei  hat  Hering  meist  einen  schwanen  Streifien  in 
der  Mitte  der  Verwachsung  gefunden,  der   wohl  als  Rest  der 
oxydirten  und  zerstörten  Nadel  zu  betrachten  ist,  und  Prehr 
sah  eine  Nadel  durch  einen  grossen,  hinter  dem  linken  EUbogea 
gebildeten  Abscess   herauskouunen.  —  Die   VerlndemDgeo   an 
Herzen  und  Herzbeutel  sind  je  nach  der  Zeit  des  eintretendei 
Todes  verschieden,  und  geben  das  Bild  der  Entzundong  und  ihrer 
Folgen.    Als  der  Tod  nach  24  Stunden  eingetreten  war,  boi 
sich  nur  eine  kleine  locale  Entzündung  an  der  Terletsten  Stelle 
(27.))  nnd  war  der  fremde  Körper  von  Blut  umgeben.     Ist,  wie 
gewöhnlich,  der  Verlauf  ein  chronischer,  so  ist  der  fremde  Körptf 
meist  von  einer  derben,  fibroiden  Kapsel,  insoweit  er  im  Herzeo 
steckt,  eingeschlossen,  während  seine  Spitze  entweder  von  Faser- 
sto^erinnseln  umgeben   ist,   und  frei  in  die  Herzhöhle  hinein- 
ragt, oder  an  die  gegenüberstehende  Scheidewand  stösst,  deren 
Bekleidung  dann  in  Folge  des  bei  den  Herzbewegungen  Statt- 
findenden Auf-  und  Abgleitens  der  Spitze  zerrissen,  an  den  Riss- 
rändern  blutig,  trübe,  mit  Faserstoffgerinnungen  beschlagen  isi, 
die  ausgefaserte  Muskulatur  gewöhnlich   von  Eiter  durchtrinkt 
erscheint  (57.).    Es  kann  an  der  Wunde  ein  Geschwor  liegen, 
welches   durch   die   oft  vnederholten  Verletzungen  den  Dm&ng 
einer  Haselnuss  (23),  eines  HCLhnereies  (15)  erreichen  kann,  und 
dabei  so  tief  in  die  Huskelschicht  vordringen,  dass  nur  die  innen 
Haut  noch  unberührt  ist.  Bald  bildet  sich  ein  eigentlicher  Abscess, 
in  welchem  der  fremde  Körper  sitzt.    Das  Herz  ist  blass,  sehr 
klein,  in  sich  zusammengezogen,  geschrumpft,  im  anderen  Falle 
sehr  vergrössert,  ausgedehnt,  schwarzroth,  theerartiges  Blut  ent- 
haltend.  Ein  eigenthfimlicher  Befund  war,  dass  statt  der  Muskel- 
substanz sich  eine  weissliche,  knorpelartige  Masse  vorfand,  die 
nicht  bloss  für  eine  Degeneration  der  Muskelsubstanz,  sonderD 
für   eine  ganz   neue  Bildung  angesehen    wurde  (7.).     Es  kann 
Alles  durch  einen  mehr  oder  weniger  plastischen  Erguss  stark 
mit  einander  verwachsen  sein,  das  Ganze  nicht  selten  einen  festen 
Klumpen   von  Faust-  oder  Kopfgrösse  bilden,    in  welchem  die 
Gewebe  kaum  mehr  zu  unterscheiden  sind  (37.).     Die  Stelle, 


Deber  die  Wunden  des  Hersens  nnd  des  HenbeatelB.  899 

wo  die  Nadel  eingedrangen  ist,  kann  knorpelartig  hart  nein,  so 
das8  einige  Gewalt  nötbig  war,  um  die  Nadel  herauszuziehen  (8.)- 
Bei  sehr  rasch  verlaufenden  Fällen  findet  man  meistens  einen 
Blutej^ss  im  Herzbeutel,  während  andererseits  an  der  inneren 
Oeffnung  der  Herzwunde  ein  starker,  geronnener  Blulpfropi  liegen 
kann,  in  Folge  dessen  in  den  Herzbeutel  kein  Blut  dringt.  Die 
Produete  der  Fericarditis  finden  sich  fast  immer:  Herz,  Herzbeutel, 
Zwerchfell  sind  an  verschiedenen  Stellen  durch  plastisches  Ex- 
sudat oft  innig  mit  einander  verwachsen;  im  Herzbeutel  ist  eiue 
verschieden  grosse,  oft  mehrere  Quart  haltende  Menge  meist 
schmutziger,  sehr  stinkender,  wässeriger  Flüssigkeit  oder  Eiter 
enthalten  —  wodurch  derselbe  sehr  ausgedehnt  und  dabei  ver- 
dickt gefunden  wird.  Die  äussere  Fläche  des  Herzens  erscheint 
runzelig,  indem  zwischen  der  serisen  Haut  und  Muskelschicht 
eine  Ausschwitzung  von  plastischer  Lymphe  stattfindet.  Heilt 
die  Herzwunde,  so  kann  der  Punkt  durch  eine  sechsergrosse 
Narbe,  wo  Herz  und  Herzbeutel  mit  einander  verwachsen  ^ind, 
angezeigt  sein,  während  ringsum  die  Muskelsubstanz  verschwan- 
den ist,  so  dass  nur  die  serösen  Häute  übrig  bleiben  (28.)  — 
Die  Lungen  sind  entweder  normal,  oder  werden,  bei  gleichzeitiger 
Verletzung  entzündet,  mit  dem  Herzbeutel  adhärent  gefunden; 
auch  trifft  man  auf  pyämische,  embolische  Befunde  in  denselben. 
Haube  und  Zwerchfell,  welche  der  fremde  Körper  passirt,  zeigen 
mitunter  in  ihrer  Umgebung  gar  keine  Krankheitsproducte,  und 
war  das  Loch  im  Magen  spurlos  bei  einer  Kuh  verschwunden; 
selbst  als  nach  8  Tagen  der  Tod  eintrat,  war  weder  im  Schlund, 
Magen,  Zwerchfell  irgend  etwas  Abnormes  zu  bemerken  (50.,  46.). 
Andererseits  fwd  man  beim  Trennen  des  1.  und  2.  Magens  meh- 
rere Fistelgänge,  welche  jauchigen  Eiter  enthielten;  dabei  war 
die  vordere  Wand  4*'  lang  in  der  Haube  an  mehreren  Stellen 
durchbohrt,  das  Zwerchfell  an  der  entsprechenden  Stelle  1)''  dick 
und  knorpelartig.  Die  Pleurahöhle  kann  ein  grosses  Exsudat 
enthalten.  —  Kugeln,  SchrotkOrner  bleiben  nach  Schusswnnden 
in  den  seltenen  Fällen,  wo  der  Tod  nicht  sogleich  durch  Ver- 
blutung erfolgt,  mitunter  längere  Zeit  in  der  Substanz,  den  Höhlen 


900  Dr.  Georg  Fischer» 

des  Herzens  oder  in  der  Höhle  des  Herzbeatela  liegen  (10).  - 
Bei  den  Rapturen'  zerreisst  entweder  der  Splitter  einer  gebrocheoei 
Rippe  das  Herz,  oder  Hers  and  Herzbeutel  sind  ohne  diese  Coo- 
plicadon  an  verschiedenen  Stellen  zerrissen«  Es  können  beide 
Heraohren  (5),  oder  nur  das  rechte  Herzohr,  vom  Ventrikel  qier 
an  der  Basis  abgerissen  (30),  die  linke  Kranzarterie  des  HerzeiE 
zerrissen  sein  (12).  In  allen  diesen  Fällen  ist  im  Herabeatel  ein 
grosser  Ergass  von  geronnenem  Blut 

8)   Symptome. 

Nach   Aufnahme   des   fremden   stechenden  Körpers   in  dk 
Haube  treten  im  Anfange  Störungen  der  Verdauung  aaf,  so  da&< 
leicht  die  Diagnose  auf  Entzündung  des  Magens,  starke  üeber- 
Allung  des  Pansens  gestellt  werden  kann.    Die  Fresslast  nimmt 
ab,   und  blähen   sieh   die  Thiere   nach  dem  Fressen  periodiscb 
auf,  gleichzeitig   entwickelt   sich  ein   mitunter    unauslöschlicfae: 
Durst,   häufiges   Rülpsen,  Verstopfung,   Unlust   zu  Beweguagen 
Wird  dann  eine  Abfuhrung  gegeben,   so  kann  eine  scheinbare 
Besserung  eintreten;   die  Fresslust  stellt  sich   nach   und  nadi 
wieder  ein,   es  erfolgen  Kothentleerungen.     Nach    verschiedeo 
langen  Intervallen  fängt  unter  Fiebererscheinungen  das  AUgemeio- 
befinden  der  Thiere  an,  schlechter  zu  werden :  die  Thiere  stöhnefl 
stark,  zittern  am  ganzen  Leibe,  die  Flanken  fallen  ein,  der  Blick 
wird  ängstlich,  stier,  die  Pupillen  weiter,  die  Unruhe  ninunt  zo, 
und  hört  bei  Kühen   die  Milchsecretion  auf.     Die  Thiere  legeo 
sich  nieder,  haben  keine  Lust  aufzustehen,  liegen  meistens  auf 
der  rechten,  oder  abwechselnd  auf  beiden  Seiten  (nach  Wilke 
links),   mit  gestrecktem,   oder   in  die  rechte  Brustgegend  ge- 
bogenem Halse,  oder  der  Kopf  ist  hinter  die  Schultern  zurück- 
gelegt. Der  an£uigs  normale  oder  wenig  gereizte  Puls  zeigt  jetit 
grosse  Verschiedenheiten;  bald  voll  und  stark,  ist  er  meist  kleiner, 
sehr  frequent,  100—120,  oft  aussetzend,  kaum  oder  gar  nicht 
fühlbiur.    Der  anfangs  in  der  linken  Seite  meist  deutliche  Hen- 
schlag,   der  mit  dem  Puls  isochron  ist,  wird  ebenfalls  schwach 
ffihlbar   oder  ganz  unfehlbar,  -  dabei   mitunter  dröhnend  hOrbar. 


Ueber  die  Wunden  des  Honens  nnd  des  Henbeatele.  901 

I>ia  TOne  kAnnen  deutlicher  rechts,  als  links  gehfirt  werden.  Es 
ist   ein  glackendcr  (Körber,  Serr)  Ton,  bei  nicht  iühlbarem 
Herzschlage,  eiü  dampfschallender,  den  Körper  leicht  erzitternder 
Ton  in   der  Herzgegend  wahrgenommen.     Sodann  werden  Rei- 
bwigsgeräasche  gehört,  von  denen  es  schwierig  sein  kann,  zn 
bestimmen,  ob  sie  extra«  oder  intrapericardial  sind,  da  Pleuritis 
nicht   selten   ist.     Als   besondere   Eigenschaften   der  Beibungs- 
geräusche   wird    ein   klatschendes   oder  plätscherndes  Ger&usch 
genannt,  das  indess  trotz  Hydropericardie  auch  fehlen  kann  (49). 
Hierbei  soll  auch  stets  eine  Ansammlung  von  Gasen  im  Herz- 
beutel nachzuweisen  sein  (45).      Ob,   wie  behauptet  wird,   das 
öftere  Aufstossen  der  Thiere  durch  diese  Gasentwickelnng  1>edingt 
ist,  indem  das  Gas  durch  den  Wundkanal  in  die  Haube  zurück- 
dringt, ist  sehr  iraglich  (35).  Ein  wichtiges  pericarditisches  Sym- 
ptom ist  der  gedämpfte  Percussionsschall.  S*chmerz  tritt  ein  beim 
Druck  auf  die  Präcordialgegend,  auch  längs  der  Wirbelsäule,  wo- 
bei die  Thiere  stark  stöhnen.    Der  Athem  kann  normal  bleiben 
(12  Mal),  ist  indess  häufiger  kürzer,  beschwerlich,  sehr  ängstlich 
und  frequenter.     Auch  ist  häufig  Husten   vorhanden,  und  zwar 
kurz,   matt,   sehr  schmerzhaft.     Als  besonders   characteristisch 
werden  hervorgehoben  das  abwechselnde  Heiss-  und  Kaltwerden 
der  Extremitäten,  der  Ohren,  Hörner,  des  Triels  (Euter),  so  dass 
mitunter  1—1^  Stunden  nach  der  Kälte  eine  fast  brennende  Hitze 
entsteht  (17).  Die  Carotiden  fangen  an  zu  pnlsiren,  die  Jugular- 
venen  schwellen  an  (Yenenpuls),  und  es  tritt  neben  diesen  wich- 
tigen Symptomen  meist  bei  beginnender  Hydropericardie,  oder 
erst  beim  Auttreten  des  Hustens  ^  ein  Oedem  an  der  Brust  auf, 
welches  zunimmt,  bis  zum  Kopf,  zwischen  beide  ünterkieferäste 
hinaufreicht,  und  auch  am  Triel  sich  entwickeln  kann  (13,  23). 
Einmal  wurden  epileptische  Anfälle  beobachtet  (1).     Die  Thiere 
magern  inzwischen  sehr  ab,  und  es  tritt  der  Tod  ein.  So  hoch- 
gradig sich  die  Symptome  steigern  können,  so  kann  im  Gegen- 
theil    bei   einer    vollständigen   Durchbohrung    des   Herzens   mit 
einem  Lattnagel  der  Gomplex  der  Erscheinungen  ausserordentlich 
weuig  Auffallendes  bietea  (54).  —  Bei  der  Verletzung  des  Herz- 


902  I>r.  Georg  Fiaclier, 

beatels  allein  durch  eine  ftnssere  Wände  sah  man  in  demsdbei 
eine  schaumige  Flflssigkeit,  und  hörte  ein  eigenthfimliches  BranseiL 
das  Äthmen  war  knrz  nnd  beschwerlich,  die  HwzschlSge  stark 
und  schnell  (6).  —  Als  der  Splitter  einer  gebrochenen  Rippe  das 
Herz  eines  Pferdes  in  der  Nacht  verletzt  hatte,  konnte  das  Tkier 
am  anderen  Moi|;en  noch  ^  Stande  gehen,  worauf  ea  schwankte 
und  vorn  niederfiel.   Es  lag  ruhige  konnte  nicht  smn  Stehen  g^ 
bracht  werden,  der  Puls  war  nicht  f&hlbar,  der  ganze  Körper, 
nnd  zumal  die  Beine  kalt  (11).     Ein  gegen  ein   Fahrwerk  an- 
rennender Pony  stürzte  um,   konnte   nicht  wieder   stehen,  der 
Athem  rasch,  Puls  schwach  (30).    In  dem  Falle,  wo  das  ao^ 
geglittene  Pferd  mit  dem  Bauche  fast  auf  die  Erde  kam,  sprang 
es  rasch  auf,  schien  unverletzt  zu  sein,  frass  mit  B^erde,  und 
erst  nach  einigen  Stunden,  als  der  Reiter  es  eben  bestiegm,  und 
dasselbe  einen  gewaltigen  Sprung  gemacht  hatte,  fiel  es  plötzlich 
todt  nieder  (12). 

4)   Verla.uf. 

Der  Verlauf  ist  sehr  verschieden,  jedoch  in  der  Regel  chro- 
nisch, schleichend,  da  der  fremde  EOrper  meist  langsam  vor- 
dringt, und  tritt,  unter  wiederholtem  Zustandekommen  einer 
scheinbaren  Besserung,  zuletzt  der  Tod  ein.  Die  Thiere  können 
Wochen,  Monate  lang  anscheinend  hergestellt  sein.  Indem  der 
fremde  Körper  nicht  immer  dieselbe  Richtung  einschlägt,  seine 
Beschaffenheit  das  raschere  und  langsamere  Vordringen  beein- 
flusst,  kann  die  Dauer  des  Leidens  zwischen  T^^^n,  Wochen, 
Monaten,  bis  zu  1  Jahre  hin  schwanken,  wobei  die  Hauptersdiei- 
nungen  erst  wenige  Tage,  Wochen  vor  dem  Tode  anfangen,  h 
der  Mehrzahl  der  Fälle  kann  man  anfangs  Störungen  im  Bereich 
der  Digestionsorgane  constatiren,  bis  dann  frappante  Erschei- 
nungen von  Seiten  des  Herzens  auftreten.  So  war  nachzuweisen, 
dass  ein  Thier  schon  vor  2  Monaten  Fressabneigung  gezeigt 
hatte,  dass  die  Nadel  im  Ganzen  3  Monate  8  Tage  gebrauebt 
haben  musste,  um  vom  Magen  aus  in  den  Herzbeutel  Züge- 
lungen,  indem    die    beobachtete   allgemeine  Verstimmung  des 


Deber  die  Wunden  des  Hersens  and  des  Herzbentels.  903 

rhieres  den  Beginn  bezeichnete,  wo  die  Nadel  die  Magenwand 
lurchbohrte  (28).    Es  ist  wahrscheinlich,  dass  das  Kalben  zum 
raschen  Durchdringen  des  fremden  Körpers  beiträgt  (41).  Häufig 
leiden  die  Thiere  6,  8  Tage  an  Digestionsbeschwerden,  bessern 
sich  scheinbar,  und  sterben  dann  nach  dem  Auftreten  heftigerer 
Symptome  am  2.,  3.  Tage.   Ist  das  Instrument  sehr  fein  (Nadel, 
Drath),  so  kann,    trotzdem  dass   beide  Herzhöhlen  durchbohrt 
sind,    der  Tod  erst  am  8.  Tage  eintreten  (60).     Der  Tod  ist 
andererseits  am  18.,  21.  Tage,  nach  4  Wochen  u.  s.  w.  beobach- 
tet.    Seltener  ist  ein  rascherer  Verlauf:   so   fand  man  Abends 
eine  Kuh  noch  gut  fressen,  am  anderen  Morgen  nicht  mehr,  der 
Athem  war  beschleunigt.   Puls  rascher,  Herzschlag  undeutlich; 
Mittags  legte  sie  sich  nieder,  stöhnte,  zitterte,  wurde  kalt,  und 
starb  am  folgenden  Morgen  (27).     Der  Fall   kann   sogar  yom 
Abend   bis  nächstfolgenden  Morgen,   unter  sehr  geringen  Sym- 
ptomen, tödtlich  ablaufen  (54),  jedoch  sind  die  Fälle,  wo  keine 
besonders  characteristischen  Erscheinungen  auftreten,  immer  sel- 
ten (52).    Höchst  eigen thümlich  war  der  Verlauf  bei  einer  Kuh, 
bei  welcher  ein  Herzleiden  diagnosticirt  wurde,  und  6  Wochen 
später  ein  1  Fuss  grosser,  schmerzhafter  Knoten  links,  an  der 
BruQt  gefunden  wurde,  in  welchem  eine  lange,  feine  Stop&adel 
lag;  der  Abscess  heilte  bald.     Es  ist  durchaus  wahrscheinlich, 
dass  die  Nadel  in  diesem  Falle  (55)  auf  ihrer  Wanderung  Herz 
oder  Herzbeutel  verletzt  hat.  —  Bei  Rupturen  ist  der  Verlauf 
im  Ganzen  rascher,  und  der  Tod  plötzlich.   Nur  dann,  wenn  ein 
Kippenfragment  die  Herzwunde  etwas  verengt,  wodurch  die  Ver- 
blutung langsamer,  als  gewöhnlich,  stattfindet,  kann  der  Tod  erst 
nach  24  Stunden  eintreten  (11). 

5)  Diagnose* 

Die  Diagnose  einer  Herzyerletzung  durch  einen  fremden 
Körper,  einer  traumatischen  Herz-,  Herzbeutelentzfindung,  ist  bei 
ihrer  praktischen  Wichtigkeit  bis  zu  einem  gewissen  Grade  der 
Sicherheit  gelangt  Thierirzten,  welche  dieselbe  f&r  absolut  sicher 
halten,  kann  man  ans  neuerer  Zeit  noch  mehrere  FSlle  vorfahren. 


9Ö4  Dr.  Georg  Fischer, 

die  ftr  Gastroenteritis  gehalten  sind  (60),  bei   denen  ein  Hen- 
leiden  ganz  fibersehen  ist  (53).   Zu  den  wichtigeir  diagnostiselieii 
Merkmalen  der  chronischen   Hensbeutelentzündang    bei  Rinden 
gehört  vor  Allem  die  eigenthümliche  Verlau&weise  mit  [nterTalles 
von  Wochen  oder  Monaten.  Die  anfangs  anftretenden  gastrischn 
Erscheinungen  können  aufhören ,  und  beginnen  die  der  Pericv* 
ditis  u.  s.  w.  erst  später,  sobald  der  fremde  Körper  ans  der  Haobe 
fort  ist,  und  das  Herz  verletzt.    Die  gasirischen  Symptome  könoeo 
indess  auch  mit  den  pericarditischen  gleichzeitig  bestehen,  weno  | 
z«  B.  ein  Nagel  von  der  Haube  aus  eingedrungen  ist,  so  dass 
sein  stumpfer  Kopf  noch  in  derselben  sitzen  geblieben ,  und  d^ 
andere  Ende   das  Zwerchfell,   Herzbeutel,   Herz  dnrchbohrt  bat 
so  dass  Alles  aneinander  gekittet  ist.    Das  Athmen  ist  meisteos 
nur  etwas  vermehrt,  jedenfalls  nicht  in  dem  hoben  Grade,  wie 
bei  Lungenentzündungen,  und  ist  das  der  Verletzung  eigentbam- 
liche  periodische  Stöhnen  ebenfalls  von  dem   bei  Lungenentioo* 
düng  verschieden.     Der  Puls  hebt  sich  bei  gastrischen  Leiden 
selten  Aber  70  Schläge,  hier  100-120.    Als  besondere  Charac- 
tertstica  werden  für  die  traumatische  Herzentzündung  von  Manchen 
namhaft  gemacht:  das  abwechselnde  Kalt-  und  Heiss werden  der 
Extremitäten  (17),  die  Empfindlichkeit  beim  Druck,  die  Schwellang 
der  Jugularvenen  (42,  36,  83,  38;,  das  Oedem  an  Brust,  Hals, 
Kehle,  am  Triel  (17,  24),  welches  sogar  für  pathognomonisci 
gehalten    wird.     Man   legte  Werth    auf  die   klatschende,  pK^' 
schernde  Eigenthümlichkeit  des  pericarditischen  Geräusches  (39): 
fand'  indess,  dass  dasselbe  bei  Verwachsung  des  Herzens  und  de: 
Herzbeutels  fehlen,  und  andererseits  bei  nicht  traumatischer  Pen- 
carditis  vorkommen  könne.     In  wie  weit  ein  Glapotement 
gleichzeitigem  Aufstossen  für  die  Gegenwart  eines  fremden  Kör- 
pers im  Herzbeutel  spricht,  ist  fraglich  (35),  obwohl  von  n 
reren  Seiten  die  neben  dem  Exsudat  befindliche  GasanBammlnng 
für  wichtig  zur  Diagnose  gehalten  wird  (46).     Die  Gegenwart 
einer  Entzündung  des  Herzfleisches  ist  nur  zu  vermuthen,  "^^^^ 
traumatische  Pericarditis  zugegen  ist,  und  da  die  Ausmi^^^"^ 
der  letzteren  altein  ofc  schon  schwierig  ist,  so  wirddasErk^^^ 


üeber  die  Wunden  des  Henenv  nnd  des  Herzbeutels.  906> 

der  gleichzeitiiteii  Herzentzündong  um  so  schwieriger  sein  (57). 
Mit  dem  Eindringen  des  fremden  Körpers  in  den  Herzbeutel,  das 
Herz^  gewinnt  die  Diagnose  an  Sicherheit,  während  sie  vorher 
ganz  unsicher  ist  (25).     Fehlen  eharacteristische  Erscheinungen, 
oder  bieten  die  Symptome  zu  wenig  Auffallendes,  so  erscheint 
die  Diagnose  unmöglich  (52,  54).     Es  sind  mehrere  F&Ile  ver- 
zeichnet, wo  die  Section  die  Richtigkeit  der  gestellten  Diagnose 
bestätigte  (u*  A.  19,  23),  während  in  anderen  Fällen  nur  an  In- 
digestionen mit  entzfindltchem<  Fieber  gedacht  war  (27).  —  Mit- 
unter gelingt  es,  genau  die  Zeit  zu  erfahren,  wann  das  Thier  den 
fremden  Körper  verschluckt  hat,   so    in  einem  Falle,   wo  das 
Thier  4  Tage,  nachdem  der  Hirt  einen  grossen  Nagel  fortgeworfen 
hatte,  zu  leiden  begann  (41). 

6)  Prognose. 

In  der  bei  weitem  grossesten  Mehrzahl  der  Fälle  ist  die 
Verletzung  durch  einen  fremden  Körper  tödtlich.  Der  Tod  er- 
folgt meist  durch  massenhafte  Ausscheidung  von  Exsudaten,  oder 
durch  andere  Girculationsstörungen,  mit  der  sich  daran  schliessen- 
den  Cachexie,  selten  durch  Lähmung  des  Herzens  in  Folge  eines 
Blutergusses  in  den  Herzbeutel  (durch  einen  Nagel,  54).  Als 
Ausnahmen  sind  die  Heilungen  anzusehen:  beim  Schlachten 
eines  ganz  gesunden  Ochsen  fand  sich  eine  2V  lange  Stecknadel 
an  der  Spitze  des  linken  Ventrikels  eingedrungen,  das  ganze  Herz 
durchbohrend,  und  in  der  Mitte  des  rechten  Ventrikels  heraus- 
tretend (32).  Spinola  kennt  einen  Fall,  wo  im  Herzen  eines 
ganz  gesunden  Mastochsen  sich  eine  Tranchirgabel  befand  (38). 
Als  Heilungen  massen  die  Fälle  gelten,  wo  man  im  Herzen 
Narben  fand,  die  auf  eine  Verletzung  hinwiesen,  während  man 
die  Nadel  nicht  finden  konnte  (28),  sowie  beim  Heraustreten  der 
Nadel  aussen  an  ^er  Brust,  nachdem  Wochen  vorher  ein  Herz- 
leiden diagnosticirt  war  (55).  Es  steht  mithin  fest,  dass  diese 
Art  der  Herzverletzung  nicht  absolut  tödtlich  ist,  ebenso- 
wenig wie  die  Schussverletzung,  da  Fälle  genug  bekannt  sind, 
wo  in  dem  Herzen  eine  Kngel  eingekapselt  gefunden  ist  (auch  38). 


906  Dr.  Geor^  Pischer, 

Die  Ruptar  ist  absolut  tödtlich.  •—  Gericbtlich-medieinisch 
kann  die  Frage  aufgeworfen  werden,  ob  das  Thier  an  der  Ben- 
Verletzung  gestorben  ist,  ob  dasselbe  schon  beim  Kauf,  Tanseb- 
bandel  krank  gewesen  ist,  so,  dass  der  Käufer  schadlos  gdialtes 
werden  muss.  Es  ist  dann  nach  dem  Zeitpunkte  zu  forsebeo, 
wann  eine  Nadel  verschluckt  ist,  was  mitunter  gelingt  (28),  usd 
wann  die  Krankheit  als  eine  unheilbare,  meist  tödtüche  auftrat 

7)  Behandlung. 

Eine  Behandlung  gegen  den  fremdin  Körper  an  sich  existirt 
nicht.  Man  wird  die  anfangs  auftretenden  gastrischen  Erschei- 
nungen mit  Ableitungen  auf  den  Darm,  die  entzfindlichen  Sym- 
ptome ebenso,  wie  bei  acuten  Herzleiden,  nur  nicht  so  kräftig, 
mit  Aderlässen,  Haarseil,  Digitalis  u,  s.  w.  behandeln.  Ist  indes^ 
die  Diagnose  auf  die  traumatische  Pericarditis,  resp.  fremdea 
Körper  sicher  gestellt,  so  ist  das  Abschlachten  des  Thieres  an- 
gezeigt, und  soll  aus  öconomischen  Rflcksichten  nicht  lange  da- 
mit gewartet  werden,  damit  es  nicht  noch  mehr  abmagert. 


Literatur.  • 

1)  Bon  in  (Pfoces-verb.  etc.  ä  l'ecole  T^örin.  de  Lyon  1816,  p.  25).  - 
2)  TisBot  (ibid.  1816,  p.  27).  —  3)  Biederlinden  nnd  Weinberg  (Be- 
rieht  des  Rheinischen  Med.  Goileg.  1826).  —  4)  Dandrien  (Reeneil  de 
m^d.  y^t^r.  1826,  Octobre.  p.  486).  —  5)  Rodet  fils  (ibid.  1826,  Fött. 
p.  101).  -  6)  Delafond  (Dupujr's  Jonrn.  prat  1829,  Septembrep.  445).-; 
7)  Dapny  (ibid.  1826,  Janaar.  p.  24).  —  8)  Ziller  (Andr^'s  nnd  Elsner'd 
Okon.  Nenigk.  1830.  No.  83.  S.  664).  —  9)  Girard  (Reeneil  de  m^d.  v^r. 
1880,  Juni.  p.  321).  —  Vorangehende  Oitate  bei  10)  £.  F.  Qnrlt  (Lehrboch 
der  path.  Anatomie  der  Hanss&ngethiere,  I.  1831.  S.  290  n.  folg..  Anfaiog 
dazu  1849,  S.  181  n.  folg.).  —  11)  Rohlwes  (Magazin  für  die  ges.  Thier- 
heilknnde  t.  Qurlt  n.  Hertwig.  Bd.  I.  S.  309  n.  folg.).  —  12)  Borgmann 
(eoendas.  UI.  S,  805).  --  13)  Linden  berg  (ebendas.  lY.  1838.  S.465).- 
14)  Fachs  (Zeitschr.  für  ges.  Thierh.  y.  Dieterichs,  Nebel,  Vix.  VIL 
1840.  No.  14).  —  15)  Schaeyen  (Magazin  y.  Gnrlt  u.  Hertwig.  VI. 
1840.  S.  453).  —  16}  Wilke  (ebendas.  X.  1844.  S.  826).  —  17)  Linden- 


Ueber  die  Waadea  des  Herxens  und  des  Henbentels.  907 

berg  (Ebendas.  XI.  1845.  S..454).  —  18)  Derselbe.  (Ebenda^.  4.  Bit.  1845). 
—  19)  Derselbe  (Ebendas.  XIII.  1847.  S.  190).  —  20)  Henniges  (Ebend. 
XIV.    1848.   S.  514).    —    21)  Fabrj  (Jonrn.  y^t^rin.  et  agr.  de  Belgique. 
Jali  bis  Dec.  1848).   —   22)  Schell  (Magazin  t.  Gorlt  n.  Hertwig.  XY. 
2.  Hft.  1849).  —  23)  Gros skopf  (Ebend.  XV.  1849   S.  165).  —  24)  Funke 
(Handb.  der  spec.  Pathol.  n  Ther.  I.  8.  Abth.  1850.  S.  80).  —'25)  KOrber 
(Magazin  von  Gurlt  n.  Hertwig.  XVI.  1850.  d.  Hft.  S.  398).  —  26)  Journ. 
de  m^d.  vöt^r.  Lyon.  T.  VIU.  Mai  bis  JuU  1852.  S.  201).  —  27)  Sticker 
(Magazin  von  Gnrlt  n.  Hertwig.    XVIII.    1852.   S.  498).    -   28)  König 
(Ebendas.  XVIII.  1852.   S.  207).   —   29)  Drop e  (Ebendas.   1852.   S.  498. 
No.  27).    —    aO)  The  Veterinarian.    Vol.  28.   1855.   April  bis  October.  — 
31)  Liviogston  (Ibid.  Vol.  30.  1857.  Jan.  bis  März).  —  82)  Ibid.  Vol.  30. 
1857.  April  bis  Juni.  —  33)  Franz e  (Dresdener  Jahr esber.  1857.  S.  48).— 
34—35)  Boizy  (Recaeil  de  m^d.  T^t^rin.  S^r.  4.  Tom.  5. 1858.  S.  545).  — 
36)  Serr  (Prenss.  Ver.  Z.  1858.   S.  124).  —  37)  Hering  (Spec  Pathol.  n. 
Ther.   1858.   S.  493).  —  38)  Spinola  (Handb.  der  spec.  Pathol.  n.  Ther. 
I.  1858.  S.  659  n.  folg.).  —  39)  Boiz  j  (Recneit  de  Mdd.  y^t^rin.  IV.  ThI.  6. 
April  bis  Jani  1859).  —  40)  Kaltschmied  (Bericht  Qber  die  20.  Vers,  des 
thier.  Ver.  in  Rentlingen.   15.  August  1860).  —  41)  Müller  (Magazin  von 
Garltn.  Hertwig  XXVI.  1860.  S.461).  —  42)  D&n.  Tidskrift  af  Bendz 
og  Bagge.   VUI.   1860.   186).  —  43)  Conlon  (Journ.  des  vöter.  du  Midi. 
M&rz  1861.  II.).  -  44)  Camoin  (Recneil  de  möd.  ir^t^r.   IV.  Tbl.  8.  1861. 
S.  367).  —  45)  Schmidt  (Magazin  ▼.  Gnrlt  n.  Hertwig.  XXVII.    1861. 
2.  S.  158).  —  46)  Hudson  (Veterinarian.  Vol.  35.  1862.  Jan.  bis  März  V.) 
—  47)  Halme  (Ibid.  VoL  36.  1863.  Jan.  bis  M&rz).  —  48)  Znndel  (Jonrn 
de  m^d.  yMv.  Lyon.  Tbl.  19.  1863.  S.  403.  Juli  bis  Octbr.).  —  49)  Sclimidt 
Mittheil,  der  th.  Praxis  in  Kurhessen.    1863.    S.  56).    —    50)  Rocco  (II 
medico  veterinario.    Ser.  II    ann.  IV.   Sept.  1863.  p.  444).  —  51)  Bösen - 
roth  (Prenss.  Mittheil,  aus  der  th.  Praxis.    10.  Jahrg.    1863.    S.  160).  — 
52)  Festal  (Jonrn.  des  v^t^r.  du  Midi.  III.  Tbl.  7.  Octbr.  bis  Decbr.  1864). 
—  53)  Hamon  (Recneil  de  M^d.  y^tör.   Tom.  II.  Serie  5.  XLII.  Tbl.  1865. 
S.  874-882;  XLIII.  S.  19-25).  —  54)  Weinmann  (Wochenschr.  f.  Thierh. 
u.  8  w.  Adam,  Probstmajr.   X.  No.  24.  1866.  S.  187).   --    55)  Kaiser 
(Schmidt,   Mittheil,  der  th.  Praxis  in  Knrhessen.   1866.   II.    S.  51).  — 
56)  Bert  (Journ.  de  möd.  v^t^r.  militaire  de  France.   1867).    —  57)  ROH 
Lehrb  der  Pathol.  n.  Ther.   1867    2.  Bd.   S.  194  u.  folg.).  —   58)  Kraus 
(Compend.  der  spec.  Pathol.  n.  Therap.   1867.   S.  383). 


V.  Langtnbeok't  ArcMw  t  Chinirgl«..   IX.  5g 


906 


Dr.  Georg  Fischer, 


NiM«-B€fi8t€r  for  die  Casustik  der  Verktiu^w  M 
NeMchn.*) 

(Die  belg«f6flm  Zabltn  bMcichaen  die  Na  mm  er  der  Beobaehtoog.) 


Acta  Lips.  274. 
Adams  324. 
Akenside  418. 
Alben  382. 
Alberti  187. 
Alieweireldt  178. 
Alqniö  193. 
Andrews  25. 
Aogenstein  113,  248. 
Asdnibali  434. 
Ashhttrst  167. 
Aiig4  102. 


Babington  74. 
Baird  43,  168. 
Balch  366. 
BaUingal  13,  16. 
Bamberger  296. 
Barbier  17. 
Bardinet  837. 
BarthoHotts  86,250,301. 
(Bartholom.  Hospit)  24. 
Bartolioi  222. 
Baadens  372. 
Baum  280. 

Beck  in  Freibnrg  310. 
Beck  r40,  223. 
Beckett  393. 
B^n  287,  322,  326. 
(Behrendts  Repert)  45, 

122. 
Bell,  j!  242. 
Benivenius  302. 
Benoett  408. 
B^rard  409. 
Bergeon  384. 
Berghes,  de  426. 
Berrv,  Herzog  von,  190. 
Bertin  404. 
Betti  53. 

BeverwYck,  ▼.  191. 
Billroth  447,  448. 
Billy  89. 
Blackadder  279. 


Blancard  867. 
Blegnj  192. 
Blnmhardt  317. 
Boirel  (Borellns)  307. 
Bonajati  139,  143,  251. 
Bonet  202,  250,  355. 
Borellns  307. 
Boagon  273. 
BonUland  392,  403. 
Boyer  87,  159,  163. 
Breschet  879. 
(Breslaner  Sammig.)  70. 
Brockmann  446. 
Bronssais  287. 
Bmgnoli  266. 
Bnist  267. 
(Bnllet.  de  Therap.)  259. 


Oabrol  271. 

Caillot  108. 

Capelle  231. 

Oaranins  [Branins]  343. 

Oamochan  342. 

Casper  121,  132,  215, 
253,  330,  331,  332, 
847,  848,  349,  353, 
386,  897,  422,  423, 
424,  441. 

Carasse  443. 

Cecchi  67,  180. 

Chartanet  [Ghastanet, 
Charbonet]  206, 262. 

Ghanssier  406. 

Gfaianea  77. 

Ghoisy  892. 

Ghristison  436,  437. 

Clark  14. 

Gooper,  A.  160,  245. 

Cooper,  S.  377. 

CosU  438. 

Conrtial  148. 

Cmveilhier  40. 


b^obe  fils  SM, 

Dekkers  99. 

Demme  224. 

Denis  119,  120. 

Depres  216. 

Derergie  320. 

Dezeimeris  307. 

Dickioson  416. 

Diemerbraek  dS,  13& 

Dolaens  185. 

Dolbean  216. 

Dorsey  199. 

Dabrenü  421. 

Dachek  4. 

Dupnytren  3,  7,  11.  Sl, 
88,  161.  190,  «Ä 
285,  379,  392. 

Dnrande  262. 


Davis,  Th.  [Dayid]  315. 


9berB  240. 
Ednse,  de  l'  95. 
(Edinburgh     TraDMurti 

429. 
Ehrlich  74. 
(Bldik's  Tyds.)  336. 
Elleanme  380. 
(Encycloi>;äd.}  195. 
(Ephemeridea)  185. 
Bscherich  36. 
Estienne  822,  326. 
(Eztr.der£ncycL;20i 

Paget  264. 
Fahners  212. 
Pantoni  107,  187. 
Fantrel  172. 
Featherson  150. 
Feine  245,  298. 
Fernel  271. 
Perms  21,  39a 
Fischer,  Hofrath,  47. 
Fischer  321. 
Flfigel  425. 
Ponrcroy  87. 


*)  Die  angehängten  Citate  der  spontanen  Rnptnren,  sowie  die  fsbcbeo 
and  nngenanen  Citate  sind  in  dieses  Register  nicht  anfgenommen. 


Deber  die  Wanden  des  Hertens  nnd  des  Herzbeutels. 


909 


Fonrnier  363. 
Frin  [Fine]  306. 
Frisi  162. 

CFroriep'B  Notiz.)  117. 
Fage  309,  312. 
F&rst  84. 


JosHn  63. 

(Journal    des    progres) 

316. 
Irving  436. 
Isenschmidt  72. 


Galen  300. 
Gamgee  303,  411. 
Gant  [Grant]  362. 
Garmann  93. 
Gaaltier  deClaabry  177. 
Gerard  37,  48,  69,  68, 

123,  145,  226. 
Gerlach  33. 
Gilbert  288. 
Girald^s  413. 
Girard  37. 
Ginge  389. 
Gobert  198. 

Graves  26. 

Greisel  118. 

Grilli  174. 

Grüttner  243. 

Guthrie  43. 


Hager  372. 
Hamilton  140. 
Heers  78,  344,  369. 
Heinrich  IV.  202. 
Helwig  176. 
Hencke  116. 
Hennen  43,  279. 
Henri  287. 
Hermann  442. 
Hernonx  410. 
Hejdenreich  308. 
Hilden  236. 
Hodge  149. 
Holmes  303. 
Horstins  207. 
Hudspeth  316. 
Hfibner  70. 
Hafetand  346. 
(HafeIand*B  Journ.)  296. 
Hutchinson  427. 
Hyrtl  316. 

Jacob  287,  322,  326. 
Jackson  358.  "^ 

Jamain  58,  195,  196. 
Janssen  273. 
Jarjavay  316. 
(Indian  annals)  333. 
Jobert  40,  76, 100, 110, 
184,  260. 


Krause,  A.  280. 
Kreysig  306,  398. 
KrQgelstein  31. 
KQhn  74. 
Kussmaul  33,  38. 

Lamotte,  de  76,  241. 
Landsberg  6. 
Langenbeckd.Aelt.  136. 
Lankester  261. 
Lapeyronie,  de  265. 
Larrey  246,  272,  292. 

293,  294,  328,  370. 
Latour  116,  807,  363. 
Latour  d'Auvergne  172. 
Laugier  39. 
Lavender  283. 
Lazzeretti  227,  366. 
Leaming  22. 
Leared  428. 
Lecchini  126,  127,  147, 

339. 
Lees  369,  394,  399. 
Legrand  du  SauUe  42. 
Leute  440. 
Lentin  183. 
Lerouge  198. 
Letenneur  106,  171. 
L^Teillö  160. 
Lieutaud  104a. 
Lindström  230. 
Loir  392. 
(London  med.  Jonmal) 

393. 
Lonsdale  407. 
Lucius  10. 
Ludens  239. 
Ludwig  396. 
Lyons  361. 

Magnus  247. 
Mall^  326. 
Mangetus  209. 
Marchettis  236. 
Markham  415. 
Marignes  [Moriquez]  102. 
Marini  166. 
Maschka  151. 
Mauchart  305. 
MauYais  175. 


Mayer  420. 
Meckeren  211. 
Mercier  112. 
Metzger  5. 
Meyer  164. 
Millanta  66,  60,  142. 
Miller  62. 
(Miscell.  Cur.)  92. 
Montegre,  de  218,  229, 

291. 
Morand  97,  262. 
Morawetz  237. 
Morel-UTaU^891,439, 

449. 
Morgagni  141,  179. 
Moschi  69,  109,  144. 
Muhlig  267. 
Muler  106. 
Muller  104. 
Mummsen  396. 
Manzenthaler  182,  341. 
Muschner  103. 
Muys  233. 

Nebel  398. 

Nein  41. 

Nelaton  172,  234,  290, 
318. 

Neurohr  116. 

Nevermann  336. 

Niemann  61,  133,  155, 
304,  813,  314,  329, 
340,  876,  402,  412. 

Nickolai  64. 


O'Connor  36. 
Ollenroth  286. 
OIÜTier  44,   119,   120, 

130,  131* 
Omodel  156. 
Otto  406. 


Paitlard  161. 
Panarolus  [Panaeoius] 

Pantoli  220,  221. 
Parant  256. 
Parä  228. 
Paradis  299. 
Pauli  270. 
Peck  28. 

Penada  167,  364. 
Percy  195. 
(St.  Petersburg)  8. 
Petit  431. 
Piffard  168. 

58* 


910       I>r.   Georg  Fiacher»  Geber  die  Wunden  des  Herseoa  etc 


Piorry  42. 
Pirogoff  371. 
Podrazkj  325. 
Pommer,  t.  20,  169. 
PorUl  406. 

Prescott  Uewett     374, 
386,388,  413,  414. 
Preassendorf  189. 
Prion  360. 

Pnrple  19,  217,  263. 
Pnzm  302  a. 
Pyper  401. 


Randall  316. 
Rasche  857. 
Reiche  297. 
Renanldin  30. 
(Reports,  Americ.)  327. 
Restrick  80. 
(Revue  Franp.)  275. 
Rhodins  235. 
Richerand  265. 
Richet  175. 
Rigal  345. 
Riedlin  173. 
Riva  83. 
Rosini  136. 
Roagnon  276. 
Roox  18. 
Roy,  de  107. 
Rnpprecht  281. 
(Rassisch.  Jonrn.)  32. 
(Rnst^s  Magazin)  400. 

SalluBse  433. 
Sanson  172,  285,  430. 
Sassard  249. 
Sancerotte  82. 
SaTiard  186,  198. 
Schenck  10. 
Schlegel  73,  210,  214. 
Schneider  238. 
Schrender  338. 
Schwartz,  H.  360. 
Schwartz  91. 
Sädillot  170. 


S^nac  101. 
Sennert  282. 
Sheward  [Steward]  315. 
Sit^oar,  Erzbischof  von 

Paris  17?. 
Sikora  270. 
SimmoDs  199,  311. 
Simon  9,  27. 
Sklarsky  23. 
Skoda  445. 
Smith  894. 
Smith,  Spencer  85. 
Söne,  de  la  95. 
Soyerini  29. 
Speyer  65. 
Spigelias  254. 
Stadelmeyer  90. 
Stalpart  y.  d.  Wiel  233, 

269. 
Steifensand  197. 
Steinlein  38. 
Stevens  2. 
Stilling  368. 
Stokes  373,  444. 
Suckow  365. 
Sne  1,  152. 


Tardien  351,  354. 

Targioni  49,  50,  51,  52, 
54,  55,  71,  124, 125, 
126,  127,  138,  146, 
147,  181,  194,  203, 
204,  319,  336,  339, 
352,  381. 

(St.  Thomas  Hosp.)  417. 

Thompson  163. 

Thurnam  383. 

Timaeas  129. 

Tilanus  166. 

Toarby  268. 

Toardes  48,  59,  68, 123, 
145. 

Tournel  289. 

Traill  114. 

Trölat  34. 

Trigge  309,  312. 


Triller  213. 

Tmgien  [Turgien]  ISi 
Tnefferd  282. 
Tnlpios  79. 

Uhde  164. 
(Union  m^)  367. 
(University  Hosp.)  2^ 

ValentiDus  57,  188,  24i 
Valerins  378. 
Valsalva  96. 
Vandelli  364. 
Vater  375. 
Velpeau  260. 
Verney,  da  895,  419. 
Yillards  208. 
Villers  231. 
Volpi  157. 
Volz  94. 
Voyer,  le  82. 

Wagner  284. 
Wallace  45,  134. 
Walther,  v.  277. 
Ward  323. 
Watson  432. 
Wedelias  188. 
Weinhold  66. 
Weitzmann  213. 
Welschias  57. 
Wichmannd  219. 
Wilkin  899. 
Wittcke  46. 
Wolf  99,  268. 
Worbe  889. 


Zacchias  15. 
Zannetti  12,  54,  55, 12^ 

188,  139,  143,  1dl, 

194,  226,251,31?. 

381. 
(Zeitscbr.  f.  St.  >  Ära.) 

111,  206. 
Zwinger  10. 


Hannover,  den  27.  Juli  1867. 


XV- 

Zur  Regeneration  der  Knochen 

nach   subperiostaler   Gelenksrese-etion. 

Von 

Dr«  Doutrelepoiit^ 

Privat -Docent  zn  Bonn. 
(Hierzu  Tafel  VI.) 


Der  HeiluDgsprocess  nach  Gelenksectionen  fuhrt  entweder 
zur  Bildung  einer  Ankylose  oder  zur  Herstellung  einer  mehr  oder 
weniger  grossen  Beweglichkeit.  Die  Ankylose  ist  entweder  knO- 
cbern  oder  wird  durch  kurze,  feste,  fibröse  Massen,  welche  beide 
Knochen  vereinigen  und  eine  Beweglichkeit  derselben  nicht  gestatten 
bedingt.  Bildet  sich  hingegen  ein  bewegliches  Gelenk,  so  sind 
die  Gelenkenden  durch  fibröse,  hinreichend  lange  Stränge  ver- 
banden, der  häufigste  Fall,  oder  es  bildet  sich  ein  wirkliches 
Gelenk  mit  Gelenkknorpel,  Gelenkhöhle  und  Kapsel.  Die  mehr 
oder  weniger  vollständige  Reproduction  der  entfernten  Knochen 
mit  Bildung  eines  beweglichen  Gelenkes,  hatte  ich  Gelegenheit 
bei  einem  Patienten  zu  beobachten,  resp.  durch  die  Section  nach- 
zuweisen; und  theile  ich  diesen  Fall  in  Folgendem  mit,  beson- 
ders weil  man  bis  jetzt,  im  Verhältniss  zu  den  so  häufig  ausge- 
führten Gelenkresectionen,  nur  sehr  selten  Gelegenheit  gehabt  hat, 
Gelenke  anatomisch  zu  untersuchen,  an  denen  die  Resection  vor 
längerer  Zeit  ausgeführt  worden,  und  welche  während  dieser  Zeit 
in  vollem  Gebrauche  gewesen  waren. 

Der  Fall  betrifft  den  ISjähngen  Mathias  R.  aus  Dottendorf,  welcher 
Beit  längerer  Zeit  an  Caries  des  linken  Bllenbogengelenkes  litt.   Im  Angast 


912  I^r*  Doatrelepont, 

1864  warde  er  in  das  hiesige  katholische  Hospital  aufgenommen,  wo   ich 
als  Assistenzarzt  der  chirurgischen  Klinik  am  31.  Aagust  die  totale  Rese^ 
tion  des  Gelenkes  mittelst  eines  Längsschnittes  an  der   hinteren  Seite  de> 
Gelenkes  ausführte.    Dieser  Schnitt  ging  bis  anf  den  Knochen;  wegen  der 
Schwellung  und  Lockerung  des  Periosts  liess  sich  letzteres  mit  dem  Heb€- 
leicht  abpräpariren  und  wurde  volldtändig  erhalten.     Von  dem  Gelenkesdr 
des  Humems  wurden  2  Gtm.  entfernt,  so  dass  die  Sägefische  grade  dorti 
die  Condylen  verlief.    Von  der  Ulna  worden  Olecranon  und  Processus  coro 
noides  (im  Ganzen  4  Gtm.)  and  von  dem  Radius  das  Köpfchen  <i  Gtm.)  ab 
gesägt.    Die  Wunde  nur  zum  Theil  durch  Nähte    vereinigt   und   der  Air 
einfach  verbunden.  Am  12.  September  wurde  ein  Gypsverband  mit  Feostar 
angelegt,  der  jedoch  nach  3  Wochen  entfernt  werden  mnsste,  da  das  Gelesk 
Neigung  zur  Ankylose  zeigte,  welche  die  Anstellung  passiver  Bewegoogei 
erforderte.    Im  Monat  März  1865  wurde  Patient  ans   der  Behandloog  ent- 
lassen, die  Gperationswunde  war  vollständig  vernarbt,  es  führten  noch  zw^ 
kleine  Fisteln  in  die  Tiefe,  jedoch  nicht  auf  Knochen.     Patient  konnte  d«ii 
Arm  ungefähr  bis  zu  einem  Winkel  von  90<>  beugen  und  bis  zu  110»  streckefi. 
Pro-  und  Supination  waren  noch  ziemlich  beschränkt    Am  12.  Febr.  stellt« 
sich  mir  Patient  wieder  vor,  und  wurde  in  das  evangelische  Hospital,  dessen 
äussere  Station  ich  dirigire,  aufgenommen.    Er  litt  an  Lungentabercoksc 
Die  Muskeln  des  operirten  Armes  waren  ebenso  entwickelt,  wie  die  de^ 
anderen,  der  Arm  selbst  nicht  minder  kräftig,  als  der  andere.    Um  di^ 
linke  Ellenbogengelenk  gewahrte  man  die  Narben  der  Operationswunde  osd 
der  Fisteln.    Im  Uebrigen  bot  der  Arm  so  wenig  Abnormitäten  dar,  da&s 
man  beim  ersten  Blicke  gar  nicht  unterscheiden  konnte,  dass  an  ihm  di? 
Resection  gemacht  war.    Die  Formen  des  Gelenkes  waren  fast  der  Nom 
gleich;   man  fühlte  zwei  Gondylen  von  Hnmerus  und  zwischen  beiden  e:s 
Olecranon.    Der  Vorderarm  konnte  bis  zu  einem  Winkel  von  75  <>  gebeugt 
und  bis  120 «  gegen  den  Oberarm  gestreckt  werden.    Pro-  und  Snpinatioss 
bewegungen  waren  fast  normal.    Die  Beweglichkeit  des  Gelenkes  hatte  «Iso 
seit  der  Entlassung  des  Patienten,  wenn  auch  nur  wenig  zugenommen.   Ib 
Folge  der  Lungentuberculose  starb  Patient  am  27.  April. 

Die  See  tion  ergab  weit  vorgeschrittene  Taberculose  der  Lungen  aii 
grossen  Gavernen  und  amyloider  Degeneration  der  Leber,  Milz  und  Nieren 

Um  das  Gelenk  zu  untersuchen,  wurde  die  ganze  Gelenkgegend  mit 
Ausnahme  der  Haut  ezstirpirt.  Eine  messbare  VerkQrzung  des  operirteji 
Armes  war  nicht  zu  constatiren.  Der  Musculus  biceps  brachii  (Fig.  3  m.  b.' 
setzte  sich  mit  seiner  Sehne  an  die  Tuberositas  radii  an,  der  Brachialia 
internus  (b.  i.)  an  die  Tuberosites  ulnae;  beide  Sehnen  hatten  bei  der  Ope- 
ration ihren  normalen  Ansatz  behalten.  Der  Musculus  tiiceps  (m.  t.)  setzte 
sich  mit  seiner  breiten  Sehne  an  das  gleich  zu  beschreibende,  neugebiidete 


Zar  Regeneration  der  Knochen  etc.  913 

Olecraaoo  an.    Alle  MnskelB  waren  normal  entwickelt,  nicht  fettig  degene- 
rirt;  ebenso  boten  die  Nerren  keine  Abnormitftten.  Der  Nervös  nlnaris  ver- 
lief  wie  in  einer  Rinne  hinter  dem  neugebildeten  Gondjlns  intemne.  Nach- 
dem  die  Sehnen  der  Torne  am  Eilenbogen  verlaufenden  Muskeln  abpri^>arirt 
waren,  kam  man  aaf  eine  Masse  festen  fibrOsen  Gewebes,  welches  die  Kno- 
chen   Tollstftndig  verdeckte,  und  seinen  Ursprung  an  der  vorderen  Fliehe 
des  Hnmerus  nahm,  am  sich  an  die  Tordere  Fl&ohe  beider  Yorderarmkno- 
chen  anzosetzen.    Ebenso  verbanden  fibröse  Massen  die  Condylen  des  Ha- 
merns  mit  der  ülna  einerseits  and  dem  Radius  andererseits.    Diese  Binde- 
gewebsmassen  worden  nur  getrennt,   am  die  das  neae  Gelenk  bildenden 
Knochenenden  frei  zu  erhalten.    Hierbei  stiess  man  noch  in  der  HOhe  der 
Condylen  des  Hamerus  auf  einen  rundlichen  Vorsprang  der  ÜIna,  welcher 
ein  randliches  Köpfchen,  in  der  Form  sehr  an  ein  Radiasköpfchen  erinnernd, 
darstellte.   Ein  horizontaler  Schnitt  über  dieses  Köpfchen  eröffnete  eine  von 
einer  festen,  ziemlich  weiten,  innen  glatten  Kapsel  umgebene  Höhle,  in 
welche  hinein  das  eben  erwähnte  Köpfchen  sich  erstreckte.  Bei  der  fortgesetz- 
ten  Lostrennnng  der  Knochen  zeigten  sich   nur  wenige  fibröse  Stränge, 
welche  die  Gelenkflächen  des  Radios  und  der  Ulna  mit  der  des  Hamerus 
verbanden.  Nachdem  der  Gelenktheil  des  Hamerus  von  den  Weichtheilen, 
mit  Ausnahme  der  oben  erwähnten  Kapsel,  befreit  worden  war,  bot  er  das 
Bild  dar,  welches  Fig.  1  von  vorne  und  Fig.  2  von  hinten  zeigt.     Man 
sieht  zuerst,  dass  an  der  Stelle  der  entfernten  Condjlen  sich  zwei  diesen 
ähnliche  Knochenfortsätze  gebildet  haben,  und  zwar  wird  der  innere  Con- 
dylus  (c.  i.)  durch  zwei  gleiche  Vorsprünge  gebildet,  welche  an  ihrer  hin- 
teren Seite  eine  seichte  Rinne  zur  Aufnahme  des  Nervus  nlnaris  (n.  u.) 
haben.   Der  Gondylus  externus  (c.  e.)  wird  durch  einen  einzigen  grösseren' 
Knochenfortsatz  gebildet,  der  in  eine  ziemlich  dfinne,  breite  Platte  (b)  aus- 
läuft  Dadurch,  dass  diese  Platte  sich  fiber  die  vordere  Fläche  des  Knochens 
hinflberwölbt,  wird  auf  dieser  eine  Grube  gebildet,  welche  zur  Aufnahme 
des  Radiusköpfchens  dient. 

Oeberbrfickt  wird  diese  Höhle  durch  dicke  Bindegewebsstränge,  welche 
von  der  Spitze  des  Fortsatzes  nach  der  Mittellinie  des  Knochens  hinfiber- 
ziehen.  Gerade  in  der  Mitte  der  vorderen  Seite  des  Humerus  zeigt  sich 
eine  ungefähr  1  Gtm.  im  Darchmesser  grosse,  tiefe  Pfanne  (p),  welche  mit 
theils  hyalinem,  theils  faserigem  Knorpel  ausgekleidet  ist  Vom  Rande  die- 
ser entspringt  der  eine  Theil  der  Kapsel  (a,  a,  a),  welche  oben  erwähnt 
wurde.  An  der  unteren  Fläche  des  Gelenkendes  des  Humerus,  entsprechend 
der  Stelle,  wo  sich  im  normalen  Zustande  die  Trochlea  befindet,  sieht  man 
einen  ungefähr  halbkugeligen  Knochenvorsprung  (t),  der  vorne  ziemlich 
glatt  ist,  an  seiner  hinteren  Seite  jedoch  mehr  rauh  ist,  und  eine  leichte 
Forche  zeigt.    Oberhalb  dieser  nnregelmässigen  Trochlea  an  der  hinteren 


914  Dr.  Doutrelepont, 

Seite  des  Hameras  erkennt  man  die  FoTea  cnbitalis  posterior  (f.  c).  Da 
interessantesten  Theil  des  Befundes  giebt  das  Gelenkende  der  übia  (Fi§.S 
nnd  4),  welche  ein  neu  gebildetes  Olecranon  und  einen  Processus  coronoid?: 
zeigte,  welches  sehr  an  die  normalen  Contouren  erinnern.  Das  Oleeraacs 
an  welche  sich  die  Sehne  des  Triceps  (m.  t.)  ansetzt,  wird  darch  zwt^ 
nebeneinanderliegende  nnd  durch  fibröses  Gewebe  verbundene,  läogüche. 
schalenförmige  Knochenplatten  gebildet  Die  kleinere,  tossere  dieser  ?Ut 
ten  (w),  3  Gtm.  lang,  15  Millinu  breit,  3  Millim.  dick,  ist  sowohl  gegen  dn 
ülna,  als  gegen  die  andere  Platte  beweglich,  da  bie  nur  durch  fibröses  Gr 
webe  mit  diesen  verbunden  ist.  Die  andere  Platte  (o),  4  Gtm.  lang,  15  MiUu. 
breit,  7  Millim.  dick,  ist  dagegen  mit  der  Ulna  viel  fester  verbunden,  indes 
ihre  Befestigung  an  derselben  durch  sehr  straffes  Gewebe  vermittelt  wird. 

An  der  vorderen  Fl&che  der  ülna,  welche  stark  verdickt  ist,  entsprisp 
ein  2  Gtm.  breiter  Knochenfortsatz,  welcher  die  untere  Flftche  des  flnmera." 
umfasst,  ein  neugebildeter  Processus  coronoides  (p.  c). 

An  der  breiten  Kante  desselben  sitzt,  etwas  nach  innen,  ein  1  Ctio. 
im  Durchmesser  grosses  Köpfchen  (;r),  um  dessen  Hals  sich  die  oben  &• 
wfthnte  Gelenkkapsel  (a,  a)  befestigt.  Dieses  Gelenkköpfchen  articulin  i£ 
der  am  Humerus  beschriebenen  Gelenkpfanne  (p)  und  steckt  in  der  voll- 
ständig geschlossenen  Kapsel. 

An  der  dem  Radius  zugekehrten  Seite  der  Clna  entspringt  ein  fest^ 
und  ziemlich  dickes  Ringband  (l.  a.),  welches  den  Hals  des  Radiusköpfchefis 
umgiebt  und  an  die  ülna  festh&lt  An  dem  Radius  hat  sich  ein  zwar  u- 
regelmSssiges,  pilzförmig  hervorragendes  Köpfchen  (rk)  neugebildet,  welche» 
in  der  oben  beschriebenen  grubenförmigen  Vertiefung  des  Humerus  (fr)  sieh 
bewegt. 

An  dem  Humerus  zeigt  die  kleine  Gelenkpfanne  (p),  die  Aushöhloag 
für  das  Köpfchen  des  Radius  (fr)  und  der  Knochenvorsprnng  an  der  Stell? 
der  Trochlea  (t)  einen  deutlichen  Knorpelüberzug,  ebenso  sind  die  Geleok- 
fl&chen  der  Ulna  zwischen  dem  Ansatz  des  Olecranon  und  dem  Processoi 
coronoides,  das  Köpfchen  auf  letzterem  (tt)  und  das  Köpfchen  des  Radim 
(rk)  mit  Knorpel  überzogen.  Mikroskopische  Schnitte  aus  dem  Ueberzege 
dieser  Stelle  zeigen  überall  hauptsfichlich  Faserkuorpel,  aber  auch  hjalinefi 
Knorpel,  so  dass  man  an  vielen  Stellen  den  Debergang  von  Faser-  in  hya* 
linen  Knorpel  beobachten  kann.  Dieser  Befund  ist  ein  neuer  Beweis  für 
das  Vorkommen  von  Knorpelttberzug  der  Resectionsstümpfe  beim  Mensches, 
was  Wagner,  und  in  neuester  noch  Ollier  (Traite  de  la  rög^n^ration  des 
OS.  T.  1.  p.  326  u.  T.  2.  p.  305)  läugnen. 

In  diesem  Falle  sehen  wir  die  resecirten  Gelenkenden  io 
einem  Maasse  regenerirt,  wie  es  bis  jetzt  anatomisch  wohl  nocb 


Zar  Regeneration  der  Knochen  etc.  915 

nicht  nachgewiesen  worden  igt    Die  Formen  der  neugebildeten 
Gelenkenden  nähern  sich  so  sehr  der  Norm,  als  man  es  nur 
wünschen  kann.     Dass  dieses  Resultat  nur  der  Erhaltung   des 
Periosts  bei  der  Operation  und  dem  jugendlichen  Alter  des  Pa- 
tienten zu  verdanken  ist,  wird  nicht  bezweifelt  werden  können. 
Die  Gelenkerfden  waren  jedoch  nicht  in  Form  eines  wirklichen 
Gelenkes  ?erbunden.     Alle  Stellen,    welche  bei  der  Bewegung 
aneinander   gerieben   wurden,   zeigten    zwar   einen  knorpeligen 
ITeberzttg,  es  fehlte  jedoch  zu  der  Bildung  eines  wirklichen  Ge- 
lenkes eine  vollständige,  ?on  einer  Kapsel  umgebene  Gelenkbohle. 
Die  dicken  Lagen  festen  Bindegewebes,  welche  Humerus  einer- 
seits, und  Ülna  und  Radius  andererseits  umgeben  und  verbanden, 
kOnnen  wir  nicht  als  Gelenkkapsel  ansprechen;  sie  boten  keine 
glatte  Oberfläche  an  ihrer  inneren,  dem  Knochen  zugekehrten 
Seite,  und  verbanden  zum  Theil  auch  die  eigentlichen  Gelenk- 
flächen unter  sich,  ohne  jedoch  eine  Beschränkung  der  Bewe- 
gung abzugeben.    An  der  vorderen  Fläche  des  Gelenkes  hatte  sich 
jedoch  ein  förmliches  kleines  Gelenk  gebildet,  mit  Gelenkkopf 
am  Proc.  coron.  und  Gelenkpfanne  an  der  vorderen  Seite  des 
Humerus;  diese  beiden  Gelenktheile  wurden  durch  eine  innen 
glatte,  fibröse  Kapsel  umschlossen. 

In  der  Literatur  finden  wir  nur  wenige  Fälle,  welche  bei 
der  anatomischen  Untersuchung  eine  annähernd  so  vollkommene 
Regeneration  der  Knochen  darboten.  In  den  meisten  Befunden 
waren  die  Markhöhlen  der  resecirten  Knochen  durch  eine  mehr 
oder  weniger  dicken  Knochenschicht  geschlossen  und  die  Knochen- 
enden durch  Bindegewebsstränge  verbunden.  Die  anatomischen 
Untersuchungen  nach  Gelenkresectiönen,  welche  Reg^eration  der 
Knochen  darboten,  sind  bis  jetzt  am  häufigsten  und  vollkommen- 
sten am  Ellenbogen  angestellt.  An  Resecirten  können  wir  häufig 
längere  Zeit  nach  der  Operation  schon  am  Lebenden  die  Neu- 
bildung von  Knochen  constatiren.  Lücke  (Archiv  f.  klin.  Chirur- 
gie. Bd.  III.  1.  S.  376)  macht  schon  auf  die  Verbreiterung  des 
Humerus  in  der  Richtung  der  Gondylen  und  auf  eine  Reproduction 
der  UIna  in  Form  eines  Olecranon  aufmerksam.    In  einem  Auf« 


916  I^r*  Doutrelepont, 

satxe  über  EllenbogenreBectionen  (Arch.  f.  klin.  Ghir.  Bd.  VI.  1. 
S.   112)    habe  ich   auch    einen   solchen  Fall  erwShnt,   Haeter 
(Arch.  T.  VIII.   1.  p.  137)  hat   dieselbe  Beobachtung  gemacbt, 
und  Ollier  (1.  c.    T.  ü.    p.  352  ff.)  erzählt  mehrere  einschlägige 
Fälle.    Er  macht  (p.  347)  mit  Recht  darauf  anfmerksam,  dast: 
Bei  der  Bildung  eines  neuen  Olecranon  die  Form  de^tselben  leieb; 
zu  sehr  gekrümmt  werden,  und  dadurch  eine  Steifigkeit  des  Ge- 
lenkes hervorbringen  könne.    Dasselbe  war  bei  unserem  Kranken 
der  Fall.    Wegen  der  stärkeren  Beugung  des  nengebildeten  Ole- 
cranon sdess  dessen  Spitze  zu  früh  auf  die  hintere  Fläche  d«^ 
Humerus  an,  und  hinderte    so  die  Extension  des  Vorderarmes. 
Dm  diesem  Debelstande  vorzubeugen,  empfiehlt  Olli  er,  da  eine 
solche  Krümmung  des  Olecranon  nur  bei  Beugung  des  Vorder- 
armes entstehen  könne,  den  Arm  während  der  Nachbehandlung  io 
einem  Winkel  von  130— 150*"  zu  lagern.    Durch  den  neugebildeteo 
Proc.  coronoides  war  in  unserem  Falle  die  Beugung  auch  dadurch 
beschränkt,  dass  dieser  gegen  die  vordere  Seite  dos  Hamens 
anstiess.    Anatomische  Befunde  über  das  resecirte  Ellenbogen- 
gelenk,  welche  wir  mit  unseren  vergleichen  konnten,  giebt  zuerst 
Textor  (Ueber  Erzeugung  der  Knochen.  S.  14)  von  einem  Ope- 
rirten,  welcher  6  Jahre  nach  der  Operation  starb.    Bei  der  vor- 
läufigen Untersuchung  des  Arms  ergab  sich  eine  V'  betragende 
Verlängerung  der  Ulna,  auf  welcher  sich  der  Radins,  wie  im 
natürlichen  Zustande  bewegte,  und  die  Trochlea  humeri  erschien 
so  vollkommen,  als  wenn  nichts  von  ihr  weggenommen  worden 
wäre.   Auch  Syme  (Lancet.  1855.  3.  März)  beschreibt  und  bil- 
det ein  solches  Gelenk  ab,  wo  jedoch  an  der  ülna  weder  ein 
Olecranon   noch   ein   Proc.    coronoides   sich   neugebildet   hatte. 
ülna  und  Radius  sind  in  eine  gabelförmige  Vertiefung  des  Hb- 
merus  aufgenommen,  welche  dadurch  gebildet  wird,  dass  je  ein 
Knochenvorsprung   an   beiden   Seiten   der   Resectionsfläche   des 
Humerus,  ähnlich  Condylen,  sich  befindet.   Die  Chia  ist  nur  liga- 
mentös  mit  dem  Humerus  verbunden,  während  die  Verbindung 
des  Radius  mit  dem  Humerus  ein  wahres  Gelenk  mit  Synovia 
bildet   Die  Oberfläche  des  Radius,  wo  derselbe  mit  dem  Harne* 


Zar  Regeneration  der  Knochen  etc.  917 

ruB  in  Verbindung  steht,  ist  abgerundet,  und  passt  in  eine  Aus- 
h^hlang  des  letzteren;  ihre  Gel^nkflächen  sind  mit  faserigem 
Knorpel  überzogen.  Die  Verbindung  der  Uina  mit  dem  Radius 
geschieht  dadurch,  dass  eine  Goncavität  an  der  DIna  die  Tubero- 
sitas  radii  aufnimmt,  von  deren  Rande  ein  das  Radiusende  um« 
gebendes  Ringband  entspringt.  Feste  Biodegewebsmassen  ver 
binden  seitlich,  vorn  und  hinten  den  Humerus  mit  dem  Radius 
und  der  ülna. 

Lficke  (].  c.  S.  377)  fand,  6  Monate  nach  Resection  des 
Ellenbogengelenkes,  eine  Dmlagerung  des  Humerusendes  mit  un. 
regelmässig  gebildeter,  sehr  poröser  Knochenneubildung  in  der 
Richtung  der  resecirten  Gondylen ,  wodurch  diese  annähernd  neu 
producirt  viraren,  und  einen  vom  Humerus  ausgehenden,  fast  zoll- 
langen, spitz  zulaufenden,  hakenförmig  gebogenen  Knochenfortsatz 
in  der  Richtung  der  Tricepssehne  zeigten,  welcher  bei  intacter 
Haut  ein  neugebildetes  Olecranon  hätte  vorspiegeln  können. 

Bei  anatomischen  Untersuchungen  von  resecirten  Schulter- 
gelenken, 6  und  11  Jahre  nach  der  Operation,  fand  Textor 
(1-  c.)  neugebildete,  unregelmässige  Enochenfortsätze.  J.  F.  Hey- 
felder  (0.  Heyfelder,  Resectionen.  S.  223),  welcher  wegen 
Garies  die  Decapitatio  humeri  vorgenommen  hatte,  und  dabei  fast 
das  ganze  obere  Drittel  des  Knochens  entfernt  hatte,  beobachtete, 
als  der  Patient  1  Jahr  nach  der  Resection  starb,  den  Substanz- 
verlust des  Knochens  fast  ersetzt,  so  dass  die  Verkürzung  nur 
gering  war.  Zunächst  dem  Humerusende  war  die  neugebildete 
Masse  knöchern,  weiter  oben  zeigte  sie  eine  callusäbnliche  und 
fibröse  Beschaffenheit.  Lücke  (1.  c.  S.  379)  beschreibt  und  bil- 
det ein  neugebildetes,  förmliches  Gelenk  ab,  mit  ausgedehnter 
Knochenneubildung,  zwei  Jahre  nach  der  Resection  des  Schulter- 
gelenkes. Eine  vollständige  Kapsel  umschloss  den  neugebildeten 
kleinen  Humeruskopf  und  die  Gelenkfläche  am  Acronicon,  auf 
welcher  jener  articulirt. 

In  meiner  Dissertation  (De  resectione  articulationis  pedis. 
Berolini.  1858)  habe  ich  ein  Fussgelenk  beschrieben  und  abge- 
bildet, an  dem  durch  Prof.  Robert,  4  Jahre  vor  dem  Tode  des 


918  Dr.  Do atrelepont,  Zur  Regendration  der  Knochen  etc. 

Patienten,  die  totale  Resection  ausgefährt  worden  war.  Der  Kno- 
chen war  regenerirt,  wenn  auch  nnregelm&ssig,  and  zeigte  meh- 
rere Enochenforts&tze,  darunter  ein  kleines  Gelenkköpfchen,  wel- 
ches in  einer  neugebildeten  Pfanne  am  Calcaneus  artieolirte. 
P&nne  und  Kopf,  von  Knorpel  überzogen,  waren  Ton  einer  Kap- 
sel umschlossen. 

Wie  wir  sehen,  haben  bis  jetzt  die  anatomischen  Unter- 
suchungen noch  nicht  viele  neugebildete  Gelenke  nach  Resectionee 
nachgewiesen.  Wahrscheinlich  werden  die  Resultate  der  Resectionen 
in  Bezug  auf  Regeneration  der  Knochen  jetzt  besser  werden,  seitdem 
man  mehr  als  früher  sein  Augenmerk  auf  Erhaltung  des  Periosts  bei 
diesen  Operationen  richtet.  Zu  starke  Neubildungen  von  Knochen 
sind  bei  den  meisten  Resectionen  jedoch  auch  nicht  erwünscht, 
weil  sie  die  Beweglichkeit  beschränken  können.  Deshalb  wird 
man  bei  Erhaltung  der  Knochenhaut  noch  mehr  wie  früher  für 
die  Erreichung  von  Beweglichkeit  im  neugebildeten  Gelenke,  doreh 
früh  angestellte  passive  Bewegungen  in  der  Nachbehandlung,  sor- 
gen müssen. 


XVI. 


Ein  Beitrag  zur  organischen  Plastik 

behafs  Heilung  Ton  Unterschenkelgeschwüren. 


▼oo 


Dr.  R«  Schneider  9 

Secnndair-Arzt  der  chirnrgiBchen  Klinik  in  Königsberg. 


Yon  den  alten,  atonischen  Geschwüren  des  Unterschenkels 
widerstehen  am  hartnäckigsten  jedem  ärztlichen  Heilverfahren  die- 
jenigen, welche  ihren  Sitz  an  der  vorderen  Fläche  desselben 
haben,  and  durch  die  Länge  der  Zeit  fest  mit  dem  Knochen  ver- 
lötbet  sind.  Denn  abgesehen  von  der  callGsen  Beschaffenheit  der 
Ränder  dieser  Geschwüre  und  der  durch  die  chronische  Entzün- 
dung hervorgerufenen,  knorpelharten  Infiltration  der  Unterlage 
und  der  Umgebung,  erschwert  ganz  besonders  die  über  die  Tibia 
straff  gespannte  Haut,  wegen  ihrer  Unnachgiebigkeit,  die  Heilung. 
Solche  Geschwüre  werden  dann  schliesslich,  nachdem  sie  Monate 
und  Jahre  hindurch  mit  Salben,  Pflastern  und  Umschlägen  der 
verschiedensten  Art  behandelt  sind ,  als  „unheilbare^  betrachtet, 
und  bewegen  die  Patienten,  sich  lieber  einer  lebensgefährlichen 
Operation,  der  Amputation  des  Gliedes,  zu  unterwerfen,  als  län- 
ger ein  solches  lästiges  Uebel  zu  tragen,  —  Aehnliche  Geschwüre 
entwickeln  sich  am  Fusse  nach  dem  Verluste  der  Zehen  und 
führten  zu  Resectionen  der  entblössten  Knochen  resp.  zu  Ampu- 
tationen oder  Exarticulation  im  Fusse.  Erst  Dieffenbach*) 
wandte  ein  weniger  eingreifendes  Verfahren  an,  indem  er,  nach 


*)  Dieffenbach,  Chirurgische  Erfahrungen  n.  s.w.  1829.    Derselbe. 
Die  operatire  Chirurgie.    Bd.  I.   S.  749. 


920  I>r-  R*  Schneider, 

ExBtirpation  der  geschwürigen  Partie,  auf  dem  Passrficken  eiaec 
Hantlappen  bildete,  der  mit  dem  inneren  und  äusseren  Fnssraade 
durch  eine  Brücke  in  Verbindung  stand,  über  den  vorderen  enr- 
blössten  Fussrand  zog,  und  mit  dem  Wundrand  der  Fusssohlt 
vereinigte.    Diese  Methode,  welche  nach  Dieffenbach  meisteoi 
einen  glücklichen  Erfolg  hatte,  ist  meines  Wissens  nicht  zur  Hei- 
lung von  Unterschenkelgeschwüren  angewandt,   resp.  modifidn 
worden.  —  Operationen  mit  dem  Messer,  behufs  Heilung  ^oi 
Fussgeschwüren,  beschränkten  sich  dann  nur  auf  Abtragung  d^ 
degenerirten  Ränder  oder  auf  Seiteneinschnitte  in  einiger  Eni- 
femung  vom  Geschwürsrande  durch  die  gesunde  Haut  cur  Be- 
förderung der  Narbencontraction.    Favre*)  hat  |dies   Yeibhm 
(ümschneidung  des  Dlcus  mit  zwei  halbmondförmigen  Einscboit- 
ten)  von  Neuem  wieder  empfohlen  für  varicöse  Geschwüre,  ud^ 
0.  Weber**)  gleichfalls   für  die  chronischen,    indolenten.    In- 
dess  fir  die  hartnäckigsten  Fälle  reicht  dies  auch  nicht  hin.  - 
Erakowizer  und  Hamilton  versuchten,  ein  Stück  ganz  frischer 
gesunder  Haut  in  die  Mitte  eines  chronischen  Geschwürs  total 
überzupflanzen,  in  der  Hoffnung,  dass  es  so  möglich  würde,  die 
Heilung  auf  dem  Granulationswege  einzuleiten,  —  in  analoger 
Weise,  wie  bereits  früher  Martinet  de  laCreuse  und  Jobert 
de  Lamballe  vorgeschlagen  hatten,  Wunden  nach  Exstirpatioa 
von    Garcinomen    durch    Transplantation    gesunder   Hantlappea 
schnell  zur  Heilung  zu  bringen***).   Diese  nahm  man  entweder 
von  dem  anderen  Unterschenkel  oder  dem  Oberschenkel  dersel- 
ben Seite;  im  ersteren  Falle  sollten  beide  Beine  aneinander,  im 
letzteren  der  Unterschenkel  bet  stark  flectirtem  Knie  mit  dm 
Oberschenkel  befestigt  werden.     Erwägt   man  zu  dieser  höchst 
unangenehmen  Lage  für  den  Patienten  noch  den  Umstand,  dass 
die  Haut  der  Extremitäten  überhaupt  sehr  wenig  geeignet  iät, 


*)  Favre,  Traitemeot  chirurgical  des  variccs  et  des  alcefes  variqoeoi. 
Gaz.  des  hdpiti  1866.  p.  355. 

♦•)  0.  Weber  io  v.  Pitha  und  Billroth's  Chirurgie.   Bd.  L  8.51^^ 
***)  Vgl.  Zeis.    Die  Literatur  und  Qeechiebte  der  plasütGliea  €hiror- 
gie.   1863.    S,  175  und  S.  286. 


Zar  organiscben  Plastik  behoCs  Heilon  g  von  UnterscbeDkelgesch wfiren.    92 1 

zur  Bildaog  gestielter  HaaÜappeD,  so  leuchtet  es  ein,  dass  sich 
diese  TranspIaDtationsmethoden  keinen  Eingang  verschafft  haben. 
—  Im  December  1862  stellte  H.  W.  Berend  in  der  Berliner 
medicinischen  Gesellschaft  einen  Knaben  vor,  welchem  er  ein 
^osses,  acht  Monate  dauerndes  Unterschenkelgeschwfir,  mittelst 
seitlicher,  T*  langer  und  2'*  breiter  viereckiger  Hautlappen,  xiir 
Heilung  gebracht  hatte.  Jedoch  weder  in  dem  betreffenden  Vor- 
trage über  diesen  Fall  (Allgem.  medic.  Central -Zeitung  1863. 
S.  9  u.  78),  noch  in  seinem  eilften  Bericht  „über  das  gymna- 
stisch-orthopädische Institut  zu  Berlin  1863^  hat  Berend  die 
Operation  näher  beschrieben. 

Ich  habe  vor  Kurzem  ein  chronisches,  atonisches  Unterschen- 
kelgeschwür mit  callOsen  Rändern,  fester  Verwachsung  mit  der 
Tibia  und  Induration  der  Umgebung  auf  operativem  Wege  zur 
Heilung  gebracht,  und,  gestützt  auf  den  Verlauf  der  Wundheilung 
und  den  £rfolg,  glaube  ich  berechtigt  zu  sein,  für  Geschwüre 
dieser  Art,  falls  sie  noch  nicht  eine  zu  bedeutende  Grösse  er- 
reicht haben,  das  von  mir  beobachtete  Verfahren  empfehlen  zu 
dürfen.    Der  Fall  ist  folgender: 

Am  2.  März  ▼.  J.  stellte  sich  ein  17jfthriger,  ziemlich  kräftiger  Koftbe 
wegen  eines  UnterBchenkelgeacbwflra  in  der  chirurgischen  Poliklinik  Tor. 
Derselbe  hatte  sich  Tor  einem  Jahre  durch  einen  Stoss  gegen  ein»  Leiter 
eine  oberflächliche  Wunde  an  der  vorderen  Fläche  des  rechten  Unterschen- 
kels zugezogen.  In  Folge  nnzweckmässiger  Behandlung  verwandelte  sich 
die  Wunde  in  ein  Geschwür,  welches  sich  allmälig  vergrösserte.  Nunmehr 
hatte  es  die  Grösse  eines  durchschnittenen  Gänseeies  erreicht,  sass  inmit 
ten  der  Vorderfläche  des  Unterschenkels  auf,  und  der  Grund  hatte  voll- 
ständig das  Aussehen  von  Caro  luxurians.  Der  rechte  Unterschenkel  war 
ungefthr  1  Zoll  länger»  als  der  linke,  die  Tibia  ffihlte  sich  um  das  Doppelte 
so  breit  an,  als  die  der  anderen  Seite,  besonders  in  ihrer  unteren  Hälfte. 
Das  Allgemeinbefinden  war  gut  —  Es  wurde  dem  Patienten  gerathen,  fort- 
gesetzt ruhige  Lage  im  Bett  einzuhalten  und  das  Geschwür,  nach  voran- 
gegangener Reinigung  mit  Ghamillenthee,  täglich  einmal  mit  einer  HöUen- 
steittsalbe  zu  verbinden.  —  Unter  dieser  Behandlung  trat  nach  einiger  Zeit 
durch  begianende  Vemarbung  eine  Verkleinerung  des  Geschwürs  ein;  dann 
aber  wurde  es  stationär.  Verschiedene  Salben,  warme  Umschläge,  die 
Bayiktoa*schen  Rinwickelungen  mit  Pflaeterstreifen ,  —  welche  Mittel  ich 


922  Dr.  R.  Schneider, 

bei  ruhiger  Lage  des  Kranken  Monate  hindurch  anwenden  Hess,  —  trof^si 
nicht  zur  Beförderung  der  Granulationsbildung  bei. 

Im  October  nun  hatte  das  Ulcus  eine  Länge   von  7  Ctm  ,  eine  Bmy 
Ton  2i  Ctm.;  der  Grund  war  gelblich  roth,  hart,  glatt,  unempfindlich;  Gn- 
,  nulationen  fehlten;  Absonderung  gering  und  dünn;   die  iULnder  steil  ab^ 
lend,  stellenweise  wulstig,  schwielig,  bleich;  die  umgebende  Haut  sehr  derh 
zähe,  wachsartig  bleich  und  mit  der  Fascie,  sowie  mit  dem  Periost  der  Tilm 
fest,  unbeweglich  verwachsen;  auch  das  Unterhautbindegewebe  sclerosirt- 
Die  callösen  Ränder,  die  unbeweglich  feste  Anheftung  des  Crescbwürs  m: 
der  Unterlage,  ganz  besonders  mit  der  Tibia,  sowie  die  durch  dasselbe  her 
▼orgemfene  chronische  JSntzündung  und  knorpelharte  Verdichtang  d^  Ooter 
hautbindegewebes   hinderten   eine  weitere  Vernarbnng;    and    ich   glaubte 
nach  Entfernung  dieser  ursächlichen  Momente,   Bedingungen   snr  Heüaog 
des  Ulcus  schaffen  zu  können.    So  beschloss  ich  denn,  das  letztere  zu  ei- 
stirpiren   und   den  erzeugten  Defect  durch   Ueberpflanzung   Yon  Haut  zs 
schliessen,   und  führte  am    13.  October   v.  J.   die  Operation    in    foigeoder 
Weise  aus. 

Ich  umgab  das  Geschwür  mit  zwei  halbmondförmigen  Schnitten,  welcbc. 
mehrere  Gentimeter  von  den  Rändern  desselben  entfernt,  durch  die  gesund« 
oder  wenig  narbige  Haut  verliefen,  und  präparirte  dasselbe,  sammt  den 
darunter  liegenden,  verdichteten  Unterhautbindegewebe,  vom  Periost,  r»p 
zum  geringeren  Theile  auch  von  der  Fascie  ab.  Das  auf  diese  Weise  ent- 
fernte HautstUck  hatte  eine  Länge  von  12,  eine  Breite  von  6  Ctm.  um  oei 
den  Defect  zu  schliessen,  machte  ich  (nach  Analogie  der  Langenbeck'. 
sehen  Methode  bei  der  Uranoplastik)  nach  innen  und  aussen  an  demsdbea 
zwei  seinen  Rändern  parallel  verlaufende  und  von  ihnen  4  Ctm.  entferste 
Schnitte,  welche  eine  Länge  von  13  Ctm.  hatten.  Indem  ich  nun  die  zwiscbei 
dem  Defect  und  den  Schnitten  liegende  Haut  der  Unterlage  loslöste,  erhielt 
ich  zwei  seitliche,  viereckige  Lappen,  welche  oben  nnd  nnten  mit  der  fibri 
gen  Haut  zusammenhingen  und  sich  ohne  Spannung  nach  der  Mittellioi« 
des  Unterschenkels  verschieben  und  vereinigen  Hessen  und  den  Defect  aber 
der  Tibia  schlössen.  Durch  Drahtsutureu  suchte  ich  eine  recht  genaue  Ao* 
einanderlagerung  herbeizuHihren.  Die  nach  der  Verschiebung  der  Hut- 
lappen entstandenen  halbmondförmigen  Defecte  fällte  ich  mit  Cfaatpi^ 
räp^e  aus. 

Die  mikroskopische  Untersuchung  ergab  Obrigens  in  dem  Geschwürs- 
gründe  ein  gefässreiches  Oranulationsgewebe,  welches  nach  abwärts  in  ein 
zellenarmes,  fibröses  Gewebe  allmälig  überging,  in  den  Rändern  Teigiösserte 
Papillen  nnd  verdickte  Epidermisdecke. 

Ich  gab  mich  von  vornherein  nicht  der.  Hoffnung  hin,  eine  vollstio- 
dige  Prima  intentio  zwischen  den  mit  einander  vereinigten  Hantlappsa  n 


Zar  organischen  Plastik  behafs  Heilang  Ton  Unterschenkelgeschw&ren*    923 

erzielen,  sondern  nnr  eine  theilweise.  Indess  auch  Letzteres  trat  nicht  ein- 
mal ein;  fiberall  schnitten  die  Bisensntnren  durch;  die  Wandränder  klaff- 
ten; beide  Lappen  zogen  sieh  mehr  nnd  mehr  nach  aussen  zarfick; 
und  in  der  Mitte  kam  es  selbst  znr  Oangrän  eines  etwa  nagelglied- 
grossen  Stfickes  der  Hant,  welches  mir  fibrigens  schon  während  der  Opera- 
tion, da  es  nnr  ans  Narbenmasse  bestand,  wenig  lebensfähig  erschienen 
war  So  hatte  Patient  nnnmehr  drei  eiternd^  Flächen  am  Unterschenkel. 
Nachdem  sich  anter  Anwendung  von  warmen  Dmschlägen  die  nekrotischen 
Theile  abgestossen  hatten,  liess  ich  (während  Patient  fortdauernd  ruhige 
Lage  beobachtete)  die  fiber  der  Tibia  liegende,  dem  früheren  Olcas  ent- 
sprechende Wunde  anföoglich  mit  Ong.  basilicum,  später,  als  die  Granula- 
tionen das  MiTean  der  Haat  erreichten,  mit  einer  Höllensteinsalbe  Terbin- 
den,  während  ich  die  Granulationen  der  beiden  seitlichen  Defecte  niederzu- 
halten suchte,  selbst  öfters  zerstörte.  Auch  zerstörte  ich  von  Zeit  zu  Zeit 
mit  einer  Sonde  die  Granulationen,  welche  sich  zwischen  den  beiden  Hant- 
lappen und  ihrer  Unterlage  bildeten,  damit  nicht  eine  zu  schnelle  Anlöthung 
miteinander  erfolgte.  Unter  dieser  einfachen  Behandlung  heilte  per  secun- 
dam  intentionem  die  erste  Fläche  in  den  letzten  Tagen  des  December  (also 
innerhalb  72  Tagen);  die  beiden  seitlichen  sind  einige  Tage  später  ver- 
narbt. —  Sämmtliche  Narben,  auch  die  fiber  der  Tibia  befindliche,  sind  so 
derb  und  dick,  dass  sie  einen  Aufbruch  nicht  befOrchten  lassen. 

Somit  hatte  ich  die  Heilung  des  mit  der  Tibia  fest  Tcrlötbeten,  ato- 
nischen Geschwfirs,  welches  mehrere  Monate  jeder  Behandlung  getrotzt  hatte, 
erreicht,  trotzdem  der  bald  nach  der  Operation  eingetretene  Erfolg  das 
Uebel  eher  zn  Terschlimmem ,  als  am  ▼erbessern  schien.  Denn  nach  dem 
Klaffen  der  Ränder  und  der  partiellen  Gangrän  des  einen  Lappens  hatte 
der  Substanzverlnst  fiber  der  Tibia  einen  grösseren  Umfang,  als  das  frflhere 
Geschwfir,  und  zum  ersteren  gesellten  sich  zu  beiden  Seiten  des  Unter- 
schenkels noch  zwei  andere.  Dass  nun  bei  dem  ersten  Defect  dennoch 
eine  Vemarbung  eintrat,  hat,  wie  ich  glaube,  in  folgenden  Yerhältnisaen 
seinen  Grand.  Zunächst  waren  die  Ränder  des  mittleren  Defects  Tollkom- 
men  oder  wenigstens  nahezu  gesunde  Hantpartien;  sodann  war  auch  der 
Grund  von  einem  nicht  mehr  infiltrirten  Bindegewebe  (dem  Periost  nnd  der 
Fascie  angehörig)  gebildet  Diese  beiden  Umstände  wfirden  indess  noch 
nicht  Yollständig  hingereicht  haben,  die  bedeutende  Fläche  per  granulatio- 
nem  znr  Vemarbung  zu  bringen.  Denn  die  bei  jeder  Verheilung  einer  Wunde 
eintretende  Contraction  des  jungen  Narbengewebes  wfirde  schliesslich  bei 
diesem  grossen  Defect  nicht  mehr  im  Stande  gewesen  sein,  die  umgeben- 
den Hautpartien  herbeizuziehen.  Und  so  hätte  wohl  eine  einfache  Exstir- 
pation  des  Geschwfires  nicht  zum  Ziele  geffihrt  Als  ein  drittes  wesent- 
liches Moment  betrachte  ich  demnach  die  Entspannung  der  benachbarten 

f.  Langonbeek^t  ArebW  f&r  Chtrarffi«.  IX.  59 


924  ^'  R-  Schneider. 

Hant  darch  Bildung  der  beiden  seiUichen  Lappen,  velobe  leielit  der  Goi- 
traction  der  jungen  Narbe  folgten  und  sieh  nach  der  Mitta  hin  vertiebts 
liessen.  Ich  suchte  daher  auch  den  Heilnngsproceas  der  beiden  eeitiicb^fii 
Defecte  zurückzuhalten,  indem  ich,  wie  bemerkt,  die  Gran nlatiooen  weniger 
beförderte  und  eine  zu  schnelle  Verlöthung  der  Hantlappeo  mit  Ihrer  üntei- 
läge  yerhinderte.  Eine  Vemarbung  dieser  beiden  seitliehen  l>efecte  p^ 
grannlationem  nnterliegt  wohl  keinem  Zweifel,  da  sie  auf  nicht  knöeheroer 
Unterlage  mhen,  nnd  gesunde,  frisch  gesehnittene  Hantr&nder  habe«. 

Gar   nicht   selten   finden    wir   bei  konischen  Ampatations- 
Rtümpfen  —  sei  es,  dass  durch  die  Schuld  des  Operateurs  zar 
Bedeckung  zu  wenig  Weichtheile  erhalten  wurden,  sei  es,  dass 
letztere  während  des  Heilungsprocesses  durch  Gangrän  sn  Ghrunde 
gingen  —  ein  Ulcus  prominens  auf  dem  Knochen.    Die  Haut  ist 
mit  den  Rändern  der  Sägofiäche  des  Knochens  fest  verwachsen; 
und  aus  den  oben  angegebenen  Gründen  kommt  es   auch  hier 
nicht  zur  Vemarbung«    In  der  Regel  hat  man  zur  Heilung  sol- 
cher F&llo  den  Knochen  noch  einmal  abgesägt,  um  die  Weich- 
theile, welche  man  entweder  nach  B.  Bell  geschont  oder  ancli 
noch  theilweise  weggeschnitten  hatte,  bequem  vereinigen  zo  könneo. 
Wenn  man  dabei  auch  Sorge  trug,  die  Markhöhle  nicht  zu  eroff- 
nen,  um  den  Patienten  nicht  einer  zu  grossen  Gefahr  auszusetzen, 
80  ist  dieser  Eingriff  doch  immer  ein  bedeutender,  und  wohl  nur 
da,   zu  rechtfertigen,  wo  es  sich  um  die  schwersten  Fälle  han- 
delt.   Zeis*)  gab  nun  1865  ein  Verfahren  an,  einen  Hautlappen 
auf  einen  geschwürigen  Amputationsstumpf  zu  verpflanzen;  ich 
glaube  jedoch  nicht,  dass  er  viele  Nachahmer  finden  wird.  - 
Ich  bin  der  Meinung,   dass  man   ein  solches  Ulcus  promiuens 
nach  der  von  mir  angewandten  Methode  auch  wird  zur  Heilang 
bringen  können.    Man  hätte  also  dasselbe  vollständig  zu  ent- 
fernen, parallel  den  Rändern  des  Defects  Hautschnitte  zu  fuhren, 
die  Lappen  abzupräpariren,  über  den  Knochen  zu  schieben  und 
zu  vereinigen.   Diese  Hautlappen  würden,  je  nach  ihrer  Bildung, 
entweder  an  der  vorderen  und  hinteren  oder  an  der  inneren  nnd 


*;  V.  Langenbeck*R  Archiv.    1865. 


Zar  organischen  Plastik  bebofs  Heilang  Ton  Unterscbenkelgescbwfiren.    925 

äusseren  Seite  des  Gliedes  mit  der  übrigen  Haut  zneammenhän- 
gen  und  daselbst  ihre  Blutzufiihr  erhalten. 

Schliesslich  möchte  ich  noch  auf  die  oben  erwähnte  Ver- 
längerung der  Unterschenkelknochen  aufmerksam  machen,  welche 
Bich,  wie  der  Patient  selbst  bemerkt  hat,  während  des  Bestehens 
des  Geschwürs  entwickelte. .  Die  Fibula  war  nicht  (wie  es  bis- 
weilen beobachtet  ist)  aus  ihrer  oberen  Gelenkverbindung  mit  der 
Tibia  herabgezerrt,  sondern  hatte  auch  an  dem  gesteigerten  Län- 
genwachsthum  Theil  genommen.    Im  hiesigen  städtischen  Kran- 
kenbause,  wo  ich  in  Bezug  auf  diese  seltene  Erscheinung  eine 
sehr  grosse  Anzahl  von  Patienten  mit  Unterschenkelgeschwüren 
untersuchte,  habe  ich  an  den  betreffenden  Gliedern  keine  solche 
Verlängerung  finden  können.    In  unserem  Falle  war  letztere  wohl 
bedingt  durch  die  vermehrte  Blutzufnhr  zum  Knochen  und  durch 
das  jugendliche  Alter  des  Patienten. 


59* 


XYII. 

Notizen  aus  der  Praxis  der  chirurgi- 
schen Poliklinik. 

Dr.  C  Hueter, 

Professor  der  Chirurgie  in  Rostock, 
ehemaligem  Assistenzarzt  am  Konigl.  chimrgischen  Klinikum  so  Berlto. 

(Mit  1  Abbildung  in  Holzschnitt) 


Die  zum  Eönigl.  chirargiBchen  ELlinikum  gehörige  Poliklioil 
bietet  ein  ansserordeDtlich  reiches  Material  von  allen  hänfig^-en 
chirurgischen  Erkrankungsformen,  ein  Material,  dessen  Reich- 
thum  gerade  bei  der  Kürze  der  ffir  die  Poliklinik  zugemessenes 
Zeit,  und  bei  den  ungünstigen  Verhältnissen,  wie  sie  Poliklinikec 
überhaupt  darbieten,  eine  streng  wissenschaftliche  Verwertboog 
desselben  unmöglich  macht  Wohl  aber  bietet  ein  solches  Mate- 
rial allerlei  neue  Gesichtspunkte,  insbesondere  für  die  Therapie, 
und  so  haben  sich  im  Verlauf  der  3  Jahre,  in  welchen  ich  poli- 
klinisch beschäftigt  gewesen  bin,  eine  Zahl  von  kleinen  Notisefi 
augesammelt,  welche  ich  den  Facbgenossen  mitzutheilen  kein 
Bedenken  trage.  Sie  sind  zwar  nicht  dazu  bestimmt^  wichüge 
wissenschaftliche  Fragen  zu  lösen,  oder  auch  nur  zu  ihrer  Lösung 
einen  Beitrag  zu  liefern,  aber  dem  Praktiker  werden  sie  hoffent- 
lich keine  ganz  unwillkommene  Gabe  sein. 


I.   Zur  Extraction  fremder  Körper. 
Die  grösste  Anzahl  von  fremden  Körpern  wurde  aus  der 
Nasenhöhle  und  aus  dem  äusseren  Gehörgang  entfernt.   In 


Notizen  ans  der  Praxü  der  chirurgischen  Poliklinik.  927 

den  meisten  Fällen  genfigte  die  Anwendung  eines  OhrlOffels*  Es 
ist  angenehm,  wenn  derselbe  aus  biegsamen  Metall  gearbeitet  ist, 
damit  man  die  Winkelstellang  des  Löffels  gegen  den  Stiel  nach 
Belieben  modifieiren  kann.  Noch  besser  kann  dieses  an  einem 
kleinen  Instrument  geschehen,  welches  einen  Langenbeck'schen 
Kugelzieher  in  Miniatur  vorstellt  und  dem  bekannten  Leroy 'sehen 
Instrument  zur  Extraction  fremder  E&rper  aus  der  Urethra  sehr 
ähnlich  ist.  Der  Druck  auf  einen  Hebel  am  Griff  des  Instru- 
mentes giebt  dem  löffeiförmigen  Ende,  welches  in  einem  Ghar- 
nier  beweglich  ist,  verschiedene  Elevationen,  und  da  man  den 
Löffel  erst  dann  aufzurichten  braucht,  sobald  man  ihn  hinter  den 
fremden  Körper  geführt  hat,  so  scheint  dasselbe  für  die  Extraction 
grössere  Annehmlichkeiten  darzubieten.  Indessen  ist  das  Instru- 
ment etwas  zerbrechlich,  und  ich  habe  schliesslich  seinen  Ge- 
brauch aufgegeben,  indem  ich  mich  davon  fiberzeugte,  dass  man 
mit  dem  gewöhnlichen  OhrlOffel  ausreicht. 

Sehr  unangenehm  sind  die  T&uschungen,  denen  man  bei  der 
Nasenhöhle  und  dem  äusseren  Gehörgang  durch  entblösste  Eno- 
cbenpartieen  ausgesetzt  ist,  welche  bei  frfiheren  Extractions ver- 
suchen ihren  Schleimhautüberzug  verloren  haben.    Man  kommt 
immer  wieder  mit  der  Sonde  oder  dem  Extractionsinstrument 
auf  die  harte  Fläche  und  glaubt  den  fremden  Körper  zu  fühlen, 
welcher  entweder  wo  anders  sitzt,  oder  schon   längst  spontan 
wieder  entfernt  worden  ist.    Ich  kenne  kein  Mittel,  welches  gegen 
diese  Täuschung  sicherstellte,  und  selbst  wenn  man  bei  den  Kin- 
dern an  das  eigene  Gefühl  appelliren  könnte,  so  wfirde  man  doch 
wieder  Täuschungen  ausgesetzt  sein.     Wenigstens   habe  ich   in 
einem  Fall  erfahren,  wie  schwer  der  eigene  Knochen  von  einem 
fremden  Körper  zu  unterscheiden  ist.     Ich  extrabirte  bei  einem 
Physiker  mehrere  Glassplitter,  welche  an  dem  Seitenrande  eines 
Finger  bis  auf  das  Periost  eingesprengt  waren.    Schliesslich  fühlte 
ich  noch  eine  glatte,  entblösste  feste  Fläche,  welche  ich  für  den 
von  Periost  entblössten  Knochen  hielt.    Der  sehr  intelligente  Pa- 
tient gab  mit  Bestimmtheit  an,  dass  er  ganz  deutlich  fühle,  dass 
der  berührte  Körper  ihm  nicht  angehöre,  und  verlangte  die  Ex- 


928  ^^'  ^-  Hoeter, 

traction.   Die  Extractionsyereache  blieben  jedoch  vergebfich^  m 
als  ich  schliesslich  durch  Tergrösserung   der  Incision  die  Tbei 
ganz  freilegte,  überzeugten  wir  uns  Beide,    dass  der  fraglk 
Körper  doch  nichts  Anderes,  als  entblftsster  Knocbea  war.    I< 
glaube  hiemach,  dass  man  solchen  Tinschungen   saweflen  ai 
gesetzt  sein  wird,  und  man  muss  die  Möglichkeit  dieser  Ti 
Bcbung  kennen,  um  sich  nicht  zu  ausgedehnten  Incisionen  k 
stimmen  zu  lassen.    In  einem  Falle  wurde  die  Uhrmoschel  vj 
hinten  her,  nach  dem  Vorschlage  von  v.  Troeltsch,  abgelo^ 
um  die  Tiefe  des  äusseren  Gehörganges  freizulegen,  und  schUe5^ 
lieh  ergab  sich,  dass  doch  kein  fremder  Körper  vorhanden  wr 
sondern  dass  nur   der  dünne   mucös  -  periostale   Ueberzag  to: 
einer  Partie  des  knöchernen  Gehöiganges  abgestreift  worden  wa: 
Die  Heilung  erfolgte  ohne  Störung.    Dieser  Fall  hätte  mich  bei- 
nahe in  einem  folgenden  zweifelhaften  Fall,  in  dem  es  sieb  im 
eine  Glasperle  in  der  Nasenhöhle  eines  Kindes  huidelte,  dm 
bestimmt,   nach   den   ersten   vergeblichen  Extractionsversvcher: 
dieselben  gänzlich  zu  unterlassen,  obgleich  ich  mit  der  Soodt 
deutlich  einen  festen,  glatten  Körper  fehlte.   Die  bestimmte  An- 
gabe der  Mutter,  es  müsse  die  Perle  noch  in  der  Nase  steckeB.  i 
weil  sie  die  Einführung  derselben  gesehen,  und  seit  jener  Z&i  ' 
das  Kind  nicht  verlassen  hatte,  bewogen  mich  schliesslich,  do 
Nasenflügel  abzulösen.    Ich  erkannte  nun  mit  dem  Finger  dk 
im  mittleren  Nasengang  eingeklemmte  Perle,  welche  ich  dm 
ohne  grosse  Schwierigkeit  extrahirte* 

Bei  unruhigen  Kindern  ist  die  Anwendung  der  Narcose  ir 
Extraction  fremder  Körper  aus  dem  Gehörgang  oder  ans  dtr 
Nasenhöhle  sehr  zu  empfehlen,  und  in  manchen  F^en,  wie  i() 
glaube,  gar  nicht  zu  umgehen. 

Eine  verhältnissmässig  reiche  Ausbeute  von  fremden  K(r 
pern  bot  mir  der  Oesophagus.  Meistens  waren  es  Fischgrätei 
und  Knochenstücke,  welche  bei  allzu  hastigem  Essen  mit  w- 
schluckt  worden  waren.  In  einem  Fall  war  das  extrabirte  Koo- 
chenstflck  über  1''  lang,  noch  von  einer  ziemlich  mächtigen  Fleiscb- 
masse  umgeben.    Als  Extractionsinstrument  diente  ausnabmdlc: 


Notizen  aus  der  Praxis  der  efairurgischen  Poliklinik.  929 

der   V.  Graefe'sche  Münzenfänger,  welchen  ich  der  Häufigkeit 
des  Gebrauches  nach  eher  „Knochenfanger^  als  „Mflnzen&nger^ 
nennen  möchte.    Mir  scheint  es,  als  ob  in  den  Lehrbüchern  die 
Dienste,   welche  dieses  Instrument  bietet,   noch   nicht  gehörig 
heryorgehoben  wurden;   nach  meiner  üeberzeugung  ist  es  das 
souveraine  Extractionsinstrumont  fftr  fremde  EOrper  aus  dem 
Oesophagus  überhaupt  und  demnach  für  keinen  Arzt  entbehrlich. 
Ausser  mehreren  Knochenstücken  befinden  sich  noch  ein  Drei- 
pfennigstück, welches  3  Tage  in  dem  Oesophagus  eines  4jährigen 
Kindes  sich  aufgehalten  hatte,  und  eine  Stecknadel  in  meinem 
Besitz,  welche  ich  bei  einem  jungen  Mädchen  aus  den  tiefen  Ab- 
schnitten des  Oesophagus  extrahirte.    Die  Nadel  hatte  sich  so 
glücklich  in  die  Fenster  des  Münzenfangers  angehakt,  dass  ich 
sie  ohne  Verletzung  des  Oesophagus  mit  einem  Zug  extrahiren 
konnte.    Versagt  bat  mir  der  Müozenfanger  noch  bei  keinem  frem- 
den KSrper;  denn  so  oft  mir  die  Extraction  nicht  gelang,  fiber- 
zeugte  mich   die   Einführung   dicker  Schlundsonden,   dass  der 
fremde  Körper  sich  gar  nicht  mehr  im  Oesophagus  befand.         > 
So  angelegentlich  ich  nun  auch  den  Gebrauch  des  Graefe'- 
sehen  Münzenfangers  Ar  die  Extraction  fremder  Körper  aus  dem 
Oesophagus  nach  meinen  Erfahrungen  empfehlen  kann,  so  haben 
mich  diese  Erfahrungen  doch  auch  mit  einem  Üebelstande  des 
Instrumentes  vertraut  gemacht,  welchen  man  kennen  muss,  wenn 
man  nicht  in  Verlegenheit  gerathen  will     Sobald  man  nämlich 
den   fremden  Körper  im   Korb   des  Münzenfängers   nach   oben 
schiebend,  in  die  Pbaryngealböhle  gelangt,  so  kann  der  fremde 
Körper  aus  dem  Korb  herausfallen,  in  welchem  er  durch  den 
Druck  der  engen  Oesophaguswandnngen  festgehalten  wurde,  und 
es  kann  derselbe  dann  hinter  der  Epiglottis  auf*  die  Glottis  ge- 
rathen.   Es  ist  mir  dieses  unangenehme  Ereigniss  mehrmals  be- 
gegnet, und  führte  zweimal  zu  etwas  beängstigenden,  wenn  auch 
nur  momentanen  Suflfocationserscheinungen ,   bis  es  mir  gelang, 
mit  dem  hakonförmig  gekrümmten  Finger  der  linken  Hand  den 
fremden  Körper  aus  der  Mundhöhle  herauszuschaffen.    Ich  wüsste 
nicht,  wie  man  diesem  üebelstande  durch  eine  Modification  des 


930  Dr.  C  Haeter, 

Instrumentes  abhelfen  konnte,  ohne  dasselbe  dadurch  so  %m  cos- 
pliciren,  dass  es  wieder  in  anderer  Beziehung  an  Braochbark?. 
Terlieren  wurde.  Wenn  man  den  erwähnten  Uebelstand  keor 
80  genügt  es,  mit  dem  Zeigefinger  der  linken  Hand,  welche 
sich  während  der  Extraction  an  der  Zungenbasis  befindet,  d€i 
Korb  des  Münzenf&ngers  in  Empfang  zu  nehmen  und,  falls  troti- 
dem  der  fremde  Körper  gegen  die  Glottis  fallen  sollte,  ihn  mt 
dem  hakenförmig  gekrümmten  Finger  herauszuziehen. 

Zur  Extraction  eines  abgebrochenen  Katheterstückes  in  ät^  i 
Urethra  habe  ich  in  einem  Fall  ein  Instrument  benutzt,    wel- 
ches für  diesen  Zweck  bis  jetzt  wohl  noch  keine  Anwendimi  1 
gefunden  hat,  nämlich  die  amerikanische  Kugelzange.    Dar  Pa- 
tient hatte  beim  Zurückziehen  des  morschen,  elastischea  Käthe-  i 
ters,  welchen  er  gewohnt  war,  sich  selbst  einzuführen,  das  vor-  . 
dere  Ende  des  Katheters  in  der  Länge  von  2  ZoU  in  der  üretbn   ' 
zurückgelassen.    Als  ich  den  Kranken  sah,  lag  das  vordere  Ende 
des  abgebrochenen  Eatheterstficks  gerade  noch  in  der  Pars  pea- 
dula,  so  dass  ich  eben  noch  mit  den  Fingern  der  linken  Haad    i 
dasselbe  vor  dem  weiteren  Zurückgleiten  gegen  die  Harnblase 
schützen  konnte.     Mit  der  rechten  Hand  führte  ich  die  mit  sete* 
feinen  Branchen  versehene  Kugelzange  in  die  Urethra  ein,  öflhe^ 
das  Instrument,  sobald  ich  den  Widerstand  von  Seiten  des  frem- 
den Körpers  fühlte,  und  die  Haken  fassten  richtig  in  die  Sab-    i 
stanz   des  Katheters  ein.     Bei  dem  Herausziehen   glitten   zwar 
zweimal  die  Haken  vom  Katheter  ab,  aber  jedesmal  konnte  iek 
ihn  wieder  leicht  fassen  und  die  Extraction  gelang  ohne  jede    1 
Verletzung  der  Urethra.     Ich  glaube  die  amerikanische  Kugel- 
zange für  ähnliche  Extractionen  aus  der  Urethra  empfehlen  tu   | 
dürfen. 

Extractionen  von  Nadeln  und  Nadelstücken  habe  ick 
in  grosser  Anzahl  ausgeführt,  besonders  aus  der  Hand.  Es  sind 
die  Nadelextractionen  aus  dem  ünterhautbindegewebe  der  Haa<! 
deshalb  sehr  unangenehm,  weil  die  starren  Fasern  dieses  Ge- 
webes sehr  leicht  die  Nadel  vortäuschen  können*  Im  üebriges 
boten  diese  Extractionen  kein  besonderes  Interesse  dar;  dagegen 


Notizen  aas  der  Praxis  der  chirargischen  Poliklinik.  931 

.  U8S  ich  einige  sonderbare  Fälle  von  Nadeleitraciionen  aus  an- 
.  3ren  Regionen  erwähnen. 

Es  erschien  eine  Frau  mit  der  Angabe,  daas  in  dem  Brod,  welches 

e   gegessen  hatte,  eine  Nadel  enthalten   gewesen  sein  müsse,   welche  ihr 

ei   dem  Herunterschlacken  hinten  im  Halse  steckengeblieben  sei.    Die  sorg- 

iltigste  Untersuchung  der  Schiandgegend  mit  dem  Pinger  und  der  Schlund- 

^nde  hatte  nichts  ergeben,  und  ich  schickte  die  Frau  mit  der  Bemerkung 

^eg,  daas  sie  sich  wohl  getäuscht  haben  möge.    Die  Patientin  war  indessen 

.  on   der  Existenz  der  Nadel  in  ihrem  Ualse  so  fest  fiberzeugt,   dass  sie 

och  im  Vorzimmer  wartete.    Plötzlich,  nach  Verlauf  einer  Stunde,  erschien 

ie  wieder,  nnd  nun  war  die  Spitze  der  Nadel  am  linken  Seitenrand  des 

^rynx  unter  der  Haut  zu  ffihlen.   Eine  Incision  durch  die  Haut  und  ober- 

lächliche  Fascie  genügte,  um  die  Nähnadel  zu  extrahiren.    Sie  hatte  im 

yerlanf  von  ungefähr  2  Stunden  den  Weg  von  der  Pharynxhöhle  bis  zu 

lern  Seitenrand  des  Kehlkopfes  durchlaufen,  indem  die  Contractionen  der 

Muskeln  wohl  diesen  Lauf  nicht  wenig  begünstigt  hatten 

Ein  Mann  erschien  mit  folgender  Angabc:  Er  hatte  eine  Nähnadel  an 
lena  unteren  Ende  seiner  Weste  festgesteckt,  und  als  er  eine  schwere  Riste 
kraftvoll  emporhob,  hatte  dieselbe  an  die  Nadel  angestreift  und  diese  durch 
Weste  nnd  Hose  in  die  Bauchdecken  getrieben.  Seit  dem  Unfall  waren 
2  Stunden  verflossen,  und  die  heftigsten  Schmerzen  waren  in  der  linken 
Hälfte  des  Unterleibs  entstanden.  Patient  zeigte  ein  ganz  blasses,  verfal- 
lenes Gesicht,  sein  Puls  war  sehr  klein  nnd  schwach,  und  das  Aussehen 
entsprach  vollkommen  dem  Aussehen  eines  an  acntester  Peritonitis  erkrank- 
ten Patienten.  Jeder  Schritt  erzeugte  die  lebhaftesten  Schmerzen.  In 
einiger  Entfernung  von  der  Einstichsöffnung  fühlte  man  in  der  Tiefe  der 
Banchdecken,  ungefähr  in  der  Ifitte  zwischen  Nabel  und  linker  Spina  aut 
sup.  ossis  ilei  das  eine  Ende  der  Nadel  durch.  Ich  vermuthete,  dass  die 
Nadelspitze  bis  in  die  Peritonealfläche  der  Därme  die  auffallend  heftigen 
El  scheinungen  hervorgerafen  habe.  Weil  ich  besorgte,  dass  bei  der  Auf- 
regung, die  der  Narcose  vorauszugehen  pflegt,  die  Nadel  durch  die  Con- 
tractionen der  Bauchmuskeln  noch  weiter  in  die  Peritonealhöhle  getrieben 
werden  könnte,  schlug  ich  dem  Patienten  vor,  die  Extraction  ohne  Narcose 
vornehmen  zu  lassen.  Dieses  wurde  jedoch  entschieden  von  ihm  verweigert. 
Ich  markirte  mir  die  Stelle,  wo  die  Nadel  in  der  Tiefe  durchzufühlen  war, 
und  wie  begründet  meine  Besorgniss  war,  bewies  das  Resultet  der  ersten 
nnrahigen  Bewegungen  des  Patienten  nach  den  ersten  Chloroforminhala- 
tionen. Die  Nadel  war  sofort  verschwunden.  Die  weitere  Besorgniss,  dass 
die  Nadel  eine  heftige,  vielleicht  lethale  Peritonitis  verursachen  konnte,  be- 
stimmte mich,  wenigstens  noch  einen  Ex tractions versuch  zu  machen.  Ich 
trenne  die  Haut,  die  Pascia  superficialis,  die  Sehne  des  Obliquus  ext,  die 


Dr.  a  Hucter» 

Schicht  des  Obliquas  int.,  uod  endlich  die  Schicht  des  TnuisvenMifi.  K^rl 
dem  ich  bo  in  das  subperitoneale  Gewebe  TorgedraDgen  war,  entdeckt«,  i^ 
das  NadeKThr  noch  ausserhalb  der  Peritonealhöhle,  and  es  prominiru  .1 
rade  nur  so  Tiel,  dass  ich  das  Oehr  mit  der  Pincette  fassen  nnd  s«  | 
Nadel  aas  der  Bauchhöhle  eztrahiren  konnte.  Der  Patient,  sehr  erfraj 
über  die  sofortige  fieseitignng  seiner  Schmerzen,  konnte  schon  nach  4  Ta&| 
nach  vollendeter  Prim&rheilung,  der  durch  2  Sutoren  Te  reinigten  Wkii] 
geheilt  entlassen  werden. 

Einen  tragischen  Ausgang  nahm  folgende  Gesdiiohte  ek  1 
^unglfickseligen  kleinen  Nadel^. 

Bin  Schneider  hatte  sich   eine  N&hnadel,   entsprechend    der  iootriJ 
Seitenfläche  des  Gondylus  int.  femoris,  dicht  am  Kniegelenk  eingesloiiei 
und  bei  dem  Herausziehen  war  die  Spitze  von  etwa  2  Linien  Lange  alc. 
hrochen  nnd  in  der  Tiefe  zurfickgeblieben.     Die  Bewegungen   des  Kn\<'^ 
waren ,  als  der  Patient  zu  mir  kam ,  nngefUhr  eine  Stunde  nach  der  V^ 
letzung  so  schmerzhaft,  dass  er  mit  dem  Bein  nicht  aufzutreten  wagte.   I  * 
ging  von  dem  Einstichspunkt,  unter  welchem  ich  das  Nadelstnck  io  d« 
Tiefe  zu  fühlen  glaubte,  sorgfältig  präparirend  in  die  Tiefe,  konnte  jedoci 
nichts  auffinden,  nnd  da  ich  mich  in  der  unmittelbarsten  Nähe  der  Kapse. 
Insertion  befand,  so  glaubte  ich  auf  Weiteres  verzichten  zn  mfissen.   Eb« 
ich  jedoch  die  Wunde  schloss,  machte  ich  noch  einige  vorsichtige  Bewegii» 
gen  im  Kniegelenk  und  hörte  nnd  fühlte,  wie  die  Nadelspitze  auf  nnd  zwis€be!i 
den  Gelenkflächen  hemmkratzte.    Zugleich  fühlte  ich,  dass  dieses  Kratzei 
ganz  nahe  an  der  Incisionswnnde  stattfand.    Ich  beschloss  nun,  das  Stocl 
auch  auf  die  Gefahr  der  Kapseleröffnung  hin,  zn  extrahiren,  da  mir  die^e^ 
der  einzige  Weg  zu  sein  schien ,  nm  den  Kranken  vor  einer  eiterigen  Gr 
lenkentzündung  wenigstens  vielleicht  zu  schützen.    Ich  erreichte  das  Ee^ 
der  Nadel,  ohne  die  Kapsel  zn  eröffnen,  nach  der  Extraction  aber  zei;i' 
sich  eine  Oeffnnng  in  der  Kapsel,  von  ungefähr  1"'  Durchmesser,  ans  vel- 
eher  Synovia  abfloss.    Ich  schloss  die  Wunde  sorgfältig  mit  Suturen,  l^i< 
einen  Gypsverband  an,  nnd  bei  vollständig  ruhiger  Lagerung  wurde  der  Es 
beutel  energisch  angewandt.    Doch  blieb  die  Gelenkentzündung  nicht  aiiN 
Nach  Lösung  der  Suturen  drängte  sich  zuerst  klare  Synovia  zwischen  des 
Wundrändern  hervor,  allmälig  wurde  der  Ausfluss  eiterig  und  übelriecbeßi 
Dann  entstanden  Sackungen  gegen  den  Oberschenkel,  und   die  zahlreicbeD 
nnd  tiefen  Incisionen  blieben  ohne  durchgreifenden  Erfolg.    Es  trat  Septi- 
caemie  ein,   und  so  erlag  Patient  nach  14  Tagen  den  Einwirkungen  eific^ 
Nadelstückchens  von  2"' Länge;  ich  wenigstens  glaube  nicht,  dass  ohne  die 
Extraction  der  Patient  einem  gleichen  Schicksal  entronnen  wäre. 


Notizen  aus  der  Praxi»  der  ofairurgiBchen  Poliklinik«  933 


II.    Zur  Lehre  von  den  Luxationen. 

Luxationen  der  Fingergelenke  kamen  mehrfach  zur  Beob- 
achtoog.    Als  eine  sehr  seltene  Form  erwähne  ich  eine  Luxation 
der  Endphalange  des  Zeigefingers  auf  die  Dorsalfläche  der  Mittel- 
phalange,  welche  ich  aus  der  Dorsalflexion  sehr  leicht  reponirte. 
In    einem  anderen  Fall  fand  dieselbe  Luxation  gleichzeitig   an 
dem  4.  Finger  der  einen  und  am  Zeigefinger  der  anderen  Hand 
btait;  beide  Hessen  sich  leicht  reponiren.    Zwischen  der  Grund- 
phalange  und  der  Mittelphalange  desselben  Fingers  beobachtete 
ich   eine  interessante,  complicirte  Luxation,  welche  durch  Ma- 
i$chinengewalt  entstanden  war.    In  der  Tiefe  einer  breit  klaffen- 
den Wunde  auf  der  Dorsalfläche  des  Fingers,  welche  sich  von 
dem  vorderen  zum  mittleren  Fingergelenk  erstreckte,  erkannte 
man  eine  Langsfractur  der  Mittelphalange,  welche  durch  die  hin- 
tere Gelenkfläche  der  Phalange  etwas  schräg  zum  Seitenrand  des 
vorderen  Endes  des  Phalangealknochens  verlief    Zwischen  die 
beiden  Längsfragmente  war  das  Köpfchen  der  Grundphalange  nach 
vorn  getrieben  und  prominirte  frei  zwischen  denselben,  ungefähr 
in  der  Mitte  der  Länge  des  mittleren  Phalangealknochens.    Durch 
Anziehen  der  Fingerspitze  erzielte  ich  zugleich  Reposition  der 
Luxation  und  die  Coaptation  der  Fracturflächen,  und  mit  einem 
einfachen  Verband  erfolgte  schnell  die  Heilung. 

Es  ist  bekannt,  dass  die  Luxationen  in  den  Phalango  -  Meta- 
carpalgelenken  die  häufigsten  Luxationen  der  Finger  darstellen 
und  ein  besonderes  Interesse  wegen  der  Schwierigkeiten  besitzen, 
welche  diese  Luxationen  bei  der  Reposition  darbieten.  Ich  kann 
über  5  Luxationen  dieser  Art  berichten,  von  denen  3  dem  Dau- 
men, 1  dem  Mittel-  und  1  dem  Zeigefinger  angehörten.  Alle  5  Fälle 
waren  Luxationen  des  Fingers  auf  die  Dorsalfläche  des  Meta- 
carpos,  wie  dieselben  durch  forcirte  Extension  (Dorsalflexion), 
ja  80  leicht  auch  an  der  Leiche  zu  produciren  sind,  während  die 
umgekehrte  Form,  die  Luxation  des  Fingers  auf  die  Volarfläehe 
des  Metacarpus,  nicht  wohl  erzielt  werden  kann,  weil  die  dazu 


934  I>r   C   Hueter, 

noth wendige  Bewegung,  die  forcirte  Flexrion  (Volarflexion)  au^: 
nach  ZerreissuDg  der  Bänder  und  der  Kapsel  durch  den  Cont^:i 
der   Weichtheile  früher  gehemmt  wird,  bevor   die    Luxation  :s 
Stande  kommen  kann.    In  den  erwähnten  Fällen  gelang  mir  3ma! 
die  RepoHition  ohne  besondere  Schwierigkeit,  indem  ich  die  Fin- 
ger in  die  Hyperextension  (Dor^alflexion)  znrückffibrte  und  tos 
hier  aus  reponirte.    In  2  Fällen  gelang  die  Reposition  trotz  alltr 
Bemühungen  und  aller  Variationen  der  Repos^itionsversuche  nicb: 
und  ich  schlieäse  mich    ganz  der  Ansticht  derjenigen  Cbimrgeii 
an,  welche  das  HinderniBS  in  der  Interposition  der  GeIenkkap^el 
zwischen  beide  Gelenkflächen  suchen.   Ich  konnte  in  beiden  Fäüeo 
ohne  Mühe  die  Gelenkfläche  der  Fingergrundphalange  der  Ge- 
ienkfläche  des  Metacarpalköpfchens  gegenüberstellen,  sobald  aber 
der  Extensionszug  am  Finger  nachliest,  kehrte  derselbe  in  seine 
Luxationsstellung  zurück,  und  es  machte  diese  Erscheinung  ganz 
den  Eindruck,  als  ob  Weichtheile  zwischen  den   Gelenkflächea 
sich  befänden.    Ich  schritt  deshalb   auch   nicht  zur  subcutanen 
Trennung  der  Bänder  oder  zur  Resection,  sondern  benügte  mich, 
die  Gelenkflächen  sich  einander  gegenüber  zu  stellen  und  unter 
fortdauernder  Extension  dieselben  in  dieser  Stellung  durch  einen 
sorgfältig  angelegten  Gypsverband  zu  fixiren.    Der  eine  Fall,  der 
aus  der  Provinz  gekommen  war,  entzog  sich  bald  der  Beobach- 
tung, der  andere  ergab  ein  befriedigendes  Resultat,  indem  nach 
Abnahme  des  Verbandes,  nach  einigen  Wochen,  der  luxirte  Mittel- 
finger nur  sehr  wenig  gegen  die  Dorsalfläche  prominirte  und  die 
Bewegungen  im  Gelenk^   wenn  auch  im  beschränkten  Umfang 
möglich  waren.  —  Ich  bemerke  übrigens,  dass  ich  in  diesen  bei- 
den Fällen  sowohl  die  bekannte  Lue r 'sehe  Zange,  als  auch  das 
neue  Mathieu'sche  Repositionsinstrument  für  Fingerluxationen 
anwendete,  ohne  jede  Spur  eines  Erfolges.    Die  Constructioo  bei- 
der Instrumente  basirt  auf  der  Anschauung,  dass  die  Finger  keinen 
geeigneten  Angriffspunkt  für  die  einfachen  Manipulationen  bieten 
und  deshalb  die  nOthige  Kraftentfaltung  bei  dem  Repositionsact 
nicht  zulassen.    Diese  Anschauung  erscheint  mir  nicht  berecbtigt, 
indem  man  am  Finger  mit  genügender  Kraft  manipuliren  kann. 


Notizen  aus  der  Praxis  der  chirurgischen  Poliklinik.  §35 

um  bei  gdiörigem  Verstandniss  des  Laxationsmechanigmus  frieche 
I^oxationen  za  reponiren,  und  indem  der  Erfolg  der  Dorsalflexion 
sicher  ist,  wenn  nicht  der  von  der  Volarfläche  des  Metacarpus 
abgerissene  Eapselfetzen  so  ungünstig  sitairt  ist,  dass  er  sich 
fortwährend  interponirt.  Die  genannten  Instrnmente  sind  Ar 
frische  Luxationen  entweder  überflüssig  oder  unnütz;  auch  bei 
veralteten  F&Uen  möchte  ich  ihren  Wirkungen  nicht  viel  Zutrauen 
schenken. 

Als  Curiosit&t  erw&hne  ich  eine  Maschinenverletzung  der 
Hand ,  welche  eine  Luxation  des  4.  und  5.  Metacarpus  auf  die 
Dorsalfläche  der  zweiten  Handwurzelrcihe  bewirkt  hatte.  Die 
Reposition  gelang  bei  der  vollständigen  Zerreissung  der  Bänder 
ohne  alle  Schwierigkeiten. 

Von  den  gewöhnlichenElIenbogenluxationen,  der  Luxa- 
tion beider  Yorderarmknochen  nach  hinten,  welche  ich  in  be- 
trächtlicher Anzahl  beobachtete,  kann  ich  nur  berichten,  dase 
ihre  Reposition  mir  immer,  auch  in  einigen  veralteten  Fällen 
(bis  zu  4  Wochen)  durch  das  von  Ro^er  angegebene  Manoeuvre 
der  Dorsalflexion  mit  grösster  Leichtigkeit  gelang.  Von  selteneren 
Luxationen  des  Ellenbogengelenkes  scheinen  mir  3  Fälle  von 
Luxation  beider  Vorderarmknochen  nach  aussen  von  erheblichem 
praktischen  Interesse,  und  ich  glaube  mich  verpflichtet,  auf  diese 
Fälle  etwas  genauer  einzugehen. 

Ich  habe  in  diesem  Archiv  (Bd.  VIIL  S.  153)  einen  ana- 
tomischen Bericht  über  5  Präparate  von  irreponirten  Luxationen 
beider  Vorderarmknochen  nach  aussen  gegeben,  welche  durch 
Resection  gewonnen  wurden  und  sich  in  der  Sammlung  des 
Eöuigl.  Klinikums  befinden.  Als  constanten  Befund  bezeichnete 
ich  damals  das  Abreissen  des  Epicondylus  int.  durch  das  Ligam. 
laterale  int.,  welcher  sich  dann  in  der  Fossa  trochlearis  der 
Bumemsgelenkfläche  lagert.  Die  Gonstanz  dieses  Befundes  wird 
durch  ein  6.  Präparat  bestätigt,  welches  im  Laufe  dieses  Som- 
mers ebenfalls  durch  die  Resection  gewonnen  wurde  und  wieder 
diese  Einlagerung  des  abgerissenen  Epicondylus  int.  in  die 
Trochlea  daibot.    Während  ich  nun  früher  diesen  Befund. mehr 


936  Dr.  0.  Ho  et  er, 

als  Curiosum  betrachtete,  bin  ich  heute  da^on  übenengt,  i^ 
dieser  Befand  eine  praktische  Bedentung  besitzt,  welche  des- 
halb nicht  gering  anzuschlagen  ist,  weil  diese  Lnxatiaaeo  bäi- 
figer  vorkommen,  als  man  wohl  annehmen  möohte.  Denn  i; 
halte  es  für  keinen  Zufall,  dass  ich  in  kurzer  Zeit  3  frische  Fä& 
dieser  Art  sah,  ich  glanbe  vielmehr  aus  der  etgentliiiiDlicJia 
Symptomatologie  dieser  Luxationen  den  Schluss  ziehen  zu  dürfe:, 
dass  dieselbe  in  praxi  leicht  übersehen  werden  kann  nnd  gewi^ 
häufig  übersehen  wird. 

Während  die  gewöhnliche  Luxation  beider   VorderarmkDO- 
chen  nach  hinten  sich  durch  die  Prominenz  und  den  Hodistand 
des  Olecranon  und  des  ganzen  Gelenkabschnittes  der  Dlna  Ri 
das  Gesicht,    wie  für  das  Gefühl,  so  sehr  scharf  kennzeichnei. 
fehlt  diese  Prominenz  bei  der  Luxation  beider  Vorderarmknocheo 
nach    aussen    ganz    oder    fast    ganz.       Die  Ulna  ist    ani   die 
kugelförmige  Gelenkfläche  -  der  Rotula   so  umgehakt,    dass  die 
Spitze  des  Olecranon  kaum  höher,  als  gewöhnlich  steht,  und  kaom 
mehr  prominirt,  als  in  normaler  Stellung.     Nach  der  Stellosg 
des  Radius  kann  man  sich  auch  nicht  gerade  sehr  gnt  Orienti- 
ren.   Man  sollte  zwar  annehmen,  dass  man  bei  dieser  Laxa- 
tionsform  die  tellerförmige  Grube  des  RadinskOpfohens  ebeaso 
gut  müsse  fühlen  können,  wie  bei  der  einfachen  Luxation  nach 
hinten;  diese  Annahme  triflt  aber  deshalb  nicht  zn^   weil  das 
RadiuskOpfchen  von  der  Prominenz  des  Epioondylns  int.  etwas 
gedeckt  wird,   und  der  Bluterguss  ziemlich  bedeutend  n  sm 
pflegt.    Gerade  der  Bluterguss  erschwert  die  Diagnose  sehr,  weil 
er  die  Palpation  des  Radiusköpfchens  schwieriger  madit  und  in 
ohnehin  nicht  sehr  prägnanten  Formenvertnderungen  des  Geleo- 
kes  noch  mehr  verhüllt.    Hierzu  kommt  noch,  dass  die  Bewe- 
gungen,  wenn  auch  in  geringerem  Dmfeng,  so-  dech  ziemlieh  gut 
sich  ausfahren  lassen,  indem  die  concave  Getmkfläehe  der  Oka 
sich  auf  der  convexen  Fläche  der  Rotula  bewegt.    Nur  eine  sori^- 
fSltige  Untersuchung  kann  vor  Irrthümem  sicherstellen  «nd  selbst 
diese  vielleicht  nur  dann,  wenn  der  Chirurg  durch  die  Kenntniss 
von  Präparaten  über  die  Lagerung  der  Tkeile  orientirt  ist.    leb 


Notizen  aus  der  Praxis  der  chiror^schen  Poliklinik.  937 

Eibe  es  wtoigstens  gesehen,  dass  ein  sonst  mit  Luxationen  sehr 
Brtrauter  Fachcollege  gerade  in  der  Diagnose  dieser  Luxations« 
>rm  fehl  gegangen  war-  Also  genaue  Inspection,  genaue  Palpa- 
on  und  zwar  die  Yergleichende  Palpation  der  gesunden  und  der 
ranken  Seite,  mit  besonderer  Berücksichtigung  des  Radiusk9pf- 
hens,  sind  für  die  Sicherung  der  Diagnose  unerlisslich. 

Nicht  geringere  Schwierigkeiten  als  die  Diagnose  kann  die 
Therapie  dieser  Lnxationsform  bieten.    Da  dieselbe  nur  als  Va- 
ietät  der  Luxation  beider  Vorderarmknochen  nach  hinten  auf- 
iiufassen  ist  (ich  nehme  an,  dass  nach  erfolgtem  Abhebein  der 
Selenkflachen  durch  die  Dorsalflexion  die  secundftre  Bewegung 
dicht  einfach  durch  die  Spannung  der  Weichtheile  im  Sinne  der 
Beugung,  sondern  durch  die  Concurrenz  äusserer  Einflfisse,  z.  B. 
der  Schwere  des  fallenden  Körpers  erfolgt,  und  so  die  seitliche 
Verschiebung  entsteht),  so  ist  auch  bei  der  Luxation  beider  Vor- 
derarmknochen  nach  aussen  für  die  Reposition  der  Vorderarm 
zunächst  in  die  Dorsalflexien  zu  bringen.    Es  würde  nun  genü- 
gen, den  Vorderarm  etwas  nach  innen  zu  drängen  und  die  Luxa- 
tion, nachdem  sie  so  in  eine  gewOhliche  Luxation  beider  Vorder- 
armknochen nach  hinten  zurückgeführt  ist,  nun  einfach  wie  diese 
zu  reponiren,  indem  man  den  Vorderarm  aus  der  Dorsalflexion 
in  die  Flexion  unter  Druck  auf  das  Radiusköpfchen  nach  unten 
überfährt,  wenn  nicht,  wie  oben  erwähnt,  der  Epicondylus  int. 
in  der  Troehlea  läge  und  vor  der  Reduction  aus  derselben  ent- 
fernt werden  müsste.     Schon  der  erste  Fall  überzeugte  mich, 
dass  mit  dem  eben  beschriebenen  einfachen  Manoeuvre   nichts 
gewonnen  ist;  denn   ein  auf  die  eine  Gelenkfläche  gelagertes 
Knochenstück  ist  ein  noch  mächtigeres  Repositionshindemiss,  als 
in  anderen  Fällen  die  interponirte  Kapsel,    ich  führte  nun  eine 
Bewegung  aus,  welche  mir  Erfolg  zu  versprechen  echten;  ich 
abducirte  in  der  Stellung  der  Dorsalflezion  den  Vorderarm  der 
Art,  dass  Vorderarm  und  Oberarm  einen  mit  dem  Scheitel  nach 
innen  sehenden  Winkel  bildeten,  um  durch  die  Anspannung  des 
Ligam.  lateral,  int  den  an  ihm  hängenden  Epicondylus  int  von 
der  Troehlea  wegzuziehen,  und  ging  nun  erst  in  die  Beugung 


938  ^r-  C.  Hueter, 

über.  Das  ManoeaTre  gelang,  die  Reposition  erfolgte.  Im  zwd 
ten  Fall  war  diese  Methode  erfolglos,  aber  in  diesem  Fall  i^i 
das  colossalste  Blutextravasat  vorbanden,  welches  ich  bis  jetj 
bei  einem  Trauma  des  Armes  gesehen  habe.  Die  Haut  beüu 
sich  durch  das  Extravasat  in  solcher  Spannung,  dass  ich  dl 
forcirten  Bewegungen  mit  grösster  Vorsicht  anwenden  mu^sii 
um  die  Haut  nicht  zu  zerreissen.  Weil  ich  bei  Fortsetanng  dri 
Manipulationen  weitere  Blutungen  und  dann  Gangiibi  der  Häd 
beffirchtete,  versichtete  ich  auf  die  Reposition,  legte  einen  Gyi^^ 
verband  an  und  stellte  dem  Patienten*  eine  secund&re  Resectio^ 
in  Aussicht.  Der  Gypsverband  wurde  wegen  rascher  Abnähst 
der  Schwellung  einige  Mal  gewechselt,  und  als  ich  ihn  nsri 
4  Wochen  definitiv  entfernte,  fand  ich  zwar  die  Knochen  no^i 
in  luxirter  Stellung,  aber" die  Bewegungen,  bei  denen  die  ÜIiu 
um  die  Rotula  sich  bewegte,  ziemlich  frei,  so  dass  der  Patieo: 
mit  dem  erhaltenen  Rest  der  Bewegungen  zufrieden  war.  h 
3.  Fall  versuchte  ich  mit  meinem  Collegen,  Dr.  Richter,  zu- 
sammen, zunächst  die  Hyperextension  mit  Abdnction  ohne  aüen 
Erfolg,  indem  es  uns  nicht  gelang,  die  UIna  über  den  aussereG 
hohen  Rand  der  Trochlea  hinwegzuheben^  und  nach  vielen  Mübeo 
gelang  endlich  die  Reposition,  als  Herr  Dr.  Richter  mit  der 
einen  Hand  den  Humerus  nach  hinten  und  innen  druckte.  M 
vermuthe,  dass  bei  diesem  Manoeuvre  die  Dlna  den  interponirtei 
Epicondylus  int.  vor  sich  herschob  und  so  aus  der  TroeUti 
entfernte. 

Nach  diesen,  der  Zahl  nach  geringen,  aber  bei  der  relativei 
Seltenheit  der  Luxation  des  Vorderarms  nach  aussen  doch  niet 
werthlosen  Erfahrungen,  möchte  ich  vorl&ufig  für  die  Repositioi 
dieser  Luxation  folgende  Regeln  aufstellen :  |f  an  mache  die  Hyp^f* 
extension  und  die  Abduction  des  Vorderarms,  dränge  ihn  nacü 
innen  und  reponire  dann,  wie  bei  der  gewöhnlichen  Luxatioi 
nach  hinten.  Gelingt  diese  Manipulation,  welche  mir  als  äif 
theoretisch  richtige  erscheint,  nicht,  so  versuche  man  die  eio* 
fache  seitliche  Verschiebung  oder  andere  Bewegungen,  mit  deDeo 
man  geradezu  experimentiren  mu.«<s.     Ist  man  gezwungen;  vi 


Notisen  aud  der  Praxis  der  chirurgischen  Poliklinik.  93^ 

die  Reposition  zu  verzichten,  so  Tersäume  man  nicht,  in  mög- 
lichst rechtwinkliger  Stellung  des  Ellenbogens  einen  Gypsverband 
anzulegen;  denn  die  absolute  Ruhe  in  den  ersten  Wochen  sichert 
vermöge  ihrer  antiphlogistischen  Wirkung,  welche  die  Wuche- 
rungen der  Synovialis  auf  ein  Minimum  beschränkt,  am  besten 
die  Aussicht  auf  eine  spätere  gute  Beweglichkeit  der  luzirten 
Knochen.  Ist  aber  die  erzielte  Beweglichkeit  für  den  Patienten 
zu  gering,  so  schreite  man  zur  Resection. 

Die  Schulterlttxationen   waren   selbstverständlich   weit 
zahlreicher,  als  alle  übrigen  Luxationen  zusammengenommen.    Die 
gewöhnliche  Lu&atio  subcoracoidea  wurde  fast  immer  durch  die 
einfache  Abduction  reponirt.     In  mehreren  Fällen  versuchte  ich 
die  Schinzinger'sche  Methode,  d.  h.  die  Abduction  des  Arms, 
indem  man  den  Ellenbogen  über  die  vordere  Thoraxfläche  gegen 
die  Mittellinie  des  Körpers  führt,  mit  nachfolgender  Rotation  des 
Humerus  nach  Aussen.     In  einigen  Fällen   war  diese  Methode 
von  Erfolg,  in  anderen  nicht,  vielleicht  deshalb,  weil  ich  dieselbe 
nur  sehr  vorsichtig,  mit  sehr  geringem  Aufwand  von  Kraft  aus- 
führte.   Diese  Vorsicht  erscheint  aber  geboten,  da  es,  wie  ich 
aus  mündlicher  Mittheilung  weiss,  bei  dieser  Methode  vorgekom- 
men ist,  dass  der  Humerus  im  Collum  chirurgicum  fracturirte. 
Nur  in  seltenen  Fällen  war  die  einfache  Abduction  nicht  genü- 
gend, und  wurde  es  nothwendig,  den  abducirten  Arm  noch  nach 
Aussen  oder  nach  Innen  zu  rotiren;  Beides  kann  in  schwierigen 
Fällen  von  Vortheil  sein.     Ich  erwähne  gelegentlich,  dass  ich 
Luxationen  von  8-  und  12wöchentlichem  Bestand  durch  einfache 
manuelle  Extension  mehrfach  reponirt  habe. 

Für  die  Fachgenossen  in  grossen  Städten  mag  es  nicht  ohne 
Interesse  sein,  auf  eine  neue  Ursache  der  Luxatio  subcoracoidea 
hinzuweisen;  zugleich  liegt  bei  dieser  Ursache  der  gewöhnliche 
Mechanismus,  durch  welchen  die  Luxatio  subcoracoidea  zu  ge- 
schehen pflegt,  so  klar  vor,  dass  sich  derselbe  zur  paradigma- 
tischen Schilderung  für  Lehrzwecke  sehr  wohl  eignet.  Der  zu- 
nehmende Omnibusverkehr  in  Berlin  hat  mir  nun  schon  mehr- 
fach Gelegenheit  zur  Beobachtung  von  „Omnibus  -  Luxationen^ 

T.  Lasf  «nb^oky  AroblT  I.  Chirnrgi«.   XI.  Q^) 


940  I>r   C.  Hneter, 

♦ 
gegeben.    Der  Patient  steigt  nach  rackw&rts  ausi,  der  höflich« 

Conducteur  fasst  ihn  an  der  Band,  damit  er  nicht  falle,  1&^ 
aber  unglücklicher  Weise  za  spät  los.  Die  laxirende  Kraft  siod 
die  OfflnlbuFpferde,  die  Kraft  wird  vom  Omnibus  aus  durch  die 
Hand  des  Gonducteurs  auf  das  Schultei^gelenk  des  Patieotea  öber- 
tragen,  in  welchem  der  Arm  zunächst  stark  abducirt  wird.  DureL 
die  Hyperabduction  reisst  die  Kapsel,  die  Gelenkfllteheii  bebes 
sich  von  einander  ab,  und  der  Kopf  verlfisst  die  Pfanae.  Darcb 
die  secundäre  Bewegung,  Adduction,  rfickt  derselbe  dann  unter 
den  Processus  coracoides. 

Ich   kann   an   dieser  Stelle  einen  interessanten  Fall  nichi 
unerwähnt  lassen,  welchen  ich  nun  seit  8  Jahren  beobachte. 

Eine  ungefähr  SOjährige  Frau  leidet  an  epileptiformen  AnfiUIen  oit 
Krämpfen,  welche  schon  auBserordentlich  hänOg  m  Luiationen  beider  Schal- 
tern VeranlasBUDg  gegeben  haben.  Zuweilen  war  es  anch  eine  nnvornchtige 
Abductionsbewegnng ,  z.  B.  das  Greifen  nach  einem  hochstehenden  Geges- 
stand,  welches  zur  Luxation  führte.  Einmal  erschien  die  Patientin  mit  gleicfa- 
zeitiger  Luxution  beider  Schultergelenke,  und  noch  ein  anderes  Mal  sah  m 
mein  College,  Herr  Dr.  Richter,  in  derselben  Sitnatioti.  Vor  einem  Jahr 
constatirte  ich  33  Luxationen  des  einen,  und  9  des  tihd^ren  Schnlterge- 
lenkes.  Seit  dieser  Zeit  ist  Patientin  in  ein  ProTinzialstidtcheii  geaogeo, 
und  es  sind  noch  einige  Luxationen  hinzugekommen.  Die  dortigen  Aerst« 
haben  es  nicht  gewagt,  wegen  ihrer  Krämpfe  Chloroform  anzuwenden,  nod 
als  ich  die  Patientin  vor  einigen  Tagen  wegen  einer  neuen  Luxation  des  rech- 
ten Schultergelenkes  wiedersah  und  dieselbe  reponirte,  bemerkte  ich  auf 
der  linken  Seite  eine  alte,  nicht  reponirte  Luxation,  Welche  seit  11  Monates 
bestand.  Auf  den  bestimmten  Wunsch  der  Patientin  Terticfatetto  ich  auf  des 
EinrichtuDgsversnch  dieser  Luxation.  Auffallend  ist  mir  gewesen,  dass  die 
Einrichtung  der  Luxationen,  welche  ich  selbst  vielleicht  20mal  gemacht 
habe,  trotz  ihrer  häufigen  Wiederholung  nicht  leichter,  als  bei  gewöhnliches 
Luxationen  war.  Noch  die  letzte  Luxation,  welche  ich  vor  wenigen  Tageo 
bei  der  Patientin  reponirte,  machte  mehr  Schwierigkeiten  als  man  gewöbo- 
lieh  zu  Überwinden  hat.  Das  Tragen  sorgfältig  gearbeiteter  Sehult^rlcapsclD, 
welche  die  for^irten  Abdnctionsbewegungen  verhüten  sollten,  hat  sich  als 
nutzlos  erwiesen.  Ebenso  hat  das  längere  Tragen  von  Gypsterbinden  in 
abdncirter  Stellung,  um  nach  reponirter  Luiation  den  Kapaelriss  mit  mög- 
lichst kurzer  Narbe  heilen  zu  lassen,  die  Recidive  nicht  verbätet. 

Ein  Fall  von  frischer  Halswirbellnxation  war  mir  da- 


Notixen  aas  der  Praxis  der  chirurgischen  Poliklinik.  941 

durch  von  beeonderein  Interesse,  dass  das  sehr  einfache  Reposi- 
tionsmanoeuvre  von  sofortigem  Erfolg  begleitet  war,  und  dass 
dieser  die  theoretischen  Betrachtangen,  welche  man  anf  Grund- 
lage der  normalen  Bewegungsmechanik  der  Halswirbel  über  ihre 
Luxationen  anstellen  kann,  in  ihren  Resultaten  vollständig  be- 
stätigt. Die  Lehre  von  den  Wirbelluxationen  scheint  mir  bei 
der  eminenten  Wichtigkeit  derselben  bis  jetet  sehr  vernachlftssigt 
zu  sein,  so  dass  auch  ein  kleiner  Beitrag  zu  dieser  Lehre  viel- 
leicht von  den  Fachgenossen  dankbar  aufgenommen  werden  wird. 
Man  verzeihe  mir  deshalb,  wenn  ich  in  diese,  praktischen  Beob- 
achtungen gewidmete  Blätter,  eine  kurze  theoretische  Betrach- 
tung dieses  Gegenstandes  aufnehme,  welche  sich,  soweit  sie 
die  physiologischen  Bewegungen  betrifft,  an  die  Anschauungen 
Henke's*)  anschliesst 

Man  unterscheidet  an  den  Wirbeln  Bewegungen  um  mediane 
und  quere  Axen.  Für  umfangreiche  Drehungen  um  mediane  (von 
vom  nach  hinten  verlaufende)  Axen,  ist  es  aus  leicht  zu  ent- 
wickelnden Gründen,  welche  ich  hier  übergehen  will,  nothwen* 
dig,  dass  die  Axe  durch  die  Mitte  des  Syndesmosenkems  zwischen 
beiden  Wirbelkörpem  und  senkrecht  zu  der  Ebene  verläuft,  in 
welcher  die  kleinen  Gelenkflächen  der  Proc.  obliqui  liegen.  Stehen 
die  letzteren  ungef&hr  senkrecht,  vne  an  den  unteren  Brustwir- 
beln, so  ist  die  Axe  ziemlich  genau  von  hinten  nach  vorn  (sa- 
gittal)  gerichtet,  und  die  Bewegungen  sind  ziemlich  reine  Ab- 
ductionsbewegun^en,  so  dass  bei  gleichsinniger  Bewegung  meh- 
rerer Wirbel  die  Wirbelsäule  sich  seitlich  krümmt.  Ist  die  Ebene, 
in  welcher  die  Gelenkflächen  der  Proc.  obliqui  liegen,  gegen  die 
Senkrechte  geneigt,  wie  an  den  oberen  Brust*  und  besonders  an 
den  Halswirbeln,  so  verläuft  die  Axe  für  diese  Bewegungen  nicht 
genau  von  vom  nach  hinten,  sondern  von  vorn  und  unten  nach 
oben  und  hinten,  und  hat  demnach  ausser  ihrer  sagittalen,  noch 
eine  perpendiculäre   Componente.     Die  Bewegungen  um   diese 

*)  Ich  nehme  apch  hier  den  gewöhnlichen  Fall  einer  soleben  Luxation 
an  der  Halewirbeletale. 


942  ^f^  0.  Hoeter, 

Azen  Bind  dann  keine  reinen  Abdactionen  mehr,  soodern  cosh 
biniren  sich  mit  Rotationen.    Wenn  z.  B.  der  Kopf  sich  aui  dii 
rechte  Schalter  neigt,  so  rücken,  abgesehen  von  den  Bewegungt: 
zwischen  Kopf,  Atlas  und  £pistropheas,  an  allen  übrigen  Hat 
wirbeln  die  Gelenkflächen  der  rechten  unteren  Processus  obliqi 
des  nächst  oberen  Wirbeb  auf  den  unteren  Tfaeil  der  Geleni 
flächen  des  nächst  unteren  Wirbels,  die  Gelenkflächen  der  linke, 
unteren   Processus  obliqui    des   nächst  oberen    Halswirbels   da- 
gegen auf  den  oberen  Abschnitt  der  Gelenkflächen   des   näcii?: 
unteren  Wirbels,  d.  h.  alle  unteren  Processus  obliqui  dextri  senkes 
sich  nach  unten,  alle  unteren  Proc.  obliqui  sinistri  erheben  sid 
nach  oben,  während  die  rechten  Hälften  der  SyndesmosenkerD^ 
zusammengedrückt  werden,  die  linken  auseinanderfedem.     Hier- 
bei erfolgt  eine  Rotation  des  Kopfes  in  der  Weise,  dass  das  Kim 
nach  der  linken  Seite,  das  Hinterhaupt  nach  der  rechten  Seit« 
gedreht  wird.    Gehemmt  wird  diese  aus  Abduction  (Seitwärt«- 
beugung)   und  Rotation  combinirte  Bewegung  durch  die  unvoll- 
kommene £lasticität  und  üompressibiiität  der  Syndesmosenkeroe. 
durch  die  Spannung  der  Bänder,  und  endlich  dadurch,  dass  der 
untere  Rand  der  Gelenkflächen  der  rechten  unteren  Gelenkfort- 
satze am  unteren  Rand  der  rechten  oberen  Gelenkfortsätze  de;^ 
nächst  unteren  Wirbels  anstossen.    Reissen  nun  die  Bandscheibe 
und  die  Bänder  ein,  so  bildet  sich  an  der  zuletzt  erwähnten  Gon- 
tactstelle  ein  Uypomochiion,  um  welches  bei  forcirter  Bewegon; 
die  linken  unteren  Gelenkfortsätze,  welche  in  der  Bewegung  nach 
oben  begrifien  sind  und  die  Gelenkflächen  der  oberen  Proc.  ob- 
liqui der  nächst  unteren  Wirbel  schon  fast  verlassen  haben,  immer 
weiter  von  den  letzteren  sich  abheben  und  ganz  ausser  Contaci 
mit  denselben  kommen.    Ist  die  lusirende  Gewalt  erschöpft,  8o 
können  die  Gelenkflächen   wieder  in  ihre  frühere  Lage  zurück- 
gehen,  und  dann  liegt  der  Fall  einer  Distorsion  im  engeren  Sinoe 
vor.    Erfolgt  aber,  nachdem  die  Unken  Gelenkflächen  ihre  corre- 
spondirenden  Flächen  schon  verlassen  haben,  eine  rotirende  Be- 
wegung an  einem  Wirbel,  welche  den  linken  unteren  Geleok- 
fortsatz  etwas  nach  vorn^  den  rechten  etwas  nach  hinten  bewegt, 


Notizen  auB  der  Praxis  der  chirurgiachen  Poliklioik  943 

äo  hakt  sich  bei  dem  Zurückgehen  der  untere  Rande  des  erste* 
ren  vor  den  oberen  Rand  der  oberen  Gelenkfläche  des  nächst 
onteren  Wirbels  fest,  und  die  sogenannte  einseitige  Luxation 
der  Wirbel  ist  dann  durch  die  forcirte  Abductions-  und  Dreh- 
bewegung  der  Wirbel  definitiv  zu  Stande  gekommen. 

Man  pflegt  diese  Form  der  Luxation  wohl  die  ^einseitige 
Luxation^  zu  nennen,  indessen  ist  diese  Bezeichnung  gar  nicht 
zutreffend,  denn  beide  Gelenke  befinden  sich  in  dem  Zustand 
der  Luxation.  Der  Unterschied  auf  beiden  Seiten  ist  nur  der, 
das8  auf  der  einen  Seite  die  Gelenkfort^ätze  übereinanderstehen 
und  mit  einander  verhakt  sind,  während  auf  der  anderen  Seite 
die  Gelenkfläche  des  unteren  Proc.  obliquus  des  oberen  Wirbels 
»ich  nach  hinten  von  der  entsprechenden  Gelenkfläche  des  unteren 
Wirbels  entfernt  hat.  Auf  der  letzteren  Seite  stehen  die  Gelenk- 
flächen nicht,  wie  auf  der  ersteren  übereinander,  sondern  sie 
stehen  sich  gegenüber,  aber  durch  einen  Zwischenraum  von  eini- 
gen Millim.  von  einander  getrennt.  Auch  die  Ausdrücke  „late- 
rale'' oder  „unvollkommene'^  Luxation  sind  nicht  bezeichnend, 
und  ich  möchte  deshalb  vorschlagen ,  diese  Luxationsform  als 
„Luxation  durch  Rotation'^  oder  „durch  Abduction^  zu  bezeich- 
nen. Die  letztere  Bezeichnug  wäre  deshalb  vielleicht  der  erste- 
ren vorzuziehen,  woil  nur  für  die  Halswirbel  die  luxirende  Ge- 
walt in  erheblichem  Grade  rotirend  wirkt,  während  für  die  übri- 
gen Wirbel  der  Rotationsantheil  bei  der  phyt^iologischen  Ab- 
ductionsbewegung,  wie  auch  bei  dem  pathologischen  Extrem  dieser 
Bewegung,  welches  zur  Luxation  führt,  nur  gering  i«t.  Freilich 
kommen  diese  Luxationen  wegen  der  freieren  Bewegung  der 
Halswirbelsäule  besonders  häufig  an  dieser  war  und  deshalb  würde 
sich  auch  gegen  die  Bezeichnung  „  Rotationsluxation  ^  nichts 
Weseotliches  einwenden  lassen. 

Die  Symptomatologie  der  Abductionsluxation  ist  nach  dem, 
was  ich  oben  über  ihre  Mechanik  sagte,  sehr  einfach  zu  con- 
struiren.     Der  Kopf*)  ist  nach  der  einen  Schulter  geneigt,  das 

*)  Ich  uehme  aueh  hier  den  gewöhnlichen  Fall  einer  solchen  Luzatton 
an  der  üalswirbeleftale  an. 


944  Dr  0.  Ha  et  er, 

Kinn  gegen  die  andere  Schulter  gerichtet.    Die  gerinffe  Verscbi^ 
Schiebung  der  Proc.  spinosi  und  der  vorderen  Fläche  der  Wir* 
belk5rper  (vom  Pharynx  aus  zu  untersuchen)  sind  schwer  zu  er- 
kennen    Die  Drehbewegungen  und  Abductionen  des  Kopfe^  mi 
zwar   ausfuhrbar,   aber   in   geringerem  Umfang,   weil  sie   ohvt 
Schmerz  nur  in  dem  Atlanto-occipital-  und  dem  Atlanto-epiFlrD- 
phealgelenk  ausgeführt  werden  können.    Was  das  Verhalien  der 
Muskeln  und  die  Symptome  überhaupt  betrifft,   so   kana  ich  as^ 
die  verdienstvolle  Arbeit  von  L.  Martini*)    verweisen.      Dfe 
fiinctionellen  Störungen  im  Gebiete  des  Nervensystems  sind  meJir 
oder  weniger  erheblich;  sie  können  bei  erheblicher  QuetschnBC 
des  Rückenmarks  bis   zu  allgemeinen  L&hmungen  unterhalb  der 
luxirten  Stelle  sich  steigern  und  den  tödtlichen  Ausgang  bedingeo. 
wie  z.  B.  ein  von  Riebet**)  geschilderter  Fall  beweist,  oder  fk 
bestehen  mindestens  in  einer  Störung  der  Innervation  denenigea 
oberen  Extremität,  welche  den  verhakten  Gelenkforts&tzen  ent- 
spricht; indem  das  entsprechende  Foramen  intervertebral^  ver- 
engt und  der  hier  austretende  Theil  des  Plexus  brachialis  ge- 
quetscht wird.    Die  Verengerung  des  ganzen  Wirbelcanals  durch 
die  Luxation  ist  zwar  nur  geringfügig,  aber  trotzdem  darf  die 
Möglichkeit,  dass  durch  Druck  eine  IMtyelitis  entsteht,  nicht  ausser 
Acht  gelassen  werden. 

Es  ist  klar,  dass  diese  Luxationen  reponirt  werden  müssen, 
nicht  allein  wegen  der  entstellenden  Deviation  des. Kopfes^  soo- 
dem  vorzugsweise  wegen  der  eben  berührten  Störungen  im  G^ 
biet  des  Nervensystems ,  deren  Fortbestehen  entjpreder  die  Fno- 
ctionen  der  einen  oberen  Extremit&t,  oder  sogar  das  Leben  der 
Individuen  bedroht.  Es  ist  gewiss  nicht  fibertrieben,  zu  behaup- 
ten, dass  bei  diesen  Luxationen  die  Reposition  lebensrettend 
wirken  kann,  aber  gewiss  ist  es  ebensowenig  fibertrieben,  zu  be- 
haupten, dass  die  Reposition,  in  unvorsichtiger  Weise  ausgeführt, 


*)  WocheDbl.  d.  Zeitscbr.  d.  Aerste  zu  Wien.  1864.  No.  18—23,  t^I 
Centralbl.  d.  med.  WisaeiiBch.    1864.    S.  603. 

**)  Gas.  des  böp.  I^o.  144,  vgl  Ceotralbl.  f.  d.  med.  Wisaenseb.  1864 
S.  65 


Notuen  aaB  der  Pi»xw  der  chirurgischen  PoGklinik.  945 

das  Leben  bedrohen  kann.    Ich  bewundere  den  Hutb,  mit  wel- 
chem  Martini  (1.  c.)  den  Patienten,  während  derselbe  stand, 
am  Kopf  vom  Boden  aufhob  und  die  Körperschwere  als  Exten- 
Bionsmittel  wirken  Hess,  oder  mit  welchem  Schuh*)  am  Kopf 
zog,  ^Shrend  die  Schultern  durch  TQcher  fixirt  und  ein  Gegen- 
zug am  Knie  ausgeübt  wurde.    Nachahmen  möchte  ich  Methoden 
aber  nicht,  wenn  sie  auch  zum  Ziele  führten,  denn  ich  halte  es 
für  anmöglich,  zu  beurtheilen,  in  welcher  Ausdehnung  die  Bän- 
der gerissen  sind,  und  ganz  gewiss  giebt  es  Fälle,  in   welchen 
ein  Extensionszug  genfigt,  um  die  Medulla  zu  zerreissen.    Mag 
auch  bis  jetzt  in  der  Literatur  kein  Fall  verzeichnet  sein,   wel- 
cher so  uqglflcklich  endete,  so  hab^n  wir  doch  alleq  Grund,  uns 
zu  befltrebep,  dasß.  nicht,  die  Literat,ur  in.  Zukunft  mit  solchen 
Fällen  bereichert,  werde.   Ja^,  selbst  abgesehen  von  jeder  Möglich- 
keit einer  Gefahr,  mfisste  es  auch  f&r  die  Wirbelluxationen  unsere 
Aufgabe  sein,  an  die  Stelle  des  rohen  Extensionsver&hrens,  wie 
es  fast  f&r  alle  Gelenke  geschehen  ist,  ein  schonenderes,  auf  dem 
physiologischen  Studium  der  Luxaitionen  begründetes  Verfahren 
zu  setzen.    Diese  Aufgabe  kann  nach  dem  heutigen  Stand  unse- 
rer Kenntnisse  über  die  phyaiolpgiachen  Bewegungen  der  Wirbel 
recht  wohl  gelöst  werden  und  ihre  Lösung  ist  bisher  nur  von 
Riebet  (1.  c.)  angebahnt  worden. 

Rieh  et  hat  sich  bei  dem  oben  erwähnten,  tödtlich  geende- 
ten Fall  durch  die  Obdaction  von  der  Art  des  Repositionshinder- 
nisses,  der  Verhakung  der  Gelenkfortsätze  aaf  der  einen  Seite, 
und  zugleich  von  dem  passendsten  Verfahren  diese  Verhakung 
zu  beseitigen,  fiberzeugt.  Ein  zweiter  Fall  gab  ihm  Gelegenheit, 
diese  Studie  praktisch  zu  verwerthen.  Die  linken  Gelenkfortsätze 
waren  verhakt;  es  wurde  nun  der  Kopf  zuerst  gegen  die  rechte 
Schulter  geneigt  und  dann  eine  Rotation  von  rechts  nach  links 
hinzugefugt.  Die  Reposition  erfolgte  sofort,  und,  obgleich  die 
Luxation  schon  2  Monate  bestand,  hatte  Riebet  die  Freude, 
die  Paresen  beider  Arme  vollständig  zurfick gehen  zu  sehen. 


*)  Wiener  nw^d»  W.o,cl^eif9chr|f|;«  1865.   ^o.  1,  vgl.  Gentralbl.  f.  d.  med. 
WiBBensch.    Ip66..    S.  169. 


946  I>^  0.  Haeter, 

Einen  ganz  ähnlichen  Fall  habe  ich  mit  Glück  darch  d« 
Verfahren  Richet's  reponirt. 

Der  16jährige  Knabe  war  einige  Standen  Torher  die  Treppe  faernom* 
gefallen.    Der  Kopf  war  gegen  die  rechte  Schulter  geoeigt,  das  Kinn  gegea 
die  link«  Schalter  gedreht;  im  linken   Arm  FormicatioDen   nnd   ein  Ge^i* 
▼on  Schwäche,    Empfindlichkeit  in  der  Gegend  des  Proc.   spinosns  dea  4 
nnd  5   Halswirbels  konnten  genfigen,   um  die  Diagnose  festaastellen.    Ei 
war  anzunehmen,  dass  die  linken  Proc.  obliqni  verhakt  waren.    Ich  chlore* 
formirte  den  Patienten,    welcher  auf  einem  Stahl  sase,   in  Gegenwart  d«; 
Herren  Zahörer  der  Poliklinik;   als  die  Narcose  Tollendet  war,    neigte  ki 
den  Kopf,  welchen  ich  zwischen  meine  beiden  Hände  gefaaat  hatte,  nocb 
etwas  schärfer  gegen  die  rechte  Schalter,  als  er  schon  geneigt  stand,  rotirti 
dann  den  Kopf  von  rechts  nach  links,  d.  h.  so,  dass  das  rechte  Ohr  nach 
Yorn,  .das  linke  nach  hinten  sich  bewegte,  nnd  sofort  erfolgte  die  Reposi- 
tion  mit  einem   fflr   alle  Umstehenden  hörbaren,  schnappenden    Geräoiiek 
Das  Oer&nsch  war  so  stark,  dass  ich  im  ersten  An^enblick  fürchtete  ireeiil 
etwas  zerrissen  za  haben,   nnd   mit  grosser  Besorgniss   erwartete   ich  das 
Erwachen  des  Patienten  ans  der  Narcose.    Doch  war  die  DifformiAt  giu 
beseitigt,    nnd  bei  dem  Erwachen  des  Patienten  constatirten  wir,  dass  all« 
Symptome  verschwanden   waren      Eine  Craratte  ans  Gnttapereha  sehfitzt^ 
den  Hals  för  einis:e  Zeit  vor  nn'-orsichti^en  Bewegungen*,  doch  waren  ?choB 
nach  14  Taeen  die  Bewegungen  ganz  schmerzfrei. 

Der  Schwerpunkt  dieses  Verfahrens  liegt  in  der  Neigung, 
welche  man  dem  Kopf  in  demselben  Sinne  giebt,  in  welchem  er 
schon  geneigt  ist.  Man  benutzt  dabei  das  oben  geschilderte  Hjpo- 
mochlion,  welches  sich  an  den  Gelenkfortsätzen  der  Seite  bildet, 
gegen  welche  der  Kopf  geneigt  wird,  um  dieses  Hypomochlion 
hebelt  man  die  ineinandergehakten  Gelenkfortsätze  der  entgegen- 
gesetzten Seite  von  einander  ab,  nnd  sobald  die  letzteren  gena- 
gend  weit  von  einander  entfernt  sind,  gelingt  es  einer  unbedeo- 
tenden  Rotation  den  Gelenkfortsatz  des  oberen  Wirbels,  welcher 
bei  dem  Zustandekommen  der  Luxation  etwas  nach  vom  gewi- 
chen war,  so  weit  nach  hinten  zu  schieben,  dass  die  Gelenk- 
flächen in  ihre  normale  Lage  zur&ckgleiten.  Dieses  Repositions- 
verfahrcn  schliesst  sich  also  eng  an  das  allgemein  aufgestellte 
Princip  an,  dass  man  die  Luxationen  auf  demselben  Weg  zurück- 
führen soll,  auf  dem  sie  entstanden  waren.    Eine  Verletzung  kann 


NoHzph  ans  der  Praxi«  der  chirnrgiürhi^n  Poliklinik.  947 

M    diesem  Verfahren  nicht  wohl  geschehen;  es  ist  das  ratio- 
^llste  und  schonendste,  welches  sich  ersinnen  lässt. 

Für  denjenigen,  welcher  mit  der  anatomischen  Lage  der 
inzelnen  Theile,  deren  Beschreibung  ohne  Demonstration  leicht 
ndeutlich  bleiben  kann,  nicht  ganz  vertraut  ist,  l&sst  sich  das 
eschriebene  Verfahren  in  folgende  Regel  zusammenfassen: 

^Man  neige  den  Kopf  gegen  die  Schulter,  gegen  welche  der- 
elbe  schon  etwas  geneigt  steht,  oder,  gegen  die  Schalter,  von 
velcher  das  Kinn  abgewendet  ist,  und  drehe  dann  den  Kopf  so, 
las8  das  der  genannten  Schulter  entsprechende  Ohr  nach  vorn, 
las  andere  nach  hinten  rückt. 

Die  zweite  Luxationsform  der  Wirbel,  welche  als  vollstän- 
dige oder   doppelseitige  bezeichnet   zu  werden   pflegt,    entsteht 
dorcb   das  Extrem  der  Bewegung,  welche  die  Wirbelsäule  um 
quere  Axen  ausfahrt.     Bei  dieser  Bewegung,   welche  man  am 
passendsten  als  Beugung  (Annäherung  des  Kinns  an  die  Fuss- 
spitze)  und  Streckung  bezeichnet,   wird,   wenn  die  Wirbelsäule 
sich  beugt,  besonders  der  vordere  Theil  der  Zwischenbandscheibe 
zusammengedrückt;    der  hintere  kann,    wenn   die  Drehungsaxe 
ungefähr  durch  die  Mitte  des  Synchondrosenkerns  verläuft,  aus- 
einanderfedern.   Die  beiden  Gelenkflächen  machen  hierbei  rechts 
und  links  die  gleichnamige  Bewegung,  und  die  unteren  Gelenk- 
flächen des  oberen  Wirbels  rücken  auf  den  oberen  Gelenkflächen 
des   unteren    Wirbels   bei    der   Beugung    nach    oben.     Bei   der 
Streckung  treten  natürlich  für  das  Zwischenwirbelband  und  die 
Gelenkflächen  die  umgekehrten  Verhältnisse  ein.    Sehr  wichtig 
ist  für  die  Frage  der  Luxation  auch  hier  die  Art  der  Bewegungs- 
hemmung.    Die  Beugung  wird  fast  ausschliesslich  gehemmt  durch 
die  unvollkommene  CompreBsibilität  und  Extensibilität  der  Zwi- 
schen wirbelbandscheibe;   die  Gelenkflächen    und  Gelenkfort.^ätze 
bpielen  bei  der  Hemmung  nur  eine  unbedeutende  Rolle,  und,  so- 
bald die  Bandfe^cheibe  gerissen  ist,  können  äich  die  unteren  Ge- 
lenkfl&chen  des  oberen  Wirbels  ohne  besonderes  Hinderniss  noch 
weiter  nach  oben  bewegen  und  endlich  die  oberen  Gelenkflächen 
des  ODteren  Wirbels  ganz  verlassen.     Endlich  findet  die  pecun- 


948  Dr-  C.  Bueter, 

d&re  Bewegaog,  sobald  sieb  die  bii^ire^de  Gewalt  an  don  Wid^- 
st&nden  ersd^Apfli  bnt,  im  Siope  der  Streckung  ateU,  iM^i  ^^aj 
die  li^xirende  Gewalt  den  oberen  Wirbel  diorch  ij^re  beugenit 
Wirkung  etwas  nacb  vorn  verschoben  hatte,  so  gleiten  die  oateia 
Gelenkflächen  desselben  nicht  in  ihre  normale  Lage  surflck,  sob 
dern  haken  sich  bei^e  an  dem  oberen  Rand  der  oberen  Gelenk- 
flächen  des  unteren  Wirbels  fest,  ganz  in  derselben  Weise,  wh 
bei  der  oben  ged.childerten  Abductionsluxation  die  Gelenkfortsatet 
einer  Sicdt^,  ßich  verhaken.  Die  forcirte  Streckbewe^ns  der  Wir- 
bel l^ann  £U  einem  ähnlichen  Reßultat,  zu  einer  Lnxa^ion^  nieh. 
fähren,  denn  diese  Bewegung  wird  niqht  allein  di^rch  (}]e  Spac- 
nuQg  der  Z^isohen,wirbelb^p4«cbeibQ,  sonder^i.  aqcb,  be^oiidArsas 
den  Halswirbeln,  di^rch  d^n  Con^ct  der  W,irbe}bpg(Bp  frü|ier  ge- 
hemmt, ehe  die  Geleqkfläphei^  sjch  ^erlassen  Icönpen.  SoIIk 
durch  UeberjstreQkung  der,  Wirbel  eine  Luxatiort  bewirbt  werdec, 
so  n^/issten  zuvor  die  Wirbelbpgi^  a^rtrümmerti  wj^rden,  Dnreb 
die  forcirte.  Bewegung  um  qi^ere.  Axen  kann  somit  no^  eine  eis- 
zige  Lufafiionsform  ent^telie^,  es  k,apn  npr  durch  Deb^rbei)gi)nf 
der  obere  19(irbel  nach  vorn,  vom  unteren  luxir^n. 

Dii^se  Luxationsform  bezeichiie  ich,  io^^  Gegensatz  siir  Ab- 
ductionslu^atipn,  als  Beugung^uxation,  weil  mir,  die  Bez^eichnöD* 
gen  als.  „vollständige^  oder  „doppelseitige^  Luution  nipht  s&- 
treffen4  erscheinen.  Die  Symptomatologie.  4f^®r  Beoe^ngslaia- 
tion  ist  einfach  aus  dpm  Gesagten  zu  entwickeln.  Der  oberhalb 
der  luiirtei^  Wirbel  gelegene  Körpertheil,  ist  vornüber  gebeog; 
zeigt  aber  keine  seitliche  Abweichung.  Der  Proc.  -"pinosus  dei 
unteren  Wirbels  pfominirt  stark  nach  hinten,  indem  vom  luxir- 
ten  oberen  Wirbel  an  die  Linie  der^  Domfortsätze  plötzlich  oact 
vorq  weicht.  Bei  Luxationen  dieser  Art  an  den  Halswirbeln  ist 
die  entsprechende  Knickung  an  d^r  vorderen  Linie  der  Wirbei- 
körper  deutlich  vom  Pharynx  aus  zu  fahlen.  Die  hintere  Pbä- 
rynxwand  weicht  von  dem  luxirten  unteren  Wirbel  ab,  pl5tz1icii 
nach  hinten.  Die  Verletzung  des  Rückenmarks  muss  immer  sehr 
e,rheblich  sein,  weil  der  gaqze  W^i^belcanal  beträchtlich  vereogi 
wird.    Es  mögen  auch  Fälle  vorkommen^  in  wichen  bei  der 


Notizen  ans  der  Praxis  der  chirorgischeo  Poliklinik.  949 

Luxatien  die  MeduUa  ganz  durchrissen  wird^  und  dann  bei  Luxa- 
tionen  der  Halswirbel  wohl  augenblicklich  der  To^  eintritt  Doch 
ist  die  Verletzung  nicht  immer  so  bedeuteixd,  dass,  wie  Mar- 
tini (!•  ^0  glaubt,  das  Leben  nicht  mehr  bestehen  kann.  Jeden- 
falls sind  Fälle*)  beschrieben ,  in  welchen  der  l|Od  erst  nach 
Wochen  erfolgte,  und  ich  habe  ein  von  Dr.  G  oho  beim  im  pa- 
tholojgischen  Institut  gewonnenes  Präparat  genauer  unjbersncbt, 
w^elches  einer,  erst  qi^hrere  Woc^hen  nach  der.  Verletzung  der 
consecutiTen  Mylitis  erleg^nen,  ungefähr  16)äbrigen  Patientin  an- 
gehörte. Ob  freilich  bei  bestehender  Luxation  das  Leben  der 
Patientin  dauernd  erhalten  werden  kann,  ist  frap^Iich. 

Man  bat  wohl  behauptet,  dass  die  Reposition  dieser  Luxa- 
tionen ausserhalb  des  Machtbereichs  des  Chirurgen  liege,  theils 
weil  der  Tod  a.uch  nach  der  Reposition  durch  die  Verletzung  des 
Rückenmarks  erfolgen  mässe,  theils  weil  bei  der  Reposition  augen- 
blicl^ch  der  Tod  durch  Zerreissung  di^r  Medulla  eintreten^  könne. 
Die  letztere  Gefahr  wäre  auch  dann  unzweifelhaft,  wenn  auch  die 
unglflcklichen  Fälle  von  Petit-Radel  und  Brodie  (vgl.  Wern- 
her  a.  ^  0.)  nicht  bekannt  geworden  wären;  aber  di|dse  Ge- 
fahr kajin  uns  doch  nur  aufforderif ,  Verfahren  f&r  die^  Reposition 
zu  ersinnen,  welche  diese  Gefahr  möglichst  ans^chliessen.  Das 
erstere  Bedenken  erscheint;  theoretisch  nicht  gerechtfertigt^  denn 
die  Vei;engerung  des  Wirbelcanals  ist  keineswegs  so  bedeutend, 
dass  das  ^anze  Rückenmark  iipmer  durchrissen  sein  müsste,  und 
es  ist  mindestens  möglich,  da»s  nach  der  Repostipn  durch  den 
erhalten  gebliebenen  Theil  des  Rückenmarks  die  Reppsitions- 
bewegungen  u.  s.  w.  fortdauern  können,  oder  dass  selbst  eiqe 
partielle  Wiedervereinigung  der  durchrissenen  Stränge  eintritt. 
Jedenfalls  ist  die  absolute  TödÜichkeit  der  Verletzung  für  den  Fall, 
dass  die  Reposition  zeitig  bewirkt  wird,  nicht  erwiesen,  und 
Einrichtungsversuche  sind  dann  am  Platz,  wenn  sie  ohne  viel 
Gefalir  f&r  das  Leben  ausgeführt  werden  können. 


*)  Vgl.  die  genauen  Angaben  Wernher*B  in  seinem  Handbnch  der 
Chirurgie.  Bd.  III.  1857.  S.  27  n.  f. 


950  t>r.  C.  H neter, 

Es  ist  immer  misslich,  therapeutische  Vorschläge  zu  machrt 
ohne  ihren  Werth  thatsächlieh  geprüft  zu  haben;   doch  berer: 
tigt  mich  ein  sorgfältiges  Studium  der  vorliegenden  mechanisch''' 
Verbältnisse    zu    dem    Vorschlag   folgender   Repositionsmetho«i- 
welcher  es  vielleicht  gelingen  mag,  in  den  verzweiflangSToIl.: 
Fällen   completer  Halswirbel! uxationen   das  Leben   zu    erluilte: 
Man  fasse  den  Kopf  zwischen  beide  Hände  und  neige  ihn  gegf : 
eine,  z.  B.   die  rechte  Schulter.     Dann  bildet  sich  an  den   ver- 
hakten rechten  Gelenkfortsätzen  ein  Hypomochlion ,   nm  welchr^ 
sich  die  linken  verhakten  Gelenkfortsätze  von  einander  abhebe}^. 
Sobald   dieselben  von  einander  gewichen  sind,  drehe   man   dei 
Kopf,  wie  in  dem  oben  erwähnten  Fall  von  einseitiger  Lusation. 
von  rechts  nach  links.     Es  wird  dann  der  untere  linke  Gelenk- 
fortsatz des  oberen  Wirbels  zwar  nicht  in  seine  normale  Stellnnf 
zurückkehren,  aber  seine  Gelenkfläche  wird  der  entsprechendem 
Gelenkfläche  des  unteren  Wirbels  entgegentreten,  und   die  Beu- 
gnngi::luxation  wird  in  eine  Abductionsluxation  übergefShrt  sein* 
oder,  um  mich  der  alten  Bezeichnungen  zu  bedienen:  die  doppel- 
seitige Luxation  ist  zu  einer  einseitigen  geworden.     Nun  neigt 
man  den  Kopf  gegen  die  linke  Schulter,  degagirt  so  die  ver- 
hakton rechten  Gelenkfortsätze,   dreht  dann  den  Kopf  von  links 
nach  rechts,  und  reponirt  so  die  künstlich  producirte  Äbdactioo^- 
luxation   auf  dem   oben  beschriebenen  Wege.     Diese   Methode, 
gegen   deren  Aut^führlichkeit    auf  Grund    mechanischer  Betrach- 
tungen keine  Einwände  erhoben  werden  können,  hat  den  grosses 
Vorzug  vor  der  vorgeschlagenen  und   ausgeführten   gewaltsamen 
Extension,  dass  eine  Zerrung  des  Ruckenmarks  nur  im  gering- 
sten Grade  stattfinden  kann.    Die  Hypomocblien,  um  welche  die 
Bewegungen  ausgeführt  werden,  liegen  dem  Rückenmark  so  nab#, 
dass  ein  Einriss  desselben  gewiss  weniger  leicht  geschehen  kann, 
als  wenn  man  den  Kopf  noch  stärker  vornüberbeugen  oder  io 
der  Richtung  der  Lägnsaxe  des  Körpers  anziehen  würde.     Nacii 
bester  üeberzeugung  glaube  ich  die  beschriebene  Methode  zum 
Versuche  einer  Lebensrettung  bei  Beugungsluxationen  der  Wirbel 
empfehlen  zu  können. 


Notizen  aus  der  Prazig  der  chirorgiftchen  Poliklinik  95 X 

Ich  kann  an  dieser  Slelle  nicht  unerwähnt  lassen,  dass  JuL 
Roux*)  den  Vorschlag  gemacht  hat,  bei  diesen  Luxationen  auf 
der  einen  Seite  der  verrenkten  Wirbel  einen  Einschnitt  zu  machen, 
den  Gelenkfortsatz  zu  reseciren  und  dann  durch  Drehung  des 
Kopfes  die  Luxation  in  eine  einseitige  überzufQhren,  welche  das 
Rückenmark  weniger  belästigen  würde.  Begreiflicher  Weise  ist 
dieser  Vorschlag,  wie  es  scheint,  von  keinem  Chirurgen  ausge- 
führt worden,  doch  hat  er  insofern  einiges  Interesse,  als  Roux 
denselben  Plan  auf  operativem  Wege  zu  verfolgen  empfiehlt,  wel- 
chen ich  auf  mechanischem  Wege  unter  besseren  Aussichten 
durch  meine  Methode  zu  realisiren  hoffe. 

Bei  der  Seltenheit  der  Zehenluxationen  darf  vielleicht 
der  nachfolgende  Fall  einige  Beachtung  beanspruchen,  zumal  da 
derselbe  den  Mechanismus  der  Luxation  recht  gut  charakterisirt. 
Der  ISjäbrige  Patient  trat  mi  dem  Fusb  gegen  einen  Holzklotz,  auf 
welchem  er  Holz  mit  einem  Handbeil  spaltete.  Bin  schlecht  geführter  Hieb 
traf  den  Klotz  allein,  trieb  ihn  gegen  die  Plantarflftche  der  grossen  Zehe 
und  das  Resultat  war  eine  Luxation  der  Bndphalange  der  grossen  Zehe  auf 
die  Dorsalflfiche  der  Grnndphalange.  Offenbar  war  diese  Luxation  ans  einer 
Uyperextension  der  grossen  Zehe,  wie  die  entsprechenden  Fingerluxationen, 
hervorgegangen,  und  wurde  von  mir  duith  Hypereitensiou  auch  ohne  MQhe 
reponirt. 

Von  den  Luxationen  des  Fusses  im  Sprunggelenk 
habe  ich  3  Fälle  behandelt  In  sämmtlichen  Fällen  war  der 
Fuss  im  Talo  •  Tibialgelenk  nach  vorn  luxirt.  Wie  Henke*) 
nachgewiesen  hat,  kann  diese  Luxation  durch  forcirte  Dorsal- 
flexion entstehen,  indem  um  das  Hypomochlion  des  vorderen 
Tibiarands  die  .Gelenkflächen  sich  abhebein,  die  Tibia  dann 
über  die  Fläche  der  Talusrolle  nach  hinten  gleitet  und  endlich 
durch  die  secundäre  Bewegung  der  Fuss  in  einen  leichten  Grad 
von  Flantarflexion  gebracht  wird.  Dieser  Mechanismus  würde 
die  relative  Häufigkeit  der  Luxationen  des  Fusses  nach  vorne 
gegenüber  den  Luxationen  des  Fusses  nach  hinten,  welche  durch 

*)  Vgl.  Bardeleben,  Lehrbuch  der  Obir.  8.  Ausg.  2.  Bd   S.  651 
^^j  Luxationum  et  contracturarum  tarsi  dedcriptio  pathol  -  anatomiea. 
Dissertatio  inaug     Marburg  Ibo?. 


954  ^r*  C  Haeter, 

So se raschen  Methode  zumeist  den  Oberschenkel  in  starke  Br. 
guDg,  wobei  der  Kopf  sich  von  der  Inclsora  ischiadiea  ^. 
unten  bewegte,  und  daon  in  Abduction,  welche  den  Kopf  in  i 
Nähe  des  Acetabulum  brachte.  In  dem  ersteren  Fall  glitt  1- 
der  Abductionsbewegung  der  Kopf  immer  am  unteren  Pfanne: 
rand  vorbei  auf  das  Foramen  ovale  und,  wenn  ich  dann  k 
Schenkel  adducirte,  wieder  zurück  gegen  die  Incisura  ifichiadi/^ 
so  dass  ich  mehrmals  die  Lu&atio  iöchiadica  in  eine  LuXiUf.i 
auf  das  Foramen  ovale  und  diei^e  wieder  in  eine  Luxatio  it^cb^ 
dica  überführte.  Schlieslich  gelang  es  mir,  bei  stark  gebengt«^ 
aber  massig  abducirtem  Oberschenkel  denselben  durch  Anzielte 
nach  oben  über  den  unteren  Pfannenrand  za  heben  and  so  i 
Reposition  zu  vollenden.  Roser*)  hat  einen  solchen  Uebergarj 
der  Luxatio  ischiadiea  in  die  Luxation  auf  das  Foramen  o^i 
gesehen  und  beschriebeu;  dasselbe  sah  Wutzer**)  und  vor  ihn 
Cooper  in  umgekehrter  Richtung  eintreten.  Mir  ist  es  te 
Lt'ichen versuchen  gelungen,  diesen  Uebergang  zu  sehen  und  i* 
demonstrireu.  Es  ist  nicht  unwichtig,  dieses  Phänomen  zu  keimee. 
denn  einem  wenig  orientirten  Chirurgen  könnte  es  vorkoDUDei 
dass  er  in  dem  guten  Glauben,  die  Luxatio  ischiadiea  repor 
zu  haben,  dieselbe  uur  in  eine  Luxation  auf  das  Foramen  ovi 
überführte. 

Hl.    üeber  eine  neue  Methode  zur  Fixirnng  der  Extre 
mitäten  bei  Anlegung  der  Goatentivverbände. 

Wer  viel  Contentiv verbände  anzulegen  hat,  wird,  ohoe?^ 
zu  wollen,  allmälig  neue  Modificationen  an  deubclben  anbringt^ 
und  da  ich  jährlich  mehrere  Hundert  solcher  Verbände  am. 
legen  habe,  90  bin  ich  eben  auch  zu  solchen  Modificationen  f^ 
lan^t.  Ich  bin  nun  zwar  überzeugt,  dass  auf  solche  kleine  Ver 
besserungen  nicht  viel  zu  geben   ist;    aber  eine   derselben  t: 


*)  Handbuch  der  auatom.  Chirurgie.    2.  Auflage.     1&Ö4.    S.  61(< 
•)  ?.  Langeubeck'8  Archiv.    Bd.  VL    S.  671. 


Kotizeo  auB  der  Praxis  der  chirurgiBchen  PoIil^IiDik  943 

so  hakt  sich  bei  dem  Zurückgehen  der  untere  Rande  des  erste- 
ren  vor  den  oberen  Rand  der  oberen  Gelenkfläche  des  nächst 
unteren  Wirbels  fest,  und  die  sogenannte  einseitige  Luxation 
der  Wirbel  ist  dann  durch  die  forcirte  Abductions-  und  Dreh- 
bewegung  der  Wirbel  definitiv  zu  Stande  gekommen. 

Man  pflegt  diese  Form  der  Luxation  wohl  die  ^einseitige 
Luxation^  zu  nennen,  indessen  ist  diese  Bezeichnung  gar  nicht 
zutreffend,  denn  beide  Gelenke  befinden  sich  in  dem  Zustand 
der  Laxation.  Der  Unterschied  auf  beiden  Seiten  ist  nur  der, 
dass  auf  der  einen  Seite  die  Gelenkfortäätze  übereinanderstehen 
und  mit  einander  verhakt  sind,  während  auf  der  anderen  Seite 
die  Gelenkfläche  des  unteren  Proc.  obliquus  des  oberen  Wirbels 
iiich  nach  hinten  von  der  entsprechenden  Gelenkfläche  des  unteren 
Wirbels  entfernt  hat.  Auf  der  letzteren  Seite  stehen  die  Gelenk- 
flächen nicht,  wie  auf  der  ersteren  übereinander,  sondern  sie 
stehen  sich  gegenüber,  aber  durch  einen  Zwischenraum  von  eini- 
gen Millim.  von  einander  getrennt.  Auch  die  Ausdrücke  „late- 
rale**  oder  „unvollkommene^  Luxation  sind  nicht  bezeichnend, 
und  ich  möchte  deshalb  vorschlagen,  diese  Luxationsform  als 
„Luxation  durch  Rotation^  oder  „durch  Abduction^  zu  bezeich- 
nen. Die  letztere  Bezeichnug  wäre  deshalb  vielleicht  der  erste- 
ren vorzuziehen,  weil  nur  für  die  Halswirbel  die  luxirende  Ge- 
walt in  erheblichem  Grade  rotirend  wirkt,  während  für  die  übri- 
gen Wirbel  der  Rotationsantheil  bei  der  phyi^iologischen  Ab- 
ductionsbewegung,  wie  auch  bei  dem  pathologischen  Extrem  dieser 
Bewegung,  welches  zur  Luxation  führt,  nur  gering  kt.  Freilich 
kommen  diese  Luxationen  wegen  der  freieren  Bewegung  der 
Halswirbelsäule  besonders  häufig  an  dieser  war  und  deshalb  würde 
sich  auch  gegen  die  Bezeichnung  „  Rotationsluxation  "^  nichts 
Wesentliches  einwenden  lassen. 

Die  Symptomatologie  der  Abductionsluxation  ist  nach  dem, 
was  ich  oben  über  ihre  Mechanik  sagte,  sehr  einfach  zu  con- 
struiren.     Der  Kopf*)   ist  nach  der  einen  Schulter  geneigt,  das 

*)  Ich  nehme  auch  hier  den  gewöhnlichen  Fall  einer  solchen  Luxation 
an  der  üalswirbeleftule  an. 


956  Dr.  0.  Hiieter, 

Übungen  beginnen,  so  weit  gediehen  ist,  dass  das  Körpergewi 
bei  dem  Gehacte  in  der  Umformung  der  FnsBwnnelknochen  ds5 
jenige  leistet,  was  die  Verbände  su  leisten  übrig  gelassen  habes 
Sobald  man  durch  die  Verbände  soviel  enielt  bat,  dass  bei  de^ 
Auftreten  das  dem  äusseren  Fussrande  zunächst  liegende  Stüd 
der  Planta  den  Boden  berührt,  kann  man  getrost  dem  Körpd 
gewicht  die  übrige  Arbeit  überlassen,  welche  dasselbe  ja  aod 
bei  dem  physiologischen  Gehacte  vollbringt,  wie  ich  ia  diese^ 
Archiv  (Bd.  IV.  S.  125.  n.  f.)  nachgewiesen  habe.  Der  Yorricbl 
halber  lasse  ich  im  Anfang  die  Kinder  ein  Stiefelcb^i  mit  äussert 
federnder  Seitenschiene  tragen,  welche  den  Fnss  beim  Gehd 
etwas  nach  aussen  hält 

Wenn  man  nun  schon  im  ersten  Lebensjahr  die  Behandlm^ 
von  Klumpfüssen  dnrchi&hrcn  will,  so  erscheint  mir  der  Gebranä 
von  Haschinen  aus  verschiedenen  Gründen  verwerflich.  SelbrI 
dem  geschicktesten  Bandagisten  wird  es  kaum  gelingen,  Maschi- 
nen anzufertigen,  welche  sich  so  genau  an  die  kleinen  Ffisscbec 
anschliessen,  dass  man  sich  auf  die  Wirkung  der  Maschinen  ver- 
lassen könnte.  Schliesst  nun  die  Maschine  nicht  genan  denFosf 
an,  so  fällt  entweder  die  Wirkung  derselben  weg  oder  sie  coo- 
centrirt  sich  auf  einen  kleinen  Theil  des  Fusses  und  die  tsjie 
Haut  des  Säuglings  excoriirt  oder  vrird  gar  gangränOs,  so  dass  mafi 
die  Behandlung  auf  längere  Zeit  unterbrechen  muss.  Jedenfalls  i^t 
eine  genaue  üeberwachung  des  Kranken  und  seiner  Maschine  vo3 
Seiten  des  Arztes  nothwendig,  und  man  darf  bei  zarten  Kindern 
die  Anlegung  der  Maschinen  nicht  für  Wochen  den  Angehörige» 
überlassen.  In  der  poliklinischen  Praxis  ist  eine  solche  Üeber- 
wachung gar  nicht  möglich,  und  in  dieser  Praxis  wird  die  An* 
Wendung  der  Maschinen  schon  durch  den  Preis  derselben  unmög- 
lich. Rechnet  man  dazu  die  Zerbrechlichkeit  der  Maschinen,  die 
Noth wendigkeit  ihrer  Erneuerung  bei  schnellem  Wachsthum  des 
Kindes,  die  Unmöglichkeit,  an  allen  Orten,  besonders  auf  dem 
Lande  gute  Maschinen  zu  bekommen,  so  wird  man,  vrenigsten' 
bei  zarten  Kindern,  und  bei  diesen  um  so  mehr,  den  Gebrancb 
der  Maschinen  verwerfen,  weil  man  bei  ihnen  dnrch  Gontentiv- 


Notizen  ans  der  Praxis  der  chimrgiBclfen  Poliklinik.  957 

erbände  ebenso  schnell,  viel  bequemer  und  billiger  zum  Ziel 
ommt.     Diese  und  vielleicht  noch  andere  Gründe  sind  für  die 
rosse    Verbreitung,    welche  die  Gontentiv verbände  fast  überall 
Ir  die  Behandlung  der  Elumpfusse  gefunden  haben,  maassgebend 
:ewesen,  und  auch  ich  bin  immer  mit  ihren  Erfolgen  sehr  zufrieden 
lewesen,  besonders  aber,  seitdem  ich  in  folgender  Weise  verfahre. 
Ich  umfasse  bei  einem  linken  Klumpfuss  mit  meiner  rechten 
land    das  obere  Ende  des  Unterschenkels  und  fixire  dasselbe, 
während  dfe  linke  Hand  einen  um  den  Metatarsus  des  Kindes, 
licht  hinter  den  Zehen  über  die  Planta  angelegten  Binden-  oder 
Eleftpflasterzügel  ergreift.    Die  Enden  dieses  Zügels  stehen  nach 
oben   und  aussen,  und  durch  eine  Beugebewegung  des  kleinen 
und  vierten  Fingers  bin  ich  im  Stande,  besonders  den  über  den 
äusseren  Fussrand  verlaufenden  Theil  des  Zügels  stark  anzuzie- 
hen.    Der  Fuss  kann  so  in  das  Eistrem  der  Pronation  gestellt 
Virerden,  gerade  wie  eine  Gontraction  des  M.  peroneus  longus  ihn 
stellen  würde,  dessen  Wirkung  in  der  Wirkung  des  Zügels  genau 
nachgeahmt  wird.    Während  ich  auf  diese  Weise  den  Fuss  im 
Extrem  der  Pronation  (Abduction)  fixire,  legt  ein  Gehülfe  den 


A  A  sind  die  Hände  des  haltenden,  ß  B  die  Iländc  des  den  Verband  an- 
legenden Chirurgen. 

61* 


968  ^    Dr.  C.  Hueter, 

Gypsverband  in  der  gewöhnlichen  Weise  an.    Der  nebenstehende 
Holzschnitt  wird  die  beschriebene  Methode  der  Fixirong  noiL 
deutlicher  erklären.    Ich  erziele  durch  diese  Methode  folgende 
Vorttieile:   1)  stören  die  Hände  des  Haltenden  in  keiner  Weise 
die  Hände  dessen,  welcher  den  Verband  anlegt,  welcher  natar- 
licb  über  den  Zügel  hingeführt  wird,  während  früher  bei  dem 
Halten  des  Fusses  an  Ferse  und  Zehen  das  Anlegen  wegen  de5 
kleinen  Raumes  am  Kinderfuss  sehr  schwierig  war  —  2)  wiru 
der  Fuss  viel  gleichmässiger  und  kräftiger  in  die  Pronation  ge- 
stellt und  erhalten,  als  dieses  bei  dem  Halten  an  den  glattes 
Zehen  möglich  war  —  3)  ermüdet  der  Haltende  sehr  wenig,  weil 
er  an  einem  langen  Hebelarm  zieht,  und  ist  so  im  Stande,  den 
Widerstand  der  Muskeln  des  Fusses  viel  besser  zu  überwinden,  — 
4)  wird  deshalb  die  Narcose,  welche  ohne  diese  Methode  früher 
wegen  der  bedeutenden  Muskelwiderstände  und  des  schlechteo 
Angriffspunktes  für  die  haltende  Hand  ganz  unumgänglich   war 
ziemlich  überflüssig.    Wenigstens  habe  ich  früher  die  Chloroform- 
narcose  nie  entbehren  können,   um  einen  wirksamen  Verband 
an  kleinen  Füssen  zu  erzielen;  jetzt  arbeite  ich  immer   ohoe 
Narcose  und  komme  doch  ebenso  schnell,  vielleicht  noch  schnel- 
ler als  früher  zum  erwünschten  Ziel.  —  Tenotomien  der  Achiilefr- 
sehne  mache  ich  nie  mehr,  seitdem  ich  gesehen  habe,  dass  ein 
Kind  nach  der  Tenotomie  der  Achillessehne  durch  eine  Phleg- 
mone,  ein    anderes  durch    eine  Blutung  £Ast   getodtet  worden 
wäre.     Solche  Erfahrungen   sind   gewiss  schon  an  allen  Orten 
gemacht,  aber  nicht  veröffentlicht  worden.     Mag  nun  auch  in 
hundert  Fällen  die  Operation  harmlos  sein,  und  erst  im   101. 
gefährlich,  so  fragt  sich  jedenfalls,  wie  viel  Nutzen  die  Opera- 
tion schafft.    Ich  halte  denselben  für  gering,  vielleicht  für  Null, 
weil  ja  nicht  die  Verkürzung  der  Achillessehne  und  jedenfalls 
nicht  diese  allein,  sondern  die  Vorbildung  der  Fusswurzelknochen 
die  Difformität  bedingt.     Wenn  noch  heute  Orthopäden  behaap- 
ten,  dass  man  ohne  Tenotomie  der  Achillessehne  keine  Klump- 
fusse  heilen  kann,  so  beweist  das  nur,  dass  diese  Orthopäden 
es  nicht  mit  richtigen  Mitteln  versucht  haben,  und  wenn  die 


Notizen  ans  der  Praxis  der  chirurgischen  PoIikUnik.  959 

üeiluDg  der  Klumpfüsse  erst  seit  der  Erfindung  der  Tenotomie 
|2^elungen  ist,  so  beweist  dieses  nur,  dass  Stromeyer  und  seine 
tenotomisehen  Nachfolger  ausser  ihrer  tenotomischen  Kunstfertig- 
keit auch  hinlängliche  Kenntnisse  der  Mechanik  besassen,  um 
nach,  nicht  durch  die  Tenotomie,  mittelst  der  nachfolgenden 
mechanischen  Behandlung  Klumpfüsse  zu  heilen. 

Wenn  die  Behandlung  des  Pes  yalgus  die  Anlegung  eines 
Gypsverbandes  erfordert,  so  kann  man  wiederum  den  Binden- 
zügel zur  Fixation  benutzen ;  nur  wird  derselbe  natürlich  auf  die 
Dorsalfläche  des  Mittelfusses  angelegt  und  die  Bindenenden  kom- 
men nach  innen  und  unten  zu  stehen,  so  dass  der  äussere  Fuss- 
rand,  über  welchen  man  das  äussere  Ende  des  Bindenzügels 
besonders  kräftig  einwirken  lassen  muss,  erheblich  nach  unten 
gesenkt  wird.  Handelt  es  sich  um  einen  Pes  equinus,  so  ver- 
läuft der  Bindenzugel,  wie  bei  dem  Pes  varus,  über  die  Planta, 
aber  die  beiden  Enden  werden  direct  nach  oben  gestellt,  und 
die  Einwirkung  des  kleinen  Fingers,  welche  ich  oben  für  die 
Behandlung  des  Pes  varus  als  besonders  wichtig  hervorhob,  fällt 
natürlich  weg.  Auch  hier  ist  es  wunschenswerth,  dass  der  Zügel 
auf  das  vorderste  Ende  des  Mittelfusses  einwirkt,  damit  man  an 
möglichst  langem  Hebelarm  das  Sprunggelenk  bewegt. 

In  der  Regel  bediene  ich  mich  für  die  Bindenzügel  wollener 
Binden,  weil  sie  sich  weniger  leicht  auf  der  Haut  verschieben, 
als  leinene  Binden.  Häufig  habe  ich  auch  bei  kleinen  Klump- 
füssen  1  —  2  fingerbreite  Heftpflasterstreifen  benutzt,  welche  sehr 
fest  der  Haut  anliegen.  Man  hat  eine  venöse  Gonstriction  nicht 
zu  besorgen,  weil  die  Dorsalfläche  des  Fusses  frei  bleibt  und 
nach  Vollendung  des  Verbandes  die  Zusammenschnürung  der 
Planta  ziemlich  aufhört. 

Sehr  bequem  ist  die  Anwendung  ^^s  Bindenzügels  iur  die 
Anlegung  des  Gypsverbandes  nach  der  Streckung  der  Kniege- 
leukscontracturen  in  der  Narcose  durch  die  Methode  v.Langen- 
beck's.  Sobald  die  manuelle  Streckung  vollendet  ist,  legt  man 
einen  breiten  Bindenzügel  über  die  Patellargegend,  dessen  Enden 
zu  beiden  Seiten  des  Kniees  nach  unten  laufen.    Die  Hand  des 


960  Dr.  0.  Hueter, 

fixirenden  Gebülfen  steht  der  Kniekehle  gegenüber  nad  zieht  fr 
ZügeleDdeo  kräftig  nach  unten  an.  In  keiner  anderen  Web- 
kann man  so  vollkommen  das  durch  die  mannelle  Action  ei  | 
reichte  Extrem  der  Streckung  bis  nach  Erhärtung  des  VerbsE 
des  sichern,  ohne  dass  die  Anlegung  des  Verbandes  ii^nd  b^ 
hindert  wfirde.  Bekanntlich  wird  in  der  Regel,  am  das  Zurück- 
federn des  Gelenkes  in  die  gebeugte  Stellung  zu  verhüten,  währen: 
der  Anlegung  des  Gypsverbandes  die  Hand  auf  die  Vorderfläefir 
des  Eniees  gedrückt,  dann  kann  aber  der  Verband,  welcher  ge- 
rade am  Knie  sehr  fest  sein  muss,  nur  unvollkommea  angel^ 
werden,  während  der  Bindenzügel  ohne  Störung  von  dem  Gype 
verband  bedeckt  wird.  —  Bei  der  Therapie  des  Greno  Talgni: 
pflege  ich  ebenfalls  den  Bindenzügel  zu  verwenden,  doch  v^- 
weise  ich  in  dieser  Beziehung  auf  die  nachfolgenden  Bemerkuo- 
gen  zur  Therapie  des  Genu  valgum. 

An  der  oberen  Extremität  habe  ich  ebenfalls  h&ofig  die 
Bindenzügel  zur  Fixation  bei  Anlegung  der  Gypsverbände  beautst 
Besonders  waren  es  Fracturen  mit  grosser  Neigung  zur  Disloca- 
tion,  welche  durch  einfache  Extension  während  der  Anleguif 
des  Gypsverbandes  nicht  erfolgreich  genug  bekämpft  werdea 
konnte.  Hierhin  gehören  besonders  Infractionen  in  der  ICue 
beider  Vorderarmknochen,  deren  Knickung  dem  manuellen  Es- 
tensionszug  an  der  Hand  des  Patienten  häufig  weniger  leieht 
nachgiebt,  als  die  Dislocation  der  Fracturen  am  unteren  Driu- 
theile  des  Radius  zu  thun  pflegt;  ferner  bieten  die  Fractaren  m 
unteren  Ende  des  Humerus,  welche  ich  als  Fractnra  condylici 
humeri*)  bezeichnet  habe,  zuweilen  Gelegenheit,  sich  des  Bin- 
denzügels  mit  Vortheil  zu  bedienen,  wenn  nämlich  der  Vorder- 
arm mit  dem  kleinen  unteren  Fragment  des  Humerus  nach  hin- 
ten dislocirt  ist.  Um  in  einem  solchen  Fall  die  Repositiou  zu 
bewirken  und  bis  zur  Vollendung  des  Verbandes  zu  erhalten, 
muss  der  Vorderarm  nach  vom,  zugleich  aber  der  Oberarm  etwas 
nach  hinten  gezogen  wurden«  Das  letztere  bewirkte  ich  früher 
durch  die  Finger  eines  Gehül^n,  welche  hakenförmig  dieBeugeseite 


*)  T.  Langenbeck's  Archiv.  Bd.  YIU.   S.  160  u.  f. 


Notiiev  &V8  der  Praxis  der  chirargiBchen  Poliklinik.  961 

des  uateren  Absehnittes  des  Oberarmes  umfassen;  jetet  gebrauche 
ich  einen  Bindenzfigel,  welcher  ebenfaUs  die  Bengeseite  des  Ober- 
armes amfassty  nach  hinten  angezogen  erhalten  wird,  und  die  An- 
legung des  Gypsverbandes  gar  nicht  behindert,  w&hrend  die  Fin- 
ger des  Assistenten  immer  für  die  Anlegung  des  Verbandes  sehr 
störend  einwirkten. 

Es  versteht  sich  von  selbst,  dass  ich  noch  f&r  verschiedene 
andere,  als  die  im  vorhergehenden  specialisirten  Zwecke  die 
Bindenzügel  gebraucht  habe;  ich  habe  nur  kurz  diejenigen  Ge- 
legenheiten bezeichnet,  wo  dieselben  besonders  gute  Dienste  bie- 
ten, nnd  wenn  die  Herren  Gollegen  die  Bindenzfigel  in  ihre  Praxis 
einfahren  werden,  so  bin  ich  überzeugt,  dass  sie  denselben  all- 
m&lig  einen  noch  grösseren  Wirkungskreis  einräumen  werden, 
als  ich  ihnen  durch  die  vorstehenden  Bemerkungen  zun&chst  zu-* 
zuweisen  versucht  habe. 

JV.  Zur  Theorie  und  Therapie  des  Genu  valgum. 
Seitdem  ich  in  2  verschiedenen  Arbeiten  (s.  dieses  Archiv. 
Bd.  IL  S.  622  und  Virchow's  Archiv  f.  path.  Anatomie.  Bd.  26) 
die  anatomischen  und  entwickelungsgeschichtlichen  Verhältnisse 
des  Genu  valgum  dargelegt  habe,  habe  ich  drei  weitere  Präpa- 
rate von  dem  gewöhnlichen  Genu  valgum  untersuchen  können, 
und  sowohl  durch  das  Studium  dieser  Präparate,  wie  auch  durch 
eine  sehr  reichhaltige  klinische  Erfahrung  in  Betreff  dieser  Krank- 
heit ist  die  Richtigkeit  der  von  mir  über  dieselbe  aufgestellten 
Lehren  über  jeden  Zweifel  erhoben  worden.  Ich  recapitulire 
diese  Lehren  hier  in  kurzen  Sätzen,  deren  Begründung  in  den 
erwähnten  Aufsätzen  zu  finden  ist. 

Das  gewöhnliche  Genu  valgum  *J  ist  begründet  in  einem 
Excesse  der  normalen  Umbildung  des  Kniegelenkes  'aus  seinen 
foetalen  zu  seinen  erwachsenen  Formen.  Diejenige  physiolo- 
gische Umbildung,  durch  welche  die  Entstehung  des  Genu  val- 
*)  Ich  verstehe  unter  dem  »gewöhnlichen  Genu  valgam*  alle  diejeni- 
gen Fälle  von  Abductionsetellang  des  Kniegelenkes,  welche  sich  ohne  eine 
Spnr  von  entzündlichen  Symptomen  entwickeln,  und  nur  selten,  dann  aber 
erst  in  dei/  späteren  Stadien,  mit  Brscheinnngen  der  Arthritis  deformans 
sich  complieiren. 


: 


962  !>'•  C.  Hneter, 

gus  vorgezeichnet  wird,  besteht  vorzugsweise:  1)  in  der  Bild 
einer  kleinen  Grube  am  Gondylus  ext.  femoris,  an  der  Stei 
wo  die  für  die  Articulation  mit  der  Patella  bestimmte  Geled 
fläche  sich  abgrenzt  von  dem  mit  der  äusseren  Gelenkfläcbe  di 
Tibia  articulirenden  Abschnitt;  2)  in  dem  Zurückbleiben  «li 
Höheuwachsthums  am  vorderen  Rand  der  äusseren  GelenkdIdJ 
der  Tibia,  während  der  entsprechende  vordere  Rand  der  inner«! 
Gelenkfläche  durch  ein  hier  relativ  bedeutenderes  Höhenwaek» 
thum  der  Tibia  höher  zu  stehen  kommt  Beide  physiologi^lHl 
Ereignisse  sind  abhängig  von  der  Belastung  des  EniQgeleflkeii 
durch  das  Körpergewicht  bei  dem  Stehen  und  Gehen.  Das  G^ 
wicht  lastet  auf  gestrecktem  Kniegelenk,  und  weil  am  Schloss  der 
Streckung  wegen  der  eigenthümlichen  Krümmung  des  Condylm 
int.  femoris  eine  Rotation  der  Tibia  nach  aussen  entstehen  mmsi 
so  wird  der  Meniscus  ext.  viel  starker,  als  der  Meniscos  in: 
zwischen  Tibia  und  Femur  eingeklemmt.  Durch  diese  Ein- 
klemmung drückt  das  Körpergewicht  die  erwähnte  Grube  in  den 
Gondylus  ext.  femoris,  und  hemmt  das  Wachsthum  am  vorderoo 
Rande  der  äusseren  Tibiagelenkfläche.  Beide  Effecte  können  ab- 
norm gestiert  werden:  1)  durch  abnorme  Weichheit  der  Knor- 
pelsubstanz; 2)  durch  abnorm  starke  Belastung,  und  dann  ent- 
steht das  gewöhnliche  Genu  valgum  mit  seinen  4  Cardinalsym- 
ptomen.  Das  erste  Symptom,  welches  klinisch  inmier  in  deD 
Vordergrund  tritt,  ist  die  Äbduction  des  Unterschenkels,  bedingt 
dadurch,  dass  bei  dem  Schluss  der  Streckung  am  Gondylus  exu 
femoris  und  der  äusseren  Gelenkfläche  der  Tibia  Punkte  mit  ein- 
ander in  Gontact  kommen,  welche  viel  niedriger  liegen,  als  die 
correspondirenden  Punkte  an  dem  Gondylus  int.  femoris.  Als 
zweites  Gardinalsymptom  ist  zu  bezeichnen  die  Ueberstreckung 
des  Kniegelenkes;  sie  ist  abhängig  von  der  Tiefe  der  erwähnten 
Grube  am  Gondylus  ext.  femoris,  welche  als  hemmende  Barriere 
für  die  Streckung  dient,  und  von  He  nie  ganz  passend  als  Hem- 
mungsfacette bezeichnet  wird.  Je  tiefer  diese  Grube  durch  die 
Streckbewegungen  eingedrückt  wird,  desto  später  wird  bei  der 
Streckung  der  Meniscus  gegen   diese  Grube   angedrückt.     Von 


Notizen  aas  der    Präzis  der  chirargischen  Poliklinik.  963 

der  üeberstreckung  des  Kniegelenkes  bei  Genn  valgnm  ist  direct 
abhängig  die  starke  Rotation  nach  aussen,  das  3.  Gardinalsym- 
ptom  des  Genu  valgnm;  denn,  wenn  die  Hemmung  der  Streckung 
erst  spät  erfolgt,  so  kommt  der  eigenthümlich  gekrümmte  obere 
Abschnitt  des  Gondylus  int.  femoris,  welcher  die  Rotation  der 
Tibia  nach  aussen,  am  Schlüsse  der  Streckung,  bedingt,  inmier 
mehr  and  mehr  zur  Wirkung.    Endlich   ist  als  4.  Symptom  des 
Genu  valgum   zu  bezeichnen  das  Verschwinden  der  Abduction 
des  Unterschenkels  und  seiner  Rotation  nach  aussen,  d.  h.  der 
unter  1  und  3  motivirten  Symptome,  sobald  der  Unterschenkel 
gebeugt  wird.    Dieses  Symptom  ist  in  therapeutischer  Beziehung 
von  einigem  Interesse,  wie  ich  gleich  zeigen  will;  es  ist  sehr 
frappant,  indem  schon  bei  massiger  Beugung  das  ganze  Krank» 
heitsbild  sich  vollkommen   verwischt  und  so   unkennbar   wird, 
dass  bei  gebeugtem  Knie  Niemand  sagen  kann,  ob  das  betreffende 
Individuum  an  Genu  valgum  leidet  oder  nicht   Dieses  sehr  über- 
raschende Symptom,  welches  durch  keine  der  früher  über  diese 
Krankheit  aufgestellten  Theorieen  genügend  erklärt  werden  konnte, 
findet  in  dem  pathologisch-anatomischen  Befund  seine  einfachste 
Aufklärung;  sobald  bei  beginnender  Beugung  die  zu  niedrigen 
Partieen  des  Condylus  ext  femoris  und  der  äusseren  Gelenk- 
fläche der  Tibia  ausser  Gontact  kommen,  fehlt  jedes  Motiv  für 
eine  Difformität  an  dem  sonst  völlig  gesunden  Gelenke. 

Es  mag  kaum  irgend  eine  Erkrankung  geben,  welche  in  so 
klarer,  zweifelloser  Weise  aus  den  physiologisch-  und  patholo- 
gisch-anatomischen Befunden  ihre  vollkommene  Aufklärung  findet, 
als  das  Genu  valgum.  Für  diejenigen  CoUegen,  welche  nicht  in 
der  Lage  sind,  an  einem  Präparat  sich  von  der  Existenz  der 
berührten  Veränderungen  an  den  Gelenkflächen  überzeugen  zu 
können,  bemerke  ich  noch,  dass  man  bei  ausgepiägten  Fällen 
f  on  Genu  valgum  auch  am  Lebenden  die  kleine  Grube  am  Gon- 
dylus ext  femoris  fahlen  kann.  Folgt  man  bei  spitzwinkelig  ge- 
beugtem Knie,  in  welcher  Stellung  die  Gontouren  der  oberen 
Abschnitte  an  den  Femnrcondylen  scharf  hervortreten,  mit  dem 
Finger  dem  äusseren  Rande  des  Condylus  ext.  femoris,  so  gleitet 


964  Dr.  C.  Haeier, 

der  Finger  in  die  kleine  Grube ,  nnd  dieselbe  erscheint  für  is.- 
Gefühl  ungefähr  so,  als  ob  man  mit  dem  Finger  einen  Eindrad 
in  die  Gelenkfläche  gemacht  h&tte.  Am  normalen  Kniegelenk  k 
die  Grube  so  flach,  dass  man  mit  dem  Finger  nar  eine  And«- 
tong  derselben,  bei  Kindern  auch  nicht  einmal  diese  fShtL 

Wenn  schon  theoretisch  in  aetiologischer  Besiehnng,  wie  id 
oben  bemerkte,  die  Möglichkeit  einer  zu  geringen  Widerstands^ 
l&higkeit  der  Gelenkfl&chen  und  die  Möglichkeit  einer  sn  staiieo 
Belastung   derselben  für  die  Aetiologie  des  Genn  ralgon  ans- 
einander  gehalten  werden  müssen,  so  ergiebt  sieh  in  praxi,  dsss 
sich  nach  diesen  beiden  Möglichkeiten  zwei  Reihen  von  Erkran- 
kungen sehr  scharf  von  einander  scheiden,  deren  eine  ieh  antei 
dem  Namen  „Genn  valgum  rachiticum^,  deren  andere  ieb 
unter  dem  Namen  „Genu  valgum  statioam^  begreifen  möchte. 
Das  rachitische  Genu  valgum  entsteht  durch  nornude  Belastimg 
der  krankhaft  erweichten  Gelenkfiächen  vom  2.-6.  Lebenajahm 
d.  h.  in  der  Periode,  in  welcher  die  Rachitis  noch  florid  existirt; 
das  statische  Genu   valgum   entsteht  durch  abnorme  Belastnng 
der  gesunden  Gelenkflächen  vom  14.  Jahr  an  bis  zur  YoUendung 
des  Wachsthums  bei  den  jungen  Leuten,  welche  durch  den  g^ 
w&hlten  Beruf  während  der  noch  fortschreitenden  Entwiekelang 
des  Kniegelenkes  gezwungen  sind,  viel  zu  gehen,  zu  stehen,  oder 
noch  dazu  schwere  Lasten  zu  tragen,  also  bei  BäekerlehrlingeiL 
Schmiedelehrlingen,  jungen  Eaufleuten,  Kellnern  u.  s.  w.    Mao 
muss  freilich  die  Möglichkeit  und  Wahrscheinlichkeit   zugeben, 
dass   eine  in  früher  Jugend  abgelaufene  Rachitis   für  die  £nt- 
wickelung  des  statischen  Genu  valgum  eine  gewisse  Prädisposi- 
tion zurücklässt;  immerhin  aber  glaube  ich,  die  beiden  Fonneo, 
wenn  ich  die  zahlreichen  nun  von  mir  beobachteten  Fälle  über- 
sehe, streng  auseinander  halten  zu  müssen,  zwar  nicht  in  Bezog 
auf  die  klinischen  Erscheinungen  und  den  pathologisch-anatomi« 
sehen  Befund  —  denn  diese  sind  in  beiden  Formen  ganz  ideo- 
tiseh  —  wohl  aber  in  chronologischer,  aetiologischer,  und,  wie  ieh 
gleich  «1  zeigen  versuchen  werde,  in  therapeutischer  Beiiebimg. 

Nachdem   das   oben  bezeichnete  4.   Gardinalsymptom  des 


Notizen  ms  der  Praxis  der  chirurgischen  Poliklinik.  965 

Gena   valgum,   das  Verschwinden  der  Difformität  la  gebeugter 
StelluDg  des  Kniees,  meine  Aufmerksamkeit  bei  der  klinisohen 
Beobachtung  immer  mehr  gefesselt  hatte,  wurde  ich  bald  dazu 
bestimmt,   diese  Eigenthümlichkeit  des  Genu  yalgum  für  seine 
Therapie  zu  Terwerthen.    Waren  meine  Anschauungen  über  das 
Wesen  des  Genu  valgum  richtig,  so  musste  es  möglich  sein,  durch 
längere  Fixation  des  Kniegelenkes  in  gebeugter  Stellung  die  Dif- 
formität auch  für  die  Dauer  zum  Verschwinden  zu  bringen.   Ich 
rechnete  hierbei  auf  die  Neigung  des  Enorpelgewebes  zu  Wuche- 
rungen bei  rachitischer  Erkrankung,  und  stellte  mir  vor,  dass  bei 
rachitischen  Kindern  mit  Genu  valgum  die  beschriebenen  Ein- 
drücke der  Gelenkflächen  durch  Knorpelwucherung  sich  schnell 
ausfüllen  mflssten,  sobald  für  einige  Zeit  der  bei  dem  Gehen  und 
Stehen  auf  denselben  lastende  Druck  aufgehoben   würde.     Ob 
gerade  dieser  Galcül  richtig  war,  kann  ich  nicht  bestimmt  sagen; 
das  aber  kann  ich  versichern,  dass  die  Wirksamkeit  der  auf  densel- 
ben basirten  therapeutischen  Methode  meine  Erwartungen  weit  über- 
troffen hat.    Ich  stellte  das  rachitische  Genu  valgum  so  weit  in 
Beugung,  dass  die  Difformität  nicht  mehr  zu  sehen  war,  und 
iixirte  in  dieser  leicht  gebeugten  Stellung  das  Gelenk  durch  einen 
Gypsverband.    Nachdem  ich  den  Gebraudi  der  Bindenzügel  bei 
anderen  Gelegenheiten,   wie  ich  im  vorigen  Kapitel  beschrieb, 
kennen  gelernt  hatte,  legte  ich,  um  di^  Wirkung  noch  zu  ver- 
mehren, einen  Bindenzügel  um  die  Innenfläche  des  Kniegelenkes 
und  liess  denselbe^n,  während  der  Gypsverband  angriegt  wurde, 
kräftig  nach  aussen  anziehen.    Durch  den  Zug,  welchen  dann 
der  Zügel  bewirkt,  werden  die  inneren  Abschnitte  des  Gelenkes 
fest  aufeinander  gedrückt,  die  äusseren  dagegen  etwas  von  ein- 
ander gezogen  und  von  jedem  Druck  möglichst  entlastet.  So  gelingt 
es,  das  Genu  valgum  in  ein  Genu  varum  zeitweilig  überzuführen,  in- 
dem nach  Vollendung  des  Gypsverbandes  Oberschenkel  und  Cnter- 
schenkel  ei^en  nach  innen  offenen  Winkel  bilden.    Nach  Dnrchbär- 
tung  des  Verbandes,  d.  h.  nach  24  Stunden,  lasse  ich  die  Kinder 
herumgehen,  wobei  sie  freilich  wegen  der  Verkürzung  4iVGh  die 
gebeugte  Stellung  etwas  hinken.    Nach  14  Tagen  wir4  der  Ver- 


966  ^^-  0*  Haeter,  Notizen  aus  der  Praxis  etc. 

band,  wenn  er  nicht  schon  vorher  zerbrochen  war,  emeaen. 
weil  er  dann  in  der  Regel  etwas  za  locker  geworden  ist  Ab- 
weichangnn  von  10^  Abduction  verschwinden  nnter  dem  Ver- 
band in  2— 3  Wochen,  so  dass  hier  häufig  ein  einziger  Verbanu 
genügt.  Abweichungen  von  20^  erfordern  eine  Behandlung  von 
4—6  Wochen,  und  bedeutende  Abweichungen  von  30— 40'  habe 
ich  durch  eine  mehrere  Monate  fortgesetzte  Behandlung  beseitigt 
Bei  den  letzteren  darf  man  hoffen,  durch  jeden  Verband  eine 
Gorrection  von  5^  zu  erhalten;  zuweilen  freilich  ist  die  Ciorrecticm 
noch  geringfQgiger. 

Ob  die  Behandlung  des  rachitischen  Genu  valgum  durcL 
orthopädische  Apparate  schneller  zum  Ziele  fährt,  vermag  icb 
nicht  zu  bestimmen;  denn  fär  die  rachitischen  Kinder  der  poliklini- 
schen Praxis  standen  mir  keine  Mittel  zur  Anschafiung  solch* 
theurer  Maschinen  zu  Gebote.  Gegen  den  Gebrauch  der  Ma- 
schinen bei  dem  rachitischen  Genu  valgum  lassen  sich  viele  too 
den  Grfinden  geltend  machen,  welche  ich  oben  gegen  den  Ge- 
brauch der  Maschinen  bei  dem  angeborenen  Pes  varus  anfähm 
Immer  ist  es  angenehm,  für  die  poliklinische,  sowie  für  die 
Armen-  und  fElr  die  ländliche  Praxis  sich  möglichst  von  den 
Bandagisten  unabhängig  zu  machen,  welchen  man  in  dem  einen 
Fall  nicht  bezahlen,  im  anderen  gar  nicht  haben  kann.  Solche 
therapeutische  Methoden,  wie  die  eben  beschriebene,  haben  end- 
lich den  grossen  Yortheil,  die  Behandlung  der  orthopädischeo 
Krankheiten  allmälig  den  nicht  immer  rationell  geleiteten  ortho- 
pädischen Instituten  zu  entziehen  und  dem  wieder  zurfickzugeben, 
dem  dieselbe  eigentlich  gehören  soll,  dem  praktischen  Arzt  und 
dem  praktischen  Chirurgen. 

Bei  dem  statischen  Genu  valgum  habe  ich  Versuche  mit  der 
eben  beschriebenen  Methode  noch  nicht  angestellt,  weil  hier  die 
Anwendung  der  Maschinen  viel  weniger  gegen  sich  hat,  und 
weil  vielleicht  der  Mangel  eines  Reizes,  wie  er  durch  die  Rachi- 
tis gegeben  ist,  den  Erfolg  verhindern  kann.'  Doch  bleiben  Ver- 
suche in  dieser  Richtung  wünschenswerth. 

Berlin,  im  December  1867. 


xvm. 


Mittheilungen  aus  der  chirurgischen 
Casuistik  und  kleinere  Mittheilungen. 


Fall  von  ArterienimterbiiidnDg  bei  Elephantiasis. 

Professor  Dr.  C.  Hueter  in  Rostock. 

(Vorläufige  Mittheilnng.) 


Minna  Eggers,  23  Jahre  alt,  aas  Gnoyen,  von  gesundem 
kräftigen  Aussehen,  litt  seit  8  Jahren  an  einer  Elephantiasis  der 
linken  unteren  Extremität,  welche  ohne  deutliche  erysipela- 
tose  lymphangoi tische  Zufalle  allm&lig  eine  enorme  Ausdehnung 
angenommen  hatte.  Die  Affection  begann  hinter  den  Zehen,  liess 
am  Fuss  die  Haut  der  Planta  frei,  nahm  aber  am  Unterschenkel 
die  Hautdecken  in  der  ganzen  Peripherie  ein,  ebenso  am  Knie 
und  Oberschenkel.  Die  Hyperplasie  der  Haut  ist  eine  sehr  gleich- 
förmige, so  diass  die  A£fection  in  ausgezeichneter  Weise  eine  Ele- 
phantiasis laevis  darstellt.  Abweichungen  von  der  glatten  Be- 
schaffenheit der  Hautoberfläche  wurden  nur  durch  eine  tiefe,  quere 
Furche  in  der  Kniekehle  und  eine  ähnliche  Furche  in  der  Grenze 
zwischen  unterem  und  mittlerem  Dritttheil  des  Unterschenkels, 
sowie  durch  eine  Ichthyosisartige  Beschaffenheit  der  Epidermis 
an  einzelnen  Stellen  des  Unterschenkels  veranlasst.  Die  Con- 
sistenz  des  hyperplastischen  Hautkörpers  am  Fasse  und  Unter- 
schenkel war  sehr  fest,  fast  bretthart;  am  Knie  wurde  die  Gon- 
sistenz  etwas  weicher  und  ging  am  Oberschenkel  allmälig  in  eine 


968  I>r-  C.    Hneter, 

weniger  feste,  oedematÖHe  Schwellung,  und  am  Ligam.  Poupartü 
in  ein  weiches  Oedem  der  Haut  über.  Drüsen  waren  unter  de: 
oedematösen  Haut  nicht  zu  fühlen;  auch  war  das  Oedem  dicht 
unterhalb  des  Poupart'schen'^andes  immer  noch  so  bedeutend 
dass  die  Pulsation  der  Art.  femoralis  kaum  f&hlbar  war.  Ober- 
halb des  Ligam.  Poupartii  waren  die  Hautdecken  der  Uaterbaocb- 
gegend  noch  etwas  dicker,  als  auf  der  gesunden  Seite,  dock 
nicht  m^  deutlich  erkrankt.  Das  Labium  majus  sin.  etwa^ 
oedematOs. 

Die  Circumferens  betrug: 

auf  der  linken  auf  derraeb- 

(kranken)  Seite  ten  Seite 

Oberhalb  der  Malleolen i6  Gtm.  19  Cts. 

In  der  Mitte  des  Unterschenkels 52    -  30    - 

In  der  Falte  der  Kniekehle 50    -  31    - 

Grösste  GircnmferenK  des  Oberschenkels  70    -  44    - 

Am  9.  Mai  1868,  um  11  ühr  Morgens,  führte  ich  in  der 
Klinik,  im  Beisein  der  Herren  Praktikanten  und  einiger  Aeme. 
mit  ünterstfltzung,  besonders  von  Herrn  Prof.  Ackermann  ud 
Henke  und  meiner  beiden  Assistenten,  Herrn  Dr.  üterbart 
und  Moser  die  Unterbindung  der  Arteria  iliaca  ext 
untM*  Schonung  des  Peritoneums  nach  der  gewöhnlichen  Meäiode 
1  ZoU  oberhalb  des  Ligam.  Poupartii  aus.  Die  Operation  wurde 
etwas  erschwert  durch  das  nicht  unbeträchtliche  Fettpolster  der 
Haut  und  durch  eine  relativ  (vielleicht  krankhafte)  derbe  Ent- 
wiekelung  der  Pascia  transversa,  üebrigens  gelang  die  Iso- 
limüg  der  Arterie  ohne  Blosslegung  der  Vene  auf  der  Länge 
von  4  Linien  sehr  gut;  ich  legte  2  Ligaturen  von  Seide  in  der 
Entfernung  von  S  Linien  von  einander  ah  und  schnitt  die  Arte- 
rie zwischen  beiden  ILigaturen  durch.  Die  Wunde  wurde  durch 
6  Suturen  mit  Ausnahme  der  Mitte,  wo  ich  die  Ligaturen  herans- 
leitete,  geschlossen.  Die  Operation  war  nach  etwa  30  Minuten 
vollendet,  und  die  Patientin  war,  obgleich  sie  wegen  der  photo- 
graphischen  Aufnahme  viel  langer  in  der  Ghloroformnarcose  ge- 
blieben war,  gar  nicht  angegriiTen.  Schon  am  Abend,  8  Stnndeo 
nach  der  Operation,  war  die  Haut  des  Unterschenkels  sehr  weich, 


FftU  Ton  ArterieniiDtarbiBdaflg  bei  Blephantiasis.  90^ 

fallbar  und  gerunzelt  und  diese  Beschaffenheit  nahm  noch  in  den 
nächsten  Tagen  aufMig  eu.  Ehe  ich  in  der  nachfolgenden  Ta- 
belle die  Yerhütnisse  der  Abscbwellnng  constatire,  will  ich  nur 
über  den  Verlauf  der  Wunden  kurz  noch  folgendes  bemerken. 
Die  Erscheinungen  der  Peritonitis  waren  sehr  mftssig.  In  den 
ersten  Tagen  war  das  Abdomen  etwas  aufgetrieben  und  in  der 
Umgebung  der  Wunde  empfindlich,  auch  erfolgte  einige  Mal  Er- 
brechen, vielleicht  vom  Chloroform  abh&ngig;  diese  Erscheinun- 
gen verschwanden  vom  5.  Tage  ab  vollst&ndig.  Das  Fieber  stieg 
nie  über  39,4^  C.  und  hielt  sich  die  Temperatur  auch  in  den 
ersten  14  Tagen  gewöhnlich  nur  einige  Zehntelgrade  fiber  38^. 
Yom  18.  Tage  ab  war  die  Temperatur  normal.  Eine  Ligatur 
loste  sich  am  10.,  die  andere  am  12.  Tage  (19.  und  21.  Mai). 
Die  Heilung  der  Wunde  wurde  durch  eine  Necrose  der  Sehne 
des  M.  obliquus  ext,  von  übrigens  nur  geringer  Ausdehnung,  etwas 
vorzSgert,  und  die  reichliche  Eiterung  in  Folge  derselben  i&hrte 
wieder  zu  einer  partiellen  Trennung  der  in  grosser  Ausdehnung 
primär  verklebten  Wundfl&chen.  Doch  ist  heute,  3  Wochen  nach 
der  Operation,  nur  noch  ein  Streif  von  gutem  Granulationsge- 
webe an  der  Stelle  der  Incision.  Die  Patientin  befindet  sich  den 
grössten  Theil  des  Tages  schon  seit  einiger  Zeit  im  Garten. 
Tabelle  aber  den  Gang  der  Abschwellung. 

9.  Mai.       10.  Mai.        15.  Mai.       30.  Mai. 

(Tag  dtr  0p«rat.) 

Oberhalb  der  Malleolen 46  Ctm.  87  Gtm.  38  Gtm.  36  Ctm. 

In  der  Mitte  des  Unterschenkela  52    -  47    -  42    -  85    - 

In  der  Falte  der  Kniekehle   ...  50    -  47    -  41    -  86    - 

Grösster  Dmfang  d.  Oberschenkels  71    -  66    -  68    -  56    - 

Vergleicht  man  die  Resultate  der  Messung  vom  30.  Mai 
(3  Wochen  nach  der  Operation)  mit  den  Maassen  der  gesunden 
Extremität  (s.  o.),  so  ergiebt  sich,  dass  schon  jetzt  ein  Zustand 
erzielt  ist,  welcher  einer  vollkommenen  Heilung  nicht  fem  steht. 
Die  fortgesetzte  Beobachtung,  deren  Ergebnisse  einer  weiteren 
Mittbeilung  vorbehalten  bleiben,  wird  lehren,  ob  iin  Verlauf  der 
nächsten  Wochen  und  Monate  die  Heilung  weiter  fortschreiten 
und  sich  vollenden  wird.  Bis  jetzt  kann  man  noch  fast  töglich 
eine  messbare  Abnahme  der  Schwellung  constatiren. 


970  Dr.  A.  Walther» 

Analoge  Operationen  sind  (vgl  Gentralbl.  f*  <L  med.  Wisse» 
Schäften.  1868.  No.  L  S.  10)  schon  ISmal  nntemommeD  wordenU 
zuerst,  wenn  ich  nicht  irre,  1853,  und  am  h&ufigBten  von  CaN 
nochan  (Nord- Amerika.)  Die  Carotis  wurde  Imal  beido^eiK 
von  Garnochan  bei  Elephantiasis  des  Gesichts  nnteituiden; 
9mal  die  Art  femoralis  (5mal  von  Carnochan,  je  Imal  votf 
Butcher,  Payrer,  Alcock,  Watson);  die  Art  tibialis  ast, 
(Statham);  die  Art  iliaca  früher  2mal  (Bryant,  Bachanan>' 
Einmal  erfolgte  der  Tod  durch  Pyaemie,  in  keinem  Fall  Gao- 
gr&n,  in  9  F&Uen  Heilung,  in  3  F&llen  erhebliche  Bessenug. 

Somit  ist  die  von  mir  ausgeführte  Operation  schon  die  14. 
dieser  Art,  aber  so  viel  ich  weiss,  die  erste,  welche  in  Deutscb- 
land  und  dem  europäischen  Gontinent  ausgeführt  wnrde.  ' 


XIX. 

Julius  V.  Szymanowsky, 


Nekrolog 

▼on 

Professor  Jk.  l¥aUher  in  Kiew. 


Am  13./25.  April  1868,  verschied  nach  l&ngerem  Kranken- 
lager in  Kiew  der  Professor  der  operativen  und  Militairchimrgie, 
sowie  Consultant  des  Kiewschen  Militairhospitales,  Dr.  med.  Ju- 
lius V.  Szymanowsky,  im  Alter  von  39  Jahren.  Si.  ist  ge- 
boren zu  Riga  1829,  am  27.  Januar.  Er  stammt  ursprünglich 
aus  einer  Polnischen  Adelsfamilie.    Einer  seiner  Vorfahren,  noch 


J.  V.  Siyaanawßky.    Nekrolog.  971 

zur  Zeit,  als  die  Polnischen  KOnige  über  Garland  herrsohten, 
warde  in  diese  Provinz  mit  einem  offieiellen  Auftrage  geschickt. 
Er  blieb  in  Corland;  die  Familie  verheirathete  sich  mit  deutschen 
Frauen;  der  verstorbene  College  war  schon  protestantischer  Re- 
ligion und  verstand  kein  Wort  Polnisch.  Er  war  in  dem  Grade 
germanisirt,  dass  er,  ausser  deutscher  Wissenschaft,  Leben  und 
Kunst,  so  ziemlich  nichts  in  der  Welt  gelten  liess.  Dennoch 
konnte  er,  in  seiner  Lebhaftigkeit  und  einigen  anderen  Eigen« 
Schäften  das  sarmatische  Blut  nicht  gans  verleugnen. 

Seine  Schulbildung  genoss  er  auf  dem  Gymnasium  zu  Reval. 
Sein  Vater,  Anfangs  ziemlich  begütert,  verlor  fast  sein  ganzes 
Yermfigen,  als  sein  Sohn  etwa  12  Jahre  alt  war.  Voll  edelen 
Mitgefühles  für  den  von  ihm  stets  z&rtlich  geliebten  und  hoch- 
geachteten Mann,  erklärte  der  Knabe,  er  werde  sich  selbst  durch 
die  Welt  helfen  und  bedürfe  von  seinem  Vater  nichts  mehr. 
Damals  erwachte  in  ihm  die  Energie,  welche  später  einen  so 
hervorragenden  Zug  in  seinem  Charakter  bildete.  Er  hielt  Wort. 
Mit  Unterricht,  Zeichnungen  und  mit  Hülfe  eines  ihm  vom  Re- 
valer  Gymnasium  gewährten  Stipendiums  von  90  Rubel  Silber 
jährlich,  durchschritt  Sz.  als  erster  Schuler  das  nach  deutschem 
Muster  ziemlich  gut  organisirte  Gymnasium.  Einen  besonderen 
EinflusB  übte  auf  den  Knaben  ein  Lehrer  der  deutschen  Sprache 
und  Literatur,  Dr.  Meyer  aus  Hamburg,  eine  begabte  und  ori- 
ginelle Natur,  welcher  sich  viel  mit  seinen  Schülern  abgab,  auch 
ausBer  den  Lehrstunden.  Meyer  flösste  ihm  die  Liebe  zur  deut- 
schen Lit^atnr  und  Poesie  ein,  welche  Sz.  auszeichnete,  und 
welche  auch  dazu  beitrug,  ihm  zu  einer  staunenswerthen  Leich- 
tigkeit im  schriftlichen  Ausdrucke  zu  verhelfen.  Diese  Feder- 
fertigkeit hat  nicht  wenig  dazu  beigetragen,  aus  ihm  einen  so 
frachtbaren  Schriftsteller  und  guten  Stylisten  zu  machen,  als  er 
war.  Merkwürdiger  Weise  concentrirte  sich  bei  ihm  die  ganze 
Fähigkeit  des  Ausdruckes  auf  die  deutsche  Sprache.  Alle  an- 
deren handhabte  er  unvollkommen,  und  liebte  überhaupt  das 
Sprachstudium  nicht  Am  schlechtesten  gelang  ihm  die  Bewäl- 
tigung der  russischen  Sprache,  was  ihm  in  seiner  Professoren- 

62 


972  !>«'•  A-  Walther, 

Garrifere  viel  schadete.  Es  ist  ein  starker  Beweis  TOn  des 
Wissensdnrste  der  russischen  Jugend,  dass  sie  ihn  mit  solcbee 
Eifer  hörte  und  als  Lehrer  liebte,  obgleich  er  eigentlich  nie  eis 
russisches  Wort  mit  richtiger  Endigung  brauchen  konnte.  Die 
Wissenschaft  imponirte,  sonst  wäre  er  lächerlich  geworden,  wi: 
mancher  Andere  es  geworden  ist.  Schon  auf  dem  Gymnasioc 
entwickelte  sich  bei  Sz.  die  Gabe,  anregend  auf  seine  Umgebosr 
zu  wirken,  zeigte  sich  seine  ünerschrockenheit,  Geradheit  uk! 
Stärke.  Er  gründete  unter  Anderem  in  Reval  eine  freiwiUic? 
Feuerwehr  unter  den  Gymnasiasten,  und  war  der  kühnste  FüL- 
rer  dieser  jungen  Schaar  bei  Feuersbrfinsten. 

Im  Jahre  1850  bezog  er  die  Universität  Dorpat,  die  Mei* 
ein  mehr  aus  Zufall,  als  aus  Neigung  zu  seinem  Berufe  w&hleai 
In  Dorpat  sprach  sich  seine  Neigung  zur  Chirurgie  sehr  baU 
aus  und  wurde  durch  Adelmann,  den  Nachfolger  Pirogoff?. 
einen  sehr  fleissigen  Lehrer,  unterstützt.  Sz.  sprach  immer» 
den  Ausdrücken  der  grössten  Pietät  und  Hochachtung  von  mei- 
nem alten  Lehrer,  welcher  noch  im  Jahre  1867,  trotz  seines  Al- 
ters, mitten  im  Winter  sich  von  Dorpat  nach  Kiew  auf  den  Vei 
machte,  um  seinem  berühmten  Schüler  eine  Hodengesehwolst  z^ 
operiren,  aber  in  Riga  erkrankt,  zurückkehren  mnsste. 

Noch  als  Student  begann  Sz.  seine  Erfindungsgabe  in  me- 
chanischen Dingen  zu  äussern.  Seine  erste  Erfindung  in  diese: 
Richtung  war  seine  Resectionssäge,  welche  er,  allmälig  sie  Ter- 
bessernd,  bis  zuletzt  gebraucht  hat,  und  welche,  wie  bekaont. 
allgemeinen  Eingang  gefunden  hat  Noch  als  Student  verleto 
er  während  des  orientalischen  Krieges  einen  Sommer  mit  Adel* 
mann  in  Reval,  wo  man  eine  Landung  der  verbündeten  Fran- 
zosen und  Engländer,  und  Arbeit  für  Chirurgen  erwartete,  h 
Jahre  1856  vertheidigte  er  eine  Dissertation  über  Rhinoplastik. 
und  war  nach  russischem  Gesetze  Dr.  med.  und  practisdier  Ärxt 
zu  gleicher  Zeit.  Gleich  darauf  wurde  er  Assistent  bei  Adel- 
mann und  Privatdocent  für  Chirurgie.  Schon  im  Jahre  185^ 
wurde  er  als  Prof.  extraord.  nach  Helsingfors  versetzt,  wo  er 
alsbald  auch  als  Consultant  des  Kriegshospitales  angestellt  wurde 


'J.  T.  SzjmanowBkj.    Nekrolog.  973 

Es    macht  dem  Kriegs -Medicinal- Departement  Ehre,  den  Eifer 
und  die  Kenntnisse  des  jungen  Chirurgen,  so  frfih  wie  aueh  spä- 
ter, stets  richtig  gewürdigt  zu  haben.     Seine  literarische  Thätig- 
keit  dauerte  in  vergrössertem  Maassstabe  dort  fort,  ebenso  sein 
Feuereifer  f&r  gemeinsames  Wirken,  ärztliche  Gesellschaften.    Alle 
Aerzte  des  Helsingfors  -  Sweaborger  Spitales  wurden  Chirurgen. 
Die  medicinischen  Journale  füllten  sich  mit  Arbeiten  S  z.'s,  seiner 
Schüler  und  CoUegen.    Dennoch   glaube   ich   nicht,   dass  Sz/s 
SteUang  in  Finnland  ihm  besonders  angenehm  gewesen  sei.    Es 
soll   Vieles  faul  sein  —  in  jener  nordischen  Universität.     Sz. 
sehnte   sich  fort;  seine  Blicke  richteten  sich  auf  die  eigentlich 
russischen  Universitäten,   deren   wissenschaftliches  und  sociales 
Leben,  nach  Allem  zu  urtheilen,  dem  der  Finnländisehen  Uni- 
versität  bei  Weitem   überlegen  ist.     Er  trat  als  Concurrent  in 
einem  chirurgischen  Concurs  auf,  und  obgleich  er  ohne  Zweifel 
der  bekannteste  und  tüchtigste  der  Concurrenten  war,  so  waren 
die  Richter  so  wenig  ihrer  Aufgabe  gewachsen,  dass  Sz.  nicht 
den  Sieg  davontrug.     Das  bewog  mich,  ihn  der  Kiewer  Uni- 
yersität  als  Extraordinarius  vorzuschlagen,  und  durch  glückliche 
umstände  begünstigt,  gelang  es  mir,  seine  Wahl  durchzusetzen. 
Im  Jahre  1861  siedelte  Sz.  nach  Kiew  über. 

Im  Ganzen  ist  die  gegenwärtige  Zeit  in  Russland  der  Chi- 
rnrgie  wenig  günstig.  Früher  gab  es  dort  einige  vorzüglich  gute 
Chirurgen.  Diese  ältere  Schule  gipfelte  in  Pirogoff,  welcher 
als  Repräsentant  einer  klassischen  klinisch-anatomischen  Richtung 
gelten  konnte.  Seine  glänzenden  Geistesgaben,  sein  Feuereifer, 
sein  immenses  anatomisches  Wissen  zog  seine  Schüler  mächtig 
an.  Alle  jungen  Aerzte  trieben  damals  mit  Vorliebe  Chirurgie. 
Dennoch  hat  Pirogoff  sehr  wenig  Chirurgen  von  Fach  gebildet. 
Die  Ursachen  davon  sind  mannichfaltig.  Vor  Allem  die  veralte- 
ten Einrichtungen  der  beinahe  600  betragenden  russischen  Hospi- 
täler^), in  welchen  der  Oberarzt,  immer  ein  Therapeut,  eine  des- 


*)  Diese  EinrichtiiDg  föogt  jetzt  allerdings  an,  einer  zeltgemSsseren, 
▼ernDnftigeren  Platz  zo  machen,  doch  hält  eich  das  Alte  hartnackig. 

62* 


974  Dr.  A.  WaUher, 

potiscbe  Gewalt  ausfibte,  and  die  Chirurgen  theils  dadurch  pa- 
ralysirte,  dasB  er  sie  in  Allem  genirte,  theils  dadurch,  dags  d^ 
Gesetz  selbst  gewissermaassen  die  Entstehung  von  Hospit^-Spe^ 
cialit&ten  yerbot    Die  Secundär&rzte,  biess  es,  sollen  die  Spitai-I 
Abtheilungen   wechseln,   damit   sie  nicht  einseitig  würden  (! ,. 
Ein  zweites  Hinderniss  war  die  wenig  dichte  Bevölkerung  in  de£ 
Provinzstädten,    wodurch    ein   ausschliesslicher  Gfaimrg  riskirtrj 
vor  Hunger  zu  sterben.     Der  dritte  Cebelstand  sind  die  kleioe: 
Kliniken  in  den  Provinzial-Cniversitäten ,  die  Machtlosigkeit  d? 
Universitäten,  ihre  klinischen  Anstalten  zu  vergrössern,  der  Mar- 
gel  an  Leichnamen  in  den  anatomischen  Sälen,  und  geg^iwänk 
die  Bevormundung  der  medicinischen  Facultäten  durch  die  nier 
medicinischen.    Die  russischen  Universitäten  sind  jetzt  democn- 
tisch  selbstherrlich,  d.  h.   das  suffrage  universel,   die  Hehrzit 
der  Stimmen,  regiert  die  bei  uns,  sowie  überall,  nicht  häufigen  aE5- 
gezeichneten  Männer  —  die  Mittelmässigkeit  triumphirt  häufig,  b 
giebt  eine  ayopa,  aber  keinen  Senat  in  den  Universitäten.    Ifk 
Zeit  wird  lehren,  ob  das  der  Wissenschaft  frommt.    Es  kommt 
das  von   der  Bauernemancipation ! !     Unter  solchen  Umständet 
kann  ein  tüchtiger  Chirurg  sich  nur  ausbilden,  wenn  er  viel  Ta- 
lent, Energie  und  Gluck  hat.    Fast  alle  russischen  Universitätec 
haben  jetzt  Mangel  an  tüchtigen  Chirurgen. 

Sz.  war  unzweifelhaft  ein  Mann  von  Talent  für  das  opera- 
tive Fach  in  der  Chirurgie.  Diese  war  seine  Glanzseite.  &m 
Energie,  seine  Arbeitskraft,  seine  Arbeitslust  waren  enorm.  Da: 
Alles  riss  seine  Schüler  fort.  Er  hatte  leider  keine  Klinik,  woii: 
aber  eine  grosse  Privatpraxis  und  war  Consultant  an  2  Hospitä- 
lern. Alles  das  brachte  es  mit  sich,  dass  er  weniger  auf  die 
Masse  der  Schüler,  als  auf  einzelne  Liebhaber  der  Ghiruipe 
wirkte.  Sein  wissenschaftliches  Streben  fand  grosse  Anerkennoog 
bei  seinen  Schülern.  Er  hätte  ohne  Zweifel  Specialitäten  gebil- 
det, wenn  er  länger  gelebt  hätte. 

Seinem  Leben  machte  ein  Ende  eine  fibröse  Krebsgeschwulst 
welche  ursprünglich  sich  in  einem  Leistenhoden  entwickelte,  und 
dort  von  Piro g off  im  Jahre  1867  exstirpirt  wurde.    Im  Früh- 


J.  V.  Siymanowsky.    Nekrolog.  976 

ieses  Jahres  erschienen  Recidive  in  der  Haut  der  Schulter, 
ungen ,  im  Hagen ,  und  plötzlich  (per  emboliam  ?)  im  6e- 

Seine  Leiden  waren  verhältnissmässig  nicht  lang.  Sz. 
lücklich  (mit  einer  deutschen  Finnländerin)  verheirathet, 
ässt  Weib  nnd  Kinder  in  beschränkten  umständen.  Er  hat 
z  gelebt. 

Is  ich  1860  ihn  der  Universität  zur  Wahl  vorschlug,  konnte 
hon  25  Titel  seiner  Aufsätze  nnd  Werke  als  Beleg  meines 
ilages  vorlegen.     Seitdem  sind  diese  gewachsen,  und  be- 

in  russischer  und  deutscher  Sprache  (Sz.  hat  last  alle 
Schriften  in  beiden  Sprachen  gedruckt,  in  der  letzten  Zeit 
zuerst  russisch)  zusammen  53.  Die  wichtigsten  sind:*  Die 
Bearbeitung  von  Pirogo^'s  chirurgischer  Anatomie  der 
enstämme,  die  Schriften  über  den  Gipsverband,  über  die 
nente  Irrigation  und  Wasserbad,  über  die  partiellen  Am- 
)nen  des  Fusses,  über  die  Technik  der  Resectionen,  über 
astische  Chirurgie,  und  endlich  sein  grosses  Werk  über  die 
ive  Chirurgie,  welches  gegenwärtig  in  3  Bänden,  unter 
kung  des  Professor  ühde  in  Braunschweig,  in  deutscher 
le  gedruckt  wird.  Im  Russischen  ist  nur  der  3.  Band  noch 
ucke,  die  beiden  anderen  sind  erschienen.  Mögen  compe- 
Federn  beurtheilen,  was  ihm  die  Wissenschaft  überhaupt 
3kt.  Mir  scheint  es,  dass  er  viel  für  die  conservative  Chi- 
,  sowie  für  die  plastische  Chirurgie  gethan  hat,  dass  seine 
ten  in  diesem  Zweige  der  Chirurgie  einen  nicht  geringen 
abritt  bezeichnen.  Namentlich  seine  Dermatoplastik  fand 
Anerkennung,  und  wurde  durch  die  Prämie  Busch 's  (in 
sburg)  gekrönt.  Seine  operative  Chirurgie  ist  für  Russland 
«nichtig,  und  wird  wohUauch  in  Deutschland  gut  aufgenom- 
sverden. 

d^an  hat  Sz.  häufig  eine  gewisse  Verschwendung  des  ge- 
ten  Wortes  vorgeworfen,  und  gar  nicht  ohne  einen  gewissen 
1.  Er  sprach  sich  darüber  so  aus,  dass  für  ihn  die  medi- 
he  periodische  Presse  ein  Mittel  sei,  seine  Ideen  anszutau- 
i.   Er  wusste  sehr  wohl,  dass  Vieles  unfertig  gedruckt  wurde. 


976  ^r,  A.  Walther,    J.  t.  Ssjmanowskj.    Nekrolog. 

* 

Mögen  Andere  es  verbessern,  pflegte  er  zn  sagen.  Sein  GedfteLI 
niss^  seine  Kenntniss  der  Literatur ,  waren  sehr  bedeutrad.  I 
kannte  nur  eine  Erholung,  den  Schlaf.  Alle  Zeichnungen  zu  sd 
nen  Werken  machte  er  selbst. 

Sz.  genoss  in  Russland  eines  grossen  Rufes.  Seitdem  P 
rogoff  sich  vom  officiellen  und  literarischen  Leben  zurüekg^r 
gen  hatte,  nahm  er  so  ziemlich  die  erste  Stelle  unter  anserr^ 
Chirurgen  ein,  und  gewiss  h&tte  der  nächste  Krieg  ihn  an  d^i 
Spitze  der  russischen  Eriegschirurgen  gesehen,  wosn  er  sehr  bs^ 
iähigt  war. 

Soweit  ich  die  Sache  beurtheilen  kann,  gehört  Sz.  weder df^ 
pathologischen,  noch  der  anatomischen  Schule  in  der  Cbirarpr 
an.    Er  war  vor  Allem  Operateur,  glAcklicher  Erfinder  in  i^T 
Mechanik  und  in  Kleinigkeiten,  die  ja  aber  so  häufig  eine  gri» 
Wichtigkeit  haben.    In  seiner  Vorliebe  fdr  plastische  Ghimrp 
sowie  in  manchen  anderen  Eigenschaften  hatte  S  z.  Aehnlichkeii 
mit  Dieffenbach.   ^z.  war  der  Mann  der  Gegenwart,  der2et 
des  Fortschrittes.    Solche  Leute  bleiben  nicht  ohne  Feinde  u^« 
Neider.     Ein   russisches  Spruch  wort,   welches   der   versterbe 
College  zu  citiren  pflegte,  lautet:  die  Hunde  bellen  den  an.  i^ 
schnell  reitet. 

Kiew,  den  13./25.  Mai  1868. 


Druckfehler: 
(Bd.  IX.    Heft  1.) 
Statt  Dr.  F.  Petechin.  lies  Dr.  F.  PelechiD. 
Auf  Seite  253  soll  die  letzte  oder  33.  Zeile  auf  derselben  Seite  die 
ente  sein. 


Inhalt 


\    Die    Wanden   des  Herzens   and  des  Herzbeutels.    Von  Dr. 

Georg  Fischer 571 

CasniBtik 800 

Nachtrag  zn  den  Beobachtangen  an  Thieren 895 

Literatar 906 

Namen -Register  fQr  die  Casaistik  der  Yerletznngen  bei 

Menschen 908 

r.    Zar  Regeneration  der  Knochen  nach  sobperiostaler  Gelenks- 

Resection.    (Hierzu  Tafel  VI.)    Von  Dr.  Dontrelepont.  ..    911 
'L    Ein  Beitrag  zur  organischen  Plastik  behufs  Heilung  von  Un- 

terschenkelgeschwfiren.    Von  Dr.  R.  Schneider.  .    .    .    919 
I.    Notizen  ans  der  Praxis  der  chirurgischen  Poliklinik.    (Mit 

1  Abbildung  in  Holzschnitt)    Von  Prof..  Dr.  C.  H neter.    .    926 

1.  Zur  Extraction  fremder  Körper 926 

2.  Zur  Lehre  von  den  Luxationen '  .    988 

8.  Ueber  eine  neue  Methode  zur  Fixirnng  der  Extremi- 
täten bei  Anlegung  der  OontentiTverbftnde.  •    •    .    954 

1.    Mittheilungen  aus  der  chirurgischen  Casuistik  und  kleinere 
Mittheilungen. 

Fall  von  Arterienunterbiudung  bei  Elephantiasis.    (Vor- 
läufige Mittheilung.)     Von  Professor  Dr.  C.  Hueter.    967 
[X-    Julius  T.  Szymanowskj.   Nekrolog.    Von  Professor  Dr. 

A.  Walther 970 


Taft. 


Fiif.  Ib. 


t4.  e<-^>\c(j<     iif^ 


Taft, 


Fiq,  U. 


«^^- c^r^i:t</<'    **^^ 


f 

k 


){