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ARCHIV
FÜB
KLINISCHE CHIRURGIE.
HERAUSGBGBBEN
▼OH
Db. B. von langenbeck,
q^l^ OI>«^ Ifs^lleinaMUth vBd ProfeMor d«r Cblrnrgle, DtrMtor dM ehinv|toe^
ophtlftalnMl«gtteh«B Kllalkuu d«r UttWtriiat «te. «te.
REDIGIRT
D«. BILLROTH, und Jh. GÜRLT,
«M* ClUrarste IB Wira. Prof. d«r CUrwgl« in BwUa.
NEUNTER BAND.
Mit 6 TftfelB ▲bbUdvngto and 1 HolMchnitt.
BERLIN, 1868.
VK R I^AG VpK A,IJGiJj8T ELI.RS^CdFI.WrALD.
ÜBiM des Uaden No^ «6.
ARCHIV
FÜB
mmSCHE CHIRURGIE.
HERAUSGEGEBEN
▼OK
D«. B. TOH LANGENBECK,
G«h. Ob«r lledleliMMUUi nnd Prof«t«or der Cbirargle, Diraetor dM ehinirglaeli-
ophÜiAlBologttehM Kllnlknmt der UaiTeriiat eto. eto.
REDIGIRT
D». BILLROTH, und Du. GÜRLT,
Prof. der Chirurgie ta Wien. Prof. der Chirurgie in Berlin.
NEUNTER BAND.
Mit 6 Tafeln AbbUdnngen oiid 1 HoUschnitt.
BERLIN, 1868.
VERLAG; V^5J,A,ÜGIJ,8T ELLRSCJtH.WrALD.
Unter den Uaden Ko« 68.
Inhalt
8«lte
1. Bearooele. Von Dr G. W. F. Uhde. (Hienn Tat !•) . • 1
H« Zur Kritik nnd CftsniBtik der sogenannten Chopar fachen
RiLSkTticiilation. Von H. Fremmert 21
HL BeobmclitaiigB-Stadien Aber Wnndfieber nnd aceidentelle Wnnd-
krmnlLbeiten. Von Dr. Th. Billroth. (Dritte Abhandlang.
Scblasa.) 52
IV . Deber gevaltsame Streckung von Contractnren, insbesondere
des KniegelenkeB. Von Prot Hermann Meyer. (Biersa
Taf. II. Fig. 1-6.) 169
V. BeitriLge znr Resection des Kniegelenkes. Von Dr. König.
(Hiemi Tafel U. Fig. 7-11.) 177
TL. Mittheilangen ans der chimrgiachen Casnistik und kleinere
Hittbeilnngen.
1. Ein Fall von Dnterkiefergeschwnlst, bedingt durch De«
generation eines Zahnsackes. V6n Prof. £. Neu mann«
(Hieno Taf. II. Fig. 12. 13.) 221
2. Zar operativen Behandlang der narbigen Kieferklemme.
Von Dr. G. Jäsche 226
3. Ein Fall von halbseitiger Gesichtsatrophie, in Folge
▼on Verbrennung. Mittheilnng ans der Bonner chimr-
gischen Klinik. Von Dr. Hering. (Hierzu Taf. III) 280
4. Zwei Fälle von Ovariotomie mit glücklichem Ausgange.
Von Dr. SklifosBoffsky 284
5. Zcfr Ovariotomie. Von Dr. Dan sei 244
6. Ein günstiger Fall von Haffcaaslöaiing bei eiteriger Pe-
riostitis und Osteomjelitis des Schenkelbeines. Von
• Dr. P. Pelechin 260
VIL Zur Ligatur der Arteria Carotis comniunis, nebst einer Sta-
tistik dieser Operation. Von Dr. C. Pü* 267
1. Lif^ator bei Blotungen 260
2. Ligator bei Aneurysmen ^^
3. Ligatur bei Tamoreu ^26
4. Ligatar vor und bei der Exstirpation von Geschwttlsten. 368
6. Ligatar wegen Nervenkrankheiten 872
6. Ligatar nach Brasdor - Wardrop. • • 8*'®
YUI. Beiträge zur Resection des Kniegelenkes. (Fortsetzung zu
Seite 220.) Von Dr. König. ....••••.•. *4<^
IX. Deber Herniotomie ohne Eröffnung des Bruchsackes. Von
Dr. Doutrelepont - • ; ' ' * '
X Oeber die durch Verwachsung entstandenen LaryM- Steno-
sen nnd^ihre operative Beseitigung- (Hierzu Tafel IV.
Fig. 1-3.) Von Dr. J. M. RoBsbach- . - *»^
1970
II.
i
XL Mittbeibnßen ans der chirurgischen Gasnistik nnd kleinere
Mjtibeilungen.
1. Ein neues Lithotom, welches von der Steinsonde
oicbt abgleiten kann. (Zapfensteinmesser.) (Hierzu
Tjif, IV. Fig. 4-7) Von Dr. Max. LeudesdorC. Ö07
2. Strirtnr des Mastdarmes mit Mastdarm - Scheiden-
Fistel. - Excitfion des unterenr Mastdarmeodes. ~
Zweire Strictur am oberen Mastdarmeode — ver-
gebliche Erweiterungsversuche. — Drohender Ileus. —
Bildung eines Anus artificialis. — Heilung. Von Dr.
J. Ä. Gläser 509
3. IftoUrte Luxation des Astragalns. Von Dr. Fr. G.
LaDgguth 523
4. V4.^n4ftrirende Bauchwande — Vorfall des Pancreas. —
Abtragung desselben. - Heilung. Von Dr. Bern-
hard G. Kleberg 523
b* Eistirpation beider Ovarien, mit einem kurzen Be-
rit bte Ober die Geschichte der Ovariotomie in Russ-
knd. (Hierzu Taf. V) Von Dr. J. Maslowsky. . 527
6 ?m domo. Von Dr. Danzel 541
XIL Carl Otto Weber, Nekrolog. Von Dr. Th. Billroth. 545
Xlir NÄchruf. 569
XiV, Die Wunden des Herzens nnd des Herzbeutels. Von Dr.
Georg Fischer 671
Caauiatik 800
flacht rag zu den Beobachtungen an Thieren S95
Literatur .- 906
K am e f) - Register fQr die Gasuistik der Verletzungen bei
Menschen 908
XV. Zar Re^f^aeration der Knochen nach snbperiostaler Gelenks-
Rt^eectioD. (Hierzu Tafel VL) Von Dr. Doatrelepont. . 911
XVL Eid Beitrag snr organischen Plastik behufs Heilung von Dn-
terechenkelgeschwfiren. Von Dr. R. Schneider. . . . 919
XVII. Natizen aus der Praxis der chirurgischen Poliklinik. (Mit
1 Abbildung in Holzschnitt) Von Prof.. Dr. C. Hneter. . 926
1* Zur Extraction fremder Körper 926
% Zur Lehre von den Luxationen 933
3. Ceber eine neue Methode zur Fixirung der Extremi-
tlten bei Anlegung der Gontentivverbäude. ... 954
XVni. Mittheiluugen aus der chirurgischen Gasuistik nnd kleinere
Mittbeiluugen.
Fall von Arterienunterbindung bei Elephantiasis. (Vor-
läufige Mittheilung.) Von Professor Dr. G. Hueter. 967
XIX. Julius V. Szymanowskj. Nekrolog. Von Professor Dr.
A. Walther 970
I «
Gedruckt bei JoUua Sittenfeld in Berlin.
I.
Hedrocele.
Von
Dr. C. ir. F. IJfeide
ra Branaaeliwtls.
(Hierzu Tafel I.)
Mastdarmbruch, Hedrocele (*?} ed^a der Hintere, das
Gesftss), Archocele {6 d^oq der Vorderste, Hinterste,
After), Fettdarmbrach, AfterdarmbraclL, Brach am
GesäsB, Gesässbrach, Hernia intestini recti, H. recti
H. rectalis, H. in recto.
Die ersten Bezeichnungen sind von Schreger nach dem gleich-
kommeoden Verhältnisse des Mutterscheidenbruches gewählt.
Seiler' s Meinung (Rust's.theor.-pr. Handb. d. Ghir. B. 8.
S. 608.)9 dass der in den Philosoph. Transactions. V. 49., P. 238.
XXVII. ^on J. Nedham mitgetheilte Krankheitsfall einen Mast-
darmbruch andeute, mnss wegen des ümstandes, dass die bei
John, dem 13jährigen Sohn des Tagelöhners Lancelot Watts,
vorgelagerte Darmpartie ?on einer Wand des Mastdannrohres nicht
umhüllt gewesen ist, vielmehr dahin ausgelegt werden, dass der
durch die Operation und Genesung merkwürdige Erankheitszu-
stand des Knaben in nichts Anderem, als in einem Eingeweide-
vorfalle durch eine Oeffnung in der Wand des Rectum bestan-
den habe. Eben so wenig ist es für zntreflfend zu halten, den
^. l^iKB«««!'««^« ^^^^ '• Clünirgte. IX. 1
2 Dr. ühde,
von Brodie (London Med. and Phys. Journal 1827) beschrie-
benen Vorfall aus dem After mit dem Namen Hemia zu bezeich-
nen, weil das 2 yards lange Stück Dünndarm nebst dem eat-
sprechenden Mesenterium durch einen Querriss im vorderen Tbeile
des Mastdarmes hervorgefallen war. .
Dahingegen ist dem Dresdener Arzte beizustimmen, wenn
er von Portal behauptet, dass dieser (Precis de Chir. prat
IL P. Paris 1768. 8. part. ffl. c. III. p. 661) jenen Bruch in
den Worten: „Les intestina ont tant de facilit^ k glisser et ä se
deplacer, qu'on a vu sortir un sac herniaire par Tanus^ aofahrt
Wenn auch aus Port aTs Angabe nicht klar ersichtlich ist, welche
Art des Mastdarmbruches er zu schildern die Absicht gehabt hat,
so ist nichts desto weniger dessen richtiges Verständniss tod
dem fraglichen Bruche desshalb nicht anzuzweifeln, weil er in
demselben Werke (c. XI. pag. 668, 669) den Vorfall von dem
Bruche ausdrücklich und in der heute noch gebräuchlichen Be-
deutung unterscheidet.
Schreger war der erste Chirurg, welcher den Mastdarm-
bruch diagnosirt und in classischer Weise in seinen „Chirurgische
Versuche« B. 2. Nürnberg 1818, S. 186 — 208 beschrieben hat
In der pathologisch- anatomischen Sammlung des h. Celle-
gium anatomico-chirurgicum zu Braunschweig findet sich unter
Nr. 5. des von mir aufgestellten Catalogs (Braunsch. 1854 S. 24)
aus dem Jahre 1821 ein von Pockels aufbewahrtes Präparat
mit Mastdarmbruch, wo ein zwischen die vorgefallenen Mast-
darmhäute vorgelagertes Ovarium den Bruch bildet.
Herr Geheimer Rath vonBrunn in Köthen hat in Ca sp er ^s
Wochenschrift f. d. ges. Heilkunde. Jahrg. 1833, B. 2. Nr. 40.
S. 934 einen Fall von Mastdarmbruch veröffentlicht.
Herr Ober-Medicinalrath Baum hat die Güte gehabt, mir
über den Mastdarmbruch, welcher von ihm etwa 1835 in Danzig
beobachtet ist, briefliche Mittheilung zu ertheilen.
Dieffenbach redet in seinem Werke „Operative Chirurgie**
B. 2. Leipzig 1848. S. 631 von mehreren Fällen des Mastdarm*
bruches, die ihm vorgekommen sind.
Hedrocele. 3
Mir hat sich ein solcher Brach im Jahre 1859 zur Beob-
achtung gestellt.
Ans dieser historischen Skizze wird ersichtlich, dass der
Hastdarmbrach nicht nur vor Schreger, sondern auch noch zur
Zeit sehr selten beobachtet worden ist.
Das Intestinum rectum, nach Krause (Handbuch d. m. Ana-
tomie. B. 1. Hannover 1833, S. 501, 504), beginnt an der vor-
deren und linken Seite des Promontorium, steigt anfänglich ein
wenig nach rechts, dann aber vor der Mitte des Kreuzbeines
herab, genau der Biegung der Vorderfläche des Kreuz- und Steiss-
beines folgend; hinter den im kleinen Becken liegenden Win-
dungen des Ileum; hinter der Harnblase im männlichen 6e-
sehlechte — hinter der Gebärmutter und Scheide im weiblichen
Geschlechte; und endigt vor der Spitze des Os coccygis, unter-
halb des Fundus der Harnblase beim Manne, unterhalb der hin-
teren Wand der Scheide beim Weibe, indem es durch den After,
bioter dem Perinaeum sich öfiiiet
Der Mastdarm ist in seiner vorderen Wand nur bis zur
Hälfte der Länge, an den Seitenwänden nur in einer Strecke von
2" von seröser Haut überzogen, die eine Ausbreitung des schma-
len nnd kurzen Mastdarmgekröses ist, welches von dem Pro-
montorium bis zur Höhe des zweiten Kreuzbeinwirbels herab'-
steigt, und oberwärts mit den unteren Enden des Mesenterium
und des Mesocolon descendens zusammenhängt. Die hintere
Wand der oberen Hälfte des Mastdarmes, so wie die ganze un-
tere, nicht in dem Saccus peritonaei eingeschlossene Hälfte des-
selben sind nicht von seröser Haut bekleidet
Sowohl bei der anatomischen Lage, als auch bei der serö-
sen Bekleidung des Mastdarmes muss es ffir kaum möglich er-
achtet werden, dass an einer seitlichen, oder der hinteren Wand
des Rectum ein Mastdarmbruch entstehen könne. Fasst man
aber die in dem Gavum des kleinen Beckens hervorragende vor-
dere Wand des Intestinum rectum, so wie die im Beckengrunde
zwischen der Harnblase oder der Gebärmutter und dem Mast-
darme durch den Saccus peritonaei gebildete, tiefe, weite Grube,
1*
4 Dr. Ohde,
Excavatio recto-vesicalis peritonaei, respective Excayatio recto-
uterina peritonaei, in's Auge, so lässt sich auf viererlei Weise
die Möglichkeit der Entstehung eines Mastdarmbruches denken:
1. Irgend ein Baucheingeweide drängt sich von der vorde-
ren Wand des Mastdarmes aus, etwa im Niveau des Ansatzes des
Bauchfelles an das Rectum, in das Mastdarmrohr hinein, so dass
der Bruch entweder innerhalb dieses wahrzunehmen, oder ausser-
halb der Mastdarmöffnung zu sehen wäre.
2. Ein Eingeweide schiebt sich in den Prolapsus des Rec-
tum, weicher von sämmtlichen Häuten, aber nur aus dessen vor-
derer Wand, gebildet ist.
Von diesen beiden Formen ist mir in der chirurgischen Li-
teratur kein Fall begegnet.
3. Ein Theil der vorderen Mastdarmwand lagert sich in der
hinteren Wand der Scheide in die Vagina hinein, respective aas
dieser hervor.
Diese von Malgaigne genannte Rectocele vaginalis ist
nicht selten, und findet sich insbesondere bei Frauen, welche
während der Geburt einen Dammriss erlitten haben.
Ich habe diesen Bruch erst im October 1865 an der 23jährigen H. K.
aus L. gesehen. Sie hatte vor anderthalb Jahren einen Knaben geboren,
wobei ihr der Damm bis etwa V ▼on der Afteröffnung eingerissen war.
Während der Schwangerschaft will sie einen sehr starken Hängebanch ge-
habt haben, so dass ihr das Gehen in den letzten zwei Monaten gar nicht
mehr möglich gewesen sein soll.. Seit dieser Geburt will sie im unteren
Theile der Scheide eine Hervorragung bemerkt haben, die ihr jedoch oie
Beschwerden yerursachte. Die erwähnte Hervorragung wird beim Auseio-
anderziehen der kleinen Schamlippen sichtbar, und stellte eine fingerhntför-
mige, dunkelrothe, weiche Gesehwulst dar, welche an der hinteren Scheiden*
wand sitzt und mit einem auf diese geführten Finger leicht znrückzubrin
gen ist. Brachte man einen mit der Volarseite nach dem Perinaeum hin
gerichteten Finger in das Rectnm, so war man im Stande, oberhalb des
Sphincter ani internus in eine nach der Mutterscheide hin befindliche Höhl«
mit der Spitze des flectirten Fingers zu dringen, und damit den Bruch aus
der Schamspalte zu bringen, so dass man beim Druck auf den Maatdarm-
scheidenbruch die darin steckende Fingerspitze durchfühlen konnte.
4. Ein Baucheingeweide legt sich in das vordere Segment
Hedrocele. 5
aTis allen Bauten des Rectum und im ganzen Umfange be-
^^^4ea Makstdarmvorfalles.
y^ Es beruht da« TVesen dieses Bruches darauf, dass eine Ein-
^nng yoa !Ba.iiclieiDgeweide in dem vorderen, dem Perinaeum
.Wirandten Abschnitte des aus allen Mastdarmhäuten gebilde-
liaYorbUes stattfindet, welche die innere Fläche des Theiles
^ ^^^m fmtonaeum berührt, der im normalen anatomischen Zn-
N^ sUade dea 13 eberzag einerseits für die Excavatio recto-vesicalis,
ifisp^eä^e recto- uterina, andererseits für die vordere Wand des
I liach S ehre g er gehört eine Summe prädisponirender, in
f der Organisation begründeter Momente zur Entstehung dieses
E BmcVi^. Er rechnet dahin: rückwärtige Inclination des Beckens,
r langes Keseateriam, fast gänzliche Einlagerung des Dünndarm-
i eonvolntes ia die Beckenhöhle, schrägen Verlauf des Colon durch
die Baacbhöhle, and glaubt, auf Grund einer einschlägigen See-
tioiiy einen geringen Vorsprung des Promontorium, sowie geringe
Biegong des Steissbeines noch als ganz besonders begünstigende
TTmstSLnde für das Hinabsinken des Darmes in die Tiefe annehmen
sa müssen, indem dadurch eine grössere Weite des Einganges
vnd Aasganges des Beckens entsteht. Schreger erklärt aus-
dr&ckhcb, diese tiefe Lagerung des Dünndarmes dfirfe keines-
ireges etwa als Folge des Vorfalles oder des Bruches angesehen
irerdea, sondern sei ein angeborenes und als solches vielmehr
' ein begünstigendes Moment der letztgenannten Zustände. Der-
\ selbe meint, erst jene doppelseitige organische Prädisposition
könne die Möglichkeit zulassen, dass sich zu dem Vorfalle des
Hastdarmes eine Eingeweidevorlagerung, ein Bruch, geselle, weil,
wenn die Därme bei normaler Stellung oder Vorwärtsneigung
des Beckens auch die bedingte tiefe Lage haben, jeder von oben
wirkende Druck dieselben nach vorne und nicht nach dem Mast-
darme drängen würde, und, wenn das Becken bei normaler La-
getung der Eingeweide rückwärts geneigt ist, eben so wenig ein
Jfastdarmbmch xa* Stande kommen könne.
Die Sectionen, welche Pockels, von Brunn und der Ver-
6 Dr. Dhde,
fasser an den Kindern vorgenommen haben, die mit einem Mast-
darmbrache behaftet waren, sind weniger geeignet, jene von
Schreger dargestellte .Prädisposition zu constatiren, als viel-
mehr dazu angethan, die von dem Erlanger Chirurgen für un-
statthaft ausgegebene Meinung, die tiefe Lagerung des Dünndar-
mes als Folge des Vorfalles oder des Bruches zu betrachten, als
die vorzuglichere erscheinen zu lassen. Denn in diesen Leichea
fand sich weder die rückwärtige Neigung des Beckens, noch eia
geringerer Vorsprung des Promontorium. Und was die Deutung
des schrägen Verlaufes des Colon, so wie der tiefen Lage des Ein-
geweides, nebst Verlängerung dessen Bauchfellduplicatur anlangt)
so dürften sich diese Abweichungen deshalb weit natürlicher und
einfacher als Wirkungen des Vorfalles hinstellen lassen, weil bei
dem längeren Bestehen eines Mastdarmvorfalles, wie solches bei
allen Individuen mit Mastdarmbruch immer stattgefunden hat, das
Colon transversum dadurch, dass das Colon descendens und das
S romanum wegen ihres Einfallens in das nach aussen umge-
stülpte Rectum verkürzt, respective hinabgezogen werden, aus
seiner gueren Lage in eine die Bauchhöhle von oben nach unten
hin schräg durchgehende Richtung gebracht werden muss. Durch
diese schräge Lagerung des Colon möchte wohl in den meisten
Fällen erst der Dünndarm mehr nach dem Becken hin getrieben,
und zugleich dessen Mensenterium gezerrt, respective verlängert
werden. Erwäge man noch dabei, dass in Folge des Mastdarm-
vorfalles die Excavatio recto-vesicalis, respective recto - uterina
sich gleichsam in den Vorfall verliert, und dann als etwaiger
Stützpunkt für andrängende Eingeweide fehlt, so lässt sich un-
schwer die Schreger'sche Prädisposition erklären, wie bei einem
langwierigen Mastdarm vorfalle durch Drängen und dergl. m. ein
Eingeweide zwischen die vordere Wand des Mastdarmvorfalles
gerathen, und so einen Mastdarmbruch bilden kann. Auch spricht
für diese Annahme die Art des Mastdarmbruches, in welcher der
Bruch nicht aus Darm, sondern aus anderen Eine^eweiden z. B«
aus einem Ovarium, wie in der Pockels'schen Beobachtung, be-
steht. In einem solchen Falle existirt' auch die Schieflage oder
Hedroeele. 7
Herabgesogenheit des Colon transyersam, weil es beim VorfalleQ
und ümatfilpea des Rectum diesen folgen und dabei schief zu
stehen kommen mass; aber hier wird in Folge des Hinabglei-
tens des die Excavation bildenden Peritonaeum, respective in
Folge des damit veranlassten Yerschwindens der Excavatio recto-
cterina in dem Prolapsas recti, der Peritonaealüberzng des Ova-
riam (Ligamentum latam) allm&lig nach dem After hin gezerrt
and dadorch so Torkfirzt, dass endlich, bei Vergrösserong des
Mastdarmvorfalles, das Ovarium zwischen die vordere Wand des-
selben gleitet, and anf diese Weise einen Mastdarmbrach bildet.
Der Hastdarmbrnch kann entweder durch Pressen der Ge-
dänne gegen die aasgewichene, zam Brachsacke gewordene Ex-
cavatio recto - vesiealis (recto- uterina) in der vorderen Wand des
Mastdarmvorfalles, oder durch Herabziehen eines Eingeweides,
mit welchem der Hastdarmvorfall in irgend einem Zusammen-
hange steht, veranlasst werden. Der zur Aufnahme einer Ein-
geweidevorlagerang geeignete Mastdarmvorfall muss mit einer vor-
deren Wand versehen, relativ lang, oft wiedergekehrt oder schon
längere Zeit bestanden sein, wenn damit, abgesehen von der da-
bei immer vorkommenden Schieflage des Colon transversum, eine
Verlängerung des Mesenterium, oder eine Verkürzung des Liga-,
meütam latam an dem vorzufallenden Eingeweide vor sich gehen
soll Der in Bede stehende Bruch kann in jedem Lebensjahre
auftreten.
Der Hastdannvorfall, in welchem sich eine Eingeweidevor-
lagerung befindet» erscheint in verschiedenen Formen, als eine
rundliche, cylindriscbe, kolbige oder gewundene Geschwulst. l)iese
faUt sich prall an, und bietet dem untersuchenden Finger unter-
halb des Spbincter ani vor Allem an dem vorderen Theile einen
besonderen Widerstand dar. Ihr trockenes, oder wenig feuchtes
ond stark gerötbetes Aussehen Iftsst bei näherer Betrachtung
Folliculi mucosi and erweiterte Venen erkennen. Besteht der
Mastdarmbruch lange Zeit, dann treten die ausgedehnten Yenen-
geilechte in der Mastdarmschleimhaut deutlich hervor, oder es
wird in der unteren Partie des Prolap^us eine Odematöse An-
8 Dr. ühde,
schwellnng bemerkbar. In Folge von Stockung in dem Örtlichen
Blntumlauf , oder nach Druck bei wiederholten vergeblichen Re-
positionBversnchen kommt wohl stellenweise Brand in das äussere
Darmblatt, der dieses durchlöchert, und befindet sich die durch
Gangrän veranlasste Oeffnung an der vorderen Partie des Vor-
falles, so communicirt sie in der Excavatio recto - vesicalis oder
uterina mit dem Inneren des Bauchfellsackes, üebrigens wird
das Drängen des Bruchkranken auf den Mastdarm itnmer stärker
und anhaltender, wobei sich der Darmkanal nur sehr spärlich
oder gar nicht entleert, zumal wenn die Hedrocele erst seit kur-
zer Zeit und heftig aufgetreten ist
Die Unmöglichkeit der Taxis einer nicht eingeklemmten He-
drocele wird durch Peritonitis, Eothanhäufung, Verwachsung and
dergl. m. im Bruche veranlasst.
Bei einzelnen Fällen ist auch die Einklemmung dieses Bra-
ches beobachtet. Ein Mal war sie durch Entzündung des Darmes,
welche sich auf den Bruchsackinhalt erstreckt hatte, ein anderes
Mal durch den Sphincter ani, noch mehr aber, wie es schien,
durch die Levatores intestini recti bewirkt. Nach einigen Chir-
urgen soll die Incarceration durch den Sphincter ani extemus,
^och mehr durch den internus, hervorgebracht werden.
Die Erscheinungen der Einklemmung bei diesem Bruche
sind denen der incarcerirten Hernien im Allgemeinen analog*
Die Geschwulst des Mastdarmbruches lässt sich hart anfassen,
ist nicht zu reponiren, verursacht bei Berührung Schmerzen; die
Dnterbauchgegend wird empfindlich und aufgetrieben; den Kran-
ken überfällt Unruhe und Schwächegefühl, und wird derselbe *von
Durst, Aufstossen, Würgen, Erbrechen geplagt. Alle diese Symp-
tome werden von einem fost nicht aussetzenden zusammenschnü-
renden Gefühle auf die Aftermündung, von dem fruchtlosen Drän-
gen auf den After und der hartnäckigsten Verstopfung begleitet.
Dieffenbach fasst die Gruppe von Erscheinungen, woran ein
von ihm beobachtetes Kind, welches mit einem „inneren^ Mast-
darmbruche behaftet war, in den Worten zusammen, jenes habe
„an den Erscheinungen des Yolvulus^ gelitten.
Hedrocele. 9
Verbleibt die Incarceration, so entsteht in dem Theile des
vorgelagerten Darmes, welcher der Einschnürung oder dem Drucke
besonders ausgesetzt gewesen ist, brandige Zerstörung mit Durch-
brach von Fäcalmassen in den Bruchsack, die vorgefallene, respec-
tive aasgestülpte Mastdarmhaut. Auf den Erguss von Darmgas
und Roth in den Sack erfolgt dann unverzüglich dessen Entzün-
dung mit Abscessbildung, und schliesslich eine Eothfistel oder ein
widernatürlicher After; oder der Patient geht bald an Peritoni-
tis, ohne oder mit Eotherguss in die Bauchhöhle, bald an Ent-
kriftung zu Grunde.
Behufs der Diagnose ist der Synjptomencomplex und die
Erankheitsdauer einer besonderen Beachtung zu unterwerfen.
Vor Allem das Drängen des Patienten auf den Ailer, die un-
gewöhnliche Grösse oder die fortschreitende Vergrösserung des
Hastdarmvorfalles , das Fühlen und Hinaufschieben der vorgela-
gerten Eingeweide, deren Wiedervorfall beim Husten oder Drän-
gen auf den After, die besondere Anschwellung eines Theiles des
Vorfalles, die schwierige oder gar nicht zu erreichende Reposi-
tion des Vorfalles, sowie das längere Bestehen oder mehrmalige
Auftreten des Hastdarmvorfalles. Sind bei einem solchen Vor-
falle Erscheinungen von einer Brucheinklemmung zugegen, so ist
wohl kaum, falls nicht ein anderer incarcerirter Bruch existirt,
das Vorhandensein einer Hedrocele zu bezweifeln.
Eine Verwechselung kann nur mit dem Mastdarmvorfalle
stattfinden. Dieser ist ohne Vorlagerung von Eingeweiden, in
der Regel nur von geringer Länge, leicht zu reponiren, an kei-
ner Stelle der Circumferenz ungewöhnlich gewulstet, und besteht
eine Wnlstung, so wird sie augenscheinlich und, wie die Palpation
'«hrt, durch Oedem verursacht.
Dieffenbach spricht von einem inneren Mastdarmbruche.
Was derselbe darunter verstanden hat, ist mir unbekannt.
Die Prognose ist von dem Alter des Patienten, der Grösse,
dem Zeitbestande, der Fähigkeit der Wiedereinrichtung, der Un-
möglichkeit der Reposition der Hedrocele abhängig. Bislang sind
^e grossen oder incarcerirten Mastdarmbrüche bei jüngeren In-
10 Dr. Ohde,
dividaen tSdtlich abgelaufen. Dagegen haben ältliche Personen
allerlei Beschwerden, selbst Incarceration des Mastdarmbraches
mit darauf folgendem widernatfirlichen After längere Zeit ertragen.
Da kein Fall der bekannt gewordenen Mastdarmbruche eine
chirurgische Behandlung erfahren hat, kann weder über diese
selbst, noch über deren Erfolg geurtheUt werden. Es bleibt also
nichts weiter übrig, als, den anatomischen Verhältnissen der Mast-
darmgegend entsprechend, die Behandlung unseres Bruches vor-
zuschlagen.
Ist die Hedrocele reponibel, werde, nachdem znr Erschlafinng
des Sphincter ani und zur Aufhebung des weiteren Vordringens
der Vorlagerung, der Patient mit niedrig gelegtem Kopfe und
etwas erhöhtem Becken in die Bauch- oder Rückenlage gebracht
ist, und derselbe seine Beine auseinander gebreitet hat, ein beöl-
ter Zeigefinger, mit der Volarseite dem Damme zugekehrt, in die
Oeffnung des Prolapsus geführt, das vorgelagerte Eingeweide
wieder in die Excavatio recto-vesicalis oder uterina geschoben)
und endlich der Vorfall durch ümroUen nach innen mittelst zweieF
Finger, bei gehöriger Feststellung des oberen Theiles desselben
durch ein paar Finger der anderen Hand, oder durch diese selbst
zurückgebracht. Zur weiteren Behandlung mögen dann, je nach
Erfordern, empfohlen sein : ruhige Rücken - oder Seitenlage mit
erhöhtem Becken, kräftigende und leicht verdauliche Nahrung,
kalte Bäder, kalte Elystiere, subcutane Injectionen aus Strycbni-
num sulphuricum in der Nähe der Aftermündung, Einfahrung ^oa
pessariumartigen Apparaten in den Mastdarm, Anwendung des
Ferrum candens, das D u p u y t r e n ' sehe Operationsverfahren. ^
bedünkt mich, dass bei einem reponibelen Mastdarmvorfalle die
Operationsverfahren : Entfernung des Prolapsus mittelst der Liga-
tur, nach der galvanocaustischen Methode, durch scharfe Instm-
mente und dergl. m., theils wegen der vielleicht nicht ausführ-
baren vollständigen Zurückhaltung der vorgelagerten Eingeweide,
theils wegen der Gefahr der Wiedervorlagerung, oder des Wie-
dervorfalles nicht wohl rathsam seien. Die von Pockels
(weiter unten besprochene) entworfene, aber schon früher ohne
Hedrocele. 11
dessen Wissen von Bünger bei einem Vorfalle mit Erfolg aus*
gefahrte Operation der ErOffnnng der BanchhGble, mit Hinauf-
ziehen und Befestigung des S romanum, dürfte auch nur far ver-
zweifelte Fälle bei nicht ganz heruntergekommenen Personen auf-
zosparen sein.
Bei dem nicht reponibelen aber eingeklemmten Mastdarm-
brach ist, am möglicherweise die Reposition desselben zu errei-
chen und das Leben des Patienten zu retten, eine chirurgische
Operation erforderlich. Diese, als Incision, auf der Höhe oder
dem änssersten Theile der Geschwulst zu beginnen, würde nicht
sowohl wegen der Entfernung von der Einklemmungsstelle un-
praktisch, als vielmehr wegen des hohen Standes der Verletzung
im Darme bei dessen nachheriger Reposition durch Austritt von
Darminhalt in die Bauchfellhöhle gefährlich sein. Dieffenbach
meinte: „man wurde am passendsten einen Einschnitt durch die
Baot an der änsseren Basis der Geschwulst macfien , welcher die
Richtung nacb dem Orificium ani hätte, und bis auf die Ge-
schwulst hinauf dilatiren. Nachdem von hier aus die spannen-
dea Theile durchschnitten, und die Darmschlinge blossgelegt wor-'
deo, würde sie sich zurückbringen lassen.^ In diesen Worten
ist der richtige Anfangspunkt für die Operation verzeichnet. Es
fragt sich nur, ob diese Herniotomie an jedem Punkte der Gir-
comferenz gleich zweckmässig ausgeführt werden könne? Bei
dem cylinderförmigen Mastdarmbruche ist man im Stande, von
allen Seiten an die Umgegend des Afters zu gelangen ; bei dem
warstf&rmigen dagegen kann durch die Darmwindungen die Af-
tergegend dermassen und so fest verdeckt sein, dass es nicht
möglich ist, sich durch gehöriges Abheben derselben Zugang zu
der hinteren, oder einer seitlichen Partie der Gegend des Afters
zo verschaffen. Für einen solchen Fall ist nur über die vordere,
dem Perinaeum zugewandte Seite des Mastdarmbruches zu einer
Operation zu verfügen.. Aber auch abgesehen von jeder Form
dieser Hernie, die vordere Aftergegend wurde aus verschiedenen
Granden immer das empfehlenswertheste Operationsfeld darbie-
^^i weil daselbst, und zwar in und nahe der Medianlinie, die
12 Dr. ühde,
Aa. transversae perinaei weder verlaufen, noch erhebliche Zweige
abgeben , hier ein operativer Eingriff wohl kaum Blatungen oder
ein sonstiges übeles Ereigniss besorgen lässt; an dieser Stelle
nach der Operation der Zugang zur Vorlagerung des Eingewei-
des unschwer zu bewerkstelligen ist, und an diesem Orte etwaige
Einklemmung in Folge von Gontraction des M. sphincter ani oder
des M. levator ani am sichersten auf operativem Wege aufgehe-
ben werden kann; Yortbeile, welche eine Operation entweder
an der Seite wegen Blutungen aus den Verzweigungen der Aa.
pudenda communis und transversa perinaei, oder in der Nähe
des Os coccygis wegen zu weiter Entfernung von dem vorgela-
gerten Eingeweide, und wegen des daselbst hinter dem Darmrohre
befindlichen, somit der Bruchzurückbringung hinderlichen Meso-
rectum oder anderen Gekröses, gar nicht zu bieten im Stande ist.
Demnach würde die Operation behufs Reposition einer an-
beweglichen oder incarcerirten Hedrocele am zweckmSssigsten
auf folgende Weise zu erreichen sein: Nachdem der Patient in
die RückeQlage gebracht ist, werden, bei niedrig gelagertem Kopfe
und etwas erhöhtem Steisse, dessen Beine gespreizt gehalten. In
der vorderen Aftergegend, dicht vor dem Schliessmuskel, ist als-
dann, etwa 1 — 2 Linien neben der Medianlinie, ein Längsschnitt
von etwa 1 Zoll durch die Haut zu machen^ ein solcher in der-
selben Richtung, ungefähr von derselben Länge auf die Brachge-
schwulst, respective durch die Schleimhaut des Rectum fortzu-
führen, und durch die Fascia superficialis des Darmes und die
Muskelhaut des Rectum zu dringen. Besteht nun die seröse
Haut aus der Excavatio recto-vesicalis oder uterina noch frei
und mit der unteren Partie der Muskelhaut des Rectum (hier mii
der oberen Partie der Muskelhaut des Prolapsus) unverwachsen,
so ist auf einer Hohlsonde oder einer Fingerspitze ein Bruch-
messer zwischen der serösen Haut (dem herabgedrängten Peri-
tonaeum), und der inneren Fläche des Sphincter ani einzufüh-
ren, die Messerschneide nach dem Perinaeum hin zu richten, und
der Sphincter ani, je nach dem Grade der Einschnürung, ein- oder
mehrfach einzukerben, worauf dann die Taxis der Vorlagerung
Hedroeele. 18
bei nicht geOffheter seröser Haut erfolgen mnss. Ist hingegen
der Peritonaealtheil der Excavatio recto-vesicalis oder uterina
io Folge irgend welcher Ursache, z. B. durch Entzündung , an
die entsprechende Muskelwand des Rectum angewachsen, so kann
der oben angegebene Bruchschnitt vor dem Einschneiden der se-
rösen Haut an der dem Schnitte in der Schleimhaut des ausge-
stülpten Mastdarmes entsprechenden Stelle nicht ausgeführt wer-
den, sondern es muss alsdann erst in der bereits erwähnten
Richtung, dicht unterhalb des Sphincter ani, oder mit anderen
Worten hoch oben an der Geschwulst und in der schon beste-
henden Incision, die seröse Haut frei präparirt, mit der Pincette
gefasst, mit einer Scheere oder einem Messer aufs Vorsichtigste
eingeschnitten, und von der inneren Seite der serösen Haut her
der Sphincter ani mittelst eines Bruchmessers auf der Hohlsonde
oder Fingerspitze eingekerbt werden. Die Zurückbringung der
Torgelagerten Eingeweide ist endlich, hier freilich bei Eröffnung
der serösen Haut, zu bewerkstelligen. Ob zuletzt noch die Ope-
ration mit dem in Rede stehenden Bünger sehen Verfahren zu
beendigen sei, wird vielleicht demnächst ein einschlägiger Fall
entscheiden.
Schliesslich erlaube ich mir folgende drei noch unbekannte,
vonPoekels, Baum und mir beobachtete Fälle der Hedroeele
hierunter mitzutheilen.
Pockels hat seine einschlägige Krankengeschichte bezeich-
net „Prolapsns intestini recti. Rhachitis'^. Die betreffenden Prä-
parate sind in dem von mir aufgestellten Gataloge der patholo-
gisch-anatomischen Sammlung des h. Coli. anat.-chir. hieselbst,
auf S. 24 Nr. .5. und auf S. 66 Nr. 8. eingetragen. Von diesem,
welches ein Skelet mit ausserordentlich vielen Fracturen dar-
stellt, habe ich bereits in der „Deutsche Klinik** Nr. 42. 1857
S. 412 berichtet, und gehört nur jenes (Taf. I. Fig. 1.) hierher.
R..., ein durch und darch scropbulöses , höchst rhacbitisches Mädchen
von 6 Jahren — etwa so gross wie ein einjähriges lünd — bekommt, wahr-
scheinlich in Folge von Warmreiz, am 12. Novemcer 1821 einen Frolapsug
ani, der am folgenden Tage schon, zu einem fingerlangen Prolapsus recti
wird. leh sah sie auf Hrn. G.'s Veranlassung den 15. November Morgens,
U Dr. Dhde,
der Prolapsas des Mastdarmes war etwa 8 Zoll lang , dankelrotb , sehr ge-
schwollen, so dass diese einer dicken Blutwurst ähnliche Partie an 3 Zoll
im Diameter hatte. Der flQssige Koth ging ohne Beschwerde ab — sie
hatte in den vergangenen Tagen einige Male gebrochen, heute aber nicht-
der Sphincter ani war durch den Prolapsus sehr erweitert, so dass man mit
dem kleinen Finger an dem umgekehrten Darm in ihn hineingehen konnte.-
Repositionsversuche blieben fruchtlos, wahrscheinlich wegen zu starker Ge-
schwulst des umgestülpten vorliegenden Mastdarmes. Es wurden Dmscbige
von eiskaltem Wasser um die vorliegenden Theile verordnet — 16. Not.
Wenn heute der seit 4 Tagen vorliegende umgestülpte Darm nicht zo repo-
niren ist, so will ich einen Einschnitt in die Bauchhöhle machen, fiber den
linken Seitenbeine, parallel mit den Fibern des M. obliqnus internus, 3
Zoll lang — eingehen mit dem bellten Daumen und Zeigefinger der recb-
ten Hand, das S romanum des Recti fassen und heraufziehen, und dann mit-
telst zweier Fäden in der Wunde befestigen, damit es hier anwachsen qb^
nicht wieder herabsteigen könne. Diesen Operationsplan theilte ich Hrs.
G. und H. mit, die ihn beide billigten; G. sagte mir, dass Prof. BQngef
schon ein Mal eine solche Operation mit Glfick an einer Frau gemicbt
habe. — Dm 2 Uhr Nachmittags gingen wir zusammen zu dem Rinde, das-
selbe wurde auf einen Tisch gelegt, es fand sich, dass der Sphincter keine
Einklemmung verursachte, mithin eine Einschneidnng desselben nicht erfor-
derlich war. Repositionsversuche wurden gemacht, aber fruchtlos, dabei
zeigte sich aber zugleich, dass die Theile der mncösen Haut des dicken
Darmes, welcher auf dem Bette gelegen hatte, deutliche Flecken von Braüd
an sich trug — und diese bestimmten uns denn, obige Operation nicht zb
machen. Dagegen wurden die Versuche der Repostion des Darmes erneuert
-— mit mehr Vorsicht und Umsicht ~ und sie gelang. G. nahm den Dam
i} beide (Qbereinander gestellte) Hände; während ich mit dem Zeigefiogei
in den Darm bis hoch hinauf einging, mit dem Daumen ihn nach iooeo
umroUte, hielt G. den Darm so fest, dass er nicht nachgeben konnte, soo
dern immer in derselben Richtung hineingehen musste. Das Drängen de«
Kindes war sehr stark, und während des Drängens hielt ich meinen Fingei
im Darme ruhig, so dass das eingebrachte Stück nicht wieder zurfikrollte-
bei jeder, wenn auch noch so kleinen Pause rollte ich mit dem Danmei
den Rand des Darmes wieder nach innen, und schob ihn mit dem Zeig»
finger durch den Sphincter hinauf. Auf diese Weise gehing es uns binnei
einigen Minuten den vorgefallenen Darm vollkommen wieder zu reponireo
ich ging mit dem Zeigefinger hinterher, und fand die Beckenhöhle ungemeii
verengt. Um das Vorfallen zu verhindern, wurde eine Tbiode, mit eine
kleinen Oeffnung am After, angelegt, und wurden Klystiere aus kalten
Wasser, sehr leichte Kost u. dergl. m. verordnet.
Hedzocele. 15
Dieser Fall gab mir mehrere Erfahmagen: 1) stellte ich mir die Re-
doetioD eines so grossen Stückes vorgefallenen umgestülpten Rectum viel
schwieriger vor, als sie wirklich ist, wenn man sie mit einem Assistenten vor-
nimmt; 2) der Assistent ist hier von Noth wendigkeit, weil der Operateur
mit der linken Hand allein den vorgefallenen Darm nicht in der steten
Lage halten, ihn nicht seiner ganzen Länge nach umfassen, gegen den
SphJDcter hindrücken kann — dies mnss durch zwei beölte Hände des
Ajfiistenten geschehen. — Ehe 6. dies that, war es mir allein unmöglich,
deo Darm zurückzubringen; als aber der Darm festgehalten und während
der Repositions versuche immer gelinde comprimirt wurde, durch die beiden
Dutereinander nm ihn gelegten Hände, da gelang es. Die Lage auf dem
Buche, mit angezogenen Beinen , aufgehobenem Steisse, niedrigem Kopfe
seheint mir ebenfalls dabei von Wichtigkeit; 3) dieser Fall sei mir zur
Waroong, nicht gleich zu einer lebensgefahrlichen Operation zu schreiten,
veDD nicht vorher mit gehöriger Ansicht und Umsicht die Versuche verge-
beoa gemacht wurden, das Uebel ohne eine solche Operation zu heben.
Nach dem ersten, schlecht gemachten, misslungenen Versuche der Reduction
worden einzelne schwarze Flecke auf dem Darme bemerkt, für Brand gehalten,
Qod zum Glück für das Rind darin eine Gontraindication gegen die Opera-
ratioQ gefunden, und ich war sehr geneigt, den Fall als unheilbar zu erklä-
ren, den Tod, ohne etwas Weiteres zu thun, abzuwarten. — Ein solcher,
S Zoll langer Prolapsus intestini recti sieht viel schlimmer aus, als er wirk-
li'^h ist, er war schon 4 Tage alt, die Entzündung der Geschwulst war durch
die kalten Umschläge gemindert, das Kind litt nicht sehr, hätte wahrscheinlich
noch lange so leben können, wenn der Darm nicht reponirt worden wäre.
Ich kann mir jetzt, bei gehöriger Ueberlegung, keinen Fall denken, wo
das Aufschneiden der Bauchhöhle und Zurückziehen des S romannm in den
den Bauch wirklieb nöthig würde. Ist es eüi Prolapsus in Folge von Schlaff-
fa^'it, ohne Einklemmung durch den Sphincter, so wird er nach Anwendung
▼on kalten Umschlägen, vielleicht auch Blutegeln, sich auf obige Weise zu-
rückbringen lassen; ist der Sphincter ani ein Hinderniss der Reposition,
dadurch dass er zusammengeschnürt ist, so muss dieser eingeschnitten
werden, gelingen dann die Repositionsversuche, mit Vorsicht erneuert, nicht,
^ ist zu erwarten , dass sich Adhäsionen gebildet haben an der incarcerir-
ten Stelle. Nur in einem solchen Falle könnte dann versucht werden, den
Bauchschnitt zu machen, um durch Anziehen des Colon descendens diese
Adhäsionen zu trennen.
17. Nov. Gestern — 6 Stunden nach der Reduction fiel das Rectum
nieder vor, wurde wieder zurückgebracht, — heute liegt es abermals eben
80 lang vor, als gestern, ehe ich es reducirte ! ~ 10. Decbr. Der Prolapsus
r^i blieb so, wie er war. Man machte den Plan, ihn abzubinden, führte ihn
16 Dr. Dhde,
aber nicht aus. ^ Das Rind starb gestern, den 9. Decbr. Abends, an Ent-
kräftnng. — Section des Unterleibes.* Eingeweide der Bauchhöhle TöUig
normal. Kein Symptom von EntsQndang, keine Wflrmer, keine scrophulö-
sen Tuberkeln im ünterleibe. Becken überaus Terkrfippelt, sehr eng. Colon
transversnm ganz herabgezogen durch das Rectum, das sich umgestfilpt
hatte, und aussen, einer 5 Zoll langen, dicken \?urst gleich, vorlag; die
mncöse Haut des vorliegenden Intestinum rectum war an mehreren Stellen
oberflächlich exulcerirt, und an einer Stelle war ein Loch durch alle Wände
des Darmes — ich habe ein Bougie vom Unterleib aus zwischen Mastdarm
und Ovarium im Peritonaeo hinabgeschoben; hieraus sieht man, dass das
Peritonaeum ganz und gar hinabgeht, und dass am Sphincter ani keine
Adhäsionen stattgefunden haben. Das Ende des umgestfllpten Becti ist
wulstig hart. — Das linke Ovarium ist ebenfalb mit dem Peritonaeo ein
wenig herabgezogen in den Sphincter ani.
Baum hat mir seinen Fall von Hedrocele aus dem Gedächt-
niss, etwa in folgenden Worten, gegeben:
In Danzig -- etwa 1835 — wurde ein, ungefähr ein Jahr altes, sehr
schwächliches Kind mit seiner Mutter in das Stadtlazareth aufgenommen,
welches an einem gegen 3 Zoll langen Aftervorfalle von ungewöhnlicher
Dicke litt. Der in die untere OefiTnung eingeführte Finger zeigte einen be-
deutenden Abstand von der vorderen Mastdannwand, legte ich auf diese
einen Finger, so konnte ich zwischen beiden Fingern Därme fühlen, die in
die Donglasschen Falten eingedrungen waren. Die Reposition sowohl des
Bruches als des Prolapsus recti waren trotz der allergrössesten Mühe unmög-
lich. Das Kind übergab sich anhaltend, war sehr jämmerlich und so schwach,
dass ich eine Operation für nicht mehr gerechtfertigt hielt Das Kind starb ^
noch an demselben Tage, und die Mutter nahm sofort die Leiche mit sich,
so dass die Section nicht gemacht werden konnte.
Meine Beobachtung über einen Mastdarmbruch verfehle ich
nicht, in Nachstehendem zu liefern:
Johannes Br., 1 Jahr 4 Wochen, gehörig entwickelt, von stets blassem
Aussehen, soll schon zu wiederholten Malen am Mastdarmvorfalle gelitten
haben. Unter dem 25. März 1859 bekommt der Knabe, nachdem er in der letz-
ten Zeit oft an Verstopfung des Leibes gelitten, unter heftigem Dr&ngen,
aber ohne sich übergeben und geschrieen zu haben, einen Vorfall aus dem
After. Dieser wurde aus 4 wurstförmigen Wülsten gebildet, deren Gesammt-
l&nge 50 Gentimeter, etwa 20 Zoll, betrug. Das Ende war fest auf eine
Hinterbacke gelagert, und so gestellt, dass eine Geffnung daran nicht wahr-
genommen werden konnte. Der Vorfall zeigte Windungen, wie der Dünn-
Hedrocele. 17
dann, schien von Gas angemeia stark ansgedehat zu sein, hatte sehr Tiel
FoIIicDÜ masosi, erschien etwas feucht und glänzend, »war tief geröthet» sehr
pnll, gar nicht zasammendrQckbar, und besass dicht unter dem After meh-
rere Qnerfalten. Der After war sehr erweitert, und zwischen dem Peri-
oaeam, respective der benachbarten Ges&sshaut, und dem Vorfalle konnte
loan keine Rinne gewahr werden. Das Kind hatte kurz Tor der Zeit, in
welcher ich es sah, ein wenig Blut mit härtlichen Kothbröckeln aus dem
Prolapsus verloren. Des Knaben Arteria radialis hatte Qber 140 Schläge,
die von grosser Schwäche zeugten. Er schrie kläglich, und drängte fast be«
ständig auf den After.
An der Geschwulst bestand kein Zeichen, zufolge dessen man eine be-
stimmte Diagnose auf das Vorhandensein eines Mastdarmbrnches hätte stel-
len mfissen.
Alle möglichen Repositionsversuche blieben ohne jeden Erfolg. Es wur-
den zur Erschlaffung des Vorfalles einzelne Functionen mittelst einer Nadel
vorgenommen ; es entleerte sich auch aus den kleinen Oeffnungen Luft und
etwas wässerige Flflssigkeit, nichts desto weniger verblieb dje Geschwulst
pnll und von der oben geschilderten Beschaffenheit Wegen des sehr elen-
den Zustandes wurde von einer Ohloroformirung des Kindes abgestanden.
Es ward daran gedacht, den Vorfall dicht unterhalb des Afters und
zwar an dessen freier, vorderer Perinäalseite von einer gewissen Länge,
mittelst eines Bistouris zu spalten, eine etwaige Vorlagerung zu reponiren,
den Prolapsns abzuschneiden, und die dadurch entstandene Querwunde mit-
telst blutiger Näthe zu vereinigen. Indessen wollten sich die Angehörigen
des kleinen Patienten auf eine Operation des Vorfalles nicht einlassen.
Gegen Abend waren bereits starke Ecchymosen und Brandflecken von
grossen Dimensionen an verschiedenen Stellen der äusseren Schleimhaut des
Prolapsns sichtbar geworden, und in der folgenden Nacht 1 Uhr verschied
das Kind.
26. März. Section, Nachmittags 4 Ohr. Es konnte nur die Bauchhöhle
eröffnet werden. Die Lage der Leber, Milz, des Magens normal. Der Ma-
gen, durch Fäulniss etwas erweicht, enthielt wenig flassigen Speisebrei.
Der Darm lufthaltig. Nach \?egnahme der vorderen Beckenwand wurde die
ürinblase entfernt. Eine Darmschlinge, der untere Theil des Ileum, ver-
lief an der rechten Seite in die Tiefe des kleinen Beckens. Der Dickdarm
senkte sich von links her in das kleine Becken. Das Mesenterium des
llenm lag auf der rechten Seite des Dickdarmes, und das eigentliche Rohr
des Darmes nach vorne, dem Perinaenm zugewandt. Bei sorgfältiger Unter-
duchnng zeigte sich, dass der Mastdarm vorgefallen war, das Ileum von der
vorderen und rechten Seite her in das Lumen des Mastdannvorfalles, in der
Gegend, wo im normalen Znstande die Douglassche Falte, die Exdavatio
▼. Laageobceli, ▲rehir f. CJürorgi«. IJL. ^
18 Dr. Uhde,
recto-Tesicalis sich befindet, wie hineiogedrftDgt I»g, nnddie angreDzeodi
Dfiondarmtheile yollstäadig herabgezogen waren. Es ergab sich ferner, di
das Orificinm ani sehr geräumig nnd weit war; die grosse, ausserhalb di
Afters lang herabhängende, mehrfach gewundene, allerdings ziemlich colb
birte Geschwulst auf ihrer Oberfläche alle Zeichen der Dickdarmschleio
haut an sich trug, und diese Schleimhaut in die umliegende äussere allg(
meine Haut des Dammes u. s. w. fiberging. Alle diese Umstände macht«
es klar, dass der yorgefallene , ausgestfilpte Mastdarm die äusserste HfiU
der Geschwulst bildete. An dieser zeigte sich nach liuks zu eia herroi
gestülptes stumpfes Ende, und auf dessen äusserster Kuppe, nach oben bii
schlug sich die Schleimhaut des Darmes in ein Darmrohr um, in welch«
man den Finger einffihren konnte. Dieses Darmrohr setzte sieb in d»
Flexura sigmoidea und das Colon fort, welche sich von oben her in ds
Rectum eingeschoben hatten. Das Colon transversnm und descendes vsrei
nach der linken oberen und hinteren Partie des Beckens venogen, do^
nach dem Mastdarme hin herabgesenkt. Die Flexura sigmoidea, ebenso wie
das Rectum hatten ein sehr langes Gekröse. Die Windungen des Proiap^t»*
respectiTe der Hedrocele, wurden dadurch veranlasst, dass tbeils die Gf
Uis5e des Mastdarmes, theils das Gekröse für den gegenwäKigen Znsuo^
nicht weiter ausdehnbar gewesen waren. Zugleich wird daraus erklSft
daas die vordere Wand des Vorfalles, respective Bruchsackes, sich ^orzüz-
ticb nur hat ausweiten können. i
Da das Rind schon frfiher oft an einem Prolapsus ani gelitten hittt'j
lieas sich eine Erschlaffung des Sphincter ani voraussetzen. Bei dem \i^\
tigen Drängen auf den After war neben der Flexura sigmoidea. t^io']
Schlinge des DQnndarmes in den ausgebuchteten Theile des MastdaroM r<}3
einer Längenausdehnung vorgedrungen, die fast auf den dritten Tbeil ^^
DQnndarmes veranschlagt werden konnte. Die eine ging von dem ant<
i'heile des Ileum, die andere von dessen Anfangstheil aus. Die Schlei
haut des Vorfalles war dunkel geröthet, und an einzelnen Stellen in I
ginnender Gangrän. Nachdem die Hfille der Vorlagcrung (der Mastdsj
an dem unten convexen Theile der Geschwulst mittelst eines Messers a^f[
ptvir Zoll geöffnet worden, floss etwas Bruch wasser ab, und zeigte sieb sol
der eingeschobene Dickdarm, als auch der eingetretene, respectiTe ror|
^Qtte Dünndarm. Am Bruchsacke waren die Gefässe injicirt. Man Voi
wenn man von der in dem Vorfalle gemachten Oeffnung ans ^^^^^ '
Spbincter ani zu den einen Finger, und neben dem eingescbobeoen Col
von der Baqchhöhle her, den anderen Finger gleichfalls gegen den knsi
d^ Mastdarmes efinffihrte, ohne Hindemiss beide Fingerspitzen zosanif
briDgen. Ebenso vermochte man von der Bauchhöhle her, wenn o^
vorgefallenen Schlingen durch den After verfolgte, den Finger in den T
j^.^ Maubtd^xmeB einzufaliTen, gUichfaWs ohne Verletzung
^ \^uiieVifQeii ; Motnente znr Oenüge, welche in dem voi
^^^iaadenseln einer Hedrocele bekundeten. An der
^ndannes war etwas frisches Exsudat und Peritoniti
^ ^fter keineswegea aaf das Obrige Periionaeum verbrdi
^ weder Röthe noch Bxsndat vorhanden waren.
Der Grand yron dem Misslingen der Taxis lag bi
Brochsaokes, so wie in der fibermässig grossen Voi
j2 ifl dem Bmchsacke.
Das PrSpATStt der hiesigen pathologisch -aoatomisc]
Nr. 33, und ist in Fig. 2. abgebildet.
Erklürang* der Abbildungen auf
Fig. la. Ansicht der Hedrocele, respective der Voj
"linni sioistram in der Exc&vatio recto - uterina, von
1- Drin blase 2. Uterus, 3, Colon deaceüdens, 4. Orariu
f'uba. 5. Ovarium dextrum nebat Taba,, 6, innere Fifichc
Fig. 15- Ansiebt der Hedrocole, reapective der Vor
^imn ainistmm in der Excavatio recto- uterina, iooerhj
i, so wie zwiachen der vorderen umgeatülpten Mastd
nde, reapective der vorderen Fläche des eiogescbobenei
Seite. 1. CJriDbiase, 2. üterua, 3. Coion desceodens ii(
Aste der ArterisL colica ainiatr^, 4. OFarinm sinist
des umgestülpten Mastdarmes, des Proiaj)8ns, 6. ein
ntömng eatstandene Oeffauog in der yorderen umgest
i, in welcher eine Sonde steckt, die in der Excavat
len dem Ovskrium sinistram and der vorderen Seite
Dickdarmes, nnd in dem Prolapsas, zwischen der vorde
tdarmwand — an dessen serösem Ueberzog — und ;
des eingeschobenen Dickdarmes sich befindet; 7. G
pnd intestini recti, wo sich der eingeschobene Darm nac
zur Vergrösaerang des Vorfalles weiter beiträgt, t
ch welche man des Oyatium Bimstrum, die Sonde, und
eingeschobenen Dickdarmes erblicken kann, 9. Sehn
he man das Gekröse dea ptolabirten und eingeschot
nehmen kann.
ta. o VnsicbLt der u^ato<ie\e ^on der Seite. 1.
üi
20 Dr. Uhde, Hedrocele.
deecendens, 3. Excavatio recto-vesicalis, 4. Processas ▼ermlfoimis, 5. Dfian-
darm (d) in der Excayatio recto-vesicalis, 6. Sphincter ani, 7. Prolapsos,
an welchem auf der linken Seite die Wand entfernt ist, am Einblick über
den Inhalt desselben zu gewinnen, 8. Aenssere, bei dem Vorfalle des In-
testinum rectum nach innen verlegte — seröse - Mastdarmhant, respecÜTe
die innei;,e — seröse— Fl&che des aus der Schleimhaut, Muskelhaot und 8e<
rösen Haut bestehenden Bruchsackes, 9. eine doppelte Reihe von vorgela-
gertem Dflnndarm (d), respective Brnchsackinhalt, 10. das Mesenterium
des vorgelagerten DQnndarmes, 11. der eingeschobene Dickdarm, 12. Ge-
krOse dea prolabirten Mastdarmes und eingeschobenen Dickdarmes, 13. Oeff-
nung de<] ProUpsus, an welcher sich derselbe durch weiteres Umlegen des
eingeschobenen Dickdarmes nach aussen verlängern kann.
n.
Zur Kritik und Casuistik der sogenannten
Chopart'schen Exartieulation.
Von
Ordijutor am Obnchow- Hospital la 6t. Petersbozs.
Zu vorliegender Arbeit wurde ich durch eine von mir im
Mai 1864 an beiden Fassen eines jungen M&dchens vollzogene
GVioparfsche Operation veranlasst. Diese Doppelexarticalation
ist insofern eine rara avis, als die eine GliedablAsung in tarso
indicirenden, traumatischen Yerletsungen, organischen Leiden etc.
natürlich nur ausnahmsweise dermaassen gleiche Gr&nzen haben,
dass sowohl an der rechten, als an der linken Extremität eines
Individuums absolut dieselbe Amputationsstelle (deren es bekannt-
lich an der kurzen Fusswurzel mehrere, dicht neben einander,
in der Ck)ntinnit&t und Contiguit&t gelegene, giebt) gewählt wer-
den muss. — So sind denn auch in der That, was den uns
hier speciell interessirenden beiderseitigen Ghop arischen Schnitt
aiibetrifiiy meines Wissens, nur zwei Fälle desselben durch Teztor
bekannt geworden.^
«; Joarnal d. Chir. n. Aagenheilk. t. Walther undY. Ammon. 1846,
22 H- Fremmert,
Zur VeröflFentlichung meiner Operation bewog mich übrigens
nicht die Seltenheit, sondern das. Resultat derselben; das von
mir seit zwei Jahren beobachtete Verhalten der Amputations-
stümpfe unserer Patientin, welche letztere beim Gehen und Ste-
hen nicht den Vortheil der nur an einem Fusse Operirten, das
Körpergewicht mehr auf der gesunden Extremität ruhen zu las-
sen, geniesst, verdient nicht allein Beachtung, sondern gewinnt
für die Fersenretroversionsfrage eine, wie mir scheint, fast zwie-
fache Bedeutung. — Dass schon früher jahrelange Observationen
der consecutiven Zustände einer beiderseitigen Chopart 'sehen
E^articulation stattgefunden haben, ist zu bezweifeln, da Tex-
tor'h Kranke leider bereits dem traumatischen Fieber erlagen.
Obgleich ich anfänglich nur das einfache Factum mitzuthei-
len beabsichtigte, rissen mich doch die Discussionen , welche,
wie aus den Annalen der Chirurgie bekannt, seit Decennien
wegen der Dignität des Ghopart'schen Schnittes geführt wor-
den j fast unwillkürlich mit sich fort, veranlassten gewisse Stu-
dien, und bewogen mich endlich dazu, meiner kleinen Abhand-
lung?: die Form zu geben, in welcher sie jetzt vorliegt. Ich habe
nach besten Kräften das zerstreute Material zu sammeki ver-
sucht, und finden sich trotzdem noch Lücken genug, so sind
diese nur der totalen Ünzugänglichkeit gewisser Quellen etc. zQ-
zuBchreiben.
Was zahlreichen besseren Federn, als der meinigen, bisher
mi gelungen ist (nämlich die Einigung der Ansichten über i^
Bürgerrecht der C hepar tischen Operation), vermesse auch ich
mich nicht, in endgültig entscheidender Weise erzielen zu wol-
len; gelingt es mir nur, die ganze Angelegenheit zu fördern,
und ihrem Abschlüsse um einige Schritte näher zu bringen, so
Bind meine kühnsten Hoffnungen erf&llt.
Amputationen in der Gontiguität waren bereits zu Hipp^^'
krates Zeiten bekannt; ob aber eine partielle Fussablösaog>
mit alleiniger Zurücklassung des Sprung- und Fersenbeines, vor
dem letzten Viertel des vorigen Jahrhunderts ausgeführt wurde,
lä> sich nicht historisch nachweisen. Trotzdem ist diese Ope-
'^^txk XVX1.Ä C^^iÄ^l»*^^ der sog. Chopart sehen Ex^rticulation. 23
»\^^ WH ^^T^\«ve.\i. »tt der Pirogoff-Syme'schen, Textor-
k w^Ti%*^e\i.^ia. lOL. s» w. eine alte, und jedenfalls die erste
^^^\^^^ ^^^\» \n. articulis tarsi. Wird also kurzweg von einer
^^V^ioVd&o Tn^^io-tarsea, tarso-tarsea, intertarsea, oder in tarso
l!^^TK>^^ii^ 1&0 ist^ darunter immer diese zu verstehen, nicht
^^^r etwa die IPussabsetzung sub astragalo oder die Laborie-
/ ^b er tische d^sarticiilation antä-scaphoidienne etc., die ja auch
X "/eselben Bezieidmungen beanspruchen dfirften.
Sehen ^^\t von den unwahrscheinlichen geschichtlichen An-
gäben gewisser Autoren ab, so ist nach Alphons Robert, wohl
^ns^^^ ^^^ Abbeville der Erste, der die Möglichkeit un-
^^erer Operation im Jahre 1746 nachwies. In Deutschland er-
^^^-iwähiite sie zwar Heister bereits 1750*), aber F&lle wirklicher
^^nsführang ^wurden erst drei Jahrzehnte später, durch Hun-
^dtf^so^wsky *), bekannt. Als dieser nämlich im Jahre 1780 oder
^(3^er 1781 nach Rochefort kam, zeigte ihm der dortige erste
^^\iiraTgu8, du Vivier, einen scrophulösen 8jährigen Knaben,
dessen Beine des Mittelfiisses, und die meisten Gelenkknochen
A^ Yorderfiisses kariös waren, und dem er, mit Zurficklassung
V^s&s, Sprang- und Fersenbeines, die er beide gesund fand, den
Fuss im Gelenke abgenommen hatte; Patient fing zwei Monate
später bequem aufzutreten an. Einem Galeerensclaven war die-
selbe Operation gemacht worden, aber ohne dass nach sechs
Soeben ein Anschein von Heilung vorhanden war.«* Nach die-
sen beiden durch Zufall zur allgemeinen Eenntniss gekommenen
"--Ampatationen, die, in Ermangelung früherer Veröffentlichungen, als
^^^ ersten ihrer Art angesehen werden müssen, scheint das ganze
^^r&hren wieder in Vergessenheit gekommen zu sein, und Cho-
^^^n musste es, wahrscheinlich unabhängig von du Vivier»),
ther G. B., Lehre von den blut Oper, am menscbl. Körper.
^W Schäfer 1853, B. n. S. 19.
^T ff ncaowsky's med.-chir. Beob. auf Beinen Reisen. Wien,
•>!li t783 S. 244—246.
'^f ' -«« ' FroC B., Handbuch d. Akinrgie. Halle, Anton, 1848,
24 H. Premmert,
gleichsam neu erfinden. Pariset und Petit*), Mal{;aigne*)|
Ghelius, S6dillot u. A. nennen ihn daher kurzweg den Eat-T
decker, oder ersten Terrichter der Fussablösung in tarso. ErJ
d. h. Ghopart, operirte, wie der Augenzeuge Lafiteaa
richtet, am 12. August 1791, und beschrieb den Fall im
folgenden Jahre') (nicht aber, wie es z. B. bei Vocke heisst*)!
im Jahre 1787); zugleich gab er einzelne, theilweise noch
gültige, Verhaltungsmassregeln för sein Verfahren ^n, und mal
nennt dasselbe seitdem mit Recht den C hepar tischen Schnill|
Seinem Beispiele folgte Lafiteau bereits 1792'), und sieb
Jahre später Marc-Antoine Petit. Von den Franzosen da
auf häufig unternommen, wurde die neue Exarticulation va
Roux auch in England, im Jahre 1814*), eingeführt Sei
oft übte man sie in Deutschland; Ph. v. Walther machte sil|
zuerst 1809, und stellte bestimmtere Regeln f&r sie auf^). Ibd
folgten Langenbeck'), Klein, Ghelius u. And.; Texto^
allein führte sie 19 Mal aus.
Vor du Vivier und Chopart hatte man in allen F§IleD|
wo die Erhaltung einzelner Tarsnsknochen sehr wohl möglicK
gewesen, doch immer die allein bekannte ünterschenkelampotai
tion unternommen; die grössere Gefahrlosigkeit, und die Ver^
meidung einer, künstliche Füsse erfordernden, Beinverkürzang
waren so bedeutende Vorzüge der neuen Methode, dass diese
sich überall Bahn brechen, und warme Anhänger erwerben
musste. — Die Reaction blieb jedoch nicht aus; — Klagen, welche
I) Dictionaire des sciences m^dicales. Paris, 1812, B. 1. p. 496.
«) Malgaigne, Operat Chir. Russ. üebers. d. Dr. Tschistowitscb.
St Petersb. 1851, pag. 346.
•) Emmert, C, Lebrb. der Chirargie. 1864, 4. B., 2. Lief., p. H^
(Foarcroj, Jourual des decoav. rel. IV. Paris 1792).
*) Vocke, F , Die Leicheu-Operatt. Berlin, Hempel 1854, p. IH-
•) Ghelius, M. J., Handbuch d. Chir., pag. 802. (Richter's cbir.
Bibliothek, B. XIV., S. 471.)
•) Emmert etc. (ParaU. etc., pag. 247).
*) Ghelius etc. (Abhandl. ans d. Geb. d. p. Med. pag. 143).
•) Ebendaselbst (Bibliothek f. Ghir. 1810, B. 3., pag. 746, Taf. 1.)
Zur Kritik nnd Gasnistik der sog. Cbopari'schen Exarticnlation. 25
TOD Jahr zn Jahr an Zahl und bestimmterer Form zunahmen,
tauchten allmalig. gegen die Operation, nebst ihren Folgen auf,
nad riefen, da es auch nicht an Vertheidigem fehlte, die leb-
haftesten Debatten hervor. Im Gegensatze zu Aerzten, welche,
wie s. B. F. Blandin, den Ghopar tischen Schnitt selbst der
Exarticalatio metatarso-tarsea vorzogen, gab und giebt es Viele,
die ihn, als unstatthaft und schädlich, sogar aus den Lehrbüchern
gestrichen wissen wollen. — Soll der Chirurg, bei so verschie-
dener Meinung der renommirtesten Autoren, im concreten Falle
richtige, vorurtheilsfreie Schlüsse ziehen, muss er alle vorge-
brachten Beschwerden einer speciellen Untersuchung unterwer-
fen, und das Pro et Contra streng prüfend gegen einander ab-
wägen. — In Folgendem will ich versuchen, dieser Forderung
nachzukommen.
In der ersten Zeit machte man der Chop arischen Ampu-
tation s(^ar die Schwierigkeit der Ausführung zum Vor-
wwf. Velpeau erzählt (s. Günther), dass 1799 einer der ge-
schicktesten Wundärzte von Paris % Stunde zu ihrer Vollendung
brauchte; Richerand 1823, dass die Wundärzte lange nach
dem Gelenke suchten, obgleich sie einen Wachsfuss neben sich
batten, nnd Adelmann >) sagt, dass Pelletan einen skeletir-
ten FusB neben den Kranken legte, um bei der Operation Osteo-
logie zu Studiren. Dass solche Beispiele eher ein schlimmes
Licht auf die anatomischen Kenntnisse der ausübenden Chirurgen,
als auf die Operation, welche in der Jetztzeit naturlich zu den
leichteren gezählt wird, werfen, bedarf keiner weiteren Erklärung.
Ferner wurde Langsamkeit oder völliges Ausblei-
ben der normalen Vernarbung besonders hervorgehob'en ;
schon in duVivier's Falle, vom Galeerensträfling, soll sich
noch nach sechs Wochen kein Anschein von Heilung gezeigt
baben, und Foucher^) führt einen im 9. Lebensjahre von
■) Beiträge zur Heilkunde. Riga 1853, B. 2., Lief. 3. »Ueber Amput.
d- Fnsses in den Taraalknochen. *
') Canstatt's Jahresbericht über d. Fortsch. d. ges. Medicin fQr 1858,
B. V., p. 355 (Monii des Höp. Nr. 120; nach Emmert: Gav. des Hop. 123).
26 H« Fremmert,
Job ort Operirten an, dessen Amputationswunde, bei der naeb
4 Monaten erfolgenden Entlassung aus dem Hospital, noch nidil
vernarbt war, auch nie zum vollkommenen Schlüsse kam, und
endlich nach 20 Jahren, die Fussablösung über den Enöcbek
erheischte, (üeberhaupt sollen nach Prof. Weber inHeidelbeig
die schlechten Heilungen 23 pCt. bilden.*)) In wie weit Um
und spätere, nicht näher beschriebene Falle von Verzögeraog
des Sanationsprocesses, oder völligem Misslingen, einer zufrie-
denstellenden Wundschliessung, verfrühten Gehversuchen, ge-
wissen Krankheitscomplicationen und besonderen Heilmethodea
zuzuschreiben sind , muss unermittelt bleiben ; heute findet wobl
kaum Jemand, bei Anwendung der nothwendigen Yorsichtsmass-
regeln, in dem Vemarbungs vorgange nach dem Chopartkhea
Schnitte etwas, von dem nach anderen ähnlichen Exarticolätio-
nen Stattfindenden, Abweichendes.
Von Whatton's Befürchtung, der Plantarlappen sterbe
ab, sagt Blas ins trocken, dass sie mit zahlreichen Beobacb
tungen im Widerspruche stehe, und einer fehlerhaften Operations-
weise etc. zuzuschreiben sei.
Auch der Sehnen- und Synovialscheidenentzüo
düng wurde nach dem C hepar t'schen Schnitte, bei welchem
freilich sehr zahlreiche Säcke dieser Art geöfihet werden, eino
übertriebene Bedeutung vindicirt. — Wir wissen wohl, wie pc-
netrirende Stichwunden, oder eine vernachlässigte, und schnei
in die Tiefe dringende Phlegmone etc. durch das üebergreifei
auf obige Scheiden zu den bedenklichsten Erscheinungen fuhren
glauben aber nicht, dass diese Entzündung nach Amputatiooea
bei aufmerksam geleiteter Behandlung, Dimensionen anniionit
welche A. Robert's maskirte Aufforderung zu einem Bück
schritt in der conservativen Chirurgie rechtfertigen könnten']
(die von ihm angegebene Sterblichkeit, nach den durch Traumei
') Canstatt's Jahresb. für 1860, B. V., pag. 264.
*) Canstatt's Jahresb. für 1850, B. V., pag. 231. (üeber die p*n
Amput. am Fasse, übers, v. Händel, Weimar 1851.)
Zar Kritik and Gasuistik der sog» Chopart'schen Exarticulation. 27
e:ebot6neD FassablSsungen, zeigt sich in Verhältnissen ^ welche
Stellen, wo weniger Sehnen durchschnitten werden, in einem auf-
fallenden Grade begünstigen, und annehmen lassen, dass er allen
Exarticulationen in tarso die ünterschenkelamputation über den
Knöcheln vorzieht). Welcher Werth der Entstehungserklä-
ning pyämiscber Symptome nach Amputationen von Melchior
Robert'), der den Eiter durch die Sehnenstümpfe pumpen-
artig hoch in die Scheiden befördern, und aus diesen, in natura,
Ton den Venen resorbiren liess, beizulegen ist, bedarf, in Hin-
blick auf die neueren Entdeckungen, keiner weiteren Ausein-
andersetzungen.
Exulcerationen (wie 1815 bei Villerme^s 20 Pa-
tienten*) n. A.), Wiederaufbruch der gut geschlossenen
Narbe und Fistelbidungen [s. z. B. Schmidt^)] siüd,
wenn sie in einer Garies, Abscessen u. dergl. ihren Ursprung
verdanken, wohl am C hepar tischen Stumpfe nicht häufiger, wie
oaeh anderen ähnlichen Amputationen; als Folgezustände der so-
gleich zu besprechenden Retraction, werden sie aber noch bei
dieser erwähnt werden.
Letzterer Kategorie der Anfeindungs-Motive reihen sich die,
ebenfalls von Villermö (s. Blasius) ausserordentlich betonten
Schmerzen in der Narbe an. Sieht man jedoch von den
Fällen ab, in denen durch Talusluxation Zerrung der kaum ge-
heilten Wunde stattfindet, so hat man wohl wenig Grund, ein
besonderes Excelliren so trauriger Art bei der nach dem Cho-
part'schen Schnitte entstandenen Cicatrix vorauszusetzen. —
Hntin«) giebt an, dass fast alle von ihm in sechs Jahren un-
tersachten, wohl nie im Chopart'schen Gelenke amputirten
Inyalideh über Narbenschmerz klagten (von 522 derselben waren
') Gezette medic. de Paris, XVII. Annöe, T. IL, Nr. 33., 1847.
*) S^dillot, Gh., Traite de M^d. oper., band, et app. 1853, 2. ödit.,
T. 1., p. 423.
') A.rchiT f. kÜD. Chir. yod v. Langenbeck etc. 1862 (Amp. und
Exart in d. Tüb. Klin. v. 1843-62),
*) Ganst Jahresb. f. 1851, B. V., pag. 138. (Gaz. des Uöp. Nr. 129.) .
28 H. Fremmert,
nur 24 ganz, 36 theilweise frei) und ist also dieser auch nacl
GliedablAsongen an anderen Stellen eines der constantesten Lei-
den. Da Zarücklassang scharfer Knochenprominenzen (die Hat in
so häufig bei seinen 74 Sectionen von Amputationsstümpfen als
Ursache der Empfindlichkeit entdeckte) bei den Exarticulationen
nicht vorkommen kann (s. auch Soul6 ^))y und die Ghopart'-
sehe Cicatrix ausserdem beim Gehen gewöhnlich kaum gedrückt
wird, so muss in ihr der Schmerz (immer mit Ausschluss der
durch Retroversion complicirten Fälle) sogar massiger sein, als
z. B. in der Narbe der am Unterschenkel Amputirten.
Nach Erledigung dieser, wie ersichtlich, absolut haltlosen,
und wohl auch nie einer allgemeinen Aufmerksamkeit gewürdig-
ten Anklagen zweiten Grades, müssen wir uns ausfuhrlicher zur
wichtigsten Ursache der Anfeindungen, zum wahren Stichblatte
aller in dieser Angelegenheit stattgehabten Discussionen, mit einem
Worte, zu jenem unglücklichen Folgezustande wenden, der ge-
wöhnlich
die Fersenretraction
genannt wird. Schon 1799 machte Marc-Antoine Petit ^)
einen Fall bekannt, wo bei einem vierjährigen Knaben nach der
Operation eine derartige Verschiebung der beiden übrig geblie-
benen Tarsalknochen stattfand, dass das Gehen völlig unmöglich
wurde. Auch Andere theilten bald Beispiele so trauriger Folgen
mit, und die Zahl dieser Beobachtungen wurde im Laufe der Zeit
sogar eine so bedeutende, dass es jetzt in der That unmöglich
wäre, alle hierher gehörenden Fälle gesammelt vorzufELhren. Ich
beschranke mich, weil leider eine ausführlichere Zusammenstel-
lung, .wegen erwähnter Unzugänglichkeit gewisser Quellen miss-
lang, darauf, nur einige Chirurgen der Neuzeit, welche wohlcon-
statirte Fälle von Fersenerhebung aufweisen, zu nennen; — es
') Canst Jabresb. f. 1803» B. V., pag. 173. (Jonm. de Mtfd. de Bor-
deaux.)
*) Södillot, Trait^ etc. und Emmert, Lehrb.. etc (Med. da coeur
1799, pag. 364.)
Zur Kritik and Gasnistik der sog. Chopart'schen Exarticnlation. 29
nnd: Larrey 1841 ^) (MittheiluDg an die Academie vom 9. No-
vember), Laborie 1843*) (einige Fälle von Robert und
Jobert), Stansky 1844'), Foucher 1858 (ein, wie oben ge-
zeigt, nicht allein darcb die Retroversion bemerkenswerther Fall),
Verneuil 1856^) (ein Fall, dessen nähere Beschreibung unten
folgt), Watson 1859') (zwei Fälle), Huguier 1860«), Ross
in Altona (ein Fall), Paul in Breslau (4 FälUe), Fleury, Mi-
ranlt (s. Günther), Sabatier, Richerand, Roux, Vel-
peau, Ndlaton, und selbst Blandin (s. S^dillot). Ausser-
dem lassen die Andeutungen fast der meisten grösseren und be-
kannteren Operateure vermuthen, dass diese selbst zahlreiche
Retroversionen beobachtet haben; eine Anführung ihrer Namen
schien mir, da ich nicht einzelne bestimmte Fälle hervorgehoben
fand, unnütz.
Natfirlich richtete sich, um dem üebelstande vorzubeugen,
oder nachträglich abzuhelfen, die allgemeine Aufmerksamkeit so-
gleich auf die causalen Momente; eh^ wir jedoch zu diesen über-
gehen, glaube ich, den Begriff der sogenannten Retraction fest-
stellen, und das Wesen derselben überhaupt erläutern zu müssen.
— Leider ist eine solche Abschweifung schon dadurch geboten,
dass nns bisher' ein kurzer, von Allen acceptirter, den ganzen
Zustand richtig und erschöpfend bezeichnender Name für die
zuweilen eintretende, eigenthflmliche Dislocation des Sprung- und
Fersenbeines, nach dem C hepar tischen Schnitte fehlt. — Viele
Autoren (Blasius, Günther u. s. w.) brauchen den Ausdruck
, Retraction^; ebenso spricht Chelius von der „nach hinten
gezogenen Ferse^, und Erichsen, von einer „Auf^ärtszie-
bung der Hacke^. Alle diese Bezeichnungen räumen aber einer
>) Ganst. Jahresb. f. 1841, B V. (Annales de 1a cbir. Nr. 12.).
>) Ganst. Jahresb. f. 1843, B. V. (Annales de la chir, Novemb.)
■) Emmert, Lehrb. etc. (Gax. m^d. de Paris, pag. 528).
0 Ganst Jahresb. für 1858, B. V, pag. 218. (Gazette des Hop.
Nr 20.)
«) Ganst. Jahresb. ffir 1859, B. V., pag. 244. (Lancet, 11. Juni.)
*) Emmert, Lehrbach d. Ghir. etc. (s. hierüber Bon vier, Gaz. des
Höpit ISeO, 74.).
30 H. Fremmert, _
untergeordneten Entetehungsursache unserer Tarsalknochenver
Schiebung, nämlich dem Muskelzuge, viel zu viel Bedeutung ein.
um als richtige allgemein angewandt zu werden. C. 0. Weber,
Ravoth und Vocke ') sagen: ,, Luxation, oder Subluxatioo
des Talas^, und Szymanowski ,, Retroversion der Ferse
solche Nominationen verletzen nicht die Wahrheit, richten aber
die Aufmerksamkeit zu sehr auf einen einzigen Knochen, gebeo
kein Bild de^ Verhaltens sämmtlicher participirenden Stumpf-
tboile, und sind also zu wenig erschöpfend. £in gleicher Vor-
wurf trifft wohl auch die Redensarten: „Luxation des Fussge-
lenkes nach vome^ (Dieffenbach), und „permanente Extension
des Sprunggelenkes^ (M. Frank^). Die Ausdrücke: „derFuss-
Btummel steht wie ein Pferdefuss** (Bardeleben), oder „Er-
hebung zu einem Pes epuinus^ (Emciert),- liefern immerhio
noch die klarste Vorstellung vom ganzen Sachverhalt, und wäre
wohl die Bezeichnung „pferdefussartiger Stumpf nach dem C he-
par tischen Schnitte'^ vorläufig als die treffendste anzaseheo
(Nur der Kürze halber werde ich zuweilen die Worte: Retrac-
ttan, Retroversion, Fersenerhebung u. s. w. anwenden.) — Kommt
I es also nach unserer Operation zu einer das Gehen erschweren
I den, oder unmöglich machenden Dislocation der Stumpfknocbeo,
' so ist der vordere Fortsatz des Calcaneus nicht mehr nach auf-
^ wärts gerichtet, wie es die Bildung des Fussgewölbes erheischte
t^ondern hat sich dermassen gesenkt, dass sein unterer, vorderer
Rand, oder sogar seine vordere, früher an das Würfelbeiu
^tossende Gelenkfläche nach unten gerichtet ist; der Fersenhöcker
sieht dabei natürlich nach oben, und dient nicht mehr zum Stütz
f punkt für die Körperlast. . Der Astragalus muss bei solchem Ver
I halten seines Nachbars nach vorne, unten und innen gedraogl
werden, lässt also das Gewicht des Körpers mittelst des ScbieD-
beines j^zt nur noch auf den hinteren, schmäleren Abschnitt sei-
»
') Chir. Klinik v. Dr. F. Ravoth n. Dr. F. Vocke, Berlin, flenipel
1852, pag. 784.
•) System. Lehrb. der g. Chir. von Dr. M. Frank, Erlangen, Eoi^^
2. B., pag. 906.
Zar Kritik und Gasnistik der BOg. Ohopart'schen ExarticolatioD. 31
^er Bolld einwirken , und kann die Bänder bis znm Zerreissen
^:li8paonen. Zu deutlicherer Veranschaulichung dieser Zustände
^^be ich hier noch das Protokoll einer der wenigen Sectio nen,
^^ie an pferdefussartigen Chopart 'sehen Stümpfen gemacht, wor-
Jan sind. — Ein wegen Caries des Vorfiisses operirter Rauch-
(»iigfeger ging, nachdem er bereits seit mehr als zwei Jahren an
f ersenerhebung gelitten hatte, durch Tuberculosis zu Grunde, und
die Ton Yerneuil >) angestellte, nähere anatomische Untersu-
chung des Fasses ergab folgende vollständige Lagenveränderung
der beiden übriggebliebenen Tarsalknochen : ,,Der Calcaneus
war der Tibia, hinter welche er sich geschoben hatte, fast pa-
nQel gelagert, denn seine Axe bildete mit der des Unterschen-
kels einen nach oben offenen Winkel von circa 25 °. Die ehe-
malige hintere Fläche sah nun fast direct nach oben, das Wür-
felbeinende ruhte auf dem Boden auf. Die obere, ehemals hori-
zontale Fläche war mit ihrer vorderen Partie in Contat mit
dem hinteren Rande der Gelenkfläche der Tibia, und es bildete
sieh hierdurch ein künstliches Gelenk von 2 Cm. Breite und 1
Cnu LAnge. Die obere Fersenbeinfläche und die hintere Portion
der Tibia sind einander zwar sehr genähert, lassen jedoch einen
Sinus zwischen sich, welcher mit einem fibrösen Gewebe erfüllt
ist, analog demjenigen, welches man um chronisch entzündete
Gelenke vorfindet. Anch der Astragalus hatte eine ähnliche De-
viation erlitten, indem seine obere Gelenkfläche die correspondi-
r^ide Gelenkflache der Tibia nur in sehr geringer Ausdehnung,
gana nach hinten, berührte. Nach vorne waren die Knochen nicht
ludir mit einander in Gontact, und die Tibio-astrag.-Articulation
xauA Tome weithin offen. Die dadurch entstehende Lacune war
mit Bündeln neuen, fibrösen Gewebes, in verticaler Richtung ge-
lagert, ausgefüllt. Der weitaus grösste Antbeil der Bänder
der ArtJcnlatio-peroneo tibialis, sowie das untere Ende der Tibia,
weiches vergrOssert war, waren mit Osteophyten überzogen.
Guz aoffiillend vear die Verringerung der Länge des Fersenbeines,
•) Canst Jahreab. t 1856, B. V., pag. 218. (Qaz. des Hop. Nr. 20.)
32 H. Fremmert,
Bowie die des Volums des AstragalttS, von welchem weder Kopl
noch Hals mehr zu finden war, und dessen Vertical-Dorchmesser,
statt 3 Gm. , kaum die Hälfte mehr mass. Das Fersenbein da-
gegen hatte l\ Gm. an seiner Länge verloren, d. h. fast die
ganze Tuberositas cuboida. £s.existirte ferner bloss noch eine Cal-
caneo-Astragalus-Articulation, welche sehr mobil war, wihreiul
die vordere, mit den zwei entsprechenden Knochenpartieea gäoz-
lieb verschwunden war. Der Fuss ruhte demnach auf dem spon-
giösen Gewebe dieser zwei Knochen, deren Areolen erOfihet wa-
ren, als wenn sie abgefeilt worden wären. Die hintere Partie
des Fersenbeines war erweicht, und mit Fett durchsetzt. Sämmt-
liehe Muskeln blass, athropisch, verfettet. Die vorderen Moskelo
und Sehnen des Fusses in eine Art Membran verschmokeD,
welche vor der Articulation herabsteigt, und nicht mit der Narbe,
sondern mit der vorderen Partie des Astragalus sich vereinigt.
Die Sehnen der Tibiales, der Flexoren und der Peronei retra-
hirt; keiner scheint sich in dem Lappen zu inseriren. Sie setzen
sich alle an dem vorderen Ende des Calcaneus fest. Kurz, statt
wie dies unter Anderen vorzüglich von Blandin beobachtet
wurde, mit den Extensoren in Verbindung zu treten, waren die
Flexoren retrahirt, wahrscheinlich in Folge einer chronischen Ent-
zündung des Stumpfes. Die Achillessebne dagegen ^befand sich
in einer completen Erschlaffung; sie bildete eine deutliche Corve,
die Concavität nach rückwärts. Die Entzündung schien sich niclii
so weit erstreckt zu haben, und die Gastrocnemii niemals retra-
hirt gewesen zu sein. Was die Nerven anbetraf^ so waren aucl
hier die Verzweigungen des N. tibialis posticus wenig gegen dec
Druck geschützt, indem sie zwischen Knochen und Plantarlappen
welcher sehr atrophisch war, hinliefen, womit vielleicht ein ana
loger Zustand des Nerven ursächlich zusammenhing.'' •— ^^^
Sectionsberichte von Stansky 1843»)? und Foucher 1858')
enthalten Aehnliches; Beide untersuchten Füsse, an denen ecboi
0 OaoBt. Jahresb. fQr 1850, B. V., pag. 238.
*) GaoBt. Jahresb. fQr 1858, B. Y., pag. 2^5.
Zur Kritik and Casnistik der sog. Ghopart'schen Extriicolation. 33
Tor Jahren Knochendislocation eingetreten war, und die scliIiesB-
lieh die Unterschenkelamputation erforderten. Das Vorhergehende
wird zur Erklärung dessen, was unter Fersenerhebung nach dem
Ghopart'schen Schnitte zu verstehen ist, genfigen, und wir
können uns zur Aetiologie dieses Leidens wenden.
Die Ursachen, welche zu einer Abweichung des Fussstum-
mels fuhren können, sind, was übrigens die Mehrzahl der Au-
toren nicht zugeben will, ziemlich zahlreich, und müssen, da sie
nicht von gleicher Wichtigkeit sind, in mittelbare und unmittel-
bare eingetheilt werden. Man hat bisher, meist einseitig, den
Entstehnngsgmnd bald in physiologischen oder pathologischen,
bald in anatomischen oder mechanischen Momenten gesucht, und
musste nicht allein manchen Fall für räthselhaft erklären, son-
dera wurde sogar zu nutzlosen und gefährlichen Massnahmen
verleitet. Am Allgemeinsten ist die Ansicht verbreitet, dass die
Erhebung des Fersenhöckers, mit nachfolgender Luxation des
Talus, durch Retraction oder Gontractur der zum Extensor pedis
vereinigten, und in die Achillessehne auslaufenden, oberflächli-
chen Wadenmuskeln hervorgebracht werde, und dass diese Wir-
kung in der aufgehobenen Thätigkeit der die Dorsalflexion ver-
mittelnden Antagonisten ihre wesentlichste Unterstützung fände.
H. A. Petit, Larrey, Ghelius, Stromeyer, Dieffenbach,
Vocke, Bardeleben, Hyrtl, Erichsen'u. s. w., waren und
sind die Hauptvertreter dieser Anschauung, aus welcher leider
Naehoperationeo entstanden, die ihren Zweck wohl selten er-
füllen, nicht gefahrlos sind, und später noch ausfuhrlicher erwähnt
werden. Freilich ist es einleuchtend, dass eine Muskelgruppe,
wenn sie das üebergewicht gewonnen hat (was beim Extensor
pedis sogar nach gelungener Verwachsung der Flexoren durch
die veränderten Verhältnisse der Fusshebelstange zu Stande
kommt), Einfluss auf ihren Insertionspunkt, hier also anhalten-
den Zug auf den Fersenhöcker, ausübt, aber dieser wird immer-
hin, so lange keine directe Muskelreizung stattfindet, ein massi-
ger bleiben. Fälle, in denen Fersenerhebung bei völlig scblafier
Achillessehne vorkam, werden nicht selten erwähnt (Verneuil,*
V. Laag«nb«6k, AridÜT U Chinirgi«. IX. 3
34 H. Fremmert,
Pouch er n. s. w.); sie sind es, welche den Muskelwirknngen
beim Zastandekommen der Fussabweichung eine nur untergeord-
nete Stellung einräumen, und nach anderen Entstehungsarsachen
suchen lassen. — Zuerst S6dillot, dann Szymanowski,
Weber, Emmert u. A., glaubten diese denn auch in gewis-
sen anatomischen Eigenthümlichkeiten des Tibiotarsalgeleokea,
welche nach Hinwegnahme des vorderen Bogens der Fussarcade
zur Geltung kämen, und durch die Körperschwere u. s. w. onter-
stfitzt würden, gefunden zu haben, und verdient diese AuBicht in
der That eine nähere Würdigung. Der Fuss bildet, wie PaoT)
sagt, ein,' sich auf den Ballen der grossen Zehe, auf den Ballen
und hinteren Höcker des fünften Metatarsus, und auf den Fer-
senfortsatz stützendes, an der inneren Seite weiter offen stehen-
des Nischengewölbe (Szymanowski), oder vielmehr ein ei-
förmiges Dach, dessen Gipfel oder Schlussstein (der Talus, auf
den ausschliesslich die Eörperlast in der Richtung der Längsaxe
des Unterschenkels drückt) nicht genau in der Mitte liegt, son-
dern der Ferse zugerückt ist, und also den hinteren Theil des
^Bogens steiler erscheinen lässt. Wird nun die vordere Hälfte
dieses Gewölbes entfernt, indem man die Enucleation im höchst-
gelegenen Gelenke, d. h. im Ghopart^schen, vornimmt, so ruht
der Eörper mit seiner ganzen Schwere auf dem in die Höhe
starrenden hinteren Arcadenreste, und wird, was Malgaigne
übrigens kurzweg für einen stets gelingenden Vorgang hält, den
ehemaligen Gipfelstein, d. h. das Sprungbein, niederzubeugen
versuchen. Die Vorwärtsdrängung des Astragalus muss übrigens
noch durch gewisse Verhältnisse seiner oberen convexen (etwa
120® Spannung haltenden) Gelenkfläche begünstigt werden. Es
stellt nämlich beim Stehen und Gehen diese obere Rolle nicht
so bereitwiUig ihren vorderen, breiteren, der Gelenkgrube völlig
congruenten, als vielmehr ihren hinteren, um 2— 3,5''^ schmale-
ren, die Articulatio pedis zu einer beschränkten Arthrodie erbe-
■) H. J. Paal, Chir. Krankh. des Bewegungs - Apparates. Lahr, 1&61,
pag. 385.
Zur Kritik and Gasnistik der sog. Ghoparfschen ExarticnJatioo. ^5
benden Theil ein, nnd wird dadurch eine andauernde Senkung
des Taluskopfeä zu erzielen suchen. Szymanowski glaubt
ausserdem, dass die Rolle des Astragalus zur Einnahme dieser
Stellung durch die ünterschenkelknochen , sogar ohne Gehver-
suche des Patienten, gezwungen werde, indem die VerAdung des
ausser Function gesetzten Fussgelenkes, mit dem Schwinden der
SyooTialflüssigkeit, auch Unbeweglicbkeit der Malleolen (die frü-
her um eine Linie auseinanderweichen, und das breitere Ende
der Rolle, auch bei starker Dorsalflexion, aufnehmen konnten)
mit sich bringe. — Diese, die Fersenerhebung auf anatomisch-
mechanische Quellen, zu .denen man ja auch das von hinten
nach vorne ab- und einwärts verlaufende Planum subtalicum
(Paul) rechnen kann, zurückführenden Argumentationen dürfen
uns aber nicht genügen, wenn wir mehr, als nur prädisponirende
und unterstützende Causalmomente kennen lernen wollen. Da
Dislocation der Stumpfknochen nur in der Minderzahl der Fälle
vorkommt, müssen die ungünstigen architektonischen Verhältnisse
des verstummelten Fussskelets, und die Körperschwere doch
durch irgend einen umstand unschädlich gemacht, paralysirt wer-
den, oder, mit anderen Worten, es bedarf erst gewisser Beding-
ungen, um jene unglücklichen Momente zur Geltung zu bringen.
Mit diesen Bedingungen, d. h. mit den wahren, hervorrufenden
Ursachen, muss man sich bekannt machen, um die räthselhaften
Widersprüche in den Operationsresultaten aufzuklären, und eine
rationelle, überall gültige Behandlung anzubahnen. In dem Mo-
dus operandi, d. h. in der Lappenbildung etc., auf den wir noch
zurückkommen, glaube ich, obgleich es von mehreren Seiten ge-
schehen ist, diese unmittelbaren Entstehungsgründe der Fersen-
erhebung nicht suchen zu müssen; absolute Absurditäten ausge-
i^chlosKen , hat jedes Verfahren , wie sich nachweisen lässt, Fälle
aulzuweiBen, die einen glücklichen Ausgang nahmen, und auch
ans meiner Krankengeschichte w^ird man hierher bezügliche, nicht
uninteressante Schlüsse ziehen können. Das Lebensalter und Ge-
schlecht üben ebenfalls keinen directen Einfluss auf das Zustande-
kommen des Lfeidens aus, und den Beruf kann man, wenn er
3*
36 H. Fremmert,
Gehen und Stehen mit sich bringt, auch nur zu den pradispo-
nirenden Ursachen zählen. — Somit verspricht, wenn wir zu den
eigenthümlichen , durch das Körpergewicht in ihren missliehen
Folgen unterstützten, anatomischen Verhältnissen der Stampf-
knochen zurückkehren, und nochmals die Frage, durch welchen
Umstand diese ungünstigen Momente paralysirt werden, yentili-
ren, nur noch der Bandapparat des Fusses einige Aufklftmng för
unsere Angelegenheit. — In der That halte ich denn auch die
zahlreichen, meist straffen Ligamente des Taurus, und speciell
des oberen Spranggelenkes für fest genug, um dem Eiastarse
des Fussbogenrestes vorzubeugen; manche GingljrmusarticnlatioD
scheint in gewissen Stellungen auch unfehlbar luxiren zu mflssen,
und doch werden die schlüpferigen, abgerandeten Flächen durch
ihren Bandapparat in der normalen Lage erhalten. Erst wenn
dieser, die schrägen Gewölbsteine kräftig mit einander verbin-
dende Mörtel zerbröckelt, fallt die Ruine zusammen. — Entsteht
also eine Dislocation der Tarsalknochen nach der Ghopart'-
sehen Operation, vor, oder sogar auch nach Gehversuchen, so
sehe ich nicht ein, warum man den Vorgang anders, als bei son-
stigen spontanen Verrenkungen erklären soll. Einige wenige
Autoren haben zwar auf die von mir gemeinten Gausalmomeote
aufmerksam gemacht, aber es ist in so unvollkommener Weise
geschehen (z. B. Weber fahrt nur kurz anter Anderem Ent-
zündung des Fussgelenkes an, und Robert spricht von seiner
Sehnenscheidenentzündung), dass eine nähere Betrachtung der-
selben wohl motivirt ist. — Sehen wir von der Garies, die, na-
türlich durch Zerstörung der Articulationsflächen , auch zn Ge-
lenkverschiebungen f&hrt, und von der parenchymatösen Mnskel-
entzündung (s. Paul, „myopathische Luxation^ pag. 410) ab,
so sind es bekanntlich die Krankheiten des Bandapparates, welche
zu consecutiven, pathologischen Verrenkungen führen. Hierher
gehören: 1) die destructive Entzündung der Kapsel, und 2) die
Ausdehnung des Gelenkcavums durch seröse Ergüsse. Die erstere
wird, wenn wir sogar die Erschlaffung und Zerstörung der fibrö-
sen Theile aus dem Spiele lassen, schon durch die blosse An-
Zar Kritik nnd Ga^niatik der sog. Chopart'scheD Ezarticoktion. 37
foUiing des Gelenkes mit der pathologischen Zottenwachening
der Synovialis Diastase erzeugen, und dann durch einen suftlli-
gen äusseren Anlass, eine unwillkürliche oder willkflrliche Be-
wegung u. 8. w. die vollkommene oder unvollkommene Ausren»
roikung erfolgen. Ebenso kommen, nach Roser, durch enorme
Ergösse, die, ohne eiterige Zerstörung, den Bandapparat ausein-
andertreiben, gpontane Gelenkabweichungen zu Stande. Dass die
Sprunggelenke in unserem Falle solchen Leiden, besonders dem
ersteren, sehr ausgesetzt sind, ist einleuchtend; und müssen also
wohl, so lange uns andere, stichhaltigere Entstehungstheorieen
fehlen, gewisse pathologische Vorg&nge (vorzüglich die Arthro-
phlogosis in allen ihren Formen), als einzige unmittelbare Ur-
sache des pferdefhssartigen Stumpfes angesehen werden. Die
Yerhütnng und Bekämpfung dieser Processe wird, wenn sie ge-
lingt, wahrscheinlich auch die Fersenerhebung verhindern, und
gedenke ich bei der Therapie noch auf diesen wichtigsten Punkt
aosfahrlich zurückzukommen.
Die Häufigkeit des pferdefussartigen Stumpfes, oder viel-
mehr das Verh<niss der misslungenen Oh opart' sehen Opera-
tionen zu den erfolgreichen, lässt sich schwer mit Genauigkeit
bestimmen , da wohl nur über die Minderzahl der einzelnen Fälle
Berichte vorliegen , und diese wiederum sich entweder nicht im-
mer über die Folgezustände auslassen, oder häufig durch zu kurze
Beobachtung des Kranken etc. unzuverlässig werden. Die mei-
sten Autoren schlüpfen daher auch, indem sie sich der, mannich-
äche Deutung zulassenden Ausdrücke „zuweilen, nicht selten,
oftmals, besonders häufig, etc.^ bedienen, über die ganze Ange-
legenheit eilig hinweg, und findet man auch wirklich bei einzel-
nen, über ihre eigenen Erfolge berichtenden Operateuren directe
Zahlenangaben, so setzt der vOllige Mangel an Uebereinstimmung
in Erstannen. Es hatte z. B. Paul unter fünf Operirten vier,
bei denen Fersenerhebung stattfand, Robert unter dreien einen,
Blandin unter eilfauch nur einen, Yelpeau 1839 unter fftn-
fen keinen, nnd Textor unter siebzehn keinen einzigen, um
daher annähernd sichere Zifiem f&r die Häufigkeit der Stumpf-
38 H. Fremmert,
abweicbung im Allgemeinen zu erhalten, darf man nicht den An-
gaben des Einzelnen folgen, sondern muss aus allen bekannteren
Fällen eine Durchschnittszahl zu gewinnen suchen. MicheP)
sagt, dass von acht Operationen nach Ghopart nur f&nf mit
Erfolg gekrönt seien (also Fersenerhebung bei 37,5 pCt.) und
Weber'), dass unter den 82 Stampfen, die man näher kennt,
50 brauchbare waren (Fersenerhebung daher bei etwa 39 pGt.).
Meine aus den Berichten von mehr als 40 Operateuren znsam-
mengestellte Statistik liefert etwas günstigere Verhältnisse, was
übrigens davon abhängen kann, dass mir die Details zahlreicher
Fälle, die vielleicht anderen Sammlern zugänglich waren, unbe-
kannt blieben (von 123 Operationen, die ich mit Bestimmtheit
nachweißen kann, fehlt mir für 47 jede nähere Angabe; in der
Klinik zu Halle wurden z. B. von 1831 ~ 1856 nicht weniger
als 14 Exarticulationen in tarso gemacht, und doch ist kein ein-
ziger Fall näher beschrieben worden'). Nach meiner Zusam-
menstellung fand unter 76 Operirten nur bei 25 derselben Fer-
senerhebung statt, und giebt das also etwa 33 pGt.
Was jetzt die Symptome und den Verlauf unserer Stumpf-
abweicbung anbetrifft, so bleibt, nach dem Gesagten, nur noch
wenig zu erwähnen übrig. Sie kann früher oder später, schneller
oder langsamer, vollkommener oder unvollkommener zu Stande
kommen; den Fällen, in welchen sie schon bald nach der Ope-
ration, vor völliger Yernarbung, und während der Patient noch
im Bette liegt, auftrat, stehen andere gegenüber, in denen sie
erst nach Jahr und Tag (bei Verneuirs Rauchfangkehrer nach
18 Monaten) zum Vorschein kam. Halten wir die, von uns als
unmittelbare Ursachen angeführten pathologischen Processe fest,
so lässt sich der verschiedene Zeitpunkt des Entstehens^ die un-
gleiche Schnelligkeit der Zunahme, und der höhere oder niedri-
gere Grad der Entwickelung einer Fersenerhebung direct aus
') J. Hjrtl, Handb. der topogr, Ant, 4. Aufl. 1860, B. IL, pa^. 619.
>) ▼. Laageobeck'B Archiv. B. 4., Heft 2., 1863.
') Beiträge z. prakt. Ghir. ▼. £. Blasius, Berlin 1848, und Neue Bei-
träge etc.« Leipzig 1857.
Zur Kritik und Casiiistik der sog. Chopart'scheo Ezarticnlatioo. S9
diesen ableiten. Tritt eine Gelenkcaries, parenchymatöse Mos-
kelentzündung, Arthrophlogose, oder Eapselausdehnang durch Er-
güsse gleich nach der Amputation ein, so wird sich auch eine
RetroTersion früh einstellen; nimmt die primäre Krankheit einen
schleichenden Yerlauf, so wird auch die Dislocation der Stumpf-
kßochen nur langsam ihre höchsten Grade erreichen u. s. w. —
Gesellt sich am dem Grundleiden Fersenerhebung, so wird das
Gehen und Stehen, wenn es nicht schon früher beeinträchtigt
war, jetzt mehr oder weniger unmöglich, und der Stumpf nimmt
eine unnatürliche Form an. Die Sohle ist nicht mehr genau nach
unten gerichtet, die Haut fast überall, besonders aber auf der
herrorgetretenen TalusroUe, gespannt, die Hacke meist nach hin-
ten, unten and oben, der Sprungbeinkopf nach vorne, unten und
iunen verschoben, die Extremität verkürzt. Die etwaige Mobili-
tät des Stampfes ist beschränkter, als früher, oder wird völlig
aufgehoben, der Fuss verharrt in der Extension, und allmälig ge-
sellt sich daza Abmagerung der Wade. NatürUch erleidet die
Narbe oder die noch angeheilte Wunde Zerrungen, und es kön-
nen sich Exulcerationen , Abscesse und Fisteln bilden. Schmer-
zen sollen nicht immer vorhanden sein.
Die Diagnose stützt sich auf obige Symptome, und brauche
ich' wohl nichts in Bezug auf sie hinzuzufügen.
Die Prognose ist, obgleich das lange, schmerzvolle Siech-
tbum immerhin, durch Gonsumption der Kräfte, zum Tode fahren
kann, doch im Allgemeinen quoad vitam gerade nicht absolut
ongünstig; im concreten Falle wird sie sich nach dem Grade der
zu Grunde liegenden Ursache, und nach dem üuiversalzustande
des Kranken richten müssen. — Völlige Genesung kommt bei
einmal eingetretener Fersenerhebung höheren Grades wohl nur
selten vor; Patient bleibt gewöhnlich mehr oder weniger hin-
kend, benutzt später Krücken oder einen Stelzfnss, und bittet
zuweilen schliesslich sogar um die Amputation über den Knöcheln.
Therapie. Das älteste gegen die Retraction empfohlene
Mittel ist die Tenotomie, die nicht allein nach bereits eingetrete-
ner Fersenerhebung, sondern auch häufig, als präservatives Re-
40 H. Fremmert,
medium, gleichzeitig mit der Exarticulation vorgenommen wurde.
— Bereits M. A. Petit schritt in seinem oben erwähnten FaUe
zur Durchschneidung der Achillessehne; H. Larrey nahm sie
subcutan vor; Huguier, Wilms^) und Bitot') führten sieza*
gleich mit der Fussablösung aus, Robert wandte sie mehrmals j
in veralteten Fällen an, und auch Fleury (s. Blasius), Vel- ,
peau, Jobert, N61aton, Stansky und Stromeyer') übten
sie aus. — Einige Lehrbucher empfehlen sie noch heute (z. B.
im Erichsen-Thamhayn'schen^) heisst es: „bei aufwärts ge-
zogener Hacke hilft nur Durchschneidung der Achillessehne''),
aber die Mehrzahl der neueren Chirurgen findet in ihr nicht mehr
ein sicheres Abhülfemittel. Da die Sehne, wie wir bereits ge-
sehen haben, nicht nothwendig gespannt ist, die Durchschnei-
dung nicht ganz ungefährlich, und auch die Erfolge der obenge-
nannten Operateure häufig unbefriedigend waren, (Larrey er-
zielte, wie Malgaigne sagt, keine Heilung, und ebenso ging es
Huguier, Yelpeau, Jobert, Nölaton undStansky; Stro-
meyer hatte mit vielen Mühsäligkeiten zu kämpfen, und bei
Robert kehrte, trotz dreimaliger Dissection, die Fersenerhebong
immer wieder zurück), so kann man jetzt mit Recht wohl im
Allgemeinen von der Tenotomie abrathen. Versucht werden
könnte sie allenfalls in denjenigen verzweifelten Fällen, wo die
bereits existirende Arthrophlogose oder GelenkbändererschlaffuDg
von einer deutlich nachweisbaren, anderen Mitteln absolut trotzen-
den Gontraction der oberflächlichen Wadenmuskeln (bei der frei-
lich zu untersuchen ist, ob sie eine durch Reflex hervorgebrachte,
entzündliche, paralytische oder habituelle ist) hartnäckig beglei-
tet, und in ihren schlimmen Folgen unterstützt wird. Ob es aber
in solchen Fällen genügt, nur den Tendo Achillis zu durchschnei-
>) Ganst Jahresb. für 1862. B. V., pag. 224. (Deutsche Klinik Nr. 4)
') Oanst Jabresb. fQr 1858, B. V., pag. 254. Jonrn. de M^d. de
Bord. April)
>) Oanst. Jahresb. für 1844.
*) Prakt Handb. der Ghir. v. John E. Erichsen. Freie Uebers. ton
Dr. 0. Thamhayn 1864, B. 1., p. 87, Berlin.
Zur Kritik und CMoistik der sog. Chopart'acben Eiarticulation. 41
den, wird von Bobert nicht ohne Grund bezweifelt« — Durch-
aas za verwerfen ist jedenfalls die mit der YorfiiBsablOsang
gleichzeitig vollzogene Tenotomie. Von vielen Seiten ist ferner
ein grosses Gewicht auf die Exarticulationsmethode gelegt wor-
den, und obgleich man dabei nicht immer die Prophylaxis der
Fersenerhebung, sondern auch Yerschwärungen der Narbe u. s« w.
im Auge gehabt bat, so findet doch die Besprechung etwaiger,
aas dem Modus operandi entspringender Vor- oder Nachtheile
hier ihren geeignetsten Platz. Indem ich natürlich f&r das Spe-
ciellere der chimrgischen Handgriffe auf die Lehrbücher verweise,
führe idi hier, um dem Leser die Unzahl der iiLr unsere Opera-
tion gemachten Vorschläge wieder in's Ged&chtniss zu rufen, nur
karz die einzelnen Methoden an : 1) Ursprüngliche Methode von
Chopart (Seitenschnitte, oberer Querschnitt, Ablösung des kür-
zeren Dorsallappens, Exarticulation, Bildung des Plantarlappens),
von Rnst and Textor geübt, und nach Letzterem der Quer-
schnitt in 2 Momenten zu machen. 2) Doppelter Lappenschnitt
Ton Walther (gleich grosse Lappen). 3) Ovalärmethode von
Scoutetten. 4) Schräg&chnitt von Blasius (1838). 5) Riche-
raod, Lisfranc, Langenbeck und Klein machten gar keinen
Doraall^pen. 6) S^dillot empfahl einen inneren Lappen, 7)
Banden 8 einen sehr grossen Dorsallappen, und versuchte, wie
aaeh Blandin, Chelius und Södillot, die Sehnen recht lang
abzuschneiden. 8) Maingault bildete zuerst den Plantarlappen,
und nahm dann einen eingehen Dorsalschnitt vor. 9) Syme
machte es umgekehrt; 10) Günther bildete drei Lappen, 11)
PouUain (Pätrequin) schlug zwei seitliche, halbmondförmige
Lappen vor, und 12) Guthrie spaltet den Plantarlappen. — Zu
diesen Vorschriften ffir das Hauptverfahren kamen noch ergän-
zende Yorschläge hinzu; z. B. Malgaigne proponirte die Besec«
tioD des unteren vorderen Fersenbeinwinkels, der die Kranken
genire und Schmerzen errege (?I), Huguier wollte den Talus auf
eeiae hintere Fläche versetzen (II), und Baudensu.s. w. empfah-
len die Sehnennaht Die zwölf Operationsmethoden entsprangen,
wttin sie nicht sufUlig durch den Zustand der Weichtheile dictirt
42 H. Fremmert,
wurden, aus sehr verschiedenen Motiven; Einige wollten schoell
operiren, Andere die Schmerzhaftigkeit des Verfahrens mildern,
der Narbe eiue gute Lage geben, oder endlich der Fersenerhe-
bung entgegenwirken. Alle unnützen Spielereien zurückweisend,
möchte ich, wenn die ümst&nde es erlauben, denjenigen Metho-
den, nach welchen die Sehnen des Fussrückens etwas länger ab-
geschnitten werden, und der Dorsallappen also nicht zu klein
ist, den Vorzug geben (welcher Meinung übrigens, wenn wir nur
die neueren Chirurgen berücksichtigen, Szymanowski nicht si
sein scheint). Kein Anhänger der Baudens 'sehen üebertiei-
bung, glaube ich jedoch, dass man, obwohl Textor dabei stets
Fistelbildung beobachtete, unter umständen beide Lappen sogar
gleich gross machen kann; in keinem Falle wurde ich durch den
Zustand der Weich theile dazu gezwungen, und hatte später keinen
Grund, es zu bedauern. Die Vortheile eines dicht an den Knochen
abpräparirten, also nicht allein aus der Haut zusammengesetzten,
massig langen Rückenlappens, bestehen in der, ziemlich bestinuDt
vorauszusehenden , Verwachsung der Sehnenenden mit den tof-
deren Gelenkflächen des Sprung- und Fersenbeines. Blandin's
Untersuchungen (s. S^dillot), das oben angeführte Yerneair-
sche SectionsprotokoU, und andere Erfahrungen beweisen die
Möglichkeit des Zustandekommens solcher AnlOthungen. Ist, im
Gegentheil, den Sehnenstümpfen diese Chance von Hause aas ge-
nommen, wie z. B. bei dem Richerand'schen Verfahren, so
müssen sie mit den Weichtheilen verschmelzen, üben keinen,
selbst nicht den beschränktesten Einfluss auf die Bewegung der
Knochen aus, und können unangenehme Zerrungen hervorrufen.
Das sind die einzigen Gründe, welche mir die Bildung eines nicht
zu kleinen Dorsallappens empfehlenswerth erscheinen lassen; h^
deutend genug sind sie jedenfalls nicht, um, wenn der Zustand
der Weichtheile dieses Verfahren verhindert, auch auf aUe an-
deren Methoden der Mediotarsalexarticulation zu verzichten. Als
prophylactisches Mittel der Fersenerhebung hat, selbst wenn mdi
annimmt, dass diese immer durch Muskelzug entsteht, auch ein^
die Verwachsung der Sehnen mit den Gelenk&chen onterstfitzedf
Zur Kritik und Casniatik der aog. Ghopart'schen Exarticnlation. 43
der Operationsmodns keine Bedentang, denn die, glücklichen
Falles, am Knochen neu inserirten Dorsalflexoren werden, wenn
man sie sogar für normal actionsfthig hält, doch durch das Nä-
herrücken ihrer Anschlagsstelle zum Stützpunkt des Fusshebels,
an Kraft verlieren, und keine vollkommen genügenden Antago-
nisten für den Extensor pedis abgeben. — Die Sehnennaht, welche
schliesslich von Einigen, z. B. Wattmann (s. Blasius) und
Baudens (s. Günther), empfohlen wurde, um die gewünschte
Vereinigung angeblich ganz sicher (??) zu erzielen, ist kaum
rtatthaft; — obgleich diese Naht im Allgemeinen nicht völlig zu
verwerfen ist (s. z. B. Chassaignac's glückliche Zusammen-
heftungen der Sehne des Ext. poll. long.') und Roux's Erfah-
mngen*)), bleibt sie doch für unseren Fall, wo die nöthige Ver-
schmelzung ohne Eunsthülfe wohl eben so häufig, als mit dieser
zu Stande kommt, eine unnütze und nicht ungefährliche Erschwe-
rung der Operation. — Die auf Erhaltung der normalen Huskel-
iüsertionspunkte, durch Auswahl näher zur Fassspitze gelegener
Operationstellen, hinzielenden Verbesserangs vorschlage des Gho-
part'schen Schnittes bedürfen, da man, ganz abgesehen von
der gefärchteten Fersenerhebung, schon aus anderen Gründen
immer so fem wie möglich vom Rumpfe amputiren wird, kaum
der Erwähnung. Gestatten es die Weichtheile, so wird man im-
mer, schon um dem Fusse eine grössere Plantarfläche zu gewin-
Den, nicht allein die Ansatzpunkte der Mm. tibiales et perooaei
(das Kahnbein, erste Keilbein, Stücke vom 1. und 5. Metatarsal-
knochen), sondern auch ihre Nachbaren schonen, und also nach
den Vorschriften und dem Vorgange von G. Hayward (1816),
Mayor (1834), Schuh (Prager Viertel). 1845, B. L), Laborie
nndJobert»), Paul (1851)*), Adelmann (1853)«), Ver-
>) Oansi. Jahresb. f. 1856, B. V., p. 273. (Gaz. des Hop. Nr. 98).
*) Ganat. Jabreab. f. 1845, B. lU., p. 20. (Gaz. des Hop. 27. Mars).
') Elements de Ghir. op^r. par A. Gn^rin, 2. ödit, 1858, pag. 166.
•) Ganat. Jahresber. für 1851, B. V., pag. 138. (Günsbnrg's Zeit-
Khrift 1851).
*) Beiträge zar Heilkande. Riga 1858, B. 2., Lief. 3. »Ueber Ampat
te Fnaaes in den Taraalknochea.*
44 H. Fremmert,
neuil (1854)^), Demarquay (1858)*) operiren. — JedenMa
bat F. Bland! n Unrecht, wenn er die Ghopart^sche Opera-
tion der, sammtliche Fusswurzelknochen conservirenden, Exar-
ticulatio metatarso-tarsea vorzieht, and sagt Lisfranc') von
seiner Argamentation mit vollem Rechte , dass sie npfile et trop
&ible^ sei. Andererseits darf man, wenn genügend viel Weich*
theile far den Mediotarsalschnitt vorhanden sind, ihm auch nicht
höher gelegene Ampatationstypen, den Textor-Malgaigne'-
sehen, Syme-Pirogoff sehen, Jäger-Syme'schen, oder sogar
Leno irischen vorziehen, denn diese bringen erst eigentliche
Verkürzung der Extremität, nebst allen ihren Folgen, mit sich;
Unterschiede im Mortalitätsverhältnisse existiren kaum bei diesen
Gliedabsetangen ^). — Um der Fersenerhebung vorzabeugeo, siiul
») Canst. Jahresb. för 1865., B. V., pag. 220. (Revue »ei-cbir.
D^cemb. 1854).
*) Canst. Jahresb. f. 1858, B. V., pag^. 254. (Gas. möd. de Paris.
Nr. 33.).
') Fr^cis de M^dec. op^rat. Paris 1846, T. 2., pag. 306.
*) Obgleich das Gefährliche des Nftherrflckens zum Stamm im Allg^
meinen feststeht, und am Deutlichsten aus PauTs grossen statistisclieB
Tabellen (Die conservative Chirurgie der Glieder, 2. Ausg, 1859) herrorgebt,
(von 194 in tarso Amputirten starben 49 ^ 25,189^, während bei 1242
Unterschenkelablösungen der Tod 480 Mal es 38,714 unter 100 eintrat], so
scheint doch die Sterblichkeii bei den Amputationen fiber den Knebele,
im Fuss- und im Mediotarsalgelenke ziemlich gleich zu sein. Die ADgabeo
der einzjslnen Autoren sind freilich durchaus nicht fibereinstimmend, Hefen
aber immerhin einen Beweis für das Gesagte. Weber giebt an, dass ^oo
97 nach Ghopart Operirten 14 starben, und zwar kommen auf die in
Kriege amputirten 29 Personen allein zehn Todesfälle ; die fibrigeo 68 li^
ferten eine Mortalität von kaum 6^, während die Ablösung über deo Knö-
cheln nach Michel in Summe auch nur JL0,3^ Todte aufau weisen btt-
Robert stellt folgende Tabelle auf:
durch Traumen geboten:
Amputationen oberhalb der Knöchel lieferten 12 % Todte
„ im Tibiotarsalgelenke „ 33% „
„ nach Chopart „ 50 ü „
wegen organ. Leiden vollzogene:
Amputationen oberhalb der Knöchel lieferten 20 % Todte
„ im Tibiotarsalgelenke „ 17 % „
^, nach Chopart „ US „
Zur Kritik und Oasoistik der sog. Ghopart'schen Exarticolation. 45
ferner manniehfache Bandagen, orthopädische Apparate, und eigen-
thämliche Schuhe vorgeschlagen. Verbände die den Fnssstum-
mel beständig in leichter Flexion erhalten, und wie sie z. B.
Boyer und Dieffenbach^) empfehlen, werden nicht viel lei-
sten, können aber immerhin angewandt werden; Szymano-
wski's gefensterte Gypskapsel, welche die Malleolen nicht zusam-
mendrücken soll, erweckt in dieser Hinsicht das meiste Yer-
traaen. Textor wandte ausser den Binden nur noch Seitwärts-
lagemng der Kranken an, und hat in der That keinen einzigen
Fall von Fersenerhebung beobachtet.
Unter den orthopädischen Apparaten verdienen nur die
künstlichen Füsse von Gornish*) Beachtung; — wellenförmig
gebogene Hetallfedem bilden einen neuen Pfeiler, und halten
den vorderen Theil des Stumpfes nach oben gerichtet, leider
aber ist der Apparat schwer und kostspielig. Auf eine passende
Fussbekleiduug für die nach Chopart Operirten [legen Laborie
Sädillot, Erichsen u. A. mit Recht das grösste Gewicht, und
Ersterer empfahl schon 1843 Stiefel, die eine Vertiefung fBr die
Ferse, nnd Planum inclinatum mit vorderem höchsten Punkt von
2 Gm. für das WQrfelbeinende des Galcanens hatten. Södillot
bUt ein kleines, dickes und resistentes Kissen, welches unter den
Stumpf placirt wird, und mit den vorderen zwei Dritteln des
Fersenbeineis und dem Kopfe des Astragalus zusammenpasst, ge-
radezu für das einzige Hülfemittel gegen die schlimmen Folgen
der Chopart'schen Operation; ein Kranker Malgaigne's war
instinktmässig selbst auf diese sinnreiche Ansetzung (ingenieuse
protbtee) gekommen, indem er einen festen Tampon in den vor-
deren Theil seines gewöhnlichen Stiefels stopfte, und ausser-
ordentlich gut marschirte. Das Nützliche des auf so billigem
Wege ergänzten Schuhwerkes ist zu einleuchtend, um weiterer
Erklärungen zu bedürfen. — Ankylose des Fussgelenkes (die
►
>) Die operative Ohinirgie von J. F. Dieffenbach, Leipsig, Brock
baoB 1848, pag. 863.
>) Ganst Jahresb. f. 1858, B. V. , pag. 801. (Lancet U. Nr. 11. und
15., 1857 und anch Schnfidt's Jahrbb. 1858, Nr. 10.).
46 H. Fremmert,
nach Szymanowski Tielleicfat von einer durch Acuponctar
oder leichte Scarificationen eingeleiteten Entzündung angebahnt
werden konnte), wurde freilich jede Abweichung der Stampf-
knochen unmöglich machen, bleibt aber, selbst wenn sie auf
künstlichem Wege sicher und gefahrlos gelänge (?), immer nur
ein relativ günstiger Ausgang. Besser wäre es wohl, gerade
Alles, was zur Zerstörung oder Erschlaffung des Bandapparates
führen kann, zu vermeiden, oder zu bekämpfen, und erst, wenn
die Arthrophlogose unabweisbar, eine Zertheilung und Restitutio
in integrum aber nicht mehr möglich ist, die Gelenkversteifnng an-
zubahnen. Trägt man überhaupt der Indicatio causalis in unse-
rem Sinne Rechnung, so wird man, um der Fersenerhebung
vorzubeugen, den gewöhnlichen therapeutischen Vorschriften für
die resp Arthrophlogose, das Hydrarthron, die Arthrocace und
jene zur myopathischen Luxation fuhrende Muskelentzündung
folgen.
In kurzer Wiederholung sind also für die Prophylaxis und
überhaupt für die Behandlung unserer Stumpfabweichung im All-
gemeinen folgende Sätze aufzustellen: Bei der Operation ver-
suche man, einen massig grossen und möglichst dicken Dorsal-
lappen, mit nicht zu kurz abgeschnittenen Sehnen, zu gewinnen,
verbinde aber nie mit der Exarticulation auch die Durcbschnei-
dung des Tendo Achillis, oder die Naht der Flexorenstümpfe.
Zusammenheftung, erster Verband und Nachbehandluug bleiben
im Allgemeinen die gewöhnlichen. Der Stumpf werde so früh,
wie möglich, durch Binden (vielleicht durch eine Gypskapsel)
fixirt, etwas gebeugt, und der Patient selbst auf die Seite gelegt
Bei heftigen entzündlichen Vorgängen, welche die Sprunggelenke
in Mitleidenschaft zu ziehen droben, oder in diesen bereits ihren
Hauptsitz aufgeschlagen haben, verfahre man energisch, empfehle
die äusserste Ruhe, gebe dem Gliede die richtige Stellung, und
wende nach Umständen Blutentziehungen, Kälte, (später feuchte
Wärme), Derivantia, Gompressivverbände und Narcotica an. Ge-
lenkempyem, Ostitis articularis, Hydrarthron und idiopathische
Huskelleiden werden nach den allgemeinen Regeln behandelt.
^ Kn^ land Cjunistik der sog. Ghopart'schen Exartievlation. 47
Jfr^x^^n ^wexd.e jeder zo frühe Gehversuch verhindert, und
# ^^ %^l«T noch mit dem entsprechenden Schuhwerk (etwa nftch
^^tWtY^") eestattet. Tritt trotzdem Dislocation der Stumpf-
^^ocben ein, so hoffen Dieffenbach, Robert und Andere viel
^00 orthopl.diBchen Apparaten. Die Achillessehnen-Dnrchschnei-
>ADg w&re ^oUeicht nur in den verzweifeltsten Fällen zu versu-
nken, und muBS man zur ultima ratio chirurgorum, zu einer neuen
f90lieren Amputation schreiten, so ist genau zu erwägen, ob die
^arch die Fersenerhebung gesetzten Inconvenienzen bedeutend
^enng sind, einen lebensgefährlichen Eingriff bei dem bereits ge-
schwächten Patienten zu rechtfertigen.
Werfen wir jetzt einen Rückblick auf Alles, was im Vor-
t heri^efaenden über die Retraction gesagt worden, so ist ersicht-
[ lieh , dass dieser letzteren freilich nicht die untergeordnete Be-
Identung der übrigen, gegen die Ghopart'sche Operation vor*
gebrachten Beschwerden gebührt, ihr aber andererseits auch keine
TIebersch&tzung zu Theil werden darf. Dass nach dem Gho-
par tischen Schnitte eine pferdefussartige Erhebung des Stumpfes,
nne das Gehen unmöglich machende Dislocation der beiden
abrisgebliebenen Fnsswurzelknochen vorkommen kann, steht fest;
dass die schlimmeren Grade aber im Allgemeinen nicht zu häufig
smd , and bei rationeller Behandlung wohl auch meist ganz ver-
mieden werden können, ist ebenso ausgemacht. Die Fersenerhe-
bung tritt, mit anderen Worten, zu selten auf, und ihre Prophy-
laxis bietet zu viel Aussicht auf völlige Verhütung des üebels,
m die Aufopferung aller Vortheile der G hepar tischen Operation
"(JLMngB des Gliedes, Vermeidung künstlicher Füsse etc.) zu recht-
hsrtigen. — Sind, kurz gesagt, gerade genug Weichtheile für die
llediotarBalexarticttlation vorhanden, so darf auch nur sie, nicht
aber eine höhere Amputation ausgeübt werden. — Ich schliesse mich,
obc^eich freilich mehrere renommirte Chirurgen, z. BEmmert^),
i
*) Lehrb. d. Chir. etc., B. IV., pag. 175: „Wir mfissen diese Exarticu-
ktion als eine solche, welche einen darchatis nageeigneten Stampf für den
ttJcdgcbranch zniSflst, verwerfen. Die gfinstigen Erfolge Mancher mögen
"^ I Gmod in zu kazer Beobachtnngszeit der Operirten haben, oder dar-
48 H. Premmert,
Malgaigne^), Nilaton'), Legoaest'), gerade der entge-
gengesetzten Meinung sind, unbedingt Chelius*), Blasias'),
Textor*), Weber'), Szymanowski') etc. an, welche, fem
auf berahen, dass man sich bezflglich der Braachbarkeit des Passes tloscht,
in deren Beurtheilang die Ansichten sehr Terschieden sein kSnoeo." —
■) Bardeleben (Lehrb. d. Ghir. etc. B. IV., pag. 873) sagt vod Mal-
gaigne*8 hartem Urtheil („die Resultate der Ghopart'schen Openticn
sind überhaupt sehr schlecht"), dass es das des Erfinders der Ampo-
tation soQs-astragalienne ist.
*) Nölaton rath , wie Vacqnes (siehe Ganst. Jahresb. f. 1859,
B. V. pag. 239) in seiner Inangaraldissertation sagt, die Ver&buDg dfr
Ghopart*8chen Operation nur bei Greisen ond solches Kranken, weich«
ein sendentftres Leben f&hren.
*) Legoaest, Prof. am Val-de-Gräce, sagt in seinen „Studien über
das definitive Resultat der partiellen Pussampntationen, nach den Erfahnis-
gen des orientalischen Krieges" (siehe Ganst. Jabresb. f. 1856, B. V.
pag. 214), dass „die Ghopart'sche Operation nnr unter gewissen, onmög-
lieh Yorauszusehenden, schwer zu erreichenden Bedingungen renssire. Trotx
mancher glQcklicher Beispiele scheinen die Erfahrungen über sie ebenso ob*
gOnstig SU lauten, als die Theorie veraussagt. Sie dfirfte deshalb ao3
der Praxis zu verbannen sein.'*
*) Handb. der Ghirurgie etc. 1829. „Die Erfahrung hat mich über-
zeugt, dass bei Walther 's Verfahren die Ferse nicht nach hinten geiogeo
wird. Die Vorzfige der Lisfranc 'sehen Operation erscheinen weniger be-
deutend, wenn man die grossere Schwierigkeit der AusfÜhrniig nnd die
Umn<Sglichkeit einer genauen Lappenbildnng bedenkt/*
«) Blasius, Handb. der Akiurgie, 3. B., 2. Theil, pag. 9%: „Msg dob
eine^ Heraufziehnng der Ferse, die von manchen Ghirurgen gar nicht, yob
anderen in sehr geringem Grade beobachtet worden, immerhin eintreten, so
haben nichts desto weniger bedeutende V ortheile der Amputatio cmris gH
genfiber Statt, und Larrey giebt der letzteren ganz mit Unrecht den Vortag'
•) Textor (Journ. der Ghirurgie u. Augenheilk. von Walther QQ^
Ammon 1846, S. 302) glaubt die Retraction immer vermeiden zn i^^^^j
nen, und findet es beklagenswerth, wenn diese heilsame und flberaos
vortheilhafte Operation in Misscredit und Vergessenheit käme.
') Weber (Deutsche Klinik fflr 1855, Nr. 2., 3.u. 4.) meint, „dass sQj
Beibehaltung der werth vollen Ghopart 'sehen Methode ermonteri
werden mtlsse; der allerdings oft beobachteten Retraction und dem Aal
treten auf die Narbe, lässt sich theils vorbauen, theils nachträglich abhelfen
•) Szymanowski (Ganst, Jahresb. f. 1861, B. V., S. 283 n. v. Laij
genbeck's Archiv B. I., Heft 2.) hält sich in seiner Kritik der L|
gou est' sehen Mittheilungen für berechtigt, beim Befolgen gewisser F
schlfige, auf einen günstigen Ausgang rechnen zu können»
Zur Kritik und Gasuistik der sog. Ghopart^Bcben Exarticulation. 49
Ton Blandin^s Hyperlob, entschieden zur Beibehaltung der
Ghopart* sehen Operation ermuntern.
Um zu zeigen, wie wesentlich diese, aus obiger Untersuchung
der Arbeiten Anderer resultirende Ansicht in mir durch die Er-
folge meiner eigenen Doppeloperation befestigt und gekräftigt wer-
den moßste, gebe ich hier zum Schlüsse die Details dieses Fal-
les in kurzen Umrissen; — wodurch mein casuistischer Beitrag
eio grösseres Recht auf Veröffentlichung beanspruchen kann, als
2. B. diejenigen von Listen^? Fergusson') und Verneuil'),
habe ich bereits in der Einleitung gesagt.
Afimja Iwanowna, Dieostmagd, 22 Jahre alt, anverehelicht, hatte
am 24. Mfirz 1864 die Stadt plötzlich verlassen, und Tag nnd Nacht, ohne
Spei&e nnd Trank, wandernd, den Ladogasee erreicht Auf diesem, der
aoe\i mit Eis bedeckt war, fand man sie einige Tage später in kläglichem
Zofttande, lieferte sie am 29. desselben Monats im Petersbarger Alexander-
Hospital ab, und daselbst stellte sich sogleich heraas, dass die UnglOckliche
beide Fflase von der Spitze bis etwa zur Articalatio metatarso - tarsea er-
frorea habe. 2^hen und Mittelfoss waren geschwollen, dankelblaa, nnd so-
rohl an ihrer Dorsal-, als an der Plantarfl&che mit grossen Blasen be-
deckt. Das Allgemeinbefinden war zufriedenstellend, der Puls nur wenig
bescUeuiiigt (90 in d. M.), die K^rpertemperatnr nicht erhöht, Schlaf und
Appetit gut, die Schmerzen unbedentend. — Die erfrorenen Theile wnrden
ba.ld 1>randig, und machten tlberhaapt in den folgenden sechs Wochen die ge-
«-ähnlichen Verändernngen durch. Während sich an beiden FQssen, etwas
^or dem Tarso-Metatarsalgelenke eine regelmässig gezeichnete, stark eiternde
lind t;iefe Demarcationslinie bildete, mamificirten die Zehen; vom Mittel-
fosae fielen grosse Fetzen der Weichtheile ab, and die Knochen waren au
oiefareren Stellen entblösst. Der Universalzastand blieb in der ganzen Zeit
ein nngetrfibter. — An beiden Extremitäten masste endlich zur Ablösung
des Vorfnases geschritten werden, nnd zwar konnte man sich, da das All-
gemeinbefinden eine regelrechte Operation gestattete, nicht mit einer ein-
fachen Absägung der Knochen an der Demarcationslinie begnügen. Als vom
Rumpfe entfernteste Ampatationsstelle wies sich, wenn man genflgende Lappen
gewinnen wollte , das zwischen Galcaneas and Astragalns einerseits , und
Oa oavicnlare und cuboideam andererseits befindliche Gelenk aas; genaue
') Ganst. Jahresb. f. 1842 (Lancet B. 2 , Nr. 13.).
') Canst Jahreab. f. 1843 (Lancet Vol. L, Nr. 20.)
'} Gazette des flöpitaax 1858, Nr. 22.
▼. Laig«Bbeclc, Arcblr f. CJUtorgie. IX.
50 H- Fremmert,
MessoDgen der yorhandenen gesanden Weichtheile Tersprachen an beiden
FQssen nnr dann völlige Schliessung der Operationswunde, wenn man die
Mediotarsaiezarticulation vornahm.
Am 11. Mai schritt ich denn auch, in Gegenwart der Herren Doc-
toren Person, Hejfelder, Lapnschinsky, Haberrettel, Büttig,
Linsse etc., zn dieser Absetzung des linken Vorfnsses, und am 21. zu der
des rechten. Die Weichtheile des inneren Fussrandes wurden ducch einen
einfi&chen geraden Schnitt vom Hdcker des Kahnbeins bis zur Demarca-
tionslinie gespalten und auch die des äusseren durch eine ähnliche, fast
1" hinter der Basis des fünften Mittelfussknochens beginnende und eben-
falls an der Qränze der gesunden Theile endigende Incision getheilt Der
so entstandene Dorsallappen wurde jetzt (von der Demarcationslinie ans)
dicht von den Knochen abpräparirt und zurückgeschlagen , darauf die Ex-
articulation vorgenommen, sofort der Plantarlappen abgelöst, und die Artt.
dorsalis pedis, plantaris externa et interna unterbunden, oder torquirt —
Da die Gränzlinie der brandigen Theile scharf wie ein Zirkelschnitt am
beide Füsse herumlief, so hatten wir zwei völlig gleich grosse Lappen, die
nur einer unbedeutenden Abrundung bedurften; sie wurden durch Knopf-
nähte zusammengeheftet, und reichten gerade nur zur Bedeckung der Ge-
lenkflächen aus. Bei gewöhnlicher Behandlung der Stümpfe (Verband, Eis-
blase, später permanente warme Fussbäder etc.), nahm das traumatische
Fieber seinen normalen Verlauf; nur am 1. Juni, als sich am linken Fasse
ein Erysipel zeigte, erreichten die Erscheinungen eine lebensgefährliche
Höhe (Temp. in der Axilla 41,4 <» C., Puls 120—140), und forderten energi-
schere Behandlung. Als ich Patientin am 15. d. M. verliess, um eine Reise
in^s Ausland anzutreten, war sie bereits völlig fieberfrei, und empfand durch-
aus keine Schmerzen; die Stumpfknochen zeigten nicht die geringste Ten-
denz zur Verschiebung, und die Vernarbung der Wunden war fast vollendet.
Am 29. Juli scheinen die ersten Gehversuche gemacht^ bald aber wieder auf
einige Zeit aufgegeben worden zu sein, da noch keine passende Fussbeklei-
dung vorhanden war. Ich fand die Operirte nach meiner Rückkehr, im Spät-
herbst, in vortrefflichem Zustande, das Gehen war freilich noch nicht sicher,
aber der Stumpf konnte nach Wunsch gebeugt und gestreckt werden, und
liess keinen Gedanken an Abweichung aufkommen. Da sich das arme
Mädchen noch scheute, einen, beständiges Laufen und Stehen erfordernden
Dienst, wie sie ihn früher gehabt hatte, anzutreten, und sich leider augen-
blicklich auch kein passenderes Unterkommnn fand, so wünschte sie in einer
Verpflegungsanstalt placirt zu werden. Am 4. Januar 1865 trat sie denn
auch in das städtische Armenhaus bei Smolna ein, und erst im Juli dessel-
ben Jahres konnte ich sie in Gesellschaft des Herrn Dr. Hein rieh sen
wieder besuchen. Patientin tummelte sich munter umher, und wir erstaunten
Zar Kritik and Casnistik der sog. Ohopart^schen Exarticnlation. 51
über die Sicherheit ihres Ganges. Dieser zeigte freilich nicht die gewöhn-
liche filasticitäty and hatte etwas Stampfendes, konnte aber durchaus nicht
mit dem Gehen anf Stelzfüssen verglichen werden. In der besten Laune
enablte sie uns, dass sie sogar tanzen künne, nnd ihr Oberhaupt beim Ste-
hen nur eine zu grosse Beugung des Oberkörpers nach vorne unmöglich sei.
Die Fussbekleidnng bestand ans kleinen, mit sehr kurzen Schnäbeln ver-
sehenen Lederstiefeln, welche an der Spitze mit Baumwolle, die sich unter
den emporsteheoden vorderen Stumpftheil schob, ausgestopft waren. —
Patientin konnte die Tarsusreste wilikörlich bewegen, und namentlich fiel
die kräftige Flexion auf. Die länglich -runden Plantarflächen waren vorne
schmaler als hinten, und massen in der Länge 11 Cm., in der Breite 5,5->
(>,') Cm. Auf den Narben zeigten sich kleine callusartige Haut verdickungen;
Sparen von Knochendislocation waren nicht vorhanden. In demselben er-
freulichen Znstande fand ich die Amputirte auch bei meinem letzten Be-
sache am 18. Mai 1866, d. h. gerade 2 Jahre nach der Operation. Sie be-
schäftigte sich viel mit Näharbeiten, macht aber häufig weite Geschäfts-
gänge, ohne die geringsten Beschwerden, und behauptet, gerne einen passen-
den Dienst annehmen zn wollen.
HL
Beobachtimgs-StudieD über Wundfieber und
accidentelle Wundkrankheiten.
Voo
Dr. Th. Blllroth.
(Dritte Abhandlung. Scblass.)
(Hierzu Tabelle L bis VI.)
Rfickblick.
Die beiden unter obigem Titel von mir in diesem Archiv
(Band IL pag. 324 und Band VI. pag. 372) veröffentlichten Ar-
beiten greifen das Object der Untersuchung in verschiedener Wei^e
an. Der erste Artikel ist ein Referat über eine Reihe von kli-
nischen Beobachtungen, ein Versuch, die Resultate der thermo-
metrischen Messungen an fiebernden chirurgischen Kranken ge-
ordnet zusammenzustellen; es blickt dabei das Bestreben de>
Verfassers durch, einen Typus, eine Regel zu finden, unter vtrelche
sich die Erscheinungen etwa bringen Hessen, — ein Bestreben, da<
im Ganzen v^enig Erfolg hatte, lieber den physiologischen Zu-
sammenhang von Fieberursachen und Fiebererscheinungen wurde
damals nicht discutirt, sondern stillschweigend angenommen, das
Fieber, zumal die erhöhte Temperatur des Blutes, sei die Folge
einer Erregung gewisser, die Körperwärme regulirender Herde
in den nervösen Centralorganen ; beim Wundfieber erfolge die.«^e
Erregung von den peripherischen Nerven her, welche ihrerseits
wieder durch den Act der Verletzung^ selbst, so wie durch die
Ueber Wundfieber not] accideotelle Wundkrankheiten. 53
nachfolgende £ntzundnng gereizt werden. Bei dieser AufFassung
fehlte es an jeder theoretischen Vermittelung zwischen dem Wund-
fieber und den Infectionsfiebem (Pyämie, Septicaemie u. s. w.);
letztere mussten damals anter allen Umständen als etwas neu
Hinzukommendes, etwas ^Accidentelles** erscheinen. Die Beob-
achtung lehrte freilich bald, dass Wundfieber, wie Infectionsfieber
in innigem Zusammenhange mit der Wunde und ihren Metamor-
phosen stehen; so lange aber die Wärmequelle des Organismus
nur durch die peripherischen Nerven mit der Wun^le vermittelt
war, blieb der Zusammenhang aller der in Rede stehenden Krank-
heiten ein lockerer, ein äusserlicher. Ich veröiTentlichte die Re-
sultate meiner Beobachtungen ohne rechte innere Befriedigung.
Der zweite Artikel (Bd. VI. pag. 372.) ging von experi-
mentellen Studien über die Folgen der Jaucheinfection aus. Es
wurde bewiesen, dass nach Injection von Jauche in's Blut, oder
in^s ünterhautzellgewebe Fieber eintritt; das gleiche geschieht
nach Injection von schlechtem Eiter, ja auch nach Injection
Ton gewöhnlichem frischen Abscess- und Wundeiter.
Für Thiere, zumal für Hunde, sind Jauche (animalische und ve-
getabilifsehe putride Stofie, in Flüssigkeiten aufgelöst oder sus-
pendirt), und die verschiedensten frisch gebildeten Eiterarten
gleich fiebererregend, sei es, dass sie direct oder indirect
(vom ünterhautzellgewebe aus) in's Blut gelangen. — Folgende
Schlüsse aus diesen Experimenten scheinen gerechtfertigt: Es ist
erwiesen, dass ein frisches Entzündungsproduct (Eiter), Thieren
in*3 Blot eingebracht, Fieber erregt; es ist statthaft, anzunehmen,
dass dies beim Menschen ebenso sein wird; wenn also beim
Menschen Producte der Entzündung aus den entzündeten Gewe-
ben in^8 Blut gelangen, was höchst wahrscheinlich durch die
Lymphgefässe und Venen nicht selten geschieht, so wird dadurch
die Entstehung des Fiebers vermittelt; oder anders und kürzer
ausgedrückt: das einer Entzündung folgende Fieber,
und zumal das Wundfieber, ist die Folge einer Blnt-
intoxiesLtiony einer, wenn auch gewöhnlich leichteren
(phhgistißcben^ Infection.
;
54 Dr. Tb. Billroth,
Icli habe dann versucht, die verschiedenen Möglichkeiten zu
sichten, welche man über die Art, wie der in's Blut eingetretene
Stofif die Fiebererscheinungen vermittelt, aufstellen kann; dies
fuhrt zu höchst schwierigen und verwickelten, bis jetzt, wie es
scheint, unlösbaren Problemen, auf die ich nicht mehr zurück-
komme. — Es ist ferner in jener Arbeit nachgewiesen, dass auch
getrocknete, staubförmige putride Stoffe und Eiter pyrogen wir-
ken, und es wurde gezeigt, wie diese Stoffe möglicherweise in
den Organismus eindringen können. — Endlich ergab sich bei
diesen Beobachtungen, dass Eiter und Jauche nicht nur sehr stark
wirkende pyrogene Körper seien, sondern auch am Orte der In-
fection Entzündung erregen, also auch phlogogen wirken, eine
übrigens früher schon durch zufallige Beobachtungen genügend
bekannte Erscheinung.
Es giebt, wie aus einer anderen Experimentenreihe weiter
hervorgeht, eine grössere Anzahl pyrogener Stofie; einige im Eiter
und in Jauche enthaltene einfachere chemische Körper besitzen
in besonders hohem Maasse pyrogene und phlogogene Eigen-
schaften. Es fand sich bei diesen Untersuchungen, dass andere,
auch gelegentlich im Organismus entstehenden Stoffe (z. B. koh-
lensaueres Ammoniak) in's Blut injicirt, die Körpertemperatur be-
deutend herabzusetzen vermögen. Da es indessen für jetzt kei-
nen besonderen Werth zu haben scheint, erschöpfende Versuchs-
reihen über die pyrogene Wirkung aller möglicherweise am Thier-
körper vorkommenden, einfachen und zusammengesetzten Stoffe
anzustellen, so wurden diese Experimente nicht weiter fortge-
führt. — Dies der wesentlichste Inhalt meiner zweiten Fieberarbeit.
Gleichzeitig, und unabhängig von meinen experimentellen
Studien arbeitete 0. Weber in gleicher Richtung; die Resultate
seiner Experimente stimmen mit den meinen fast vollkommen
überein; auch zog er dieselben Schlüsse daraus,, wie ich. Weber
hat zunächst vor mir in kleinen Mittheilungen, die nicht zu mei-
ner Kenntniss kamen, dann in seinen höchst interessanten und
wichtigen Arbeiten i^ der „Deutschen Klinik*^ (1864) seine Beob-
achtungen niedergelegt. Er hat einige wichtige Punkte noch
Deber Wundfieber und accideatelle Wundkrankheiteo. 55
weiter gefuhrt, als ich; über diese muss ich hier einige Bemer-
kuBgea einschalten.
Weber hat in einer besonderen Abhandlung seine thermo-
electriscben Untersuchungen fiber die Temperatur entzündeter
Körpertheile niedergelegt, und gefunden, dass die Temperatur
entzündeter Theile immer höher ist, als die des arteriellen Blu-
tet«; er sucht dies auch noch dadurch zu beweisen, dass er das
venOse Blut, welches aus einem Entzündungsherd kommt, wär-
mer bnd, als das zuströmende arterielle. Der Schluss hieraus ist:
es wird Wärme beim Entzündungsprocess producirt. Wenn man
diese äusserst subtilen Experimente nicht nachmachen kann, (es
fehlen mir dazu Apparate), so ist die Mittheilung vorläufig ein-
lach als richtig anzunehmen, da sie an sich nichts Unwahr-
scheinliches enthält. Wie bedeutend die Wärmeentwickelung
in einer gegebenen Entzündungsfläche sein müsste, um in einer
gegebenen Zeit eine gegebene Masse Blut etwa um 1 Grad höher
zu erwärmen, das zu berechnen, liegt nicht in meiner Macht.
Ob es möglich ist, hierüber exacte Berechnungen anzustellen,
weiss ich nicht Meine thermometrischen Messungen über die
Temperatur entzündeter Theile, im Verhältniss zur Temperatur
des Blutes, haben Resultate ergeben, die mir eher gegen die An-
nahme einer Wärmeentwickelung in den entzündeten Theilen zu
sprechen schienen; doch meine Schlüsse sind vielfach angegriffen;
es scheint, dass thermometrische Messungen zur Lösung der Frage
über die Wärmebildung in entzündeten Theilen nicht ausreichen.
Ich möchte indess an einen Versuch erinnern, den ich zu anderen
Zwecken früher anstellte und mittheilte; man lege einen gesun-
den Menschen einen Tag lang in's Bett, belege ihm einen Arm
mit 2 bis 3 Eisblasen, und messe in der anderen Achselhöhle
die Temperatur; man wird finden, dass die starke Wärmeentzie-
hung am Arme keinen merkbaren Einfluss auf die gesammte Kör-
pertemperatur hat Das Umgekehrte wird mutatis mutandis Statt
haben, wenn man einen Arm mit heissen Kataplasmen stunden-
lang belegt hält, d. h. die Bluttemperatur wird dadurch nicht er-
höht, obgleich einem Körpertheile künstlich Wärme zflfceffihrt
56 ör. Tb. ßillroth,
wird. — So wenig ich an der Richtigkeit der TV eher 'sehen Un-
tersachuogen zweifeln möchte y so wenig möchte ich darauf eine
Fiebertheorie stützen. Dies ist auch der Eindruck, den Weber
selbst von diesen Versuchen hatte; er lässt das eventuell in den
entzündeten Theilen entwickelte Wärmequantum ganz ausser Be-
rücksichtigung in seiner etwas später folgenden ausführlichen Fie-
berarbeit
Während ich bei meinen Experimenten schwaches Schwefel-
wasserstofiwasser als einen ziemlich indifferenten Stoff für Hunde
erfand, zeigen einige Experimente von Weber, dass nach In-
jection von starkem Schwefelwasserstoffwasser Anfangs Tempe-
ratur emiedrigung, dann aber Temperaturerhöhung und Diarrhoe
folgte; in dem einen Experimente fiel die höchste Fieberhöhe aof
den ersten (Taf. V. Exp. III), im zweiten Experiment (Tat V.
Exp. II.) auf den dritten Tag der Vergiftung. Weber fand fer-
ner, dass Buttersäure ein höchst giftiger, die Temperatur sehr
herabsetzender Körper sei.
Während ich nach meinen Experimenten annehmen zu mnmn
glaubte , dass im Eiter die zelligen Elemente hauptsächlich als
die fiebererregenden zu betrachten seien, hat Weber nachgewie-
sen, dass auch Eiterserum, von Zellen möglichst befreit, Fieber
erzeugt. — Das Experiment über die pyrogene Wirkung von
Flüssigkeit, welche entzündete Gewebe durchtränkt, (Taf. !•
Exp. IV.) kann ich nicht als ganz beweisend zugeben, da die
Flüssigkeit aus einer Leiche stammt. — Sehr wichtig ist die er-
folgreiche Infection eines Thieres mit seinem eigenen Wnndeiter
(Taf. I. Exp. in).
Ganz neu und bedeutend sind die höchst interessanten und
erfolgreichen Experimente über die fiebererregende Wirkung
des transfundirten Blutes fiebernder Thiere auf gesunde Thiere
(Taf. IV). Es wird durch diese Versuche direct bewiesen, dass
das Fieberblut einen auch auf andere Thiere übertragbaren Fer-
mentstoff enthält. Die Versuche bieten noch besonderes Inte-
resse durch die grosse Verschiedenheit in der Schnelligkeit der
Wirkung des eingespritzten Blutes, indem in manchen Fallen
Oeber Wundfieber and accideo teile Wuudkrankheiten. 57
die höchste Fieberhöbe auf den dritten, in anderen erst auf den
sechston Tag der Vergiftung f&Ut.
Auf die wichtigen Experimente Weber's über die Entste-
hung der metastatischen Abscesse komme ich bei Gelegenheit der
Pjäfflie zuTuck.
Eine in Kurzem zusammengestellte Uebersicht der betreffen- ^
den, von Weber und mir angestellten Fieberexperimente wird
manchem Leser willkommen sein. (S. Taf. I. bis V.)
Man hat bis jetzt weder gegen die von Weber und mir
eingeschlagene Methode des Experimentirens , noch gegen die
daraus gezogenen Schlüsse Widerspruch erhoben; ob das Fieber
immer als phlogistische, pumlente, septische Intoxication auEzu-
iassen ist, ob es nicht doch noch möglich sei, durch directe &r-
regang der betreffenden, freilich auch noch unbekannten Nerven-
Zentren Fieber zu erzeugen, das steht dahin; dass organische
Sifte, JTyphusgift, Scharlachgift u. s. w., wenn sie in den Körper,
respeetive in's Blut eintreten, pyrogen wirken, wird nicht bezwei-
lelt; diese Infectionsstoffe sind in Betreif ihrer pyrogenen Wir-
kung dem Eiter, den putriden Steifen u. s. w. vollkommen gleich-
zusetzen. Mothwendig erscheint es mir freilich nicht, weder aus
theoretiBchen, noch aus practischen Grflnden, eine weitere Fie-
berarsache anzunehmen; man wird indess abwarten müssen, bis
fich diese neuen Anschauungen nicht nur bei den Chirurgen, son-
dern auch bei den Pathologen mehr Bahn gebrochen haben, ehe
man über die Fieberursachen im Ganzen ein ürtheil feststellt.
Wenn ich nun von dem neuen Standpunkte aus meine erste
Fieberarfoeit überblicke, so treffe ich auf so mancherlei Aeusse-
ntngen, theoretische Bemerkungen, Deutungen, die ich jetzt nicht
i&ehr Tertheidigen möchte. Die Beobachtungsfacta stehen selbst
*abei starr da ; sie bedürfen nur einer anderen Interpretation, um
fie besser zn verstehen; interessant ist es mir, dass die Resul-
^t^: selbst die numerischen, die damals aus einer, wie mir jetzt
^tinty ziemlich kleinen Anzahl von Beobachtungen kühn zusam-
58 Dr. Th. Billroth.
mengestellt sind^ sich in nichts Wesentlichem ge&odert haben; id
habe jetzt fiber das vier- bis sechsfache Material zu gebieten^ und
die Resultate sind, die Temperaturbeobachtongen betreffend, so
ziemlich dieselben.
Es scheint mir nun nicht der Mühe werth, eine YergleichuDg
zwischen meinen beiden Fieberarbeiten durchzufahren, am za zei*
gen, wo sich die darin ausgesprochenen Ansichten widersprecbeo,
wie dies bei so ganz yerschieden theoretischen Ausgaoggpaoktefl
der Fall sein musste; ich wusste nicht, wen eine solche Aogeiii-
andersetzung interessiren sollte.
Die Aufgabe, welche ich mir für dies Mal gestellt habe, ist,
noch ein Mal mein gesammtes Material an Beoback«
tungen, zumal Temperaturniessungen über Wond-
fieber und accidentelle Wundkrankheiten, zasammeo'
zustellen, die klinischen und experimentellen Beob-
achtungsresultate zu vergleichen, und zu untersufbeO)
wie weit beide mit einander übereinstimmen.
Ich bin weit entfernt, Alles über diesen Gegenstand wiedei-
holen zu wollen, was ich früher bereits erwähnt habe; nur uf
die Hauptpunkte möchte ich die Aufmerksamkeit der Leser nodi
ein Mal lenken, und einige neue Gesichtspunkte dabei berabrea.
Um sich über das Wesen einer Krankheit eine AnBchauoiig
zu bilden, dazu gehört vor Allem die möglichst genaue Aoaljäe
der wichtigsten Symptome, des anatomischen Befundes, der ätio-
logischen Momente etc. bei einer möglichst grossen Zahl genau be-
obachteter Fälle. Dieser klinische Weg der Forschung ist freiliti}
im Vergleich mit demjenigen der directen anatomischen nnd ex*
perimentellen Untersuchung, ein sehr mühsamer, nnd wird es
immer mehr, je skeptischer das Publicum gegen allgemeio aus*
gesprochene Ansichten wird, von denen man nicht weiss, wu
stark ihre factische Unterlage ist. Die Beobachtungen, weicht
hier zusammengestellt sind, konnten natürlich nicht von mir alleit
gesammelt werden ; um in einer grossen chirurgischen Abtbeiluot
dauernd über jeden Kranken Journale zu fuhren, dazu bedarf e
einer systematischen Vereinigung von Arbeitskräften ; von Osten
Ueber Wundfieber ond accidentelle Wu udk rank bei ten. 59
lä60 bis Herbst 1866 sind mehrere Taugende von Krankenge-
scbichten auf meiner Abtheilung geschrieben, wie ich hoffe, nicht
vergeblich; ich habe alle diese Beobachtungen geordnet, und
hoffe, einen Theil derselben bald der Oeffentlichkeit übergeben
zu können. Ueber tausend Fiebercurven von chirurgischen Kran-
ken sind gezogen, und zu dieser Arbeit verwendet. Die Zahl
der Herren Assistenzärzte und Assistenten, welche mir durch
ihren regelmässigen Fleiss die Möglichkeit gaben, diese Arbeit
lü machen, an der sie den wesentlichsten Amheil haben, ist be-
reits so gross, dass ich hier nicht alle namentlich aufführen kann ;
fVh sage ihnen hiermit meinerseits den besten Dank für ihre thä-
^ige Mitarbeiterschaft.
Capitd XVUL
Von dem einfachen Wundfieber.
Leichtere Formen von septischer und phlogistiächer Infection.
Septische und purulente Infectionsfebricula.
§. 1. Es giebt eine sehr grosse Anzahl, zum Theil
schwerer Verletzungen, bei welchen überhaupt gar
tein Fieber auftritt, oder bei welchen erst nach meh-
reren Tagen sich Fieber zeigt, während die ersten
Tage nach der Verletzung fieberfrei waren.
Diese Beobachtung, welche ich auch früher schon voran-
stellte, ist theoretisch von sehr grosser Wichtigkeit; sie spricht
im meisten gegen die Theorie, dass das Fieber durch die Rei-
ung der verletzten peripherischen Nerven vermittelt werde, denn
^ ißt kaam denkbar, dass die nervöse Reizbarkeit bei zwei go-
lden, gleicbalterigen, in allen äusseren Erscheinungen ähnlichen,
■Hier gleichen Verhältnissen verletzten und behandelten Indivi-
■len sich so verschieden äussert, wie es wirklich der Fall ist;
ftb will es allenfalls noch gelten lassen, dass die Intensität des
r!«bers von einer solchen nervösen Reizbarkeit abhängig sein
r^no, doch dass das Fieber unter gleichen Bedingungen bald am
^teo, bald am dritten, oder gar erst am siebenten oder zwanzig-
ßf) Dr. Th. Billroth,
t^ten Tage anfangen soll, das ist doch bei dieser Theorie kaoi
zu hegreifen, obgleich ich mir freilich frfiher auch in diesei
Punkte nicht anders zu helfen wusste, als durch die Sappositii
einer verschiedenen Reizbarkeit auch in Betreff der Zeit, in we
eher die Wirkung des Nervenreizes als Wärme zum Vorschel
kommt.
Was lässt sich jetzt über das erv^&hnte Factum vorbringen
ÄUB den Infectionsexperimenten geht hervor, dass die pyrogei
Wirkung des beigebrachten Giftes fast unmittelbar nach derll
fection beginnt, und im Verlaufe von 2 — 4 Stunden schon i
hö€hBten Wirkung kommt. Wir dürfen also auch wohl fnr di
Menschen annehmen, dass einer Fiebertemperatur die pyrogei
Into^ication nur wenige Stunden vorhergegangen ist; dies i
auch practisch für die Beurtheilung von Ursacheu von Nachfiebei
sehr wichtig. Welches mögen nun die Stoffe an der Wunde sei
die das Wundfieber erzeugen: wahrscheinlich Blut, welches iv
sehen Wundrändern, in Taschen, in aufgelegter Gharpie etc. 6i<
aüBummelt und zersetzt, Gewebsdetritus mortificirter Partikel d|
Wündränder, zersetztes Serum, welches diese mortificirten G^
webe noch durchtränkt, Umsetzungsstoffe in dem noch lebendige
doch von ec tatischen Gefassen und Millionen junger, neag
deter Zellen durchsetzten Gewebe. Alle diese Dinge sind ab4
freilieh mehr oder weniger an jeder Wunde vorhanden, sie müssel
doch erst in's Blut gelangen, wenn sie Fieber erzeugen solla
Eh Igt unzweifelhaft möglich, selbst bei complicirteren Wandel
da^s sich die gesetzte KreislaufsstOrung durch GoUateralen
schnell, so vollständig ausgleicht, dass femer alle Thromben
Blut- und Lvmphgefässen so fest geronnen sind, sich ancb a
rasrli zu Bindegewebe organisiren, — so dass weder von d<
Wundfläche, noch aus den Wundrändern etwas resorbirt win
Dies wäre der absolut normale, man möchte sag«
ideale Fall; er ist bei kleineren einfachen Wunden die Re«f
bei grösseren die Ausnahme.
Weit gewöhnlicher ist es, dass Resorption erfolgt, dasg ^<
nig^tens bei complicirteren Wunden Fieber eintritt, und «war
Eeber Wandfieber and accidentelle Wundkrankheiten. 61
^eti der Zeit, in welcher die Resoiiptipii' erfolgt, früher oder spä-
^r, in Bezug darauf können die Yerhältnisse der Wunden vieler-
\4ei Verschiedenheiten bieten und danach der Fieberanfang schwan-
^eo, wenngleich diese Schwankungen nicht so ganz willkürlich
siad, wie sich bald ergeben wird, weil sie von anatomischen
Vorgängen abh&ngig sind.
Noch ein anderer Gedanke ist hier einzuschalten: es ist
bekannt, dass viele Infectionskrankheiten den Menschen nur ein
Mal hefidlen. Sollte Jemand, der früher ein Wundfieber, sei es
ein leichtes oder schweres, gehabt hat, später dagegen geschützt
sein? giebt es eine erworbene oder angeborene Immunität ge-
gen septische Infection? Die Experimente an Hunden zeigen
dies nicht an: wenn ein Hund ein septisches Infectionsfieber über-
standen hat, 80 schätzt ihn dies keinesweges dagegen, dass er
bei nener Infection schwer erkrankt. Ich möchte indess in die-
ser Beziehung nicht endgültig urtheilen: die Beobachtung lehrt
z. B. in Betreff der Leicheninfectionen, so wie auch in Betreff
febriler Folgen bei grossen Jauchungen, dass es manche Individuen
giebt, die bei geringster Veranlassung häufig, andere, die trotz
häufiger Veranlassung selten erkranken. Vielleicht hat dies rein
Örtliche Gründe: beim Einen geht die Resorption leicht, beim An-
deren schwer von Statten; vielleicht liegt es auch in einer grösse-
ren chemischen Resistenz des Blutes: was das Blut des Einen
io die lebhafteste chemische Action versetzt, lässt dasjenige eines
Anderen vielleicht ganz in Ruhe; in dieser Beziehung ist man-
ci^erlei möglich; vrir wissen über die hier in Frage kommenden
Momente nichts ; der Phantasie ist hier freier Spielraum gelassen !
§. 2. Das Wundfieber beginnt am häufigsten inner-
halb der ersten 48 Stunden (in 87,7 pGt. aller Fälle).
Hierzu habe ich Folgendes zu bemerken: ich nenne Wund-
äeber dasjenige Fieber, welches der Verwundung zunächst folgt;
ein Fieber, welches erst mit dem Beginn der Eiterung am 5ten
Tage, und später, beginnt, bezeichne ich nicht mehr einfach als
Wandfieber, sondern als Eiterfieber, oder allgemeiner, als Nach-
feier. Ferner habe ich bei den statistischen Zusammenstellun-
62 Dr. Th. Billroth,
gen der Fiebercurren an dem früheren Princip festgehalten, nur
da Fieber anzunehmen, wo die Temperatur (wenn auch nur ein
Mal) über 37,9** hinausging, weil dies nach meinen früheren
Messungen als das normale Maximum zu betrachten ist; da ich
sehr rigoros in dieser Beziehung verfuhr, so ist eine Anzahl
sehr geringer Temperaturerhebungen gar nicht in Rechnung ge-
zogen, weil sie unter dem normalen Maximum blieben. Die
Zahl der als einfaches ' Wundfieber bezeichneten Curven ver-
ringert sich ferner, und zwar erheblich dadurch, dass ich nur
ganz vollständige Beobachtungen verwerthet habe, endlich nur
Fälle, in welchen die erste Temperaturmessung noch am Tage
der Verletzung selbst (am ersten Erankheitstage) gemacht wer-
den konnte, während keine Fälle gezählt sind, in welchen die
Kranken erst zwei oder mehrere Tage nach der Verletzung m
Spital gebracht wurden. Es sind ferner alle Fälle eliminirt, ia
welchen sich das Wundfieber in ein tödtliches, septisches, oder
Eiterfieber fortsetzte, dagegen diejenigen Fälle benutzt, in weIcheD|
der Kranke nach dem Wundfieber schon wieder fieberfrei war,
bevor ein Nachfieber in ein tödliches Infectionsfieber überging.
Bei strenger Wahrung aller dieser Rücksichten bleiben mir 273
Curven von einfachen Wundfiebem übrig, aus welchen sich er-
giebt, dass das Fieber anfing:
am 1. Tage in 103 FäUen (37,7 pCt.)
am 2. „ „ 137 „ (50,0 pCt.)
am 3. „ „ 19 „ (6,9 pCt)
am 4. „ „ U „ (5,1 pCt)
273 Fälle.
Hiernach fängt das Wundfieber am häufigsten am zwei-
ten Tage der Krankheit, d. h. am Tage nach der Ver-
letzung, an. Die Rechnung ist so gemacht, dass der Tag der
Verletzung als der erste Krankheitstag bezeichnet ist, und so fort;
im ist in so fem nicht genau, als eigentlich die ersten 24 Stan-
den, von dem Momente der Verletzung au gerechnet, den ersten
Eraokheitstag bilden; es war nicht möglich, in dieser Weise die
Ctirven durchgehends zu berechnen, denn wenn auch die Opera-
I
Ueber Wandfieber and accidentelld Wundkrankheiten. 63
tioneo meistens am Yormittage in der Klinik gemacht sind, so
sind doch nicht alle ausserhalb des Spitales Verletzten gerade
am Vormittage yemnglückt. Es wäre immerhin möglich, dass,
bei einer vollkommen genau nach 24 stündigen Perioden berech-
neten grossen Anzahl von Fällen, sich die Häufigkeit des Fieber-
anfangs fnr das Ende der ersten 24 stündigen Periode etwas höher
stellte, als bei unserer Zusammenstellung. Jedenfalls aber ist
der an die Spitze dieser Paragraphen gestellte Satz richtig.
Ich möchte aus dem so häufigen, frühen Auftreten des Wund-
fiebers schliessen, dass dasselbe als septische Febricula au&u-
hssen ist; jedenfalls kann hier von Eiter resorption noch nicht
die Rede sein; nur die Resorption rasch foulender Stoffe, oder
die durch den Entzundungsprocess in den verletzten Geweben
rasch entstandenen ümsetzungsproducte („phlogistisches Gift^ — ob
man diese Stoffe septisch nennt, oder nicht, ist in chemischer
Beziehung wohl gleichgültig) können die Ursache dieses Fiebers
bilden.
Bei Fractnren könnte man auch daran denken, dass das aus
der Markhöhle in's Blut tretende Fett (man sehe hierüber die
vortreffliche Arbeit von F. Busch aus Königsberg „über Fett-
ernboÜe'' in Virchow's Archiv. Band 35. Seite 325) auch eine
Pyrogene Wirkung haben könnte; da aber bei subcutanen Frac-
turen selten Fieber Statt hat, so dürfte die Besorption des un-
tersetzten Fettes eben so wenig Fieber, als metastatische Ab-
seesse erzeugen. (Vergl. darüber auch die Arbeit von 0. Weber
I.e.)
Wenn die Verletzten aber erst am 3ten, oder gar erst am
4t6n Tage zu fiebern beginnen, woran liegt das? Kann das nur
^iüen Grund darin haben, dass der pyrogene Stoff später ein-
dringt? Das möchte ich nach den Experimenten doch nicht'ganz
sicher behaupten; freilich fehlt die Temperaturerhöhung nach
wirksamer Intoxication fast nie, doch kann sie in den folgenden
^ageu noch höher werden, als am Anfange, wie einige von We-
ber's Experimenten beweisen; das Gift kann, auch wenn es di-
reet in^a Blut gespritzt wird, nachwirken; ich deute dies hier nur
64 I>r. Th. Billroth,
an, da ich auf diesen Punkt bei Besprechung der Fieberhöhe lu-
rückkomme.
Alter und Geschlecht scheinen keinen Einfluss auf den Be-
ginn und die sonstigen Verhältnisse des Wundfiebers zu habea^
wohl aber schien es mir, als wenn das Wundfieber bei solchen
Individuen besonders früh begänne, die bereits längere Zeit an
chronischen Eiteraugen litten, zumal wenn man hauptsächlich
innerhalb chronisch - entzündlich infiltrirter Theile operirte, wie
bei Resectionen, Knochenexstirpationen, und ähnlichen Operatio-
nen, die man wegen Garies und Necrose macht. Ich hatte hier-
von einen so bestimmten Eindruck, dass ich nicht zweifelte. di«s
sich eine Zusammenstellung dieser Fälle anders in Betreff der
Zeit des Wundfieberbeginnes gestalten würde. Nehme ich nar
diese Fälle (es sind 57; nur solche Patienten sind hier berück-
sichtigt, die zur Zeit der Operation fieberfrei waren) aus obiger
Anzahl von Curven heraus, so ergiebt sich, dass das Fieber anfing:
am 1. Tage in 33 Fällen (57,8 pCt.)
am 2. „ „17 „ (29,8 pCt.)
am 3. „ ,, 5 „ (8,7 pCt.;
am 4. „ „_ 2 ^, (5,1 pCt.)
57 Fälle.
Ein Vergleich mit der obigen Zusammenstellung ergiebt, dass
die meisten dieser Individuen schon am ersten Eraak-
heitstage zu fiebern begannen; iür die ersten 48 Standen
stellen sich die Verhältnisse wieder vollkommen gleich ^r beide
Combinationen : früher 87,7 pCt., hier 87,6 pCt. — Die er-
wähnte Differenz ist wohl nichts sehr Wesentliches, muss aber
doch ihren Grund haben; sollte von den infiltrirten Theilen
schneller resorbirt werden ? sollte mehr auf ein Mal , als sonst,
resorbirt werden, da in diesen kranken Geweben Venen- und
Lymphgefässstämmchen dilatirt sind? möglich; sollten diese In-
dividuen schneller, wenn auch weniger gefährlich, durch den pv-
rogenen Stoff ins Fieber kommen, als andere? nicht unm5glicb.
§. 3. Das Wundfieber dauert 1 bis 7 Tage, nnd
darüber, ohne dass es an einem der ersten 7 Tagebau-
Deber Wundfieber ond accidentelle Wandkraokheiten. 65
figer aafhörte, als an einem anderen; es dauert häufig
aber 7 Tage, indem es direct in Nachfieber übergeht,
welche durch accidentelle Entzündungen und Eite-
rungen bedingt sind.
Dass die Dauer des Wundfiebers wesentlich von Vorgängen
an der Wunde abhängig ist, haben wir in unserer ersten Fieber-
arbeit genugsam hervorgehoben. Von den Experimenten kom-
men diejenigen den Vorgängen beim Menschen am nächsten, in
welchen Eiter oder Jauche (bei Hunden zeigte sich in dieser Be-
ziehaog kein Unterschied) in's ünterhautzellengewebe injicirt wird :
hier entsteht dann eine sich zuweilen protrahirende Entzündung,
mit fortwährend sich aus sich selbst neubildendem phlogogenem
und pyrogenem Stoffe; dem ersten direct erzeugten Infections-
fieber folgt ein neues Fieber, entstanden durch Resorption von
pyrogenen Stoffen, aus dem sich verbreitenden Entzündungsheerde;
als sehr interessante Beispiele hierfür betrachte man Taf. II.
Exp. IIL, VI., VII., VIII., X., XIII.; ferner die Experimente
mit Sehwefelammonium Taf. V. Exp. V., mit kohlensauerem Am-
moniak Taf. y. Exp. XI. und XII., in welchen ebenfalls auf die
sabeatane Injection ausgedehnte Entzündung an der injicirten
Stelle folgte. In diesen Experimenten dauerte das Fieber 3, 3,
3, 5, 6, 6, 7, 8, 0 Tage, immer, wie es scheint, im Verhältnisse
zur localen Wirkung des injictrten Stoffes stehend, denn, betrach-
ten wir Fälle , in welchen der injicirte Stoff local keine erheb-
liche Entzfindung erregte, doch aber direct pyrogen wirkte, so
sehen wir das Fieber nur kurze Zeit dauern, wie in folgenden
Fallen: Taf. IL Exp. IV., Jaucheinjection , die Jauche war aus
der Stichöffoung wieder ausgeflossen, daher keine Abscessbildung,
nur 24 Stunden Fieber; ähnlich in Taf. IL Exp. XIV., XV.,
XVIIL, Infection mit trockenem Eiter und putridem Pulver;
ferner Taf. V. Exp. VUL, IX., X. , subcutane Injection von Leu-
cinlösung u. s. w.
Doch die Experimente zeigen auch auf der anderen Seite,
dass es keines Falles immer nothwendig ist, anzunehmen,
dass bei andauerndem Fieber dem Blute immer neue Infections-
T.LaagttBbeek, ArcIüT t Chimxgle. IX. 5
66 Dr. Th. Billrotb,
Stoffe zugeführt werden müssen, sondern, der ein Mal direct in's
Blut eingeführte Stoff kann durch seine fermentirende Wirkung
das Fieber längere Zeit unterhalten. Es ist freilich nicht so sel-
ten, dass innerhalb 24 Stunden die Infection zur Genesung, oder,
wenn die Dosis zu stark war, zum Tode führte (siehe Taf. I
Exp. II., V. bis Vni., XL bis XVII.) , doch kommt es aueli
Tor^ dass eine einmalige Injection infectiöser Flüssigkeiten (denen
keine Körper beigemengt sind, welche Embolie veranlassen kön-
nen) ein länger dauerndes Fieber unterhält, z. B. ein Fieber
während 4 Tagen nach Injection Ton filtrirtem Serum aas einer
Leiche (Taf. L Exp. IV.), Fieber von 5 bis 7 Tagen, nach Injec-
tion von Fieberblut (Taf. IV. Exp. IIL bis VIL), von 5 und
6 Tagen nach Injection von Schwefelwasserstoffwasser (Taf. V.
Exp. IL und IIL). Wie lange diese Fieber erregende Wirkung
eines beliebigen pyrogenen Stoffes bei einmaliger Infection dauern
kann, wie viel die Dauer dieser Wirkung von dem inficirendeo
Stoffe, wie viel von Race, Alter, Geschlecht u. s. w. des infieir-
ten thierischen Organismus abhängt, darüber vermag ich nichts
zu sagen; doch wäre Einiges darüber wohl noch experimentell
zu ermitteln.
Zum Beweise des an die Spitze dieses Parapraphen gestell-
ten Satzes setze ich die Zahlen her, aus welchen ich ihn fonno-
lirt habe, wobei die in §. 2 angeführten Principien über die Gren-
zen des einfachen Wundfiebers, wie auch im folgenden Paragra-
phen, beibehalten sind. Das Wundfieber dauerte:
in 33 Fällen 1 Tag,
Tage,
in
.36
'>
•2
in
30
»?
3
in
29
J>
4
in
32
»1
5
in
29
y
6
in
29-
»
7
in
55
9»
m
77
mehr als 7 Tage.
273 Fälle.
§. 4. Die höchste Fieberhöhe fällt beim Wnndfie-
Ueber Wandfieber and accideotelle Wnndkrankbeiten. 67
ber meist auf den ersten, demn&cbst anf den zweiten
weit seltener auf den dritten, vierten, fünften, am
allerseltensten später, als auf den ffinften Tag.
Die hierüber notirten Zahlen sind folgende. Höchste Fieber-
höhe am 1. Tage
in
110 I
i'ällei
1 (41,3 pCt.)
am 2. „
97
69
»
(25,2 pCt.)
am 3, „
9?
39
?»
(14,2 pCt)
am 4. „
w
22
5>
(8,0 pCt.)
am 5. „
91
19
ti
(6,9 pCt.)
am 6. „
15
5
'»
(1,8 pCt.)
am 7. „
51
6
5>
(2,1 pCt.)
später als am 7. „
55
3
n
(1,0 pCt.)
273 Fälle.
Nach Injection pyrogener Stoffe direct in's Blut pflegt die
höchste Fieberhöhe sehr bald, meist in 2 bis 4 Standen, erreicht
zu werden; doch giebt es Ausnahmen von dieser Regel: nach
Injection von Schwefelwasserstoffwasser in die Vena cruralis er-
reichte eine Katze am ersten Tage nur 39,9°, am dritten Tage
aber 41,1° (Taf, V. Exp. II.); nach Injection von Fieberblut
wurde die höchste Fieberhöhe von den inficirten Hunden erst
am 4ten, 3ten, 6ten, 2ten, 3ten Tage erreicht (Taf. IV. Exp.
III. bis VII.). Wenn ein solcher Erfolg eintritt, nach subcuta-
ner Injection phlogogener Stoffe, so wird man sagen: dies durch
die infeetiöse Entzündung erregte Fieber ist höher, als das direct
durch Resorption des injicirten Infectionsstoffes erzeugte Fieber.
Wenn aber bei directer Injection in's Blut die höchste Fieberhöhe
erst nach Tagen eintritt, so dürften die gleichen Reflexionen darü-
ber zu machen sein, wie im vorigen Paragraphen über die Dauer
md eigenthümliche Wirkungsart der betreffenden Fermentwirkung,
wobei jedoch eines nicht vergessen werden darf, nämlich die
Fieber erregende Wirkung der Enteritis, welche in den meisten
Fällen auftritt, in welchen man pyrogene Stoffe direct in's Blut
iojicirt. Diese hämorrhagische Enteritis kann gewiss das durch
die Injection erregte Fieber eine Zeit lang unterhalten und stei-
gern, wenngleich die dabei eintretenden Dianhoeen und Blutun-
5'
68 I>r- Th. Billroth,
gen bei längerer Dauer unzweifelhaft einen deprimirenden Eiofluss
auf die Temperatur haben.
§. 5. Wir haben uns hier doch gewiss nur auf die allereio-
fachsten Fragen über Beginn, Dauer und Zeit der höchsten Höbe
des Wundfiebers beschränkt, und wenn wir eines der beobachte-
ten Dinge erklären wollen, stossen wir immer bald auf eine Reihe
von nicht zu entscheidenden Möglichkeiten. Ich habe froher die
Fragestellungen in Betreff des Wundfiebers noch sehr vermehit
ich habe nach Zeit und Art der Defervescenz, nach Erisis und
Lysis geforscht; die Resultate waren sehr wenig befriedigeod;
mögen die letzterwähnten Verhältnisse eine wichtigere Bedeutoog
bei den typischen Infectionskrankheiten haben oder nichts icb
wage darüber kein Urtheil — für das Wundfieber haben sie oacli
meinen Beobachtungen keinen Werth.
§. 6. In Betreff der Nachfieber weiss ich nichts Neues
zu dem in meiner ersten Fieberarbeit Gesagten hinzuzufugeo.
dass dieselben durch neue Entzündungen bedingt sind, Iäi*st sich
meist bestätigen, es giebt aber auch Fälle, in welchen man der
Ursache eines Nachfiebers durchaus nicht auf die Spur kommen
kann. Nachfieber sind im Ganzen häufig; da man die meisten
Fieber, welche sich länger als 7 Tage nach der Verletzung bin-
aiehen, wohl als solche Wundfieber bezeichnen darf, welche di-
rect in Nachfieber übergegangen sind , so lassen sich von den ,
oben erwähnten 273 Fällen 55 als solche mit Nachfiebera bet
zeichnen; dies kann aber nicht als statistische Zahl für die Nach<
Heber überhaupt gelten: es wäre viel zu gering gerechnet, i
es sind dabei weder die Fälle berücksichtigt, in welchen nack
völlig abgelaufenem Wundfieber auf einen und mehrere fiebeD
freie Tage ein Nachfieber folgte, noch diejenigen Fälle, in wei
eben gar kein Wundfieber eintrat, doch ein Nachfieber sieb spi
ter in Folge einer accidentellen Wundentzündung entwickeln
Nach einer ungefähren Schätzung mögen etwa in einem Dritthei
vielleicht in der Hälfte von Fällen (jede Art von Verletzung ei«
gerechnet) Nachfieber eintreten. Dass die Temperatur dabei
Ueber Wandfieber and accidentelle Wundkrankheiten. 69
höher steigt, als beim Wundfieber des gleichen Patienten,
ist auch schon früher erwähnt.
Capitel XIX.
Von den schi^v^eren, meist tödtlich endigenden, Infec-
tionsfiebern.
Septisches Infectionsfieber, Faulfieber. — Purulentes Infec-
üonsfieber , Eiterfieber. — Purulentes Infectionsfieber mit Throm-
bose und Embolie, Pyämie.
§. 1. Die jetzt ziemlich verbreitete Trennung von Septicä-
mie und Pyämie grfindet sich einerseits darauf, dass man den
örtUcben Zustand der Wunde, mit dem Allgemeinzustand com-
binirt, andererseits auf die Unterscheidung der Symptomgruppen.
Wenn man einen Kranken mit jauchender Wunde, mit jauchen-
dem Geschwür, mit brandigem Glied etc. vor sich hat, und dies
Indiiridaam zugleich fieberhaft, oder sonst überhaupt schwer krank
ist, so leitet man diesen Zustand von der Infection mit Jauche
ab 9 und nennt ihn Septicämie oder septisches Infectionsfieber,
oder Fanlfieber, oder typhöses Fieber etc. So trivial es erscheinen
mag, hierüber noch ein Wort zu verlieren, so ist es doch nöthig,
sich dies immer wieder klar zu machen: die Septicämie ist
ein ^wesentlich ätiologisch constrnirter Erankheitsbe-
?r if f. Die Symptome dieser Krankheit sind freilich in einer sehr
grossen Reihe von Fällen sehr gleichartig, das früher aufgestellte
Bild vfrird meist zutreffen; doch hat mich eine sorgfältige, fort-
Se^^etzte Beobachtung belehrt, dass man doch die Differenzirung
ier Septicämie von der Eiterinfection nicht zu weit treiben darf.
\ ^ ist gerade in Betreff des Fiebers bei Septicämie zu sagen,
dass die Temperaturen anfangs meist sehr hoch, später sehr
niedrig werden ; doch es giebt auch Fälle, in welchen die Tem-
penttaren gfleich Anfangs niedrig sind, nie sehr in die Höhe gehen,
Ja, es sind nxir tödtiich endigende Fälle begegnet, in welchen die
"^^öperahir nie über die normale stieg, während die trockene
70 I>r- Th. Billroth,
Zunge, die Benommenheit des Sensoriams u. s. w. die Schwere
der Infection genugsam bezeichneten. Einige der Patienten star-
ben mit ansteigender hoher, andere mit tief unter die Normale
sinkender Temperatur. Wie soll man sich diese Dinge erklären?
Die Experimente geben darüber einigen Aufschluss; der Fieber-
verlauf bei einer experimentell erzengten Septicämie ist der:
rasches Atisteigen der Temperatur 2 bis 6 Stunden nach der In-
toxication, dann allmäliges Sinken, oft bis unter die Normale,
gewöhnlich mit gleichzeitigen Darmentleerungen. Zu jeder
Zeit innerhalb dieser Temperaturbewegung kann der
Tod eintreten, sowohl bei noch ansteigender Temperatur (TaU.
Exp. XV., Tat II. Exp. II., V., XVII.), als bei sinkender oder
tief gesunkener (Taf. I. Exp. I., IL, III., Taf. II. Exp. XIIL,
XX.). Dies dürfen wir wohl auch auf den Menschen übertragen:
das Yerhältniss der Quantität und Qualität des resorbirten Stoffes
zur Widerstandsfähigkeit des betreffenden Individuums wird hier
entscheidend sein ; ob ein septisch inficirtes Individuum, bei wel-
chem nach bedeutender Fieberhöhe die Temperatur sinkt, genesen
oder sterben wird, lässt sich nicht sogleich ersehen; wie auch
sonst, ist das Fallen der Temperatur nur von günstiger Bedentimg,
wenn auch die Pulsfrequenz sinkt, und der Allgemeinzustand sich
bessert; verschlechtert sich letzterer, steigt die Pulsfrequenz, wäh-
rend die Temperatur immer mehr sinkt, selbst bis unter das Mi-
nimum des Normalen, so ist der Tod fast sicher
Der vollständige Mangel des Fiebers bei septischer Intoxi-
cation ist nicht so leicht zu erklären, oder lässt wenigstens mehr-
fache Erklärungen zu: wenn man zugeben darf, dass die, sub
finem vitae, unter die normale sinkende Temperatur ein Zeichen
des höchsten (alle Lebensthätigkeiten gewissermassen paralysi-
renden) Grades der septischen Infection ist, so wäre daran zu
denken, dass die Aufnahme einer grossen Menge oder eines sehr
intensiven Giftes sofort diese höchste Wirkung hervorbrachte,
ohne dass es vorher zur •Temperaturerhöhung kommt; ■— oder
man könnte supponiren, dass die betreffende resorbirte Jauche
einen oder mehrere von solchen Stoffen in grösserer Menge ent-
Deber Wnadfieber ond accidentelle Wandkrankheiten. 71
bSlt, welche erfahmngsgemftss die Temperatur hernnterbringen,
z. B. Battersänre (Weber) Schwefelwasserstoff (nach dessen In-
jection iVs Blut eine, wenn auch in den von Weber angeführ-
len Experimentea sehr vorfibergehende Temperaturerniedrigung
erfolgte) 9 kohlensaaeres Ammoniak; gewiss liesse sich die Zahl
dieser Körper noch durch experimentelles Suchen vergrössem.
Wenn ich früher ausgesprochen habe, die jauchige Infiltra-
tion und Septicämie entwickele sich nie später, als am 4ten Tage
nach der Verletzung, so ist dies natürlich cum grano saiis zu ver-
stehen, und soll nur bedeuten, dass an einer frischen Wunde die
jauchige Zellgewebsentzundung nicht später aufeutreten pflegt.
Wenn aber eine ganze Extremität gangränös wird, sei es in Folge
von Quetschung, Verbrennung, Erfrierung, Arterienerkrankung,
Embolie u. s. w., wenn sich brandiger Decubitus entwickelt,
wenn eine bereits eiternde Wunde in späterer Zeit aus irgend
welchem Grande zerstört und jauchig wird, so kann natürlich
immer noch Jaucheresorption auftreten, so lange eben die Be-
dingungen dazu vorhanden sind. Eiterresorption kann der Jauche*
reäorption folgen, und umgekehrt; so können sich Gombinationen
Terschiedener Art bilden.
Dass bei reiner Septicämie Schüttelfröste nur äusserst selten
vorkommen, muss ich auch jetzt noch behaupten.
§. 2. Was die Eiterinfection, das Eiterinfectionsfieber,
betrifft, so ist das ebenfalls ein lediglich ätiologisch construirter
Begriff, wie Septicämie; wir können jedes mit einer eiternden
Wände zusammenhängende Fieber ein Eiterfieber nennen. —
Unter den Symptomen desselben sind die jeweilig auftretenden
Schüttelfröste das auffallendste; sie nehmen vorwiegend die Auf-
merksamkeit in Anspruch, wenn sie sich wiederholen, und sich
ein intermittirender Typus der Fieber herausstellt.
Vergeblich appelliren wir hier an das Experiment; wir in-
jiciren Eiter von verschiedenster Qualität, von den verschieden-
sten Kranken, verschiedenen Thieren in's Blut, in^s Unterhaut-
zellgewebe; wir erzengen Entzündung und Fieber, wie bei den
gleichen Experimenten mit Jauche, doch wir bringen keine
72 Dr. Th. Billroth,
Schüttelfröste, überhaupt keinen intermittirenden Fiebertypos zu
Stande; wohl kommen, je nach der EntzündungsaaBbreitnng, bei
den subcutanen Injectionen, und auch bei der Injectioo in^s Blat,
Schwankungen des Fiebers auf und ab vor, doch sind keine in-
termittirenden Fieberanf&lle ermittelt. Was dürfen wir daraus
schliessen? Sollte sich der Mensch so ganz anders gegen die
Eiterintoxication yerhalten, als die Versuchsthiere? wie weit geht
hier der Beweis durch Analogie?
Zunächst die Bedingungen des Schüttelfrostes: auf diejenigen
von Seiten des inficirten Individuums will ich nicht wieder zu-
-^ rückkommen, sie sind zu bekannt; doch man kann es sich
nicht verhehlen, dass manche toxische Stoffe leichter einen Schüt-
telfrost hervorrufen, als andere: das Intermittensgift, die Stoffe,
welche beim Beginne der Pneumonie, des Erysipelas entstehen,
bringen leichter Schüttelfrost hervor, als z. B. Typhbsgift; Schat-
telfröste kommen häufiger bei eiternden, als bei jauchenden Wan-
den vor, das weiss jeder Chirurg; oft genug fehlen sie freilich
auch ganz bei sehr schweren, tödtlich verlaufenden, pamlenten
Infectionsfiebern. Die Bedingungen fär die Entstehung der Schat-
telfröste beim Eiterfieber liegen wohl theils im Individuum, theils
wohl auch im resorbirten Eiter. Individuen, welche zu Fieber-
frösten disponirt sind, bieten manchmal Erscheinungen hoher ner-
vöser Reizbarkeit dar, sind somit zuweilen kenntlich, doch lässt
sich darüber nichts Sicheres sagen. Der Fieberfrost ist beim Eiter-
fieber gewiss nichts ganz Zufälliges, doch kann man auch nicht
beweisen, dass er der Eiterresorption folgen muss.
Das durch Jauche oder Blut intoxirte Blut wirkt auf manche
Organe, entzündungserregend. Hunde bekommen fast immer En-
teritis, Katzen auch wohl Pleuritis oder Pneumonie, Nephritis.
Beim Menschen dürfen wir Darmcatarrh, Icterus, Milzschwelluog,
Nierenhyperämie, Gelenkentzündungen, diffuse Pneumonie, diflfase
Zellgewebsentzündung, Parotitis, als Processe bezeichnen, welche
wahrscheinlich durch das intoxirte Blut angeregt werden; der
Mensch ist in dieser Beziehung, wie es scheint; irritabler, als die
Ueber Wundfieber ond aceideatell Wimdkrankheiten. 73
meisten Thiere; er neigt bei Jaache- and Eiterintoxication mehr
als letztere, zu difiiisen metastatischen Entzüadnngen.
Wie steht es aber mit dem intermittirenden Typus des Fie-
bers bei der Eiterinfection ? sollte dies mit der Art der Intoxi-
cation durch den Eiter etwas zu thun haben ? man sollte meinen,
dass eine so seltsame Eigenschaft der Eiterwirkung auch auf
Thiere zu übertragen sei: dies ist nicht der Fall, wir können
den intermittirenden Typus nicht experimentell durch eine
einmalige Intoxication hervorrufen.
Wir wissen über die Ursachen der rhythmischen Bewegun-
gen im gesunden und kranken Organismus so gut wie nichts;
wir kennen z. B. nicht einmal die Ursachen der regelmässigen
täglichen, Ton der Verdauung unabhängigen Schwankungen der
Körpertemperatur. Für die Febris intermittens hat man etwa zwei
Theorieen: nach der einen häuft sich innerhalb einer gewissen
Zeit im Blute ein Stoff an, der erst, wenn er in einer gewissen
Dosis augesammelt ist, den Fieberanfall erzeugt; mit diesem wird
das Gift ausgeschieden, bildet sich aber sofort neu: nach einer
anderen Vorstellung erfolgt eine Anhäufung krankhaften Stoffes
in der Milz, wird hier zeitweise abgekapselt, und kommt von
Zeit zu Zeit bei heftigerer Blutbewegung (mit ihrem Entladungs-
stofie) in's Blut, und erzeugt dann sofort den Fieberanfall. Beide
Aaffassungen, von denen die letztere nicht so ganz in der Luft
pcbwebt, wie die erstere, sind auch für die Fieberintermissionen
bei der Eiterinfection zulässig. Mir scheint die Annahme plau-
sibler, nach welcher jeder Fieberanfall durch eine neue Entzün-
dung, sei es an der Wunde, oder anderswo am oder im Körper
erzengt wird; wir können das nicht immer, aber doch leidlich
häufig nachweisen, auch können wir den intermittirenden Fieber-
typus willkürlich durch rasch nach einander wiederholte Injec-
tionen künstlich erzeugen; endlich spricht die klinische Beob-
achtung dafür, wie wir später sehen werden, indem wir in den-
jenigen Fällen weitaus am häufigsten Schüttelfröste beobachten,
in welchen sich metastatische Processe entwickeln. (Vergleiche
hierzu §. 7.)
74 Dn Th. Billroth,
Ich muss hier noch einen bis jetzt wenig herTorgehobeneD
Punkt erwähnen: man würde sehr irren, wenn man nur
da einen intermittirenden Fiebertypus annähme, wo
sich Schüttelfröste zeigen. Es kommen beim Eiter-
fieber häufig Fieberanfälle vor ohne Fröste. Dies kann
nur ermittelt werden , wenn man continuirlich den ganzea Tag
lang die Temperatur beobachten und etwa alle halbe Standen
notiren lässt; eine solche mühsame Untersuchung hat za wenig
practische Bedeutung, als dass man sie oft ausfuhren liesse; ich habe
es nur einige Male für die Klinik thun lassen: man hat derartige
intermittirende Fieberanfälle bei Mangel an Frost zu yermathett)
wenn die Morgen- und Abendtemperaturen sehr unregelmäs&ig
springend sind. Ein 15 jähriger Bursche mit gequetschter pene-
trirender Kniegelenkwunde hatte höchst unregelmässige Tempe-
raturen, zuweilen Morgens sehr hoch und Abends niedrig, oder
Morgens und Abends niedrig, oder Morgens und Abends hoch;
Patient kam dabei sehr herunter, hatte aber keine Fröste; eine
fortgesetzte Messung ergab, dass er bald am Mittag, bald am
Abend bei fortschreitender Phlegmone an Ober- und ünterseben-
kein Fieberanfalle mit sehr hoher Temperatur hatte; unter solchen
Umständen gaben natürlich die Morgen- und Abendmessimgen
kein richtiges Bild der Fieberverhältnisse. Ich schloss aas die-
sen und ähnlichen Fällen, dass eine Diagnose auf intermittiren-
des Fieber durch das Auftreten oder Ausbleiben der Fröste nicht
gemacht werden kann.*)
§. 3. Wenn ich die Gombination von Eiterinfection mit
Thrombose der Venen und mit Embolien als Pyämie bezeichne,
so werden hoffentlich die meisten Chirurgen damit überein-
stimmen. Dass man Thrombose und Embolie an und ^
*) Man wolle mich hier nicht so verstehen , als yerlange ich in praxi
für solche Fälle eine continairliche Plebermessnng ; über die practische Seit«
der Thermometrie in der Ghimrgie behalte ich mir für später noch einige kurze
Bemerkungen Tor. Der erwähnte Patient ging zu Grande; ich hatte Beiou
Jogendkraft zu yiel Resistenz gegen die Eiterinfection zogetrant, sonst bitte
ich ihn amputirt.
Deber Wandfieber and accidentelle Wandkrankheiten. 75
sich nicht wohl Py&mie nennen könne, ist, denke ich, allgemein
angenommen; Niemand wird wohl einen Fall von Herzklappen-
vegetation mit nachfolgender Embolie der Art. fossae Sylvii als
Pyämie beseichnen. Will man auf der anderen Seite jede Ei-
teriofection Pyämie nennen, so müsste dann nach unserer
Auffassung über Entstehung und Wesen des Fiebers, jedes Fie-
ber bei Eiterungsprocessen pyämisch genannt werden, ein Sprach-
gebrauch, der, wenn auch vielleicht nicht sehr praktisch, doch
wissenschaftlich eher zulässig wäre. Für die Combination von
Eiterfieber mit Thrombose und Embolie den Namen „Pyämie* bei-
zabehalten, scheint zweckmässig, und ich weiss in der That die.
Sache nicht praktisch brauchbarer zu wenden. Man irrt freilich,
wenn man glaubt, das Wesen der Krankheit damit tiefer gefasst
zu haben; man irrt, wenn man glaubt nach diesem Recepte in
allen Fallen die Pyämie diagnosticiren zu können.*) üeber die
Schwierigkeit der Diagnose innerer metastatischer Processe habe
ich mich bereits früher ausgesprochen; dass es auch selten mög-
lich ist, die Thrombose der Hauptvenen der Extremitäten sicher
zu diagnosticiren, davon habe ich mich leider im Lauf der Zeit
überzeugen müssen; ich habe Irrthümer in der verschiedensten
Ricbtoog begangen: wenn man z B. bei einer complicirten Un-
terschenkelfraktur am 6. oder 8. Tag die Vena saphena als har-
ten Strang fühlt, und den ganzen Schenkel ödematös findet, so
seheint es kaum gewagt, eine Diagnose auf Thrombose der er-
wähnten Vene und vielleicht auch der V. femoralis zu stellen;
Pat. stirbt nach einigen Tagen, und die Venen erscheinen leer
oder mit dünnflüssigem Blut gefüllt, dagegen ist' das Zellgewebe
m die Vene fest infiltrirt; die Periphlebitis hat eine
Thrombose vorgetäuscht Leben solche Patienten länger,
schwillt das Bein ab, sterben die Kranken ohne Fröste in der
*) Vielleicht vSre es möglich, dass sieb auf einem Congress oder
''ioer Natnrforachergesellschaft die dentschen Chirurgen und pathoiog. Ana-
tomen über die specielle Nomenclatnr auf diesem Gebiet, so wie anf dem
'««biet der Geschwülste einigten; es wäre in der That im Interesse des
l'aterhchts sehr zu wünschen.
Dr. Th. Billroth, 76
dritten oder vierten Woche, wie es scheint an ErschOpfang ~ so
wird man gar keine Ursache haben, noch an Thrombosen za
denken, und findet doch vielleicht alle Venen des verletzten
Schenkels voll Eiter, vielleicht auch Abscesse in den Lungen,
pleuritische Ergüsse, ohne Spur von vorangegangener Dyspnoe,
und andere unerwartete Dinge. Bei solchen Beobachtungen wird
man scheu im Diagnosticiren, und hundert sichere Diagno-
sen in andern Fällen vermögen kaum den früheren unangeneh-
men Eindruck über die ünvollkommenheit der Diagnostik auf
diesem Felde zu verwischen. Es wäre thöricht, aus den erwähn-
.ten Irrthümern schliessen zu wollen, man könne Thrombosen und
Embolien überhaupt gar nicht diagnosticiren, doch das moss man
sich gestehen , dass die Entscheidung, ob kleine embolische Me-
tastasen, etwa ein erbsengrosser Herd in Lunge oder Milz, vor-
handen sind, nur am Leichentisch geschehen kann. So kleine
embolische Herde bringen gewiss keine Lebensgefahr mit sich;
an ihnen würde der Kranke nicht sterben; dennoch muss, scheint
mir, festgehalten werden, dass der Krankheitsfall mit dem em-
bolischen Process gewissermassen in eine neue Phase tritt, und
dass man wohl ein besonderes Gewicht auf die Embolien bei
der Eiterinfection legen darf. - Warum erst auf die Embolien,
warum nicht schon auf die Thrombosen? diese müssen doch
den Embolien voraus gehen. Wollten wir die Combination von
Thrombose mit Eiterinfection schon Pyämie heissen, so kämen
wir in diagnostischer Hinsicht nicht weiter, wie oben be-
merkt; selbst an der Leiche ist die Diagnose von Thrombosen
kleiner Venen in der Nähe der Entzündungs- und Eiterherde
sehr schwer, ja selbst unmöglich.
Es ist a priori klar, dass in allen Fällen, in welchen eine
acute Vereiterung gefässhaltiger Gewebe erfolgt, auch Venen
thrombirt werden und vereitern; diese Thromben können seht
klein, und doch zum Zerfall und zu Embolien sehr geeignet sein
auf diese Thromben in den kleinsten Venen und ihre Bedentnng
far die Embolie habe ich früher gar kein Gewicht gelegt, weil
ich noch kein Verständniss dafar hatte* Wenn man von Venen
Ueber Wnndfieber and acciden teile Wandkrankheiten. 77
tbrombosen als Sectionsbefand spricht, so hat man dabei ge-
wöhnlich nor die grossen Hauptstimme des betreffenden Glie*
desim Aage; die feinsten kleinen Venen werden meist gar nicht
berücksichtigt; die mit jauchigen, halb zerbröckelten Thromben
gefüllten Venen, z. B. in der Nähe eines jauchenden Decubitus
wären Tielleicht nur mit Aufwand von stundenlanger anatomi-
scher Präparation frei zu präpariren. Es ist nicht nothwendig,
dass sich die Thrombose in die grösseren Geßisse erstreckt, um
zor Embolia zu fahren; ja es wäre denkbar, dass ein Ent-
zandangsherd zur Zeit der Section bereits ganz
zu Eiter oder Jauche zerflossen wäre, aus dessen
thrombirten Venen in frfiherer Periode Emboli losge-
rissen waren, deren Effecte man in den Lungen findet. Diese
aprioristischen Reflexionen werden durch sorgfältige anatomische
Dotersuchungen, zu denen ich freilich nicht oft die Zeit aufwen-
den konnte, yoUkommen bestätigt; auch empfehle ich, eitrig in-
filtrirte Gewebe zn erhärten und mikroskopische feine Abschnitte
davon zu nntersnchen, man findet da oft aufs Schönste die mit
£iter gefüllten kleinsten Venen. Aus dem Gesagten ergiebt sich,
dass die Venenthrombose viel zu häufig bei entzündlichen Pro-
cessen ist^ als dass man daran die besondere Bezeichnung „Py-
ämie' knüpfen dürfte, wenn man diese Bezeichnung nicht so
sehr yerallgemeinern will, dass sie dann nichts mehr als Ent-
zändoDg mit Fieber bedeutet.
Es ist mir aber klar geworden , dass ich früher die Quellen
der emboliscben Proces^e ihrer Häufigkeit nach bedeutend un-
terschätzt habe,, und dass ich mir auch die Emboli selbst stets
i^Qr als grossse präparirbare Pfropfe dachte, weil ich nur auf die
fe in grössere Venen fortgeleiteten Thrombosen meine Aufmerk-
samkeit gelenkt hatte. Wenn schon dieser Umstand mich zwei-
felhaft machen musste, ob die bekannten metastatischen Abscesse,
Jamal in Langen und Milz, je andere Ursachen haben, als die
Embolie feinster Geßsse (s. g. Capillarembolie) , so haben end-
lich die Versnche von Weber und eigene Experimente diese
frage für mich jetzt entschieden.
78 Dr. Th. Billroth,
In meiner ersten Fieberarbeit habe ich mich dahin ausge-
sprochen, dass die Entstehung so vieler Lungen- und Milzin-
farcte durch Embolien kleinster Gefässe (Capillarembolie) min-
destens nicht für jeden Einzelfall bewiesen werden kGnne; dies
muss man auch jetzt noch zugeben. Ein Hauptargument gegen
die zu grosse Verallgemeinerung der Capillarembolie als Ursache
der metastatischen Abscesse war: wenn man auch mgeben
möchte, dass yielleicht alle Lungeninfarcte von Embolie herrühr-
ten, so sind damit doch die freilich seltener, doch auch ohne
Lungenembolien vorkommenden Infarcte der Milz (vergl. §. U
dieses Kapitels) und Leber nicht erklärt, denn es ist nicht wahr-
scheinlich, dass Körper, welche die Gapillaren der Lunge passirt
haben, noch anderswo im Capillarsystem stecken bleiben. Diese
Reflexion ist bis vor kurzerZeitnicht durchThatsachen
widerlegt. Ich habe einem Hunde Saft aus einem Brustkrebs in die
V. jugularis injicirt, den ich durch Zerhacken und Durchpressen
der weichen Geschwulstmasse durch ein Tuch gewonnen hatte:
der Hund starb nach einigen Tagen: ich fand bei der Section die
Lungen ganz frei von Infarcten, doch mehrere embolische
Herde in der Milz. Dies Experiment beweist also,
dass Körper durch die Lungencapillaren pasßiren,
und doch noch in den Milzcapillaren stecken bleiben
können. Das Gleiche beweisen für mich auch 0. Weber's Ex-
perimente 4—8, obgleich in allen diesen Fällen zugleich neben
den Embolien in Milz, Leber, Augen ,^ auch Embolien in den
Lungen waren ; da aber alle embolischen Herde iü gleichem Sta-
dium gefunden wurden, so ist nicht daran zu zweifeln, dass sie
auch zugleich entstanden. A priori muss freilich auch dieMög:
lichkeit zugegeben werden, dass sich um die Lungenabscesse
zerfallende Thromben in den Lungen venen bilden, die natürlich
gelegentlich in's linke Herz, und von hier in's Aortensystem g^
langen können; in einem solchen Falle müssten aber die Herde
in der Milz viel frischere Stadien der embolischen Erkrankung
darbieten, als die Lungen. — Es scheint mir somit der
Ueber Wandfieber und accidentelle Wnndkrankheiteii. 79
Hanpteinwarf gegen die Embolien als Ursachen der
metastatischen Abscesse bei Py&mie gehoben zu sein.
§. 4 Man kennt eine ganze Menge von Ursachen für die
Entstehung und den Zerfall ausgedehnter Venenthromben, doch
pam abgeklärt ist die Sache nicht; beobachtet man unbefangen,
so kann man es sich doch nicht verhehlen, dass es zuweilen
den Anschein hat, als sei die Thrombose, oder — nennen
wir es mit dem alten Namen — die Phlebitis schon ein
Effect der Infection. Ich glaube, der Gedankengang bei
diesem Eindruck ist folgender: man sieht eine Menge umfang-
reicher Wunden, bei denen ausgedehnte Kreislaufstörung vorhan-
den war; man sieht Wunden mit freigelegten, selbst mit unter-
bundenen grossen Yenenstämmen ohne Gefahr, ohne irgend welche
Zufalle heilen; nun kommt ein Fall, in welchem sich ausgedehnte
EntzSndung nm die Wunde entwickelt (mag diese Entzündung
dareh mechanischen Insult, durch Infection oder sonst wie be-
dingt sein), es treten Schüttelfröste auf, der Kranke stirbt, man
findet eiterige Thrombose, Lungenabscesse. Man raisonnirt jetzt
so: in dem letzten Falle müssen die Entzündung an der Wunde,
die Thrombose, die Embolie^ die Schüttelfröste wohl im Zu-
sammenhang stehen , von einander abhängig sein ; ausge-
dehnte Thrombose ist nicht nothwendig die Folge vorliegender
Verletzung, sie muss eine besondere Ursache haben: der Kranke
ist pyimisch inficirt, das ist der Grund der ganzen Geschichte.
leh glaube, dass hierbei falsche und richtige Schlüsse aus der
Beobachtung gesogen sind. Für richtig halte ich den Satz, dass
die Verletzung selbst nicht, oder nur äusserst selten
Grund ausgedehnter Thrombosen ist. Ich habe früher die
Ausdehnung der traumatischen Thrombosen, z. B. bei Quetsch-
WQiiden,. bedeutend überschätzt; es ist ganz erstaunlich, wie
schnell sich der Kreislauf selbst bei starken Zerschmetterungen
der Extremitäten um eine Wunde herum regnlirt, ohne dass da-
^ ein gar zu grosses Geftssgebiet durch Gerinnung ausser Thä-
^keit kommt. Diese Ueberzeugung habe ich gewonnen, seitdem
ich die Gef&sse von Extremitäten öfter untersucht habe, die ich
80 Th. Billroth,
wegen Zerschmetterung amputiren musste.^ So lange die Haapt-
arterien an verletzt sind, und das Herz kräftig wirksam arbeitet,
ist keine Gefahr, dass ausgedehnte Thrombose entsteht. So wie
aber die Hauptarterie zerrissen ist, dann wird es bedenklich; da<
langsam circulirende Blut stockt hier und da, die bald folgende
entzündliche Schwellung der Weichtheile genügt, das Blat ia den
Yenen vollends zum Stillstand zu bringen, es folgt Gangrän.
Zwei Mal sah ich bei Oberscheukelfracturen, zwei Mal bei Unter-
schenkelfracturon, die bei der Untersuchung den Gedanken äo
eine Primär -Amputation gar nicht aufkommen liessen, Gaogrio
der betroffenen Extremitäten eintreten ; die Diagnose auf Zerqnet-
schung der Arterien bestätigte sich in allen 4 Fällen, nur einer
kam nach der Amputation durch. Es ist bekannt, und mir bei
den hier häufig vorkommenden Fällen von Gangraena senilis oft
vorgekommen, dass bei Störung der arteriellen Circulatioii ein
kleiner traumatischer Reiz genügt, Stase und Gangrän hervorzu-
rufen. Wir sehen nun aber doch häufig bei Verletzten ausge-
dehnte Stasen in den Venen, wenn auch nicht so oft Gangräo
auftreten in Fällen, wo die Hauptarterie nicht zerrissen oder ge-
quetscht ist; da also das Trauma in diesen Fällen nicht die Ur-
sache der ausgedehnteren Girculationsstörung ist, was ist es denn?
ich glaube, es ist vorzüglich die CombinatiOQ too
Gompression der Venen durch das schwellende nnd
entzündlich infiltrirte Gewebe mit Abschwächnog der
Herzcontraction in Folge der Blutintoxication, oder
wenn man will, in Folge des Fiebers. Beobachtnag am
Krankenbett und anatomische Untersuchung haben mich in fol-
gender Weise zu diesen Schlüssen gefuhrt: Es sind mir keine
Fälle vorgekommen, in welchen nicht der Thrombose eine Ent-
zündung an der Wunde vorherging; diese Entzündungen stehen
also wahrscheinlich in bestimmtem Zusammenhang mit der Throni'
böse. In manchen Fällen beobachtet man ganz deutlich, dass
di6 Entzündung vorwiegend den Venen (besonders gerne der V. sa-
phena) nachgeht; das die Venen umgebende Zellgewebe wird be
sonders früh infiltrirt; sollte dies darauf beruhen, dass das Blnt,
hr.
Ueber Wundfieber und aecidentelle Wnndkrankheiten. gl
welches von der stark entzündeten Wunde kommt, besonders
irritirend ist, und durch die Venen wand in's perivendse Zell-
gewebe dringt, wie die giftige Lymphe durch die Lymphgefiss-
wandungen? oder ist diese Periphlebitis vielleicht eine Perilym-
phangoitis, von den Lymphgefässstämmen ausgehend, welche die
V. saphena begleiten? ich habe das noch nicht untersuchen
können. Das steht aber fest, dass zur Zeit der Entwickelung
der Periphlebitis, in einer Zeit, wo die Vene durch das anliegende,
stark durch zellige Infiltration gespannte Gewebe schon erheblich
comprimirt wird, noch keine Thrombose erfolgt zu sein pflegt,
wie sich ergiebt, wenn der Kranke in diesem Stadium stirbt,
oder wenn man in diesem Stadium amputirt. — Wenn nun aber
der Kranke durch andauerndes Fieber immer mehr herunter
kommt, wenn die periphlebitische Infiltration zur diffusen Phleg-
mone wird, wenn sie in Eiterung übergeht, und wenn der Kranke
stirbt oder amputirt wird, dann findet man in der Regel Yenen-
thrombose. Es scheint also, dass der dauernde Fieberzustand,
und damit die Herzschwäche hinzukommen muss, um in der durch
das geschwollene Gewebe comprimirten Vene das Blut zur Ge-
rinnung zu bringen. Man wird hier fragen : warum soll es von
den verschiedenen Symptomen des Fiebers gerade die Herz-
schwäche sein, welche die Thrombose fertig macht? Ich wähle
diese heraus, als das einfachste, durch den immer schwächer
werdenden Puls und sonstige Inanitionserscheinungen am ent-
schiedensten wahrnehmbare Symptom. Ob der dem Blute bei-
gemischte Eiter, oder Jauche, oder andere Stoffe die Gerinn-
barkeit des Blutes erhöhen, das ist bald bejaht, bald verneint,
jedenfalls wissen wir darüber nichts Sicheres. — So scheint also
in der That die Eiterinfection die Thrombose zu begünstigen,
wenn auch nicht so ganz direct Man sollte meinen, dass sich
die Richtigkeit der aufgestellten Behauptung experimentell prüfen
lassen müsse. Die Herzschwäche muss durch Infection hergestellt,
Qnd dann ein Girculationshinderniss in den Venen gesetzt werden,
so muss die ausgedehnte Thrombose kommen; vielleicht erzeugen
wir sogar noch embolische Lungenabscesse dazu, dann haben
V. Laagftabeek, ArehiT f. Chirurgie. IX. Q
82 I>r- Tb. Billroth,
wir die ganze Py&mie anf natfirlichste Weise hergestellt! Alles
ist beisammen I Fangen wir an!
Ezp. 1. Einem starken Dachshunde warde am 17. April (alle Experi-
mente sind 1866 gemacht) die V. femoral, in der Schenkelbeoge anterbondeo,
und dann central ein Scrnpel filtrirte Jauche in die Vene injicirt; die gleiche
Operation mit Injection wurde am 20. April an der anderen Seite, am 23. April
an der Y . jogul. links, am 5. Mai an der V. jugul. rechts gemacht, das letzte
Mal aber eine Unze Jauche iiyicirt, wonach der Hund bald starb. Ich ober-
gehe die Schilderung des gewöhnlichen Erfolges dieser Iigectionen, and er-
wähne nur, dass der Hund vom 26. bis 29. April apathisch dalag, nichts
frass, enorm abmagerte; dann fing er an, sich zu erholen, bis ich ihn io
erwähnter Weise am 19. Tage nach der ersten Operation tödtete; die Tem-
peratur stieg nach der ersten Injection auf 40,5, nach der zweiten auf 41,0,
hielt sich später eine Zeit lang zwischen 40,0 und 40,5, fiel dann aufs Nor-
male, stieg nach der letzten Injection wieder; der Hund starb mit steigender
Temperatur. Bei der Section fand sich in allen unterbnodeneo
Venen flfissiges Blut, die bekannten Veränderungen im Darm, soost
nichts Abnormes.
Ezp. 2. Mittelgrosser, schwarzer, rauhhaariger Hund; 6. Mai OnterblB-
düng von A. und V. femoralis links in der Schenkeibenge, dann Injection
von Jauche in das benachbarte Zellgewebe. — Das operirte Bein schvoU
enorm an, war sehr schmerzhaft, der Hund wurde immer elender, iri&i
nichts, wurde am II. Mai (am 6. Tage nach der Operation) todt gefunden.
Bei der Section fand sich das operirte Bein total gangränös, von Janche
ganz infiltrirt; diese Infiltration erstreckt sich hoch hinauf in die Baocb-
decken. In der unterbundenen Vena femoralis, die oberhalb der
Ligatur stark erweitert ist, flfissiges Blut; kleiner, fester Throm-
bus ober- und unterhalb der ünterbindungsstelle an der Arterie; alleranereo
Organe normal.
Ezp. 3. Schwarz und weisser, kleiner, zottiger Hund; am 4. April In-
jection von 1 Unze Jauche in die V. jugularis. Ampntatio femoris links.
Tod nach 18 Stunden. Keine Thron^ben in derV. femoralis sinistr»
und der unterbundenen V. jugularis. Enteritis, sonst nichta Ab-
normes.
Exp. 4. Kleiner, brauner, kurzhaariger Hund. Amp. femoris rechts
subcutane Injectionen von Jauche am RQcken am 11. April, neue subcutane
Injectionen am 12. April am Kopf; am 13. April wurde der Hund todt ge-
funden. Section: in der V. femoralis re-chts flüssiges Blut; nicbtä
Abnormes im Körper, ausser jauchigen Abscessen an den Stellen der In-
jection.
Ueber Wandfieber nnd accidentelle Wandkninkheiten. g3
Exp. 5. Grosser, weisser Padol; am 21. Mftrz Amp. femoris rechts, zu-
gleich 1 Drachme Janche sabcatao iDJicirt; der Hand warde Tom 21. bis
29. darch tägliche subcntane Injectionen in einer Fiebortemperatar tod 40,0
bis 40,5 erhalten ; dann Hess man ihn in Rnhe; er erholte sich, nnd wurde
&m 2. April (am 12. Tage nach der ersten Operation) getödtet. Section:
Sberall jancbige Abseesse, wo die Injectionen gemacht sind, flfissiges
Blnt in der V. ferner, des ampatirten Schenkels.
Exp. 6. Kleiner weisser Hand; am 4. Mai 1866 Ampnt femoris links;
die frische Ampntationswnnde wird mit Jauche begossen,
Charpie, mit Janche getränkt, wird auf die Wände gelegt, und
die Haut darüber vernäht Heftiges Fieber, Schwellung des Stumpfes
in den nächsten 3 Tagen; der Hund hat die Charpie schon nach 24 Stun-
den Ton der Wunde abgeleckt; bald granulirt die Wunde vortrefflich, der
Hund erholt sich vollständig: er wird am 11. Mai (8 Tage nach der Opera-
tion) getödtet. Section: Flfissiges Blut in der Y. femoralis des
ampntirten Beines.
Das Fieber war bei diesem Hunde nicht stärker und nicht anders ver-
laufen, als bei einem Hunde, dem ich die Amputation des Oberschenkels
machte, ohne ihn zu inficiren. In beiden Fällen erfolgte sweitägiges Wund-
fieber (bis 40,2) nnd am 5. nnd 6. Tage ein Nachfieber (auch bis 40,2), dann
Pieberlosigkeit. In allen Fällen bei diesen Amputationen retrahirten sich
die Mnskeln stark, so dass der Knochenstumpf etwas vorstand. In keinem
Falle war progressive Eiterung am Stumpf, in keinem Falle Osteomyelitis.
Iq keinem dieser Experimente ist es gelungen,
eine progressive Venenthrombose za erzeugen, ob-
gleich die Experimente in der verschiedensten Weise modificirt
sind; die Hunde warden theils direct durch Injectionen in's Blut,
theils indirect durch Injectionen in's Zellgewebe inficirt; der
febrile Effect blieb nie aus, doch es erfolgte keine Thrombose,
selbst nicht ^« wenn die Thiere durch wiederholte Injectionen in
zunehmenden Marasmus versetzt, 12 und 19 Tage lang lebten;
ich unterband einen Venenstamm allein, ich unterband Venen
und Arterien des gleichen Schenkels, ich machte Amputationen,
nie war Thrombose zu erzeugen*).
*) Professor Breslau machte mich aufmerksam, dass ähnliche Experi-
mente von P. W. Mackenzie (The pathology and treatment of Phlegmasia
dolens. London, 1863.) gemacht seien, und zwar mit Injection tou Milch-
6*
84 Dr. Th. Billroth,
Was soll man aus diesen Tbatsachen scbliessen?
Zunächst raÜHsen wir die Frage stellen, wie weit sind diese
Experimente für den Menschen verwerthbar? Ich habe schon
früher darauf aufmerksam gemacht, dass beim Menschen gewisse,
wenn audi nicht constante Verschiedenheiten bemerkbar sind,
je nachdem er durch Eiter oder durch Jauche intoxirt ist, dass
dagegen bei Hunden nichts der Art wahrnehmbar sei. Dass ver-
schiedene Thiere äusserst verschieden reizbar gegen Infectionen
sind, ist ebenfalls Thatsache; manche neigen sehr zu jaochigen
Entzündungen, andere nicht etc. Hunde, Katzen, Kaninchen
sind schon sehr verschieden vom Menschen in diesen Punkten;
die phlogogene und pyrogene Wirkung ist bei allen genannten
Thieren da, und darum sind in dieser Hinsicht auch die Resul-
tate der Experimente für den Menschen brauchbar; wo es sich
nun aber um die Art der Entzündung handelt, um die Kreislaufs-
und Blutdruckverhältnisse in bestimmten Gefässgebieten, um die
Herzkraft und die Gerinnbarkeit des Blutes, da lässt uns das
Experiment vielfach im Stich, und die Analogieschlüsse, welche
aus den experimentellen Thatsachen gezogen werden sollten,
werden bedenklich zweifelhaft. Wer möchte eine Procedur wie
in Experiment 6. bei einem Menschen wagen! einen frischen
Amputationsstumpf mit Macerationswasser begiessen und mit
darin getränkter Gharpie verbinden! Der Hund bekam wohl
Fieber, doch die Jauche veranlasst bei Hunden nur dann pro-
gressive Zellgewebsentzündungen, wenn sie in's Gewebe mit der
Spritze hineingetrieben wird; dieser amputirte Hund befand sich
bald ganz wohl, und die Wunde granulirte nach wenigen Tagen
vortrefflich. Impft man einen Hund mit Jauche am Ohre, so
säure, weil Macke nzie Ton der VoranssetzuDg ausgeht, dass die Milch-
säure das giftige Agens bei der pyämischen und puerperalen Infection sei.
Diese Voraussetzung scheint mir zn gewagt, um darauf hin zu experimen-
tiren; Mackenzie unterband bei Thieren die Vena femoralis nnd injicirte
Milchsäure; er stellt die Erfolge so dar, als sei wirklich danach ausge-
dehnte Thrombose entstanden, doch seine Schilderung hat mir wenig Zu-
trauen erweckt.
Deber Wandfieber und accidentelle Wandkrankheiten g5
hat dies meist eine geringe locale Entzflndung zur Folge, ein
Kaninchen stirbt gewöhnlich davon. Dass Eiter von Pyämischen
und Nichtpyämischen bei Thieren gleich wirkt, ist schon früher
gezeigt. Kurz, es scheint nicht gelingen zu wollen, eine ans-
gedehnte Thrombose, wie man sie beim Menschen leider so oft
findet, bei Thieren zu erzeugen, weil eben bei den Thieren die
dazu nöthigen Bedingungen des Kreislaufes und der Blutgerinnung
oicht haben hergestellt werden können. Ich halte daher dai^r,
dass die negativen Resultate dieser Experimente nichts gegen die
oben aufgestellte Hypothese beweisen, wonach Compression der
Venen in einem entzündeten Theile, verbunden mit einer durch
Eiter- oder Jaucheintoxication bedingten Herzschwäche, die Ent-
wickelung ausgedehnter Thrombosen begünstigt.
Wenn man aus diesem Raisonnement herauslesen will: die
Pyämie, (speciell die Gombination von Eiterinfection mit Throm-
bose und Embolie) ist eine dem Menschen, wenn auch
nicht ausschliesslich, so doch sehr vorwiegend eigen-
thfimliche Erkrankungsform, so habe ich nichts dagegen
einzuwenden.
Diejenigen aber, welche «0* dem Dogma festhalten, „die
Pyämie ist eine specifische Krankheit unter den Krankheiten des
Menschen^ (d. b. es giebt nur einen Stoff, welcher die Pyämie
erzeugen kann, wie es nur einen Stoff giebt, welcher Typhus,
Cholera, Masern etc. erzeugt) werden mir jetzt vorwerfen, dass
ich die angefahrten Experimente nicht gelten lassen will, weil
^le oicht bestätigen, was ich mir darüber gedacht habe; - sie
werden sagen: diese Experimente und alle früheren dieser Ar-
beitereihe zeigen ja gerade recht schlagend, dass man die wahre
Pyämie nicht erzeugen kann, folglich muss sie doch etwas ganz
Besonderes sein. Diesen letzten Schluss halte ich nur für halb
richtig; ich lasse ihn, wie schon oben bemerkt, gelten, wenn
man sagt: folglich ist die Pyämie wahrschemlich eine dem Men-
sehen sehr eigenthümliche Krankheit. Auf die Lehre von der
Specifit&t der traumatischen bfectionskrankheiten will ich später
zurückkommen.
',/
sc Dr. Th. Billroth,
§. D. Nachdem wir ans so vielfach mit dea Wirkangen von
Eiter und Blut beschäftigt haben, müssen wir noch ein Mal aof
die Fnige zurückgreifen: wie kann denn der Eiter in's Blut ge-
langen? Ist es nicht durch Virchow's vielfache Arbeiten be-
wiesen worden, dass durch die Venenmündungen kein Eiter von
der Wunde resorbirt werden kann? Ist es nicht von ihm nach-
gewiesen, dass die dicke, gelbe, dem Eiter völlig gleiche Flüssig-
keit Detritus der zerfallenen Thromben, puriforme Substanz, kein
eigentlicher Eiter sei?
Die erste Frage anlangend, nämlich, ob.es möglich sei, dass
Eiter von den Wunden durch die Venen in^s Blut gelange, käon
nac^h dem heutigen Stande unserer Kenntnisse durchaus nicht
geleugnet werden, v. Recklingshausen hat nachgewiesen,
dasä Eiterkörperchen, welche sich im Zellgewebe um die Vene
bilden, durch die Venenwandung in das Innere der Vene ein-
dringen können. Dies ist auf folgende Weise von ihm dargetban:
Er legte bei einem Thiere eine Vene frei, unterband sie erst
ctiQtralf dann peripherisch, so dass ein Stück von etwa 1 Zoll
Läug6 unterbunden und mit Blut gefüllt war; nun streute er
Carmin in die Wunde und nähte dann die Hautwunde za. E^
bilden sich nun Eiterzellen um die Venen, diese nehmen begie-
rig da^ Carmin in sich auf; findet man carminhaltige Eitenelleo
nach einigen Tagen in dem unterbundenen Veoenstück, ^o
mü^äcn sie von aussen ^eingewandert sein; es ist wie gesagt, der
IQ dem unterbundenen Venenstück gebildete Thrombus steckt
voller carminhaltiger Eiterzellen!
Dass von frischen Wunden aus durch die Venen Substani
£en iiufgenommen werden können, zeigen die schönen Vei^ucU
von F, Busch (1. c.) über Resorption von zinnoberhaltigem Fej
aus der Markhöhle von Knochen. Dieses Eindringen von Su
stanzen, welche auf der Wunde sind, in die blutenden Vene
müiulungen wird im höchsten Maasse befördert durch ein
Druck, welcher auf die Wundflächen ausgeübt wird. Die B
pcrimente von Busch sind höchst lehrreich und interessant, i
dem sie Manches a priori fast als unzweifelhaft Festgestellte widi
Deber Wandfieber und accidentelje Wuodkraokheiten. g7
legen (Eindringen von fremden Körpern in Venenwunden), und für
die Behandlung der Wunden eehr wichtige Fingerzeige ertheilen.
Sie zeigen experimentell, wie gef&hrlich Blntangen in schlecht
eiternden oder jauchenden sinuösen Wanden sind, was jeder
pnictische Chirurg oft genug erfahren hat.
Dass aas dem Thrombus nur puriforme Masse und nichC
wahrer Eiter werden kOnne, habe ich nur so lange geglaubt, als
ich nicht selbst Studien über die Metamorphosen des Thrombus
aof erhärteten Querschnitten gemacht hatte. Ich will gern Zwei-
fel d^uun gestatten, dass alle Zellen, die man später im Throm-
bus findet, ans den weissen Blutzellen des Thrombus entstehen,
— es kann nämlich ein grosser Theil eingewandert sein — doch
dass der Thrombus sich ebenso gut zu wahrem Eiter, wie zu
Bindegewebe umbilden könne, davon bin ich fest überzeugt. Da
es nun feststeht, dass ein centrales Thrombusende durch das
noch fliessende Blut eines GoUateralastes losgerissen werden, und
in^s rechte Herz gelangen kann, so kann das gleiche Geschick
aach einen £u Eiter zerflossenen Thrombus treffen; es kann ein
Schub Thrombuseiter in's Blut gelangen, es wird dadurch gleich-
zeitig eine Eiterinfection, und das nöthige Material zu Embolien
beigebracht; wenn der Patient bis dahin noch nicht pyämisch war,
so wird er es jetzt
Man sieht aus dem Gesagten, dass die Eiteraufnahme in^s
Blut durch die Venen theilweise wieder in ihre Rechte eingesetzt
werden mnss.
Daneben spielt aber die Eiteraufnahme durch die Lymph-
gefasse in meinen Augen doch die grossere Rolle; ich habe
früher meine Gründe daf&r beigebracht; eine neue Stütze finde
ich auch in der erwfthnten Arbeit von F. Busch: es &nd sich
constant zinnoberhaltiges Fett in den entsprechenden Lymph-
drösen, wenn solches in's Knochenmark gespritzt war, während
CR in dem Venenblut doch Öfter fehlte.
Da die molukularen BrOckel, zu welchen die feinsten Lymph-
gefässthromben unzweifelhaft auch zerfallen kOnnen, in den näch-
sten Lymphdrüsen stecken bleiben, so kann wohl Lymphangoi-
88 Dr. Th. Billroth,
tis, Lymphadenitis und Eiterinfection entstehen, doch auf diesem
Wege keine embolischen Abscesse (ausser in den Lymphdrüsen^.
Die Lymphangoitis, die man übrigens bei aurmerksamer Beob-
achtung unendlich viel häufiger findet, als man gewöhnlich an-
nimmt, führt aber dadurch, dass sie nach und nach zur diffusen
Phlegmone wird, die sich mit Venenthrombose combiniren kann,
auch nicht* so selten zur Pyämie, obgleich dies zum Glück nicht
so sehr häufig ist. Auf alle Fälle disponirt das Yerhältniss der
feinsten Lymphgefässnetze zum Gewebe, wie wir es aus den
neuee^ten Arbeiten kennen, in hohem Maasse zur Aufnahme von
Stoffen flüssiger und molekularer Art; eine zellige Infiltration
eines Gewebes wird bei einiger Ausdehnung wohl immer in
einige Lymphbahnen einbrechen, sie hier erfüllen, dort compri-
roiren und so fort, während die Blutcapillaren, wenn sie auch
aus Zellenplatten zusammengesetzt sind, doch eine viel res^sten-
tere Wandung haben, die wahrscheinlich keinen molecularen Kör-
per durchlässt.
Analyse von 180 tödtlich verlaufenen Fällen von
septischen und purulenten Infectionsfiebern
und Pyämie.*)
§. 6. Nachdem ich in den vorigen Paragraphen dieses Ka-
pitels eine Reihe wichtiger Punkte berührt, und zugleich die
Trennbarkeit und Zusammengehörigkeit der septischen, purulenten
Infection und der Pyämie erörtert habe, beabsichtige ich nun, an
der Hand klinischer Beobachtung auf Aetiologie, Symptome
Sectionsbefund und Therapie einzugehen, und zugleich zu ver-
suchen, ob sich aus den statistischen Verhältnissen, welche sich
bei dieser Analyse ergeben, auch Schlüsse auf das Wesen der
Krankheit nach der einen oder andern Richtung machen lassen.
Dies mag Manchem eine überflüssige Mühe zu sein scheinen, je-
der Chirurg glaubt die Pyämie genau genug zu kennen! der
*) Unter diesen 180 Fällen sind die in der ersten Abhandlang ange-
führten mit eingeschlossen.
Ueber Wandfieber und accidentelle Wandkrankheiteo 89
Eine versichert ans, bei ihm komrae sie wenig, oft Monate
oder Jahre lang nicht vor; der Andere sagt uns, dass viele
seiner Kranken pyfimisch werden. Jeder hat 8o seine Ein-
drücke von den Fällen zurückbehalten, die ihn besonders inte-
ressirten ; diese Eindrficke basiren aber auf unendlich vielen Zq-
Eiligkeiten. Wenn man nan fragt: wie viel Procent der von
ihnen behandelten complieirten Unterschenkelfracturen, oder Ver-
letzungen an den unteren Eictremitaten überhaupt, starben an
aa Pyämie? oder: wie ist bei ihnen das Verhältniss der Ver-
wundeten und Operirten zu anderen chirurgischen Kranken? so
wird man selten sichere Antworten erhalten. Ich kenne keine
Arbeit fiber Pyämie, die auf einer Reihe von genauer beobachte-
ten Fällen, mit Nachweis für jede ausgesprochene Behauptung,
basirt wäre; in Folgendem will ich versuchen, die statistische
Methode auch auf die chirurgischen Infectionskrankheiten zu ver-
wenden.
Jede statistische Zusammenstellung muss von
bestimmten Principien ausgehen, und kann nur von
diesen aifs beurtheilt werden. Wir müssen daher zunächst
die befolgten Principien entwickeln.
Was ich unter Infectionsfieber als generellen Krankheits-
begriff verstehe, geht aus dem Früheren hervor; iodess der
Begriff ist doch sehr elastisch: wenn z. B. ein älterer Mann
am 3ten Tage, oder etwas später nach Operation, oder zu-
fälliger Verletzung, unter massigen Fiebererscheinungen, rasch
coUabirt und stirbt, ohne Fröste gehabt zu haben, ohne dass
man bei der Section metastatische Processe findet, so kann er
alg am Blutverlust, oder am Marasmus in Folge des operativen
Eingriffs, oder am Wundfieber, oder an Septicämie gestorben
DOtirt werden, denn in solchen Fällen ist die Beschaffenheit der
Wanden selten eine gute. Hat ein Patient mit complicirter Frac-
tar in der 3. oder 4. Woche wiederholte Nachblutungen, wird
er nach und nach schwächer, sieht die Wunde schlecht aus, fie-
bert Patient, blutet wiederholt und stirbt, so kann er als an Nach-
bktang, oder als an Eiterfieber gestorben notirt werden etc.
90 Dr. Th. Billroth,
Alle solche F&lle, ia welchen die Infection, wenn
auch nur mittelbar mit am Tode betheiligt war, siB4
hier mitgerechnet; die Zahl von 180 Fällen ist eher zu hoch,
als zn niedrig gegrilFen.
In einiger Verlegenheit befand ich mich mit den Patienten,
welche an chronischen Eiterungen, doch unter zunehmendem Fie-
ber starben; auch bei diesen spielt die continuirliche Infection,
welche die Kranken immer kachektischer macht, eine grosse
RoUe, und der Tod kann durch eine acute Exacerbation des Ent-
zündungsprocesses, durch einen kleinen Grad von acuterer purolen-
ter Infection hervorgebracht werden, den ein gesundes Individnum
überwunden haben würde. Von diesen Patienten, die eine im
Ganzen kleine Gategorie auf meiner Abtheilung bilden, habe ich
nur diejenigen Fälle mit in Rechnung gebracht, in welchen, bei
sonst leidlichem, fieberlosen Allgemeinzustand, ganz acut, in Folge
von Abscessöffnungen, Sondirungen etc. ein heftiges Eiterfiober,
mit tödtlichem Ausgang auftrat. — Diejenigen Fälle, in welchen
sich Jaucheintoxication mit ürinintoxication mischt (ürininiiltra-
tionen mit Folgen), habe ich ausgeschieden,' da sie eben keine
reine Eiter- oder Jaucheinfection sind.
Da wir von der Hypothese ausgehen, dass jedes Wandfieber
und Eiterfieber auf Intoxication beruht, und die Combination die-
.ser Infection mit embolischen Processen als Pyämie bezeichne-
ten, — da ferner die embolischen Processe, und somit auch die
Pyämie nicht immer diagnosticirbar ist, — da femer weder die
Schüttelfröste, noch andere Symptome als Beweise für Pyämie
gelten können: — so liegt es auf der Hand, dass wir nur dann
in unseren statistischen Erhebungen ganz sicher gehen konnten
wenn wir die Sectionsberichte mit zu Grunde legten, also nui
die tödtlich abgelaufenen Fälle berücksichtigten.
Die Unterscheidung von Wundfieber und Eiterfieber, vor
Septicämie und Pyämie, ist meist nur eine graduelle; wir be
sitzen keine objectiven, statistisch verwendbaren An
haltspunkte, um hierbei etwa gewisse leichtere und schwe-
rere Infectionen zu unterscheiden; diese ist immer nur relativ
Ueb«r Wnndfieber und aceidentelle Wondkrankheiten. 91
^wer oder leicht, je nach der Wideretandafthigkeit des er-
li. rankten Individuams; weder die Höhe der Temperatur, noch die
piil8hreqaena&, noch die Trockenheit der Zange, der Hant etc. ist ent-
tcheidead. Für sichere allgemeinste statistische Erhebungen w&re es
ndthig gewesen, alle Fälle vom leichtesten Wundfieber bis zur tödt-
lich endenden Py&mie zu analysiren und zu vergleichen, wie man
bei der Typhußstatistik auch alle schweren und leichten F&lle
berücksichtigt; dann würde man z. B. sicher ermitteln können,
in wie yiel Procent von Wundfieber und Eiterfiebem überhaupt,
Fröste vorkommen, wie viele von denen, die Fröste gehabt ha-
ben genesen, wie viele gestorben sind etc. Dies ist jedenfalls
nach anzoBtreben; es gehört dazu aber ein noch gleichmtasi-
ger vollständiges Material an genauen Krankengeschichten, Cur-
ven etc., als ich es besitze. Wenn auf meiner Abtheilung auch
von den schweren Fillen genügende Notizen über den Fieber-
verla^if vorhanden sind, so fehlt doch Genaueres über die leich-
leren Fälle, und eine grosse Anzahl von diesen leichteren Fäl-
len , welche auf der chirurgischen Secundarabtheilung behandelt
i^ind, konnte ich gar nicht berücksichtigen; die Grundlage einer
solchen Statistik wäre also nach verschiedenen Seiten eine un-
Lmrerlättsige gewesen.
Dorch diesen Mangel geht mir besonders das Material ab
zar Aufstellung einer statistisch begründeten Prognostik, worauf
ich daher verzichten muss; ich kann auch nicht sagen, wie gross
die Todes-Procentzahl aller nach Verletzungen oder Operationen
fiebernden Patienten ist, d. h. mit andciren Worten, wie viel Pro-
cent TOD den infieirten Individuen starben; wir mfissen uns mit
dem Verhältnisse der an Infectionsfieber Gestorbenen zur Zahl
der Verwnndeten begnügen.
Bei unserer Auffassung kann selbstverständlich die Heilbar-
keit der septischen und eiterigen Infection nicht mehr in Frage
kommen. Beispiele von geheilten Fällen von Infectionsfiebern
mit Embolie (von Pyämie) habe ich früher beigebracht. Eine
Kategonsirang der Fälle in septische und punilente Infection
bibe ich nicbt vorgenommen, weil hierbei zu viel Willkür hätte
92 Dr. Th. fiillroth,
angewendet werden müssen, denn wie die Beschaffenheit des Se-
cretes zur Zeit der Infection war, darüber geben die Krankenge-
schichten nicht immer ganz genauen Aufschluss : Jauche nnd Eiter
sind ja oft so gemischt/ dass man nur yon jauchigem Eiter, oder
eiteriger Jauche sprechen Icann. In solchen Fällen iSsgt sich wohl
klinisch deduciren, dass mehr die Symptome der JaucheresorptioD,
oder mehr diejenigen der Eiterresorption vorliegen, doch das
sind Dinge, die sich bei statistischer Verarbeitung von Kranken-
geschichten nur dann verwenden lassen , wenn diese von voroe
herein nach ganz bestimmten Schablonen geschrieben werden,
was bei den meinigen nicht der Fall war. Ich werde in der
Folge den Ausdruck „Pyämie* nur für diejenigen FiUe verwen-
den, welche durch die Section als mit Embolie combinirte Jauche-
oder Eiterinfectionen constatirt sind.
Von den 180 erw&hnten Fallen ist in 16 die Section nickt
gemacht, theils auf besonderen, dringenden Wunsch der Verstor-
benen selbst, oder deren Angehörigen, theils weil diese Personen
kurz vor ihrem Tode sich in ihre Heimath bringen liessen. Diese
16 F&lle fallen also für die folgende Berechnung aus, nach welcher
von 164 F&llen 81 den einfachen Infectionsfiebern, 83
der Pyämie angehörten; man sieht, dass die Zahlen Dahez4i
gleich sind.
VITas die Zahlenberechnungon in Folgendem betrifft, so habe
ich nur solche angestellt, aus denen sich möglicherweise ein
Schlnss ziehen lässt; denn Zahlen Verhältnisse auizustellen, die,
wenn sie auch in sich irgend eine Wahrheit enthalten, für kei-
nen denkenden Menschen fSr jetzt eine Beziehung zu dem haben,
was mit Hülfe der Zahlen ermittelt werden sollte, ist eine Car-
rikirung der Statistik, denn die Statistik ist sich doch nicht selbst
Zweck, sondern eben nur eine Methode unter anderen, wr Er-
forschung der Wahrheit.
Symptomatologisches.
§. 7. Von allen Symptomen der tranmatischen Infections-
fieber haben die intennittirenden FieberanfiUle mit Frost stets
Deber WnDdfieber und accidentelle Wandkrankheiten. 93
am meisten imponirt; da wir natürlich nicht bei allen diesen
i Kranken continuirliche Messungen der Temperatur machen konn-
ten, um den intermittirenden Fiebertypus zu ermitteln, so müssen
wir oos an das Symptom halten, welches die heftigeren Fieber-
aoialle so oft einleitet, an die Schüttelfröste.
Von den erwähnten 180 Fällen fehlt nur in zwei ganz de-
fetten Journalen jede Notiz über Fröste. Unter 178 Fällen yer-
tiefen 95 mit Frösten, 83 ohne Fröste: es traten also in etwas
mehr, als der Hälfte der tödtlich verlaufenen Fälle von Infec-
! tioQsfiebern Fröste auf (wobei die Notiz „starkes Frösteln^, und
Aehnliches, auch als Frost gezählt ist).
I Von 83 Fällen von Pyämie verliefen 62 (74,7 pCt.) mit
Frösten, 21 ohne Fröste.
Von 81 Fällen von einfachen septischen, oder eiterigen In-
fectionsfiebem verliefen 24 (29,6 pGt.) mit Frösten, 57 ohne
Fröste.
Die Fröste kommen also bedeutend häufiger bei
<ier Pyämie vor, als bei den einfachen Infectionsfie-
bern. Diese Thatsache ist mir von Wichtigkeit, denn sie scheint
»1 beweisen, dass die Thrombose und Embolie die Veranlassung
a Frösten bedeutend steigert, was wiederum dafür spricht, dass
iie intermittirend auftretenden Fieberanfälle stets durch neue
^ize, durch neue, wiederholte Infectionen bedingt werden.
Die Zahl der Fröste, welche im Verlaufe der Krankheit
^i einem Individuum vorkommt, hängt wohl von sehr verschie-
<ieaen Ursachen ab; ich habe nicht finden können, dass das Alter
Gnen entscheidenden Einfluss darauf hat; ob das Geschlecht von
Einwirkung ist, kann ich nicht sagen, da die Zahl der weiblichen
Kranken zu gering ist (auf 148 Männer 32 Weiber). Die Dauer
hx Krankheit hat wohl Einfluss, doch giebt es lange verlau-
fcoJe Fälle mit einem, und kurz verlaufende Fälle mit vielen
Frösten. Wie viele Fröste wohl durchschnittlich am häufigsten
'B) Verlaufe dieser Infectionsfieber vorkommen, zeigt folgende
Zosammenstellung der mit Frösten verlaufenen 95 Fälle:
94
Dr.
Th.
Billroth,
1
FroBt bei 19 Individaen,
2 FrOBte
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21
n
3
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14
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JJ
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1
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14
?>
W
1
9J
95 Indi^daen.
In den meiBten Fällen haben die Kranken also nar 2, und
1 Frost, seltener 4, 3, 5, 6, ziemlich selten 9, 8, 7 Fröste,
äusserst selten mehr als 9 Fröste. Die Zahl von 14 Frösten ist
nicht die grösste, die ich beobachtete; ein Mädchen von etwa
15 Jahren, welches von einer acuten Periostitis der Tibia befal-
len wurde, hatte in 3 Wochen 16 ausgebildete Schüttelfröste,
und noch oft aaBserdem Frösteln; es bildeten sich nach einander
viele Abscesse am Unterschenkel, fast jede Abscessbildung, und
viele nothwendige Incisionen waren vou Schuttelfrösten gefolgt;
Patient genas vollkommen. Dass ein Initialfrost bei einem bis
dahin gesunden Individuum keine prognostische, schlimme Be-
deutung hat, ist bekannt; von ernsterer Bedeutung ist es, wenn
ein bereits längere Zeit eiternder, and fiebernder Kranker einen
Frost bekommt; sehr gross ist die Gefahr, wenn sich unter die-
sen Verhältnissen die Fröste wiederholen, — das ist ja bekannt
Man kann nicht sagen, das Auftreten von Schüttelfrösten sei
prognostisch entscheidend; ein wichtiges, schweres Symptom blei-
ben sie immerhin.
Es ist nicht so gar häufig, dass ein Kranker in 24 Stan-
den mehr, als einen Schfittelfrost bekommt; ich finde no-
tirt, dass bei 16 Kranken je 2 Fröste an einem Tage, bei 6
Kranken je 3 Fröste an einem Tage auftraten. Es ist eine all-
üeber Wondfieber und accidentelle Wandkrankheiten. 95
geraeine Annahme, dass die pyftmischen FrSste häufiger am
Tage, als in der Nacht sind, sonst aber h&ehst anregel-
mässig aaftreten. Bei 287notirten Schüttelfrösten ist die Zeit
uDgefthr angegeben; prflfen wir, ob die genauere Untersuchung
den allgemeinen Eindruck bestätigt*):
Von 12—2 Uhr M. kamen 11 Schfittelfrftste vor,
2—4
-
-
-
6
-
4—6
•
-
•
7
•
6—8
•
-
-
19
•
8—10
-
•
-
40
-
10—12
-
-
-
28
-
12—2
-
A.
-
27
-
2—4
-
-
-
35
•
4—6
-
-
•■
46
-
6—8
-
.
-
44
-
8—10
-
-
.
13
-
10—12
-
-
-
11
-
287 Schüttelfröste.
Aus dieser Tabelle ergiebt sich mit Evidenz, dass die Schfit-
teirröste in der Zeit von 8 Uhr Morgens bis 8 Uhr Abends bei
weitem häufiger vorkommen, als in der Zeit von 8 Uhr Abends
bis 8 Uhr Morgens; auf den Tagesabschnitt kommen nämlich
22U Fröste, auf den Nachtabschnitt 67. Dies kann verschiedene
Ursachen haben: es ist möglich, dass die täglichen, normalen
Temperaturscbvrankungen, die sich ja auch in fieberhaften Krank-
heiten durch höhere Abendtemperaturen geltend machen, auch
inf die Disposition zur Entstehung von Schüttelfrösten Einfluss
haben. Die Zahl der Fröste ist zwar zwischen 8 und 10 Uhr
Morgens schon ziemlich hoch, steigt aber am höchsten gegen
Abend, zwischen 6 und 8 Uhr. Ferner können eine grosse An-
uhl von Reisen, welche den Tag über auf den Krauken wirken,
zar Entstehung von Frösten Veranlassung geben, z. B. das Yer-
*) In folgender Znaammenstellang bedeutet M. von 12 Dhr Mittomacht
bis 12 Uhr Mittags; A. ron 12 Dhr llittags bis 12 Uhr Mitternacht
96 Dr. Th. Billroth,
binden der Wunden mit nicht immer tn vermeidenden Bewegun-
gen und Irritationen der verwundeten Theile, Incisionen snr Ent*
leening von Nebeneiteningen, Sondirungen etc. etc.
Nicht immer folgt derartigen Irritationen ein Frost, oft nur
heftigeres Fieber, das sich vielleicht gar nicht, oder erst später
za Frösten combinirt. Wollte man einen statistischen Beweis
führen, dass die Fröste durch solche Irritationen der Wanden
häufig angeregt werden, so müssten die Journale von Anfang an
mit besondeior Rücksicht auf diesen Punkt geführt sein; dies ist
nicht der Fall gewesen, so dass ich daher nur folgende Facta
aus den Journalen entnehmen konnte: 3 Mal folgten Fröstenach
Sondirungen, 20 Mal nach AbscesseröfTnungen und Anlegung von
GegenöiShungen, 1 Mal nach Extraction eines Knochenstückes,
3 Mal nach späten Nachblutungen, 3 Mal nach secundären Am-
putationen oder Resectioncn, 2 Mal bei Lageänderungen mit Ge-
raderichtung der Fragmente bei complicirten Fractaren; in allen
diesen Fällen fieberten die Patienten bereits eine Zeit lang. In
wie Weit hierbei die Frage der Infection von Aussen zu berück-
sichtigen ist, davon später. In den angeführten Fällen folgte der
Frost 2 — 6 Stunden nach der Reizung.
üeber die Zeit, welche von der ersten Verletsang
an bis zum ersten Froste verlief, kann ich von 70 Fällen
Auskunft geben:*)
14 Mal trat der erste Frost in der 1. Woche ein,
19 2. . .
15 3.
9 4.
4 6. . -
3 6. - .
2 7.
4 - - - später als in der 8. Woche ein.
70 Mai.
*) Die Zahl dieser Fälle kann nicht mit derjenigen Btimmen, in welcher
fiberhanpt Fröste Torkamen , weil hier nur von Verletzungen die Rede iaU
während die Fälle, in welchen die Kranken von Decnbitus, spontan aufge-
tretener Phlegmone elc. inficirt wurden , nicht mitgerechnet werden konnteB*
i
Ueber Wundfieber and accidentelle Wundkrmnkheiten. 97
Es wftre ans Grfioden, die sieh aas der frfiheren Darstellung
Ton selbst ergeben, entschieden falsch, den Zeitpunkt der inten-
Biveren, geAhrlieheren Infection vom» ersten Schfitttelfroste an su
datiren, (dies ist nur in wenigen Fällen anzunehmen, nftmlich in
denjenigen, in welchen der Frost einer Infection von Aussen
folgt), dennoch aber giebt die Zeit, in welcher die SchfittelfrOste
am häufigsten auftreten, ein relatives Mass f&r die Zeit, in wel-
cher die Patienten am meisten in Gefahr sind, schwer zu er-
kranken; dies ist also in den ersten 3 Wochen der Fall, und
nimmt von der 6ten Woche an schnell ab. — Die Zahl der in
der ersten Woche von Schfittelfrösten Befallenen würde viel klei-
ner sein, wenn man nur die frisch verletzten, sonst gesunden
bdividuen ber&cksichtigte; diese fangen wohl selten vor dem
7ten Tsge an zu sch&tteln. Die Patienten aber, welche schon
^or der Operation fieberten, wenn auch m&ssig, haben zuweilen
schon am 1., mehrfach am 3. Tage Fröste bekommen, z. B. ein
Knabe, dem ich die Resection der Hüfte wegen Caries machte,
ein Mann, dem ich das Knie wegen Caries mehrere Monate vor-
her reseeirte, und nun den Oberschenkel amputirte, eine Frau,
der ich den Oberschenkel wegen acuter Gonitis amputirte, ein
Knabe, dem ich einen cariösen Talus extrahirte, eine Frau mit
nlcerirtem Carcinoma mammae, die kurz vorher ein Erysipel
durchgemacht hatte etc.
In F&llen von complicirten Fracturen, in welchen noch am
66., 75., 85. Tage nach der Verletzung FrOste auftraten, nachdem
bereits vollständige Reconvalescenz eingetreten war, ist sehr wahr-
Bchemlich Infection von Aussen im Spiele.
§. 8. Berücksichtigen vrir jetzt einige andere, mehr oder
minder vrichtige Symptome, welche bei den erw&huten 180 Kran-
ken beobachtet und notirt wurden.
Yerdauungsorgane.
Diarrhoe (in F&llen, wo keine Abführmittel gegeben vmrden)
ist 32 Hai notirt, und hat jedes Mal mehrere Tage bestanden Nach
den Erfahrungen, die man anThieren macht, denen direct in^s Blut
janchige Stofie injicirt sind, sollte man auch beimMeaschen viel
V. LftBitBbtek, Ax«hiT f. Chlnrgt«. IX. 7
98 Dr* Th. Billroth,
häufiger Diarrhoe erwarten; indesB schon die Experimente, bei
welchen man Eiter^^in^s Zellgewebe spritzte, zeigen ancb bei Hun-
den weit seltener Diarrhoe, «o dass vielleicht ansonehmen ist, dass
den infectiösen Flüssigkeiten auf dem Wege durch die Gewebe und
dttrch's Lymphgef&sssystem die Bestandtheile abhanden kommen,
welche die Enteritis erzengen. — Erbrechen, auch ein bei jau-
chig intoxirten Hunden unmittelbar nach der Operation hHafig
vorkommendes Symptom, kam in 5 Fällen beim Menschen vor
(unabhängig von Chloroform). — Singultus ist 6 Mal, als
lange andauernd, notirt. — Icterus wurde 29 Mal beobachtet,
eine ziemlich grosse Anzahl, wenn man sie mit den SectioDS-
befunden vergleicht, woraus sich ergiebt, dass nur 8 MalLeber-
abscesse, und 3 Mal diffuse Schwellung mit Erweichung der Le-
ber notirt ist. Dass der Icterus bei Infectionskrankheiten nicht
von Leberabscessen abhängt, ist freilich längst bekannt.
Respirations Organe.
Pneumonische Sputa wurden 9 Mal, Pneumothorax
1 Mal beobachtet; dies sind sehr kleine Zahlen, in Riicksicht aaf
die Sectionsbefunde (75 Mal Lungeninfarcte, oder Abscesse, 16
Mal diffuse Pneumonie).
Gefässsystem: 9 Mal kamen frühe, 13 Mal späte Nach-
blutungen vor; 2 Mal wurde spontanes Nasenbluten beobachtet
Harnorgane: 4 Mal ist Albuminurie, ausserdem 3 Mal
Hämaturie mit Epithelial- und Fibrincylindem beobachtet; von
den letzteren Fällen endigte einer (complicirte Fractur der Un-
terschenkel) , bei vollkommener Anurie , mit Urämie. — Eiweiss
ist unzweifelhaft viel häufiger im Harne gewesen, als es notirt
war; es kommt eben sehr viel darauf an, in welchem Stadium
der Krankheit, und wie oft die Untersuchung gemacht wird.
Haut Exantheme sind sehr selten beobachtet; 1 Mal Blas- 1
eben im Gesichte, 1 Mal ein Urticaria- ähnlicher Ausschlag, l'
Mal ein Herpes an der Lippe, 1 Mal Petechien. — Langwierige
Eczeme an Unterschenkeln, die wegen offener Fracturen lange geei-
tert hatten, sind einige Male vorgekommen, doch wohl kaum als
metastatische Processe aufzufassen. -^Wahres Erysipel com-
üeber Wundfieber und accidentelle Wondkrankheiten, 99
binirte sich 5 Mal mit Pyftmiey doch nicht als metastatische Ent-
sfindong, an einer der Wunde entfernten Stelle des KOrpers, son-
dern als erser Ausdruck örtlicher Infection; ans dem scharf ab-
gegrenzten, täglich in rundlichen Figuren vorschreitenden , wah-
ren Erysipel entwickelte sich dann eine Phlegmone, mit der sich
L;pnphangoiti8, oder direct Yenenthrombose etc. verband. —
Decubitus kam 54 Mal vor, und war nicht selten Ansgangs-
ponkt der Infection. Am auffallendsten sind die Fälle, wo schon
am 4ten Tage bei Septicämischen brandiger Decubitus gefunden
wird. Ich kann auch dafir keine andere Erklärung finden, als
man sie f&r die frühe Entstehung des Decubitus beim Typhus
giebt: Stasis, in Folge von einer, »durch septische Intoxication
bedingten Herzschwäche, bei einem unverhältnissmässig kleinen
Circulationswiderstande.
Eine Reihe von metastatisohen Processen, die schon an Le-
benden zu erkennen waren, wie Parotitis, Gelenkentzündungen
u. A. finden sich bei den Sectionsbefunden untergebracht.
§. 9. üeber die Dauer der septischen und purulenten In-
fection und Pyämie lässt sich nichts Bestimmtes angeben. Je
nach der Intensität des Giftes, je nach der Quantität desselben,
je nach Widerstandsfähigkeit des Individuums etc. wird der
Kranke firüher oder später genesen, früher oder später sterben.
Da man selten genau weiss, wann die vielleicht tödtlich werdende
Infection beginnt, so kaon man nie sagen, wie lange die Krank-
heit "dauert; nur in der Zahl von Tagen, die zwischen einer Ver-
letzung und dem Todestage liegen, haben wir ein ungefähres
Maass f&r die Daner der Krankheit. Für die lange verlaufenden
Fälle ist dieses Haass freilich ganz unsicher, da ein Patient, der
in der 6. oder 10. Woche nach einer Verletzung stirbt, keines-
weges von Anfang an pyämisch zu sein braucht, sondern vielleicht
nicht lange vor dem Tode erst schwer inficirt ist. Die folgende
Zusammenstellung bestätigt in Zahlen die ziemlich bekannte Er-
Urung, dass die meisten Patienten, welche Infectionsfiebern
nnterliegen, innerhalb der ersten 4 Wochen zu Grunde gehen.
• *** •• * .»•« •J» t *t * • '4**
100 Dr. Th. Billroth,
Es starben in der
1. Woche nach der Verletzang 28 Individuen,
2. . - . . 22 -
3. - . - . 24 -
4. . . . - - 18
5. - - - - 11 .
6. . . - - 7 -
7. . - . - 4
8. . - . . 8 -
9. . . . . 2 . .
10.^18. ... . 10
129 Individuen.
Ich habe in der ursprünglich auf Tage berechneten Tabelle
die einfachen Infectionsfieber von der Py&mie getrennt; es er-
giebt sich dabei, dass in den ersten Wochen bedeutend mehr
Individuen ohne Embolien (meist an Septicämie) starben, wäh-
rend später die Zahl der an Pyämie Gestorbenen bedeutend zq-
nimmt. In der 1 . Woche sind nur 3, in der 2. Woche ebenfalls
nur 3 Individuen als an Pyämie gestorben notirt, neben 28 oad
22 an einfachen Infectionsfiebem Gestorbenen. — Später kehrt
sich das Verhältniss fast um; es gebt daraus als wahrscheio-
liches Resultat hervor, dass die Thromben in der Vene wahr-
scheinlich sich erst in der zweiten Woche bilden, und dann in
der 3. und 4. Woche nach der Verletzung durch Erweichung am
gefährlichsten werden.
Sectionsbefunde.
§. 10. Da in 16 Fällen, wie bemerkt, die Sectron nicht
gemacht ist, so liegen von den 180 beobachteten Fällen nur 164
Sectionsberichte vor. Aus diesen ergiebt sich, dass 51 Hai gar
keine metastatischen Entzfindungen gefunden wurden; 31,0 pCt
der Fälle sind also sicher nur an der Blutvergiftung, ohne alle
Complicationen, gestorben, und zwar sind dies nicht nur Fälle
von acuten Septic&mien, sondern zum Tbeil Fälle, die sich
Wochen lan^rbingezogen haben; ' ' ~
Deber Wandfieber and accidentelle Woodkrankheiien 101
§. 11. Berficksitbiigen wir nnn zunächst die F&Ile Ton
embolifichen Processen, so zeigt sich Folgendes: Es finden
sieh Äbscesse und In&rcte
in den Langen ... 75,
in der Milz .... 17,
in der Leber .... 8,
in den Nieren ... 4.
Die Leber- und Nierenabscesse sind nur an Individuen be-
obachtet, die zugleich Lnogenabscesse hatten, ebenso 12 Fälle
von Milzinfarcten; doch in 5 Fällen, in welchen sich Milzabscesse
fanden, fehlten Lungenabscesse. Wir haben uns Aber diesen
Pankt schon frfiher (§. 3. dieses Kapitels) ausgesprochen. Dass
sich unter 83 Fällen wahrer Pyämie 75 Fälle von Lungenembo-
lien und nnr 5 Fälle alleiniger Milzembolien finden, ist doch
gewiss ein wichtiges Factum für die Annahme, dass die Infarcte
and metaBtatischen Äbscesse der Lungen unter den gegebenen
umständen stets von Venenthrombosen abstammen. Warum
nächst den Lungen die Milz am meisten betroffen ist, ergiebt
sich daran«, dass ein im^ Blute kreisender Körper, der die Lun-
gen passirt hat, und in's linke Herz gedrungen ist, aus mecha-
nischen Gründen am leichtesten von der Aorta aus in die Milz-
arterie dringt; dies zeigt sich auch bei Experimenten. Prevost
und Co Card (Etudes physiologiques et pathologiques sur le
ramoUissement cerebral. Paris, 1866. p. 43.) sahen bei einem
Hunde, dem sie den Bauch eröffnet, und dann TabackkOmchen
mit Wasser in das centrale Ende der Art. cruralis injicirt hatten,
zuerst gleich unter ihren Augen Milzinfarcte entstehen.
Was die Befunde von Thrombosen der Hauptvenen-
stämme der verletzt oder entzfindet geveesenen Theile betrifft,
80^ sind deren in den 164 SectionsprotokoUen 38 erwähnt, und
von diesen kommen 10 auf solche Fälle, in denen keine em-
bolischen Processe gefunden wurden; wir können also nur 28 Be-
funde Yon Venenthrombosen 83 Fällen von Embolien an die Seite
stellen. Ffir dies grelle und auf den ersten Blick das Wesen
der Sache scheinbar sehr beeinträchtigende Verhältniss (§. 3. dieses
102 D'- Th. Billroth,
Kapitels) ist bereits die Erklärung gegeben, wozu ich nur noch hin-
zufüge, dass die Untersuchung der Extremitäten venen wohl nie Ter-
s&umt ist, während sich freilich an anderen Körpertheilen dem Auf-
finden der thrombirten Venen oft schwer zu überwindende Schwie-
rigkeiten entgegenstellten, und sa die Untersuchung nicht immer
gemacht ist. Etwas vermehrt wird die Zahl der Thrombosen durch
3 Fälle, in welchen im rechten Herzohr bröckelige Gerinnsel
gefunden wurden; es waren dies aber Fälle, in welchen die be-
treffenden Individuen längere Zeit marantisch waren, und lange
agonisirt hatten, so dass die Beziehung dieser Herzohrgerinnsel
zu ausgebildeten Lungenabscessen immerhin zweifelhaft wird.
Ich will gleich hier zwei sonderbare Befunde im Bereich des
Gef&sssystems anfuhren, die ich nur als metastatische Throm-
bosen bezeichnen kann; es fand sich nämlich ein Mal bei einem
18jährigen Mädchen, welches an ausgedehnter Phlegmone des
Beines gestorben war, eine eiterige Thrombose des Sinus caver-
nosus mit sehr geringer secundärer Meningitis (Patientin war
bis 2 Tage vor dem Tode bei Bewusstsein). Ein anderes Hai
fand sich bei einem jungen Burschen, mit Handzerquetschong,
der pyämisch wurde, eine eiterige Thrombose der Venen des
Blasenhalses und der Prostata, die während des Lebens zu Harn-
verhaltung geffihrt und wiederholt den Gatheterismus nOthig ge-
macht hatte, der jedoch nie auf Schwierigkeiten gestossen war.
Um gleich den Befund im Bereich des Gefässsystems hier
abzuschliessen, muss ich noch dreier Fälle erwähnen, in welchen
sich mehrere kleine Abscesse im Herz fleisch vorfanden, von
denen es freilich dahingestellt bleiben muss, ob sie embolischer
Natur sind, oder nicht.
Was die Lymphdrüsen an den verletzten Extremitäten
betrifit, so wurden dieselben stets stark vergrössert, und meist
sehr blutreich gefunden, doch Hessen sich nur selten Abscesse
darin erkennen.
Die Beschaffenheit des Herzblutes hängt sosehr von
der Art und Dauer der Agonie ab, dass es mir werthlos erschien,
darfiber besondere Erhebungen aus den Protokollen zu machen.
Deber Wnndfieber und accideotelle Wandkrankheiten. 103
§. 12. Was die fibrigen Befunde bei den 164 Sectionen
betrifft, welche sich, nicht auf Embolie zu beziehen scheinen, so
sind es folgende:
a) filutextrayasate: Es sind 7 Hai punktförmige Extra-
vasate der Pleura, 2 Mal des Pericardiums notirt; 8 Hai wird
das Pleuraexsudat, 5 Mal die Flüssigkeit im Pericardium als
bktig bezeichnet Fast alle diese Befunde gehören der Septic-
ämie an«
b) Metastatische Entzündungen seröser Häute. Ich
schliesse hier die Fälle von Pleuritis und Peritonitis ans, welche
sieh zu Erkrankungen der Lunge, Milz, Leber hinzugesellen, und
erwähne nur die ganz isolirt aufgetretenen Erkrankungen. Hier-
nach Bind zu erwähnen 5 Fälle von plenritischem , 2 Fälle von
periearditisehem Erguss mit Faserstoffflocken oder oberflächlichem
Faserstoffbelag; 13 Fälle von metastatischen Gelenkentzündungen
(bei welchen diejenigen Gelenkeiterungen ausgeschlossen sind,
welche sich durch Weiterverbreitung der Entzündung von eitern-
den Fracturen her erklären lassen). — In 4 Fällen erkrankte
das Sehultergelenk, 1 Mal doppelseitig (also 5 Mal bei 4 Indi-
viduen); 2 Mal entwickelten sich Eiterungen im Sternoclavicular-
gelenk, 2 Mal im Handgelenk. In 2 Fällen trat metastatische
Vereiterung des Hüftgelenkes, in 2 Fällen des Kniegelenkes (in
einem dieser Fälle doppelseitig), in 1 Falle des Fussgelenkes
aof. In 7 von diesen 13 Fällen bestanden neben den Gelenk-
eitenmgen Thrombosen und Lungenembolien, in den 6 anderen
Fällen lagen reine Infectionsfieber vor.
c) Von den Schleimhäuten fanden sich am häufigsten die
Broncbialschleimhaut geröthet und geschwollen, mit vielem Secret
bedeckt; acuter Bronchialcatarrh, wenn auch oft nur mit wenig
Hustenreiz, ist der selten fehlende Begleiter vielfacher metasta-
tischer Abscesse, kann sich aber bei Infectionsfiebem auch ohne
Longenabscesse entvnckeln, so dass ein copiOser, schaumig-schlei-
miger oder eiteriger Auswurf nur bedingt bei der Diagnose der
l^geninfarcte benutzt werden kann.«
In den Fällen, in welchen sich Diarrhöen während des Le-
104 Dr. Th. Billroth,
bens fanden, ist bei der Section der Darm erOffiiet worden;
m&ssige Schwellang der solitären Follikel und Peyer'sdiea
Plaques ist der einzige leidlich constante Befund gewesen, der
sich nur selten von Hyperämie begleitet fand (so weit dies ans
der Leiche erschlossen werden kann).
d) Diffase Entzfindungen drüsiger Organe fanden
sich mehrfach vor: 16 Mal diffase Pneumonie, zumal der
unteren Lappen. (Lungenödem war sehr häufig, ich habe darüber
keine Statistik erhoben, da mir dies wenig Werth zu haben
schien.)
In 66 Fällen ist die Milz als geschwollen, Tei^rOssert no-
tirt, und zwar in 41 F&llen von Pyämie (bei denen die FiUe
mit Infarcten und Abscessen der Milz ausgeschlossen sind), und
in 25 Fällen reiner Infectionsfieber. — Da die betreffenden Se^
tionsprotokoUe theils von Prof. Rindfleisch, theils Yon Pro-
fessor Eberth, theils von mir dictirt sind, so schwanken die
Bezeichnungen der Milzconsistenz im Ausdruck sehr; die Coo-
sistenz der Milz hängt so sehr von dem Znstand und der Menge
des darin enthaltenen Blutes, von der Spannung und Starrheit
der Kapseln und Trabekeln (deren Muskeln wahrscheinlich auch
eine Todtenstarre haben), und dann erst von der Beschaflenheit
des Parenchyms, endlich von dem Grade der Leichenzeraetzung ab,
dass nur die minutiöseste Berücksichtigung aller dieser Verhllt-
nisse einen sicheren Schluss auf die wahre Consistenz der Pulpa,
die man doch eigentlich bezeichnen will, erlaubt.
Diffuse Schwellung und abnorme Weichheit des Leber-
parenchyms, welche durch einen akuten parenchymatSsea
Process bedingt schien, ist 3 Mal notirt.
2 Mal ist diffuse metastatische Parotitis beobachtet.
In 30 Fällen sind die Nieren als stark hyperämisch, die
Kapsel als leicht lOsbar notirt; ich will darauf kein zu grosses
Gewicht legen, doch d&rfte, wie schon früher bei der Albnmi-
nurie bemerkt, ein leichterer Grad difiuser Nephritis, der so
schwer anatomisch zu erkennen ist, häufiger bei den Infections-
fiebem vorkommen, als man ihn beachtet.
I3eb«r Waodfieber ond accidentelle Wandkraakheiten. 105
e) Wir kommen endlich zu den metastatischen Zell-
gewebsabseessen. Da haben wir 1 Abscess in der Kopf-
sehwarte, mit nachfolgender eiteriger Meningitis, 2 kleine Abscesse
im Gesicht (Stirn, Angenbranengegend), 1 an der Vorderseite des
Iborax, 2 hinten an der Scapnla, 2 um das Schultergelenk, 2 am
Eieoxbein, 1 am Fnss (Gegend des Malleolus): im Ganzen
II Fälle. — In manchen dieser Fälle kann man die Entstehung
der Abscesse dadurch vermittelt erklären, dass ein Druck ein-
gewirkt hat: am Bficken, am Kreuzbein; bei vorhandener Dispg-
sition zur Eiterung mag ein geringer Reiz genügen, um eiterige
Entzündung hervorzubringen. Wenn man noch nicht überzeugt
ist, wie sehr die eiterige oder jauchige Infection den ganzen
Körper durchdringt, und zur Eiterung an sonst gereizten Stellen
disponirt, so mögen folgende Beobachtungen noch dazu dienen,
diese Ansieht zu stützen. Es ist bekannt, dass einfache, sub-
cutane Fracturen ohne irgend welche Complication nie spontan
eitern; wenn nun Individuen mehrere Fracturen haben, leichtere
sabcntane und vielleicht eine schwere offene ünterschenkelfractur,
Ton der aus sie inficirt worden, so findet man, wenn diese In-
dividuen nach einigen oder mehreren Wochen sterben, auch die
Bubeatanen Fracturen bei der Section eiternd; ja, es ist mir so
▼oigekommen, als wenn in manchen Fällen ein bereits ziemlich
fester, tiieilweise knöcherner Callus unter Einfluss der Infection
la Eiter zerschmolzen sei. Es sind in meinen Proto-v ollen
4 solche Fälle notirt, andere sind mir aus früherer Zeit wohl im
Gedächtniss.
Man hat bei den pyämischen Infectionen die jauchige und
eiterige Osteomyelitis, die nach offenen Fracturen und Am-
putationen zuweilen eintritt, als ein ziemlich häufiges Vorkomm-
niss bezeichnet, und ihr deshalb einen besonderen ätiologischen
Werth zuertheilt; ich stelle denselben nicht in Abrede, doch ist
diese Krankheit unendlich viel seltener Ausgang pyämischer Infec-
tion, als manche Autoren anzunehmen scheinen. Ich habe mir
die Mühe nicht yerdriessen lassen, in allen Fällen, in welchen
Qv eine Spur von Verdacht auf Erkrankung des Knochenmarkes
106 Dr- Th. Billroth,
war, die betreffenden Knochen an&ttsftgen; doch nur 5 Mal haben
wir Osteomyelitis gefunden; man erkennt ihre Existenz an der
Leiche leicht dadurch, dass sich das Periost von der Knochen-
oberfl&che besonders leicht abziehen l&sst, wobei man meist «leb
subperipstale Abscesse findet.
Aetiologisches.
§. 13. Ob das Geschlecht einen Einflnss auf die Inficir-
barkeit hat, darüber habe ich nicht der Mflhe werth erachtet,
besondere Zahlenreihen zu erheben, weil die Zahl der weiblichen
Individuen zu gering ist, um aus einem Verhältnisse der an In-
fection gestorbenen zu den verwundeten Frauen einen besonderen
Schlnss ziehen zu kOnnen: unter den erw&hnten 180 sind nim-
lieh nur 32 Weiber, gegenüber 148 Männern. Dies nngleiehe
Yerhältniss liegt daran, dass 1) überhaupt die Zahl der weiblichen
Individuen, welche hier jährlich auf die chimrg^che Abtheilong
aufgenommen werden, kaum die Hälfte, oft nur ein Drittbeil Ton
derjenigen der aufgenommenen Männer beträgt, und dass 2) die
schweren Verletzungen, welche nahezu in Dreiviertheil der F&Ile
Veranlassung zu den tödtlichen Infectionsfiebem geben, beiden
Weibern nicht vorkommen, weil die Weiber wenig schwere und
gefährliche Arbeit thun; es kommen hier die gleichen Ursachen
in Betracht, wie bej der Statistik der Fractnren.
Das Gleiche muss berücksichtigt werden, wenn von der Be-
ziehung des Alters zur Infection gesprochen vrird; ich will in-
dess die das Alter betreffenden, von mir angestellten Erhebon-
gen mittheilen:
Es erkrankten und starben im Alter von
Jahren
an
einfachen
an
Py&mie
nnsecirt blieben
SnnuBi
Infectionsfiebem
0-5
0
0
0
0
6—10
1
1
0
2
11—15
2
1
1
i.
16—20
3
9
0
12!
Latus 6 11 1 18 1
Ueber Wandfieber und accidentelle Wnndkrankheiten. 107
Jahrw
an
einfachen
an Py&mie
nnseeirt blieben
Snnuna
lofectionsfiebem
Transport
6 •
11
1
18
21-25
8
14
1
23
26-30
3
12
2
17
31-35
5
9
1
15
36-40
6
•8
1
15
41-45
11
9
2
22
46-50
7
3
3
13
51-55
11
6
0
17
56-60
11
6
2
19
61-65
7
2
2
11
66-70
3
3
0
6
71-75
0
0
0
0
76-80
1
0
0
1
81-85
1
0
1
2
86-90
1
0
0
1
81 83 16 180
Es ergiebt sich bierans, dass tod den 180 Individuen 170
im Alter von 16 — 65 Jahren gestorben sind; es wäre aber ganz
f&lseb, hieraus schliessen su wollen, dass die Infectionsf&higkeit
vor 16, und nach 65 Jabren besonders gering sei; denn die Men-
schen haben in zarter Jagend und bohem Alter selten Gelegenheit,
sieh schwer zn verletzen, und daher auch wenig Gelegenheit, pyä-
misch zu werden.
Innerhalb der Reihe von Fällen, welche zwischen dem 16ten
und 65sten Jahre vorkaipen, sind die Schwankungen nicht so
gross, dasB man ein Gewicht darauf legen konnte; auch sind die
eii»elnen Zahlen zu gering, um etwas Weiteres damit anfangen
zu können. — Betrachten wir die einzelnen Reihen von Zahlen
fiir sieh, so ergiebt sich, dass die reinen Infectionsfieber häufiger
in den Jahren von 21—65, die Pyämie häufiger in den Jahren
von 16 — 60 vorgekommen sind; darf man daraus den Schluss
ziehen, dass die wahre Pyämie häufiger in jflngeren Jahren sei?
ieh glaube kaum; die Zahlen sind doch wohl, f&r eine solche
108 I>r. Th. Billroth,
Berechnung auf ftnf]&hrige Altersperioden, nicht gross genug,
um Zufälligkeiten auszuschliessen.
§. 14. Ein besonderes Interesse yerdient die Berücksich-
tigung der verletzten Körpertheile, mit welchen die bfee-
tionsfieber, respective die Inficirbarkeit in besonderem Verh&Unisse
zu stehen scheinen, denn schon eine kleine Zahl \on Beobachtan-
gen lehrt, dass Handverletzungen vreniger gefährlich f&r Infectioa
sind, als Knie Verletzungen u. s. w. Ich kann nach meinen Be-
rechnungen hierüber Folgendes aussagen. Ich bemerke znoäcbst,
dass im Ganzen, vom 1. Januar 1860 bis 1. October 1866, auf
die klinisch -chirurgische Abtheilung aufgenommen sind: 3843
Kranke, von denen also 180 (4,6 pGt.) an Infectionsfiebern ge-
storben sind; ob diese Todtenzahl verhältnissm&ssig hoch oder
niedrig ist, l&sst sich aus diesen Zahlen kaum ann^emd sagen,
denn es kommt darauf an, zu v«rissen, welche chirurgischen Krank-
heiten vorwiegend waren; die Zahl von pyämischen Erkrankan-
gen, welche sich zu subcutanen Entzündungen hinzugesellen, oder
zu subcutanen Verletzungen (Quetschungen ohne Wunde, subcu-
tanen Fracturen etc.) ist so gering, dass sie kaum in die WaagBcbale
fällt. Es käme also auf die Zahl der Verwundeten (indasive der
Operirten , exclusive der subcutanen Verletzungen) an. Um nao
zu wissen, wie viele von meinen Verwundeten an InfectioDS-
fiebern gestorben sind, müsste ich zunächst die Zahl der Ver-
wundeten und Operirten überhaupt berechnen: es sind 1394, wo-
bei natürlich die operirten Verwundeten nur ein Mal gezählt sind
(im Ganzen waren also 36,2 pCt. aller meiner Kranken Ver-
wundete oder Operirte). Von den 180 an Infectionsfiebern
Gestorbenen müsste ich dann aber diejenigen abziehen, welche
von nicht traumatischen Entzündungen inficirt sind: es sind 36|
(24,3 pGt der an Infectionsfiebern überhaupt Gestorbenen 180)j
Hiemach ist nun festzustellen, dass von 1394 Verletzten an<I
Operirten 144 (10,3 pCt.) an Infectionsfiebern gestern
ben sind. Diese Zahl ist, als allgemein gültige, immer noch
auf alle Fälle hoch, weil es sich vorwiegend um schwere Ver-
letzungen handelte, indem die leichteren Fälle gewöhnlich ad
^ \3eber Yfandfieber und accidentelle Wandkrankheiten. 109
die Secnndarabtheilang verlegt sind, so dass sich auf meiner Ab-
tlieiluDg h&ufig eine Gumulation schwerster chirurgischer FäQe
befindet
Es ist bekannt, dass Infectionsfieber Yorwiegend bei offenen
Verletzungen der Knochen auftreten; hierSber kann ich
folgende Zahlen angeben: unter den 144 Verletzungen, welche
fiir Entwickelang ton tOdtlichen Infectionsfiebern Veranlassung
gaben, sind 113 Knochenverletzungen, nur 31 Verletzungen der
Weichtheile allein (worunter die Gelenkverletznngen wiederum
die grösste Bolle spielen). So eclatant diese Zahlen sind, würde
tö doch wohl ein unrichtiger Schluss sein, wenn man daraus
entnehmen wollte, dass die Producte der traumatischen Ostitis,
Periostitis und Osteomyelitis besonders infectiös sind; die
Knochenverletzungen werden vielmehr gerade durch die ausge-
dehnten, tiefen Eiterungen der Weichtheile erst recht gefährlich;
wahrscheinlich ist eben die Tiefe der Eiterungen, und die dadurch
bedingte Gelegenheit zur Vorhaltung und Zersetzung des extra vasir-
ten Blutes und der Secrete die Ursache der erwähnten Thatsachen.
Was die Beziehung der Localität der Verletzung zur Infection be-
trifft, so genügt es begreiflicher Weise nicht, zu wissen, me viele
von den 144 an traumatischer Infection Verstorbenen am Arme,
wie viele am Kopfe etc. verletzt waren, sondern es muss die
Zahl der Gestorbenen im Verhältnisse zu den an bestimmten
Körpertheilen überhaupt Verletzten in Beziehung gesetzt werden,
Bm mit Recht zu sagen, Verletzung dieses oder jenes Körper-
didles disponire am meisten zur Infection.
Hiernach ist folgende Tabelle I. aufgestellt:
Von
116 am Kopfe Verwundeten sind 4 an Infection gest. = 3,4 pGt.
208 am Gesichte -
6 -
- = 2,8 pCt.
115 am Halse
9 -
- = 7,8 pCt
65 an Brost and Bücken -
8 -
- =12,3pCt.
40 am Banche
1 -
- = 2,5 pCt.
89 in der Beckengegend -
6 -
- = 6,7 pCt.
633 Latus 34
110 Dr. Th. Billroth,
Transport
633 34
303 an Hand und Vorderann 9 an Infection gest. = 2,0 pGt.
80 am£lleDbog.biszarSchalt6r28 ... =:35,OpCt
293 am Fasse tt. Unterschenkel 46 - - - = 15^pGi
85 vom Knie bis »ur Hüfte 28 - - - = 32,9 pCt
1394 144
Zur einfacheren üebersicht fuge ich noch eine Tabelle II.
hinzu:
auf Kopf und Hals zusammen kommen 4,3 pCt.
auf den Rumpf - 7,7 pCt
auf die oberen Extremitäten - 9,3 pCt
auf die unteren Extremitäten - 19,3 pCt.
Aus diesen Berechnungen geht hervor, dass die Verletzim-
gen vom Ellenbogen an bis zur Schulter häufiger zur InfectioQ
fähren, als die Verletzungen vom Knie bis zur Hüfte, femer die
Verletzung von Fuss und Unterschenkel weit häufiger, als die
von Hand und Vorderarm (Tabelle I.^, während sonst im Allge-
meinen die Verletzungen der unteren Extremitäten mehr zur
Infection disponiren, als die der oberen (Tabelle II). Ob diese
Zahlen gross genug sind, um unzweifelhafte Wahrheiten zu bezeu-
gen, muss ich freilich dahingestellt sein lassen.
Worin die so grosse Difierenz in der Infectionsdispositiou
der Verletzungen, betreffs der Localität, liegt, ist sehr schwierig
zu sagen. Die Disposition der verschiedenen Theile zur Eite-
rung, und namentlich zu diffusen Eiterungen, die Entfernung vom
Centrum des Rumpfes, ganz specielle Circulationsverhältnisse, An-
ordnung der Lymphbahnen, Intercalirung von mehr oder weniger
Drüsen etc. etc. mögen hier von Einfluss sein. Mag es sein, was es
wolle, es scheint mir durch obige Zahlen unumstösslich bewieseoJ
dass die Localität der Verletzung wirklich bedeuten^
den Einfluss auf die Disposition zur Infection hat|
dies ist ein sehr wichtiges Factum, denn es stellt die inficirea^
den Einflüsse, welche nicht mit der Wunde direct zusammen]
hängen, (Infectionen durch Respirations- , Verdauungsschleiml
Heber Wandfieber nnd accidentelle Wandknnkheiien. Hl
b&ate etc.)» mindestens erheblich zurück , und stellt die Bezie-
bung der Yerwundong zur Infectgion in den Vordergrund.
Was die 36 Fille betrifft, bei welchen der Ausgangspunkt
der Infection in nicht direct traumatisch entstandenen Entzündun-
gen zu suchen 'war, so bemerke ich nur, dass davon 7 auf jau-
chigen Decubitus bei Wirbelfracturen, mit Ruckenmarkszerreissun-
gen, 5 auf Gangraena spontanea kommen, mehrere auf acute
Gelenkfereiteningen und Phlegmone bei alten Leuten, einige
aaf direct von Aussen gekommene Infection auf Individuen mit
chronischen Eiterungen. In 2 Fällen gingen Patienten an
Infectionsfiebern zu Grunde, ohne dass die Entzfin-
dnngsberde mit der Luft je communicirt hätten, näm-
lich in einem Falle von unreponirbarer Luxation des Oberschenkel-
kopfes mit gleichzeitiger mehrfacher Beckenfactur, und in einem
Falle von subcutaner Fractnr des Oberschenkels bei einem alten
Manne. Beide Individuen starben nach mehreren Schüttelfrösten acut
marastisch unter dauerndem Fieber in der 5. und 6. Woche nach der
Verletzung; bei beiden trat indessen erst sub finem vitae Decubitus
aof, was ganzgenau constatirt ist; in beiden Fällen fand sich wenig
CaUus, doch Eiter um die Fragmente, keine Thrombosen, keine
metastatischen Abscesse. — In einem Falle entwickelte sich bei
einem alten Manne, der sich durch Fall eine Luxation der Schul-
ter zugezogen hatte, die nicht reponirt war, eine colossale Masse
Gas ans dem Blntextravasat, ohne eine Spur von Hautverletzung,
ohoe Bippen- und Pleuraverletzung; es trat acute Sepsis ein,
ieh spaltete den Sack, entleerte eine grosse Menge stinkenden
Gases und stinkender Jauche; Patient starb bald darauf. Hier hatte
die so fiberans selten subcutan eintretende, spontane Zersetzung
des Blutextravasates den Kranken schon tödtlich inficirt, ehe ich
die Jauebehöble eröffnete.
§. 15. Wir kommen jetzt zur Untersuchung, ob die Jah-
reszeit einen Einfluss auf das geringere oder häufi-
gere Vorkommen von traumatischen Infectionsfiebern
hat
Ich habe, um dies zu constatiren, die erwähnten 180 Fälle
112 Dr. Th. Billroth,
SO in eine Tabelle angeordnet (s. den unteren Theil von Tab.
VI. und Tab. VI a.) , dass man iientlich die Reihenfolge der Fälle
sehen kann, welche auf meiner Abtheilnng vorkamen. Die Tabelle
ist nach folgender Anordnung zusammengesetzt: das Jahr ist durch
die verticalen starken Linien in 12 gleiche Abschnitte getheilt, ent-
sprechend den 12 Monaten; jeder Monat ist wiederum durch
Verticallinien in 4 gleiche Abschnitte getheilt, entsprechend den
4 Wochen des Monats; diese Abtheilungen von je 7 Tagen ent-
sprechen freilich nicht ganz der Monatseintheilung indem in den
lezten der 4 Abschnitte (mit Ausnahme des Februar) immer mehr
als 7 Tage eingetragen sind; diese kleine üngleichmissigkeit
bringt indess keinen wesentlichen Schaden flir die üebersieht-
lichkeit der Tabelle. In dies System von verticalen Strichen
sind nun dicke, horizontale Striche von verschiedener Länge
eingetragen, welche die einzelnen Fälle repr&sentiren; die Striche
beginnen und enden an denjenigen verticalen Strichen, welche
der Anfangs- und Endzeit der Erkrankung entsprechen; bei
dieser Art der Einzeichnung sind wir freilich oft in die zwei-
felhafte Lage gekommen, wann wir das tödtliche Infectionsfieber
bei dem betreffenden Falle beginnen lassen sollten, und mussten
uns hierbei von den Krankengeschichten leiten lassen; bei den
ganz acut verlaufenen Fällen haben wir meist nur 2 bis 3 Tage
nach der Verletzung an dem zu machenden Strich in Abzug ge-
bracht; bei den länger verlaufenden Fällen haben wir uns meist
nach den Fiebercurven richten können, und die Infection da an-
fangen lassen, wo das Fieber durch schnelles Aufsteigen, oder
durch üebergang in steile Curven einen besonderen Charakter
anzunehmen schien, bei gleichzeitig anderen schweren Sympto-
men. Die Anfangs- und Endtermine wurden in dem Linien-
Systeme nach Augenmass abgeschätzt, falls sie nicht zufUlig aof
Anfang oder Ende einer Woche fielen, z. B. der allererste Strich
zeigt einen Fall an, welcher vom 10. bis 19. Februar verlief*)
*) Da ich die Abtheilnng erst am 1. Mai 1860 Übernahm, und tot mii
keine Journale geführt wurden, so kann ich für die Zeit Tom 1. Januar biä
1. Mai nicht garantiren.
Ueber Wandfieber oDd aecidentelle Wundkninkheiten. 113
Was die Form der Striche anlangt, bo bedeutet die
Fälle, in welchen bei der Section keine embolischen Processe
gefunden wurden, ■ Fälle von. wahrer Pyämie, -.--.— an-
secirte Fälle. Wenn mehrere Fälle zagleich auf der Abtheilung
waren, so sind die betreffenden Striche über einander gezeichnet.
Man übersieht nnn leicht auf dieser Tabelle, wie sich die Fälle
folgten, und wie sie sich anhäuften; wir werden dieselbe nach
verschiedenen Richtungen hin benutzen.
Betrachten wir die einzelnen Jahre, so finden sich:
im Jahre 1860 13 FäUe.
1861
25
-
1862
23
-
1863
39
-
1864
31
-
1865
32
-
1866
17
-
big 1. October. •)
180 Fälle.
Hiemach wären die Jahre 1860 und 1866, selbst abgesehen
von ihrer ünvoUständigkeit, die besten gewesen, das Jahr 1863
das schlimmste. Greifen wir die 12 Monate heraus, in welchen
die traumatische Infection am mörderischsten war, so ist es die
Zeit Tom 1. Juni 1863 bis 1. Juni 1864: sie umfasst 5 3 Fälle;
dagegen enthält das Jahr vom 1. Juni 1862 bis 1. Juni 1863
wohl die geringste Anzahl, die sich bisher auf 12 Monate ver-
theilt hat, nftmlich: 17 Fälle.
Die Anhäufung der Fälle je nach den Jahreszeiten stellt sich
so, dass die meisten Fälle vorkamen:
1861 im Febraar, Mai, Joni, Jali.
1862 im April, Mai, Joni, Jali.
1863 im JqdI, Juli, Aagast, Norember, December.
1864 im Janaar, Febraar, April, Mai.
1865 im Februar, Mai, Jani, December.
1866 im M&rz, April
^) Zn welchen noch 2 hinzakommen, welche vom 1. October bis 81.
December beobachtet, doch in diesen Ende September 1866 abgeschloBsenen
Ibaehaitt nicht mehr aufgenommen werden konnten.
V. I«ABgeobeck, ArehW f. Chinirgfe. IX. g
114 Dr. Th. Billroth,
Im Jahre 1860 lässt sich eine Aohfiofung überhaupt nicht
<^on8tatiren; wir finden somit vertreten:
Januar
. . 1 Mal
Februar
. . 8 -
Mftrz . .
. . 1 -
April . .
. . 8 -
Mai . . .
. . 4 -
Juni . .
. . 4 -
Juli . . .
. . 8 -
AnguBt . .
. . 1 -
September
. . 0 -
October .
. . 0 -
November .
. . 1 -
December .
. . 2 -
Hieraus ergiebt sich, dass die gefährlichsten Zeiten sind:
Februar bis Juli, darunter Mai, Juni am schlimmsten; am besteo
die Zeiten von August bis Januar, darunter September und Oc-
tober am gfinstigsten. Im Frühling und Sommer ist die tran-
matische Infection also gefährlicher, als im Herbst und Winter:
hat dies einen directen Zusammenhang? ist die Disposition m
Eiterung in dieser Zeit am grossesten ? sind die Bedingfingen für
die Zersetzung der Secrete inf dieser Zeit am gfinstigsten? mög-
lich I möglich! — doch man muss sich in der Statistik sehr
hfiten vor solchen Schlüssen, die nur auf der CoincidenK beruhen.
Dass die traumatische Infection im Frühling und Herbst beson-
ders gefährlich ist, das geht aus den angeführten Beobachtungen
hervor; warum dies aber so ist, das kann sehr verwickelte
Gründe haben. Je mehr gefährliche Fälle, die zur Infection dispo-
niren, auf der Abtheilung sind, um so mehr werden wahrschein-
lich sterben; es ist nun aber statistisch nachgewiesen, dass der
Zudrang zum hiesigen Gantonspitale am stärksten in den Mona-
ten Mai und Juni, am geringsten im September und November
ist; diese Krankenzahl Verhältnisse haben gewiss indirecten Ein-
fluss auf die Zahl und Zeit der Todesfälle. Es kommt hinsn,
dafis viele schwere Arbeiten, die im Frühjahr von neuen, tum
Theil noch ungeübten Arbeitern begonnen werden, und im Win-
ter ruhen, Veranlassung zu schweren Verletzungen geben. Man
üeber Wondfieber und accidentelle WoDdkrankheiten. 115
könnte femer hervorheben, dass gerade im Mai, im Beginne des
Sommersemesters, die meisten Operationen, und deshalb auch die
meisten Infectionsfieber vorkommen; dieser Einwand wird indess
dadurch entkräftet, dass in gleicher Weise der November ein ge-
fahrlicher Monat sein musste, was nicht der Fall ist. Die Zeit
der üniversitätsferien: März, September, October ist freilich unter
den weniger gefährlichen Monaten; doch kann ich versichern,
dass die Üniversitätsferien, wenn auch auf die Zahl der ver-
schiebbaren Operationen einigen Einfluss, so doch auf die Zahl
der Kranken auf meiner Abtheilung wenig oder gar keinen £in-
floss hat; das Spital ist Gantonspital, und die Zahl der Aufnah-
men wird nur wenig durch die Lehrzwecke modificirt . — End-
lich muss ich noch an etwas erinnern: im Sommer werden die
chirurgischen Operationscurse gehalten; wenn sich nun auch alle
Personen, welche auf der Anatomie, und dann wieder in den
Krankensälen zu thun haben, stets der grössten Reinlichkeit be-
fleissigten, und ich immer auf die grosse Verantwortlichkeit in
dieser Beziehung: aufmerksam machte, so wäre eine Uebertragung
Yon septischen molecularen Stoffen, die an den Kleidern haften
können, doch nicht undenkbar, uad ich habe in den letzten Jah-
ren nicht mehr gestattet, dass diejenigen Herren, welche als As-
sistenten oder Assistentengehülfen fungirten, und fast allein den Ver-
band der Kranken zu besorgen hatten, an den OperationscurbCM
Theil nahmen; auch die Sectionen, von denen her eine Infection
aaf die Wunden geleitet werden könnte, werden schon seit meh-
rere Jahren vom Professor der pathologischen Anatomie ge-
macht. Ich selbst habe für die Anatomie stets besondere Röcke,
and beschäftige mich mit anatomischen Arbeiten immer erst, nach-
dem ich auf den Krankensälen die Visite gemacht habe.
§. 16. Ein besonderes Gewicht hat man stets darauf gelegt,
dass nicht zu viel eiternde Wunden in einem Hause, oder in
einem Räume angehäuft werden, denn, sagt man, dadurch ent-
steht ein besonderes (specifisches) Miasma, welches die Pyämie
erzeugt: ist diese Entstehungsart des Miasma bewiesen? — Es
wire hierbei zunächst das Factum zu beweisen, dass bei Anhäu-
8*
116 Dr Th Billrotb,
fimg von eiternden Kranken in einem Raame auch Kranke mit
leichten Verwundungen, auch Kranke ohne Wunden inficirt werden;
femer w&re zu beweisen, dass gerade der Eiterdunst das an-
steckende sei.
Was die Anhäufung von eiternden Kranken in einem Zimmmer
betrifft, ein unter gewöhnlichen Spitalverhältnissen leicht m be-
seitigender Uebelstand, so kann man darüber wohl nur im ein-
zelnen Falle mit der Nase urtheilen, wenn man spät Abends oder
Morgens früh in einen solchen Saal kommt. Ich bin ausser
Stande, über diesen Punkt Auskunft zu geben, ob Infectionsfieber
häufiger in diesem, oder jenem Saale vorkommen, denn schon
seit dem Sommer 1864 herrscht eine später zu besprechende
Methode der Krankendislocation auf meiner Abtheilung, die es
unmöglich macht, die einzelnen Zimmer nachträglich nach den
Journalen zu controliren, weil der Kranke nie lange in dem Zim-
mer bleibt, in welches er aufgenommen wurde. — Möglieb ist
es aber, die Zahl von eiternden Kranken anzugeben, welche la-
gleich auf meiner Abtheilung in jeder Woche gelegen haben; sie
erleidet nicht unwesentliche Schwankungen. Wenn man nämlich
jeden Fall mit eiternder, resp. jauchender Wunde in gleicher
Weise in eine Tabelle einträgt, wie wir es mit den Infectionsfie-
bern gethan haben , was man natürlich nur mit jeder Kranken-
geschichte in der Hand thun kann, so muss man durch Zäblong
der übereinander fallenden Linien heraui^bringen können, wie viel
eiternde Kranke in einem Zeitabschnitte (wir haben dazu die
Woche gewählt) auf der Abtheilung waren; man würde hiernach
eine Durchschnittszahl, ein Maximum und ein Minimum aofstel-
len können für die Anzahl eiternder Wunden, welche je per
Woche in einem Jahre auf der Abtheilung lagen; es wären dann
die Beziehungen dieser Kesultate zu den Anhäufungen von Infec-
tionsfiebern zu untersuchen, und so festzustellen, ob jedes Mal
die grösste Anhäufung von Todesfällen an Infectionsfiebem mit
der grössten Zahl gleichzeitig auf der Abtheilung angehäufter
eiternder Kranken zusammenfällt. Ich habe nun eine solche Ta-
belle für die Jahre 1860—1863 ausgearbeitet; sie ist zu umfang-
Deber Wondfieber and accidentelle WundkrankheiieD. 117
reiche am mitgetheilt za werden , doch sind die daraus erhobenen
Zahlen zwischen die beiden Hanptreihen auf der Tabelle VI. und
VI a. eingeschaltet Eine Yergleichung der so gewonnenen Zahlen
ergiebt Folgendes:
Im Jabre 1860 fand keine Anh&ufung von Pyämief&Uen
Statt — 1861 haben wir in den 3 letzten Wochen des Februar
5 Fälle von tAdtlichen Infectionsfiebem bei 34, 35, 36 Kranken
mit eiternden Wunden per Woche, Zahlen, welche die Durch-
schnittszahl 36 für das Jahr 1861 nicht äberschreiten, vom Maxi-
mum 47 jedenfalls erheblich entfernt sind. In der letzten
Woche des Mai, und in den 3 ersten Wochen des Juni haben
wir 8 Fälle von tödtlicher Infection, bei 39, 37, 38, 40 eitern-
den Kranken per Woche. In den beiden letzten Wochen des
Juli finden wir 4 tOdtliche Infectionen, bei 46 und 47 eiternden
Kranken per Woche: hier haben wir allerdings eine Congruenz,
wie sie a priori verlangt wurde. — Nehmen wir das Jahr 1862.
Hier ist im April, Mai, Juni, Juli eine Anhäufung von 13 rasch
nach einander folgenden tödtlichen Infectionen bei dem sehr
wechselnden Bestände von 32—42 eiternden Kranken per Woche,
einer Zahl, die sich mehr der Durchschnittszahl pro 1862 : 39,
alä dem Maximum : 46 nähert — Im Jahre 1863 haben wir in
der letzten Woche des Juni, und in den 2 ersten Wochen des
Juli die bedeutendste Anhäufung von Todesfällen durch Infec«
tion, die je so gehäuft vorkam: 13; diese fällt zusammen mit
dem Bestände von 53, 48, 48 eiternden Kranken per Woche,
Zi^en, welche das Maximum (53) des Jahres 1863 in sich
schliessen. — Weniger stimmte dagegen wieder die Anhäufung
von Infectionsfällen mit der Zahl der eiternden im November 1863.
Ich habe im Ganzen von dieser Untersuchung den Eindruck
erhalten, dass eine consequente £!ongruem, die eine nothwendige
Bedingung in sich schlösse, in dem besprochenen Verhältnisse
nicht liegt. Und wenn dies der Fall gewesen wäre? müsste
es beweisen, dass der Eiterdunst die krankmachende Potenz sei ?
wird man nicht sagen mfissen : je grösser die Zahl der eiternden
Kranken auf einer Abtheilung, die vorwiegend die acuten chirur-
118 Dr. Th. Billroth,
gischen Fälle beherbergt, um 80 grOsser wabrBcheinlich die Zahl
derTodescandidaten! — um so grösser die Gelegenheit für An-
steckung! werden die Contagionisten sagen. Man beseitige die
schlechten Dünste aus den Krankensälen durch gute Ventilation,
und man wird die Pyämie verschwinden sehen! rufen die Mias-
matiker. Man treibt die Ventilation aufs Aeusserste, man be-
handelte die Kranken in Zelten! unter freiem Himmel! — sie
bleiben doch nicht von Pyämie verschont! Wo ist hier Wahr-
heit? Wäre ich ein Nathan, so würde ich den Fragem antwor-
ten, wie der weise Jude dem Sultan: „was will der Sultan?
Wahrheit! Wahrheit! und will sie so — so baar, so blank, —
als ob die Wahrheit Münze wäre! — Ja, wenn noch uralte
Münze, die gewogen ward! — das ginge noch! Allein so neue
Münze, die nur der Stempel macht, die man aufs Brot nur zah-
len darf, das ist sie doch nun nicht! Wie Gold in Sack, so
streiche man in Kopf auch Wahrheit ein?'' — Wenn ich nun auch
nicht mit einem Gleichnisse antworten kann, so muss ich mir
doch in Folgendem vielfach mit Analogieen helfen, um etwas U"
sammenhängend auszudrücken, was ich nach meinen Beobahton-
gen von der Sache halte.
§. 17. Ich bin Von der Ansicht ausgegangen, dass Wand-
fieber und Entzündungsfieber durch Resorption pyrogener, anf
oder in der Wunde erzeugter, oder auf dieselbe übertragener
Substanzen entsteht. Diese pyrogenen Substanzen sind organi-
sche Verbindungen verschiedener Art, verschieden gefthrlich
je nach Qualität und je nach der aufgenommenen Quantität, ver-
schieden gefährlich ferner für verschiedene Individuen; die mei-
sten dieser pyrogenen Substanzen sind zugleich phlogogen. Die
Intermission des traumatischen Fiebers hängt vorzüglich von der
intermittirenden, d. h. schubweisen Aufnahme der Inficirenden
Körper in's Blut ab, doch disponirt die Aufnahme eiteriger Sub-
stanzen mehr zu Schüttelfrösten, als die jauchiger Substanzen;
das Phänomen der Schüttelfröste genügt nicht, eine besondere
Art von Infectionsfieber aufzustellen. Die Entstehung ausgedehn-
ter Venenthrombosen ist selten die directe Folge eines Trauma,
Deber Wandfieber nod accidenielle Wundkrankheiten. I19
sondern bei weitem am häufigsten das Resultat von Kreislanfs-
stönmgen, die in progressiven Entzündungen und auch in dem In-
fectionsfieber selbst ihre Ursachen zu haben seheinen. Man kann f&r
die FUle von traumatischer und phlogistischer Infection, die sich
mit Thrombose und Embolie verbinden, den Namen ,,Py&mie^
sehr wohl beibehalten, doch liegt keine zwingende Nothwendig-
keit vor, diese Krankheit nach Wesen und Entstehungsart von
anderen Formen septischer oder purulenter Infection zu trennen,
obgleich die Gomplication durch Embolien eine wichtige und fflr
das betreffende Individuum oft folgenschwere ist; denn es werden
dadurch die Infectionsherde vermehrt, und wichtige Organe in
ihrer Function beeinträchtigt. Ob die Yenenthromben zu Jauche,
Eiter zerfallen, ob sie schadlos resorbirt, ob sie organisirt wer-
den können, h&ngt hauptsächlich von dem Zustande der Wunde
oder des Entzftndungsherdes ab, von welchem die Thrombose
aosgiog.
Jeder acut gebildete Eiter enthält infectiOse (phlogogene
und pyrogene) Stoffe, die nach Art von FermentkOrpern wirken,
wenn sie in's Gewebe des Körpers und von da in's Blut ein-
dringen; es ist möglich, dass der Eiter von Kranken, welche an
schweren Infectionsfiebem' leiden, bei Debertragung in die Ge-
webe eines anderen Menschen st&rker wirkt, als der Eiter eines
Dicht fiebernden, sonst gesunden Menschen, doch ist dies nicht
bewiesen, noch weniger, dass diese Wirkung eine qualitativ von
der Wirkung anderer Eiterarten verschiedene sei.
Die Bedingungen fDr die Entstehung besonders intensiv wir-
kender infectiöser Körper sind sehr mannichfaltig, Fäulniss von
Blat, von abgestorbenen Gewebstheilen, von zurfickgehaltenem
Eiter erzeugt die mannichfaltigsten Stoffe in bis jetzt nicht ge-
naoer chemisch bestimmbarer Folge von Umsetzungen mit den
verschiedensten Durchgangsstufen. Zurfickhaltung solcher fauler
Secrete in hoch temperirten, entzündeten Theilen befördert ihre
Weiterentwickelnng, znmal ihre fermentirende Kraft. Gfinstige
Bedingungen f&r die Aufnahme dieser in der Wunde erzeugten
Infeetionsstoffe in's Gewebe und in's Blut sind: Verbände auf fri-
120 I>r. Th. Billroth,
sehen Wanden, welche der Yerhaltung von Blut und Secreten Vor-
schub leisten, und so die Zersetzung der letzteren und ihre Auf-
nahme in die klaffenden Venen und Lymphgef&ssmündungen be-
sonders befördern, Unruhe, durch welche der Kreislauf in den
verletzten Tbeilen erheblich yerstfirkt wird, Zerstörung der
Wundgranulationen durch ätzende, zum Zerfall disponirende Se-
crete und mechanische Reize, durch Blutungen und die zur
Stillung der Blutungen nöthigen Manipulationen etc.
Die infectiösen Stoffe wirken nicht nur in flüssigem, sondern
auch in trockenem Zustande; dies ist f&r die phlogogene und
pyrogene Wirkung eingetrockneter fauliger Stoffe und eingetrock-
neten Eiters bewiesen. Es liegt also nahe, anzunehmen, dass
diese Stoffe an Gharpie, Verbandzeug, Instrumenten, Schwämmen
haftend, unter geeigneten Umständ^en infectiOs wirken ; sie können
in Staubform an Wänden, Betten, an den Händen, Haaren, Röcken
von Aerzten und Krankenwärtern hängen, ja sie können sich in
der Luft eines schlecht ventilirten, schlecht gereinigten Zimmers
suspendirt befinden. Ich halte es für wahrscheinlich, dass die
betreffenden inficirenden Körper in der Regel nur durch die
Wunden aufgenommen werden; denn wenn diese Stoffe anch
durch die Haut und Schleimhäute in die Gewebe dringen könnten,
so wäre es nicht wohl erklärbar, dass nur Verwundete erkran-
ken. Ich bin überzeugt, dass man eine gut eiternde, gut gra-
nulirende Wunde in vielen Fällen ohne Gefahr einer Luft expo-
niren kann, die infectiöse Körper enthält, denn es gehören immer-
hin noch, wie die Beobachtung zu lehren scheint, besondere
Bedingungen dazu, um die Infection wirklich auf diese Weise zu
Stande zu bringen. Es handelt sich wahrscheinlich um Infection
mit einem Stoff, der von einem Kranken mit eiternder oder
jauchender Wunde stammt; ja, es liesse sich folgender Fall
denken: ein Kranker wird durch seine eigenen, an der Wunde
gebildeten Secrete Intoxirt, er fiebert heftig, erholt sich aber;
eine Sonde, die an seiner jauchenden Wunde gebraucht ist, wird,
nicht gehörig gereinigt, in die Verbandtascbe gesteckt; Pak wird
nach und nach fast gesund, seine Wunde heilt, wird etwa in
Oeber Wundfieber ood accidentelle Wundkrankheiten. 121
<ler 8. Woche mit der erwähnten Sonde untersucht, die Wunde
Watet etwas; Pat hat nach 2—4 Stunden einen Schüttelfrost, es
entwickelt sich eine neuA Entzündung an der Wunde, die sich
iinaofliörlich ausbreitet, die Schüttelfröste wiederholen sich, Pat
i'tirbi Was ihm begegnete mit der bei ihm gebrauchten unge-
reinigten Sonde, konnte bei Anwendung des gleichen Instrumentes
bei einem zweiten Patienten sich ebensowohl ereignen. Dass
die 80 Inficirten immer sterben müssen, soll keinesweges hiermit
gesagt sein;, sie können auch mit einer Lymphangitis oder einem
Erysipel davon kommen. Ich nenne ''das: Infection, Andere
aenneo es: Gontagion. Die Sache bleibt dieselbe, denn der
Effect jeder Ck)ntagion, jeder Impfung kann nur durch Analogie
der Fermentwirkang — was man so nennt — verstanden werden.
Vielleicht war die angewandte Sonde rein, doch die Charpie, mit
welcher die Wunde bedeckt ward, enthielt vielleicht einen be-
sonders stark inficirenden Körper. Bei gehöriger Vorsicht sollte
eine solche lofectionsart nicht vorkommen, doch wie wenig
achtet man noch darauf! Wie ist es möglich, jedes Stück Lein-
wand, welches im Spital meist von den Kranken selbst zu
Charpie zerzapft, im Krankenzimmer oft aufbewahrt wird, zu
controtiren! — Die geschilderte Art der Auffassung unterschei-
det sieh sehr wohl von derjenigen, welche früher allgemein
f(alt; wir glauben die infectiOsen Stoffe und ihre Träger in
trockenen putriden und eiterigen Stoffen und ihren Um*
setiangsprodacten erblicken zu müssen. Nach der frührren Auf-
JassoDg war das durch Anh&nfang von eiternden Kranken erzeugte
Miasma ein besonderes X, ein neuer, immer gleicher, aus dem
Eiterdanst sich erzeugender, sich gevnssermaassen präcipitirender,
blonderer, unbekannter Körper, ein chemisches X, welches man
bis jetzt vergeblich gesucht hat. Meine Auffassung hat darin
ihre Hauptstütze, dass auch trockene putride und eiterige Stoffe
phlogogen nad pyrogen auf Thiere wirken, wenn sie gleich der
Massigen Jauche oder frischem Eiter in's Unterhautzellgewebe
oder in's Blut gebracht werden, wie ich früher nachgewiesen
habe. Es scheint unbedenklich, diese experimentelle Erfah-
122 Dr. Th. Billroth,
rang auf den Menschen zu übertragen, doch fehlt ihr dasselbe,
wie den anderen Experimenten dieser Reihe, und wir können
keine Differenz in der Wirkung der verschiedenen putriden and
eiterigen trockenen Körper nachweisen; es ist jedoch sehr mög-
lich , dass eine quantitative und qualitative Differenz besteht.
Ich kann übrigens unbedingt zugeben, dass es möglicher Weise
nicht der trockene Eiterstaub als solcher ist, der schädlich wirkt,
sondern Wesen, die sich in dem eintrockenendem Eiter entwickeln,
wie man es für die Entwicklung des Cholera- oder Typbusgiftes
aus den Dejectionen abnimmt. Jeder Theorie über Infection
werden schliesslich Schranken gesetzt durch folgende, bis dahin
unwiderlegbare Sätze: Jeder Infectionsstoff ist je ntich Zeit and
Umständen mehr oder weniger intensiv ; die Bedingongen für die
Infection sind zuweilen sehr complicirt, zum*Theil rein mecha-
nischer Art; die Inficirbarkeit der Individuen ist eine verschie-
dene. — Wenn man behauptet, die Infection müsse nach meiner
Auffassung noch viel häufiger sein, als sie ist, so kann ich einem
solchen Einwurf freilich nichts weiter, als die eben aufjgestellten
Sätze entgegenhalten.
Bei mehrfachen Gesprächen über diese Gegenstände mit
Fachgenossen habe ich gefunden, dass es leidenschaftliche An-
hänger giebt für die Annahme eines specifischen, den Kranken
immer nur von aussen treffenden Pyämie- Miasmas oder Gonta-
giums oder miasmatischen Contagiums, welches man sich bald
fix, bald flüchtig vorstellt — und auf der anderen Seite leiden-
schaftliche Anhänger für die Annahme, dass nur durch Selbfit-
infection, nie durch Infection von aussen Pyämie entsteht. Es
scheint mir nicht fruchtbar, ein Expose zu geben über das, was
diese oder jene Autoritäten unter Miastna, Gontagium, Infection
verstehen, die Ausdrücke werden eben verschieden gebraucht;
wie ich mir für die in Frage kommenden Fälle die Debertra-
gung denke, habe ich auseinandergesetzt. Dass der sich an den
Wunden bildende resorbirte giftige Stoff, und der anf Wun-
den eventuell übertragene Infectionsstoff immer der gleiche für
septische Entzündung, immer der gleiche für purulente Entzfln-
üeber Wandfieber aod accidentelle Wondkrankheiten. 123
doDg mit Pyämie, immer der gleiche für Lympbangitis nein
masse — kurz, dass er ein speciiischer sein müsse, dafür liegt,
wie mir seheint, keine zwingende Noth wendigkeit vor, ja es
scheiat mir diese Proposition a priori höchst unwahrscheinlich.
Eine gewisse Verwandtschaft mögen alle diese Infcctiont^stofle unter
einander haben; es mag, wie schon bemerkt, das Secret eines
Kranken giftiger sein, wie das eines anderen; dafür scheint manche
Beobachtung zn sprechen; das Experiment lässt uns in diesem
Ponkt im Stich. Einmal in die Gewebe eingedrungen, wirken
die fraglichen Gifte wie Fermente; nicht durch das eine Staub-
eben Infectionsstoff wird der inficirte Mensch so schwer krank,
sondern weil dieses Atom Gifk eine Entzündung erzeugt mit
böchst giftigen Producten; diese intoxiren das Blut wiederholt
So lehren mich meine Beobachtungen; mir ist, seit ich mich in
der schweren Kunst zu beobachten, wie ich hoffe, mit etwas Erfolg
geübt habe, kein Fall begegnet, in welchem sich nicht an der
Inficirten Wunde Entzündungen zeigten, vor oder zugleich mit
der Allgemeininfection; mit anderen Worten, die hier in Be-
tracht kommenden Infectionsstoffe wirken alle zunächst phlogogen.
Mir sind nur wenige Fälle vorgekommen, in welchen ich mit
Recht eine Infection von aussen annehmen zu müssen glaube;
ich will zwei mittheilen, die mir besonders eclatant erscheinen.
Johannes K., 37 Jahre alt, wurde am 3. September 1364 dnrch einen
Erdratsch bei Bisenbahnarbeiten verschüttet; seine Hanptverletzung war
«in« sehr schwere, complicirte Fractnr des rechten Unterschenkels; mit
^Osster Sorgfalt gelang es, Extremität nnd Leben zu erhalten, doch war
^t sehr schwer krank. In der 11. Woche waren die Wunden bis auf eine
kleine Fistel geheilt, die Fractur fast vollkommen consolidirt Pat. war
schon lange fieberfrei; da die Fistel nicht heilen wollte, sondirte ich am
U. NoTember, f&hlte einen kleinen losen Knochensplitter, cxtrahirte ihn mit
^bonnng, bei nor geringer Grannlationsblutnng. Schon am Abend des
^- Nov. fieberte Pat. heftig, am 27. Mov. hatte er einen heftigen Schüttel-
frost, dann mehrere in den folgenden Tagen; am 3. December starb der
I'atieDt, mit dessen Herstellnng ich mir Wochen lang die grösste Mühe ge-
geben hatte. •
Jacob £., 20 Jahre alt, litt seit 3 Jahren an Garies des rechten Ellen-
bogeogelenkes; am 11. Pebrnar 1861 sondirte ich die Fisteln in der Klinik,
124 Dr. Th. Billroth,
gelangte mit der Sonde in den morschen Knochen, geringe Biotang; Pat.
war fieberloB. Am Tage darauf war die Secretion stärker, das Gelenk mehr
geschwollen und schmerzhaft, Pat fiebert; am 13. Februar Schfittelfrost.
Pj&mie, Tod am 33. Febrnar.
Mir ist es bis zur Gewissheit wahrscheinlich, dass in diesen
Fällen die betreffenden Sonden unrein waren, und ich richte
seit diesen Erfahrungen mein Augenmerk ernstlich auf die Rein-
heit der Untersuchungs- Instrumente. Will man die Scepsis anfs
Aensserste treiben, so könnte man sagen, in beiden Fällen war
Blutung vorhanden, wenn auch gering, das Blut zersetzte sich
•in den Fisteln, wurde resorbirt, so entstand die locale, dann die
allgemeine Infection. Ich kann dieser Auffassung natärlich nicht
das Wort: unmöglich! entgegen halten, doch sie ist im höchsten
Grade unwahrscheinlich! So unzählige Male sondiren wir mit
mehr oder weniger Blutung alte Knocheniisteln , und es macht
keine so schwere Erscheinungen; wenn diese nun doch ein-
treten, wie in den erwähnten Fällen, worin sollen wir das Be-
sondere suchen? Ich glaube, es ist nicht zu weit gegangen,
wenn wir in solchen und ähnlichen Fällen Infection ?on aussen
annehmen.
Noch ein Gesichtspunkt wäre in Betreff der Specifitätsfrage
zu berühren, nämlich der, ob die traumatische Infection in Epi-
demien auftritt oder nicht; ich will diesen Punkt bei Besprechung
des Erysipels erörtern, wo uns die gleiche Frage entgegentritt
Therapeutisches.
§. 18. Man ist so gewohnt, die Pyämie als eine unheilbare
Krankheit anzusehen, dass wohl viele Aerzte meinen, es lohne
sich nicht der Mühe, diese Krankheit zu behandeln. Nach den
von mir auseinandergesetzten Ansichten ist es klar, dass ich die
Frage über die Heilbarheit oder Nichtheilbarkeit der Pyämie gar
nicht discutiren kann , weil das, was man früher Pyämie nannte,
bei genauerer Analyse sich als ein Gomplex verschiedener Arten
von Infectionsfiebern ergeben hat, deren Intensität die grOssten
Verschiedenheiten bietet. Ob die Gruppe von Fällen, fBr die ich
lieber Wandfieber nnd accidentelle Wandkrankheiten. 125
schliesslich die Bezeichnnog PySmie beibehalten habe: Eiterinfec-
tion in Combination mit Thrombose und Embolie, noch heilbar
i$t, anch darüber möchte ich nicht discatiren, weil ich auch in
dieser begrenzten Fassung die Pyämie nicht zu diagnosticiren,
Docb ihren Beginn zu cons^tatiren vermag. Eine Discussion über
Heflbarkeit nnd Unheilbarkeit der Pyämie erscheint mir in der
That ausserordentlich unfruchtbar. Als Fragen, welche zu stellen
and zu beantworten sind, bezeichne ich folgende : L Wie können
wir die Infection eines Verwundeten verhüten? II. Weiche
Mittel sind geeignet, den Kranken zu unterstützen, um die er-
folgte Infection za überwindet!?
Ad I. Wie können wir die Infection eines Verwundeten ver-
bäten? Dies wieder und wieder hier auslührlich zu erörtern,
ist nicht meine Absicht; Vieles ergiebt sich aus dem früher Ge-
sagten von selbst, Vieles lüsst sich nur recht deutlich in praxi
zeigen. Je mehr sich die Erfahrungen über die Behandlung von
Verletzungen b&afen, um so mehr lernt man die wichtigsten
Pankte erkennen; ich hoffe, in dieser Richtung noch recht viele
Fortschritte zu machen. Mit dem Wunsche, Anderen traurige
Eifahmngen zu ersparen, hebe ich Einiges besonders hervor;
^^ erwarte nichts Neues, man erwarte von mir keine Univer-
salmittel gegen Pyämie! nur wenige Rathschläge, die durch die
Er&brong geprüft sind.
Die Prophylaxis gegen Infection beginnt unmittelbar nach
i^r Verwundung; ich habe schon früher darauf aufmerksam ge-
Bi^ht, dass schon die Frage, ob primär amputirt werden soll
oder nicht, entscheidet, ob ein Fall mehr oder weniger zuV In-
fektion disponirt ist Es handelt sich besonders um offene Frac-
^ren; hier wird viel gefehlt, durch zu vieles ünter-
SQchen; man führe nur da den Finger in die Wunde ein,
^0 man Verdacht auf Gomplication mit Gelenk Verletzung, oder
^f bedeutende Splitterung hat; bei den meisten offenen Frac-
^ren ist es unnöthig, den Finger in die Wunde zu bringen;
^0 wenig in dieser Richtung thun, ist in der Regel weniger
sc'lildlich, als das zu viel thun. Starke arterielle Blutungen er-
126 Dr. Th. Billroth,
heischen natfirlich besondere Haassregeln. Vielleicht geht Pi-
rogoff zu weit, wenn er räth, von den prim&ren Kngelextrac-
tionen ganz abzusehen, doch ist diese scheinbar extravagante
Ansicht idines so erfahrenen Chirurgen für mich von höchBter
Bedeutung.
Die offenen Fracturen mfissen möglichst frfth festgestellt
werden; man lege also einen Gypsverband an, und schneide
wenige Stunden später ein grosses Fenster, entsprechend der
Wunde, aus; man lasse dann die Wunden unbedeckt, und hindere
das Aussickern von Blut nicht.
Um mit den Gypsverbänden ' nützlich wirken zu können,
bedarf es langer Studien. Viele Collegen meinten im letzten
Kriege, der Gyps allein müsse es thun, und hatten es vers&umt,
zu lernen, wie man mit Gyps verbinden muss! Das Verbinden
der Schussfracturen mit Gypsbinden macht es nicht allein! Da-
durch wird man nicht zum conservativen Chirurgen 1 Ich arbeite
seit mehr als 10 Jahren mit Gypsverbänden, und erst seit etwa
3 Jahren glaube ich in der Handhabung des Gypsverbandes zu
sicheren Principien gekommen zu sein. Die Technik dieser Ver-
bände ist zumal unter den Händen meines früheren Assistenten,
des Herrn Dr. Ris, zu einem hohen Grade von VoUkonmieDbeit
gediehen; Herr Dr. Ris wird in der von v. Pitha und mir redi-
girten Chirurgie ausfabrlich darüber schreiben; er hat die wich-
tigsten Verbesserungen in seiner Dissertation „Zur Anlegung des
Gypsverbandes, Zürich, 1865^ beschrieben.
Auf einen Punkt lege ich ein besonderes Gewicht, wenn ein
Gypsverband bei offener Fractur angelegt wird: man forcire die
Extension nicht. Kein Verband ist im Stande, eine starke Dis-
locatio ad longitudinem vollkommen auszugleichen; man zerre
daher die Knochen nicht in eine Lage, in der man sie doch
nicht erhalten kann; man richte den Fuss in die normale Lage,
doch wenn der unter- oder Oberschenkel nach einer offenen
Fractur auch um 1 — 2 — 2\ Zoll verkürzt ist, und mit dieser Ver-
kürzung consolidirt, so hat dies gar keine Bedeutung im Verhält-
niss zu den Folgen von Zerrungen, die an solchen fractaririen
Ueber Wnndfieber and accidentelle Wondkrankhelten. 127
GÜedern Statt haben, zumal wena diese in den ersten Wochen
aosgefohrt werden. Reductionen Yon Dislocationen kann man
bei offenen Fractnren, die lange eitern, noch sehr spät machen,
da der Gallns sich dabei nur langsam bildet und langsam con-
solidirt, man nbereile sich also damit nicht, um den Patienten
Dicht durch mechanische Irritation an den Bmchenden in neue
Lebensgefahr zu bringen.
Was sonst die Anlegung des ersten Verbandes bei den mei-
sten Operations wunden betriSt, so ist für alle reinen Flächen-
wunden die einfache Bedeckung mit trockener ^ oder, im Spital
»elierer, mit einem yerdünnten Antisepticum leicht angefeuchteter
Leinwand oder Watte meist unschädlich; man kann sie antrocknen
lassen, und braucht sie, wenn sie nicht übel riecht, erst nach
mehreren Tagen zu entfernen. Nicht so darf man bei Hohl-
wonden Yerfahren, wohin die weitaus meisten Operationswunden
(naeh Geschwulstexstirpationen , Resectionen, Amputationen) ge-
liören; es ist gans ungemein selten, dass grössere Hohl wunden
vollständig per primam heilen; gewöhnlich sammelt sich, selbst
wenn man sorgfältigst die Blutung gestillt zu haben glaubt, nach
im yerband, zumal nach vollständigem Schluss der Wunden
dareh Nähte, Blut unter der zusammengezogenen oder leicht an-
gedrfiekten Haat; schon nach 24 Stunden ist dies Blut zersetzt,
es wird resorbirt, Patient fangt an zu fiebern ; wird das Blut
dach jetzt nicht entfernt, so kommt um die Wunde jene gefthr-
li<be, hell - bräunliche Verfärbung der Haut mit Schmerz und
Sehwellong, jene septiäch-phlegmonOse Entzündung (s. g. puru-
lentes Oedem, Pirogoff), welche, einmal in Ausbreitung be-
gi'iffen, sich, zumal den Venen und Lymphgefässstämmea nach-
gehend, mit einer Rapidität verbreitet, die wahrhaft erschreckend
i4 Ich halte es immer fQr ein Glück, wenn diese Erkrankungs-
fonn noch im ersten Keime erstickt werden kann, denn einmal
gebreitet, ist sie -meist unheilbar, indem sie entweder direct
doreh Septicämie, oder indirect durch colossal ausgebreitete Ver-
eiterang des Zellgewebes und Pyämie zum Tode führt., — Hat
i&an diese Quelle grOssten Uebels glücklich umgangen, so ist für
128 D»"- Th. Billroth,
den Verletzten oder Operirten schon unendlich viel gewonnen. —
Mu86 man HOhlenwnnden verbinden, muss man sie wenigstens
theilweise n&hen, so lasse man solche Verbände wenigstens nie
länger, als höchstens 24 Stunden liegen, und verfolge das Aus-
sehen der Umgebung der Wunden in den folgenden Tagen mit
Argusaugen, um sofort verhaltenem zersetztem Blut nnd Secret
einen Ausweg zu verschaffen. In Betreff der Amputationsätfimpfe
folge ich jetzt dem wiederholten Rathe Burow's, den Stampf
ganz frei zu lassen^ und bin sehr zufrieden mit den Erfolgen,
nicht nur für die Amputirten, sondern noch mehr Ifor die reine
Luft in den Krankenzimmern.
Es ist eine bekannte Thatsache, dass Blut, und sumal Eiter,
bei gewöhnlicher Zimmertemperatur, der Fäulniss lange wider-
steht, während Verbandstücke, die man nach 12 Stunden, ja oft
nach 6 Stunden selbst von einer gut eiternden Wunde entfernt,
meist fibel, jedenfalls eiterig, moderig, wenn auch nicht faulig
riechen. Da es nicht wünschenswerth ist, den Verband gar £o
oft; zu wechseln, so habe ich mit antiseptischen Mitteln aUer Art
diesem Uebelstande abzuhelfen gesucht,, und bin schliesslich beim
Ghlorkalkwasser stehen geblieben, als einem einfachen und billigen
Mittel. Statt der Charpie brauche ich Wattestücke, welche darch
längeres Kochen in Lauge tauglicher zum Einsaugen von Flüssigkeiten
gemacht sind. Diese Verbandmethode wird auch jetzt vorwiegend
auf meiner, Abtheilung gebraucht. Seit einiger Zeit behandele ich
in der ersten Zeit wenigstens die Amputationsstümpfe so, dass
ich sie auf ein Kissen lege ohne allen Verband (bis jetzt aocl^
ohne Suturen), so da^s das Ende des Stumpfes mit Manehette
oder Lappen das Kissen etwas überragt; vom Stumpfe tropft An-
fangs Blut und Serum ab, dann wird letzteres immer dicker, end<
lieh fliesst Eiter ab, der theilweis in Form von Krusten an de]
Wundfläche des Stumpfes antrocknet. Zur Aufnahme des ab'
tropfenden Secrets setzt man eine Metall- oder Porzellanschal<
unter den das Lagerungskissen überragenden Stumpf. Das voll^
kommen« Freiliegen des Stumpfes ist dem Patienten nicht nnan^
genehm ; eine breite Longuette über den Stumpf genügt zur Fixaj
Ueber Wuadfieber und accidentelle Wondkrankbeiteo. 129
tioa desselben, falls der Kranke etwas unruhig liegen sollte.
Wenn die Wunde yoUkommen granulirt, und keine Spur von
Infiltration sich am Stumpfe zeigt, kann man mit Heftpflastern
die Wundränder zusammenziehen, und einen Verband wie ge-
wöhnlich anlegen. — Es hat mich nicht wenig überrascht, zu
beobachten, dass das 24 Stunden lang in's Gefäss abgelaufene
Secret durchaus gar keinen Geruch hat, weder in den
ersten Tagen, noch später, es zersetzt sich auch bei Zimmer-
temperatur in 24 Stunden nicht. Hieraus geht also hervor, dass
die Wundsecrete und das Blut eiset durch die Berührung mit den
Verbandstücken, vor Allem wahrscheinlich durch die Körpertem-
peratur in Fäulniss gerathen; denn wenn ein Verband dick ist,
so wird die Temperatur der Verbandstücke unmittelbar an der
Wunde nicht sehr von der Bluttemperatur differiren. Es ist aus
den Untersuchungen von Lücke bekannt, dass es blaue Infu-
sorien giebt, welche sich nur bilden, wenn frischer Eiter in Gom-
pressen oder in erweichte Epidermis eindringt. Der so entstehende
blaue Eiter hat nichts Gefährliches an sich; es liesse sich aber
wohl denken, dass unter analogen Verhältnissen sich andere In-
fusorien entwickeln, die als Gährungserreger wirken, oder zur
besonders raschen Fäulniss der Secrete beitragen. — Dass frische,
kühle Zugluft organische Körper (z. B. aufzubewahrendes Fleisch)
coDservirt, ist bekannt, während eingeschlossene, nicht wech-
selnde, wenn auch sehr kalte Luft die Entwickelung von Fäulniss
beüBrdert.
Die Methode, Wunden ohne allen Verband zu lassen, öfter
schon empfohlen, nie, so viel mir bekannt, mit Consequenz in
grosser Ausdehnung verfolgt, scheint mir, nach dem, was ich
bis dahin davon gesehen, einer genaueren Prüfung sehr werth.
Für viele Fälle bieten sich freilich enorme Schwierigkeiten, um
mit dem Abfliessen des Secretes vollkommene Reinlichkeit des
Bettzeuges zu verbinden, auch kann nicht an allen Wunden
durch Austrockenen und Abfliessen des Secretes der üble Ge-
rach vermieden werden. Stromeyer gab schon vor langer
Zeit den Batb, man solle die Epidermis von gangränösen Theilen
V. Laagenbeck, Arcbiy f. Clünirgi«. IX. 9
ISO Dr. Th. Billroth,
abziehen, am sie eintrocknen zn machen; dies hat aber nicht
immer Erfolg, und lässt bei Gangrän ganzer Finger schon im
i' Stieb, noch mehr bei Gangrän ganzer Hände, Füsse, Unter-
echenkel. In solchen Fällen muss man freilich zu den Aoti-
f
septicis greifen; ich habe Chlorwasser, Creosotwasser, essig-
^ nauere Thonerde abwechselnd gebraucht; alle diese Mittel sind
f wobl brauchbar, nehmen den Geruch und trockenen das Gewebe
^ mehr oder weniger aus, doch müssen sie alle öfter am Tage ap-
plicirt worden, wenn sie dauernd wirken sollen. — Tiefe, höhlige,
^ jauchendo Wunden müssen öftei am Tage ausgespritzt, und der
Abflusa des Secretes mechanisch möglichst begünstigt werden.
^ Cober die Wasserbehandlung habe ich mich schon früher
^ wiederholt ausgesprochen.
Die Eisbehandlung frischer Wunden schadet nichts, ist frei-
lich oft machtlos gegen septisch-phlegmonöse Entzündung, wenn
Blut und Secrete in der Tiefe der Wunden verhalten sind, hat aber
oft vortföfHiche Wirkung bei Entzündungen der Haut und allen-
falls auch des ünterhautzellgewebes; ob die Kältewirkung viel
tiefer geht? — Im Felde ist die Eisbehandlung nur selten zu
verwerthen; das Eis, welches in die in kleinen, elenden Dörfern
aufgesctilagenen Feldlazarethe wirklich noch hingelangte, ohne
zu schmelzen, konnte dort nicht conservirt werden. So hatte
man denn heute Eis, morgen nicht, und so fort. Es dürfte da-
her zweckmässig sein, sich für die Behandlung der Verwundeten
im Felde nicht zu sehr auf das Eis zu verlassen.
In Betreff der weiteren Nachbehandlung kann man auch
nicht oft genug wiederholen: man thue, was nothwendig
ist, an den Wunden, doch nicht zu viel, nichts Ueber-
flüssiges. Bei allen Höhleneiterungen ist es freilich nöthig,
den AtiBÜuss möglichst frei zu machen, doch man verhüte mög-
lichst, dass Blutungen in solchen Höhlen Statt haben; wohl
müsBen Gegenöffnungen gemacht werden, doch nicht
I durch zu dicke Weichtbeile hindurch; denn die Schwel-
lung der dicken Wundränder verhindert den Ausfluss, und die
Blutungen, welche bei diesen Incisionen gewöhnlich unvermeidlich
üeber Wundfleber und accidentelle Wundkrankheiten. 131
sind, bringen Gefahr; durch Einlegen von DrainagerOhren kann
man die Gegenöffnungen durch tiefe Weichtheile wohl klaffend
erhalten, doch man übertreibe die Anlegung solcher Oeffnungen
nicht. — Ich habe besonderen Grund, hierauf Gewicht xu legen,
denn die allerdings tbeilweise richtige Behauptung, dass nach
Eröflhung eines heissen Abscesses das Fieber nachzulassen pflegt,
könnte dazu veranlassen , zu kühn mit den AbscesserOffnungen
Torzogehen. Um die Thermometrie nicht in übelen Verdacht zu
bringen, muss ich über diesen Gegenstand einige Worte bemer-
ken. Wenn ein Abscess bereits ziemlich abgegrenzt ist, keine
Neigung zur Weiterverbreitung besteht, die Haut bereits sehr ver-
dünnt ist, und man macht nun eine Incision an der verdünnten
Hantstelle, so wird sich d^r Eiter leicht und vollständig entlee-
ren, das plastisch infiltrirte Gewebe (die sogenannte Abscesskap-
sel) in dem Eiterherde wird sich vermöge seiner Elasticit&t con-
trahiren, die Lymph- und Blutgefässe in diesen Wandungen
werden sich zusammenziehen, und so wird keine weitere Resorp-
tion pyrogener Substanzen aus dem Abscesse stattfinden. Wenn
man aber einen Eiterherd einschneidet, der tief liegt, dessen
Wandungen noch ziemlich starr sind, und daher nicht zusammen-
fallen, wenn bei diesen Incisionen Blut in die Abscesshöhle dringt,
ond dort, mit dem Eiter vermengt, sich zersetzt, weil der Aus-
finss durch die Oeffnung nicht frei genug ist, dann wird das Fie-
ber nicht nur nicht aufhören, sondern sich steigern, ja, der Zu-
stand kann durch diese hier jedenfalls zu frühzeitig gemachte
Indsion bedeutend verschlimmert, selbst höchst gefährlich ge-
macht werden.
Deber ungeschickte, onnöthige Extractionen , oder vielmehr
Losreissnngen noch halb adhärenter Knochensplitter, über nnvor-
siehtiges Manipuliren bei Extraction von fremden Körpern ist von
Stromeyer und Pirogoff so eindringlich gesprochen, dass ich
oiehts mehr darüber zu sagen brauche.
Man behandele die Granulationsflächen, zumal in Höhlen,
mit der änssersten Zartheit, bei jeder Manipulation an der
9»
138 Dr. Th. Billroth,
Wunde, bei jedem Verbände ; gesunde, kräftige Granulätionsflächen
sind der kräftigste Schutz gegen Infection.
Wenn ich auf die erwähnten umstände bei der örtlichen Be-
handlung vor allem Anderen Gewicht lege, und dabei nar das
hervorgehoben habe, worin man, wie es mir scheint, am meisten
fehlt, wenn man anfangt, Chirurgie zu treiben, nnd worin ich
selbst aoi meiisten gefehlt habe, als ich die Pyämie noch für einen
Luftgeist hielt, so muss ich mir doch auch über die AUgemeinbe-
haadlung, zumal über die Luftdiät, noch ein Wort erlauben.
Ventilation, Zeltbehandlung, Barackenbau I das sind die Ta-
gQßparoIen. Man hat prächtige Ventilationsmethoden in neuen Spi-
tälern eingeführt, und doch die Pyämie dadurch nicht ausgerottet;
man bat die Kranken in Zelten behandelt, und sie auch da pyä-
migch werden sehen; auch in den russischen und amerikanischen
Baracken hat es nicht an Pyämie gefehlt; Officiere in Einiel-
wobnungen behandelt sind pyämisch geworden; jeder Arzt, der
ausgedebiite Privatpraxis hat, sieht jährlich Septicämie und Pyä-
mie; iüb bin schon wiederholt zu Pyämischen auf dem Lande,
bei wohlhabenden Bauern und Fabrikherren, und armen BUin-
Wärtern consultirt worden. Das Spital allein macht die Pyä-
mieen doch nicht! darüber, denke ich, ist man einig. — Gate
VentihtioQ ist durchaus noth wendig, denn reine Luft ist das
nothwenJigste Lebensbedürfniss; eine häufige Lufterneuerung ver-
mag die molecularen, trockenen Infectionsstoffe zu entfernen, und
tjomit wirkt sie beihelfend zur Verhinderung der Infection; doch
die inficirendeu Stoffe haften auch an rauhen Wänden, am Bett-
zeuge, Verbandzeuge etc.; diese Dinge müssen daher aufs Aeusser-
läte sauber gehalten werden, Zimmer und Betten müssen oft gründ-
lich gereinigt werden: dies ist nur möglich, wenn ein und das-
selbe Ziiumer nie lange hinter einander gebraucht wird. Ich habe
auf meiner Abtheilung für Männer jetzt 5 Zimmer zu je 10 Bet-
ten f ton diesen dürfen nur 4 Zimmer belegt sein, ein Zimmer
wird immer gereinigt, und steht dann eine Woche bei offenen
Thüren und Fenstern leer; Thüren, Wände, Fenster, Fussböden
mit Oelfarbe angestrichen, werden dann gewascheoi die Decke
Udber Wandfieber and accidentelle Wnndkrankheiten. 133
neu geweisst, die Strohsäcke neu gefüllt, die Matratzen gelüftet,
geklopft- etc.
In das gesäuberte Zimmer kommen die neu aufgenommenen
Kranken; es ist der Wechsel bei regelmässigem Turnus so ein-
gerichtet, dass kein Zimmer länger, als 4 — 5 Wochen belegt ist.
Dies Verfahren ist mühsam, ich muss oft mit Zwang Kranke
halb geheilt entlassen, im Interesse der nachkommenden frisch
Verletzten, doch nur eine eiserne Consequenz und Energie kann
hier zum Ziele fuhren, der Reconvalescent muss seine Behaglich-
keit nicht selten opfern, zu Gunsten eines anderen Schwerver-
letzten.
Mit meinem Yentilationssysteme bin ich zufrieden, es ist na-
türliche Ventilation, die darin besteht, dass oben und unten in
dem grossen Mittelfenster statt einer grossen Fensterscheibe
grosse, durchbrochene Rosetten angebracht sind; über der gegen-
überliegenden Thüre und unten in derselben sind Quadratstücke
von dem Durchmesser grosser Scheiben ausgesägt, und in diese
Löcher Drahtgitter eingesetzt, das gegenüberliegende Fenster des
Corridor hat ebenfalls Ventilationsrosetten. Der Zugwind, denn
daa heisst doch Ventilation, geht durch die Mitte des Zimmers,
und berührt die Krankenbetten nicht. Bei strenger Kälte muss
wobl reichlich eingeheizt werden, doch die Ventilatoren werden
nur h%\m Schneesturme geschlossen. Im Sommer stehen Thüren
and Fenster immer offen. Wenn die Wärter einmal auf Rein-
haltung der Luft in ihren Sälen dressirt sind dadurch, dass As-
sistenten und Director nicht müde werden, zu rügen, wenn es
übel riecht, und zu loben, wenn es gute, reine Luft ist, trotz
Kranker mit sehr übel riechenden Wunden, so lässt sich doch
nach und nach viel Gutes erreichen. — Mehr Werth, als auf die
Ventilation, lege ich auf den Wechsel und die häufige, gründ-
liche Reinigung der Zimmer. Auch in einem Krankenzelte, in
einer Baracke fehlt es nicht an InfectionsmOglichkeiten : sie sind
natürlich weit besser, als Kirchen, Schulhäuser, Tanzsäle; wenn
nian einmal diese Räume benutzen will oder muss, dann muss
man auch die nOthigen LOcher da in die Wände schlagen lassen,
134 Dn Th. Billroth,
wo man sie braucht, am zweckmässigen Zug hennsteilen; doch
das geschieht leider nicht, oder nur äusserst selten Wie sich
der Weihrauchdunst lange Zeit in den Kirchen erhält, weil kein
Luftzag in ihnen ist, so geht es auch mit dem Eitergeruche, dem
Tabackdunste, dem Eothgernche und anderen Dünsten, die sich
in Räumen, wo verwundete Soldaten liegen, unvermeidlich ent-
wickeln.
§. 19. Ad 2. Welche Mittel besitzen wir, um einen Kran-
ken zu unterstfitzen, eine schwere traumatische Infection zu fiber-
winden? Wenn man denkt: dieser Kranke ist nun sicher septi-
cämisch, oder pyämisch, er ist verloren, wozu ihn noch beban-
deln? so ist das doch ein Eingeständniss therapeutischer Macht-
losigkeit, zu dem man sich erst so spät als möglich entschliessen
sollte, und bis der Kranke so weit gekommen ist, dass jeder er-
fahrene Chirurg die Prognose bei einem Kranken so schlecht
stellt, sollte doch vorher etwas geschehen sein.
Jeder therapeutische Standpunkt, der auf einem vernünftigen^
auf richtige Prämissen basirten Raisonnement steht, bat so lange
seine Berechtigung, als er nicht durch eine mit Kritik geübte Er-
fahrung widerlegt ist.
Da wir uns an die Symptome halten müssen, weil wirkeia
Messinstrument f&r die Schwere der Infection haben, so wird zu-
nächst festzustellen sein, wann die allgemeine Behandlung ein-
greifen soll; wenn ich kurz sage, wir sollten dann stärker ein-
greifeU) wenn der Verlauf ein bedenklicher wird, so wäre damit
f&r die Belehrung nicht viel gewonnen. Nehmen wir einen Fall
von complicirter Unterschenkelfractur; wir haben uns nach
der üntersuchang entschlossen, das Bein zu erhalten, und
behandeln es in besprochener Weise; doch die Entzündung
um die Wunde erstreckt sich am Ende des zweiten oder
dritten Tages bereits über einen grossen Theil des Unter-
schenkels, die Wunde ist immer noch blutig jauchig, Patient
fiebert stark, ist sehr unruhig, hat sehr trockene Zunge, delirirt.
Wir haben unter diesen Umständen zweierlei Angriffspunkte
für die Behandlung: 1) die jauchige Entzündung, die sich von
Ueber Wondfieber and accidentelle Wandkrankheiten. 135
der verletzten Stelle aus entwickelt, ist Ursache der septischen
Intoxication, sie wird vielleicht Todesursache. Beseitigen wir
diese septische Entzündung! doch wie? durch örtliche Behandlung
oder dorch Amputation? a) Die örtliche Behandlung verspricht
noch so lange möglicherweise gute Wirkung, als bei üntersohen-
kelfractoren der Oberschenkel, bei Hand und Vorderarm der
Oberarm noch frei von Infiltrat ist, und wird nach meinen Er-
fahrungen in Folgendem bestehen müssen: möglichste Entleerung
des zurückgehaltenen faulen Blutes durch Ausspritzen mit Ghlor-
wasser, durch Incision spannender flautbrücken, oder Fascien-
rander — oft erneuerte Application antiseptischer Mittel, wenn
die Wunde stark stinkt, sonst vollkommenes Freiliegen dersel-
ben, und Auslaufenlassen des Secretes; — Application von meh-
reren Eisblasen auf den ganzen Unterschenkel unterlasse ich sel-
ten, gestehe aber, wie früher bemerkt, dass bei reicherer Erfahrung
mein Vertrauen auf die Eältewirkung bei septischen Entzündun-
gen sehr geschwächt ist. — Blutentziehungen, Vesicantien, Jod-
anstrich habe ich völlig unnütz, sehr tiefe, grosse Incisionen meist
schädlich gefunden, b) Ist die Infiltration bereits zum Ober-
gchenkel, eventuell Oberarm vorgedrungen, so bietet sich die
Frage: kann die Amputation den Kranken retten? Ich habe
früher oft unter solchen Verhältnissen amputirt und Andere am-
putiren sehen, danach kann ich Folgendes sagen: die Oberschen-
kelamputation unter diesen Umständen, selbst ganz an Gesunden
(dann meist hoch oben) ausgeführt, habe ich nie lebensrettend
wirken sehen; von den unter solchen Verhältnissen ausgeführten
Exarticulationen in der Schulter *habe ich zwei durchkommen
sehen. Alle übrigen Patienten, bei welchen ich wegen acut jau-
chiger Zellgewebsinfiltration am 3ten bis etwa lOten Tage (inter-
mediär) Amputationen grösserer Gliedmassen ausgeführt habe,
oder habe ausführen sehen, sind gestorben. Man wird also auch
bei progressiver acuter Infiltration obige örtliche Behandlung in
der Regel der Amputation vorziehen. Eine nicht so unbedeu-
tende Zahl von jungen, starken Patienten übersteht die septische
bfiltration des Zellgewebes und Septicämie; es kommt dann über
136 I>r. Tb. Billroth,
allj wo die Infiltration war, zur Eiterung, zur massenhaften Aus-
stOBBung von Zellgewebspfröpfen, Fascienfetzen und Fett Man
macht, wo es nöthig ist, Zoll lange Incisionen, reichlich, doch
mit üiöglichßt wenig Blutung, durch dünne Haut. Während aber
der Uebergang der Entzündung in Eiterung erfolgt, bilden sich
gewöbulich Venen thrombosen, sie zerfallen bald mit dem rapiden
Eiteraog^tprocesse; das bereits gesunkene Fieber steigt wieder,
es kommen Schüttelfröste, und der gerettet erschienene Patient
geht an Pyämie mit Lungenembolien zu Grunde, etwa in der
4teD oder 5ten Woche nach der Verletzung; dasselbe erfolgt ge-
wöhnlich, wenn er intermediär amputirt war, und sich dann am
Stumpfe lafiltrationen gebildet hatten. Nicht bei Allen kam es
so weit; war die Infiltration nicht zu mächtig ausgedehnt, so
übersteht der Patient die Infection, und wird wieder vOllig ge-
sund. Immerhin hüte man sich, die Prognose zu günstig zu
Btellen, wenn auch die Patienten den Jauchungsprocess an der
Wunde und die Septicämie überstanden haben, und die infiltrir-
ten Theile in Eiterung übergehen. Es ist mir oft dabei vorge-
kommen, als wenn gerade mit der vollkommenen Entleerung des
Eiters, und der Abschwellung der infiltrirten Extremität die Haupt-
gefahr verbunden wäre; vielleicht ist gerade das Stadium, wo der
Kreislauf in den entzündet gewesenen Tbeilen wieder in vollen
Gang tritt, und die Lymphgefässthromben flüssig werden, ein
höcbbt günstiges für die Resorption von Eiter.
3) Neben der örtlichen Behandlung ist aber auch die Allge-
meinbehandlung nicht zu vernachlässigen. Die sogenannten Anti-
septica: Mineralsäuren, Chlor, die unterschwefligbauren Salze, die
Febrifuga: Chinin, Veratrin, Digitalis, nützen nach meinen Er-
fahrungen nichts, ebensowenig die Venaesection ; diese Dinge habe
ich bei der Septicämie schon längst bei Seite gestellt. Wenn ein
Patient eioen heftigen Fieberanfall hat, so schwitzt er danach,
dann wird ihm leicht; beruht das Fieber auf Blutintoxication,
wie wir annehmen, so wird der pyrogene Stoff, in welcher Form
e» auch eei, wahrscheinlich mit dem Schweisse ausgeschieden.
Bei septisch intoxirten Hunden, die übrigens nie schwitzen, wird,
Ueber Wundfieber und accidentelle Wandkrankheiten. 137
«
wie es seheiat, die Materia peccans, falls sie direct in's Blut in-
jidrt ist, mit dem eintretenden Durchfalle ausgeschieden. Es
scheint daher rationell, einen dieser Wege zu benutzen, um den
Organismus zu unterstützen, sich des Giftes zu entledigen. Auch
septisch intoxirte Menschen bekommen zuweilen Diarrhoe (wie
wir früher gesehen haben, unter 180 an Infectionsfieber Gestor-
beoen hatten 32 Diarrhoe), doch sie schwitzen immer, wenig-
stens in gewissen Perioden der Krankheit. Ich habe daher im
Laufe der letzten Jahre mit Vorliebe Schwitzcuren bei Septicä-
mischen angewendet, wie ich glaube, mit zum Theil eclatantem
Erfolge; die Wirkung derartiger Mittel muss man selbst wieder-
holt beobachten, um sich eine üeberzengung darüber zu verschaf-
fea; ich habe mehrmals Patienten durchkommen sehen, die be-
reits den grössten Theil des Tages somnolent waren, oder furi-
bunde Delirien hatten, unter sich gehen Hessen, und eine braune,
bolzige Zunge hatten; das Mittel wirkt keinesweges immer gleich,
muss wiederholt werden, und wirkt natürlich um so rascher, je
früher es angewendet wird. Es ist nicht immer leicht, einen
Septicämischen in Schweiss zu bringen: gewöhnlich lasse ich zu-
erst eine kalte, nasse Einwickelung des ganzen Körpers (wie
bei Typhus) machen, dann die Kranken warm bedecken, und bis
3 Standen liegen. Zuweilen wirkt dies gar nicht, dann lasse ich
das Einwiekelungstuch in warmes Wasser tauchen, und die Pro-
c«diir wiederholen; wirkt auch das nicht, so setze ich die Pa-
tienten in ein warmes Bad von 28® R., das ich nach und nach
bis aaf 32 — 35 ® R. erwärmen lasse, dann folgt die warme Ein-
wickelang. Diese Procednren erfordern bei Patienten mit com-
plicirten Fracturen grosse Vorsicht und Geschicklichkeit von Sei-
ten der Wärter, und ich hätte daher schon längst gerne ein
Schwitzzimmer (ein Sudatorium und Tepidarium, wie in den rö-
mischen Bädern), in welches ich die Patienten, auf einer Bahre
liegend, ohne Weiteres könnte hineinsetzen, und bei 32° R., mit
Federkissen bedeckt, schwitzen lassen. Ich verspreche mir von
diesen, in kurzer Zeit erzwungenen colossalen Schweissabsonde-
ningen nach dem, was ich davon bis jetzt gesehen habe, viel,
188 I>r- Th. Billroth,
und möchte die Collegen, welche viel schwer Verletzte zu be*
handeln haben, dringend auffordern, diese Behandlungsweise za
versuchen, sie aber schon früh in den betreffenden Fällen ein-
treten zu lassen. — Die Anwendung von Laxantien, um rasche,
profuse Diarrhoeen zu erzeugen, wandte Breslau mit grossem
Erfolge bei Puerperalfieber an. In den Fällen, in welchen ich
dies heroische Mittel bei Pyämischen anordnete, fand ich die
Wirkung zu schwer zu berechnen, und es schien mir, dass sehr
rasch danach zu starker GoUapsus eintreten kann; auch hat für
chirurgische Kranke das häufige Unterschieben der Bettschassel
etwas sehr Unbequemes. Auch nach den Schweissen sind die
Patienten oft ziemlich matt, doch ist das keine so unangenehme
und nicht mit Tenesmus verbundene Mattigkeit; man vergleiche
an sich selbst die Mattigkeit nach einem reichlichen Abf&hrmit-
tel mit der Mattigkeit nach einem römischen Bade, und urtheile
selbst
Die Narcotica scheue ich bei der Septicäniie nicht; ich lasse
die Patienten in der Regel Abends Morphium nehmen, zumal
wenn sie sehr unruhig sind.
Weit weniger, als in der oben beschriebenen frühen Zeit
nach der Verletzung vermögen wir gegen die in der Sten Woche
und später eintretenden Infectionen. Dies kommt daher, dass
wir jetzt durch septisches Fieber und reichliche Eiterung er-
schöpfte Individuen vor uns haben, bei denen sich in Folge von
Embolien auch die Iniectionsherde hänfen; zu alle dem kommt
dann vielleicht noch Pneumonie, Pleuritis, auch wohl Pericardi-
tis, Hepatitis, Pleuritis, Nephritis, Enteritis, Parotitis, Decubitus etc.
etc. hinzu. Da ist freilich die Kunst zu Ende. Die Amputation
nützt da selten etwas, nie, wenn es sich um Oberschenkelampa-
tationen handelt.
Chinin und Opium dämpfen, lindern die Fieberanfälle, Wein,
Kampher excitiren die Nervencentren; junge, kräftige Menschen
ringen unter solchen Verhältnissen lange mit dem Tode, doch
meint erfolglos. Sind einmal die metastatischen Entzündungen
im Gange, fliegen die eiterigen Emboli im Blute herum, dann
üeber Wandfieber und AcddeDtelle Wandkrankheiten 139
k/^onen wir nichts mehr machen; wenige Gumnlatios von Ent-
ländangsherden, einige neue Fieberanfälle genügen, den ge-
schwächten Organismus niederzuwerfen. Für diese Fälle nützen
aach die Schwitzenren nichts. Hier sind wir am unvermeidlichen
Ende.
Capitel IX.
Erjsipelas, Lymphangoitis, Trismus und Tetanus.
1. Vom Erysipelas.
§. 20. Seit der Veröffentlichung meiner ersten Arbeit über
Wandfieber etc.^ in welcher ich auch das Eryt^ipel besprach, haben
die dort ausgesprochenen, sich meist an überkommene Auffassun-
gen anschliessenden Ideen über diese Krankheit freilich auch
manehe Veränderungen erleiden müssen, da mich eine ausgedehn-
tere kritische Beobachtung mehr und mehr auch über diese Krank-
heit belehrte.
Was zunächst die Abgränzung des Erysipelas gegen die dif-
fuse Dermatitis überhaupt, und gegen die Entzündung des ünter-
haotzellgewebes betrifft, so brauche ich Niemand zu versichern,
dass man in. sehr, sehr vielen Fällen durch die scharfe Abgrän-
zang der Röthe, durch die Art des Fortschrittes dieser Röthe,
durch die Intensität des begleitenden Fiebers u. s. w. das Ery-
^ipela8 als eine besondere, wohl charakterisirte Form der Haut-
entzündung erkennen kann; dennoch muss ich auch hervorheben,
dass es immerhin Fälle giebt; in welchen die Kategorisirung recht
schwierig, ja unmöglich sein kann; zumal kann die Hautentzün-
dung, welche an frischen Wunden durch Verhaltung von Secret
und lüfection der Haut mit diesem Secrete, Tage lang hier unbe-
stimmt, dort bestimmt begränzt sein, bald mit starkem Oedem,
bald mit Lymphangoitis einhergehen, endlich in Phlegmone mit
Veaenthrombosen etc. übergehen, so dass man gar nicht mehr
weiss, in welche specielle Kategorie der Infectionskrankheiten
ein solcher Fall zu bringen ist. Ueber die auch vorkommende
140 Dr. Th. Billroth,
Gombination mit Wnnddiphtberitis, mit Hospitalbrand kana ich
gar nichts aussagen, da ich hier in Zflricb gar keinen Fall von
Nosocomialgangrän sah; so viel ich mich aber von Berlin her
erinnere, ist die ROthung beim Spitalbrande doch meist diffus,
wenn auch nicht selten mit Lymphangoitis der Stämme combi-
nirt; dass beide Processe : Wunddiphtheritis und Erysipelas ganz
verschiedene Erankeiten sind, lässt sich wohl daraus mit Sicher-
heit nachweisen, dass man nie beim entwickeltsten Erysipelas
eine Beschaffenheit der Grannlationsfläche sieht, die auch nur die
geringste Aehnlichkeit mit Nosocomialgangrän gehabt hätte.
Was die 137 vom 1. April 1860 bis 1. October 1866 im
hiesigen Spitale auf meiner Abtheilung beobachteten Fälle von
Erysipelas betrifft*), so ist bei ihrer Auswahl jedenfalls eher zu
viel, als zu wenig gethan; ich wollte die Anzahl nicht verklei-
nern, und habe daher alle etwa zweifelhaften Fälle mitgerechnet;
auch die wenigen Fälle sind hier mit eingerechnet, in welchen
sich aus dem Erysipel Phlegmone und Pyämie entwickelte, so
dass diese in den Tabellen also zwei Mal figuriren, früher als
Pyämie, jetzt als Erysipele.
Ich habe aus später zu entwickelnden Gründen die 137
Fälle von Erysipelas in zwei Kategorieen getheilt, nämlich in
solche, welche sehr bald nach einer frischen Verletzung meist in
Folge von Retention von fauligen Secreten entstanden (septische
Erysipele 52), und in solche, welche zu bereits gut granaUren-
den Wunden, Geschwüren, Fisteln hinzukamen (Infectionserysi-
pele 85). Ich will nicht alle früheren Bemerkungen über Erysipel
noch einmal kritisch durchgehen, sondern nur das hervorheben,
was mir von besonderer Wichtigkeit erscheint.
§. 2. üeber 130 Fälle besitze ich Notizen in Betreff des Be-
ginnes mit oder ohne Frost: hiernach stellt sich heraus, dass von
52 septischen Erysipelen nur 7 (13,4 pGt) mit Frost begannen,
von den 78 Infectionserysipelen 30 (38,4 pCt.) mit Frost, im
*) Es sind die in der früheren Arbeit bereits erwähnten Fälle mitge-
gerechnet
üeber Wondfieber and accidentelle Wnn dkrankheiten. 141
Ganzen Ton 130 Fällen 37 028,4 pCt.) mit Frost. Es zeigt sich
hiernacii wiederum, dass rein septische Infection nicht oft Frost
erzeagt; dass bei den Infectionsfällen nicht noch weit mehr Fröste
Dotirt sied, hat mich ftberrascht, da ich nach der Erinnerung die
loidalfröste bei Erysipel viel häufiger gehalten hätte; abgesehen
TOB den Fällen, welche später pyämisch wurden, haben sich bei 2 In-
diridaeii, die dann genasen, die Fröste noch 1 Mal, in einem Falle 2
Mal wiederholt, eine im Ganzen höchst seltene Erscheinung.
Was die Dauer der einzelnen Fälle anlangt, so lässt sich
darüber Folgendes sagen: Es dauerten
VCD den septischen Erysipelen ; von den Infec- Summa
tionserysipelen;
llTag
OFall
2 Tage
0 -
3 -
7 FSUe
4 -
3 -
5 -
1 FaU
6 -
9 FftUe
7 -
6 -
8 -
6 -
9 -
5 -
10 -
3 -
11 -
2 -
12 -
2 -
13 -
1 FaU
U -
2 Fälle
15 -
OFaU
16 -
1 -
17 -
2 F&Ue
18 -
OFaU
20 -
1 -
21 -
0 -
23 -
1 .
32 -
0 -
52 F&Ue.
aiFfiUe
3 ]
F&Ue
8 -
8
" •
7 -
14
-
5 -
8
-
10 -
11
-
6 -
15
-
6 -
11
-
8 -
14
-
5 -
10
-
6 -
9
-
2 -
4
-
2 -
4
-
6 -
7
-
2 -
4
-
2 -
2
-
1 -
2
-
1 -
3
-
2 -
2
-
2 -
8
-
1 FaU
1 FaU
0 -
1
-
1 -
1
-
85 F&Ue.
137 FaUe.
?f
142 Dr. Th. Billroth,
Hieraas ergiebt sich, dass die septischen Erysipele meist
3 — 10 Tage, die Infectionserysipele meist 1 — 10 — 13 Tage dauern;
gross ist der unterschied, wie man sieht, nicht. Von allen
beobachteten Erysipelen dauerten die meisten 2 — 10
Tage, die Dauer über 14 Tage ist eine grosse Seltenheit.
Was das Fieber anlangt, so habe ich darauf früher beson-
deres Stadium verwandt. Je mehr sich die Zahl meiner Gurren
gehäuft hat, um so weniger ist ein bestimmter Typus des Fiebers za
constatiren, so dass es mir sehr zweifelhaft geworden ist, ob man
mit Recht das Erysipel den Krankheiten mit typischem Fieberver-
laafe an die Seite stellen kann. Das Fieber beginnt fast immer
mit sehr raschem Ansteigen bei Individuen, die bis dahin fieber-
frei waren; selten werden später höhere Temperaturen erreicht,
als am ersten Tage. Bei leichteren Fällen beginnt schon am Er-
krankungstage die Defervescenz, und zieht sich mit Abendsteige-
rungen mehrere Tage hin. Bei schweren Fällen dauert die hohe
Temperatur anfangs mehrere Tage mit wenig Morgenremission an.
oder (was eigentlich noch häufiger ist) verläuft mit sehr starken
Differenzen der Morgen- und Abendtemperataren Tage oder
Wochen lang; — endlich giebt es auch solche Fälle, die 24 Stun-
den und länger fieberfrei sind, dann wieder von Neuem anfangen
zu fiebern, so dass sich eigentlich 2, 3, 4 Erysipele mit kor-
zen Intervallen wiederholen. Ich habe dies früher Erysipele
mit discontinuirlichem Verlaufe genannt. Septische Erysipele Ter
laufen gerne mit warziger, quaddeliger Hautschwellung und stei-
len Fiebercurven. Die Dauer schliesst übrigens die Gefahr nur bei
schwachen und alten Leuten ein ; es giebt sehr kurz verlaufende
tOdtliche Erysipele, und ungefärhliche, lange dauernde Fälle.
Von dem Glauben an die Defervescenz des Fiebers bei Ery-
sipels an den ungeraden (kritischen) Tagen bin ich ganz abge-
gekommen; der Beginn der Krankheit ist oft sehr schwierig zu
constatiren, und da hiernach nur die Abtheilung in 24 stundige
Abschnitte als Erankheitstage gemacht werden könnte, so kommt
bei den Berechnungen nach den Curven gar zu viel Willkür in's
Spiel.
Ceber Wiuidfieber und accIdeBtelle Wundkrankheiten. 143
Es giebt Individaen, welche besonders zu Erysipelas dispo-
nirt siad, oder man sollte wohl besser sagen, bei denen der In-
fectionsstoff besonders leicht haftet; das ist längst bekannt; ich
kann folgende Beispiele dafür beibringen: 4 Männer bekamen
vihrend ihres Ajafenthaltes im Spitale je 2 Mal, 1 Mann and 1
Frao je 3 Mal vollkommen charakteristisch ausgeprägte Erysi-
pele, mit Intervallen von mindestens 4—6 Wochen.
Erkrankt sind 51 Weiber (37,9 pCt), 86 Männer (62,1 pCt.);
dieser absolute Ueberschuss zu Gunsten der Männer bedeutet aber
keioesweges, dass die Männer leichter inficirt werden ; man könnte
sogar das Gegentheil deduciren: die Gesammtzahl der kranken
Männer ist auf meiner Abtheilung etwa die dreifache von derje-
nigen der Frauen; es müsste also bei gleicher Erkrankungsdis-
position beider Geschlechter die Zahl der an Erysipel erkrankten
Männer die dreifache der Frauen sein; da dies aber durchaus
nicht der Fall ist, so ist die relative Zahl der an Erysipel er-
krankten Weiber bedeutend grösser, als die der Männer. Man hat
hier wiederum ein Beispiel, wie trügerisch einzelne statistische Zah-
b ohne specielle Berücksichtigung aller Verhältnisse sind. — Die
gleichen Bemerkungen gelten in Betreff des Alters; es erkrankten
im Alter von
0 — 10 Jahren 6, davon starben 0
11_20 . 27 - - 0
21—30 - 19 - - 2 = (10,5 pCt.)
31^40 - 50 - - 0
41_50 . 22 . . 3 = (13,6 pCt.)
61_60 - 21 - - 4 = (19,0 pCt.)
61—70 . 18 - . 6 = (33,3 pCt.)
71—80 - 4 - - 2 = (50,0 pCt.)
137, davon starben 17.
Es geht hieraus hervor, dass im Alter von 11 — 60 Jahren
^ meisten Erkrankungen vorgekommen sind, doch beweist dies
Diebt etwa, dass in diesem Alter die Erkrankungsdisposition für
Erysipel am grOssten ist; um dies festzustellen, müsste man wis-
^^n, wie viel Individuen der einzelnen Decennien sich unter allen
144 ^^' Th. Billroth,
mit Wunden, Excoriationen, Geschwüren etc. behafteten Kranken
befanden, und im Vergleiche zu diesen Gruppen wäre die Zahl
der Erkrankungsfälle procentisch zu berechnen. Ich^ gestehe auf-
richtig, dasB ich den Werth einer auf diese Weise mit enormer
Mühe zusammengebrachten, vielleicht mathematischen, also abso-
luten Wahrheit nicht zu begreifen im Stande bin. Je mehr ich
mich mit diesen statistischen Berechnungen befasst habe, um so
mehr sehe ich ein, wie doch in allen diesen Berechnungen so
mancherlei Willkür mit einlaufen muss, um ein Resultat heraus-
zubringen. So sind denn von den 51 an Erysipelas erkrankten
Weibern 7 (13,7 pCt.) gestorben, von den 86 Männern 10 (10,4
pCt.), im Ganzen von 137 Erkrankten 17; dies scheint doch
einfach genug, und doch ändern sich diese Zahlen sehr, je nach-
dem wir die 7 Fälle, in welchen sich bei der Section metastati-
sche Processe fanden, mitzählen oder nicht; lassen wir diese bei
Erysipel aus, weil sie schon bei der Pyämie in Rechnung kamen,
so haben wir auf 137 Fälle nur 10 Todte, also nur 7,3 pCt.
Das Alter scheint am meisten Einfluss auf die Gefährlichkeit des
Erysipelas zu haben, abgesehen von den Fällen, in welchen sieb
aus eclatantem Erysipel Phlegmone mit Yenenthrombose etc.
herausbildete. — In denjenigen Fällen, in welchen das Erysipel
tödtlich verlief (1 Mal am 3., 4., 6., 9., 11., 13., 15. Tage, je
2 Mal am 7., 8., 10., 18., 20. Tage), konnten, wie erwähnt,
einige Male metastatische Processe nachgewiesen werden, in denen,
wie schon an den Lebenden zu diagnosticiren, der gesammte Krank-
heitsverlauf in das Bild der Pyämie überging. In 10 Fällen wurde
bei der Section so viel wie nichts gefunden; in keinem Falle
Meningitis, von der man doch früher behauptete, sie trete so
leicht zu Erysipelas capitis; man schloss dies trüber fälscbUcb
aus den Symptomen; durch die Section ist darüber nichts be-
stätigt.
Es ist eine herrschende Ansicht, dass von Wunden am Kopfe
und Gesichte besonders häufig Erysipelas ausgeht. Ist dies
richtig?
Ueber Wandiieber nnd accidenielle Wandkrankheiten. I45
Das Erynpel begann:
am Kopfe 15 Mali
am Gesiebte 34 - | 58
am Halse 7 - )
an Brust und Racken ... 16 Mal]
am Bauche 2 - [ 28
in der Beckengegend ... 10 - )
an den oberen Extremitäten . 16 Mal) ^^
51
1
an den unteren Eitremitftten . 35
1377 137.
Diese Zusammenstellnng zeigt, daf^s das Erysipel am hftufig-
sten Yon Wunden der unteren Extremit&ten, dann des Gesich-
tes etc. aasgegangen ist. Diese absoluten Zahlen mflssten aber,
am etwa die besonders leichte Haftbarkeit der Infection an einem
I>e8tiinmten Körpertheile zu zeigen, durch procentische Berech-
Hangen corrigirt werden , welche ans der Anzahl von z. B. allen
vorgekommenen Verletzungen, Fisteln, Geschwüren, Excoriatio-
neo ete. am Kopfe, im Verh<nisse zu den Erysipelerkrankungen
iun Kopfe berechnet werden müs8ten. Da mir das eventuelle
ResQJtat kein besonderes practisches oder theoretisches Interesse
zu kaben scheint, so habe ich eine solche Berechnung nicht an«
gestellt. Es bleiben so vielerlei wichtige Momente, welche auf
die Entstehung der Erysipele Einfluss haben, bei den sta-
tistigcben Berechnungen unverwendbar, dass man sich fast hüten
nusB, gleich den Stab über die ganze statistische Methode zu
brechen; z. B. im Gesichte kommen so viele Operationen vor,
bei welchen durch Verschiebung von Haut oder Lappenbildungen
Höhlen entstehen, in denen sich Secret sammelt; dass dies allein
^hon einen nicht unerheblichen Ueberschuss von Erkrankungen
Uefern muss, ist für mich wenigstens klar.
§. 3. Das Erysipel ist eine sowohl anatomisch schwer fass-
bare, als in Betreff der Entstehung und Verbreitung nicht immer
leicht verständliche Krankheit.
Wir sind wohl über die Zeiten hinaus, in welchen man die
v.LftB|««b9ek, ArehiT f. Ghtnirgl«. IX. IQ
146 Dr. Tb. Billroth,
Rose als eine möglicherweise mit SchwaDknngen der Laftelectri-
cität zasammenbängende Krankheit bezeichnete, oder sie als Folge
eines verdorbenen Magens betrachtete, — doch wenn wir sagen,
die Rose ist eine acute Dermatitis, so ist damit auch noch nicht
gar viel gesagt, denn von Masern, Scharlach, Erythem, Urticaria
können wir dasselbe sagen. Dass die Form von Dermatitis,
welche man „Rose^ nennt, anatomisch durch starke Rosenröthe,
durch eine ziemlich scharfe ümgränzung ausgezeichnet ist, eine
Umgrenzung, welche durch abgerundete Linien kenntlich ist, und
sich aus Anfangs ganz getrennt stehenden grossen, rothen, run-
den, allm&lig confluirenden Flecken zusammensetzt, ist bekannt;
dass diese Dermatitis zur runzeligen Erhebung der Haut, zor
Qnaddelbildung, zur Blasenbildung gelegentlich fUiren kann, dass
sie allm&lig fortzuwandern liebt, und nach und nach den ganzen
KOrper fiberziehen kann, ist nicht minder bekannt. Und doch
vermögen wir nicht, die anatomischen Ursachen genau anzuge-
ben, welche diesen einfachsten Erscheinungen zu Grunde liegen.
Versuchen wir, auf Umwegen dem Wesen der Krankheit zunächst
in Betreff der anatomischen Verhältnisse etwas näher zu kommen,
denn die directen Untersuchungen der an Erysipel erkrankten
Haut mit dem Mikroskop liefern keine brauchbaren Resultate.
Es ist wohl als constant zu betrachten, dass immer ein An-
fangs kleiner Theil der Haut zuerst erkrankt, und dass sich von
diesem Theile nur im Verlaufe von Tagen und Wochen die Krank-
heit vorwärts bewegt. Diese triviale Bemerkung setzt sofort eine
tiefe Kluft zwischen Masern, Scharlach, Pocken einerseits, und
Erysipel andererseits, denn bei ersteren wird immer ein grosser
Theil des KOrpers in kurzer Zeit übergössen ; Masern und Schar-
lach und Pocken brechen massenhaft hervor am Halse, an der Brust,
im Gesichte, die Eruption über den KOrper pflegt aber in 24 Stunden
vollendet zu sein, der Process ist auf seiner Hohe, er sinkt bald
wieder. Man hat aus dieser Beobachtung den Schluss gezogen^
dass das Gift, in's Blut aufgenommen, gleichgiltig ob durch Haut,
Lungen, Darm, erst vom Blute aus wirksam wird, die Eruption
der genannten Krankheiten erfolgt nach Analogie einer Urticaria,
üeber Wnndfieber and aceidentelle Wandkrankheiten. 147
wie sie bei maochen Menschen nach Gennss Ton Erdbeeren oder
Krebsen erfolgt. Die Masern-, Scharlach-, Pocken-Dermatitis ent-
steht oieht nur da, wo etwa das Gift in die Haut eingetreten sein
kiSDDle (also fßr gewöhnlich an Gesicht and Händen, als den ge-
wöblich unbedeckten Körpertheilen), sondern überall am KOrper.
Anders Terhält es sich mit der Wundrose; sie entsteht nur an der
Wände, an dem Geschwüre, au der Escoriation. — Giebt es ein
Erysipclas capitis spontaneum, welches in gleicher Weise entsteht,
vie Masern und Scharlach? Ich muss das nach meinen Erfah-
rungen bestreiten, und habe noch keinen Kliniker gefunden, der
<Us Eryeipelas spontaneum ernstlich vertheidigt hätte. Ich stehe
•laher nicht an, zu behaupten, ein wahres Erysipel entsteht nur
fOQ einer Wunde, einem Geschwüre, einer Excoriation aus, viel-
leieht auch von einem bestehenden, vollständig subcutanen Entzün-
iQQgsherde ans; es giebt nur eine Art Erysipel, das Erysipelas
traumaticom, phlogisticum, septicum im weitesten Sinne des Wor-
t^. Da nun von der verwundeten Stelle aus sich die Rosen-Der-
Ostitis langsam bald dahin, bald dorthin weiter bewegt, so ist
e$ als sehr wahrscheinlich anzusehen, dass ein irritirender Stoff
iQÜ phlogogenen Eigenschaften in der Haut fortgeschoben wird;
dies wird so lange fortgehen, bis sich dem vorgeschobenen Gifte
Qnübersteigliche Hindernisse in den Weg legen, oder das Gift selbst
zerstört (verbrannt) wird. Das Erysipelas erzeugende Gift wirkt aber
Qiebt nur phlogogen, sondern auch pyrogen; die pyrogene Wir-
kung kann sogar in seltenen Fällen der phlogogenen um kurze
Zeit vorausgehen; letztere Erscheinung, dass nämlich die Pa-
tenten zuweilen fiebern, bevor sie selbst oder der Arzt
etwa8 ^on Rose bemerken, scheint mir kein Beweis gegen
die Annahme zu sein, dass das betreffende Gift seinen Lauf
m der Wunde ans beginnt. — Welche Bahnen durchläuft
^ Gift in der Haut? Da die Haut kein trockener Körper
^^) in welchen das Serum, welches den giftigen Stoff enthält,
^adringen könnte, wie eine Flüssigkeit in Fliesspapier, sondern
i&ehr einem drainirten, wasserreichen Erdboden gleicht, durch
Welchen das Wasser nach den Gesetzen der Schwere, der Druck-
10 •
148 ^r Th. Bi)lroth,
(lifferenzen, mit Widerständen verschiedenster Art, schliesslich
durch vorgeschriebene Bahnen abfliessen muss, so wird es am
natürlichsten sein, anzunehmen, dass der sich dem strömenden
Ernährungssafte in den Geweben beimischende giftige Stoff die-
selben Bahnen läuft, welche die Ernährungssäfte laufen; diese aber
laufen aus dem Gewebe, in welches sie durch die Arterien und Ca-
pillaren hineingedrückt sind, in die Venen und Lymphgefasse zurück,
wobei wir uns wohl die Venen als das grössere, schnellere Haupt-
stromgebiet zu denken haben, während die Bewegung in den
Lymphgefässen weit langsamer zu denken ist. Das Serum, wel-
chem das Erysipelasgifi; beigemengt wird, geht also theils, und
zwar so weit, als es ganz gelöst ist, durch die Venenwandungen
in's Blut, theils durch die Lymphgefasse; in letztere, welche
durchlöcherten Drainageröhren entsprechen, könnten auch mole-
kulare, im Serum unlösliche Elemente eintreten. Andere Bah-
nen, als die genannten, giebt es nicht für die Bewegung von
Flüssigkeiten in der Haut; doch könnte das Bindegewebe ver-
möge seines starken Quellungsvermögens violleicht doch auch
nach und nach bei abnorm hohem Blut- und Lymphdruck
von dem vergifteten Serum in sich aufnehmen; dies würde aber
wieder schnell abfliessen, sowie der Druck sinkt, und zwar durch
die genannten Bahnen, falls es nicht durch den Schweiss und
durch Verdunstung mit ausgeschieden wird. — Wir haben nun
unter diesen verschiedenen Möglichkeiten der Ausbreitung des
Giftes in der Cutis zu wählen, und ich stehe nicht an, es für
wahrscheinlich zu halten, dass das Gift den capillaren Lymph-
bahnen, den Netzen feinster Lymphgef&sse folgt; das Auftreten
runder Flecken an den Grenzen des Erysipels deutet offenbar
darauf hin, dass der irritirende Stoff, welcher die Blutgefässe zur
fluxionären Dilatation zwingt, immer gewisse umgrenzte Gebiete
von Blutgefässen auf einmal afficirt; da nun die Lympbbahnen
im Allgemeinen den Venenbahnen folgen, so wird das Einschiessen
des Giftes in ein mit wenig seitlichen Abfuhrungsgefassen ver-
sehenes Lymphgefässnetz auch zugleich das diesem Lymphgefäss-
netz entsprechende Blutgefässnetz in fluxionäre Reiznng versetzen;
Deber Wuodfieber ond accidentelle Wundkrankheiten. {49
30 entsteht ein rother Fleck auf der Hant, der nach und nach
mit dem bereits früher erkrankten Herde confloirt; auch kleinen
Lymphgefässst&mmcben in der Cutis läuft das Gift nach, so giebt
es aaeh rothe Streifen und Netze an der Grenze der erysipela-
' t5sen Entzündung. Diese Erscheinungen sind bald mehr, bald
weniger deutlich sichtbar, sie werden einem aufmerksamen Be-
obachter nicht entgangen sein. So wie die Venen der Cutis
sich zunächst zu netzartig verbundenen, dicht unter, zum Theil
Qoch in der Cutis selbst liegenden Stämmchen sammeln (Venen-
oetze, die man am besten an halbfaulen Leichen sieht), und ans
diesen Netzen sich die subcutanen, in der Längsachse der Ex-
tremitäten verlaufenden Yenen^tämroe bilden, so ist es auch mit
den Lymphgefässen ; aus dem capillaren Lymphgefässnetze geht
der irritirende Stoff in die Lymphgef&ssstämme, von diesen in
die Lymphdrüsen; es sollte also, wenn Erysipelas in der That
einer capillaren Lymphangoitis entspricht, sich dazu auch Lym-
pbangoitis der subcutanen Stämme und Lymphadenitis der näch-
sten Lymphdrüsen gesellen. Ich kann nach meinen auf diesen
Puakt besonders gerichteten Beobachtungen behaupten, dass
Schwellung und (wenn auch oft nur geringe) Schmerzhaftigkeit
der nichsten Lymphdrüsen bei Erysipel nie fehlt, und dass rothe
Streifen, der Längsachse der Extremitäten nachziehend, sich auch
sehr oft bei Erysipel nachweisen liessen. Dass der einmal in
die stärkeren Lymphgefässe eingetretene Stoff nicht wieder rück-
Wirts zu den Capillaren geht, und somit die gewöhnlich so-
genannte Lymphangoitis kein Erysipel (wohl aber Phlegmone)
mr Folge haben kann, ergiebt sich aus den physiologischen Ver-
liiltnissen ohne Commentar.
Ich habe mich in die hier auseinandergesetzten Yorstellun-
gea fiber die Entstehung und Ausbreitung des Erysipels so bin-
eingelebt, dass mir die dagegen zu erhebenden Einwände nicht
mehr imponiren. Doch muss ich die Berechtigung einiger der-
selben anerkennen; ich kann sie nicht alle widerlegen. Vor
Allem wird man sagen mflssen: warum verläuft denn nicht jede
I^noatitis in der geschilderten Weise? Warum wird nicht ans
150 Dr. Tb, Bi!)roth,
leichten Masern, leichtem Scharlach, leichten Pocken erysipela-
töse Dermatitis, capillare Catis-Lymphangoitis, wenn das phlogo-
gene Gift sich so mit dem Lymphstrome fortbewegt. Ich kann
diesen Einwand nicht ganz widerlegen, doch Hesse sich mit
gleichem Rechte wohl fragen: warum wird nicht aas jeder trau-
matischen HautentKundung Erysipelas ? warum kommt es nicht zu
jeder Qaetschwonde hinzu? Man wird hierauf erwidern müssen, dai$ä
in diesen Fällen eben angenommen werden müsse, dass die ca-
pillaren Lympbbahnen an der Wunde sehr schnell, z. B. durch
Faserstoffgerinnungen oder Exsudationen verlegt werden, und da-
durch den giftigen Secreten der Eintritt in's Gewebe verhindert
wird; wir kommen hier auf dieselben Momente zurück, die wir
bei der Frage fiber Entstehung und Ausbleiben des Wnndfiebers
erörtert haben. Es giebt eben eine Reihe von Entzfindungspro-
Zossen, die früher vollkommen localisirt werden, als von ihnen,
aus etwas in die Lymphbahn eindringen konnte, während in an-
deren Fällen diese Abgrenzung der Entzündungsherde gestört
wird, oder die abgrenzende Schicht durch besondere Umstände
wieder zerstört wird.
§. 4. Ich komme nun auf den wichtigsten Punkt, näm-
lich auf den irritirenden Stoff, welcher die Rose erzeugt. Wo
kommt er her? wie entsteht er? ist es immer derselbe, oder
giebt es mehr Stoffe, welche Erysipel erzeugen können ? was wird
aus ihm?
Wir können dies wiederum nicht direct beantworten, sondern
müssen das Ziel auf zum Theil ziemlich weiten Umwegen zu er-
streben suchen. Woher kommt das Erysipelasgift? wie entsteht
es? Diese Fragen legen wir uns folgendermaassen zurecht,
um sie beantworten zu können: Unter welchen Verhältnissen
beobachten wir die Entwickelung des Erysipels? — Hieranf
lässt sich Folgendes erwidern: 1) Wenn nach einer Operation
in einer geschlossenen Höhle Blut verhalten war und sich dies
zersetzt; also unter gleichen Bedingungen, wie wir auch septi-
sche Phlegmone entstehen sehen; 2) bei frischen Wunden ohne
nachweisbare besondere Entzündung oder Secretverbaltung; 3) an
üeber Wandfieber und accideotelle Wuod krank heilen. 15]
gat gnmalirenden Wanden, selbst wenn keine Rdzang irgend
welcher Art vorangegangen ist; 4) an Excoriationen der Haut,
zuweilen ohne alle bekannte Veranlassung, zuweilen nach genau
oachweisbarer Erkältung des excoriirten , oder sonst schon ge-
reizten Körpertheils.
Dass im ersten Falle das Erysipelasgift sich in dem zer-
setzten Blnt und ans diesem entwickelt, ist wohl Jedem plau-
sibel, der solche Fälle sab, und zumal auch den oft ausser-
ordentlich raschen, günstigen Erfolg der Entfernung des zer-
setzten Blutes je beobachtete. Haben keine Secretverhaltungen
statt, und es kommt doch sehr bald zu einer Wunde, vielleicht
schon nach wenigen Stunden Erysipel, so ist es hOchst wahr-
Bcheinheh, dass bei der Operation das Gift dem verletzten Ge-
webe applieirt ist durch Schwämme, Gompressen, Instrumente.
Aach das Auftreten von Erysipel an einer ganz normal granu-
lirenden, gut aussehenden Wunde kann wohl kaum anders, als
daroh Infection von aussen erzeugt, gedacht werden, während
dagegen die Fälle, in welchen nach Erkältung in einem gereiz-
ten Theile Erysipel entsteht, das Erysipelasgift im Gewebe (durch
^e abnorme Umsetzung der Säfte) entstanden gedacht werden
kann; dieser letzte Process ist der am schwierigsten zu begrei-
fende, doch ist das Factum wohl nicht zu leugnen, und es hiesse,
glaube ich, den Thatsachen Gewalt anthun, wollte man auch in
diesen Fällen Infection von aussen annehmen.
Das Erysipelasgift entsteht also theils aus Stoffen des mensch-
lichen Oj^anismus selbst, theils wird es ihm von aussen durch
eine Wunde, eine von Epidermis entblösste Stelle beigebracht.
Können diese beiden, auf so verschiedenem Wege der Wunde
zakommendea Gifte identisch sein? Dies wäre nicht unmöglich;
man denke sich einen Kranken, bei welchem ein Erysipel sich
am 3. Tage in Folge von Verhaltung von &ulem Blut und Secret
entwickelt hat, und denke sich femer die Schwämme, mit welchen
das faule Secret etwa abgewischt wird, werden nicht genfigend
gereinigt, das Secret trocknet in den Schwämmen; die Schwämme
werden vielleicht erst nach Wochen wieder gebraucht an einer
152 Dn Th. Billroth,
anderen frischen oder grannlirenden Wunde; es ist kein Grand,
anzanehmen, dass. das trockene Secret nicht mehr wirke, folg-
lich kann das in den Schwämmen eingetrocknete Secret wiederum
angefeuchtet und auf eine Wunde gebracht, jetzt gewiss wiederum
ein Erysipel erzeugen. Cebertragen wir diese Vorstellung auf
Gompressen, Charpie, Bettzeug, Instrumente, auf den Staub an
den Wänden; überall können Spuren eines eingetrockneten, viel-
leicht sehr giftigen Secretes Torhanden sein! Wir sind hier
wieder bei Dingen angekommen, die geradezu durch einen Ver-
such am Menschen zu prüfen etwas gefährlich wäre, doch spricht
manche Detailbeobachtung daf&r. Vor längerer Zeit kam es vor,
dass, nachdem lange kein Fall von Erysipel auf meiner Abtbei-
lung sich gezeigt hatte, plötzlich an einem Tage 8 Individuen
daran erkrankten , welche in den verschiedensten Theilen meiner
Abtheilung weit auseinander zerstreut waren; diese 3 Individuen
hatten nichts miteinander gemein, als dass sie 2 Tage zuvor alle
3 in demselben Operationssaale hintereinander operirt waren;
liegt es nicht sehr nahe, anzunehmen, dass alle 3 Individuen im
Operationssaal inficirt waren? Ich brauchte damals noch immer
zu viel und zu häufig Schwämme bei den Operationen, und habe
diese als Infectionsträger angesehen. Eine solche Beobaehtung
erscheint mir für das Verständniss der Erysipelasverbreitung viel
wichtiger, als die immer zweifelhafte Deutung einer mit grdsster
Mühe zusammengebrachten Statistik. — So viel, um zu zeigen,
dass das von aussen eine Wunde inficirende Erysipelasgift mög-
licherweise dasselbe sein kann, wie das im Körper ohne Infection
von aussen entstandene.
Die durch specifische Gifte erzeugten Krankheiten : Cholera,
Pocken, Masern, Scharlach, Fleckfieber etc. zeichnen sich auch
besonders dadurch aus, dass sie epidemisch auftreten. Könnte
man eigentliche Epidemien von Erysipelas nachweisen, so würde
das sehr f5r das specifische We-^en der Rose sprechen. Diese
Frage habe ich bereits früher berührt und erledigt, so weit es
mir möglich war. Meine frühere Arbeit: „Ein kleiner Beitrag
zur Frage, ob gewisse chirurgische Krankheiten epidemiscb vor-
Ueber Wandfieber and accidentelle Wnndkrankheiten. 153
kommen* (dieses Archiv, Bd. IV. S. 537) ging besonders daraaf
aos, festzustellen, ob eine Anh&ufiing von Erysipelasfällen im
Spital mit Anhäufung von Erysipelasfällen in Stadt und Land zu-
sammenfalle, oder nicht. Das Ergebniss war negativ; die Ery-
»pelasflLlie auf dem Lande halten vollkommen gleichen Schritt
mit dem häufigen Vorkommen von Absces^sen, Panaritien, Phleg-
monen, Carbunkeln und Furunkeln; alle diese acuten Haut- und
Unterhaatzellgewebsentzündungen sind im Winter und Frühjahr
hiofiger wie im Sommer und Herbst; eine Epidemie, welche
diese, die acuten Krankheiten Oberhaupt begünstigenden Jahres-
zeitea dnrchschneidet, oder eine Anhäufung von Erysipelasfällen,
fand sich in den Jahren 1860 und 1861 im Ganton Zürich nicht.
Betrachten wir nun die Zusammenstellung sämmtlicher auf meiner
Abth^ang vorgekommenen ErysipelasfäUe , die nach den früher
(S. 11*2) auseinandergesetzten Principien angeordnet sind (Taf. VL
obere Reihe), so komme ich in einige Verlegenheit, ob daraus ein
Epidemisiren des Erysipels im strengeren Sinne des Wortes hervor-
geht. Die jetzt gewählte Art der Darstellung giebt uns ein weit
besseres Bild über die Verhältnisse der einzelnen ErysipelasfäUe
za einander, als dies bei der früher gewählten Anordnung der
Füle zu Gurven mOglich war. Wir haben
im Jahre: septische, Infections-Erysipele ; zusammen:
13 22
17 n
20 26
14 27
11 22
8 11
2 8_^
52 85 137
Die in meiner früheren Arbeit als Epidemie im Spital be-
^ichnete Gruppe von Fällen, die vom Mai 1860 bis April 1861
^icht, erweist sich doch als sehr vielfach unterbrochen; es tritt
keine sehr bedeutende Gumulation hervor. Es folgen vom Fe-
bruar 1863 bis August 1862 fast nur sporadische Fälle, während
1860:
9
1861:
4
1862:
6
1863:
18
1864:
11
1866:
3
1866 bis l.Oct.
: 6
154 Dr. Th. Billroth,
dagegen vom October 1862 bis Februar 1863 eine starke Aa-
h&ufung mit Gumulation von 9 F&llen im December 1863 auf-
fallend ist; doch ist diese Reihe auch durch freie Wochen im
November 1862 und Februar 1863 stark unterbrochen. In ähn-
licher Weise folgen von Mai bis October 1863 viele Fälle rasch
auf einander. Die letzte Gumulation ist endlich von Man bis
Juni 1864 zu bemerken; von da ab nimmt die Zahl der Fälle
enorm ab, und nur sporadische Fälle kommen noch vor. In den
27 Monaten vom Juli 1864 bis September 1866 finden sich nnr
22 Fälle verzeichnet, von denen wohl noch 3 als in's Spital ein-
geführt abgezogen werden können.
Ich bekenne offen, dass es mir gewagt scheint, eigentliche
Epidemien aus diesen Daten deduciren zu wollen, obgleich auf-
fallende Anhäufungen, unabhängig von der Jahreszeit, von gleich-
zeitigen anderen Infectionsfiebern , von der Zahl der per Woche
auf meiner Abtheilung vorhandenen eiternden Wanden, nicht in
Abrede gestellt werden können.
Kurz, ich glaube, man kann behaupten, es hat hier keine
eigentlichen Erysipelasepidemien gegeben, wie es Scharlach-,
Masern-, Pockenepidemien gegeben hat, and zwar einfach aus
dem Grunde, weil die Entwickelung eines Erysipels vorwiegend
an Wunden geknüpft ist, also somit schon eine relativ kleine
Anzahl Menschen Oberhaupt inficirbar ist. In einem Spital, wo
viele Verwundete sind, wo also mehr inficirbare als nicht inficir-
bare Individuen vereinigt sind, können anter Umständen bei
mangelnder Vorsicht viele Infectionen vorkommen; je mehr infi-
cirt sind, je mehr steigert sich die Infectionswahrscheinlichkeit
auch f&r Andere, wenn wir annehmen, dass gewisse zersetzte
Secrete, gewisse faulige Stoffe direct als Erysipelas erzeugendes
Gift wirken, wenn sie auf Wunden übertragen werden; ob aber
der Eiter eines Kranken mit Erysipelas, oder die abgeschuppte
Epidermis, auf die Wunde eines anderen Kranken gebracht, noth-
wendiger Weise Erysipelas erzeugt, wenn die Wunde des Zwei-
ten nicht ausserdem noch gereizt oder verletzt wird, möchte ich
so lange bezweifeln, bis es bewiesen ist. Ich neigte auch früher
Oeber Wandfieber and xecidentelte Wnndkrankheiten. 155
sar Annahme, dass bei Anhäufung von Erysipelas-Kranken sich
ein Sichtiges Gontaginm möchte entwickeln können ; nach meiner
jetzigen Auffassung scheint mir dies unwahrscheinlich. — Sollte
ein Kranker, bei welchem sich in Folge von Vorhaltung von
Seereten Erysipel entwickelt, ansteckend auf andere wirken, so
rnftssten ia meiner Tabelle auf einen . markirten Fall (septi-
sches Erysipel) eine Anzahl •^— markirter folgen ; dies ist nicht
der FaU, wie man sich bei genauerer Betrachtung leicht über-
zeugen wird.
Ist nun nach allem Gesagten anzunehmen, dass es ein spe-
cifisches Erysipelasgift giebt? Muss angenommen werden, dass
es aar einen Stoff giebt, der in oder an eine Wunde gebracht,
nur Erysipel erzengen kann? Beweisen lässt sich hier wohl
nichts. Ich glaube kaum, dass man durch die bisher beobach-
teten Thatsachen gezwungen ist, dies anzunehmen; es ist nicht
recht begreiflich, dass es einen Stoff geben sollte, der immer
eine capillare Lymphangoitis, einen anderen, der immer nur eine
Phlegmone, einen anderen, der eine Lymphangoitis, einen anderen,
der eine Phlebitis erzeugen muss, sondern es ist viel wahrschein-
Ueher, dass es daraof ankommt, in welches Gewebe der infici-
reode Körper vorwiegend eindringt, in welchem er sich durch
Fenaentirung potenzirt, so dass es also, wenn auch nicht ganz,
doch naheza dem Zufall der Impfung oder Selbstinfection mit
einem putriden, pumlenten oder sonstigem phlogistischem Gifte
aoheim gestellt ist, welche der genannten Erkrankungsformen sich
entwickelt.
2. Von der Lymphangoitis.
Es sind mir bei der Durchsicht der Journale nur 15 Fälle
von Lymphangoitis anfgestossen , von denen 11 an den oberen,
^ an den unteren Extremitäten verlaufen sind. Diese Zahl ist
sicherlich viel zu klein, denn ich habe gerade bei genauerer
nnterguchung in neuerer Zeit unendlich viel häufiger die be-
kannten rothen Lymphangoitisstreifen als früher gesehen, doch
ist es gewiss oft vergessen, es in den Journalen zu notiren,
156 Dr. Th. Billroth,
weil es neben bereits bestehenden phlegmonösen Entzündungen
keine Bedeutung hat — Klar ist, dass die rothen Streifen in
der Cutis, welche man als entzündete Lymphgef&sse zu bezeich-
nen pflegt, nichts Anderes sind, als entzündetes Zellgewebe am
die subcutanen grösseren Lymphgeßssstämme; das Gift fliesst
langsam durch die Stamme den Lymphdrüsen zu, dringt dabei
durch die enorm dünne Wandung der Lymphgefässe hindurch,
und reizt das perilymphangitische Zellgewebe zur Entzündung;
diese Entzündung geht meist nicht sehr weit, doch wenn der
Stoff sehr giftig ist, wenn sehr viel resorbirt wird, wenn durch
mehrere LymphgeAsse nebeneinander phlogogener Stoff fliesst,
dann giebt es eine conflnirende Zellgewebsentzündung. Ich habe
gefunden, dass sehr viel diffuse Phlegmonen als Lymphangoitis
beginnen, und dass sich zu bestehenden Phlegmonen auch sehr
oft Lymphangoitis hinzugesellt.
Der inficirende Stoff wirkt meist auf die S&fte, mit denen
er sich zunächst mischt, fermentirend, so vermehrt er sich co-
lossal schnell und verbreitet sich rasch ; aus einem Atom Leichen-
gift geht auf diese Weise eine grosse Menge höchst giftigen
Eiters hervor. Ich habe mich hierüber anderswo ungeschickt
ausgedrückt, und das ist mit Recht gerügt worden; ich sweifele
keinen Augenblick daran ^ dass die von Leichen kommenden
Stoffe von sehr verschiedener phlogogener und pyrogener Inten-
sität sind; es ist mir auch höchst wahrscheinlich, dass Säfte aus
der Leiche eines an Blutzersetzungskrankheiten, wie Py&mie,
Puerperalfieber etc. gestorbenen Individuums viel giftiger wirken,
als die Säfte anderer Leichen. Diese intensivere Wirkung als
Folge einer wahren Contagion in solchen Fällen zu bezeichnen,
scheint mir nicht praktisch, wenn wir überhaupt dem Worte
Contagion eine speciellere Bedeutung beilegen wollen, als dem
allgemeinen Worte Infection. Die speciellere Fassung der jedem
einzelnen Mediciner von seinem Lehrer überkommenen Begriffe
von Contagium, Miasma, Infection etc. sind jetzt so verschieden,
dass man sich immer erst über diese Worte verständigen muss,
ehe man anfangt, zu discutiren.
üeber Wundfieber uud accidentelle V^ondkrankheiten. I57
Die Lymphaogoitifl kann bis znm n&chsten Lymphdrfisen-
paket fortkrieebend sein wie ein Erysipel; sie breitet sich aber
nie dem Lymphstrome entgegen aus. Da aber der Weg bis zu
dem nächsten Lymphdrusenpaket selten weit ist, so dauert eine
einfache Lympbangoitis nie sehr lange, es sei denn, dass eine
diffiise Phlegmone daraus wird. Die Fieberverh&Itnisse bieten
bei der Lympbangoitis nicht viel Besonderes dar; der erste Er-
goss der giftigen Lymphe in's Blut ist meist mit hohem Initial-
fieber, auch wohl mit Frost verbunden; der weitere Verlauf
hängt ganz von den Ortlichen Verhältnissen ab.
Ueber Hospitalbrand habe ich hier in Zürich gar keine
Erfahrnngen sammeln kennen; dic^e Lflcke ist vollkommen aus-
gefällt dureh die kfirzlich erschienene vortreffliche Arbeit von
Fischer in den Charit^-Annalen, auf die ich verweise; obgleich
die entafindlichen Erscheinungen um die diphtberitischen Wunden
und das damit zusammenhängende Fieber sich nicht von anderen
septischen Entzündungen und Fiebern zu unterscheiden scheint,
80 ist doch wohl der Krankheitsstoff, welcher die Diphtheritis
erzeogt, ein ganz besonderer, denn weder bei Erysipelas, noch bei
Lympbangoitis, noch bei Phlegmone, noch bei Phlebitis habe ich
irgendwie ähnliche Veränderungen an den Wunden gesehen, wie
sie sieh bei dem Hospitalbrand finden.
3. Trismus und Tetanus.
§. 5. üeber diese Krankheit habe ich nicht viele neue Be«
otMichtnngen gemacht, kann es mir aber doch nicht versagen,
noch einige Bemerkungen Aber dieselbe niederzuschreiben.
Im Spital sind auf meiner Abtbeihing vom L Januar 1860
bis 1. Oetober 1866 beobachtet 11 Fälle; von diesen sind 9 sehr
aent tßdtlich verlaofen, 2 chronische Fälle geheilt, nämlich ein
janger Mann mit Handquetschung, und ein Mann von 52 Jahren
mit Erfrierung der Hände; bei den 9 Gestorbenen war 5 Mal
die Hand zerrissen oder gequetscht, 1 Mal ging die Krankheit
von spontaner Gangrän aller Fingerspitzen beider Hände aus,
158 Dr. Th. Billroth,
1 Mal von einer Kopfwunde ohne Knochenverleteung, 1 Mal von
einer Brandwunde am Oberschenkel, 1 Mal von einer Operations-
wunde der Achselhöhle; die Individuen standen im Alter von
5—70 Jahren; alle erkrankten Individuen, mit Ausnahme von
einem, waren m&nnlich. Ein Mann von 19 Jahren verliess am
24. August 1866 mit einer gut grannlirenden Wunde an einem
Finger das Spital; 2 Tage später wurde er von Trismus und
Tetanus befallen, und starb nach 48 Stunden. Das war der 12^
freilich nicht im Spital selbst vorgekommene Fall; von diesen
12 Fällen entwickelten sich nur 10 im Spital selbst.
Die vielfachen negativen Resultate meiner Untersuchungen
der verletzten Nerven und des Rückenmarkes bei Tetanischen,
haben mich von der Idee, dass es sich dabei um eine ascen-
dirende Neuritis handle, ganz abkommen lassen. Ob der Teta-
nus eine Blut- oder Nervenkrankheit sei, ist eine oft ventiKrte
Frage, sie ist bald so, bald so beantwortet. Durch folgende
Reflexion bin ich dazu gekommen, mich vorläufig fär die An*
nähme zu entscheiden: Trismus und Tetanus ist eine Blut-
krankheit. Durch den Eintritt eines pyrogenen Stoffes in's
Blut entstehen die Erscheinungen des Fiebers; diese sind sehr
mannichfaltig: hohe Temperatur, Stillstand und Rückschritt der
Ernährung als Zeichen von Seiten der trophischen Nerven; ab-
norme Sensationen in der Haut, zumal am Rücken, von Seiten
der sensiblen Nerven; psychische Erregung, Delirien, Hailucina-
tioneq, auch wohl Stupor, Sopor von Seiten der psychischen und
sensitiven Nerven; Gänsehaut, Zähneklappern, Muskelzittern von
Seiten der motorischen Nerven. Je nach der individuellen Be-
schaffenheit des fiebernden Menschen, mehr aber noch je nach
der verschiedenen Beschafienheit und Menge des Fiebergifkes tritt
bald der eine, bald der andere Theil der Störungen mehr her-
vor. Fieber mit Delirien und Stupor nennen wir nervöse Fieber,
Fieber mit dauernden oder wenigstens auffallend häufigen Gon-
tractionen der Kicfermuskeln nennt man Trismus, eventuell Te-
tanus, wenn sich diese abnorm heftigen Contractionen in vielen
Muskelzweigen zeigen. Jedes Gift, welches Fieber erzeugt, ist
ücber \7andfiebcr und acoidentelle Wncdkrankheiten. 159
wieder aus einer Anzahl auf die TerBcbiedenen Nervenarten be-
sonders wirkender Stoffe zosammengesetzt; ist der Stoff vor-
berrsebend, welcher aaf die motorigcben Nerven Ähnlich wie
Strychnin wirkt, so entsteht eben Tetanus (motorisches Deliriam) ;
dieser, Tetanus erzengende, Stoff kann sich aus den Producten
acnter EntzOindnngen bilden, unter freilich bisher unbekannten
DmsOnden; es giebt aber wahrscheinlich ganz bestimmte Ver-
bälhiisse {%. B. der Temperatnr, des Fenchtigkeitsgrades der Atmo-
spblre etc.), welche die Erzeugung dieses Stoffes begfinstigen,
der dann auch möglicher Weise übertragbar ist. — Es sollte
mich freuen, wenn sich diese Ideen als nicht ganz unfruchtbar
erweisen sollten; sie sind experimentell zu verificiren. Man
sollte Eiter von Tetanischen auf Hunde fibertragen, auch Blut
TOD lebenden tetanischen Menschen in Hunde transfundiren etc.
Die letzten F&Ue von Tetanus, die hier vorkamen, kamen von
aussen her; sie verliefen so enorm schnell (in 18, 20 Stunden),
dass ich sie kaum sah; ich beschäftigte mich bei ihnen mit
therapeutischen Versuchen, indem ich versuchte, sie mit Hülfe
von Chloroforminhalation und Morphiuminjection in dauernder
Narcose zu erhalten (nach Nussbaum); beide Patienten erwach-
ten indees bald aus der Narcose, und das Morphium kam bei
ibnen gar nicht zur Wirkung.
Die bei Tetanus beobachteten auffallend hohen Temperaturen
haben mit Recht die Aufinerksamkeit aller derjenigen, welche
sich mit Thermometrie beschäftigen, auf sich gezogen. Die Ar-
beit von Leyden über hohe Temperaturen bei künstlich er-
teogtem Tetanus schien diese auffallenden Beobachtungen voll-
sländig aufzuklären, und die von A. Fick und mir angestellten
ControUversuche bestätigten, dass bei den häufigen tetanischen
Muskelcontractionen eine enorme Menge Wärme in den Muskeln
gebildet wird. Ich muss die Ulnsion fiber die experimentell ge-
fundene Erklärung der hohen Temperaturen bei Tetanus leider zer-
stören, denn gerade der letzte Fall, den ich beobachtete, verlief
in 18 Stunden mit heftigem Opisthotonus tödtlich, bei ganz nor-
malen Temperaturen, ohne eine Spur von Fieber. — Es giebt also
160 I>r. Tb. Billroth,
Tetanas mit und ohne Fieber, wenigstens ohne TemperatarerbShong:
eine alte Gescbiehte! Mir kommt das vor als eine Analogie mit
einigen von mir beobachteten, h&chst bösartigen Fällen von Sep-
tic&mie mit niederen Temperataren, ohne alles Fieber! — Auch
die Temperatarsteigerung, vrelche man bei Tetanisohen noch nach
dem Tode beobachtet, hatte etwas Imponirendes. Ich habe seit-
her bei manchen Individuen die Temperatur wahrend des Todes
und unmittelbar nachher untersuchen hissen, und g^nden, dass
eine postmortale Steigerung der Temperatur in geringerem oder
gr&sserem Grade fast bei allen Individuen Statt hat, die mit stei-
gender Temperatur sterben, so dass es also nichts Besonderes
für den Tetanus ist. üeber die muthmaassliche Ursache dieser
postmortalen Temperatursteigerung siehe die Arbeit von A. Ficic
und mir*
üeber Delirium potatorum traumaticum kann ich
nichts Neues sagen, da es hier zu selten vorkommt, als dass ich
reichliche Erfahrungen darfiber sammeln könnte. Nur so viel
will ich bemerken, dass diese Delirien nach Form und Inhalt
den septicftmischen Delirien und auch dem Delirium nervosum
(das ich bis jetzt ers$t ein Mal , bei einem gans jungen Manne
sah, der sicher kein Säufer war) sehr ähnlich sind; es kann unter
Umständen sehr schwer sein, zu entscheiden, ob inan einen vor-
liegenden Fall als Delirium potatorum oder als septicimisches
Delirium bezeichnen soll.
Anhang«
Von einigen besonderen Temperatur Verhältnissen bei verschie-
denen Krankheiten.
Temperaturen bei Verletzungen des Rückenmarkes.
§. 7. Ich habe bereits in meiner frfiheren Arbeit erwähnt,
dass bei Verletzungen des Rückenmarkes im oberen Halstheile,
Deber Wondfieber nnd «ccidentelle Wandknuikheiten. 161
dicht unter dem verUngerten Mark, sich abnorm hohe Tempe-
rataren zeigten, w&hrend bei Verletzung des Rückenmarkes tiefer
unten dies nicht beobachtet wurde. Ich habe dies in der Folge
wiederiiolt beobachtet, und stehe daher nicht an, es als einen
weiteren Wahrscheinlichkeitsbeweis für eine Beziehung des oberen
Theiles des Rückenmarkes zu der Wärmeentwickelung zu be-
trachten. Man ziehe z. B. folgende Beobachtung in Betracht: ein
starker, kr&ftiger Mann von 39 Jahren stürzt hoch herunter, und
bricht den 4. und 5. Halswirbel, mit Zerreissung des Rücken-
markes am Mittag des 12. August 1862; er zeigte
am 12. August Abends 4 Uhr eine Temperat von 34,5®,
- 12. - • 8 - - - - 86,5% .
- 13. - Morg. 7 - . - - 41,6%
- 13. - Mittags 1 - - - - 42,4*.
Um 2 Uhr 5 Minuten erfolgt der Tod; postmortale Steige-
rung der Temperatur bis 2 Uhr 15 Minuten auf 42,9 ®, dann all-
m&Iiges Sinken. Die Erscheinungen boten nichts Aussergew&hn-
liches dar, totale Paralyse sofort nach dem Falle, Tod durch
Respirationsparalyse und Lungenoedem, wie in fast allen diesen
F&llen. Nicht immer waren die Temperaturen so hoch wie hier,
doch meist schon in den ersten 24 Stunden über 40,0% während
die Patienten mit tieferer Rückenmarksverletzung gar keine Fie-
beriemperaturen in den ersten Tagen zeigten. Ich kann nach
meinen Erfahrungen über Temperaturmessungen versicLern, dass
solche Temperaturen, wie in dem eben citirten Falle, bei einfachen
Wundfiebern gar nicht vorkommen, es steckt etwas Besonderes
dahinter, was? weiss ich freilich night. — Gewiss wäre es eine
daokenswerthe Arbeit, wenn man diese Frage experimentell
weiter in Angriff nähme.
In einem Falle liess ich bei Zerreissung des Rückenmarkes
im Rückentheil wiederholte Vergleichsmessungen anstellen in der
rechten Achselhöhle und in der rechten (paralytischen) Schenkel-
beuge; die Temperatur war am letzten Orte um 0,3 — 0,4^ höher
als am ersten; es seheint dies auf eine Gefässparalyse hinzudeuten,
nach Analogie des Bernard'schen Versuches am Eaninchenohr.
T. Lt»g«Ab«ck, AxekiT f. ChiraisU. IX. IX
162 Dr. Th. Billroth,
Es sind ähnliche Beobachtungen von Levier (Dissertation Aber
Rückenmarksapoplexie, Bern, 1863) gemacht; sie stimmen auch zn
dem betreffenden Versuche von Schiff. Die Temperaturtopographie
und ihre Abhängigkeit von der Weite und Enge der Gefltose ist
übrigens ein so complicirtes Kapitel, dass man mit jedem
Schluss aus dieser oder jener Beobachtung nicht vorsichtig genug
sein kann.
Die Temperaturen bei schweren Kopfverletzungen mit
Hirnerscheinungen sind am ersten Tage in der Regel nicht
aussergewöhnlich; am 2», 3., 4. Tage finden sich aber oft hohe
Temperaturen bei diesen Kranken; ich finde, dass solche Pa-
tienten 40,1®, ^)3^9 ^1)2^9 in einem Falle ein Moribundus am
4. Tage 43,3® hatten. Wie viel dabei die entzündliche Reizung
gewisser Hirnpartien, wie viel die paralytische Wirkung man-
cherlei Körperfunctionen , wie viel die Meningitis und septische
Infection mitwirken, darüber wage ich kein Urtheil. 3 Fälle von
Meningitis tuberculosa acuta bei chronischen Eiterungen verliefen
fast fieberlos.
Dass ein Schüttelfrost zuweilen als Zeichen traumatischer
eiteriger Meningitis betrachtet werden kann, ist bekannt. Viel-
leicht lässt sich der Satz aufrecht halten, dass der Mangel von
Fieber bei Individuen, die unter Erscheinungen des Hirndmckes
starben, auch auf Mangel von Meningitis hindeutet, und dass in
^diesen Fällen der Hirndruck nur von filutextravasat, Schädel-
depression oder Hirnödem ohne Entzündung herrührt
Temperaturen bei Peritonitis.
§. 8. Die Bemerkungen über die so oft auffallend niederen
Temperaturen, welche ich in meiner ersten Arbeit machte, haben
sich bei fortgesetzter Beobachtung immer mehr bestätigt, doch
nicht in der Weise, dass die niedere Temperatur etwas (3od-
Staates bei Peritonitis wäre, sondern nur etwas sehr Häufiges;
sehr hohe Temperaturen beobachtete ich nie bei Peritonitis, wohl
aber mittlere Temperaturen, ohne bekannte Ursachen auf- and
Ueber Wandfieber and aocidentelle Wnndkraokheiten. 163
abschwankend, so dass also die Temperaturen bei Peritonitis
überhaupt nicht für die Prognose branchbar sind; im Ganzen ist
eine Peritonitis mit etwas Fieber besser , als eine Peritonitis mit
anderen schweren Symptomen und niederen Temperaturen dazu,
doch das kann man auch Ton anderen Eranklieiten ebenso sagen.
Es scheint mir, dass sowohl vom retroperitonealen Zell-
gewebe, als von der Fläche des Peritoneums septische Stoffe
and septisch inficirte Exsudate enorm schnell und massenhaft
in's Blut eindringen, denn der rasche Tod nach Operationen mit
Verletzungen des Peritoneums macht mir immer den Eindruck
einer sehr intensiven septischen Intoxication ; beweisen lässt sich
das freilich bis jetzt nicht, obgleich der grosse Reichthum an
Lymphgefassen und die Er&ffnung derselben in die Peritoneal«
höhle (v. Recklinghausen) diese Absichten plausibel machen.
Temperaturen bei acuten Nierenkrankheiten.
§. 9. fiei Nierenkrankheiten, welche eine mangelhafte Ab-
sonderung des Harnes zur Folge haben, bei denen entweder der
Harnstoff nicht gehörig ausgeschieden wird, oder Bestandtheile
zersetzten Harnes resorbirt werden, beobachtet man häufig ab-
norm niedere Temperaturen. Man hat freilich nur selten Gele-
genheit, solche Fälle rein zu beobachten; ich habe Fälle von
Carcinoma vesicae mit Tod, durch Urämie bedingt, von Blasen*
diphtheritis, von acuter diffuser Nephritis gesehen, die mich zur
Aufstellung obigen Satzes veranlassen, den ich auch schon in
meiner ersten Arbeit angedeutet habe. Ganz eclatant war ein
Fall von ganz acuter diffuser metastatischer Nephritis bei einem
starken jungen Manne von etwa 30 Jahren mit offener Fractur
des Unterschenkels; Patient hatte bis dahin hohe Temperaturen,
zumal v?ährend der Schüttelfröste gehabt, mit dem Auftreten des
blutigen, dicken (an Gylindern und Epithelien sehr reichen) spar-
samen Urins fiel die Temperatur unter 36% und obgleich noch
einige Schüttelfröste folgten^ stieg die Temperatur während der-
selben nicht über 37®.
Ich glaube, dass die Experimente, durch welche ich nach-
gewiesen habe, dass Anhäufung von kohlensauerem Ammoniak
11*
164 Dr. Th. Billroth,
im Blate die Temperatur herabsetzt, mit den erw&hnten Beobach-
tuDgen in Zusammenhang gebracht werden können.
Wenn Patienten mit Stricturen Harnröhrenruptur und Urin-
infiltration bekommen , und dadurch sich eine brandige Entzün-
dung rasch ausbreitet, so entsteht ein solches Gemisch Ton Wir-
kungen auf die Temperatur durch Aufnahme von Urin-, Jauche-
und Eiterbestandtheiien, dass man nichts mehr aus derselben er-
schliessen kann.
Die Schüttelfröste nach Catheterismus
§. 19. haben von jeher die Aufmerksamkeit der Chirurgen
auf sich gezogen ; ich habe dieselben früher, der allgemeinen An-
nahme nachgehend, als die Folge einer besonderen Empfindlich-
keit betrachtet, stehe indessen jetzt nicht an, sie als einen An-
fall von Infectionsfieber zu bezeichnen. Dass es sich dabei nicht
um ein einfaches Zittern (wie etwa zuweilen unmittelbar nach
einer grossen Operation, nach starkem Blutverluste etc.), sondern
um einen wirklichen Fieberanfall handelt, habe ich schon früher
nachgewiesen. Ein solcher Fieberanfall pflegt 2—4 — 6 Stunden
nach dem betreffenden Catheterismus zu entstehen, und ist immer
die Folge einer Urethritis; die Urethra ist meist etwas verletzt,
oft nur oberflächlich, oder es ist ein zu starker Catheter in die
Urethra oder durch eine Strictur durchgebracht. Die Producte
der Urethritis, so wie überhaupt der Entzündung der Hamwege,
vielleicht der ganzen Beckengegend, scheinen ganz besonders
leicht das Phänomen des Schüttelfrostes hervorzurufen, wenig-
stens beobachtet man verhältnissmässig auffallend häufig bei
nicht complicirten, subcutanen Beckenfracturen Schüttelfröste. Die
Schüttelfröste bei leichter Urethritis sind meist ungefährlich, doch
muss man die Urethra 3—4 Tage, zuweilen noch länger, unbe-
rührt lassen. Häufige Wiederholung solcher Fieberanfälle beinoi
vorsichtigsten Bougiren kann zu operativem Einschreiten nOthi-
gen, weil man sonst den Patienten zu häufig in Gefahr bringt,
und in der Behandlung nicht vorwärts kommt. In einem Falle
trat nach Einflihrung der Bougies in eine Strictur ein sehr hefti-
ger Frost mit dauerndem Fieber auf, mit schweren nervösen
Ueber Wandfieber und accidentelle Wandkrankheiten. 165
Symptomen, Urticaria auf dem ganzen Körper, colossal aus-
gebrütetem Herpes labialis. Die Erscheinangen waren so schwer
gewesen, dass ich später, nachdem Patient von diesem Anfalle ge-
nesen war, nicht mehr wagte, Bongies durch die vollkommen per-
meable Strictor zu bringen. Ich heilte dann den Patienten dnrch
die inssere ürethrotomie.
Schlttssbemerkung.
§. 10. Wenngleich ich nicht sicher versprechen mOchte,
niemals wieder aof die besprochenen Gegenstande znrfickzakom-
men, so scheint es mir doch nicht nnnöthig, diese Arbeitsreihe
mit einigen aaf Zweck und Tendenz derselben hindeutenden Be-
merkungen abzuschliessen.
Die imponirenden Resultate der in der inneren Hedicin so
ausgedehnt angewandten Thermometrie hatten mich in hohem
Maasse angeregt; die Idee, diese Untersuchungsmethode auch bei
chirurgischen Kranken anzuwenden, lag nahe; ich führte sie aus,
und ging an die Erklärung des Beobachteten von dem mir fiber-
kommenen Standpunkte aus. Der Gedanke, die septischen Fie-
ber experimentell zu stndiren, wurde der Ausgangspunkt einer
neuen Reihe von Untersuchungen und darauf gebauter neuer Theo-
rieen über das Wesen des Fiebers fiberhanpt. Die Haltbarkeit
dieser Theorie am Krankenbette zu prüfen, und zu untersuchen,
in vrie weit Experiment und klinische Beobachtung mit den Hy-
pothesen stimmt, führte zu einer Revision meiner sämmtlichen
einschlägigen Beobachtungen, und führte mich zu einem vorläufi-
gen Abschlüsse. Die Thermometrie trat allmälig zurück in die
ihr gebührende Stelle einer wichtigen üntersuchungsmethode,
deren Handhabung und Verständniss ebenso durch Erfahrung
erlernt werden muss, wie jede andere Untersuchungsmethode; ich
lege der Thermometrie nicht mehr Werth bei, als ihr gebührt,
ich überschätze ihren Werth nicht, wenn sie sich auch m^ ein
rother Faden durch diese Arbeiten zieht; die Temperatur eines
166 Dr. Th. Billroth,
. Kranken ist ein Symptom, wie es manche andere giebt, es spricht
nur verständlich zu dem Arzte, der die Sprache erlernt hsL
Es wäre vielleicht nicht unmöglich, die Resultate meiner Ar-
beiten in eine Anzahl von Aphorismen zusammenzufassen, wie man
es in unserer Zeit des allgemeinen Zeitmangels liebt. Für diejenigen
Leser, welche diesem System huldigen, klmn ich nicht schreiben ;
ich mache die altmodische Prätension, dass mir der Leser be-
haglich folgt, dass er sich in seinem Ideengange von mir leiten
lässt; ich will nicht dadurch wirken, dass ich dem Leser einige
Sätze zum Auswendiglernen hinschreibe, denn das hat keine nach-
I haltige Wirkung; die besten Gedanken finde ich bei anderen
Schriftstellern immer zwischen den Zeilen ; was ich lese, interes-
sirt mich fast nur deshalb, weil der Stoff selbst, oder die Art,
wie er behandelt ist, in mir neue Gedanken hervorbringt; ich
kann nicht begreifen, wie man nur receptiv lesen kann; möchte
meine Arbeit ihre Leser recht productiv machen 1 Objective
Beobachtungen streng von den Hypothesen zu sondern, und so
eine wissenschaftliche Arbeit kritisch zu er&ssen, ist eine ange-
nehme geistige Thätigkeit beim Lesen, um die man durch eine
geschäftsmässige Behandlung des Stoffes durch den Autor in neue-
rer i^eit auch vielfach gebracht wird. Rein objective Arbeiten in
die Form von unurastösslichen Orakelsprüchen gehOllt, kahl bis an's
Herz hinan, trocken vom Wirbel bis zur Zehe, tauchen in solchen
Massen auf allen Gebieten der Medicin auf, dass es danach schei-
nen möchte, als ständen wir bald der vollen, nackten, absoluten
Wahrheit gegenüber! Die meisten dieser Orakelsprüche gleichen
todt geborenen Kindern. Ich möchte ihre Zahl nicht vermehren,
sondern wünschte von Herzen, dass diese Arbeitsreihe sich als
lebensfähig und keimfähig erweisen möchte I
Zürich, den 5. December 1866.
Zu den Tafeln:
Die Erklärung von Taf. L— Y. ergieht eich aus den Uebenchriften.
Die Erklärung zu Taf. VI. findet sich S. 112.
Dtber Wandfieber und »ceideiitelle Wandkrankheiteo. iQi
lAalt.
6«iM.
Rückblick 62
Reenm^ des Gedankengaoges io den fifiberen Fieberarbeiten. — >
0. Weber 'b Arbeiten fiber Fieber. — Aufgabe and Zweck der
Torliegenden Arbeit
Gapitel XVUI.
Von dem einfachen Wandfieber 69
§. 1. FieberloB Terlaufende Fälle, ihre wichtige Bedentung für •
die Theorie des Fiebers« — §. 2. Beginn des Fiebers. —
§. 3. Dauer des Fiebers. — $. 4. Zeit der höchsten Fie-
berhOhe. — §. 5. Mangel eines bestimmbaren Typus. —
§. 6. Nachfieber.
GapitelXIX.
Von den schweren, meist tOdtlich endigenden Infec-
tionsfiebern 69
§. 1. Septic&mie ist ein ätiologisches Krankheitsbild. Erklft-
rangsversuche fOr die grossen Verschiedenheiten des Fie-
bers bei der Septicämie. — §. 2. Eiteriofection. Die Sehfit-
telfröste in ibrer Bexiehnng zum Eitergifte. Ursachen der
Intermission der FieberanfiUIe. Die Fröste sind kein siche-
rer Anhaltspunkt für die Entscheidung, ob der Fieberty-
pas intermittirend ist. — §. 3. Eiterinfection mit Venen-
thrombose und embolbchen Processen. Pjftmie. Schwie-
rigkeiten der Diagnostik. Schwierigkeit beim anatomischen
Nachweise der Thrombosen. Die metastatischen Abscesse
der Lungen, Leber, Mils sind immer embolischen ür-
Bprunges. — §. 4. Zusammenhang Ton Infection und
Thrombose; Experimente. ^ §. 5. Wie kann Jauche und
Eiter in's Blut gelangen?
Analyse von 180 tödtlich Tcrlaufenen Fällen Ton sep-
tischen, purulenten Infectionsfiebtfrn und Pyämie . 88
§. 6. Principien, nach welchen die folgenden statistischen Be-
rechnungen aufgestellt sind.
Symptomatologisches 92
§. 7. Die Schüttelfröste. — Bei Pyämie sind sie häufiger, als
bei anderen Infectionsfiebem. Zahl der Fröste bei einem
Indiriduum. Mehr als 1 Frost in 24 Stunden. — Tages-
zeit, in der die Fröste am häufigsten vorkommen. — Wie
bald nach der Verletzung tritt der erste Frost ein? —
§. 8. Diarrhoe, Brechen, Singultus, Icterus. Pneumonische
Sputa, Pneumothorax. Blutungen. Albuminurie, Hämatu-
rie. Exantheme. Decubitus.
168 ^^' Th. Billroth, Ober Wandfieber u. accid. WundkrankheiteB.
Dauer. Verlauf. * 9S
§. 9. Wie bald nach der Verletznog erfolgte der Tod?
Sectionsbefnnde 100
§. 10. Häufigkeit der Metastasen Oberhaupt §. 11. Bmbolisohe
Processe. Yenenthrombosen in den yerletzten oder ent-
zflndeten Theilen ; metastatische Thrombosen, Abscesse im
Herzfleische. Lymphdrüsen. — §. 12. a) Blntextravasate;
b) metastatische Entzflndungen Server HInte; c) Schleim-
hauterkrankungen; d) diffuse Entzflndungen drflsiger Or-
gane; e) metastatische Zellgewebsabscesse; f) Osteomye-
litis.
•Aetiologisches 106
§. 13^Ge8chlecbt, Alter. §. 14. Beziehung der verletzten KOr-
pertheile zar Infectioit §. 15. Jahreszeit. §. 16. AnhSn-
fuDg von eiternden Wunden im Spitale. §. 17. Ansichten
über die Entstehung der Infectionsfieber.
Therapeutisches 134
§. 18. Prophylaxis. Primäre Operation oder Conserrirung. Gyps-
▼erbände. Erster Verband. Behandlung der Wunden ohne
alle Bedeckung. Gegenöffnungen. Ventilation. §. 19. Inter-
mediäre und secundäre Amputation. Schwitzkuren.
Capitel XX.
Erysipelas, Ljmphangoitis, Trismus und Tetanus.
Erysipelas «... 189
§. 1. Zur Diagnose. Statistisches. Septische und Infections-
Erysipele. §. 2. Häufigkeit des Initialfrostes. Dauer.
Geschlecht. Alter. Todesfälle. Häufigkeit des Vorkom-
mens an bestimmten KOrpergegenden. §. 3. Anatomisches.
§. 4. Aetiologisches.
§. 5. Lymphangoitis 155
§. 6. Trismus und Tetanus 157
Anhang. Von einigen besonderen Temperaturverhältnissen bei ver-
schiedenen Krankheiten 160
§. 7. Temperaturen bei Verletzungen der Nervehcentren; §. 8. bei
Peritonitis; §. 9. bei acuten Nierenkrankheiten. §. 10. Die
Schüttelfröste nach Oatheterismus.
§. lO.Schlussbemerkungen 165
/.
1},fJ.
Fuxp.X. Exp.M. Ejqj.Xff. Eoqim. ExjiTOi: E^qhJJ: Krp.Xn. E.iqxXy//.
Juni, JiinC. Jxtfii, Juni. .Juli. Juli . Jitli. Juli.
Eittr aus
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IV.
Ueber gewaltsame Streckung von Contrac-
turen , insbesondere des Kniegelenkes.
Von
Prilfi Hermann Meyer
in ZOrich.
(Hierzu Taf. IL Fig. 1-6.)
ll?e<m ich mir erlaube, in dem Folgenden einige Worte über
die ^e^valtsame Streckung von Goniracturen zu reden, so kann
Q& liallöLTlich oicht meine Meinung sein, die Zweckmässigkeit oder
die ln^icatiooen eines solchen Verfahrens kritisch zu wfirdigen;
deaik diese Untersuchung gehört nicht in meine Competenz.
leli. ^wfko&che nur, auf einen, wie mir scheint, nicht genügend
beacbteten Punkt in der Methode der Streckung aufmerksam zu
machen, sei die Streckung ein einmaliger Act oder ein l&nger
hingesogener.
Ich nehme sogleich das Kniegelenk als Beispiel.
Ist eine Contractur im Kniegelenke vorhanden, so befindet
rieh die Tibia in einem stärkeren Beugungsgrade gegen das Fe-
mnr, and ist in diesem festgehalten. Die Frage über den primä-
ren Sitz der Contractur, ob derselbe in den Bändern oder in den
Muskeln zu suchen sei, kann ich füglich unberücksichtigt lassen.
Kb genügt für den Gegenstand, den ich zu besprechen wünsche,
170 Dr. IL Meyer,
zu wissen, ditös die Tibia io dem hinteren Rand^ ihrer Gelenk-
fläche festgehalten ist. Versuchen wir, an der Leiche eine solche
Gontractur gewaltsam in der Weise zu strecken, dass wir den
Oberschenkel und den Unterschenkel anfassen, und das Knie aus
der Beugelage in die Strecklage bringen, dann gelingt dieses als-
bald unter einem hörbaren Krachen oder Knirschen. Das Bein
ist dann gerade, aber die Gestalt der Kniegegend ist doch kei-
nesweges die normale. Untersucht man nun durch Präparation,
worin der Gestaltfehler besteht, so findet man eine Einknicknng
der vorderen Wand der Tibia zwischen der Tuberosltas und dem
vorderen Rande der Gelenkfläche, also an der von dem soge-
nanten Ligamentum patollae mit unterliegendem Gelenkfette be-
deckten Stelle; einmal fand ich auch bei einem solchen Versuche
statt einer solchen Einknickung der Tibia eine ähnliche Ein-
knicknng in der vorderen Wand des Femur, gerade über der
Gelenkfläche für die Patella.
Wie diese Einknickung der Tibia entsteht, ist unschwer zu
erkennen. Es sei in Fig. 1 (Tafel IL) eine Seitenansicht der
beiden Knochen, Femur und Tibia, gegeben. Wärde diese Stel'
lung in einem gesunden Knie eingenommen sein, und durch
Anwendung äusserer Gewalt in die Strecklage verändert werden,
so würde eine Bewegung der Tibia, um die in den Condylen des
Femur gelegene Axe des Kniegelenkes (L) stattfinden. (Ich
nehme der Einfachheit wegen hier nur eine Kniegelenksaxe an,
obgleich deren eigentlich zwei vorhanden sind, die beide in der
Zeichnung mit I. bezeichnet sind.) Der hintere Punkt a des
Durchschnittes der Tibia-Gelenkfläche würde dabei in der Rich-
tung gegen vorne auf dem Gondylus des Femur verschoben. —
Nun ist aber bei der Gontractur der Punkt a festgehalten und
kann nicht nach vorne rutschen; er wird vielmehr wegen keiner
fixirten Lage zum Hypomochlion, um welches die Tibia gedreht
wird. Die Gelenkfläche der Tibia mass dann an den Condylos
des Femur angedrückt werden, so weit die Elasticität der Ge-
lenkknorpel etc. dies gestattet. Ist die Grenze der elastischeo
Compressionsfähigkeit erreicht, dann ist momentane Ruhe da.
Ueber gewalts. Streckung too GontractareD, iosbes. d. Kniegelenkes. 171
Wirkt die Gewalt weiter, so mfissen die Verhältnisse auftreten,
die wir bei dem gewaltsamen Biegen eines Stockes wahrnehmen,
nimlich Dehnung auf der einen Seite , oder Gontraction auf der
anderen Seite, oder beides zugleich. Die Dehnung hätte hier
in der hinteren Seite des Gelenkes (bei a) zu geschehen. Han-
gelhafte DehnoDgsf&higkeit dieser Stelle des Gelenkes ist aber
gerade der Gegenstand der Behandlung, und es könnte eine Deh-
Bang nur dann eintreten, wenn die Knochensubstanz der beiden
Geleakenden eine entsprechend grosse Widerstandsfähigkeit be-
ätzen wurde. Bekanntlieh ist aber die Widerstandsfähigkeit der
Knochensubstanz beträchtlich geringer, als die der fibrösen Sub-
stanz, namentlidi wenn diese noch sklerosirt ist. Wir werden
demnach die Debnungsmöglichkeit der Weichtheile an der hin-
teren Seite des Gelenkes als gar nicht yorhanden ansehen dürfen,
nnd fftr den durch den Punkt a bezeichneten hinteren Rand der
Tibia-Gelenkfläche eine unveränderliche Fixirung annehmen kön-
nen. Geschieht dies, dann ist auch für die Weiterbewegung der
Punkt a Hypomochlion, um welches die Tibia bewegt wird. Ein
beliebiger Punkt c der Tibia wird dann in der durch den Pfeil
angedeutetea Richtung gegen das Femur gedrängt, und ihm stellt
sich der aas dem Femur kommende Gegendruck (für c aus b
kommend) entgegen. Eine Weiterbewegung kann unter diesen
Verhältnissen nur stattfinden, wenn eine der beiden gegen ein-
ander wirkenden Druckkräfte überwunden wird, und in Folge
dessen der entsprechende Knochen eingeknickt wird. Dass diese
Einknickong vorzugsweise die oben bezeichnete Stelle der Tibia
trifft, erklärt sich aus der Schwäche der Substantia dura an die-
ser Stelle.
Würde diese Operation in gleicher Weise am Lebenden aus-
gefEihrt, so würde damit allerdings der Erfolg erreicht sein, dass
das Bein dann wieder gerade wäre; eine gewisse Hissgestaltung
der Eniegegend wäre damit allerdings verbunden, indessen wäre
diese, so lange nicht andere üebelstände dabei sind, an und für
sieh ziemlich gleichgültig. Dagegen wird aber der Erfolg doch
nicht befriedigen können, weil eine Beweglichkeit in dem Knie-
172 Dr. fl. Meyer,
geleake gar nicht, oder doch höchst ungeaägead vorhanden wäre.
Die Gelenkfläche der Tibia ist ja in ihrer früheren falschen Lage
und Fixirung an dem Femur liegen geblieben, und die Gerade-
richtang des Beines ist nur durch eine compensatorische Erfim-
muDg in der Tibia selbst erreicht worden (vgl. Fig. 2). Die Be-
handlung einer Eniecontractur hat aber nicht allein darauf zu
gehen, das Bein in ein lebendes Stelzbein zu verwandeln, son-
dern sie soll auch, so weit möglich, dem Kniegelenke die nor-
male Beweglichkeit verschaffen. Würde es nun therapeutischer
und mechanischer Behandlung gelingen, in einem in oben be-
zeichneter Weise gestreckten Kniegelenke eine grössere Beweg-
lichkeit wieder herzustellen, dann würde es für den Patienten
ein wahres Unglück sein; denn, wenn die missgestaltete Tibia
bei der zur Zeit der Operation zurückgebliebenen Beugestelluog
ihrer Gelenkfläche eine Streckstellung hat, so muss sie bei einer
Strekstellung ihrer Gelenkfl&che eine Dorsalflexionsstellung zeigen.
Die möglichen Bewegungen fällten demnach statt des Raumes
zwischen hinterer (plantarer) Flexion und Streckstellung den
Raum aus zwischen Streckstellung und vorderer (dorsaler) Flexion;
das Kniegelenk wäre dann gewissermassen einem Ellenbogenge-
lenke zu vergleichen, wobei das Olecranon, in der Kniekehle ge-
legen zu denken wäre.
Es ist mir nun auffallend gewesen in Berichten über ortho-
pädische Anstalten, in den Abbildungen von gerade gestreckten
Kniecontracturen gewöhnlich jene oben erwähnte Missgestaltung
der Kniegegend zu finden, welche der Hauptsache nach darin be-
steht, dass der Unterschenkel mit einer Art von Hohlkehle in
den Oberschenkel übergeht. Die vordere Profillinie des Beinen
weicht nämlich unter der Kniescheibe stark rückwärts, und geht
vrieder längs der Tibia gerade abwärts. Auch ist stets die Mög-
lichkeit der Bewegungen des Kniegelenkes als eine mehr oder
weniger beschränkte bezeichnet.
Dieser umstand erlaubt einen Schluss darauf^ dass die Streck-
operation in solchen Fällen stets in der oben beschriebenen Weise
ausgeführt worden sei. Ich erinnere mich auch vor Jahren in
Deber gewalts. Streckang von Contractnren, insbes. d. Kniegelenkes. 173
einem angesehenen Spitale einer solchen Streckung beigewohnt
zuhaben, nnd erinnere mich, dass in einem gewissen Stadium
der Gewaltanwendung ein sehr vernehmbares Krachen sich hOren
lie^s, mit welchem zugleich die ,, Geradestreckung ^ des Beines
beendet war; die Anwesenden sahen das Krachen als ein will-
kommenes Zeichen der Sprengung der ,,contrahirten^ Bänder an,
und erkannten einen Beweis für die Richtigkeit ihrer Auffassung
in der plötzlich und gleichzeitig eingetretenen Streckung des Bei-
nes. Ich habe jetzt alle Ursache, zu glauben, dass jenes Krachen
^on der Einknickung der Tibia herrührte.
Da die Geradestreckungen durch Maschinen erzeugt werden,
deren verschiedene f&r diesen Zweck angegeben worden sind,
so darf die Frage entstehen, ob der fehlerhafte Erfolg etwa in
der C!onstruction oder der Anwendungsweise des Apparates be-
gründet sei; — und allerdings lässt sich der Apparat nicht frei-
spreclien, wenn seine Construction oder seine An wendungs weise
sieht die richtige ist.
Die f&r die Kniestreckung construirten Apparate pflegen aus
zwei Schienen zu bestehen, welche an dem einen Ende mit ein-
ander articuliren; diese Schienen werden die eine an den Ober-
sehenkel, die andere an den Unterschenkel befestigt, so dass die
ärtt'cuh'rende Stelle an dem Kniegelenke liegt, und dann wird
durch irgend eine Vorrichtung der Winkel zwischen den beiden
Schienen vergrössert. Damit die Schienen keinen verletzenden'
Druck auf die Theile üben , mit welchen sie in Berührung kom-
nien, werden sie gefüttert und gepolstert.
Sind nnn die Schienen ebene Brettchen, so ergiebt es sich
^on selbst, dass die sie verbindende Articulation hinter die Haut
der Kniekehle zu liegen kommen, und dass ihre Entfernung von
dieser um so bedeutender werden muss, je höher die untergeleg-
ten Polster sind.
Wird nun mit einem solchen Apparate die Streckung aus-
S^luhrt, so wird eine gegenseitige Bewegung der beiden im Knie-
gelenk verbundenen Knochen ausgeführt, und zwar um die durch
die ArticulatioD der Schienen gegebene Axe. Aus dem früher
174 Dr. H. Hejer,
Gesagten geht nun aber hervor, dass dabei die beiden Gelenk-
enden stark aufeinander gedrückt werden müssen, und zwar
um so mehr, je weiter diese Axe hinter (d. h. in der Rücken-
lage unter) der Kniegelenksaxe gelegen ist. Gewaltsame und
rasche Ausübung der Streckung muss demnach mit Nothwendig-
keit zertrümmernd auf die Gelenkenden einwirken. — Die Fig. 3.
wird dieses erläutern. Es seien die beiden Schienen d e und e f
in e articulirend, gh und ik seien senkrecht zu den Schienen
gestellte Befestigungsbänder; es ist nun klar, dass, wenn yoU-
kommene Streckung bis zur Continuität der beiden Schienen er-
reicht ist, die beiden Bänder parallel stehen müssen, und zwar
in der durch punktirte Linien gegebenen Lage; es ist aber auch
ebenso klar, dass dieses, wenn der Apparat wirklich gut schliesst,
und kein Rutschen der Gliedtbeile in demselben möglich ist, nur
unter Zerquetscbung der Gelenkenden zu Stande kommen kai\n.
In der Fig. 4 ist die Streckung der beiden Schienen mit den
in gleicher Lage zu ihnen beharrenden Knochen ausgeführt, und
aus derselben ersichtlich, wie weit die beiden Knochen inein-
anderschlüpfän oder sich gegenseitig vernichten müssten, um eine
solche Streckung möglich zu machen. Zum Glück schliessen die
Apparate nicht so gar zu fest, namentlich nicht an den Knochen,
so dass durch Verschiebung diese letzteren wenigstens etwas
ausweichen können.
Der Fehler, welcher die Ursache für die missgestaltende
Geraderichtung wird, liegt also allerdings in dem Apparate, wenn
dessen Drehaxe durch seine Construction oder darch die Polste-
rung hinter die Drehaxe des Kniegelenkes, oder gar hinter die
Kniekehle zu liegen kommt.
Aus diesem geht nun aber auch hervor, auf welche Weise
der Fehler zu vermeiden ist. Der Apparat müsste nämlich so
eingerichtet sein, dass seine Drehaxe mit der Drehaxe des Knie-
gelenkes zusammenfiele. Diese Bedingung zu erfüllen, würde
aber eine Unmöglichkeit sein, schon allein aus dem Grunde,
weil das Kniegelenk zwei Drehaxen hat. Einen Fehler wird
man also nothwendig machen müssen, man muss ihn aber dann
Ueb. gewtltssme Streckung von Gontracturen, iosbes. d. Koiegeleokes. 175
nach der Seite bin machen, auf welcher er nichts schadet, son-
dern eher noch Nutzen bringen kann.
Dieses geschieht, indem man die Drehaxe der Schiene
vor (in der Rückenlage über) die Drehaxe des Kniegelenkes
bringt. Man wird dann, wie die Fignren 5. und 6. zeigen,
während der Operation die beiden Gelenkenden von einander
zerren, und damit dehnend auf die umgebenden Weichtheile ein-
wirken, namentlich auch auf diejenigen an der hinteren Seite
des Gelenkes (Punkt a.), wo die Dehnung, als der Contractur
am direetesten entgegen wirkend, am meisten Interesse hat.
Ich habe bisher in den die Contractur bedingenden Weich-
Aeilen vollständige ünnachgiebigkeit angenommen. Nehmen wir
onn einmal vollständige Widerstandsfähigkeit der Knochen und
eine gewisse Nachgiebigkeit der betreffenden Weichtheile an.
Führen wir unter diesen Bedingungen die Streckung nur mit
den Händen ans, so wird die Stelle, an welcher sich die beiden
Gelenkenden aneinander stemmen, zum Hypomochlion werden
müssen, und in fortgesetzter Gewaltwirkung eine Dehnung der
Weichtheile in der Kniekehle erfolgen müssen. Führen wir die
gleiche Operation durch Maschinen aus, welche ihre Drehaxe
hinter dem Kniegelenke haben, so wird dieses nicht geschehen
l^^nnen, wenn nicht, was freilich immer anzanehmen ist, die
Knoehen in dem Apparate etwas ausweichen. Wenn dagegen
die Drehaxe des Apparates vor dem Kniegelenke liegt, dann
f^eht die Wirkung des Apparates direct auf die Dehnung dieser
Theile (vgl. Fig. 5. a.).
Da nun in Wirklichkeit gewöhnlich eine gewisse Dehnbar-
keit der Weichtheile vorhanden ist, und die Knochen jedenfalls
«ine gewisse Widerstandsfähigkeit besitzen, so wird doch bei den
Strecknngen durch unzweckmässige Apparate die Geraderichtung
nicht allein durch die Einknickung der Tibia, sondern auch durch
Dehnung der Bänder und der Muskeln zu Stande kommen
können, namentlich wenn therapeutische Behandlung (Bäder,
Fetteinreibungen etc.) bereits auf Erweichung hingearbeitet hat;
^od es kann vielleicht damit auch einzelne Male ohne Läsion
176 Dr. H. Meyer, fiber gewaltsame Streckung Ton Contncturen etc.
der Knochen eine mehr oder weniger befriedigende Heilang er-
zielt werden. Immer aber muss dabei ein nngenaaer Scbloss des
Apparates vorausgesetzt werden.
Der einzige Apparat indessen , welcher, wenn es in dem
speciellen Falle überhaupt mOglich ist, eine Streckung des Knie^s
ohne Gefährdung der Knochen und mit directer Dehnung der
contrahirten Weichtheile erzielen muss, ist derjenige, dessen Dreh-
axe etwas vor der Drehaxe des Knie's gelegen ist. Natürlich
darf dieses nicht übertrieben werden ; es muss bei der Anpassung
der Axe des Apparates vielmehr die Meinung vorhanden sein,
sie in die Knieaxe zu legen, jedoch mit einem kleinen Fehler
gegen vorne. In den Figuren 5. und 6. ist es übertrieben dar-
gestellt, um das Princip scharf auszusprechen.
Die ausgesprochenen Sätze müssen Gültigkeit haben sowohl
für Anwendung der gewaltsamen einmaligen Streckung, als .far
die allmälige, durch Wochen hingezogene Dehnung, üeber den
Werth der einen oder der anderen dieser beiden Methoden zo
entscheiden, kann natürlich meine Sache nicht sein.
Die Grundsätze, welche ich hier an dem Beispiele des Knie-
gelenkes als gültig nachgewiesen habe, müssen auch für alle
anderen Ck)ntracturen Gültigkeit haben, und es ist bei der An-
wendung von Streckapparaten oder Beugungsapparaten stets Rück-
sicht zu nehmen, dass die Axe derselben, da sie nie genau in
die Axe des Gelenkes gelegt werden kann, so angebracht werde,
dass das Gelenk leicht auseinandergezerrt, keinenfalls aber die
Gelenkflächen auf einander gedrückt werden.
Wenn man diesen Grundsatz durchzuführen sucht, so wird
man in Bezug auf diejenige Gontractur, welche neben der Con-
tractur des Kniegelenkes am häufigsten durch Maschinen behan-
delt wird, in Bezug auf den Klumpfuss nämlich, leicht erkennen,
dass ein Apparat, welcher die Drehaxe an der Ferse hat, nur
Nachtheil bringen kann, und dass die Axe des Apparates etwas
vor der Spitze der Knöchel gelegen sein muss.
Beiträge zur Eesection des Kniegelenkes.
Von
Dr. HSnls
in Hanaa.
(Hierw Taf. L Fig. 7-11.)
I. Me EeMctUn des KniegeleBkes bei itn Celenkerkrankugei der Uider«
Die Frage aber die Zul&ssigkeit der Resection bei den Er-
krankungen des Kniegelenkes im Kindesalter ist in der letzten
Zeit sehr verschieden beantwortet worden. Während die franzö-
sische Chirurgie die Operation fast gar nicht geübt hat, — wir
werden sehen, dass sich nur sehr wenige Fälle von französischen
Chirurgen verzeichnet finden — , wurde dieselbe von den GoUegen
in England mit einer gewissen Vorliebe geübt, und auch in Nord-
Amerika scheint dieselbe ziemlich fleissig ausgeführt worden zu
sein. In Deutschland nahm man eine mehr abwartende Stellung
eJD. Ein Theil der GoUegen, vielleicht nach traurigen Erfah-
rungen, welche sie mit der Operation gemacht hatten, wollte die-
selbe auf eine sehr geringe Anzahl von Fällen beschränkt wissen,
ein anderer Theil hielt zwar mit den Engländern ihre Berechti-
gung aufrecht, war aber doch durch die verschiedenen erhobenen
Bedenken auf der einen Seite vorsichtig geworden, während sie
auf der anderen Seite durch die von Jahr zu Jahr vervollkomm-
Bete Behandlung der Gelenkkrankheiten eich in der Lage sahen,
Gelenke zu heilen, welche früher unbedingt der Operation — sei
f. Langonb«ck, AxehiT f« Chlrnrgi«. IX. 12
178 Dr. König,
es der Amputation oder der Resection — verfallen waren. Hatte
doch insbesondere die Behandlung der Krankheiten des Knie-
gelenkes bedeutende Fortschritte gemacht, seit man hatte ein-
sehen lernen, dass nicht an den Blutentziehungen, den Pflastern
und Salben, sondern vor Allem in der Ruhe und guten Fixirung
der Gelenke das Heil der kleinen Patienten zu suchen sei.
Waren doch die Resultate der nach diesem Principe behandelten
Gelenke so erstaunliche, dass man Glieder heilen sah, welche
früher entweder der Amputation verfielen, oder in so verkrnmm-
ter und verdrehter Stellung nach vielen Gefahren zur Heilang
kamen, dass sie nur sehr unvollkommen gebrauchsfähig wurden.
War es diesen Resultaten gegenüber zu verwundem, wenn sich
eine entschiedene Reaction gegen operative Eingriffe erhob, wenn
man zu dem Glauben kam, dass man mit den jetzigen Mitteln
wenn nicht alle, so doch fast alle erkrankten Gelenke heilen
könne? Gewiss war das um so weniger auffallend, als sich sehr
bald noch ein Feind gegen die Resectionen im Kindesalter er-
hob, welcher erst Jahre nach der Operation zum Vorschein kam,
und die Brauchbarkeit der operirten Extremität f&r sp&tere Jahre
in Zweifel stellte. Es wurden zunächst von England aus Erfah-
rungen mitgetheilt, welche bewiesen, dass in einzelnen Fällen
die Glieder der im Kindesalter Resecirten sehr bedeutend im
Wachsthum zurfickgeblieben waren. Man fand, dass dies fast
nur Fälle waren, in welchen die Resection beträchtliche Knochen-
stflcke entfernt hatte, in welchen wahrscheinlich die Epiphysen-
linie mit entfernt worden war. Immerhin liess sich dies nicht
für alle Fälle nachweisen, und es blieb der Vermuthung Raum,
dass der Eingriff als solcher, auch wenn er nur in der Nähe der
Epiphysenlinie stattfand, einen ungünstigen Einfluss auf das Wachs-
thum des Gliedes üben würde.
Wenn man die Thatsachen reden lässt, so muss man wohl
unbedingt zugestehen, dass eben doch nicht alle Fälle, auch
wenn sie nach den jetzigen Principien sachgemäss behandelt
v^urden, zur Heilung kommen; man muss zugestehen, dass man
auf der einen Seite mit dem zu weit getriebenen Gonserviren
Beiträge zur Reseetion des Kniegelenkes. 1 79
den kleioen Kranken in betrichtliche, dorch eine zeitgemässe
Reeection abzuscbneidende Lebensgefahr bringt, während man
andererseits schliesslich doch nur verkrüppelte, mehr oder weniger
ODbranehbare Glieder erzielt. Vor Allem aber soll man nicht
veigessen, dass eben nicht alle Kniegelenke der richtigen Be-
handlong unterworfen werden. Das Volk auf dem Lande ist,
wie jeder beschäftigte Arzt weiss, dem neuen Princip noch sehr
wenig hold, und auch bei den Collegen ist es noch nicht so
atterwftrts in Fleisch und Blut gegangen, dass man nicht Ver-
flUtase dagegen täglich zu sehen Gelegenheit hätte. Was soll
mit diesen Gelenken geschehen, welche in total vernachlässigtem,
jeder conservativen Behandlung spottenden Zustande in unsere
Binde kommen? Warum *soll man die Heilung derselben nicht
gerade so gut auf dem Wege der Ausschneidung der kranken
Enochentheile versuchen, wie man andere Gelenke durch diese
Operation zur Heilung bringt? Gar mancher College würde mit
demselben Vertrauen zu dieser Operation greifen, wenn eben
aoBser den oben erwähnten Bedenken der Brauchbarkeit des
operirten Gliedes im Allgemeinen, sowie der Brauchbarkeit der bei
Kindern operirten Glieder im späteren Lebensalter insbesondere,
die Operation in ihren Folgen für das Leben des Kindes als eine
meist sehr gefährliche sich darstellte, wenn durch Thatsachen
bewiesen werden könnte, dass durch dieselbe nicht mehr Kinder
üft* Leben verlieren, als ohne die Operation durch das Leiden
des Gelenkes an sich.
So sehr ich mir bewusst bin, dass, wenn ich einige Bei-
trage zur Lösung dieser Fragen bringe, meine Hittheilungen
keinen Anspruch auf Vollständigkeit machen, so mag ich doch
nicht länger mit dem, was ich beibringen kann, zurfickhalten,
wenn ich auch nur dadurch vielleicht Anregung gebe, die Frage
der Enieresection beim Kinde in der angegebenen Richtung weiter
SQ verfolgen. Sollte daher hier oder da Lückenhaftigkeit, be*
sonders auch in Beziehung auf Benutzung von Literatur bemerk-
b^ lein, so bitte ich, diese damit zu entschuldigen, dass ich den
Wttsek hatte, die Aufmerksamkeit der Fachgenossen von Neuem
12*
180 Dr. König,
auf eine Operation zn richten, die bei richtiger Ansi&hrang den
besten Leistungen der Chirurgie auf operativem Gebiete beiza-
z&hlen ist.
Es handelt sich nach dem so eben kurz Angedeuteten zu-
nächst darum, zu constatiren, welche Fälle von Tumur albus oder
Arthrocace der Kinder zu Vornahme der Resection geeignet sind
Wir wiesen schon darauf hin, dass nicht nur die vernachlässigtea
Fälle es sind, welche der Heilung so grosse Hindemisse bieten,
dass sie f&r die Resection geeignet werden, sondern dass auch
manches Gelenk nicht heilen will, welches von Anfang an zweck-
mässig behandelt wurde. Wir müssen also festzustellen suchen,
welches die Hindernisse der Heilung sind, und ob dieselben der-
art localer Natur erscheinen, dass man von der Entfernung des
pathologisch veränderten Gelenkes die Heilung erwarten darf.
Zugleich müssen wir das Allgemeinbefinden des kleinen Patien-
ten einer strengen Kritik unterziehen, wir müssen feststellen, ob
nicht ein allgemeines Leiden der Nutrition besteht, welches auch
bei günstigen localen Verhältnissen die Erhaltung des kindlichen
Lebens so in Frage stellt, dass ein jeder grossere operative Ein-
griff als zweifelhaft erscheint.
Betrachten wir zunächst die localen Verhältnisse des er-
krankten Gelenkes, welche die schwere Heilbarkeit bedingen,
und unter Umständen die Resection nöthig machen können. In
dem späteren Stadium des Tumor albus finden sich in den om
das Gelenk herum gelegenen, durch Bindegewebsneubildung ge-
schwollenen Weich th eilen Fistelgänge, welche meist nicht direct,
sondern durch gewundene Gänge mit dem vielbuchtigen Gelenke
oommnniciren. Dieselben zeigen sich nicht geeignet, um eine
freie Entleerung des Eiters zu vermitteln. So kommt es, dass
der Eiter sich an immer mehr und mehr Stellen Wege bahnt,
es entstehen vielfache Fistelöffnungen, welche trotzdem nicht
hinreichen, um den Inhalt des Gelenkes frei ausfliessen zu lassen.
Parallel mit der Stockung des Eiters geht die Entartung des
Gelenkes selbst Die Kapsel bekommt ülcerationen, die Bänder
erweichen, verlängern sich, werden schliesslich in Granulationen
Beitrftge zur Resection des Kniegelenkes. 181
nmgewandelt, und das Gelenk, welches seinen Halt verliert, er-
leidet Yerechiedene, unter dem Namen der Spontanluxation be-
kannte Verschiebungen. Weitaus die wichtigsten Veränderungen
f&r unsere Frage sind aber die, welche den Knorpel und den
Enoehen selbst betrefien. Am Knorpel bilden sich grössere und
kleinere ulcerirte Stellen, welche in die Tiefe gehen , und auf den
Knochen übergreifen. Es scheint, dass wir f&r die F&lle, in
welchen die Kapsel und nicht die Knochenenden selbst der pri-
märe Sitz der Entzündung war, nach unserem jetzigen Wissen
zwei Formen \on Erkrankung der Knochensubstanz annehmen
mfissen. Die eine Form scheint die zu sein, dass von der Sy-
noviahs aus der Entzündungs- und ülcerationsprocess auf den
Knorpel, und von diesem auf den Knochen übergeht, dass sich
dann in dem Knochen selbst durch die Entzündung weitere Er-
oährangsstörungen bilden, welche Ausbreitung der Erkrankung
bedingen, und welche bei ungünstigen allgemeinen und örtlichen
Verhältnissen die Ausheilung des Defectes erschweren. Die andere
Form, welche sich möglicherweise auch mit der ersten compli-
ciren kann, scheint sich auf abnorme Druck Verhältnisse, sowie
auf Resorption der Knochensubstanz durch in sie hineinwachsende
pathologische Neubildungen reduciren zu lassen. Es gehört hier-
her zunächst die Form von Entartung der Knochenoberfl&che,
welche sich an den gegenüberliegenden Gelenkenden des in Folge
der Gelenkentzündung fehlerhaft gelagerten Gelenkes einstellt.
Durch die fehlerhafte Stellung des Gelenkes werden einzelne
Stellen der Gelenkoberfläche abnorm gedrückt. Sind nun bereits
die Knorpel in Folge der abnormen Exsudation im Gelenk er-
weicht, oder hat sich bereits ein Knorpeldefect in der oben an-
gegebenen Art ausgebildet, so bildet sich in Folge des gegen-
Beitigeo Druckes der Gelenkenden (meist der hintere Theil der
Oberscheukelcondylen und eine oder die andere Seite der Ober-
fläche der Tibia) ein zunächst oberflächlicher, aber allmälig sich
ausbreitender Defect am Knochen aus. Sodann gehört dahin die
l^rption des Knochens, welche in Folge von Granulationsbil-
dtmg von der Synovialis und den degenerirten Bändern aus ein-
182 D^ König,
tritt. Die Granulationen wachsen gleichsam von aussen in den
Knochen hinein, und bedingen so allmäJigen Schwund desselben.
Aber der Knochen kann auch in einzelnen Fällen zunächst
der erkrankte Theil sein, es bilden sich bei zunächst noch massig
betheiligtem Gelenk Abscesse innerhalb der Epiphyse, oder es
bilden sich Granulationen mit Zerfall der Knochensubstanz, oder
ein circumscripter, in Verkäsung übergehender Herd.
Alle diese Processe können sich mit Ablösung grösserer
oder kleinerer Trümmer des Knochengewebes Terbinden, und
auch dadurch ein beträchtliches Hinderniss för dfe Heilang des
erkrankten Gelenkes bilden.
Wir wissen nun, dass sämmtliche destructive Processe an
der Oberfläche oder im Inneren der Epiphyse allmiälig auch an
entfernteren Stellen des Knochens Ernährungsstörungen bewirken.
Wir können also annehmen, dass bei längerer Dauer derselben
die Ernährungsstörungen die Epiphysenlinie erreichen und über-
schreiten werden, und dass sie also hierdurch selbst bei end-
licher Heilung die Ursache zu verkrüppelten, im Wachsthum
zurückgebliebenen Gliedern abgeben können. Abgesehen davon,
fehlen selten Erscheinungen im Allgemeinbefinden des kleinen
Kranken, welcher allmälig anämisch wird und abmagert —
Wie stellen sich nun die so eben kurz zusammengestellten patho-
logisch-anatomischen Verhältnisse des erkrankten Gelenkes kli-
nisch dar. Mit Ausnahme weniger Fälle haben alle diese Er-
krankungen des Kniegelenkes einen chronischen Verlauf. Wir
schliessen also auf die angefahrten Veränderungen des Gelenk-
apparates, wenn das erkrankte Glied nach längerer zweckmässiger
Behandlung nicht heilen will, wenn sich an demselben beträcht*
liehe Schwellung, vielfache Fistelbildung mit zunehmender Eite-
rung, und sonstigen, direct nachweisbaren Symptomen von Garies
der Gelenkenden constatiren lassen, oder wenn sich Dislocationen
an demselben zeigen, die nur in Folge "von Veränderungen in
der angegebenen Richtung eingeleitet sein können. Was zunächst
die Fistelbildung betrifft, so ist es gerade die Vielfältigkeit der-
selben und ihre Wiederkehr an bestimmten Stellen, (welche die
Beitrige zur. Resection des Kniegelenkes. 183
bdie Wahrscheinlichkeit, dass dieselben Verftnderungen inner-
halb des Gelenkes entsj^echen, begrOnden. Im Oberschenkel
finden wir die Fisteln meist der oberen Ansdehnong des Ge-
lenkes entsprechend, aaf der vorderen Fliehe, einen bis swei
Zoll oberhalb der Patella, zu den Seiten der Strecksehne, in der
Kniekehle an der inneren Seite der Flexoren. Seltener sind die
Fisteb anssen und innen an den Condylen selbst Am unter-
sehenkel ist eine wesentlich hftufig fistnlOse Stelle, die obere
imiere Partie der Tibia. Seltener ist die äussere Seite der Tibia,
niher und femer vom Gelenk, der Sits von Oefihnngen. Die
Gelenklinie selbst ist ebenfalls ziemlich häufig betroffen, und
zwar besonders links und rechts vom Lig. patellae, sowie die
lonenseite des Gelenkes. Sind an allen diesen Stellen lange be-
stehende Fisteln, so kann man mit ziemlicher Sicherheit anneh-
men, dass sie zu einem Gelenk führen, dessen Knochenoberfläche
krank ist. Das Sondiren derselben ist ziemlich unsicher. Der
gewundene Verlauf lässt nicht immer in das Gelenk dringen,
und wenn auch dies, so doch nicht immer die kranke Stelle
treffen. Ein sehr wichtiges Symptom, welches keinen Zweifel
Itet über ein tiefes Ergriffensein des Gelenkes, ist das Reiben.
Kann man die beiden Gelenkenden mit Crepitation gegenein-
ander bewegen, so folgt daraus einmal, dass der Bandapparat
total gelockert, wahrscheinlich zum Theil zerstört sein muss, und
dasB die Oberfläche der Knochen rauh ist. Beträchtliche Dislo-
cationen, wie starkes Ruckwärtssinken der Tibia, beträchtliche
Verdrehung nach aussen, Genu-valgumstellung in einem fistulösen
Gelenke lassen auf Aehnliches schliessen. In Beziehung auf die
Wdchheit der Knochen ist die Nadel ebenfalls noch als ünter-
Bttchnngsmittel festzuhalten.
Wir haben also entweder ein erkranktes Gelenk von Anfiang
ui tweckmässig behandelt und finden zuletzt ein klinisches Bild,
welehes uns wahrscheinlich macht, dass ein Theil der oben ge-
sehilderten anatomischen Läsionen bestehe, oder wir bekommen
^ Glied erst in Behandlung, nachdem es in einen total ver-
n^U&Bsigten Zustand gekommen ist. In dem einen Falle haben
184 !>'• König,
wir die gebräachliche Therapie versacht, wir haben theils mit
sicherer Lagerung und KMte, theils mit Gyps- und Kleisterver-
band unser Heil versucht, in dem anderen leiten wir die Kor zu-
nächst auf zweckmässig conservativem Wege, wir suchen das
Glied allmälig in richtige Lage zu bringen, und es in derselben
durch erhärtende Verbände zu fixiren, wir erweitern die Fisteln,
und sorgen für besseren Äusfluss des Eiters. Trotzdem will das
Knie nicht heilen. Zuweilen sind wir nicht im Stande, einen
freien Äusfluss des Eiters zu erzwingen, oder auch, wir schaflen
durch unsere Lagerungsversuche, durch eine andere Stellung des
deformen Gliedes und der schon deformen Gelenhoberflftchen
neue Druckverhältnisse, welche ein Weiterschreiten der Garies be*
dingen, oder es sind Herderkrankungen innerhalb der Epiphysen
vorhanden, welche erst jetzt zum Durchbruch kommen, ganz ab-
gesehen davon, dass partielle Necrosirung in den Gelenkenden,
dass vollständig abgelöste Knochenstücke innerhalb des Gelenkes
vorhanden sein können, welche jeden Heilversuch auf conserva-
tivem Wege vereiteln können. Gar oft aber will ein derartiges
Gelenk bei der zweckmässigsten Behandlung nicht heilen, ohne
dass wir uns so ganz bestimmte Vorstellungen machen könnten,
warum es nicht heilt Wir wissen eben nur, dass besonders
dann, wenn der Knochen ergriffen ist, gerade das Knochenge-
schwür der Heilung widersteht. Versuchen wir dann noch me-
dicamentöse Einspritzungen in die Gelenkhöhle, so finden wir,
dass auch diese uns oft im Stich lassen, gerade so gut, wie auch
öfter die locale Application von Medicamenten auf leicht zugäng-
liche Knocheogeschwüre ohne Erfolg bleibt, und erst die ober-
flächliche Entfernung des erkrankten Knochens die Heilung ein-
leitet. Die Ausschneidung der erkrankten Gelenke ist in der
letzten Zeit so vielfach geübt worden, dass man wohl annehmen
muss, die Resection hat sich eine bleibende Stellung far die zweck-
mässige Kur der schwer oder gar nicht heilenden anderen Ge-
lenke erworben. Sind die Principien, auf welche die Ausflbong
der Resection bei anderen Gelenken sich stützt, die richtigen, so
müssen sie auch für das Kningelenk des Kindes Geltung haben,
Beitrige cor Resection des Kniegelenkes. 185
es sei denn, dass sich gewichtige Bedenken erheben liessen,
welche nur die Resection dieses Gelenkes betreffen. Wir haben
bereits wiederholt angei&brt, dass wirklich in der Richtung ver-
sehiedene Bedenken erhoben worden sind, und woUen dieselben
jetzt prüfen, ob sie in der Tbat bestehen. Was zan&chst den
Einwurf der Unnöthigkeit der Operation betrifft, so habe ich
meinen Standpunkt zu diesem Vorwurfe bereits in den vorstehen*
den Zeflen dargelegt, und brauche qur Weniges hinzuzufügen.
Der Fortschritt, welchen die Chirurgie in der Behandlung der
erkrankten Gelenke gemacht hat, hat wohl den Änlass gegeben,
dass man glaubte, alle Gelenke jetzt auf conservativem Wege
heilen xn können, und mag dieser Glaube wohl deshalb bei dem
Kniegelenke am meisten Stätze gefunden haben, weil dieses ge*
rade der neuen Art der Behandlung zugänglicher war, als andere
Gelenke, und weil man. Gelenke damit zur Heilung brachte,
welche früher der Ämpnlation anheimfielen. Wenn nun aber
aueh einige Gelenke, welche man resecirt, nach jahrelangem Ab-
warten noch geheilt wären, so fragt es sich sehr, welchen Nutzen
man dem kleinen Patienten damit verschafil. Man muss zunächst
nach den neueren Erfahrungen annehmen, dass die Heilung eines
resecirten Kniegelenkes bei zweckmässiger Nachbehandlung ziem*
lieh rasch geht, dass sie also den kleinen Patienten in möglichst
korter Zeit wieder dem Verkehr zurückgiebt, und muss weiter
annehmen, dass die Operation eine Reihe von Gefabren abschnei-
det, welche das Leben des Kranken bei längerer Dauer bedrohen.
Dazu kommt, dass die Resection gewiss — wie wir unten noch
weiter ausfahren wollen — in einer Anzahl von Fällen das Fort-
schreiten der Erkrankung der Gelenkenden abschneidet, und so-
mit der Epiphysengrenze das Wachsthum der kranken Extremi-
tät Gonservirt Man wird es daher bei zu langem Abwarten
ßchlieaslich dahin bringen können, dass man weder das Gelenk
noeh das Glied conserviren kann, und dass man, falls der Kranke
nickt zu Grunde gehen soll^ nach der Amputation als ^letztem
^ttel greifen muss.
Gewiss aber kann die Operation nur dann gerechtfertigt er-
186 Dr. König,
scheinen, wenn »ie auch nützlich ist, d. h. wenn durch dieselbe
ein brauchbares Glied erzielt wird. Und dies können wir schon
jstzt für die Mehrzahl der Fälle versichern. Freilich würde nur
in den wenigsten Fällen ein bewegliches Gelenk erzielt, was ge-
wiss vom ideelen Standpunkte aus das Streben des Ghinugen
sein müsste (siehe unten), aber wir erhalten durch die Operation
ein Glied, welches zum Gehen sehr wohl brauchbar ist, nicht
minder brauchbar, als dasselbe bei spontaner Ausheilong eines
schwer erkrankten Gelenkes zu werden pflegt. Dies kann ich
wenigstens in den drei von mir geheilten Fällen versichern. Ein
erwachsener Mann, welchen ich vor mehreren Jahren resecirte,
arbeitet an der Landstrasse und geht den 3 Stunden weiten Weg
von seinem Orte bis hierher und zurück in einem Tage, ohne
sehr ermüdet zu werden; ein vor mehreren Jahren resecirter
Knabe giebt seinen Commilitonen weder in der Schnelligkeit noch
in der Ausdauer der Bewegungen viel nach, und das zuletzt vor
Jahresfrist operirte kleine Mädchen ist ebenfalls den gsmzen Tag
auf den Beinen. Ein Gleiches scheint doch auch aus den unten
angefahrten Beobachtungen hervorzugehen. Es ist nun aber ge-
wiss nicht genug, wenn wir wissen, dass die Extremität in der
ersten Zeit nach der Operation brauchbar war, das Wesentlicbe
ist, dass wir auch die spätere Brauchbarkeit im vorgerückten Alter
constatiren. Wir wissen, dass Zerstörung der ganzen Epipfayse
das Wachsthum des Knochens in der Längsrichtung nach der
entsprechenden Seite hin vernichtet. Es ist also im höchsten
Grade wahrscheinlich, dass eine Operation, welche die ganze
Epiphysenlinie oder einen grossen Theil derselben entfernt, auch
das Wachsthum des Gliedes, insofern es von diesen Theilen ab-
hängig war, vernichten wird. Es wurden denn auch schon bald,
nachdem die Operation Eingang gefunden hatte, in England ein-
schlägige Beobachtungen gemacht. Es war zunächst ein von
Syme operirtes Kind, bei welchem das zurückgebliebene Wachs-
thum in der operirten Extremität constatirt wurde. Bald kamen
neue Beobachtungen hinzu, sie wurden zusammengestellt, und es
scheint daraus hervorzugehen, dass mit der Grösse der resecirten
Beitrlge xnr Reseciion des KniegelenkeB. 187
Stteke die Gefahr des ZurückbleibeuB im Wachsthom zunimmt.
Ueber diesen Gegenstand hat George Murray Humphxy zu *
Cambridge (Medice -chimrg. Transactions. Vol. 45. 1862. p.
283 etc.; siehe Gurlt, Jahresbericht ftr 1862 in y. Langen-
beck's Archiv Bd. 5. Seite 77.) Dntersachangen angestellt. Es
finden sich daselbst .18 Beobachtungen tabellarisch zusammenge-
stellt. In 8 FUlen wuchs die operirte Extremität mit. Bei die-
sen 8 Operirten waren 2 bereits im Alter von 17 Jahren. In
allrn diesen Fällen wurde nur wenig resecirt, und zwar vom
Oberschenkel 4 Mal nur eine dünne Scheibe, 1 Mal '4 Zoll, 1
Mal 1 Zoll; von der Tibia wurde 1 Mal überhaupt nichts ent-
femty 4 Mal nur dfinne Scheiben, 1 Mal ^ Zoll. In den 2 fibri-
gen Fällen wurde von den zwei Knochen zusammen 1 Mal 1^
und 1 Mal 2i Zoll entfernt. Der letztere Fall, 2i Zoll, war bei
einem 17jährigen, es wurde also möglicherweise auch hier die
ganze, oder wenigstens ein Theil der Epiphysenlinie erhalten;
das Wachethum in den übrigen Fällen war gestört.
Analymren wir diese Fälle, so ist es bei fast allen wahr-
scheinlich, dass entweder an beiden, oder wenigstens an einem
Koochen die Epiphysenlinie mit entfernt wurde. So wurden bei
einem 9jährigen und bei einem 12jährigen grosse Portionen bei-
der Knochen entfernt (Fall 12 und 13), bei einem 9-, bei einem
12- und bei einem 6jährigen wurden im Ganzen 2'\ 3^'' und
gut 2'' entfernt (Fall 9, 10, 11). Im 15ten Fall wurden die
Gelenkflächen resecirt — also wahrscheinlich so weit der Knor-
pel reicht, and somit wohl auch die Epiphysenlinie, ebenso im
Uten Fall, wo bei einem 12jährigen vom Oberschenkel das Ge-
lenkende, von der Tibia 4'', also wohl sicher ein Theil der Epi-
physenlinie mit resecirt wurde. Im 16ten Fall wurde bei einem
15jabrigen vom Oberschenkel 1'', von der Tibia Y entfernt, also
sicher die Epiphysenlinie der Tibia mit resecirt, und im 18ten
Fall bei einem 3jährigen Kinde Fem. V'i Tibia 4'^. Es bleibt
dann noch der 14te Fall mit 1^' von beiden Gelenkenden bei
einem ISjfthrigen Knaben, wo sich später 34" Verkürzung her-
ausstellte. Von dieser Verkürzung kamen 2 Zoll auf die Tibia,
188 Dr. K«nig,
also war auch hier wahrscheinlich von der Tibia der grftsBere
Theil der Epiphysenlinie resecirt worden.
So ganz sichere Schlüsse Hessen sich indessen auch aas die-
sen Angaben nicht ziehen. Einmal ist, wie wir sehen, die Be-
zeichnung nicht ganz sicher — (Entfernung der Gelenkenden,
Entfernung von so und so viel von beiden Enochenenden) —,
abgesehen davon, dass man nicht weiss, von welchen Stellen der
Knochen aus die entfernten Stücke gemessen wurden, ob von der
Spitze der Condylen aus, oder von der Fossa intercondyloidea etc.
Immerhin geht aus der Tabelle im Ganzen hervor, dass die Ge-
fahr des Zurückbleibens im Wachsthum mit der Grösse der ent-
fernten Stucke, also mit der Entfernung der EpiphysenflSche oder
der dieser benachbarten Partieen wächst. Die einseinen F&lle,
in welchen, trotzdem dass wenig resecirt wurde, das Wachsthom
doch zurückbleibt, lassen sich aber wohl mit Wahrscheinlichkeit
darauf zurückfahren, dass schon krankhafte, die Epiphysenh'nie
beeinträchtigende Processe der Resection vorausgegangen waren,
dass die Epiphysenlinie selbst durch Ossification, durch Atrophie
und Bindegewebsneubildung so entartet war, dass das Wachsthum
von diesem entarteten Gewebe nicht mehr vermittelt werden
konnte. Da sich diese letzteren Fälle jedoch nach der einen
Seite jeder Berechnung entziehen, andererseits aber in ihren Fol-
gen nicht der Resection zur Last fallen, so können wir dieselben
zunächst unbeachtet lassen. Dahingegen ergiebt sich ftr die an-
deren die Nothwendigkeit, genau zu bestimmen, wie viel wir in
Jedem Falle von den beiden Gelenkenden entfernen dürfen, ohne
in Gefahr zu kommen, dass wir die Epiphysenlinie berühren.
Ich suchte mich in dieser Richtung zu belehren, indem ich
eine Anzahl von Kniegelenken jugendlicher Individuen mit beson-
derer Berücksichtigung der Epiphysenlinie untersuchte. Leider
gelang es mir nicht, gerade aus dem 3ten bis 8ten Jahre Ge-
lenke zu erhalten. Ich untersuchte 4 Gelenke, und zwar eines
von einem Neugeborenen, von einem 11jährigen, 16 jährigen und
18jährigen Individuum. Die Zeichnung ist von dem 11jährigen
Mädchen entnommen.
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vex erscheint. Nach ÄblOsang der Epiphyse erscheint die Epi-
physenebene als eine von den Seitentheilen nach der Mitte missig
gewölbte, Yon hinten nach yorne ebenfalls bis über die Mitte bin
flach nach oben gewölbte, dann aber nach nnten der Spina tibiae
entsprechend steil abfallende Ebene.
Nach dieser kurzen Angabe des Verlaufes der Epiphysen-
fläche bei beiden Knochen gebe ich in der folgenden Tabelle
QKÖglichst genaue Messungen der in den Figuren punktirt ange-
gebenen Linien an :
ISjähriger
lej&hriges
lljihriges
Neuge-
1. Oberschenkel.
Mann.
Mftdchen.
Mftdchen.
borener.
a. Fossa intercondyloidea
2.4 Gtm.
2, Gtm.
1,6 Gtm.
0,8 Ctm.
anterior
ß. SeiteDhöhe (Condylus
intern.)
^. Seitenhöhe (Gondylns
extern.)
3, Fossa intercondyloidea
3,5 Gtm.
3,2 Gtm.
2,4 Ctm.
1,6 Ctm.
3,2 Gtm.
3,0 Gtm.
2,1 Ctm.
1,3 Ctm.
1,9 Gtm.
1,8 Gtm.
1,4 Gtm.
0,6 Ctm.
a. Höheind.Fossaintercond.
2,1 Ctm.
2, Ctm.
1,9 Gtm.
0,9 Ctm.
gS
b. Mitte d. Gond. internus
3,2 Gtm.
3, Gtm.
2,4 Gtm.
1,5 Ctm.
r^.
c. Mitte des Gond. ezternus
3, Gtm.
2,8 Gtm.
2,1 Gtm.
1,2 Ctm.
2. Tibia.
a. Vordere Höhe.
4,4 Gtm.
4,2 Gtm.
3,8 Gtm.
ß, Hintere Höhe
2.2 Gtm.
1,8 Ctm.
1,5 am.
y. Innere Seitenhöhe
2,1 Gtm.
1,9 Gtm.
1,5 Gtm.
1, Ctm.
(f. Aeussere Seitenhöhe
2, Gtm.
1,9 Gtm.
1,4 Gtm.
1, Ctm.
||1
a. Mitte
2, Gtm.
1,7 Gtm.
1,5 Ctm.
0,8 Ctm.
b. Aeussere Seitenhöhe
1,6 Gtm.
1,3 Gtm.
1,2 Ctm.
0,8 Ctm.
f*?"!
c. Innere Seitenhöhe
1,6 Gtm.
1,3 Gtm.
1,2 Ctm.
0,8 Ctm.
Aus diesen Zahlen ergiebt sich ein ungefthres Wachsthum
der Epiphyse um \ bis 1 Mm. f&r das Jahr. Man wird gnt
thnn, überall nicht mehr als ^ Mm. Ar jedes Lebensalter ansn-
nehmen, um nach den gegebenen Zahlen der Tabelle die Höhe
der Epiphysen an Oberschenkel und Tibia zu bestimmen.
Es handelt sich nun darum, practisch nach dem so eben
Auseinandergesetzten festzusetzen, auf welche Art man dei Säge-
schnitt an den Gelenkenden der Kinder yoU&hren sell^ um in
Beiträge snr Resection des Kniegelenkes. 191
einem giegebeoeii Falle mögliehst viel von der Epiphyse za ent-
feniea, olme in die Ge&br tu kommen, die Epiphysenlinie oder
-ilkhe zu zerstOrea* Wir sehen, dass diese Fläche im Ganzen
eineo gewissen Parallelismus mit den freien Gontouren der über-
kQorpelten Gelenkenden behauptet. Daraus folgt, dass der pas-
sendste Schnitt ein derartiger Parallelschnitt sein würde. Selbst-
Btändig ist ein solcher bogenförmiger Schnitt nicht zu machen,
wir müssen also, um die Steigungen und Senkungen der Epiphy-
senlinie zn yermeiden, den Schnitt allenthalben so anlegen, dass
er bei Erhaltung des Parallelismus im Ganzen so fem von der
Linie selbst angelegt wird, dass er die Steigungen nirgends er-
reicht Haben wir den Oberschenkel so weit entblösst, dass der
Kopf mit der Insertion der Kapsel am Rande des Gelenkknorpels
ZDm Yorschein kommt, so scheint es mir geeignet , an dem Ge-
lenkkopfe 4 Punkte zu bemerken, durch welche die Sägeschnitts-
ebene zu legen ist, wenn sie die Epiphysenlinie erhalten soll.
Nimmt man auf der Vorderfl&che der Condylen die Stelle,
an welcher der Enorpelrand der Epiphyse aus den seitlich fast
^ertical verlaufenden Linien in die horizontale übergeht, und misst
von diesen Punkten aus längs des verticalen Randes etwa 1 Ctm.
ab, bezeichnet man sich auf ähnliche Weise lauf der Hinterfläche
der Coodylen in der Fossa poplitea das Ende der beiden inneren,
bogenförmig verlaufenden knorpeligen Linien an der Befestigungs-
stelle der Kapsel, und misst von hier aus auf dieser Linie bei-
derseits am inneren und äusseren Condylus ebenfalls etwa 1 Ctm.
ab, 80 kann man durch diese 4 Punkte (ich habe dieselben, so
weit es möglich , in der Abbildung Fig. 7 a. und 7 b. mit * bezeich-
net) einen Säg^schnitt legen, welcher bei dem 11jährigen Kinde
überall nngefUhr die Grenze des Entfernbaren angiebt. Dieser
Schnitt erhält allerdings etwas mehr vom inneren Condylus, als
n5thig ist, es ist dies aber nicht zu ändern, da es nur so mög-
Heh ist, den Schnitt in eine Ebene zu legen. Würde man am
inneren Condylus die Punkte tiefer annehmen, so würden am
^i^reu und in der Mitte einzelne Theile der Epiphysenlinie
entfernt werden. Das auf diese Art entfernte Stück hat in der
192 Dr. ICönig,
Mitte ungefähr die Höhe von 1,2 Ctni. (Fossa intercondyloidea),
an den Gondylen ist es 1,8 bis 1,9 Ctm. hoch. Am Condylos
internus lässt sich dann noch eine keilförmig nach der Mitte
verlaufende Scheibe entfernen, bei welcher die Basis etwa 0,8 bis
0,9 Ctm. Breite hat. Nimmt man diese Maasse beim lOjahrigen
Kinde an, so kann man durch Zu- und Abzählen von ^ Mm. fiir
das Jahr sich die einseinen Lebensalter ergänzen.
Das, was ich von dem Femur des 16 jährigen Mädchens ent-
fernen konnte, betrug 1,4 Ctm. in der Mitte, 2,1 Ctm. an den
Condylen.
Für die Tibia bestimmt man die Grenzen des Sägschnittea,
indem man von dem peripherischen freien Rande des Gelenk-
knorpels beim U jährigen Kinde überall ungefähr 0,5 Ctm. ent-
fernt bleibt. An den beiden vorderen Seitentheilen ist dieser
Rand am schärfsten ausgeprägt, sie eignen sich also am besten
zur Bestimmung der Höhe des Schnittes. Dieser Schnitt l&sst
auf beiden Seitentheilen kleine keilförmige Stücke stehen, and
ebenso bleibt die vordere Ecke bis zur Tuberos, tibiae stehen.
Sie kann von da aus keilförmig nach der Mitte hin mit einer
ungefähr 0,5 Ctm. breiten Basis an der Tuberositas abgetragen
werden.
Das bei dem angegebenen Sägschnitte entfernte Stück ist in
der Mitte etwa 1,5 Ctm. hoch und flacht sich allmälig nach den
Seiten bis zu 0,5 Ctm. ab.
Bei dem* 16jährigen kann man 8— 9 Ctm. wegnehmen. Die
Mitte hat dann eine Höhe von 2 Ctm.
Setzt man die Stücke des Gelenkes, welche abgenommen
wurden, zusammen, so erhält man bei dem Gelenke des 11 jäh-
rigen Kindes nicht ganz 2,7 Ctm., bei dem des 16 jährigen 3,4 Ctm.
Wir erhalten durch diese Messungen Resultate, welche wir
noch später bei Besprechung der Knochenschnitte im operativen
Theile der Arbeit verwerthen wollen, aus denen wir aber schon
jetzt den Schluss ziehen müssen, dass wir in dem Opfern von
Theilen der Epiphyse sehr sparsam sein sollen. Haben vrir aber
einmal das Terrain in der angegebenen Art blossgelegt, so bleibt
Beiträge zur Resectton des Kniegelenkes. 193
uns eine weitere Entfernung von einzelnen kranken Enochen-
theilen, welche die Epiphysenlinie zum Theil in sich fassen, un-
benommen. Abgesehen davon, dass wir mit dem Opfern solcher
kranken Theile keinen Schaden thun, denn der entsprechende
TheiL der Epiphysenlinie war ja schon durch Krankheit vernich-
tet, ehe wir denselben hinwegnehmen, und. wir thun mit dem
Wegnehmen des kranken Theiles der Weiterverbreitung auf die
noch gesunden Theile der Epiphysenlinie Einhalt, abgesen davon,
meine ich, dass es doch a priori wahrscheinlich ist, dass das
Wachsthum im Ganzen nicht wesentlich gestört sein wird, wenn
ein kleiner Theil der Epiphysenlinie geopfert wird. Das ist aber
ganz gewiss, dass die Erkrankung des Knochens ebensowohl das
Wachsthum des Gliedes aufhebt, wie die Resection. Ein Jeder
hat leicht Gelegenheit zur Untersuchung von deformen Kniege-
lenken, welche als Resultat von lange dauernder, mit Eiterung
verbundener Entzündung aus jugendlichem Alter zurückgeblieben
sind. Fast alle diese Glieder zeigen grössere oder geringere
Grade von Verkürzung. Zum Theil kommt diese Verkürzung
allerdings auf Rechnung der durch Verschiebung der Gelenkenden
bewirkten Deformität (Luxation der Tibia nach hinten), zum
grösseren Theil aber auf Rechnung des zurückgebliebenen Wach^-
thnmes. Kach forcirter Streckung dieser Glieder erhalten wir
fast immer ein stark verkürztes Bein, mit grösserer oder gerin-
gerer Luxation der Tibia nach hinten, welches dann meist doch
nnr mit einem festen Verbände oder mit einer Kniemaschine als
Stutze brauchbar, und noch dazu häufig sehr schmerzhaft ist, und
leicht ermüdet. Alle diese Glieder, welche in der Art deform
waren, sind meiner Erfahrung nach unbrauchbarer, als ein recht-
zeitig resecirtes Glied. Es erscheint mir wenigstens für viele
Fille nicht richtig, das Zurückbleiben dieser Glieder aaf Rech-
nung des Nichtgebrauches zu setzen, denn ein Theil derselben ist
in stumpfwinkeliger Stellung geheilt und gebraucht worden , sie
können activ, wenn auch nur in beschränktem Maasse, gebeugt
vnd gestreckt werden, und sie sind trotzdem im Wachsthum zu-
rSckgeblieben. Wendet man den Begriff des Zurückbleibens aus
T.LaB{aBb«ok, AreUr f. Ohtrwgi«. tl. ]^3
194 Ör. König, ^
Nichtgebrauch auf alle diese Glieder an, 80 wird er gewiss nur
angewandt, um pathologisch unbekannte, oder schwer erklärbare
Thatsachen zuzudecken. Dies mögen nun einmal primär Yom
Nervensystem ausgebende pathologische Zustände sein, es sind
aber gewiss in den eben besprochenen Fällen weit häufiger Stö-
rungen pathologischer Art in der Ernährung der der Epiphysen-
liuie benachbarten Theile, unabhängig vom Nervensystem. Die
Zellenproduction und das Wachsthum in dieser Gegend kann
aber, wie allerwärts sonst, durch pathologische Processe gestört
sein, durch Entzündung und deren Ausgänge, durch Granulations-
bildung, durch fettige Degeneration, durch Sklerose resp. früh-
zeitige Verknöcherung. Dafür, dass Knochenschwund und alle
die am Knochen vorgehenden Processe, welche man unter dem
Namen Caries zusammenfasst, häufig die Ursache für das Zurück-
bleiben der Beine im Wachsthum nach lange dauernder fistulöser
Gelenkentzündung sind, spricht neben der länger dauernden
Fistelbildung mit Eiterung noch ein umstand. Es scheint näm-
lich nach meinen Messungen, dass die Tibia besonders stark im
Wachsthum zurückbleibt. Bedenkt man, dass im Ganzen die
Epiphysenlinie der Tibia der Oberfläche näher liegt, als die des
Oberschenkels, und dass bei gebogenem Knie die ganze Gelenk-
fläche derselben weit mehr dem Drucke ausgesetzt ist, als die
des Oberschenkels, von welchem nur der hintere kleinere Theil
mit der allmälig rückwärts sinkenden Fläche der Tibia in Berüh-
rung kommt, so erscheint es wahrscheinlich, dass die Oberfläche
der letzteren und die an den meisten Stellen nahe liegende Epi-
physenlinie auch mehr der Zerstörung ausgesetzt ist Selbstver-
ständlich gilt dies wesentlich nur für den Druckschwand, und
nicht für die Erkrankung der knöchernen Gelenkenden aus ande-
ren Ursachen.
Ich führe hier kurz die Krankengeschichten mit einigen Mes-
sungen an den Gliedern von 3 Kranken auf, welche in den letz-
ten Jahren in meiner Behandlung waren, mit der Bemerkung,
dass es nicht etwa ausgesuchte Fälle sind, sondern dass ich die
Beiträge zur Resection des Kniegelenkes. 195
sor Beobachtung nahm , welche mir gerade in der letzten Zeit
zu Gebote standen.
1. M., ein jetzt 30 Jahre alter, sonst gesunder und kräftiger Mensch, er-
krankte im 9ten Jahre angeblich kurz nach einem Falle auf das rechte
Knie an Gelenkentzündung. Er ging 6 Wochen mit leicht gekrümmtem
Knie herum, bekam dann ein acutes Exanthem. Während dieser Krankheit
Terschlimmerte sich die Krankheit des Kniegelenkes; da nichts für das Knie
gethan wurde, so krümmte sich dasselbe zu einem rechten Winkel, schwoll
beträchtlich an, und wurde nach etwa i Jahre ans verschiedenen Einschnit-
ten Eiter entleert Nachdem Pat fast 1^ Jahr zu Bett gelegen, fing er wie-
der an, auf Krücken herumzugehen. Es hatten sich indessen noch viele
Fisteln gebildet, welche bis zum Uten Jahre eiterten. Von der durch eine
Maschine im 28ten Jahre allmälig bewirkten Streckung fand sich ein recht-
winkelig gebogenes Gelenk, welches noch etwas weiter gebeugt, aber nicht
gestreckt werden konnte. An demselben war die Patella auf dem Oondy-
ias ezternus fixirt, die Tibia nach hinten Inzirt und nach aussen verdreht
Viele Narben und ziemlich beträchtliche Verkürzung zeugten von der lange
daaemden, schweren AfFection des Gelenkes. .
Die Messungen des mit Hülfe einer Kniemaschine gestreckten, jetzt mit
einem Stützapparate und hohem Absätze leidlich brauchbaren Gliedes erge-
ben die in der Tabelle angegebene Verkürzung.
2. F., 20 Jahre altes, sonst gesundes Mädchen, erkrankte im lOten
Jahre an Entzündung des rechten Kniegelenkes. Das Knie schwoll an, und
sehr bald entstanden Fisteln in der Kniekehle. Indessen ging Patientin mit
leicht gekrümmtem Gliede umher. Im 14ten Jahre entstand Exacerbation
nach einem Falle auf das Knie, es bildeten sich noch mehr Fisteln, welche
im 16ten Jahre zuheilten. Das in einem Winkel von 145^ stehende Glied
wurde faat fortwährend mit Hülfe eines Stockes gebraucht. Es liess noch
eine Beugung von etwa 20°, aber keine Streckung zu, dabei war die Tibia
leicht nach hinten luxirt, und eine ziemlich beträchtliche Genu-valgum-Stel-
Inng vorhanden. Der Fuss war nach aussen verdreht. Vielfache Narben
fanden sich an dem deformen Gelenke. Nach der Streckung durch eine
Maschine ist dasselbe mit Hülfe eines Stützapparates leidlich brauchbar.
Die Patientin klagt noch stets über Schmerz in der vorderen Gelenkge-
gend und ermüdet leicht (Siehe unten die Messungen.)
3. B., skrophulöser Mann von 25 Jahren. Kniegelenkentzündung, an-
geblich im 12 ten Jahre. Eröffnung verschiedener Abscesse nach etwa einem
Jahre. Die Eiterung dauerte dann etwa 1^ Jahre, also fast bis zum löten
Jahre. Schon etwa 1 Jahr früher benutzte der Kranke das in einem Win-
kel Ton 145* stehende Glied, welches noch um einige Grade gebeugt, aber
flieht gestreckt werden konnte.
13*
196 Dr. König,
Viel£uhe Fistelnarben, stark nach ansäen Terdrebte, nach hinten Inxirte
Tibia.
Verkfirznng im Ganzen. Oberschenkel. Tibia. Verkfirenog auf
Rechnnng der
Verschiebung.
1. (M.) 8,5 Gtm. 3 Otm. 4 Gtm 1^ Gtm.
2. (F.) 7 Otm. 2 Gtm. 4 Gtm. 1 Gtm.
3. (B.) 9 Gtm. 2t Gtm. 4 Gtm. 2,5 Gtm.
Wir erbaltea im Ganzen ziemlich gleichm&ssige Zahlen,
welche daffir sprechen, dass die Tibia am meisten im Wachs-
thum zurückgeblieben ist, während ein kleinerer Theil dem Wachs-
tham des Oberschenkels, und ein ziemlich wechselnder der Dis*
location des Gelenkes zur Last f&IIt. Aus der Grösse der Ver*
kürzung können wir ebensowohl, wie nach der Zeit, in welcher
die Gelenkeiterang stattfand, schliessen, dass das Wachsthnm des
Gliedes etwa in der Zeit vom lOten bis 14ten Jahre zarfick-
bliebi und wir sehen, dass wir trotzdem nach der Streckung noch
Glieder bekommen, welche der Länge nach zum Gehen recht
wohl brauchbar sind. Dies berechtigt uns zu dem Schlüsse, dass
wir auch durch die Resection brauchbare Glieder erzielen, wenn
wir gezwungen wären, nach dem Uten Jahre mit dem Knochen-
schnitte die Grenze der Epiphysenlinijd zu überschreiten. Das
Wachsthum würde dann nicht mehr zurückbleiben, als bei den
spontan deform geheilten Gliedern, und die Festigkeit des Glie-
des wird in den meisten Fällen bei der Resection grösser sein,
als bei den eben beschriebenen künstlich gestreckten.
Dies leitet uns auf die Amputationsfrage. Die Entscheidung,
in sofern sie durch die Beschaffenheit des Knochens an sich ge-
geben wird, scheint mir in folgender Weise beantwortet werden
zu müssen. Absolut indicirt erscheint die Amputation nur bei
so weit reichender Erkrankung des Knochens im Kindesalter,
dass man Stücke von grosser Ausdehnung (4 Zoll und mehr)
reseciren müsste. Für die Knochenerkrankung geringerer Aus-
dehnung, welche jedoch die Epiphysenlinie überschreitet, müssen
wir, falls wir durch bestimmte Indicationen zum Operiren ge-
zwungen werden, einen Unterschied nach dem Alter des Kindes
Beftriige zur Resectioo des Kniegelenkes. 197
macben. Kinder bis za 10 Jahren wird man, falls die ganze
Epipbysenlinie geopfert werden mass, so dasR ein darch die 6p&-
tere Yerkfireung doch nur wenig brauchbares Glied erreicht würde,
lieber ampntiren, während man auch bei diesen reseciren wird,
wenn man einen grösseren Theil der Epiphysenlinie erhalten
kann. Kinder vom Uten Jahre an sollte man, wenn nicht die
oben bezeichneten sehr bedeutenden Stücke vom Gelenke entfernt
werden müssen, immer reseciren, auch wenn man die ganze Epi-
pbysenlinie opfern muss. Die zu erwartende Verkürzung Iftsst
immer noch ein leidlich brauchbares Glied.
Wir müssen hier noch mit einigen Worten den allgemeinen
Zofitand der kleinen Kranken berücksichtigen. Viele kleine Pa-
tienten sind durch die lange Eiterung, durch Fieber und Appe-
titlosigkeit in einem an&mischen, sehr geschwächten Znstande,
leb kann diesen Zustand von An&mie nicht als Contraindication
far die Resection gelten lassen. Die kleinen Patienten erholen
sich nach Entfernung des kranken Gelenkes sehr rasch, wie ich
selbst in einem Falle zu sehen Gelegenheit hatte. Eben so wenig
kann man allgemeine Skrophulose als Contraindication gelten
lassen, denn auch bei dieser pflegt eine Entfernung des erkrank-
ten Gelenkes häufig gerade einen guten Erfolg auf das Allge-
meinbefinden zu haben. So beobachtete ich rasche Heilung einer
EUenbogenresection, gleichzeitig mit der Heilung vielfacher, bis
dahin unvertilgbarer Haut- und Drüsengeschwüre bei einein Kna-
ben. Sind in Folge des Gelenkleidens, oder anderweitiger allge-
gemeiner Ursachen bereits amyloide Organdegenerationen ein-
getreten, so soll man jede Operation unterlassen. Ebenso
giebt hochgradige Tuberculose Contraindication gegen die opera-
tiven Eingriffe , während man bei deutlich nachweisbarer Tuber-
cdose, aber bei gutem Allgemeinbefinden, wenn man überhaupt
eine Operation Ar angezeigt hält, eher zur Amputation schreiten
wird.
Georg H. Humphry a. a. 0. hat den obigen ähnliche
Zuammenstellungen in Beziehung auf zurückgebliebenes Wachs-
tham gemacht. Er schreibt das Zurückbleiben im Wachsthum
198 Dr. König,
der erkrankten Gelenke zumeist dem Nichtgebrauche zu, was
allerdings für einzelne Fälle, in welchen auch der Fuss im Wachs-
thum zurückblieb, zugestanden werden mnss. Für viele Fälle,
besonders lur die, in welchen das Glied, wenn auch unvollkom-
men, gebraucht wurde, ist die Erkrankung der Gegend der Epi-
physenlinie gewiss die wahrscheinliche Ursache der Verkürzung
des Gliedes.
Was noch schliesslich für die Brauchbarkeit des Gliedes im
Allgemeinen in^s Gewicht fallt, das ist, dass nach der neneren
Nachbehandlung mit Gipsverband die Heilungszeit sehr abgekürzt
erscheint, so dass man in der Lage ist, recht bald brauchbare
Glieder zu erreichen. Der von mir resecirte Knabe begann in
der 8. Woche mit dem Gipsverbande zu gehen, das kleine
Mädchen nach Verlauf eines Vierteljahres.
Nachdem wir in den vorigen Blättern nachgewiesen haben,
dass die Resection brauchbare Glieder liefert, bleibt uns jetzt
noch die Mortalitätsfrage zu erledigen. Gewiss würde man nicht
zu der Ausübung der Operation rathen können, wenn nach Ver-
richtung derselben der Tod aussergewöhnlich oft einträte. Um
diese Frage zu beantworten, müssen wir zur Statistik greifen,
aber wir gestehen gleich zu, dass durch dieselbe nur Unvoll-
kommenes geleistet werden kann. Wenn wir auch annähernd
richtige Zahlen für die Resection des Kniegelenkes bei Kindern
zu erwarten hätten, und dies steht zu bezweifeln, so gehen uns
doch vollständig die Zahlen ab, welche als Hauptvergleichmoment
dienen müssten — ich meine eine Mortalitätsstatistik der ohne
Operation behandelten schweren Kniegelenkseiterung der Kinder.
Wir können also die Statistik der Kinderresectionen nur ver-
gleichen mit der Amputation des Oberschenkels und mit der
Knieresection bei Erwachsenen. Und dieser Vergleich scheint
im Ganzen nach der Zusammenstellung von Kinderresectionen,
welche ich aus der Literatur versucht habe, für das kindliche
Alter nicht ungünstig auszufallen. Das Kind scheint aber einen
so beträchtlichen EingrilBf im Ganzen leichter zu ertragen, wie
der Erwachsene, üebrigens glaube ich, dass auch für Erwach-
Beiträge aar Resection des Kniegelenkes.
199
sene der Erfolg der Knieresection beträchtlich besser sein wird,
je mehr in die Nachbehandlung das Princip der absoluten Ruhe
aufgenommen wird. Eine consequente Anwendung des Gipsver-
bandes alsbald nach der Operation würde gewiss bessere Zahlen
geben, denn nur durch den Gipsverband ist eine Feststellung
der resecirten Theile, und mit dieser Feststellung eine möglichst
geringe Eiterung und beträchtlich verminderte Disposition zur
Jauchung gegeben, abgesehen davon, dass der Gipsverband viel
mehr Aussicht für Erreichung einer festen Verwachsung giebt,
als jeder andere Verband. Freilich schliesst keine Verband-
methode die localen ungünstigen Verhältnisse, welche in einem
Hospital mehr herrschen, als in einem anderen, aus, allein die
Pyämie trifft die Knieresection nicht mehr, als die anderen
grösseren Operationen.
Wenn ich nun eine zusammenstellende Statistik der kind-
lichen Knieresectionen gebe, so brauche ich nicht zu bemerken,
dass dieselbe an allen allgemeinen Fehlern solcher Zusammen-
stellungen leidet. Es ist möglich, dass ich eine grössere Anzahl
hätte zusammenbringen können, wenn mir die Literatur besser
zugänglich gewesen wäre. Die grössere Zahl der Fälle ist der
englischen Chirurgie entliehen, ein kleinerer Theil kommt auf
Deutschland , der kleinste auf Frankreich. Indem ich bemerke,
dass ich die 48 ersten Fälle der Hey fei der 'sehen Statistik ent-
nommen habe, werde ich bei den übrigen Fällen die Quellen,
aus welchen ich dieselben auszog, bemerken. Bemerken will ich
noch, dass ich nur die Fälle bis zum 16. Lebensjahre in die
Tabelle aufnahm. ^__
1.
2.
3.
Sjme.
derselbe.
Frieke.
Heusser.
18 Jabre.
17 Jahre.
{8 Jahre.
16 Jahre.
1829
1829
1832
1849
lodicirende Krank- 1
heit
Erfolg der Operation.
Caries des Geleokes. Lebt Guter Erfolg
Cariea des Gelenkes. Starb »f l^^*" J?gf-.
Caries des Gelenkes Leb. .«ut ^fi^^^
Gonarthrocace. U^btjo^^^^^^^^
200
Dr. König,
Jabr-
Indicirende Krank-
No.
Operateur.
Alter.
gM>g.
heit
Erfolg der Operation.
5.
Jones.
11 Jahre.
1851
Garies.
Lebt Vollkommener Er-
folg.
6.
derdelbe.
7 Jahre.
1852
Garies.
Lebt Vollkommen.
7.
Paget
14 Jahre.
1852
Garies.
Lebt Vollkommen.
8.
HeuBser.
10 Jahre.
1852
Gonarthrocace.
Tod nach wiederholter
Resection an Erschöpf.
9.
Thomas.
12 Jahre.
1858
Garies.
Lebt. Vollkommener Er-
folg.
10.
Jones.
9 Jahre.
1853
Garies.
Lebt Vollkommen.
11.
Cotton.
9\ Jahre.
1853
Garies.
Lebt Vollkommen.
12.
Gore.
14 Jahre.
1853
Garies.
Lebt. Vollkommen.
13.
Thomas.
16 Jahre.
1853
Garies.
Lebt. Vollkommener Er-
folg
Lebt Vollkommen.
14.
Keith.
9 Jahre.
1853
Garies.
15.
Adelmann.
16 Jahre.
1853
Garies.
Tod am 10. Tage. PjS-
16.
Pirrie.
10 Jahre.
1854
Garies.
mie.
Nachträgliche AmpuU-
tion mit gutem Erfolge.
17.
Brotherton.
10 Jahre.
1854
Garies.
Vollkommener Erfolg.
18.
Fergnsson.
10 Jahre.
1854
Garies.
Tod in Folge der Ope-
ration.
19.
Landsdown.
12 Jahre.
1854
Garies.
Lebt Vollkommen.
20.
Pirrie.
14 Jahre.
1854
Garies.
Nachträgliche Amputa-
tion mit gutem Erfolge.
21.
Fergnsson.
4 Jahre.
1854
Garies.
Lebt Vollkommen.
22.
Holt.
8 Jahre.
1854
Garies.
Lebt. Gut
23.
Erichsen.
7 Jahre.
1854
Garies.
Lebt Vollkommen.
24.
Pemberton.
12 Jahre.
1854
Garies.
Lebt Vollkommen.
25.
Mackenzie
12 Jahre.
1854
Garies.
Tod. Phthisis.
26.
Fergnssen.
Kind.
1854
Garies.
Lebt Vollkommen.
27.
Smith.
6 Jahre.
1854
Garies.
Lebt Gut.
28.
Brotherton.
11 Jahre.
1855
Garies.
Lebt Vollkommen.
29.
Jones.
9 Jahre.
1855
Garies.
Lebt Gut
80.
Goe.
6 Jahre.
1855
Garies.
Lebt Gut
31.
Stanley.
15 Jahre.
1856
Garies.
Nachträgliche Amputa-
tion mit gutem Erfolge.
32.
Price.
15 Jahre.
1856
Garies.
Lebt Gut.
33.
Erichson.
.9 Jahre.
1856
Garies.
Lebt Vollkommen.
It
Price.
9 Jahre.
1856
Garies.
Lebt Anscheinend gut
35.
Goe.
4^ Jahre.
18.56
Garies.
Lebt Gut
36.
Humphrej.
12 Jahre.
1856
Ankylose nach Garies
Lebt Vollkommen.
37.
Square.
11 Jahre.
1856
Garies.
Lebt Gut Noch in
Behandlung.
38.
Page.
12 Jahre.
1856
Garies.
Lebt Gut Noch io
Behandlung.
39.
Bowman.
16 Jahre.
1856
Garies.
Lebt Gut
40.
Jones.
7 Jahre.
1856
Garies.
Nachträgliche Amputf
tion mit gutem Erfolge.
Lebt. Ungewisser Zn-
41.
Bowman.
16 Jahre.
1856
Garies.
stand.
Beiträge snr Resection de« Kniegeleokes.
201
Jahr-
Indicirende Krank-
No.
Opentear.
Alter.
gMf.
heit.
Erfolg der Operation.
42.
Hey.
11 Jahre.
1856
Gonarthrocace.
Lebt. Scheinbar gut
43.
Brans.
13 Jahre.
1856
Garies.
Nachträgliche Amputa-
tion mit gutem Erfolge.
44.
FergDsson.
<> Jahre.
1856
Gonarthrocace.
Tod in der Nacht nach
der Operation an Blut-
verlost
45.
Homphrej.
2 Jahre.
1857
AcDte Gelenkeite-
rang.
Tod.
46.
derselbe.
5 Jahre.
1858
Garies.
Lebt Gut
47
derselbe.
10 Jahre.
1858
Garies.
Lebt Gut
48.
Bowman.
U Jahre
1858
Garies-
Lebt. Gut
49.
TOD Langen-
4 Jahre.
1857
Ghroniscbe Entzün-
Nach fast vollendeter
beck. 1)
dnng, Streckung,
Gelenkeitening.
Heilung Tod an Tuber-
culose ond Wirbelver-
eiterong.
50.
derselbe, i)
U Jahre.
1859
Bis in das Gelenk
reichende Nekrose
des Femar.
Heilung.
51.
derselbe, i)
9 Jahre.
1861
Garies des Gelenkes,
spontane Fractür
der Epiphyse.
Heilung mit Beweglich-
keit und sehr vollkom-
menem Gebrauche.
Gipsverband.
52.
derselbe, i)
9 Jahre.
1861
Garies.
Heilung mit Ankylose*
Gipsverband.
53.
derselbe, t)
8 Jahre.
1864
Garies.
Tod.
54.
Boteher. 3)
15 Jahre.
1858
Garies.
Glied mitgewachsen.
Heilung.
55.
Bauer. *)
14 Jahre.
1860
Deformität des
Kniees.
Heilung mit 2 ZoU Ver-
kürzung.
56.
Edw.Oanton.ft)
15 Jahre.
1860
Verletzung des Ge-
lenkes.
Heilung.
57.
derselbe. »)
8 Jahre.
1860
Verletzung des Ge
Nachträgliche Amputa-
?
lenkes.
tion mit Heilung.
58.
Szymanowski.
«)
7i Monate.
1860
?
Gelenkeiterung.
Heilung mit Beweglich-
keit
59.
Frith. 1)
13 Jahre.
1857
Gelenkverletznng
mit nachfolgender
Heilung. Znrfickgeblie-
benes Wachsthom.
EntzQndung.
1) Lficke, Beiträge zur Lehre von den Resectionen, v. Langenbeck's Ar-
chiT Bd. m. S. 319.
^ Hfiter, V. Langenbeck's Archiv Bd. VIIL S. 104.
^ Gurlt, Jahresbericht für 1859. S. 111.
4) T. Langenbeck's Archiv Bd. IL S. 645.
') Dublin qoart Journ. of med. sc. Vol. 31, 1861, p. 74. Gnrlt, Jahres-
bericht für 1860-1861. Archiv III. S. 650.
«) Gorlt, Jahresbericht f&r 1860-1861. L A HL S. 552.
7j Med. Times and Gazette 1861, Vol. 1. Gurlt, Jahresbericht 1860 - 186L
202
Dr. KOnig,
Jahr-
lodicirende Krank-
Nö.
Operateur.
Alter.
«Mlg-
heit
Erfolg der Operation.
60.
Edwards i)
5 Jahre.
1857
?
Heilung.
61.
fismarch. >)
12 Jahre.
1859
Kniegeleuksvereite-
rung.
Heilung.
62.
derselbe. »)
9 Jahre.
1859
KniegelenksTereite-
rung.
Heilung.
63.
derselbe, s)
7 Jahre.
1859
Kniegelenksvereite-
Heilung.
64.
derselbe. >)
14 Jahre.
1859
rnog.
Kniegelenks Vereite-
rung.
Tod am 17ten Tage.
Prämie.
65.
derselbe. >)
2 Jahre.
1860
Kniegelenksvereite-
rung.
Uli geheilt entlassen. Ge-
ßtorben nach späterer
Exarticulation.
66.
A. Richard. S)
12 Jahre.
1862
Garies.
Nachträgliche Amputa-
tion. Tod.
67.
derselbe. «)
8 bis 10
Jahre.
1862
Caries.
Heilung.
68.
Lefort. 8)
9 Jahre.
1862
Caries.
Heilung.
69.
Giraldes. »)
Caries.
Tod.
70.
derselbe. >)
—
—
Caries.
Noch in Behandlaog.
Lungentuberculose.
71.
Dassöris. >)
7 Jahre.
1862
Caries.
Heilung.
72.
derselbe. 8)
9 Jahre.
1862
Caries.
Heilung.
73.
Holmes. ^)
10 Jahre.
1861
Caries.
ZurQckgebliebenes
Wachsthum nach 2Jah-
ren 1 Zoll. Heilong
nach 8 Wochen.
74.
derselbe. *)
18 Jahre.
1862
Caries.
Nachträgliche Ampata-
tion. Heilung.
?6.
derselbe. ^)
(Hewett.)
11 Jahre.
1861
Garies.
Heilung nach 3 Monaten.
76.
derselbe. *)
(Smith.)
9 Jahre.
1859
Garies.
Nach 2 Jahren war die
Verkürzung die gleiche,
nach nochmals 2 Jah-
ren ebenfalls. Entfer-
nung 1 Zoll , Heilung
nach 3 Monaten.
77.
Th. Smith.*)
6 Jahre.
?
Garies.
Noch in Behandlong.
Bis jetat gut
78.
Fergusson. *)
6 Jahre.
1862
Garies.
Heilung. 1 Zoll Yer-
kflrzung.
1) Med. Times 1861. Vol. 1. Gnrlt, Jahresbericht 1860-1861.
>) Völckers, Beiträge zur Statistik der Amputation und Resection. v. Lao-
genbeck's Archiv, Band IV. S. 583.
8) A. Vernenil, Gaz. hebdom. de Mödec. et Ghir. 1862, p. 721. Gurlt,
Jahresbericht f&r 1862, S. 484.
«) Journal fQr Kinderkrankheiten. Band XLU. 1864. Heft I. und IL S. 1. Ceber
die Ausschneidung der Gelenke bei Kindern.
Beiträge zur Resection dea Kniegelenkes.
203
No.
Operateur.
79.!Bardelebeii. i)
80.1 derselbe. 0
81. derselbe, i)
I (Heineke.)
82. Bardeleben, i
83. derselbe, i)
84.
85.
derselbe, i)
derselbe. ^3
86.1 Billroth. 3)
87.|Pa8saTant. >)
8a Roser- -i)
89.' derselbe.^)
90. iFergnsBOD. &)
91. ' derselbe. *)
92. ■ '
93.
94.
95.
96.
97.
98,
99.
derselbe. ^)
Price. *)
derselbe. &)
Fearn. »)
derselbe.^)
derselbe. *)
derselbe. ^)
Cotton. *)
00. 1 Gore. »)
L01.i
Alter.
Jahr-
11 Jahre.
7 Jahre.
6 Jahre.
9 Jahre.
13 Jahre.
12 Jahre.
4 Jahre.
7 Jahre.
15 Jahre.
14 Jahre.
16 Jahre.
13 Jahre.
Rind.
6ti Jahre.
15 Jahre.
12 Jahre.
12 Jahre.
9 Jahre.
8 Jahre.
7 Jahre.
16 Jahre.
Kinder
nnter 15 J.
Indicirende Krank-
heit.
1862 Garies.
1863 Garies.
1864 Garies.
1864 Garies.
1861 Garies.
1863 Garies.
1864 Garies.
1860 Tumor albus.
1862 Garies darch Kno-
chentubercnlose.
1856 Garies scrophulosa.
1859 Garies mit Luxation
nach hinten.
1857 Garies.
? Garies.
1857 Garies.
1857 Acuter Abscess nach
chronischerOelenk-
affection.
1858 Ghronische Gelenk-
entzündung.
Tumor albus.
Garies.
Garies.
Garies.
Garies.
Erfolg der Operation.
Tod durch Entkräftung.
Tod. Fettdegeneration
des Herzens. Embolus
der Fossa Syhii.
Tod. Acute Meningitis.
Heilung. Mfissige
Brauchbarkeit
Heilung.
Heilung.
Das Knie in Ankylose
geheilt, aber die Kleine
laborirt an allgemeiner
Rnocheneiterung, da-
her der Ausgang zwei-
felhaft.
In der 6. Woche Tod an
Meningitis tuberculosa.
Nachträgliche Amputa-
tion. Heilung.
Tod. Phlebitis.
Heilung.
Heilang.
Heilung.
Tod durch Ghloroform.
Heilung.
Tod. Eiterige Durch-
fälle. Erschöpfung.
Heilung.
Heilung.
Heilung.
Gut. Noch in Behand-
lung.
Tod in der 9. Woche.
Anämie.
Bei beiden Heilung.
^) Beiträge zur Kenntniss der Behandlung der Krankheiten des Kniees.
>r. Walther Heineke. Danzig 1866.
^ (Briefliche Mittheilung.)
^) (Brief liehe Mittbeilung.)
^) P. Gh. Price, A Description of the Diseased Gonditions of the Knee-
oint London 1865. S. 121.
5; Price a. a. 0. S. 68 u. s. w.
204
Dr. König,
Jahr»
Indicirende Krank-
No.
Operateur.
Alter.
gaag.
heit
Erfolg der Operation.
102.
Keith. 1)
14 Jahre.
1854
Heilung.
103.
Heath. i)
14 Jahre.
1854
Caries.
Sehr ausgedehnte Re-
section, grosse Verkür-
zung. Geht am Stock.
104.
Greenhow. »)
8 Jahre.
1853
Caries.
Nachträgliche Amputa-
tion. Heilung.
106.
Fife. 0
7 Jahre.
1858
Caries.
Nachträgliche Amputa-
tion. Heilung.
106.
Quain. i)
Knabe.
Caries.
Nachträgliche Amputa-
tion Heilung.
107.
Cutler. 1)
Knabe.
Entfernung der Gelenk-
fläche des Oberschen-
kels. Tod.
108.
Lawson. i)
Knabe.
Contractur.
Heilung.
109.
Heath. »)
8 Jahre.
Contractur.
Heilung.
110.
Mayo. i)
15 Jahre.
1856
Caries.
Heilung.
111.
König.
Knabe,
7 Jahre.
1865
Caries fibulae. Chro-
nische Gelenkent-
zflndang. Acuter
Abscess des Ge-
lenkes.
Heilung.
112.
König.
Mädchen,
8 Jahre.
1865
Caries genu.
Heilung.
1) Price a a. 0. S. 68 n. s. w.
Wir habeD in der eben aufgestellten Statistik 112 Fälle von
Enieresection. Die letzten Fälle ßind aus der Statistik/ welche
sich in der Arbeit von Price, die von H. Smith herausge-
geben wurde, findet In der Statistik selbst ist das Alter der
Patienten nicht erwähnt, es mnsste daher die Kinderstatistik aas
den beigefügten Bemerkungen über die einzelnen Fälle der Auto-
ren ausgezogen werden. Hierbei wurden mit Vorsicht die Fälle
ausgeschieden, welche sich wahrscheinlich schon in der Heyfel-
der'sehen Statistik notirt fanden. Auch wurden die Fälle eines
Autors nur dann aufgenommen, wenn sich bestimmt angeben Hess,
dass alle Kinderresectionen desselben, glückliche und unglückHche,
angegeben waren. Wenn daher in der Tabelle auch viele An-
Beitr&ge zur Resection des Rniegeleokes. 205
gaben fehlen, so glaube ich doch, dass die Statistik derselben im
Ganzen auf Glaubwürdigkeit Ansprüche macht, da die Angaben
zumeist von den einzelnen Chirurgen dem Verfasser selbst ge-
macht wurden. Wir haben unter diesen 112 Fällen 70 Heilungen
mit brauchbarem Glied , 9 Kniegelenke sind als gut bezeichnete,
befanden sich aber zur Zeit der Mittheilung noch in Behandlung,
20 Todesfälle ereigneten sich nach der Operation, und in 13
Fällen wurde nachträglich amputirt. Von diesen nachträglich am-
patirten wurden 11 geheilt und 2 starben. Die Glieder heilten
fast alle, soweit sich dies aus den Angaben ersehen liess, durch
feste Vereinigung der Knochen des Ober- und Unterschenkels;
bald schien dieselbe ganz fest, knöchern zu sein, bald Hessen
sich noch minimale Bewegungen zwischen Tibia und Femur
machen. In beiden Arten der Verbindung war das Glied branch-
bar. Nur zwei Fälle konnte ich finden, in welchen die Erzielnng
eines mobilen Gelenkes erwähnt wurde, es sind dies die Fälle 51
(v.Langenbeck)und58(SzymanowBki). Der letzte Fall ist
togleich noch dadurch merkwürdig, dass die Operation an einem
Kinde von 7i Monat vorgenommen wurde. Der Tod trat ein
20 Mal, und zwar direct an den Folgen der Operation durch
Blutverlust, Chloroform etc. 4 Mal, durch Pyämie und ähnliche
Processe 4 Mal, durch erschöpfende Eiterung nach der Operation
an Entkräftung 3 Mal, durch Tuberculose 2 Mal und durch Me-
ningitis, worunter einmal tuberculose Meningit., 2 mal. In 5
FUIen ist die Todesursache nicht angegeben. Ueber das Wachs-
thom des Gliedes lässt sich keine Statistik nach dieser Aufzeich-
nung machen, da nur bei den allerwenigsten Fällen nachträgliche
Hessongen verzeichnet sind. Uebrigens fand ich bei manchen
Gliedern ein fortschreitendes Wachsthum, oder wenigstens ein nur
geringes Zurückbleiben verzeichnet, bei welchen man nach den
Angaben zu der Annahme berechtigt war, dass wenigstens ein
Theil der Epiphysenlinie mitgeopfert wurde, so dass also meine
Behauptung darin eine Stfitze findet, dass das Glied mitwächst,
wenn nur ein Theil der Epiphysenlinie erhalten bleibt
Wir haben also, wenn wir die TodesfiUle, die noch nicht
206 Dr. König,
ganz geheilten und die nachträglich amputirten zusammen rech-
nen, auf .70 Heilungen, 42 misslungene Operationen. Die Hei-
lungen betragen also fast ^, genauer nach Procenten berechnet
kommen auf 62| pCt. Heilungen 37 i misslungene F&Ue. Die
Todesfälle betrugen nicht ganz i oder procentisch 19 ^^ pCt.
Vergleichen wir damit verschiedene Zusammenstellungen von
Enieresectionen ohne unterschied des Alters, so finden wir bei
Heyf eider auf 108 Erfolge 70 Misserfolge; sie verhalten sich
also wie i : \ oder procentisch kommen auf 60^ pCt. Heilungen
39| pCt Misserfolge. Am Leben blieben von den 179 — 125,
also weit fiber 1 oder procentisch starben 30^ pGt
In Gurlt^s Jahresbericht für 1862 fanden wir Mittheilangen
über Statistik der Resection des Kniegelenks von T. Holmes
(British and Foreign Medico-Chirurgical Review. Vol. 30. 1862
p. 225). Nach einem kürzlich von R. M. Hodges (On the ex-
cision of joints) in America publicirten Buche, in welchem die
bekannt gewordenen Operationsfälle möglichst vollständig ge-
sammelt sind, betreifen 208 die Resection des Kniegelenks. In
runden Zahlen verlief % der Fälle tödtlich, mehr als die Hälfte
^ misslang, und nur bei mehr als ^ wurde das Gelingen festgestellt
60 Fälle verliefen direct ohne Amputation tödtlich, 9 weitere
nach Amputation. Die Totalsumme der Amputirten beträgt 42,
bei 14 anderen wird das Glied als mehr oder weniger unbrauch-
bar geschildert, demnach 116 misslungene Fälle. In 27 weiteren
fehlt die Angabe über Brauchbarkeit des Gliedes, sie sind nnr
als geheilt bezeichnet. Es bleiben also nach Holmes nur 65
brauchbare. Dies scheint mir doch den Skepticismus etwas zu
weit getrieben, ich meine doch, dass es keinem Menschen ein-
fallen wird, ein Glied als geheilt zu bezeichnen, wenn es nicht
zum Gehen brauchbar erscheint
Wir haben also 69 tödtliche Fälle = 331^ pGt., Misserfolge
fast 56 pCt., und, wenn wir die 27 nur geheilt bezeichneten
Fälle zu den Erfolgen rechnen, 92 Erfolge oder etwas mehr als
44 pCt
Holmes hat dann die Knieresectionen der Londoner Hospi-
Beiträge zar Resection des Kniegelenkes. 207
täler zasammengestellt, er giebt aber zu, dass bei der mangel-
haften Registrirung die Zahlen nicht ganz unangreifbar seien. Es
sind im Ganzen 95 Fälle. Von 27 ist es bekannt, dass sie ge-
storben sind, und in 10 anderen misslang die Operation (8 am-
patirt, von 2 nichts bekannt). Unter den 58 übrig bleibenden
Fällen sind bei 10 die Angaben ungenügend, während über 19
der anderen eine ganz summarische Angabe vorliegt. — Wir
sehen aus diesen Angabeui dass die ganze Aufstellung- statistisch
kaum verwerthbar ist, wenigstens gewiss nicht die Zahl der
braachbaren Glieder, und wir wollen daher nur daraus die 28,4
pCt. Todesfälle und die 38,9 pCt. misslungenen Fälle merken.
In der neuesten Zusammenstellung von Price a. a. 0. finden
sich auf 291 Resectionen des Knies 78 Todesfälle, also nicht
ganz 27 pGt., Erfolge 164, also etwa 56^^ und 127, oder etwa
44^ pGt. Misserfolge.
Ich habe nun noch aus der Hey felde raschen Tabelle von
183 Fällen die Statistik, abzüglich der bis zum 16. Jahre, ab-
züglich ferner der ohne Angabe des Alters und der noch in Be-
handlung befindlichen zusammengestellt. Es sind dies 102 an
Erwachsenen ausgeführte Resectionen. Unter diesen sind 45 gün-
stige Erfolge, 40 Todesfälle, 12 nachträgliche Amputationen und
5 schlechte Erfolge verzeichnet Also 57 Misserfolge auf 45 gün-
stige Erfolge. Es kommen auf etwas mehr als -44 pCt. Erfolge
iast 56 pGt. misslungene Operationen und 39 pCt Todesfälle.
Stellen wir die Ergebnisse nach Procenten zusammen, so
ergiebt sich:
Günstige Miss- Todes-
Erfolge. erfolge. fälle.
1. H ey fei der,Auszugder Erwachsenen: 44 pGt. 56 pGt. 39 pCt
2. Statistik von Hodges ..... 44 - 56 - 33 -
3. Holmes^ Londoner Hospitäler . . — - 38,9 - 28,4-
4. Die gesammte Hey fei der 'sehe Sta-
tistik 60^ - 39i - 30^ -
5. Statistik von Price 56^ - 43^ - 27 -
6. Unsere Kinderstatistik 62i - 374 - 19/^-
208 I>r. König,
Wir finden aas diesen Zahlen, was zunächst die Mortaliiäts-
Ziffer betrifft, dass sich dieselbe um fast das Doppelte günstiger
stellt, als die aus der Statistik No. 1. entnommene, und dass sie
um 10 pCt. günstiger erscheint, als die Durchschnittszifier aus
den Zusammenstellungen 2—5. Die Misserfolge gestalten sich
um 18} pGt. besser, als die aus der Statistik No. 1., und um
7 pGt. besser, als die aus der Durchschnittsziffer derselben Num-
mern 2—6. Die Erfolge, in Beziehung auf Brauchbarkeit des
Gliedes, gestalten sich um 18} pCt. besser, als die der Statistik
fßr Erwachsene, und um 8^ pCt. besser, als die aus den Num-
mern 2., 4., 5. Wodurch die auffallend ungünstigen Resultate in
der Statistik von Hodgos zu erklären sind, weiss ich nicht zu
sagen. Möglicher Weise betreffen dieselben hauptsächlich Er-
wachsene. Vergleicht man die Kinderstatistik mit den drei übri-
gen, so geht daraus hervor, dass hauptsächlich die Sterblichkeit
nach der Operation beim Kinde geringer ist, während die Zahl
der Misserfolge nur um wenige Procente (etwa 3 pCt.) geringer
erscheint.
Da keine specielle Statistik der Amputation des Oberschenr
kels bei Kindern existirt (so viel mir wenigstens bekannt ist),
80 ist es nicht möglich, in der Richtung einen Vergleich anzu-
stellen. Dass die Mortalitätsziffer entschieden günstiger ausfällt,
als die allgemeine Ziffer der Oberschenkelamputationen (4 nach
PauFs conservativer Chirurgie etc., 62,6 pCt. nach Malgaigne,
62,7 pCt. nach Tr^lat), ist wohl als sicher anzunehmen. Da-
gegen scheinen die Resultate, welche aus der speciellen Zusam-
menstellung der Oberscbenkelamputationen wegen Kniegelenks-
erkrankung gewonnen wurden (Teale zu Leeds), den unserigen
nahe zu kommen (1 : 4| in den Londoner Hospitälern, 1 : 4 in
den Provinzial-Hospilälern, nach Bryant's neuester Statistik 1 : 7);
siehe Gurlt's Jahresbericht, dieses Arch. B. 1. S. 115.
In den folgenden Zeilen will ich versuchen, das, was mir
iiir die Operation sowie für die Nachbehandlung wesentlich er-
scheint, aus den von mir gewonnenen Erfahrungen mitzutheilen.
" Ehrungen erstrecken sich auf 4, sämmtlich günstig ab-
Beiträge zur Resection des Rniegelenkes. 209
gelaufene Fälle, nur der letzte —• ein resecirter Enieschass aus
dem Feldzng dieses Sommers — befindet sich noch im Hospital,
doch ist die Heilung gesichert. Yon den drei übrig bleibenden
ist noch ein Erwachsener, die beiden übrigen sind Kinder. In
Beziehung auf die Operation bemerke ich^ dass ich bald einen
I 1 Schnitt, bald einen bogenförmigen Schnitt gemacht habe.
Der letztere scheint mir für die meisten Fälle, in welchen nicht
Tiel von der Tibia entfernt wird ausreichend, doch muss der ho-
rizontale Theil stark nach unten, dem oberen Ende der Tibia ent^
sprechend, angelegt werden, sonst bietet das spätere Absägen
der Tibia Schwierigkeiten. Den von Langenbeck geübten
Längsschnitt, sowie auch den von Hueter angegebenen inneren
Längsschnitt habe ich an der Leiche Öfter geübt, und mich von
der leichten Ausführbarkeit desselben überzeugt. Bei stark ge-
schwollenen infiltrirten Weichtheilen scheint mir der Querschnitt
doch noch mehr Raum zu geben, und den Längsschnitt in der
Absicht auszufuhren, um dadurch den Streckapparat des Kniees
sa erhalten, habe ich noch nicht versucht. So sehr ich von der
Yortrefflichkeit des Strebens, dem Patienten ein wirkliches Knie-
gelenk zu erhalten, überzeugt bin, so halte ich doch gerade die
Knieresection för eine Operation^ die noch nicht so gesichert ist,
um noch weitere Hisserfolge ertragen zu können. Und dazu
würde ein allgemeines Streben, das Kniegelenk mobil zu heilen,
wahrscheinlich fähren, es würden wahrscheinlich, abgesehen von
einigen mobil brauchbaren, eine grösssre Anzahl von mobil un-
brauchbaren, schlotternden Gelenken erzielt werden, um so mehr,
da die Operation auch von weniger geübten Händen ausgeführt,
und die Nachbehandlung geleitet werden muss, als von denen
des ausgezeichneten Berliner Chirurgen. Mögen Berufene in der
Richtung weitere Versuche machen — nach den jetzigen Erfah-
rungen muss man wohl im Allgemeinen davon abrathen.
Nach Durchschneidung der Bänder, Kapsel etc. bleiben mir
einige Worte über die Patella zu sagen. Ich habe dieselbe in
zwei Fällen entfernt, in zwei anderen Fällen blieb sie erhalten.
Ich kann nicht sagen, dass der Verlauf der Fälle ein wesentlich
T. Lftagtabcck, krchiw f. Chirarg««. IX. ]^
SlÖ Dr. König,
verschiedener gewesen wäre, die Erhaltung oder Entfernung der
Patella hat weder besondere Zufalle herbeigeführt, noch einen
wesentlichen Einfluss auf die Dauer der Heilung geübt. Price
a. a. 0. giebt an, dass er die Patella immer wegnimmt, seit es
ihm passirt sei, dass gegen Ende der Heilung sich Abscesse am
Knie bildeten, und dass die cariöse Patella als Grund dieser
Abscesse erkannt und entfernt wurde. Zugegeben, dass dies ein
Mal sich ereignen kann, so ist es gewiss nicht die Regel. Einen
Werth lege ich fibrigens der Erhaltung der Patella nicht bei, es
sei denn, dass man sich dazu entscbliesst, dieselbe sammt der
Kapsel zu excidiren. Obwohl es mir a priori nicht unwahr-
scheinlich ist, dass die Kapsel öfter Ursache zu nachträglichen
Eiterungen unangenehmer Natur werden kann, und die Entfer-
nung derselben auch von verschiedenen Seiten, besonders für die
Exarticulation am Knie, angerathen wurde (Billroth, Deutsche
Klinik 1859. 99), so sind die Acten darüber noch nicht ge-'
schlössen. Gewiss aber scheint die Gefahr vielmehr von der
noch intacten Kapsel auszugehen, also bei primären Resectionen
nach einer Verletzung, als von der degenerirten, verdickten, hie
und da granulirenden Kapsel der chronischen Entzündungen. Spe-
cielle ZnfUle, welche sich auf die* Kapsel beziehen Hessen, habe
ich bei den drei wegen Caries resecirten Gelenken nicht beob-
achtet, wohl aber trat bei einem in der 6. Woche nach Scbuss-
verletzung resecirten Knie eine entschieden von der zurückge-
bliebenen oberen Ausdehnung des Gelenksackes ausgehende, mit
hohem Fieber verbundene übele^ Eiterung ein, welche jedoch,
nachdem der Eiter sich frei entleeren konnte, bald zur Heilung
kan^.
Nach Freilegung der Knochenenden verwende ich grosse
Vorsicht auf den Sägeschnitt. Zunächst erstreckt sich diese Vor-
sicht auf die möglichste Erhaltung gesunder Knochentheile. Ge-
rade für die Resection des Kniegelenkes im Kindesalter, wo jede
erhaltene Linie des Knochens von Vortheil für die spätere
Brauchbarkeit des Gliedes erscheint, muss man, glaube ich, die
wieder neuerdings f&r die Resectionen im Allgemeinen von
Beiträge znr Resection des Kniegelenkes. 211
Böser (Archiv der Heilkunde. VII. Jahrgang. VI. Heft, S. 567)
empfohlenen Partialresectionen mehr in Aufnahme bringen. Bei
den von mir operirten Fällen hätte ich dieselbe nur in dem
imtea beschriebenen ersten Falle üben können, doch hielt mich
die Scheu davon ab, dass eben gerade in der Richtung specielle
Erfahrungen fehlen. Die 4 ersten Fälle in dem Hey fei der 'sehen
Buche von Partialresection des Oberschenkels (S. 127) beweisen
nichts, da sie wegen Verletzung gemacht wurden; von den beiden
übrigen Fällen (Statham und Cuttler) lässt sich ebenfalls
kein Schluss ziehen, (ein Kind, an Garies leidend, wurde gesund,
ein Knabe, an derselben Krankheit leidend, starb), da in beiden
Fällen Patella und Tibia mit einem Meissel abgeschabt, also
wahrscheinlich eine Knochenwunde, zum wenigsten aber eine
wunde Fläche hergestellt wurde. Bei Resectionen an anderen
Gelenken ist man ja nicht ängstlich mit dem Stehenlassen über-
knorpelter Flächen — man lässt die Pfanne bei der Schulterre-
section, und, wenn sie gesund ist, auch bei der Hüftresection
stehen; lässt man ja doch auch beim Kniegelenk das Waden-
beinköpfchen sehr häufig intact, und ich wfisste nicht, dass in
diesen Fällen besondere Nachtheile auf Kosten des Knorpels ge-
schoben würden. Das Ellenbogengelenk ist ja ebenfalls oft genug
nur theilweise resecirt worden, und ich selbst habe noch in der
letzten Zeit verschiedene Fälle heilen sehen, so gut, wie die To-
talresectionen. Senft leben (Resectionen grösserer Gelenke, dieses
Archiv. Bd. 3. S. 95), hat die Frage der Partialresectionen ein-
gehend betrachtet; er kommt zu dem Resultate, dass vom Knor-
pel aus allmälig ebenso gut Bindegewebsneubildung zu Stande
kommt, wie von dem abgesägten Knochen, und dass also in der
Nator des Knorpels durchaus keine Momente liegen, welche eine
Entfernung desselben bei der Resection besonders vortheilhaft
erscheinen lassen.
Ich stelle also beim Sägeschnitt im Allgemeinen die Regel
auf, dass man möglichst alles Gesunde erhalten soll. Sind die
Gelenkflächen nur ganz oberflächlich erkrankt, so nehme ich auch
nur ganz oberflächliche Partieen fort, und halte mich mit dem
14*
212 Dr. Itönig,
S&geschnitt am Oberschenkel im Allgemeinen parallel der Gelenk-
oberflache, d. h. der Schnitt soll vom Ende des inneren Condylus
nngefähr gleich weit entfernt sein, wie Tom Ende des äusseren.
Heyfelder hat dies schon f&r alle Enieresectionen als Regel
aufgestellt, um der späteren Abweichung des Kniees nach Aussen
vorzubauen. Aus meiner Beschreibung des Epiphysenknorpels er-
hellt, warum der Schnitt gerade beim Eind in dieser Art am
zweckmässigsten ist — indem man nämlich so gleich weit von
dem Epiphysenknorpel entfernt bleibt. Sollte es von vorne herein
offenbar sein, dass die Erkrankung an einer oder der anderen
Stelle über die Epiphysenlinie hinausgeht, so rathe ich zunächst,
den bei der Betrachtung der Epiphysenlinie angegebenen Schnitt
zu machen, welcher in einem Schnitt soviel wie möglich von dem
Gelenkende wegnimmt, ohne dem Epiphysenknorpel zu nahe zu
kommen. Dann übersieht man das. Terrain; man kann, wie wir
sehen, vom inneren Condylus bei einem Kinde von 11 Jahren
noch weitere 0,8 C. M. entfernen, wenn man den Schnitt keil-
förmig, bis vor die Mitte, verlaufen lässt; betrifft die Krankheit
nicht die ganze Breite des inneren Condylus, so lege man lieber
die Säge fort, und entferne mit dem Meissel, Hohlmeissel etc.
das Kranke. Ebenso verfahre man, wenn die Krankheit an an-
deren Stellen der Geleukoberfläche die Epiphysenlinie fiber-
schreitet, man gebrauche das Instrument, mit welchem sich das
Kranke in möglichst umschriebener Weise entfernen lässt. In
ähnlicher Weise verfährt man an der Tibia, man merkt sich auch
hier, dass vom vorderen Drittheil derselben ein schief nach der
Tuberositas gehendes grösseres Stück entfernt werden darf, aber
man entferne auch hier zunächst eher zu wenig an der oben an-
gegebenen Schnittlinie und nach den angegebenen Grenzen, als
zu viel. Hoffentlich stellt sich heraus, dass das Längenwachsthum,
wenigstens zum grösseren Theile, erhalten bleibt, wenn ein grös-
seres Stück der Epiphysenlinie erhalten bleibt. Es scheinen mir,
wie ich schon bemerkte, die Fälle dafür zu sprechen, in welchen,
der Angabe nach, mehr von den Epiphysen entfernt wurde, als
nach den oben beschriebenen Messungen, bei Erhaltung der Epi-
Beiträge zur Resection des Kniegelenkes. 213
physenlinie, möglich erscheint, und bei welchen später doch sehr
geringe Verkarznngen notirt worden. Ich selbst habe bis jetzt
nnr einen Fall, welcher dafür zu sprechen scheint (Fall 2). In
diesem wurde das innere Drittheil der Tibia mit der kranken
Epiphysenlinie resecirt, und wenigstens nach einem Jahre kein
zurückgebliebenes Wachsthum bemerkt Auch für die Adaption
der Enochenenden sind die schiefen Schnitte, meiner Erfahrung
nach, kein Hinderniss, wenn man wenigstens gleich nach der
Operation einen Gipsverband anlegt
Beim Acte des Sägens selbst sei man vorsichtig, dass man
einen gleichmässigen Schnitt macht Besonders gilt dies f&r die
hinteren Endeü der Schnitte, welche gar leicht so werden, dass
kantige Stucke der hinteren Theile der Epiphysen stehen bleiben.
Diese hindern das Aufeinanderpassen der Theile ausserordentlich,
und müssen unbedingt nachträglich entfernt werden. Sind die
Knocbenschnitte gemacht, so warte man die Blutstillung — in
den tiefen Theilen, möglichst ohne Ligaturen, ab. Die Vereinigung
soll nicht gomacht werden, ehe die Blutung ganz aufgehört hat,
denn ein grösserer sich zersetzender Bluterguss gehört in meinen
Augen zu den grössten Fatalitäten, welche den kleinen Kranken
im Anfang der Nachbehandlung treffen kann. Primäre Vereinigung
suche ich immer nur in dem horizontalen Theile des Schnittes
zu erreichen, während die seitlichen Theile des Schnittes möglichst -
offen gehalten werden. In diese Seitentheile schiebe ich geölte
Läppchen — später DrainagerÖhrchen, oder die unteren Ab-
schnitte von elastischen Katheterröhrchen ein. Jetzt schreite ich
sofort zur Anlegung des Gipsverbandes. Kommt es nicht so sehr
auf einen Ctm. in der Länge an, so lege ich den Gipsverband in
ganz leicht krummer Richtung des Gliedes an, der Gang scheint
mir besser zu sein, wenn das Glied in leicht gekrümmter Stel-
lang heilt; die Bewegungen des Fussgelenkes können besser aus-
geführt werden, als bei steif geradem Beine. Ich mache den
Gipsverband so, dass ich erst das ganze Glied mit einer weichen
Leinenbinde einwickele, wobei nur die Gegend der Wunde frei-
gelassen wird. Dann lege ich vorher mit Gips bestreute, und in
214 Dr. König,
Wasser angefeuchtete Flanellbinden von 3 — 4 Finger Breite, zu-
nächst in Zirkeltouren, so dass sich ^ der Touren decken, um
das Glied. Will sich die Binde nicht gut legen, so wird abge-
schnitten, und auf diese Art ebenfalls die vordere Kniegegend
gleich möglichst frei gelassen. Die Eniekehlengegend und die
seitlichen Theile der Eniegelenksregion werden durch Längs-
streifen verstärkt, welche durch obere und untere Zirkeltouren
nochmals fixirt werden. Wie aus der Beschreibung hervorgeht,
werden zunächst alte Fisteln zugewickelt, und meist pflegen sie
keine weiteren Unannehmlichkeiten zu machen. Heilen sie nicht,
so erkennt man bald an den betreffenden Stellen Eiterflecke im
Verband, und schneidet auf dieser Stelle in den Verband ein
Loch. Bald nach Anlegung des Verbandes werden die scharfen
Ränder an der Oefihung des Verbandes, der Wunde entsprechend,
mit dem Messer geebnet, und nach Aussen eingebogen. Rings
um den Rand herum werden die Lücken mit Charpie ausge-
stopft, und diese mit CSoUodium getränkt, so dass ein Eindringen
von Wundflässigkeiten zwischen Haut und Verband nicht statt-
finden kann. *
Im Bett wird der Resecirte möglichst flach gelegt, das ein-
gegipste Glied nochmals auf einem vom Sitzknorren bis über die
Ferse reichenden Sandsack befestigt. Die Rinne flir das Glied
wird erst, wenn der Kranke liegt, genau nach dem Gliede mit
den Händen modellirt, und dann das Glied mit einigen Tüchern
auf dem Sacke befestigt. Ich erreiche so eine ziemlich absolute
Immobilität des Gliedes. Das Glied wird immobil durch den
Gipsverband, es wird aber weiter in der Rinne des schweren
Sandsackes so befestigt, dass Bewegungen des Oberkörpers sich
demselben wenig mittheilen können, während doch auf der an-
deren Seite durch die Befestigung mit Tüchern auf den starren
Gipsverband kein localer Druck ausgeübt wird. Der Kranke soll
nun in diesem Verbände möglichst lange liegen bleiben — am
besten bis zur Vollendung der Heilung, wenigstens aber 4 — 6
Wochen. Hierzu gehört, dass der Verband genügend stark ist,
und dass man für Reinhaltung desselben sorgt. Es thut dazu
BeitrSge zor Resection des Kniegelenkes. 215
fichon viel, dass man darcb die Oelläppchen oder BOhrcben den
Eiter aber die Grenzen des Gliedes binaos in vorgelegte, oft ge-
wechselte Gbarpie leitet; es gebOrt dazu, dass man die mit Col-
lodiam getränkten Charpiemassen öfter erneuert, und dnrcb Ein-
nnd Aufgiessen von Gblorwasser oder Lösung von bypennangan-
saoerem Kali oder der Burow'scben Flfissigkeit für Reinigung
und Gemcblosigkeit sorgt Zum Abnebmen vor der angegebenen
Zeit sollen nur bestimmte ZwiscbenfUle treiben.
Massiges Hervorquellen der Haut an der freigelassenen Ober*
fliehe des Knies tritt immer ein, und bringt keinen weiteren
Nachtbeil, ich sucbe dies nicbt durch umwickeln von Binden
zu beseitigen, denn dazu gebOrt Aufbeben des Gliedes, und jedes
Aufheben soll mögliebst lange vermieden werden. Quillt aber
der Knietheü stark hervor, oder zeigen plötzlich freie Tbeile des
Gliedes starkes Oedem, deutet heftiger Schmerz an einer be-
stimmten Stelle, mit Entwickelung von consensuellen Allgemein-
symptomen, auf Eiterung an einem nicbt zugSnglichen Orte hin,
60 muss man, falls es nicbt möglich ist, durch Erweiterung be-
reits bestehender Fenster die kranke Stelle zugänglich zu machen,
den Verband entfernen. Ebenso muss man denselben entfernen,
wenn er so schadhaft geworden ist, dass er f&r ruhige Lage des
Gliedes keine Garantie mehr leistet. Ich verrichte dies zum Theil
mit der Gipsscheere, meist aber mit einem gewöhnlichen Küchen-
messer mit winkeUger Spitze. Ich rathe aber, falls man wieder
einen Verband anlegen will, den Kranken vorher auf einen er-
höhtes Tisch zu setzen und zu chloroformiren. Auch wenn die
Festigkeit des Gliedes schon in einer frühen Zeit gesichert er-
scheint, lege ich doch noch längere Zeit einen Verband an, oder
ich lasse dem Operirten eine der gebräuchlichen Vorrichtungen
w Feststellung des Kniegelenkes anfertigen, lasse ihn aber so
bald als möglich herumgeben.
Als zweite Sorge betrachte ich die Entleerung des Eiters.
Ich habe schon bemerkt, dass ich durch Einlegung von Röbrchen
den Eiter abzuleiten suche. Daneben gehe man mit Aengstlicb-
216 Dr. König,
keit allen anderweitigen Eiteransammlungen, nach and erOffne so
bald als möglich.
Mancher wird fragen, wozu diese minutiöse Erörterung von
diesen allgemein bekannten Vorsichtsmassregeln dienen soll? Ich
wollte in dem eben Mitgetheilten das veröffentlichen, was ich,
meiner Erfahrung nach, als das Wesentlichste f&r das Gelingen
der Knieresection im Allgemeinen, und beim Kinde im Besonde-
ren halte. Ich bin so fest davon überzeugt, dass absolute Immo-
bilisirung der operirten Extremität für das Gelingen der Opera-
tion das Wesentlichste ist, was man leisten kann, dass ich die
Beschreibung dessen, wie Ich die Immobilisirung zu erreichen
suchte, nicht für überflüssig halte. Ich bin aber weit davon ent-
fernt, zu behaupten, dass man dieses, Princip nicht auch auf an-
dere Weise erreichen kann, und ich weiss auch zur Genüge, dass
man, ohne die absolute Ruhe so streng durchzuführen, wie ich es
gethan habe, resecirte Kniegelenke heilen kann. Ebensowohl bin
ich mir bewusst, nichts Neues zu liefern. Ich habe selbst den
Gipsverband erst angelegt, nachdem ich denselben in der v. Lan-
gen b eck 'sehen Klinik bei Resectionen an anderen Gelenken
hatte in Anwendung kommen sehen, und nachdem er mir dort
auch flr Knieresection warm empfohlen worden war. Meinen
ersten Patienten behandelte ich mit einem dem Esmar ch* sehen
nachgebildeten Apparate, und hatte ich so auch Gelegenheit, mich
von der unendlich grösseren Einfachheit der Behandlung im Gips-
verbande zu fiberzeugen. Der von mir angegebenen Art des Gips-
verbandes rühme ich nach, dass er sich sich sehr rasch machen
lässt, in nur wenig mehr Zeit, als man nöthig hat, um eine Binde
um das verletzte Glied zu legen, und dass er sich durch Auf-
legen von Längsstreifen an den Stellen, wo es nöthig ist, sehr
stark machen lässt. Die Heilung der Knieresection scheint mir
bis jetzt ziemlich analog der Heilung der complicirten Fracturen,
von denen Jedermann weiss, dass man seit Einführung des Gips-
verbandes Glieder zur Heilung bringt, an deren Conservirung man
in früherer Zeit nicht entfernt denken konnte. So erwarte ich
denn auch, dass mit der allgemeinen Einführung des Gipsver-
Beiträge zur Resection des Kniegelenkes. 217
bandes nnd der absoluten Ruhe des operirten Gliedes die Resul-
tate der Enieresectionen, sowohl in Beziehung auf Mortalität, als
anch in Beziehung auf die spätere Brauchbarkeit der Glieder,
also auf die Zahl der Nachamputationen, noch entschieden bessere
werden, als sie bis jetzt gewesen sind.
Es seheint, dass man in England den Gipsverband nach der
Knieresection noch nicht anwendet, d. h. den sofort nach der
Operation anzulegenden. Wenigstens geht dies aus dem Werke
TOn Price hervor, und auch eine Bemerkung von H. Smith in
dem oben angeführten Aufsätze in dem Journal für Einderkrank-
heiten spricht dafür. Er meint, dass es möglicherweise besser
sein könne, gleich nach der Operation einen Gipsverband anzu-
legen.
In Deutschland mag der Gipsverband hauptsächlich von
V. Langenbeck's Schülern bei dieser Operation geübt worden
sein, und auch Bardeleben pflegt denselben alsbald nach der
Operation anzulegen, wie aus dem Buche von Heineke hervor-
geht. In Wien scheint der Gipsverband noch nicht nach der
Knieresection geübt zu werden, wenigstens ist derselbe in dem
Bache von Dr. W. Scholz (Amputation und Resection bei Ge-
lenkverletzungen. Wien 1866.) nicht erwähnt.
Ich lasse noch schliesslich die Krankengeschichten der von.
mir resecirten beiden Kinder folgen.
1. Jah. Glück, 6 Jahre alt, ans Lorkaapten, vorde am 9. Februar
1863 iD das hiesige Krankenhaas aufgeDommen. Das kranke Kniegelenk
dea sonst gesunden Knaben war — seit welcher Zeit Hess sich nicht er-
mitteln — massig geschwollen. Das Kniegelenk stand in einem Winkel von
150* in ziemlich starker Gena Talgum-Stellung, die Patella nach aossen dis-
locirt, die fibia leicht nach aussen rotirt Die Wade war atrophiscli, das
Wadeabeinköpfcheo stand stark nach aussen yor. Es fanden sich yerschie-
dene mSflsig eiternde Fisteln — eine auf dem Wadenbeinköpfchen, eine auf
der Innenseite, eine auf der Aussenseite, neben dem Rande der Tibia, etwa
ia der Hohe der Epiphjsengrenze.
Nachdem das Knie durch Planum inclin. gestreckt war, wurde ein Gips-
verband angelegt, — welcher aber bald wieder abgenommen werden musste,
da sich auf der Vorderfläche der Tibia neue Fisteln bildeten. Trotzdem
das Knie sehr wenig geschwollen nnd empfindlich war, wollten die Fisteln
218 Dr- König,
nicht heilen. Im Februar 1864 fand man, dass der obere Theil des Waden-
beines — wahrscheinlich bis zur Gelenkfläche — cariOs war, nnd wurden,
nach Erweiterung der Fistel, daselbst einige lose StQckchen entfernt Nach-
dem während des Jahres 1864 das Befinden sehr wechselnd gewesen war,
indem das Knie bald mehr, bald weniger angeschwollen, und die Bewegun-
gen schmerzhaft waren, die Fisteln bald reichlich eiterten, bald mehr Ter-
narbten, begann im Anfange des Jahres 1865 das Knie stärker zu schwellen.
Dabei stellten sich lebhafte Schmerzen, Fiebererscheinungen und Appetitlo-
sigkeit mit Abmagerung des kleinen Kranken ein. Die Fisteln an der Tibia
eiterten wenig, aber aus der Fistel am Fibula-Köpfchen floss bei Druck aaf
das Kniegelenk reichlicher, grüngelber, riechender Eiter, nnd gleichzeitig
wurde die Gelonksch wellung weicher. Das Fieber wurde heftiger, die Ab-
magerung nahm zu, und so wurde, da ein einfacher Gelenkschnitt wegen
der gewiss bestehenden Caries nicht als hinreichend anzusehen war, die
Resection vorgenommen, zu deren Beschleunigung die täglich mehr übelrie-
chende und sich vermehrende Eiterung trieb.
Am 20. Februar wurde in Ghloroformnarcose zunächst ein Querschnitt
in das Gelenk geführt Auf das äussere Ende desselben wurde ein Längs-
schnitt von dem geschwollenen Kopfe der Tibia bis zur oberen Ausdehnnog
des Gelenkes geführt, um dem Eiter möglichst freie Entleerung zn yersehaf-
fen. Nach Durchtrennung der Seitenbänder zeigten sich die Lig. cruciata,
80 wie die Kapsel geschwollen, mit Granulationen besetzt, welche auch die
freien Gelenkenden überwucherten. Die Knorpel waren zum Theil erodirt
auf der äusseren Seite, Tibia und Femur oberflächlich cariOa. Auch das
Wadenbein köpfchen war tou Granulationen überwuchert; in das Innere des-
selben führte von der Gelenkfläche aus eine Fistel , und zeigte sich dzs
Köpfchen innen total in eine cariöse, mit Granulationen und losen Knochen-
stückchen gefQllte Höhle verwandelt Es wurde vom Femur nur so viel ent-
fernt, dass überall an der Sägefläche kein Knorpel mehr sichtbar war, also
ein Stück von höchstens 0,5 Gtm. an den Gondjlen, von der Tibia wurde
nur eine ganz schmale Scheibe abgetragen. Dagegen wurde das Wadenbein
blossgelegt, und ein etwa zolllanges Stück entfernt, — zuletzt auch noch
die Patella. Dann wurde die Querwunde genäht, die Längswnnde durch
tief eingeschobene Geliäppchen oben und unten offengehalten, in der Mitte
auch genäht Sodann wurde ein Gipsverband angelegt, das Glied auf einen
Sandsack gelagert
Die Reaction war eine fast nicht bemerkbare. Nach einigen Tagen war
fast kein Fieber mehr nachweisbar, der Appetit wurde gut Sämmtliche ge-
nähte Stellen heilten zu, und die Eiterung wurde bald sehr gering.
Am 13. März musste der Verband erneuert werden, da sich am inneren
Beiträge zur Resection des Koiegclenkos. 219
GondjloB ein Abscess gebildet hatte, doch wurde Dach ErOffnnog desselben
alsbald ein neaer Verband angelegt
Dann wurde bei yollkommenem Wohlbefinden des Patienten der Verband
am 31. MSrz abgenommen. Das Bein konnte jetzt ohne DnterstQtzung ge-
hoben werden, es fand sich noch wenige Beweglichkeit im Gelenke, dagegen
hatte die Snppnration fast aufgehört. Abermaliger Gipsverband*
Vom 15. April an ging der Kleine hemm, und zwar nach 4 Wochen
schon ohne Stock, vom Juni an ohne Verband.
Bei seiner Entlassung, Ende Juli, war er den ganzen Tag auf den Bei-
nen, und konnte sehr rasch ohne Stock laufen. Die Fistel am Wadenbein
war mit tiefer Einziehung geheilt, bei starker Beugung konnte man noch
minimale Beweglichkeit im Gelenke nachweisen. Das Knie stand in ganz
leichter Beugung, der Fuss yielleicht um eine Spur nach innen rotirt. Die
Verkfirznng betrug etwa \ Zoll.
2. Marie Knoblauch, 7 Jahre, aus Hanau, wurde am 12. Juni 1865 in
das hiesige Krankenhans aufgenommen. Das Kind ist vor fast 1^ Jahren
unter acuten Erscheinungen Ton Entzflndung des linken Kniegelenkes er-
krankt. Nach längerer Behandlung mit Pflastern and Umschl&gen wurden
Incisionen gemacht, und viel Eiter entleert. Es bildeten sich nachträglich
mehr und mehr Fisteln, das Knie wurde fortwährend krummer, die Kleine
▼erlor den Appetit, und magerte ab.
Das Knie stand bei der Aufnahme der Kleinen in spitzwinkeliger Ben-
^ng, war sehr empfindlich. Es fanden sich an dem Gelenke vielei Fisteln,
2 an der Innenseite des Gelenkes am Oberschenkel , 3—4 in der Kniekehle,
zur Seite der Flexoren, eine aber in der Wade, 3— 4 an der Innenseite der
Epipbyse der Tibia. Zum Theil ist die Haut an diesen Fisteln weit nnter-
minirt, sie sehen breiten, schmutzigen Geschwüren ähnlich, und entleeren
massige Mengen dicken Eiters. Nachdem in Chloroform narcose die unter-
minirte Haut abgetragen war, fand sich, dass das Glied sich leicht bis zu
einem Winkel von etwa 95 Grad, aber nicht weiter beugen Hess. Die Pa-
tella fand sich dann an normaler Stelle, der Unterschenkel leicht nach aussen
rotirt, die Tibia nicht rfickwärts gesunken. Geschwollen war an dem Ge-
lenke nur die Innenseite am Oberschenkel, und die Kniekehlengegend. Das
Knie wurde anf einer Maschine allmälig gestreckt , die Fisteln zum Theil
gespalten, und dadurch fttr freieren Abfluss des Eiters gesollt Das Kind
erholte sich allmälig, hatte aber stets abendliche Fiebersymptome. Auch
wollte der Appetit sich nicht recht einstellen. Die Eiterung liess bald nach,
bald wurde sie wieder stärker; die Streckung war bald bis zu einem Win-
kel Ton 150® erreicht, von da ab wurde sie schmerzhaft, und die Versuche,
es weiter zu bringen, mnssten zunächst aufgegeben werden. Im October
bildeten sich, ohne dass man einen speciellen Grund hätte angeben können.
220 ^^' K6nig, Beiträge zur Resection des Koiegeleokes.
trotz goter, gesicherter Lagerang etc , von Neuem beträchtliche EiteraDgen
innen am Oberschenkel. Nach Oeffnnog des Abscesses gelangte man von
dieser, am Gondylus intern, gelegenen Fistel auf cariAse Stellen in grdsserer
Ausdehnung, welche dem Femur und der Tibia angehören mnssten.
Resection am 13. October 1865 in Gbloroformnarcose : Qaerschnitt mit
2 kurzen Längsschnitten aussen und innen. D|e Ligg. cruciata waren nur
noch fragmentarisch erhalten, das Gelenk vorne relativ frei, von der hinte-
reu Wand der Kapsel reichliche Granulationsbildung. Der Knorpel des Gon-
dylus externus und der Fossa intercondyloidea, so wie der vordere Theil
des inneren Gondylus zeigt nur kleinere und grossere Defecte, ebenso der
äussere Theil der Tibia. An der Hinterseite des Gondylus internus zeigt
sich ein etwa zwei Groschen grosser Knorpeldefect, mit scharfen Rändern.
Ebenso ist der Knochen etwa in der Tiefe von 3 Linien, entsprechend die-
ser Stelle, zerstört, das spongiöse Gewebe von Granulationen durchwachsen.
Ebenso ist das innere Drittheil der Tibia in noch etwas grösserer Ausdeh-
nung erkrankt, das äussere, ausser den angegebenen Knorpelveränderungen,
gesund. Die Pfttella ist gesund. Es ward von dem Oberschenkel etwa
1 Gtm. , von den Gondylen aus gemessen, abgesägt Im inneren Gondylus
zeigt sich noch eine halbgroschengrosse, 3 Mm. tiefe Partie, welche ausge-
kratzt wird. Von der Tibia wird etwa ein 4 Mni. grosses, uäd von der
kranken Innenseite ein etwa noch ein 5 Gtm. langes StQek, allmälig in schie-
fer Linie, mit dem Hohlmeissel entfernt. Die geraden Schnitte bleiben, auf
der Quere wird genäht. Dann Gipsverband, Lagerung auf einen Sandsack.
— Die Reaction war abermals sehr gering, die Eiterung blieb in sehr massi-
gen Grenzen, und wurde nur 2 Mal etwas stärker, indem sich durch abge-
stossene Knorpelstückchen verursachte Abscesse bildeten. Der Querschnitt
heilte primär zu. In der vierten Woche wurde der Verband entfernt, um
einen solchen Abscess zu eröffnen. Von Ende December geht die Kleine
herum. Einige Fisteln eiterten noch massig, die Verbindung in den Ge-
lenklinien war noch nicht fest. Daher kam es wohl auch, dass beim Her-
umgehen ohne Verband das von vorne herein leicht gekrdmmte Glied eine
etwas stärkere Krümmung bekommen hatte. Es wurde deshalb ein leichter
Streckapparat angelegt (April 1866). Während die Kleine mit diesem Appa-
rate herumging, streckte sich das Bein allmälig. Als sie Ende October ent-
lassen wurde, war die Verwachsung so fest, dass ich unsicher war, ob sich
überhaupt noch leichte Bewegungen machen Hessen, das Knie war leicht
gekrümmt, eine Fistel am Gondylus internus ging noch zuweilen auf, der
Gang war sicher, die Kleine konnte den ganzen Tag herumgehen und lau-
fen, sie war körperlich vollständig erholt Die Verkürzung betrug 5 Gtm.,
wovon etwa die Hälfte auf üfe Krümmung, die andere Hälfte auf die Re-
section kommen mögep.
VL
Mittheilungen aus der chirurgisclien
Oasuistik
nnd
kleinere Mittheilungen.
L ÜB Fall ¥00 Unterkiefergeschwnlst, bediagt durch Degeaeratton
•iaes Zahasackes.
Ton
Prof« E« IVeamanay
in K8iilg«b«rs L Pr.
(Hiena Tafel II. Figur 12. 18).
Bei einem 18jährigen jnogen Manue hatte sich, angeblich im Laufe
^ott etwa drei Jahren, nachdem er sich wegen Zahnschmerzen zwei Back-
Ihne ans der rechten Dnierkieferhftlfte hatte ausziehen lassen, nnd darauf
in kleines, Eiter entleerendes, bald heilendes „Geschwflr** entstanden war,
ine Kiefergeschwnlst entwickelt, welche ganz allmllig nnd schmerzlos zn
iner ansehnlichen Grösse herangewachsen war. Am 20. November v. J.
nrde in der hiesigen chirurgischen Klinik Ton Herrn Medicinalrath Wag-
er die Resection des kranken Knochens ausgeführt, nnd derselbe mir zur
ntersnchang Obergeben. Der interessante Befund war folgender:
Das exstirpirte Stfick umfasst die ganze rechte Hälfte des horizontalen
heiles des Unterkiefers. Der vordere Sägeschnitt geht mitten durch die
Weole dea ersten rechten Schneidezahnes, der hintere durch die Aheole
es letzten grossen Backzahnes. Beide genannten Zähne fehlen am Präparat;
orhanden sind dagegen der zweite Schneidezahn, der Eckzahn nnd ein
leiner Backsshn, alle drei sind normal beschaffen, nnd stehen dicht hinter-
inander im Tordersten Theile des Alveolarrandes. Ausserdem befindet sich
222 Dr. E. Neumann,
ganz hinten, nnmittelbar Tor der hinteren Sägefläche, ein durch Garies fast
gänzlich zerstörter grosser Backzahn. Zwischen ihm und dem yornstehendea
kleinen Backzahn ist eine zahnlose Lücke von 1* Länge, welcher entspre-
chend der Aheolarrand auffallend breit, und conyex Torgetrieben ist, sich
ausserdem auch durch eine mehr elastisch derbe, als knochenharte Resistenz
auszeichnet. Die bedeckende Schleimhaut erscheint etwas narbig, jedoch
sonst normal.
Die auffälligste Veränderung besteht nun in einer bedeutenden Aaftrei-
bnng des Knochens, von welcher nur die zunächst an die Sägeflächen an-
stossenden Knochentheile ausgeschlossen sind. Die beträchtlichste Ausdeh-
nung hat die äussere (Gesichts-) Fläche erfahren; sie wird durch eine gro-
sbentheils sehr dQnne, leicht eindr&ckbare, und an der Stelle der stärksten
Vorwölbung defecte Knochenlamelle von poröser Beschaffeifheit gebildet,
durch welche hindurch sich deutlich eine^^ fluctuirende Beschaffenheit des
im Knochen eingeschlossenen Gontentnm wahrnehmen lässt An mehreren
Stellen treten an ihr secundäre Ausbuchtungen, in Form kleiner, circum-
scripter, halbkugeliger Prominenzen hervor, von welchen die eine eine etwa
stecknadelkopfgrosse Oefifnnug in ihrer Mitte zeigt. Nach oben erstreckt
sich die Auftreibung der äusseren Fläche bis zu dem Alveolarrande hin, so
dass an dem erwähnten breiten Theile desselben der Alveolarfortsatz ganx
verstrichen ist. Nach abwärts findet ein allmäliger Uebergang in den sehr
breiten, gleichfalls zu einer Kugelfläche vorgewölbten unteren Kieferraod
statt Auch hier ist der Knochen von einer äusserst dQnnen, und an meh-
reren Stellen durch fibröse Platten unterbrochenen Lamelle gebildet. Am
wenigsten in ihrer normalen Form verändert erscheint die innere (Mand-
höhlen-) Fläche; sie steigt, nur massig convex vorspringend, im Ganzen
vertical von dem Alveolarrande abwärts, und besteht ans einer durchweg
resistenten Knochenwand. — Wie bedeutend die Volumszunahme des Kiefers
ist, geht daraus hervor, dass die grösste Dicke desselben, d« h. die Entfernung
zwischen den am meisten prominirenden Punkten der äusseren nnd inneres
Fläche If", die Entfernung des Alveolarrandes von dem tiefsten Theile der
unteren Fläche 2" beträgt.
Nachdem der Knochen parallel dem Alveolarrande von vorne nach hinten
durchsägt worden, zeigt sich im Inneren desselben eine Höhle, welche mit
einer etwa apfelgrossen , geschwulstartigen, kugeligen Masse ausgefüllt ist
Dieselbe liegt mit glatter Aussenfläche der gleichfalls glatten Innenfläche
der Höhle fiberall genau an, ist an diese jedoch so locker angeheftet, dzas
sie sich von ihr leicht ablösen lässt. Nur an einer Stelle besteht eine in-
nigere Adhärenz, nämlich unterhalb der erwähnten breiten Stelle des AI*
veolarrandes; hier ist die Geschwulst mittelst eines festen, sehnigen üevebes,
welches den Verschluss des AlveoUrrandes an dieser Stelle bewirkt, mit der
Oiiterkiefergeschwalst, bedingt darch Degeneration eines Zahnsackes. 2*23
bedeckenden Schleimbant fest verwachsen. An der Geschwulst selbst tritt
nan aaf dem Darchschnitte zunächst eine äussere, 1 — 2'" dicke, speckig
derbe Bindegewebskapsel hervor, welche die übrigen Theile einschliesst
Letztere bestehen, der Hauptmasse nach, aus einem weichen, rothen, schwam-
migen Qewebe, welches sowohl durch diese Beschaffenheit, als durch ihren
lappig zerspaltenen Bau grosse Aehnlichkeit mit dem Gewebe der Placenta
zeigt In dasselbe eingebettet befinden sich zahlreiche, knochenharte, gelb-
licbweisse Goncremente mit drusig-höckeriger Oberfläche, deren grOsste den
Um&og einer Mandel erreichen, während die meisten als kleinere oder grö-
bere Sandkörner sich darstellen. Ausser diesen, mit ihr in festem Zusammen-
hange befindlichen schwammigen Geschwulstmassen enthält die Kapsel
femer eine blutig gefärbte Flüssigkeit, im Betrage von etwa einem Esslöffel,
velche in einer wallnussgrossen, cjstenartigen Höhle in dem am meisten
Dach aussen prominirenden Theile der Geschwulst angesammelt ist. Die
Begrenzung dieser Höhle wird theils von der Kapsel selbst, welche hier zu
einem dfinnen Häutchen ausgedehnt ist, theils von den die Kapsel ausfüllen-
den Geschwulstmassen gebildet Der wichtigste und interessanteste Be-
Btandtheil der Geschwulst besteht endlich in einem grossen Backzahne,
welcher mit seinen beiden, etwas verkürzten Wurzeln in der Kapsel fest
eingefügt ist, während .seine vierspitzige, wie es scheint, mit unvollkom-
mener Schmelzlage bedeckte Krone zum Theil hei in die Gjste hineinragt,
zum Theil dagegen mit jenem weichen, schwammigen Gewebe gewissermassen
bewachsen ist Die centrale Vertiefung der Kaufläche des Zahnes ist mit
einer warzigen, an der Oberfläche rauhen Goncretion ausgefüllt, welche mit
der Substanz des Zahnes fest verschmolzen ist. Was die Lage betrifft,
welche der Zahn im Kiefer einnimmt, so liegt derselbe der inneren (der
Mandhöhle zugekehrten) Knochenlamelle, und zwar dem untersten Theile
derselben an, vertical unter dem vorderen kleinen Backzahne. Seine nach
unten gerichteten Wurzeln ruhen demnach auf dem Boden der Knochen-
schale, seine Krone sieht nach aufwärts.
Eine weitere Untersuchung des Präparates ergab, dass noch ein zweiter
Zahn im Kiefer verborgen ist Derselbe kam erst zum Vorschein, nachdem
die beschriebene Gesehwulst aus ihrem knöchernen Gehäuse thunlichst aus-
geschält war. Es stellte sich hierbei nämlich heraus, dass die Höhle, in
welcher dieselbe gelagert ist, sich im vorderen Theile der äusseren Wand
n einer Nische ausweitet, welche einen äusserlich nur wenig bemerkbaren,
leistenförmig vorspringenden Wulst unterhalb des Eckzahnes bildet. In
dieser Seitennische der grossen Höhle befindet sich nun ein kleiner Back-
ahn mit schräg abgestutzter, einfacher Wurzel« Derselbe ist umschlossen
von einem zarten, geßssreichen Häutchen» welches ihm grösstentheils nur
ioee aufliegt, an der Wurzel jedoch und einem Theile der Krone fest adhä-
224- l^r. E. Neumann,
rirt Aoch dieser Zahn ist rertical gestellt mit der Krone nach auf-, der
Wurzel nach abwärts. Der darch ihn vorgetriebene Theil der ftasseren Kie-
ferwand ist stark verdQnnt.
Der Nenrns alveolaris tritt an der Innenfläche der Höhle zn Tage, and
iwar verläaft er in einer vom Knochen gebildeten Halbrinne, zunächst am
Boden der Höhle von hinten nach vorne, um sodann mit einer leichten
Wendung nach rfickwärts an der Innenfläche der äusseren Knochenlamelle
zu dem unter dem Eckzahne gelegenen Foramen mentale aufzusteigen.
Die mikroskopische Untersuchung zeigt die kapselartige pen-
pherische Schicht aus fibrillärem, meistens von braunen Pigmentkörnern
reichlich durchsetzten Bindegewebe bestehend. Von ihrer Innenfläche er-
heben sich papilläre, dendritisch verzweigte, mit weiten Gapillarschlingen
versehene Excrescenzen, welche, in Verbindung mit einem sie umhflllenden
mächtig entwickelten Pflasterepithel, die schwammige Geschwnlstmasse im
Innern der Kapsel bilden. Die in sie eingebetteten Goncremente, von
welchen die kleineren die grösste Aehnlichkeit mit dem Gehirnsande dar-
bieten, erweisen sich, nach Auflösung der Kalksalze durch Säuren, eben-
falb als dergleichen papilläre Bildungen. Der Inhalt der Gyste zeigt von
morphologischen Bestandtheilen nur zahlreiche Blutzellen und einige Epi-
thelien.
Dass es sich in diesem Falle um einen degenerirten Zahnsack, and
nicht um eine innerhalb des spongiösen' Knochengewebes des Kiefers ent-
standene Neubildung handelt, bedarf keiner näheren Begründung. Die An-
wesenheit des Zahnes im Inneren der Geschwulst, ihre lose Einlagerung in
eine glattwandige Aushöhlung des Knochens, sowie die feste Adhärenz an
dem Periost des Alveolarrandes schliessen jeden Zweifel aus. Ebenso lehrt
der mikroskopische Befund mit Sicherheit, dass sich die Degeneration anf
die Production homologer Gewebe beschränkt hat; die Geschwnlstkapsel
ist die verdickte Wand des Zahnsäckchens, und die papillären Bindegewebs-
ezcrescenzen mit ihren mächtigen Epithellagen finden ihr physiologisches
Vorbild in jenen als normale Bestandtheile des Zahhsäckchens in neuerer
Zeit erkannten Bindegewebszotten , welche, bekleidet von einer dem soge-
nannten äusseren Schmelzepithel angehörenden Epithelzellenschicht, von der
Innenfläche der Zahnsackwandung in das Gallertgewebe des Schmelzorganes
hineinragen (Kölliker, Handbuch d. Gewebelehre. 2. Aufl. p.413). ^ Was
die Entstehung der Degeneration betrifft, so ist die Annahme, dass dieselbe
in Folge einer bestehenden Dislocation des Zahnsäckchens und des behin-
derten Durchbruches des Zahnes sich ausgebildet, um so wahrscheinlicher,
als beide im Kiefer eingeschlossenen Zähne als Ob er zähl ige betrachtet
Onterkiefergeschwulst, bedingt darch Degeneration eines Zahnsackea. 225
werden mflssen, falls die Angabe des Kranken richtig ist, dass ihm frfiher
zwei Baekzlhne ans der betreffenden Rieferhftlfte extrahirt worden seien.
Erklärung der Abbildungen auf Tafel IL
Fignr 12.
Ansicht des Kiefers von seiner Sosseren Fläche her.
a. Kaglige Anftreibong der äusseren Fläche und des unteren Randes,
b. b*. Yordere and hintere nicht aofgetriebene Abschnitte des Kiefers.
c. LQcken der Knochenschale durch fibröse Platten geschlossen.
d. Secnndfire Ausbuchtungen der Knochenschale, die eine mit cen-
traler Oeffnnng.
a Leistenfßrmige Vortreibung der äusseren Fläche durch den dislo-
cirten kleinen Backzahn.
f. Zahnfleisch,
e:. Oaiiöser hinterer Backzahn.
Figur 13.
Ansicht der unteren Hälfte des durchsägten Kiefers Ton
oben her»
a. &■. Vordere und hintere nicht aufgetriebene Abschnitte des Kiefers
b. Verdickte Wandung des degenerirten Zahnsackes.
c Mit Blut gefällte Höhle.
d. Schwammige Masse im Inneren des Zahnsackes.
e. Concremente, in dieselbe eingebettet
f. Der in den Zahnsack eingeschlossene grosse Backzahn, von seiner
Kanflftche her gesehen, an der linken Seite mit dem schwammigen
Gewebe bewachsen.
g. Aeussere und
g'. Innere Lamelle des Kiefers.
f K ^ir Arebiv r. Chirurgie, ix. 15
226 I>r- 0. J&8c1ie,
2. Znr operathreii Behandlng der narbigen Kieferkleme.
Von
in Miscbnl-Nowgorod
Die auf S. 168 des Vin. Bandes dieses ArchiTs erwähnte nnd bereits
im Jahrgange 1868 (1854 im Archiv ist ein Druckfehler) S. 209 der med.
Zeitung Rasslands beschriebene Operation zur Hebung der narbigen Kiefer-
klemme KU wiederholen, fand ich erst im letzten Sommer Gelegenheit Der
nicht minder glückliche Erfolg in diesem zweiten Falle flberzengte mich
vollkommen vom Werthe meiner Methode, welche dessenungeachtet bis jetzt
gänzlich unbeachtet geblieben zu sein scheint, sei*s, weil überhaupt der In-
halt jenes Organes, damals des einzigen, die wissenschaftlichen Lebensänsse-
rnngen der in Russland zerstreuten deutschen Aerzte ans Licht förd^nden«
im Mutterlande weniger Beachtung fand, als es mit dem seiner Nachfolge-
rin, der Petersburger med. Zeitschrift, der Fall zu sein scheint, — Bt\%
weil meine damalige Beschreibung des Verfahrens keine genügend anschzo-
liehe Vorstellung davon gab, — oder endlich, weil meine Operation durch
eine andere in den Schatten gestellt wurde, welche, auf demselben Felde
wirksam und gleichzeitig auftretend, aber durch volltönende Namen getra-
gen, rasch bei den Zeitgenossen in Aufnahme kam. — Diese Operation, die
Dnrchschneidnng oder die Resection des Unterkieferknochens nach Eb-
march und Rizzoli, ist unstreitig eine sehr schätzbare Erfindung, nnd
bei wahrer Ankylose durch keine andere zu ersetzen — wenigstens beim
gegenwärtigen Stande der Chirurgie. Die immer zahlreicher einlaufenden
Berichte über derartige Operationsftlle (welche ich übrigens nur aus Ourlt's
Jahresberichten kenne) erregen jedoch den Verdacht,' als werden die ge-
nannten Verfahren auch auf Fälle ausgedehnt, wo ohne Knochenverschmel-
zung, einzig durch Verwachsung der Weichtheile untereinander, oder dnicb
Neubildung narbiger Stränge die Dnbeweglichkeit der Kiefer hervorgerufen
und unterhalten wird. Die bekannte Erfolglosigkeit der einfachen Trennung
solcher Stränge und Verwachsungen könnte allerdings zu dergleichen ein-
greifenderen Acten verleiten, aber doch erst alsdann, wenn die Möglichkeit
eines schonenderen gänzlich aufgegeben werden mnss, ^ denn die Grund-
idee jener Operationen weicht am Ende doch weit ab von der Richtung, io
der sich die Chirurgie der Gegenwart ihr Ziel gesteckt, und ihre glänzend-
sten Erfolge erringt, von der conservativen nnd restaurirenden ; sie giebtj«
Zur operatiTeo Behaodlaog der narbigen Kieferklemme. 227
QQr einem Theile des ausser Thätigkeit gesetzten Organes seine Functions-
flhigkeit wieder, w&farend sie den nicht unbedeutenden Rest gänzlich auf-
giebt, tu kbensllnglicher UntbStigkeit yerdammt, also einen Defect zurfick-
lässt, dessen Bedeutung Jeder einsieht, den sein schadhaft werdendes Ge-
bisa nöthigt, bald die eine, bald die andere Seite desselben zum Kauen zu
benutzen. Aber auch die schlimmste Seite der Kieferresection dürfen wir
nicht aus den Augen lassen: die nicht ganz selten durch Pyämie, durch
Bronchitis oder Pneumonie herbeigelockte Lebensgefahr, wovon nicht nur
meine eigene beschränkte Erfahrung, sondern auch die reichhaltigen Anna-
len grösserer Anstalten, wie z. B. der Berliner Klinik, Beispiele aufzuweisen
baben. Dieser Angriff auf den Knochen darf mithin immer nur als letztes
AnBknnftsmittel anzusehen, und das Streben nach einem milderen, nur in
den Weichtheilen sich bewegenden Verfahren nicht aufzugeben sein. Letz-
tere Aufgabe nun glaube ich durch mein Verfahren gelöst zu haben, und
halte die nochmalige Besprechung desselben in diesen Blättern zur Brinne-
ning daran für um so nothwendiger, als meine damalige Beschreibung in
der med. Zeitung Russlands jetzt, bei abermaliger Durchlesnng, mir selbst
nicht klar und genau genug erscheint, die von Bojanus a. a 0. gegebene
aber an manchen Ungenanigkeiten leidet
Der leitende Grundgedanke meiner Operation geht darauf aus, zuerst
die verloren gegangene Bekleidung der Zahnfortsätze , das mit einer Ober«
baut bedeckte Zahnfleisch, wieder zu ersetzen, und zwar nicht auf dem
Wege der grannlirenden Narbenbildung, sondern auf dem der Plastik, der
Restauration durch Hautverpflanzung. Diese Neubildung geschieht aber auf
Kosten der Wange, — es muss ihr daher ein Wiederersatz dieser letzteren
folgen. Diese neue Wange Itegi freilich auch mit einer wunden Fläche dem
neuen Zahnfleische gegen&ber, kann aber mit dem bereits Qberhäuteten nicht
verwachsen. Sonstige Hindernisse, die sich der Entfernung der beiden
Zahnreihen entgegenstellen können, wie ligamentöse Verwachsungen der Ge-
lenkflächen, Muskelretraction, werden durch mechanische Mittel und Mjoto-
iBie beseitigt
Die Operation fand ich (bisher wenigstens) fttr gerathen, in 2 Acte zu
tbeilen, deren erster wiederum aus 2 oder ans 8 Manövern besteht, die
Zwischenzeit aber zur Vervollständigung der im ersten Acte erzielten Re-
sultate dient — Das anschaulichste Bild des Verfohrens wird die Beschrei-
bung des erwähnten Falles geben.
Im Mai dieses Jahres erschien bei mir eine junge Bäuerin mit durch
vollständige Verschmelzung der Wange und des Zahnfleisches der rechten
Seite unbeweglich aneinander gepressten Kiefern, üeberdies erstreckte sich
auf der Anssenfläche der Wange ein harter, dicker Narbenstrang in hori-
zontaler Riehtang vom reehtes Mundwinkel bis znip vorderen Rande dee
15*
228 ^r* 0' J&sche,
KanmuskelB. Diese Entstellaitg, die Folge einer im Jahre vorher erhaltenen
Schnsswnnde, wurde, zamai durch Behinderung der Brnährnng und der
Sprache bo listig, dass die Patientin aus weiter Feme herbeikam^ um Hfllfe
zu suchen, und sich bereitwilligst jeder Operation unterwerfen wollte. —
In diesem noch nicht so veralteten Falle durfte ich hoffen, ohne Durch-
schneidung der Kaumuskeln durchzukommen, und schritt daher sogleich zom
horizontalen Durchschnitt der Wange, vom Mundwinkel bis zum vorderen
Masseterrande, also einer ansehnlichen Verlängerung der Mundspalte nach
rechts. Diesmal war's übrigens kein einfaches Durch-, sondern zugleich ein
Ausschneiden des die ganze Dicke der Wange durchsetzenden Narbenstran-
ges. Hierauf wurden zwischen die Zahnreihen beiderseits grosse, starke
Spatel geschoben, und durch hebelartige Bewegungen derselben die Kinn-
laden auseinandergedr&ngt, was auch nach einiger Anstrengung bis zum Ab-
stände von 1 Zoll (zwischen den Vorderzähnen) gelang. Hiermit schloss
der erste Act, dessen Ergebniss, die Entfernung der Kiefer von einander,
während des darauf folgenden Zwischenactes durch Korkkeile und einen
unten näher zu beschreibenden Apparat unterhalten wurde; — dieselben
Mittel hielten natarlich auch die beiden Ränder des Wangenschnittee ans-
einander, so dass jeder derselben für sich vernarben konnte, was nngef&hr
im Laufe eines Monates geschah, indessen auch durch fortdauernde Einwir-
kung des Apparates die Aufsperrung des Mundes aufs Vollständigste her-
gestellt wurde, und Pat. sich im Kauen übte. Nun besass sie zwar einen
offenen Eingang zu den Speisewegen, und ein frei bewegliches Kauwerk, —
aber dagegen auch eine unförmlich weite, nach rechts verzogene Mundspalte,
aus der fortwährend Speichel floss, und nur eine undeutliche Sprache er-
klang: es fehlte ja rechterseits die zum natürlichen Verschlusse der Mund-
höhle, sowohl bei aufeindergeklemmten, als bei auseinandergehenden Zahn^
reihen, nothwendige Wandung, — es blieb uns mithin die Aufgabe einer
Meloplastik, der Herstellung einer über dem Zahfleische frei verschiebbaren
Backe. Ein Zahnfleisch hatten wir schon: die Alveolarprocesse, der obere,
wie der untere, waren ja mit fest angelötheter Haut bedeckt, und diesen
Ueberzug Hessen wir ihnen denn auch, im Vertrauen auf die Vensicherang
einiger Physiologen, dass die Epidermis sich in Epithel umzuwandeln ver-
möge, wenn sie unter gleiche Verhältnisse versetzt wird, wie letiteres. Zum
Ersätze des daraus hervorgehenden Defectes in der Wange mussten die be-
nachbarten Hauptpartien dienen, welche wir, von oben sowohl, ab von
unten, herbeizogen. Hierin bestand nun der zweite, durch den ersten bereits
vorbereitete Act, welchen wir folgen dermassen durchführten: Sowohl ober-,
als unterhalb der Wangenspalte, in einem Abstände von 4—5'" von den be-
reits übernarbten Rändern derselben, und parallel mit ihnen, führte ich je
einen horizontalen Schnitt durch Haut und Zellgewebe, — die Enden die-
Zar operatiTen Behandlung der narbigen Rieferklemme. 2'29
ser Schnitte gingen in Bllipsen über, am sich mit den Enden der Wangen •
spalte anter spitzen Winkeln zn vereinigen , also vorne am rechten Mund-
winkel, hinten am Yorderen Masseterrande. Anf solche Weise waren die an
die Alyeolarforts&tze jingeiatheten Partien der Wangenhant von ihrem Zu-
sammenhange mit der fibrigen abgetrennt, um in dieser Lage belassen, das
neue Zahnfleisch darzustellen Um nun aber die Backe wiederherzustellen,
prSparirte ich die fibrige Wangenhaut ron ihren Unterlagen ab, vom oberen
Schnitte ans bis zum unteren Angenhöhlenrande, vom unteren bis tief unter
den Unterkieferrand hinab, — so weit, dass diese Haut sich von oben so-
wohl, oIb von nnten, leicht fiber jenes neue Zahnfleisch herüberziehen, und
ihre wunden Ränder sich ohne Spannung (sogar bei bis anf 1" weit geöff-
netem Monde) untereinander durch Insectenn&hte vereinigen Hessen. Sie
▼erheilten auch grösstentheils durch rasche Vereinigung, und sobald ihre
Narbe hinreichend fest geworden war, um einige Dehnung zu vertragen,
wurde aach wieder für weitere Ausdehnung des Mundes durch den erwähn-
ten Apparat, so wie durch Raubewegungen gesorgt, um sowohl die noch
fibrige Steifigkeit im Gelenke und den Muskeln zu tilgen, als der zusam-
menziehenden Kraft der Grannlationsbildung, auf der wunden inneren Fläche
der neuen Backe entgegenzuwirken. Das geschah denn auch mit solchem
Erfolge, dass nach einigen Wochen, als diese Fläche sich überhäutet hatte,
die Vorrichtnngen der Sprech- und Kauwerkzeuge als hergestellt angesehen
werden konnten, nnd Fat mit der Weisung entlassen wurde, die Korkkeile
zwischen den Zähnen noch längere Zeit hindurch während mehrerer Stun-
den am Tage zu tragen.
Der erwähnte Apparat besteht ans 2 hufeisenförmigen, flachen, eisernen
Bügeln mit etwas aufgebogenen Rändern, so dass sie flache Rinnen darstel-
len, in welche die Zahnreihen zn liegen kommen. Die Rinnen sind, um den
Druck auf die Zähne zu massigen, mit Kautschukplatten bedeckt. Die Bü-
gel liegen mit ihren flachen Rändern aufeinander, so dass sie sich decken,
und die Rinnen, eine nach oben, die apdere nach unten, sehen, — an ihren
Enden sind sie durch Chamiergelenke , oder durch Zapfen verbunden, an
ihrer Mitte, auf der Höhe der Bögen, haben sie Ansätze, von denen der
untere, von einem Schraubengange durchbohrt, eine Schraube trägt, die mit
ihrem Ende den Ansatz des oberen Bügels berührt, und bei ihrer Umdrehung
vor sich hertreibt, wodurch denn beide Zahnreihen mittelst eines gleich-
missig vertheilten Druckes auseinandergedrängt werden. Je düpner die Bü-
gel, und je feiner ihr Schloss gearbeitet sind, bei desto geringerem Abstände
der Kbne von einander lassen sie sich schon einführen; unser Apparat, von
einem gewöhnlichen Schlosser verfertigt, ist ziemlich derb ausgefallen, und
fordert daher eine vorläufige Erweiterung durch Spatel und Korkkeile.
230 I>r. Hering,
3. Ein Fall von halbseitiger Gesicbtsatrophie, in Folge Yoa Ter-
brenonng.
Mittheilang aus der Bonner chirurgischen Klinik.
Von
Dr. Herinsy
AssittenB-Arit am chirorgitehen Klinikum in Bonn.
(Hierzu Tftf. lü.)
Ende December vorigen Jahres kam die 53jährige Agnes Moll aoi
fiomheim in die Klinik, mit einer rechtsseitigen Radinsfractnr im nnteren
Drittel. Es wnrde ein Gypsverband angelegt, und der Bruch heilte in nor-
maler Weise. Ausserdem zeigte die Patientin eine äusserst hochgradige
linksseitige Gesichtsatrophie, welche von Jugend an besteht, und welche
Patientin von einer in ihrem ersten Lebensjahre erlittenen Verbrennung her
datirt Sie fiel nfimlich, kaum i Jahr alt, von dem Arme ihres Bruders mit
der linken Schulter und der linken Gesichtshälfte gegen einen glfihenden
eisernen Ofen. Wie tief die Verbrennung gegangen, und wie überhaupt dar
weitere Verlauf derselben gewesen, vermag die Patientin nicht anzugeben,
da sie von ihren Eltern Näheres nicht darüber erfahren hat; das aber giebt
sie mit der bestimmtesten Versicherung an, daas ihr Gesicht vor der Ver-
brennung eine Missbildung nicht gezeigt habe. — Während nnn die linke
Schulter und Arm ganz wohlgebildet sind, und kaum sichtbare Spuren der
Verbrennung erkennen lassen, bietet das Gesicht eine so eigenthflmlicbe
und so hochgradige Verbildung der linken Hälfte dar, dass man bei der
Profilbetrachtung der Patientin von den beiden Seiten her, gleich einem
Januskopfe, zwei ganz verschiedene Personen vor sich zu haben glaubt,
von rechts gesehen ein volles, rnndes Frauengesicht, von links dagegen ein
hässliches, mageres, zusammengeschrumpftes, jedoch runzelfreies, todtes,
skeletähnliches Altweibergesicht. Die beiden Abbildungen, von denen die
eine en face, die andere im Profil von der kranken Seite ans genommen
ist, zeigen diese Verbildung in ganz prägnanter Weise.
Die Gegend von dem linken Ohre bis zum Nasenrücken, nach Abwärts
bis zum Rande des Unterkiefers, nach Aufwärts durch die Fossa temporalis
zur Stirn bis zur Glabella, und von hier aus über das linke Scheitelbein
bis beinahe zur linken Lambdanaht ist abgeflacht, abgeplattet, und entbehrt
vollständig der gewöhnlichen Fülle. Die Haut liegt hier ohne Fettpolster
Halbseitige Gesichtsatrophie ia Folge von Verbrennung. 231
ODd msiftt ohne Masknlator dem Knochen dicht auf, and indem sie sich
eng an denselben anschmiegt, markirt sie die Vertiefungen und Erhabenhei-
ten des Schädelgerfistes in äusserst auffallender Weise. So zeigt sich als
scharfe Leiste, den linken äusseren Augenwinkel mit dem Tragus des Ohres
▼erhindend, das Os sygomaticum, Ober welchem sich die Fossa temporalis
£ut doppelt so tief ausbuchtet, als rechts, während nnter ihm die Fossa
psrotidea und canina sich als tiefe Gruben zeigen. Von der rechten, ge-
sunden Seite ist die kranke Gesichtshälfte scharf geschieden, jedoch ist die
Grenze nicht ganz median, sondern zieht sich von der Stirn aus, wo sie
allerdings median liegt, allmälig nach links abweichend um die linke Ober-
lippe und Mundwinkel, zum Unterkiefer herab, welchen sie einen Zoll weit
vom Kinne erreicht Von der Gkibella aus folgt sie nach oben zu fast ganz
der Sutura sagittalis, und hier ist die Grenze eine äusserst scharfe. Am
Halse ist eine GrOssenverschiedenheit nicht zu bemerken. In dem genann-
ten Bezirke fallen durch ihr normaleres Ansehen einige Partien auf, welche
inselartig in den atrophischen Theilen prominiren. So bemerkt man eine
keilfSnuige, mit der Basis von dem äusseren Theile des oberen Augenlides
znsgebende und über das ganze Stirnbein sich fortsetzende, allmälig sich
zuspitzende Insel, deren Baeis die Grösse von V bat. Zwei andere klei-
nere, mehr runde, befinden sich auf dem Scheitelbeine. Auf allen zeigt die
HzQt hat ihre normale Elasticität und Beschaffenheit; unter ihr fflhlt man
den Pftnnieulus adiposus und die Musknlatur, zwar nicht in flppiger, jedoch
inunerhin deutlich erkennbarer Weise, und während der Knochen an den
atrophischen Stellen das Gefühl darbietet, als hätte man einen elastischen
K<Sfper nnter seinen Fingern, als kOnne man ihn einknicken, wie ein Kar-
tenblatt, bietet er an jenen Stellen die gewöhnliche Knochenresistenz. Der
Unterschied wird noch* prägnanter durch den Haarwuchs. An den atrophi-
s^en Stellen des Scheitelbeines bemerkt man nur hier und da yereinzelt
stehende Haare, welche sowohl durch Form als Farbe von dem übrigen
Hzapthaare wesentlich verschieden sind. Das Haupthaar ist schwarz und
lang, in gute Flechten gewunden, welche die Kranke, um die kahlen Stellen
in bergen, von rechts nach links hinüber zu kämmen pflegt; an den atfo-
phischen Stellen sind sie weiss, und kaum 4" lang. Auf den beiden ge-
nannten Inseln ist dagegen der Haarwuchs wieder üppig, und von dem
Qbrigen Haupthaare nicht verschieden.
Auf der Stirn ist die Prominenz des linken Tuber eine viel geringere,
als rechts; der Arcns superciliaris ist nur an seinem äusseren Theile, da,
vo die gesunde Insel sich befindet, bemerkbar Die Augenbrauen der lin-
ken Seite sind nur ganz spärlich vorhanden; die Augenlider erscheinen
Uager nnd dünner, die Oilien derselben sehr sparsam. Der Augapfel ist
tief in die Orbita zurückgesunken, jedoch sind die Bewegungen ganz nor-
232 I>r. Hering,
mal. Die Gonjanctiva ist injicirt, die Cornea stark getr&bt Sehr auffallend
ist die Atrophie des linken Nasenflfigels, welcher dem Septem nasale so an-
liegt, dass der Raum der Nasenöffnang wesentlich yerkleinert ist An der
Ober- und Unterlippe l&sst sich eine Atrophie nicht erkennen, jedoch steht
der linke Mundwinkel etwas höher, als der rechte, die Nasolabialfalte macht
dadurch links einen grosseren Bogen, als rechts. Die Haut liegt an den
atrophischen Stellen, wie gesagt, dicht auf dem Knochen, ohne Fettpolster
und meist auch ohne Muskulatur auf, und iSsst sich auf demselben, wenn
auch in beschränktem Masse, verschieben, sowie in eine geringe Falte anf-
heben; sie hat ein narbenartiges, trockenes Ansehen, und fühlt sich derb
und lederartig an. Sie ist jedoch weder geringer temperirt, noch lassen
sich constante Unterschiede in der Sensibilit&t gegen die rechte Seite nach-
weisen; bisweilen indess erscheint die linke Seite sogar etwas hyperSsthe*
tisch, indem die electrischen Ströme links oft schmerzhafter empfunden
werden, als rechts. In der Verzweigung des linksseitigen Gef&sseysteras
können Unterschiede gegen das rechte nicht aufgefunden werden. Die
Pulsationen der Carotis sind links ebenso stark, als rechts; ebensowenig
können in den Pulsationen der Temporales und Maxillares extemae merk-
liche Unterschiede nachgewiesen werden. Die Motilitftt, sowohl des Unter-
kiefers, wie der Augenlider, Mundwinkels, Ober- und Unterlippe ist in kei-
ner Weise gestört
Die Unterschiede der Grössenverhftltnisse beider QeslchtshSlften sind
folgende:
Der Umfang des Kopfes in der üöhe der Glabella und Spina occipita-
lis externa beträgt 22 rheinische Zoll, yon denen 11 V Auf die rechte, 10^"
auf die Unke Kopfhftlfte kommen. Die I^ftnge des Gesichtes vom Haar-
wuchse bis zum Kinn beträgt 9^^', davon kommt auf die Stirn 1%".
Von der Incisura supraorbitalis bis zum Mundwinkel beträgt die Länge
rechte 3" 1"', links 2" 5'".
Von der Insertion des Nasenflfigels bis zur Spitze des Tragus rechts
4" 6'", links 8" 6'".
Von der Mitte der Glabella bis zur Spitze des Tragus rechte 5'' 3"S
links 4" 6'".
Von dem inneren Augenwinkel über die Ohrmuschel bis zur Nacken-
grübe und den Dornfortsätzen rechts 10'' 1"', links 8" S"'.
Von der Mitte der Glabella fiber den Nasenrücken bis zum inneren
Augenwinkel rechte 8"', links 5'".
Von der Mitte der Ghibella über den Nasenrücken bis zum Nasseren
Augenwinkel rechte 2" S*", links 2".
Von der Mitte der Glabelhi bis zum Unterkieferwinkel rechte 5" 7"',
links 4" 8"'.
Halbseitige OeBichisatrophie in Folge voo Verbrenaang. 233
VoD dem Moodwinkel bis snm Pbiltrum der Oberlippe rechts 1'' i***,
links 1" 4'".
Von der Spitze des Tragus bis zor Nackengrabe and den Dornfort-
BiUen rechts 5" 4", links 4" 6'".
Von der Insertion des Nasenflflgels bis znm Unterkieferwinkel rechts
4" 2"*, links 8" 1"'.
Die Entfemnng beider ünterkieferwinkel ron einander beträgt 3" 3'".
Davon kommt, wenn man die Rhaphe des harten Oanmens als Theilungs-
liDie betrachtet, anf die linke Hllfte 1" 4'". Dnrch diesen Unterschied ist
der üoterkieferkOrper nicht gleichmftssig bnfeisenförmig gekrQmmt, sondern
der linke Theil desselben bildet mit dem Rianstficke einen etwas stumpfen
Winkel: gleichzeitig steht der linke untere Rand etwas höher, als der rechte,
DDd der AWeolartheil desselben ist nach einw&rts gerichtet, so da^ts die
noch vorhandenen Z&hne, welche ganz gesnnd erscheinen, schief nach der
ZoDge zn sehen. Ein gleiches Verhalten zeigt die Form des Unterkiefers;
links ist der Kreisbogen kleiner, das linke Ganmengewölbe schmaler, aber
mehr gew51bt, die Zahnreihe steht etwas hGher, und anch hier stehen die
Zahnkronen nach einw&rts. Die Grenze zwischen den Schneidezähnen bei-
der Seiten ist sowohl am Ober-, als Unterkiefer nach links hin yerrflckt
Der Wechsel der ZIhne soll der gewöhnliche gewesen sein. An dem Zahn-
fleische in der Ganmen- und Wangenschleimhaut Iftsst sich eine besondere
Verschiedenheit nicht wahrnehmen, nur erscheint die linke Wangenschleim-
haut etwas weniger colorirt ; die Angabe der Patientin, dass die linke Mund-
seite stets etwas trockener sein solle, Iftsst sich objectiv nicht constatiren.
£ine anifftllige Veränderung zeigt jedoch die Zunge. Während die rechte
Znngeohälfte die gewöhnliche Ffille besitzt, erscheint die linke Hälfte schma-
ler Qod dfioner; dieser Unterschied ist besonders an der Zungenspitze mar-
kirt, an der sich eine strahlige Einziehung findet. Beim Herausstecken
weicht die Zunge stets nach links ab, jedoch ist die Motilität derselben in
keiner Weise gestört, anch das Geschmacksvermögen ist auf beiden Seiten
gleich gut, wie Versuche mit starken Zucker- und Chininlösnngen ergaben.
Die Narbe steht etwas nach links, jedoch konnten weder an ihr, noch an
den Gaumenbögen Abnormitäten aufgefunden werden. Geruch und Gehör
sind Yollständig gut. Dagegen ist das Sehvermögen auf dem linken Auge
dnrch die durch die chronische Keratitis bedingten Cornealtrübungen we-
sentlich beeinträchtigt Die geistigen Functionen sind verhältnissmässig
S«t entwickelt
Es unterliegt keinem Zweifel, dass diese Atrophie mit der Verbrennung,
vekbe die Patientin im ersten Lebensjahre erlitten hat, in Zusammenhang
zn bringen ist, und wenn es auch bekannt ist, dass Narben durch ihren
Zng und Druck die Entwickelnng der betreffenden Theile beeinträchtigen,
234 I>r. SklifoBsoffsky,
so dfirfte doch eine so hochgradige Entwiekelongshemmoag des ]pi5chenien
Gerfistes in Folge des Narbendrnckes nicht gerade hftnfig snr Beobachtaog
gelangen, nnd deshalb wohl der Veröffentlichung werth sein. Dass wir es
hier nicht mit jener Gesichtsatropbie zn thnn haben» welche Rom berg mit
dem Namen Trophonearosen belegt hat, dafür spricht ausser der Aetidogie
die narbige Beschaffenheit der Hant, andererseits aber der Umstand, dsss
in dem atrophischen Bezirke einzelne Inseln sich befinden, an denen Haat
nnd Knochen die ganz normalen Charaktere zeigen.
4. Zwei FUle tob OYariotomie mit glteUicIiem Augange.
Von
Dr. Siaifassoffiikr,
dlrlglrendein Arsto der chlnirgisebMi AbttittiliiBg u dem Stedthospitale
sa Odessa.
Vorliegende zwei Fälle Ton Ovariotomie wurden im russischen Medi-
cinsk^ Wiestnik (No. 10., 11., 39., 41 , 42. Jahrg. 1865) veröffentlicht In
beiden Fällen war der Stiel der Cyste unterbunden, und in der Wunde be-
festigt; ebensowohl waren an die Adhäsionen der Cysten Ligaturen angelegt,
deren Enden durch die Wunde nach Aussen gebracht wurden.
Die erste O?ariotomie in Russland wurde von Professor K rassoff sky
den 23. December 1862 im Klinikum der medico-chirurgischen Academie zu
St. Petersburg ausgefQhrt*), und hatte einen gl&cklichen Erfolg. Das Bei-
spiel Prof. Krassoffsky's fand bald an verschiedenen Orten unseres
Vaterlandes Nachahmer, deren Bemühungen zu ziemlich guten Ausgängen
führten, und keineswegs schlimmeren, als in andern Ländern Europas. Ab-
gerechnet der schon früher ausgeführten, hat Prof. Krassoffsky in diesem
Jahre im Laufe einiger Wochen (vom 24. Juni bis 31. August**) im Stadt-
hospitale zu Czarskoie Sielo in Gegenwart mehrerer Aerzte noch sieben
Ovariotomieen ausgeführt; von den Operirten sind schon fünf vollkommen
geheilt, eine ist auf dem Wege hoffnungsvoller Heilung (14 Tage nach der
Operation), und nur eine ist gestorben. In allen, diesen Fällen wurden so-
wohl der Stiel der Cyste als auch die vorgekommenen Adhäsionen ver-
*) Dr. Masloffsky — Ovariotomie oder Ansschneidung der Eierstock-
geschwülste. Inaug. Dissert. St Petersburg, 1866. S. 15.
**) Woienno-medicinsky Journal, October 1866.
Zwei F&lle tod Ovariotomie mit gl&cklichem Aasgange. 235
mittelst Glfilieifleii getrenDt, — eine Methode, der Prof. Krassoffsky, dem
Aj»cheiBe nach, den Vonag Tor allen andern giebt, indem er unter andern
venpricht, in kaner Zeit eine aasf&hrliche Beschreibnng seiner Beobach-
tuDgen mit einer kritischen Analyse aller Methoden der Ovariotomie mitzu-
theilen.
1. FalL Frau Natalie Jaworsky, 28 Jahre alt, Wittwe, trat am
8. September 1864 in das Stadthospital zn Odessa. Die Kranke, eine Brü-
nette, mittleren Wachses nnd guter Körperconstitation , war mager, etwas
anifflisch; der Unterleib bot eine bedeutende Zunahme im Umfange dar;
der Nabel verstrichen. Der Unterleib, in der Höhe des Nabels gemessen, gab
iO Zoll, die Bntfernnng des Processus xipboidens von der Symphysis ossium
pobia gleich 16 ZolL Deutliche Fluctuation war im Unterleibe fühlbar; der
PercQBsionston überall dumpf, mit Ausnahme des oberen Theiles des Unter-
leibes, wo er in den reinen Darmton überging. Die Banchdecken beweglich,
QDd nur bei starker Bewegung derselben von rechts nach links empfand die
Knske einen Si^hmerz in der Gegend des Nabels und sechs Finger breit
über der Crista ossis ilei dextri; an letzterer Stelle empfand die Kranke
bäofig aach spontane Schmerzen. Die Hautvenen der Bauchdecken stark
entwickelt, einige bis zur Grösse einer Gänsefeder. Der Uterus war nach
»bwSrts gedr&ngt, das GoUnm gegen das Os sacrum gerichtet; der in die
Vftgioa eingeführte Finger fühlte deutliche Fluctuation Tor dem Gollnm uteri,
venn gleichzeitig mit der andern Hand leichte Schläge auf den Unterleib
ausgeübt wurden. — Die erste Menstruation stellte sich im 14 Lebensjahre
der Kranken ein, im 19. heirathete sie, und gebar nach einem Jahre; die
Gebart war regelmässig. Nach sieben Monaten der Yerheirathung wurde sie
Wittwe. Zwei ^ Jahre nach der Geburt, somit vor sechs Jahren, bemerkte sie
zuerst in der rechten untern Hälfte des Unterleibes eine Geschwulst von
der Grösse eines Hühnereies. Die Geschwulst wuchs langsam, nnd die
Kranke wurde regelmässig menstmirt; erst vor einigen Monaten begann die
Gescbwolst plötzlich an Umfang zuzunehmen, und erreichte das Maass,
welches wir angegeben haben. — Nach wiederholter Untersuchung der Kran-
ken warde folgende Diagnosis gestellt: der Unterleib i^ in Folge eines
Tomor ovarii dextri ausgedehnt, dessen Inhalt wahrscheinlich Aussig, und
dessen Wände wahrscheinlich verwachsen sind mit verschiedenen Theilen
des Cavnm abdominale, und zwar besonders rechterseits. Auf Grundlage
dieser Diagnosis wurde die Radicalcur -> Ovariotomie beschlossen. Die
Operation wurde im Stadthospitale ausgeführt. Das zur Operation bestimmte
Zimmer war gross, darch zwei Fenster gut erleuchtet, und lag in der unte-
ren Etage des rechten Hospitalflügels, Die Fenster desselben standen einige
Tage hindurch vor der Operation offen, nnd in dem Kamine wurde Stroh
verbraant aur Reinigong der Luft. Der Oberarzt, Dr. Broussais, der mir
236 Dr. Sklifossoffsky.
mit Rath and That während der AnsfÜhniDg der Operation snr Seite stand,
schonte kein Mittel, nm der Kranken alle möglichen Bequemlichkeiten zu-
kommen zu lassen. Die Leib- und Bettwftsche, sowie alle Bestandtheile des
Lagers waren vollkommen nea; Verbandmittel und Charpie ausser dem Ho-
spitale zubereitet; die vollkommen neuen Schw&mme wurden gekocht, und
in verdünntem Acidnm chloricnm macerirt Die Kranke wurde auf eioem
Bette operirt; nach der Operation blieb sie auf demselben Lager. Die Ope-
ration wurde ausgcfOhrt in Gegenwart des Dr. Zimmermann (Operatear
der Medicinal Verwaltung), und der Aerzte des Stadthospitales , DDr. Solo-
weitschik, Morgen, Groschoffsky, Wdowikoffsky, BernsteiD)
Herzenstein, und Rosenblum. -^ Am Morgen des Operationstages
wurde der Kranken ein Lavement applicirt, nachdem sie Tags vorher eine
Unze Olei Ricini genommen hatte. Am 22. October, an einem sonnigen Tage,
10 Tage nach den letzten Oatamenien, schritt ich zur Operation. Die Tem-
peratur im Zimmer war 19** R.; um die Feuchtigkeit der Zimmerluft zu er-
höhen, Hess man heisses Wasser neben dem geheizten Kamine verdampfen.
Um 11 i Uhr wurde der Kranken das Chloroform gereicht; der Harn dorch
den Gatheter entleert. Um 11 Uhr 36 Minuten machte ich einen 6" langen
Schnitt durch die Haut und das Unterhautbindegewebe, von dem Nabel bis
zur Symphysis ossium pubis. Der Schnitt wurde etwas nach links von der
Linea alba geführt; der linke Musculus rectus abdominis war verdrängt von
der Linea alba, und zwar unten auf 8—4 Finger breit. Die Oeffnung der
Fascia traosversa und des Peritoneum neben der Linea alba geschah »of
der Hohlsonde. Nach Eröffnung des Peritoneums floss etwas seröse Flüs-
sigkeit (Ascites) heraus, und in der Spalte der Wunde zeigte sich der Tu-
mor; auf demselben, in seiner vorderen Wand, verlief von oben nach oDten
eine Vene von der Dicke einer Gänsefeder. Ich stiess etwas rechts von der
erwähnten Vene einen dicken, gebogenen Troicart in den Tumor; es floss
eine seröse Flüssigkeit von dunkelgelber Farbe und Gonsistenz einer kräfti-
gen Bouillon heraus. Nachdem einige Schüsseln mit dieser Flüssigkeit ge-
füllt waren, verstopfte sich die Röhre des Troicart durch eine dicke, breiige
Masse, welche mU Haaren vermengt war. Die Geschwulst war bedeutend
zusammengefallen, so dass man sie mit der Hand umgreifen und Verwach-
sungen entdecken konnte, und zwar rechts mit dem vorderen und seitlichen
Theile des Peritoneum, und gerade von oben und links mit dem Omentum.
Die Verwachsungen, aus einem lockeren, und theilweijie sehr gefässreicheo
Bindegewebe bestehend, stellten sich in Form breiter Scheidewände dzr.
Der Troicart wurde entfernt, die zunächst liegenden Verwachsungen mit
seidenen Ligaturen unterbunden, und auf der Seite des Tumor durchschnit-
ten. Dann wurde ein 1" langer Einschnitt von der Einstichsöffnung nach
unten gemacht, der Sack des Tumor somit eröffnet» und ein Theü der breii-
Zwei F&lle von OTtfiotomie mit giacklichem Anagsnge. 237
gen Maase ana ihm entfernt. Jetzt war ich im Stande, den ganzen Tamor
mit der Hand zn umgehen; die übrigen Yerwachsangen worden unterbun-
den und durchschnitten, und der ganze Sack des Tumor nun durch die
Wnndöifnung nach aussen gezogen; die Wurzel des Tumor war mit einem
dicken Seidenfaden unterbunden und Ober demselben dorcbschnitteufc unter-
halb dieser Ligatur wurde sofort noch eine doppelte Schlinge aus weichem
Eisendrahte angelegt, dessen Ende an dem (von Lfier zur Operation der
Varicocele erfundenen) Serre-noeud befestigt Der Dterus und das linke
OTsriom waren gesund, und lagen frei in dem kleinen Becken. Die Perl-
toDealhöfale wurde Yon den Blntgerinnseln und den Theilen des flflssigen
Inhaltes des Tumor mit einem weichen Schwämme gereinigt, und zunächst
lam Schlüsse der Wunde geschritten. £s wurden 3 Nfthte aus doppeltem,
weichem Eisendrahte angelegt, durch die ganze Dicke der Bauchdecken und
dorcb das Peritoneum selbst, einen Zoll vom Wnndrande entfernt; die Enden
des Drahtes wurden auf kleine Stäbchen aufgerollt Die erste Naht war
^Bgelegt in der Mitte der Wunde, die zweite in der oberen Hälfte, und die
dritte in der unteren Hälfte; diese letztere aber so, dass sie die Wurzel des
Tamor unterhalb der Eisendrahtligatur durchbohrte. Die Wurzel wurde so
in dem unteren Wundwinkel fizirt; durch diesen wurden die Enden von 7
Ligaturen dnrchgef&hrt, welche an den Verwachsungen angelegt waren.
Femer wurden noch 7 Snturae circumTolutae applicirt, welche nur durch
die Haut und das Dnterhautbindegewebe gingen. — Um 12 Uhr 60 Minuten
war die Operation beendet Die Kranke erwachte sofort und fühlte eine
grosse Schwäche. Auf die Wunde wurde trockene Gharpie gelegt, eine
weiche Compreese aus Flanell und eine breite Binde um den ganzen Unter-
leib. Den Verband berfihrte eine Blase mit Eis. — Die ans dem CaTum abdo-
minale entfernte Cyste hatte eine mehr oder weniger sphärische Gestalt, ihre
Wände waren 3 —4'" dick. Ausser der während der Operation entfernten
nUsaigkeit Yon 19^ Pfund enthielt die Gjste noch 8^ Pfund breiiger Masse,
gemischt mit Cbolestearin und Haaren; der Sack wog 2|; Pfund. Demnach
wzr das Gewicht der Cyste mit Inhalt 30^ Pfund. Die Cyste* hatte 10"
nach rechts' von ihrer Wurzel einen Appendix von der Grösse einer Orange;
dieser commnnicirte nicht mit der Cyste, nnd war nur von breiiger Masse,
gemischt mit Haaren, ausgefttllt Die Wand dieses Appendix zeigte in ihrem
oberen Theile einen warzenförmigen Vorsprung, welcher in die HOhle der
Cyste hineinragte, diese Ausbuchtung war dicht besetzt mit Haaren von der
Uoge von circa 2", die fest der Wand anhafteten. In der Wand der Cyste,
10" gerade nach hinten Ton ihrer Wurzel, war ferner eine Knochenlamelle
▼00 2^" Grösse nnd in Form eines Hufeisens bemerkbar; die innere Fläche
öer Cyste war an dieser Stelle tou sehr fest in der Wand sitzenden Haa-
reu bedeckt Von jedem Ende dieser Knochenlamelle entsprang ein flaches.
238 ^'- SklifosBoffsky,
fibrdBes Band, welche B&nder sieh nach einer Ansdehnnng von 1" zu einem
dickeren yereinigten, und dieses dickere Band fixirte sich dann an dem er-
wähnten Appendix. An yerschiedenen Stellen der inneren Wand der Cyste
konnte man ans ihr heranswaehsende Haare sehen, aber besonders dicht
waren sie an dem kleinen, warzenförmigen Yorspmnge. — Drei Standen
nach der Operation erbrach die Kranke fast reine Galle. Um 6 Ohr Abends
Pnls 80, voll; der Harn wurde durch den Katheter entleert Um 6|[ Uhr,
um 7 und S\ Uhr wiederholte sich das Erbrechen. Verordnet wurden Eis-
pillen, alle 5—10 Minuten. Die Nacht war unruhig. 33. October. Schmerz-
hafte Empfindung im ganzen Unterleibe; Puls 80, voll, weich; um 10| Obr
Erbrechen. Die Kranke genoss eine Tasse Bouillon; nach dem Oeonsse
der Bouillon schlief sie 2 Stunden. Um 7 Uhr unbedeutende Hitze,
Puls beschleunigt, 94; um 7^ leichtes Erbrechen einer schleimigen Flfissig-
keit ohne Galle. — 24. October. Entfernung der oberflftchliehen Verband-
Btücke; die Wunde hat ein futes Aussehen, fast ohne Absonderung, die
Ränder verklebt. Der Serre-noeud wurde etwas angezogen. Unbedeutende
Schmerzen im Unterleibe, und schwaches Kollern daselbst. Puls 78, voller.
Vom 24. October an wurde der Verband täglich 2—3 Mal gewechselt, und
die Wunde gereinigt. Zu Mittag eine Tasse BouUlon; Puls 92; Kollern im
Unterleibe, und von Zeit zu Zeit stechende Schmerzen in Folge von Oss-
entwickelung; der Unterleib leicht gespannt. — 25. October. Morgens 4
Ohr Katheterismus; der Urin gab bald ein Sediment von hamsaueren Salzen;
Entweich ung vieler Gase per anum. Die Wurzel des Tumor war fiber der
Ligatur schwarz und weich geworden, und verbreitete einen unangenehroeo
Geruch; die Wunde selbst rein. Die Kranke hatte in der Nacht wegen
Gasentwickelung im Unterleibe nicht schlafen können. — 26. October. Nenn
Stunden hindurch gut geschlafen. Um 6 Uhr Morgens Katheterismus. Ent-
fernung der drei Ligaturen. Pnls 85; Kranke sehr ruhig; Harn giebt noch
starkes Sediment Die Eisblase wurde entfernt. — 27. October. Sechs Stun-
den gut geschlafen. Beim Wechsel des Verbandes entleerte sich aus der
Wunde ungef&hr ein TheelGffel guten Eiters. Beim Gatheterismus beklagt
sich die Kranke über einen Schmerz in der Urethra. Im Harne zeigt sich
ein schleimiger Niederschlag. Application eines Lavements, dessen Resultat
zwei reichliche Stuhlentleerungen waren. •— 28. October. Beim Wechsel des
Verbandes wurden alle oberflSchiichen Nähte entfernt. Die ganze Wunde
ist in der Tiefe geheilt, und geben sich die Wundrilnder nur oberflichlicb
in der Haut auseinander. — 29. October. An den Einstich5ffnungen der
Nihte, und zwischen den Hautrfindern ist leichte Eiterung bemerkbar. Die
Wunde wurde durch Heftpllasterstreifen vereinigt. Die Kranke urinirte ohne
Katheter. — 30. October. Die abgestorbene Wurzel wurde mit den sie ver-
schliessenden Ligaturen entfernt, sowie eine innere Ligatur aus der Perito-
Zwei Fille von Ovariotomie mit glficklicbem Ausgange. 239
nealh^hle. Die Wunde wurde mit einem in aromatischer Lösung getr&nkten
Gharpiebansche bedeckt — 81. October. Die Kranke hat gut geschlafen
nnd erlaubte ich ihr das Sitzen im Bette. — 1. November. Die Wunde eitert
sehr wenig; es wurden noch drei innere Ligaturen entfernt. — 6. November.
Ss wurde die fünfte innere Ligatur entfernt, und die Wunde mit einer Solutio
Argenti nitrici (gr. ij in ^j ^Q^* destill.) yerbunden. — 7. November. Die .
teilten zwei inneren Ligaturen entfernt Um die Wundränder mehr aneinander
ZQ n&hem, wurden zu beiden Seiten drei Bändchen mit Collodium befestigt
(Collodii i'iß, Aetheris sulfarici ^ß). Der Kranken wurde erlaubt, einige
Standen hindurch im Laufe des Tages auf dem Stuhle zu sitzen. Abends
stellten sich Schmerzen im untern Theile des Unterleibes und des Kreuzes
ein, welche, da der Termin der Menstruation erschienen war, fllr Molimina
menstraalia gehalten wurden; und in der That zeigte sich eine blutige Aus-
Bcheidung aus der Scheide, jronach die Schmerzen aufhörten; am Abend
hdrte die Blutausscheidung auf, und die Schmerzen stellten sich nicht mehr
ein. Vor der Operation dauerten die Katamenien immer G Tage. — 10. No-
vember. Am Morgen stellten sich lancinirende Schmerzen im ganzen Un-
terleibe und Uebelkeit ein; sehr bald darauf hatte die Kranke drei Stuhl-
entleemngen, und ging mit der letzten ein Ascaris lumbricoides ab. Am
Abende hatten die Schmerzen volbtändig aufgehört. — 24. November. Die
Wunde ist volbtändig geheilt Die starke lineare Narbe vertieft sich an der
Stelle, wo die Wurzel des Tumor sass, zu einem Trichter. — Von dem Tage
der Operation bis zur vollständigen Heilung der Wunde waren 33 Tage ver»
Bossen. Am 15. Tage nach der Operation wurde der Kranken erst erlaubt
das Bett zu verlassen. Bemerkenswerth ist jedenfalls bei dem Heilungspro-
ceese der Wunde, dass trots des mächtigen operativen Eingriffes, trotz der
Anwesenheit von 7 Ligaturen in dem Gavum peritonäale, die Reaction selbst
▼erhältoissmässlg eine so geringe war: die grösste Anzahl der Palsschläge
war 94, welche wir an dem der Operation folgenden Tage beobachteten.
2. FalL Olga B., 80 Jahre alt, unverheirathet, kräftiger Körperconsti-
totion, bot eine glatte, kuglige Anschwellung des Unterleibes dar; der ganze
ünterldb gespannt, der Nabel verstrichen, fiberall deutliche Flnctuation.
Die Katamenien erscheinen regelmässig nach vier Wochen. Der Unterleib
hatte in der Höhe des Nabels einen Umfang von 41 Zoll, die Entfernung
der beiden Spinae ilei anteriores 24 Zoll, und die vom Processus ziphoideus
bis ZOT Symphysis ossium pubis 18i Zoll. •— Die Anschwellung wurde vor
4 Jahren zuerst in der rechten Inguinalgegend als eine Yerhärtung von
GinseeigTösse bemerkt, und begann ihre Entwicklung erst im Februar 1868
in dem Maasse, dass die Kranke gezwungen war, sechsmal in 1^ Jahren die
Pnnetion des Unterleibs vornehmen zu lassen. Nach den beiden letzten
Pnnetionen untersuchte ich die Kranke und fand Folgendes: der Unterleib
240 I>r« Sklifoasoffsky,
war nach Xnaflnss einer weisBen stftrkemehlartigen FlüssigkeU znBammen,
gefallen nnd in der rechten Inguinalgegend Hess sich eine feste, fanstgroftae
Geschwulst entdecken, von mehr oder weniger runder Form nnd höckeriger Be*
schaffenheit Nach links von dieser Geschwnlst, dicht neben der Wirbels&ule,
lag noch eine Geschwnlst von derselben Art, aber etwas kleiner; die beiden
Geschwülste scheinen untereinander durch ein Band vereinigt zu sein. Nach
der letzten im März 1865 gemachten Function hatte die Kranke Schmerzen
in der rechten Seite, so dass sie nur anf dem R&cken und der rechten Seite
schlafen konnte, ~ bei der geringsten Bewegung nach links wurde der
Schmerz unertrSglich; sie hatte zugleich das GefQhl, als dr&nge etwas ab-
wärts. Diese Schmerzen dauerten bis zum Tage der Operation. — Auf Grund-
lage des Gesagten wurde folgender Schluss gezogen: die Kranke hat einen
Tumor ovarii, wahrscheinlich der rechten Seite; möglicherweise befinden sich
in der Wand des Sackes noch andere Cysten; nach oben rechts werden vir
eine Verwachsunjg des Tumor mit dem Omentum oder der unteren Fläche der
Leber finden; vorzugsweise aber werden solche vorhanden sein links vom
Nabel, wo durch einen grossen Troicart 6 Functionen gemacht wurden.
Die Operation wurde, am 24. Juni 1865 in dem ausserhalb der Stadt
nicht weit vom Meere gelegenen Hospitale der barmherzigen Schwestern
ausgeführt Die Kranke wurde in einem Zimmer untergebracht, das nie Ton
Kranken bewohnt gewesen war. Während der Operation waren zugegen:
die DDr. Dieterichs, Dallas, Drey, Wagner sen.; es assistirten die
Aerzte des Stadthospitals: Morgen, Grochoffskj, Soloweitschik nnd
Herzenstein. Tages vor der Operation wurde der Kranken eine Unze Olei
Rlcini gereicht und am Morgen des 2i. ein Lavement. Die Operation wurde
begonnen um 11^ Uhr Morgens, es war ein heller, sonniger Tag. Nach fOnf
Minuten Chloroformirens war die Kranke vollständig anaesthesirt Es wurde
in der weissen Linie ein 5^" langer Einschnitt vom Nabel bis zur Symphysis
ossium pubis gemacht; nach Eröffnung des Feritonaeums floss etwas serOse
Plfissigkeit heraus, und eine Cyste von weisslicher Farbe zeigte sich in der
Lichtung der Wunde. Soweit man diese mit der Hand umgehen konnte,
war sie frei von Verwachsungen. Mit einem grossen gebogenen Troicart
wurde ein Einstich gemacht nnd die Flüssigkeit entleert In dem Maasse
als die Cyste an Umfang verlor, wurden ihre Wände an die Wundränder ge-
drückt, um nichts in das Cavnm peritoneale fliessen zu lassen. Nachdem
ungefähr % Eimer dieser Flüssigkeit entleert waren, versuchte ich mit der lin-
ken Hand die Cyste herauszuziehen, indem die rechte in der Feritoneal-
höhle dieses Bestreben unterstützte. Es gelang nicht, weil in den Wänden
der Cyste noch andere Cysten sassen, welche zusammen einen Umfang dar-
boten, dem die gemachte Wunde nicht entsprach. Ich verlängerte daher
noch um 2^" die ursprüngliche Wunde mit einem geknöpften Messer, indem
Zwei Fälle von OTariotomie mit gificklichem Ausgange. 241
ich den Nabel Dach lings umging. Jetzt war die Cyste nar noch nach oben
DDd rechts durch häatige Verwachsungen an das Omentum fixirt Diese
Verwachsung mit dem Omentum wurde in 5 BQndel getheilt, jedes derselben
QDterbunden, das eine Ende der Ligatur kurz abgeschnitten, das andere
zur Wunde heransgefQhrt. Nachdem die Cyste auch an dieser Stelle befreit
war, entdeckten wir den Stiel der Cyste 4'' lang und 4 Finger breit; er be-
stand aus der stark ausgedehnten Fallopischen Tube und dem Ligamentum
latnm^ in welchem sich viele starke Yeuen fanden, sowie das Pnlsiren zweier
bedeotenden Arterien gefühlt wurde. Zwei Zoll von der Cyste entfernt, wurde
durch die Mitte des Stieles eine Nadel mit einem doppelten starken Seiden-
faden geführt, jede Hälfte besonders unterbunden, und über diesen Ligatu-
ren die Geschwulst abgeschnitten. Beim Isoliren des Stieles entleerten sich
bis 6 Unzen dunklen vendsen Blutes, und nur der besonderen Aufmerksam-
keit Dr. Soloweitschik's, welcher die fiauchdecken hielt, war es zu ver-
danken, dass kein Blut in die PeritonSalhöhle floss. Gebärmutter und lin-
kes Ovarium waren gesund. 5'" bis 6'" unterhalb der Seidenligatur wurde
noch eine ans weichem Eisendrathe angelegt, deren Enden an dem Serre-
ooeud befestigt und angezogen wurden. Das Ende des Stieles wurde mit
einer LGsung von Perchloretum ferri bedeckt. Nach Reinigung der Wunde
wurden drei metallische Nähte, 1" von den Wundrändern entfernt, durch
die Banchdeeken angelegt; die erste Naht wurde dicht über dem Stiele,
die zweite in der Mitte der Wunde und die dritte unter dem Nabel ange-
legt; neun Suturae circumvolutae durch die Hseut und Dnterhautzellgewebe
näherten vollständig die Wundränder aneinander. Die Wunde wurde mit
trockner Charpie bedeckt, einer Compresse, einem Stücke weichen Flanells,
und schliesslich umschloss dies alles eine breite Binde. Eine Eisblase be-
rflhrte die Wunde. Die Füsse wurden bis zu den Knieen in Flanell einge-
wickelt Die Operation dauerte eine Stunde und 20 Minuten, und waren
li Unzen Chloroform yerbraucbt worden. — Nach Vollendung des Verbandes
kam die Kranke bald zu sich und klagte über einen brennenden Schmerz
in der Wunde. Um 6 Uhr Catheterismus. Um 10 Uhr Abends hatte der
Schmerz aufgehört und blieb nur ein Brennen nach; Puls 92, schwach. Die
Kranke schlief unruhig von 10 Uhr Abends bis 8 Uhr Morgens, wachte
häofig auf durch Schmerzen im Unterleibe und häufigen Urindrang. — Die
Cyste hatte eine oblonge Form mit 5 Unebenheiten an ihrem oberen Theile,
welche von den kleinen Geschwülsten herrührten , die im Innern der Cyste
lagen und theils nach innen, theiis nach aussen sich vordrängten. Eine von .
den kleinen Geschwülsten wurden angeschnitten, wonach eine der grossen
Cyste ähnliche Flüssigkeit sich entleerte, und bemerkte man zugleich im
Innern noch andere kleine Geschwülste. Ifan kann diese ganze Bildung
sich so vorstellen, dass ein grosser Sack kleinere enthielt, und in diesen
«. Laogenbtrk, Archiv f. Chirurgie. IX. |5
242 !>'• Sklifosaoffßky,
leUterea sich wiederum kleine Gescbnrülste befanden. Der Inhalt war in
allen derselbe. Die Wand war 3'" bis 4'" dick, an einigen Stellen noch
mehr, nnd bestand ans einem fibrösen Gewebe, welches reichlich Y4>a Blnt-
geftssen durchsetzt war; die innere, mit Epithelinm bekleidete Flftche, hatte
grosse Aehnlicbkeit mit Scbleimhinten. Die Terschiedene Dicke der Wand
läset sich so erklären, dass der Hanytsack zerstörte und resorbirte kleine
Cysten in sich aufnahm. Aus der Cyste wurden 48 Pfund Flüssigkeit ent-
leert, der- Sack selbst wog 6 Pfund, folglich wog die ganze Geschwulst
54 Pfund. Farbe und Consisten« nach glich die Flüssigkeit gekochter flfis-
siger Stärke; im Grunde der Cyste war sie dicker nnd chocoladeBfvbig.
Die mikroskopische Untersuchung zeigte Eiterkörperchen und zarfsUene fihit-
kCrperchen, zerstörtes Plattenepithelinm und eine bedeutende Henge einer
feinkörnigen Masse in Form kleiner Inseln. ^ 25. Juni. Es ist oooh eine
leichte Empfindlichkeit beim Harnlassen, der Drang dazu seltener; der Harn
hat die Farbe eines starken Thees, reagirt sauer, und giebt eia leichtes
Wölkchen auf dem Boden des Gefässes. Puls 92,. voll, weich. Palientio
beklagt sich über Kpllem im Dnterleibe; die Gasentwicklung verursacht
einen lebhaften Schmerz, besonders im Mesogastrio; selten emf^ndet die
Kranke Debelkeit, welche flbrigens nach einigen Eispillen sofort schwin-
det. Um 6 Uhr Abends Aufstossen, lebhafte Gasentwickelung im Unterleibe,
Puls 92, GemftthsiBUBtand der Kranken sonst gut. — 26. Juni. Die Kranke hat
wegen Gasentwickelung fast gar nicht schlafen können. Um 9 Uhr Mor*
gens Wechsel des Verbandes; die Wnnde zeigt prima intentio; der Stiel ist
schwarz geworden undi stellt eine trockene Kruste dar, unter welcher sich
einige Tropfen eiterähnlicher Flfissigkeit befinden. Der Serre-noend wurde
leicht angezogen. Die Wunde wurde wie fr&her Tcrbunden; der Bisbentel
fortgesetzt. Hauttemperatur fast normal; Zunge belegt Um 8 Uhr Nach-
mittags Erbrechen einer schleimigen, saueren Flfissigkeit und darauf Galle.
Um 10 Uhr Abends wieder Erbrechen, und hierauf Erleichterung^ Ein f5ti-
der Geruch zwang, den Verband in wechseln, welcher sich yollkommen
trocken erwies; im unteren Wundwinkel und unter der Kruste des Stieles
waren einige Eitertropfen. Puls 92, gleichmässig, weich. — 27. JunL Schlaf
häufig unterbrochen, unruhig; Gasentwicklung. Einige Tropfen blutigen
Eiters waren in dem oberen Wundwinkel sichtbar, sowie neben dem Stiele.
Puls 92, weich. Urindrang seltener, nach 5 bis 6 Stunden; beim EiofQhren
des Catheters floss ein grosser Theil des Urins nebenbei aua; im Han ist
ein leichtes Schleimsediment Gasabftang per anum. Die Kranke schlief
am Tage 4. Stunden. 10 Uhr Abends: Puls 100, härter; Durst, Sefamen-
empfindung im Unterleibe, 4 Finger breit links vom Nabel. Die Kranke wies
die Bouillon zurftck und genosa den ganzen Tag fiber nichts». — 2S. Juni
Gut geschlafen durch 6 Stunden; nach dem Erwachen fQhlte die Kranke
Zwei F^le von Ovariotomie mit glücklichem Aosgaoge. 243
im gaosen Körper Hitze, Debelkeit, nnd bald darauf zeigten sich die Gata-
iDenien, die 10 Tage vor dem Termin erschienen. Um 6 Uhr Morgens Wech-
sel des Verbandes; die 3 tiefgelegenen, das Peritonaenm durchbohrenden
Nähte wnrden entfernt; der Berre-noeud leicht angezogen; das Eis entfernt.
Gasabgang per anam; Anfstossen. Dm 3 Uhr Wechsel des Verbandes; Un-
terleib stark aufgetrieben, fiberall tjmpaniti scher Ton; Patientin beklagt sich
Ober fortwährendes Kollern im Unterleibe; Pnls 92. Patientin verlangte
Thee, genoss aber nur einen Löffel davon, obwohl sie heftigen Durst hatte;
nahm keine Nahrung zu sich im Laufe des Tages. — 29. Juni. Schlaf mit-
telmSssig; Oasabgang; Gatamenien aufgehört. Eiterung neben. dem Stiele
nimmt zu; der Serre-noeud wurde angezogen; Durst geringer; Patientin fOhlt
sich wohl Der Besuch der Schwester wurde erlaubt. Um 3 Uhr Nachmit-
tags Entfernung der oberflächlichen Nähte; es wurden mittelst Collodium
3 Bftndchen an jeder Seite befestigt ; die Wunde wurde mit trockener Char-
pie und einer Gompresse bedeckt, über welcher die Bändchen znsammenge-
kn&pft wnrden. — 30. Juni. Nacht gut geschlafen. Eiterung unter dem
Stiele nimmt zu, der Stiel stirbt ab; der Serre-noeud mehr angezogen. Die
Kranke genoss mit vielem Appetit eine Tasse Bouillon. Ein Kljstier ver-
ursachte eine kleine Stuhlentleerung und den Abgang vieler Winde. Auf
eigenen Wunsch wurde der Kranken zu Wasser etwas weisser Wein gemischt.
— 1. Juli. Gut geschlafen. Die Kruste des Stiels löst sich, und unter ihr
entleert sich eine bedeutende Masse einer dunklen, stinkenden, eitrigen
FIfissigkeit Serre-noeud angezogen. Appetit gut; Pols 90. Nach einem
Lavement zwei reichliche Stuhlentleerungen. — 2. Juli. Der Serre-noeud
entfernt, der die Kranke schon belästigte. Genuss von Milch erlaubt. —
3. Juli. Der abgestorbene Stiel wurde tief in der Wunde unterbunden und
abgeschnitten. Der Kranken wurde erlaubt auf der Seite zu liegen. Im
Laufe von 2 Stunden hatte die Kranke 6 flüssige Stühle und Abgang vieler
Gase. _ 6. Juli. Seit 3 Tagen keine Stuhlentleerung; Zunge weiss belegt;
AppetitmangeL Es wurde vorgeschlagen 2 Theelöffel voll Magnesia usta
zu nehmen, wonach sofort Erbrechen erfolgte ; nach einer Stunde wurde die
Gabe wiederholt, wiederum Erbrechen und Meteorismus. Um 2 Uhr Nach-
uittagB flüssige Stuhlen tleerung, nach | Stunde eine neue, weniger reich-
liche, doch kein Abgang von Winden; der Unterleib ist gespannt. Um 4 Uhr
Nachmittags lösten sich 2 innere Ligaturen, welche auf dem Netze lagen.
Aus der Tiefe der Wunde entleert sich durch den unteren Winkel viel Eiter;
in ^e Wunde wurde ein Drainageröhrchen eingeführt. Verordnet wurde:
Ammonii acetici 3j, Aquae anisi Jvj, Gummi arabici gr. x, Syrupi simplicis 3/9.
^ S. Stündlich einen Esslöffel voll zu nehmen. — 7. Juli. Nachts zwei
Stnhlentleemngen , Abgang vieler Gase; der Leib weniger gespannt; die
Zunge rdn, Appetit Es lösten sich noch zwei innere Ligaturen. Die Kranke
16*
244 ^r. SklifosBoffsky, Zwei Fälle von Ovariotomie.
erhielt Brlaubniss, im Lehnstuhle zu sitzen und im Zimmer umherzugehen.
— 8. Juli. Nachts hatten sich ungefähr 2 Pfund stinkenden, fl&ssigen Eiters
aus dem untern Wundwinkel entleert. Schon seit einigen Tagen war eine
kleine Geschwulst links 4 Finger breit über der Symphysis ossium pubis
bemerkbar und war dieselbe, da die Kranke dort keinen Schmerz empiaud,
der Ton tympanitisch wie überall war, für die durch die Gase ausgedehnte
Bauchwand gehalten worden. Nach Ausfluss dieser eitrigen Flüssigkeit
verschwand 'aber die Erhabenheit, der Unterleib nahm an Spannung ab, die
Patientin empfand grosse Erleichtemug, und der Appetit vergrösserte sich.
Wegen reichlicher Eiterabsondernng sollte der Verband immer nach 4 Stun-
den gewechselt werden. Abends eine Stuhlentleerung im Liegen, da beim
Sitzen eine unangenehme Spannung im Dnterleibe gefühlt wurde. — 10. Juli.
Beim Wechsel des Verbandes wurden nur noch einige Tropfen Eiter bemerkt.
Allgemeinzustand sehr gut. — 11. Juli. Die letzte innere Ligatur löste
sich. — 12. Juli. Links neben dem unteren Wundwinkel zeigte sich eine
Verhärtung des Onterhautzellgewebes von der Grösse einer Wallnuss, and
etwas mehr nach oben noch eine, aber kleinere. Eiterabsondernng unbe*
deutend; Drainageröhre entfernt. Die verhärteten Stellen wurden zweimal
täglich mit' Jodtinktur bepinselt. — 13. Juli. Die untere Verhärtung des
Zellgewebes begann zu eitern; der Biter entleert sich frei nach aussen
durch den unteren Wundwinkel. — 15. Juli. Die Kranke verliess die An-
stalt und fuhr aufs Land. — 20. Juli. Auch die andere Verhärtung eitert;
der Eiter bahnte sich einen Weg nach aussen, indem er die Narbe auf i"
an dem unteren Wundwinke] zerstörte. Von diesem Tage an schritt die Re«
convalescenz rasch vor sich ; die Wunde schloss sich bald. In diesem Augen-
blick ist die Kranke vollständig gesund.
5. Zur Ovariotomie.
Vom
Dr* Dansel
In Hu&burg.
Die glücklichen Erfolge der Amerikaner und Engländer im Gebiete der
Ovariotomie, Erfolge, gegen welche die der deutschen Chirurgen gewaltig
im Rückstande sind, veranlassen mich, eine von mir mit glücklichem Erfolge
ausgeführte Exstirpation des Ovariums zu veröffentlichen, indem es mir
möglich ist, durch Vergleichung von fünf Fällen von Eierstockserkrankung»
Dr. Danzel, Zar Oyariotomie. 245
welche ich theils operirt, theils secirt habe, die Prognose der fraglichen
Operation gleichsam mit einigen Illustrationen zu besprechen.
1. Fall. (Vgl. meine chirurgischen Erfahrungen, Göttingen 1857, 8.
46—56.) Wenn ich dieser Beobachtung erwähne, so greife ich zehn volle
Jahre sorfick: das ist ein Zeitraum, welcher f&r die Bedeutung derselben
von Wichtigkeit ist, denn es ist seitdem die Lehre von der Exstirpation der
krankhaften Eierstöcke neu aufgenommen und ausgearbeitet worden, und
ich selbst hoffe, diesen Fortschritten der Wissenschaft gefolgt zu sein. Also,
was damals nicht gifickte, hätte sich zehn Jahre später vielleicht bono
eventa ausf&hren lassen. Dessenungeachtet muss ich Manches von dem,
was ich damals fQr richtig hielt, noch heute unterschreiben, und es ist im
Wesentlichen nur die Encheirese des operativen Vorgehens und die Nach-
behandlung, welche hinter den neuen Operationen zurficksteht Ich werde
es durch meine jüngeren Beobachtungen beweisen ^können, dass ich im Rechte
war, wenn ich damals sagte, dass es in den meisten Fällen unmöglich sei,'
den Ausgang der Operation zu prognosticiren. Es sind nicht meine Beobach-
tungen allein, welche die Schwierigkeit und Unsicherheit der Diagnose der
fraglichen GeschwQlste erhärten, sondern es genOgt ein Blick in die weit-
schichtige Statistik der veröffentlichten Fälle, um dieselbe nachzuweisen.
Du toi t 's Zusammenstellung ist auch in dieser Beziehung höchst lehrreich
und Jedem, der eine Ovariotomie ausf&hren will, zu empfehlen.
Ich schreibe keinen Lehrbuchs -Paragraphen: Journalartikel sind nur
fragmentarische Zusätze zu den grossen und erschöpfenden Leistungen der
Meister der Wissenschaft, also verlange man von mir nicht eine haarspal-
tende Symptomatologie und Diagnostik unserer Krankheit. Zu einem Lehr-
buch fehlen mir Zeit und Kenntnisse, aber auf diejenigen Erscheinungen,
auf welche es hier ankommt, muss ich eingehn. Will man sicher und glfick-
lich operiren, so soll man vor der Operation wissen, ob:
1) Die Geschwulst adhaerent ist, d. h. ob sie mit dem Uterus, oder
anderen Eingeweiden verwachsen ist.
2) Ob sie feste Gewebsßlemente enthält, oder ob sie aus einer grossen
Gjste, oder mehreren Cysten besteht.
3) Ob es bei der Trennung etwaiger Adhaesionen zu nennenswerthen
Blutungen kommen wird, oder nicht.
Dabei lasse ich Verwachsungen mit der Bauch wand als irrelevant, Vor-
fall von Darmwindungen bei der Operation als vermeidbar, und ebenso das
Extravasat der Gystenflfissigkeit in den Peritonäalsack, als Kunstfehler,
ausser Acht Aber die Qualität der Geschwulst, ihre Beweglichkeit, und
die internen Blutungen, diese drei sind Momente von der höchsten Wichtig-
keit, and diese drei sind gerade, über welche der Operateur in
den meisten Fällen vor der Operation im Unklaren sein wird.
246 J>r- Daniel,
Meia erster Fall zeigte eine grosse Cyste, welche fast einen Eimer
voll Flfissigkeit enthielt, aber ab dieselbe mit d^ Trocar entleert wsur,
folgte sie dem Zuge der eingesetzten Haken nicht Ausser dieser mit der
Flezura iliaca, dem Omentum und der Blase verwachsenen Cyste fand sich
noch eine zweite im kleinen Becken und eine dritte am anderen Ovarinm.
So zeigte es die Section. An der Operation starb die Kranke nicht, da
dieselbe nicht vollendet werden konnte: es wurde eine Jodinjection gemacht,
und erst nach Wochen erlag die Kranke einer Peritonitis. Die Diagnose
war nicht falsch gewesen, aber sie war bei weitem nicht scharf genug, um
den Operateur sicher stellen zu können. So geht es mit vi^n feinen
Diagnosen der inneren Medizin: sie werden gestellt zum Erstannen der
Studenten und zum Entsetzen der Angehörigen des Patienten, aber der
feine Diagnostiker l&uft keine Gefahr dabei, wie der arme Chirurg, welcher
die Consequenzen seiner Diagnose mit dem Messer in der Hand vor der
ganzen Welt zu vertreten hat. Nun, man hat es oft gepriesen, dass die
Chirurgie der solideste Theil unserer Wissenschaft sei
Ich muss noch ein Wort sagen fiber interne Blutungen, bei der noth-
wendigen Trennung etwaiger Adhaesionen. Man weiss natürlich gar nichts
darüber, bevor die Operation so weit gediehen ist, ich weiss sehr wohl, wis
man Alles dagegen angewendet hat, bis zum Abbrennen, aber es sind ge-
rade diese Blutungen, welche häufig noch die glQcklichste Operation ver*
eiteln.
2. Fall Grosser Tumor ovarii. Exstirpation den 27. April
1866. Frau B., Jüdin, 51 Jahre alt, litt seit zwei Jahren an einer harten,
gespannten, ziemlich beweglichen, undeutlich fluctuirenden Geschwulst im
Leibe, und war im Februar d. J. pungirt Dabei waren mit grosser Er-
leichterung der Patientin sechs Pfund Flüssigkeit entleert Bei ihrer Auf-
nahme in das unter meiner ärzlichen Leitung stehende hiesige Marien-
krankenhaus, hatte der Leib einen Umfang von 20 Zoll und maass vom
Nabel bis zur Symphysis ungefihr sieben Zoll. Nach rechts war der Um-
fang etwas grösser, als nach links. Die Frau war herabgekommen, dys-
pnoisch, hatte Oedema pedum, allein verlangte dringend operirt zu werden,
ja sie erklärte, wenn nicht bei mir, ginge sie nach Cassel oder nach London.
Offenbar hatte sie die Literatur der bevorstehenden Operation stndirt, auch
kannte sie die statistischen Verhältnisse derselben. Ich erwähne dieser Um-
stände, weil es einer directen Aufforderung bedurfte, um hier die Operation
zu wagen: Flüssigkeit schien die Geschwulst zu enthalten, aber ihre Beweg-
lichkeit war nicht lockend, und das Allgemeinbefinden und das Oedema
pedum waren bei der öl jährigen Frau freilich auch nicht ermuthigenid.
Die Operation verlief folgendermassen. Es wurde ein Schnitt durch
die Bauchdecken gelegt vom Nabel bis oberhalb der Symphyse. Ahi der
Zar OTariotomie. 247
Tumor bloM lag, wurde der grosse, fingerdicke Spencer Well* sehe Troour
eiogestoaseD, nachdem derselbe zuvor mit einem eUstischen Abflnssrohr ver-
sehen war. £s floss im breiten Strome FJfissigkeit ans, welche aber dann
stockte. Bei niherer Untersacfanng fand sich ein dickes Ooagalnm im Trocar,
ftUeaa ab dieses entfernt war, floss doch kein Flaidnm mehr aus. Der
Tnmor war fest Mit groeeer Mflhe wnrde derselbe nach Trennang vieler
Adhaesioeen entfernt nnd dann nm den kurzen, sehr dicken Stiel die Klam-
AMT gelegt Der Tnmor war ein Mednllarsarcom von swei Pfund Schwere,
der Utems war gesnnd gewesen. Abends sehr heftige Schmersen, der Leib
treibt sich meteoristisch auf. Am 29. tritt Erbrechen ein. Am 1. Mai ist
die Hautwunde gut verklebt, nirgend haben die Nadeln eingeschnitten, trots
des bedeutenden Meteorismus: das Peritoneum war nicht mitgeniht Am
selbigen Tage fällt die Klammer. Agone und Tod am 3. Mai Mittags, f&nf
Tage nach der Operation. Section kann ans religiösen RQcksichten nicht
voffenommen werden. Offenbar hatte hier Ascites mit einem festen Tumor
ovirii vorgelegen.
8. Fall. Grosses Golloid des Ovarium. Nicht operirt. Am
11. Min 1866 kam Frau B., 62 Jahre alt, in*s Hospital, mit einem grossen,
dookel fluctuirenden TnoKir im Leibe. Das Herz war gesund, der Drin ohne
Eiveiis. Die Frau war aehr schwach, litt an hftufigen Ohnmächten, mit kleinem
fadenförmigen Puls. Sie verfiel immer mehr, genoss kaum etwas, und hatte
Oedema pedum. Am 17. wurde, der heftigen Schmerzen und grosser Be-
sngstignng wegen, ein Pnnctionsversuch mit einem gewöhnlichen Trocar
gemacht, an einer deutlich fluctuirenden Stelle. Rs zeigt sich eine dicke
coUoide Masse, welche nicht durch die Röhre ausiiessen kann, sondern
afihsam und schwerOUig drängt sich, durch Druck auf den Leib, eine Zilie,
kleisteiartige Materie durch die Oanfile. Die Wunde wird geschlossen, inner-
lich Jodkali^ und der heftigen Schmerzen wegen subcutane Morphium-Injec-
tionen. Am 7. April tritt der Tod ein«
Die Section ergiebt einen grossen, den ganzen Leib fällenden Ovarial-
tsnor, aus einer dinnwandigen, nirgend adhaerenten Cyste bestehend. Die-
selbe hätte sich, im Beginne der Krankheit, vortrefflich zur Operation ge-
eignet, jetzt hat sie einen dicken, colloiden Inhalt nnd die dflnnwandige
Cyste, macerirt und zerrissen, hat ihr Gontentum in die Bauchhöhle ergossen,
so dasB der dicke Brei kaum ans den Darmwindungen herauszubringen ist.
l^bei secundäre Bntzfindung, welche die Därme leicht trennbar verklebt.
l^M Platzen des Tumors war schon bei Lebzeiten durch die furchtbaren
Sehaersen und das Wfirgen und Brechen der letzten Tage, so wie nament-
lieh duith die fast plötslich eintretende Abplattung des Bauches klar ge
wesea.
248 I>r. Danzel,
In diesem Falle hatten die allgemeinen Erscbeinangen, so wie die Un-
tersuchung des Cjsten-Inhaltes die Operation ausgeschlossen.
4. Fall. Grosse verjanchende Ovarialcyste. Nicht operirt
Frau B., 46 Jahre alt, hatte seit Jahren einen diagnosticirten Tumor ovani,
welcher schon 12—14 Mal in der Stadt pungirt war, und zwar per vaginam,
jetzt 8 Tage, bevor sie in's Hospital kam, zuletzt. Eine Hand breit unter,
dem Nabel fOhlte man eine, wie es schien, wenig bewegliche Cyste, sonst
fiberall Darmton. Der Uterus ist verzogen, liegt quer, die Portio vaginalis
fQhlte man ganz nach links und oben. Die Frau ist sehr heruntergekommen
hat Aphthen im Munde, geniesst Nichts. Kein oedema pedum. Am 15. Mii
aufgenommen, stirbt sie am 20.
Die Section ergiebt Verjauchung der einen grossen Cyste. Die Operatioo
w&re, des sehr kurzen, breiten Stieles wegen, sehr misslich gewesen. Noch
an der Leiche will es kaum gelingen, den Tumor lege artis herauszu befördern
Verwachsung mit dem Uterus war keine da, trotz der Verziehung der Oteriu
nach links. Es war das linke Ovarium krank, das rechte gesund.
5. Fall. Ovarialtumor. Exstirpation und Heilung. Post tot
discrimina rerum komme ich endlich zu einer glficklicheu und erqnickiicheD
Beobachtung, es wird hoffentlich nicht die letzte sein.
Betty S., 22 Jahr alt, virgo, hat seit zwei Jahren, bei regelmftssiger
Menstruation und übrigem Wohlbefinden, eine langsam zunehmende Geschwulst
des Leibes. Es wurde eine grosse, dünnwandige, ziemlich- bewegliche Cyste
diagnosticirt. Sie kam am 12. Juni 1Ö66 in mein Hospital, und wurde am
15. des Monates von mir operirt.^
Nachdem der Tumor durch eine Incision durch die Bauchdecken vom
Nabel bis oberhalb der Symphyse blossgelegt war, wurde, wie oben, der
fingerdicke, mit seinem AbfluHsschlauch bewaffnete Trocar eingestossen. Es
entleerte sich circa | Eimer Flüssigkeit, und, nachdem der Hakenapparat
des Trocars in die leerer werdende Cystenwandung eingesetzt war, folgte
die leere Blase dem Zuge der Hand willig und frei. Der Stiel wurde in
die Klammer gelegt Nichts störte die glückliche Operation, als plützlich
auftretende, sehr bedrohliche Chloroformerscheinungen, noch ehe die Klam-
mer sass, und also vor Vereinigung der Bauchwnnde. Künstliche Respiratioos-
bewegnngen bei geschickter und sorgfältiger Assistenz meiner Herren CoU
legen, welche den Darmvorfall verhüteten, bewahrten uifs vor einem Unglück
in diesem kritischen Momente. Nun wurden zwei Saturae circumvolutae
und vier nodosae angelegt, mit Schonung des Peritoneums. Darüber grosse
Heftpflasterstreifeu , Charpie und eine mehrköpfige breite Flanellbinde.
Nachdem ich noch eine subcutane Morphium-Injection von } Gran gemacht
hatte, wurde die Kranke ins Bett gelegt.
Zar Orariotomie. 249
Abends 8 Uhr vollkommene Enphorie: keine Schmerzen, Leib weich,
Pol« 88. Bis zom 18. d. M. Abends masste der Drin mit dem Katheter ab-
genommea werden. Am 25. Jnni erfolgte zuerst Leibesöffnang, bis dahin
varde täglich Opinm gereicht. Die Nah rang war nar eine flfissige. Am
19. (am 15. war operirt) wurde zuerst der Verband gelöst, und eine Sutura
nodosa, welche sich dazu eignete, am 22. und 23. je eine Sutura circa m-
Toluta entfernt, am 24. wieder eine nodosa. Zwei Nodosae deckt die breite
Klammer und sie wären nur unter grosser Zerrung derselben zu entfernen
gewesen. Am 25. kann wieder ein Faden entfernt werden, and endlich am
27., elf Tage nach der Operation, fällt die Klammer. Nun wird
sQch der letzte Paden entfernt, welcher durchgeschnitten hat.
Die Wunde ist strichförmig yernarbt, nur an der Stelle des Stieles sieht
man eine, wie ein eingezogener Nabel aussehende, granulirende Vertiefung.
Am 3. Juli verläset die Kranke das Bett, am 24. geheilt das Hospital.
Im September d J. traten die Menses wieder ein. Der Uterus steht in
der Ptthmngslinie. Zuletzt sah ich die Kranke am 21. September, sie ist
ToUkonmien woh), hat aber eine Hernia ventralis; ich werde bei der näch-
sten Operation das Peritoneum mitnähen, um eine solche zu vermeiden.
Die Fortschritte, welche das Operationsverfahren und die Nachbehand-
lung gemacht haben, bestehend in dem neuen Instrumenten-Apparat und in
der Anwendung der trockenen Wärme und der Ruhe des Darmcanals nach
der Operation habe ich getreu benutzt, die hohe Zimmertemperatur der
Eogläoder Hess ich unbeachtet, da die bei beiden Operationen herrschende
Sommerwärme mir ausreichend erschien. Beide Operirte lagen fibrigcns
Dicht mit anderen Kranken zusammen, sondern sie hatten ihr Zimmer für sich.
Anhang.
In Bezug auf die oben erwähnten bedrohliehen Chloroform-Erscheinun-
gen will ich hier eine kürzlich gemachte Erfahrung nicht länger zurfick-
halten, welche dem Einen oder Anderen von Nutzen sein könnte. Am
22. November 1866 exstirpirte ich unter Chloroform eine scirrhGse Mamma.
Als die Geschwulst eben entfernt war, hörte die Kranke auf zu athmen und
der Puls schwand. Während vergeblich die Fenster geöffnet und mit Aus-
dauer die kfinstlichen Respirationsbewegungen gemacht wurden, schritt der
Tod weiter vor: die Kranke glich vollkommen einer Leiche. Zwei erfahrene
CoUegen assistirten mir vergebens bei den Wiederbelebungsversuchen. Da
wurde der Rotationsapparat angewendet, welchen ich seit einiger Zeit immer
bei den Operationen in der Chloroformnarcose gegenwärtig halte, wiewohl
er noch nie gebraucht wurde. Der eine Pol wurde am Halse, der andere
auf die Magengrube gesetzt; die ersten Wirkungen äusserten sich in Con-
250 Dr. P. Petechili,
tractionen des Leieator scapolae and Bivester m»xill«e, und nach «nd nach
erwachten alle Respiration smoskeln zu neuem Leben! Die Operation koBote
ohne Gefahr volieodet werden, die Kranke athmete wieder, war aber noch
narcotisirt Wir hatten, namentlich nach den vorhergebenden vergeblicbeR
BdebuogsTersnchen, den vollkommenen Eindruck einer Wiedererweckoog
Yom Todel
Ein gfinstiger Fall von HflftansUsnng bei eiteriger Periostitis
nnd Osteomjelitis des Schenkelbeines.
Von
Dr. P. Petecliln.
AMlstensarst In der c]ilnirgiscli«B Klinik in 6t. Petertborg.
Die vorliegende Beschreibung dieses Falles aus der chirurgischen Kli-
nik Prof. V. Kiter' 8 ist seit einigen Monaten in Petersburg gedruckt (He-
dicittsky Wiestniek (Bote) No. 9. 1866), aber ich denke, sie wird ebenso von
Interesse für Collegen im Auslände sein, nicht nur, weil dieser Fall ein
charakteristisches Beispiel der acut verlaufenden, idiopathischen, eiterigen
Periostitis in einer colossalen Ausdehnung darstellt, sondern weil sie »och
einige in practischer Beziehung wichtige Momente für diese seltene Oper»-
tion, welche nach Gfinther eine Sterblichkeit von über 50 pGi hat, hin-
zufagt.
N. Mowtschanoff, 17 Jahre alt, trat den 2. August 1865 in die thera-
peutische Klinik ein, und wurde dort Folgendes in das Jtrankenblatt ^oo
Dr. Beriesin eingeschrieben: Der Kranke klagt fiber Schmerzen im rech-
ten Knie, welche seit 4 Tagen ohne bekannte Ursache andauern und beim
Druck sich verstärken; keine örtliche Röthe oder merkliche Anschwellnng«
ausserdem Hitze des Kopfes und Delirien w&hrend der N&chte. Pols 8^i
schwach. Temperatur des Körpers Morgens 38,4 C, Abends 39,8 C. -
Am 3. August erschien eine unbedeutende Anschwellung und diffuse Kötb«
des Knies. Delirien Tag und Nacht Temperatur Mg. 38,6, Ab. 39, 5.
Diagnose: Rheumatismus articularis acutus. Ordination innerlich: Magne-
sia carbon. 3jj auf J^jj Wasser; Einreibungen von üngt einer. 3/?, Bxtr.
Bellad. 3j; Eis auf den Kopf. — 6. August. Temperatur Mgs. 38,7, Abd«.
39,8. Die Anschwellang ist im unteren k auf den vorderen Theil des Unter-
schenkels Qbergcgangen; das Bein ist flectirt, eine Extension wegen der
Schmerzen nicht möglich. Subcutane Injection von Atropin, Chloroform mit
Oel auf Watte augewendet Innerlich nur ein GetrSnk mit Acid. muriai
B&ftaQ8l56Uog bei eiteriger Periofititis u. Usieomyelitis d. Scbenkelbeines. 25 1
dilat — 8. Aogast Temperatnr Mg. 38,5, Ab. 40. Schmerzen in dem Beine
fortdaaemd. Anschwellung und Rdthe nur über dem Knie bemerkbar, beim
Dmek ist es nicht sehr empfindlich. Fat fühlte sich besser, hütte keine De-
lirien, bekam aber Nachtsch weisse. — 11. Angnst. Chinin bis 6 gr. täglich«
Bis zam 20sten schien die Krankheit abzunehmen, als eine Röthe und An-
schwellung anf dem inneren vorderen Theile des Unterschenkels, gleich über
dem Knie, erschien, die beim Drucke sehr empfindlich war. — 22. Augnst stei-
gerteo sich diese Erscheinungen, und ich wurde hinzugernfen. Ich fand in
dem Pai einen schwachen, abgemagerten Knaben, welcher jünger als 17
Jahre aussah, und über ziehende Schmerzen in dem Beine klagte. Die nähere
ÜDtersuchnng zeigte auf der inneren Seite des Oberschenkels, gleich über
dem Gondylus, eine gleichmässig vertheilte Anschwellung nnd Röthe der
llant, aof welcher der Finger keinen Eindruck zurückliess; die Röthe war
im Centmm gesättigter; keine Flnctuation aufzufinden, aber der Druck auf
den Koochen bedeutend schmerzhaft Der Umfang war an dieser Stelle um
2 Gtm. vergrössert Im Kniegelenke wurde nichts gefunden, die Bewegung
aber war wegen Schmerzen, welche den Fat. auch oft in der Nacht erweckten,
gestört Der Puls ungleich, 92. Temperatur Mg. 87,7 C, Ab. 39,4 C. Die
Mutter des Knaben war eine besonders grosse und kräftige Person , seine
Brüder und Schwestern gesund. Als die Bildung eines tiefen Abscesses nnd
Periostitis diagnosticirt wurden, wurde Fat in die chirurgische Abtheilung
verlegt, und warme Katapkismen verordnet. - 24. August Die Anschwel-
lung ist anf 1 Gtm. vergrössert, die Röthe im Zunehmen, die Schmerzen
stärker, örtlich üitze mit der Hand zu fdhlen; eine tiefe Flnctuation war
nur mit Mühe aufzufinden, und sodann gegen 4 Dnzen flüssigen Eiters durch
einen 3 Gtm. tiefen Einstich entleert In den Stich wurden einige Fäden
geölter Gharpie eingeführt; Dec. Ghinae regiae vinosum. - 26. August. Mit
der Sonde warde ein ganz freier Gang auf dem vorderen Theile des Schen-
kelbeines nach oben zwischen der tiefen Schicht der Muskeln entdeckt, und
der Knochen vom Perioeteum in der Strecke von 4'' entblösst gefunden.
Der allgemeine Zustand des Kranken zeigte keine Veränderung, sein Puls
98, Temp. Mg. 37,8, Ab. 39,6. Der Einstich wurde in einen Schnitt von
2" Länge verwandelt, und nach Einführung einer langen Sonde durch den
Gang in der Länge von 6'' nach oben nnd aussen von dem Schnitte, eine
Gontraapertur gemacht, nnd eine elastische Drainageröhre mit vielen Oeff-
nangen dnrchgefährt, ans welcher sogleich mehr als ein Pfund halbflüssigcn
Liters, mit Stückchen Gewebe und Fibrin vermischt, durch Druck auf die
Höfte von den Seiten herauslief. Diese grosse, anf dem Knochen selbst be-
findliche Höhle wurde mit warmem Wasser ausgespült, und dann ein Ver-
band gemacht Bei der mikroskopischen Untersuchung des Eiters wurden
keioe Rnochentheile aufgefunden. Der vorausgesetzte Gharakter der Peri-
252 Dr. P. Petechin, *
Ostitis als eiteriger wurde jetzt mit Bestimmtheit angenommen. -— 27. August.
Der Biter kommt fortwährend in grosser Menge aus der Drainageröhre her-
ans, nnd hat einen sehr unangenehmen Geruch. Mit der Sonde wurde vom
ersten Schnitte (2\** Aber dem Condjlas internus femoris) bis an 6'' nach
oben Yon allen Seiten eine Entblössung des Knochens, aber keine f&hlbare
Veränderung an dessen Substanz gefunden. Die Schmerzen im Beine wer-
den mit jedem Tage grösser. Pat. wird viel schwächer, fiebert und schwittt
dabei stark. Puls 160. Temp. Mg. 37,8, Ab. 40. — Am Slsten klagte Pat.
aber Husten, die Untersuchung zeigte einen Lungencatarrh. Die Empfind-
lichkeit des Beines war so gross, dass der Verband sehr erschwert war; es
wird wenig, aber sehr fauler Eiter entleert. Statt warmen Wassers zum
Auswaschen der Höhle wurde warme Ghlorkalklösung gebraucht, und Mixt
e Rad. Senegae verordnet. Am nächsten Tage nahmen das schon seit 2
Tagen bemerkbare Oedem des ganzen Beines, und die Anschwellung des
Knies bedeutend zu, so dass zwischen beiden Knieen ein Unterschied voa
4 Gtm. gefunden wurde; ausserdem war im Gelenke Flüssigkeit, nnd eine
dunkele Withe über demselben. Die geringste Bewegung des Beines Hess
den Kranken tobend schreien. In diesem Zustande war keine weitere Unter-
suchung des Knochens möglich, aber eine Osteomyelitis wurde jetzt ^on
Allen angenommen. — Den 3. und 4. September Abends bekam Pat Schfit-
telfröste und Delirien. Am 5ten sah er wie ein Typhöser aus, mit rotbem
brennendem Gesichte, ganz trockener Zunge, öfteren Delirien, und inzwischeo
Stöhnen und Klagen über sein Bein, welches er ihm abzuschneiden bat
Puls 140, Temp. Mg. 39, Ab. 39,8. Es wurde wenig ichoröser Biter aus
der Drainageröhre, und noch grösseres Oedem des Beines und Entzündung
des Gelenkes gefunden. Es wurde beschlossen, den Oberschenkel unter den
Trochantem zu ampntiren.
Den 6. September, nach Unterhandlung mit der Mutter, wurde der Knabe
auf den Operationstisch getragen, in eine yollständige Ghloroformnarcose
gebracht, nnd unter Anwesenheit und Assistenz der Herren Prof. Kiter,
Ad. Pr. Bogdanowski und meiner OoUegen, der Girkelschnitt mit einer
Hautmanchette und zwei Muskelschnitten (der letzte um den Gipfel des
Gonns der nach oben gezogenen, durchschnittenen Weichtheile) im oberen
Drittel von mir gemacht, während die Art femoralis im oberen Theile des Tri-
angulum Scarpae mit den Fingern vollständig comprimirt wurde. Der Haat-
schnitt wurde sehr wenig über der Mitte des Oberschenkels, und die Dnrch-
sägung des Knochens 2" unter dem Trochanter major ausgeführt. Nach
Unterbindung der Gefässe wurde der zurückgelassene Knochen untersncbt:
das Knochenmark trat bedeutend, wie eine kirschrothe Pulpa heraus, das
Periostenm war sehr dick, und leicht löslich, demnach entschieden wir ans
fi&ftaaalösung bei eiteriger PerioatitiB a. Osteomyelitis d. Schenkelbeines. 253
YOD aussen bis 2*' Aber den Trochanter major, die Muskeln wurden vom
Knochen theilweise mit dem Periosteum losgetrennt, ohne die grossen Ge-
fääse zu f erletzen, nnd danach die Kapsel geöffnet, der Knochen mit star-
ker Mose nx 'scher Zange gefasst, nnd durch einen neuen Schnitt losge-
trennt. Im hinteren Lappen wurde noch eine kleine Arterie unterbunden;
mit den früheren Ligaturen waren es im Ganzen 10. Jetzt, nachdem in die
Tiefe eine elastische Drainagerflhre gelegt worden war, wurden die Haut-
r&nder der lianchette und des äusseren Schnittes durch Karlsbader Nadeln
vereinigt, und endlich ein Verband des Stumpfes mit geölter Gharpie ge-
macht Die Operation dauerte im Ganzen wenig über 20 lünnten; von
einer Blutung war keine Rede.
Bei der umstindlichen Zergliederung der entfernten Extremität wurde
Folgendes gefunden: Der Schenkelknochen war Tollständig von Periosteum ent-
blGsst, Ton den Condjlen bis l\** über die Mitte: höher, bis zum Halse war die
Beinbaut, wie gesagt, beäeutend verdickt nnd sehr leicht abzulösen; Neubildun-
gen, von derselben ausgehend^ waren nicht vorhanden; die Substantia com-
pacta fand sich beim Durchsägen des Knochens der Länge nach nur röther,
als gewöhnlich, aber ohne andere Veränderungen; die Substantia spongiosa
Diher an der Mitte zeigte im unteren Drittel kleine Eiterherde, von der
Grösse eines Hirsekornes bis zu der einer Erbse, und war mit Blut Qber-
fällt Das Knochenmark erschien im ganzen Knochen ebenso blutreich, nur
dichter, als in der Norm. Die Muskeln waren welk, in der tiefen Schicht
aber unterhalb der Mitte verschmolzen, nnd von einem jauchigen, faulen
Biter, welcher hier den ganzen Knochen umgab, durchtränkt. Die Gefässe,
besonders aber die Vene, waren in der Mitte bedeutend verdickt Im Knie-
gelenke fand sich auch viel jauchiger Eiter, und im oberen Theile des Lig.
capsnlare zwei, eine dicke Sonde durchlassende Löcher. Hals und Kopf des
Schenkelbeines zeigten keine sichtbaren Veränderungen.
Der Kranke schlief nach der Operation noch 1^ Stunden, und ass beim
Brwachen mit Vergnügen ein Stück Hühnerbraten nnd trank, dazu frische
Milch. Temp. Abd. 39,2; Puls 120. Er fühlte sich wohl nnd war sehr zu-
frieden, keine Schmerzen mehr zu haben; er hatte auch keinen Schüttelfrost
'fir eine Aaslösung*); dazu machte ich einen Schnitt durch alle Weichtheile,
*) Ich selbst war um so' mehr für eine Auslösung, weil einige Monate
vorher, bei einer Amputation des Oberarmes wegen Garies und Necrosis
antibracbii nnd Periostitis des unteren Endes des Oberarmknochens, ich das
durchsägte Knochengewebe nur härter, und das Periosteum wenig dicker
als normal gefanden hatte, während es 2 Wochen später nöthig war, eine
Auslösong zu machen wegen eiteriger Periostitis des zurückgelassenen
Roocheastückes, worauf der Patient an Erschöpfung zu Grunde ging.
264 I>r- P- Petechin,
and keine Delirien mehr. ~ 7. Augnet. Temp, Mg. 38,6; Ab. 39^. Pols
120. Schlief die ganze Nacht aehr ruhig. Die Ränder der Haot &nden sich
am ganzen Stampfe verklebt. Die nächsten Tage ging es ebenso gnt, am
9ten erschienen einige Tropfen dicken, reinen £iters ans der DrainagerGhre,
und 4 Nähte wurden entfernt Temp. Mg. 38,3; Ab. 39,2. Pols 124. Den
loten wurden alle Nähte entfernt; am 14ten stiessen sich 5 kleinere Liga-
turen, und am 16ten alle übrigen ab. Temp. Mg. 38,3; Ab. 38,6. Pnls 130.
Während dieser Zeit hatte der Patient bei gutem Appetit regelmässige,
reichliche Stuhlgänge, etwas alkalischen Urin, guten Schlaf, und hatte sich
soweit erholt, dass er sich ohne Hiilfe aufsetzen konnte; Pat bekam Hfih-
nersuppe, Kalbsbraten, frische Bier und Milch, und bis 2 Unzen Xeres täg-
lich. Die Eiterung aus der Drainageröhre war massig nnd gutartig, indem
die Verwachsung von aussen sich mehr and mehr verstärkte. So ging es
bis zum 29sten, als in der vorderen Narbe sich ein Abscess bildete, aus
welchem ich beim Eröffnen gegen 2 Unzen zersetzten Eiters entleerte. Tem-
peratur steigerte sich Abends bis 40, Puls bis 142; der Kranke wurde unruhig.
So dauerte es einige Tage, als zu dem ersten ein zweiter Abscess sich ge-
sellte; der Eiter, welcher aus der Drainageröhre kam, war ebenfalb ttbelrie-
chend; die beiden nach den Abscessen znrfickgebliebenen Geschwüre sahen
sehr welk aus; Ausspfilen mit warmer Chlorkalk-Lösung mit einigen Tropfen
Spirit camphorati. Bis zum 7. October verlor der Kranke nicht seinen
Schlaf und Appetit, als er plötzlich einen Schüttelfrost nnd dann starkes
Fieber bekam; die Inguinaldrfisen waren vergrössert, hart, und sehr «npfind-
lich, die Temperatur steigerte sich über 40. Verordnet Infus. Hb. Digitalis cum
Acido phosphorico und Mercurial-Einreibungen in die Weiche. Den nächsten
Tag erschien eine erysipelatöse Röthe nnd Oedem am äusseren Winkel des
Stumpfes. Jede Reizung durch die Drainageröhre wurde jetzt unterlassen,
Gollodium ricinatum auf den Rothlauf gepinselt. In einigen Tagen erholte
sich der Patient wieder, indem der Rothlauf und die Drüsenentzfindang ver-
schwanden, die Drainageröhre Hess sich jetzt so schwer hin- und herracken,
dass sie entfernt werden musste. Der Drainagegang heilte in einigen Ts-
gen zu, und indem die 2 Geschwüre in der vorderen Narbe,. von welchen
das eine bis 3'' tief war, in ihrer äusseren Oeffnung eine eben so grosse
Neigung zum Verschlusse zeigten, ohne sich in der Tiefe mit GrannlatioDen
zu füllen, musste einige Wochen laug Laminaria digitata (mit sehr gnter
Wirkung) gebraucht werden. Am 19. October wurde noch ein Abscess hinter
dem Stumpfe, fast gegenüber dem Acetabnlnm, geöffnet, nnd ein Gang von
2" Länge gefunden. Jetzt füllten sich die ersten 2 Geschwüre, der Kranke
erfreute sich fortwährend des besten allgemeinen Zustandes, nnd fing an,
am 6. November auf Krücken umherzugehen. Nach einem Monate, wo nnr
ein taubeneigrosser Abscess in der vorderen Narbe sich aeigte «nd ein
U.«at(l^.M).ii^ b«*WQ.Bge h6r.«.k««. war der Stumpf
T'^if^'i^leT- Wie der Stumpf .olch» Bewegongen bes«e
r^"?'it^«hw^en, eü.f«hen Stelzfnse. mit einem Riemen Dbcr
^.±tX^ X« Ri«-«-0«rt.l machen lies«, der Kranke so
d«t|ri« "^V^., ^,,^elch keine KnochennenbUdung .m
t;^ '^Ilf tr«i n J*e -nte^re N-be hart -nd eingezogen erschien.
^"J^J^r^'^fc-ptb-onderheiten sind in rein operativer Hm-
*^ "t n-' ^«STes Scbenkelbeines ist von allen Chirurgen
d. <me der «ngünatigsten ^ ^.„ .u^i» ,„ „egen, dass
«dtt. davon kMinen will, so Schemen sie ni
^ vxmavtheU abgenommen, oder eine m grosse iruu
«> » pn«« K^'P«^'" "f „eh i. dem Blutverluste vrihrend der Ope-
sutckgelasseB wud, sondern aucn in u „..„„._ ,^ie Svme nnd
. j .inSM sehr tüchtige englische Chirurgen (.wi« oj
,^, » d«» •".!«• wjr» g 6 Schranbencompressorium von
As.a.dale) sich entschieden, ™» Joneration tn comprimiren.
Li.ter die AorU abdominabs bei dieser ^^^ femoralis .m Rande des
Beckens genügend «n '»»»"•""' ^ ^in Jeder sich vorstellen; es
^t „ter de- ^;;^-^tirde"Tn^^l- Scarpae, wo der Druck
"* r « t^Tot^efmch sUttfinden kann, dass bei 50 Operationen
«U den «-e;";^;^^;,„ j,, i„ keiner den geringsten Blutverlust ge-
" '^/.!rSeL?urdrOperation der AnsWsung so gemacht wird wie
•*" "^ «Jil^« iothtendigkeit geschah, kann die Arterie während
« « Biiserem Falle •« »» * Triangnlum Scarpae comprimirt wer-
ter g«»eu zeit. -J ";^^f J^,S^,rnie^^^^^^^ für eine solche Dicke
a«..wea. «»«''*•'» *;"*;f:^„ie Muskelschnitt gemacht sind, sogleich
der M«k«ln wird) «nd «" ^'«^»'« ^^„„ ,^i„ »„.«eren Schnitte nur
^Oeft«M» "*«*"*V; :Znktnn welche entweder mit den Fin-
*e Aeef *« .^"^^f ^C-^^^ t^^^t. oder gleich unterbunden
gen. bi« .or ^»»-^-^f „^terlusseJe Schnitt bis auf den Knochen
werde» können. TiMrUh mnss oer ^„^ögUch mit Periosteum,
reicben nni dicht an demselben •"« M"«';^^' l^ «„^,„,„ Schnitte von
•S«r rr^-e^ruir O^rt «.hsten den Me-
tboden '»on «»'•*»\!"'*>'*""/^''' ..„ den Bewegnngen des Stumpfes
* Id, „öchte nochhin.nfl»gen, d»s «" ' ^^^J^^ J der Muskeln in
(«•lehe mit einer nnvertaderten Lage der ganxen i^ic
256 I^r. P. PetechiOf HflftaasKteang bei eiteriger PeriostltiB etc.
Zusammenhang zn stehen scheinen) bei dieser Operation, welche genügend
für einen leichten, gut gemachten Stelzfuss erscheinen, auch die Narbe nie
von EinfluBs anf die Genitalien sein kann, indem sie z. B. die grosse Scham-
lippe beim Weibe abzieht; das Sitzen ist dabei ebenso beqnem (wie anser
Patient zeigt), als mit zwei Ffissen.
Die Bewegungen des Stampf es waren nach einem Jahre schwächer ge-
worden, weil der Knabe es bequemer fand, seinen schweren StelifuBs nicht
zu gebrauchen ; und nachdem er sehr zunahm, war auch die Anshöhlang im
Stelzfasse zu eng geworden. Eine Knochenneubildung war nicht za fühlen
und der Ausgangspunkt fQr die Bewegungen war die untere Narbe.
Druckfehler:
Seite 30. Zeile 14 y. o. statt epninus 1. equinus.
» 31. , 16 ▼. 0. statt Contat 1. Contact.
„ 32. , 12 V. o. statt athropisch 1. atrophisch.
» 36. , 9 ▼. 0. statt Taurus 1. Tarsus.
Zur Ligatur der Arteria Carotis communis,
nebst einer Statistik dieser Operation.
Voa
Dr. C PllK,
Assistent am physiologischen Institut in Breslau.
Vorwort.
Als ich jfur meine Dissertation, anknüpfend an den in Zürich
anf der Klinik des Herrn Professor Dr. Billroth beobachteten
Fall beiderseitiger Ligatur der Art. Carot eomm., eine Statistik
dieser Operation aufzustellen suchte, erkannte ich sehr bald, dass
die Indicationen, die Folgen und der Werth dieser seltenen Ope-
ration erst durch die F&Ue, in welchen die Ligatur der Hals-
schlagader überhaupt gemacht worden, in das rechte Licht wür-
den gestellt werden. Demgemäss sammelte ich schon in ZQrich
weiteres Material, was mir insofern durch die dort vorhandene
Idzikowsky 'sehe Dissertation^) erleichtert wurde, als sie mich
anf manche Quelle aufmerksam machte. Vor allem aber wuchs
die Zahl der Fälle in Berlin ausserordentlich an, da ich dort,
sowohl in den öffentlichen Bibliotheken, als in's Besondere in
den Privatbibliotheken der Herren Prof. Dr. Hirsch undGnrlt,
sehr viele, bis dahin noch nicht durchgesehene Journale und
Werke vorfand. Hier erhielt ich endlich im Original Norris*')
gnte, statistische, von mir mehrEach benutzte Arbeit, und N. Ghe-
i) De ligatnra carot comm. Greifswald. 1852.
') On tying the carotid arteiies. Americ Journ. 1847. VoL 14. p. 14.
V. L»nceB^««ki Archiv I. Chirurg)«. UL 17
258 Dr. C. Pilz,
vers'') gründliche ZusammengteUuDg, J. Ehrmann^s^) fleissig
nach den Originalen gearbeitete, aber bei Weitem nicht erschöpfende
Schrift, die mit zahlreichen Fehlern versehene, oberflächliche Arbeit
G. 6. Günther's') nnd die Dissertationen von Zimmermann'},
Walther'') und Nemmert^). Leider erhielt ich diese Schriften so
spät, dass ich in ihnen nur v^enig Nenes fand, und mir im Auf-
finden der Originale keine Zeit und Mühe ert^part worden war;
dafßr hatte ich in ihnen eine gute Controle fär meine Angaben;
Woodys') Arbeit im Original zu erhalten, gelang mir nicht.
Ein Blick auf die Literatur der Tabellen zeigt, dass die ein-
schlägige Literatur, besonders die ausländische, üeissig benutzt
worden ist. Persönliche Mittheilungen und briefliche an Hm.
Prof. Gurlt^^) halfen nicht nur die Zahl mehren, sondern auch
3) Remarks od the effects of obliteration of the carptid arteriea etc.
Lond. Med. Gaz. New Ser. 1 1845. Oct. pag. 1140.
*) Des effetB prodoits aar Tenc^hale par roblit^tioa des vaisseanx,
qui s'y distribueot. 1860. Paris, ches B. Bailli^re.
>) Lehre yod den blutigen Operationen am menschlichen K(Srper. Abth.
5. Operat. am Halse.
«) GoDspectus chronol. deligation. arter. Wfirzburg (Bayreuth). 1833.
7) De llgatura carotidis communis. Leipzig. 1833.
y*) De arteria carot comm. lateris ntrinsque deligat Dorpat.
9) Kew York Journ. 1857. July. Ueber Ligatur der Carotis commanis.
^0) Darch eioe grosse Zahl brieflicher Mittheilnngen, welche mir auf
meine Bitte zu Theil geworden sind, ist noch eine ganze Reihe nicht publi-
cirter Fälle an das Tageslicht gekommen, und für diese, so wie andere gleich-
zeitige Nachweisungen, sage ich, im Namen des Verfassers vorliegender
Arbeit, and im Namen der Wissenschaft überhaupt den nachbenannten
hochverehrten Herren Collegen meinen wärmsten Dank. Es sind dies die
Herren: v. Balassa in Pesth; Bardeleben in Greifswald; Bartels in
Kiel; B. Beck in Freibarg i. B.; Blasius in Halle; Bockenheimer in
Frankfurt a. M.; W. Boeck in Christiania; E. Boeckel in Stnussbnrg;
V. Bruns in Tübingen; Busch in Bonn; Esmarch in Kiel; Hecker in
Freiburg l B.; Knorre in Hamburg; v. Linhart in WOrzburg; Lücke in
Bern; Nnssbaum in München; v. Oettingen in Dorpat; Passavant in
Frankfurt a. M.; v. Pitha in Wien; Ried in Jena; Roser in Marburg;
Simon in Rostock; Spence in Edinbnrg; K. Textor in Würzburg; von
Thaden in Altona; Uhde in Braunschweig; Vanzetti inPadua; Wem-
her in Giessen; Wagner in Königsberg; Zeis in Dresden.
I. «elt.
Zor Ligatur der Art«ria Carotis commQnis. 260
haaptsächlich die Mortalitftts-Ziffer richtiger etellen, da die Mehr-
zahl dieser F&lle einen t&dtlicfaen Ausgang hatte. Was die Anord-
nung betriffl;, so fand ich es für gut, in die Tabellen, welche
nach den Indicationen zur Operation getrennt chronologisch geord-
net sind, das Nothwendigste nur aufzunehmen, das weiter Inter-
essante ans der Krankengeschichte jeder Tabellenreihe gedrängt
folgen zu lassen. Die nach.Brasdor und Wardrop operir-
ten FUle trennte ich absichtlich von den Aneurysmen. Einen
grosseren Auszug aber glaubte ich geben zu müssen, wenn die
Krankengeschiditen entweder gar nicht, oder in einer sehr schwer
sQgänglicfaen Zeitschrift Teröffentlicht sind. Leider werde ich hier
Emigen zu viel, Anderen zu wenig aufgezeichnet haben; doch
muss ich bekennen, dass die Grenze, uin Allen gerecht zu wer-
den, hier schwer zu ziehen ist, und dass ich im Verlaufe der An>
beit hierin schon vielfach Aendemngen vorgenommen habe.
Diesem ersten Abschnitte folgt ein zweiter, welcher die
statistischen Ergebnisse und die Besprechung einzelner
wichtiger Punkte enthUt.
Um Nachsicht muss ich für diese Anordnung bitten, da sich
z. B. unter Tumoren und Aneurysmen Fälle finden, die mit glei-
chem Rechte zu den Blutungen gezählt werden können, und um-
gekehrt; ebenso ßLr die Willkür, mit welcher manche Angabe in
den Text genommen ist, die besser der Tabelle überwiesen wäre,
vor Allem für die ungleichmässige Behandlung, die an vielen
Stellen hervortritt. Entschuldigen will ich dieses damit, dass ich
die Arbeit schon als Student begonnen habe, später durch stö-
rende Zwischenfälle gezwungen wurde, sie oft auf Wochen und
Monate unberührt zu lassen; denn die Arbeit erforderte viel mehr
Zeit, als ich gedacht hatte. Für die Quellenangabe ist zu be-
merken, dass die secundäre Quelle, aus der ich nur in Ermange-
hing des Originales geschupft habe, durch einen horizontalen
Strieh von der des Originales geschieden aufgeführt ist Bei der
Angabe des Todestages kann vielleicht hier oder dort ein Fehler
vorgekommen sein, da ich bei der ersten Notiz gewöhnlich gleich
die Summe zog, jetzt aber, schon lange von Berlin entfernt,
17*
260
Dr. 0. Pill,
nicht mehr Gelegenheit habe, eine Revision hierio vorzunehmen;
glficklicher Weise ist diese Angabe von geringem Werthe.
Leider richtete ich zu spät mein Augenmerk auf die Ligatur
der Carotis externa, als dass ich durch eine Statistik der Fälle
die Frage über den Vorzug derselben vor der Unterbindung der
Art. Carot. comm., und besonders über die Nachblutung nach
derselben entscheiden konnte.
Weit entfernt von dem Glauben, dass in dieser Arbeit eine
I. Ligatur bei
No.
Operateur
und
Datum.
Literatur.
'l
1 Ursache.
1*!
5^
Aus-
gMg.
O 6^.
Tag». 1
1.
J. Abemetby,
Abernethy's
M. 1.
Verletzg. (am Halse
kn»
t 30
London. 1803.
Surg. observat.
1
durch ein Kuhhom.)
leil.
Std.
p. 193.
3.
Fleming. 1803.
17. Oct engl
Med.-chir. Review.
1827. Jan.
^"m"^-
—
Verletzg (am Halse).
(Selbstmord.)
8
7
Heiig.
Schiffsarzt.
1
1
8.
Twitchell.
New Engl, quart.
m.
r. iSchussverletzc. {d. r.
10
13
Heüg
Keene.1807. 18.
Joum. of Med.
M. ' ' Hals- u. Gesichts-
Oct.
and Surg. 1842.
! 1 hWfte). (Carot. int)
Octbr.
4.
Dupuytren,
Hodgson, Di-
'U
r.
Schussverletzg. (Ca-
—
—
t6Tg.
Paris. 1814. 24.
sease of the art.
rot ext. u. Art. fa-
Febr.
and veins par
Brescbet, Vol.
2. p- 39.
cial.)
6.
Giroux, Paris.
1814. 30. März.
Ibid. u. Dupuy- — j —
tren, Le<;ons 1
orales. Vol.3.p.65. 1
Schussverlzg. (Carot.
ext.)
7
"~"
t9Tg.
6.
Marjolin, Pa-
Ibid. u. Gaz. heb-
^: ~
Schussverletzg. (Blu-
tung am 6. Tage).
6
_
t 21
ris. 1814.
dom. 1863. p. 813.
Tg.
7.
B. Travers,
Lond. Med and
m! r.
Blutg. (aus partiell
entferntCarcinom).
._
16
t lö
London. 1815.
Physic* Jonrn.
Vol. 57. p. 234
Tg.
13. März.
u. 327.
8.
Collier, 1815.
22. Jan.
Medico - Chirurg.
Transact. Vol. 7.
p. 107.
"i
1.
Wunde am L Kie-
ferwinkel (Art. fa-
cial. u. ling.).
8
13
Heiig.
Zar Ligatur der Arteri» Carotis commnoiB.
261
ToUeodete Statistik vorliegt, bin ich vielmehr überzeugt, dass
noch viele Beiträge erfolgen müssen, um dieselbe als eine voll-
ständige ansehen zu können.
Meinen besten Dank sage ich dem Hrn. Prof. Garlt für die
Yielfacben Bemühungen, für die mir häufig ertheilten Rathschläge
and Verweisung auf mir neue Quellen, und allen Herren Pro-
fessoren, die mir gütigst ihre Privatbibliotheken zur Benutzung
gestatteten, insbesondere dem Hrn. Prof. Hirsch.
Blutnngeii.
Besonderes bei der Ligatur und im Verlaufe
TodeBursache und Section.
Nach einigen Stand. Delirium, Fieber, Gonvuls. stär-
ker auf d. r. Seite, mit folgend. Lähmung r.; con-
▼uls. Beweg, dann noch L Ligat. in d. verlänger-
ten Wunde.
Das Gefösfl wurde in d. Wnnde nnterbd.
Am 10. Tage erfolgte d. Blntg., Unterbind, in d. er-
weiterten Wnnde; d. Mutter schloss selbst d. Fa-
den. Nachblntg.; graduirte Compress. einige Kno-
chensplitter BtoBsen sich ohne weitere Zufälle ab.
Vom 2. Tage ab Delir. n. Schwächezustand; am 15.
Tage nach d. Verletzg. trat d. erste Blntg. ein.
Als am 7. Tage heft Blutg. erfolgte, geschah d. Li-
ga!., es folgte bald Fieber, am 5. Tg. Delir., am
7. Stupor.
Es folgte Fieber, Husten, Irresein — kurz vor dem
Tode drang Blot aus der Wunde.
Als am 22. Jnni d. Blutg. erfolgte, machte man, nach
▼ergeblich angewandter Stillung durch graduirte
Compr., d. Ligat., sogleich stand d. Blutg. — 26. Juni
D. Artt. facial, ling. n. thj-
reoid. abgerissen n. Oarot. int.
zerrissen, d. Pia injicirt, geiat.
Exsudat zwischen Pia n. Arach.
d. Gefässe sind sehr gefflUt.
Unter d. Ligai war d. Geflsn
schon verschlossen.
Blutg. — Art occip. war ver-
letzt worden..
Meningit — Zwischen d. Pia
u. Dura wässerige FlQssi^keit;
oberer Thromb. nicht d. intim,
adhärirend, denn hier fliesst
lujectionsmasse aus, d. Häute
sind durch Eiterg. getrennt, d.
untere Thromb. fBllt d.Gefäss
nicht aus, adhärirt nur oben.
262
Dr C. Pill,
No.
Operateor
und
Datam.
Literatur.
•I
Ursache.
1^
IQ
Tag».
^1
Aus-
gang-
9.
10.
J. Oole, 1816.
28. Jqd.
Giersch, 1815.
Jan -Jnl.
Lond. Med. Rep.
1820. Mai. p. 375.
0. Rast, Magas,
Bd. 8. S. 237.
Rast, Magaz. Bd.
2. S. 140.
Schasswande.
Halsverletzg. (Stich-
wände.)
11
t
4. Tg.
Heilg.
11.
12.
13.
14.
15.
16.
17.
18.
Brodie, 1816.
5. Ja].
J. Brown, Da-
bUn. 1817. 14.
Jan.
CasackiDablin.
1820. 16. Aag.
Boileaa, 1822.
23. Jol.
Bonet, Manilla.
1823. 24. Sptb.
Dnffin, 1824.
11. April.
Bfinger, Mar-
barg. 1824. 19.
Febr.
Dzondi, Halle.
1824.
Medic-Ghir. Trans-
act Vol. 8. p,
224
Dablin Hospit. Re-
ports. Vol. 1. p
301.
Dablin. Hosp. Re-
ports. Vol. 3.
North Americ. Med.
and Sarg. Joarn.
Vol. 1. — Fro-
riep*sNotz.l825.
Nov. 8. 110.
Joarn. g^n^r. de
M^d. par Gen-
drin. 1827. 2. p.
254.
Lancet. 1823-24.
Vol. 2. p. 200.
27
Ä-
•2;
Blatang (nach Ans-
ziehen ein. Zahnes.)
Schnittwunde i d.Ga-
rot (Federmesser.)
Schnittwnnde
(Selbstmörder).
7Tg.
Bfinger, Prima
carotid. comm.
utriqne corp.hom.
etc. Marbarg. 1838.
Rast, Magaz. Bd.
18. S. 115. Fr. Not.
Bd. 6. S. 304.
3Ii.
M.
J»;
391.
601,
r. Halsverletzg. e. £pi-
leptik durch e. Mes-
ser. (Art. thyr. sap.
angenommen.)
10
Mim
Blntg. aas e. Fistel
geschwür am Halse
Blatg. aas d. Monde.
(Maxill. int.)
Schnittwunde am
Halse (Selbstmord).
Blntg. aus e. Krebs
der Zunge.
5Tg.
— t
2, Tg.
12
21
12
Heilg
60. Tg.
Heilg.
Heüg.
20. Tg.
Heilg.
5. Tg.
Zur Ligatnr der Arteria Carotis commiiDiB.
263
Besonderes bei der Ligatar und im Verlaufe.
Todesursache und Sectioo.
Sauseo im 1. Ohre a. GefÜhllosigk. d. 1. Gesichts. —
2. u. 12. Juli Gesichtsrose; über d. Ligat. ist kein
Puls mehr zu fQhlen.
rischen zwei Ligatt. wurde ^. GefSss durchschuitten.
» Compr. der Carot. die Blutg. sistirte, wurde ein
Bändchen um dieselbe gelegt, musste aber bald
wieder eotferat werden, da das Gesicht rothblau
wurde; Fat. wird bleich, Puls klein, intermitti-
rend, Athraen schwer, Haut kalt; die Umstechnng
d. bloteoden Partie wurde gemacht, unter Zurück-
gebend, bedrohlichen Erscheinungen; ausser Schling-
u. Respirat. > Beschwerd. trat kein Symptom auf.
Minuten nach d. Operat. heft. Blutg., ein einzelnes
GefiUs war nicht zn unterscheiden; Pen. cand.
e Art. thjr. snp. dext. wurde auch unterbunden,
17. Sept. blotiger Eiter u. Blutg., es wurde d. Ca-
rot. tiefer wieder unterbunden ; dennoch dauerte d.
Blutg. fort.
It Entfemg. des Messers Blutung, Ohnmacht; mit
Schluss d. Ligat. Brlöschen d. Puls. Ober dersel-
ben, und d. bestandenen Kopfschmerzen; aber Tom
26. JaL bis 4. Aug. rechtsseit. Kopfschmerz.
e Ligat. nach Scarpa — ; zwischen 15.-20. Tg.
entfernt; mit d. Ligat d. Geftthi von Krampf u. Ge-
fühllosigkeit, d. Stimme heiser, nur etwas Husten.
ie beim Erbrechen plötzlich entstandene Blutung
steht mit d. Ligat.; nach 20 Tg., sinkt, während
bisher ein gnter Fortgang gewesen war, plötzlich
d. Pols ; es traten leichte Gonvuls. d. Gesichtes auf.
m Tage nach d. Ligat. Delir. u. Fieber, letzteres 8
Tage lang, Pat. hatte d. Augen fest geschlossen;
am 5. Entzdg. d- r. Auges zu erkennen, das ver-
loren geht. ^ _, „ , . .
ie Bln^. stand;* am 3. Tage linksseit Lähmung.
Pract. angul. max. dext. et corp.
oss. hyoid. Yerletzg. d. Pharynx
n. Larjnx u. einig, stark. Zweige
d. Carot., d. Lungen gesund,
Bronch. mit £iter erfillt (hin-
abgeflossen.).
Die Wandung d. Art. carot. dunh
Ablagerungen in ihren dttnnen
Wänden undarchsichtig, ihre
Zweige sehr dünnwandig und
fast durchscheinend.
lUeinerAbscess an Stelled. ersten
Ligat, die i Zoll entfernten En-
den sind offen, r. Carot ist
stärker, als 1.
Section fehlt.
264
Dr. 0. Pil«,
No,
Operateur
und
Datum.
Literatur.
^1
1
Ursache.
ii
Ad»-
gaofr
M
.Tage.
19.
De Gros, 1825.
Boston Med. and
it
L
HilsTerletznng.
HeUg.
27. Febr.
Surg. Journ. VoL
2. - Norris, 2.
Ser. No. 13.
20.
Miller, 1825.
Octob.
West. Jonrn. —
Norris, Ser. 2.
No. U.
it
"■
Halsverletzung.
27
■^
Heflg.
21.
Textor, 1826.
Neu-Ghiron. Bd. 2.
"i
1.
Schnittwunde. (Ga-
12
13
t
10. Mai.
St. 2. 1827. -
rot. ext.)
30. Tg
Gräfe Q. Waltb.
Joom. Bd. 21.
S. 408.
22.
Travers, Tho-
Lond. Med. and
35j.
r.
Srhnittverletznng.
hm
IS
t
ma8-SpiUl.l826.
Pbysic. Journ. Vol.
M.
(Garot ext)
UL
56. T«
27. Jun.
56. p. 327.
28.
Lanf^enbeck,
Langenbeck*s
1^-
Blutung.
t
Göltingen. 1827.
NeQeBiblioth.Bd.
aosa
29. Jan.
4. St 3. S. 586.
24.
e. Mayo, Lon-
don. 1828. 10.
Oct
Lond. Med. and
Physic. Journ. VoL
38. Dec.
1!
r.
Bintg. (aus syphil.
Ulcerationen im
Schlundkopfe).
-^
15
Heiig.
25.
Larrey, Paris.
Larrey, Glinique
chir.VoL2. p.130.
—
r.
BlDtg. (nach Degen-
^.
11
t
1828.
*
M.
stich im Duell).
25a.
Si8C0,1829. 11.
Sept
Annali univers. di
Med. 1829. Dec.
"J:
L
Blutg. (aus Aneur.
träum.)
-
14
Heile-
26.
Lake, London-
Hosp. 1829.
Octob.
Lancet 1830. 10.
Apr.
»^.
L
Blutung (aus einem
Rachengeschwüre).
4
as
Heiig
27.
▼. Graefe, Ber-
Brflninghau-
l
Halsverletznng.
»'t;
lin. 1829.
sen, Dissertat.
Berlin. 1829.
28.
R. Mayo, 1829.
Lond. Med. and
Physic. Journ. VoL
8. — Froriep's,
Notiz. 1837. Hft 3.
S. 80.
M.
r.
BlDtg. aus d. Gau-
mensegel (Pfeife).
HeUg.
29.
Unbekannt,
Winchester
Gonnty Hosp.
1829.
ProT. Med. Gaz.
1829. - Lond.
Med. Gaz. 1829.
VoL 4. p. 414.
1-
r.
Nachblutung.
'
Znr Ligatur der Arteria Carotis commaDis.
265
Besonderes bei der Ligatur nod im Verlaufe.
Todesursache und Section.
Pat blieb 3 Tage laug im Zustande allgem. Dnem-
pfiodlichkeit, genas allmälig.
Pät wurde einsilbig; am 21. T. war der Mund ver-
zogen n. d. r. Arm gelähmt, am 23. Lähmung d. r.
Seite n. Sopor. 19. Mai Blutg. aus d. Operations-
wQode..
lo der Wunde war kein Gefäss zu entdecken, nach
d. Ligat. noch schwacher Pols über ihr, Kopf-
schmerzen, Husten, 19. Tag Versuch zur Flocht,
der am 20. gelingt Zwangsjacke; Irrereden, Pat.
reiset den Verband ab, Anfall Ton Wahnsinn; 17.
Jdü Blutung, die wiederkehrt.
Nachdem znr Heiig. eines Kropfes d. Art. thjr. sup.
QDterbunden war u. sich aus d. Wunde eine heft.
Blutg. einstellte, wurde zor Ligat. d. Garot. ge-
schritten; sogleich wird Pat bewegungslos, hält d.
Augen fest geschlossen. Coma.
Nach d. Ligat einige Ohnmächten, Sehvermögen auf
d. r. Auge wird geschwächt, bessert sich aber schnell,
heftig. Klopfen in d. 1. Kopfseite.
Sogleich stand d. Blutg., einige kleine Gefässe sind
besond. zu ligiren, Schlingbeschwerden stellen sich
ein. (L. yeimuthet, dass d. Garot d. Seite dop-
pelt war.)
Oie am 30. Sept. aufgetretene Blutg. wiederholte sich
am 3. n. 4. Oct, d. Ligat verlief ohne besond. Er-
scheinungen, 7. spontan copiös. Blutg., 17. kein
Puls in d. L Carot, 1. Pupille dilatirt, ohne Ver-
änderung d Sehvermögens.
Bald erscheinen Fieber n. Delirien, von Koma gefolgt
Ua d. Abscess am Gaumen mit d. Messer eröffnet
wurde, entstand eine so heftige Blutg., dass M. zur
Ligat. d. Garot schreiten mosste; am 1. Tage er-
schien eine nene, bald stehende Blutg«
2 Std. nach Exstirpation eines Steatoms d. üoterk.
wurde die Ligat noth wendig; am 2 Tage Schling-
beschwerden, d. Zunge konnte nicht aus d. Munde
gebracht, ebenso wenig als d. Drin entleert wer-
den; 3. Tg. schlftft Pat viel; 5. allgem. Besserung.
Abscess im Gentr. semiov. Viens.
L; d. untere Thrombus ist fest
u. adhärent bis zur Theilungs-
stelle; Abscess in d. Arterie.
Blutg. — Das obere Gef&sslumen
ist offen, d. untere geschlossen;
an d. Stelle d. Verwnndg. hat
sich ein Aneur. saccat gebildet
Rechte Hemisph. ist blutlos, da-
gegen die Oberfläche d. 1. blut-
reich.
Als Pat nach 5 Jahren an Tn-
berk. starb,. zeigte d. Art. ling.
sich als Quelle d. Blutg.
Gehimentzdg. — Die Artt max.
u. temp. u. Ven. temp. sind ver-
letzt, d. Sinus mit Blut fiberffiUt
266
Dr. C. Pils,
No.
Operateur
and
Datum.
Literatur.
!
Ursache.
il
Tage
30.
31.
32.
33.
34.
35.
36.
37.
88.
39.
40.
41.
Roux, Paris
1830.
Delpecb, Mont-
pellier. 1831.
Horner, 1832.
18. Juni.
Roux, 1832. 23.
Jan.
Syme, Edinb.
1832. 1. Oct.
J.Wat8on,18d3.
Tyermann,
1834. 14. Aug.
H. Mayo, 1834.
J. Trier, 1834
Altona.
Scott, Lond.-
Hosp. 1834.
A.Elli8, Dublin.
1835. 26. Jan
ß^dor, Troyes.
1885. 24. Apr.
Quarante annees de
pratVol.2.p.401.
Günther, No. 87,
Americ. Journ. Vol.
10. p. 405.
Quarante annees de
pratVoL2. p.d25
Edinb. Med. and
Snrg. Journ. Vol.
88.
Schmidt, Jahrbb
Bd. 98. S. 76.
Med.andSurg.Rev.
N. S. Vol. 29. -
Norris, Mo. 21.
Med. quart. Rev.
1834. p. 410.
Altona. Kranken-
hausber. 1834. S.
8. — Günther,
No. 83.
Medic-Chir. Trans-
act.Vol.22.p.l34.
Lancet. 1834-85.
Vol. 2.
30j.
M.
W.
w.
35j.
M.
301.
8
54
km
Schnssverletzung
(wahrsch. d. Art
lingual ).
Blutung aus d. Nase.
Sebnittwande
(Selbstmord).
Verletig. (d. Oarot.
ext. durch Glas
Splitter).
Rlutung ans Mund
und Ohr.
Stichwunde.
Verletsg. am Halse.
Schnittwunde 8Tg.
(Selbstm.). (Garot.
ext.)
Schnittwunde. (Art
thyr. sup.)
Presse m^d. No.
10. — Arch. g^n.
2. S^r. Vol. 13
p. 253.
29j.
M.
20i.
Blutg. aus d. Nase.
Schnittwunde
(Selbstmord).
HalsTerletsoBg (mit
Pfriemen).
8
Tg.
17
Tg.
Znr Ligatar der Arteria Carotis commaois
267
Besonderes bei der Ligatar und im Verlaufe.
Todesorsache and Section.
^^ondere ErBcheinungen werden nicht angef&hrt.
»gleich stand d. Blutg.; aber Fieber, Froatschauer,
actrangartise Schwellung im Verlaufe der Ven. jag.
int trat auf, dann Oedem d. 1. Aagee mit fast voll-
ständiger Blindheit
1 der verlängerten Wände war d. Operat erschwert,
Ohnmacht, leise Stimme.
'. Joli nach Tonchiren n. am Tage nach Lösnog d.
Ligat. eine leichte Blotg.
ich d. Ligat. nimmt d. Geschwalst ab; Abds. Blntg.
las Mnnd n. Ohr, am 6. Oct Blatg. ans Mund u.
Käse, Fat. wird ohnmächtig; es erfolgen keine Bla-
tDDgen mehr.
■Dts d. Ligat. d. Oarot a. Ven. jngnl. in d. erwei-
terten Wunde stand d. Blutß. nicht, aber auf Um-
biodang eines Stflckes Fascie in d. Nähe des Ge-
fässes; am 3. Tage erschwertes Athmen, Erweite-
rn n^ d. r. Papille, starke Somnolenz, Abds. rechte
ROrpers^te gelähmt, Strabismus.
ich d. Ligat traten nur Kopfschmerzen anf; am 6.
Tg. erforderte eine neue Blutg. eine tiefer angelegte
Li^&t. Steifigkeit i. 1. Arm u. Schalter, gefolgt von
LSL^&miing d. L Armes, Beines und Gesichtes.
m Blntg. stand, d. Luftröhre war gleichfalls verletzt
^ Blntg. stand , und d. vorher bestandene Ezoph-
talmos schwand.
Ligat in d. Wände gelang nicht, deshalb d. mit-
Ibare. 2B. onrnhiger SchUf, will d. Verband ent-
len, 29. steht dreimal in d. Nacht auf; 81. Pat
. i plOtslicfa kalt, schwach, erbricht, d. sehr kleine
ils flJJt aof 60 Schläge, Taubheit in d. afßcirten
ite d. Kopfes j Geeichtes und Armes; Singultus,
/ ooch am 9. Febr. besteht
^h nach d. Operat. phjs. u. intellect Abgeschla-
^r^\e\U die in einigen Stunden schwand; 26. etwas
^^ind. SchJncken, Stiramlosigk.; Mittg.: Tnsmus,
S^nTerwiming. Schjafiiacht; Nachm.: Besserung.
Entsdg. der Vena jag. int u. d.
Gehirnes, Eiter an dessen Basis.
Die Art yert. sin. war fast ganz
durchschnitten, Hirnsubstanz an-
scheinend (!) partiell erweicht,
doppelseit Pleuritis sero-paral.
In d. recht Hemisphäre zwischen
(?) Pia u. Arachnoid. zwei Abs-
cesse, Ulceratioa an d. ersten
Ligaturstelle; tmter d. zweiten
Ligat. ein Thrombus.
Tubercnlose.
^ L TemporaJ. fühlbar.
Dr. C. Pill,
No.
Operateur
nnd
Datum.
Literatur.
Ursache.
II
SS
It i
42.
43.
44.
45.
46.
47.
48.
49.
Dnncan, 1836.
29. März.
M. Jaeger, Er-
lauben. 1Ö36. 2.
Mai.
J. R. Wood,
1839 26. Juni.
Pitha, Prag,
1840. .
Adelmann,
Dorpat. 1841.
10. Not.
Bräe, 1841.
F^nin, 1841.
S^dillot,StraB8-
bürg. 1842. 11.
(?) u. 23. Apr.
Bdinb. Med. and
Surg. Journ. Vol.
62. p. 117. 1844.
Brief!. Mitth. von
Ried an Prof.
Gurlt.
Schmidt, Jahrbb.
Bd. 98. S. 75.
Schmidt, Jahrbb.
1839 S. 336.
y. Langenbeck,
Archiv f. klin.. Chi
rurg. Bd. 8. S.5.
Bertherand, cit
Gaz. mäd. deTAl-
g^rie. 1862. p. 59
Gas. m^d. 1842.
601
28.
W.
alt
M.
301.
M.
I9i.
50.
51.
52.
Q.53.
54
55.
U.56
Spence, Edin-
burgh 1842. 29.
Mai.
G. Bück, 1842.
Pirogoff, Pe-
tersb. 1843. 16.
Jan. 1844. 9. Jan.
Peace, 1844.
8. Nov.
E II is, Michigan.
1844.
Lond. and Edinb
MontlyJoarn.Yol
2. — Norris,
No. 27.
Schmidt, Jahrbb.
Bd. 98. S. 76.
Nemmert, Dis-
Bert Dorpat 1844
u. 1845. p. 26.
A. Pensvlv. Hosp.
Norrie. No. 28
Atter. Med. Journ.
1846* Jan.
38 j.
M.
M.
22j.
M.
21j.ll
M. r.
Blutg. aus Rachen-
geschwür.
Blutg. nach Operat
Schnittwunde (Artt.
thyr. 8op. o. ling)
(Selbstmord).
Blutg. aus d. Mnnde.
Blatg. ao8 d. Zunge.
SchusBTerletrang.
SchuBsverletsg«
(Art maz. ext)
Stichwunde.
krs
Zeit
5
Tg
13
Tg.
Blutg. (aas Gesichta-
geschwQr).
HalsTerletsg.
I Blute. (aoB Anenr.
I anaat)
Blutg. (ans üleer
hinter d. Rieferwin-
kel.
I SchuBsyerletag. derl
i Zunge.
I 7 11
|Tg.ll^
Zar Ligatur der Arteria Carotis commnniB.
269
Besonderes bei der Ligatar ond im Verlanfe.
Todesursache and Section.
■6 Bltttangen traten am 4., 10« n. 11. Tage auf.
Fall d. Ligat. war d. Wände bis anf eine feine
effhung geschlossen.
Yeriaof, Abreissen des Verbandes.
Ligat. wurde an d. pnlslosen Pat. mit Erfolg ge-
^bt, am 19. Tage trat bei einem heftg. Hostan-
e Naehblntang ein.
i d. Machblatg. am 10. d. Dmstechnng nichts
yerrichtete A. Nachts 12 Uhr d. Ligat. mit d.
torstftbchen; 29 Tg. nach d. Operat Puls in d.
aorie, post.
ch Gompress. gestillte filntg. kehrte wieder; bei
Xrireiterang d. Wunde wurde d. Yen. jag. eit
^•Ut n. Iigirt; am 6. Tage unToUstftnd. Aphonie,
nach 16 Tg. Terschwanden ist; nach 20 Jahren
[^»t, ooeh gesond.
'« L-seitige Lfthmang n. r.-seit. d. Gesichts, d.
"}g. f wird schwJUsber, Strabismus int, halbes
ft. 28. FroBt. 80. 2 Fröste. 1. Mai Pat er-
(?) d. L Hand anm Kopfe.
Blatg. — Der Faden hatte durch-
geschnitten, nnr das peripher.
Ende war geschlossen, d. cen-
trale d Gefässes war offen.
Blatong.
Erschöpfung dorch Blutung.
Erstickung. — Langgestielter Po-
lyp im Larjnx.
Pyftmie. — Eine iDJectionsmasse
fliesst r. peripherisch aus. Die
Carotis ext. 9 Mm. unter d Dr-
sprang d. Art. fac. durchschnit-
ten, ihre Wunde 6 Mm. lang,
d. Ligaturfaden adb&rirt noch.
Erweichungsherde in d. vord. u.
mittL Lappen d. r. Hemisph., Ei-
tersenkung besteht im Mediast
ant; beide Lungen, bes. d. r.,
zeigten viele kleine Abscesse,
Pblebit nirgends zu finden.
Erschöpfung.
I Text)
<Mer Lisat. stand sogt d. Blntg.; nach d 2ten
^^Pat nor etwas blasa» hatte weder Schmerzen
k Schwindel; sp»ter missige Dyspnoe n. Husten.
Blutung.
270
Dr. C. Pill,
No.
Operateur
und
Datum.
Literatur.
Ursache.
n
ii
Tkg^.
57.
58.
59.
60.
61.
64.
Vincent, 1845
16. April
Mc Murdo, St
Thomas -Spital
1845. 1. Dec.
Triboli, 1845.
LeOrosGlark,
London. 1846.
14. Oct.
Claus, Bonn,
1846. 81. Dec.
Beyer, Gleve.
1846.
8. W. Fearn,
1847. 2. Febr.
Medico-Ghir.Trans-
act. Vol. 89.
E. Crisp, Krank-
heiten und Ver
letzungen d. Blut-
gefüsse. S. 305.
n raccoglit med
Jul. 1845. - Op
penh. Zeitschr
Bd. 32. S. 559.
Lancet. 1847. Vol
1. p. 153. u. Lond.
Med. Gaz. 1847
Febr.
Brunswicker,
Dissertat Bonn.
1853. Delect cas.
ligat. princip. ar-
ter.
Gasper, Wochen-
sehr. 1846. S. 128
Prov. Med. and
Surg.Journ. 1847
8. Sept. u. Amer.
Joorn. 1848. Jan.
p. 267.
""i
27j.
M.
27j,
29 j.
M.
611.
tt
7-
A. Eveff, Ghel-
tenham • Hosp.
1847. 2. Aug.
Lancet. 1849. Vol.
1. p. 556.
45 j.
M.
Verletzg. d. Zunge
(Pfeife).
Blatg. ans früherem
Drfiaenabscess.
Schnittwunde (am
Winkel).
Schnittwunde. (Axt
thyr. sup. od. ling.)
Halsverletzg. (Mes-
ser, Selbstmord).
Salsverletzg. (Garot
facial.)
Stichwunde. (Garot.
int)
iTg
10
Std.
15
11
Std.
13
20
Halsverletzg (Selbst-
mord.)
krz.
Zeit.
27
Zar Ligatur der Arteria Carotis communis.
271
Befl<Kidere8 bei der Ligatur und im Verlaufe.
Todesursache und Section.
Die ArU. temporaL hAren nach d. Ligat auf zu pul-
siren, d. Puls kehrt nicht mehr znrfick.
iach d. Ligat. cootuIb. Zuckungen d. r. Bxtr., L&h-
muDg d. 1. Bztrem. Am 3. Tage Blutg. ans Mnnd
Q. Nase.
lütg. erfolgte am 5. und 6. Tage.
iDe Sicberheitaligat angelegt, verursacht am 10 Tg.
eine Nacbblatang.
der Wände war Solly d. Dnterbdg. nicht mög-
lich; Gehirn erscbeinnngen traten nicht aaf, nur 15.
SchlingbeschwerdeD; 16. Pub in d. Zweigen d. Ca-
rotis ext. sio. ist erlosclfen.
sh]k{^f Tom Zungenbein getrennt, der Schlund-
kopf bis in d. hintere Wand; 1. Jan* kein Kopf-
scbmers, aber in d. r. Kopfseite wird nichts mehr
gef&hlt.
e Blutg. war dnrch d. Ohnmacht sistirt worden ; blu-
tige NaÄt, denn d. Ligat. wurde verweigert; neue
Blutungen am 4 , 7. u. 10. Tage erheischen d. Li-
gat; besond. Eracheing. treten nicht im Verlaufe aaf.
gleich stand d. Blatg. — Schlingbeschwerden und
Baflfoea torische Anfalle.
Serum unter d. Arachnoid. Ge-
hirn r. abgeflacht n. erweicht,
in d. Substanz sind unregel-
mässige Höhlen, mit grauer
Fiassigkeit u. grüuL Flocken ge-
füllt. Die Spitze d. Pfeife steckte
an d. Bifarcationsstelle.
Erschöpfang. — An&tzung an d.
Biforcationsstelle; d. Oeffnung
d. Garot. int mfindet in e. Sack
von IV Durchmesser, in d. sich
d. Yen. jug. ergiesst. Tuber-
culose in d. r. Lunge.
Glossitis. — ^ Der Thrombus in d.
Carot war 1^" lang.
Ihrend d. Ligat. blieb Fat. abwesend (ohne Ghlo-
rof.), kam erst nach 8 — SStd. zu sich; Schlingbe-
schwerden dauern einige Tage an.
Die Langen beide im unteren Ab-
schnitte congestiv, d. Bronchen
mit eiterig-schleimiger Masse er-
ffillt, d. Bronchialschleimhaut
injicirt, Garot. mit dichtem,
braunrothem Thromb. erfüllt,
über d. Ligatur e. kl. Thromb.;
e. kL Abscess in d. Arterien -
wand; d. Stich hatte d. Int an
d. Bifurcationsstelle getroffen,
ebenso d. Nerv, vagus, der am
geripher. Ende entartet war;
chädel und Bauchhöhle nicht
eröffnet.
Fat. starb 14 Mon. spftter an ei-
ner inner. Krankheit, ohne dass
d. Sect. gemacht werden konnte.
272
Dr. C. Pill,
No.
Operatear
und
Datum.
Literatur.
Ureache.
II
II
ADS-
T^ge-
65.
Baizeau, 1847.
27. Mai.
66.
67.
68.
70.
71.
72.
73.
Schuh, Wien
1848. 14. Nov.
Luke, Lond
Hospit 1848. 6.
Sept.
Ossieur de
Rouler8,1848,
Hargrave,
1849. 23. Jan.
H. Schwartz,
cit. 1849.4.Mai.
Bardeleben,
Greifs wald.
1849. 15. Sept
G. H. Johnson,
St Georges.
1850. 12. Mai.
Niccoli, 1850.
2. Juli.
L'Union m^d. 1861.
p. 350.
Schuh, Abband].
aus d. Gebiete d.
Ghirurg. etc. 1867.
S. 288.
Lancet. 1860. Vol.
2. p. 109.
Annal. de la soc.
d'^mulat. 1848. p.
306. — Chas-
saignac, Traitö
des opör. Vol. 1.
p. 826.
Dublin. quart.
Journ.Vol.8.p.90.
H. Schwartz,
Beiträge zur Lehre
Tond. Schusswun-
den. S. 84.
Idzikowsky,
Dissertat. de Art.
carotligat. Greifs-
wald. 1852.
Lancet. 1850. Vol.
. p. 118.
Gaz.med.ItalTosc.
1850.-Gaz.möd.
1851. p. 570.
23j.
M.
18j.
M.
40j.
M.
M.
61j.
M.
M.
7j.
M.
Blutg. (ausangeätz
ter Carotis).
17
^n
Blutg. (Max. ext)
(SchusBverletznng.)
Schnittwunde
(Selbstmord).
Stichwunde.
Blatg. aus e. Punc-
tionsstelle.
SchusBwunde.
Blutg. (nach cariöa,
Process am Schei-
telbein).
Blutg. aus d.Schlnnd'
köpf (träum.).
Schnittwunde
(Selbstmord).
1
Mo-
nat
krs.
Zeit
t
8.T
t
49. T
t
3.1
18
in 4. Heii
Wo-J
che.;
22 'fleii
9
16
Beil
Zur Ligatur der Arteria G arotis communis.
273
Besonderes bei der Ligatur und im Verlaufe.
Todesursache und Section.
eil d. Ligat. stand sofort d. Blntg., Fat. klagt aber
ober Schmerzen im r. Hjpochondr., Bruatbeklem-
[üQng, Sausen n. Klingen im Ohr und Schlingbe-
ichwerden. 28. Hinfälligkeit, Somnolenz, Respir.
bt leichter; bald siebende neue Blutg.; 29. Blutg.
Pat. ist zu schwach f&r d. Ligatur d. an deren
Seite; neue Blutg.
Text).
i Ligat war in d. Wunde nicht möglich; 10 meh-
ere Blutungen traten auf. Delirien, Gesichtsrose;
leitdem Delirien, Coma neben maniak. Anfällen.
d. Blutg. auf Compress. d. Carot stand, machte
aan ohne Erfolg d. Ligatur.
Haut- u. Muakelschnitt ging transversal — we-
en erysipelat. Entzdg. der Vorderseite d. Halses — ;
[»gleich stand d. Blutg. Der Puls in d. Art temp.
rloseh; am 14. Tg. Blutg. aus d. Wunde; neue
bscesse bildeten sich im Gesichte, am Halse, doch
ird Fat. auf Wunsch mit noch tiefer Wunde ent-
laden, stirbt aber später.
De Gehimerscheinung trat auf, nur ein heftiger,
-seitiger Kopfschmerz.
ähllosigkeit d. L Kopf- u. Gesichtsseite verschwin-
Bt nach einigen Stunden; Schmerzen im Verlaufe
. N. qnintns, Schwellung d. Gesichtes, Schlingbe-
äschwerden. (Chlorof.)
^rof. ; nach d. erschwerten Ligat Neigung zum Schlaf,
:hlingbeschwerd. D. Puls ist in Art temp. nur schwach
i fahlen, nach 4 Tg. zeigte d. Art.occip. Puls,
bdem sich ein Anenr. träum, gebildet, tritt Blutg.
□f. Ligatur nach Scarpa, neue Blutg. nach 2
agen; directe Stillung.
r. Laag«ab«ek, Arebiv f. CUrurgie. IX
Blutg. — Tuberk. d. Lungen u.
d. Periton. Das Gehirn ist blass,
d. mittl. 1. Lappen zeigte eine
kl., bräunlich gefärbte, 5 Ctm.
in d. Tiefe gehende Stelle, aus
der ein Tröpfchen Eiter ausge-
drückt werden kann. Die knö-
cherne Scheidewand zwischen
mittl. Ohr u. Carot zeigt 2 Se-
quester, die an 2 Stellen d. Ge-
fäss 2—3 Mm. weit angeätzt
haben; d. Trommelfell ist durch-
bohrt
Die Wunde grösstentheils geheilt,
einige Tropfen Eiter an d. Li-
gaturstelle, Carot von d. Ligat
an obliterirt, ebenso ihre Zweige.
Arachnoidea leicht getrQbt, Ge-
hirn beiderseits normal.
Blutg. Die Art vertebr. lieferte
die Blutg.
Bronchialcatarrh. — Section nicht
gemacht.
18
274
Dr. C. Pill,
*i
i
o ^
^ ü '
No.
Operateur
und
Datum.
Literatur.
•
1 Draacbe.
»o
S^
5j ?»
O
M
^ Tag«.
74.
H. Schwartz,
cit. 1850.
H. Schwartz, M.
SchuBSwunden. S.
85. 1
Schmidt, Jahrb.! —
r.
SchnssverleizuDg.
—
- ,Hei]
1
75.
G. Bück, 1852.
r.
Halswunde. (Garot.
„^
1
- i t
Bd. 98. S. 76. 1
ext.)
11.
76.
Forster, Frei-
Briefl. Mitth. an, M.
1.
Stichwunde.
krz.
- jHeü
Bing. 1852.
Prof.Gurltdurch
Prof. Textor.
Zeit
77.
Ros er, Marburg.
Briefl. Mitth. anjöO—
1.
Nachblutg. nach Re-
-
- , -
1852.
Prof. Gurlt.
'S-
i:
section.
6,
78.
C. 0. Weber,
Weber, Chir. Er-
r.
Nachblutg. nach Ex-
^
14 +
Bonn. 1853. 11.
fahr, u. UnterBu-
Btirp. am 13. Tage.
162.'
Nov.
chungen. S. 398.
1
79.
Isaac Green,
Schmidt, Jahrb.
M.
1.
Schnittwunde (Art.
—
— +
1853.
Bd. 98. S. 77.
thyr. Bup.) Selbst-
mord.
1
Mo
80.
Bertberand,
Bertherand,
"/
1.
SchuBSwunde (Art
.—
- H«
1854. 25. Juni.
Campagne de Ka-
fac.).
bjlie. p. 121.
81.
Critchett, cit.
Lancet. 1854. Vol.
28j.
r.
Blutg. aus AbscesB.
„^
- t
(Luke?). 1854.
1. p. 664.
M.
3.
82.
Birkett, Gny's.
Hosp. 1854
Lancet. 1854. Vol.
1. p. 664.
'ö
Blutung.
—
— -
83.
T.M.HaUtead,
1855. 2 Apr.
Schmidt, Jahrb.
Bd. 98. S. 77.
"/
r.
Blutg. (Carcin. Antr.)
—
31 lEifi
1
84.
Boeck, citat.
Briefl. Mitth. an
6g.
r.
Blutung.
__
- 1 ^
1855. Dec.
Prof. Gurlt
0
85.
Critchett, Lon-
Med.TimesandGaz.
25j.
—
Blutg. aus Anenr.
..
- ' 'f
don-Uosp. 1855.
1855. p. 437.
M.
orbit
•Sc
86.
Parker, 1855.
Schmidt, Jahrb.
Bd. 98. S. 76.
i.
Blntg. ans tieferen
Zweigen d. Garot
ext. durch Aetzen.
~
""', ''
87-
Bauden8,citirt.
B., La guerre de
H.
—
)
..^
— 1
89.
Ib55. Im Hosp.
Crimee. p. 326.
H.
—
) Blutungen.
...
- 1 1
Gulhan6 ausge-
M.
-Iv
- 1 ^
führt.
1
90.
Gh. E. Isaac,
Schmidt, Jahrb.
M.
— SchuR8wunde(Garot.
eing.
— ,BH
1855.
Bd. 98. S. 77. 1
ext.) Selbstmord.
Weh.
91.
Hutchinson,
Med Times andGaz.i60j. .1. Blutg. (Carcin )
_ i
1856. Jan.
1856. Vol. 1 M&rz.l M.
l''
p. 209.
1
Zar Ligatur der Artria Carotis commoois.
275
Besonderes bei der Ligatur ubd im Ve.rlaufe.
Todesursache uad Sectiou.
Massige rechtsseitige Kopfscbmerzen sind die einzi-
gen angegebenen Folgen.
Am 2. Tage warde noch d. Ligat d. Garot int. ge-
miK^ht.
Die aafgetretene rechtsseitige Lähmung wich erst nach
9 Monaten.
Näcb d. 3. Blntg. wurde operirt, bald folgte rechts-
seitige Lähmung.
Nach d. Ligat. trat Taubheit d. r. KOrperhälfte ein;
auf Wunsch wurde Pat. mit seiner Wunde entlassen ;
2 Blatgn. erfolgten zu Hause, dann der Tod.
Ohne Chlorof.; am folgenden Tage Lähmung der
r. Seite, unzusammenhängende Worte, Geistes-
schwäche.
£s erfolgte Verminderung d. Sehkraft auf d. 1. Auge,
ßcbliDgbeschwerd. u. Stimmlosigkeit; (Taubheit we-
^en Caries), in d. 1. Hälfte d. Pharjnx verminderte
Sensibilität (Ehr m.)
Mit Lfigat. eriosch d. Blutung.
Die Bintg. stand in Verbindung mit e. Rachenpolypen ;
das anmittelbare Resultat war befriedigend; wei-
tere Angaben fehlen.
Vorübergehende Schwächung d. r. Auges; nach 1 Mon.
1 Geschwulst auf i reducirt; nach 7 Monaten neues
. Wachstbnni, weitere Abhülfe wird verweigert
^^ne Chlorof., Erscheinungen sind nicht angefahrt
Prämie u. Pericarditis.
tion fehlt.
— Sec-
Die Lunge enthielt Garcinom- Kno-
ten, d. blutende Stelle nicht zu
ermitteln.
Cholera. — Sectiou fehlt.
Erschöpfung. — Die Ligat lag
gut; unter ihr kein Thromb.,
Über ihr einer bis zur Theilungs-
stelle reichend, dessen oberer
Theil fester war.
Pat stirbt 1856. Febr. an Ka-
chexie.
/
^^ine Gehirnerscheinangen. Blutgn. kehren wieder.
k
K>
leüuDgohne weitere Erscheinungen.
gittert d. r. Arra, d. Geist normal;
■"I f^u'i»«i««>n Tage verhält sieh auch d. Arm nor-
ml 10 T«e wird Pat schUflos, r. Bein erscheint
gelttint, sp&ter »ach d. Arm.
^acb d. Operat.
Erschöpfung.
Blutungen.
Section verweigert.
^
18«
276
Dr. C. Pilz,
No.
Operateur
nnd
Datum.
Literatur.
I e
Ursache.
P
Aus-
> ^<^ l gang-
Tage. I
92. Schuh, Wien
1856. 5 Dec.
93.
Curtis, 1857,
19. April.
94. ,Field,Brighton.
1858. 17. Juni.
95. ]Khrmaun,l858.
96.
97.
98.
Ocöterr. Zeitschr.
für pract Heil-
kunde. 1864. S.
167.
Amer. Journ. 1861.
Apr. p. 601.
Med.Times andGaz.
1858. Vol. 2. p.
217.
Bhrmanir, p. 39.
No. 21.
llolmesCooteJLond. Med. Times
Barthol. Ilosp.' andGaz. 1858. Vol.
1858. I 1. p. 89 u. 177.
üre, St. Mary's-|Lancet- 1859. Vol.
IIüsp. 1859. 21.1 1. p. 559.
Mai. I
V. Bruns, Tü-'V irchow's Ar-
bingen. 1859. 1 Chi v^ 1860. S. 547
11. Juli.
99. Ghassaignac,
Paris. 1859. 2,
August.
99a. Stanley, 1859.
24. Oct.
(N. F. Bd. 8.).
Gaz. des Höpit.
1859. p. 424. a.
Ghassaignac,
Traite des operat.
p. 326.
Med. Times and
Gaz. 18G0. Vol. 1.
p. 424 u. 630.
21i.
W.
M.
M
20j.
M.
64
34j.
M.
W.
1i: '
26 j.
M.
24j.
M.
Blutg. (Max. int.)
Schussyerletzg. (in
d. Mund.)
Nachb]ntg. cnachEx-
stirp d. Oberkiefers.)
Blutg. (Carot. ext)
Blutung (Geschwulst
des Oberkiefers).
Blutung (Pfeife).
r. Nachblutung (nach
Exstirpation der
Schilddrüse).
7
Std.
35
End«
d. 2.
Weh.
10
f3
Mon.
Beils
t
4, Tg
t
3.Tä.
Heiig.
t
9. Tg
Blutung (nach Func-
tion eines Retro-
pharyng, - Absces-
ses.
Blutung (nach Punc-
tion der Mandel).
Inrz.
Zeit.
— 14
Heüg
t
61. Tg.
Zar Ligatur der Arteria Carotis communis.
277
Besonderes bei der Ligatar und im Verlaufe.
Todesursache und Section.
Bei d. Trepanation an d. Unterkiefer zur Durchscbneid. Tuberculose in beiden Lungen-
d Nerven wegen heftiger Neuralgie entstände, so seiten, Necrose des Darmbeins
heftige Blatg., dass Seh. zur Ligat. schreiten rousste,
Kopfschmerzen; Blntg. nur gemindert.
Die Ligatar gab keine besonderen Erscheinungen.
Ohne Chlorof. 19. n. 20. Hasten und Debelkeit ver-
schwinden bald.
Einige Standen nach d. Operat. erfolgte Hemipl. r.;
Hyperästhesie d. 1. Gesichtsseite, Strabismus nach
oben n. links ; 4. Tg. Schlingbeschwerd., erschwer-
tes Athmen; seit d. Operat. sprach Fat. kein Wort.
."0 St nach d. Operation erfolgte l.-seitige Lähmung;
mit d. Ligat. hatte d. Puls in d. Gesichtsseite auf-
gehört, Schlingbeschwerden.
Ohne Chloroform; der Schlaf war gut, 22 und 23.
kleine Blntnngen; keine Gehirnerscheinnng, nicht
einmal Kopfschmerz trat auf.
Mehrere neue Blutungen traten auf. 16. Abends con-
▼uls. Bewegungen der Arme, Zittern der Hände,
einige allgemeine Convulsionen, leichte Delirien.
Fieber wird stärker; 17. hohes Fieber. Collapsusi
18. Dyspnoe, Delir. 19. Coma, unwillkürliche Ent-
leerung. 20. rechte Gesichtshälfte unbeweglich,
wie gelähmt; convulsivisrhe Bewegungen des rech-
ten Armes, wie am 19.
u. an d Wirbelsäule,
im Text.
Weiteres
24 (36) Std. dauernde Aphonie, heftige Kopfschmer-
zen. — Pat. 1861 ganz wohl. —
3. Dec. schlechtes Aussehen der fast geheilten Wunde.
20. Blatg. 21. Erbrechen; 24. Hemipleg. Pupillen
dilatirt.
Die Ilirnvenen sind links gefüll-
ter; d. weisse Substanz ist auf
d. Durchschnitt leicht punctirt.
Oarot. ext. fast am Abgange
verletzt, ebenso d. Yen. jug. int.,
in der zwei adhärente Throm-
beiT sich finden.
Die r. Uemisphäre etwas wei-
cher (!), unter der Ligatur ein
kleiner, lose dem Gefässe anhaf-
tender Thrombus, über derselben
I ein gleicher, noch kleinerer.
Nahe d. Falx an d. r. Gross-
hirn - Hemisphäre ein Abscess,
von einem Entzündungsherde
umgeben, weiter nach vorne ein
zweiter, haselnussgrosser Abs-
cess, weiter nach hinten und
aussen ein dritter, kirschkern-
grosser. Der r. Seitenventrikel
enthält ein trübes, serös-eiteri-
ges Fluidum In beiden Lun-
genspitzen alte, tuberc. Abla-
gerungen, in d. r. Lunge zwei
hanfkorngrosse Abscesse an d.
Peripherie ; 2 Thromben in d.
Oarot, Trunc. anon. fehlte.
Im 1. vorderen Hirnlappen ein
Abscess, im hinteren Theile 3
bis 4, 1. Heraisphäro hinten er-
weicht.
278
Dr. C. Pill,
No.
Operateur
und
Datum.
Literatur.
|3
1
Ursache.
p
53
Aus-
gang.
o
s
Tage. l
100.
Demme, citirt
1859.
Demme, Milit.
chir. Studien. Bd.
1. S. 121. No. 9.
M.
r.
Schussverletzung d.
Schläfe(Art.temp.).
35
—
Heiig.
101.
LeGroB Clark,
1860. 23. Jan.
Med. Times and Gaz.
lö60.Vol.l.p.l90.
-"i
—
Halsverlet^ung.
Std.
16
Heiig.
102.
Deware, 1860.
Med. Times and Gaz.
■"J:
r.
Blutung (nach Punc- — |
14
Heiig.
•
2. Juui.
1860. VoL 1. p. 90.
tion einer Tonsille).
103.
Pope, St. Louis.
1860. 16. Sept
Americ.Journ.1864.
April, p. 556.
M.
1.
Blutg. (Pfeilschuss).
—
spät
Heiig.
104.
HutchinsoD,
Metropolitan
Free Hosp. 1860.
Americ. Medic. Ti-
mes. 1861. April.
35 j.
M
—
Stichwunde (Max
int.)
13
22
Heiig.
p. 20.
24. Sept.
105.
Nussbanm,
Manchen. 1860.
2. Nov.
Bayr. ärztl. Intelli-
genz-Blatt. 1863.
No. 33. S. 461.
8j
W.
1.
Blutung (Max. int.).
t
2. Tg.
106.
RedfernDavis,
Birmingh. 1860.
ßdinb Med. Jonrn.
I8ii2. Jan. p. 685.
M.
1.
Schnittwunde am
Halse (Selbstmord).
—
21
Heiig.
107.
V. Langen-
beck's Klinik.
1860. Sommer.
Krankenjournal.
1860. No. 221.
e»j.
r.
Blutung (Carot. int.).
i
bald.
108.
Mannder,Lond.
Hosp. 1861.
30. März.
Clinic. Lectures and
Reports of Lond.
'9:
r.
Nachblutung (nach
Exstirpation des
—
HeDg.
Hospit.
! Unterkiefers).
109.
Weinlechner,
Oesterreicb. Zeit-
40j.
r. Nachblutung (Max.
eini-
...
t
Wien. 1861. 19.
schrift für pract.
W.
ext.).
ge
6, Tg.
Mai.
Heilkunde. 1864.
S. 186 und 187.
Zeit.
V. Q
110.
Boeckel,
Gaz. med. de Stras-
'7.
r. Nachblutung (Carot
—
..-
t
Stra8Sburg.l861.
bourg. 1862. No. 6.
int). j
3.T?.
14. Novbr.
p. 100.
•
Zar Ligatur der Arteria Carotis
communis. 279
Besonderes bei der Ligatur uud im Verlaufe.
Todesursache und Section.
H. IlDSten ist die einzige Folge; nach 1 Jahre noch
gesaad.
lit der Ligat. erlosch jede Pulsation in der Mandel,
es erfolgte Iceine Blutung mehr; der Tumor war
Dach 6 Monaten ganz verschwunden.
Die Geisteskräfte durch die starken Blutungen und
vielleicht auch durch die Ligat. etwas geschwächt,
sind bald wieder stark; weitere Erscheinungen wer-
den Dicht aufgefQhrt.
M Standen nach der Operation tritt ein epileptifor-
mer Anfall aaf.
Dhne Gblorof.; mit der Ligat erlosch der Puls in d.
Temporal 3. Wehen, Abortus erfolgt. 4. Blu-
taag aus der früheren Stelle. Gehirnerscheinungen
treten nicht ein.
Operation nach Zang. Weitere Angaben Ober den
Verlauf fehlen.
TroU der Ligatur stirbt Pat. bald.
Weitere Angaben über den Verlauf finden sich nicht,
als dass nach einigen Wochen r.-seitige Kopfschmer-
zen, Herzpalpitat. sich geltend machen.
Abends Nachblutung ans einem Muskelaste; später Er-
brechen, Kopfschmerz, Schläfrigkeit; Fieber. (Ohne
Chloroform.)
Die Carot ext. war wegen Blutung schon unterbun-
den. Die Ligat. über und unter der Gefässwunde.
15. heftiger Kopfschmerz 16. Lähmung des 1. Ar-
mes und der r. Gesichtsseite*- Goma. 17. 7 con-
Tolsivische Anfälle.
Schwäche. — Die Section ist
nicht gestattet
Erschöpfung. — Die Wand der
Carot. int. war stecknadelkopf-
gross durch ein Epithelial-Car-
cinom angeätzt. Präparat in der
Institut-Sammlung.
Section nicht gestattet
Gehirnhautentzündung. Die Dura
auf d. r. Seite gelblich; eineln-
cision liefert flockigeiterige
Flüssigkeit; die ganze vordere
Seite mit Eiterstellen versehen,
die Subst. grisea in weiter Aus-
dehnung r. erweicht; 1. Hemisph.
u. kl. Gehirn nebst Circ. art.
WilL normal, beide Artt vert
u. communic. poster. sind gleich
weit; allgem. Atherose der Hirn-
gefösse. Die Carot ext auf dem
Wege der Obliteration, unter d.
Ligat. der Carot. comm. ein 3
Ctm. langer Thrombus; in Carot
int. kein Thrombus.
280
Dr. (
D. Pill
No.
Operateur
und
Datum.
Literatur.
-2
'S
5
»
Ursache.
111.
Solly, London.
1862. 23. Mai.
British Med. Journ.34ö.?
1.
Wunde des Gesichtes
-1 t
1862. No. 8. p. 489.
M.
und der Schläfe.
1
112.
Prichard, Bri-
Ibid. 1863. 18. Apr.
'V:
1.
Stichwunde (Art.
7
1
1
- ■ t
stol. 1862. 6.
vert.).
,20.1
Septbr.
113.
und
Longmore, cit
1863. 12. Mai.
Lancet. 1864. Jan.
p. 90.
H.
r.
1.
Schussverletzang.
—
i3SSt
114.
18. Mai.
1
1
116.
W. Keen, 1863.
Americ. Jonrn.
—
1.
Schussverletznng
9
4i t
16. Jal.
1864 Jul. p. 27.
M.
(Max. int.).
41.1
1
1
t
116.
Weinlechner,
Oesterr. Ztschr. fQr
m.
r.
Blutung raus An.
15
8-9'eeilü
Wien. 1863. 15.
pract Heillcnnde.
w.
spur.).
1
Decbr.
1864. S. 187 u. 227.
117.
Partridg*e,
Lancet. 1864. 10.
21 j.
r.
Schnittwunde
6
11 t
King's College
Dec. p. 659.
M.
(Zweige d. Carot.
29. T
Hosp. 1864. 8.
ext.;.
Apr.
118.
Fischer, Flens-
burg. 1864. 18.
Apr.
Fischer, Flens-
Och wadt's Kriegs,
chir. Erfahr. S. 333.
m!
—
SchuspverletzuDg.
—
—
t
2.T1
119.
Ibid. S. 334.
..
r.
Schussverletzung.
_
11
Hei>
burg. 1864. 18.
u.
Apr.
120.
Fischer, Berlin.
PersönlicheMitthei-
24-
1.
Nachblutg. (Exstirp.
3
9
f
1864. 12. Juni
lung.
1/.
der Schilddrüse).
(Thyr. 8up.)
mit m\p
ßlutJTas«
121.
Beeby, Guys-
Med. Times and
'i';
r.
Blutg. (Anätzung).
- 1 ^
Hosp. 1864.
Gaz. 1864. 19.
.12. Tj
9. Jul.
Novbr. p. 541.
Zar Ligatur der Artcria Carotis communis.
281
Besooderes bei der Ligator and im Verlaufe.
Todesursache und Section.
Mit der Ligatar stand die Blutung, es folgten aber
Stimmlosigkeit, Schlingbeschwerden, Fieber. Nach
8 Tg. Schmerzen in d. Schläfen, 11. Tag: die Wunde
klafft mehr, neue Blutung (Gompr.), Fat. kommt
nicht mehr znm Bewusstsein, Lfihmnng der r. Seite,
d. 1. Ann und Bein sind in steter Bewegung.
%ne Ghlorof. Die L Papille wurde contrahirt; Schling-
beschwerden, bald nach der Operation war der Puls
in der l. Temporal, ffihlbar. 12. blutiger Eiter.
14. Blntnng. 20. Dnd 21. geringe Blutung.
Ohne Ghlorof.; keine Erscheinungen.
^fit Ligat. heftiger Krampf in allen Muskeln, Ohn-
macht, Blatg. stand; nach 5 Secunden Alles nor-
mal; während um 9 Uhr noch kein Puls in der
Temporal, war, wurde er um 11^ Uhr bemerkt.
19. Blntnng aas der Wunde, ebenso 1. Aug. 19. Fie-
ber. 20. motorisehe Lähmung r., 22. Kr&mpfe in
der r. Seite. 23. GoutuIs. der 1. Seite mit Blutg.
ans der Wunde. Resp. schwer, 8 in d. Min. Pu-
pille L contrabirt, schwach reagirend, Sensor, frei.
24. clonische Krämpfe nur r., nicht ganz unbesinn-
^ lieh. 26. Krämpfe, die Sensibil. ist r. erhalten.
lehiraerscheinungen traten nicht ein. (Ghlorof.)
4it der Li^t. stand d. Blutung. 9. Pat. schläfrig,
r. Aage leicht afficirt, r. Radial: voller; 10. Schling-
beschwerden, leichter Puls in d. r. Temporal, Mund
et^ras nach 1. gezogen, Gesichtsvermögen r. ge-
schwächt bis 14. 18. beide Rad. gleich, Blutg. beim
Hosten aas der früheren Stelle. 25. Schwellung
des Gesichtes r. 26. Fröste. 30. Athembeschwerd.
^egen heft Blatg. musste die Max. int. noch beson-
^ ders nDterbnoden werden; fnribunde Delirien mit
eonmoleotein Znstande abwechselnd.
W Text.)
Uefa ZaDg's Methode. Gleich nach der Ligat. einige
' leichte Convnlsionen und Einfallen des Abdomens.
V 2. Tag neue Blutung.
^ie Respiration wurde sehr mfihsam, 10. 1. Lähmung
(Arm ond Bein), Mund nach r. gewandt, Schling-
beshwerden.
Die Carotis ist gut verschlossen,
die Blutg. entstand aus einer
atherom. Stelle -i" tiefer dem
Herzen zu.
Die Carotis fand sich nicht durch
Thromben geschlossen, ihre In-
tima rauh, geröthet; die Art.
vert. war gerade beim Eintritte
ins Foramen magnum getrennt,
und ist ohne Thrombus.
Beide Carotid. sind geschlossen,
die Blutg. entstammte der Art.
lingual.
Gehirnentzdg. — Auf der 1. He-
misph. dicker Eiter, im vorderen
r. Lappen 1 Abscess, im übri-
gen fast die Hälfte der L He-
misph. in Abscess umgewandelt,
doch der Thal. opt. und Corp.
striat gesund. DieCaroi obli
terirt.
Tod plötzlich. Glottisödem; die
Lunge congestionirt.
Lungenlähmnng.
Keine Thromben finden sich im
Gefftsslumen.
Die r. Heroisph. hyperämisch,
aber weicher, als die linke, die
Artt. sind mit Coagulis gefüllt.
Sin.longit enthält Fi brinmassen.
282
Dr. C Pil«,
No.
Operateur
nnd
Literatur.
^1
Ursache.
Datam.
< S
5
122.
Schuh, Wien.
Wien. Wochenschr.
"i
l.
Nachblntnng (Max.
1
16 Beug.
1864. 26. Juli.
•1866. No. 101.
int).
123.
B. Reynolds,
1864. 9. Sept
Bo8tMed.andSnTg.
Jonrn. 1864. No
14. — Med. News-
Jan. 1865. No. 265.
p. 8.
Lancet 1864. 5.
M.
1.
Schnsswnnde.
•^*
—
Heil?.
124.
H.Lee, St Geor-
•2-
1.
Nachblutung.
_
t
ges Hosp. 1864.
Not. p. 523.
2.T?
18. Septbr.
?. Thaden, Al-
125.
Briefl. Mitth. an
^i
r.
Stichwunde.
4
16
Beilg
tena. 1864. 26.
Prof. Gnrlt
Std.
Septbr.
126.
R. Ray, Gny*8
Ho8pit.l864.1ö.
Mov. 5 h. mat
Med. Times and
Gaz 1865.18.Febr.
p. 171.
lt.
1.
Blntg. (ans Tamor).
4
t
n.Ts.
127.
Th. Billroth,
G.Pilz,DiBsertde
27j.
r.
Blutg. (AnäUung d.
f
]27a
Zfirich. 1864.
13. u. 26. Dec.
Art carot ntrius-
gne lat. ligat
Berolini. 1865.
M.
1.
Carot. int).
"" In; Tf.
128.
Hu et er, Berlin.
Joum. d. V. Lan-
68j.
1.
Nachblutung.
bau
16 iHeil?
1864. 23. Dec.
genbeck's Klin.
1864. No. 525.
M.
1
129.
A. Smith, Mid-
Med. Times and
I8j.
r.
Blntg. (Carot int).
5
- t
dlesex Hospit
Ga^. 1865. Apr. 8.
M.
155; StA
1865. 15. Jan.
p.885.
1
Zar Ligatnr der Arteria Carotis commnnis.
283
Besonderes bei der Ligatnr und im Verlanfe.
Todesursache und Section.
üd Kopfschmerz, Schwache im r. Arme, sehr erwei-
terte Papillen, besonders 1. Nachmittags apathisch,
geräoschyolles Athmen. 27. r.-seitige Lähmung.
itChlorof.; lässt den Fat. vor Schluss der Ligat.
erst zo sich kommen; dieser wird mit der Ligat.
romatös, welche Erscheinung bald vergeht 3 Tage
liindurcb starke Reaction. • Details sind nicht an-
gegeben.
i gate Nacht, sehr schwacher Puls. 20. wird
schwächer.
fer wenig verschiebliche M. omohyoid. wurde durch-
schnitten; sogleich stand die Blutg und erlosch
der Pals in d. Temporal., der am folgenden Abende
wiederkehrte; r. Gesichtshälfte kühler, als 1 3. Tag
Ziehen im 1. Unterschenkel, das sich noch mehrte
f Tag heftiger, 24 Std. anhaltender Kopfschmerz
in der r. Parietalgegend ; nach 6 Tagen Alles nor-
mal, aber der Puls ist wieder in der r. Temporal,
jrloschen; Husten blieb längere Zeit hindurch.
«d erscheinen Schlingbeschwerden, L-seitige Kopf-
schmerzen, bisweilen Singultus. 16. Erysipel. 27.
Schmerz in r. Hand und Arm; Angst. 2. Decbr.
Blutstrom aus der Wunde. In 2-3 Minuten todt.
5t Chlorof. Nach d. 2. Ligat. Athmung erschwert;
oach 10 Minuten Puls in der Max. ext. fahlbar. —
weiteres im Text.
i Sehvermögen 1. schwächer, und ebenso die r. Seite
^es Körpers schwächer; 8. Jan. Sehkraft besser,
>ber die r. Seite noch geschwächt; weitere Details
«nd nicht aufgefQhrt
^ f- Radial, voller als 1., Nachmittags schwere Re-
spiration, welche sich noch steigert.
lieber der Ligat ein i" langer,
adhärirender Thrombus.
Die Ligat hatte das Oefftss durch-
schnitten, und hing am oberen
Theile desselben, welcher durch
einen Thromb. verschlossen war,
aber das untere GefEss war offen
geblieben, die durchgängig. Artt.
lingual, u. pharjng. ascend. sind
erweitert Pat. hatte keine Art
innom., Garot u. SubcL ent-
sprangen direct aus dem Arcus.
Section im Text.
Vordere Halsdrfisen beiderseits
geschwollen, ebenso r. Mandel ;
phagedän. Geschwüre in der
Mandelgegd. Oeffnnng von 2—
3 Mm. in die Garot beim Ein-
tritt in denGanal carot; unter
dieser Stelle atheromat Stellen,
ebenso tiefer an d. Garotis selbst;
in der Lunge finden sich einige
apoplectische Herde.
28 4
Dr. C. Pilz,
No
Operateur
und
Datirm.
Literatur.
Ursache.
2 ts -o »:
180.
131.
Richter, Berlin. V. Langeobeck's
1865 20. Nov.
Busch, Bonn,
1865. 23. Nov.
132.
133.
134.
134a
135.
136.
136
•a. b.
24
Briefl. Mitth.
Prof. Gurlt
Bockenhei-
mer, Frankfurt
a.M. 1865. 14.
Dec.
V. Thaden, Al-
tona. 1866. 29.
Januar.
Broca, Paris.
1866. 26. März.
Koch, Görlitz
1866. 22 Juli.
Klinik. Journ.1865.
No. 514.
an
27
Briefl. Mitth. an
Prof. Gurlt.
Briefl. Mitth. an
Prof. Gurlt
Archives g^n. 1866
Juillet. p. 24.
Briefl. Mittheilnng
an den Verfasser.
H. Coote, Lon-
don. Barthol.
Spit. 1866. 22.
Aug.
Gurlt,Jfiterbogk.
1866. 23. Aug
1866. Langen-
salza.
Uncet. I866.V0I.2.
p. 441.
Persönl. Mittheilg.
Stromeyer, Er
fahr, über Schuss-
wunden. 1866.
'^;
'2/.
W.
66i
V;
"J:
38j
S/:
46 j.
M
26 j.
M.
M.
M.
Nachblutnng(Urano-
plastik).
Blntg. ans d. Munde
(im Typhus).
Blutung (ans Card-
nom).
Nachblutg. (Max.int.)
(Nervenresection).
Blutung (ans ange-
ätzter Carot.).
Schussyerletzung
(Nachblutung).
1. Nachblute. (Exstirp.
de8 0berkief.)(Max,
int.).
Nachblutg. (Schnss-
I wunde).
Blutung (Zweige der
Garot. am Halse).
ZuT Ligatur der Arteria Carotis commanis.
286
Besonderes bei der JLigatar und im Verlaufe.
Todesursache und Section.
ich nach der LigAt. karze Zeit dauerndes sterto-
»es Athmen. 21. Atbmen frei, aber Bewusstlosig-
eit, Pols hebt sieb Al>eiids, ohne Besserung der
ilgemeinerscheiDUiigen. 22. Fat. wird schwächer.
Thermometer in beide Gehdrgänge gelegt, steht
0,8* tiefer. 24. 1. Arm ist nur schwach und nn-
E>)ldtand]g zu heben » das Bein normal. Die Sen-
bilitat ist 1. erhallten. Besondere Erscheinungen
^ten weiter nicht &Qf.
Ligat. hatte keine anderen Erscheinung, im Gefolge,
s das8 Fat. in den ersten 8 Tagen beim Sprechen
't nicht das richtige Wort finden konnte, oder auch
ch längere Zeit daxanf besinnen musste.
seitlich gelegene Vene blähte sich merklich auf;
n folgenden Tage Dnbesinnlichkeit und Collapsus.
Brof.; als Fat. zu sich kommt, wird d. Ligat. ohne
<ie Himerscheioane; geschlossen, es erfolgt nur
nSchreL 27. Sehvermögen r. gemindert 28. Kopf-
hmerzen rechts» Hasten nnd Athembesch werden.
Apr. kein Fnls in d- Temporal. Blutung.
)Tof. Ohnmacht, spricht verwirrt; die Temperat.
I der r. Schlafe niedriger als 1. 23. abnorme Sen-
it. in der r. Gesicbtaaeite bis 26.; r. Temporal,
olsirt erst 1. Ang. .
IS. war die eiste Blatg. eingetreten aus Max. int.
orof.
r. — Ohne jede Brscheinung.
AUgem. Anftmie, Gehirnsnbstanz
gleichmässig fest. Carotis hatte
keine Thromben.
Anämie des Gehirnes; r. sind d.
kleinen Venen gefüllter als L;
die Verzweigungen der r. Carotis
sind ebenso blutreich, wie die
der 1.; das Mediast. ant eiterig
infiltrirt, die Infiltrat, reicht bis
zur Operationswunde. In der
Gegend der Glottis resp. findet
sich ein bis auf d. Arytaenoid-
Knorpel gehendes Cfeschwflr;
das eröffnete Geföss ist nicht
aufzufinden. ~ Ein Abscess im
Muse, reci abdom.; Hämorrh.
unter dem parietal. Blatte am
Blasenhalse u. ein kleiner Eiter-
herd. Hypostase in d. Lungen.
Gehirnentzdg. ~ Section nicht
möglich.
Blutreichthum beider Gehirnsei-
ten gleich, Art. basiL atherom.
Ramns commun. poster. weiter
als der linke. Deber und unter
der Ligat feste Gerinnsel.
Lungenschwindsucht. 2 Throm-
ben in dem durch den Faden
durchschnittenen Gefäs8e.20eff-
nungen d. Carot int beim Ein-
tritt in d. Can. carot Caries
der Trommelhöhle. Tuberkel
in beiden Lungensoitzen, eine
Ca?erne in der r. Lunge.
286
Dr. 0. Pils,
No.
Operatear
und
Datum.
Literatur.
1
Ursache.
Jl
—1
£
T««6- . J
136c
▼. Bruns, 1866.
Kriegs-Chir. Erfah-
—
1.
i
Nachblutung (Max. -
- iHei
rung. B. Beck.
M.
int).
1
137.
Arn Ott, cit.
Lancet. 1846. p. 135.
M.
r.
Blutg. (nach Extrat.
einer Pfeife).
—
- ' 1
138.
A 88 on, Venedig.
Briefl. Mitth. von
Prof. Vanzetti
an Prof. Gurlt.
Blutung.
"
■""
139.
B.ögin, cit.
Receuil de m^m. de
Möd. par Begin.
— Oppenh. Zeit-
schrift Bd. 10. S.
385.
Ü.
Blutung (Hieb).
- Qei
140.
Carpne.
Crisp, Von den
—
—
Blutung.
- He
Krankh.etc.S.328.
Ul.
Chadwick, Hol-
Lancet. 1851. Voll.
13j.
r.
Blutung (Fall auf
—
24 He
ton.
p. 177.
M.
Säge).
i
142.
B. Cooper.
Lancet. 1846. Vol. 1.
p. 134.
MUit. - Chir. Stu-
M.
—
Blutg. (Selbstmord).
—
1 :
143.
Demme, cit.
—
1.
Blutg. (Schufisfractur
25
- He
dien. Bd. 1. S. 121.
M.
des Unterkiefers).
No. 11.
144.
Dietrich8on.
Norsk Magaz. for
Laegevidenskaben.
1848. - Oppenh.
Ztschr. Bd. 45.
^;
r.
Blutg. (Tum. cavern.}.
^~
-;He
1
S. 344.
1
145.
Th.Evan, Man-
chester.
Lancet. 1853 Vol. 2.
p. 225.
—
r.
Blutg. (Verletzg. am
Kopfe u. Gesichte).
—
- He
146.
G. Gibb. (wohl
Lancet. 1857. Vol.2.
44 j.
r.
Blutung.
—
35 0. Be
1867. 80. Aug )
p. 496.
W,
48 u.'
147.
G.B. Günther,
Günther, Opera-
tionen am Halse.
r.
Stichwunde (Max.
1
Leipzig.
m!
int).
äüi
Carot. No. 62.
148.
Guthrie, Lon-
Lancet 1850. Vol.2.
—.
Schnittwunde
__
— 1 i
don.
p 143.
M.
(Selbstmord). (Ca-
rot int.)
9
1
149.
Jfingken, Ber-
Persönliche Mitthei-
'K
r.
Blutung (ans Aneur.
16 :Erf
lin.
Inng.
anast.)
i
i
150.
JQngken.
Persönliche Mitthei-
•Dttl.
l.
Stichwunde (Carot
kme
1
lung.
Jhr.
M.
ext).
Zdt
I
Zur Ligatnr der Arterift Carotis commnnis.
287
Besonderes bei der Ligatar und im Verlaufe.
C^ehirneracheinungen sind nicht aufgeführt
^ach der Ligat. kehrte die Bintg. wieder; besondere
Krecheinnngen sind nicht angegeben.
Ohne jede weitere Bemerkung.
Schlingbeschwerden und Unruhe sind die einzigen
I aufgeführten Folgen.
Gebirnerecheinangen traten nicht auf
Bsid nach der Operation stellten sich keine Erschei-
nnngen ein.
Sogleich erlosch der Pols in dem sich verkleinernden
Tnmor. Am 7. Tage Blutung ans der Operations-
wände, später noch nene Blutung.
Beide Enden des Gefässes wurden in der Wunde un-
terbanden. 81. ürinverhaltnng. 1. Sept. Schling-
beschwerden, die am 2. gebessert sind. 3. Fat
spricht zum ersten Male wieder. 5. leichte Blutg.
ans der Wunde.
Na<*.h der Ligatur bestand die Blutung fort, es wurde
nuQ das verletzte Gefäss selbst unterbunden, und
die erste Ligat. gelöst; Fat. behielt eine Lähmung
d^s N. facial. dext.
Die Blotnng wurde durch die Ligat. nur wenig ge-
mindert, deshalb eine zweite über der verletzten
Stelle, und endlich noch eine um die Carot. ext.
gelegt; die Blutung kehrte nicht wieder.
Mit der ohne Chlorof. gemachten Ligat. wurde das
SehTermdgeo r. schwächer; langsam wieder ganz
hergestellt; nach einer Reihe von Jahren trat bei
nnzweckmässiger Lebensweise wieder Fulsation im
Tnmor auf.
Mur das Sehvermögen des L Auges wurde mit der
Ligat auf einige Zeit geschwächt; Chlorof. nicht
angewandt
Todesursache und Section.
Fat starb nicht an Blutung.
Reizung der Wunde (?) u. Geistes-
störung.
Schwäche. — Ven. jug. ist durch-
gängig ohne Entzflndung, die
Carot int ist i'' weit mit Blut-
gerinnsel erfüllt
288
Dr C. Pilz,
No.
Operateur
und
Datum.
Literatur.
C5 ( M,
Ursache.
S> ,52 gang.
Tage. !
151.
Jüngken, Ber
lin.
Deutsche Klinik.
1853. S. 167.
— ir-
M. '
Blutung (Aneur.
anast.) (träum.).
152.
153.
154.
IMa
155.
156.
156a
b.c.
157.
158.
159.
160)
161
162)
163)
164)
165.
166.
v.Langenbeck, Busch, Ghir.Beob-48j.
Berlin. acht. S. 285. M.
Lauer, cit.
Lavacherie.
d. Lawrence.
10. Jan.
Blutung (Carcin.
Drüsen).
Medic. Zeitg. 1849.
7. I M.
Bullet, de rAcad.]55j.
de Med. de Belg.j M.
1848. Vol. 7. p. 789.1
Lancet.l832.14.Jul. 31i. r. Blutung
M
Blutg. (aus Aneur.
träum.).
Biutug (Anätzung d.
Carot.).
Lynn.
Mc Cullogh,
21. Jun.
Nnssbaum,
(2 Mal).
— (1 Mal).
Parker.
Pirogoff, Pe-
tersburg, (in den
40 er Jahren).
Pirogoff.
Pirogoff.
Pirogoff.
Poland.
Riebet, Paris.
Americ.Journ. 1864
Apr. p. 334.
Brief!. Mitth. an
Prof. Gurlt.
Schmidt, Jabrbb
Bd. 98. S. 77.
Persönl. Mittheilg.
Persöul. Mittheilg.
P , Kriegs-Ghirurg.
S. 421.
Persönl. Mittheilg.
Med. Times and
Gaz.l865.18.Febr.
Gaz. des H6pit.
1863. p. 451. und
1859. p. 424.
M.
Kiid.
mittl.
Alt.
M.
M
M.
M.
M.
M.
Nachblntg. (Exstirp.
Parot.)
Schussverletzung.
Blutg. (aus carcinom.
Tumor, d. Kopfes)
Verletzg. d. Schl&fe.
Blutung (Aneur.
träum).
Blutung (Aneur.
anast.) am Scheitel
Blutung
anast.).
(Aneur.
Schussverletznng.
Blutung (ans Ge-
schwülsten).
Blutung (Tum. des
Oberkiefers).
Schuss Verletzung (in
d. Parotis-Gegend).
U
Zar Ligatur der Arteria Carotis commanis.
289
'besonderes bei der Ligatur und im Verlaufe.
Todesursache and Section.
^er Lilgat. sinkt die Geschwulst zasammen, das
'^hvennögen des r. Aages wird auf kurze Zeit her-
gesetzt; später wieder Pnisat. im Tum.; es er-
I^J^ neue Blat^., die darch Dmstechung und Glüh-
en gestillt wird.
^^ der Ligat. Anfangs keine Erscheinungen, die
^^mperatnr ist beiderseits gleich. 7. Tag Einge-
>> v^mmenheit der r. Kopfseite, besond. beim Sitzen,
*^it dem Gefühl der Leere, nach 2 Tg. wieder normal.
^^ «folgte nur Eingenommenheit der r. Kopfseite, 8
V^^ge leicht zu stillende Blutung.
^'^«re Angaben fehlen.
Als Pat an Pjftmie mehrere Jahre
nach der Operat. starb, zeigte
die Sect. den Tumor, gebildet
ans den Artt occip., snric post.,
temp. u. cery. snp., die bis anf
Gänsekieldicke erweitert wacen.
Die Carotis war 3" lang oblite-
rirt. Die Ligaturstelle selbst
vereint ; d. Art thyr. sup. rechts
weiter als links.
Verletzung betraf den L Kiefer, Gaumen und r.
Der- und Unterkiefer.
e BlutoDgen wurden zam Schweigen gebracht.
Angaben felilen*
igs ging AUes gut; die Mutter entfernte sich mit
s Kinde.
i **rmnor welcher die Schläfen-, Parotis-, und ünter-
? --eferffeseod einnahm, öffnete sich plötzlich in den
* tindf mit der Ligat. stand die Blutung; Erachei-
^«»fen besonderer Art sind nicht eingetreten.
^tfere Erscheinnogen im Verlaufe sind nicht an-
^ften, da P. sie l>al^ »a» dem Auge verlor.
«ese rerlor P- *>»1^ *« ^«™ Gesichte.
^^tw . * r>imm4-atMe: ^^^^ °^c^* ^^ entdecken; An-
5^*"%^i!!;f iShlxi«. dann Aphonie und hiS-
Die verletaten Geftsse sind nicht
aufzufinden. Das Gehirn ist
normal.
Erschöpfung.
Nachblutung.
Nachblutung.
19
290
Dr. 0. Pilx,
No.
Operateur
und
Datum.
Literatur. ||
1
13
Ursache.
-6 ^
C
M
TÄ«e.
167.
Robinson.
Med. Times and Gaz.
1850.— Oppenh.
Ztschrft. Bd. 44.
S. 424.
'^:
r.
Blutg. (Geschwür).
—
- t
i
168.
Remer, Breslau.
Persönl. Mitth. von
60-
1.
Blntg. (Garcinom des
__
-'f
%
Dr.Hodann,(der
bei der Operation
zugegen war).
^-
Gesichts u. Halses).
,St
169.
Romaglia, Nea-
Froriep*B Notiz.
20j.
1.
Stichwunde (Verte-
_.
- f
pel, (um 1834.)
Bd. 41. S. 89.
H.
bral.).
- i
169a
Spence, Edin-
BriefL Mittheilg. an
—
— .
Stichwunde (an der
^~
burg.
Prof. Gurlt
Theilungsstelle)
(Selbstmord).
10.
170.
Stromeyer,
Maximen d« Kriegs-
—
r.
Stichwunde.
—
- +
Erlangen.
heilkunde.
M.
!
?i'
S. 159.
171.
Stromeyer,cit.
Ibid. S. 416.
Ü
"^
SchuBSverletzang
(Max. int.)
"■
- i
172.
Unbekannt.
L'üuion. 1854. -
Schmidt,Jahrbb.
Bd. 91. S. 30.
Ü.
—
Schusswunde (Ober-
kiefer).
—
-1-
172a
Unbekannt.
Med. and Surg.
history of the
British army du-
H.
—
Blutg (Oarot. ext.).
—
-•\
ring the war a-
gainst Russia.
1
(1854—56). Vol.2.
;
173.
do. Winchester
Ho8p.(uml855).
p. 308.
Med.TimesandGaz
1855. Vol. l.p. 32.
-
Nachhlutg. (Exstirp.
Ton Drüsen).
—
i
174.
do. Radcliffe In-
Med.TimesandGaz.
35j.
Blutung (aus d.
_
-He
firmary, Oxford.
1865. Vol. 2. p. 126.
M.
Munde).
175-
Im American.
Reports on the ex-
(11)
—
Verletzung.
.^
'Bei
185.
Kriege bis
tent and nature of
M.
März 1864.
the materials etc.
186-
Washington. 1865.
(34)
—
Verletzung.
—
- ;))
219.
p. 78.
Eve, Collect, of re-
M.
219a
Voisin.
r.
Stichwunde (Nacken)
_
*
mark.casesinsurg.
M.
(Vertebr.).
220.
Wood.
p. 641.
Schmidt, Jahrbb.
Bd. 98. S. 76.
I.
Blutung.
_ ' f
' 4
1
1
1
1
Zur Ligatnr der Arteria Carutis conimnui.s.
291
besonderes bei der Ligatur und im Verlaufe.
Todesursache und Section.
erfolgte bald, bei eioem Palse von 160 Schlägen,
alte des Rumpfes u. der unteren Extrem.; 2. Tag
5rpertemperatur normal, ö. Husten u. Debelkeit,
Wiederkehr der leicht zu stillenden Blutung mit
eigQng zur Ohnmacht
der durch Kachexie der Auflösung nahe gebrach-
n Frau zwang eine heftige Blutg. aus dem nicht
(fitirpirbaren Tumor sogleich zur Ligat d. Carot,
ie keine Erscheinungen nach sich zog; die Blutg.
and sogleich, ohne wieder^kehren.
it. d'attente; die freigelegte Carot. Hess auf Druck
?n Puls im Anenr. nicht schwinden.
Vena jag. int. musste zugleich ligirt werden.
D ümf&hren der Nadel trat eine heftige, tödtliche
iatnng eio.
Iz der Ligat. erfolgte neue Blutg. Da Fat schon
fämiaeb irar, so wollte S. die Max. int nicht mehr
iterbinden.
erfolgte sogleich Heiserkeit, die Monate lang be-
and.
illgem. engl. Hospital wurde dieselbe wegen pri-
Srer Blntong gemacht; mit der Ligat stand die
utnng.
indere EnelMinnngen traten nicht anf ; — die Art.
mp. war bei der Exstirpat unterbunden worden;
ich 1 Monat trat die Nachblutung ein.
i jede Angabe.
le jede Angabe, dazu gehören noch No. 156.
No. 113, 114, 115.
i der Ligat stellen sich neae Blutungen ein; der
^rsach, die QefiBsenden zu finden, scheitert; es
^den sich Schwäche im r. Arme,
folgenden Tage r.-seitige Lähmung; Coma.
Erschöpfung. — Das Geschwür
gehörte den krankhaft verän-
derten Häuten der Carot di-
rect unter ihrer Theilungsstelle
an, sie selbst war eröffnet worden.
Erschöpfung.
Es bestand ein Anenr. yertebr
Pyämie.
Carot. an der Theilungsstelle
▼erletzt
Section nicht gemacht
Erschöpfung.
Section fehlt
Section fehlt
19*
292 Dr- C. Pilz,
Zusätze zu vorstehender Gasuistik.
1) Das Hörn war an der linken Seite des Ringknorpels bis zür Wirbel-
säole eingedrungen, hatte dabei den Pharynx, die Artt. Carot. int. und ext
in ihren Zweigen verletzt; die Gompression der Carotis stillte die Blutung,
wurde aber nicht ertragen. Am nächsten Morgen sind die Pupillen contra-
hirt, und Pat schliesst die geöffneten Lider schnell. — In den Seiten Ven-
trikeln br&unlich-trfibe Masse, die Nu. laryng. sup. und glossophar. verletzt.
2) Sogleich erlischt Puls in der Carotis. Die Temperatur der Seite min-
dert sich; die Pupillen sind dilatirt
7) Cline hatte am 26. Febr. einen Theil der festen Geschwulst aas der
rechten Wange entfernt, diese Schnittwunde hatte sich mit fnngösen Gra-
nulationen gefftUt In der Nacht des 12. April erfolgte eine arterielle Blu-
tung (3 Pinten); der Operation folgte Fieber und häufiges Frösteln.
12) Beim Versuche, das Gefäss in der Wunde zu unterbinden, entstand
heftige, mit der Ligatur schweigende Blutung, die nach Entfernung des com-
primirenden Fingers noch einmal auftrat; beim Zubettegehen pulsirte die
rechte Temporaiis. 15. Schlaf gut, Halsschmerzen, Schlingbeschwerden,
— Hals wie zugeschnürt (\^enaesect. 35 Unz.). — 17. Die Schlingbeschwer-
den mindern sich, wie die Kopfschmerzen; Schwerhörigkeit rechts; in der
Temporalis schwacher Puls, nicht in Art. coron. lab. — 23. und 24. Schwin-
del, 25. kein Puls in Temp. und Max. ext., wohl aber am 14. Aug., nach*
dem alle Erscheinungen, bis auf eine gewisse Taubheit der rechten Seite,
geschwunden sind.
13) Ein schräg verlaufender Schnitt hatte die Geflssscheiden beider Seiten
blossgelegt; da bei C's Ankunft die Blutung stand, so wurde die Wunde
einfach vereinigt; die am Abend auftretende Blutung erheischte die Ligatur.
17) Derselben Person hatte Busch (No. 311.) wegen Aneur. anast. die
eine Carotis iigirt. Gleich nach der Operation sind die Papillen dilatirt;
Geruch und Gehör sind normal; Sensation im Kopfe »nimiam quietem*.
1866 bemerkt Dr. Passavant in einem Briefe an Prof. Gurlt, dass der
Pat. noch lebe.
22) Den 19. Juli und 7. August Frostanfall, 8. Schmerzen im Kopfe und
der rechten Halsseite. — 17. starke Blutung (8 Duz.), die in 4 Stunden wie-
derkehrt ~ 20. vier, am 21. drei Blutungen.
24) Der rechte Rand des Zäpfchens war ulcerirt. die rechte Mandel zer-
stört, ebenso auf derselben Seite der hintere Ganmenbogen und die Rachen-
wand mit Eiter bedeckt; sogleich erlosch in der Temporal, der Puls, war
aber Nachmittags schon in der Art. facial. fühlbar.
25a) Die Stichwunde am Halse heilte in 10 Tagen, aber schon nach
wenigen Tagen bildete sich ein Tumor, der immer weiter wuchs, der Schlin-
gen und Athmen hinderte; beim Einschnitte entstand nach Wegnahme der
Znr Ligatur der Arteria Carotis commnnis. 293
Coagnla eine heftige, nor dnrch die Ligatur zu stillende Blatnng; am 5. und
6. Tage erfolgte Fieber, das am 8ten schwand; Schwerhörigkeit und Ge-
sichtsTerlnst sind die aufgeführten Folgen.
30) Die in den Mnnd gedrungene Kugel zerbrach einige Z&hne und den
Unterkiefer, ging unter der Zunge, welche sie tief einfurchte, hin, und blieb
am rechten Kieferwinkel liegen; als nach 8 Tagen eine Blutung eintrat,
wurde yergeblich das Glftheisen angewendet.
34) Nach voraufgegangenen Schmerzen in der Unken Rachenseite zeigte
sich am 29. Apr. eine Geschwulst an der rechten Halsseite, d^e bis zum Ohre
hinaufsteigt; am 8. Sept entleerte sich Eiter aus dem Ohre; bei einer am
9. ans dem Munde erfolgten Blutung verkleinerte sich die Geschwulst. 13.
nene Blutung; vom 9. bis 16. Oet. Zunahme des Tumors, der elastisch, ohne
Palsation das Gaumensegel in die Höhe hebt, Athem- und Schlingbeschwer-
den Terursacht; die Sprache ist undeutlich. — 18. 3 Dnzen betragende Blutung.
39) Pat. in den Schiffsraum gefallen, hatte sich einen pulsirenden Ex-
ophthalmus des rechten, bewegungslosen und erblindeten Auges zugezogen;
während eines Hustenanfalles erfolgte die starke Nachblutung.
40) In der 1^ Zoll langen, vom Kinn bis zum Kieferwinkel reichenden
Wunde sind blutende Gef&sse nicht aufzufinden; den comprimirenden Ver-
band sucht Pat. zu entfernen; neue Blutung am 26. Jan. zwingt zur Ligatur.
26. schwacher Puls in der Art temporal, mehrfacher Versuch, den Verband
zu entfernen.
43) Von einem Barbier war dem Patienten eine Geschwulst in der Ge-
gend des rechten Unterkieferwinkels herausgeschnitten , und dabei die Max.
ext, nahe am Ursprünge, verletzt worden; die heftige Blutung, durch Glüh-
eisen, Tamponnade etc. fOr den Augenblick gestillt, war mehr oder minder
stark öfter wiedergekehrt. Bei der Operation wurde der Hautscbnitt am äusse-
ren (?) Rande des M. stemocleid. gemacht, und der untere Theil desselben
durchschnitten. Den 18. Mai erfolgte beim Stiefelausziehen die tödtliche
Nachblutung.
45) Als bei dem an Krebs des Unterkiefers Leidenden w&hrend der Vi-
site mit dem Dnrchbruche des Neoplasmas in die Mundhöhle heftige Blu-
tung sich einstellte, musste die Ligatur der Carotis gemacht werden; die
heftigen Hnstenanfölle hatte ein Poljp verursacht.
4G) Am 7. Tage zog das Ligatnrstäbchen den Faden heraus, am Uten
folgte Nachblutung; nach 6 Monaten ist Pat. ganz wohl.
49) Die hinter dem Unterkiefer gelegene Stichwunde lieferte eine so
starke Blutung, daes Dr. F. ohne Assistenz, halb im Dunkeln, die Ligatur
der Carotis (?) ausf&hrte; eiuToumiquet blieb liegen; bald fand sich ausser
der durch das Compressorium geschaffenen Gangrän der Haut ein Aneu-
rysma^ dessen Pulsationen auf Compression der Carotis standen.
294 I>r. C. PiU,
52) u. 53) Seit dem 6teD Jahre bestand ein kleiner Tumor auf dem Schei-
tel, der Bcbnell za HaselnussgrOsse anwuchs, und bis 1842 langsame Fort-
schritte machte; ein Arzt versuchte in diesem Jahre die vermeintliche Cyste
zu exstirpiren; die beim Einschnitte eintretende Blutung Hess jedoch davon
abstehen; als am 4ten Tage'die zur Goropression angewandten Bleiplatten ent-
fernt wurden, erheischte eine heftige Blutung die Anwendung verschiedener
Styptica. Seitdem traten bei körperlichen und geistigen Anstrengungen nicht
selten Blutungen auf, trotz andauernder Gompression der erweiterten Art.
occipit. — Vor der Operation zeigte sich auf dem Scheitel ein fast faust-
grosser Tumor, der aus mehreren kleineren zu bestehen schien; in der Mitte
einer auf ihm befindlichen Narbe fand sich ein linsengrosses, mit einer Blnt-
kruste bedecktes Geschwür; der schmerzlose Tumor zeigt dem Herzschlage
isochrone Pulsationen; seine breite, weiche Basis wird bei Anstrengungen
hart. Die Artt. occipit. und temporal, waren, besonders links, auf Gänse-
kieldicke erweitert Mit Schluss der Ligatur empfand Pat plötzlich einen
massigen Schmerz in der Wunde und eine „ gewisse FOlIe " im Kopfe fQr
kurze Zeit — 5. Tumor pnlslos, 17. das Gesicht zeigt lebhafte Röthuog, der
Tumor Pulsation, der Puls 110 Schläge; in der Nacht heftige Kopfschmerzen,
Oebelkeit, Erbrechen, Durst, Kälte der unteren Extremitäten, SchlafloBigkeit
(Venaesect, Hirud., Digit), den nächsten Abend besteht nur noch Kopfschmerz
und Erbrechen. — 18. Wohlbefinden, Pulsationen nur in der rechten Seite des
Tumors. Im Januar 1844 ist die linke Seite des Tumors zusammengesun-
ken; die stark pulsirenden Artt. temporal, und occipit. rechts erweitert; 2
Stunden nach der zweiten Operation wird Pat ängstlich, unruhig, klagt über
starke Kopfschmerzen, Ohrensausen, Brechneigung; das Gesicht isf geröthet,
der volle Puls hat 120 Schläge (Venaesect, Eis, Nitr.). Abends heftige
Kopfschmerzen, Ohrensausen, Singulttis, Erbrechen; am 2ten Tage erfolgt
Ermässigung der Erscheinungen, die aber noch am 4ten Tage nicht gans
geschwunden waren. — 5. März. Der hühnereigrosse, feste Tumor wird mit
Gompression erfolgreich behandelt
58) Section: An der Theilungsstelle bestand nur eine kleine Ver-
bindungsbrficke der Garot. ext, die OefTnung der Garot int war zusam-
mengezogen, mit Gerinnseln erffillt, und mflndete in den aneurysmatischen
Sack ein.
59) Mit Eintritt der Ohnmacht war die Blutung erloschen, kehrte aber
am 18ten Tage wieder; seitdem mehrere Blutungen in Zwischenräumen von
3-4 Tagen.
63) i Stunden nach der Verletzung fand F. in der 3 Zoll langen Wun de
kein arterielles Gefftss, aber bei der neu eingetretenen Blutung ein solches
hinter dem Kieferwinkel.
64) Man hatte nach Entfernung der Goagula Nähte angelegt, doch als
Zur Ligatur der Arteria Carotis communiB. 295
beiflB Anfsitsen immer neue Blutungen wiederkehrten, und keine blutenden
OefSsse erkannt würden, schritt £. zur Ligatur der Garot. comm.
65) Es bestand seit 10 Monaten bei dem tnberculös^en Soldaten Ohren-
flasB mit Sehw&ehang des Gehörs; weiterhin bildeten sich Fistelg&nge. Die
erste, bei einem Hastenstosse auftretende Blutung aus dem Ohre wurde durch
Tamponuade gestillt, wie auch später die aus Nase und Mnnd kommende.
66) 14 Tage nach der Verletzung öffnete S. von der SchnssOffnung, am
▼orderen Rande des M. masset^ bis znm Schlfisselbeine herab* zwei in Ver-
blnduQg stehende Abscesse, entfernte dann in der Mittellinie der Nacken-
muskelo die Kugel; am 9. Nov. erfolgte ohne besondere Veranlassung aus
der Abscesswnnde eine Blutung, ebenso den 14ten. Bei der Erweiterung
des Schnsskanales Behufs Aufsuchung der Art max. int erfolgte heftige
Blotung;.DigitalcompresBion wurde nicht ertragen; bei Schliessung der Li-
ntia r traten keine besonderen Erscheinungen auf, aber nach 3 Stunden Ein-
geschlafensein der linken Extremitäten; in der ^'acht wenig Schlaf wegen
relssender Schmerzen in der rechten Gesichtshälfte. — 15. Das Kauen und
SehUngen ist sehr erschwert, das Gefühl des Eingeschlafenseins bald stär-
ker, bald schwächer, die Muskelkraft links ebenfalls geschwächt; Zittern des
ganzen Körpers, besonders des linken Beines. — 16. 2nial Convulsionen der
linkea Extremitäten, deren Motilität geschwächt erscheint, Drang zum Üri-
niren, das nur unYoUkommen gelingt, Hantwärme beiderseits gleich; das
Bewasstsein scheint abzunehmen. — 17. Lähmung der linken Extremitäten und
der linken Gesichtsseite, reissende Schmerzen in den rechten Extremitäten
und gleicher Gesichtsseite, Zittern des linken Beines; Schüttelfrost; hohes
Fieber, Bewnastsein getrübt, laute, aber unbestimmte Klagen. - lö* Coma,
unwillkürliche Entleerungen. — 19. Frost, Sopor. Decubitus. — 22. Tod.
Sect: Die inneren Hirnhäute blass, blutleer, Hirnaubstana blase, r. wei-
cher und feuchter, als 1.; auf der Scheitelhöhe mehrere hanfkorngrosse Abs-
cesse in der Rinde, die hier und da auf die Markhöhle (?) greifen; in den
Ventrikeln 2 Quentchen Serum; die r. Pleura und Lunge mit schmelzendem,
gelbem Exsudate überzogen, im unteren Lappen eine haselnussgrosse, he-
paUairte Stelle; in der Pleurahöhle 2 Pfd. jauchigen Exsudates; beide Lun-
gen blutreich; beide Thromben normal; nichts Besonderes »n des lA^vwtx«-
stelle. ^ AthaV-
70) Pat hatte vor Kolding einen Schuss durch den Oberkietet ^^^^
ten; die Kugel war durch die Fossa spheno-max. gegÄngen, hatto ^p^^^
anser. zerrissen, und den äusseren Gebörgang verletzt; — Taub
▼or der Operation sehr unruhig, war nach derselben ganz mbig- ^^^ud,
72) Pat stiess sich beim Fallen das Ende eines Sohirms» ^^ ^^^
am 7.-8. Tage trat eine leicht zu stillende Blutung a.xif , dan» va ^^^^^.
h Ohre ein Abscess, aus dem blutiger ßiter entleert wird; bei eia«xn
296 Dr. C. Pilz,
anfalle Blutung ans dem Mande und der Abscesswunde. Der Puls bleibt io
der 1. Temporal, schwächer, als in der rechten.
73) Am 6. Tage xeigt sich das sich schnell vergrOssernde Aneur. spar.,
am 22. Juni macht Electropunct. den Tumor fester; derselbe wird schmerx-
'haft; 1. Juli Blutung, die wiederkehrt; mit der Ligatur erscheinen Schling-
beschwerden, der Puls ist sehr hart — 4. ist die Haut über dem Tumor gan-
gränös. Als eine neue Blutung auftrat, und N. die Gefässe nicht fassen
konnte, torquirte er die ganze Gegend mit Erfolg.
74) Die Mnsketenkugel war unter dem l Nasenflflgel eingedrungen, hatte
den Proc. aheol. des Oberkiefers und den harten Gaumen durchgeschlagen,
die Zungenwnrzel r. durchbohrt, die Speiseröhre verletzt, und war im
Nacken wieder ausgetreten.
76) Pat wurde durch einen Pfriemen so verletzt, dass die 1. Carot., der
Plex. brachial, und die Speiseröhre angestochen wurde. Nachts, beim Scheine
▼on 2 Kerzen, machte F. die Ligatur; heftige Brechbewegungen traten naeh
den ersten Schnitten ein.
78) Da die Geschwulst Ausläufer zwischen die grossen Gefässe sandte,
so hatte man, so weit es anging, dieselbe entfernt, dabei die angeschnittene
Art thyr. snp. unterbunden. Nach Fall dieser Ligatur am 13. Tage, ent-
stand aus ihr eine Blutung, weshalb der kleine Stumpf neu ligirt wurde;
bei der folgenden Blutung schritt W. zar Ligatur der Carot. comm.
81) Ein tief liegender Abscess d^r Hals- und Gesichtsseite, der heftige
Dyspnoe verursachte, wurde geöffnet, guter Eiter entleert. Die nach 5 Ta-
gen auftretende Blutung — besonders aus Transversa fac. ~ stand nicht
auf Ligatur derselben, wohl aber auf Compression. Gegen wiederkehrende
Blutung half 5 Tage lang die Compression, da brach der Abscess nach Innen
durch; die nun eintretende Blutung zwang zur Ligatar der Carot comm.
80) Das Gesichtsvermögen ist nach Jahren 1. wieder normal, auch zeigte
die ophthalmoscopische Untersuchung keine Anomalie (Ehr mann).
84) Hr. Prof. Heiberg theilte durch Hrn. Prof. Boeck Folgendes mit:
Pat., wegen starker Blutung in's Spital aufgenommen, sagt, dass er vor 4
Tagen mit einem hölzernen Stabe verletzt worden sei, so dass er eine Wunde
der Lippe, des Kinnes, und eine 1^' lange Wunde im Inneren des Mundee,
zwischen der Wurzel der Zunge und dem Unterkiefer, in deren Grunde man
die Carot pulsiren fühlte, davongetragen habe. An der äusseren r. Seite
des Halses fand man einen rothen, im untersten Theile fiuctuirenden Tumor,
der, geöffnet, eine Menge übelriechenden Eiters entleerte. 7 Tage nach der
Aufnahme trat eine arterielle (etwa 32 Unz.) Blutung ein, und als am fol-
genden Tage eine neue Hämorrhagie wiederkehrte, wurde die Ligatar des
Hauptstammes ausgeführt Blutungen traten nicht mehr ein; die Erschöpfung
war hochgradig.
Zar Ligatur der Arteria Carotis commnois. 297
90) Nach der Ligatnr wurden die verletitcn Zweige der Carot ext. auf-
gesucht, konnten jedoch nicht erreicht werden. Gompression. Vereinigung
der Wände.
92) Die Onterbindang wurde gemacht, als die Gompression der Garot.
die Blotang nicht mehr stillte, aber die Blutung dauerte geschwächt fort;
da aber der Blutstoss geringer geworden, so bildete sich bei Gegendrücken
eines Sehwammes nach einigen Minuten ein Thrombus. Um sich gegen eine
nene Blntang zu sichern, wurden 1| Zoll des Unterkiefers resecirt, und die
Art. maz. int. unterbunden; der 4 Tage währende Kopfsehmerz war das
einzige Symptom. Im Januar war Pat. als genesen anzusehen. Später ent-
wickelten sich an verschiedenen Stellen des r. Darmbeines, 1. Halswirbels,
des Schlfisselbeiues — durch Necrose bedingte — Abscedirnngen. Sect. : Die
lojeetion in die I. Carot. und beide Vertebrales durch Prof v. Patruban
ergab: 1" der Aiterie fehlte an der Ligaturstelle, dafür ein dünner Binde-
gewebsstreif ; das obere Carotisstück ganz obturirt , am unteren bis zur In-
nom reichende, weiche, frische Gerinnsel. Beiderseits waren die Oarotis-
Zweige xiemlich gleich. Am CircuL art. Will, fanden sich auf der einen (?)
Seite 3 kleine, neben einander Yerlaufende Qef&sse.
93) Die Kugel schlug die unteren Schneidezähne aus, ging durch die
Zunge unter dem Kieferwinkel, und wurde durch Eiterung ausgestossen.
98) Bei der Exstirpation war eine prophylactische, offene Schlinge um
die Garot. gelegt gewesen, die am Schlüsse der Operation entfernt wurde;
gegen 30 Ligaturen wurden gebraucht Nach 6 Tagen erfolgte die erste
Nachblutung ans dem Stumpfe der Art. thyr. sup., von der die Ligatur sich
schon gelöst hatte. Dm die schwer isolirte Carot. wurden 2 Ligaturen ge-
legt, deren eine über der Art. thjr. sup. zu liegen kam. — 15. Juli 5i h. p. m.
heftige, nnr aus der Garot. selbst kommende Blutung, steht auf Gompression
derselben in der Wunde; da ein Gompressorium nicht in die Wunde gelegt
werden kann, wird Digitalcompress. vom 15. 5J h. bis 20. Juli 3?, h. p.m. aus-
gefibt. — 18. Pat. hört nicht mehr, kann nicht sprechen, der Mund ist zu-
sammengeklemmt. 148 Puls. Abd. Schüttelfrost. — 19. Morg. Puls 104,
Abd. 152. Resp. 72 - 76. Augen offen, stier, häußges Schlagen mit dem r.
Arme. — S e c t. : Die mit der Wand verlöthete Vena jug. enthält ein langes, wei-
ches Gcrinnael, wie die übrigen grossen Venen; nirgends in ihnen Eiter,
nirgends eine Spur von Phlebitis. Die Enden der durchschnittenen Carot.
sind entfernt; die Art subcl. geht hinter der Trachea weg.
99 a) ist leider erst später eingeschoben , und deshalb in den statisti-
schen Zasammenstellungen nur bei Lähmung und Abscess im Gehirn be-,
rücksichtigt.
1Q3) General Bayard, am 11. j^n verwundet, musste die Pfeilspitze
298 Dr. C. Pilz,
aus Mangel an Instrumenten, in der Unterkiefergegend behalten; leichte Blu-
tung aus der Nase. Die später erfolgte Extraction der Pfeilspitze yerlief
unter heftiger Blutnng ans Nase und Mund; bald traten Schmerzen beim
Entfernen der Kiefer von einander ein, Schwellung des Gesichtes, Biotnog,
ein grosses, die Schwellung vermehrendes Blutextravasat erforderte loci-
sionen im Gesichte und im Munde; neue Blutung zwang zur Ligatur, der
keine Blutung mehr folgte.
106) Der Schnitt hatte nicht den Kehl- und Schlnndkopf erreicht, die
Quelle der Blutung ist nicht zu finden, die ünterbiDdung einer kleinen Ar-
terie ohne weiteren Erfolg. Da die Compression der Garot die Blotung
stillte, und Pat. immer schwächer wurde, so wurde die Ligatur derselben
gemacht.
107) Leider fehlt eine genaue Krankengeschichte. Pat. zeigt eine fanst-
grosse Geschwulst, die vom Trigon. coli. r. bis zur Mittellinie des Halses
reicht, an den Rändern fest, in der Mitte fluctuirend erscheint; da der Kräfte*
zustand schwach ist, so erscheint eine Operation nicht möglich. Eine Pqdc*
tion, — eine braune, zähe FlQssigkeit entleerend — mit nachfolgender Jod-
injection schafft Erleichterung; die Gjste fQllt sich schnell, neue Eotiee-
rnng; die Kräfte nehmen ab, das Athmen wird immer beschwerter, eiDe&
Morgens entsteht bei der Visite ans der Oeffoung eine heftige Blutung, bo
dass der Assistent sogleich die Ligatur der Garot. machen muss.
109) Bei der Exstirpation durch Schuh war die Max. interna nahe am
Ursprünge abgeschnitten und dann ligirt worden.
110) Bei der Ablösung eines Enchoodromes von der Ge&sacheid^ hatte
man an der Theiluugsstelle der Garot. eine atheromatöse Stelle erkannt
Am 7. Tage erfolgte bei leiser Entfernung eines Ligaturfadens heftige Blu-
tung aus der Garot. exti, die sogleich unterbunden wird. 2 Tage später
verlangte eine Blutung aus der atheromatösen Stelle die Ligatur über und
unter der Theiluugsstelle.
112) Das Messer, unter dem Proc. mast. eingestossen, hatte den hinte-
ren Rand des M. sternocleid. durchschnitten, und einen langen Schnitt über
den Nacken geschaffen.
116) Mit der Ligatur erlosch die Blutung, und die Pulsation im Aneur.,
in der 4. Woche war in der Art. temporal, r. der Puls schwach fUhlbar,
wurde dann stärker; in den ersten Tagen war die Art. radial, n schwächer
als die linke.
118) Die Kugel, eingedrungen in die Flügelgaumengrube, hatte den Proc.
condjl. zerschmettert, ~ die Kugel blieb zurflck — es entstanden heftige
Athemnoth und Schlingbeschwerden, die Anämie war bedeutend. Mit der
Ligatur und Entfernung der Kugel aus dem Proc. condyl. max. inf. liess
die Athemnoth nach. — Sect.: Der Oberkiefer erschien in seiner hinteren
Zar Ligatnr der Arteria Carotis commanis. 299
Partie gestreift, ebenso das Keilbein in der Gegend des Foram. carot. , die
Garoi jedoch nnverletat Die Kugel hatte etwas hinter der Mandel die Pha-
ryngeal wand gefasst, nnd mit dem ganzen weichen Ganmen von r. nach 1.
gedringt, dadurch den Aditus laryngo - phar. sehr verengt; starke Blntex-
travasate verliefen abwärts in die r. Hälfte der Glottis nnd Epiglottis.
122) 27. Die Lähmung bestand ohne Temperaturdifferenz, die Zunge
iconnte nicht bervorges treckt werden, das Schlucken selbst fQr FlOssigkeiten
nicht möglich, die Sprache kaum verständlich, unwilikörliche Urinentleernng«
— 28. Dio r. Gesichtsseite gelähmt. Pat. scheint zu verstehen, ohne beant-
worten za können; Nachmittags sagt er ».ja** und ,,neln^ — 29. Die Zunge
kann hervorgestreckt werden, die Pupillen reagiren lebhaft - 1. August. Pat.
ist noch theilnahmlos, FlQssigkeiten können leidlich genossen werden, in
der 1. Carot. nirgends Pulsation. ~ 3. Einige Worte werden deutlich ge-
sprocheo, aber gewisse Gegenstande kann Pat. nicht bezeichnen. — 8. Bewe-
gung der Zonge besser, und am 18. die Sprache. — 22. Die r Extremitäten
noch vollständig motorisch gelähmt. Die r. Gesichtsmoskeln schlaff, aber
nicht mehr gelähmt, Bewegung der Zunge gut; noch besteht Aphasie. — Dec.
1866: Alle Erscheinungen sind bis auf die schwere Beweglichkeit des r.
Beioe» gewichen.
124} Bei der Untersuchung fand man die Carot. angeätzt, durfte sie
aber wegen der erkrankten Umgebung nicht am Orte unterbinden, eine Blu-
tnng erfolgte nicht mehr.
125) Am 3. Dec. fehlte Puls in den Zweigen der Artt. max. ext, tem-
poral, nnd occipit Die Artt centr. retin. sind beiderseits gleich.
127) M., 27 Jahre alt, kam am 23. Nov. mit einer Psoriasis syphilit an
den Extremitäten und dem Thorax behaftet, so wie mit den Resten eines
fifttoldsen Bubo inguinalis auf die syphilitische Abtheilung des Zfiricher Can-
ton-Spitales, in die Behandlung des Hrn. Geh.-Rath Prof. Dr. Griesinger.
Hier begann, bei passender Behandlung, — besonders äusserlich Bäder und
innerlich Sablimat — das Exanthem zu erblassen, die Fistel secemirte
immer weniger. Pat. war mit Ausnahme der frQheren Infection immer ge-
sund gewesen, nnd stammte ans gesunder Familie. Am 28. Nov. klagte
er fiber Schmerzen beim Bewegen des Kopfes nnd beim Oeffnen des Mun-
des; es fanden sich aber bei der Untersuchung nur mehrere Drfisen unter-
halb des Proc. mast etwas geschwollen nnd empfindlich, der Druck auf den
Proc mast selbst war nnempfindlich ; am 30. gab Pat stärkere Schmerzen
in der Ohrgegend an; jedoch die äussere Untersuchung und die otoscopi-
sehe zeigten nichts Abnormes. Am 2. Dec. trat unerwartet eine etwa 8 Unz.
ausmachende Blutung aus dem r. Ohre auf, welche minder stark am 3., 4.
nnd 6. sich wiederholte; ausserdem erkannte man deutlich eiterige Beimi-
schung bei der am 4. sich einstellenden Hämorrhagie, zu deren Stillung
300 Dr. C Pilz,
mftQ sich die beiden ersten Male der Tamponnade des äusseren Gehörganges
mit trockener Gharpie, die letzteren Male aber in LGsung von Ferr. ses-
quichl. getanchter Obarpie bediente. Am 6. nnd 7. erfolgte nur blntig-cite-
.rige Secretion ans demselben Ohre, keine eigentliche Bluinog. Jetzt er-
kannte m an eine ausgebildete diffose ROthung in der Gegend des Dnterkie-
ferwinkels, welche zum Theil von einer leichten Aetzung durch darauf ge-
tropften Liq. Fern sesqnichl. hervorgerufen sein konnte. Zugleich war die
ganze Gegend etwas geschwollen nnd auf Druck empfindlich. Die Unter-
Buchung des r. Ohres mit dem Ohrenspiegel Hess am 7. nur etwas ange-
trocknetes Blut am unteren Rande des anscheinend perforirten Trommel-
felles erkennen. Diese Untersuchung war jedoch wegen starker Anscb «Tei-
lung des äusseren Gehörganges und der gerade schlechten Beleuchtang
unsicher und nicht entscheidend. Den 8. und 9. stellte sich eine copiöse
Blutung ein; am Abend des letzten Tages war der Puls frcquent, die Tem-
peratur erhöht, die, in der Achselhöhle gemessen, 39,6^ betrug. Der 10.
verlief ohne Blutung, nur entleerte sich blutig- eiteriges Secret aus dem
Ohre. Am 11. fand Hr. Dr. Lehmann bei der Morgenvisite ein Speiglas
voll blutig- eiteriger Masse, in der die eiterigen B estandtheile vorherrschten
dieselben waren mit Husten aus dem Munde entleert worden. Weder ein
Abscess, noch eine Oeffnung am Gaumen oder an der hinteren Pharjnx-
wand liess sich, bei dem etwas behinderten Ocffnen des Mundes, auffiodon;
auch den Tag Aber wurden, unter massigem Hustenreize, gleichartig blutig-
eiterige Sputa entleert; an den Lungen war durch Percussion und Auscal-
tation nichts Abnormes zu finden, auch hatte früher Fat nie an Husten
gelitten. Am 12. zeigte sich wieder ein geringer Ausfluss aus dem r. Ohre;
der Auswurf war geringer als gestern, betrug den Tag über gleichwohl nocb
etwa 10 Unzen, und Pat. gab an, das Gefühl zu haben, als käme Alles
aus dem Rachen. In der folgenden Itacht fand eine heftige Blutnog ans
dem Ohre und Munde statt, welche durch Compression der Carot gestillt
wurde. Am 13. konnte die Perforation constatirt werden, indem bei ge-
nauer Untersuchung des besser zu öffnenden Mundes eine Vorwölbung der
r. Gaumengegend, und mit einem Spiegel auch eine linsengrosse Oeffonng
an der seitlichen Pharynxwand wahrgenommen wird, aus der etwas Eiter
fiiesst. Pat., durch diese Blutungen angegriffen, war schon sehr ängstlich
geworden, und obwohl er vollkommene Ruhe beobachtete, gegen den stark
auftretenden Durst nur Eis und Limon. sulph. gebrauchte, hatte er schon
wieder um 5 Uhr Nachmittags eine so heftige Blutung ans Mund, Nase nod
Ohr, dass, nachdem dieselbe durch Compression der r. Carotis zum Stehen
gebracht war, Pat. höchst angegriffen und bleich, mit bläulichen Lippen
und kleinem Pulse, dalag. Hr. Prof. Billroth, der inzwischen herbeige-
rufen war, beschloss, sogleich die Unterbidung der bisher comprimirteo Art.
Zar Ligatur der Arteria Carotis commonis. 301
Carot. comm. dextr. zu machen. Nach der Cbloroformirang wurde die Cn-
terbiodnng nach A. Oooper glücklich ausgeführt, obwohl stark ausgedehnte
Venen, besonders die Vena jag. ext, welche nach Aussen geschoben wurde,
die Operation etwas mühsam machten. Die Unterbindung hatte auf die Ath-
mnag keinen wahrnehmbareu Effect. Als Fat. aus der Narcose zu sich ge-
kommeD, erbrach er nicht, klagte über keine Kopfschmerzen, nur zeigte er
starken Darst, der durch dargereichte Eisstückchen gem&ssigt wurde. L&h-
moogscracheinungen der Gesichtsseite, der Extremitäten; Veränderungen der
Stimme, Sprache, des Auges etc. traten in keiner Weise ein. Die Wunde
blieb offen, der Ligaturfaden wurde aussen befestigt, ein leichter Verband
angelegt. — Ord.: Limon. snlph , Eis, Ruhe.
Nachdem Fat. die Nacht gut geschlafen, befindet er sich am 14. noch
schwach, hat starken Durst; das Sensorium ist frei, Fat. ist mit Ausnahme
geriogen Ropfwehes ohne Schmerzen; die Artt. max. ext dx. und temporal
polairen; — leider wurden sie gestern auf Fulsation nicht untersucht —
Die Wunde, vom besten Aussehen, schien sich bald schliessen zu wollen,
als am 17. Duc. ihre Umgebung geschwollen und schmerzhaft wurde; bald
entleerte sich auf leichten Dratk Eiter aus der Tiefe; dreimal wurde
dieselbe jetzt täglich mit Aq. chlor, verbunden. Zugleich trat hiermit
eine stärkere, mit etwas Blut untermischte Eiterung ans dem rechten Ohre
auf, dessen Gehör erloschen war. Der Zustand des Trommelfelles konnte
nicht mehr untersucht werden, wegen der starken Schwellung und Schmerz-
haftigkeit der Umgebung; reinigende Ausspritzungen wurden vorsichtig ge-
macht -' wahrscheinlich war das Gehör schon vor der Ligatur verloren ge-
gangen; aber nach der Unterbindung wurde man erst darauf aufmerksam;
des Fat Angaben waren darüber zu unbestimmt
So verflossen, ohne dass eine neue Blutung eingetreten wäre, 9 Tage,
in denen der Math und das Aussehen des Fat: sich gebessert hatte; die
Eiterong aus der sich verkleinernden Halswunde hatte nachgelassen, ohne
dass die Eiterung aus dem Ohre gleichen Schritt gehalten hätte. Da er-
folgte plötzlich am 23. Dec. Abends eine heftige Hämorrhagie aus Nase,
Hoüd und Ohr, welcher die Gompression der 1. Garot und dargereichte Eis-
stfickchen Halt geboten. Eine vollständige Digitalcompression wurde noch \
Stande Ung fortgesetzt, und dann bis 6 Uhr Morgens eine unterbrochene,
Anfangs 10, später 5 Minuten währende Plgitalcompression von 4 sich ab-
wechselnden Assistenten durchgeführt Fat, sehr schwach, schlief in die-
ser Nacht zeitweise, war ziemlich ruhig, bei klarem Bewusstsein, empfand
geringen Druck in der Stirn; die Hände und das Gesicht waren kühl,
der Puls frequent, Durst andauernd heftig. — Eis, Limon. snlph. Am 24.
wurde etwa alle Stunden eine 5 - 10 Minuten dauernde Digitalcompressiou
ausgeübt, doch in der folgenden Nacht von derselben abgestanden, weil Fat
302 Dr. C. Pill,
den schmerzhaft gewordenen Druck nicht mehr gat ertrag. Alles ging goi
Fat. schlief, hatte wieder Appetit, blieb fieberlos, die Halswunde scklos«
sich mehr nnd mehr, die £iterung ans dem Ohre nahm nicht zn, als in der
Nacht vom 26. zum 27. Dec. sich eine sehr starke Blutung einstellte. Bis
zur Ankunft des sogleich gerufenen Prof. Billroth wurde die Compression
der 1. Garot mit £rfoIg gemacht; derselbe führte die für dieses traurige Er-
eigniss beschlossene Ligatur der 1. Carotis aus. Auch diesmal wurde der
sehr angegriffene Pat, Chloroform irt, aber nachdem mit glücklicher Deber-
Windung der Schwierigkeiten, welche die bedeutend vergrösserten Arterien
und Venen dieser Seite boten, die Ligatur um das sorgfältig isolirte Geßss
gelegt war, Hess man Pat vollständig zu sich kommen, und schloss nun
erst die Ligatur. Mit Schluss derselben trat vollständige Bewusstlosigkeit,
schwache, langsame Inspiration, gefolgt von geräuschvoller, stöhnender Ex-
spiration ein, das Gesicht wurde fast noch bleicher, als zuvor, die Augen
starr, die Pupillen verengt, so dass Pat den Eindruck eines Apoplectischeo
machte. Reiben der Extremitäten, Vorhalten von Ammoniak und Aether,
Bespritzen mit kaltem Wasser etc. hatte durchaus keinen Erfolg; -* gleich
nach der Operation war Pat in eine horizontale Lage gebracht worden.
So verging etwa eine Stunde; dann kehrte das Bewnsstsein alhn&llg
wieder, das Aussehen wurde besser. 10 Minuten nach der Operation war der
Puls in der Art. temporal, und max. ext sin. zu fflhlen; die Art radial
fQhlte sich sogleich nach der Unterbindung sehr gespannt an. In der Nacht
hatte Pat yiel Durst, leichten, oft unterbrochenen Schlaf. Am folgenden
Morgen, den 27. Dec, befand sich Pat verhältnissmässig gut; sein Aussehen
war noch angegriffen, die Gesichtsfarbe bleich, der Puls massig freqnent,
die Körpertemperatur wenig erhöht, Pupillen beide gleich weit, normal; er
hatte etwas Druck im Kopfe, und viel Durst; schläft viel, ohne im Schlafe
zu sprechen, Harn- und Stuhlentleerung ist willkürlich. Derselbe Zustand
dauert bis 28. Dec Mittags. Während Pat. viel schläft, treten nnwiUkflr-
liehe Entleerungen ein, dabei behält Pat. andauernd die Rückenlage bei,
macht oft hebende Bewegungen mit beiden unteren Extremitäten, besonder!
aber mit dem 1. Beine. Die Hände liegen meist ruhig, vollführen nur bis-
weilen greifende Bewegungen, der Blick ist etwas stier; Pat., ohne Appetit,
antwortet ungern nnd mürrisch auf .die Fragen, giebt mehrfach bestimmt
an, keine Schmerzen, selbst nicht mehr im Kopfe, zu haben. Der kleine,
schwache Puls hat 116 Schläge, Respiration zählte ich zu 20 Athemzügeo.
Am 29. ist das Fieber stärker, der Puls leicht comprimirbar, klein, hat 130
Schläge, ist aber in beiden Artt max. ext zu fühlen. Pat schläft den Tag
über Tiel, hat unwillkürliche Urinentleerung, die Wunden sehen gut aus, der
Ausflnss aus dem r. Ohre ist stärker; dieselben Bewegungen beider Beine
erfolgen auch heute; das Bewnsstsein ist erheblich geschwächt — Abendi
Zar Ligatur der Arteria Carotis commonis.
Ligi
303
liegt Pai gleichüalle mit geechloasenen Augen, daa Geeicht ist bleich, etwas
livid, die Lippen bl&Qlicb, Conjanotiva blass; auf lautes Anreden kommt
Pat, wie ans einem schweren Traume, zu sich, starrt den Betreffenden mit
gleich weiten Pupillen an, versteht langsam die Fragen, antwortet kurz,
nachdem er sich etwas hat besinnen müssen, um die Augen sogleich wieder
zu schliessen; noch erkannte Pat. die einzelnen Gegenstände. Zuckungen
im Gesiebte sind noch nicht aufgetreten, dagegen stellte sich Nachmittags
bäofiges »Flockenlesen* ein. Die Sensibilit&t war noch für Berührung und
Nadelstiche aller Orten gut erhalten. Der kleine Puls zählt 120 Schläge,
die nicht schwere, aber auch nicht flache Respiration 16 Züge. In der Nacht,
wähieod Pat. bis 2 Uhr dem Wärter ordentliche Antworten gegeben, und
jeden Schmerz in Abrede gestellt hatte, stellte sich plötzlich gegen 2 Uhr
ODter Husten eine sehr heftige Blutung aus Ohr, Mund und Nase ein, und
Pst. yerscbied dann ohne Zuckungen und Krämpfe, unter den Erscheinun-
gen hochgradiger Schwäche, um 3^ Uhr Morgens.
Die Temperaturmessungen in der Achselhöhle ergaben:
Uorgs.
Abds.
Horgs.
Abds.
Morgs.
Abdt.
9. -
39,6«
IH. 38,7«
38,8«
23. 37«
—
10. 39,6»
39,2.
17. 38.9.
38 .
24. -
38,1«
11, 38,4.
37,8.
18. 38,8.
37,8.
25. 37.
37,4.
15. 3T,2«
38 .
19. 87,2.
37,4.
26. 37,1,
37,7.
18. 37,1,
37,2.
20. 37,5.
37,6,
27. 37,4.
37,7,
14. 87,5.
37,9.
21. 88,3,
39,2.
28. 87,4.
38,3.
15. 38,4.
38,5^
22. 36,9.
87,2.
29. 39,5.
38,9.
Die Sectio n wurde von Herrn Prof. Rindfleisch ausgeführt.
Die bleichen Hautdecken zeigen ein sparsames, gelblich - rüthliches Ro-
seola-Exanthem nur an der Brust und den Armen; eine Narbe findet sich
io der L Ingninalgegend. Oedem ist nirgends Torhanden; die Papillen sind
gleich. Das nicht verdickte Schädeldach zeigte deutlich die Eindrücke der
Art meningea; das Gehirn ist nicht so anämisch, wie man hätte erwarten
sollen; am wenigsten blutreich erseheinen die vorderen Gehiralappen. Das
aus den durchschnittenen Arterien (Carot. und Vertebr.) ausfliessende Blut
ist sehr wässerig und blass. Nach der Herausnahme des Gehirnes zeigen
sieb die Sinus nicht stark gefüllt Aus dem eröffneten Sin. transv., der
eigentbümlicher Weise seine Sehenkel nicht, wie gewöhnlich, in Torcul. He-
roph. sich vereinigen läast^ sondern höher hinauf an der Schuppe, findet sieh
^^nig, gleichfalls dünnflüssiges Blut. Dss Gehirn ist in allen seinen Theilen
von guter Consistenz, nirgend erweicht; die Plex. choroid. sind sehr blass;
die Seitenventrikel ohne Flüssigkeits- Ansammlung. Was die Garotiden an-
^gt. so erscheint das Lumen der rechten, so weit man sie in der Schädel-
höhle sehen kann, etwas erweitert, auch weist sie mehrere schwache Trü-
bungen der Intima anf. Um dem Orte der Blutung auf die Spur zu kom-
304 !>'• C. Pila,
men, wird das rechte Ohr mit den anliegenden Gesichtsbedeckangen in seich-
ten, langen Schnitten abgelöst; bald trifft man hierbei anomale Verhältnisse.
Man erkennt nämlich eine spaltförmige Oeffnnng im unteren Theile des knor-
peligen Gehörganges, von wo aus man in einen Raum hinter dem Kiefer-
winkel gelangt Um weitere Einsicht zu erhalten, exarticulirte Prof. Bill-
roth den r. halben Unterkiefer, mit möglichster Schonung der Weichtheile.
Nach ZnrQcksch lagen der Weich theile des Gesichtes sieht man, schräg vom
Meat. andit. ext., nach unten und innen eine ca. 2 Zoll lange Höhle, an
gef&llt mit Blutcoagulis und krflmelig eiteriger Gerinnselmasse. Jetzt wurde
die Section so weiter geführt, dass man von der Unterbindnngsstelle der
rechten Carotis ausging; die bei dem Tode noch vorhandenen Ligaturfiden
waren nicht mehr vorhanden, mussten also beim Transporte herausgezogen
sein. Die in der Tiefe ganz gesohlossene Wunde hatte noch schmale, kleine
Wnndränder. Nachdem von. der Wunde aus in der Richtung der Carotis
ein Längsschnitt und einige Schnitte zur Isolirung derselben im etwas festen,
speckigen Gewebe gefQhrt waren, fand man die Arterie über 2 Zoll weit
von einem festen, der Geflisswand vollständig adhärirenden Thrombus —
wie auf einem Querschnitt gut zu zu erkennen — verschlossen; derselbe
reichte abwärts bis zur Anonyma, aufwärts in die Garot. ext. und int ein
Stück hinein, hier jedoch von geringerer Consistenz, als unten. Um die ar-
rodirte Gef&ssstelle zu finden, wurde in den Abgang der Carot vom Stamme,
bei Verschluss des Lumens derselben an der Basis cranii, eine Wasser-
Injection gemacht; bald sah man in der vorher erwähnten Höhle sieb das
Wasser sammeln, und die Gerinnsel heransspülen, und dann, wie es ans der
Innenseite der Carot int., bevor sie die erste Biegung in den Canal. caroL
macht, herausfloss, und einen an der Wandung des Gefösses noch sitzenden
Fetzen derselben hin- und herbewegte. Die Oeffnung der Arterie an ibrer
inneren, und theilweise vorderen Wand, von 8 Mm. Länge und 6 Mm. Breite,
war nach oben zu glatt abgerundet, nach unten etwas schärfer; nach innen
und nach aussen versehen mit Fetzen der Wandung , von welchen der Rest
an der äusseren Seite mit voller Basis aufsass, an der inneren nur in der
Mitte seines Grundes. Nach Entfernung der Gerinnsel aus der pathologischen
Höhle fand der eingeführte Finger nach innen und unten eine Zuspitzung
derselben ,- von wo aus eine Sonde leicht in die Rachenhöhlo gelangt, und
vom Munde aus hinter dem r. Gaumensegel sichtbar wird; nach Durchschnei-
dang des letzteren, zu besserer Einsicht, erkennt man genau die Perfora-
tionsstelle. Die Grösse der pathologischen Höhle beträgt in grösster Länge
6,6 Ctm., in grösster Breite 3,6 Ctm. ; ihre Grenzen sind oben : das an seiner
unteren Fläche von Weichtheileu und Periost entblösste, rauhe Felsenbein;
innen: die seitliche Wand des Pharynx, in den von der Höhle aus eine Oeff-
nung von der Dicke eines Rabenfederkieles führt, nach vorne der Muse pte-
Znr Ligatur der Arteria Carotis commoniB. 305
rjgoid. ist und hintere Banch des Mose digastricas, nach hinten die mit ihrer
Hascolator versehene Wirbelsäale ; frei in dieser IlOhle lag nan die Garot. in-
terna. Die Wunde an der linken Halsseite war in guter Eiterung; die geöS-
nete Arterie zeigte keinen Thrombus, weder Über noch unter der Ligatur, auch
ist die Intima nicht zerrissen; doch war die Geftsswand so stark gefaltet,
dass Uodurchgängigkeit ohne Zweifel bestanden hat — Die Qbrigen Organe
zeigen nichts Abnormes, vor Allem die Lungen keine Tifberculose, nur ist
der Blotgehalt der Tbeile sehr gering; die gesammte Musculatur erscheint
trocken. Um das Felsenbein noch genauer zu untersuchen, wurde es keil-
förmig herausgesägt; es zeigte sich, dass die die Mastoid - Zellen ausklei-
dende Membran abgelöst ist, und die Zellen selbst grossen theils in den cariösen
Process hineingezogen sind; am weitesten jedoch ist die Zerstörung an der
unteren Fläche des Felsenbeines vorgeschritten. Die ganze Partie ist nicht
Dor völlig ihres Periostes beraubt, sondern es bestehen auch Defecte am
Knochen der Art, dass in dem seiner unteren Wand ganz beraubten Canal.
caroticus die Garot. int. frei daliegt. — Neben der Garies am Felsenbeine
existirt eine geringgradige am Siebbeine; das erhaltene Trommelfell ist
normal
128) Vor 6 Wochen zeigte sich eine Anschwellung etwas über dem L
Kieferwinkel, zuerst beim Kauen bemerkbar geworden. Diese, bis Tauben-
eigrösse gewachsen, nicht mehr verschieblich, schmerzlos, macht die Kau-
bewegnngen mit. Am 21 Dec. machte Prof. v. Langenbeck die wegen
der nahen Garotis mühsame Ausschälong ohne besondere Blutung; am fol-
genden Tage geringe Reaction; am 23. zwang die plötzlich aufgetretene,
nicht zu stillende Blutung aus der Wunde zur Ligatur der Art Garot.
130) Ein dreieckiger, seine Basis dem weichen Gaumen zuwendender
Defect im harten Gaumen blieb nach einem Pistolenschusse zurück. Die
Bchmerhafte Ablösung am 8. war von starker Blutung begleitet, welche auch
nach der Operation noch aus der Nase andauerte. Nachdem Pat. sich schon
etwas erholt hatte, trat am 16. aus dem 1. Seitenschnitte, am 18. ans dem
r. eine durch Kälte leicht stillbare Blutung ein, während am 19. ans dem
1. Seitenschnitte eine schwer stillbare sich einstellte, und eine neue am 20.
Nachts die üaterbindung der Garot. comm. nöthig machte.
131) Seit dem 25. Oct. fühlt sich P. B. unwohl, hzt am 9. Dec. eine
schwache Blutung aus Nase und Mund, aus letzterem wieder am 11. Dec.;
es erscheint eine neue Roseola und Eruption von Furunkeln am 1. Vorder-
arme; am 12. fehlt die Remission von Puls und Temperatur. 13. Blutung
von 6—8 Duzen aus 6— 8 Linien langem Einrisse in dem r. Gaumenbogen
▼ird dnrch die Tamponnade gestillt. 15. Der Einriss bildet den Eingang zn
einer haselnossgrossen Höhle, deren Wände mit grauem Belag bedeckt sind;
▼ährend diese Höhl*^ sich vergrössert, erfolgen am 17. und 19. neue Blu-
V. Lang«ob«ck'i ArehiT für Chirurgio. IX. 20
306 !>'. C. Pilz,
tangen. Am 23. trat aber eine so heftife Hftmorrhagie ein, dasa das Blot
immer durch den Tampon durchsickert, nnd mit jedem Hnstenstosse sich
die Blutung erneut
132) Die im Dec. 1864 auftretenden Erscheinungen wurden fftr eine
Neuralgie des Ram infraorbit. gehalten, bis im März 1865 allseitige Voloms-
zunähme des Oberkiefers und Verfall der Krftfte die Natur des Leideis er-
kennen liess. 16. Apr. Reseetion des Oberkiefers, von der Fat. den 9. J&li
genesen war. Die wegen allm&iig gesteigerter Schlingbeschwerden nnter-
nommene Uatersuehung im October erkannte als Ursache derselben einen
von der linken Pharjnxwand ausgegangenen, den grAssten Theil des Schlond-
kopfes verlegenden Tumor; gleichzeitig zeigten sich die Halsdr&sen iafiltsrirt
und schmerzhaft Nur um das Schlingen zu erleichtern, wurde so viel als
möglich von der Neubildung entfernt; der Process schritt jedoch unter Sin-
ken der Kräfte weiter. Am 14. Dec. fanden zwei starke Blutungen statt;
B. fand die Person pulslos, einer Leiche gleich; bei Reinigung der hintereD
Rachen wand sah man das Blut von oben herabfliessen. -- Tamponnade mit
Liq. Ferr. sesquichl. und Gompression der Carot am Halse, da wahrschein-
lich die Carot int angefitzt war. — Abds. 11 Uhr eine heftige Blatong, die
Dr. Petri durch Gompression der Carot gestillt hatte, Pat wieder pnlalos.
B. glaubte, jetzt die Ligatur nicht länger aufschieben zu dürfen. Am 17.
Tage etwa war in der Carot ext. schwache Pulsation. Im Januar heftiger
Ohrenschmerz, mit Ausfluss aus demselben, Verbreitung des Schmerzes über
die 1 Kopfseite; später stellte sich Erbrechen ein, gefolgt von einem zp^*
thischen Zustande tind einigen Gonvulsionen.
133) Die neue Reseetion des N. infraorbit in der Flfigelganmengmbe
hatte, nach Entfernung der vorderen und hinteren Kieferhöhlenwand, heftige
Blutung aus der Max int zur Folge, die, Anfangs durch Tamponnade ge-
stillt, nach 2 Tagen wiedergekehrt, die Ligatur der atheromatösen Carot.
comm. verlangte.
134} Seit dem 21. Febr. traten mehrere, bald stärkere, bald schwächere
Blutungen auf. — B. wollte in Wirklichkeit die Carot int ligiren. — Seit
dem 28. nimmt das Sehvermögen immer mehr ab, während der Augenspie-
gel keine Veränderung auffinden lässt.
134a) K., vom Oesterr. Inf. -Reg. No. 49, erhielt bei Kdniggrätz einen
Schuss, genau entsprechend dem Foram. infraorbit, die AnsgangsöfiFnung
lag nach rechts vom Proc. spin. des 2. bis 3. Halswirbels, der Blutverlast
war gering. Er wurde in das Lazareth nach Görlitz mit einer Abweichung
des 1. Mundwinkel« nach links oben gebracht Hier erfolgten am 22. Jali
drei profuse Blutungen aus dem Schusscanale , die auf Compresaion bei-
der Carotiden stehen. In der Nacht vom 25. zum 26. eine leichte
Blutung.
Zar Ligatur d(^r Arteria Carotis commanis. 307
136) M., Feldwebel im Oesterr. Inf.- Reg. No. 43 war am 3. Jali bei Kff-
ntggrSlz verwaadet worden. Die Kugel ging auf der linken Seite der Nasen-
worzel durch das r. Nasenbein in die r. Augenhöhle, nach Zerstörung des
Auges nach hinten, um unter dem r. Proc. mast auszutreten; Paralyse des N.
fscial Zugleich bestand eine penetdrende Brustwnnde Aber dem r. Schlflssel-
beine. Am 19. Juli trat in Jfiterbogk aus dem Ohre eine Blutung auf, die
sieh von dort her und ans einem unterhalb des Schusscanales eröffneten
Senkungsabscesse mehrfach wiederholte, in der Stftrke von 6 bis 8 ünsen
bis zu einer halben WaschschOssel voll; es folgte grosse AnSmie und Fie-
ber — 130 Pulse. — Nach späterer Mittheilung wurde noch ein Sequester
ans der Wunde unter dem Ohre entfernt, und Pat gesund entlassen.
136c) Der Schuss, in die r. Gesichtsseite gegangen, hatte die Ausgangs-
öffnnng unter dem linken Proc. mast.
144) Nach 4 Wochen hat der Tumor noch ein Drittel seiner früheren
Grösse, nach 6 Wochen zeigte er von Neuem Pulsation.
148) Bei der Untersuchung wurde die Vena jug. wandstfindig unterbunden;
die Carot. erschien dabei nicht verletzt; 8 Tage später erfolgte die Blutung.
152) Die Exstirpation des Tumors war nicht mehr möglich ; nach der drit-
ten Blutung schritt L. zur Ligatur. Die Geftssscheide war von der Neubildung
noch verschont ; nach der Ligatur wurde so viel als möglich vom Tumor ent-
fernt, wobei noch die Resection eines Unterkieferstflckes nothwendig wurde.
154 a) Leider finde ich in meinen Notizen die Quelle des dem Originale
entnommenen Krankenberichtes nicht notirt. Die blutenden Gefässe wa-
ren nicht zu finden. Mit der Ligatur stand die Blutung; Pat. verhielt sich
ruhig; Erscheinungen sind nicht aufgefahri — Am nächsten Morgen gab
Pat. unvernfinftige Antworten; auf Mittag den 11. stellten sich Delirien ein
(Digit), bei neuem DeUrium- Anfalle brachte Opium Ruhe aber keinen Schlaf.
Am 13., Mrgs. 2^ Ohr, wurde Pat. schlechter, und starb ohne besondere Er-
scheinungen um 5if Dhr.
155) L. sagt 1832, vor 40 Jahren — Liston macht anderen Ortes
dieselbe Angabe ~ machte ich die Ligatur der Carot. oomm. bei Nachblu-
tung, nach Exstirpation der Gland. parot., da Morell bei derselben einen
hart am Ursprünge abgeschnittenen Arterienstumpf mit einer Ligatur umge-
ben hatte, die sich Jedoch bald ablöste.
169) Nach Anderen scheint der Ligaturfaden wieder entfernt worden
zu sein (Guthrie, Lancet 1850. Vol. 1 p. 109).
170) Die Stichwunde lag an der Theilungsstelle. Da Compression we-
gen Kropf an dem kurzen Halse nicht möglich war, so machte S. die Ligatur.
220) Die profuse Blutung entstand ans ergiebigem Einschnitt in einen
fongösen Tumor des Halses. Eäne Woche nach der versuchten Exstirpa-
tion zwang eingetretene Blutung zur Ligatur.
S08
Dr. C. Pill,
U. Ligatiii? bei
No.
Operateur
and
Datum.
Literatur.
il
Ursache.
|S '=:S : Aas-
«'S I ^M I
Tage ,
221.
A.Gooper, Lon-
don. 1. Nov.
Med.-Ghir. Trans-
act. Vol. 1. p. 1.
44j.
W.
222.
223.
224.
325.
226.
227.
228.
229.
980.
Bierkön,Schw6
den.l807.9.0ct.
A. Gooper,
1808. 22.Jnn.
Gline,St.Thom.
Uospit 1808.
16. Dec.
Macanlav,Gal-
cutta. ' 1812.
16. Dec.
Wright-Post.
New York. Ibid.
9. Jan.
Ph.v. Walther,
München. 1814.
8. Aug.
Dnpont, 1814.
Goates, 1816.
3. Jan.
Dupuytren,
Paris. 1818.
19. Jan.
Biblioth.forLaeger.
1823. Oraefe u.
Walther, Jonm.
Bd. 21. S. 405.
Med.-Ghir. Trans
act. Vol 1. p. 224.
Lond. Med. Rev,
Vol. 2. p. 96.
Edinb. Med. and
Surg. Journ. Vol.
10. p. 178.
Americ. Med. and
Philos. Regist Vol
4. p. 366.
W'. Neue Heilart
des Kropfes. Sulz-
bach. 1817. S. 41.
Norris: No. 6.
Vanderhagen,
These. 1815.
Med.-Ghir. Trans-
act. Vol. 11. p. 277.
LcQons orales de
Clin. Vol. 2. p.56.
'S-
M.
36j.
35j.
M.
27j.
M.
41j.
M.
76j,
W.
Anenr. Garot.
5
Mnt
lljl t
12(;21.Tp.
do. hinter d. Ohre.
do. Garot. int
1
I
über — jBesae-
8 I rung.
Jhr.
6-7
Mnt
do. Garot
do. Max. int träum,
do. unter d. Winkel
d. Unterkiefers.
do. Garot. ext. träum,
do. Garot ext
do. Garot. comm.
do. Garot. int.
10
Mnt
6
Mnt
6
Mnt
8
Jhr.
16|
17{
18)
21
16j
18
Heiig,
t
4. Tg.
Heiig.
Heiig.
Heiig.
Heiig.
t
71. Ts.
t
8. Tg
Zar Ligatur der Arteria Carotis communiB.
309
A^neTarysmen.
Besonderes bei der Ligatnr und im Verlaufe.
Todesursache und Section.
Zwei Ligaturen ohne Durchschneidnog d. Gef&sses da-
zwischen; am 8. Tage Lähmung d. 1. Armes und
Beines, die sich zurücicbildet; Entzdg. d. Sackes.
Zwei Ligaturen ohne Durchschneidung d. .Gefässes,
heftiger Schwindel. Pat. hört wieder, Geisteskräfte
heben sich — 1823 neues Wachsthuro des pulsiren-
den Tumors. Das Gehör ist erhalten geblieben.
Zwei Ligaturen, dazwischen d. Gefäss durchschnitten ;
d. Pnlsationen erlöschen erst am 50. Tage; Artt.
fac. und temporal, links pulsiren nicht so stark,
als rechts.
12 Stunden dauernde Besserung, dann Husten, er-
schwertes Athmen, Fieber.
Als am 15. n. 16. Dec. Blutungen aus einer Punc-
tionsstelle entstanden, wurden 2 Ligaturen mit
Durchschneidung d. Gefässes zwischen ihnen an
d. Carot gelegt; am 4. Tage d. rechte Seite etwas
schwächer; d. Schwäche geht langsam zurück.
Zwei Ligaturen mit Dnrcbschneidung des Gefässes;
mehrfache Erscheinungen, nach 5 Mon. Entzdg. d.
Sackes mit wiederholten Blutungen.
Pulsationen dauern im Tumor fort, sind in Artt. tem-
poral, u. occip. erloschen; erschwertes Athmen,
Fieber, einige Zuckungen im Gesichte links; den
25. Aug. hat d. Anenr. dieselbe Grösse, aber
schwächeren Puls, 1. Apr. ist es pulslos u. fest.
Das Aneur. wird schmerzhaft, Incision; 27. n. 29.
Febr. Blutg. aus d. Sacke, die sich den 8. n. 11.
März wiederholt.
Schlingbeschwerden, Schmerzen im Rachen; den 26.
unzusammenhängende Sätze. 27. Athembesch wer-
den, Husten; 11 ühr \bds. Steifigkeit d. Halses;
allgemeine Unempfindlich keit.
Der entzündete Sack enthält Eiter
u. Blutcoagula. Die EntzUndg.
geht bis zur Basis cranii, längs
d. N. vag.; Stimmritze fest ge-
schlossen, Luftröhre entzfindet,
Schlnndkopf sehr contrahirt;
d. Oeffnung d. Kopfhöhle wird
verweigert.
Pat. stirbt nach 13 Jahren an
Apoplexie. Die Circul. arter.
Will, ist links weiter, als rechts;
d. Garot comm. gut obliterirt,
d. Carot. ext. nur am Anfange.
Die Luftröhre ist durch d. Ge-
schwulst zur Seite gedrängt.
Blutung. — Linke Carotis un-
dnrchgängig, ein Theil d. Lym-
phe (!) im entzündeten Sacke
organisirt, d. Blutg. entstand
aus erweiterten Anastomosen d.
Tumors.
Gehirn ganz normal; im Seiten-
ventrikel blutiges Serum, circa
4 Dnz.; verbreitete Atherose; an
d. Ligaturatelle Eiterherd, mit
Senkung in das Mediast. ant.
810
Dr. C. Pill,
No.
Operateur
nnd
Datum.
Literatur.
4
1
Ursache.
Tage
Attg.
g*ng.
231.
Lyford, 1818.
30. Oct
Lond. Med. -Ghir.
Traosact. Vol. 11.
p, 97.
nt
1.
do. Garot comm.
3
Woh.
28
Beilg.
232.
Vincent, Bar-
Lond. Med. Ohir.
52j.
r.
do. Garot.
8
22
+n>
thol. Hosp.
Traosact. Vol. 10.
M.
Woh.
34. Tg.
1818. 19. Dec.
p. 212.
233.
HoUcher,
1819. 27. Sept,
Graefe u. Wal-
ther Journ. Bd.l
S. 823.
"i
r.
do. Garot. comm.
im
Juni
be-
merkt
15
Heiig.
284.
Perry, Glasgow.
1820. 14. Not.
Glasgow Med.
39j.
r.
do. Garot. träum.
1
13
Gene-
Journ. VoL 4. —
M.
Jhr.
sung.
Med. Times aod
Gax. 1842-43.
Vol. 1. p. 669.
285.
Sykee, 1821.
20. Juni.
Ohapman,Pbilad.
Journ. Iö25. März.
— Froriep,Notz.
1824. Febr. S. 270.
'^
r.
do. Garot. träum.
8
Jhr.
10
Heiig.
236.
Schrader,
Rnst, Magazin.
22j.
L
do. Garot
8
20
Genes.
Quedlinburg.
1820. 14. Nov.
Bd. 10. S. 517,
M.
Jhr.
ohne
Erfolg.
237.
Vargas, Porto-
Periöd. de la So-
^;
1.
do.
__
Heiig
rico. 1823.
cied. med.-quirürg.
18. Aug.
de Gadiz. Vol. 4.
Julius u. Ger-
80 n , Magaz. Bd.
25. S. 409.
238.
Gaunit, 1827.
Arch.gen^r.VoL17. -
p. 112.
1.
do.
"■"
—
Beilg
239.
Warren, 1827.
Host. Med. and 42j.
1.
do.
4
—
Heiig
26. Oct.
Surg. Journ. VoL 1.
— NorriSjNo.lö.
M.
Jhr.
2i0.
Molina, Pavia.
Annali univers. di
29j.
r.
do. Garot. ext
—
21
Heiig.
1828. 23. Mai.
Medic.l828.Setbr. W.
1
p. 423.
1
1
1
i
Zur Ligatar der Arteria Carotis commniiis.
311
Besondere^ bei der Ligatnr und im Verlaufe.
Todesarsache and Section.
Nur etwas Husten tritt anf ; ^ Jahr später erfolgt den
21. Januar geringe BIntg. aus d. Wunde.
Mit d. Ligat. wird d. Pulsation nur schwächer, ist
den 21. Dec in d. auf i verminderten Tumor er-
loschen ; unangenehme Empfindungen im Abdomen
hören auf mit Fall d. Ligat Den 22. Jan. Athem- u.
Schlingbeschwerden so stark, dass d. Aneur. eröff-
net werden muss.
Mit Ligat. ein Gefühl von Taubheit d. r. Kopfseite,
das sich Abds. mindert, am 3. Tage vergangen ist;
sogleich fiel d. Tumor zusammen, d. Pulsationen
erloschen, sind am 8. Tage schwach in d. bisher
andauernd sich verkleinernden Tumor wiedergekehrt,
ebenso in d. r. Art. temporal. : d. aneur. Sack wird
grösser, fluctuirend ohne Puisat. Den 20. Oct ist
r. ein haselnussgrosser Knoten an Stelle d. Aneur.
Uiater d. Kieferwinkel eine schmerzhafte Stelle seit
2 Jahren, die später eiterte, neben welcher sich ein
polsirender Tumor in 12 Monaten bildete, und eine
arterielle Blutg. lieferte ; 45 Tage nach d. Ligatur
e'me leicht zu stillende Blutg. Details fehlen.
Zwei Ligatt. von Darmsaiten mit Dnrchschneidung d.
Gefässes; den 14. Tag von Neuem Pnlsat, die nach
6 Mon. nicht mehr besteht. — Grisp.: Nach 1
Jahre ganz gesund.
Mit d. Ligat. hören auf d. Pulsat im Tumor, d. Schmer-
zen im Kopfe u. Gesichte; auf Augenblicke erbleicht
d. L Seite d. Gesichtes u. ihre Temperatur ist nie-
driger. Nach 10 Mon. d. alte Zustand; drflckt Pat
auf d. r. Carot., so tritt Bewusstlosigkeit ein.
Abds. Erbrechen, leise Stimme, keine Pulsat im Tu-
mor; Pat ist im nächsten Jahre noch ganz gesund.
Nur unter d. Ligat ein fester
Thrombus; fiber ihr ist d. Ge-
fäss offen; Luftblasen an d. In-
nenwand d. erweiterten Aorta
u. grossen Ge^se, auch unter
d. Arachnoid.
Die Palsationen dauern noch mehrere Wochen fort.
Scarpa^s Methode, Mit d. Ligat hört d. Puls auf
in a. Max. ext. u. Temporal. Ohnmacht, 1 Minute
Kälte d. Gesichtes, Blässe desselben r.; leicht vor-
übergehende Störung d. r. Auges, Schlingbeschwer-
den u. Husten bis zum 4. Tage. 3 Monate nach
d. Operat sind d. Geisteskräfte gut, kein Schwin-
del mehr; r. Art. radial, voller, dagegen r. Tempo-
ral und Facial. schwächer, als links.
312
Dr. 0. Pilz,
""""
^
51 1
•Oei -6^
Operateur
Sä «
1
Aos-
No.
nnd
Datum.
Literatur.
^1
5
s
Ursache.
"Tag*.
gMg
241.
Maurin, Ver
Ret. m^d. 1829. Oet
'V:
1.
do. Garot. träum.
' 1 [9. d.
Heiig
sailles. 1828.
p. 53. — Med. and
Phjsical Journal.
Mnt ober.
20. Nov.
1830.Vol.63.p.l28.
1
242.
Porter, Dublin.
Dublin HoBp. re-
40j.
r.
do. Garot. int
15
Erfol
1829. 21. Aug.
ports. Vol. 5. u.
Dubl. Journ. Vol.
w.
Jhr.
17. p. 79.
243a
Ohiari, 1829.
16. Jun.
Filiatre Sebezio 3.
An. 2. fasc —
Ghassaignac,
Traitä des Op^rat.
p. 334.
"i
1.
do. Vertebr. träum.
t
243.
Vincent, 1829.
Lancet. 1828 — 29.
48j
r.
do. unter dem Ohre.
7
^
+
18. Jul.
Vol. 2. p. 570.
H.
Mnt
6.T1
244.
C. Walther, .
J. G. W. Walther,
■'2-
1.
do. Garot
_
13
Heilg
1830. 6. Mai.
Dissert de ligat.
Garot. comm. Lip-
siae. 1831.
246.
Green, Dublin.
Dublin qnaiterly
mj.
r.
do. Garot. (an der
fast
21
IBesse
1831. 15. April
Journ. Vol.l7.p.92.
Theilungsstelle).
4
Mnt
. rooe-
246.
Dehane, 1832.
Amer. Journ. of
'S-
r.
do. Garot träum.
- 1 11 .Heilg.
20. Jan.
med. sc. Vol. 10.
p. 496. und Med.
Times and Gaz.
'
Vol. 10. p. 34.
247.
J. Gusack,
Dublin quartorlj
20j.
1.
do.
8-9
Wim
Dublin. 1832.
Journ. 1847. Fbr.
M.
Jhr.
i
22. März.
p. 262.
248.
Benedict,
B., Klinische Bei-
'«■
r
do. Garot
18
14 leei*
Breslau. 1833.
träge aus d. Ge-
Mnt
1
24. Jan.
biete d. Wundarz-
neikuostu.Aui^en-
heilkd. S. 22.
: 1
1
249.
Syme, Edinbg.
Bdinburgh Journ
43j.
r.
do. Garot träum.
7
21 Hcill
1
i
1«35. 18. Febr
1835. Vol 44. p. 9.
M.
1
Weh.
i
Zur Ligatur der Arteria Garotie commanis.
313
Besonderes bei der Ligatar und im Verlaufe.
Todesursache und Sevtion.
Zwei 1 Zoll entfernte Ligat. mit Durchschneidung d.
Gefässes. 4 Std. später untere Extremit&t kalt,
Druck im fipigastr. Schmerz im 1 Arme, nach 7
Std. Husten; am 22. 1. Temporal, pulsirend.
Sogleich erlischt Puls im Tumor. 2 Std. später Fie-
ber; 4 Std. später Puls im Aneur.; am 2. Tage
nimmt dasselbe zu, wird schmerzhaft, eröffnet sich;
eine eingetretene Blutung wird gestillt.
Pat. durch ein schneidendes Instrument am 15. Apr.
▼erletzt; d. Wunde war nach 6 Tagen geheilt, aber
nach 12 Tg. bestand ein pulsirender Tumor, der
langsam wuchs. — Die Pulsat blieben bis zum 27.,
Schlingbeschwerden, Druck im Epigistr.; später
Seitenstechen, Schwindel.
Sogleich schwand Puls im Aneur. 1^ Std. nach d.
Ligat. Zuckungen im Gesichte r., Lähmung d. 1.
Seite; nnwillkfirliche Entleernngen, Stupor.
Bei Schlnss d. Ligat. heftiger Schmerz, fast ohnmäch-
tig; Puls aussetzend, Temperatur des Gesichtes n.
Kopfes links herabgesetzt, war am 13. Tage aus-
geglichen,, d. Stimme damals noch nicht wieder
klangvoll; Schwindel u. Kopfschmerz bestand einige
Zeit. 1. Tag heftiger Husten, 4. Tag. Tumor klei-
ner, pulslos. 5 Tag in 1. Temporal, schwache Pnl-
sation, ebenso nach 3 Wochen in Artt. occipit. u.
auricuL post.
bgleich wird der Tumor sehr verkleinert, d. Pulsat.
sehr gemindert, und ist nach 1 Std erloschen (Por-
ter zweifelt daran). 5 Tage später ist wieder deut-
licher Pub im Aneur.
[it d. Ligat wird d. Geschwulst kälter, blasser, ist
Abds. von normaler Farbe u. Temperat. Erschei-
nungen treten nicht auf, d. Puls ist im Tumor ge-
schwunden.
ach Ligat. yiel Schlaf^ dies schwand mit Nasenblu-
ten am 26. Abds.; 22. Stechen im Halse, d.
polslose Tumor ist kleiner, am 2. Tg. Bruststechen.
— Bei d. Operation war die Pleura zu Gesichte
gekommen.
ils im Tumor, mit d. Ligat erloschen, wurde nach
3 Std. wieder bemerkt, erschien am 6. Tage als
leises Zittern, war am 7. Tg. erloschen; mit Ligat
schnell Torfibergehende Röthung des Gesichtes;
starke Kopfsehmerzen.
e in Folge des Aneur. bestehenden Kopfschmerzen
irlöschea mit d. Ligat, welche gar keine Erschei-
inngen liefert; der pnlslos gewordene Tumor wird
logleieh kleiner.
Gehirn r. weicher; im 1. Seiten -
Ventrikel 4 I3uz. FlQssigkeit;
nirgend ein Blutextravasat
314
Dr. C. Pils,
No.
Operateur
und
Datum.
Literatur.
i{
j
Ursache.
|| g| Aus-
250.
Marcbai, 1835.
19. Jun.
Joum. hebd. VoL 4.
-Norrie, No. 25.
7
L
Aneur.
2
Mnt
—
t
6. Tg.
251.
252.
Randolpb,
1836.
Robertsen,
1837.
Pennsylf ania Hosp.
Norris, No. 26.
Dubl. quart. Journ.
VoL 12. p. 335.
r.
r.
Varix. aneur.
Aneur. Garot. träum.
2
Mnt
17
t
I.Tg.
Heiig.
253.
Porter, Dublin.
1838. 22. Aug.
Dubl. quart. Journ.
VoL 17. p. 86.
'S;
L
do. träum
5
Weh.
15
t 51.
Tg.
254.
255.
Lauda, 1838.
Döc^B, Rheims.
1839. 25. Febr.
Schmidt, Jahrbb.
Bd. 30. S. 371.
Ga«. des Höpit.
1856. p. 266.
l.
r.
do.
do.
fast
1
Jhr.
15
Heiig.
Oboe
Erfolg.
256.
257.
258.
•
Porta, Pavia.
1839. 12. Mai.
B. Gooper,
Guys Hospit.
1840. 7. Apr.
Kluyskens,
1840. 5. Aug.
Delle alter. pathoL
delle Art per la
ligat. etc p. 32.
Guy's Hospit. Re-
]forts.l841.No.l3.
Fraeys, Anna-
les de la Soci^te
de M^d. de Gand.
— Chassaignac,
Trait4 des opörat.
p. 329.
1?;
r.
1.
Aneur.
do. träum,
do. Vertebr.
12
Mnt.
▼er-
letzt
den
3-
MaL
SB
22
Beilg.
indcft
1
259.
Surrage, 1840.
28. Oct
Lond. Med. Gazette.
Vol. 28. p. 392.
1
L
do. Max. int.
—
- jHeill
1
260.
Key (Growse),
184l. 9. Sept.
Prov. Med. and
Surg. Joum. 1842.
2.Apr. Schmidt,
Jahrbb. Bd. 41.
S. 76.
■S»;
r.
do. Garot.
—
81
iHe>H
261.
Liston, 1841.
21. Oct.
Lancet. 1841—42.
VoL 1. p. 104 u.
p. 275.
ät
r.
do. fiüsum.
2
Mnt
.\
Zur Ugatar der Arteria Carotis communis.
315
Besonderes bei der Ligatur nnd im Verlaufe.
Todesursache und Section.
hs für einen Abscess gehaltene Aneur. wird incidirt,
heftige Blutungen ; d. Ligat. d. Garot. ext. erfolg-
los, deshalb die d. Garot. comm.; am 2. Tage Gon-
TolsioDen.
Coma in derselben Nacht.
in 2. Tsge Puls in d. Zweigen d. Garot. ext, der
mit d Ligat geschwunden war; nach 17 Tagen.
Tomor nicht mehr zu sehen.
beb d. Ligat sind d. Pulsatt, im vericleinerten Tumor
iweifelhaft, den 17. Tag EntzQndg. d. Sackes; 27.
Sept. Incision desselben; 30. Blutg. aus d. Wunde;
wiederholt sich.
) Ligaturen ohne Durchschneidung d. Gefässes; Nei-
gung zum Schlafen, Heiserkeit ; Temperat. 1. geringer.
Die Palsatt hören auf mit d. Ligat; sind d. 8. März
wieder in dem seit dem 2. gewachsenen Tumor;
Schmerzen im Pharynx, Aneur. u. Kopfe; unruhiges
Anssehen, Puls frequent, bald trockener Husten;
SUD nächsten Morgen dieses Alles wergangen ; dann
Fieber, Delirium in d. 2. Nacht; Besserung. 8. Puls
im Aoear. wiedergekehrt.
t'igatDr mit Darmsaite aasgef&hrt, die nicht wieder-
gefnuden wird; Details fehlen.
Das Gesicht wird blase; Oeffihl allgemeiner Völle im
Kopfe; Zusammenschnüren d. Kehle, ziegenähnliche
Stimme; Pulsat erlischt im Aneur.
Die Gompression d. Garot. hatte die Erscheinungen
gehoben; d. Ligat liess sie bestehen. 6. bald
schwindende Schlingbeschwerden.
Kit d. Ligat wird d. Aneur. kleiner u. pulslos. Den
31. Abds. arterielle Blutg., dann wächst d. Tumor mit
deatlichen Pulsatt, bis 3. Nov. ; Fieber, Vereiterung
i Sackes.
Ibne Erscheinungen.
Gehirncongcstion.
Blutung. - Sect nicht gestattet
Pat starb 1844, 22. Dec., an
Blutg. ans d. Sacke; Sect nicht
gestattet; wahrscheinlich Aneur.
Vertebr.
^' Schlingen u. Sprechen besser.
Aneur., kehrt öfter wieder.
30« Blutg. aus d.
Blutung.
316
Dr. 0. Pil»,
No.
Operatear
und
Datum.
Lit^ntnr.
.1
Ursache.
ja •
-a ■ gang.
Tag«.
262.
263.
264.
265.
266.
267.
268.
269.
270.
271.
272.
273.
Sjme, Bdinbg,
1812. April.
Johnson, 1842.
22. Jan.
Mettauer,
1842. 12. Mai.
Fairfax, Alex-
andria. 1842.
18. Jol.
Hanter, 1843.
3. Aug.
Dancan, 1843.
25. Dec.
Y. Balassa,
Pesth. 1844.
22. Febr.
Rom pani, 1844.
30. Oct.
Karatscha-
roff, Seme-
now'sches Hoap.
1844.
White, 1845.
28. Ang.
y.Langenbeck,
1845.
Lerylier,
Nancy. 1846.
Lond. and Bdinb
Monthly Journal
of med. ftc. 1842.
S. 964. -- Annal.
e la Chirurg
Vol7.p.251.1843.
Lond. Med. Gas.
1841-42. Vol. 2.
p. 57.
Amer.Joum. of med.
sc. 1849. Oct
p. 349.
Dublin quartJourn,
Vol 24. p. 522.
Provincial Med. and
Sarg. Joum. 1849.
p. 579.
Efdinb. Med. and
Surg. Journ. 1844.
Vol. 62. p. 117.
60j
BriefL Mitth.
Prof. Gurlt.
an
Monteiro, Ab-
handl. fiber seltene
Ligaturf&lle. —
Schmidt, Jahrbb.
Bd. 77. S. 236.
Med. Zeitg. Russ-
lands. 1846. S. 39.
7.
29j.
M.
''J:
littl.
Alt.
W.
30j.
W.
'S-
Lancet 1846.
1. p. 149.
Vol
PerRÖnl. Mittheilg.
Archives g^nör. de
M4d. 1846. 4. Sör.
Vol. 11. p. 469.
'S:
64i 1
1i:
do. Carot. int.
do. spont.
do. Carot. int. träum.
Aneur.
do. am Gaumen.
do. Carot.
do. Carot
do.
do.
do.
do. träum. (Schuss).
do. Carot
5
Mnt
5
Weh.
20
8i
Jhr.
t
äOStd.
22 Heiig.
t
12. Tg
- t
' &.Tg-
- t
|4.Tg.
25 I t
'16. Tg.
18 'Heüg.
1 t
'20. Tg.
lHeilg.1
3
Mnt
14
Tg.
10 iHeüg
— iHeiii
I2M
Zar Ligatar der Arteria Carotis commnms.
317
Besonderes bei der LigatDr und im Verlanfe.
Todesursache und Section.
Blässe d. Gesichte»; Schmerzen im Nacken n. Tumor;
Am folgenden Morgen Erbrechen a. Diarrhoe; Coi-
lapsus/ (S. macht den Ausgang unabhängig von d.
Ligator).
Abds. Blatag aus d. Wunde; Puls im Anenr. leise
fahlbar; Sensation im Epieastrium bis zum 24.;
15. MSrz kleiner, pulsloser Knoten. Art. temporal,
r. pulsirt stärker, als links.
Hit d. Ligat Schauem, Debelkeit; 11 Std. nachher
Frösteln, Geist geschwächt, 1. Hemiplegie. 2. Tag
Delirium, Hosten, Fieber, Singultus. Goroa.
1 Stande nach d. Operat r.-seitige Lähmung ; geistige
Fanctionen sind gut; Details fehlen.
Details fehlen.
Hochgradige DjspnoS verlangte d. Traeheotomie; da-
bei zugleich d. Ligat. Den 8. Jan. Blutg. 9. Flac-
taatioD d. Sackes, Blutg. aus Mund u. Wunde.
Zang's Methode; mit Ligat Betäubung, ohnmacht-
artige Anwandlungen, Parese, dann Paralyse d. r.
Seite; r Pupille erweitert. Athembeschwerden u.
Husten.
Das Anenr. vermindert sich ; starke Reaction, den 16.
Tag zwei kleine Blutungen, die am 19. stark auf-
treten.
Sogleich erlosch Pulsat. im Aneur., das in Eiterung
aberging u. incidirt werden musste.
im 6. Tage eine kleine Blutg. aus d. Wunde, eben so
am 10. u. 11. Tage; im Dec. zeigt d. Aneur. % sei*
ner früheren Grösse.
Srst mit Zunahme d. Geschwulst stellte sich Pulsat
ein; nach d. Gperat. klagt Pat. fiber Leere im
Kopfe; d. Geistesfunctionen gehen scheinbar lang-
sam von Statten, sind später ganz normal.
Während d. Operat ein suffocatorischer Anfall, Ohn-
macht; sogleich hOrte d. Pulsat auf, d. bisher be-
standenen suffocator. Anfälle kehren nicht wieder;
Schlingbeschwerden durch 10 Tage. 11. Tag l.-sei-
tige Hemiplegie mit Herabsetzung d. Sensibilität
12. Coma.
Gehirn normal; Ligat liegt gut
Meningen blass; r. Hemisph. giebt
fluctuirendes GefShl, r. Klein-
hirn auch erweicht; alle Arter.
normal; 2 gute Thromben.
Erschöpfung.
Wunde in ihrer Umgebung gut,
2 gute Thromben,
Blutung. — Eröffnung d. Aneur.
in d Pharynx; Loch in d. Garot
an d. Theilungsstelle; kleiner
Thrombus unter d. Ligat
Zwei aneur. Säcke, der Oarot. dx.
. Innom. angehörend.
Die Section ist nicht gestattet;
d. Ligat hatte sich noch nicht
gelöst
318
Dr. C. Pil«.
^
s'
-6 ^
^ »:
No.
Operateur
nnd
Datum.
Literatur.
1
Ursache.
II
53 gang-
o
M
Tage. 1
374.
Duke, 1847.
Med. Press. 1844.-
32j.
r.
do. traom
1
17
t
11. Jun.
Lancet. 1848. Yol.
l.p.233.u.MoDthl.
RetrospectofMed.
Sc. 1848. p. 43.
M.
Jhr.
Bnde
d. 5.
Weh.
275.
Barrier, Lyon.
1847 (?) 3 Nov.
Journ. de M6d. de
30j.
1.
do. Temporal, träum.
.1—
13
Heiig.
Lyon. — Gaz.
W.
med. 1848 p, 774.
276.
Wood,NewYork.
Schmidt, Jahrbb.
1?;
r.
do. Garot. ext.
—
t3
Heiig
1847. 6. Dec:
1859. Bd. 98. S. 76.
•
277.
Fox, 1848. 21.
Amer. Journ. of
*1^
r.
do. spur.
....
20
Hetig.
Oct.
med. sc. 1849. Oct
p. 381.
278.
G. Bück, 1848.
5. Jal.
Americ. Journ. of
med.sc. 1856. Jan.
p. 267.
30^.
r.
4
do. traura.
—
11
12
Hellg
279.
Hewaon, Lin-
coln. 1860. 19.
JuL
Döces, Rheims.
Association Medical
Journ. 1854. p. 5 76.
'H:
L
do. Garot ext
t
—
29
Heiig
280.
Gaz. des Höpit.
"J:
r.
do. träum.
104
IB
Heiig
1860. 2. Sept.
1856. p. 266.
Jhr.
281.
HodgBon, cit.
1850.
H., Treatise of the
diseases of the art
and veins. p. 329.
W.
—
do. träum.
14
14
Heiig
282.
Goß, 1851. 11.
AsBOC. Journ. 1858.
I»;
1.
do. Garot tranm.
5
33
Heild
Dec.
Nov. - B?e, Col-
Mnt.
lect of remark.
casesinSurg.1857.
288.
Dropsy u.Bur-
notte, 1^52.
Jun.
Annales m^d. de la
Flandre occid. —
Gaz. m^d. 1856.
p. 229,
^-
1.
do. Garot
1
Jhr.
18
H«k
Zar Ligatur der ArUria Oarotis commanis.
319
Besonderes bei der Ligator nnd im Verlaufe.
Todesursache UDd Section.
Puls schwand för immer ans dem sogleich fester ge-
wordenea Tnmor, 4 Tage lang d. früheren hefti-
gen Schlingbeschwerden; Stimme schwftcher, wird
bald normal; nach Excess plötzlich Blntg. ans Nase
Dnd Mund.
Schlingbeschwerden u. Stimmlosigkeit am 3. Tage ge-
schwunden; am 13. Tage ist d. pulslose Tumor
sehr verkleinert.
Ligatar d. Carot. ext u. comm. : Pulsationen erlöschen,
d. Tumor fällt zusammen^ und ist im Jan. 1849 kaum
noch zu sehen.
Hit d. Ligat wird d. r. Pupille verengt; sie verblieb
€8; r.-seitiger Kopfschmerz mit eigenthflml. GefQhle
in demselben; d. Pnlsat hören sogleich auf, kehren
zm 9. Tage wieder, sind nach 23. Tagen erloschen.
Den 4. Tag n. die folgenden Schmerzen im Tomoi,
der seit dem 6. Not. sich wieder stärker verklei-
nert; im JuL 1S49 ist keine Spur d. Aneur. vor-
banden.
Ligatur d. Artt Carot u. int Die hinter d. Kiefer-
winkel gelegene Wunde wurde vereinigt; am fol-
genden Tage bestand schon ein Aneur., aus dem
starke Blatug zur Ligat zwang. Beim ersten Ver-
snche, d. Unterbindungsnadel herumzufflhren, be-
kommt Pat. etwa 5 Min. lang stertoröses Athmen
a. Zuckungen ; d. zweite Versuch hat keine Folgen.
5. Auß r.-seitiger Kopfschmerz, Blutung aus der
Nase; 26. nie wiederkehrende Blotg. aus d. Wunde.
Chloroform; ohne Erscheinungen. 23. plötzliche Ver-
kleinerung; 28. u. 29. Blutg. aus d. Wunde.
Scarpa\-> Methode; Puls verschwindet sogleich aus
dem kleiner werdenden Tumor, wie die bestehen-
den Kopfschmerzen. 1. Oct wieder Pnlsat. durch
3 Monate hin, die aber in d. Zweigen d Carot. ext
erloschen ist; nach 18 Monaten auch jene Palsat
geschwunden.
Zwei dicht aneinander liegende Ligaturen; d. Melan-
cholie bleibt uDgeftndert
Blässe d. Gerichtes ; r. Auge schwächer, Neigung zur
Ohumacht; einige Stunden später ist d. Tumor
rechts » ^. Nach 2^ Mon. wird aus der pulslosen,
flnctuirenden Stelle etwas Blut entleert, nach 2
Jahren noch etwas Eiterung; 1865 keine Spur des
Aneurysma.
Blutung. - Die Section
verweigert.
320
Dr. 0. Pjla,
No
Operateur
und
Datum.
Literatur.
^1
Ursache.
Tage.
Aus-
gang.
884.
285.
Benoit, 1852.
29. Sept.
Solly, Thomas
Hosp. 1853. 22.
Oct
Gaz. des Hdpit.
185.1 p. 23.
Lancet. 1853. Yol 2.
p. 566. n. 1854.
Vol. 1. p. 91.
54
286.
287.
288.
Ballingal,
Ostind. Samset-
jee - Jejeebboj-
Hosp. 1854. 17.
Aug.
W. S. Olarke,
Huddersfield In-
firmary. 1855.
25. Jul.
Norrie, Phila
delphia. 1855.
8. Nov.
Transact. of Med.
Soc. at Bombay.
1853-54. p. 282.
Lancet. 1855. Vol. 2.
p. 165.
Americ Joum.N.S
62. Apr. 1856.
p. 396.
289.
290.
291.
292.
South, Thomas
Hospit. 1856.
5. Jul.
Hobart, North.
Infirm. Cork.
1837. 3. Sept
Schort, Ostind.
1857. 5. Nov.
Syme, Edinbg.
1859. 17. Jun.
Lond. Med. Times
and Gaz. 1856.
Vol. 9. Aug. p 441
Lond. Med Times
and Gaz. 1860.
Vol. 1. p. 64.
Indiau Aunals of
Med. Soc. No. 15
p. 269.
S*. Observat. in cli-
nical Surg. p. 154
*/
60 j.
M.
30 i.
M.
35j.
M.
46).
48j.
M.
M.
"i
20j.
do Art. facial.
do. Carot. and.Thei-
lungsstelle.
Ober
1
Mnt
do. Garot.
do. Garot.
18
Mnt.
be-
mkt.
seit
6
Mnt.
do. Carot. träum.
do. Garot. ext.
do. Garot. tranm.
do. Garot. exi
do. Carot. träum.
Heils.
t 29
Tg.
134
Heiig.
Heiig
t
S4.Tg.
▼or6
Mut
▼er-
letzt
8
Jhr.
7
Weh.
t
8, Tg
13 Heiig.
11
10
Heiig
Heiig.
Zur Ligatur der Arteria Carotis commanis.
321
Besonderes bei der Ligatur und im Yerlanfe.
Todesursache und Section.
Compression d. Carot. hob nur d. Palsat. aof ; änderte
Dicht d. Grösse d. Tumors. 28. Oct. Electropnnc-
tar ohne Erfolg.
Sogleich sank d. pnlslos gewordene Tumor zusam-
men. 28. wieder Pnlsat bis zum 8. Nov. 14. Saffo-
cation; Eröffnung d. Sackes. 15. Athembeschwer-
den, 17. Blatangen, Paralyse d. L Armes. Singnltus.
Reichliches Serum an d. Gehirn*
oberflftche n. in d. Seitenventri-
kein ; in d. r. Hemisphäre, nahe
d Oberfläche, 2 Abscesse; einer
im mittleren Lappen. Atherose
d. Arter.; unter d. Ligat ein
fester Thrombus. Garot. ext.
offen, ein kleines Anenr. an d.
1. Garot. — Ghron. Bronchial-
Gatarrh.
Chloroform ; Pnlsat. schwindet sogleich, n. Gesicht n.
Gehör bessert sich; Anfangs Gefühl von Taubheit
1 1. Armes n. Beines. 15. Sept. d. Tumor wächst,
fluetuirt 17. Function — Eiter n. GerinnseL — 26.
profuse BIntg. aus d. Wunde, kehrt nicht wieder.
Chloroform; keine Erscheinungen angegeben; später
ist d. Terkleinerte Tumor fest
Pulaat schwindet, kurz dauernde, schwache Gonvul-
sionen folgen d. Operation. 4. Dec. Gonvulsionen,
Schling- u. Athembesch werden, Bewusstsein ge-
trfibt, 1. Aage geröthet, dann Ruhe bis 6. Dec.
Nach d. Ligatur partielle Paralyse. ~ Einfache Notiz.
8. wieder Pnlsat 18. Tumor plötzlich doppelt so
gross. Suffocation, Eröffnung d. Sackes, Blntg.,
später noch 3 Blutungen, die durch Ligatur eines
Gefässea gestillt werden.
Etwas Kopfschmerzen. 14. wieder Pulsat. 16 ist d.
Tumor pulslos, ca. 4 so gross
AntyllDs' Methode.
». LanK«fib«<>k , Arohiv (. Chirurf^ie. IX
Der Sack zeigt 3 Oeffnnn^en:
d. p^ipherische d. Vena jug.,
d. peripherische u. centrale d.
Art. occip ; 2 gute Thromben
in d. Garot; d. Ligat lose im
Eiter liegend. Die obere n. vor-
dere Partie d. 1. Hemisphäre n.
d. hintere d. rechten ^anz er-
weicht Die Vena jug. ist cen-
tral thromb., sie selbst doppelt
il
322
Dr. C. PiU,
No.
Operateur
und
Datum.
Literatur. || | Ursache.
Bestehen d.
1 Verlctig.
i 1 ! Aus-
5^ gang.
ö i«i
Tage- 1
293.
Delore, Lyon.
Gaz. des Höpit. 63 j.
_
do. Carot.
6
1
30 i t
1860. 31. Jan.
1860. p. 461.
M
Mnt.
be-
mkt
|49. T;:
1
i
1
1
294.
Holt, Westmin-
ßter Hosp. 1860.
20. Nov.
Lancet. 1861. Voll,
p. 560.
'2
r.
do.
seit
Spt.
1
16 Heil?.
295
R. Knagges,
Trinidad Colo-
Lond. Med. Times
I5j
r.
do. Carot.
comm.
.
34 ! t
and Gaz. 1863.
W.
träum.
44. T?
nial Hospit.
Vol. 2. p. 8.
[
1863. 16. Jun.
(
29(3.
Spence, Edin-
Brief!. Mittheilg. an
H.
r.
do. Carot.
35.
- t
bürg. 1865.
Prof. Gurlt.
Tg.
19. Tf
25. Jul.
'
be-
mkt.
297.
Lficke, Bern.
Archiv, für klin.
•iöj.
1.
do. Vertebr.
trauni.
—
11
t
1865. 4. Aug.
Ghirurg. Bd. 8.
M,
(angen Carot).
25. Tg
Hft. 1. S. 78.
298.
Vanzetti, Pa-
Bnefl. Mittheilg. an
GOj.
do. Carot. diffus.
t
dua. 1865.
Prof. Gurlt.
U.
8.T.
299.
Z. de Gastro,
Gaz. möd. d'Orient.
31j.
^
do. Carot
seit
26
t
GoDstantinopel.
1864. p. 166.
H.
15
Mnt.
43. T?
300.
Cattolica.
n Severino. 1836.
-Gaz. med. 1836.
p. 425.
M.
1.
do. Vertebr.
träum.
—
—
ohne
Erfolg
301.
Ghapel, Saint-
Malo.
Lancet.l852.Vol.2.
p. 509. u. Arch.
gönör. 4. Sör.
Vol. 17. p. 355.
do. Carot.
+
4.T^
802.
Freysc a. Bo-
ElSigloMed. 1862.
—
—
do. beider Carot. 1
—
Ueii^.
tana.
- Schmidt,
Jabrbb. Biblio-
graph. 1862.
Lona. Med. Times
de;
einen
303.
Hnnter.
^;
r.
do. Carot comm.
^^^
Hcik
and Gaz. VoL 31.
— Orisp, S. 281.
Mo. 446.
Zur Ligatur der Arteria Carotis communis.
323
Besonderes .bei der Ligatur und im Verlaufe.
Todesursache und Section.
Die Pulsat. kehrt Abends wieder. 7. Febr Schling-
u. Athembesch werden geschwunden; 8. d. Anenr.
pnUlos; nach Erkältung wird d. Tumor grösser u
schmerzhaft, Angina, Bronchitis; vor d. Tode 5 Mi-
nuten anhaltendes Bluterbrechen.
Cblorof.; t^2. Kopfschmerz r. ; 24. Urin verhaltung. G.Dec
Aneur. fester, kleiner, pulslos. 5. Jan. Husten,
Schwellung am Halse r. 8 Eiter u. Blut aus dem
Sacke. 4 Std. später Blutg. 10. Fröste, Tumor
wächst. Abscessirung am Halse.
Abtrennung d M. sternocleid , d. Tamor wird nicht
kleiner, aber schlaffer, Suppnration d. Sackes.
Ghlorof. ; sogleich erlischt d. Pulsat. im härter gewor-
denen Tumor, tritt aber bald wieder ein; 2. Tag
Iluäten, 3. Schmerzen in d. Seite; 12. Tag Blutg.
ans d. Wnode, die wiederkehrt.
Die Compression d. Arter. hatte d. Pulsat. schwächer
werden lassea, d. Ligat. war ohne jeden Erfolg;
keine Hiroerscheinun^en ; später Inj ection von Liq.
Ferr. sesquicbL, neue Blutg; Eröffnung d Sackes:
Oefäss zu unterbinden unmöglich. 23. r. Hemiple-
gie bemerkt. * Goma.
Da« Aneurysma reichte vom Unterkieferrande bis zum
SchlQaselbeine; triangulärer Lappenschnitt, Ligat.
1 Gtm vom Ursprünge; leichte (?) Hirnerscheing.;
keine Blutg.
Erscheinoogeo folgen d. Ligat. nicht; nach 3 Tagen
nimmt d. Anenr. zu. Einstich schafft Erleichterung,
heftige Blutg. Spaltung d. Sackes n. Ligat. d. blu-
tenden Carot. ext.
Der Tumor pulsirt weiter.
Alle Zeichen der Gehirnerweichung.
Ligatur einer Carotis.
Innere Blutang. — An d. Seite
d. Pharynx ist d. Perforations-
stelle, von d. Ligat. abwärts,
fester, adhärenter Thrombus,
an jener selbst im Zerfall be-
griffen ; im Sacke zersetztes Blut,
Eiter, n. wallnussgrosses Fibrin-
gerinnsel.
M. sternocl gut vereinigt, d. 3
Zoll lange Tumor enthält festes
Goagulum.
Blutung. — Das Herz gesund,
Aorta sehr erweitert, ebenso n
Garot. u. Jnnom.
Ligatur fast dorchgeschnitten;
2 gute Thromben.
Blutung durch Ruptur d. Sackes;
d gänseeigrosstt Aneur., mit Ge-
rinnsel erfQllt, gehört d. Vertebr.
Gehirnerweichnng.
21*
324
Dr. C.
Pilz,
No.
Operateur
und
^ Datum.
Literatur.
< %
1
•o
t4
Ursche.
II il
Tag«,
Aoä-
gang.
304.
South, cit.
Liverpool , Nor-
thern Infirmaiy.
Ohelius-, Handb.
d. Chirurg. 8. Aufl.
S. 1112.
—
do. Vertebr. (angen.
Carot.).
—
—
t
14. Tg.
305.
L.H.Zörnroth,
PinskaLSkareS^lls-
„^
r.
do. Temporal, träum.
.
___
Heile
Helsingfoni.
kapets.Handlingar
(nach Arteriotomie.)
Andra Bandet
Fierde Heft. 1845.
— Oppenh. Zeit-
schr. Bd. 34.
S. 504.
306.
Onbekannt,
Lissabon. St.
Josö Hospit.
Gaz. de Lisboa. —
British Med. Journ.
1863. Vol. l.p. 197.
1.
do. Vertebr. (angen.
Carot.).
f
20. Tg
Zusätze zu vorste
221) 2. Die Pnlsationeu sind im Tumor nicht wiedergekehrt; Hasten
tritt ein. 3. Kopfschmerzen. 8. frei von Kopfschmerzen, in voriger Nacht
sehr unruhig, heute l.-seitige Lfthmung. 11. Besserung des Armes. 17. ge-
reizter Zustand, der Tumor ist vergrOssert und schmerzhaft.
222) Mit Ligatur schwand der Puls im Tumor.
223) Am 16. Oct ist das stark pulsirende Aneurysma bis auf ^ seiner
früheren Grösse verkleinert; später ganz geschwunden.
226) Fat klagt bald Aber vorübergehende Schwere des r. Beines, and*
Schwäche des r. Armes, starke Kopfschmerzen bestehen. 12. Husten, der
Puls wird im Tumor schwächer. 2. Febr. Pulsation nur noch an einer
Stelle sicher zu erkennen; seit Jun. erfolgt neues Wachsthum des Anen-
rysma, vom 3. Sept. an mehrfache Blutung aus demselben; 8. der zu ent-
leerende Tumor wird incidirt.
229; Mit der Ligatur schwand die Pulsation. 1. Febr. ist das Anen- .
rysma um die Hälfte verkleinert; die früher verengte L Pupille und das ge-
schwächte Sehvermögen wieder normal.
232) Sogleich etwas Schmerz im r. Auge; der r. Radialpuls erscheint
stärker, als der linke.
241) Nachdem einen Monat lang vergeblich Valsalva's Methode nnd
Kälte angewandt waren, schwand mit der Ligatur sogleich und für immer
die Pulsation im Aneurysma.
242) Die den 7. Mai 1836 an einer Brustkrankheit verstorbene Person
zeigt folgendes Verhalten : Die mit der Vena jugul. int. in eine gleichmässige,
bandartige Masse uttige^andelte Carot coiiini. bin^ mit dem Reste des Aneu-
Zar Ligatnr der Arteria Carotis commanis.
325
Besonderes bei der Ligatur und im Verlaufe.
Todesursache und Section.
eschwalst wuchs nach d. Ligat. sehr schnell.
als in d. Garot. u. ihren Zweigen hört sofort auf,
der Sack coUabirt, eine Nachblutg. erscheint.
lie Ligat hob d. Pulsat. nicht auf; Pat. Abds. auf-
geregt. 3. Tag Paralyse des N. facial. Der Arm
ist schmerzhaft, wird dann paralytisch.
Blutung durch Berstung d.AneQr.
in die LuftrGhre. Das Aneur.
d. Vertebr. lag zwischen d. Proc.
transY* d. 4. u. 5. Halswirbels.
Das Anenr. vertebr., in d. Höhe
d. 3.-3. Wirbels gelejgen, ent-
hält Goagula n. flOssiges Blut.
I n
der Gasuistik.
rysma innig zusammen, so dass die wieder vereinte Ligatnrstelle nicht mehr
za erkennen war. Die Garot int. zeigte sich bis zum Abgange der Artar.
opbtli. fest verschlossen; die Garot. ext war frei, aber viel kleiner, als die
der gesunden Seite; der mandelgrosse Sack bildete eine feste, fibrGse Masse.
Eine nicht vollständige Injection ergab, dass durch die Art. thyr. inf. zahl-
reiche Anastomosen hergestellt waren, auch die Artt. snbcl. und vertebr.
waren um die Hftlfte ihres Lumens erweitert, wie auch die absteigenden
CervicalSste der Thyr. inf.
245) Grisp (p. 286.) lässt ein Aneurysma an beiden Seiten bestehen,
2 Honate nach der Operation ist dasselbe bedeutend gewachsen, während
in den letzten 14 Tagen das Klopfen nicht mehr an Stärke zunahm; am
20. Sept. soll (nach Broca, Traite des Anuvrysmes. p. 561) nur noch
schwaches Klopfen vorhanden gewesen sein.
261) Seit 2 Monaten trat, neben Dusten, eine Geschwulstbildung unter
dem r. Ohre auf, die langsam wuchs, fluctuirte, und durch den Probetroicart
am 20. Oct. Blut entleerte. Den 1. Tag trat Blutung ein aus der Wunde,
3. Nov. mehrere Blutungen. Die Section ergab eine mit der Theilungsstelle
der Carotis zusammenhängende Blutcyste, durch eine 3 Lin. breite und V%
Lin. lange, mit einem Gerinnsel verschlossene Oe£fnung; den Inhalt dersel-
ben bildete schwärzliches Blut; Qber der Ligaturstelle fand sich ein Thrombus.
268) Die Operation geschab ohne Anästhcsirung. Alle Erscheinungen
daaerten bis zum 5. Tage, Pulsationcn erschienen bald im Tumor und in
der Carot. ext., jedoch war derselbe nicht mehr so prall, wurde unter schwä-
cher werdenden Pulsationen kleiner, schrumpfte von der Grösse einer Man-
326
Dr. C. Pilz,
nesfanBt zu der eines GänBeeies znsammen; Ende des 2. Monats volle
Heilang.
270) Als K. sich beim Wassertrinken hinten fiber bog, empfand er hef-
tigen Schmerz an der r. Halsseite, dem bald die Erscheinungen des Anea-
rysmas folgten.
274) Das Aneurysma, das sich äasserlich in keiner Schwellung am Halse
kund gab, prominirte in den Rachen hinein, zeigte deutliche Pulsation ond
Blasebalggeräusch; dennoch wurde es von einem Arzte punctirt. Am Ende
der 5. Woche ist der Tumor ganz geschwunden, die Stimme normal.
278) Später ist die rechte Zungenbälfte atrophisch.
285) Am 23. Oct. ist der Gollateralkreislauf völlig hergestellt; vom 4.
bis 19. Nov. Husten in verschiedener Heftigkeit. 4. nur schwacher Puls im
Tumor, der am 8. erloschen ist; vom 12. an wächst der pulslose Tumor.
19. DyspuoS, ßlutung, krampfhaftes Zucken des r. Armes; der r. Mundwin-
kel steht tiefer. Resp. 42; 3 Dhr Morgs. das Athmen stertorös, Puls 90.
4h. Dyspnoe gesteigert, Blutung, Puls 120; 9h. Puls 120. Pat., sehr schwach,
schläft andauernd. 11 h. beim Husten eine heftige Blutung aus der Wände»
in. Ligatur
No.
Operatenr
und
Literatur.
ja
1
Ursache.
2« 3*^ sang.
Datum.
< m
•o
»^ -o ^ ®
O
M
Täte«. 1
307.
Travers, Lon-
Med. - Chir. Trans-
34j.
1.
Aneur. orbitale*)
4
21)
Ueilg.
don. 1809.
act. Vol. 2. p. 1.
W.
diffus, ronsec.
Jhr.
22I
23. Mai.
'
6
Mut.
308.
Dalrymple,
Med. -Chir. Trans-
44j.
1.
Aneur. orbit. diffus.
9
11)
28^
Heilg.
Norwich. 1813.
act. Vol. 6.
W.
consec.
Mnt
Auge
7. Apr.
blind.
309.
Dupuytren,
Lecons oral. Vol. 2.
20j
r.
Aneur. anast. d. r.
An-
11
Gene-
Paris. 1818.
p. 43.
H.
Ohres u. ümgebg.
geb.
sung.
8. Apr.
310.
Wardrop, Lon-
Lancet. Vol. 12.
«~
1.
Cavcrn. Geschw. d.
An-
^__
t
don. 1818.
p. 394.
6
Weh.
Nackens, leicht blu-
tend.
geb.
14. Tg.
*) Die Bezeichnung Aneur. orbitale ist als Collectivname in der Tabelle beibe-
halten, ebenso sind die Ausdrücke Fungus, Fung. haemat, Tumor antri etc. der einzel-
nen Autoren aufgefQhrt, da die wahre Natur der Neubildung meist nicht nach der
kurzen makroscopischen Beschreibung zu ermitteln war.
Zur Ligatur der Arteria Carotis communis.
327
krampfhaftes Zacken des r. Armes, während der linke rnhig daliegt Resp.
42. 1. h. p. m. 1. Arm nnd Bein ganz gelähmt, der Mund nach rechts ge-
zogen. Delirium, Hasten. Puls 120. 3. h. p. m. einige Zeit anhaltender
Singultus, Delirium. 10. h. p. m. Fat. ist bei Bewusstsein. 20. 3 h. a. m.
100 Pulse, Singultus, eine Blutung von 4 Dnz., die Extremitäten kalt, seit
5 h. Coma. 7 h. a. m. Tod.
293; Als die Digital - Gompression nicht mehr ertragen warde, schritt
D. zur Ligatur, nach Zang.
295) Ungern operirte K. den mit Unterleibsleiden Behafteten, nur das
schnelle Wachsthum des Aneurysmas zwang ihn dazn.
296) Da in der Nacht vom 13. auf den 14. Aug. die Blutung wieder-
kehrte, und S. nicht zu Hanse war, erweiterte Dr. Watson, indem er das
Blut ans dem centralen Ende kommen fohlte, die Wunde in der Länge,
durchschnitt den M. sternocleid. quer, konnte das Gefäss nicht fassen, un-
terband deshalb die Carotis ober- und unterhalb der blutenden Stelle.
306) Anfangs wurde das Aneurysma vertebrale ffir einen Abscess ge-
halten.
bei Tumoren.
Besonderes bei der Ligatur und im Verlaufe.
Todesursache nnd Section.
Keine GehirnstCmng. 2 Ligatt. i** entfernt.
2 Ligatt, mit Durehschneidung d. Gefässes; Schling-
beschwerden. 15. d. Auge in seine Höhle zurück-
getreten, 3. Jul. Blutg. aus dem unteren Theile d.
Wunde.
Mit Ligat. Schmerz in einem r. Backenzahne; Kopf-
schmerz, Erbrechen, Eiogeschlafensein d. L Armes.
9. Erbrechen. 10. noch keine Pulsat in Artt. oc-
cipit. u. temporal.
Erst 4 Std. nach d. Operat. wird d. Tumor schlaff,
verliert d. dunkele Färbung, am 4. Tage wächst er
?on Neuem.
Erschöpfung.
328
Dr C. Pilz,
No.
Operateur
und
Literatur.
il
1
Ursache.
—-
55 1
Aus-
g»ng-
Datum.
s
1
TÄge.
311.
Busch, Marburg.
Ru8t, Mag. Bd. 6.
"J:
L
Aneur. anast. artt.
An-
12
Besse-
1819. 10. Mai.
S. 332.
terop., front., occip.
geb.
rung.
312.
JamesoD, 1820.
Pbilad. Med. Re-
^:
-.
Tarn, erect. antri
13
—
ßeilg.
11. Nov.
cord. Vol. 4. —
(fungos— Norris).
Mnt.
Norris, No. ö.
313.
Arendt, Peters-
Froriep'sNotizen.
1822. Febr. S. 27.
1^.
r.
Aneur. anast. faciei.
..
17
Heiig.
burg. 1821.
18. Nov.
3U.
Granville,
Americ. Med. Re-
■a-
1.
Aneur. anast. arter.
8
___
Aus-
Scharp, Pat-
cord 1821. Vol. 5.
max. int.
Jhr.
sicht
tison, Mary-
p. 108-115.
auf
land. 1821.
Heiig.
315)
Macgill, Mary-
New York Med. asd
r.
Tumores vasc. orbit.
„«
Gene-
3161
land. 1823.
Phys. Journ. Vol.
4. p. 576.
W.
1.
sung.
317.
Davidge, 1823.
Apr.
BuruB, Anat of
head and neck. 1823
— Norris. No. 8.
M.
1.
Fungus antri.
"
~
t 6
Woch.
318
319)
f Frankfurter Chi-
) rurg. 1828.
)UlImann,Mar-
( bürg. 1824.
Bünger, Gratula-
tionsscbreiben an
F. Wurzer, Mar-
burg. 1838. Prima
carot comm. ntri-
que corp. hum.
cum eventu ap-
plic. ligat etc.
Maryl.Med.Record.
1.
r.
jTum. erect. in re
( gion. autic. sin.
~
■-
t
-. Tg
320.
Finley, 1824.
—
r.
Fangus antri.
Mo-
—
Gene-
27. Jul.
Vo.l. — Norris.
No. 9.
H.
nate
sung.
321.
Barovero,1825.
Repetitorio di Me-
'S/;
r.
Tum. fang, palati.
_
t9*'.
19. Sept
dic. di Chirurg, e
(GO. ?)
di Chim. di To-
Tg
rino. 1826. Die.
p. 529.
322.
Mc Glellan,
1825. 10. Juni.
.New York Med.
) and Phys. Journ.
Ä»-
1.
Tum. erect. orbitae.
44
Jhr.
14
Heilg.
323.
McClellan, '
/ Vol. 6. Norris.
S-
1.
Tum. erect. colli.
14
Heiig.
1825.
' No. 11 und 12.
324.
Mc Glellan,
New- York Med. and
'S/;
r.
Tom. fang.
_
unt.
Heiig.
1825.
Phv8.Joum.Vol.5.
— Norris. No.l3.
2
.
Web.
325.
Maclachlan,
Qlasg. Med. Journ.
30 j.
l.
Tum. pulsat. (nach
.-^
„^
t
1825. 10 Jnl.
Vol. 1. - Julius
u.Gerson,Maßaz.
Bd. 17. S. 125.
H.
Arteriot. temporal.).
4.T!:
Zur Ligatur der Arteria CarotiB communis.
329
Besonderes bei der Ligatur und im Verlaufe.
Todesarsache uod Section.
\ Ligatt. , ^'* entfernt Ton einander; beim Operiren
öffnet sich d. Tumor, u. es werden noch 12 Ligatt.
angelegt; nach 6 Wochen trat 7 Tage hindurch
leichte Blutung auf.
l Ligatt., mit Durchschneidung des dazwischen lie-
genden Gefassrohres; d. Tumor nimmt an Grösse
ab; Blutentziehang wird in der Nachbehandlung
noth wendig.
onerhalb eines Monats beide Ligaturen.
>ie Ligatur d. L Seite war nach Sc arpa 's Methode
;emacht worden.
i\a 2 Blutungen in den nächsten Tagen wiederkehr-
ten wurde an tieferer Stelle eine neue Ligat. an-
gelegt; Hirnerscheinnngen wurden nicht bemerkt
Erscböpfun«
[it Schlass der nach Scarpa applicirten Ligat. ent-
stand Schmera in d. r. Kopfseite u. dem Tumor;
d. Art. temporaL pulsirt schwach bis zum 3. Tage;
Schlingl>esch werden; am 3.'Tage Delirien, Paralyse
d. 1. Mundwinkels u. 1. Armes, die sich gegen den
lö. Tag au rückbildeten. 60. Tag gaetr. Fieber.
Ghron. GehirnentzQndg. u. gastr.
Fieber — d. Vena Jug int. war
mitunterbnnden , ein Thrombus
Qber u. unter d. Ligat. Das Ge-
hirn (?) chronisch entzündet, eite-
riges Exsudat auf der r. grossen
Hemisph., dieselbe erweicht.
»a Druck nicht ertragen n. d. Unterbindung d. ein-
zelnen GeHtose unmöglich wurde, legte M. d Ligat.
um d. Carotis, Pols erlosch sogleich im verkleiner-
ten Tumor. 11- heftig. Bruststechen, Athmen be-
f^cbwert, starke Kopfschmerzen (Yenaesect) 14.
redet in der Nacht irre, respirirt sehr schwer.
Pleuritis. — Im Mediast. ant.
eiterige Masse, in d. r. Pleura-
höhle eiterige Masse, in d. 1.
etwas Blut, an d. Ligaturstelle
kein Eiter, 2 Thromben; die
Aeste d. Kopfes erweitert
330
Dr. C, Pil2,
No.
Operateur
und
Datum.
Literatur.
Alter
Geschlecht,
Körpttrteite.
Ursache.
326.
Wattmann,
Wien. 1825.
Sahb. Med.-Chir.
Ztg. 1852. p 32.
li:
r. iTum. gland. submax.
1
—
- ! t
— Kussmaul u.
Tenner 's Arbeit
327.
Wardrop, Lon-
Lancet Vol. 12.
5
1.
Tum. erect faciei.
An-
11 Heil?
don. 1826. März.
p. 817.
Mnt
W.
geb.
c*
328.
Fricke, Ham-
burg. 1826.
Hamburger Magaz.
d. Heiikd. Bd. 12.
S. 231.
jun-
Tum. parotid.
- 1
t
lö.Tj
329.
Ch. Majo, Lon-
don , WeBtmin-
Lond. Med. and
26j.
r.
Sarcom (fiber dem —
17
t C
Phys Journ. Vol.
M.
Ohre). !
M^ont
ster Hosp, 1827.
58. p. 408.
20. Jan.
330.
Li8franc,1827.
Nouvelle bibl. med.
'Ji;
r.
Fnng. haemat.
f
Apr.
Mai. 1827. —
(Aneur. angenomm )
18. T
Froriep's Notz.
1829. 13. Jal.
331.
Magendie, Pa-
ris. 1827.4. März.
Journ. de Physiol.
1827. Apr. Vol. 7.
'^;
1.
Fung. (?) max. snp.
—
11
Ver-
sehlia
merg
332.
J. Wardrop,
Lancet Vol. 12.
ii-
1.
Tum. erect faciei et
12
25
Bess
1827. (1. Oct?)
p. 762. 789. Vol.
An
capitis (träum.).
runs
p. 47.
(t 10
Tg.
333)
Mussey, Han-
American Journ. of
20j.
r.
Aneor. anast capit
Bess
334j
nover in New
Hampshire.
1827. 20. Sept.
2. Oct
med. sc. 1830. Febr.
M.
1.
ruug.
335.
Degnise, 1827.
Arch. g^ner. 1. S^r.
Tumor (Aneur.
»
t
VoL 15. p. 169.
w.
Dietrich).
U.Dietrich, Auf-
suchen d. Schlag-
adern etc.
.
336.
Dieffenbach,
Berlin. 1828.
Dietrich, Das
Aufsnch. d.Schlag-
2i-
—
Fnng. parot
—
—
A
Sept
adern behufs d.Un-
terbdg.etc, S. 150.
Zar Ligatur der Arteria Carotis commnois.
381
Besonderes bei der Ligatur und im Verlaufe.
Todesursache und Section.
ileich nach d. Operat einige krampfhafte Zncknngen
d. ganzen KOrpers, die schnell vergingen; am folgd.
Tage DeUrien u. Lähmung d. 4. Seite. (3. Venaesect.)
lach d. Ligat. war d. Kind bleich u. erschöpft ; konnte
dann d. Angeolid offnen; 10 Mon. ist noch eine]
häutige Geschwulst ohne jede Spur von Geissen |
übrig. j
Joi die Ernährungszafuhr abzuschneiden, wurde d. 'Kachexie
Ligat. gemacht; es soll Verkleinerung der Neubil- !
düng Anfangs eingetreten sein. <
^ach d. Ligat. Schlingbeschwerden; seit 2. Mai Ver-
scblimmernng. Blutg., Wachsthum d. Geschwulst,
epileptische Anfälle, wendet sich auf d. 1. Seite. Coma.
H'ach 3 Std. Zufalle vom Gehirn aus; entzQndliche
Erscheinungen d. Halses, Brust u. Magens; Blutg.
Sei d. Ligat. Schmerz im Kiefer. 13 Std. Ohnmacht.
9. Lähmnog d. r. Armes, Stimmlosigkeit, epilepti-
scher Anfall — im Verlaufe bessert sich d. Läh-
mung, aber d. Geist wird schwächer.
i\t d. Ligat. schwindet Puls im Tumor, ohne dass
er coUabirt, Abds. leichte Bewegung im oberen
Theile desselben, r. Carot. pulsirt stark ; Uebelkeit,
Erbrechen. 2. Tag Tumor etwas verkleinert, Fat.
wohl. 6. Tas Frost, Fieber. 7. Tag Blutg. Seit
d. 10. Tage Verkleinerung d. Tumors. 11. 1. Auge
wird afficirt, — hört 1. schlecht.
)bne Erschein angen von Seiten d. Gehirnes; Heiig.
schaffte erst d. £xstirpation.
Gehirn blutreich; Veiitr. ohne
Exsudat. Tumor 2 Pfd. schwer,
Sarcom, nicht mit Parot. zu-
sammenhängend, war durch Os
temporum gedrungen, von d. Me-
ning. bedeckt.
Blutung. — Fung. haem. d. 1.
mittleren Schädelgrube, Pars,
petrosa sehr zerstört; Vena jng.
mt. 6'" weit obliterirt, Carot.
zeigt 8^'' langen Riss unter d.
Ligat., L Herz dQnnnwandig.
Abscess im Mediast post.
Lendenabscess; Eiter an d. Ba-
sis cerebri etc.
)hnc weitere Details findet sich, dass, um d. Nah-
rungsznfnhr abzuschneiden, d. Ligat. unter d. Kreuz-
stelle d. Hnsc. omoh. angelegt wurde. Hr. Geh. R.
Jungken will sich erinnern, dass in diesem Falle
der N. vagus mit unterbunden sei (?).
Kachexie.
332
Dr C. Pilz,
No,
Operateur
und
Datam.
Literatur.
^2
Ursache.
Tag».
Ö,
*5 4r \
Auf-
gang.
337.
338.
339.
Willaame,
Metz. 1829.
25. Jan.
Ronx, Paris.
1829.
Mettauer,1829.
12. Mai.
Larrey, Referat.
Oaz. des faöpit.
1849. p. 542.
Gaz. hebdom. 1859.
p. 631.
Amer. Joorn. 1849.
Oct. p. 349.
24j.
M.
26j.
M.
43j.
M.
340. Warren, 1829.
341.
342.
343.
344.
Warren, 1830.
2. Jan.
Bushe, 1830.
15. Jan.
VaLMott,1830.
345.
346(
3471
Paul, Eigin,
Gray Hospit.
1830. 29. Jul
Blasius, Halle.
1831.
Gundelach -
MöUer,Kopen
liagcn. 1831.
13. Sept. 1832.
I 18. Jan.
War reu. Kritische
Bern, fiber Diagn
n. Kur d. Geschw.
Deutsch v.B res 8
1er. S. 225.
Ibid. S. 220.
Med. Ghir. Ballet.
VoLl. — Norrie,
No. 22.
Amer. Journ. Vol.5.
p. 255. u. VoL 7.
p. 271.
Lond. Med. Gaz.
1831. Vol,8. p. 71.
Tum. erect in re-
gione temporal.
Aneur. orbit.
Anenr. anast
et cavi nar.
18j.
W.
19j.
M.
3
Mnt
f.
Briefl. Mitth.
Prof. Gurlt.
an
Graefe u. Wal-
ther'sJourn Hd
21. Ilft. 2.
30«er
M
5i
Ad-
geb.
antr.
meh-
rere
Jhr.
Aneur. orbit. träum.
Aneur. orbit.
Tum. erect faciei
(Aneur. Walther).
Aneur. anast. capit.
Aneur. anast in re
gione temporal.
Tum. carcin. parot
21
Besse-
rung.
Gene-
sung,
(ofane
Heiig.
t
12. Tg
An-
geb.
An-
geb.
.)| Aneur. anast in re- An- 13) H
•^) Hcilg
gione front et na- geb. 28) i
sal.
15
Gene-
sung.
Ueil^.
Ileilg:
runp
- t 5
' od Ol
16. Tj
Zar Ligatar der Arteria Carotis commnois.
333
Besonderes bei der Ligator und im Verlaufe.
Todesursache und Section.
)nick auf d. Tumor machte Gehirnerscheinungen;
Dupuytren wollte ihn nicht operiren; nach d. Li-
gat wurde d. Tumor etwas kleiner u. weniger ge-
färbt; blieb dann stationär 2 Std. nach d. Operat.
Schlingbeschwerden.
Ss treten heftige Schmerzen in d. Wunde u. d. Tum.
orbit. auf, einige Tage zeigte sich heftige Aufre-
gung, die an Delirium grenzte; bei d. Entlassung
noch Exophth. u. Schmerz im Tumor.
üit d. Ligat. allgemeines Zittern, ö Min. andauernd;
nachdem Pat. 5 Min. geruht, heftige Convulsionen
d. r. Seite, wilder Gesichtsausdruck; Lähmung d.
r. Seite in 24 Std.; wurde ein Glied r. bewegt,
Convuls. Dellr. andauernd. Winseln, Stimme rauh,
Durst sehr heftig; Urinverhaltung, Haut heiss. 8.
Tag Coma. 1. Pupille erweitert, bewegungslos, r.
erweitert, Singnltus; Athmen mühsam, stertorös,
andaaernde Rückenlage, Wunde gleich gutes Aus-
sehen. Collapsus; Tod, unter allgemem. Oonyuls.,
linkerseits heftiger.
)ie Ansdehnang d. Geschwulst ging tief in d. Orbit,
hinein.
^*e Ligat. üess Pulsat. r. erlöschen, nur kurze Zeit
hielt Pulsat. L noch an.
Die 1. Hemisph. ganz erweicht,
ebenso d. Kleingehim links.
Meningen normaL
ogleich erblasste d. r. Gesichtsseite, die einzelnen
uefksspakete collabirten, d. Pols ging von 82 auf
64 Schläge herab ; Compression auf die Art. tem-
poral, wird fortgesetzt, am 19. Tage Puls im unte-
ren Theile d. TumorSi wird bald stärker; am 8. Oct
Blutg. aus d. Munde; Verkleinerung d. Tumors, mit
schwacher Palsation.
% d. Tumor nicht mehr eistirpirbar war, so sollte
d. Nahrangsznfnhr vermindert werden; in kurzer
Zeit traten mehrere Schüttelfröste auf — weitere
Details sind nicht mehr erinnerlich,
[ilsation im zusammengefallenen Tumor erlosch,
leichte Reaction; Lähmung d. 1. Seite; nach 3
Wochen wieder Pulsat., welche d. Ligat. der ande-
ren ArWGarot aufhebt; Masern.
Pyämie. — Man fand ein grosses,
plastisches Exsudat längs d.
grossen Gefässcn; Eiter im Me-
aiastantic; nirgend Abscesse.
Pai starb später an Variola.
334
Dr.
C. Pi
Iz
1
^ 1 2 ;
•6^
-4l
No.
Operateur
und
Datum.
Literatur. M^ |
1
Ursache.
i> ^^ Igang
« Tage, i
348.
D. L. Rogers,
1832. 12.Dec,
American Journ.
Vol. 13.
8
Mnt
r.
Tnm. erect faciei.
An-
geb.
—
Heiig
348a
Beruard, 1833.
26. März.
Oaz. m^d. 1833.
p. 608.
"H:
r.
Aneur. anast. in re^
gione auricul.
8
Jhr.
—
Ueilg
349.
e. Mayo, 1833.
Med. Quart. Rev.
1834. Jan. p. 410.
5
Mnt.
M.
1.
Teleangiect
An-
geb.
8
Beas
rang.
360.'
3ö0a
C.A.Kuhl,Leip.
zig. 1834. 24.
. Mai. 1834.
4. Aug.
Kuhlii opusc aca-
dem.scripsitOla-
rus. 1842. p. 51
Specimea 1. quae-
stion. Chirurg,
part 14.
H:
1.
Aneur. aoast in re-
gio ne occipit
(träum.).
24
Jhr.
27
27
Heiig
351.
Zeis, Leipzig
1834. 30. Aug.
Oppenheim, Zeit-
schrift. 1836. Bd.
3. S. 9.
15
Mnt
W.
1.
Teleangiect. in re-
gione auric.
An-
geb.
8
t 1
Wo »
352.
Dupujtren,
cit. 1835. im
Jan.
Legons orales.
p. 63. Vol. 2.
''I
1.
Tum. in reg. terop.
Rncephaloidkrebs
(angenomm. Aueur.)
15
Mnt
be-
fflkt
'^-'
+
15. T
353.
Busk, Seamen-
Hosp. 1835.
2. Febr.
Lond. Med. Trans-
actVol.22.p.l24.
^j.
r.
Aneur.orbit.(traum.).
6
Mnt
13
Heilj
354.
Michels, 1835.
12. März.
BostMed.andSnrg.
Journ. Vol. 20. —
Oppenheim,
Zeitschrift Bd. 14.
S. 391.
23j.
W.
1.
Aneur. anast. faciei
et occipit
2
Jhr.
30
""]«
355.
Velpeaa,(?) Pa-
ris. 1835.
Lancet. 1850. Vol.
2. p. 143.
'2i
1.
Tum. erect in re-
gione temporal, (für
Aneur. gehalten).
—
—
16.1
355a
JobertdeLam-
balle,cit.l83G.
22. Aug. imHöp.
St Louis.
BuIletdelAcad.de
Mi^d. de Paris.
Vol. 6. p. 60.
M.
r.
Tum. erect in re-
gione temporal.
4
Mnt.
■
+
2.1
Zar Ligatur der Arteria Carotis communis.
335
Besoi^deres bei der Ligatur und im Verlaufe.
Todesuraacfae und Section.
Bald nach d.* Operat. nahm d. Kind d. Brust, Tumor
nahm allmälig ab.
2 Blon. nach d. Entstehung erheischte eine Blutnng
am 19. Dec. 1827 Spaltung eines Tumors; unter
diesem entstand bald ein neuer, dessen Blutg. end-
lich zur Ligat. fahrte; Gehirnerscheinungen fehlten.
Die ganze ). Gesichtsseite war erkrankt; 4 Setac.
durch d. Geschwulst hatten keinen Erfolg, die Li-
gatur war ohne jeden Zufall, unter directer Gom-
pression d. Gesichtes, Verkleinerung d. Tumors.
Sogleich Convnlsionen; dann Obnmacht (Venaesect )
3. Aug. lilutg.; bei der zweiten Operat. leichte Con-
▼u]{}ionen. Gesicht blass, kalt; 7. Aug. Parese d.
r. Armes, Schlingen erschwert Blutungen, Fröste,
Besserung; Abnahme d. Tumoren.
Gegen Ende d. Operat. Singnltus; bei Schluss der
Ligat. Schrei mit Teränderter heiserer Stimme; Te-
leang. blasser, welker; 3. Nov. Krftmpfe, mit Läh^
mnng d. r. Seite.
Da auf Compression d. Art Carot die im Tumor be-
merkliehen Pulsationen erloschen, u. dieser fQrein
Aneurysma angesehen wurde, so wurde d. Ligat.
d. Carot. sin. gemacht; am 7. Tage nach Abfall d.
Ligat. eine sich wiederholende Blutg.; 11. Stunde
Tor d. Tode war d. r. Seite gelähmt
Ligat. Hess d. Puls im Tumor erlöschen, nach 4 Std.
leise fühlbar, Blasegeräusoh zu hören, dabei war
Tumor verkleinert u. kein Puls in d. Temporal.;
Schlingbeschwerden, Husten etc.
im 6. Mon. d. Schwangerschaft, wurde d. Ligat ohne
bedeutende Reaction gemacht; einige Tage beste-
hen Schwindel, Klopfen im 1. Ohre, u. geringe
Pulsat. im Tumor. Nach einigen Jahren war Pat.
noch wohl, d. Aneur. ganz geschwunden.
^ nnterbaud d. Carott comm. und int, d. Tumor
nahm an Umfang ab, Blutg. aus d. Wunde kehrte
mehrfach wieder.
bne Gefairnerscheinnngen.
Section verweigert
Encephaloidkrebs. — Beide En-
den d. Arterie gut geschlossen ;
kein Gefäss war in d. N&he d.
Geschwulst erweitert; Gehirn
ohne jede Veränderung.
Blutung. — Diese kam aus der
oberen Oeffnung d. Carot, durch
d. externa vermittelt
336
Dr. C. Pilz,
No.
Operateur
und
Datnm.
Literatur.
^2
Ursache.
Tage
356.
867.
858.
859.
A. C. Kühl,
Leipzig. 1886<
16. Sept
Ruhl, Opusc. acad,
scripäit Claras.
1842. Lips. p. 6a
43j.
W.
861.
Miller, 1836.
Ghelios, Hei-
delberg. 1837.
18. Jao.
Pirogoff, Dor-
pat. 1837.
26. Jan.
Dohlhoff.Mag-
debarg. 1837.
5. Mai.
Aachincloss,
1839. 6. Juli.
Lond. and Edbgh.42>.
Monthly Joum. W,
1842. p. 11. -
Lond. Med. Gaz.
1845. p. 1148,
Roser a. Wnn-
lieh's Archiv.
1843.
Annal. der chir. Ab-
theilg. d.Glinic. zu
Dorpat Er8t.Jhrg.
— Oppenh. Zeit-
schrift. Bd. 9. S. 43.
Ra8t,Magaz.l838.
Bd 51. Hft 3.
S. 512.
362. Velpeau, Paris
1839. im Joli.
I9j.
M.
9
Mni
Lond. Med. Times
and Gazette. 1842,
Vol. 1. p. 106.
Velpeaa,Le(;.oraI.
1841. VoL3.p. 437.
— Gaz. hebdom
1859. p. 631.
23j.
1:
Tum. Vascal, in re-
gione front (träum.)
4
Mnt.
— I T
Tarn, erect. in orbit.
(Aneur. anast. fa«
ciei).
Anenr. varic.
(träum.).
temp.
Tum. erect. occipit.
Fungus medull. pa
lati.
Aneur. anast. capit
Aneur. orbit(traum.)
(doppelseit).
18
Mnt.
1
Jhr.
An-
geb.
21
t
Gen
san<
tl
Tg
26.
An-
geb.
5-6
Mnt.
20
Heil
— Gen
so III
Zar Ligatur der Arteria Carotis commanis
337
Besonderes bei der Ligatur und im Verlaufe.
Todesursache und Section.
gleich sehwand Pols in d. r. Gesicbt^beite, schwache,
leltene Respiration, 4 Std. lang Bewusstlosigkeit;
Schlingbeschwerden. 17. unwillkärliche Bewegun-
reo d. Extremitäten, Sensor! um schwach.
I folgten starke Kopfschmerzen, Sensation im Tn-
mor; am 2 Tage nach Excess im Trinken, Läh-
mung d. 1. Seite.
t d. Ligat. fiel d. Varix zusammen, d. Ohrensausen
rerschwand; nach 3 Tagen der frfihere Zustand;
Strom ey er o|perirte 1842, 3. Mai, mit Eröffnung
i Sackes d. L#1gat. d. Vene mit Erfolg,
gleich wird d. Tumor welk, coUabirt, 18 Tage spä-
ter trat arter. Slutg. auf, die bis zum 10. März 7
Ual wiedergekehrt; die folgenden 12 Tage ohne
Klutg. Die M utter nimmt d. Kind nach Hause,
roselbst es an einer Blutg. stirbt,
ich d. Operat. sollte dem Recid. d. Nahrungszufuhr
abgeschnitten «'erden. 2 Std. nach d. Operat. un-
iD^enebmes GefGfal in d. 1. Körperseite; vergeht
bald; nach 8 Tagen Lähmung d. 1. Seite u. d. Haru-
t>lase.
t Ligat. stand Pnlsat Erbrechen war die einzige
Erscheinung; am 26. Juli war d. Tumor schon ver-
kleinert,
n 3. Tage etwas Schwere im Kopfe, wenig Schlaf.
Die Sect. ergab, ausser Tuber-
cnlose in d. Lungenspitzen, viel
Schleim in d. Bronchien, einen
kirschgrossen Markschwamm in
d. Milz, u. kleine Abscesse in
d. Leber. Die Ligat hatte d.
Arter. Bubcl. mit eingeschlossen;
d. Thrombus reichte hakenför-
mig bis zum Arcus aort, ande-
rerseits konisch bis zur Liga-
turstelle; war in Art subcl. sehr
kurz, in Art Garot dfinn bis
zur Theilungsstelle; d. N. vagus
roth, geschwollen, von Exsudat
umhüllt; d. Zweige d. Art tem-
poral, waren nicht erweitert;
d. Tumoreu d. Reg. front dext
u. Reg. temporal, bestanden aus
Gefassen, während d. anderen
d. Stirngegend einen Fung. me-
dull. neben Gefassen zeigten;
d Parotiden waren indurirt (tu-
bercul. (?).)
Sect zeigt Veränderung (welche?)
im Gehirn.
Blutung.
Unterer Thrombus in Carot ^*'
laug, fest, oberer |" lang, In-
tima geröthet; Lumen d. r. Ca-
rot um i" weiter, als 1. Ge-
hirn hjperämisch; bedeutende
Erweichung in d. r. Hemisphäre.
V Lnngenheeb, ArchU f. Chirurf^e. IX,
22
338
Dr. C. PiU,
^
ä
1 -o- ^ U- .. i
No.
Operateur
und
Datnm.
Literatur.
5
1
Ursache.
11 n
Tage.
Ai»
gaig
363.
Jobert de Lam-
bftlle, Paris.
1889. 7. Ang.
Bnllet de l*Acad.
de M6dec.de Paris.
Vol. 6. p. 60.
60,.,
r.
Anear. orbit
3
Jhr.
—
Heiig
364.
G. Bock, New
Schmidt, Jabrbb.
19j.
r.
Encephal. in regione
—
13
t 11
York. 1839.
1869. Vol. 98. p. 76.
H.
pari et
MOD
21. Dec.
366.
Pinel Grand-
Gaz.de8Hdpitl851.
■S";
r.
Tum. puls, faciei.
20
-~
Geo^
champ. 1839.
p. 128.
Jhr.
suag.
366.
Kerr, 1840.
Bdinb. Med. Jonm.
67 j.
r.
Tum. glanduL
30
26
t 9
sa ApriL
1844. Vol. 51.
p. 119.
W.
(Aneur. angenom-
men).
Jhr.
fijon
367.
Inn Ho^ial in
Ohristiania,
1840. Ang.
Briefl. Mitth. des
Prof. Boeck an
Prof. Gurlt.
H.
-
Teleangiect
—
—
Gene
sung
368.
Gadwell, 1840.
16. Sept
BostMed. and Sarg.
Jonm. Vol. 24. -
Norrie No. 36.
'S';
r.
Tum. erect orbit
1
Jhr.
39
Heiig
369.
Dndley, J.G.B.
1841. Jan.
Transact. of the
1J-
r.
Tum. erect. orbit
5^6
Heiig
Americ. Med. As-
Jhr.
sociat. Vol. 3. —
Collect ofremark-
abl. cases in Sar-
370.
Nottingham,
1841. 4. Jon.
gerybyEve,p.78.
Medic Ztg. Berlin.
5^-
1.
Tum. caT. in regione
An-
19
Bess
1841. S. 171.
bncc.
geb.
ruog
371.
379.
Detmold, New
York. 1842.
Detmold, 1842.
(Schmidt, Jahrbb.
^ Bd. 98. S. 77,
'^.
r.
1.
Tum. vasc. in reg.
bucc.
Tum. vasc. in r6g.
mentali et gingiv.
—
16
10
Gene
SUDg.
ücilg
373.
J. R. Wood,
New York. 1842.
2. Wkn.
Schmidt, Jahrbb.
Bd. 98. S. 75.
6
mnt
Aneur. anast bucc
et orbit
9
Heiig
374.
Blakman,
Americ. Jonm. N.S.
30i.
r.
Fang, colli.
2
„^
t
1848. 21. Jan.
Vol. 10. - Nor-
rie No. 38.
M.
Jhr.
8,T|
Zar Ligatur der Arteria Carotis commoniB.
3S9
;0esoDdere8 bei der Ligatur and im Verlaufe.
Todesorsacbe und Section.
^at. hatte keinen Einflnss aufs Gehirn. Hasten n.
geringe Schlingbeschwerden sind die einzige Folge.
le Wunde heilte langsam, der wachsende Tumor blu-
tete oft.
ie sehr Terdfinnte Haut hatte Blutungen geliefert,
weswegen 1838 beide Artt. fac, transvers., infraor-
bit. n. leniporal. dext. ohne Veränderung d. Ge-
schwulst unterbunden wurden. Die Ligat. d. Garot.
rerh'ef ohne Zufall ; nach einem Jahre kehrte Tnr-
jrescenz u. leichte Blutung wieder, jedoch so, dass
Pat. wohl blieb
^a Gompression d Palsat. im Tumor aufhören Hess,
schritt man zur Ligat.; sogleich schwand sie; die
Gesichtsseite einige Standen erblasst, war Abds.
Dorm&l gef&rbt, das sogleich eingetretene GefQhl
▼oa Brnstbeklemmung verschwand am 2. Tage;
Kopf»ch merzen hielten mehrere Tage an; am Tage
nach d. Operat. war undeutliche Pnlsation.
it, im Aug. aufgenommen, wurde im Sept wieder
eutls^aaen; das Jonmal fehlt
Et L.ig3»t. nehmen alle Erscheinungen ab; nach 6
Mon&ten noch ganz wohl.
bleich erlischt d. Klopfen in ihm, d. Empfindung.
k 1. Gesichtsseite vermindert, am 2. Tage Temper.
beider Seiten gleich, aber Ged&chtniss schwach;
Gedanken verworren; Geschwulst vermindert sich,
, keine Blutung stellte sich mehr aus ihr ein.
Details fehlen.
' Kit nachfolgender Canterisation durch Perr. cand.
^ Geschwulst nimmt ab, keine Blutung tritt mehr
f^of — Torher sehr heftige. - Nach 8 Jahren fin-
^n sich noch eine Geschwulst, aber derb, u. von
^ *^ormaler Hautfarbe.
Tumor entsprang in d. DiploS;
gleicher Tumor an der sechsfach
vergrAsserten 1. Niere.
LungenenttOndg. Der am Halse
pulsirende Tumor erwies sich
als aus Drflsen bestehend, in
die ein Zweig d. Garot ext ging.
/
Pat. stirbt nach 2 Jahren an
Lu n gensch wi ndsucht.
Kachexie.
22^
840
Dr. C. Pill,
No
Operateur
nnd
Datum.
Literatur.
i
\
2
Ursache.
I3j
Aus-
gang
O
&d
Tage.
375.
Eccl es, London.
Lancet. 1844. Voll.
46j.
r.
Tum. glandnl.
1
1843. 23. Sept.
p. 724.
M.
(angen. Aneur.).
jsing
376.
Bruus, Tabin-
Bruns, Chir. Pa-
20
r.
Tum. cav. in regione
An-
19 M\
gen. 1844. 2.JnI.
thol. u. Therap.
Weh.
bucc.
geb.
d. Kau- a. Ge-
M,
1
schmacksorgane.
Bd. 1. 2. Abthlg.
S. 168.
377.
Herpin, 1844.
26. Jnn.
Gaz. des Hdpit.
1853.
1f;
l.
Aneur. orbit.
Heilj
378.
O'ReiUy.Dub-
Dublin Med. Press.
44j.
r.
Tom. carcin.
2
+
lin, Jervis Street
1844. Oct. - Lan-
M.
(angen. Anear.)
Jhr.
9.1
Hospit. 1844.
20. Jal.
cet. 1844. VoL 1.
p. 740.
379.
Bob, 1845.
Arch. genör. 1845.
17j.
r.
Tum. erect dipIoSs.
20
t
W.
Mnt
380.
A. C. Post,
New York Journ.
\
r.
Tum. erect. in reg.
- t
New York. 1845.
1845. JuL - Op-
bucc.
2b 1
12. Apr.
penheim, Zeit-
schrift. Bd. 33.
S. 369.
381.
P^tr^quin,
.Journ. de Mont-
22j.
l.
Aneur. orbit. träum.
5
t
1845. 5. Jan.
) pellier. 1845.
M.
Mnt.
}Gaz. hebdom.
( 1859. p. 631.
382.
Detmold, 1845.
Schmidt, Jahrbb.
8
L
Aneur. anast. (unter
An-
1 -j
Bd. 98. S. 78.
Hnt.
d. 1. Ohre).
geb.
i
383)
Warren, 1845.
Amer. Journ. 1846.
23j.
l.
Tum. erect. oris, &-
_^
_ \ü
384
6. Oct. 8. Nov.
Apr.
H.
r.
ciei collique.
SD Dl
385
Robert, Paris.
Gaz. des Hdpit
t
1.
Aneur. anast. capit.
An-
ISjHoii
386
1846. 5. Jun. u.
18 1. p. 128.
r.
geb.
ist
1847. 22. Febr.
387.
Wntzer, Bonn.
Brunswicker,
25j.
_
Aneur. anast. (Ca-
_
18 'iH
1847. 2. Jan.
Delect. casuum li-
gat. princip. arter.
Dissert inaug.
M.
rot. ext.).
Bonn. 1853.
1
Zar Ligatnr der Arteria Carotis commnois.
341
Besonderes bei der Ligatur apd im Verlaufe.
Todesursache und Section.
E3 1. Tage leichte Gehirnstöruog, 4. Tag 1. -seitige
LähmuDg; geht im Nov. nach Hause, nachdem die
Motilität theilvAise, d. Sensibilität ganz wiederge-
kehrt war.
er Tumor soll erst 14 Tage nach d. Geburt bemerkt
worden sein; d. Geschwulst wird weicher, d. Tem-
peratur d. r. Wange bleibt 14 Tage niedriger, wei-
tere Erschein angen sind nicht aufgeführt.
I. Oedem vermindert, Auge sehr zurückgetreten.
29. das Sinsen u. Klopfen geschwunden; 1. Juli
Auge steht normal, sieht wieder; im April 1B45
tritt das andere Auge hervor, Sehvermögen gemin-
dert, Klopfen in dieser Seite; Anwendung vou Eis
beseitigt d- Leiden.
als im Tumor schwand auf Gompression d. Carotis,
aber ohne Volumsverminderuug u. Veränderung d.
Farbe. Nach einer guteu Nacht erschien Fat. am
21. apoplectiform ; stertoröses Athmen. Pupillen er-
weitert, Extremit. kalt, unempfindlich. 25. Diarrhoe.
>bne weitere Angaben.
^eJirien stellten sich ein; als am 10. Tage d. Wunde
fast geheilt war, kehrten Fröste mehrfach wieder;
ein Abscess am Halse wurde entleert; stirbt unter
Delirien.
Fat. stirbt im Jan. an Bronchi*
tis. — Sect. zeigt d. Garot. ob-
literirt. Der Drüsentumor hallt©
d. tiefen Halsmuskeln u. Nerven
ein.
Sect. ergab ein Carciuom. Kopf
wurde nicht eröffnet.
An Blutung und Diarrhoe.
Die Jag. int. verdickt, adh&rent,
mit Eiter u. Fibrin gefüllt, von
d. Basis an bis zur Vena sub-
Clav. An d. 1. Hemisph., zwischen
Arachnoid. u. Pia, längs d. Ve-
nen Eitermassen, in geringer
Menge auch an d. r. Hemisph.
4 Phlebolithen waren im Tumor.
ogleich sank d. Geschwulst zusammen; weiterer
Verlauf unbekannt.
ifialuren geschahen in 34 Tageu, dadurch wurde d.
Exstirpation erleichtert (V).
. Text.
;8 sollte d. Carot. ext unterbunden werden, da aber
in d. tiefen Wunde noch viele kleine Zweige zu
sehen waren, die mit d. Tumor in Verbindung stan-
den, so wurde d. Garot. comm ligirt; sogleich er-
losch d. Pulsation über d. Ligaturstelle; nur am 3.
Tage traten starke Kopfschmerzen auf.
342
Dr. C. Pilz,
No.
Operateur
und
Datam.
Literatur.
o
Ursache.
II
Tay.
388.
389)
390t
391.
392)
393)
394.
39da
895.
396.
397.
398.
399.
400.
Detmold, 1847
Blakman,
1848.
Van Buren,
1849.
Reynolds,
1844. Van Bu-
ren, 1850.
Lenoir, 1851.
3. März.
Peixoto, 1851
14. Nov.
Parker, 1851.
Nnnneley,
Leeds. 1852.
4. Nov.
Dan.Brainard,
Chicago. 1852
11. Nov.
F. Ried, Jena.
1854. 31. Mai
T. B. Curling,
London Uospit
1854. 2. Jun.
Walton, St. Ma-
ry*B Hosp. 1854.
5. Jun.
Schmidt, Jabrbb.
Bd. 98. S. 77.
Amer Jonrn. 1848.
Apr. p. 357.
New York Med.
Journ. 1849. —
Schmidt, Jabrbb.
Bd. 98. S. 77. u.
Oppenh., Ztschr.
Bd. 45. S. 263.
Schmidt, Jahrbb.
Bd. 98. S. 77.
Gaz. des Hopit
1852. No. 38.
p. 152.
Bullet, de l*Acad.
royale de Paris.
Vol. 19. p. 455.
Schmidt, Jahrbb.
Bd. 98 S. 76.
Med.-Chir. Traos-
act. Vol. 42. p. 165.
Gaz. des H6pit.
1853. p. 561.
Briefl. Mittheilung
an Prof. Gurlt.
Med. - Chir. Trans-
act.Vol.37.p.221.
40 j.
W.
40j.
M.
17j.
M.
"J:
524j,
M.
49i.
Tum. malign. faciei,
Fung. haemat
Tum. malign. in cavo
narium.
Aneur. anast. in ca-
pite.
Tum. erect in re-
gione temporal, et
orbital.
Tum. anris.
Tum. fibr. pbaryng.
et nar.
Aneur. orbit. träum,
Med.TimesandGaz.! 5
1854. Vol. l.p. 184. Mnt
; W.
Aneur. anast in or-
bit. träum.
Tum. in regione colli
et faciei dext
Aneur. orbit. träum.
Aneur. orbit
2
Jhr.
4
Mnt
seit
3
Mnt
Zar Ligatur der Arteria Carotis communis.
848
Besonderes bei der Ligatur und im Verlaufe.
Todesursache und Section.
Geringer Erfolg. — Details fehlen.
Innerhalb 3 Wochen wurden beide Ligaturen angelegt,
beim Schluss der zweiten verliert Fat. d. Sehver-
mögen links. Dies besserte sich in wenigen Mi-
naten, doch blieb d. 1. Auge u. d. Gedächtniss einige
Wochen geschwächt.
Mit Ligat. verkleinert sich d. Tumor, ein heftiger
Schmerz in d. r. Kopfseite tritt auf, dann auch im
Uinterkopfe u. im 1. Hypochondrium; Nachts wird
d. Schmerz heftiger; Delirien folgen, 1. Hemiplegie
u. Besinnungslosigkeit.
R. hatte d. Artt. temporal, u. dann Gasot. dext. un-
terbunden; d. 2. Ligat. hatte Verminderung d. Ar-
terienausdehnung am Kopfe zur Folge; Details fehlen.
Der Tumor hatte keine Veränderung erlitten. Beson-
dere Erscheinungen waren nicht aufgetreten, wei-
tere Mittheilungen sollten folgen (ich habe keine
aufgefunden).
Eine Nachblutung zwang zur Ligat d. Trunc. brachio-
cephal., nach 2 Mon. befand sich d. Arzt ganz wohL
Erscheinungen sind, wie andere Details, nicht ange-
geben. Das Wachsthnm wurde aufgehalten.
Die Ligat. hob alle Erscheinungen auf, hatte nur
kurz andauernde Uebelkeit im Gefolge. In d. Nacht
zum 31. Jan. 1853, ohne besondere Veranlassung,
neue Her vortreibung d. Augapfels u. Pulsat. in d.
Augenhöhle. 21. Jun. sind alle Erscheinungen an
d. erblindeten Auge verschwunden, ebenso d. Puls
iu d ganzen 1. Art. Carot.
Mit d. Ligat. erlosch d. Klopfen u. d. Geräusch im
Tumor. 12. Nov. Kopfschm. r., am 3. Tage trat,
uuter Wachsthum d. Tumors, leichtes Klopfen n.
Geräusch wieder auf, Blutg., Acupunctnr; Injection
von milchsaurem Eisen.
Ohne Cblorof.; d. Geschwulst wurde auffallend blass.
3. Jun. Taubheit in d. r. Kopfhälfte u. r. Arme,
Verkleinerung d. Tumors. 7. Lähmung d. r. unte-
ren Extremität.
Sogleich erloschen d. Kopfschmerzen u. d. Klopfen,
Pupillen dilatirt 3. Juni Schlingbeschwerden,
vorübergehende Muskelzuckungen. 4. Unterschei-
dung von hell u. dunkel, d Gesicht bessert sich,
d. Pupille bleibt weit.
Ohne Erscheinungen, nach 2 Jahren ist d. Kind in-
telligent, d. Pupillen sind gleich, d. Gesicht gut;
die Schwester hatte einen Naevns capitis.
Kachexie.
Gehirn r., besonders am Corp.
striat, weicher» als 1., ohne hä-
morrhagische Herde. Tumor
carcinomatös , schien nater d.
Schleimhaut zu entspriegen;
gute Thromben bestanden an
d. Ligatnrstelle.
Text.
344
Dr. C. Pilz,
No.
Operateur
und
Datum.
Literatur.
' ^
•
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1 < «
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Ursache.
I« Tage.
5j
Aus-
401.
402.
403
404i
405.
406f
407 (
408.
409.
410.
411.
412.
413.
J. R. Wood,
1854. 7. Dec.
A. B. Mott,
1854.
Parker, 1854.
Nonueley,
Leeds. 1856,
8. M&rz.
J. R. Wood.
W.R.Donaghe,
1856.
A. B. Mott,
1856.
Stephen
Smith, 1857.
24. Apr.
Vau Bureu,
1857. 20. Mai.
Parker, 1857.
Robert, Paris.
1857.
Schmidt, Jahrbb.
Bd. 98. S. 76.
do. S 77.
do. S. 76.
Med. Times and Gaz.
1859. Apr. p.431.
Schmidt, Jahrbb.
Bd. 98. S. 75.
do. S. 78.
do. S. 77.
do. S. 78.
do. S. 77.
do. S. 77.
Gaz. hebdom. 1859.
p. 53.
23
V:
w.
45j.
M.
38j.
M.
11:
I5i
25j.
M.
4%j
Fung. haemat. man
dib. et phar^ng.
Aneur. per anast
faciei.
Garcin. antri.
Aneur. orbit.
Encephaloidkrebs d.
Antruro.
Fung. palat. dur.
Aneur. anast
Tum. malign. max
sup.
Tum. puls, in orbita
dextra.
Tum. erect. in reg.
temporal, et parle-
Uli.
Aneur. cirsoid.
An-
geb.
30
Weh.
13
t
i Jbi
17 Heiig.
ca.
1
Mnt.
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^**- 80 ng.
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sung.
t
13. Tj
21 In B<
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lang,
t in
einig.
Taget
Zor Ligatar der Arteria Carotis commuDis.
345
Besondered bei der Ligatur and im Verlaafe.
Todesursache and Section.
r Tamor Teranlasste eDorme Behioderang beim
Schlingen u. Athmen; später theilweises Abbinden
n. Abtragen d. Tumors durch d. Scheere schaffte
DQD Linderang. — Fat. geht zu einem Krebsdoctor,
wo er nach } Jahre stirbt.
iDe besondere Angaben; nach ^ Jahre volle Ge-
nesong.
)terbindang beider Gefässe in 32 Tagen, Details
fehlen; Nachblutg. aus einem peripher. Ende wurde
durch Druck gestillt; Wunde scfaliesst sich.
?at. ohne jede Hirnerscheinung, nur nach 4 Tagen
Schmerzen im Halse, Schlingbeschwerden u. Expec-
torat von etwas blutigem Schleime; nach einem
Jahre d. 1. Auge ganz gut, kein Puls in d. 1. Art.
Garot. , aber wohl in ihren Zweigen schwache Pnl-
sation.
bne Erscheinungen geschah d. erste Operation, nach
2 Mon. wird Fat. gebessert entlassen; schon nach
1 Mon. VergrdsBerung der wieder ulcerirenden Ge-
schwulst. Die 2. Ligat hat Dnruhe, Trockenheit
im Monde o. Rachen zur Folge; d. Tumor verklei-
nert sich, später folgt Diarrhoe, Frost, Delirien,
Blosdegong d. Antrums, Erschöpfung.
>er Tumor hinderte sehr beim Schlingen, Atheraho-
len Q. Sprechen; Erscheinungen werden nicht an-
gegeben; nach 6 Wochen wuchs d. Neabildg wieder.
Details fehlen; beim letzten Besuche Hoffnung auf
Tolikommene Genesung.
>bae Ghlorof. (wegen d. vorhandenen Athembeschwer-
den), bei d. Ligat. mussten viele kleine Arterien
nnterbonden werden; keine Störungen traten auf;
Tamor nicht verkleinert, seine Bedeckungen blässer,
Schmerzen n. Blutungen aus d. Tumor sind ge-
schwunden; Kräfte gebessert.
^'or d. Li^at ist d. Sehvermögen erloschen ; es be-
stand Exophthalmus n. hochgradiger Schmerz;
letztere Leiden sind in 8 Ts^en nach d. Operation,
die keine Ersi-heinungen im Gefolge hat, ver-
schwunden; am S. Tage die ersten Zeichen d.
Pyämie.
^acb d. Ligat. erfolgten keine Hirnerscheinungen,
^m 21. Tage Nachblutg. Fat. noch in Behandlung.
Kiöe gewisse Aufgeregtheit war die einzig bemerk-
bare Folge, Fat. auf Wunsch sehr früh entlassen;
bald folgen Delirien u. Lähmung d. 1. Seite u. r.
d. Gesichtes, dann schnell der Tod.
An Phthisis.
Kachexie.
I^rschöpfung. Section ist nicht
gestattet
Abzehrung.
Pyämie. — Die Ligat. liegt der
(jefäsSBcheide locker an; d. Ge-
fäss vollkommen getrennt; die
\" zurßrkgezogenen Enden gut
verschlossen; d. Vena jugul.,
der Ligaturstelle gegenüber, ex-
ulcerirt 1" weit; in d. Lunge
mehrere Abscesse.
Section nicht gestattet.
346
Dr. 0. Pila,
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•6 g i
No.
Operateur
und
Datum.
Literatur.
it
1
lO
Ursache.
i
|i( Aas-
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Tage. ,
414.
NuDueley,
Med.-Chir. Trans-
"V:
1.
Aneur. orbit. spont.
^__
^_^
t 16
1858. 3. Apr.
act.Vol.42.p.l76.
Tg.
415.
Bowmau,
Med. Times andGaz.
'S:
r.
Aneur. orbit. träum.
5
t
1859. 28. Febr.
1860.VoL2.p.l07.
Mnt.
17. Tg
•— Demarquay,
Tum. de lorbite.
416.
V. Mott, 1859.
1. Jun.
p. 327.
New York Med.
Press. - Med.
Times and Gaz.
1859. p. 211.
—
l.
Tum. fnng. antri.
—
—
417.
Nunneley,
Med.-Chir. Trans-
42 j.
r.
Aneur. orbit.
seit
23
Gene-
1859. 24. Oct.
actVol.42.p.l87.
W.
28/7.
sung.
418.
Bertherand,
1860. 15. Mai.
Gaz. des Höpit.
1860. p. 539.
4i
Mut.
W.
1.
Tum. erect. in reg.
temporal.
—
Heiig.
419.
Bowman,
Med. Times and Gaz.
40-
1.
Aneur. orbit. spont.
17
Gene-
1860. 18 Jun.
1860. Aug. u. 1861.
"i
mit Isuns.
Vol. 2. p. 86.
ßitgJ;
420.
Syme, Edin-
birrg. 1860.
3. Jul.
S'. Observat in cli-
nical Surg. p. 161.
22j.
r.
Aneur. orbit. epont
14
Ueil?.
421.
Hart, 1861.
Lancet. 1862. Vol. 1.
llj
1.
Aneur. arL-veuos in
_
8 lueilg
März.
p. 271.
M.
orbit. träum.
422.
Morel - Laval-
Gaz.desHöp. 1861.
36 j.
1.
Fung. pulsat. durae
2
__
t
löe,1861.7.Aug.
p. 108.
M.
matr.
Mnt.
ll.T
Zar Ligatur der Arteria Carotis coiDinnnis.
347
Besonderes bei der Ligatur und im Verlaufe.
Todesursache und Section.
7. empfand Pat. plötzlich ein Krachen u. Sehmerz
im L Auge, d. Ligat. war schwierig, u. hatte Cod-
Tulsionen 1. u uorubige Lage d. r. Extremit. zur
Folge, Fat bleibt etwas uDbesioDlich, Singultus,
Uebelkeity Puls klein (Ammon.); wird besinnlich
nach einigen Stnoden; kann schwer sprechen. 4.
Apr. Scblingbeschwerdeu. 5. Convjuls. 1. etc. 13. 4
Blutungen, die sich wiederholen.
Mit d. Ligatur bOren Puls u. Geräusch im Auge auf,
ebenso das Doppeltsehen, später kehrt d. Geräusch
wieder. 7. Tag hat d. Wunde bchlechtes Aussehen.
10. Tag erfolgen aus ihr Blutungen, die am 11. u.
12. stärker werden.
Der Tumor Terminderte sich nach d. Operation etwas.
Eine Woche toc d. Geburt plötzlicher Schmerz in d.
r. Kopfseite, später im r. Auge, das heiss ist und
nicht mehr bewegt werden kann, später Pulsation
u. Geräusch; mit d. Ligat. gehen alle Erscheinun-
gen TorOber, doch kehrt d. Gesicht nicht wieder.
Chloroform. Die Ligat. d Art. Garot ext; bewirkte
Verkleinerung d. Tumors, aber schon am Abende
bestand d. frQhere Zustand, deshalb wurde so-
gleich d. Ligat d. Garot. comm. gemacht, ohne
jede Erscheinung u. Störung im Verlaufe.
Die Erscheinaogen gehen sogleich zurfick,x. Gesichts-
seite wärmer, als linke. 45. Tag Blutg., d. Gesicht
verloren.
Das Schwirren u. d. Schmerz im Kopfe stand nach
Compression d. r. Garot, u. erlosch mit d. Ligat.
9. Auge hat normale Stellung, Doppeltsehen ge-
schwunden.
3 Wochen lang Digitalcompression bis zu 15 Minuten.
Mit d. Ligat. trat Schwächung, später ErlÖscben d.
Geräusche u. Kopfschmerzen ein; Gehirnerschei-
nungen erfolgten nicht.
^Is d. Art. zur Unterbindung auf einer Sonde erho-
ben vurde, wird d. Stimme schwach, u. es entsteht
ein Schmerz im 1. Auge; mit d. Ligat. erlöschen
d. Pulsationen, mehrfache Blutungen treten seit d.
11. aus d« Wunde auf Fröste.
Erschöpfung. — Linke Hemisph.
erweicht, besonders im mittle-
ren Lappen ein haselnussgrosser,
erweichter Herd ; Gehirn gleich-
massig blass; d. Zweige d. Artt.
vcrtcbr. u. Garot. atheromat
Ligat liegt dicht unter d. Bi-
furcation, tiefe Theilung; am Ur-
sprünge ist die Art thjr. ul->
cerirt, Vena jug. n. N. vagus
uormaL
Blutung. — Art Garot ganz ge-
snnd, Vena ophth. cavernös.
Prämie. — Unterer Thromb. fest
adbärirend, nicht d. obere; der
aussen sichtbare Tumor dringt in
2 Ausbuchtungen durch d. Hirn-
schale, bis zur Dura mat ; an die-
ser Stelle zeigt d. Gehirn eine
Depression. Abscesse in den
Lungen.
348
Dr. C. PH«,
No.
Operateur
und
Datum.
Literatur. ||
i
Ursache.
|3. 5^1 gang
Tage.
423.
V.Mott, Vincent
Hosp. 1861.
Amer. Med TimeB.
1861. 23. März.
193. Spitalbericht
d. Vinc. Hospit
r.
Tum. fong. antri.
Geil-?-
sang.
424.
D. Greig, Dun-
dee. 1862. 30.
Apr.
Edinb. Med. Journ.
1862. Jul. - Doc.
p. 44a
'ü:
1.
Anenr. orbit. tranra.
14
24
Heiig
425.
Sou tham,
Med.-Chir. Trans-
]
28j. ,r.
Aneur. anastom. ca-
8
Heil"
Royal Infirmarv,
act. Vol. 48. p. Co.
W.
pit
Jhn
a-A^ai^
Birmingham. "
1864. 20. Mai.
42«.
Morton, 1864.
Amer. Journ. Apr
"J:
r.
Aneur. orbit. spont.
21
Heiig
4. Dec.
p. 318-327.
(in graviditate).
427.
Szokalsky,
Mon.-Blatt ffir Au-
7
1.
Aneur. orbit. träum.
lUilg
Warchan, 1864.
genheilkd. 1864.
Sept.-Dec. S. 427.
— Schmidt,
Jahrbb. Ibüö.
S. 329.
428.
Auvert, Mos-
kau.
A., Selecta prax.
med. et Chirurg.
Paris. 1848. -
Archives g^n^r.
4. Sör. Vol. 19.
T
r.
Teleang. in regione
auris.
"
+
p. 261.
j
429.
BojanuB,Ni6ch-
Archiv für kUn. Chi-
—
L
Polyp, narium.
_
13 ; +
113. T|
ny -Nowgorod.
rurg. Bd. 3.(Adel.
mann cit.).
1 m
430.
Van Buren,
Schmidt, Jahrbb.
']!:
1.
Aneur. orbit träum.
-
111 llloilcr
(18Ö0?).
Bd. 98. S. 77.
12
i
1
1
Zar Ligatur der Arteria Carotis commonis.
349
Besonderes bei der Ligatur und im Verlaufe.
Todesursache nnd Section.
lit d. Ligat. vermindert sich d. Tumor etwas; 20
Std. Dach derselben treten Delirien mit Gonvulsio-
nen aaf, weitere Details fehlen.
Sei einem Fall wird d. Kopf 1. gestreift, d. Auge nicht
verletzt, Pat. betäubt, folgenden Tages Kopfschmerz
u. Singen im I. Ohre; am 2o. Apr. Kopfschmerz,
besonders in d. Stirn, Nachm. im 1 Auge, Schwel-
lung d. Augenlider I., Sehvermögen gemindert.
28. Exophthalmus, Chemosis, starker Puls in d.
Augenhöhle. Mit d. Ligat. schwindet sogleich d.
Pulsation, allmälig kehrt d. Beweglichkeit d. Aages
zurQck. 6. Tag kann Pat. schon Finger zählen, in
3 Monaten Alles normal.
Ohne Chloroform. Während d. Ligat. treten Convnl
sionen auf. 22. Wohlbefinden, kein Puls in Art.
temporal 26. Puls in Temporal. Die Gefftssaus-
debnnng nm Kopfe weich, blutleer; ^s werden 4
Fäden an d. nlcerirten Stelle hindurchgelegt.
Mit d. Ligat. schwindet d. Pulsation, Geräusche n. d.
Turgescenz der Gefässe; Nachmittags: Puls 72,
Trockenheit u. Schmerzen im Halse, Kopfschmerz
l. 5. Schlingbeschwerden, 6. um Mitternacht Con-
Tulsionen, denen ein guter Schlaf folgt; seit d. 9.
ungestört guter Verlauf.
Digiulcompression 3 Tage lang; mit d. Ligat. treten
keineHirnzn falle auf; nach 4 Tagen Pulsat. in Art.
temporaL, nie mehr im Aneur., das bald schwand;
Stellung u. Sehvermögen d. Auges bald normal.
deutliche Pulsat. u. mehrfache Blutungen bestanden.
Die Ligat liess d. Tumor schwinden, aber Kopf-
schmerzen stellten sich ein, gefolgt später von einer
Hemiplegie; eine kleine Nachblutng erschien.
Der Poljp wuchs dann weiter, n. wurde endlich ex-
stirpirt, ohne besondere Blutung.
^ach einem Fall, mit den Zeichen einer Pract. bas.
cran. zeigten sich in d 4. Woche, Exophthalmus,
mit pochendem, spannenden Schmerze, Sausen etc.,
dagegen hilft d. Compression d. Carot., deshalb d.
Ligat., worauf Pulsat. u. Sausen erlöschen; d. Ex-
ophthalmus geht langsam zurtick, bisweilen noch
Doppeltsehen; besondere Erscheinungen treten
nicht an f.
Encephalitis.
Pyämie.
350
Dr. C. Pilz,
No.
Operateur
and
Datam.
Literatar.
1
Ursache.
1
O
M
T^V.
431.
Cherry.
New Orleans Med.
and Snrg. Joam.
'H:
—
Tumor.
—
- JBei^
1859. p. 672. —
Ehrmann, Des
effets prodnits etc.
•
p. 55.
432.
Legonest.
Oaz. med. 1864.
p, 214.
w.
1.
Aneur. orbit. (oph-
tbalm.) träum.
—
-:Heil&
433.
ListoD.
Lancet. 1844. Vol.
2. p. 276.
"^;
l.
jAnenr. anast. ?
(Varix. arter. capit.
—
—
10. Tg
434.
iiacmanns,
Dnblin.
Crisp., Die Krank-
heiten d. Artt. u.
Venen. S. 185.
M.
Tum. in regione colli.
~
"
+
435.
MaiBonneuye.
Gazette des Höpit
30j.
r.
Anenr. Tartcos. in
2
^
t
1849.p.506n.532.
W.
osse pariet. trauro.
Mnt
aTf
436.
Maunoir, Genf.
Omodei, Annali di
30j.
1.
Anear. cirsoid.
Gm-
Medic. 1821. p. 159.
M.
SODg.
1
487.
Millies, Leip.
zig.
Qfinther, Opera-
tionslehre. Lief. 61.
S. 75.
—
—
Struma yascnl.
—
t
4. Tg
438.
V. Mott.
Amer. Med. Journ.
_
L
Garcin. parot
t ,
439.
1847. Jul. - Prov.
Med. and Snrg.
Jonrn. 1848. p. 137.
Amer. Med. Jonrn.
""
r.
24Std
439a
Massej.
19j.
1.
Naev. vascul. in re-
An-
Heiig.
489b
1853. N. S. 52.
M.
r.
gione anris. |
geb.
440.
Syme.
Provincial Med. and
Snrg. Journ. 1848.
p. 137.
jun-
ger
M.
1
r.
Tum. colli (Anenr.
angenommen).
t
Znr Ligatur der Arteria Carotis cominnDis.
351
Besonderes bei der Ligatur und im Verlaufe.
Todesursache und Section.
Gehirnerscbeinungen sind nicht bemerkt.
Da d. Digitalcompression nicht zum Ziele führte, so
machte L. d. Ligatt. d. Artt. Garot. comm. n. eit.
mit Erfolg, ohne jede Erscheinung. — Chloroform.
GehimerscheinuDgen werden nicht aufgeführt.
Man hatte ein Aneurysma angenommen.
MVelpean's Rath wurde d. Art. Garot. ext un-
terbunden, sogleich hörte d Puls im varicdsen Ar-
teriensystem auf, d. Ligat fiel am 16. Tage, gleich-
zeitig war d. Art. thyr. sup. ligirt worden. Da
mehrere Blutungen auftraten, so sollte d. Art. Ga-
rot. int. isolirt unterbunden werden; sehr schwer;
M. unterband nun d. Carotis comm. u. int., bald
folgte Lähmung d. Gesichtes L, am folgenden Tage
volle L Hemiplegie.
^'ach Scarpa's Methode, temporär; d. Operation
hatte keine Erscheinungen im Gefolge; am 3. Tg.
wird d. Ligat., da keine Pulsat. mehr besteht, ent-
fernt; die im Ohre u. Auge Yorhandenen Schmer-
zen vergehen, d. Unterkiefer lässt sich wieder
schmerzlos Öffnen, d. Anfangs verkleinerte Tumor
wichst wieder znr frflheren Grösse an.
Bei einer Struma, bei welcher d. Art thyr. (?) bis
zur Dicke eines kleinen Pingers erweitert, n. d.
Carot. comm. sehr stark war, hoffte M., durch d.
Ligat Erleichterung zu schaffen; Gehirnerschei-
nuDgen sind nicht angegeben.
looerbalb 16 Minuten wurden, um d. Ernährung der
Neubildung zu entziehen, beide Hauptstämme li-
girt Coma.
Seit 8 Jahren stärkeres Wachsthnm; heftige Blutun-
gen; innerhalb eines Monats wurden beide Ligatt
gemacht, nur you vorübergehender Schwächung d.
gleichseitigen Auges gefolgt
Der Tumor zeigte deutliche Pulsat an allen Theilen
gleich, sollte bei Anstrengungen wachsen, hatte am
oberen Theile ein besonders lautes Geräusch. Mit
d. Ligat nahm er an Umfang ab, keine Hirner-
scheinnngen traten ein.
Blutung.
Diarrhoe. — Das angenommene
Aneurysma war ein carcinomat
Tumor.
Die r. Hemisph. erweicht Der
N. sympath. ist sowohl in d.
Ligat. d. Art Carot comm., als
int mit eingeschlossen.
Tod plötzlich. Section fehlt
Nachblutung. — Das angenom-
mene Aneur. war eine mit d.
Arterienscheide verwachsene
Cyste.
352
Dr. (
D. PiU
}
No.
Operateur
und
Datum.
Literatur.
il
1
Ursache.
Tmgß.
441.
J. S. Thebaut.
Schmidt, Jahrbb.
Bd. 98 S. 77.
r.
Aneur. anast faciei.
—
10 'b^
ruE»
442.
Unbekannt.
Vi dal, Traite de -
—
Tum. carc. (Aneur.
—
—
ti
pathol. ext. Vol. 2.
angenommen).
p. bl8.
443.
Nunneley.
Schmidt, Jahrbb.
Bd. 130. Hft. 4.
.oi.
1.
Aneur. orbit. träum.
—
— Heil
p. 73.
444.
Nunneley.
do.
•a-
r.
(Aneur. orbit angen.)
Carcinom.
4
Mnt.
—
-
Zusätze zu Yorsteb
307) Im Anfange der Schwangerschaft fühlte Fat. plOtzliqli ein Knackes
im 1. Yorderkopfe, mit Schwellung der Augenlider ; allmälig bildete sich eine
Hervortreibung des Augapfels aus, mit Pulsationen in seiner Tiefe. Com-
pression der Artt. temporal., maxill. ext und angul. half nichts, nur die der
Carotis. Mit der Ligatur schwindet der Kopfschmerz, schwache Palsationen
bleiben noch fühlbar, nach 4 Monaten ist der Tumor kleiner, mit schwachen
Undniationen; die 1. Carotis polsirt; im Mai 1811 volle Heilung.
308) Plötzlich entstanden.
309) Nach 15 Jahren ist der Tumor in alter Grösse yorhanden.
311) Nach der Ligatur föllt der Tumor zusammen; in einigen Monaten
beginnt der aneurysmatische Sack zu wachsen, (Venaesect.), es werden dann
isolirt die zufOhrenden Arterien unterbunden, und eine dirccte Compression
auf den Tumor ausgeübt.
315 u. 316) Die in Hagerstown lebende Pat hatte au beiden Augen
Rchwammartige (?) Geschwülste, deren stetiges Wachsthum durch die Liga-
tur der Carotis verhindert werden sollte. Mehrere Monate nach der Opera-
tion war Pat. nicht nur wohl, sondern die Tumoren hatten sich auch ver-
kleinert Ausser dieser Notiz im Briefe von Dr. Cohen an K. Rodgers
habe ich über diesen ersten Fall beiderseitiger Ligatur der Carotis nichts
auffinden können.
327) Der teigig sich anföhlendo, nicht pulsirendp Tumor bedeckt« die
Zar Ligatur der Arteria Carotis commonis.
35S
Besonderes bei der Ligatur und im Verlaufe.
Todesursache und Section.
Der Tumor wurde blasser, ohne ganz zu schwinden;
Details fehlen.
Yidal fand im Temporalmuskel eine harte Geschwulst,
die er f&r ein Aneur. hielt; ein anderer Arzt be-
ging denselben Fehler, und legte d. Ligat. an.
Ohne Chloroform. Mit d. Ligat. schwand d. Sausen,
d. Geftssffllle u. Puls in d. Augenhöhle, 4 Tage
sp&ter schienen d. Erscheinungen wiederzukehren,
doch nach 8 Mon. hatte d. Auge normale Stellang
Q. Aussehen , nur d. Sclera blieb dnnkeler, Sehver-
mögen links gebessert, nach 1^ Jahren normal.
Die Ligat schafft Erleichterung, aber am 5. Tage 1.-
seitige Lähmung, die langsam zurückgeht Die
Polsat des in seiner GrOsse unrerftuderten Tumors
kehrt nicht wieder.
Todesursache nicht angegeben.
Sect. : d. Tumor war ein Krebs-
knoten.
ender CasniBtik.
balbe Nasenwurzel, das obere, nicht zu hebende Augenlid, nnd reichte in
die Augenhöhle.
328) Zu diesem Falle bemerkt G. B. Günther, No. 235a.: Nachdem F
einen Faden um ein Bündel geführt, und die dabei Stehenden Puls darin
in fühlen geglaubt, wurde die Ligatur geschlossen ; der Puls in der Art tem
poral. dauerte fort Die Carotis war nicht unterbunden worden.
329) Die Neubildung umfasste einen grossen Theil der Stirn, der Schlft-
fengmbe, den Schläfen- nnd Seiten wandbeines; eine lange Narbe rührte von
einem Operationsversuche Ch. BelTs her. Am 11. Oct wurde der Tumor
so weit ab mOglich exstirpirt, ohne besondere Gefftsse zu unterbinden; die
betreffenden Knochen waren schon angegriffen, Aetzungen blieben gegen
eine neue, flächenhafte Ausbreitung erfolglos; am dnrch Nahrongsentziehung
m wirken, wurde die Kopfschlagader unterbanden.
821) Nachdem schon zwei Operationen am Kiefer ohne Erfolg ausge-
^hrt waren, wollte D. die Pat nicht mehr operiren. Versnchsweise machte
M., mit Zustimmang Lallemand's, die Ligatur der Carotis. 5 Stunden
später Schmerzen im Zahnfleische und Munde, brennendes Gefühl beim Schlin-
gen; der Pols istfreqaent, Kopfschmerzen fehlen; nach 12 Standen ROthung
nod Schwellang des Gesichtes, Kopfschmerzen, Schlingbeschwerden, der lang-
same Pols voll, grosse Unrnhe, (Venaesect) Erbrechen. Den 6., 7. nnd 8.
starkes »Arbeiten* im Tumor. 9. Morgens wohl, nach 2 Stunden Ohnmacht,
▼. Langenbcek, ArehW f. Cblnirgic. IX. 23
354 ^r- 0. Pila,
der Kopf sinkt auf die 1. Seite. Gesicht bleich, das r. Bein nnr etwas ge-
schwächt; plötzlich im gelähmten Arme unwillkürliche Contractionen. Am
Anfange des 3. Monates ist der Tumor nur halb so gross.
882) Die pulsirende Geschwulst bedeckt Schl&fe, Seitenwandbein und
Stirn; die I. Carotis ist mit ihren Zweigen bedeutend erweitert, besonders
die Art. occipit.; die Art. temporal, wurde ohne Erfolg früher unterbunden.
12. Unbesinnlichkeit, wie gestern, die 1. Pupille contrahirt; 13. Besserung
des Allgemeinzustandes, Verlust des 1. Auges. Am 26. Tage hat der von
normal gefärbter Haut bedeckte Tumor nur die Hälfte seiner früheren Grösse.
die Artt. temporal, und occipit. pulsiren nicht mehr. Am 4. Jan. 1828 fand
Mayo den grossen Tumor stark pulsirend. — Die Injection wies nach, das»
die Art occipit. hauptsächlich die Neubildung veranlasst hatte; die Carot.
comm. war bis zur Theilungsstelle obliterirt, ebenso die Vena jug. int;
um das Ghiasma nerv, optic. herum, und im 4. Ventrikel fand sich Eiter.
333) u. 334) Die klopfende, purpurrothe Geschwulst sass mit einer Ba-
sis von 5 Zoll Durchmesser auf dem Scheitel; dieselbe, angeboren, hatte
sich seit 3 Jahren bedeutend vergrössert, auf ihr bestand ein atonisches
Geschwür, das mehrfache Blutungen geliefert hatte. Die 1. Temporal. (Art
und Ven.) hatte hart am Ohre ) Zoll Durchmesser; die geschlängelt ver-
laufende Art temporal, zeigt Pnlsationen bis 15 Fuss Entfernung; am Kopfe
sah man ausserdem gegen 20 pulsirende, wenigstens gänsekieldicke Gefässe;
Nach der Ligatur war der Tumor nur weniger straff gespannt; der Zafloss
von der anderen Seite offenbar. Die Unterbindung der zweiten Carotis hatte
gleichfalls keine Gehirnerscheinungen im Gefolge; Pat. erhob sich selbst
vom Operationstische (Adstring. Compress.). Nach 2 Wochen hat der Tu-
mor i der alten Grösse, blieb 6 Tage stationär, wuchs dann, färbte sich
dunkeler. Da die Ligaturen das Uebel nicht gehoben hatten, wurde die Ex-
stirpation gemacht Schon beim langsamen Umschneiden der Geschwulst
▼erlor, trotz sofortiger Unterbindung der einzelnen Gefässe, Pat etwa 2
Quart Blut; Ohnmacht; die 250'' haltende Wunde ist in 8 Wochen fost
geheilt 1837 giebt M. an, dass sich Pat wohl befinde, und an seinen geisti-
gen Fähigkeiten keine Einbusse erlitten habe.
337) Nach Arch. gön^r. (1834). S^r. 2. Vol. 6. p. 23. soU die Ligator
ohne Erfolg gewesen sein.
838) Ohne jede Veranlassung hat Pat am inneren Angenwinkel eine
eigenthümlich drückende Empfindung, die sich bald auf den Kopf weiter
ausbreitet; die entstandene, haselnussgrosse Geschwulst pulsirt: die im Mai
gemachte Unterbindung der Art facial. ist ohne Nutzen; bald zeigte sich
eine pulsirende Geschwulst am inneren Winkel des 1. Auges.
343) M. hatte die Ligatur beider Carotiden in Aussicht genommeo,
Zar Ligatar der Arteria Carotis comnioDis. 355
eisige Zeit nach der Operation war der auf i seines früheren Volumens zn-
rfickgebildete Tomor härter geworden, so dass die Exstirpation erleichtert ist.
346) n. 347) Im 4. Jahre begann der an der r. Nasenseite ursprünglich
sitzende Tnmor zn polsiren, nnr die Gompression der Carotis hob diese Pal-
sation auf; die Unterbindung der aufs Doppelte erweiterten 1. Carotis hatte
keine Gehirnerscheinungen im Gefolge.
350) Bin Jahr nach einem Falle vom Pferde entstand am Hinterkopfe
eine kleine, schmerzhafte, deutlich pulsirende Geschwulst; die von einem
Chirurgen für einen Abscess angesehen, geöffnet, eine später wiederkehrende
Blutung lieferte. Bei der Aufnahme war fast der ganze behaarte Kopf und
die Stirn auf der r. Seite mit aneurjsmatischen Geschwülsten bedeckt. Aus
einem kleinen Geschwüre am Hinterkopfe entstand beim Abnehmen des Ver-
bandes eine starke, von der Art. occipit. gelieferte Blutung ; heftige Blutung
am 4. Aug. führt zur Ligatur.
351) Pat. wird etwas kühler; Abds. Fieber, das einige Tage besteht;
die Stimme für einige Tage verändert, Singnltus. 2 Tage nach der Opera-
tion ist der Tumor wieder turgescirender, nimmt dann wechselnd ab und
zn; — eine gewisse Beziehung zum Mondwechsel bestand. (?)
353) Den 18. ist das Auge kaum noch prominent, späterer Bericht lässt
den Tumor' geschwunden, und den Pols in der Carot comm. und ihren Zwei-
gen erloschen sein.
856) Nach Stoss entstand eine Sugillation an der Stirn; seit 8 Monaten
zeigt sich an dieser Stelle ein blänliches, stetig wachsendes, leicht bluten-
des Knötchen, die Exstirpation unterblieb wegen heftiger Blutung bei Be-
ginn derselben. Die die halbe Stirn jetzt einnehmende Geschwulst besteht
eigentlich ans zwei differenten Neubildungen. Die Zweige der Art temporal,
erweisen sich als erweitert, eine bläuliche Excrescenz sprosst auf dem r.
Sdieitelbeine; beide Ohrspeicheldrüsen sind schmerzhaft. Um die Nahrungs-
zufuhr dem Neoplasma zu entziehen, wurde die Carot. comm. unterbunden.
383) u. 384) Das Uebel, aus einem sogenannten Muttermale entstanden,
bedeckte, ausser dem grössten Theile der 1. Gesichtsseite, noch einen Theil
des Halses, setzte sich, als fnngöse Geschwulst mit von Blut strotzenden
Granulationen, auf die innere Seite der Unterlippe und über die untere Zun-
genfläche fort, deren 1. Hälfte um das Doppelte vergrössert war. Mit der
Ligatur wurde die Geschwulst blasser, die Lippeaschwellung verkleinert.
Die Ligatur der rechten, um k erweiterten Carotis hatte keine Folgen; 26.
die am Tumor vorhandenen, exulcerirten Stellen sind völlig vernarbt, die
Gesichtsfarbe erblasst, die Lippe noch unförmlich dick; bei einer keilförmi-
gen Excision aus derselben war die Blutung gleichwohl nicht unbedeutend.
Am 12. Dec. war das Gesicht von fast normalem Aussehen, es fehlte Pul-
23*
856 I>r. C. Pill,
sation in der Temporaiis und anderen (?) Kopfarterien; Ober dem Schlfissel-
beine fanden sich zwei neogebildete, starke Arterien; 4 Monate nachher ist
Fat. noch ganz gesund.
385) n. 886) Während R.Cooper*s Nadel um die isolirte Arterie fahrt,
stösst Fat einen lauten Schrei aus, die Athembewegungen werden stark,
der Körper mit Schweiss bedeckt, die Stimme verändert; alle diese Erschei-
nungen, mit Ausschluss der 8 Tage veränderten Stimme, lassen schnell nach.
23. Rippenfellentzündung; 3 Wochen lang pulsirt die 1. Temporaiis nicht;
der pulslos gewordene Tumor ist kleiner; nach 4 Wochen Pols im Tumor,
nicht in der Temporaiis. 26. Juli. Obwohl bisher andauernd ein Druckrer-
band angewandt worden, tritt aus einer noch ulcerirenden Stelle eine Bla-
tung ein; die Stimme noch verändert (aiguS et rauque). Bei Schluss der
zweiten Ligatur wurde Fat. sehr blass, empfand starke Kopfschmerzen,
Schwäche ip beiden, und Schmerzen im r. Auge, Brechneigung, das GefQhl
von Ameisenlaufen in der unteren Extremität, dann Schlingbeschwerden^
am 4. Tage ist der Znstand fast normal. Den 1. Mai 1850 bestehen keine
Fulsationen im Tumor.
394) Abweichende Angaben liefern die beiden mir zugänglichen Qoellen.
394 a) (Die Krankengeschichte ist nicht ganz deutlich).
398) Im 34. Lebensjahre war eine Geschwulst unter dem Ohre exstirpirt
worden, 4 Jahre darauf ein Recidiv. Der jetzige Tumor 9'' lang und S|f"
breit, eigentlich aus 3 bestehend, nahm die rechte Schläfen-, Farotis- ond
Halsgegend ein, ragte einwärts in die RachenhGhle; das AUgemeinbefiadeo
war durch heftige, in die Stirn- und Hinterhauptsgegend ausstrahlende
Schmerzen und Schlaflosigkeit alteriri Da die Neubildung immer mehr wuchs,
und Fat einen operativen Eingriff verlangte,- die Exstirpation aber nicht
mehr ausführbar erschien, so wurde zur Ligatur der Carotis, ohne Chloro-
form, geschritten. Die Geschwulst wurde auffallend blass, die Respiration
leichter, der FuLi stieg in seinen Schlägen von 56 auf 96. 8. Taubheit in
der r. KCrperhälfte, besonders im Arme und den Fingern, Schmerzen in der
Magen- und Lebergegend. 4. Der Tumor ist um ^ des Volumens kleiner.
6. Schmerzen im r. Arme, der nicht freiwillig beweglich ist, Gangrän der
Wundränder, weiteres Collabiren der Geschwulst 7. Lähmung des r. Beines.
8. grosses AngstgefQhl, Respirationsnoth. — Section: Der Tumor ist ein
Markschwamm, in dessen Inneren durch Zerfall des Gewebes sich eine Höhle
ausgebildet hat; in der Carotis finden sich 2 Thromben, von denen der pe-
ripherische fester ist Coagula finden sich auch in der Anonyma und Sub-
clavia, nebst der Vena jug. und subcl., eine fiitersenknng besteht am Halse,
längs den Gefftssen herab; die GefEsse der Gehirnoberfläche sind stark in-
jicirt; ein blutiges Extravasat liegt an der Schädelbasis, dem mittleren r.
Lappen entsprechend; Kleingehirn hjperämisch.
Zur Ligator der Arteria Carotis commuoia. 357
4U) Abends wird Fat unruhig, es treten linksseitige Convulsionen auf;
den 6. unruhiger Schlaf, Fat. liegt schlaflos, mit geschlossenen Augen; im
Auge wieder Pulsation, die rechtsseitige Lähmung ist ausgesprochen. 10.
eine Spur ron Kraft in der r. Hand; 12. Blutung aus der Wunde, die Fa-
ralyse bessert sich; 13. Blutung, Fat. kann die Zunge etwas ausstrecken
und einige Worte undeutlich aussprechen; vom 14. bis 19. treten mehrere
Blutungen ein.
415) Als Fat. zu sich kam, ffihlte sie noch das Ger&nsch im Kopfe.
416) Hierbei heisst es, dass M. in diesem Falle das 46. Mal die Liga-
tur gemacht habe.
419) Vor der Ligatur war durch 14 Tage Digitalcompression ausgefibt
worden. Als am 45. Tage nach der Operation 2 Blutungen sich einstellten,
wurde das Auge wieder prominenter, und zeigte von Neuem ein blasendes
Geräusch ; während bis zum 19. Besserung eintrat, fand sich am 19. und 20.
Verschlimmerang, dann, mit Verlust des Gesichtsvermögens, Besserung; 7.
Juli 1861 ist Fat. noch ganz wohl.
421) Von dem systol. und diast Geräusche war letzteres stärker; die
Gompression ertrug Fat immer nur 15 Minuten lang.
422) Obwohl die Gompression des Gefftsses keine Aendernng herbei-
fQhrte (!), hob die Ligatur desselben die Erscheinungen völlig.
428) Etwa vor 8—9 Jahren begann die Neubildung auf dem Scheitel-
beine, ging über die Schläfengrube, hinter dem Ohre fort, zum Hinterhaupte,
dann Aber das Stirnbein zum Augenwinkel. Insbesondere fanden sich die
Artt. temporftL und oceipit. sehr erweitert; ans einer Geschwfirsstelle waren
schon mehrfache Blutungen aufgetreten; eine solche, beim Entfernen des
Verbandes sich einstellend, konnte durch Liq. ferr. sesquichL nicht zum
Schweigen gebracht werden.
439 a, b.) Dieser Fall wurde durch Verwechselung fibersehen, und erst
später, als die Berechnungen schon beendet waren, als selbstständiger Fall
aufgeffihrt.
442) Dies scheint nicht der von Djpnytren (Lei^ons oral. VoL 2.
p. 63.) citirte Fall zu sein.
358
Dr. 0. Pil«,
TV. Ligatur vor rmd bei der
No.
Operateur
und
Datum.
Literatur.
il
5
Ursache.
U
|5
il
Aus-
gang-
_s
Tag«. 1
445.
Gog8well,1803.
New Engl. Journ. of
37j.
l.
bei Exstirpat eines
6
14
t
4. Nov.
Med. and Surg.
1824. Vol. 13. u,
Schmidt,Jahrbb.
Bd. 98. S. 74.
w.
Tum. d. Parot.
Mnt
20. Tg.
446.
Goodlad,
Manchester.
1815. 5. Sept.
V. Mott, New
Lond. Med. - Chir.
Transact. Vol. 7.
p. 112.
Med. and Surg.
W.
1.
bei Exstirpat tum.
parotidis.
—
11
Gene-
sung.
447.
'1/:
r.
bei Exstirpat. eines
14
t3
York. 1818.
Hospit.Regist.New
Ualstumors.
Mon.
14. Nov.
York. 1818. Vol. 1.
part. 2. — Americ.
Journ. of med. sc.
19 Tg.
Vol. 8. p. 45.
448.
Palm, Leipzig.
1820.
J. M. Jaeger, Re-
section. conspect.
chron. p. 1.
"^
"
vor Exarticulat. d.
Unterkiefers.
*"■"
"""
t
3. Tg
449.
Oraefe, Berlin.
Graefe u. Wal-
ca.
l.
vor Exstirpat. des
«.
—
Gene-
1821. 26. Juli.
ther, Joarn. Bd.
3. S. 257.
=2-
Unterkiefers.
sung.
450.
V. Mott, 1821.
New York Med. and
I7j.
r.
vor Resection des
2
15
Gene-
17. Nov.
Phys. Journ. Vol. 1.
— Langen-
beck'sNeueBibl.
W.
Unterkiefers.
Jhr.
sung.
Bd. 4. Heft. 3.
S. 419.
451.
V. Mott, 1822.
New York Med. and
22j.
1.
vor Exstirpat. des
1
12
Gene-
30. März.
Phy8.Journ.Vol.2.
— Langen-
beck*8NeueBibl.
Bd. 4. Hft. 3.
S. 443.
W.
Unterkiefers.
Jhr.
sung.
452.
V. Mott, 1822
New York Med. and'l8j.
r.
vor Exart. d. Unter-
6
—
t
15. Mai.
Phys. Journ. VoL 3.
M.
kiefers.
Jhr.
4. Tg
— Langen-
\
beck'sNeueBibl.
Bd. 4. Hft 3.
S. 445.
453.
V. Mott, 1822.
New York Med. and
Phys. Journ. Vol. 1.
p. 247. — Ger-
son n. Julius,
Magaz. d. ausländ.
Liter. 1824. S. 312.
t-
r.
vor Exstirpat. des
Unterkiefers.
Gene-
sung.
454.
MeredithRese
1823.
Schmidt, Jahrbb.
Bd. 98. S. 77.
~"
—
vor ExstirpaU eines
Halstumors.
—
—
—
Zar Ligatur der Arteria Carotis commnniH.
359
Exstii^ation von Gresch^vncilsteii.
Besonderes bei der Ligator und im Verlaufe.
Todesursache und Sectioo.
L'O. Tag plötzliche Blutung .
Schlingbeschwerden heftig.
Bedeuteode Blutung wfthrend der Bxstirpation.
Mit Ligator Fat. bleich, fast pulslos, 2 Stunden spä-
ter Pat. mit kaltem Seh weisse bedeckt, in d. 9.
Std. Pols normal, dumpfer Schmerz in d. Wunde.
Effect' auf Blutung nicht angegeben; am 8. Tage Läh-
mung d. r. Seite.
Pat. so angegriffen , dass Resect erst am 18. ge-
schieht. 3 Ligatt. (fac. u. ling.) noch nothwendig.
Noch 12 Ligatt. wurden nothwendig — Uebelkeit,
Abends Blutung ans d. Wunde.
Noch eine Ligat. 17. Husten. 19. Schmerzen in d.
1. Seite, Ohnmacht, u. stirbt darin.
Blutung.
Lungenentzfindung.
Lungenentzündung. — Im Me-
diast, antic. viel gelbe Lymphe.
(Eiter.)
Erfolg auf Blutung nicht angegeben.
Kein gQnstiger Einflus'ft auf die stattfindende Blutung
bei der Operation.
360
Dr C. Pilz,
No.
Operateur
und
Datum.
Literatur.
«2
s
1
•
2
1
5
iS
Ursache.
Tage.
55 .gang.
455.
456.
457.
458.
459.
460.
461.
462.
463.
404.
465.
466.
Stephen Wil-
liams, 1825.
Dzondi, Halle.
1825. 8. Juli.
Gensonl, Lyon
1826. 6. März.
H. Steyens,
1826. 3. Jun.
Awl, Somerset,
Ohio. 1827.
Warren, 1827.
J. Lizar8,Edin-
burg. 1827. Dec.
Fonilloi, 1828.
MeredithRese
1829.
G. W. Sted
man, 1830.
7. Sept
Scott, London
Hospit. 1832.
4. Febr.
V. Mott, 1832.
Im Febr.
Schmidt, Jabrbb.
Bd. 98. S. 77.
F. H. Lambert,
Dissertat Lipsiae.
1826.8«- — Die-
trich, Das Auf-
suchen d. Schlag
ädern.
Froriep's Notiz.
1833. August. S. 9,
New York Med. and
PhjB.Journ.Vol.5.
p. 311. — Ger-
eon u. Julius«-
Magaz. Bd. 15.
S. 147.
Western Med. and
Phys.Journ.Vol.l.
p. 423. — Ger-
eon u. Julius -
Magaz. Bd. 17.
S. 512.
W., Deber Tumoren.
S. 97.
Lancet 1830. 10.
Apr. — Froriep,
Notiz. I.Folge. Bd.
27. S. 330.
Arch. genör. 1828.
Vol. 4. p. 415.
Larrey'sReferat
Schmidt, Jahrbb.
Bd. 98. S. 77.
Edinbgh. Med. and
Surg. Journ. Vol.
38. 1832. - Med.
Chir. Rev. Vol. 16.
N. Ser.
Lond. Med. Gaz.
1832. Vol. 9. p. 514.
— Norrie, No.
10. genauer.
Amer. Journ. Vol.
13. — Norrie,
No. 12.
M.
25 j.
W.
50j.
60
S/;
'f.
M.
4öj.
M.
W.
bei Exstirpat. eines
Halstumors.
bei Exstirpat. des
Unterkiefers.
bei Exstirpat. des
Unterkiefers.
bei Exstirpat einer
Balggeschwulst
bei Exstirpat des
Unterkiefers.
70 r Exstirpat. eines
Sarcoms d. Hals-
drflsen.
vor Resect d. Un-
terkiefers (Sar-
coma medullae).
vor Exstirpat eines
Tum. d. Parotis.
vor Exstirpat eines
Halstumors,
vor Exstirpat. eines
Tum. d. Parotis.
bei Exstirpat eines
Tum. d. Oberkiefers.
vor Exstirpat. des
Unterkiefers.
18
Mnt
1
Jhr.
12
Jhr.
5
Jhr.
14
iGene-
SUDg.
f.
18. Tg.
tl5.
T&
Gene-
sang.
Gene-
sung.
Gene-
sung.
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MDt.
15
Gene-
sung.
Gene-
SUDg.
t
24Std
Gene-
sung.
Zor Ligmtor der Arteri» Oaroti» commanis.
361
BeBOoderes bei der Ligator nnd im YerUafe.
Todesursache ond Section.
ine weitere ÄDgaben*
nflass •of Blatnng nicht bemerkt
ick d« Vena jof^. int. wurde onterbanden; ohne be-
sondere Angaben^
GehimenreichDDg.
Ligat hatte durchgeschnitten.
2 gnt adhftrirende Thromben
d. Venen d. Dnra mater leicht
iDJicirt.
bwohl d. Bxstiipat- bei d. Ortese d. Tamors n. der
eingetreteDen Kachexie wenig leisten konnte, so
wurde d. Operation dennoch durchaus verlangt
BlQtnng gering. . ^. «, .
ie Opeiation unterblieb wegen sn heftiger Blutung
108 den ineidirten Theilen.
ie Art max. int. g^b dennoch heftige Blutung.
Pat starb nach einem Jfthre an
RecidiT.
Kachexie.
(me Einllans auf d. BIntnng.
si d. Operation noch 7 Geflsse su unterbinden.
»uTolsionen stärker links; blotende Art fae. so li-
giren.
Unter Conmlsionen.
362
Dr. C.
Pilz,
No.
Operateur
und
Datum.
Literatur.
Ursache.
P
5J 'gaa
1
O {4
Tage.
467.
Ewing, Aber-
Edinb. Med. and
"2/:
r.
vor Exstirpat. eines
30
1
- , t
deeii Hospit.
1832. 11. Febr.
Snrg.Journ. 1832.
Halstumors.
Jhr.
In
Jul. p. 18.
1
468.
Gibson, 1832
Amer. Journ. of
"i
1.
Exstirpat. eines
5
36 JGen
20. Nov.
med. BC. Vol. 13.
Halstumors.
Jhr.
'sQBg
Norris, No. 13.
469.
£arle, Barthol.
Lond. Med. Gaz.
1t
r.
vor Exstirpat. des
2
—
. Hospit. 1832.
1832. Vol. 9. p 374.
Oberkiefers.
Jhr.
3. Dec.
j
470.
Lusemberg,
Froriep, Notizen.
Bd. 23. S. 268. -
'^■.
r.
bei Exstirpat. einer
20
- [Gen
New Orleans.
^^
Parotis.
Jhr.
leuDf
1834.
Lancet. 1842-43.
Vol. 1.
\z
1
1
471.
Warren, 1836.
W. , Ueber Tumoren
45].
l
bei Exstirpat. eines
Tumors d. Schild-
2
- Gen
14. Sept.
(dentsch). S. 165.
VF.
Jhr
|saß(
drüse.
472.
Warren, 1837.
W., On Tumors.
52j.
r.
Exstirpat. einesHals-
30
—
Get
7. März.
p. 183.
H.
tumors. Jhr.
6QQ
473.
Roux, 1837.
Gaz. des höpit
H/.
r.
Exstirpat. eines Tu-
2
- . -f]
19. Jun.
1837.
mors d. Parotis.
Jhr.
tR
474.
Brett, 1837.
India Journ. of med.
17j.
bei Exstirpat. der
5
~ iGen
and pbys. sc. 1839.
W.
Parotis.
Jhr.
,SUQ
Aug. p. 201-
475.
Porta, 1841.
Delle alter, patho-
60i.
r.
bei Exstirpat. eines
—
—
25. März.
log. delle Arter.
p. 33.
Americ. Journ. of
W.
Halstumors (Fung.).
476.
Shipman,
'«■
,_
vor Exstirpat. der
4
28 'Gel
1844. Mai.
med. sc. 1847. Jul.
Parotis.
Jhr.
SUD
N. Ser. Vol. 2.
1
p. 264.
477.
C. B. Gibson,
Americ. Journ. of
35j.
r.
Exarticulat d. Un-
6
22 iGeg
1844. 12. Jani.
med. sc. N. Ser.
Vol. 8. - Nor-
ris, No. 18.
W.
terkiefers.
Jhr.
r
1
478.
V. Mott, 1844-
1845.
Americ. Journ. of
med.sc. 1845. Apr.
—
r.
vor Exstirpat des
Unterkiefers.
—
1
N. Ser. Vol. 18.
1
p. 525.
479.
Michanx,
Bullet, de Tacad.
*t/;
1.
vor Exstirpat eines
Rachenpoljpen.
1
22 Gel
1846. 8. Nov.
royaledeBelgique.
Jhr.
'sDß
Vol. 12. p. 347.
•
weiig-
8teu.
1
480.
Södillot, 1848.
De la section des
26j.
1.
vor Exstirpat. der
—
- 1 i
Strassburg.
arteres. p. 43.
Obs. 8.
M.
Parotis.
1
481.
Chassaignac,
Gaz. des höpit.
1/;
r.
vor Exstirpat der
Paris. 1849.
1850. p. 16.
Parotis (Carcin.}.
1
Znr Ligatnr der Arteria Carotis communiB.
363
Besonderes bei der Ligatur und im Verlaufe.
Todesursache und Section.
ehrere Geftsse noch zu unterbinden; 13. Husten,
leichte Palsat in r. Art. Garot.
rscheinangen traten in keiner Welse auf (Bericht
schliesst am 9. Dec.)
ehlinge Tor d. Operat. angelegt, während derselben
zugezogen ; 6 Jahre später kein Recidiy. Erschei-
ouDgen traten nicht auf.
lie angeschnittene Art. thyr. sup. lag zu tief, des-
halb Ligat d« Carotis.
hends L Seite schwer zu bewegen ; am 7. Tage Coma,
Lähmang d. 1. Armes; diese geht ganz zurück.
^i d. Operat. erfolgte heftige Blutung ans dem Ge-
biete d. Carot ext.
larmsaite«
D Beginne d. Operat starke Blutung; nach 1 Jahre
Pat. noch wohl.
Carotis erweitert, sonst gesund;
guter Verschluss, Pseudomem-
bran auf dem r. Ventrikel; Eiter
im Mediast. ant.
Recidiy im 2. Jahre. Tod durch
Kachexie.
Monat später Pat noch wohl.
hne Zufall im Verlaufe; sehr geringe Blutung.
Ligatt mit Dnrchscheidun^ d. Gefässes. Blutung
wie gewöhnlich. Hemiplegie r.
eftige Blutung ans dem unteren Ende der durch-
schnittene» Art Carot. ext
Starb 1848 an Cachexia carcin.
Gehimentzfindung. Die 1. Gross-
hirnhemisph. bedeckt mit grün-
lichem Eiter, durchsetzt mit
Eiterherden.
364
Dr. C. Pilz.
No.
Operateor
nnd
Datnm.
Literatur.
i|
1
Ursache«
1^
iu
482.
VanBaren.New
York. 1862.
Schmidt, Jahrbb.
Bd. 98. S. 77.
—
—
bei Exstirpat. von
Drüsentumoren.
—
—
Geo
sun
483.
Hejfelder, Er-
langen. 1863.
8. Jan.
Deutsche Klinik.
1863.
^;
r.
bei Exstirpat. eines
Halstumors.
6
Mnt
—
t
2.
484.
Adelmann,
Dorpat 1863.
14. Oct
Arch. f. klin. Ghir.
Bd. 3. S. 6.
1i
—
bei Exstirpat eines
Garcinom d. Zunge.
—
23
Geo
SOD
486.
Santesson,
1863. 14. Not.
Hygiea. Vol. 16. p.
348.— Schmidt,
Jahrbb. Bd. 91.
S. 209.
"J:
r.
bei Exstirpat eines
Tum. d. Parotis.
seit
12
Jhr.
be-
nerkl
'
Gec
60 C
486.
B. Mott, New
York. 1864.
Schmidt, Jahrbb.
Bd. 98. S. 76.
—
r.
bei Exstirpat eines
Fung. haemat des
Auges.
—
—
Gen
SUD
487.
V. Balassa,
Pesth. 1864.
16. Jan.
Briefliche Mittheilg.
an Prof. Gurlt
1/;
1.
vor Resect d. Un-
terkiefers.
16
Jhr.
14
+
62.
488.
▼. Pitha, Wien.
1864. Mftrz.
Oesterr. Zeitschrft
fttr pract Heilkd.
1864. Beil. No. 18.
— Schmidt,
Jahrbb. 1869. Bd.
103. S. 336.
It
1.
vor Exstirpat eines
Sarcoms d. Parotis.
9
Gen
SQD
t
9.
489.
Bardeleben,
Greifswald.
1864, 6. Apr.
LQtkemailer,
Dissertot. Greifs-
wald. 1864.
40-
r.
bei Exstirpat. eines
Tum. der Parotis
(Carcin.),
*"~
"~~
490.
Parker, 1864.
Schmidt, Jahrbb-
Bd. 98. S. 76.
—
r.
Exstirpat eines Tu-
mors d. Gesichtes
u. Halses.
—
13
-
491.
B. Mott, 1865.
Schmidt, Jahrbb.
Bd. 98. S. 77.
'it
r.
vor Exstirpat eines
Halstumors.
—
18
Ges
SUSI
492.
498.
Baner, 1856.
Bsmarch, Kiel.
1867. 7. Aug.
Ehrmann, p. 64.
n. Gas. des höpit
1868. p. 523.
Briefl. Mitthlg. an
den Verfasser.
•Sil-
L
bei Exstirpat eines
Halstumors.
vor Exstirpat eines
cavemOsen Rachen-
polypen.
—
SQDl
Gf
sai
unTi
koa
12J
494.
v.Langenbeck,
Berlin. 1869.
13. Jan.
Kranken - Journal.
1869. No. 6. aus
der Berlin, chir.
Klinik.
'S-
r.
bei Exstirpat eines
Epithelial - Garcin.
d. Halses.
2
Jhr.
—
Zar Ligator der Arteria Carotis commnnis
365
Besonderes bei der Ligatur ond im Verlaufe.
Todesursache und Section.
•läge Blatg. ans Art. tbjr. snp. zwang zur Ligat
vloToform. — Die Terletzte Vena jag. int. mit einer
IkUinge umgeben, die wieder entfernt wird.
i Art. ling. lieferte
licht beendet
d. Blntg.; die Operat wurde
^oroform. — Die Art Garot cerebr. reisst ab, d.
igat. Terstirkt d. Blatong, daher eine Ligat en
nasse; keine besondere Erscheinung; Operat. wird
nicht beendet, weil d. Neubildung su weit aufwärts
reicht Put. noch 14 Jahre wohl.
hloroform; ohne weitere Angabe; nach einer- lahre
keia Recidiv.
ft
kt Dfthe d. Theilnngsstelle» bald nach^d. Operat
als in Zweigen d. Art Garot. ext.
hlorofonn; mit d. Ligat erblasste d. Neoplasma u.
d. L Oesiciitshilfte. 4 Zweige d. Garot. ext sind
zu anterbinden; Schwindel. Die Exstirpat hatte
Paraljse d. N. facial. zur Folge.
elir. trem.; Schlingbeschwerden, am 5. Tage 1. He-
miplegie, Frost
tue weitere Angftben.
m RecidiT; ebne weitere Angaben,
^e Gehimerscheiniing.
eftige Blutung trat dennoch auf; d. Stiel musste
«Qstochen werden ; folgenden Tages r. Hemiplegie.
fiirnfnurfion gestört, ganz wie in Schuh's Fall;
mung u. SprschstOrong schwanden nicht
enajng int. wird zuerst ligirt, dann d. Garot
m u. mehrere ihrer grossen Zweige, bald Husten.
. Schlin^beschwerd., schwere Expectoration. 21.
^filte sinken.
Keine Luft im Herzen oder in d.
Venen. Krebsablagernng in d.
Leber, Mesenter. n. Darmdrfisn.
Fat stirbt 3 Monate sp&ter an
Kachexie.
s. Text
Pjftmie. — A bscesse in r. He-
mi8|>h. u. 1. Pleuritis; Pneumo-
nie im r, oberen u. mittl. Lap-
pen.
Recidiv n. Tod.
Keine Erweichnngsherde im Ge-
hirn, keine Thromben in d. Si-
nns; Art Garot. hat guten
Thrombus.
866
Dr. 0. Pill,
No.
Operateur
und
Datam.
Literatur. ,
^1
:^
Ursache
•d^.
1 1 An.
o
t4
**Ta^. I
49Ö.
v.Langenbeck,
Archiv f. klin. Ghir.
65 j.
1.
bei Exstirpat. eines
Epithelial - Garcin.
d. Halses.
t
1859. 30. Mai.
Bd. 1. p. 77.
M.
2.1
496.
Bonyer, 1860.
Gaz. hebdom. 1864.
vor Exstirpat eines
Tum. d. Parotis.
t
13. Jun.
p. 195.
3.
(12.
Gen
496a
Stande,
Gflnther's Sta-
öOj.
r.
bei Exstirpat der
2
Limnach bei
tistik der Ligat. d.
W.
Parotis.
Jhr.
sno
Ghemnitäs. 1861.
Art Garot. No.
167a. S. 67.
497.
S. E. Gooper,
Amer. Med. Times
12j.
—
bei Exstirpat eines
Tum. d. Parotis n.
Gen
1862.
N. S. 4. 24. Jun.
W.
sunj
1862.
Submaxillardrfise.
498.
Verneuil,1863.
Gaz. des höpit.
41j.
—
vor Exstirpat eines
.
20
GeB
Joli.
1863. p. 439.
Tum. (Recid.) der
Parotis,
bei Exstirpat. eines
SUD
499.
Bardeleben,
Brockmüller*8
%:
r.
^
^^
Gea
Greifswald.
Dissertat. 1866.
Halstumors.
sun
1866. 27. Mai.
Greifswald. De li-
gat. carot. etc.
500.
Adelmann.
Archiv f. klin. Ghir.
Bd. 3. S. 4.
't
r.
bei Exstirpat. des
Oberkiefers.
t
3,
501.
Ansianx.
Söance pubL de la
Soc. de Toulouse.
1837. p. 76,
—
—
vor Exstirpat der
Parotis.
-
—
Geo
SUDj
502.
Ghanmet.
Bullet. möd.duMidi.
'S;
...
vor Exstirpat eines
Fung. d. ünterkief
..
—
t
Gaz. mäd. 1843.
8.
p. 700.
a. Garcin. d. Parotis.
503.
Detmold.
Schmidt, Jahrbb.
Bd. 98. S. 77.
—
-
vor ResectioD eines
Osteosarc. d. Ober-
kiefers.
—
t
3-
504.
Po Hin, Paris.
Gaz.deshöpit.1863.
p. 517.
H.'s üebcrsetzg. d.
—
—"
vor Exstirpat eines
Garcin. d. Mandel.
—
—
Ge^
sno
505.
Hebenstreit,
—
—
bei Exstirpat eines
Tum. d. Parotis.
-_
Gen
(citirt).
Beir sehen Syst.
M.
800
d. Ghir. Bd. 4.
S. 266.
506.
Labat
GQnther's Sta-
tistik. No. 199.
W.
—
Exstirp. eines Hals-
tumors.
—
—
Ge»
Ö07.
Mandt, Greifs-
Rust, Magaz. Bd.
40j.
1.
vor Exstirpat (Re-
—«
.^
t
wald. ^
37. 8. 254.
M.
cid.) eines Fnngns
V^c
d. Parotis.
spll
Zur Ligatur der Arterta Carotis communis.
367
Besonderes bei der Ligatur nnd im Verlaufe.
Todesursache und Section.
ie Vena jag. comm. wird yerlettt, sogleich unter-
bunden, dann auch d. Art Garot. comm. 31. Krampf-
anfall mit Bewusstsein, dann schwer besinnlich, Kopf
1. kubler, als r. (gestern nicht so), bald Puls 100,
Respirat 40 , Theilnahmlosigkeit, 1. Jun. GoUapsus,
Bewusstsein erloschen.
Std. später sind d. Gol1at,eralbahnen hergestellt.
Die Abtragung war mit d. Ecraseur geschehen.
Hirn u. Lunge normal, Art. Ga-
rot. gesund; d. Vena jugul. von
Geschwulst theils durchwach-
sen, nicht verödet
Unter Goma. Section fehlt
liloroform. Erblassen d. Gesichtes, am ersten Tage,
Dar etwas Kopfschmerz u. Schlingbeschwerden.
inempfindlicbkeit d. r. Kopf- u. Gesichtsseite; Kopf-
schmerz. Schlingbeschwerden einen Tag, L Hemi-
plegie beginnt am 3. Tage, nimmt 4. Tag zn, um
aDmälig ganz znrfickzugehen.
Ligatt wurden in einiger Entfernung von einander
angelegt.
jgat einige Tage vor d. Operat ;ohne weitere An*
abe.
tei Anlegung d. 1* Ligat erfolgte Blutg. , ebenso bei
d. 2., deshalb wurde tiefer eine 8. Ligat gelegt;
am 2. Tage Hirnerscheinungen (?).
»hne weitere Angaben.
[eine Erscheinungen folgten.
>ie Art max. ext. war angeschnitten worden; Pat
lebte noch mehrere Jahre.
)ie Art. Garot. comm. u. Vena jug. int (ausführlich
bei ^festen Geschw. d. Halses.* No. 19).
I Tage nach d. ersten Operat Ligat. ergab keine
Erscheinnngen. - Nach Operat. Aderlass, da Pat
wenig Blut verloren! — Am 15. Tage neues Recidiv.
In Folge d. Exstirpat eines Nas.-
Rachenpolypen. — Arter.-Haut
am peripher. Ende stark gerd-
thet; das zwischen d. Ligat. ge-
legene Stflck nicht sphacelös.
Die Art. Garot. fand sich bis auf
% eröffnet, welche Oeffnung
durch die geschwollene Umge-
bung u. d. gebildeten Thromben
verlegt war.
Pat starb ausserhalb der Klinik.
368
Dr. C. Pill,
No.
Operatear
and
DatQm.
Literator.
Ursache.
AI
508.
509.
Mayer, Bonn (?).
V. Mott
510.
511.
512.
Pirogoff.
Richard.
RoQx, Paris.
518.
Ronx.
Wigan, der zuge-
gen war, wird ci-
tirt im Lancet
Vol 14. p. 74.
MoDthlj Joarn.
1861. Jan. -Jan. p.
876. aasLectores,
reports inNew York
regist of Med. and
Pharm. Vol. 1.
No. 11. p. 169.
P., Ornnozfige der
Kriegs - Ghirarg.
S. 553. o. mfindl.
Mittheilg.
Qaz. des h6pit
1868. p. 451.
45j
«t
▼or Exstirpat.
Unterkiefers.
vor Eistirpat.
Unterkiefers.
des
des
bei Exstirpat. eines
Enchondroms der
Parotis.
bei Exstirpat. eines
Tarn. d. Parotis.
bei Exstirpat eines
Tom. d. Halses.
Tor Exstirpat eines
Tarn, (aas d. Sinns
maxill.) temporftre
Ligat
6-7
Mni
04
801
1
SDAg.
eifie^
Sti
Schmidt, Jahrbb.
Bd. 91. S. 20.
1856. ist im citir-
ten Arch. g^n^r.
1856. Febr. nicht
sn finden.
Qfinther,citirtNo.
190. GOschen,
Jahrbficher. DI.
S. 686. ans Annal.
de th^rap. Aoüt
Diesen mehr oder minder ansf&hrlich citirten Fällen fDge ich folgende, mit mai
gelhaften Angaben, die ich leider nicht nachsehen konnte, bei:
Maissonneare nnterbindet Tor d Exstirpat einer
Pirotisdrfise d Art. Garot., bald erfolgt Tod anter
Gehirnerscheinnngen
fioguier unterband w&hrend d. Exstirpat eines
flalstnmors d. Art Garot
Gonant entfernte bei einer Exstirpat am Halse 1^''
ans der Art. Garot . » Americ. med. Times. N S.
No. 8.
Seatin machte nach Veipean d. Liaat bei einer
Exstirpation glficklich Joarn. des sc. natur. <
Brnx. 1829. Nov.
Tolant verrichtete d. Unterbindung bei Exstirpation
eines carcinomat Tumors Gharlest Jonm. 1856. No
•— Schmidt, Jsbrb
Bd. 98. S. 887.
Gas.
des h5p.
528.
1863.
Zur Ligatur der Arteria Carotis communis.
369
Besonderes bei der Ligatur und im Verlaufe.
Todesursache und Section.
MiDe weitere Angaben.
Tag Tor d. Operat, ; d. BIntg. soll an diesem, wie
in den anderen 4 ebenso operirten Fällen, gering
gewesen sein.
feim Aufheben d. Geschwulst heftige Blutg. ans d;
zerrissenen Art. fac., deren Unterbindung unmög-
lich war.
^or d. Operat lose Schlinge um d. Art. Garot. ge-
legt, die bald angesogen wnrde; keine anf d. Li-
gator bezOgliche Erscheinungen.
)ie Garot comm. war an 2 Stellen zu unterbinden,
d. Vena jng. int. n. N. vagus wurden theilweise ent-
fernt; Hasten, Heiserkeit, erschwerter Auswurf; am
5. Tage starkes Fieber, Fröste, leichte Delirien;
Respiration normal; in d. Nacht Goma; Pat reisst
,d. Verband ab; Blatg. wird gestillt
t^h 48 Std. wnrde d. Ligatur entfernt.
Pumlente Infection.
Gerinnselbildung an beiden En-
den d.Art, keine metastatischen
Abscesse, r. Hemisphäre blutrei-
cher an der convexen Fläche.
VaL Mott soll vor Exstirp. der Max. inf. beideGarotid.
nnterbnnden haben, und dennoch wegen zn heftiger
Blntnng gezwungen worden sein, die Ezstirpation
anfznschieben (wahrscheinlich ungenaues Gitat) . nach Syme — Froriep's
Notiz. 1838. Dec. S.U.
Widmer soll die Ligatur bei Exstirpation eines Tn-
mors ansgefflhrt haben L'Exp^r.VoL2.p.dd6.(Idz.)
C. Em mert (Bern) will bei einer Oberkieferresection
die Garot comm. unterbunden haben; — in sei-
nem Handbnche fand ich keine Erwähnung dieses
Falles (Prof. Lficke, Brief 1. Mltth. an Prof. Gurlt).
Gflntner mnsste bei Resection der einen Eiefer-
hälfte die Garot comm. versch Hessen; Pat starb
an einem Recidiv Medic. Zeitung Rnsslands.
1860. S. 26.
V. Laiig«ab«ek ArehW f. Chlrnrgj«. IX.
24
370 Dr. 0. Pill,
Zusätze zu vorstehender Gasuistik.
Hl) Da dies der einzige Fall ist, in welchem die Bahnen des herge-
stellten Kreislaufes nach der Onterbindnng der Carotis comm. genauer an-
gegeben sind, so erlanbe ich mir, das hierauf bezügliche Sectionsresultat
genau mitzutheilen. Die Injection zeigte auf der rechten Seite, nach Ent-
fernung der Bedeckung der Vorderseite des Halses, und Biosslegung der Ca-
rotis, dieselbe vom Ursprünge bis zur Theilungsstelle obliterirt, als ein fester,
ligamentöser Strang sich darstellend, nur am Orte der Ligatur getrennt.
Die Vena jug. int. und N. vagus sind normal, die r. Art subclav. erweitert,
hatte fast die GrOsse der Art. innom.; die 1. Carotis war auf das Doppelte
ihres normalen Lumens erweitert, ebenso ihre sehr geschlängelt und unre-
gelmässig verlaufenden Zweige. Von der r. Art. subcl. entspringen nan
(Americ. Journ. Vol 8. Plate 1.) die Art. thjr. Inf., die sich in vier Aeste
spaltet, von denen die beiden nach oben gehenden Zweige (Ram. thjr. u.
Thyr. asc.) bis auf das Doppelte vergrössert sind. Itie letztere, im Zickzack
verlaufend, theilt sich in der Gegend des Proc. mast in mehrere Zweige,
die mit Zweigen der Art. occipit. in Verbindung treten^ und die oberen Hals-
muskeln versorgen; ferner verbindet sie sich mit der Art. vertebr. Ebenso
gehen die erweiterten Artt cerv. prof. und superf. vielfache Verbindungen mit
Zweigen der Art. occipit. ein. Auf der 1. Halsseite (Plate 2.) zeigt die Ca-
rotis fast die Grösse der Anonyma; sie versieht hauptsächlich mit Anasto-
mosen die r. Gesichts- und Unterkieferpartie; sichtlich vergrOssert zeigen
sich von den gewöhnlich benannten Zweigen die Art. thyr. sup., lingual^
pharyng. ascend. und max. int. Die Artt. temporal, und coron. lab. zeigen
zahlreich gewundene, untereinander anastomosirende Zweige; besonders er-
weitert erscheinen im Gesichte die Artt. ment , coronar. labil inf., anguli oris
und die ophthalm.
449) Allmälig kehren die Geisteskräfte wieder; die Lähmung des r. Bei-
nes hebt sich nach einiger Zeit, Arm und Zunge bessern sich langsam.
464) Bis zur Exstirpation wurden 6 Gefässe unterbunden, und eine stark
blutende Arterie, die im Stiele des Tumors verlief; nach einem Jahre ist
Pat. noch gesund.
472) Der Tumor reichte von den Halswirbeln bis zum Unterkiefer, and
abwärts bis zum Laryux, umschloss fast alle Zweige der Carot. ext, wie
auch die Vena jug., den N. vagus und fast die Art. subclav.
483) Die mit dem Halsmuskel innig verwachsene Geschwulst umgab
die Carotis Bei der Ablösung derselben musste eine kleine Arterie hart
an ihrem Ursprünge aus der Carotis, durchschnitten werden, die profuse
Blutung war nur durch die Unterbindung des Stammes zu stillen.
487) Die ohne Chloroform gemachte Ligatur hatte keine Erscheinungen
Zur Ligatur der Arteria Carotis communis. 371
im Gefolge, den 8. Tag Erysipel. 28. geringe Blutung aus der Ligatur-
vunde, vobei das nekrotische Oeiässstückchen ausgestossen wnrde. Pai,
der entlassen werden sollte, hatte am 62. Tage einen Schattelfrost, dem hef-
tiges Erbrechen mit Schweiss, dann Sopor, und in 5 Stunden Tod folgte.
Die Section ergab eine nussgrosse Cyste mit apfelgrfinem, flussigen Inhalte»
in der Mitte der 1. Hirnhemisphäre gelegen, vor dem Thalam. nerv. opt.
das 1. Corp. striat. graubraun gef3&rbt, hochgradig erweicht; ebenso die das-
selbe umgebende Hirnsubstanz, die schmutzig grQnlich - grau gefärbt er-
scheint. An der Ligaturstelle finden sich 2 gute, aber kurze Thromben;
die Wandung der Carotis ist bis nahe zum Ursprünge atheromatös entartet
489) Bei der Operation wnrde die Art. Carot. ext. verletzt; obwohl im
Gewebe ein grösseres Lumen entdeckt wurde, so machte B. dennoch die
Ligatur der Carot. comm., weil die Carot. ext, vom Tumor involvirt,- vor-
aussichtlich noch mehrfach durchschnitten werden musste, und es sogar
zweifelhaft war, ob nicht auch die Carot int in demselben eingeschlossen
war. Abends traten die ersten Spuren des Delirium tremens auf. — Die
Section zeigte in der r. Hemisphäre, ausser einem thalergrossen, dem Schlä-
fenbeine gegenüberliegenden Abscesse, nahe dem Centn ovale Vienss. einen
zweiten, 1^ Zoll breiten, grünlichen, Eiter enthaltenden Abscess, in dessen
Umgebung die Gefässe turgescirten, auch an der Basis, hinter dem r. klei-
nen Keilbeinflfigel fand sich ein Eiterherd, der sich in die Fossa Sylv. hin-
einzog. Die 1. Hemisphäre war normal. Ein Eiterherd erstreckte sich einen
Zoll in das Mediast ant hinein, der N. vagus war an der Abgangsstelle des
N. recurr. mit Eiter umgeben, den Muse, scaleni angelöthet Die Art. max.
dext erschien vom Eiter arrodirt; die Fossa glenoid. max. und das Coli,
max. rftuh; der knorpelige Gehdrgang war durchbrochen von Eiter.
493) Ich lasse hier die nicht veröCTentlichte , interessante Krankenge-
schichte vollständig folgen: ,Ich unterband am 7. Aug. 1857 bei einem 21-
äbrigen Manne, der an einem grossen, cavernösen Rachenpolypen litt, welcher
zugleich in der Fossa max. sin. hervorgewachsen war, die 1. Carot comm.
Ich glaubte, dass die cavernöse Geschwulst dien r. Oberkiefer von hinten
her durchwachsen habe, — damals war von v. Langenbeck noch nicht
auf die Entstehung dieser Geschwülste in der Flügel^aumengrube aufmerk-
sam gemacht — und war darauf gefasst, den Oberkiefer reseciren zu müssen.
Ich liess die Unterbindung der Exstirpation unmittelbar voraufgehen, weil
ich glaubte, dass die Exstirpation dadurch viel weniger blutig werden würde.
Darin hatte ich mich jedoch getäuscht, denn bei der nun folgenden Opera-
tion spritzten bei jedem Schnitte die Arterien so stark, dass Fat im Gan-
ten viel Blut verlor, nnd ich mich schliesslich genöthigt sah, den Stiel der
Geschwulst, der gegen die Flügelgaumengrnbe ging, in toto zu umstechen.
Am anderen Tage folgte Hemiplegie der r, Seite und Störung der Gehirn-
24*
372
Dr. C. Pilz,
functionen, ganz genau wie in Schuh's Falle. Der Pat erholte sich spä-
ter wieder so weit, dass ich am 31. Oci. den häufig blutenden Nasenpoly-
pen exstirpiren konnte, wozu ich mir den Weg durch Resection des Proc.
nasal, max sup. bahnte. Auch diese Operation war enorm blutig, und Pat
kam kaum mit dem Leben davon. Die Lähmung verschwand später nicht
ganz, auch das Sprechvermögen blieb gestört, und Pat. ist später ausser-
halb des Spitales, ich weiss nicht an welcher Krankheit, gestorben".
498) y. wollte zuerst die Garot. ext. unterbinden, besorgte jedoch, sie
nicht ohne Zeitverlust in den veränderten Theilen finden zu können; die
Ligatur wurde in der Narcose ausgeführt.
V. Ligatur wegen
No.
Operateur
und
Datum.
Literatur.
ü
< m
1
Ursache.
Aus-
gang.
515.
Liston, 1817.
22. Juni. ,
Edinb. Med. and
Sarg. Journ. 1820.
p. 66.
'if:
1.
Kopfschmerz.
—
22
Reine
dau-
ernde
Besse-
516.
Mc Glellan,
Americ. Med. Rev.
16j.
r.
Epilepsie.
3
«_
mng-
Besse-
Philadelphia.
1826. Mai.
and Journ. Vol. 3.
M.
Jhr.
rung
p. 328. — New
York Journ. 1862.
(An-
zugs).
March. p. 228. u.
230.
517.
F. E. Becton,
North. Americ. Med.
22j.
1.
Epilepsie.
9
_
unver-
Mutherford,
and Surg. Journ.
H.
Jhr.
ändert
County Tenessee.
1827. Jul. Vol. 4.
1827. 2 h März.
p. 88.
518.
Pres ton, Cal-
Transact. of Cal-
50j.
r.
Hemiplegie 1. u. Pa-
ral. d: Pacial. 1.
1
20
Besse-
cutta. 1830.
cutta. Vol. 5.
M.
Mnt.
rung.
22. Nov.
p. 346.
519.
Preston, 1831.
Transact. of Galc.
26j.
—
Epilepsie.
5
29
Bedeu-
4. Febr.
Vol. 5. p. 359.
H.
Jhr.
tende
Besse-
520
Preston, 1831.
Ibid. Vol. 6. p. 396.
61j.
r)
Epilepsie u. Hemi-
6
13
rung.
Besse-
521
23. Aug.
14. Novbr.
M.
\\
plegie.
Jhr.
rung.
522)
523
Preston, 1831.
Ibid Vol. 6. p 394
^^-
r\
Paralysis partial. u.
_
__
Besse-
7. Sept. 10. Oct.
1.
Kopfschmerzen.
rung.
524/
Preston, 1831.
Ibid. Vol. 6. p. 409.
l.
Epilepsie.
8
— 1 Ohne
525(
M.
r
Jhr.
Erfolg.
Zur Ligatur der Arteria Carotis communis. 373
499) Da der untere Rand des Tumors mit der tiefen Halsfascie und
den groaaen Gef&ssen verwachsen erscheint, deren Dnrchschneidnng sicher
ist, ao werden, nachdem der Tumor im oberen Theile abprftparirt ist, Art.
Carot. comm. und Vena jug. int. unterbunden; der peripherische Theil der
letzteren mass nach der Dnrchschneidung wegen heftiger Blutung noch be-
sonders ligirt werden. In der ersten Zeit bleibt die rechte Pupille erwei-
tert; Abends ist die Empfindlichkeit der rechten Gesichts- and Kopfseite
schon gebessert.
Nervenkraiikheiten.
Besonderes bei der Ligatur und im Verlaufe.
Gegen andauernden klopfenden Schmerz in d. I. Wange u. Oberkiefer, der sich auf
den ganzen Kopf verbreitete, waren viele Mittel vergeblich angewandt; zußlUige
Compreasion d. Carotis gab Erleichterung, eben so Anfangs d. Ligatur.
Ein , Vascal. Tamor* Ober d. r. Obre, in Beziehung zur Krankheit gebracht, Hess von
d. Ligatur HQlfe erwarten; nach 6 Monaten der frühere Zustand.
In den nächsten 10 Tagen 2 Anfälle; Trinker, Wiederkehr der Anfälle.
Am 2ö. etwas Husten, leichte Schmerzen in d. Brust u. Schlingbeschwerden.
In den ersten Ta^en Schlingbeschwerden; 7. Schmerzen in d. 1. Schläfe; 15. April
noch frei von einem Anfalle; Fat. ist physisch u. psychisch besser.
Seit 20 Jahren Hemiplegie links. Am Tage nach d.. Ligat. Beweglichkeit der gelähm-
ten Seite, d. Anfölle werden Anfangs seltener; ihre erneute Häufigkeit, das behin-
derte Geben u. stärkere Kopfschmerzen lassen zur Ligat. der anderen Seite mit
allgemeiner Besserung schreiten.
Nach d. Ligat. ist Fat. frei von Kopfschmerz n. hat mehr Kraft im Beine.
Innerhalb eines Monats wurden beide Arterien unterbunden.
374
Dr. C. Pilt,
No.
Operateur
und
Datum.
Literatur.
i\
'1
1
Ursache
ll
Aas-
gang-
CS 1 M|
Tage.
526)
527/
F H.Hamilton,
Buffalo Med. Journ.
18j.
T\ Epilepsie.
seit
Heiig.
1838 u. 1839. Vol. 2 p. 119. -
M.
1
Kiid-
Aug.-March.
New York Journ.
1852. Marcb.p. 231.
;
heit
528.
ParsoD, 1846.
Amer. Journ 1848.
19 j
^
Intermittirender
2
Ohne
Apr. p. 3o0.
M.
Kopfschmerz.
Jhr.
Erfolg.
529.
B. Brown, 1848. Amer.Journ. 1854.
•'S;
r.
Epilepsie.
5
20
Heilg.V
5. Juni.
Oct. p. 415.
Jhr.
530.
W.Parker,1848. New York Journ. of
Nov. 1 med and coli. sc.
1 1852. Mai. p.418.
32j.
M.
1.
do.
—
13
Yer-
rUiu.
iLflte.
531.
Morrogh, New'lbid. p. 419.
24j.
r.
do.
8-9
15
Ohne
Brnoswick.
M.
Jhr.
~
daa-
1849. 23, Febr.
erode
Besse-
rung.
532.
J R. Wood,
New York. 1856.
Scbmidt, Jahrbb.
Bd. 98. S. 75.
'V:
—
do.
—
—
Besse-
rung.
533
G.C.E. Weber,
ClevelandMed.Gaz.
aoj.
l.(
do.
5
12
Ohne
534
1857. 2. u. 19.
Dec
1859 O.t. -
Americ. Journ. of
med sc. N. S.
Vol. 39. p. 574.
1860.
M.
r.\
Jhr.
Erfolg.
535.
Nussbaum, |Bayer. ärztl. Intelli-
'J2j.
l.
Neuralgie.
Beilg.
Mun'ben. 1862.
genzblatt. 1863.
W.
9. März.
No. 33. S. 461.
536.
Nussbaum,
1862. 30. Oct.
Bayer, ärztl. Intelli-
genzblatt. 1863.
No. 33. S. 472.
t-
r.
Tic douloureuz.
—
—
Heiig.
537.
Nussbaum,
1862 8. Nov.
Ibid. S. 470.
38 j.
W.
r.
do.
—
—
Erfolg.
.538.
Nussbaum,
1862. 7. Dec.
Ibid. S. 470.
7
r.
do.
—
—
Erfolg.
ö.S9j
North. West. med.
Ij Epilepsie.
/
540!
Angell.
Journ. 185 . Oct
r!
«_
1
«nalnt
541^
— Amer. Journ. of
med. sc. 1861. Apr.
2.
5'
GD
CO
E
IQ
j
eiiulnlt
Tfi
542.
Krim er, citirt.
Kleine rt, Repert.
1830.Hft.9.S.l-24.
aus Hohnbaum
n. Jahn 's Med.
Converstbl. Jahrg.
2. No. 16. S. 121
bis 125.
48j.
M.
1.
Kopfschmerz.
Besse-
rung,
(tnach
13 Mo-
naten.)
Zur Ligatar der Arteria Carotis commnnis. 375
Besonderes bei der Ligatur und im Verlaufe.
Seit 12 Jahren wurden d. Anfälle stärker; d. Empfönglichkeit für Anfälle nach der
Unterbindang erlosch mit der zweiten. — Pat zeigte nach 2 Jahren d. 1. Carotis
sehr erweitert; sonst gesund.
Anfangs Erleichterung, dann das alte Leiden.
Ohne Chloroform; mit d. Ligat. hOren Temporal, n. Fac auf zu pulsiren; Tor Abfall
d. Ligat wieder Puls in d. Temporal. Bericht (von 1853) giebt an, Aura u. AnföUe
sind nicht eingetreten, aber eine unangenehme Verwirrtheit.
Die Anfalle worden stärker; Nachblutung stand auf Compression.
Mit d. Ligat. frei von d. lästigen Kopfschmerz, d. Parese d. Armes u. d. beschwerten
Sprache; am 8. Tage neuer Anfall; seit 5 Wochen nach d. 2. Unterbindung traten
wieder zeitweise schwächere Anfälle auf, doch solid. Geist schwächer werden.
Schmerz im 1. Ange, vermindertes Sehen ohne Structurveränderung; Schwindel, Kopf-
weh; Gesicht links stark geröthet; wegen Neuralgie am 28. Resection d. Nerv.; am
9. März Ligat. mit voller Wirkung; doch 14 Tage lang UnbehQIflichkeit d. r. Ar-
mes; S Stunden nach d. Ligat. ist Puls in d. Temporal, zu fühlen.
Neben Nerve nresection Ligat; 12 Std. nachher 1. Lähmung, am 8. Tage Sopor; Pat.
kommt allmftlig zu sich, nach 4 Wochen stellt sich GefQhl u. Bewegungsfähigkeit
wieder allmftlig ein. Zor Zeit Pat ganz gesund, keine Spur der Lähmung.
Mehrere frohere Nervenresectionen hatten nur zeitweise geholfen. Die Ligatur ohne
schlimme Folgen.
Schon frfiher Nervenresection; diesmal neben Resect noch Ligat. — Schmerz an um-
schriebener Stelle d. r. Scheitelbeines, u. pelziges GefQhl d. r. Znngenseite.
Ligator, nach Scarpa's Methode, Hess d. Kopfschmerz verschwinden. — Genaueres
im Text.
376
Dr. 0. Pill,
No.
Operateur
nnd
Datnm.
Literatnr.
5,3
Ursache.
|3
a§ I Ans-
2 I gaog.
643|
544J
545
546
547
-548.
Val. Mott.
Nossbanm.
T. Patrnban,
Wien.
Schmidt, Jahrbb.
Bd. 98. S. 76.
Briefl. Mittheilg. an
Prof. Gurlt.
Wiener Med. Presse.
1866. 29. Apr.
W.
Epilepsie,
do.
Tic doulonrenx.
24
Jhr.
— Besse-
iObne
{Er-
Heiig.
Zusätze zu forste, h-
580) B. erhielt einen Schlag gegen das I. Schläfenbein, wurde fQr einige
Standen bewnsstlos, bekam dann einen epileptischen Anfall; Pat, znr Be-
sinnung gekommen, zeigte den Mund nach rechts verzogen, war sprachlos,
die r. Extremitftten paretisch. Nachdem 2-3 Monate die epileptischen An
fälle bestanden hatten, traten dafür Kopfschmerzen auf; später jedoch kehr-
ten dieselben häufig wieder. Die im Juni 1848 gemachte Trepanation schien
Hülfe gebracht zu haben, aber nach 3 Monaten zeigte das hartnäckige Lei-
den seine frühere Heftigkeit.
531) Innere Mittel waren ohne jeden Erfolg geblieben. Nach der Ope-
ration fühlte sich Pat. besser, aber schon den 9. März traten 2 Anfälle auf,
der folgende am 25. Dec.
542) 1818 soll nach starker Darchnässnng, unter Fieber, ein linkaseiti-
VI. Ligatur nach
No.
549.
Operateur
und
Datum.
Wardrop, Lon-
don. 1825. Jun.
Literatur.
Wardrop, On
Aneur. etc. p. 24.
*i
'7.
Ursache.
Aneur. Garot.
I
Tag». I
B^?*fr
runp
Zar Ligatur der Arterta GarotiH commuais. 377
Besonderes bei der Ligatur and im Verlaafe.
Innerhalb eines halben Jahres warden beide Dnterbindangen ansgefDhrt.
In allen Fftllen blieben d. Anftlle aas, dafflr traten aber andere Erscheinaogen auf;
z.B. stundenlanges Steifsein in allen Extremitftten; standen-, ja tagelaoge Schling-
beschwerden, Kopfweh, Sprachlosigkeit, Ohnmächten etc. In einem Falle wurde durch
Brand in d. Operations wände die Vena jugul. angefttat, die heftige Blutung wurde
durch d. amschlungene l^aht gestillt, es folgen py&mische Fröste, Plearitis, endlich
nach i Jahre Genesung.
Die Operation hatte keine unangenehmen Folgen.
ender GasniBtik.
ger Kopfschmerz entstanden sein; die Terschiedensten Sedativa und Deri-
Tantien hatten nur vorübergehenden Erfolg. Da Gompression beider Garo-
tiden Erleichterung schaffte, so entschloss sich ein Arzt zur Ligatur der 1.
Carotis, die wirklich das Leiden hob. Nach 4 Wochen stellte sich Brustbe-
klemmuDg ein, und Athembeschwerden bei schnellem Gehen. 13 Monate nach
der Operation erfolgte plötzlicher Tod. Die Section zeigte das Gehirn an-
imisch (?}, die Geflsse an der 1. Seit« nicht erweitert, aber die Plex. choroid.
vmricös. Die 1. Garotis war an ihrem centralen Theile erweitert Am Bo-
gen der Aorta fand sich ein geborstenes Aneurysma, dessen Innenwand mit
mehreren Schichten, , Afterbildungen* ausgekleidet war; der r. Vorhof ist di-
latirt, die 1. Pleurahöhle mit Blut etwas erfüllt — Die Deutung, als ob das
Aneurysma sich in Folge der Ligatur gebildet habe, ist eine irrige.
Brasdor - ^Wardrop,
Besonderes bei der Ligatur und im Verlaufe.
Todesursache und Section.
Mit Schluss d. LigaL nahm wider Erwarten d. Ge-
scbwalst an Umfang ab; Gehirnerscheinungen tra-
ten in keiner Weise auf. Am 4. Tg Tumor noch
i der früheren Grösse, zeigt undeutliche Wellenbe-
wegungen, ist am 5. Tg grösser, pulsirend, wird
wiäer kleiner, eröffnet sich dennoch spontan.
378
No.
Dr. C. Pilz,
Operateur
und
Datum.
Literatur.
ii
Ursache.
1^
|2
Tf.
550.
551.
552.
553.
554.
Wardrop, Lon-
don. 182G.
10. Dec.
Lambert, 1827.
1. März.
G. Basb,
Ghatham. 1827,
11. Sept.
Evans, 1828.
22. Jul.
Montgomory,
1829. 10. März.
Wardrop, ibid.
p. 29.
57j. r.
V:
do.
Lancet. VoL 11
p. 8^1. u. VoL 12.
p. 218. a. War-
drop, On Anear.
p 36.
Laocet VoL 14.
p. 142 u. 149. u.
Wardrop, p. 49.
Wardrop, On
Aneur. p. 93.
Lancet. 1833. p.421.
49j.
W.
"i
30 i.
M.
555.
556.
Rigeu, Amster-
dam. 1829.
21. Febr.
VaL Mott,
New York. 1829.
26. Sept
V,e1pean, Nout.
El^m. de M^d.
op^r. 1839. VoL 2.
p. 214. (Mittbeilg.)
Amer. Med. Journ.
VoL 5.
M.
"i
do.
do.
Aneur. Innom.
GaroL
23
und
Ane.ur. Garot. (V)
Aneur. Innom. (an*
gen.) (Aortae;.
do. Innom.
19
t '
62. Tg
Geo&
SUDS
SjGene-
2.0
* a
o
sang.
18 tl25.
Tg
— I (t 13.
Jod)
15
(t22;4
1830.]
Zar Ligatur der Arteria Carotis communiB.
379
tsonderes bei der Ligatur und im Verlaufe.
Todesursache und Sectiou.
2. Oct schwacher Puls in d. r. Temporal, die
Bat im Tumor geringer; Tolles Wohlbefinden bis
4. Woche, dann, nach reichlichem Genüsse von
rit., Wachsen der Ton Neuem pulsirenden Ge-
irulst; Oedem d. Beine.
d. Onterbindang erfolgte Uebelkeit u. Erbrechen,
lomor nimmt sogleich ab, r. Radial- Puls voller
härter. 3. Tag Tumor fest. 11. Blutung. 5
chen später olcerirt d. Narbe; 18. April Blutg.
I d. Wunde, die wiederkehrt 1. Mai Blutung.
d. Operation verkleinert sich die weicher ge-
rdene Geschwulst; das Schlingen wird gebessert,
Stimme lauter, d. Geschwulst verkleinert sich
ch weiter, u, wird pulslos.
i. Ligatnr hört d. Puls auf an allen Zweigen d.
rotis, nicht im Tumor, ist am 23. u. 24. sogar
Irker. 25. Fieber. 27. Abds. Delirium. 28. besser.
. kalter Seh weiss, Dofähigkeit zum Schlucken u.
m Sprechen, Obliteration d. Bracbialis etc., r.-sei-
;e Parese, d. Gedäcbtniss wird schwächer.
;e Stunden nach d. Operation Athem- u. Schling-
schwerden. 22. mehrere Blutungen; später, 10.
D., Eiterentleerang aus d. Munde, u. 3. Jul. blu-
er Auswurf.
heftigen Erscheinungen schwanden, es Termin-
rte sich d. Tumor bedeutend; Pat wurde im Mai
gen einer Hernie operirt.
^age nach d. Operation Besserung, Schmerz beim
blocken, d. Pulsation ist schwächer, d. Tumor
'iner. 28. Puls in r. Radial, deutlich (vorher
ht). 29. Die Sprache ist besser, wie der ganze
stand. 16. Oct. ist Puls ganz yerschwunden, d.
imme normal; später sollte d. Subclav. nnterbnn
n werden.
Das Herz ist um d. Dreifache
vergrössert, d. r. Carotis am
Ursprünge erweitert, u. durch-
gängig, wie alle ihre Zweige,
mit Ausnahme d. Thyreoid. sup.
Atherose d. Aorta, Innom. u.
Carotis.
Die Carotis ist mit d. N. vagus
verwachsen, d. Aortenbogen er-
weitert, d. r. Subclav. gesund;
der untere Theil d. Tumors ist
consolidirt, an d. Ligaturstelle
ein 3'" langes GeschwQr.
Vom alten Sacke ist nichts vor-
handen, d Art. u Vene sind
verHchlossen, erstere von der
Theil ungsstelle an bis zum Ur-
sprünge; es bestand noch ein
Anenr. d. Aorta; die r. Carotis
fand sich sehr erweitert
Asthma. — Das zwischen Innom.
u. Carotis links gelegene Aneur.
war mit festen Coagulis ausge-
fällt
Athemnoth. — Das r. Schlüssel-
bein ist theilweise absorbirt, d.
Aneur. Innom. geht auf Carot.
n. Subclav. r. über; d. Carotis
war thrombirt
380
Dr C. Pill,
Ko.
Operateur
und
Datam.
Literatur.
uS I
Orsaehe.
. Th>.
537. jWickham, Win-. Medico*Ghir. Trans- Ö5J.
ehester Uoftpit.| actions. Vol. 23. M
1B29. 25. Sept.< p. 405.
568.
559.
560.
561.
562.
ÖÜ3.
Aston Key,
18d0. 20. Jal.
Morisson,
1832. 8. Nov.
Fearn, 1836.
30. Aag.
Dohlhoff, Mag-
deburg. 1837,
13. Juni.
Li 8 ton, London,
1838. 18. Jul.
Lond. Med. Gaz
1830. Jul.
Americ. Med.Journ,
Vol. 19. p. 329.
Lancet. 1836 u.
1838. - Americ.
Med.Joarn.Vol.l9.
p. 522.
Ru8t,Magaz. 1838
Bd. 51. Hft
S. 517.
Laacet. 1838.VoL2.
p. 668.
List ou, London. Linccl. 1839/40.
um 1838.
Vol. 1. p. 37. —
Broca,Traitöde8
Anevrysmes.
p. 600.
61j.
42j
W.
51j
31j
— r.
M.
r. jAneur. Innom.
do
Aneur. Inaom. uod
Carot.
Aneur. Innoio.
do.
Anenr. Subcla v. —
Zar Ligatur der Arteria Carotis commaDis.
S81
ssonderea bei der Ligatur and im Verlaafe.
Todesarsache and Section.
. Ligat. wird d. Sack Bchlaifer, d. Palsat. be-
llt fort; es wird am 3. Dec. d. Snbclay. ligirt.
1. Ligat. hört d. Polsat im zasammengesankenen
cke aaf, nach 1^ Std. Goma, nach voranfgegan-
Der DyspnoS.
ge Standen nach d. Operation sind d. Polsatt.
irl[6r; es folgt ein GefQhl von Leere in d. r.
opfhSIfte; Bessernng. 12. Not. Ohnmacht; —
ohlbefinden.
M. omohyoid. wird durchschnitten; d. Arterienwan-
DDgen erscheiiien yerdickt; mit d. Ligat Schmerz
D r. Ohre, einige Stunden nachher erschwertes
thmen, das gegen Abend gesteigert ist 21. Hasten,
Seite blasB, kalt 4. Sept Geschwulst kleiner u.
^ter. 2 Jahre sp&ter Ligat d. Sabclav.
)td. nach d. Operation giebt Pat an, ein eigen-
bümliches GefQhl von Helligkeit (Leere?) im Kopfe
n haben; d. r. Temporal, palsirt nicht; Kopf-
chmerz, Brechneigung. 16. Bewnsstsein gestört,
> Seite gelähmt; 18. Athemnoth; Trinken erregt
tnmer Husten.
^t. d. Subclav. innerhalb d. Mm. scaleni; am 11. Tg.
Blutung, die am 13. wiederkehrt.
[enfallB wurde zugleich d. Sabclav. n. Caroi unter-
bunden, am 4. Tg. lebte Pat. noch; weiterer Bericht
I^^H. (Velpeau erwähnt einmal, dafis bei L am
w. Tg. Tod eingetreten sei.)
Ruptur d. Sackes. — Hers fettig
degenerirt, Art pulmon. doppelt
so gross, als gewöhnlich, Vena
cav. sup. dilatirt, Atherose in
Aorta; d. Anenr. hatte sich auch
auf Garot n. Subclav. ausge-
dehnt Die r. Snbclav. war vom
Schlflsselbeine bis zur ersten
Rippe verschlossen, d. Garot
von d. Kreuzungsstelle d.- M.
omohyoid. an.
Es fand sich d. 1. Garotis fest
geschloesen, beide Vertebr. sehr
verengt Das mit Brustbein,
Schlüsselbein u. 1. Rippe ver-
wachsene Aneur. gehörte dem
erweiterten, atheromatösen Aor-
tenbogen an; d. r. Garotis u.
Subclav. waren normal.
\lfl Pat plötzlich, 1834. d. 4. Jnl.,
starb, fand sich d. r. Subclav.
theilweise erweitert, d. Anonyma
doppelt so gross, ab gewöhn-
lich, atheromatös; d. r. Garot
vom Ursprünge bis zur Ligatur-
stelle sehr erweitert, mit dickem
Fibrin .erfüllt
Das Schlüsselbein cariös; im
Anenr. viel coagnl. Blut; in d.
äusseren Wand d. 1. Anonyma
eine längliche Oeffnung, Garot.
1^" weit; oben bis zur Bifur-
cation mit festen Goagulis er-
fQUt«, kein Unterschied zwischen
beiden Hirnhälften, massige
Hyperämie.
Blutung. — Garot u. Anonyma
obliterirt, aber d. Subclav. u.
ihre Zwei::e sind durchgängig.
382
Dr. 0. Pilx,
No.
Operateur
und
Datum.
Literatur.
=i
i
1
&
•o
Ursache.
-6 .
l3
5=- e
o
ü
T.,.
564.
CoIbod, NoTon.
1839.*
Bullet de PAcad.
royale de Paris.
1840/41. Vol.6.p.8
Neu haUB,Dissert
IS*'
1.
Aneur. Garot
28 H
1
1
565.
Demme, Bero.
38j.
r.
do.
._
1
1840. 24. Sept.
Bern. 1841. 80.
Bra8dor*8 Me-
thode zur Hejjung
d. Aneur. p. 10.
H.
49
566.
J. R Wood,
1840. Dec.
Schmidt, Jahrbb.
Bd. 98. S. 75.
»5(-
r.
Aneur. Carot.
—
12 Q<
567.
Fergusson,
Monthly Journ.
H
r.
Aneur. Innom.
und
3
—
! 1841. 22. Juni.
1841. — Americ.
Subclay.
Jhr.
\
Med. Journ. N. S.
;
Vol. 3.
1
668.
Porta, Pavia.
Porta, Delle alte-
60 j.
r.
Aneur. Innom.,
Ca-
^^^
^
t
1842. April (?)
rat, pathol. etc.
W.
rot. u. Snbclay.
1845. p. 35.
569.
Button, 1842.
Dublin quart Journ.
"J:
r.
Aneur. Innom.
1
30
27. Jun.
Vol. 25. p. 499. u.
Jhr.
!7€
Vol. 13. p. 84.
570.
O'Shaughnes-
Gaz. m^d. 1843.
H:
r.
Aneur. Innom.
nnd
sy, um 1843.
p 288.
Carot. (angenomm.).
1
10
571.
Rompan],1844.
30. Oct
Schmidt, Jahrbb
70j.
r.
Aneur. Innom.
und
Bd. 77. S. 236.
M.
Carot.
~ 21
572.
Rossi, 1844.
Lancet. 1844. Juni.
- Gaz. med. 1844.
H.
r.
Aneur. Innom.
—
, 6
578.
Campbell,
p. 58.
Month. Journ 1845.
"i
r.
Aneur. Innom.
(an-
_
- ; t
1845. 8. März.
p. 45. -• Dublin
Journ. 1852. Vol.
genommen).
1
1
}
13. u. Norrie,
1
No. 15.
574.
Malgaigne,
Arch. gdn^r. 1851.
11:
r.
Aneur. Innom.
Ca-
.—
18 ,
1845. 3. Apr.
4. Ser. Vol. 27.
rot u. Subclav
,
!
p. 226.
T*
1 !
i
<
>^
Znr Ligatur der Arieria Carotis commanis.
383
Besonderes bei der Ligatur und im Verlaufe.
Todesursache und Section.
üa 21. Tg. leichte Blntg. aas d. Wunde; Entzfinduag
eines Auges mit Verlust 65. Tg. Wund« yemarbC
Tumor verkleinert, schwach palsirend.
bpferscheinungen 7. Oct. Frost; Pleuritis, Entzün-
doDg d. Sackes; Blutungen.
Ohne weitere Angaben.
(anfangs ging Alles gut, nach 8 Tg., unter Fieber,
Broochitis, während der schwach pulsirende Tumor
sich verkleinerte.
Darmsaite wurde zur Ligat. yerwandt; Phlegmone d.
, Halses folgte schnell,
TerBchwinden d. Tumors mit d. Ligatur; d. Pulsat
wird geringer. 22. Tg. Blutg. aus d. Wunde, die
sich wiederholt; 38. Tg. Schauer n. convulsiv. Be-
wegungen, ähnlich epileptischen, ebenso nach 3
Tagen, es nimmt d. Tumor nun zu, blutige Sputa.
Mit d. Ligat erfolgt keine Veränderung im Tumor,
2 Tg. vor d. Tode Beäogstiguug u. Husten.
Heftige Reaction (?). Verminderung d. Geschwulst,
va 16. Tg. zwei kleine Blutungen , die verstärkt
wiederkehren. 19. Blutg.
Es wurde d. Garot u. Subclay. simultan ligirt
Mit d. Ligat erscheinen r.-seitige Kopfschmerzen u.
Erweiternni d. 1. Pupille, d. Tumor schwindet, um
^Imälig wiederzukehren; nach 3 Std. Husten u.
Fieber. 23. Fieber, Delirium, starke Herzaction.
Nach d. Operat mindern sich d. Beschwerden, d. Tu-
mor wird kleiner. Am 17. Oct. wird d. Subclav.
unterbanden.
Section im Text
Pleuro- Pneumonie. — Der Tu-
mor ganz mit Goagulis erfüllt,
über d. Ligat kein Thrombus.
Keine Veränderung in den Kör«
perhöhlen, d. Thrombus in d.
Garot 7 Mm. lang.
Die Garot war deutlich durch-
schnitten, über d. Ligat Atbe-
rose, d. Sack enthält geronne-
nes Blut u. eiterige Masse, Gom-
munication mit d. Luftröhre;
Atherose an der nicht erwei-
terten Aorta; d. r. Subclav. u.
Garotis obliterirt, 1 Zoll lang.
Ruptur d. Aorta. — Doppelter
Thrombus in der fest geschlos-
senen, gesunden Garot; Ano-
nyma fest am Ursprünge obli-
terirt
Die Sect weist d. beiden Aneu-
rysmen nach, welche fast ganz
mit Fibrin erfüllt sind.
£s bestand Verschluss d. 1. Ga-
rotis u. Vertebr. rechts.
Lungenentzündung. — Aneur. d.
Aorta, guter Thrombus in d.
Garot.; Aortenklappen normal.
Die r. Garotis findet sich obli-
terirt, nicht d. Subclay. ; Athe-
rose d. Anonyma; d. Gehirn
zeigt keine Anomalie.
384
Dr C. PiH.
Ko
Operslev
und
IHtnm.
Literater.
Hl
c S
ürsacke.
'S 'S 5 S
13 52 aB^
575. ViUrdebo, Arch. f^es^r. 4.8^ 70j.
I Parit. 1847. , VoL 15. p. 547. ; IL
576
577.
578.
579.
580.
581.
Laae.SlMarj*» Uaeei 1852. ?oL2.
Hotpit 1852. p^7.ii.Brick8€D,
7. Joü.
W. Wright,
1855. L Oet
CaTeiller,
1869. 25. Aug.
Batcher,
Doblin, Mercer'B
Hoflpit 1863.
6. Ibi.
Parker, 1863
2. Sept
A. W. Smith,
Naw OrleaoB.
1864. 15. Mai.
Chinirgie.I>eot8ch
Bd. 2. S. 224.
Lancetl»56.?ol.l
p. 711. (Referat)
Gaz. des höpit 1859.
N0.33.— Demme,
Spec. Chirorg. d.
Scbasswanden.
S. 210.
B., Operaiiye and
conserv. Sargerj
p. 855.
Americ. Jonrn.
1864 April, p. 562.
Brief Rogers an
Val. Mott, in
Amer. Med Times.
— Schmidt,
Jabrbb. 1865.
S. 207 0. ff.
301
70j.
24 j.
M.
42j.
M.
33
It
T. Attear. Ii
I Gant.
i üi
Aaew. Oarot
r. Aaear. Innoak
Anear. SobcUv.
traom.
Aneor. Inaom.
Anenr. Sabclav.
5
Anenr. Innom.
10.'
t8
Std
15
mit4S.1
Bl.
13 IHeill
Zur Ligatur der Arteria Carotis commaiiiB.
385
l^eBon^eres bei der Ligatnr and im Verlaufe.
Todesursache and Section.
rden.
*B Methode war ohne Erfolg angewandt
«loroform; d. Onterbindnogsstene gesund, Erschei-
HDDgen treten nicht aaf. Der Bericht reicht nur
^rtns zaiD 6. Taige« die weiteren Angaben stammen
'^ron Erich sen*
^ erfolgte l.-seitige L&hmnng. «
t ne Chloroform ; mit d. Ligat ward d. r. Gesichts-
3b&lfte etwas entArbt; sogleich folgte d. Unterbin-
dung d. Sttbclav.. Sogleich fiel d. Tumor zosam-
:3Hnen. 25- Schlingbeschwerden die einzige Klage
~9>i8 Mm 27. Palöfrcquen», Husten. 31. Puls in
^^d. Art. rad. 1- Sept. mit Husten eine Blutung,
■^sbenao d. 2. n. 3.
^ ioroform; wor Schlass der Ligatur liess B. Pat. zu
^ich kommen, direct erfolgten keine ßrscheinun-
-^en- sD&ter Srbrecben. 7. Nachmittags Puls in r.
T-cniporal. leiae fühlbar. 8. Alles gut, dann plötz-
3ich Nachmitt. geräuschvolle, erschwerte Respiration
^%i. bald Tod.
schwand d. Pulsat^ 10. Tg. leichte Blutg,
Es fand sich ein Aneur. am An«
fange d. Anon. n. d. Carotis.
Diese war an d. Ligatarstelle
geschlossen, d. Sack, mit Aus-
nahme des höchsten Punktes,
von einer Fibrinschicht ans^e-
fQllt; im Gentrnm fand sich
schwärzlich-schleimiges Blat.
Lungenentzündung. — Der Sack
ftlllte sich mit Fibrinschichten,
nlcerirte', u. trat dann mit d.
1. Lungenspitze in Verbindung.
Abscess in d. r. Hirnhftlfte: der
Sack ist mit Faserstoff gefQllt,
d. Snbclav. offen; sn ihr fQhrt
vom Sacke ans ein Canal
(Erichsen).
Section im Text
•gleich
J2 Ligatnr d. Vertebr., u 24. Tg Ligat d. Subclav.
innerhalb der Um. »calenl 7. Oct Die Blutg. kehrt
'^'^der.
*^^bdem »m ^-.^/^^r^-'J"^l*u\.^.f? ^^- ^•^'^"<>°*-
Am Halse alle Theile normal, Cap
rot gesund, Subclay sehr er-
weitert, mit Goagnlis erffillt,
diese fehlen in d. Anon.; Aorta
nicht erweitert, aber atb«roma-
tOs; Pleuren gesnnd.
Blutung. — Die Injectionsmasse
fliegst aus dem peripherischeo
Ende d. Subclay., d. Carotis ist
gut obliterirt. Das äusserst«
Ende d. Subclav. u. Carot. is
durch Ulceration zerstört; da
peripberiacbe Ende d. Subclai
ist u\c€rirt, d. Vena jng. in
links ist durch alte Thrombc
geschlossen.
A; -^^«^"^ird d. Carot noch 'unterbunden; wegen
Ve^rillrer'''BTutg. »och d. Vertebr. recht.; d. ßlutun-
i« iiehf en nicbt wieder, d. Tumor schwindet, die
^«nde gao» geheilt. (Erster Fall von Heilung.)
x«»*s«'
B 1» « e kT • ArehiT tti CUrargi«. n.
25
886
Dr. G. Pilx,
No.
Operateur
QDd
Datum.
Literatur.
2if
Ursache.
ii
1
Tage-
11
gang
582.
582.
a.b.
583.
584.
585.
586.
Chr. Heath,
V^estminst. Hosp.
18ü5. 21. Not
Nnssbaam*),
M&Dchen.
Pirogoff.
Pirogoff.
Pirogoff.
TilanaB,
Amsterdam.
Lancet.l86ö.Vol.2.
p. 619 n. 724.
30j.
Briefl. Mittbeilg, an
Prof. Gurlt
P., Kriegschirurgie. »ittt
S. 457. I ^'
Ibid. Bi^-
M
Ibid. M.
Velpean, Kouv.
i\4menn de Med
op^r.Yol.2.p.214<
(2)
Anenr. Innom.
18 Gene
SQDg
Anenr. Innom.
Anenr. Innom.
do.
do.
Anenr. Aortae.
Znsfttze zu vorst
549) Nach Erichsen (Chirurgie, deutsch von Thambayn) soll Pat.
noch 8 Jahre gelebt haben.
550) Pat. bekam vor 4 Jahren Kopfweh, dann einen apoplectischen Anfall,
einen zweiten vor 2 Jahren. Im Juli des Jahres bemerkte eine Freundin aofillig
die starken Pulsationen am Halse. — Gleich nach der Operation erfolgte
eine leichte Ohnmacht. 11. Trockenheit im Halse; 2 Ohnmachtsanf<e.
551) A. Gooper, der das Aneurysma für ein sogenanntes »wahres*
hielt, widerrieth die Operation, Key und B. Gooper, weil sie es für ein
Anettr3*sma der Anonyma ansahen; für die Operation sprachen Wakley und
\Vardrop.
552) Pat. befand sich im Mftrz 1830 noch wohl. 1828, den 19. April,
war kaum noch eine Spur des Aneurysma zu sehen; das Athmen und Schlin-
gen unbehindert, das Herz pulsirte nicht mehr arythmiscb.
*) Folgende 8 Kftlle sind unter den 600 statistisch Tcrwertheten nicht
mit eingerechnet: 156a. b. c Nussbaum; 169a. Spence; 439a.b. Mus-
sey; 582a. b. Nnssbaum; 99a. Stanley ist nur bei den Hemiplegieen
▼erwandt worden.
OhD
Erfol
I
j'Gen«
SUDg
Gen€
snng
I t3
Wd
Gern
sung
(t i
Moo
Steh
Zar Ligatar der Arteria Carotis comronnis.
387
Besonderes bei der Ligatar und im Verlaufe.
Todesursache nnd Sectioo.
Nach d. Ligat. der Sobclav. wtfrde sogleich d. Carot
unterbanden, ohne Erfolg auf d. Tumor; in 4 Std.
Uebelkeit, Abds. Pols in Artt. temporal, u. fac.
23. Puls in Art. brach. 25. Puls in Art rad. 26.
Pat. wohler, d. Tumor wird kleiner. 30. Dec. Wunde
geheilt, Pat. wohl, keine CirculationsstOrnng, Tumor
r- r&ndert; deutliche Pulsat. nur am bterno-Glavi*
cular-Gelenke.
Beide Operationen wegen der ausgebildeten Venen
blutig, aeigten geringe Reaction im Verlaufe; das
Aneur. wuchs weiter, und führte zum Tode. i
Auffallende Erleichterung ist d, Folge; Umfang u. 1
Pulsation d. Geschwulst wird schwächer; Wunde |
heilt {
Schon nach der ersten Woche, Minderung d. Athem-
noth , Verminderung d. Umfanges u. d. Pulsat. im
Tumor. ;
In der ersten Woche keine Verftndemng, in d. dritten Aneur. Anon., xnm Arcus sich
Kopfschmen, Sopor, Tod. hin erstreckend, mit Gerinnseln
erfüllt; partielle Erweichung in
> einer Hemisphäre.
T. hielt es ftkr ein Aneur. Carot; Pat genas; aberjDas Aneur. Aortae war mit al-
nach 5 Mon. plötzlicher Tod. i ten Fibrinmassen erfüllt
ender Casnistik.
553) Seit Anfang des Jahres 1327 datirtPat seine Rnrzathmigkeit und
Spannang fiber der Brost; als den 10. M&rz bei einem Hustenanfalle sich
eine wallnnssgrosse, pulsirende Geschwulst am Halse zeigte, wurde die Re-
spiration normal. Die seit dem 3. April gebrauchte Valsalva'sche Me-
thode half bis zum Hai, dann schnelles Wacbsthum bis zum 1. Juli» Still-
stand bis zum 20., neue, schnelle, mit yielen Beschwerden verbundene Zu-
nahme des Tumors. — 29. Pnisation ist im Tumor; Abds. alle Erscheinun-
gen gebessert 3 Wochen nach der Verstopfung der rechten Armarterie
hatte sich der Kreislauf im Arme ausgebildet, und er zeigte im October
wieder das normale Volumen; seit 15. Aug. nimmt das Klopfen im Sacke
ab. — Erichsen bemerkt hierzu (Bd. 2. S. 213) dass im nächsten Jahre
(8. Aug. 1830} Vereiterung des Sackes eingetreten, — Norris, dass am
16. Mai 1831 jede Spur des Aneurysma geschwunden, — und Grisp CS.220)
dass Pat nach 9 Jahren noch wohl sei.
55i) Am 10. ist die Pnisation geringer, und den 12. erloschen, am 14.
ist der Tumor nur halb so gross. Am 28. treten neue Vergrösserung
der Geschwulst nnd Schlingbeschwerden auf; aus dem am 29. eröffneten
2*
888 Dr. G. Pils,
Tamor entleert sich stinkende, chocoladefarbene FlOssigkeit. 30,> Aus der
erweiterten Oeffnang wird noch mehr umgewandeltes Blut entfernt; jetzt er-
folgt dauernde Besserung; der Tumor ist ganz yerscbwunden.
657) Fat, sonst gesund, bemerkte vor 6 Monaten fiber dem r. Schlflssel-
beine eine schmerzlose, nicht pulsirende Schwellung, die in 8 Tagen schwand;
seit 4 Wochen zeigt sich ein neuer Tiimor am Brustbeine, der Athembe-
sch werde verarsachte, aber keine deutlichen Pulsationen erkennen Hess«
A. Cooper hielt dies gleichfalls für ein Aneur. Anonym. 26. ist die Pal-
sation schwächer, 27 Kopfschmerzen; den 27. Nov. ist der Tumor doppelt
so gross. Mit der Ligatur der Art. subclav., ausserhalb der Mm. scaleni, fiel
der Tumor zusammen, hörten die Druckerscheinungen auf die Luftröhre auf.
4. Puls besteht im verkleinerten Tumor. Am 7. Tage plötzlich Delirium,
Wachsthum des Aneurysma, Herz und 1. Carotis pulsiren heftig (Venaesect).
Abds. 8 Uhr ist Pat erst wieder ruhig; die Ligatur löste sich den 25. Dec.
Den 5. Febr. geht Fat. aus dem Spitale, hat am 15. eine stilibare Blutung.
16. Tod unter Blutung.
565) Im Auszuge gebe ich diese, wie es scheint, ganz unbekannt ge-
bliebene Krankengeschichte. Fat bemerkt seit April eine sich langsam ver-
grÖBsernde, klopfende Geschwulst in der r. Supraclaviculargegend; spSter
erfolgten stechende Schmerzen in der r. Kopfseite, besonders im Verlaufe
der Artt. occipit und temporal., neben Schwindel, Hustenreiz und Abmage-
rung des n Armes. Die r. Carotis pulsirte stark, die r. Art brachial, seh wi-
cher, als die linke; da die Compression der Carotis alle Erscheinungen ver-
schwinden Iftsst, so wird zur Ligatur derselben geschritten; sogleich ver«
mehrter Kopfschmerz, dann Schmerz im Tumor; gegen Mittag Ciogenom-
menheit des Kopfes, Schwindel, mit massiger Temperaturerhöhung desselben;
der verkleinerte Tumor pulsirt schwächer, starke Herzpalpitationen , r. Art
radial, voller (Venaesect). 29. vermehrte Kopferscheinungen (Venaesect),
dann Alles gut bis 7. Oct., es erfolgt Frösteln, Pleuritis, a. Nov. Beim
Husten tritt eine Blutung auf. 4. Der wieder stärker gewordene Tumor
wächst. 5. Neue Blutung beim Husten. Die früher circumscripte Geschwulst
ist jetzt diffus, schmerzhaft, pulsirt theilweise auch an der L Halsseite. Puls
108. Muthlosigkeit 11. Blutungen. Im Tumor ist an einer Stelle Luft;
reissende Schmerlen im geschwächten r. Arme. 12. Bewusstsein stets an-
getrfibt geblieben. Sect: Der Tumor nach dem Tode zusammengesunken;
Eiter reicht von der Ligaturstelle bis zur Clavicula, die, wie die erste Rippe,
etwas absorbirt ist Am Herzen ist der L Ventrikel hypertrophisch, die
Klappen normal; die Aorta ist bis zur Thoracica dilatirt und atheromatös;
die Aorta asceud. zeigt fiber der Semilunarklappe ein taubeneigrosses Aneu-
rysma, eine zweite, kleine Erweiterung findet sich am Bogen; der Trunc
anon. entspringt normal, ist jedoch um seine Langsame gewunden, und, der
Zar Ligatur der Arteria Carotis commnnis. 3gg
Bifareation zu, erweitert; das Aneurysma, 4 Zoll lang und 3^ Zoll breit,
gehört nnr der Carotis an, hat sich aber Aber die Art snbclay. weggelegt;
es zeigt 2 Oeffoangen, dnrch welche die Sonde in einen mit festem Coaga-
lum ansgefQllten Sack gelangt; die Lnogenspitze ist mit dem Aneurysma ver*
lOthet; seitlich fiffnet sich dasselbe zur Trachea hin. Nach Eröffnang
erkennt man, dass das Aneurysma aus zweien besteht, yon denen das klei-
nere der Ligaturstelle nahe, das grössere der Theilungsstelle zn liegt; beide
sind durch einen 3 Linien dicken, organisirten Thrombus getrennt; der In-
halt des unteren Sackes ist Blut, dieser mfindet aus in den Trnncus anon.,
in die Subclav. und r. Pleura; der obere enthält Eiter; tou seinen 1 Oeff-
nungen gehen 2 in das umliegende Bindegewebe, die dritte geht zur Trachea,
und die vierte nach Aussen an die Ligaturstelle. — Dieses Präparat befin-
det sich in der Bemer Sammlung.
674) Pat yerliess nach der ersten Unterblndung, mit Verweigerung der
zweiten, das Spital; Excesse; neues Wachsthum; da die Circulation in der
Carotis sich yollständig hergestellt hat, so wird die Snbclay. unterbunden;
19. Dyspnoe. 20. Husten. 21. Pulsationen schwächer. 23. Erbrechen
2. Nov., vielleicht nach einer Erkältung (?), Frost, Erbrechen, Stickanfälle.
Yergrfisserang des Aneurysma^; 3 Tage vor dem Tode war Puls in der Art
radial zu ffihlen.
575} Das untere , kleinere, mit Coagulis fast gef&Ute Aneurysma zeigte
in seiner Mitte noch einen offenen Gang.
578) Bei Magenta erhielt Pat., nach Sturz mit dem Pferde, 2 Bajonett-
stiche unter die r. Clavicuia; beide Wunden vernarbten. 20. Aug. erkannte
man eine pulsirende Geschwulst in der Regio supra-clavicul., die sich schnell
vergrösserte. Sect: Das Aneurysma war fast gänzlich eingesunken; durch
die klaffende Operationswunde gelangt man zu weichen, nicht entfernbaren
Gerinnseln; die r. Lunge ist luftleer, gegen die Wirbelsäule gepresst; der
vordere Thoraxraum, von einer dicken Pseudomembran ausgekleidet, zeigte
metamorphosirte Blutgerinnsel; vom vorderen Mediast ans reicht ein mit
Jauche erfQllter Sack zur Operationswunde; die Luftröhre, die grossen Hals-
gefässe sind von Jauche umspQlt, ebenso der r. Bronchus, der hintere Mit-
telfellraum ist mit Exsudat erfQUt — Das Herz ist klein, die 1 Ctm. weit
getrennte Carotis ist am peripherischen Ende gut obliterirt, am centralen
Ende mit einem kleinen, weichen, leicht ablösbaren Thrombus geschlossen,
ebenso verhält sich die Art subclav., deren abgehende Zweige alle durch-
gängig sind; das Aneur. der Art. subclav. hängt mit der Vena subclav. und
dem Plex. brachial, zusammen, sein Inhalt hat nur im Centmm noch weiche,
rothe Blutgerinnungen.
579) Da sich nicht mit Sicherheit feststellen Hess, wie weit sich auf die
grossen Geftasstämme das, angeblich nach heftiger Bewegung, 1862 entstan-
390 ^r* G- Pilz»
däne Anearysma en^recken wOrde, bo sollte, je nach dem Befände, die Caro-
tis, oder Subclam, oder beide ligirt werden. Als sich neben der £r weiterang
der AnoDjma anch die Snbdav. dilaürt zeigte, wnrde yon der Ligatar dieses
Gefftsses abgestanden, nnd nnr die Carotis i Zoll Tom Ursprange nnterbunden.
582) Holt nnd Fergnsson hielten den Tumor fflr eine geflssreiche
Geschwulst; Lane und Erichsen versprachen sich nicht viel von der Ope-
ration. — Sp&terer Bericht fehlt mir.
Ausser diesen mebr oder weniger detaillirten Beobachtangen
findet sich noch eine Reihe von Fällen an verschiedenen Orten
citirt, deren Quellen vielleicht späteren Arbeitern zugänglich sind^
und die ich deshalb hier aufführe.
Warner und Else nach Wood in AyerilTs Chirurgie. 1825.
Taillefer sn Honfleur machte die Ligatur der Carotis (Bullet de 1»
soci^t^ royale de Paris. 1837—38 Vol. 2. pag. 60).
Holland citirt eine Ligatur der Carotis nach Wardrop (Dublin quart
Journ. 1852. VoL 13. pag. 94. aas dem Repet der gesammt deutsch. Med.
n. Chir. von Neumeister, 1830. S. 119. -r Dort wenigstens fand ich die
Angabe nicht bestätigt).
£richsen soll (nach Lancet 1864. VoL 1. Jan. 23.) die Ligatur bei-
der Carotiden gemacht haben; keine weitere Erwähnung dieses Falles habe
ich finden können, auch nicht in setner Chirurgie.
Nach Neufyille wurde in Paris die Carotis auf beiden Seiten, wegen
starker Nachblutung, in einem Falle unterbunden, in welchem die Muskel-
schichten des Nackens nnd Hinterhauptes verletzt waren, ohne dem tOdtli-
chen Ausgange Torzubengen (Beck, Deber die Anwend. der Ligat. an einer
der Wunde entfernten Stelle. S. 79).
Demme sen. machte die Unterbindung der Carot. comm. und ext. zu-
sammen 2 Mal; von den Operirten starb eine Person (Schweiz.' Zeitschrift.
Bd. 1. S. 76).
Flaubert unterband mit Erfolg die linke Carotis wegen erneuten
Wachsthums eines schon zweimal operirten Tumors am Kopfe (Arch. g^nör.
2. S^. 12. p. 843 — eingehe Notiz — ).
Nach Mc Clellan machte Macgill diese Operation mehrfach (New
York Journ. 1852. March. p. 228).
Michon soll wegen Blutung (Nach Idzikowsky, Lanzette franc.
Vol. 12. p. 475 — dort nicht zu finden — ) die Ligatur der Carotis mit Er-
folg gemacht haben.
Garrey (Larrey?) unterband die Halsschlagader mit Erfolg, wegen Blu-
tung (Idz. No. 199. Transact. m^d. 1833. p. 360 — dort nicht angegeben — ).
Zar Lfgatvr der Arteria Carotis commiinis. 891
Hall machte die Ligatar wegen erectilem Tamor mit gutem Ausgänge.
(B o r n B y Sarg. Anat p. 486. (Idz.) — ist in der alten Ausgabe nicbt aufgefQhrt).
LonrenQo ligirte wegen filutong diese Arterie (Joum. hebdom. Yol. 8-
p. 456. Berard's Dict en trente yoinmes. p. 422).
Lebrun unternahm die Operation wegen eines Aneurysmas der Carotis.
(Gaz. m^d. 1860. p. 455 — blosse Notie — ).
Jon ebenso, nach Lisfranc (Thise. p. 180).
Larrey citirt einen g«ficklichen Ausgang dieser Operation, die wegen
Blutang gemacht war (Clin. chir. Vol. 2. p. 129).
Hierher sind auch die f&r eine Statistik nicht yerwendbaren FftUe Nnss-
banm's, 156a. b. c, und 582a. b. zn x&hlea.
Mott machte 3 Mal die Unterbindung beider Garotiden, davon 2 Mal
bei Kindern bis zu einem Jahre, glQcklich (Schmidt, Jahrbb. Bd. 98. S. 76.)
Girand soll, nach Gross, die Carotis und Vena jug. int, nach Schnss-
yerletznng unterbunden haben ; Ober den Ausgang ist nichts bekannt. (Americ
Jonrn. Apr. 1867. p. 325.) Dagegen berichtet Americ. Jonrn. Vol. 11. nur,
dass Giraud angiebt, ein firanz5sischer Chirurg habe lu Toulouse diese
Operation gemaehi; am 6. Tage seien Erscheinungen aufgetreten. Ausgang
unbekannt.
.Titozzi soll eine linksseitige Ligatur Terrichtet haben. (AnnaL med.*
chir. compil. p. cur. de T. Metex a. 1846. Kot.)
Nach LOcke's brieflicher Mittheilung an Prof. Gnrlt will:
Demme sen. wegen Variz. aneur. die Carotis mit Erfolg nnterbnnden
haben, und es soll von
Knapp (Heidelberg) eine Ligatur mit tOdtüehem Ausgange gemacht
worden sein.
Handyside musste, wegen heftiger Blutung nach Eztraction eines
Zahnes, die Carotis durch die Ligatur schlieesen; der Ausgang war glttck-
lich (Spence, Briefl. Mittheilung an Prof. Gnrlt)..
Ferner wurde die Ligatur ausgeftthrt von:
Blakmann, bei einer bösartigen Nenbildnng (West L&ne. -*
Schmidt, Jahrbb. 1858. Bd. 99. S. 888).
Parker, wegen Carcinom des Antr. Highm. (Schmidt, Jahrbb. 1867.
Bd. 98. S. 77).
Choppin, nach Schusswunde (New Orleans Med. News. — Sohmidt',
Jahrbb. 1859. Bibliogr.).
Pauli machte 1 Mal die Ligatur (Schmidt, Jahrbb. 1867. Hft. 6.),
wegen Blutung pun einer Stichwunde.
Im Feldzuge des Jahres 1866 wurde im Uzareth au Görlitz noch S
Mal (daTOn 1 Mal mit Ausgang in Genesung, 1 Mal in Tod), nnd zu Schweid-
nitz 1 Mal durch Dr. Scholz die Carotia comm. unterbunden. Mehrfach
392 Dr. C. Pilz, t
wurde diese Operation yon Geh.-Rath Middeldorpf, und wegen Hc don-
lonrenx 1 Mal noch yon ▼. Patruban aasgeffibrt; nach Zimmermann
soll Girocet diese Unterbindung unternommen haben.
Zu eliminiren sind aus der Statistik Idzikowsky's, neben Ehr-
mann*6 Berichtigung, die FftUe Ton Regnoli nnd Keate, welche keine
Ligatur anlegten, ebenso Härders (citirt). Dieser sagt in seinem Ap-
piarium, pag. 324. obs. 86.: Bei einem 30 jährigen Manne mit Aneurysma
der 1. Halsschlagader wurden, unter Gompression des centralen Endes der
Carotis, aus gemachter Incision die Blutgerinnsel entfernt, dabei erfolgte
eine durch Adstringentien und Tamponnade nicht mehr zu stillende Blutung ;
als man nun zur Unterbindung des blutenden Gefftsses selbst schritt, war
Pat schon verschieden. Nach Beck yersuchte auch Bau den s der star-
ken Blutung aus verletzter Carotis durch die Ligatur Einhalt zu thun, aber
schon während der Operation starb Patient. DerHosack nnd Wright zu-
geschriebene Fall ist der von Post, der Scarpa vindicirte von Molina*
und der unter Granville besonders aufgeführte durch Pattison operirt.
Von Pelle tan wurde nicht die Carot comm., sondern die Carot. ext. an-
terbunden. Der nach Ehr mann yon Chejne operirte ist der schon nnter
Syme aufgeführte Patient, und die angebliche Ligatur der Halsschlagader,
welche Knth gemacht haben soll, ist eine von JCeith ausgeführte Ligatur
der Carotis ext (Journ. of med. sc. 1851. YoL 12. p. 435).
Die von Szymanowski referirte Ligatur Güntner'sist aus Versehen
einmal als eine beiderseitig von ihm selbst verrichtete Operation angeführt
worden, dasselbe Loos hat Langenbeck's Fall No. 23. in mehreren engli-
schen Journalen erlitten, woran Norrie' Angabe wohl die Schuld trSgt-
Die Bemerkung v. Walther's (Gräfe u. Walther Journ. Bd. 5. S. 241.),
dass er zu Frankfurt einen jungen Mann gesehen, dem wegen sehr yerbrei-
' teter Teleangiectasie yor 2 Jahren die linke Carotis unterbunden worden,
dessen Leiden aber wieder langsam sich zur früheren Hdhe gesteigert habe,
so dass man vielleicht die Ligatur auf der anderen Seite noch in Anwendung
ziehen müsse, hat ihm nicht nur die Zuerkennung der ersten Operation,
sondern sogar, wie es mir scheint, den Ruf, beide Carotiden unterbunden
zu haben, eingetragen. Schliesslich sei noch bemerkt, dass die Namensver-
änderung yon Kühl in Hohl aus dem Lancet 1846. Vol. 1. p. 134. in
mehrere französische Journale übergegangen ist.
W&hrend die Unterbindung der grossen Schlagadern der Ex-
tremitäten in den letzten Decennien durch eine weniger eingrei-
f ende, und zugleich ziemlich sichere Methode, die der Compres-
Bion, und inebesondere der Digitalcompression, in yielen F&Uen
Zur Ligatur der Arteria Carotis ccynmunis. 393
mit Erfolg ersetzt worden ist, bleibt doch die Anwendung der
letzteren gerade für die HalBscblagader nur in sehr engen Gren-
zen möglich, und es verlangt diese Arterie deshalb oft gebieterisch
die Ligatur. Wenn jedoch schon bei den Schlagadern der Extre-
mitäten die Ligatur derselben nicht immer ohne Gefahr für die
Erhaltung des Gliedes, ja selbst des Lebens verläuft, so ist dies
in weit höherem Hasse der Fall fHx die in Rede stehende Ope-
ration, da mit Verschliessung der Halsschlagader eine grosse
filutbahn der Ernährung des Gehirnes entzogen, und dadurch oft
das Leben, oder wenigstens die Gesundheit vernichtet wird. Weil
aber vielfach in der Anwendung dieser eingreifenden Operation
gefehlt worden, so erscheint es nicht fiberflfissig, die Erfolge und
Wirkungen der Ligatur der Arteria Carotis communis durch eine
Statistik, die auf möglichst breiter Basis ruht, in das volle Licht
gesetzt zu sehen.
Obwohl in der Literatur, soweit sie mir zn Gebote stand,
676 sichere Fälle von Unterbindung der Halsschlagader verzeich-
net sind, so konnte ich doch nur 600 statistisch verwerthbar zn-
sammenstellen. Unter diesen 600 Fällen verliefen 319, also
53 (^) ^ mit Genesung; 259, also 43(v) %, mit Tod; bei 22
Fällen, also 3(^) 's, fehlt jede Angabe aber den Ausgang. Von
dieser Mortalit.'itsziffer sind jedoch 29 in Abzug zn bringen, bei
welchen entweder die Art. vertebr. afficirt war, oder die Patien-
ten an anderen, mit der Ligatur in keiner Beziehung stehenden
Krankheit starben. Wegen Affection der Art vert. fallen aus : No.
68,112, 169,219a., 243a«, 297, 304, 306; wegen Erschöpfung: No.
134, 168, 411, 494, 500, — 328, 336, 364, 366, 374, 375, 388,
401, 404, 407, 408, 434; wegen Lungenentzündung 444. Bei
dem nach Wardrop-Brasdor operirten Aneurysma glaubte ich
eliminiren zu dürfen No. 554, 556, 576, 580; doch kann hier
auch eine andere Ansicht geltend gemccht werden. Nach Aus-
schluss dieser Fälle stellt sich dieHortalitätszahl auf 38(1^)%, welche
Ziffer jedoch bei den verschiedenen Indicationen, derentwegen die
Operation ansgefQhrt worden, eine verschiedene ist. In den nun
folgenden Zusammenstellungen sind alle nicht Gestorbenen, sei es,
394
Dr. C. Pilz,
dass sie mit oder ohne Erfolg operirt
gegenübergestellt. Demnach war der
schiedenen Ursachen unternommenen
wurden, als Genesene jenen
Ausgang nach den aus ver-
Operationen :
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Zar Ligator der Arteria Garotis comm^oiB. 395
Im Lancet, 1844. Oct Vol 2. p. 39 beisst es von Inman^
dass bei der Unterbindung der Art. Carot. comm. nach Bunter
unter 40 Personen 11 starben, also 21(h) Hj ^äbrend Lisfranc
in seinem Precis de M6d. op6rat. Vol. 3. p. 126 angiebt, dass
gewöhnlich von 2 Operirten einer sterbe.
Dass die Mortalit&tszahl bei den nach B ras dor- Wardrop
Operirten — hier wurde noch 8 Mal die Art. snbclav., darunter
5 Mal simultan mit der Carotis ligirt — und den wegen Blu-
tung Operirten am grössten, dagegen bei den unter der Rubrik
Nervenkrankheit aufgeführten am geringsten ist, darf wohl Nie-
mand Wunder nehmen. Da jedoch bei den „Blutungen^ die
Veranlassungen derselben und die dadurch mitbedingte Aussicht
auf einen glücklichen Ausgang sehr verschieden waren , so will
ich ebenfalls eine Zusammenstellung derselben geben. Die we-
gen Blutung ausgeführten Operationen hatten folgendes Resultat:
1) Bei Schasswauden unter 41 Fällen genasen 19, starben 20.
(2 ermangeln d. Angabe d. Ausganges.)
2) Bei durch Kriegswaffen Verletzten unter 46 • - 12, - 34.
3) - Hieb-» Stoss- und Stichwunden - 21 - - 8,-13.
4; - Schnittwunden - 26 - - 12, - 11.
(darunter 7 Selbstmörder.)
5j - Nachblutungen - 26 - - 10, - 15.
(1 ohne Angabe d. Ausganges.)
6) - Blutung aus Tumoren ...-17- - 5, - 11.
(1 ohne Angabe d. Ausganges).
7) - Blutungen durch Anfttzung - 17 - • 6, - 11.
(1 ohne Angabe d. Ausganges.)
8) - Spontanen Blutungen .... - 4 - - 2, .2*
9) - Verletzungen ohne Angabe
der Ursachen - 33 - - 18, - 13.
(2 Falle ohne Angabe d. Ansg.)
Es beträgt in Procenten die Mortalit&tsziffer (in runden Zahlen) :
bei 1) 49 3S, 2) 74 5g , 3) 62 % , 4) 44 5i , 5) 58'% , 6) und 7)
65 %, 8) 60 5^, 9) 39 %. Yerhältnissmissig günstig verliefen
hiernach die Blutungen nach Scbussverletzungen ; doch wohl nur
scheinbar, denn die unter 2) aufgeführten F&lle durften grOssten-
396 !>' C. Pilz,
theils hierher noch za rechnen sein. Bei 8) ist die Zahl zu klein,
um Werth zu haben.
Ohne besonderes Gewicht darauf zn legen, erw&hne ich, der
Vollständigkeit wegen, dass, was das Geschlecht anlangt, unter
537 Personen, bei denen dasselbe angegeben ist, die Ligatur an
403 Männern und 134 Weibern ausgeführt worden ist; unter erste-
ren finden sich 202 Fälle mit Genesung, 190 mit Tod, 11 ohne
Angabe des Ausganges notirt; unter letzteren 86 mit Genesung,
45 mit Tod, 3 ohne Angabe des Ausganges. — Was die einzel-
nen Indicationen betrifft, so vertheilen sich die Zahlen also:
Mn. mit Genes.
Todt.
Unbk.
Wb. mit Genes.
Todt Dnbk.
Blutungen .... 192 -
80
106
6
23 .
9
14 -
Aneurysmen ... 58 -
87
20
1
23 -
15
8 -
Tumoren 73 -
45
26
2
51 -
36
14 1
Exstirpationen . 35 •
18
16
1
20 -
14
4 2
NerTenkraakheiten 20 -
20
—
—
6 -
6
— —
Operationen nach
Bra8d.-Wardr. 25 -
5
19
1
11 -
6
5 -
Unter 451 Fällen, in denen die Seite der Operation ange-
geben ist, findet sich die Ligatur 194 Mal linksseitig, mit Aus-
gang in Genesung 120 Mal, in Tod 70 Mal, und 4 Mal ohne
dessen Angabe verrichtet; rechtsseitig 257 Mal;' von diesen ge-
nasen 143, starben 108, 16 entbehren der Angabe des Resultates.
Berücksichtigt man das Alter von 10 zu 10 Jahren, so er-
hält man folgende üebersicht:
Bis zum I.Jahre: 9 Genes. 2 Todte. 1 Mal fehlt d. Angabe fiber d. Ausg.
om 1.— 10. -
11 -
4
-
1 do.
do.
do.
- 11.-20. -
44 -
17
-
3 do.
do.
do.
- 21.-30. -
69 -
38
-
—
- 31.-40. :
45 -
21
-
—
- 41.-50. r
31 -
30
-
3 do.
do.
do.
- 51.-60. -
22 .
22
-
1 do.
do.
do.
- 61.-70. -
3 -
20
-
1 do.
do.
do.
- 71.-76. .
—
2
.
Diese vertheilen sich nach den angenommenen Indicationen:
Zur Ligstar der Arteria Otrotis commoDis.
897
BId-
tnngen.
Anenryü-
men.
Tumoren.
Exatirpa-
tionen.
Nerren-
krankbeit
Operationen
nach Bras-
dor-\?ardr.
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8
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11
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2
1
5
15
16
6
6
1
1
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8
6
6
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1
9
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18
19
10
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2
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8
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8
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Deutlich sieht man an beiden Reihen, wie die grOsste
Zahl der Genesungen in die Blüthejahre ?on 20 — 30
fällt, und dann langsam sinkt; am deutlichsten tritt dies
leicht erklärlich in der Rubrik „Blutung^ hervor. Ebenso ge-
langt man beim Blicke auf den Abfall der Ligatur, trotz der sehr
grossen Schwankungen, zu dem Resultate, dass in der Hehrzahl
der Fälle am 13. und 14. Tage die Lösung erfolgte; dreimal
nur trat dabei leichte Blutung auf. Rechnet man die Extreme,
den 4. und 96. Tag, ab, so sind noch 210 Ligaturangaben ver-
zeichnet, die sich in folgender Weise einreihen. Es erfolgte der
Abfall der Ligatur:
3 Mal den 7. Tag. 12 Mal den 17. Tag. 8 Mal den 27. Tag^
4 -
8.
-
18
18.
6
-
28. -
8 -
9.
-
4
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29. -
7 -
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7
20.
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-
80. .
16 -
11.
-
12
21.
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12.
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10
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-
8
23.
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-
84. .
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-
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-
86. -
18 -
16.
-
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1
-
86. .
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16.
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6
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26.
1
-
89. -
898 Dt. 0. Pili.
1 Mal den 48. T^, 1 M&l am Ende der 4. Woche, 1 Mal in der 3. Woche,
und 3 Mal am Ende der 2. Woche.
Vom 9. bis 22. Tage ist also die grosse Breite,
in welcher von einem grossen Gefässe die LOsnng der
Ligatur sn erfolgen pflegt; gewöbnlicli wird ein kürzerer
Zeitraum angegeben. Selbstverständlich sind die Fälle, bei denen,
nach Scarpa's Vorgänge^ der Schliessungsfaden in kurzer Zeit
entfernt wird, nicht berflcksichtigt Solche erfahrungsgemässen
Mittelzahlen finden natürlich nicht ihre Stelle, wenn man, etwa
wie Lauda (254)*) zwei Ligaturen anlegt, von denen die un-
tere aus einem dreifachen Faden mittelmässig (?) fest, die obere
sogar aus einem fünffach genommenen Faden fest geschlossen
wurde. Darmsaiten kamen selten, No. 235, 256, 425 und 568, He-
talldrähte nie zur Verwendung. In 9 Operationen wurden 2 von
einander entfernte Ligaturen ohne Durchschneidung des GefSss-
rohres, und 10 mit Durchschneidung desselben gemacht. Dieses
früher angewandte Verfahren, welches durch bessere Throm-
birung eine Nachblutung verhindern sollte, wurde nach Hodg-
Bon (1. c. p. 220) von Aetius (Serm. 4. Tetr. 4. Cap. 10)
zuerst angerathen. In der Mehrzahl der Operationen wurde, nach
A. Cooper^s Verfahren, an der Kreuzungsstelle des M. omohyoid.
und des M. stemocieid., sei es direct über, s^i es gerade unter
derselben, die Ligatur angelegt; davon wurde bei 8 Fällen von
Blutung abgewichen, bei welchen die Ligatur in der verlänger-
ten Wunde geschah, in 9 Fällen, in welchen man Scarpa^s
Methode^ in No. 292, wo Syme AntylTs Methode anwandte,
und in 4 Fällen, in denen nach Zang's Vorschrift die Unter-
bindung geschah. Wie R. Davis (No. 106.) dazu kommt, diese
Methode als eiiie französische zu bezeichnen, dafür habet ich kei-
nen Grund auffinden können; denn die von den. Franzosen ein-
fach Södillot zugeschriebene Methode war von Zang in seiner
„ D3irstellung blutiger, heilkundiger Operationen^ Bd. 1. S. 180
schon 1813 gegeben.
*) Im Folgenden werden die Fälle nar nach ihren Kümmern , nicht
nach ihren Operateuren citirt, um jeder Verwechselang yorsnbeagen.
Zur Ligatnr der Arteria Carotis commnnis. $$<^
Dasfl einige Male der M omohyoid., and mehrfach der ioaere
Bauch des M. stemocleid. durchschnitten wurde, verdient nicht be-
sondere Berficksichtigung. Oefter kamen Irrungen in der Diagnose
▼or; so wurde die Unterbindung, wegen Affection der Art. ver-
tebr. 11 Mal gemacht, nSmIich bei No. 35, 68, 112, 169, 219a,
243a, 268, 297, 300, 804, 306; wegen fälschlicher Annahme
eines Aneurysma der Art. Carot 9 Mal, in No. 352, 355, 366,
375, 434, 440, 442, 555, 686. In No. 250, 261, 274, 306 und
350 hielt man das Aneurysma für einen Abscess, wovon an
anderen Geftssen Ribes (Gaz. m6d. 1835. No. 10 und 11) 10
F&lle anfAhrt. Auch bei der Unterbindung^ traten Versehen ein :
Broea fasste anstatt der Art. Carot. int. die Art Carot. comm.,
und Kühl zugleich mit dieser — in einem Falle von hoher Thei-
lang der Anonyma — die Art. snbclav. in die Schlinge.
Im Americ. Joam. 1847. p. 29. findet sich ein hierher gehöriger Fall
aas einem New Yorker Hospital referirt: Aas einer Gescbwflrsstelle in der
Mitte des Halses erfolgte eine so heftige Blntang, dass man sich aar Liga-
tur der Art Carotis eotsebloes; durch das überall anhaftende Blut war die
Erkennung der Theile sehr erschwert, und als man endlich die eröffnete
Ge^ssi'taeide zu erkennen glaobte, legte man nm die vermeintliche Arterie
eine Ligatur, ohne der Blutung Einhalt zu thun; fQr eine Unterbindung der
Art. sobclaT., aus deren Gefassbezirke also die Blutung stammen musste,
erschien Pat. schon zu schwach. Die Section zeigte die Ligatur um einen
auf der Oefftssscheide liegenden Fi brincy linder geschlungen, und die Blu*
tuttg der Art thyr. inf. entstammend«
Der K vagns v^urde wahrscheinlich nie — auch nicht
336 — miteingebunden, nur in Ko. 512 ein Stück aus demselben
excidirt, dagegen wurde der N. sympath. in 435 mitgefassl.
Yen besonderen Vorkommnissen ist noch zu erwähnen, dass die
Arterie 3 Mal an einer tieferen Stelle von Keuem, 1 Hai sogar
zum 3. Haie zu unterbinden war. Ausser ihr wurden mehrfach
noch andere grosse Gefasse, tbeils zugleich, theils vor oder nach die«
serOperation ligirt: 1 Hai die Anonym , Subclav. und Vertebr. (581),
1 Hai die Anonym. 394 a, 9 Hai die Subclav. , darunter 6 Hai zu-
gleich mit der Carot. (557, 560, 574; und 556, 562, 563, 572, 578,
582); die Carot. ext und int. 1 Hai (435); die Carot. int 4 Hai
400 Dr- 0 Pill,
(75, 276, 278, 355); die Carot ext. 6 Mal fl^S, 250, 299, 318,
432); die Art. max. int. 1 Mal (118); die Art. thyr. sup. 2 Mal
(13, 435); die Vena jag. comm. 1 Mal (495); die Vena jag. int.
10 Mal (35, 48, 321, 458, 494, 499, 506, 512, 169a, ond bei
144 wandständig). Schliesslich sei noch bemerkt, dass diese Ligatar
in Amerika 186 Mai gemacht worden, in Alexandrien 1 Mal, in Ost-
Indien 12 Mal , in England 158 Mal, in Deutschland 95 Mal, in
Frankreich 77 Mal, in Rassland 22 Mal, in Italien 15 Mal, in Nor-
wegen, Holland und Belgien, in der Schweiz, je 6 Mal, in Spanien
2 Mal, in der Türkei, Ungarn and Dänemark je 1 Mal.
(Hierbei rechoete icb %. B. die in Algier gemachten zn Frankreich.)
Wichtiger, als diese allgemeinen Angaben, die sich leicht
noch vermehren lassen, erscheint mir die Analyse der Erschei-
nangen, die im Gefolge der Ligatnr aaftraten, nach Abschlass
einer grossen, zam Gehirn fohrenden Blatbahn. Hierza werde
ich zaerst die bekannt gewordenen Yersache an Thieren, and die
bei Menschen gefundenen Obliterationen anführen, denen karz die
Erfahrangen bei Compression der Art. Carot. comm. folgen mögen.
Die Beobachtung ÄTicenna's*), dass nach Ligatur dieser Hal&ge-
fisse bei Thieren die Motilität and Sensibiiit&t erlischt, wurde Ton Ste-
phanus und Bagiiyi best&tigt, und schon Valverdus macht die Auf-
gabe, dass man nach Verschluss der Carotiden die Besinnung verliere, and
in tiefen Schlaf verfalle. Nach Emettus ergab die Cnterbindang der Art
Carotis, zugleich mit der Vena juguL, bei einem Hunde keine Folgen, bei
9 anderen trat dagegen, nach vorausgegangenen apoplectiformen Erscheinun-
gen, Goma und Tod ein.
Valsal V a versuchte die beiderseitige Ligatur an 3 Hunden, von denen
nur einer am Leben blieb. Dionis and Lamur sahen keine besonderen
Erscheinungen nach Ligatnr der Garotis eintreten, ebensowenig vanSwieten
nach beiderseitiger Ligatnr. Bichat (Recherches sur la vie et la mort.
p. 160) ghiubt sich nach seinen Versuchen zu dem Ausspruche berech-
tigt, dass die Obliteration der Carotiden wenigstens nicht schnell zum Tode
führe, denn nur 2 Hunde starben nach 6 Stunden, und Kellie und Spence's
Versuche sprechen für die Unschädlichkeit der Ligatur an Thieren. Miller
fand, auf 18 Versnobe gestützt, dass die Unterbindung einer Halsschlagader
nur vorübergehende (8 Standen anhaltende) Schwftchnng der Motilität and
*) In diesen Angaben folge ich N. Che vers, soweit mir die Originale fehlen.
Zur Ligatur der Arteria Carotis commanis. 401
SeosJbilitit nach sich siehe. Die Yerschliessung beider Garotiden bei 3
Hunden nnd 9 Kaninchen ergab nur in einem Falle gar keine Erscheiniui*
gen, in 8 Fällen Tod, in den anderen schwere Erscheinungen mit Ana-
gang in Genesung. Die zahlreich beobachteten Symptome sind : Verändert«
Lungen- und Herzaction, Sinken der Temperatur, Schwanken des Kopfes,
Sinkenlassen des Kopfes auf eine Seite, Schlafsucht, Schvrindel, Verlust des
SehTermdgens, Strabismus, Convulsionen, Trismus, Tetanus, Ghorea (!). .In
2 Fällen war der N. vagus mitnnterbunden. Bei einer Ziege trat, wie bei
Kaninchen, nach 4 Tagen der Tod ein; eine Taube zeigte Schwäche in dei
Haltung, und starb unter Convulsionen , nachdem die Temperatur nn4
Herzaction bald gesunken war. Ein schlafendes Murmelthier erwachte nichts
die Temperatur stieg, das Thier starb am 3. Tage, ein Pferd aber starb
schon nach 58 Minuten unter Convulsionen. Ph, y. Walther (Neue Heil-
art des Kropfes. Seite 62) beobachtete nach Ligatur einer Carotis bei Hun-
den gar keine Hifnerscheinungen. Jobert (de Lamballe) (Bullet de
TAcad. de Paris. Vol. 6. p. 63) verrichtete bei Kaninchen die Ligatur beider
CarotideD, ohne Erscheinungeu zu sehen. Die 8 Mal gemachte, doppelsei-
tige Ligatur an Pferden — einmal mit Durchschneidung des N. vagus, ein-
mal des N. recnrr., und einmal mit Einbinden des 14. recurr. — ergab bei
letzteren eine Steigerung der sonst schon eingetretenen Djspnoe, immer
Gonvulsionen und Tod in 2—6 Stunden. Die Section zeigte Hyperämie und
Apoplexie in den Lungen; ebensowenig überstanden Maulesel diesen Ein-
griff, sehr gut aber Hunde und Hammel. Ganz anders lauteten frühere
Beobachtungen May er* s (Disqnisit. de arter. regenerat.), der immer bei
Hunden, Kaninchen, Ziegen, Murmelthier, Pferd und Taube, nach heftigen
Erscheinungen von Seiten des Nervensystemes, den Tod eintreten sah. Dasa
jedoch die Ligatur einer oder beider Garotiden nicht diesen grosses Ein-
fluss übt, ausser bei Pferden und Mauleseln, darin stimmen A. Gooper^
Porta, Pommer, Nemmert und Ebrmann überein, deren zahlreiche
Experimente, obwohl sie mir im Originale vorliegen, ich übergehe, da sie
nichts Neues mehr bieten. Alessandri^s Experimente bestätigen die an
Pferden gemachte Erfahrung, erweitern sie aber noch dahin, dass bei filat«
entziehung und ausreichender Zeit für die Bildung eines Gollateralkreielati-
fes, ehe die andere Carotis unterbunden würde, das Leben trotz der grossen
Störungen erhalten werden könne. Schon A. Gooper hatte den Grund des .
tiefen Eingriffes bei den Solidungula richtig darin gefunden, dass die Artt
vertebr., verbal tnissmässig sehr klein, nicht im Stande sind, in ihrer Bahn
genügend arterielles Blut dem Gehirne zuzuführen. Bei Hunden zieht der
Eingriff nicht so schwere Folgen nach sieh, dies hat, nach Pa&vm, mit
Recht seinen Grund in einer Querverbindung beider Arterienbah-
nen in der Höhe des 2.-3. Halswirbels. Dass von den aufgeführten Er-
▼, LaBg«iib«ek'0 ▲tcIüt f. dürnrgi«. UL 26
409 Dr. CPUs,
BCheinnngen ein grosser Theil auf die Art der Operation zorficknibeiiebeii
ist, ist sicher; daher stammen die Differenzen der verschiedenen Operateure;
besondei« massgebend erachte ich ffir die Entscheidung, ob die folgende Li*
gatnr allein in den frOher angegebenen Erscheinungen zn erkennen sind,
oder nicht, die zahlreichen Experimente des in der Unterbindung gefibten
Porta (Delle alteraz. path. delle arter. etc. 1845), der in weit Aber 100
Fftllen die relative Unschädlichkeit der Ligatur der Carotis
und Carotiden bezeugt
Ausser dieser künstlich herbeigefflhrten Obliteration der Art.
Carotis finden sich in der Literatur einige F&Ile, in denen eine,
oder sogar beide Halsschlagadern Yerschlossen waren. Hall er
(Opusc. pathoL Observai 23. p. 301.) sah schon 1749 an der
Leiche einer Frau die linke Halsschlagader verschlossen. Bai Hie
(Transact. of a Soc. for the improv. of med. knowl. Vol. 1. p. 119)
fand bei einer Person an der rechten Carotis comm. ein mit Coa-
gulis erfalltes Aneurysma, durch welches volle ündurchgängigkeit
geschaffen war, während auf der linken Seite ein gleichfalls be-
stehendes, mit Coagttlis erf&lltes Aneurysma die Lichtung des Roh-
res beeinträchtigte. Eine ähnliche Beobachtung machte Cru-
veilhier (Gaz. m6d. 1838. p. 76.). Petit (Acad. royale des
sc de Paris. 1765) sah bei einer Section die früher aneurysma-
tisch gewesene, linke Carotis obliterirt, ohne dass in den letzten 7
Jahren irgend eine Gehirnerscheinung aufgetreten war. A. Coo-
per (Med.-Chir« Transact. YoL 1. p. 12) fand durch ein Aneu-
rysma der Aorta die eine Carotis verschlossen, ohne dass der
Geist der Frau gelitten hatte. Nach Wardrop (On Aneurism
and its eure. p. 77) beobachtete Hakelcan ein Aneurysma
der Aorta, das die rechte Carotis zum Verschluss gebracht hatte
Pilcher (Lancet 1839.) fand die linke Carotis durch ein Aneu-
rysma des Aortenbogens verschlossen, auch Velpeau beobachtete
eine Obliteration dieser Arterie (Nouv.äUm. de mid. opäraL p. 75),
ebenso Willigk (Canstatt, Jahresber. 1854. Bd. 2. S. 74).
Im Lancet 1826. ist aus dem Middlesex Hospit die Oblite-
ration der rechten Carotis durch ein Aneurysma Innomin. er-
wähnt bei einem 38jährigen Hanne, und (im Lancet 1844.) von
Barrow die Obliteration der rechten Carotis durch ein Aneu-
2ar Ligatar der Arteria Carotis eommania. 403
rysma der lonominata bei einer 47 j&hrigen Frau. Norm. Ghe-
vers (1. c. p. 1147) beobachtete rechts eine plötzliche, halb-
seitige Lähmang bei einem Manne, der sich bisher ganz wohl ge-
ffihlt hatte; seitdem nahm ein allgemeiner Sehwichemstand Ober-
hand, und raSie ihn nach 6 Wochen hinweg. Das Gentr. oyal.
Vieuss. und das Gorp. striat. war links erweicht, die Rinde hy-
perämisch, die Hirnarterien waren, besonders links, sehr erwei-
tert; ein Aneurysma der Aorta bestand, und eine Obliteration der
ganzen linken Carotis comm. Todd (Med. - Ghir. Transact Vol.
27. p. 301), zu einem 37jährigen Manne gerufen, fand diesen in
tiefem Coma, mit erweiterten Pupillen, ToUer linksseitiger L&h-
mung des Gesichtes und KOrpers; derselbe hatte vor 3 Tagen,
nach einem Ohnmachtsanfalle, heftige Brusterscheinungen gezeigt
Die Section des am 11. Tage Gestorbenen erwies die Ruptur
eines Aorten- Aneurysmas in das Pericardium, daneben volle Ob-
literation der rechten Halsschlagader; im vorderen Lappen der
anämischen Hemisphäre einige Erweichungsherde. Savorj
(Med.-Ghir. Transact 1856.) fand einen Verschluss der Subclavia
und linken Garotis ; ausser Kopfschmerzen, Schwindel, Schwächung
des Sehvermögens links^ linksseitiger Hornhautulceration, war nur
in den letzten Wochen eine Schwächung der rechten EOrperseite
sichtbar geworden. Hughes (Med. Gaz. Vol. 39.) erkannte den
Anfang der linken Garotis und Subclavia durch ein Aneurysma
der Aorta und Innomin. verschlossen. Grisp (1. c. p. 169) er-
zählt ausführlich einen Fall, in dem bei einer 50 Jahre alten Frau
mit Aneur. Aortae (in mehr als 35 Tagen vor dem Tode) eine Ver-
stopfung der rechten Garotis und Subclavia unter convulsivischen
Anfällen erfolgte; aufrechtes Stehen brachte (wegen Anämie des Ge-
hirns) immer Bewusstlosigknit zu Wege; leider fehlt die Section.
Koberwein will (in einer I^ote zu Hodgson, Krankheiten
der Arterien und Venen) einen Schädel gesehen haben, an dem
der eine Ganalis caroticus ganz geschlossen, die anderen Ar-
erien-Oeffnungen an der Basis sehr verengt waren. Interessanter
noch ab diese Beobachtungen sind folgende, leider zu kurz mit-
getheilten von N. Gheversi .
26*
404 I>r. G. Pils,
DaTj beobachtete einen 36ji&hrigen Soldaten, der an Athembescbwer- -
den, Ohnmächten, Schwäche des Geeichtsvennögens litt; während die rechte
Carotis schwach pnlsirte, war die linke pulslos. Die Section zeigte ein
Anenrjsma Aortae, daneben Verschlnss der Knken Carotis nnd SnbclaTia,
nebst Verengerang der rechten Carotis und Sabdavia. Der 2. Fall Dayy*8
ist folgender: Ein 66 jähriger Officier, Schwindelanfällen unterworfen, die
sich bis zur Bewusstlosigkeit steigerten, zeigte nach einiger Zeit Verschlim*
merung dieses Leidens, wobei der Puls in den Halsarterien ganz erlosch,
später auch in den Schläfen, der Achsel und der Hand. Nach 15 Monaten
machte der Tod den Leiden ein Ende. Das grosse Aneurysma der Aorta,
mit Fibrinmassen erfüllt, war geborsten, und verschloss fast ganz die ab-
gebenden Aeste. Es erwies sich die linke Carotis, Vertebralis und Snbcla-
Tia als fest geschlossen, die rechte Carotis nnd Subclavia, obwohl auch
verengt, waren nach dem Abgange des völlig obliterirten Anenrjsma durch-
gängig.
Ferner ist noch zu erwähnen die Beobachtung Pelletan^s
(Ve^peau, Nout, el6m. de med. opirat. p. 89), der die Anonyma
(Ende), rechte Subcl. und Carot. fest geschlossen fand, ohne im Le-
ben Erscheinungen beobachtet zn haben, und dieDarrach^s (ibid.)
in dessen Falle, ohne Symptome zu zeigen, die Innom. nnd linke
Carotis verschlossen gefunden wurden. Ehrmann (1. c. p. 98)
berichtet einen Fall von Verschluss beider Garotiden durch einen
Tumor der Gland. thyreoid. bewirkt; der Patient starb unter Deli-
rien. Deville endlich (Bullet, de la Soc. anat.l847.yol.22.p. 465)
fand bei der Section eines an Aneur. der Subclav. Gestorbenen,
obwohl das Anenr. nicht obliterirt war, beide Garotiden geschlossen,
nnd die rechte Subclavia innerhalb der Mm. scaleni, sammt den
den von ihr abgehenden Zweigen. Diesen Beobachtungen kann
ich durch die Güte des Herrn Dr. 0. Wyss folgenden seltenen
Sectionsbefund eines Falles , soweit er die uns interessirendea
Theile betrifft, beifügen, dessen Details er in einer späteren Arbeit
mittheilen wird.
Das Präparat entstammt der Leiche eines 50jährigen Mannes, der am
80. Juli 1866 hier starb. Es findet sich an dem in Alcohol aufbewahrten Prä-
parate ein Aneurysma der Aorta ascend., am Uebergange in den Arcus und
die Innomin. Die Höhle der letzteren, Aber kastaniengross, misst gegen 3
Gtm. in der Länge und Breite, 2^ Otm. in der Tiefe, und vffibt sich aiark
hervor, besonders nach hinten Ober den rechten Bronchus, mit dem sie, wie
Zur Ligatnr der Arteria Carotis communis. 405
mit dem unteren Theile der Trachea, fest verwacbsen ist Der Sack, wel-
chen die Anonjma bildet, ist an dem der Art snbclav. und Carotis znnSchst
gelegenen oberen nnd hinteren Theile mit festen, der Wandung adhäriren-
den Gerinnseln erfüllt, die Abgangsstelle der beiden grossen Stämme ist
erkennbar ab ein schmaler Spalt. Die gaoze rechte Carotis, bis zar Tbei-
liiDgsstelle mit festem, organisirten Thrombus ausgefällt, erscheint abge-
plattet; alle Zweige der Carotis sind durchg&ugig. Die linke CaYotis zeigt
keine Oeffnnng an der sonstigen Abgangsstelle, sondern eine continairüche
Wand findet sich bis zum Abgange der normalen Subclavia sin«, nur mit
atheromatCsen Stellen, wie die Aorta, ihr Bogen und die Innominata yer-
sehen; auch sie ist strangartig abgeplattet, und zeigt die stark verdickte
Innenfläche gegenseitig verwachsen. Das Gehirn, von normaler Consisteni,
ergab bei der Anti^sie im rechten Corp striat. eine alte, apoplectische, nicht
hSmorrbagische Narbe, und darunter einen Erweichungsherd, ausserdem
CjrBticerken in der Possa Sylvii und dem vorderen rechten Grossgehirn-
lappen, und hier und da an der Oberfläche beider Gehirnlappen. Der Cir-
cul. Art. Willis, normal; die Artt. vertebrales erscheinen nicht erweitert.
Hierzu erwähne ich aus der Krankengeschichte nur, dass nach Toraufge-
gangener, unvollkommener linksseitiger Lähmung, etwa 5 Wochen vor
Beginn der Beobachtung, ein apoplectiformer Anfall eintrat, mit heftigen
Brustsymptomen und Schwäche der linken Seite; Fat. kam in das Spital;
an der Art. radial, ist der Puls klein, ebenso au der Art axill., kein Puls
in linker Art. Carot. und facial., Zunge und Uvula gerade, sjst. Geräusch
Aber der Aorta, setzt sich sehr schwach in die rechte Carotis und Subclar.
fort. Die Papillen gleich, der Nerv, facial. links gelähmt. Sehvermögen
gnt, Sprache heiser; Bewusstsein klar (3. Juni). Die Sensibilität gegen
Berfihrong Yollkommen erhalten, nicht vollständige linksseitige Lähmung
(3. bis 9. Juli); Zunahme der linken Facial.- Paralyse; bei der Untersuchung
zeigte auch die linke Carotis keinen Puls (24. Juli). Langsames Sinken der
Kräfte seit 4 Wochen, die Lähmung des linken Beines wie die des Gesich-
tes gebessert; in der rechten Art radial, brachial, und axill. ist kein Puls
SU fühlen, kein Ton zn hören.
Hier haben auch die Krankenberichte von 572 und 558
ihren Platz.
Auf den ersten Blick scheint es auffallend, wie der Ver-
Bchlnss einer oder sogar mehrerer Gefässbabnen mit so wenig
schädlicher Einwirkung auf die Ernährung des Gehirns verbun-
den sein kann, während nicht selten die Ligatur einer Carotis
scboD schwere, tödtlich wirkende Folgen nach sich zieht. Diese
Thatsachen finden einfach darin ihre Erklärung, dass in jenen
406 !>'• C- Pil». ^
langsaln imd allmklig die VerschliessuDg sich ToUiieht, so
diu» ein Gollatenlkreislaof sich vor dem Tollen Yerschlnsse in
genfigender Weise entwickelt bat; während in letsterem
Falle die nicht ansreichende Ernährung des Gehirns sich gettsnd
macht and je nach dem Zastandekommen der GoUatenlbahnea
weitere Erscheinangen liefert.
Wenden wir uns noch einen Augenblick su den Beobach-
tungen fiber die Compression der Carotiden, so wusste schou
Bnfns V. Epbesus, (Morgagni, De sedibus et caas. morb.
epist 19), dass beim Menschen dieselbe zur Bewnailosigkeit fahre,
denn ei sagt: „Arterias per Collum subeuntes earotides, id est
somniferas, antiquos nominasse, quoniam compressae homioem
sopore gravabant'* Diese Erscheinung wird aber mehr als eine
Wirkung der dabei afficirten Nerven von ihm wie von Galen
angesehen; an jener Stelle wird von Yalverda der Versuch des
Columbus erzahlt, der zu Pisa in einer Gesellschaft sich da-
durch den Ruf eines Zauberers zuzog, dass er bei einer Person
durch Druck auf die Halsschlagadern Bewusstlosigkeit herbei-
führte.
Grössere Yersuchsreihen von Jacobi, Kussmaul und Ten-
ner, Ehrmann, neben der zur Heilung der Epilepsie und an-
derer Nervenkrankheiten vonParry, £arle,Malapert, Bland,
Bomberg, Plemming, Allier, Dehang, Ghisholm, Mers,
Reimer, Strohelin, Trouseau, etc. angewandten Compres-
sion, ergaben das Resultat, dass gewöhnlich Verdunkelung des
Gesichtes, Schwindel, Betäubung, Schwäche der Beine, Tanmela,
Ohnmacht, endlich Bewusstlosigkeit und Zusammensinken eintritt
Kussmaul und Tenner (Untersuchung über den Ursprung und
Wesen der fallsuchtartigen Zuckungen etc.) kamen zu folgendem
Urtheile (S 32.): Es erblasst das Gesicht, krampihafte Ver-
suche, das Auge au schliessen, werden gemacht, die Pupilleo
verengem sich (bei 5 von 6 Pers.), um sich dann bei allen zu
erweitem, die Respiration wird langsamer und tiefer; jelat er-
scheint Sdiwindel, Schwanken, Bewussdoei^eit» die Paüentea
drohen von den Stühlen zu stirzen; bei 2 geistesschwaches,
Zar Ligatar der Arteria Carotie communis. 407
anämischen Personen wurde die Gompression noch weiter fortge-
Betzt; es erfolgten Würgen, Brechbewegnngen, allgemeine Zuckun-
gen. Mit Aufheben der Compression rOthete eich das Gesicht
lebhaft, die Augen thr&nten, die Pupillen wurden anfangs noch
weiter, in wenigen Sekunden kehrte Willenskraft und Bewosst-
sein wieder; die Röthung des Gesichtes yerlor sich langsam, die
ersten Athemzfige waren sehr tief; nachtheilige Folgen hatte diese
Procedur nie. Ehr mann macht, auf Fray's Untersuchungen ge-
stüzt, darauf aufmerksam, dass an tiefer Stelle leicht die Art
vertebr. mit comprimirt werden kann. — Diese auf An&mie des
Gehirns nnd Auges beruhenden Erscheinungen sind dieselben,
welche uns bei der Analyse der operirten F&lle wieder entgegen-
treten, KU denen wir jetzt filergehen wollen.
Während Ehrmann unter 213 genauer beschriebeneu Fäl-
len, 47 mal, also in 22 pGt., Gehirnerscheinungen auftreten sah,
von denen 30, also 67 pCt, einen tödtlichen Ausgang nahmen,
lasst L. Lefort (Gaz. heb. 1864. p. 27) bei 241 Operirten
73mal, also bei 30 pCt., Gehirnerscheinungen auftreten, von denen
54, also 7 3 pCt., starben. Leider konnte der geehrte Verfasser,
da er nicht mehr im Besitz des Mannscripts war, und die Arbeit
bis heute nicht gedruckt ist, mir keine Einsicht in seine Stati-
stik gestatten. Ich fand bei 520 Fällen, unter welchen nicht
jene Beobachtungen ausgeschlossen sind, in denen andere Schrift-
steller, wie Norris und Wood, obwohl ihnen die Quellen zu-
gänglich waren, keine Gehirnerscheinungen referiren, dass, mit
TJebergehung der Kopfschmerzen, Athembeschwerden, Verändo'*
rang des Gesicht- und Sprachvermögens 165mal, also bei 32 pGt.
aller Operirten Erscheinungen von Seiten des Gehirns bemerkt
wurden; von diesen starben 91, also 56 pCt. — 2 Fälle, deren
Ausgang nicht angegeben war, konnten nicht berficksichtigt
werden.
Zur besseren Uebersicbt der Vertheilung jener Zahlen, will
ich folgende Tabelle beiftgen:
408
Dr.
C. PiU,
Zkhlder
Gebirnerschei-
Gestorbene.
Proc- Verb, der
Fülle.
Bongen.
Erscbeingg. m
den Geetorb.
Blatnogen ... 167
69,
»Iso
in 413
40. also 24 }.
683;.
AMDrysmea . . 89
82,
-
89.
16, - 19..
60,.
Tumoren .... 189
32,
•
23,
20, - 14..
62..
EzstiipttioiieD . 63
18,
-
81.
8, - 18..
61,.
Nerrenknnkhh. 31
8,
-
25.
— ■ —
—
Operation nach
Bra8d.-Wardr. 38
n,
-
29.
7. - 19..
64«,.
In Folgendem ist nicht mit einbegriffen die Yerscbliessnng
der Carotis, die indirect durch Ligatur der Anonyma erzielt wor-
den ist von Arndt, Bland, Bujalsky (2), S. E. Cooper (2),
Dupuytren cit, Graefe, Hall, Hutin, Lizars, Y. Mott,
Normann und Pirogoff. Alle hatten einen tödtlichen Ausgang.
Unter der grossen Zahl von Hirnerscheinungen verdienen
die grösste Aufmerksamkeit die Paralysen und Paresen, sei es
dass sie volle Hemiplegieen waren, oder nur als Lähmung einer
Extremität oder Gesichtsseite auftreten. Nicht weniger als 50*
mal zog die Operation eine halbseitige Lähmung der Extremität
ten nach sich, betraf also über 8 pCt. aller Operirten (520) und
da von diesen 38, also 76 pCt., starben, so stellt sich die Mor-
talit&tszahl fQr die Gesammtheit der Fälle auf 6 pCt.; für die
einzelnen Indicationen leiten sich in runden Zahlen die Procente
also ab:
Zahl der
Hemipl.
in pGt.
Gestorb*
inpCt
Proc.-Verb.derZahl
Fälle.
d. Hemipl. a. Geat
Blutungen . . 167
19
lU.
16
10 s.
84»
Anearysmen . 82
8
10 „,
7
9..
87..
Tumoren ... 139
14
10.,
11
9..
79..
Exstirpation.. 63
5
8.,
2
3,.
40..
MeiYenkrkhh. 31
1
3.,
—
—
—
Operat. nach
Bra8d-Wardr.38
3
81,,
2
6»
67,.
Allerdings hat danach die Rubrik Blutung die relativ grösste
Zahl von Lähmungen, und es würde sich dieselbe bei genaueren
Angaben der 63 eliminirten Fälle noch höher stellen; dennoch
möchte ich glauben, dass, wie die Aneurysmen schon bei dem
Zar Ligatur der Arteria Carotis commanis. 409
angünstigen Vergleich, — da ihre Zahl nar die H&Ifte jener aas*
macht und die Redaction aaf 100 dieses Hissverh<niss nicht
hebt — , die höchste Mortalit&tszahl aufzuweisen haben, sie bei
annähernd gleichen Beobachtungen relativ mehr Lähmungen im
Gefolge gehabt haben würden.
Von diesen Hemiplegieen traten 27 rechtsseitig und 23 links«
seitig auf. In 6 dieser Fälle bestand zugleich eine nicht der
operirten Seite entsprechende Facial-Lähmung, wie sie bei Ge-
hirnaffectionen nicht selten ist, .nämlich in No. 37, 67, 121, 122,
285 und 435, unter diesen nur einmal rechtsseitig. Von weite-
ren lAbmungen erfolgte die des linken Armes 3mal, in No 110,
321 und 472, des rechten Armes 2mal, in No. 306 und 331,
und mit Lähmung des rechten Beines vergesellschaftet in No. 398;
bei 110 bestand ausserdem gleichseitige, rechtsseitige Gesichtsläh*
mung iind^ in 321 linksseitige; eine Besserung dieser Lähmungen
erfolgte in No. 321, 331 und 472, ohne dass in den beiden letz-
teren Fällen ebenso, wenig wie in den drei anderen, das Leben
erhalten blieb. Paresen des linken Armes zeigten No. 131 und
309 (entg.), des rechten No. 225, 350a und 535 (entg.), 219 a
(gleicbs.) endlich der beiden gleichseitigen Extremitäten 226.
Sensibilität^störungen, die sich meist zurück bildeten und immer
die operirte Seite betrafen, stellten sich ein auf der Kopf* und
Gesichtsseite 7mal, in No. 8, 12, 40, 61, 71, 233 und 370, in
beiden Extremitäten 2mal, in No. 78 und 286, zugleich in Kopf
und Arm 2mal, bei No. 70 und 398, an der Zunge in No. 538,
im Pharynx bei No. 80; gestorben sind von diesen die Operir*
ten unter 61, 78 und 398.
Ehe ich in den zusammenstellenden Angaben fortfahre, will
ich versuchen, den Grund Jflr die nicht selten in Folge dieser Ope-
ration auftretenden Erscheinungen zu geben. Wenn schon ge-
wöhnlich der Sectionsbefnnd bei Gehimkranken nicht genfigt, um
an der Hand der in diesem Gebiete noch nicht heimisch gewor-
denen Physiologie, den Zusammenhang von Ursache und Folgen
verständlich zu machen, so ist dies noch in höherem Haasse der
FaU, wenn die Befunde so dürftig ausfallen, dass man einfach.
410 Dr. C. Pil»,
Yon einem Erweichungsherde spricht, dem man bisweilen nar
die erl&aternde Bemerkung zaf>: im mittleren Hirnlappen ge-
legen, oder von Abscessen der Rindensubstans des vorderen Lap-
pens. Oder was will es bedeuten, dass man eine Hyperämie,
eine starke Füllung der Sinus betont, Befunde die gar nicht im
Leben schon bestanden haben müssen, sondern sehr gut in der
vielleicht mehrere Tage unzweckmSissig mit dem Haupte gelager-
ten Leiche sich gebildet haben können. Fast nie hat man sich
die Mühe genommen, die grossen, an der Basis befindlichen 6e-
ftssbahnen zu untersuchen, geschweige denn die kleineren, selbst
nicht einmal in der N&he des Erweichungsherdes; dass mikros-
kopisch die Grenze der Veränderung, die vielleicht weiter geht,
als man auf den ersten Blick ahnt, nicht festzustellen versucht
worden ist, kann danach kaum Wunder nehmen. Dadurch
ist meine beim Beginne der Arbeit gehegte Hofl^ung, für
einen Theil der Gehimkrankheiten ein brauchbares Material
zusammentragen zu helfen, getäsucht worden. — Die erste
Erklärung, welche die Beobachter der Fälle für den Zu-
sammenhang mit den muthmasslichen Veränderungen gaben,
&nden sie in einer Apoplexia sanguinea, wie z. B. Börard.
Dafür sprechen jedoch nicht die Sectionsresultate, denn nur bei
5 und 398 findet sich ein wirkliches Blutextravasat an der Bar-
sis des Gehirns; im ersten Falle sind die aus seeundärer Quelle
geschöpften Angaben zu mangelhaft, um sich einen Schluss über
die Folgen der Verletzung zu erlauben; im letzteren ist es mehr
als gewagt, den Vorgang sicher stellen zu wollen. Schon im
Lancet, 1828 — 29. Vol. 2. sprach sich bei einer Discussion über
diesen Gegenstand ein englischer Arzt — wenn mein Gedächtniss
mich nicht täuscht, Pavel — unter Anderem für die vermin-
derte Blutzufuhr als Ursache der Gebirnerscheinungen aus,
und sie ist es in der That, die im Verein mit einigen Folge-
zuständen den verschiedensten Erscheinungen zu Grunde liegt.
Die einfachsten Zufälle von Seiten des Gehirns: die Kopf-
schmerzen, welche in 48 Fällen notirt, 19 mal die operirte
Seite betrafen (wie in Nr. 22. 37. 248. etc.), der Schwindel,
Zor Li^tor der Arteria Carotie commanie. 411
welcher in 7 FÜlen, die Ohnmacht nnd Torflbergehende Be-
wnsstlofligkeit, welche 18 mal erfolgten, sind allein durch
An&mie bedingt; dafSr spricht ihr Auftreten gleich nach der Li-
gatur und ihr allmiliges Vergehen. Recht bezeichnend ist daf&r
Nr. 153., indem die Eingenommenheit des Kopfes mit dem ei-
genthflmlicben Gefllbl der Leere beim Sitzen zunahm, und Grisp's
Fall (1. c. S. 170), erwihnt bei den Obliterationen, in welchem
Patientin, als sie eine aufrechte Stellung einnahm, plötzlich mit
dem Rufe: »Wo bin ich?*^ bewusstlos wurde; ebenso Nr. 236, bei
welchem Drnck auf die nicht unterbundene Carotis sogleich Bewnsst-
losigkeit hervorrief. Doch schon hier dürfte ein zweiter Umstand
in sein geschmälertes Recht treten: die venöse Stauungs-
Hyperimie derselben Seite. MitSchluss der Carotis durch die
Ligatur kommt auf einige, wenn auch noch so kurze Zeit kein
Blut in die von ihr versorgten Arterien — bis durch den Circulus
arteriös. Willis« solches von der Carotis der anderen Seite nnd den
Yertebrales zugeführt wird — ; es bleiben damit die kleinsten Ar-
terien ungefüllt, es fehlt also ein Moment für die Fortbewegung
des Venenbltttes, und es erfolgt dadurch Stauung, die eine Er-
höhung der schon durch Anämie bedingten Erscheinungen liefern
wird; natürlich muss bei gleichzeitigem Abschluss der Yen. jug.
int, wodurch dem Abfliessen des Yenenblutes ein bedeutendes
Hindernisss gesetzt ist, die schädliche Nachwirkung noch ver-
grOssert werden, wie es die früher zusammAigestellten 9 Fälle
meist zeigen, z. B. 85. 321. 494. etc., bei denen eine vollkom-
mene Genesung — in 4 Fällen in Nr. 48. 458. 499. 566. ~
aber nicht ausgeschlossen ist. Weil das Gehirn auf ganz kurze
Zeit gar nicht, und für einige Zeit ungenügend mit sauer-
stoffhaltigem Blute versehen wird, so leidet die Integrität der
dasselbe zusammensetzenden Elemente, dadurch die von ihm
ausgehende Innervation und Leitung, in Folge dessen Paresen
und Paralysen auftreten. Wird die Ernährung wieder hergestellt^
ehe bleibende Veränderungen der Structur erfolgt sind, so üben
die Gehirntbeile wieder ihre Thätigkeit aus, und die Lähmungs-
erseheinnngen bilden sich Hand in Hand mit jenen zurück«
413 Dr. 0. Pilx,
Dem scheinbar richtigen Einwurfe, dass nach dieser Auffassang
die L&hmnngen sogleich erfolgen mflssten, um langsam zurück-
zugehen, lässt sich einfach entgegnen, dass nach Abspemmg
des arteriellen Blutes, die Gewebe, um mich des Ausdruckes zu
bedienen, noch mit ernährungsfäbiger Flüssigkeit durchtränkt
sind, und diese vorl&ufig die Ernährung unterhält; mit steigendem
Verbrauche bilden sich erst Paresen aus, die, wenn nicht schon
neue Ernährungsbahnen gebildet sind, zn Paralysen werden, um
bei hergestelltem Collateral-Ereislauf zurückzugehen. Als Beispiel
für diese Auflassung yerweise ich auf Nr. 268. Gleich nach
Schluss der Ligatur erfolgte Betäubung und ohnmachtartige Au-
Wandelung, dann Eingeschlafensein der rechten Extremität, gefolgt
▼on Yollständiger Lähmung; nach wenigen Tagen geschah die
Rückbildung. Damit steht auch in Beziehung das gewühnlich
frühe Eintreten von Lähmungen nach starken Blutungen, wie in
Nr. 49. 121. etc. Geht der Verlauf nicht in dieser, ich möchte
sagen, normalen Bahn, stellt sich die Ernährung der Theile oder
einzelner derselben nicht in genügender Weise her, so beginnt
eine tiefere Veränderung des Gewebes, die meist als ein Er-
weichungsprocess mit Entzü.ndung der Umgebung auf*
tritt. Trifft diese nachfolgende Erweichung Stellen, die in Ver*
bindung stehen mit den das Gesicht und die Extremitäten Ter-
sorgenden Nerven, so stellen sich diese, gewöhnlich erst spät
auftretenden Lähmungen ein, wie z.B. in Nr. 21. 37. 273. etc.;
solche Fälle enden gewöhnlich, wegen verbreiteter Veränderun-
gen am Gehirn, tödtlich. Wenn Jäger (Med.-Ghir. Zeitg. 1830.
S. 459), anschliessend an Graefe's Fall, die Ansicht äussert,
dass nach der Ligatur eine Entzündung der lotima sich auf die
kleinen Gel&sse fortpflanze, dann durch diese auf die Himsubstanz
fibergehe, in Folge dessen der eiterige Zerfall eintrete, so dürfte
diese Erklärung wohl nur historisches Interesse haben. — In
den Pathol Transact. Vol. 10. p. 54 findet sich folgende, unserem
Gegenstande nicht fern stehende Beobachtung.
Eid 41jilhriger Mann hatte 2 heftige, epileptifonne Anfälle ohne para*
Ijtische ErscheinaDgen gehabt, den einen Tor 3, den anderen Tor 2 Mona-
Zar Lig»tiir der Arteria Carotis eommnniB. 418
ten. 2 Stunden vor der Aufiaahme, am 17. Jan. 1859, erfolgte ein dritter
Anfall mit rechteeeitiger LShmang und theilweisem Verluste des Bewnsst«
seios; bei der Aufnahme war Pat besinnlich, aber geistig geschw&cht. Nach-
dem später Bewusstlosigkeit, Lähmung des Darmes, der Blase und Decubi-
tus aufgetreten, erfolgte am 24. Tage der Tod. Section: Die Gehimober-
flSehe ist wenig hyperämisch, die Arachnoidealflüssigkeit trübe, Exsndation
findet sich im Veriaufe der Venen, besonders an der linken Hemisphäre; die
Gehirnmasse erscheint äusserlich normal, mit Ausnahme des linken, mittle-
ren Lappens, der, von »marmorirtem" Ansehen, grQngelblich , onelastisch»
weich, dabei aber bruchig ist Die Oberfläche des Thalam. nnd Corp. striat«
links, Ton demselben Aussehen, ist etwas eingesunken, und von erkranktem
Gewebe umgeben; im vorderen Theile des Corp. striat liegt ein nnregel-
massiger, bröckeliger, rostfarbener Klumpen, in der Umgebung orangefar-
bige Stellen; die Ventrikel sind normal; das Herz und die grossen Qef&sse
gesund, nur in der linken Carotis interna und den Abgangsstellen ihrer
Gefässe findet sich ein alter Fibrinpfropf. Die entarteten Stellen zeigen
mikroskopisch: körnige Zellen .granulär cells", mit Fetttröpfchen neben Eiter-
zellen.—Ein anderer Fall (PathoL Transact. Vol. 10. p. 50) mag auch hier
seine Stelle finden. Eine 23jährige Frau, die vor 6 Jahren den ersten epi-
leptischen Anfall hatte, erlitt deren noch drei; 8 Tage vor dem Tode er-
folgte, unter theilweisem Verluste des Bewnsstseins, linksseitige Lähmung,
ein letzter Anfall, von Coma gefolgt, trat 10 Stunden vor dem Tode auf.
Diesesmal bestand, ausser «Congestion* des Gehirnes, Erweichung des rech-
ten vorderen Lappens, die sich bis in das Corp. striat erstreckte. Verschluss
der rechten Carotis int und ihres , vorderen und mittleren* Zweiges durch
ein noch weiches Coagulum, nebst bandartiger Obliteration der linken Ca-
rotis interna.
Ob bei diesem Erweichungsprocesse die Thrombose der
kleinsten Geiasse mit in Betracht kommt, darfiber kann ich kein
Urtheil abgeben, doch ist diese Möglichkeit keinesweges von der
Hand zn weisen; dann wäre der Process wohl derartig, wie ihn
Prevost und Cotard etc. Gaz. mäd. 1866. No. 1, 2, 4, 12, auf
Experimente gestützt, beschrieben haben. Unter den hier in Be-
tracht kommenden 50 Fällen Ton Hemiplegieen finden sich in den
Sectionsangaben bei 24 Gestorbenen (denn 14 andere haben kei-
nen Sectionsbericht), 2 Fälle ohne Veränderungen im Gehirn;
No. 352 und 561; in No. 95 Hyperämie desselben; Entzündung
der Hirnhäute mit Exsudation in die Ventrikel in No. 1, Erwei-
chung von Gross-Gehirntheilen oder Abscesse in demselben 19mal
414 I>r. 0. Pil«,
»
(No. 21, 35, 37, 49, 57, 64, 96, 115, 121, 243, 264 (auch Klein-
hirn) 360, 391, 480, 48.9, 577); in No. 357 endlich die unbe-
stimmte Angabe, dass Veränderungen des Gehirns vorhanden
gewesen seien. Bei den Paralysen oder Paresen einer Extremi-
tät seigte die Section, so weit ein Bericht Torliegt, 3mal Ge-
hirnentzündung, in No. 110, 321 und 398 (mit Blutaustritt an
der Basis), in 131 Anämie des Gebims. Von den Sensibilitäts-
stOrungen ermangeln die 3 tOdtlich verlaufenen Fälle der Section.
Die 2 Fälle No. 122 und 493, welche, linksseitig operirt, neben
der gekreuzten Lähmung die Erscheinungen der Aphasie liefer-
ten, gingen in Genesung aus.
Anders verhält sich 1S2, bei welcher Patientin die Aphasie
ohne jede andere Lähmung bald nach der Ligatur auftrat und
blieb; eine spätere Gehirnentzündung führte den tödtlichen Aus-
gang herbei. Die Section wurde leider nicht gestattet. Zu der
immer noch schwebenden Frage über Aphasie kann ich somit
keinen casuistischen Beitrag liefern, obwohl diese Fälle der Bro-
c ansehen Theorie nicht entgegenzustehen scheinen. — Hier
möchte ich noch erwähnen, dass Nunn (Med. Times and Gaz.
1867. Vol. 1. p. 156) die einfache Bemerkung macht, dass in einem
Falle von linksseitiger Ligatur der Garot comm. volle Sprach-
losigkeit aufgetreten sei; vielleicht ist dies eine mir unbekannt
gebliebene Beobachtung«
Der Weg, auf welchem aus der anderen Carotis und den bei*
den Vertebrales nach Verschluss einer Carotis das Blut der betref-
fenden Gehirnhemisphäre zugeführt wird, ist natürlich, wie schon
B^rard betonte, in dem Circul. art. Willis, gegeben; von
der Integrität jener Strombahnen und dieses Yerbin-
dungskreises hängt das Leben, oder wenigstens die
volle Gesundheit der Operirten ab.
No. 572 und 588 wurden Opfer des Todes, weil bei sonst
vollständiger Obliteration der oben genannten, zufahrenden Ge-
f&sse die Blutzufnhr zu gering war; hier bildet sich an Stelle
einer vorübergehenden Ohnmacht ein comatOser Zustand ans, wie
unter anderen Verhältnissen aus demselben Grunde in 438 und
Zur Ligatur der Arteria Garotig commiinis. 415
439, dem einzigen Falle, in welchem beide Carotiden nach-
einander unterbanden wurden. Im Uebrigen wurde die Ligatur
beider Carotiden an einer Person noch 29 Mal yerrichiet:
311) Busch. 52) ^. „ 5Ö) ^„. 113) .
„.«! «., e«! Pirogoff. i Ellis. ^^l Longmorecit.
317) Bünger. 53) ** 56) 114)
127 ) ^.,, . 309) Do puy treu. 316) „ .,, 818) .Frankfart. Chir.
( Billroth. I JMacgill. }
127a.) °"*'^*'^" 413)Robert. 816) ^ 819) üUmann.
333) 439a.) „ 346) Gundelach- 850 ) ^ ^,
3341 """^^- 439bJ ^""^y- 8471 Möller. 850 J ^'*'^-
3Ö3) «, 385) „ ^ ^ 389) „, , 392) Reynolds.
««J Warren. ^^ { Robert J Blakman. ^^„J „ „
384) 386) 890) 893) Yan Buren.
403)^ 406) „ , 520. 522. 524J ^ 526) „ .,
^^JParker. ^ J Wood. ,^^ ^^^ ^^3 Preston. ^^^j Hamilton.
404) 407) 521. 523. 525) 527)
533) 539) 543)
J Weber. J AngelL J V.l. Mott.
3 Mal Ton Y. Mott, 1 Mal von Carnochan, dessen im Aus-
zuge mir während des Druckes zugekommene Krankengeschichte
ich kurz mittheilen will.
Bei der bis zum 28. Jahre 'gesunden Patientin hatte sich unter dem
Mundwinkel ein warziger Auswuchs gebildet, der, 8 Mal exstirpirt, recidi-
?irte; trotz yielfacher innerer Medication hatte sich innerhalb 14 Jahren
eine bedeutende Anschwellung knotigen Charakters Aber beide Gesichtshilf"
ten verbreitet, und die veränderte Haut am Kinne und Halse zeigte alle
Charaktere der Elephant. Arab. Die verdickten Augenlider konnten nicht
von einander entfernt werden; rechts war das Sehen unmöglich, durch Ver-
schluss der Nasenlöcher der Geruchssinn ausser Function gesetzt, durch die
verdickten Lippen konnte kaum ein TheelOffel eingeführt werden; der rechte
äussere GehOrgang war geschlossen. Im Nov. 1858 wurde die wegen
der tiefen Lage und starken Blutung aus der veränderten Haut erschwerte
Unterbindung der rechten Carotis gemacht. Schon nach vrenigen Minuten
zeigten sich die Hantpartieen geschrumpfter, blasser, kflhler, weicher, nach
14 Tagen konnte Fat hören und sehen; am 28. Tage fiel die Ligatur; nach
8 Monaten vrar ein weiteres Schrumpfen nicht bemerkbar. Nach 6 Monaten
wmrde die andere Carotis mit befriedigendem Resultate ligirt. Einzelne
Theile der Wangen, Lippen etc. sind nachträglich entfernt Jetzt, nach
8 Jahren, ist der Zustand recht befriedigend, zeigt keine Neigung, sich wei-
ter zu verbreiten, ist vielmehr immer noch in der Rfickbildung begriffen.
StGrangen«der Gehimfunctionen traten bei keiner Ligatur auf. Denselben
Weg zur Heilung, oder wenigstens Besserung des Leidens schlugen schon
416 I>r. G. Pilz,
ein: Garnochan, Bntcher, Fayrer etc. an anderen Theilen. (Amerie.
Journ. of med. sc. Iä67. JuL p. 109. — Mediz. Gentralblatt. 1867. No. 43.
S. 683.)
Bei diesen Operationen beiderseitiger Ligatur erschien unter
23 genauer beschriebenen Fällen, in Folge der 2. Operation nur
bei Robert 3 Tage anhaltendes Ameisenlaufen in der unteren
Extremität, neben Schmerz im gleichseitigen Auge und Einge-
nommenheit des Kopfes, bei Dupuytren-Robert Hemiplegie,
bei Busch-Bünger am 2. Tage Coma, Sensation im Kopfe und
Verlust des gleichseitigen Auges^ bei Pirogoff wie bei der 1.
Ligatur Kopfschmerzen, Erbrechen und ausserdem Singultus, bei
Kühl neben Kopfschmerzen Verminderung des Sehvermögens und
Parese des rechten Armes, bei Blak man blieb der Geist meh-
rere Wochen geschwächt. In allen übrigen Fällen hatte die 2.
Ligatur keine Erscheinung im Gefolge, nicht einmal, als sie schon
von Ellis nach vier Tagen angewandt wurde, sogar nicht bei
Möller, dessen erste Ligatur Hemiplegie bewirkt hatte. Eine
Erklärung dieser scheinbar so befremdenden Thatsache glaube
ich in der Bildungsweise des Collateralkreislaufes finden sn
können. Indem mit Schluss der Ligatur die Bahn der einen
Carotis dem grossen Kreislaufe entzogen ist, die Blutmenge, wie
in den meisten Fällen unverändert geblieben, also die Spannung
im Arteriensystem und besonders im Anfange desselben in der
Aorta erhöht worden ist, so wird auch in die andere Carotis und
in schwächerem Maasse in die beiden Vertebrales etwas mehr
Blut als vorher einströmen, und deshalb wird eine für die ein-
zelnen kleinen Arterien und Capillarbezirke allerdings verschwin-
dend kleine Erweiterung eintreten können; geschieht in nicht
zu später Zeit die Ligatur der zweiten Carotis, so finden die
Vertebrales wie die an der Halsseite gelegenen starken Zweige
der Subclavia die schon angelegten neuen Bahnen vor, so dass
der CoUateralkreislauf sich schnell herstellen kann; macht man die
2. Ligatur erst spät, so unterstützt das neue Gef&ssnetz der zu-
erst operirten Seite und die schon erweiterten Bahnen der ande-
ren Seite die Bestrebungen der Vertebrales. Durch diese Vor-
Zar Ligatur der Arteria Carotis commanis. 417
Btellnng über die Art und Weise der Bildung von CoUateral-
babnen kann man vielleicht die scheinbar gleichseitigen Paraly-
sen erklaren, die -nur in No. 273, 398, 413 und 553 beobachtet
sind, und auf einer, durch die in diesen Fällen, aus nicht nachweis-
lichen Momenten, vermehrten Hyperämie der nicht operirten Seite —
also in Wirklichkeit einer gekreuzten Lähmung — beruhen
würden. Das Gehirn hermetisch in seiner unnachgiebigen Kapsel
eingeschlossen, würde in seinen Elementen bei diesem Vorgange
eine, wenn auch noch so kleine, allseitige Compression, oder viel-
leicht richtiger unendlich feine Verschiebung seiner klein-
sten Theile erfahren, so weit ein Ausgleich durch die Cerebro-
spinal-Flüssigkeit nicht möglich ist. Ob hierbei eine wirkliche
Zerreissung kleinster Gefässe eine Rolle spielt, bleibt ungewiss,
nicht unmöglich; denn die einzige Sectioui von 398, die .mir vor-
liegt, macht hierüber keine genaueren Angaben. Hierbei muss
ich noch bemerken, dass in No. 273 Lerylier diese gleichsei-
tige Lähmung nicht betont, sondern sie einfach mit gekreuzter
Lähmung anderer Fälle zusammenstellt, so dass der Verdacht
einer Verwechselung der Seite sich beim Lesen der Eranken-
geschiehte mir sogleich aufdrängte; gleichwohl musste ich ihn
anführen; in No. 553 war die Obliteration der Armarterie der
Grund seiner Lähmung. Den so eben geschilderten Vorgang,
der sic^h auch in der Hemisphäre der operirten Seite ausbilden
musB, möchte ich auch für die Erklärung der meist nach einigen
Tagen distinct gleichseitig auftretenden Kopfschmerzen und
besonderer Sensation, die bald als Leere, als Völle etc. bezeich-
net v^ird, anführen;^ ebenso dürfte er, im Bunde mit der Anä-
mie, die meist gleichseitigen Convulsionen und später eingetre-
tenen Lähmungen, soweit dieselben nicht von eingetretener Hirn-
entzündung abzuleiten sind, hervorgerufen haben. — Berücksich-
tigen wir die Convulsionen, so starben von 16 mit diesem mehr
oder wenig stark auftretenden Symptome behafteten Personen, 14;
von 3 mit epileptischen Anfällen nach der Ligatur, starben 2. Nach
ihren zahlreichen Versuchen glauben sich Kussmaul undTenner
(Ursprung und Wesen der fallsüchtigen Zuckungen etc.) zu dem
T. Langeobeek-ft Arehi? fOr Chirurgi«. TX. 27
418 Dr. C. Pill.
Schlüsse berechtigt, dass die convulsivischen und speziell epilep-
tischen Krämpfe durch Blutleere des Mittelgehirns bedingt
seien; Schröder v. d. Kolk (Bau u. Funct. der Med. oblong, etc.)
postulirt für sie die Hyperämie der Medulla oblongata.
Von den übrigen noch^ aufgetretenen Erscheinungen stellte
sich in Nr. 20. eine 3 Tage dauernde „allgemeine Unempfind-
lichkeit^ ein, und es folgte der Ligatur in Nr. 31. eine mehrere
Stunden währende, physische und psychische Abgeschlagenheit,
worauf Ideen-Verwirrung, Trismus und Somnolenz erschien; beide
Fälle endeten in Genesung. Wirksam trat die Hyperämie in den
9 Fällen von Somnolenz hervor, von denen 7 wegen Blutung
operirt wurden und 4 starben. In den 17 Fällen von Coma,
unter denen 5 Mal Delirien voraufgingen, und nur 2 genasen,
lag eine mehr oder minder ausgesprochene Entzündung des
Gehirns zu Grunde, sei es, dass in den Sectionen dieselbe nur
als hochgradige Hyperämie oder als ausgesprochene Gehirnent-
zündung mit weiteren Veränderunngen geschildert wird. — Dass
die Begriffe Somnolenz, Coma und Sopor scharf auseinanderge-
halten sind, ist unwahrscheinlich. — Sopor wird zweimal als Folge
der Ligatur angegeben; dieser trat bei dem in Genesung enden-
den Fall Nr. 536 nach 8 Tagen auf, nachdem schon am ersten
Tage Lähmung erfolgt war, im anderen Falle, Nr. 585., nach der
3. Woche; hier zeigte die Section Erweichung einer Hemisphäre.
Von den 24 Fällen mit Delirien genasen 4. Mit Ausschluss von
5 der Section entbehrenden Fällen, zeigte sich 8 Mal Meningitis,
1 Mal Extravasat an der Basis, 1 Mal Hyperämie, 3 Mal Absce-
dirung in der Hirnsubstanz, 1 Mal Phlebitis. 1 Mal wird die
Angabe gemacht, dass blutiges Serum in den Ventrikeln gewesen
sei, das Gehirn selbst aber normal; 1 Mal, dass die Gehirnsnb-
stanz normal gewesen; 2 Mal traten die Delirien bei hohem
Fieber der Patienten auf, so dass eine Hyperämie hier annehm-
bar ist. Schwächung des Geistes in Folge der Operation findet
sich, ausser in den 3 tödtlich endenden, Gehirnveränderung zei-
genden Fällen Nr. 67. 264. und 561., noch 8 Mal aufgefährt,
bei denen nur in Nr. 79. und 495 der Tod eintrat; im letzteren
Zor Ligatur der Arteria Carotis communia. 419
war die Yen. jag. comm. mit unterbanden. Naehdem wir frfiher
als besonders wichtig für die weitere Ernährang des Gehirns die
Integrität der anderen Art. Carotis, beider YertebraJes und des
Gircul. art. Willisii erkannt haben, und über den Verschluss der
ersteren, so weit die zugängliche Literatur es thut, Mittheilungen
gemacht sind, bleiben nur noch über die letztere Communications-
bahn einige Worte zu sagen. Vielfach findet sich die Angabe,
dass die Gefässe der Hirnbasis zahlreiche Variationen in ihrer
Grösse bieten, nirgend ist bis jetzt von denen, welche über ge-
nügendes Material gebieten, eine genauere, grössere Arbeit er-
schienen ; hätte doch ein Anatom, der sich zur Aufgabe gemacht
hat, an Massenuntersuchungen anatomische Thatsachen festzu-
stellen, wie oft z. B. dieses oder jenes Sesambein vorkomme,
oder die Art und Zahl der Klappen an einer Vene, diesen Gegen-
stand in's Auge gefasst, er hätte ein grösseres Verdienst sieh
erworben. Ehr mann (1. c. p. 78) macht hierüber die einzigen
Angaben, denn die wahrscheinlich in den letzten grossen Werken
des Geh.-Rath Barkow niedergelegten bezüglichen Thatsachen
stehen mir zur Zeit noch nicht zu Gebote. Er fand, dass die
Art. comm. post. der einen, auch beider Seiten, nicht selten
die Art. cereb. post. (s. cerebell. prof.) an Weite übertreffe —
die Zahl beträgt nämlich in seiner Untersuchungsreihe von 120
Beobachtungen 17 — 19 pCt. — , andererseits, dass sie bisweilen
sehr eng, fadenförmig gefunden werde, dann meist auf beiden
Seiten (p. 79), und öfter als dieses, beim Abgange von der Ca-
rotis durch atheromatösen Process gänzlich geschlossen; auch
die A. comm. ant. fand sich mehrfach sehr verengt. Unter den
Präparaten der hiesigen anatomischen Sammlung befinden sich —
nach meiner Erinnerung — ebenfalls mehrere, bei denen die
Rami comm. post beiderseits sehr eng sind, und eines,
wenn ich nicht irre, bei dem die A comm. ant. doppelt ist.
Von Seiten des Gehörorgans erfolgte 3 Mal, in Nr. 12. 25 a.
und 49., gleichseitige Schwerhörigkeit, eine Erscheinung, die
wahrscheinlich mehr mit dem peripherischen Endapparat, als mit
dem Gehirn in Zusammenhang zu bringen ist, ganz wie bei dem
27*
420 !>'• 0. Pill,
Auge, bei welchem 15 Mal gleichseitige Schwächung des Gesichts-
sinnes eintrat; nur in Nr. 283. wurde — vielleicht eine Ver-
weohselung — das Auge der anderen Seite befallen ; 3 Mal anter
diesen trat gleichseitige Entzündung des Auges, mit Verlust des
Sehvermögens, nach der Ligatur auf, bei Nr. 17. 117. 332; dass
hier nicht das Gehirn selbst jenes gewöhnlich schnell vorüber-
gehende Leiden verschuldete, beweist nicht nur der Umstand der
ausnahmslosen Einseitigkeit, sondern mehr noch, dass daneben
gewöhnlich keine Gehirnerscheinung anderer Art sich zeigte. Nach-
dem die Anämie der Retina gehoben war, wurde das Sehvermö-
gen wieder normal, ein Vorgang, der nach Mimosky's Ver-
suchen (Bericht über Leist. d. Augenheilkde. 1865. von Knapp.)
nicht viel Zeit in Anspruch nimmt, denn die Ligatur beider
Garotiden an Thieren zeigte den Blutstrom gar nicht, oder nur
auf Augenblicke unterbrochen; ja bei Thieren genügt eine Ver-
tebralis, um die Girculation in der Retina zu unterhalten. Daher
kommt es, dass nicht nur in Nr. 80., bei der Untersuchung nach
schon eingetretener Herstellung der Sehkraft, wie zu erwarten stand,
keine Veränderung erkannt werden konnte, sondern nicht einmal
bei Nr. 134-, als die Untersuchung mit dem Augenspiegel früh
angestellt wurde. Dass der veränderte intraoculare Druck nicht
gleichgültig ist, bleibt ebenfalls anzunehmen; Experimente müssen
darüber definitiv entscheiden. Der 3 Mal eingetretene Strabismus
beider Augen (Nr. 35. 49. 95.) steht in Zusammenhang mit dem
hier vorhandenen Gehimleiden; wodurch er in letzter Instanz
bedingt sei, kann ich nicht angeben; ob nach Pr6vost das Corp.
striat. besonders in seinem hinteren Theile verändert gewesen,
lässt sich wegen mangelhafter Section nicht sagen. Schwer ist
für die nach der Ligatur auftretenden Pupillenveränderungen eine
genügende Erklärung zu geben; für die 5 Mal eingetretene Ver-
engerung lässt sich, sofern sie mit anderen Gehirnerscheinungen
vergesellschaftet ist, an eine besondere Reizung des N. oculomot
denken, bei 12 anderen von Erweiterung will eine mögliche
Reizung des Sympath., oder Lähmung des N. oculomot. nichts
sagen; eher noch lässt sich eine Anämie der Muskulatur selbst
Zar Ligatur der Arteria Carotis communiB. 421
annehmen; freilich stellt man den M. dilat irid. von manchen
Seiten in Frage. — Singultns, immer mit mehr oder weniger hef-
tigen Erscheinungen von Seiten des Gehirns verbanden, trat
8 Mal auf, in einigen Fällen bestand zugleich Erbrechen. — Die
häufigsten aller Erscheinungen sind die Schlingbeschwerden, die
nicht seltener als 55 Mal aufgeführt sind; sie werden, wie Ehr-
mann ganz richtig bemerkt, wohl auf Quetschong, weniger des
N. vagus, als der zahlreichen, zum Pharynx gehenden Nerven-
zweige zu beziehen sein, die ferner noch bei der Entzündung in
der Wunde, wie der Pharynx und wohl der Oesophagus selbst,
afficirt werden; sie finden sich aber nicht, wie nach der Lage
der Theile anzunehmen wäre, häufiger auf der linken Seite.
Dasselbe Moment dürfte f&r die 34 Mal notirten Hustenanfälle
in Frage kommen, bei denen von anderen Ursachen noch 5 Mal
Entzündung des Mediast., 2 Mal Pleuritis, 2 Mal Lungenentzün-
dungen zu erwähnen sind. Die Veränderungen der Stimme, die
15 Mal als Aphonie, und 4 Mal als Heiserkeit geschildert werden,
sind nicht darauf zu beziehen, dass der N. vagus mit in die
Schlinge gefasst wurde, wohl aber auf Quetschung desselben und
der zahlreichen Fäden, die zwischen ihm und den sympath.
Plexns laufen. Ghassaignac (Gaz. des höp. 1857. p. 424)
nahm zur Erklärung des Druckes auf die Nerven in seinem Falle
eine Blutinfiltration an, und durch Girald6s (Gaz. des höp.
1857. p. 128) wurde eine Auffassung ausgesprochen, wie ich sie
mir auch vorher gebildet hatte. Hiernach bildet sich um die
Ligaturstelle an der äusseren Gefässwand — ähnlich dem soge-
nannten äusseren Callus — ein mehr oder minder starkes Exsu-
dat, wie es die schönen Abbildungen Portals (1. c.) zeigen, und
dieses übt einen Druck auf den N. vagus aus, der nicht besonders
ausweichen kann; so lange dieses Exsudat noch zunimmt und
fortbesteht, hält — vielleicht wegen veränderter Leitung und
eingetretener Reizung — die Veränderung der Stimme an. Bei
dieser Erklärung würde das relativ seltene Auftreten in günstigen
Nebenumständen, geringer Exsudation etc. zu suchen sein. —
Für die 25 Fälle von Athembeschwerden, die sich bis zu hoch-
422 !>'• 0. PiU,
gradiger Dyspnoe steigerten, findet man den Grund in einer üeber-
fflllung des kleinen Kreislaufes, in hohem Fieber (12 Fälle von
Gehirnleiden mit hohem Fieber), in Gontusion des N. vagns,
YergrOsserung und Druck des Aneurysmas auf die Trachea: nur
1 Mal zeigte die Section in Nr. 129. apoplektische Herde in der
Lunge, — während dieselbe bei Pferden die Kegel ist — ; Miller
nimmt darnach diese der Ligatur folgende Erscheinung (Grisp
L c. p« 235) yiel zu häufig an. Die Section ergab bei diesen
Personen 6 Mal Eiter im Mediast. antic, 2 Mal Druck des ver-
grOsserten Tumor auf die Trachea; 2 Mal bestanden Lungenkrank-
heiten; 1 Mal hochgradige Congestion der Lungen; 1 Mal war
der Vagus bei der Verwundung verletzt worden. Noch will ich
des Vorkommnisses gedenken, dass 4 Patienten beim Umf&hren
des Fadens um die Arterie unter lautem Schrei ohnmächtig wur-
den, oder mit den Zeichen höchster Angst und Erregtheit zitternd
dalagen ; jedesmal konnten die Operateure, nachdem sie sich da-
von überzeugt hatten, dass das Gefäss allein gefasst worden
war, die Ligatur ohne weitere Erscheinungen schliessen; ein
starker Druck der vielleicht zu sehr gebogenen, starken Anen-
rysmennadel trägt hier wohl die Schuld.
Nachdem ich die Erscheinungen, welche nach dieser Ope-
ration aufzutreten pflegen, in der Häufigkeit ihres Vorkommens,
soweit die Berichte es gestatten, berücksichtigt, und eine Erklä-
rung der ihnen zu Grunde liegenden Ursachen zu geben ver-
sucht habe, — wobei ich bemerken muss, dass schon Ehr mann
meistens die richtige Erklärung gab, ich jedoch, bevor ich seine
Schrift erhielt, dieselben erkannt hatte, — will ich nur noch
auf die Nachblutungen und die Sectionsresnltate hindeuten, ehe
ich bei den einzelnen Indicationen, nach welchen die Ligatur
gemacht wurde, verweile. Schon Porta fand, dass beim Men-
schen die Nachblutungen häufiger auftreten nach der Ligatur, als
bei Thieren. Derselbe fand bei 600 zusammengestellten Ligaturen
75 Mal Nachblutung, also 12^ pCt Davon kamen auf 132 Li-
gaturen der in Rede stehenden Arterie nur 9 Nachblutungen,
also 64 pCt. Bei meiner Znsammenstellung fand ich 99 Mal
Zar Ligatnr der Arteria Carotis commonis. 423
Nachblutung eintreten, eingerechnet die Blutung aus entzündetem
aneurysmatischen Sacke. Rechnen ^ix wieder mit wenig Abän-
derungen die Fälle, in denen gar keine Angaben gemacht sind,
wie früher bei den Gehirnerscbeinungen, ab, zu denen sich jedoch
bei scharfer Sichtung Tiele durch Wood allein Terbürgte F&lle
neben einigen anderen gesellen müssten, so erhalten wir eine
für die Ligatur der Carotis absolut gar nicht, nur relativ für die
einzelnen Rubriken geltende Zahl, die also besser erst bei jenen
einzeln berücksichtigt zu werden verdient; hier würden 40 pCt.
sonst als Ziffer der Nachblutung anzugeben sein. Unter den 99
Fällen traten 50 aus der Operationswunde auf, also meist ent-
standen aus den nicht' gut thrombirten Gefässen, vermittelt durch
die Gollateralen. Es dürfte hier nicht unpassend sein, auf den
Fehler zu verweisen, dass man, zur sogenannten vollkommenen
Isolirung der Arterie, ihre Scheide in grosser Ausdehnung ab-
löste; dadurch wurde der ausgebreiteten Necrotisirnng des 6e-
fasBStückes Vorschub geleistet und eine gefährliche Nachblutung
herbeigeführt. Als vervollständigende Bemerkungen mögen zum
Schloss die wichtigeren Sectionsresultate kurz angeführt werden.
Der Tod wurde herbeigeführt: durch Nachblutung 19mal, durch
Pyämie lOmal, durch Erschöpfung ISmal, durch Kachexie 6mal,
durch Lungen- und Rippenfellentzündung 71mal, durch Ruptur
des Aneurysma (Br. Ward.) 4mal, durch Glottisödem und Er-
stickung je Imal. Als besondere Veränderungen wies die Sec-
tion nach: 9mal Gehirnentzündung, 6mal Hyperämie ISmal
Erweichung, ISmal Abscesse im Gehirn, 4mal Exsudat in
den Ventrikeln, 4mal Exsudat und Extravasat an der Basis des
Gehirns, Imal starke Injection der Pia und Imal Trübung der
Arachnoidea; 3mal Venenentzündung, 4mal Abscesse an der Li-
gaturstelle, 8mal Eitersenkung in's Mediast. ant., 2mal in's posti-
cum, 9mal verbreitete Atherose. Den Grund der primären oder
secundären Blutung erkannte man in der Carot. comm. 7mal,
der Carot. ext. und ihrem Stromgebiete lömal, der Carot int
8mal, der Vertebr. 9mal, der Thyr. sup. 14mal, der Lingualis
lOmal, der Max. ext 7mal, der Tempor. Imal, der Occipit. 2mal.
424 I>r- C. Pilz,
Sieht man die zahlreichen Fälle von Blutung durch, wegen
deren die Ligatur der Carot. comm. gemacht wurde, so muss man
eingestehen, dass diese Ligatur nicht immer nothwendig war.
In den meisten Fällen von Verletzung des Halses und Hinter-
hauptes wird die Compression der Carotis die Entscheidung lie-
fern, ob die Blutung ihrem Gefässgebiete oder dem der Verte-
bralis entstammt; tritt aber die letztere, wie nicht selten, in der
Höhe des 4. oder gar 2. Halswirbels erst in den Ganal. vertebr.,
dann kann die auf die Carotis ausgeübte Compression ebenfalls
auf die Yertebralis wirken, und in solchen Fällen hat man mehr-
fach unnützer Weise die Ligatur der Carotis ausgeführt Giebt
aber bei einer Verletzung das Carotis- Gebiet die Blutung her, so
ist hier, wie bei allen Gefässverletzungen, der oberste, besonders
von Guthrie aufigestellte Grundsatz zu beobachten: Beide Enden
der Arterie in der nöthigenfalls erweiterten Wunde zu unter-
binden; dies gelingt am leichtesten bei den Schnittwunden;
schwerer bei den Schusswunden und Nachblutungen. Neudörfer
(in dem letzten Hefte seiner Kriegschirurgie) fehlt meiner Meinung
nach sehr, wenn er kurz absprechend dieses Verfahren als in der
Praxis unausfahrbar angesehen wissen will; musste doch in No.
75 dieser besser gleich einzuschlagende Weg später genommen
werden. Kann jedoch das verletzte Gefäss nicht aufgefunden
werden, so käme immer noch die Digitalcompression in Frage,
wenn die Art der Verletzung sie nicht ausschliesst; hierzu be-
darf es in der Halsgegend eines mit den anatomischen Verhält-
nissen Vertrauten, der sogar mit Anderen wegen der schnellen
Ermüdung abwechif^eln muss; ist man nicht in der Lage, über
geeignete Wärter verfügen zu können, oder wohnt man entfernt
von dem Orte, oder befindet man sich gar auf dem Schlacbt-
felde, wo die Zeitverhältnisse mit in Betracht zu ziehen sind,
dann muss man sich zur mittelbaren Ligatur der Carotis ent-
schliessen, da man nicht auf spontane Heilung der Gef&ssver-
letzung, wie sie Larrey gesehen, rechnen darf.
So sah ich folgenden Fall in Reinerz. Als im Anfange Joli unser 3tes
schweres Feldlazareth des 6. Anneecorps dort thätig war, wurde ich eines
Zur Ligatur der Arteria Carotis commnnis. 425
Nachmittags , da die anderen Gollegen anderweitig beschäftigt waren , tou
einem Krankenwärter in die Colonnaden gerufen, wo bei einem prenssischen
Verwundeten pl($lzlich eine heftige Hämorrhagie aus dem Munde aufgetreten
war; ich fand den noch blutenden Patienten, mit kleinem Pulse, bleich da-
liegen; Compression der 1. Carotis, Eisstückchen und kalte Deberschläge
auf die linke Kopfseite stillten sogleich die Blutung; eine genauere Unter-
suchung konnte ich nicht Yornehmen; ich sah, dass die Kugel in die linke
Wange eingedrungen war, dann, auf dem Boden der Mundhöhle hingegan-
gen, die linke Zungenseite in ihrer Mitte tief eingerissen hatte; die Kugel
fühlte ich in dieser Gegend nicht; Pat. war so schwach, dass ich von ihm
nichts erfahren konnte, wahrscheinlich war die Kugel nicht mehr in der
Wunde. — In diesem Falte wurde man bei neuen Blutungen deren Quelle
man nicht genauer erkannt hätte, da die Compression der Carotis sich
als nfltslich erwies, die Ligatur derselben haben anwenden mflssen. Den
nächsten Tag fand ich den verlegten Patienten nicht wieder, da ich den
Namen nicht wusste; am 2. Tage yerliess ich Reinerz.
Guthrie war es auch, der die Carot. ext. in allen Fällen
ligirt haben wollte, wo ans ihrem Bereich die Blutung erfolgte.
In neuerer Zeit ist diese Arterie mehrfach mit Erfolg unterbunden
worden, so Ton Guyon, Dolbeau, Gore, Partridge, Keith,
Wutzer, Bruns etc. Doch liegt über die relativ immer noch
wenigen F&lle keine statistische Arbeit vor, aus der besonders er-
sichtlich ist, ob die a priori häufige Nachblutung eintritt, und ihre Un-
terhindung sicher grosse Gefässtumoren beseitigt. Was sich gegen die
von Guthrie, Wutzer und Maissonneuve erhobene Vertheidi-
gung einwenden lässt, hat Bardeleben (Chirurg. Bd. 2. S. 181)
kurz gesagt. — Nachblutungen traten unter 220 Fällen, von denen
62 keine genaueren Angaben haben, öSmal, also nach Abzug
jener in 33| pCt, ein; von diesen erfolgte, nach den zu spar-
samen Berichten, dieselbe 18mal aus der Operationswunde und
• 3mal aus dem Munde; an Nachblutung starben von diesen 53
Perdonen 16, also 35 pCt., jene nicht mit einbegriffen, bei wel-
chen hochgradige Erschöpfung nach der Hämorrhagie als Todes-
ursache aufgeführt wird. Die Section giebt nur an, dass der
Thrombus fehlte: über der Ligatur 2mal, unter ihr 2mal, gar
nicht vorhanden war bei 2 Personen, Imal der obere nicht ad-
härent war, Imal beide nicht. Die Quelle der primären Blutung
426 Dr. C. Pilz,
ist durch die Section oder Untersuchung im Leben in folgender
Weise für die einzelnen Arterien sichergestellt:
Carotis commtinis 6 Mal. Carot int. 3 Mal, and ihr Bezirk 6 Ha].
* Carot ext. 2 - do. 11
Max. int. 9 - do. 5
Max. ext 2 - do* 3
Thjr. 8up. 6 - do. 5
Lingnalis 3 - do. 5
Occipitalis 1 • do. 1
Temporaiis 1 - do. —
Vertebralis 5 - do. —
Ein grösseres Interesse als die Blutungen bieten die Aneu-
rysmen, und da sie meist mit der Ligatur behandelt worden
sind, so habe ich versucht, unter Hiozufugung der anderen be-
obachteten Aneurysmen der Carotis, mit Ausschluss der intracra-
niellen, so weit die' Literatur zur Zeit mir zugänglich ist, die
Erfahrungen über dieselben gedrängt zusammenzufassen. Der
erste berichtete Fall stammt von Lancisins.
Eine 40 jährige, hysterische Frau bekam Herzklopfen, Schwin-
del und starke Pulsation in der Carotis; trotz angewandter Ad-
stringentien verschlimmerte sich die letztgenannte Beschwerde,
eine spätere Behandlung schaffte Besserung. (Lancisins, De
Aneurysmat. propositio 33. p.51. GollectioLauth.) Einen anderen
sah Morgagni (Observat. of Aneurism. Sydenham Society, p. 263)
bei einer Frau zu Bologna; der Puls war hart, beide Carotiden
schlugen stark, besonders die linke zeigte sich erweitert. In der
Hunte raschen Sapimlung findet sich auch ein Aneurysma dieser
Arterie, die selbst obliterirt ist (Ibid. p. 99.)- Erweiterungen
der Carot comm. und int hat nach Crisp (1. c. Seite 229) A.
Bums mehrfach beobachtet, 2mal an Lebenden, ohne dass Er-
scheinungen irgend welcher Art bestanden. Crisp selbst sah
im Thomas-Hospit. bei einem 61jährigen, wegen Fussgeschwür
eingetretenen Schmidt, an der linken Halsseite ein zuf&llig be-
merktes Aneurysma, das, von der Grösse eines kleinen Apfels,
seit 14 Jahren ohne jede Beschwerde bestanden haben soll; auch
Znr Ligatur der Arteria Carotis communis. 427
die rechte Garot. schien erweitert zu sein; ein Leiden der Mi-
tralklappe war nachweislich.
Derselbe sah im Georges-Hospit. Museum das Präparat eines
Aneur. der Carotis, die nahe der Theilungsstelle, neben einer klei-
nen aiheromatOsen Ablagerung, eröffnet ist; auf der Ansscnseite
liegt dem Geftsse ein grosses, festes, 2 Fäustedickes, in der Mitte
nur hohles Goagulum auf. Dasselbe stammt von einem 39jähri-
Manne, der nach plötzlichem Stechen im Halse, Schmerzen im
Schlünde eine Geschwulstbildung daselbst hatte (S. 231.).
Ein zweites Aneurysma betraf eine 60jährige Frau, gelegen an
der Theilnngsstelle links, taubeneigross, ohne äussere Veranlas-
sung entstanden; leichte Zuckungen im Gesicht und Taubheit
des linken Armes sind die Folgen; in 6 Monaten blieb der Zu-
stand nngeändert, die Ligatur wurde verweigert; ferner fand ich
durch Grisp noch angeführt, dass Dune an bei einem SOjähri-
gen Neger ein rechtsseitiges Aneurysma beobachtete, das, nicht
operirt, platzte (Edinb. Med. and Surg. Journ. Vol. 12), und im
45. VoL die Beobachtung von Auchincloss über ein Aneurysma
der Garotis, neben einem solchen der Innom. und Subclav. Von
einem doppelseitigen Aneur. der Garot. bei einer Geisteskranken
erzählte mir Prof. Pirogoff. Heilung grösserer Aneurysmen
durch Yalsalva's Methode dürfte selten sein; berichtet wird die-
ser Ausgang von Beaumont (Lancet. 1854. 29. Jan. p. 75);
nicht so glücklich war bei dieser Methode Maurin., 241, der zur
Ligatur schreiten musste. Ist das Aneurysma nicht zu gross, so
durfte die bei Weitem nicht genügend berücksichtigte Digital-
compression neben der diätetischen Behandlungsweise in Anwen-
dung gezogen werden; eine Heilung auf diesem Wege erzielt zu
haben, berichtet Sbeppard (Med. Times and Gaz. 1863. Vol.
2. p. 43), und directe (!) Gompreasion wandte mit Erfolg G in i -
sellian. (Annal. univ. GIX. p. 351 Gennajo. Schmidt, Jahrbb.
1867. Heft 6. S. 378). Eerr sah bei einem 32jähr. Manne 1866
den 27. Jan. an der linken Halsseite, wo er vor 6 Monaten ver-
wundet worden, ein faustgrosses Aneurysma. Die Digital-Gom-
pression wurde anfangs nicht ertragen, später ganz gut. Am
428 !>'• C. Pilz,
20. April verliess Pat. das Spital; der Tamor war verkleinert,
das Geräusch und die Pulsation geschwunden. (Americ. Journ.
1867. Apr. p. 402.) Von den übrigen gegen Aneurysmen ge-
brauchten Methoden kamen nur die Injection mit coagulirenden
Flfissigkeiten, die Electropunctur und Acupressur zur Anwendung.
Nach Broca (Traitä des Anevr. p. 382) bewirkte eine zweima-
lige grosse Injection von Liq. Ferri in ein nicht mehr operirbares
Aneurysma der Carot. comm., nach Abfall der gebildeten Eschara,
eine zum Tode f&hrende Blutung. Durch Electropunctur erreichte
Hamilton (Dublin quart. Journ. 1846. Vol 2. p. 539.) ein
Verschwinden der Pulsation, die bald wiederkehrte; Tom zweiten
Tage an wuchs das Aneurysma, der Puls erlosch in ihm am 15.
Tage, und der Tumor wurde fester; dennoch starb Patient bald,
und die Section zeigte im Centrum eine zäh-^scbleimige schwarze
Masse. Auch Broca (I. c. p. 342) berichtet von Niceoli (Li-
vorno), dass dieser durch eine 6malige Electropunctur in einer Woche
heftige Entzündung in dem unter der rechten Submaxillargegend
gelegenen Sack hervorrief, die mit Ruptur endete. In neuester
Zeit kam die Acupressur zur Verwendung, wovon die gütige
Mittheilung Spence's berichtet. Danach operirte in dieser
Weise Dix (zu HuU), der schon (Med. Times and Gaz. 1860.
2. Jan.) die Vortheile dieser Methode, gegenüber der Ligatur,
ausgesprochen hat, eine Person mit Erfolg; in einem anderen
Falle, von Watson nach dieser Methode behandelt, erfolgte am
3. und 4. Tage Nachblutung, dann Tod. Dass das besonders von
Fergusson empfohlene Verfahren der „Enetung'^ hier nicht zur
Anwendung kommen darf, bemerkt Salzer (Wien. Med. Wochen-
schrift. 1867. S. 127.) sehr richtig; für die hierbei möglichen Fol-
gen will ich den interessanten Fall Esmarch's (Vi rchow 's Ar-
chiv. 1857. Bd. 11. S. 410) kurz anführen, indem bei der Unter-
suchung des Aneurysmas der linken Halsschlagader Pat. plötz-
lich zusammensank, wie bei einem apoplectischen Insult, mit
Lähmungserscheinungen der rechten Seite. Nachdem am dritten
Tage unter schweren Gehimerscheinungen der Tod eingetreten
war, zeigte die Section Embolie der 1. Garoi int. mit Erwei-
Zar Ligatur der Arteria Carotis commuiiis. 429
chung des 1. Corp. striat und theüweiser des Corp. callos.; im
Pons VaroL anterhalb des Aquaed. Sylv. lap ein frisches Blut-
extravasat und 1 Gtm. davon nach vorne ein kleineres; viele
capilläre Extravasate bestanden in der Umgebung; der Embolus
setzte sich fort in die Art. foss. Sylv., die Ophthalm. bis zum
Eintritt in die Orbita, und eine kleine Strecke in die Art. corp.
call. Dieser Fall zeigt auch, wie vorsichtig man bei der Unter-
suchung sein muss. Will man diese Methode bei Aneurysmen
der Innominata und selbst bei grossen der Subclavia in An-
wendung bringen, so muss man sorgfältig vor der Manipulation
die Carot und Subclav. comprimiren, und selbst noch kurze
Zeit nach dem Aufhören comprimirt lassen. Am häufigsten ist
zur Heiluung der Weg der Ligatur nach Hunter eingeschlagen,
deren Resultate in der zweiten Tabellenreihe uns vorliegen. Be-
rücksichtigt man die Erfolge, die traumatischen Aneurysmen mit
einbegriflfen, so sind 48 Personen geheilt, 2 gebessert, 5 mit un-
verändertem Leiden aufgeführt. Soweit die Berichte reichen,
lassen sich über die spontanen Aneurysmen, über welche allein
eine Zusammenstellung Werth hat, folgende Angaben machen:
Von 49 Aneurysmen gehören den verschiedenen Ländern fol-
gende Zahl der Fälle an: England 24, America 7, Frankreich
7, Deutschland 4, Italien 2, Ostindien 2, Schweden 1, Russland
1, Ungarn 1 ; also das sogenannte classische Land der Aneurys-
men hat auch hier eine in die Augen springende Majorität Un-
ter 48 davon afficirten Personen finden sich 34 Männer und 14
Weiber, so dass Grisp's Angabe über die relative Häufigkeit
dieses Aneurysmas bei Frauen, auf welche neuere Schriftsteller
sich beziehen, ihren Grund in der nicht grossen Zahl von Be-
obachtungen, denen die traumatischen beigezählt wurden, hat;
unter 43 Fällen war 27mal die rechte und 16mal die linke Seite
ergriffen.
Zuverlässige Angaben über die Lage und Form der Aneu-
rysmen lassen sich aus den Berichten nicht ableiten. In Betreif
der Alters- Verhältnisse fand ich folgende Reihe: von 1—9 Jahren
1 Fall, 10— 19 J. 1 Fall, 20-29 J. 8 Fälle, 30— 39 J. 9 Fälle,
430 I>r. 0. PiU,
40-49 J. 8 F., 50— 59J. 4 F., 60-69 J. 6 F., 70— 79 J. 2 F.
So kann ich vollkommen Broca's Angabe, dass von 30 — 40 Jahren
die grösste Häufigkeit von Aneurysmen sich findet, bestiUigeD,
ja, dass speciell das 35. Jahr das bevorzugteste erscheint; denn
dieses hatte allein 5 Fälle aufzuweisen. Nicht in allen F&Uen
bestanden die mit diesem Aneurysma sonst verbundenen Be-
schwerden, ja einige wurden nur zufällig bemerkt; selten nur
findet sich ein verbreiteter atheromatOser Process nachgevriesen ;
in Nr. 261. bestand ein Aneur. spurium und jenes in Nr. 259. soll
nach Ausziehen eines Zahnes entstanden sein. Sehen wir noch
auf den Erfolg der Operation, so wurden 28 Personen geheilt,
3 genasen ohne Heilung, 18 aber starben; rechnen wir hierzu
die 9 nach Brasdor- Wardrop operirten Falle, — unter
denen sich 6 Frauen und 3 Männer befanden, die Erkrankung
6 Mal rechtsseitig und 3 Mal linksseitig vorkamen, von denen
5 genasen und 4 starben — , so stellt sich die Mortalitätszahl
auf 38 pGt. der Operirten. Einige Vorkommnisse nach der Li-
gatur mögen, ihres besonderen Werthes wegen, noch ihre Stelle
hier finden. Entzündung des Sackes trat 17 Mal, darunter nur
2 Mal bei traumatischen Aneurysmen, auf, gefolgt 8 Mal von
Nachblutung aus demselben, von denen 4 Fälle tOdtlich endeten;
1 Mal, in Nr. 226, erfolgte die Suppuration erst nach 17 Monaten,
um später eine Nachblutung zu liefern. Diese Entzündung des
Sackes erklärt Broca, wie ich glaube, ganz richtig. Nach ihm
sind zwei Arten von Fibrin - Ausscheidungen scharf auseinander-
zuhalten; die erstere erfolgt in der Gef&sswand ziemlich paralle-
len, also concentrischen, all mal ig entstehenden Schichten (caillots
actifs), die letztere in schnellem Herausfall des Fibrin in grösse-
rer diffuser Masse (caillots passifs) ; nur jene wird eine dauernde
Obliteration durch weitere Organisation herbeifuhren, diese nur
eine zeitweilige; entsteht eine Entzündung, so sind sie selbst dem
Zerfall anheimgegeben; sehr häufig bricht dann der Sack auf,
in 8 Fällen jedoch musste er der dyspnoischen Erscheinungen
wegen eröfi'net werden. Ueber die Nachblutungen sei bemerkt,
dass sie in 10 Fällen aus der Wunde sich einstellten, 1 Mal am
Zur Ligatar der Arteria Carotis commanis. 431
1. Abende, 7 Mal yor dem 22. Tage, 1 Mal am 45. Tage, 1 Mal
sogar nach einem Vierteljahre; in Nr. 274. * erfolgte sie allein
ans dem Mande.
Von den Girculationserscheinnngen will ich nur anfuhren,
dass 6 Mal die Pulsation im Aneurysma nicht erlosch, einige
Male, schwächer geworden, noch surückblieb, darunter 1 Mal
1 Stunde lang, 1 Mal 2, und 1 Mal 4 Tage, 1 Mal mehrere Wochen
und 1 Mal 50 Tage. Eine Wiederkehr der Pulsation im Aneu-
rysma erfolgte 14 Mal; unter diesen 2 Mal bald nach der Ope-
ration, 1 Mal nach einer Woche; 1 Mal nach 3, und 1 Mal nach
4 Stunden, l Mal denselben Abend, 1 Mal am 5., 6. und 8.,
2 Mal am 9., 1 Mal am 14. und 29. Tage. — Zum Schluss will ich
noch des Aneur. der Art. vertebralis. gedenken. Dieses, nach
Stichwunden aufgetreten, wurde für ein Aneurysma der Carotis ge-
halten, zumal, wenn Cömpression dieser die Erscheinungen be-
deutend yeränderten. Theils unter „Blutung^, theils unter „Aneu-
rysma^ finden sich in den Tabellen 11 Fälle, in denen wegen
Verletzung der Art. vertebr. die Ligatur ausgeführt wurde, davon
hatte sich in folgenden 6 Nrn.: 243a. 258. 297. 300. ^04. und
306. schon ein Aneurysma ausgebildet; alle Fälle waren trauma-
tischen Ursprunges und endeten tOdtlich. Zu diesen ist zur Ver-
volltitändigung Monti*s Beobachtung zu erwähnen (Della ferita
deir arteria yertebrale diGherini. p. 24): Ein 20 jähriges Mäd-
chen, mit einer Togi linken Kieferwinkel bis hinter das Ohr
reichenden Stichwunde, kam am 31. Juli 1861 zu Mailand in's
Hospital. Als die verschiedensten Mittel zur Stillung einer, nach
Erbrechen wieder eingetretenen, Blutung — nachdem am 10. Tage
die Wunde sich zu vernarben begonnen hatte — , sich unzuläng-
lich erwiesen, wurde von M. am 18. August die Ligatur der
Carotis comm. ohne Nutzen ausgeführt; in 36 Stunden erfolgte
der tödtliche Ausgang, und die Section zeigte die Arter. vertebr.
zwischen 1. und 2. Halswirbel verletzt. — Ausser diesen erwähnten
Irrthümem in der Diagnose wurde noch 9 Mal die Carotis wegen
vermeintlichen Aneurysma^s unterbunden.*)
*) Das Anenr. arterioso-veDos. zwischen Art. Carotis und Vena jagul. int.,
432 Dr. C. Pill,
Wenn schon bei den aufgeführten F&IIen yon Blntangen und
Aneurysmen nicht immer nach allgemein zu billigender Indicatioa
gehandelt wurde, so ist dies noch viel weniger der Fall bei der
nun zu betrachtenden Operations-Reihe. Hier wäre es oft Pflicht
gewesen, eine locale Behandlungsweise, sei es die der Injection
coagulirender Substanzen, der Galvanopunctur, der GalTonocaostik
etc. allein, oder in Verbindung mit der Digitalcompression, an-
zuwenden; letztere allein würde bei den meisten Leiden nur
wenig geholfen haben, obwohl sie bei Orbital-Aneurysmen Erfolge
aufzuweisen hat. Sollte die Ligatur der Carotis ext. sich als
weniger sch&dlich herausstellen, so würde diese natürlich der der
G. comm. oft vorauziehen sein. Ganz zu verwerfen ist die Ligatur
der Carotis, wie die der Arterien überhaupt, *bei Neoplasmen,
um diesen die Nahrungszufuhr zu entziehen; dem Gehirne ent-
zieht man sie dadurch leichter, als der meist bösartigen Neubil-
düng, zumal, wenn man simultan beide Carotiden ligirt, wie Mott,
der in's Besondere jenes Verfahren empfiehlt. In keinem der
Fälle: Nr. 328. 329. 336. 375. 360. 398. etc. wurde etwas er-
reicht, i^ur oft eine Hemiplegie dem armen Patienten yerschaflft;
fand sich wirklich nach der Operation eine Verkleinerung des
Tumors, so war sie nur vorübergehend, da die Ursache derselben,
die verminderte Blutmenge, bald ihre frühere Grösse erreidite.
Von besonderem Interesse dürfte es an dieser Stelle sein, die
Beobachtungen über Aneur. orbitale zusammenzustellen, für
dessen Einzelheiten ich auf Demarquay (Trait6 sur les tumeurs
de Torbite) verweise. In der mir zu Gebote stehenden Literatur
fand ich 28 Fälle mit der Ligatur behandelt: 282. 307. 308.
338. 341. 353. 362. 363. 368. 369. 377. 381. 396. 397. 399.
400. 405. 414. 417.- 419. 420. 421. 424. 426. 427. 430. 432.
443., zu denen vielleicht Nr. 85. 411. und 340. zu zählen sind;
in 415. machte B. wegen vermeintlichen Aneurysma's die Ligatur,
Yon welchen 9 Fftlle im Americ. JourD. 1867. Apr. p. 46 zusammenge-
stellt Bind, verlangte keine besonderen Massregeln, und hatte meist einen
gOnstigen Verlauf; die Beobachtungen stammen von Larrey (2), Marx,
Williamson, Rigaud, Soret, Desperanches, A. B^rard und Gi-
raldes. v. Li n hart fügt in seinem Compend. S. i7b Mare (?) binsu.
Zur Ligatnr der Arten» Carotis comnunnis. 433
ebenso L. in 394. and N. in 444. ; bei jenem zeigte die Section
eine^ veränderte Yen. ophthalm., bei diesem bestand eine blutreiche
Geschwulst in der Orbita; in 421. war ein Aneur. arterioso-venos.
Unter diesen 28 Fällen befanden sich 14 Männer und 14 Frauen,
die jedoch bei den 18 spontanen Aneurysmen sich so vertheilen,
dass von 12 Frauen 6 linksseitig und 6 rechtsseitig befallen
waren, während bei nur 6 Männern 3 linksseitig und 3 rechts-*
seitig erkrankt waren. Ungleich häufiger ist also diese A£fection
beim weiblichen Geschlecht, bei dem es in 3 Fällen in
der Schwangerschaft, oder ba|^ nach der Entbindung auftrat
Durch die Ligatur wurden 19 Personen geheilt, 7 genasen ohne
Heilung, und 2 starben; in Nr. 432. wurde zugleich die Garot.
Qxt. ligirt; in Nr. 397. brachte erst die Injection von Ferr.
lact. Hülfe, und bei Nr. 381., wo es sich wahrscheinlich um
kein Aneur. orbitale handelte, nützte auch die nachfolgende
Electropunctur nichts; 3 Mal war der Ligatur die Digitalcompres-
sion voraufgegangen. Berücksichtigt man das Alter der wegen
spontanen Aneurysma's behandelten Personen, so stellt sich, mit
Ausnahme des wahrscheinlich angeborenen in 400, und des An.
arterioso- venös, in 421., folgende Altersreihe auf: 18, 22, 25, 26,
34, 36, 38, 41, 42, 44, 50, 54, 58, 60, 60, 65 Jahre.
Als Beleg, wie leicht man sich bei der Diagnose täuschen
kann, dient Gendrin^s Fall (Lebens sur les malad, du coeur.
1. p« 240), bei .dem durch Verschluss der arteriellen Orbital-
zweige eine Hämorrhagie um den Sin. cavern. und Ausdehnung
der Orbital venen der Exophthalmus bewirkt wurde, ferner N61a*
ton's Fall von Aneur. art-venos. träum, der Garot. int. im Sin.
cavern., bei dem im Leben die Diagnose gestellt war; vielleicht
ist hierher zu rechnen auch der von Taylor mit Injection von
Tannin geheilte Fall. Jener von Pol and in den Ophthal, hosp.
reports. (1860. p. 217) referirte Fall von traumatischem Aneur. bei
einem damals 23 jährigen Seemanne ist der von Van Buren operirte.
Während des Druckes erschienen folgende 2 Berichte, die idi
der Yollständigkeit wegen wiedergebe. 1867, den 13. April, zeigte
sich ein 42jähriger Mann, der vor 13 Monaten von einem Omni-
T. LaBg«Bb«ek'« ArehlT f&r Chlnirgl«. TU, 28
434 Dr. C. Pill,
buB gefallen, sich eine Fractur des Unterkiefers sogesogen and
am Kopfe verletzt hatte; eine Narbe über der linken Augenbraue
blieb zurück ; seitdem traten häufig Kopfschmerzen auf, mit Ter-
wirrung der Gedanken; seit dem letzten Jahre besteht eine seit
6 Monaten zunehmende Hervortreibung des linken Augapfels, aaf
dem das SehTermOgen geschwächt ist, und der selbst im Schlafe
nicht von den Augenlidern bedeckt wird; der Tumor wird pulsirend,
die Art. u. Yen. supraorb. sind erweitert 15. April Ligatur; nach
3 Stunden sind die Palsationen erloschen. 16.: Kopfschmerzen;
Heilung. (Edinb. Med. Journal. 1867. Jul.) — Laurenceerzähllt
(Britsh med. Joum. 1867. No. 253) die Heilung eines linksseitigen
traumatischen Orbital-Aneurysmas nach vergeblicher Anwendung
des Skey'schen Gompressorium bei einem 41). Manne. Mit Dnrecbt
hat man diese Krankheitsform nicht selten zum Aneur. per anasto-
mosin gerechnet; es handelt sich aber meist um ein difiuses Anenr.
der Art. ophthalm., bald primitiv, baldconsecutiv. An Leichen
sind wahre Aneurysmen dieser Arterie an beiden Augen von
Guthrie gesehen; an einem von Garron du Villards; ein sol-
ches mit Aneur. der Gart. int. und Obliteration des Sin. cavemosna
einmal von Giraudet. An der Art. cent. retin. soll A. Gooper
ein Aneurysma beobachtet haben, und an beiden Augen einer
badischen Prinzessin S c h m i d 1 e r. Diffuse Aneurysmen sahen
Middlemore bei einem 30jährigen Manne, der nach Verlast
des Auges und starken Blutungen aus demselben bydropisch zn
Grunde ging, und Freer (Birmingham) bei einem 30j&hrig6n
Manne tödtlich verlaufen. — Demarquay's Angaben sind als
zuverlässig hierbei meist zu Grunde gelegt. — Ausser diesen
nicht besonders behandelten Fällen fand ich nach vergeblicher
Anwendung der Electropunctur die Injection von Liq. Ferr. eesq.
mit Erfolg gebraucht von Bourguet [d'Aix] (Acad. des sc. 1855.
19. Nov.), und von Vanzetti und Gioppi die Digitalcompres-
sion mit bestem Erfolge gekrönt audgeffibrt (Schmidt's Jabrbb.
1859. Vol. 102. S. 53). Soll man hiernach den Weg des ein-
zuschlagenden Heilverfahrens im Allgemeinen angeben, fio ist
ohne Frage die Digitalcompression in erster Linie zu versuchen;
Znr Ligatur der Arteria Carotis commonis. 435
nur wenn sie nicht l&nger vertragen wird, oder wenn sie, gut
ausübt, dennoch nicht zum Ziele fuhrt, wird man zur vorsichtigen
Injection coagulirender Flüssigkeiten schreiten, am Besten, noch
mit der Digitalcompression verbunden. Wird dadurch kein Er-
folg erreicht, so wird man seine Zuflucht zur Ligatur der Carot.
comm. nehmen, nicht zu der angerathenen, der Carot int., denn
diese bietet nicht nur nicht dieselben Gefahren für die Ernährungs*
stdruDgen des Gehirns, sondern auch den Nachtbeil, dasF, abge-
sehen von der tieferen Wunde, sich schneller durch die Gesichts*
äste der Carot. ext. der Zufluss zur Orbita herstellen kann.
Wenn Crisp (1. c. S. 235) sich, zu dem Ausspruche be-
rechtigt glaubt, dass die Unterbindung der Carot sich bei den
Geschwülsten des Gesichtes und £opfes häufiger, als die meisten
Wundärzte zu glauben geneigt seien, mit Nutzen anwenden lasse,
90 würde er nach den vorliegenden Resultaten wohl von der
einseitigen, oder gar beiderseitigen Ligatur, um, wenn nicht das
üebel zu heilen, doch das Leben zu verlängern, wie er meint,
Abstand nehmen; denn 25 pCt. Todte von den wegen Neoplas-
men , Gefässgeschwülsten etc., mit Ausnahme des vorher speciell
besprochenen Aneuf. orbit«, Operirten, bieten doch kein erfreu-
liches Resultat dieser Operation, zumal, wenn unter 62 Operirten
nur 18 mit Heilung gedacht sind, von denen jedoch kein weiterer
Bericht gegeben, ja die nicht einmal durch den Verlauf als sicher
geheilt anzusehen sind; und diesen gegenüber ständen immer
noch 44 Personen, denen die Operation keine Hülfe brachte.
Wenden wir uns zu der Reihe von Fällen , in denen v o r o d e r
bei der Exstirpation von Tumoren etc. die Ligatur ge-
macht wurde, so muss man auch hier über die zu häufig angewandte
Ligatur den Stab brechen. Hinter uns liegt die Zeit, wo man
wegen einer Exarticulation oder gar partiellen Resection der
Mandibula vorher die Ligatnr an die Carotis legte ; trat in einem
solchen Falle Genesung ein, so wäre dieselbe auch sicher ohne
jene erfolgt, nicht aber kann dies von dem Ausgange in Tod
gesagt werden ; zu «ehen ist leider der Einfluss auf die Blutung
während der Operation bemerkt, als dass eine bestimmte Zah-
28*
436 I>r. 0. Pil«f
lenreihe Bich ableiten liesse; ja in 461. nnterblieb die Besection
wegen zu starker Blotang aue den incidirten Tbeilen, nnd in 451.
mussten noch 12 Ligataren angelegt werden; einmal mosste Mott
in 450., weil dnrch die Ligatur Pat. sa angegriüen war, die Ope-
ration aufschieben. Auf die Resultate der vorliegenden Opera-
tionen gestutzt, kann man wohl den Aussprach thun, dass vor
der Operation nie die Ligatur um die Garot geschlossen werden
soll, dass während der Operation dieselbe zu unterbinden ist,
wenn die zuerst abgehenden Aeste, wie Art. thyn, sup. zu nahe dem
Stamme abgeschnitten sind, als dass die Ligatur derselben mit Erfolg
gemacht werden konnte, wenn Blutungen ans der Tiefe auftre-
ten, deren Quellen durchaus nicht zu ermitteln sind, die aber auf
Compression der Garot sogleich stehen, oder wenn der Tumor
die Carotis oder ihre Hauptzweige yoUstftndig umwachsen hat, so
dass sie sicher durchschnitten werden mfissen; hier wire eine
peripherische und centrale Ligatur zu empfehlen. Bei den £x-
tirpationen wurde die Ligatur der Garot. comm. SOmal, yor den-
selben S4mal angewandt; 'unter den letzteren, die uns besonders
interessiren, ermangeln 17 FUle der Angabe über den Einfluss
auf die Blutung, 13 zeigen die volle Nutzlosigkeit derselben, und
nur in 4 Fällen soll die Blutung sehr gering gewesen sein, eine
vielleicht noch individuelle Bemerkung; rechnet man hinzu, dass
unter diesen 34 Personen 7 Gehirnerscheinungen zeigten, und
mehrere davon starben, so wird man wohl in Zukunft nicht
so freigebig mit diesem Verfahren sein.
In demselben Maasse, wie man sich gegen die Ligatur vpr einer
Exstirpation aussprechen mnss, wird es bei den unter n Nerven-
krankheiten** zusammengeiassten Operation geschehen müssen.
In keinem der Fälle, in denen wegen Epilepsie die Unterbin-
dung ausgeführt wurde, ist, ausser bei der doppelseiligen ligatur
von 526. und 527., Heilung erfolgt, und auch in diesem Falle hat
kein späterer Bericht das Andauern der Heilung verbürgt. Wenn
bei der ersten dieser Krankheit wegen unternommenen Operation
ein mit der Epilepsie in Beziehung gesetzter Gef&sstnmor dieselbe
damals nicht irrationell erscheinen liess, so gebenbeso nders Pre-
Zar Ligatur der Arteria Carotis eommanis. 437
BtoD's merkwürdige F&lle^ die, weil sie bäofig reprodacirt sind,
yon mir nicht aasf&brlich wiedergegeben wurden, keine sa recht-
fertigende Indication fQr diese Operation ab; dennoch hat gerade
er znr Nachahmung angespornt, so dass Bird sogar ernstlich
die Frage discutirte, ob die Ligatnr nicht bei Geisteskranken mit
Kopfcongestionen zu yersachen sei. Ging doch Pres ton von
der Ansicht ans, dass die Hyper&mie des Gehirns oft der Grand
der idiopathischen Epilepsie sei, und diese durch die Unterbin-
dung einer oder auch beider Garotiden gehoben werden könnte.
Angenommen, dass die Hyperämie des Gehirns oder eines be-
stimmten Theiles der Gentralorgane, — der Hedulla oblongata nach
Schröder v. d. Kolk — die epileptishen Erscheinungen be-
dinge, so würde mit der Ligatur doch noch eine yenöse Hyper-
ämie, und bald nach ihr eine arterielle Hyperämie im Bezirke
der nicht unterbundenen Gefässe auftreten; in späterer Zeit würde
sich die frühere Blutfülle des Gehirns und seiner Theile für ge-
wöhnlich wieder hergestellt haben, so dass auf eine Heilung
durch die Ligatur nicht zu rechnen ist; lässt man Schröder y.
d. Kolkes Ansicht gelten, so würde bei doppelseitiger Ligatur die
Hyper&mie der Med. obl. ausserordentlich gesteigert werden, also
eine günstige Wirkung nicht zu erwarten sein. Noch irrationel-
ler erseheint es mir, die Ligatur zur Hebung der durch den apo-
plectischen Insult gesetzten Veränderungen in einer Gehirnbemi-
sphäre zu unternehmen. Da man sich wohl nicht mit der Hoff-
nung tragen wird, einer neuen Blutung yorzubeugen, indem zur
Zeit, y?o man an einer solchen Person die Ligatur auszuführen
im Stande ist, schon so yiel Blut ausgetreten ist, dass der Druck
in dem eröffneten GeOss gleich dem der Umgebung geworden ist,
so kann man nur mit Jordan (Med. Times and Gaz. 1863.)
durch schnellere Resorption des Extrayasates den Druck auf das
Nervengewebe yermindem wollen, denn die schon zertrümmer-
ten Leitungsbahnen bleiben es; jene Absicht wird aber illusorisch
durch die sich ausbildenden coUateralen Bahnen; der schnelleren
Resorption tritt auch hindernd die sogleich eintretende yenöse
Hyperämie entgegen, und endlich dürfte es nicht zu yerantwor-
438 Dr. C. Pilz,
ten sein; wegen eines vielleicht nussgrossen apoplectischen Her-
des, bei meist krankhaft veränderten Gelassen, durch die Ligatur
noch grössere Ernährungsstörungen des Gehirns, und grosse Ge-
fahr für das Leben herbeizuführen, Ich glaube nicht, dass Jor-
dan, Angesichts der Mortalität der Operation, in dieser traurigen
Lage für sich die Ligatur verlangen würde. Während wir in
der Ligatur kein Mittel besitzen, die epileptischen Anfälle zu
heben, so ist in der Digitalcompression ein unschädliches und
häufig nicht unwirksames Mittel gegeben, wie die früher citirten
Männer bezeugen; der Erfolg ist sicher nur der momentan ver-
änderten Circulation im Gehirn, und wahrscheinlich im Mittel-
gehirn und dem verlängerten Marke zu suchen; bestimmtere An-
gaben über diese Circulation kann ich nicht machen, der Hypo-
thesen will ich mich enthalten. Endlich muss ich noch beim Tic
douloureux erwähnen, dass besonders Nussbaum gegen denselben •
die Garotis-Unterbindung, nach nutzlosen Nervenresectionen, an-
wandte, anscheinend mit günstigem Erfolge; doch sähe ich gerne
nach Jahren die Bestätigung der vollen Heilung, ebenso von v«
Patruban, der auf Nussbanm's Empfehlung dieselbe Opera-
tion in den letzten 2 Jahren 4mal ausführte; zwei mit Heilung
endende Fälle will ich, in Ermangelung der Originale, im Aaszuge
mittheilen :
▼. Patrnban (OeDtralbl. der med. Wisaensch. 1866. S. 4U) machte die
Ligatar der Carotis bei einer 50 jährigen Frau, der er frQher den r. Nenr.
infraorbit. wegen Nviralgie resecirt hatte, die dann 6 Jahre gesund geblie-
ben war; 1859 wurde der I. N. infraorbit., mit wenig Aussicht auf Erfolg,
resecirt; 1865 wurde der r. N ment. und der Ram. ioframaxill. am Poramen
mentale mit dem Glfiheisen gebrannt; hieranf erfolgte eine halbjährige Pause
der Schmerzen, dann aber ein heftiges RecidiV 'im N. inframaxilL dext.
durch alle rechtsseitigen Quintusäste sich Terbreitend. Die Operation Ter-
lief ohne Erscheinungen, der Schmerz erlosch vollständig. — Ein zweiter, mir
später im Auszuge zugänglich gewordener Fall ist aufgeführt in der Oesterr.
Zeitschr. ffir prakt. Heilkd. 1867. No. 6. S. 107. t. Patruban stellte eine
43jährige Frau vor, an der die Ligatur der Carotis gegen eine recidiTirte
Prosopalgie vorgenommen war; vor 8 Jahren hatte eine Nenrenreaectic« des
Infraorbit nur 4 Monate lang Besserung gebracht, die Ligatnr hatte bis
Zur Ligatar der Arteria Carotis commanis. 439
jetzt das Debel gehobeq. Von einem Tierten Falle sagt P., dass Pat. nur
wegen vernachlässigter Pflege während des Krieges gestorben sei.
Danach wären von Nussbaum and v. Patruban 6mal,
meist bei Frauen, wegen Tic doul. die Ligatur in Anwendung
gebracht, und 2 der Patienten gestorben. Diese Zahlen sind je-
doch zu klein, um einen bestimmten Ausspruch über den Werth
dieser Operation bei der in Rede stehenden Krankheit thun zu
können; einmal geschahen' neben der Ligatur noch mehrfache
Resectionen. Jedenfalls int ein späterer bestätigender Bericht
noch abzuwarten, ehe man sich in ähnlichen Fällen, in denen
doch die Digitalcompression der Carotis zu versuchen wäre,
zu einer Operation entschliesst, die nicht so gering in ihren Fol«
gen anzuschlagen ist, wie v. Patruban es thut.
Indem ich mich zur Ligatur der Carotis, nach Brasdor-
Wardrop, bei Aneurysmen ausgeführt, wende, muss ich die
Abtrennung dieser Fälle von den Aneurysmen überhaupt dadurch
erklären, dass wegen der besonderen Methode und der Erkran-
kung mehrerer Arterienstämme in diesen, eine einfache Ver-
gleichung mit den übrigen Aneurysmen nicht richtig gewesen
wäre. Während nach der gewöhnlichen Methode die Ligatur
zwischen Herz und erkranktem Gef&sstheile angelegt wurde^ rieth
zuerst Brasdor nach Deschamps' Zeugniss (in der Soci6te de
M6d 1798. 3. Nov.) die Unterbindung zwischen dem Aneurysma
nnd dem Gapillargebiete (periph. Theile) auszuführen, indem er eine
Obliteration durch den verlangsamten Blutlauf erwartete. W a r d r o p ,
der den ersten Erfolg nach dieser Methode aufzuweinen hatte,
ging noch weiter, und hielt die Verminderung der Blutznfuhr, z.
B. die Ligatur der Carotis beim Aneur. Innom., schon genügend.
um ein Aneurysma zu heilen; später führte Fear n*) die Ligatui
beider zuführenden Arterien gegen das an der Spaltungsstelle
gelegene Aneurysma aus. Dieses Verfahren, schon von Bras-
dor allein für den Trunc. anom. und die Femoral, berechnet.
*) Die weitere Berflcksichtignng der Art. snbclav. ist unterblieben,
weil Herr Dr. Koch eine statistische Arbeit über dieses Gef&ss in diesem
Archive bald veröffentlichen wird.
440 !>'• C. Pill,
schlag Laugier, ohne dass er oder ein Anderer glflcklicher-
weise den Plan aasf&hrte, beim Anenr. der Aorta abdom. vor,
indem er die beiden Artt iliac. ext. zu unterbinden rietb, am
dadurch die Gircnlation im Aneurysma zu verlangsamen ; ob durch
diese Verlangsamuug aber schon eine Besserung des Zustandes
eintreten würde, bleibt mehr als zweifelhaft; das noch wirk-
samere Verfahren der gleichzeitigen Ligatur an beide Iliac. comm.
kann nur in der Theorie, nie in der Praxis beachtet werden
(Bullet Chirurg. 1840 Vol. 21. pag. 89.) Ausser der Unterbin-
dung der abgehenden Arterien ist gegen das Aneur. Innomin.
neben Valsalva's Methode nur selten ein operativer Weg ein-
geschlagen worden. O'Shaugnessy machte, nachdem er aus
diagnostischem Irrthum gegen das vermeintliche Aneur. Innom.
die Ligatur der Carotis vergebens angewandt hatte, ebenso er-
folglos die Electropunctur. Ebenso sah Broca (Traite des An6vr.
p. 358) im Hdpital de la Piti6 auf Laugier's Abtheilung Wert-
heimber in ein Aneur. des Truncus brachio-cephal. gegen 10
Nadeln einfuhren, die alle mit dem positiven Pol verbunden
wurden, während Pat. den negativen in der Hand hatte; der
Tumor etwas fester geworden, blieb aber durchgängig fBr Blut,
am andern Tage war das Goagulum verschwunden. Die In-
jection von Liq. Ferr. machte nach Broca (ibid. p. 408) nar
einmal Barrier zu Lyon. Er Hess dabei die Carotis und Subcl.
so gut als möglich während der Injection und noch 20 Minuten
nachher comprimiren; nach der ersten Injection wurden diePol-
sationen für einige Tage schwächer, ebenso nach der 2ten, vor-
übergehend in höherem Grade nach der 3ten, dann erschien Ent-
zündung im Verlauf des Stichganges; als Pat. das Hospital ver-
liess, pulsurte der sichtlich vergrOsserte Tumor ebenso stark wie
früher. — Verweilen wir nun einen Augenblick bei den Folgen
der an der peripherischen Seite des Gefässes, z. B. der Carotis
wegen eines Aneur. Carot. gelegten Ligatun Mit der Ligatur wird die
frühere Blutmenge in die Carotis einfliessen, kann aber nur zur
Sub'^lavia hin aus derselben heraustreten, so dass dadurch schnell
ei/ie Verlangsamung des in der Carotis strömenden Blutes, und
Zar Ligatur der Arteria Carotis communis. 441
damit, ausser der FibrinausseheiduDg an der Ligatarstelle, diese auch
an den ruhenden Wandschichten des Gef&sses erfolgen kann. Hier-
mit geht Hand in Hand eine allmälige Verkleinerung der Höhle
durch immer neue Schichten, und eine schwächere Pulsation;
das erstere erfolgte in 549, 551, 552, 555, 556, 557, 558, 569,
573, (recid.) 574, 578, nach einiger Zeit in 554, 560, 564, 571,
584. Da bei diesem Vorgange ein sogenanntes actives Goagulum
entsteht, so ist die Aussicht auf eine Entzündung des Sackes sehr
in die Ferne gerückt, und damit die aus demselben auftretende
gefthrliche Nachblutung. Wird >ber wegen Aneurysma der In-
nomiata oder der Subclavia die Ligatur dei* Garot. gemacht, dann
findet eine weniger gleichmässige Fibrinausscheidung eher statt, und
es kann bei dem sogenannten Goagulum passivum zum Zerfall der-
selben im entzündeten aneurysmatischen Sacke kommen, wie 554.
nnd 569. zeigen ; dass beim Aneur. Innom. schnell die Goagulation
im Sacke eintritt, beweisen die Sectionen von 567. und 571. Aber
nicht allein die Blutung aus dem aneurysmatischen Tumor ist
bei der peripherischen Ligatur seltener, sondern auch die Nach-
blutung aus dem Gef&dse, besonders aus seinem centralen Ende,
denn hier hat sich zur Zeit, wo bei Lösung der Ligatur vom
19.— 22. Tage, wie wir früher sahen, eine hinlänglich obliteri-
rende Faserstofimenge im Sacke gebildet, so dass das noch im
unteren Theile desselben einfliessende Blut nicht mehr bis zur
Ligaturstelle gelangen kann. 8 Mal entstand bei diesem Opera-
tionsverfahren eine Nachblutung, darunter 6 tödlich endigende
Fälle; von den 4 bei Aneur. Garot. auftretenden Blutungen
endete die in 551., dem peripherischen Ende entstammende tödt-
lich, jene in 565, kam aus dem theils obliterirten, theils in Ver-
bindung mit der Anonyma etc. stehenden Sacke; in den übrigen
4 F&Uen trug die Subclavia die Schuld der Nachblutung. Wenn
wir hierin der Hunter'schen Methode gegenüber nur Vortheile
erkannt haben, so ist die Frage nach den Folgen für die Er-
nährung .des Gehirns vielleicht weniger günstig beantwortet. Dass
er beim Aneurysma der Garotis gleichgültig bleibt für das Ge-
hirn, ob man die Ligatur am, centralen oder peripherischen
442 Dr. 0. Pilz,
Theile anlegt, liegt aaf der Hand; anders wird es nach der Li-
gatur der Carotis und Subclavia wegen Äneur. Anon. oder Sub-
clav., zumal wenn man an letzterer Arterie, um einen besseren
Thrombus zu bilden, die abgehenden Hauptäste, Vertebr., Mamm.
int etc. mitunterbindet, indem auch die Vertebralis, wenn auch
nicht die eintretende Gerinnung im Sacke das Lumen der Ter*
tebralis verlegen wurde, der Blutbahn für das Gehirn entzogen
würde, und dieses dann nur auf Carotis, Vertebr. und Subclav. der
anderen Seite angewiesen wäre. Natürlich versäume man nicht,
wie bei jeder Garotis-Ligatur, sich von den Verhältnissen der
grossen Stämme der anderen Seite zu überzeugen, ehe man zur
Ligatur schreitet, um nicht die Fälle wie 558. und 572. zu ver-
mehren. Sieht man aul den Werth dieser Operation, die 40mäl
ausgeführt wurde, und zwar 9mal wegen Aneur. Garot, IGmal
wegen Aneur. Innom., 4mal wegen Aneur. Garot und Innom.,
4mal wegen Aneur. Aortae und 4mal wegen Aneur. Subclav., Imal
wegen Aneur. Innom. und Subcl., 2mal wegen Aneur. Innom.,
Subclav. und Garot, so darf man ihn nicht unterschätzen, obwohl
nur 12 als genesen angeführt werden, denn die Operation geschiebt
ja nur in den Fällen, wo andere Verfahren nichts nützen, oder
nicht mehr ausführbar sind, und zwar gegen ein Leiden, das in
kurzer Zeit zum Tode fQhren würde; hätte man mit der Ligatur
der Subclavia die ihrer Ilauptäste verbunden, so wäre wahrschein-
lich das Resultat besser gewesen.
Was die Art der Ausführung anlangt, so wird man bei
einem grossen, nahe am Ursprünge der Carotis beginnenden Aneu-
rysma nicht im Zweifel sein, und nach der, wenn möglich, immer
zu versuchenden Digitalcompression die Ligatur peripherisch an
die Garot anlegen, wenn es gebt nicht zu nahe der Bifurca*
tionsstelle ; dagegen kann man beim Aneur. Innom unsicher sein,
welche Ligatur zuerst anzulegen sei. Diday (Bullet de TAcad.
de M6d. Vol. 8. p. 74) und Bland in (ibid. p. 963) stimmen
darin überein, dass nur die Ligatur beider Gefässe zum glück-
lichen Ziele führen könne, und B. erwidert richtig auf Velpeau's
Empfehlung, nur die Ligatur der Garot gegen jenes Leiden zu
Zar Ligatur der Arteria Carotis communis. 443
Yersuchen, dass der angebliche Fall Yon Heilnng auf diesem
Wege ein Irrthnm sei, indem es sich gar nicht um ein Aneur.
der Innom. gehandelt habe. Dass jedoch beide Gefässe zu glei-
cher Zeit durch die Ligatur zu verschliessen seien, möchte ich
nicht unbedingt als nothwendig annehmen. Immer würde die
leichter und weniger geßhrliche VerE>chliessung der Garot. zuerst
zu machen sein, und gleichzeitig eine wenigstens intermittirende
Compression der Subclavia geschehen müssen; erreichte man
hierdurch nicht den gewünschten Erfolg, so müsste die Liga-
tur der Subclavia, mit gleichzeitiger Unterbindung der grossen
Seitenäste, ausgeführt werden, um eine frühere Tbrombirung der
Subclavia zu erreichen, und nicht die oft genug eingetretene Blu-
tung aus dem peripherischen Ende zu erhalten wie in 578; ge-
ring oder gar nicht verschlossen zeigte die Section nach ein-
facher Ligatur der Subclavia das Gefäss in: 557, 562, 574, 577,
578 und 580. Würde man simultan beide Gefässe verschliessen,
so würde man leichter, wenn auch vielleicht nicht Ruptur des
Sackes, doch Entzündung desselben erhalten, und wegen des in
kurzer Zeit reichlich abgeschiedenen Faserstoffes, caillots passifs,
tödtliche Blutung fürchten müssen. Mit Roux die Ligatur der
Subclavia zuerst zu machen, dafür sehe ich keinen Grund vorlie*
gen. — Herr Dr. Koch, dem ich, wie allen geehrten Herren, die
so gütig waren, mir irgend eine Mittheilung zu machen, meinen
besten Dank dafür hier aust^preche, machte mir die Angabe, dass
Bickersteth am 10. Mai 1864 bei einem 35jähr. Manne wegen
Aneur. der Innom. die Garot. mit einigem Erfolge unterband;
am 28. Juli wurde auch die rechte Subclavia ligirt. Ausgang
nicht bekannt. (Med. Times and Gaz. 1^64. p. 101.)
Ein Rückblick auf die gewonnenen Resultate lässt folgende
als gesichert erscheinen:
Da die Ligatur der Garot. comm., bei Berücksichtigung der
ihr folgenden Erscheinungen und des nicht selten tödtlicben
Ausganges, als keine gleichgültige Operation anzusehen ist,
so darf dieselbe nur angewendet werden, wenn andere weniger
eingreifende Metboden nicht ausführbar sind, oder zu keinem
444 Dr. C. Pilz,
Ziele f&hren. Daher dfirfte die Digitalcompression — tod
anzulftssigen Compressorien ist Abstand zu nehmen — , sobald
es die Verhältnisse gestatten, stets zuerst zur Anwendung kom-
men; sollte sie auch noch von der Ligatur gefolgt werden, seist
die Hoffnung, dass keine schwereren Gehirnerscheinungen auf-
treten werden, nicht gering.
Der Grund der Gehirnerscheinungen ist auf arterielle
An&mie, verbunden mit venOser Hyperämie und die durch
den sich ausbildenden CoUateralkreislauf verursachten Gewebs-
Insultationen zurückzufahren.
Deshalb hat man sich vor der Ligatur der Carotis stets vom
normalen Verhalten der anderen Carotis und der Subclavia zu
fiberzeugen. Sicher ist, dass die Ligatur der zweiten Carotis,
wenn sie nicht in zu kurzem Zeiträume der ersten folgt, selten
Gehirnerscheinungen aufzuweisen hat.
Bei einer Stichwunde unter und hinter dem Ohre ist an die
möglicher Weise verletzte Art vertebral. zu denken, und, um
keine nutzlose Ligatur der Carotis f&r diesen Fall auszuf&hren,
durch Compression der Carotis der Gef&ssbezirk, welchem die
Blutung entstammt, festzustellen. Bevor aber die blossgelegte
Carotis unterbunden wird, muss noch einmal die Compression
dieser eine sichere Entscheidung treffen.
Bei der Verletzung ist stets in der frischen Wunde die
Unterbindung der beiden Gefässenden zu versuchen. Die spon-
tanen Aneurysmen, deren Vorkommen besonders vom 20. bis
80. Lebensgabre und am häufigsten im 35. stattfindet, -*
wie schon Broca angiebt, — sind neben einer modificirten
Valsalv ansehen Methode, ohne Aderlässe, besonders durch die
Digitalcompression zu behandeln, ehe man zur Ligatur schreitet
Bei den Gefässtumoren, meist im Bezirke der Carotis ext
gelegen, ist neben der Digitalcompression der Carotis comm. die
locale Behandlungsweise viel mehr, als bis jetzt geschehen, zn
berficksichtigen.
Ganz zu verwerfen ist die Ligatur der Carotis, um einem
Neoplasma die Nahrungszufuhr zu entziehen.
Zar Ligator der Arteria Carotis commnnis. 445
Bei den Orbital - Anearysmen , die besonders h&niig spon-
tan beim weiblichen Geschlecbte auftreten, ist, nach vergeblich
angewendeter Digital-Compression, Heilung durch die Ltgatur zu
zu erwarten. Als Heilmittel gegen idiopathische Epilepsie darf
die Ligatur der Halsschlagader nie angewandt werden; hier hat
die Compression wenigstens tempor&re Erfolge.
Gegen Tic douloureux die Unterbindung der Carotis auszu-
fahren, ist nach den vorliegenden Resultaten nicht unstatthaft,
von theoretischer Seite aber nicht verständlich, und in jedem
Falle nicht empfehlenswerth.*) Dagegen verdient dieBrasdor-
Wardrop^sche Methode, sobald die modificirte Valsalva'sche
Methode, die sehr erschwerte Digitalcompression etc. keinen gün-
stigen Ausgang beim Aneur. Innom. — dessen Diagnose gesichert
sein muss — erzielt haben, volle Beachtung.**) Man wird
am Besten bei ausgeübter Compression der Subclavia die Li-
gatur der Carotis ausf&hren, und, wenn dies nicht genügt, die
Unterbindung der Art. subclavia mit ihren Hauptftsten folgen
lassen. Diese Methode schützt in hohem Maasse vor den Ge-
fahren der Entzündung des Sackes mit nachfolgender Blutung.
*) Diese Ansicht wird unterstützt durch folgende Yon Hrn. Prof. Roser
mir gemachte gfitige Mittheilnng : Bei einer 30- bis 31 jähr. Dame, die seit dem
12. Jahre an heftiger Neuralgie, Anfangs im UnterkiefernerTen, litt, machte Prof.
Vf, 1868, nach partieller Kieferresection, die Nervenausschneidang ohne Er-
folg, 2 folgende Operationen hatten dasselbe Resultat. 1866 hatte sie die
heftigsten Schmerzen in der Wange, den Kiefern, der Stirn, den Schläfen,
bis zum Hinterhaupte hin, scheinbar am heftigsten in der Ciiterkiefemarbe.
Nach erfolgloser Resection des üntcrkiefertheiles oebst Nerv unterband Hr.
Prof. Roser die Carotis, ohne bedeutende Besserang; zeitweise Remissio-
nen schienen einzutreten; bald verlor R. die Patientin ans dem Auge. —
Ebensowenig hob die Neuralgie des 3. Qaintnsastes in 3 anderen Fällen die
Uaterbindong der Art. Oarot facialis; temporäre Linderung erfolgte; auch
diese 3 Patienten haben zur Zeit M. verlassen.
«*) In der Med. Times and Gaz. 1867. Vol. 2. p. 439 wird aus dem
Lond. Hospit die am 18. Sept. von Mann der erfolglos verrichtete gleich-
seitige Cnterbindong der Artt. Subclav. und Carotis bei einem wahrschein-
lich au Aneur. Innom. leidenden Manne referirt; die genaueren Details wer-
den versprochen.
Breslau, den 2. Juli 1867.
VIIL
Beiträge zur Resection des Kniegelenkes.
Von
Dr. Hfiniff
in Hanau.
(Portsetzung zu S. 220.)
3. Me fireiiei ier ABpitattoi^ gfi^eiiber 4er etiienireidci iii re*
•edrendei IdiaidlvDg bei dei Sehiurerlctingei dei Kil^deikM^
„Trotz einiger bekannter Heilungen (sagt Hennen in den
Grundsätzen der Militairchimrgie) kann es als ein Grandsatz der
der Militairwundarzneikunst aufgestellt werden, dass ein zer»
rissenes Gelenk, vorzüglich das Knie-, Knöchel- und Ellbogen-
gelenk niemals unampntirt das Schlachtfeld verlassen mfisse, wenn
der Verwundete nicht augenscheinlich zu schwach ist' und der
Tod demnach die sichere Folge der Amputation sein würde."
Stellen wir diesem von Hennen aufgestelltea Grundsatz
Piro go ff 's Aussprüche über die Verletzungen des Kniegelenkes
entgegen, (Grundzüge der allgemeinen Kriegschirurgie 1864) so
gipfeln seine Resultate in den höchst trostlosen Worten: Tod
nach und ohne Amputation. Daneben giebt er aber die Erklä-
rung ab: „eins werde ich mir nie verzeihen, dass ich die grossen
Einschnitte in die Gelenkkapsel und die Resection des Kniege-
lenkes an Verwundeten nicht versucht habe", und später: „da ich
in der Behandlung der Schussfracturen des Kniegelenkes sowohl
gegen eine starke Antiphlogose als gegen die expectativ conser-
virende Methode und Amputation ein grosses Misstrauen hege,
Beiträge zur Resectioo des Kniegelenkes. 447
80 mass ich mich nan nolens yolens für die Resection des Knie-
gelenkes erklären^.
Vergleichen wir diese beiden Aussprüche eines älteren und
eines neueren Militairchirnrgen, so könnte es scheinen, als ob
die Chirurgie an der Behandlung der Schuss^erletzungen des
Kniegelenkes einen Rückschritt gemacht h&tte; denn w&hrend die
Amputation nach dem Ausspruch des älteren Chirurgen ganz ein-
fach als Grundsatz, als Dogma aufgestellt wird, hat der Ausspruch
Piirogoff's etwas vollständig Schwankendes, und nur die Ver-
zweiflung an dem günstigen Ausgange der Antiphlogose, der expec-
tativen and amputirenden Methode treibt ihn dazu, sich für die
Resection des Kniegelenkes zu erklären, welche er selbst, wie aus
dem vorher angefahrten Ausspruch hervorgeht, nicht versucht hat.
Sachen wir bei anderen Schriftstellern über Militairchirurgie
Trost in dieser Frage, so ergeht es uns vielfach nicht viel besser.
Denn während Strom e y er (Haiimen der Kriegsheilkunst S. 731)
sagt: „Man sieht aus dem Vorhergehenden, mit welchen Schwie-
rigkeitsn die Erkenntniss einer blossen Kapsel Verletzung verbun-
den sein kann, und dies ist hier um so mehr zu beklagen, da
wir bis jetzt nicht berechtigt sind, die conservative Chirurgie
weiter als auf die blossen Kapselverletzungen auszudehnen^ ; so
lesen wir S. 741:
„Meine wenigen Versuche, die Erhaltung des äliedes durch
vollständige Durchschneidung der Seitenbänder oder durch Re-
section zu erzielen, betrafen Fälle, in denen die Amputation den
Umständen nach nicht rathsam war; sie haben das Leben nicht
gerettet, aber in Betreff des örtlichen Verlaufes geben sie Auf-
munterung und ich würde keinen Anstand nehmen, dieselben
wieder aufzunehmen, unter Verhältnissen, wo die Pyämie nicht
in Betracht gezogen zu werden braucht^^
Immerhin bemerkt man bei den neueren Arbeiten eine grössere
Neigung zu den nicht amputirenden Methoden. Dies finden wir
in den Arbeiten dieses Archivs, welche die Erfahrungen des letz-
ten Schleswig-Holsteinischen Krieges besprechen. So fugtLQcke
lu den einfachen Kapselverletzungen Condylendurchbohrung mit
448 Dr. König,
Kapselverletzuog ohne Splitterung, und Kapselverletenng mit Knor-
pelverletzung als Verletzungen hinzu, bei welchen die Conser-
Tirung versucht werden, und, je nach Umständen, Gelenkschnitt,
Besection oder Amputation später ausgeführt werden soll (Kriegs-
chirurgische Aphorismen, Bd. 7, Heft 1 d. Arch.), und Heine (Bd.
7, HÄt 3 d. Arch.) will die Conservirung versucht wissen in
allen Fällen von einfacher Verletzung der Synovialkapsel, von
solchen bei gleichzeitigen Strei&chussrinnen der Gelenkfläche einer
oder beider Epiphysen, bei reinen canalförmigen Perforationen
der Gelenkenden von Femnr und Tibia, und endlich bei Schuss-
fracturen der Patella, die nicht von solchen der Gelenkepiphysen
begleitet sind. Am entschiedensten spricht sich wohl Nendörfer
aus dem feldärztlichen Bericht übei^ die Verwundeten in Schles-
wig (Bd. VI. S. 536 d. A) in conservativem Sinne aus: „Wenn
man nun bedenkt, dass die Verhältnisse dieses Krieges in den
4 citirten sowie in den anderen, hier nicht angeführten Fällen
nicht gestatteten, allen Ansprüchen in der Behandlung einer so
schweren Verletzung zu genügen, dass namentlich bei Vielen das
verletzte Gelenk gar nicht, bei anderen erst nach 8 — 14 Tagen
fixirt werden konnte, dann gewinnt man die Deberzeugung, dass
die Schussverletzung des Kniegelenkes durchaus nicht mehr Be-
rechtigung als Amputationsindication besitzt, als jede andere
Schussfractur des Femur, und kann sich der gegründeten Hoffiiong
hingeben, wenn es einmal zum Axiom der Kriegschirurgie er-
hoben werden sollte, an die Stelle- der bisher üblichen immedia-
ten Oberschenkelamputation den immediaten Gypsverband zu
setzen, dass dann die Zahl der geheilten Enieschüsse eine viel
grössere sein, zu den alltäglichen Erscheinungen zählen wird,
und nicht wie bisher, wo dergleichen Heilungen bloss als seltene
Raritäten und glückliche Ausnahmen aufgeführt werden^.
Ich habe diesen aphoristischen Rückblick in die Literatur der
Schussverletzungen des Kniegelenkes zur EinfQhrung einer kurzen
Besprechung dieser Verletzungen für nöthig erachtet, um an be-
weisen, wie sehr die Lehre von diesen Verletzungen eine auf Er-
fahrungen gegründete Revision nOthig hat Nur dadurch wird es
Beiträge rar Resection des Kniegelenkes. 449
möglich setn, dem Chirargen, welcher sich bei den Meistern Ratiis
erholen will, etwas mehr zu gewähren, als ihm bis jetzt in den
besten Lehrbüchern geboten wird; nur dadurch wird ein späterer
Autor im Stande sein, festere Anhaltspunkte für das Handeln zu
bieten, als es bis dahin mOglich war. Aus der Lage der Dinge
erhellt aber, auf welchem Wege diese Erfahrungen gemacht wer-
den mfissen. Die Erfahrungen über Amputation des Ober-
schenkels können wenigstens annähernd als brauchbar betrachtet
werden ; man hat wenigstens eine Statistik, und weiss, dass die-
selbe leider meist recht schlechte Resultate geliefert hat. För
die conservirende Behandlung hat man fast keine Statistik ; denn
hier können wir weder die allen anderweitigen Erfahrungen ge-
genüber so ausserordentlich günstige, der Tabelle der Gelenk-
verletzungen von Surgeon Baer aus dem Amerikanischen Kriege
entnommene Zusammenstellung (von 103 conservativ behandelten
Verletzungen des Kniegelenkes 50 genesen, 53 gestorben), noch
die bis jetzt so ausserordentlich ungünstigen Resultate der Knie-
resection bei Schussverletzungen im Kriege (bis zum vorjährigen
Feldzuge 28 Resectionen mit 4 sicheren, 1 unsicheren Heilungs-
resultat) gebrauchen. Zu Versuchen in der Richtung der Erhal-
tnng der zerschossenen Kniegelenke in den zukünftigen Feld-
zügen muss also vor Allem angeregt werden, denn dieselben sind
in ausgedehntem und besonders in einem den jetzigen therapeu-
tischen Ansprüchen genügenden Haasse meines Wissens bis
jetzt noch nicht gemacht. Material dazu drängt sich schon dem
Wundarzt wider Willen auf, denn der Grundsatz, welchen Hennen
aufstellt: dass kein Knieverletzter das Schlachtfeld unamputirt
verlassen sollte, ist schon längst an der Unmöglichkeit der Aus-
fbhrung gestrandet. Aber man lasse dann diese der Amputation
glücklich einmal Entgangenen nicht, wie es leider meist noch
geschehen ist, in der Idee, dass die secundäre Amputation doch
ihr einziger Rettungshafen sei, auf eiuem Spreukissen, oder gar
ohne alle Lagerungsmittel liegen, sondern man mache den emst-
lichen Versuch der Erhaltung mit dem ganzen neueren conser-
vativen Apparat. Die Schwankenden aber und die absoluten
T. Langanbeek*! ArchW f. Chmirgie IX. 29
450 Dr. König,
Yertheidiger der Ampotation mögen sieh die missliehen Erfolge
der OberschenkelamputatioB in's Gedächtniss rufen, sie mögen
bedenken, dass die Statistik der Enieresection in den Friedens-
spitälem eine bessere Mortalit&tsziffer giebt, als die der Ober-
schenkelamputation, dass ^so wenigstens als LataretboperatioQ
der Resection noch eine bessere Zukunft bevorsteht. Sie mögen
weiter bedenken, dass denn doch auch die besten künstlichen
Glieder einem wenn auch steif geheilten Beine, sowohl in Be-
ziehung auf ihre Leistungsfilhigkeit, als in Beziehung auf die spl-
tere sociale Stellung des Verletzten betr&chtlich nachstehen, und
diesem Vortheile zu Liebe wird der Verletzte gewiss einige Pro-
zent Gefahr, welche der conservativen Cur vielleicht! mehr auf
Rechnung kommen, in den Kauf nehmen.
Leider bin ich auch nach dem Feldzuge des vergangeneu
Jahres, in welchem ich in den Hainspit&lern als Arzt wirkte,
ausser Stande, schon jetzt Erfahrungen in der bezeichneten Rich-
tung in irgend wie beweisender Zahl anzuführen. Ich hatte Ge-
legenheit, in den Hospitälern von Laufach, Frohnhofen, Aschaffen*
bürg, Tauberbischoffsheim, sowie in den Frankfurter Reserve-
Lazarethen eine ziemliche Anzahl Enieverletzter zu sehen, und im
Aschaffenburger Lazareth, Infanteriecaseme, in welchem ich bis
zur Auflösung desselben im September thfttig war, zu behandeln.
Ich sah nur wenige geheilte Eniegelenksverletzte, soviel ich mich
erinnere nur drei, welche geheilt waren. Alle drei waren, soviel
ich zu ermitteln vermochte, mit Gypsverband behandelt worden.
Ebenso sind meine Beobachtungen fiber Resection sehr beschrSnkte,
zwei Resectionen, in Frankfurt gemacht, gingen zu Grunde, eine
welche ich verrichtete, und von der weiter die Rede sein wird,
wurde glficklich geheilt. Hehr Günstiges könnte ich von den
secund&ren Amputationen berichten, welche nach Generalarzt
Burow's Angabe ohne Naht und bei freier Lagerung auf einem
Eissen behandelt wurden. Eine energisch conservative Behandlung
der Knieverlctzten in ausgedehnterem Haasse habe ich nirgends
gesehen. W&re Einiges von dem Gyps, welcher bei den Ober-
schenkelfracturen in ziemlich reichlichem Maasse verwandt wurde,
Beiträge sur Reseetibn des Kniegelenkes. 451
wftren einige Drahtstiefel oder Hohlrinnen den Knieverletzten
von vorne herein sagev\randt v?orden, so hätte man virohl auch
mehr gate Erfolge £u registriren. Aber ftberall fehlte das werk-
th&tige Vertrauen der Collegen und zumeist auch der Verletzten.
In Ermangelung positiver Erfahrungen in therapeutischer Rich-
tung, habe ich während der Dauer der Kriegslazarethe versucht,
durch treue Beobachtung des Verlaufes der Knieverletzungen mir ein
klares Bild der Gefahren zu verschaffen, welche diesen Unglficklichen
drohen. Ich habe mich dabei fiberzengt, dass die Gefahren fftr
die Knieverletzten in den meisten Fällen bedingt sind durch die
Menge und Beschaffenheit des in dem verletzten Gelenke sich
bildenden Secretes. Es kommen zweifellos Verletzungen des
Gelenkes vor, welche mit ausserordentlich geringer Eiterung und
mit fast keinen fieberhaften Allgemeinerscheinungen verlaufen
und heilen. Ein andermal wird die Eiterung stärker, aber es
tritt doch keine massenhaft jauchige Secretion und kein heftiges
Resorptionsfleber ein. Selbstverständlich ist diese Art des Ver-
laufes vielmehr eigenthümlich den Stich- und Schnittwunden des
Kniegelenkes, kommt sie je einmal bei Schussverletzungen vor,
so sind es gewiss nur die einfachen Kapselverletzungen, welche
die Möglichkeit eines solchen leichten Verlaufes zulassen. Bei
weitem die meisten Verletzungen, des Kniegelenkes rufen eine
acute, sehr zur Zersetzung tendirende Eiterung hervor. Im Gan-
zen geht der Grad der Zersetzung parallel dem Grade der Ver-
letzung der Weichtheile und Knochen, und so mag denn die von
Stromeyer aufgestellte Eintheilung als Skala f&r die Gefahr
der Verletzungen betrachtet werden:
1. Einfache Kapselwunden des Kniegelenkes.
2. Kapselwunden mit Knochenverletzung.
a. Gontusionen der articulirenden Enden.
b. Spalten von extracapsulären Knochenbrächen, die in*8
Gelenk fahren.
c. Splitterbräche der articulirenden Enden.
d. Penetrirende Kapselwunden mit Knochenverletzung und
Zurflckbleiben der Kugel und anderer Fremdkörper.
29*
452 Dr. König,
Man kann also wohl im Allgemeinen annehmen, dass nm
so eher die Secretion sich in massigen Grenzen halten wird, je
geringer die Verletzung an sich ist, und dass die Absondeniog
eines Wasserst zersetzten, jauchigen Secretes um so mehr zu er-
warten steht, je ausgebreiteter die Zertrümmerung der Enoeheo
ist, dass femer die Anwesenheit fremder Körper im Gelenk,
besonders von Stücken der Bekleidung, eine iasserst Abele Jau-
chung hervorzurufen pflegt. Freiich gilt dieser Ausspruch nicht
f&r alle Fälle, denn geringfügige Kapselverletzungen pflegen eben-
falls häufig sehr acute, zur Zersetzung tendirende Eiterung, mit
sehr heftigen Allgemeinerscheinungen zu bedingen. Betrachten
wir nun zunächst die Erscheinungen, welche das verletzte Glied
in den ersten und späteren Tagen nach der Verletzung bietet
Eine beträchtliche, sehr bald nach der Verletzung eintretende
Schmerzhaftigkeit ist fast allen Knieverletzuugen eigen. Der Schmerz
tritt bald spontan auf, bald folgt er der allergeringsten Erschütte-
rung des Gliedes, einem Stosse an den Fuss, einer Untersuchung,
ja schon einem geringen Stosse an das Bett. Der Schmerz ist
um so heftiger, je weniger für eine sichere Lagerung des kranken
Gliedes gesorgt ist, für welche Fälle der Kranke bemüht ist,
die geeignetste Lage im Bette zu finden (halbe Flexion und
Lagerung auf der Aussenseite). Bei dem geringsten Versuche,
diese Lage zu ändern, treten, unter convulsivischen Muskelbe-
wegungen des Schenkels, die heftigsten Schmerzen ein. Die
Schmerzen werden im Anfange wesentlich bedingt durch Ei^sse
von Blut, Exsudat, welche die Kapsel beträchtlich spannen^ in
späterer Zeit durch Lockerung des Gelenkes, durch Reibung der
degenerirten fracturirten Gelenkflächeh.
Sehr wechselnd zeigt sich die Schwellung. Von der acu-
testen Schwellung des ganzen Gliedes bis an das Becken, bis
zu leichter Gelenkschwellung, welche jedoch selten ohne gleich-
zeitig ödematöse Schwellung des Unterschenkels höheren oder
geringeren Grades eintritt, finden sich mannichfache Uebergänge.
Was zunächst die locale Schwellung betrifft, so kann man nicht
sagen, dass ein bedeutender Grad dieser Schwellung immer eine
Beiträge zar Reaection des Kniegelenkes. 459
sehr äbele Bedeutung hätte. Wir finden im Gegentheil oft bei
sehr schlimmen Verletzungen nur einen sehr geringen Grad von
Schwellung. Der Grund f&r die locale Schwellung des Gelenkes
liegt eben immer in den der speciellen Verletzung eigenthäm-
lichen mechanischen Verhältnissen. So kommt es vor, dass die
Kapselwunden rasch verkleben, das Gelenk sich prall anf&llt.
Ist dann das Gelenk bis auf das äussert^te ausgedehnt, so reisst
die Kapsel an der Schuss- oder auch an einer anderen Oeffhung,
ein Theil des Eiters entleert sich durch die äussere Wunde, oder
auch nur durch die Kapselwunde in das umgebende Gewebe,
und während das Gelenk leerer wird, schwillt der Oberschenkel
und die Wade durch sich bildende Eiterdepots an. Selten sind
diese Oeffnungen so, dass sie einen vollkommenen Abfluss des
Secretes, eine Abschwollung des Gelenkes herbeifuhren, sei es,
dass ein Theil des Secrertes zu eonsistent ist, sei es, dass eine
Art von Elappenmechanismus den Abfluss nur eines Theiles
der Flüssigkeit zulässt. Zuweilen tritt auch, besonders bei
vorhandenem Bluterguss und unvollkommener Gommunication
des Gelenkes mit der äusseren Luft, eine rasche tympanitische
Anschwellung des Gelenkes ein, dasselbe füllt sich prall an mit
stinkendem Gase.
Liegen die Schussöffnungen weiter entfernt vom Gelenk, so
tritt zuweilen eine so geringe Schwellung des Gelenkes ein, dass
man lange im Zweifel bleiben kann, ob dasselbe wirklich ver-
letzt wurde, bis erst die weiteren Erscheinungen hinzutreten.
Hier findet sich meist die Erklärung in der Art, wie die Kugel
vom Knochen aus durch die Epiphyse in das Gelenk eindrang.
Die Kugel bildet so 'zuweilen einen Gang, welcher so zweck-
mässig für den Eiterau.sfluss aus dem Gelenke erscheint, dass bei
ganz schlimmen Knochen^ertrummerungen am Gelenk selbst nur
sehr geringe Schwellung eintritt, während sich Abscess und In*
filtration am Oberschenkel hinauf bilden. Ein eclatanter Fall
dieser Art wurde noch spät, mit glücklichem Erfolge, in Aschaffen-
burg amputirt. Die Einschussöffnung fand sich am Beginn des
unteren Drittheils auf der Innenseite des Oberschenkels; die
454 ^' K6aig,
Kugel hatte nicht aofgefondea werden können; das Kniegelenk
war nur sehr wenig geschwollen, in seiner Form nicht yerindert^
dagegen schwoll der Oberschenkel bis tum oberen Drittheil auf
der hinteren und oberen Seite betr&chtlich an, und es bildeten
sich Jancheherde. Gleichzeitig hatte der Verletzte ein aiemlich
heftiges septisches Fieber, welches, je nach der Entleerung oder
Ffillung und neuer Entwickelung der Jaucheherde, bald ab-
bald zunahm. Erst in der 6. Woche gelang es, von einer tiefe-
ren AbscessöfFnung aus, eine auf der hinteren Schenkelflicbe,
etwas Aber der Epiphysenlinie gelegene Knochenverletzung zu
finden, welche, neben anderen, in der letzten Zeit aufgetretenen
Erscheinungen, die Gelenkverletzung sicherstellten. Nadi der
Amputation zeigte sich in dem Kniegelenk nur sehr wenig flfis-
siger Inhalt Die Kugel hatte vom Bande der Fossa intercon-
dyloidea posterior ein Knochenstück sammt der Kapsel losgeris-
sen, und steckte fest im Kopfe der Tibia. Sie hatte dadurch einen
Kanal gebildet, welcher eine fortwährende Entleerung des Secre-
tes nach den Weichtheilen des Oberschenkels möglich machte.
Wir betrachteten bis jetzt die Schwellung, welche wesenüicb
durch Ansammlung von Secret in der Gelenkhohle bedingt wird,
oder durch secund&re Senkung des Secretes von den Scbussöff-
nangen der Kapsel, oder von neu sich bildenden Oeffnungen in
der Umgebung des Gelenkes (Senkungsabscesse). Wir bemerkten
schon, dass selten eine allgemeine, wenn auch leichte, ödematSse
Schwellung des Unterschenkels fehlt, eine Schwellung, welche
meist nur als Ausdruck der vorfibergehend gestörten Girculation,
zuweilen jedoch eines bleibenderen, durch Venenverstopftuig
bedingten Blutlaufshindernisses erscheint, und in noch sp&teredr
Zeit als Zeichen von Blutleere und Nierenerkrankung auftritt
Für die höheren Grade erstreckt sich das Oedem über das Knie
hinaus bis zum Becken, ohne dass diese Fälle an sich gerade
einen schlimmen Verlauf nehmen müssten. Bei dieser Schwellong
ist die Haut blass, nicht geröthet Empfindlichkeit ist nicht
vorhanden, der Finger drückt sich leicht in das Gewebe ein, and
bleibt stehen. Böthet sich dagegen die Haut, wird die Schwel-
Beitiige lar Resection des Kniegelenkes. 455
lang b&rter, empfindlich, so bildet sie h&nfig die Maske ftr
Jaueheberde in den Weichtheilen, welche sich näher and femer
vom Gelenk in den Muskeln, am Periost nnd in der Markböhle,
tbeils in Zusammenhang mit den Gelenkabscessen , theils anab-
hftngig davon, als Zeichen einer weit fortgeschrittenen Septicaemie
entwickeln. Das einmal inficirte, nekrosirende Gewebe wirkt
gleichsam inficirenä auf das angrenzende, so dass nach und nach
die Weichtheile in grosser Ausdehnung nekrotisch zerfallen,
und jauchende, wieder zur Vermehrung der Septicaeniie bei-
tragende Herde mit nekrotischen Gewebsfetzen bilden. Die
eben besprochene Art der Schwellung ist wohl eine leichte Form
dessen, was Pirogoff unter dem Namen des acut purulenten
Oedems beschrieben hat: «Der Oberschenkel schwillt zuweilen
enorm auf, die Geschwulst ist sehr hart und prall, die Haut
dunkel gerOthet, aber der Fingerdnick hinterl&sst keine auffal-
lende Grube. Die pralle Anschwellung des Gliedes macht den
Eindruck, als ob die Spannung mehr die tieferen Theile ein-
nehme, und in der That findet man bei der Section nicht die
subcutanen und subaponeurotischen Zellschichten, sondern das
intermuscul&re Bindegewebe und die einzelnen Muskelbündel mit
Eiter infiltrirt| die Muskelsubstanz sieht dadurch marmorirt, und
mit gelblichen Punkten und Streifen durchsetzt aus.**
Es bleibt mir flbrig, noch einige Worte über die SchussOff-
nnngen zu sagen. Bald bleiben beide Oeffnnngen lange oflTen,
bald schliesst sich eine, am leichtesten die AusgangsöiTnung, zu-
weilen schliessen sich alle beide. Ebenso verschieden ist ihr
äusseres Aussehen. Nur selten finden sich an ihnen frische, rothe,
turgescente Granulationen, meist haben dieselben einen schlaffen,
blassen Gharacter. In einzelnen F&llen verwandeln sie sich in
h&ssliche, um sich fressende Geschwüre, besonders dann, wenn sie
einer hässlichen, corrodirenden Jauche zum Ausfluss dienen.
Die Art des Secretes und die Masse desselben übt dann auch
den entschiedensten Einfluss auf die Allgemeinerscheinungen, auf
den Verlauf der Verletzungen des Kniegelenkes aus. Wir erwähnten
456 ^'- König,
schon, dasB von der Absonderang einer m&sgigcn Menge von gutem
Eiter bis zur massenweisen Secretion von höchst fibelriechender,
Schwefelwasserstof&eicher Jauche vielfache Uebergänge stattfin-
den. Wir bemerkten, dass, wenn diese Regel auch Ausnahmen
erleidet, die Bösartigkeit des Secretes im Allgemeinen von der
Schwere der Verletzung abh&ngig ist. Je mehr Zertrfimmening
der Weichtheile, der Knochen, je mehr vergossenes Blut, welches
sich nicht entleeren kann, je mehr Fremdkörper vorhanden sind,
desto grösser ist die Ge&hr des Eintrittes von profuserer, fibeler
Secretion und nbeler Allgemeinerscbeinungen. Freilich hat aaf
den Eintritt übeler Jauchung nicht nur die prim&re anatomische
Beschaffenheit, sondern auch, abgesehen von der Salnbrität des
Lazareths, in welchem sich der Verletzte befindet, die Art der
Behandlung und ihr Einfluss auf secund&re anatomische Ver-
änderung einen wesentlichen Einfluss. Wir wissen Alle, dass eine
complicirte Fractur um so weniger zur Eiterung tendirt, je mehr
die Fragmente fixirt sind, je weniger sie Gelegenheit haben, durch
Bewegungen in den umgebenden Geweben und ah sich selbst
weitere Ursache zu Entzündung, Secretion und Zersetzung zu
geben. Bei dem Kniegelenk verhält es sich genau ebenso. Das
nicht fixirte, dem Willen des Kranken fiberlassene, vielfach be-
wegte Gelenk, dessen B&nder alsbald durch Eiterung zerstört,
' durch Gewebswucherung erschlafft werden, erfährt sehr bald wich-
tige Veränderungen an seinen fiberknorpelten Enden. Die Knor-
pel werden rauh, schleifen sich ab, oder werden resorbirt durch
Granulationswucherung, der Knochen geht die in frfiherer Zeit unter
dem Namen von Caries bekannten Veränderungen ein, die rauh
gewordene Oberfläche erleidet an den am meisten dem Druck
ausgesetzten Theilen einen Druckschwund, grössere und kleinere
Stficke werden gefässlos und nekrosiren, andere Portionen werden
aufgesogen durch von der Epiphyse aus wuchernde Granulationen.
Und dieser ganze Prozess bewirkt dann wieder ähnliche Verän-
derungen, Vermehrung des Secretes und der Allgemeinerscbeinun-
gen, wie die primären Zertrümmerungen des Gewebes, sie bewir-
ken jauchige Senkungen und Infiltration, wie sie bereits oben
Beiträge zur Resection des Kaiegelenkes. 457
beschrieben wurden, ünerw&hnt will ich hier nicht lassen, dass
derartige späte Verschlimmerungen zuweilen bei einfachen Kap*
selstreifschüsfien durch spätere Nekrosirong des contundirten
Rapselstückes, und bei Fracturen mit Spalten in das Geleok her-
beigeführt werden. Ich beobachtete einen Fall der letzten Art,
bei welchem erst in der 7ten Woche nach versuchter Entfernung
eine^ Splitters acute Gelenkverjauchung und Tod eintrat.
Es geht aus der eben angestellten Betrachtung der localen
Erscheinungen hervor, in welcher Art die allgemeinen Erschei-
nungen der Enieverletxten aufgefasst werden müssen. Sie zeigen
sich bei dem regelm&ssigf^n Verlauf dieser Verletzungen als
Symptome eines höheren oder geringeren Grades von septischer
Infection. Von diesem Gesichtspunkte aus muss, wie Roser
zu verschiedenen Malen gezeigt hat, die Pathologie, von diesem
Gesichtspunkte aus muss die Behandlung derselben betrachtet
werden. Ffir die ganz schlimmen Fälle gilt ja diese Anschau-
ung schon seit längerer Zeit, während der Glaube an die Ab-
hängigkeit der allgemeinen fieberhaften Erscheinungen von der
Zersetzung und der Resorption des zersetzten Exsudates auch (ur
die leichteren Fälle erst in der letzten Zeit mehr und mehr An-
hänger gewonnen hat.
Die ganz bOsen Fälle von Septicaemie treten nun besonders
gerpe bei grössere^ Zertrflmmerungsschüssen, sowie bei Vorhan-
densein von grösseren Mengen Blutes im Gelenk und in den
umgebenden Weichtheilen und Knochen ein. Sie können den
Kranken schon im Verlauf weniger Tage unter dem Bilde eines
typhösen Fiebers dahinraffen. Die Kranken verfallen, wie Es-
march (üeber Resection nach Schusswnnden S. 33) sagt, ent-
weder in wüthende Delirien oder in Sopor, die Zunge wird trok-
ken und dunkelbraun, häufig tritt Icterus hinzu, und der Tod er-
folgt in wenigen Tagen. Von diesen schlimmsten, rasch tödten-
den septischen Fiebern bis zu den leichteren und leichtesten fin>
den unmerkbare üebergänge statt, aber die Aehnlichkeit findet
sich bei allen Ein continuirliches Fieber mit grösseren oder ge-
ringeren Abendeiacerbationen befällt alle. Dabei verliert sich
458 i>r. KOoig,
alsbftld der Appetit, insbesondere die Neigung sn FleicM^kost.
Hftufig treten DarcbflUe ein, und die braun belegte, beim Heraus-
strecken oft zitternde Zunge wird trocken und rissig. Ein ge-
wisser Grad von Theilnahmlosigkeit, von gestörter Integrität des
Bewttstseins ist fast allen eigen. Manche werden ans ihrer Apa-
thie nur durch Manipulationen an dem schmerzhaften GUede ge-
weckt, Andere zeigen mehr Neigung zu stillen oder lanteren De-
lirien. Daneben ist der Schlaf ein sehr unruhiger, durch Delirien
und Schmerz an dem verletzten Gliede häufig unterbrochener
Sbhlummer. Die Gesichtsfarbe, w&hrend der Zeit der Fieberex-
acerbationen roth, nimmt oft einen Stich in's Gelbliche ein, wah-
rer Icterus ist seltener. Der rasche Consum, welchen das con-
tinuirliche Fieber herbeiführt, zeigt sich in der rapiden Abnahme
des (subcutanen Fettes. Häufig treten gangränöser Decubitus^ zu-
weilen auch anderweitige melastatisch-septisohe Herde an! In
wieder milderen Fällen findet sich nur ein Gatarrh des Verdau-
nngscanals, mit Neigung zu DurcbfÜllen und demsdben continuir-
lichen Fieber. Doch auch bei diesem milderen Verlauf bleibt
die Neigung zur Betheiligung des Sensoriums, die Neigung zu
rascher Macies, zu Decubitns. Allen gemeinsam ist das Schwio*
den des gefiihrb ringenden Zustandes mit der Verminderung, mit
dem Besserwerden der Eiterung, sei es daas die Quelle des fie-
bererregenden Eiters von selbst versiecht, sei es dass durch ope-
rative Eingriffe, Amputation, Resection, grössere oder kleinere
Incisionen Hülfe geschaflt wird.
Freilich können hinzutretretende anderweitige Schädlichkeiten
den Verlauf, und somit auch die therapeutischen Grundsätze mo-
dificiren; es kann Gangrän, es kann Erysipel hinzukommen, der
Kranke kann von Pyämie befallen werden, aber diese Zufälle
kommen von aussen zu der Gelcnkverletzung hinzu. Unter allen
diesen hinzukommenden Krankheiten ist leider die Pyämie die
am häufigsten auftretende und die meisten Kranken dahinraffende.
Herrscht einmal diese Krankheit in einem Hospital, so sind der-
selben die Knieverletiten, als Kranke mit grossen Wanden, be-
Beitrftge snr Resection des RDiegelenkes. 469
Bonders nnterworfeO) doeb gewiss nicht mehr, als die Ampatirien
aoch.
In den sp&teren Stadien der Knieverletznngen nimmt der
Kranke meist das Bild an, welches die mit chronischen Knie*
gelenkseitemngen behafteten Personen darbieten Die Eiterung
wird gutartiger, weniger, um ^on zu Zeit sich wieder zu vermeh-
ren, stärker su riechen; gleichzeitig fiebert der Kranke, entspre-
chend diesem wechselnden Zustande des Gelenkes, und magert
ab. Möglicherweise ist, wie Roser bemerkt hat, auch dieses
hektische Fieber durch die Resorption von septischen Stoffen
zu erklären. Auffallend ist es wenigstens, wie mit der Ent-
fernung des eitererregenden Tbeiles durch Amputation oder
Resection, der Kranke oft rasch sein Fieber verliert, und sich
binnen Kurzem erholt. Bei Manchen versiecht dann die Eite-
rung auch spontan, das Knie heilt mit Ankylose, aber bei den
Wenigsten. Wenn nicht anderweitig geholfen wird, so tritt Hy-
drops, mit und ohne Nierendegeneration, zu der Krankheit hin-
zu, und die Kranken gehen nach spät marastisch zu Grunde.
Der Knieverletzte leidet also an Eiterung, respective Jauche-
bildung eines Gelenkes, dessen -Grösse der reichlichen Entwicke-
Inng von Secret sehr günstig ist, und dessen anatomische Ver-
hältnisse der freien Entleerung dieses Secretes, sowie der zer-
trflmmerten und später nekrosirenden Theile grosse, zuweilen
unüberwindliche Schwierigkeiten entgegensetzen. Die Folge die-
ser starken Secretion und Zersetzung des angehäuften Secretes
ist ein höherer oder geringerer Grad von fieberhaften Allgemein«
erseheinungen, welche den Verletzten bald unter dem Bilde einer
ganz acuten Sepsis rasch dahinraffen, bald unter milderen, durch
septische Infection bedingten Fieberzufällen mehr allmälig dem
Tode entgegenftthren. Nur in wenigen Fällen erschöpft sich
die Quelle der Gefahr ohne- weiteres Eingchreiten des Ghimr-
gen ; meist gilt es, thätig einzugreifen, es gilt, die Hindemisse,
welche sich der freien Entleerung des zersetzten Secretes und
der Gewebstrfimmer entgegenstellen, zu beseitigen, ehe die
schwersten Symptome von Septicämie, ehe eine hinzutretende
460 Dr, König,
Py&mie oder ein parulentes Oedem jede Hülfe als zu Bpkt be-
zeichnen müssen. Allen diesen Gefahren, welche die Gelenk-
veijauchung später bereitet, geht Der allerdings aus dem Wege,
welcher möglichst viele Oberschenkel gleich nach der Verletsang
amputirt, aber er schafft mit der Amputation dem Yerletsten kei-
nen Freibrief f&r das Leben. Die Zahlen sprechen dafär leider
nar zu deutlich. Nach Esmarch starben von 128 in den ersten
Schleswig-Holsteinischen Feldzugen Amputirten 77, und die den
Reports on the extent and nature of the materials etc. ans dem
Nordamerikanischen Feldzage entüommenen Zahlen weisen unter
1597 Amputirten 1029 Todte und nur 568 Genesene nach (Mor-
talitäts-Procent: 64,43.) Der primären Amputation wurde ich
also nur die Verletzten zuweisen, deren Verletzung so ausgedehnt
ist, dass sie auf der einen Seite eine Heilung überhaupt, selbst
mit RescctioD, nicht möglich erscheinen lässt, w&hrend sie auf der
anderen Seite mit Wahrscheinlichkeit den baldigen Eintritt der
oben geschilderten schwersten Zufälle von localer Veijauchung
mit Septicämie herbeif&hrt.
Es gehören hierher zunächst die groben Geschützverletzungen
mit weit ausgedehnter Zerreissung der Weichtheile des Gelenkes,
oder Zertrümmerung der Gelenkenden. Es gehören femer hier-
her die Flintenschüsse des Kniegelenkes mit beträchtlicher, die
Epipbysengrenze überschreitender Zertrümmerung eines oder
beider Gelenkenden, sowie die Fracturen einer Diaphjse in der
Nähe des Gelenkes, mit Fissur oder Fractur in das Gelenk hinein.
Um die Diagnose die^^er verschiedenen Verletzungen auf dem
Schlachtfelde zu machen, dazu wird aber, so weit ich beurtheilea
kann, die Untersuchung der Wunde mit dem Finger nicht unter-
lassen werden dürfen. Freilich wird dieselbe nicht immer nöthig
sein, wenn man ^chon von aussen diagnosticiren kann, dass die
Gelenkenden nicht in ausgedehntem Maasse verletzt sind, aber
nicht Jeder wird die Fertigkeit in der Diagnostik dieser Ver-
letzungen haben, wie sie Pirogoff verlangt. Für die Feststel-
lung der Anwesenheit der Kugel, oder von Knochenfragmenten
im Gelenk, verlangt übrigens auch Pirogoff die Digitalonter-
Beiträge zor Resection des Kniegelenkes. 461
Buchung; hier muss, sagt er, der Fioger eingeführt werden, und
das ist namentlich in Schusswunden der Fall, aber nicht in allen,
und nicht immer. Aber es sollte keine Fingeruntersuchung vor-
genommen werden, ohne dass man dorn Verletzten das Resultat
der üntersuchang, ganz kurz auf einen Zettel geschrieben, mit-
giebt (eine dnrauf bezügliche Einrichtung scheint jetzt bei dem
preussischen Heere eingeführt zu werden), denn wenn auch eine
kurz nach der Verletzung ausgeführte derartige Untersuchung
wohl nicht so schadenbringend für den Verletzten ist, so w&chst
der Nachtheil beträchtlich in sp&terer Zeit.
Nur unter günstigen Aussenverhältnissen wird man auch von
diesen letzten Verletzungen einige noch durch prim&re Resection
vor dem Eintritt der schweren secundftren Erscheinungen be-
wahren können. Es kann dies in den F&llen geschehen, in
welchen die Verletzung, Zertrümmerung der Gelenkenden nur
so weit geht, dass man nach allgemeinen Grundsätzen noch ein
brauchbares Glied erwarten kann, bei welchen sich aber gleich-
zeitig bestimmt sagen l&sst, dass die äusseren Verhältnisse eine
aufmerksame Nachbehandlung gestatten. Dies ist aber leider
nicht immer, ja man kann wohl sagen, dass es selten der Fall
ist Die Nachbehandlung einer Amputation ist einfach auszufah-
ren, während der Resecirte, besonders der Enieresecirte, einer
steten sorgsamen Pflege von kundigem Wärter- und ärztlichem
Personal bedarf. Gleichzeitig bedarf er f&r die ersten Wochen
der äussersten Ruhe auf gutem Lager. Der Gyps verband, wel-
chen er nach der Operation erhält, soll das Glied gleich in rich-
tiger Lage fixiren, und möglichst lange, wo möglich Wochen lang,
liegen bleiben. Dass alle diese Desiderien sich bei Weitem nicht
immer gleich nach einer grösseren Schlacht mit vielen Verwun-
deten beschaffen lassen, bedarf keines weiteren Beweises.
Sind diese schwersten Fälle ausgeschieden, so werden die
übrigen zunächst dem Zuwarten überwiesen. Für alle übrig blei-
benden besteht jetzt die nächste Sorge in der Anlegung eines
passenden Verbandes, welcher jede Bewegung des verletzten Ge-
lenkes unmöglich macht. Wer jemals beobachtet hat, wie bei
462 I>r. König,
einer complicirtcn , bis dahin mit nicht festem Verbände behan-
delten Fractur die durch die fortwährende Reibung der nicht
fixirten Fragmente unterhaltene Eiterung alsbald beschränkt wird,
sobald ein richtig fixirender Verband angelegt wurde, der wird
auch die Nothwendigkeit eines fixirenden Verbandes flir die
Knieverletzungen, selbst ffir die mit Knochenzertrümmerung, zur
gestehen. Derselbe beschränkt die Jauchung, und somit die G^
fahr, er beschränkt aber auch mit dem Aufhören der Reibung
die heftigen Schmerzen des Verwundeten. So räth denn auch
Pirogoff, den Gypsverband unter allen Umständen anzulegen.
Freilich muss derselbe wegen eintretender Schwellung öfter ent-
fernt werden, aber dann soll man wo möglich wenigstens eine
Gypsrinne, welche das Glied immer noch besser fixirt, als jeder
andere Lagerungsapparat (Drahtstiefel, Fusskasten, Blechrinne,
Spreukasten etc.), anlegen. Etsumschläge werden, wenn man
sie haben kann, in den meisten Fällen yon Nutzen sein. Pftr
alle Verletzten gilt nun die Beschränkung der Eiterung zunächst
als die Hauptsache. Für die leichten Knochenverletzungen mit
Kapseleröffnungen, und für die blossen Kapselverletzungen dür-
fen wir unter diesen Verhältnissen die Heilung erwarten; für die
mit schwererer Knochenverletzung warten wir auf den günstigen
Moment zur secundären Resection. Treten aber im Verlauf dieser
Behandlung schwerere Erscheinungen ein, welche durch Zunahme
der Eiterung, und durch mangelhafte Entleerung des zersetzten
Secretes bedingt sind, so müssen wir uns, falls wir den Kranken
nicht unter den Erscheinungen von Jaucheresorption zu Grunde
gehen lassen wollen, zum Handeln entschliessen. Da uns hier
erfahrungsgemäss kleine Einschnitte nur einen vorübergehenden
Erfolg verschaffeu, indem sie sich alsbald wieder schliessen, und
das Secret nur unvollkommen entleeren, so müssen wir die schon
durch Petit, und gewiss nicht ohne Grund, empfohlenen, in
neuerer Zeit wieder von verschiedenen Seiten in Erinnerung ge-
brachten, breiten Eröffnungen des Gelenkes in der Art üben, dass
wir dieselben, bei gleichzeitig constatirter Knochenzertrfimmerung
und Verletzung, sofort mit der Resection verbinden. Leider feh-
Beiträge zur Reaection des KoiegeleDkes. 4^3
len ans bis jetzt Thatsaeben, welche die Zweckm&ssigkeit dieser
grossen Einschnitte beweisen. Die wiederholten Empfehlangen
derselben stützen sich theils noch immer auf Petit's Aassprach
darüber, theils auf vereinzelte günstige Erfahrungen. Pirogoff
sieht ihren Nutzen hauptsftchlich darin, dass sie der heftigen
Spannung des eiternden Gelenks entgegenarbeiten, während
Roser (Archiv der Heilkunde 1866. S. 561 etc.) in der Mög-
lichkeit der freien Entleerung zersetzten Exsudates den Yortheil
der grossen Einschnitte findet. Res er Jiat (a. a. 0.) die Gründe,
welche für und gegen die Operation sprechen, kurz und treffend
geschildert; ich erlaube mir daher, auf die Arbeit selbst zu ver-
weisen. Es scheint mir, dass auch Neud Orfer (Handbuch der
Eriegschinirgie. I. H&lfte. Allgemeiner Theil. Anhang. S. 296)
mehr diese geringeren Grade von Septicaemie, und nicht die
Pyaemie im Auge bat, wenn er sie als erste und wichtigste In-
dication zur Resection aufstellt Die folgende Schilderung scheint
mir wenigstens für diese Anschauung zu sprechen : „Wenn nach
einer Gelenkverletzung, obschon die Eiterung bereits eingeleitet
ist, die Pulsfrequenz, die Körpertemperatur, der verzehrende
Durst, die reiche, den KOrper erschöpfende, profuse Eiterabson
derung, auf gleicher Hohe bleiben, oder gar in Zunahme be*
griffen sind, wenn der Kranke Appetit und Schlaf verliert, nur
sp&rliche Mengen Drin absondert, und eine Gemüthsunruhe er-
kennen lässt, wenn er gar Schüttelfrost bekommt, ein Colorit
mit gelblichem Stich annimmt, und zu collabiren beginnt, dann
ist ein solcher ZuFtand die urgenteste Indication für die Gelenk-
resection.*
Die Gelenkresection soll in diesen Füllen ja nicht mehr
leisten, als ein ausgedehnter Gelenkschnitt, ht das Gelenk ohne
tiefere Verletzung beträchtlich gespannt, von zersetztem Exsudat
angefüllt, so wird die breite Eröffnung genügen. Aber gerade
die mit Epiphysen Verletzung complieirten Verletzungen bedingen
Öfter diese starke Spannung nicht, das Exsudat kann sich Öfter
durch anderweitige Oeffnungen in der Kapsel, durch Spalten in
Folge der Absprengung eines intracapsulären Knochenstfieks selbst
464 Dr. KGnig,
in die Umgebung verbreiten. Hier genflgt der einfache Scljoitt
nicht, der abgesprengte, zertrümmerte Knochen muss entfernt
werden, wenn die weitere Ursache zur Exsudatbildang and Zer-
setzung entfernt werden soll. Aber man soll auch in diesen
Fällen mit dem Material sparsam sein, man soll nicht mehr ent-
fernen, als unbedingt nöthig ist. Will man auf einem unTerletz-
ten Knochen den Knorpel nicht stehen lassen, so soll man (ob-
wohl bis jetzt keine Beweise dafür erbracht sind, dass ein mit
Knorpel bedecktes Epiphysenende sich weniger gut für die Hei-
lung eignet, als ein angefrischtes) wenigstens den Knorpel nur
oberflächlich entfernen. Das, wat^ Neudörfer a. a. 0. über
dieses planlose Wegschneiden der Knochenenden sagt, ist gewiss
sehr der Beherzigung werth. Haben wir dtch unter den wenigen
gelungenen Knieresectionen nach Schussverletzung eine partielle
aufzuweisen (die von KnoVre in Hamburg, wo nur die Tibia
resecirt wurde).
Zufälle , welche einen operativen Eingriff nöthig machen,
können nun bald früher, bald später eintreten. Wenn es einiger-
maassen möglich ist, so wird man die ersten 5 — 6 Tage vorfiber-
gehen lassen, aber man kann auch in dieser Zeit zum Handeb
gezwungen werden, wenn drohende Symptome von Zersetzung
eintreten. Das Ende der zweiten, die dritte und vierte Woche
werden aber zumeist den Zeitpunkt des operativen Einschreitens
abgeben. Aber auch in späterer Zeit tritt oft noch Indication
zum Eingreifen ein. In der 5. und 6. Woche pflegen, nachdem
die Eiterung und das Allgemeinbefinden sich gebessert, öfter
von Neuem Exarcerbationen einzutreten. Die eigentlich primäre
Verletzung des Gelenkes zeigt schon deutliche Spuren von Heilaog,
aber es tritt in Folge der durch die Reibung am verletzten Ge-
lenk eingeleiteten Erweichung und üsur des Knochens (Garie.O
erneuerte Eiterung, Jauchung mit Reactionserscheinungen ein.
Die Resectionen in diesem Zeitpunkt werden ganz besonders fro-
stige Chancen bieten ; denp abgesehen davon, dass in dieser Zeit
der Lazarethdienst zumeist ein in jeder Beziehung geordneter
sein wird, stehen auch die Resectionen selbst denen wegen er-
Beitrage zur Reseetion des Kniegelenke». 465
ganischer Gelenkerkrankung ausgeführten am nächsten. Ich theile
hier auch die von mir in dieser Zeit ausgeführte Reseetion
kurz mit:
L. A., Musketier Tom 49. k. k. Inf. -Reg., erhielt am 14. Jnli bei
Asehaffenborg einen Schuss in das linke Kniegelenk. Wochen lang war
das Gelenk nur dorch einige Kissen fixirt vorden. Es war unter dieser
Behandlung starke Plexionsstellung, mit Rotation des Dnterschenkels nach
aussen, eingetreten. Die Eiterung war m&ssig geblieben; Reactionserschei-
nungen in der 2. und 8. Woche, bei starker, riechender Eiterung, heftig.
Von der 6. Woche an wurde zunächst mit Planum inclinatum allmftlige
Streckung bewirkt, und darauf Gjpsverband angelegt Schon von der 2ten
Woche war Oedem bis zur Hflfte eingetreten, Welches sich in der letzten
Zeit durch den Gypsverband allmftlig vermindert hatte. Die Kugel war durch
den oberen, äusseren Rand der Patella, deren Fractur constatirt wurde,
eingedrungen, und mitten auf dem Gondyl. extern, ausgetreten. Die Ein-
schussöffnung war trocken, mit rothen^Granulationen geschlossen, die Ans-
gangsOffnung sonderte .massige Mengen ron wenig zersetztem Eiter ab.
Das Knie war massig geschwollen, bei Bewegungen sehr empfindlich; in
der 5. Woche war ein jauchiger Abscess am inneren Gondylus eröffnet wor-
den, und jetzt entwickelte sich ein grösserer, jauchiger Abscess etwas tie-
fer, innen am Gelenke, und innen neben der Tibia an der Wade, welcher
sich fast 3 Zoll am Unterschenkel erstreckte. Das Fieber nahm in den letz-
ten Wochen beträchtlich zu, der Appetit hatte sich fast ToDstandig verlo-
ren, die Zunge war trocken geworden, und ein zweithalergrosser, gangränö-
ser Decubitus am Kreuzbeine, sowie ein kleinerer auf der rechten Hinter-
backe hatten sich rasch entwickelt. Ich transportirte den Verletzten im
QjpsTerband per Eisenbahn am 10. September von A schaffenbarg in das
hiesige Krankenhaus, und nahm am 11. Sept. die Reseetion vor. Das Ge-
lenk wurde zunächst durch einen nach unten convexen Schnitt eröffnet,
das Femur etwa 2j^ Gtm. breit abgesägt (da sich bis in diese Höbe der
äussere Gondylus erkrankt zeigte), die in drei StQcke zertrümmerte Patella
(die Stücke waren durch lockeres Bindegewebe verbunden) aus ihren Ver-
bindungen herausgeschält, und dann der oben erwähnte, jauchige Abscess,
welcher mit dem Gelenke communicirte, durch einen 2 Zoll langen Längs-
schnitt neben der Tibia gespalten. Von der Tibia musste ein etwa Genti-
meterbreites Stück entfernt werden, da besonders die innere Fläche dersel-
ben, sammt der gegenüberstehenden hinteren und unteren inneren Fläche
des Femur, bis in diese Tiefe durch Drucknsur erkrankt war. Der mittlere
Theil der Wunde wurd« genäht, die beiden Seiten offen gelassen, und Oel-
läppchen eingelegt Die Incision zur Seite der Tibia blieb weit offen; dann
T. LADg«Dbeok't Archiv für Chirargle. TX. QQ
468 !>'• ^fönfg,
die Amputation indicirt sein, wenn es gilt, ein änsserstes Mittel
ssu wagen, um den Verletzten dem gewissen Tode zu entreissen.
Es hiesse leichtsinnig mit dem Leben spielen, wollte man dann
bei dem Versuch, das Glied zu erhalten, dem Kranken einen oder
den anderen Eiterherd, von welchem ans die Zersetzung weitere
Fortschritte machen würde, stehen lassen. Die Nothwendigkeit
der Amputation aus diesem Grunde kann leicht in der interme-
diären Zeit auftreten, wie Ros er schon hervorgehoben hat(Gen-
tralblatt vom 21. Juli 1866), sie kann aber auch noch in späte-
rer Zeit als letztes Rettungsmittel des Verletzten bei acut ein-
tretender Septicämie höheren Grades nOthig werden.
Ich habe schon bei der Besprechung der Symptome der
Knieverletzungen die weitere Ausführung der Pyämiefrage unter-
lassen. Wir besprachen daselbst die Symptome, welche der Ge-
lenkverletzung als solcher und der Knieverletzung speciell eigen-
thümlich sind, die Pyämie ist aber kein der Gelenkverletzung
an sich eigentbümlicher Prozess. Sie ist ein^ Accidens, welches
da, wo es einmal in ausgedehnterem Maasse auftritt, die Verletz-
ten gleichmässig betrifit, und welches allerdings den Patienten
mit grossen Verletzungen, und insofern auch den Knieverletzun-
gen in höherem Maasse zu Theil wird, als den leichten Ver-
letzungen. Die Ampntationsstatistik von inficirten Hospitälern
zeigt aber zur Evideuz dass die Amputationswunden in nicht ge-
ringerem Grade zum Auftreten der Pyämie disponiren, und dass
wir also den Menschen in keine bessere Lage versetzen, wenn
wir ihn amputiren. Für solche Lazarethe mag wohl Pirogoffs
Ausspruch: „Tod mit oder ohne Amputation^ seine Geltung
haben. Trotzdem muss zugestanden werden, dass es Fälle giebt,
in welchen bei besonders starker, durch die localen Verhältnisse
bedingter Eiterung, welche sich durch die angegebenen Mittel
nicht beseitigen lässt, die Besorgniss vor dem Eintritt der Pyä-
mie uns zur Amputation treiben kann. Hat sich dagegen die
Pyämie durch den Eintritt der bekannten Symptome bereits deut-
lich manifestirt, so schneiden wir durch Entfernung des Gliedes
den Krankheitsprozess nicht ab. Hier haben, neben der Sorg«
Beitr&ge zur Resection des KDiegelenkes. 469
ffir freie Eiterentleerung und den weiteren therapeutiacben und
diätetischen Vorschriften, die anderweitigen neueren Grundsätze
der PyämiebehandluDg, vor Allem die Isolirnng, die Zerstreuung,
wo mOglicfa die Zeltbehandlung in von dem inficirten Hospital
entfernten Zelten Platz zu greifen.
Ich fasse zum Schluss meine Ansichten fiber die Behand-
lang der Enieverletzungen in folgenden Sätzen zusammen:
1. Die Frage der Zulässigkeit der Resection und Conser-
vation bei den Schussverletzungen des Kniegelenkes ist durch
die Erfahrung bis jetzt noch nicht entschieden. Gegenüber den
misslicben Erfahrungen, welche die Statistik der Oberschenkel-
amputation ergiebt, erscheint eine aufmerksame, den neueren
Grundsätzen der Chirurgie angepasste Conseryationsbebandlung
(GypsTerband etc.) im grossen Maasstabe dringend geboten.
2. Der klinische Verlauf der Knieverletzungen ergiebt, dass
die Verletzten an einem durch locale Zersetzung des Exsudates
bedingten, theils sehr acut und öfter tOdtlich auftretenden, theils
weniger heftigen Resorptionsfieber (Septicämie) leiden.
3. Die ausgedehnten Zertrnmmerungsschfisse des Kniege-
lenkes verlangen die primäre Amputation; denn einmal würde
das Glied doch nicht branchbar geheilt werden können, und so-
dann bedingen gerade diese Verletzungen mit der grössten Wahr-
scheinlichkeit eine acute, rasch tödtende Septicämie. Die übrigen
Verletzungen werden zunächst behandelt, als ob sie conservirt
werden sollten. Eine primäre Resection ist der äusseren Ver-
hältnisse halber im Kriege nur selten möglich.
4. Die Behandlung der übrigen Verletzungen richtet sich
zunächst nach dem Verlauf. Der Eintrit acuter Septicämie for-
dert in den meisten Fällen die Amputation. Der Eintritt der
weniger acuten Form von Septicämie macht freie |!ntleerung des
Secretes, Entfernung der Fremdkörper und Enochentrümmer nöthig.
Hierzu werden bald einfache Einschnitte ausreichen, bald werden
breite Eröffnungen des Gelenkes mit und ohne Resection (Ent-
470 I^r. König, Resection des Kniegelenkes.
fernuDg des Erkrankten am Knochen) nOthig werden. Aach
nach diesen Eingriffen darf die Nachbehandlung mit festem Ver-
bände (Gypsverband) nicht versäumt werden.
5. Ausgedehntere Knochenverletzung fordert unter allen
ümst&nden, auch wenn keine drohenden Erscheinungen eintre-
ten, die Resection, oder, wenn die Knochenverletzung sich weit
über die Epiphysen ausdehnt, secundäre Amputation.
6. Der Eintritt ven Pyämie giebt nur in seltenen F&Uen
eine Indication zu operativen Eingriffen.
IX.
Ueber Herniotomie
ohne EröfFnung des Bruchsackes
Ton
Dr. Doatreleponty
Privat -Docent za Bonn.
Die Herniotomie ohne Eröffnung des Bmchsackes ist, nach
Sabatier (Mödecine op6ratoire. Nouvelle Edition par Sanson
et B6gin T. III. p. 534), schon von Franco. welcher zuerst
die Operation des eingeklemmten Bruches ausf&hrte, und von
Ambr. Parä gemacht worden; sie öffneten nur den Bruchsack,
wenn ohne diese Verletzung die Taxis nicht gelang. J. L. Petit,
dessen Namen diese Operation gewöhnlich trägt, ist jedoch der
erste, welcher besonders auf die Yorzfige der Schonung des
Brachsackes aufmerksam gemacht hat, und diese Operationsme-
thode sehr empfahl.
Er sagt (Trait6 des maladies chirurgicales. T. II. p. 370 ff.)
dass er diese Methode der Herniotomie seit mehr als 30 Jahren
ausgeübt, und widerlegt die Gründe, welche gegen dieselbe an-
geführt wurden; verwahrt sich aber gegen den Vorwurf, dass er
die Eröffnung des Bruchsackes überall verwerfe, worauf er seine
Ansicht über die Indicatonen dieser Methode mittheilt: „Mon
sentiment est donc qu' exceptä les hernies gangreneuses, Celles
qui sont maronn6es et quelquesunes de Celles, dans lesquelles
rintestin contient des corps etrangerä, toutes les autres peuvent
472 ^^' DoQtrelepont,
6tre traiteefi ainsi, il y eu a mdme, qa'on ne doit point tntiter
autrement.^
Trotz seiner warmeD Empfehlangen fand die nach ihm be-
nannte Herniotomie nur wenig Anklang unter den Chirurgen, and
gerieth fast in Vergessenheit, bisMonro, (Abbildungen und Be-
schreibungen der Scbleims&cke, herausgegeben von Rosenmfiller)
sie wieder aufnahm, und besonders ans dem Grunde dringend
empfahl, um die Entblössung der D&rme und deren Contaet mit
der Luft, welche nach ihm die Gefährlichkeit der gewöhnlichen
Herniotomie bedinge, zu yermeiden. A. Gooper (Anatom. Be-
schreibung und chirurgische Behandlung der ünterleibsbrüche von
G. A. Key) empfahl dieselbe besonders bei grossen Brfichen, und
fugt hinzu, dass er überzeugt sei, „dass dieses Operationsverfsdi-
ren nach und nach allgemein in Gebrauch kommen werde, wenn
es erst h&ufiger angewendet worden, und wenn man gefunden
hatte, dass es gefahrlos und nicht ungewöhnlich schwierig sei,
wenn es nur früh genug in Anwendung gebracht werde.^
Nach Gooper trat besonders Key für die Operation aaf,
und suchte ihr den Vorrang yor der anderen Methode zu ver-
schaffen. Seit der Zeit hat in England die Herniotomie ohne
Eröffnung des Bruchsackes immer mehr Anh&nger gewonnen,
von denen ich nur B. Gooper, Teale, Lawrence, Gay,
Paget, Ward erw&hnen will, so dass sie jetzt ein Allgemeingut
der englischen Chirurgen geworden ist.
In Frankreich, der eigentlichen Heimath der Herniotomie
ohne Eröffnung des Bruchsackes, ist diese nur von einigen Chi-
rurgen vertheidigt und empfohlen worden, w&hrend die meisten
zu ihren Gegnern zu zählen sind. Eine Hauptschuld hierzu hat
wohl die Annahme von Dupuytren, dass in den meisten Fällen
von Einklemmungen es nicht die Bruchpforte sei, welche die
Einklemmung mache, sondern dass dieselbe vielmehr in dem
Bruchsackhalse zu suchen sei, welche Annahme von Malgaigne
noch übertrieben wurde, indem er eine Einklemmung durch die
Bruchpforte vollständig leugnete.
Velpeau (Medecine operatoire. T. IV. 2. Edition) giebt
Ueber H«rDiotoniie ohne Rröffonng des Brncfasackes. 473
sie für manche F&lle za: ,,Gette m^thode, qui k la rigueur ponr-
rait 6tro mise en pratique avec Saccus dans les bernies röcentes
et pea YoIamineuBes, ne märite pas Tottbli on eile est tomböe.
Ayant döcoavert le sac, d6brid6 Tanneau, si Ton parvient k röduire
la hernie, Topiration se r^duit manifestement k une sorte de taxis/*
Auch Yidal betont die geringe GefJUirlichkeit der Operation:
„Je pense que, dans les oas, ou eile ponrra 6tre appliqu^, cette
Operation sera moins dangereuse que le proc^dö ordinaire.^^
Als warme Yertheidiger der Operation kOnnen wir unter
den Franzosen, ausser Petit, nur Bonnet, Diday und in der
neuesten Zeit Colson (Memoire sur Topöration de la hernie
etrangl^e sans ouyerture du sac. Arch. gön de Mödecine. 1863.
Mars, Avril, Mai) erw&hnen.
Deutschland hat auch verh<nissmässig wenige Anhänger
der Peti tischen Hernioiomie, obschon 6. A. Richter sie bereits
gegen ihre Gegner vertheidigte. Er sagt: ^Man hat sich in der
neueren Zeit fast eine Pflicht daraus gemacht, diese Methode
gänzlich und in allen Fällen zu yerwerfen. Einer hat dem Anderen
nachgesprochen und keiner hat auf die Absicht des Erfinders
und die Fälle; in welchen allein er sie empfiehlt, Acht gehabt.*
Er führt die gegen die Operation angegebenen Grftnde an, und
sagt Yon ihnen: „Sie sind freilich aufi^allend, aber bei weitem
so wichtig und beweisend nicht, als sehr Viele glauben. Zuver-
lässig ist sie nicht in allen Fällen thunlich, aber ebenso zuver-
lässig ist sie auch nicht in allen Fällen zu verwerfen/^ Er un-
tersucht dann die Gründe dagegen, hebt die Yortheile der Ope-
ration hervor, und sagt zum Schluss:
„Ich halte also daffir, dass diese Operationsart mit Nichten
überhaupt und in allen Fällen zu verwerfen ist, sondern zuwei-
len, unter gewissen bestimmten umständen, mit Nutzen und Yor-
theil verrichtet werden kann.^^
G. J. M. Langenbeck (Abhandlung von den Leisten- und
Schenkelbrüchen) empfiehlt, den Sack nur in dem einen Falle zu
schonen, wenn bei einem grossen angewachsenen Bruche, der
schon vor der Incarceration nicht reponirt werden konnte, die
474 Dr- Dontrelepont,
Incaroeration dadurch entstand, dass noch eine neue Dannpor-
tion vorfiel, weil man hier die Gedärme, welche wegen ihrer
festen Adh&sionen nicht reponirt werden konnten, der Luft aus-
setzen und entblösst liegen lassen müsste.
Hesselbach geht noch weiter, und will nur dann den Bmch-
sack unerGffnet lassen, wenn seine Eröffnung dadurch unmöglich
ist, „dass die vorgefallenen Eingeweide durch die sogenannte
fleischige oder tendinöse Adh&sion unter sich und dem Bmch-
sacke total verwachsen sind/^ Für ihn überwiegen die Yortheile
der Eröffnung des Bruchsackes bei weitem die Nachtheile der
Nichteröffnung.
Blasius giebt die Operation unter den Bedingungen so,
dass 1) die prolabirten Theile nicht brandig seien und 2) die
Einklemmung bestimmt durch die alleinige Erweiterung des Bauch-
ringes gehoben werden könne, nur in den F&llen jedoch, 1) wenn
der Bruch frisch und klein ist, 2) wenn er sehr alt und gross
ist, so dass die vorgefallenen Theile in der Bauchhöhle keinen
Fiats hätten und wieder vorfallen mflssten, oder gar nicht repo-
nirt werden könnten, sondern nur noch neue prolabiren würden,
und wenn die Einklemmung durch Vorfall einer neuen Darm-
partie, oder Volamvermehrung der schoi^ vorliegenden bewirkt
ist, 3) wenn der Darm in grösserer Ausdehnung und auf untrenn-
bare Weise mit dem Bauchfelle adhärirt, 4) wenn das Coecnm
oder Colon vorliegt, wegen der Cohäsion, die es natürlicher Weise
mit dem Bauchfelle hat und sehr bald mit anderen Theilen
eingeht.
Auch Zang will nur als Ausnahme von der Regel, jedes-
mal den Brachsack zu eröffnen, die Petit'sche Operation in den
folgenden Fällen zugeben: 1) dass bei einem neu entstandenen
Bruche der Bauchring den hinreichenden Grund der Einklem-
mung enthält, 2) wenn ein Brach mit grossem Inhalt, oder Even-
tration besteht, und 3) wenn man gewiss ist, dass eine feste
Verwachsung der vorgefallenen Theile mit dem Bruohsack be-
steht, und die Einklemmung bloss durch den Bruchring vermit-
telt ist.
Ueber Herniotomie ohne Eröffnung des Brnchsackes. - 475
Seiler (in Rast's Handbuch der Chirurgie) sagt, man könne
nur in sehr seltenen Fällen den Versuch, ohne Eröffnung des
Sackes zu reponiren, machen, nämlich bei kleinen, neu entstan-
denen Brüchen, wo der Bruchsack mit den benachbarten Thei-
len noch nicht fest yerwachsen ist, die Einklemmung nicht durch
den Bruchsackhals, oder Verengerung des Körpers desselben be-
wirkt wird, und man weder Brand noch Verwachsungen der in
demselben liegenden Gebilde zu färchten hat.
Dieffenbach (Operative Chirurgie) verwirft die Operation
im Allgemeinen als ganz unzweckmässig; man wirke im Dunkeln;
er will sie nur auf die extremen F&lle reduciren, nämlich auf
ganz kleine, neue und auf ganz grosse, alte Brüche. Für sehr
werthYoU hält er sie jedT^ch bei Nabel- und Bauchbrüchen älte-
rer, dickleibiger Personen, weil bei ihnen die gewöhnliche Me-
thode der Herniotomie sehr gefährlich ist, bald durch den freien,
directen Eintritt der Luft in die Bauchhöhle, bald durch das
Hineinfliessen des Wundsecretes und des Eiters in* das Cavum
abdominis.
Chelius will die Nichteröffnung des Bmchsackes höchstens
auf die Fälle beschränken, wo der Bruch neu entstanden, oder
ausserordentlich yoluminös, oder völlig im Bruchsackhalse ange-'
wachsen, und. man gewiss ist, dass die Einklemmung in der
Bruchpforte ihren Sitz hat
L inhart, (Vorlesungen über*Unterleibshemien) welcher eine
Zeit lang „aus dem einfachen Grunde^, weil das Peritoneum
nicht verletzt, die Bauchhöhle nicht geöffnet wird, ein Verthei«
diger dieser Methode war, will dieselbe jetzt nur sehr bedingt
empfehlen. Er hält die Eröffnung des Peritoneum bei Weitem
für nicht so gefährlich, sagt dass gerade bei denjenigen Hernien,
wo diese Gefahr am meisten zu i&rchten wäre, nämlich bei
grossen Scrotal- und Nabelhernien die Einklemmung durch Knik-
kungen, Verschlingungen oder durch Netzadhäsionen oder neu-
gebildete Bindegewebsstränge im Innern des Bruchsackes bedingt
seien, und bei kleineren Hernien hätte man gar keine Garantie,
476 ^f- DoatrelepoDt,
daBS der Brachsack nicht auch eine Einschnürung mache. Aus-
serdem befürchtet er bei dieser Methode die Reduction en masse.
Als wanne Yertheidiger dagegen treten in Deutschland onr
einige Chirurgen auf, wir nennen Preyss, Mayer und beson-
ders Danzel, welcher zuerst in Holscher 's, dann in den Jena-
igchen Annalen und zuletzt in seinen Herniologischen Stadien for
die Operation auftrat. In der neuesten Zeit haben hauptsüchlich
Schuh (Zeitschrift der k. k. Gesellschaft der Aerzte za Wien
1849), Busch (Lehrbuch der Chirurgie. IL Band. 2. Abtheilung),
Ravoth (Berliner klinische Wochenschrift, 1866 No. 52) und B.
Schmidt (G^ünther's Lehrbuch yon den blutigen Operationen.
4. Abtheilung. 2. ünterabtheilung) die Herniotomie ohne Eröff-
nung des Bruchsackes empfohlen. ^
Die glücklichen Resultate, welche ich nach der Herniotomie
ohne Eröffnung des Bruchsackes beobachtet habe, bewegen mich,
dieselben zu yeröffentlichen, um nochmals die Ausfuhrung dieser
OperationsmSthode in den passenden Fällen zu empfehlen. Trots
der Empfehlungen, welcher bis jetzt diese Operation sich zu er-
freuen hatte, wird sie bei Weitem nicht so h&nfig ausgeführt, als
sie es gerade wegen ihrer geringen Gei&hrlichkeit verdient Mit
'Recht sagt Schmidt: „Die grössere Zahl der Gegner sind
solche, welche die Petit 'sehe Operation noch nicht ausgeführt
haben und die Yortrefflichkeit ihres Operationsverfahrens durch
ungegründete Beschuldigungen zu verwerfen bemüht sind. Er
sagt ferner, dass er selbst den Prozess der Wiedergeburt an
einem der vorzüglichsten Chirurgen beobachtet, der, sobald er
die erste Operation nach Petit ausgeführt hatte, sofort erkannte,
dass viele der geltend gemachten Gegengründe theoretisch seien,
und ein ähnliches Bekenntniss machte wie Schuh. Dieser
schreibt: „Ich getraue mir ein Wort über den Bruchschnitt zu
sprechen, da ich ihn bereits 140 Mal vollführte. Ich war auch
mit den Erfolgen weit glücklicher, als viele Andere. Nichtsdesto-
weniger mache ich mir Vorwürfe, diesen so nahe liegenden Ver-
such, der Hebung der Einklemmung ausserhalb des Bruchsackes
erat in den letzten Jahren angestellt zu haben, denn ich bin fest
Deber Herniotomie ohne ErCfTnang des Brochsackes.
477
fiberzeagt, dass Mancher gerettet worden vr&re» der nach der
Operation an Enteritis gestorben ist.^
Auch Busch war früher Gegner der Operation. Er sagt:
„Ich war im Anfange meiner Tbätigkeit durch die Autorität mei-
nes Lehrers Dieffenbach, welcher einer der grössten Gegner
dieser Operation war, yon ihrer Anwendung zurückgeschreckt,
bis ich durch fremde Erfahrungen belehrt, eigene sammelte, und
nun einer der wärmsten Anhänger derselben geworden bin.^
Heine eigenen Erfahrungen beziehen sich auf 12 Fälle von
Herniotomie ohne Eröffnung des Bruchsackes, von denen ich 8
als Assistenzarzt der hiesigen chirurgischen Klinik in der Zeit
Tom 1. April 1861 bis 1. Mai 1865 beobachtet habe; die 4 an-
deren habe ich im evangelischen Hospitale, oder in der Woh-
nung der Patienten selbst operirt. Diese 12 Herniotomieen, welche
ohne Eröffnung des Bruchsackes ausgeführt werden, lasse ich
tabellarisch folgen, um dann Bemerkungen über die Operation
selbst, deren Vortheile und über die Vorwürfe, welche ihr ge-
macht sind, anzuknüpfen:
No.
Name und
Wohnort des
Patienten.
5*
3 "^
Art
des Braches.
Std.
PI
Erfolg.
•
Bemerkungen.
1.
Johann D. ans
72
Hemia cmra-
24
2/12.
16./12.
Tod.
Tod, nii^ht in
Poppeisdorf.
lis sinist.
1861.
1861.
Folge der Ope-
ration, sondern
an Marasmus.
2.
Friedrich Z. aas
67
do.
24
13./1.
28./i2.
Gene-
Ein Stück Net£
Bonn.
1862.
1862.
sung.
konnte nicht re-
ponirt werden.
3.
Margarethe G.
aus Bonn.
48
do.
12
16.A
1862.
ii.ys.
1862.
Gene-
sung.
4.
Johann H. aas
n
Bemia in-
26
10./4.
21./4.
Gene-
Bonn.
gnin. extern.
1862.
1862.
sung.
6.
H. y Schreiner aus
59
Bernia crar<i-
IC
18./12.
15/1.
Gene-
Ein Stack Netz
Bonn.
lis dextr.
1863.
1834.
sung.
konnte ni«'ht re-
ponirt werden.
6.
Helene P. ans
Bonn.
28
do.
24
10./7.
1864.
1468.
18./4.
Gene-
sung.
7.
Ets H. ans Bonn.
70
do.
60
28./12.
1864.
18./1.
1865.
Gene-
sung.
478
Dr. Dontrelepont,
Name nnd
fei
Art
des Bmches.
4i|
H
st
No.
Wohnort des
l|
il
U
Brfolg.
Bemerknnges.
Patienten.
a
Std.
cS o«
&a
8.
Agnes S. ans Bonn.
40
Hernia cmra-
lis.
36
21. /4
1865.
13/6.
1865.
Gene-
sung.
9.
R., Manrer ans Geis:
60
Hernia in-
36
20./9.
20./10.
Gene-
lar.
gnin. ext
Hernia crnra-
1862.
1862.
sung.
10.
Fran D. ans Bonn.
73
72
17./1.
6./2.
Gene-
lis sinistr.
1864.
1864.
sung.
11.
Isaac L. ans Benel
60
Hernia in-
gnin. dextr.
Hernia cmra-
9
25/5.
1865.
12./6.
1865.
Gene-
sung.
12,
Fran A. ans Bonn.
43
4
29./8.
24./9.
Gene
lis dextr.
1866.
1866.
snng.
Unter diesen Fällen sind 9 Schenkelbruche und 3 äussere
Leistenbrüche. Das Alter der Patienten war sehr verschieden;
in einem Falle wurde die Operation bei einem lömonatlichen
Kinde ausgeführt, die anderen Patienten waren theils im mittle-
ren Älter, drei über 70 Jahre alt. Ausser den erwähnten Fällen
kamen in der chirurgischen Klinik während der Zeit, fn welcher
ich Assistent war, noch 5 Herniotomieen vor, bei welchen der
Bruchsack eröffnet werden musste; von diesen 5 Patienten star-
ben 4, während yon den 12 Patienten, welche ohne Eröfinnng
des Bruchsackes operirt werden konnten, nur einer gestorben
ist, und zwar, wie die Krankengeschichte, welche ich hier folgen
lasse, zeigt, kann dieser Todesfall nicht als Folge der Operation
betrachtet werden.
Johann D., 72 Jahre alt, ans Poppeisdorf (No. 1. der Tabelle), eio
schwacher Greis, litt seit langer Zeit an einem Schenkelbruche, welcher
gewöhnlich durch ein Bruchband zurückgehalten wurde. Am 1. December
1861, Abends, trat der Brnch wieder neben dem Brnchbande aus, nnd konnte
nicht mehr reponirt werden. Der hinzngerufene Arzt Tersuchte die Taxis,
aber ohne £rfo1g, nnd schickte dann den Pat., 24 Stunden nach der Ein-
klemmung, in die chirurgische Klinik. Hier wurde, da auch in der Narkose
die Taxis nicht gelang, zur Herniotomie geschritCen. W&hrend der Operation
erbrach Patient flU^nlent riechende Massen. Nachdem der Bmchsack too
allen Seiten freigelegt worden war, wurden die Ligg. Gimbemati undPon-
partii eingeschnitten, ohne dass die Taxis gelang. Bei n&herer Untersuchung
sah man einige über den Bmchsackhals Tsrlaufende Fasern^ welche eine
Deber Herniotomie ohne Erfiffonng des Brnchsackes. 479
deutliche Binschnfining in demselben machten. Zwischen swei Pincetten
wurden diese einschnfirenden Fasern durchschnitten, worauf die Reposition
leicht gelang. Der Bmchsack blieb in der Wände znrück. Gleich nach
der Operation hörten die Uebelkeit, das Erbrechen nnd die Schmerzen ani^
nach 3 Stunden erfolgte auf ein Larement Leibesöffnung. Am folgenden
Tage fühlte sich Pai recht wohl, der Leib war gar nicht aufgetrieben, der
Stuhl erfolgte ton selbst Puls 90. Ohne dass eine st&rkere Reaetion auf
die Operation folgte, schössen bald Granulationen aus der Wunde heraus,
welche einer raschon Heilung entgegenging. Pat hatte jedoch keinen
Appetit, er wollte nichts zu sich nehmen, und wurde tagtftglich schwächer.
Die Zunge wurde roth und trocken. Der Stuhl erfolgte normal von selbst,
der Leib war weder schmerzhaft, noch aufgetrieben. Am 12. Tage nach der
Operation kam noch ein Bronchialcatarrh hinzu, und am 14. Tage entschlief
der Patient ganz ruhig. Die Section wurde leider nicht zugegeben.
Wenn wir auch keinen Sectionsbefund hier anfiibren kOnnen,
so unterliegt es wohl keinem Zweifel, dass eine Peritonitis nicht
die Todesursache war, sondern dass der alte, schwache Patient
an Marasmus zu Grunde ging, dass also der Operation die To-
desursache nicht zugeschrieben werden kann.
Bevor wir die Vortheile, welche durch die Schonung des
Brnchsackes bedingt werden, und die Vorwürfe, welche gegen
dieselbe von den Gegnern angeführt werden, besprechen, wollen
wir über die Operation selbst noch Einiges sagen.
Petit beschreibt die Operation mit folgenden Worten: „Lors-
qu'on a decouvert le sac herniaire, et qu'on Ta degami jusqu'a
Tanneau des graisses et des membranes qui le couvrent, on prend
une sonde plate courbee par son bout et cannel^e dans son mi-
lieu, on Pinsinue entre Tanneau et le sac, on passe la pointe du
bistouri dans sa cannelure, pour couper ce qui se trouve de l'an-
neau engage sur le bout de cette sonde; et si Ton croit n'en
avoir pas assez coup6 pour debrider suffisamment Tanneau, on
continue de pousser cette sonde plate sous Tanneau et de couper
tout ce qui se trouve sur la sonde: par ce moyen le sac reste
en entier et Tanneau devenu moins serr6, les parties renfermäes
dans la hemie sont moins k la g§ne et Ton peut les faire ren-
trer, en les ponssant avec douceur.^
In unseren Fällen wurde bei der Operation in mancher Be-
480 ^' DoDtrelepont,
Ziehung von diesem Verfahren abgewichen. Sie wnrde auf fol-
gende Weise ausgeführt: Durch Erhebung einer Hantfalte wurde
die Haut in der L&ngsrichtung des Bruchs durchschnitten, der
Hautschnitt erstreckte sich von der Bruchpforte bis zum Ende
des BruchkOrpers, um den ganzen Bruchsack freilegen zu kön-
nen. Nachdem auf der vorsichtig eingeführten Hohlsonde dann
die den Bruchsack noch bedeckenden Fascien schichtenweise durch-
schnitten, und so die vordere Wand des Bruchsackes freigelegt
worden war, wurden die Hüllen des Bruchsackes von ihm ab-
präparirt, was gewöhnlich mit den Fingern ganz sanft geschehen
konnte; nur sehr selten mnsste das Messer oder die Cooper sehe
Scheere zur Hülfe genommen werden, um feste Verwachsungen
zu trennen. Auf diese Weise wurde der ganze Bruchsack von
allen Seiten freigelegt, so dass man den ganzen Bruch mit dem
in die Bruchpforte vordringenden Bruchsackhalse genau übersehen
konnte. Ich halte diese vollständige Freilegung des ganzen
Bruches, welche ich von Busch habe ausfuhren sehen und
welche ich in meinen Fällen immer ausgeführt habe, für vor-
iheilhafter und sicherer, als die partielle, weil man zuerst anf
diese Weise am sichersten erkennen kann, ob man wirklich den
Brnchsack vor sich hat, oder noch eine Fascienschichte über
demselben liegt, und weil man dann mit ziemlicher Sicherheit,
wenigstens in den Fällen, wo der Bruchsack nicht sehr verdickt
ist, sich auch von dem Zustande des Bruchinhalts überzeugen
kann. Nachtheile hat dieses Verfahren nicht, höchstens dass die
Wunde einige Tage länger zu ihrer Heilung nothwendig hat, als
bei dem linearen Freilegen des Bruchsackea, ein Zeitverlust inr
den Patienten, welcher in Bezug auf die grössere Sicherheit bei
der Operation von gar keinem Belang ist. Debersieht man nnn
hiernach die ganze Brucbgeschwulst und die Bruchpforte, so geht
man zum zweiten Akte der Operation über, zur Erweiterung der
Pforte. Diese kann entweder von innen nach aussen, wie es
gewöhnlich geschieht, oder von aussen nach innen, v^ie sie Hes-
selba ch empfohlen hat, ausgeführt werden; ich halte die letz-
tere f&r besser, weil man immer fibersieht, was man durchschuei-
Ueber Hemiotomie ohne ErGffnang des Bnichsackes. 4gl
det. W&hrend ein Gehülfe die Brnchgeschwalst sanft mit den
Fingern nach der entgegengesetzten Seite drückt, wird eine Hohl-
sonde zwischen Bruchsackhals und Pforte eingef&hrt, auf welcher
dann die auf derselben sich befindenden Theile mit dem Messer
von aussen nach innen durchschnitten werden. Diese Erweite-
rung der Bruchpforte kann, wenn ein Schnitt nicht genügt, an
mehreren Stellen geschehen, um nicht durch einen einzigen
grösseren Schnitt Gefässe zu verletzen; also das Döbridement
multiple ¥on Vi dal. Ehe man zur Reposition schreitet, unter-
sucht man noch genau den freiliegenden Bruchhals. Man wird
hänfig feine Bindegewebsstränge über denselben Yerlaufen finden,
welche, trotz ihrer Feinheit, h&ufig die Einklemmung verursachen,
oder wenigstens noch Hindernisse der Taxis entgegenstellen. In
mehreren Fällen habe ich erst, nachdem dieselben auf der Hohl-
sonde getrennt waren, die Taxis gelingen sehen. Ist auf diese
Weise die Bruchpforte so erweitert, dass sie den Bruchhals nicht
mehr einschnüren kann, so schreitet man zu dem 3. Akte der
Operation, der Taids. Der Druck bei dieser darf nur ein sehr
sanfter sein, denn da er direct auf den Bruchsack wirkt, könnte
leicht, besonders da der ganze Bruchsack freigelegt ist, durch
einen st&rkeren ein Rednction en masse stattfinden. Man wird
diese jedoch immer verhüten können, wenn bei der Ausübung
der Taxis, in dem Augenblick, wo der Inhalt zurückzutreten be-
ginnt, der Bruchsack mit den Fingern zurückgehalten wird. Ge-
lingt die Reposition nicht auf eine sanft ausgeführte Taxis, so
schreite man gleich zur Eröfihung des Bruchsackes. Gelingt sie
dagegen, so kann der obere Theil der Hautwunde mit einigen
Nähten geheftet werden, der untere Wundwinkel muss jedoch
offen gehalten werden, weil eine vollständige prima intentio der
Wunde nicht zu erwarten ist, und man durch Offenhalten dieses
Wundwinkels dem sich bildenden Eiter freien Abfluss verschaf-
fen muss.
Die Yortheile der Schonung des Bruchsackes bei der Her-
niotomie sind so einleuchtend, dass man sich wundem muss,
dass sie nicht ein Allgemeingut der Chirurgen geworden ist. Die
▼. LmBg«Bb«ek*» Areblr t OhRwglt. IX. Sl
482 ^' Doatrelepont,
Herniotomie ohne ErOffaimg des Bruchsackes setzt eine nicht
penetrirende, die Herniotomie mit Eröffnung des Brachsackes
eine penetrirende Bauchwnnde.
Wenn auch der Brachsack, wenigstens bei alten Brüchen,
nicht mehr so empfindlich gegen eine Verletzung sein wird, wie
das gesnnde Bauchfell, und wenn sogar die in neuerer Zeit bei
den Ovariotomieen und Laparotomieen gemachten Erfahrungen uns
lehren, dass eine Verletzung des Bauchfelles nicht immer von
einer Peritonitis gefolgt wird, wie es früher angenommen wurde,
80 kann man doch nicht leugnen, dass die meisten lethal ver
laufenen Herniotomieen Peritonitis als Todesursache aufweisen.
Diese Entzündung des Bauchfelles ist zwar häufig durch die Ein-
klemmung selbst yor der Operation verursacht, aber ebenso häu-
fig directe Folge der Operation. Nicht allein die Verletzung des
Peritoneum kommt hierbei als Ursache in Betracht, sondern viel-
mehr noch der Umstand, dass durch die Eröffnung des Sackes
der Inhalt desselben dem Contacte der Luft ausgesetzt wird, dass
bei der Reposition der Druck direct auf das Peritoneum vigce-
rale wirkt, dass Blut oder später Exsudate der Wunde in die
Bauchhöhle fliessen.
Bei der Petit'schen Herniotomie werden diese die Perito-
nitis bedingenden Momente ausgeschlossen, und dieses erklärt die
günstigen Resultate der Operation.
In unseren 12 Fällen hatten wir, wie oben gezeigt, nur
einen Todesfall zu beklagen, den wir jedoch durchaus als unab-
hängig von der Operation erklären mussten. Auch kam in kei-
nem Falle eine allgemeine Peritonitis nach der Operation vor,
im Gegentheil, die Heilung verlief in den meisten Fällen rasch
und günstig. Es traten keine drohenden Erscheinungen auf, die
Patienten fieberten kaum einige Tage schwach, es folgte nur ein'
leichtes Wundfieber dem operativen Eingriff, wie es bei jeder
grösseren eiternden Wunde immer eintritt.
Nur in zwei Fällen (No. 2 und 6 der Tabelle) verlief die
Heilung nicht ganz so günstig, es waren diese Fälle complicirt,
in soweit wenigstens, als ein Stück Netz, welches mit dem
Deber Heroiotomie ohne EröffnuDg des BrnchBackes. 483
Bruchsack verwachsen war, in dem Bruchsacke liegen blieb.
Diese beiden Fälle, welche jedoch auch günstigen Ausgang hat-
ten, lasse ich hier folgen:
1. Fr. Z., 56 Jahre alt, von Bonn, leidet an einer Hernia cmralia ein.
incarcerata seit 24 Standen. Vor seiner Aufnahme in die Klinik am 13. Jan.
1862 sind schon vielfach, aber ohne Erfolg, Repositionsversnche gemacht
worden. Der Bruch ist ungefähr gänseeigross. Gleich nach seiner Auf-
nahme wnrde Fat. chloroformirt, und da auch in der Narcose die Taxis
ohne Erfolg blieb, zur Herniotomie geschritten. Nach Erweiterung der
Bruchpforte durch mehrere Einschnitte, ohne ErOfifnung des Sackes, ging der
grösste Theil des Brachinhaltes leicht bei dem Taxisversuche zurück, es
blieb nur ein Fettklampen, welcher mit dem Peritoneum verwachsen war,
in dem Bracksacke aassen liegen; die Brachpforte war sehr gross, von
einer Einklemmung nichts mehr wahrzunehmen. Durch einige Hefte wurde
dann die Hautwunde geschlossen. Schon 3 Stunden nach der Operation
bekam Fat. einen normalen Stuhl, in Folge eines dargereichten Klystiers.
Die Uebelkeit und das Erbrechen waren vollständig geschwunden. Bis
zum dritten Tage nach der Operation war der Verlauf sehr günstig, an die-
sem Tage jedoch klagte Fat. über ziemlich heftige Schmerzen um die
prima intentione geheilte Wunde, es trat geringes Fieber ein (Fuls 92), die
Schmerzen Hessen zwar nach Application von einigen Blutegeln nach, aber
am 7. Tage nach der Operation zeigte sich die ganze Umgebung der Wunde
erjsipelatös gerötbet und ödematös; es wurden warme Breiumschläge appli-
cirt, worauf am folgenden Tage, nach einer Incision, eine grössere Menge
Eiter sich entleerte. Der Leib war durchaus nicht aufgetrieben, auch nicht
schmerzhaft bei Druck. Die Verdauung normal. Das Fieber wurde heftiger,
Fat. bekam einen leichten Schüttelfrost. Es stellte sich bald heraus, dass
noch andere Eiteransammlungen vorhanden waren, worauf am 24. Januar^
also 11 Tage nach der Operation, diese geöffnet, und verschiedene Eiter-
gänge in den Muskeln gespalten wurden. In den folgenden Tagen verschwand
das Fieber, die Wunden zeigten bald gesunde Granulationen, und heilten
allmälig zu, so dass der Fat. am 28. Februar geheilt entlassen werden
konnte. Die Bruchpforte war so gross, dass man mehrere Finger in die-
selbe einführen konnte, und dass grössere Darmpartieen , wenn Fat. auf
war, vortraten; der irreponible Netzbrnch war während des Entzflndungs-
prozesses geschrumpft, so dass fast nichts mehr von ihm warzunehmen war.
Es wurde dem Fat. ein gutes Biuchband gegeben.
Am Abende des 8. März 1867 wurde derselbe Patient wieder mit allen
Erscheinungen der Incarceration in die chirurgische Klinik aufgenommen.
24 Standen vor seiner Aufnahme war der faustdicke Bruch hervorgetreten,
31*
484 ^' DomtrelepoBt,
lud konote nieht larfiekgebraeht wwdeo. Gleich wr haftiges Rrbtechea
eingetreten, durch welches nach 12 Stunden schon kothige Missen entleert
wurden. Mehrere TkxisTersuche führten nieht sum Ziele; die Geschwulst
wir nur mlssig gespsnnt, und teigig anzuf&hlen. Pat wurde chlorofonuxl,
und da dann die Taxis ohne Resultat blieb, wurde die Hemiotomie aosge-
ffihrt. Nach Dnrchftchneidnng der Haut und des subcutanen Bindegewebes
seigte sich der Bruchsack und die durchscheinenden Gedirme. Trotz-
dem, dass die Bruchpforte weit war, Hess sich die Reposition doch nicht
erreichen. Es mnsste der Brucbsack eröffnet werden, wobei sich wenig
Bruchwasser entlerte. Nach TollstSndiger Spaltung des Brnchsackes seigte
sich ein Convolnt Ton Darmschlingen, welche an ihren Berührungspunkten
mit einander Terwacbsen waren. Diese Verwachsungen waren so fest, und
überbrückten theilweise die Schlingen, dass an eine Trennung nicht gedacht
werden konnte. Der Darm selbst war missig injicirt und ziemlich gespannt.
Ein Stück Nets war in der Nähe der Bmchpforte fest mit dem Bmchsacke
Terwachsen. Nachdem der Bruchsackbals nach oben durch einen Schnitt
erweitert war, bot die Bruchpforte so nel Raum, dass man bequem neben
dem Darme mit zwei Fingern eingehen konnte. Trotzdem gelang die Re-
position nicht, weil das DarmcouTolnt sich nicht entleeren konnte. Zur
Verkleinerung des Bmchinhaltes , und um die Reposition zu ermöglichen,
wurde mit dem Troicart darin punctirt, dessen Ganüle eine gelbe, stinkende
Flüssigkeit entleerte. Der Darm fiel hierauf zusammen, und es wurde dann
die ganze Terwachsene Partie reponirt Das Torliegende Netz wurde ab-
geschnitten. Erst am 3. Tage nach der Operation erfolgte Stahlgang, trotz
Anwendung Ton Gljsmata. Am 2. Tage war der Leib tympanittsch aufge-
trieben und schmerzhaft in der Umgebung der Brochpforte; diese Symp-
tome schwanden jedoch bald, nach Application Ton 10 Blutegeln, und nach-
dem der Stuhl erfolgt war. Sonst Terlief die Heilung ganz nach Wunsch,
und Anfangs April war die Operationswnnde fast geheilt Am 8. April be-
kam jedoch Patient wieder heftiges Fieber, es stellte sich eine beiderseitige
Pleuropneumonie ein, welche den Z. am 13. April hinrafiFte. — Die Section
ergab Folgendes: In beiden Pleurahöhlen ungefähr 1 Maass grünlich gelbes
Exsudat, beide untere Lungenlappen an der Spitze infiltrirt; Lunge sonst
wenig ödematOs. Pericardium enthält eine ziemliche Quantität Serum, Herz-
fleisch fettig, an der Valvula mitralis fettige Einlagerungen, Aorta und Pol-
monalis atberomatds. In der Bauchhöhle eine bedeutende Quantität gelb-
lich gefärbtes Serum. Milz klein, sehr blass. Leber am Rande etwas
fettig. Das Omentum nach unten an der Bruchpforte adhärent, hat das
Colon transTersum Tollständig geknickt und heruntergezogen, das obere
Ende des Ileum zeigt 4 feste, verwachsene Darmschlingen; die äusserste
Spitze derselben sitzt an der Bmchpforte. Die Operationswnnde ist fast
Ueber Hemiotomie ohne Eröffnang des Brnchaackes. 485
Tollständig vernarbt, so dass man too anssen nicht in den Bruc^sack ein-
dringen kann. Der Bruchsack ist nicht mehr zn erkennen , in schwieliges
Bindegewebe umgewandelt Der Magen ist anch durch das unten adhäri-
rende Netz nach unten gezogen, und in der N&he des Pylorns geknickt.
Dieser Stelle entsprechend, ist die Schleimhaut stark hyperämisch, mit £c-
chjmosen versehen. Das Ileum enthält breiige, gelbliche Massen. Nieren
normal. Die Aorta descendens und die beiden Artt. iliacae sind stark athe-
romatOs, mit bedeutenden Kalkeinlagerungen.
2. Schreiner H., 59 Jahre alt, aus Bonn, bemerkte zuerst vor 15 Jah-
ren einen kleinen, wallnnssgrossen Knoten an der rechten Grnralpforte, der
nicht reponirt werden konnte. Bald gesellte sich ein Oruralbruch hinzu,
welcher trotz dieses irreponibelen Netzbruches durch ein Bruchband zurück-
gehalten wurde. Der irreponibele Theil lag neben der Pelote. Zweimal
war schon der Bruch eingeklemmt gewesen, mit allen Zeichen der Incarce-
ration, die Tuis gelang jedoch, lange fortgesetzt, jedes Mal. Am 17. De-
eember 1863, gegen 8 Dhr, trat plötzlich der Bruch grOsser als gewöhnlich
hervor, er konnte nicht zurflckgefflhrt werden, und alle Erscheinungen der
Einklemmung stellten sich bald ein. Glystiere, Taxis, warmes Bad blieben
ohne Erfolg, weshalb Patient am folgenden Tage um 12 I3hr in das Johannis-
Hospital aufgenommen wurde. Da auch in der Narcose die Taxis nicht ge-
lang, schritt man zur Herniotomie, welche auch hier ohne Eröffnung des
Bruchsackes gelang. Der irreponibele Netzbrnch blieb auch in dem nicht
eröffneten Bruchsacke liegen, und die Wund^ wurde durch einige Nähte ge-
schlossen. Die Einklemmungserscheinungen verschwanden gleich nach der
Operation, nur wollte kein Stuhlgang, trotz der dargereichten Glystiere, er-
folgen, es gingen nur Flatus ab. Pat. hatte vor seiner Aufnahme in das
Hospital von dem behandelnden Arzte Tinctura Opii erhalten. Am 19. Abds*
klagte Pat. Ober Schmerzen in der Bruchgegend, es stellte sich geringes
Fieber ein. Am 20. traten, nach Darreichung einer Ricinusemulsion, meh-
rere breiige Stühle ein. Am 20. schwoll die Operationsgegend au, es
zeigte sich eine, die ganze Umgebung der Wunde einnehmende Röthe, wäh-
rend das Fieber heftiger wurde, und die Gegend der Brnchpforte bei Druck
sehr schmerzhaft war, weshalb einige Blutegel angesetzt wurden. Die
Wunde, welche per primam fnt. geheilt war, wurde mit der Sonde eröffnet,
und entleerte eine ziemliche Quantität Eiter. An den folgenden Tagen muss-
ten noch einige Incisionen in der Umgebung gemacht werden, um dem Eiter
freien Abflnss zu verschaffen. Während dieses Processes erfolgte der Stuhl
normal, der Leib war nicht aufgetrieben. Nachdem dem Eiter ganz freier
Abflnss verschafft war, verliess das Fieber den Patienten, die Geschwulst
und die Röthe verschwanden, die Wunden granulirten schnell zu, so dass
486 ^f* Dontrelepont,
der Patient am 15. Jad. 1864 ans dem Hospitale entlassen werden konnte.
Der irreponibele Netzbrnch war in diesem Falle geblieben.
In diesen beiden Fällen sehen wir nach der Operation eine
Entzfindang des Brachsackes und des angrenzenden Bauchfelles
eintreten, welche jedoch auf diese Theile sich beschränkte und
keine drohenden Erscheinungen darbot. In dem ersten Falle
hatte sich, wie die zweite Operation, deren Details mir Herr
Geheime-Rath Professor Dr. Busch mitzutheilen die Güte hatte,
sowie später die Section nachwiesen, die Entzündung auch auf
das Peritoneun} der angrenzenden Darmschlingen fortgesetzt und
hier feste Verwachsungen derselben hervorgebracht, aber sich
nicht weiter erstreckt. Gerade diese Verwachsungen waren die
Ursache, dass bei der 2. Operation die Reposition nicht gelang,
und nur nach der Function des Darmes möglich wurde. Es ist
sehr fraglich, ob, wenn der Bruchsack in diesen Fällen eröffnet
worden wäre, die Peritonitis, welche wohl schon vor der Ope-
ration als Folge der Einklemmung begonnen hatte, so beschrankt
geblieben wäre, und nicht durch die bei der Eröffnung des Bruch-
Sackes gegebenen neuen Reizungen eine allgemeine, lethale ge-
worden wäre. Die Hauptvortheile dieser Operation sind also
NichtVerletzung des Peritoneum und dadurch Vermeiden der Be-
rührung der Bauchhöhle und der Bruchcontenta mit der äusseren
Luft, und Vermeiden von Erguss von Exsudat oder Blut in die
Bauchhöhle. Gerade diese letzteren Momente, welche bei Nabel-
und Bauchbruchen am leichtesten mitwirken können, sind es,
welche Dieffenbach, einen der grössten Gegner der Petit-
schen Herniotomie veranlasst, diese Operation als sehr werthvoil
für die Operation dieser Brucharten zu empfehlen. Neben diesen
wichtigsten wären noch als weitere Vortheile anzuführen, dass
bei einer Verletzung einer Arterie bei der Erweiterung der Brnch-
pforte das Blut nicht in die Bauchhöhle fliessen und der Darm
hierbei nicht so leicht verletzt werden kann. Hierauf lege ich
jedoch nicht so viel Gewicht, da wir wohl im Stande^ sind, diese
Verletzungen in den meisten Fällen zu vermeiden. Ebenso we-
nig Gewicht lege ich darauf, dass die Heilnngazeit bei den nach
Deber Hemiotomie ohne ErOffnnng dei Brnchsackes. 4g 7
Petit Operirten eine kfirzere ist, als bei der anderen Methode;
die geringere Gefäjirlichkcit derselben, welche durch die oben
erwähnten Momente bedingt ist, allein sollte die Chirurgen zu
ihrer allgemeinen Anwendung ermahnen. .
Wie verhält es sich nun mix den sogenannten Nachtheilen,
welche man ihr zum Vorwurfe gemacht hat?
Die wichtigsten Einwände sind:
1) dass man im Dunkelen operire, man wisse nicht wie die
Eingeweide beschaifen seien, welche man reponirt;
2) die Ursache der Einklemmung liege häufig nicht in der
Brucbpforte, sondern im Bruchsackhalse oder in den Bruch-
contentis selbst und dadurch werde leicht eine Masseure-
duction gemacht;
3) die Operation wäre schwieriger und mühsamer.
In den von mir beobachteten Fällen war keiner dieser Vor-
wurfe gerechtfertigt, und ich bin fest überzeugt, dass man diese
Nachtheile bei unserer Operation vermeiden kann.
Am schwersten wiegt der erste Vorwurf, dass man bei der
Peti tischen Hemiotomie Theile in die Bauchhöhle zurückführt,
deren Beschaifenhcit man nicht kennt, sie könnten brandig sein,
oder dem Brande nahe, und nach der Reposition könnte eine
Perforation des Darmes eintreten, welche eine rasch lethal ver-
laufende Peritonitis hervorrufen würde. Diesem Einwände ent-
gegnet Richter schon mit Recht: „Wenn der Wundarzt, nach-
dem er sich bereits zur Operation entschlossen hat, noch einen
Versuch wagt, den Bruch durch Taback oder durch die Taxis
oder irgend ein anderes gelinderes Mittel zurückzubringen und
der Versuch gelingt, so ist nun auch der Bruch uneröffnet zu-
rückgebracht worden, und darinnen liegende Theile können
wider Vermuthen schadhaft sein. Denn warum soll das jetzt bei
der Taxis nicht zu befürchten sein, was man eine halbe viertel
Stunde später bei der Operation fürchtet? Und wird man denn
nun den Wundarzt wegen dieses letzten glücklichen Versuches
tadeln? Oder wird sich ein vernünftiger Wundarzt durch diese
Gründe von einem solchen Versuche abhalten lassen?^
488 ^r. Doatrelepont,
In den F&llen, wo man Brand des Darmes bef&rchten moss,
wird man natürlich die Petit'sctie Herniotomie nicht ausfahren
wollen, ebenso wenig als man dort noch Tiele Taxisversnche
machen wird. Den Brand werden wir aber erkennen können,
wenn nicht schon yov der Operation, doch nachdem der Bruch*
sack vollständig freigelegt ist, die Entf&rbung der Haut, die Ver-
wachsungen derselben mit den tiefer liegenden Theilen, das Oedem,
Emphysem der Bruchhüllen, die Beschaffenheit und, nach Eey,
der übele Geruch des Bruchsackes selbst und seines Inhalt wer-
den uns da nicht im Zweifel über die brandige Beschaffenheit
des Darmes lassen, und sollten noch Zweifel vorwalten, so wird
man die Eröffnung des Brucbsackes vornehmen können. Auch
sagt Teale mit Recht, dass ein in Brand übergegangenes Darm-
stfick nicht so leicht in die Bauchhöhle zurückzubringen sei, denn
meistens hätten sich schon Adhäsionen mit dem Bruchsack und
dem in der Nähe gelegenen Bauchfelle gebildet. Gewöhnlich
könnten daher solche Vorla^erungen, selbst wenn die Einklem-
mung durch den Schnitt gehoben ist, nur mit einer darcbaas
unzulässigen Gewalt zurückgebracht werden.
In dem zweiten Vorwurfe können wir auch keine Ge&hr
für unsere Patienten erkennen. Wo die Einklemmung nicht
durch die Bruchpforte bedingt ist, werden wir es bald daran er-
kennen, dass die Bruchpforte sich nicht eng um den Bruchsack-
hals anlegt, oder dadurch, dass die ausgeführte Taxis nicht die
Reposition erreicht. Eine Einklemmung durch dfe Pforte selbst,
welche Dupuytren bekanntlich als nur sehr selten annahm
und Malgaigne sogar vollständig leugnete, kommt häufiger
vor, als man wohl annimmt. Die Zahl der nach Petit Hernio-
tomirten giebt einen deutlichen Beweis davon, obschon diese
Methode noch so wenig ausgeübt wird. Bei 19 Herniotomieen,
welche ich behandelt habe, war 12 mal, in 16 Fällen von Bon-
net 9mal, in 9 Fällen von Golson 8mal u. s. w. die Hernio-
tomie ohne Eröffnung des Bruchsackes möglich ; es lag also hier
die Einklemmung auch ausserhalb desselben. In den Fällen, wo
die Incarceration nicht durch die firuchpforte, sondern durch den
Ueber Herniotomie ohne Eröffnung des Brnchsackes. 489
Brncbsackhals, oder sogar innerhalb des Bruchsackes bedingt
wird, ist die Reposition des Bmchinhalts mit Zurückhalten des
Brnchsackes ausserhalb - der Bauchhöhle nicht möglich, es sind
Fälle, welche für unsere Operation nicht passen, in welchen die
Eröffnung des Bruchsackes nicht umgangen werden darf. Aber
hier ist durch den Versuch der Schonung des Bruchsackes nichts
verdorben, es bleiben dieselben Chancen nach dem vereitelten
Versuche zur Eröfinung des Bruchsackes, wie vorher. Dass eine
Reposition en masse in dem Falle, wo die Einklemmung nicht
durch die Bruchpforte bewirkt wird, durch die Petit 'sehe Her-
niotomie sehr leicht entstehen wird, kann ich nicht zugeben,
wenn man so verfährt, wie es in unseren Fällen geschehen. Es
kommt besonders hierbei darauf an, dass die nach Blosslegung
des Sackes und Erweiterung der Bruchpforte ausgef&hrte Taxis
sehr sanft sei, dass man versuche, die der Bruchpforte zunächst
liegenden Bruchcontenta zurukzufQhren und dabei den Bruchsack
selbst immer ausserhalb der ünterleibshöhle mit den Fingern
zurückhalte. Nie darf die Taxis so ausgeführt werden, dass man
den Druck auf die ganze Bruchgeschwulst ausübe.
Was nun den dritten Vorwurf berifft, so können die Schwie-
rigkeiten einer Operation nicht in Betracht kommen, wenn diese
weniger Gefahr für den Patienten bringt.
üebrigens habe ich nicht beobachtet, dass die Operation so
viele Schwierigkeiten dargeboten hätte ; ich habe sie in der Pri-
vatpraxis mit einem einzigen Assistenten ausgeführt, der neben-
bei noch den Puls während der Narcose zu controliren hatte.
Das Freilegen des ganzen Sackes erfordert natürlich mehr Zeit
als wenn man nur an einer Stelle ihn freilegt, aber diese län-
gere Dauer der Operation kann hier gar nicht in Betracht kom-
men — In Bezug auf den Zeitpunkt der Herniotomie schreitet
man jetzt, und zwar mit vollem Rechte, viel schneller zur Ope-
ration als in früheren Zeiten. Damals wurde, ehe man zum Mes-
ser griff, das ganze Heer der Mittel, welche gegen die Einklem-
mung empfohlen waren, versucht, und dadurch wurde die beste
Zeit zur Operation versäumt. Je frilher operirt wird, desto gün-
490 Dr.Doatrelepont, Geber Heroio tomie ohne Eröffnii og d. Brnchsacke!.
stiger ist die Prognose. Seitdem wir die Chloroformnarkose b^
sitzen, sind wohl in den meisten Fällen die früher angewandten
Mittel fiberflüssig. Wenn in derselben die Taxis des Bmcfaef
nicht gelingt, so warte man nicht länger mit dem Bruchschnitte
Handelt man nach diesem Verfahren, so wird man in den mei-
sten Fällen nicht zu befurchten haben, dass Biand des Darmes
schon eingetreten sei, und man wird häufiger die gefahrlose Ope-
ration nach Petit ausfuhren können.
Speciello Indicationen für die Petit 'sehe Herniotomie auf-
zustellen, wie man es nach der Grösse und Art des Bruche.«.
nach der Dauer der Einklemmung u. s. w. gethan hat, halte icb
weder für rathsam noch für möglich. Sie ist nur in den FUIeQ
ausfahrbar, wo die Incarceration nur ausserhalb des Brucbsackes
liegt, und diese Fälle können wir vor der Operation nicht dia-
gnosticiren. In allen Fällen von eingeklemmten Hernien, bei de-
nen ein Verdacht auf Gangrän des Darmes nicht vorliegt, ver-
suche man immer die Schonung des Bruchsackes, und versacbe
eine sanfte Taxis nach Erweiterung der Bruchpforte. Geling
die Reposition nicht, so kann man noch immer zur Eröffooog
des Bruchsackes schreiten.
X.
lieber die durch Verwachsung eDtstandeoen Larynx-
Stenosen und deren operative Beseitigung.
Von
Dr. med. J. ]fl. Rossbach
in Würzburg.
(Hierzu Taf. IV. Fig. 1-3.)
Ueber die durch Verwachsung der einander gegenüberstehen-
den Kehlkopfs Wandungen, sowie der Taschen- und Stimmbänder
entstandenen Stenosen ist bis jetzt, im Vergleich mit den durch
Schwellung, Neubildungen u. s. w. daselbst hervorgerufenen Ver-
schliessnugen und Verengerungen noch wenig bekannt. In der
ganzen laryngoskopischen Literatur zerstreut finden sich bis jetzt
nur 12 Fälle, und von diesen wurden die wenigsten einer aus-
führlichen Untersuchung und Beobachtung unterzogen.
Das Hauptcontingent zu diesen Verwachsungs-Stenosen lie-
ferten die syphilitischen Geschwüre, welche bei ihrer Hei-
lig stets grosse Neigung zur Bildung starker Narben haben und
oft genug Anlass zu den wunderlichsten Verzerrungen im Kehl-
kopf werden.. Stossen dann solche Geschwüre z. B. am vor-
deren Vereinigungswinkel der Stimm- und Taschenbänder zu-
sammen, so muss nothwendig, Je nach der Grösseder Geschwüre,
^itt« Verwachsung der Theile und ein mehr oder minder grosser
492 Dr. J. M. Rossbach,
Verschluss der Stimmritze eintreten. Ebenso ist es leicht be-
greiflich, wenn ringförmige Geschwüre an anderen Stellen, z. B.
in der Gegend unter don Stimmb&ndern sitzen, dass bei Rück-
gang der UIceration ein Zusammenheilen der einander gegen-
überliegenden Kehlkopfswandnngen und eine Stenosirung dieser
Partie stattfindet. - Von den oben angeführten 12 Fälen tref-
fen allein auf Syphilis 7; 4 von diesen letzteren wurden von
Türck (1.), 1 im ärztlichen Bericht des allgemeinen Kranken-
hauses in Wien vom Jahre 1866, s&mmtlich mit mehr oder min-
der grossten Verwachsungen der Stimmb&nder oder der Stimm-
und Taschenb&nder zusammen, beschrieben; ferner 1 von Seme-
leder (2.); dessen Beschreibung aber nur höchst kurz und un-
voUstfindii!: ist, und' bei dem die Verwachsung höchst wahrschein-
lich in der subglottischen Gegend stattfand; und endlich 1 von
J. Schnitzler (3.) mit einer Verwachsungsmembran in dersel-
ben Gegend. •— Als zweithäufigste Ursache finden wir Hals-
schnitwunden, bei denen es selbstverständlich eben so viele
Möglichkeiten der Art der Verwachsung giebt, als verschiedene
Schnittrichtungen vorkommen können. Neben einer von Rey-
naud (4.) schon in der vorlaryngoskopischen Zeit (1841) be-
schriebenen - vollständigen Veröchliessung des Kehlkopfes unter-
halb des Schildknorpels durch eine von hinten und oben nach
vorne und unten gehende Scheidewand, die sich nach einer star-
ken, durch den Kehlkopf und die Speiseröhre sich erstreckenden
Schnittwunde entwickelt hatte, finden wir noch 3, wenn auch
nur zu theilweiser Verwachsung führende Halswunden von Tfirck
(5.) beschrieben, und eine kurze Bemerkung über eine fast voll-
ständige Verwachsung der mittleren Kehlkopfshöhle aus eben
1) Dr. Ludwig Tfirck, Klinik der Krankheiten des Kehlkopfes nod
der Luftröhre. Wien. 1866. S. 408—411.
>) Schmidt, Jahrbficher. Bd. 134. S. 118.
5) Wiener mediz. Presse. 1867. 5. S. 106.
4) Schmidt, Jahrbficher. Bd. 37. S. 162.
6) AUgem. Wiener mediz Zeitnng. 1866. No. 44. und Dr. L. Tflrck,
Klinik der Krankheiten des Kehlkopfes n. s. w. S. 484-486.
Ueber die durch Yerwacbsong entsUodeDeD Larjnx-Stenoseo etc. 493
dieser Ursache von Brons (6.) — Ein weiterer Fall endlich,
ebenfalls von Brans bekannt gemacht (T.)» war während eines
Typhus entstanden, also höchst wahrscheinlich Folge eines typhös-
diphtheritischen Processes; die Stenose sass in dem unter-
halb der Stimmbänder gelegenen Abschnitt des Kehlkopfes und
unterbrach die Communication beinahe ganz, so dass man durch
die in der mittleren Keblkopfehöhle angesammelte Flüssigkeit
nur hie und da kleine Luftibl&schen aufsteigen sah.
Die Art und Weise jedoch, wie die Verwachsungen aus den'
Geschwüren entstanden, von welcher Ausdehnung letztere selbst,
wie lange die üebergangsstadien waren^ erhellt aus keiner der
oben angeführten Krankengeschichten. Zu einer laryngoskopi-
schen Beobachtung gelangten dieselben entweder gar nicht, oder
erst dann, wenn die Verwachsung und Stenosirung bereits einen
hohen Grad erreicht hatte, oder nach bereits vorgenommener
Tracheotomie.
In den meisten Fällen überliess man die Sache, ohne eine
operative Beseitigung des Grundleidens zu versuchen, ihrem na-
türlichen Verlaufe, oder begnügte sich mit einer künstlichen Er-
öffnung der Luftwege unterhalb des Respirationshindernisses, und
wur zufrieden, nur das Leben gerettet zu haben, und suchte noch
durch eine medicamentöse Behandlung, so bei syphilitischer Grund-
lage durch eine Schmier- oder Sublimatcur, eine Erleichterung
und B ^serung hervorzurufen ; und nur 5mal schritt man zu einer
unmittelbaren Operation der Verwachsung; so Bruns bei der
bereits erwähnten, nach einem Typhus eingetretenen Verwachsung.
Es war bereits eine Tracheotomie gemacht worden, so dass er
nicht auf dem natürlichen Wege, durch die Mundrachenhöhle
einzugehen, sondern die Trachealfistel mit dem Galvanokauter
nur zu erweitern brauchte, um mit demselben, nach oben gerich-
teten Instrument sodann die Yerwachsungsstelle einfach zu durch-
<0 Victor Y. Bruns, Die Laryngoskopie und laryng. Chirurgie. 1865.
S. 442 u. 443.
^) Derselbe, Bbendas. S. 442.
494 I>r. J. M. RoBBbach,
trennen. Der Erfolg war, nachdem die Wiederverwachsnng durch
eingelegte Bougies und Katheter vefhindert worden war, ein sehr
günstiger. Der Kranke erhielt seine Stimme, wenn auch heiser,
zurQck, konnte wieder Luft durch Mund und Nase einziehen,
doch nicht in solchem Maasse, dass die in die Trachea eingelegte
Canüle überflfissig geworden wäre. Durch ein an letzterer an-
gebrachtes Klappen ventil sprach er so gut, „dass man ihm sein
Leiden gar nicht anmerkte." (8.) — Auch den durch eine Quer-
schnittwunde entstandenen Verwachsungsfall operirte Bruns mit
dem Galvanokauter^ so dass auch hier die freie Gommnnication
zwischen den beiden Abschnitten der Kehlkopfehöhle wiederber
gestellt wurde. Leider fehlt bis jetzt die ausführliche Beschrei-
bung des Verlaufes und Ausganges dieser Operation (6.), so dass
ich nur aus den Abbildungen dieses Falles im „Atlas zur Laryn-
goskopie" von Bruns, Tafel 3, Figur 6, und Tafel 8, Figur 4")
den Schluss ziehen kann, dass auch diese zweite Operation von
der Halswunde aus gemacht wurde. — Die dritte Operation war
von Türck bereits Ende 1863 an einer durch Syphilis entstan-
denen, narbigen, membranartigen Verwachsung des grösseren vor-
deren Abschnittes der Stimm- und Taschenbänder gemacht wor-
den, und zwar auf dem natürlichen Wege, indem er nach vor-
hergegangener örtliche Narcotisirung durch Chloroform-Morphia-
lösung mit dem gedeckten Win trieb 'sehen lanzettfSrihigen
Messer zuerst die oberflächliche Schicht der Verwachsun|smem-
bran durch trennte, und hierauf erst mittelst eines geknöpften
krummen Messers die ungefähr 2 Linien dicke, sehr feste Mem-
bran bis in der Nähe des vorderen Glottiswinkels spaltete. Wenn
auch eine theilweise Wiederverwachsung eintrat, so blieb doch
immer noch die hintere Hälfte des Spaltes klaffend, so dass zwar
die Aphonie nicht gehoben, aber dafür die Dyspnoe beseitigt
B) Neben einer kurzen Notiz in dem bereits unter Anmerkang ^) er-
wähnten Werke findet s*ch die ausführlichere Darstellung dieses Falles in
einer Inanguralabhandlung von Julius Frank aus Stuttgart: pBeitr&ge
zur Bronchotomie, nach den an der Chirurg. Klinik zu TQbingen gemachten
Erfahrungen. 1867.« S. 33.
Ueber die durch Verwachsnng entstandenen Larynx- Stenosen etc. 595
wnrde (1.). — Ein vierter Versuch wurde bei dem in dem är^t-
licben Bericht des Wiener allgemeinen Krankenhauses erwähnten
syphiUtischen Patienten mit einem Sichelmesser, doch ohn^: Er-
folg, gemacht. Nach einer wieder eingetretenen Yerkl bung
unterliess man alle weiteren Eingriffe. — Die fünfte Operation
endlich, ebenfalls auf natürlichem Wege intralaryngeal, wurde
TOn Schnitzler in Wien (3.) an der unterhalb der Stimmbän-
der gelegenen Yerwachsungsmembran eines syphilitischen Mannes
gemacht. Der Erfolg war ein ähnlicher, wie bei dem Türck-
schen Falle, nur scheint hier auch nicht die geringste Wieder-
verwachsung eingetreten zu sein, so dass der Kranke, bis auf
die durch narbige Einziehung der obersten Luftröhrenringe schon
vorher bedeutend verengerte Trachea, geheilt entlassen werden
konnte (9.).
In der letzten Zeit kamen mir zweimal Larynxgeschwüre
zur Beobachtung, bei denen sich als Endresultat solche narbige
Verwachsungen der Taschen- und Stimmbänder einstellten. Es
war mir auf diese Weise möglich, die Entstehung und den Ver-
lauf derselben beinahe von Anfang an zu sehen, was bei allen
bis jetzt veröffentlichten und in der Einleitung angeführten Be-
obachtungen nicht der Fall war. Der zuerst zu beschreibende,
bei dem in der kürzesten Zeit die Tracheotomie nöthig geworden*
wäre, steht auch in der Beziehung einzig da, als zugleich eine
beinahe totale Verwachsung nicht allein der Taschen-, sondern
auch der Stimmbänder eingetreten, die Stimme gänzlich und die
Respiration grossentheils verfallen war, und doch beide, Stimme
wie Respiration, durch die vorgenommene Operation
gleichmässig und bis zur vollkommenen Norm wieder her-
9) Schnitzler scheint den TQrck' sehen Fall nicht gekannt zu ha-
ben, sonst würde er den seinigen nicht als den ersten bezeichnet haben,
der auf dem natürlichen Wege operirt worden sei. Leider blieb anch er
eine ausführliche Darlegung der ganzen Krankengeschichte schuldig, er-
wähnt z. 6. mit keinem Worte , wie die Stimme vor, wie sie nach der Ope-
ration war, welchen Umständen er verdankte, dass auch nicht die geringste
Wieder Verwachsung der gespaltenen Membran eintrat u. s. w.
496 Dr. J. M. RosBbach,
gestellt wurden. In dem Türe kuschen Falle waren zwar auch
die Taschen- und Stimmbänder verwachsen; allein es wurde
durch die Operation nur die Respiration, nicht aber die Stimme
wiederhergestellt; in dein Schnitzler'schen Falle waren die
Taschen- und Stimmbänder gar nicht verwachsen, so dass durch
die Operation nur ein Respirationsweg wiederhergestellt zu wer-
den brauchte. -— An Interesse gewinnen dieselben ausserdem
noch durch die Beobachtung der Ursache, warum nach richtig»
Trennung gerade der Yerwachsungsmembran an den Stimm- und
Taschenbändern eine Wiederverwachsung nicht mehr stattfindet,
eine Kathet^risation des Kehlkopfes also gänslich entbehrlich ist.
1. Chr. y., 32 Jahre alt, Schnhmacher you hier, stellte sich mir am
12. April 1867 mit einem bereits 4 Monate alten Halsleiden vor. Derselb«
hatte sich schon am 22. December Nachts durch eine heftige Erkältung
einen „rauhen Hals** zugezogen, denselben jedoch nicht beachtet, sondern
sich noch mannichfaltigen anderen Schädlichkeiten ausgesetzt, so dass sich
sein Zustand von Tag zu Tage verschlimmerte, und endlich am 17. Jannv
1867 ärztliche Hülfe in Anspruch genommen werden musste. Die damalige
Behandlung, der sich Pat. übrigens sehr unregelmässig unterzog, bestand
in allen möglichen Hausmitteln, Tropfen, Mixturen und Pulvern, so lange,
bis in der Nacht des 20. März, nach einem starken Spaziergange bei kaltem
Wetter, ein Erstickungsanfall eintrat Als auch jetzt die verschiedenen
Brechmittel, die Einreibungen mit Grotonöl, und die Einathmongen voo
Ammon. muriat und Morph, keine Besserung herbeiführten, der vorher dicke
Mann immer mehr abmagerte, die Stimme ganz verfallen blieb, ond sich
dazu eine von Tag zu Tage grösser werdende Athemnoth gesellte, wurde
der Kranke zur laryngoskopischen Untersuchung, die bis jetzt noch nicht
vorgenommen worden war, an mich gewiesen. — Der behandelnde Arzt hatte
die Krankheit bis jetzt für einen croupös-diphtheritischen Process des La-
rynx gehalten — der Kranke will in den erbrochenen Massen selbst weisse
Häute beobachtet haben -> ; ein anderer Arzt, der den Kranken in frfiherea
Jahren behandelt hatte und jetzt consultirt wurde, für eine syphilitische
Affection, ohne jedoch eine dagegen gerichtete Behandlung einzuleiten. —
Die Entscheidung in diesem Falle war auch wirklich schwer. Der Kranke
selbst giebt an, vor 18ö5 nie krank gewesen zu sein; erst in diesem Jahre
will er sich eine Zerreissung des Frenulum zugezogen haben, die in 14 Ta-
gen durch Baden in Chamillenthee rasch heilte; 1856 bekam er einen tripper-
artigen Ausfluss, der sehr lange anhielt; 186B starke Schmerzen im Hoden,
aber nach einer starken Quetschung desselben, die in 8 Tagen wieder ver-
Ueber die dorch YerwftchsiiDg entstandenen Larynx-Stenosen etc. 497
giogen. Obiger Arzt hatte diese Affection 'für eine syphilitische Hodenent-
zündang gehalten, und graae Salbe einreiben lassen. Sonst läagnet der
Kranke, der mir seine ganze Anamnese mit dem grdssten Freimnth
erzählte, bestimmt jede andere Kranitheit, besonders will er nie an Hant-
ansschlägen gelitten haben. Da nnn auch die genaueste Untersacbnng,
ausser einer Vertief ang in der Glans, an Stelle des rerloren gegangenen
Frennlum, einer sehr kleinen sternförmigen Narbe an der Corona gtandis,
am ganzen Körper auch nicht die geringste yerdächtige Stelle wahrnehmen
lieas, sich nirgends geschwollene Drfisen, nirgends Residaen einer flant-
krankheit vorfanden, auch dessen Fran und 2jähriges Eiod vollkommen
gesund waren, da ferner bei der sogleich vorgenommenen Besichtigung des
Halses keine pathologischen Veränderungen, Narben n. s. w. am weichen
Ganmen, an den Ganmenb6gen, an den Tonsillen sich vorfanden, der ganze
Process vielmehr im Kehlkopf localisirt war, und auch in diesem ein Lieb-
lingssitz der syphilitischen Geschwüre, die Epiglottis, intact geblieben war,
so entschied ich mich zn der erstgenannten Diagnose eines croupös-diph-
tberitischen Processes, der ans einer lange Zeit vernachlässigten katarrha-
lischen Kehlkopfentzündung mit katarrhalischen Geschwüren, nach einer
nochmaligen heftigen Erkältung, sich herausgebildet hatte.
Die am 12. April 1867 von mir zum ersten Male vorgenommene Hals-
Dntersnchung des kleinen, blassen, immer noch ziemlich pastösen und kurz-
halsigen Patienten, dessen Brnst breit, wohlentwickelt und normal, dessen
Stimme gänzlich verfallen war, und nur aus heiseren Geräuschen bestand
(heisere Aphonie), ergab folgende Resultate: Die Schleimhaut des Mundes,
der Rachenhöhle u. s. w. zeigt, wie bereits erwähnt, keine Veränderungen,
das Innere des Kehlkopfes dagegen bietet einen ausserordentlich zerrissenen
und nnregelmässigen Anblick dar. Wenn man bei ruhiger Inspiration be-
obachtet, sind zunächst die Taschenbänder als solche nicht mehr zn er-
kennen; an ihrer Stelle sieht man nur noch nnregelmässige , zerrissene
Fetzen, stark geschwollen und mit tiefen, nnregelmässigen Geschwüren von
speckigem, gelbem Ansehen, bedeckt Das linke legt sich von hinten nach
▼orne immer mehr in die Mitte des Kehlkopfs -Innern hinein, und erscheint
ganz vorne sogar nach rechts narbig hinübergezogen, so dass es das linke
Stimmband vorne ganz verdeckt, und hinten nur der Theil zu sehen ist,
dessen Grundlage bereits dorch den Vocalfortsatz gebildet wird, als ein
nnregelmässiges, und durch Geschwüre zerfressenes Stückchen Fleisch. Das
rechte Taschenband ist, soweit es frei über einer Morgagni'schen Tasche
hängen sollte, noch mehr zerstört, mit Geschwüren bedeckt, und scheint
seinen ganzen Rand auf einige Millim. verloren zn haben. Man müsste daher
eigentlich von dem rechten Stimmbande eine viel grössere Oberfläche sehen,
als bei normal grossem Taschenbande. Dies ist jedoch nicht der Fall; im
T. Lftng«nbeok, ArehW f. Chlrarfie. IX. 22
498 ^^' J- ^ RosBbaeh»
GegenÜieil ist durch die grossen SnbstanzTerliiste, welche auch diesei
Stimmband erlitten hat, eine so grosse Excayation am Stimmbandnuide
eingetreten, dass man, besonders in der Mitte, das Stimmband nar ab
kleine, schmale Leiste nnter dem Rest des Taschenbandes vortreten sieht,
nnd nnr nach hinten ein grösseres Stfick sich erhalten hat. Besonders
deutlich werden die Zerstörungen an den Stimmb&ndem bei Intonstioss-
Versuchen, also beim Schluss der Stimmbftnder; in diesem Falle legen sich
nur die hintersten Stimmbandtheile (die yordersten kann man, wegen des
nach rechts gesogenen Taschenbandes, wie bereits bemerkt, nicht sehest
an einander, die mittleren Theile bleiben weit aus einander liegen, so dasa
also zwischen den geschlossen -sein -sollenden Stimmbftndem ein Loch er-
scheint mit zackigen Rftndern und beinahe runder Form, nur nach Torae
und hinten sich etwas zuspitzend, und halb so gross, wie die Glottis bei
ruhiger Inspiration. — Auch ausserhalb der Stimmb&nder, die vordere
Flftche des unteren Kehlkopfdrittels einnehmend, nnd sogar noch in des
Anfang der Trachea sich fortsetzend, erscheint ein auf einem geschwollescB
Untergründe aufsitzendes, mit Wucherungen umgebenes, misefarbiges Ge-
schwür mit unregelmftssiger, theils erhabener, theils vertiefter OberflSebe. -
Zugleich war eine Verengerung der ganzen Kehlkopfshöhle eingetreten, eia-
mal durch die erwähnte beginnende narbige Zusammenziehung der Tascbei-
bftnder, dann durch das erhabene Geschwflr im unteren Drittel des Kckl-
kopfes, und endlich besonders durch starke Schwellung der SchleimhaBt,
besonders der die Giessbeckenknorpel überziehenden, so dass schon eii
ziemlicher Grad von Dyspnoe bestand.
Augenscheinlich war hier grosse Gefahr vorhanden, dass einerseits
die Geschwüre noch weiter um sich griffen, nnd zur Blosslegung der Knorpe
n. B. w. führten, andererseits, dass die Schwellung wachse, oder durch eii
rasch eintretendes Oedem Erstickung hervorrufe. — Die dagegen eingeleitet! \
Behandlung bestand im Touchiren der Geschwüre mit einer anfangs schwich^ J
ren (gr.V — 3j), dann st&rkeren (gt.XY^^i) HöUensteinlösuog, aof<ü»{
immer ziemlich lange dauernde dyspnoische Anf&lle eintraten , und Eioatli-j
mungen von Tannin. Die Geschwüre reinigten sich, gingen langsam, abtf
sicher zurück. Nach 14 Tagen waren alle Geschwüre, mit Ausnahme di
unter den Stimmbändern sitzenden, viel kleiner geworden, zugleich war
schon eine fortschreitende, wenn bis jetzt auch immer noch unbedentesii
Verwachsung der Taschenbftnder ersichtlich.
Leider musste ich während einer Reise, 5 Wochen lang, die Behandlung d
Beobachtung dieses interessanten Falles aussetzen, und anderen Händen ü\M
lassen. Als ich zurückkam, war die Stimme noch gerade so, wie frökil
es wechselten nur die heiseren Stimmgeräusche mit knarrenden und raoM
ab, welche letzteren von dem Kranken immer als eine Verbesserung i
Ueber die durch VerwachsiiDg entstandenen Larjnx-Stenosen etc. 499
Stimme angesehen wnrden. Die Athemnoth war bedeutend grösser gewor-
den; es waren mehrmals Stickanfälle eingetreten, und der Kranke konnte
nicht mehr den Hammer schwingen, ohne von bedeutendem Lnftmangel
heimgesucht zu werden.
Die vom 8. Juni an wieder yorgenommenen , langdauernden, und Yom
Kranken mit grosser, lobenswerther Ausdauer ertragenen Untersuchungen
ergaben zunächst, dass eine Verwachsungsstenose im Kehlkopf eingetreten
war. — Geschwüre sind nicht mehr zu sehen. Die Taschenbänder sind weit
ttber die Hälfte mit einander verwachsen, und zwar so, dass die Linie,
welche die Verwachsung bildet, schief von hinten und links nach vorne und
rechts- eich zieht. Die Grube, welche dadurch erzengt wird, ist nicht, wie
es bei normalem Aneinanderlagem der Taschenbänder, z. B. im Anfange von
Reflexbewegungen, geschieht, ein nach unten gerichteter, ziemlich scharfer
Keil, sondern mehr ausgerundet, offenbar deshalb, weil durch den Dlcerations-
process ein grosser Theil der das Taschenband bildenden Hautfalte zerstört
ist, die narbige Verwachsung mithin wegen mangelnden Gewebes beide
Taschenbänder nach oben zog; der verwachsene Rand beider Taschenbänder
ist somit nicht so weit von dem oberen Rande der Epiglottis entfernt, wie
es der normal lange Rand ohne Snbstanzverlnste sein wfirde. Der nicht
verwachsene Theil der eben genannten Bänder zeigt sich bedeutend verdickt,
unregelmässig gerandet, und mit verschieden gerundeten und verschieden
grossen Erhöhungen und Vertiefungen bedeckt Der Spalt, der zwischen
denselben somit bleibt, bildet, in Verbindung mit der Rima interarjt. poster.,
eine Rautenform, indem die Taschenbänder hier nach hinten divergiren, die
Rima aber nach hinten convorgirt. Ausserdem zeigt das linke Taschenband
in seinem ganzen Verlaufe von vorne nach hinten gleichsam eine Knickung,
welche offenbar durch den Zug der sich contrahirenden Narbe hervorgerufen
ist; die Knickungslinie''verläuft parallal etwa ^ Cmtr. von dem eigentlichen
Taschenbandrande entfernt von vorne nach hinten, so dass die zwischen der
Knickungslinie und dem Taschenbandrande gelegene Schleimhautpartie das
auffallende Licht ganz anders widerspiegelt, als die übrigen Theile, die
nach oben und aussen von derselben liegen, und dadurch im ersten Augen-
blicke für ein Stimmband imponiren kann. Beiderseits hat ferner auch die
von der Plica arj-epiglott. nach dem Taschenbandrande sich ziehende
Schleimhautfläche durch mehrere Buckel und dazwischen liegende Vertie-
fungen, ebenfalls Folge der hier gewesenen und jetzt vernarbten Geschwüre,
ihre platte Beschaffenheit grösstentheils verloren. Die obere Abtheilung
der Kehlkopfshöhle bietet somit ein im Anfange schwer zu enträthselndes
Bild dar; die Schwierigkeit steigt bei den Versuchen, noch weiter in die
Tiefe zu dringen. Der Rand der hinten gebliebenen rautenförmigen Oeffnung
ist nicht senkrecht abgeschnitten, sondern steigt auf beiden Seiten, in Folge
82*
500 ^r- J- M. RoBBbach,
der Btarken Schwellung dieser Partie der Taschenbänder, wieder achii^
nach innen nnd unten, so dass von einem gewöhnlichen Beleuchtnngsapparat
zu wenig and zn schwache Strahlen in die eigentliche untere Oeffnnng
fallen, als dass man ein klares Bild bekommen könnte. Erst nach öfterer
Untersuchung beim prächtigsten Sonnenlicht wurde es auch hier mehr Tag.
Jetzt erst konnte ich ganz in der Tiefe einen höchstens 1 Mm. breita
Spalt erblicken, der bei Intonation sTcrsuchen schwand, bei Respirationsbe-
wegungen sich ö£fnete, offenbar die ausserordentiich verengerte Glottis;
rechts von ihr war ein ganz kleines Stückchen Stimmband von derselben
rothen Farbe, wie die ganze übrige Kehlkopfsschleimhant, links gar keim
zu erblicken.
Nachdem ich mich noch mittelst der Kehlkopfssonde überzeugt hatte,
dass auch die Enge der Stimmritze von einer Verwachsung der vorderen
Partieen der Stimmbänder herrühre, entschloss ich mich zu einer intrz-
laryngealen Operation. Die Schwierigkeiten und die leichte Möglichkeit
des Misslingens lag jedoch klar vor Augen, nnd ich bereitete daher für
diesen Fall den Kranken auf die Tracheotomie vor. Zunächst ging ans dem
damals mir noch allein bekannten Tfirck'schen Falle hervor, dass die Ope-
ration nicht mit einem oder zwei grossen Schnittzügen vollendet werden
dürfte, wenn man nicht bei der grossen Beweglichkeit, nnd den gleich beim
Beginn des Schnittes eintretenden Reflexbewegungen in eine falsche Schnitt-
richtung gelangen will. Aus diesem Grunde, und weil eine stärkere Bla-
tung bei der Enge der Stimmritze leicht Erstickung hervorrufen konnte,
beschloss ich femer, nur mittelst kleinerer Stiche nnd Schnitte, nnd ausser-
dem so viel als möglich durch mechanisches Zerreissen zuerst die Taschen-,
sodann die Stimmbänder auseinander zu bringen (besonders durch letiterea
musste die Blutung eine unbedeutende werden), und keine Zeit und Mühe
zn sparen, um nur immer in der gehörigen Richtung zu bleiben, nnd keine
fabchen Wege zu bahnen. Wenn es mir im Anfange auch wahrscheinlidi
war, dass eine Wiederverklebong und -Verwachsung der getrennten Theiie
schnell eintreten würde, so wollte ich dennoch nicht durch gleich von An-
fang an eingelegte Katheter, einmal wegen der grossen Dnannehmlichkeit
dieser Procedur für den Kranken, dann, weil bei der ausserordentlichen
Enge der Stimmritze kaum Bougies, geschweige grössere Katheter, hätten
eingelegt werden können, dasselbe verhindern — ich hätte ja nach dem
Scheitern aller Versuche immer auch dies noch versuchen können — , son-
dern lieber durch mehrmaliges Eingehen mit den Instrumenten jeden Tag
die Verklebung wieder trennen. Ausserdem schien es mir damals schon
möglich, durch die Bewegungen der betreffenden Theile beim Athmen und
Sprechen allein schon gegen die Verwachsung wirken zu können, nnd so
schritt ich denn nach Stägiger, und wegen der immer eintretenden Athem-
Deber die darch VerwachBong entstandenen L arjnz-StenoBen etc 501
noth schwieriger Yorflbung darch Einfttbrang ron Sonden, und nach gehö-
riger Anftstheeirang durch Einathmnngen nnd Bepinselnngen mit Tannin,
am 18. Jani zar Operation.
18. Jani 1867. Der Kehlkopf war bei rahiger Respiration ganz gut zn
Übersehe^, sogar besser, als beim Intoniren , wo dann immer, anter grosser
Anstreogang, der Kehlkopf in die HGhe gehoben, and der Kehldeckel, statt
sich mehr in die Höhe za richten, mehr nach hinten gezogen warde. Das
erste Instrnment, welches ich, anter grosser Aafregong des Patienten, an-
wendete, war ein einfaches, ungedecktes, zweischneidiges and sehr spitzes«
gekrfimmtes Kehlkopfsmesser, nach den Angaben von Brans. Ich ging mit
demselben in die zwischen den Taschenbftndern hinten gebliebene Spalte,
and machte mehrfache kleine Ritznngen in der Verwachsangsspalte. Die
Blutung war nicht stark und hörte bald auf, rief aber trotzdem heftige
Stickanfälle hervor. i- 19. 10 Uhr Mrgs. Fortsetzung der gestrigen Ver-
suche durch kleine, von hinten nach yome gehende Einschnitte in die Yer-
wachsungsstelle. Abds. 5 Uhr: Einstich mit gedecktem Messer in der Nfthe
des vorderen Ansatzes der Taschenbftnder im * Schildknorpelwinkel. —
20. Anwendung des gedeckten Messers, und Versuch, ohne Hervorstrecken
der Schneide, nur mit dem mehr stumpfen Schneidendecker, die Verwach-
sungen durch öfteren Druck und Zug von hinten nach vorne zu lösen und
zu zerrciesen. Theilweises Gelingen.' Der Kranke athmet sogleich leichter,
trotz der ziemlich starken Blutung tritt kein Erstickungsanfall ein. Das
Instrument wird gut vertragen, und kann lange im Kehlkopfe gelassen wer-
den. Die Glottis spuria ist bedeudend erweitert; man sieht nach Aufhören
der Blutang nun auch die wahre Stimmritze bis dahin, wo auch die Stimm-
bänder verwachsen sind; auch sieht man das rechte Stimmband in bedeu-
tend grösserer Ausdehnung, wie frfiher. — Mittags Wiederholung desselben
Versuches, mit geringem Erfolge.
Jede Ritzung hat bis jetzt Stunden lang gedauert. Trotz des besten
Willens des Patienten, wird nur selten der Kehlkopf so ruhig gehalten, dass
man, ohne Gefahr, falsche Wege zu bahnen, mit bem Messer eingreifen
durfte. Daher war jedes Mal hundertmaliges EinfEIhren des Spiegels und
Einfahrung der Instrumente nöthig, bis einmal ein Moment zur Operation
sich bot.
21. Morgens Fieber, Puls 120, offenbar theilweise bedingt durch die
enormen Anstrengungen des Patienten Tages zuvor, dann durch einen in der
Freude des Herzens gemachten Spaziergang bei grosser Hitze und leieht-
sinniges Trinken kalten Bieres^ Es wurden daher heute die operativen Ein-
griffe ausgesetzt, Ruhe im Bette und Limonade verordnet, so dass gegen
Abend schon das Allgemeinbefinden wieder besser war. — 22. Leichtes
Oedem an der vorderen Flftche der Epiglottis; schwerere Geraderichtung
503 ^' J- M. RoBsbach,
denelben. Morgens, trotz eiostflndiger Versuche, ünmögliehkeit, daa Instni-
ment mhig einznbringeiL — Mittags 2 Uhr besseres Gelingen. Aaf Ein-
stechen nnd Vorschneiden gegen den Vereinignngswinkel wird der Spalt
Iftnger nnd breiter, doch werden die begrenzenden Rinder nicht gera^inig.
Abends 5 Uhr Fortsetzung. Die jetzt Yorgenommenen Einstich-Schnitte nnd
-Risse sind von geringem Blntverlnste begleitet Das gedeckte Messer wird
nnn immer auch in die wahre Stimmritze geführt, so dass die mit dem
Schneidendecker nach vorne geführten Risse nicht allein die Taschen-, son-
dern auch die Stimmbänder trafen. — Nach den heutigen SstHndigen
Sitzungen sind Taschen-, wie Stimmbftnder fast bis zu ihrem rorderen Ver-
einigungswinkel gespalten. Doch ist eine genaue Besichtigung heute nicht
mehr mOglich, wegen der Er8ch<(pfung des Patienten, und wegen der Trü-
bung des Bildes durch die allerdings geringe Blutnng. Ordination: Mehr-
stündige kalte Deberschläge um den Hals, Ruhe im Bette. — 23. Die laute
Stimme ist weithin verständlich wiedergekehrt, nicht mehr heiser, aber noeh
rauh, knarrend. Wie schon seit mehreren Tagen, so sind, besonders heute,
deutlich weissliche, flottirende Fäden an den Stimmbandrändem zu bemer-
ken, welche bei den Respirationsbewegungen hin- und hergepeitscht werden.
Zwischen der noch nicht gespaltenen kleinen Verwachsungsrinne quillt beim
Intoniren immer eine weisse, wie der feinste Schnee aussehende Masse her-
T^, die immer wieder zurücksinkt, und sich nie zu Schleimpätzchen gestal-
tet Die Stimmbänder sind weit sichtbar. Das rechte entbehrt des schar-
fen Randes, ist ganz abgerundet, scheint sich aber beim Intoniren zqzu-
schärfen. Dabei ist die Oberfläche beider ^stark gerOthet, nur an dem
rechten glänzt das Pünktchen des Vocalfortsatzes aus dem rothen Gninde
schneeweiss hervor. — 24. Nach 2 weiteren Sitzungen, in denen die Erwei-
terung, immer besser gelang, die Stimme immer kräftiger wurde, liess ich
eine Pause in der Operation eintreten, und zwar deshalb, weil der Patient
heftige Schmezen im Einnbackengelenke und an der Zunge bekam, dann,
weil durch die langen operativen Eingriffe das Oedem an der Epiglottis sieh
vergrOssert hatte, und auch im Kehlkopfe ziemlich heftige Entzündungser-
scheinungen eingetreten waren. Eine Untersuchung wurde aber trotzdem
mehrmals täglich vorgenommen, ebenso durch Einführen und Vorziehen der
Sonde die sich wieder bildende Verklebuog hintertrieben. — 28. Der letzte
Rest des verwachsenen Taschenbandes wird durchschnitten. — 1. Juli. Seit
dem letzten stärkeren operativen Eingriffe ist das Innere des Kehlkopfes,
umgekehrt wie früher, nicht mehr so gut bei Inspiration, wohl aber besser
bei Intonation zu übersehen. Ausserdem ist jetzt durch lapge Debung ein
so weites Herausstrecken der Zunge mGglich, dass nicht allein der Rachen-
theil der Epiglottis, sondern auch die hintere Rachenwand, fast bis zu der
Spitze der Giessbeckenknorpel herab, mit blossem Ange gesehen werden
üeber die durch VerwachfliiDg entstandenen Larjnz-Steifosen «tc. 503
kann. — - Bd einem solchen starken Vorstrecken der Znnge entstand pldtz-
Hcb, ohne weitere nachweisbare Ursache, eine sehr starke Blntnng, als deren
Sitz ich eine Zungenpapille erkennen konnte. — > 2. Heute wird der letzte
Rest anch des Stimmbandes gespalten, theils mit dem geknöpften Messer,
theils mit dem Schneidendecker, durch Zug Ton hinten nach Tome. Blu-
tung wieder ziemlich stark. Die Stimme gewinnt sogleich an Sch&rfe, aber
nur f&r kurze Zeit.
Dies ist der Verlauf der Operation, die, neben so riel Zeit, unendliche
Mfthe nnd Geduld in Anspruch nahm, die, mit Aussicht auf geringen Erfolg
begonnen, im höchsten Grade durch ihr Resultat belohnte. Nach noch wei-
teren 8 Tagen, wfthrend deren durch oftmalige BinfQhrungi von Sonden
immer und immer wieder einer Verwachsung entgegengetreten wurde, war
Alles geheilt, ohne Wiederyerwachsnng, die Stimme verlor immer mehr ihre
Ranhheit, die Töne wurden wieder YoUkräftig, und jetzt (20. Sept.) merkt
man dem wieder dick und kriftig gewordenen Manne nicht das geringste
Leiden seiner Stimmorgane mehr an, und das Kehlkopfs-Innere bietet fol-
gendes Bild: Bei Intonation schliessen die Stimmbftnder vollkommen, die
Stimmritze verläuft nur äusserst wenig in schr&ger Richtung. Die Taschen-
bänder treten dann weit auseinander, bilden auch im Schildknorpelwinkel
keinen Vereinigungswinkel mehr, sondern setzen sich, fast parallel mit ein-
ander nach vorne verlaufend, jedes ffir sich, an die vordere Kehlkopfswand
an, offenbar weil bei der Operation durch das Zerreissen der Membran auch
Theile der Schleimhaut mit zerrissen sind , dann jedenfalls noch durch den
Zug der nach Innen vorspringenden Stimmbänder auf die stark narbig ver-
änderte Schleimhaut, indem denselben wahrscheinlich nicht mehr hinläng-
lich Schleimhaut zu Gebote steht; sie müssen sich deshalb beim Vorsprin-
gen auf Kosten der Schleimhaut der Taschenbänder und der Morg agni-
schen Tasche vergrössern, und es liegt der Schluss nahe, dass bei Intona-
tionsstellnng der Stimmbänder die Morgagni*schen Taschen, wenigstens
in ihren vorderen Abschnitten, grossentheils odejr ganz verzogen sind, und
ihren Charakter als Taschen verloren haben. — Dasselbe ist noch der Fall
bei starker Inspiration, wie sie z. B. unmittelbar nach einer längeren, kräf*
tigen Intonation stattfindet; die Taschenbänder liegen dann immer noch
ziemlich auseinader, bilden aber vorne schon wieder einen allerdings abge-
rundeten Winkel. Die Stimmbänder aber berühren sich noch im vordersten
Winkel, offenbar durch die lange Gewöhnung; nach hinten lassen sie eine
weite Glottisspalte zwischen sich, die durch das stark ausgeschweifte, linke
Stimmband links eine stark gebogene, rechts aber eine mehr gerade Linie
zur Begrenzung hat. — Nur bei schwacher Respiration legen sich beide,
Taschen- wie Stimmbänder, in ihrer vordersten Abtheilung noch etwas zn-
604 Dr. J. M. Roflsbacb,
summen, so dass sowohl die wahre, wie die falsehe Stimmritfe kleiaer €f-
•cheioen, als sie in Wirklichkeit sind.
2. G. D., 28 Jahre alt, Bremser, schon Tor 1 Jahre an SjphilU ▼<&
mir behandelt, stellte sich mir Ende Juli 1867 mit neuerdings eingetretenes,
wahrscheinlich syphilitischen KehlkopfsgeschwQren vor. Neben einem Die»
an dem rechten Giessbeckenknorpel, waren besonders die Stimmbänder davoi
ergriffen, die Dmgegend Gdematös geschwollen, so dass Tolhitindige Heiserkeit
eingetreten war. Die theils locale, theils gegen die Grundkrankheit ge-
richtete Behandlang fOhrt anch rasche Heilung der Geschwüre herbei, doek
so, dass mit dem Verschwinden derselben nnter meinen Augen eine Tig
f&r Tag zunehmende Verwachsung der Stimmbänder unaufhaltsam eintrat,
und nach Ablauf einer Woche 2 Drittheile verwachsen waren. Die Respi-
ration wurde, wenn auch der Kranke nicht fiber Beengung klagte, laat,
heiser, mühsam; die Sprache aber war besser als vorher geworden, was
offenbar daher rührte, dass vorher gar keine normalen Stimmbandr&nder
vorhanden waren, und jetzt wenigstens das hintere Drittheil normal functio-
nirte. Interessant war hier das Verhalten der Verwachsungsmembran selbst,
die bei den verschiedenen, besonders Inspirationsbewegungen, eine starke
Spannung erlitt, so dass sie an ihrem hinteren Ende immer durch die starke
Spannung ganz anämisch und schneeweiss wurde. — Die Operation, mit
denselben Instrumenten ausgeführt, wie beim vorigen Falle, oft nnterbrocheo
durch die lange geschäftliche Abwesenheit des Kranken, zog sich über eines
Monat hinaus. Es wurde mir hier besonders klar, dass täglich mehrmals
durch instrumentelle Trennung die vorher verwachsenen Theile immer wieder
auseinandergezogen werden müssen, und dass starke Respiration und vieles
Sprechen, was ich besonders empfahl, allein nicht hinreichend ist, um die
Trennung bleibend zu machen, da der Kranke mehrmals nach 4 tägiger Ab-
wesenheit immer wieder auf den alten Standpunkt zurückgefallen war. Die
nach vollendeter, beinahe totaler Spaltung zurückgebliebenen Entzündongs-
erscheinungen gingen ohne jede Behandlung, trotz des anstrengenden Dien-
stes, in einigen Wochen zurück, und der Kranke ist jetzt vollkommen Ben
seiner Respiration und Sprache.
Wir erhalten somit bei einem Rückblick auf die kurze Ge-
Bchichte und auf meine Erfahrungen bei den eben betrachteten
Kehlkopfsverwachsungen und deren operativer Entfernung in
Kürze folgende Resultate: 1) Die nicht seltenen und meist nach
Ulcerationsprocessen eintretenden Verwachsungen der Stimm- und
Taschenbänder, sowie anderer Theile des Kehlkopfes sind immer
einer auf natürlichem MTege vorzunehmenden Operation zuj^g-
Ueber die durch Yerwachsiing entstandenen Larynx-StenoBen etc. 505
lieh. 2) Diese Operation ist nicht schwieriger, vielleicht nur
etwas mehr Zeit ia Ansprach nehmend, als andere instrumen-
teile Eingriflfe in den Kehlkopf, z. B. Entfernung von Neubil-
dungen. 3) Eine vollständige Verwachsung ist überhaupt nicht
möglich, wenn der Verlauf der ursächlichen Krankheiten mit
dem Kehlkopfspiegel überwacht wird. 4) Einlegung von Bou-
gies oder Kathetern ist wohl in den meisten, vielleicht in allen
Fällen nicht nOthig; und zwar deshalb, weil man eine Wieder-
verwachsung durch täglich mehrmals vorgenommene Eingriffe mit
stumpfen Instrumenten gänzlich verhindern, eintretende schwächere
Verklebungen aber immer wieder auseinanderreissen kann. 5)
Ein gutes Hilfsmittel gegen Wiederverwachsungen ist jedenfalls
auch noch das viele und starke Sprechen, sowie ein "öfter vor-
zunehmendes heftiges Athmen. 6) Die dabei nötbigen Instru-
mente sind: a. In manchen Fällen von schlaffen Kehldeckel-
bändem und dadurch erschwerter Aufrichtung desselben die
Bruns'sche Kehldeckelpincette, die wirklich Ausgezeich-
netes leistet, und neben dem, dass sie keine Reflexbewegungen
hervorruft, auch keinen, oder einen äusserst, geringen momentan
stechenden Schmerz hervorruft, und dadurch gestattet, mit gröss-
ter Sicherheit die nöthigen Schnitte im Innern des Kehlkopfes
KU machen, b. Ein geknöpftes Kehlkopfsmesser. Hag dasselbe
construirt sein, wie immer, so sind Einschnitte in den sich sen-
kenden Kehldeckel nicht wohl, aber ein' zu tiefes Verletzen durch
schnelles Herausziehen zu umgehen, c. Zur Dilatation und Zer-
reissung habe ich mich, wie bereits mitgetheilt, des Schneiden-
deckers an dem B musischen gedeckten Messer bedient. Um
nicht immer die Röhre reinigen lassen zu müssen, in der die
Messersonde verläuft, würde es wohl am besten sein, für obige
Fälle eine dicke Kehlkopfsonde an ihrem vordersten Abschnitt
so platt schlagen zu lassen, dass sie ein stumpfes Messer gleich-
sam repräsentirt. 7) Blutungen bei dieser Operation sind nicht
zu befürchten.
Erklärung der Abbildungen auf Tafel IV., die sämmtlicb
dem zuerst mitgetheilten Falle angehören:
506 ^' J* M. Rosflbach, Oeber die durch Venrachsnog eto.
Ttf, IV.
Flg. 1. KehlkopfBbild am 7. Jani 1867.
Figi 2. Bild desselben Kehlkopfes am 20. Jani«
Fig. 8 a. Bild nach Yollendeter Operation am 8. Jali, bei IntonatioDB-
Stellung der Stimmbänder.
Fig. 8 b. Bild am Datum ron 8 a., bei leiser Respiration, und
Fig. 8 c. bei heftiger Inspirationsbewegung.
Wfirzbnrg, den 26. September 1867.
XI.
Mittheilungen aus der chirurgischen
Casuistik und kleinere Mittheilungen.
L Ein nraet Litbotom, welches von der Stelnionde nicht abgleiten
kann. (Zapfen - Steinmeaser.)
Ton
Dr. llax* lieadesdorf in Hamburg.
(Hieran Taf. IV. Fig. 4—7.)
ZoYÖrdersi eine knrze Krklftrnng der Abbildungen:
Fig. 4 ist das Messer von der Seite nnd in Rnbe,
Fig. 5. von oben, wobei b Über a gedrfickt ist, wodurch 2 Zapfen seit-
lieh hervortreten, welche das Lithotom in der Weise fixiren, dass es anf der
Sonde zwar vorwärts gehen, dieselbe aber nicht verlassen kann.
Fig. 6. zeigt das Messer in Action anf der Steinsonde.
Fig. 7. ist die Steinsonde, isolirt dargestellt, um bei dieser Oelegen-
heit zn bemerken, dass ich sie in der Weise, wie es schon Dupnytren.
(Le<;ons orales) wfinschte, anfertigen liess, dass sie die Urethra des Patien-
ten gut ansffillt, nnd zugleich an ihren oberen, nach Innen geschlagenen
R&ndem so abgerundet ist, dass die Urethral Wandungen möglichst ausge-
dehnt, nnd möglichst wenig gereizt werden. So einfach diese Bedingung
ist, so erinnere ich mich doch nicht, sie an den gewöhnlichen Steinsonden
hinreichend beachtet gesehen zu haben.
Bemerkt sei noch, dass b höchst leicht Qber a geht, und doch sehr
sicher gehalten wtrd. Bin geringer Druck auf a andererseits genügt, um
es von b zu decbargiren und die Zapfen c zurficktreten, und damit das Mes-
ser von der Sonde entfernbar zn machen. Nicht nur in. dem Fig. 7. ange-
gebenen Winkel, sondern in jedem beliebigen Ifast sich das Messer anf der
508 ^r. Max. Leudesdorf,
Steinsonde mit gleicher Leichtigkeit, nnd ohne Stossen und Aufgehalten-
werden durch die geringste Rraftanwendung ftthren (tnto, cito et jncnnde).
Uebrigena iet das ganze Instrument so kfinstlerisch sorgfältig, nnd zugleich
dauerhaft gearbeitet, dass ich jeder Idee, die es werth ist, eine solche Ver-
körperung wflnsche. Der Yerfertiger meines Instrumentes heisst Dannen-
berg, ist ein SchOler Lüer's, und wohnt hier in Hamburg, Raboisen 74.
Die Idee dieses Instrumentes kam mir bei Gelegenheit einer zu macheo-
den Lithotomia perinealis. Dergleichen fällt hier in Hamburg selten Tor.
Einer unserer ersten Chirurgen z. B., der mir sehr wirksam beim Entwickeln
des 3 Zoll im LSngsdurchmesser und 2^ Zoll im Qnerdurchmesser grossen
Steines (der Fall endete glacklicb) assistirte, nnd welcher seit langen Jah-
ren einer bedeutenden Praxis vorsteht, hatte noch nie einen Steinschnitt
gemacht. Man kann hieraus ermessen, wie sehr wir uns über unsere Stein-
Operation freuten, besonders da wir den neuesten Ausspruch Strom ey er *b
Yor Augen hatten, wo keinem Chirurgen eigentlich zu sterben erlaubt wird,
ehe er eine solche Operation gemacht habe. Wie dem anch sein mag, in
meinem Falle handelte es sich um ein enorm adiposes Individuum, Ober
60 Jahre alt, wo die Vesica ausser dem Bereiche der Fingerspitze war. Die
zQ Hülfe kommende Idee war, anfrichtig gestanden, zum grOssten Tbeile
eine Geburt der Angst, mit dem Messer die Steinsonde verlassen zu kön-
nen. Obgleich nnn zur Zeit der Operation das oben beschriebene Messer
sich noch nicht genfigend entwickelt hatte, und ich genöthigt war, mit dem
sonst so vortrefflichen La ngenbeck 'sehen Messer zn, operiren, anch nicht
von der Sonde kam, so wurde ich doch in dem Gedanken von der Noth-
wendigkeit eines Instrumentes, welches die Sonde nicht verlassen kann, noch
mehr best&rkt Sicher mit grossem Rechte, wird in den Handbttchem be-
sonders betont, daes man die Haltung der Leitnngssonde einem der besten
Assistenten Übertragen solle, weil der Operateur von diesem bei der Füh-
rung der bisherigen Lithotome vielfach abhängig ist Uebernimmt man die
Sonde ans der Hand des Assistenten, nachdem man mit dem Messer den
Boden der Sonde gefühlt hat, so ist besonders der Unerfahrenere wenig ge-
neigt, ihre Richtung nnd ihre Beziehung znr Blase viel zn ftndem, weil seine
Gedanken vorzftglich mit der Haltung nnd Führung des Messers beschiftigt
sind. Ich fürchte, es wird dabei die Leitnngssonde oft nicht tief genog,
und oft zn tief in die Blase geschoben. Den Virtuosen der Chirorgie wird
' dergleichen vielleicht nie, oder selten widerfahren, obgleich: qnaodoqoe
dormitat. et bonns Homerns. Anch wird ihre künstlerische Hand nie die
Sonde verlassen, wenn nicht etwas ganz Besonderes eintritt, eine stürmisehe
Bewegung des nicht genügend, oder vielleicht ans Gründen gar nicht chlo*
roformirten Kranken. Diese Möglichkeit ist für die übrigen Aente sicher
eine häufigere. Um diese Möglichkeit vollständig aufzuheben, ein Instrument
Ueber ein neues Lithotom, welches von d. Steinsonde nicht abgleiten kann. 509
za haben, welches nicht allein die Sonde ohne den Willen des Operateurs
nicht verlassen kann , und welches doch aSagleich mit der grössten Leich-
tigkeit sich vorwärts bewegt, das man zugleich jedem Beliebigen zu halten
geben kann, wenn irgend ein Umstand es erfordert, erfand ich dies Litho-
tom. Nun kann der Operateur der Haltung der Sonde eine viel grOssere
Aufmerksamkeit zuwenden, und wird auch seinen Ausschnitt viel besser
machen können. Der Patient kann sich bewegen, so viel er will, der Un-
erfahrenste wird das Messer sicher weiter f&hren. Es bedarf dazu gar kei-
ner Geschicklichkeit Wenn aber in irgend einem Fache | so ist es sicher
in unserem, die Sicherheit und das Heil des Objectes, welches hier der lei-
dende Mensch ist, die Hauptsache. Das Ingenium des wirklich grossen Chi-
rurgen wird immer genug Gelegenheit zu glänzen finden, wenn auch einzelne
mechanische Fertigkeiten durch ein gutes Instrument unnöthig gemacht wer-
den sollten.
2. Strictnr des lastdarmes mit lastdarm-Scheidenlistel. — Ez-
cisioB des mteren Hastdarmendes. — Zweite Strictv am oberen
Hastdarmende — vergebliche Erweitenmgsversnche. — Drohender
Ileus. — Bildung eines Anns artiflcialis. — Heilnng.
Von
Br. J. A. GlAser in Hamburg.
Frau V . . . kam im Juni 1864 in meine Behandlung. — Sie gab an,
seit geraumer Zeit an heftigem Schmerz im Mastdarm, Verstopfung und
zeitweilig an Koth-Abgang durch die Scheide zu leiden. — Sie bat drin-
gend um Hülfe, eventuell operative HQlfe, ganz besonders mit Rücksicht
auf die Verunreinigung der Scheide, von der sie fürchtete, es werde die-
selbe den Ekel ihres Gatten erregen, und dadurch eine Störung ihres glück-
lichen Verhältnisses herbeiführen.
Frau V. i^t 28 Jahre alt, unter MittelgrGsse, proportionirt gebaut, von
blühendem Aussehen, gesunder Hautfarbe, genügendem Fettpolster. — Sie
giebt an, in ihrem 18. Jahr ansserehelich geschwängert zu sein, und abor-
tirt sn haben. Sie Iftugnet jede syphilitische Infection, sowie den Coitus
praeter naturam.*)
*) Ich muss hierzu bemerken, dass ich im Verlaufe einer nun Jahre
510 Dr. J. A. Gllser,
Ihr Leiden begann während eines Aufenthaltes am Gap der gntes
Hoffnung, Tor nunmehr 6 Jahren, mit Verstopfung, der sich bald daruf
heftiger Schmerz beim Stuhlgang zugesellte. Vor 1 Jahr bemerkte sie xn-
erst einen Qbelriechenden Abgang aus der Vagina, nachdem eine an der
hinteren Wand derselben entstandene kleine Geschwulst von einem hiesigec
Arzt durch einen Einschnitt eröffnet worden.
Sie klagt, sie entleere bei beständigem quälenden Drängen, das ibr
die Nachtruhe raube, nebst wenigen festen KQgelchen nur flQssigen Eotb,
und auch dies nur nach Gebrauch von eröffnenden (Redlinger'scheo)
Pillen. Unterlasse sie dieselben anzuwendeif, so fühle sie, unter Zunahme
aller Erscheinungen, firechneiguog. — Gl^^smata, Ricinns-Oel bleiben ohne
Wirkung. — - Eben jetzt habe sie seit einigen Tagen den Gebrauch der Pil-
len ausgesetzt
Die nunmehr vorgenommene Untersuchung ergab Folgendes:
Der Bauch ist durchaus weich, weder aufgetrieben noch empfindlich.
Die InguinaldrQsen leicht geschwollen aber weich. Der Anus, fest geschlos-
sen, ist von ziemlich prallen, doch weichen, lividen, mehr als erbsengrossea
Knötchen umgeben, zwischen denen sich seichte, mit Eiter bedeckte Sub-
stanz-Verluste der Oberhaut zeigen. Etwa 2 Zoll Ober dem Orificium tni
f&hlt man eine nicht ganz ^ Zoll hohe, kreisförmige Strictur, am vorderefl
Umfange stärker als am hinteren hervortretend, welche den Zeigefinger be-
quem durchlässt. Bis zur Strictur konnte man an der Mastdarm-Schleim-
haut oder in die Tiefe der Wand wesentliche Veränderungen nicht bemer-
ken, ober derselben, im vorderen Umfang des Rectum, erschien die Schleim-
haut gewulstet. Die Strictur Hess sich bequem herabziehen. Der Schmen
beim Eindringen in dieselbe ist ziemlich heftig, lässt aber alsbald nacL
Der Finger zeigte danach einige Blutstropfen. Die Untersuchung durch
die Scheide führt den Finger in eine Höhle der hinteren Scheidenwaod,
welche die letztere wie verdoppelt erscheinen lässt. Eine in diese Höhle
eingeführte Sonde kommt im Mastdarm unterhalb der Strictur zum Vor-
schein. Der Sachlage nach ist es wahrscheinlich, dass sich eine andere
Communications - Oeffnung oberhalb der Strictur befinde. Die hintere Schei-
denwand ist oberhalb iener Höhle gesund und am Rectum verschieblich.
Die Portio vaginalis ist normal. Die Menses sind normal, aber spärlich;
während sie fliessen, Erleichterung der Schmerzen. Ihr Appetit ist gut,
doch wagt sie aus Furcht vor nachfolgenden grösseren Beschwerden bei
der Defäcation nicht, ihn zu befriedigen.
Am 21. Juni 1864 wurde, unter geringem Schmerz und Verlast Ton nor
langen Bekanntschaft, die Frau immer vollkommen zuverlässig und offeo
bezüglich ihrer Verhältnisse fand.
Strictar des MAstdarmes etc. , Bildung eines Anus aitificialis. 511
wenigen Tropfen Blnt, die Strictar gegen dts Steissbein dorchschnitten nnd
so, unter Beschaffung vSn grösserem Raum, die dargelegten VerhUtnisse,
insbesondere die roluminOse Beschaffenheit der stricturirenden Substanz
und anseheinend normales Verhalten der Schleimhaut oberhalb derselben
bestätigt Die darauf folgende Erleichterung bei der Oeftcation war nur
Ton kurzer Dauer.
Bei der Wahl des nun eingeschlagenen operativen Verfahrens leiteten
folgende Gesichtspunkte:
War die die Strictur bedingende Verfindernng der Gewebe bOsartiger
Natur, so konnte selbstverständlich nur radicale Beseitigung desselben, so-
mit des kranken Mastdarmtheiles, Hälfe schaffen. Nun lag diese Voraus-
setzung nicht ausserhalb der Möglichkeit, wenn schon ihre Wahrscheinlich-
keit, Angesichts des blähenden Ausseheus und der guten Ernährung der
Kranken, nach so langer Dauer des Leidens, des Mangels merklicher An-
schwellung der Drflsen des Plexus sacralis, der fehlenden VerlGthung mit
der Scheide im Bereich der Strictur, vielleicht auch des Alters der Kran-
ken, keine bedeutende genannt werden konnte. War, andererseits, die
siricturirende Substanz gutartig, bestand sie also etwa ans wucherndem
Bindegewebe und hypertrophischer Muscnlaris, so war bei ihrer sehr volu-
minösen Beschaffenheit durch Behandlang mit Bougies, mit oder ohne In-
cision, wenn auch Erleichterung, doch eine völlige Beseitigung kaum zu
erwarten, ohne dies aber, ohne eine völlige restitutio iu integrum der be-
theiligten Gewebe, eine Heilung der einen so wesentlichen Theil des Lei-
dens bildenden und ohnehin so hartnäckigen Recto-Vaginal-Fistel kaum zu
erwarten. — Wurde dagegen die in Aussicht genommene Exstirpation des
unteren Mastdarm-Endes beschafft, so konnte damit, betreffs der Eventuali-
tät bösartiger Erkrankung, die Beseitigung alles Kranken gehofft, betreffs
des wahrscheinlichen Befundes einer einfachen Strictur, unter Beseitigung
dieses Hindernisses und unter Verschiebung der oberen gesunden Mastdarm-
Portion an der Vaginal- Wand, von der nachfolgenden Granulation und Ver-
narbnng wohl ein Verschluss der Perforation der Scheidenwand erwartet
werden. Mit Rflcksicht anf eine etwa zu befürchtende Incontinenz des
Kothes, habe ich, wenigstens in einem von mir beobachteten (wenn auch
nicht in meinem) Falle, durch die nachfolgende Narbenstrictur der Fort-
schaffung grössere Hindemisse als der Zarfickhaltang des Faeces erwach-
sen sehen, wie dies ja auch andere Beobachtungen bestätigen.
Am 29. Juni wurde zar Ezstirpation des Mastdarm-Endes geschritten.
Die Kranke warde chloroformirt und in die Steins chnitt- Lage gebracht.
Ich kann nicht umhin, diese Lage, die ja auch Lisfranc angewandt,
gegenfiber der, obwohl von Dieffenbach, empfohlenen Lage auf dem Bauch
oder genauer: Stellung mit vorfibergeneigtem und unterstütztem Oberkör-
512 Dr. J. A. Gl&ser.
per TorzuKieben, bo weit meine Erfahrang an meinen eigenen und einigen
wenigen fremden Fällen reicht. *
Motiyirt scheint mir dieser Vorzug:
1) Durch die Nothwendigkeit der Chloroform -Narcose in dieser
äusserst schmerzhaften und (auch in weit geübteren Händen als die met*
nigen) ziemlich langwierigen Operation. — Denn die Bauchlage, wie sie
offenbar das Athmen beeinträchtigt, erschwert zugleich die Beobachtung
der Chloroform Wirkung
2) Dadurch, dass sie für den weitaus delikatesten Theil der Operation:
die Trennung des Mastdarmes you der Scheide (resp. Prostata) das Operar
tionsfeld in bessere Beleuchtung und bequemeren Angriff bringt, als das
Dieffenbach*sche Verfahren.
Es wurde das untere Mastdarmende möglichst nahe an den in den
Schnitt einbegriffenen Hämorrhoidalknoten kreisförmig umschnitten, und so-
bald die vom Schnitte begrenzten Bedeckungen von ihrer Unterlage gelöst,
und dadurch das Mastdarmende in der Höhe von einigen Linien frei be-
weglich geworden, durch letzteres eine, seine Lichtung in der Quere kreu-
zende, dicke, vierfache Fadenschlinge ziemlich straff gezogen, und deren
beide Enden vor dem Anus aussen geknQpft
Ich darf mir wohl erlauben, den Gebranch dieser Schlinge als eine
ganz ungemeine Erleichterung des immer ziemlich häkeligen, und in diesem
Falle durch das die Fistel umgebende, harte Gewebe, recht unbequemen
Verfahrens der Trennung des Mastdarmes von der Scheide zu loben. —
Der Mittelfinger der linken Hand hakt die Schlinge an, der Daumen der-
selben geht in den Mastdarm ein, der Zeigefinger deckt und spannt zugleich
die Scheide, man enträth aller Dazwischenkunft Ton Hakenzangen und As-
sistentenhänden, und, indem man alle Anspannung selbst und mit einer
Hand übt, entgeht man der Gefahr, Unerwünschtes in die Schnittlinie zu
bringen.
Nachdem in dieser Weise die Trennung des Rectum von der Scheide
bis zur Höhe der Strictur bewerkstelligt, und in gleicher Höhe der Darm
ringsum gelöst war, ward dessen hintere Wand sammt der Strictur mit einem
Scheerenschnitte gespalten, der Darm bis zur Grenze gesunder Schleimhaut
— ca. i Zoll über der Strictur — ringsum gelöst, und es wurden in dieser
Höhe jederseits mehrere starke Ligaturen durch die Darmwand geführt. —
Diesseits der Ligaturen trennte dann ein querer Schnitt die kranke Mast-
darmpartie ab. — Die genauere Betrachtung des Präparates wies später
nach , dass der Schnitt zwar in übrigens gesundem Gewebe geführt war,
dass indessen wohl noch über den Schnitt hinaus, nach Oben, die Schleim-
haut von Epithel entblösst gewesen, ein Umstand, den zn bemerken, die
starke Blutung verhinderte, während sie zugleich zu schleuniger Beendigung
Sirictor des Mafitdarmes etc.» Bildung eines Anas artificlidis. 513
der Operation dringend aufforderte. — Bei der nachmals erwiesenen gut-
artigen Beschaffenheit der Strictur war dies ziemlich gleichgültig, ohnehin
aber war es kaum mit Sicherheit möglich, über die erreichte Höhe von fast
3 Zoll hinauszugehen*).
Die Befestigung des Darmendes an der Haut der Nates stillte den
Theil der Blutung, der nach Torsion der spritzenden Gef&sse noch fort-
dauerte. — Ich halte es für zweckmässiger, diese Befestigung bei gestreck-
ten Schenkeln der Kranken vorzunehmen, weil, wenn sie, wie hier in der
Steinschnittlage geschieht, die relativen Lageverhälmisse der Hautpartieen
Ter&ndert, und dadurch unangenehme Spannungen in den ohnehin zur Er-
zielung der Näherung von Haut und Darm ziemlich stark in Anspruch ge-
nommenen Nähten erzeugt werden.
Die Wunde wurde ohne weiteren Verband, als mit kalten Compressen,
gelassen.
Patientin war sehr erschöpft — 5 Stunden nach der Operation trat,
bei sehr kleinem Pulse, heftiger, kolikartiger Leibschmerz, mit beständigem
Erbrechen und beständigem Abgange sehr reichlichen, geformten Kothes
ein. Eispillen — kleine Dosen Opium — kalte Umschläge auf den Bauch
Am folgenden Tage waren alle unangenehmen Symptome verschwun-
*) Ich kann bei dieser Gelegenheit nicht umhin, aufmerksam zu machen
anf die grosse Verschiedenheit, die in den Angaben der Schriftsteller herrscht
über die Beziehungen des Peritoneum zum Mastdarme.
Bezüglich der Geschlechtsverschiedenheit behaupten Mal-
gaigne (Manuel de m^dec. op^rat.), und Blandin (citirt bei Vidal), die
Entfernung vom Orific. ani zum Peritoneum sei beim Manne grösser, als
bei der Frau, indessen Lisfranc, Riebet und Sanson (citirt bei N^-
laton, Pathol. Chirurg.), und Fergusson (übersetzt you Frankenberg)
dM gerade Gegentheil angeben.
In Maassen ausgedrückt lauten die Angaben, wie folgt:
Hyrtl (Top. Anat. Zerglied. K.) 8 ZoU » ca. 8 Gtm.
Luschka (Anatom.) 63;~8 -
Malgaigne (Manuel) . . .' 6—8 -
bei der Frau (4-6 -)
11 . (108 Mm.)
bei der Frau (16 - (162 - ))
8 - (81 - )
Bei der Frau (4 - (41 - ))
Fergusson 4 Zoll ea ca. 10^ -
do. bei der Frau .... 6 - »ca. (1% - )
Luschka hält es für unsicher. Über 5i Gtm. (ca. 2 Zoll) hinauszu-
gehen. ^ Man Tergleiche damit Richet'a Angaben.
▼. Laagonbaek't Axehiv Ar Cliirarsl«. IX. 33
514 I>r. J. A. Gltser,
den; der Katheter entleerte, statt wie gestern nur einige Tropfen, eine be-
trächtliche Menge eines Anfangs noch etwas concentrirten, spiter gans nor-
malen Urines. — Am 8. Tage nach der Operation wurden die eisten der
stark einschneidenden N&hte entfernt — Appetit .stellt sich ein.
6. Tag. Das Rectun hat sich ron der Befestignngsstelle an da* et-
was nach Aussen umgeschlagenen Haut surflckgesogen (fast 1 ZoH) — ani
der Vagina kommt etwas braune FlQssigkeit von kothigem Gerüche — leich-
ter Drang zum üriniren.
Nachträglich ist tu bemerken, ^ass die unmittelbar nach Abtrennung
des Darmes rorgenommene Untersuchung nichts Verdichtiges im Open-
tionsfelde wahrnehmen liess.
Die Untersuchung des exstirpirten Darmtheiles ergab, nebst betrieht-
licher Verdickung der Muskelachicht, eine flach Tcrtiefte Oeschwfin-
flftche, mit ausgebuchteten, weichen Rindern und dunkelrothem Grunde,
aus dem einzelne, theils kreis-, theila streifenförmige Inseln yerdidrter
und opaker Schleimhaut herrortraten, unter denen, wie der erschwerte
und knirschende Durchschnitt ergab, das submucGse Zellgewebe ver-
dickt und indnrirt war. — Der wulstige Vorsprung, wie ihn die Strietor
im Leben geboten, liess sich an dem Präparate nicht mehr erkenneiu
Eine weiterhin ron competenter Seite vorgenommene mikroskopisehe
Untersuchung ergab, dass die wahrgenommenen Vertnderungen nicht
bösartiger Natur waren.
Am 6. Tage wurde, da inswischen keine Rothentleerung wieder ein-
getreten, etwas Inf. Senn. comp, mit Bmuls. Amygd. gereicht, wolUuf, un-
ter sehr heftigen Kolikschmerien suerst Klumpen trockenen, dann reich-
liche Mengen breiigen Kothes abgingen, wovon nichts in die Vagina ge-
langte. — Die letzte Naht wurde entfernt
Am 7. Tage: .Spontane Urin-Entleerung — die Wunde grannürt Ieb>
haft. Allgemeines Befinden vortrefflich.
Am 8. Tage: verlangt aufzustehen — spontane Bntleening von festen
Kothe in etwa wallnussgrossen Klumpen unter geringen Kolikachmer-
zen. Rinder des Darmes und der Wunde genihert«
Am 9. Tage Abgang von gut gefärbten und geformten Faeces ohne
Schmerz.
Am 12. Tage: Die Vagina blieb rein; der Stuhl erfolgte immer unter
mehr oder weniger heftigen Kolikschmerzen, war meist halbflQsaig und oft
mit weisslichen Fetzen gemischt, dazwischen einzelne Klflmpchen festen
Kothes. Die drifte nahmen einigermassen zu; die Kranke sass auf, ging
umher, der Appetit aber blieb gering, die Zunge dick weiss belegt; Ptt
hatte etwas Foetor oris und missigen Durst, bei in der Frfihe erhöhter
Körpertemperatur, und etwas beschleunigtem PuLm, Das gute Anssehes
Strictar des MMtdarmea etc., Bildung eines Anns artificialis. 515
der Wunde, inmitten deren das Rectum sich wieder in seine ndiSren Fal-
ten gestellt hatte, gab für jenen Zustand keine Erklftrnng. — Von Zeit sn
Zeit mnsste durch ein mildes Aperiens (Int lazat. mit Emnis. Amjgd.),
das immer unter heftigen KolÜKSchmersen wirkte, der Stahlgang angetrie-
ben werden.
Am 20. Tage zeigten sich auf mehreren der Falten des Rectum milch-
weisse, etwa einen Sechser grosse, yon dunkel gerötheter und geschwollener
Schleimhaut umgebene Flecken, die den am Präparate beschriebenen sehr
Ihttlich waren. — Dieselben wurden mit der Scheere entfernt, weil damals
der mikroskopische Befund des exstirpirten Stockes noch nicht bekannt
war. ^ Pat. nimmt und yertr> Ol. jecor.
34. Tag. Der Appetit viel stärker, indess die Wunde sich mehr und
mehr zusammenxieht, und sehr massig eitert — Uuter Blähungen Abgang
einer puriformen Flüssigkeit ans dem Darme. — Diese Erscheinung erhält
sich bis zum
82. Tage, wo täglich mehrere Male Injectionen von lauem Ha-
ferschleim und abwechselnd von schwacher HöUensteinlOsung ge-
macht wurden, die man am
37. Tage (6. August) aussetzte, weil die Kranke immer unmittelbar
danach einen lebhaften Schmerz in der Oegend der Flex. iliaca empfand.
SS. Tag: Bei Ubigerem Aufrechtstehen tritt ein massiger Prolapsus
des Darmes ein.
Da der fortgeschrittene Zustand der Wunde eine genauere Untersu-
chung des Darmes gestattete, ward diese vorgenommen, und nachmals durch
eine spätere bestätigt — Man fühlte, in der Höhe von 12 Ctm. ober dem
Rande des kfinstlichen Afters, eine scharf hervortretende, deutlich ringför-
mige Strictar, die einige Linien hoch war, in normaler Lage des Darmes
nur eben von der Spitze meines Zeigefingers erreicht wurde, bei Vorfall des
Darmes aber die Fingerspitze eindringen liess. — Gegen Berfihrung war sie
empfindlich, und nach derselben drang glasiger Schleim in grösserer Menge
aus dem Darme hervor. (Auch in den Zwischenräumen zwischen den ein-
zelnen Def&cationen floss solcher Schleim oft unter Blähungen ab.) — Die
2. Nummer der Mastdarm-Bougies drang ohne Schwierigkeit in die Strictnr
ein. — Bei Einführung stärkerer Nummern trat ein Schmerz in der linken
bypogastrischen Gegend auf, der aber bei längerem Verweilen des Instru-
mentes wieder verschwindet
Der häufige Abflnss der erwähnten Flfissigkeit, und der Vorfall des
Dannes machte der Frau grosse Unbequemlichkeit
Die Versuche, die Strictnr durch Bougies zu erweitem, wurden durch
d Monate, bald täglich, bald 2— Stägig fortgesetzt. Trotzdem aber, dass
68 allfflälig gelang, die stärksten Nummern der Mastdarmbougies, ja, eigens
88*
516 Dr. J. A. Olftser,
f&r diesen Zweck Terfertigte, noch dickere, Ton konischer Gestalt, eion-
f&hren, indessen die Wunde geheilt war, gelang es nicht, die BeschwerdeB
za beseitigen. Immer fand die Kothentleernng nnr nach langem Drlogtc
und heftigen Toransgegangenen Kolikschmersen Statt, gleichgültig, ob harte,
ob breiige Massen, entleert wnrden« — Anch ausser den Zeiten der De&e-
cation traten diese Schmerzen auf sehr geringe Veranlassungen, leichte Er-
kältungen, Genuss an sich sehr unschuldiger Dinge (gekochte Frfichte etc),
ein. — Gegen die von Zeit zu Zeit auftretende Verstopfung musste mit Ab-
führmitteln verfahren werden, die meistens lange Zeit nicht, dann pldtzikk
sehr heftig wirkten. — Vom Ol. Ricini musste dabei abgesehen werdeo, ib
es immer Erbrechen verursachte. — Da Glystiere, in der gewöhnlichen Wd«
applicirt, natürlich, wegen Mangel des Sphincter, wirkungslos blieben, lies:
ich mir ein konisches, mit einem Hahn Tersehenes Rohr anfertigen, io d«
Hoffnung, dies werde, möglichst tief eingeführt, so genau Ton der Strietar
umschlossen werden, dass der Verschluss des Hahnes die Injectionsflüssig-
keit einige Zeit im Darme oberhalb der Strictur zurückhalte, und in die-
ser \7eise auch medicamentöse Flüssigkeiten zur Einwirkung auf die Dini-
schleimhaut gelangen könnten, deren kranker Zustand sich durch deo be-
ständigen, die Kranke sehr belästigenden Ausfluss mucopurulenter Flfissig-
keit kundgab. — Dieser Versuch misslang durchaus.
Eine bei Torgefallenem Darme, und daher tief stehender Strictor, vor-
genommene, sehr aufmerksame Untersuchung Hess eine wulstige, uch t^
das Lumen der Strictur klappenartig lagernde Schleimhautpartie erkenneiL
Vielleicht, dass diese die eigenthümliche Wirkungsweise der erCffoendei
Mittel und die sehr beschwerliche Entleerung auch bei breiigem und selbst
flüssigem Kothe erklärt.
Den Vorfall des Darmes hielt am besten ein durch Scheokelriem«!
befestigter, konisch zugeschnittener Schwamm zurück, bis die zuoehoieode
' Narbenverengerung diese Unterstützung entbehrlich machte.
Aller Schmerzen und Beschwerden unerachtet, hatte das Allgemeii-
befinden der V. . • sich stetig gebessert Ihre Kräfte mehrten sich, so ^
sie ihre Hausarbeit selbst Terrichten konnte, ihr Appetit war stark, ihr Kö^
perumfang nahm zu, die Menses traten, ob spärlich, doch regelmässig, j^^
mal mit wesentlicher Erleichterung der KoliJcschmerzen ein. Der üt^
war in normaler Stellung und beweglich.
So blieb der Zustand bis zum Juni 1865, wo die zunehmende Narbea-
I Verengerung die Einführung der Bougies erst erschwerte, dann die der stSr-
I keren Nummern dadurch unmöglich machte, dass man mit ihnen, die schoa
i in der Narbe ein Hinderniss des Eindringens fanden, in der Höhe der Stri^
tur unmöglich mit Sicherheit, und ohne Anwendung gefährlicher Getni^
operiren konnte. ^ Als unter diesen Umständen die Def&cation immer b^
Strictar dM Hutdinnea etc., Bfldnog eines Anns »rüficimlis. 517
ruckte tl*i ""J »chmenh^fter werde, nnd mit einer K.t«trophe drohte
dere T *",^.'~^'»' •'«*»* »«* •«•chherigerOanteris.tion. - Der J-
Hflh; ^T\ '""''* '** """• '°»*"«»' «•«> " bedenken. d«s bei d^,
l^Sr. ™\"'*'^«"8«» Z-ginglichkeit der Strictnr. deren Spaltung wedi
xuterhT«? "°'"""''"^''' ""' *• Wiederrereinignng der Wnndrtadfr CZ
»»♦r f-T "*'' """ "'"* «hiJtende BerOhrong des Kothes mit der
m»thn,„shch geschwürigen Dannflache, eammt deren Folgen: Bildung neuer
künstLchen Afters scheine ihm d„ einige geeignete Verehren. - Zu Z
7L V^T" '"'^ ''°"*' ''•* '^™"''«' "*«'' ««'»«"K*" Anseinandersetaung
I!!! T ? i*"" """* seiner Polgen, nnd VorfBhrung eines derartig behandelt
ten Ind,«dunm, sich nicht »erstehen. - Auch rerweigerte sie, wegen der
grossen Schmerzhaftigkeit nnd oifenbaren Erfolglosigkeit. EndeJnli die fer-
nere EmfÄhrnng der Bongiee. - - Es war demnach leider darcb die Ope-
ration nicht, erreicht, als die Schliessung der Scheidenflstel. welche defini-
tnr ^ *"« ^'»«""■"»c»' die Erkenntniss der Gntartigkeit der Stric
nr. «M aee Vorhandenseins einer «weiten, die bei blosser Erweiternag, »e-
gen Ihres hohen Sitzes, fast 8 ZoU Ober dem Anus, auf directem Wege nicht
Mtte entdeckt werden kflunen. - Natürlich kann nur das erste Moment
on oem ich glaube, dass bei der Beschaffenheit derTheile es auf anderem'
^ ege nicht erreicht worden w«re, einigermassen in's Gewicht fallen. _
eine •nl'i*^''* '"" ^"^"^ *° etablirter kflnstlicher After würde immer
D flür *""•«•' nnd, wenn nicht diesen, doch gewiss das Beeret der
armaache «wischen Anns »rtificialis nnd Fistel nach unten, nnd, bei An-
leert haben ^ ^*'''°''**'' ''"**'*'*®' ^"""^ dieFiBtel, als durch den Anne, ent-
2»^ m''^*"* '*''' ^'" Kranke fast ein Jahr lang nicht gesehen, ward ich
™ "" ^®^ e% gerufen. - Sie hatte Tor 2 Tagen, früheren War-
nungen zum TVotz, ein Gericht Bohnen gegessen, seitdem Kolikscbmerzen
von grosser Heftigkeit, und Erbrechen alles Genossenen. - Der Bauch war
im Allgemeinen weich, nicht wesentMch empfindlich oder aufgetrieben, in
er linken Regio hjpogaetric» jedoch, dicht über dem Lig. PonpartÜ, 'eine
" fi jr***"* ^nftreJbnng von yermehrter Resistenz, bei der Bertt'hrnng
empfindlich, bei der Percossion gedämpft. - Die Afteröffnnng, oder viel-
mehr der Wnndkanal, der xum Rectum führt, ist so eng, dass er Anfangs
»um die Spitze des Fingers asnlSsst. die aber unter m&ssig echmerzbaften
™ ""^*" ^«»«gnngen, bei massiger Blutung, allrnUig eindrang, Vorauf die
ÄinlBbrnng eines Darmrohres, bis zur HShe tou ca. 10 Zoll, goi^ng. -
ine reichliche lojection ontloorte nnverdaate Reste Ton grQn«Q Erbsen,
e Ben etc., eine zweite reichliche Mengen von dünnlflssigem Kothe nebst
618 Dr- J- ^ Gl Her,
fielen Gasen, unter grosser Brleichternng. — Eisstftckchen md EmiilB. mh
Extr. Hjosc.
26. Mai: Heftige Schmerzen und Schlaflosigkeit ^ reichliche Blntoi^
ex ano, mit der, trotz der Kranken gegentheiliger Behanptnng, Roth abge-
gangen zu sein scheint, da die Schwellung und Dimpfong in der Regio
iliaca verschwunden sind. ~ Die Blutung dauerte Abends noch fort, mi^
wurde mit jeder Bewegung stftrker. -* Kalte Iigection, BisamBchlige, Mor-
phium.
27. Mai. Die Schmerzen haben abgenommen, die Blntang ist ver-
schwunden.
Nach diesem memento mori willigte die Kranke in die Anlegung des
künstlichen Afters. — Bezfiglich des dafttr zu wählenden Ortes, sprach fir
das Gal Ilsen* sehe Verfahren die Onbekanntschaft mit der Aosdehnung,
bis zu welcher sich etwa die Erkrankung des Darmes, oberhalb der Stric-
tur, aufwärts erstrecken möchte — dagegen: die Schwierigkeit dieser
Methode, die Neigung der in der Lumbargegend angelegten Oeffnung n
späterer Yerengerung, insbesondere die flehentliche Bitte der Kranken, die
den After nicht einmal in der Fine' sehen Gegend (wo ^sie ihn an einer
anderen Kranken gesehen) wollte angelegt haben, weil sie, durch ihre Ver-
hältnisse ganz auf sich selbst angewiesen, ihn daselbst nicht gehörig rei-
nigen und verbinden könne. — Ausserdem erfuhr ich, dass der Verschlo»
in dieser letzteren Gegend durch die beständige Verschiebnng der Rippen
und Grista ilium gegen einander seine besonderen Schwierigkeiten habe.
28. Mai. Es wurde unter diesen Umständen die Littre'sehe Openh
tion gewählt. — Der Hautschnitt fiel parallel der Neigung des vorderen En-
des der Grista ilium, etwa 1 Zoll oberhalb derselben, war 3 Zoll lang, ond
lag mit seinen vorderen % einwärts von der Spina anter. sup. — Hiernach
fiel der Schnitt mit seinem vorderen Theile bis fast zu seiner Mitte in die
Sehne des M. obliq. ext., in welchem Bereiche demnach nur 2 Muskelsehich-
ten ^ obliq. int. 'und transv. — getroffen wurden. — Den Sehnenfasen
des Obliq. ext lief der Schnitt fast parallel, oder kreuzte sie unter selir
spitzem Winkel.
Die Blutung war sehr gering, keine Torsion oder Unterbindung erfor-
derlich. Die sehr schaffen Fasern des M. transv. wurden mit der Scheere
durchschnitten.
Ich will hier noch einfügen, dass in der Nacht vor der Operatios
die Kranke viel fifissigen Koth entleert hatte. — Demgemäss war bei
der Operation der Darm weder allgemein, noch an einer umschriebenen
Stelle, aufgetrieben, und es Hess sich mit der Percnssion eine ge-
dämpfte Stelle nicht ermitteln.
Als man schon auf die Fascia transversa zu stossen glaubte, zeigte ei
Strictnr des MastdanneB etc., Bildang eines Anns artificialis. 519
sich, dass man nicht mit dieser, sondern mit der inneren, sehr verdickten,
and deutlich geschichteten, zellgewebigen Umhüllung des M. transv. zu thun,
und demnach jenseits dieses Mnskelfleisches noch zwei Schichten zu trennen
hatte, ehe man auf dem Peritoneum ankam. — Als dies durchschnitten war,
dr&ngte sich nur Netz, kein Darm in die Wunde. — Letzterer erschien
auch nicht, als die Oeffnung im Peritoneum erweitert wurde. — Es blieb
demnach nichts fibrig, als nach ihm zu suchen, und man fand ihn, zusam-
mengezogen, auf der Schaufel des Os ilium liegend. — Nachdem er, her-
▼orgezogen, deutlich als Dickdarm und, seiner Beweglichkeit nach, als Flex.
sigmoidea erkannt war, wurde er im inneren wie im äusseren Wundwinkel
mit einer starken Ligatur durchstochen, deren beide Buden an entsprechen-
den Stellen durch die Wundränder geführt wurden. Es ward dann der
Dann in seiner Längsrichtung gespalten, und man knüpfte die Ligaturen. —
Es trat weder Roth noch Gas aus dem Darme. Erst weiterhin, indess
durch fernere Nähte die Ränder des Darmes mit denen der Bedeckungen
genauer Tereinigt wurden, kamen beide zum Vorschein. — Die Kranke hatte,
trotz des Verbrauches von Chloroform J ij., nur eine unvollkommene Nar-
kose. — 5 Stunden nach der Operation waren Hände und Füsse kfihl, das
Gesicht bleich — Puls klein, 84, häufiges, durch den Gebrauch tou Eis
nur unTolIkommen in Schranken zu haltendes Erbrechen; sie jammert
beständig Ober unerträgliche Schmerzen und Blähungen, die nicht abgehen.
(Ord.: Morphium in Aq. Lauroc. — Leichte Gataplasmen.) — 29.: Einige
Stunden geschlafen — aus dem Anus artificialis ist kein Roth mehr abge-
flossen — das Erbrechen cessirt, Uebelkeit ist noch vorhanden. -^ Aeusse-
rer Umfang der Wunde geschwollen, und, bis gegen die falschen Rippen
hinauf, empfindlich und spontan schmerzend. — Bei Untersuchung der
Wunde gehen einige Flatus ab. — Nach wiederholter Application von Blut-
egeln mit reichlicher Blutung schwanden Schmerz und Uebelkeit ^ 30.: Aus
dem Anus artif.: Flatus, kein Roth. — Uebelkeit nur noch bei Geruch war-
mer Speisen. — Zunge feucht und fast rein. — Puls 112—114, Urin reich-
lich und klar, aber nur durch den Katheter entleert. — Schmerz nur an-
fallsweise und kolikartig. — Empfindlichkeit in der Lumbal- Gegend. -^ Die
Wunde hat ein etwas schlaffes Aussehen. — 31.: Geformter Roth und reich-
liche Blähungen aus dem kfinstlichen After — Erwachen des Appetites. —
Nimmt Eigelb, Buttermilch, Bouillon. ~ 1. Juni: Reichlicher Abfluss breii-
gen Rothes aus der Wunde. — Eine lockere Sutur entfernt. — Puls lOC^ —
2. : Reichlicher Rothabfluss. — Umgebung der Wunde erysipelatös geröthet,
ist der Sitz klopfender Schmerzen. ~ Nach Entfernung von 3 Snturen:
Abfluss von reichlichem, guten Eiter aus dem Wundrande. — Nachlass der
Schmerzen, Empfindlichkeit im Hypochondrium gering. — Der flbrige Leib
weich. — Gataplasmen. ^ 3. : Entfernung der letzten Nähte. — Die Rän-
520 ^^' J- ^* Oliser,
der des Dannee mit den Bedeckungen eng yerbnnden. — Die Dannscbleiai-
haut wenig gewnlstet und rnftssig geröthet — Reichlicher Kothabflnes ans
der Wände. — i.: Appetit noch gering ^ Kothabfloss ans dem Rectum,
wenig aas der Wunde, deren Umgebung normales Aussehen seigt, und der«n
Ränder nur noch wenig eitern. — Drin wird spontan entleert — 6.: Pols
84 -^ Appetit noch gering — Stimmung deprimirt. — Vom äusseren Ende
des oberen Wundrandes erstreckt sich ein Eitergang nach ans- und auf-
wärts. — Am oberen und inneren Umfange der Wunde: Empfindlichkeit und
gedämpfte Resonanz. — Langsame Zunahme des Appetites. — 11.: mässi-
ger Prolapsus. ^ 15.: Der Stuhl kommt regelmässig des Morgens, meist
in 2 Absätzen, grösstentheils durch den Anus artificialis, dessen yerheilte
Ränder einen Längsspalt begrenzen. — Am 17. begann, unter Verstopfung
und Fieber, eine ZellgewebsentsOndung in der Umgebung der Wunde, die,
bis gegen Anfang Juli anhaltend, die Kranke sehr herunterbrachte. — Bin
Eiterherd, der sich zwischen der Wunde nnd dem Ob pubis gebildet hatte,
schien zum Einschreiten aufzufordern. — Als ich aber, nach Spaltung der
Sehne des Obliq. ext und einer etwa 1'" dicken Muskelschicht, unterhalb
derselben keinen Eiter fand, wagte ich, in Rücksicht auf die ziemlich reiche
Geftssverbreitung aus der Circumflexa ilium, im Zwischenräume zwischen
Obl. int und transvers., nicht, weiter in die Tiefe zu gehen, sondern be-
gnügte mich, die Incisionsränder durch Charpie auseinander zu halten,
worauf sich gegen Abend eine grosse, mit Fetzen abgestorbenen Zellgewe-
bes vermischte Menge Eiters aus derselben ergoss.
Nachdem die Eiterung, gegen Mitte Juli, aufgehört, machte das Befin-
den der Kranken rasche Fortschritte. Der Appetit wurde glänzend, Körper-
Umfang und Kräfte nahmen bedeutend zu; sie hat das Gef&hl Tollkomme-
nen Wohlbefindens, und sagt, seit 8 Jahren wisse sie jetzt zuerst wieder,
was es heisse, gesund zu sein.
Die Afteröffnung nähert sich mehr der Kreisform, und zeigt völlig nor-
male, kaum an den Rändern etwas resistentere und geröthete Umgebung. ^
Die Oeffnung erfolgt täglich 1 Mal, fast unmittelbar nach dem Genüsse von
Gaffee. ~ Nur bei .Gennss gewisser Speisen folgt kurz danach noch eine
zweite Entleerung.
Während aller breiige oder flüssige Koth durch den Anus artific geht,
finden kleine Stücke festen Kothes dann und wann ihren Weg durch das
Rectum. — Ein unbedeutender, kolikartiger Schmerz ^begleitet bisweilen die
Entleerung.
letzt ^ Juni 1867, also 1 Jahr nach der Operation, ist der Zustand
folgender: Appetit voitrefflich, das Fettpolster überall gut ausgebildet Farbe
blühend — Stimmung durchaus heiter — sie besorgt ihren nicht ganz un-
bedeutenden Hausstand selbst Nur für die schwersten Arbeiten — Wasser-
Strictor des Ihstdaniies etc., Bildung eines Anns artiflcialis. 521
tragen — hat sie, wegen der dabei henrortretenden Neignng sn Prolapans,
eine Hfilfe.
Die Entleemngen, wie oben beschrieben; nnr bei Erkiltnng der FQsse,
Gennss s&nerlicher Speisen, epidemischen Einflössen: etwas grossere Nei-
gung zu Durchfall als in frfiheren Jahren.
' Am nnbehaglichsten ist ihr Zustand bei drohendem Sturme und Un-
wetter. Dann tritt jedesmal ROthe, Schmers und Empfindlichkeit
in der Umgebung des Anns artificialis auf, mit Neigung tu Prolapsus und
Diarrhoe.
Bezüglich des Yerechlusses fQr den Anus artificialis, war die erste
Idee, ein gewöhnliches Bruchband für linksseitige Hemia inguin. anzulegen,
und, von dessen Pelote ans, eine andere, an einer Feder befestigt, gegen
die Bauchüffnnng wirken zu lassen. — Es erwies sich aber, dass diese,
durch die relati? feste Lage des Bracherium sich empfehlende Gonstruction
unausführbar war, wegen ihrer Beeinträchtigung der Beugung des Oberkör-
pers. — £s ward deshalb eine 4" bei 5'' messende, der Bauchwand in der
Krfiftimnng annähernd entsprechende Pelote angefertigt, die von einem breiten
(6")> elastischen Bauchgfirtel gehalten wurde, dessen beide Enden an Knöpf-
chen auf der Aussenseite der Pelote befestigt wurden. — Auf der Bauchseite
dieser Pelote war eine zweite, nur wenig Torspringende Pelote, in ih-
rem Umfange der der Bauchwunde entsprechend, so befestigt, dass sie sich
um eine, ihrem (und der Wunde) längsten Durchmesser parallele Achse be-
wegte, welche annähernd die Richtung tou der Spina anter. sup. zur Sym-
physis pnbis hatte.
Dieser Apparat entsprach so lange allen Anforderungen, als die Elasti-
cität dee Gürtels Tollkommen blieb — demnach unter dem Einflüsse des
Schweisses und der Körpt^rwärme nicht lange. — Es musste daher, da die
häufige Beschaffung neuer Gürtel die finanziellen Kräfte der Kranken über-
stieg, anders gesorgt werden. — Der jetzt angewandte Verband, der, wie
es scheint, sowohl in Bezug auf Zurückhaltung des Kothes und Darmes,
als in Hinsicht auf das GefDhl von Sicherheit bei Anstrengungen, das er
der Kranken Terleiht, allen Anforderungen entspricht, ist sehr einfach. —
Er besteht in einem wasserdicht überzogenen Bruchbande, mit schwacher
Feder, die nicht das Becken umfasst, sondern sich mit ihrem unteren Rande
auf die Crista 11. stützt — Die links befindliche Pelote, deren Achse in der
Richtung der Feder, also horizontal, Terläuft, ist mit ihrer Bauchfiäche ein
wenig aufwärts gerichtet, und lagert so, unter Vermittelung Ton Gom-
pressen, auf dem Anus artificialis.
Ich habe nur noch hinznzufBgen, dass in letzter Zeit, bei Verlust des
Appetites, leicht belegter Zunge, gelegentlicher Diarrhoe, mit Kolikschmerz,
Abgang tou Taeniagliedem aus dem Anus artificialis Statt hatte, und dass
522 Dr. J. A. Glftter, Stiietnr dea MMtdwmeft eto.
die snr £z8tirpfttion des Reetom • findas angelegte Wonde jetot einen i^g
übernarbten Trichter bildet, dessen blindes Ende mehrere fistnlfise Bingfiog«^
Ton kanm einer Linie Durchmesser, seigt, die siemlich reichliche, schlei-
mige Flfissigkeit dorchlMsen.
3. Ifolirte Luation des istragilu.
Ton
Br. Fr. Cl. Iianscatli
zn Sulzbach bei Saarbrficken.
Am 7. MSrz 1867 wurde der Bergmann Kunkel, 28 Jahre alt,* »ob
Yoelklingcn gebfirtig, von der Grube Gerhard in's hiesige Knappschsfts-
Hospital per Wagen gebracht, weil ihm in der Grube ein auf den Fuss her-
abfallendes Felsenstack (Kohlenstflck) den rechten Astragalns aosgeieakt
hatte.
K. hatte, auf einem niedrigen Schemel sitsend, Kohlen losgehiaen.
Dabei hatte sich der Fuss in einer fibermässig addncirten Stellung befu*
den, so dass der Malleolus extemus möglichst weit sich rom Fersenbeiie
entfernte, und die Tom Malleolus nach dem Fersenbeine und Astragilu
Terlaufenden B&nder, so wie das Kapselband, in grOsster Spannung befan-
den. Wunderbarer Weise eröffnete das herab&llende Kohlenstflck die Kx^
sei und B&nder, ohne den Malleolus, das Fersenbein und WQrfelbein, oder
sonst einen Fnssknochen irgend zu beschädigen*
Bei der Untersuchung fand sich das Sprungbein isolirt herroigediingt,
nur die fiber dem Sprungbeine liegende, transveniell durchrisseoe Hut
war der Art zwischen dem Astragalns und Wfirfelbeine eingeklemmt, das«
sie mit Gewalt, mit der Kornzange, hervorgezogen werden mnsste. Der
Astragalns selbst hing nur noch an einigen unzerrissenen Bandresten, osd
wurde ohne Schwierigkeit mit einem schmalen Messer ausgelöst Die swiscken
dem Malleolus und den Fnssknochen befindliche Wunde liess sich, nach Kot*
fernnng des Astragalns, leicht schliessen mittelst Heftpflasterstreifen, ond
wurde mit einer Bisblase bedeckt ^ Als %ich nach einigen Tagen Eiteroog
einstellte, wurden den Tag Ober (12 Wochen lang) permanente Bider mit
einem schwachen Chamilienaufguss gemacht, während der Nacht ein Sal-
benrerband aufgelegt — Da der Malleolus ext xu weit herabreichte, ood
Dr. Fr. G. Langgnth, Isolirte Luxation des AstragalnB. 528
in die Hwit stotsend, dem Verletzten fortwährende Sehmerfen machte«
niieste er ram grdseten Theile resecirt werden. Wiederholt rnnssten auf
der inneren Seite des Fassgelenkes Gegenöffnnngen gemacht werden, nm
dem Eiter Abfloss sn Terschaffen, nie aber wurde ein Nachbargelenk in
Mitleidenschaft gezogen. » Der Verletzte hat jetzt, nach 18 Wochen» einen
passenden Schnb bekommen, und kann schon ziemlich gnt gehen, nur bat
der Fnss eine Neigung nach innen. - Der entfernte Astragalas ist aofbe-
wahrt, nnd steht zur VerfQgnng*
Ich will noch hinsoftgen, dass der Verletzte, gegenwärtig ein blähen-
des Anssehen hat, überhaupt ein gesunder, kräftiger Mann ist; auch seine
Eltern und Geschwister sind noch am Leben, und erfreuen sich einer gu-
ten Gesundheit
4. Penetrlrende Banchwniide — Torfall def Pancreaf. — Abtra-
gnDg desselben. — Heilong.
Toa
Hr. Bemliard G« HLIefberc,
Qrdinator auf der Abtheilnng für männliche chirurgische Kranke im Stadt-
Hospitale zu Odessa.
Die einzige Angabe Ober Vorfall des Pancreas fand ich bei Professor
Hjrtl. Dieser citirt in der f&nften Auflage seiner topographischen Ana-
tomie (Bd. 1. S. 712) einen Ton Laborderie in der Gazette des höpi-
tanx, 1866. No. 2. beschriebenen Fall tou Vorfall einer Partie des Pancreas,
Abtragung derselben, nnd Heilung im Verlaufe von 8 Wochen. Hyrtl
spricht seinen Zweifel Ober die angegebene Natur des vorgefallenen Körpers
»OS, und meint, dass derselbe ein Netzklnmpen gewesen, dessen Fettbildnng
häufig die Form tou Läppchen annehme, welche , mit imbibirtem Blutroth
getränkt, fflr die Acini der Bauchspeicheldrfise gehalten worden wären. —
Mir scheint diese Verwechselung ziemlich schwer; denn in drei tou mir
untersuchten Pancreas war der acinöse Bau der aus zwei bis drei grösseren
Lappen beetehenden Drttsen nach aussen sehr wenig ausgesprochen ; so dass
Yon eigentlichea, mit Fettablagerungen am Netze zu Terwechselnden Läpp-
ehen kaum die Rede sein konnte, höchstens von dem mosaikartigen Anein-
aaderliegen kleinerer, durch seltene Zwisehenstreifen verbundener» und von
524 I>r* Bernhard 6. Kleberg,
einer platten Membran gleichmftssig und gemeinechaftlich übenogener Ab-
schnitte. ~ In dem gleich zn beschreibenden Falle war selbst von einer
derartigen Zeichnung, geschweige denn von einer Lftppchenbildnng, gar keine
Andeutung ~, das Ganze sah vielmehr ganz gleichmässig dnnkelroth, pnll
nnd platt ans; ob das nnn ein Effect der dnrch die Einklemmung in der
Wnnde bewirkten Blntstanung, und der Retention des in der Drüse fortbe-
reiteten Saftes gewesen sei, oder ob dergleichen Verschiedenheiten im Aus-
sehen des Pancreas normaliter vorkommen, wage ich nicht zu entscheiden,
obgleich Letzteres, bei der Analogie der Banchspeicheldrfise mit der Glan-
dula submaxillaris, a priori wohl wahrscheinlich erscheint, da letztere
manchmal ja anch ganz gleichmftssig prall nnd platt erscheint, w&hrend sie,
in anderen Fällen, an ihrer Oberfi&che ein deutlich gelapptes Aussehen bie-
tet. — Ferner ist es aus der Physiologie bekannt, dass das Pancreas in
verschiedenen Zeiten der Verdauung ein ganz verschiedenes Verhalten und
Aussehen zeigt; dass es w&hrend der Verdauung dunkel, sehr blutreich,
prall ist, wfthrend es nach derselben schlaff, gelbgrfln und blutarm erscheint
— Endlich bietet das Pancreas durch seinen Fettgehalt, der so sehr ver-
schieden ist, und durch etwaige Kränkelten so sehr mannichfache Formen,
und ein so wechselndes Aussehen dar, dass eine Differenzirung zwischen
einem eingeklemmten Stfick Netz und einem Vorfalle des Pancreas in ein-
zelnen F&Uen wohl sehr schwer, gewiss aber nicht unmöglich sein mag.
Sehr schwer schien es mir, die Möglichkeit eines Pancreas -Vorfalles
durch eine verh<nissmftssig kleine Bauchwunde, und ohne Verletzung von
anderen fiingeweiden, als des das Pancreas in jeder Stellung immer be-
deckenden kleinen Netzes zu erklären; jedoch fand ich gerade bei Hyrtl,
a. a 0., eine Angabe, deren Gonsequenzen es fast auffallend erscheinen
lassen, dass dergleichen Zufälle nicht öfter beobachtet worden sind. — H jrtl
sagt nämlich: «Wenn der Magen, wie es bei Scirrhus pylori, zuweilen ge-
schieht, eine senkrechte Lage einnimmt, und tiefer in den Bauch hinabtritt,
wird ein Theil des Pancreas frei, nnd steht an die vordere Banchwand an,
von welcher es nur durch das kleine Netz getrennt ist*. Eine senkrechte
Stellung des Magens nun dürfte häufiger vorkommen, als man glaubt, dz
vielerlei Ursachen denselben mechanischen Effect haben können, wie ein
Scinhus pylori, z. B. Vergrösserung der Leber, peritonitische Adhaesioneo,
verschiedene Körperstellnngen , äusserer Druck auf die Seitenwand des
Bauches, oder auf die Leber etc. Tiefes Stehen des Magens, so dass das
Pancreas, über der kleinen Gnrvatur des Magens, durch die Bauchdecken
hindurch zu fQhlen ist, erwähnt Hyrtl a. a. 0. S. 671; ebenso das so tiefe
Herabsteigen desselben, dass er in Leistenbrüchen vorgefunden worden. —
Endlich kommt die Tiefstelinng des Magens als angeborene Anomalie, nnd
bei Viel-Essem vor, die ja durch alle Stände nicht selten sind, und im
Penetrirende Baachwnnde, Yoifall, Abtragong des PancreM. Heilang. 525
Baaern-, sowie Soldatenstande, schon der groben, nnTerdanlichen Nahmng
wegen, wohl die Mehrzahl bilden, so dass es fast sn verwundern ist, dass
die in Rede stehende Verletsnng nicht häufiger, namentlich bei den so yiel-
fachen im Kriege beobachteten Banchwnnden vorkommen sollte; jedoch
erwihnen weder Pirogoff, noch Demme derselben.
Folgender Fall iet bei seiner Aufnahme gleichzeitig mit mir von Dr.
Soloweitschik beobachtet worden, und die mikroskopische Ontersnchang
des abgetragenen KOrpers wurde gemeinschaftlieh von Dr. Wagner jnn.
und mir gemacht, um den immerhin seltenen Fall durch dreier competenter
Zeugen Mund bestätigt zu wissen.
Anton Stepanowitsch, 60 Jahre alt, ausgedienter Soldat, wurde
am 4. Mai d. J., Abends 8 Ohr, in räuberischer Absicht Qberfallen, und er-
hielt dabei, in stark gebückter Stellung, einen Messerstich, von unten her,
in den Bauch. — Br wurde am 5. Mai, Morgens 6 Uhr, in die chirurgische
Abtheilnng des hiesigen städtischen Krankenhauses aufgenommen.
Status praesens: Patient kräftigen Körperbaues; am grossen, aber
schlaffen Bauche befindet sich rechts, in der Mitte zwischen Nabel und
der Höhe des unteren Rippenbogens, in der Mammillarlinie, eine horizon-
tale, etwa 1'' lange Wunde, deren innerer Winkel ganz scharf, deren äuss-
rer Winkel dagegen mehr abgerundet erscheint — Aus der Wunde hängt
ein etwa 3" langer, 2'' breiter, an seinem freien Ende etwas dicker und
breiter werdender, von einer durchscheinenden, glatten Membran überzoge-
ner Körper, von durchschnittlich 4^ Dicke, braunrother Farbe, und zäher
Consistenz. — Die Wunde umschliesst diesen Körper so eng, dass derselbe
in ersterer wie eingeschnürt erscheint. Der Percussionsschall rings um die
Wunde tjmpanitisch ; der untere Rand der vergrösserten Leber — Pat ist
Gewohnheitstrinker — verläuft, deutlich durch Percussion begrenzbar, If
über der Wunde; der Bauch nur im nächsten Umfange der Wunde etwas
empfindlich; gleich bei der Aufnahme ist ein normaler, nicht blnthaltiger
Stuhl abgesetzt worden; Puls voll, weich, zählt 72 Schläge in der Minute;
Pai, durch Zorn und Wnth sehr erregt, klagt aber nicht über Schmerz.
Diagnose: Dem Orte nach, konnte der vorgefallene Körper aus einem
Stücke Netz, Magen, Darm, Leber oder Pancreas bestehen. — Magen, Darm
und Leber Hessen sich gleich auf den ersten Blick ansschliessen; am Netze
hätten bei dem fettleibigen Patienten Fettablagernngen nicht fehlen dürfen;
ferner bildet der Körper eine feste, eng zusammenhängende, fiberall gleich-
artige Masse; einzelne Schichten Hessen sich in keiner Weise isoHren, ein-
zelne susgedehnte GefSsse nicht nachweisen, so dass wir den vorgefaUenen
Körper» für das Pancreas, und zwar den Kopf desselben, halten konnten.
Behandlung: Da eine Reposition des vorgefaUenen Theiles, wegen
einer zu befürchtenden inneren Einklemmung, und deren nicht abzusehnden
526 I>r- Bernhard G. Kleberg,
Folgen, miulich ereehien« so wurde derselbe dareh zwei, durch die Wunde
und durch die eingeklemmte Partie durchgeführte Kariebader Nadeb h
der Wunde sicher fixirt, dann eine feste, seidene Schlinge, etwa 4"' toq
der Wunde entfernt, lose um den Torgefallenen Körper gelegt, Tor dend-
ben eine gerade Nadel durchgestossen , und, eine Linie vor der letsteien,
der Körper in einem Messersnge abgeschnitten. Die sehr reiche, wie vu
einem Siebe herrorquellende Blutung steht bei Znsiehung der Schlinge so-
fort; dadurch aber wird der Verschluss der Wunde etwas gelockert, so daai
nun, eine Commnnication der Bauchhöhle mit der Luft su rerhüten, reehti
und links, in jedem Wundwinkel, noch je eine Knopfnaht angelegt werden
musste; die Schlinge wird mit Heftpflaster an der Bauch wand befestigt,
der Tor derselben liegende Stumpf Torsichtig mit Liq. Ferri sesquichl. be>
tupft, und darauf kalte Omschlige über den gansen Bauch verordnet Fat
hat während der ganzen Zeit keinen Schmerzenslaut Ton sich gegeben. —
Der abgeschnittene Körper bestand aus einem Convolut dicht an einander-
gedrängter, unter einander durch lockeres Bindegewebe Tcrbundener, «nen
die Längsaze des Körpers einnehmenden Kanal rund umgebender, mnder,
rothgef&rbter Körperchen, Ton etwa Stecknadelkopfgrösse. Der glatte Uebw-
zug des Körpers ist von demselben nicht abstreifbar. Mehrere von den klei-
nen Körpern wurden mit Nadeln zerzaust, und unter das Mikroskop ge-
bracht, worauf sich, bei einer Vergrösserung von 200, in denselben deat-
liehe, in lockeres Bindegewebe eingeschaltete, sich baumförmig verzweigeadt
Gänge erkennen liessen, deren Endauslfiufer sich in ein Conglomezat tob
hellen, darchscheinenden Bläschen auflösten. ^ Zur Oontrolle wurden die-
selben kleinen Körperchen eines einer frischen Leiche entnommenen Paa-
ireas in derselben Weise untersucht; in diesen erschienen die Gänge schma-
ler, die Büschen kleiner, und wie granulirt — Die Verschiedenheit der
Bilder lässt sieh wohl ungezwungen erklären durch die Anstauung von
Pancreassaft im ersten Falle, und im zweiten durch die mangelhafte Thä-
tigkeit des Pancreas bei einem an Tuberculose der Lungen Verstorbenen,
Ton welchem dasselbe stammte.
Oeber den weiteren Verlauf ist wenig zu bemerken; Fieber, Peritoni-
tis, Verdauungsstörungen stellten sich nicht ein; die Nadeln und Sutoren
wurden nach 4 Tagen, wo der Stiel vollständig mit den Wundrändem
verwachsen war, entfernt; die kalten Umschläge weggelassen; der Stumpf,
und mit ihm die Ligatur, fallen am 10. Tage ab; Pat verlässt am 35. Mu
das Hospital, mit einer trichterförmig eingezogenen, ganz schmerslosea
Narbe, von welcher aus sich ein harter Körper, von etwa IV Dnrchmesaer,
in die Bauchhöhle hinein verfolgen lässt
Da die Ernährung des Patienten bis dahin in keinerlei Weise gelitten
hatte, der Ausffihmngsgang des Pancreas ja auch nicht mit der vorgefime»
Penetrirende Bancliwimde, YorlUl, Alrtnignog des Pancreae. Heilung 627
xl^iT^T^'''* '"'' "^ ***''* '^^*' Termnthen, das. der «rtokgebliebene
*iiou oes Fancreaft die Faacüon des ganzen Tollkommen aoafttUe.
5. Kzstirpation beider Ovarien, mit einem kanen Berichte Aber
die fieschichte der Ofariotomie in Rnsaland.
Von
»»• Jr. Rlasloivsliyr aoß St. Petersborg.
(Hiereu Taf. V.)
?iS?^£f\?^^^ •nrltte.la daplei. »er Stiel
i^l ^i^it!^^^ ^" "^^ *« «ikeüei abgebranti dter Stiel
Z^^iZlil!'i!!^^'^'i^ ■** •*■•' "«•^"' «terkMdei. Me Stiele
■ei«er attgetekeltteaei Cjnitm werdea ia die leekeaböUe larickgeaclie.
bei. TeUtOuidige leilaag.
Darja Grigorjewnä, die Fran eines Bauers, 80 Jahre alt, tnt den
28. September 1866 in die Klinilc von Prof. A. Krassowslty ein. Sie liH
M einer Geschi^lat im ünterleibe, die sich vor 2i Jahren gezeigt hatte. ~
le KranJcheit begann, nach der Aussage der Patientin, nach einer SrkU-
tung, in Folge deren die Regeln cessirten, und sich ein Oedem des ganaen
Kötpers einstellte. Nach 2 Wochen Yerschwand das Oedem von seibat, aber
seit derzeit bemerkte die Kranke auf der rechten Seite des Unterleibes eine Ge-
^hwulst, die sich schnell yergrösserte, ~ In den ersten Jahren ▼ernrsacbte die
Geechwulst der Kranken keine besonderen Uiden, und sie ftthlte sich so wohl,
daas sie ungestdrt die.'sch wersten Arbeiten ▼errichten konnte. SeU einem halben
«hre aber loderte sich das AUgemeinbefinden; die Kranke konnte nw mit
Mühe ihren hauslichen Besch&ftigongen nachkommen, der Unterleib nahm
an Dmliuig zu, es trat Sohwerathmigkeit ein, und die BmÄhrung ihres gan-
»en Körpers htt in dem MaMse, dass es selbst der Umgebung aufael. —
Bude August 1866 bekam die Kranke, ohne nachweisbare Ursache, staike
Schmerzen im ünterleibe, mit Fiebererscheinungen und Erbrechen. Diesel-
ben verschwanden jedoch nacli der Anwendung blutiger SchrGpfkOpfe. _
Die bestandige und schneUe Vergrösserung des Unterleibes, die starke
Athemnoth und eine sichtbar annehmende Abmagerung des ganzen Körpers
bestimmten sie, in ^^ Klinik einaotreten.
528 Dr. J. Maslowskj,
Darja Grigorjewna, geboren im Petersburger GoaTemement, t^ bis
min Beginne dieser Krankheit stets gesund gewesen, nnd lebte beBtSndii
im Dorfe, wo sie anch in dieser Krankheit mit inneren Mitteln, jedoeh ohad
allen Erfolg behandelt worden war. Die Eltern und nfUshsten VerwandteB
der Kranken sind bis jetzt gesund. — Die Kranke ist 9 Jahre Terheirathet,
hat nie geboren, die Regeln begannen im 18. Jahre, und waren bis vm Be-
ginne der Krankheit stets regelmässig; seit derselben aber zeigten sie skl
nur 2 Mal, und zwar in grösseren Zwischenräumen. Der Appetit der Kran-
ken is0 ziemlich gut, aber nach dem Essen stellt sich ein GefQhl yon Scbvere
in der Magengegend, Debelkeit und Sodbrennen ein, zugleich ist häafig Stahl-
Verstopfung vorhanden. — Sie kann frei ihren Drin lassen, nur stellt sicii
häufiger Harndrang ein. Die Kranice ist blond, von mittlerer Grösse, mi
ziemlich entwickelter Musculatur; die Farbe des Gesichtes, der Gonjanctin,
der Schleimhaut^ der Lippen nnd des Mundes ist blass, das Doterhaotfett-
Gewebe des Gesichtes, des Halses und der Extremitäten ist atropbiseL
Der Hals lang, die Muskeln desselben deutlich ausgeprägt In der Ye&a
jugularis hört man Nonnengeräusche. — Die Brust ist regelmässig entwickelt
der untere Theil umfangreicher, als der obere. Die BrOste atrophisch» die
Warzen unverändert In den oberen Lnngenlappen hört man vorne deDtii-
ches vesiculäres Athmen; in den unteren Lungenlappen hinten ist das Atb-
mungsgeräusch , insbesondere rechterseits, schwächer, als in den oberes.
Die Respiration etwas beschleunigt, bis zu 24 Mal in der Minute. Das Ben
ist oben und rechts verdrängt; der Herzstoss ist im linken 4. Intercostal-
Raum zu fahlen. Die Herztöne rein, ohne Nebengeräusche. Der Pols n-
gelmässig, von massiger Spannung, 54 in der Minute. — Die Leber ist Q>
eine Rippe nach oben verdrängt; bei der Percussion geht die untere Greife
in den leeren Schall der Geschw;ilst Ober; die Grösse und Lage der Mil2
Hess sich durch die Percussion nicht genau bestimmen. — Der ganse Üi-
terleib war durch eine Geschwulst gleichmässig , kugelförmig aosgedeiint:
die Geschwulst i6t nach oben zu stärker entwickelt, daher ragt die obere
Hälfte des Unterleibes mehr hervor, als die schmalere untere; nach bei-
den Seiten hin wird die Geschwulst von einer Linie begrenzt, die 0*0
sich von der letzten Rippe zur Spina superior anterior ossis ilei geiogo
denkt Die Haut des Unterleibes ist verdflnut, und etwas gespannt; der
Nabel verstrichen, und etwas nach oben und links verschoben; die sobes-
tanen Venen sind nicht ausgedehnt — Der Umfang des Unterleibes , *o'
der Höhe des Nabels, beträgt 98 Ctm.; der Längendurchmesser der Oe*
schwulst vom Process. ensiformis bis zur Symphysis pubis beträgt 38 Cts)*'
der Querdurchmesser von einer Spina ossis ilei zur anderen 45 Ctm- "
Die Geschwulst zeigte beim Betasten eine glatte Oberfläche, und deatlic"
zu fühlende Gontouren; nach oben erstreckte sie sich weit über dio notei^
Oeber die BxBtirpation beider Ovarien. 529
RippenrSnder hinauf. Die Banchvandnngen waren über der Geechwnlst
leicht beweglich, ond konnten in eine Falte aufgehoben werden, wobei die
Hand an der vorderen ond den seitlichen Gegenden ein ReibnngsgerSnsch
empfand. — Die ganie Geschwulst liess sich leicht von der einen Seite zur
anderen bewegen, bei diesen Bewegungen jedoch nahmen weder die Bauch*
wand noch der Nabel Antheil; Ton unten nach oben konnte die Geschwulst
nm zwei Querfingerbreit verschoben werden. — Auf der ganzen rorderen
Fläche der Geschwulst gab die Percussion einen leeren Schall, der sich
rechts nach oben bis zur 5., links bis zur 7. Rippe erstreckte; nach unten
erstreckte sich die Geschwulst bis zu den Rändern der Beckenknochen. In
dem hinteren Theile des linken Hypochondrinms, und auf beiden Seiten der
Lambalgegend war der Percnssionsschall tympanitisch , und änderte sich
auch nicht bei veränderter Lage der Kranken. In der ganzen Geschwulst
fühlte man eine deutliche Fluctuation nach allen Richtungen, und nur in
der rechten Seite des Beckens war sie etwas schwächer. — Bei der ma-
nuellen Untersuchung der Geschlechtstheile fand sich Folgendes: Die äusse-
ren Theile und die Scheide boten keine Veränderungen dar; die Portio va-
gioalis uteri hat eine konische Gestalt, fühlt sich hart an, und ist nach
hinten und rechts verschoben; der Grund des Uterus ist nach vorne und
links gebeugt; die Gr59se und Structur normal; der ganze Uterus kann
leicht von einer Seite zur anderen, und von unten nach oben verschoben
werden, und befindet sich offenbar in keinem innigen Zusammenhange mit
der Geschwulst. Durch die vordere )Yand der Vagina kann man, wenn man
die Geschwulst von oben nach unten drückt, die elastische Wand des unte-
ren Segmentes der Geschwulst fühlen, und, bei Erschütterung der Bauch-
wand ongen, ein deutliches Schwappen von Flüssigkeit bemerken. — Durch
die hintere Wand der Vagina fühlt man eine kleine, umgrenzte, elastische
und wenig bewegliche Geschwulst. Die oberen und unteren Extremitäten
Bind gesund. — Der Harn, von strohgelber Farbe, neutraler Reaction, ent-
hält weder Ei weiss, noch Zucker.
Die wiederholte Untersuchung, welche von Prof. A. Krassowskj
und mir ausgeführt wurde, überzeugte uns, dass wir es sehr wahrscheinlich
mit einer einfachen Gjste des rechten Eierstockes, mit flüssigem Inhalte, zu
thnn hatten. Diese Cyste ist weder in bedeutendem Umfange mit der
Bauchwand verwachsen, noch steht sie in innigem Zusammenhange mit
dem Uterus, wahrscheinlich aber besteht eine Verwachsung an der Stelle,
wo vor einem Monate eine circumscripte Entzündung des Peritoneums vor-
handen war. Die kleine, wenig bewegliche Geschwulst, welche man durch
die hintere Wand der Vagina durchfühlte, konnte entweder als Anhang der
Cjste, oder als eine kleine Geschwulst des linken Eierstockes gedeutet
werden.
V. Langenbeek, ArehU f. Ctalrargle. IX. 34
530 Dr. J. MaslowBky,
Der Kranken wird eioe Operation — die Exstirpation der Gescfavaht -
Torgeacklagen, und sie willigt darin ein. — Es wurde beschloasen, die G^
schwulst durch Abbrennen des Stieles mit einem Glüheisen zu entferD«t
in der Weise, wie Prof. A. Krassowsky die Operation in London imJakt
1865 Ton dem berühmten Oyariotomisten Baker Brown 4 Mal hatte an^fsb
ren gesehen. — Den 30. September erhielt die Kranke ein warmes Bad tu
zur Nacht ein Clysma. — Prof. A. Krassowsky erlaabte mir, dieOvw^
tomie unter seiner Leitung auszuführen. — Den 2. October 1865 sdinr.
ich zur Operation, in Gegenwart des Hrn. Präsidenten der Academie P. 1
Dubowitzky, der Hrn. Prof. A. A. Kieter und W. M. Florinsky, de
Ordinatoren der Klinik, mehrerer fremder Aerzte, und der Stodenten dö
6. Corsns. — Die Kranke wurde zuerst im Krankenzimmer chlorofonsRt.
dann in den durch künstliche Beleuchtung erhellten Operationssail ge-
bracht, und auf den Operationstisch gelegt. Die Temperatur des Ziffimen
= 170 R. — Nachdem ich meine Stellung anf der rechten Seite der Kna-
ken eingenommen hatte, durchschnitt ich mit einem Messer (Bistoori bH
convezer Schneide) in der Mitte zwischen dem Nabel und der SymphjsH
ossinm pubis, längs der Linea alba, schichtweise die Haut, das sobcatu«
Fettgewebe und die Fascien, in einer Länge von ca. 10 Gtm.; zwischen des
Pincetten wurde die Linea alba darchschnitten , und das verdickte Perita-
neum geöffnet; auf einer breiten Hohlsonde wurde der Schnitt, entsprechest
der ganzen Länge der Wunde vergrdssert Aus der Wunde drängte äk^
die gespannte, perlmutterglänzende, vordere Fläche der Gyste hervor. Ab^
der linken Wundlippe zeigte sich eine unbedeutende arterielle Blntoog, dl'
durch Zusammendrehen des betreffenden Gefässes gestillt wurde. Co dk
Gyste zu untersuchen, führte ich durch die Wunde meine rechte Htod b
die UnterleibshGhle ein, und konnte bis zum Diaphragma hinanfkommea.
wobei ich mich überzeugte, dass der obere, vordere Theil der Gystenvin^
nirgends Verwachsungen darbot; unterhalb und rechts vom Nabel aber füblu
die Hand eine sehr lockere , circumscripte Verwachsung der Gyste mit dt^r
vorderen Bauchwand, die sich durch leichte Bewegungen mit der Bsd^
löste. — ' Nach unten wurde die Wunde mit einem geknöpften Bistouri, luik
oben, auf einer Hohlsonde, mit einer winkelig gebogenen Scheere erveiteit,
wobei der Nabel links umgangen wurde. Die. Grösse der Wunde betmi
nun 134 ^^^' — Dann wurde die Gyste in dem oberen Winkel der ^uode
mit einem gebogenen Troicart von massiger Dicke durchstossen, und di'
Stilet herausgezogen. Es floss nun aus der Röhre der flüssige, kaffeefarbi^
Inhalt der Gyste in einem gleichmässigen Strahle aus. Die Menge betnir
ca. 30 Pfund. Die Wand der Gyste fiel in dem Maasse, als sich die FlO«-
sigkeit entleerte, allmälig zusammen, so dass sich der Troicart znletxtis
unteren Winkel der Wunde befand. — Darauf schloss ich die Oeffnung ^^
Oeber die ExstirpstioD beider Orarien etc. 531
Röhre mit einem Finger, mid zog mit der liaken Hand, indem ieh die vor-
dere Wand der Cjste in Form einer Falte anfliob, einen Theil denelben
vorsichtig nnd Ungsam ans der Wunde heraus, dorchstach dann mit dem
in die Rdhre wieder eingeffthrten Stilet die heransgeiogene Falte, nahm
das Stilet heraas, schranbte es mit dem scharfen Ende in die Handhabe
ein, und f&hrte es dann mit dem stumpfen Ende abermals in die I^icart-
Röhre ein. Unter das so dnrchgeflUirte Instrument wurde eine starke U-
gatnr angelegt, und die Wand der Cyste auf diese Weise an dem Troicart
befestigt — Durch Torsiehtiges Ziehen am Troicait gelang es ohne Mfthe,
die Cjste mit dem Reste des Inhaltes aus der Bauchhöhle heraussnsiehen;
zu gleicher Zeit Terhinderten die Gehfilfen, durch Druck auf die Rinder
der Wunde, ^w Heraustreteu der Oedirme.
Das grosse Becken war leer; die Darmschlingen waren nach oben und
zn den Seiten der Wirbelsäule Terdringt — kai der rechten Seite der hin-
teren FlSche der Cyste zeigte sich eine accessorische Geschwulst, in Form
einer besonderen Cyste.
Die ganze Cyste gehörte dem rechten Bierstocke an, und hatte einen
Stiel Ton 7 Ctm. Unge, und ungefiUir 6 Ctm. Dicke. — Der Uterus war
▼on rosarother Farbe und normaler Grösse»
Um die Cyste YorlSnfig besser halten zu können, wurde um den Stiel,
unmittelbar neben der Cystenwand, die Kette tou Chassaignac*« Ecra-
seur angelegt nnd zugezogen. Dann wurde die Cyste, Aber der Kette, mit
einer Scheere entfernt, um den Stiel aber, in einer Entfernung Ton 2 Ctm.
▼cm rechten Rande des Uterus, der Clamp you Baker Brown angelegt --
Die Platten des Clamps wurden mit einer Schraube stark zusammengepresst;
der Ecrasenr wurde mit dem Stiele fiber den Rand der perpendicullren
Platte hinObergef&hrt, nnd unbeweglich festgehalten. Um die Wonde vor
der Hitze zu schfitzeu, wurde unter den Clamp eine dicke Schicht Charpie
untergelegt — Darauf brannte ich mit dem bis zur Rothglfihhitze erwärm-
ten, prismatischen Canterium, indem ich es langsam s&geförmig hin und
her bewegte, den Stiel der Cyste auf der perpendicullren Platte ab. Es
blieb danach auf dem abgebrannten Theile des Stieles ein länglicher, brau-
ner Schorf von ca. 2 Ctm. Länge. •- Es fand dabei keine Blutung statt.
Der Clamp wnrde Torsichtig entfernt. Der nachgebliebene Rest des Stieles
wurde in die Beckenhöhle zurfickgeschoben. Bei der Untersuchung des
kleinen Beckens zeigte sich, dass auch der linke Eierstock in eine multi-
locnläre, beinahe Orangengrosse Cyste umgewandelt war. Der Stiel dersel-
ben war dünn, nnd beinahe 1} Ctm. lang. Ich schritt auch an die Entfer-
nang dieser Cyste. — Die Kürze desr Stieles erlaubte es nicht, den Clamp
zum Abbrennen anzulegen, es wurde daher en masse um den Stiel mit
einem starken Zwirnfaden eine Ligatur fest angelegt, die Enden derselben
34*
532 ^^* ^* Maslowsky,
kurz abgeBchnitten, und die Cyste mit der Scheere entfernt Dar Rest des
Stieles wnrde in die Beckenh<(hle znrfickgeschoben. — Ane der Beckechfihli
▼nrden ihit einem weichen, warmen Schwämme gegen 5 Onxen serte-bloth
ger Flfiseigkeit entfernt — Die ganie Wnnde der Banchwand wnrde toi
Prof. A. KrassowBky mit drei durch die ganze Dicke der Wnadlippea
gehenden Knopfn&hten, mit Hülfe der langen Nadeln Startin'e nnd euer-
nen Drahtes vereinigt; eine jede Naht war 4 Ctm. von dem Rande der
Wnnde entfernt, nnd durchdrang auch das Peritoneum; durch folgendem
oberflächliche Knopfnihte, welche 1| Ctm. Ton dem Wnndrande abstanden,
wnrde die Wnnde Tollkommen geschlossen. — Eine solche Anlegung der
Nihte, welche von Baker Brown allen anderen vorgezogen wiid, wnrde
bei uns zum ersten Male bei dieser Operation angewandt, nad erwies skli,
wegen der Schnelligkeit nnd Bequemlichkeit, als sehr practisch. — Gleicli
nach der Anlegung der Naht hatte die Wunde eine Länge von 12 Ctm.:
der untere Winkel war 6 Ctm. von der Symphysis ossium pubis entfernt,
der obere erstreckte sich 1 Ctm. Aber den Nabel. — Die Wnnde worde oit
einem trockenen Plnmasseau , einem kleinen Kissen ans Cbarpie, nnd einer
dicken Flanellcompresse bedeckt, nnd Alles mit einer breiten Leinenbiod?
befestigt » Die Kranke wurde dann in einem noch vollkommen nzrcoti-
sirten Znstande in ein besonderes Zimmer gebracht, dessen Temperatur
17<> R. betrug. Die Operation dauerte eine Stunde nnd 5 Minuten; die
Kranke ertrug sie so gut, wie man es nicht besser wfinschen konnte; wäh-
rend der ganzen Zeit war sie vollkommen ohne GefQhl, nnd nicht ein ein-
ziges Mal hörte man sie schreien oder stöhnen. — Chloroform waren 15
Drachmen verbraucht worden.
Die ausgeschnittene Cyste stellte eine Geschwulst von rundlicb- läng-
licher Form dar, auf deren hinterer Wand eine kleinere, längliche Cyste
mit breiter Basis aufsass. — Der Längendurchnlesser der Geschwulst betms
nach dem Zusammenfallen der Wand 36 Ctm.; der Umfang der kleioerei
Cyste betrug 33 Ctm. Das Gewicht des Cysteninhaltes, welcher wlbrend
der Operation ausgelassen wurde, betrug 34 Civilpfunde, der Sack mit dem
Reste des Inhaltes wog 4 Civilpfunde. — Die Oberfläche der Cyste tu
glatt, nnd von perlmutterweisser Farbe, mit Ausnahme einer circumscript^o
Stelle der rechten, vorderen Fläche, wo Rauhigkeiten, nnd hier nnd da Re^te
der weichen Pseudomembranen vorhanden waren ; die Stelle entsprach <lef
gewesenen circumscripten Verwachsung mit der Bauchwand. Die Tuba Fal-
lopii und das breite Mutterband waren auf der Oberfläche der kleinereii
Cyste ausgespannt; in diesem Bande bemerkte man verästelte Geflsse, dl«
in der Nähe der Stelle, wo der Stiel durchschnitten war, in ein gemeinsa-
mes BQndel zusammentraten, nnd auf dem Durchschnitte selbst sah man
die Lumina von 5 bedeutenderen Gef&ssen. Die Wand der Cyste hatte eine
lieber die Exstirpation beider 0?arien etc. 533
Dicke von 1^ bis 4 Millim., und bestand aas festem, fibrrlliren Bindegewebe,
elastischen Fasern und Geflssen. — Das Oyarinm war Tollständig in die
Geschwulst untergegangen. Anf der inneren FIftche der Cyste befanden
sich drei abgesonderte Hohlrftnme, von Wallnass- bis HfihnereigrOsse, die
▼on einander dnrch feste Zwischenwände geschieden waren. — Der Inhalt
dieser Cysten bestand ans einer flüssigen, colloiden Masse, yon caffeebran-
ner Farbe und nentraler Reaction. Derselbe bestand, wie die mikroskopi-
sche Dntersnchnng lehrte, hauptsächlich aus Cylinderepithelzellen, grossen,
colloiden Kugeln und kleinen Fettkfigelchen. Die längliche, kleinere Cyste,
die anf der rechten Seite der grossen Geschwulst aufsass, stand in keiner
Commmunication mit der H6hle der letzteren, sondern war von derselben
durch eine schlaffe Membran getrennt. Der Inhalt derselben bestand aus
einer consistenten , honigartigen, fadensiehenden Masse, die in Essigsäure
unlöslich war. Der in der Mitte des Ecraseurs gebliebene Theil des Stieles
hatte eine Länge von 1 Ctm. 8 Millim.; auf dem Querschnitte desselben,
nach Entfernung der Cyste, sah man die Lumina von 5 Gefässen; das an-
dere Ende dieses Stieltheiles war in einen ziemlich festen, braunen Brand-
Bchorf Ton 2 Ctm. 2 Millim. Länge und 1^ Millim. Dicke umgewandelt. —
Die ausgeschnittene Cyste des linken Eierstockes bestand aus einer runden,
kuotigen Geschwulst, deren Umfang 18 Ctm. betrug, und ein Gewicht yon
45 Solotnik hatte. Auf der äusseren Oberfläche befanden sich mehrere ab-
gesonderte, kleinere Cysten, von der Grösse einer Erbse bis Wallnuss; anf
der hinteren Fläche der Cyste verlief die Tuba Fallopii, deren Lumen ver-
grössert war. Anf dem breiten Mutterbande sassen, an dfinnen Stielen, 3
Cysten von Hanfkorngrösse auf; in diesem Bande bemerkte man die Ver-
zweigung von 4 kleinen Gefässen. Die seröse Membran der Cyste war 8
bis 5 Millim. dick, und liess sich leicht ablösen, wobei der weisse, halb-
flüssige Inhalt der jungen Cysten heraustrat Die innere Fläche bestand
gleichfalls aus vielen kleinen Cysten, die eine ebensolche Inhaltsmasse ent-
hielten, wie die jüngeren Cysten des rechten Eierstockes.
Das Befinden der Kranken nach der Operation. 1. Tag
(2. October). Nach Verlauf von zwei Stunden fühlte die Kranke einen ge-
ringen Schmerz im Unterleibe; Puls 40 in der Minute; Respiration 16; Tem-
peratur 37,8^ (C), Durst Als Getränk erhielt sie Wasser mit Rothwein.
Zum Abend wurde der Schmerz im linken Hypochondrinm stechend: Puls
voll, 68; Temper. 88,2<» (C.) Sie erhielt Eztr. Opii aqnos. gr. 1 p. d.; äusser-
lich Chloroformi {^ß) cum OL Hyoscyami cocto (^ij.)- Emuls AmygdaL dulc.
pro potu. Catheterismus. — 2. Tag. Die Kranke fühlt sich wohl; Puls 80,
Temp. 38,6<>. Die Wunde im guten Zustande; unbedeutende Empfindlich-
keit der Wundränder und ihrer nächsten Umgebung; Catheterismus. — Die
Kranke erhält eine kräftige Fleischbrühe. Des Abends klagte die Kranke
534 I>r- J- MaslowBkj,
fiber Schmen in der UmgebuDg der Wunde; Pals 90; Temp. 39^. Ezu.
Opii aq. gr. ß p. d. Zur Nacht schwitzte sie am ganzen Körper. Gathe-
teriamus — 8. Tag. Die Nacht hatte die Kranke ruhig geschlafen. Pub 77;
Temper. 38,2^. Die Wunde in demselben Zustande. Es wird ein ebeosoi'
eher Verband wieder angelegt. Gatbeterismns. Sie erhält Fleischbrühe mi
ein weichgekochtes Ei. Der ganze Tag verging ohne besondere VerSade-
rong. — 4. Tag. Der Znstand der Kranken ist befriedigend; Pule 67; Ttm^
38,8. Die tiefen Nätbe werden abgenommen; es zeigte sich an der Steile
der mittleren Naht ein wenig consistenter Biter. Derselbe Verband. Die-
selbe Nahrung. Des Abends klagte die Kranke über quilenden Dorst Sie
erhielt Natri bicarbon. gr. X in einem Bsslöffel Handelmilch gelöst Dtoac^
Hess der Durst nach. Catheterismns. — 6.Tag. Puls 68; Temperatur 37>
Die Wunde im guten Zustande. Die Untersuchung per vaginam zeigte, dass
die linke Wand der Vagina gespannt und empfindlich war, und dasa der
Uterus eine bedeutende Beweglichkeit besass. Es wird derselbe Verbuk
angelegt, nur das Empl. adhaesivum durch Leinwandstreifen mitColIodiaa
(suture seche au collodion, E. Koeberl^.) ersetzt Solche Leinwandstr^fti
haben den Vortheil, dass sie die Verbandmittel dauerhaft fiber der Wände
befestigen und zugleich 8—10 Tage ununterbrochen liegen bleiben köDDea,
ohne die Haut zu reizen , was bei dem Emplast. adhaesirnm znweflen beob-
achtet wird. Anstatt des CoUodium gebrauchte ich zu demselben Zweck«
in Chloroform gelöste Guttapercha, welche die Leinwandatreifen »iSAti
mit der Haut verklebt, als das Gollodium. — 6. Tag. Die Kranke Ut in be^
friedigendem Znstande; Puls 55; Temper. 37,1. Beim Verbinden derWaode
werden 8 oberflächliche Nfthte abgenommen. Die Wundrftnder sind am uh
teren Winkel in einer Länge von 4 Gm. auseinandergegangen. Derselbe Ver-
band. Nach einem Gljsma erfolgte der erste Stuhl. Sie erhielt BoailloB,
Hühnerfleisch und Bothwein. Gatheterismns 4 mal täglich. — 7. Tag. Pols
und Temperatur unverändert. Die Wunde in gutem Zustande; es wurde
eine oberflächliche Naht entfernt. Dieselbe Nahrung. >- 8. Tag. Es werden
die letzten Nähte entfernt. Das obere Drittel der Wunde ist per primzo
intentionem geheilt; der übrige Theil zeigt eine oberflächliche Biteraog-
Bei der Untersuchung per vaginam konnte man die Stiele der entferotea
Gjsten, in Form kleiner Anschwellungen, durchfühlen; der Utems war be*
weglich. Die Wunde wird verbunden mit Infus. Ghamom. (Hj.) cum Liqaaai.
Mjrrhae (Jj.) Nach Anwendung eines Glysma erfolgte Stahlgang. Dieselb«
Diät. Gatheterismus. — 9. Tag. Die Wunde seoernirt etwas consistenteß
Eiter; der Allgemeinzustand der Kranken normal. Suppe mit RindAeiscb
und Bothwein. — 10. Tag. Der untere Theil der Wunde bedeckt sich mit
Granulationen. Die Kranke wird in halbsitzende Stellung gebracht; sie
nrinirt ohne Hfllfe des Gatheters. — 11. Tag. Die Kranke hat Durchfall,
Ueber die Exstirpation beider Ovarien etc. 535
ohne Sehmer:(eD im Unterleib; der Zustand fieberlos. Nach i gr. Extr.
Opii &q. hörte der Darehfall auf. Die Wände in demselben Znstande.
— 12. Tag. Die Wunde heilt zu; oberflächliches Touchiren mit Arg. nitn
I>er Zastand der Kranken ist befriedigend; der Appetit normal; der Schlaf
rahig; kräftige Di&t--Vom 13. bis 16. Tage trat keine besondere Yer&n-
derang ein; am 16. Tage erlaubte man ihr, das Bett zu verlassen, und im
Zimmer herumzngehen. ^ 18. Tag. Die Wonde ist im unteren Drittel zu-
geheilt; die Ernftbrung der Kranken hat sich bedeutend gebessert — 20. Tag.
In der Mitte der Narbe hat sich eine fistulöse Oeffnung yon 2 Om. Lftnge
gebildet; deu 22. Tag (23. October) zeigte sich eine zweite fistulöse Oeff-
nang, von 1 Gm. Lftnge. — 28. Tag. Die fistulösen Gänge sind nach Ein-
spritzang einer Arg. nitr.-Lösung (gr. ij. ad ^ij.) verheilt; die an Stelle der
Wunde aurfickgebliebene Narbe ist von 8i Gtm. Lftnge. Bei der Dnter-
&achang per taginam zeigte sich folgendes: Portio vaginalis uteri ist nach
hinten gerichtet, der üternsgrnnd nach vorne; der Uterus frei t>ewegllch, nach
rechts fühlt man mit Mflhe au Stelle des rechten Stiels eine unbedeutende
Anschwellung; nach links kann man nichts von den Ueberresten des Stiels
Y>emerken. Die Ernftbrung der Kranken hat sichtbar zugenommen; sie fühlt
Bich Tollkommen wohl. Den 29. Tag (30. October) verlftsst Patientin ge-
sund das Hospital
Nach 5 Monaten kam die von mir Operirte wieder nach St. Petersburg,
and ich stellte sie den 19. Mftrz 1866 den Mitgliedern der Gonferenz der
Medico-Chirurgischen Academie vor. Darja Grigoijewna hat sich sehr er-
holt; sie hat eine gesunde Gesichtsfarbe; der Ausdruck des Gesichts zeugt
von Heiterkeit und Zufriedenheit; die firnstdrfisen sind in Folge von Zu-
nahme des Panniculus adiposus grösser geworden. Die geradlinige Narbe
des Unterleibs erinnert an die fiberstandene Operation; am unteren Winkel
bemerkt man ein unbedeutendes Anseinandertreten der Mnsc. recti. Bei der
Untersuchung per vaginam zeigt sich : Der Dterns von normaler Grösse und
beweglich} an der Stelle der Stielreste ist nichts zu bemerken. Das vöUige
Ausbleiben der R^eln ist mit keinen jcrankhaften Erscheinungen im Orga-
nismus verbunden. Die WoUustempfindnngen sub coitu sind noch erhalten ;
jedoch nicht in dem Masse, wie vor der Operation. Patientin fuhr nach
Hause zurfick, mit dem Rathe, das Tragen einer Dnterleibsbinde nicht zu
vernachlftssigen.
Dieser Fall von Ovariotomie ist insofern bemerkenswerth, als er der
erste in Russland ist, in welchem die Exstirpation beider Ovariencjsten
vorgenommen wurde (Ovariotomia duplex), in welchem femer dieses Opera-
tionsverfahren angewandt wurde, und der einen glflcklichen Ausgang hatte.
Ich finde es hier am Platze, eine kurze Uebersicht fiber die Geschichte
der Ovariotomie in Rnssland zu geben. — Es blieb in diesem Lande die
536 ^^' J> Haslowsky,
Frage von der Ovariotomie lange Zeit anberührt Bei der Behandlong der
Eierstockscjsten worden verschiedene innere Mittel oder folgende Operatioas-
▼erfahren angewandt: Paracentese der Gjste mit nachfolgender EinsphUnB^
▼on Jod (Boinet), das Liegenlassen der Canflle in der Cyste nnd Dnrchfob-
ren einer chirurgischen Drainage. Die nach solcher Behandlung erhalteicB
Resultate waren aber sehr ungen&gend. Prof. A. Krassowskj, meiB
hochverehrter Lehrer der Gjnaekologie und Oeburtskande, der «eh
von den ungflnstigen Resultaten bei der früheren Behandlung aus 6ig^
ner Erfahrung zur Genüge fibersengt hatte, führte aun ersten Mal dl«
Ovariotomie in Russland mit glücklichem Erfolge, den 23.December 1862,
aus. Dieser glücklich verlaufene Fall hatte einen sehr günstigen Einfloas
auf das Schicksal der Ovariotomie in diesem Lande überhaupt, nnd es ge-
bfihrt daher mit Recht die Ehre des ersten Ovariotomisten in Russland, ,
Herrn Prof. A. Krassowskj. Seinem Beispiele folgten bald: Prof. V. i
Grube in Ghafkow (28. Mai 1864); Dr. Ikawits in Tambow (27. Jnai
1864); Prof. Sxjmanowski in Kiew (22. September 1864); Dr. Sklif-
fassowsky in Odessa (22. October 1864. 24. Juni 1865); Dr. Kade ia
St. Petersburg (6. December 1864); Prof. Karawajef in Kiew (2.'>. Febnnr
1865); Dr. Frohen in St. Petersburg (9. Juli 1865); Dr. J. Maslowskj
(2. October 1865); Prof. A. Kieter (3. December 1865).*) - In der w«>
liehen Klinik der Kaiserlichen Medico- Chirurgischen Academie au St Peten-
bürg wurden bis cum Jnni 1866, mit Einschlnss meines oben besehriebeoeo
Falles, 8 Ovariotomieen, nnd unter denen 2 doppelseitige, ausgeführt Die
Operirten befanden sich im Alter von 15 bis 39 Jahren. In 6 Fällen waren
Verwachsungen der Cystenwand mit dem Omentum und dem PeritoneoD
vorhanden; in drei Füllen wurden die Verwachsungen mit der Hand gel&t;
in einem Falle wurde das verwachsene Omentum mit dem fil de Floreoc«
unterbanden, und die Verwachsung mit dem breiten Mutterbande mit dem
Ecraseur gelöst; in den beiden letzten Fällen wurden die Verwachsnngei
mit glühendem Eisen getrennt. Der Stiel der Eierstockscyste wurde im &-
sten Fall nach dem Verfahren van Stüling befestigt; in 2 Fällen wurde
der Stiel mit einer Ligatur (ligatures perdues) umbunden, nnd dann in die
Beckenhöhle zurückgeschoben; in zwei Fällen wurde der Clamp Professor
A. K ras so WS ky 's angelegt; in den drei übrigen wurde der Stiel mit
einem glühenden Eisen, unter Anwendung meines schnabelförmigen
Gauteriums, abgebrannt
*) Prof. Haartmann in Helsingsfors führte 1848 eine Ovariotomie
aus, allein mit tödtlichem Ausgang; dieser Fall aber hatte keinen Einflass
auf die Frage von der Ovariotomie und hat daher nur ein historisches
Interesse.
Deber die Exstirpation b«ider Ofvien etc. 537
^^J^'i^ T"'"'**-' -^ •'•' <''«»P -- e«««» k""«» Stiel um-
S^nirP^LT T '" '•'«• ""•«» «'»»"-B; die drei übrigen
™r»;it • '!; ?""'*"'• ""^ «•«•»ctnitteneo Ojefn wmn iJ 6
r^rl^^i'l^TJ'"'' "" *■• ^•*« -^-'> -d i« einem F.Ue
piif^ ?w ^ '""**'' ""•^*»' •'"• Dermoideyete.
Sterke V«,«1k »»»"otomia der colosemlen dennoiden Cyste, bei welcher
io^en-tonitio:' *"'" *"' ''• •^>'« »*"•> -»^ ^7 Stunden in Folge
Woe.eMr"rji;?bia?„*r8,Y ^ '^""0-''^ ^ ^erLufe einiger
7 OrnrioLmTJ S *' ^"«"*^ '"> Z««koeselo'achen Krukenhsuse
d^Lellle ;,i: Wrriescenx und eine ist gestorben. E. waren Ton
let^r« FMe " "* ''°'"^'*' Oy«ioto-.ieon. In einem .on den
Fibroid Hm n»! **'' !""" ''"' ^J"'*""' «*" aubperitoneale». mitteIgnMses
TnS^^t «I n'"':^"''°' *" ™* «"'• der\:«T-noe«J Koeberl^..
t^nir. 7ndVrd^e"\r "? '• ^'*' " "'*""^""'^ "*• ^-
l>mtt«n «In fl! • V. "*"'*™«- ^"« exstirpirten Cysten waren coUoide, und
?mfrnT»H'5 "n"" "^"'**"'' ~""' >''^«- «»•• Cysten in gro«.e«
Fm!;! r ^r <>'»«-*»"' ""d dem Peritoneum yerw^^hsen w«en; in 2
t!Z !?, ^*'° ''*"'"»°**»«»«' Tb«! des Omentum mit dem Glftheiaen ent-
rerTonB\n "'"*'" *"*"* '"" Orariotomie wurden nach dem Yerfah-
rinn» " «u ' °°'"' Anwendong meines schnabelförmigen Caute-
™r* n«.r • ^'* »"«hwnnde wnrde dann stets durch Knopfo&the
tLtT^T^'' ^'*''** ""^ ^«^ Nadeln Startin's geechloesen. Bin
ob^ii^w- K °'°*^** *" Peritoneum (tiefe Naht), der andere nur die
der o « " ®*^'"'"'''*«° *<* Wnndlippen (oberil9chlicbe Naht). Mach
gele t *"'*'' *'*"' °*'*'° enrihnte Verband von E. KoeberlÄ an-
Im Ganzen wurden ron Prof. A. Kraasowsky in der KUnik und dem
sch»«i ♦ f '"^owsky, Orariotomie oder Ezstiipation der Bierstockge-
struo^T' . "*''^'*' Dissertation. Mit einer Tafel, Abblldangen der In-
Meditiinrvi t'^°**" enthaltend. 8. (156 5.) St Petersburg 1866. CWoenno-
jueoittineki hnnaL Octbr- NoTbr. Decbr- 1866.)
538 I>r- J- MasIowBkj,
Zankoeselo'schea Krankenkenhause 15 OfariotomieeD mosgefahrt; tod des-
eelben hatten 9 einen günstigen, 6 einen tödtlichen Aasgang*').
In RuBsland wurden bis zam Oktober 1866 im Ganzen 28 Ovarioto
mieen anegefflhrt, ron denselben waren 25 Tollstftndige (5 beideraeitige,
Ovariotomia duplex). 14 Operirte genasen, 11 starben; in 2 FäUea word«
die Operation nicht an Ende geffihrt; in einem Falle war ein Fehler io der
Diagnose gemacht worden; derselbe endete t<(dtlich **).
Gegenwärtig wird wohl Niemand bezweifeln können, dass bei der Oft-
riotomie, ausser einer richtigen Diagnose und gfinstigen hygienischen Ver-
hältnissen, das Operationsverfahren selbst von dem grGssten Einfloss aot
den Ausgang der Operation ist Dieses Verfahren bezieht sich insbesoodere
auf die Art der Trennung des Cystenstieles.
Schon seit der Zeit, wo die Ovariotomie zum ersten Mal ausgeführt
wurde, angefangen mit Robert Houstoun (1701) bis anf die Ovarioto-
misten Englands, Frankreichs, Amerika*s, Deutschlands, Rasslands der Ge-
genwart ist auf die Art der Entfernung der Geschwulst die meiste Auf-
merksamkeit verwandt worden. Zu diesem Zwecke wurden tu verscbiedeoefl
Zeiten verschiedene Methoden vorgeschlagen, namentlich : 1) AUgemeiae w^
partielle Ligatur; 2) das Verfahren von Stilling; 3) Clamp; 4) Ecrasear;
5) Acnpressur von Simpson; 6) Glüheisen von Baker Brown. Ohne
mich specieller auf die Beschreibung aller dieser Methoden einznlaseeo, die
ich auf Grund meiner Beobachtungen am Krankeabette der Operirteo, kri-
tisch in meiner Dissertation besprochen habe, will ich nur das letzte Ope-
rationsverfahren, als das gegenwärtig am meisten gebrincfa liehe, etvas
nAher betrachten.
Der Londoner Ovariotomist Baker Brown, gestatzt auf die Idee
J. Olay's, gebrauchte im Jahre 1865 das Glfiheisen, um den Stiel der
Cyste zu trennen, und schlug zu dem Zwecke seinen Olamp und ein pris-
matisches Gauterium ror.***) Ich wandte, wie erwähnt, zum ersten Mal in
Russland die Methode Ton Baker Brown an, und bemerkte dabei, di»
der Glamp dieses Ovariotomisten nicht immer zum Abbrennen eines knrzeo
Stieles angewandt werden könne. Das bewog mich im Januar 1866, meisen
Glamp vorzuschlagen, auf dem man sowohl einen kurzen, als langen Stiel,
♦) Prof A. Krassowsky, Kurze Mittheilung 'über 7 Ovariotomie^»-
(St Petersburger Medicinische Zeitschrift. Bd. XL Hft. 7. 1866.)
**) Die Zahl sftmmtliche^ in allen Ländern ausgeführten Ovariotomieeo
belauft sich nach unserer Statistik bis zum Jahre 1866 auf 904; von densel-
ben erfolgte Heilung in 533 Fällen (59 pGt.), und endeten tödüich 871 Fäiie
(41 pGt.)
•♦♦) The Lancet. VoL IL N. IX., X. pp- 229, 260. 1866.
Geber die Exstirpation beider Ovarien etc. 539
als auch die Adhäsionen abbrennen kann. Auf meinem Olamp kann man
leicht Gewebstheile von 8— 1^ Cm. Länge abbrennen , was mit dem Glamp
▼on Baker Brown nicht möglich ist. Bei den Verbuchen, bei welchen ich
Hunden die Oberschenkelgefässe mit den Muskeln, en masse, mit Hülfe des
prismatischen Ganterinms abbrannte, erfolgten Blutungen ans den grösseren
Arterien, die selbst nach wiederholtem Ganterisiren nicht aufhörten« Aus-
serdem beweisen auch die ron Prof. A. Rieter, A* Krassowskj in St
Petersburg, und yon Dr. Butcher in Dublin ansgeffihrten O?ariotomieen,
dasa das prismatische Gauterium die Blutung aus den grossen Oeftssen
des Stieles und des Omentum nicht stillt Dm die Blutung der grösseren
Gefllsse der Gystenstieles oder der Adhäsionen zu stillen, schlug ich ein
bis aar Rothgiahhitxe erwärmtes schnabelförmiges Glfiheisen ror,
mit dem man das Lumen selbst der blutenden Gellsse cauterisiren kann«
Hier erfolgt der Verschluss dee Gefässes theils durch die nach innen .um-
geschlagenen Ränder der Gefllsswandungen, theils durch feste, in Folge der
Hitze entstehende Blutgerinnsel. Ich bin nach den Erfahrungen, die ich
bei den OTariotomieen gemacht habe, flberzengt, dass auf diese Weise am
sichersten einer secundären Blutung yorgebengt werden kann. Professor
A. Krassowskj wandte in den letzten 9. Fällen mein schnabelförmiges
Glüheisen mit Erfolg an, und in einem Falle operirte er mit meinem Glamp.
Welches Schicksal nun der Brandschorf oder die Terschiedenen Liga-
turen in der Bauchhöhle erleiden, darfiber haben meine Versuche an Hun-
den, die ich schon im Jahre 1864 begann, positi?e Resultate ergeben
dieselben sind in Kurzem folgende:
1) Die Hunde ertragen die metallischen Ligaturen leichter, als die sei-
denen.
2) Die seidenen, eisernen, kupfernen, silbernen Ligaturen und fils de
Florence werden stets tou neugebildetem Bindegewebe eingekapselt, um die
seidenen bildet sich zugleich ein wenig Eiter.
3) Das üterushom beim Hunde, zu dem die Blhtznfnhr durch eine
feste Ligatur rollkommen unterbrochen ist, und welches inmitten der serösen
Membranen gelassen wird, necrotisirt nicht, sondern wird von neugebildetem
Bindegewebe umgeben, und erhält von demselben sein Ernährungsmaterial.
4) Der Brandschorf auf dem Gomn uteri wird nicht durch Eiterung
abgestossen, sondern von neugebildetem Bindegewebe eingekapselt, und ver-
wächst dann fest mit den umliegenden Theilen.
5) Die Bauchwunde wächst dann am yoUständigsten und schnellsten
zu, wenn die Nähte auch das Peritoneum durchdringen.
Sowohl diese Resultate, als auch die Beobachtungen am Krankenbette
beweisen, dass das Abbrennen des Stieles der EierstocksgeschwQlste das
beste und sicherste Verfahren ist, das man sowohl bei langem, als kurzem
540 Dr. J. Maslowskj,
Stiel anwenden kann. Endlich sprechen anch dafür die gläoaeBden Resal-
täte, welche von den OYariotomisten' Baker Brown in London und Prof.
A. Kraesowsky in St Petersburg erzielt worden sind.
Cbap im Akbremea des Stieles nd der Yerwachsugt« der Hoslods-
sesi&wilste.
Erklärung der Abbildnngen anf Tafel V.
Fig. 1. Der Glamp besteht ans einer Stahlröhre (A B), von 16 Gn.
Länge and 4 Gm. Breite, in der sich eine geradlinige Scbranbe mit einem
qneren Handgriff (B) befindet An der Schraube ist eine Schraubenmutter
▼on 5 Gm. Länge angebracht; die mit Längsstreifen y ersehenen Arme der-
selben endigen in gabelförmige Schraubenmuttern (G 0), welche sum Be-
festigen eines dicken Silberdrahtes (c c) dienen. In der Mitte der hjnteren
Fläche ist ein gebogener Handgriff angebracht (Fig. 2. D.) Anf das vor-
dere Ende der Röhre schraubt man ein unter sehr stumpfem Winkel gebo-
genes Endstück (E) von 6 Gm. Länge an, das in einen mit swei oTslen
Oehrchen (F F) versehenen, abgerundeten Rand (F P) yon 6 Gm. Breite
und 6 Mm. Dicke ausläuft
Die Oberfläche des Randes (F F) ist mit netxförmigen EinkerbuDgea
▼ersehen. An jedem Seitenrande des Endstückes befindet sich ein Blocic
(Fig. 2. G). Durch die Oehrchen (F F) ist ein dicker Silberdraht durchge-
zogen, welcher an der queren Schraubenmutter befestigt wird. An der
oberen Oberfläche des Endstückes (E) sind zwei, unter demselben stunpfea
Winkel gebogene, aufeinander liegende Platten (Fig. 2. H J) angebracht Die
untere Platte (H) besteht aus Elfenbein, die obere (J) aus Neusilber. Der
horizontale Theil (H J) dieser Platten ist 6 Gm. lang, 3 Gm. breit; der ge-
neigte (K) 2 Gm. breit Der obere abgerundete Rand dieser Platten befin-
det sich in gleicher Höhe mit dem entsprechenden Rande des EndstOckea.
Fig. 2. Stellt den Glamp von der Seite dar; man sieht den Block
(0), der dazu dient, die Silberdrähte in der richtigen Lage zu erhalten.
Die Handhabe (D).
Fig. 8. Prismatisches Gauterium.
Fig. 4. Das schnabelf5rmige Gauterium, das yom Verfasser zum iso-
lirten Ganterisiren grösserer Gefässe der Adhäsionen und des Oystenstieles
Torgeschlagen worden ist Es ist vortheilhaft, zwei solcher Gauterien, von
verschiedener Dicke des Schnabelendes (A), you ^ und 1^ Mllm. Dnrch-
messer zu haben.
Fig. 5. Zange zum Erfassen und Befestigen der erhitzten Gauterien
an die Handhabe,
üeber die Bxatirpation beider Ovarien etc. 541
Fig. 6. Handhabe för die Cauterien.
Mein Glamp wird in folgender Weise angewandt: Das eine Ende dea
dicken Silberdrahtes befestigt man am linken Arm^ der Schranbenmatter
(G); das andere Bnde f&hrt man Aber den entsprechenden Block (G) darch
das linke Oehr des Endstückes. Dann nmfasst man mit diesem Draht den
Stiel der Eierstocksgesehwnlst oder die Adhisioneo, sieht den Draht darch
das rechte Oehr durch, legt ihn am Block (0) an, und befestigt ihn dann
an dem rechten Arm der Schranbenmatter. Aaf diese Weise wird der zum
Abbrennen bestimmte Theil darch die Drahtschlinge festgehalten. Darauf
dreht man die Handhabe der Schraube von links nach rechts, und zieht so
den in der Schlinge gelegenem Theil der Geschwulst immer mehr zusam-
men, nnd er wird dadurch fest an den Rand des Bndstfickes angedrückt
Darauf brennt man diesen Theil mit Hülfe eines zur RothglOhhitze erwärm-
ten prismatischen Gaateriums auf der Platte des Endstückes durch , indem
man sftgefOrmige Bewegungen mit geringem Druck ausübt Darauf lockert
man Tersuchs weise ein wenig die Drahtschlinge, indem man die Schraube
▼on rechts nach links dreht, um zu sehen, ob eine Blutung erfolgt Im
Falle dieselbe eintritt, schraubt man die Schlinge wieder fester, und caute-
risirt dann die Lumina der Blutgeftsse, die sich auf dem Schorf als gelbe
Ringe darstellen, mit meinem schnabelförmigen Gauterium. Hiernach steht
die Blutung gewöhnlich still. Darauf entfernt man die Drahtschlig^, indem
man das rechte Ende des Drahtes von der Schraubenmutter löst, und es
aus dem rechten Oehr herauszieht
Ich schlage vor, den Stiel oder die Adhäsionen der Eierstocksge-
schwülste nur mit Hülfe meines Gauteriums abzubrennen. In dem Zweck
fasst man den zum Abbrennen bestimmten Theil mit demselben Glamp, in
der früher beschriebenen Weise, und schneidet dann den erfassten Theil über
der Drahtschlinge mit einer Scheere ab; die Gefässlumina werden dann
einzeln mit dem Ende des schnabelförmigen Gauteriums gebrannt, und dann
noch die ganze Oberfläche des durchschnittenen Tbeiles mit der Kugel des-
selben Gaateriums einige Mal cauterisirt
6. Pro domo.
Von
Dr. DAüsel,
'Arzt des katholischen Krankenhauses in Hamburg.
Im 2. Hefte des VII. Bandes dieses Archives, S. 304., lese ich eine
kurze Krankengeschichte eines von mir im Sommer des Jahres 1864 im
542 ^T' Daniel,
hiesigen katholischen Krankenhanse bebandelten Kranken. Herr Dr. G.
Heine hat die Krankengeschichte in Berlin, oder sonst wo, gemacht nnd
erzfthlt, nnd ich habe 4en Kranken in Hamburg behandelt nnd geheilt Un-
ter so bewandten Omstfinden kommen mir noch ein Paar nachirigliche Be-
merknngen in der Angelegenheit in.
Der Fall, um welchen es eich hier handelt, ist ein sehr bedenteDder
und in vielfacher Beziehung interessanter: ja das Schicksal meines Patien-
ten ist auch in nichtärztlichen Kreisen mit grosser Theilnahme yeifolgt
worden, indem derselbe dem energischen Handeln des Generalarztes ▼. Lan-
ge nbeck, welcher ihn damals von Gopenhagen nach Ramburg entführte,
sein Leben yerdankte.
Der Kangl Preussische Premier Lieutenant ▼. J. war am 28. Marzjeoea
Jahres durch einen Plintenschuss verwundet worden, und obgleich die Ver-
wundung nur eine einfache Fleisch wunde durch die Wade, mit Kingangs-
und Ansgangsloch , gewesen war, so fand ihn doch v. Langenbeck noch
am 12. Mai in Gopenhagen ungeheilt| und zwar mit Gangraena noso-
comialis. Der Generalarzt brachte ihn, wie gesagt, nach Hamburg, und am
14. Mai übergab er ihn im hiesigen katholischen Krankenhause meiner Be-
handlung. Am 16. Mai applicirten wir, da, trotz der angewandten ümschlSge
von hypermangansauerem Kali, der Brand in 24 Stunden deutliche Fort-
schritte gemacht hatte, das Ferrum candens. An demselben Nachmittage
reiste v. Langenbeck ab, nnd Hberliess mir nun die Behandlung allein.
Der Brand stand nicht unmittelbar nach der Anwendung des Ferrum can-
dens, sondern erst nach energisch fortgesetzten, nnd h&ufig wiederholten
Aufschlägen einer starken Lösung von Kali chloricum. Als der Schorf,
Brandschorf und Brennschorf, sich losgestossen, zeigte sich erst, wie gro»
der Substanzverlust geworden: fast die ganze L&nge des Unterschenkels,
nnd mehr als zwei Drittel des Umfanges desselben nahm die grosse Wonde
ein, dabei war sie sehr tief: von Gastrocnemiis keine Rede mehr, vom So-
leus nur noch Reste, die Sehnen des Flexor digitorum communis, des Flexor
haltueis nnd Tibialis posticus. lagen nicht, sondern baumelten in der Wände:
im tiefen Grunde sah man die hintere Fläche der Tibia. Dessenungeachtet
ging nur die Sehne des Tibialis posticus verloren. Alles Debrige wurde
durch die sorgfältigste Behandlung vor dem Untergänge bewahrt Die Eite-
rung war so copiös, dass ich den Patienten die erste Zeit dreimal amTa^e
verbinden rousste, und dennoch blieb, bei dem durch Sorge, Schmerz, Säfte-
Verlust und Fieber auf das Aeusserate herabgekommenen Kräftezustande
des Kranken, noch Wochen lang die Genesung überhaupt zweifelhaft,
Dass bei einer solchen Wunde, deren Heilung mehr als problematisch
erschien, und deren erste erfreuliche Fortschritte so viel Interesse erregten,
dass ich nicht selten die Ehre hatte, bei meiner Visite Gollegen vom Köngl
Pro domo. 54\
Prenssischen Militair sn Znschanern zu habea, dasfl, bei einer solchen Wände
der gaoxen Wade Torlftofig kein allzu grosses Gewicht aaf Stellang des
Fasses nnd Kniegelenkes gel^ werden darfte, liegt aaf der Hand. Den-
noch war Beides noch am 20. Jnli so gnt, dass, wie ich in meinem Journale
finde, an dem Tage y. Langenbeek, bei einem Besuche in Hamburg, der
Hoffnung Raum gab, Pat werde schon nach der beabsichtigten Badekur in
Teplitz wieder gehen kennen. Am 2. August entliess ich meinen Patienten,
mit fast geheiltem Beine, nach Teplitz, und Anfangs October, also 2 Mo-
nate, nachdem derselbe Hamburg yerlassen, kam er nach Berlin, and nun
zeigte sich, dass eine Tenotomie der Achillessehne und eine Streckung des
Beines noch nothwendig geworden war.
Das ist der thatsftchliche Verlauf des Falles, und so ist Herr Dr. Heine
durchaus nicht berechtigt, in seinem Aufsätze »die Schussverletzungen der
unteren Extremitäten nach eigenen Erfahrnngen" fremde Erfahrungen
herbeizuziehen, und noch dazu die ganz fiberflflssige und nnvorsichtige Be-
merkung einfliessen zu lassen, dass ^
.in Folge nicht ganz sorgfiltigen Achtens auf die
.Knie- und Fussstellung w&hrend der Wundheilung
»in Hamburg'*)
»sich eine Retraction im Kniegelenke und ein Pes equinns entwickelt habe.*
Der Herr Patient und ich selbst, wir haben alle Ursache, mit der
Wnndheiinng in Hamburg sehr zufrieden zu sein, allein grosse So bstanz Ver-
luste der Wade, namentlich der Haut derselben, haben solche Difformitäten,
wie die genannten, auch bei der sorgfUtigsten Behandlung nur gar zu leicht
in ihrem Gefolge, in dem vorliegenden Falle aber, sehe ich auch in der un-
gefährlichen Nachoperation einer Tenotomie in der That ein geringeres I3u-
glGck, als die Heilung durch unzeitige Sireckversuche aufzuhalten, oder gar
in Frage zu stellen; im Gegentheil, zwischen diesen beiden Eventualitäten
wird keinem Chirurgen die Wahl schwer werden, und unter allen umstän-
den muBS man die Behandlung mit durchgemacht haben, ehe mau sich ein
Drtheil in der Sache erhiuben darf. So viel pro domo. KQrzHch erlebte
ich etwas ganz Aehnliches in Folge eines grossen Substanzverlustes in der
Kniekehlen- und Wadenhaut, und da die Krankengeschichte auch sonst von
Interesse ist, will ich ihrer bei dieser Gelegenheit erwähnen.
Johannes K., ein Knabe von 6 Jahren, kam in's Hospital, wegen
eines seit Jahren bestehenden Kniegelenkleidens. Das Kind war in einem
sehr traurigen Zustande, abgemagert und fiebernd, wimmerte es Tag und
Nacht vor Schmerzen. Das Knie stand im rechten Winkel, war hochroth,
*) Warum nicht auch in Teplitz, während der zwei Monate?
^544 Dr* Dantel,
heisB, und grenste sieb, dick geschwolleiiy kolbenförmig rom mageren Ober-
sebenkel ab. Dabei 8 Fisteln, welche einen dünnen Eiter entlieaeen. Die
Sonde fühlte das tief zerstörte Gelenk. Unter diesen Dmstlnden beschloss
ich die totale Resection des KniegelenkeSi welche ich am 6. De-
cember 1864 ansführte. Ich machte den Bogenschnitt von einem Tnberen-
Inm znm anderen. Die Patella ezstirpirte icb; Ligamenta cmdata waren
theilweise zerstört; Tibia voll schlaffer Grannlationen aaf der zerstGrten Ge-
lenkflftche, Pemnr weniger ergriffen« Ich sftgte, grnndsfttslich, von Beideo
nor eine dünne Lamelle ab, aber die Knochen Hessen sich nicht eonformi-
ren, nnd bei dem Yersnche riss die kranke Kniekehlenhaut ein, nod eot-
' leerte einen bedeutenden Senkungsabscess. Um die Flüchen der Sigeschnitte
einander zn nühern, mnsste nocb ein ^" dickes Stfick des Femor abgesigt
werden. Nael^dem die Blotnng gestillt, nnd die Wunde gereinigt war, zeigte
sich der grosse Einriss in der Haut der Kniekehle, welche in ziemlich wei-
tem Umfange nnterminirt war, was, bei der Winkelstellnng des Knies, vor
der Operation nicht so deutlich erkannt werden konnte. Die Eztremitit
wurde nun in eine Schiene gelegt, wie sie Linhart in seiner operatifes
Chirurgie, S. 435. abbildet und empfiehlt Diese Schiene, mit einem be-
weglichen Mittelstücke, welches entfernt werden kann, so dass man ein be-
deutendes StQck, über nnd unter der Operations wunde hinauf, das Glied
biossiegen, und so täglich verbinden kann, ohne dass die Extremität aaeh
nur im Geringsten in ihrer ruhigen Lage gesUSrt zu werden braucht, habe
ich jetzt in zwei Fällen angewendet, und muss ihr sehr das Wort reden.
Nach der Resection des Ellenbogengelenkes bediene ich mich einer ähnlicheo
Schiene,*) welche, nach demselben Principe der ruhigen Lagerung der Ex-
tremität, Vorderarm nnd Oberarm im stumpfen Winkel zu einander erhält;
bei ihr ist die Gegend der Operationswunde ganz frei, indem die beiden
SchienenstDcke, auf welchen der Oberarm und Vorderarm lagern, nur darfh
eine eiserne Spange verbunden sind, welche zu gleicher Zeit als Handgriff
dient Beide Apparate können ohne Zweifel auch durch Gyps ersetzt wer-
den, allein sie sind, namentlich fKr die ersten Wochen der Kur, so lange
die Eiterung noch copiös ist, zu empfehlen.
In der Linhart'schen lagert das operirte Bein sehr sicher, nnd die
Fussstellnng kann auch. durch das Fnssbrett derselben sehr gut normirt
werden, allein in dem so eben erzählten Falle gslang es mir dennoch nicht,
einen Pes eqninus zu rerbfiten, eben weil der grosse Substanzverlust der
Kniekehlen- und Wadenhaut in der Narbenbildung alle meine Bemühungen
yergeblich machte. Nun, ich habe mir keine grosse Sorge daraus erwachsen
lassen, sondern ror allen Dingen mich bestrebt, eine' feste Vereinigung der
*) Bereits ip drei Fällen.
Pro domo. 545
darchsigteo Koochen sn eniolen. Nach vielen Fort- und RflcksehrittOD,
ein ganzes Jahr Terstrich dartiber, hatte ich endlich ein fest consolidirtes
Bein, an gleicher Zeit aber aach einen gans gehörigen Pes equinns Yor mir.
Am 1. December durchschnitt ich nun meinem Kranken die Achillessehne,
nnd legte den Fnss einige Wochen in Gjps. Schon im Mars dieses Jahres
ging mein Patient ohne Stock nnd Krficke, und der Pes equinns ist l&ugst
vergeaaen. Die Analogie des obigen Pes equinns und dieses sweiten liegt
auf der Hand, und in beiden F&llen handelte es sich um weit wichtigere
Dinge, als um die VerhQtnng einer Difformitit, welche ganz ungefährlich
dnrch das Tenotom verbessert werden konnte : ich bin aber anch der festen
Ansicht, dass, unter ähnlichen Verhältnissen, der Pes equinns, mehr oder
minder, gar nicht an vermeiden sein wird.
XII.
Carl Otto Weber,
weiland Professor der Chirurgie in Heidelberg.
Nekrolog
VOB
Dr. Th. Blllroth.
Als sich die Nachricht von dem am 11. Juni 1867 so unerwar-
tet erfojgten Tode Otto Weber's in Heidelberg durch Deutsch-
land verbreitete, hat sicherlich Jeder, der mit der Entwickelung
der modernen Medicin in Beziehung stiind, eine tiefe Betrubniss
eppfanden. Die Fachgenossen fühlten, dass die Wissenschaft
einen Verlust erlitten hatte, zu dessen Ausgleichung es minde-
stens wieder Jahre bedürfen wird; die Freunde und Altersge-
nossen Weber's durchdrang ein schmerzliches, inneres Weh,
und sagten sich: f&r mich ist Weber nicht mehr zu ersetzen,
▼. Lang«ob«ek'i ArehW fTir Chiriiripe. TX. 35
546 ^r- '^^^ Billroth,
wir verlieren in ihm einen Mann, dessen Frenndschaft uns zum
Lebensbedürfnisse geworden war. Wer ihm nahestand , konnte
den Gedanken nicht fassen, dass Weber nicht mehr sein sollte.
Er, der so rastlos th&tig war, der immer schaffte, unerschöpflich
war, nicht nur an neuen Ideen und Arbeitsplänen, sondern auch
unermfidlich in der Ausfuhrung dieser Pläne, er sollte nicht mehr
sein! es schien undenkbar! Wir empfanden stets eine behag-
liche Sicherheil, wenn wir wussten, Weber beschäftigt sich jetzt
mit diesem oder jenem Gegenstande, denn wir wussten immer,
es kommt etwas Vorzügliches heraus. Und das sollte nun Alles
vorbei sein! das sollte jetzt aufhören in einem Momente, in wel-
chem die Kraft dieses Mannes im kräftigsten Wachsen war? so
jäh sollte die Periode der Glassicität dieses trefflichen Gelehrten,
Arztes, Lehrers abbrechen! Unmöglich! und doch leider nur zu
wahr! Armer Freund! es sollte Dir nur vergOnnt sein, Deine
Aussaat keimen zu sehen! doch ihr Heranwachsen, ihre kräftige
Entwickelung solltest Du nicht mehr erleben! Dein^Geist ab&
lebt unvergänglich in der Wissenschaft fort, denn die wiüirha&
productive geistige Arbeit ist unvertilgbar! sie ist die Unsterb-
lichkeit des Geistes!
Wenn wir bei dem Tode eines unserer Lieben zugegen sind,
so drücken wir ihm sanft die starr gewordenen Augen zu, und*
suchen so den uns lieben Zügen den Ausdruck des Schlafes ta
geben; so prägt sich das Bild des Verewigten unserer Phan-
tasie freundlicher ein, als das starre Bild des wahren Todes.
Ich mochte es damit vergleichen, wenn ein Freund dem Freunde
einen Nekrolog schreibt; es mildert den Schmerz, es versöhnt
uns mit der unabweis^ichen Nothwendigkeit, das Geschehene als
geschehen anzuerkennen, wenn wir ihm geistig die Augen schlier-
Ren, und uns an dem Bilde des Entschlafenen wehmüthig er-
freuen, indem wir für uns das Facit seines Lebens ziehen. &
liegt in der Natur der Dinge, dass ein solches Bild kein völlig
objectives sein kann, jede Schilderung, die wir von unseren
Freunden oder von unseren Feinden entwerfen, enthält „Wahrheit
und Dichtung^.
Carl Otto Weber, Nekrolog. 547
Mir war es erst im Laufe der letzten Jahre Tergönnt, We-
ber persönlich näher zu treten, wenngleich wir durch die Rich-
tung unserer beiderseitigen Arbeiten schon lange in naher geisti-
ger Beziehung zu einander standen. Durch letzteren Umstand
glaube ich mich wohl berechtigt, den Nekrolog für meinen Freund
zu schreiben. Dass ich die grosse Vielseitigkeit in Web er 's
Arbeiten und Talenten nur von meinem Standpunkte aus beur-
theilen kann, d. h. nur soweit ich sie zu würdigen weiss und
verstehe, ist selbstverständlich, doch hebe ich es besonders
hervor ffir Diejenigen, welche die Ansicht hegen, ein Nekrolog
müsse eine mit der Waage historischer Kritik abgemessene Bio*
graphie sein. Das ist ganz einfach schon deshalb nicht möglich,
weil man seine Altersgenossen, ebensowenig als sich selbst, als
historisches Object im strengen Sinne des Wortes beurtheilen
kann. Ich werde mich bemühen, meine Aufgabe nach Kräften
zu lösen. Die meisten deutschen Zeitschriften haben Weheres
Tod als einen der grössten Verluste für die Wissenschaft be-
trauert, einige auch kurze Nekrologe gebracht. Selbst die ärzt-
liche Gesellschaft von New York hat in warmen Worten des
traurigen Ereignisses und der Verdiensie des Verstorbenen ge-
dacht.
Carl OttoWeber wurde am 29. December 1827 in Frank-
furt am Main geboren; sein Vater war ein tüchtiger, auch durch
schriftstellerische Arbeiten bekannt gewordener Philologe von viel-
seitiger Bildung, und wurde bald nachher als Gymnasial-Director
nach Bremen berufen. Dort verlebte unser Weber seine Jugend,
und erlangte seine erste Bildung unter der Leitung seines Vaters.
Schon früh trat die Neigung zu den Naturwissenschaften bei ihm
hervor; Botanik, später Paläontologie, Geologie waren Lieblings-
Gegenstände far die eigene Arbeit, ohne dass deshalb die alten
Sprachen vernachlässigt wurden. So bezog Weber^ vortrefflich
vorgebildet, 1846 die Universität Bonn, um Medicin zn studiren.
Es gelang ihm bald, zu verschiedenen Lehrern in den Naturwis-
35*
548 !>'•. Tb. Billrotb,
senschaften in persönliche Beziehungen zu treten, so dass er so-
wohl am chemischen, wie am physikalischen Laboratorium, und
bei seinem Lehrer in der Mineralogie als Famulus fungirte. Am
4. April 1851 wurde Weber in Bonn promovirt, reiste dann
nach Berlin, um seine Studien fortzusetzen, und sein Staatseia-
men zu machen, nach dessen Absolvirung er sich, im Sommer
1852, nach Paris begab; seine Absicht, von dort nach London zu
reisen, wurde durch Familienereignisse gehindert Mit dem Win-
tersemester 1852 wurde er Assistent an der chirurgischen Klinik
in Bonn, welche damals unter der Leitung des vortrefflichen,
wenn auch schon gealterten, und dem Erblinden nahen Wutzer
stand. Durch diese Stellung, welche er in den nächsten Jahren
behielt, war die Richtung far seine weitere Entwickelung be-
stimmt; je weniger Wutzer im Stande war, seine Functionen
als Lehrer zu vollziehen, um so selbstständiger wurde Weber 's
practische Thätigkeit Er habilitirte sich 1853 fiLr Chirurgie, trieb
mit besonderer Vorliebe daneben pathologische Anatomie und
Histologie, und kam durch seine Stellung an der Klinik auch bald
in Beziehungen zum Publicum, indem er theils als consultirter
Chirurg, theils als Hausarzt sich das Vertrauen und die Liebe
seiner Patienten zu erwerben wusste. — Wenngleich sich Weber
nach dem Rficktritte Wutzer's (1855) wohl einige Hofihung ge-
macht hatte, die klinische Professur in Bonn zu erhalten, so sollte
dies doch nicht geschehen, und im Interesse der Wissenschaft
dQrfen wir diesen Umstand nicht beklagen; denn wenn Weber
neben Klinik und Vorlesungen die aasgedehnte Praxis beibehalten
hätte, welche sich fQr ihn im Laufe der nächsten Jahre in Bonn
und Umgebung entwickelte, so wäre wohl eine Reihe von den
vortrefflichen Arbeiten aus dieser Zeit nicht entstanden. Weber
blieb noch 1 Jahr Assistent der chirurgischen Klinik, nachdem
die Leitung derselben an Professor W. Busch übergegangen war;
dann wurde er 1857 ausserordentlicher, 1862 ordentlicher Pro-
fessor der pathologischen Anatomie, und widmete sich diesem
Fache mit ganzem Eifer; daneben aber war er Director der chi-
rurgischen Abtheilung des evangelischen Spitales, und blieb da-
Carl Otto Weber, Nekrolog. 549
durch in Zusammenhang mit einem, wenn auch kleinen, Bpeciell
chirurgischen Wirkungskreise. Wenngleich Weber nicht über
seine Stellung in Bonn zu klagen hatte, sein Fach mit Eifer lehrte,
und darin mit eminentem Erfolge arbeitete, so war es doch immer
ssein stiller Wunsch, als chirurgischer Kliniker su wirken^ um ausge-
dehnte Gelegenheit zu haben, seine Studien practisch zu yerwer-
then; dieser Wunsch wurde ihm erfüllt durch die Berufung nach
Heidelberg (1865, Ostern), wo er, nach dem Rücktritte Chelius^
die SteUe als Professor der Chirurgie und Director der chirurgi-
schen Klinik übernahm. In die letzten Jahre in Bonn und das
erste Jahr in Heidelberg fällt die colossalste literarische Arbeits-
leistung Weber's.
Er hatte sich schon in Bonn, im Jahre 1858, mit Fr&olein
Julie Gehring, der Tochter eines Beamten in Bonn, verhei-
rathet. Erst nach achtjähriger Ehe hatte er die Freude, dass
ihm ein Sohn geboren wurde, den er leider nicht lange überle-
ben sollte.
Web er 's Stellung in Heidelberg wurde schnell eine, auch
äusserlich, glänzende; seine consultative und operative Praxis
nahm rasch grosse Dimensionen an; es bedurfte seiner eminenten
Energie und seiner hervorragenden Gaben, um allen an ihn ge-
stellten Ansprüchen zu genügeb, und doch noch daneben zu ar-
beiten. Bald gewann er sich auch in Heidelberg die Liebe sei-
ner Schüler, die Zahl der Studirenden nahm zu; sein auch im
Auslande bereits berühmter Name zog junge Aerzte verschieden-
ster Nationen nach Heidelberg, um von ihm zu lernen. Als We-
ber nach Heidelberg berufen wurde, war die Augenklinik noch
mit der chirurgischen Klinik verbunden; er leitete die zeitgemässe
Trennung ein, und übergab die Augenklinik an Professor Knapp.
üeber das schlechte, alte Krankenhaus, und über die miserablen
Arbeitsräume hörte man Weber oft klagen. Ganz besonders
quälte es ihn, dass seine Krankenzimmer fast nie von Diphtheri-
tis und Rose frei wurden; in mehreren Briefen schreibt er mir miss-
müthig darüber, dass die kleinsten Operationen in den Räumen
seines Krankenhauses zuweilen diphtberitisch würden, ja, dasB er
550 ' I>r* Th. Billroth,
schon manche Fälle auf diese Weise verloren h&tte. Seine Studien
in dieser Richtung waren unermüdlich ; er versuchte es auf alle
Weise, ätiologisch und therapeutisch, dieser Krankheit beizukom-
men. Sehr wahrscheinlich hat er sich bei diesen Untersuchungen
selbst inlipirt; er erkrankte am 5. Juni 1867 an Angina, mit
An£EUig8 croupOsem, sp&ter diphtheritischem Charakter, und erlag
dieser Krankheit, bei klarem Bewusstsein über seinen Zustand,
dem Tode mit Ruhe in's Auge blickend, am Morgen des 11. Juni
1867, im vierzigsten Lebennjahre. Bei der durch Professor Ju-
lius Arnold gemachten Section fand sich, ausser der Diphthe-
ritis des PharyniL und Laryns, noch eine stark mitentwickelte
fettige Degeneration des Herzens (vielleicht das Residuum einer
nach Scharlach aufgetretenen Pericarditis vom Jahre 1860), die
gleiche Krankheit, der sein Vater vor einer Reihe von Jahren
erlegen war.*)
Das ist der Gang des äusseren Lebens 0. Web er 's gewe-
sen. Bevor ich auf die Leistungen dieses Mannes als Forscher.
Schriftsteller und Lehrer übergehe, will ich noch etwas über
seine persönliche Erscheinung und seinen Charakter hinza-
fügen. Obgleich wir uns bereits auf der Naturforscherversamm-
lung in Göttingen flüchtig gesehen hatten, so erinnerte ich mich
doch Weber's Persönlichkeit später nicht mehr. Als ich ihn
im Jahre 1866 persönlich kennen lernte, war er ein Mann vod
untersetzter, mittelgrosser, stämmiger Figur, ziemlich stark; sein
bedeutender Kopf, umwallt von schwarzem, schon etwas mit
*) Es ward nach verschiedenen in- und ausländischen Zeitungen die
falsche Nachricht verbreitet, Weber sei in Folge von Infection durch Croop-
membranen, welche er nach einer Laryngotomie aufgesogen haben sollte, ge-
storben, und zwei seiner Assistenten dazu. Hierbei ist einigea Wahre mit
Falschem vermischt worden. In Bonn (18G4) hatte Weber sich in der That
anf die erwähnte Weise mit Group inficirt, nnd bekam eine cronpGse Angina,
welche ihn einige Zeit an's Bett fesselte, von welcher er sich aber völlig er*
holte, nnr dass eine Neigang zu Halsschmerzen nach geringfQgigen Veran-
lassungen zurfickgeblieben war. — Bevor Weber in Heidelberg von Diph-
theritis befallen wnrde, hatte sein Assistent, Dr. Heine, einen leichten
Anfall dieser Krankheit gl&cklich fiberstanden.
Carl Otto Weber, Nekrolog. 651
weiss gemischtem reichen Haar, imponirte gleich beim ersten An^
blick; die tiefliegenden, sehr dnnkelen, lebhaft glänzenden Augen
waren das Beweglichste in den sonst rahigen Gesichtszügen;
die etwas vorübergebeugte Haltung des Kopfes machte den Ein-
druck des Sinnens und Grübelns, und erschien auch wohl als
Zerstreutheit, wenn Gespiäche geführt wurden, die ihn wenig
interessirten.
Man merkte ihm an, dass er immer so ganz in seinem wis-
senschaftlichen Gedankenkreise lebte ; eine gewisse Unruhe, etwas
Unstates, als reue es ihn eigentlich immer, dass er nicht bei der
Arbeit sei, anstatt sich zu unterhalten, verliess ihn selten. Wen-
dete sich das Gespräch auf Gegenstände, die ihn warm inter-
essirten, so belebte sich sein ganzes Wesen; er hatte sehr ge-
sunde, weiss und rothe Gesichtsfarben, und da er leicht vom
Eifer des Gespräches hingerissen wurde, so wechselten Röthe
und Blasse des Gesichte» dann schnell; die heftige innere Erre-
gung drückte sich dann in seinen Zügen aus. Er trank fast gar
keinen Wein, kein Bier, rauchte nicht, und konnte auch nicht
gut in Gesellschaft von Rauchern sein, weil er bald von Kopf-
weh und Beklommenheit befallen wurde, und immer nach einer
grösseren Gesellschaft eine schlaflose Nacht hatte. Dies Alles
hatte sich bei zunehmender geistiger Anstrengung, zumal beim
Arbeiten bis tief in die Nacht hinein, im Laufe der letzten Jahre
sehr gesteigert, so dass er deshalb grössere Gesellschaften mied.
Bei der ersten Berührung mit fremden Menschen hatte er zu-
weilen etwas Scheues, Unsicheres, doch legte sich das bald, so
wie er längere Zeit mit denselben Menschen verkehrte; diese
Eigenschaften mögen Manchen, der flüchtig mit ihm in Berüh-
rung kam, nicht sympathisch berührt haben. So wie indess die
Bekanntschaft gemacht, Berührungspunkte zu finden waren, dann
wurde er warm, und war Allen, die er schätzte, ein treuer, zu-
verlSiisiger, wahrer Freund. Man konnte vortrefflich mit ihm dis-
cutiren; er ging auf Alles ein, demonstrirte mit Freuden seine
Präparate, war ruhig ausgesprochenen gegentheiligen Meinungen
gegenüber nie empfindlich oder absprechend. Bewusst seiner
552 Dr. Th Billroth,
Kraft und seiner Talente, hatte er einen edelen Stolz als deutscher
Gelehrter in seiner Brust, doch war er nie arrogant, sondern
freundlich und liebenswürdig im ürtheil über Andere, und uner-
müdlich in Anregung seiner Schüler und jüngeren GoUegen. Ein
hervorragendes Talent zum Zeichnen, welches er sehr fleissig ge-
übt hatte, kam ihm bei der Herausgabe seiner anatomi^^ch-
chirurgischen Arbeiten sehr zu statten; er machte alle seine
Zeichnungen mit grosser Sorgfast selbst; ausserdem hat er sich
früher aber auch mit Oelmalerei beschäftigt, und seine Zimmer
waren reich durch Oelbilder geziert, die theils von ihm, theils
von seiner hOchst talentvollen Frau gemalt waren. In den letz-
ten Jahren gönnte er sich keine Müsse mehr dazu, doch liess er
es sich nicht nehmen, auch die Zeichnungen zu seinen letzten
Arbeiten mit der grüssten Sorgfalt selbst auszuführen. Ausser
Malerei, Umgang und Unterhaltung mit Fachgenossen, Künstlern,
guter belletristischer Leetüre, hatte er keine Nebenbeschiftigan-
gen, keine Passionen, sondern lebte ganz ausschliesslich seinen
Beruf und seiner Wissenschaft. — Er liebte es, stets den geit-
desten, directesten Weg zu gehen, und konnte dabei recht derb
sein, auch wohl verletzen. Hindernisse in der Erreichung seiner
Bestrebungen konnten ihn wohl sehr aufbringen und gereist
machen, doch l&bmten sie seine Thätigkeit nicht, sondern stärkten
sie nur ; er besass eine zähe Ausdauer bei Allem, was er angriff;
das zeigen aUe seine Arbeiten, besonders giebt sich diese Ener-
gie der Arbeit und des Strebens auch in den wiederholten An-
strengungen und Bestrebungen kund,* den Neubau des akademi-
schen Krankenhauses in Heidelberg zu beschleunigen. Er hatte
um seine Patienten, und wegen der Verkümmemng der Er-
folge seiner Operationen in dem alten Spital viel zu leiden; d^r
schleppende Geschäftsgang, die Energielosigkeit in den oberen
Behörden, die Unterbrechung der Krankenhausbauprojecte dnrch
den Krieg im vorigen Jahre, das Alles versetzte ihn im Lufe
des letzten Jahres in eine gereizte, nervös sehr erregbare Stim-
mung, machte ihn wohl auch vorübergehend muthlos; doch bald
griff er die Sache wieder von Neuem auf, und verfolgte sie mit
Carl Otto Weber, Nekrolog. 553
neuer Kraft und Energie. Er konnte Ungerechtigkeiten, unzweck-
mässige Einriebtongen nicht bestehen sehen, ohne sofort einza-
schreiten. Indolenz war ihm in den Tod verhasst; er musste
immer handeln, wenn er etwas zn bessern fand; vielleicht ging
er in solchen Dingen manchmal etwas zn weit, nnd machte sich
dann Feinde, ohne der Sache zu nützen; das lag eben in seinem
Charakter nnd in seinem nnrubigen, lebhaften Temperamente.
Weber lebte sowohl in Bonn wie in Heidelberg ziemlich
zarftckgezogen; er liebte nie grosse Gesellschaften, liebte das
Salonleben nicht, sondern verkehrte meist nur mit wenigen, ihm
näher stehenden Freunden, und sah gerne Leute um sich, nahm
sich jedoch selten die Zeit, Andere aufzusuchen. In Bonn bildeten
Helmholz, Pflüger, 0. Jahn, in Heidelberg Helmholz und
Friedreich seinen näheren Umgang, gerne verkehrte er auch
mit jüngeren talentvollen Leuten, und interessirte sich warm und
lebhaft flir seine jüngeren Freunde, so besonders für Heine und
Julius Arnold. Er lebte in seinem Hause einfach und ausser-
ordentlich glücklich; seine Frau besorgte sein Haus in liebens-
würdigster Weise, and wusste ihm alle kleinen Plagen des Lebens
fem zu halten, ihn auch wohl zuweilen ruhiger zu stimmen, wenn
er angegriffen von Vorlesungen, Arbeiten und Praxis, und mit-
unter erzürnt über Dies oder Jenes nach Hause kam. Ich habe
mich in diesem Hause oft wohl und glücklich befunden; denn
seit ich Weber persönlich kannte, besuchte ich ihn wiederholt
in dem schönen Heidelberg.
Innen war Weber voller Arbeitspläne, und war sehr glück-
lich in der Wahl seiner Gegenstände, glücklich in seinen Frage-
stellungen. Dies ist fBr den Gelehrten ebenso wichtig, wie etwa
di^ Wahl des Stoffes bei der dramatischen Poesie. Oft sagte er
bei zweifelhaften, discutirbaren Beobachtungen : , Ja, wenn ich nur
Zeit hätte, da liesse sich wohl etwas machen, man müsste das
so oder so angreifen.^' Weber war sich über das Ziel seiner
Arbeiten, den Inhalt, das Wesen seines Lebens und seines Be-
rufs so klar! Diese Klarheit über sein eigenes Selbst blieb bis
zu seinen letzten Stunden ; er ging dem Tode, wenn auch scKmerz-
564 Dr. Tlu Billroth,
lieh und voller Wehmath, doch ohne Klage, in toUer Ergeboog
in das unvermeidliche entgegen. Sein Assistent nnd treu^
Freund Heine hat mir brieflich diese Scene in wahrhaft ergrei-
fender und zugleich erhebender Schilderung mitgetheilt Aus^
der vor tiefem Seelenschmerz vollständig gebeugten Frau, wareo
seine Freunde Friedreich und Heine bei seinem Tode zu-
gegen. „Ich habe nur das Rechte gewollt, ich habe es mit Alien
gutgemeint!'^ „Arbeitet und schaffet, damit es wachse, blühe and
gedeihe^' waren die letzten zusammenhängenden Gedanken, welche
er aussprechen konnte; nachdem er von Frau und Kind und
Freunden Abschied genommen, wurde das Sprechen immer müh-
samer, dennoch beobachtete er die Störungen und das Aufhöreo
der einzelnen Functionen seines KOrpers, gab dann noch knrze
Andeutungen darüber, bis er endlich nach kurzem, schwereoi
Kampf seinen Geist aushauchte.
Weber war ein sehr fruchtbarer und glücklicher Schrift-
steller; seit seiner Dissertation 1851 bis 1867 hat er fast nie
aufgehört, literarisch zu arbeiten. £r beobachtete, er experimea*
tirte, er mikroskopirte, er arbeitete eben immer; cumulirten sich
die Beobachtungen in einer Richtung, so bildete sich die eigeae
Anschauung, sie ward verglichen mit denen Anderer, die Diffe-
renzen wurden gesichtet; die Frucht fiel von selbst, weil sie
langsam und vollkommen gereift war. Frühzeitige Uebang io
concinnem Zusammenfassen eigener und fremder Ansichten bildet
den Lehrer wie den Schriftsteller aus. I>ie Gestaltung des Stof-
fes muss leicht, ohne Mühe vor sich gehen, dann kommt es auch
leicht zu Papier. So schrieb Weber leicht, weil er die im Kopie
fertige Arbeit gewissermassen nur aufs Papier zu schreiben brauchte.
Er war eine auf Gründlichkeit und Breite angelegte Natur, und
gab seiner Individualität in dieser Richtung wohl oft etwas zi
sehr nach; nichts sollte in der Darstellung des Beobachteten ver-
gessen, alles Bezügliche sollte angeführt werden, Niemandes Ar-
beit auf dem gleichen Gebiet sollte unerwähnt bleiben. Diese
fast SU gewissenhafte Gründlichkeit bat einige seiner grössereo
Carl Otto Weber, Nekrolog. 55Ö
Arbeiten etwas Bchwerf&Uig gemacht; er fühlte dies wohl, konnte
sich jedoch, aas Besorgniss oberfl&chlich zn werden, nicht ent*
schliessen, zu kürzen.
Nachdem die pathologische Andtomie darch Rokitansky
far Deutschland fundamentirt war, und dann durch Reinhard,
Virchow, He ekel neues Leben in diese Wissenschaft kam,
nachdem dann die Histologie durch Henle, Remak, KOlIiker,
Brücke n. A. aus der Taufe gehoben und gross gesogen wurde,
war es wohl begreiflich, dass Web er 's bedeutendes Beobach-
tungstalent, dem Strome folgend, sich zur Histologie, und zwar zu
der ihm am nächsten liegenden pathologischen Histologie richtete.
So wie die älteren Chirurgen oft von der Anatomie her die Brücke
zur Chirurgie schlugen, wie die Hunter, Cooper, Bell,
CM. Langenbeck u. A., sich auch später immer noch beson-
ders gerne mit Anatomie beschäftigten, so hat eine Reihe anderer
Chirurgen ihren Ausgangspunkt ebenf&lls an der Anatomie ge-
nommen, und zwar zeitgemäss von der allgemeinen Anatomie,
von wo sie zur pathologischen Histologie übergingen. Es bleibt
in der That dem Anfänger in der Chirurgie nicht viel Anderes
übrig; Jahre vergehen, selbst in sehr grossen Kliniken, bis die
Assistenten so viel gesehen haben, dass sie aus eigener Erfah-
rung mitreden könnten, und dann gehören die Beobachtungen in
den Kliniken doch zunächst dem Director der Klinik; der Assi-
stent, welcher selbst Forscher sein oder werden will, muss sich
also ein Gebiet sichern, auf dem er ganz frei, ganz souverän ist;
dazu ist nun gerade die pathologische Histologie und die experi-
mentelle Pathologie sehr geeignet. — So wurde Weber auch aus
den zuletzt angefahrten Gründen dem Mikroskop zugeführt. Nach-
dem er sich in der pathologischen Anatomie und Histologie durch
hervorragende Arbeiten ausgezeichnet hatte, war es natürlich,
dass man ihm dieses Fach in Bonn übertrug. Obgleich es ihm
dann in der Folge keinesweges an chirurgischem Beobachtungs-
material fehlte, so war dasselbe doch zu klein, als dass darauf
hin eine rasche selbsständige chirurgische Entwickelung möglich
gewesen wäre. Die äusseren Verhältnisse brachten es mit sich
556 I>r. Th. Billrotb,
da88 Weber erst zwei Jahre vor seinem Tode in ein breite*
chirurgisches Fahrwasser gerieth, wo er nun ganz selbststäodig
zu steuern hatte. Unzweifelhaft hätte sich Weber als Cbirarj;
in Heidelberg immer bedeutender entwickelt. Doch so, wie sm
Leben und seine Arbeiten nun einmal abgeschlossen vor uns liegen,
glaube ich mich nicht zu täuschen, wenn ich ausspreche, das?
der Schwerpunkt von Web er 's literarischen Leistungen auf Seite
der pathologischen Anatomie und experimentellen Pathologie liegi
Leider hat sich nirgends in Web er 's Papieren ein Yerzeicli'
niss seiner Werke gefunden, so dass ich nicht versichert bin,
Alles, was er hat drucken lassen, aufgefunden zu haben. Eine
Znsammenstellung von seinen Arbeiten verdanke ich Herrn Dr.
Heine in Heidelberg; Manches kOnnte ich noch hinzufugen, es
ist mir gewiss nichts Wesentliches entgangen, doch k&nnten klei-
nere Notizen, Auszüge von Vorträgen, die er in wissensdufi-
lichen Gesellschaften gehalten hat, möglicherweise übersehen sein.
Seine Doctor-Dissertation „Ossium mutationes osteonuüioa
universaii effectae^^ giebt nicht nur durch ihren Umfaüg, sosJeni
vielmehr durch den sorgfältig verarbeiteten Inhalt zu erkeu^
dass der Verfasser damit wirklich einen Beweis ernster Arbeii
leisten wollte, während sonst ja die meisten lateinischen DisserU-
tionen nur als ein Onus, als eine reine Form betrachtet werden
Chemische und mikroskopische Untersuchungen sind in die^f
Dissertation ausführlich beschrieben, die Wirkungen der Knochen-
erweichung auf die Form des Skeletes, zumal des Beckeos.
genau erOrtert. Wie sehr dieser Gegenstand Weber interessirte,
zeigt sich daran, dass er ihn später noch zwei Mal bearbeitete.
Es folgen bald gute Assistenten-Arbeiten aus der Klinik
Wutzer's in der „Deutschen Klinik'' 1851 No. 15 u. ff.
1) Fractur des Oberarmbeins innerhalb derKapsel
Innerer Leistenbruch. Bronchopneumonie mit tödt-
lichem Ausgang.
2) Siebzehntägige Luxation des Oberschenkels
nach hinten und oben, mit erfolgreicher Einrichtung-
Bruch des Oberarmbeins.
Carl Otto Weber, Nekrolog. 557
3) Ungewöhnlich ausgedehnter Marksohwamm des
Hodens und männlichen Gliedes, der Lungen und der
Leber.
Femer in der „Deutschen Elinik^^ 1855 No. 2, 3 und 4,
Ueber Amputationen des Fusses,
1) das Pirogoff'sehe Verfahren.
2) die Methode nach Ghopart.
3) Resection am Fuss.
Dann wieder in der „Deutschen Klinik^^ 185b No. 23. Die
Verengerung der Harnröhrenmündung bei der ange-
borenen Phimose und nach Amputation des Gliedes,
und Verfahren zu ihrer Beseitigung.
Die ersten grösseren patliologisch-anatomischen Beobachtun-
gen, welche Weber als Assistent der chirurgischen Klinik ver-
öffentlichte, betreffen zwei Ranulageschwfilste und ein Sacralge-
sohwulst mit Cysten. Beide Aufsätze stehen im 6. Bande von
Virchow's Archiv und sind betitelt: „Zur pathologischen Ana-
tomie der Ranula^' und „Notiz über ein Foetus in foetu und das
Vorkommen von Paralbumin in einer Cyste der Geschwulst.^^
Beide Arbeiten enthalten chemische Analysen von Boedeker.
In dem ersten Aufsatz will es Weber aus der chemischen Con-
stitution des Cysteninhaltes wahrscheinlich machen, dass die von
ihm beobachteten Ranulogeschwülste aus Schleimbeuteln unter der
Zange entstanden sind. Der zweite Aufsatz ist eine interessante
casuistische Mittheilung; von Fötaltheilen in einer Sacralgeschwulst
fand sich ein Handrudiment vor; ausserdem bestand die Ge-
schwulst aus Fett und Cysten; das 9 Wochen alte Kind fiber-
stand die Operation gut.
Es folgte ein Aufsatz: „Anatomische Untersuchung einer
hypertrophischen Zunge, nebst Bemerkungen über die Neubildung
quergestreifter Muskelfasern^ im 7. Bande von Virchow^s Ar-
chiv. Diese Arbeit berührte schon eine der schwierigsten und
damals vielfach discutirten Fragen; die pathologische Neubildung
von Muskelfasern wurde zur Zeit vielfach beanstandet, so dass
Virchow Gelegenheit nahm, diesem Aufsatze des jungen For-
568 I>r- Th. Billrq^th,
Bchers einen weiteren beizufügen, in welchem er ieine Beobadn
tongen fiber Mnskelnenbildnng beschrieb.
Das Hauptwerk aus dieser ersten Periode Weber 's ist ein«
Monographie in Quart, betitelt: »Die KnochengeschwAlste in
anatomischer und praktischer Beziehung. Erste Ab-
theilung: Die Exostosen und Enchondrome. Bonn 1856.'
Weber tritt mit dieser Arbeit gleich in die erste Reihe der-
jenigen Männer, welche mit Hfilte aller Methoden der Forschimg
die Wissenschaft cu finden bemüht sind. Geschichte und Lite-
ratur, genaue anatomische, histologische, histogenetische, chemische
Analyse, klinische Beobachtung, Behandlung, Statistik werdoi
mit grossem Geschick benutzt, um die m&glichste Klarheit über
den abzuhandelnden Gegenstand zu verbreiten. Die unermüd-
liche Ausdauer in der Arbeit, unterstützt tou hervorragendeo
Zeichentalent (die Abbildungen zu dieser Monographie hat We-
ber selbst auf Stein gezeichnet), das Streben noch mügUckt
klarer, auf anatomischer Basis begründeter Abgrenzung der ver-
schiedenen Formen von Geschwülsten, tritt in dieser Arbeit Vei-
vor. Dieselbe sollte nur eine erste Abtheilung eines grossen
Werkes bilden, doch es blieb dabei; es fehlte Weber später an
Zeit, und, so lange er in Bonn war, auch an eigenem, frisebeo
üntersuchungsmaterial von Knochengeschwfilsten, welche, ausser
Enchondromen und Exostosen, immerhin zu den Seltenheiten ge-
hören. So blieb das Werk liegen; es traten andere wissenschaft-
liche Fragen in den Vordergrund, denn es kam jetzt die Zeit
des harten Kampfes, welchen Virchow und seine Schule Ar
die BindegewebskOrperchen als Zellen, und für die selbststindig^
formative Reizbarkeit dieser Zellen führte. Die Arbeiten too
Red fern und His, die Histogenose bei Entzündung und Ge-
schwulstbildung überhaupt wurden Tagesfragen: Die Cellularpa-
thologie wurde gezeugt und bald geboren.
Weber hat den thätigsten Antheil an diesen Fortschritteo
gehabt; es erschien eine Reihe von Arbeiten, welche die Ent-
Wickelung der jetzt allgemein anerkannten Beobachtungen we-
sentlich förderten, und zu ihrer Verallgemeinerung m&chtig bei-
Carl Otto Weber, Nekrolog. 559
trugen; noch bis in die letzte Zeit hat Weber in dieser Rich-
tung gearbeitet. Ich nenne die hierher gehörigen Aufsätze zu-
sammen, wenngleich der erste und letzte derselben, der Zeit ihrer
Entstehung nach, fast ein Jahrzehnt auseinanderliegen:
Ueber die Veränderungen der Knorpel in Gelenk-
krankheiten. (Virchow's Archiv. Bd. 13,) 1857.
Zur Entwickelungsgeschichte des Eiters. (Ibidem.
Bd. 15.) 1858.
Briefliche Hittheilung, den Glaskörper und die
Muskeln betreffend. (Ibidem. Bd. 16.) 1859.
lieber den Bau des Glaskörpers und die patholo-
gischen, namentlich entzündlichen Veränderungen
desselben. (Ibidem. Bd. 19.) 1860.
üeber die Betheiligung der Gefässe, besonders
der Gapillaren, an den Neubildungen. (Ibidem. Bd. 29)
1864.
Ueber die Ent^ickelung des Epithelialkrebses in
inneren Organen, nebst Bemerkungen über die Strnc-
tur der Leber und Lunge. (Ibidem. Bd. 29.) 1864.
Ueber die Neubildung quergestreifter Muskelfa-
sern, insbesondere die regenerative Neubildung der-
selben nach Verletzungen. (lUdem. Bd. 39.) 1867. (Hier-
über eine vorläufige Mittheilnng im Centralblatt Ar die med.
Wissenschaften. 1863.)
Ueber die Betheiligung der Muskelkörperchen und
der quergestreiften Muskeln an den Neubildungen,
nebst Bemerkungen über die Lehre von der Specifi-
cität der Gewebselemente. (Ibidem. Bd. 39.) 1867.
Diese acht Arbeiten gehören, wie bemerkt, ihrem Inhalte
nach zusammen, indem in ihnen die Betheiligung der Gewebs-
elemente an den pathologischen Neubildungen, wie sie theils als
Entzfindungsproduete , theils als Geschwülste auftreten, beschrie-
ben ist. Die Sorgfalt der Beobachtung, die ausserordentliche
Sauberkeit und Feinheit der Zeichnungen, der Fleiss, welcher
auf die Darstellung verwandt ist, die Ausdauer, mit welcher die
560 I>r- Tb. Billroth,
Beobachtangen fortgesetzt und bis zum Abschlüsse darc&geffibrt
sind, erregen unsere höchste Bewnnderang; sie thnn dies nm so
mehr, wenn wir bedenken, dass Web er 's Stadien in eine Zeit
fielen, in welcher eine so sorgftltige Ansbildung im Mikroskopireo
keinesweges geübt wurde, wie dies heut zu Tage fast auf jeder
Universität der Fall ist. Weber musste sich selbst die Unter-
suchungsobjecte suchen, und die Methoden schaffen. So wie jeder
Beobachter seine Eigenthümlichkeiten hat, so waren bei We-
ber's Zeichnungen vornehmlich die allzu scharfen Contoaren und
die nie fehlenden Forts&tze und Yerbindungsf&den zwischen den
Bindegewebszellen auffallend; wie viel hiervon an der Art uid
Weise der chemischen Behandlung des Objectes, wie viel am
Mikroskope, wie viel an Zeichenmaterial und Zeichenmanier ge-
legen hat, l&sst sich schwer sagen. Von der von ihm behaupte-
ten endogenen Zellenentwickelung und Ausbildung zu groBsen
Mutterzellen bei der Bindegewebseiterung konnte ich mich nie
flberzeugen; an der Wahl der Objecto, der chemischen Beba»(-
lung derselben, und vielen anderen Dingen liegt oft sehr vi«ifir
die Deutung der gewonnenen Bilder, und ich zweifeie daher k^-
nesweges daran, dass Weber richtig gesehen hat; die Dentoog
des Gesehenen wird ja immer von den Ideen, mit welchen die
Untersuchung beginnt, beeinflusst. Mag sich nun auch in der
Folge Dieses und Jenes aus der erw&hnten Epoche der Eotiun-
dungs- und Neubildungslehre als unhaltbar, und unrichtig fom |
Beobachter gedeutet erweisen, so nimmt dies der Bedeotoig
der Webe raschen Arbeiten nichts; sie bleiben, nach Inhalt ond
Form, mustergültig, classisch, weil sie, aus wissenschaftliehea
Geiste hervorgegangen, und nach wissenschaftlicher Methode gear-
beitet, in ihrer Zeit das höchste Erreichbare repräsentiren.
Ich füge hier noch drei Arbeiten hinzu, welche auch Docb
in's Gebiet der pathologischen Anatomie gehören, und an die
früheren Arbeiten über Knochen anknüpfen.
Enarratio consumptionis rachiticae in puellaad-
jectis nonnullis de rachitide et osteomalacia adnota-
I
Carl Otto Weber, Nekrolog. 561
tionibas. Bonnae. 1862. Academigcbe Schrift, behnfs Er-
nennang zam Professor ordinarias.
Zar Geschichte des Enchondroms, namentlich in
Bezug auf dessen heredit&res Vorkommen und secun-
d&re Verbreitung in inneren Organen durch Embolie.
(Virchow's Archiv. Bd. 35.) 1866.
Zur Kenntniss der Osteomalacie, insbesondere
der senilen, und über das Vorkommen von Milchs&ure
in osteomalacischen Knochen. (Ibidem. Bd. 38.) 1867.
Die innere Befriedigung, welche diese anatomischen Arbeiten
in Betreff der morphologischen Verhältnisse bei der Neubildung
gewährten, liess Weber doch nicht verkennen, dass die physio-
logische Genesis, die nähere und fernere Aetiologie der Neubil-
dongen immerhin noch in tiefes Dunkel gehüllt ist Anatomi-
sche und klinische Beobachtung, Experiment, Statistik liess er
Kusammenwirken, um in Betreff der Geschwulstbildung wo möglich
neoe Anhaltspunkte zu gewinnen. Wir finden in dieser Richtung
einen vartrefBich gearbeiteten Abschnitt in einem Buche von ihm
betitelt: „Chirurgische Erfahrungen und Untersuchun-
gen.^ Berlin. 1859. Die fibrigen Abschnitte dieses Werkes
sind vorwiegend praktisch-chirurgischen Inhaltes, und sind später
zu erwätmen. Auch den Entzündungsprocess, als lebendigen Vor-
gang mit allen seinen Symptomen, machte er zum Gegenstande
neuer Untersuchungen. Das Resultat dieser Studien ist grössten-
theils in Weber's Hauptwerke, in. dem ersten Bande der von
V. Pitha und mir redigirten grossen Chirurgie niedergelegt, doch
sind vorher kleinere, vorläufige Mittheilungen da und dort, theils
in Dissertationen, theils in Vorträgen in medicinischen Gesell-
schaften etc. niedergelegt Mir sind davon nur bekannt: „Ueber
den problematischen Einfluss der Nerven bei der Ent-
stehung von Entzfindungen, und über Gefässnerven.^
(Gentralblatt i&r d. med. Wissensch. 1864. No. 10.) und „Ueber
W&rmeentwickelung in entzündeten Theilen^ (Deutsche
Klinik. 1864. No. 43. u. 44.). In der ersten Mittheilung wider-
legt er die Behauptung Samuers, dass Reizung sympathischer
▼. Langenbtck*! Arclilv f. Cbirurgl«. IX. 3g
562 I>r- Th. Billroth,
Nerven Entofindong in dem betreffenden Nervengebiete mache.
Er fand bei diesem Experiment gelegentlich die interessante
Thatsacbe, dass die nacb Durchschneidung des N« sympathicas
gelähmten Gef&sse am Kaninebenohre sich nach Application von
Kälte noch zusammenziehen, nach Application von Wärme noch
mehr erweitem, üeber die Wärmeentwickelnng in entzfindeteo
Theilen kam er durch thermoelectrische Versuche zu positiven
Resultaten, hielt jedoch die Wärmeentwickelung im Entzündungs-
herde für so gering, dass er sich, zur Erklärung der Fieber-
temperatnren , nach anderen Wärmequellen umzusehen genöthigt
fand. Hierbei gerieth er in eine lange Reihe von Versuchen,
welche nicht nur, wie die vorigen und die folgenden, bloss von
histologischer und praktisch -chirurgischer Bedeutung sind, son-
dern für die allgemeine Pathologie, ja, für die Medicin im Gan-
zen von Wichtigkeit geworden sind. Eine Analyse dieser im
Jahre 1864 in der Deutschen Klinik veröffentlichten, und durch
viele Nummern hindurchgehenden Arbeit würde zu weit fuhren:
sie ist betitelt „Experimentelle Studien über Pyämie,
Septicämie und Fieber.^ Das Resultat dieser mühevoUeo
Untersuchungen ist, dass das Fieber immer Folge einer Blatio-
toxication ist, und dass dieser Zustand weit inniger mit Pyämie
und Septicämie zusammenhängt, als man bis dahin vermuthet
hatte. Sowohl Virchow's, als meine, in das Gebiet von Ent-
zündung, Pyämie, Septicämie, Thrombose, Embolie etc. gehören-
den Arbeiten wurden durch Web er 's Untersuchungen bestätigt,
und erheblich erweitert. Es ist wohl mehr als Zufall, es ist un-
zweifelhaft ähnliche Organisation und Zeitströmung, dass Weber
und ich fast immer zugleich an den gleichen Materien arbeiteten,
und, mit Ausnahme weniger Details, fast immer zu den gleichen
Resultaten gelangten. Wir haben stets ganz unabhängig von ein-
ander gearbeitet ; erst im Laufe der letzten 3 Jahre kam ich, wie
erwähnt, mit dem Verstorbenen in nähere Beziehung, aus der
sich bald eine herzliche Freundschaft entwickelte. Dass meine
Fieberarbeiten etwas früher zur Veröffentlichung kamen, als die
Carl Otto Weber, Nekrolog. 563
seinigen, war ein reiner Zufall; Weber's Arbeit, der meinen in
Gedankengang und Ausarbeitung so ähnlich, ist unabhängig von
meiner, zum Theil sogar, dem Datum der Experimente nach,
früher entstanden. Diesen experimentellen Arbeiten voran ging
der Aufsatz im V. Bande dieses Archivs: »Zur Frage über
dieEntstehung undHeilungderlcborrh&mie.^ Mansieht
dem Aufsatze an, dass die später entwickelten Ideen über diesen
Gegenstand dem Verfasser damals noch theilweise unklar vor-
schwebten; auch in dieser Hinsicht besteht eine Analogie mit
meiner ersten Fieberarbeit im zweiten Bande dieses Archivs.
Nach diesen Leistungen Web er 's konnte es keinem Zwei-
fel unterliegen, dass er unter allen Chirurgen Deutschlands am
meisten befähigt war, die schwierigsten Capitel aus dem Gebiete
der allgemeinen Chirurgie vollständig zu bearbeiten. Als ich im
Jahre 1864 der wiederholten Aufforderung des verdienten und
kühn unternehmenden Verlegers, Herrn F. Enke, Folge leistete,
mit V. Pitha gemeinschaftlich die Redaction eines grossen chi-
riv'gischen Werkes, mit Hinzuziehung der besten und th&tigsten
chirurgischen Schriftsteller Deutschlands, zu unternehmen, ver-
sicherte ich mich vor Allem der Mitarbeiterschaft 0. Web er 's
und R. Volkmann' s für die allgemeine Chirurgie, und hätte das
Unternehmen ohne diese Männer nicht begonnen. Bei der Bear-
beitung des Abschnitt I. dieses Werkes »Die Gewebserkran-
kungen im Allgemeinen und ihre Rückwirkung auf
denGesammtorganismus^ (1865) habe ich, wie das gesammte
medicinische Publicum, nicht nur die Gediegenheit und Vollstän-
digkeit des Inhaltes, die Beherrschung der gross angelegten
Formen bewundert, sondern ebenso sehr die Schnelligkeit, mit
welcher diese Arbeit fertig wurde. Dies war auch nur dadurch
möglich, dass Weber durch alle seine bisherigen Arbeiten so
vollständig für das neue Werk vorbereitet war, dass er das oft
Durchdachte nur niederschreiben und durch die Literatur zu ver-
vollständigen brauchte. Wer es weiss, wie ermüdend auch solche
Arbeit noch ist, wenn daneben Vorlesungen gehalten, und Praxis
besorgt werden sollen, wie es in Bonn und Heidelberg der Fall
36*
564 Dr. Tb. Billroth,
war, der begreift es kanm, wie diese Arbeit in wenigen Monaten
ut Stande kam.
Weber hatte auch noch den Abschnitt ^üeber die f&r die
Chirurgie wichtigsten AUgemeinkrankheiten ** übernommen, nnd
war in den letzten Monaten seines so jih abgebrochenen Lebens
mit Vorarbeiten f&r diesen so äusserst schwierigen Gegenstand
beschäftigt Statistische Erhebungen über Erysipel und Hospital-
brand beschäftigten ihn lebhaft. Leider ist yon diesem Materials
nichts verarbeitet; es ist indess zu hoffen, dass es Hrn. Dr. Heine
in Heidelberg, mit welchem Weber viel über diesen Gegenstand
sprach, gelingen wird, das vorhandene Material sn einer Arbeit
zusammenzustellen.
Wir kommen jetzt zu den ganz selbstständigen, praktisch-
chirurgischen Arbeiten Web ei- 's. Die ersten finden sich in den
schon erwänten „Chirurgischen Erfahrungen und Unter-
suchungen^, vom Jahre 1859; dieselben enthalten folgende
grosse, untereinander nicht zusammenhängende Arbeiten:
Die Ursachen des Chloroformtodes und die Mittel,
denselben zu verhüten.
Praktische Bemerkungen über Knochenbrüche.
Bemerkungen und Versuche über die Luxationen
der Gelenke.
Operative Miscellen (über Blutstillung, fremde Kflrper,
Plastische Operationen, Operative Behandlung der Anohylosen).
Im Jahre 1863 erschienen in diesem Archiv (Bd. 4.) fol-
gende zwei Arbeiten:
Ueber Uranoplastik bei ganz jungen Kindern.
Ueber die Amputationen ober- und unterhalb des
Fussgelenkes, insbesondere über den Werth der ver-
schiedenen Methoden derselben.
Es folgen 1865 und 1866 die grossen Abschnitte in der
Enke' sehen Chirurgie:
Krankheiten der Haut, des Zellgewebes, des
Lymphgefässsystemes, der Venen, der Arterien und
d^r Nerven (Bd. II. Abtheilung 2.)
Carl Otto >Veber, Nekrolog. 565
Die chirurgischen Krankheiten des Gesichtes.
(Bd. III. Abthlg. 1. Heft 2).
Die letzte Arbeit Weber's war: „Praktische Miscellen^
(Deutsche Klinik. 1867. No. 18. n. ff.); sie enthalten:'
1) Einige Bemerkungen über den Gypsverband,
insbesondere bei complicirten Fractnren des Unter-
schenkels, und die Verbindung des Gypsyerbandes
mit Klammerapparaten.
2) lieber die Anlegung von Gypsverb&nden in der
Schultergegend, und besonders an den ffüften.
3) £ine ausgedehnte plastische Operation, mit
Ersatz der Nase aus dem oberen Rande der Stirn und
Bildung von drei Augenlidern. Inselförmige Epithel^
bildungen inmitten einer granulirenden Fläche. Fall
von Scalpirung des Schädels, mit erfolgter Heilung
und Regeneration des Epithels.
4) Drei Fälle von Totalexstirpation der Parotis
wegon Carcinom, nebst einem Falle von Hyxosarcom
der Ohrspeicheldrüse.
5) Ezstirpation eines Gliosarcomes vom Nerv, cru-
ralis, mit einem Stücke der Arteria und Vena femora-
lis. Perforation der Vene durch die Geschwulst. Un-
gestörte Ernährung des Beines. Wiederherstellung
der Nervenleitung.
6) Zur Behandlung der Harnröhrenstricturen
durch gewaltsame Erweiterung.
7) Zur Operation des Dammrisses.
Alle diese Arbeiten sind jetzt so bekannt, und die darin
niedergelegten Beobachtungen, ebenso sehr wie die histologischen
Studien Weber's, in's medicinische Publikum fibergegangen, dass
eine weitläufige Exposition des Inhaltes keinen Zweck haben
würde. Dass es unendlich schwerer ist, auf dem Gebiete der
praktischen Chirurgie bahnbrechende Arbeiten zu liefern, als auf
dem Gebiete der Anatomie und Physiologie, das ist jedem Ein-
geweihten bekannt. Die Ursache liegt darin, dass das Gebiet
566 I>r- Th. Billroth,
der praktischen Cbirargie viel älter und viel grösser ist, als das
der Histologie; auf letzterem kann man durch Arbeit, Hübe und
Talent doch noch den Status praesens des Wissens ermitteln; in
der praktischen Medicin ruft es dem kleinsten, scheinbar neueo
Gedanken von allen Ecken ein ,,schon dagewesen^^ entgegen, ood
dies ist um so mehr der Fall, je mehr man literarisch forscht. Will
man methodisch das Eine oder Andere in der praktischen Ue-
dicin und Chirurgie prüfen, so gehören dazu Beobachtung^egeo-
stände, nämlich Kranke, und zwar sehr viele von einer Art
Der Anatom k&nn sich meist sein Beobachtungsmaterial schaffen,
der Chirurg muss nehmen, was kommt. Weber hat seine chi-
rurgischen Beobachtungen mit enormer Ausdauer und rastlosem
Fieiss notirt und verwerthet; wäre es ihm vergönnt gewesen, in
der Sphäre weiter zu wirken, in welcher er sich in den letzten
Jahren seines Lebens bewegte, so hätte er noch viel Eminenteres
leisten müssen; denn er hatte eine Grundlage von Kenntnissen,
eine Uebung in der Handhabung der Methoden, welche die Quel-
len alles menschlichen Wissens erschliessen, wie Wenige; er
hatte eine Arbeitskraft, welche ich in unserer Wissenschaft nur
derjenigen Virchow's an die Seite stellen kann; er war im
Stande, mit verhältnissmässig wenig Mühe Aufgaben zu lösen, za
welchen Andere der dreifachen Zeit bedurft hätten.
Auch auf dem Gebiete der Biographie und Geschichte hat
Weber gearbeitet, und Einiges veröffentlicht So befinden sieh
in den von R. Haym herausgegebenen Preussischen Jahrbüchern
(bei G.Reimer in Berlin erscheinend) einige Aufsätze von ihm:
„Johannes MüUer^^ (Bd. I. S. 545.) und „Alexander von
Humboldt und sein Einfluss auf die Naturwissenschaft^^
(Bd. U.); letztere Arbeit erschien später, von ihm selbst weiter
ausgeführt, im 16. Jahrgange der Verhandlungen des naturhistori-
schen Vereins der Preussischen Rheinlande und Westphalens.
In diesem Archiv steht (Bd. V.) „Carl Wilhelm Wutzer, eia
Nekrolog.^^ In den Grenzboten II. (Zeitschrift far Politik und
Literatur) ein kleiner Artikel „üeber die Anfänge der pa-
thologischen Anatomie^S endlich in der „Deutschen Klinik^^
Carl Otto Weber, Nekrolog. 567
1860 No. 30 und 31: Die Bedeutung der pathologischen
Anatomie für die medicinische Wissenschaft und Pra-
xis. Eine akademische Rede. — Seine Habilitationsrede behufs
Erlangung der Venia legendi, gebalten am 4. März 1853 „de
nexu artem inter medicam atque scientias naturales'^
ist, so viel mir bekannt, nicht gedruckt. — Hohe Achtung
vor den verdienten M&nnem der Vorzeit, innige Verehrung
für seine Lehrer, tiefes Verständniss der culturhistorischen Be-
dentang epochemachender Persönlichkeiten sprechen sich in
diesen mit Schwung und feiner Stylistik gearbeiteten Auf-
sätzen ans.
Auch als Lehrer war Weber ausgezeichnet, und von allen
Schülern, welche es ernst mit der Sache meinten, hoch verehrt
und geliebt. Gegen Faulheit und Oberflächlichkeit war er streng;
er widmete seine Zeit gerne seinen Schülern, und war unermüd-
lich im Erklären und Demonstriren, doch verlangte er dafür auch
unbedingte Aufmerksamkeit, Fleiss und Eifer von seinen Assi-
stenten und Studenten. Bei seinem lebhaften Temperament und
bei den vielfachen Gedanken, welche ihn fortwährend beschäf-
tigten, bei der complicirten und exacten Zeiteintheilung, die ihn
allein befähigen konnte, so colossal viel in einem kurzen Leben
zu leisten, darf man sich nicht wundern, wenn Weber zuweilen
gegen seine Umgebung heftig und gereizt sein konnte. Abge-
sehen von seinem Charakter, welchem Indolenz und laxe Pflicht-
erfüllung ein Gräuel waren, war vielleicht durch seinen vor-
trefflichen Lehrer Wutzer etwas von der älteren Haltung des
Spitalarztes und Professors auf ihn übergegangen. Der Unter-
richt in der praktischen Chirurgie stösst auf eminente Schwie-
rigkeiten, wenn ihm, wie es bei dem Quadriennium des Studi-
ums kaum anders möglich ist, nur 3 Semester zufallen, und auch
in diesen die Chirurgie mit und neben vielerlei anderen, eben-
falls höchst wichtigen Gegenstanden betrieben wird. Wenn nicht
Jemand ein oder zwei Semester der Chirurgie speciell widmen
will und kann, so ist es unmöglich, dass er so weit kommt,
selbst mit Sicherheit Hand anzulegen. Wenn der Student in der
568 Dr. Th. Billroth,
chirurgischen Klinik Krankengeschichten fahren, tftglicfa auf die
Visite des Ässistenzartes wartend, in dessen Gegenwart die Ver-
bände machen, bei den Operirten wachen, nnd priyatim die ehi-
mrgische Literatur über seine F&lle nachstudirm soll, dann bleibt
ihm in der That wenig Zeit zu anderen Dingen ; ja, will jmd soll
er es in gleicher Weise auf der inneren Klinik treiben, dann ist
seine Zeit so ausgeiUlt, dass er i&r nichts Anderes Zeit haben
kann. Auf grossen Universitäten, bei grossem Material der Kran-
ken, bei vielen Studenten ist es dem Director der Klinik natür-
lich ganz unmöglich, sich täglich speciell mit jedem Einzeloen
zu beschäftigen, er mfisste eine Unzahl Assistenten haben, nm
die Journalfahmng und die Verbände der Studenten zu control-
liren. Weber brachte seinen Schfilern grosse Opfer an Zeit
und Geduld. Er hat viele Mediciner zu tfichtigen Chirurgen her-
angebildet, und hat sich dann auch mit einzelnen ganz speziell
beschäftigt, indem er sie zu literarischen Arbeiten, zumal zu Dis-
sertationen, anregte, und ihnen mit steter Bereitwilligkeit znr
Hand ging. Leider sind mir nicht alle Dissertationen bekannt,
welche unter Weber 's Leitung gearbeitet sind, ich kann sie da-
her nicht namhaft machen, doch ist ihre Zahl ziemlich gross.
In den letzten Jahren suchten auch viele ausländische junge
Aerzte Heidelberg auf, um bei Weber vrissenschaftlich Chirurgie
treiben zu lernen; so hatte Weber schon bei seinen Lebzeiten
vielbch die Freude, seine Ideen von Bestrebungen in die weite-
sten Kreise verbreitet zu sehen.
Weber hat ausserordentlich viele verschiedene Vorlesungen
gehalten; in Bonn Aber Augenkrankheiten, Verbandlehre, Kno-
chenbrfiche und Verletzungen, mikroskopische Anatomie der Ge-
schwfilste, allgemeine pathologische Anatomie mit Demonstrationen,
allgemeine und specielle Chirurgie, Operationslehre; femer hielt
er in Bonn Curse über Verbandlehre, chirurgische Operationen,
Augenoperationen, mikroskopische Anatomie. In Heidelberg be-
schränkte er sich auf allgemeine und specielle Chirurgie, Opera-
ti^nslehre, Operationscurse und chirurgische Klinik.
Als Arzt war Weber besonders beliebt; er hatte in Bonn
Carl Otto Weber, Nekrolog. 569
eine grosse Praxis, aus welcher man ihn ungern scheiden sah;
er konnte und wollte sich dieser Praxis nicht entziehen, weil
sie ihm stets neues Beobachtungsmaterial zuführte, obgleich sie
ihm auf der anderen Seite viel Zeit kostete. £r war nur kurze
Zeit in Heidelberg, als auch dort bereits eine grosse Anzahl von
Hülfe Suchenden zu ihm kam. Die Liebenswürdigkeit und
Theilnahme für seine Kranken, der Eifer, mit welchem er sich
der Behandlung jedes Einzelnen hingab, Hessen ihn bald das
Pabliknm für sich gewinnen. Ebenso sorgfältig behandelte er
aach seine Hospitalkranken, und die humane Art und Weise, wie
er mit diesen verkehrte, übertrug er auch auf seine Schüler.
So bewegte sich dieses reiche Leben in den schönsten Ver-
bältniBsen fort. Geachtet und geliebt von Allen, die ihn kannten,
volle, fruchtbare Saat auf seine Umgebung ausstreuend, hätte
Weber, nach menschlicher Berechnung, noch lange, lange wirken
können, und hätte sich unzweifelhaft dann breiter entwickelt und
intensiver gewirkt — da raffte ihn eine verhängnissvolle Krank-
heit rasch dahin.
Er ist aus unserer Mitte plötzlich verschwunden; der in der
Medicin so berühmt gewordene Name „Weber^^ ist um einen
Repräsentanten ärmer geworden. Ich rufe dem Freunde nach,
was er von Johannes Müller schrieb: „Sein Geist wird in
seinen Schöpfungen fortleben, wie er im GeisA seiner Schüler
die Wissenschaft lebendig fort und fort befruchtet.^^
Wien, den 1. December 1867.
XIIL
nr a c h r II f.
Der so unerwartet erfolgte Tod, welcher Herrn Professor
Dr. C. 0. Weber, einen der Leiter deutscher medicinischer
Wissenschaft, mitten in voller Manneskraft und in emsigster Aus-
übung seiner so vielseitigen Thätigkeit dahingerafit, hat auch
bei den Vertretern deutscher Arzneiwissenschaft diesseits des
Oceans einen erschütternden Eindruck hervorgerufen, und es
570 Nachruf.
haben daher die unterzeichneten Mitglieder des deutschen Hos-
pitals und des Dispensary der Stadt New York in einer ausser-
ordentlichen Geschäftssiteung beschlossen, ihren Gefühlen, welche
durch das so tragische Ereigni^s aufgeregt wurden, einen öffent-
lichen Ausdruck zu verleihen.
Wir verehrten in dem Veratorbenen den Repräsentanten de^
Fortschrittes, sowohl auf dem Gebiete der pathologischen Ana-
tomie, wie der specifisch deutschen Chirurgie, indem er durch
seine schon in den ersten Studienjahren begonnenen und weiterhin
sich immer grossartiger gestaltenden, selbstständigen Forschungen
auf beiden Gebieteh sich unumslössliche Verdienste um unsere
deutsche Wissenschaft errungen, und zu der gerechten Hoffnung Ver-
anlassung gab, dass er als Forscher, wie als Lehrer, bald die her-
Torragendste Stellung unter seinen Gollegen wurde errungen haben.
Wenn wir uns erlauben, von hier aus unsere Theilnahme
an dem Ableben des Dr. C. 0. Weber in die Oeffentlichkeit zo
bringen, so geschieht dieses in dem Bewusstsein, dass der Werth
des Hingeschiedenen, weit über die engeren Grenzen des Vater-
landes hinaus, überall da, wo deutsche Wissenschaft eine Heim-
stätte gefunden, erkannt, und sein Verlust empfunden wird.
Einzelne der Unterzeichneten, welche das Glück hatten, als
Studiengenossen in persönlichem Verkehr mit dem Verstorbenen
gestanden zu haben, drückt die Wucht des Ereignisses doppelt
schwer, da er ihnen durch die vielen hervorragenden Eigenschaf-
ten seines edelen menschliehen Charakters theuer geworden war.
Für die Hinterbliebenen, welche sein Tod am unmittelbar-
sten berührt, möge die allgemeine Theilnahme, die derselbe auch
hier zu Lande hervorgerufen, mit dazu beitragen, das Herbe des
Schmerzes zu mildern.
New York, den 25. Juli 1867.
Dr. C. Lellmann. Dr. E. Schilling. Dr. A. Pramann.
Dr. M. Herzog. Dr. A. Jacobi. Dr. H. Althof,
Dr. F. Simrock. Dr. E. Krackowizer. Dr. L, Voss.
Dr. H. Goleke. D):. J. Kammerer. Dr. E. Noeggerath.
Dr. E. Rosenberg. Dr. £. Schwedler. Dr. F. Zinsser.
Uedrnckt bei Jnlias Sittenfeld la BerUn.
XIV.
Die Wunden des Herzens
und des Herzbeutels.
Von
Dr« Qeorff Fischer^
> iD Hannover.
Die Herzwunden stehen augenblicklich bei den Chirnrgen
in Ungnade. Früher mit demselben Eifer gepflegt, wie die übri-
gen penetrircnden Brastwanden, werden sie jetzt selten bearbei-
tet, und ist ihnen nur ein dürftiges Plätzchen in den neueren
deutschen Schriften angewiesen. Es erklärt sich die Vernacli-
lässigung aus der von Alters her eingewurzelten Ansicht, dass
der Verletzte rasch und fast immer zu Grunde geht, dass selbst
die Diagnose dieser relativ seltenen Verwundung in den meisten
Fällen unmöglich erscheint. Dieses Preisgeben jeder Hoffnung
bestimmte mich zu einer neuen Bearbeitung der Herzwunden,
und suchte ich aus einer möglichst grossen Anzahl von Beobach-
tungen präcisere Anschauungen feststellen zu können, in der
Hoffnung, für den Kranken günstiger^ Chancen zu gewinnen.
Die Arbeit stützt sich auf 452 Wunden des Herzens
und des Herzbeutels. Die Casuistik derselben ist, um die
Beschreibung übersichtlich zu erhalten, hinten angefügt, und sind
die wichtigsten Fälle ausführlich mitgetheilt, während die über-
T. Lmngtobeek, ArcbW f. Chirargie. IX. gj
572 I^f Georg Fischer,
wiegende Mehrzahl auf das Nothwendigste zugestutzt ist. Die
alleinige AufTührong der Citate ist ebenso werthlos, wie die
vollständige Wiedergabe fär den Leser abschreckend.
Herrn Ober - Medicinalrath Baum in Göttingen danke ich
bestens für die Herbeischaffung einzelner französischer Disserta-
tionen, die weder in Göttingen und Berlin vorräthig, noch ao?
der Bibliothöque de r£cole de mädecine in Paris zu erhalten wa-
ren; dergleichen Herrn Medicinalrath Schuchardt in Gotb
für einige ältere Fälle.
Ganz besonderen Dank schulde ich meinem Bruder, Dr.
Louis Fischer, Assistenzarzt der medicinischen Klinik in G^t-
tingen, für die vielseitige, zeitraubende Benutzung der dortigen
Universitäts-Bibliothek.
Wenn einzelne Verletzungen vermisst werden, so möge der
Mangel einer grösseren medicinischen Bibliothek am hiesigen
Orte mich entschuldigen.
Die Herzwunden gehören zu den schwersten penetrirendeo
Brustwunden. Jahrhunderte lang galten sie für absolut tödtlich,
eine Heilung derselben für unmöglich, und erst nach und nach
wurde durch Sectionen die Yernarbung einer Herzverletznng
sichergestellt. Während diese Thatsacho nur unter grosser Zo-
rückhaltung allmälig anerkannt, und damit die überlieferten Leb-
ren der alten Chirurgie verdrängt wurden, erhielt die Poesie den
alten Volksglauben von dem sicheren und augenblicklichen Tode
der Herzwunden bis jetzt aufrecht. Mit der Vervollkommnung
der Prognose hielt die Diagnose nicht gleichen Schritt; sie blieb
und steht noch auf einer niederen Stufe. Es wurden die ver-
schiedensten Anläufe genommen, sichere pathognomonische Zei-
chen für die Herz- und Herzbeutelwunden ausfindig zu machen,
aber stets wieder verworfen. Der Therapie kamen die im I^nfe
der Zeit gemachten Fortschritte im Bereiche der penetrirenden
üeber die Wunden des Herzens und des Herzbeutels. 573
Bnistwnnden zu Gute, obwohl noch jetzt die eutgegengesctztcn
Ansichten einander gegenüberstehen.
Diese Unvollkommenheiten sind ein hinreichender Grund,
um das Studium der Herzwunden frisch zu erhalten, und es ist
nicht gerechtfertigt, wenn namhafte Chirurgen der jetzigen Zeit
dieselben in den Hintergrund drängen, in der Voraussetzung,
dass die Verletzung wenig Sorge macht, die Hülfe des Wund-
arztes in der Regel nicht mehr nöthig ist, da der Tod bald
eintritt
Goschichte.
Die Geschichte der Herzwunden beginnt mit dem Homeri-
schen Zeitalter, in , welchem das Herz als Theil des menschlichen
Körpers und als Sitz des Lebens, der Seele, des Empfindens
u. s. w. bekannt war.
Homer, welcher seine Schlachtengemilde reich mit Beschreibungen von
Wunden aosgestattet hat, ISsst seine Helden sehr häufig an Brustwunden
sterben: unter diesen sind folgende Herzwunden: 1) Utas XIII., 442:
SÖQv S*iv xqadCji iminf/H,
ij ^ä ol äifxufQOvaa *ai ohqtaxov HBkifJu^iv
hX^og
wo Idomeneus dem Alkathoos die Lanze in das Herz stiess, welches
durch sein Erzittern das Schaftende des Speeres erbeben machte, eine Er-
scheinung, die en miniature f&r die Versuche der Acupunctur bei Thieren
als Vorbild hätte dienen können, in dieser Grösse aber yon keinem Chi-
rurgen beobachtet ist, und nur bei einem Homerischen Recken poetisch ge-
dacht werden konnte. Alkathoos starb darauf. — 2) Uias XVI., 480:
äkX IßaK^ ly^* üiqa n g^qivtg li^;|faTa» äfA^ äSivöv x^q,
Patroklos trifft den Sarpedon mit dem Speer, wo das Zwerchfell
resp. Herzbeutel sich um das dichte (entweder dicht- von Eingeweiden um-
schlossene, oder aus dichtem Fleisch bestehende) Herz schliesst Nachdem
Sarpedon noch eine kurze Rede gehalten und (V. 504, 505)
ix XQ^^^ ^^ idqv, nqoit d§ ^qivtq a\>tip inovto
TOio d^äfia tlfvxifv ts xal ^yx^og i^iqv^ ^hf*^^-
Patroklos ihm die Lanze aus dem Leibe gesogen hat, wobei das Zwerchfell
(Herzbeutel) folgt, stirbt er. Seine Herswunde wird beglaubigt im Vers 660
wo es heisst nßtßXufifiit'Ov ^loq". Es fragt sich, ob dieser Stelle zufolge
37 •
674 I^r» Georg Fischer,
Homer den Herzbeutel gekannt hat, was dem Sino entsprechender ▼£».
Es ist nicht zn Itngnen, dass an allen übrigen Stellen (s. B. Hias X. 10.
Odjss. IX. 301) und bei den ältesten Schriftstellern das Wort ffffivt^ stet«
als Zwerchfell zn fibersetzen ist. Gleichzeitig wird indess schon bei des
ältesten Griechen das Zwerchfell fQr den Sitz des gesunmten geistigen Le-
bens gehalten, es wflrde daher die Vorstellung nicht nngerechtfertigt «r*
scheinen, das Herz als Sitz des Lebens von diesem Organ umkleidet n
wissen. Es ist mithin möglich, dass der Herzbeutel als ein dem Zwerchfell
angehöriger Theil, mit welchem er ohnehin durch Bindegewebe Terbandea
ist, indess nicht als selbstst&ndiges, dem Worte g>Qivtg entsprechendes Or-
gan von Homer gekannt ist. •— 8) Hias XVII. 519. Der Fall ist iweifei-
haft. Are tos wird in den Unterleib durch den Gurt hindnrch Ton einea
Wurfspiess getroffen, welcher ihm die Gedärme scharf durchwühlt, seise
Glieder löst. Im Vers 535 heisst es, dass er diSäiyfiivov ^toq (mit zer-
rissenem Herzen) daliegt. Dieser Ausdruck kann bildlich gebraucht wer-
den (z. B. Odyss. XIII. 320), allein da im folgenden Verse Automedoo
dem Are tos die R&stung ahszieht, was an allen anderen Stellen und des
Ileidencharakter gemäss nur bei einem Todten yorkommt, ausserdem ici
Verd 539 Automedon sagt, dass er ihn getGdtet habe, und auch jener Abs-
druck dem im zweiten Fall citirten analog ist, so ist aDzunehmen, dz»
Are tos todt mit zerrissenem Herzmuskel dabg;. Anatomisch wird daducb,
dass der Spiess in den Unterleib eindrang, diese Herzwnnde nichc unn^-
lieh; nimmt auch Homer es damit nicht sehr genau, indem er z. B. die
Leber bald durch einen dicht an der Brustwarze eindringenden Pfeil (Odyss.
XXU. 82), bald unterhalb des Zwerchfelles (Hias XL 579) yerwnnden UssU - j
Was den Verlauf der beiden ersten Herzwunden anbetrifft, so waren beid«
tödtlich, die eine sofort, die andere, nachdem der Speer ausgezogen var,
nnd ist die Ansicht Ober den sofort nach der Bxtraction des Instramestei
eintretenden Tod bis in die Neuzeit aufrechtgehalten. Im Debrigen sind
die meisten Wunden bei Homer, die nach echter Heldenart häufig von
ein* und hinten ausdringen, zumal die Wunden der Eingeweide, BUn
(liias V. 67) Leber, Lunge, sofort tödtlichi Eine grössere Gefahr der Ben-
wunden kennt Homer nicht, und wenn er bei Verletzungen den Ort der
Wunde häufig neben die Warze Terlegt, so mag er als Dichter eine nibeft
Bezeichnung fflr wQnschenswerth gehalten haben, es beweist indess sieht,
dass er dabei eine grössere Gefahr des Herzens im Auge gehabt hat, d».
er an diesem Ort sowohl die Lunge (Hias IV. 528), als auch die Leber
(Odjss. XXII. 82) u. s. w. verwunden läset — AU Wunde eines gros-
sen Gefässes muss die angesehen werden, wo Hias XIII., 546
^lißa TTuCav ix£Q<rev,
fli ävfk vdSra diovca diufimq^q aixiv* IxHvit.
üeber die Wunden des Herzens und des Herzbeutels. 575
Antilochos die vom Rficken zum Halse laufende Ader durchschnitt,
vorauf der Tod eintrat Einen Unterschied zwischen Arterien und Venen
kennt Homer nicht.
Die dramatischen Dichter der Griechen kannten weder die
grossere Gefahr der Herzwunden, noch einen sichern Tod durch dieselben,
was daraus henrorgeht, dass sie den Selbstmord stets auf andere Weise
vollziehen lassen (Jokaste durch ErhSugen [auch Odjss. XI. 278], Anti-
gone durch ErwArgen, Eurjdice mittelst Durchbohrnng des Unterleibes
durch das Schwert).
Hippocrates (460 — 370 a. Chr.) (Aphor. Sect. VI. 18.), welcher das
Herz fOr die Wurzelstfttte der Arterien ansieht, stellt die Herzwunden in
eine Reihe mit denen der Blase, Gehirn, Zwerchfell, D&rme, Leber, kennt
also die wahre Bedeutung derselben nicht, und hält sie fQr tödtlich. Er
sagt: xvcm S$axaniovxi f iyxiqtaXov ^ xa^Striv 1} ^qivag f jtSy ivjigwv
u jiSv XiTndfv ^ xoMriv ^ ^naQ ^avaiätSeg. (Während die meisten Her-
ausgeber des Hippocrates das Wort d^uvaiaidsg als »lethale, tödtlich*' inter-
pretiren, und diese Ansicht in den späteren Jahrhunderten gethellt wird, fas-
sen es Sprengel und nach ihm Landsberg als »lebensgefährlich* auf,
und stützen sich auf eine wahrscheinlich vorhippocratische Stelle: Coac. prae-
not T. I. p. 310., wo es heisst: dno&njcxovift de fiaXtara ix iwv JifWfAä'
jiov, ifv ng iyxitpuXoy xqiad'fi, ^ ^ajjf^^y fiviXdvj vj ^naQ, f y>Qivag, ^ xuq-
ä(fiv, $ xvCt^v, rj fkißa rtSv nax^twv. Das Wort fAuhcra soll eine abso-
lute Tödtlichkeit ausschlicssen. Bei den Hippocratikern wird auch die
Leber xaqdtti^ in späteren Zeiten anch der Magen so genannt)
Aristoteles (dS4— 322 a. Chr.), erzählt (de gener. anim. exerc. 62),
dass das Herz des Leo nid as, der bei Thermopylae fiel, mit Haaren bedeckt
gewesen sei, und hält die Herzwunden fDr tödtlich. Es heisst bei ihm (de
part. anim. Lib. UI. cap 4) »cor solum viscerum, itaque omnium corporis par-
tium, ouUum Vitium patitur graves; idque rccta ratione. Cum enim princi-
pinm corrnmpitur, nihil est, quod caeteris, quae inde pendent, praebere
possit auxilium.
Es Hess sich erwarten, dass in der kriegsreichen Zeit der Alten die
Kenntnisse über die Verletzungen sich bald erweiterten, und scheint es,
dass die absolute TOdtlichkeit der Herzwunden schon dem Volke bekanut
waren, indem
Ovid (t 17 p. Chr.) (Epist III. Lib. I 21) singt
»sanabit nuUa vulnera cordis ope.*
Dieser durch die Kriege hervorgerufene Fortschritt macht sich beson-
ders bei
Celsus (zur Zeit des Augustus und Tiberius, 80 a. Chr.— 37 p. Chr.)
geltend, welcher die Sectionen an Todten und Lebenden ihrer Nutzlosigkeit
576 ^r- Georg Fischer,
und Grausamkeit halber verbannt wissen will, da man hinreichend Gele
genheit finde, an Verletzungen Anatomie xn stndiren. Gelsoa beschreibt
zuerst Symptome Ton Herz wunden und den frühzeitigen Tod nach denselben.
(Medicinae libri octo. Lib. V. cap. 26. edid. Leon Targa. p. 235. Lvgi
Batar. 1786: Igitnr corde percusso, sanguis mnitns fertnr, venae langn«-
cnnt, color pallidissimns , sndores frigidi maJiqne odoris tanqnam irronto
corpore oriuntar: eztremisqne partibua frigidis matnra mors aeqaiiar.
Johannes der Evangelist (Evang. Gap. 19, v. 34; im 70. Lebest
jähre c. 80 p. Ghr. geschrieben) sagt beim Tode Jesu: uXX $1$ JiJSv ^qatwiüf
kÖYXfl a<^tcp ^^y nXivQäv ^wl^f xal iv&vg l^ijX&tv alfut xut Mwq. Der
Ausflnss von Blut und Wasser hat einige Autoren zn der Annahme einer
Herzbeutel- resp. Herzverletzung veranlasst, während Andere darin nur
etwas Symbolisches, Wunderbares erkennen,
Plinins d. Ä. (zur Zeit des Titns and Domitian 79—96 p. Ghr.) (Se-
cund. Natur. Histor. Lib. XL cap. 37.) glaubt, dass das Hers nicht toq
Krankheiten anderer Grgane afficirt werde, und dass seine Wanden sofon
den Tod bringen ,quod solum hoc (sc. cor) viscerum vitiis non maceratar
nee supplicia vitae trahit: laesumque mortem illico affert*
Aretaeus (zur Zeit Domitian's) (De caus. et sign, acut et diut morb.
Lib. IL cap. L p. 10. B. Lugdun. Batav. 1735. ed. Boerhave) sagt, bei Ab-
handlung der Lungenentzfindung, dass, wenn das Herz leide, der Tod nicbt
lange auf sich warten lasse: Uqwtov rotyagovv ^ fuv ^ Ma^dftj Jid^
ovx flg fxaxgäv jov &avdjov fj ä/AßoXij.
Galen (geb. 131 p. Ghr.) (De locis affectis. T. VUL Lib. V. cap. t
p. 304., ed. Kfihn) sah nicht selten Herz wunden bei Gladiatoren, wobei
der Tod rasch unter Ohnmächten eintrat. «Wenn die Verletzung bis ia
einen der Ventrikel dringt, so tritt der Tod auf der Stelle ein durch BIb-
tung, und zwar um so rascher, wenn der linke Ventrikel verletzt ist. Dringt
dagegen die Wunde nur in das Herzfleisch, ist sie nicht penetrirend, io
bleibt der Kranke nicht allein den Tag, sondern auch noch Aber die fol-
gende Nacht hinaus leben, worauf der Tod durch EntzQndung eintritt; der
Geist bleibt intact." (Unrichtig ist die Auslegung, dass nicht penetrireode
Wunden in der Nacht nach der Verletzung tödten).
Die Ansichten des Gelsus und Galen galten lange Zeit hindurch,
zum Theil bis in die neuere Zeit herab, so dass die Nachfolger meistens
nur Gopieen und wenig Neues liefern.
Paul von Aegina(c. 634) (Medicinae totius enchiridion. Basileze
1Ö46. Lib. VL p. 506. De telis extrahendis. cap. 88.) bespricht die Ver-
letzung des Herzens durch einen PfeiL «Si cordi impactum ait telum prope
sinisteriorem mammillam, id ipsum non vacuo loco, sed quasi ab altero ex-
ceptum apparet. Ac pulsatilem interim motum edit, sanguis niger, si ex-
Heber die Wunden des Herzeus und des Herzbeutels. 577
itum habuerit, effertar, extrema frigescuDt, sudor promauat, animus deficit . .
absqne dilatione interitas sabseqaitar.''
Die arabischen Aerzte liefern nichts Besonderes. Rhazes (f 923)
erwähnt die Herzwunden gar nicht; Avicenna (f 1036) (Canon medicinae.
Venetiis. 1608. Tom. II. Lib. IV. Fen. 4. Traet I. p. 139) sagt: »in corde
antem non speratur salus, quum in eo accidit vulnas*'; — and Albucasis
(t 1122) (De chirnrgia. Argent 1544; auch herausgegeben von J. Chan-
ning. Ozonii. 1778. T. II. p. 447) giebt fast wörtlich die Beschreibung von
Paul V. Aegina wieder, fügt nur später hinzu, dass, wenn man den Pfeil
fahle, und ein Einschnitt über ihm möglich sei, man einschneiden solle.
Brunus (c. 1252) (Chirnrgia magna. Lib. I. cap. 6. 1546.) wie Paul
von Aegina.
Lanfranchi (c. 1295) (Lib. IL cap. 5.) fügt zu den bekannton
Symptomen die Syncope und Oppression hinzu , hält den Ausfluss von
schwarzem Blute für eine Eigenthümlichkeit der Herzwunde, während ein
rothes, schaumiges Blut auf eine Lungenwunde deutet.
Guy deChauliac (c. 1363) (Lib. III. 2. Theil. cap. 5.) betont, ausser
den Symptomen nach Paul v. Aegina, die Syncope.
Bertapaglia (c. 1450) (Lib. II. cap. 2.) lässt rothes Blut, und zwar
stossweise, ausfliessen.
Benivenius (f 1503) (De abditis morb. caus. Obs. 65.) beschreibt
zuerst die Heilung einer Herzbeutelverletzung, die indess unsicher ist, da
die Section fehlt (s. Fall 302). Derselbe soll, wie Marc. Donatus (De
medic. bist, mirab. Mantuac. 1586. Lib. V. cap. 4.) erwähnt, im Cap. 81. an-
geben, dass bei der Section des Ludovicus Kicolinus im linken Yen*
trikcl eine harte Narbe (callum), von der Grösse einer Nuss gefunden sei,
die er als die Krankheitsursache angesehen habe, auch soll er (Cap. 89.)
bei einem Diebe im linken Ventrikel einen Abscess gefunden haben.
J. Hollerins (1498—1562) (Comm. aphorismi allegati) war der Erste,
welcher die Heilung einer Herzwunde für möglich hielt, und meint, dass,
wenn eine Wunde das Fleisch und die Pulpa des Herzens trefiTe, es nicht
nöthig sei, dass der Mensch stürbe. Er fügt hinzu, dass ein Mann 2 Jahre
lang mit einem Tuberculum im Herzen lebte.
Hieron. Cardanus (geb. 1501) (De causis, signis et locis morb.
1583. Basileae. p. 170) recapitolirt die Symptome nach Celsus, die Le-
bensdauer nach Galen. Auch sagt er, unter Bestätigung von Spigelius:
,J'ay veu en Anthoine Algiate vne portion du pericarde ötee"; worauf
Heilung erfolgte, obwohl das Athmen später durch tiefe Seufzer »nterbrochen
war. Es würde dieses der erste bewiesene Fall einer Pericardiurowunde sein.
Ambroise Par^ (1509—1590) (Opera chirnrgica. Frankfurt a. Main
1594. p. 307: De vuln. thor. Cap. 30.) sagt zur Diagnose: si ingens sangui
578 ^'- Georg Fischer,
018 vis erumpat, si tremor nniversi corporis membra quatiat, 8i polsos par-
TOS Sit et laogoeat, si color pallidos, si sodor frigidos, si crebn sjncope
oboriator, extremisqoe partibos frigidis, matora mors sequitor» — vieder-
holt also im Wesentlichen Celsos, ood recapitolirt im Uebrigen das bis
dahio bekaont Gewordene. £r beschreibt io Fall 228 die erste aathentiKh<
peoetrireode Herzwoode, wobei indess ein bestimmter Herzabschnitt nicht
angegeben ist.
Fallopios (1523—1562) (Opera omnia tractatns de yalnerlbns in ge<
nere. Gap. 10. Francfnrt. 1600. p. 168. 213) nimmt stets einen rascheo,
plötzlichen Tod an, hält das Herzfleisch für zo hart zor Verheilung, nnd ein«
Gonsolidation für nnmOglich, da das Herz immer in Bewegung ist Auch
ist die Temperatur desselben sehr warm, so dass es sich leicht entzfindct
F., welcher die Symptome, wie die fibrigen Autoren aofzfthlt, unterscheidet
zuerst näher Wunden des rechten und linken Ventrikels, und stätzt aof
den Umstand, dass schwarzes Blut aus dem ersteren, rothea ans dem letz-
teren komme, die Diagnose.
H. Fabricios ab Aquapendente (1537—1619) (Opera Chirurg
cap. 21. p. 104. Patavü. 16G6) hält die Herz- und Herzbeutel wunden ßr
tödtlich . . . si cor vulneretui, desperata est res, sicut etiam si . . . peii-
cardii tunica. An eioer anderen Stelle (Pars ima. Lib. 2. c. 42. 161i^
sagt er, dass Wanden, welche bis in die Brusthöhle dringen, Herz, Hen-
beotel, Zwerchfell oder Langen, letztere in aosgedehnter Weise, Terletzec,
alle tödtlich sind; es sei deswegen unnöthig, sichihrer Gnr halber zu bemfiben
F. Rota (1550) fand nach einer nicht penetrirenden Herzwande (der
erste Fall), als der Tod nach langen Leiden erfolgt war, den Herzbeutel er-
weitert, und die Herzsabstanz zerstört.
Fernelius (f 1558) (Pathologia. Lib. V. c. 12.) giebt an, dassWoo-
den, die nicht tief in den Ventrikel dringen, nicht auf der Stelle tödtto,
und beschreibt die von B. Cabrol citirte Narbe (Fall 271), die vielleicht
auf eine Wunde zurflckzuführen ist.
J. Lomnius (1560) (Observ. medic. Libri tres; AmstelodamL 1761
Lib. IL p. 143) hält die Blutung ffir verschieden stark, je nachdem Aite-
rien oder Venen getroffen sind, spiicht von langsame Pulse, bleicher
Farbe, kaltem Schweisse u. s. w.
Fabricius von Hilden (1560—1634) (Observ. chir. Centur. V. Obi
74. p. 370. 1641} behauptet, dass Wunden von Herz, Leber, Gehiro.
Lungen, £ingeweiden nicht immer tödtlich sind, und citirt Fall 236.
Sanctorios (1561—1636) experimeotirte an Kaninchen, was später
näher erwähnt ist.
Senne rt (1572-1637) (Practica. T. IL P. 2. cap. 15. p. 703. Log-
dun. 1650) citirt folgenden ioteressanten, obwohl nicht beweisenden Fall:
Die Wanden des Herzens nnd des Herzbeutels. 579
Ein Stndent stiess sich (Herbst 1582) ans Schwermntli einen Degen unter
der 4. Rippe ein, so dass er unter der 9. Rippe nieder herauskam, und
wurde im 2. Monat geheilt. Nach 8 Monaten (Mai 1583) abermals Schwer-
muth, Erbrechen, kalte Seh weisse, Ohnmacht, plötzlicher Tod. Es waren Zwerch-
fell, Lunge durchbohrt, die linke Lunge fast ganz vereitert, der Magen lag in der
linken Brusthöhle, das Herz war nach der rechten Seite dislocirt, wo auch im
Leben der Herzschlag gefflhlt war, und gleichzeitig fast ganz verzehrt.
Realdus Golumbus (De r» anatomica. Libri 15. 1593) hat in Rom
die Leiche eines Schfilers secirt, dem das Pericardium fehlte. Bei Lebzei-
ten fiel derselbe sehr oft in Ohnmacht, einem Todten fthnlich. Der Fall
wird anch von Bruno Seidel (De morb. incurab. 1593. p. 16 u. folg.) citirt-
J. G. Weber (Anchora Sauciotorum. Uratislaw. p. 79. 1600.) fand
zuerst im Herzen eines Thieres (Hirsch) eine Kugel eingekapselt.
Melchior Sebiz (Examen vnlnerum partium dissimilarium. Pars IL
Argentorati 1637) stellt in den §§. 68—100. die bis dahin bekannt gewor-
denen Thatsachen zusammen, aus denen wir nur Folgendes entnehmen:
§. 68. Die Wunden des Herzbeutels sind an sich nicht tödtlich, werden es
aber durch Zuf&Ue; dabei fliesst der Humor aqueus aas. §. 76. werden die
Symptome nach Gelsus aufgefflhrt. Andere ffigen noch hinzu einen raschen
GoUapsns aller Kräfte, Sjncope, kleinen Puls, Facies Hippocratica bei her-
annahendem Tode u. s. w. §. 77. Einige Balten die Herzwunden ffir tödt-
lich, Andere nicht. §§. 85—87. enthalten Beobachtungen an Thieren. §. 96.
Liebautius sagt, dass alle Herz wunden absolut tödtlich sind, plötzlich,
wenn sie gross und tief, später, wenn sie nur klein sind. §. 99. Tiefe
Herzwunden, die in den Ventrikel dringen, besonders aber in den linken
und zumal die, welche zugleich grössere Herzgefässe verletzen, sind ent-
weder sofort, oder nicht lange nachher tödtlich. §. 100. GrQnde dafür
sind: 1) Die plötzliche, rasche Lösung der Lebensgeister, 2) die enorme
Blutung, 3) die Zerstreuung der Wärme, 4) die beständige Bewegung des
Herzens, welche eine Verwachsung verhindert, 5) die Härte und Fibrosität
des Herzens, welche die Cvfj^yivCtg erschwert, 6) die Hfilflosigkeit der The-
rapie, indem die Mittel nicht bis zum Herzen dringen, 7) die EntzQndung,
8) die grosseste Noth wendigkeit und besondere Würdigkeit des Herzens.
N. Muler beschreibt 1641 im Fall 105. die erste Wunde eines be-
stimmten Herzabschnittes (rechter Ventrikel), welche nach 16 Tagen tödtete,
und ist aus dem Pomp, in welchen er seine Beschreibung einhüllt, auf das
Ausserordentliche des Falles zu schliessen.
N. Tnlpius (1593—1674) giebt 1642 im Fall 79. die erste Angabe
über einen Bluterguss (in's Pericardium?).
Idonis Wolf giebt aus dem Jahre 1642 im Fall 268. die erste sichere
Beschreibung einer durch Vernarbung geheilten Herz wunde.
580 Dr. Georg Fischer,
P. Zacchias (1584—1659) erwShnt 1651 im Fall 15. zuerst die Ver-
letzung des flerzens mit einer Nudel, und fügt, bei dem Tode, der nach 6
Tagen erfolgte, hinzu: »hoc quidem mirabile auditu est**. Ferner beisst es
bei ihm: .lethalia vulnera de necessitate sunt, quae cor quomodocnmqce
laeserint, cum viscos nobilissimnm continni soiutiooem oon patiator, nt
communis est medicorum opinio.*
Pierre de Marchettis (1589—1673) beschreibt 1665 im Fall 211.
die erste, nach einer Verletzung auftretende Pericarditis. Jamain schreibt
die Autorschaft J. v. Me k eren (1668) zu, und verwirft die Beschreibunis
?on Marchettis, die nicht auf eine Herzwonde passen soll. Mir scheinen
die Beschreibungen der beiden Autoren denselben Fall zu behandeln, und
lOst sich damit der Widerspruch.
Schenck (J. Schenckii a Grafenberg, Obs. med. rar. Lyon. 1641
p. 261) erwähnt die später mitgetheilten Beobachtungen an Thieren, ron
Jacotius, Thomas de Vega, Brassavolus o. A.
Die Beschreibungen von Herzwunden häufen sich. Henri ab Heers
(1647), welcher im Fall 344. die erste Schusswunde des Herzens geliefert
zu haben scheint, Panarolus (1652), Th. Bartholinus (1654) ▼eröffent-
lichen einige Fälle, und werden einzelne Beobachtungen, s. B. Fall 105^
300., welche damals noch unglaublich schienen, von Gaspar Schott
(Physica curiosa. Herblpoli. 1667. Lib. III. p. 497) in Schutz genommen. —
P. Stoll (Quaest. erudit. et paradox, sylva. Basil. 1652. 4.' Lib. Y. p.354,
citirt von A. y. Hall er, Biblioth. chir. T. I. Bern u. Basel 1774.) sagt:
,» Vulnera cordis non esse lethalia.*'
B. Suevus de Rotenburg (Observ. et histoires Chirurg., tireesdea
oeuTres de 4 ex cell. m^d. 1669. p. 184. cap. 9.) hält die Wunden des Peri-
cardium nur dann fQr absolut tödtlich, wenn sie gross sind und das Wasser
ausläuft, sonst nicht; es kommt dann hektisches Fieber hinzu. Er briogt
die erwähnte Ansicht von J. Hollerius, die ganz vergessen schien, wieder
in Erinnerung, und hält die nicht penetrirenden Wunden fQr nicht so rasch
tödtlich, als die penetrirenden, die sofort tödten.
Th. Bonet (1620—1689) (Sepulchretum anatomic p. 1606 u. folg.
Genf. 1679.) konnte schon 20 Fälle sammeln.
Joh. Dolaeus (1638-1707) (Encjclop. Chirurg, rat. Francfnrt 1689.
cap. VI. p. 683) hält die Herz- und Herzbeutelwunden , wobei das Wasser
ausläuft, fQr immer tödtlich.
0. Musitanus (1635 1714) (Chir. phjsic. T. III. De vulner, Coloniae
AUobr. cap. 56. p. 297. 1698) bestreitet die Angaben Einzelner, dass, wenn
das Herz verletzt sei, dickes, schwarzes Blut ausfliesse, sobald die Wunde
bis in den Ventrikel gehe. Er meint, dass bei Verletzung des linken Ven-
trikels das Blut tenuis und floridissimus, und wenn die Vena cava verletzt,
Ueber die Wunden des Herzena ond des Herzbeutels. 581
Schwans and dick sei. Die Zeichen einer Hers wände, welche ansicher sind,
d» es nicht penetrirende Wunden giebt, sind kalter Seh weiss, Eiskälte der
Extremit&ten, Sjncope, Kleinheit des Pulses, Schwäche, Tod, auch wenn
die Blutung gering war. Fliesst bei diesen Zeichen rothes oder schwarzes
Blut, so wird, je nachdem, der linke oder rechte Ventrikel verletzt sein*
Kommen jene Herzsymptome nicht hinzu, und besteht eine starke Blutung,
so wird, wenn die Wunde auf der rechten Seite liegt, und schwarzes Blut
liefert, die Vena cava, wenn links, und rothes Blut fliesst, die Aorta ver-
letzt sein. Die Herzwunden sind nothwendig tödtlich,^ und können nicht
penetrirende einen Tag Qberleben; auch leben die Kranken mit Ver«
letzungen des rechten Ventrikels länger, als mit Verletzungen des linken.
Die Wunden der grossen Geisse sind tödtlich.
Lorenz Heister (Chirurgie 1, Ansg. 1718; 1. Theil. 1. Buch. 1. Cap.
1747.) „Absolut lethale Wunden sind, wo keine menschliche Hülfe den Ver-
wundeten hätte saWiren können« Hieher gehören alle Wunden, wo man
das Geblfit darch kein Mittel stillen kann ... als da sind Wunden, so in
die Hohligkelt des Herzens oder dessen Anriculas gehen, . . . grosse Wun-
den der Lunge, grossen Adern , Zwerchfell . . . (S. 108). Der Tod erfolgt,
ehe der Chirurg kommen kann.
J. Bohn (De renanciat. vuln. 1732. p. 218 a. folg.) stellt die älte-
ren Fälle zusammen.
Boerhave (Vorlesung fiber patholog. Betrachtung des Herzens. 1736.;
Sammlang anserles. Abhandlgg. Leipzig. 1784. IX. Bd. L S. 483 u. folg.)
stellte den Satz auf, dass die äusserste Schwäche des Kranken heilsam,
und fast das einzige Mittel zur Heilung ist, stärkende, erregende Mittel scha-
den, und Menschen mit anglaublich wenigem Blute leben können; die ge-
fundenen Narben sprechen fflr die Heilbarkeit der Herz wunden.
6. ▼. Swieten (Comment. in H. Boerhave, Aphor. T. I. 1742.
p. 256 u. folg.) hält die Heilung fOr möglich, die Wunden des linken Ven-
trikels für gefährlicher, als die des rechten, Wunden der Art. und Vena co-
ronar. an der Basis des Herzens f&r sicher und schnell tödtlich wegen ihres
Blutverlustes.
Unter beständiger Zunahme und Vervollständigung der einzelnen Fälle
wird eine ansffihrliche, ausgezeichnete Abhandlung geliefert von
Senac (Traite de la structure da coear, de son action et de ses ma-
ladies. T. II. 1749. p. 866 a. folg.), worin die bekannten Thatsachen zusam-
mengefasst, aus den Beobachtungen an Thieren Scbl&sse auf die Herzwun-
den bei Menschen gezogen werden. Die Wanden sind stets schwer, jedoch
geben nicht penetrirende Chancen der Heilung, welche beobachtet ist; eine
absolute Tödtlichkeit besteht nicht. Der Anstritt des Blutes aus der Herz-
wunde wird durch einen Pfropf oder die Membr. int , welche nicht zerrissen
582 ^^' Georg Fischer,
ist, gehindert, selbst wenn die äusseren Fasern zerrissen sind. Die Pro-
gnose richtet sich nach der Empfllnglichkeit des Herzens zur Entzfindoof.
Die Wanden des Pericardiums (p. 342) sind nicht immer tGdtlich; der Aiu-
fluss von Wasser wird anter den Symptomen derselben aufgeführt Wusdei
der grossen Gefässe geben tOdtliche filatnngen , anch sind die Wanden der
Herzohren geföhrlich. Die Eröffnung der Art und Vena coronar. briagt
nicht sofort den Tod herbei, weil der Blatansflnss weder stark noch npide
genng ist, dass die Lebenskraft bricht. S^nac unterscheidet die OefahRi
bei penetrirenden i^nd nicht penetrirenden Wunden. Wenngleich bei ihm
die Herzwunden schon mit grosser Sorgfalt studirt sind, so blieben die
Todesursachen doch mehr oder weniger unberücksichtigt, und es gebfihit
Morgagni (De sedib. et caus. morb. Yenetiis. 1761. Tom. IL Lib.I^'
Epist 53. u. A.) das Verdienst, zuerst eine Theorie fiber die gewi^hnlichstd
Todesursache (Compression des Herzens durch Bluterguss in das Periev-
dium) aufgestellt zu haben, welche heute noch gftltig ist
Durch diese beiden grösseren Arbeiten wurde das Interesse den Ben-
wunden wieder mehr zugelenkt, und es erschienen verschiedene Dissertitio-
nen: Mumsen (Dissert de corde rupto. Lips. 1764.); Triller (Dis5«it
de mirando cordis vulnere. Viteberg. 1775.); E. G. Böse (De vuln. cori
in foro absolut leth. Lips. 1785.); Murray (Dissert. de rupto corde. Ups.
1788.).
Wie gering dennoch eine üebereinstimmung der Ansichten am Ende
des 18. Jahrhunderts war, beweist ein Ausspruch von de la Motte, wel-
cher 1771 eine nach 12 Stunden tödtliche Wunde des rechten Ventiikeb
veröffentlichte (Fall 75), und dabei schrieb, dass Aerzte und Ghirnrgeo,
welche nicht bei der Section waren, den Fall nicht glauben wollten; so
schwer war es, sich zu überzeugen, dass ein Kranker mit einer Henwonde
einen Moment nach der Verletzung noch leben konnte. .
Trotzdem dass noch im Jahre 1780 J. Pauli eine geheilte Herxwunde
(Fall 270) beobachtet hatte, sprach sich 1783 der berühmte englische Gbiror^
Benj. Bell (Lehrbegriff der Wuudarzneikunst 1783.; fibenetit tod
Dr. Hebenstreit IV. TheiL S. 112. 1807) folgendermaassen aus: M^
ob wir gleich Beobachtungen von Herz wanden ohne tödtliche Folgen zofg^
zeichnet finden, so hat man doch grosse Ursache, zu vermuthen, dies ds-
bei eine geflissentliche Täuschung oder ein Irrthum Torgefallen sei*. — ^^'
gleichen: Ploucquet (Comment. med. in proc. crimin. Argentor. Vl^*-
§§. 42—44.), welcher die Heilungen bei Thieren kannte, bei Menschen i&dess
eine absolute Tödtlichkeit annahm. — Piekzonka (Dissert de lethal.^tt^Q'
cord. Königeberg. 1799.). — Metzger (Dissert de lethal. t. cord. Regis-
mont 1799.).
Die Fortschritte, welche zu Anfang des 19. Jahrhunderts in der Cbi-
Ceber die Wanden des Herzrns und des Herzbeutels. 583
mrgie der BrpstvundeD gemacht wurden, kamen den Uerzwanden zu Gute.
Vor Allen ist
A. G. Richter (Wundarzneikunst IV. Band. S. 324, 391 u. a. Göt-
tingen, 1786—1804.) zu nennen, welcher den Gebrauch der Sonden zur
Diagnose verwarf, und wiederholte Aderlässe dringend empfahl, deren Er-
folg er durch die Beispiele von Ledran (15 Aderlässe, Heilung), S chmncker
(8 Tage lang alle 6 Stunden) beweist. Bei dem Falle von Sassard (Fall
249) fragt er an, ob nicht, da hier und in ähnlichen Fällen das in der
Wunde gesammelte geronnene Blut die Wunde geschlossen, und so das Le-
ben auf einige Tage gefristet habe, die Losstossuug des Blntpfropfes durch
Aderlass und Rnhe hätte verhfitet werden können, und ob es nicht yielleicht
möglich sei, auf diese Art selbst Wunden des Herzens und der grossen
Gefäsastämme zu heilen.
In der neueren Zeit sind die Herz wunden hauptsächlich in Frank-
reich cultivirt, und haben Larrey und Dupuytren bis jetzt die grosse-
ste Anzahl von Herzwunden beobachtet (L. 7, D. II). Larrey (Glinique
chirnrgicale. T. II. Paris. 1829. p. 284 n. folg.) sucht die Diagnose der Herz-
beutel- und oberflächlichen Herzverletzung festzustellen, von denen er meh-
rere Heilungen aufzuweisen hat, und bringt, gestützt auf Experimente au
Leichen, einen zur Paracentese des Herzbeutels gfinstigen Platz in Vor-
schlag. Dupuytren (Lei^ons orales de clinique Chirurg. T. II. Paris. 1832.
p. 167—192; T. VI. 1839. p. 335-355) legt grosses Gewicht auf die Rich-
tung der Wunde in Bezug auf die Bedeutung der verletzten Fasern u. s. w.
Beide Autoren befürworten den Aderlass.
In jener Zeit wurden einige Pariser Thesen TcrOffentlicht. Den An-
fang machte Gilbert (Recherches anat et pathol. sur les l^sions du coeur.
These. Paris. 1804. nr. 298); sodann J. B. Alleweireldt (Gonsiderations
snr les l^sions m^caniques du coeur. These. Paris. 1807. nr. 73), welcher
58 Herz wunden zusammenstellte; Alph. Sanson (Plaies du coeur. These.
Paris. 1827. nr. 259), welcher 30 Fälle, darunter hauptsächlich die Beobach-
tungen aus dem H6tei-Dieu von Dupuytren veröffentlichte; und H. de
Montegre (Dissert. sur les plaies peuöUantes de la poitrine bt les iesions
du coeur. These. Paris. 1836. nr. ü.). ~ Gleichzeitig erschien ein Artikel
▼on Prion (Möm. sur les plaies p^n^tr. de la poitrine. M^m. de TAcad.
royale de möd. Paris. 1833. T. II. p. 391 u. folg.) und eine grossere Arbeit
▼on Ollivier d'Angers (Dictionn. de möd. 8. Theil. 1834. S. 244-264),
welcher fiber 64 Fälle verffigt; sodann ein Aufsatz von Jobert de Lam-
balle (R^flexions sur les plaies penetrantes du coeur. Archiv, gen^r. de
m^i lU. Sörie. T. VI. Sept. 1839. p.l~23), welcher auf ein bei Herzwun-
den charakteristisches Geräusch aufmerksam machte.
Zwischendurch lieferten die Lehrbücher der Ghirurgie und Medicin
684 ^'*- Georg Fischer,
von de la Motte, Boyer, Bögin, Nölaton, Richerand, Bovilliad
u. A. Bcitiäge.
AuB der jfingsten Zeit datiren einzelne Thesen von Ellcaume (Essai
ßor les ruptures dn coeur. These. Fairis. 1867. nr. 186.), welcher 18 tru-
matische Rupturen des Herzens aufweisen kann; von M. A. Jamain (Des
plaies du coeur. Th^se. Paris. 1857.), dessen Arbeit auf 121 Verletznogeo
basirt ist, G^rard (Essai sur la löthalit^ des plaies pänötrantes dn coear.
These. Strasbourg. 1868. II. Serie, nr. 431.), von welchem mit Tonrdes
Versuche an Kaninchen angestellt wurden, und M Fälle zusammengestellt sind
Das aus England gelieferte Material ist dem französischen gegec-
aber ein sehr geringes. Meistens sind es Jourualartikel von Baird, Garn-
gee, G. Lees, Wallace, Thurnam, Leared, Peacock, Garnochao,
Fuge und Prescott Hewett U.A., welche in der Gasuistik nachzosehen
sind. Guthrie stellte eine grosse Anzahl von Herzwunden zusammen (Oo
wounds and injuries of the ehest. III. part of the lectnres on some of the
more important points in surgery. p. 48—60. London. 1848.).
Aus Amerika* kam eine Arbeit von J. R. Goxe (Some Observation^
on wounds of the heart Americ. Journ. of med. science. Vol. IV. Nr. VHI.
August. 1829. p. 307—314), welcher die Heilung der Herzwunden leugnet,
während von John Turgien (Fall 184) das Gegentheil behauptet wird; so-
dann eine grössere Abhandlung von Sam. S. Purple (New York Jonmil
of Med. and the collateral sciences by S. S. Purple. May. 1865.) mit 42
Fällen.
Aus der übrigen ausländischen Literatur sei noch erwähnt de Joag
(Dissert. de vuin. cordis. Groningae. 1838.), worin 42 neuere Fälle znsam*
mengestellt sind, Giovanni Bru^gnoli (Fall 266. 1862.), und Ferd. Zan-
netti, welcher die neueste und umfangreichste Arbeit in der Geaammtlite-
ratur mit 159 Fällen bis jetzt geliefert hat* (Studii sopra le ferite del caore
piu specialmente pella ntilita della pratica medico-forense. Second. ediiione.
Firenze. 1866. 273 Seiten). Die ausführlich mitgetheilten Fälle sind zwischen-
durch eingereiht, und am Ende findet sich ein kleiner Anhang von Prof.
Betti.
Die deutsche Literatur hat in neuerer Zeit wenig aufzuweisen. C.
Steifensand (Grefeld. üeber Herz wunden und Blnteitravasat in der Brust-
höhle. Gasper'e Wochenschrift. 1838. No. 15.) bezweifelt den Druck des
im Pericardinm enthaltenen Blutes auf das Herz als eine Todesursache, hält
die VerSchliessung der Herawunde durch Blutgerinnsel für eine leere Ttän-
mcxei, und hebt hervor, dass der Aderlass, bei vorangegangenem grossen
Blutverluste, den Tod beschleunigen kann. •— Speyer (Hanau. Ueber die
Ursache der Tödtlichkeit eindringender Herzwunden. Heidelberger med. An*
naien. IV. 3. 1840.) stellt 3 Zeiträume auf, in denen der Tod eintritt, ent-
Ueber die Wanden des Herzens und des Herzbeutels. 585
weder plötzlich, innerhalb einiger Stunden, oder langBam nach einigen Stun-
den, oder mindestens erst nach 48 Stunden. — Prof. K. G. Jung (Schwei-
zer Zeitschr. Bd. H. Hft. 2. 1841.) machte Beobachtungen Ober die Verwund-
barkeit des Herzens beiThieren. — Brach (Med. Ztg., herausgeg. Tom Ver-
ein f&r Heilicunde in Proussen. 1842. Bd. H.) bespricht die Prognose haupt-
sächlich in Rücksicht auf die gerichtliche Medicin. — Landsberg (Bres-
laa, Oppenheim's Zeitschr. für die gesammte Medicin. 1850. April. S.
417-r*440) giebt einige geschichtliche Daten, h< den Thrombus in der Herz-
wunde für eine theoretische Erfindung, glaubt, dass, wenn beim Aderlasse
kein Blut fliesst, dieses Zeichen grossen Werth für die Diagnose hat, und
hält die Verletzung für absolut lethal, da die Therapie vollständig ohnmäch-
tig ist. — Die pathologische Anatomie der Herzwunden ist in letzter Zeit
bereichert durch 17 Sectionsberichte von Gasper (Pract. Handb. der ge-
richtl. Med. Thanatolog. Theil. 1857. Klinische Novellen zur gerichtl. Med.
1863.), und durch 11 Sectionsberichte von A. Niemann (Henke's Zeitsch.
für St A. K. 1857. 3. Heft; 1859, 1. u. 2. Heft; 1861. 2. Heft.) u. s. w.
Monographische Arbeiten über Herzwunden hat die neuere deutsche
Literatur, ausser einer kleinen Arbeit von Dr. Rob. Schalle (Ueber Herz-
wnnden. Dissertat. Leipzig. 1864. 34 Seiten; 73 Fälle) nicht aufzuweisen,
und geben die Lehrbücher der Chirurgie (Wernher, Chelius, Emmert,
Bar deichen, Billroth u. A.) die kriegschirurgischeu Schriften (Piro-
goff, Demme), die medicinischen Arbeiten über Herzkrankheiten (Bam-
berger, Friedreich, Duchek) nur kurz^ Beiträge zu den Herzwunden.
Ein Literaturverzeichniss über die einzelnen Fälle wird durch die Ca-
Huistik fiberflüssig, und sind die wichtigsten Fälle hinreichend kenntlich ge-
macht.
Anatomie.
Da die Kenntniss der anatomischen Verhältnisse der Herz
gegend wesentlich dazu beiträgt, der Diagnose der Herzwunden
eine grössere Sicherheit zu geben, so sind dieselben, insoweit
sie diesem Zwecke entsprechen, hauptsächlich nach Luschka,
practisch zurechtgelegt. Es ist von vornherein zu bemerken,
dass die Zahlenangaben über die räumHchen Verhältnisse, Dicke
u. 8. w. selbstverständlich nur als relative Grössen aufzufassen sind.
L Vordere Brastwand.
Die vor dem Brustbeine liegende, wenig verschiebbare Schicht war
bei einem Erwachsenen 4 Millim. dick, das Brustbein selbst im oberen Be-
586 I^r- Georg Fischer,
zirke höchstens 1,5 Gtm., im mittleren 0,8, im unteren höchstens 0,2 Gtm.
dick. An der hinteren Wand des Brustbeines liegt die Membr. propr. stnff
an, ist sehr resistent, lOst sich daher bei Fractnren des Sternnm eher, aU
dass sie zerreisst, wodurch die Brustorgane vor eindringenden Fragmenten
geschfitst werden. Die abnormen Spaltungen, rundlichen LQcken im Brast-
beine sind für Verletzungen wichtig.
Die Brustdrüse liegt, wenn sie wohl geformt ist, vertical Ton der 3.
bis 7. Rippe, transversal vom Stemalrande, bis zur vorderen Grenie d&
Achselgegend. Die Warze beim Weibe liegt meist auf der 5. ,Rippe, uod
ist ca. 11 Gtm. von der Lin. stern. entfernt; beim Manne dagegen meist
zwischen der 4. und 5. Rippe, auch auf denselben, seltener zwischen der 5.
und 6. Rippe. Meist ist sie 10 Gtm. von der Sternallinie entfernt.
Von den Muskeln dieser Gegend wird die Dicke des M. pect w^. io
maximo auf 1,6 Gtm. angegeben.
Die Rippenknochen sind nicht über 15 Millim. (zwischen 10 — 18 Millia,
nach Heule) hoch, und durchschnittlich 11 Millim. dick. Von den Rippei-
knorpeln ist der 2. überall gleich breit und dick; die übrigen verjfingeo
sich von der 3. Rippe an, so dass von der 8. Rippe an das mediale Ende
zugespitzt zuläuft.
Die Intercostalräume, deren Weite beim Athmen wechselt, sind an der
Verbindung von Knochen und Knorpeln der Rippen am weitesten , werdes
medianwftrts enger, so dass von der 5. Rippe an die Sternalanden der Knor-
pel dicht aneinander liegen. Die Intercostalgefftsse, Anfangs zwischen den
M. int ext und Pleura, dann zwischen M. int. ext und int, verlaufen ab
Ram. int. am oberen Rande der nächstliegenden Rippe, als Ram. sup. am
unteren Rande. Nur die Verletzung des letzteren kann Besorgniss eiregeo.
Gegen das Stemum zu verliert die Art interc. so an Stärke, dass ihre Ver-
letzung ebenfalls keinen Anlass zu Befürchtungen giebt
Die Art mamm. int zieht hinter den Rippen herab. Sie liegt nicht
dicht am Sternalrande (Hjrtl), sondern vfechselnd, je nach der Breite des
Brustbeines 1 und 1,6 Gtm. davon entfernt. Hinter und dicht an den Knor-
peln der 1. bis 6. Rippe, vom M. int int. nur durch etwas Bindegewebe ge-
trennt, theilt sie sich schliesslich in die Art. epigastr. sup. und Art musc
phren., welche letztere zwischen den Knorpeln der 6. und 7. Rippe naci
unten und aussen weiter läuft. Von der Brusthöhle aus wird sie bis znis
Sternalrande des 4. Rippenknorpels nnf von der Fase endothor. und der
Pleura, weiter nach unten noch vom M. transv. thor. ant bedeckt. Von der
7. Rippe bis zum oberen Rande des Knorpeb der 8. Rippe ist sie von S
Venen begleitet, die sich hier in eine Vene, an der inneren Seite der Ar-
terie, vereinigen. Selten liegt sie hinter dem Brustbeine (Fall 360). Ihre
Unterbindung ist nicht häufig, und am leichtesten im 2. und 3. Intercostal-
Ueber die Wondeo des Herseoa ond des Henbeotela. 587
raame. Zo treonen ist dabei die Haut, M. pect mig., eine dfinne Aponea*
rose, nnd der M. intercoat int.
Daa Zwerchfell, dessen fleischige Platte ca. 3—84 Millim. dick ist,
steht in der rechten Hälfte höher, als in der linken, auf welcher daa Hen
ruht Unter gewöhnlichen Verh<niasen liegt der höchste Punkt bei völliger
Exspiration gewöhnlich rechts hart Ober dem Stemaleode des Knorpela der
4. Rippe, links, um die Höhe dieses Knorpels, tiefer.
Die Dicke der Bmstwand ist, nach Alter, Geschlecht, Indindnalitftt,
sehr Terachieden* Ala relative Verhältniaae ergaben aich bei einem achön
gebauten, muakelkrftftigen Manne folgende Zahlen:
i Stelle der Verbindung vom Maanbr. u.
) Corp. atemi 2,4 Otm«
in der Lin. sternalis ^^^^^ ^^^^ ^^ ^^^^^^ ^^^^^^ ^ ^^^
/
Unteres Ende des Corp. sterni ... 1,3
! Regio supramammalia 4,6
Regio mammalia 2,6
Regio inframammalis .2
in der Lin. parasternalis | unmittelbar unter der Clavicula ... 8,2
(entspricht meist genau ( im ganxen fibrigen Theile circa . • . 2
der Verbindung von Rippenknochen und Knorpel).
Der poetische Arzt trifft mit seinem Reime
i»ein Zoll und einen halben nur
und stille steht des Lebens Uhr"
(ca. 3,6 Ctm.) aiemlich genau obiges Maaaa, wenn man in der Lin. para»
sternalis 2 Ctm., und auf den Lungenrand 1 Ctm. anaeiat.
II. len.
1) Dicke.
Die Scheidewand der Ventrikel ist 9^12 Millim. dick, mit Ausnahme
der Para membr., welche 1]f*-2 Millim. dick iat, die Scheidewand der Vor-
höfe höchatena 2i Millim. dick. Der rechte Vorhof, höchatens 3^ Millim
dick, entbehrt an einaelnen Stellen fast ganx der fleischigen Grundlage, ao
dass äussere und innere Herzhant sich unmittelbar berfihren, nnd iat hier
nur i Millim. dick, der rechte Ventrikel höchatena 6 Millim. Der linke Vor*
hof iat höchatens 3 Millim., der linke Ventrikel höchstens 11 Millim., also
mehr al» noch einmal so dick, als der rechte Ventrikel, während die Dicke
beider Vorhof^ände im Wesentlichen dieselbe ist Die Capacität des Her-
zens während des Lebens ist nicht zu bestimmen; dagegen wird die Blut-
menge, welche mit einer Systole in die Aorta getrieben wird, auf 188 Gramm
angegeben (Volkmann).
2) Musculatur.
Bis auf die unwillkOrliche Contraction im Wesentlichen- mit den flbri-
.Langaobeck, Arohiv f. Chlrurgi«. IX. ^
688 I>r* Georg Fischer,
gen Skeletmaskeln flbereinstimmend, bildet der Verlanf der Mnskelbfiiidel
ein solchee Chaos , dessen endgültige Entwirrung der Histiologie noch vor-
behalten bleibt, dass derselbe, obwohl fftr die Herzwnnden Ton grosser
Bedentaog, sich practisch noch wenig verwerthen liest Eine genauere
Beschreibang ist daher nnnfits. Bemerkt sei, dass nach den neueren üi-
tersnchnngen Ton Winkler^} das Fleisch der Voriiöfe Ton jenem der
Kammern vollständig geschieden ist, beide aber gleichzeitig eine genein-
scbaftliche Mnsculatnr haben. Diese Mebenmuscnlator (hnssere oder ge-
meinschaftliche Schicht der Autoren) ist sehr dfinn (nnr einige MiUim. dick,
Luschka), l&aft steil Ton der Basis zur Spitze, von rechts nach links,
herab. In der Hanptmnscnlatar (alle anderen Schichten der Autoren) sisd
die Fasern aufs Innigste mit einander yerflochten, in allen nur denkbzrei
Richtungen yertheilt, so dass von einer Schichtbildong keine Rede sein kinn.
Es lassen sich 6 Fasernarten, welche in rerschiedenen Richtungen dorck-
einanderlaofen , in ihr nachweisen. Physiologisch ist die Hauptmuscnlstor
ein untrennbares Ganze. Nnr die linke Kammer ist selbststSndig, die reckt«
nur ein untergeordneter Theil der linken.
8) Oef&see des Herzens.
Die Art. coronar. dextr. Iftuft unter dem rechten Herzohre in der reck-
ten Forche des Snlcns atrioventr. bis zur hinteren Lftngsfarche, in welcher
sie bis zur Herzspitze hinabsteigt. Die Art. coronar. sinist liegt An&ogs
hinter der Art pulm., dann unter und hinter dem linken Herzohre, Uaft
theils in der linken Lftngsfarche, theils im Snlc. long. sup. abwärts bis sar
Spitze. Es giebt im Verlaufe Anomalieen. Die Vena cordis magna est-
spricht der Art coron. sin., die Vena cordis med. der Art. coron. dextr.
4) Nerven des Herzens.
Die Nerven, theils vom Sjmpathicus, theils vom Vagus kommend,
treten zwischen der Aorta und Art. pulm. zam Plexus zusammen, aus wel-
chem derPlex. cord. sin. und dext, welche mit den Goronargeflssen ver-
laufen, abgehen. Die letzten Endigungen der Nerven sind noch nicht ia
den Muskeln ermittelt, nur mit Bestimmtheit Ganglien im Herzgeflechte, und
an den kleinsten , bereits in die Maskelsubstanz eingetretenen Zweigches
nachgewiesen.
6) Pericardiom.
Bei einem jangen, gesunden Hingerichteten betrug die Menge des Uq.
peric 1^ Drachmen. Ohne gewaltsame Ausdehnung kann das Pericardinn
mindestens noch ca. 6 Unzen Flfissigkeit aufnehmen, und werden wenige
Unzen ohne Störungen ertragen. Die Nerven stammen aus dem Phrenicosy
*) Archiv fQr Anatomie, Physiol. n. s. w. von Reichert und Dubois-
Rejmond, 1865. Nr. 2. 3.
Deber die Wunden des Hertens und des Herzbeutels. 589
SjmpathlcDS nnd Vagns dezt. Eine kleine, dreieckige Stelle Torne entbehrt
des Plevrafiberznges. Sie liegt in der HOhe der unteren Hftlfte des Corp.
stemi, theils neben, theils hinter dem linken Rande des Stemnm, vom Ster-
nalende der 4. linken Rippe bis abwftrts zum Zwerchfelle, mit der Spitze
aafwirts, mit ihrer 8 Ctm. breiten Basis abw&rts gerichtet Sie ist am Ster-
nalende des Knorpels der 6. nnd 6. Rippe durch Zellstoff an die Brustwand
geheftet, daher hier zwischen jenen Rippen die Paracentese ohne Verletzung
der linken Pleura möglich ist
6) Lage der Lunge und Pleura zum Herzen.
Lunge. Die Lungen bedecken vorne das Herz voUstindig, bis auf
eine kleine Stelle links neben dem Sternum, welche in der Leiche vom un-
teren Rande des medialen Theiles des 4. Rippenknorpels anf&ngt, im media-
len Theile des 4. Intercostalranmes , hinter den medialen \ des 5. Rippen-
knorpels und einem kleinen Segmente des 5. Intercostalranmes liegt An
diesen Stellen treten die Pleura cost und und Pleura pericard. in unmittel-
bare Berfihmng. Um die Herzspitze legt sich, innen nnd unten von der
lateralen Hälfte des Knorpels der 5. Rippe, ein fast 1 Ctm. dicker Fortsatz
des Lungenrandes herum, so dass tou einem directen Anstossen des Her-
zens an die Brustwand für gew/Shnlich keine Rede sein kann. In der Re-
gel fi^erschreitet die rechte Lunge die Mitte des Corp. sterni nach links
nnd ist es Ausnahme, wo die rechte Pleura resp. Lunge sich kaum bis an
den rechten Sternalrand erstreckt.
Pleura. Die PL cost dext zieht von der Incisura clav. schrSg ab-
wärts, Ins fast gegen das untere Ende des linken Randes des Manubr. st.,
wo sie in spitzem Winkel der linken Pleura sich nähert Beide laufen,
sich fast berührend, gerade abwärts neben einander hinter der linken Hftlfte
des Sternnm herab, bis dem Ansätze des 4. Rippenknorpels gegenfiber, wo
sie sich trennen, und die rechte gerade abwärts läuft, in der Höhe des
Ansatzes der 6. Rippe in stumpfem Winkel nach rechts abbiegt, um stets
nach rechts, hinter dem 7. Rippenknorpel, in die Seitenregion weiter zn
gehen« Die PI. cost sin. hat oben denselben Verlauf, wie die rechte Pleura,
biegt am 4« Rippenknorpel schräg abwärts nach links, zieht hinter dem 5.,
6. Knorpel weg, so dass sie mit ihren medialen Theilen, sowie dem 5. nnd
6. Intercostalranme keine Verbindung eingeht, und hier das kleine, drei-
eckige Feld Torne am Pericardium von der Pleura frei bleibt Die grosseste
Entfernung der linken Pleara betrug vom Sternalende der 6. Rippe, hori-
zontal gemessen, 4 Ctm.; in den meisten Fällen in der Höhe des Stemal.
randes der 5. Rippe 1,5 Ctm., der 6. Rippe 2 Ctm., der 7. Rippe 3,6 Ctm.;
Anomalieen kamen Tor. — Unbedeckt von der Pleura sind vorne oben, hinter
dem Manubrium, in dem von den convergirenden Rändern der Pleuren ge-
bildeten Theile, ein Segment der Thymus, der Art. innominata, der Anftng
38*
590 ^r. Georg Fischor,
der Carotis sin., der mediaJen HiUfte der Vena innom. ein., Theil der Lnft
röhre. Yorne unten sind nnbedeckt die stemalen Segmente der linken &,
6., 7. Rippenknorpel, resp. Intercostalrinme, das linke untere Drittel des
Corp. stemi und Proc. xiphoideus , vom Herien mithin ein kleiner Theil des
rechten Ventrikels, welcher dicht am Brustbeine, im linken 5. Intercostal-
räume, hinter dem 6. Rippenknorpel und jenem Abschnitte des Corp. stemi
liegt — Zwischen der PI. pericardiaca und dem flenbentel liegt der N.
phrenicus , welcher rechts sich um den rechten Umfang des Pericardiama m
hemmlegt, dass er, je tiefer, um so weiter nach hinten liegt, vihrend der
linke um den linken Umfang des Pericardiums herabsteigt.
7} Lage des gansen Herzens.
HerYorznheben ist, dass in der rechten Brusth|Ufte %, in der linket
% Tom Herzen liegen, so dass das Herz beim Erwachsenen die MittelliDie
nach rechts um 1—1^ '^ nach links um 3—3^'' fiberragt Zwischen den
rechten Ventrikel und der hinteren Wand des Stemum ist ein Raum tos
ca, 5—6 Millim. Im rechten Abschnitte liegen der rechte Vorhof, mit Ans*
nähme der Spitze seines Hersohres, die rechte H&lfte des linken Vorhofes,
mithin auch das ganze Sept atrior., femer ein in seiner Mitte 2 Gtm. brei-
tes, an den Enden spitz auslaufendes Stfick der Basis des rechten Vestri-
kels und das obere Bude des Sept. rentr. ; hinter dem Sternnm liegen mekr
als h dos rechten Ventrikels, ein Theil des rechten Vorhofes und das rechte
Herzohr. Im linken Abschnitte finden sich der grössere Theil der rechtem
und die ganze linke Kammer, die Spitze des. rechten Herzohres, die linke
Hftlfte des linken Vorhofes. -- Die höchste Stelle der Basis des Herzem
entspricht bei jungen Individuen der Sternalinsertion der 2. Rippe. — Die
Herzspitze liegt in der Leiche meist in der Mitte des 5. linken Intercostal-
ranmee, unter dem lateralen Ende des 5. Rippenknorpels; sie entspricht aossea
einer Stelle daumenbreit medianwftrts von der Lin. papillär., meist 3 qoer-
fingerbreit unter der linken Warze. Selten liegt sie höher, mitunter tiefer
hinter dem 6. Rippenknorpel. Ein directes Anliegen derselben an die Brost-
wand wird, wie erwfthnt, durch den sich zwischenschiebenden Fortsatz der
Lunge verhindert. — Die vordere conveie Fläche des Herzens hat dk
grosseste Breite an niveau des Stemalrandes des 4. Rippenpaares, betriig^
ca. 11 Gtm., wovon 4 auf die rechte, 7 auf die linke Thoraxhftlfte kommen. —
Die Grenzen des Herzens lassen sich annnftherad durch folgende Linien be-
stimmen: Der rechte Rand des Herzens, von der ftusseren Wand des rech-
ten Vorhofes gebildet, beginnt am Sternalende des 2. rechten Intercoet,
Iftuft mit nach aussen convexer Linie, deren höchste Gonvexit&t dem 3. lo-
tercost entspricht, gegen das Sternalende des 5. rechten Rippenknorpels,
um hier in den unteren Rand umzubiegen. Letzterer, dem rechten Ventri-
kel angehörig, zieht von hier quer schief nach links und unten hinter den
Ueber die Wanden dee Herzens und des Herzbeutels. 591
unteren Ende des Corp. sterni, dem Knorpel der 6. linken Rippe weg, nm
im 5. Intercost. mit dem unteren Ende des linken Herzrandes die Herzspitze
zu bilden. Der linke, mehr nach hinten liegende stumpfe Rand, durch den
linken Ventrikel gebildet, und ganz von der linken Lunge aufgenommen,
verlSuft vom Stemalende des 2. linken Intercost., in einer nach aussen con-
▼exen Linie, schr&g nach unten und links bis zur Herzspitze.
8) Lage der einzelnen Abtheilungen des Herzens.
Rechter Vorhofl Meist liegen % nach rechts vom Brustbeine, ^,
worunter das ganze Herzohr vor der Wurzel der Aorta, die Art pulmon.
comm. fast berührend, hinter dem Corp. sterni. Bisweilen ist das Yerhftlt-
niss umgekehrt Das* oberste Ende (Herzohr) liegt in der Mitte des Ster-
nslendes des 2. Intercost., dicht am Brustbeine, das untere am Stemalende
des 6. rechten Rippenknorpels. Der Vorbof, ganz yon der Lunge bedeckt,
kommt mit der Brustwand nicht in Berflhmng.
Rechter Ventrikel. Hinter dem Corp. sterni liegt ca. \ des Ven-
trikels vom Sternalrande der 3. Rippe bis zur Basis des Proc. xiphoid.; die
übrigen % breiten sich von der Mitte des Sternalrandes des 2. linken In-
tercost (einige Linien über dem Rande des 3. Rippenknorpels) bis unter
das mediale Ende des 6. Rippenknorpels aus. Dieses Stück nimmt Ton
oben nach unten bis zu 4 Querfinger zu. Der rechte Ventrikel ist am we-
nigsten Ton der Lunge bedeckt. Die hinter dem Knorpel der 5., zum Theil
auch 4. und 6. linken Rippe, und dem 4. und 5. Intercost. befindliche Fläche
bleibt bei der Exspiration von der Lunge frei, und lehnt sich grösstentheils
an die Brustwand an. — Das Ostium ven. dextr. und Vah. tricusp. liegt
im Verlaufe einer Linie, die das Stemalende der 5. rechten Rippe mit dem
lateralen Ende des Knorpels der 1. linken Rippe yerbindet Das Ost arter.
dextr. und VaW. semilun. der Art. pulmonalis liegt meist dicht am Brust-
beine, in der Mitte des linken 2. Intercost, bisweilen hinter dem Stemal-
ende der 3. Rippe.
Linker Vorhof. Derselbe liegt von allen Abtheilungen am weite-
sten nach auf- und rückwärts, hinter der Aorta und Art pulmonalis. Von
▼orne ist nur die unter dem Knorpel der 2. linken Rippe vorragende Spitze
des Herzohres sichtbar, welche sich links um die Art. pulmonalis herum-
legt. In der Höhe des oberen Randes des 2. Rippenknorpels und 2. Inter-
cost liegt er theils hinter, theils links Tom Steraum. — Das Sept. atrioram
entspricht einer Linie vom Stemalende des 2. rechten Intercost. bis zur
Sternalinsertion der 3. linken Rippe.
Linker Ventrikel. Das kleine, Tome sichtbare Segment desselben
ist ein höchstens daumen- bis 2 querfingerbreiter Streifen. Derselbe zieht
Yon der Mitte des 2. Intercost., dem lateralen Ende des 3. Rippenknorpels
anliegend, bis zum 5. linken Intercost. herab, so dass sein äusserer Umfang
592 ^^' Georg Fischer,
der Verbindung yod Knochen nnd Knorpel der 3., 4., 6. Rippe nshesu eit-
spricht Da bei der Systole derselbe sich von links nach rechts» bei der
Diastole umgekehrt dreht, so legt er sich mit Terschiedenem Omfange u
die vordere Brnstwand an. Die Anssenseite ist von der linken Lnnge be-
deckt, so dass meist nnr beim Ansathmen eine kleine Stelle freibleibt -
Das Sepi yentr. ragt nach dem rechten Ventrikel conrex hinflber, dbher
die vordere Lftngsfnrche der Grenze beider Ventrikel nicht entspricht As
der 3. 4. Rippe erreicht es fast, bis auf 1—1^ Ctm., den linken Stemal-
rand. — Das Ostinm ven. sin. und Valv. mitralis liegt im 2. linken Inter-
cost, ihre Mitte ca. 2 Gtm. vom Brnstbeinrande entfernt. Der vordere oder
sog. Aortenzipfel der Mitralis liegt 4^ Gtm. vom Stemalrande, nnmittelbv
unter dem Knorpel der 3. Rippe. — Das Gstium arter. sin. und Valv. seal-
lun. der Aorta liegt theils hinter der Sternalinsertion der 3. linken Ripp«,
theils hinter dem anstossenden Gorp. sterni , mitunter auch im 2. oder 3.
Intercostalraume.
Aorta ascendens. Sie liegt fast ganz hinter dem Gorp. Btemi,
dessen rechter Rand im 1. Intercost durch die stärkste Wölbung der Ar-
terie meist um einige Millimeter fiberschritten wird, uogefllhr in einer Lisie
vom Sternalende der 3. linken Rippe bis gegen das Sternalende des 1. reck-
ten Intercostalraumes. Ihre Entfernung von der BrustWand differirt, indes
sie im Anfange 6, am Ende 2 Gtm. beträgt.
Arteria pulmonalis. Sie liegt Anfangs vor der Aorta, später lisks
von ihr, und zwar fast ganz nach aussen, dicht am linken Stemalrasde.
Sie steigt vom oberen Rande des Sternalrandes des 3. Rippenknorpels dicht
am Brustbeine, hinter dem Knorpel der 2. Rippe, auf und rQckwärts, nod
tritt durch den 1. Intercostalraum hinter das Sternalende des 1. Rippes-
knorpels. Von der Brustwand durch die linke Lunge getrennt, entfernt sie
sich mehr und mehr davon.
Vena cava sup. Man findet sie hinter dem Sternalende des Knor-
pels der 1. rechten Rippe, wo sie von der Aorta adsc. etwas überlagert wird;
sie läuft dann in der Nähe des Brustboinrandes abwärts bis zur Mitte des
2. rechten Intercostalraumes , häufig auch bis zum Sternalende des 3. Rip-
penknorpels.
Die letzten Abschnitte der Aorta, Art pulmon. und Vena cava sop-
sind im Fericardium eingeschlossen.
9) Bewegungen des Herzens und der Lungen.
Die Bewegungen des Herzens sind von den Athembewegungen nnd
von den rhythmischen Bewegungen des Herzens selbst abhängig. Die erste-
ren sind bei ruhiger Respiration sehr unbedeutend; nur bei einer möglichst
tiefen Inspiration kann das Herz um i— 1" nach abwärts und umgekehrt
dislocirt werden. Die zweite Art besteht in einer Drehung von links nach
Ueber lie Wunden des Herzens und des Herzbeutels. 593
rechts um die Lätgsachse bei der Systole derVentrikel, so dass ein grösse-
rer Tbei] des linken Ventrikels vorne sichtbar wird; bei der Diastole tritt
die frühere Stellung ein. Es ist constatirt, dass bei der Systole das Herz
nach links und unten herabsteigt^ trotzdem es sich dabei in seinen Dimen-
sionen verkürzt, und umgekehrt (Fälle von Bamb-erger, Ollenroth).
Die Lungen verschieben sich in der L&ngs- und seitlichen Richtung. Bei
der Exspiration reichen sie bis zur 6. und 7. Rippe. Bei der ersteren liegt
der Herzbeutel in grosserer Ausdehnung der Brnstwand an.
Beobachtungen an Thieren.
Berücksichtigt man, dass der Bau und Mechanismus des
Herzens bei den höheren Tbierclassen nach demselben Typus
angelegt ist, und seine Bedeutung für das Leben dieselbe Wich-
tigkeit hat, als beim Menschen, so rechtfertigt es sich, das vor-
handene Material zu prüfen. Dasselbe ist theils in Experimen-
ten, theils in zufalligen Verletzungen niedergelegt.
1) Experimente, Acupunctur.
Abgesehen Ton den unglaublichen üeberlieferungen des Al-
terthums, dass Thiere ohne Herz gelebt haben '), sind die ersten
Beobachtungen in die Zeit des Galen') zurückzuführen, welcher
von Opfertbieren berichtet, die, nachdem ihnen auf dem Altar
das Herz herausgenommen war, noch athmen, heulen, sogar ent-
-fliehen konnten, und endlich an der Blutung starben. Aehnliches
berichten Columbus') von einem Hunde, welchem vorher die
Herzgefässe unterbunden waren, und M. Sebiz*) von Fröschen,
die in's Wasser zurückflohen. Stich- und Schnittwunden des Her-
zens erwähnen Brassavolus*) von einem Schweine, welches,
1) G. Plinins (Secnnd. Hb. XI cap. 37. p. 284) erzählt, dass dem
Dictator Caesar an dem Tage, wo er zuerst den Purpur trug und auf gol-
denem Sessel sass, beim Opfern zweimal Thiere vorkamen, denen das Ilerz
fehlte. Dasselbe berichten Plutarch (in yita Caesaris. p. 737), und Sue-
tonius (cap. 77.).
>) Galen de Hippocr. u. Piaton placitis. Lib. II. cap. 4, Charter.
Tom. V. p. 97. .
') De re anatomic. Lib. 15. 1593.
*) Examen yulner. pari dissimil. Pars II. Argentorati. 1637. §. 91.
5) Comment. ad Aphor. XVIII. 3. 6.
594 Dr. Georg Fischer,
mit einer Wunde an der Herzspitze, noch frass, 1 Stande lang
lebte, und gewiss noch länger gelebt hätte, wenn nicht eine neae
Wunde hinzugekommen wäre. Er meint, dass Thiere eine Zeit
lang leben können, wenn ein Tbeil der Herzspitze abgeschnitten
ist. Dieser Ansicht tritt ein Fall Ton Henri ab Heers') bei
welcher einen Hund in Montpellier sah, dem mit einem Rasir-
messer ein mehr als 2 Finger tiefer Einschnitt in die Herzspitze
gemacht war, darauf zu seinem Herrn zurücklief, als ob ihm
nichts passirt sei. Auch berichtet Glandorp^i dass Sancto-
rius einem Kaninchen (Hund nach S6nac) ein spitzes Instru-
ment in das Herz gestossen habe, worauf es noch mehrere Mo-
nate gelebt hat. Derartige Versuche müssen zu Zeiten Sönac's')
häufiger gewesen sein, da dieser den allgemeinen Satz aufstellt,
dass der einzige Reiz, welcher beim Einstecken einer Nadel in
das Herz der Thiere stattfinde, convulsivische und häufigere Be-
wegungen des Herzens seien. Es ist nicht unwahrscheinlich,
dass S6nac's Beobachtungen bei blossgelegtem Herzen stattge-
funden haben.
Genauer werden die Beobachtungen im Anfange dieses Jahr-
hunderts. Bretonneau*) (1818) steckte bei jungen Hunden
eine Nadel in allen Richtungen durch das Herz hindurch, ohne
dass die Thiere den geringsten Schmerz laut werden Hessen, oder
dass sonstige Ereignisse eintraten. Nur bei einer gewissen Grösse
der Nade> drang Blut aus, und fand sich einmal ein kleiner £r-
guss in's i^ericardium. Dieselben Resultate erhielt, bei gleichen
Versuchen, Velpeau*^), welcher an der Ecole pratique im Jahre
1822, bei einem mittelgrossen Hunde, das Herz zu 4 verschie-
denen Malen mit einer 6" langen Nadel ganz durchstach; das
Thier war nach 6 Monaten noch ganz wohl. Larrey*) consta-
iTobft. med. Lib. I. Obs. 11. 1686.
*) Opera omnia specnl. chirarg. p. 66. London. 1720.
«) Trait4 de la strncture da coeur etc. T, II. 1749. p. 367.
4) Haime, Notice enr racnpnnctnre Jonrn univereel des sciences
m^d. T. XIII. p. 85. Paris. 1819.
5) Traitö d*anatomie. T. I. p. 604. 2. ^d. Paris. 1833.
«) Clinique chirurgicale. T. II. Paris. 1829. p. 284 u. folg.
Deber die Wanden des Herzens nnd des Herzbeutels. 595
tirte ebenfalls die ÜDempfindlichkeit bei Thieren, dabei aber mehr
oder weniger heftige Coatractionen an den Stichen nnd verstärkten
Herzschlag. Wenn z. B. die Spitze des linken Ventrikels ange-
schnitten, und sofort der Finger eingeführt wurde, mit der Vor-
sicht, dass das Blut nicht entwischte, so war er stark zusammen-
gezogen. Eine ähnliche Contraction fand statt, Wenn die Wände
der Ventrikel durchbohrt wurden. '
Eine grössere, ausftthrlichere Arbeit lieferte Prof. K. G Jung^),
welcher seine Versuche mit einer eisernen (auch silbernen), an
einem Ende platten, zweischneidigen,^ fast 1''' breiten, 4'Mangen
Nadel anstellte. Er experimentirte nur an den Ventrikeln, und
steckte die Nadeln an der Stelle der deutlichsten Pulsationen ein.
Was getrofifen wurde, war aus den folgenden Erscheinungen nicht
zu erkennen; es ergab sich jedoch bei den Sectionen, dass beim
tiefen Einsenken der Nadel beide Herzkammern getroffen waren.
Bei 16 Versuchen am Hunde, Fuchs, Ziegenbock, Kaninchen,
Eule fand sich, dass sämmtliche Thiere die Acupunctur des Her-
zens Tertrugen, selbst ohne bleibenden Nachtheil, wenn sie zu
verschiedenen Zeiten mehrfach wiederholt wurde. Bei einem
Hunde und Kaninchen fanden sich an der frischen Herzwunde
ein kleines Blutcoagulum, bei den später getödteten Hunden
und dem Fuchse deutliche Herznarben. Die ferneren Resultate
waren: 1) das Herz besitzt keinen hohen Grad organischer Wirk-
samkeit, und namentlich ist, wie schon Ferrus bemerkt, sein
sympathischer Einfluss viel beschränkter, als man bisher glaubte;
2) leichtere Grade von Verwundung der Ventrikel mit schnei-
denden Instrumenten sind durchaus nicht immer absolut tödt-
lich; 3) die Verletzungen, wie sie in den Versuchen vorgenom-
men waren, sind schmerzlos, und unterscheidet sich hierin das
Herz, als organischer Muskel, auffallend von dem animalen Mus-
kelgewebe; 4) das Herz entzündet sich weit weniger leicht, als
^ Beobacbt. Aber die Yervundbarkeit des Herzens bei Thieren. Ber.
Ober die Verh. d. natnrf. Ges. in Basel. 1835—1836. S. 14. Schweiz. Zeit-
schrift. Bd. IL nft. 2. 1841.
596 I>r. Georg Fischer,
andere Organe, darcb mechanische Reise, und besitzt demnich
ofienbar bei Weitem weniger Empfindlichkeit, als manche andere,
tum organischen Leben gehörige Theile, wie z. B. die Leber.
Nie wurden dentliche Spuren von Entzündung am Herzen, nie
Verwachsung des Herzens mit dem Herzbeutel gefunden; 5) d^
Einbringen einer Nadel in das Herz bewirkt Verminderung der
Pulsschl&ge.
Die Physiologie ist reich an Versuchen mittelst der Aenpnne-
tur, und soll aus der grossen Reihe derselben nnr hervorgehoben
werden, dass Garlisle^) (Dublin) die Herzbewegungen nur we-
nig beeinträchtigt fand, Anfangs leichte Palpitationen bemerkte,
die sich indess bald wieder Terloren. Dasselbe unbetr&chüicbe
Zunehmen der Zahl der Herzschläge fand R. Wagner*), sogleieh
nach dem Einsenken der Nadel, und ein baldiges Zur&ckgehen
auf die Norm; Schiff) dagegen will durchaus keine Störungen
im Rhythmus des Herzens bei jungen Sängethieren beobachtet ha-
ben. — Die Schmerzlosigkeit ist durch Virchow^) wiedemis
bestätigt, welcher lange Sonden von den Halsvenen in die Hen-
Höhlen einführte, die innere Herzoberfläche in hohem Grade
mechanisch reizte, und dabei fand, dass die Thiere keine Schmer-
zen&äusserungen von sich gaben, auch reflectorisch keine aufOd-
ligen Aenderungen in den rhythmischen Herzbewegungen hervor-
gebracht wurden. Pathologisch-anatomisch sind die Versuche von
Gärard') und Tour des interessant, welche bei Kaninchen Na-
deln von 1,2 Millim. Dicke an der Spitze in Kammern und Vor-
kammern einsenkten, und fanden, dass die Herzwunden, sowie
eine Wunde der Art. pulmon., durch Blutcoagula verstopft wa-
ren, und im Pericardium Blutergusse, wahrscheinlich in Folge
der Arter Jen Verletzung, sich vorfanden. Die Verletzungen blie*
1) Bei Lee B, Dublin Journ. IL 1837.
2) Funke, Lehrb. der Physiologie. 1855. IL 1001.
3) Union möd. 1850. p. 488.
4) Friedreich, Krankh. des Herzens. 1861. S. 409.
') Kssai snr la löthaiitä des plaies pen^ir. du coenr. These. Stras*
bourg. p. 18, 14. 1868.
Ueber die Wanden des Henena und des Herzbeutels. 597
ben ohne nachtheilige Folgen, und erfolgte der Tod im 2. Jahre
durch einen Pleuraerguss. Entzundungsproducte an den Stich-
wunden bei Hunden, in Form von runden, platten, graulichen
Auflagerungen, glaubt Faure^), mit grösserer Wahrscheinlichkeit
nachgewiesen zu haben.
2. Pathologische Beobachtnngen.
a) Wunden.
unter den Schusswunden des Herzens ist eine der in-
teressantesten alteren Beobachtungen, welche die geringe Reac-
tion von Herzverletzungen bei Thieren beweist, die von Lucas
Schröck*):
Die KnrffirBtin Dorothea von Brandenbarg schoss 1686 einen grossen
Hirsch in einer fintfernnng Ton ca. 100 Schritt in die linke Seite. Derselbe
lief noch 3-400 Schritt, langsam schwankend, den linken Vorderfass nach-
ziehend, nnd stark bietend, fort, worauf ein Jäger ihm auf 80 Schritt eine
Kugel in das Hinterhaapt schoss. Als der Hirsch noch nicht stQrzte, ging
er noch 6 Schritt näher, nnd sandte ihm eine 3. Kngel neben dem linken
Ohre in den Kopf, worauf der Hirsch wie todt amfiel und bewegungslos
liegen blieb. Er blieb i stunden lang wie todt liegen. Als er dann auf
den Bauch gewendet, der Kopf auf einen Wagen gelegt nnd an den Hörnern
hinanfgehoben werden sollte, richtete er sich auf, entriss sich, und entfloh
mit grosser Schnelligkeit. Die Hunde erreiched ihn nach 3—4000 Schritt,
stellen ihn, worauf er eine Kugel hinten in den Rücken erhält, niederge-
worfen wird und stirbt Die Kurffirstlichen Aerzte fanden, dass der erste
Schnss in die linke Brasthöhle von hinten durch den rechten Ventrikel ge-
drungen war, den linken Ventrikel gestreift hatte, nnd yome unter dem
rechten Herzohre wieder ausgetreten war. Man konnte in die Herzwunde
bequem einen Finger einfahren; das Herzfleisch war an beiden Seiten der
Wunden sehr gequetscht und zerrissen.
Andere Schusswunden werden yon Th. Bartholin') er-
wähnt, wo ein Hirsch von Friedrich III., Könige von Dänemark,
geschossen, noch 50 Schritt fortlief, ehe er todt umfiel. Beide
Ventrikel, mit dem Septum, waren durchschossen, die Wunde
1) Arch. g^n^. 6. S^r. IH. p. 129. Febr. 1864.
3) Ephemer, nai cur. Dec II. ann. V. Norimberg. 1687. obs. 4.; auch
▼on Albinus (Dissert. de cery. u. s. w. Frankfurt 1686.) en&hlt.
') Hist Anatom, rar. Gentur. I. Hist. 77.
598 ^r. Georg Fischer,
3'' gross. Hyrtl') giebt an, dass ein durch's Hers geschosse-
ner Hirsch durch eine Bucht des Eönigssees schwamm. X
Alexandrinus') sah ein Schwein, mit einem Schasse mitten
durch das Herz, noch eine Strecke weit fortlaufen.
Eine Ruptur ist von Führer') bei einem Hunde Jl>eobach-
tet, der einen Fusstritt in die Brustwand bekommen hatte. Ne-
ben ausgedehnten Sugillationen in den Weichtheilen, fand man
im unversehrten Herzbeutel einen ziemlich grossen Blutklumpen,
vorne am linken Ventrikel eine groschengrosse Contusion, in
deren Mitte ein unregelmässiger Riss bestand. Derselbe drang
nur durch die oberen Muskelschichten. Vielleicht hat diese Stelle,
im Momente der Verletzung, der Brustwand gerade angelegen;
da aber nur die oberflächlichen Schichten verletzt waren, so ist
es möglich, dass der Riss im Herzen eine, durch plötzlich
krampfhafte Gontraction bedingte Muskelzerretssung vorstellt,
vielleicht an einer durch die Contusion momentan gelähmten
Stelle. Eine andere Vorstellung über das Entstehen einer Rup-
tur hat Gamgee*), welcher meint, dass im Augenblicke, wo
das Thier getödtet wird, eine Paralyse der Wände und Organe
des Thorax eintritt, so dass das einem schlaffen Sacke zu ver-
gleichende Herz, wenn das Thier hinstürzt, an der schwächsten
Stelle bersten muss. . Er sah Rupturen der Vena azygos bei Thie-
ren,' welche im Schlachtbause zu Ferrara mittelst Dnrchschnei-
dung des Rückgrates getOdtet waren.
Narben im Herzen sind mehrfach bei Hirschen, Hunden
beobachtet*).
b) Fremde Körper im Herzen.
In den meisten Fällen waren es Kugeln, welche bei ver-
1) Topogr. Anatom. I. S. 484. 1857.
9) Boerhave, In der Sammlung anserles. Abb. Leipzig. 1784. II.B<i.
I. S. 433.
8) Handb. der cbir. Anatom. I. Abth. 1857. S. 676.
^) J. S. Gamgee, Researcbes in patholog. anat. and clin. snrgeiy.
London. 1856.
&) MisceU. Cur. decnr. 2. An. 6. p. 166.
Ueber die Wanden des Henens nnd des Herzbeutels. 599
schiedeDen Thieren im Herzen gefunden wurden, und ist die äl-
teste Beobachtung die von J. G. Weber'), welcher eine Kugel
in der Herzwand eines Hirsches eingekapselt fand, desgleichen
von Thomas de Yerga, Caspar Rej^s, Grainger*), wel-
cher letztere bei einem fetten; zur Zeit des Todes völlig gesun-
den Dammhirsche eine Kugel in einer Cyste der Herzwand, circa
2^' von der Spitze, fand. Das Herz war hier fest mit dem Pe-
rieardium yereinigt; die Kugel wog 292 Gran. Aehnlich war es
bei einem in Bradley Park erschossenen Rehbocke'), der ganz
gesund zu sein schien, und eine Kugel in einem Eitersacke der
Herz-Substanz hatte, an welcher Stelle das Pericardium fest
mit den Rippen verwachsen war. Es schien eine Rippe schon
frflher durch einen Schuss verletzt zu sein. Ausser bei Hirschen*^,
wurden noch Kugeln, resp. SchrotkOmer bei einem Schweine von
J. C. Weber*), bei Hunden, welche damit längere Zeit gelebt
hatten, von Jean Lasserre*), Boerhave''), Baudon"), bei
einem Hasen von Otto^) in der Herzgegend eingekapselt ge-
fanden. — Eine Pfeilspitze sah Desiderius Jaconus^^)
im Herzen eines Hirsches, der lange Zeit vorher damit ge-
schossen war. — Nicht selten war das Vorkommen von Na-
deln; so fand Duvernoy'O bei einer Kuh, dass die
mit Rost aberzogene Nadel den rechten Ventrikel durchbohrt
hatte, und an der yerletzten Stelle alte Adhärenzen zwischen
1) Anchora Sauciatonim etc. Uratislaw. 1600. p. 79.
3) Bdinb. Med. Journ. 1. Octob. 1816.
') Lond. med. and phjs. Joaru. Vol. 36. Sept 1817.
«) Ephem. Nat cur. Dec. IIL ann. V. VI. obs. 111.
*) Siehe i).
*) Auch Jean de la Serre bez. Ephem. Nat. cur. Dec. IL ann. VI.
Obs. 77. 1687. p. 166 (mitunter als Fall von DolaeuB aufgeführt).
• 7} Siehe S. 598. Cit. 2.
^) Dissert. sur les plaies pöo^tr. de la poitrine. These. Paris. 1815.
w. 806. p. 16.
*) Hyrtl, Topogr. Anatomie. I. S. 484. 1857.
^^) Auch JacotiuB, Comment. Goao. Hippocr. Lib. I. Seet 3. p. 99.
**) Auch Du Verney; bei J. C. Peyer; Parerga anat. et med. septem.
Oenf. 16§1 c 6.
600 l>r. Georg Fischer,
Herz and Pericardium bestanden. Auch Otto^) fand bei einer
Kuh eine Stopfnadel in der Höhle des linken Ventrikels, ivelche
durch die vordere Wand der Speiseröhre nnd das Pericardinm
dorthin gelangt war. Ausser einem dritten Falle bei einer Kuh*),
beschreibt Albers') einen solchetf bei einer Kuh, der zar ge*
gerichts&rstlichen Untersuchung kam, wobei eine Sfeeckiiadel im
linken Ventrikel gefiinden wurde. Es waren Athmangsbesdiwer-
den, schnelle Ermfidung, Unlust zum Fressen, Abmagerung beob-
achtet, und der Tod w&hrend des Kalbens, das ftbrigens leicht
Yor sich ging, erfolgt Mitunter werden gar keine besooderea
Zufälle w&hrend des Lebens, bei fremden KSrpern im Heraen,
beobachtet, dagegen das Herz hftnfig partiell hypertrophisch ge-
funden. Ausser bei Kühen, Ochsen (Hall er ^), einem Schafe'),
sah Neurohr') eine kleine Stecknadel im Herzen eines ^ Jahre
alten Hahnes, der frisch und gesund war, als er geschlachtet
wurde. — Einen Nagel fanden Wepfer und Blasius^) im
Herzen eines Pferdes. — Das spitze, kleinfingerlange Ende eines
Stockes durchbohrte, wie F. Plater') in Basel sah, das Hen
eines Schweines, welches vor 6 Monaten damit von Schwein^ir-
ten geschlagen war. — Interessant ist die Beobachtung von
de Castelnau und Ducrest'): Einem starken Hunde wurde,
nachdem ihm 4 Tage zuvor 7 Gramm. Eiter in die rechte Vena
saphena eingeführt war, worauf er sehr schwach wurde, ein
Holzcylinder von 4 Gtm. L&nge und 3 Millim. Dicke in die
linke Vena saph. eingeschoben, und durch ein langes Stilet hoch
1} Seltene Beob. zor Anatomie, Phys., Pathol. gehörig. L Hft. lSi6.
2) Bphem. Nat cur. Gent. IX. X. p. 462.
>) Albers, Claras und Radius, Beiträge zur prakt. Heilknsde.
Bd. 8. Hft. Leipzig. 1834.
*) Biblioth.'ehir. Vol. IL p. 878.
6) M^moires de Tacad^mie de Dijoo. I. p. 107.
<} Henke*B Zeitschr. Ar StA.K. 1825. 3. Hft S. 183.
7) Epbem. ^ski. cur. Dec. H. aon. X. obs. 171. p. 313.
8) Henri ab Heers, Obs. med. Lib. I. obs. 2.
*) M^moires de Tacad. de m^dec. T. XII. p. 69. 72.
Ueber die Wonden des Henens und des Henbeoteb. 601
hinauf geleitet Das Thier wurde bald krioker, der Pols rapid,
Oedem am Fnsse trat ein, grosse Mattigkeit, Tod nach 2 Tagen.
Man fimd ein 1 Ctm. langes Ende des Gylinders, die vordere
Wand des rechten Ventrikels durchbohrend, grOsstentheils noch
im Ventrikel, von einem Pfropf umringt, der jenen ansf&llte.
Das Pericardinm war durch yiel coagnlirtes Blut ausgedehnt, die
Vena cav. inf. leicht geftrbt durch Blutmaceration.
Resumiren wir kurs die aus den Beobachtungen an Thie«
ren gewonnene;! Resultate, so steht vor Allem fest, dass Ver-
letzungen mit feinen Nadeln, selbst wenn dieselben die Kammern
oder Vorkammern penetriren^ und wiederholt angestellt werden,
in der Regel von den Thieren gut vertragen werden, und die-
selben noch lange Zeit nachher gut leben kOnnen; keinenfalls
sind sie absolut tödtlich. Die Wunden werden durch Blutcoagula
verstopft, eine etwas st&rkere Blutung kommt nur bei Verletsun-
gen mit dickeren Nadeln, oder bei gleichzeitiger Verwundung
eines grosseren Herzgeflteses vor, und fand dieselbe immer in
das Pericardinm und die Pleura statt. Entzftndungsproducte an
den Stichwunden sind wahrscheinlich, jedoch nicht absolut sicher-
gestellt. Diese Verletzungen sind schmerzlos, mag der Reiz das
Horz von aussen oder innen treffen. Der Herzschlag wird nicht
wesentlich alterirt, und wenn im Anfange eine geringe Zunahme
der Frequenz, welche durch die Verwundung der Weichtheile und
die Angst der Thiere bedingt sein mag, beobachtet ist, so kehrte
dieselbe alsbald zur Norm zurfick. Schnittwunden der Herzspitze
überlebten die Thiere gut unter den häufiger vorkommenden
Schusswunden wurden selbst Verletzungen beider Ventrikel nicht
sofort tOdtlich; die Thiere liefen eine Strecke weit und schwam-
men fort. Selbst bei einer Wunde des rechten Ventrikels, mit
nachfolgender Blutung und noch 2 nachtrikglich erfolgten Scbfissen
in den Kopf, bestand das Leben fort; es trat eine Syncope von
% Stunden ein, worauf der Hirsch noch 4000 Schritte weiter lie^
und dann nach einer vierten Kugel starb. Es ist anzunehmen,
dass in Folge der % standigen Syncope, welche durch die
Blutung und die Kopfwunden begünstigt war, die ziemlich
602 I^r* Georg Fischer,
grosse Wunde durch einen Pfropf Terstopft wurde, der in der
langen Zeit sich fester organisiren- konnte, so dass es nachher
dem Thiere noch möglich war, eine so grosse Strecke zu durch-
laufen. — Verheilungen Ton Herzwunden sind beobachtet -
Rupturen sind entweder penetrirend, oder, indem nur die oberen
Schichteli zerrissen sind, nicht penetrirend; in beiden Fällen öft-
ren sie tödtlich. ^ Fremde KOrper im Herzen, welche unter
den Verletzungen bei Thieren am häufigsten als Complicatioo
gefunden sind, drangen entweder von aussen oder von der Speise^
röhre ein, und sind in letzterem Falle mit dem Fressen ver-
schluckt. Dieselben zeigten in der Regel keine b^sonderea
Symptome, und wurden ohne Nachtheil im Herzen ertragen. Es
fanden sich Kugeln, theils frei in den Herzhöhlen, theils in der
Herzwand eingekapselt, wobei die ursprüngliche Wundstelle des
sonst gesunden Herzens mit dem Herzbeutel fest adhärirte, theils
in einem Eitersacke der Herzsubstanz. Ebenso wie Kugeln, wur-
den auch Nadeln, Pfeilspitzen, ein Stockende lange Zeit schadlos
im Herzen getragen. Von einer Vena saphena aus wurde ein
Holzcylinder mit dem Blute in den rechten Ventrikel geschwemmt
Aus diesen Thatsachen geht für die Lehre von den Herzwim-
den bei Menschen hervor, dass im Allgemeinen a priori die Heil-
barkeit derselben nicht zu bezweifelnjst, ja wesentlich muterst&tzi
wird, selbst wenn man zugeben muss, dass die Reaction auf Ver-
letzungen bei Thieren eine geringere ist Einzelne von der Na-
tur vorgezeichnete Wege, wie sie bei Thieren im Verlaufe der
Verletzung beobachtet sind, werden wir als dieselben Vorgänge
später wieder antreffen, und darin Stützen für den Verlauf, Pro-
gnose und Therapie gewinnen.
Wanden des Herzens nnd des Herzbeatels.
Nach Analogie der penetrirenden Brustwunden thetlt man
die Herzwunden am natürlichsten nach ihrer Entstehung in fol-
gende Gruppen : 1) reine Stichwunden, 2) Schnittwunden, 3) Schuss-
vmnden^ 4) Quetschwunden und Rupturen. Diesen verschiedeneo
üeber die Wunden des Herzens and des Herzbeutels. 603
Gruppen ist die Complication mit fremden EOrpern anzureiben^
In zweiter Linie steht der Unterschied der Tiefe der Wunde, wo-
bei es sich darum handelt, ob die Verletzung auf die Herzwand
beschränkt bleibt, oder in die Herzhöhle eindringt. Damach sind
penetrirende ^on nicht penetrirenden Wunden zu trennen. Diese
Eintheilung ist nicht so unrichtig, wie Alfr. Poland*) meint, der
ihr nur einen genügen Werth beilegt, da beide Gruppen von Ver-
letzungen tödten. Es müssen besonders für die Prognose neue
Gruppen nach dem Sitze der Herzwnnde gebildet werden, so dass
Wunden der einzelnen Ventrikel, VorhOfe u. s. w. von einander
zu trennen sind. Der Ausgang der Verletzung wird tödtlicbe
F&lle und Heilungen unterscheiden. Von diesem combinirten Ge-
sichtspunkte aus ist die Casuistik angelegt. Wenn Schalle den
Ausgang der Verletzung allein zur Eintheilung benutzt, und unter
seine 4 Abtheilungen Stich- und Schusswunden, Verletzungen des
rechten Ventrikels und linken Vorhofes u. s. w. durcheinander
wirft, so ist, wie er selbst zugesteht, diese Gruppirung durchaus
ungenügend, zugleich auch unpraktisch.
Die Verletzungen des Herzbeutels sind bei den gleich-
artigen Herzwunden abgehandelt, und die Wunden der grossen
Geiässe nur dann berücksichtigt, wenn sie innerhalb des Herz-
beutels mit diesem zugleich verletzt, gleichsam als Complicationen
der Herzbeutelwunden aufzufassen sind.
Bevor die Verletzungen der Stich-, Schnitt-, Schusswunden
u. 8. w. anatomisch zergliedert werden, soll die Statistik der Herz-
wunden, insoweit sie sich auf die pathologische Anatomie bezieht,
näher geprüft werden.
Statistik.
Die Herzwunden sind relativ seltene Verletzungen; so ist
2. 6. London mit seinen 2 Millionen Einwohnern, wie Guthrie
1848 behauptet, fast frei von Herzwunden geblieben. Auch giebt
es keinen Chirurgen, der eine grössere Anzahl von F&llen aus
•) Holmes, System of aurgery. 1861. II. p. 876.
t. LaBff«Bb«»k't ArehlT f&r Clilnirsl«. IX. 39
604 Dr. Georg Fischer,
eigener Anschauung kennt Eb haben Dupuytren, welcher
die meisten Fälle von Anfang an beobachtet hat, nur 11, Larrey
7 Wunden, Gasper 17 Sectionsberichte aufgezeichnet Der Aato-
ritätenglaube tritt somit in den Hintergrund, und nur aus einer
möglichst grossen Zahl von Beobachtungen lassen sich allgemeine
Schlüsse ziehen. Von den Herzwunden gehören die meisten Fälle
der Civilchirurgie an, wo sie auf Mord, Selbstmord, Duelle in der
Regel zurückzuführen sind, weit seltener der Eriegschirurgie; es
sind u. A. die Fälle von Larrey alle in Paris beobachtet, wäh-
rend er in seinen militärischen Gampagnes et voyages nicht einen
Fall aufzuweisen hat Da Stichduelle, bei denen die Brustwane
der Zielpunkt war, in der Keuzeit seltener geworden sind, und
die häufigeren Einzelkämpfe in früheren Eriegen gegen die Schnss-
Verletzungen bei jetziger Eriegfuhrung weit zurückstehen, so sind
im Ganzen früher mehr Herzwunden zur Beobachtung gekommen,
als jetzt, zumal die rasch tödtenden Schusswunden im Kriege sel-
tener zur Section kommen. Einen üeberblick über die Selten-
heit der im Eriege zur Beobachtung kommenden Herzwunden
erhält man aus der Statistik der amerikanischen Bürgerkriege^,
wo auf 87,822 Verwundete (darunter 7062 Schusswanden des
Thorax, mit 4759 Wunden der Thoraxwand und 2303 penetriren-
den Brustverletzungen) nur 4 Schusswunden des Herzens kamen.
Die vorliegende Arbeit stützt sich auf 452 Fälle, worunter
401 Herz- und 51 Herzbeutelwunden sind. Bei einem
Vergleich mit der Statistik anderer Autoren stellt sich von vorne-
herein heraus, dass aus kleinen Statistiken mitunter total falsche
Schlüsse gezogen sind. So sei vorab npr ein Beispiel erwähnt:
Schalle citirt unter 73 Herzwunden 30 Wunden des rechten
Ventrikels, von denen 18 starben und 12 heilten (!), femer 12
Eugelwunden, von denen 5 starben und 7 heilten (I); von 67
Wunden, bei denen der Ausgang . angegeben ist, heilten 26. Soll
*) Reports on the extent and natore of the materials avaüable for
the preparation of a medical and snrgical history of the rebellion. Circa-
lar 6. War departement Snrgeou generals office. Washington, 1. Korbr.
1865. Philadelphia. 1865.
Deber die Wunden des Herzens and des Henbentels. 605
aas diesen Zahlen ein Schlnss über die Häafigkeit der Heilungen
gezogen werden, so würde, wie später nachgewiesen wird, eine
durchaus verkehrte Anschauung daraus gewonnen werden. ^
Folgende Statistik repräsentirt das Verh<niss der Wanden
unter den einzelnen Herzabschnitten:
1855.
1834. 1864. 1857.
1866.
1
Gtatlcr. Pirple.
OUirier. SehiQi. Juuii*}.
EuMtti**).
penetr.
45
M
pCt
Rechter Ventrikel
. 3 21
29 30 43
128
27,2
Linker Ventrikel
. 5 12
12 18 28
82
101
22,1
Beide Ventrikel .
. 2 2
9 5 9
12
26
57
Rechter Vorhof .
. - 2
3 3 8
18
28
62
Linker Vorhof • .
. 1 -
1 1 2
4
IS
28
Spitze and Basis
, — —
7 •. 7
—
19*«
'•)]
♦•♦) (Spitie 16, Spitj
Ben. Basis 1, Basis 2.)
Septnm ventr. . .
. - 2
— 2 2
—
7
1,6
Unbestimmt . . .
• — —
3 6 4
6
67
Herzbeutel
. — —
- 8 -
—
61
11,8
fr.
Körper 2
Herzohr
beide Herzohren 1
u. linker Ventr* 1
ganzes Herz 1
16
8,5
Art. coronar. 2
3
unterer Theil 1
keine Indication 12
rechtes Herz 2
4
linkes Herz 1
5
nicht penetr. 17
unsicher 12
Heilnngen 9
Snmma. . . 11 41 64 73 121 153 452
Aus meiner Statistik geht hervor, dass die Verletzungen,
welche an allen Herzabschnitten vorkommen können, an Häufig-
keit in folgender Weise auf einander folgen: Wunden des rech-
ten Ventrikels, des linken Ventrikels, des Herzbeutels ohne Herz-
verletzung, des rechten Vorhofes, beider Ventrikel, des ganzen
Herzens, des linken Vorhofes und des Sept. ventr., die übrigen
Angaben sind nicht genau genug. Am grössten ist der Ab-
stand zwischen den Wunden der Ventrikel und den übrigen Ab-
schnitten, während der unterschied zwischen denen des rechten
*) Von den 121 Fällen sind Fall 28 und 45 als Yerletzangen bei Thie-
ren abzurechnen, so dass nnr 119 Fälle bleiben. >
**) Im Ganzen sind 159 Fälle aufgeführt; darunter sind 11 spontane
Rupturen, 3 Mal ist derselbe Fall doppelt aufgezählt, so dass nur 145 Fälle
bleiben.
39*
606 !>'• Georg Fischer,
und linken Ventrikels durchans nicht sehr hervorstechend ist
Hierin liegt eine Abweichung von den übrigen Statistiken, in
welchen der linke Ventrikel weit mehr zurücktrat, ja, seine Ver-
letzung für sehr selten angesehen wurde (Jobert). Man machte
für den rechten Ventrikel die grosse Oberfläche geltend, welche
derselbe der vorderen Brustwand zukehrte, während vom linken
nur sehr wenig vorne am Herzen erscheint, derselbe fast gani
vom rechten Ventrikel bedeckt ist. Dieser theilweise richtigen
Vorstellung ist hauptsächlich durch die anatomischen Abbildungen
Eingang verschafft, in deney vom linken Ventrikel nur ein
schmaler Streifen aufgezeichnet ist, allein man berücksichtigte
dabei nicht, dass bei der Systole des Herzens, in Folge der
Achsendrehung, ein ungleich grösserer Abschnitt des linken Ven*
trikels der vorderen Brustwand gegenüber liegt. Nur so lisst
sich erklären, dass die Wunden des rechten und linken Ventri-
kels an Häufigkeit durchaus nicht sehr difieriren. — Dass die
alleinigen Verletzungen des Herzbeutels denen des Herzens sehr
nachstehen, beruht darauf, dass die einwirkende Gewalt in der
Kegel so gross ist, dass die nahe anliegende Herzwand mit ge-
troffen wird. — Auf diese Wunden folgen die der Vorhöfe, welche
mit ihren in geringerem Grade ausgedehnten Höhlen versteck-
ter liegen. Der rechte Vorhof, dessen Verletzung derjenigen
beider Ventrikel ziemlich gleichkommt, liegt fast ganz hinter dem
Sternum, ist daher nur für schiefe Wunden zugänglich, und wird
mithin viel seltener, als ein Ventrikel getroifen. Noch seltener
wird der linke Vorhof verletzt, da er sehr tief liegt, so dass nur
selten ein Instrument ihn erreicht. -^ Die ausserordentlich ge-
ringe Oberfläche, welche das Sept. ventr. bietet, erklärt die grosse
Seltenheit dieser Wunde, ohne dass gleichzeitig eine Herzhöhle
geöflhet wird.
Vergleicht man die Summe der Ventrikelwunden mit denen
der Vorhöfe, so überwiegen erstere um das Sechsfache:
GOn- Parple. Olli- Schalle. Ja- Zan- Verf.
ther.
vier.
main.
nettl
Ventrikel
. . 10
87
60
55
83
89
357
Vorhöfe .
1
2
4
4
11
17
31
Ueber die Wanden des Herzens und des Herzbeutels. 607
und nicht um das 10— ISfache, wie ans den kleineren Statistiken
hervorgeht. Die wenigen Fälle, wo ein Ventrikel und Yorhof
gleichzeitig verletzt waren, sind zu ersteren gezählt.
Bei einer Prüfung der rechten und linken Herzabschnitte
Gfln- Purple. Olli- Schalle. Ja- Zan- Verf.
ther. Tier. main. netti.
Rechts . . 8 23 32 33 51 60 155
Links ... 6 12 13 19 31 37 119
stellt sich bei der erwähnten grosseren Häufigkeit der Wunden
des linken Ventrikels heraus, dass die Verletzungen der rechten
Seite nicht in dem Grade überwiegen, wie früher angenommen
ist: 1,3 : 1 (früher 2, 1,7 : 1 u. 8. w.).
Unter den 51 Verletzungen des Herzbeutels sind 38 alleinige
Wunden desselben und 13, welche mit Wunden der grossen Ge-
fässe innerhalb desselben complicirt sind.
Je nachdem die Verletzungen in die Herzhöhlen penetriren,
oder nicht, vertheilen sich dieselben, ohne Berücksichtigung der
Heilungen, in folgender Weise: Auf 351 Wunden kommen 319 pe-
netrirende und 34 nicht penetrirende Wunden.
Penetr. Nicht penetr. Summa.
Rechter Ventrikel ... 98 9 (8,4 pGi) 107
Linker Ventrikel .... 88 7 (6,3 pGt) 95
Beide Ventrikel .... 24 — 24
Rechter Vorhof 28 — 28
Linker Vorho^ 13 — 13
Spitze 5 . 1 12
Basis ....—' 1 1
Septnm rentr 3 3 6
Ganzes Herz 15 — 15
Linkes Herz 5 — 5
Rechtes Herz 8 — 3
Art coron 1 — 1
Art. palmon. ..*••. — 1 1
unbestimmt 36 4 40
319 (91 pCt) 82 (9 pCt.) 351
Alleweireldt*) . . 29 9 58
Ollitier 58 6 64
Zannetti 115 17 144
*) Alleweireldt zählt unter seinen 58 F&llen 4 penetrirende (Fälle
33-36), und 8 nicht penetrirende (46—53) Wunden bei Thieren auf, so dass
nur 46 Fälle bei Menschen fibrig bleiben. Zieht man obige 38 Fälle davon
ab, so bleiben noch 3 Gontusionen, 4 Heilungen, 1 Wupde beider Ventrikel
fibrig.
608 ^r- Georg Fischer,
Es f&llt die um das lOfache geringere Anzahl von nicht
penetrirenden Wunden auf, und beruht dieselbe auch hier darauf^
dass in der Regel die Gewalt, mit welcher das Instrument ein-
gestossen wird, so gross ist, dass die Herzwand durchbohrt wird.
Die Wunden des Septum ventr. sind als solche stets nicht pene-
trirend, und wenn S Fälle unter den penetrirenden aufgezeichnet
sind, so waren dieses Rupturen, wodurch beide Ventrikel mit
einander in Verbindung traten. Die Herzspitze hat eine grössere
Anzahl von nicht penetrirenden Wunden aufzuweisen, obwohl die
Husculatur hier dünner ist, als an der Basis und in der Mitte
der Herzens; allein da ein Instrument häufiger quer zur Längs-
axe des Herzens auftrifflt, so wird es an der Spitze ein- und aus-
dringen können, ohne einen der Ventrikel zu eröffnen, etwas
höher hinauf kann vielleicht ein Ventrikel schon federdick ge-
öffnet werden (F. 155). Am linken Ventrikel sind die nicht
penetrirenden Wunden seltener, als am rechten, und zwar unge-
fähr in demselben Verhältniss, wie beide Verletzungen an Häufig-
keit überhaupt differiren; bei der grösseren Dicke der Herzwand
am linken Ventrikel sollte man ein anderes Verhältniss erwar-
ten. An den Vorhöfen können diese Wunden; bei der ausser-
ordentlich geringen Dicke ihrer Wände, nicht vorkommen.
Es sind die Wunden nach ihrer verschiedenen Entstehung
zu sondern, und erhalten wir an:
Stichwunden 44
Stich - Schnittwunden 260
Schnsswnnden 72
Qaetschwnndenn. Ruptnren 76
452
Dieselben vertheilen sich in folgender Weise:
Stich. Stich - Schnitt.
Rechter Ventrikel 10 85
Linker Ventrikel 14 59
Beide Ventrikel . 4 16
Rechter Vorhof . 3 11
Linker Vorhof . — 5
Spitee — 12
Basis . , 1 1
Septnm ventr. . 1 2
Ganzes Herz . . — 2
Latus ... 83 155 53 54 i 888"
hUBB.
Rnptnren.
Snmma
22
6
123
16
12
101
4
2
26
2
12
28
1
7
13
1
8
16
1
—
3
1
3
7
5
9
16
Deber die ^fanden des Henens nod des Herzbeateis.
609
Stick
Transport ... 33
Rechtes Her« . . —
Linkes Henß, . . —
Art. coronar. . . 1
Unbestimmt ... 6
Herzbeutel ... 4
Stich -SchniU.
193
3
1
1
31
31
SchuBS.
53
1
4
7
7
Rupturen.
54
13
9
Snmma.
333
4
5
2
57
51
44
260
72
76
452
Eine weitere Gruppirung fahU; zu folgenden üebersichten:
S 1
b i c h.
1
St
ich -
Seh]
aitt
Penetr. |
Nicht
Heiig. 1
Heiig.
r
«ssj'
penetr.
t
QQ
1
Penetr.
Nicht
penetr.
fremde
Körp.
Sect.
Sympt
Rechter Ventrikel
3
1
— 4
2
_
72
2
2
5 4
Linker Ventrikel
6
3
1 —
4
—
53
4
~~
1 1
Beide Ventrikel
2
2
— —
—
—
14
—
. 2 - •
Rechter Vorhof .
2
1
— —
—
—
10
—
1
— . —
Linker Vorhof. .
—
—
— —
—
—
5
—
—
— —
Septum Tentr. .
—
—
— —
1
—
—
2
—
— —
Spitze
—
—
— —
—
—
1
7
—
3 1
Basis
—
—
— 1
—
—
—
—
—
1 —
Ganzes Herz . .
.-.
—
— —
— .
—
—
—
2
— —
Linkes Herz . . .
—
—
— —
—
—
1
—
—
— —
Rechtes Herz . .
—
—
— — .
—
—
3
—
—
— —
Art. coronar. . .
1
—
— —
—
—
—
—
—
1 —
Unbestimmt . . .
2
1
_ —
1
2
17
3
—
6 5
Herzbeutel. . . .
—
2
- 2
—
—
15
—
3
2 11
16
10
1 7
8
2
191
18
8
21 22
44
260
Rechter Ventrikel
Linker Ventrikel
Beide Ventrikel
Rechter Vorhof .
Linker Vorhof .
Septum ventr. .
Spitze und Basis
Ganzes Herz . .
Linkes Herz . . .
Rechtes Herz . .
unbestimmt . . .
Herzbeutel . . . .
S c h u B s.
14 1
13 2
4 —
2 -
1 —
5 —
4 -
6 -
2 —
53 3
1 1
— 1
— 1
1 3
5 —
- 1
— 1
l 4
6 6
Quetschwunden
und Rupturen.
5
11
2
12
7
4)3
'8
10
5
66
1(?)
— 1
1 1
— 4
76
610 I>r. Georg Fischer,
Diesen Tabellen ist nur wenig hinzuzufügen; hervorzuheben
ist die bedeutend grossere Anzahl der Stich- und Schnittwunden,
allen übrigen Verletzungen gegenüber, die ziemlich gleiche Haa-
figkeit von Schusswunden und Rupturen, während die reinen
Stichwunden die geringste Anzahl bieten. Es sei sogleich anf-
merksam gemacht auf die grosse Zahl der Heilungen. — Stich-
wunden. Das häufigere Vorkommen derselben am linken Yen«
trikel, im Vergleich zum rechten, ist ein Zufall, aber wiedemn
ein Beweis, dass im Ganzen die Wunden dieses Abschnittes nicht
zurückstehen, wie früher geglaubt ist. Auf 44 Wunden kommen
26 penetrirende, 8 nicht penetrirende, 10 Heilungen (4 Wunden
des Herzbeutels.) — Stich -Schnittwunden. Da sie die
Hauptmasse bilden, so stehen die Verletzungen der einzehien
Herzabschnitte in demselben Verh<niss, wie in der Hauptstati-
stik. Unter 260 Wunden waren 191 penetrirende, 18 nicht pe-
netrirende, 8 mit fremden Körpern, 43 Heilungen (31 Wunden
des Herzbeutels). — Schusswunden. Unter den 72 Verletzun-
gen sind die meisten sicher genug beschrieben, um Demme's
Ansicht, dass es nur wenige beglaubigte Beobachtungen Ton
Schusswunden gäbe, zu widerlegen. Unter denselben waren 56
penetrirende, 4 nicht penetrirende und 12 Heilungen (7 Wunden
des Herzbeutels, welche meistens durch Streifschüsse zu Stande
kamen). Auch hier ist der Unterschied zwischen Wunden des
rechten und linken Ventrikels nicht gross. — Quetschwunden
und Rupturen. Da einige Autoren die durch Schuss entstan-
denen Zerreissungen hierzu zählen , so müssen, um eine Ve^lei-
chung der Rupturen in specie anstellen zu kOnnen, von meiner
Statistik 6 Schussverletzungen (4 des rechten, 1 des linken
Ventrikels, 1 des ganzen Herzens) hinzugefügt und 3 reine Quet-
schungen des linken Ventrikels abgezogen worden.
Elleanme. Gamgee» Verf.
(aota^ 71 Bapt. 16 tranmAt)
RechterVeotrikel ... 5 8 10 (6+4)
Linker Ventrikel ... 2 8 10 (12+1-3)
Beide Ventrikel . . . _ -. 2
Rechter Vorhof .... 6 4 12
Linker Vorhof . . ■ . 3 7 7
16 22 41
Deber die Wunden des Henens und des Herzbenteh. 611
Eileaame. Gamgee. Verf.
Ventrikel 7 11 22
Vorhöfe .... ■ . 9 11 19
Rechts 11 12 22
Links 5 10 17
Uebereinstimmend mit der allgemeinen Ansicht, sind die
Rupturen der rechten Herzabschnitte (um 13 pGt., nach £11 e-
aume um 37 pGt) häufiger, als die der linken, während die
spontanen Rupturen, wie feststeht, links häufiger sind. — Der
Unterschied zwischen den Rupturen der Ventrikel und VorhOfe
ist gering (um 7 pCt. mehr bei ersteren). — VfTährend bei
jenen beiden Autoren die Rupturen des rechten Ventrikels häu-
figer sind, als die des linken, kommen sie nach meiner Statistik
gleich häufig vor. FQr jene Ansicht hat man mit Recht die
exponirtere Lage und die dünneren V^ände des rechten Ventrikels
hervorgehoben, welche die Ruptur eher begünstigen; dabei dürfte
indess zu berücksichtigen sein, iass der an sich schon 10, 12-
mal höhere Druck des arteriellen Blutes, welcher durch eine
Pression des Thorax, ähnlich wie bei der Exspiration wesentlich
vermehrt vnrd, vorwiegend auf das linke Herz zurückwirkt,
wobei ausserdem noch die sehr viel geringere Dehnbarkeit des
dickwandigen linken Ventrikels zu veranschlagen ist. Damit
stimmen die Experimente von C haussier (s. unten) überein. —
Eine Ruptur beider Ventrikel entstand durch ein Rippenfragment,
sowie eine Eröffnung beider Höhlen durch einen Querriss an der
Herzspitze. Abgesehen hiervon war die Ruptur des rechten Vor-
hofes am häufigsten und die des linken am seltensten. In den
anderen Statistiken ist die Ruptur des linken Ventrikels am sel-
tensten, und wird das häufigere Vorkommen am linken Vorhof
im Vergleich zu jenem durch die dünneren Vorhofs wände erklärt.
Die Höbe der Rupturen ist ziemlich gleich auf Basis, Spitze und
Mitte vertheilt, wie EUeaume bei 28 Fällen herausfand. ,~ unter
den 8 Verletzungen des ganzen Herzens sind 6, bei denen dasselbe
von den Geftssstämmen losgerissen ganz frei lag; zu denen mit
unbestimmter Angabe gehören ausser 8 Rupturen noch 4 Quet-
schungen, darunter eine Compression, Contusion, Commotion und
612
Dr. Georg Fischer,
DislocatioQ. Die Zerreissungen des Pericardium waren meisteos
durch Rippenfracturen yeranlasst, kamen indess auch bei unver-
letztem Skelet vor; es sind unter diese Rubrik auch 3 Fälle von
traumatischer Pericarditis, ein Bluterguss in den Herzbeutel gezählt
Fremde Körper. Eine üebersicht über dieselben wird in
einem besonderen Gapitel geliefert.
Als Gomplicationen sind die gleichzeitigen Verletzungen
von Ventrikeln, Vorhöfen und der Herzabschnitte, überhaupt mit
grösseren Gefässen aufgeführt; über Wunden der Lunge, Bancb-
eingeweide später.
RechterVentrikel f. Linker Ventrikel f.
Rechtes Herzohr
Linkes Herzohr.
Spitze
Stich-
Schiütt
2
Schnss.
2
2
fremde
Körp.
•
1
Stich-
Schnitt
4
2
1
Schuss.
1
1
fremde
Körp.
Rupta-
ren.
1
Septam ventr. .
Art. coronar. . .
Aorta
1
Art. palmon. . .
Vena palmon. .
Aorta, Art. pulm.
Art. mamm. int.
1
1
Rechter Vorhof f. Linker Vorhof f.
Art coronar. . .
Aorta
Art. pnlmonalis.
Vena palmon. . .
Vena cava sap. •
Vena cava inf. .
Art. mamm. iat.
Stich-
Schnitt
1
1
1
Schuss.
1
fremde
Körp.
Rup-
tar.
Stich-
SchniU
Schuss.
fr.
Körp.
Ropt
Linker Ventrikel
Art coronar. .
Vena coronar.
Aorta
Art pulmonalis
Vena cava . . ,
Orosseüerzgefässe
Art mamm. int
Vena mamm. int.
Art. nnd Vena
mamm. int . .
Beide Ventr.*!
Spitze f.
Unbestimmtf,
Stich.
Stich.
Stich. fr.Krp.
2 1
Herzbentel f.
Stich. Rupt.
— 1
4 1
2 -
1 -
1 -
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Deber die Wanden des Herzens nnd des Herzbeutels.
613
Aetiolog i'e.
Die verschiedeDen Arten, durch welche HerzverletznDgen zu
Stande kommen, vertheilen sich in folgender Weise:
I. Stichwunden.
Nadeln .... 28
Sohusterpfriem 4
Stilet ..... 3
Schabeisen . . 2
Feile 2
Eiserner Stift
Fiscbgrftte . .
Zahnstocher .
Bolzsplitter .
Dorn . . . . .
44
II. Stich - Schnittwunden.
Messer 93
(Degen 33
{Schwert 7
(Sabel 3
Bajonett 9
Dolch 9
Lanze 1
Sichel 1
Stich ? 54
Unbestimmt .... 48
(Zähne, Knochen) . 2
260
III. Schnsswunden.
Kugel . . 58
Schrot . . 10
Ladestock 1
Stein ... 1
Nasser . . 1
Holzpflock 1
72
I. Unter den Nadeln finden sich Näh-, Stopf-, Strick-, Haar-
und Stecknadeln. Sehr häufig blieben sie im Herzen zurück, und
selten wurden sie nach der Verletzung wieder zurückgezogen. Mit-
unter waren sie verschluckt, und drangen vom Oesophagus in das
Herz ein, obwohl es Fälle gab, wo es ganz unentschieden blieb,
welchen Weg sie genommen hatten; auch dürfte das Wandern
der Nadeln zu bc^^rücksichtigen sein, so dass erst einige Zeit nach
der äusseren Verletzung das Herz verwundet wird. — Von der
Speiseröhre resp. Magen waren die Fischgräten, der Dorn ein-
gedrungen, während der Weg, den der Zahnstocher genommen
hatte, um in's Herz zu dringen, unbekannt blieb. Der eiserne
Stift, welcher 1" und mehrere Linien lang war, war schon vor
12 Jahren eingeführt, und ragte aus dem Sternum hervor. —
Herz wunden durch Pfeile werden von Albucasem, P. von
Aegina und anderen älteren Schriftstellern im Allgemeinen auf-
geführt.
n. Bei den Messern sind die verschiedensten Arten ver-,
zeichnet: Tisch-, Brod-, Feder-, Taschen-, Einschlag-, Feuerstahl-
Schuster-, Schlächter-, Radirmesser, Scalpell, und variirten die
Länge, Breite, Form und Schärfe der Spitze und Klinge sehr.
Die Grössenverhältnisse im Vergleich zur Wunde werden später
gl4 Dr. Georg Fischer,
berflcksichtigt. Die Yerletznog mit einem Schwert hatte einiu!
das Eigenthfimlichei dass sie vom Oesophagus aus geschah, in-
dem ein Gaukler versuchte, ein Schwert zu verschlingen. De^
gleichen waren die Z&hne mit der Goldplatte von einem Gebis
durch die Speiseröhre in den Herzbeutel gelangt Eigenthfinlid
war es, dass 2 Feinde, welche aufeinander losgingen, sich gegen-
seitig in's Herz trafen.
HL Kugeln und SchrotkOmer, welche durch Flinten nü
Pistolen abgefeuert waren, blieben mitunter im Herzen sitzes.
Ein aussergewöhnliches Schussmaterial waren ein Ladestock
(FaU 368), Holzpflock (F. 315), Steine (F. 336), Waser
(F. 349).
IV. Quetschwunden und Rupturen, unter 76 hieriier-
gehörigen Fällen waren 7 Quetschungen und 69 traumatisch«
Rupturen:
Quetschungen: a) mit offener Wnnde (Holzpfabl 1, Stein 1);
b) traumatische Carditie nnd Pericarditis (darcb eine
Schlag, Sto88, Fall, Hofschlag auf die Bmat 5).
Rnptnren: durch das Hinweggehen eines Wagens fiber den Thorax . H
durch Quetschung zwischen den Rädern zweier Wagen . S
Wagen und Mauer . . . . S
Deichsel nnd Mauer . . • . '
Kammrad, Wasserrad ... 3
Sttfrz aus bedeutender Höhe (Hans, Baum) ... IS
Sturz aus geringer Höhe (Leiter, Waffen, Pferd) . '
Einsturz einer Mauer, Stein, Eisengebälk, schwerer
Ballen, Kornsack .....€
. Hufschlag (3), ^Fnsstritt (1) i
gewaltsames Anschlendern gegen einen Baum . . S
blosse Erschütterung 1
- Fall (?), Schlag S
unbestimmt S
Von Schussverletzungen, welche Rupturen ähnlich, Ton aa-
deren Autoren zu dieser Classe gezählt werden, sind 6 Fille
bekannt, dazu 1 Schrotschuss, durch welchen eine Pericarditi:
entstand.
Die Rupturen, welche, häufig mit Fracturen der Thoraxwaad
und Zerreissungen von Lungen und Baucheingeweiden compliciit
sind, kommen sowohl bei schwachen, als kräftigen Personen vcn
sobald nur die Gewalt hinreichend gross ist Unter 60 Fälle£
kamen 53 bei Erwachsenen, 7 bei Kindern vor; unter ersteres
Deber die Wunden des Herzens and des Henbentels. 615
waren 47 Männerf 6 Frauen. Das Yerh<niss zwischen Männern
und Frauen ist dasselbe, wie bei Elleaume, welcher unter
18 Fällen 16 Männer, 2 Frauen (also 8 : 1) antraf; dagegen
meint dieser Autor, dass die Rupturen bei Kindern häufiger wären,
als bei Erwachsenen, weil sie in ihrer ünerfahrenheit sich den
Gefahren trotziger aussetzen. Meine Statistik widerspricht dieser
Ansicht, und es ist begreiflich, dass Erwachsene männlichen
Geschlechtes am häufigsten jenen Gefahren ausgesetzt sind.
Die quetschenden Gewalten, welche auf den Thorax einwir-
ken, werden häufiger die Lungen, als das Herz trefien, da dieses
bei seiner Beweglichkeit eher ausweichen kann; nichtsdestowe-
niger kann auch dieses entweder durch eingedrückte Knochen-
fragmente, oder ohne Verletzung der Thoraxwand zerrissen. Ist*
die einwirkende Gewalt schwächer, so kommt es möglicher Weise,
jedoch viel seltener, zu einer Carditis, Pericarditis ohne Zer-
reissung. Die Ruptur entsteht entweder direct mechanisch, durch
Knochenfragmente, oder indirect durch Gontrecoup. So wird eine
Ruptur in Folge eines Schusses dadurch zu Stande kommen
können, indem das von Blut ausgedehnte Herz an einer Stelle
plötzlich getrofifen wird, das Blut von hier in die Umgebung aus-
weicht, welche ohnehin schon ausgedehnt eine,grössere Blutmenge
nicht fassen kann, und zerreisst, daher die Raptur dann wohl nicht an
der Stelle des Chocs, sondern an einem entfernten Orte liegt. Bei an-
deren quetschenden Gewalten (Rad über die Brust u.s. w.) kann z. B.
die Aorta comprimirt werden, so dass das bei der Systole des
linken Ventrikels auszutreibende Blut keinen Ausweg hat, in
das Herz zurückstürzt und bei den vermehrten angestrengten
Contractionen ein Riss im linken Ventrikel entsteht Auch lässt
sich annehmen, dass bei einem Druck auf den Thorax das ar-
terielle Blut der Lungen, welche der Gewalt eine grosse Ober-
fläche bieten, rascher durch die Venae pulmonales in den linken
Vorhof getrieben wird; trifit damit die Systole des linken Ven-
trikels zusammen, wobei die Valv. mitr. beide Abschnitte trennt,
so wird der linke Vorhof resp. Herzohr bei dem vermehrten An-
drang zerreissen müssen. Zu jener ersteren Anschauung gelangte
616 Dr. Georg Fischer,
F. Ghaussier*) durch Esperimente an lebenden Thiereo; er
unterband bei einem Hunde die Aorta, und sah fast augenbh'ck-
lieh den linken Ventrikel und das linke Herzohr zerreissen, dans
drückte er auf die Art. pulmon. und fand, dass der rechte Veo-
trikel sich erweiterte, aber nicht zerriss. Auch Davy**) stellte
Experimente, an Leichen an, bei denen er die grossen Geiasse
in der Nähe des Herzens unterband, und in das Herz eine Flüs-
sigkeit einspritzte. Es zeigte sich, dass sowohl von den GefiisseiL
als vom Herzen, eine grosse Widerstandskraft geleistet wurde,
jedoch in verschiedenem Grade bei verschiedenen Fällen. — Es
werden Rupturen bei anscheinend geringfügigen Verletzungen za
Stande kommen, können, wenn das Herzfleisch, wie es im höhe^
jen Alter nicht selten ist, durch Fettentartung verändert ist
Denselben Erfolg wird eine stattgehabte Myocarditis haben, welcbe
Abscesse, panielle Herzaneurysmen, Schwielenbildnng im Ge-
folge haben kann. Der Gerichtsarzt wird diese Verhältnisse
zu berücksichtigen haben.
Ob die Rupturen bei der Diastole oder Systole entstehen,
ist aus den Angaben über die anatomische Form derselben his
jetzt nicht sicher zu ermitteln gewesen; es schien einmal bei
einer gleichzeitigen scorbutischen Veränderung am Herzen der
Riss nach und nach von innen nach aussen entstanden zu seifi-
(Fall 390.)
Die Ursachen der Herzverletzungen sind bei einer grossen
Anzahl von Fällen nicht angegeben, jedoch gelang es ans er.
200 Beobachtungen festzustellen, dass der Mord am häufigsten
vorkommt (er. 80mal) und dann der Selbstmord (er. 60mal;
folgt. Hinter diesen Ursachen stehen weit zurück Duell, Schlacht,
Strassenkampf, Nothwehr u. s. w., auch beruht ein grosser Theü
auf Unvorsichtigkeit, wozu die meisten Rupturen gehören. —
Man hat den Japanesen mit ihrer besonderen Caprice ffir den
Selbstmord, den sie f&r eine tapfere, ruhmvolle Handlung halten,
«) S. Gitat des Falles 406.
**) Jos. S. Gamgee, Researches in pathological anatomy aad dini-
cal surgery. London. 1856.
Ueber die Wanden des Herzens nnd des Herzbentels. 617
um gemeinen Strafen, dem Feinde n. s. w. zu entgehen, die
Ehre angethan, die Selbstentleibung mittelst eines Stiches in das
Herz den japanesischen Selbstmord*) zu nennen, weil von ihnen
diese Todesart sehr häufig gebraucht wurde. Es scheint, dass
jetzt der „Harakiri^, das Aufschlitzen des Unterleibes, über jene
Art des Selbstmordes den Sieg davongetragen hat, und werden
schon die Knaben in den Schulen über die Handgriffe, die Feier-
lichkeiten und die Fälle belehrt, wo diese Art von Selbstmord
unumgänglich nothwendig ist.
Auffallend ist die relativ grosse Zahl von irren Selbstmör-
dern (12) und werden am häufigsten heftige Melancholie, Wahn-
sinn, Monomanie (5), Mania puerperalis aufgeführt. Als Ca-
riosa seien erwähnt, dass ein Metzger im Fieberdelirium, als
ihm träumte, dass er schlachte, sein Schlachtmesser sich in die
Brust stiess; ein junger Mann bei furchtbarem Zahnweh sich ein
Messer in's Herz stiess und eine Frau, um sich an ihrer Nach-
barin zu rächen, sich aus der 3. Etage stürzte.
Es können far den Gerichtsarzt Zweifel bestehen, ob em
Mord oder Selbstmord vorliegt. Abgesehen von den allgemeinen
Principien, welche zur Entscheidung in Frage kommen, wird
eine gerade, horizontale Richtung einer Stich-Schnittwunde dafür
sprechen, dass die Verletzung von einem Anderen geschehen ist
Handelt es sich darum, zu erfahren, ob die Verletzung von einem
Anderen absichtlich oder zufällig geschehen ist (Fall 189), so
hat man die Richtung von oben nach ujiten eher für eine ab-
sichtliche, eine horizontale oder aufsteigende, mehr für eine zu-
fällige angesehen. So kam es vor, dass der Stich den 3. Inter-
costalraum und den 4. linken Rippenknorpel durchdrang, und
dabei den unteren Rand der Art. pulmon. und den rechten
Ventrikel traf; es war ungewiss, ob der Verletzte in das entge-
gengehaltene Messer betrunken hineingefallen, oder damit absicht-
lich ermordet war. Aus der Lage der Theile geht hervor, dass
der Stich von unten nach oben geführt war, nnd nicht umge-
^ V. Pommer(T. Pommer's Schweizer Zeitschrift. Bd. L Hft. 1. 1835.)
618 I^r. Georg FiBcher,
kehrt, wie Gasper behauptete, da der Anfang der Art. pulmon.
meiHtens im 2. Intercostalraum erst beginnt. — Es kann sogar
nngewiss bleiben, ob eine Nadel verschlackt durch den Oeso-
phagus in das Herz gelangt, oder in einem Anfall von Selbstmord
durch die Brustwand eingestossen ist (Fall 30), wenn nirgeoi«
entsprechende Narben oder Wunden zu finden sind.
Nebenbei sei hier erwähnt, dass zu den historisch bekannt
gewordenen Herzverletznngen die Ermordung von EOnig Hein-
rich IV. von Frankreich (Fall 202), des Herzogs von Berry
(Fall 190), des Erzbischofs von Paris (Fall 177), des Grafen
von Sirey (Fall 131), der Selbstmord des Duca di Villc-
neuve (Fall 16), der Tod von Latour d'Auvergne, ^le
Premier grenadier de la France* (Fall 172) gehören. Der Tod
des Epaminondas*) ist vielleicht durch eine Herzwunde be-
dingt.
Pathologische Anatomie.
1. Stich - uni Stieh - SchBittwandleB.
A. Penetrirende Wudden.
Um Wiederholungen zu vermeiden, werden die reinen Sdcb-
wunden hier mit den Stich- Schnittwunden zusammen abgehandelt
Eine genaue Grenze zwischen beiden ist ohnehin schwierig n
ziehen, da manche Instrumente mehr zu dieser, andere zu jen^
Gruppe hinneigen. Eine dritte Abtheilung aus den Stich-Quetsch-
wunden zu bilden, wie es G6rard thut, der dahin Flenret,
Lanze, Bajonett rechnet, ist gar zu subtil und hat keinen prak-
tischen Werth.
1) Wunde des Herzens. Die einzelnen Herzabschnitte
können an den verschiedensten Stellen, Basis, Mitte, Spitit
*} EpaminondaB wurde in der Schlacht bei Mantinea Ton eises
Spiesse in die Brust getroffen. Die Aerzte erklärten, er werde sterben, so^
bald man da« Eisen aus der Wände ziehe. Er Hess es nach einigen Aogefi-
blicken herausziehen, und starb.
Ueber die Wanden des Herzens nnd des Herzbeutels. 619
hintere Fläche a. s. w. verletzt werden« Gewöhnlich wird die
Wände in der Richtung liegen, in welcher die äusseren Weich-
theile verletzt sind. Demnach wird eine penetrirende Herzwunde
bald einen directen Verlauf von vorne nach hinten haben, bald
wird diese vorherrschende Direction durch Abweichungen nach
oben nnd unten, rechts und links u. s. w. modificirt werden;
es wird das Herz quer oder in seiner Lange getroffen. Die
Richtung der Wunde hat einen Werth, jedoch nicht in der Aus-
dehnung, wie bis jetzt angenommen ist. Man betonte hauptsäch-
lich, dass das Instrument die Muskelfasern vorwiegend in der
Länge oder Quere treffen könne, wodurch ein Klaffen der Wunde
wesentlich beeinflusst würde, indem sie, wenn die Fasern in der
Länge perpendiculär getrennt sind, weit mehr klaffb, während,
wenn sie parallel den Muskelfasern läuft, eine Annäherung der-
selben zulässt. Da aber durch die neueren Untersuchungen über
die Herzmusculatur, wie vorhin gezeigt ist, eine innigste Ver-
flechtung, ein nach allen möglichen Richtungen Durcheinander-
laufen der Fasern nachzuweisen ist, so ist es klar, dass von einer
Wirkung auf ein isolirtes Muskellager gar keine Rede sein kann,
die Fasern in den verschiedensten Richtungen getrennt werden,
so dass die Wirkung der einen durchschnittenen Faser die einer
entgegengesetzten wieder aufhebt. Auf die älteren anatomischen
Anschauungen hin, wonach verschiedene Schichten unterschieden
wurden, Hessen sich und sind von vielen Chirurgen Speculationen
gebaut, die weithin ausgedehnt, jetzt weniger Werth haben. Man
kann aUerdings z. B. an der Innenseite der Ventrikel vorwiegend
longitudinale Fasern verfolgen, und würde ein Instrument, wel-
ches quer zur Längsaxe auftritt, diese quer durchschneiden, so
dasB sie klaffen und den Blutaustritt erleichtern, allein es werden
schon vorher aussen und in der Mitte so verschiedene Faserzüge
getrennt, dass es schwer sein würde, die schliessliche Wirkung
zu bestimmen. Im üebrigen passen jene feine Nüancirungen
überhaupt nur auf kleinere Wunden von wenigen Linien, da bei
grösseren das Blut widerstandslos nachstürzt. Gärard nahm
hauptsächUch auf die oberflächliche sichtbare Schicht Rücksicht,
▼. LaBgenbtek*t Archiv f. Chirurgie. IX. ^Q
620 Dr. Georg Fischer,
und kommt zu dem Schluss, dass, da der vorfipriogende Rand
des rechten Ventrikels fast horizontal auf dem Zwerchfell liegt,
w&hrend der linke Rand des Herzens fast yertical steht, aseh
die Wanden, welche parallel den Rippen liegen, parallel dee
Fasern des rechten Ventrikels laufen, dagegen die des linkoi
Ventrikels transversal durchschneiden. Er sieht darin einen
glücklichen Umstand, da die Verletzungen des rechten Ventrikel«^
am h&ufigsten sind, und indem sie durch die Contraction des
Herzens leichter geschlossen werden, weniger gefährlich sind, ik
die Wunden des linken Ventrikels. Auch soll im Allgemeinen
die transversale Richtung vorherrschen, da die Richtung der
Rippen sich jeder anderen Form entgegenstellt. Das Resultat,
zu welchem 66rard in Beziehung auf die Tddtlichkeit jener
Wunden kommt, ist richtig, allein die Voraussetzung ungenügend,
da die Wirkung sicher nicht von der oberflächlichen Huskd-
Schicht allein abhängt; die eigentliche Hauptmusculatur berück-
sichtigt er eben nicht.
Die Wichtigkeit der Richtung der Wunde liegt darin, dass:
eine perpendiculär die Herzwand durchdringende Wunde dem
Blut den nächsten Weg nach aussen verschafft, während, wenn
sie schräg in der Herz wand liegt, das Blut; einen längeren Weg
nach aussen zu passiren, und beim sich Aneinanderlegen der
Muskelfasern einen grosseren Widerstand zu fiberwinden hat, so
dass mitunter gar kein Blut in den Herzbeutel eintritt. Trift
das Instrument sehr schräg, fast parallel der Oberfläche der
Herzwand auf, so ist die Gefahr noch geringer, und es liegen
Beobachtungen vor, wo das Leben sich Monate lang hingehalten
hat (Fall 261), während bei einem geraden Verlauf der Wunde
der Tod entschieden früher, wenn nicht augenblicklich, einge-
treten wäre. Die Spannung des Blutes hält solche schräge Wan-
den geschlossen, wie dieses Experimente mit kräftigen Wasser-
injectionen beweisen, wobei nichts durchgelassen wurde. Das
Instrument dürfte in der Mehrzahl der Fälle das Herz in etwas
schräger Richtung treffen (zumal wenn die Verletzung bei einer
etwas nach vorne geneigten Stellung beigebracht ist), da das
Ueber die Wunden des Herzens und des Herzbeateis. 621
Herz von der Queraxe des Körpers, in welcher, der Lage der
Hippen halber, das Instrument meist eingefflhrt wird, abweichend
liegt
Sehr verschieden wird, je nach der Form, Richtung und
angewandten Gewalt, mit welcher das Instrument geführt wird,
die Grösse und Tiefe der Herzwunde sein. Es können I, oder
bei gleichzeitigen Wunden des Septum beide Ventrikel, bei
grösserer Gewalt das Hers von einer zur anderen Seite durch-
bohrt werden; auch kann das Herz von einer oder mehreren
Stellen, die sich entweder auf denselben oder verschiedene
Herzabschnitte vertheilen, verletzt sein. Seltener ist, dass in
dem einen Abschnitt eine penetrirende, in dem anderen eine
nicht penetrirende Wunde liegen, wenn die eine Wand schräg
durchsetzt ist. (Fall 11, 184.)
Stichwunden. Das meiste Interesse bieten die Verletzun-
gen mit Nadeln, welche auch am h&ufigsten sind. Bei der
meistens geringen Lange dieses Instrumentes muss man wissen,
dass eine 1^' 10^" l^nge, bis an den Kopf eingestochene Stock-
nadel den rechten Ventrikel an der Spitze traf, ohne ihn zu
perforiren, ein IV langes Stück einer Nadel, welches dicht
unter der Haut zu fühlen war, den Herzbeutel und die Aorta
erreichte, eine 1\" lange Nadel den linken Ventrikel an der
Spitze penetrirte. Ein 1 '* langes, zwischen Sternnm und Rippen
festsitzendes Stück verletzte den rechten Ventrikel iast bis an seine
Höhle.
Die Wunden durch Nadel, Schusterpfriem, Feile u. s. w. sind
auf der äusseren Herzwand sehr klein, 1 bis wenige Strich lang,
und können dabei etwas klaifen. Meistens sind sie durch einen
schwarzen Fibrinpfropf, welcher sie verstopft, kenntlich, können
sich aber auch so wenig auszeichnen, dass sie ganz übersehen
werden; es ereignete sich dieses bei derselben Wunde 3 Aerzten,
and erst dem vierten gelang es durch Auffindung der inneren
Oeffnung, die Verletzung zu constatiren und mittelst der Sonde
die äussere Weichtheilwunde zu finden. Der Wundkanal in der
Herzwand entspricht dem Durchmesser der Nadel u. s. w., ist
40*
622 l>r- Georg Fischer,
klein, und häufig mit scbwarsen Fibringerinnfieln gefUlIt. Meist
lässt sich der Ganal durch eine feine Sonde von aussen naeh
innen verfolgen, was nur dann misslingt, wenn an der inneron
Oeffnung sich ein Trabekel vorlegt. Dieselbe ist ebenfalls kleto,
und muss häufig erst gesucht werden, wo sie dann nur b«
grosser Anspannung oder durch die vorsichtig eingeführte Sonde,
welche den Pfropf, Trabekel zur Seite schiebt, entdeckt wiri
Die Wunden, welche durch Fischgräten, einen Dom von der
Speiseröhre aus geschehen, haben dieselben Charaktere; ein drd-
eckiges Schabeisen und Feile gaben der Herzwunde eine dreieckige
Form. Die Veränderungen, welche durch Garditis, Pericaniius
entstehen, werden später erwähnt, nur sei hier darauf aufmerk-
sam gemacht, dass in einem Falle einer Nadelverleteung, wo am
11. Tage der Tod eintrat, an der äusseren Wunde ein unregel-
mässiger rundlicher Defect von 0,4 Ctm. Länge und 0,2 Ctm.
Breite bestand, die Wunde eccbymosirte Ränder hatte, die doreb
ein weisses, ziemlich festes Faserstoffgerinnsel geschlossen waren
(Fall 9). Dieser Defect war grösser als die Nadel, und schieo
es, als ob der Stichcanal durch Zerfall des die Wunde umgeben-
den Gewebes sich erweitert hatte. Beim Aufschneiden des
Ganais zeigte sich dicht an der äusseren Oeffnung eine etva
erbsengrosse, blutig infiltrirte Höhlung, während nach innen der
Ganal wieder enger wurde. Simon untersuchte die Muskelfa-
sern, welche die Wunde begrenzten, mikroskopisch, und fand sie
verändert, körnig infiltrirt, mit theilweise ganz undeutlicher Qac^--
streifung, während die Fasern an anderen Stellen des Herzens
normal, deutlich gestreift waren, und nur wenige Körner zeigten.
In einem anderen ähnlichen Falle war die äussere Wunde vob
einem trichterförmigen Geschwür von 4'" Durchmesser umgeben
— Bei diesen kleinen Stichwunden werden die Muskelfasern ge-
trennt und auseinander gehalten, ohne dass eine eigentliche Gen-
tinuitätstrennung stattfindet. Wird die Nadel zurückgezogen, so
gehen die Theile in ihre alte natürliche Lage zurück, und die
Oeffnung schliefst sich. Auch werden in Folge des Reizes die
Geber die VruDden des Herzens aud des Herzbeutels. 623
Muskelfasern das Instrument genau nmschliessen , so dass das
Blttt swiBchen ihm und der Stichwand nicht ausdringen kann.
Stich -Schnittwunden. Dieselben sind durchschnittlich
grösser und gefährlicher, als die Stichwunden, und haben bei
ihrer fiberwiegenden Häufigkeit ein grösseres practisches Interesse.
Die äussere Wunde des Herzens, welche meistens durch Blutge-
rinnsel bedeckt ist, giebt nicht immer genau die Form des In-
strumentes wieder; so ist eine Bajonettwunde von einer Messer-
wunde nicht immer sicher za unterscheiden, und beruht dieses
auf der Contraction der Herzmuskeln, durch welche die ursprüng-
liche Form verwischt wird. Die äussere Wunde ist meistens
länglich, selten halbmondförmig, und einmal glich sie bei einem
Messerstich einem umgestürzten D (o). War das Instrument
scharf und zweischneidig, so sind die Winkel der Wunde gleich
spitzig, die Wundränder scharfkantig, und können letztere mit
Blut unterlaufen, sammt der nächsten Umgebung entzündet sein.
Sehr verschieden ist die Grösse ; die kürzesten Dimensionen kön-
nen 1'" Länge, 1''^ Breite sein, obwohl dieses selten vorkommt;
am häufigsten sind die Messerdegenwunden, 4 — 9^" lang, 1 — 3^''
breit, und nur in wenigen Fällen bis zu 6" lang, 2** breit, so
gross, dass man einen Finger hindurchfahren kann. Ist das In-
strument in der Mitte breiter, als an der Spitze, wie es gewöhn-
lich der Fall, so ist die Herzwunde auch kleiner, als die der
äusseren Haut. Die Wundränder liegen entweder in ihrer ganzen
Länge aneinander, oder sie klafien überall, oder nur von einem
Ende einige Linien lang, während das andere geschlossen ist,
was durch eine ungleichmässige Zusammenziehung der Herzmus-
kehn bedingt wird. — Der Wundcanal, welcher .bei schrägen
Wunden und Wunden der dickeren Herzkammern durchschnitt-
lich länger ist, hat die der äusseren Wunde entsprechende Breite,
kann mithin auch sehr eng, rabenfederdick sein; er verjüngt sich
nach innen bei spitz zulaufenden Instrumenten. Selten erscheint
derselbe im Verhältniss zum Instrument sehr erweitert. Er ist
entweder leer, oder mit schwarzen, grauröthlicben Gerinnseln,
624 I>r- Georg Fischer,
seltener mit einer lympbartigen Flüssigkeit aosgef&Ut, welche die
R&nder vereinigt Die Gerinnsel können selbst, wenn sie nur
in geringem Grade, aber von einer gewissen Consistens yorhaa-
den sind, die Blutung verhindern, oder doch aufhalten und da-
durch das Leben verlängern, ja, die erste Bedingung zur Heilang
werden. Sie können in Gontinuitftt mit dem Pfropf, welcher die
Herzbeutelwunde verstopft, stehen, und liegen oft im Wnndcanale
so fest angedrückt, dass sie, selbst wenn ein Wasserstrahl aii
sie einwirkt, sich nicht vom Platze bewegen. Werden die schwar-
zen Gerinnsel in Wasser ausgewaschen, so lassen sie weisse Fi-
brinfliden zurück, die an den Wundrändem festhaften. — Die
innere Wundöffnung hat im Allgemeinen den geringsten Durch-
messer, und es kann vorkommen, dass, wenn höchstens die Spitie
des Instrumentes in die Herzhöhle eingedrungen ist, wenig da-
von gefehlt hätte, dass die Wunde gar nicht penetrirt wäre. £?
wird die äussere Wunde die innere um so viel an Grösse über-
treffen, als die Klinge des Messers, Dolches, br.eiter als die Spitze
desselben ist. Es können die äusseren Muskelfasern am weite-
sten getrennt sein, die Trennung der folgenden sich allmllig
vermindern, so dass die innersten durchstochenen Fasern sich
berühren und die Wunde schliessen. Genaue Messungen besei-
tigen, dass die Grösse der Wunde mit der Tiefe abnimmt; so war
bei einer Messerwunde das Pericard. 1'^ 6'" lang, die vordere
Herzwand T' lang, die hintere 9''' lang angeschnitten; in einem
anderen Falle war die Wunde der Haut 9"', die des PericarA
6"S die des linken Ventrikels 5"' lang. — Die verletzte Em-
höhle ist entweder blutleer, oder mit schwarzen Gerinnseln ge-
füllt, welche entweder fest coagulirt, oder sehr häufig mit düno-
flüssigem Blut vermischt, zum Verschluss der Wunde beitragen
köRnen. So fand man innen im Ventrikel einen Pfropf unmii-
telbar auf der Wunde liegen, und hatte derselbe so den Blataos-
tritt verhindert, was mit dem anfanglichen Wohlbefinden des
Kranken übereinstimmte; erst am 3. Tage fand eine secundire
Blutung statt. Diesem Vortheil der Pfropfbildung steht der Nach-
theil zur Seite, dass sie das Herz mehr der Entzündung aassetzt
Ueber die Wunden des Herzens und des Herzbeutels. 625
und in der Hohle die Blutcirculation hemmt. Es kommen auch
weissgelbliche, harte, resistente FibrinpfrOpfe vor, die, einer Ader-
lassBcbwarte ähnlich, von denen, welche als Leichenproduct auf-
zufassen sind, ztt unterscheiden sind. Die Thrombusbildang in
der Wunde fQr ein Leichenproduct, für eine mehr theoretisch
gedachte, als durch die Erfahrung nachgewiesene Thatsacbe zu
halten, ist eine Ansicht von Landsberg*), welche gleich von
vorneherein bekämpft werden muss, da die Thrombusbildung der
wesentlichste Factor zur Heilung einer Herzwunde ist. Er glaubt,
dass bei 30 ""R. alle Bedingungen für die Goagulation des Blutes
im Körper fehlen. Dieser Ansicht stehen verschiedene That-
Sachen entgegen: so ist es bekannt, dass, wenn das Blut wäh-
rend des Lebens ans zerrissenen Gefassen, aus der Girculation
heraus in das Parenchym der Organe tritt, coagulirt, z. B. bei
Apoplexieen des Gehirns; ferner sind die sog. falschen Herzpo-
lypen, die während des Lebens entstehen, nichts Anderes, als
Blutgerinnungen in verschiedenen Stadien ihrer Umwandelung,
für welche die neuere Medicin Symptome, Prognose und Behand-
lang aufführen kann.
Die Verletzung beschränkt sich nicht immer auf die zuerst
getroffene Herzwand, es können auch in der Höhle Trabekeln,
Klappen zerschnitten sein, die Verletzung auf das Septum über-
gehen. Sie kann in demselben enden, 3'" tief eindringen, ohne
dass es ganz durchbohrt wird, oder auch die gegenüberliegende
Wand durchsetzen. Somit können beide Ventrikel, ein Vorhof
und ein Ventrikel getroffen werden, und das Messer noch da-
rüber hinaus das Pericard. in seinem hinteren Theile, die Lungen
durchbohren und bis zur Wirbelsäule vordringen. Die Spitze
des Herzens kann ganz abgeschnitten sein. Werden beide Ven-
trikel so getroffen, dass eine Commnnication jener Herzhöhlen
durch das Septum hin eintritt, so erweitert sich die Art. pnlmon.,
wenn das Leben lange genug besteht. Zeigt das Herz mehrere
Verletzungen (6 Stiche), so kann die eine penetriren, die an-
♦) S. Citat von Fall G.
626 ^^' Georg Fischer,
dere nicht; beide können dicht nebeneinander parallel liegen, so
dasB sie nur durch eine kleine (IV) Brücke von Fett yon ein-
ander getrennt sind, oder auch die eine Wunde trifit in die an-
dere hinein, woraus unregelm&ssige Formen (verschobenes Ypsi-
lon u. B. w.) entstehen. Seltener ist, dass eine Weichtheilwunde
und 2 Herzwunden oder 1 Wunde aussen am Herzen und 2 im
Inneren, desselben bestehen; in beiden F&Uen ist das Instrument
zurück- und von Neuem yorgestossen. Man hat dieses bei
Selbstmördern beobachtet, welche in ihrer aufgeregten Wuth sich
wiederholt verletzten. — Die Wunde kann in der Quer- und Läogs-
axe des Herzens liegen, so dass im letzteren Falle das Instru-
ment an der Spitze ein - und an der Basis des Herzens aastreteo
kann. Geht die Wunde durch einen Herzabschnitt ganz hin-
durch, so kann die Eingangsöffnung fast um einen Querfinger
höher liegen, als die Ausgangsöfihung, und Hess sich in diesem
Falle nachweisen, dass der Mörder auf einem erhöhten Flau
gestanden hatte, die Verletzung von oben nach unten ge-
schehen war.
Erfolgt der Tod rasch, so findet man das Herz in seiner
normalen Grösse, dicht, consistent, die Muskeln von normalem
Aussehen. War der Blutverlust dabei sehr gross, so war d^
Herzfleisch blass, contrahirt, hart oder auch schlaff. Auch wird
eine grosse Blutmenge im Herzbeutel durch Gompression das
Herz auf ein geringeres Volumen zur Contraction und Atrophie
bringen. In der N&he der Wunde sind die Muskeln oft gelUicb
roth, weicher. Es kann an der Wunde ein Adhäsionsproces^
bestehen, welcher zur Vernarbung führt (worflbBr später), oder
es prävaliren carditische Erscheinungen. Die Wundr&nder und
die Muskeln in der Umgebung sind entzündet, tiefer gerOthet,
wodurch der gebildete Pfropf zum Zerfall gebracht werden kann.
Schon am 5. Tage fand man dicht an der Wunde, zwischen dem
Herzfleisch und dem serösen üeberzuge, eine dfinne Schicht eines
ziemlich derben, schmutzig gelben, thalergrossen Gerinnsels ab-
gelagert, welches, die Serosa in hirsekomgrossen, zahlreichen
Knötchen erhebend, derselben ein rauhes, gänsehautShnliches An-
Ceber die Wunden des Herzens ond des flenbentels. 627
sehen verlieh; sie war ausserdem ansehnlich yerdickt (F. 90).
In höheren Graden von Garditis findet man das Hers atrophirt,
morsch, leicht za zerquetschen, mitunter ganz ulcerirt; auch kann
an der Oberfläche des Herzens ein Abscess in einer aus sehr
dicken Wänden bestehenden Gyste sich entwickeln. Das Herz
ist oft dabei in Folge der gleichzeitigen Pericarditis mit weiss-
lichen Exsudatmassen umhüllt. Die Entzündung kann sich nur
auf den verletzten Herzabschnitt beschränken, diesen destruiren,
während der angrenzende Ventrikel ganz intact bleibt (F. 105).
2) Wunde des Herzbeutels. Dieselbe kommt entweder
für sich allein, oder weit häufiger combinirt mit einer Herzwunde
vor. Es ist ein Irrthum, die Möglichkeit einer alleinigen Ver-
letzung zu leugnen (Beck*), und weist die Gasuistik 38 Fälle
dieser Art nach. Der Herzbeutel wird leicht allein durch Knochen-
splitter geritzt, durch Kugeln gestreift und würde durch eine grössere
Menge Liq. pericardii das Herz nach hinten gedrängt, und so vor
der Verletzung geschützt werden können. Feine glaubt sogar,
dass im Fall 298 die Schneide des Messers nach hinten gerich-
tet gewesen sei, so dass durch den stumpfen Rand desselben das
Herz selbst nach hinten zurückgedrängt, und so die Verletzung
desselben verhindert sei. Je senkrechter das Instrument auftrifift,
um so mehr wird die Gefahr einer gleichzeitigen Herzverletzung
vorliegen. Es mögen nicht alle Punkte des Herzbeutels dem
Instrument gleichmässig zugänglich sein, und wird die vordere,
obere Wand in der Gegend des rechten Herzohres selten ohne
das Herz verletzt sein, weil hier der Herzbeutel dicht anliegt.
Die Wunde "des Herzbeutels entspricht meistens in der Lage,
Form, Grösse und Menge den Herzwnnden, und, sowie auch diese,
dem Volumen des Instrumentes. Wird dieses wiederholt einge-
stossen, ohne- ganz aus der Hautwunde gezogen zu sein, so kann
der Herzbeutel mehr Wunden haben, als die äussere Haut So
kam es vor, dass bei 2 Hautstichen 4 Wunden im Herzbeutel
•) Medic. Jarisprnd London. 1842. Vol. I p. 270. .it is difficnlt to
conceive of the pericardiam beiog wounded without a corrcspondent injarj
of the heart*
028 I>r. Georg PiBcher,
und Herzen angetroffen wurden (F. 20). Am häufigsten wird,
ebenso wie am Herzen, die vordere Wand desselben verletzt, ob*
wohl, wenn das ganze Herz durchbohrt ist, auch die hintere
Wand getroffen werden kann. Trifft das Instrument nicht direet
von vorne nach hinten auf, sondern von unten nach oben, so kaos
die Wunde tiefer (2 Gtm. F. 58) liegen, als die« des Herzens,
und umgekehrt. — Bei Nadelverletzungen ist die Wunde nadel-
dickgross; dabei kann sie aussen am Pericard. nicht zu sehen
sein, indem sie von dicken Exsudatmembranen, Ecchymosen ver-
deckt ist, während innen die kleinen Substanz Verluste sichtbar
sind. Mitunter sind die Stichwunden durch falsche Membranen
obliterirt. Ein Pfriem gab der Wunde eine ovale, ein dreieckiger
spitziger Schaber eine dreieckige Form. Bei Verletzungen mit
Messer, Degen u. s. w. sind die Wunden grösser, von 3', 6, 8'^
^ — 1'^ lang. Wie vorhin erwähnt, sind sie meist etwas grösser,
als die Herzwunden bei spitz zulaufenden Instrumenten, selten
kleiner; so betrug eine Messerwunde des rechten Ventrikels V\
die des Herzbeutels V (F^^l 189). Die Wundränder sind bei
Schnittwunden scharf, nicht sugillirt, liegen entweder aneinander,
verschliessen sich klappenartig, können auch durch einen Pfropf,
welcher mit dem Pfropf in der Herzwunde adhärirt, verstopts
sein, oder sie klaffen sogar bis auf V'* Iq ^^^ Umgebung der
Wunde ist das Bindegewebe oft mit Blut infiltrirt. Mitunter findet
man den Herzbeutel verfärbt, dunkelblauroth durch Ecchymoseo,
welche aussen und innen aufliegen können. In einem Falle (F. 266)
Hess die Section die Vermuthung zu, dass bei der Verwundang
ein Theil des Herzbeutels in die Herzwunde eingedrängt sei, was
zur Verstopfung, welcher eine Verheilung folgte, beigetragen
hatte.
3) Bluterguss in den Herzbeutel und Pericarditis^.
Ein Bluterguss in den Herzbeutel ist eine sehr gewöhnliche Er-
scheinung, jedoch variirt die Blutmenge in allen Abstufungen
von ca. 3 Gramm bis 4i Pfund, wobei der Herzbeutel prall, flac-
tuirend, sackförmig um das 4fache ausgedehnt sein und die
Lungen verdrängen kann. Die Blutmenge ist in der Regel ziem*
Ceber die Wanden des Herzens nnd des Henbentels. 629
lieh gross, steht aber doch meist im Yerhältniss zur Grösse und
Richtung der Herzwunde. Bei einer sehr kleinen, die Herzwand
schräg durchbohrenden Wunde wird das Blut meist nur schwer
und langsam abfliessen, wahrscheinlich auch nur während der
Diastole, indem bei der Systole, in Folge der Gontraction des
Herzens, die Wunde sich schliesst. Obwohl auch Fälle vorkamen,
wo aus einer kleinen Wunde viel Blut austrat, so wird bei einem
stark contrahirten Herzen immer nur wenig ausfliessen können.
Zu einer solchen Gontraction inclinirt das Herz ebenso, wie alle
anderen musculösen Eingeweide, deren Muskelfasern bei ihrer
fortwährenden Action das Bef^treben zeigen, sich zu nähern. Es
wird zumal bei kleinen Wunden die Blutung aus den dfinnwan*
digen Yorhöfen relativ grösser sein, als aus den Ventrikeln^ da
bei letzteren eher die Möglichkeit einer Pfropfbildnng und Ver-
schlnss der Wunde gegeben ist. Bei kleinen Herzbentelwunden
wird sich das Blut in bedeutenderer Menge im Herzbeutel an-
sammeln, da bei grösseren es rascher in die Pleurahöhlen ab-
fliesst, so dass in diesem Falle oft gar kein Blut im Pericard. an-
getroffen wird. Der Abflugs aus demselben kann verhindert
weiden, wenn es von einer starken Lage Fett umgeben ist.
Meistens ist das Blut coagulirt, so dass ein grosser Pfropf im
Herzbeutel liegt. Derselbe kann auch dünn, aber resistent das
Herz umgeben, leicht abzulösen sein, sich am Niveau der Wunden
verdicken, und hier eine Adhärenz zwischen Herz und Herz-
beutel veranlassen. Bald ist coagulirtes mit flüssigem Blut ver-
mischt, bald dasselbe ganz flüssig. Seine Farbe ist häufiger
Schwarzroth, schwarzbraun als röthlich, mitunter blutig«serös, auch
missfarbig. Es stammt meistens aus der Herzhöhle, kann aber
auch, wenn die Schiefheit der Herzwunde den Blutaustritt aus
dem Innern verhindert, aus der Herzsubstanz selbst kommen.
Eine frische Blutung im Herzbeutel wird in der Regel secundär
sein, und ist dann durch Bewegungen des Kranken, Erkältung,
Husten u. s. w. veranlasst, kann vermuthlich auch dann entste-
hen, wenn der Stichcanal durch Eiterung sich vergrössert, wie
es bei 2 Nadelwunden deutlich beobachtet ist, dadurch das Fa-
630 ^f* Georg Fischer,
serBtoffgerinnsel, welches in deDselben die Blatang verhiodert
hatte, gelockert und ganz losgelöst wird. Dieselbe wird ver-
hindert werden, wenn die innere WandöfTnnng^^ in den Trabekeln
liegend, von Muskelleisten bedeckt ist; auch kann yielleicht eioe
Nadel, welche längere Zeit im Herzen steckt, als Tampon dienen,
and der Faserstoff sich an derselben niederschlagen. Jedoek
reicht nicht immer diese Art der Tamponnade ans, und wird im Pe-
ricard. eine grossere Blutmenge angetroffen. Bei gleichzeitiger
Verletzung der Lunge sah man bei Oeffnen des Herzbeutels Luft
mit Geräusch ausdringen.
Die Pericarditis ist häufig mit Carditis gepaart Im acuten
Stadium ist das Exsudat mehr serös, später wird es serös-eiterig
oder durchweg eiterig. Der Eiter ist entweder von guter Be-
schaffenheit, oder stinkend, dunkelgrün, russig-braun, mit Lnit,
foetidem Gas vermischt; er kann entfärbte Fibrinflocken enthal-
ten, die sich an der Herzoberfläche festsetzen. Seine Menge
yariirt sehr, und kann so bedeutend werden, dass die Lunge \m
auf die Hälfte ihres Baumes zuröckgedrängt wird. Das Pericard.
ist anfangs hyperämisch, geschwollen, sammetartig gelockert
später verdickt, innen runzelig granulirt, mit zellenförmigen, wei-
chen Pseudomembranen bedeckt, die oft mit Blutserum imbibirt,
die ganze Höhle auskleiden. Indem sie auch das Herz umhfillea
geben sie demselben eine filzige Oberfläche, die hier und da 1,
2** dick ist, oder es hängen an ihr röthliche, leicht zerreisslicbe,
flottirende Excrescenzen, die, wenn sie abreissen, als Fetzen im
Exsudat umherschwimmen. Die Folgen hiervon sind Adhäsionen
zwischen Herzbeutel und Herz, entweder partiell, zumal im Um-
kreis der Wunden, oder fiberall. Frisch sind dieselben leicht
zerreisslich , während, wenn sie älteren Datums sind, als breite
platte Bündel derb sind, und sich schwer trennen lassen. Eis
solcher Adhäsionsprocess war in einem Falle zwischen dea
Wunden im Herzbeutel und Zwerchfell schon nach 16 Stonden
beendigt. Im vorgerückten Stadium einer eiterigen Pericarditis
kann der Herzbeutel ganz consumirt sein, so dass das Herz offen
liegt (Fall 300). Die im Fall 236 erwähnte Fistel, welche
. Ueber die Wanden des Herzens und des Herzbeutels. 631
eiterte, wird eine Pericardialfistel gewesen sein. Dergleichen
Fisteln sind bei Abscedirungen einer Pericarditis nach anssen in
ein Nachbarorgan, Aneurysma oder Echinococcussack, nach Ope-
rationen und Verwundungen beobachtet (0. Wyss*)). — Als eine
Paracentese des Thorax im Fall 272 gemacht war, traf man bei
der Section auf Verhältnisse, welche auf den ersten Blick schwer
£u erklären waren: es fand sich zwischen Mediastinum und
Hersen eine membranOse Tasche, eine Art Cyste, die nichts An-
deres als der Herzbeutel sein konnte; in der vorderen Wand
derselben lag die Stichöfihungfder Operation, (also zugleich Pa-
racentase des Herzbeutels). Die Cyste war vorne vor dem Her-
zen erweitert, verlängerte sich nach hinten bis zur Wirbelsäule,
war dicht, innen mit Zotten bekleidet, und enthielt eine schwärz-
lich eiterige Fläs6igkeit. Ein Theil der Cyste war durch die
Entleerung zusammengefallen, adbärirte fest mit dem visceralen
Blatt am Herzen, so dass ein Abziehen desselben nicht leicht war;
man fand hier Stellen, die theils sehr entzündet, theils mit gan-
gränösen Flecken besetzt waren.
4) Vernarbung der Herz- und Herzbeutelwunde.
Eine Vernarbung ist bei kleinen engen Stichwunden häufiger, als
bei grösseren Messer- und Dolchwunden, bei nicht penetrirenden
Wunden wahrscheinlich häufiger, als bei penetrirenden. Sie kommt
bei Herzwunden auf analoge Weise, wie bei anderen Muskelwun-
den zu Stande, indem der Wundcanal durch einen Blutpfropf ver-
stopft, dadurch eine weitere Blutung verhindert wird, und sodann
zwischen die Wundränder eine plastische Ausschwitzung erfolgt,
welche sich organisirt. Unterstützt wird der Verschluss der Wunde
durch Pseudomembranen aus dem Herzbeutel, welche sowohl die
Wunde desselben schliessen, als auch die Herzwnnde überdecken
können, femer durch Verwachsungen des Pericard. und des Her-
zens, vielleicht auch durch ein Hineindrängen des ersteren in die
Herzwunde, wie vorhin erwähnt ist. Die dem Herzen eigene
Contractilität wird ein wichtiger Factor zur Verheilung sein. Die
*) Habilitationsschrift. Breslau. 1866.
682 Dr- Georg Fischer,
Pfropfbildung wird an allen HerKabBcbnitton aogetroifen, kaan
schon nach einigen Tagen (am 3. Tage, Dupuytren) und selbst
naoh 3 Wochen gefunden werden, wo mehrere kleine Wundes
an der Oberfl&ohe des Ventrikels durch schwarze Fibrinpfröpfe
Terstopft waren. Die Möglichkeit einer Vernarbung liegt mithin
auch in sp&teren Perioden vor. Wenngleich die Narbe an sieh
wohl nur aus einer plastischen Ausschwitzung und nicht direct
aus dem Pfropf entsteht, so ist bei einer penetrirenden Herzwnnde
doch sicherlich vorher die Pfropfbildung nöthig, um den Austritt
des Blutes zu verhindern, die Wunde zu schliessen. Lands-
berg*) und Steifensand**) haben daher Recht, wenn sie die
eigentliche Vemarbung durch einen Adh&sionsprocess zu Stande
kommen lassen, Unrecht dagegen, wenn Ersterer, abgesehen von
seinem Zweifel am Thrombus überhaupt, diesen fBr die Vernar-
bung f&r durchaus unzuverlässig. Letzterer die Versehliessaog
der Herzwunde durch Blutgerinnsel für eine leere Träumerei halt
Wie liesse sich wohl der Fall erklären, wo das rechte Herzobr
mit der Aorta von einem Degen durchbohrt waren, und der Kranke,
trotzdem er mehrfach umherging, 11 Tage lang lebte, wenn nicht
die Wunden durch einen Pfropf verschlossen gewesen wären?
Von einer nachträglichen Penetration einer anfangs nicht pene-
trirenden Wunde kann hier keine Rede sein (F. 198).
Je nach der vorgeschrittenen Organisation zu einem Narben-
gewebe trifft man bei Sectionen auf beginnende > theilweise oder
vollständige Vernarbungen. Bei ersterer, einer Art Agglutina-
tion, wird man die Anwesenheit von Lymphe im Wundcanal,
welche die Ränder mit einander vereinigt, als den Anfang der
Vernarbung ansehen müssen (F. 110); zu diesem Stadium wird
auch die Verklebung der Herzwunde mit Pericard und Schliessung
derselben gehören (F. 91). Eine partielle Vernarbung fand sieh.
als die Herzwunde auf 5"' Länge (F. 276), in % ihrer Ausdeh-
nung (F. 184) vernarbt war. Bei dieser Gruppe ist es vielleicht
möglich, dass sich während des Lebens eine vollständige zarte
*) Glut Ton Fall 6.
••) Oitat von Fall 197.
Ueber die Wanden des Herzens nnd des Herzbeutels. 6S3
Narbe gebildet hat, die indess noch nicht solide genug durch
zu heftige Bewegungen, Anstrengungen des Kranken , durch die
vom Fieber hervorgerufene stürmische Bewegung des Hersene
wieder aufgerissen ist. Eine vollständige feste Yernarbung kann
in kurzer Zeit entstehen. Es schien, dass dieselbe in 5 Tagen,
während welcher Zeit ein Kranker scheintodt im Winter im Freien
gelegen hatte, am rechten Ventrikel beendet war; er starb
10 Tage darauf an Gangrän seiner beiden erfrorenen Beine
(F. 262). Welchen Grad der Festigkeit in diesem Falle die
Narbe gehabt, wird nicht gesagt; jedenfalls genügte der Ver-
schluss, dass ohne Zwischenfall der Kranke hätte am Leben
bleiben können. Im Uebrigen lässt sich die Zeit, welche zur
Vernarbung erforderlich ist, nicht bestimmen. Eine vollständige
Herznarbe kann zu einer dauernden Heilung führen, wie die Fälle
beweisen, wo Kranke noch 10, 19 Jahre gelebt haben.
Die Form der Narbe ist verschieden; sie kann eine fibröse
Linie vorstellen, welche durch die ganze Dicke eines Ventrikels
geht, und somit die Wunde zu einer penetrirenden stempelt, sie
kann auch sternfSrmig, viereckig, 3 Gtm. gross, 2 Finger breit
sein (F. 271). Man spricht sogar in einer älteren Beobachtung
von einem Gallus an der Stelle der früheren Wunde, der so lang,
wie das erste Glied des kleinen Fingers, mit dem Herzbeutel
verwachsen war (F. 269). Ist die Narbe nur klein, wenige Linien
lang, so bleibt es oft ungewiss, ob die Wunde ursprünglich pene-
trirt hat, oder nicht. Mitunter wird sie durch eine Furche ange-
deutet, die je nach Grösse des Substanzverlustes im Herzmuskel
verschieden gestaltet und tief ist. Die Narbe besteht aus einem
festen fibrösen Gewebe, ist weisslieh; nicht selten sind von ihr
Herz und Pericard. verwachsen. Sie kann an den verschieden-
sten Stellen der Basis, Mitte und Spitze liegen.
Die Umgebung d^r Narbe hat mitunter einen j^ntzündungs*
hof (F. 184, im Umkreis eines ^ Dollar), auch kann der Muskel
in weitem Umfange um sie herum durch schwieliges Gewebe ver-
härtet sein.
Ein4^ dauernde Heilung wird durch gleichseitige Verletzung
634 l>r Georg Fischer,
einer Klappe nicht yereitelt; so fand man die VaW. mitralis in
2 dicke, sehnenartige Lappen zerschnitten. Nach der Verheikog
kann eine excentrische Hypertrophie zurückbleiben. Dieselbe
war in einem Falle 2 Mannsfaost gross, mit Dilatation yerbon-
den, and hatte sich gleichzeitig ein partielles Aneurysma gebil-
det, dessen Wand ausschliesslich ans den zu einer Membran ver-
schmolzenen Blättern des Herzbeutels bestand, am rechten Veih
trikel sass und gegenüber im Sept. Tentr. ein Loch lag, welches
kleinfingergross in den Ventrikel führte (F. 267).
Die Narbe des Herzbeutels entspricht meistens derjenigen
im Herzen, und bietet nichts Besonderes dar. Es kann die Wnode
im Herzbeutel yoUst&ndig, dabei die Herzwunde nur theilweise
(F. 184) oder garnicht (F. 156) vernarbt sein. In einem FalK
wo man nach 2 Monaten eine spontane Ruptur der Narben fer-
muthete, wurde der Herzbeutel in einer gewissen Strecke ver-
narbt gefunden, während die Herzwunde weit geöffnet war (F. 165).
Mitunter zeichnet sich die Stelle der Verletzung wenig aus; eine
kleine Vertiefung an der inneren glatten Seite des Herzbeutels,
die mit einer Ausbeugung, gleich dem Foramen ovale, yerglicbeo
wird , ohne weitere pericarditidche Erscheinungen, war Alles, was
man fand (F. 280). Als Unicum steht ein Fall da (F. 279),
welcher 3 Monate nach der Verletzung zur Beobachtung kam,
und verschieden interpretirt ist. Man fand am Herzen einen
1—2^' langen Appendix, der, vom rechten Ventrikel ausgehend,
von Hennen f&r einen Fettstiel angesehen wurde, während
Guthrie in ihm ein abgeschnittenes, unten angeheftetes, umge-
drehtes Stück vom rechten Ventrikel erkannte. Ist letztere An-
sicht die richtige, so würde es sich Termuthlich um die Heilang
einer nicht penetrirenden Wunde des rechten Ventrikels, im
ersteren Falle um die Heilung einer Herzbeutelwunde handeln.
Guthrie unterstützt seine Ansicht durch eine Abbildung, hat
indess in der letzten Ausgabe der betreffenden Arbeit die Kritik
über die Ansicht Hennen 's weggelassen. Microscopische Unter-
suchungen des Appendix sind nicht erwähnt, ähnliche patholo-
gische Erscheinungen in der Literatur weder in der einen noch
üeber die Wanden des Herzens und des Herzbeutels* 635
ia der anderen Richtung hin gemacht, es ist daher schwer, sich
für die Ansicht des einen oder anderen berühmten englischen
Chirurgen mit Bestimmtheit zu entscheiden.
Nach der Yerheilung einer Herzbeutelwunde mit Bluterguss
und Pericarditis blieb die linke Seite mehr eingedrückt, als die
rechte, auch stand die linke Warze um 4, 6"^ tiefer, als die
rechte. Larrey hat zweimal nach einer wahrscheinlichen Hei-
lung einer Herzbeutelwunde eine Atrophie des Herzens verrouthet,
welche yielleicht die Folge einer successiven Vernarbung des
Herzbeutels und seiner Adhärenzen an der ganzen Oberfläche des
Herzens war (F. 370, 294).
5) Wunde der Thorax wand. Die Hautwunde ist, wenn
sie durch eine gewöhnliche Nadel gemacht ist, in der Regel ein
sehr kleiner umschriebener Fleck, der oft erst bei genauer Unter-
suchung entdeckt wird, ja ganz übersehen werden kann. Es
kam vor, dass er erst nach dem Auffinden der Herzwunde ge-
funden wurde, und war durch den Fettreichthum des Kranken
fast ganz verwischt. Dieser Umstand ist för den Gerichts-
arzt wichtig, wenn es sich darum handelt, zu wissen, ob z. B.
eine Nadel von aussen oder, nachdem sie verschluckt, von der
Speiseröhre in das Herz gekommen ist, wobei es sich um eine
zufällige Verletzung handeln kann, wenn die Nadel mit dem
Essen verschluckt ist, im anderen Falle sogar um einen Selbst-
mord. Es giebt eben mehrere Fälle, wo der Weg der Nadel,
ob von aussen oder durch die Speiseröhre, unentschieden blieb
(F. 30, 40, 41, 451), und ist dann in letzterem keine Verletzung
nachzuweisen (F. 29). Zu berücksichtigen ist das Wandern der
Nadeln, so dass sie erst nach einiger Zeit im Herzen anlangen.
Eine 4schneidige Nadel gab eine kleine, fast runde, 1\'" grosse
Narbe, eine starke Stopfnadel hinterliess einen ganz kleinen, um-
schriebenen Fleck. Bei einer Verletzung mit 4 grossen Steck-
nadeln fand sich eine sechslingsgrosse Wunde, welche durchaus
nicht im Verhältniss zur Grösse der Nadel in Folge der Eiterung
sich vergrOssert hatte, ebenso wie die Herzwunde. Ein 4kan-
tiger Pfriem machte eine 4eckige, V" lange Wunde, eine drei-
T. Lftügenback, Arebiv f. Chinirgl«. XI. ^-^
636 I^' Georg Fischer,
eckige Feile und Schaber dreieckige Wunden, desgleichen ein
Bajonett, wobei man den kleinen Finger einf&hren konnte. Nacb
Dupuytren soll auch ein rundes Instrument eine dreieckige
Wunde machen können, was für die gerichtliche Medicin
von Bedeutung ist. Dolch-, Messer-, Degen-, Schwertwundeo
sind länglich oder halbmondförmig, haben scharfe, glatte, meist
unsugillirte Ränder, die an den Enden auch oyal verlaufen können
und scharfe, spitze Winkel. Macht eine schmale, dreieckige
Degenklinge, mit platter, zweischneidiger Spitze, mehrere Wunden
so können die einen oberflächlichen Wunden linear, die etwas
tieferen dreieckig sein, und die Form von Blutegelstichen haben
(F. 112). Die Länge und Breite der Wunde variirt nach dem
Volumen und der Richtung des Instrumentes von 6''' — 3"; selbst
ein doppelschneidiges Messer gab nur eine 6'^' lange Hautwunde.
Die Ränder der Wunde liegen entweder genau aneinander, so dass
sie linear erscheint, oder sie klaffen bis auf 2 Fingerbreite. Zwischen
ihnen . können Muskelbündel vom M. pect. maj. hervorquellen.
Mitunter finden sich mehrere Wunden in der Herzgegend, so z. &
bei einem Selbstmörder sogar 10 Messerwunden, und zwar meist
dann, wenn über den ganzen Körper Wunden vertheilt sind, von
denen 22, 32 Messerstiche bei einem Ermordeten gezählt sind.
Wenn Selbstmörder, wie früher erwähnt, das Instrument zurück-
ziehen und wieder Verstössen, so kann die Wunde vergrössert,
von unregelmässiger Form werden, so dass sie z. B. IV" grösser
als die grosseste Breite des Messers ist, in einem anderen Falle
fand man sie h!* breit und die Klinge nur V breit. Die Wände
ist entweder trocken, oder sie blutet, enthält oft einen sie ver-
schliessenden schwarzen Blutpfropf; in späterer Zeit kann sie
eitern. Kleine Stichwunden verheilen sehr rasch, und sind die
Narben, die selten bei der Berührung schmerzen, oft schwer zn
finden; an ihrer inneren Seite sah man leichte Blutunterlanfnngen.
Richtung und Tiefe der Wunden sind ganz ausserordentlicb
verschieden; sie können entfernt von der Herzgegend liegen und
doch das Herz treffen, bis in die Wirbelsäule, in die Leber u. s. w.
hineingehen. Die verschiedene Richtung ist für die Diagnose
Ueber die Wunden des Herzens nnd dea Henbentels. 637
wichtig; es kann z. B. die Hautwunde zwischen der 6. und 7.
Rippe liegen, und bei der Richtung des Instrumentes von unten
nach oben, zwischen der 6. und 6. Rippe in die Brusthöhle ein-
dringen, ja, es kam bei einem Selbstmörder, der mehrfach zu-
gestossen hatte, vor, dass nur eine Hautwunde über der 5. Rippe
lag, und 2 Wunden in den Intercostalräumen, zwischen der 3. und
4. und 4. und 5. Rippe sich vorfanden. Diese veränderte Rich-
tung hat die Wirkung, dass, wenn Haut-, Pleura-, Herzwunde
nicht gerade einander gegenüberliegen, der Ausflnss von Blut
nach aussen verhindert wird, und dieses sich mehr im Herzbeutel,
der Pleura ansammelt (F. 159, 44). Es kann femer ein Instru-
ment an derselben Narbe eingeführt, verschiedene Herzabschnitte
treffen, worüber später.
Um die Wunde herum, unter der Haut, zvdschen dem M.
intercost. nnd der Pleura trifft man nicht selten auf eine Ge-
schwulst und verschiedene grosse Ecchymosen (bis 6 Finger breit)
die sich noch weiter nach innen in das Mediastinum, ja, bis zur
Achselhöhle fortsetzen können. Im Zellgewebe um die Wunde
ist mitunter Luft vorhanden. Der M. pect, mj., die Mm. intercost,
mitunter auch der Anfang des M. rect. abdom., sind meist yer-
letzt, ecchymosirt. Die OefTnung an der inneren Thoraxwand in
der Pleura kann' durch einen kleinen rothbraunen Punkt, der
ringsum mit Pseudomembranen umgeben ist, markirt sein.
Von den Gefassen der Thoraxwand kommen besonders die
Artt. intercostales, die Artt. mamm. int. und ext mit ihren Venen
in Betracht. Ihre Verletzungen liefern oft grosse Blutungen nach
aussen und innen. Bei einer durchschnittenen Art mamm. int.
fand man einmal beide Enden auseinanderstehend und durch sehr
weiche Pfropfe obliterirt. Die Ven, mamm. int war gleichzeitig
mit der Arterie und für sich allein verletzt, letzteres immerhin
ein Zufall, dass das Messer, welches den 2. Rippenknorpel dicht
am Sternum durchbohrte, nicht zugleich die neben der Vene
liegende Arterie traf.
Die Rippen und Rippenknorpel können durchbohrt und, selbst
wenn sie verknöchert sind, ganz durchschnitten sein, obwohl
41*
638 ^^- Georg Fischer,
häufiger das Instrament an ihnen abgleitet und darch die loter-
coBtalräume allein eindringt. Das Ende einer durchschnitteoeD
Rippe kann nach innen vorspringen, anch von aussen her sicht-
bar sein. Es können mehrere Rippen (4, 5, 6) ganz durch-
schnitten, andererseits die obere Rippe in ihrem unteren Drittel,
die untere in ihrem oberen Drittel angeschnitten sein. — Die
Verletzung des Sternum war nicht sehr selten. Selbst mit einem
durchaus nicht scharfen und spitzen Messer wurde ein sonst
gesundes Sternum in der Mitte und von der Lange der Hesser-
breite vollkommen durchbohrt und waren ^nmer an der Spalte
die Ränder aufgeworfen. Die RSnder können im üebrigen 80
dicht aneinanderliegend dass selbst die feinste Sonde weder von
innen noch von aussen in die Enochenwunde eingeffihrt werden
kann ; sie waren ganz glatt, ohne jegliche Splittemng. Es mosste
sogar erst ein Sägeschnitt durch das Sternum die Yerletzung des-
selben bestätigen. In der Regel liegt die Hautwunde oberhalb
des Knochens, wenn er verletzt ist, obwohl es sich ereignete,
dass dieselbe im Intercostalraum lag und dann in schräger Bich-
tong das Sternum durchsetzt hatte, was während des Lebens
nicht diagnosticirt wurde.
6) Gleichzeitige Verletzungen, a) Herzgefässe,
grosse Gefässe. Die Verletzung der Art. coronaria kommt
bei penetrirenden und nicht penetrirenden Herzwunden vor, in
letzterem Falle bei einem Degenstich, der von hinten eindrang:
auch war die Herzwand einmal nur sehr oberflächlieh dabei an-
geritzt. Es ist nur ein Fall bekannt, wo das Herz veri^chont
blieb (F. 14). Es wird bald der Stamm, bald nur ein Zweig
getroffen; man fand die Vasa coron. circumfl. im Sulcus tränst,
durchstochen und mit Blutextravasat umgeben. Die Arterien-
wunde kann verheilen, und sah man an der Basis des Henen^^
eine kleine Furche in Form einer Narbe, in welche das GeKss
ursprüglich zu münden scheint, dabei hielt eine Injection in das
Arteriensystem an dieser Stelle an (F. 272). Die Vena coron. dextr.
war von einer Fischgräte durchstochen. — Die Wunden der grossen
Gefässe bestehen entweder gleichzeitig bei Herz - oder bei Herz-
Ueber die Wanden des Herzens and des Herzbeateis. 639
beutelwanden. Die Aorta ist ganz durchbohrt, seltener ange-
schnitten gefunden. Auch war nur die äussere Haut derselben
gestreift, wodurch eine kleine Ecchymose entstanden war. Es
kam vor, dass sie unmittelbar hinter einer Klappe verletzt war,
die Wunde bedeckte und wahrscheinlich beim Eindringen des
Instrumentes niedergeklappt gewesen war. Dicht hinter der 2'"
grossen Wunde lag eine nussgrosse, mit Blutgerinnsel ausge*
füllte Höhle. Man fand die Aorta 1" vom Austritt 3'^' lang und
1"' klaffend mit scharfen Rändern angestochen. Bei einer am
3. Tage tödtlichen Verletzung des rechten Ventrikels mit starker
innerer Blutung war die Aorta, ohne verletzt zu sein, bis auf
das Volumen der Gruralis verkleinert. Auch kam es vor, dass
bei einer Nadelwunde unter der äusseren Haut der Aorta, gerade
an ihrem Anfange, sich ein Blutgerinnsel fand, von dem Umfange
eines Schillings. Ungefähr ^*' fiber den Aortaklappen waren
3 — 4 Stichöffnungen durch die ganze Dicke der äusseren Arte-
rienwand, V^ ^01^ einander entfernt; eine davon war ca. Vis'' lang,
als wenn sie durch die Pulsationen der Arterie, während die Nadel
noch darin steckte, erweitert worden wäre (F. 24, ähnlich im
Fall 451). Die Aorta wurde bei den Fleisch - Schnittwunden
gleichzeitig mit dem rechten^ dem linken Ventrikel, dem rech-
ten Vorhof und allein mit dem Herzbeutel verletzt, die Art.
pulmo nalis ist in ihrem unteren Rande mit dem angrenzenden
Theil der Vorderwand des rechten Ventrikels, sodann mit dem
rechten Herzohr, beiden Ventrikeln, dem Herzbeutel allein und
mit der Aorta und dem rechten Ventrikel zusammen verletzt.
Man fand ihre Wunde durch ein Blutgerinnsel verschlossen, wo-
durch das Leben 12 Tage erhalten blieb (F. 450). Die Vena
Cava snp. war durch ein Bajonett links hinten mit dem linken
Herzohr und der Speiseröhre schief gespalten (F. 206), auch
allein mit dem Herzbeutel getroffen. Durch wunderbaren Zufall
gelangte einmal die Spitze eines Messers in das Zellgewebe,
welches die V. cava sup. und den Truncus anonymus verbindet,
ohne diese Gefftsse zu verletzen (F. 247).
b) Lungen. Die Verletzungen derselben sind die häufig-
640 ^^' Georg Fischer,
sten Gomplicationen bei Herzwunden, was sich aus ihrer Lage
zu einander hinreichend erklärt, und kommen sie sicher häufiger
vor, als sie beschrieben sind, zumal sie in den genau aufgezeich-
neten Fällen öfter angeführt werden. Bei dem kleinen Herzab-
schnitt, welcher frei, direct der vorderen Brustwand anliegt, dürfte
a priori die Lungeaverletzung noch häufiger sein, wenn nicht
beim Athmen diese Lage insofern geändert würde, dass bei der
Exspiration der Herzbeutel in grösserer Ausdehnung der Brost-
wand anliegt, mithin bei der Inspiration die Lunge in der Herz-
gegend leichter einer Verletzung ausgesetzt ist. Meistens wird
der vordere Rand der linken Lunge getroffen, und kann auch
die Lunge nach der Durchbohrung des Herzens verletzt werden.
Selten dringt das Instrument in ein- und demselben Ghoc in
beide Lungen. Die Zahl und die Grösse der Wunden ist ver-
schieden; oft so klein, dass sie übersehen wird, kann sie mit-
unter V' und mehr betragen, in derselben liegt ein schwarzem
Blutcoagulum. Eine Vernarbung ist neben einer geheilten Hens-
wunde beobachtet (F. 273). — In späterer Zeit kommen nicht
selten pneumonische Veränderungen vor, und bei grösseren Pleura-
ergüssen eine Gompression der Lunge.
c) Bluterguss in den Thorax, Pleuritis. Die Blutun-
gen in den Thorax sind ausserordentlich häufig, und geschehen
meistens in die Pleurahöhle, seltener in das Mediastinum. Bei
ersteren wird die Verletzung der Pleura vorausgesetzt, die auch
in der Regel vorkommt, da nur ein sehr kleiner Theil der vor-
deren Herzfläche von der Pleura nicht überzogen ist. Die linke
Pleura wird häufiger verletzt; es können beide Pleuren getroffen
werden, wenn das neben dem Sternum eindringende Instrument
schräg nach der anderen Seite zu vordringt, oder die Pleura der
anderen Seite wird nach der vollständigen Durchbohrung des
Herzens in der Tiefe getroffen. Das Blut stammt aus der Herz-
höhle und läuft durch die Wunde des Pericard. ab, oder aus den
Lungen und den Gefassen. Es zeigt dieselben Eigenschaften, die
beim Bluterguss im Perir.ard. angeführt sind; in späterer Zeit
kann es missfarbig, stinkend gefunden werden. Die Menge ist
Deb«r die Wanden des Herzens and des Henbeatels. 641
sehr variabel, von wenigen Esslöffeln bis zu 6 Pfund (z. B. bei
Verletzung des linken Vorhofes). Sind mehrere Herzabschnitte,
z. B. beide Ventrikel, oder derselbe 'Abschnitt mehrere Male ge-
troffen, so ist die Blutung grösser; es liessen 2 kleine, durch
einen Schaber hervorgerufene dreieckige Wunden des linken Ven-
trikels 3 Pfund austreten. Die grossesten Mengen werden bei
gleichzeitiger Verletzung der Gefllsse angetroffen, z. B. bei der
Art. intercost. 3, 4—5 Pfund, Art. mamm. int. 3 Maass, 6 Pfund,
Ven. Cava Eup. 4 Pfund, und bei einer Wunde der Art. coronar.
war die Brusthöhle ganz voll Blut. Bei Verschluss der äusseren
Tboraxwunde, fehlendem Parallelismus der Weichtheile- und Brust-
wunde ist die Blutung im Inneren durchschnittlich grösser, da-
gegen werden ein Hinderniss fKr die innere Blutung alte Adhä-
sionen zwischen Pleura cost und pulm. sein. Neben der Blu-
tung in die Pleura ist meist auch Blut im Pericard. vorhanden,
selten dringt es aus dem Herzen ganz in die Pleura, so dass im
Herzbeutel kein Tropfen gefunden wird. Es sammelt sich in der
Regel in dem abschfissigsten Theil der Pleurahöhle; auch hier,
wie im Pericard., kann eine secundäre Blutung erfolgen.
Pleuritis kommt meistens mit Pneumonie, Pericarditis vor,
schien bei einer kleinen Nadelverletzung von letzterer fortgepflanzt
aufgetreten zu sein. Man findet ein seröses, citronenfarbiges oder
mit Blut vermischtes dunkleres Exsudat, dabei bald frische, leicht
zerreissliche, bald ältere resistente Adhäsionen zwischen Lungen
und Thoraxwand, Lungen und Herzbeutel, welche sehr fest ver-
wachsen sein können. Auch lag sogar zwischen Pericard. und
6. Rippe ein massig fester, rötblichweisser Bindegewebsstrang
von V Länge, der vielleicht auf eine frühere Verletzung zurück-
zufuhren war. Pseudomembranen überziehen die Lungen und
verdecken oft ihre Wunden. Es kommen auch Empyeme vor,
bei denen ein dünner oder dickflüssiger Eiter die ganze Brust-
höhle ausfüllen, die Lungen comprimiren kann.
d) Baucheingeweide. Die Verletzungen derselben sind
nicht sehr häufig, und kommen in fast gleich grosser Anzahl bei
Stich-, Schnitt-, Schuss- und Quetschwunden vor. Das Zwerch-
642 ^^' ^«org Fischer,
feil, wird als das dem Herzen zunächst liegende Organ, am hiu*
figsten verletzt, bald im sehnigen, bald im moscnlösen Theile.
In der Regel war es ganz, ^ bis mehrere Zoll lang dorchstoehen,
nur einmal hielt das Messer in dem Gentnun an, ohne es ganz
zu durchbohren. Der Dünndarm stieg durch dies Loch im
Zwerchfell in die Brusthöhle, und verwuchs daselbst durch ein-
zelne Fasern (Fall 269). Als Folgen der Verletsung fliegst
das Blut aus der Brust- in die Bainchhöhle und das Becken. —
Die Leber kann oberflächlich, aber auch 1 — 6'' tief einge-
schnitten sein. Bei einer 1'* tiefen, 3'" breiten Wunde war der
Gang mit einem Pfropf bekleidet, welcher beide Lippen zusam-
menhielt, wodurch der Austritt von Galle verhindert and eine
beginnende Veftheilung angedeutet war (Fall 100). — Die Ver-
wundung des Magens ist meist penetrirend und beschränkt sich
selten auf die Oberfläche. Die Speiseröhre wurde vom Thorax
aus nur einmal getrofien, in Verbindung mit. dem linken Henohr
und der Vena cava sup., häufiger wurde sie beim Verschlingeo
fremder Körper verletzt. — In der Regel werden mehrere Baneh-
eingeweide gleichzeitig verletzt, und kennt man Fälle, wo neben
dem rechten Ventrikel, Zwerchfell, linken Leberlappen, Magen,
Milz, Colon descendens von einem Säbel durchstochen waren
(Fall 61). Ein Degen, welcher am Nabel eindrang, traf das
Netz, Jejunum, Vena cava super., Niere, Leber, Gentmm des
Zwerchfells und rechten Ventrikel (F. 112), ein Bajonett ging
durch das Colon, Magen, Leber, Zwerchfell, rechte Hemehr,
Lungen und Brustmuskeln (Fall 199).
B. Nicht penetrirende Wunden.
Die pathologische Anatomie der nicht penetrirenden Stich-
und Stichschnittwunden hat wenig zu berichten, da sie selten
zur Beobachtung gelangt sind.
Die Tiefe einer nicht penetrirenden Wunde ist und mnss
verschieden sein wegen der Dicke der verschiedenen Herzab-
schnitte. Eh würde z. B. eine 4 Millim. tiefe Wunde am linken
Ventrikel eine oberflächliche, nicht penetrirende , am rechten
Deber die Wunden des Herzens und des Herzbeutels. 643
Yentrikel eine zwar nicht penetrirende, aber vor Penetration ge-
neigte, und an beiden Vorhöfen eine penetrirende Wunde her-
vorbringen. Der geringste Grad der Verletzung war der, wo ein
Messer nur den äussersten üeberzng der glatten Fläche des
Herzens, nicht aber die Substanz des Herzens traf (Fall 240),
oder auch nur in die Fettschicht um die Herzspitze herum ein-
drang, ohne in die Musculatur zu kommen (Fall 215). Es kann
das Herz nur angeritzt sein, so dttss die Wunde 1'^' tief, \*" lang,
1"' breit ist (Fall 116), oder auch 2—4 Millim. tief sein, wie
es bei einem Lungenstich yorkam (Fall 172). In noch höherem
Grade kann der Ventrikel in \ seiner Dicke verletzt sein, ja
das Instrument fast bis in die Herzhöhle dringen, so dass nur eine
zarte Schicht Huskelsubstanz unverletzt bleibt. In diesem Falle
v^ird es mögliqh sein, dass, wie schon S^nac*) als Hypothese
aufstellte, die Trennung der oberflächlichen Fasern zur Ruptur
der tieferen Fasern pr&disponirt, dass also durch den stflrmischen
Andrang des Blutes die letzte verdfinnte Brücke von Fasern
durchbrochen wird, so dass die Penetration vollendet ist. Auf
diese Weise erklärt Boyer**) den Fall 116, wobei indess die
Wunde nicht genau genug beschrieben ist. — Sind vorher beide
Blätter des Herzbeutels zu einer einzigen Membran verschmolzen,
und ist diese mit der Herzoberfläche verwachsen, so kann nach
erfolgter Penetration die Membran durch den Andrang des Blu-
tes abgehoben werden, und sich so ein partielles Aneurysma
entwickeln, wie es Mfihlig (Fall 267) erwähnt. S6nac und
nach ihm N^laton***) vermutheten schon vor Bekanntwerden
jenes Falles die Möglichkeit der Bildung eines partiellen Aneu-
rysmas und stellte Letzterer die Hypothese auf, dass der Punkt
der Herzwand, dessen Resistenz vermindert sei, durch eine nicht
penetrirende Wunde allmälig nachgäbe, und so ein Aneurysma
entstände. Diese Annahme, fBr welche keine Beobachtung vor-
liegt, hat nicht viel Wahrscheinlichkeit für sich; es wird die
*) Trait^ de la strnctBre. da coeur. 1777. T. II. p. 428.
'^) Tnit4 des malad. Chirurg. T. Vll. p. 218. Paris. 1831. 4. ödit.
*^ Elements de pathologie chirargicale. T. III. 1864. p. 468.
344 ^^' Georg Fischer,
lotete Bracke von HerzfoBorn eher voUeads durchbrechen, als
sich zar Wand eines Aneurysma erweitern.
Es kann schwierig sein, mit Bestimmtheit den Charakter der
Wände, ob sie penetrirt oder nicht, zu bestimmen, dabei geliogt
es nicht, im Inneren der Herzhöhle eine Verletzung zu iSnden, ob-
wohl eine Sonde bis dicht an dieselbe eingebracht werden ksniL
Dass bei einer schr&gen Richtung des Instrumentes an dem einea
Herzabschnitt eine nicht penetrii^nde, an dem anderen eine p^
netrirende Wunde bestehen kann, ist erwähnt
Die Blutung in dem Herzbeutel ist, wenn keine Complication
besteht, durchschnittlich ?iel geringer, als bei penetrirendeo
Wunden, und kann sogar fehlen (Fall£240); in jenem Falle stammt
sie dann aus Gefässen der Herzsubstanz oder aus dem Medii-
stinum. Besteht das Leben eine Zeit lang fort, so kann die
Blutung auch zu einer grösseren Menge anwachsen (Fall 212),
und so betrug dieselbe am 14. Tage 4 Pfund in der Pleurahöhle.
Gomplicationen mit Verletzungen der Herz- und grosseo
Gef&sse, der Lungen kommen auch bei diesen Wunden tot;
dass Baucheingeweide neben ihnen nicht verletzt sind, ist Zufall
Pericarditis, Garditis werden bei der Section angetroffeo.
Eine Vemarbung einer nicht penetrirenden Wunde, dereo
Annahme früher nur der Analogie halber vermuthet worden, ist
bei der erwähnten Heilung der Wunde der Art. coronar. anzu-
nehmen, da hierbei gewiss einzelne Muskelfasern des Henens
mit verletzt waren (Fall 272). Die Sectionsberichte sprechea
sich nicht immer bestimmt genug aus, dass man stets Heilnngefl
von penetrirenden und nicht penetrirenden Wunden unterBcheides
kann. Philipp v. Walther hat eine Heilung an der Ober-
a&che(?) des Herzens beobachtet (Fall 277). Yermuthete Hei-
lungen sind hinreichend vorhanden, und wird berichtet, dasseio
Kranker schon am 6. Tage wieder arbeitete (Fall 36); es ist
anzunehmen, dass zu den auf Symptome sich stützenden Hei-
lungen reichlich so viele nicht penetrirende Wunden gehören, al$
penetrirende.
Deber die Wanden des Herzens und des Henbentels. 645
IL SchnsswiindeD.
Das Herz wird darch Schussverletzungen auf verschiedene
Weise verwandet; meistens schlägt die Kugel darch das Herz
hindurch, oder, was bei Weitem seltener ist, die Kugel streift das
Herz, bleibt auch in demselben sitzen, oder sie veranlasst eine
Art Ruptur des Herzens, ohne dieses direct zu berühren.
A. Penetrirende Wunden.
1) Wunde des Herzens und des Herzbeutels. Wird
das Herz von einer Kugel getroffen, so kann es ganz und gar
zerfetzt sein, und einen schwärzlichen Brei bilden, so dass die
Herzsubstanz nur in einem kleinen Theile zu erkennen ist Eine
solche Zermalmnng kann nur einen Herzabschnitt, Spitze, Ven-
trikel u. B. w. treffen, während der andere Ventrikel nur einzelne
zerrissene Stellen zeigt. Diese ausgedehnten Zerfetzungen der
Herzsubstanz, welche häufiger bei Schüssen aus unmittelbarster
Nähe vorkommen, auch durch grosse Kriegsgeschosse entstehen,
sind nicht die Norm fär Schasswunden; in der Regel findet man
einen Schnsskanal mit vorderer und hinterer Oeffnung, welcher
das Herz m der Quere oder Länge nach durchbohrt, und wird
auch diese Art bei Schüssen aus grosser Nähe beobachtet. Die
Oeffnungen sind rundlich, klein oder mehrere Zoll breit, so dass
sie bequem einen Finger aufnehmen, oder es existirt ein mehr
länglicher 4— If" langer Riss. In beiden Fällen sind die Ränder
der Oeffnung ungleich, gefranzt, zerrissen und können mit einer
Menge kleiner Wärzchen übersäet sein. Die Eingangsöffnung ist
mit Gerinnsel bedeckt Der Wundkanal wird innen von zer-
rissenen Fleischfasern gebildet, entspricht an Grösse dem Volum
der Kugel, und kann 1 ** lang sein. In der Regel ist er schwärz-
lich, wie verbrannt, mit Gerinnsel gefüllt, und enthielt einmal
ein ausgesprengtes Stück einer Rippe, auch einen Papierpfropf
und sogar 2 Haare, welche, mikroskopisch untersucht, sich als
Haare von der Brust des Kranken erwiesen, in demselben
Falle auch kleinere Fasern weisser Leinwand vom Hemde dessel-
646 I>r. Georg Fischer,
bea. Von der Eingaogsöffinang gehen mehr oder weniger aus-
gedehnte Risse in die Herzsubstanz hinein. Die Aasgangsöffirnng,
welche, je nach der Richtung der Kugel, verschieden snr Ein-
gangsOffnung liegt, mitunter mehrere Zoll von derselben entfernt,
zeigt ähnliche, wenn auch nicht immer so deutlich ansgepriigte
Zerreissnngen und denselben Durchmesser. Im Inneren der
Herzhöhle sind Trabekeln, Klappen zerrissen, und es ist sehr
selten, dass die Kugel ein- und ausdringt, ohne hier Zerreissim-
gen angerichtet zu haben (Fall 305). Ein- und Ausgangsöffimog
fehlen, wenn die Kugel das Herz nur streift, und dabei doch die
Wunde penetrirt. Es kam vor, dass die Kugel 1 Zoll unter
dem Proc. xiphoideus eingedrungen, schief aufwärts gegangen war.
und die hintere Fläche des linken Ventrikels gespalten hatte
(Fall 325). Das Herz nebst Herzbeutel können auch 2 Wunden
haben, so bei einem Selbstmörder, bei dem 2 Pistolen gefuodea
wurden. Beide Wunden lagen im linken Ventrikel, and naluD
die vordere, ca. 2 Ctm. grosse, die ganze, stark gequetschte
Ventrikelwand ein, während die andere, nahe dem linken Her^
ohr, nur eine einfache Continuitätstrennung von höchstens 1 Ctm.
Ausdehnung, ohne Zerreissung der Ränder, nur oberflächlich wir.
Beide communicirten durch eine Art Kanal in der Wand des
Herzens (F. 334).
Erfolgt der Schuss]|[ mittelst Schrot, so findet man selteo
eine einzige, häufig mehrere Wunden am Herzen (bis 6), die,
wenn der Schuss aus grosser Nähe abgefeuert ist, mehr conceo-
trirt um einen Punkt herumliegen, während sie sonst sich mehr
auf das ganze Herz vertheilen. Die Wunde ist entsprechend
klein, erbsengross,* 2*'* im Durchmesser, der Canal eng, versohle
den lang. Die Wunde aber kann auch eine mehrere Linien quere,
V lange Zerreissung, eine Art Ruptur bilden, >enn die Fasern
einer von 2 Schrotkörnem durchbohrten dünnen Stelle in Folge
des ungestümen Blutstromes und der dadurch bedingten Zemmg
plötzlich nachgeben. Während das eine Schrotkorn penetrirt,
kann das andere in der Herzsubstanz sitzen bleiben.
Bei einem Schuss mit Steinen fand sich an der Oberfläche
Deber die Wunden des Henene und des HeRbentels. 647
des rechten Ventrikels ein ülcns, nnd hatte hier der Stein das
Hers vielleicht zuerst berflhrt. Am linken Ventrikel war eine
grosse Aashfthlang in der Herzsubstanz, in welcher der Stein,
von der Grösse einer Nuss, gelegen hatte. Die Muskelsubstanz
war hier fast ganz geschwunden, so dass die innere und äussere
Wand des Herzens dicht aneinanderlagen (F. 386).
Ein wahrscheinlich mit Wasser geladener Schuss hatte das
Herz bis zur Unkenntlichkeit zerfetzt (F. 349), ein Holzpflock
blieb im Herzen sitzen.
Die mit der Herzwunde verbundene Herzbeutelwunde
ist rundlich, seltener länglich, die Ränder zackig zerrissen, wenn
sie durch eine Kugel veranlasst ist Beim Schrotschuss trifft
man mehrere (bis 7) kleine Wunden, die am Ein- und Ausgang
durch kleine Ecchymosen angedeutet sind, sonst aber leicht fiber-
sehen werden können. Auch lag dabei vorne am Herzbeutel
ein BluterguBS von 2 Thalergrftsse. Selten ist der Herzbeutel
ohne Herzwunde durchschossen, wobei er in grosserer Ausdeh-
nung zerrissen ist; auch kann er secundär durch einen Streif-
Bcbuss, welcher das Sternum zerschmetterte, perforirt sein (F.
360, 361).
Es bleiben noch eine Anzahl Schuss Verletzungen (6) fibrig,
welche den Uebergang zu Quetschwunden und Rupturen bilden,
und dabei unter sich verschieden sind. Dahin gehören auch die
Lnftstreifschusse, bei denen ohne äussere Wunde das Herz, die
Langen, grossen Gefässe, Wirbel u. s. w. zerissen sein können
und der Tod meist momentan eintritt. Man beobachtete diesel-
ben, wenn Leute an eine Brustwehr gelehnt waren und letztere
von 12- oder 24-Pfundern durchschossen wurde. Bei der letz-
ten Belagerung von Antwerpen durch die Franzosen fand man
mehrere Soldaten, die an Ruptur des Herzeos gestorben waren,
ohne dass äusserlich eine Verletzung zu finden war. — Es ka-
men vor:
a) eine Herzwunde ohne Verletzung des Herzbeu-
tels mit einer äusseren Wunde, welche früher ffir unmög-
lich gehalten wurde (de Haen: cor non potest vulnerari nisi
648 * Dr. Georg Fischer,
simul perfodiatnr pericardiam) ; dieselbe ist beobachtet Ton Bo-
rellus (F. 367), Holmes (F. 303) und Heydenreich (F. 206)
am rechtnn YeDtrikel. Dieser war entweder zerrissen, oder hatte
an der Oberfläche eine runde, dem Durchmesser der Kngel est-
sprechende Wunde, die den Anfang eines Ganais mit im Inneren
zerrissenen Wänden bildete. Der Herzbeutel enthielt viel Bim,
war unverletzt, und fand sich einmal im extrapericardialem Binde
gewebe eine breite Ecchymose. Die Kugel lag ausserhalb des
Herzbeutels, einmal frei auf demselben, oder in der Pleurahöhle
Diese Fälle erinnern an die Muskelquetscbungen bei Lnftsfereif-
schössen. Jene Ecchymose liess Holmes vermuthen, dass der
Herzbeutel durch die Kugel in das Innere des Herzens gestosseo
und dann wieder ausgestülpt sei. Heydenreich glaubte, dass
seine Verletzung auf eine doppelte Weise hätte zu Stande kom-
men können: a) Es konnte durch den Anprall der Kugel eine
Berstung der Kammerwand, ohne Einriss der HerzbeutelhüUe er-
folgt sein, welche Annahme jedoch bei der Regelmässigkeit und
Rundung des Ganais sehr wenig Wahrsheinlichkeit für sieh bst
b) Die Verletzung war vielleicht so entstanden, dass der nach-
giebige Herzbeutel, ohne einzureissen, mit der Kugel, oder viel-
mehr von derselben, wie ein Handschuhfinger sackförmig in die
Kammer eingetrieben wurde, dass jedoch nachher durch die Zo-
sammenziehungen der Herzwand und den Druck des in die Kam- ,
merhöhle zusammengepressten Blutes wieder eine Austretung der i
umgestülpten Partie stattfand. Der Tod erfolgte demnach doreh
eine innere Blutung und den Stillstand der Herzthätigkeit bei
der Blutansammlung im Herzbeutel.
ß) eine Zerreissung des Herzens ohne gleichzei*
tige Verletzung des Herzbeutels und ohne äussere
Wunde. Auch diese Verletzung kam dreimal vor, und ist tos
Hufeland (F. 346), Pr. Frin (F. 306) und J. D. Ward (F. 323)
beobachtet. In den beiden letzten Fällen erfolgte der Tod nach
10 Minuten. Die Haut zeigte entweder keine Spur einer Ver-
letzung oder nur eine zarte, schwarze Marke. Das Zeug def
Kranken konnte durchlöchert sein, allein die Kugel war nicfat
Ueber die Wunden des Henens nnd des Herzbeutels. 649
in die Brust eingedrnDgen, und lag einmal im Hemde. Die In-
tercostalmuskeln waren zerrissen, oder doch so gequetscht, dass
sie sich leicht mit dem Finger durcbstossen liessen, auch konnte
das Brustbein zerschmettert sein. Der Herzbeutel war ganz un-
verletzt, nur von Blut ausgedehnt, welches auch im Mediast. antic.
gefunden wurde. Am rechten sowohl wie am linken Ventrikel
fand sich ein Riss, der 1" lang, oder so gross war, dass er den
Finger durchliess; in höherem Grade war das Herz ganz geplatzt,
so dass Alles im Blute schwamm. Ob die Diastole der Ven-
trikel, in welcher sie passiv erweitert, weniger Widerstand leisten,
die Art der Verletzung begünstigt, ist nicht sicher zu bestimmen.
Hufeland glaubte in seinem Falle, dass entweder gar keine Kugel
in die Pistole hineingeladen sei, und 3ie Zerplatzung des Herzens
nur durch die Explosion des Pulvers erfolgte, oder, was wahr-
scheinlicher war, da eine plattgedrückte Kugel im Hemde gefun-
den wurde, die Kugel ohne Pfropf auf das Pulver im Pistolen-
anf aufgesetzt, derselbe recht fest auf die Brust gedrückt nnd
losgeschossen sei. Die Luft im Laufe, welcher der Ausgang er-
schwert war, hatte als Widerstand gegen die Kugel gewirkt, und
einerseits dieselbe am Eindringen in den Körper verhindert, an-
dererseits den Stoss des Pulvers durch Gegendruck der Brust
mitgetheilt und die gewaltsame Zerstörung bewirkt.
2) Bluterguss in den Herzbeutel, Pericarditis und
Yernarbung der Herz- und Herzbeutelwunde. Eine
Ansammlung von schwarzem coagulirtem Blut oder blutigem
Serum im Herzbeutel wird in der Regel beobachtet, und wird
da , wo eine Herzwunde ohne Verletzung des Pericard. besteht,
das Blat verhindert, in die Pleurahöhle abzufliessen. Die Menge
der Blutung kann auch bei kleinen Wunden in Folge eines Schrot-
sehasses, sowohl im Herzbeutel, als in der Pleura, bedeutend
werden.
Pericarditis ist hier seltener, als bei Stich - Schnittwunden,
weil der Tod meistens zu rasch eintritt. Sie entstand erst ein-
mal am- 9. Tage, und fand man bei der Section die kleine Wunde
im Herzbeutel durch plastisches Exsudat geschlossen, das Herz
050 I^r* Georg Fischer,
mit demselben überdeckt, seine Wunde geschlossen, and um die
im Septam sitzende Kagel eine abkapselnde Cyste in der BiMnof
begriffen (F. 342). Eine selbstst&ndige Pericarditis entwidel»
sich 2, 3 Tage nach einem Schrotschnss (F. 373).
Yemarbungen von Schnsswunden wurden mehrere beobach-
tet, als Kugeln, Schrot in der Herzwand eingekapselt warei
Auch ohne diese Gomplication sab man Schusswanden in der Yer-
narbung begriffen, als der Tod durch Erschöpfung eintrat (F. 362],
und war eine Kugelwunde schon am 4 Tage so weit yernarb;
dasB man nur noch eine Sonde durchfuhren konnte (F. 311).
3) Wunde der Thoraxwand. Die durch eine Engel
entstandene Hautwunde ist meist rundlich, und hat die Grö^
des Projectils, selten ist ste yiel grösser, als dasselbe. DieEi«-
gangsöffnung ist ^—2" lang, \—2" breit, kann den Durchmc«
eines Bleistifts, eines Silbergroschen und mehr haben. Die Bin-
der der unregelmässigen Oeffnung sind häufiger zackig, xerri^s.
uneben, als glatt, scharf und gewulstet, können trichterffiriDif
eingestülpt sein, eine Eigenschaft, die indess ebenso häufig feblt
Dabei sind sie trocken, wie yom Brande geschwärst, leder-, per-
gamentartig. In der Wunde können geronnenes Blut, Rippee-
fragmente, Lederstückchen liegen. Die Umgebung erscheint b
einem Durchmesser von i — ö" vom Pulver verbrannt, gelbbnti
geschwärzt oder ecchymosirt, hart und lederartig. Die Ausgange
Öffnung ist, wenn sie vorbanden ist, oft kleiner als die Eingangs-
öffnung, ihre Ränder bald nach aussen gestülpt, bald nicht &
kamen bei einer Eingangsöffnung 2 Ausgangsöffnungen vor, wekl'^
von einer nussgrossen Kugel hervorgebracht, Y breit nebeneio*
ander lagen, und liur durch eine 2"' breite Hautbrücke von ^
ander getrennt waren. — Die Hautwunde eines Schrotschusst*
ist erbsengross, von 2, 8'^^ Durchmesser, scharf, rundlich oder
zerrissen. Bei einem Schuss aus grossester Nähe concentrir^
sich die Körner auf einen kleinen Raum, im anderen Falle kön-
nen sie sich in grosser Ausdehnung über den Thorax zerstren^
Es kam vor, dass die Hauptmasse in das Gesicht und Hals tii^
und nur ein einziges Schrotkorn unter der Warze eindrang, <i^l
Deber die Wunden des Henens nnd des Henbentels. 651
Herz traf, worauf nach einer Yiertelstunde der Tod eintrat. Man
zählte bis gegen 26 kleine Wanden. Bleiben die Eömer am
Stemum, ^n den Rippen liegen, so können sie eine umschrie-
bene Periostitis veranlassen. — Bei dem Schuss mit Wasser
war die Wunde sehr gross, 2" lang, 1" breit, zerrissen, die Rin-
der weder nach innen, noch nach aussen gestülpt, in der Um-
gebung lagen einige suggillirte Stellen; eine Ausgangsöffiiung
fehlte. — Die durch einen Stein heryorgebrachte Wunde war
klein, von i" Durchmesser, rund, mit starken Verbrennungser-
scheinungen in der Umgebung. — Der Schusscanal kann, wie
bekannt, seine Richtung verschiedentlich ändern; er ist mit coa-
gulirtem Blut, in späterer Zeit mit Eiter gefüllt, der sich in
einer HOhle desselben bis zu einer Pinte ansammeln kann. In
einem Falle kam Gangrän mit grösserer Eröffnung der Thorax-
wand vor. — Die Muskeln der Brustwand und Intercostalräume
sind zerrissen, oft wie verkohlt, die Lücken mit Blut ausgefüllt. —
Die Rippen werden entweder durch einen Streifschuss ange-
brochen, ein Theil derselben abgesprengt, so dass ein mehr oder
vreniger grosser Substanzverlust entsteht, oder, was häufiger vor-
kommt, durchschossen und zersplittert. Die Splitter liegen lose
in der Hautwunde, oder werden später durch die Eiterung lös-
gestossen. Auch ereignete es sich, dass ein 2" langer Splitter
in das Herz hineingetrieben wurde, wodurch die Wunde eine
längliche Rissform bekam. — Yom Rande des Sternum können
kleine Stücke abgeschossen werden, oder der Knochen wird durch
einen Streifschuss ganz zerschmettert, wobei secundär das Peri-
cardium perforirt werden kann. Eine solche Zerschmetterung
geschah auch durch den blossen Anprall der Kugel, ohne dass
sie eindrang. — Gleichzeitige Knochenverletzungen kamen am
Schulterblatt vor — Wunden der Art. intercostal. und Art mamm.
int. sind nicht aufgezeichnet. Man glaubte in einem Falle letz-
tere verwundet, versuchte erfolglos eine Unterbindung, allein bei
der Section fand man sie in einer abnormen Lage hinter dem
Sternum, so dass eine Verletzung in diesem Falle unmöglich
schien.
▼. Laagenbeek't Arohiv für Chirurgie. IX. 42
652 I>r- Georg Fischer,
4) Gleichzeitige Yerletzangen. a) Herzgefädse,
grosse Gefisse, NerTen. Eine besondere YerletzuDg der
Art. und Yen. coronaria wird nieht erwähnt. Die Aorta wir
sowohl an ihrem Ursprung ans dem Herzen losgerissen (Fat! 340;
als auch die äussere Haut derselben von der Kngel gestreift, als
sie zwischen Aorta und Oesophagus durchgegangen war (Fall 328).
£8 kam vor, dass ein Schrotkorn in den aufsteigenden Ast der
Aorta ein* und nicht wieder ausdrang, so dass es wahrscheio-
lieh weiter getrieben war (Fall 341). Ein Zweig der An
pulmonalis war durch einen Schuss in den Rficken verletzt
und fiel die Kugel in dieselbe hinein, um in den rechten Veotri-
kel einzudringen (Fall 305), auch wurde sie gleichzeitig mit di^eo
Yentrikel durch einen Schrotschuss getroffen (Fall 319). Die
Yena pulmonalis wurde wahrscheinlich ebenSEills von einer
Kugel perforirt, die dann in das linke Herzohr und schliesslieli
in den linken Yentrikel gerieth (Fall 333). — Die Nerves-
p lex US in der Nähe der grossen Gefässe, um den Oesophago?
herum, können zerrissen, von rothbrauner Farbe sein (Fall 328).
b) Lungen. Ihre Yerletzung ist häufig, die Wunde rund-
lich, schwärzlich von Blutgerinnsel, und verschieden lang. Der
Schusskanal zeigt zerrissene Ränder und kann Fragmente von
zersplitterten Rippen enthalten; die Umgebung ist scbwarzrotb
marmorirt. An der Wurzel der Lunge fand man einmal einen
kleinen bläulichen Fleck im Bindegewebe, und schien hier ein
Holzpflock in dieselbe eingedrungen zu sein. In höheren Graden
ist die Lunge ganz zerrissen. Nicht selten bleiben Kugehi,
Schrotkömer in ihr stecken. Als Folge der Yerletzung tritt
Pneumonie auf, sowohl in dem angrenzenden Lappen der verlets-
ten Partie, als auch in der anderen unverletzten Lunge. Kleiuei«
Wunden fand man später bei Sectiooen voltständig vemarbk
c) Bluterguss in den Thorax, Pleuritis. Der Bist-
erguss ist in der Regel bedeutend, wechselt zwischen 4 Unzen
bis 4, 6 Pfund. Bei Yerletzungen beider Pleuren ist er dureh*
schnittlich grösser, und fand man auf der Seite, wo die Lunge
nicht verletzt war, 4 j^fund, auf der anderen mit verletzter Lunge
Ueber die Wunden des Henens und des Henbentels. 65S
2 Pfund; auf beiden Seiten einmal 2 Quart flfissiges Blut. Im
Blut können die Kugel, Rippensplitter, Papierpfröpfe, Fetzen der
Herzsubstanz enthalten sein. Pleuritische Exsudate, Empyeme mit
ihren Adhärenzen und Gompression der Lungen werden beobachtet,
d) Baucheingeweide. Die Verletzung derselben ist dann
am häufigsten, wenn der Schuss von der Bauchwand eindringt,
.und kann bei ein- und derselben Verwundung die Kugel durch
den convexen Theil der Leber, zwischen den Platten des Meso-
colon durch den Schwanz des Pancreas gehen, die Milz zer-
reissen und durch das Zwerchfell in die Brusthöhle gelangen
(F. 313). Ein Theil des Wergpfropfes kann dabei auf der Ober-
fläche der Leber liegen bleiben. Bei einem sich zertheilenden
Schrotschuss werden einzelne Körner in den verschiedensten Orga-
nen (Milz u. s. w.) gefunden. Seltener werden die Baucheingeweide
bei dem Eindringen des Projectils in den Brustkorb getroffen,
obwohl auch hierbei Zwerchfell, Magen, Milz getroffen sind, je
nach der veränderten Richtung des Schusses (F. 362, 332). Am
Magen war eine Wunde an der EingangsOffnung neben der Gar-
dia deutlich vernarbt, indess die Ausgangsöfihung nicht zu finden,
und lag dabei die Kugel auf der linken Niere (F. 362). Im
Falle 332, wo die Kugel die 5. linke Rippe durchbrochen und
das Zwerchfell getroffen hatte, wird die Verletzung in dem Mo-
ment völliger Exspiration stattgefunden haben, da nur hierbei der
hohe Stand des Zwerchfelles bis zur 5. Rippe mOglich war.
B. Nicht penetrirende Wunden.
Den Uebergang von penetrirenden Wunden zu dieser Gruppe
vermitteln Streifschflsse, bei welchen die Gommunication mit der
Herzhöhle nur sehr gering ist (F. 310. Beck). Die eigentlich
nicht penetrirenden Wunden sind, abgesehen von den Fällen, wo
eine Kugel in der Herzwand stecken bleibt, ohne die Herzhöhle
dabei zu eröffnen, ausserordentlich selten, und es ist nur ein
Streifschuss bekannt, wo der rechte Ventrikel contundirt, ein-
zelne Muskelfasern oberflächlich corrodirt waren; die Kugel lag
im Herzbeutel (F. 318, Nälaton).
42*
654 Dr. Georg Fischer,
m. (üaetochwiiiiden md Rnptareo.
1) Quetschwanden.
Zn dieser Gruppe gehören: a) diejenigen offenen WnndeiL
bei denen ein relativ stumpfer Körper von aussen den Thoni
durchdringt und das Herz verletzt Es liegen nur 2 Beobadh
tungen hiervon vor: in der einen drang ein Holzpfahl tw
Bauch aus durch das Zwerchfell in beide Ventrikel, nnd war dk
Wunde 1'^ lang, hatte unegale, zerrissene R&nder; dabei fandeo
sich 2 Quart Blut im Thorax (F. 393). In dem anderen, nicht
ganz klaren Falle hatte ein Stein ein kleines Loch in dem Her^
beutel und eine kleine ecchymosirte Wunde im linken Yorhof
hervorgebracht (F. 410).
Es gehören b) diejenigen F&lle hierher, wo in Folge eioeg
Schlages, Stosses u. s. w. eine Entzündung des Herzens nad
Herzbeutels entstanden ist. Am Herzen fand man dabei aa
der Oberfläche livide, selbst brandige Stellen, ÜIcerationen und
Erweichungen, welche die ganzen Herzw&nde einnahmen, aasser-
dem Eiter im Herzbeutel und Adhäsionen zwischen ihm und d^
Herzen (F. 387, 418). Pericarditis für sich allein wurde diagno-
sticirt und verlief zur Heilung in Fällen, welche direct iuxA
die Quetschung, und nicht durch die mitunter gleichzeitigen Rip-
penfracturen (F. 446, 447, 448) entstanden waren.
2) Rupturen.
Die Zerr eissungen am Herzen, welche durch sehr versehie-
dene Gewalten veranlasst werden, haben mehr oder weniger
einen ähnlichen Charakter, so dass aus den anatomischen Ver-
änderungen auf die Art der Verletzung nicht geschlossen werden
kann. Selbst da, wo die Ruptur durch eine heftige Erschütte-
rung des Thorax, oder direct durch eine Fractur der Rippe, des
Brustbeins veranlasst ist, ist das Ansehen fast dasselbe. Ein
merkwürdiges Zusammentreffen war ein Fall mit traumatiscker
Ursache und scorbutischen Veränderungen am Herzen, so das^
es nicht ganz sicher war, welcher Ursache die Ruptur ihren Ur-
sprung verdankte (F. 390).
1) Wunde des Herzens. Die Ruptur, deren folgende Be-
schreibung sich auf einen, bis in die Höhle penetrirendeo
Ueber die Wunden des Herzens und des Henbentels. 555
Riss in die Herzwand bezieht, ist verschiedeo gross, ^ — IV'
lang; i^ — 1" breit, klaffend, so dass man den Zeigefinger einAh-
ren kann. Sie ist auch einerseits nnr 3'" Darch'messer lang,
gänsefederdick, und kann andererseits den ganzen Herzabschnitt
einnehmen, ja durch das ganze Herz gehen. Die R&nder der-
selben, welche meistens gleichmässig klaffen, oft in der Mitte
mehr, als an den Enden, sind gewöhnlich scharf gezackt, ge-
franzt, zerrissen, mitunter ecchymosirt. Nur bei der Einwirkung
eines scharf zugespitzten Enochenfragments werden- sie ganz
scharf sein. Der Riss ist entweder einfach, so dass in der näch-
sten Umgebung die Herzsubstanz unverletzt ist, oder es laufen
von demselben nach verschiedenen Seiten hin kleinere und grössere
Risse in die Muskelsubstanz aus, wobei die Ruptur sternförmig
wird. Sie kann in mehrere Lappen getheilt sein, wenn die Ver-
letzung durch verschiedene Enochensplitter geschah. Es bilden
diese Rupturen die Uebergänge zu den höheren Graden, wo meh-
rere Herzabschnitte, das ganze Herz zerrissen ist. Ueber das
gegenseitige Grössenverhältniss der inneren und äusseren Oe&ung
liegen keine Beobachtuogen vor, während bei spontanen Rupturen
die innere Oeffnung im Allgemeinen viel enger sein soll, als die
äussere (Elleaume^. Der Riss ist mit coagulirtem schwänzen
Blut ausgefallt, und oft an seiner Oberfläche durch Extravasat
ganz verdeckt. Die Ruptur, welche sowohl vorne als hinten lie-
gen, und bald von einer zur anderen Seite sich herumziehen kann,
stellt entweder einen Quer- oder Längsriss dar, und kann in letzterem
Falle von der Basis längs dem Rande zwischen beiden Ventri-
keln bis zur Spitze verlaufen. Liegt der Riss an der Grenze
eines Herzabschnittes, so war z. B. das rechte Herzohr fast voll-
ständig quer von der Ven. cava sup. abgerissen. Abgesehen
von den Zerreissungen des ganzen Herzens, erstreckt sich der
Riss selten auf mehrere Herzabschnitte zugleich, es sind nur
2 Fälle an beiden Ventrikeln und sodann eine Ruptur am rech-
ten Herzohr und linken Ventrikel bekannt.
Ausser diesen Rupturen, welche an der äusseren Herzwand
dem Pericard. zugekehrt liegen, giebt es Einrisse im Inneren
656 ^^' Georg Fischer,
des Herzens. Dieselben sind sehr selten, liegep mitunter im
Septum, wodurch eine Commanication beider Ventrikel zn Staade
kommt. Dabei fanden sich an der Oberfläche des Herzens Ecchy-
mosen. Beide Formen können sich combiniren, indem neb«
einer Ruptar des rechten Herzohres im Inneren Qaerfissuren übet
dem Ostium venosum und in der das Foramen ovale verschliesäen-
den Membran yorkommen können (F. 396).
Die Herzmnscttlatur ist, wenn der Tod sogleich eintritt, nor-
mal fest, derb, weder mürbe, noch atrophisch, kann auch dord
Congestion dunkeler geftrbt, selbst braungelb, fthnlich der Leber,
angetroffen werden, während die innere Oberfläche der Höhlen
gleichmässig kirschroth ist Mitunter war das Herz grösser, ak
gewöhnlich, contrahirt, selten welk, runzelig. Pathologische Ver-
änderungen des Herzens, z. B. fettige Entartung xl b. w., wie sie
bei den spontanen Rupturen als Vorbedingung zu ihrer Ent-
stehung angesehen werden, sind für das Zustandekommen der
traumatischen Rupturen nicht erforderlich, und die Ansicht ton
Walshe, welche eine Veränderung yoraussetzt, ist nicht richtig.
2) Wunde des Herzbeutels. Der Einriss des Herxbes-
tels, welcher neben einer Herzruptur Torkommt, liegt meistens
dieser gegenfiber, ist bald mehr ein Längsriss, bald ein rund-
liches (haselnuBsgrosses) Loch mit unregelmässig zerrissena
Rändern. Die Länge des Risses stimmt nicht immer mit der-
jenigen der Herzruptur flberein, nur einmal waren beide gleich
gross, und zwar nur lÖ''' lang. Der Herzbeutel wird in seiner
ganzen Länge zerrissen sein, wenn das total abgerissene Hen
aus ihm entschlüpft, worüber später. Man sah, dass ein Fn«-
ment einer Rippe die Oeffnung im Pericard. ausf&Ute; wahrschem-
lich hatte dasselbe anfangs diese sowohl, wie die Herzwnnde ge-
schlossen und einen Blutergusss yerhindert, worauf sodann bei einer
stärkeren Bewegung das Fragment aus der Herzwunde sich surfid-
zog, der Blutung freien Lauf lieds und dem Leben ein Ende macht«
(F. 399).
Dieselben Ursachen, durch welche Herzrupturen entstehen;
können eine Ruptur des Herzbeutels ohne Herzver-
Deber die Wunden des Herzens nnd des Herzbentels. 057
letznng hervorrufen (5 Fälle). Dabei ist das Pericard. meisteDS
in seiner ganzen Länge zerplatzt (F. 441), oder der Riss doch
wenigstens sehr gross (13 Gtm. lang, 10 Gtm. breit, F. 439),
und es ist nicht selten, dass das Herz dabei einen leichten Yor-
spning bildet (F. 438). Es gehOrt dahin anch die wahrschein-
liche Dislocation des Herzens nach rechts, wobei ein Riss im
Herzbeutel nnd der Pleura vorauszusetzen ist (F. 444). In allen
diesen Fällen waren gleichzeitig Fracturen an den Rippen oder
am Stemum, welche den Herzbeutel zerrissen hatten.
Auf der anderen Seite kommen bei denselben Ursachen
Rupturen des Herzens ohne Herzbeutelverletzung vor;
(5 Fälle: 383, 396, 401, 402, 408). Dass das Intactbleiben des
Herzbeutels in ungefähr der Hälfte aller Fälle stattfinde (Gam-
gee, citirt von A. Poland), ist zu weit gegriffen. An diese
und die zuletzt erwähnte Gruppe reihen sich die frfiher ange-
fahrten (Seite 649) Zerreissungen in Folge einer Schassver-
letzang.
3) Bluterguss in den Herzbeutel, Pericarditis.
Im Herzbeutel findet sich theils flfissiges, theils dunkel geronne-
nes Blut meist in grosser Menge, so dass derselbe um das Vier-
fache ausgedehnt, über die angrenzende Lunge hinweggespannt
liegen kann. Selbst aus einem 3'" grossen Riss im rechten
Herzohr hatte sich viel Blut zwischen Pericard. und Sternum an-
gesammelt. Selten findet sich im Herzbeutel gar kein Blut,
wenn es in die Pleurahöhlen abgeflossen ist, und war derselbe
dabei leicht bläulich gefärbt Die Blutung fehlt, wenn die Rup-
tur im Septum, also im Inneren des Herzens liegt. — Eine Peri-
carditis im Gefolge einer Ruptur kam nicht vor, da der Tod zu
frühzeitig eintrat.
4) Vernarbung. Eine Vernarbung der Ruptur ist nicht
beobachtet Dagegen hat man einen Sehnen fleck von der
Grösse eines Franken auf der vorderen Herzfläche gefunden und
ihm gegenüber 2 eingedrückte Rippenknorpel, welche bei einer
Fractur das Herz insultirt und ihre eingedrückte Lage behalten
haben; der Herzbeutel war dabei unverändert (F. 443). Es liegt
358 ^r, Georg; Fischer,
nahe, diesen Fall für eine Heilung einer traumatischen Irritaticm
der Herzoberfläche anzusehen. Jedenfalls hat er das Interesse,
der von Friedreich*) aufgestellten Yermuthnng, dass Sehnen-
flecke, als Wucherungen und Hyperplasieen des pericardiiden und
subpericardialen Bindegewebes, die Effecte eines pechaiiischeD,
die Herzoberfläche treffenden Irritans sind, eine gewisse Sicher-
heit zu geben. Die Ansicht wird dadurch unterstützt, dass die
Sehnenflecke bei ihrem häufigen Vorkommen meist an Stellen
des Herzens gefunden werden, welche sxi harten, resistenten
Theilen der Brustwand angedruckt sind, indem ihre Lieblings-
stellen am rechten Ventrikel dem unteren, von Lunge nnbedeek-
ten Theile des Stemum, am linken Ventrikel dem 5. Rippen-
knorpel entsprachen.
'5) Wunde der Thoraxwand. In den meisten Fallen
findet man auf der Haut weder eine Wunde, noch eine Sugilla-
tion, mögen die Verletzungen am Herzen noch so gross s^.
Weniger häufig kommen in der Herzgegend Sugillationen, kleioe
Hautabschürfungen, leichte Contusionen vor; nur einmal fand fdcb,
als eine Wageijdeichsel den Kranken gegen eine Mauer gepressfc
hatte, eine breite schwarze Ecchymose an der Basis der Brost, die
sich bis oben und aussen an den Schenkel fortsetzte. Dieses
seltene Vorkommen der Blutergüsse in der Haut wird zam Theil
durch den sehr oft momentan eintretenden Tod begünstigt, wo-
bei die Herzaction sofort und vollständig aufhOrt, so dass für die
Ecchymosirung in die Gewebe gar keine Zeit übrig ist. Einmal
war die linke Brust ganz flach gedrückt. Desgleichen sind die
Veränderungen unter der Haut nicht allgemein, es gehören dahin
Blutextravasate im Unterhautzellgewebe, unter dem Pectoralis
major, im subpleuralen Zellgewebe, Zerreissungen der Intercostal-
muskeln, Emphysem.
In grosser Anzahl kommen Fracturen an den Rippenkochen
und -Knorpeln, am Brustbeine vor (unter 76 Fällen 44 mal),
und bringen diese theils direct durch ihre vorspringenden Frag-
*) Krankheiten des Herzen». Handbuch der epeciellen Pathologie nnd
Therapie, red. von Virchow. V. Bd. II. Abth. 1. Lief. 1867. S. 101.
Deber die "VIFanden des Henens und des Herzbeutels. 659
mente die Ruptur zu Stande , nnter welchen Verhältnissen die
durch EenlenscblSge Hingerichteten sterben werden, theils be-
stehen sie nebenher, ohne Einflnss auf die Ruptur. Es wurden
27 Mid Rippenfractureu beobachtet, unter denen 12 directe Ver-
letzungen. Häufiger waren es die 8., auch wohl die 5. Rippe,
welche das Herz trafen. Die Fractur liegt meistens dem Her-
zen gegenüber, kann im Knochen , an der Verbindung von Kno-
chen und.Knorpel, oder in letzterem selbst stattfinden. Die Herz-
wunde kam auch zu Stande, wenn die Rippen weiter seitwärts,
an der Verbindung der beiden hinteren mit dem vorderen Drittel,
gebrochen waren. Das verletzende Fragment springt nach innen
vor, ist scharf, spitz, mitunter wie ein Flötenschnabel geformt;
es kann, wie vorhin erwähnt, in der Herzbeutelwunde steckend
angetroffen werden. Am Herzen kOnnen von den Rippen ver-
schiedene Abschnitte, vorne und hinten, selbst beide Ventrikel,
durch ein Fragment getroffen werden; die Wunde ist, wie die
im Herzbeutel, meist 1—2 *' gross. — Die Fracturen, welche nicht
im Zusammenhange mit der Ruptur stehen, kamen an den ver-
schiedensten Rippen vor: es können alle wahren Rippen, ja sämmt-
liche Rippen auf einer Seite (F. 423. 424), gebrochen sein. Be-
stehen Doppelfracturen, so liegt die eine hinten in der Nähe der
Wirbelsäule, die andere vorne am Stemum. Unvollständige Brüche
sind beobachtet, bei denen aussen keine Gontinuitätstrennung
sichtbar war, und combiniren auch diese sich mit vollständigen
Fracturen. Als bei einer Section keine Rippenfractur gefunden,
am Thorax manipulirt wurde, brach rechts und links mit Ge-
räusch die 5. Rippe, wobei im Anfange wahrscheinlich der Bruch
incomplet gewesen war. Es ist bemerkenswerth , dass bei Kin-
dern mit Rupturen nur 2 Mal Rippenbrüche vorkamen, was durch
die grössere Elasticität ihrer Brustwände bedingt sein mag.
Fracturen der Brustwand wurden 17 beobachtet, unter de-
nen in 11 Fällen das Fragment die Herzruptur hervorgerufen
hatte. Man findet diese Fractur sowohl im oberen Drittel, in
der Mitte, als auch dicht über dem Proc. xipboid. liegen ; es ka-
men sogar 3 Fracturen an demselben Sternum vor. Meistens
ggO Dr. Georg Piseher,
sind es einfache Querbrüche, mitanter Gomminativbrficbe,
welchen letzteren auch nar der Herzbeutel allein serrisseo ^]
kann, auch konnte nur eine Diastage zwischen dem Mannbria
und dem Corpus vorliegen. Bei den nicht verletzenden Stent^
brächen besteht keine Disloeation. Eine Combination von Rf
pen» und Brnstbeinbrüchen ist nicht selten.
Verletzungen der Gefltose am Thorax sind nicht besondei
erw&hnt.
6) Gleichzeitige Verletzungen, a) Herzgefli^
und grosse Ge fasse. Risse in den Kranzarterien sind nkti
anfgeflihrt. An der Aorta bestand, nahe an ihrem Austritte, s
der Tnnica externa ein Bluterguss, neben einer Ruptur des lis-
ken Yorhofes (F. 412), sodann ein Riss in dem aufsteigeodfc
Theile, neben einem Herzbeutelrisse (F. 488), und drittens m
Zerreissung der Aortenklappen, bei einer Ruptur an der Bas*
des Herzens, neben der Insertion der Aorta (F. 384). In d^
Vena cava sup. fanden sich bei einer Ruptur des rechten Hen-
obres 2 kleine rothe Flecken, von denen der eine sart dnrt^r
löchert war, und in beiden durch die Tunica externa, da, wo es»
Intima zerrissen war, das Blut durchschimmerte (F. 398). Ik
Vena cava inf. zeigte einen longitudinalen Riss, der sich be
zum rechten Herzohre fortsetzte (F. 401); eine Ruptur der An
pulmon. bestand neben einer Ruptur des linken Ventrikel»
(F. 388), eine solche der Ven. pulmon. neben Ruptur des lin-
ken Herzohres (F. 408). — Mitunter lag der Riss unmittelbar so
der Grenze der Gefässe und eines Herzabschnittes, so zwisehei
der Vena cava sup. und rechtem Herzohre (F. 394), und giof
ein Riss im rechten Ventrikel quer um den Rand der Art. pul-
mon. herum (F. 374).
Selbstständige Zerreissungen der Herzklappen kommen in
Folge heftiger Muskelanstrengungen vor, gehören indess, stm
genommen, hier nicht her. Peacock*) sammelte deren 1'
*) Injarj of the yaWes of the heart from yiolent mnsculzr exertioc
The mooihly Journal of medical science. Vol. XV. 1852. Edinburgh, an '
On some of the canses and effects of valtolar disease of the heart Lot-
don. 1866. p. Si.
Deber die Wunden des Herzens nnd des Henbentels. 661
Fälle (10 Hai Aortenklappen, 4 Mal Mitralis, 3 Mal Tricaspida-
lis), und e0 sehien, dass präexistirende Veränderungen an den
Klappen diese Bisse begfinstigten.
b) Lungen, Blnterguss in den Thorax. Einrisse der
Lungen sind häufig. Sie können einen Rand, einen Lappen, ja
die ganze Lunge einnehmen, und auf 6, 8 Stellen Tertheilt sein.
Sie sind ebenso, wie die Herzruptnr, entweder durch einwärts
gedrängte Rippenfragmente, oder ohne dieselben entstanden. An-
statt einer Ruptur kommen auch leichte Ecchymosen, Anschop-
pungen mit schwarzem Blute, zumal an den den Rippenfracturen
anliegenden Stellen, vor. — Neben einer nach einer Quetschung
entstandenen Pericarditis kann sich gleichzeitig eine Pneumonie
entwickeln.
Blutergüsse in eine oder beide Pleurahöhlen sind häufig, und
in der Regel bedeutend; mehrfach kam ein Extravasat im Me-
diast, antic. vor, während in der Pleura sich kein Blut fand.
c) Baucheingeweide; andere Verletzungen. Die
Rupturen an Baucheingeweiden sind im Ganzen nicht häufig. Am
meisten disponirte die Milz, zur Ruptur, welche 4 Mal neben der
Herzruptur allein, und 3 Mal mit gleichzeitigem Risse in der Le-
ber bestand. Auch letztere Ruptur kam allein, und mit Ver-
letzung der Lunge vor, zeigte einmal 2 gesonderte Risse. Das
Zwerchfell ist ca. 3 Mal zerrissen gefunden, und waren dabei
einmal einzelne Unterleibsorgane durch den Riss in die Brusthöhle
versetzt. Rupturen an Därmen und Nieren sind nicht aufgezeichnet.
Zu den übrigen complicirenden Verletzungen gehören Frac-
turen des Schädels, der Wirbelsäule mit dem Kreuzbeine, Frac-
tnren und Luxationen des Schlüsselbeines, der Extremitäten,
Trennung der Symphysis pubis u. s. w.
3) Seltene Fälle.
Es bleiben noch einige Beobachtungen übrig, welche von
den schlechthin als traumatische Rupturen aufgeführten Fällen,
wegen ihrer Seltenheit, besonders getrennt zu werden verdienen;
dahin gehört vor Allem:
a) Ein totales Abgerissensein des Herzens von
662 I>r. Georg Fischer,
den groBsen GefSssen. Dasselbe ist 6 Mal beobachtet, und
waren die Ursachen folgende: eine blosse Erschütterong mit Fall
in's Wasser, ohne directe Einwirkung einer Gewalt (F. 420), das
Anschleudern gegen einen Baum (F. 422), eine Quetschung Ton
einem einstürzenden Eisengebälk (F. 423), ein Sturz von 40 Fugs
Höhe (F. 424), das Erfassen von einem Kammrade (F. 425),
und eine Quetschung durch einen zusammenfallenden Baum
(F. 426). Das Herz war yon den grossen Gef&ssen ganz abge-
rissen, und lag frei in dem zerrissenen Herzbeutel, oder ausser-
halb desselben frei und lose in der Brusthöhle; nur einmal hing
es noch an der Vena cava inf. fest, und waren dabei die Rän-
der des Risses ganz scharf^ wie abgeschnitten. Das Gewebe des
Herzens konnte fest, derb sein, und war auf der Haut meistens
keine Wunde zu sehen. Als ein Unicum steht der Fall da, wo
das abgerissene, mehrfach gebrochene Herz ans der aufgeplatzten
Brusthöhle 10 Schritte weit wegflog (F. 426). Bei allen
diesen colossalen Verletzungen waren viele Rippenbruche, oder
Rupturen in den Lungen, der Leber, Milz, grosse Blutergüsse
vorhanden.
b) Eine Dislocation des Herzens nach rechts in
Folge einer Quetschung durch ein Wasserrad (F. 444). Der
Kranke war sich bewusst, dass vor der Verletzung das Herz auf
der linken Seite geschlagen hatte, während es jetzt rechts vom
Sternum pulsirte.
c) Eine Gompression des Herzens durch das einge-
drückte Fragment eines gebrochenen Sternum, ohne dass eine
Herzwunde dabei vorlag (F. 431).
d) Eine Commotion des Herzens durch Sturz eines
Kornsackes auf einen 66 jährigen Mann. Dabei war in der rech-
ten Wand des Herzbeutels eine thalergrosse Sugillation, in der
linken Wand des Herzens, vom Atrium bis zum Ventrikel ver-
laufend, ein 2" langer, ^'^ breiter, sugillirter Streifen (F. 386>
Hierzu wird auch der Fall gehören, wo nach einem Sturze vom
Wagen an der linken Seite das Septum im Inneren eine Quet-
schung „bruise'^, so gross wie ein Kronenthaler bestand (F. 415).
Ueber die Wunden des Herzens nnd des Herzbentels. 663
e) Eine nicht penetrirende Rnptar am Herzen.
Dieselbe kam am rechten Ventrikel vor, als ein Fragment vom
Stemam denselben 1'' lang in ^ seiner Dicke zerrissen hatte
(F. 379), und gehört hier ein unter Herzbeutelmpturen aufge-
zeichneter Fall her, wo ohne gleichzeitige Fractaren ein ober-
flächlicher, kaum i'*' tiefer, klaffender Riss am linken Ventrikel
bestand (F. 391). Auch eine als Gontusion des Herzens er-
wähnte Beobachtung, mit einem Risse im Pericardium, bei einer
Fractur des Brustbeines, ist hier anzureihen (F. 432). — Der-
artige oberflächliche Einrisse in die Muskelsubstanz, bei fehlender
äusserer Wunde, finden ihres Gleichen in der Beobachtung von
Führer bei einem Hunde (Seite 598).
lY. VreMde Korper.
Die fremden Körper im Herzen und Herzbentel, wie sie als
Complicationen der Herzwunden gefunden werden, sind der besse-
ren üebersicht wegen hier besonders zusammengestellt. Die Zahl
derselben beläuft sich auf 47, und bilden die grösste Hehrzahl
Nadeln (18), und Kugeln resp. Schrot (13), während nur yer-
einzelt vorkamen : ein abgeplatztes Stück von einem Gewehrlaufe,
ein abgebrochenes Degenende, ein Radirmesser, ein eisernes Sti-
let, ein eiserner Stift, Feile, Zahnstocher, Fischgräte, Dorn von
Prunus spinosa, Holzsplitter und Holzpflock, Papierpfropf, Haare,
Fasern von Leinwand, Zahngebiss, Knochenstück. Zu den un-
wahrscheinlichen Fällen gehören die, wo Brunnenkresse und ein
Wurm im Herzen gefunden wurden. Mitunter waren es Stücke
des verletzenden Instrumentes (Degen, Feile, Nadel), von denen
das längste 5'' betrug, während die Nadeln meistens ca. l^Mang
waren; in einigen Fällen mag das Instrument erst bei der ver-
suchten Extraction abgebrochen sein. Kugeln werden dann im
Herzen anhalten können, wenn sie aus grosser Entfernung kom-
men, und nicht mehr Kraft genug haben, das Herz ganz zu durch-
setzen.
Die fremden Körper dringen meistens von der Herzgegend
durch den Thorax ein, entweder direct in\s Herz, oder vermittelst
664
Dr. Georg FiBcher,
Wanderung durch die Langen und die Venen. Die Möglichkeit
der Verletzung durch Wandemog ist bei Nadeln ganz aioberge-
etollt, wo die Symptome, welche auf eine Herzwunde deuteten,
erst sp&ter eintraten. Der Weg, den die Nadeln bis zum Herzea
eittflchlagen, ist nicht möglich, anzugeben. Seltener kommen die
fremden Körper aus der Speiseröhre, aus welcher sie direet in
die Thoraxhöhle, oder erst nach Durchsetzung des Magens, ia
dieselbe eintreten. Diesen Weg haben Nadeln, eine Fischgrite,
Dom, Zahngebiss eingeschlagen. L&sst die Anamnese Zweifel
darüber, auf welche Weise der fremde Körper in's Herz gelangt
ist, so kl&rt meistens die Section darüber auf, obwohl es aucb
vorkommen kann, dass man weder in der Snsseren Haut, noch
in dem Herzen und der Speiseröhre Wunden, resp. Narben siebt,
IJebersIcht
Lage im Herzen.
No.
Fremde Körper.
Bigenschaftea
/rechter Ventrikel.
1.
Nadel
8' lang.
[ do.
2.
Nadel.
—
Ganz in
der Wand.
\ do.
Jlinker Ventrikel.
3.
4.
Kneel.
Nadel.
2" lang, 1-* diek,
oxydirt, .abgebro-
chen.
f do.
5.
Papierpfropf.
—
VSeptnm ventr.
6.
Kngel.
Zollgross.
(rechter Ventrikel.
7.
Zahnstocher.
IV, elfenbeinern.
Llinker Ventrikel.
8.
Feile.
Abgebrochen.
In der
1 do.
9.
Holzsplitter.
—
Wand nnd
/beide Ventrikel.
10.
Nadel.
—
Höhle.
j do.
11.
Eisernes Stilet.
4" lang, 2'" dick.
[rechtes Herzohr.
12.
Nadel.
1", rnssig.
1 Septam ventr.
13.
Nadel.
3 bis 4 Ctm.
[rechter Ventrikel.
14.
Kngel.
Platt.
i do.
16.
Kngel.
Platt
In der
1 do.
16.
Kngel.
—
< do.
17.
Schrot.
—
Hohle.
] do.
18.
Holzpfiock.
3" lang.
1 do.
19.
Haare, Leinwand.
—
[ do.
'20.
Dorn.
4'" lang.
Ueber die Wunden des Henens und des Herzbeutels.
665
so dasB die Art des Eindringens ungewiss blieb (F. 451). —
Dass hierbei Zweifel entstehen können, ob der Körper suftUig
yerschlnckt war, oder ein Selbstmord durch Einstechen von aussen
vorlag, beweist eine Discussion in der Academ. de m^dec. (30.
Juli 1833) über den Fall 30, wobei die Ansichten der Chirurgen
getheilt waren. Auch bei Kugeln kann es unbestimmt bleiben,
ob sie von aussen in's Herz, oder von innen durch Gef&sse hin-
eingekommen sind (F. 366); es kann sogar das Auffinden der
Kugel im Herzen selbst Schwierigkeiten machen (F. 342). Beim
Eintritt durch den Thorax kann der fremde Körper in der Tho-
raxwand, im Sternum, in den Rippen u. s. w. stecken bleiben,
und so Herz und Herzbeutel verwunden.
der fremden Kfirper.
Lebensdauer.
Eintritt.
Bemerkungen.
Fall.
18 Tage.
?
Herz hypertrophisch. Pericarditis.
30.
6 Jahre.
Sternnm.
Mit Pfropfen bedeckt.
87.
20 Jahre.
Thorax.
Hypertrophie, Marbe, Herz mürbe.
366.
1 Jahr.
?
Eingekapselt.
41.
7 Stnoden,
Thorax.
•
Fallt \ der Ventrikelwand aus.
334.
12 Tage.
Thorax.
Eingekapselt, Pericarditis.
342.
lObisldStooden.
?
Selbstverwnndnng des Ventrikels.
17.
21 Tage.
Thorax.
—
18.
47 Tage.
«.
.—
19.
9 Monate.
Thorax.
Kopf im rechten, Spitze i" im linken
Ventrikel.
22.
20 Tage.
Thorax.
Fest im Herzen, Spitze im rechten Ventr.
21.
Lange Zeit.
Speiseröhre ?
Fest im Herzen, Aneurysma aort. desc.
23.
?
?
Umgeben von Fibrin.
42.
Einige Jahre.
Thorax.
Narbe im Herzen.
364.
Thorax.
Ans der Art. pulmon. hineingefallen.
317.
6 Jahre.
Thorax.
Eingekapselt, Herznarbe.
303.
67 Tage.
Thorax.
Frei, Hypertrophie, Herznarbe.
316.
5 Wochen.
Thorax.
Schnss; durch Lunge, Vena cava n. s. w.
815.
26 Tage.
Thorax.
Schuss.
862.
1| Jahre.
Speiseröhre.
Frei, mit Fibrin bedeckt, Ilerznarbe.
38.
666
Dr. Georg Fisehtr,
Lage im Herzen.
No.
Fremde Körper.
Eigenscliafteii.
In der ^
Höhle.
do.
linker Ventrikel
do.
do.
do.
rechtes Herzohr.
do.
21.
22.
23.
24.
25.
26.
Knochen.
Nadel
Nadel
Kugel
Stack vom Gewehr.
Schrot (oben 17.).
Degenende.
Ik" lang.
Lang.
Lang.
5'' lang.
Herz ganz durchbohrt, J
27.
28.
Radirmesser.
Radirmesser.
—
Unbestimmt im Herzen. |
29.
30.
Fischgräte.
Nadel.
Hf" lang, scharf
Im Herzbeutel \
31.
82.
33.
34.
35.
36.
Nadel
Kugel
Kugel
Kugel
Kugel
Papierpfropf (oben
Goldplatte.
U" lang.
2" lang, 1" breit
Aussen anf dem Herzbeutel.
37.
Kugel.
Klein.
im Rippenknorpel
zwischen Rippen.
In der do.
Thorax- <2^i8clion Rippen nnd
^ , . 1 öternum.
W»Dd. J do. do.
Mm Sternum.
[unter der Haut
38.
89.
40.
41.
42.
43.
44.
Nadel
Nadel
Nadel
Nadel
Nadel
Eiserner Stift.
Nadel
l" 10'" lang.
34 Gtm. lang.
1" lang.
W lang.
1" lang.
öGtm.lang,llMfliaL
dick.
In den Lungen.
45.
Nadeln.
2 Stück. _
Ni
1 c h t r a g.
im Herzbeutel
in der Wand des lin-
ken Ventrikels.
46.
47.
Nadel
Kugel
—
Deber die Wanden .des Henens and des Henbenteb.
667
LfCbensdaner.
Eintritt
Bemerkangen.
FaU.
8 Tage.
lO Wochen.
7 Wochen.
22 Standen.
Speiseröhre?
Speiseröhre.
Speiseröhre?
Thorax.
Thorax.
Thorax.
Herz mehrfach darchstochen.
Tod darch Gangrän des Beines.
Beim Hingerichteten, keine ftassere
Wunde.
Dnr<h die Vena palmon.
Beim Platzen des Gewehres.
In die Lange hinein.
117.
39.
40.
833.
326.
316.
200.
4 Tage.
6 Tage.
Thorax.
Thorax.
—
217.
218.
3 Monate.
Speiseröhre.
Thorax.
Verletzang des Magens, Zwerchfelles,
Vena coron. a. s. w.
Hypertrophie des Herzens, Adhäsionen.
25.
43.
Einige Tage.
24 Standen.
14 Tage.
44 Standen.
52 Jahre.
5 Tage.
Speiseröhre.
Thorax.
Thorax,
lliorax.
Thorax.
Speiseröhre.
Frei, Riss im rechten Ventrikel, Coro-
nargefösse.
Oberflächliche Erosion des rechten Ventr.
Frei, Verletzang des rechten Ventrikels.
Frei, Verletzang des rechten Ventrikels,
aasgestossen.
Eingekapselt, Adhäsionen.
Zähne in der Speiseröhre, Pericarditis.
29.
318.
812.
309.
367.
809.
257.
3 Standen.
Thorax.
Pericardium anverletzt, Verletzang des
rechten Ventrikels.
308.
6 bis 7 Wochen.
Momentan?
10 bis 12 Std.
1 Stande.
12 Jahre.
9^ Monate?
\ Thorax.
Verletzg. d. Pericard. a. d. Herzoberfläche.
Verletzang des Pericardiam and rechten
Ventrikels, nicht penetrirend.
Extrahirt, Heilang.
Verletzg. d. recht. Ventr., nicht penetrird.
Verletzang der Aorta, des "Pericardium
Verletzang der Herzbasis.
Extraction, Heilung.
33.
37.
35.
28.
24.
31.
34.
21 Tage.
Thorax.
Pericarditis, Carditis.
32.
2 Tage?
16 Tage.
?
8 Wunden in der Aorta.
451.
452.
T. Langanbtek, ArehlT f. Chirurgie. IX.
43
668 Dr. Georg Fischer,
Die Tabelle zeigt, dass die meisten fremden EOrper in der
Hoble der einzelnen Herzabschnitte (13) angetrolFen sind, sodanc
gleichzeitig in der Wand nnd Höhle (7), in der Thoraxwand (7),
in der Herzwand (7), im Herzbeutel (7), dnrch das ganze Ben
(2), unbestimmt (2), auf der äusseren Oberfläche des Herzbeu-
tels (1), von den Lungen aus (1).
Der fremde Körper liegt
a) vollständig in der Wand eines Herzabschnit-
tes, von der Herzmusculatur umgeben. In dieser Weise fand
man Nadeln, Kugeln und einen Papierpfropf sowohl im rechten.
linken Ventrikel, als im Septum. Meistens war die Wnnde nicht
penetrirend, so dass die Herzhöhle nicht geöffnet war, oder der
fremde Körper lag im Wnndcanal einer penetrirenden Wunde.
In jenen Fällen hat die Verletzung im Allgemeinen weniger 6^
fahr, als bei anderen Lagen, da sie in geringerem Grade die
Functionen stört, und es kam vor, dass die Kranken noch 6,
20 Jahre lebten. Bei längerem Aufenthalte sind die Nadeln oxy-
dirt Sie sowohl, als die Kugeln, können von einer Cyste in der
Herzwand umgeben, oder mit Pfropfen bedeckt sein. Das Ben
wird hypertrophisch, auch mürbe, und ist Pericarditis mitonttf
die Todesursache.
b) in der Wand eines Herzabschnittes, während
ein Ende des Körpers in die Herzhöhle hineinragt.
Diese Lage kam am rechten, linken, beiden Ventrikeln, am rech-
ten Herzohre, dem Septum ventr. vor. So kann z. B. der Kopf
einer Nadel in der Wand des rechten Ventrikels liegen, dieselbe
das Septum durchbohren und ihre Spitze V' ^ ^i® Höhle des
linken Ventrikel hineinragen. Man fand in dieser Lage Nadeloi
Feile, Stilet, Zahnstocher, Holzsplitter, indess keine Kugeln. Bei
dem Hineinragen in die Höhle kommt es bei spitzen Körpern
vor, dass der Ventrikel bei seinen Contractionen sich selbst ao
der Spitze des Instrumentes mehrfach verwundet. Die Spitze ist
oft mit Fibrin umkleidet. Der Körper liegt entweder nur locker
in dem Gewebe, so dass er leicht zu extrahiren ist, oder er steckt
10 fest, dass er nur mit Gewalt herauszubefftrdem ist, und seine
Ueber die Wanden des Herzens and des Henbeatels. 696
Lage sieb bei den Terschiedensten Bewegangen nicht änderte
Bei der gewaltsamen Extraetion zerbrach eine Nadel in 3 Stflcke,
nnd wurde sie gans oxydirt gefanden. Als Folge der Verletzung
kam ein Aneurysma der Aorta descend. vor, welche in ihrem
unteren Theile von einer Nadel angestochen war. — Bei dieser
Lage wird, sumal wenn die Wunde eine zur Herzaxe schiefe
Richtung hat, der Tod sich yerzögern können, und es ist bemer-
kenswerth, dass ein eisernes, 4'' langes Stilet, welches beide Ven-
trikel verletzt hatte, den Tod erst nach 20 Tagen herbeiführte.
Es hatte alg Tampon gewirkt, indem die Muskelfasern sich fest
zusammendrängten und so den Blutaustritt verhinderten.
c) in einer Herzhöhle. Bei dieser h&ufigsten Lage steht
der rechte Ventrikel (8) obenan, seltener lagen die Körper im
linken Ventrikel (4), im rechten Herzohre (1; gleichzeitig im
rechten Ventrikel 1). Eine Beobachtung vom linken Vorhofe
fehlt, die Schussverletzungen lieferten die meisten Fälle (8) und
wurden Kugeln, Schrot, ein Holzpflock, ein Stück eines Gewehr-
laufs, Haare und Leinewand hineingeschossen; die übrigen Fälle
betrafen Nadeln, einen Dorn, Knochenstück und ein Degenende,
welches letztere 5'Mang bis in die Lungen hineinragte. Die Kör-
per liegen entweder frei in der Höhle, oder sind von einer Binde-
gewebshülle eingekapselt und adhäriren an den Wänden, wo sie
mit Fibrin überzogen, von Sehnenfäden und Fleischsäulen über-
kreuzt, in ihrer Lage festgehalten werden; die Herzwunde ist,
wenn der Tod später eintritt, vernarbt, das Herz selbst mitunter
hypertrophisch und dilatirt. Die innere Oberfläche der Höhle
war, als Schrotkömer frei im rechten Ventrikel lagen, mit einer
Menge brauner Papillen ausgekleidet, so dass sie einer Ochsen-
zunge ähnlich war. — Die Fälle, in welchen Kugeln nach meh-
reren Jahren im Herzen gefunden wurden (F. 363, 364), wer-
den von Meckel*) und Beck**) in einer durchaus annehm-
*) Bei Landsberg, Oppenheim, Zeitschrift für die geiammte
MediciD. 1850. ApriL S. 417—440.
*•) Sefausswonden. 1850. S. 180.
48*
670 ^^* Georg Fischer,
baxen Weise erklärt; da es sich schwer begreifen lässt, am,
wenn die IKugel sofort in die Herzhöhle eingedrungen und das
Blut nachgestfirzt ist, das Leben sieb längere Zeit hindurch er-
halten kann, so ist es wahrscheinlich, dass dieselbe anfangs tief
in die Ventrikelwand eindringt und hier in der Weise feststecken
bleibt, dass ihre vordere Fläche in die Herzhöhle hineinragt and
so als Tampon vorerst den Blutaustritt verhindert. Die hinter
ihr liegende Herzwand kann sich mit Exsudat füllen, verschliessen
und schliesslich vernarben, während die Kugel durch die Cod-
tractionen bei der Systole, durch den Druck der Fasern allmälig
weiter nach einwärts, gegen die Herzhöhle hin, und schliesslicli
vollständig in dieselbe hineingedrängt wurde. Eine solche Mög-
lichkeit ist nicht abzuweisen, da, wie vorhin erwähnt, Kugeln ifl
der Herzwand sitzen bleiben können, ohne dass bei der Sectioo
eine Eröffnung der Herzhöhle angetroffen wird. — Nicht immer
drangen bei Schussverletzungen die fremden Körper direct darcli
die Herzwand ein, es konnten die Kugeln zuerst die Art pul-
monalis, vielleicht auch die Yen. pulmon. perforiren und so in
die Herzhöhlen gelangen; ein durch Schnss eingedrungener Holz-
pflock schien sogar durch die Yen. cava, das rechte Herzohr, in
den rechten Yentrikel gelangt zu sein, dabei waren die äussere
Herzwand und der Herzbeutel unverletzt. Die Möprlichkeit einer
solchen Wanderung durch die Gefässe wird durch die erwähnte
Beobachtung an einem Hunde (Seite 600), wo ein Stückchen Holx
in die Yena saphena eingeführt, in den rechten Yentrikel ge-
langte, bewiesen* Es ist wahrscheinlich, dass auch im Falle 36C
die Kugel von Innen her in den rechten Yentrikel gedrungen ifii
da aussen am Herzen keine Spur einer Narbe gefunden wurde.
Dabei lag sie jedoch nicht frei in der Herzhöhle, sondern einge-
kapselt in der Wand des rechten Yentrikel, und wird durch das
Endocardium sich in die Musculatur eingedrängt haben, unter
dieser Yoraussetzung würde sie wohl aus der Yena cava super,
in den rechten Yentrikel gekommen sein und ist es nicht notii-
wendig, dass sie, daselbst angekommen, durch den Blutstrom in
die Art. pulmonalis fortgetrieben wurde; indem sie von Fleisch-
Ueber die Wanden des Herzens and des Herzbeutels. 671
B&ulen, Sehaenfäden, in ihrer Lage festgehalten werden kann.
Als im rechten Ventrikel und dem rechten Herzohre gleichzeitig
Schrotkörner gefanden warden, die innere Oberfläche des letz-
teren aber nicht verletzt war, schien es, dass der Schrot auf
endocardialem Wege vom Ventrikel in das Herzohr gelangt war.
Von der Speiseröhre aus hatten sich Nadeln, ein Dorn, wahr-
scheinlich aach das Enochenstuck bis in die Herzhöhle weiter-
gearbeitet und der Dom Veranlassung zu einem Pericardialstein
gegeben. — Mehrfach wurden diese Verletzungen zufällig in der
Leiche gefunden, indem sie während des Lebens gar keine Er-
scheinungen gemacht hatten, und war eine den Tod bedingende
Gangrän des Beines wahrscheinlich eine Folge von Embolien,
die von Thromben im linken Ventrikel, in welchem eine Haar-
nadel lag, entstanden waren. — Der Tod erfolgte in seht ver-
schiedener Zeit, zwischen wenigen Wochen und mehreren Jahren.
d) ganz durch das Herz hindurch. Es wird diese
Lage von einem Radirmesser beschrieben, welches einmal mit
einem Ziegelstein in die Brust getrieben war (Es ist möglich,
dass die Fälle 217 und 218 gleich sind, obwohl einige Verschie-
denheiten vorkommen).
e) unbestimmt im Herzen lagen eine Nadel, wobei das
Herz hypertrophisch geworden war, und eine Fischgräte, welche,
von der Speiseröhre eingedrungen, Magen, Zwerchfell, Herzbeu-
tel, das Septum und eine Vena coronar. verletzt hatte ; das stumpfe
Ende derselben lag noch im Magen.
f) im Herzbeutel fand man Kugeln (4), eine Nadel (2),
Papierpfropf und eine Goldplatte von einem Zahngebiss. Die
Kugeln lagen meistens frei im Herzbeutel und hatten den rech-
ten Ventrikel entweder oberflächlich corrodirt, oder in ihm eine
penetrirende Wunde hervorgebracht, wobei die Kugel durch die
Herzcontractionen wahrscheinlich aus der Herzhöhle wieder zu-
rück in das Pericardium gestossen war. Die längste Lebensdauer
war 14 Tage. Einmal war die Kugel eingekapselt und fanden sich
dabei alte Adhäsionen, die auf spätere Pericarditis hindeuteten;
der Kranke lebte noch 52 Jahre nach der Verletzung und war
672 I>r- Georg FiBcher,
▼on einer Herzwunde nichts tu sehen. Der Papierpfiropf, wel-
cher durch einen Schuss eingedrungen war^ schwamm im Blut,
das sich im Herzbeutel angesammelt hatte, umher; eine Nadel
und Goldplatte waren verschluckt worden und hatte erstere des
rechten Ventrikel und die Goronargeftsse verletzt, lag mit der
Spitze im Herzbeutel, mit dem Oehrende in der Pleurahöhle; eine
andere Nadel, deren Eingang unsicher war, hatte in der Aorta
3 kleine Wunden, auf welchen Ecchymosen lagen, liervoi^ebraeht,
und war ans ihnen eine starke Blutung in den Herzbeutel er-
folgt; die 2" lange Goldplatte brachte eine tOdtliche Pericarditis
zu Wege, und lagen die Z&hne derselben in der Speiseröhre.
g) aussen auf dem Herzbeutel, welcher unverletzt war,
wfthrend im rechten Ventrikel eine Wunde bestand, lag frei eine
kleine Bleikugel und ist die Erkttrung dieses Falles auf Seite 648
nachzusehen.
h) in der Thorax wand festsitzend waren unter den 7 Fäl-
len 6mal Nadeln und Imal ein eiserner Stift, welche von den
angegebenen Punkten aus das Herz, den Herzbeutel und die
Aorta verletzten. In 2 F&Uen erfolgte eine Extraction der Nadel,
worauf Heilung eintrat, die Verletzung des Herzens beruhte da-
her nur auf Vermuthung.
i) Vor den Lungen steckend hatten 2 Nadeln eine Peri-
carditis und Garditis hervorgerufen, und waren ihre Spitzen nach
dem Herzbeutel zu gerichtet.
Es bleiben noch 2 Beobachtungen übrig, welche den Stem-
pel der ünwahrscheinlichkeit an sich tragen (F. 118), und be-
ziehen sich dieselben auf vorgefundene Brunnenkresse und einen
Wurm im Herzen. Jener Fall stammt aus dem Jahre 1670;
dieser scheint nicht viel jünger zu sein, und werden beide sich
dahin erklären lassen, dass bei den in damaliger Zeit roher aus-
geführten Sectionen Kresse und Wurm unbemerkt aus dem auf-
geschnittenen Hagen in das Herz gelangt sind.
Schliesslich sei erwähnt, dass Kugeln, nachdem sie das Herz
verletzt haben, an verschiedenen Stellen der Brust u. s. w. wie-
dergefunden werden; man fand sie mehrfach in den Lungen, wo
Deber die Wondon des HonenB and des Eenbeutels.
673
sie eine Entzfindnrg veranlasst hatten, in der Pleurahöhle, zwischen
den hinteren Rippen, Rüokenmnskeln, auf der Kiere. Eine Kugel,
welche in die Vena cava gedrungen war, wurdo am Ursprung
der Iliaca entdeckt (F. 311). Auch konnte sie bei fehlender
Ausgangsöffcung nicbt gefunden werden.
Es geht aus der Beschreibung hervor, dass die fremden
Körper an den verschiedensten Stellen im Herzen und Herzbeu-
tel liegen und die Art ihrer Verletzung eine durchaus verschie-
dene sein kann. Blutungen in den Herzbeutel, Pericarditis sind
häufig die unmittelbaren Folgen, obwohl ein verhältnissmässig
grosser Theil der Fälle in Heilung endigt, die mitunter durch
die Extraction vermittelt ist. Im üebrigen sind die Fälle selten,
wo der im Herzen steckende Körper in der äusseren Wunde
sichtbar ist. Sitzen sie in der Thoraxwand, so bleiben sie häufig
anentdeckt, und es ist eine Ausnahme, wo eine Nadel aussen
einen kleinen Vorsprung machte, der eine mit dem Herzen syn-
chronische Pulsation zeigte (F. 24).
Sitz der Weichtheilwande.
Die Lage der äusseren Wunde hat einen besonderen Werth
fBr die Diagnose der Herzwunden, und wird die etwas ausge-
dehnte Beschreibung dadurch gerechtfertigt, obwohl sie nur einen
Anhaltspunkt bietet, ohne eine absolute Sicherheit zu gewähren.
Die verschiedene Richtung, welche das Instrument nimmt, die
angleiche Lage des Herzens, welche bald höher, bald tiefer, nach
vorausgegangenen Krankheiten wechselt, werden modificirend ein-
wirken.
Linke Seite.
Zwiiicben :
Entfernt
vom
Steraalrande.
s
>
i
o
a
5»
GeflBsep
geweide.
1—3. Rippe.
4o-
do.
>urch a. Hippe.
Nahe.
2Ctni.
8
1
1
i
1-
.—
1
1
i
Art, fmlm, 1
674
Dr. Georg Fischer,
Zwischen r
EDtfenjt
vom
Stcmülraade.
1
>•
X
ii
^
J
Ä
1
?
f
Gefäss«.
3—4. Rippe.
do.
Durch 4. Rippe.
4-*5. Rippe.
do.
do.
do.
do.
do.
do.
do.
Durch 5. Rippe.
5—6. Rippe.
do.
do.
do.
do.
4., 5. Q. 6. Rippe
Durch 6. Rippe.
do.
6—7. Rippe.
do.
do.
do.
do.
7-8. Rippe.
Dicht
ICtm.
IV'.
2" von d. MiUe.
8V'.
5" TOD d. MiUe.
Dichr
14".
2".
3" von d. Mitte.
Nahe.
Dicht
Dicht.
3" Ton d. Mitte.
10Ctm.y,d.Mitte.
Einige Linien.
2
1
2
1
1
4
1
1
3
1
5
2
4
1
4
1
1
8
1
1
9
1
1
2
1
8
1
1
1
1
3
1
1
1
1
1
2
1
1
1
1
2
1
—
2
1
3
2
1
2
1
3
1
2
1
Art. pnlm. 1
Aorta 1
Aorta 2.
Art. coron. 1.
Aorta L
Zwcrdiffr
Müll'
Zwercbfe.
Zirerci:V
Zwerdie.
Linke Warze.
Warze.
Neben.
Unter.
. 4".
. t".
. 1".
. IV'.
. 2".
^ 1 Qaerhand.
Ueber.
14 Otm.
Zwischen Stern.
und Warze.
Art coron. 1.
Art coron. 1.
lieber die Wanden des Herzens and des Herzbeutels.
Rechte Seite.
675
Zwischen
Entfernt
Tom
Sternahrande.
<
r
<
1
1
5«
s
0
?
1
Gefässe.
Banch-
eingeweide.
Dnrch 2. Rippe.
2-3. Rippe.
do.
3 — 4. Rippe.
4—5. Rippe.
do.
do.
5—6. Rippe.
Darch 6. Kippe.
7—8. Rinne.
Unter d. falsch R.
Unter d. Schulter.
Unter d. Cla^ic.
Zw. R n. Sp. ilei.
2".
2" von d. Mitte.
1
2
1
2
2
1
1
—
1
1
2
1
1
2
1
—
1
1
1
1
(Aorta 1.
gr. Gef. 1.
Ven.cavasup.
Venacay.l.
Aorta,Arter.
pulmon. 1.
Art coron. 1.
Vena cava 1.
Oesophag. 1.
Zw. Magen 1.
Zw. Leber 1.
Oesophag. 1.
Leber 1.
Rechte Warze.
1" unter
2- .
2" Ton
2'' aussen
I
I
I 1
1
|1
S t e r n u m.
Durch d. Ster-
num.
Oben.
Links au niTcau
der 4. Rippe.
Links au niveau
der 6—6. R.
Linke Mitte.
Rechts au niveau
der 5. Rippe.
Vom Sternum.
do.
do. >
do.
Aufd.Sternum.
1".
Nahe.
3V" rechts.
I
Aorta 1.
Herzgegend (?)
2 3 2
1 6 1
676
Dr. Georg Fiacher,
Seite.
\P:^ 2
CS
ö=i
3.1
Geflsae.
Banclh
eingewtide
L. Achaelhöble. ■—
Unter falsch. 1.R.I 2,
» I
jVenapalm. 1
Bauen
Linka.
do.
do. zwischen
Proc. xiph. u. R.
Rechte do. do.
Linka.
Rechts.
Proc. xiphoidena.
2" über.
8" unter.
Herzgrabe.
Hypochondriom.
Ueber Nabel.
Epigaatr.
1
8
2
2
i
1
1
1
l
1
1
1
2
1
AorU 1.
Leber, PUuT
fiIi,lfeRlil
Leber 1.
Leber, Migl
Zwerchfell 1
Zwerchfell i
U i n t e D.
Eingang 4. Wirbel ) _
Ausgang Ton 4—5. Rippe.)
Eingang zwischen 5. n. 6. Rippe.)
Ausgang unter d. link. Warze. |
Eingang zwischen 7. u. 8. Wirbel.
Eingang unter Scapnia )
Ausg. 2" hinter d. link. Warze.)
Ausgang an der Herzspitze.
Eingang zwischen Scapula und
WirbelnSule.
Art pulm. 1,
Art. coron. 1.
Aorta 1.
Fassen wir die Uebersicht enger zusammen, so Tertheilte
sich die Lage in ca. 300 F&Uen in folgender Weise:
r
P ,
ZW. 2
durch
zw. 3
durch
i n-dnrch
l'zw. 6
durch
zw. 6
zw. 7
8.
2.
1-8. R.
3.R.
-4. R. 13
4.R. 6.
-6. R. 26. -
5.R. 3.
-6. R. 36. -
6. R. 6. -
-7. R. 2L
.8.R. 7. —
unter falsch. R.
verschieden
127.
Brust?
25.
Deber die Wanden des Henens nnd dea Herzbentels. g77
Danach erh< man 165 Wnnden linkfi, 38 rechts, SO am
Sternnm und in der Herzgegend, 26 mit unbestimmter Lage am
Thorax, mithin im Ganzen 258 Fälle, wo die Wände Torne am
Thorax lag, 5 in der Seite, 26 am Bauch, 11 hinten.
üeberwiegend liegen die Verletzungen ?orne auf der linken
Seite, obwohl auch vom Bauch, von der hinteren Thoraxwand
das Herz erreicht werden kann. Von den Intercostalräumen,
welche dem Instrument zugänglicher sind, als die Rippen selbst,
kommen im 5. linken die meisten Wunden vor, welchem der 4.,
6., 3., 2. folgte. Äpf der rechten Seite zeigte der 4. die meisten,
sodann der 3., 5., 2., 7.
Linke Seite. Zwischen 2..und 3. Rippe wurde meistens
der rechte, sodann der linke Ventrikel, das Septum, die Art pul-
monah's getroffen; auch würde hier das linke Herzohr zugänglich
sein. — Zwischen 3.-4. Rippe. Es gehört hierher die Ver<*
letzung der Art pulmonalis, welche bei den Ursachen (Seite 617)
näher besprochen ist. Wfirde der rechte Ventrikel getroffen, so
konnte leicht beim tieferen Eindringen des Instrumentes nach
hinten auch der linke Ventrikel verletzt werden. Bei der Dre-
hung des Herzens um die Längsaxe während der Systole, wird
der linke Ventrikel hier und an den tieferen Stellen dem In-
stmment zugänglicher werden, als bei der Diastole. Ein Messer
drang oben in den rechten Ventrikel, neben dem rechten Herz-
ohre, und ging durch das Septum in das linke Herzohr, die
Ven. pulmon. (F. 59). Die Aorta konnte bei der A^** vom Ster-
nalrand liegenden Wunde nur getroffen werden, wenn das In-
strument schräg nach rechts verlief (F. 168).
4. Rippe. Ventrikel wurden 2mal in gleicher Entfernung
von der Warze und dem linken Sternalrande verletzt.
Zwischen 4. und 5. Rippe. Es waren der Verletzungen
doppelt so viele, als zwischen der 3. und 4. Rippe, und mehr
am linken, als am rechten Ventrikel. Der rechte Vorhof wurde
mit der Aorta getroffen, als ein Schuss 5'' von der Mitte des
Sternnm ein- und rechts, 4'^ von der Warze ausdrang, mithin
von links unten nach rechts oben verliei (F. 340). Der linke
678 ^r- Georg Fischer,
Yorhof soll durch einen Stein, welcher nahe am Stemnm ein-
drang, getroffen sein (F. 410?); es wfirde diese Stelle jedenfalls
die tiefste an der vorderen Thorax wand sein, von wo aas der
linke Yorhof erreicht ist. Eine Heilung des Herzbeutels wird
vermuthet, als die Kugel unter der Warze ein- und hinten zwiscfaeD
8. und 9. Rippe ausdrang.
5. Rippe. Eine Kugel trat IV von der Warze ein und
verletzte den linken Yentrikel und die Art. coronaria.
Zwischen 5. und 6. Rippe. Wie erw&hnt, kamen hier
die meisten Yerletzungen vor, ca. 3mal so häufig, als zwischen
der 3. und 4. Rippe. Die Wunden des rechten Yentrikels ent-
sprachen meist einer äusseren, 1^ — 2'^ vom Sternnm entferntes
Wunde, die des linken Yentrikels lagen theils 1—1-^'' unten and
aussen von der Warze, auch 3— 5V ^on der Mitte des StemaiE.
Eine Wunde nahe am Sternum wird den linken Yentrikel wahr-
scheinlich in der Systole, bei einer Richtung von rechts nad
links, getroffen haben (F. 122). Die Herzspitze wurde unter
der Warze und an der Yerbindung von Rippenknochen und Knor-
pel, getroffen, das rechte Herzohr von der seitlichen Mitte dies^
Intercostalraumes erreicht. Yon einer tieferen Stelle ans vmrde
es nicht getroffen.
6. Rippe. 1 und 2^' unter der Warze wurde der linke
Yentrikel verletzt, und ging dabei in einem Falle die Kugel
zwischen Aorta, deren Haut gestreift wurde, und Oesophagus
durch.
Zwischen 6. und 7. Rippe. Hier nimmt die Zahl de:
Wunden gegen höhere Stellen ab. In einem Falle drang J j
eigentliche Brustwunde zwischen 5. und 6. Rippe ein, und tr«
den linken Yentrikel ^ mithin war die Richtung entschieden voc
unten nach oben. Die Wunden des linken Yentrikels waren t:£
häufiger, als die des rechten, und lagen in einem Rayon toc
Sternum an bis 10 Gmt. davon entfernt, wobei in diesem ¥sL
die hintere Wand, und sodann Zwerchfell und Magen getrofie:
wurden. Der Herzbeutel wurde verletzt, als die Wunde 1\" vo:
Ueber die Wonden des Herzens and des Herzbeutels. 679
»ternttin lag, sich nach oben, rechts über den 6. Rippenknorpel
va^ndte, nnd dann das Stemnm perforirte (F. 243).
Zwischen 7. nnd 8. Rippe. Als ein Messer den linken
(Tentrikel traf, hatte es die Richtung von links, unten, nach
-echts, oben (F. 123). Dieser sowohl, als der rechte Ventrikel,
nrurden in der N&he der Spitze verletzt.
Warze. Rnppr&cht (F. 281), welcher einer Verletzung
anter der linken Warze, die er als Wunde des rechten Ventri-
kels diagnosticirt hatte, heilte, stellte zur weiteren Bestätigung
Beiner Diagnose 6 Versuche an Leichen an, mit demselben- In-
strument und möglichster Berücksichtigung der Momente in der
Krankengeschichte. Er traf dabei 4mal den rechten Ventrikel
oberhalb der Herzspitze und 2mal deren Mnscnlatur.
Rechte Seite. 2. Rippe. Hart am Sternum wurde die
Vena mamm. int., welche als eine einzige an der inneren Seite
der betreffenden Arterie liegt, sodann Lunge und Herzbeutel ge-
troffen, und drang das Hesser in das Zellgewebe, welches die
Vena cava an den Tmncus anonym, festheftete (F. 247).
Zwischen 2. und 3. Rippe. U" vom Stemnm und 3'^
unter dem Schlüsselbein bei einer Richtung nach abw&rts, links
und hinten, wurde die Vena cava sup., das linke Herzohr und
die Speiseröhre getroffen (F. 206); die Aorta einmal gerade unter
dem 2. Knorpel, dicht am Stemnm (F. 24). Eine 2" über der
linken Hüfte eindringendes Bajonett fand rechts neben dem
Sternum, zwischen den Knorpeln der 2. und 3. Rippe, seinen
Ausweg, und hatte dabei den rechten Ventrikel getroffen (F. 74).
Zwischen 3. und 4. Rippe. Der rechte Vorhof wurde
am üebergange in den rechten Ventrikel verletzt. Eine Kugel,
welche nahe am Sternum eindrang, lief nach links unter dem-
selben fort, traf nur den Herzbeutel und ging dann in die linke
Lunge (F. 360); ein Holzpflock, welcher 4" vom Sternum ein-
drangt gelangte auf Umwegen in den rechten Ventrikel (F. 315).
Z w i s c h e n 4. u. 6. Ri p p e. Die Vena cava wurde an der Stelle
getroffen, wo sie sich in die V. cava sup. und mf. theik. Eine
680 ^f* Oeorg Fischer,
Stichwunde, 2" nach aussen von der Warse, ging durch d^
Lungen, Art. pnimon., Aorta, Herzbeutel, in den rechten Yb^
trikel (F. 111).
Zwischen 5. und 6. Rippe. Eine Kugel, welche nah'
am Sternum eindrang, den rechten Ventrikel ca. 1" tod ds
Spitze durchbohrte, ging durch das Zwerchfell, Magen, und Uiet
auf der linken Niere liegen (F. 362) ; auch traf ein Messer hier
den rechten Ventrikel. Das rechte Herzohr wurde durdi em
Wunde am üebergange von Knorpel und Knochen und unter de*
rechten Warze erreicht.
6. Rippe. Ein Degenstich musste tief hinein gegaages
sein, da ein 6" langes Degenende im rechten Herzohr stecke
(F. 200).
Zwischen 7. und 8. Rippe. Das rechte Herzohr vurde
getroffen, als ein Degen schief von unten nach oben mit Gewil:
eindrang, fiber der Aorta und den grossen Gefässen hinweg ii
die linke Lunge ging (F. 195).
unter den falschen Rippen wurde ein Mann in auf-
rechter Stellung verwundet, so dass es den Augenzeugen imiDög-
lich schien, dass das Herz verletzt sei, obwohl die Symptooe
dafclr sprachen; es waren Zwerchfell, rechter Ventrikel und Leber
verletzt. Da äusserlich nur eine 1" breite Stichwunde zu bemtf-
ken war, so ist anzunehmen, dass der erste Stich in die Lebtf
ging, der Verletzte im Moment darauf eine solche Biegung, i?abr-
scheinlich nach hinten und links machte, dass der Degen, ns)
zweiten Male zugestossen, nach oben eindringend, den rechtes
Ventrikel verietzte (F. 66).
Es ist bemerkenswerth, dass von der ganzen rechten Seite
des Thorax aus kein einziges Mal der linke Ventrikel ftr sieb,
und nur einmal das linke Herzohr getroffen wurde; die Ter-
letzungen betrafen meistens den rechten Ventrikel und den rech-
ten Vorhof.
Sternum. Von den Wunden, welche das Sternum dveb-
bohrten, traf eine 3'" unter der Verbindung desselben mit des
Schiasselbein den Herzbeutel mit der Aorta (F. 248), wähiaiiJ
Ueber die Wanden dee Henens und des Henbeatels. ggl
die übrigen im oberen and mittleren Theile des Stemum alle
den rechten Ventrikel erreichen. Wie erwähnt, kann dabei die
Hautwande neben dem Sternnm liegen und bei der schrägen
Richtung des Instrumentes doch dieser Knochen durchbohrt wer-
den. Bei einem Schuss, der mitten auf das Sternum .traf, und
eine Contusion hervorrief, war dieses zerschmettert, das Herz
geplatzt
Seitliche Thoraxwand. Von der linken Achselhöhle
aus wurde 2mal der linke Ventrikel getroffen, einmal durch einen
Schuss in der vorderen Falte desselben, zwischen 3. und 4. Rippe
durch, sodann durch einen Stich in der Achselhöhle, 6KGtm*
unter der Falte, zwischen 5. und 6. Rippe. — Zwischen den
linken falschen Rippen und der Spina ilei drang ein Bajonett
durch verschiedene Baucheingeweide bis in den rechten Ven-
trikel.
Bauchwand. Am Proc. xiph. war bei einem Schuss die
Haut geschwärzt und bestand dabei eine Ruptur des rechten
Ventrikels. ^
Zwischen Proe. xiph. und linken Rippenknorpeln
drang ein Schuss mit Steinen ein, der beide Ventrikel verletzt
hatte.
Zwischen Proc. xiph. und dem 7. Rippenknorpel am
Gipfel des M. rect. abdom., lag eine Stichwunde, welche zu einer
vermuthlichen Heilung einer Herzbeutelwunde i&hrte. Um die
Diagnose dieses Falles sicher zu stellen, wurde von Larrey?)
an Leichen experimentirt. Ein Messer wurde in die aufrecht-
gestellte Leiche an derselben Stelle, in derselben Richtung und
Tiefe, soweit es ging, eingestochen. Man fand die äusseren Be-
deckungen, einen kleinen Theil des M. rect. abd. und den Herzbeu-
tel penetrirt, ohne gleichzeitige Verletzung des Bauchfelles und
des Herzens. Der Versuch ist stets mit demselben Erfolge wieder-
holt worden, und schloBS Larrey daraus, dass obige Stelleder
günstigste Platz für die Paracentese des Herzbeutels sei (F. 294).
•) Climqoe chirorgicale. T. II. Paria. 1839. p. 284 n. folg.
682 ^^' Georg Fischer,
Ein ähnlicher Fall, wo ein Säbel an obiger Stelle, quer und in
der Mitte des Epigastriums, eindrang, führte bei Larrey ebeo<
fallfi zur Heilung (F. 292). Die von ihm empfohlene Stelle znr
Paracentese des Pericard. wurde von Bochdalek*) geprfift, ond
fand er bei 56 Versuchen an Erwachsenen, dass 39mal keine
weitere Verletzung dabei verbunden, 3mal die linke Pleura ge-
troffen, war, und in 14 Fällen es zweifelhaft blieb.
ZwischenProc. xiph. und rechten Rippen wurde bei
der Richtung des Instrumentes schief nach links, in einer Tiefe
von 4", Leber und Hagen verletzt, und traten nach 3 Tagen
Garditis und Pericarditis ein; es erfolgte Heilung.
Unter dem Proc. xiph. drang eine Kugel durch die Leber,
Pancreas, Milz, Zwerchfell, rechten Ventrikel (F. 313); in mm
anderen Falle schief von unten und innen nach oben aussen wurde
der rechte Ventrikel allein, ohne Zwerchfell und Lunge, verletzt
(F. 94). 1" unter dem Proc. xiph., links von der Linea alba, bei
einer Richtung schief aufwärts, nach der linken Brusthöhle to.
drang eine Kugel in die hintere Wand des linken Ventrikel
nachdem Leber, Zwerchfell, Lunge durchbohrt waren (F. 325).
Rechts unter dem Proc. xiph., bei einer Richtung nach links, wurde
dagegen der rechte Ventrikel getroffen (F. 309).
Den übrigen in der Tabelle bezeichneten Stellen an der
Bauch- und hinteren Thoraxwand ist nichts hinzuzufügen.
Symptome.
Die Symptome der Herzwunden sind sehr mannich<ig utd
dabei ausserordentlich variabel, so dass es schwer f&llt, für die
Verschiedenheiten stets einen richtigen Gommentar bei der Hasd
zu haben. Dieselben werden einzeln aufgeführt.
1) Aeussere Wunde. Dieselbe hat im Allgemeinen ^or
anderen penetrirenden Brnstwunden nichts Charakteristisches
voraus, und sind ihre durch die Formi Grösse und Richtung des
♦) Prager Vierteljahrsschrift. LXV. 1-54, LXYUI. 79—187. 1860.
Deber die Wonden des Henens nod des Herzbeutels. 683
verletzenden Instrumentes bedingten Unterschiede im patholo-
gisch-anatomischen Theile beschrieben. Die frische Wunde
blutet meistens, kann aber auch durch einen Pfropf yerschlossen
Bein, so dass man über die Tiefe und Richtung derselben im
Unklaren bleibt. Mitunter dringt Luft aus ihr heraus, dieselbe
kann bei jeder Inspiration ein-, bei der Exspiration mit Geräusch
aasdringen, und wird diese Erscheinung durch die Richtung der
Wunde und Stellung des Kranken beeinflusst. Drang die Wunde
schief ein, so dass die Haut- und tiefere Thoraxwunde nicht ge-
rade einander gegenfiberlagen, so war der Ein- und Austritt der
Luft verhindert, w&hrend, wenn nach dem Verschieben der Haut
sich beide Wunden entsprachen, dieses Ph&nomen wieder eintrat.
So drang beim Aufheben des linken Armes etwas Luft aus, was,
wenn der Patient sich w&hrend des Athmens ruhig verhielt, auf-
hörte. Auch kam es vor, dass sie nur bei aufrechter Stellung
des Kranken austrat, und erklärte man dieses bei der fehlenden
Lungen Verletzung dahin, dass das Herz die im verletzten Herz-
beutel angesammelte Luft, indem es sich mehr nach vorne legte,
austrieb (F. 298). Bei gleichzeitigem Austritt von Blut wird
dieses schaumig. Mitunter bestand in der Umgebung der Wunde
ein geringes Emphysem, das sich beim Drucke durch Knistern
kundgab und sich bei nebenher bestehender Lungenverletzung
über Brust, Hals, Gesicht und schliesslich über den ganzen Kör-
per ausbreitete. Auch ohne diese Verletzung war es bei einer
Wunde des Herzbeutels am folgenden Tage sehr umfangreich,
verschwand indess am 4., 5. Tage. — In einem späteren Sta-
dium wird, wenn Pericarditis , Pleuritis hinzukommen, der Aus-
fluss blutig serös, und es ereignet sich, dass, als bei heftiger Op-
presBion der Verband gelöst, die Wundränder durch einen Catha-
ter getrennt wurden, aus der Tiefe eine Menge blutig-seröser
Flüssigkeit vorstfirzte, die 3 grosse Becken fällte. Die Wunde
kann eitern und Knochensplitter der verletzten Rippen entleeren,
schliesslich vernarben, andererseits auch gangränös, fistulös wer-
den. Aeltere Beobachtungen sprechen von dem Ausfluss eines
Humor lymphaticus, wie er im Herzbeutel vorkommt (F. 93),
V. L«ttg«iib«ek, Archlf f. Chlnirgl«. XI. 44
684 I)r* Georg Fischer,
and Yon Wasser bei jedem Herzstoss, in Folge einer Henbeatel-
wunde (? F. 301). Es können sofort eine Ecchymose nnd sUrke
Geschwulst um die Wunde herum sich bilden; treten dieselbei
erst nach einigen Tagen (7) auf, so kann erstere ziemlich gros?
werden, und einen Bluterguss in der Brusthöhle anzeigen, letz-
tere die Folge einer Ansammlung im Herzbeutel sein, welcher
dabei bis zu 11 Litre Eiter enthielt. Schmerz fehlt in der Regel
ganz, oder ist sehr gering an der äusseren Wunde, selten ist er
lebhaft, wird durch Athemanstrengungen vermehrt, and dau
als ein stechender, von der Wunde ausgehender, durch die Brbt
sich ziehender Schmerz beschrieben. Nur einmal kam es to:.
dasB die Narbe an der Hautwunde bei der Berührung lebbtft
schmerzte (F. 21). Bei der Durchschneidang der Art. inter-
costalis konnte die Pnlsation an einem der Enden sich der iuse-
ren Haut mittheilen, so dass die Verletzung daran erkannt, di^
Arterie durch Erfossen derselben zur Retraction Teranlasst word«
Fremde Körper, Nadeln, ffthlt und sieht man mitunter ia der
Wunde oder unter der Haut, und war die einer Nadel Tom Her-
zen mitgetheilte Bewegung durch eine Pulsation sichtbar (F. 24)
Man prüfe überhaupt bei gewissen F&Uen die Herzgegend, ^^
nicht ein fremder Körper daselbst verborgen ist; so hatte ou
einmal in derselben das Gef&hl eines kleinen fremden Körper^
und war der Druck auf diesen Punkt kaum schmerzhaft, es ge-
lang dabei, durch Incision die Extraction einer Nadel (F. 34).
2) Blutung. Die Blutung nach aussen ist eines der hau- |
figsten, indess durchaus nicht constanten, Symptome, und dabei
ausserordentlich verschieden in der Quantit&L War das b-
strnment sehr spitz und dünn, so fehlt die Blutung ganz, und es I
liegt kein einziger Fall einer Nadel Verletzung vor, wo aas
der ftusseren Wunde eine stärkere Blutung stattfand, es kaoes
dabei nur Blutansammlungen im Pericard. vor. Bei einer Ver-
letzung der Aorta durch eine Nadel, fand sich nur im Heode
des Kranken ein kleiner Blutfleck. Auch bei den Wunden dortti
die übrigen Stichinstrumente , Schabeisen, eisernen Stifte, Ff^^
men, Feiion, fehlte die Blutung entweder ganz, oder war docli
Deber die Wanden des Herzens nod des Herzbeutels. 685
sehr anbedeutend, mit Ausnahme einer starken Blutung, wo eine
Feile gleichseitig eine Art. intercostalis getroffen hatte.
Bei den Messer-, Dolch-, Degenwunden ist die Blutung in-
der Hehrzahl der Fälle heftig, so dass in kürzester Zeit die
stärkste Anämie eintrat, und reiht sich dieselbe unmittelbar der
Verletzung an. Der Kranke wird schwimmend im Blute gefun-
den, und war dasselbe bei einer gleichzeitigen Verletzung der
Art. mamm. int. sogar durch das Bett hindurch geflossen, man
findet oft weite Strecken entlang noch Blntspuren. Je grösser
die Herzwunde ist, um so intensiver und rascher ist im Allge«
meinen die Blutung, obwohl man schon bei einer 6'" langen pene-
trirenden Wunde den Tod nach wenigen Minuten, in Folge der
Blutung, eintreten sah. Der Herzabschnitt selbst steht in keinem
Constanten Zusammenhang mit der Blutung, es kommen am rech-
ten und linken Ventrikel gleich häufig starke Blutungen vor, und
ist die Ansicht von Demme (wahrscheinlich nach Jamain's
Statistik aufgestellt), dass der rechte Ventrikel meistens eine
stärkere Blutung veranlasst, als der linke, nicht richtig. Bei
starken Blutungen sind häufig nebenher die Art. mamm. int. oder
eine Art. intercost. verletzt, wenngleich bei einer Messerwunde
der Art. intercost. prima nach aussen gar i^ein Blut, nach innen
eine grosse Menge desselben sich ergoss. — Mitunter ist die äussere
Blutung gering, in noch selteneren Fällen fehlt die Blutung ganz,
sowohl nach aussen, wie nach innen. Ein C'ehlen derselben wurde
sogar bei einer Verletzung beider Ventrikel beobachtet und gar
nicht geahnt. Für eine geringe oder vollständig fehlende Blutung
liegen verschiedene Grande vor; die Hautwunde correspondirt
nicht mit der Herzwunde, letztere ist an sich schief. Haut- und
Herzwunden sind k^ein, sinuos, daher selbst bei manchen kleinen
Bajonettwunden die Blutung gering ist, und ebenfalls bei einem
Messerstiche, wo die Herzwunde so klein war, dass sie nur bei
einer bedeutenden Anspannung der Theile entdeckt werden konnte.
Der Blutaustritt wird sodann verhindert oder beschränkt durch
eine rasche Verstopfung der Wunden durch einen Pfropf oder
Fettklümpchen, durch das Instrument selbst. Gering ist die BIu-
44 •
686 ^f' Georg Fischer,
tang bei nicht penetrirenden Herz- und alleinigen Herzbeutel*
wanden, wenn nicht gleichzeitig Arterien getroffen öind. Nichc
unwahrscheinlich ist es, dass in Folge des ersten Reizes durch
die Verletzung, wenn dieselbe klein war, das Herz sich 80 con-
trahirt, dass die R&nder der Wunde nahe an einander gebracht
werden, wodurch im Anfang die Blutung verhindert wird, da-
gegen beim Nachlass der Contractionsfthigkeit wieder eintritt.
Bei einer geringen Blutung nach aussen wird immerhin eine
starke innere Blutung bestehen k<$nnen, welche in kürzester Zeit
tödten kann. — Ausser der wechselnden Quantität der Blutmenge
erhält die Blutung durch die Einwirkung mehrerer umstände eiB
verschiedenes Gepräge. In Folge der momentan aufgehobe-
nen Spannung im Herzen wird im ersten Augenblicke das Blak
in Form eines kräftigen, continuirlichen Strahles, ausdringefl
können, und sodann abgesetzt bei jeder Systole der Ventrikel,
isochron mit dem Herzschlag sich entleeren. Wird die Circola-
tion durch passende Mittel beruhigt, so wird die heftige Blutang
nach und nach geringer, und hört dann ganz auf. Gelingt diese>
nicht sogleich, so kann die Blutung einige Tage hindurch anhal-
ten, bis sich die Wunde verschlossen hat; es wird sogar ein
Fall erwähnt, wo bei einer Verletzung des linken Ventrikeln
17 Tage hindurch fast 1 Pfund Blut verloren ging (F. 187). An-
dererseits kann momentan die Blutung gestillt sein und nach 3,
4 Stunden sehr heftig beginnen, dann wieder abnehmen und bot
zeitweise sich vermehren. — Die Respiration wirkt auf die Blu-
tung ein, so dass sie bei jeder Inspiration sich erneuern, bei der
Exspiration aufhören kann, mithin stossweise erfolgt; umgekehrt
kann das Blut auch bei der Exspiration mit Geräusch austreten.
Tiefes Seufzen, Husten regt oft die Blutung an. — Die Lage,
und vor Allem die Bewegung des Kranken, übte einen grossen
Einfluss aus. Es kam vor, dass bei einer Blutung in die Pleura-
höhle, sobald der Kranke die entsprechende Seitenlage einnahm,
das Blut nach aussen stürzte, überhaupt wird die geringste fi^
wegung, die leiseste Muskelanstrengung die Blutung anregen ond
vergrössern können. Diese Gefobr besteht hauptsächlich in der
Ueber die Wunden des Herzens nnd dcfs Herzbeutels. QQ^
ersten Zeit der Verletzting, wo die Verheilung noch im Anfangs-
Stadium ist, indesss auch später noch, so dass der Kranke zu
leder Zeit einer secnnd&ren Blatnng ausgesetzt ist. Das Auf-
richten im Bette, das sich Drehen von einer zur anderen Seite, sind
die häufigsten Veranlassungen, und drang in einem Falle bei jeder
Anstrengung das Blut 2->3" hoch, in einem kleiniingerdicken
Strahl empor. Unter frappanten Erscheinungen kommen secun-
däre Blutungen zu Stande, wenn die Kranken, nach einigen Tagen
sich wohl f&hlend, das Bett verlassen, oft nur um ihren Stuhl-
gang zu befriedigen, oder auch umhergehen, essen und trinken,
wie es ihnen beliebt. Sie fallen dann mitunter plötzlich um, und
sterben nach wenigen Minuten, oder es entwickelt sich ein hef-
tiges Fieber, Aufregung, Dyspnoe und der Tod tritt nach einigen
Stunden ein. In beiden Fällen findet man frische, oft sehr be-
deutende Blutungen im Herzbeutel oder den Pleurahöhlen. Es
wird dabei in früheren Stadien entweder durch die Bewegung
des Kranken oder durch das in Folge einer Erkältung entstan-
dene Fieber, der Pfropf in der Herzwunde losgestossen werden,
60 dass auch eine anfangs schmale Wunde, welche wegen ihrer
schrägen Richtung nicht blutete, vom Blutstrom durchbrochen
wird (F. 164). Selbst nach 6, 14 Tagen, wo die Wunde der
Haut, des Herzbeutels geheilt und die Herzwunde zum Theil schon
vernarbt oder in beginnender Verheilung gefunden wurde, durch-
brach Aas Blut die zarten Narben nnd das den Herzbeutel um-
gebende reichliche Fett, welches bisher als schätzender Wall den
Ausfluss des Blutes verhindert hatte (F. 165, 91). — Während
die Annäherung der Wundränder die Blutung nach aussen ver-
hindert, kann die Erweiterung einer kleinein, gering blutenden
Wunde die Blutung vermehren, und zwar so stark, dass der Arzt
wie mit Blut überschfittet wird, und in wenigen Minuten 7,
8 Pfund Blut verloren gehen. Denselben Erfolg kann die Ex-
traction des Instrumentes haben, welches bisher als Obtnrator
gewirkt, nach dem Ausziehen dem Blut freien Lauf lässt. Hat
dabei ein Blutcoagulum sich gebildet, so kann nach der Extraction
eine Blutung entweder ganz fehlen, oder sie erfolgt nur nach
688 I>r. Georg Fischer,
innen. Es ist bekannt, dass nach einem Aderlass die Blvtisg
aufhören kann.
Das ansfliessende Blut ist entweder ein rothes arterielles,
oder ein schwarzes venöses. Die Farbe ist nur in weniges
Beobachtungen angegeben; rothes Blut wird erwähnt bei einer
Wunde des linken Ventrikels, gleichseitiger Yerletsnng der Art
mamm. int., der Lunge; schwarzes Blnt floss ans bei Wunden
des rechten Ventrikels, des linken Ventrikels mit der Art. eoro-
naria (F. 175), einer geheilten Herzbeutelwunde mit vennotb-
lieber Herzverletzung (F. 370). Das Blnt mag hftcfiger schwan
sein, weil die Verletzung der venöses Blut f&brenden Herxab-
schnitte häufiger ist; bestimmte Behauptungen sind bei dem ge-
ringen Material nicht aufeustellen, zumal auch, m^ bei der Dia-
gnose gezeigt wird, verschiedene UmstSnde die Farbe beeio-
Aussen.
Der Blut strahl, der, wieerw&hnt, im Anfang kräftig, con-
tinuirlich oder isochron mit dem Herzschlag ansdringen kaofi.
wird bei einer Verletzung mit einem zweischneidigen Instromeote
von Schreibfederdicke angegeben; bei einer Dolchwonde drus
er federdick mit ziemlicher Gewidt empor, um 10—12 Ctm. ^or
der Brust auseinander zu* gehen, auch kleinfingerdick 2 — 3^ hoch.
Eine Blutung aus dem Munde ist mitunter erw&hnt, and
werden dabei Lungenverletzungen bestanden haben, die zwar nickt
immer dabei aufgezeichnet sind. — Bei Schusswunden durch
Kugeln ist die Blutung im ersten Moment in der Regel sehr hef-
tig, so dass der Kranke von Blut trieft, und kann sie 2 Tage
lang in lebensgefährlicher Grösse fortbestehen, bevor sie anftngt,
geringer zu werden (F. 363 Heilung). — Mitunter war sie nur
gering und zwar am rechten Ventrikel, als man bei der Seotion
die Kugel und einen Papierpropf im Herzbeutel fand. Wahr-
scheinlich hatte letzterer zu Anfang die Herzbeutelwunde geschlos-
sen, welche durch die Herzcontractionen wieder aus dem Ven-
trikel getrieben war, der Blutung ein Hindemiss gesetzt hatte;
erst später wird sie in das Pericard. und die Pleura stattgefiin-
den haben (F. 309, 312). Auch da, wo die Wunde des rechten
Ueber die Wunden des Herzens und de« Herzbeutels. 689
YentrikelSy durch den uoTerletzten Herzbeutel hindurch, von einer
Kugel veranlasst war, fand keine Blutung nach aussen, aber eine
grosse Ansammlung im Pericard. statt (F. 308). Bei Verletzun-
gen des linken Ventrikels verhinderte der weite Weg die äussere
Blutung, da die Kugel durch den Unterleib eingedrungen v^ar,
gestattete indess eine starke innere Blutung in denselben (F. 325);
in einem Falle, V70 die durchschossene Wand dieses Ventrikels
zur Hälfte mit einem Papierpfropf ausgefüllt v^ar, fehlte sie ganz
(F. 334). — Bei einem Schrotschuss ist wegen der kleinen Herz-
wunde die äussere Blutung nicht gross« Als ein Stein in die
Brust geschossen war, bestand fast gar keine Blutung und waren
dabei auch beide Herzhöhlen nicht geOffhet.
8) Ohnmacht. Dieselbe, ein sehr häufiges Symptom, kommt
entweder unmittelbar nach der Verletzung vor, indem der Kranke
nach einem Stich, Schuss niederstürzt und sofort besinnungslos
ist, oder derselbe bewegt sich erst nooh eine Strecke fort, fällt
ohnmächtig nieder, schliesslich kann die Ohnmacht erst im Ver-
lauf der Krankheit auftreten. In einigen Fällen behält der Kranke
seine volle Besinnung bis zum Tode.
Was vorab das Niederst&rzen des Verletzten anbetrifil,
so kann dasselbe so augenblicklich mit der Verwundung zusam-
menfallen, dass die Autoren es damit vergleichen, als ob der
Kranke vom Blitz getroffen sei, Schuss und Zusammenstürzen Eins
sind. Häufig tritt dabei sofort der Tod ein (la menace k la beuche
contre Tennemi, qni Tavait frappö, F. 172), oder eine Ohnmacht;
mitunter bleibt die Besinnung. Erfolgt der Sturz nicht so rapid,
so kann der Kranke sich senken, auf die Hände, das Gesicht
fallen, indess auch hinten überstürzen. In England scheint die
populäre Ansicht zu herrschen, dass Personen, welche durch das
Herz geschossen sind, in die Hohe springen; A. Pol and*) er-
wähnt dieselbe, fügt aber richtig hinzu, dass sie nicht durch
Beobachtungen bestätigt sei. — Unter 87 Beobachtungen mit Ohn-
mächten (Stich-Schnitt 69, Schuss 11, Rupturen 7) trat dieselbe
*) Holmes, System of snrgery. 1861. IL 879.
690
Dr. Georg Fischer,
in 30 F&llea (20 Stich-Scbnitt; 6 Schosg; 4 Roptaren) sefoit
ein und fielen die Kranken besinonngdos niedw:
Stich-Schnitt.
Dauer der Ohnmacht
Tod.
Fall
Linker Ventrikel.
4. Tag.
175.
do.
—
20. Tag.
164.
do.
..
2. MoD^t
165.
Rechter Ventrikel
.^
15 Minnten.
64.
do.
10 Minuten.
4^ Stunden.
3.
do.
(2 Stunden.)
15 Stunden.
112.
do.
do.
6. Ti«.
93.
do.
do.
6. Tag.
96.
do.
do.
9. Tag.
101.
do.
5 Minuten.
10. Tag.
100.
Link. Hersohr n. Vena caiTa.
Kurze Zeit.
2. Tag.
206.
Spitze und Arter. mamm.
do.
20. Tag.
216.
Aorta.
do.
6. Tag.
249.
Arteria coronaria.
4 Stande.
8. Tag.
14.
Heilung:
Arteria coronaria.
-.
63. Tag.
272.
?
(Kurze Zeit)
—
287.
Pericardinm.
«—
-i-
29T.
?
—
—
284.
?
—
~^
289.
Pericardinm.
—
•— '
298.
Seh UBs wunden.
Dauer der Ohnmacht
Tod.
FtIL
Linker Ventrikel.
7 Wochen.
326.
do.
83 Stunden.
328.
Rechter Ventrikel.
4 Stunde.
14 Tage.
812.
Septnm.
4 Stunden.
12 Tage.
342
Heilung:
Pericardium.
—
—
373.
Pericardium.
—
—
370.
Rnptaren.
Dauer der Ohnmacht.
Tod.
Fall
Beide Ventrikel.
Bald.
392.
Septum.
—
4 Stunden.
413.
Recht. Herzohr U.Vena caTa.
—
10 Minnten.
40L
Heilung:
Dialocation dea Herzens.
(8 Standen.)
—
444.
Es sind die verschiedensten Herzabschnitte und Geftsse ge-
troffen und dauerte die Ohnmacht verschieden lange, von 5 Mi-
nuten bis 4 Stunden. In einem Falle brachte die Berfihraog des
Herzens mit dem Finger bei der Untersuchung der Wunde des
Patienten wieder zu sich. Der Tod erfolgte in versehieden lao-
* Deber die Wanden des Herzens nnd des Herzbentels. 691
ger Zeit, yon wenigen Minuten bis nach 2 Monaten, meistentheils
nach 6—10 Tagen. Bemerkenswerth ist, dass unter den 30 FU-
len die auffallend grosse Zahl Ton 9 Heilungen vorkam und war
in allen diesen Fällen die Ohnmacht eine hochgradige, anhal-
tende, wobei mitunter Urin, Faeces unwillkfirlich entleert wur-
den. Dieses Factum Iftsst schliessen, dass die Fälle, wo eine
tiefe Ohnmacht sofort nach der Verletzung eintritt, und die Kran-
ken im tiefsten GoUapsus liegen, die glficklichsten sind. Es hat
die Syncope f&r die Herswunden eine so grosse Bedeutung, einen
80 maassgebenden Einfluss auf die Therapie derselben gehabt,
indem eines der wichtigsten Mittel, der Aderlass, sich hauptsäch-
lich darauf stützt, dass ein von Pirogoff beobachteter anatomi-
scher Befund, der jene Ansicht stfttzt, hier aufgeführt werden
soll. Derselbe secirte einen in syncoptischen Anfällen gestorbenen
jungen Mann, welcher im letzten Halbjahre 3 sehr tiefe und lange
anhaltende Syncopen gehabt hatte. Das Pericard. war bis zur
KopfgrOsse eine Erwachsenen erweitert, auf 2V' verdickt, mit
frischem Blutgerinnsel ausgef&Ut; an seiner und des Herzens
Dnrchschnittsfläche sah man die Folgen der Syncopen. Es be-
stand nämlich die Verdickung des Pericard. ans 3 verschiedenen
Schichten; die dfinnste und festeste war die äussere, lag weiss-
gelblich geschichtet an der inneren Fläche des Pericard. und
Hess sich stellenweise schwer trennen. Die mittlere Schicht war
dicker, trockener, safliger, rOthlich; die dritte innerste war dem
aneurysmatischen Fibringerinnsel analog, enthielt deutliche Spu-
ren des Blutextravasates, und war durch Imbibition von frisch er-
gossenem Blut gefärbt. Die vierte Blutung wurde lethal, und
bestand die Quelle aller in 3 kleinen atheromatösen DIcerationen
an der Wurzel des Aorta adscend., von denen eine deutlich ver-
narbt war, und von den beiden anderen stecknadelkopfgrossen
OefTnungen war eine nur locker durch Gerinnsel verschlossen,
die andere offen.
In zweiter Reihe stellen die Fälle, wo die Kranken unmit-
*) Grandzüge der aDgem. Kriegscbimrgie. 1864. S. 645.
692
Dr. Georg Fischer,
telbar nach der Verletzung noch eine Strecke weit fortgehefi,
beyor sie ohnmicbtig niedersinken. Entweder starben sie dami^
oder befinden sich hinterher relati? gut, Beobachtangen, wie ae
sich bei Thieren wiederfinden. Hierher gehören Ton fenen 87 Fli-
len 38 (Stich-Schnitt 83, Schnsswunden 2, Rapturen 3).
Rechter VentrikeL
Linker YentrikeL
Tod.
Fall.
Tod. 1 FiIL
3 Schritte.
t
44.
66 Schritte.
\ Stande.
141
10 n
• (Art cor.)
61.
120 FusB.
3i .
145.
10 .
■ ■ (Bancheingw.)
74.
200 ,
t (Art coron.)
171
20 .
< (Art mamm.)
62.
460 ,
k Stande.
m
60-60 ,
In 9 Tagen.
98.
600 .
& »
m
60 .
t
47.
Mehr. Strass.
16 .
&
lange Strasse.
ö. Weh. (Schnss).
316.
n. Treppen.
5. Tag.
86.
ca 4 Stande.
i . (Schass.)
324
U Meilen.
3. Tag.
82.
EingeSchritt
*• 1*6- .
1^
p Entfemg.
49 Standen.
m
?
8. Tag. (Art int)
16L
Beide VeDtrikel.
Spitze.
2 Schritte.
Wenig Minuten.
177.
100 Schritte.
9 Stand. (Rnpt)
417.
lange Strasse.
1 Stunde.
10.
Weiter Weg.
-
209.
einige Schritt
Bald.
178.
Rechter Vorhof.
Pericaidimn.
Stflrzt, steht
t (Ruptur.)
396.
Weiter Weg,
1
8. Tac (ArtorU; li
auf u. geht
corootris). 1
fort
do.
11 Mout« (Heilssa
100 Schritte.
t (Art mamm)
197.
long).
Fahrt 1 Std.,
1 Stunde (Rupt.)
399.
Nach der
7. Tag.
243
gehrt weiter.
Nach Hospit.
Wohnung.
22 Stunden.
200.
n. znrQcIc.
Aorta.
Unbestimmte Henabechnttte.
Nach dem
1. Stande.
24.
EingeSchritt
l
m
Hospital
Treppe hinauf.
«i
Nach dem
2. Stunde.
269.
Nach Hospit
«.Tag.
231
Hospital.
40-60 Schritt
200
t
JA
828.
Auch hier liegen die Yerletzangen in den veifichiedeostoa
Abschnitten. Mit Stich-Schnittwunden konnten die Kranken so-
gar 450 Schritt laufen, mehrere Treppen steigen, U Meilen lorfiek-
Ueber die Wunden des Herzeos und des Herzbentels. 693
legen, sogar 6 Tage hintereinander täglieh in's Hospital snm Ver-
binden kommen. Es giebt Fälle, wo sie nach der Verletzung
mit ihrer Waffe auf den Gegner eindrangen (F. 228, 178), sich
noch eine Zeit lang vertheidigten (F. 161). Mit Schusswnnden
gingen die Kranken noch 640 Schritt weit, mit einer Ruptur
100 Schritt, und fuhr ein Kranker noch 1 Stunde und ging dann
in's Spital. Nicht minder staunenswerth sind die Fälle, wo Ver-
letzte zwar einen kfirzeren Weg zurftcklegen, indess eine ungleich
schwerere Herzwunde haben; so konnte ein Kranker mit einer
Wunde des rechten Ventrikels, Art. eoron., Lunge, Zwerchfell,
Leber, Magen, Milz, Colon noch 10 Schritt gehen, bevor er nie-
derstärzte (F. 61, ähnlich 74), ein Anderer mit 7 Wunden der
linken Lunge und 3 Wnnden des Herzens (penetrirenden Wun-
den des linken Ventrikels) umhergehen und erst nach \ Stunde
sterben (F. 140), auch konnte ein Verletzter nach einer halb-
stQndigen Ohnmacht und 4 Stunden langer völliger Ersch&pfung
einen weiten Weg zarftcklegen (F. 14). — Diese Beobachtungen
berichtigen die Ansicht von Landsberg, welcher meint, dass
nur dann die Kranken noch eine Strecke weit laufen kOnnen,
wenn sie nicht penetrirende Wunden erhalten haben, die durch
den anstrengenden Lauf rasch penetriren. Fflr viele Fälle wird
diese Ansicht richtig sein, dagegen sprechen die Verletzungen
beider Ventrikel, des rechten Herzohres, an welchem eine nicht
penetrirende Wunde nicht vorkonunt nnd die vollständige Durch-
bohrung eines Ventrikels mit Steckenbleiben des Instrumentes in
demselben. — Die Fälle haben f&r den Gerichtsarzt eine
Wichtigkeit; es kam zweimal vor, dass der Gerichtshof den Aerz-
ten die Frage vorlegte, ob die mit einer Herzwunde Behafteten
noch eine Strecke weit gehen, einen Schlag auf den Gegner aus-
fahren konnten (F. 178, 225). In dem einen Fall ist die Ant-
wort nicht bekannt, in dem anderen Jahre 1855 bestritten er-
fahrene Aerzte diese Möglichkeit, obwohl aus den begleitenden
Umständen das Gegentheil hervorging.
Schliesslich sind Ohnmacbtm im Verlaufe der Krankheit
beobachtet; es gehören 19 Fälle (Stich-Schnittw. 16, Schussw. 3),
694
eine geringere Ansahl
auftretenden.
Dr. Georg Fischer,
als die unmittelbar naeh der Verletnc:
Linker VenUikel.
1 Tod. 1
Fall.
Rechter Ventrikel.
1 Tod.
Fi:.
beimVerband.
Wiederholt.
Häufig,
l^ach 10 Min.
33 Standen.
49 „
10. Tag.
23. .
6. .
16 Standen.
828.
150.
162.
107.
169.
6.
8 Standen
lug.
(Schasa.)
(Schass; beim
Aufrichten )
(Schuss, und
r. Heraohr.)
2. Tag.
28. .
2. .
26. .
67. .
5:
31-:
Spitze.
Pericardimn.
Häufig.
15. Tag.
213.
3 Ohnmacht
Am 3. Tage.
. 1
7. Tag. '
Aorta.
Unbestimmter Heraabechnitt.
Wiederholt.
1 Stande.
24.
Wiederholt
?
^
Wiederholt: F. 284. — Zu
Heilangen.
Ohnmächten geneigt: F.
Verletzang: F. 285.
Bald nacb ii'-
Die Ohnmächten kommen entweder vereinzelt Tor, oder wie-
derholen sich häufiger in Intervallen. Sine erneuerte, oft ot
geringe Blutung, die geringBte Bewegung, das Erbeben ein«
Armes (wobei eine Nadel vielleicht ein Herzganglion berfthrt to
[F. 33]), Aufrichten im Bette, Wechsel des Verbandes sd
meistens die Gelegenheitsursachen, die bei den erschöpften Ena-
ken diese consecutiven Ohnmächten plötzlich heryormfen. Sie
kann zu einer Zeit vorkommen, wo der Kranke ganz hergestell:
zu sein schien, und beveirkte selbst am 28. Tage eine leicbte
Muskelbewegung, einen .plötzlichen Tod (F. 108). Ihre Duer
wird bis auf 3 Stunden angegeben. Mitunter geht sie ia mt
soporOsen Zustand über, der zum Tode führt Es kamen 3 Hei-
lungen vor, in deren Verlauf eine blitzartige Asphyxie beobaehMt
v?urde und Ohnmächten bei den geringsten Bewegungen eio-
traten.
Ueber die Wonden des BerzenB und des Herzbeateis. 695
Sehr selten war, dass die Ohnmacht zu einem Scheintod
sich ausdehnte und hielt derselbe in dem Falle von Dnrande
5 Tage an, welche Zeit der Verletzte im strengen Winter draas&en
im Freien gelegen hatte, worauf die Herzwande geheilt war
(F. 262, 275).
Die Ohnmacht entsteht meist in Folge de9 Blutverlustes; wo
indess Yerletzung und Ohnmacht zusammenfallen, keine Blutung
stattfindet, beruht sie auf einer nervOsen Depression. Es ist
möglich, dass beim ersten Choc das Herz momentan stillsteht,
der Herzschlag sich vermindert, und eine Stase in den venösen
Gef&ssen, eine mangelnde Zufuhr arteriellen Blutes zum Gehirn
eintritt und als Resultat eine Ohnmacht entsteht. Dabei sind in-
dividuelle Dispositionen zu Ohnmächten zu berücksichtigen. Bei
dem w&hrend derselben bestehenden tr&gen Blutumlauf kann sich in
dem ans der Circulation ausgetretenen Blut im Verlaufe der Herz-
wunde einen Pfropf bilden und consilidiren ; sie wird somit zu
einem wesentlichen Hfilfsmittel zur Verheilung einer Herzwunde.
4) Sohw&che. Die Schw&che, welche ebenfalls h&ufig ist,
schliesst sich entweder an die Ohnmacht an, oder tritt sofort an
Stelle derselben ein. Die Kranken können von Anfang an so
collabirt sein, dass man in jedem Augenblick ihren Tod erwar-
tet; sie liegen ermattet da, mit schwacher, abgebrochener oder
ganz erloschener Stimme, lassen den Kopf von einer auf die an-
dere Schulter Collen, und sind nicht im Stande, ihre sohlaif herab*
h&ngenden Glieder zu bewegen, sich aufzurichten. Ein Kranker
mit einer Wunde des rechten Herzohres und der Art. coronar.
ffthlte sich so schwach, dass er sich nicht vom Kamp^latz zu-
r&ckbringen, noch auf den RQcken legen lassen wollte, aus Furcht,
zu sterben. Die Ursache der Schwäche ist der Blutverlust. Sel-
tener entwickelt sich die Schw&che erst nach einigen Stunden.
Sie wird bei der Verletzung der verschiedensten Herzabschnitte
und auch bei nicht penetrirenden Wunden beobachtet, wenn nur
gleichzeitig eine starke Blutung dabei war. In der Regel ist sie
intensiv, obwohl dadurch nicht immer ein frfiherer Eintritt des
Todes bedingt wird; so starb ein Kranker mit einer Wunde bei-
696 ^r. Georg Fischer,
der Ventrikel, der anfangs im tiefsten CoUapsas gelegen hatte.
erst am 4. Tage. — Hit einer Wnnde des rechten Yentrikds,
nebst sofort eintretender grosser Scbw&che, lebten die Krank«
1, 4, 8, 10, ja 26 Tage, nnd hatte im letzten Falle, bei einer
Schnss Verletzung, ein 15stQndiger Collapsus bestanden. Trat ia
Folge der zwischendurch entstandenen Blutaogen, Fieber o. s. v.
die Schwäche erst sp&ter nach einigen Standen, Tagen ein, »
gingen die Kranken nach 8, 10, 14 Tagen, 8, ö Wochen za Gmode
Mit einer Schasswunde machte ein Kranker noch eine lltigip
Seereise and wurde erst beim Transporte vom Schiffe sehwad
Die Wunden des Ventrikels tödten darchschnittlich rascher, weu
anfangs grosse Schw&ohe yorhanden war, nach 2, 16 Standen,
3, 5 Tagen, obwohl auch hier ursprfinglich Moribunde erst nict
20 Tagen, 3 Monaten starben. Bei einer Verletzung des reck-
ten Herzohres war ein Kranker anfangs noch so. frisch , dass er
Ton der Fregatte zum Hospital ging, wurde indess nach 8 Stan-
den sehr schwach und starb bald. Eine Wände der Art corotir.
rief sogleich einen 4stündigen Collapsus hervor und t5dtete ineli
12 Tagen; in einem anderen Falle nach 63 Tagen; eine Eaptir
des Septum mit ftusserster Prostation nach 1 halben Stande, eis
Schass durch dasselbe, wonach der Kranke moribund wurde, em
nach 12 Tagen. — Es sind 5 Heilungen (3 am Pericard.« 2 aa
rechten Ventrikel) beobachtet, bei denen die Kranken Ton Ac-
fang an die grosseste Schw&che zeigten, sterben^ in's Hospiul
gebracht wurden, und eine Bettung unmöglich schien; aach s:e
giebt daher ebenso, wie die Ohnmacht, gewisse Chancen zu eioeo
glucklichen Verlauf. Bei den Herzbeutelwunden mit Heilang hatte
ein Kranker sogar 36 Stunden in der Agone gelegen, ein anderer
in seiner Trunkenheit einen starken Blutverlust gehabt; bei eines
dritten, der 4 Stunden lang im Collapsus gelegen hatte, war nul
12 Tagen die Wnnde im Pericard. yernarbt. Bei den beito
Heilungen am rechten Ventrikel war ein Kranker arspraaglKa
moribund gewesen, ein anderer nach der Extraction eines Dolckes
und darauf entstandener Blutung sehr schwach geworden.
Wie gering die Seh wiche im Anfang sein kann, beweis
Deber die Wanden des Hersena und des Henbeatels. 697
die nnter der Ohnmacht aufgezeichneten Fälle, wo die Kranken
noch Strecken weit fortgingen u. s. w.; eine Frau fand sogar
noch die Kraft, nachdem sie sich eine Wunde in dem Herzbeutel
und der Fettschicht des Herzens beigebracht hatte, sich am Fenster
aufzuh&ngen (F. 215). Anch im Verlaufe konnte die Schw&che
gering sein, so dass die Kranken an den folgenden Tagen um-
hergingen und ihre Arbeit wieder aufnahmen.
5) Angst. In der Regel ist dieselbe mit DyspnoS, Oppres-
sion verbunden und beruht auf einer Compression des Herzens
und der Lungen; es ist dann im AnEemg eine innere Blutung, im
späteren Verlauf Pericarditis, Pleuritis die Ursache. Die Kranken
stehen des Nachts auf, um sich durch Hin- und Hergehen Er-
leichterung zu verschaffen und können schon nach wenigen Stun-
den unter der fürchterlichsten Angst sterben. Wenn ältere Auto-
ren (Naumann*), P. Frank**)) eine unnennbare Angst als
Symptom der Herzwunden hervorheben, so wird nur die durch
jene Ursache bedingte darunter zu verstehen sein. — Seltener
tritt die Angst momentan ein, wenn durch irgend eine Bewegung
der Druck auf das Herz jsich steigert Man sah dieselbe bei einer
Frau, welche sich eine Nähnadel in die Brust gestossen hatte, in's
Hospital ging und nur mit Mühe überredet werden konnte, dort
zu bleiben; plötzlich bekam sie grosse Angst, Schmerzen u. s. w.
Die Section zeigte eine Durchbohrung der Aorta durch die Nadel
und einen Bluterguss; dabei ist anzunehmen, dass in jenem Mo-
ment die Verletzung geschah (F. 24). Schon beim Aufheben des
linken Armes, beim tiefen Inspiriren konnten Angst und Schmerz
in der Praecordialgegend eintreten (F. 282). — Neben dieser
secundär sich entwickehnden Angst wird, wenn auch selten, bei
den Kranken unmittelbar nach der Verletzung eine Todesangst
beobachtet Es gehört hierher ein Fall, wo ein 24jähriges Mäd-
chen, nachdem es sich ein Messer in das Herz gestossen hatte,
um Hülfe schreiend zum Fenster hinaus sprang (F. 64). Häufiger
*) Handbuch der medic. Klinik. 1830. 11. S. 88—23.
»*) Epistol. L II. §. 20G.
698 I>r* Oeorg Fischer,
haben die Kranken eine Todesgewissheit, ohne dass sie da-
bei unruhig sind. Der vorhin erwähnte Patient wollte sich mnk
aufheben, noch auf den Rücken drehen lassen, weil er bei seÜKf
Schwäche die Ueberzengung hatte, sterben zu miisseD. Desgle-
chen fand man die Todesgewissheit bei Soldaten, die durch um
Schusterpfriem in der Brust verletzt, durch einen Schoss zu Bode:
gestreckt waren; bei einem Mädchen mit einer Nadel in der Bm
u. A. Alle Verletzten behielten ihre Ruhe. — Hitanter fehlt dk
Angst im ganzen Verlaufe der Krankheit und die Kranken stsrhea
bei voller Besinnung.
Schliesslich ist zu erwähnen, dass nach der Heilnng emer
Wände des Herzbeutels und der Lunge der Kranke in den ersten
3 Wochen noch Angst und Beklemmungen bekam, sobald er sä
rasch aufrichtete, was indess später ganz verschwand. Wahr-
scheinlich werden dabei die Herzpalpitationen sich vermehrt habea,
wie es auch nach anderen Heilungen beobachtet ist.
6) Schmerz. Der von der äusseren Wunde aosgehendi
Schmerz ist vorhin besprochen. Es fragt sich , in wie weit m
der Herzwunde selbst Schmerzen entstehen. Die Experimente u
Thieren, die Acupunctur bei Menschen haben eine entsdiiedeae
Schmerzlosigkeit nachgewiesen, und werden bei den Herzwuudei
die directen Berührungen des Herzens mit dem Finger oder h-
strumenten darüber Aufechluss geben können. Schon Harvej
hielt das Herz für ganz unempfindlich und stützte sich besouderi
auf eine Beobachtung an der Brustwunde des Sohnes von Lord
Montgomery, wo er das Herz mit dem Finger berührt hatte-
Dasselbe geschah von Ollenroth, Bambergeir (F. 286, 296),
welche die Untersuchung so lange ausdehnten , dass sie sich eii
Bild über die Mechanik der Herzbewegung machen konnten; ii
beiden Fällen litten die Kranken nicht im Geringsten. Dagefea
riefen die Untersuchungen von de Lapeyronie, Reiche (F. 2(6,
297) jedesmal, wenn der Finger das Herz berührte, eine Syncope
hervor, und einmal ein Erwachen aus der Bewusstlosigkeit, mü
Klage über furchtbaren Schmerz. Aehnlichen Erfolg hatte die
Berührung mit der Sonde; entweder reagirte der Kranke dnreh-
Uebor dia Waadaa dea Herzena and des Herzbeutela. 699
aus nicht, oder es trat Syncope ein (F. 254). Beim 3" tiefen
Einfuhren einer Bougie in einen Schusscanal entstand heftiger
Schmerz (F. 309), während die Berührung mit einem Gatbeter
keinen grossen Schmerz, aber ein unangenehmes Gefühl der Kälte
und Erstarrung hervorbrachte (F. 294). — Was nun die ver-
echiedeneu Arten der Verletzungen anbetrifft, so ist bei Nadel-,
Pfriemwnnden kein Schmerz beobachtet, selbst nicht bei einem
6jährigen Kinde. Ein Pfriem konnte 1, 2 Minuten lang unbe-
wnsst in der Brustwande stecken, der Kranke damit in seiner
Beschäftigung fortfahren; in einem anderen Falle empfand der
Kranke im Moment der Verletzung ebenfalls nichts und ging
weiter. Bei Messer-, Degen-, Dolch wunden besteht eine Ver-
schiedenheit. In der Regel fehlt der Schmerz; es kam vor, dass
der Verletzte sich anfangs ganz wohl fühlte, seine äussere Wunde
für ganz unbedeutend hielt, ja, er glaubte bei einer Wunde des
linken Ventrikels nur seine Kleider verletzt und merkte erst, nach-
dem er einige Schritte gegangen war, an der Blutung, dass er
verletzt war. Bei einer Herzbeutelwunde wurde er erst von seinen
Kameraden auf eine Wunde aufmerksam gemacht. Eine Bajonett-
wunde des linken Ventrikels zeigte während des ganzen Ver-
laufes eine wunderbar grosse Unempfindlichkeit, und zog sich
sogar ein Kranker das Bajonett, welches in den Bauch ein- und
auf der Brust, nach Verletzung des rechten Ventrikels, ausge-
drungen war, ohne Hülfe selbst aus, hielt sich durchaus nicht
für schwer verwundet, ging noch 10 Schritt weiter, bevor er ohn-
mächtig wurde, und klagte auch später nur über wenig Schmerz.
Diesen Beobachtungen gegenüber kommt es vor, dass der Kranke
sofort nach dem Messerstich laut aufschreit (ob aus Angst oder
Schmerz ist nicht gesagt), über heftiges Stechen in der Brust
klagt, oder nur einen lebhaften, aber oberflächlichen Schmerz in
der Herzgegend empfindet. Selbst im tiefsten Gollapsus unmit-
telbar nach der Verletzung stiess ein Kranker mehrfach ein krei-
schendes, schmerzhaftes Geschrei aus. — Bei Schusswunden ist
selten von einem momentan heftigen Schmerz die Rede, obwohl
auch sogleich ein bohrender Schmerz in der Herzgegend vorkommt.
Y. Lange nbeek't Archlr für Cbirargie. IX. 45
700 I>r. Georg Fischer,
Selbst ein lOj&hriges Kind, dem durch SchuBS ein Hol2pfloek ii
den rechten Ventrikel gedrangen war, empfand darchans keinen
Schmerz. Es ist möglich, dass die Kranken ihre Kugel deatli«li
SU fühlen glauben und die Extraction yerlangen, auch eine Be-
wegung der Kugel nebst einem Druck auf das Hers fühlen. Ab
eine Kugel frei im Pericard. lag, entstand mitunter ein drfickeih
des Magenkneifen, was durch den Druck sich erklären lasst In
der ersten Nacht hatte ein Kranker das GefQbl, als wolle ihn
das Hers herausspringen. — Bei Quetschwunden wirkt die Gewalt
auf die äussere Thoraxwand so stark ein, dass die sofort auf-
tretenden Schmerzen dadurch hinlänglich erklärt werden. Ab
durch Quetschung in einem Wasserrade eine Dislocation des
Herzens nach rechts erfolgte, hatte der Kranke sofort auf der
rechten Brustseite heftige Schmerzen und das Gefiibl, als ob ihn
ein fremder Körper in die rechte Lunge eingedrungen sei. -
Die Grösse der Herzwunde bestimmt den Schmerz nicht.
Berücksichtigt man, dass Entzündungen und DegeneratioMc
der Endocards und des Herzmuskels meistens von kaum nennem-
werthen Schmerzen begleitet sind, so geht aus allen diesen Beob-
achtungen hervor, dass die Verletzung des an sensitiven Ntf-
ven armen Herzens gar keine oder höchst geringe
Schmerzen veranlassen. Es :it daher schon früher (Bo;m
u. A.) die Abwesenheit des Schmerzes für ein diagnostiscbei
Zeichen der Herzwunden angesehen. Das Pericard. scheint, wie
man aus den starken Schmerzen bei acuter Pericarditia schliea^
kann, sehr sensibel zu sein, und werden demnach die im Anto
entstehenden Schmerzen von den Wunden der Brustwand und des
Herzbeutels abhängen.
Sobald der erste Choc vorüber ist, können bald oder mutl
einigen Stunden, neben grosser Dyspnoö, den Symptomen innerer
Blutung Schmerzen entstehen, die als Folge des Blutdruckes an-
zusehen sind. Nach einigen Tagen können dieselben von Periev-
ditis, Pleuritis abhängen. Dabei kommen manche Nuancen Tor:
bald heftig, tief, bald gering und oberflächlich in der Herzgegeoi
auf einer oder auf beiden Seiten, unter den falschen Rippen, ün
Oeber die Wooden des Herzeas aad des Herzbautels. 701
Epigastrinm, wo er auf Drack sich vennehrt, nad war la diesem
Falle ein Schoitt darch den Plex. pneumogastricus nachzuweisen
(F. 328), bei Pericarditis zog sich der Schmerz von der Herz-
gegend bis zum unteren Winkel des Schulterblattes hin und nahm
mit der Vergrösserung des Exsudats ab. Fliesst bei einer Wunde
des Zwerchfelles das Blut aus dem Thorax in den Bauch, so wird
mitunter ein grosses Gewicht im ünterleibe empfunden. Geistige
Aufregung, wobei die Girculation stürmischer wird, kann bei
Pericarditis den Schmerz steigern.
Zu den irradiirenden Schmerzen gehören die Schulter-
schmerzen, welche auf derselben Seite der Verletzung entstanden,
als eine Nadel vorne zwischen der rechten 2. und 3. Rippe, ein
Messer zwischen der linken 5. und 6. Rippe, 3" vom Stemum
den linken Ventrikel, ein Stich zwischen linken 7. und 8. Rippe,
2" vom Sternum den Herzbeutel trafen. Es können sich an der-
selben Seite die Schmerzen in der unteren Extremität bis in die
Zehen verbreiten und kam dieses bei einer Wunde in der Mitte
des Epigastriums vor, welche tief in das linke Hypochondrium
ging, den Herzbeutel durchbohrte, desgleichen bei einer Wunde
durch den 5. Rippenknorpel, welche die Art. coronar. und das
Herz, jedoch ohne zu penetriren, traf.
Nach der Verbeilung nebst überstandener Pericarditis kann
noch eine Zeit lang eine Spannung in der Herzgegend, selbst
nach 2 Jahren noch häufig Gongestionen zum Herzen zurück-
bleiben, die jedesmal durch Blutentziehung gehoben wurden. Eine
zurückgebliebene Schmerzhaftigkeit an der Narbe der Hautwunde
bei der Berührung ist früher erwähnt.
7) Lage des Kranken. Die Kranken vertragen in dcM*
Regel die horizontale Lage im Bette. gut, obwohl sie ihnen auch
so beschwerlich werden kann, dass sie trotz grosser Schwäche
sich zu erheben suchen, um aufrecht zu sitzen, zumal wenn Er-
stickungsanfälle, Praecordialangst hinzukommen. Andererseits ist
bei grosser Athemnoth die horizontale Lage die einzig erträgliche,
oder es kann der Kranke in allen Richtungen bequem im Bette
liegen. Bei einem Erguss in das Pericard., mit oder ohne Blu-
45*
702 I^r* Georg Fischer,
tung in die linke Pleura, konnten beide Kranke nur auf der
rechten Seite liegen, hatten auf der linken Seite stets grosse Angst
Bei fehlendem Erguss und einer Wunde des linken Yentrikek
war dagegen die rechtsseitige Lage unmöglich, desgleichen bei
dem Befunde einer im Herzbeutel eingekapselten Kugel neben
den Residuen einer alten Pericarditis. Bei zunehmender ünrobc
sagt keine Lage zu ; es besteht mithin eine grosse Verschiedenheit
8) Gesichtsansdruck. Die Veränderungen im Gesirk
der Verletzten sind die Folgen der Blutung, der durch sie her-
vorgerufenen Schwäche und treten meist sofort nach der Ver-
letzung auf. Sehr selten ist es, dass der Kranke mit unTeräo-
dertem Gesichtsausdruck im Anfang durchaus nicht den Eindruck
eines Schwerverwundeten macht, und der Arzt eine nicht peoe
trirende Brustwunde vor sich zu haben glaubt, bis nach eiDiges
Stunden die schwersten Symptome eintreten. Die Kranken sind
in den meisten Fällen sehr blass, oft von Todesblässe im gaozee
Gesicht Nur einmal wird erwähnt, dass gleich nach der Ver-
letzung das Gesicht in derselben Minute roth und blass wurde.
Die Lippen sind cyanotisch, selten blass, weiss, und kann dk
Cyanose, zumal bei herannahendem Tode, sich über das gaose
Gesicht ausdehnen; die Zunge ist dunkelblau, trocken, und dringt
bei gleichzeitiger Lungenwunde blutiger Schaum aus dem MaoJe.
Die Temperatur ist gesunken ; Nasen, Ohren sind kalt. Die Ängeo
erscheinen, von lividen Ringen eingefasst^ matt, halbgeöffnet, mit-
unter in Thränen gebadet; die Pupillen können erweitert, star,
nach oben verzogen, oder im tiefen GoUapsus verengt sein. D^
Gesicht trägt das Gepräge der Erschöpfung, des tiefsten Leidens,
der Angst und Traurigkeit, so dass es den Eindruck machen kanHi
als wfinsche sich der Kranke den Tod herbei ; bald ist der Ein*
druck der eines Moribunden. In einem Falle wird der Gesichts*
ausdruck als ein verwirrter, verstörter bezeichnnt, in einem an-
deren als närrisch (gripp6) convulsivisch. (Vergl. die nervösea
Symptome). — Die beschriebenen Veränderungen combiniren sieb
in verschiedener Weise.
9) Kälte. Als Folge der Blutung und meist im Verhält-
Deber die Wunden des Herzens nnd des Herzbeatels. 703
niss zur Grösse derselben ist die Temperatur vermindert, so dass
die Extremitäten, oder bei stärkerer Anämie der ganze Körper
kalt sind. Die Kälte wird selbst in der heissesten Jahreszeit als
oine Eis-, Marmorkälte beschrieben. In der Regel tritt sie sofort
ein, in einem Falle 4 Stande nach der Verletzung. Das Gefühl
der Kälte und Erstarrung bei Berührung des Herzens mit einem
Catheter ist vorhin erwähnt.
10) Haut. Auf der Haut des Gesichts oder des ganzen
Körpers stellt sich anfangs ein kalter, klebriger Sohweiss ein;
später, wenn eine fieberhafte Reaction eintritt, wird die Haut
wieder wärmer, bleibt oft trocken. Oedem trat am folgenden
Tage nach einer Schassverletzung an den Beinen und Füssen
auf, blieb 14 Tage stehen und verschwand dann wieder; es wurde
ausserdem bei einem Klappenleiden und Vorläufer eines Erysipe-
las am Augenlide beobachtet.
11) Zittern. Dasselbe ist selten beobachtet; bei Schnitt-
und Schusswunden kam es spasmodisch und mii der Zeit sich
vermehrend vor, war dagegen bei einer Quetschwunde (F. 430)
allgemein. In der Regel ist es ein anämisches Symotom^ konnte
indess auch als nervöse Aifection aufzufassen sein.
12) Fieber. Das Fieber tritt meistens erst ein, wenn der
erste Ghoc vorüber ist, die Symptome des CoUapsus zurücktreten.
Es kann in geringem Grade beginnen, einige Tage so anhalten,
bis es bei einer besonderen Ursache (Umhergehen des Kranken
u. 8. w.) hitziger wird. Es wurde erst am 8. Tage der erste
Frost beobachtet Häufig beginnt es, ohne dass sich direct eine
Gelegenheitsursache nachweisen lässt, und erst die Section lässt
vermuthen, dass der Anfang des Fiebers mit einer secundären
Blutung nach innen zusammengetroffen ist. Das Fieber kann
dabei einen Tag bestehen, vorübergehen und nach einigen Tagen
bei einer erneuerten Blutung wieder eintreten. Bei starken Blu-
tungen, die sich durch Dyspnoe, Oppression u. s. w. sofort kennt-
lich machen, entsteht das Fieber plötzlich und heftig (F. 200). —
In vielen Fällen kündigt es eine Pericarditis, Carditis, rieuritis
an, von denen erstere meist am 2., 3. Tage sich entwickeln. —
704 Dr- Georg Piseber,
Es erscheint nicht unwahrscheinlich, dass dnrch die Heftigkeil
des Fiebers eine zarte Narbe in der Herzwande wieder anfg^
gerissen werden kann (F. 276).
Gehen wir sn den eigentlichen CircnlationsstO rangen
aber, welche vornehmlich durch die Blutung und Entafindungeo
bedingt werden.
13) Herzschlag. Derselbe ist am häufigsten in Folge der
Blutung in seiner Stärke herabgesetzt und kann sowohl bei alleini-
ger Schwäche des Kranken, als wie bei einer Blutung in dea
Herzbeutel, dem Geffihl sich mehr entziehen. Er ist anfiuigs io
verschiedenen Graden schwach, fast unmerklich oder fiberhaopt
nicht zu ffihlen, kann dabei aber seinen regelmässigen Rhythmus
behalten. Dass die durchschnittenen Herzmuskelfasem sich sehr
nnregelmässig zusammenziehen und dadurch stets einen anregel-
mässigen Herzschlag heryorrufen, trifft mithin nicht immer zu. —
Andererseits wird der Herzschlag gleich anfangs lebhaft, beschleu-
nigt, deutlich zu fühlen sein. Es gab F&Ue, wo er bis zum Tode
tumultuarisch blieb (F. 110), ja sogar die Brust gewaltsam hob
(F. 282). Bei einer Messerwunde des Herzbeutels war dersdbe
kurz nach der Verletzung so laut, dass man ihn in einer Ent-
fernung von mehreren Schritten deutlich hOren konnte und an-
willkfirlich die Yermuthung erweckte, dass Luft in den Herzbei-
tel eingedrungen sei, die bei der Bewegung des Herzens hin-
und hergetrieben wurde (F. 280). ^- Sind die Kranken sehr er-
schöpft, so kann von Anfang an die Herzcontraction unregel-
mässig sein, und wird in 4 Fällen von einem Zittern des Herzens
gesprochen, welches einige Minuten nach der Verletzung bei
Schnitt-, Schusswunden und Rupturen vorkam (F. 107, 283, 310,
400). Lavender, welcher nach den ersten 5 Minuten die Herz-
thätigkeit ganz aufgehoben sah, f&hlte nach abermals 5 Minuten
ein leises Zittern des Herzens und wird dieses mit dem anfangs
noch undeutlich erscheinenden Herzstosse identisch sein; desglei-
chen Beck, welcher den Herzschlag gleichzeitig undeuüich, die
HerztOne entfernt verschwommen wahrnahm. — Im Verlauf der
Krankheit wird sich der Herzschlag je nach den Verhältnissen
üeber di6 Wanden des Herzens und des Herzbeutels. 705
sehr Terscbieden präsentiren. Ist er anfangs tnmaltnarisch, so
kann er mit eintretender Pericardids schwächer und zuletzt un-
föblbar werden; bei einer Blutung in den Herzbeutel plötzlich
nicht mehr zu fühlen sein (F. 175). umgekehrt kam es vor,
dasB derselbe anfangs bei ftusserster Schwäche des Kranken kaum
fahlbar) dagegen am 5. Tage sehr heftig war. Er kann sich im
Yerlauf sogar so kräftig entwickeln, dass er nach mebr&ch er-
folgten Aderlässen, das eine Mal am 6. Tage, in Folge seiner
Heftigkeit die Heftpflaster lüftete, im anderen Falle am 7. Tage
beim Abnehmen des Verbandes in der Wunde sichtbar wurde,
und schien der angelegte Finger den unmittelbaren Eindruck der
Herzspitze zu f&hlen. Bei einer Herzbeutelwunde war er am
4. Tage sehr stark und eigenthümlich; wurde nämlich die Wunde
60 mit der Hohlhand bedeckt, dass die Finger nach unten ge«
richtet waren, so fühlte man mit diesen das Klopfen des Herzens,
während man in der Hohlhand die Empfindung hatte, als würde
bei jedem Herzschlag eine Flüssigkeit gegen dieselbe angeschlagen
(F* 297). In dem erwähnten Falle von Dislocation des Herzens
in Folge einer Quetschung, war unter der linken Warze der Herz"
schlag nicht hörbar, wie vor der Verletzung, dagegen pulsiite
das Herz rechts V* vom Stemum, zwischen 6. und 7. Rippe
(F. 444). Eine zweifache Herzpulsation zwischen 5. und 6., und
3. und 4. Rippe kam bei einer Messerwunde beider Ventrikel
vor (F. 266), und wird dabei die vordere Herzfläche, in einer
grösseren Ausdehnung die Brustwand berührt haben, als es ge-
wöhnlich der Fall, aber nicht überaus selten ist. — Nach Ver>
heilungen von Herzwunden bleiben oft die heftigsten Herzpalpi-
tationen zurück (F. 282), und können dieselben Jahre lang fort«
bestehen (F. 260), so z. B. bei der Einkapselnng einer Kugel im
rechten Ventrikel 6 Jahre lang, wobei in den ersten 3 Jahren
der Kranke sehr von Palpitationen gequält wurde, in den letzten
weniger (F. 368). Andererseits kam nach der Verletzung von
Herzbeutel- resp Herzwunden ein kaum hörbarer Herzschlag vor,
so dass Larrey eine Atrophie des Herzens vermuthete, welche
durch eine successive Vernarbung des Herzbeutels und seiner Ad-
706 I^'- Georg Fischer,
härenzeD mit der ganzen Oberfläche des Herzens bedingt seb
sollte (F. 294, 370).
14) PercQSsion und Anscnltation. Die pbysiealischfE
Untersuchnngsmethoden sind leider nur bei einer geringen Ansah'
von Fällen (c. 45) zur Anwendung gekommen. Die Percns-
sion des Herzens giebt bald eine normale Dämpfung, bald is
der Ton bei einem Erguss in den Herzbeutel matter, und kaan
über der Dämpfung ein abnorm beller Ton bestehen. Die Däm-
pfung ist an Dmfang verschieden; man beobachtete sie bis 10 Ctn.
im Umkreis der Wunde, auch vrar die Ausdehnung am 5. Tag«
so gross, dass die Dämpfung IV fiber den rechten Rand de^
Sternnm hinausragte. Eine totale Dislocation des Herzens Daeli
rechts, durch eine quetschende Gewalt, sowie ein theilwekas
Hinuberdrängen desselben nach rechts, in Folge eines linksseiti-
gen Pleuraergusses, Hessen sich nachweisen. Als Luft aus des
Herzbeutel mit Geräusch ausdrang, war in der Präcordialgegeac
eine übertriebene Resonanz (F. 176). Ein wechselnder Percos-
sionsschall in der Herzgegend wurde bei aufrechter und liegender
Stellung des Kranken wahrgenommen und beruhte dieselbe wahr-
scheinlich auf einer Luftansammlung iin verletzten Herzbeutel
Lag der Kranke auf dem Rücken, so kam ein tympanitiseher
Schall, sass er aufrecht, ein mehr gedämpfter, indem das Ben
sich der Brustwand mehr näherte und die Luft nach hintes
drängte. Auch der tympanitische Schall war bald heller, bak!
dumpfer, je nachdem in der Diastole das Herz sich mehr ^b
der Brustwand entfernte und umgekehrt (Feine. F. 298).
Sehen wir zuvörderst von den pericarditischen Erscheiono-
gen ab, so hört man durch Auscultation die Herztöne bald
normal oder entfernt, verschwommen, bald auch gar nicht, je
nach dem stärkeren oder geringeren Bluterguss im Herzbentel
Landsberg (F. 6) will den Herzschlag etwas nndulirend gebort
haben, so dass beide Schläge gleichsam als schleifende Töne ic j
einander gingen, und mit dem Carotidonpulse in keiner geoaaen |
Harmonie standen. — Von Geräuschen sind verschiedene Artea
gehört worden:
lieber die Wanden des Herzens und des Herzbeutels. 707
Ein wellenformigeB Knistern, ähnlich wie bei einem vari-
cOsen Aneurysma hörte Ferrns (F. 21) , der überhaupt zu-
erst auf ein Geräusch bei Herzwunden anfinerksam machte. Es
war am 2. Tage bei einer Wunde des linken Ventrikels zwischen
der linken 5. und 6. Rippe hörbar , folgte den Herzbewegungen
und blieb bei einer normalen Respiration stehen; am 11. Tage
kam ein pericardiales Geräusch (bruit de lime) zum Vorschein.
Bei der Section fand sich ein Stylet im linken Ventrikel, mit
einem Ende frei in die Höhle des rechten Ventrikels ragend, ohne
die gegenüberliegende Wand zu erreichen.
Es folgten die Beobachtungen von Jobert, welcher annahm,
dass, sobald das Herz geöffnet sei, die getheilten Fasern unge-
wöhnliche Bewegungen, unregelmässige Palpitationen machten,
welche sieh mit dem gewöhnlichen Herzschlag vermischten. Er
hält das Geräusch von Ferrus für ein pathognomonisches Zeichen
einer Herzwunde und will den Rhythmus des Herzschlages mehr
beachtet wissen, da dieser einen speciellen Charakter, ganz ver-
schieden von dl9m Rhythmus des beschleunigten Herzschlages, wel-
cher bei einem fast blutleeren Kranken am Ende einer Blutung
stattfindet, haben soll. Ausserdem hörte Jobert bei 3 Herz-
wunden, die er beobachtete, ein zweites Geräusch, welches er
für ein constantes, pathognomonisches Zeichen hält. Dasselbe
war ein Pfeifen, Zischen (susurrus), ähnlich dem, wenn Blut
von einer Arterie in eine Vene tritt Es ist ungewiss, ob
das Geräusch jedesmal bei einer breiten Her;&wunde besteht, auch
kommt es nicht in allen Perioden vor, sondern hört vielmehr in
dem Moment auf, wo ein Pfropf die Wunde schliesst; das Fort-
bestehen und Aufhören desselben correspondirt daher mit der
Blutung. Im FaU 110 hörte man 4 Stunden nach der Verletzung,
bei welcher eine äussere und innere Blutung bestand, jenes Ge-
räusch. Am folgenden Tage hörte die äussere Blutung auf, und
war am Tage darauf das Geräusch verschwunden; später kam
ein pericardiales (bruit de rape) Geräusch zum Vorschein. Man
faod an der Herzspitze 2 Oeffiiungen, deren Ränder durch Lymphe
vereinigt waren und gleichseitig eine totale Durchbohrung des
708 !>'• Öeorg Fischer,
rechten Ventrikels mit Zerschneidnng mehrerer Fleisehsinlea,
Pericarditis. Im Falle 76 hörte man das Ger&nsch bis sun Tode,
der nach 13 Stunden erfolgte, dabei war der rechte Ventrikel
durchbohrt Im Falle 100 wurde bei dem stark blutendeo Kran-
ken das Geräusch sofort bei der Aufnahme wahif^enommen Uni
Yon den Studenten best&tigt; es erhielt sich noch am 2. Tage
neben einem normalen Respirationsger&nsche und wich am 8. Tage
einem pericardialen Reibeger&usche. Der rechte Ventrikel wr
durchbohrt und fand man in jener Wunde und in der dea Peri-
cardium PfVöpfe.
Metallklänge, welche kurs abgebrochen, einen Ton hat-
ten, als ob man mit dem Fingernagel gegen eine Flasche u*
schlägt, horte Steifensand (F. 197) am 6. Tage, bis n wel-
cher Zeit wiederholt Blutungen eingetreten waren, neben dem
nur far das Ohr yemehmbaren Heraschlag. Es war der redite
Vorhof 2" lang nahe am üebergang in den rechten Ventrikd
▼erletst, und der Kranke an Verblutung gestorben. Auch Feine
(F. 298) horte gleich nach der Verletzung metallisch klingende
TOne, die mit Rhonchi yerbunden auf eine Ansamndung tm
Flüssigkeit im Pericard. hinwiesen. Am folgenden Tage war der
erste Ton nicht ganz rein, und der zweite an der Herzspitie mit
einem leichten Geräusche yerbunden.
Systolische Blasegeräusche sind mehrfach beobaobtet.
Brugnoli (F. 266) hOrte sie unter der Clayicula nnd Achsel
sehr deutlich und verdeckten dieselben die HerztOne. Sie bliebez
nach der Verheilung mit einer excentrischen Herzhypertrophie
zurück und zeigte die spätere Section eine Verletzung der VzIt.
mitralis, welche in 2 dicke sehnenartige Lappen zerschnitten war.
Mfihlig'(F. 267) erzählt, dass ein blasendes Geräusch nach der
Verheilung der Wunde entstanden sei, welches den Kranken in-
dess nicht weiter beunruhigte. 10 Jahre später war es einige
Wochen vor dem Tode stärker geworden und v^eckte beide
TOne. Es bestand eine Verletzung beider Ventrikel, die dadurcb
in Gommnnication getreten waren, sodann eine Hypertrophie des
linken Ventrikels, ein partielles Aneurysma am rechten Ventri*
Ueber die WnndeD des Herzeos nnd des Herzbeutels. 709
kel, eine Verletzung and InBufficiens der Aortenklappen, sowie
eine Stenose am Orificium aortae. Das im Leben hOrbare, dop-
pelte, blasende Geräusch am Herzen, war gewiss hauptsächlich
von der Veränderung am Orificium aortae bedingt. — Tuefferd
(F. 283) hörte gegen Ende der Verheilung einer Herzwunde
(wahrscheinlich rechter Ventrikel) den ersten Herzton gleich einem
Blasen, welches sich in die Aorta und Carotiden fortpflanzte. Das
Blasen wurde vom 33. Tage an immer stärker hörbar, verdeckte
beide normale Herztöne und war intermittirend. Bei der Seiten-
lage hörte es der Kranke selbst. — Morawetz (F. 237) glaubte
das systolische Geräusch mit Garditis und «der davon abhängigen
momentanen Insufficienz der Valv. mitr. in Folge der Paralyse
eines oder des anderen PapiUarmuskels in Verbindung bringen
zu müssen. — N^laton') bemerkt, dass man bei einer Verletzung
des Herzohres auf 1 M^tre Entfernung ein Blasegeräusch hörte,
dessen Timbre ein amphorisches Blasen war.
Ein Sägegeräusch beim zweitenHerzton hörte Krause
(F. 280) am folgenden Tage nach der Verletzung des Pericard.,
wobei keine starke Blutung stattgefunden hatte. Dasselbe liess
am 3. Tage nach, kehrte am 4. wieder, um am 5. ffir immer zu
verschwinden, worauf beide Herztöne wieder normal wurden.
Consonirendes Rasseln (Gegurgel), zumal bei der Dia-
stole der Ventrikel, wird von Skoda (F. 445) in einem Falle
erwähnt, wo er eine Blutung in dem Herzbeutel vermuthete und
glaubte er, dass Herz und Herzbeutel stärker verklebt seien, und
bei den Herzbewegungen durch das Losreissen der anklebenden
Stellen das Rasseln erzeugt wurde.
Geräusche, welche von der Systole zur Diastole
forttönten, hörte Rupprecht (F. 281) am 3. Tage, bei einer
in Heilung ausgehenden Wunde des rechten Ventrikels, dabei
deutliche Herztöne, am 4. Tage Reibungsgeräusche. •— Ein eben-
falls mit dem Pulse nicht synchronisches Blasebalg%eräusch
vernahm Lavender (F. 283) noch 14 Tage lang nach der Ver-
El^menta de pzthologie chirargicAle. T. lU. 1864. p. 474.
710 ^r, Georg Fischer,
heilang einer Wunde des rechten Ventrikels und verlor sich d^
selbe erst allmälig.
Ein schnurrendes Geräusch bestand, ausser dem erwähl-
ten, in dem Falle von Brugnoli, und entstand durch die Cce*
munication beider Ventrikel. In Mühlig's Falle mit derseJbai
Verletzung \ivird ein Schnurren nicht erwähnt, und ist viellekit
nur eine Verstärkung des erwähnten systolischen Geräusches dsret
jene Gommunication erzielt
£in Geräusch des hydraulischen Rades (bmitderoie
hydraulique) beschreibt Morel -Lavallee (F. 391, 439, 44?;.
als pathognomonisches» Zeichen für Rupturen des Hersbeutels ud
der Pleura. Er sah in 3 Jahren jene 3 Fälle und war stets jeae^
Geräusch vorhanden. Zweimal wurde die Diagnose durch dat
Section bestätigt, einmal erfolgte Heilung. Die Ursache war m
heftige Erschütterung des Herzbeutels, wodurch dem Geveke
Vibrationen weit fiber seine Resistenzf&higkeit mitgetheilt wer-
den. Das Geräusch, welches gleichzeitig einen Erguss von Fli^-
sigkeit und Luft in den Herzbeutel anzeigt, war bald intennia;-
rond, und fiel mit der Gontraction der Ventrikel zusammen (k
jeder 7—15—20 Pulsation, wobei es sich 4-, 5mal wiederholle.
F. 439;, bald continuirlich bei jeder Systole (¥. 449). Mao höre
es schon in einiger Entfernung vom Kranken, am intensivski
über der Herzgegend und nur in der Ruckenlage, indem es beii
Aufsetzen verschwand.' Bald dauerte es wenige Stunden, wurde
am folgenden Tage schwächer und verschwand, bald sogar 5 Ta^
(F. 439). Das Geräusch ist sicher hervorgerufen durch das Eii*
treiben von Luft und Flüssigkeit, in Folge der Herzbewegug.
erinnert deutlich an das hydraulische Rad, dessen Schaufeln sfc-
cessiv in gleichmässigen Intervallen Luft mit Wasser schlafeü
und soll auch mit dem Tone zerschlagener Eier ähnlieh sein.
Es ist von anderen endo - und pericardialen Gei^uschen ganz ver-
schieden, ^uhrt auch nicht von Ripponfracturen her, da diese da-
bei fehlen können; die Herztöne sind normal.
Das Eindringen von Luft will Filhos (F. 161) neben
der Wunde wahrgenommen haben; es wird dahin beschrieben.
Deber die Wanden des Herzens und des Herzbeateis. 711
dasB, wenn die Dilatation der Brust vollständig war, die Luft
ein Hindemiss fiberwand und sich rasch in eine Höhle stürzte.
Diesen Beobachtungen gegenüber giebt es einige Fälle, in
denen bestimmt darauf aufmerksam gemacht ist, dass keine
Geräusche am Herzen vorkamen; dahin gehören die Fälle mit
Steckenbleiben einer Nadel im Septum (F. 42), einer Kugel im
Septum (F. 342), die Einkapselung einer Kugel im Herzbeutel
(F. 367), das Ein- und Ausdringen einer Kugel durch den rech-
ten Ventrikel, so dass 2 Oeffaungen vorhanden waren (F. 362),
eine V' lange, 2'' von der Spitze entfernte Stichwunde des rech-
ten Ventrikels (F. 85), eine 5'" lange, penetrirende Wunde des
linken Ventrikels, wobei die scharfen Ränder eng aneinander
lagen (F. 151).
Die Aufzeichnungen über Herzgeräusche sind im Vergleich
zur Statistik der neueren Zeit sparsam ; dabei int zu berücksich-
tigen, dass die Schwäche des Kranken, die heftige Dyspnoe von
der Auscultation des Herzens, entweder ganz oder von einer
wiederholten Untersuchung, abgehalten haben.
Die Bedingungen, unter denen Herzgeräusche bei Herzwun-
den entstehen, dürften folgende sein: 1) Es ist möglich, dass,
wenn aus einer feinen Herzwunde das Blut gewaltsam ausströmt,
in Folge der Reibung, ein Geräusch entstehen kann, das sofort
aufhört, wenn ein Pfropf die Wunde verschliesst. Es kann da-
durch die Zeit seines Bestehens sehr kurz sein, und wird dieses
ein Hauptgrund, weshalb es am Herzen so selten beobachtet ist
(^Jobert). 2) Bei einer Klappenverletzung werden an den flot-
tirenden Enden Geräusche entstehen können (F. 266, 267). Eine
Parallele dazu findet man in den, durch Muskelanstrengung her-
vorgerufenen Zerreissungen der Herzklappen, wobei Quain') bei
einer Zerreissung der Aortenklappe einen eigenthümlichen Ton
vernahm, der sich über die Brust bis zum Nacken und Ohren
hinzog und einige Tage gehört wurde. 3) Bei der ^Communica-
tion beider Ventrikel (F. 266, 267). Einen Anhaltspunkt würde
♦) Bei Friedreich, 1. c S. 188.
712 Dr« Georg Piseli<»r,
man bei den MiBsbildangen des Herzena in der Perforation des
Septam yentriculoram finden. Die Diagnose derselben ist schwie-
rig, da zamal in Betreff der physikalischen Symptome eine exacte,
hinreichende Gasuistik fehlt* Ich hörte im Einderhospitale zu
Prag (1861) eine Wahrscheinlichkeits - Diagnose aof Perforation
des Septam stellen bei einem 6jfthrigen Kinde, das nie acut krank
gewesen, sich wegen gelinder Abmagerong, Appetitlosigkeit vor-
stellte. Anf der Brast und dem etwas aufgetriebenen Baneh
waren die Venen erweitert, Leber und Milz f&hlbar vei^Ossert.
Der Herzschlag bestand i*' unter der linken Brustwarze; man
f&hlte ein intensives SSgeger&usoh, anstatt des ersten Tones hörte
man ein systolisches Geräusch, der zweite Pnlmonalton war etwas
accentuirt, der Puls klein. Gegen eine alleinige Insufficienz der
Valv. mitralis sprachen der kleine Pols und das Sftgeräusch, viel-
leicht bestanden eine Insufficienz und Stenose der Mitralis zo-
sammen, obwohl nach Analogie von 3 anderen dort beobachte-
ten Fällen die Diagnose einer Perforation des Septam ventr. am
wahrscheinlichsten schien. 4) Es wird mOglich sein, dass an
dem frei in den Ventrikel ragenden Ende eines Instrono^ntea,
durch Reibung des Blutes, ein Geräusch entsteht (F. 21). Es
sass in jenem Fall das Instrument, ohne sich bei Bewegungen
zu derangiren, so fest, dass man kaum aniiehmen kann, dass
Blut von einem in den anderen Ventrikel fiberfloss. 5) In Folge
der Anämie werden sich anorganische Geräusche bilden. 6) Bei
Klappenfehlern. 7) Bei Blutungen in den Herzbeutel (F. 445).
8) Bei Eindringen von Luft und Flfissigkeit in den Herzbeutel
(F. 391, 439, 449).
Das Vorkommen von Geräuschen bei Herzwunden ist ge-
sichert und kann durch die negativen Fälle nicht entkräftet wer-
den, indem wenigstens bei den in der Herzwand steckenden,
im Pericardium eingekapselten fremden Körpern, bei einer Schuss-
verletzung mit 2 Oeffiingen keine Bedingungen für ein Geräusch
vorhanden waren. Eine ausweichende Erklärung für die verschie-
denen Nuancirungen der Geräusche zu geben, ist bis jetzt nicht
möglich; weder die Geräusche von Jobert, noch von Morel-
üeber die Wooden des Herseas nad dee Hersbeatais. , 713
LaTallie, die Ton ihnen bei mehreren Verletzangen gehört
worden, sind Ton anderen Beobachtern wieder gehört. Wenn die
Möglichkeit vorliegt, dass ein Ger&nseh nur sehr knrze Zeit ge-
hört werden kann, dass breite Herzwnnden kein Geräusch veran-
lassen, indem die Reibnng des Blates dabei nicht kräftig genug
ist, so ist sa schliessen, dass die Diagnose einer Herzwande darch
das Vorhandensein eines Geräasches an Sicherheit bedeatend ge-
winnt, die Abwesenheit des letzteren dieselbe indess nicht aas-
schliesst.
Die pericarditischen and plearitischen Geräusche
sind bekannt; es wurden Reibegeräusche (bruit de lime, bruit de
rape) mehrfach aafgenannt. Zu erwähnen ist, dass Dolbeau
(F. 216) bei einer Pericarditis, wobei Eiter und Gas yermischt
waren, neben den entfernten Herztönen ein amphorisches Blasen
and metallisches Klingen hörte, S tokos (F. 373) ein intensives
Reibungsgeräusch, welches auf einzelne Stellen beschränkt, an
einem Punkt verschwand und an einem anderen wieder auftrat.
Die EntzQndung musste sich demnach nicht auf der ganzen Ober-
fläche, sondern auf einzelnen Punkten ausgebildet haben.
15) Pals. Der Puls, welcher im Anfang der Verletzung
onter dem Einflüsse des geschwächten Herzmuskels steht, der
durch den auf ihn vom Blut im Herzbeutel ausgeübten Druck an
Kraft verliert, ist demgemäss meistens kleiner, als in der Norm,
und wird in verschiedenen Graden als schwach und fiidenfftrmig,
kaum fthlbar, nicht fühlbar beschrieben. Neben dieser Verschie-
denheit variiren auch die Schnelligkeit und der Rhythmus, indem
der geschwächte und gereizte Herzmuskel sich häufiger und un*
regelmässig contrahirt Ein kleiner, frequenter, unregelmässiger,
intermittirender Puls ist mithin im Anfang am häufigsten. Die
Unregelmässigkeit besteht mitunter darin, dass der Puls auf der
einen Seite deutlicher ist, als auf der anderen, nach der Heilung
einer Herzbeutelwunde blieb er links kleiner, als rechts, und war
oft intermittirend. Die Annahme Jobert's, dass ein intermit-
tirender Puls nur bei Entstehen eines Ergusses im Herzbeutel
und Bildung von Pfropfen in den Herzhöhlen gefunden wird, lässt
714 I>f* Georg Fischer,
sich nicht halten, da b&ofig auch bei &asserster Kleinheit des
Pulses, in Folge partieller Contractionen des linken Ventrikeln
(z. B. bei Stenose der Mitralis), ein intermittirender Pak geiriB'
den wird. — Ausnahmen sind, dass der Puls von Anfang ^
regelmässig ist und bis zum Tode so bleibt. In 5 Fällen war
dabei wenig oder gar kein Blut im Herzbeutel. Selten ist der
Puls anfangs ruhig und langsam. Als eine Herzwunde durch eic
Instrument geschlossen blieb, so dass keine Blutung erfolgte, gii^
der Puls ganz ruhig, und wurde erst später schnell, ebenso st
das Herz von einer noch darin sitzenden Nadel angestochen war
Der Puls wurde in 2 F&Uen langsam gefunden, als eine sehr
innige Verwachsung des Herzbeutels mit dem Herzen bestani -
Zu den seltener vorkommenden Eigenthümlichkeiten des Pulsen
gebort ein Zittern desselben, welches gleich nach einer Ohnmaelit
bestand und sich nach und nach vermehrte (F. 285); ausserdes
ein harter, gespannter, concentrirter Puls, ein pouls serrä.
Nach dem Choc verändert sich der Puls bei eintretender
Reaction; der anfangs nicht fühlbare«Puls kommt zum Vorschein.
hebt sich nach und nach, wird voller, frequenter; es kann der
Garotidenpuls sichtbar werden. Eine Gemüthsaifection beschleu-
nigt ihn. Im Verlaufe wechselt die Beschaffenheit oft sehr, si^
z. B. im Falle 21: Verletzung am 24, 26. P. klein, intermitti-
rend. 29. P. stärker, entwickelter, regelmässiger. 31. P. klein,
wegdrfickbar. 1., 2., 4. Juni. Puls 100, etwas unregelmässif
nicht intermittirend. 5. P. stärker, häufiger. 6. P. intermiui-
rend, wegdrfickbar. 7. P. häufig. 13. Tod. — Mit dem Eid-
tritt von Pericarditis u. s. w. wird der Puls frequenter, voller,
bei secundären Blutungen schwächer. Man sieht, dass eine ausser-
ordentlich grosse Verschiedenheit des Pulses besteht.
Die Respirationsstörungen im Verlaufe der HerzwoB-
den sind vorsichtig zu beurtheilen, da in den meisten Füleo
gleichzeitig Lungenverletz^ingen bestehen.
16) Athem. Unter 70 Fällen, in denen über das Atbmea
der Kranken berichtet ist, war es nur in 7 Fällen vrährend der
ganzen Dauer der Krankheit normal, in 63 Fällen abnorm. Am
Ueber die Wundeo des Herzens und des Herzbeutels. 715
•
häufigsten beobachtete man ein gleichzeitig mühsames und be-
Bchleamgtes Athmen, eine DyspnoS, die verschieden hochgradig,
bis zur Erstickungsnoth, welche in jedem Augenblicke dem Leben
ein Ende zu machen droht, sich steigern konnte. Als verHchie-
dene N&ancen kamen bald kurze In- und Exspirationen vor, bald
erfolgten mehrere kurze, oder zeitweise hintereinander mehrere
tiefe, schmerzhafte Inspirationen, so dass der Rhythmus unregel-
mässig wurde, damit war mitunter Schluchzen, Seufzen verbun-
den. Die Thorax bewegungen konnten so heftig werden, dass der
Kranke festgehalten werden musste (F. 88). Eigenthümlich war,
in dem Falle von Dislocation des Herzens nach rechts, dass ein
Gef&hl von Snffocation eintrat, sobald eine kalte Substanz auf
die rechte Thoraxseite gebracht wurde. Seltener ist das Athmeu
langsam und mühsam, es kann röchelnd, piepend, keuchend, fast
auf Null reducirt sein, indem der Thorax unbeweglich wird und
ein Bauchathmen entsteht.
Die Ursachen der Dyspnoe sind, wenn sie sofort nach der
Verletzung auftritt, Compression des Herzens und der Lunge durch
Blutungen in den Herzbeutel und die Pleura. Bei kleinen unbe-
deutenden Ergüssen bleibt das Atbmen frei. Im späteren Ver-
laufe bedingen Pericarditis, Pleuritis, Pneumonie, Eiterungen im
Mediastinum, Adhäsionen zwischen Lunge und Pleura, Herzbeutel
und Pleura die Athemnoth. Wenn durch die Anwesenheit eines
fremden Körpers die entzündlichen Erscheinungen in den serösen
Häuten unterhalten werden, so kann mit denselben die Athem-
noth chronisch werden (F. 31, 41). Ein plötzliches Auftreten
derselben im Verlaufe der Krankheit hängt meist von einer secun-
dären Blutung ab (F. 97).
17) Blutauswurf, Husten. Bei 30 Verletzungen fand
sich 13mal Bluthusten, 7mal Husten ohne blutigen Auswurf, 10-
mal weder Husten noch Auswurf. Bei jenen 13 Fällen wies die
Section Lungenwunden nach, und war^bei 2 Heilungen darunter
eine solche vorauszusetzen. Die Lungenwunden geschehen so-
wohl durch Stich, Schnitt, Schuss, als durch Quetschung. Der
Blutauswurf trat in der Regel gleich nach der Verletzung auf,
T. Langtobeck, Archiv f. Cbirursi«. IX. 4(}
716 Öf. Georg Fischer,
einige Stunden sp&ter in einem Falle, als eib Stylet im Herur
und der Lunge stecken geblieben war, und so als Pfropf wir-
kend, die Blutung verhindert hatte; selten an dea folgendta
Tagen. Es wurde schwarzes und rothes Blut meistens nur ii
geringer Menge ausgeworfen und ^at blutiger Schleim aus des
Munde ; nur einmal wird fiber einen sogleich erfolgenden heftipü
Blutsturz berichtet (F. 162). Blut mit Eiter vermischt wurde
sogar schon 36 Stunden nach der Verletzung ausgeworfen (F. 7)
Bei einer Bajonettwunde der Lunge war der Auswarf nicht bkö^
(F. 74); auf der anderen Seite hält es Landsberg für möglicL,
dass ohne Lungenwunde in Folge einer Endosmose des extra^a-
sirten Blutes durch die Lungenpleura ein rothtingirter Äuswiiif
entstehen könne. Ein Husten ohne Blutauswnrf kann schon io
Anfange sehr heftig, beklemmend werden, so z. 6. bei eioeo
grossen Blutergusse in der Pleura mit heftiger Dyspnoe, wobei
ebenfalls die Lunge verletzt war (F. 3), desgleichen bei eines
starken Ergüsse in Pleura und Bauchhöhle (F. 96), bei derDis-
location des Herzens nach rechts; im späteren Verlaufe bei En-
pyem u. s. w.
Von den im Ganzen seltenen Verdauungsstörungen wird
am häufigsten
18) Erbrechen aufgenannt Es trat sofort ein, als gleiel-
zeitig eine Verletzung des Magens bestand, wobei einmal geroD-
neues Blut erbrochen wurde, etwas später, als ein Instrumeot
das Zwerchfell verletzt, jedoch nicht penetrirt hatte. Es kaoo
bei Magen- und Zwerchfellverletzungen auch bloss zum Brech-
reiz ohne Erbrechen kommen. Vielleicht hat eine frei im Herz-
beutel liegende Kugel durch den Druck auf das Zwerchfell eic
Erbrechen veranlasst, da in dem betreffenden Falle keine son-
stige Verletzung bestand. Hatten die Verwundeten kurz vor der
Verletzung eine Mahlzeit zu sich genommen, waren sie eine Zeit
lang gegangen, so fingen iie an zu erbrechen und bekamen neoen
Brechreiz, wenn sie sich Anstrengungen unterzogen. Bei einem
oder dam anderen Falle wird das Erbrechen auf Trunkenheit zu-
rückzuführen sein; auch ist zu berücksichtigen, dass es im Ge*
Deber die WDuden des Herzens nod des Herzbentels. 717
folge einer heftigen Blutung, einer Pericarditis entstehen kann. —
Eigenthfimlich war, dass bei dem Kranken mit Dislocation des
Herzens nach rechts, in den ersten 3 Jahren, beim Genuss selbst
von wenig Fleisch, nach 1 Viertelstunde Erbrechen eintrat, des-
gleichen, wenn etwas Anderes in grösserer Menge genossen war.
Dabei entstand stets ein grosser Schmerz, Spannung in der rech-
ten Mammagegend und aufgeregter Herzschlag; gewisse Nahrung
(Milch, Wein, Zucker) riefen Oppression hervor. — In mehreren
Fällen kamen bei Stich-, Schusswunden, Rupturen sogleich nach
der Verletzung Erbrechen von wasserheller, galliger Flüssigkeit
vor, ohne dass Gelegenheitsursachen angegeben sind.
19) Durchfall ist selten, kam gleichzeitig mit Erbrechen
unmittelbar nach der Mahlzeit vor, und war auf Erkältung, mas-
senhaftes Trinken von kaltem Wasser zurückzuführen. Bei einer
Magenverletzung, wobei Galomel bis zum Mercurialismus gegeben
wurde, entstanden Diarrhoen, die gar nicht zu stillen waren.
Eine unwillkürliche Entleerung von Faeces und Urin erfolgte
einige Male unmittelbar nach der Verletzung in der Besinnungs-
losigkeit, auch gleichzeitig bei Brechanstrengungen.
20) Durst tritt anfangs im Gefolge der Blutung auf, ver-
bindet sich auch mit Erbrechen, grosser Unruhe. In dem eben
erwähnten Falle von Magenverletzung war er heftig, bestand bis
zum Tode und war durchaus nicht zu stillen. Dabei bestand
auch eine Appetitlosigkeit, so dass der Kranke 26 Tage ohne
alle Nahrungszufuhr blieb. Veranlasste zu Anfang die Herzver-
letzung nur geringe Erscheinungen, so blieb der Appetit gut. —
Die Urinabsonderung ist normal; und einmal wurde bei einer
Verletzung des linken Ventrikels, nebst starkem Bluterguss in
den Thorax, der Urin vorübergehend blutig gefunden (F. 328),
sowie neben einer complicirenden Amputation des Penis eine
Gystitis entstand und der Urin eiterig wurde (F. 11).
21) Schlingbeschwerden mit Halsschmerzen verbunden,
ein Gefühl von Völle im Schlünde, sowie krampfhafte Zusammen-
ziehnngen in demselben, sind, abgesehen von mechanischen Ur-
sachen, wenn ein fremder Körper verschlackt war, in mehreren
46*
718 ^r. Georg Fischer,
F&llen beobachtet (F. 24, 285, 294, 368). Es konnte sogar eis
Kranker mit einer Wunde des rechten Ventrikels, des Zwereb-
feiles und Pericarditis keinen Tropfen Flüssigkeit Terschluckefi,
ohne dass Erstickung drohte (F. 110). Es werden diese Be-
schwerden theils Ton einer vom Herzbeutel auf die SpeiserCbn
fortgeleiteten Entzündung, theils von einem Druck auf dieselbe,
bedingt durch eine Ansammlung im Pericardium abh&ngen.
22) Nervöse Symptome. Kehrt mit dem Aufhören der
Ohnmacht das Bewusstsein zurück, dann bleiben die Kranken mit
klarem Geiste ruhig bis zum Tode, oder sie sind ängstlich, trac-
rig, können zu deliriren anfangen. Die Delirien treten meistens
erst mit herannahendem Tode auf, obwohl sie auch bei veriieil-
ten Fällen vorgekommen sind (F. 289), und können mehrere
Tage anhalten. Als nach einem Sturz ein Holzpfahl in das Em
eindrang, und der Tod nach % Stunden eingetreten war, halle
der Kranke so stark gerast, dass 4 Männer ihn im Bett halten
mussten (F. 393). — Die eingetretene Schwäche ist mitunter
eher das Resultat einer nervösen Aifection, als durch die Bluton^
bedingt (F. 161); auch war bei einem Schrotschuss zu Anfang
die nervöse Depression das Hauptsymptom, und erst am 2. Ta5[e
traten die Erscheinungen einer Pericarditis in den Vordergrund. -
Cerebralsymptome, auf Meningitis beruhend (F. 11), starke Goi-
gestion zum Gehirn, mit Verlust des Erkennungsvermögens, welche
i Stunde dauerte und eine grosse Neigung zur Schläfrigkeit lo*
rückliess, kamen vor (F. 161). — Als Störungen im Bereich der
Bewegung und des Gefühls traten in Folge der durch die Blutung
veränderten Girculation im Gehirn und Rückenmark leichte con-
vulsivische Bewegungen auf; dahin gehörten das krampfhafte Be-
wegen der Augen, des Mundes, das Starrwerden der Kinnbacken;
die Gesichtsmuskeln können sich zu einem närrischen Ausdruck,
einer Art sardonischen Lächeln verziehen. Krampfhafte Bewe-
gungen kamen auch an den Muskeln der Brust, der Extremi-
täten vor, und wurden bei einer Ruptur schon 2 Minuten nail)
der Verletzung heftige Convulsionen beobachtet. In dem erwähn-
ten Falle von Hirncongestion traten Convulsionen an allen Mas-
Ueber die Wunden des Herzens und des Herzbeutels. 719
kein der liokeo Seite auf and blieb nach halbstündigem Anfalle
eine theilweise Gefühls- und Bewegungl&hmang links zurück, der
Mund war nach rechts gewandt, die Lider nicht genau zu schliessen,
die Zunge wich nach links ab; das linke Auge war träge nnd
erkannte die Gegenstände langsamer, als das rechte. Nach 3 Tagen
schienen Gefabl und Bewegung an den unteren Extremitäten wie-
derkehren zu wollen; später traten Muskelstarre am Hals und
Rücken auf, worauf der Tod erfolgte. Die Section wies dabei
kleine Erweichungen in der weissen und grauen Substanz, leichte
Injection, dabei normale Verhältnisse im verlängerten Mark und
Rückenmark nach (F. 161). Vorübergehend waren ein Eioge-
schlafensein des linken Armes (F. 287; nach Girard möglicher-
weise durch eine Pfropfbildung in der Art. aiillaris bedingt) und
der Beine und Füsse unmittelbar nach der Verletzung (F. 3),
sowie Contraction ^er unteren Extremitäten (F. 175); eine Para-
lyse der rechten Seite konnte durch einen Bluterguss im linken
Seiten veotrikel des Gehirns erklärt werden. Wunderbar waren
die Gefühlsstörungen bei Fall 444, bei der Einwirkung von Kälte
und Wärme. Bei einer verheilenden Wunde entstand noch ein
Monat in der Reconvaloscejiz heftiger Schmerz im Plexus brachia-
lis an der Seite der Verletzung, längs des unbeweglich werden-
den Armes (F. 289). — Da die aus dem Sympathicus und Va-
gus stammenden Herznerven zwischen der Aorta und Art. pul-
monalis, also an der Basis des Herzens zum Plexus card. magn.
zusammentreten, der sich dann theilt, so nimmt Richerand*)
an, dass Veränderungen von Seiten der Bewegung und des Ge-
fühls besonders heftig bei Verletzungen an der Basis des Herzens
auftreten, eine Ansicht, die bis jetzt noch nicht hinreichend durch
Beobachtungen gestützt ist.
2d) Abmagerung. Es wird dieselbe in einigen Fällen er-
v?ähnt, wo sie sich nach einer geraumen Zeit entwickelt hat.
Unter Anderem kam sie 3mal vor, als fremde Körper im Herzen
stecken geblieben waren. Der Tod trat dabei nach 3, 5, 10 Wochen
•) Nosogr. Chirurg. T. IV. p. 2.
720 I>r. Georg Fischer,
ein, und hatte sich hektisches Fieber, Lungentabercolose hiozt-
gesellt. Iq anderen Fällen bestanden gleichzeitig Cystitis, Mages-
Verletzung mit vollständiger Nahrungsentziehang und Dianhoec,
auch Empyem.
24) Bei gleichzeitiger Schwangerschaft trat an demselb?9
Tage der Verletzung Abortus ein (F, 78, 88).
Verlauf.
Nach den so eben beschriebenen Symptomen ein detaillirte:
Schematisches Bild fiber den Verlauf der Herwanden anfsuzeiel-
nen, wird durch die hinreichende Auswahl derselben in der &
suistik überflüssig. «Es sei nur mit wenigen Worten der in itf
Segel beobachtete, dabei doch sehr verschiedene Verlauf aop-
deutet, um daran die Unregelmässigkeiten zu ^nüpfen.
Stürzt der Verletzte nicht in demselben Moment der Ver-
wundung todt zusammen, was sehr selten vorkommt, so kam) er
nach wenigen Minuten, im Zustande äusserster Prostation, oh
oder ohne Besinnung, sterben. Häufiger überlebt der Krank^ dec
ersten Cboc, fällt sogleich in eine Ohnmacht, oder bewegt ^ki
erst noch eine Strecke weiter, bevor eine Syncope eintritt, ic
welcher er verschieden lange verharrt. Die Symptome äusserer
und innerer Blutung: Kleinheit des Pulses, Blässe, K<e, Dys-
pnoe u. s. w. stellen sich ein, die Schwäche nimmt zn und der
Kranke stirbt nach wenigen Stunden, einigen Tagen, üeberlebt
er diese Zeit, so beleben sich die Kräfte wieder, der Puls ent-
wickelt sich, die Temperatur steigt, die Blässe lässt nach nod
man darf annehmen, dass sich die Herzwunde durch einen Pfroi^^
geschlossen hat. Unter günstigen Verhältnissen consolidirt sicii
derselbe bis zur definitiven Heilung, oder er wird von einer secnn-
dären Blutung wieder losgestossen, welche häufig dem Lebeo eia
Ende macht. Am 2.-4. Tage treten Pericarditis, Carditis hinzu,
welche entweder zum Tode fuhren, und zwar mitunter dadoreb
dass sie den Pfropf destruiren und eine Blutung veranlassen, oder,
wenn sie sich nur in geringem Grade entwickeln, sogar die Bai-
Ueber die Wundeo des Herzens und des Herzbeutels. 721
lang begfiastigen können, indem sie Adhärenzen zwischen dem
Herzbeutel und der Herzwande hervorrufen. Zieht sich das Leben
Wochen lang hin, so sind es meistens Schwache, Ergüsse von
dut und Eiter in den Herzbeutel und die Pleura, Pneumonie
u. 8. w., welche den Kranken in Gefahr bringen und selbst nach
Monaten noch den Tod durch hektisches Fieber, Emaciation
herbeiführen können. Entsteht eine definitive Heilung,' so keh-
ren die Kräfte allmälig zurück, und es bleiben mitunter noch eine
Zeit lang, oft Jahre hindurch, Uebel zurück, die später aufgenannt
werden.
Was die Unregelmässigkeiten im Verlaufe anbetrifft, so
kommt eine grosse Verschiedenheit vor
1) in der Zeit des Eintrittes der eigentlichen Herz-
Symptome. Es ist bei der Ohnmacht erwähnt, dass Kranke
lange Strecken, bis U Meilen, zu Fuss zurücklegen können, bevor
intensive Erscheinungen auftreten, dass ein Mann des Morgens
verletzt von einer Fregatte zum'Arzt ging, welcher, eine nicht
penetrirende Brustwunde diagnosticirend, ihn wieder zurückgehen
liess, und am Abend plötzlich ein tiefer Gollapsus, die Erschei-
nungen einer inneren Blutung eintraten (F. 200); eine solche
Verzögerung dehnte sich bei einer nicht penetrirenden Wunde
der Herzspitze bis auf den zweiten Tag aus, und hatte der Kranke
am ersten Tage nicht die mindesten Zufälle gezeigt (F. 212).
Man schickte einen Kranken, der keine grosse Besorgniss erweckte,
am 7. Tage vom Hospital in's Gefängniss und fand am 12. Tage
bei der Section eine Wunde der Art. pulmonalis, des Herzbeutels,
der Lunge (F. 450). — Wenn bei Schnittwunden des rechten
Ventrikels 4, 8, selbst 13 Tage keine Zufälle eintraten (F. 87,
99, 115), so ist es nicht unmöglich, dass dieselben anfangs ni<^t
penetrirend waren, schliesslich aber die geschwächten Herzwände
dem Blutandrange nicht widerstehen konnten und bersteten. Es
wird erzählt, dass ein Kranker 6 Tage hintereinander in's Hospi-
tal zum Verbinden ging und dann starb (F. 233). Selbst bei
Schusswunden verzögerte sich der Eintritt der Symptome; so bei
einer Schusswunde eines 10jährigen Kindes, welches 14 Tage lang
722 I>r. Georg Fischer,
oline besondere Zufälle blieb, umherging, spielte u. s. w.; daci
erst traten Abmagerung und nach 5 Wochen der Tod ein (F. 315)
Werden Nadeln vercbluckt, so können erst nach einigen Tagen
intensive Erscheinungen auftreten.
2) Verschieden ist der Zeitpunkt der Verschlimme-
rung bei anfangs geringfügigen Herzsymptomen. Be:
penetrirenden Schnittwunden des rechten Ventrikels kam es vor,
dass erst am 4., 6. Tage schwere Symptome auftraten, der Krank
bis dahin sich ziemlich gut befand. Die Pericorditis, welche meist
am 2 — 4. Tage sich entwickelt, konnte erst am 9. Tage &A
zeigen, als eine Kugel in das Septum ventr. gedningen, da«elbst
stecken geblieben war und der anfangs moribunde Kranke sick
bald erholte und 8 Tage lang sich subjectiv wohl befand, so dass
er für gesund gehalten wurde (F. 342). Sehr bänfig tritt dorek
Bewegungen der Kranken eine Verschlimmerung ein. Verinders
dieselben rasch ihre Lage im Bette, richten sie sich auf, so kaos
sofort der Tod eintreten ; das blosse Aufheben des linken Annes
rief Angst, Schmerz in der Herzgegend hervor und bedeckte sich
das Gesicht mit Schweiss (F. 282). Standen die Kranken ass
dem Bette auf, so wurden sie schwindelig, sahen Schwarz tor
den Augen; dabei kam es mehrfach vor, dass sie sich zum Nacht-
stuhl hinschleppten, entweder soforj; todt zusammenstQrsten, oder
ohnmächtig wurden und bald darauf starben. Die damit verboo-
dene Anstrengung, die Georg II., KOnig von England, an einer
spontanen Herzruptur sterben Hess, wird hier doppelt geAhrlicb
(F. 309, 312). Als ein Verletzter 5 Tage ohne Besorgniss ge-
wesen war, und am 6. Tage im Zimmer umherging, trat eise
schwer zu stillende Blutung und bald darauf der Tod ein. Ver-
lassen sie das Zimmer, so kann in Folge einer Erkältung Eaf<te&,
Pericarditis, eine secundäre Blutung entstehen. Mitunter fahlen
sie sich so wohl, dass sie wieder anfangen zu arbeiten, sich Ver-
gnügungen hingeben, worauf dann ebenfalls Ohnmacht, Erbrechen
und plötzlicher Tod eintreten können (F. 14, 184, 239, 387).
Dahin gehört auch ein sehr merkwürdiger Fall, wo ein Kranker
mit vollständiger Durchbohrung des rechten Herzohres und der
Deber die Waod^^n'des Herzens und des Herzbeutels. 723
Aorta mehrere Tage hintereinander spaiieren ging, am 11. Tage
in einem Wirthshause ohnmächtig wurde and nach einer Stunde
starb (F. 198).. — Diese Gefahren bestehen noch längere Zeit
fort, so dasis selbst da, wo der Verletzte in der 6. Woche geheilt
entlassen wurde, in der 8. Woche ein plötzlicher Tod eintrat, als
er aufstand, um ein Bedürfniss zu befriedigen; es war eine se-
cundäre Blutung aus der theilweise vernarbten Herzwunde ein-
getreten. Die Narbe wurde selbst nach 2 Monaten in Folge eines
heftigen Fiebers bei Pleuritis wieder aufgerissen, nachdem der
Patient schon lange wieder gearbeitet (F. 165, 276). Tödtliche
Rückfälle, in Folge allzu reichlichen Genusses von Nahrungsmit-
teln, kamen nach 2 Monaten, einem halben Jahre vor (F. 269,
316). Geistige Aufregungen beschleunigten den Tod; so z. B.
der Besuch der Braut, Fragen des Polizeicommissars (F. 7).
Auch hat das plötzliche Gegenüberstellen des Kranken mit seinen
Mördern in dem einen Falle unmittelbar eine Pericarditis hervor-
gerufen (F. 100), in dem anderen während der Reconvalescenz
den Tod beschleunigt (F. 234).
3) Was die Intensität des Verlaufes im Allgemeinen
betrifft, so berechtigt eine grössere Anzahl von Fällen und zumal
die von Larrey beobachteten Heilungen von Schnitt- und Schuss-
verletzungen des Herzbeutels zu der Behauptung, dass, wenn die
Kranken im Anfang in den tiefsten GoUapsus fallen
nnd diesen glücklich überleben, die Hoffnung auf Ge-
nesung um so grösser wird (F. 292, 293, 294, 370). Es
können Kranke mit nicht penetrirenden Herz- und Herzbeutel-
wunden sich auffallend rasch erholen (F. 36, 296), und anderen-
theils bei nicht penetrirenden Wunden des Septum und des lin-
ken Ventrikels, ohne bemerkenswerthe Symptome ster-
ben (F. 173, 207), und würden hier die Fälle heranzuziehen sein,
welche, wie bei der Diagnose gezeigt wird, durchaus nicht den
Eindruck einer Herzverletzung machten. — Der Verlauf kann so
schwankend sein, dass bei einer Schusswunde des linken Ven-
trikels 7 Wochen hindurch die Hoffnung auf Genesung aufrecht
erhalten werden konnte (F. 326), und bei einer nicht penetriren-
724 ^^' Georg Fischer,
den ZerreisBung des rechten Ventrikels durch ein SternalfragraeL:
10 Tage lang ein Schwanken zwischen Besserung und Erstickooss-
anfallen bestand (F. 379). Bei Verletzung beider Ventrikel er-
wartete man jeden Augenblick den Tod, und doch lebte der
Kranke noch 4, 5 Tage (F. 186).
4) Von Complicationen während des Verlaufes siad
bekannt geworden: Pericarditis, Garditis, Pleuritis, Empyem, Pneo-
monie, Bronchitis, hektisches Fieber mit Tuberculose, Erysipeks.
Gangrän (in Folge von Kälte und Embolie, letztere ans Throm-
ben des linken Ventrikels stammend, F. 39), Blutung in's Gehiro,
Meningitis, Lähmungserscheinungen.
5) Als Folgekrankheiten nach verheilten Herzwusdea
kommen vor: Klappenfehler mit Herzgeräuschen — Hypertroph^
des Herzens nach Verletzung beider Ventrikel (F. 266, 267) —
Atrophie des Herzens nach Herzbeutelwunden, wahrscheialicb
durch successive Vernarbung des Herzbeutels mit der Herzoberflicbe
bedingt (F. 294, 370), — Aneurysmen, sowohl an der Aorta
descendens mit einer OeiTnung'in den Herzbeutel bei einer Nadel-
verletzung des rechten Herzobres (F. 23), als auch als partielle
Aneurysma am rechten Ventrikel bei Verletzung beider Ventrikel
(F. 267). — Palpitationen am Herzen, welche sogar 6 Jahre be-
standen (F. 363). — Zu den eine Zeit lang nach der Verletzung
anhaltenden, später vorübergehenden Erscheinungen gehören Con-
gestionen zum Kopf und Herzen, die schliesslich auf Blutent-
Ziehungen wichen, sodann Angst, Beklemmung, kleiner Herz-
schlag und Puls, auch stürmischer, unregelmässiger Herzschhg.
blasse Haut, Schwäche, Reizbarkeit des Gharakters (F. 36).
Diagnose.
Die Diagnose der Herzwunden ist sehr schwierig und bis
auf die neuere Zeit herab für unmöglich gehalten.
Den ersten wichtigsten Anhaltspunkt für die Diagnose findet
man in dem Sitz der Wunde in der Herzgegend. Es wird
vorab die Frage zu entscheiden sein, ob die Brustwande über-
Ueber die WoDden des Herzens nnd des Herzbeutels. 725
haupt penetrirt oder nicht. Sehr selten klärt die Grösse der
Wunde auf den ersten Blick darüber auf, indem man hineinsehen
kann, Luft aus- und einströmen hört. Eher werden ein soforti-
ges Zusammenstürzen des Kranken mit folgender Besinnungslosig-
keit Penetration vermuthen lassen, obwohl daran zu erinnern ist,
dass dieses auch bei nicht penetrirenden Wunden, wenn heftige
Gemöthsaufregungen, z. B. beim Duell, vorangegangen sind, beob-
achtet wird. Die Penetration wird sichergestellt werden durch
ein in weiter Umgebung der Wunde, an der Brust entstandenes
Emphysem, während ein gering umschriebenes Emphysem bei
Schusswanden wenigstens keinen Beweis abgiebt, da die Luft
der Kugel folgen, durch die Hautwunde sogleich eindringen kann.
Eine sofort eintretende starke Blutung aus der Wunde, verbun-
den mit schwachem Pols, Blutspeien, Kälte der Glieder, hoch-
gradiger Dyspnoe, sowie did physikalischen Symptome einer
inneren Blutung beweisen die Penetration der Brustwunde.
Man sollte kaum glauben, dass bei einer vorhandenen Herz-
wunde darüber Zweifel vorliegen könnten, ob die Weichtheil-
wunde penetrirt oder nicht, und dennoch bestandsn sie. Es konnte
ein Kranker, dem selbst ein 5'' langes Ende eines Degens im
Herzen steckte, in's Spital kommen, weder Schmerz noch Athem-
Doth zeigen, einen ruhigen Puls, sicheren Gang, unverändertes
Gesicht haben und lag kein einziges Symptom vor, welches jenes
Degenende in der Brust vermuthen Hess, obwohl die Gameraden
das Stück nicht hatten finden können. Der Arzt entliess den
Kranken und wurde derselbe Abends fast moribund zurückge-
bracht (F. 200). Dupuytren, welcher diesen Fall erzählt, be-
richtet über einen zweiten, wo die Brust sonor, der Athem nor-
mal waren, weder Husten, noch blutiger Auswurf bestanden, kurz,
kein Zeichen einer Penetration vorlag und die anfängliche Schwäche
und Zittern als nervöse Symptome aufgefasst wurden, dabei aber
eine starke äussere Blutung und die Folgen derselben bestanden
(F. 161). Die Kleinheit der Wunden, die von einem Degen her-
vorgebracht, die Form von Blutegelstichen hatten, von denen die
grosseste nicht breiter als 4t'" war, Hess Mercier in Zweifel über
726 ^^' G«org Fischer,
die Penetration, obwohl der Kranke selbst angab, dass der Defsl
6" tief eingedrungen sei (F. 112). Ebers war es bei der soi^faitk
sten und wiederholten Untersuchang nicht möglich, die Verletzci:
eines wichtigen Organes annehmen zn müssen, und fand er mci-
her den Herzbeutel mit dem änssersten Ueberzuge des Herzes.-
verletzt (F. 240). Noch greller tritt eine Beobachtung tos
H. de Hontfegre hervor, wo die Wunden der Haut so kies
und oberflächlich schienen, dass man sie für nicht penetrirecii
hielt und bei der Section 'das Herz von einem Radinnesser gao:
und gar durchbohrt fand (F. 218). Ist das Sternum verletzt, sc
kann es selbst bei der Section noch schwer werden, die Ver-
letzung, welche in die Brusthöhle fuhrt, zu finden, so nahe liegen
die Wundränder des Knochens aneinander (Nicolai, F. 64>
Aus diesen Beobachtungen geht hervor, dass eine penetri-
rende Brustwunde, ja eine Herzwunde vorkommen kann, wens
Symptome von Seiten, der Circulation und Respiration ganz feh-
len, zumal, wenn das Instrument schief eindringt, dadurch die
äussere Blutung, das Eindringen von Luft verhindert wird, wenn
femer ein abgebrochenes Ende vom Instrumente in der Bni^i
stecken geblieben, als Pfropf die Herzwunde verschliesst und is
Anfang keine beunruhigenden Symptome zum Vorschein kommen
lässt, wenn schliesslich die Hautwunde so klein ist, dass sie mit
den Dimensionen des Instrumentes nicht übereinzustimmen scheint
Bei Schussverletzungen muss man auf sogenannte ContouriraDgeo
Rücksicht nehmen, bei welchen die Kugel in der Herzgegend
aufschlägt, unter der Haut weit um den Thorax herumlaufen kann,
und so keine Penetration stattfindet.
Bei dieser Möglichkeit einer falschen Diagnose fragt es sidi,
ob man durch genauere örtliche Untersuchung die Penetration
sichern kann und darf. In früheren Zeiten, wo ein grosser Werth
darauf gelegt wurde, ert^ann man die veischiedensten Mittel; dazu
gehören die Injection von lauem Wasser, welche indess gefähr-
lich ist und täuschen kann, sobald es sich unter der abgelösten
Pleura anhäuft. Desgleichen ist die gewaltsame Respiration aaf-
gegeben, wobei man den Kranken tief inspiriren, Wunde, Hand
Ueber die Wanden des Herzens und des Herzbeutels. 727
und Nase schliessen und dann eine Anstrengung zum Blasen
machen liess, indem man ein Licht vor die Wunde hielt Flackerte
dasselbe, so war die Wunde penetrirend. Dieses Mittel bringt
keinen Schaden, kann indess täuschen, sobald der Wundcanal
eng, schief, sinuös ist, und ein Blut-Fettpfropf denselben ausfülU.
Es bleibt nur die Untersuchung mit dem Finger und
der Sonde übrig, welche die Penetration der Brustwunde und
zugleich die Diagnose einer Herzwunde möglicherweise sicher-
stellen soll. Die Untersuchung mit dem Finger geschah von
Ollenroth (F. 286), welcher, nachdem er vorher eine Sonde be-
nutzt hatte, mit dem Finger das Herz umgehen konnte, und so-
gar eine 6'^' lange, flache Wunde an der Herzspitze liegen sah.
Bamberger (F. 296) fühlte *in der I" lang klaffenden Wunde
die glatte, schl&pfrige, aber nirgends verletzte Herzspitze, Larrey
(F. 293), Hager (F. 372) unmittelbar am Finger die Herzpul-
sationen; desgleichen berührten und umgingen de Lapeyronie
(F. 255) und Reiche (F. 297) das Herz. Boyer (F. 87) war
selbst dann noch im Zweifel, ob die Wunde penetrirte oder nicht,
als er den kleinen Finger bis zu einer ziemlich beträchtlichen
Tiefe eingeführt hatte. — Ungleich häufiger als der Finger wurde
die Sonde zur Untersuchung gebraucht, um sogleich nach der
Verletzung sich über die Penetration der Brustwunde zu instrui-
ren« Es kam dabei dennoch vor, dass der Arzt darüber in Un-
gewissheit blieb, als die Sonde nur IV tief eindrang, während
das Bajonett augenscheinlich 2" tief eingedrungen zu sein schien
(F. 150). Die Sonde kann die Richtung des Wundcanals näher
bestimmen, wodurch die Diagnose einer Herzwunde gesicherter
erscheint. Ein Chirurg liess sich dadurch zur Diagnose der Herz-
verletzung bestimmen, gab sie aber bei dem besser werdenden
Allgemeinbefinden wieder auf und fand dann bei der Section
eine Verletzung beider Ventrikel (F. 184). Mehrfach berührte
die Sonde das Herz; es wurde als harter KOrper gefühlt (F. 336^,
Podr azki (F. 325) und ein Anderer (F. 295) fühlten den Wider-
stand und sahen die Sonde synchronisch mit den Bewegungen
des Herzens pendelartig sich bewegen, bei jedesmaligem Herz-
728 I>r. Georg Fischer,
schlag vor- und zurückgcstossen. Larrey (F. 294) sah el>^-
falls eine elastische Gummisonde darch kleine, ngeimhasig uf-
einanderfolgende Stösse zurückgeworfen und schien es, dass di^
selbe fast ausgestossen wäre, wenn man dieselbe sich selbst aber-
lassen hätte. In anderen Fällen fühlte die Sonde keinen Wider-
stand und konnte nach allen Richtungen hin frei bewegt wer-
den« — Seltener wurde im späteren Verlaufe am 6., 7., ^
11. Tage eine Sondirung vorgenommen. Steifensand misslas
es dabei, in die Brust einzudringen, indem er in der Bchrilg oact
unten laufenden Wunde nur auf den rauhen Rippenknorpel stiesi
(F. 197). Bei Tuefferd drang die Sonde 9 Gtm. ein und sdilos
er aus der Richtung auf eine Verletzung des rechten Ventrikeln
Vergeblich sondirteFuge wiederholt zur Auffindung einer Kuge.
welche der Kranke zu fahlen glaubte und daher die Extractids
verlangte.
Was die unmittelbaren Folgen, Vortbeile und Nachdieile tf-
betrifft, welche aus der Untersuchung mittelst Finger und Son^
entstanden, so wird unter ca. 30 Fällen 3mal heftiger Schmea
2mal Syncope, Imal ein Gefühl von Kälte und Erstarrung IDf^
geben; in den übrigen Fällen ist von einer Reaction des Eisfi*
ken, selbst bei ausgedehnter Untersuchung mit dem Finger, nick
die Rede. In keinem Falle hat sich eine den Tod bescbleoii-
gende Erscheinung, z. B. eine stärkere Blutung u. s. w. Jana
geknüpf und sind unter 10 Fällen, wo das Herz wirklich berakrt
wurde (6 mit dem Finger, 4 mit der Sonde), 7 geheilte Wandei
des Herzbeutels aufgenannt, während bei den 3 anderen Tei-
trikelwunden der Tod erst längere Zeit nach der Sondimog er-
folgte, mit dieser in keinem Zusammenhange war. — Die Unter-
suchung hatte in den Fällen von Ollenroth und Bamberger
physiologische Resultate geliefert, indem sie über die BewegvD-
gen des Herzens Aufschlüsse gab; sie hat eine Penetration der
Brustwunde bestätigt, obwohl dieselbe auch einmal misslaog, so-
dann Verletzungen des Herzbeutels bewiesen, Wunden des Eer-
zens mitunter sicherer gestellt, und dagegen bei der ÄafEodBAf
einer Kugel im Stich gelassen.
Deber die Wanden des Henens und des Herzbentels. 729
Es ist Dicht zu leugnen, dass im Allgemeinen die Unter«
Buchung mittelst Finger und Sonde kein abschreckendes Beispiel
geliefert hat, dennoch sprechen sich fast alle Autoren gegen diese
Untersuchung bei Herzwunden aus; nur Larrey^) stfltzt seine
Diagnose von Herzbeutelwunden mit auf die Sondirung und meint,
dass, wenn die Sonde in eine gewisse Tiefe, zwischen Sternum
und den Enden der 7. und 8. linken Rippe, von vorn nach hin-
ten, etwas von unten nach oben, von rechts nach links eindringt,
und man sieht und fühlt, wie sich die Bewegungen des Herzens
dem Instrumente mittheilen, wenn selbst der Finger exploriren
kann, man sich von der Oeffnung im Herzbeutel und der in dem«
selben angesammelten Flüssigkeit fiberzeugen kann, welche nicht
mit der in der Pleura oder Unterleib zu verwechseln ist. Die
Fortschritte der neueren Kriegschirurgie verwerfen die Sondirung
der Brus^wunden zur üntersachung der Penetration und lassen
den Finger nur dann za, wenn ein fremder Körper vermuthet
wird, wo&ei er als Leitungsmittel zur Extraction desselben, nicht
zur Entscheidung der Penetration, dient (Pirogoff ')). Von
dem Gesichtspunkt ausgehend, dass die allgemeinen Regeln bei
penetrirenden Brustwunden mehr Werth haben, ala einzelne schad-
los verlaufende Sondirnngen bei Herz wunden, ist im Allge-
meinen die Sondirung bei Herzwunden als diagnosti-
sches Hülfsmittel zu verwerfen. Die Sonde bringt immer-
hin die Gefahr mit sich, einen falschen Weg zu bahnen, einen
gebildeten Pfropf in der Weichtheilwunde, dem Herzbeutel, viel-
leicht auch am Herzen, loszustossen , in Folge des Reizes das
Herz zu stärkeren Gontractionen anzuregon, wodurch eine bis
dahin nicht penetrirende Wunde vielleicht penetrirt, sodann in
späterer Zeit heilsame Adhärenzen zwischen Herz und Herzbeutel
zu lösen und schliesslich nicht immer unbedingt sicheren Auf-
schluss zu geben. Das Einfahren des Fingers würde nur dann
erlaubt sein, wenn der Arzt den Kranken bald nach der Yer-
•) GHniqne chirargicale. T. IL Paris. 1829. S. 284 n. folg.
**) Grnndzfige der allgem. KriegBchiiurgie. 1864, S. 207.
730 I>r- Georg Fischer»
letzung fitark blutend findet um die Blutung zvl stiUen, yielleidit
um eine solche aus der Art. intercost. oder mamm. int. %u ent-
decken. Ausserdem ^urde auch hier die Yermuthang, dass eis
abgebrochenes Instrument u. s. w. in der Wunde steckt, die Unter-
suchung mit dem Finger gestatten.
Für diese Einschränkung der Sondimng, wodurch möglicher-
weise die Diagnose in Zweifel gelassen wird, mnss dem Verletx-
ten dadurch eine um so grössere Sicherheit zu Theil werdes.
dass jede Brustwunde in der Herzgegend mit der grossesten Aof-
merksamkeit behandelt wird. Es giebt eben Fälle, wo Hcraver-
letzte mit sehr geringen oder gar keinen Symptomen sich pri-
sentiren, und dfirfen dabei die Kranken nicht den Gefahren aus-
gesetzt sein, welchen sie bei oberflächlicher Behandlung entge-
gengehen. Der Ausspruch Pirogoff's, dass bei fehlenden Leff-
gendrucksymptomen (Luft-, Blut-, Eiterdruck) man sich nicht
viel darum zu kümmern hat, ob die Brustwunde penetrirt oder
nicht, ist in Betracht jener Thatsachen im Allgemeinen zu be-
schränkt.
Hat man sich für eine penetrircnde Brustwunde entschiedes,
so fragt es sich, ob eine einfach penetrirende Wnnde oder mt
Herz-, Herzbeutel-, Lnngenwunde u. s. w. vorliegt Vorab sei
bemerkt, dass es kein einziges pathog nomonisches Sym-
ptom giebt, welches mit absoluter Sicherheit eio«
Herzwunde diagnosticiren lässt.
Einen der wichtigsten Anhaltspunkte giebt die Lage der
Verletzung und hat man bei jeder Wunde in der Herzgegei»!
auf eine Herzverletzung zu fahnden. In einem früheren Gapitel
sind die Stellen am Thorax angegeben, an welchen das Herz
und seine einzelnen Abschnitte verletzt werden kOnnen. Weoa
dabei nebenher intensive Symptome auftreten, so bleibt es auf-
fallend, dass Marini (F. 165) seinen Fall als einfach penetri-
rende Brustwunde ansehen konnte. Selbstverständlich wird asck
ein in der Herzgegend eindringendes Instrument das Herz unver-
letzt lassen können, wenn es der Brustwand entlang mehrere
Zoll fortgleitet. Liegt die Wunde von der Herzgegend entfernt
Geber die Wanden des flerzens und des Herzbeutels. 731
und in dieser keine Ausgangsöflfnang, so fehlt von dieser Seite
her ein Anhaltspunkt, obwohl die Möglichkeit vorliegt, dass das
Herz getroffen ist Ein solcher Fall kann gerichtlich wichtig
sein, indem nach dem Urtheil der Augenzeugen eine Verletzung
des Herzens unmöglich schien, und doch bei dem Verletzten in
aufrechter Stellung unter den rechten falschen Rippen durch einen
Degenstich der rechte Ventrikel durchbohrt war (F. 66;. Die
Weichtheil wunde fehlt, wenn 'fremde Körper verschluckt, von
der Speiseröhre aus ins Herz dringen, sie kann auch bei Nadel-
verletzungen übersehen werden, wenn sie sehr klein, durch den
Fettreichthum des Kranken verwischt ist. Mitunter giebt die
Section erst dar über Aufschluss, wobei es dem Gerichtsarzt oft
sehr schwer werden kann, den gewaltsamen Tod aufzuklären, wie
Fall 1 beweist, wo erst der 4. hinzugerufene Arzt im Stande
war, die' durch eine Nadel hervorgebrachte Herzwunde und in
Folge dessen die äusserst kleine Hautwunde, zu entdecken. Es
erhellt daraus, dass eine ausserordentlich sorgiältige Untersuchung
der Haut nothwendig ist und auch von Erfolg gekrönt sein kann
(F. 22). Die kleinste Wunde in» der Herzgegend ist zu berück-
sichtigen, selbst wenn gleichzeitige Verletzungen an den Extremi-
täten u. 8. w. weit mehr in die Augen springen; man entgeht
dabei wenigstens der Gefahr, eine Herzwunde während des Lebens
ganz übersehen zu haben, wie es Simon begegnet ist (F. 9),
welcher die unregelmässige Herzaction dem Blutverlust aus den
übrigen Wunden zuschrieb. — Neben dem Sitz der Weichtheil-
wunde ist wesentlich auf die Richtung, welche das Instrument
genommen hat, Rücksicht zu nehmen, und kann mitunter die
Lage der Kranken, in welcher die Verletzung beigebracht ist,
dafür Anhaltspunkte geben.
Das Instrument mnss geprüft werden. Als ein Verletz-
ter die Symptome einer Herzwunde zeigte, genügte die Besich-
tigung der nur 5'" langen Stahlklinge, welche auf einem grossen
Griff sass, um zu beweisen, dass eine Fenetratien der Brust un-
möglich war; die alarmirenden Symptome waren daher nervöser
Natur (F. 302a). Wie in der Aetiologie gezeigt ist, brauchen
r. Langenbeck'i Archiv f. Cbiror^'i«. IX. 47
732 ^r- Georg Fischer,
Nadeln nur etwas Aber 1" lang zu sein, um das Herz treffeo u
können. Es kommt vor, dass der Kranke selbst, oder die Zeu^eo
im Stande sind, anzugeben, dass das Instrument bis ao den Griff eie-
gedrungen war, so dass man aus der Länge der Klinge fiber die
Tiefe der Wunde aufgeklärt wird. FQr den 6 e r i c b ts a r z t kano ^
wichtig sein, zu wissen, ob mit diesem oder jenem InstrumeDt^
die Verletzung geschehen ist, es werden dann Vergleichnogei
zwischen den Dimensionen der Wunde mit denen des Instrameo-
tes anzustellen, die Beschaffenheit der Wundränder so prüf»
sein. Dabei ist zu berücksichtigen, dass von verschieden gefone-
ten Instrumenten gleichartige Wunden hervorgebracht werden
können, und machte Dupuytren darauf aufmerksam, das« res
einem runden Instrumente auch dreieckige Wunden gebildet wer-
den können (F. 7), ebenso wie eine aus mittlerer Entfernaog
geschossenen Spitzkugel und eine schmale dreischneidige Stoss-
waffe (Dolch, schmales Bajonett) oft ähnliche Wunden rnacb^
(Schalle). £s kam vor, dass mit einem in der grossestes
Breite 19 Millim. grossen Messer eine 17 Millim. lange Wood!
gesetzt wurde, woraus sich deutlich abmessen liess, wie weit das
Instrument eingedrungen war. Ein sicherer Schluss lässt s\ä
nicht immer daraus ziehen, da eine Ungleichheit zu Stande kom-
men wird, wenn das Instrument schräg aufgesetzt wird. Das
Hinaufreichen von Blutflecken ist nicht immer ein sicheres Zeiehei
über die Wunde; während in dem einen Falle man aus densel-
ben auf eine Tiefe von IV' schloss (F. 298), waren in eiuesi
anderen kaum einige Blutflecken am Dolch zu bemerken (F. 177).
Wird das Instrument mit abgebrochener Spitze vorgezeigt ood
ist letztere nicht zu finden, so erinnere man sich, dass dieselbe
im Herzen stecken bleiben kann, selbst wenn die Kranken oieht
die geringsten Symptome zeigen (F. 18, 200).
Die äussere Blutung allein sichert die Diagnose nicht
Sie ist zwar in der Regel heftig, wobei sie indess auch aus des
Lungengefässen, den grossen Brustgefässen, der Art. mamm. int
und intercost. kommen kann, wird aber auch ganz fehlen köunen,
wofür die Gründe unter den Symptomen aufgeführt sind. Em^
Ueber die Wanden des Herzens und des Herzbeutels. 733
Blutung aus der Art. mamm. int. ist möglich, wenn die Wunde
1 Ctm. vom Stemalrande an den Enorpelenden der 1. — 7. Rippe
liegt, und ist an dieser Stelle auch richtig erkannt (F. 246);
andererseits leitete jene Stelle irre, als die Arterie hinter dem
Stemum lag, mithin gar nicht getroffen sein konnte (F. 360).
Die Diagnose der Blutung aus der Art. intercost. braucht sich
nicht auf den bekannten Versuch, mit dem gebpgenen Karten-
blatt und verchiedenen anderen Hülfsmitteln, zu stutzen; ist die
Wunde gross, so dass der Finger eingeführt werden kann, so
wird man das Blut fliessen fühlen. Im Uebrigen kamen stärkere
Blutungen aus der Intercostalis , welche hellroth, ohne Schaum,
abfliessen, fast nur hinten am Thorax vor, und da sie sehr ge-
schützt liegen, meist nur dann, wenn die Rippen durchstochen
sind. — Aus der Blutung allein lassen sich die Quellen, ob aus
den Herz- oder Lungengefässen, nicht unterscheiden. — Ein mit
jeder Ventrikelsystole isochron entleerter Blutstrahl unterstützt
die Diagnose einer penetrirenden Herzwunde, kommt indess auch
bei Verletzungen der Art. intercostalis vor, und wird durch die
Unregelmässigkeit der Herzaction, welche der Verletzung bald
folgt, leicht undeutlich gemacht. — Die Behauptung älterer
Autoren, dass aus der Farbe des Blutes auf eine Verletzung des
rechten und linken Herzens geschlossen werden kann, ist min-
destens einzuschränken, da bei gleichzeitigen Wunden von Weich-
theil- oder Herzarterien und Venen ein gemischtes Blut ab-
fliessen wird. In neuester Zeit scheint Friedreich (1. c. S. 191)
jene ältere Ansicht zu theilen, wenn er sagt, dass aus der
venösen oder arteriellen Natur des ausströmenden Blutes sich
die Diagnose einer Verletzung des rechten und linken Herzens
begründen liesse. Man wird bei einer intensiv rothen oder
schwarzen Blutung höchstens eine Vermuthung auf diese oder
jene Verletzung hegen dürfen. Eine Blutung ohne Blutbläseben
wird für eine Herzwunde, gegenüber einer Lungenverletzung,
sprechen. — Es ist eine theoretisch gedachte Ansicht, einen
bltttig-serösen Ausfluss auf eine Herzbeutelwunde oder oberfläch-
liche Herzwunde zurückzuführen. Der Liquor pericardii bes);eht
47*
734 I>r. Georg Fischer,
in zu geringer Quantität und wird zu rasch abfliessen, um beob-
achtet werden zu können; jener Ausfluss kommt meist in späterer
Zeit, bei aufgetretener Pericarditis, Pleuritis, vor.
Ein sofortiges Niederstürzen der Verletzten mit anhaltender
Besinnungslosigkeit, äusserste Angst, Todesgewissheit, aafhllend
rasche Abnahme der Lebenskräfte sind obwohl durchaus nicht
pathognomonisch , doch häufiger bei Herz- und Lungenwunden,
wobei zu berücksichtigen ist, dass in seltenen Fällen eine Syn-
cope auch bei nicht penetrirenden Brustwunden in Folge von
Furcht, Schmerz u. s. w. vorkommen kann. Der Schmerz hin-
ter dem Brustbeine, in der Herzgegend, hat nur geringen Wertb,
da er auch bei einem Bluterguss im Mediastinum antic. vorkom-
men kann, von der Herz wunde selbst kaum ausgeht; er ent-
wickelt sich erst mit der Entzündung. Ein lebhafter Schmen
in der Herzgegend ist durchaus nicht constant, wie man früher
glaubte. -— Als Folgen der Blutung kommen häufig Ohnmachteo^
Blässe, Gyanose, Kälte des Körpers, kalter Schweiss, Zittern, eui
schwacher, intermittirender Puls, schwacher oder beschleunigter
Herzschlag, Dyspnoe, Dämpfung am Thorax vor, Symptome, die
indess auch bei Verletzungen von Lungen-, Thoraxgefässen vor-
handen sein können und für sich allein nicht den Werth haben,
den man ihnen früher beilegte. Auch das Zittern des Herzens,
welches ehemals sehr betont wurde, ist maassgebend. Der Herz-
schlag variirt sehr, und ist nicht immer, wie Jobert meint, ein
eigenthün^licher Rhythmus desselben, welcher auf einer bestän-
digen convulsivischen Aufregung der Herzmuskeln beruhen sollt
ein pathognomonisch es Zeichen.
Die grosseste Wahrscheinlichkeit erhält die Diagnose dnrch
endocarditische Geräusche verschiedener Art, einer Herzdämpfang,
Schwäche oder Fehlen des Herzschlages, Verdeckung der Hert*
töne, einer am 2., 3. Tage auftretenden Pericarditis. Vielleicht
wird ein leichter Bluterguss in den Herzbeutel, bei beunruhigen-
den Allgemeinerscheinungen, im Anfang leicht übersehen werden
können. Jene wichtigen physikalischen Untersuchungen welche
womöglich täglich angestellt werden sollen, werden leider da-
Ueber die VpDden des HeneDS und des Herzbeutels. 735
durch mitunter eingeschränkt, dass Schwäche, Dyspnoe und die
unbedingt nothwendige geistige und körperliche Ruhe des Kran-
ken dieselben ganz contraindiciren oder doch einschränken. Ver-
dauungsstörungen, nervöse Erscheinungen haben f&r Herzwunden
nichts. Charakteristisches. — Die Vermuthung, welche Lands-
berg aus seiner Beobachtung zieht (F. 6), dass beim Aderlass
kein oder sehr wenig Blut fliesst (ebenso Mair, Compendium
der Chirurgie. 1865. S. 593), da bei eintretender Asphyxie die
Venen niederer Ordnung ihren Inhalt entleeren, ohne so leicht
neuen Zufluss zu erhalten, wird durch eine grosse Anzahl von
Beobachtungen widerlegt und es ist nur in den Fällen 90 und
111 besonders erwähnt, dass beim Aderlass kaum U— 3 Unzen
Blut flössen.
Man sieht, dass kein einzelnes Symptom för sich, sondern
erst die Combination mehrerer die Diagnose sichergestellt, dass
sie bei dem Fehlen einzelner wichtigen Symptome unsicher wird.
Die Diagnose einer nicht penetrirenden Herzwunde
ist mit Sicherheit nie zu stellen. Am meisten berechtigt dazu
der Ausgang in Heilung, selbst wenn anfangs schwere Symptome
beobachtet sind. Der günstige Ausgang scheint Larrey in
4 Fällen (F. 292, 293, 294, 370) veranlasst zu haben, eine Ver-
letzung des Herzbeutels und der Oberfläche des Herzens anzu-
nehmen, obwohl er einmal, im Verlaufe der Verletzung, die Hoff-
nung auf Genesung aufgab. Eine Vermuthung liegt vor, wenn
in den ersten, ja bis zum 13. Tage hin, keine erheblichen Zuf&Ue
eintreten, längere Zeit ein Schwanken zwischen Besserung und
Verschlimmung besteht, überhaupt nichts Bemerkenswerthes bis
zum Tode eintritt (F. 173, 207). Die Diagnose ist desshalb nicht
immer möglich, weil auch bei diesen Wunden der Tod in Folge
einer Nervenerregung sogleich eintreten kann (F. 27, 172), bei
gleichzeitigen Geftssverletzungen der V. cava, Art. coronar., Art.
mamm. u. s. w., in Folge der Blutung, intensive Erscheinungen
auftreten. Es können der leiseste Stich am Herren ungestüme
Gontractionen desselben hervorrufen und andererseits penetrirende
Wunden im Anfang gar keine Symptome geben. Das Fehlen
736 Dr. Georg Fischer,
einzelner Symptome, z. B. Ohnmacht, Pulslosigkeit u. s. w. be-
rechtigt nicht zur Diagnose.
Gleiches gilt für die Wunden des Herzbeateis, die tod
oberflächlichen Herzwunden durchaus nicht sicher zu unterschei-
den sind. Die Diagnose kann wahrscheinlich gemacht werden,
durch eine Untersuchung mit dem Finger oder der Sonde, wel-
chen die Bewegungen des Herzens mitgetheilt werden, obwohl
dabei immerhin Herzwunden übersehen werden können. Das Hen
wird durch eine Herzbeutelwunde als glatter, schlüpfriger Körper
deutlicher gefühlt werden, als durch den unverletzten Herzbeutel
Auf den Abfluss einer wässerigen Flüssigkeit, welcher lange Zeit
hindurch früher betont wurde, ist nichts zu geben, da es mit der
grossesten Schwierigkeit verbunden sein würde, eine so kleine
Menge von einem heftigen Blntstrahl zu unterscheiden. Am
meisten wird diese Wunde durch 2 Symptome gesichert, welche
sich auf das Eindringen von Luft in den Herzbeutel beziehen;
zuerst kann der Herzschlag so laut sein, dass er auf mehrere
Schritte hin gehört wird, indem die eingedrungene Luft durch
die Bewegungen des Herzens hin und her getrieben wird (F. 280),
sodann kann bei aufrechter und liegender Stellung der Percos-
sionsschall wechseln, indem die Luft im Pericardium verschie-
dene Stellen einnimmt (F. 298). Natürlich müssen in beiden
Fällen Symptome einer Herz- oder Lungenwunde fehlen. Wenn
nach einer Stich -Schnittwunde in den ersten beiden Tagen keine
besonderen Erscheinungen auftreten und dann, ohne dass Blutun-
gen dazwischen gekommen sind, am 2. — 4. Tage Pericarditis sich
daranschliesst, so hat man Grund, eine Herzbeutel - resp. ober-
flächliche Herzwunde zu vermuthen.
Bei Schttsswunden wurde die Diagnose in leichtfertiger
Weise dadurch unmöglich gemacht, dass dem Hospitalarzt ^on
Kranken eine Kugel überreicht wurde, welche ihm ein Militair-
arzt ausgeschnitten und gegeben haben sollte. Bei der Section
fand sich dieselbe in der Lunge (F. 360). In den Fällen, wo
nach Schussverletzungen eine äussere Wunde fehlt und die Herz-
wunde einer Ruptur gleicht, erfolgt der Tod meist sehr rasch,
Deber die WaDden des HerzeAs and des Herzbeateis. 737
und wurde derselbe einmal irrthümlich voo Seiten eines Kropfes,
welchen der Kranke an sich Jiatte, hergeleitet (F. 306). In
diesen Fällen ist kaum eine Diagnose möglich.
Bei Rupturen überholt der Tod in der Regel die Diagnose.
Erfolgt er in späteren Stunden, so wird die Art der Verletzung,
die etwaigen Fracturen der Rippen und des Sternum, der Blut-
ergttss in's Pericardium nebst dem Symptomen -Complex einer
inneren Blutung, eine Ruptur vermuthen lassen. Die Dislocation
der Fragmente in der Herzgegend stellt sie noch sicherer. Auöh
dann, wenn der Tod nicht rasch erfolgt, und Tage lang ein
Schwanken zwischen Besserung und Erstickungsanlallen besteht,
kann möglicherweise eine nicht penetrirende Ruptur bestehen
(F. 379). Eine Dislocation des Herzens nach rechts giebt be-
stimmte objective Symptome. Für Rupturen des Herzbeutels giebt
Morel-Lavallöe sein hydraulisches Geräusch als pathognomo-
nisches Zeichen an, wobei das Nähere unter den Symptomen
(S. 710) nachzusehen ist. Die Diagnose einer alleinigen trau-
matischen Pericarditis hat nichts Besonderes.
Die Diagnose eines im Herzen steckenden fremden Kör-
pers ist meist sehr unsicher. Mitunter klärt der Kranke selbst
den Fall auf, wenn z. B. eine Nadel in die Brust gestossen,
darin geblieben ist und intensive Symptome auftreten (F. 34, 35).
Fehlt bei Nadelverletzungen die Anamnese, so bleibt die Dia-
gnose unsicher (F. 42), jedenfalls sollen Brust und Herz unter-
sucht werden und der Arzt, wenn er z. B. den Kranken schlafend
ündet, die Untersuchung nicht für immer aufgeben und den Fall
für unbedeutend halten. Dnter solchen Umständen kam es
wenigstens vor, dass eine Nadel zwischem dem Sternum und
den Rippen bei der Section angetroffen wurde, durch deren Ex-
traction der Kranke möglicherweise hätte gerettet werden können
(F. 28). Die Nadel kann unter der Haut gefühlt, einen pulsiren-
den Vorsprung bilden (F. 24). Es ist erwähnt, dass bei der
nicht aufzufindenden Spitze des verletzenden Instrumentes man
an jene Möglichkeit denken soll, desgleichen bei fehlender Aus-
gangsöflFnung einer Schussverletzung. Beim Eindringen des frem-
738 I>r. Georg Fischer,
den Körpers von der Speiseröhre in das Hera oder Herebeat«L
wird die Diagnose kaum möglich« werden; dasselbe kann durch
eine tiefe Ohnmacht eingeleitet werden (F. 29), nnd eine Peri-
carditis entstehen (F. 257).
Die Diagnose von' einer Lungenwunde kann nnr durch
den Complex der Erscheinungen gemacht werden. Liegt die
Verletzung in dem kleinen Räume neben dem Hnken Brustbein-
rande am Niveau des 4. Rippenknorpels, also da, wo das Ben
nicht von der Lunge bedeckt ist und ist man von der directei
Richtung des Instrumentes von vorn nach hinten überzeugt, so
wird eine Lungenwunde unmöglich sein. Weicht dabei das In-
strument nach einer oder der anderen Seite hin ab, liegt die
Wunde ausserhalb dieser kleinen Grenze, so wird entweder nur
der schmale, das Herz überragende Theil des Lungenrandes oder
ein grösserer Lungenabschnitt mitverletzt sein. Es handelt sich
vor Allem um die Frage, ist das Herz oder die Lunge verletzt?
Erwähnt ist, dass jene unmittelbar nach der Verletzung rapid
auftretenden, intensiven Erscheinungen häufiger bei Hera- als
Lungenwunden vorkommen. Pneumo-, H&mothorax, starke Blu-
tung nach aussen finden sich bei beiden Verletzungen, während
ein mehr und mehr zunehmendes Emphysem des ünterhautzell-
gewebes, der Auswurf von schaumigem Blut fSr Lungenwunden
charakteristisch sind. Bekannt ist, dass Blutspeien auch bei ein-
fachen Contusionen der Brust ohne Lnngenverletzung vorkommen
und bei kleinen Lungen wunden fehlen kann, und andererseits
Pneumothorax ohne Lungenwunde vorkommt und dann fehlt,
wenn das Instrument durch Adhäsionen in die Lunge hineinge-
gangen ist, welche den Eintritt der Luft in die Pleurahöhle ver-
hindern. Bei Schusswunden der Lunge sind die Blutungen im
Allgemeinen geringer, bei denen des Herzens dagegen sehr stark
Pneumothorax und Emphysem, bei ersterem nicht constant Nur
dann, wenn die Lunge durch Knochensplitter u. s. w. mehrfach
zerrissen wurde, wird rasch sich ein bedeutender Pneumo-Hämo-
thorax entwickeln können. Die Diagnose zwischen einer Lungen-
oder Herzbeutel wunde liess selbst Pirogoff unbestimmt, obwohl
lieber die Wanden des Herzens nnd des Herzbeutels. 739
die Abwesenheit des Herzschlages und der HerstOne ihn letztere
vermnthen Uessen (F. 371).
Wunden der grossen Brnstgefässe sind von Herzwanden
nicht sicher zu unterscheiden. Rupp recht stellte aus dem Ort,
der Tiefe der Wunde, dem Ausfluss Ton dunkelem Blut ohne
Luft, die Diagnose auf eine Herzwunde, oder Wunde eines grossen
GefSsses, mit Ausschluss siner Lungenwunde. Da alle venösen
grossen Geftsse von der, vom Instrumente eingeschlagenen Rich-
tung aus, nur mit einer Lungenwunde h&tten complicirt sein
können, so diagnosticirte er eine Verletzung des rechten Ven-
trikels an der Spitze, und bestätigte seine Diagnose durch Ver-
suche an der Leiche; der Fall heilte (F. 281).
Bei Complicationen mit Wunden des Zwerchfelles, der
Bauchorgane vermischen sich die Symptome so sehr, dass eine
sichere Diagnose unmöglich vrird. Es können ausserdem, wenn
tief von der Bauchhöhle aus, mit Verletzung von Eingeweiden,
das Instrument in die Brusthöhle gedrungen, Lungen nnd Herz
verletzt hat, die Symptome von Seiten des Herzens so unklar
werden, so geringfügig erscheinen, dass an eine Herzwunde gar
nicht gedacht wird (F. 74). Eine Perforation des Magens wurde
richtig erkannt, die daneben bestehende Wunde des rechten Ven-
trikels ganz übersehen (F. 362). Es sind jene Complicationen
zu vermuthen, wenn die Verletzung von der Brusthöhle aus in
der Umgebung des Proc. xiphoideus, mitunter auch zwischen den
unteren Rippen am Thorax geschieht. Erbrechen, üebelkeit.
Schluchzen, Schmerz im Epigastrium, Schwere im Unterleib, in
Folge eines Blutextravasates, Aufgetriebensein desselben «ind da^
mit verbunden.
Da in der Reihe der Symptome keine genaueren Anhalts-
punkte f&r die Verletzung der verschiedenen Herzabschnitte
vorliegen (über die Farbe des Blutes s. oben), so wird eine Diffe-
rentialdiagnose derselben nie sicher sein und nur die Lage der
Weichtheilwunde zu den einzelnen Abschnitten wird bei der
jetzigen genaueren Eenntniss derselben zuverlässigere Vermuthun-
gen als früher darüber zulassen. Es sind in den geheilten Fällen
740 Dr. Georg Fischer,
mit mehr oder weniger Sicherheit derartige Diagnosen gestellt
indess nar selten gleichzeitig Experimente an Leichen gemacht^
wodarch die Diagnosen mehr Glaubwürdigkeit erlangt haben
(Rapprecht, Larrey).
Sprechen alle Symptome far eine Herzwnnde , so darf man
sich nicht durch das Fortleben der Kranken irre leiten lassen, i?i(
es Landsberg (F. 6) that, dem seine Zweifel um so grösser wor-
den» je länger das Leben anhielt. Von dieser Seite wird die
Diagnose nicht erschüttert. Dieselbe kann in den ersten Tages
unsicher bleiben und kl&rt sich oft erst im weiteren Verlaufe
auf, sowie auch andererseits einzelne FUle vorkommen, bei deoeo
selbst bis zum Tode nicht im Entferntesten an eine Henver-
letzung gedacht ist, so wenig treten hervorragende Symptome
auf (F. 9, 11, 74).
Zum Schluss sei bemerkt, dass die Diagnose einer Hers-
wunde in vielen Fällen möglich sein wird und durch-
aus nicht immer auf einer Vermuthung beruht, was bis jetst
meistens angenommen wurde. Eine sichere Diagnose ist wertb-
voll, da die Kranken, wenn sie die Verletzung überleben, der
Gefahr entgehen , falsch behandelt zu werden. Schwankt mu
nur zwischen einer Herz- oder Geßlssverletzung, so hat diese
Unsicherheit für den Verletzten keinen Nachtheil, da die Behand-
lung dieselbe ist.
Ausgang.
Es besteht eine wunderbare Verschiedenheit in dem Aas-
gange der Herzwunden. Sie tödten entweder sofort, nach eini-
ger Zeit, oder sie verheilen, ohne dass man im Stande ist, dafür
entsprechende pathologisch-anatomische Verschiedenheiten ange-
ben zu können. Bei der kleinsten unbedeutendsten Verlettaag
kann der Kranke sofort todt niederstürzen, während er mit aos-
gedehnten Schnitt- und Schusswunden Tage lang leben kann;
die Verletzung einer feinen Nadel tödtet vielleicht sofort, wäh-
rend eine Kugel im Herzen einheilte u. s. w.
Ueber die Wunden des Herzens und des Herzbeutels.
741
Da einzelne Grenzen über den Zeitraum, wenn der Tod
eintritt, nie scharf bestimmt werden kOnnen, so hat die dreifache
Eintheilung von Speyer*), wonach der Tod plötzlich innerhalb
einiger Stunden, langsam nach einigen Stunden, mindestens erst
nach 48 Stunden eintritt, keinen praktischen Werth.
In der nachstehenden Statistik sind die 452 Verletzungen
nach dem sofortigen, späteren Tod und Heilung vertheilt.
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*) Heidelberger Med. Annalen. IV. 3. 1840.
742
Dr. Georg Fischer,
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Sitz der
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Stich-
Schuss-
Quetsch-
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Verletzung.
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wunden.
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Summe. .
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19
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104
26 J.
Es sind zu dieser Gruppe auch diejenigen Verleteangeo ge-
rechnet, bei denen der Tod innerhalb der ersten 2, 3 Hinntsi
erfolgte.
Aus der Statistik anderer Autoren ergiebt sich folgende
Verhaltniss;
Latenelet*) 85 Pftlle mit 14 sofort. Tod (16 %).
J^amain 121 , . 21 . , (11 %\
Zannetti 152 « . .54 . „ (85 S).
Jamain glaubt/ dass, wenn alle Herzwunden veröffentlicbt
wären, die Proportion lauge nicht so gunstig wäre, als bei jeser
Statistik sich herausstellt Er hat darin Recht, da bei meioer
3imal so grossen Statistik der sofortige Tod um 9 pGt. öfter lor-
kam.' Die Zahlen von Zannetti liefern ein noch ungünstigeres
Resultat, trotzdem die Anzahl seiner Fälle weit geringer ist.
Vergleichen wir die einzelnen. Arten der Verletzungen mit-
einander, so stellt sich heraus, dass die Rupturen am häufigtai)
einen sofortigen Tod herbeiführen (36 pGt.); ihnen folgen die
*) Dictionnaire des ^tudes med. pratiq. T. III. Paris. 1833. p. 136.
Heber die Wanden des Herzena nnd des Herzbeutels. 743
Schusswunden C26pCt.), die Stich-Schnittwunden (20pCt.), Stich-
wunden (9,2 pCt), bei welchen letzteren sogar ein einfacher
Madeistich einen sofortigen Tod zar Folge haben kann. Dahin
gehören 2 Wnnden am rechten Ventrikel (F. 1, 27), von denen
die eine penetrirte, die andere nicht. Auch trat der Tod sofort
bei einer nicht penetrirenden Lanzenwnnde des linken Ventrikels
ein (F. 172).
Was die Verletzungen der einzelnen Herzabschnitte anbe-
trifft, 80 ordnen sich dieselben nach der H&afigkeit folgender-
maassen: Voran stehen diejenigen, welche das ganze Herz be-
treffen, und folgen die Wanden des linken Vorhofes, beider Ven-
trikel, des rechten Vorhofes mit dem linken Ventrikel, des rech-
ten Ventrikels nnd 4^8 Herzbeutels. Die Wunden der Vorhöfe
ziehen mithin öfter einen sofortigen Tod nach sich, als die der
beiden einzelnen Ventrikel. Entgegengesetzte Ansichten vertreten
N^laton (I. c. p. 471), nach welchem die Wanden der Vorhöfe,
trotz ihrer geringen Dicke, nicht rascher zum Tode führen, und
stutzt er sich dabei auf 3 Fälle, in denen der Tod nach einigen
Stunden, mehreren Tagen erfolgte (F. 177, 192, 198), desgleichen
Steifensand, welcher meint, dass die Wunden des linken Ven-
trikels am h&ufigsten einen augenblicklichen Tod herbeiführen,
während die der Vorhöfe nicht so schnell tödtlich sind, üeber-
einstimmend mit ihm und Jamain ist auch hier bei Wunden
des linken Ventrikels der Tod rapider, als bei denen des rech-
ten, wenngleich nur um ca. 3 pGt; das Gegentheil behauptet
Purple. Der linke Vorhof überbietet den rechten um ISpCt;
die grössere Häufigkeit am linken Herzen, sowohl am Vorhofe,
als am Ventrikel, wird auf der arteriellen Natur derselben be-
ruhen. Es fehlen Wunden des Septum, der Spitze, und eine
allein bestehende Wunde des Pericardium.
Unter diesen 104 Verletzungen kamen 15 Fälle vor, bei
denen Gomplicationen von mehreren Herzabschnitten (ausser
denen beider Ventrikel) oder mit Gef&ssverletzungen bestanden:
744
Dr. Georg Fischer,
Rechter Ventrikel f.
Rnp.
tnr.
Rechtes Herzohr f.
Rechtes Herzohr .
Linkes Herzohr .
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1
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Art. coronaria . .
Art palmonalis. .
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Vena pnlm.
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Spitze, Sept, rechtes
Herzohr, Milz . . .
Art coronaria. . . .
Aorta, Leber, Milz .
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Aorta a. B.w.
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Für die Art und Weise, wie der sofort oder nach wenigen
Minuten eintretende Tod zu erklären ist/ giebt es versehiedeoe
Möglichkeiten, von denen
a) die Zermalmnng, Zerschneidang des ganzen Heneos
oder einer Hälfte, das Abgerissensein des Herzens aofzuführeo
sind, welche in demselben Augenblicke der Verletzung die Cir-
culation ausser Thätigkeit setzen.
b) in Folge einer Verblutung. Trotzdem von Galen vd
allen älteren Schriftstellern die Verblutung als die einzige tr-
sache des rapiden Todes betrachtet ist, sind die Fälle selten, wo
4, 6 Pfund Blut und mehr plötzlich entleert wurden, da sieb
leicht ein Coagulum bildet, welches die Blutung verhindert Jeoe
Mengen können als tödtlich angesehen werden, wenn die Be-
hauptung richtig ist, dass derjenige Blutverlust, welcher etwa die
Hälfte der gesammten Blutnienge (bei Erwachsenen ca. Vu vom
Körpergewicht nach Welcker) beträgt, ein tödtlicher ist Er-
folgt die Blutung langsamer, so kann selbst bei viel bedeutende-
rem Blutverlust, wie andere Verletzungen, Operationen beweisen,
ohne erhebliche Störungen das Leben um Stunden, Tage sich
Ueber die Wunden des Herzens and des Herzbeutels. 745
verlängern. Das frappanteste Beispiel von Seiten der Herzwun-
den findet sich im Falle 187, wo 17 Tage hindurch täglich 1 Pfund
aasfloss. Je grösser die Blutung im Moment ist, um so rascher
und intensiver wird als Rückwirkung sich eine Anämie des Ge-
hirns und Rfickenmarks entwickeln.
c) in Folge einer plötzlich entstehenden starken arteriel-
len Anämie des Gehirns, beruhend auf dem Mangel an sauer-
stoffreichem Blute bei Blutungen aus dem linken Herzen. Die
Quantität derselben braucht durchaus nicht immer fibermässig
gross zn sein.
d) Wenn eine grosse Menge Blut sich im Herzbeutel an-
sammelt und keinen Ausweg findet, wird eine Gompression
des Herzens stattfinden, welche plötzlich eintretend, die Gir-
culation aufheben und sofort tödten kann. Morgagni*) war
der Erste, welcher die Gompression des Herzens als Ursache des
plötzlichen Todes feststellte. Nach ihm sind die Herzbewegungen
leicht verwirrt durch den äusseren ungewohnten Gontact des Blutes
und verhindert durch die Menge Flüssigkeit, welche es umgiebt,
den Herzbeutel ausdehnt und nothwendig das Herz comprimiren
muss. Bei jeder Gontraction des Herzens wird Blut in den Herz-
beutel treten, coaguliren; es folgt frisches Blut in den wenig
nachgiebigen Sack, so dass eine Dilatation des Herzens immer
schwieriger, die Blutzufuhr zum Herzmuskel immer geringer,
schliesslich das Herz gelähmt wird, und der Tod eintritt. Dass
bei einer allmäligen Ansammlung von Flüssigkeit im Herzbeutel
diese Wirkung nicht zur Geltung kommt, beweisen die grossen
Mengen Exsudat bei Hydropericardium, eiteriger Pericarditis, allein
diese Thatsache gegen die Gompression als Todesursache geltend
zu machen (Steifensand, Friedreich), dürfte nicht richtig
sein, weil der Unterschied in der plötzlichen und allmäligen An-
sammlung liegt. Aehnliche Erscheinungen kommen im Bereich
der Gehirnkrankheiten vor, wo bei Himapoplexie nicht die Menge
*) De sedibus et caus. morb. Epist 69. Sect. 5.
746 Dr. Georg Fischer»
des Blutes, sondern der plötzliche Erguss tödtet, während bei
Hydrocephalus der Tod keineswegs plötzlich eintritt. — Bei ein^
geringen Blutergnss in den Herzbeutel wird keine tödtliche Herz-
compression un Stande kommen; derselbe kann möglicherweise
nützen, indem er die Herzwande schliessen hilft
e) Es giebt F&lle, wo weder die Grösse der Verletztog.
noch der Bhtung, den sofortigen Tod erklären können, so z. 6
bei 2 Nadel Verletzungen am rechten Ventrikel, von denen sogv
eine nicht penetrirend war (F. 1, 27), yermuthlich hat hierbei
eine Verletzung von Herzganglien stattgefunden, derei
Existenz als Gentralapparate im Herzen, wie es scheint, gesichert
ihre nähere Bedeutung indess noch dunkel ist (Gerard erklärt
den plötzlichen Tod im Fall 1 durch Syncope).
• f) Vielleicht wird eine heftige Gemfithsaufregang«
Angst, Schreck, Zorn, gepaart mit einem hohen Alter, schleek-
tem Allgemeinbefinden, im Moment der Verletzung durch Störang
der Herzinnervation, die Gontractionen des Herzens plötzlich sn^
pendiren können. Diese Vermuthung stützt sich auf eine nictit
penetrirende Lanzenwunde (F. 172) eines 68jährigen Manoes.
wobei weder ein Bluterguss in den Herzbeutel, noch in die Pleor}
stattfand. Jamain will diesen Fall durch eine Erregung d^
Herzens (nach Sönac) oder eine convulsivische Unruhe dessel-
ben (nach Jobert) erklärt wissen. Dass der Zorn und eioe
heftige moralische Erregung die Ursache waren, in Folge derefi
der Kranke von A. Parä (F. 228) noch 200 Schritt seinen FeiiHi
verfolgen konnte und dadurch der Tod bis dahin verzögert wurde.
wie Sanson annimmt, ist immerhin fraglich, da es eine Meog«
von Beobachtungen giebt, wo die Kranken weit grössere Streckafi
zurücklegten, ohne dass irgend eine heftige Erregung dabei u*
gegeben ist
g) Romberg nimmt nach den Versuchen an Thieren von
Marshall Hall, bei den^n nach einem Hammerschlag auf dea
Hagen, das Herz mehrere Secunden stille «stand, an, dass auch
bei Menschen, nach gewaltsamen Schlägen auf die Magengegead,
ein plötzlicher Tod durch Herzlähmung entstehen kann. ^^
Ueber die Wanden des Herzena und des Herzbeutels. 747
wurde dieselbe auch bei traninatischen Berzrupturen, die durch
jene Ursache entstehen können, in Anschlag zu bringen sein.
h) Complicationen mit Verletzungen anderer Organe bei
Hersbentelverletzungen erklären mitunter den plötzlichen Tod.
Häutig werden mehrere Ursachen zu gleicher Zeit den so-
fortigen Tod bedingen.
t. LanK«<*t*«e)< 1 ArehU I. Chirurgie. IX. 48
748
Dr. Georg Fischer,
n. Toi
1. Stunde.
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I.Tg. Ende 2. Woche,
d. 1. Weh.
8. Woche. 4 Woche,
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570
Dr. Georg Fischer,
Die VerletsangeD vertheilen sich folgenderm jutssen :
Rechter Ventrikel 69 -
66 %
Linker Ventrikel 59 -
68».
Beide Ventrikel . 11 -
42 J.
Rechter Vorhof . 16 —
53 J.
Linker Vorhof. . 8 -
61».
Septnm Tentric. . 6 —
71t.
Spitze .... 10 -
62*.
Gftnxes Her» . . 2 —
Linkes Her» . . 1 —
Art. coronaria 1 —
UnbeBtimmt . 19 —
Heribentel ... 19 -
36».
Samme ... 219 —
56»,
Die l&ngste Dauer ist folgende:
Stich-
Stich-
Schnitt-
Schnaa-
Rnp-
wanden.
wunden.
wanden.
torea.
Rechter Ventrikel .
18 Tage.
18 Tage
2Mott. 6 Tg.
12 Tage.
Linker Ventrikel . .
21 Tage.
9 Wochen.
10 Wochen.
S Tage.
Beide Ventrikel . .
8i Monate
5 Tage.
4 Wochen.
U Stoida.
Richter Vorhof . .
Lange Zeit.
16 Tage.
—
14 Stoodei
Lenker Vorhof . .
2 Tage.
2i Stunden.
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2 Tilge.
Sept ▼entricnlornm
10 Tage.
12 Tage.
12 Tage.
4 StoD4e&
Spitxe
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20 Tage.
7 Tage.
9 Standet.
Bmib
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—
7 Tage.
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Art. coronuri» . .
8 Tage.
—
— .
—
Pericardium . . •
2, 3 Wochen.
Einige Tage.
2 Tage.
8 Tage.
Bei einem Vergleich mit den Fällen, wo der Tod sofort
eintritt, ist vor Allem zxl constatiren, dass noch einmal soviel
Fälle später tödten, als sofort (2,1 : 1), und tritt dieses
Yerhältniss bei allen Herzabschnitten ein (bei Jamaia ist das
Verhältniss noch grösser, 4:1, bei Zannetti geringer, 1,6:1).
An Wunden des rechten Ventrikels starben die Kranken 2,dinal
häufiger in späterer Zeit, als sofort (56:21,9), am linken Ven-
trikel 2,3mal, am rechten Vorhofe 2,lmal, am linken Vorbofe
1.6mal, an beiden Ventrikeln l,3mal häufiger. Hierans folgt an-
dererseits, dass bei Wunden des rechten Ventrikels ^ Leben
sich länger hinzieht, als bei Wunden des linken Ventrikels, bei
denen des rechten Vorhofes länger, als bei denen des liokeo;
der spätere Tod tritt bei mehr als der Hälfte aller Ventrikel*
Ueber die Wanden des Henens nnd des Henbentels. 751
nd Vorhofsverletzangen eio. Die älteren Ansichten fiber die
tapidit&t des Todes bei Herzwunden werden dadurch wesentlich
rscbfittert. — In Betreff der verschiedenen Arten der Verletzun-
;en war ein späterer Tod bei Stichwunden 6mal h&ufiger (25 : 4),
in sofort eintretender Tod bei Stich-Schnittwunden 2,8mal, bei
>cbu6swuDden nur l,3mal h&ufiger, während bei Quetschwunden
ind Rupturen umgekehrt der sofortige Tod um l,5mal hänfiger
7ar. — Berücksichtigen wir die ausserordentlich verschiedenen
Zeitpunkte des später eintretenden Todes, die sowohl bei allen
] erzabschnitten vorkommen und durch die Verschiedenheit der
Todesursachen bedingt sind, so zeigt sich, dass bis an das Ende
1er 2. Woche die bei weitem grosseste Anzahl von Kranken am
^^eben bleibt, während darüber hinaus nur vereinzelte Fälle sich
inden. Die meisten Kranken starben vom Ende des 1. Tages
)is Ende der 1. Woche (übereinstimmend mit Jamain, Late-
lelet und Zannetti), sodann zwischen der 1. und 24. Stande,
»während die Zahl, welche in der 2. Woche stirbt, ungef&hr die
gleiche und geringer als jene ist. An Stich- und Stichschnitt-
wunden starben die meisten in der 1. Woche, an Schasswunden
and Rapturen am 1. Tage. — Am längsten erhielt sich das Leben
bei einer Stichwunde beider Ventrikel und zwar bis 8i Monat;
anter den Stich-Schnittwunden war der längste Termin 9 Wochen
bei einer Wunde des linken Ventrikels, bei einer Schusswunde
des rechten Ventrikels 2 Monat 6 Tage, unter den Rapturen
12 Tage und war dieses eine nicht penetrirende Ruptur des
rechten Ventrikels. Eine Commotio cordis tüdtete erst nach
8 Tagen, eine penetrirende Ruptur des rechten Vorhofes nach
14 Standen, und eine Quetschwunde des linken Vorhofes am
2. Tage.
Es geht daraus hervor, dass weder der einzelne Herz-
abschnitt an sich, nocli die verschiedenen Arten der
Herzwunden mit Ausnahme vollständiger Zermalmun-
gen eiften sofortigen Tod bedingen. Den späteren Tod
stets damit erklären zu wollen, dass die Wunden anfangs nicht
penetrirten und später, in Folge des Durchbruchs, bei dem stürmi-
752
Dr. Georg Pibcher,
sehen Andrang des Blates sich zu solchen gestalteten (Lands-
berg), ist nicht gerischtfertigt, da der Verlauf und Section^
fand häufig die Verletzung von Anfimg an zu einer penetrirafi-
den gestempelt haben.
Die Complicationen sind hier weit zahlreicher, als die-
jenigen, bei denen der Tod sofort eintritt.
Sitz der
Verletzung.
Rechter Ventrikel f.
Stich- Stich- Schoaa-
wunden. Schnitt wunden. RoptnreiL
Rechter Vorhof . .
Spitze
Art pnlmooalis . .
Aorto
Aorta, Art pulm.
—
i Stunde.
5 Tage.
15 Stunden.
13 Stunden.
67 Tage.
r
_^
Linker Ventrikel f-
Doppel wunde . • .
Rechter Vorhof . .
Spitie
Arteria coronaria .
Aorta
Art3ria pnlmonalis
Vena pulmonalis .
ö Minuten.
10 Minuten.
2 Stunden.
5 Tage.
4 Tage.
i Stunde.
12 Stunden.
aS Standen
10 Wochen.
4 Standet.
Beide Ventrikel f.
Arteria pulmonalift
—
?
—
—
Spitzet.
Arteria und Vena
mamm. int. . .
20 Tage.
Unbestimmt f.
AoiU
Arteria coronaria .
Vena corooaria . .
—
1, 2 Tage
2 Stunden.
i Stunde.
""•
Rechter Vorhof f.
Doppelwunde . . .
Art. mamm. int .
Arteria coronaria .
Aorta
Art pulmonalia . .
Vena cava sup. . .
Vena cava ini. . .
Lange.
t btuude.
8 Tage.
9 Stunden.
11 Tage.
?
Standen.
?
10 MiDatei.
Deber die Wanden des Beizens nnd des Henbeotels.
753
Sitz der
Verletzung.
Stich-
wunden.
Linker
Stich-
Schnitt
V 0 r h 0 f t.
Schuss-
wunden.
Rupturen.
Vena cava sup. . .
—
2 Tage.
—
—
Herzbeutel f.
Linker Ventrikel .
Aoru
Arteria 'pulmonalis
Vena caya
Art. mamm. int. .
Vena mamm. int .
1 Stunde.
2 Stunden.
10 n. 12 Tg.
36 Stunden.
12 Tage,
—
2 Tage.
Bemerkenswerth ist, dass Gomplieationen mit Verletzungen
der grossen Gefässe den Tod oft erst nach mehreren Stunden,
selbst Tagen, herbeiführen; eine Wunde des rechten Yorhofes »
mit der Aorta tödtete sogar erst am 11. Tage*) (F. 198), die
einer Art pulmonalis am 10. und 12. Tage (F. 251, 450), eine
Stich - Schnittwunde des rechten Ventrikels mit der Aorta und
Art pulmonalis nach 13 Stunden (F. 111), eine Bajonettwunde
des linken Herzohres und der Vena cava sup. am folgenden Tage
(F. 206).
Der spätere Tod tritt am häufigsten ein 1) in Folge der
Blutung. Sie tödtet a) als primäre Blutung durch die grosse
Menge, welche verloren geht, wodurch dem Herzen zur Ausfüh-
rung seiner Functionen das Material und die Kraft entzogen wird,
und durch die eingetretene Erschöpfung, das Daniederliegen der
Ernährung. VerzOgert wird der Tod, wenn das Blut aus einer
kleinen, schiefen, wenig klaffenden Wunde nur langsam austreten
kann, obwohl das Klaffen der Wunde allein durchaus nicht, wie
Ollivier annimmt, der einzige Maassstab für die verschiedene
Lebensdauer ist. Als die Aorta verletzt war, wurde die kleine
•) Boy er soll bei einer kleinen, dreieckigen Wunde der Aorta, am
Ausgange des linken Ventrikels, den Tod am 6. Tage haben eintreten sehen.
754 ^f* Georg Fischer«
Wunde derselben von der anliegenden unverletsten Aortenklappe,
wenn sie aufgerichtet war, verdeckt, und trat der Tod erst loä
15 Stunden ein (F. 112). Eine kleine Wunde kann gowohl m
einem feinen, spitzen Instrumente, einem breiten Messer, we«:
es kaum eine Penetration des Herzens hervorgenifea hat, aL<
auch durch einen Schrotschuss und eine Quetschung, wobei die
Ruptur nur gänsefederdick ist, bewirkt werden. Bei grösserei
Wunden wird die Blutung und damit der Tod verzögert, wea
die Herzwunde sogleich verschlossen wird, was, wenn nicht der
contrahirte Zustand des Herzens selbst die Wunde weniger klaüa
l&sst, auf verschiedene Weise möglich ist Am häufigsten ist es
ein Blutpfropf, wobei der Verschluss durch die äusserste Schwiele
des Kranken, welche mit einer Syncope beginnt, begünstigt wird,
ferner dadurch, dass die Herzmusculatur schief durchbohrt wird,
so dass die Wunde weniger klafft. Der Verschluss wird sodaoD
bewirkt durch ein in der Wunde steckengebliebenes Instrumeat
^(Stilet, Pfriem, Feile u. s. w.), durch einen Papierpfropf be
Schusswunden, durch das bei einem Schuss in die Herzwande
hineingetriebene Pericardium, welches erst durch die Herzcoa-
tractionen wieder ausgetrieben wird (F. 308), vielleicht sogar
durch die Kugel selbst, wenn sie in den Ventrikel gedrungeo,
die Wunde deckt und so die Blutung verzögert, bis sie ebeofalli
durch die Herzcontractionen in den Herzbeutel zurückgetrieben
wird (F. 309). Schliesslich wird möglicherweise ein in die Hen-
wunde eingetriebenes Fragment einer gebrochenen Rippe die
Blutung zeitweise hemmen können (F. 399). — Die Grösse der
Wunde bestimmt jedenfalls nicht allein den früheren oder spä-
teren Eintritt des Todes; es kann eine 6''' lange Wunde des
rechten Ventrikels sogleich oder nach wenigen Minuten tödten.
während bei einer daumenbreiten Wunde des linken Ventrikel»
der Tod erst nach einigen Stunden eintrat (F. 49, 52, 53, 146). -
Die Blutungen aus den grossen Gefassen, selten aus der Art
mamm. int., der Art intercost. können den Tod bedingen. -
Ist die primäre Blutung auf diese Weise verzögert, so wird
durch Lösung des Pfropfes
Deber die Wanden des Henens und des Herzbentels. 755
b) eine secund&re Blutung entstehen können. In der
Regel in der nächsten Zeit auftretend, kann sie selbst nach
9 Wochen, wo die Wanden des Thorax, des Herzbeutels schon
vernarbt sind, noch eintreten und tödten.
c) durch Compression des Herzens oder der Lun-
gen. Die Herzcompression kann in späterer Zeit entstehen,
wenn nach Losstosäung des Pfropfes eine secundäre Blutung statt-
findet oder dieselbe durch Selbstverwundung des Herzens an einem
in der Bmstwand steckengebliebenen Instrumente erfolgt, auch
wenn nach einiger Zeit die Penetration einer bis dahin nicht
penetrirenden Wunde eintritt. Die Blutinfiltration im Bindege-
webe, um die Herzbeutel wunde herum, wird den Druck noch
vermehren;
d) durch Pfropfbildung im Inneren des Herzeng
(Jobert), vielleicht auch durch arterielle Embolie (Gärard),
indem vom Herzen aus Fibrinpfröpfe in die Arterien weiterge-
führt, dieselben obturiren, auch in die Lungen transportirt wer-
den können. Es ist diese Embolie zwar noch nicht durch
Sectionen bestätigt, indess vermuthet G6rard, dass in dem ge-
heilten Falle 287, wo der Arm ohne bekannte Ursache einge-
schlafen war, eine Obturation der Art axillaris stattgefunden
habe. Obwohl diese Möglichkeit zugegeben wird, so wird das
Eingeschlafensein an den Extremitäten nicht immer hierauf zu-
rückzuführen sein, da im Falle 3 dasselbe sofort nach der Ver-
letzung an den Beinen und Füssen geklagt wurde, wobei eine
so rasche Obturation beider Artt. crurales nicht angenommen wer-
den kann. Jenes Symptom wird hier durch den Blutverlust be-
dingt sein. Im üebrigen hat schon Lau gier (F. 39) die Ver-
muthung ausgesprochen, dass die bei einer Herzwnnde entstan-
dene Gangrän des Beines wahrscheinlich von Embolie aus dem
linken Ventrikel entstanden ist. ~~ Der Tod erfolgt
2) in Folge von Entzündungen und zwar am häufigsten
durch Pericarditis, welche, meist am 3, 4 Tage auftretend,
schon am 3. Tage den Tod herbeiführen (F. 152), oder sogar
erst am 9. Tage sich entwickeln kann. Bei einer Nadelverletzong
756 !>«•• Georg Fischer,
eotstand sie erst im 8. Monate mit tödtlichem Ausgange, nach-
dem Pneumonie, Bronchitis vorhergegangen waren; es ist wahr-
scheinlich, dass die Nadel auf ihrer Wanderung su jener Zeit
erst in den Herzbeutel gelangt ist. Nach einem Schlag können
Pericarditis undCarditis, welche häufig mit ihr verbanden ist,
schleichend entstehen und den Tod nach 6 Monaten herbeifuhreo.
Obwohl anzunehmen ist, dass ein geringer Grad von Pericarditis
gewisse Chancen für die Heilung abgiebt, indem dadurch AdhI-
sionen zwischen Herz- und Herzbeutel entstehen, welche die
Herzwunde schliessen können (F. 265, 363), so haben heftige
Entzündungen mit intensivem Fieber die Gefahr, dass sie durch
Lösung des Pfropfes eine Blutung veranlassen, und frische, zarte
Narben der Herzwunde wieder aufreissen können. Pericarditis
und Carditis sind die vorwiegende Todesursache bei nicht pene-
trirenden Wunden, da hier die Blutung zurücktritt, desgleicheo
beim Eintreten eines fremden Körpers in das Herz und bei
alleinigen Verletzungen des Herzbeutels, deren Gefahr nichti wie
früher geglaubt wurde, auf dem Abfluss des Liquor pericardii be-
ruht. — Ausser diesen Entzündungen können Pleuritis, Pnea-
monie, Empyem und eine mit ihnen auftretende septische In-
fection den Tod bedingen.
3) Durch hektisches Fieber, Erschöpfung in Folge
von Diarrhoen zu einer Zeit, wo die Herzwunde schon in der
Vernarbung begriffen ist.
4) Wird auch hier eine traumatische Irritation eines
Herzganglions als Todesursache gelten, da bei einer Nadel-
verletzung der oberfl&chlicben Herzschicht der Tod plötzlich erst
bei der 3. Ohnmacht eintrat (F. 33).
5) Es ist nicht unmöglich, dass bei einer anEtmgs noch zar-
ten Vernarbung eines dünnen, atrophischen Herzens, in Folge einer
körperlichen Anstrengung, eine spontane Ruptur dem Lebeo
ein Ende machen kann (F. 165).
6) Als seltene Todesursache kommt eine Affection de
Gehirns (F. 161) vor, und sind als solche ein Biutergnss ins
üeber die Wanden des Henens und des Hersbentels. 757
den linken Seiteny/entrikel (F. 410), meningitische Erscheinangen
(F« 11) anfgenannt.
7) Gilt als zaflUUge Todesursache der Mangel rationel-
ler Hülfe und Anwendung darcbans unpassender Mittel (F. 116).
Als unabhängig von der Herzwunde auftretende Todesursachen
sind beobachtet: Erstickung in Folge eines am Halse stark ent-
wickelten Emphysems, oder einer von Gesichtsrose sich ausdeh-
nenden Phlegmasie, femer Erysipelas des Beines, Gangrän der
Extremitäten nach Erfrierung, Apoplexie des Gehirns nach einem
Sturz auf den Kopf, Miliartuberculose, Amputation des Femur,
Blutung aus der verletzten Vena cruralis, complicirende Ver-
letzungen der Bancheingeweide u. s. w.
HI. Heilung.
Wenn seit den Zeiten Homer 's das Herz als der Sitz des
Lebens bekannt war, die Dichter aller Völker sich aberboten
baben, die grosse Bedeutung des Herzens in ein poetisches Ge-
wand zu hfiUen und noch jetzt die Helden der Tragödie den
Dolch iast immer auf die Herzgegend setzen, wenn der Tod ein-
treten soll, so hat es durchaus nichts Befremdendes, dass die
Verletzung des Herzens im Volke von jeher und noch jetzt f&r
ibsolnt tödtlich gehalten wird.
Die Aerzte haben bis in die neueiB Zeit unter dem Einflnsse
lieser Tradition gestanden. Wenn von Jacobus Hollerius
^geb. 1498) die Versicherung ausgesprochen wurde, dass Fleisch
ind Pulpa des Herzens verwundet sein könnten, ohne dass der
Tod erfolge; wenn von Fernel (f 1558) und Tourby im Jahre
.642 (F. 268, 271) Narben am Herzen gefunden wurden, von
velchen die letztere sicher auf eine Wunde zurückzufuhren war,
0 sind diese vereinzelten Notizen, sowie die aus früher Zeit
tammenden geheilten Herzwunden bei Thieren, welche der Ana-
ogie halber hätten benutzt werden können, übersehen, und man
lat bis in die neuere Zeit an die absolute Lethalität geglaubt
758 I>r- Georg Fischer,
Die Aerzte wehrten sich lange, diese Ansicht aofzageben, obwohl
zwischendurch einzelne Heilangen **) durch Sectionen verdffeotliclit
waren. Mit welchem Pomp eine Herzwande beschrieben wordej
die erst nach einigen Stunden, eine damals unerhörte Zeit, tödtete,
beweist der Fall von N. Maler (F. 105 ans dem J. 1641). Es
berichtet de la Motte im Jahre 1732 (F. 75) fiber eine nach
12 Stunden tOdtlich verlautene Herzwunde und fugt hinzu, daj»
Aerzte und Chirurgen, welche nicht bei der Section waren, deo
Fall nicht glauben wollten, weil nach ihrer Ansicht der Tod
hafte sofort eintreten müssen. Der berühmte englische Chirurg
B. Bell (1783) wusste, dass geheilte Herzwunden veröffBntlicbt
waren, vermuthete indess, dass „dabei eine geflissentliche Tio*
t5chung oder ein Irrthum vorgefallen sei.** G. C. Conradi**)
hielt noch im Jahre 1796 die bet^chriebenen Narben für zweifel-
haft und meinte, dass sie vielleicht von verwachsenen Wasser-
blasen herrührten oder nur narbenäbnliche, callöse Veranstaltungea
wären« Selbst im Jahre 1829 versuchte Coxe*^*^), geleitet dorch
RandalTs Fall, darzuthun, dass Herzwunden nicht verfaeileo
könnten und wollte dieses durch mehrere Gitate beweisen.
In jetziger Zeit ist die Heilung einer Herzwande zvreifellos
und damit die Poesie der Helden zu Grabe getragen. Die Hei-
lung ist immerhin selten, obwohl bei Weitem nicht in dem Grade,
wie bisher geglaubt ist, und dürfte die Bezeichnung Pirogoff's
(L c. S. 544), sie als ein Guriosum in der. Wundenlehre an-
zusehen, immer mehr zurücktreten. Cathcart Lees m^te im
Jahre 1837, dass die Heilungen bei englischen SchriftstellerD
weniger häutig vorkämen, als bei Schrifstellern des Contineots,
und Guthrie behauptet, dass im Jahre 1648 in London kein
Chirurg war, welcher eine Heilung einer Herwunde gesehen, noch
*} Die Angabe von Beck (Schuss wunden. 1850. S. 180.}, dass A. Par^.
Saviard) Lerouge, Boy er Heilnugen beobachtet haben, scheint irr-
thfimlich. Es eind wenigstens alle F&lle dieser Autoren, die ich babe er-
mitteln können, tödtlich verlaufen.
**) Handbuch der patholog. Anatomie. Hannover. 1796. p. 419 n-folf.
***) Jolin Redmann, Americ. Journ. of med. science. Vol. 4. 1829'
No. Vlll. August
Deber die Wonden des Herzens und des Herzbeutels.
759
bei anderen Aerzten beobachtet hat, überhaupt selten ein Fall
lebend zur Behandlung gekommen sei. Die meisten Heilungen
werden aus der Givilchirnrgie berichtet, und es ist selbstverständ-
lich, dass bei den ungünstigen Verhältnissen im Kriege, abge-
sehen von der schlechteren Prognose der Schussv^unden, am sel-
tensten eine Heilung zu Stande kommt; Pirogoff v^eiss sich
keiner Heilung aus dem ersten schlesveig- holsteinischen, italieni-
schen und orientalischen Kriege zu erinnern. — Aus den bis jetzt
bekannt gewordenen grösseren Statistiken von Ja mal n (121 Fälle)
und Zannetti (152 Fälle) sind von ersterem*) 10 Heilungen,
von letzterem 9 bekannt geworden.
Nach meiner Gasuistik sind unter 452 Fällen 72 Hei-
lungen beobachtet, von denen 36 durch dieSection sicher
gestellt, und 36 nach Symptomen vermuthet sind. Die-
selben vertheilen sich in folgender Weise:
Sitz der
Verletzung.
Stich-
wandeD.
l
Stich-
Schnitt.
a
O)
Schnee-
wanden.
B
U3
Qnetechw.
Kuptnren.
Snmme.
RechterVentrikel
Linker Ventrikel
Beide Ventrikel
Septnm Tentric.
Spitie
Basis
Arteria coronaria
Games Hers . .
Rechtee Heri . .
llerEbeutel . . .
Unbeetimmt . . .
12
5
2
1
8
1
1
11
5
1
1
Id
9
6
6
2
1
4
1
1
1
11
22
17
Sa.:
21
22
36
36
72
Trennt man die 72 Fälle in 60 Heilungen von Herz-, und
22 Herzbeutelv7unden, so vertheilen sich dieselben nach ihrer
Entstehung, wie folgt:
*) Demme und Pirogoff gelangen ans Jamain's Fällen durch Snb-
traction der tödtlichen Fälle Ton der Gesammtzahl zu 16 Heilungen. Es sind
indess im Original nur 6 Fälle (F. 260, 262, 273, 286, 287, 363) aufgeführt,
und kommen ans den CiUten noch 4 Fälle (F. 34, 265, 268, 288) hinsn.
760 ^r. Georg FiBcher,
Herz. Herzbeutel.
I Nadeln 8 (6 im Herzen).
Stilet 1. — ^
Dorn 1 (darin).
I Messer 10. I Messer 5.
Bajouett 1 1 B:.ionett 1.
? 10. f ? 2.
Schnssvnnden 7 (4 Kugeln darin). — 5 (1 Kugel darin).
Quetschwunden,
Rnptnren 8. — 4
Snmme ... 50. ~ 22.
Auf 401 Herzwunden kommen 50 Heilungen, voa denen 33
durch die Section festgeBtellt^ 17 nach Symptomen vermutbet
sind. Rechnet man auf letztere 17 Fälle 10 Beobachtungen, wo
an der richtigen Diagnose, nach der Beschreibung, nicht zn zwei-
feln ist, so erhält man 43 sichere Heilungen (10,7 pCt.).
Von 51 Wunden des Herzbeutels heilten 22 mit 3 consta-
tirten und 19 diagnosticirten Heilungen. Nimmt man, wie vorbin,
von letzteren 12 sichere Heilungen an, so erhält man 15 Bei-
lungen (30 pCt.). — Die Procentsätze für die einzelnen Herz-
abschnitte werden bei der Prognose näher aufgeführt.
. Beurtheilt man die Häutigkeit der Heilungen an den einzelnen
Abschnitten und bei den verschiedenen Arten der Verletzungen
allein nach den Sectionsbefunden , so kommen am häufigsten
Heilung an der Herzspitze (18 pCt.) und am Septnm (14 pCt)
vor, und sind diese Wunden eben solche, wo keine Herzhöhle
eröffnet ist, also nicht penetrirend. Es folgen die des rechten
Ventrikels (9,7 pGt.), beider Ventrikel (7,6 pCt.), des linken
Ventrikels (5 pCt.). Die grössere Häufigkeit bei beiden Ventri-
keln ist eine zufällige, da gerade diese Verletzung es ist, bei
welcher der Tod am häufigsten sofort eintritt Dagegen steht im
Einklang, dass Wunden des rechten Ventrikels, welche seltener
sofort tödten, als die des linken, auch häufiger zur Heilung ge-
langen. Gärard glaubt, dass die meisten Wunden des rechten
Ventrikels von mittlerer Grösse heilen würden, wenn sie nnr
durch einen geringen Grguss in das Pericardium complicirt sind
Heilungen bei Verletzungen des rechten und linken
Deber die Wanden des Herzens und des Herzbeutels. 761
*
Yorbofs sind nicht beobachtet, wiederum ein Beweis für
die grössere Gefährlichkeit dieser Wanden, im Vergleich za Ven-
trikelwanden. Die Vernarbung einer durchschnittenen Art. coronar.
wurde constatirt, als am 63. Tage der Tod durch Empyem ein-
trat. Hält man die geringe Anzahl von sicheren Heilungen der
Herzbeutelwunden (6 pCt ) der Gesammtzahl von Heilungen der-
selben entgegen, so drängt sich die Yermuihung auf, dass bei
einer grossen Anzahl diagnosticirter Heilungen der Herzbeutel
nicht allein, sondern • gleichzeitig oberflächliche Herztheile mit-
verletzt waren, wie Larrey in seinen Fällen immer annahm«
Es ist ausserdem wahrscheinlich, dass, wenn der Herzbeutel allein
verletzt und vernarbt ist, in späterer Zeit die Narbe leicht bei
ihrer Kleinheit übersehen werden kann. Die Stichwunden liefern
am meisten Heilungen (18 pGt), ihnen folgen die Schusswunden
(8,4 pGt.), die Stich-Schnittwunden (8 pGt.), die Quetschwunden.
Geheilte Rupturen kamen nicht vor, und bezieht sich der
eine Heilungsfall auf eine Quetschwunde (F. 443.), die Seite 657
näher beschrieben ist. Das Verhältniss der Schusswunden zu
den Stich - Schnittwunden wird bei der Prognose näher ent-
wickelt
Aus der vorigen Tabelle ist ersichtlich, dass Heilungen bei
den Verletzungen der verschiedensten Instrumente vorkommen,
am häutigsten durch Nadeln, sodann durch Messer, Degen, Dolch,
Bajonnett u. s. w. Es wurden 12 Heilungen beobachtet, wo-
bei fremde Körper im Herzen längere Zeit gesteckt hatten,
eine frappirende Thatsache, welche die geringe Reizbarkeit des
Herzens beweist, indem dabei eigenthümliche Symptome gefehlt
haben, und die Heilungen selbst nach eiteriger Entzündung des
Herzmuskels, Pericarditis, zu Stande gekommen sind. Bei 8 Hei-
lungen durch Nadelverletzungen wurde 6 Mal die Nadel im Herzen
später entdeckt, bei 12 verheilten Schusswunden 5 Mal eine
Kugel, ausserdem noch 1 Dorn.
Die grosseste Anzahl der durch die Section festgestellten
Heilungen ist hinreichend genau genug beschriebeo, um an ihrer
Glaubwürdigkeit nicht zu zweifeln, und es liegt kein Grund vor^
762 ^r« Oeorg Fischer,
mit Demme anzunehmen, dass die Nachweise von Narben tri-
gerisch sind, und nicht mit Nothwendigkeit far eine. wlrklieL
vorangegangene Perforation der Herzwände sprechen. Unsicher
erscheinen nur 3 Fälle aus der älteren Zeit (F. 271., 274., 303.).
wo die Notizen über die Narben ungenau sind, dieselben ?iel-
leicht von einem Abscess herrühren, auch die Veranlassungei
nicht angegeben sind. — Leider lässt sich nicht immer ans dei
Beschreibungen ersehen, ob die ursprüngliche Verletsnng ei&e
penetrirende oder nicht penetrirende war; es ist daher die Be-
obachtung Velpeau's werthvoU (F. 260.), wo die Vernarbang
durch die ganze Dicke der Herzwand den Beweis liefert, daas
penetrirende Wunden heilen können. Ph. v. Walther
spricht von einer geheilten Wunde der Oberfläche des Heneni
(F. 277.), welche als eine Heilung einer nicht penetri-
renden Wunde anzusehen ist. Es würde damit die Ansicht
Jamain's, dass letztere nur auf Vermuthung beruht, aofn-
geben sein.
Die Todesursachen, an denen die geheilten Kranken schliess-
lich zu Grunde gingen, beziehen sich zum Theil auf die Herz-
Verletzung selbst, und werden als solche genannt eine sponUfie
Ruptur der noch zarten Herznarbe in Folge einer Anstrengasf,
eine nach 10 Jahren auftretende secundäre Endo-Pericarditis, bei
einer Perforation des Septum und Aneurysma des rechten Ven-
trikels (F. 267.)} eine excentrische Hypertrophie des rechtes
Ventrikels, mit Leberhypertrophie, bei einer Perforation des Sep-
tum nach 19 Jahren (F. 266.)> eine Apoplexie, vielleicht bedingt
durch die Schwäche der Herzaction bei der Dünnheit der Hen-
wände, nach 3 Monaten (F. 261.), Gangrän des Beines, wahr-
scheinlich in Folge von Embolie aus den Thromben des linken
Ventrikels (F. 39). Ausserdem trat der Tod ein durch Ver-
schlingung der durch eine Zwerchfellswunde in die Brusthöhle
getretenen Dünndärme (F. 269), durch Bronchitis, Pneumonie,
Pleuritis, Empyem, Tuberkulose, Erfrierungsbrand o. s. w. -
Die Kranken starben nach verschieden langer Zeit, nach 15 Tagen,
mehreren Monaten, 4, 6, 7, 10, 12, 20, ja selbst 52 Jahren.
Deber die Wanden des Herzens nnd des Herzbeutels. 763
Was die nach Symptomen diagnosticirten 36 Heilungen an-
betrifit, 80 ist- die Möglichkeit zuzugeben, dass von dem einen
oder anderen Autor eine falsche Diagnose gestellt ist. In den
Fällen von Ollenroth, Bamberger, Reiche ^ird jeder Zweifel
dadurch gehoben, dass der verletzte Herzbeutel gefühlt, ja Ersterer
sogar die Wunde an der Spitze des Herzens gesehen haben will.
Die Fälle von Rupprecht und theilweise von Larrey sind
dnrch Versuche an Leichen sicher gestellt. Nehmen wir an, dass
diejenigen von Wagner, Stilling, Gilbert, Pirogoff,
Lavender, N^laton, Lees, Tr^lat, O'Gonnor, Bartholin,
Galen, Montögre, Benivenius unsicher sind, so bleiben noch
immer ca. 22 Fälle übrig, aa deren richtiger Diagnose wir kein
Recht haben zu zweifeln. — Die Verletzungen geschahen mit
dem Messer (9 Mal), Dolch (3), Degen (5), Nadel (2), durch
Stich-Schnitt (5), Schuss (6), Quetschung (6). — Die Diagnose
wurde gestellt auf Verletzung des rechten Ventrikels (4; als 4
Schnitt), des linken Ventrikels (1; Stich), der Herzspitze (1 ; Stich),
des Herzbeutels (19, darunter 11 Stich-, 4 Schuss wunden, 4
Quetschungen, welche letztere sich in 3 Pericartiden und 1 Rup-
tur theilen), unbestimmter Herzabschnitte (11, darunter 2 Nadel-,
5 Stichschnitt-, 2 Schusswunden, und 1 Quetschwunde und 1 Dis-
location). — Trotzdem, dass nur die Herzspitze durch Gesicht
und Gefühl, der rechte Ventrikel durch Leichenexperimente sicher
diagnosticirt wurden, ist anzunehmen, dass mit Hülfe der jetzigen
genaueren topographischen Kenntniss man bestimmtere Ver-
muthungen über die getroffenen Abschnitte wird stellen können.
Die Zeit, nach welcher die Kranken als geheilt entlassen
wurden, und in welcher sie späterhin noch beobachtet sind, war
sehr verschieden, und variirte zwischen einigen Wochen und
mehreren Jahren.
Die nach verheilten Herzwunden auftretenden Folgekrank-
heiten sind beim Verlauf näher angegeben.
Prognose.
Die Prognose der Herzwunden hat von jeher die Chirurgen
T. LaDgenbeok, AreblT f. Chlnirgi«. XI. AQ
764 ^^' Georg Fischer,
am meisten beschäftigt. Vom Alterthame bis auf die neuere Zeit
herab kannte man nur eine absolute und rasche TOdtlichkeit der
Herswunden, und wenn auch alhnälig die letztere Ansicht dorch
Beobachtungen umgestossen wurde, so hielt man eine Heihmg
dennoch fflr unmöglich. Einige Schriftsteller wollten die Hen-
wunden wegen ihrer absoluten TOdtlichkeit sogar ganz ans dem
Bereich der Chirurgie verdr&ngen. Es bedurfte, wie schon er-
wähnt, erst einer grosseren Reihe von Sectionsbeftinden, um der
Möglichkeit der Heilung Glauben zu verschaflfen.
Man kann ca. 10 pCt. Heilungen bei Herawunden,
und ca. 30 pGt. bei Herzbeutelwunden annehmen.
I. Prognose der verschiedenen Arten der Verletaungeo
und der einzelnen Herzabschnitte mit dem Hers-
beutel.
Es steht fest, dass im Allgemeinen nicht penetrirende
Wunden weniger gefährlich sind, als penetrirende.
Obwohl Heilungen bei beiden Gruppen vorkommen, erstere ancb
momentan tOdten können, so ist dieser Ausgang bei den nicht
penetrirenden Wunden der bei weitem seltenere, und die Liebens-
dauer durchschnittlich eine längere, da die beiden hauptsäch-
lichsten Todesursachen, eine starke Blutung, und eine Compressioo
des Herzens bei ihnen weniger häufig vorliegen, während Carditis
und Pericarditis bei beiden Arten von Verletzungen gleich häufig
sind. Jamain urtheilt nicht richtig, wenn er den nicht pene-
trirenden Wunden nur die Wahrscheinlichkeit einer geringeren
Gefährlichkeit beilegt.
Es ist nicht immer roOglich, für die verschiedene Lebens-
dauer, auch nur f&r den momentanen und späteren Tod ent-
sprechende anatomische Verschiedenheiten nachzuweisen: es
können 2 anscheinend gleiche Wunden die eine sofort, die
andere viel später tOdten. Häufig bestimmt die Blutung, indem
eine kleine, enge Wunde rasch tOdten kann, wenn das Blut im
Herzbeutel das Herz stark comprimirt, und andererseits eine
grosse Wunde, wobei das Blut nach aussen abfliesst, erst später
tödtet (F. 99.). — Im Allgemeinen ist die grossere Herewunde
Deber die Wanden des Heraens and des Herzbentels. 765
die gef&hrlicbere, nnd wird ffStu ihre Diagnose mitunter die Kennt-
nisB des Instrumentes» die Beschaffenheit der Weichtheilwunde
Anhaltspunkte geben. Man nimmt an, dass die Wunden, wobei
die Muskelfasern des Herzens in der Qaeraxe desselben getroffen
werden, gef&hrlicher sind, als die Längswunden, da sie mehr
klaffen und dadurch die Blutung begünstigen. 66rard stimmt
diesem Satze f&r Ventrikelwnnden bei, während er bei den Vor-
hSfen die transversalen Wunden wegen der Anordnung ihrer
Fasern fBr weniger schwer hält (?). Es ist bei der grossen
Verfilzung der Muskelfasern kein hoher Werth auf die Quer- und
lüngsrichtnng der Wunde zu legen. Viel wichtiger ist der unter-
schied einer geraden, direct von vorn nach hinten eindringenden,
und einer schrägen Wunde. Letztere verhindert den Blutaustritt
in höherem Maasse, und ist weniger geßbrlich; sehr schräge
Wunden, wobei das Instrument fast parallel der Oberfläche des
Herzens in seiner Muskulatur eine Strecke weit fortläuft, bevor
es penetrirt, haben am wenigsten Gefahr, indem der Blutdruck
sie geschlossen hält. Es werden diese Wunden eher zu Stande
kommen, wenn das Instrument von der Bauchhöhle eindringt.
Demnach wird auch die Richtung einer Wunde die Prognose be-
einflussen.
Unter den Stichwunden haben die Nadelverletzungen ein
besonderes Interesse. Analoge Verletzungen haben wir bei den
Versuchen der Acupunctur des Herzens bei Thieren kennen ge-
lernt, aus denen hervorgeht, dass, wenn dabei feine Nadeln zur
Anwendung kommen, die Verletzungen nicht allein nicht tödten,
sondern auch von den Thieren gut vertragen werden. Hierdurch
aufgemuntert, sind sogar Acupuncturen am menschlichen
Herzen vorgenommen. Searle**) versachte dieselbe bei Cho-
lera, um im aspbyktischen Stadium derselben das Herz zu reizen,
hat jedoch keinen therapeutischen Erfolg, aber auch keine Ge-
fahren nach der Verletzung beobachtet. Es soll häufig dabei
*) Relation bistoriqae et ni^dicale da cholera-morbas de Pologne par
A. Brierre de Boismont. Vol. L 1831.
49»
766 I>r. Georg Fischer,
eine Beschleunigung des Pulses sfjkltgefunden babeo (Demme)
und wurden diese Versuche Ton russischen Aerstea in der erstes
grossen Choleraepidemie (auch in der Cholera za W&rsaw) wie-
derholt. Beyron**) punktirie das Hers einer ISjUirigen Frai
mit Nadeln., um Rheumatismus zu heilen (!), wobei 2 Nadek
48 Stunden lang im Herzen gesteckt haben und das Mittel vos
Erfolg gekrönt gewesen sein soll. Ein italienischer Ant, As-
ton io Carraro***), machte den Vorschlag, die Acnpnnctur des
Herzens bei Scheintod anzuwenden. „Es soll eine sngespiUte
Metallnadel, von der Dicke eines feinen Strickstockes in oder
durch den Körper des Herzens, innerhalb der ersten 24 oder 30
Stunden nach dem Tode gesteckt werden. Die Operation ist
darauf berechnet, die schlummernde Lebenstb&tigkeit aufs Neie
zu erwecken und soll dieselbe im Fall des Gelingens, dem Wit-
dererwachen, weder schmerzlich, noch nachtheilig sein.*' Die
Vertheidiger dieses Vöröchlages stfitzten sich auf Unglücksfille')
wo Menschen bei der Section wieder erwachten, und auf die
Versuche an Thieren, bei denen nach dem eben erfolgten Tode
neue Herzcontractionen durch Acupunctur hervorgerufen wanlea
(S6galas; in der Academie royale in Paris w^urde damal:> die
Acupunctur zur Erforschung des wahren Todes anerkannt). Abs
der neuesten Zeit sind keine Empfehlungen bekannt geworden*),
und wenn auch die heutige Physiologie eine Menge Versuche
aufzuweisen hat, in denen die Acupunctur bei Thieren unsciiäd-
•) Bei Guthrie, 1. r. S. 59.
*♦) Annali universal! di medicina u. s.w., bei Taberger, Der Seheic-
Tod in seinen Beziehnogen anf das Erwachen im Grabe u. s. w. Hannover.
Ib29. S. 100; — auch Froriep's Notizen. Nr. 310. Bd. XV. & 90.
^**) A. Vesalins secirte ein Uoffräulein. Als er naeh firSiFonagdes
Brustkastens die Herzspitze mit dem Messer berfihrte, fing das Hers aa, sicA
zn rontrahiren, nnd trat nach einigen Pulsationen der wahre Tod ein. I^r
Kaiser verzieh dem Vesal, w&hrend der Papst ihm die Busse moferiegte.
zum heiligen Grabe zn wallfahrten, wobei er auf der Rfiokreise starb.
f) R. Schalle citirt Wagner in GGttingen und Dieffenbaeh, b^
der Anwendung der Acupunctur als therapeutisches HQlfsmitteL
Deber die Wanden den Herzens und des Hertbeotels. 767
lieh war, so ist dieselbe am Herzen des Menschen, wie aus Fol-
gendem hervorgeht, ganz zu verwerfen.
Von 44 Stichwunden tödteten 4 sofort (9,3 pCt), 26 später
(4 nngewiss) und 10 heilten (18 pCt sichere Heilungen). Bei
jenen 4 FftUen waren 3, wo die Verletzung mit einer zum Theil
sehr feinen Nadel am rechten Vorhofe und rechten Ventrikel
geschah, an letzterem sogar ohne zu penetriren. Dieser letztere
Fall wflrde genügen, um die Acupunctur des Herzens der grossen
Gefahr halber ganz zu verbannen; er ist zugleich ein Beweis
gegen Ollivier's Behauptung, dass nicht penetrirende Wunden
nie vor dem 6. Tage tGdten, und gegen Görard's Ansicht, dass
Verletzungen mit Haar-, N&hnadeln keine ernste Gefahren haben
und wenn sie ohne Complication die Ventrikel treffen, heilen,
auch vielleicht an den Herzohren unschädlich sind. Im üebrigen
ist die Prognose der Stichwunden, wegen ihrer Kleinheit und
Enge, welche sich einem Blnterguss mehr widersetzen, von allen
Herzwunden die gflnstigste, und dfirfte eine feine penetrirende
Stichwunde kaum gefährlicher sein, als eine nicht penetrirende
Stich-Schnittwunde. Die Verletzung an sich ist immerhin unbe-
deutend und liegt die meiste Gefahr in Nachblutungen und Ent-
zündungen. Je feiner das Instrument ist, um so geringer ist
auch die Gefahr. Die Prognose der Stichwunden stellt sich
gfinstig, indem bei ihnen noch einmal so viele Heilungen, als
augenblickliche Todesfälle, und letztere in einer weit geringeren
Anzahl vorkommen, als die späteren Todesfälle (1:6). Selbst
bei den dfinnwandigen VorhOfen, deren Verletzung immer tödtet,
ist der sofortige Tod seltener, als der spätere. — Der progno-
stische unterschied zwischen den Verletzungen des rechten und
linken Ventrikels fällt in sehr geringem Grade zu Gunsten des
letzteren, aus, was durch die dickere Wand desselben bedingt
wird. Dieselbe gestattet schwieriger eine Penetration und ver-
hindert mehr die Blutung aus einer feinen Wunde, welche als
Todesursache hier obendrein seltener ist, als bei Stich - Schnitt-
wunden. Auch bei den Wunden beider Ventrikel trat der
Tod häufiger in späterer Zeit ein, als sofort, bei Wunden des
768 ^f- Georg Fischer,
rechten Vorhofes später, als bei deaea des linken. Ger^rt!
hält die Wunden der Herzohren, die mit einem Instrument unter
2 Millim. Durchmesser geschehen, für heilbar, da ihre allerdinp
geringe Dicke doch im Yerhältniss zu ihrer ArbeitsknUt st^
welche f&r die Gontractionen erforderlich ist; desgleichen Di-
puytren enge Wunden derselben fär heilbar; beide Antores
können indess kein Beispiel einer Heilung liefern. Eine Ver-
letzung der Art. coronaria, ohne gleichzeitige Herzwnnde, tödteie
am 8. Tage. A priori ist anzunnehmen, dass die Stichwanden,
welche den Herzbeutel aliein betreffen, die geringste Ge&br
haben. Wenn keine Heilungen derselben verzeichnet sind, so iä
zu vermuthen, dass bei späteren Sectionen die geringfügigen Nar-
ben fibersehen sind. Wenn Stich-Schnittwunden des Herzbeutels
heilen kOnnen und zwar in einem sehr günstigen Verhältnisse,
so wird die Prognose der reinen Stichwunden desselben nock
gfinstiger sein. Ein sofortiger Tod kam bei ihnen nie ¥or und
starben die Kranken meist in der 2., 3. Woche an PericardiUs. -
Bemerkonswerth ist, dass unter den 10 Heilungen mit 8 Nadel-
verletzungen 6 Fälle waren, wo Nadeln in der Herzsubstanx resp.
Höhle, gefunden wurden, und einmal ein Dorn, mithin die Pro-
gnose bei der Gegenwart dieser fremden Körper nicht ungnnstigei
wird. Stecken die Nadeln erst in der Herzwand darin, so sehei-
nen die Gefahren der Entzündung nicht so gross mehr zu sein,
trotzdem sie anfangen zu rosten, wohl aber auf dem Wege dort-
hin, wo Pneumonie, Pericarditis oft nach einander auftreten kön-
nen (F. 22). Der linke Ventrikel bietet f&r das Steckenbleibea
einer Nadel wegen seiner dickeren Herzwand, bessere Ghaoceo,
als der rechte (4:2); auch wurde die Nadel im Sept. yentr.
ohne Nachtheil getragen.
Die Stich -Schnittwunden haben eine schlechtere Pro-
gnose, als die reinen Stichwunden. Von 260 Fällen tödteten 53
sofort (20pGt.), 149 später (15 ungewiss) und 43 heilten (8pGt
sichere Heilungen). Es ergiebt sich bei ihnen eine um die Hälfte
geringere Anzahl von constatirten Heilungen, als bei den Stieb-
wunden (8: 18) und eine über die Hälfte grössere Anzahl tid
Deber die Wanden des Herzens nnd des Herzbeaiels. 769
sofort eintretendem Tode (9 : 20). Dennoch ist die Prognose nicht
80 ungfinstig, wie man in frfiheren Zeiten geglaubt hat, wo die
bekannten Prognosen der Autoren sich hauptsächlich auf diese
Haaptgruppe der Herzwunden bezogen. Es sind immerhin 8 pCt.
sichere Heilungen bekannt; rechnet man die nach Symptomen
diagnosticirten Heilungen hinzu, so erh< man 16pGi; es wird
mithin der richtige Procentsatz zwischen beiden Zahlen liegen« —
Während auf den rechten Ventrikel 5,8 pGt sichere Heilungen
(85 zu 5) und 22pGt. sofortiger Tod (85 zu 19) kommen, fallen
auf den linken Ventrikel 1,7 pCt Heilungen (59 zu 1] und 28 pCt
sofortiger Tod (59 zu 17); berücksichtigt man ferner, dass in
der ersten Stunde mehr Todesfälle yom linken Ventrikel aus be-
kannt sind, so sind dieses genfigende Beweise f&r die grössere
Gefahr der Stich -Schnittwunden des linken Ventrikels, im Ver-
gleich zum rechten. Eine Uebereinstimmung findet bei beiden
einzelnen Ventrikeln darin statt, dass in dem Zwischenräume
von einigen Stunden bis zum 3. Tage die wenigsten Kranken sterben,
während vom 3.— 10. Tage die meisten zu Grunde gingen. Die
grössere Dicke der Wundränder des linken Ventrikels, welche an
sich fär die Heilung eine gflnstigere Ghance giebt, indem sie der
Verklebung eine grössere Oberfläche bietet, genügt mithin nicht,
um diesen Wunden eine bessere Prognose zu geben; die arte^*
rielle Blutung sistirt die Girculation und Innervation rascher, als
die venöse Blutung, und wird dadurch hauptsächlich die Gefahr
bedingt. Gärard erklärt, ausser diesem Grunde, die grössere
Gefahr beim linken Ventrikel, durch die häufigere quere Rich-
tung dieser Wunden; drittens soll nach ihm ein Bluterguss in
die Pleura in Betracht kommen, welcher bei Wunden des rech-
ten Ventrikels eine Ausnahme ist, da ein Instrument diesen ohne
Verletzung der Pleura treffen kann, den linken Ventrikel dagegen
nicht. Im Uebrigen den sofortigen oder raschen Tod binnen 1,
2 Stunden bei Wunden des linken Ventrikels regelmässig auf
Plenraergfisse zurückzuführen, wie es G6rard will, wird durch
verschiedene Beobachtungen widerlegt (F. 122, 124, 126). Der
Autor erklärt ebenso den raschen Tod bei Wunden des rechten
770 ^'' Georg Fischer,
Ventrikels durch PleuraergQsse und h< diese (&r die nichite
Todesursache. Dem steht entgegen, dass ein Ergnss in den Ben-
beute! viel h&ufiger die Ursache des raschen Todes ist, als eis
Pleuraerguss. Bei den Verletzungen beider Ventrikel ist der
Ausgang in den Tod die Regel, und zwar meistens sofort; nicbte-
destowenjger sind 2 Heilungen nach einem Messerstidi beob-
achtet (F. 266, 267). Da man durch Zahlen, wenn auch nv
ann&hernd im Stande ist, einen prognostischen unterschied zwisdien
den Wunden der einzelnen Ventrikel zu geben, so mnss die Ao-
sieht von Jobert als eine zu oberflächliche zurtcktreten, wenn
er diesen unterschied f&r unwichtig h<, da jede breite Wund«
sowohl an dem einen, wie am anderen Ventrikel rasch tödtet,
ebenso, wie an einer grossen Arterie. Es genügt nicht, räe
rasch tödtliche Wunde des rechten Ventrikels und eine erst an
4. Tage tödtliche Wunde beider Ventrikel daf&r als Beweis auf-
zustellen, wie }ener Autor thut. — Wären die älteren Ansicbtes
von dem regelmässigen oder auch nur häufigeren augenblicklichen
Tode bei Herzwunden richtig, so müssten dieselben hauptsäch-
lich durch die Verletzungen der Vorhöfe, welche nie heilen und
somit die gefährlichsten sind, gestützt werden. Dennoch ist aoch
bei ihnen der sofortige Tod viel seltener, als der spätere, und
hat die Verletzung des rechten Vorhofes wohl gunstigere Chan-
cen, als die des linken, da bei jenem sich das Leben länger
hingezogen hat. Auch hier wird, wie bei den Ventrikeln, die
venöse Blutung einen weniger raschen Tod bedingen, als die ar-
terielle. Obwohl keine Heilung bei ihnen vorliegt, so soll mao
die Möglichkeit derselben nicht ganz verwerfen, wenn man wei^.s
dass ein Kranker mit vollständig durchbohrtem rechten Herzohre
und der Aorta, trotz wiederholter Extravaganzen (stundenlanges
Umhergehen, Purgiren u. s. w.), erst am 11. Tage starb (F. 198).
Die grössere Gefahr dieser Verletzungen, im Vergleich zu denen
der Ventrikel, liegt auf der Hand. — Die beiden Verletzungen
des Septum ventr. tödteten am 8. und 12. Tage^ Wunden der
Spitze können heilen und erhielt sich bei den tSdtlichen Wan-
den das Leben bis zum 20. Tage. — Bei 31 Stich-Schnittwnn-
Ueber die Wanden des Henens and des Herzbeaiels. 771
den des Herzbeutels wurden 2 sichere nnd 11 diagoosticirte Hei-
lungen bekannt, während kein einziger augenblicklicher Todes-
fall eintrat, nnd von den fibrigen 18 Fällen 10 zwischen dem
Ende des 1. Tages nnd der 1. Woche starben; es ergiebt sich
daraus eine gfinstige Prognose. — Wenn abgebrochene St&cke
eines Degens, Hessers, Bajonetts im Herzen steckengeblieben
sind, so erfolgt stets der Tod, obwohl sie als Pfropf wirkend
denselben hinausschieben können. Gerard hat Unrecht, die
Gegenwart eines solchen fremden Körpers für einen günstigen
Zufall zu halten, welcher das Leben verlängert und eine Heilung
erlaubt. Steckt das ganze Instrument so in der Wunde, dass es
einer Extraction zugänglich ist, so ist in diesem Augenblicke die
Prognose sehr zweifelhaft Es kann bei der Extraction der Tod
sofort eintreten, im anderen Falle indess die MOglichheit einer
Heilung fortbestehen.
Von 72 Schusswunden tOdteten 19 sofort (26 pCt), 26
später (15 ungewiss) und 12 heilten (8,4 pGt. sichere Heilungen).
Die allgemein angenommene grössere Gefahr der Schusswunden
vor den Stich -Schnittwunden wird bestätigt durch das häufigere
Vorkommen des sofortigen Todes (um 6 pCt.), anscheinend wider-
legt durch die grössere Anzahl der sicheren Heilungen (um 0,4 pCt).
Dagegen ist anzuffthren, dass bei allen den 6 constatirten Heilun-
gen in 5 Fällen (4 am rechten Ventrikel, 1 am Herzbeutel) eine
Kugel in der Herzwand, Herzhöhle oder Herzbeutel gefunden
wurde, mithin eine Gomplication mit einem fremden Körper be-
stand, welche bei den Stich-Schnittwunden nicht verheilte. Diese
Thatsache unterstützt die früher anisregebene Theorie, dass die
Kugel zuerst in der Herzwand liegen bleibt, nicht penetrirt, und
erst allmälig in einigen Fällen bis in die Herzhöhle vordringt,
während die nach aussen gelegene Oeflfnung sich schliesst; die
Kugel setzt sich dann fest oder kapselt sich ein. Es ist wahr-
scheinlich, dass, wenn die Kugeln frei in der Herzhöhle liegen,
sie beständig reizen und bald den Tod herbeif&hren, und wird
bei den Heilungen, wo man die Kugel frei in der Höhle fand,
dieselbe früher in der Herzwand gelegen haben. Will man auf
772 Dn Georg Fischer,
das Plus von 0,4 pGt eioen Schluss bauen, so würde mithin ei:^
anfangs nicht penetrirende Schut^swunde mit Steckenbleibeo <k
Kugel in der Herzwand weniger gefährlich sein, als eine fm-
trirende Stich-Schnittwunde. Die Vernarbung einer gewöhnlick
das Berz durchbohrenden Schusswunde wird nur durch eine eis-
zige Beobachtung (F. 362) am rechten Ventrikel bewiesen, e
ist mithin die Prognose der gewöhnlichen Schnsswanden oksi
Complication, wie sie am h&ufigsten yorkommen, sehr viel schlec!:-
ter, als die der Stich - Schnittwunden. Da jene Complicitia
nicht zu diagnosticiren ist, so darf man an der Heilung mi
Schusswunde verzweifeln. — Schüsse mit Schrotkörnern düröe:
wegen ihrer kleineren Wunden und geringeren Blatang güostigef
sein,, als die mit Kugeln, obschon sichere Heilungen fehlen i^
ein augenblicklicher Tod bei ihnen vorkommt, auch dabei meiste:?
das Herz von mehreren Schroten an verschiedenen Stellen Ter*
letzt wird. Der sp&tere Tod ist unter den Schusswnnden haufi;^
als der sofortige, und Harald Schwartz hat Unrecht, sie &
sofort tödtlich zu halten; andererseits ist der sofortige Tod blf-
figer, als bei Stich*Schnittwunden. Bei Wunden des linken Tei*
trikels, welche nicht zur Verheilung kamen, trat der Tod öfter
sofort ein, als bei denen des rechten Ventrikels, konnte inde^^
bei beiden auch in weite Zeit hinausgeruckt werden. Die Wun-
den beider Ventrikel, des Septum, der Spitze tOdten nicht imm^
sofort, wohl die des rechten und linken Vorhofes. Mit AusnabiDe
von 1 constatirten und 4 diagnosticirten Heilungen haben die
Wunden des Herzbeutels immer später getödtet. Die eine Heiloog
betraf die Einkapelung einer Kugel. — Sobald Papierpfrdpfe,
Kleiderfetzen in die Herzwunde hineingeschossen werden, wird
die Prognose schlechter. "*
Die Quetschwunden und Rupturen haben von alie«
Herzwunden die schlechteste Prognose. Von 76 Fällen starbci
28 sofort (36 pCt.), 18 später (23 ungewiss) und 7 heilten. Cour
den Heilungen war nur 1 Fall durch die Section bestätigt, ^
betraf dieselbe eine, durch ein Rippenfragment hervorgenifeoa
Irritation der Herzoberfläche (F. 443). Die 6 vermutheten Bei*
Deber die Wanden des Herzens und des Uenbentels. 773
langen vertheilen sich auf 3 traumatische Entzündungen des Herz-
l>eutels, 1 Ruptur desselben, 1 Bluterguss in denselben, vielleicht
lurch einen oberflächlichen Einriss der Herzsubstanz oder Ruptur
les Herzbeutels bedingt, und 1 Dislocation des Herzens nach
rechts. Heilungen von Rupturen, mOgen dieselben complet oder
incomplet sein, kamen nicht vor. Die Rupturen sind die ein-
zigen Herzverletzungen, bei denen ein sofort eintretender Tod
läufiger ist, als der spätere, zugleich auch häufiger, als bei an-
leren Verletzungen, ebenso auch hier, bei lebensgefährlichen
[Jomplicationen, z. B. Schädelfracturen, Rupturen der Bauchein-
;eweide das Leben einige Stunden sich erhalten kann (F. 409).
Mitunter mag bei späterem Tode eine anfangs nicht penetrirende
luptur im Verlauf zu einer penetrirenden'geworden sein, wenn-
gleich ein Beweis dafür fehlt. Eine incomplete Wunde des rech-
en Ventrikels tödtete erst am 12. Tage, eine Commotion des
inken Ventrikels am 8. Tage. Letztere soll ohne Störung des
Zusammenhangs auch sofort tödtlich werden können, obwohl sie
neistens nur Ohnmächten zur Folge hat. Gonstante Rupturen
Odten eher, wenn nicht auf der Stelle, so doch nach kurzer
iOit und es ist eine Seltenheit, dass bei einer Ruptur des rech-
en Vorhofes der Tod erst nach 14 Stunden eintrat. Zu den
ofort tOdtlichen Fällen gehören auch die Zerreissungen des
anzen Herzens oder nur einer Hälfte, das Abgerissensein des-
elben. Bei Rupturen des Herzbeutels, von denen nur eine Hei-
log auf Verni9thung beruht, erhielt sich das Leben 8 Tage lang.
L Prognose bei complicirten Herz- und Herzbeutel-
wunden.
Die Prognose wird schlechter, sobald mehrere Herzabsohnitte
der ein Herzabschnitt mit grösseren Gefässen zugleich verletzt
nd, und es ist abgesehen, von Verletzungen beider Ventrikel,
ein einziger Fall geheilt. Man fand zwar an der Basis des
erzens eine kleine, tiefe Narbe, in welche die Art. coronaria
[findete, allein die Verletzung der Herzsubstanz ist dabei kaum
snnenswerth; der Fall beweist (F. 272) wenigstens die Mög-
3hkeit der Vernarbung einer verletzten Art. coronar., welche
774 Dr. Georg'Pischer,
früher vielfach angezweifelt ist (van Swieten, Senac itA.
M5gen Wunden der Ventrikel mit denen der Vorböfe oder di^
Oberhaupt mit Verletzungen der Aorta, Art. pulmon., Vena ck%
u. «. w, combinirt sein, es tritt stets der Tod ein und zwar dord*
sehnittlich frfiher, als bei einfachen Wunden, obwohl ancb kk
der spätere Tod häufiger ist. Gomplicationen mit Wanden cä
Art. mamm. int. oder intercost trüben die Prognose. (Frie^
reich*) rechnet die Verletzung der Art. mamm. int. zu den a^
solut lethalen, da nur bei augenblicklicher Hülfe in Spitälern o. 5. «
geringe Blutungen dieser Arterie durch Unterbindung gestillt wer-
den können, was in der gerichtlichen Medicia keine An-
wendung findet). Die Lebensdauer richtet sich nach der Dip^
tat der Gefässe und ist sehr verschieden; bei einer Wunde in
rechten Vorhofes mit der Aorta blieb der Kranke 11 Tage la^
leben, bei einer Herzbeutelwunde mit Verletzung der Art. pulinos.
10, 12 Tage, bei einer Wunde des linken Ventrikels und k
Vena cava sup. 2 Tage u. s. w. — Kleine Lungenwunden «tf-
den die Tödtlichkeit einer Herzwunde nicht absolut erforders
grössere bedingen meist an sich schon den Tod. Sobald Wonda
der Baucheingeweide hinzukamen, erfolgte immer der Tod, ob-
wohl die Herzwunde schon vernarbt sein konnte (F. 362).
Wie bei allen anderen Verletzungen werden Dyscrasien, b^
stehende Krankheiten, zumal organische Herzleiden, Schwkbt
hohes Alter, aufgeregter Zustand n. s. w. die Prognose ver-
schlechtern.
III. Prognose, beeinfiusst durch die unmittelbares
Folgen der Wunden.
Voran steht die Blutung, die, wenn sie sehr bedeutend bi
und sich nicht stillen lässt, die Prognose schlechter macht; d^
bei hat eine innere Blutung mehr Gefahr, als eine äussere, i^
jenige in den Herzbeutel, bei einiger Grösse mehr, als die ä
die Pleura. Ein kleiner unbedeutender Erguss in den Heiibes*
tel kann günstig sein, indem er zur Verschliessung der äusser^^
*) Anleitung zur gerichts&rztl. Unter&uchang der Kdrperrerletig. S.l<^
Ueber die Wanden des Herzens und des Herzbeutels. 775
OefTnang der Herzwunde beitragen hilft. Starke Pleuraergüsse
todten häufig durch Asphyxie. Eiue grössere secundäre Blutung
zieht in der Regel den Tod unmittelbar nach sich, da die Schw&che
des Kranken und eine schlechte Contraction der Muskeln hinzu-
kommen, wenn schon ein Narbengewebe sich an der Herzwunde
entwickelt hat, auch erscheint eine zweite Pfropfbildung frag-
lich. — Syncope und Schwäche sind, wenn sie gleich nach der
Verletzung auftreten, und nicht als unmittelbare Vorboten des
Todes bestehen, günstige Momente, indem durch sie eine Pfropf-
bildung, der erste Schritt zur Heilung, ermöglicht wird. Die-
jenigen Kranken, welche mit anscheinend geringfügiger Verletzung
sieh kräHig genug fühlen, umherzugehen, unruhig sind, haben eine
viel zweifelhaftere Prognose. Es ist früher schon erwähnt, dass
die meisten Heilungen dann beobachtet wurden, wenn die Kran-
ken in den ersten Stunden und Tagen, nach der Verletzung,
gleichsam zwischen Leben und Tod geschwankt haben. Eine
gelind auftretende Pericarditis ist ebenfalls der Heilung günstig,
durch ihre Adhäsionsbildungen, zwischen der Wunde des Herzens
und des Herzbeutels, eine intensive, eiterige Pericarditis und Car-
ditis wird dagegen meistens lethal, desgleichen ein hochgradiges
Empyem der Pleura. Hiernach sind auch die einzelnen Symptome
der Circulation und Reppiration zu beurtheilen.
Es wird nie im Verlaufe der Verletzung eine Zeit geben,
wo man mit Sicherheit eine Heilung vorhersagen darf. Der
Kranke kann im Anfang eine Zeit lang noch so günstige Sym-
ptome zeigen,* so dass man ihn ausser aller Gefahr glaubt, eine
einzige Anstrengung und rasche Bewegung u. s. w. kann ihn
plötzlich zu Grunde richten. Dasselbe gilt auch für die späteren
Wochen, wo er an Auszehrung sterben kann. Man sei daher
sehr vorsichtig mit der Prognose, auch dann, wenn die Diagnose
gesichert scheint.
Resumiren wir kurz die wichtigsten prognostischen Punkte:
1) Jede Verletzung des Herzens und des Herzbeutels ist ge-
fährlich und kann tödtlich werden.
776 ^^' Georg Fischer,
2) Jeder Herzabschnitt und der Herzbeutel, mit Ausnahme
des rechten und linken Yorhofes, lassen Heilungen zu.
3) Von Herzwunden heilen ca. 10 pCt, yon Herzbeutel-
wunden ca. SOpCt., mithin bei beiden mehr, als bisher ange-
nommen ist
4) Keine Verletzung, mit Ausnahme yon yoUständigen Zer-
störungen des ganzen Herzens oder einer Hälfte durch Quetsehong
oder Schuss, bedingt an sich einen sofortigen Tod, obwohl bei
der Verletzung eines jeden Herzabschnittes der Tod momentan
eintreten kann.
5) Bei Stich-, Stichschnitt- und Schusswunden ist ein so-
fortiger Tiod seltener, als der spätere, bei Rupturen umgekehrt
Selbst bei den Wunden der VorhOfe, den gefährlichsten Hersver-
letzungen, trat der Tod doppelt so häufig später, als sofort ein.
Ed ist hierauf Gewicht zu legen, da manche neuere Autoren den
rasch eintretenden Tod als Grund angeben, dass die Herz Ver-
letzung nur wenig Sorge macht
6) Stich-, Stichschnitt-, Schusswunden des Herzens und Herz-
beutels kSnnen heilen; Rupturen und stärkere Quetschungen des
Herzens (Contusion, Gommotion, Abgerissensein) tOdten immer,
während eine leichte Irritation des Herzens durch ein Rippen-
fragment, eine Dislocation desselben yon links nach rechts, zur
Heilung kamen. Die Heilung einer Ruptur des Herzbeutels wird
yermuthet
7) Am gefährlichsten sind die Rupturen und Qi^tschwnnden,
ihnen folgen die Schuss-, Stichschnitt- und Stichwunden.
8) Penetrirende, grosse, gerade von vorn nach hinten ein-
dringende Wunden sind gefährlicher, als nicht penetrirende,
kleine und schräg die Herzwaud durchsetzende Wunden.
9) Am gefährlichsten sind die Wunden des linken und
rechten Vorhofs, und folgen ihnen die Wunden beider Ventrikel,
des linken und rechten Ventrikels, des Sept. yentr., der Herz-
spitze, des Herzbeutels. Wunden der Vorhöfe haben eine schlech-
tere Prognose, als Wunden der Ventrikel, die Wunden des linken
Vorhofes eine schlechtere, als die des rechten. Wunden des
Deber die Wanden des Herzens und des Herabentels. 777
linken Ventrikels sind gefährlicher, als die des rechten Ventrikels,
Herzbentelwunden weniger gefährlich, als Herzwanden. (Znm
Theil entgegengesetzte Ansichten yon N^laton, Steifensand,
Purple 8. S. 743.) Die grossere Gefahr der linken Herzab-
schnitte wird hauptsächlich durch die arterielle Natur der Blu-
tung bedingt.
10) Heilungen sind nicht beobachtet bei Rupturen und
Quetschwunden des Herzens, Abgerissensein desselben, vollstän-
digen Zerstörungen desselben durch Schnitt und Schuss, allen
Wunden des rechten und linken Vorhofes, den Schussverletznngen
des linken Ventrikels, beider Ventrikel, des Septum und der
Herzspitze, bei allen Wunden mehrerer Herzabschnitte, mit Aus-
nahme beider Ventrikel, bei Gomplicationen mit Wunden grosser
Gefässe.
Der Gerichtsarzt wird jene Wunden für absolut lethal zu
erklären haben; ferner alle diejenigen penetrirenden Herzwunden,
welche sofort, oder doch sehr rasch tödten, mag die Todesursache
sein, welche sie wolle; eine Hülfe ist bei ihnen unmöglich. Bei
später eintretendem Tode wird er zu entscheiden haben, ob nicht
bei den Wunden, die eine Heilung zulassen, durch eine rationelle
Behandlung eine solche hätte zu Stande gebracht werden können.
Tritt trotz einer solchen der Tod durch Verblutung, Compression
des Herzens, Carditis und Pericarditis u. s. w. ein, so ist die
Wunde ebenfalls absolut lethal; war die Behandlung nicht kunst-
gerecht, wie später gezeigt wrrd, so ist die Wunde nicht für ab-
solut lethal zu erklären. — Bocker*) zählt alle penetrirenden
Wunden zu den unter allen Umständen tödtlichen, ebenso Alle-
weireldt, und finden sich die aus dem Alterthum überlieferten
Ansichten von dem unbedingten Tode noch bei einzelnen Aerzten
der neueren Zeit (Henke, Schmidtmüller, Baudon u. A.).
— Nicht penetrirende Wunden werden fast übereinstimmend von
den Schriftstellern für nicht absolut lethal erklärt Obwohl der
Satz im Allgemeinen richtig ist, so sind sie dennoch absolut
*) Lehrbuch der gerichtl. Medicin. 1857. 8. 132.
778 Dr. Georg Fischer,
leibal, wenn sie auf der Stelle tödten, wie es bei VerletznngeB
darcb Nadeln, Lanze vorgekommen ist, auch dann, weaa deris
Folge einer Entzündung u. s. w. eintretende Tod durch die zweck*
massigste Behandlung nicht abgewandt werden konnte. — ^iä
penetrirende Wunden mit Verletzung der Art. coronaria werdei
tOdtlich, sind aber nicht absolut lethal, da eine Vernarbnng müc-
lieh ist; penetrirende Wunden mit dieser Complication dagegea
sind absolut lethal (ebenso Schmidtmüller*); Masins**) HL^
es unentschieden, ob die Verletzung eines kleinen Astes der An
coronar. absolut lethal ist). — Wunden des Herzbeutels »oi
a priori nicht für absolut lethal zu halten, weil die Existent def
Herzbeutels nicht unbedingt zum Leben nothwendig ist, derselbe
fehlen kann. Seine Verletzungen sind immerhin sehr ge&hrüei
an sich nur zufallig tödtlich. Die Gefahr im Abflnss der I4
pericardii zu suchen, hat nur historisches Interesse. Gompliet'
tionen verändern insofern die Prognose, als gleichzeitige Ver-
letzungen der grossen Gef&sse*^*) absolut lethal werden.
11) Sichere Heilungen kamen vor bei Schosswundeo des
rechten Ventrikels und des Herzbeutels, mit Steckenbleibeo einer
Kugel in denselben, bei Stichschnittwnnden des rechten oo^
linken Ventrikels, beider Ventrikel, der Herzspitze, der Art
coronar., mit gleichzeitiger, nicht penetrirender Herswunde, b«i
Wunden des Herzbeutels; bei Stichwunden des rechten nodliot^ei
Ventrikels, des Septum yentr.
Wenn bei Stichschnittwunden. Heilungen beider Ventrikd.
der Herzspitze und des Herzbeutels vorgekommen sind, so M
die Möglichkeit von Heilungen bei den weniger gefährlichen Stk^-
wunden dieser Abschnitte vor; auch wird eine StichschnittwoDili
des Septum heilen können, da eine Stichwunde desselben beätt:
•) Staataarzneiknnde. 1804. §. 466.
*) Handbuch der gerichtl. Arzneiwisscnsch. Bd. II. Abth. 2. §• ^^
♦**) Gnattani (De anenrjsmatibns; bei J. Hennen I. c) tr^ \
einen Kranken, der mit einer Wunde der Aorta 8 Jahre fiberiebte. Vtf
fand ein Auenrysma der Aorta abdominalis, correapondirend der alteo ^^
eine äussere Verletzung in der Londeugegend«
Deber die Wunden des Herzens nnd des Hersbentels. 779
vielleicht auch eine Schusswande des linke n Ventrikels mit obiger
Complication (das Leben erhielt sich bis zum 15. Tage, F. 452.),
da die dickere Wand desselben für das Steckenbleiben einer
Kugel in derselben günstigere Chancen bietet, als am rechten
Ventrikel, wo die Heilung gesichert ist.
12) Heilungen, welche nach Symptomen vermuthet sind, und
denen keine analoge, durch die Section constatirte Heilungen zur
Seite stehen, kamen vor als Rupturen und Quetschungen des
Herzbeutels, Dislocationen des Herzens nach rechts.
13) Im Herzen stecken gebliebene Nadeln und Kugeln machen
die Verletzung im Allgemeinen nicht tödtlich, indem sehr h&ufig
bei diesen Complicationen Heilungen eintreten; dagegen sind alle
Fälle, wo grössere abgebrochene Stucke eines Degens, Stilets
u. 8. w. im Herzen stecken bleiben, absolut tödtlich.
14) Man stelle niemals eine absolut sichere Prognose.
Behandlung.
Die aufmerksamste, energischste Behandlung von Herz* und
Herzbeutelverletzungen ist eine selbstverständliche Forderung, und
dennoch nicht überflüssig, sie hervorzuheben, wenn man sieht,
dass manche Schriftsteller die Herzwunden nur oberflächlich be-
sprechen, eine Behandlung ganz bei Seite stellen, da dieselbe bei
dem rasch eintretenden Tode überflüssig sein soll. Von diesem
Standpunkte aus, wo der Arzt achselzuckend nur Vorschriften
der Euthanasie anordnet, und alle Hoffnungen in den Worten:
„nichts dabei zu machen,^ zerrinnen, wäre es ein Glück für den
Kranken, wenn die Diagnose einer Herzwunde unsicher wäre,
und dem Arzte doch die Verpflichtung bleibt, die Verletzung als
eine penetrirende Brustwunde zu behandeln. Da die Diagnose
selbst eine Penetration unsicher lassen kann, so ist der obige
Satz dahin zu erweitern, dass jede Wunde^in der Herz-
gegend mit grossester Sorgfalt beobachtet und behan-
delt werden mnss. Gewiss sind manche Fälle, bei denen die
Diagnose unsicher blieb, tödtlich verlaufen, weil die Behandlung
▼. Lftoccabaek, ArohW f. Cbirnrgit. IX. gQ
780 D«*. Georg FiBcber,
nieht energisch eingeleitet wurde. Man beginne dieselbe in d^:
BewnsHtsein einer möglichen Heilung.
Im Allgemeinen gelten die Principien der Behandlung tm
penetrirenden Bnistwunde. Die Behandlung der nicht penetn-
renden Herzwunden yon den penetrirenden zu trennen, wie!^
hier und da geschehen ist, hat keinen praktischen Werth, daiix
Diagnose meistens im Stiche lässt.
Will man die Wege anbahnen, welche die Natur zur Heilufe
einschlägt, so treten yerschiedene Indicationen anf : 1) als lodi-
catio vitalis die Stillung einer lebensgefährlichen BIntang; 2) dir
Begünstigung der Pfropfbildung in der Herzwnnde, die BerohigsM
der Girculation, damit der gebildete Pfropf nicht zerfallt und lof-
gestossen wird; 3) die Bekämpfung der allzu heftigen Enaä:*
* düngen, namentlich der Garditis und Pericarditis. Es giebt gewiif
kein Mittel in der Welt, wie sich Lands berg ausdrückt, eioa
Adhäsionsprocess, worin die einzige Rettung liegt, hervorzurofei
noch zu befördern, allein die adhäsive Entzündung, welche o:
definitiTcn Heilung der Wunde nöthig ist, tritt von selbst eii
wenn sich das Leben nach der Pfropf bildung erhalt, und ei«
ausgedehnte Antiphlogose den Erfolg hat, die Girculation za br
ruhigen, die Intensität der Entzündung herabzusetzen. Lands-
berg glaubt, dass die obligate Behandlung mittelst Antiphlogose
eher hindert, als fördert, ja, die diätetisch so dringend gebotecs
Ruhe in den Symptomen der Verletzung selbst ihren directei
Widerspruch findet; er hält mithin die Herzwunde für eine abso-
lut lethale. Der Autor überspringt die Pfropfbildung, die er alltf-
dings ganz verwirft;, auf welche indess die Antiphlogose sicherli«'^
den grossesten Einfluss hat, und welche in ihrer fortschreitendes
Entwickelung zur Neubildung von Bindegewebe dadurch gevi^
gefördert wird. — Im weiteren Verlaufe müssen die Complica-
tionen behandelt, die Reconvalescenz richtig geleitet werdeo
Die Mittel dien^ den verschiedensten Indicationen, und werden
daher einzeln abgehandelt.
Trifll der Arzt den Kranken am Orte der Verletzung, nc'
findet er eine Stich- oder Schnittwunde in der Herzgegend, s<}
Deber die Wunden des Henenff und des Herzbeatelt. 781
sehe er den Kranken als einen Schwerverletzten an, beyor er
noch genauere Untersueliungen angestellt hat, und lasse sich
durch die etwa vorhandene Kraft des Verletzten, der, seine Wunde
vielleicht kaum fBhlend, sich zum Fortgehen anschickt, und durch
die anscheinend geringffigige Wunde, welche mit den fehlenden
Symptomen in Einklang steht, nicht irre leiten, und den Kran-
ken in horizontaler Lage, mit möglichst geringer Bewegung, fort-
schaffen. Hat sich sodann bei näherer Untersuchung eine leichte,
nicht penetrirende Brustwunde mit voller Sicherheit heraus-
gestellt, so hat jene FQrsorge nicht geschadet. Man denke sich
den Fall, wo unter obigen Verhältnissen der Arzt, nichts Schlim-
mes ahnend, den Kranken nach Hause gehen lässt, dieser viel-
leicht nach wenigen Minuten stirbt, und die Section eine Herz-
wunde nachweist; es würden ihn die schwersten Vorwürfe treffen.
Ihm zum Vortheile sind derartige Fälle selten, und er erhält
meistens sogleich das Bild eines Schwerverletzten. Es wird dann
auf freiem Felde schon eine energische Behandlung (Stillung der
Blutung; Aderlass) beginnen müssen, bevor ein Transport des.
Kranken gestattet ist.
Die Therapie verlangt
1) einen Verschluss der äusseren Wunde, je nach
1er Grösse derselben, mittelst der Naht oder Heftpflaster. Man
tchliesse eine Stich- und Schnittwunde rasch und genau, wenn
»ine heftige Blutung besteht, wodurch dieselbe sistirt oder in
Schranken gehalten werden kann, desgleichen, wenn Erstickung,
iine gefährliche Ohnmacht drohen. Steht die Blutung, so lege
Dan eine nasse oder geölte Gompresse auf die Wunde, darüber
^harpie, und befestige Alles durch einige Bindentouren um den
^horax, dessen Bewegungen dadurch gleichzeitig verringert wer-
en. Nach der Beendigung des Verbandes kann sich der Kranke
ehr erleichtert fühlen; der vorher auf Null reducirte Puls ent-
ri ekelt sich mehr, die Lippen färben sich wieder u. s. w. Dass
eim ersten Verbände, ^ Stunde nach der Verletzung, heftige
;oIik und copiöser Stuhl eintraten, war eine zußlllige Erschei-
ung. Den entgegengcRetzten Erfolg, welchen die Annäherung
50*
782 I>r- Georg Fischer,
der Wundränder hat, kann eine VergrBsseraiig der Wände baba
indem dadurch häufig eine starke Blutung angeregt wiri h
geringer Ausdehnung, wie sie Larrey sehr vorsichtig zur Dia-
gnose vornahm, schadet sie nicht. Den ersten Verband lasse
man liegen, und erneuere ihn nicht eher, bis eine besondere Ib-
dication (Erstiekungsgefohr, heftige Blutung) dazu zwingt; «
konnte noch am 5. Tage beim Lösen desselben eine eolossak
Blutung eintreten. Das Gleiche gilt von den NShten, die nur bei
heftiger Dyspnoe, wo man einen gehinderten Abflnss sn fer-
muthen hat, fortzunehmen sind. Das Abnehmen des Verbands
geschehe sehr yorsichtig, um etwaige Adh&sionen zwischen da
Wundrändern nicht zu trennen. Dieselbe wfirde nur bei dr
dringendsten Gefahr der . Erstickung erlaubt sein, und kann daai
durch den Abfluss der stagnirenden Flfissigkeit den Kranken &k
erleichtern. — Da bei Schusswunden stets Eiterung erfolgt, ^
verschliesse man die Wunde nicht genau, sondern lege eine Con-
presse auf; nur bei starker Blutung nach aussen oder iona
schliesse man sie fest, und kann die etwaige Möglichkeit, im
dann, durch einen Bluterguss nach innen, rasch der Tod dorck
Asphyxie eintritt, jene Behandlung nicht hindern. — Gelingt der
Verschluss der Wunde nicht, um die äussere Blutung in Schru-
ken zu halten, so kann
2) eine Compression, vielleicht eine ünterbinduof,
nöthig erscheinen. Für erstere liegt ein Fall yor, wo antani^
die einfache Compression der Wunde die Blutung hemmte rnüi
beim Wiederbeginnen derselben eine Compression im Lanfe der
Art. mamm. int. die Blutung vollständig sistirte. Die Sectios
zeigte eine quer durchschnittene Art. und Vena mamm. int, derea
auseinanderstehende Enden durch sehr weiche Pfropfe obliteritt
waren (F. 216). Bei einem bis zum 2. Tage anhaltenden Ze-
stopfen der Wunde kam man ebenfalls zum Ziel und konnte der
Pfropf dann ohne Blutung entfernt werden (F. 15S). Es kam
nie zu einer Unterbindung der Art mamm. int. und intercost
Die Verletzung jener Arterie wurde meist erst bei der Seetioa
gefunden und nur einmal richtig diagnosticirt H. Scbwartz
Ueber die Wanden des Herzens and des Herzbentels. 783
versuchte ihre Unterbindung vergeblich, und fand nachher, dass
die Arterie hinter dem Sternum lag; er räth den Versuch ihrer
Dnterbindung nur dann an, wenn sie deutlich spritzt und ihre
Verletzung gesichert ist. Aehnlich verhielt es sich mit der Ver-
letzung der Art. intercost. Larrey gelang es, mit dem Finger
hinten in einem Ausschnitt der Rippe die Pulsation der durch-
schnittenen Enden dieser Arterie zu fahlen, zu fassen, und so
ihre Retraction zu begünstigen; der Fall verheilte, ohne dass
von einer erneuerten Blutung die Rede war. Die Art. mamm.
ext. wurde einmal unterbunden. Es gelten auch hier die allge-
meinen Regeln, indem eine doppelte Unterbindung oder Um-
stechung der Art. intercost. die Blutungen dieser Gefässe stillen
können, ohne dass dabei die Wunde der Weichtheile allzuviel
erweitert werden darf. — Ist der erste Verband in jeder Weise
beendet, so müssen rasch
3) die äusseren Verhältnisse des Kranken geordnet
werden. Der Kranke erhält ein eigenes Zimmer, in welchem
grosseste Stille herrschen muss. Die Umgebung des Kranken
wird auf das nothwendigste, aufmerksamste Wartepersonal be-
schränkt;* anderen Familiengliedern ist der Zutritt streng ver-
boten. Der Kranke enthalte sich alles unnOthigen Sprechens;
jede Aufregung werde streng vermieden. Dupuytren erzählt,
vTie in 2 Fällen durch den Besuch der Geliebten und Fragen
des Polizeicommissarius der Kranke unruhiger wurde, einmal am
folgenden Tage sich ein Gehirnleiden entwickelte und beide Male
der Tod beschleunigt wurde (F. 7, 161). Auch Jobert und
Nilaton beobachteten beim Gegenäberstellen des Mörders eine
Verschlimmerung und eine beginnende Pericarditis, welche in
einer Zeit, wo man bei der Pfropfbildung in der Herz- und Herz-
bentelwunde auf einen glücklichen Ausgang hoffen durfte, den
Tod bewirkte, selbst noch in der Reconvalescenz (F. 100, 234).
Der Arzt beruhige das Gemüth des Kranken und suche ihm die
Angst über die Schwere der Verletzung zu benehmen. Die Be-
hauptung von Cathc. Lees, dass der Zustand des Gemfithes
einen zwar unerklärbaren, aber factisch erwiesenen Einfluss auf
784 Dr.^Georg Fischer,
die Mischung des Blutes und seine grössere und geringere Pia-
sticitat und Gerinnbarkeit habe, soll dahin gestellt bleibea -
Der Kranke liege in der Ruckenlage so unbeweglich im Bette,
wie es ihm nur möglich ist; es gelang durch eine solclie ako-
lute Ruhe eine Blutung, welche durch den Verband hindoreb
drang, total zu stillen. Ist schon Dyspnoe vorhanden, so latsm
man ihn von Anfang an mit erhöhtem Oberkörper liegen; im
Uebrigen wähle der Kranke sich die Lage aus, in welcher er
am Besten athmen kann, nur verändere er dieselbe nicht lo-
nöthiger Weise.
Lavender's Kranker musste 16 Tage lang auf dem Buckei
liegen und wurde geheilt. Der Urin muss in liegender Stellnuj
im Bette entleert, und wenn dieses nicht gelingt, der Catbeter
gebraucht werden. Für den Stuhlgang vnrd ein Becken unter-
geschoben und werden, wenn nöthig, Clystiere mit Hülfe eioe$
langen, biegsamen Schlauches gegeben. In beiden Fällen ändere
der Kranke, in dem von beiden Seiten zugänglichen Bette, ^
wenig als möglich, seine Lage. Welche ausserordentliche Wich-
tigkeit die absoluteste Ruhe für den Kranken hat, beweisen die
früher aufgeführten Fälle, wo bei Bewegungen im Bette, Yeränden
der Lage, Aufstehen u. s. w. der Tod sofort oder bald danii
eintrat. Der Kranke muss, wenn auch die beunruhigenden Sys-
ptome bald nachlassen, eine anscheinend gefahrlose Ruhe eintrai,
wochenlang das Bett hüten, auch später noch heftige Beweguageo,
Arbeiten und Excesse vermeiden, und streng überwacht werden.
Je ruhiger der Kranke anfangs wird, um so mehr verdoppele man
die Vorsicht.
4) Kälte. Der Kranke wird nur leicht bedeckt, die Ldi
muss stets frisch, die Zimmertemperatur so kalt als möglieh
(0 Grad und unter 0) gehalten werden. Ist dieses im hoheo
Sommer nicht zu erreichen, so dürfte ein Aufenthalt im Keller
zu überlegen sein. Es werden bei allen Arten von Wunden auf
die Herzgegend und rings um den Thorax Eisbeutel gelegt, dl«
so lange es der Kranke verträgt, erneuert werden. — Die günstige
Wirkung der Kälte beweist hauptsächlich ein Fall, wo der Kranke
Deber die Wanden dee Herzens und des Henbentels. 785
5 Tage lang im Winter draussen im Freien scheintodt gelegen
hatte, wodurch eme Heilung der Herzwande, nebenbei swar eine
Gangr&n, dureh Erfrierung an den Extremitäten entstand (F. 262).
Die K<e unterstützt wesentlich die Wirkung des Aderlasses, be-
günstigt eine Contraction der Herzmusculatur, die Sistirung der
Blutung und eine Coagulation derselben, auch wird durch die
Eisbeutel ein leichter Druck erzielt (energische Anwendung der
Kälte ist bei den einzelnen Fällen selten erwähnt).
5) Blutentziehungen, Aderlass. Die Ansichten über
den Aderlass bei penetrirenden Brustwunden lassen sich in einem
Ausspruch Stromey er 's*) zusammenfassen, welcher sagt, „dass
es keine Art von Wunden gäbe, bei denen man mit dem Blute
so verschwenderisch umgehen muss, wie bei penetrirenden Brust-
wunden, und dass 2 oder 3 Aderlässe in den ersten 24 Stunden
und ebensoviel in den folgenden beiden Tagen etwas ganz Ge-
wöhnliches sind^, und an einer anderen Stelle, „es ist besser,
dass das Blut durch die Aderlässe entleert werde, als dass es in den
Thorax fliesse.^ Dieses Drtheil wird mehr oder weniger überall, und
zumal von den Militairchirurgen (Pirogoff, Demme u. s. w.) ge-
theilt. In wie weit in neuerer Zeit eine Schwankung gegen den Ader-
lass sich Bahn brechen wird,ist nooh nicht mit Bestimmtheit vor-
herzusagen**).
Die Erfahrung bestätigt, dass bei einem raschen Blutverlust
die Gerinnbarkeit des Blutes zunimmt und eine innere Blutung
dadurch gestillt werden kann. Die günstigen Chancen, welche
ein am Herzen Verletzter durch eine Syncope, Schwäche unmit-
telbar nach der Verletzung erhält, indem in dieser Zeit die Pfropf-
bildung vor sich geht, können durch den Aderlass erzi^t wer-
*) Maximen der Kriegsheilknnst 1861. S. 444.
**) Gegen den Aderlass bei penetrirenden Brustwunden sprachen sich
aas: As h hurst (F. 167), König (im Archiv der Heilknnde. V. 2. 3. 4.
1864), der Nordamerikanische Bericht (F. 327), in welchem gesagt
wird, dass der Aderlass aufgegeben zu sein scheint. Von der Schlacht bei
Langensalza berichtet Stromejer, dass nur 1 Aderlass bei Brustverletzun-
gen, und zwar auf seinen Rath, sonst keine Blutentziehungen ausgeführt
seien. In wie weit dieses in einzelnen Fällen wfinschenswerth gewesen,
kann er nicht beuitheilen.
786" . ^' Georg Fischet,
den, welcher den Kranken in einen der Syncope ihnliehee tt
Btand versetzt. Derselbe verringert den Gehalt de» Blutes u
rothen Blutkörperchen, vermindert die Widerstände, welche im
Abnahme mit sich fuhrt (Valentin*), so daes die Ausdehnes)
der Herzabschnitte eine geringere, die Herzkraft und die Spae^
nung in den Gef&ssen geschw&cht wird. Dadurch muss ei^
Pfropfbildung zwischen den Wundr&ndern erleichtert, die Orp^
sation des Pfropfes ermöglicht und die Gefahr verringert w^e:^
dass derselbe durch stürmischen Blutandrang wieder losgestosses
wird. Der Aderlass wird ferner eine allzu heftige Pericarditis,
Carditis bek&mpfen.
Der Aderlass muss sofort gemacht werden, wenn nach des
Verschlusse der Wände Dyspnoe eintritt, die eine innere Blatm^
anzeigt. Sie giebt die erste und wiederholte Indication zu des-
selben, sowohl bei Stich-, Stichschnitt-, als Schusswunden; der
Puls und Schmerz bestimmen ihn dabei nicht. Es ist dabff
nOthig, dass der Arzt den Kranken stBndlich sieht, um zur reck-
ten Zeit mit der Blutentziehung bei der Hand zu sein.
Die Frage, wie viel Blut, wie häufig zur Ader gelassen wer-
den soll, ist mit keinem bestimmten Maasse zu beantworten. Cas-
statiren wir zunächst die Thatsache, dass bei 20 geheilten Ben-
wunden der Aderlass in ausgedehnter Weise zur Anwendung kam.
Es wurden die Aderlässe in den ersten Tagen nach der Ver-
letzung verschiedentlich wiederholt: bis 4-, 5mal in 2 Tagen, 3-
bis 6mal in 3 Tagen, Tmal in 7 Tagen u. s. w. Die grosseste
Aderlässe wurden von Gilbert, 6 Aderlässe in den erstes
8 Stunden gemacht (F. 288, Heilung), von B6gin lOmal io dei
ersten Tagen, darunter 5mal an einem Tage (F. 287, Heilang).
von Dupuytren wurden in der ersten Stunde 4 Becken Blot
*) Versuch eioer physiologischea Pathologie des Herzens ond der
Blutgefässe. 1866. Valentin behauptet, dass der Gcsammtinhalt desGf
fässsystemes durch Blutungen, Inanition nicht geändert, die Anämie rickti-
ger alB BlatverdUnnung bezeichnet wird. Nicht die Blntmeuge, sonden
nur der Gehalt an rothen Blutkörperchen nimmt ab. Ein Aderlaas, weiebef
bei Klappenfehlern das Herzklopfen lindert, wirkt nicht durch die aogeb
liebe Abnahme der Blotmenge, sondern durch die Verminderung der Wider*
st&nde, welche die Abnahme der Blutkörperchen mit sich f&brt
Deber die \¥nnden des Herzens und des Herebeotels. 787
entleert und an demselben Tage noch 3 Aderl&sse, zu je 3 Becken,
verordnet, denen am folgenden Morgen ein nener Aderlass folgte
(F. 285, Heilung). Die zur Zeit abgelassene Blutmenge betrug
bis zu 60 Unzen, worauf eine Ohnmacht erfolgte (F. 35, Heilung).
Im Uebrigen war nach 4 Aderlässen in den ersten 6 Tagen der
Kranke noch so krilftig, dass er am 7. Tage 2 Stunden lang um-
hergehen konnte. Bei geringeren Mengen, von 12 — 20 Unzen,
trat wohl Erleichterung, indess keine Heilung ein.
Es herrscht bei den meisten Autoren eine Uebereinstimmung
aber die energische, wiederholte, selbst bis zur Syncope fahrende
Anwendung des Aderlasses, bei zunehmender Dyspnoe und sich
Reben des Pulses (Schälle gegen den Aderlass). Dupuytren
gab die Verordnung, da^s dem Kranken nur die zum Leben
nAthigste Menge Blut erhalten bleiben solle. Diese Bestimmung
variirt mit den verschiedenen Ansichten über die Menge des Blut-
verlustes, welche ein Mensch ertragen kann; man nimmt jetzt
an, dass ein rascher Blutverlust, von 4—6 Pfund, bei einem Er-
wachsenen eine Lebensgefahr mit sich bringt, während ein Ader-
lass von 1 Pfund genflgt, um eine Ohnmacht zu erzielen. Boer-
have*), welcher ebenfalls bei Herzwnndeu die äusserste Schw&che
fKr heilsam und fast das einzige Mittdl zur Heilung hielt, machte
darauf aufmerksam, mit wie wenigen, fast unglaublich geringen
Blutmengen das Leben bestehen kann, indem Beispiele vorliegen
sollen, wo Menschen mit wenigen Unzen Blut noch einen Mo-
nat gelebt haben und geheilt sind (?).
Dass der Aderlass bei allzu grosser Schw&che des Kranken
contraindicirt sein kann, indem er den Tod beschleunigt, versteht
sich von selbst. Es bleibt dem Tact des Chirurgen fiberlassen,
Zeit und Grösse zu bestimmen. Wird nach einem heftigen Blut-
verlust noch fiber das Maass hinaus Blut gelassen, so kann der
Kranke in die grosseste Aufregung kommen, wodurch die Piropf-
bildnng gehindert wird. Philipp von Walther**) meint, dass
*) Vorleaangen fiber patholog. Betrachtang des Hersens. 1786.
Sammlaog anterlea. Abbandl. Leipzig. 1784. Bd. IX. 1« S. 488 n. folg.
*«) System der Ohirorgie. V. 1851. S. 279.
788 ör- Georg Fischer,
der Aderlasfi mitunter bei Herzwunden durchans nicht anwesi-
bar sei, da wegen der Verleteung des Centralorganes der Kreir
lauf stille steht. In solchen äussersten Fällen hat er etwas dvrd
Blutegel za leisten gesucht und dieselben gleich zu Hunderts
auf £inmal gesetzt, bis der Kreislauf wiederhergestellt war. Er»
dann konnte ein Aderlass mit Erfolg stattfinden und wurde ii
concreten Falle wiederholt, bis das Leben gerettet schien. -
Die innere Hedicin bekämpft den Aderlass; Duchek*) wanr
sowohl bei den gewöhnlichen Wunden, als bei den Ruptnrea,
vor den neuerdings sehr gerfihmten Aderljissen, und meint, dis
die Nutzlosigkeit oder vielmehr Schädlichkeit derselben sich sefa^
dargethan hat (?), Friedreich**) bespricht die fibrigea Mitte'
bei den Herzwunden, erwähnt indess den Aderlass gar nicht
Dass der Aderlass keine absolute Nothwendigkeit zur H^
lung einer Herzwunde ist, beweisen einzelne Heilungen, »b»1
bei Wunden des Herzbeutels. Dennoch halte* ich denselben fir
das wichtigste Mittel bei Herzwunden, welches in des
ersten Tagen ausgiebig und so oft es erlaubt scheint, angeweade:
werden muss.
Blutegel sind mitunter neben dem Aderlass sur Anwes*
düng gekommen, sogar in einem Falle 60 Stück auf einmal (F. 299,
Heilung einer Herzbeutel wunde), desgleichen SchröpfköpfeniB
die Wunde herum. Beide können den Aderlass nicht ersetxeo.
und sind nur dann am Platze, wenn im späteren Yerlaafe m
Pericarditis, Ecchymosen zu bekämpfen, die Resorption vob
Exsudaten zu begünstigen ist; sie können dabei den Schmen
lindern, das Fieber massigen (nach Skoda haben Blutegel b«
Pericarditis keinen Werth, da das flüssige Exsudat dabei sich
nicht verändert). 20 Blutegel ad anum, wie sie von Bojer
(F. 159), Dupuytren (F. 88) verordnet wurden, schafften keine
♦) Handbuch der epeciellen Pathologie u. Therapie. Bd. I. 1. Lief.
1863. S. 81 u. folg.
♦•) Herzkrankheiten. Virchow's Handbuch der spec. Pathologie a.
Therapie. Bd. V. 2. Abth. 1. Lief. 2. Auflage. 1867. S. 191.
Deber die Wanden des Hersena und des Herzbeutels. 780
Srieiohteraogy und werden den Kranken in geiner Lage auch viel
;u 8«hr beonrabigen.
6) Di&t. Dieselbe wird anfangs anf Haferschleim und s&uer-
ich- kalte Getr&nke redacirt; daneben sind Eispillen zu reichen.
LAvender's geheilter Patient bekam in den ersten 16 Tagen
aar Hafeirgratze und Johannisbeeren. Bei eintretender Besserung
gehe man nar sehr allmalig und erst in sp&terer Zeit aiu etwas
kräftigerer Nahrung fiber. Wemi Schalle (I. c. S. 34; Wein,
Fleischbrühe, Eigelb zur Erhaltung der Kräfte empfiehlt, ohne
eine Ao&ngs karge Di&t auch nur erwähnt zu haben, so beweist
dieaof ein Verkennen der vorliegenden Erfahrungen. Es kam
vor^ dasB nach 14 Tagen ein Rückfall eintrat, als der Kranke
sßu viel gegessen hatte nnd schloss sich der Tod daran (F. 316) ;
auch wird in den Fällen, wo die Kranken mit ihren Kameraden
assen, in's Wirthshans gingen, der Diätfehler den ersten Impuls
zur seoundären Blutung gegeben haben (F. 82, 198). Selbst da,
als ein Patient 65 Tage lebte, dürfte man anpehmen, dass bei
entsprechender Diät eine vollständige Heilung ermöglicht worden
w&re, indem man eine zarte Vernarbung zerrissen fand. Man
sieht daraas, des Rübenessers, genannt Raparius, gar nicht
zu gedenken (F. 269), dass gerade während der Reconvalescenz
die grosseste Vorsicht in der Diät zu beobachten ist. Tritt in
sp&teren 2Mten hektisches Fieber ein, so hüte man sich, den
Kranken mit China, Eisen u. s. w. stärken zu wollen; hierbei
sowohl, als bei zurückbleibenden Palpitationea, Herzhypertrophien,
Klappenleiden, halte man Maass in einer tonisirenden Behandlung.
Ein Aufenthalt auf dem Lande wird zuträglich sein. — Simon,
welcher eine tödtlich endende Nadelstichwunde des linken Ven-
trikels vor ausgedehnten Verletzuiigen am Arme übersah, hatte
energisch Wein angewandt und erklärt, dass derselbe durch die
Schwäche des Kranken indicirt gewesen und sicher auch bei
Erkennung der Pericarditis in gleicher Dosis gegeben wäre (F. 9).
Sobald Simon die Pericarditis erkannte, hätte er auch eine Herz-
verletzang vermuthen müssen, da er die kleine Wunde neben
790 Dr. Georg Fischer,
dem Sternum gesehen hatte; unter dieser Voranssetziuig würi
eine mehrfache Därreichnng von Wein nicht zu billigen sein.
7) Medicamente. Die Digitalis ist bis jetzt etwas t«:
nachl&ssigt und nur ca. 6 Mal aufgeführt, so dass ein sicheß
Urtheil über sie fehlt. Sie wurde als Infus, mit und ohne Nitrnc
am folgenden Tage der Verletzung, als Tinct. Digit. aethera x
Tinct. Opii an demselben Tage, und als Digitalin in der 3. Wocj
(6 Milligr. in 24 Stunden) gegeben, und nur in letzterem tu.
erw&hnt, dass der Puls trotzdem sich auf der Hohe von 112 Sch&
gen erhielt. Zwei Kranke heilten. Die Digitalis wird ihre Hup^
Verwendung bei eingetretener Pericarditis finden, sobald die Ben-
contractionen unvollständig und frequent sind, masa indess sei'
vorsichtig, unter Berflcksichtigung der Schwäche des Krank«
gegeben werden. Sie, mit Schalle, ganz zu verwerfen, v«:
sie zu langsam wirken soll, ist nicht gerechtfertigt, da die i^
nigsten Herzwunden sogleich tOdten. — Opium ist nicJit u
häufiger, als die Digitalis aufgefährt. Man gab es bei bestiBi*
ger Unruhe, Schlaflosigkeit, Schmerzen und Erbrechen, ohne i^
von grossen Erfolgen die Rede war. Jober t hat es in ter-
schiedenen Perioden ohne Nutzen gebraucht, und weder eioe Be-
ruhigung des aufgeregten Herzei:*". noch eine Sistirung der Blf-
tung damit erzielt. Man halte im Allgemeinen mit den Opiafes
zurfick. — Purgantien sind im Anfange zu verwerfen. H»
Stuhlverstopfung wird erwfinscht sein, damit der Kranke in seiser
Ruhe nicht gestört wird, und kann man nOtliigenfalls mit Cb-
stieren nachhelfen. Auch bei eingetretener Pericarditis sei mi^
vorsichtig mit ihnen. Bei einer Diagnose auf Perforation d«
Magens hat man Galomel mit Opium bis zum Merenrislism^
gegeben, worauf erschöpfende Diarrhöen, und, höchst v^hrscheis-
lich in Folge derselben, der Tod eintraten. Eine schwache A£*
Wendung von Mercurialien fand bei einer Heilung statt, ^asi
dfirfte Galomel unter den Purgantien immerhin den Vorzug faabee
Auch mit Tartarus emeticus wurden bei überiBehener Ben-
wunde starke Stuhlentleerungen hervorgerufen, worauf am 5. Taft
der Tod eintrat. (Guthrie empfiehlt, ausser den Blntentziehnagea«
Deber die Wunden des Heraena nnd des Herebentela. 791
ils antiphlogistiscbe Mittel Galomel, Antimon and Opium; die
/Anwendung des Eises erw&hnt er nicht.) China im Decoct
wurde dem Kranken zum Nachtheil schon am 3. Tage verab-
reicht, Chinin vom 8. Tage an mit Erfolg gegen das Fieber ge-
geben ; auch wird es bei Pericarditis die schwachen Herzcontrac-
tionen regelmässiger und vollständiger machen. Empfohlen sind,
abgesehen von verschiedenen Pflanzenmitteln aus älterer Zeit, die
Blausäure (Sstundl. 1 Tropfen) von Wagner, und später, bei*
lebhafterem Herzschlage, Kali nitricum mit Aq. Lauroeerasi, bei
Vielehen Mitteln der Patient in 14 Tagen hergestellt war (F. 284.).
Purple rfihmt das Veratrum viride zur Schwächung der Herz-
thätigkeit, Nelaton und Dupuytren fähren neben der Digitalis
die Belladonna auf, obwohl von ihr keine besonderen Resul-
tate bekannt geworden sind (F. 81.), und Letzterer beide Mittel
f&r wahrscheinlich unzureichend hält.
Reizmittel sind hauptsächlich äusserlich angewandt, um
den ersten lebensgefährlichen CoUapsus zu beseitigen oder zu
verkürzen. Dahin gehören, Essigwaschungen, Reiben des ganzen
Körpers mit heissen Tfichem und heissem Campherspiritus, und
wurde dabei innerlich Kaffee, Aether erfolgreich gegeben. Fried -
reich empfiehlt die belebenden Mittel bei bedeutender Anämie
und Pulslosigkeit. Die Syncope, welche unmittelbar nach der
Verletzung auftritt, energisch mit Reizmitteln zu bekämpfen, kann
durchaus nicht empfohlen werden, und beginne man lieber gleich
mit kalten Umschlägen. Nach derselben mag man versuchen,
durch Senfteige, Yesicatore, heisse Handbäder das Blut nach den
Extremitäten zu treiben; Fussbäder sind dagegen zu verwerfen,
weil sie den Kranken aus seiner Lage bringen.
8. Kunstliche Entleerung von Blut und Eiter.
Prflfen wir zuerst das Material unserer Casuistik. Zur Ent-
leerung von Blut wurde in 2 Fällen die Wunde erfolglos aus-
gesogen (F. 190., 198). Dupuytren spaltete die Wunde des
Herzogs von Berry, dessen rechtes Herzohr getroffen war, um
die Quelle des inneren Ergusses zu erkennen, da ihm eine Ver-
IdtzoQg der Art. intercont. möglich schien (F. 190.). In dem
792 ^' Georg Fisclier, I
geheilteil Falle von Ollenroth (F. 286.) wnrde dieWudett
3 Zoll erweitert, und drang \ Maass Blut ans. Auf vnblo^
Weicie gelang es Larrey, durch 8 Zoll tiefes EinflUiren ete
weiblichen Gatbeters gleich nach der Verletzung aus dem Hevj
beatel 2 Becken blutig-seröser Klüssigkeit zu entfernen, wor«
der Kranke sehr erleichtert war, und schliesslich heilte (F. 291
Auch Thompson liess am 2. Tage durch Ein Ähren eines eltf^
sehen Gatbeters eine Menge Blut aus der Pleura ab, mit whlits-
lieh tOdtlichem Ausgange (F. 153.). — Eine Paracentese k
Pleura bei einer inneren Blutung wurde von Ca ran ins (F.IM3.
und in neuerer Zeit von Landsberg (F. 6.) und Schwärt:
(F. 91.) gemacht, jedoch stets erfolglos und mit tOdtiichem Ac^
gange. In dem einen Falle war nur eine geringe Menge Bk
im Thorax, dagegen c. 1 Pfund im ausgedehnten Henbentel, ■
anderen Falle verhinderte ein vom Herzbeutel zur Pleura gBbenie
Strang, woran die Lunge adhärirte, den Blutanstritt. Larrey
schickte sich zweimal zu derselben an , wurde indess dardi i^
inzwischen eintretende Besserung, und andererseits dnrch die n-
nehmende Schwäche des Kranken daran yerhindert (F. 328., S«*)^)^
— Eine Paracentese des Herzbeutels bei Blutdruck ist niebt |^
macht, und unterblieb dieselbe bei Larrey, bei zn p^-
Schw&ehe des Kranken (F. 246.).
Zur Beförderung des Abflusses von Eiter wurden mit Erfolg
2 mit Leinwand überzogene Federposen (Ollenroth)0aDchäs
Leinwandstreifen (Larrey) in die Wunde eingeflifart, vrelci^*
letztere gleichzeitig Adhäsionen zwischen der äusseren Wao^
und der Herzbeutelwnnde verhindern seilte. Als am fi. Ttf?
wegen Ersticknngsgefahr der Verband gelöst, und die Wood-
ränder durch den Catheter getrennt wurden, drangen ans i^
Herzbeutel 3 grosse Becken weingelber FlQssigkeit ans, ^^^
Larrey eine elastische Gummisonde einf&brte, in Folge i^^
sich noch ein viertes Becken entleerte nnd später HeiloDg «^
trat (F. 294.). Eine ^ " breite Erweiterung der Wunde war A^
besonderen Erfolg (F. 336.) — Eine gleichzeitige Paracente»«^'^
Pleurahöhle und des Herzbeutels machte Larrey (1810) i^^^
lieber die Wunden des Herzens nnd des Herzbeutels. 798
einen Einschnitt unter der linken Warze, parallel dem oberen
Rande der 6. Rippe, tind starb der Kranke am 21. Tage nach
der Operation (F. 272.).
Die angefahrten Thatsachen mtmtern nicht sehr zu mecha-
nischen Eingriffen auf, and fragt es sich, wie im Allgemeinen die
Chirurgen über die künstliche Entleerang von Blat and Eiter bei
Herxwunden, und überhaupt bei penetrirenden Brustwunden, ur-
theilen. Das Aussaugen der Wunde hat nur noch ein historisches
Interesse, und erinnert an die Zeit, wo bei Stichduellen eigene
Succeurs zugegen sein mussten, deren Th&tigkeit, wie W. Mau-
qest de la Motte erzählt, einen so wunderbar glücklichen Er-
folg hatte, dass man das Aussaugen f&r ein teuflisches Werk
hielt, und ein Pfaffe dem so Behandelten sogar das Sacrament
verweigerte. Man war in früherer Zeit rascher mit der Eröff-
nung des Thorax bei der Hand, als jetzt, hat auch günstige Re-
sultate erzielt, obwohl die Möglichkeit offen bleibt, dass manche
derartige Operationen fiberflüssig' gewesen sind. Dupuytren
empfahl die Operation im spätesten Stadium, wenn Erstickung
droht, die innere Blutung gestillt ist, was an der Rückkehr der
Wärme, der Hautfarbe zu erkennen ist. Bis dahin ist jede Opera-
tion sch&diich, da die Entleerung nur eine neue Anhäufung zur
Folge hat. Glaubt man, dass die Blutung aus der Art. intercost
kommt, so räth er, die Wunde zu spalten, und that dieses bei
der Wunde des Herzogs von Berry. Es ist die Behandlung
dieser Verletzung mit unrecht angegriffen worden (Steifen-
sand). Obwohl es nicht sicher ist, dass auf solche Eröffnung
jedes Mal eine Ruhe eintritt, da möglicherweise ein neues Ex-
travasat folgt, so war doch in jenen FäUen , wo der Tod wirk-
lich von der Anfullung der Brusthöhle, welche Erstickung macht,
abhängt, nichts Anderes zu thun, als auf alle Fälle Erleichterung
zu schaffen. Es kann, wie Guthrie sagt, die Wahl schwierig
werden, obwohl bei der Entleerung der Pleurablutung noch
Chancen für das Leben bestehen; im Uebrigen ist auch der Tod
durch Blutung leichter, als der Tod durch Erstickung. Aehnlich
urtbeilt Stromeyer, indem er die Behandlung beim Herzog
794 I>r* Georg Fischer,
von Berry Ar eine Haassregel der Eatbanasie hklt. Bd pene-
trirenden Brustwanden sind Erweiterangen der Wunden, sowie
eine Thoracentese so gut wie aufgegeben (Stromeyer, Piro-
gofi) und werden nur selten noch gemaeht Es ist der Blut-
druck in der Pleurahöhle meist nur im Anfiinge lebensgefUtrlicbr
und die Heilungen von grossen Blutergüssen durchaus nicht sel-
ten. Die Prognose der Thoracentese ist sehr schlecht} und frag;
es sich nur, ob nicht vielleicht verbesserte Methoden (die toi
Roser, Archiv der HeOk., YL, Heft 1.) die Erfolge gfinstiger
machen. Anders ist es beim Empyem der Brust^ wo die Opera-
tion ihre bestimmten Indicationen hat. — Die Paracenteae des
Herabeutels zur Hebung des Blutdruckes ist von Niemand ans-
gef&hrt, aber mehrfach empfohlen: so von Larrey, welcher ia
dem erw&hnten Falle 246 vermutbete, dass die OperatioD, tar
rechten Zeit ausgeführt, das Leben h&tte retten können. Er
empfohl sie im Jahre 1824, geleitet durch den Fall 294., swischeo
dem Pr. xiphoid. und dem Knorpel der 7. linken Rippe m maeheiL
Auch verlangt Baudens*), dass bei grosser Blutung in des
Herabeutel nach einigen Tagen, wenn keine Wiederkehr der Bit-
tung mehr zu f&rchten ist, derselben ein Ausweg verschafft wer-
den muss. Nälaton muss eine Indication fUr sie haben, da er
eine Methode, die einfache Function mit langem Troiear, am
linken Bande des Sternum, im 5. Intercostalraume, etwas schitf
nach dem Mediastinm zu, empfiehlt; Guthrie will die Er5flnuof
nach Harvey, wenn das Pericard. sich mehr und mehr ausdehnt;
von Chelius wird die Paracentese bei Blutextrcvasat fftr das
einzige, obwohl sehr zweifelhafte Mittel gehalten. — Weit hio-
figer, als beim Bluterguss in's Pericard., musste sich die Kritik
&ber die Paracentese bei wässerigem und eiterigem Ergnss aus-
sprechen, und gehen die Ansichten in neuester Zeit sehr aas-
einander. Während Billroth^) die Paracentese des hydropischeo
*) Gliniqae des plaies d^armes a fen. Paris. 1836.
**) Hacdbncb der allgem. and speciellen Chirurgie, tod Pitha uni
Billroth. Bd. 111. 2. Abth. 1. Lief. 1865. S. 163.
Ueber die Wnnden des Henens und des Herzbeutels. 795
Herzbeutels fftr eine Operation halt, welche an dasjenige heran-
streift, was einige Chirurgen Prostitntion der chirurgischen Kunst,
chimrgische Frivolität nennen, wird sie von Trousseau*) ver-
theidigt, welcher ihr, nach seinen und anderen Erfahrungen, die
grosse Gefahr abspricht, sogar die Jodinjection zur Radicalkur
bei Hydropericardium f&r unschädlich hält. Er hält sie nur dann
für dringend indicirt, wenn, was allerdings selten ist, ein fiber-
m&ssiges Exsudat das Leben bedroht. Sie erleichtert den Kran-
ken, und firistet die sofort bedrohte Existenz. Er zieht die Pnnc-
tion mit dem Bistouri dem Troicar vor, und wählt mit Jobert
den A^ 5. Intercostalraum , indem er gegen den Larrey^schen
Ort die mögliche Verletzung eines Zweiges die Art. mamm. int.,
nnd bei starkem Oedem und Fett die möglicherweise verfehlte
Richtung des Instrumentes, auf welche Velpeau hinweist, an-
fährt. Aach Oppolzer**) hält die Faraeentese bei acuter und
chronischer Pericarditis, wenn auch nur in den seltensten Fällen,
fQr angezeigt, nnd zwar dann, wo die durch die Massenhaftigkeit
des Ergusses bedingten Gompressionserscheinungen und deren
Folgeznsttnde die Yomahme der Operation zur Vitalindication
machen, vorausgesetzt, dass Aderlass, Digitalis, Narcotica nicht
genützt haben. Nach Skoda***) ist die Function nur bei sehr
grossen Exsudaten Versuchs halber vorzunehmen, indem das Her-
aosgelassene sich bald ersetzt, und aus dem freien, nicht genug
resistenten Blatte Blut austritt Es sind Heilungen von Herz-
beutelparacentesen bekannt geworden von Aranf) mit Jod-
injection, und von G. All her tt in Leedsff).
Aus alledem geht hervor, dass man bei Herzwunden im
Allgemeinen sich der kfinstlichen Entleerung von Flfissigkeiten
enthalten soll. Man mache keine Versuche, das Blut aus der
*) Medic. Klinik. Bd. I. (Uebersetzt von Gulmaon.) 1866. Gap. 34.
**) Vorlesungen über spec. Pathologie n. Therapie. (Heransgeg. ?on
StoffelU.) Briangen. 1866.
♦♦♦) Wiener med. Presse. 1866. No. 40,, 41.
t) Obserr. de p^ricardite , trait^e par la ponction et Tliyection jodee.
Bullet de TAcad^m. imper. de med. Nov. 1855.
tt) Med. Times and Gaz. Vol. 11. No. 853. 1866,
V. LADgttAbtck't Arehlf f. ObirargU. IX. g^
796 ^r. Georg JFi»eh«r,
Fl^i&rahOhle abzulassen, da es gefiUirlich und nnnftte ist Das ■
derselben gerinnende Blnt wirkt dorchaiiB nicht reizend, tck^
laast keine Pleuritis und wird rasch resorbirt. Bei drofaeole
Erstickungsgefahr wfirde eine Entleerung rasch ein neues Sxto
vasat zur Folge haben; und in den übrigen F&llen können d&ns
Lufteintritt, Pleuritis, Fäulniss des Blutes Gehren entstebei
Handelt es sich um Gompressionserscheinungen durch Blatdmsäi
im Herzbeutel, so sind die Wirkungen der Aderlisae, des Em
ab;ntwarten. HeUen diese nichts, uxid dr&ngt die Gefiahr, so di£
inan den Tod zu erwarten hat, so wird das TorsichÜge Eiafiln
ren eines Katheters apzurathen sein. Erst dann, wenn differ
nichts entleert y im Falle er die Hersbeutel wonde nicht trif.
sollte man zur Paracentese des Herzbeutels schreiten, Toraiufs-
setzt, dass die Diagnose ganz fest steht, der Kranke nicht a
sCihwach ist. Bei einer Eiteransammlung in der Pleua kano ii
spätrer Zeit, wenn Erstickungsgefahr eintritt, der Eiter janekf
wird, eine Erweiterung der Wunde oder die Operation des Em-
pyems angezeigt sein; drängen die ZuOUe nicht, so fiberljs«
man den Aufbruch der Natur. Bei serösen Pleuraergfissen ^
die Operation contraindicirt Für den Eiterabfluss aas dem Hot-
beutel kann bei zunehmender Gefahr das Lüften der Wnndriiidtf,
das Einfähren eines Katheters Ton Erfolg sein. Wird die Parv
centese des Herzbeutels in die Grenzen ger&ckt, in welche ^
Trousseau, Oppolzer einengen, so verliert sie den Charakter
einer frivolen Operation.
9) Extraction der fremden Körper. Es hat sich foa
Alterthum bis auf die heutige Zeit herab die Tradition vererbt
dass das Ausziehen des Instrumentes aus der Brustwnnde ge-
fährlich und sofort tOdtlich sein kann. Homer liess den Sar-
pedon unmittelbar nach dem Ausziehen des Pfeils sterben, nni
die Aerzte des Epaminondas erklärten, er werde sterben, so-
bald man den Spiess aus der Brust ziehe. Die Erfahrungen bei
Herzwunden unterstfltzen jene populär gewordene Ansicht nicht
ganz. In einer grossen Anzahl von Beobachtungen wurden Ni-
deln, Dolch, Bajonett, Hesser gleich nach der Verletzung heraus-
Deber die Wanden des Henens nnd des HenbenteLi. 797
gesogen, mit oder ohne bedeutende Blutung, und die Kranken
Iel>ten noch mehrere Stunden, Tage. Nur in 2 F&llen knüpfte
sich an die Extraction eines Messers und Pfriems ein unmittel-
barer Tod und ein üebelbefinden, worauf nach ^ Stunde der Tod
eintrat (F. 4, 179). Die Extraction, bei welcher das Instrument
abbrechen kann, so dass ein Theil desselben im Herzen zurfick-
bleibt, geschah bald ?on dem Verletzten selbst, bald von den
Cameraden; es kam vor, dass ein Bajonett so fest sass, dass
jener e^ nicht herausbekommen konnte und die Extraction von
Anderen geschehen musste (F. 150), oder dieselbe ganz unter-
blieb (F. 21, Tod nach 20 Tagen). Stilling erzählt, dass so-
gar ein Ladestock, welcher die Brust von vorne nach hinten durch-
ll^ohrte, wobei eine Verletzung des rechten Herzens vermuthet
wurde, mit Gewalt, extrahirt sei und Heilung erfolgte (F. 3&8).
Die Frage der Extraction hat eine grosse Bedeutung, wenn
man die ausserordentliche Wichtigkeit berücksichtigt, die ein
Lebep von einigen Stunden, bei vollem Bewusstsein, für den Pa-
tienten haben kann. Nach den vorliegenden Erfahrungen, wo
nach der Extraction des Instrumentes die grössere Zahl von
Eranke^ nicht sofort starb und ihnen dadurch eine Chance der
Heilung eröffnet wurde, w&hrend bei unterlassener Extraction
stets der Tod eintritt, wenn es sich nicht um feine Nadeln und
Kugeln handelt, scheint mir dieselbe unter gewissen Voraus-
setzungen gerechtfertigt, und* es wird den Arzt nie ein Vorwurf
treffen können, wenn der Kranke unmittelbar nachher stirbt.
Findet man das Instrument aus der äusseren Wunde hervorragen,
sieht oder f&hlt man es in der Wunde, so versuche man es her-
auszuziehen, und zwar langsam, vorsichtig, unter Ausschluss einer
Kraftanstrengung und weiterer Eingriffe, gleichviel, ob während
oder ausserhalb einer Ohnmacht des Kranken. Lose Rippen-
splitter, Kleiderreste u. s. w. entferne man aus der äusseren
Wunde. Liegt das Instrument nicht in derselben, so kann es
vorkommen, dass eine Nadel unter der Haut sitzt, einen Vor-
sprung bildet und deutlich zu f&hlen ist. Es würde dann, wie
schon Albttcasis für die Extraction eines Pfeiles aus dem Her-
61 •
798 !>'• Georg Fischer,
zen angegeben hat, ein Einschnitt auf derselben za machen bbI
sie zu extrahiren sein. Es gelang dieses in 3 FUlen, von deoei
2 heilten, zum Theil mit sofortigem Nachlass der Symptoo».
w&hrend der dritte bei einer Wunde der Aorta nach 1 Stank
tOdtete (F. 24, 34, 35); auch ist es nicht unwahrscheiotich, dig
im Fall 28, wo die Art der Verletzung verkannt war, die Ei-
traction der Nadel das Leben h&tte retten können. Das Aus-
schneiden einer Kugel aus der Thoraxwand ist selbstferstto'-
lieh. — In den übrigen F&Uen, wo der fremde Körper inb
Wunde nicht sieht- noch f&hlbar ist, kein Äusserer Vonpini
den Sitz anzeigt, stehe man durchaus von dem Versuch der Es-
traction ab, da der Eingriff zu gei&hrlich und eine Eiokapsel&o;
von Nadeln und Kugeln mit Ausgang in Heilung möglich i^
Die Literatur der penetrirenden Brustwunden kennt einzelne i^
hin gehörige tolle Operationen, die, obschon mit gflnstigen li»
gang, nicht zu einer Wiederholung auffordern dürfen. Einer der
verwegensten, aus Amerika stammenden F&Ile ist aaten*) ^
geführt, da das Herz eine gewisse Rolle dabei spielt
Das Fortnehmen eines Lappens vom Herzbeutel (F. &-
sowie eine, bei anhaltender Eiterung ausgeführte Resectiood«
Sternum (F. 300), gehören der älteren Zeit an.
Die beschriebene Behandlung bezieht sich vorzugsweise^
Stich-, Stichschnitt- und Schuss wunden des Herzeas; emeB^
•) B. 8. Cooper in San Francisco, 1857. (bei Pirogoff Lc.S.5i^
Bin 1 " langes Bisenstack einer explodirten Flinte dringt unter der Aci''
höhle in die linke Seite des Thorax ein. Brnch der 6. Ripp«- ^^^^
Brschöpfnng in Folge der Eiterung, DrnckzufUle, Operation steh ^1 ^^
naten. Entblössnng von 8 Rippen, Resection der cariösen 7. Ripp« ^^^ ^
Öffnung eines Retrocostalabscesses. Da auch nach der Resection keio n^
der Körper zu finden war, so resecirte man noch 3 andere Rippen'^
weise. Man fand die verdickte Pleura durchlöchert, aber wieder k«"^
fremden Körper. Ghloroforminhalation, Durchsuchung der Thoraxbffble, *^
nigstens | Standen. Man findet das BisenstOck endlich zwischen dea nf^^
zen und der Aorta descendens. Bei seiner Bxtraction dtslocirt lat^ '*
Herzspitze. Heilung nach 16 Wochen, nachdejn Patient noch eine P»«^
nie Obenitanden hatte.
Deber die \¥andeD des Herzemi und des Henbeutels. 799
bandluDg der Raptaren — il n^j a pas de traitement pour les
rnptorefl des parois da coeur, Bouillaud — tritt selten ein, da
die meisten sofort tödtlich sind. Die Anwendung des Eises wird
momentan lindem können. Bei Complicationen gelten dieselben
nnd die allgemeinen Regeln der Chimrgie.
Die Behandlang des Kranken kann gerichts&rstlich in
Frage kommen, wenn es sich daram handelt, zu wissen, ob der-
selbe richtig behandelt ist, and darch eine passende Therapie der
Tod h&tte abgewendet werden können. Es sind einselne Fälle
beobachtet, wo Eanstfehler aaf der Hand liegen and der Kranke
möglicherweise h&tte gerettet werden können. Im Fall 116 waren
weder die Yerletzang der Art. intercost, des Rippenknorpels, der
Langen, noch die i^^ grosse Wunde des Herzbeutels, die 1''' tiefe
Wunde des rechten Ventrikels nothwendig tödtlich; auch war
die Blutung durchaus nicht gross. Dabei wurden vom 3« Tage
an nahrhafte Kost, Chinadecoct gegeben, die Wunde mit Wein-
umschl&gen verbunden, von kühlenden Mitteln, einem Aderlass
ist keine Rede.^ In dem eben aufgenannten Fall 28 hätte viel-
leicht die Nadel geßhlt werden und ihre Extraction das Leben
retten können. Es fragt sich, ob nicht in dem Fall 85 ein
Aderlass, anstatt der Blutegel mehr genfitzt, ob Reizmittel am
Platze gewesen sind, auch dflrfte im Fall 312, bei rechtzeitig
angewandter Antiphlogose, das Leben länger erhalten sein könnn.
Brach verlangt, dass, wenn als Erstickungsursache ein grosser
Bluterguss in der Pleura gefunden wird, die Paracentese wenig-
stens versucht sein muss, wenn nicht die Wunde als absolut
lethal erklärt werden soll. Nach obigen Auseinandersetzungen
ist dieser Ausspruch zu bestreiten. Der Erstickungstod durch
einen Bluterguss in die Pleura und das Pericardium macht die
Wunde absolut lethal, da keine Hfilfe von der Paracentese zu
erwarten ist. Anders verhält es sich mit dem Erstickangstode
durch Eiterdruck, gegen welchen die Paracentese der Pleura und
des Herzbeutels versucht sein muss, wenn nicht die Wunde abso-
lut lethal sein soll. — Die Kunstfehler beziehen sich hauptsäch-
lich auf die fehlende Anwendung der Kälte, der Blutentziehungen
gÖOf Dr. Georg Fischer,
und ein Sparen derselben bei vorhandenen Indicatioaea, den
Nichtrerhindem von Gemüthsaitfregttngen, kOrperlieken Beweguih
gm im Bette, Anstrengungen, schwerem Stafalgaog, sa aahiiiafter
and reichlicher Diftt, frflhem Aufstehen n. s. w.
€B8nl§tik.
Stichwunden.
1. Ted.
I) Penctrlrcnilc IVanden.
Reekter Teitrikal. i) Sae (De TorigiDe de la m^dec. legale; ReeoeJ
p^riod. de la Soc. de m^d. de Paris. T. 8. p. 31. 1800, 2. 8eaL> Eiu
Hofdame in Sardinien bohrt im Jahre 1728 ihrem schlafenden Gattea «sc
spitze, lange goldene Nadel in die Brost Tod wahrscheinlich ao gl eich.
8 Aerzte entdeoken hei der Section nichts; erst hei einer nenen üiter>
Buchung findet sich an der inneren Fl&ohe des rechten Ventnk^ ein kleii«
Loch, und ein fthnliches, diesem entsprechendes auf der Haut, durch des
Fettreichthum des Kranken fast ganz Terwischt
9) Stevens (Magazin Ton Gerson nnd Julius, 1829. I. 513.). Rech-
ter Ventrikel mit Nadel am Sulc. trans. verletzt. Pericard. voll Flot:
Tod nach 2 Stunden.
S) Dupuytren (A. Sanson, These 1827, obs. L p. 1<$. Lecoait,
19 J., mit Schaheisen (ratisse) von 3'' im 2. linken Intercost^ nahe an
Stemum verletzt« Getroffen bleibt er unbeweglich, wird abwechselnd nti
und blass, klagt Aber Eingeschlafensein in Beinen und Fflssen. (jerioge
Blutung. Bald Athmen genirt, viel Husten; Ohnmacht von 10 Miootei
(Essig). Beim Verband heftige Golik, copiöser Stuhl, Eiskftite. Oppressioo
nimmt zu, grosse Schwftche, f nach 4^ St Wunde der Haut und dci
Pericard. 7''' lang, letzteres voll Blut Rechter Ventrikel neben der Art
pnlmon. durchbohrt; Art. mamm. int angeschnitten, linke Lungenvasd
verletzt
Linker Tentrlkel. 4) Duchek (Handb. der spec. Path. u. Ther. I. B.
I. Lief. S. 81. 1862). Schusterpfriem dringt in den 6. Intercost Bcbief
nach oben, bleibt unbewusst 2 Minuten stecken, wobei Patient sieh weiter
beachiltigt Nach der Extraction sogleich Debelbefindea^ Patient eag^ ^
Deber die Wonden des Henens ond des Herzbeotels. gOl
werde sterben*, f nach ca. 10 Minoten. Linker Ventrikel an der Spitze
penetrirt, Bliit im P^rieardinm.
I() Metzger (de leihal. vnln. cordie. Regism. 1803. QerichtL med.
Abhandl. 1808. S. 26). Schoeterpfriem hinter 8. Rippe nach oben trifft
Spitze nnd linken Ventrikel, f nach 6 Minoten (4 as 6?).
G) Landsberg (Oppenheim'e Zeitschr. fDr gee. Medic XLIII. 4.
1860. S. 482). 88jfthr. Mann erhilt Stich mit 4kantigem Schoeterpfriem,
fBhlt nichts, geht Treppe herab, Aber die Strasse, nach seiner entfernten
Wohnung im 1. Stock. Nach i Stunde Erbrechen, Ohnmacht IntensiTC
Zeichen innerer Blotong . . . Herzschlag ondolirend, so dass beide Schl&ge
gleichsam als schleifende Tdne in einander gingen. Wonde 4eckig, ca.
1''' Dnrchm., links zwischen 6. ond 7. Rippe, 8" Ton der Mitte. Weder
Hasten, noch Emphysem, Lage indifferent. Grosses Hitzegefühl, etwas
Dorchlall, Geist klar. Obwohl die Lage der Wonde für eine Herzwonde
sprach, schien sie anwahrscheinlich, da znmal eine Perforation des linken
Ventrikels mit dem bestehenden Leben nicht übereinstimmte; je länger das
Leb^n, am so grosser die Zweifel. Diagnose: Innere Blotnng, vielleicht aas
Art intereost oder mamm. int; Aderlass, das Blat floss langsam, tropfen-
weise. Patient rahig, hat Todesahnong. Pols, Herzschlag schwftcher. Er-
öffnung der Banchhöhle mit Paraceotese. Aos Pleura floss kein Blat Pat
glanht sich besser, f sanft nach 16 S t Wenig Blat im Thorax, ca. 1 Pfand im
Fericard. Im linken Ventrikel eine etwas klaffende, IV" lange, Tollstlndig
penetrirende Wände. Eine Sonde drang nicht ganz ein, da innen Trabe-
cnla Torli^en. Adhäsionen zwischen Pericard. ond Zwerchfell. — Tod durch
Druck ond Lähmung, nicht durch Anämie. Merkwürdig ist der in 16 St
fast Tollendete Adhäsionsprocess.
9) Dapaytren (Le^. orales. T. U* 1832. p. 182). dOjähr. Mann stOsst
sich mit einer Feile 5— 7mal in die Herzgegend. Viel Blut aus Mund und
Wanden, aach *Laft aus letzteren. Athem kurz, Puls klein, Patient so
schwach, dass Aderlass nnmdglich. Später wiederholter Aderlass. Nach
36 St Auswarf Ton Blut and Eiter. Verband; Besserung, f nach 3 Tagen,
beschleanigt durch Besach der Geliebten und der Polizei. 5 dreieckige
Wanden, von denen 2 über, 3 unter der Warze. Viel Blut in den Pleuren;
Blatverlüst im Ganzen 3—4 Pfd. Im Pericard. kaum 1 Löffel toII Blut und
Eiter. 3 Wunden im Pericard., linken Ventrikel und linker Lunge. Innere
Wunden des linken Ventrikels schwer za finden, da das Instrument sich
in den Fleischsäulen verloren hat Ein Pfropf Torstopft innen die Wunden.
Das Blut stammt aas der Art intereost
•) (üeber den Volksgesundheitszustand und die Wirksamkeit der
Gifilhospitäler im Raiserthnm Rassland im Jahre 1855. St Petersburg
1866. S. 271). 2()!}ähr. M. stOsst sich Nähnadel in die Herzgegend; f
802 Dr. Georg Fischer,
nach 4 Tagen. Im Pericard. and linken Ventrikel eine nadeldieke Wiidc,
welche eine feine Sonde durchlSsst. Die ftaseere Wunde des linken V»
trikels war Ton einem trichterförmigen Geschwürchen tod ^*** Dmchaesier
nmgehen. Pericard. mit serGseiteriger Flflssigkeit, ohne Blat gefUlt; Y^M
nicht zn finden.
•) Th. Simon (VierteQahrsschrift f. gerichtL n. Mentl. Median. Kesf
Folge. III. B. 2. Hfi S. 291. 1865). 46jShr. Fran, melaneholiaek, Terietc
sich am Arm; Unterbindung der Art. radialis nnd nlnaris. Nahe an SUr-
nnm eine kleine, nicht blutende Wunde. Später erf&hrt man, das« Paäaakii
sich hier 4Stecknadeln, von IV' LInge, bis an den Kopf hlBO^estoeb
hatte, die von der Wärterin heransgesogen. Grosse Schwäche, Pols fcia
fühlbar, öfter Ohnmächten. Hehrfach Wein. Schwäche simmt an, stvki
Beklemmungen; f nach 11 Tagen. Kleine Wunde im 6. Interoost liaks:
im Mediast ant. Eiter. Ein \** langer, fester, röthlichweiaser Bindegevel»'
Strang heftet das Pericard. an die 6. Rippe. Aussen am Pericard. vüm
dicke Ezsudatmembranen; darin 2^ Unzen gelbrdthliche Flüssigkeit. Aisbm
am linken Ventrikel, nahe der Spitze, ein rundlicher Defect tob 0,4 Gla.
Länge, 0,2 Gtm. Breite, mit ecchymosirten Rändern, durch weiaeea, festes
Gerinnsel geschlossen. Eine Sonde entdeckte die innere, swisehea Muskel-
leisten verdeckte OefFnung. Dicht unter dem Pericard. zeigte sieh an der
Wunde eine erbsengrosse, blutig infiltrirte Höhlung, so daaa hier 4a
Pericard. von der Muscnlatur abgeltet war, dann wurde der Ganal wieder
enger, und war in der ganzen Länge mit Gerinnseln gefällt Deber disKr
Stelle im Pericard. 2 thalergrosse Ecchymosen, innen im Perieard. D«
Herzwunde entsprechend 3 kleine Substanzverlnste. Viel Eiter in der hsksi
Pleura. — Die Herzwande ist bei den grossen Verletzungen am Arm bei
Lebzeiten übersehen, die Unregelmässigkeit des Herzschlages dem grosiei
BlutTcrlust ans den Armarterien zugeschrieben. S. behauptet, daaa er den Woi
auch bei Erkennung der Pericarditis gegeben haben würde.» Der Tod er-
folgte durch die Nadelstiche, auch nicht durch BlutTorlnst, da der Pik
anfongs ganz toII war. Als Folge der Acnpnnctur ist die Plenrilia sinistn
aufzuführen, die wahrscheinlich von der Entzündung des Pericardiutt u^
Mediast. ant. fortgeleitet ist. Die Verwachsung des Pericardiam mit der
6. Rippe deutet Tielleicht auf eine frühere Verletzung, obwohl aosaea keiie
Spur davon wahrzunehmen ist. Mikroskopische Untersuchung der Muskel-
fasern.
Beide Ventrikel. lO) Gyriacus Lucius (J. Schenkii (Hwerr. sei
p. 261. Frankf. 1600). Student in Ingolstadt erhält mit spitM« Stilet
einen Stich links in die Brust, läuft über einen langen Plata, f sack
1 Stunde, bei vollem Bewusstsein. [Der Fall häufig in 2 Beobaehiuig«
getrennt von Lucius (Bonet, Sepulchr. anat p. 1612. §. IQ andSeheik
Oeber die Wunden des Herzens and des Henbentels. 803
, (Obs. med. Tar. nov. admir. Frankf. 1600. Lib. IL). Der Fall von Th. Zwin-
ger (Theatr. Tit hnman. Basel 1604. Vol. n. Lib. lY. p. 352) ist ebenfalls
derselbe. Demgemiss ist bei AUeweireldt, Fall 14 = 32, bei Zannetti,
FaU 2 » 138].
ti) Dnpnytren (Le^. orales. T. IL 1882. p. 178). 40j&hr. Mann,
Torstiramt^ ampatirt sich den Penis, Blntnng nicht stark, 6 Ligataren. Nach
einigen Tagen Delirien, welche anhalten; grosse Schw&che, Drin eiterig;
Paln langsam, Beine kalt, Athem normal. Oerebralsymptome Tormehren sich,
Abmagernng, f nach 3 Wochen im apoplectischen Znstand. Hjperftmie
im Gehirn and seiner HIate. Anf dem mit flflssigen Blut gefüllten Pericard.
eine Eoehymose; in derselben 2 enge Wanden dnrch falsche Membranen
obliterirt Zwischen 2. nnd 3. Rippe vorne eine Temarbte Wände Ton IV
Durchmesser. Ecchjmosea s wischen M. intercost nnd Plenra; 5, 6 kleine
Herswanden, Ton denen die meisten den rechten Ventrikel penetriren; eine
in dem Sept yentr., eine andere nicht penetrirende in dem linken Ventri-
keL flerasabstanx leicht zerqnetschbar. Die Henwande ist mit einer
langen Sattler -Nadel (carrelet) geschehen, welche mehrfach eingestossen
ist. Die Schiefheit der Wanden verhinderte die Blntang. Trotz genaaer
Beobachtang ist nichts gefunden, was eine Hersverletsang ahnen liess.
leehisr Vtrhtf« 19) F. Zannetti (Stndii sopra le ferite del caore
pin specialmente pella ntilita della pratica medico - forense. See. ediz
Firense 1866. Fall 85). 1839. Brudermord, Nadel; f sofort Blat im
Pericardiom«
tS) Ballingal (iSU; Oatlines of military Snrgery. 3. Edit. p.'296,
bei Zannetti Fall 109), von Dr. Qrace beobachtet, Nadel; f nach 2 Tagen
Art. ceiikarli. 14) Clark (New York Med. Press. Wiener Wochen-
schrift 13. 1860). l^fthr. Knabe mit Schnsterahle verletzt; i St be-
wnastLos, 4 St vOllig erschöpft, geht dann weiten Weg. Erstickangsanfllle,
PrScordialangst, Delirien, anhaltendes Erbrechen (Pargans). Nach 4 Tagen
Besaerang, Patient arbeitet etwas, Brechreis, f plötzlich am 8. Tage. Peri-
cardiom and Art coronaria 1" von Herzspitze verletzt, Herzmnskel ver-
schont Wände des Pericard. vernarbt; in demselben Blat Wahrschein-
lich war die Wände der Art coron. darch ein Goagalam verschlossen, wel-
ches sich knrz vor dem Tode geMst hat
VakMÜsuit il^) P. Zacchias (Qaaest medic. legal, op. VoL L
Lib. V. Tit 2. qaaest 2. p. 300. 1661). Wahnsinniger Priester reisst sich
Penis, Serotam nnd Hoden mit einem Male ab, steckt sich mehrere grosse
Nftdeln onter der linken Warze ein; f nach 6 Tagen «hie qaidem mira*
bfle aadita est", da alle Nadeln durch die Herzwftude gingen. ^
te) Ballingal (L c. bei Zannetti, Fall 110). Admiral oder Dpca
di Villeaeave. Selbstmord mit Nadel; f sofort
9Ö4' Dr. Georg Fischer,
a. Hit fremden ROrpern.
Rerkter YeDfrtkel. 19) Barbier (Jonm. des sciene* med. T. 32. p.9^
Paris. 1888). Gftrtner, vor 3 Tagen anscheinend sehr gesvod, hat j«tii
sUrke Oppression, Angst, die nicht zu erklären sind, i nach 10—12 S:
Ein Zahnstocher Ton Elfenbein, 1^ lang, steckt im Fleisch des Te:
trikels, ist leicht zo extrahiren. 8 I^cher ih der H6hle, so dass es sefain.
als ob der Ventrikel durch Contraction dem fremden K<(rper begegnet, sA
selbst Terletzt habe. Pericardinm schwarzbrann, enth< gleichgeflriitf
Flfissigkeit
Lisker Tntrlkel. M) Ronx (M^moires de rAcadteie roj. de Mfdcc
Tom. m. Faic. 3. p. 46-876. 1884. Paris). M. stOsst sich Feile io H«r^
gegend; Diagnose unsicher, t nach 21 Tagen. Langes Stfick der F«Oi
steckt in dem offenen linken Ventrikel und war wahrscheinlich beim Y«-
such, das Instrument herauszuziehen, abgebrochen.
19) S. S. Purple (New York Jonm. Mai 1865, FaO 10). Holx
Splitter, federkieldick, im mittleren Drittel des linken Ventrikels, f u<ik
47 Tagen an Brysipelas des Beines.
•O) T. Pommer (v. Pommer*s Schweizer Zeitschr. Bd. I. Hfl L
1836). 42 jShr. Mann. Selbstmord. Deber der linken 5. Rippe, nahe »
Sternnm, ragt 1" lang ein 3eckiger, spitzer, 5'' langer Schaber Gr hm
Kupferstechen) aus einer Wunde, war schwer zu extrahiren. 8 Wonden it
den Intercostalmuskeln zwischen 8. und 4., und 4. und 5. Rippe. 4 dr«>
eckige Stiche im Pericard. und am linken Herzen nahe sasammra, v«b
denen 2 in den linken Ventrikel drangen. 3 Pfd. Blut im Pericard. oi^
linken Piedra.
Beide Tenirikel. M) Ferrus (Repertoire g^ntral d^änatoniie et ^
phjsioL T. n. p. 402. Paris 1826). Stuart, 34]fthr., yerrfickt, stilsst uc^
zwischen linker 5. und 6. Rippe am 24. Mai ein spitzes Instrument in &
Brust. 26.: Blass, kalt, Puls klein, intermittirend , Athem knra, Aogr.
Wnnd*e fast Temarbt; heftiger Schmerz bei Berflhmng der Narbe, HwzsclüH
oberllftchlich, dabei wellenförmiges Knistern, fthnlich einem yaricOsen Aieo-
rjsma. Horizontale Lage schmerzhaft (Senfteig an die Waden). Bxtndioi
des Instrumentes wurde nicht versucht, da Patient versicherte, dass er es
habe nicht ausziehen können. 29.: Puls st&rker, regelmissiger (Äderte).
80.: Puls klein*, jenes GerSnsch dasselbe. 1., 2., 3. Juni: 24stfindiger Frost,
normale Auscnltation. Puls 103, unregelmSssig; die Arterienzusammefi*
Ziehung scheint nnvoUständig. Grosse Schwäche. 5.: An der Narbe eii
Feilengerftusch, ähnlich dem Geräusch von La6nnec (40 Blutegel). 6.:
Rvse am linken Auge. 7., 8.: Kopfrose, Geräusch ebenso. Zunehmend
Schwäche, f am 20. Tage nach der Verletzung. Iigection der' A^nduoi-
dea, Gehirn gesund. In beiden Pleuren viele Adhäsionen. Die Unke Loag«
Deber die Wanden des Benenfl und d^ Herzbeniele. 808^
stark mit dem Pericard. adhirirend, war durch dieeee in Folge seiner grossen
Aoedebnfnnf stark comprimirt. In demselben 10—12 Dnsen rOthlichen Eiters,
etwas fStide; ein Theil der Flocken nmhUHe das Her». Im unteren Drittel
dee linken Yentrikels steckte ein 4" langes, 2"' dfckes leisernes Stilet
(iLrt Pfriem, Uhrmacherfeile), so dass die freie Spitie aussen ca. 18'" Tor«
sprang, das Instrament das Septnm durchbohrte und die Spitse in detf
rechten Tentrikel drang. Bs lag fest, so dass es bei den Bewegungen sicbr
nkkt derangirte, und sehr sehief, was f&r die DnschAdlichkeit seiner Gegen-
murt sehr wichtig war.
•M) Leaming (London med. Gas. Januar 1844). Btnem ISjUbrigen
Mädchen soll am 4 August 18^ eine Nadel in den rechten Busen einge-
drungen'sein, wobei es nicht sicher, ob die Nadel unter der Haut stecke.
- L. fiwd die Spur eines Stichea 1" unter der Warze, beim Druck schmerz-
los. 8. Septbr.: Ohne Husten und Frost entstand rechtis Pleuresie, weicht
unter Antiphlogose wich. 18. Febr. 1848: Rechts leichte Pneumonie, dop-
pelte Bronchitis. Heilung; Hustetf blieb. 10. Mint Kirthapf^ dea l^erch-
fells. 26.: Heftiges Erbrechen, Puls 80. 5. April: Pericardifis, f am'
27. April, nach 9 Monaten. Im Pericard. eine Pinte flttssigen Bluties,-
wiele Adhftsionen in demselben und in den Pleuren. In deii linken Ven-
trikel springt die Nadel V ▼or, hatte das Septum und den rechteii Ventri-
kel durchsetzt und lag mit ihrem Kopfe in der Waoid des letzteren. Die<
gemachte Oeffnnng schien ganz mit coagulirbarer Lymphe Tcrschlossev
XU sein. ,
Rechter Terhef. WB) Sklarsky (Ami de la sant^; joum. russ^, nr. 21.
1841). öCjfthr. Frau, lange brustkrank, plötilidi gestorben. In den Win-
den des rechten Henohres, neben der Vena caya^ lag eine rost^e, 1" lange
I^adel so fest, dus sie nur mit Gewalt zu eztrahiren war, wobei b\4 in
3 Stocke zerbrach. Im Pericard. li Pfd. coagulirten Blutern Grossee Aneu-
rysma der Aorta desc, am unteren Theile ein Loch, welches in's PcvicardL
ging. 8. meinte dass die Nadel vom Oe^phaguli aus in*s Hers gdkoiftmeui
und durch die Bewegungen desselben sich im rechten Heraohi« fedtge-
setzt habe.
lersbeitel und Atrlt s4sc M) St Bartholoih. Hospital zu London
(Lancet 1860. Vol. L p. 90). Einer 19$fthr. Frau dringt eine Nadel in die
Brust, sie geht in*s Spital. Zwischen rechtem 2. und^d. Rtppenknorpel, dicht
am Sternum ist Vorq>rung von V' H0he, pulsirend; V' davon eine kleine
Wunde; nur ein kleiner Blutfleck im Hemde. Geffthl von Völle im Schlund'
und Schmer« in der rechten Schulter, Athem rascher. Patientin wollte
nicht im Spital bleiben; plötzlich heftiger Scbmern, Ohnmacht, Angst
Durch Indsion Ober dem Vorsprung, wird ein IV langes Stflck einer Nadel
eztrahirt Grössere Schwäche, f 1 Stunde nach Ankunft im SfftsL'
g06 D r. Georg Fischer,
2 Stichwanden im Pericardinm ; 1 Finte Blut darin. Am AafaDg der Aom
unter der Externa ein Blntergnss, V &ber den Klappen 3, 4 Stich vnadeB
darch die ganze Dicke, k" von einander.
üabesUmmt fft) Andrews (London Med. Times. 12. Mai 18G0; auch
Lancet 1860. Vol IL p. 186). öQjähr. Frau, sterbend an der ThBrschwelk
gefunden; Anamnese fehlt. Im Pericardinm l^f Finten Blut. Riae Fisch-
gr&te, H** lang, so scharf wie eine Nadel, mit dem stumpfen Ende im
Magen, hatte 8 Wunden des Zwerchfells und Fericardinms ▼eraalasst, ra
hinten in*8 Herz gedrungen, hatte das Septum und eine Vena coroa. dextr,
verletzt Im Darm einzelne Stfleke der Grftte, zum Theil verdaut
t) IVlelit penetrlrende IVanden.
Linker Teotrlkel. tS) Graves (1849. New York Med. Exmaiaer. V. 5.
p. 2 u. 94 bei Zannetti, Fall 116). Selbstmord mit langer Na deL Spitie •
des linken Ventrikels; t nach 8 Tagen an Garditis und FericsrditiB.
a. Mit fremden Körpern.
lackier TeitrikeL t9) Th. Simon (1. c. S. 301). 58j&hr. Frma, nelaii«
cholisch, Morgens frfih von der l^ftrterin moribund gefunden, Verletaua^
nicht nachgewiesen. Zwischen 7. und 8. Rippe, unter der linken Mamma»
ist eine 1" 10'" lange Stecknadel bis an den Kopf eingeetossen, in d«o
rechten Ventrikel, nahe der Spitze, ohne vollständig zu perforiron. VieJ
blutiges Serum und Blut im Fericardium. Herz normal. Das Blut stamst
wahrscheinlich aus einem Geflsse der Herzwand, genflgt indess kaum bei
seiner Menge als Todesursache. Tflngel glaubt, dass die im Henes
steckend« Nadel, wenn sie den Herzbewegungen nicht folge, das Organ
gleichsam fixire und seine Bewegungen hemmen könne. S. zieht die Ver-
letzung der Nervenoentra in Betracht Fatientin hat irQher stets ein Thicr
im Leibe gefDhlt; es ist daher fraglich, ob ein Selbstmord vorliegt, oder
ob sie nicht bloss »das Thier* hat stechen wollen. Tod vielleicht mo-
mentan.
99) F. Feck (Frov. Joum. Juli 1852). 6j&hr. M&dchen ftllt Mittags,
Brustschmen, bald besser. Abends Angst, Athem kurz, Nachts uimhi^
Der Arzt findet das Kind schlafend. Später heftiger Brustschmen, Hin*
fiUligkeit, i nach 10— 12 St Eine starke Stopfnadel war an der linken
3. Rippe, dicht am Stemum, eingedrungen und so abgebrochen , dass ein
1" langes Ende an der Basis festsass. Vorne, am rechten Ventrikel eine i"
lange, gerissene Wunde, nicht penetrirend, jedenfalls durch die Herzbe-
wegungen, bei welchen die Ventrikelwand sich an der Nadel hin- und her-
schob, entstanden. Im Fericardium viel Blut; Vene im Mediast verletzt
F. meint, dass die Diagnose wegen mangelhafter Dntersuchung des Kiades
nicht gestellt ist und dem Tode durch Extraction hätte vorgebeugt werdet
können.
Ueber die Wanden des Henens nnd des Henbeotels. g07
99) G. Soverini (Bulletino delle scienze mediche di Bolagna. 1859.
b^prile. p 302). 37j&hr. M. hat wahrscheinlich eine Nadel mit dem Basen
erschlackt; einige Tage leichte Schmerzen im Schlünde, grosse Schwäche,
ieind Laattragen plötzlich Ohnmacht, welche 3 Standen dauert, nach 2 Tagen,
>ei TÖliigem Wohlbefinden, Hintenfiberfallen im Bette und plötzlicher Tod,
>bne Lant, ohne Bewegung. Im Paricardinm 4^ Pfd. Blut, meist coagnlirt;
[1 inten rechts darin eine IV lange Nähnadel mit dem Oehrende in der
Pleura. Hinten am rechten Ventrikel ein Riss, 1|;" lang, oberflächlich, da-
bei aber 2 Zweige der Art. coron. dextr. nnd 2 benachbarte y^qqq ge-
troffen. Herz blutleer, contrahirt.
89) Renaaldin (Archiv, g^n^r. de möd. T. 11. 2. S4rie. 1833. p. 586).
M.« monomanisch, hat mehrfach ts sacht, sich das Leben zn nehmen.
OppresBion, kein Schmerz; matter Ton in Herzgegend. Am 13. Tage ver-
mehrte Oppression, Fat. erhebt sich, f am 18. Tage. Im Pericard. 2 Litres
seroparal. Flüssigkeit, Wände dick, innen grannlirt. Herz vergrössert; in
der Wand des rechten Ventrikels steckt eine 3" lange Nadel. Auf der
Haut keine entsprechende Narbe. Tod durch Pericarditis. Ungewiss, ob
Nadel verschluckt oder von aussen eingedrungen.
Bisis. 81) Krflgelstein (Henke's Zeit^chr. f. St.-A.-K. 1848. 4.
S. 295). 30jähr. M., übersteht die Gholera, plenritische Schmerzen; plötz-
lich heftiger Schmerz im rechten Oberarm, Angst, Oppression, kalter
Seh weiss, Pulslosigkeit; grossester Schmerz an der Mitte dea Brnstbeinea:
Tod. An dieser Stelle ragt .aus dem Stemum ein eiserner Stift, spitz,
ca. 1" hug nach innen; aussen nichts Abnormes. Der Stift hat Pericard.
und Basis des Herzens angestochen. Pericard. voll Wasser strotzend. Vor
12 Jahren hat Pat sich den Stift in die Brost gestossen, viele Jahre Brust-
beschwerden, Knrzathmigkeit, wogegea er nichts gebraucht hat
leraWatel. St) Milit. Med. Joum. in Rassland. XXIX. Nr. 2. (Schmidfs
Jahrb. 1841. S. 178). A. K. stösst sich 2 Nadeln in die linke Brost, hef-
tige Schmerzen, Aussen nichts Abnormes, Hasten, Angst Starke Antiphlo-
gose. Bald Schwäche, Tranrigkeit, viel Husten and Schmerz, f am 21. Tage.
2 Nadeln in der Lunge, mit der Spitze nach dem Pericardium za gerichtet,
Pericarditis, Garditis.
SS) Ger lach (Wfirzbnrg. Med. Zeitschr. V. 1864. S. 70). Einem
lOjäbr. Mädchen war vor 6 Wochen Nähnadel in Brust eingedrungen.
3 Ohnmächten, f bei der 3., als es auf die Bank gestiegen, den Arm er-
hebt Nadel im Rippen knorpel, hat Pericard. durchbohrt, war in das visce-
rale Blatt soweit vorgedrungen, dass das Herz sich daran verletzte. Peri-
carditis. Tod durch Irritation eines Herzganglions bis zur Sistirung der
Functionen«
jB06 Br. Qeorf Fisoh»?,
IL leiUig.
IMMttwii M) Trölat (Ballelia de th^npeat 1846. T.XXIX.p.2e
Paria 1846). Frialein Q. atöist sieh awiacheo 6. und 7. Rippe liaka cit
Nadel ein, merkt sogleich, daea sie eich den Tod ^egobeiL Mac^ iz-
am folgenden Morgen aes Patientin wie gev^Uinlieh. In der B»rxße§&
hatte man dae Oel&hl eines kleinen, fremden Kftrpesa, Dradk kann acJi^c
haft. Am B. Tage klagt Patientin, daes man ihr eine groaa« Hadd ■
Herren I^umb. Da die Diagnose jetst sicherer gewordeo, kleiBer Eiaachmc
Bxtraction einer Nadel, 2 Millim. anter der HsJit weg. Die Kadel hat 1^ Hüb
P^Hshmesser am grossesten Ende, ist 5 Ctm. lang» oxjdirt, var per^s^
calfr in's Herz gestossen. Tod nach 9\ Monat
S#) J. jLjnch O*0oanor (London med. Gazette XYIL Oethr. I'
19^. p. 82). SOjSihr. M., nim^t zam Selbstmord i Unze Laadaasm, wa
ches er wieder erbricht, stösst sich dann eine Stopfnadel in die Em
gflgend, Bchlftft 8 Stunden, darauf heftiger Schmerz, Schweiaa, laee^
Athem, Zeichen einer acnten Entzündang des Herzens and seiner His^
Verletzung unbekannt; Aderlass von 60 Dnzen; worauf Ohnmacht; B&n^
rang. Nach % Stunden schlechter. Aufklärung Aber Verletzang. ^^
zwischen 5. and 6. Rippe eingestossen, Einschnitt, fixtraction der ii'
langen Nadel aus dem M. intercost ext. Sogleich Nachlass der Sjmptoe
Nach 6 Tagen gesund. Pai lebte noch 10 Jahre. — (Simon hllt die Heß-
Torletzung fDr ungewiss, da es auffallend sei, dass die acute Herz- csfi
HerzbeutelTerletzung sich binnen 6 Tagen verlor).
Linker Teitrikel. SS) Escherich (Med. Oorresp. bajeracher A&i^
2» Jahrg. 1841. No. 40). Garditis, Pericarditis mit raschem Tod bei eis«
Arzte. Aussen am linken Ventrikel, nahe der Spitze, lag eine eingezogHi
narbenfthnliche Stelle, ebenso eine Narbe im Pericardium, der ftusaeren Hut
der linken Brost Pat ist Tor 7 Jahren mit dreiachneidigem, dlnaco, spiD^
Stilet, eine Querhand unter der linken Warze verwundet; 2 tiefere Stiel'
wanden im Ricken. Pat. am 3. Tage ausser Bett, am 6. im Bemfe tbS&$.
Die Stichwanden waren damals für nicht penetrirend erkllrt. Seit jetcr
Verletzung ?rar Pat sehr reizbar , leicht alterirt. Es ist eine nicht ptsc-
trirende Wunde des linken Ventrikels anzunehmen, die p. pr. int o^
Exandat geheilt ist GIftcklieher Verlauf durch Kleinheit, Form der Wob^*
Antiphlogose, Ruhe unterstfitzt
Mit fremden Körpern.
Eethler TeatrlkeL 99) G^rard (ßssai sur la löthalite des plaies peseff
da coeur. These. Strasbourg 1858. obs. 7). G^rard sab eiaea Sehlbr.
dpT sich eine Stricknadel in das Brustbejn geetossen hi^ttß. Die Oia«'
raden zogen einen Theil der Nadel aus, glaubten, dass sie ganz hw»
Ueber die Wunden d^ Eenwß wA des Hersbentelfl. ,^/QQ
wäre. Einige Zeit Schmenen in der Herzgegend; dann Geenndbeit. Nich
6 Jahren reehtß Pneumonie, Tod. In der Wand des rechten Ventrikels Toxin
und unten lag ein Metallstiel bis in das Sept.Tentr., bedeckt mit jfibrinOs^,
organisirten PfirOpfen.
S9) Kussmaul (Wfirzburg. med. Zeitschr. 1864. V. S. 61). Sin
junger Mann in Briangen, piit Tubercnlose, ohne Symptome eipes Herz-
leidens stirbt. Im Pericardium ein glatter, faseriger, aus Kal)ÜLdrxi^cbC|n
bestehender, bohnengrosser, nicht adhftrenter Körper; AdhSsionen im P.eii-
cardium. Im rechten Ventrikel ein 4'" langer Dorn Ton Prunus spinosa,
mit dünnen Fibrinmembranen bedeckt, frei in der Höhle. Narbe hinten,
V* über der Spitze. Der Dom war Tor 14 Jahren beim Essen von Rettig
Terschluckt, hatte eine Zelt lang Beschwerden in der Magengegend gemacht;
war die Veranlassung zum Pericardial^in. (Derselbe Fall tou Steinlein
in seiner Dissertation, Erlangen 18163, beschrieben.)
Lliker Ventrikel. S9)*Laugier (bei N^laton, Moments de pathol.
Chirurg. T. U. 1^. S. 473). Präparat im Musöe Dupuytren, nr. 34: (^jfthr.
IC^nn hat Haarnadel tou der Speiseröhre aus durch das Herz in den
linken Ventrikel bekommen. Herzverletznng nicht vermnthet, zuf&llig gß-
fanden. Tod durch (Gangrän des Beines, wahrscheinlich durch fimbolie
von den Thrombosen im linken Ventrikel herstammend.
40) Grnveilhier (Traitä d*Anat path. g^n^r. T. 2. 1852. p. 201)
sah bei einem Hingerichteten eine lange Nadel quer durch den linken Ven-
trikel liegend, rechtwinkelig zum L&ngsdurchmesser. Aussen niohts AJb-
Dormes, so dass die Nadel wahrscheinlich von d^r Speiseröhre her einge-
drungen. — (Vielleicht derselbe Fall von Jobert, der aus dem Herzen eines
Hingerichteten eine lange, mit Eiter umringte Haarnadel auszog).
41) J. Nein (New York Joum. of med. Juli 1849). Neger, 1 JaJIir
lang Brustbeschwerden, gelegentlich Herzklopfen. Tod. In der ftusseren
\?and des linken Ventrikels lag abgebrochene Nadel mit der Spitze nach
der Herzspitze zu, stark ozjdirt, 2" lang, in einer Cyste. Keine Oeffnnng
am Herzen, wo sie eingedrungen. Adhäsionen zwischen Pleura und Pericar-
dium, Spuren von Peritonitis.
SeptuB Tentr. 4t) Legraod du Saulle (Gaz. des höpit 1858 25.)
sah beiPiorrj folgenden Fall: 4()ifthr. Mann, wegen Gesichtsrose im Spital,
bekommt nach 4 Tagen eine so starke Phlegmasie, dass Asphyxie eintrat
und Petient vor der Tracheotomie starb. Eine 3,4 Gtm. lange Steck-
nadel, mit« Fibrin umgeben, steckte fest im Septum, ragt in die Höhle;
am Pericardium keine Veletzung^ Aetiologie fehlt (Wohl derselbe Fall, den
Piorry in der Union med. 1858, 32, von einem 5^ähr. Manne beschreibt
Tod nach 10 Tagen. Wiederholt auscultirt, keine Abnormit&t am Herzen.
5 Ctm. lange Nadel im Septum).
glO Dr. Georg Fischer,
IJihettiBmt« 4S) J. Hennen (ObserTations ob some importiitpd
in the practice of militarj aargery. Bdinbnrgh 1818. p. ^K>) beobiet^
Yon St. Hammick: Nadel im Henen, ohne Spur, wie sie dahin ^^
5 Monate Tor dem Tode Brnstechmen, f an Garditis. Immense ?erdiekd
nnd Erweitemng des Organs mit bedeutendem Austritt eoagniirharer Ljs^
an der OberflScbe, AdhSsionen am Pericardinm. — Derselbe FaU too Bii<
(Monthhj Jonrn. April 1843) Präparat im Royal Naval Hoap. an PljBod
Stecknadel.
Stich - Schnitti¥aDden.
Rechter TentrikeL
1) Pemetrlreiide lITanälem.
1. Seferi Ted.
44) OUiTierd' Angers (Dictionnaire d^ Medec VoL p.l6SlS.£i
Kutscher, Messer, geht 2 Schritt, f. 4.-6. linke Rippe, nahe sa ^
nnm durchschnitten; im Pericard. 2" langes, 6''' breites Loch; mIii«^
Blnt darin. Rechter Ventrikel im oberen Drittel geOffnet, Hen bhr^
sehr contrahirt, hart. Anfangs starke Inssere Blntnng, nachher den
Schiefheit der äusseren Wnnde gehindert Tod durch Gompression des Hens^
45) l^allace (Lancet 1833 — 1834; Behrendts Repertorinm. l^-
S. 383). J. B. erhält Wunde mit langem, spitzem Messer, stflrst, f. Vsi
unter 7. Rippe, am äusseren Rande des M. rect abd., IS*" breit . ^
Zwerchfell 1" tief in den Leib, wieder durch Zwerchfell, PericardhuB, i^
ten Ventrikel, Herzwunde 6" lang, viel im Pericardinm.
4e) Wittoke (Henke*s Zeitschr. f. St.-A.-K. 1839. 3. HfL &SL'
Knabe fällt, stürzt in ein Messer, t, Wunde zwischen linker 4. isA-
Rippe, V* lang, i" breit, ca. 1|" vom Sternnm entfernt; l\^ Kogen^
gr((sseste Breite des Messers. Pericardinm und rechter Ventrikel, i" ^
getrennt. 2 Uuzen Blut im Pericard.; 14 Qnart in Plenra. Tod dsK^
innere Blutung; Blut drang nicht nach aussen, weil die Wunde der War)
theile nicht mit Oeffnung in die Brust correspondirte, sondern Tersd»iis
war. Nichts Anderes, als die gerade, horizontale Richtung der Wonde ^'
fDr Mord.
49) Fischer (Hofrath; Hufeland's Journ. der pr. Arsn.-K. 1:^
V. Stock. MoTbr. S. 98). Bauer erhält Messerstich in den rechten Veiträi^
bewegt sich 60 Schritt fort, fällt nieder auf den Bauch, f.
49) G^rard (1. c These, obs. 18), beobachtet Ton Tourdes: ^
17jähr., erhält Stich mit Messer, blutet stark, f nach einigen Ißii^
Wunde durch linken Rippenknorpel, nahe dem Stemum. Pericard)»^
▼ielBIut gefüllt, comprimirt beträchtlich den linken Ventrikel. RecbttfT^
Oeber die Wunden des Henens ond des Herzbentels. 811
brikel gani durchbohrt, Pericardinm daTor nnd dahinter yerletst; Wunde
aadigt im Mediaet. poat., wo viel Blnt ergossen. Die Wunde der linken
Seite yerschoben, Tiel Blat in der Pleura, wodurch linke Lunge sehr com-
piimirt.
40) Targioni (1797 bei Zannetti L c. Fall 32). 6'" lange Wunde
des rechten Ventrikel und des Sepi intern , t n^ch wenigen Minuten durch
Blatung. Viel Blut in der rechten Pleura, wenig im Pericardinm.
^mi) Targioni (1804, bei Zannetti 1. c. Fall 39), Brust- und andere
Wunden. Wunde des rechten Ventrikels an der Spitze, f sofort durch Com-
pression. Blut im Pericardinm, wenig in der rechten Pleura.
«1) Targioni (1807, bei Zannetti I.e. Fall 42). Doppelte Wnnde des
rechten Ventrikels, i nach wenigen Minuten durch Blutung. Wenig Blut
im Pericardinm, Tiel im Thorax.
St) Targioni (1827, bei Zannetti 1. o. Fall 59). 6''' lange Wunde
vom am rechten Ventrikel, t nach wenigen Minuten durch Blutung. Wenig
Blut im Pericardinm. 8 Pfd. in der rechten Pleura (▼. 49).
S9) Betti (1828, bei Zannetti l. c. Fall 62). 6''' lange Wnnde des
rechten Ventrikels, f sogleich durch Gompression. Blnt im Pericardinm.
S4) Targioni und Zannetti (1830, bei Zannetti 1. c. Fall 66).
Wunde in Herzgrube durch Zwerchfell im rechten Ventrikel und Sept. intery.
f sofort durch Gompression. 1 Pfd. Blnt im Pericardinm, sehr wenig in
der linken Pleura.
lUk) Targioni nnd Zannetti (1839, bei Zannetti 1. c. Fall 84).
Selbstmord, Messer, doppelte Wnnde des rechten Ventrikels, f sofort
1 Pfd. Blut im Pericardinm.
Se) C. Millanta (1841, bei Zannetti 1. c. FaU 93), rechter Ven-
trikel Ton einer zur anderen Seite durchbohrt; f sofort. (3oagu1irtes Blut
im Pericardinm.
M) Welschins (Rat. Vuln. cap. 4. p. 41, bei Michaelis Bern-
hard! Valentin! Pandectae med. legal. Francf. 1701, part. ü. sect III. (as. 8-
p. 373). Stoss auf rechte Mamma, 2 Finger von der Warze. Lungen, rech-
ter Ventrikel Tollstftndig durchbohrt bis zu den linken Rippen, f sehr bald.
M) Jamal n (1. c These, p. 33). t sofort 600 Gramm coagulirtes
Blut im Pericardinm. Herz kleiner als normal. Wunde des Pericardiam um
2 Gtm. tiefer als die des rechten Ventrikels.
Gomplicatlonen.
ft9) Görard (1. c. These, obs. 20), beobachtet von Tonrdes: 27jähr.
Mann erhiUt Messerstich; Blutstrom, t nach wenigen Mjnnten. Wnnde im
linken 3. Intercost innen tou der Warze. Pleura, Lungenwand, Pericardium
mit Blut geffilU. Line&re Wunde des rechten Ventrikels, durch Sept. interr.,
T. LABgeobeck'i ktthiw für Cttirorglc. IX. gO
^12 ^^* GeorfT Fischer,
linkes Hersohr and Vena ^nlmon., endigt im Mediaat post Tiell
in linker Pleura, theib flfissig, theils coagnlirt I
eo) C. Millanta (1848» bei Zannetti 1. c. Fall 114). YerimJ
im RQcken; Wunde des rechten Ventrikels nnd rechten Vorhofes; t«
gleich dnrch Compression. Viel Blnt im Pericardiom.
ei) A. Niemann (Henke*8 Zeitschr. f. St.-Ars.-K. 1869. 1 B
8. 833). Schmuggler mit krummem Säbel erstochen« geht 10 Schritt.]
Wunde links 5" über Crista ilei, in der Mitte der 3. falaehen Rippe, I.
lang, l\" breit} Pinger draag 1" ein; Wunde unter dem 4. Rippenkaos?^
\" lang. 5 Pfd. Blut in beiden Pleuren; Pericardinm rechts 4" rerwasifl
Wunde im rechten Ventrikel 1" Tom Margo acutus, und auf der Obetfikk
wo Zweige der Art coronar. verletzt waren. Zwerchfell, linker Leberli?
pen, Magen, Milz, Colon desc, noch einmal Zwerchfell yerletzt Der l\
breite Sftbel muss mehr als mit dem 3. Theile seiner Lftnge eingedrassi
sein und mit seiner grossesten Breite gewirkt haben. Sch&ife des Sid»
muss nach unten gerichtet gewesen sein, denn nur so konnte der Stich u-'
der Brust in die Bauchhöhle dringen.
•9) J. Miller (Henke's Zeitschr. f. St-Ann.-K. 1844. 2. Hft S.4ST.
25jihr. Mann mit Messer erstochen, stürzt 18—20 Schritt weiter,.f. Was*
links zwischen 2. und 3. Rippe, U'' vom Sternum, 1|;" lang» 1" breit Kci^
pel der 3., 4. Rippe an- und durchschnitten; desgleichen Art mamai. ist.
Pericard. 1" geOffnet 6 Pfd. Blut in Pleura, 7 Unzen im Pericard. VTcii
des rechten Ventrikels, S"" lang, bis in's Sept interT., ohne letstttes i:
penetriren. Messsr passt genau in die Wunde. — Die Herswunde wsr b»
gitudioal, daher das Klaffen nicht so gross, und der Tod nicht auf derStelk
b. Ted spiier.
es) B. F. Joslin (New York Lancet Vol. I. Jan.- Juni 184S> V<^'
Schneidemesser; V' lange Wunde des rechten Ventrikels, f nach 10 M:
nuten.
04) Nickolai (Henkele Zeitschr. f. St-A.-R. 1844. 3. Hft. S.^1
24jfthr. Mädchen mit Brodmesser gestochen, springt zum Fenster biBU^
bewnsstios, f uach |; St. Wunde rechts zwischen & nnd 6. Rippe, nab« ^
Sternum, l" lang, endigt in der Mitte des Sternum. Eine penetriren de Bn^
wunde ist nicht zu finden. Das Sternum ist in der Mitte messerbreit fi^^
kommen durchbohrt, innen eine Spalte mit aufgeworfenen Rindern sichtbL'
Pericardium von rechts geöffnet, dem Canal im Sternum an Riebtang t^
Grösse gleich, mit Blut gefallt. Wunde im rechten Ventrikel %" lang, '^
gleicher Richtung,, wie obige; Valv. tricusp. zerschnitten; 8 Unsea filatis
Mediastinum. Messer nicht sehr scharf, daher die Durchbohrung des ge^u
den Sternum auffallend. .
Deber die Wanden des Herzen» ond des Herebentels. BIS
M^) Spejer (Henke's Zeitschr. f. St.- Ann. -K. 1838. 2.Hft S. 304).
38jfthr. Mann vom Brnder mit Meser erstochen, f n^b i St. Im Blot
schwimmend; Wände links swiscben 6. nnd 7. Rippenknorpel, 1" 2'" lang,
\" klaffend, schief Tsrlanfend. 6 fingerbreites Blnteztravasat im Zellgewebe.
Wunde des Pericard. V* 2*** lang, wenig Blat darin. Wände Torn am rech-
ten Ventrikel, nahe der Spitze, %" lang,, schief, IV" klaffend. 3 Pfd. Blnt
in linker Pleura. Beide Ventrikel blutleer. Unbedeutende Wunden am Kopf
und Oberschenkel.
•#) Weinhold (Hufeland*s Joum. d. pr. Arzn.-R. 1813. V. Stflck
78). Gapitain sticht Soldaten mit Degen in rechte Seite. Bald eiskalt wie
Marmor, wahrscheinlich Verletzung eines grossen Blntgefässes, f nach ^ St.
Der Mann war stehend rechts unter den falschen Rippen getroffen, wobei
merkwflrdigerweise das Herz verletzt war. Wunde drang in den grossen
rechten Leberlappen, von da musste der Degen zurückgezogen sein, der
Verletzte sich zugleich gewendet haben, denn 5" vom Ende der Wunde
begann ein 2. Stich, welcher das Centrum des Zwerchfells, Pericardinm,
rechten Ventrikel durchbohrte. Aussen nur ein 1 '"breiter Stich, welcher
dennoch innen einen oberen 11" langen Canal zum Herzen, einen unteren
6'' langen zur Leber bildete. Beim 2. Stich war der Degen über die Leber
hinweg in's Herz gegangen.
G9) Cecchi (1834, bei Zannetti L c. Fall 80} mehrere Wunden,
eine quer durch das ZwerchfeU. Hechter Ventrikel quer durchbohrt, bis
an die hintere Seite des linken Ventrikels. Starke äussere Blutung, f nach
\i St durch Blutung.
GS) G^rard (L c. These, obs. 19), beobachtet von Tourdes: H.,
83jfthr. Mann, erhftlt Messerstich. Starke Blutung, f nach 25 Minuten.
Wunde zwischen linker 5. nnd 6. Rippe schief. Viel Blat in linker Pleura,
linke Lunge vorn unten leicht zerrissen; Pericardinm rechts geöffnet, gefüllt
mit flassigem nnd coagulirtem Blut. Herzwnnde liegt auf dem Sept interv.,
geht durch in rechten Ventrikel, endigt auf seiner rechten Seite.
SG) Mos Chi (1817, bei Zannetti 1. c. FaÜ 4G). Wunde des rech-
ten Ventrikel, kleinfingerdick, f nach ( S,t. durch Blutung. Blnt im Peri-
cardinm, Mediastinum.
90) HQbner (Rasteubnurg; Sammlung von Natur- nnd Medicin
n. s. w. Geschichten. Breslau 1718; Frablingsquartal, 4. Versuch. Class. IV.
art. 11. pt 996). Frau mit Degen durchstochen, f nach 1 St. Wunde im
rechten Ventr., nahe der Spitze und Basis, ^ Daumen breit. Viel Blnt er-
gossen — (als Breslauer Sammlung citirt).
91) Targioni (1806, bei Zannetti 1. c. Fall 40) doppelte, wenige
Linien grosse Wunde des rechten Ventrikels, f nach 2 St. an Blutung.
Blut im Pericardinm nnd linken Pleura.
52'
814 Dr. Georg FiBcher,
119) iBensehmfdt (Veriiandl. d. ▼ereiDigten irstL Oes. d. Schve
Zürich 1828. Hft. 1. S. 68). Messer; f nach 2^ St. b*" lange Wosa
Tome oben im rechten Ventrikel
9S) Schlegel (Miacell. nat cnrios. ann. II. obe. 118; bei Allev^
reldt, Dissertation snr les l^sions m^caniqnes dn coenr. These. Paris W
nr. 78. p. 27. obe. 26). f nach 5«6t (bei Jamain fiüach nach 6 Tasn!
M) W. Babington (Medical records and researcbea. Londoo 17%
p. 69. nr. 4). Marinesoldat fUlt anf Bajonett, das anter d^ liske
falschen Rippen perpendicnlir bis Enm Griff eindringt. Psatient «t bt «i
ohne Hfllfe ans, geht 8—10 Sehritt, fUlt ohnmächtig hin. Wenig SdtBc
Wnnde 2" Ober Hüfte, dringt in Bauchhöhle. Trots anscheinend geziapf
Blntnng grosse Schwäche, Rllte, Pnls kanm fühlbar. Doppelter Aderhsi
giebt kein Blnt Bin Theii des ans der Wnnde Torgetretenen Ketiea vvv
abgeschnitten. Alles Getränk macht Uebelkeit, kein Brbroehen. Atka
Anfangs frei, später schwerer, snletat sehr schnell nnd mühsasL Keio ffi;t
answnrf. Bmst- nnd Magenschmerzen, welche sehr heftig werden. Schar.
anf der rechten Bmsl, so dass der rechte Arm nicht an gebrancbeDk
Obere Bmst schwillt; nach einigen Stunden die ganze Bmst, Gesiebt, ffu
znletzt der ganze Körper geschwollen, f plötzlich an ^atjcknag o::
9 Stunden (ftdsch 9 Tage, Zannetti, 14 Stunden, Guthrie). Gai:
stets klar gewesen. Wunde dreieckig, links mitten zwischen Linea albs asc
Rückgrat, 1" breit, klaffend, schrig auf -einwärts; Colon, Magna 9" tcc
Pyloras, linker Leberlappen, Zwerchfell yerletzt, tou da in die Bmai Vis^
des Pericardium und des rechten Ventrikels im unteren Theile, wieder dsrtt
Pericardium, Lunge. Ausgang rechts neben Steraum, zwischen 2. iid:
Rippe. Bauchhöhle, Pericard. enthalten wenig Blut, rechte Pleura aekr ^
2 Quart Kein Koth in der Bauchhöhle, durch den entstandenen Pd€ia>
thorax draug bei jeder Exspiration Luft in die Wunde zwischen des Kip-
pen, daher allgemeines Bmphysem. (Sehr geringe Symptome der HerzwzB^e
(Von J. A. Ehrlich in den Ghirarg. Beobacht Leipzig 1796. Bd L pi 9^
Anmerk. falsch als Wnnde des rechten Herzohres citirt).
M) de la Motte (Trait^ complet<de chirargie. Tom. IIL Paris 1132
p. 87). Soldat, Degen, Wnnde zwischen linker 6. und 6. Rippe, t lod
12 St. Linke Brost voll Blnt; sehr kleine Wunde an der Spitze des reck
ten Ventrikels. Wahrscheinlich trat bei jeder Diastole eine gewisse Http
Blut aus; aber die Wunde war so unbedeutend, dass eine so lange 2eii
(12 St.) dazu gehörte, um die in der Pleura befindliche Blutmeage n
liefern, weil sich die Wnnde bei der Systole schloss und keinen Trop^^s
Blot entleerte. Aerzte nnd Chirurgen, welche nicht bei der Sectios «««£•
wollten den Fall nicht glauben, weil Patient so lange gelebt hatte.
9G) Jobert de Lamballe (R^flexions sor les pfaues p^n^traates^
Deber die Wanden des Henena and des HenbeatelB. 815
coear. Arob. g^nör. de MMec. Sept 1839. m. S^rie. T. VI. p. 5). Prits,
3djähr., erhält Bajonettwande links sm Niyean des 4. Rippenknorpels.
Heftiger, sber oberflächlicher Schmerz, intensive Dyspnoe, Angst. Hen-
schlag sehr aufgeregt; man hört ein Geränseh, als wenn Blut von einer
Arterie in eine Vene fliesst Trots Blntegel, Aderlass, f nach 18 St
Pericard. 3,4'" lang vorn getrennt, grosser Pfropf darin; 2,3"' lange Wände
am Gipfel des rechten Ventrikels. Flflssiges Blut in der Pleura.
9t) Chianea (Rec de Möm. de Möd. et de Ghir. milit. T. XL p. 85.
Paris 1823). Soldat, Hesser, f luu^h 36 St Wunde des rechten Ventri«
keift nnd der Leber. Blut in der Pleura.
ra) Henri ab Heers (Observ. medic. p. 114—117. Lngdun. Batav.
1685). Ehemann stOsst im Zorn seiner schwangeren Frau einen Dolch
rechts in die Brust Abortus, t am 2. Tage. Wunde des rechten Ventrikels.
90) Nie. Tulpius (Obs. med. Lngd. Batav. Ed. V. Lib. IL cap. 18.
1642). 2 Wunden a) in Leber, Magen, Zwerchfell; b) durch Mediast in
den rechten Ventrikel, f am 2. Tage. Viel Blut im Pericard. .... eum
tarn effnsa sanguinis copia,' ut illi undiquaque innataret nobilissimum hoc
viscus ..."
8e) Restrick (Chirurg. Journ. milit T. 2. p. 397, bei Allewei-
reldt L c p. 28. obs. 80). Mann erhält Wunde mitten links im Thorax;
Emphysem umher. Schwäche; kein Fieber, Blutauswurf, Athemnoth. Ader-
lass, Besserung. Dann Syncope, f am 2. Tage. Sehr kleine Wunde des
rechten Ventrikels, der blutleer; im Pericard. fStides Blut
91) Dupuytren (Le^. oral, de clin. chir. 183a T. 6. p. 845, bei
A. Sanson. Th^e. 1827. obs. III. p. 18). Renvoy, 21jähr., trunken, er-
hält 3. Febr. Stich; merkte erst nach einigen Schritten an der Blutung,
dass er verwundet; Nachts auf dem Kamp^lats liegend. 4.: ein Arzt setst
2 ScbrOpikOpfe um die Wunde, zieht viel Blut aus. Wunde links zwischen
5. und 6. Rippe, IV vom Stemalrand, 1'' lang. Bei jeder starken Inspira-
tion, Husten, dringt Blutstrahl, schwarz, kleinfingerdick, 2 — 3'' hoch aus
der Wunde. Lage auf Rücken und linken Seite unerträglich. Athem,
Husten angestrengt, kein Blutauswurf, noch Emphysem. Puls sehr klein,
105. Gesicht bleifarbig, kalte Extremitäten. Abends Aderlass, 5 gr. Bella-
donna. 5.: Nachts 2 Stunden Schlaf, Patient fflhlt sich besser, Athem
leichter, Puls voller, 90, Wärme gleichmässiger. Mittags Aderlass. Abends
mehr Dyspnoe, Puls sehr klein und fireqnent 6.: Dyspnoe sehr gross.
Aderlass. t am 8. Tage. 2 Finten Blut in linker Pleura. Rechter Ven-
trikel an der Spitze durchbohrt; Pfropf verschliesst Oeffnnng. Aorta auf
das Volumen der Cruralis verkleinert. Wunde der linken Lunge und des
Pericardium.
8t) Le Voyer (Mäanges de chimrg. par Saucerptte. Vol. L
816 I^r- Georg Fischer,
p. 874. Paris 1801). Soldat, 24jSbr., erhUt Stich mit Degen, konai^
1^ Meilen Tom Schlachtfeld nach Hanse. Wenig Fieber. 9. Tag: Fat. «k^
sieh, speist mit den Gameraden, passirt die ReTue. 3. Tag: Eitsgw Fkb^
Aufregung, Atbem sehr schwer, Patient kann sich weder aufrecht ei^ak^
noch liegen, f nach 3^ Tagen. WuDde quer durch rechten Ventrikel, 61
lang; darin 2 fettige (graissenx) K6rper, Ton denen der grOosere ai d^
.VaW. tricnsp. entspraog, sich nach unten direct auf die Wand« legte, ^
den Blatanstritt modificirt hatte. Pericard., linke Pleura mit irieefaeB M
gefallt (Secnndäre Blutung am 8. Tage).
88) Domini c. Panarolus (latrologisimoram sea medee. oleerr
Pentecostae quinqae Romae 1652. 4. Hanau 1654. 4.), Beobaehtnag ^
römischen Chirurgen Gulielmus Riva: Frau Tulpha erbilt 7 Wniida
Ton denen 2 in den rechten Ventrikel driogen, t na^ch 4 Tagen (Uct
Panaeolns; häufig als 2 Fälle von P. und RiTa beschrieben, a. E te
Zannetti Fall 6 und 139. Von Letzterem als Wunde des rechten VoiM»
und Tod nach 2 Stunden aufgef&hrt).
M) Zacharias Fürst (Ephemer, medic. academ. natar. cnrioa Dk
II. Ann. ni. Norimbergae. 1685. obs. 113). Soldat sticht mit Degen ^
erhöhtem Platz eine Magistratsperson: letztere stfirzt Geringe Bhta^
Geist stets klar, f am 4. Tage. Lunge, Pericardium, rechter Veotrftii
durchbohrt, so dass der Eingaog der Wunde fast 1 Querfinger bOber H
als der Ausgang. (Nach der Zeichnung findet sich EingangsOffnirag vmk
Ausgang hinten). Viel Blut in beiden Ventrikeln, ganze Thorax mit Blc
gefönt (falsch als Wunde beider Ventrikel beschrieben. Bei Alle veireUt
ist dicHe Beobachtung obs. XXI. ohne Citat, während obs. XXIV. jenes ö»
hat, Ton Verletzung des rechten Ventrikels und Tod nach 4 Tagen spiiekt>
§ft) Spencer Smith (The Lancet 26. Jan. 1867). 21jähr. Maas, be-
wusstloB, mit kalter, feuchter Haut, fast unmerklichem Pnbe, tiegei^
Athem, contrabirten Pupillen am 25. Decbr. ln*8 Spital gebracht Ln^
normal, Herztöne fast nicht zu hören, Herzstoss nicht sichtbar. 1" iztff
und rechts von der linken Warze war eine Stichwunde, welche horiioittil
unter den Weichtheilen von links nach rechts sich l\" erstreckte. Ait»*
rienblut ans Wunde und Muud; bald Bewnsstsein znrfick. Eis inaerüti
äusserlich. Patient schlief Nachts, aus der Wunde drang noch 12 St hif
Blut 26.: Haut warm, Schmerz in Rücken und Beinen, Puls 86. 27:
Grosse Schwäche; keine abnormen Geränsche am Herzen und io Lst^
28.: Suffocatioaserscheinungen ; heftige Stiche in Herzgegend, kons Heim-
liche Dämpf ang, Herztöne stärker und rauher, als vorher; an der ^tfttf
schwaches Reibegeräusch. 29.: Alle Symptome heftiger; in der Hengegei'
starkes Knistern, Puls 120. t am 5. Tage. In den letzten Tsgeo BHa-
egel, Opinm, Reizmittel. Wnnde zwischen 5. und 6. Rippenknoipel; »
Deber die Wonden des Her/ens and des Henbentels. 817
»ricardimn, welches durchbohrt, 5 Unien flOseigee Serum und Bliteosgn-
m ; beide Flftchen der Membran mit frischer Lymphe bedeckt, stellenweise
atrk geröthet Hen vergrOssert, weich. Wände des rechten Ventrikels 8"
311 der Spitse, \" lang, mit Lymphe bedeckt Links Plenritis.
9A) T. Bartholin (Hist aoat. et med. rar. cent. L bist 77. p. 115.
mntekL 1664). Messer, zwischen 3. and 4. Rippe links. Patient geht
ingen Weg ans Vorstadt nach Hanse, beh&It Bewnsstsein, t am 5. Tage.
TiiDde des rechten Ventrikels mit kleiner» schmaler Oeffnnng. Blntergass
s Pleura (keine Dyspnoe).
69) Boyer (Pourcroy, M^dec. ^lairöe par les sc. pbys. T. n.
. d2. Paris 1791). Selbstmord, 66jfthr. Mann, Messer in Hals und 1 fin-
erbreit vom Proc. ziph. über dem 7. Rippenknorpel, 1" breit. Aofaogs
on oben nach nuten, dann von unten nach oben. Kleiner Finger dringt
iemlich tief ein; kein Lnftaustritt , die Wnnde schien nicht sn penetriren.
^atient ruhig; starker Aderlass. 11.: Aderlass. Schmerz im RQcken, Nar-
roticnm. 18.: Gesicht gelblich, Ausdruck Terändert. Athem wird röchelnd
^jocope, Pols schwach. 14.: Tod am 5. Tage. Im Pericard. riel röthllches
Wasser mit Blntklnmpen. Rechter Ventrikel rerletst; die Inssere Wunde
Eiemlich breit» die innere sehr klein, so dass kaum die innere Haut ganz
geöffnet war, woraus hervorgeht, dass die Spitze des Messers kaum pene-
trirt hat, w&hrend die breitere Klinge aussen eine entsprechend grossere
Oeffnnng machte.
89) Dupuytren (Leg. oral, de clio. chir. 1839. T. 6. p. 846; bei
A. Sanson. These. ^1827. obs. VIIL p. 16) Didon, 32jähr. Frau, Selbst-
mord, Tranchet (Messerkneif), dessen stumpfes Ende sie gegen eine
Mauer gelehnt Quere, 1'' lange Wunde zwischen linken 6. und 6. Rippen
knorpei, stürzt sogleich. Starke Blutung ans Wunde und Mund. Athem
schwer, Puls rasch (2 Aderlässe). Besserung. Frau, di Monat schwanger,
abortirt. Nach 3 Tagen Athem schwerer, Gesicht blass (20 Blutegel am
After), keine Erleichterung (Aderlass, Senfteig, Vesicator). Symptome stei-
gern sich. Beim Athmen beftige Thoraxbewegnngen, wobei man Pat. halten
mnss; t &m &• Tage. Rechter Ventrikel vorne in der Mitte durchbohrt,
fester Pfropf ▼erschliesst den Eingang. Peric4urdium mit Blnt gefQUt; Ver-
letzung der linken Lunge.
S0) Billy (Zod med. gall. obs. X. April^ bei Bonet, Sepulch. anatom.
T. ni. p. 876. obs. 3). B, 24i&hr. Mann, erhält im Kampf Stich mit Degen
(Schwert) 2 Finger unter der rechten Warze; f »m 5. Tage. Wunde zwischen
3. und 4. Rippe, Verletzung der Lunge, Pericardium, rechter Ventrikel unter-
halb des rechten Herzohres — (falsch als Wunde des rechten Herzohres be-
Bchrieben . . . tandem immediate infra cordis auriculam dextram rentriculi
snbditi fondnm attigisse gladii mncronem . . .).
818 !>'• Georg Fischer,
•O) Stadelmeyer (Med. Gorresp.-BI. bajersefa. Aerste. K Jmir
1848. Nr. 3). 1. März mehrere Stiche mit Messer. Sogleich regiiB^^?
auf dem RftckeD, TodteoblSsse, Angen starr, Glieder kalt, Pols
Atbem kaum bemerkbar. Plötzlich kreischendes, sehmeraiiaftes
sich wiederholend, mit Ohnmacht abwechselnd. Schmers in Oaieilei^ Er
brechen. Weder Blntang, Hnsten, blntiger Answnrf, noch BrnatbekteuMM*!
Banchwnnde, ans welcher Netz prolabirt. Verband, Gelmiztiir mit Sjr. d,A
Nachts Unruhe; Durst, Puls fadenförmig, oft Erbrechen, keine Ath^nbeiekOT
den. Erbrechen durch Laudannm Terringert 3.: Btwas Bessmisg^ 4
Durchfall; Brustsufftlle und Erbrechen fehlen, SchluchzeiL IMii Dert^
fall, durch Laudannm, Extr. Gascar. gestillt. Heftiger Magenachmtf«; Aätr-
lass entleert nur 3 Dnzen Blut. Nachm.: Verftdl, IMirien, t am 5.
Tage. Wunde rechts zwischen 1. nnd 3. Rippe, 10|"' vom StNona, >'
lang, femer Wunde 3^"' rechts von der Mitte des Stemomn und ßV' '^^
Sternoclayiculargelenk, 11"' lang, sodann Wunde am Baneh, ObersehesM
Durch die 1. war die Art. inter. prima durchschnitten. In der ntkm
Pleura 6 Pfd. Blut. Durch die 2. war Pericardium nnd rechter y^tnts
▼erletzt; Peiicard. zu \ mit Blut gefüllt Die innere Wände des rsctei
Ventrikels mehr als 5'" durch Blutcoagulnm ziemlieh fest verkMt ^
der freien Fläche des Endocardiums, der Umgebung der Wunde ein Üakr-
grosses Exsudat. In der linken Pleura 3| Unzen hlntigen Semn». Mages-
wunde. Lungen unverletzt
•I) Schwartz (Mittheil, aus dem Archiv der Gesellseh. pr. äi^ss
in Riga. I.Samml. 1839). Messer, Wunde aber 5. linker Rippe; tief. Bis sa
5. Tage ohne Besorgniss. Am 6. Tage geht Pat umher, worauf Blotai^
die nur 'auf Eis und Tamponade stand. Bald Oppression, HersacUag liekt^
fahlbar. Puls frequent, Glieder kahl. Aderlass. Links Mattigkeit. SiSAm
Oppression; Paracentese des Thorax, wobei sich nichts entleert, f >•
6. Tage. Pericard. und rechter Ventrikel verletzt Untere Fliehe ^
Herzens durch Adhäsionen mit Pericard. verklebt, daher untere Wnnde fe-
schlossen, die obere vom Extravasat im Pericard. bedeckt. Perieard loi
Fett umgeben, welches Ausflnss des Blutes gehindert Durch die Bewe-
gung des Kranken war dieser schatzende Wall durchbrochen. 4, 5 Pfss^
Blut im Thorax. Ein zelliger Strang vom Pericard. zur Pleura hinderte dei
Ausflnss bei der Paracentese. — Die Herzwunde begann zu verheilen. W&«
die Operation höher gemacht, so h&tte Pat sich verblutet.
•9) (Miscell. Cnrios ann. 3. dec 3. app. 2). Mord, Messer, fai
6. Tage. Wunde des rechten Ventrikels. Brusthöhle ganz mit Blut gefitit
•9) Oh. F. Garmann (Ephem? nat curios. Dec. IL ann. IIL obser.
114 Norimberg. 1685; conf. Abb. der römisch-kaiserl. Academie. T. Hn
p. 189). Mann, trunken, erhUt Stich mit kngem, spitien Messer wdä
Ueber die Wunden des Henens and des Herzbeutels. 819
ureh Knorpel des Sternom an der 5. Rippe. Wände des rechten Ventrikels,
''' lang, 3 Finger Aber der Spitse. Ans der Wände kam yiel Blnt nnd
ymphatiscbe Flfissigkeit (haemor Ijmphaticns), wie sie im Pericard. ist
>lininacht, Delirien, kein Schlaf, Atbem schwer, Pnls langsamer, nnregel-
QSUssig; t am 6. Tage. Viel Blnt in der rechten Pleura (bei Allewei-
-elldt ist dieser Fall obs. XXII. und derselbe wie obs. XXV.).
•4) Vols (Mitthea aus dem badischen &ntl. Ver. IX. 13. 1855).
97a nde dicht unter dem Proc. xiph. links, schief nach oben und aussen,
y* klaffend; es floss beständig schwarzes Blut mit Blutblasen vermengt
aas. Knorpel der 6. Rippe sichtbar durchschnitten; t am 6. Tage. Wunde
des rechten Ventrikels, dagegen Lungen, Zwerchfell nicht getroffen.
Stt) de TBcluse (Histoire de TAcad. roj. des scienoes. 1744. Paris
1748. p. 14. art 9. yeröffentlicht von de la Sdne). 39i&hr. Mann erhUt
Stieb mit Degen etwas unter der linken Warze. Behandlung anscheinend
erfolgreich, so dass Patient am 5., 6. Tage sich ziemlich gut befand. Ver-
schlimm^jrung, t md 7. Tage. Rechter Ventrikel zwischen Spitse und
Mitte getroffen, das ganze Herz mit coagniirtem Blut gefftlli
••) ValsaWa (Morgagni, de sed. et caus. morb. Venetiis 1761.
Tom. II. Lib. IV. art. 3). 35j&hr. Mann, Messer, Wunde zwischen 5. und
6. Rippe in der Mitte des Stemum. Sofort grosser Gollapsus. Nach 3 Stun-
den allmSlige Wiederkehr der Kräfte. Am folgenden Tage Husten, Durch-
fall. Letzterer hörte am 6. Tage auf, Husten immer schlimmer. Vom An-
fang an OefQhl eines grossen Gewichtes im Bauch, t am 8. Tage. Sehr
viel Blnt im Thorax. Durch Wunde des Zwerchfells strOmte das Blut aus
dem Thorax in die Bauchhöhle. Rechter Ventrikel yerletzt, so comprimirt,
dass aus der Wunde kein Blut drang * (bei Sanson sind Fälle X. und
XUI. dieselben).
•9) Morand (Opuscules de chimrg. 2. Tbl S. 184. Paris 1772;
Histoire de Tacadem. royale des sciences. 1735 (Paris 1738). p. 21. obs.
anat. 9). Soldat erhält Stich mit Degen zwischen 5. und 6. Rippe, unter
linker Warze, 2 fingerbreit Tom Sternum. 3 Tage ohne schwere Symptome,
am 4. Fieber, Athemnoth, t am 9. Tage und i Stunden (nicht am
2. Tage nach Zannetti Fall 20). Pericard. vome und hinten durchbohrt.
Wunde des rechten Ventrikels, nahe der Spitze, des Zwerchfells, Leber,
Blut im Pericardium; eiteriges Serum in beiden ThoraxhGhlen. — M. zwei-
felt, dass ein ähnlicher Fall mit so langem Leben schon bekannt.
•§) Diemerbrock (Anatom, libr. II. cap. VI, p. 266 bei Bonet
und de Jong). W., 22iähr., Schwert, geht 60—60 Schritt, stflrzt, Ohn-
macht Wunde sehr klein, Blutung gering. Als man am 3. Tage den Ver-
band löste, starke Blutung; Pat isst und trinkt Abnahme der Kräfte.
Bewusstsein, ohne Schmers, t «n 9- Tage und 8 Stunden. Wunde rechts
820 T>T Georg PiBcber,
swiBcheo 5. und 6. Rippe, wo sie in den Knorpel abergebeo, 1" breit. Wnodo
des rechten VentrikelB nahe der Insertion der Vena cavs oberhalb der ?al?.
tricnsp. Pericardiam und Pleura voll Blot
•9) Idonis Wolf (Obs. med. chir. libr. dao. QnedHnbnrK 1704.
obs. 9. p. 21). Beobachtvogen von F. Dekkers: Baaer erh< Stich mit
Messer, stürzt sofort, viel Blut ans Wunde. 8 Tage ohne alle Erscheinui-
gen; Arterienpuls nirgends gefühlt f am 9. Tage (nicht 2. Tag, Zannetti
Fall 16). Wunde des rechten Ventrikels 2 Finger breit
lee) Jobert (1. c. S. 7). Prevot, 21j&hr , erh< am 80. April
7 Stiche mit Messer, 5 Minuten ohne Besinnung, sofort yiel Bio! aas
Wunden. Links vom Epigastrinm 6 Wunden, deren grosseste 4 Finger nnter
der linken Warze, unter der 6. Rippe, 8"' lang var; die anderen Wanden
lagen tiefer. Grosser Collapsus; Geräusch, wie im Fall 76; von mehreren
Studenten gehört 1. Mai: Nachts starke Blutung; Athemanstrengung, Ge-
räusch hörbar. 2.: Als dem Patient plötzlich seine Mörder gegenfiberge»
stellt werden, tiefer Schmerz, Reibger&osch (bruit de rftpe). 3.: Beklem-
mungen, linke Bruatseite fast ganz matt, mehr Schmerz. 4. : Grosse Schwäche^
Schmerz in der Herzgegend sehr abgenommen, Reibgeräusch. Mehrere Ader-
lässe, worauf Erleichterung. 6.-6.: üandbäder, Laxantien. 8.: Nach Ans-
leerangen schien Besserung zu kommen. 9.: Plötzlich Ersticknngsnoth, t
am 9. Tage. Allgemeine Blässe, linke Lunge durch serösblutigen Erguss
comprimirt, keine Wunde. Die grosseste Wunde unter der 6. Rippe geht
schräg bis zur Insertion des Pericardiums am Zwerchfell; Wunde des Peri-
cardiums, nicht des Zwerchfells; Wunde des rechten Ventrikels, der ganz
durchbohrt Auf dem Wege, den das Instrument genommen, Fibrinpiröpfs.
Wunde des Pericard. durch Pfropf verstopft, welcher gleichzeitig der Herz-
wunde anhängt, die im ganzen Verlauf mit einem Pfropf ausgekleidet ist
Herz gross, schlaff. Pseudomembran im Inneren des Pericard. Alle Wun-
den zeigen Ecchjmosen. Bauchwunden in Leber, Magen; eine 1'' tiefe
Leberwunde ist mit Pfropf bekleidet, welcher beide Lippen zusammenhält
101) Sönac (Traitö de la structure du coeur, de son acUon et de
ses maladies. T. IL 1749. p. 372). Junger Mann verletzt, Syncope, Er-
holung; Bewegungen frei, Appetit, t aim 9. Tage. Wunde fiber der Valr.
tricusp.
t09) Augö (Marigues, Remarques sur le plaies du coeor; Ancieo
Journ. de m^dec. T. 48. p. 244. Paris 1777). Mann mit Doloh links ge-
stochen. Ganz wohl, plötzlich nach einem Fehler in der Lebensordnnng
Wunde wieder aufgerissen, t am 13.' Tage an BlntTerlustund Schwäche.
Wunde des rechten Ventrikels zwar sehr klein, aber doch eine grosse Menge
Blut austreten lassend (Moriquez bei Zannetti).
tes) Maschner (Ver. deatsche Zeitscbr. tSt-Antt.*K» 184& Neue.
Ueber die Wunden des Hersens nnd dee Henbentels. g21
Folge. OL Bd. L Hft. Nr. X. S. 163). 19jShr. Mann, durch Eintchlag-
meseer xwiechcn 4. nnd 6. Rippe, 2" rechte Tom Stemnm, Tenrnndei
Sterke Blutung, weder Husten, Schmen, noch Auswurf. Es drang ein helles,
schaumiges Blut stossweise ans. Strenge Antiphlogose. Pat bis zum 8. Tage
ohne besondere Symptome, ausser Bett, wollte in Dienst gehen. Am 10. Tage
Tief schlechter, BrschiSpfung, grosse Unruhe, Husten, knner Athem, f am
14. Tage suifocatorisch. 108 Unzen Blut in Pleura. Wunde des Pericard.
%" Durchmesser mit obliterirten Rftndern. Kleine Wunden des rechten Ven-
trikels mit glatten Rändern; nirgends Anh&ufung tou Blut oder Entzflndang.
104) Müller (Obserr. et bist chhrurg. en douze centuries. Oeneve
1799; J. Y. Meckren, Obs. med. chir. Amsterdam, p. 158. 1683 (1652?).
Wunde rechts, f am 14., 15. Tage (yielleicht gleich Fall 105).
KI4«*) Lieutand (Historiaanatom* med. ed. Portal nnd ed. Schle-
gel. Gotha 1796. toL 9. obs. 609). Soldat, vulnns penetrans nsque in sinum
deztmm cordis, Eiter in der rechten Brusthöhle am Herzen, t D»<^h 15
Tagen (beiZannetti L c. Fall unrichtig als nicht penetrirende Wunde cit).
iOA) N. Huler (Sennert, Opera. Liv. V. part. 4. chap. 3. p. 864.
Firis 1641).
.Nicol. Mulerins, dem Leser einen Gruss.^
Man hat bis jetzt geglaubt, dass eine Herzwunde nicht mehr als eine
kleine Stunde das Leben erhftlt. Es muss hier die äusserst merkwflrdige
Geschichte eines Soldaten erwähnt werden, welcher mit einer Herzwande
länger als 15 Tage lebte. Eine Beobachtung dieser Art ist weder von alten,
noch von neueren Ärzten gemacht. Andreas Haesevenger in der Ge-
hörte das berühmten Grafen Wilhelm tou Nassau, GouTerneur von
Friesland, GrGniogen n. s. w. erhielt von seinem Kameraden eine Brust*
wunde am 22. August 1607 Abends und t 9,m 8. September 1 Stunde nach
Sonnenuntergang, also nach 16 Tagen. Auf Befehl des Miiitairprätor
machte ich die Section mit dem Chirurgen Gaspard und Luc Hnlien
in Gegenwart des edlen Bernhard Hoorkens und yieler berühmter Offi-
ziere. Nach Eröffnung der Brust floss Tiel flbelrieohender Eiter aus, die
Wunde drang in den rechten Ventrikel, hatte diese ganze Partie afficirt,
während der linke Theil intact war. Damit Niemand an der Wahrheit zwei-
felt, ist der Fall beglaubigt durch den edlen Beruh. Hoorkens, Präfect
der Stadtgarde und Peter Pappus, Miiitairprätor. Letzterer wird diese
merkwärdige Beobachtung in seineu weisen Armeecommentaren aufnehmen.
Geschehen zu Groningen, 22. Juni 1627.
Bernhard Hoorkens, Obiges bezeuge ich.
Geschehen am 22. Juni 1627.
Feter Pappns von Tmtzbergk, ich bezeuge, dass diese Geschichte
ud flr mieh hinreichend eonstatirt ist
822 Dr. Georg Fischer,
tOB) Letennear (Balletin de la Sociale anatom. 13. Jahrg.. p. dOa
Paris 1838). Präparat; 6 Stiche mit Messer in die linke Warzengegend,
f am 18. Tage. 2 Wanden des rechten Ventrikels dnrch PfrOpfe ge-
schlossen.
109) Dominicas de Roy (Bonet, Sepnlehr anat. p. 160. §. 13;
anch bei J. B. Pantonns, Giomale de' UtteraU d'Italia. t XXI. p. 148)
schente sich nicht, mit einer Sonde die Herzwnnde eines Mannes nachzn-
weisen. Ohnmächten, heftige Herzpalpitationen, Tiel weisser Biter ans der
Wnnde des Pericard. Wunde des rechten Ventrikels, t *^ 33- Tage —
(hSafig als 2 Fälle von Roy und Fantonns, als Wände des linken Ventri-
kels beschrieben. Alleweireldt obs. 29ss41. Sanson citirt den20. Tag).
tOS) LOaillot (Mdm. möd. snr le traitm. des plaies p^netr. de la
poitrine). f «n 28. Tage nnverhoflft in Folge einzelner heftiger Mnskel
bewegangen. *
1%i ipateri Mit CeMpUcatiraei.
109) Mos Chi (1829, bei Zannettr 1. c. Fall 64). 7''' lange Woode,
theils im rechten Vorhofe, theils im rechten Ventrikel, t nach \ Si
dnrch Blatnng. Wenig Blut im Pericard., sehr viel in der rechten Pleura.
tt0) Jobert (I.e. S. 6). Anbert, Ö^ähr., Selbstmord, doppelsehnei-
diges Messer, zwischen 5. und 6. Rippe links, 2'' vom Stemalrand, pa-
rallel mit Intercostalraam, 6—7''' lang. Nach 4 Stunden änsserste Prostn-
tion, Athem penibel. Links nnten matter Ton, Athem mit gargoniUemeot)
dabei Blatnng ans der Wände. In Herzgegend Geränsch, ähnb'ch dem Sa-
snrrns bei Aneurysma Taricos. Pat. kann nicht links liegen. Mehrere Ader-
lässe. 2. Tag: Mattigkeit links stärker« unmöglich eine starke InspiratioB
an machen, Pols klein, nnregelmässig, Herzschlag rasch. 3. Tag: Obiges
Geränsch verschwanden. 4. Tag: Snffocation Tormehrt, heftiger Schmoi
in der Herzgegend bis zum nnteren Winkel des Schnlterblattes, Hersschlag
dnmpf; Reibegeränsch (brnit de räpe), grosse Unrnhe. 5. Tag: Mattigkeit
in Herzgegend stärker, f am 6. Tage Wände des Zwerchfells, 2 Wanden
der Herzspitze, rechter Ventrikel ganz dnrchbohri Viel Blnt in der
linken Plenra; Pericarditis. Beide Wanden der Spitze mit Lymphe gefttOt,
welche die Ränder vereinigt Hers sehr weich, enthält weissgelbliehe PMpfe.
Itf) Ver. dentsche Zeitschr. ffir St-Arzn.-K. 1856. Neoe
Folge. VL Bd. 1. Hft. Nr. 8. S. 163. Nach der Verletznng sofort zqszd-
mengestfirzt, bewnsstlos. Aderlass gab icaam li Unzen Blnt Unrnhe, Rt-
dialpnls nicht fOhlbar, am Hals, Leiste deutlich. Athem mhig, mitnnter
Erbrechen, mehrfach dabei nnwillkfirlicher Stohglang. Blässe, Kflhie. Er-
holnng noch f Standen, dann wieder bewnsstlos, t nach 18 Standen.
Wände dreieckig, rechts 2" nach Aussen von Warze, SV"' luig, zwiseheo
Oeber die Wunden dee Henens nnd des Henbenteb. 82S
4. nnd 5. Rippe, Linke Pleura ganz mit Blnt geffiUt, ebenso im Pericard.
Vfnnde der rechten Lnnge, Art pnlmon. dextra, Aorta, rechter Yen-
trikel, in letxterem kaum 1'^' Durchmesser.
tl9) Mercier (Bullet de la Soci^t^ anat de Paris. XII. Jahr,
Paris 1837. p. 249). 45jShr. Hann, Selbstmord, Degen, welcher schmal
und dreieckig, seine Spitze abgeplattet, 28chneidig. 9 Wunden am Bauch,
Ton denen 3 unter dem Nabel, die anderen darflber. Einige dreieckig, von
der Form von Blntegektichen, andere linear. Durch die breiteste, 4"' lang,
rechts unten im Bpigastrium, war wahrscheinlich das Herz verletzt Pat.
sprach erst nach 2 Stunden, gab an, dass das Instrument 6'' tief einge-
drungen, Leibschmers. Leib gross, empfindlich. Puls klein, Irequent Wun-
den so klein, dass man an der Penetration zweifelte. Aderlass; t nach
15Stunden. Verletzt sind Netz, JejQuum, Vena cava adsc, Niere, Leber,
Zwerchfell, Pericardinm, worin wenig Eint, untere Flftche des rechten Ven-
trikeb zweimal, IV" und 3'" breit, sodann die Aorta dicht hinter einer
Klappe. Letztere bedeckte aufgerichtet die Wunde, welche 2 V gross. Hin-
ter der Wunde der Aorta eine nussgrosse Höhle mit Blutgerinnsel. Lungen
unverletzt Wunde des linken Herzohres.
c) Ttdi nbestlmmte leit.
tlS) Angenstein (Gasper's Vierteljabrsscbr. fQr gerichtl. u. öffentl.
Medic. 23. Bd. 1863. S. 330). Mord; Taschenmesser, Wunde oben auf
dem Stemum rechts, 10'" lang, klafft etwas, scharfe R&nder, spitz e Winkel
abwärts auf der Mitte des Stemum rerlaufend. Wunde des Knochens so
eng, dass die feinste Sonde nicht durchging, glatt, ohne Splitter. Viel Blut
in Pleura und Pericardinm. Wunde des Pericard. 8"', des rechten Ventri-
kels 5"^
114) Traill (Monthlj Journ. Decemb. 1848).
9) IVIclit penctrlrende Wunden —Tod«
tift) Latour (Histoire de h^morrhagies. T L p. 72. obs. 83. Or-
leans 1815). Mönch, Selbstmord, Messer, perpendicolir fiber Ansatz des
Zwerchfells, dann schief nach oben. Lebt 13 Tage ohne Zufälle, Puls ruhig,
dann plötzlich Athemnoth, f am 13. Tage an Erstickung. Boyer fand
Wunde des Pericard. und rechten Ventrikels, dessen Wände in I;" seiner
Dicke getheilt waren. Das nicht getheilte Viertel widerstand anfangs dem
Blutdruck, zerriss zuletzt (?), daher Erguss nnd Tod.
tie) Neu röhr (Henke's Zeitchr. f. St.-Arzn.-K. 1825. 3. Hft. S. 133).
40jähr., Schiächtermesser. 9. Jan. Starke Blutung, Tiel Brustschmerz,
Athemnoth, Puls klein. Verletzung l\** lang zwischen Stemum und Warze.
Sondirung stellte Penetration fest Keiu Blutspeien; aq. Goulardi, riel
schnarzes Blut dringt aus, Hand auf Wunde. 11.: Starkes Fieber. 12.
:8g4 ^' Georg FUeher,
GrosBe Seh wiche» nahrhafte Dilt, Chinadecoct 16.: Delirien, grosse Ob-
rohe. 19.: f nach 10 Tagen. 4« Rippe darchschnitteo » iinlES 8" voa
St«mnm, Art intercost verletit Im Pericardiam, welches V huig
yerletzt, 4 Unzen Blnt Wnnde des rechten Ventrikels l*" tief, 1^''' laa^
1''' breit, ohne Entzfindangserscheinnngen. In der linken Plenra 10—12 üu.
Blnt Lnnge verletzt -r (Mangel gehöriger HQlfe, Anwendung des Oeges-
theils). — Anch als Fall von A. Henke anfgeführt
S) Fremde Mftrper — Tod.
Die beiden Fälle, in welchen die fremden KGrper nicht direct ateefaea,
schliessen sich an Fall 17 an.
tl9) (Froriep's Notizen. XXIII. p. 63). Seit 8 Tagen Bmstschmer-
zen. Tod im Hdtel-Dien. Im rechten Ventrikel fand sieh ein 14'' langes
Knochenstück, welches das Herz mehrfach dnrchstochen hatte.
f M) J. G. Greisel (Ex litter. D. O. S. Jnng, Vienna VratisL missis
ad D. Sachsiam. Ephem. medic. phys. acad. nat curios. Dec. I. ann. L
Lipsiae 1670 obs. 41). Ein TabercnlOser f plötzlich an Erstickung. Ausser
Ulcerationen der Lnnge fand man »multo mirabilins", im rechten Ventrikel
ein grOnes, nnyersehrtes StQck Brunn nenkresse (foliolnm Sisjmbrii},
welches nach Aussage der \7ittwe am Abend Torher genossen war. Dabei
Ruptur der Lunge in die aspera arteria (Trachea). — Ebenso nnvahr-
scheinlich, wie dieser Fall, ist die Beobachtung Ton J. Hebenstreit (in
libello de Feste), wo ein Mann, der wegen heftigem dolor cordis die be-
rfihmtesten Aerzte consultirte, starb, und man bei der Section einen ^
Wurm im Herzen fand.
Linker VentrikeL
fi) Pesietrlrende IVandeii ^ Tod«
a. Ted sefert^
iI9 — tee) Ollivier d*Angers (l c S. 249). Mittheilnng von Dr.
Denis Mord durch PapaToine an 2 Kindern. 1) Messer ron Tom nach hifi*
ten, bis Wirbelsäule. 2) Von oben nach nnten, durch linken Ventrikel, bia
tief in die Leber.
191) Casper (Pract Handbuch der ger. Medic. Thanatoiogischer
Theil. 1857. S. 210). 3 Messerstiche; links li** aber der Warze und
links zwischen 5. und 6. Rippe, IV von der Warze. Beide lagen \" von
einander. In linker Pleura 20 Unzen Blut Wnnde an der Basis des Pen-
cardium, dicht am Zwerchfell, \" lang, Wunde des linken Ventrikels ebes-
solang.
199) Behrendts Repertorinm. Jahrg. V. 1834. ApriL S* 888, Moid,
Deber die Wonden des Horzens und des Henbentels. 825
Schastermesser, t n^b wenigen Minuten. Reine Blotnng. Verletz, des
5. Intercost i*\ nahe am Sternnm. Im Pericard. viel Blut. Verletzung des
linken Ventrikels nahe der Spitze.
ttS) Görard (l c. obs. 12). Beobachtung von Tourdes: 26j&hr.
Mann, Selbstmord mit 28cbneidigem Messer. Sogleich Blutstrom, Syncope,
dann wieder Besinnung, Ohnmacht, f mit den Worten: »ich Onglflcklicher,
was habe ich gethanl* Thränen in den Augen. Wunde zwischen 7. und 8.
Rippe, nahe dem Sternum. Enormer Bluterguss in linke Pleura. 2 Lungen-
wunden, in rechter Pleura kein Blut. Wunde des linken Ventr., nahe der
Spitze; viel Blut im Pericaid., im Ganzen mehr als 2 Kilogr. Blut extra va-
sirt Innen war die Wunde durch Fleiscbsäulen bedeckt.
it4) Targioni (1798, bei Zannetti 1. c. Fall 33). Messer; linker
Ventrikel ganz durchstochen, f durch Gompression, Blut im Pericard.
It5) Targioni und Zannetti (1813, bei Zannetti I.e. Fall 105).
9**' lange Wunde des linken Ventr. f nach wenigen Minuten durch Blutung.
MG) Targioni und Lecchini (1849, bei Zannetti L c. Fall 117).
t durch Gompression. Viel Blut im Pericard.
199) Targioni und Lecchini (1853, bei Zannetti i. c. Fall 124).
Schräg penetrirende Wunde. Wenig Blut imPericard. 5Pfd. in der linken Pleura.
M9) Diem erb rock (Anat corp. hum. u. s. w., lib. VL de arteriis.
p. 605. 1689). Duell, Degen, Mitte der Brust, stQrzt, .quasi fulmine ictus
concidit, moxque exlinctus est*, linker Ventrikel durchbohrt. — Einen
fihnlichen Fall sah D. früher in Lejden.
M9) Balth. Timaeus (Gasus med prax. 36 aonornm obs. Leipzig.
1667. Lib. VL Obs. 38.). Hasselroth, Stud., erhält im Duell Wunde
mitten in die Brust, etwas über dem Sternum, stQrzt und f sogleich . . .
magnum profundumque in cordis usque sinum sinistrum . . . (nicht seno
destro, nach Zannetti).
ISO) OHivier d'Angers (L c. S. ^49). Gensdarm erhält Degen-
stich. Linker Ventrikel allein durchbohrt. Herz contrahirt, blutleer, Peric.
ausgedehnt.
131) Ollivier d'Angers (Annales d'hygi^ne pubL et de m^d. l^g.
Juli. 1843.). Graf Siraj fällt in den Stockdegen seines Gegners. Wunde
zwischen link. 6. u 7. Rippe, 10 Gtm. von der Mitte des Sternum, 9 Gtm.
Ton Warze, 9 Millim. lang, 2 Millim. klaffend. Im Peric. 8—4 Unzen Blut.
Wunde des link. Ventrikels 1'' lang hinten, durch und durch. Verletzung des
Peric , Lunge^ Zwerchfelles, Magens u. s. w. Klinge 22 Gtm. lang, vierseitig.
tat) Gasper (Pract. Handb. d. gerichtL Med. Thanatolog. Theil.
18&7. S. 352). 84 jähr. Frau ermordet mit scharfem, dreikantigem Instru-
ment Tod durch Verblutung; linker Ventr. ganz durchbohrt, ausserdem
linke Lmge, Zwerehfell.
Dr. Georg Fischer,
C o m p 1 i c a t i 0 B e IL
tSS) A. Niemann (Henke*« Zeitschr. f. Si-A.-K. 1857. a Hfl
8. 184). HaDdwerksbnrsche mit Messer erstochen. Wnnde links 4'' 1*^
nnter Clavicnla, 2" von Mitte d. Stemnm, 1" lang, i'* breit, 4., 5. Ripp«
durchschnitten. Im dnnkelblaorothen Pericardinm 1 BsslGffel sehwarsrSth-
Ichen, coagnlirten Blutes, unten 1" &** durchschnitten. Wunde der Hert-
spitse, 1'' lang, des linken Ventr. 9"' lang, das Septnm eingeschnitten,
Verletzung von Kranzgef&ssen. In linker Pleura i Quart Blut, in rech-
ter i Quart.
b.Todsplter.
184) Wallace (Lancet. 1833—1834. Vol. U. No. 5). Schuster
beim Auflauf erstochen, f nach 6 Minuten. Vordere Wand d. linken Ven-
trikels durchstochen.
ISA) Langenbeck d. Aelt. (Nosol. u. Ther. der chir. Krankh. 1830.
Bd. 4.). Federmesser von Herzgrube aus durch Zwerchfell in linkes
Ventrikel, f binnen 10 Minuten.
ISe) Rosini (1839, bei Zannetti, L c. Fall 86) 5''' lange Wunde
des linken Ventrikels, f nach 12 Minuten an Blutung. Aeussere Wnnde
2 Daumen lang.
IS9) Alberti (1839, bei Zannetti, 1. c. Fall 88). 9"« lange Wunde
des link. Ventr., f nach 10—12 Minuten an Blutung. 6 Unzen Blut in
Pericardinm, 6 Pfd. in linken Pleura.
IS8) Targioni und Zannetti (1842, bei Zannetti, 1. c Fall 96).
11'" lange Wnnde des link. Ventr. an der hinteren Furche, f nach cm. IS
Minuten an Blutung. 8 Unzen Blut im Pericardinm. 3 Pfd. in link. Pleura
t89) Bonajuti und Zannetti (1843, bei Zannetti, Lc Fall 106).
11 ''^ lange Wunde des linken Ventrikels, nahe der hinteren Lingsfnrche.
t nach i Stunde an Blutung. 9 Unzen Blut im Pericardinm, 8 Pfd. io
linker Pleura. (Sehr wahrscheinlich derselbe Fall mit 138.)
140) Beck (1853, bei Zannetti, 1. c. Fall 131). H. erhält 7 Wod-
den der linken Lunge und 3 des link. Ventr., geht umher, töricht, f nach
^ Stunde.
141) Morgagni (De sedib. et cans. morb. Venetiis. 1761. T. ü.
Lib. IV. Bp. 53. Art 26.) Bettler in Mailand, 40jähr., erhSlt Messer-
stich, 2 Qnerfioger unter linker Warze, geringe Blutung, geht 66 Schritte,
setzt sich, erbricht, f nach ^Stunde. In Pericardinm und linken Pleuz
viel Blut. Wunde des linken Ventr., vorne in der Mitte; aussen eng, iBoao
so klein, dass sie nur bei bedeutender Anspannung der Theile zu sebea
war. Speisereste in Lunge.
449) 0. Millanta (1849, bei Zannetti, 1. c. Fall 119). 3'" Issfi
Ueber die Wanden des Herzens und des Herzbentels. 827
Wunde des linken Ventrikels, einem Zipfel der V. mitralis gegenüber, f nach
^ Std. an Blutung.
148) Bonajuti und Zannetti (1845, bei Zannetti, I.e. Fall 111).
Mord. 7^'" lange Wunde des linken Ventrikels, f nach 1 Stunde an
Blutung. 2 Unzen Blut im Pericardium, 3 Pfd. in linker Pleura.
144) Mosch i (1831, bei Zannetti, 1. c. Fall 68). Linker Ventrikel
ganz durchbohrt, f nach Ik Standen durch Blutung. Viel Blut im Peri-
cardium, sehr viel in der linken Pleura.
t4ft) Gerard (1. c. Obs. 18.), beobachtet von Tourdes: Kalater,
erh< Stich in die Achselhöhle, geht 40 Meter, ruft »ich bin yerwundet,
ich muss sterben!''. Blutspuren auf jener ganzen Strecke, Kleider mit Blut
durchtr&okt Nach 3 Std. in's Hospital; sehr schwach, kalt, blass, bewusst-
los, ohne Pols, Athem frei, f nach ^ Stunde, also 3^ Stunden nach der
Verletzung. Wunde links, zwischen 5. u. 6. Rippe, 6| Ctm. unter Achsel-
falte. 16 Ctm. von Mitte des Stemum, 32 Millim. lang, linke Pleura gefUllt
mit Blut. Lunge verletzt; Pericardium 18 Millim. lang geöffnet, Wunde des
linken Ventrikels, im unteren Viertel, ganz durchstochen, 15 Millim. lang,
6 Millim. breit, Septum durchbohrt Wundkanal im Herzen 5 Ctm. lang.
t4e) Targioni (1799; bei Zannetti, 1. c. Fall 34). Daumenbreite
Wunde des linken Ventrikels, f nach einigen Stunden an Blutung.
Wenig Blut im Pericardium, viel in der Pleura.
149) Targioni und Lecchini (4848; bei Zannetti, I.e. Fall 113).
9"' lange Wunde des linken Ventrikels. Wundkanal schräg, eng; Verletzung
der Leber, f nach einigen Stunden an Blutung. Viel Blut im Bauche
und Thorax, c%. 6 Unzen im Pericardium.
149) Gonrtial (Nonv. obs. anat. sur les os. Paris. 1705'. Obs. III.
p. 138.) Degen, zwischen linker 5. u. 6. Rippe von unten nach oben.
Pat. geht mehr als 600 Schritte, geringe Blutung, Athem leicht, f nach 5
Stunden. 4 Unzen Blut in der Brust. Linker Ventrikel im oberen Theile
durchbohrt, in die Wände drang kleiner Finger ein.
149) Hodge (Americ. med. • chir. Review. IV. 3« p. 496. Mai.
1860). t nach 36 Stunden.
MO) Featherson (Med. -chir. Transact. T. IL London. 1813.
p. 58—62; auch als Fall A. Oooper*s citirt: A case of wound of the
heart. Gommunicated bj A. Cooper, read April 24. 1810. in Med.-chir.
Soe.). Soldat ftUt auf Bajonett, zwischen linker 6. und 7. Rippe, geht
zur Leibwache in einiger Entfernung, wo das Bajonett von einem Sol-
daten ausgezogen wird; er selbst konnte es nicht ausreissen: Bald Sjn-
cope, Beine kalt. Puls kaum fDhlbar, geringe Blatong; nach i Stunde Besse-
rung; Stich durch die brüst von Wunde aus. Sonde dringt IV tief ein,
obwohl Bajonett augenscheinlich 2" eingedrungen. Pat. kann nicht rechts
▼. Langenbeck, ArebW f. ChtriirKie. IX. 53
828 I>r« Oeorg Fischer,
liegen, niebt Bicfaer» ob Wnnde in Pleura penetrirt Aderlans. Fat steht
am folgenden Tage auf, gebt im Saale umher, spricht lebhaft, wird daiu
rahiger, steht ans dem Bette auf wegen Ansleerang, Sterbegef&bl« f pl6ti-
lieh, nach 49 Stunden. Wunde 9"' breit, \" tief, Klappe der V. raitr.
lerschnitten. Blut in Pericardinm und Pleura.
Mi) Maschka (Prager med. Wochenschr. 1864. 2.). 19jftkr. Mann
erh&it Messerstich swischen linker 5. und 6. Rippe, gleich weit tosi
Sternum und Warze, blutet wenig, 9'" lang, 4'" breit Herzstoas deutlich,
ruhig, kein Ger&usch, Herzdämpfung normal; beim Vorbeugen des KGrpen
stossweise Blut aus der Wunde; bald Puls schwächer, f am 3. Tage. 2
Pfund Blut in linker Pleura. Wunde des Pericardinm 6'" lang, 2'" klaffend,
etwas Blut darin. Wunde Torne im linken Ventrikel 5*'' lang, mit scharfes,
eng aneinander liegenden Rändern.
tft9) Sue (3«- Osserraiione. Lez. oral. Tom. 2. p. 182—186. 1883.
bei Zannetti, 1. c Fall 70). Wunde sehr klein, f nach 3 Tagen an Pe-
ricarditis.
tftS) Thompson (London Med. Times and Gas. Nov. 7. 1863).
17 jähr. Mann fällt am 5. Oct in ein Bajonett, welches vom Pat selbst
herausgezogen wurde-, geht einige Schritte, Ohnmacht, starke Blntang.
Wunde links zwischen 5. u. 6. Rippe, IV »ach unten und aussen von der
Warze, dreieckig, kleine Pinger kann eindringen. Haut wurde verscbobeo
so dass die Hautwunde der tieferen Wunde entsprach, drang Luft ein und
aus, stossweise arterielles Blut; Zustopfen der Wunde. 6.: Grosse Schwäche,
Pfropf entfernt, Naht 7.: Herz nach rechts gedrängt, Reibegeräusch. Oa-
lomel mit Opium. In Wunde elastischer Gatheter und ein Schoppen bräoo-
lieber, blutiger Flfissigkeit aus der Pleura entfernt. 8.: Hers in aonnzler
Lage, Geräusch an der Spitze. Besinnung schwindet. 9. : f &ni 4. Tago.
Wunde des linken Ventrikels, 1^** Ober Spitze, geht hinten am Septnm
durch. Schoppen schwarzen Blutes in linker Pleura; anch Blut in rechter
Pleura, wo Bajonett eingedrungen.
154) Meyer (Baldinger*ä Neues Magazin. Bd. IV. S. 105.).
Wunde links zwischen 6. und 7. Rippe, unter Mamma, wo M. serr. ant maj.
und M. rectus zusammenstossen, 2** breit, Luftaustritt bei Exspiration, in
der Umgebung Emphysem. Grosse Schmerzen und Angst, bei Seitenlage
Blutung; Fieber. Aderlässe, f am 4. Tage. Vordere Lungenlappen, Pen*
cardium, linker Ventrikel, hintere Lungenpartie verletzt. Im Thorax blnti*
ges Serum.
t»A) A Niemann (Henke's Zeitschr. f St.-A.-K. 1857. S. Bft
S. 136.) Messer von Hirschfängergestalt; Pat. konnte sieh erst naeh i
Stunde aufrichten, grosse Blutung. Nach 2 Std. gelangt er mit Mähe an
seinen Wohnort, Ohnmacht, Leicheablässe, auf ROckea Hegend, Angst, Be-
Ddber die Wnndeo des Heneos und des Herzbentela. 829
klemmoDg, Schmerzen unter den kürzen Rippen nnd der linken Schulter;
Pols klein. Auf Bäuerliche Getr&nke steht Blntnng. Am 4. Tage mehr
Angst, Schlaflosigkeit, f am 6. Tage unter Symptomen von Lnngenlähmnng.
^Vnnde zwischen 5. n. 6. Rippe links, $*** gross, 3" von der Mitte des Kör-
pers entfernt In linker Pleura 39 Loth Blnt. Im Pericardinm 6"' grosse
Wunde, darin missfarbiges Blut. An Spitze des linken Ventrikels quere
Stichwunde; Ganal rabenfederdick.
IftS) Omodei (1851? Annal. universal. Fase. 137. p. 423. bei
Zannetti, 1. e. Fall 131.). Kaum getroffen, Syncope, dann Wiederbelebung,
geht fort; f nach 5 Tagen. Blut im vernarbten Pericardium.
IM) Th. Volpi (Beobachtungen über eine penetrirende Herzwunde.
Pavia. 1792.). f am 5. Tage.
IM) Piffard (Gaz. des h6pit. No. 28. 1840.) t am 5. Tage.
M9) Boyer (Horn*B Archiv für medic. Erfahrungen. Jahrg. 1829.
Bd. XXX. S. 889.) Junger Mann verwundet sich mit Messer, glaubt nur
Kleider verletzt, da er keinen Schmerz füht. Nach 10 Minuten hat er Klei-
der blutig, Erbrechen, f&llt zur Erde. Rothes Blut dringt aus, Gesicht bleich,
Athem rasch, Puls klein, rasch. Qnerwunde zwischen 4. n. 5. Rippe links,
2 Finger breit vom Sternum, 6—7'" lang. Da Haut- und Pleurawunde nicht
parallel, war Blutung verhindert. Sondirung; Heftpflaster. Durch Percussion
und Anscultation wird innere Biatnng nachgewiesen. Ohne Bewnsstsein,
Aderlass; Senfteig. 2. Tag: 3 Aderlässe, iO Blutegel ad anum, Angst mehrt
sich, f am 6. Tage. 2 Pfund Blut in Brustbahle, Eiter im Pericardium.
Innere Wunde des linken Ventrikels sehr klein. Herz hypertrophisch und
hart Kein Blut im Pericardium.
ISO) Leveillö (Dictionn. des sciences med. Tom. 43. 1820. p. 75).
u. folg.). Verticale, 3—4'' lange Durchbohrung, f am 7. Tage.
tOI) Dupuytren (Lebens orales de clin. chir. VI. 1839. S. 34G;
auch erzählt von Paillard (Joiirn. univ. et hebdom. T. V. No. 64. 1831.
378.). Geray, 84jähr., am 5. Nov. 2 Messerstiebe in Bauch und Brust
erhalten, gebt und vertheidigt sich noch eine Zeit lang, dann Erbrechen
Starke Blutung, blass, gebßckt, Ge.sicfat etwas verwirrt, Puls regelmässig,
sehr schwach; Herzschlag fast unmerklich. Allgemeines, spasmodiscbes
Zittern. Die Schwäche scheint eher Resultat einer nervösen AfTection, als
durch Blutverlust bedingt. Wunde 6—7'" lang, links zwischen 4. und 5.
Rippe, die andere 3—4 Qnerfinger breit; beide berflbren sich. Wenig Blut
ans Brustwunde. Kein Zeichen einer Penetration; Brust sonor, Athem re-
gelmässig, weder Husten, noch Blntauswurf; Bauch geschmeidig; Pat. sehr
ruhig. (Gnmmipflaster auf Wunden.) 6 : Aderlass von 8 Unz. Durch Be-
such der Geliebten sehr aufgeregt. 7. : Aderlass von 8 Unzen. Starke Gon-
gestion zum Gehirn, Verlust des Erkennungsverroogens, Convulsionen aller
53*
830 ^r, Georg Fischer,
Muskeln links. Zustand dauert ^ Stunde, lässt Paralyse der gansen linken
Seite zurück. Gefühl, Bewegung sind verloren, Mund nach rechts. Linke
Augenlider können sich nicht genau schliessen, Zange nach links ; Fat ant-
wortet exact (Senfteig). 8. : Ebenso (Schröpfköpfe hinter die Ohren). 9. : Reio
Kopfschmerz. Linke Seite überall sonor. M. Fi l hos hört nebeo der Wunde,
dass, wenn die Dilatation der Brust vollständig ist, die Lnft ein Hiademise
überwindet, und sich rasch in eine Höhle stürzt. Heraschlag regelmässig.
(Schröpfköpfe, Gljstier). 10.: Zustand schlimmer; keine Besserung vom Ge-
hirn; Gefühl und Bewegung scheinen an den unteren Extremit&teo wieder-
kehren zu wollen. Puls regelmässig, häufig Abends Gongestionen anm Ge-
hirn (15 Blutegel hinter die Ohren, Senfteig an Waden). IL: Maskelstarre
an Uals und Rücken. 12.: GedächtniiS gut; richtige Antworten. 13.: Tod,
am Ö. Tage. Penetrirende Bauchwunde; im Peritoneum kein.Blnt. In lin-
ker Pleura 4 Unzen Blut. Arteria intercost. an der 4. Rippe geöffnet,
aus welcher jene Blutung stammt. Wunde im Pericardinm 3V lang. Qner-
wunde des linken Ventrikels, gleich einem umgestürzten D ( ^), 8|'" breit
Die äusseren Fasern sind am meisten getrennt, die folgenden weniger, so
dass die inneren sich berühren, und so die Wunde schliessen. Im Pericar-
dinm 1 Unze Blut. Erweichung und Injection im Gehirn.
tet) Nicolo Frisi (Piliatre Sebezio. MaL 1834. p. 27). L. erhält
von seinem Bruder Stich mit Messer unter der linken Warze Sogleich
Blut aus dem Munde, Gesicht bleich, kalter Schweiss, Puls schwach, int^-
mittirend. Häufige Sjocope» leichte Dyspnoe, Wundschmerz, wenig Blntaos
Wunde. Allmälig Erholung, plötzlich f am 10. Tage. Pleura voll Blut.
Langes Leben dadurch bedingt, dass Wnnde des linken Ventrikels durch
einen festen Pfropf geschlossen war.
MS) Boyer (Malad, chirurg. T. Vll. p. 216. Paris. 1831.). 16jäbr.
PastetenbScker, Messer. Symptome eines Blutergusses in die Brust, und
Entzündung des Pericardiums und Herzens, t am 10. Tage. Viel Blnt io
Brust. Wunde des Pericardiums 3"\ der Sack sehr verdickt und übsrzU
entzündet, mit Eiter ohne Blut darin. Kleinere Wunde im linken Ventrikel,
an dieser Stelle Herz und Pericardinm verwachsen. Im Laufe der Ben-
wunde ein kleiner Pfropf. Es war nur die Messerspitze eingedrungen, dt-
her die Wunde so klein. -^ (Vielleicht derselbe Fall wie 169).
1Q4) Uhde (Deutsche Klinik. No. 19. 1866.). 29jahr., Selbstmord,
Einschlagmesser, spitz, scharf, 3" lang, V' hreit. Geringe Blntnng-
Eindruck eines Verwundeten, dem der Tod bevorstand. Antiphloirose, wonnf
Besserung, so dass Pat. am 3., 4., 6. Tage das Zimmer verliess, amheipog
gegen ärztliche Verordnung, ü. Tag mehr Husten und Schmerzen, (Blut-
egel). Diarrhoe. Nachts blutet die Wunde, die schon eiterte; Blntnng wie-
derholt sich. Befinden schlechter, Angst, heftige Schmerzen, Delirien, fam
Deber die Wanden des Herzens und des Herzbeutels. 831
20. Tage. Wände links, zwischen 4. und 5. Rippe, 3" yom Sternum, \'*
lang. Ecchymosen in den Weiehtbeilen ; Rippen durchschnitten, viel Blut
in der Bmst. Pericardium ^** Terletst, entzfindet, Adhäsionen zwischen Herz
und Pericardium. Wände des linken Ventrikels, eorrespondirend mit der
des Pericardiums, war ^" lang.
!•«) Marini (Annal. d'hyg. publ. T. 35. p. 112. 1840. aus dem
Raccoglitore medieo. Febr. 1844 u. 1845.). d2jlibr. Frau erhftit 11. Juli
Stich mit Messer. Zusammenfallen, starke Blutung, bewusstlos. Aeusser-
ste Schwftche, Syncope, Athem genirt, kalter Schweiss, Puls schwach, inter-
mittirend. Wunde zwischen 4. und 5. Rippe links, 6 Gtm. Vom Sternum.
Als einfache penetrirende Wunde angesehen, demnach 6-7 Mal Aderlass.
Als die Brustwunde vemarbt, liess man am 26. August Pat. angeblich voll-
kommen geheilt ausgehen. 15. Sept. beim Aufstehen , um ein Bedflrfniss zu
befriedigen, pUStzlich f, also nach 65 Tagen. Aeussere und intercostale
Wunde vollstftndig vernarbt Citronenfarbiges Serum in linker Pleura.
Pericardium verdickt, in gewissen Strecken vernarbt, Cyste mit Blut an dem-
selben. Im Pericardium 2 Pfd. Blut. Atrophie des Herzens, conische Oeff-
nung in der Herzspitze mit linkem Ventrikel in Verbindung, so breit, um
eine Pincette einzulassen, correspondirt mit Narbe des Pericardiums. —
(Fall interessant durch secund&re Blutung. Vielleicht Heilung bei
entsprechender Diät; wahrscheinlich an spontaner Ruptur gestorben, welche
bei der noch zarten Vernarbnng des dfinnen Herzens leicht entstehen konnte.)
Spate rTad Mit CaMplicifiaBeB.
!«•) Tilanus (Nederi. Weekbl. v. Oeneesk. 1854. Juni). 40jähr.
Mann, Selbstmord, Messer. Nach i Stunde Pupille starr, Thorax unbe-
weglich, Bauchathmen, leichte Convulsionen , Radialpuls fehlt, ca. 16 Unz.
Blut auf Boden nnd Kleidern, Verband. In's Spital gebracht, an der ThOr
noch gesprochen, rasch Tod naoh 2 Stunden. Wunde links zwischen 4.
und 5. Rippe, 8 Gtm. vom Sternum, i Gtm* unter Warze, 2 Gtm. breit,
schief nach unten. Im Pericardium 24 Uoz. Blut. Doppelwunde des
linken Ventrikels a) 7 Gtm. von der Spitze, dicht am Sulc. longit., 1^ Gtm.
breit, schief; b) an der Vereinigung der Zipfel der Valv. bicusp., in Sulc.
transv., blind vor dem linken Herzohr endigend. Im Sulc. transv. um die
verletzten Vasa coron. circumfl. Extravasat. Kein Blut in Brusthöhle; Lun-
gen unverletzt. — - (Die schiefe Richtung der ersten Herz wunde, welche
2i Gtm. in der Muskelsubstanz verlief, lässt vermuthen, dass sie bei etwas
nach vom gebeugter Stellung und während der Herzsystole beigebracht ist,
als die Spitze nach vorne gekehrt war. Die zweite Wunde ist bestimmt
beigebracht, als die Valv. mitr. horizontal gestellt war, oder das Ost. veno-
832 Dr. Georg Fischer,
sam schloBs. (Die 2stündige Dauer des Lebens wird darcb die schiefe
Richtnng der Wanden erklärlich).
tA9) Ashharst (Americ. Journ. of med. sc. Jan. 1862. p. 61). Wunde
links, 2" unter der Warze. Starke Blotung. Nach 8 Tagen Dyspaoe, welche
am folgenden Tage nachliess; f am 5. Tage. 6. Rippe dorcfaBchaitleo im
Knorpel ; Pericardiam, Herzspitze, linker Ventrikel, Longe verlelift. Peri-
carditis, Pleuritis, blutiges Serum in linker Pleura.
t98) Baird (London and Edinburgh Monthlj Journ. April 1643).
Raubmörder erhielt Stich mit Schnappmesser, fast keine Blutung, Haft
fliehend 150 Yards (= 450 engl. Fuss), f nach t Stunde. 2 Bmatwuu*
den links zwischen 3. und 4. Rippe, 4%" vom Centrum dee Steronm, 4^"
von Clavicula und zwischen 5. und 6. Rippe, b^** vom Oentram dea Ster>
num und 8i" von Glavicula. In linker Pleura 3 Pinten Blut, woiarch
Lunge sehr oomprimirt. Wunde des linken Ventrikels im unteren Theile
seines mittleren Drittels durch die untere Hautwunde, die äussere Haut der
Aorta, wodurch eine kleine Ecchymose entstanden, durch die ober« Haut-
wunde verletzt
f. T^d^ uhesÜMMte Idt.
!••) V. Pommer (v. Pommer's Schweiz. Zeitschr. Bd. I. Hft L
1835). 26jähr. Mann, Selbstmord, Messer. Wunde links zwischen 4. und
r>. Rippe, quer, i" unter, 1" innen yon der linken Warze, 9'" lang. Wunde
des linken Ventrikels, der Lunge, des Pericardiums 9''' lang. 2 parallele,
nur durch !§"' breite Brücken von einander getrennte Wunden, von deneo
die obere 5'", die untere 6'" lang, jede fflr sich in den linken Ventrikel
drang. 3^ Pfd. Blut in linker Pleura und Pericardium. (Mord im See; Feuer-
etahlmesser). ^
i90) Sedillot (Manuel coniplet de Mödee. l^e p. 170). Bin Stad.
med. stOsst sich ein 2schiieidige8 Messer in die Heragegend und in ver-
schiedene grossere Qefässe. Geringe Blutung aus der Brustwnnde. f darefa
Blutung aus der Vena crnralis. Linker Ventrikel schräg durchbohrt
191) Letenneur (Journ. de la santö de ra^d. de Nantes; Gaz. hebd.
2. S^rie. 1. 17. p. 279. 1864).
9) BTickt penetrirende IWanden — T«d.
199) San son (I.e. These, p. 36). 0. Latour d'Auvergne .lepremier
grenadier de France*, 68jShr., erhielt in der Schlacht bei Neustadt (anno
8. Juli) einen Lanzenstich zwischen 6. und 7. Rippe, fällt uro .lamenace
a la bouche contre Vennemi qui l'avait frapp^*, stirbt sofort Fautre!
secirt: Pericardium 4—5 Ctm. (V) zerrissen, wenig Blut darin, Wunde an
der Spitze des linken Ventrikels, sehr klein, 3—4 Millim. tief, nicht peoe-
trirend. •— Der Tod ist erklärt durch plötzliche Suspension der Henbewe-
gungen in Folge der grossen Erregung im Moment der Verletzung.
Deber die Wanden des Henens and des Herzbeutels. 833
m) D. V. Riedlio (Lineae medicae. an. VI. Aagaetae Vindelicorom
1700. p. 986). Mann, melanoholisoh , Seibetmord, Meeeer, 9 Wanden an>
scheinend leicht, an beiden Handgelenken, Schläfe, Halsrnnskel, Rinn, fiber
5. Rippe nicht penetrirend, fiber dem 7. Knorpel penetrirend. Reine schweren
Symptome, nichts Besonderes ausser Blat im Schlünde, f nach 2 Tagen.
Untersoehong der Wnode zwischen 3. nnd 4. Rippe. Pericardinm mit Blat,
an 8 Stellen darchbohrt; Wunde des linken Ventrikels unten, nicht pene-
trirend.
Tod mit CompUcatioBOB.
IM) F. Grilli (Livorno 1853; bei Zannetti 1. c. Fall 126). Wunde
mit Messer Torne links im Thorax. Patient geht darauf 800 Schritt zum
Spital, legt sieh aufs Bett nnd stirbt Wonde des linken Ventrikels an
der Torderen Ungsfnrche, nicht penetrirend, nebst Wunde der Art. coron.
sinistra. 3— 4Dnz. Blut im Pericacdium. f nach wenigen Minuten durch
langsame Gompression.
IM) Riebet (bei Jamain 1. c. S. 77, gesammelt von MauTais).
Mann, 68jfthr., Selbstmord am 20. M&rs, Messer. Ohne Besinnung, Puls
klein, regelmässig; Lippen bUlnlich, Athem Ängstlich, blutiger Schanm aus
dem Munde, Haut kalt Innen und 1|[ Ctm. fiber der linken Warze eine
fast quere Wunde 17 Millinu lang, ergiesst ziemlich viel Blut Abends Con-
tractur der unteren Glieder. 21.: Gesicht bläulich, Dyspnoe, Seufzer, RQcken-
lage, Stimme schwach, Schmerz au niyeau der Wunde, beim Husten dringt
schwarzes Blut aus, Hersschlag nicht ffthlbar; Resonnanz der Herzgegend,
klare, bestimmte T6ne, Puls 100. Blntspeien (Biswasser auf Wunde). 22.:
Blutung. Mattigkeit in linker Achsel. 23.: Schmerz und Dyspnoe weniger.
Pat giebt an, dass er fallend das Messer ausgezogen hat, worauf sogleich
bewusstlos. Mattigkeit nnd Fehlen des Respirationsgeriusches in der lin-
ken Seite bis zum Niveau des Winkels des Schulterblattes. 24 : Aufregung,
Gesicht cyanotisch, Schmerz links. Pols 116. 8 SchrOpfkOpfe in Hers-
gegend, Gpium, i am 4. Tage. Successive Verletsungen des Thorax,
Lunge, Pericard., linken Ventrikels, Pericard«, Lunge. Linke Pleura geffiUt
mit Blut Pericard. enthält Luft, welche mit Geräusch ausdringt, sehr wenig
Blut darin. Ein Pfropf ▼eranlasst Adhärenz zwischen Pericard. und Herz.
Quere Wunde des linken Ventrikels, rielleicht nicht penetrirend, zwischen
den getrennten Fasern liegt eine grauröthliche Lage von organisirtem Fibrin.
Wunde eines vorderen Astes der Art coronar. Beginn von Peritonitis. ^
(Vorwiegend asphyktische Erscheinungen).
Beide Tentrikel.
a. Sefort Tod.
19«) J. Helwig (Obs. med. phys. Augsburg 1680. Obs. 68). Degen,
834 Dr. Georg Fischer,
(1653), geringe Blutung. Wunde zwischen falschen Rippen rechts, geht
hinten heraus. Beide Ventrikel ganz durchbohrt; kein Blut darin. Langen
unverletzt.
199) Gaultier de Glaubrj (bei Jamain 1. c. S. 7d). Ermordang
von M. Sibour, Erzbischof von Paris. Der Mörder faaste mit der
linken Hand den rechten Arm des Erzbischofs und traf ihn mit der rech-
ten Hand so gewaltig mit einem catalonischen Dolch, daas daa Messge-
wand, welches mit Reliefstickereien besetzt und einem sehr dicken Stoff
garnirt war, und die Kleider durchbohrt wurden, das Stichblatt (garde) der
Waffe, indem es die Brust traf, ein einem Fanstschlage ähnliches Gerftnseh
hervorbrachte. Die Waffe wurde zurückgezogen, ohne dass es bemerkt wnrde.
Der Mord geschah etwas vor dem ersten Pfeiler des grossen Schiffes. Der
Erzbischof wich 2 Schritte nach hinten zurfick und rief: »Der Dnglflckliehe!
mein Gott!" dann sank er in die Arme der Umstehenden. Er wnrde Aber
das grosse Schiff, den Chor, Sacristei weg in das Zimmer vom Pfarrer von
St. Etienne - du - Mont gebracht und auf das Sopha gelegt Man gab ihm
ein Glas Wasser, welches er verschluckte und machte er damnf mehrere
starke Inspirationen. Ein Arzt in der Kirche constatirte die Wunde; keine
Blutung nach aussen. Nach weüigen Augenblicken trat der Tod ein,
Die Einbalsamirung geschah nach 22 Stunden, das Herz sollte fBr sich ein-
balsamirt werden. Die Wunde, ca. 3 Gtm. lang, links im vorderen Drittel
der Brust, zwischen 4. und 5 Rippe. Im Thorax war ein firgnss von ca.
1 Liter Blut. Die 4, und 5. Rippe waren eingeschnitten, Pleura, linke
Lunge, Pericardium verletzt; das linke Herz war ganz durchbohrt, das
rechte Herz im unteren Theile gespalten; beide Höhlen blutleer. Die Klei-
der mit Blut befleckt, am Dolch kaum einige Blutflecke.
199) AUeweireldt (Diss. sur les Usions m^caniqoes dn ooenr.
These, nr. 73. Paris 1807. p. 41). Pascal erhält Wnnde beider Ventrikel,
stirbt kurze Zeit darauf. Die Zeugen berichten, dass P. 2 Stockschlige aaf
den Feind geführt und dann gesagt habe: »Meine Herren, ich rufe Sie za
Zeugen, Dcijenige, den Sie dort hingehen sehen, istSersant, der mir so-
eben einen Stich mit einem Stilet gegeben bat" S. sagt in seiner Ver-
theidigung, dass er den tödtlichen Stich erst gethan, nachdem er die Stock-
schläge erbalten. Nach dem Urtheil der Zeugen schien es indes», dass er
P. verwundet, bevor dieser ihn geschlagen. Das Tribunal stellt sur Auf-
klärung folgende Fragen: Konnte P., nachdem er den Dolchstich erhallen,
noch Kraft und Geistesgegenwart genug haben, um einzelne Schritte zo
gehen, einen ersten heftigen Stockschlag und dann einen zweiten, weniger
heftigen, seinem Feinde geben V Die Aerzte Beuchet u. A. gaben weise,
reservirte Antworten (die nicht aufgezeichnet sind). — Der Fall war die
Deber die Wunden des Herzens und des Henbeutels. 835
Veranlassung zu Alleweireldt's Arbeit Bei Jamain ist Schlegel
unrichtig als Autor citirt.
199) Morgagni (l. c ep. 59. sect 4). Schuster erhält Messer-
stich, sehreit, zieht das Messer aus, f so rasch, ehe Nachbaren herbei-
geeilt Rechter Ventrikel und Septum in der Mitte durchstochen. Tod
durch Compression«
ISO) Gecehi (1832, bei Zannetti I. c. Fall 71). Brnst- und an-
dere Wanden. Die Spitse des linken Ventrikels war abgeschnitten und das
Messer in den rechten Ventrikel eingedrungen. Tod sofort Viel Blut im
Pericardium.
Ml) Targioni und Zannetti (1840, bei Zannetti, Fall 92). 11'"
lange Wunde, welche durch den rechten Ventrikel, das Septum, bis in den
linken Ventrikel geht Tod nach wenigen Minuten durch Compression.
10 Unzen Blut im Pericard., Blutinfiltr. im Mediastinum.
189) Mfinsen thaler (Henke's Zeitschr. f. St-A.-K. 1838. 2. Hft.
S. 311). 22jftbr., mit Messer erst.ochen. Wunde links zwischen 6. und 7.
Rippe, IV vom Sternum, 1" lang, die penetrirende Brustwunde lag zwischen
5. and 6. Rippe. In linker Pleura 4 Pfd. Blut; im Pericard. 4—5 Unz. Blut;
an der Insertion des Zwerchfells durchstochen. An der Spitze des rech-
ten Ventrikels dieselbe Wunde, wie in der Haut und Pericardium, unten
geschlossen, oben 2^" klaffend; linker Ventrikel ebenfalls durchstochen; auch
hinten im Pericard. eine 2'" grosse Oeffnung. Beide Ventrikel blutleer, und
die Wunden derselben nur durch Fett an der Herzspitze von eiander ge-
trennt
b. Tod spiter.
i9S) Lentin (Beitr. zur ausfibend. Arzneiwissensch. SuppLbd. 1808.
Hufeland 's Biblioth. d. pr. Heilk. 1810. IV. S. 176). Stich, sogleich sehr
schweres Athmen, f nach 6 Tagen. Stich durch das rechte Herz, Sep-
tum, linke Herz, also durch und durch. Wunde durch geronnenes Blut
verstopft.
194) J. Trugien (Americ Joum. of medic. science. 1850. Archives
g^ner. 1851. p. 224. 4. S^rie. T. 37). 21jähr. Neger war vor einigen Minu-
ten in die Brust gestochen, lag im tiefsten Collapsus auf dem Boden, kalt
wie Marmor, viel Schweiss, weder Puls noch Herzschlag fühlbar. Wunde
V lang, links in gleicher Entfernung von der Warze und dem Sternalrand;
geringe Blutung. Sonde bog nach rechts ab. Der Chirurg glaubte eine
Herzwnnde vor sich zu haben, aber da die Sonde nach rechts abbog, Pat.
in der Nacht viele unverdauliche Speisen, die er am Tage zuvor genossen,
erbrochen hatte, woraus vielleicbt der Collapsus zu erkllren war, am fol-
genden Morgen die Reaction gemässigter war, so verwarf er diese Ideen.
Athem ohne Schmerz, schien normal; grosse Sensibilität, selbst Schmerz
836 I>r. Georg Fischer,
beim Druck auf das Epigastrinm. Strengste horisontale Li^e osd abso-
lute Ruhe empfohlen. Alles |nt bis zam 5. Tage, wo Patient gegen An-
Ordnung aufstand, sich anstrengte, lustig schwatzte; plötalicb aeUecbte«
Befinden, f nach 5 Tagen. Wnnde V' breit, schräg dorch i. Rippenknor-
pel, Pericard., drang in die Substanz des rechten Ventrikels, ohne an pene-
triren, durchbohrte das Septum und den linken Ventrikel bis in die Höhle.
Im Pericard. 1^ Pinten Blut, wodurch Gompression des Herzens« Wunde
des Pericard. war ganz vernarbt, ebenso die Heriwande in % ihrer ku-
dehnnng und im Omkreis von ^ Dollar mit einem Bntsfindnngehof umge-
ben. ^ T. verwirft den Gebrauch der Sonde. — (Tod nicht am 65. Tage,
wie Jamal n, Demme citiren; Friedreich führt unrichtig das Americ
Jonrn. 1860 an; der Autor mehrfach Turgien geschrieben). — Die Art der
Verletzung ist ähnlich im Fall 11.
i9A) J. Dolaens (Bphem. natiir. 'ur. Dec. 11., ann. IL obs. 188.
p. 419. 1683, conf. Abhandl. der röiiusch ktiserl. Academie. ThL XH. p.
364). 25jfthr. Mann erhält Stich mit Sch>^ert zwischen 4. und 6. rechtes
Rippe unter der Warze, f nach 4—5 Stunden. Viel Blnt mit Semm in
Thorax. --> (Der Fall wird oft als Beobachtung Ton Dolaens and sodano
als Beobachtung in den Ephem. nat beschrieben. An einer anderen Stelle
▼on J Dolaens [Encjcloped. chimrg. rational. Francfnrt 1689. oap. VI.
p. 683] heisst es: »Ille Kopff", den D. in den Miscell. cnrios. decnr. L er-
wähnt, wurde mit dem Schwert in das Herz gestochen, und starb sogleich).
19«) Saviard (Obs. chirnrg. 1783. Paris, obs. 113). 26jähr. Maso
erhält (Juli 1688) Degenstich rechts zwischen 3. und 4. Rippe. Grosse
Athemnoth, sehr schwach, daher keine Operation des Empjems. Man
glaubt, dass er jeden Angenblick sterben müsse, f erst am 4- —6. Tage.
Herz ganz durchbohrt, vom rechten zum linken Ventrikel, durch das Sep-
tum. Thorax voll Blut. Wenige Klflmpchen Blut, welche die Wnnde der
Ventrikel verstopft hatten, hatten das Leben so lange hingehalten. — (Oft
als Wunde des rechten Ventrikels citirt).
lOT) Fantoni (Giornale de' litterati d^Itolia. T. XXI. p. 146. 146).
Soldat erhält Degenstich durch das Sternnm, verliert täglich fast 1 Pfd.
Blut aus der Wunde, konnte nicht rechts liegen, Pols nnegal, t nach
17 Tagen. Linker Ventrikel nnd Septum durchstochen (bis in den rech-
ten Ventrikel. Alleweireldt L c. obs. 28). Weder Blut noch Eiter io
Pericardium. Destniction der Herzfasern. — (Oft als Wunde des linkes
Ventrikels citirt).
c Ted| nnbestlMMte leit, mU and ohne CeMplictUeBen.
ili#) 6. Wolfg. Wedelius (De Tuln. cord. leth. actum 1667, die
VII. höv. in Miehaelis Bernhardi Valentini Pandectae med. leg.
Ueber die Wonden des Herzeos und dea Heribeutels. 837
Prancf. 1701« part IL aect. III. cas. VIL p. 372). Meseer, Wuode linka
swiseheD 8. und 4. Rippe, m deo rechten Ventrikel, Kleinfingerbreite, darch
Septnm in den linken Ventrikel. Viel Blnt im Perieardiom und linkem
Thorax.
M9) Prenssendorf (Med. Centr.-Ztg. 16. 1857). Stich; die Abeicht
eines Mordes wird gelängnet Es war die Richtung des Stiches an ermit>
teln, indem eine solche von oben nach nnten ffir eine absichtliche, hori-
zontal oder aufsteigend fBr eine mehr zoflUlige Verletzung sprechen sollte.
Es war rom Schwiegersohne ein firodmesser entgegengehalten, in wel-
ches Pat angreifend und trunken hineingefallen sein soll. Stich 1}" vom
linken Stemalrand durch 4. linken Rippenkorpel und Muskeln des S. luter-
cost, Lunge, Pericardium, untere Rand der Art pulmo n., vordere Wand
des rechten Ventrikels, oberen Theil des Septum bis in den linken Ven-
trikvl. Alte Wunden lagen in der Längsachse, daher die Messerschneide
senkrecht eingestochen schien. Da der untere Rand der Art. pnlmon.
und der angrenzende Theil der Vorderwand des rechten Ventrikels nicht
unterhalb, sondern oberhalb der 8. Interoost. liegen, selten gerade dahin-
ter, so muss der Stich in beinahe wagerechter Richtung mit einer kleinen
Neigung nach oben gegangen sein, kann aber durchaus nicht die Richtung
von oben nach unten gehabt haben, wie Gasper gegen Verf. nnd Medici-
nalcoUeginm behauptet Die Oeschwornen erkiftrten die Verletzung für ab-
sichtlich, unter der Annahme von Nothwehr Ähnlichen Umstinden; freige-
sprochen.
Rechter Torhof.
i) Penetrlrende IViiadeii — T«d«
i. Spiter led.
§•0) Dupuytren (Clin. Chirurg. T. IL p. 179. 1889). Der Herzog
von Berry wurde am 13. Febr. 1820 Abends 8 Uhr mit einem Dolch,
beim Portgehen ans der Oper, getroffen. Der Prinz zog sich selbst dea
Dolch aus. Die Wunde etwas unter dem rechten Busen war ca. 1" breit,
durch schwarzen Pfropf geschlossen. M. Blancheton, frappirt Ober die
Oppression, welche er einem Erguss in die Brust zuschrieb, entfernte den
Pfropf, worauf nur wenig schwarzes Blut ausfloss. Vergebliche Aderllsse,
Aussaugen, SchrOpfkOpfe. Letztere erleichterten, indem einige Unzen Blut
aus der Brust kamen. Herzbewcgnngen unmerkbar, Puls klein, schwach,
unregelmSssig. Man spaltete die Wunde, um die Quelle des Blutergusses
zu erkennen, welcher aus einer verletzten Art. intereost stammen konnCe.
Brennender Durst, Erbrechen, Stuhlausleerungen, tnaeh8(7)Stunden.
Wunde zwischen 5. und e. Rippe, durch Lunge, Pericardium, rechtes Herz-
ohr, letzteres durch und durch gestochen. Der Dolch war im Centrum des
838 Dr. Georg Fischer,
Zwerchfelles angehalten, ohne es ganz zu durchbohren. 3 Pfd. BInt in der
rechten Thorazhöble. — (D. meint, dass das Leben sich einige Standen
verlängern konnte, weil die Wnnde eine Höhle traf, wo schwarses Blut
langsam circulirt; unter gleichen Umständen, bei Verletzung der linken Herz-
seite, würde sie rascher tödtlich gewesen sein). — (Mehrfach nnricfa^g als
Wunde des rechten Ventrikels citirt).
191) Johan van BeTerwyck (Werken der Geneeskonst. Amst.
1672. 3 de Boek, cap. 1. Bladz. 131). Wunde zwischen linker 5. und 6.
Rippe durch rechtes Herzohr. f nach 87 Stunden. Blnterguss in Lun-
gen, auf Zwerchfell. Fat. hatte nur über Athembeschwerden geklagt
!••) Blegnj (Jonrn. de ro^d. p. 309. ann. XL). Wunde des rechten
Herzohres, f nach 5 Tagen.
t9») H. de Montegre (These de Paris, nr. 6. 1836. p. 7). Beobach-
tung von Alquie. Wnnde des rechten Herzohres, f am 20. Tage.
Spater Ui ait G^MplicatUnen.
ۥ4) Targioni und Zannetti (1843, bei Zannetti L c. Fall 104).
Brust- und andere Wunden. Doppelwnnde des rechten Herzohres; f
nach i Stunde durch Blutung. 6 Dnz. Blut im Pericardiuro, c«. 22 Oni.
im rechten Thorax.
095) Percy (Bncyclopödie method. m^dic. T. U. p. 319. Paris 1790
bei Jamain S. 55; bei San so n obs. 19. S. 25). Duell zwischen Offizier
und Juristen in Bösan<^on. Degen schief, von unten nach oben, rechts,
mehr als 6" tief, zwischen der letzten wahren und ersten falschen Rippe;
Patient senkte sich, fiel auf die Kniee, dann auf die Hände, Gesicht Nach
■!^ Stunde volle Besinnung, so schwach, dass er sich nicht wollte zurück-
bringen, noch auf den Rücken legen lassen, ans Furcht, sogleich zu sterben.
Ersticknngsnoth vergröeserte sich bald. Bei einer Erweiterung der Wnnde
colossale, rothe, schaumige Blutung. Auf die rechte Seite gelegt, entstand
Blutung von mehr als 7—8 Pfd. binnen wenigen Minuten. Verstopfung der
Wunde, Kälte scheinen einen Augenblick Puls und Kräfte zu beben, i nach
9 Stunden in schrecklichster Angst. Wunde der rechten und linken Lunge.
Die Degenspitze war über der Aorta, den grossen Gefässen hinweggegan*
gen, hatte Pericardium, Art. coronar. und rechtes Herzohr geGffnet.
iOO) Jamain (l. c. S. 52). Junges Mädchen (Hosp. St. Louis 1840)
Wände des rechten Herzohres und der Art. pnlmonalis, einer Vzlv.
sigmoidea, f nach einigen Stunden.
t99) G. Steifensand (Casper 's Wochenschr. 1838. No. 15). 2(l|jähr.
Mann erhält Messerstich, 16. Sept., geht noch ca. 100 Schritt, stürzt,
trieft von Blut. Wunde 1" lang, rechts neben Sternum, zwischen 3. und 4.
Rippe, schräg nach unten, Druckverband. In den folgenden Tagen grosse
lieber die Wunden des Hertens nnd des Herzbeutels. 839
Unruhe» geniesst nur Wasser, frei tod bedenklichen Symptomen, bis am
20. eine neue Blutung, die wiederkehrt, eintrat. 22. : Ganz ohne Puls, kalt,
Athem mühsam, volle Besinnung, beim Herzschlag mitunter kurz abgebro-
chene Metallklftnge, als ob man mit dem Fingernagel gegen eine Flasche
anschllgt. Schwarzes Blut aus der Wunde, bei Bewegungen mehr. Sonde
kann nicht in Brust eindringen. 28.: Plötzlich Tod am 8. Tage, als Pat
die Lage ändern wollte. 8 Maass Blut in rechter Pleura. Wunde der A rt.
mamm. int, Pericard., rechter Vorhof, nahe am Uebergang In den rech-
ten Ventrikel. Wunde des Pericard. 3'", des Vorhofes 2'". — Tod durch
Verblutung, da das schnell entzogene Blut mehr als die Hälfte der im Kör-
per befindlichen Blutmasse betragen mochte. Bis zum Tage vor dem Tode
weder Athemnoth, noch sonstige Brustbeschwerden.
M8) Saviard (Nouy. recueil d'obs. chir. comment par Lerouge.
Paris 1783. p. 392). Beobachtung von Gobert: M. erhält Degenstich
seitlich zwischen 4. und 5. Rippe, stfirzt sogleich. Bin Camerad sog 5 Mi-
nuten laug die Wunde aus, nach Hause gefahren; ein PerrOcken macher-
geselle liess zur Ader. 4 Aderlässe in G Tagen, Diät, Ruhe. Patient stand
am 7. Tage auf, ging 2 Stunden spazieren. Diese Promenade schien ihn zu
erleichtern. Am folgenden Tage Pnrganz, wonach sich Pat. nicht schlech-
ter fflhlte, ging wieder spazieren. Am 8. Tage wieder gearbeitet; Abends
Schwäche, Athemnoth, Pnrganz. Am 11. Tage zweifelte er nicht mehr an
seiner Heilung, ging in*s Wirtbshaus, daselbst grosse Schwäche, nach dem
Spital gebracht, f am 11 Tage. 2 Pinten Blut in beiden Pleurahöhlen;
viel Blut im Pericardium. das rechte Herzohr und die Aorta waren auf
demselben Wege vollständig durchstochen. — Auffallend ist das lange Leben,
zumal Pat. so unruhig nnd nur 4mal zur Ader gelassen war; er war indeas
schon vor der Verletzung so schwach, dass hier 4 Aderlässe ebensoviel
wirkten, als sonst 10 bei Anderen. — (Bei Zannetti, Fall 31 gleich
Fall 91).
b. T«d| anbestlMMte Zeit.
199) Dorsej (Elements of snrgery, citirt von R. P. Simmons, s.
Fall 811). Bajonett dringt durch Colon, Magen, Leber. Zwerchfell in das
rechte Herzohr, durch die Lungen in die Brustmuskeln.
e. lüt frcaden Körpern.
900) Dupuytren (Lec^ons orales de clin. Chirurg. VI. 1839. p. 344.)
Duval, 35jähr , Duell, Degen, Wunde schief in der Höhe der rechten 6.
Rippe. Der Spitalchimrg hielt sie für eine nicht penetrirende Brust-
wunde, zumal weder Brnstschfiierz, Athemnoth vorhanden. Puls ruhig, ganz
Bii'her, Gesicht ohne Alteration; er gab nach, dass Pat. ohne Stfitie auf
940 I>r- Georg Fieoher,
aeine Fregatte zarflckgiog. Die Zeugen sagteo, 4mb der Degen ca. 5^' tot
der Spitze abgebrochen aod dieses StAck nicht so finden sei. Keine Indi-
cation, dass das Bisen in der Brust steckte. Abends (Verletsang MoigeBs
10 Ohr) auf einer fiahre in*s Spital gebracht Athem schwer, starkes Bist
speien, RAcheln, Schmerz, Puls schnell, unregelmftssig, Stimme sekwacb.
Haut heiss, trocken, Nacht sehr unruhig, Stertor, f nach 28 Standen
Das Degenende von 8" in das rechte Herzohr an der Basis eingetretes,
hat Lunge verletzt Eine Finte Blut in den Pleuren.
•Ol) Siehe Fall 104a.
Linker Torhof.
Pcnctriremde IVamden — T«d,
a. Ted sefeil
909) Bonet (Sepulch anat. Lib. IV. sect 3. §. 3. p. 1607). Anso
1610, maji 16. Henriette Magnus IV., Galliarum rez, rheda ireetos
a parricida Ravaillac percnssus, cultro bis in pectus fdacto, s tat im in*
teriit, praemissis aliquot Tocabulis et ejecto per os sanguine. Postndie
aperto corpore, notatnm vulnus in latere sinistro, inter axillam et maBil-
lam, transversi digiti latitndine, tendens supra muacnlum pectoralea sd
dictam mamillam quatuor digitis profundum, caritatem thoracis non attis-
gens. Alterum vulnus inferiore foit loco, inter quintam et sextam costsm,
in medio ejusdem lateris, pectus penetrans, latitudine sinistri pulmonis per-
forans, inde truncum arteriae venosae discindens, ita nt minimum
digitum admitteret, paulo supra cordis auriculam sinistram; inde
pulmo nterque hansit sanguiuem, qui per os rejectus est: quo iterum adeo
infarcti foere, ut omnioo nigri quasi ab ecchjmosi apparuerint. Insignis
quoque sanguinis coocreti copia in cavo thoracis reperta eat, nee aontas*
tillum in ventriculo cordia deztro, qui necnon, insignia vasa inde prodeno-
tia, prae vacuatione subsidebant. Ac Tena cava, qua ictum respiciebat,
juzta cor, prae contusione ab ictu cultri inducta» nigricans apparuit Idee-
que ab omnibus sancitum id vulons unicam et necessariam letbi cauasD
extitisse. Gaeterae corporis partes integerrimae et sanae visae sunt, corpus
enim optima temperie donatum erat, ac rita conformatione.
»Actum Parisiis aono et die dictis. Medici regii subsignati: A. Petit,
A. Milo, Uluius, Regnardus, Magister, Falesius, Majeruias,
Hupertus, Mirrheus, Carreus, Auberius, Yvelinns, üimus juu.,
Altinus, Pens, Lussonius, Sequinus.*
b. Ted spiter.
•OS) Targioni (1802, bei Zannetti 1. c. Fall 37). 6"' lange Wunde
Oeber die Wunden des Herseas und des Herzbeutels. SAl
des linken Ventrikels, f naeh |f Stunde an Blutung. Viel Blut in lioker
Pleara.
••4) Tnrgioni (1789. Raccolta di autossie fiscal!; bei Zannetti,
1. c. Fall 30). Wunde des linken Herzohres, f nach IStunde an Blutung.
Viel Blnt im Thorax, wenig im PeriGardinm.
•••) Ver. deutsch. Zeitschr. f. St.-Arzn.-K. 1855. Neue Folge.
VI. Bd. 1. Hft. No. 8. S. 166); ca. SOjftbr.; Wunde neben dem Sternalrand
der rechten ClaTicnla, dreieckig, Basis 3'", jeder Schenkel 2'". Sonde
drang 1^' ein. An beiden Armen Aderlasswunden, f nach 2—21 Stunden.
6 Pfund Blut in linker Pleura. Stich schief in linke Brusthöhle, durchdrang
linken Ventrikel, Lunge, endete zwischen 1. und 2. Rippe, wo sich eine
Stichwunde von ca. 2"' befand.
Tad spiUcr mit Ca«pUcaiianen.
90e) Ghastenet fils (Journ. de chir. milit. T. IL p. 377. 1782.
Extrait de TEucjclop. m^thod. m^d. T. II. p. 819. Paris 1790). Mann;
Bajonett, rechts, 1^' vom Sternum, 3'' unter Clavicula, stQrzt besinnungs-
los, kommt wieder zu sich. Wunde schief nach links und hinten, blutet
wenig. Luft dringt bei jeder Inspiration ein, mit Geräusch aus. Körper
eiskalt (im Juli), fast im Znstand der Suffocation. Bei der Lage auf der
rechten Seite starke Blutung. Aderlässe, f am folgenden Tage. Wunde
zwischen 2. und 3. Rippe; 4 Pfd. blutiges Serom im Thorax. Durchstochen
sind rechte Lunge, Pericardium, Vena cava sup., das linke Herzohr und
Oesophagus. Blut anf dem Zwerchfell, im Magen. — (Cbarbonet bei
Zannetti).
Septam ventricnlornm.
IVicIil pcmetrireiide IVaiidcii — T«d »pAler.
909) G. Horstius (Obsery. med. sing. Lib. I. obs. 18). ^Gefangener,
Selbstmord, Messer, Wunde unter der linken Warze; keine besonderen
Symptome; f am 8 Tage. Instrument durch Lunge direct io die Tiefe
des Septum, ohne einen oder den anderen Ventrikel zu verletzen.
t09) E. Gol de Villards (Gours de chirurg. T. IIL p. 281 Paris.
1716), ähnlich wie Fall 207. Degenstich, f am 12. Tage.
HerzBpitze.
i) Penetrirend«» IWiimden — T«d »pAler*
•OO) Mangetus (Samml. auserl. Abhandl. Leipzig 1784. IX. Bd. 1.
S. 571). Jude, legt nach der Verletzung einen ziemlich langen Weg zurück,
t am 6. Tage. Wunde der Spitze penetrirend, so zasammengezogeo, dass
Dor wenig Tropfen Blut ausdrangen.
842 ^r. Georg Fischer,
•) IVIchi peMCtrirende irmideit — TmI «pftCer.
•iO) Schlegel (Nene Materialien f. d. St- Ann.- u. pr. Heiik. Bd. I.
S. 144. 1819). Ein Metiger hatte sich im Fieberdelirimn, als ihn trftomte,
dass er schlachte, sein gewöhnliches Schlachtmesser in die Brost ge-
stossen und die Spitze des Herzens getroffen, f nach 110 Stniideo.
(Penetr. oder nicht penetr.?).
Mi) J. van Meckeren (Heel- en Geneeskonstige Aanmerkingen.
Amsterdam 1668 Aaum. 32. Bl. 193). Mann erhielt 1654 Wände links
zwischen 4. und 5. Rippe. Pols langsam, schwach, kalter Schweiss, Athen
mahsam, f am 7. Tage. Pericardinm und Herz fest verwachsen, desglei-
chen Lunge und Pleura, Pericardium und Pleura. Wunde der Spitze, 1 Quer-
finger tief, 1" breit. — (Die 1. authentische Pericarditis. — Derselbe Fall
wird als Beobachtung von P. de Marchettiv, welcher am 8. Nov. 1654
jenen Kranken mit Abraham Sluyter sah, aufgeführt).
91t) Fallners (Beitr&ge zur pract. und gerichtl. Arzneiknnde. 1799
Bd. 1. S. 158). 40jähr. Mann, mit 4^" langem Messer, das links in die
Brust bis au's Heft eingestossen , verwundet. Am 1. Tage nicht die mio-
desten Zafälle; am 2. heftiges Fieber, das vorüberging. Später Fieber, Br-
stickungserscheinungen, f am 11. Tage. Wunde der Spitze, ohne in Yeo-
trikel einzudringen. Viel Blut in linker Pleura.
913) W. Triller (Diss. de mirando cordis vulnere post XIV dieo
demum lethali. Vitembergae 1775). Frau ersticht ihren Mann, Messer.
Blässe, Zittern, Erbrechen, häufig Ohnmacht. Nach einigen Stunden Besse-
rung, Appetit, Angst. 2. Tag: Kräfte nehmen zu. Beim Versuch anfzo-
stehen, Schwarzwerden vor den Augen, Schwindel, Angst; t plötzlich am
14. Tage. Wunde zwischen 5. und 6. Rippe, unter der linken Warze, S"
lang. Im Thorax 4 Pfd Blut; kein Blut im Pericardium. Wunde derSpitie
klein, eng, nicht penetrirend. — (Derselbe Fall, bei welchem als Aotor
Weitzmann citirt ist).
•14) Schlegel (Med. forens. opusc. bei Alleweireldt 1. c. p. 35.
obs. 45). Gh. Rnhmer; i nach 14 Tagen.
Tad, unbestiMMte leit.
9IA) Casper (1. c. S. 536). d4jähr. Frau, Selbstmord, Tischmesser.
2 Wanden links zwischen 7. und 8. Rippe; nach dieser Verletzung hiogt
sie sich am Fenster auf. 2 gleich grosse, |" lange Wunden im Pericsr-
dium; kein grosser Erguss darin. An der Spitze der Fettschicht, welche
das Herz umkleidet, eine ^" lange Trennung, scharf gerändert
Tad, spater, Mit Caapllcidttnen.
•le) Dolbeau (bei Jamain 1. c. S. 82). Roax, 4S$ähr., moaoiDB*
Deber die Wanden des Herzens nnd des Herzbentels. 843
niBcb, Selbstmord. 10 Messerstiche. Blntong dnrcb's Bett hindurch, roth,
stossweise bei der Inspiration aasdringend, bei der Exspiration aafh<(rend;
besinnnngslos. Wanden liegen in der Herzgegend, 2 fiber nnd nach aussen
von der Warze, 4 vor dem Sternnm, 4 nnter der Warze, Compression im
Verlauf der Art. mamm. int. sistirt die Blntang. Präoordiale Mattigkeit.
4. Tag: Oppression, Aderlass, welcher später wiederholt. 14. Tag: Bis da-
hin stets Dyspnoe, Syncope. Abnorme TOne in der Herzgegend, bei starken
Inspirationen amphorisches Blasen nnd metallisches Klingen, f »m 20. Tage.
Wunde bis zum G. Rippenknorpel; Verletzung der Art. und Vena mamm.
int.y deren Enden auseinanderstehen und durch sehr weiche Pfropfe oblite-
rirt sind. Im Pericard. 1^ Litres fötiden Eiters mit Gas vermischt, russig
braun. An der Herzspitze 2 kleine Ecchymosen; vielleicht war die Wunde
nicht penetrirend. Geringer Ergnss in linker Pleura; kleine Fistel vom
Pericardium in das Lnngengewebe.
Ganzes Herz.
T«d spater, mit trtmien Rorpera.
919) Sam. S. Pnrple (New York Journ. Mai 1855. Fall 29). Geistes-
kranker verletzt sich mehrfach, darunter eine 14"' lange Wunde zwischen
Proc. xiph. nnd Knorpeln der linken Rippe, f am 4. Tage. Herz ganz
and gar durchbohrt von einem noch darin steckenden Radirmesser,
welches Patient sich wahrscheinlich mittelst eines Ziegelsteines in die Brust
getrieben hatte.
tl8) H. de Montegre (These, Paris 1B3& p. 6/ Seeofticiant ver-
wundet sich mehrfach; Wunde so klein, dass sie nicht für penetrirend ge
halten. Keine besonderen Symptome, f am G. Tage. Herz ganz und gar
von einem Radirmesser (grattoir du bureau) durchbohrt und darin liegeDÜ.
Wahrscheinlich gleich dem vorhergehenden Falle.
Linkes Herz.
Tod später.
tl9) B. Wichmann (Epistolae ab eruditis viris ad Alb. Hallerum
scriptae. T. II Bernae 1773. or. 404). Schwert; f nach 12 — 14 Stun-
den. Wunde der 4, Rippe, l" vom Knorpelanaatz. Wunde des linken
Herzens (Herzohr, Kammer und Spit/e). Ein Blutpfropf verachtoss unter
der Herzspitze die Wunde. Blut im Tborai:. —(Nicht T. IV., wie citirt wird)
Recbtes Herz.
Tod sofort.
MO— f9l) Pantoli (1831; bei Zannetti i. c. Fälle G6, 67). Zwei
Feinde treffen sich gleichzeitig; in beiden Fällen \vird das rechte Herz fast
an demselben Punkte verletzt nnd trat der Tod sofort ein dnrch Compres-
sion, d. h. viel Blat im Pericardium.
V. I<AOg«nb«ek*a Arehiv Ka Gbirurgie, TX. 54
84i Df' Georg Fischer,
tn) Bartolini (1842; bei Zannetti 1. c Fall 96). Wunde des
rechten Hersens mit dem Septam. t sogleich durch Oompression. Viel
Blnt im Pericardinm.
DBbestimmte HerzabBchnitte.
t) Penetrlrende Wimde» — T«d«
a. Ted sefeil
«9S) Beck (1833; M^d. leg. bei Zannetti 1. c. Fall 74). Dolch,
Patient l&oft einige Schritte, schreit, stürzt, f.
••4) H. Demme (Milit-chir. Stnd. in den italienischen Laxaretfaen.
II. Abth. Specielle Ghir. der Schussw. 1861. S. 117). Tischler steigt mit
einem Messer im Herzen die Stafen einer hohen Kirchentreppe hinan,
stfirzt erst an den Sftalen des Portals nieder.
Mft) Görard (l. c. obs. 6). October 1855 stand eine Fran vor den
Assisen in Delemont *(Canton Bern), welche im Streit einem Nachbar ein
Küchenmesser in die Herzgegend gestossen hatte. Der Verletite lief
noch 40—60 Schritt bis zn seiner Wohnung und f anf deren Schwelle.
Die Klfiger verlegten den Schauplatz des Mordes dahin, wo der Ermordete
gestorben war, wShVend die Frau in der Vertheidignng die Yerlettnng asf
ihren Grundbesitz verlegte. Die Jury stellte 2 Aerzten die Frage: ^.ob ein
Mann mit durchbohrtem Herzen noch 40 Schritt laufen könne?* Erfahreoe
Aerzte behaupteten »Nein*, indess bewies das Zeugenverhör das Gegentheil;
der Mord war am hellen Tage von einer Menge Personen gesehen worden.
tt6) ? (bei Zannetti 1. c. Fall 127). Schuster sticht seine Fran in
den Leib, als sie noch nicht todt war, in's Herz.
999) Lazzeretti (Medicina forense. Firenze. 1854. Part I. distrib.
VI. p. l64. e seq.). Selbstmord; Schnitt in die Art brachialis; 2 Wunden
mit Bistouri, von denen eine in*s Herz ging.
«?8) Ambr. Par^ (Opera Chirurg. Francf. a. M. 1594. S. 307. de
vuln. thor. cap. 30). Edelmann in Turin erhält im Duell einen Degen-
stich unter der linken Warze versetzt, noch einige Stiche gegen den Peiod,
welcher entfloh, verfolgt ihn noch 200 Schritt und stürzt todt um. Wunde des
Herzens so gross, um den Finger einzuführen; viel Blut auf dem Zwerchfell
b. Ted spiter.
•••) H. de Montegre (1. c. p. 8). Soldat, Wunde mit Fleuret, f
nach ^ Stunde. 4—5 Duz. Blut im Pericardinm.
teso) Lindstram(SvenskaLftkare-SfillskapetUandlingar. ElfteBandet
1827. 6). Selbstmord im Wahnsinn, 6 Stichwunden in's Herz, f nach 12 Std.
teSi) Villers u. Capelle (Joum. de la Society de Sant^ et d'Histoite
nat de Bordeaux. T. I. p. 18). Penetrirende Wunde, f nach 26 Stunden.
Deber die Wanden des Henena nnd des Henbeotek. . 845
t) Daniel Sennert (Lib. Y. part IV. cap. HI., bei Nie. Tul-
piuB). Hen, Zwerchfell, Magen verletzt, f ^^ 2* Tage.
tMM) Mnys (Obs. rares de m^d., d'anat. et de ehir. de Van de
Wiell, flberseUt von Planqne. T. ü. p. 249. Paris 1768). Fat ging
mit seiner Herawnnde 6 Tage in*8 Hospital zum Verbinden, starb dann.
(Es ist dieselbe Beobachtung, welche von demselben Antor gen. J. Mnsins
(Prax. chir. rat Dec. 5. obs. 2. fol. 263) beschrieben wird, wo es heisst:
dass Jndaens Arnhemiensis 6 Tage lang 2mal täglich zu Fuss nach seinem
Hanse znm Verbinden kam.
teS4) N^laton (Gaz. des hOpii Paris 1853. nr. 184). Arbeiter,
Messer in Herzgegend. Alle Zeichen der Herzverletznng. Pat^ reconva-
lescirte, als er eines Tages seine Mörder vorfibergehen sah; alsbald schwere
Symptome, f nach 48 Stunden. 1 Gtm. breite Herzwunde, Spuren von
Pericalrditis.
tes&) J. Rh od ins (Obs. möd. cent. 11. obs. 39). Soldat, Degen,
starke Entzündung, f nach 9 Tagen (anno 1624).
9Se) Marchettis (Obs. med. Chirurg. Padua 1675. obs. 47). Vero-
neser, Wunde des Sternum an der 4. linken Rippe, woraus Fistel eqtstaad,
die Tiel eitert. Ohnmächten, Erschöpfung. Pat. lebte einige Monate.
Pericardium und fast die ganze Herzsubstanz ad fibras usque ab ulcere
exesam. (? Bei derselben Verletzung wird als Autor Fabricins v. Hilden
citirt).
«S9) Morawetz (Oesterr. Woohenschr. No 22. 1845). 43jähr., quere
Stichwunde im 6. linken Intercostalranm. Blnterguss im linken Thorax.
Rasche Abnahme der Frequenz des Pulses, systolisches Gerftusch, was auf
tranmatische Entzflndung des Herzens, momentane Insufficienz der Mitral-
klappe in. Folge einer Paralyse eines oder des anderen Papillarmnskels
schliessen Iftsst. Messer.
Tad spater mH C«MpllcitianeB.
teS8) Schneider (De catarrh. L. 3. c. 3, bei Bonet, Sepulchr.
anai). Schwert; Herz und Aorta yerletzt f an demselben oder folgen-
dem Tage (in seqnenti die jndicis rogatn corpus defuncti incidebatur).
c. Tad, anbcstlaate leit.
t99) Mnmmins Ludens (bei Alleweireldt I.e. obs. 44). Wunde
der Herzgegend« Lange Zeit schlimme Znf&Ue, schien ganz hergestellt;
nntemahm ermfidende Arbeiten; Ohnmächten, plötzlich Tod. Abscess in
einer Cyste Ton sehr dicken Wänden lag an der Oberfläche des Herzens.
t) Michi penefrircnsie I^Fiinden — T«d.
940) Ebers (Rnst's Magazin fttr die gesammte Heilkonde. Bd. 21.
54*
g46 I>r* Georg Fischer,
S/245). 28jähr., melancholisch, Selbstmord, Messer, Herzgegend. Ganz
unbedeutende Blutung; bei der sorgf<igsten Untersuchung nicht die ge-
ringste Besorgniss der Verletzung eines wichtigen Organs. Wegen gastri-
scher Erscheinungen Tart emet., kein Erbrechen. 8. Tag: Plötzlich Blu-
tung, plötzlich t am 3. Tage. Wunde dicht über BrnstknorpeL Es war
die glatte Fläche des Herzens so berfihrt, dass nur der änsserste Deberzng,
nicht die Herzsubstanz verletzt schien. Im Pericardium kein Blut.
Hit C«HpUeatioiei.
Ml) de Lamotte (Traite complet de Chirurg. T. III. p. 86. Paris
1732). Capitain hat 1697 Degenstich von hinten, zwischen & und 6.
linker Rippe, erhalten, welcher etwas unter der linken Warze wieder aus-
getreten ist Ohne Puls , kalt wie Eis , obgleich in der heissesten Jahres-
zeit schon fji Stunde nach der Verletzung; f nach 2 Stunden. Pericard.
an 2 Stellen durchbohrt; im Herzen eine schiefe, nicht penetrirende Wunde,
welche die Art. coronar. öffnet. Dieselbe hatte so viel Blut geliefert,
dass die Brust ganz voll auf dieser Seite war.
SM) J. Bell (Ueber die Natur und Heilung der Wunden; a. d. Eng-
lischen 1798). Oberflächliche Wunde mit Verletzung der Art coronar.,
Degen, f nach 2 Stunden unter grosser Angst Pericardium strotzend
vor Blut
Herzbeutel,
ft. Tod spater.
949) Grüttner (Deutsche Klinik 7. Octbr. 1865). Stich in Hm-
gegend; Patient fühlt kaum seine Wunde, wird erst von Anderen darauf
aufmerksam gemacht, Naht Patient geht ohne Beschwerden nach seiner
Wohnung. Erst nach 36 Stunden schwere Symptome, Ohnmacht,. Dyspnoe.
Nähte entfernt, worauf sich viel serösblutige Flüssigkeit entleert, Dyspnoe
lässt nach. Am 5. Tage ist die Herzdämpfung so gross, dass sie IV nach
rechts über das Sternum ragt; Reibungsgeräusch. Patient so stark, dass
er ohne Hülfe aufstand, guten Appetit hatte, f am 7. Tage. Wunde
zwischen 6. und 7. Rippe, 1^'' links vom Sternum, perforirt dieses; Wunde
des Pericard. 2'*' breit; Pericardium mit Eiter und Luft gefüllt
•44) Michaelis Beruh. Yalentinus (Pandectae medico - legal.
Francfurt 1701. pars II. sect III. cas. VI. p. 369). Wunde unter linker
Warze, über 4. Rippe durch Pericardium, Lunge, bis linken Scapula, f am
11 Tage; beglaubigt von der Universität Giessen, 4. Decbr. 1655.
945) A. Gooper (Vorlesungen über Ghirurgie. Bd. IL S. 178). Sichel,
Wunde klein, tief, Pat schien schwer verletzt« Nach 2—3 Tagen heftiger
Schmerz in Herzgegend; bald fing Pat an aufzuschwellen, konnte nicht im
Bett liegen, t nach 2^3 Wochen. Viel blutiger Eiter im Pericardium.
Deber die Wanden des Herzens and des Herzbeateis. 847
I. T«d spiier, mU (•■plieatitiei.
täß) Larrey (Glinique chimrgieale. T. 11. Paris« 1829. p. 330).
Mann, 17. Decbr., Daell, Säbel (briqaet), Wände zwischen linken Knorpeln
der 7. and 8. Rippe, einige Linien vom Sternam, 1*' lang. Starke Blutong
sofort, wahrscheinlich ^ns der Art. 'mamm. int. Heftpflaster, SchröpfkOpfe
am die Wände. 25.: Heftige Schmerzen an linker Seite, Athem schwec,
Symptome, welche anf Yerletznng des N. diaphragm. and des Pericardiam
liindeuteten, in welchen Blutergass vermathet L. wollte Paracentese des
Pericardiam machen, wurde durch die Schwäche des Patienten verhindert,
f am 12. Tage. Wunde des Pericardium, worin \ Litre Blat, Wunde der
Art. mamm. int Die Paracentese zur rechten Zeit gemacht, hätte das
Leben retten können.
S49) Magnus (Casper's Wochensch. No. 16. 1844). Mord, 22 Wun-
den mit Tisch messen Knorpel der 2. Rippe hart am Stemum, Wunde
der Vena mamm. int., Lunge, Pericardium im obersten Theile. Das
Messer geht in das Zellgewebe , welches die Vena cava sup. an den Tronc.
anonym, heftet 2 Quart Blut in linker Pleura, im Pericard. kein Tropfen.
•49) Angenstein (Casper's Yierteljahrsschr. ffir ger. und Offentl.
Med. Bd. 23. 1863. S. 334). Messer. Wunde über dem Stemum, 3'"
unter Verbindung des Schlüsselbeines mit dem Sternum, 8|["Mang. Wunde
des Sternum erst durch einen Sägeschnitt ermittelt, da kein Instrument in
die Knochenrinde einzuführen war, so dicht lagen die Ränder zusammen.
Wunde des Pericard. 3|'" lang, 1 Tasse Blut darin; Wunde der Aorto, 1"
vom Austritt aus dem Herzen, 3**' lang, 1'^' breit
940) Sassard (Joarn. de med. T. 46.; bei Benj. Bell. Chirargie
VIL 44. 1804. Uebersetzang ron Hebenstreit). Aorta nahe am Herzen
durchstochen, f plötzlich am 6. Tage (ob hierher gehörig?).
MO) Th. Bartholinus (Acta med. 1673. Obs. 21.). Schwert,
Wunde rechts zwischen 2. und 3. Rippe, Wunde der grossen Herzge-
fässe an der Basis des Herzens, der Langen, f bald, ohne Zeichen des
Schmerzes.
tM) Bonajuti und Zannetti (1842, bei Zannetti, 1. c. Fall 99).
nicht penetrirende Wunde von wenigen Linien am Bulbus der Art-
pulmonalis, f nach 10 Tagen durch Entzündung.
tut) Mo ran d (Opuscules de Chirurgie. IL Theil. S. 184. Paris. 1772).
Soldat, Degen, rechts zwischen 4. und 5. Rippe, f nach 36 Standen.
Wände des Pericard., der Vena cava, da, wo sie sich in die Vena cava
sup. und inf. theilt
c. Ttd, nnlesÜMMte leit«
•HS) Casper (1. c. S.852). 32jähr, Mord, dorch 32 Messerstiche,
t durch Verblutung aus Lungenwnnden , Wunde des Pericard. i" lang.
848 ^^' Oeorg FiBch^r,
9Sä) Spigelios (bei Sönae, 1. c. S. 844) sah Wunde des Pericard.,
nahm sogar einen Lappen dieses Sackes fort. Bei der Sondimng trat Sjn-
cope ein, als die Sonde das Herz berOhrte.
YUft) de Lapejronie (bei S^nac, i. c. S. 344). Nach der Ver-
letzung entstand ein Abscess, der viel Sernm lieferte, Pericardinm fUite
sieh. Fat sehr ängstlich, Oppression; beim Einführen des Fingers trat
Sjneope ein.
Me) Parant (Jonrn. de Toolonse. Jdn. 1858.).
d. Ted später, mU freadei lirieri.
fW) Bnist (Gharleston Journ. Jan. 1858). IL hat 2 Zähne ver-
schluckt, worauf Schmerz entsteht. Nach 5 Tagen intensiver Schmers,
Oebelkeit, Pnls 100, Delirien, f am 5. Tage. Pericardinm von übelriechen-
dem Gas nnd dunkelgrünem Eiter ausgedehnt, entzündet Im Oesophagus
sitzen 2V über der Gardia die beiden Zähne, deren 2" lange, 1'' breite
Goldplatte rechts, hinten in das Pericardium eingedrungen war.
9ft8) University College Hospital (Lancet. 1860. Vol II.
p. 186). Ein (Bankier will ein stumpfes Schwert verschlingest perforirt
mit der Klinge den Oesophagus nnd das Pericardinm, f nach einigen Tagen.
MO) Ragaine (Union med. 18ö4. No. 44). Einem Mexicaner wird
ein Messer in den Rücken gestossen. Klinge bricht ab. Pat geht fort,
keine Blutung, Krämpfe, f i^&ch 2 Stunden. Wunde rechts zwischen 7.
und 8. Rückenwirbel durch Wirbelsäule. Aorta, 8 Otm. von derCurratur,
3 Millim. lang durchschnitten, das Pericardium von hinten geüffnet Die
Klinge steckte darin, hatte als Tampon gedient, daher keine Blutung. (VergL
Schnchardt's Zeitschrift für pract Medic. u. Medicinalw. 1865. VI.
S. 681.)
n. leilMgen.
t) DareH Sectlonen beatfttlyt.
Bechter Tentrikel.
•eO) Yelpeau (TraitiS d'anat. chir. T. I. 1. ödii p. 544; 2. 4dii
p. 604. 1833). Kohlenträger, 50jähr., Säufer. Vor 9 Jahren Messerstich
in die linke Brust. Mehrere Monate in Todesgefahr, dann Heilung, worauf
nur Palpitationen zurückblieben. Gegenüber der Narbe des Thorax eine
fibröse Linie, welche ganz durch die Dicke des rechten Ventrikels ging,
correspondirend dem Substanzverluste im Pericardium. Da die Narbe durch
die ganze Wand ging, ist penetrirende Wunde wahrscheinlich. — Jobert
citirt den Tod nach 1 Jahre. Larrey's Gitat (Olinique Chirurg. T. U. Paris.
1829. S. 284 u. folg.) wird sich auf diesen Fall beziehen; Narbe ca. J"
Deber die Wunden dea Henens nnd des Herzbeutels. 849
Uttg; t durch Gastroenteritis; desgleichen das Präparat von Ferrus, vel*
ehes Guthrie Ton jenem Falle trennt.
tet) Lankester (London med. Times. 7. Not. 1868). i4jfthr. Knabe,
vor 8 Monaten mit Federmesser rerletzt, geheilt entlassen. Narbe auf
linker Brust, bis sum Herzen su rerfolgen, rechter Ventrikel schief durch-
bohrt; t an Apoplexie, wahrscheinlich in Folge der schwachen Herzaction
bei der Dfinnheit der Wftnde als Folge der Wunde — (partielle Heilung).
•••) Dnrande (M^moires sur Pabus de l'enseTelissement des
raorts. Strassbourg. 1780. p. 28). Mitte December 1769 erhält ein Soldat
einen Degenstich in die Brust, yerliert Tiel Blut, bleibt 5 Ti^e lang
scheintodt auf einer Treppe im Schutt eines demolirten Quartiers liegen.
Niemand kam Torbei, er w&rde sonst sicher beerdigt sein. Vor Kälte wa-
ren ihm beide Beine erfroren, f an Gangrän. Der Scheintod war durch
Blutverlust, Kräfteverlust, Kälte entstanden. Rechter Ventrikel war Tcrletzt.
Die Wunden des Herzens, Pericard., der Lungen waren in den 6 Tagen ver-
narbt, Pat. hatte 10 Tage im Spital gelebt, f also nach 15 Tagen — (der-
selbe Fall, den Ohastenet im Journ. de Möd. milit. Paris. 1782. beschreibt).
•ea) Sam. S. Purple (New York Journ. Mai. 1855. Fall 84). Ba-
jonett, t nach 14 Tagen. Wunde, im Pericardium und rechten Ventrikel
Tcmarbt
tS4) Faget (Dictionn. des ^tudes möd. prat T. 8., bei Zannetti,
1. c. Fall 26). Nach 6 Jahren Heilung einer Wunde des rechten Ventrikels
constatirt, mit 5'" langer Narbe; ungewiss, ob ursprftnglich penetrirend.
Linker Tentrikel.
•M) Richerand (Nosogr. chir. T. IV. p. 8. Paris. 1808). Degen,
Wunde unter linkem Hypochondrium, Pericardium war am Herzen durch
Narbe adhärent, weiche selbst mit den Wänden des linken Ventrikels zu-
sammenhing. Die Narbe war sternförmig. R. sagte zu Alleweireldt
(Obs. 56), daas Alle bei der Section sich fiberzeugt, dass das Herz ober-
flächlich Tcrletzt gewesen und geheilt sei.
Beide Tentrikel.
•••) GioT. Brugnoli (Sopra un ferimento di cuore con lesione
d'ambo i ventricoli andato a gnarigione. Bnlletino delle scienze mediche.
Juni 1862). Schuster in Bologna erhielt 28. August 1835 Messerstich,
2" unter der linken Warze, nahe am Brustbeine. Deutlich blasendes Ge-
räusch unter der Glavicula und Achsel, welches die Herztöne verdeckte;
starkes Herzklopfen und Katzenschnurren. Man f&hlte zweifache Herzpul-
sation zwischen 5. und 6. Rippe und zwischen 8. und 4. Rippe. Nach 78
Tagen geht Pat. in's Geschäft. Hierauf unter der linken Clavicula Ge-
g50 ^^' Georg Fischer,
schwQlst, welche in Folge einer Langenblntung ood Milcfadi&t TerschwftBdL
Fat. behielt Herzhypertrophie mit systolistihem Ger&asche, namentlich an
der Basis des Herzens. Nach 19 Jahren 7 Monaten Leberhypertrophie,
Kolik, Oedem der Beine, Tod. fixcentrische Herzhypertrophie, yerdicktea
Pericardinm, viel mit dem Herzen verwachsen. Im rechten Ventrikel, neben
der Valv. semilanaris, ein viereckiges, 3 Gtm. grosses, weisses Narbesgewebe,
ebenso am Sept ventric. Die Yalvula mitraUs war in 2 dicke, sehnenartige
Lappen zerchnitten. Da^ Messer hatte von oben nach nnten das Pericard^
die vordere Wand des rechten Ventrikels, die Scheidewand, Valv« mitr. und
das Endocard. des linken Ventrikels durchbohrt, und war so tief in die
hintere Wand des linken Ventrikels gedrungen, dass wenig an einer völligen
Durchbohrung des Herzens fehlte. Die Art pulmon. war in Folge der Com-
munication beider Ventrikel erweitert. Bei der Verwundung war ein Theil
des Pericard. in die Herzwunde eingedrftngt, was zur Verstopfung derselben
beigetragen hatte. Das schnurrende Geräusch entstand durch Gommunica-
tion beider Ventrikel.
9S9) Mühlig (GonstantinopeL Gaz.möd. d'Orient IV. 6. Sept 1860).
Maurer in Neapel hatte 10 Jahre vor seinem Tode einen Messerstich
links vom Sternum erhalten, wovon die Narbe noch sichtbar. Lebensge&br,
Besserung, Fat hat wieder gemauert. Seitdem bemerkte er am Honen bla-
sendes Geräusch, das ihn indess nicht weiter beunruhigte. Einige Wochen
vor dem Tode heftige Athemnoth, Husteu, beginnendes Anasarca, dann Auf-
nahme im Spitale. Das Blasen am Herzen war stärker geworden, verdeckt«
beide Töne. Scrotum, Beine sehr ödematGs, nach Scarificationen rasch zu-
nehmende Gangrän, Erschöpfung, Tod. Unter der Insertion des 4. Rippen-
knorpels am Sternum links eine lineare Narbe von i " Länge, schräger Rich-
tung; Narbe von innen sich erstreckend, Ende des 4. Rippenknorpels sprang
leicht nach innen vor. Linke Lunge überall mit Brnstwand und Pericardiam
durch alte Adhäsionen zusamm^nhängond, Herz vom rechten Lungenrande
überdeckt. Peric. mit dem ^Herzen überall eng verwachsen, auf der Seite
des rechten Ventrikels fühlte man durch das Pericard. hindurch einen har-
ten, vorspringenden Körper. Herz 2 Mannsfaustgross, Pericardinm Hess sich
von der Ventrikelwand durch starkes Ziehen lostrennen, mit Ausnahme da,
wo der harte Körper gefQhlt wurde. Hypertrophie betraf besonders lin-
ken Ventrikel, dessen Höhle erweitert und in die Länge gezogen war. Innen
im rechten Ventrikel war eine runde, mit Narbengewebe ausgekleidete Oeff-
nung, welche die Spitze des kleinen Fingers aufnahm, durch die man in
einen ca. nussgrossen Sack gelangte; im Grunde desselben stiess man auf
einen harten, höckerigen Körper. Beim Oeffnen des Sackes ergab sich ein
partielles Aneurysma des Herzens, dessen Wand ausschliesslich von
den beiden, zu einer Membran verschmolzenen Blättern des Herzbeutels
Ueber die Wunden des Heneos und des HerzbentelB. 85 1
(ohne jede Spur tod MoBkelfiuern) gebildet wurde; im Oraude des Sackes
lag ein incmstiries Faserstoffgerinnsel. Das Aneurysma sass an der Ver-
bindung der beiden oberen Drittel des rechten Ventrikels mit dem unteren
Drittel; ihm gegenfiber im Septnm ventric. ein Loch, das kaum die Spitse
des kleinen Fingers aufnahm, durch welches man in den linken Ventrikel
kam. Das Loch war auf dieser Seite fast noch einmal so weit, als rechts,
fiberall mit Narbengewebe bekleidet, das sioh auch noch einige Linien weit
in den linken Ventrikel erstreckte, in dem es nach oben eine halbmondför-
mige, die Oeffnnng theil weise Terschliessende Falte bildete, während nach
unten eine fthnliche Falte frei im linken Ventr. flottirte. Die Semilunar-
klappen der Aorta zeigten an ihrer ftusseren Fl&che, ganz nahe dem freien
Rande und in gleicher Entfernung von ihrer seitlichen Insertion, eine blu-
menkohlartige Wucherung, an ihrer inneren, gegen das Lumen gerichteten
Flftche eine deutliche Spaltung. Die Aorta adscend. etwas erweitert, athe-
romatfis, Mitralklappen leicht verdickt, nahe der Insertion etwas ossificirt,
an der Tricuspid. und Art pulm. nichts Abnormes. Herzsubstanz blassroth,
gelblich gestreift, schlaff, mflrbe. Vorhöfe sehr erweitert, Wandungen ver-
dfinnt. Leber vergrössert, hyperftmisch, muscatnussartig. Vena cava inf.
enthllt viel schwarzes Blut — (Es ist sicher, dass die Herzhöhlen vor 10
Jahren verletzt, das Stilet in den rechten Ventrikel, und, nach Durchboh-
rung des Septum, in den linken Ventrikel gegangen war. Tod durch se-
cundftre Endo-Pericarditis, ohne dass das Aneurysma oder die Perforation
des Septum zum Tode direct beigetragen haben. Jedenfalls war die Wunde
nach der Verletzung durch Gerinnsel verstopft, als dessen Residuum die
im Aneurysma befindliche Fibrinconcrellon angesehen werden kann. Wahr-
scheinlich war damals nicht viel Blut im Pericardium, weil sonst gewiss
partielle Verdickungen, Fibrinablagerungen zu bemerken wären. Das frag-
liche Goagulum war zuletzt als Tampon vom Pericardium fixirt, indem die-
ses durch adhäive EutzOndung innig mit dem Herzen verwuchs. Wunden
des Poricard. und dea Ventrikel entsprachen sich genau. Die nach der
Verletzung auftretende EntzOndnng hatte sich auch gleichzeitig auf das
Endocard* ausgebreitet und eine Insufficienz der Aortenklappen,
so wie eine Stenose am Orificium Aortae herbeigeführt. Die Folgen waren
Hypertrophie mit Erweiterung des linken Ventrikels, Ausbuchtung der
Vorhöfe, venöse Stasen, Entartung und fortschreitende Lähmung der Herz-
substanz; ausserdem floss Blut durch das Loch im Septum fortwährend aus
dem linken in den rechten Ventrikel. Es ist der erste Fall eines par-
tiellen Aneurysma träum, des Herzens; bemerkenswerth ist, dass
das Aneurysma nicht, wie gewöhnlich, den linken, sondern den rechten Ven-
trikel betraf, weil letzterer mehr Verletzungen exponirt ist Das im Leben
hörbare doppelte, blasende Geräusch am Herzen war in der Hauptsache
862 Dr. Georg Fischer»
jedenfallB tob der Yerftnderang am Orific Aortae bedingt Wahrscheialieh
hat aaeh der Durchgang des Blutes ans einem in den anderen Ventrikel
durch die enge Oeffnnag im Septum die St&rke des systolischen Gerinaehet
vermehrt).
Herzspitze.
•es) Id. Wolf (Obserr. chir. L. L Obs. 21. Qnedltoborg. 1704)
Tourby secirte 1642 eine Leiche, bei welcher vor 4 Jahren eine Yerletsung
mit einem Schwert stattgefunden. Das Hen war aa der Spitxe rerwan-
det gewesen: cujus vulneris evidentissima testis cicatrix adhae restabat ab
Omnibus clare conspicienda.
•••) 0. Stalpart van der Wiel (Obsenr. rariores; centnr. poster.
pars prior. Leidae. 1727. Obs. 23). Aim^ de Foix, ein Chirurg, enihlt
dass er einen Anführer der Reiterei gekannt, der, wegen aeiuee grossen Ap-
petites auf Rfiben (raparnm) «Raparius'' genannt, geheilt sei, nachdem er
eine Seh wert wunde erhalten, die durch Zwerchfell, Pericardiam bis in
Herzspitse gegangen. Nach i Jahre ass er wieder so viel R&ben , daes er
keine Winde lassen, noch Stuhlgang haben konnte, und starb. Aa der
Wundstelle im Herzen war ein Gallus, so lang, wie das erste Glied des
kleinen Fingers, mit dem Pericardium verwachsen. Ein Theil deor D&qd-
dfirme war durch das Loch im Zwerchfelle eingedrungen und hier durch
Fasern verwachsen.
t90) J. Pauli (bei Math. Michaelis Sikora, Gonspect medie.
leg. legibus austriaco-provinc. accommodatus. Prag. 1780. Pars IV. Gap. IL
De vuln. lethalit. §. 14.) fand nach vielen Jahren bei einer geheilten Brust-
wunde eine Narbe (callum) im Pericardium und Henspitie. — (Auch citirt
Bphem. Nat Gent 5. p. 421. Dec I. ann. 2. p. 195.)
H e r z b a 8 i 8.
m) Bartihol. Gabrol (Alphabet anatom. avec plusieurs obserrst
particuli^es. Geneve. 1602. Obs. 62). Ausspruch Ton Fernel: Bei einem
erhängten Diebe, an der Basis neben der Kransnaht eine Narbe von 2 Fin-
gerbreite und Dicke eines Testen (Silbermünse), vermuthlich auf einer Wunde
beruhend.
Arteria Corona ria.
tn) Larrey (Glinique Chirurg. T. IL p. 291 Paris. 1829). B.Saint-
Ogne, 30jfthr., am 18. März verwundet, links, 1^' Uog, Knorpel der &
Rippe durchschnitten. Starke, rothe Blutung, isochron mit Henschlsg.
Blass, kalt, Gyanose,* Pub klein, Stimme schwach, Athem schwer, Schloch-
zen, Augen matt, in Thränen gebadet, Pat schien den Tod zu wüiischeo.
Deber die Wunden de. Benena and des HerxbenteU. 868
N.ch dem Stiche wm ftit. sogleich in Ohnm«bt geMen, und d» Inetru-
Tn nL7T°' .«'«P«"*«'' ««^»nngen mit heieeem klanell. FuS^.
^hme^r 'iT"" "T""' Abm^ierung. Oppreseion. Angst. Schmer.
Widern ot^"» «nd Operation des Bmpy.m, dnrch Schnitt,
Toa 1 Litre gelbhch-hrfanlicher FIBesIgkeit. Wihrend der Operation gros.,
sX!L . . "''" «bwecheelnd «ffnen nnd schUessen. um die .
V^Tt '*"?*"*'•'•"• P»*- ««Wi^f ™e«t seit der Verlet«.ng .twaa
Irib!; *^' T- '^ der Auefln« .„f, „«„« Oppr«»ion. Trennung der
t^T^vt^^iT '°° * ^'»•'»"«beclcen. Hoflhnng »nf HeUong. .1.
mlmmTl*«! I*^' """ "'' ^«'**»""6- ^erlet^ng der Art.
Zj^ Zt ' ?? ''""''• '" ''«"" •»" N«»«' ^^ '•»«»•« "» Z''««
hWt mI, "J; " "*. '^'" '^'"'^*- *'»* I»i«^«»" « ^ Arteriensystem
n« iZ '.K?" *[""^'"''*' '"*" ^«^ J*"*«^ "'«5** ""• wenige Li-
Z !?.' 's; .""''' ^'"^' •"»^«»»"8«' entsündet; Oberfläche de. Her-
^tM« ![t "*•" Medi«tinnm nnd Her. bg eine .nsgedehnte. innen
Tr ^T^ J'?™'«*"'«' ^'»^ enthaltende Cyste, die sich nach hinten bis
«nr Wirbelsinle yerllngerte. L. UUt sie für das ausgedehnte PericM-dinin,
welche, er angestochen (beschrieben auf Seite 681).
Dabestimmte HsrxabseliBitte.
••■> Boogon (ArchiT. g^n^r. de m^d. 1826. 1. S^rie. T. VIL p. 140).
mj^t: Sparen einer alten penetrirenden Bmstwunde. Lnnge, Pericardinm
und Ben waren verwandet gewesen nnd Ternarbt Fat an fremder Knuik-
heit gestorben.
994) Acta Lipsiens. 1706. p.287. Narbe einer Henwnnde gefanden.
t»*) Rerne mädic. franc. et Strang. VoL XI. 1829. Soldat tm-
teht, scheintodt, bleibt Uegen, weil fllr todt gehalten. Nach einiger Zeit
Brholang und Hwlnng. Später Tod durch fremde Krankheit; Tollkommen
geheilte Henwnnde.
•*•) Rongnon (Vuln. cord. .nbitamorte non snperreniente. Vennntii
1786. p. 7. Consider, pathol. - eemiotic). Soldat, Degenstich, erholt sieh
«Piter, arbeitet wie gewfihnlieh. SpSter Fieber, Plenritis, + nach 2 Monaten,
Zun Thsil Ternarbte Hemrnnde, 6'" lang. Das Fieber scheint die frisehe
Narbe nieder aufgerissen an haben, Fat. starb am 4. Tage der Plenritis.
•«) Ph. V. Walther (Sjrtem der Chirurgie. V. 1861. S. 279). Hei-
lung «ioer Wunde des Pericardinm nnd der Oberflftche des HerMns.
854 Dr. Georg Fischer,
•99} £. Jaofisen (Ball, delle Sc. med. — Presse m^dicale. 31.
1862).
Herzbeutel.
ms) Blackadder (J. Hennen, Observ. on some imporiant points
in the practice of military surgery. Edinburgh 1818. p^ 439). Soldat mit
Bajonett verwundet; 3 Monate nachdem er geheilt enilasseo, Tod darcfa
Pneumonie. Wunde 2'' links ttber dem Proc. xiph., unter der Narbe ein
Vorsprung einer Rippe. Im Zwerchfell, da wo es mit dem Pericardinm ad-
härirt, fast in einer Linie mit der Susseren Wunde eine Perforation, die bis
in's Pericardium ging und den Ringfinger durchliesa. Dnrch dieses Loch
hing ein Fettstiel (a fatty pedicle), 1" lang, ca. Vs" breit, etwas gelappt;
derselbe entsprang vorn vom Herzen, ca. V^" von der Spitze. Hers grösser,
als gewöhnlich, vorne mit dem Pericardium durch lange Ligamente adhäri-
rend, wahrscheinlich Producte einer früheren Entzündung. Hennen be-
zeichnet es als »herniary Protrusion of a pedicle springing from the heart*.
PrSparat in Obatham. — Derselbe Fall ist von Guthrie (On wonnds and in-
juries of the ehest. London 1848. p. 58. Abbild.; auch Oommentaries on the
surgery of the war. 6^edit. 1855. p. 513, 514) in einer ganz abweichendeo
Art und Weise beschrieben: Dierking erhielt in der Schlacht bei Water-
loo einen Stich zwischen der 5. und 6. Rippe mit eioer Lanze, welche
zurückgezogen wird. Er fällt vom Pferde, verliert viel Blut ans dem Munde
und der Wunde, wird nach Brüssel gebracht, ohne weitere Sorge für seine
Wunde. Da seine Kräfte noch schwach waren, Herzpalpitationeu bestanden,
wurde er im November 1815 als Invalide nach England geschickt, f dann
bald an Pneumonie. Guthrie sah zufällig die Brustverletzung: Narbe im
Rippenknorpel und der unteren linken Lunge. Die Lanze war durch das
Pericardium gegangen, hatte ein Stück vom äusseren Rande dei
rechten Ventrikels abgettchuitten, welches unten angeheftet,
umgedreht, 2'* vom Herzen herabhing, während der Theil des Ven-
trikels, wo es abgeschnitten war, gerunzelt (in der Abbild, steht »puckered
cicatriz of the wound") und mit einer serösen Membran gleich dem Herten
selbst Oberzogen war (^a piece . . of the right ventricle, which being attached
below, tnrned over and hung down from the heart to the eztent of two
inches^) Die Lanze machte dann ein ovales, fingergrosses Loch im Oentr.
tendin. des Zwerchfelles. UnregeJ massige Narbe an der Oberfläche der Leber,
Adhäsionen zwischen Herz und Herzbeutel als Folge der Entzündung. Hätte
der Mann länger gelebt, so wäre vielleicht eine Magen- oder Darmhemie in
dem Herzbeutel entstanden. — Guthrie erklärt die Beschreibung Hennen'a
von dem Assistenten Black adder, welcher nicht bei der Sectlon war ond
später eine Präparation vorgenommen hatte, für irrthümlich. Uebrigens ist
Deber die Wonden des Herzens und des Herzbentels. g5d
diese Bemerkung über Hennen nnd das zufällige Entdecken der Herzwnnde
in der Ausgabe vom Jahre 1855 (6. starb 18&6) fortgelassen.
MO) A, Krause (Danzig) (Das Empjem nnd seine Heilung. Danzig
1843). Baum 's Klinik: 2()jähr. Mann, durch Messer mehrfach in der
Brust verwundet, die eine Wunde zwischen 4. und 5. Rippe links, etwas
unter und rechts von der Warze, IV lang, die andere mehr nach aussen
und oben zwischen 3. und 4. Rippe. Der Herzschlag war so laut, dass man
ihn in einer Entfernung von mehreren Schritten deutlich hören konnte; es
schien, dass Luft in den Herzbeutel eingedrungen, bei der Bewegung des
Herzens hin- und hergetrieben wurde. Beim Erheben des linken Armes
drang etwas Luft aus der Wunde; verhielt sich Patient ruhig, so trat keine
Luft aus. Geringe Blutung, Fat. so stark, dass er noch eine bedeutende
Strecke zu Fuss nach dem Spital gegangen war, blutige Sputa fehlten.
Sondirung, dennoch schien die Diagnose deutlich genug, dass das Messer,
ohne Lunge und Herz zu verletzen, das Pericardium geOffnet hatte. Naht,
Binde um den Thorax, kalte Umschläge, Aderlass, Lage mit erhöhtem Ober-
körper. Am folgenden Tage Fieber, Emphysem um die Wunde, Sägege-
räusch beim 2. Ton. Brustschmerz (Aderlass, Blutegel, Digitalis). Am
3. Tage liess Geräusch nach, kehrte am 4. wieder (Aderlass), Fieber Hess
nach, Herztöne normal; allmälig Zeichen eines Empyems, hektisches Fieber,
Tod nach 11 Monaten. Empyem links. Das Pericardium, welches sich nebst
dem Herzen unterhalb des Stemum befand, war an seiner linken Wand ver •
dickt, die innere Fläche glatt und zeigte. eine Vertiefung, eine Art Ausbeu-
gung gleich dem Foram. ovale, welche der inneren Oeffnung des Stichcanals
entsprach u. s. w. — (Heilung der Wunde des Pericardium, ohne dass Peri-
carditis hinzugekommen).
•) IVacli Sj'inptoineii wermatliet«
Rechter Ventrikel.
•91) Rupprecht (Spitalztg. 12. 1862). 41jähr. Maler, sticht sich
mehrfach einen Dolch in die Brust, wo er den Herzschlag am deutlichsten
fühlte, bis an das Heft hinein; Dolch b" lang. Bald darauf Dolch aus der
Wunde entfernt, worauf starke Blutung. Grosseste Erschöpfung und Anä-
mie. Todtenblässe, Glieder kalt, schlaff, Zunge dunkelblau, trocken. Puls
kaum fühlbar. Unter dem Heftpflaster sickert continuirlich etwas dunkeles
Blut aus. Leerer Ton bis zur 2. Rippe, Herztöne schwach, wie bei peri-
cardialem Exsudat; Husten, Athemnoth nahmen zu. (Energisch belebende
Mittel). Die 4. Wunde unter der linken Warze blutete am meisten, aus ihr
war der Dolch ausgezogen. Diagnose einer Wunde des rechten Ventrikels.
Körper mit heissen Tüchern erwärmt, Aether, Kaffee, aufrecht sitzen lassen i
CS entleerten eich 15 Unz. Blut, was den Kranken erleichterte. Athem wird
856 ^r« Georg Fischer,
freier, Herztöne bGrbar, Blatnng geringer. (Tinet Opii und Tiiict. Dtgit
aetheres, Eis aafs Hen, Senfteig an die Glieder, stündlich Fleisehsnpp«
mit Ei). Forttdnendes Gerftusch von der Systole zur Diastole. 4. Tag:
Stechende Bmstschmersen, Hasten, Fieber, beginnende linksseitige Pneomo-
nie nnd Pericarditis (Reibnngsgerftasche). Am 33. Tage wieder Pneumonie
links und rechts; bald Besserung; nach einigen Wochen Hentöne fast rein.
Nach 3 Monaten yollkommen Heilung. — R. bestfttigte seine Diagnose doreb
Versuche an Leichen.
tSt) H. Tuefferd (Union m^d. 1860. nr. 40). 3Qfthr. Bauer erhilt
mit Messer 6 Wunden, von denen nur eine gefllhrlich im linken 2. Int»-
costalraum swischen Glavicnla und Brust lag, 3 Gtm. lang, schrig ron oben
nach unten, von aussen nach innen. Weder blutiger Auswurf, Emphjsen,
Luftaustritt, noch Erguss in Pericardium und Pleura. Pat sehr ediwach,
Ohnmächten, Oppression, heftige Henpalpitationen , kleiner rapider Pab
(Naht). Bald schien Patient dem Tode nahe (Aderlass, der wiederholt wird).
Erleichterung, Athem freier, Hasten. Am 3. Tage grosse Oppression. Wunde
geöffnet, worauf einige Löffel mit Luft vermbchten Eiters sich entleertes.
Am 9. Tage, als feste Adhäsionen vermuthet wurden, drang eine Sonde
9 Gtm. abwärts, nach Innen ein. Die 10 Gtm. lange Messerklinge war hin-
ter der vorderen Brustwand, zwischen dieser und der Lunge, herabg^tittai,
und musste sehr nahe am Herzen Torbeigegangen sein, wenn sie es nicht
getroffen hatte. Am 25. Tage schloss sich die Wunde; die heftigen Hen-
palpitationen (120 in der Minute), sowie die Oppression dauerten fori Wenn
Patient sich im Bett anfrichten wollte, bedeckte sich sein Geeicht mit
Schweiss, Ohnmacht; bei der geringsten Bewegung, selbst beim Auf-
heben des linken Armes oder bei tiefen Inspirationen, entstanden Angst,
Schmerz in der Herzgegend. Percussion hier matt, der erste Herztos
glich einem Blasen, das sich bis in die Aorta und Garotiden fortsetzte;
Schwäche. Am 33. Tage Pat kräftiger, nicht mehr zu Ohnmächten' geneigt.
Puls trotz DigiUlln (6 Milligrm. in 21 Standen) 112, Athem kurz, Palpitz-
üonen fortdauernd, in der Präcordialgegend ein immer stärker werdendes
Blasen hörbar, welches beide Herztöne verdeckte, intermittirend , in Aort»
und Garotis deutlich zu hören. Bei der Seitenlage hörte es Pat selbst —
Forget bemerkt dazu: 1) die Erscheinungen, die noch bestehen, sind nicht
von Anämie abhängig, da sie nicht gleich nach der Verletzung entstanden;
ähnliche' in den Fällen von Velpeau und Latour. 2) Der rechte Ven-
trikel ist getroffen, wegen der Lage, der Richtung und Symptome. Das
Fehlen einer inneren und äusseren Blutung spricht nicht dagegen. Ueber-
dies konnte ein' leichter Erguss in's Pericardium bei den intensiven Er-
scheinungen leicht übersehen sein. Wahrscheinlich hat sich findocarditis
entwickelt 3) Heilung durch Vernarbung ist möglich. Es bestehen die
Deber die Wnnden des Henens nnd des Henbeutels. 857
Gefahren der Raptnr des Herzens bei der geringen Resistenz seiner Winde,
der Eitemng im Pericardiam, rechten Ventrikel fort. 4) Therapentische
Empfehlungen.
t9S) LftTender (Proceed. of the Med. Assoc. of the State of Ala-
bama for X850)« 15jlhr. Mann erhUt Stich mit Messer, dessen Klinge
3" lang, %'' breit, zwischen linke 4. nnd 6. Rippe an den Knorpelenden.
Mach 5 Minuten Erbrechen, Kinnbacken starr, kalter Schweiss, Angen ein-
gefallen, Athem aussetzend, mehr seufzend, Herzschlag fehlt, continnirlich,
Tenfises Blut aus der Wunde (ca. 1 Gallone). RQckenhige, kalte Umschlftge,
Kampherspiritus in's Gesicht, Luftzug, hierauf Nachlass der Blutung, Athem
bleibt gehemmt, mitunter Stertor. Nach Minaten leises Zittern des Herzens,
Puls ffihlbar. Nach 4 Stunden grosse Unruhe, heftige Schmersen, Puls
120, aussetzend. Pat mnsste 16 Tage auf dem Rficken liegen, sich cathe-
terisiren lassen; Diftt nur Hafergrütze, Johannisbeeren; Morphium gegen
grosse Unruhe, Antiphlogose, schwache Mercurialien. Nach 4 Wochen ent-
lassen; noch 14 Tage lang ein deutliches, mit dem Pulse nicht synchroni-
sches Blasebalggerftusch , das erst allmftlig sich ferlor. — (Purple hält
Diagnose f&r unsicher).
t84) Wagner (Essen) (Hannov. Corr.-Bl. 10— 12. 1850). SOjähriger
Weber stffsst sich Messerspitze zwischen linker 5. nnd 6. Rippe, nahe
dem Sternum, in die Brust Stürzt nieder, rührt kein Glied, Blässe und
Kälte fiber den ganzen Körper. Mühsam und in Intervallen nach Luft
schnappen, Pupillen nach oben verzogen, Puls fadenförmig, langsam, kaum
fühlbar. Kein Bluthusten, geringe Blutung. Eine Sonde fuhr tief in ein
Gavum hinein, wo sie überall hin bewegt werden konnte. Die blitzartig
eingetretene Asphyxie u. s. w., die Lage, Richtung der Wunde, die Länge
des mit Blut gefärbten Messers liessen Verletzung des Herzens, vielleicht
des rechten Ventrikels vermuthen. Mehrere Tage Dyspnoe, Angst, bei den
geringsten Bewegungen Ohnmächten, lauter Symptome von Blutung in's
Pericardinm. — Alle 3 Stunden 1 Tropfen Blausäure, später bei lebhafterem
Herzschlag Kali nitric. und Aq. Lanrocer., zur Resorption der Blutung im
Pericardinm Inf. flor. Arnic. Brn&twunde heilte in den ersten Tagen ohne
Eiterung. Pat nach 16 Tagen völlig hergestellt
Linker Yentrikel.
Ml() Dupuytren (Sanson 1. c. Obs 80. p. 41). Ginet, Stud. med.,
mit 28chneidigem Instrument in die Brust gestossen. Wunde links, dicht
unter dem Busen, bis zur Basis des Warzenhofes, ca. 1" vom Stemnm, im
Intercost Bald darauf Syncope, durch Essigwaschungen im Gesicht
rasch beseitigt Puls zitterte; beim Trennen der Wundränder dringt Luft
aus. Blntstrom von Schreibfederdicke, roth, isochron mit Herzschlag; beim
858 I>f- Oeorg Fischer,
Seufzen intensiver; geringer beim Ann&hem der Wnndrftnder. Puls bebl
eich, Athem schwer, Geffihl eines enormen Gewichtes anf dem ZwerefafelL
Nach 1 Stande Aderlass Ton 4 Becken; Erleichternng, Blatang mis der
Wunde, die durch Heftpflaster vereinigt, hört anf. Percnssion der Bmst
▼ome normal, hinten unten matt; mitunter krampfhaftes Zusammenzieheo
im Schlünde.' D. verordnet nach 6 Stunden , sobald der Puls aieh hebt,
Aderlass in der Weise, dass dem Pat. nur die ndthige Menge Blot som
Leben gelassen wird. An demselben Tage noch 8 Aderlisse an je 8 Beeken;
i UnseSyr. Diacod. 2. Tag: Puls rasch, Athem kurz, Aderlass. Oft Klage
aber Zusammenziehen im Schlünde, nur 8 blutige Answfirfe. 6. Tag: Die
Heftpflaster durch den Herzschlag gelflftet, als ob unter ihnen eine grosse
Arterie ISge. 8. Tag: Stflndlich 1 Bsslöffel Bouillon, nach und nach stei-
gernd. 20. Tag: Patient steht mit Erlaubniss auf. 25. Tag: Heftpflaster
fort; der Grund der Wände verheilt; Patient geht aus. Am 88. Tage reist
er aufs Land; mager, blass, Pols noch etwas rasch. — (Wegen der rothes
Blutung vielleicht Wunde des linken Ventrikels).
Herzspitxe.
996) Ollenroth (Schmucker 's vermischte chir. Schriften. 2. Th.
1785. S. 127). Soldat, 42jähr., stösst sich Messer von \" Länge, an der
Basis \** breit, zwischen linker 5. und 6. Rippe an der Verbindung der
Knorpel, in die Brust. Nach 6 Stunden gefunden, im Blute schwimmend,
Wunde verstopft; Sondirnng. Heftiges Herzklopfen, Husten, R(k^heln, Pais
klein, intermittirend , krampfhafte Bewegungen in Brust und Gliedern. 0.
erweitert Wunde auf 3'*, worauf über j; Maass schaumiges, coagnlirtes Blot
nach und nach mit Geräusch ausdringt; er fand, dass die Wunde dorch
den vorderen Rand der linken Lunge, Herzbeutel, Herzspitze, welche eise
6'" lange, flache Wunde trug, gegangen war. 0. konnte das Herz in sei-
ner Systole und Diastole genau mit den Fingern bemerken, und sich fiber-
zengen, dass das Herz in der Systole sich verlängert, und zugleich, mit der
Spitze etwas auswärts gebogen, die 6. Rippe berührt, in der Diastole sich
verkürzt (am AehnlichiSten mit schraubenförmiger Bewegung einer Spiral-
feder). Wenn das Herz sich contrahirte, erweiterten sich die Arterien, deoo
wenn die Herzspitze den Finger berührte, war die Art. radialis in der Dia-
stole, und wenn beim 4., 5. Schlage der Puls intermittirte, war am Henen
eine mühsamere und mehr zitternde Systole. — Bourdonnets, Pflaster;
äussere Luft durch Kohlenfeuer abgehalten; innerlich Hafergrütze, Saft mit
Laudannro; Glystier; über den Unterleib Fomente aus Chamillen und Holloo-
der. 2. Tag grosse Dnruhe, Pat hatte versucht, den Verband abzureissen,
blutiger Auswurf, Puls voller; (Aderlass von 8 Unzen). Viel Blut ans der
Wunde; beim Abnehmen des Verbandes flössen 10 Unzen röthlicher Lymphe
aus. Aderlass von 6 Unzen. 3. Tag starke Beklemmung, heftiger Hosteo,
Deber die Wanden des Henens and des Hersbeateis. 859
BlaUuswaif. Aderlaas von 8 Dnzen. Gegen das Bindringen von Lnft in
die Brusthöhle Hess er Dämpfe fon abgekochtem Hollander, Melissen ein-
athmen. Puls blieb voll, Aderlass von 6 Unzen. 4« Tag: Pai in bestindi-
gem Sopor. Aas der Wände Icamen 7 Dnzen hellbraane, faalende Materie.
6. Tag Besserang, IcrSftige Diftt. Aaswarf eiterartig, was sich bald ferrin -
gerte. 2 Federkiele beförderten aas der Wände den Eiter. In der 5. Woche
Tollstftndige Heilang. Pat. sofort aaf Festung, wo er sich nach Umständen
gut befanden haben soll.
Unbestimmte HersabsoIiBltte.
f89) Bögin (gesammelt Ton Henri, Recneil de m^moires de möd.
de chir. et de pharm, milit. par B^gin, Jacob et Broassais. Vol. 49.
1841. S. 166—173; auch in den Annaies de la chir. franQ. T. II. p. 477.
Paris. 1841). Soldat am 4. Dec. mit Dolch getroffen ; überscbfittet mit Blat,
stflrzt beeinnangslos zasammen, entleert nnwillkQrlich Urin and Faeces, leb-
los in's Spital gebracht, kommt bald zu sich. Blässe, närrischer (gripp^;,
conTalsiyischer Gesichtsaasdruck, Gjanose, Kälte, Angst, Athem schwer,
Pols kanm fühlbar. Wände 1 " anter der linken Warze, 3 Ctm. lang, zwischen
4. a. 6. Rippe, 1 Ctm. Tom Sternalrande. Weder Lnftanstritt, noch Bmphj-
sem, Blatang sistirt, kein Blataaswarf, Brast sonor, nnr Torne in Herzge-
gend grössere Mattigkeit, Herzschlag kaam bemerkbar. Nach 4 Standen
starke Blutung; durch horizontale Lage, absolute Diät fast total gehemmt.
Als Pat. sich erheben will, kommt Blutstrom, federdick, gewaltig aus der
Wunde, um 10—12 Ctm. hoch erst auseinander zu geben; RQckenlage,
worauf Blutung stand. Aderlass von 360 Grmm. minderte Oppression und
Erstickungsnoth Nach 5 Std. Aderlass von 180 Grmm., am folgenden Tage
6 Aderlässe. 6.: 2 Aderlässe. 7.: keine Angst mehr. 8.: Athem leicht,
Eingeschlafensein des linken Armes ohne bekannte Ursache. 9.: Mattigkeit
im Praecordium, Reibegeräusch, Aderlass. 15—26.: Symptome mindern sich,
Nahrung wird vermehrt 27.: Wunde geschlossen; Mattigkeit im Präcordium
hat abgenommen, Herzbewegung normal, keine Oppression. 1. Januar: Er-
lanbniss, Torsichtig zu gehen. 15. Januar geheilt entlassen.
M9) P. F. Gilbert (Recherches anat et pathol. sur les lösions du
coeur. These .de Paris. 1804. No. 298). 33jähr. Sapeur, im Duell verwun-
det, wobei Lage, Natur der Symptome eine oberflächliche Verletzung des
Herzens voraussetzen liess. 6 Aderlässe in den ersten 8 Stunden; voll-
kommen geheilt
•89) Tournel (Ajaccio) (Recueil de mömoires de m^dec. de chir. et
dePharmae. militaires. Rödig4 par Estienne, Begin et Jacob. Vol. 29.
Paris. 1836). 2 Stichwunden der Brust, Pat. im Blute schwimmend, be-
wasatlos, sprachlos gefunden. Aus einer Wunde zwischen 3. und 4. Rip-
V. Lftii(«abtek, AreldT f. Chlrargie. IX. ^
ißfy Dr. Georg Piaoher,
ptnknorp«! atrOmte Lnft (Heftpflaster), Pals fadenförmig, Spot» nicht bit-
tig» Bdchehi. Beim Heben des Palees Aderlass, Erbrechen, Stuhlgang
2. Tag: Fieber, Ang^t, 5Aderl3Use. Nach 4 Tagen Beruhigung, Vem&rbnn^
Nachts Delirien, Gonvalsionen. Mehrere Wochen hindurch Besserung uad
Verschlimmerang, endlich Reconvalescenz. Fat. behielt eine leichte Beklem-
mnng auf der Brust, Krampf im Zwerchfelle zar&ek. Nach einem Monat
hieftiger Sehmerz im Plexus brachialis der linken Seite, längs des oobeweg-
lich werdenden Armes. Herzschlag oft stQrmisch, unregelmfissig. ~ Der Fall
wird als Verletzung des Herzens, der Lunge, des Phrenicns aufgef&hrt,
Heilung.
%90) N^iaton (Gaz. des höpit. Paris. 18ö3. No. 134). Bin 16jähr
Koch stiess sich bei furchtbarem Zahnweh ein Messer in 's Hers, wohl
nicht in der Absicht des Selbstmordes, denn Pat war gleich darauf s^r
Überrascht und tief bewegt, Ohnmacht nach einigen Minuten. Beim Srwaches
Angst, Athembesch werden. Wunde links im 4« Intercostalraume, 3 Cts.
▼on der Warze, 4i Ctm. vom Sternalrande, 1 Gtm. Ung. Grepitation des
Zellgewebes; grosser Schmerz in Herzgegend. Normales AthmnngsgerSuscb;
Mattigkeit unter der Wunde, kein Blutansururf. Diagnose wegen Ohnmacht
Aogst, Präcordialschmerz. Hoffnung auf Genesung Torhanden.
tBt) H. deMont^gre (These. Paris. 1836. p. 10.) Officier st&M
sich Degen zwischen 5. und 6. Rippe unter der Warze ein, die Spitie
dringt am Schulterblatt zwischen 6. und 7. Rippe ans. Heftige Athemnolb,
Hosten, Schmerzen in der Herzgegend, Mattigkeit um die Wunde herum;
nnregelmftssige Girculation, Sjncope. Heilung im 2. Monat.
Herzbeutel — mit oder ohne Herzwinde.
tO«) Larrey (Glinique cfiirnrg T. II. Paris. 1829. S. 333). Soldat
mit Sftbel gestochen, Wunde zwischen Proc. xiphoid. und 7. Rippe lisks,
V* lang. Diagn.: Wunde des Pericard., Erguss in dasselbe, und wahrseheia
lieh Wunde der Oberflftche des Herzens. Durch einen 3'' tief eingeführteo
weiblichen Catheter entleerten sich 2 Becken brauner, serös-blutiger Flüssig-
keit, worauf Erleichterung. Schmerz längs des Linken unteren Gliedes bii
in die Zehen. Oppression, grosse Angst; Sussorste Prostration. (Verbsod,
schleimige Getränke mit Eis; Aderlass und SchrGpfköpfe, sobald sie indi-
cirt sind). Pat hatte viel Blut verloren, grosse Schwäche. L. war sicher,
dass das Pericardinm verletzt, nnd nicht die Thoraxhöhle, wie einige Aente
glaubten, denn die Respiration war normal, Blut nicht ausgeworfen. 2. Ti^
keine Veränderung. 3. Tag: Pericarditis (Aderlass, Schröpfköpfe), fiitersb-
floss ans Wunde. Vom 9. Tage an Besserung, Resorption begünstigt durch
2 Moxen. Am 32. Tage war Pat. gesund, am 50. Tage entlassen. Wahr*
scheinlich adhärirt Pericardium mit dem Herzen, dessen Volumen normsl^
Ueber die Wanden des Eettenn tnd des Henbeotela. 861
Herzschlag und Puls sind klein, Hant blass, linke Seite mehr eingedruckt;
als die rechte, Warze steht links tiefer.
99S) Larrey (Ibid. p. 818). Chapon; Degen dringt hinten awfschen
7. nnd 8. Rippe ein, scheint Art. intercost verletzt zn haben, dann die Lange,
Pericardiam nnd einige oberflächliche Pankte des Herzens; der Degen dringt
2" hinter der linken Warze ans. Pat. sterbend in*s Spital: Körper kalt irie
Eis, Lippen entfärbt, Aagen matt, in Thr&nen, Stimme erloschen, Pols fast
Nall; bei der geringsten Bewegnng Blut ans beiden Wanden. L. f&hrte den
Finger Tome in die Wände, am sie za schltessen, fflhlte gleichsam entbUtosI
die directen Palsationen des Herzens. (Heftpflaster). Hinten sachte er mit
dem Finger die finden der Art intercost za fassen, nnd so die Retraetfon
za begflnstigen (Compression). Keine Hoffnnng fflr den Pat 8^ Standen
Agone. Pat vnrde erwärmt a. s. v. Nach 2i Standen stellte sich die
Wärme wieder ein, Athem freier, Kräfte heben sich. Aderlass nnd Schrdpf**
k^^pfe nach Bedarf. Nach mehreren Stflrmen Heilang, am Ende des 8. Mo-
nats entlassen. Der Herzschlag war darch die vordere Narbe, in der dm-
gebang fahlbar.
«94) Larrey (Ibid. p. 815). Seh., 22jähr., erhält StSch-Schnittwnnde
zwischen Proc. xiphoid. and 7. Rippe links, Oeschwnlst nnd Eccbymose am
die Wände, Baach ausgedehnt, Gesicht blase; starke Blatnng, grosse Schwiche,
Trankenheit 2. Tag: L. constatirte penetrirende Brastwaüde, Oppression,
Herzschlag kaam ffihlbar, Erweiterung der Wände, wobei die Art epigastr.
Torslchtig nmgangen wurde; Ausfluss Ton nel blutigem Serum, Bilei<ihte^
rang. Nach i Stunde Aderlass. 3.-*^6. Tag 2 Aderlässe. 6. Tag: Pat in
Erstickungsgefahr. Verband gelöst, Trennnng der Wandränder durch einen
Gatheter, worauf sogleich 3 grosse Becken weingelber Flfissigkeit sich en^
leerten. L. sondirte mit Gummisonde, die 8^4" eindrang, dabei entleerte
sich ein 4. Becken Flüssigkeit Die Sonde wurde durch kleine, regetanftsm^
StGsse zurfickgeworfen. Diagnose: Erguss in Pericardiam, Wunde desseV*
ben. Zur Sicherung der Diagnose stellte L. Versuche an Leichen im. Heh«
rere Aerzte fflhhen die durch den Herzcboc der Sonde mitgetheilten Bew««
gnngen, welche fast ausgestossen wäre, wenn'man dieselbe sich sdbst fiber-f
]as8en hätte. Die Bertihrung am Herzen machte ein unangenehmes- GefUil
der Kälte und Erstarrung, keinen heftigen- Schmers. 8 Tage lang Aoninstf
blutiger FlQssigkeit, dann Eiterung. Am 16. Tage ging Pat nmfaei', wnrde
besser; nach 2 Monaten Heilung. — Der Herzschlag nnd Pal« w^en sehr
redocirt, was yielleicht auf eine Atrophie des Herzens hindeatet; wahr*'
seheinlich Adhäsionen zwischen Pericardiam und Hen. Der Fall ist; mh0i
der erste und einzige positiTe Fall einef Oeffnung des Pericardiums mü
Heilung. Vielleicht war auch das Herz yerletzt
MA) Hufeland's Journal der pnkct« Arzn. 1829. V. St Not:
66*
862 ^^- Georg Fischer,
S. 30). Bin Arzt beschreibt eine Mania pnerperalis bei seiner Gattin, woriu
dieselbe sich 13 Stichwunden aaf der linken Brust mit einem Seal pell
beibringt, ausserdem Wunde der Art brachialis, Vena med. und ceph
Wahrscheinlich keine penetrirende Brustwunde. Nach 2 Stunden plOtsllcb
todtenblass, Puls kaum fühlbar, arterielle Blutung aus Brustwunden. Dif
Sonde drang zwischen 5. und 6. Rippe durch 3 Wunden 2" tief ein, und
wurde bei jedem Herzschlage vor- und zurQckgestossen. Pat erkl&rte, sie
habe die 2^'' lange Klinge mehrfach bis an das Heft gerade nach hinten
gestossen. Diagnose: Verletzung des Pericard., vielleicht auch des linken
Ventrikels. Unterbindung der Art mamm. ext. Pat genas. Nach 10 Ta-
gen Messerstich zwischen Proc. xiphoid. und falschen Rippen in Leber und
Magen. Nach 8 Tagen Symptome einer Carditis und Pericarditis mit Wabo-
sinn. Heilung. Nach 2 Jahren ganz geheilt, häufig Congestionen zum Kopfe
and Herzen.
«••) Bamberger (Virchow's Archiv. 1856. 9. Bd S. 328). SOjShr.
Selbstmord, Messer; geringe Blutung, Anfangs im Strahle. Nach i Stunde
Bewusstsein, Blässe, am unteren Rande der. 5. linken Rippe Wände, 1" lang«
ans welcher bei jeder Herzcontraction massig viel dunkeles Blut sich ent-
leert. B. fahrt Zeigefinger ein und begegnet sogleich der glatten, schlQpfe-
rigen» nirgend eine Verletzung bietenden Herzspitze. Zweifellos war dzs
Pericardium geöffnet, da man durch dieses hindurch die Herzspitze gewiss
nicht mit solcher Deutlichkeit gefühlt hätte. B. Oberzeugt« sich sicher, wie
bei jeder Sjstole die erhärtete und etwas zugespitzte Herzspitze an dem
senkrecht von vorne nach hinten eingeführten Finger längs der vorderes
Brustwand in der Richtung von oben nach unten » und etwas nach lioks
noch um ein Geringes unter die untere Begrenzung des Hautschnittes herab-
glitt, wobei jedesmal eine stärkere Blutung, während sie sich in der Dia-
stole nach aufwärts retrahirte und unfühlbar wurde. Ungewissheit über die
Dauer des 1. Zeitmomentes, während dessen sich die Herzspitze längs dem
Finger bewegte. Eine hebeiförmige Bewegung nach vorne, eine RotatioD
am die Längsachse war nicht wahrzunehmen« — Sogleich Naht, Nach eini-
gen Tagen Paricarditis, massiger Erguss in die linke Pleura, leichte Hi-
moptoe. Pat. erholte sich rasch, nach einigen Wochen entlassen. Weder
in das Pericardium, noch in die Pleura war Lufteintritt erfolgt, wie die täg-
liche Untersnchung nachwies. — Da es sicher, dass in der Systole sich dss
Herz im Längsdurchmesser verkleinert und die Herzspitze um ein beträcht-
liches tiefer gefühlt wird, als bei der Diastole, was nur durch ein wahrei
Herabrficken des ganzen Herzens erklärt werden kann (Skoda), so ist e«
wahrscheinlich, dass in diesem Falle der Stich in die Zeit der Diastole ge-
fidlen ist, denn nur so ist es begreiflich, vrie die Herzspitze, die in der
Wände deutlich puisirte, unverletzt blieb. Nicht undenkbar, dass die hef
Deber die Wnnden des Henens und des Herzbeutels. 863
Uge, phjeiBche Erschütterang im Momente des Stiches das Znstandekom^
men der Systole yerhinderte.
999) Reiche (C asper 's Wochenschr. fQr die ges. Heilk. 1883. Not.
Ko. 46). 82 jähr., Selbstmord, Tischmesser, Wände links zwischen 4. und
5. Rippe, Aber der Warze, 1^' breit Der Finger konnte in den mit Blnt
gefönten Herzbeutel eindringen, das Herz umgehen. Ber Bewegungen Blu-
tung. Bei Berflhrung des Herzens kam der bewusstlose Pat., dessen Olieder
kalt, Puls kaum fikhlbar, zu sich, klagte sogleich Aber furchtbaren Schmers,
den die Untersuchung machte. Naht, Eis, Aderlass, Nitrum. Ausser etwas
Schmerz am Halse und Schlingbeschwerden, Befinden gut; Abends grosse
Angst, Beklemmung, Aderhss von 12 Unzen. 2. Tag ebenso, daher wieder
Aderlass von 12 Unzen; 24 Blutegel. 4.: Herz schlug stark. Wurde die
Wunde so mit der Hohlhand bedeckt, dass die Finger nach unten gerichtet
waren, so ffthlte man mit diesen das Klopfen des Herzens, während die
Hohlhand die Empfindung hatte, als wfirde bei jedem Herzschlage eine
Flfissigkeit gegen dieselbe geworfen. Aderlass von 12 Unzen. Bei fortge-
setzter Aotiphlogose nach und nach Genesung; nur in den ersten 8 Wochen
traten beim schnellen Emporrichten Angst und Beklemmung ein, die später
ganz Terschwanden. — Geheilte Wunde des Herzbeutels und der linken
Lunge.
999) Feine (Diss. inaug. Pericardii laesi casum rariorem sistens col-
latum cum similibns, qui noti sunt, casibus. Leipzig. 1SÖ4). 28 jähr, mit
Tischmesser in die rechte Brust yerwundet, 16. Febr. geringe Blutung.
Wunde zwischen 4. und 5. Rippe, 2" Ton der Mitte des Sternum, 10"' lang,
nach den Blutspuren am Messer zu urtheilen, ca. li" tief. Percussion nor-
mal, nur rechts begann eine Dämpfung tou der 8. Rippe, ifnks von der 4.
Rippe. Keine Heryorwölbung in der Herzgegend. Herzdämpfung tou der
5. Rippe bis zum 6. Intercostalraume , vom linken Sternalrande bis zur Li-
nea papill. Zwischen 4. und Ö. Rippe, wenn Pai auf dem Rücken lag, tjm-
panitischer Schall, Pols 80. Wenn Pat. sass, reichte die Herzdämpfung bis
zur 4. Rippe und hörte man keinen tympanitischen Schall, wenn aufrecht,
strömte Luft aus. Herzchoc so undeutlich, dass nirgends leicht zu fühlen.
Als Pat sich hinlegte, wurde heftige Herzbewegnng gefühlt. Der Herzstoss
unten am Deutlichsten gehört Die Töne der Ventrikel haben metallischen
Klang, nicht so hell, wenn Pat sich aufrichtet, wobei ein heftiger, heller
Rhonchus. Hinten beiderseits helle Percussion. Diagnose: f&r Verletzung
der Art mamm. int, der Pleura, Lunge allein kein geuDgendes Zeichen,
vielleicht war ein Ast der Art intercost durchschnitten; dagegen war eine
Verletzung des Pericard. sehr wahrscheinlich wegen des wechselnden Per-
cussionsschaUes bei aufrechter und liegender Stellung; wahrscheinlich war
Luft im Pericardium angesammelt, welche immer nach oben drang, daher
864 ^* Georg Piseher,
i^ liegender StelliiDg tjmpsaitiBcher ScJbalL Dass bei wiederholtem Perea-
üreD, sobald sich das Herz zasammenzog, der tjmpaflitigche 8chaU bald
heller, bald dumpfer war, erkl&rt sich so, dass bei der Systole eia dumpfe-
rer Sehall kam» indem das Herz mit seinem vorderen und unteren Theik
an die vordere Thorixwand anschlug und sich ihr n&herte, so daes die Luft
aus diesem Theile des Perieard. in den hinteren zurückgetrieben wurde.
Deshalb war auch in aufrechter Stellung , wenn das Hers mehr nach vorae
lag, ein gedAmpfter Schall; bei der Diastole entfernt sich das Hert wie-
der TOB der Brnstwand, an seine Stelle tritt Luft, daher der tympanitisehe
Schall Es erklärt sich so auch das Ausströmen von Luft bei aufraehtsr
Stellung. Der Rhonchns bei den Herztönen und die metalliscbea TOne zei-
gen an^ dass Fiössigkeit im Pericardium ist (Blut ans den Gelisaea dm
Mediastinum oder der Art. intercost.). Die Luft im Pericardium kann nur
Ton anseen eingedrungen sein, da keine Zeichen einer Lungenwnnde vorlie-
gen. -*- Kftlte, keine Blutentziehnng, weil Pat einen sehr schwachen Kte-
per und schon viel Blnt verloren hat. 17. heftige Schmerzen in der Mitte
des Sternum, im rechten Arm^, Rficken, Athembeschwer'den. Herzdimpfong
grösser, 1. Ton nicht ganz rein, 2. Ton mit leichtem Ger&usche; auch jetzt
noch Verschiedenheit der Percnssion bei Systole und Diastole. 20. stete
Eisumschlftge, Befinden besser. 23. m&ssige Pleuropneumonie. 27. Besse-
rung, Sis entfernt H. März geheilt entlassen.
999} Paradis (Recneil de mömoires de mödec, de chir. et dephsi-
mac. milit. R^dig4 piir Estienne, B^gin et Jacob. YoL XL. Pens.
1837). Pat betrunken, Garabinerstich, 2'' tief zwischen 7. und 8. Rippe,
links vom Stemum; Emphysem. 60 Blutegel, nach Ende der Trunkenheit
Aderlass. 2. Tag Fieber, Dyspnoe, blutige Sputa, Schmerzen (Aderlass,
Schröpfköpfe). 6.: Aderlass. 7. ängstliche Delirien, Fieber; Aderlsss.
8.: Durch langen Gebranch von Sinapismen, Chinin: Besserung. Athem
noch schwer. Heftige Schulterschmerzen, durch Morphium endermatisch
geheilt Nach 9 Wochen entlassen. -—Geheilte Wunde des Pericardium.
300) Galen (VIL livre de ses administr. anatom., bei Sönac 1. e.
p. 8i9). Sohn des MaruUus verletzt Schlechte Behandlung, nach 4 Moos-
ten Eiterung; Einschnitt- Heilung nicht dauernd. G. löste das erkranicte
Stemnm: das Herz lag offen, Pericardium getrennt und durch Eiterung cod-
snmirt Heilung (?).
SOI) Bartholin (bei S^nac 1. c S. 345). Dolch öffnet das Peri-
cardium, Wasser dringt bei jedem Herzstosse ans , Heilung (?).
8Q9) Benivenius (De abdit morb. caus. Gap. 65; bei S^sse
1. c. p. 343). Schwert, Wunde in Herzgegend, starke Blutux»g, Pnls schwacb,
Gesicht bleich, kalter Seh weiss. Tod in Aussicht; vollständige Geneeong.
Non cor erat vulneratnm , sed pericardium (?).
Deber die Wundeo des SeiMui Und des UenbenteUi. 665
309a) Pnsin (CoUeci de th^ses. No. 17. Tome 9. Th^ 91; M
Saneon, These. Obs. 29. p. 40). D., 22jfthr., robest^ stOsst skh mit ef&cAr
Stahlklinge in die Brust. Wände anter linker Warze, am oberen Rande der
6. Rippe, 2" Darchmesser. Pat. lag auf dem Racken, ohne Besinnung, mit
kaltem Schweisse, Athem kurz, anstrengend. Puls klein, eoneentrirt,'unre-
gelnässig. P. glaubte, eine Hers'wunde vor sich zu haben; die PrQfbng der
nur 6'*' langen Stahlklinge genfigte, die Wunde ffir eine nicht penetrireade
Bnietwunde zu erklären. Aderlass; Pat. am folgenden Tage geheilt.
Schasswanden.
I. T«d.
Hechter Ventrikel.
1) Pcnetrlrende l¥iiiiden*
a« Safart Tad.
R.*) tOB) Holmes (British Americ. Journ. of med. and physio.
sciences. T. I. p. 227, und Joseph Gamgee, Rnptnres of the haart of
external violence. London. 1856). t nach kurzer Zeit. Querflffaung vorne
im rechten Ventrikel, von Fingerbreite. Breite Eechymose im extrapericar-
diaUn Bindegewebe, welche vermnthen liess, daes das Pemardiom duroh
die Kugel in das Innere des Herzens getrieben sei. Pericard. nicht Terietvt,
rigide. Kugel in der Pleurahöhle*
b. Tod sofort, mit CompUcatitvea«
•04} A. Niemann (Heske's Zeitsohr. 181^9. 1. Hft S. 198). Holt*
dieb, durch Schrotscbnss aus kurzer Entfernvng erschossen; Kleider aebr
blutig. 24 Schrotwunden in einer Ausdehnung von 14". Im Periaardium
16 Unzen Blut, massig viel in Brusthöhle. Oeffnuag in der Hersspitae
und im rechten Ventrikel Keine Wände im Pericardinm. Vielleicht kam
das Schrot vom Zwerchfelle aus in^^ Pericardium, die Oeffnung dordi Blat«
erguss verdeckt. *
30A) J. D. Mauchart (Academ. Caesareo-Leopoldin. natura« ourioa.
Ephemerides Cent. L et IL Frankfurt und Leipzig. 1712. Obs. 28. p. 68.
De Yulnere eordis singulari, lethiferoX Pistolenschusa in RQckea, kaum 8
Worte gesprochen, t* Linker Thorax voll Blut, rechter leer. 4. Wifbel aer-
schmettert. Kugel in Art pulmonalis dextr. niederfallend, durch Pevi-
cardium neben linkem Herzohr in rechtem Ventdkel, aus der Spitze aualra-
*) Die mit R, bezeichneten F&üe sehliessen sich den Rupturen an.
866 I>r- Georg Fischer,
teod, ohne im loneren FleischsSalen zo zerreiesen, steekt swiflchen 4. otd
5. Rippe neben Sternnm.
b. Tod später.
m. 90B) Fr. Fr in (Recneil des actes de U Society de Sant^ de Ljos.
T.I p. 201. Krejsig, Hertkrankb. 1815. II.)- 68j&hr. M. mit Kropf, fn»^
10 Minuten. Aussen keine Wände, daher Vermuthnng» dase der Tod toü
Kröpfe herrühre; nichts Besonderes darin. Am Proc. zipb. eine schwane
Borke, Hant nicht zerrissen, Muskeln sehr gequetscht, Pericardiom anrer-
letzt, mit Blut gefüllt Rnptnr im rechten Ventrikel, fingergross. Fiat, w
sitzend im Stnhle, mit der Flinte in der einen, Kugeln in der anderen Haadi
gefunden. — (Wohl derselbe Fall bei Elleaume, 1. e. p. 13, als Aator
Fine.) ^
R. 309) Borellus (Zodiac. med. Call. ann. 3. p. 156, b« La-
tour, Hist des hömorrhagies. T. L p. 72. Obs. 81. Orleans. 1815). Serreoil,
Schnss in die Brust, t nach 3—4 Stunden. Unterer Theil des rechtes
Ventrikels zerrissen. Pericardinm uuTerletzt; Kugel lag ausserhalb dessel-
ben, hatte also das Herz nicht getroffen; Pericardiom voll Blut — (Der-
selbe Fall, welchen Boirel citirt (Arch. gönör. V. 1834. August).
B. SOS) Hejdenreich rBayerisch ftrztl. IntelHg. - Blatt 1865.
No. 61). Selbstmord. Wunde links am oberen Rande der 6. Rippe, 9"voo
Stemalrande Bleistiftgross, Ausgang fehlt Geringe Blutung. Frost» Durst,
Erbrechen, Glieder tou eisiger K<e, Puls und Herzschlag kaum zu fllhlea.
Etwas Wein; zunehmende Cjanose, f nach 3 Stunden. Auf dem unver-
letzten Herzbeutel lag eine kleine Bleikugel frei auf; 12—15 Unzen Bist
darin. Kleine, runde Oeffnung an der Spitze des rechten Ventrikels, der
Anfang eines in den Ventrikel dringenden Kanales, welcher dem Volnmea
der Kugel entsprach. Kein Blut in den Plenren.
809) Fuge (Edinburgh Med. and Surg. Joum. 1. ApriL 1818).
30j&hr. Schweizer, Selbstmord« Wunde rechts unter Proc. xiphoid. nach
links laufend; Bongie dringt 3" ein, wobei heftiger Schmerz; geringe Bla-
tung. Erbrechen, welches selbst durch Opium nicht gestillt wird. 2. Tsg
mehr Brnstschmerz, Ade^lass von 12 Unzen, worauf keine besondere Er-
leichterung. Kneifen im Magen, grosse Beängstigung. Ohne Hfllfe auf des
Nachtstuhl, worauf Ohnmacht, spftter noch einmal auf denselben, stirbt da-
selbst plötzlich nach 44 Stunden. Kugel in rechten Ventrikel gedrungen,
durch Herzcontractionen wieder ausgcftrieben , liegt frei im Pericardiom,
worin \ Pinto Blut und Papierpfropf. 2 Quart Blut in rechter und linker
Pleura. — (Von Guthrie als Fall tou Trigge citirt)
SiO) Beck (Schusswnnden. 1849. S. 180). B&chsenschnas, WundeS
Finger unter Warze. Angst, heftiger Schmerz in der Herzgegend, Athem
Deber die Wanden des HeraeoB und des Henbeatels. 867
schwer, Zittern, kalte Glieder, Ohnmacht Herzschlag sittemd, nnregel*
massig, Herztöne Terschwommen, matter Ton, f am 3. Tage, schnell nach
einigen Bewegnngen. Wnnde des Pericardinms, rechter Ventrikel gestreift,
so dato Gommanication mit der Höhle nur gering war; Kugel in der Lnnge;
Plenra, Pericardinm toII Blnt.
811) R. P. Simmons (Western Joarn. of the medical and phjsic.
sciences. VoL IX. No. 36. p. 382. Cincinnati. 1836). Pistolenkogel; Wunde
zwischen linker 6. nnd 7. Rippe am Sternum, Pals fehlt, kalte Glieder, Gja-
nose, Erbrechen, Diarrhoe, Angst, Dnbesinnlichkelt, Landanum. 2. Tag mehr
Wftrme. Aderlass von 30 Unzen. Schwäche nimmt zn, f sanft nach 97
Stunden. Pericardinm entzündet; Tcrnarbte Wnnde rechts nnd vorne
am Herzen, dnrch die nnr eine Sonde dringt Rechtes Herzohr mit Lymphe
gefüllt. Kngel in Vena cava gedrangen, am Ursprünge der Vena iliaea
entdeckt
3M) Fuge (Bdinbargh Med. and Snrg. Jonrn. 1. April 1818, mit Ab-
bildung). 25jlhr. Soldat, am 16. Januar durch Schuss verwundet, J Stunde
ohne Besinnung, geringe Blutung, fester Glaube, sterben zn mflssen, per
Schiff von Gorunna nach Plymouth gebracht 27.: Wunde links neben Ster-
nnm zwischen 2. und 3. Rippe, leicht granulirend. Pat f&hlt deutlich Ku-
gel, verlangt Extraction. Wiederholte vergebliche Sondirung. Grösste Angst,
Atbem rasch, grosse Schwlche. 29. Delirien, Pat geht auf Nacbtstuhl, so-
gleich ohnmächtig, 30.: f, am 14. Tage. 2 Quart Blut in linker Pleura,
i Finte Blut im verdickten Pericardinm, Garditis. 1" lange Oeffnung im
rechten Ventrikel, Kugel im Pericardinm. — (Als Fall von Trigge citirt
bei Guthrie.)
e. Tod, »bestimmte Zeit.
318) A. Niemann (Henke's Zeitschr. fQr St-Arzn.-K. 1859. 1. Hft
S. 184). Bauer, Selbstmord, Pistolenschuss. Wunde unter Proc. xiphoid.
2" lang, 1^'.' breit, ans ihr ragt ein Stück Leder hervor. Ausgang links
zwischen 2. und 8. falschen Rippe, nahe der Wirbelslule. Kugel durch Le-
ber, Pancreas, Milz, Zwerchfell, rechter Ventrikel zerrissen, Wirbel zersplit-
tert, 1 Maass Blnt in Brust- und Bauchhöhle.
314) A. Niemann (Henkels Zeitschr. für St-A.-K. 1859. 1. Hft
S. 185). Schrotschuss, 26 Löcher in Kleidung. Vorne am Pericardinm
Blntergnss von 2 Thalergröese. 6 runde Löcher im rechten Ventrikel, 3
Löcher in Herzspitze. In Pleura 1 Maass Blut, Sch&delverletznng.
d. T«d spiter, mit fremdei Kirpen.
31K) Thomas Davis (Transact. of the provincial med. and snrg.
association. T. V. p. 11. London med. Gaz. 1834. Jnly. p. 344). W. M»,
968 ^'* ßeorg Fischer,
lOjfthr, Kind, sobiMst aioh bei'm Yersodie, mb einer .toattiiig foi^* eii
Oewehr sn machen, einen 3" Uagen Holzpflock zwiachen 3. snd 4. Bippe
rechte in die Brust) geht sogleich 40 Ruthen weit nach Banse. Starke Bio-
tnng, bei rechtsseitiger Lage Ten(teer Blntstrahl ane der Wnnde, imae
Schwäche, wenig Schmerz. Erholung binnen 14 Tagen. Fat ^eht umher,
sogar 24 Ruthen weit Später Abmagerung, oft Ohnmacht, Frost. Km
Husten, noch Blutauswurf, t nach 5 Wochen 2 Tageo. Kleine Narbe in
der Haut, kein Srguss in Pleura. An der Wursel der rechten Longe, nebea
der Art pulmon., ein kleiner, bläulicher Fleck; im Pericardinm ^ Uose Se-
rum. Der Holzpflook stak im rechten Ventrikel, zwischen FleischsfinJeD,
sein unteres Ende mit didcem Pfropfe bedeckt Keine Spur einer Narbe
im Herzen oder Pericardinm. D. glaubt, dass der Pflock dnreh die Liisge,
Vena cava, rechtes Heraohr in den rechten Ventrikel gekommen iat — (Die
Autorschaft wird Ton G. Sheward in Lond. med. Gazette. 1834. p. 541
reclamirt. A. Poland citirt in Holmes, System of surgery. 1861. U. 379
die Namen falsch als David nnd Steward. Bei Hyrtl in der Topegr.
Anatomie. Bd. I. 1857. S. 485 besieht sich das Gitat von Jarjavay saf
den Fall Ton Th. Davis, nicht auf einen besonderen Fall. HyrtPs C^tat
der Arch. g4nör. de Möd. Juin. 1834. p. 209 ist unrichtig, muss p. 289 faeisseo.)
SM) Randall und Hu'dspeth (The Americ. Jonrn. of tkemed. aod
physic. sciene. Vol. IV. No. VII. Msl. 1829). Junger Neger erhält aus 5
Fuss Entfernung einen Schrotschuss, und dringt die ganze Ladung liala
vom Steraum, l\*' vom unteren Ende ein. Pat stfirat so rasch als der
Sefauss zusammen. Puls kaum fühlbar, Athem schwer, geringe Blntnog,
Blntspeien. 7.: Schwäche, Syncope. 8.: Besserung, Abends Fieber, Oedem
an Beinen. 9.: Gangrän der Wunde. 11.: Gangrän auf ^" Durchmesser
hat den Thorax geöffnet Verheilung nach 8—4 Wochen vollständig. Nach
1«^2 Wochen Rückfall, als Pat zu viel gegessen; hectisches Fieber, f im
67. Tage. Adhäsionen zwischen Herz and Perieardium, linke Pneumosi»,
3 freie Schrot körner in der Hdhle des rechten Ventrikels, derselbe sehr
verdickt, 2 freie Schrotkörner in der Höhle des rechten Herzohres.
Vernarbung der Wunden fast vollständig. Ventrikel sehr vergrössert, %09-
gekleidet mit einer dichten Lage, aus welchem zahlreiche braune PapiUeo
kamen, so daes sie eioer Ochsenzunge ähnlich sah. — (Derselbe Fall, vel-
eher London Med. and Phys. Jouni. 1830. Febr., Froriep's Notizen. 1830.
Mai. S. 192, Journal des progres. T. XVII. p. 267 citirt ist)
S19} Blumhardt (Correspond^-Bl. der Württemberg. Aefzte. 1851.
Ganstatt*s Jahresber. 1851. Bd. IV. S. 26) Plattgedrückte Kugel im
rechten Ventrikel, ohne Verletzung des Herzens eder Pericard. Sie war aas
denr linken Aste der Art pulmon., wo der Sobusskanal endigte, dorthin
gelangt.
Ueber die Wanden des Henene and dee HersbeatelB. 9ß0
9) JVIelit penetrlrcnde IVandeii ^ Tod,
318) N^laton (Elements de pathol. clifraig. T. IIL 1854. p. 468)*
Unteroffici^, Seibetmord, Pistole, f naeh 24 Standen. Kugel hat vordere
Wand des rechten Ventrikels conto ndirt, mit oberflftchlicher Erosion einzel-
ner Maske)fasem, lag im Pericardinm, worin yiel blntiges Serum. Am Her*
aen Ecchjmose, ein Zeichen der tiefen Gontasion , welche das Projectil her-
▼orgebracht.
319) Targioni nnd Zannetti (1832, bei Zannetti 1. o. Fall 73).
Scbrotschoss des rechten Ventrikels, nicht penetrirend, und der Art pal-
monalis. i sofort BInt im Pericardinm.
Linker TentrikeL
Pcnetrirende IVanden — Tod.
t. Tad safort
3«0) Devergie (ll^dec. l^ale. T. II. p. 299. Paris. 1840). Piste-
lenschnss aas Schassn&he, linker Ventrikel an Basis getrennt, Wmdränder
nnegal, gefranst, mit Wftrschen abersäet
3«i) Fischer (Magdeburg. Deutsche Klinik. 1850. No. 27). Selbst^
mord; im linken Ventrikel lag neben einer grossen L&ngswunde ein 2'' lan-
ges Stflck aus der 6. Rippe, welches ausgesprengt war. Viel Blut in linker
Pleara.
M9) Recueil de m^moires de m^d., de Chirurgie et de pharmaci^
milit IMdig^ par Estienne, B^gin et Jacob. Vol. XUII. Paris. 1837.
Art 8.). Der 2. FaU.
b. Tod spUer.
R. 3t8) J. D. Ward (Medical Times and Gas. 1863. Vol. I. p. 79).
26j&hr. feuert Pistole auf seine Brust ab, f nach 10 Minuten. Haut
unter der linken Warze leigt eine leichte Marke, veranlasst durch das Griff-
ende eines Schraubenschlüssels zum Auseinandernehmen der Pistole. Zwi-
schen der 5. und 6. Rippe die Intercostalniuskeln perforirt im Umfange einer
Fingerspitze; Pericardinm intact, mit Blut sehr gefüllt; im linken Ventrikel
vorne ein Längsriss von 1" Länge. Uemd verbrannt, Weste durchlöchert
394) Adams (Gaz. hebdom. de Mödec. et de Ghir. 1861. p. 609).
i3j&hr , Schrotschuss. Pat ging darauf eine Strecke weit; blass, Athem
ängstlich, Puls nicht fühlbar. Ein Glas Branntwein trinkt er i^it Behagen,
t nach I Stunde. Ein einzelnes Schrotkorn dnrch den 6. Intercostalraum
hat den linken Ventrikel dorchdniBgen. Ecchymose am Bin- nnd Austritte;
im Pericardinm viel Blat
870 I>r. Georg Fischer,
StK) Podrazki (Allgemeine Wiener med. Ztg. VII. 1862. Na if
21 jähr., Selbstmord. Wunde 1" unter Proc. xiphoid. links Ton Linea »Sa
Blntnng nicht stark. Nach 1 Stunde starke Anämie, Athem mQhsam, Hostes
Die Sonde hat die Richtung zur linken Brusthöhle, stösst aaf Widerstsst
wird sjnchronisch mit Bewegungen des Herzeos, pendelartig bewegt Zh
terleib aufgetrieben, schmerzhaft Besserung bis zum 6. Tage, Pneomoiif,
t am 10. Tage.* Hinten am linken Ventrikel Oeffnung; Leber» ZwerchfeL
Lunge verletzt; Kugel hinten zwischen 5. und 6. Rippe.
S9<l) Gitat von Fall 822. Blinder Schuss. Sjncope, Symptome m
Herz- und Lungenentzündung, Hoffnung auf Genesung, f nach 7 Wochea
Linker Ventrikel durchbohrt, darin ein fremder Körper mit, Fibrin au^s«-
kleidet bis in die Aorta; Lungen wunde yemarbc, Eiter im Pericardium. -
(Wohl derselbe Fall, den Mallö in seiner Clinique chirurgicale. Paris, l&3^
beschreibt). Im linken Ventrikel steckte ein St&ck von dem beim Abfeoen
geplatzten Gewehre. Wunde zwischen 6. und 7. Rippe links.
T«d sf&ter mit C«mplica(ioBei.
899) Bericht ans dem nordamerikanischen Kriege; Gitat S. 52. -
4 SchussTerletzungen des Herzens. Der längste lebte 12 Standen; die
Kugel ging in den linken Ventrikel und kam aus dem rechten Heriolir
heraus.
Bt8) Larrey (1. c. S. 821). Offizier, Duell, Schuss auf W Distzat
Wunde durch die 6. linke Rippe, 1'' unter und hinter der Warze, Kogel
aus der rechten Achselhöhle geschnitten. Beim Vereinigen der Wunde flos«
schwarzes, schaumiges Blut aus, dabei heftige Sjncope, Patient erstickt«
fast; sogleich Wunde geschlossen. Patient besserte sich jetzt, Klage fiber
grosse Kälte und schmerzhafte Erstarrung der Glieder, welche eiskalt vareiL
Im Ganzen starke Blutung, bald Auswurf ?on rothem Blut (Aderkss), Nichts
erschreckende Syncope, Zeichen eines Ergusses in die rechte Brnstseite.
L. wurde an der Operation des Empyems durch die grosse Schwäche d«
Patienten gehindert f nach 83^ Stunden. Wunde des linken Ventrikel»
ca. 1" lang, Hess den Finger durch. Die Kugel ging zwischen Aorta Dod
Oesophagus durch, hatte die Aorta gestreift, einen pneumogastriächen
Knoten zerschnitten. Beide Lungen gesenkt, schwärzlich. Links kein Er-
guss, rechts 1 Litre blutiger Flüssigkeit — Die grossen Schmerzen und
Druck in der Magengegend sind durch den rechtseitigen Erguss und tiefd
Verletzung der Nerven bedingt L. glaubt, dass die Operation des EmpjeB»
geholfen hätte.
e. T«d| ubcstlMmte Zeit
) A. Niemann (Henke's Zeitschr. f. St.-A..K. 1857. 3. Ha
Deber die Wunden des Herzens und des Henbentek. 871
152). Ein schwangeres Mädchen Ton ihrem Geliebten erschossen. Wände
durch 6. Rippe links, l** vom Sternnm; Ausgang rechts an der 7. und 8.
Rippe nnter dem Schulterblatt, 4 Pfd. Blut in der linken, 2 Pfd. in der
rechten Pleura. Wenig Blut im Pericard., worin 2groschengrosse Oeffnnng;
Wände des linken Ventrikels 3'^ lang.
SSO) Casper (Prakt Handb. der ger. Medic. Thanatol. Theil. 1857.
S. 30). Selbstmord; Kugel dicht Ober 5. linker Rippe hinein, Spitze des
linken Ventrikels zerrissen. Viel Blut in linker Pleura.
SU) Derselbe (Ibid. S. 305). Wunde links zwischen 6. und 7.
Rippe, durch linke Lunge, Pericardium, linker Ventrikel ganz zerrissen;
Kngel steckt im unteren Lappen der rechten Lunge. 4 Unz. Blut in linker,
20 Unz. in rechter Pleura.
889) Derselbe (Ibid. S. 316). dOj&hr., Selbstmord. Eingang durch
5. Rippe, IV ▼on linker Warze, Ausgang am RQcken links, 3" tiefer als
▼orn, 2" vom Proc. spin. des 9. Rückenwirbels, li" langer Riss im linken
Ventr., Lungen gesund; Wunde im Zwerchfell, Milz; yiel Blut in linker Pleura.
d. Ted spater, mit fremden Eirpen.
8S8) The Indian Annais of Med. Science. 1854, 1. (Edinburgh
med. Joum. CXGIX. p. 417. 1854). In der Schlacht Schuss vom in linke
Achselhöhle, einige Tage Blutung. Dyspnoe und Haemoptoe, Abmagernng,
hektisches Fieber, f nach 10 Wochen. Wunde zwischen 3. und 4. Rippe,
woselbst im Canal eine Höhle mit 1 Pinto Eiter. Kugel im linken Ven»
trikel, überkreuzt von Fleischsäulen und Sehnenfftden, Herz sonst normal
Wahrscheinlich hat die Kugel die Vena pulmon. perforirt, von da in's linke
Herzohr, linken Ventrikel.
834} Deguise fils (Bulletin de la Soci4t^ de Chirurg, de Paris.
T. l Paris 1851. p. 885). Selbtmord, Taschenpistole, Wunde an nifeau
der linken Brust, 5 Ctm. Durchmesser, zerfetzt, schwarz, 8. und 4. Rippe
gebrochen; breite Communication mit der Pleurahöhle und noch tiefer eine
stark geröthete Membran, wahrscheinlich das Pericardium. Keine Blutung,
Blässe, Bewusstsein, f nach 7 Stunden. 2 Wunden des Pericardium und
des linken Ventrikels, von denen die eine durch einen Papierpfropf ausge-
füllt war; beide Wunden communicirten mit einander durch eine Art Ganal
in der Wand des Herzens. Wunde der linken Lunge. In einer kleinen
Höhle zwischen 8. und 9. Rippe neben den Wirbeln lag eine Kugel, die zweite
war nicht zu finden.
Beide Ventrikel,
t. Ted sofert
tSft) Targioni (1819; bei Zannetti L c Fall 49). Viel Blnt im
Pericardium und linker Pleura, Tod durch Gompression.
8t2 !>'• G«org Pisclier,
b. Tod sfiter.
BSe) MoU en van Eldik Tydschrift. 1B36 (15de Jahrgang 4^
st. p. 384). 27. Jali: Selbstmord, ein Telnm igniferam mit Steineofa
ladeD, auf die Brast abgedrückt Keine Wände zwischen Proc. xipL i:i
linkem Rippenknorpel » keine Blatung, starke VerbrennungserBcheinimgai
Athem schwer, grosse Angst, Oyanose, Glieder kalt, PaLs schwach, Aderk«
▼on 12 Unzen, 16 Blutegel, kalte Umschläge. In niahster Zeit mehr Atli«£
noth, Beängstigungen, f nach 4 Wochen 3 tagen. Deber die Veriadf-
mng am Herzen s. Seite 646.
c. Ted, ubestimMte Zeit
B89) Bardinet (Bullet de la Sociöt^ de möd. et de phann. deli
Hante-Vienne 1852). Selbstmord, Pistole, in der Hersgegend; die uatm
H&lfte. Beide Ventrikel ganz zerstört.
888) Sehr ende r (Annales de la Sociöt^ de H^d. de Oand. loli
1841. p. 449—456). Sehrotschuss aus Pistole. Wand^ zwischen 3. und i
Rippe, viel Blut in beiden Pleuren. 7 Löcher im Perieardinm, tlorhi nei
BMit Im rechten Ventrikel ^ *' langer Riss, sodann Riss iai SepMi nd
linken Ventrikel, in dessen Wand Schrotkörner.
Rechter Torhof.
•• Tod sefort.
889) Targioni and Lecchini (1849, bei Zannetti Le.FaU118)k
Kogel durchbohrt rechten Ventrikel, Blut im Perieardinm» 4 Pfd. in liokcr
Pleura.
b. Tod Mit Cemplieatioien.
840) A. Niemann (Henke's Zeitschr. f. St-Arzn.-K. 1867. B.Bk
S. 158). Kugel links zwischen 4. und 5. Rippe, 2" unter der AehseIhdMc
ein- und rechts 4'' von der Warze, i" unter der Achselhöhle ausgednifi-
gen. Oberer Lappen der linken, mittlerer Lappen der rechten Lunge dorth*
bohrt Aorta am Ursprung aus dem Herzen losgerissen, rechter Ventrikel
aufgerissen. In beiden Pleuren je 12 Unzen Blut
Linker Torhof.
Tod sofort, «It (MTplicitioi itd flreüdeM JLirper.
841) Münzenthaler (Benk«*8 Zeitschr. f. St-Arzn.-K. 1837.
24. ErgSnz.heft S. 262). Sehrotschuss, Wunde hinten links' zwisdftfr Spitte
des Schulterblattes und Rflckgrats, S" darunter 6ine zir^ite Wun^^L IMe
Ueber die Wanden dee Hensene nnd des Henbentela. 878
Pleura toU Blut, Wände der Lange, Scbrotkorn im Brnstbein, Pericsrdian
voll Blat, keine AaBgangBÖffoang. Linker Ventrikel hinten dnrehboiirt
Beide Ventrikel nnd der rechte Vorhöf nnverletzt Dm Blei war in die
Aorta adsc. ein- nnd nicht wieder ausgedrungen, wahrscheinlich in der*
selben weiter getrieben.
Septum ventricülortm.
84t) Garnochan (Edinbnrgh Med. Jonrn. Octbr. 1855). dSjfthr.,
Schass in Herzgegend, sogleich tiefster Collapsns, nach 4 Standen Erho-
lung. In den nächsten 8 Tagen sabjectiv wohl, so dass fQr gesund gehal-
ten. Am 8. Tage Pericarditis (!), t am 12. Tage. Pericardium gefüllt
mit blutigem Seram, Kugel Ton 1" Umfang sass im Septnm, nm sie hemm
eine abkapselnde Cyste in der Bildung begriffen, Herzwunde selbst ge-
Bchloasen. (Nach einem Berichte im New York Medical Record, 1. M&rz.
1867. S. 19 war aussen am Herzen keine Narbe, die Kngel anfangs vergeb-
lich gesucht und dann erst zuf&llig gefunden). — Patient nicht an der Wunde,
sondern an der Pericarditis gestorben; auffallend war der Tollstftndige Man-
gel aller Krankheitserscheinungen eine Zeit lang nach der Verletzung.
Herzspitie, lerxbasis.
Ui s^ler.
94M) Garanius (Zodiac. med. Gall. Junii Ann. IL obs. 13, bei
Bonet, Sepnlchn anat. T. IIL p. 379). 2. kleine Kogeln dringen bei fa-
plosion in Lange, die 3. zerreisst die Herzspitze. Am 3. Tage Paraoeatese,
t am 7. Tage. ^ (Eranius nach Zannetti).
344) Henri ab Heers (Spadacrene [hoc est fons apadanus] et oba.
med. Lib. I. Logdun. Batav. 1685. p. 114—117). Brudermord. 2 Kogeln
hatten Basis nnd Spitze zerrissen; Zereehmettemng dee linken Armee, f
am 7. Tage. — (Fall 343 und 344 nach OlliTler nicht penetrirMdX
Ganzes Herz.
a. Ted sefort
84») Rigal (de Gaillac; Bullet de la Soc. de chir. de Paris. T. 1.
p. 893. 1851). 45jShr., geisteskrank, erschiesst aus grosser N&he seine Fran.
Wunde rechts hinten, unten und innen vom Schulterblattwinkel; durch rechte
Lunge. Die Bleiladung hat das Herz Tom Oipfel bis Basis zermalmt»
unter linker Warze ausgetreten.
B. S40) Hnfeland (Hofeland's Joum. d. pr. Arzneik. 1802. 2 St
200). Selbstmord, Pistolenschoea. Am ganaen KOrper keine Wunde, nur
eine Gontorfon in der Mitte des Bmalbeino. Im Eemd eine plaitgedKilckte
874 !>'• Georg Pisoher,
Kogel. Brastbein an jener Stolle zerschmettert, das Herz geplstsf^ so diu
Alles im Blat schwamm.
b. Tod 9 nbeitimmte leii.
349) Gas per (Pr. Handb. der ger. Medic. Thanat Theil 1851
S. 303). Scboss beim Kampf über dem Manubr. stemi; Hera gans uü
gar, oben linke Lnngenlappen theilweise zerrissen. Kugel nicht an fioda
848) Derselbe (Ibid. S. 318). Zfreifelhaftor Selbstmord eines Büi-
den darch Pistole. Wände zwischen linker 6. and 7. Rippe, f lang, {''
breit mit gerissenen, nach oben i" breit schräg verbrannten Rftndera, liob
Lange ganz zerrissen, Herz so zerfetzt, dass nar ein Stflck aas der Wsid
des rechten Ventrikels za erkennen. In Pleura 8 Unzen Blat
349) Derselbe (Ibid. S. 320). Selbstmord. Wunde IV unter lioker
Warze, auffallend gross, 2" lang, 1" breit; zerrissene Rinder. Sehn«,
wahrscheinlich mit Wasser, Aasgang fehlte. Zerschmetterang der Unkei
4.— 11. Rippe. In linker Pleara 14 Quart Blut; im zerrissenen Pericardin
lag das bis sur Unkenntlichkeit zerfetzte Herz ; im Blut der Pleara Rippeo-
Splitter, Papierpfropf, keine Kugel.
Linkes Herz,
a. Tod sofort.
BKO) Prion (Möm. sur les plaies pönötr. de la poitr. Mto. h
racad^m. roy. de möd. Paris 1833. T. II. Obs. 8. p. 426). Waffenschnied
erschiesst anvorsichtig einen Eintretenden; Pistole mit 2 Kageln gelad«;
eine Kogel hat das ganze linke Herz in der Lfinge durchbohrt
Sftl) Tardien (Soci^tö de biologie; Gas. möd. de Paris 1849. N. 12.
18. Febr.). Füntenschass ans 4 Fuss Entfernung, linkes Hers bnchstiblieb
zerrieben, nur zerrissene Ueberresto des linken Ventrikels and linken Herx-
ohres. Muskelgewebe zermalmt, die rechten Höhlen nicht betheiligt
9M) Targioni (1803; bei Zannetti 1. c. Fall 88). Schasswaode
des linken Vorhofes und linken Ventrikels, f durch Compression, Tiel Bht
im Pericardium. |
b. Tod, ubestimmte leit
SM) Gas per (Ibid. S. 810). 40jähr., Pistole, zweifelhafter Selbst-
mord, Wunde links zwischen 4. and 5. Rippe. Zerfetzang des gaoxcn
Herzens, in linker Pleura 3 Pfd. Blut, Kugel nicht zu finden, obwohl keis
Ausgang.
Unbestimmte Herxabschnitte.
t. Ted sofort
3SA) Tardien (Annal. d'hyg. pubL 1860). Wunde anter Froe. xiph.,
lieber die Wanden des Henens und des Herzbeateis. 875
liatte Leber, Zwerchfell, Hers durchbohrt; Wandr&oder geschwärzt, wie vom
Srande. Ein Theil des Wergpfropfes Isg auf der convexen Leberober fläche.
S^ft) Bon et (Sepul. anat Genf 167»), Kugel mitten durch das Hers.
SAe) Lazzeretti (Oitat von Fall 227. p. 189. Gaz. des Tribunanx
18. März 1838). Pistolenschuss in den Kopf, t erfolgt nicht, zweiter in*a
Hers, t sogleich.
SM) Rasche ( Casper's Wochenschr. No. 3. 1843. S. 61). Schrot-
Bchaas. Patient läuft noch 10 Schritt, ruft oft: »Ach Gott!* Herz tou
einem Rehposten zerrissen.
b. Ted später.
SK8) Jackson (Lancet. II 21. Nov. 1869). f nach 3 Standen.
SK9) Henri ab Heers (CiUt von Fall 844). Herz von 4 kleinen
Kageln durchbohrt, t i^m 6. Tage.
Herxbettel.
Tod später.
seo) Harald Schwartz (Beiträge zur Lehre von den Schass^wou-
den. 1864. S. 101). Offizier ip der Schlacht yerwundet, Kugel r«olita
zwischen 3. und 4. Rippe neben Sternum eingedrungen, Richtung^ naoh
links unter das Sternum. Patient übergab dem Arzt eine Spitzkugel, ^^-«lolae
sogleich nach Verletzung ausgeschnitten sein sollte- Rechts Pleuritis, I^t^ri-
carditis. Abends arterielle Blutung, am folgenden Morgen noch oiöi»»-
Da wahrscheiolich die Art mamm. int verletzt, wurde ünterbindunS ^^'*
sucht, welche misslaog, f am 2. Tage. Rechte Lunge verletzt, welcl»« '®
Quelle der Blutungen war, Zerreissung des Pericardiums , Kugel ia liö *f
Lunge. Art mamm. int lief abnorm hinter dem Sternum» konnte ^^ ^^
nicht getroffen sein.
Seä) Lyons (Report on the pathologjr of the army in the east;- ^\
120 pp. London 1860). Secundäre Perforation des Pericardiums obea recht^
in Folge eines Streifschusses, welcher das Sternum in der Höhe des 3. J|j^
tercostalr. von rechts nach lioks zeraphmetteit hat. Das Med. ant. ge/Hl|^
mit Elter, Pleurahöhlen unverletzt
II. lelliBgei.
•) Darcli »cctIosteM be«tÄtl»t,
Hechter Tentrikel.
Mt) J. H. Gant (Oharleston Journ. Mai 1867; Americ, Joi^n^ ^^^^
med.8cienc. Juli 1857. S. 292). Constebler erhält Revolverschnss. »wi^^^^^^.
876 ^^' Qeorg Fischer,
nnd 6. Rippe, rechts vom Sternirai. Sofort tiefer Collapsiis, Ohamacht
Erbrechen. Der znerst geholte Arzt hatte sondiri Physikal. Dntersiichniif
der Brost normal; am Herzen keine Gerfinsche. Diagnose: P^rCoimtioc
des Magens. Nicht zn stillender Dnrst, Geffihl, als ob das Hers heram-
springen wollte. Calomel mit Opium, später Aderlass. Nach 2 Tagec
Diarrhoe, welche sehr schwächte. Plnmb. acet. mit Opinm, VeBicatore aaf
den Unterleib, später Reizmittel, Chinin. Nach 15 Tagen MerciirialismQ&
Diarrhoe danert fort, f am 26. Tage. Umschriebene Narbe am H«aea
Kagel am rechten Ventrikel an der Spitze ein- nnd «nten ansgetreten. Sia-
nnd Änsgang 2" von einander. Pericardium entzündet, hie und da mit
dem Herzen verwachsen. Anf endocardialem Wege 2 Haare und ein« Lent-
wandfizser vom Hemde. Deatliche Narbe vor der CardialGAmiig des Ma-
gens, wo Kngel jedenfalls eingetreten war; die Bahn der Rogel aoa dem
Magen herans, darch Zwerchfell, war nicht zn ermitteln; sie lag aaf der
linken Niere. — fiemerkenswerth sind der 15 Standen andauernde CoUap-
BUS, das 26 Tage ohne alle Nahmngsznfnhr bestehende Leben bei Ver-
letzung so wichtiger Theile, ferner das Sondiren, Galomeldosen bis zna
Mercurialismns. t m^hr durch Diarrhoe, lüerc, Erschöpfung als durch die
zwar gefährlichen, aber in Vernarbung begriffenen Wunden. — (Grant ns-
richtig). •
soft) Latour (Orleans; Hisi philos. et m^d. des cauaes easent
immöd. ou proch. des hömorrhagies. T. L p. 75. Grl^ns. Gbs. SS. 1815i,
auch Fournier: Dict. des scienc. m^d. Paris. T. IV. p. 217). Soldat er-
hält Schuss in die Brust, wie todt fortgetragen; starke Blutung, die lebens-
gefährlich erst am 3. Tage anfängt geringer zn werden; Besserung, Eite-
rung der Wände; Vernarbung nach 3 Monaten. Soldat wohl, nnr Palpita-
tionen, welche ihn 8 Jahre quälen; weniger stark in den folgenden 3 Jah-
ren, t an fremder Krankheit. Maussion secirt: Kugel eingekapselt im
rechten Ventrikel, nahe der Spitze, zum Theal bedeckt durch Pericardioa,
theilweise sich stQtzend auf das Septum medium. SübstanzTcrlust an einer
fracturirten Rippe.
S64) Vandelli (bei Penada: Osservazione med. anat sopra qb
ulcere corrodente e profundo riscontrato etc. Saggi di Padova. Vol. IIL
part IL p. 59). Kugel im rechten Ventrikel, Wunde im muscuUSsen Thdl
des Herzens ganz Temarbt. Schuss Tor einigen Jahren, f an fremder
Krankheit.
865} H. Suckow (Gerichtl. med. Beurtheilung des Leichenbefundes.
Jena 1849. p. 178} Viele Jahre nach der Verletzung wurde Kugel in der
Höhle des rechten Ventrikels gefunden.
S6G} Gälnsha B. Balch (Americ. Joum. of the med. saieMe. Nev
Ser. Vol. 42. 1861. p. 293). l^jähr., erhält Schnss ca. 2" tom Acromiea,
Ueber die WoDdeo des Henena nod des Henbentels. 877
nahe dem Sternalraiide des SchlfisBelbeinea, gennge Blotang, keine Störang,
nach 6 Wochen gesnnd. Nach 6 Jahren Pneumonie rechts, seitdem Herz-
leiden mit starken, weit sichtbaren Palsationen. Kurz Tor dem Tode wird
Klappenleiden diagnostieirt. Jetzt nach 20 Jahren Tod dnrqh Pnenmo-
nie. Das Herz nm das Doppelte TergrOssert, sehr mürbe, aussen keine
Narbe. In der Wand des rechten Ventrikels, nahe der Spitze, steckt die
Ragel eingekapselt. Pericardinm, Torzüglich rechts sehr adhärent
Herzbeutel.
Se9) Union möd. 1864. nr. 89. Ein 74jähr. Soldat erhielt in der
Schlacht bei Salamanca (22. Jali 1812) eine Kugel in die linke Brnstseite,
kam wegen starker Djspnoe, als Folge einer seit 2 Jahren bestehenden
Bronchitis, in das Spital zu Dublin. Bis dahin ganz wohl, nur war der
Schlaf aof der rechten Seite nicht möglich. Er glaubt die Bewegung der
Kugel zn fQhlen, neben einem Druck auf sein Herz. Kein abnormes Ge-
r&Dsch, Tod. Die Kugel war eingekapselt im Pericardinm, zwischen den
Mündungen der Hohlvenen. Alte Adhäsionen deuteten auf eine frQhere
Pericarditis.
f ) ÜTaeli Symptoiiien wermntliet*
Rechtes Hers.
S<M) Stilling (Cassel; Deutsche Klinik. 1866. 28). Vor 8 Jah-
ren wurde einem BQrgergardisten ein eiserner Ladestock durch den Thorax
geschossen. Eingang zwischen 5. und 6. Rippe, dicht am Sternum, wo-
selbst der Ladestock 2—3" ans der Brust vorragte, Ausgang hinten zwischen
5. und 6. Rippe, 2 Qnerfioger rechts von der Wirbels&ule, woselbst jener
1'' hervorragte. Starke Dyspnoe, Bluthusten, kleiner Pols, heftigste
Schmerzen beim Schlingen. Ausgedehnte Antiphlogose : in den ersten
2 Tagen 5 Aderlftsse zu je 16 Unzen, ferner 82 Blutegel an den Thorax,
6 Tage nnd Nfichte Eisumschl&ge nm die ganze Brust; Inf. digitalis mit
Nitrum, keine Nahrung. Vom 5. Tage an Besserung. Nach 6 und 14 Wochen
eiterten Kleiderreste heraus. Patient nach 3i Monat genesen, lebt noch
als Schuhmacher ganz rfistig, hat nur Athemnoth beim Treppensteigen;
Brustschmerzen bei Witterungs&nderung. Percussion und Auscultation des
Herzens normal. St glaubt, dass der Ladestock durch den unteren Theil
des rechten Herzens gegangen (?).
Unbettimnte lers&bschnitte.
Seo) Oathcart Lees (Dubl. Journ. of med. science. Mai. 1837.
p. 169 — 180). Student, DueU, Pistole fast auf die Brust gesetzt, kleine
66 •
878 Dr. Georg Fischer«
ftuBsere Wände, Betftabnng, nnerkl&rliche Angst, iDtermittirender Pals, Mei-
gang za Ohnmachtenr Heilang (?)•
HerzbenteL
S9tl) Lftrrej (Cliniq. chinirg. T. 11. Paris 1829. p. 805). Memoin-
ger, 28jähr., 23. Jan. Selbstmord, Pistole, fllllt sogleich hinten fiber, üat
leblos, im Blute schwimmend. Tiefster Oollapsas. Kngel links, dicht not«
der Warze zwischen 4. und 5. Rippe eingegangen nnd hinten xwischeo B.
und 9. Rippe unter dem Schulterblatt heraus. (Frictionen mit Gampher-
spiritas zur Erwftrmung). Beim Verbinden gefährliche Ohnmacht, daher
rascher Schlnss der Wunden. Antiphlogose, absoluteste Ruhe. Pat hatte
ein OppressionsgefQhl, welches jeden Augenblick seinem Leben ein Eode
za machen schien. Bis zum 30. Januar wurden 7 Aderlässe gemacht; Ab-
nahme des Verbandes. Der Herzschlag zeigt sich unter der Wände m
stark, dass er sichtbar ist, der angelegte Finger scheint den nnmittelbareo
Eindruck der Herzspitze zu fühlen. Diese Erscheinung, die Richtung der
Wunde, der grosse Verlust an Blat im Moment der Verletzung ond beio
Verband, die grosse Hersbeklemmung in den ersten 24 Stunden lasses
glauben, dass das Pericardium Torne Ton der Kugel durchbohrt ist, dau
grosse Lungengef&sse zerrissen, wahrscheinlich auch das Hers gestreift ist
Eine Operation des Empyems, auf welche L. Torbereitet war, nnterblieb,
da die grosse Ecchjmose, Zeichen eines Blutergusses im Thorax, resorbiit
wurde. Besserung. Patient sehr schwach, mager, Pols klein , frequest:
Herzschlag kaum hörbar, daher vielleicht Atrophie eingetreten, ohne Zweifel
durch die successive Vernarbung des Pericardium am Herzen. 10. April
die Wunden verheilt Nach It Jahren schrieb Patient, dass er gesund sei
S9l)Pirogoff (GrundzOgeder allgem. Kriegschimrgie. 1864. S. 232;
Offizier, Kugel links zwischen Knorpeln der 5. nnd 6. Rippe quer dank
die Brust wurde hinten zwischen Scapula und R&ckgrat ausgeschnitten.
Herzschlag mit der Hand nicht zu fühlen, man hörte nur in der Feme,
Ton Zeit zu Zeit, sehr undeutliche Schlage, aber keine Heratöne. Percos*
sion in Präcordialgegend und ganzen Brusthälfte sehr matt Gesicht blsss,
Athem schwer, weder starke Blutung, noch Bluthusten. In den ersten drei
Tagen dmalig. Aderlass mit Erleichterung, Blutegel in Herzgegend. Heilaog
nach 2 Monaten. P. ist unsicher, ob Verletzung der Lunge oder des Pen-
cardiums, glaubt, dass die Abwesenheit des Herzschlages nnd der HerztGoe
fQr letztere sprechen.
SM) Banden s (bei Hager, Oeber Wunden, Risse n. s. w. S. 324).
Kugel dringt unter Scapula und unter der Herzspitze ein, nachdem sie die
7. Rippe gebrochen hat, wieder aus. Schmerz in Herzgegend, Rewusst*
iosigkeit, gestörte Oircnlation, Angst, Blutung. Bei der Untersuchung lar
Deber die Wanden des Herzens und des Herzbeutels. 879
£ntfernang der Rippensplitter wurde der Finger Tom Herzschlag berührt
Ncch 2 Monaten Heilung. Eine Yerlötznog des Pericardiums erscheint
sicher, eine Verletzung des Herzens selbst ist nicht anzunehmen. ^
Sra) Stokes (Krankheiten des Herzens, übersetzt von Lindwurm,
1855. S. 68). Schrotschuss über grosse Fl&che der Brust, kleine Wunden
io der Herzgegend. Obnmacht, venöse Depression. Nach 2—3 Tagen
war CoUapsus geschwunden. Pericarditis. Intensives Reibungsgeriusch,
auf einzelne Stellen beschrfinkt, verschwand an einem Punkte, trat an dem
anderen wieder auf. Heilung. Rein Zweifel, dass Pericardium afficirt^
nur breitete sich die Entzündung nicht auf die ganze Oberfläche, sondern
auf einzelne Punkte aus. Diese eigenthümlichen physikalischen Erschei-
nnngen sind sonst bei idiopathiscfier Pericard. nie beobachtet.
Quetschwanden and RuptareD*
L Tfd.
Rechter Ventrikel.
i) Penetrlrende Wunden.
a. Ted stfert
SM) Prescott Hewett (Lond. med. Gazette. Mai 14. 1847. S. 870).
53j&hriger Mann vom Pferde auf die Brust geschlagen. Keine ftnssere
Wunde. Fractnren des Sternum ohne Dislocation, der linken 2.-6. Rippe,
der rechten 2. - 4. Rippe. Ruptur vorn im rechten Ventrikel neben und
quer um den Rand der Art pulm., zeigefingerdick; grosse Ruptur im Peri-
cardium, viel Blut darin, kein Blut in der Pleura. Herz gr(^sser als ge-
wöhnlich.
SM) Ohr. Vater (Ephemer, nat. curios. Dec. m. ann. IX. und X.
Norimbergae, Francofnrti, Lipsiae 1706. obs. 164). 30jfthr. Frau 1695 von
einem Wagen gequetscht Fractur der 1. und 2. linken Rippe nahe dem
Sternum, der linken Clavicnla. Pericardium in sehr geringem Grade ver-
letzt Rechter Ventrikel nahe der Spitze zerrissen, viel Blut im Pericard.
Ruptur nicht durch Fractur, sondern durch Compression des Thorax ent-
standen.
k Ui, ufcestinnte UlU
SM) A. Niemann (Henke's Zeitschr. f. St-Arzn.-K. 1861. 2. Hft
S. 326). Oebergefahren. Pericard. in der Gegend der Vena cava sup. 10"'
lang gerissen; ebenso der rechte Ventrikel 10'" lang an der MQndung jener
Vene. Im Mediast ant viel Blut Pericard. um das 4fache mit Blut ge-
880 I^r* Georg Fischer,
füllt -^ (Der Riss im Pericard. bildet den Unterschied rom Fall 403 lad
dem Verf.).
SY9) Samuel Gooper (Hamilton, Fractnres and Dlslocatioci
p. 171). Präparat im University College zn London von Raptar d^s reck-
ten Ventrikels, dnrch einen Theil des zerbrochenen Sternam.
89S) Valerins (bei Sönac. 1. c. S. 376). Fraa rom Wagen ge-
quetscht.
t) miclit penetrirende Wanden -^ Tod «pAter.
S90) Dupujtren (Clin, chirnrg. T. IL p. 215. Paris 1839). 41jShr.
Mann durch Wagendeichsel seitlich gegen eine Mauer gepreaat. Fractnr
mehrerer Rippen, Qnerfractur des Sternum an der Verbiadnng der beidei
oberen mit unterem Drittel; oberes Fragment siemlich tief gegen daa
Mediastinum gedrQckt (Äderlass, Bandage). Alles ging gut, bis am 4. Ti^
grösssere Oppression, Fals klein (Äderlass). 10 Tage lang Schwanket
zwischen Besserung und Erstickungsznf&Ilen , kein Emphysem, aber breite
schwarze Ecchymose von der Basis der Brust bis oben und aussen sb
SchenkeL f am 12. Tage durch Pericarditis. Oberes Fragment des Ster-
num in Pericardium gedrungen, hat den rechten Ventrikel in % seiner Dicke
zerrissen. Viel blutiges Serum in der rechten Pleura; alte starke AdbS-
renzen zwischen beiden Pleuren. — (Auch als Fall von Breschet, unrich-
tig mit Ruptur des linken Ventrikels citirt. Siehe Fall 480).
Linker fentrikoL
i) Penetrlr^nde Umändern — Tod»
a. Ted stftrt.
S90) filleanme (Essai snr les ruptures du coeur. Thtee. no. 186.
Paris 1857. p. 14). 2Qj&briger Mann stürzt in Abgrund, durch Baum fort-
gerissen; t nach wenigen Minuten. Raptur des Pericardinms und lioken
Ventrikels. Herzfleisch ganz gesund.
391) Targioni nod Zannetti (bei Zannetti L c. Fall 128). Kot-
scher springt vom Wagen, um Pferde anzuhalten, stürzt auf Steine. Rop-
tur mit sternförmiger Zerreissong. Herz contrahirt Blut im Pericardioo.
SM) Albers (Horn's Archiv f. medic. Erfahr. 1832. Mira. S. 189).
Soldat erhält Fasstritt auf Herzgegend, stirbt nach wenigen Minuten, yifl
Blut im Pericardium, Herz klein, eontrahirt, 1'' lange Roptur im liokeo
Ventrikel, deren Ränder nichts Abnormes zeigen; Herzsubstans normal.
Ted, alt CtaplIcatl^Bea.
SSS) J. Thurnam (Lood. med. Gazette. 17. Febr. 1838. p. 815).
50 jähr. M. fällt, übergefahren. Hautläsionen vom links auf der Brost.
Deber die Wnaden des Hersens und des Herzbeutels. 881
r Pract. der linken 6.— 8. Aippe, 2i" von den Knorpeln, Qaerbnich des
Steronm unten, ohne Dislocation. Fericard. unverletzt, enthält etwas blu-
tiges Serum, welches auch in beiden Pleuren. Riss des linken Ventrikels.
...des rechten Herzohres, 2" lang, oberfiftchliche Ruptur im Septnm,
xHersspitze 1'' lang; Milz.
S84) Bergeon (Bouillaud, Maladies du coeur. T. II. p. 608. 1835).
78 jähr. Frau stürtzt sich, um sich an einer Nachbarin, mit welcher sie sich
etets zankt, zu rächen (!), 40' hoch aus der 3. Etage. Fractur von 7 Rippen
^ rechts. 1 Pfd. Blut im Pericard. Ruptur des linken Ventrikels an der In-
: aertioB der Aorta, Riss der Aortenklappen, Leber, Milz.
fc. Ted spater*
SM) Prescott Hewett (Gitat von Fall 874). 29jähr. Mann stürzt
▼on einer Leiter, tiefster Oollapsus, Gesicht blau, Hände sehr kalt, kein
Puls« Bald verschwand Congestion, Puls f&hlbar, starker Brustschmerz, f
nach 2 Stunden. Keine äussere Verletzung; viel flüssiges Blut im Pericard.
Bisa vom im linken Ventrikel V lang, i** weit; Herz sonst gesund. Blut«
erguss um die Wurzel der linken Lunge, im Bauch; 2 Risse in der Leber
Q.*) SSe) Oasper (Pr.Handb. der gerichU. Medic. Thanatolog. Theil.
1857. S. 280). Ein Sack mit Korn fällt auf 66jähr. Mann. Fract. commin.
des Femur; Amputation, t uach 8 Tagen (am 2. Tage nach Amputation).
Fractur der beiden ersten Rippen, des 3. Brustwirbels. In der rechten Wand
des Pericard. eine thalergrosse Sugillation, in der linken Wand des Herzens
vom Atrium bis zum Ventrikel ein 2" langer, \'* breiter sugillirter Streifen,
also eine wahre, höchst seltene commotio cordis!
Q.SS9) Bl an Card (Anat prac.rat. u. s. w. Amsterdam 1688. Centur
alter, obs. VI. p. 202). Bauer von einem Heu-Karren übergefahren; grosser
Brustschmerz, Dyspnoe. Keine Fractur, nach 4 Tagen gearbeitet; bald hef-
tiges Fieber, Delirien, Syncope, fam 11. Tage durch Pericarditis, Garditis,
Viel Eiter im Pericardium, Ulcerationen oben am linken Ventrikel und den
Herzohren, Erweichung. ^ (Nach Zannetti Fallld. Tod am 7. Tage, Ulcer.
am rechten Herzohr).
Ted, Bit CeHplIcatlesei.
98S) Prescott Hewett (Gitat von Fall 374, Seite 871). Mann in
mittleren Jahren, übergefahren, f nach'4 Stunden. Fractur des Sternum
dicht über dem Herzen, von 8 Rippen rechts, 2 links. Viel Blut im Peri-
cardium und Mediastinum, nicht in Pleura. Riss vorne am linken Ventrikel
1" lang, k" breit; Riss vorne iuArtpuImonalis, Hypertrophie des linken
Ventrikels, sonst gesund. Riss in der Milz.
*) Die mit Q. bezeichneten Fälle sind Quetschwunden und Quetschungen.
882 I>r. Georg Fischer.
e. Tfd| iBfcestiHHte lelt
•••) Worbe (Ballet, de la Facalt^ de m^dec. 1814; auch bei Gligt
Atlas der patbol Anatom. Jena 1850. Lief. 7. Taf. III). ISgibr. Koabi
▼om Wagenrade ecrasirt Brastknochea normal, Pericardiom toU Bist
Riss des linken Ventrikels von der Basis bis sur Spitze Ulogs dem Ran4e,
'der ihn vom recbten Ventrikel trennt
S90) Per ras (Arcb. g^n^r. de mödeo. Tom. B. 1825. S. 463}.
Prftparat: Am linken Ventrikel nahe der Spitze einige scorbutiscbe Fleeku
und eine 1" lange Ruptor. Hier war die Herzsnbstanz verändert ond der
Riss angenscbeinlich nach und nach von innen nach aassen entstandea
Bcorbutische Erweichung des Magens. Kurz vor dem Tode Fall, Fiacttr
▼on 3 Rippen an jeder Seite, seitdem Beklemmungen, GefQhl von Hitze in
der Herzgegend. Ist Ruptur durch Scoirbnt oder fintzQndnog nach des
Fall entstanden? Sicher, dass der Tod unyerhofft, ohne alarmirende Erschei-
nungen eintrat, welche meist bei Ruptur vorkommen. Der Sita am £od^,
des linken Ventrikels ist nach Rostan der gewöhnlichste.
•) Klelit penetrlremde IVnndeii — Tesi
S9i) Morel-LavalUe (Gaz. des h6pit 1860. 19; auch 1864. 46, i8»
51, 53). Sturz 10 Ellen hoch auf linke Seite. 8 Stunden Bewußt-
losigkeit, 2 Stunden spftter tiefes Coma. Fractur des Sch&dels und Schlissd-
beins. In der Herzgegend hörte man schon aus einiger Entfernaug eis
eigenthQmliches, intermittirendes, dem Herzschlage entsprechendes Geriaich.
Dasselbe war Ähnlich mit dem Tone zerschlagener Eier oder vielmehr dea
MQhlengeränsch, welches durch das Aber die Schaufeln des Wasserrades
strömende Wasser erzengt wird. Das Geräusch konnte nicht von einer
Rippenfractur, die nicht bestand, herrQbren; es war von endo- und peri-
cardialem Ger&usch ganz verschieden , glich vielmehr dem Tone, der dorek
Bewegung einer Flfissigkeit mit oder auch ohne Luft entsteht; es word^
daher eine Communication des Pericard. mit der Pleura und Flfissigkeit is
beiden Höhlen angenommen. Die Gegenwart von Luft war bei der Abweseo-
heit tympanitischer Erscheinungen, des amphorischen Athmens und da
metallischen Klanges zweifelhaft. Tod unter Dyspnoe am anderen Mor-
gen. In der Brusthöhle ca 1 Pfd. blutiges Serum ohne Luft. Im P«ri*
cardium ein rundliches, unregelmässig zerrissenes Ix>ch, haselnnssgross;
an der entsprechenden Stelle am linken Ventrikel ein oberflächlicher, ksov
V tiefer, Iclaff ender Riss; daselbst eine geborstene Vene, wodurch der
ErgusB. Herzhöhle und Klappen uorinal. — Das MQhlengerftosch wir
sicher durch die Bewegung dor FIQssigkeit entstanden , welche bei der Sj-
stole der Ventrikel aus der Pleura in das Perieardiam nnd bei der Diastole
Oeber die Wanden dee Herzens nnd des Henbentels. 883
wieder inrttekpaaairte. Lofb war entweder nicht vorhanden, oder entging
der Beobachtung.
Beide TentrikeL
a. Tod saftrl.
Z9t) Loir (DiBB. surquelq. poiote de m^d. Th^e. Paris No. 45 in
Arch. g^n^r. April 1835). 23j&hr. Fuhrmann kam zwischen die Rftder von
2 Wagen; sogleich bewnsstlos, todt. Fractnr der 8. 9. Rippe an Verbin-
dung der 2 hinteren Drittel mit dem vorderen; in linker Pleura sehr viel
Blut; desgleichen im Pericardium, worin eine *2'' grosse OefFoung. Hinten
am Herzen eine 1^" lange Qaerwunde, die in beide Ventrikel dringt, mit
zerrisseneD, ecchymosirten Rändern. Die Verletzung des Pericardiums nnd
des Herzens war sicher durch das nach innen getriebene, scharfe, stark
vorspringende vordere Fragment der 8. Rippe geschehen; Ruptur der Milz,
als Folge der Contnsion. — (Der Fall wird auch citirt als Beobachtung
von Choisy bei Bouillaud [Maladies du coeur T. II, p. 499. 1835.] als
Beobachtung von Bouillaud selbst und als Beobachtung von Dupuytren
und Marx [Gliniq. chir. T. IL p. 213. Paris 1839).
fc. Tfd spiter.
Q S9S) Beckett (The provincial med. Gazette, M&rs 1829 [nicht
1820 nach Zannettt Fall 15]; auch London med. and physic. Journ. Mai
1829. Vol. VL; Archiv, genör. de m^d. XX. p. 262). 25jfthriger Dachdecker
stfirzt vom Hause, auf hölzernes Gel&nder, welches oben in den Bauch
dringt, worauf viel DQnndarm austritt. Darm reponirt, Nath. Pat sehr
erschöpft, kalt. Puls nicht fühlbar, Athem schwer, Pat. raste so, dass 4
Männer ihn im Bett halten mussten; t nach IJ Stunden. Wunde durch
Zwerchfell bis in beide Ventrikel, durch Septnro; in jedem Ventrikel Riss
von 1" lang. 2 Quart Blut im Thorax.
Rechter 7orhof.
a. Tfd saftri.
S94) Lees n. Bob. Smith (Dublin Journ. of med. scienc. VoL II.
1887. p. 174). Fran zwischen Mauer nnd Wagen gequetscht Fractur
einiger Rippen, die in die Lunge hineingetrieben. Pericardium voll Blut; r.
Herzohr fast vollständig von der Ven. cav. sup. quer abgerissen.
S^S) Du Verney (Trait^ des Maladies des os. T. I. Paris 1751. S.
275). Mann f&IIt beim Kegelspiel anf einen Stein. Fractur des Corpus
sterni, mit Splitternng nnd Eindrückung. Pericardium, r. Herzohr in 8,
4 Lappen zerrissen.
884 Dr. Georg Fischer,
S96} Diet. Mnmesen (DisB. de corde mpto. LipeiM 1764; toeii
bei Chr. Oottl. Ludwig, Adveiearia medicpract Lipsiae» 1769. ?oL L
pars L No. 4.) Idjftbriger Maan erhüt Hnfschlag, etünt kopfüber k
Boden , steht sofort wieder aaf, eilt in den Stall , iSllt todt am. Aasses
keine Verletzung; Qnerfractnr des Steranin, 4V Aber Gart xiph., kein Bist
im Thorax. Pericardium unverletzt, aber von Blut und Semm so aasge-
dehnt, dass es beide Lungen zurückdrängte. Ruptur des yordeen Hen-
ohres, perpendiculär, sehr eng, in der Mitte mehr auseinander sterbend, {["
lang. Ueber dem Ost venös« eine Qnerfissur, 1^" lang; eine 3. Fissar in
der Membran des For. ovale. Noch andere innere Lftsionen.
S99) Gasper (Pr. Handb. der ger. Medic Thanator. Theil 1857.
S. 28). ö9jähr. Frau, übergefahren. Leiche wachsbleich. Aussen keine
Verletzung. Ruptur des rechten Vorhofes, mit scharf zackigen Rftndem fom
Ventrikel. Herz sonst gesund, im Pericardium viel Blut.
Ted, Bb CoHplieatifBei.
9S8) Sam. Nebel (Ephemer, nat curios. Dec III, ann. IIL Lipsia«
et Francofurti 169G. Obs. 82). Bauer vom Wagen-Pferde geworfen, mt
Strecke weit fortgeschleift am Zügel, sofort todt Reine äussere Verletzosg
noch Fractur; viel Blut im Pericardium. Hera contrahirt, blutleer. Raptor
des rechten Herzohres, kleinfingerdfck. In der Vena cava 9 reihe Plecko,
von denen der eine mit kleinem Loche durchbohrt In rechter Flean
S Quart Blut, links nichts. Beim Manipuliren am Thorax brach die rechte
5. Rippe, auch die linke 5. Rippe. Ruptur durch feste Gompression dei
Thorax mit den Zügeln entstanden, oder Fat ist übergefahren.
b. Ted später.
•••) Wilkin und Lees (Dnbl.Journ.VoL IL p. 174. 1837). Bnatf
übergefahren, steht auf, lenkt den Wagen noch eine Stunde lang, gclK
wegen Schmerzen in*s Spital, legt sich aufs Bett und stirbt beim sieh
Wenden auf die Seite, also nach ca. 1 Stunde. Fractur der 5. Rippe,
deren Ende den rechten Vorhof und Pericardium penetrirt hat Das Frag-
ment füllte die Ocffnung im Pericardium aus, war jedoch vom Herzen eot^
fernt. Wahrscheinlich hat dasselbe bis zum Spital beide Oeffnongen ^t-
schlössen und so den Bluterguss verhindert, der dann in*s Pericardiui
stattfand.
400) Rust's Magazin für die ges. Heilkunde. B. 16. S. 93.
I.Heft V. 1826; l^jähr. Knabe übergefahren, keine Verletzung, noch Sa-
gillation, bald Erbrechen, Durst, Angst, Beklemmung, Puls nicht so fühleo,
Herzschlag undeutlich zitternd, Glieder kalt, fnaoh liStunden. Fractur
der 6. — 8. Rippe rechts 2" vom Brustbein, der 5. — 7. Rippe |'' voi
Deber die Wanden des Herzens und des Herebentels. 885
"Wirbelsftale. Raptnr hinten an der Verbindung vom rechten Hersohr mit
Vorhof, scharfe Ränder» 9'" lang. Herz welk, runzlig. 4 Quart Blnt im
Pericardinm.
Tf dl Mit CoBplkatlwei. .
«et) B. P jper (Lancet 1844. Vol. IL p. 121). 24jfthr. Mann vom
Pferde geworfen, woraof Kanone über den Leib geht Nach 2 Minuten
heftige GonTulsionen der Glieder, fiewusstlosigkeit, Athem schwer, Muskeln
bald starr, Aderlass; f nach 10 Minoten. Fractnr der rechten 6. — 8.
Rippe, des Sternum mit kaum merklicher Dislocation. Pericardinm toU
Blut^ wenig in den Plenren. L&ngsriss in der Ven. cav. in f. von der
Innenfläche des Perioardiums bis zum rechten Herzohr, Pericardium nuTcr-
letzi» Milz zerrissen.
e. Tf4, nnfcestlmmte Zelt.
4at) A. Niemann (Henke's Zeitschrift. 1861. 2. Heft S. 825).
80)ähr. Mann fibergefahren. 8''' langer Riss, hinten an der Basis des
rechten Herzohres dicht an der MQndung der Ven. cav. snp. im Pericar-
dinm 8 Quart Blut, der seröse Ueberzug des ganzen Herzens, sowie die
innere Fläche der Höhlen glelchmässig kirschroth. — (S. Fall 376).
4aS) Bouillaud (Malad, du coenr. T. IL p. 505. 1835). Sturz
aus dfm Fenster bei entsetzlicher Angst einer Dyspnoe; Riss des rechten
HerzQhres.
404) Bertin (Ollivier d'Angers h c. Seite 350). Stnrz aus dem
Fenster; Riss des rechten Herzohres.
4114) Otto (Lehrb. der pathoL Anatomie I. Berlin 1830. S. 285).
Rechtes Herzohr vom Splitter des eingeschlagenen Sternum zerrissen.
Linker Torlior.
a. T«d sofort
4#0) F. Chanssier (bei Porta], M^moir. de l'Aeadem. roy. des
Sciene. 1784. p. 51; ferner Recoeil de Mömoir.^ Consultat. et Rapports snr
divers Objets de M^dec. legale. Paris 1824. p. 451). 3(]Sähr. Mann schräg
. fiber den linken Thorax gefahren. Aussen keine Wunde, Diastase des linken
Sterno-Glavieulargelenkes. Einfache Fractnr der beiden ersten Rippen, doppelte
Praetor an den flbrigen Sternalrippea, viel Blut im Pericardium. Riss des
linken Herzohres nahe dem Ventrikel, fingergross. Langen nicht verletzt
409) E. Lonsdale (Treatise of Fractures p. 258. 1835). 21Jähriger
Mann übergefahren. Die linken 8 Rippen hinten, die 4 mittleren vorne ge-
; brechen. Viel Blut im Pericardium und Pleura. Riss des linken Herzohres,
indem die Bmchenden der Rippen gegen dasselbe gediängt waren.
886 ^' Georg Fischer,
Tfd bU CoHpUcttIfiei.
4tl§) G. Ben nett (Lond. med. Gazette 21. Januar 1832. S. 682).
27jähriger Mann zwischen Wagen und Maaer gequetscht. Fractnr der 2. -4.
Rippen an den Winkeln, Intercostalmnskeln xerrisaen, weil Blut in Brost-
höhle, Praetor des Stemnm, 3'' Tom Pr. ziph. Pericardiam noTerletst; Riss
des linken Herzohres nnd einer der Yen. palmon.
k. T«d spiter.
409) B^rard (Dissert sar plnsiears points d'anatomie pathol. et de
Patho].; snr nne rnpture de l*oreillette ganche, Thdse nr. 23. Faria I826l
S. 15). Jaoger Mann fällt ans hoher Etage mit dem Kopf TQran, f naeii
2i Stunden. Riss des linken Herzohres, rund, gftnsefederdick, etwas ge-
franzt. Viel Blat im Pericardinm. Fractnr des Schädels, Rias der Lebe
410) Hernonx (Gaz. hebdomad. Nr. 8. 1857). Einem 75jährign
Mann springt beim Steinklopfeo ein Stein auf die Hersgegend. Wonde
links zwischen 4. und 5. Rippe, nahe am Stemnm, klein, uiu:«gelmi8si&
nicht klaffend. Am 2. Tage Paralyse der rechten Seite, f am 2. Tage.
BlatergQss im Pericardinm, darin ein kleines Loch, entsprechend der änssera
Wnnde, kleine ecchymosirte Wunde im linken Yorhof; BlatergnsB im liakea
Seitenventrikel des Gehirns. (Fall nicht ganz klar.)
c. Ted, ubesttamte lelt.
411) J. S. Gamgee(Researches in pathological anatomj and dioici]
snrgery. London 1856). d8jähriger Mann Tom Wagen gestürzt, Pericar-
dinm oben zerrissen; Riss des linken Herzohres, gänsefederdick; Hers somt
gesnnd; Leber zerrissen.
41t) A. Niemann (Henke's Zeitschr. 1859. 2. Heft 8. 333). 56jlbr.
Frau stOrzt sich mehrere Stock hoch aus dem Fenster. 12 Qaart Blot in
Pericardinm. Linker Yorhof dicht am Herzohr zeigefingerdick serrissea.
Blntergnss in der Tnnic. ext der Aorta, wo sie ans dem Henen tritt
Fractaren am Oberarm, Kreuzbein wirbel; Symphysis obs. pnbis zollveit
auseinander gerissen.
Septam ?eiitrl€iiloriiiiL
Ted spiter.
41S) Giraldes (Archiv, g^n^r. de Möd. Juli 1853. S. 119). Beob-
achtet von Prescott Hewett: 12jähr. Knabe stürzt hanshoch herantar,
bewusstlos, t nach 4 Stunden. Thorax unverletzt, kein Blot im Pericar-
dinm. Yom am Herzen, dem oberen Theil des Septnm gegenüber, IV*
Deber die Wanden des Henena und des Herzbentela. gg7
unter der Wnnel der Aorta eine 1'' breite Eccbymose, welche einer Ruptur
entspricht Dieselbe liegt oben im Septam, theilt es, macht beide Ven-
trikel eommnniciren. Die innere Membran des linken Ventrikels ist der
einzige Theil des Septnm, der nicht zerrissen. Die Raptnr setzt sich vorne
am Septnm fort bis auf die vordere Wand des rechten Ventrikels. Gonta-
sion des Gehirns, Sch&delfractnr n. s. w.
414) Prescott flöwett (London med. Gazette. Hai 14. 1847.
S. 871). öjähr. Knabe fibergefahren, grosser Collapsns, t QMh { Stande.
Qaetschnngen am Arm, Bein, Brost, Bauch. Praetor der 2.-6. linken,
der 3. — - 5. rechten Rippen. Kein Blut im Pericardium, dagegen in linker
Pleura. 2 Ecchymosen an der Oberfläche des Herzens. Roptor im Septom,
an der Vereinigung des unteren und der beiden oberen Drittel, macht beide
Ventrikel eommnniciren. Structur gesund, Lungen unverietzt. Praetor im
Kreusbein, Bauch normal.
9 4111) Markham (London med. Times' 1858, 27. Pebr.). Mann vom
Omnibus gefallen auf die Seite, dann auf Uinterkopf, f durch Blutergoss
in's Gehirn. An der inneren Oberflftche des Septum im linken Ventrikel
war eine Quetschung .bruise* so gross wie ein Kronenthaler, sicherlich
durch den Pall entstanden.
Herzspitze.
Ted spater.
416) Dickinson (London Med. Times. 31. Jan. 1863.) 5j&hr. Kind,
Qbergefahren, in's Spital gebracht, bald todt Keine Äussere Wunde. Peri-
cardium voll Blut aus einem Querriss durch die Herzspitze; beide Ventrikel
geöffnet, flerz in grösserer Ausdehnung zerrissen, als Pericardium. Keine
Practur.
419) St. Thomas Hosp. in London). (Chirurgie iron Ohelius,
übersetzt tou South. Voll. p. 546). Mann übergefahren, geht noch 100
Schritt, stirbt unter Suffocationserscheinuogen nach 9 Stunden. Practuren
des Stemum, der 2 ersten Rippen rechts, der 5 oberen links. Ein scharfes
Rippenende war in das Pericardium gedrungen, hatte das Herz nahe der
Spitze verwundet; Riss im Zwerchfell rechts und der linken Lunge an der
Spitze; viel Blut in beiden Pleuren und Pericardium.
9 419) Akens ide (Philosoph. Transact YoL L HL p. 853. 1764;
EncjcL m^th. part. m^d. T. IL p. 319; Oommentarii de rebus in scientia
, natur. et medic. gestis. VoL XllL Th. 3» p. 676. Lipsiae 1766). 14j&hr.
Kind erhält Schlag auf Brust, heftige Schmerzen, starkes Herzklopfen, Puls
schwach, unegal, viel Bluthusten, f nach 6 Monaten. Livider Pleck,
brandig an der Herzspitze; die Desorganisation ging bis in die Herzhöhlen;
Carditis, Pericarditis.
888 Dr. ^eorg Fischer,
Ganxes Bers.
I. Tf d sfftrt.
4iO) du Verney (Trait^ des maladies des os. T. I. Paria 1751. p.
335). Steinbrecher Tön einem 5' langen Stein znsammeogepreaat Dmtut
zwischen Mannbr. und Corpus sterni, Herz und Lungeo ganz zerrissen.
4tO) Majer (Salzburgische med.-cbir. Zeitg. 31. Augast 1835). Baic:
fiUt durch die Erschütternng Tom Sturz eines Balkens auf ein Flosa, is
den Hubs, ohne Tom Balken berQhrt zu sein ; sogleich herausgezogen, to^
5 Pfd. Blut im Thorax, viel im Pericardinm. Riss im Pericarditun, vo dk
Aorta aufsteigt, Herz tou einander gerissen; Substanz gesund.
4M) Dnbreuil (Joum. de laSoc. dem^. prat de Montpellier; des
anomalies arterielles. Paris 1&47. p. 13 u. s. w.). Ursache wahracheiolici
traumatisch. Riss in der ganzen Länge des Herzens von der Baais beide:
Ventrikel bis zur Spijtze; Gonsistenz eher yermehrt als vermindert.
4tt) Gasper (Pract. Handb. der gen Medic. Thanatolog. Tb. 1857.
S. 122). 24 jähriger Mann von einem schweren Wagen mit grossester Gt-
walt gegen eine Pappel geschleudert Aussen keine Wunde, Proew apin. des
1. Brustwirbels gebrochen. Das Herz war von den Gefässen ganz and gar
abgerissen, so d^ss es frei lose in der Tiefe der Brnsthöhle lag; Perietr-
dinm ganz zerrissen, Herzsubstanz derb, Riss in Lunge und Leber. 30 Qairi
Blut in linker Brust
4n) Gasper (Rlin. Novellen zur ger. Medic. 1863. S. 847). Mann
durch ein stürzendes Eisengebälk des Daches sofort getOdtet Querbracbe
an allen wahren linken Rippen. 6—8 Risse in linker Lunge, nicht ros
Fractur herrührend. Pericardinm der ganzen Länge nach anfgerissen, Ben
von den grossen Gefässen abgerissen, lag frei im Pericardinm.
4t4) Gasper (GiUt von Fall 423, S. 348). 35jähr. Mann» 40 Foas
hoch vom Baum geschleudert. Linke Brust ganz flach gedrückt, beide
Schlüsselbeine aus der Lage gerissen, sämmtliche linke Rippen gebrochen
Das Herz hing nur noch an der Yen. cav. inf, alle übrigen Gefässe dzvoa
abgerissen, mit ganz scharfen Rändern, wie abgeschnitten. Riss in Looge
und Leber.
4tll) Flügel (Aerztl. IntelL-Blatt Nr 26. 1859). 17jähr. Mann yoo
Kammrade gefanat, nach wenigen Augenblicken vom Gameraden heraosge-
zogen; sofort Tod. Wenige Tropfen Blat ans Mond und Nase^ viel Baot-
abschärfungen am K6rper. Fractur der 4. Rippe nahe der Warze. Beide
Plenren toU Blut Pericardium hat rückwärts einen Längsriss, aus welchem
das in der Gegend der Vorhof-Kammerwandungen abgerissene Herz frei in
die Brusthöhle getreten war. Risse in Lunge, Leber, Milz.
49G) deBerghes (Gasper^e Wochenschr. f. die ges.Heilk. Berlin
Ueber die Wunden des Henene nnd des Herzbeutels. gg9
1844. S. 826. Nr. 20). Mann Tpn einem umfallenden Baume so «usam-
meogequetscht, dass Brust- nnd Banchhöhle nebst den Kleidern aufplatzten
und der grosseste Theil der Eingeweide durch die Kleider hervortrat Das
Herz von den GefEssatämmen losgerissen, flog 10 Schritt weit weg,
war an der Spitze mehrfach geborsten, so dass man in beide Ventrikel ein-
dringen konnte. Am Herzen fand sich von den Arterienstämmen mit den
Klappen keine Spur, und waren die letzteren mit dem grossesten Theil der
Yorhöfe im Leichnam geblieben.
nnbestimmte lerzabschnitte.
a. Tf d 8«ffrt.
499) HntchiBsoli (London Med. Times. 81. Jan. 1863). Kind nie-
dergeschlagen auf der Strasse. Keine äussere Verletzung, Ruptar des Her-
zens, der rechten Lunge. Wahrscheinlich war das Kind nachher fiberge-
fahren.
4t9) Leared (London Med. Timeii. 81. Jan. 1863). Bin Maurer stürzt
auf einen Mann, Pericardinm voll Blut, gesackte Ruptur des Ventrikels.
4t9) Transaet Edinb. Med. Ohir. Soc. VoL L Präparat im
Museum of the Royal College of Snrg. Edinburgh. Ruptur des Herzens
beim Kinde, Welches fibergefahren. Weder äussere Wunde noch Fractur.
fc. Ted später, liehl peaetrlrende Wandei.
4Sa) A. Sanson (Tb^e. 1827. Obs. XXiV. p. 84). 'Mahnet, 40jähr.,
von einer Wagendeichsel heftig gegen die Brust gerannt; Sternum und meh-
rere Rippen gebroeben. Blässe, grosse Angst und Oppression, Puls klein,
grosse Schwäche (Aderlass, Bandage). 2. Tag dieselben Symptome (Ader-
lass); t am J8. Tage. 4.—^. redite Rippe 3'' vom Sternum gebrochen,
Qaerfractur des Sternum an niveau der 4. Rippe. Mehr als 1 Pinte bluti-
gen Serums in der Pleura. Oberes Fragment des Sternum nach innen ge-
trieben, perforirt das Pericardium; au nivean dieses Fragmentes Querwunde
im Herzen, nicht penetrirend, 1" lang, welcher sich der Knochen ge-
nau anlegt Pericardium ger<^thet, innen mit Adhärenzen. (Tod nicht am
80. Tage nach Ollirier, am 20. Tage nach Jamain. Der Fall ist wohl
sisher gkich FaU 879.)
e. Tfd| ufcestiBmte lelt
Q. 4Sf) J. L. Petit (Traitö des maladies des os, heransgeg. von
Louis. T. II. Paris. 1772. p. 101). Gangränöse (?) Geschwulst an Brust
und Hals bis zum Knie; Eindrfiokung des 2. Stttckes des Sternum, durch
welobes das Herz comprimirt wurde. Viel blutiges Wasser im Pericar-
dium und den Seiten der Brust; weitere Angaben fehlen.
890 ^^* Georg Fischer,
9. 4St) Watson (New York Joaro. of Med. Vol. m. p. 351). Fnci
Btemi, bei welcher das Pericardium zerrissen, das Herz jedoch nar con-
tandirt war.
4S9) Salinsse (11 filiatre sebezio, Octob. 1834). Roptur des Ha<
zens, weiter keine Verletzung, ausser einer sehr leichten Cootasfon.
4S4) Asdrnbali (Nuovi Commentari di Medic. e di Chirorg. pnbbl
dai Sign. Brera, Ruggieri, Oaldani. Padora. 1818. Sem. H. p. 289)
Ruptur durch Sturz vom Pferde
4SII) Irving (Lancet L 10. März. 1859).
4S6) Christison (bei Watson: On homicide. p. 96). Roptar
dnrch Fall.
4S9) Christison (Citat von Fall 436). Roptur dorch Schlag.
Herzbeutel,
a. T«d sfftirti bII CtBpUcalieiei.
4S9) Costa de Sarda (Oaz. des H6pit 1853. p. 413). 45Jihr.Mu8
stürzt ans dem 8. Stock eines Hauses. Ruptur des Pericardiams in seioer
ganzen Länge links, so dass das Herz einen leichten Vorsprang ozcbt
3 Fracturen im Stemum, wobei in der Mitte der ersten ein Fragment nadi
hinten gezogen ist Risse in der Aorta ascend., Lunge, Zwerchfell; rtf-
schiedene Fracturen nnd Luxationen.
b. T«d ipitcr.
4ao) Morel- LavalHe (Oaz. de Paris. No. 46, 48, 51, 03. im
20 jähr. Mann stürzt hoch herunter. Fractur des Femur, Lähmung aotea.
Pat hCrte in der folgenden Nacht selbst ein Geräusch , ähnlich dem dank
Blasen in eine leere Flasche. M.*L. hffrte jetzt links ein Geräusch, dardi
gleichzeitige Bewegung von Luft und Flüssigkeit hervorgebracht, iai Mo-
mente der Ventrikelcontraction , jedoch nicht jedesmal, sondern bei jeder
7., 15, 20. Pulsation, wo es sich dann 4—5 Mal wiederholte; am deoüicfi'
sten im Niveau der Brustwarze. Beim Aufsitzen verschwand es, bei hori-
zontaler Lage kam es zurück. Herztöne normal, das Geräusch, welches ?9^
selbst gehört, ähnlich dem Tintement mdti{illique. Nach 5 Tagen verschtmn-
den, dann «pericardiales Reibegeräusch; plötzlicher Tod am 8. Tage. Luft
in Brusthöhle, Blut im Pericardium, Ruptnr desselben 13 Gtm. lang, lOGtO'
breit; die Ruptnr liess Luft austreten, Innenfläche des Pericard. mit fridcit^'
Gerinnungen besetzt. Skelet anverletzt
c Tad| nbestlmmte Idt
440) F. Lente (New York Journ. of Medic. 1851. Sepi). Eio^Bi
36jähr. Manne stürzt ein schwerer Ballen auf die Brust, Comminnti?brocli
Ueber die Wnnden des Eenenn und des Henbentels. 891
des Sternnm zwischen 2. nnd 3. Rippe; Fractnr eines Halswirbels, Rnptnr
den Pericardiams.
4yit) Gasper (Gitat von Fall 422. S. 124). 44 jähr. Mann 46' tief in
den Keller gefallen (wahrscheinlich sofort todt). Pericardinm seiner gan-
zen Länge nach zerplatzt, Herz unverletzt. Aensserlich nicht, Fractnr des
Sch&dels; Riss in Leber, Milz, Einknicknng der Rippen.
4yi9) Hermann vOesterreich. med. Wochenschr. Mo. 11. 1846). Zwerch-
fell und Pericardium zerrissen; einzelne Onterleibseingeweide in die Bmst-
höhle Tersetst.
II. leiliigeB.
i) Darcb Sectloiieis bestAÜst.
UnbeBtimmte HeriabBohnitte.
9« 4M) GaTasse (Manuel des fractnres dea Oartilages costanx.
Th^se de Paris. 1865. p. 12). 39 jähr. Geisteskranker; Section: Fractur des
7. und 8. Rippenknorpels links, eingedrQckt geblieben; auf der vorderen
Fläche des Herzens, entsprechend der Rippenverletzung, einen Sehnenfieck
Ton der GrOsse eines Franken; Pericardium unyeiändert
9) Mach Symptoiiieii wermathet«
GanieB Ben.
9* 444) W. Stoke» (Bdinburgh Med. Jonm. 1. Juli 1881; London
Med. Gazette 80. Juli 1831. p. 560). 21jähr. Mann im Jahre 1822 zwischen
einem Wasserrade gequetscht, 3 Stunden ohne Besinnung. Links 2 untere
Rippen, rechts Glavicula, Hnmerus, 5. — 7. Rippe gebrochen. Emphysem
rechts im Gesicht nnd auf der Brust; vollständige Bewegungsparalyse im
rechten Arm mit grosser Gef&hlsstörung. Grosser Schmerz rechts in der
Brust mit einem GefQhl, als ob fremder Körper in die rechte Lunge ein-
gedrungen, das Athmen hemmte. )fan bemerkte, dass das Herz rechts
vom Sternum pulsirte. Kurzer, trockener Husten ohne Auswurf. Pai
gab klar an, dass seit der Verletzung der ganze Schmerz rechts gewesen
sei. Nach 2 Tagen verschwand Emphysem. Im nächsten Monat Husten,
Schmerz; am Ende desselben ausser Bett; in den folgenden 8 Monaten oft
Sehmerz, die Paralyse verschwand allmälig, Pat konnte nicht lange lesen,
die Buchstaben erschienen dann als schwarze Linien. — Von da bis jetzt
schlug das Herz rechts, vom Sternum, Herzschlag bei Aufregung, Bewegung
stärker, keine Dyspnoe. Husten blieb stärker im Winter. Wenn Pat die
rechte Hand in kaltes Wasser tauchte, hatte er ein eigenthflmliches Gefähl,
T. LaBg«nb«ek, Ardü^ f. Chirargi«. IX. gY
892' ^- Georg Fischer,
welches im rechten Arm nnd der rechten Brnst anfstieg, dabei wnrde der
Arm krampfhaft an den Thorax gebracht. Heisses Wasser hatte denselbec
Effect, jedoch nicht so stark. Kalte Substanzen anf die rechte Bmst ge-
bracht, veranlassten Gefühl Ton Snffocation. In den ersten 3 Jahren bea
Gennss selbst von wenigem Fleisch Erbrechen nach | Stande, ebenso wem
Anderes in grösserer Menge genossen, dabei grosser Schmers mit spaü*
nendem GefQhl in der rechten Mammagegend, nnd aufgeregter Herzschlag
Appetit besser im Sommer als im Winter, gewisse Nahrung nnd Getrink*
(Milch, Wein, Zucker) machen Oppression. Seitdem in jedem Winter Est*
Zündungserscheinungen rechts in der Brust mit grosser Dyspnoe, Palpi-
tation. 1829 erhielt er Digitalis (bis 10 Gran), welche gut wirkte, 3 Monate
hindurch, worauf der Puls anf dO zurückging. Jetzt gesunder Eindruck,
Husten, Puls 100—120. Der Herzschlag ist nicht links unter der Warze,
aber rechts zwischen 6. und 7. Rippe, 1" vom Sternum; Töne normal, i^eic
Klappenfehler. Eine Disloeation des Herzens nach rechts scbeict
unzweifelhaft, Pat wusste, dass früher das Herz links geschlagen hatte; eis
Aneurysma der Aorta descend. kann den Herzschlag rechts nicht veranlasit
haben; also Disloeation des Herzens, mit Ruptur des Pericardinms und der
rechten Pleura.
Dnbestimmte Hertabschnitte.
44ft) Skoda (Abhandl. über Percuss. und Auscult Wien 1861
S. 313). Auf Schuh's Abtheilung Mann mit linkem Pneumothorax in Folge
einer Compression der Brust durch 2 Wagen. Herzbewegungen von einem
Gerftnsche begleitet, das genau dem Gegurgel der Excavationen (coDsoni*
rendes Rasseln) glich. Besonders war die Kammerdiastole vom Gegargel
begleitet. Wir glaubten, dass etwas Blut in*8 Pericardinm ergossen, dass
deshalb das Herz an das freiere Blatt des Herzbeutels stirker anklebe, «sd
dass bei den Herzbewegungen durch das Losreissen der anklebenden Steiles
dieses Rasseln erzengt werde. Punction des Thorax, wodurch Luft entferai
Heilung. Das Rasseln im Pericardinm nach einigen Tagen verschwunden.
Herzbentel.
9. 44G} Brockmann (Holscher's Annalen. 6. Jahrg. Heft 3,4)
21jlhr. Mann bekommt Hufschlag auf die Bmst, hat sofort Schmerzen lo
der Tiefe der Brust, Blutspeien. Sofort krftfüge Antiphlogose; erst nach S
Tagen trat Pericarditis deutlicher hervor, welche intensiver^ chronisch wurde,
die grCsste Gefahr hatte, Heilung. — Sicher waren das Pericardium nnd die
Lungen traumatisch afficirt.
9. 449) BillFoth (Handb. der allg. und spec. Chirurgie von Pitha
und Billroth. HI. Bd. IL Abth. 1. Lief. S. 122. 1865). Bei Unksseitiges
Deber die Wunden des Herzens und des Henbeutels. 898
Rippenfracturen lo der MammlUarlinie entstand nnmittelbar darauf eine be«
dentende Pericarditis, nicht die Folge einer Zerreissnng durch die Fractur,
sondern Folge der t^oetschnng.
Q. 449) Billroth (Ibid. S. 132). Pericarditis nach Stoss in der
Herzgegend, ohne Fractur von Rippen oder deren Knorpel.
449) Morel -Lavall^e (Gitat tou Fall 439). Vom Wagenrade ge-
streift, Praetor der 4.-7. Rippe, Hantemphysem. Erguss von Flfissigkeit
in die Brusthöhle, dabei hörte M.-L. bei jeder Systole sein Luftwasserge-
rausch, selbst auf Distanz. Am 2. Tage war es schwächer, am 8. Tage ver-
schwunden. Diagnose einer Ruptur des Pericardiums. Heilung nach weni-
gen Wochen.
Nachtrag.
4ftO) Cavasse (Gaz. des H6pit 1865. No. 24.) Degeif stich im 2. lin-
ken Intercostalraum, 2 Gtm. vom Sternum, von oben links nach unten rechts.
Husten, Blutauswurf. Geringe Besorgniss, da Pat. am 7. Tage vom Hospi-
tale in's Gefängniss gebracht. Daselbst keine schweren Symptome, Pat
will arbeiten, bleibt nicht zu Bett; f plötzlich am 12. Tage. Wunde des
vorderen Randes der rechten Lunge (Narbe), des Herzbeutels (fast ver-
heilt), Art pulmonalis darch und darch nebst der hinteren Klappe. Ar-
tehenwQnde durch kleines Blutgerinnsel verschlossen, vreil Blut im Herz-
beutel.
4ftl) Waymouth (Lancet 1867. 9. März. p. 298). 40jährige
Frau f, nachdem Ohnmächten, Erbrechen stattgefunden. Nähnadel im
Herzbeutel, der geffiUt mit Blut 3 Ecchymosen vorne am aufsteigenden
Theile der Aorta, unter ihren Klappen, correspondirend mit 3 Wunden.
Auf der Haut und am Oesophagus keine Wunde. Wahrscheinlich von aussen
eingedrungen, weil Pat häufig Nadeln in ihrem Kleide oberhalb der Herz-
gegend trug.
459) Hopkins (Ohio. New York Pathological Society; New York
Medical Recr)rd. 1. März. 1867. p. 18, angefahrt von Hamilton). Pistolen-
kugel in der Wand des linken Ventrikels; f nach 15 Tagen.
Unbrauchbare Fälle sind:
Paul Ammann (Medic. critica. Stadae. 1677. Gas. 54). Ein Bar-
bier behauptet, eine Herzwunde beobachtet zu haben, welche indess nach
dem Obergutachten der Leipziger Facultät in Frage gestelk wird (Ghirurgns
est furca dignus).
Morgagni (De sedib. etcaus. morb. Venetiis. 1761. Tom. IL Lib.IV.
Epist 53. Art. 29). Ein Gallischer Reiter wird mit einem Schwerte ver-
67 •
894 I>r. Georg Fiseher,
letzt M. selbst ist nngewiss, ob das Loch im rechten Ventrikel dorcb di«
Verletzung, oder kÜDstlich durch die Sonde gemacht ist
Als Herzwnnden sind falsch citirt die spontanen Raptnren tob:
Bertherand (Monitenr des höpit RsTne m^.-ch]n de Paris. 18S6.
No. 78).
Brera (Di nna straordinaria rottara del cnore. G<Sttinger geL Anxei-
gen. 1817. Bd. I. No. 55. p. 543). 60j&hr., dem Trank ergebene Fru.
Ghrastina (Zeitschr. der k. k. Qes. d. Aerzte in Wien. 1857. S. 716:
ärztlicher Bericht Aber das städtische Versorgnngshaos am Alserbach, toi
Solaijahre 1856). 2 spontane Rnptnren ~ S. 719 — atheromatOse Botv*
tnng nnd Verknöcherang der Arterien 'als prftdisp. Moment für epontue
Rnptnr.
GruTeilhier (Anatom, path. Livr. 3. 20. 22. 40). Lir. 22: Plötz-
licher Tod bei ^iner Fr^n, die 3 Tage Torher gestürzt ist; Rnptnr. Anf die
äussere Gewalt wird kein Gewicht gelegt. Die anderen Fälle sind eben^
spontane Raptnren. — Lir. 40: Pericarditis haemorrhagica.)
Olmi (Memoria di nna morte repent caggionata della rottara del cnore
Piacenze. 1803) — nicht Glini, Firenze.
Pigeanx (Journal nniversel et hebdom. de Mödec^ et de Chir. pnt
Paris. T. 8. No. 104. 1832).
Rostan (Jonm. de M^d. 1820. Jnil. Möm. snr les mptnres dn coeor.
Jonrn. g^ner. de mädec. Rödig^ par G. de Glanbrj. T. 72. p. 99).
Wright (Med. Obsenr. and Enqoiries by a Soc of Phys. London.
1784. Vol. VI.). Dragoner, Riss in der Vena ca?a, beim Aufladen eioei
Wagens.
Falsche und ungenaue Gitate, daher nicht darin zu finden, sind:
Gasper's Wochenschrift. 1845. No. 3 (von Hyrtl citirt). Kngel 6
Jahre im Herzen; wahrscheinlich Fall von Latour.
Ghampejus (Gomment. in Galen bist. Lib.L No.35. Lib. IV. No. 85>
Gopland (Bncycl. Wörterb. Bd. 4. S. 733).
Frank, J. (Prax. med. T. H. Sect. H.).
Heurteloup (Receuil pöriod. T. IL p. 38).
Marcucci (Grteschi giomale di Medic Venet 1763. No. 4).
Wagner (Gorresp. des Vereins für gemeinsch. Arbeiten znr FOzderuDg
der wiss. Heilk. Hannorer. 1853. No. 7. 8.).
Deber die Wunden des Herzens und des Herzbeutels. 895
Nachtrags
zü den Beobachtungen an Thieren«
Der auf die Anregung von Professor Dr. E. Garlt bear-
beitete Nachtrag stütst sich auf Beobachtungen der neueren
thi erärztlichen Literatur und musste bei dem yorgeschrit-
tenen Druck der Arbeit rasch ausgeffihrt werden. Prof. Ger lach
stellte mir bereitwilligst die Bibliothek der hiesigen EOnigl. Thier-
arzneischule zur Yerffigung.
Das häufige Vorkommen von Verletzungen des Herzens und
des Herzbeutels bei Thieren und die praktische Wichtigkeit der-
selben hat das Interesse der Thierärzte in hohem Grade ent-
wickelt. Während die Chirurgen den Herzverletzten mit hoff-
nungsloser Ergebung behandelten, suchte der Thierarzt nach einer
möglichst sicheren Diagnose, um durch firfihzeitiges Abschlachten
einen Theil des Schadens abzuwenden und dadurch vorzubeugen,
dass dasselbe bei zunehmender Abmagerung crepirt.
Man kennt sowohl Verletzungen des Herzbeutels
allein, als auch Wunden .des Herzbeutels und des Herzens zu-
gleich. Die ersteren kommen bei penetrirenden Brustwunden
vor, und sind, wie E. F. Gurlt nachweist (10) gefährlich, aber
nicht tOdtlich. SosahDelafond einen Hund (6), der von einem
Eber in die Brust gestossen war, wobei man mit dem Finger bis
in den Herzbeutel dringen konnte. Die Wunde, welche eine
schäumige Flftssigkeit enthielt, wurde zugenäht und genas der
Huad in 8 Tagen. Es kommt sodann yor, dass ein mit dem
Futter verschluckter fremder E&rper in den Herzbeutel gelangt,
ohne in das Herz Torzudringen und sind diees Fälle nicht eben
selten, wo eine Nadel u. s. w. frei im Pericardium flottirend,
neben den Erscheinungen der Pericarditis, angetroffen wird
(Hulme 47).
Die Verletzungen des Herzbeutels und des Her-
g96 I>r- Oeorg Fischer,
zens sind bei weitem häafiger und meistens solche, welche dura
fremde Körper veranlasst werden. Man iindet sie in den thier-
ärztlichen Schriften, in der Regel bei der chronischen Herz-, Ben-
beutelentzfinduDg, abgehandelt.
1) Ursache n.
Diese Verletzungen geschehen nach £• F. Garlt mehr k
Kühen and Ziegen, als bei Ochsen and Schafen, und zwar dortb
spitzige Körper von der Bauchhöhle aus, indem diese mit des
Futter oder aus Naschsucht verschluckten Körper bei dem Wie-
derkäuen die Haube oder den Wanst, und dann das Zwerchfell
durchbohren und sich so bis zum Herzbeutel hinarbeiten. Diesa
Art der Verletzung ist die häufigste und sah Tissot dieselbe
binnen 14 Jahren 7mal, Lindenberg binnen 10 Jahren 13mal
Boizy 6mal, Hämo n in verhältnissmässig kurzer Zeit 13mal; es
soll überhaupt die Zahl der Beobachtungen über traumatische
Herzentzündung bei Rindvieh in der neaeren Zeit sich sehr ver-
mehrt haben. Bei Pferden sind diese Verletzungen sehr selten:
Henniger (20) sah einmal eine Nadel im linken Ventrikel,
während Boizy (35) behauptet, dass nie ein fremder Körper im
Pericardium des Pferdes beobachtet sei, dabei eine tödtlicbe
Pleuropneumonie entstehen würde. Sicher ist, dass Pferde mehr
zu acuter, Rindvieh mehr zu chronischer Herzentzündung hin-
neigen. Der Ausgang der fremden Körper ist fast immer die
Haube oder der Wanst und kennt E. F. Gurlt nur einen Fall
von Ziller (8), wo die Nadel vom Löser eingedrungen war.
Die fremden Körper sind in der grossesten Mehrzahl Nadeln
(Näh-, Strick-, Stopf-, Haarnadeln) von 1—3" Länge- An Häufig-
keit folgen denselben die Nägel, welche bald gerade, bald krumm
gebogen waren, sodann Eisendraht von 1--6'' Länge, ein Stück
Holz, welches 1'^ lang, federkieldick war, eine Messerklinge
(12 Ctm. lang, 2 Gtm. breit), Gabeln, Löifel, Zahn einer Flachs-
hechel, ein spitzer Knochep von ^" Länge u. s. w. — Selten sind
bei Hausthierren Schusswunden, etwas häufiger Rupturen.
Letztere entstehen bei heftigen Erschütterungen der Brust; Kohl-
Deber die Wunden des flersena nnd des Henbentels. 397
^ es (11) sah dieselbe beim Pferde durch Splitternng eines Rippen-
brucbes und Eindringen des Fragmentes in das Herz entstehen,
Rodet (5) bei einer Hündin durch Sturz aus einer Hohe von
20 Fiiss, Bergmann (12) durch Ausgleiten eines Pferdes mit
den Hinterfussen , so dass es mit dem Bauch fast auf die Erde
kaia, durch Anrennen eines Pony's gegen ein Fuhrwerk (30)
u. 8. w.
2) Pathologische Anatomie.
Die Verletzung durch Nadeln u. dergL betrifit h&ufiger den
rechten Ventrikel (Hering 37, Kraus ö8, Funke 24), als den
linken (Gurlt 10). Die Nadel kann an verschiedenen Stellen
oben, in der Mitte und an der Spitze in den Ventrikel eindringen ;
sie steckt entweder mit der Hälfte ihrer Länge, oder ganz in
dem Ventrikel, kann auch an der Spitze des linken Ventrikels
eindringen, das Herz ganz durchbohren, und in der Mitte des
rechten Ventrikels herausdringen, so, dass beide Ventrikel durch-
stochen sind (32., 40.). Seltener liegt die Nadel frei in der
Ventrikelhöhle. Eine 12 Ctm. lange Messerklinge sass 6 Gtm.
tief in der Herzsubstanz fest (50), wähtend ein Stückchen Holz
sich so gegen die Herzklappen angesperrt hatte, dass die Wir-
kung derselben dadurch aufgehoben wurde (44.). Der fremde
Körper ist mit dem einen Ende in der Lunge, im Zwerchfell
(13., 23., 50.) festsitzend gefunden, ja, es soll das stumpfe Kopf-
ende eines Nagels sogar im Magen gesessen haben, das andere
Ende durch das Zwerchfell in das Herz gedrungen sein. Da der
Tod in der Regel bald auf die Verletzung folgt, so ist der fremde
Körper meist unverändert, während man im anderen Falle einen
Nagel an der Spitze von der einwirkenden Magensäure fast
gänzlich aufgelöst fand, woraus man schloss, dass derselbe viel-
leicht schon i Jahr im Magen gelegen hatte (19.). Mitunter ge-
lingt 68 nicht, den fremden Körper aufzufinden, und kann der-
selbe, während der Weg von der Haube zum Herzen deutlich
durch plastisch verdichtete Massen bezeichnet ist, nach der Ver-
letzung einen Ausweg am Rumpf oder den Extremitäten gefunden
898 Dr. Georg FiBeher,
haben. Dabei hat Hering meist einen schwanen Streifien in
der Mitte der Verwachsung gefunden, der wohl als Rest der
oxydirten und zerstörten Nadel zu betrachten ist, und Prehr
sah eine Nadel durch einen grossen, hinter dem linken EUbogea
gebildeten Abscess herauskouunen. — Die VerlndemDgeo an
Herzen und Herzbeutel sind je nach der Zeit des eintretendei
Todes verschieden, und geben das Bild der Entzundong und ihrer
Folgen. Als der Tod nach 24 Stunden eingetreten war, boi
sich nur eine kleine locale Entzündung an der Terletsten Stelle
(27.)) nnd war der fremde Körper von Blut umgeben. Ist, wie
gewöhnlich, der Verlauf ein chronischer, so ist der fremde Körptf
meist von einer derben, fibroiden Kapsel, insoweit er im Herzeo
steckt, eingeschlossen, während seine Spitze entweder von Faser-
sto^erinnseln umgeben ist, und frei in die Herzhöhle hinein-
ragt, oder an die gegenüberstehende Scheidewand stösst, deren
Bekleidung dann in Folge des bei den Herzbewegungen Statt-
findenden Auf- und Abgleitens der Spitze zerrissen, an den Riss-
rändern blutig, trübe, mit Faserstoffgerinnungen beschlagen isi,
die ausgefaserte Muskulatur gewöhnlich von Eiter durchtrinkt
erscheint (57.). Es kann an der Wunde ein Geschwor liegen,
welches durch die oft vnederholten Verletzungen den Dm&ng
einer Haselnuss (23), eines HCLhnereies (15) erreichen kann, und
dabei so tief in die Huskelschicht vordringen, dass nur die innen
Haut noch unberührt ist. Bald bildet sich ein eigentlicher Abscess,
in welchem der fremde Körper sitzt. Das Herz ist blass, sehr
klein, in sich zusammengezogen, geschrumpft, im anderen Falle
sehr vergrössert, ausgedehnt, schwarzroth, theerartiges Blut ent-
haltend. Ein eigenthfimlicher Befund war, dass statt der Muskel-
substanz sich eine weissliche, knorpelartige Masse vorfand, die
nicht bloss für eine Degeneration der Muskelsubstanz, sonderD
für eine ganz neue Bildung angesehen wurde (7.). Es kann
Alles durch einen mehr oder weniger plastischen Erguss stark
mit einander verwachsen sein, das Ganze nicht selten einen festen
Klumpen von Faust- oder Kopfgrösse bilden, in welchem die
Gewebe kaum mehr zu unterscheiden sind (37.). Die Stelle,
Deber die Wunden des Hersens nnd des HenbeatelB. 899
wo die Nadel eingedrangen ist, kann knorpelartig hart nein, so
das8 einige Gewalt nötbig war, um die Nadel herauszuziehen (8.)-
Bei sehr rasch verlaufenden Fällen findet man meistens einen
Blutej^ss im Herzbeutel, während andererseits an der inneren
Oeffnung der Herzwunde ein starker, geronnener Blulpfropi liegen
kann, in Folge dessen in den Herzbeutel kein Blut dringt. Die
Produete der Fericarditis finden sich fast immer: Herz, Herzbeutel,
Zwerchfell sind an verschiedenen Stellen durch plastisches Ex-
sudat oft innig mit einander verwachsen; im Herzbeutel ist eiue
verschieden grosse, oft mehrere Quart haltende Menge meist
schmutziger, sehr stinkender, wässeriger Flüssigkeit oder Eiter
enthalten — wodurch derselbe sehr ausgedehnt und dabei ver-
dickt gefunden wird. Die äussere Fläche des Herzens erscheint
runzelig, indem zwischen der serisen Haut und Muskelschicht
eine Ausschwitzung von plastischer Lymphe stattfindet. Heilt
die Herzwunde, so kann der Punkt durch eine sechsergrosse
Narbe, wo Herz und Herzbeutel mit einander verwachsen ^ind,
angezeigt sein, während ringsum die Muskelsubstanz verschwan-
den ist, so dass nur die serösen Häute übrig bleiben (28.) —
Die Lungen sind entweder normal, oder werden, bei gleichzeitiger
Verletzung entzündet, mit dem Herzbeutel adhärent gefunden;
auch trifft man auf pyämische, embolische Befunde in denselben.
Haube und Zwerchfell, welche der fremde Körper passirt, zeigen
mitunter in ihrer Umgebung gar keine Krankheitsproducte, und
war das Loch im Magen spurlos bei einer Kuh verschwunden;
selbst als nach 8 Tagen der Tod eintrat, war weder im Schlund,
Magen, Zwerchfell irgend etwas Abnormes zu bemerken (50., 46.).
Andererseits fwd man beim Trennen des 1. und 2. Magens meh-
rere Fistelgänge, welche jauchigen Eiter enthielten; dabei war
die vordere Wand 4*' lang in der Haube an mehreren Stellen
durchbohrt, das Zwerchfell an der entsprechenden Stelle 1)'' dick
und knorpelartig. Die Pleurahöhle kann ein grosses Exsudat
enthalten. — Kugeln, SchrotkOrner bleiben nach Schusswnnden
in den seltenen Fällen, wo der Tod nicht sogleich durch Ver-
blutung erfolgt, mitunter längere Zeit in der Substanz, den Höhlen
900 Dr. Georg Fischer»
des Herzens oder in der Höhle des Herzbeatela liegen (10). -
Bei den Rapturen' zerreisst entweder der Splitter einer gebrocheoei
Rippe das Herz, oder Hers and Herzbeutel sind ohne diese Coo-
plicadon an verschiedenen Stellen zerrissen« Es können beide
Heraohren (5), oder nur das rechte Herzohr, vom Ventrikel qier
an der Basis abgerissen (30), die linke Kranzarterie des HerzeiE
zerrissen sein (12). In allen diesen Fällen ist im Herabeatel ein
grosser Ergass von geronnenem Blut
8) Symptome.
Nach Aufnahme des fremden stechenden Körpers in dk
Haube treten im Anfange Störungen der Verdauung aaf, so da&<
leicht die Diagnose auf Entzündung des Magens, starke üeber-
Allung des Pansens gestellt werden kann. Die Fresslast nimmt
ab, und blähen sieh die Thiere nach dem Fressen periodiscb
auf, gleichzeitig entwickelt sich ein mitunter unauslöschlicfae:
Durst, häufiges Rülpsen, Verstopfung, Unlust zu Beweguagen
Wird dann eine Abfuhrung gegeben, so kann eine scheinbare
Besserung eintreten; die Fresslust stellt sich nach und nadi
wieder ein, es erfolgen Kothentleerungen. Nach verschiedeo
langen Intervallen fängt unter Fiebererscheinungen das AUgemeio-
befinden der Thiere an, schlechter zu werden : die Thiere stöhnefl
stark, zittern am ganzen Leibe, die Flanken fallen ein, der Blick
wird ängstlich, stier, die Pupillen weiter, die Unruhe ninunt zo,
und hört bei Kühen die Milchsecretion auf. Die Thiere legeo
sich nieder, haben keine Lust aufzustehen, liegen meistens auf
der rechten, oder abwechselnd auf beiden Seiten (nach Wilke
links), mit gestrecktem, oder in die rechte Brustgegend ge-
bogenem Halse, oder der Kopf ist hinter die Schultern zurück-
gelegt. Der an£uigs normale oder wenig gereizte Puls zeigt jetit
grosse Verschiedenheiten; bald voll und stark, ist er meist kleiner,
sehr frequent, 100—120, oft aussetzend, kaum oder gar nicht
fühlbiur. Der anfangs in der linken Seite meist deutliche Hen-
schlag, der mit dem Puls isochron ist, wird ebenfalls schwach
ffihlbar oder ganz unfehlbar, - dabei mitunter dröhnend hOrbar.
Ueber die Wunden des Honens nnd des Henbeatele. 901
I>ia TOne kAnnen deutlicher rechts, als links gehfirt werden. Es
ist ein glackendcr (Körber, Serr) Ton, bei nicht iühlbarem
Herzschlage, eiü dampfschallender, den Körper leicht erzitternder
Ton in der Herzgegend wahrgenommen. Sodann werden Rei-
bwigsgeräasche gehört, von denen es schwierig sein kann, zn
bestimmen, ob sie extra« oder intrapericardial sind, da Pleuritis
nicht selten ist. Als besondere Eigenschaften der Beibungs-
geräusche wird ein klatschendes oder plätscherndes Ger&usch
genannt, das indess trotz Hydropericardie auch fehlen kann (49).
Hierbei soll auch stets eine Ansammlung von Gasen im Herz-
beutel nachzuweisen sein (45). Ob, wie behauptet wird, das
öftere Aufstossen der Thiere durch diese Gasentwickelnng 1>edingt
ist, indem das Gas durch den Wundkanal in die Haube zurück-
dringt, ist sehr iraglich (35). Ein wichtiges pericarditisches Sym-
ptom ist der gedämpfte Percussionsschall. S*chmerz tritt ein beim
Druck auf die Präcordialgegend, auch längs der Wirbelsäule, wo-
bei die Thiere stark stöhnen. Der Athem kann normal bleiben
(12 Mal), ist indess häufiger kürzer, beschwerlich, sehr ängstlich
und frequenter. Auch ist häufig Husten vorhanden, und zwar
kurz, matt, sehr schmerzhaft. Als besonders characteristisch
werden hervorgehoben das abwechselnde Heiss- und Kaltwerden
der Extremitäten, der Ohren, Hörner, des Triels (Euter), so dass
mitunter 1—1^ Stunden nach der Kälte eine fast brennende Hitze
entsteht (17). Die Carotiden fangen an zu pnlsiren, die Jugular-
venen schwellen an (Yenenpuls), und es tritt neben diesen wich-
tigen Symptomen meist bei beginnender Hydropericardie, oder
erst beim Auttreten des Hustens ^ ein Oedem an der Brust auf,
welches zunimmt, bis zum Kopf, zwischen beide ünterkieferäste
hinaufreicht, und auch am Triel sich entwickeln kann (13, 23).
Einmal wurden epileptische Anfälle beobachtet (1). Die Thiere
magern inzwischen sehr ab, und es tritt der Tod ein. So hoch-
gradig sich die Symptome steigern können, so kann im Gegen-
theil bei einer vollständigen Durchbohrung des Herzens mit
einem Lattnagel der Gomplex der Erscheinungen ausserordentlich
weuig Auffallendes bietea (54). — Bei der Verletzung des Herz-
902 I>r. Georg Fiaclier,
beatels allein durch eine ftnssere Wände sah man in demsdbei
eine schaumige Flflssigkeit, und hörte ein eigenthfimliches BranseiL
das Äthmen war knrz nnd beschwerlich, die HwzschlSge stark
und schnell (6). — Als der Splitter einer gebrochenen Rippe das
Herz eines Pferdes in der Nacht verletzt hatte, konnte das Tkier
am anderen Moi|;en noch ^ Stande gehen, worauf ea schwankte
und vorn niederfiel. Es lag ruhige konnte nicht smn Stehen g^
bracht werden, der Puls war nicht f&hlbar, der ganze Körper,
nnd zumal die Beine kalt (11). Ein gegen ein Fahrwerk an-
rennender Pony stürzte um, konnte nicht wieder stehen, der
Athem rasch, Puls schwach (30). In dem Falle, wo das ao^
geglittene Pferd mit dem Bauche fast auf die Erde kam, sprang
es rasch auf, schien unverletzt zu sein, frass mit B^erde, und
erst nach einigen Stunden, als der Reiter es eben bestiegm, und
dasselbe einen gewaltigen Sprung gemacht hatte, fiel es plötzlich
todt nieder (12).
4) Verla.uf.
Der Verlauf ist sehr verschieden, jedoch in der Regel chro-
nisch, schleichend, da der fremde EOrper meist langsam vor-
dringt, und tritt, unter wiederholtem Zustandekommen einer
scheinbaren Besserung, zuletzt der Tod ein. Die Thiere können
Wochen, Monate lang anscheinend hergestellt sein. Indem der
fremde Körper nicht immer dieselbe Richtung einschlägt, seine
Beschaffenheit das raschere und langsamere Vordringen beein-
flusst, kann die Dauer des Leidens zwischen T^^^n, Wochen,
Monaten, bis zu 1 Jahre hin schwanken, wobei die Hauptersdiei-
nungen erst wenige Tage, Wochen vor dem Tode anfangen, h
der Mehrzahl der Fälle kann man anfangs Störungen im Bereich
der Digestionsorgane constatiren, bis dann frappante Erschei-
nungen von Seiten des Herzens auftreten. So war nachzuweisen,
dass ein Thier schon vor 2 Monaten Fressabneigung gezeigt
hatte, dass die Nadel im Ganzen 3 Monate 8 Tage gebrauebt
haben musste, um vom Magen aus in den Herzbeutel Züge-
lungen, indem die beobachtete allgemeine Verstimmung des
Deber die Wunden des Hersens and des Herzbentels. 903
rhieres den Beginn bezeichnete, wo die Nadel die Magenwand
lurchbohrte (28). Es ist wahrscheinlich, dass das Kalben zum
raschen Durchdringen des fremden Körpers beiträgt (41). Häufig
leiden die Thiere 6, 8 Tage an Digestionsbeschwerden, bessern
sich scheinbar, und sterben dann nach dem Auftreten heftigerer
Symptome am 2., 3. Tage. Ist das Instrument sehr fein (Nadel,
Drath), so kann, trotzdem dass beide Herzhöhlen durchbohrt
sind, der Tod erst am 8. Tage eintreten (60). Der Tod ist
andererseits am 18., 21. Tage, nach 4 Wochen u. s. w. beobach-
tet. Seltener ist ein rascherer Verlauf: so fand man Abends
eine Kuh noch gut fressen, am anderen Morgen nicht mehr, der
Athem war beschleunigt. Puls rascher, Herzschlag undeutlich;
Mittags legte sie sich nieder, stöhnte, zitterte, wurde kalt, und
starb am folgenden Morgen (27). Der Fall kann sogar yom
Abend bis nächstfolgenden Morgen, unter sehr geringen Sym-
ptomen, tödtlich ablaufen (54), jedoch sind die Fälle, wo keine
besonders characteristischen Erscheinungen auftreten, immer sel-
ten (52). Höchst eigen thümlich war der Verlauf bei einer Kuh,
bei welcher ein Herzleiden diagnosticirt wurde, und 6 Wochen
später ein 1 Fuss grosser, schmerzhafter Knoten links, an der
BruQt gefunden wurde, in welchem eine lange, feine Stop&adel
lag; der Abscess heilte bald. Es ist durchaus wahrscheinlich,
dass die Nadel in diesem Falle (55) auf ihrer Wanderung Herz
oder Herzbeutel verletzt hat. — Bei Rupturen ist der Verlauf
im Ganzen rascher, und der Tod plötzlich. Nur dann, wenn ein
Kippenfragment die Herzwunde etwas verengt, wodurch die Ver-
blutung langsamer, als gewöhnlich, stattfindet, kann der Tod erst
nach 24 Stunden eintreten (11).
5) Diagnose*
Die Diagnose einer Herzyerletzung durch einen fremden
Körper, einer traumatischen Herz-, Herzbeutelentzfindung, ist bei
ihrer praktischen Wichtigkeit bis zu einem gewissen Grade der
Sicherheit gelangt Thierirzten, welche dieselbe f&r absolut sicher
halten, kann man ans neuerer Zeit noch mehrere FSlle vorfahren.
9Ö4 Dr. Georg Fischer,
die ftr Gastroenteritis gehalten sind (60), bei denen ein Hen-
leiden ganz fibersehen ist (53). Zu den wichtigeir diagnostiselieii
Merkmalen der chronischen Hensbeutelentzündang bei Rinden
gehört vor Allem die eigenthümliche Verlau&weise mit [nterTalles
von Wochen oder Monaten. Die anfangs anftretenden gastrischn
Erscheinungen können aufhören , und beginnen die der Pericv*
ditis u. s. w. erst später, sobald der fremde Körper ans der Haobe
fort ist, und das Herz verletzt. Die gasirischen Symptome könoeo
indess auch mit den pericarditischen gleichzeitig bestehen, weno |
z« B. ein Nagel von der Haube aus eingedrungen ist, so dass
sein stumpfer Kopf noch in derselben sitzen geblieben , und d^
andere Ende das Zwerchfell, Herzbeutel, Herz dnrchbohrt bat
so dass Alles aneinander gekittet ist. Das Athmen ist meisteos
nur etwas vermehrt, jedenfalls nicht in dem hoben Grade, wie
bei Lungenentzündungen, und ist das der Verletzung eigentbam-
liche periodische Stöhnen ebenfalls von dem bei Lungenentioo*
düng verschieden. Der Puls hebt sich bei gastrischen Leiden
selten Aber 70 Schläge, hier 100-120. Als besondere Charac-
tertstica werden für die traumatische Herzentzündung von Manchen
namhaft gemacht: das abwechselnde Kalt- und Heiss werden der
Extremitäten (17), die Empfindlichkeit beim Druck, die Schwellang
der Jugularvenen (42, 36, 83, 38;, das Oedem an Brust, Hals,
Kehle, am Triel (17, 24), welches sogar für pathognomonisci
gehalten wird. Man legte Werth auf die klatschende, pK^'
schernde Eigenthümlichkeit des pericarditischen Geräusches (39):
fand' indess, dass dasselbe bei Verwachsung des Herzens und de:
Herzbeutels fehlen, und andererseits bei nicht traumatischer Pen-
carditis vorkommen könne. In wie weit ein Glapotement
gleichzeitigem Aufstossen für die Gegenwart eines fremden Kör-
pers im Herzbeutel spricht, ist fraglich (35), obwohl von n
reren Seiten die neben dem Exsudat befindliche GasanBammlnng
für wichtig zur Diagnose gehalten wird (46). Die Gegenwart
einer Entzündung des Herzfleisches ist nur zu vermuthen, "^^^^
traumatische Pericarditis zugegen ist, und da die Ausmi^^^"^
der letzteren altein ofc schon schwierig ist, so wirddasErk^^^
üeber die Wunden des Henenv nnd des Herzbeutels. 906>
der gleichzeitiiteii Herzentzündong um so schwieriger sein (57).
Mit dem Eindringen des fremden Körpers in den Herzbeutel, das
Herz^ gewinnt die Diagnose an Sicherheit, während sie vorher
ganz unsicher ist (25). Fehlen eharacteristische Erscheinungen,
oder bieten die Symptome zu wenig Auffallendes, so erscheint
die Diagnose unmöglich (52, 54). Es sind mehrere F&Ile ver-
zeichnet, wo die Section die Richtigkeit der gestellten Diagnose
bestätigte (u* A. 19, 23), während in anderen Fällen nur an In-
digestionen mit entzfindltchem< Fieber gedacht war (27). — Mit-
unter gelingt es, genau die Zeit zu erfahren, wann das Thier den
fremden Körper verschluckt hat, so in einem Falle, wo das
Thier 4 Tage, nachdem der Hirt einen grossen Nagel fortgeworfen
hatte, zu leiden begann (41).
6) Prognose.
In der bei weitem grossesten Mehrzahl der Fälle ist die
Verletzung durch einen fremden Körper tödtlich. Der Tod er-
folgt meist durch massenhafte Ausscheidung von Exsudaten, oder
durch andere Girculationsstörungen, mit der sich daran schliessen-
den Cachexie, selten durch Lähmung des Herzens in Folge eines
Blutergusses in den Herzbeutel (durch einen Nagel, 54). Als
Ausnahmen sind die Heilungen anzusehen: beim Schlachten
eines ganz gesunden Ochsen fand sich eine 2V lange Stecknadel
an der Spitze des linken Ventrikels eingedrungen, das ganze Herz
durchbohrend, und in der Mitte des rechten Ventrikels heraus-
tretend (32). Spinola kennt einen Fall, wo im Herzen eines
ganz gesunden Mastochsen sich eine Tranchirgabel befand (38).
Als Heilungen massen die Fälle gelten, wo man im Herzen
Narben fand, die auf eine Verletzung hinwiesen, während man
die Nadel nicht finden konnte (28), sowie beim Heraustreten der
Nadel aussen an ^er Brust, nachdem Wochen vorher ein Herz-
leiden diagnosticirt war (55). Es steht mithin fest, dass diese
Art der Herzverletzung nicht absolut tödtlich ist, ebenso-
wenig wie die Schussverletzung, da Fälle genug bekannt sind,
wo in dem Herzen eine Kngel eingekapselt gefunden ist (auch 38).
906 Dr. Geor^ Pischer,
Die Ruptar ist absolut tödtlich. •— Gericbtlich-medieinisch
kann die Frage aufgeworfen werden, ob das Thier an der Ben-
Verletzung gestorben ist, ob dasselbe schon beim Kauf, Tanseb-
bandel krank gewesen ist, so, dass der Käufer schadlos gdialtes
werden muss. Es ist dann nach dem Zeitpunkte zu forsebeo,
wann eine Nadel verschluckt ist, was mitunter gelingt (28), usd
wann die Krankheit als eine unheilbare, meist tödtüche auftrat
7) Behandlung.
Eine Behandlung gegen den fremdin Körper an sich existirt
nicht. Man wird die anfangs auftretenden gastrischen Erschei-
nungen mit Ableitungen auf den Darm, die entzfindlichen Sym-
ptome ebenso, wie bei acuten Herzleiden, nur nicht so kräftig,
mit Aderlässen, Haarseil, Digitalis u, s. w. behandeln. Ist indes^
die Diagnose auf die traumatische Pericarditis, resp. fremdea
Körper sicher gestellt, so ist das Abschlachten des Thieres an-
gezeigt, und soll aus öconomischen Rflcksichten nicht lange da-
mit gewartet werden, damit es nicht noch mehr abmagert.
Literatur. •
1) Bon in (Pfoces-verb. etc. ä l'ecole T^örin. de Lyon 1816, p. 25). -
2) TisBot (ibid. 1816, p. 27). — 3) Biederlinden nnd Weinberg (Be-
rieht des Rheinischen Med. Goileg. 1826). — 4) Dandrien (Reeneil de
m^d. y^t^r. 1826, Octobre. p. 486). — 5) Rodet fils (ibid. 1826, Fött.
p. 101). - 6) Delafond (Dupujr's Jonrn. prat 1829, Septembrep. 445).-;
7) Dapny (ibid. 1826, Janaar. p. 24). — 8) Ziller (Andr^'s nnd Elsner'd
Okon. Nenigk. 1830. No. 83. S. 664). — 9) Girard (Reeneil de m^d. v^r.
1880, Juni. p. 321). — Vorangehende Oitate bei 10) £. F. Qnrlt (Lehrboch
der path. Anatomie der Hanss&ngethiere, I. 1831. S. 290 n. folg.. Anfaiog
dazu 1849, S. 181 n. folg.). — 11) Rohlwes (Magazin für die ges. Thier-
heilknnde t. Qurlt n. Hertwig. Bd. I. S. 309 n. folg.). — 12) Borgmann
(eoendas. UI. S, 805). -- 13) Linden berg (ebendas. lY. 1838. S.465).-
14) Fachs (Zeitschr. für ges. Thierh. y. Dieterichs, Nebel, Vix. VIL
1840. No. 14). — 15) Schaeyen (Magazin y. Gnrlt u. Hertwig. VI.
1840. S. 453). — 16} Wilke (ebendas. X. 1844. S. 826). — 17) Linden-
Ueber die Waadea des Herxens und des Henbentels. 907
berg (Ebendas. XI. 1845. S..454). — 18) Derselbe. (Ebenda^. 4. Bit. 1845).
— 19) Derselbe (Ebendas. XIII. 1847. S. 190). — 20) Henniges (Ebend.
XIV. 1848. S. 514). — 21) Fabrj (Jonrn. y^t^rin. et agr. de Belgique.
Jali bis Dec. 1848). — 22) Schell (Magazin t. Gorlt n. Hertwig. XY.
2. Hft. 1849). — 23) Gros skopf (Ebend. XV. 1849 S. 165). — 24) Funke
(Handb. der spec. Pathol. n Ther. I. 8. Abth. 1850. S. 80). —'25) KOrber
(Magazin von Gurlt n. Hertwig. XVI. 1850. d. Hft. S. 398). — 26) Journ.
de m^d. vöt^r. Lyon. T. VIU. Mai bis JuU 1852. S. 201). — 27) Sticker
(Magazin von Gnrlt n. Hertwig. XVIII. 1852. S. 498). - 28) König
(Ebendas. XVIII. 1852. S. 207). — 29) Drop e (Ebendas. 1852. S. 498.
No. 27). — aO) The Veterinarian. Vol. 28. 1855. April bis October. —
31) Liviogston (Ibid. Vol. 30. 1857. Jan. bis März). — 82) Ibid. Vol. 30.
1857. April bis Juni. — 33) Franz e (Dresdener Jahr esber. 1857. S. 48).—
34—35) Boizy (Recaeil de m^d. T^t^rin. S^r. 4. Tom. 5. 1858. S. 545). —
36) Serr (Prenss. Ver. Z. 1858. S. 124). — 37) Hering (Spec Pathol. n.
Ther. 1858. S. 493). — 38) Spinola (Handb. der spec. Pathol. n. Ther.
I. 1858. S. 659 n. folg.). — 39) Boiz j (Recneit de Mdd. y^t^rin. IV. ThI. 6.
April bis Jani 1859). — 40) Kaltschmied (Bericht Qber die 20. Vers, des
thier. Ver. in Rentlingen. 15. August 1860). — 41) Müller (Magazin von
Garltn. Hertwig XXVI. 1860. S.461). — 42) D&n. Tidskrift af Bendz
og Bagge. VUI. 1860. 186). — 43) Conlon (Journ. des vöter. du Midi.
M&rz 1861. II.). - 44) Camoin (Recneil de möd. ir^t^r. IV. Tbl. 8. 1861.
S. 367). — 45) Schmidt (Magazin ▼. Gnrlt n. Hertwig. XXVII. 1861.
2. S. 158). — 46) Hudson (Veterinarian. Vol. 35. 1862. Jan. bis März V.)
— 47) Halme (Ibid. VoL 36. 1863. Jan. bis M&rz). — 48) Znndel (Jonrn
de m^d. yMv. Lyon. Tbl. 19. 1863. S. 403. Juli bis Octbr.). — 49) Sclimidt
Mittheil, der th. Praxis in Kurhessen. 1863. S. 56). — 50) Rocco (II
medico veterinario. Ser. II ann. IV. Sept. 1863. p. 444). — 51) Bösen -
roth (Prenss. Mittheil, aus der th. Praxis. 10. Jahrg. 1863. S. 160). —
52) Festal (Jonrn. des v^t^r. du Midi. III. Tbl. 7. Octbr. bis Decbr. 1864).
— 53) Hamon (Recneil de M^d. y^tör. Tom. II. Serie 5. XLII. Tbl. 1865.
S. 874-882; XLIII. S. 19-25). — 54) Weinmann (Wochenschr. f. Thierh.
u. 8 w. Adam, Probstmajr. X. No. 24. 1866. S. 187). -- 55) Kaiser
(Schmidt, Mittheil, der th. Praxis in Knrhessen. 1866. II. S. 51). —
56) Bert (Journ. de möd. v^t^r. militaire de France. 1867). — 57) ROH
Lehrb der Pathol. n. Ther. 1867 2. Bd. S. 194 u. folg.). — 58) Kraus
(Compend. der spec. Pathol. n. Therap. 1867. S. 383).
V. Langtnbeok't ArcMw t Chinirgl«.. IX. 5g
906
Dr. Georg Fischer,
NiM«-B€fi8t€r for die Casustik der Verktiu^w M
NeMchn.*)
(Die belg«f6flm Zabltn bMcichaen die Na mm er der Beobaehtoog.)
Acta Lips. 274.
Adams 324.
Akenside 418.
Alben 382.
Alberti 187.
Alieweireldt 178.
Alqniö 193.
Andrews 25.
Aogenstein 113, 248.
Asdnibali 434.
Ashhttrst 167.
Aiig4 102.
Babington 74.
Baird 43, 168.
Balch 366.
BaUingal 13, 16.
Bamberger 296.
Barbier 17.
Bardinet 837.
BarthoHotts 86,250,301.
(Bartholom. Hospit) 24.
Bartolioi 222.
Baadens 372.
Baum 280.
Beck in Freibnrg 310.
Beck r40, 223.
Beckett 393.
B^n 287, 322, 326.
(Behrendts Repert) 45,
122.
Bell, j! 242.
Benivenius 302.
Benoett 408.
B^rard 409.
Bergeon 384.
Berghes, de 426.
Berrv, Herzog von, 190.
Bertin 404.
Betti 53.
BeverwYck, ▼. 191.
Billroth 447, 448.
Billy 89.
Blackadder 279.
Blancard 867.
Blegnj 192.
Blnmhardt 317.
Boirel (Borellns) 307.
Bonajati 139, 143, 251.
Bonet 202, 250, 355.
Borellns 307.
Boagon 273.
BonUland 392, 403.
Boyer 87, 159, 163.
Breschet 879.
(Breslaner Sammig.) 70.
Brockmann 446.
Bronssais 287.
Bmgnoli 266.
Bnist 267.
(Bnllet. de Therap.) 259.
Oabrol 271.
Caillot 108.
Capelle 231.
Oaranins [Branins] 343.
Oamochan 342.
Casper 121, 132, 215,
253, 330, 331, 332,
847, 848, 349, 353,
386, 897, 422, 423,
424, 441.
Carasse 443.
Cecchi 67, 180.
Chartanet [Ghastanet,
Charbonet] 206, 262.
Ghanssier 406.
Gfaianea 77.
Ghoisy 892.
Ghristison 436, 437.
Clark 14.
Gooper, A. 160, 245.
Cooper, S. 377.
CosU 438.
Conrtial 148.
Cmveilhier 40.
b^obe fils SM,
Dekkers 99.
Demme 224.
Denis 119, 120.
Depres 216.
Derergie 320.
Dezeimeris 307.
Dickioson 416.
Diemerbraek dS, 13&
Dolaens 185.
Dolbean 216.
Dorsey 199.
Dabrenü 421.
Dachek 4.
Dupnytren 3, 7, 11. Sl,
88, 161. 190, «Ä
285, 379, 392.
Dnrande 262.
Davis, Th. [Dayid] 315.
9berB 240.
Ednse, de l' 95.
(Edinburgh TraDMurti
429.
Ehrlich 74.
(Bldik's Tyds.) 336.
Elleanme 380.
(Encycloi>;äd.} 195.
(Ephemeridea) 185.
Bscherich 36.
Estienne 822, 326.
(Eztr.der£ncycL;20i
Paget 264.
Fahners 212.
Pantoni 107, 187.
Fantrel 172.
Featherson 150.
Feine 245, 298.
Fernel 271.
Perms 21, 39a
Fischer, Hofrath, 47.
Fischer 321.
Flfigel 425.
Ponrcroy 87.
*) Die angehängten Citate der spontanen Rnptnren, sowie die fsbcbeo
and nngenanen Citate sind in dieses Register nicht anfgenommen.
Deber die Wanden des Hertens nnd des Herzbeutels.
909
Fonrnier 363.
Frin [Fine] 306.
Frisi 162.
CFroriep'B Notiz.) 117.
Fage 309, 312.
F&rst 84.
JosHn 63.
(Journal des progres)
316.
Irving 436.
Isenschmidt 72.
Galen 300.
Gamgee 303, 411.
Gant [Grant] 362.
Garmann 93.
Gaaltier deClaabry 177.
Gerard 37, 48, 69, 68,
123, 145, 226.
Gerlach 33.
Gilbert 288.
Girald^s 413.
Girard 37.
Ginge 389.
Gobert 198.
Graves 26.
Greisel 118.
Grilli 174.
Grüttner 243.
Guthrie 43.
Hager 372.
Hamilton 140.
Heers 78, 344, 369.
Heinrich IV. 202.
Helwig 176.
Hencke 116.
Hennen 43, 279.
Henri 287.
Hermann 442.
Hernonx 410.
Hejdenreich 308.
Hilden 236.
Hodge 149.
Holmes 303.
Horstins 207.
Hudspeth 316.
Hfibner 70.
Hafetand 346.
(HafeIand*B Journ.) 296.
Hutchinson 427.
Hyrtl 316.
Jacob 287, 322, 326.
Jackson 358. "^
Jamain 58, 195, 196.
Janssen 273.
Jarjavay 316.
(Indian annals) 333.
Jobert 40, 76, 100, 110,
184, 260.
Krause, A. 280.
Kreysig 306, 398.
KrQgelstein 31.
KQhn 74.
Kussmaul 33, 38.
Lamotte, de 76, 241.
Landsberg 6.
Langenbeckd.Aelt. 136.
Lankester 261.
Lapeyronie, de 265.
Larrey 246, 272, 292.
293, 294, 328, 370.
Latour 116, 807, 363.
Latour d'Auvergne 172.
Laugier 39.
Lavender 283.
Lazzeretti 227, 366.
Leaming 22.
Leared 428.
Lecchini 126, 127, 147,
339.
Lees 369, 394, 399.
Legrand du SauUe 42.
Leute 440.
Lentin 183.
Lerouge 198.
Letenneur 106, 171.
L^Teillö 160.
Lieutaud 104a.
Lindström 230.
Loir 392.
(London med. Jonmal)
393.
Lonsdale 407.
Lucius 10.
Ludens 239.
Ludwig 396.
Lyons 361.
Magnus 247.
Mall^ 326.
Mangetus 209.
Marchettis 236.
Markham 415.
Marignes [Moriquez] 102.
Marini 166.
Maschka 151.
Mauchart 305.
MauYais 175.
Mayer 420.
Meckeren 211.
Mercier 112.
Metzger 5.
Meyer 164.
Millanta 66, 60, 142.
Miller 62.
(Miscell. Cur.) 92.
Montegre, de 218, 229,
291.
Morand 97, 262.
Morawetz 237.
Morel-UTaU^891,439,
449.
Morgagni 141, 179.
Moschi 69, 109, 144.
Muhlig 267.
Muler 106.
Muller 104.
Mummsen 396.
Manzenthaler 182, 341.
Muschner 103.
Muys 233.
Nebel 398.
Nein 41.
Nelaton 172, 234, 290,
318.
Neurohr 116.
Nevermann 336.
Niemann 61, 133, 155,
304, 813, 314, 329,
340, 876, 402, 412.
Nickolai 64.
O'Connor 36.
Ollenroth 286.
OIÜTier 44, 119, 120,
130, 131*
Omodel 156.
Otto 406.
Paitlard 161.
Panarolus [Panaeoius]
Pantoli 220, 221.
Parant 256.
Parä 228.
Paradis 299.
Pauli 270.
Peck 28.
Penada 167, 364.
Percy 195.
(St. Petersburg) 8.
Petit 431.
Piffard 168.
58*
910 I>r. Georg Fiacher» Geber die Wunden des Herseoa etc
Piorry 42.
Pirogoff 371.
Podrazkj 325.
Pommer, t. 20, 169.
PorUl 406.
Prescott Uewett 374,
386,388, 413, 414.
Preassendorf 189.
Prion 360.
Pnrple 19, 217, 263.
Pnzm 302 a.
Pyper 401.
Randall 316.
Rasche 857.
Reiche 297.
Renanldin 30.
(Reports, Americ.) 327.
Restrick 80.
(Revue Franp.) 275.
Rhodins 235.
Richerand 265.
Richet 175.
Rigal 345.
Riedlin 173.
Riva 83.
Rosini 136.
Roagnon 276.
Roox 18.
Roy, de 107.
Rnpprecht 281.
(Rassisch. Jonrn.) 32.
(Rnst^s Magazin) 400.
SalluBse 433.
Sanson 172, 285, 430.
Sassard 249.
Sancerotte 82.
SaTiard 186, 198.
Schenck 10.
Schlegel 73, 210, 214.
Schneider 238.
Schrender 338.
Schwartz, H. 360.
Schwartz 91.
Sädillot 170.
S^nac 101.
Sennert 282.
Sheward [Steward] 315.
Sit^oar, Erzbischof von
Paris 17?.
Sikora 270.
SimmoDs 199, 311.
Simon 9, 27.
Sklarsky 23.
Skoda 445.
Smith 894.
Smith, Spencer 85.
Söne, de la 95.
Soyerini 29.
Speyer 65.
Spigelias 254.
Stadelmeyer 90.
Stalpart y. d. Wiel 233,
269.
Steifensand 197.
Steinlein 38.
Stevens 2.
Stilling 368.
Stokes 373, 444.
Suckow 365.
Sne 1, 152.
Tardien 351, 354.
Targioni 49, 50, 51, 52,
54, 55, 71, 124, 125,
126, 127, 138, 146,
147, 181, 194, 203,
204, 319, 336, 339,
352, 381.
(St. Thomas Hosp.) 417.
Thompson 163.
Thurnam 383.
Timaeas 129.
Tilanus 166.
Toarby 268.
Toardes 48, 59, 68, 123,
145.
Tournel 289.
Traill 114.
Trölat 34.
Trigge 309, 312.
Triller 213.
Tmgien [Turgien] ISi
Tnefferd 282.
Tnlpios 79.
Uhde 164.
(Union m^) 367.
(University Hosp.) 2^
ValentiDus 57, 188, 24i
Valerins 378.
Valsalva 96.
Vandelli 364.
Vater 375.
Velpeau 260.
Verney, da 895, 419.
Yillards 208.
Villers 231.
Volpi 157.
Volz 94.
Voyer, le 82.
Wagner 284.
Wallace 45, 134.
Walther, v. 277.
Ward 323.
Watson 432.
Wedelias 188.
Weinhold 66.
Weitzmann 213.
Welschias 57.
Wichmannd 219.
Wilkin 899.
Wittcke 46.
Wolf 99, 268.
Worbe 889.
Zacchias 15.
Zannetti 12, 54, 55, 12^
188, 139, 143, 1dl,
194, 226,251,31?.
381.
(Zeitscbr. f. St. > Ära.)
111, 206.
Zwinger 10.
Hannover, den 27. Juli 1867.
XV-
Zur Regeneration der Knochen
nach subperiostaler Gelenksrese-etion.
Von
Dr« Doutrelepoiit^
Privat -Docent zn Bonn.
(Hierzu Tafel VI.)
Der HeiluDgsprocess nach Gelenksectionen fuhrt entweder
zur Bildung einer Ankylose oder zur Herstellung einer mehr oder
weniger grossen Beweglichkeit. Die Ankylose ist entweder knO-
cbern oder wird durch kurze, feste, fibröse Massen, welche beide
Knochen vereinigen und eine Beweglichkeit derselben nicht gestatten
bedingt. Bildet sich hingegen ein bewegliches Gelenk, so sind
die Gelenkenden durch fibröse, hinreichend lange Stränge ver-
banden, der häufigste Fall, oder es bildet sich ein wirkliches
Gelenk mit Gelenkknorpel, Gelenkhöhle und Kapsel. Die mehr
oder weniger vollständige Reproduction der entfernten Knochen
mit Bildung eines beweglichen Gelenkes, hatte ich Gelegenheit
bei einem Patienten zu beobachten, resp. durch die Section nach-
zuweisen; und theile ich diesen Fall in Folgendem mit, beson-
ders weil man bis jetzt, im Verhältniss zu den so häufig ausge-
führten Gelenkresectionen, nur sehr selten Gelegenheit gehabt hat,
Gelenke anatomisch zu untersuchen, an denen die Resection vor
längerer Zeit ausgeführt worden, und welche während dieser Zeit
in vollem Gebrauche gewesen waren.
Der Fall betrifft den ISjähngen Mathias R. aus Dottendorf, welcher
Beit längerer Zeit an Caries des linken Bllenbogengelenkes litt. Im Angast
912 I^r* Doatrelepont,
1864 warde er in das hiesige katholische Hospital aufgenommen, wo ich
als Assistenzarzt der chirurgischen Klinik am 31. Aagust die totale Rese^
tion des Gelenkes mittelst eines Längsschnittes an der hinteren Seite de>
Gelenkes ausführte. Dieser Schnitt ging bis anf den Knochen; wegen der
Schwellung und Lockerung des Periosts liess sich letzteres mit dem Heb€-
leicht abpräpariren und wurde volldtändig erhalten. Von dem Gelenkesdr
des Humems wurden 2 Gtm. entfernt, so dass die Sägefische grade dorti
die Condylen verlief. Von der Ulna worden Olecranon und Processus coro
noides (im Ganzen 4 Gtm.) and von dem Radius das Köpfchen <i Gtm.) ab
gesägt. Die Wunde nur zum Theil durch Nähte vereinigt und der Air
einfach verbunden. Am 12. September wurde ein Gypsverband mit Feostar
angelegt, der jedoch nach 3 Wochen entfernt werden mnsste, da das Gelesk
Neigung zur Ankylose zeigte, welche die Anstellung passiver Bewegoogei
erforderte. Im Monat März 1865 wurde Patient ans der Behandloog ent-
lassen, die Gperationswunde war vollständig vernarbt, es führten noch zw^
kleine Fisteln in die Tiefe, jedoch nicht auf Knochen. Patient konnte d«ii
Arm ungefähr bis zu einem Winkel von 90<> beugen und bis zu 110» streckefi.
Pro- und Supination waren noch ziemlich beschränkt Am 12. Febr. stellt«
sich mir Patient wieder vor, und wurde in das evangelische Hospital, dessen
äussere Station ich dirigire, aufgenommen. Er litt an Lungentabercoksc
Die Muskeln des operirten Armes waren ebenso entwickelt, wie die de^
anderen, der Arm selbst nicht minder kräftig, als der andere. Um di^
linke Ellenbogengelenk gewahrte man die Narben der Operationswunde osd
der Fisteln. Im Uebrigen bot der Arm so wenig Abnormitäten dar, da&s
man beim ersten Blicke gar nicht unterscheiden konnte, dass an ihm di?
Resection gemacht war. Die Formen des Gelenkes waren fast der Nom
gleich; man fühlte zwei Gondylen von Hnmerus und zwischen beiden e:s
Olecranon. Der Vorderarm konnte bis zu einem Winkel von 75 <> gebeugt
und bis 120 « gegen den Oberarm gestreckt werden. Pro- und Snpinatioss
bewegungen waren fast normal. Die Beweglichkeit des Gelenkes hatte «Iso
seit der Entlassung des Patienten, wenn auch nur wenig zugenommen. Ib
Folge der Lungentuberculose starb Patient am 27. April.
Die See tion ergab weit vorgeschrittene Taberculose der Lungen aii
grossen Gavernen und amyloider Degeneration der Leber, Milz und Nieren
Um das Gelenk zu untersuchen, wurde die ganze Gelenkgegend mit
Ausnahme der Haut ezstirpirt. Eine messbare VerkQrzung des operirteji
Armes war nicht zu constatiren. Der Musculus biceps brachii (Fig. 3 m. b.'
setzte sich mit seiner Sehne an die Tuberositas radii an, der Brachialia
internus (b. i.) an die Tuberosites ulnae; beide Sehnen hatten bei der Ope-
ration ihren normalen Ansatz behalten. Der Musculus tiiceps (m. t.) setzte
sich mit seiner breiten Sehne an das gleich zu beschreibende, neugebiidete
Zar Regeneration der Knochen etc. 913
Olecraaoo an. Alle MnskelB waren normal entwickelt, nicht fettig degene-
rirt; ebenso boten die Nerren keine Abnormitftten. Der Nervös nlnaris ver-
lief wie in einer Rinne hinter dem neugebildeten Gondjlns intemne. Nach-
dem die Sehnen der Torne am Eilenbogen verlaufenden Muskeln abpri^>arirt
waren, kam man aaf eine Masse festen fibrOsen Gewebes, welches die Kno-
chen Tollstftndig verdeckte, und seinen Ursprung an der vorderen Fliehe
des Hnmerus nahm, am sich an die Tordere Fl&ohe beider Yorderarmkno-
chen anzosetzen. Ebenso verbanden fibröse Massen die Condylen des Ha-
merns mit der ülna einerseits and dem Radius andererseits. Diese Binde-
gewebsmassen worden nur getrennt, am die das neae Gelenk bildenden
Knochenenden frei zu erhalten. Hierbei stiess man noch in der HOhe der
Condylen des Hamerus auf einen rundlichen Vorsprang der ÜIna, welcher
ein randliches Köpfchen, in der Form sehr an ein Radiasköpfchen erinnernd,
darstellte. Ein horizontaler Schnitt über dieses Köpfchen eröffnete eine von
einer festen, ziemlich weiten, innen glatten Kapsel umgebene Höhle, in
welche hinein das eben erwähnte Köpfchen sich erstreckte. Bei der fortgesetz-
ten Lostrennnng der Knochen zeigten sich nur wenige fibröse Stränge,
welche die Gelenkflächen des Radios und der Ulna mit der des Hamerus
verbanden. Nachdem der Gelenktheil des Hamerus von den Weichtheilen,
mit Ausnahme der oben erwähnten Kapsel, befreit worden war, bot er das
Bild dar, welches Fig. 1 von vorne und Fig. 2 von hinten zeigt. Man
sieht zuerst, dass an der Stelle der entfernten Condjlen sich zwei diesen
ähnliche Knochenfortsätze gebildet haben, und zwar wird der innere Con-
dylus (c. i.) durch zwei gleiche Vorsprünge gebildet, welche an ihrer hin-
teren Seite eine seichte Rinne zur Aufnahme des Nervus nlnaris (n. u.)
haben. Der Gondylus externus (c. e.) wird durch einen einzigen grösseren'
Knochenfortsatz gebildet, der in eine ziemlich dfinne, breite Platte (b) aus-
läuft Dadurch, dass diese Platte sich fiber die vordere Fläche des Knochens
hinflberwölbt, wird auf dieser eine Grube gebildet, welche zur Aufnahme
des Radiusköpfchens dient.
Oeberbrfickt wird diese Höhle durch dicke Bindegewebsstränge, welche
von der Spitze des Fortsatzes nach der Mittellinie des Knochens hinfiber-
ziehen. Gerade in der Mitte der vorderen Seite des Humerus zeigt sich
eine ungefähr 1 Gtm. im Darchmesser grosse, tiefe Pfanne (p), welche mit
theils hyalinem, theils faserigem Knorpel ausgekleidet ist Vom Rande die-
ser entspringt der eine Theil der Kapsel (a, a, a), welche oben erwähnt
wurde. An der unteren Fläche des Gelenkendes des Humerus, entsprechend
der Stelle, wo sich im normalen Zustande die Trochlea befindet, sieht man
einen ungefähr halbkugeligen Knochenvorsprung (t), der vorne ziemlich
glatt ist, an seiner hinteren Seite jedoch mehr rauh ist, und eine leichte
Forche zeigt. Oberhalb dieser nnregelmässigen Trochlea an der hinteren
914 Dr. Doutrelepont,
Seite des Hameras erkennt man die FoTea cnbitalis posterior (f. c). Da
interessantesten Theil des Befundes giebt das Gelenkende der übia (Fi§.S
nnd 4), welche ein neu gebildetes Olecranon und einen Processus coronoid?:
zeigte, welches sehr an die normalen Contouren erinnern. Das Oleeraacs
an welche sich die Sehne des Triceps (m. t.) ansetzt, wird darch zwt^
nebeneinanderliegende nnd durch fibröses Gewebe verbundene, läogüche.
schalenförmige Knochenplatten gebildet Die kleinere, tossere dieser ?Ut
ten (w), 3 Gtm. lang, 15 Millinu breit, 3 Millim. dick, ist sowohl gegen dn
ülna, als gegen die andere Platte beweglich, da bie nur durch fibröses Gr
webe mit diesen verbunden ist. Die andere Platte (o), 4 Gtm. lang, 15 MiUu.
breit, 7 Millim. dick, ist dagegen mit der Ulna viel fester verbunden, indes
ihre Befestigung an derselben durch sehr straffes Gewebe vermittelt wird.
An der vorderen Fl&che der ülna, welche stark verdickt ist, entsprisp
ein 2 Gtm. breiter Knochenfortsatz, welcher die untere Flftche des flnmera."
umfasst, ein neugebildeter Processus coronoides (p. c).
An der breiten Kante desselben sitzt, etwas nach innen, ein 1 Ctio.
im Durchmesser grosses Köpfchen (;r), um dessen Hals sich die oben &•
wfthnte Gelenkkapsel (a, a) befestigt. Dieses Gelenkköpfchen articulin i£
der am Humerus beschriebenen Gelenkpfanne (p) und steckt in der voll-
ständig geschlossenen Kapsel.
An der dem Radius zugekehrten Seite der Clna entspringt ein fest^
und ziemlich dickes Ringband (l. a.), welches den Hals des Radiusköpfchefis
umgiebt und an die ülna festh< An dem Radius hat sich ein zwar u-
regelmSssiges, pilzförmig hervorragendes Köpfchen (rk) neugebildet, welche»
in der oben beschriebenen grubenförmigen Vertiefung des Humerus (fr) sieh
bewegt.
An dem Humerus zeigt die kleine Gelenkpfanne (p), die Aushöhloag
für das Köpfchen des Radius (fr) und der Knochenvorsprnng an der Stell?
der Trochlea (t) einen deutlichen Knorpelüberzug, ebenso sind die Geleok-
fl&chen der Ulna zwischen dem Ansatz des Olecranon und dem Processoi
coronoides, das Köpfchen auf letzterem (tt) und das Köpfchen des Radim
(rk) mit Knorpel überzogen. Mikroskopische Schnitte aus dem Ueberzege
dieser Stelle zeigen überall hauptsfichlich Faserkuorpel, aber auch hjalinefi
Knorpel, so dass man an vielen Stellen den Debergang von Faser- in hya*
linen Knorpel beobachten kann. Dieser Befund ist ein neuer Beweis für
das Vorkommen von Knorpelttberzug der Resectionsstümpfe beim Mensches,
was Wagner, und in neuester noch Ollier (Traite de la rög^n^ration des
OS. T. 1. p. 326 u. T. 2. p. 305) läugnen.
In diesem Falle sehen wir die resecirten Gelenkenden io
einem Maasse regenerirt, wie es bis jetzt anatomisch wohl nocb
Zar Regeneration der Knochen etc. 915
nicht nachgewiesen worden igt Die Formen der neugebildeten
Gelenkenden nähern sich so sehr der Norm, als man es nur
wünschen kann. Dass dieses Resultat nur der Erhaltung des
Periosts bei der Operation und dem jugendlichen Alter des Pa-
tienten zu verdanken ist, wird nicht bezweifelt werden können.
Die Gelenkerfden waren jedoch nicht in Form eines wirklichen
Gelenkes ?erbunden. Alle Stellen, welche bei der Bewegung
aneinander gerieben wurden, zeigten zwar einen knorpeligen
ITeberzttg, es fehlte jedoch zu der Bildung eines wirklichen Ge-
lenkes eine vollständige, ?on einer Kapsel umgebene Gelenkbohle.
Die dicken Lagen festen Bindegewebes, welche Humerus einer-
seits, und Ülna und Radius andererseits umgeben und verbanden,
kOnnen wir nicht als Gelenkkapsel ansprechen; sie boten keine
glatte Oberfläche an ihrer inneren, dem Knochen zugekehrten
Seite, und verbanden zum Theil auch die eigentlichen Gelenk-
flächen unter sich, ohne jedoch eine Beschränkung der Bewe-
gung abzugeben. An der vorderen Fläche des Gelenkes hatte sich
jedoch ein förmliches kleines Gelenk gebildet, mit Gelenkkopf
am Proc. coron. und Gelenkpfanne an der vorderen Seite des
Humerus; diese beiden Gelenktheile wurden durch eine innen
glatte, fibröse Kapsel umschlossen.
In der Literatur finden wir nur wenige Fälle, welche bei
der anatomischen Untersuchung eine annähernd so vollkommene
Regeneration der Knochen darboten. In den meisten Befunden
waren die Markhöhlen der resecirten Knochen durch eine mehr
oder weniger dicken Knochenschicht geschlossen und die Knochen-
enden durch Bindegewebsstränge verbunden. Die anatomischen
Untersuchungen nach Gelenkresectiönen, welche Reg^eration der
Knochen darboten, sind bis jetzt am häufigsten und vollkommen-
sten am Ellenbogen angestellt. An Resecirten können wir häufig
längere Zeit nach der Operation schon am Lebenden die Neu-
bildung von Knochen constatiren. Lücke (Archiv f. klin. Chirur-
gie. Bd. III. 1. S. 376) macht schon auf die Verbreiterung des
Humerus in der Richtung der Gondylen und auf eine Reproduction
der UIna in Form eines Olecranon aufmerksam. In einem Auf«
916 I^r* Doutrelepont,
satxe über EllenbogenreBectionen (Arch. f. klin. Ghir. Bd. VI. 1.
S. 112) habe ich auch einen solchen Fall erwShnt, Haeter
(Arch. T. VIII. 1. p. 137) hat dieselbe Beobachtung gemacbt,
und Ollier (1. c. T. ü. p. 352 ff.) erzählt mehrere einschlägige
Fälle. Er macht (p. 347) mit Recht darauf anfmerksam, dast:
Bei der Bildung eines neuen Olecranon die Form de^tselben leieb;
zu sehr gekrümmt werden, und dadurch eine Steifigkeit des Ge-
lenkes hervorbringen könne. Dasselbe war bei unserem Kranken
der Fall. Wegen der stärkeren Beugung des nengebildeten Ole-
cranon sdess dessen Spitze zu früh auf die hintere Fläche d«^
Humerus an, und hinderte so die Extension des Vorderarmes.
Dm diesem Debelstande vorzubeugen, empfiehlt Olli er, da eine
solche Krümmung des Olecranon nur bei Beugung des Vorder-
armes entstehen könne, den Arm während der Nachbehandlung io
einem Winkel von 130— 150*" zu lagern. Durch den neugebildeteo
Proc. coronoides war in unserem Falle die Beugung auch dadurch
beschränkt, dass dieser gegen die vordere Seite dos Hamens
anstiess. Anatomische Befunde über das resecirte Ellenbogen-
gelenk, welche wir mit unseren vergleichen konnten, giebt zuerst
Textor (Ueber Erzeugung der Knochen. S. 14) von einem Ope-
rirten, welcher 6 Jahre nach der Operation starb. Bei der vor-
läufigen Untersuchung des Arms ergab sich eine V' betragende
Verlängerung der Ulna, auf welcher sich der Radins, wie im
natürlichen Zustande bewegte, und die Trochlea humeri erschien
so vollkommen, als wenn nichts von ihr weggenommen worden
wäre. Auch Syme (Lancet. 1855. 3. März) beschreibt und bil-
det ein solches Gelenk ab, wo jedoch an der ülna weder ein
Olecranon noch ein Proc. coronoides sich neugebildet hatte.
ülna und Radius sind in eine gabelförmige Vertiefung des Hb-
merus aufgenommen, welche dadurch gebildet wird, dass je ein
Knochenvorsprung an beiden Seiten der Resectionsfläche des
Humerus, ähnlich Condylen, sich befindet. Die Chia ist nur liga-
mentös mit dem Humerus verbunden, während die Verbindung
des Radius mit dem Humerus ein wahres Gelenk mit Synovia
bildet Die Oberfläche des Radius, wo derselbe mit dem Harne*
Zar Regeneration der Knochen etc. 917
ruB in Verbindung steht, ist abgerundet, und passt in eine Aus-
h^hlang des letzteren; ihre Gel^nkflächen sind mit faserigem
Knorpel überzogen. Die Verbindung der Uina mit dem Radius
geschieht dadurch, dass eine Goncavität an der DIna die Tubero-
sitas radii aufnimmt, von deren Rande ein das Radiusende um«
gebendes Ringband entspringt. Feste Biodegewebsmassen ver
binden seitlich, vorn und hinten den Humerus mit dem Radius
und der ülna.
Lficke (]. c. S. 377) fand, 6 Monate nach Resection des
Ellenbogengelenkes, eine Dmlagerung des Humerusendes mit un.
regelmässig gebildeter, sehr poröser Knochenneubildung in der
Richtung der resecirten Gondylen , wodurch diese annähernd neu
producirt viraren, und einen vom Humerus ausgehenden, fast zoll-
langen, spitz zulaufenden, hakenförmig gebogenen Knochenfortsatz
in der Richtung der Tricepssehne zeigten, welcher bei intacter
Haut ein neugebildetes Olecranon hätte vorspiegeln können.
Bei anatomischen Untersuchungen von resecirten Schulter-
gelenken, 6 und 11 Jahre nach der Operation, fand Textor
(1- c.) neugebildete, unregelmässige Enochenfortsätze. J. F. Hey-
felder (0. Heyfelder, Resectionen. S. 223), welcher wegen
Garies die Decapitatio humeri vorgenommen hatte, und dabei fast
das ganze obere Drittel des Knochens entfernt hatte, beobachtete,
als der Patient 1 Jahr nach der Resection starb, den Substanz-
verlust des Knochens fast ersetzt, so dass die Verkürzung nur
gering war. Zunächst dem Humerusende war die neugebildete
Masse knöchern, weiter oben zeigte sie eine callusäbnliche und
fibröse Beschaffenheit. Lücke (1. c. S. 379) beschreibt und bil-
det ein neugebildetes, förmliches Gelenk ab, mit ausgedehnter
Knochenneubildung, zwei Jahre nach der Resection des Schulter-
gelenkes. Eine vollständige Kapsel umschloss den neugebildeten
kleinen Humeruskopf und die Gelenkfläche am Acronicon, auf
welcher jener articulirt.
In meiner Dissertation (De resectione articulationis pedis.
Berolini. 1858) habe ich ein Fussgelenk beschrieben und abge-
bildet, an dem durch Prof. Robert, 4 Jahre vor dem Tode des
918 Dr. Do atrelepont, Zur Regendration der Knochen etc.
Patienten, die totale Resection ausgefährt worden war. Der Kno-
chen war regenerirt, wenn auch nnregelm&ssig, and zeigte meh-
rere Enochenforts&tze, darunter ein kleines Gelenkköpfchen, wel-
ches in einer neugebildeten Pfanne am Calcaneus artieolirte.
P&nne und Kopf, von Knorpel überzogen, waren Ton einer Kap-
sel umschlossen.
Wie wir sehen, haben bis jetzt die anatomischen Unter-
suchungen noch nicht viele neugebildete Gelenke nach Resectionee
nachgewiesen. Wahrscheinlich werden die Resultate der Resectionen
in Bezug auf Regeneration der Knochen jetzt besser werden, seitdem
man mehr als früher sein Augenmerk auf Erhaltung des Periosts bei
diesen Operationen richtet. Zu starke Neubildungen von Knochen
sind bei den meisten Resectionen jedoch auch nicht erwünscht,
weil sie die Beweglichkeit beschränken können. Deshalb wird
man bei Erhaltung der Knochenhaut noch mehr wie früher für
die Erreichung von Beweglichkeit im neugebildeten Gelenke, doreh
früh angestellte passive Bewegungen in der Nachbehandlung, sor-
gen müssen.
XVI.
Ein Beitrag zur organischen Plastik
behafs Heilung Ton Unterschenkelgeschwüren.
▼oo
Dr. R« Schneider 9
Secnndair-Arzt der chirnrgiBchen Klinik in Königsberg.
Yon den alten, atonischen Geschwüren des Unterschenkels
widerstehen am hartnäckigsten jedem ärztlichen Heilverfahren die-
jenigen, welche ihren Sitz an der vorderen Fläche desselben
haben, and durch die Länge der Zeit fest mit dem Knochen ver-
lötbet sind. Denn abgesehen von der callGsen Beschaffenheit der
Ränder dieser Geschwüre und der durch die chronische Entzün-
dung hervorgerufenen, knorpelharten Infiltration der Unterlage
und der Umgebung, erschwert ganz besonders die über die Tibia
straff gespannte Haut, wegen ihrer Unnachgiebigkeit, die Heilung.
Solche Geschwüre werden dann schliesslich, nachdem sie Monate
und Jahre hindurch mit Salben, Pflastern und Umschlägen der
verschiedensten Art behandelt sind , als „unheilbare^ betrachtet,
und bewegen die Patienten, sich lieber einer lebensgefährlichen
Operation, der Amputation des Gliedes, zu unterwerfen, als län-
ger ein solches lästiges Uebel zu tragen, — Aehnliche Geschwüre
entwickeln sich am Fusse nach dem Verluste der Zehen und
führten zu Resectionen der entblössten Knochen resp. zu Ampu-
tationen oder Exarticulation im Fusse. Erst Dieffenbach*)
wandte ein weniger eingreifendes Verfahren an, indem er, nach
*) Dieffenbach, Chirurgische Erfahrungen n. s.w. 1829. Derselbe.
Die operatire Chirurgie. Bd. I. S. 749.
920 I>r- R* Schneider,
ExBtirpation der geschwürigen Partie, auf dem Passrficken eiaec
Hantlappen bildete, der mit dem inneren und äusseren Fnssraade
durch eine Brücke in Verbindung stand, über den vorderen enr-
blössten Fussrand zog, und mit dem Wundrand der Fusssohlt
vereinigte. Diese Methode, welche nach Dieffenbach meisteoi
einen glücklichen Erfolg hatte, ist meines Wissens nicht zur Hei-
lung von Unterschenkelgeschwüren angewandt, resp. modifidn
worden. — Operationen mit dem Messer, behufs Heilung ^oi
Fussgeschwüren, beschränkten sich dann nur auf Abtragung d^
degenerirten Ränder oder auf Seiteneinschnitte in einiger Eni-
femung vom Geschwürsrande durch die gesunde Haut cur Be-
förderung der Narbencontraction. Favre*) hat |dies Yeibhm
(ümschneidung des Dlcus mit zwei halbmondförmigen Einscboit-
ten) von Neuem wieder empfohlen für varicöse Geschwüre, ud^
0. Weber**) gleichfalls für die chronischen, indolenten. In-
dess fir die hartnäckigsten Fälle reicht dies auch nicht hin. -
Erakowizer und Hamilton versuchten, ein Stück ganz frischer
gesunder Haut in die Mitte eines chronischen Geschwürs total
überzupflanzen, in der Hoffnung, dass es so möglich würde, die
Heilung auf dem Granulationswege einzuleiten, — in analoger
Weise, wie bereits früher Martinet de laCreuse und Jobert
de Lamballe vorgeschlagen hatten, Wunden nach Exstirpatioa
von Garcinomen durch Transplantation gesunder Hantlappea
schnell zur Heilung zu bringen***). Diese nahm man entweder
von dem anderen Unterschenkel oder dem Oberschenkel dersel-
ben Seite; im ersteren Falle sollten beide Beine aneinander, im
letzteren der Unterschenkel bet stark flectirtem Knie mit dm
Oberschenkel befestigt werden. Erwägt man zu dieser höchst
unangenehmen Lage für den Patienten noch den Umstand, dass
die Haut der Extremitäten überhaupt sehr wenig geeignet iät,
*) Favre, Traitemeot chirurgical des variccs et des alcefes variqoeoi.
Gaz. des hdpiti 1866. p. 355.
♦•) 0. Weber io v. Pitha und Billroth's Chirurgie. Bd. L 8.51^^
***) Vgl. Zeis. Die Literatur und Qeechiebte der plasütGliea €hiror-
gie. 1863. S, 175 und S. 286.
Zar organiscben Plastik behoCs Heilon g von UnterscbeDkelgesch wfiren. 92 1
zur Bildaog gestielter HaaÜappeD, so leuchtet es ein, dass sich
diese TranspIaDtationsmethoden keinen Eingang verschafft haben.
— Im December 1862 stellte H. W. Berend in der Berliner
medicinischen Gesellschaft einen Knaben vor, welchem er ein
^osses, acht Monate dauerndes Unterschenkelgeschwfir, mittelst
seitlicher, T* langer und 2'* breiter viereckiger Hautlappen, xiir
Heilung gebracht hatte. Jedoch weder in dem betreffenden Vor-
trage über diesen Fall (Allgem. medic. Central -Zeitung 1863.
S. 9 u. 78), noch in seinem eilften Bericht „über das gymna-
stisch-orthopädische Institut zu Berlin 1863^ hat Berend die
Operation näher beschrieben.
Ich habe vor Kurzem ein chronisches, atonisches Unterschen-
kelgeschwür mit callOsen Rändern, fester Verwachsung mit der
Tibia und Induration der Umgebung auf operativem Wege zur
Heilung gebracht, und, gestützt auf den Verlauf der Wundheilung
und den £rfolg, glaube ich berechtigt zu sein, für Geschwüre
dieser Art, falls sie noch nicht eine zu bedeutende Grösse er-
reicht haben, das von mir beobachtete Verfahren empfehlen zu
dürfen. Der Fall ist folgender:
Am 2. März ▼. J. stellte sich ein 17jfthriger, ziemlich kräftiger Koftbe
wegen eines UnterBchenkelgeacbwflra in der chirurgischen Poliklinik Tor.
Derselbe hatte sich Tor einem Jahre durch einen Stoss gegen ein» Leiter
eine oberflächliche Wunde an der vorderen Fläche des rechten Unterschen-
kels zugezogen. In Folge nnzweckmässiger Behandlung verwandelte sich
die Wunde in ein Geschwür, welches sich allmälig vergrösserte. Nunmehr
hatte es die Grösse eines durchschnittenen Gänseeies erreicht, sass inmit
ten der Vorderfläche des Unterschenkels auf, und der Grund hatte voll-
ständig das Aussehen von Caro luxurians. Der rechte Unterschenkel war
ungefthr 1 Zoll länger» als der linke, die Tibia ffihlte sich um das Doppelte
so breit an, als die der anderen Seite, besonders in ihrer unteren Hälfte.
Das Allgemeinbefinden war gut — Es wurde dem Patienten gerathen, fort-
gesetzt ruhige Lage im Bett einzuhalten und das Geschwür, nach voran-
gegangener Reinigung mit Ghamillenthee, täglich einmal mit einer HöUen-
steittsalbe zu verbinden. — Unter dieser Behandlung trat nach einiger Zeit
durch begianende Vemarbung eine Verkleinerung des Geschwürs ein; dann
aber wurde es stationär. Verschiedene Salben, warme Umschläge, die
Bayiktoa*schen Rinwickelungen mit Pflaeterstreifen , — welche Mittel ich
922 Dr. R. Schneider,
bei ruhiger Lage des Kranken Monate hindurch anwenden Hess, — trof^si
nicht zur Beförderung der Granulationsbildung bei.
Im October nun hatte das Ulcus eine Länge von 7 Ctm , eine Bmy
Ton 2i Ctm.; der Grund war gelblich roth, hart, glatt, unempfindlich; Gn-
, nulationen fehlten; Absonderung gering und dünn; die iULnder steil ab^
lend, stellenweise wulstig, schwielig, bleich; die umgebende Haut sehr derh
zähe, wachsartig bleich und mit der Fascie, sowie mit dem Periost der Tilm
fest, unbeweglich verwachsen; auch das Unterhautbindegewebe sclerosirt-
Die callösen Ränder, die unbeweglich feste Anheftung des Crescbwürs m:
der Unterlage, ganz besonders mit der Tibia, sowie die durch dasselbe her
▼orgemfene chronische JSntzündung und knorpelharte Verdichtang d^ Ooter
hautbindegewebes hinderten eine weitere Vernarbnng; and ich glaubte
nach Entfernung dieser ursächlichen Momente, Bedingungen snr Heüaog
des Ulcus schaffen zu können. So beschloss ich denn, das letztere zu ei-
stirpiren und den erzeugten Defect durch Ueberpflanzung Yon Haut zs
schliessen, und führte am 13. October v. J. die Operation in foigeoder
Weise aus.
Ich umgab das Geschwür mit zwei halbmondförmigen Schnitten, welcbc.
mehrere Gentimeter von den Rändern desselben entfernt, durch die gesund«
oder wenig narbige Haut verliefen, und präparirte dasselbe, sammt den
darunter liegenden, verdichteten Unterhautbindegewebe, vom Periost, r»p
zum geringeren Theile auch von der Fascie ab. Das auf diese Weise ent-
fernte HautstUck hatte eine Länge von 12, eine Breite von 6 Ctm. um oei
den Defect zu schliessen, machte ich (nach Analogie der Langenbeck'.
sehen Methode bei der Uranoplastik) nach innen und aussen an demsdbea
zwei seinen Rändern parallel verlaufende und von ihnen 4 Ctm. entferste
Schnitte, welche eine Länge von 13 Ctm. hatten. Indem ich nun die zwiscbei
dem Defect und den Schnitten liegende Haut der Unterlage loslöste, erhielt
ich zwei seitliche, viereckige Lappen, welche oben nnd nnten mit der fibri
gen Haut zusammenhingen und sich ohne Spannung nach der Mittellioi«
des Unterschenkels verschieben und vereinigen Hessen und den Defect aber
der Tibia schlössen. Durch Drahtsutureu suchte ich eine recht genaue Ao*
einanderlagerung herbeizuHihren. Die nach der Verschiebung der Hut-
lappen entstandenen halbmondförmigen Defecte fällte ich mit Cfaatpi^
räp^e aus.
Die mikroskopische Untersuchung ergab Obrigens in dem Geschwürs-
gründe ein gefässreiches Oranulationsgewebe, welches nach abwärts in ein
zellenarmes, fibröses Gewebe allmälig überging, in den Rändern Teigiösserte
Papillen nnd verdickte Epidermisdecke.
Ich gab mich von vornherein nicht der. Hoffnung hin, eine vollstio-
dige Prima intentio zwischen den mit einander vereinigten Hantlappsa n
Zar organischen Plastik behafs Heilang Ton Unterschenkelgeschw&ren* 923
erzielen, sondern nnr eine theilweise. Indess auch Letzteres trat nicht ein-
mal ein; fiberall schnitten die Bisensntnren durch; die Wandränder klaff-
ten; beide Lappen zogen sieh mehr nnd mehr nach aussen zarfick;
und in der Mitte kam es selbst znr Oangrän eines etwa nagelglied-
grossen Stfickes der Hant, welches mir fibrigens schon während der Opera-
tion, da es nnr ans Narbenmasse bestand, wenig lebensfähig erschienen
war So hatte Patient nnnmehr drei eiternd^ Flächen am Unterschenkel.
Nachdem sich anter Anwendung von warmen Dmschlägen die nekrotischen
Theile abgestossen hatten, liess ich (während Patient fortdauernd ruhige
Lage beobachtete) die fiber der Tibia liegende, dem früheren Olcas ent-
sprechende Wunde anföoglich mit Ong. basilicum, später, als die Granula-
tionen das MiTean der Haat erreichten, mit einer Höllensteinsalbe Terbin-
den, während ich die Granulationen der beiden seitlichen Defecte niederzu-
halten suchte, selbst öfters zerstörte. Auch zerstörte ich von Zeit zu Zeit
mit einer Sonde die Granulationen, welche sich zwischen den beiden Hant-
lappen und ihrer Unterlage bildeten, damit nicht eine zu schnelle Anlöthung
miteinander erfolgte. Unter dieser einfachen Behandlung heilte per secun-
dam intentionem die erste Fläche in den letzten Tagen des December (also
innerhalb 72 Tagen); die beiden seitlichen sind einige Tage später ver-
narbt. — Sämmtliche Narben, auch die fiber der Tibia befindliche, sind so
derb und dick, dass sie einen Aufbruch nicht befOrchten lassen.
Somit hatte ich die Heilung des mit der Tibia fest Tcrlötbeten, ato-
nischen Geschwfirs, welches mehrere Monate jeder Behandlung getrotzt hatte,
erreicht, trotzdem der bald nach der Operation eingetretene Erfolg das
Uebel eher zn Terschlimmem , als am ▼erbessern schien. Denn nach dem
Klaffen der Ränder und der partiellen Gangrän des einen Lappens hatte
der Substanzverlnst fiber der Tibia einen grösseren Umfang, als das frflhere
Geschwfir, und zum ersteren gesellten sich zu beiden Seiten des Unter-
schenkels noch zwei andere. Dass nun bei dem ersten Defect dennoch
eine Vemarbung eintrat, hat, wie ich glaube, in folgenden Yerhältnisaen
seinen Grand. Zunächst waren die Ränder des mittleren Defects Tollkom-
men oder wenigstens nahezu gesunde Hantpartien; sodann war auch der
Grund von einem nicht mehr infiltrirten Bindegewebe (dem Periost nnd der
Fascie angehörig) gebildet Diese beiden Umstände wfirden indess noch
nicht Yollständig hingereicht haben, die bedeutende Fläche per granulatio-
nem znr Vemarbung zu bringen. Denn die bei jeder Verheilung einer Wunde
eintretende Contraction des jungen Narbengewebes wfirde schliesslich bei
diesem grossen Defect nicht mehr im Stande gewesen sein, die umgeben-
den Hautpartien herbeizuziehen. Und so hätte wohl eine einfache Exstir-
pation des Geschwfires nicht zum Ziele geffihrt Als ein drittes wesent-
liches Moment betrachte ich demnach die Entspannung der benachbarten
f. Langonbeek^t ArebW f&r Chtrarffi«. IX. 59
924 ^' R- Schneider.
Hant darch Bildung der beiden seiUichen Lappen, velobe leielit der Goi-
traction der jungen Narbe folgten und sieh nach der Mitta hin vertiebts
liessen. Ich suchte daher auch den Heilnngsproceas der beiden eeitiicb^fii
Defecte zurückzuhalten, indem ich, wie bemerkt, die Gran nlatiooen weniger
beförderte und eine zu schnelle Verlöthung der Hantlappeo mit Ihrer üntei-
läge yerhinderte. Eine Vemarbung dieser beiden seitliehen l>efecte p^
grannlationem nnterliegt wohl keinem Zweifel, da sie auf nicht knöeheroer
Unterlage mhen, nnd gesunde, frisch gesehnittene Hantr&nder habe«.
Gar nicht selten finden wir bei konischen Ampatations-
Rtümpfen — sei es, dass durch die Schuld des Operateurs zar
Bedeckung zu wenig Weichtheile erhalten wurden, sei es, dass
letztere während des Heilungsprocesses durch Gangrän sn Ghrunde
gingen — ein Ulcus prominens auf dem Knochen. Die Haut ist
mit den Rändern der Sägofiäche des Knochens fest verwachsen;
und aus den oben angegebenen Gründen kommt es auch hier
nicht zur Vemarbung« In der Regel hat man zur Heilung sol-
cher F&llo den Knochen noch einmal abgesägt, um die Weich-
theile, welche man entweder nach B. Bell geschont oder ancli
noch theilweise weggeschnitten hatte, bequem vereinigen zo könneo.
Wenn man dabei auch Sorge trug, die Markhöhle nicht zu eroff-
nen, um den Patienten nicht einer zu grossen Gefahr auszusetzen,
80 ist dieser Eingriff doch immer ein bedeutender, und wohl nur
da, zu rechtfertigen, wo es sich um die schwersten Fälle han-
delt. Zeis*) gab nun 1865 ein Verfahren an, einen Hautlappen
auf einen geschwürigen Amputationsstumpf zu verpflanzen; ich
glaube jedoch nicht, dass er viele Nachahmer finden wird. -
Ich bin der Meinung, dass man ein solches Ulcus promiuens
nach der von mir angewandten Methode auch wird zur Heilang
bringen können. Man hätte also dasselbe vollständig zu ent-
fernen, parallel den Rändern des Defects Hautschnitte zu fuhren,
die Lappen abzupräpariren, über den Knochen zu schieben und
zu vereinigen. Diese Hautlappen würden, je nach ihrer Bildung,
entweder an der vorderen und hinteren oder an der inneren nnd
*; V. Langenbeck*R Archiv. 1865.
Zar organischen Plastik bebofs Heilang Ton Unterscbenkelgescbwfiren. 925
äusseren Seite des Gliedes mit der übrigen Haut zneammenhän-
gen und daselbst ihre Blutzufiihr erhalten.
Schliesslich möchte ich noch auf die oben erwähnte Ver-
längerung der Unterschenkelknochen aufmerksam machen, welche
Bich, wie der Patient selbst bemerkt hat, während des Bestehens
des Geschwürs entwickelte. . Die Fibula war nicht (wie es bis-
weilen beobachtet ist) aus ihrer oberen Gelenkverbindung mit der
Tibia herabgezerrt, sondern hatte auch an dem gesteigerten Län-
genwachsthum Theil genommen. Im hiesigen städtischen Kran-
kenbause, wo ich in Bezug auf diese seltene Erscheinung eine
sehr grosse Anzahl von Patienten mit Unterschenkelgeschwüren
untersuchte, habe ich an den betreffenden Gliedern keine solche
Verlängerung finden können. In unserem Falle war letztere wohl
bedingt durch die vermehrte Blutzufnhr zum Knochen und durch
das jugendliche Alter des Patienten.
59*
XYII.
Notizen aus der Praxis der chirurgi-
schen Poliklinik.
Dr. C Hueter,
Professor der Chirurgie in Rostock,
ehemaligem Assistenzarzt am Konigl. chimrgischen Klinikum so Berlto.
(Mit 1 Abbildung in Holzschnitt)
Die zum Eönigl. chirargiBchen ELlinikum gehörige Poliklioil
bietet ein ansserordeDtlich reiches Material von allen hänfig^-en
chirurgischen Erkrankungsformen, ein Material, dessen Reich-
thum gerade bei der Kürze der ffir die Poliklinik zugemessenes
Zeit, und bei den ungünstigen Verhältnissen, wie sie Poliklinikec
überhaupt darbieten, eine streng wissenschaftliche Verwertboog
desselben unmöglich macht Wohl aber bietet ein solches Mate-
rial allerlei neue Gesichtspunkte, insbesondere für die Therapie,
und so haben sich im Verlauf der 3 Jahre, in welchen ich poli-
klinisch beschäftigt gewesen bin, eine Zahl von kleinen Notisefi
augesammelt, welche ich den Facbgenossen mitzutheilen kein
Bedenken trage. Sie sind zwar nicht dazu bestimmt^ wichüge
wissenschaftliche Fragen zu lösen, oder auch nur zu ihrer Lösung
einen Beitrag zu liefern, aber dem Praktiker werden sie hoffent-
lich keine ganz unwillkommene Gabe sein.
I. Zur Extraction fremder Körper.
Die grösste Anzahl von fremden Körpern wurde aus der
Nasenhöhle und aus dem äusseren Gehörgang entfernt. In
Notizen ans der Praxü der chirurgischen Poliklinik. 927
den meisten Fällen genfigte die Anwendung eines OhrlOffels* Es
ist angenehm, wenn derselbe aus biegsamen Metall gearbeitet ist,
damit man die Winkelstellang des Löffels gegen den Stiel nach
Belieben modifieiren kann. Noch besser kann dieses an einem
kleinen Instrument geschehen, welches einen Langenbeck'schen
Kugelzieher in Miniatur vorstellt und dem bekannten Leroy 'sehen
Instrument zur Extraction fremder E&rper aus der Urethra sehr
ähnlich ist. Der Druck auf einen Hebel am Griff des Instru-
mentes giebt dem löffeiförmigen Ende, welches in einem Ghar-
nier beweglich ist, verschiedene Elevationen, und da man den
Löffel erst dann aufzurichten braucht, sobald man ihn hinter den
fremden Körper geführt hat, so scheint dasselbe für die Extraction
grössere Annehmlichkeiten darzubieten. Indessen ist das Instru-
ment etwas zerbrechlich, und ich habe schliesslich seinen Ge-
brauch aufgegeben, indem ich mich davon fiberzeugte, dass man
mit dem gewöhnlichen OhrlOffel ausreicht.
Sehr unangenehm sind die T&uschungen, denen man bei der
Nasenhöhle und dem äusseren Gehörgang durch entblösste Eno-
cbenpartieen ausgesetzt ist, welche bei frfiheren Extractions ver-
suchen ihren Schleimhautüberzug verloren haben. Man kommt
immer wieder mit der Sonde oder dem Extractionsinstrument
auf die harte Fläche und glaubt den fremden Körper zu fühlen,
welcher entweder wo anders sitzt, oder schon längst spontan
wieder entfernt worden ist. Ich kenne kein Mittel, welches gegen
diese Täuschung sicherstellte, und selbst wenn man bei den Kin-
dern an das eigene Gefühl appelliren könnte, so wfirde man doch
wieder Täuschungen ausgesetzt sein. Wenigstens habe ich in
einem Fall erfahren, wie schwer der eigene Knochen von einem
fremden Körper zu unterscheiden ist. Ich extrabirte bei einem
Physiker mehrere Glassplitter, welche an dem Seitenrande eines
Finger bis auf das Periost eingesprengt waren. Schliesslich fühlte
ich noch eine glatte, entblösste feste Fläche, welche ich für den
von Periost entblössten Knochen hielt. Der sehr intelligente Pa-
tient gab mit Bestimmtheit an, dass er ganz deutlich fühle, dass
der berührte Körper ihm nicht angehöre, und verlangte die Ex-
928 ^^' ^- Hoeter,
traction. Die Extractionsyereache blieben jedoch vergebfich^ m
als ich schliesslich durch Tergrösserung der Incision die Tbei
ganz freilegte, überzeugten wir uns Beide, dass der fraglk
Körper doch nichts Anderes, als entblftsster Knocbea war. I<
glaube hiemach, dass man solchen Tinschungen saweflen ai
gesetzt sein wird, und man muss die Möglichkeit dieser Ti
Bcbung kennen, um sich nicht zu ausgedehnten Incisionen k
stimmen zu lassen. In einem Falle wurde die Uhrmoschel vj
hinten her, nach dem Vorschlage von v. Troeltsch, abgelo^
um die Tiefe des äusseren Gehörganges freizulegen, und schUe5^
lieh ergab sich, dass doch kein fremder Körper vorhanden wr
sondern dass nur der dünne mucös - periostale Ueberzag to:
einer Partie des knöchernen Gehöiganges abgestreift worden wa:
Die Heilung erfolgte ohne Störung. Dieser Fall hätte mich bei-
nahe in einem folgenden zweifelhaften Fall, in dem es sieb im
eine Glasperle in der Nasenhöhle eines Kindes huidelte, dm
bestimmt, nach den ersten vergeblichen Extractionsversvcher:
dieselben gänzlich zu unterlassen, obgleich ich mit der Soodt
deutlich einen festen, glatten Körper fehlte. Die bestimmte An-
gabe der Mutter, es müsse die Perle noch in der Nase steckeB. i
weil sie die Einführung derselben gesehen, und seit jener Z&i '
das Kind nicht verlassen hatte, bewogen mich schliesslich, do
Nasenflügel abzulösen. Ich erkannte nun mit dem Finger dk
im mittleren Nasengang eingeklemmte Perle, welche ich dm
ohne grosse Schwierigkeit extrahirte*
Bei unruhigen Kindern ist die Anwendung der Narcose ir
Extraction fremder Körper aus dem Gehörgang oder ans dtr
Nasenhöhle sehr zu empfehlen, und in manchen F^en, wie i()
glaube, gar nicht zu umgehen.
Eine verhältnissmässig reiche Ausbeute von fremden K(r
pern bot mir der Oesophagus. Meistens waren es Fischgrätei
und Knochenstücke, welche bei allzu hastigem Essen mit w-
schluckt worden waren. In einem Fall war das extrabirte Koo-
chenstflck über 1'' lang, noch von einer ziemlich mächtigen Fleiscb-
masse umgeben. Als Extractionsinstrument diente ausnabmdlc:
Notizen aus der Praxis der efairurgischen Poliklinik. 929
der V. Graefe'sche Münzenfänger, welchen ich der Häufigkeit
des Gebrauches nach eher „Knochenfanger^ als „Mflnzen&nger^
nennen möchte. Mir scheint es, als ob in den Lehrbüchern die
Dienste, welche dieses Instrument bietet, noch nicht gehörig
heryorgehoben wurden; nach meiner üeberzeugung ist es das
souveraine Extractionsinstrumont fftr fremde EOrper aus dem
Oesophagus überhaupt und demnach für keinen Arzt entbehrlich.
Ausser mehreren Knochenstücken befinden sich noch ein Drei-
pfennigstück, welches 3 Tage in dem Oesophagus eines 4jährigen
Kindes sich aufgehalten hatte, und eine Stecknadel in meinem
Besitz, welche ich bei einem jungen Mädchen aus den tiefen Ab-
schnitten des Oesophagus extrahirte. Die Nadel hatte sich so
glücklich in die Fenster des Münzenfangers angehakt, dass ich
sie ohne Verletzung des Oesophagus mit einem Zug extrahiren
konnte. Versagt bat mir der Müozenfanger noch bei keinem frem-
den KSrper; denn so oft mir die Extraction nicht gelang, fiber-
zeugte mich die Einführung dicker Schlundsonden, dass der
fremde Körper sich gar nicht mehr im Oesophagus befand. >
So angelegentlich ich nun auch den Gebrauch des Graefe'-
sehen Münzenfangers Ar die Extraction fremder Körper aus dem
Oesophagus nach meinen Erfahrungen empfehlen kann, so haben
mich diese Erfahrungen doch auch mit einem Üebelstande des
Instrumentes vertraut gemacht, welchen man kennen muss, wenn
man nicht in Verlegenheit gerathen will Sobald man nämlich
den fremden Körper im Korb des Münzenfängers nach oben
schiebend, in die Pbaryngealböhle gelangt, so kann der fremde
Körper aus dem Korb herausfallen, in welchem er durch den
Druck der engen Oesophaguswandnngen festgehalten wurde, und
es kann derselbe dann hinter der Epiglottis auf* die Glottis ge-
rathen. Es ist mir dieses unangenehme Ereigniss mehrmals be-
gegnet, und führte zweimal zu etwas beängstigenden, wenn auch
nur momentanen Suflfocationserscheinungen , bis es mir gelang,
mit dem hakonförmig gekrümmten Finger der linken Hand den
fremden Körper aus der Mundhöhle herauszuschaffen. Ich wüsste
nicht, wie man diesem üebelstande durch eine Modification des
930 Dr. C Haeter,
Instrumentes abhelfen konnte, ohne dasselbe dadurch so %m cos-
pliciren, dass es wieder in anderer Beziehung an Braochbark?.
Terlieren wurde. Wenn man den erwähnten Uebelstand keor
80 genügt es, mit dem Zeigefinger der linken Hand, welche
sich während der Extraction an der Zungenbasis befindet, d€i
Korb des Münzenf&ngers in Empfang zu nehmen und, falls troti-
dem der fremde Körper gegen die Glottis fallen sollte, ihn mt
dem hakenförmig gekrümmten Finger herauszuziehen.
Zur Extraction eines abgebrochenen Katheterstückes in ät^ i
Urethra habe ich in einem Fall ein Instrument benutzt, wel-
ches für diesen Zweck bis jetzt wohl noch keine Anwendimi 1
gefunden hat, nämlich die amerikanische Kugelzange. Dar Pa-
tient hatte beim Zurückziehen des morschen, elastischea Käthe- i
ters, welchen er gewohnt war, sich selbst einzuführen, das vor- .
dere Ende des Katheters in der Länge von 2 ZoU in der üretbn '
zurückgelassen. Als ich den Kranken sah, lag das vordere Ende
des abgebrochenen Eatheterstficks gerade noch in der Pars pea-
dula, so dass ich eben noch mit den Fingern der linken Haad i
dasselbe vor dem weiteren Zurückgleiten gegen die Harnblase
schützen konnte. Mit der rechten Hand führte ich die mit sete*
feinen Branchen versehene Kugelzange in die Urethra ein, öflhe^
das Instrument, sobald ich den Widerstand von Seiten des frem-
den Körpers fühlte, und die Haken fassten richtig in die Sab- i
stanz des Katheters ein. Bei dem Herausziehen glitten zwar
zweimal die Haken vom Katheter ab, aber jedesmal konnte iek
ihn wieder leicht fassen und die Extraction gelang ohne jede 1
Verletzung der Urethra. Ich glaube die amerikanische Kugel-
zange für ähnliche Extractionen aus der Urethra empfehlen tu |
dürfen.
Extractionen von Nadeln und Nadelstücken habe ick
in grosser Anzahl ausgeführt, besonders aus der Hand. Es sind
die Nadelextractionen aus dem ünterhautbindegewebe der Haa<!
deshalb sehr unangenehm, weil die starren Fasern dieses Ge-
webes sehr leicht die Nadel vortäuschen können* Im üebriges
boten diese Extractionen kein besonderes Interesse dar; dagegen
Notizen aas der Praxis der chirargischen Poliklinik. 931
. U8S ich einige sonderbare Fälle von Nadeleitraciionen aus an-
. 3ren Regionen erwähnen.
Es erschien eine Frau mit der Angabe, daas in dem Brod, welches
e gegessen hatte, eine Nadel enthalten gewesen sein müsse, welche ihr
ei dem Herunterschlacken hinten im Halse steckengeblieben sei. Die sorg-
iltigste Untersuchung der Schiandgegend mit dem Pinger und der Schlund-
^nde hatte nichts ergeben, und ich schickte die Frau mit der Bemerkung
^eg, daas sie sich wohl getäuscht haben möge. Die Patientin war indessen
. on der Existenz der Nadel in ihrem Ualse so fest fiberzeugt, dass sie
och im Vorzimmer wartete. Plötzlich, nach Verlauf einer Stunde, erschien
ie wieder, nnd nun war die Spitze der Nadel am linken Seitenrand des
^rynx unter der Haut zu ffihlen. Eine Incision durch die Haut und ober-
lächliche Fascie genügte, um die Nähnadel zu extrahiren. Sie hatte im
yerlanf von ungefähr 2 Stunden den Weg von der Pharynxhöhle bis zu
lern Seitenrand des Kehlkopfes durchlaufen, indem die Contractionen der
Muskeln wohl diesen Lauf nicht wenig begünstigt hatten
Ein Mann erschien mit folgender Angabc: Er hatte eine Nähnadel an
lena unteren Ende seiner Weste festgesteckt, und als er eine schwere Riste
kraftvoll emporhob, hatte dieselbe an die Nadel angestreift und diese durch
Weste nnd Hose in die Bauchdecken getrieben. Seit dem Unfall waren
2 Stunden verflossen, und die heftigsten Schmerzen waren in der linken
Hälfte des Unterleibs entstanden. Patient zeigte ein ganz blasses, verfal-
lenes Gesicht, sein Puls war sehr klein nnd schwach, und das Aussehen
entsprach vollkommen dem Aussehen eines an acntester Peritonitis erkrank-
ten Patienten. Jeder Schritt erzeugte die lebhaftesten Schmerzen. In
einiger Entfernung von der Einstichsöffnung fühlte man in der Tiefe der
Banchdecken, ungefähr in der Ifitte zwischen Nabel und linker Spina aut
sup. ossis ilei das eine Ende der Nadel durch. Ich vermuthete, dass die
Nadelspitze bis in die Peritonealfläche der Därme die auffallend heftigen
El scheinungen hervorgerafen habe. Weil ich besorgte, dass bei der Auf-
regung, die der Narcose vorauszugehen pflegt, die Nadel durch die Con-
tractionen der Bauchmuskeln noch weiter in die Peritonealhöhle getrieben
werden könnte, schlug ich dem Patienten vor, die Extraction ohne Narcose
vornehmen zu lassen. Dieses wurde jedoch entschieden von ihm verweigert.
Ich markirte mir die Stelle, wo die Nadel in der Tiefe durchzufühlen war,
und wie begründet meine Besorgniss war, bewies das Resultet der ersten
nnrahigen Bewegungen des Patienten nach den ersten Chloroforminhala-
tionen. Die Nadel war sofort verschwunden. Die weitere Besorgniss, dass
die Nadel eine heftige, vielleicht lethale Peritonitis verursachen konnte, be-
stimmte mich, wenigstens noch einen Ex tractions versuch zu machen. Ich
trenne die Haut, die Pascia superficialis, die Sehne des Obliquus ext, die
Dr. a Hucter»
Schicht des Obliquas int., uod endlich die Schicht des TnuisvenMifi. K^rl
dem ich bo in das subperitoneale Gewebe TorgedraDgen war, entdeckt«, i^
das NadeKThr noch ausserhalb der Peritonealhöhle, and es prominiru .1
rade nur so Tiel, dass ich das Oehr mit der Pincette fassen nnd s« |
Nadel aas der Bauchhöhle eztrahiren konnte. Der Patient, sehr erfraj
über die sofortige fieseitignng seiner Schmerzen, konnte schon nach 4 Ta&|
nach vollendeter Prim&rheilung, der durch 2 Sutoren Te reinigten Wkii]
geheilt entlassen werden.
Einen tragischen Ausgang nahm folgende Gesdiiohte ek 1
^unglfickseligen kleinen Nadel^.
Bin Schneider hatte sich eine N&hnadel, entsprechend der iootriJ
Seitenfläche des Gondylus int. femoris, dicht am Kniegelenk eingesloiiei
und bei dem Herausziehen war die Spitze von etwa 2 Linien Lange alc.
hrochen nnd in der Tiefe zurfickgeblieben. Die Bewegungen des Kn\<'^
waren , als der Patient zu mir kam , nngefUhr eine Stunde nach der V^
letzung so schmerzhaft, dass er mit dem Bein nicht aufzutreten wagte. I *
ging von dem Einstichspunkt, unter welchem ich das Nadelstnck io d«
Tiefe zu fühlen glaubte, sorgfältig präparirend in die Tiefe, konnte jedoci
nichts auffinden, nnd da ich mich in der unmittelbarsten Nähe der Kapse.
Insertion befand, so glaubte ich auf Weiteres verzichten zn mfissen. Eb«
ich jedoch die Wunde schloss, machte ich noch einige vorsichtige Bewegii»
gen im Kniegelenk und hörte nnd fühlte, wie die Nadelspitze auf nnd zwis€be!i
den Gelenkflächen hemmkratzte. Zugleich fühlte ich, dass dieses Kratzei
ganz nahe an der Incisionswnnde stattfand. Ich beschloss nun, das Stocl
auch auf die Gefahr der Kapseleröffnung hin, zn extrahiren, da mir die^e^
der einzige Weg zu sein schien , nm den Kranken vor einer eiterigen Gr
lenkentzündung wenigstens vielleicht zu schützen. Ich erreichte das Ee^
der Nadel, ohne die Kapsel zn eröffnen, nach der Extraction aber zei;i'
sich eine Oeffnnng in der Kapsel, von ungefähr 1"' Durchmesser, ans vel-
eher Synovia abfloss. Ich schloss die Wunde sorgfältig mit Suturen, l^i<
einen Gypsverband an, nnd bei vollständig ruhiger Lagerung wurde der Es
beutel energisch angewandt. Doch blieb die Gelenkentzündung nicht aiiN
Nach Lösung der Suturen drängte sich zuerst klare Synovia zwischen des
Wundrändern hervor, allmälig wurde der Ausfluss eiterig und übelriecbeßi
Dann entstanden Sackungen gegen den Oberschenkel, und die zahlreicbeD
nnd tiefen Incisionen blieben ohne durchgreifenden Erfolg. Es trat Septi-
caemie ein, und so erlag Patient nach 14 Tagen den Einwirkungen eific^
Nadelstückchens von 2"' Länge; ich wenigstens glaube nicht, dass ohne die
Extraction der Patient einem gleichen Schicksal entronnen wäre.
Notizen aus der Praxi» der ofairurgiBchen Poliklinik« 933
II. Zur Lehre von den Luxationen.
Luxationen der Fingergelenke kamen mehrfach zur Beob-
achtoog. Als eine sehr seltene Form erwähne ich eine Luxation
der Endphalange des Zeigefingers auf die Dorsalfläche der Mittel-
phalange, welche ich aus der Dorsalflexion sehr leicht reponirte.
In einem anderen Fall fand dieselbe Luxation gleichzeitig an
dem 4. Finger der einen und am Zeigefinger der anderen Hand
btait; beide Hessen sich leicht reponiren. Zwischen der Grund-
phalange und der Mittelphalange desselben Fingers beobachtete
ich eine interessante, complicirte Luxation, welche durch Ma-
i$chinengewalt entstanden war. In der Tiefe einer breit klaffen-
den Wunde auf der Dorsalfläche des Fingers, welche sich von
dem vorderen zum mittleren Fingergelenk erstreckte, erkannte
man eine Langsfractur der Mittelphalange, welche durch die hin-
tere Gelenkfläche der Phalange etwas schräg zum Seitenrand des
vorderen Endes des Phalangealknochens verlief Zwischen die
beiden Längsfragmente war das Köpfchen der Grundphalange nach
vorn getrieben und prominirte frei zwischen denselben, ungefähr
in der Mitte der Länge des mittleren Phalangealknochens. Durch
Anziehen der Fingerspitze erzielte ich zugleich Reposition der
Luxation und die Coaptation der Fracturflächen, und mit einem
einfachen Verband erfolgte schnell die Heilung.
Es ist bekannt, dass die Luxationen in den Phalango - Meta-
carpalgelenken die häufigsten Luxationen der Finger darstellen
und ein besonderes Interesse wegen der Schwierigkeiten besitzen,
welche diese Luxationen bei der Reposition darbieten. Ich kann
über 5 Luxationen dieser Art berichten, von denen 3 dem Dau-
men, 1 dem Mittel- und 1 dem Zeigefinger angehörten. Alle 5 Fälle
waren Luxationen des Fingers auf die Dorsalfläche des Meta-
carpos, wie dieselben durch forcirte Extension (Dorsalflexion),
ja 80 leicht auch an der Leiche zu produciren sind, während die
umgekehrte Form, die Luxation des Fingers auf die Volarfläehe
des Metacarpus, nicht wohl erzielt werden kann, weil die dazu
934 I>r C Hueter,
noth wendige Bewegung, die forcirte Flexrion (Volarflexion) au^:
nach ZerreissuDg der Bänder und der Kapsel durch den Cont^:i
der Weichtheile früher gehemmt wird, bevor die Luxation :s
Stande kommen kann. In den erwähnten Fällen gelang mir 3ma!
die RepoHition ohne besondere Schwierigkeit, indem ich die Fin-
ger in die Hyperextension (Dor^alflexion) znrückffibrte und tos
hier aus reponirte. In 2 Fällen gelang die Reposition trotz alltr
Bemühungen und aller Variationen der Repos^itionsversuche nicb:
und ich schlieäse mich ganz der Ansticht derjenigen Cbimrgeii
an, welche das HinderniBS in der Interposition der GeIenkkap^el
zwischen beide Gelenkflächen suchen. Ich konnte in beiden Fäüeo
ohne Mühe die Gelenkfläche der Fingergrundphalange der Ge-
ienkfläche des Metacarpalköpfchens gegenüberstellen, sobald aber
der Extensionszug am Finger nachliest, kehrte derselbe in seine
Luxationsstellung zurück, und es machte diese Erscheinung ganz
den Eindruck, als ob Weichtheile zwischen den Gelenkflächea
sich befänden. Ich schritt deshalb auch nicht zur subcutanen
Trennung der Bänder oder zur Resection, sondern benügte mich,
die Gelenkflächen sich einander gegenüber zu stellen und unter
fortdauernder Extension dieselben in dieser Stellung durch einen
sorgfältig angelegten Gypsverband zu fixiren. Der eine Fall, der
aus der Provinz gekommen war, entzog sich bald der Beobach-
tung, der andere ergab ein befriedigendes Resultat, indem nach
Abnahme des Verbandes, nach einigen Wochen, der luxirte Mittel-
finger nur sehr wenig gegen die Dorsalfläche prominirte und die
Bewegungen im Gelenk^ wenn auch im beschränkten Umfang
möglich waren. — Ich bemerke übrigens, dass ich in diesen bei-
den Fällen sowohl die bekannte Lue r 'sehe Zange, als auch das
neue Mathieu'sche Repositionsinstrument für Fingerluxationen
anwendete, ohne jede Spur eines Erfolges. Die Constructioo bei-
der Instrumente basirt auf der Anschauung, dass die Finger keinen
geeigneten Angriffspunkt für die einfachen Manipulationen bieten
und deshalb die nOthige Kraftentfaltung bei dem Repositionsact
nicht zulassen. Diese Anschauung erscheint mir nicht berecbtigt,
indem man am Finger mit genügender Kraft manipuliren kann.
Notizen aus der Praxis der chirurgischen Poliklinik. §35
um bei gdiörigem Verstandniss des Laxationsmechanigmus frieche
I^oxationen za reponiren, und indem der Erfolg der Dorsalflexion
sicher ist, wenn nicht der von der Volarfläche des Metacarpus
abgerissene Eapselfetzen so ungünstig sitairt ist, dass er sich
fortwährend interponirt. Die genannten Instrnmente sind Ar
frische Luxationen entweder überflüssig oder unnütz; auch bei
veralteten F&Uen möchte ich ihren Wirkungen nicht viel Zutrauen
schenken.
Als Curiosit&t erw&hne ich eine Maschinenverletzung der
Hand , welche eine Luxation des 4. und 5. Metacarpus auf die
Dorsalfläche der zweiten Handwurzelrcihe bewirkt hatte. Die
Reposition gelang bei der vollständigen Zerreissung der Bänder
ohne alle Schwierigkeiten.
Von den gewöhnlichenElIenbogenluxationen, der Luxa-
tion beider Yorderarmknochen nach hinten, welche ich in be-
trächtlicher Anzahl beobachtete, kann ich nur berichten, dase
ihre Reposition mir immer, auch in einigen veralteten Fällen
(bis zu 4 Wochen) durch das von Ro^er angegebene Manoeuvre
der Dorsalflexion mit grösster Leichtigkeit gelang. Von selteneren
Luxationen des Ellenbogengelenkes scheinen mir 3 Fälle von
Luxation beider Vorderarmknochen nach aussen von erheblichem
praktischen Interesse, und ich glaube mich verpflichtet, auf diese
Fälle etwas genauer einzugehen.
Ich habe in diesem Archiv (Bd. VIIL S. 153) einen ana-
tomischen Bericht über 5 Präparate von irreponirten Luxationen
beider Vorderarmknochen nach aussen gegeben, welche durch
Resection gewonnen wurden und sich in der Sammlung des
Eöuigl. Klinikums befinden. Als constanten Befund bezeichnete
ich damals das Abreissen des Epicondylus int. durch das Ligam.
laterale int., welcher sich dann in der Fossa trochlearis der
Bumemsgelenkfläche lagert. Die Gonstanz dieses Befundes wird
durch ein 6. Präparat bestätigt, welches im Laufe dieses Som-
mers ebenfalls durch die Resection gewonnen wurde und wieder
diese Einlagerung des abgerissenen Epicondylus int. in die
Trochlea daibot. Während ich nun früher diesen Befund. mehr
936 Dr. 0. Ho et er,
als Curiosum betrachtete, bin ich heute da^on übenengt, i^
dieser Befand eine praktische Bedentung besitzt, welche des-
halb nicht gering anzuschlagen ist, weil diese Lnxatiaaeo bäi-
figer vorkommen, als man wohl annehmen möohte. Denn i;
halte es für keinen Zufall, dass ich in kurzer Zeit 3 frische Fä&
dieser Art sah, ich glanbe vielmehr aus der etgentliiiiDlicJia
Symptomatologie dieser Luxationen den Schluss ziehen zu dürfe:,
dass dieselbe in praxi leicht übersehen werden kann nnd gewi^
häufig übersehen wird.
Während die gewöhnliche Luxation beider VorderarmkDO-
chen nach hinten sich durch die Prominenz und den Hodistand
des Olecranon und des ganzen Gelenkabschnittes der Dlna Ri
das Gesicht, wie für das Gefühl, so sehr scharf kennzeichnei.
fehlt diese Prominenz bei der Luxation beider Vorderarmknocheo
nach aussen ganz oder fast ganz. Die Ulna ist ani die
kugelförmige Gelenkfläche - der Rotula so umgehakt, dass die
Spitze des Olecranon kaum höher, als gewöhnlich steht, und kaom
mehr prominirt, als in normaler Stellung. Nach der Stellosg
des Radius kann man sich auch nicht gerade sehr gnt Orienti-
ren. Man sollte zwar annehmen, dass man bei dieser Laxa-
tionsform die tellerförmige Grube des RadinskOpfohens ebeaso
gut müsse fühlen können, wie bei der einfachen Luxation nach
hinten; diese Annahme triflt aber deshalb nicht zn^ weil das
RadiuskOpfchen von der Prominenz des Epioondylns int. etwas
gedeckt wird, und der Bluterguss ziemlich bedeutend n sm
pflegt. Gerade der Bluterguss erschwert die Diagnose sehr, weil
er die Palpation des Radiusköpfchens schwieriger madit und in
ohnehin nicht sehr prägnanten Formenvertnderungen des Geleo-
kes noch mehr verhüllt. Hierzu kommt noch, dass die Bewe-
gungen, wenn auch in geringerem Dmfeng, so- dech ziemlieh gut
sich ausfahren lassen, indem die concave Getmkfläehe der Oka
sich auf der convexen Fläche der Rotula bewegt. Nur eine sori^-
fSltige Untersuchung kann vor Irrthümem sicherstellen «nd selbst
diese vielleicht nur dann, wenn der Chirurg durch die Kenntniss
von Präparaten über die Lagerung der Tkeile orientirt ist. leb
Notizen aus der Praxis der chiror^schen Poliklinik. 937
Eibe es wtoigstens gesehen, dass ein sonst mit Luxationen sehr
Brtrauter Fachcollege gerade in der Diagnose dieser Luxations«
>rm fehl gegangen war- Also genaue Inspection, genaue Palpa-
on und zwar die Yergleichende Palpation der gesunden und der
ranken Seite, mit besonderer Berücksichtigung des Radiusk9pf-
hens, sind für die Sicherung der Diagnose unerlisslich.
Nicht geringere Schwierigkeiten als die Diagnose kann die
Therapie dieser Lnxationsform bieten. Da dieselbe nur als Va-
ietät der Luxation beider Vorderarmknochen nach hinten auf-
iiufassen ist (ich nehme an, dass nach erfolgtem Abhebein der
Selenkflachen durch die Dorsalflexion die secundftre Bewegung
dicht einfach durch die Spannung der Weichtheile im Sinne der
Beugung, sondern durch die Concurrenz äusserer Einflfisse, z. B.
der Schwere des fallenden Körpers erfolgt, und so die seitliche
Verschiebung entsteht), so ist auch bei der Luxation beider Vor-
derarmknochen nach aussen für die Reposition der Vorderarm
zunächst in die Dorsalflexien zu bringen. Es würde nun genü-
gen, den Vorderarm etwas nach innen zu drängen und die Luxa-
tion, nachdem sie so in eine gewOhliche Luxation beider Vorder-
armknochen nach hinten zurückgeführt ist, nun einfach wie diese
zu reponiren, indem man den Vorderarm aus der Dorsalflexion
in die Flexion unter Druck auf das Radiusköpfchen nach unten
überfährt, wenn nicht, wie oben erwähnt, der Epicondylus int.
in der Troehlea läge und vor der Reduction aus derselben ent-
fernt werden müsste. Schon der erste Fall überzeugte mich,
dass mit dem eben beschriebenen einfachen Manoeuvre nichts
gewonnen ist; denn ein auf die eine Gelenkfläche gelagertes
Knochenstück ist ein noch mächtigeres Repositionshindemiss, als
in anderen Fällen die interponirte Kapsel, ich führte nun eine
Bewegung aus, welche mir Erfolg zu versprechen echten; ich
abducirte in der Stellung der Dorsalflezion den Vorderarm der
Art, dass Vorderarm und Oberarm einen mit dem Scheitel nach
innen sehenden Winkel bildeten, um durch die Anspannung des
Ligam. lateral, int den an ihm hängenden Epicondylus int von
der Troehlea wegzuziehen, und ging nun erst in die Beugung
938 ^r- C. Hueter,
über. Das ManoeaTre gelang, die Reposition erfolgte. Im zwd
ten Fall war diese Methode erfolglos, aber in diesem Fall i^i
das colossalste Blutextravasat vorbanden, welches ich bis jetj
bei einem Trauma des Armes gesehen habe. Die Haut beüu
sich durch das Extravasat in solcher Spannung, dass ich dl
forcirten Bewegungen mit grösster Vorsicht anwenden mu^sii
um die Haut nicht zu zerreissen. Weil ich bei Fortsetanng dri
Manipulationen weitere Blutungen und dann Gangiibi der Häd
beffirchtete, versichtete ich auf die Reposition, legte einen Gyi^^
verband an und stellte dem Patienten* eine secund&re Resectio^
in Aussicht. Der Gypsverband wurde wegen rascher Abnähst
der Schwellung einige Mal gewechselt, und als ich ihn nsri
4 Wochen definitiv entfernte, fand ich zwar die Knochen no^i
in luxirter Stellung, aber" die Bewegungen, bei denen die ÜIiu
um die Rotula sich bewegte, ziemlich frei, so dass der Patieo:
mit dem erhaltenen Rest der Bewegungen zufrieden war. h
3. Fall versuchte ich mit meinem Collegen, Dr. Richter, zu-
sammen, zunächst die Hyperextension mit Abdnction ohne aüen
Erfolg, indem es uns nicht gelang, die UIna über den aussereG
hohen Rand der Trochlea hinwegzuheben^ und nach vielen Mübeo
gelang endlich die Reposition, als Herr Dr. Richter mit der
einen Hand den Humerus nach hinten und innen druckte. M
vermuthe, dass bei diesem Manoeuvre die Dlna den interponirtei
Epicondylus int. vor sich herschob und so aus der TroeUti
entfernte.
Nach diesen, der Zahl nach geringen, aber bei der relativei
Seltenheit der Luxation des Vorderarms nach aussen doch niet
werthlosen Erfahrungen, möchte ich vorl&ufig für die Repositioi
dieser Luxation folgende Regeln aufstellen : |f an mache die Hyp^f*
extension und die Abduction des Vorderarms, dränge ihn nacü
innen und reponire dann, wie bei der gewöhnlichen Luxatioi
nach hinten. Gelingt diese Manipulation, welche mir als äif
theoretisch richtige erscheint, nicht, so versuche man die eio*
fache seitliche Verschiebung oder andere Bewegungen, mit deDeo
man geradezu experimentiren mu.«<s. Ist man gezwungen; vi
Notisen aud der Praxis der chirurgischen Poliklinik. 93^
die Reposition zu verzichten, so Tersäume man nicht, in mög-
lichst rechtwinkliger Stellung des Ellenbogens einen Gypsverband
anzulegen; denn die absolute Ruhe in den ersten Wochen sichert
vermöge ihrer antiphlogistischen Wirkung, welche die Wuche-
rungen der Synovialis auf ein Minimum beschränkt, am besten
die Aussicht auf eine spätere gute Beweglichkeit der luzirten
Knochen. Ist aber die erzielte Beweglichkeit für den Patienten
zu gering, so schreite man zur Resection.
Die Schulterlttxationen waren selbstverständlich weit
zahlreicher, als alle übrigen Luxationen zusammengenommen. Die
gewöhnliche Lu&atio subcoracoidea wurde fast immer durch die
einfache Abduction reponirt. In mehreren Fällen versuchte ich
die Schinzinger'sche Methode, d. h. die Abduction des Arms,
indem man den Ellenbogen über die vordere Thoraxfläche gegen
die Mittellinie des Körpers führt, mit nachfolgender Rotation des
Humerus nach Aussen. In einigen Fällen war diese Methode
von Erfolg, in anderen nicht, vielleicht deshalb, weil ich dieselbe
nur sehr vorsichtig, mit sehr geringem Aufwand von Kraft aus-
führte. Diese Vorsicht erscheint aber geboten, da es, wie ich
aus mündlicher Mittheilung weiss, bei dieser Methode vorgekom-
men ist, dass der Humerus im Collum chirurgicum fracturirte.
Nur in seltenen Fällen war die einfache Abduction nicht genü-
gend, und wurde es nothwendig, den abducirten Arm noch nach
Aussen oder nach Innen zu rotiren; Beides kann in schwierigen
Fällen von Vortheil sein. Ich erwähne gelegentlich, dass ich
Luxationen von 8- und 12wöchentlichem Bestand durch einfache
manuelle Extension mehrfach reponirt habe.
Für die Fachgenossen in grossen Städten mag es nicht ohne
Interesse sein, auf eine neue Ursache der Luxatio subcoracoidea
hinzuweisen; zugleich liegt bei dieser Ursache der gewöhnliche
Mechanismus, durch welchen die Luxatio subcoracoidea zu ge-
schehen pflegt, so klar vor, dass sich derselbe zur paradigma-
tischen Schilderung für Lehrzwecke sehr wohl eignet. Der zu-
nehmende Omnibusverkehr in Berlin hat mir nun schon mehr-
fach Gelegenheit zur Beobachtung von „Omnibus - Luxationen^
T. Lasf «nb^oky AroblT I. Chirnrgi«. XI. Q^)
940 I>r C. Hneter,
♦
gegeben. Der Patient steigt nach rackw&rts ausi, der höflich«
Conducteur fasst ihn an der Band, damit er nicht falle, 1&^
aber unglücklicher Weise za spät los. Die laxirende Kraft siod
die OfflnlbuFpferde, die Kraft wird vom Omnibus aus durch die
Hand des Gonducteurs auf das Schultei^gelenk des Patieotea öber-
tragen, in welchem der Arm zunächst stark abducirt wird. DureL
die Hyperabduction reisst die Kapsel, die Gelenkfllteheii bebes
sich von einander ab, und der Kopf verlfisst die Pfanae. Darcb
die secundäre Bewegung, Adduction, rfickt derselbe dann unter
den Processus coracoides.
Ich kann an dieser Stelle einen interessanten Fall nichi
unerwähnt lassen, welchen ich nun seit 8 Jahren beobachte.
Eine ungefähr SOjährige Frau leidet an epileptiformen AnfiUIen oit
Krämpfen, welche schon auBserordentlich hänOg m Luiationen beider Schal-
tern VeranlasBUDg gegeben haben. Zuweilen war es anch eine nnvornchtige
Abductionsbewegnng , z. B. das Greifen nach einem hochstehenden Geges-
stand, welches zur Luxation führte. Einmal erschien die Patientin mit gleicfa-
zeitiger Luxution beider Schultergelenke, und noch ein anderes Mal sah m
mein College, Herr Dr. Richter, in derselben Sitnatioti. Vor einem Jahr
constatirte ich 33 Luxationen des einen, und 9 des tihd^ren Schnlterge-
lenkes. Seit dieser Zeit ist Patientin in ein ProTinzialstidtcheii geaogeo,
und es sind noch einige Luxationen hinzugekommen. Die dortigen Aerst«
haben es nicht gewagt, wegen ihrer Krämpfe Chloroform anzuwenden, nod
als ich die Patientin vor einigen Tagen wegen einer neuen Luxation des rech-
ten Schultergelenkes wiedersah und dieselbe reponirte, bemerkte ich auf
der linken Seite eine alte, nicht reponirte Luxation, Welche seit 11 Monates
bestand. Auf den bestimmten Wunsch der Patientin Terticfatetto ich auf des
EinrichtuDgsversnch dieser Luxation. Auffallend ist mir gewesen, dass die
Einrichtung der Luxationen, welche ich selbst vielleicht 20mal gemacht
habe, trotz ihrer häufigen Wiederholung nicht leichter, als bei gewöhnliches
Luxationen war. Noch die letzte Luxation, welche ich vor wenigen Tageo
bei der Patientin reponirte, machte mehr Schwierigkeiten als man gewöbo-
lieh zu Überwinden hat. Das Tragen sorgfältig gearbeiteter Sehult^rlcapsclD,
welche die for^irten Abdnctionsbewegungen verhüten sollten, hat sich als
nutzlos erwiesen. Ebenso hat das längere Tragen von Gypsterbinden in
abdncirter Stellung, um nach reponirter Luiation den Kapaelriss mit mög-
lichst kurzer Narbe heilen zu lassen, die Recidive nicht verbätet.
Ein Fall von frischer Halswirbellnxation war mir da-
Notixen aas der Praxis der chirurgischen Poliklinik. 941
durch von beeonderein Interesse, dass das sehr einfache Reposi-
tionsmanoeuvre von sofortigem Erfolg begleitet war, und dass
dieser die theoretischen Betrachtangen, welche man anf Grund-
lage der normalen Bewegungsmechanik der Halswirbel über ihre
Luxationen anstellen kann, in ihren Resultaten vollständig be-
stätigt. Die Lehre von den Wirbelluxationen scheint mir bei
der eminenten Wichtigkeit derselben bis jetet sehr vernachlftssigt
zu sein, so dass auch ein kleiner Beitrag zu dieser Lehre viel-
leicht von den Fachgenossen dankbar aufgenommen werden wird.
Man verzeihe mir deshalb, wenn ich in diese, praktischen Beob-
achtungen gewidmete Blätter, eine kurze theoretische Betrach-
tung dieses Gegenstandes aufnehme, welche sich, soweit sie
die physiologischen Bewegungen betrifft, an die Anschauungen
Henke's*) anschliesst
Man unterscheidet an den Wirbeln Bewegungen um mediane
und quere Axen. Für umfangreiche Drehungen um mediane (von
vom nach hinten verlaufende) Axen, ist es aus leicht zu ent-
wickelnden Gründen, welche ich hier übergehen will, nothwen*
dig, dass die Axe durch die Mitte des Syndesmosenkems zwischen
beiden Wirbelkörpem und senkrecht zu der Ebene verläuft, in
welcher die kleinen Gelenkflächen der Proc. obliqui liegen. Stehen
die letzteren ungef&hr senkrecht, vne an den unteren Brustwir-
beln, so ist die Axe ziemlich genau von hinten nach vorn (sa-
gittal) gerichtet, und die Bewegungen sind ziemlich reine Ab-
ductionsbewegun^en, so dass bei gleichsinniger Bewegung meh-
rerer Wirbel die Wirbelsäule sich seitlich krümmt. Ist die Ebene,
in welcher die Gelenkflächen der Proc. obliqui liegen, gegen die
Senkrechte geneigt, wie an den oberen Brust* und besonders an
den Halswirbeln, so verläuft die Axe für diese Bewegungen nicht
genau von vom nach hinten, sondern von vorn und unten nach
oben und hinten, und hat demnach ausser ihrer sagittalen, noch
eine perpendiculäre Componente. Die Bewegungen um diese
*) Ich nehme apch hier den gewöhnlichen Fall einer soleben Luxation
an der Halewirbeletale.
942 ^f^ 0. Hoeter,
Azen Bind dann keine reinen Abdactionen mehr, soodern cosh
biniren sich mit Rotationen. Wenn z. B. der Kopf sich aui dii
rechte Schalter neigt, so rücken, abgesehen von den Bewegungt:
zwischen Kopf, Atlas und £pistropheas, an allen übrigen Hat
wirbeln die Gelenkflächen der rechten unteren Processus obliqi
des nächst oberen Wirbeb auf den unteren Tfaeil der Geleni
flächen des nächst unteren Wirbels, die Gelenkflächen der linke,
unteren Processus obliqui des nächst oberen Halswirbels da-
gegen auf den oberen Abschnitt der Gelenkflächen des näcii?:
unteren Wirbels, d. h. alle unteren Processus obliqui dextri senkes
sich nach unten, alle unteren Proc. obliqui sinistri erheben sid
nach oben, während die rechten Hälften der SyndesmosenkerD^
zusammengedrückt werden, die linken auseinanderfedem. Hier-
bei erfolgt eine Rotation des Kopfes in der Weise, dass das Kim
nach der linken Seite, das Hinterhaupt nach der rechten Seit«
gedreht wird. Gehemmt wird diese aus Abduction (Seitwärt«-
beugung) und Rotation combinirte Bewegung durch die unvoll-
kommene £lasticität und üompressibiiität der Syndesmosenkeroe.
durch die Spannung der Bänder, und endlich dadurch, dass der
untere Rand der Gelenkflächen der rechten unteren Gelenkfort-
satze am unteren Rand der rechten oberen Gelenkfortsätze de;^
nächst unteren Wirbels anstossen. Reissen nun die Bandscheibe
und die Bänder ein, so bildet sich an der zuletzt erwähnten Gon-
tactstelle ein Uypomochiion, um welches bei forcirter Bewegon;
die linken unteren Gelenkfortsätze, welche in der Bewegung nach
oben begrifien sind und die Gelenkflächen der oberen Proc. ob-
liqui der nächst unteren Wirbel schon fast verlassen haben, immer
weiter von den letzteren sich abheben und ganz ausser Contaci
mit denselben kommen. Ist die lusirende Gewalt erschöpft, 8o
können die Gelenkflächen wieder in ihre frühere Lage zurück-
gehen, und dann liegt der Fall einer Distorsion im engeren Sinoe
vor. Erfolgt aber, nachdem die Unken Gelenkflächen ihre corre-
spondirenden Flächen schon verlassen haben, eine rotirende Be-
wegung an einem Wirbel, welche den linken unteren Geleok-
fortsatz etwas nach vorn^ den rechten etwas nach hinten bewegt,
Notizen auB der Praxis der chirurgiachen Poliklioik 943
äo hakt sich bei dem Zurückgehen der untere Rande des erste*
ren vor den oberen Rand der oberen Gelenkfläche des nächst
onteren Wirbels fest, und die sogenannte einseitige Luxation
der Wirbel ist dann durch die forcirte Abductions- und Dreh-
bewegung der Wirbel definitiv zu Stande gekommen.
Man pflegt diese Form der Luxation wohl die ^einseitige
Luxation^ zu nennen, indessen ist diese Bezeichnung gar nicht
zutreffend, denn beide Gelenke befinden sich in dem Zustand
der Luxation. Der Unterschied auf beiden Seiten ist nur der,
das8 auf der einen Seite die Gelenkfort^ätze übereinanderstehen
und mit einander verhakt sind, während auf der anderen Seite
die Gelenkfläche des unteren Proc. obliquus des oberen Wirbels
»ich nach hinten von der entsprechenden Gelenkfläche des unteren
Wirbels entfernt hat. Auf der letzteren Seite stehen die Gelenk-
flächen nicht, wie auf der ersteren übereinander, sondern sie
stehen sich gegenüber, aber durch einen Zwischenraum von eini-
gen Millim. von einander getrennt. Auch die Ausdrücke „late-
rale'' oder „unvollkommene'^ Luxation sind nicht bezeichnend,
und ich möchte deshalb vorschlagen , diese Luxationsform als
„Luxation durch Rotation'^ oder „durch Abduction^ zu bezeich-
nen. Die letztere Bezeichnug wäre deshalb vielleicht der erste-
ren vorzuziehen, woil nur für die Halswirbel die luxirende Ge-
walt in erheblichem Grade rotirend wirkt, während für die übri-
gen Wirbel der Rotationsantheil bei der phyt^iologischen Ab-
ductionsbewegung, wie auch bei dem pathologischen Extrem dieser
Bewegung, welches zur Luxation führt, nur gering i«t. Freilich
kommen diese Luxationen wegen der freieren Bewegung der
Halswirbelsäule besonders häufig an dieser war und deshalb würde
sich auch gegen die Bezeichnung „ Rotationsluxation ^ nichts
Weseotliches einwenden lassen.
Die Symptomatologie der Abductionsluxation ist nach dem,
was ich oben über ihre Mechanik sagte, sehr einfach zu con-
struiren. Der Kopf*) ist nach der einen Schulter geneigt, das
*) Ich uehme aueh hier den gewöhnlichen Fall einer solchen Luzatton
an der üalswirbeleftale an.
944 Dr 0. Ha et er,
Kinn gegen die andere Schulter gerichtet. Die gerinffe Verscbi^
Schiebung der Proc. spinosi und der vorderen Fläche der Wir*
belk5rper (vom Pharynx aus zu untersuchen) sind schwer zu er-
kennen Die Drehbewegungen und Abductionen des Kopfe^ mi
zwar ausfuhrbar, aber in geringerem Umfang, weil sie ohvt
Schmerz nur in dem Atlanto-occipital- und dem Atlanto-epiFlrD-
phealgelenk ausgeführt werden können. Was das Verhalien der
Muskeln und die Symptome überhaupt betrifft, so kana ich as^
die verdienstvolle Arbeit von L. Martini*) verweisen. Dfe
fiinctionellen Störungen im Gebiete des Nervensystems sind meJir
oder weniger erheblich; sie können bei erheblicher QuetschnBC
des Rückenmarks bis zu allgemeinen L&hmungen unterhalb der
luxirten Stelle sich steigern und den tödtlichen Ausgang bedingeo.
wie z. B. ein von Riebet**) geschilderter Fall beweist, oder fk
bestehen mindestens in einer Störung der Innervation denenigea
oberen Extremität, welche den verhakten Gelenkforts&tzen ent-
spricht; indem das entsprechende Foramen intervertebral^ ver-
engt und der hier austretende Theil des Plexus brachialis ge-
quetscht wird. Die Verengerung des ganzen Wirbelcanals durch
die Luxation ist zwar nur geringfügig, aber trotzdem darf die
Möglichkeit, dass durch Druck eine IMtyelitis entsteht, nicht ausser
Acht gelassen werden.
Es ist klar, dass diese Luxationen reponirt werden müssen,
nicht allein wegen der entstellenden Deviation des. Kopfes^ soo-
dem vorzugsweise wegen der eben berührten Störungen im G^
biet des Nervensystems , deren Fortbestehen entjpreder die Fno-
ctionen der einen oberen Extremit&t, oder sogar das Leben der
Individuen bedroht. Es ist gewiss nicht fibertrieben, zu behaup-
ten, dass bei diesen Luxationen die Reposition lebensrettend
wirken kann, aber gewiss ist es ebensowenig fibertrieben, zu be-
haupten, dass die Reposition, in unvorsichtiger Weise ausgeführt,
*) WocheDbl. d. Zeitscbr. d. Aerste zu Wien. 1864. No. 18—23, t^I
Centralbl. d. med. WisaeiiBch. 1864. S. 603.
**) Gas. des böp. I^o. 144, vgl Ceotralbl. f. d. med. Wisaenseb. 1864
S. 65
Notuen aaB der Pi»xw der chirurgischen PoGklinik. 945
das Leben bedrohen kann. Ich bewundere den Hutb, mit wel-
chem Martini (1. c.) den Patienten, während derselbe stand,
am Kopf vom Boden aufhob und die Körperschwere als Exten-
Bionsmittel wirken Hess, oder mit welchem Schuh*) am Kopf
zog, ^Shrend die Schultern durch TQcher fixirt und ein Gegen-
zug am Knie ausgeübt wurde. Nachahmen möchte ich Methoden
aber nicht, wenn sie auch zum Ziele führten, denn ich halte es
für anmöglich, zu beurtheilen, in welcher Ausdehnung die Bän-
der gerissen sind, und ganz gewiss giebt es Fälle, in welchen
ein Extensionszug genfigt, um die Medulla zu zerreissen. Mag
auch bis jetzt in der Literatur kein Fall verzeichnet sein, wel-
cher so uqglflcklich endete, so hab^n wir doch alleq Grund, uns
zu befltrebep, dasß. nicht, die Literat,ur in. Zukunft mit solchen
Fällen bereichert, werde. Ja^, selbst abgesehen von jeder Möglich-
keit einer Gefahr, mfisste es auch f&r die Wirbelluxationen unsere
Aufgabe sein, an die Stelle des rohen Extensionsver&hrens, wie
es fast f&r alle Gelenke geschehen ist, ein schonenderes, auf dem
physiologischen Studium der Luxaitionen begründetes Verfahren
zu setzen. Diese Aufgabe kann nach dem heutigen Stand unse-
rer Kenntnisse über die phyaiolpgiachen Bewegungen der Wirbel
recht wohl gelöst werden und ihre Lösung ist bisher nur von
Riebet (1. c.) angebahnt worden.
Rieh et hat sich bei dem oben erwähnten, tödtlich geende-
ten Fall durch die Obdaction von der Art des Repositionshinder-
nisses, der Verhakung der Gelenkfortsätze aaf der einen Seite,
und zugleich von dem passendsten Verfahren diese Verhakung
zu beseitigen, fiberzeugt. Ein zweiter Fall gab ihm Gelegenheit,
diese Studie praktisch zu verwerthen. Die linken Gelenkfortsätze
waren verhakt; es wurde nun der Kopf zuerst gegen die rechte
Schulter geneigt und dann eine Rotation von rechts nach links
hinzugefugt. Die Reposition erfolgte sofort, und, obgleich die
Luxation schon 2 Monate bestand, hatte Riebet die Freude,
die Paresen beider Arme vollständig zurfick gehen zu sehen.
*) Wiener nw^d» W.o,cl^eif9chr|f|;« 1865. ^o. 1, vgl. Gentralbl. f. d. med.
WiBBensch. Ip66.. S. 169.
946 I>^ 0. Haeter,
Einen ganz ähnlichen Fall habe ich mit Glück darch d«
Verfahren Richet's reponirt.
Der 16jährige Knabe war einige Standen Torher die Treppe faernom*
gefallen. Der Kopf war gegen die rechte Schulter geoeigt, das Kinn gegea
die link« Schalter gedreht; im linken Arm FormicatioDen nnd ein Ge^i*
▼on Schwäche, Empfindlichkeit in der Gegend des Proc. spinosns dea 4
nnd 5 Halswirbels konnten genfigen, um die Diagnose festaastellen. Ei
war anzunehmen, dass die linken Proc. obliqni verhakt waren. Ich chlore*
formirte den Patienten, welcher auf einem Stahl sase, in Gegenwart d«;
Herren Zahörer der Poliklinik; als die Narcose Tollendet war, neigte ki
den Kopf, welchen ich zwischen meine beiden Hände gefaaat hatte, nocb
etwas schärfer gegen die rechte Schalter, als er schon geneigt stand, rotirti
dann den Kopf von rechts nach links, d. h. so, dass das rechte Ohr nach
Yorn, .das linke nach hinten sich bewegte, nnd sofort erfolgte die Reposi-
tion mit einem fflr alle Umstehenden hörbaren, schnappenden Geräoiiek
Das Oer&nsch war so stark, dass ich im ersten An^enblick fürchtete ireeiil
etwas zerrissen za haben, nnd mit grosser Besorgniss erwartete ich das
Erwachen des Patienten ans der Narcose. Doch war die DifformiAt giu
beseitigt, nnd bei dem Erwachen des Patienten constatirten wir, dass all«
Symptome verschwanden waren Eine Craratte ans Gnttapereha sehfitzt^
den Hals för einis:e Zeit vor nn'-orsichti^en Bewegungen*, doch waren ?choB
nach 14 Taeen die Bewegungen ganz schmerzfrei.
Der Schwerpunkt dieses Verfahrens liegt in der Neigung,
welche man dem Kopf in demselben Sinne giebt, in welchem er
schon geneigt ist. Man benutzt dabei das oben geschilderte Hjpo-
mochlion, welches sich an den Gelenkfortsätzen der Seite bildet,
gegen welche der Kopf geneigt wird, um dieses Hypomochlion
hebelt man die ineinandergehakten Gelenkfortsätze der entgegen-
gesetzten Seite von einander ab, nnd sobald die letzteren gena-
gend weit von einander entfernt sind, gelingt es einer unbedeo-
tenden Rotation den Gelenkfortsatz des oberen Wirbels, welcher
bei dem Zustandekommen der Luxation etwas nach vom gewi-
chen war, so weit nach hinten zu schieben, dass die Gelenk-
flächen in ihre normale Lage zur&ckgleiten. Dieses Repositions-
verfahrcn schliesst sich also eng an das allgemein aufgestellte
Princip an, dass man die Luxationen auf demselben Weg zurück-
führen soll, auf dem sie entstanden waren. Eine Verletzung kann
NoHzph ans der Praxi« der chirnrgiürhi^n Poliklinik. 947
M diesem Verfahren nicht wohl geschehen; es ist das ratio-
^llste und schonendste, welches sich ersinnen lässt.
Für denjenigen, welcher mit der anatomischen Lage der
inzelnen Theile, deren Beschreibung ohne Demonstration leicht
ndeutlich bleiben kann, nicht ganz vertraut ist, l&sst sich das
eschriebene Verfahren in folgende Regel zusammenfassen:
^Man neige den Kopf gegen die Schulter, gegen welche der-
elbe schon etwas geneigt steht, oder, gegen die Schalter, von
velcher das Kinn abgewendet ist, und drehe dann den Kopf so,
las8 das der genannten Schulter entsprechende Ohr nach vorn,
las andere nach hinten rückt.
Die zweite Luxationsform der Wirbel, welche als vollstän-
dige oder doppelseitige bezeichnet zu werden pflegt, entsteht
dorcb das Extrem der Bewegung, welche die Wirbelsäule um
quere Axen ausfahrt. Bei dieser Bewegung, welche man am
passendsten als Beugung (Annäherung des Kinns an die Fuss-
spitze) und Streckung bezeichnet, wird, wenn die Wirbelsäule
sich beugt, besonders der vordere Theil der Zwischenbandscheibe
zusammengedrückt; der hintere kann, wenn die Drehungsaxe
ungefähr durch die Mitte des Synchondrosenkerns verläuft, aus-
einanderfedern. Die beiden Gelenkflächen machen hierbei rechts
und links die gleichnamige Bewegung, und die unteren Gelenk-
flächen des oberen Wirbels rücken auf den oberen Gelenkflächen
des unteren Wirbels bei der Beugung nach oben. Bei der
Streckung treten natürlich für das Zwischenwirbelband und die
Gelenkflächen die umgekehrten Verhältnisse ein. Sehr wichtig
ist für die Frage der Luxation auch hier die Art der Bewegungs-
hemmung. Die Beugung wird fast ausschliesslich gehemmt durch
die unvollkommene CompreBsibilität und Extensibilität der Zwi-
schen wirbelbandscheibe; die Gelenkflächen und Gelenkfort.^ätze
bpielen bei der Hemmung nur eine unbedeutende Rolle, und, so-
bald die Bandfe^cheibe gerissen ist, können äich die unteren Ge-
lenkfl&chen des oberen Wirbels ohne besonderes Hinderniss noch
weiter nach oben bewegen und endlich die oberen Gelenkflächen
des ODteren Wirbels ganz verlassen. Endlich findet die pecun-
948 Dr- C. Bueter,
d&re Bewegaog, sobald sieb die bii^ire^de Gewalt an don Wid^-
st&nden ersd^Apfli bnt, im Siope der Streckung ateU, iM^i ^^aj
die li^xirende Gewalt den oberen Wirbel diorch ij^re beugenit
Wirkung etwas nacb vorn verschoben hatte, so gleiten die oateia
Gelenkflächen desselben nicht in ihre normale Lage surflck, sob
dern haken sich bei^e an dem oberen Rand der oberen Gelenk-
flächen des unteren Wirbels fest, ganz in derselben Weise, wh
bei der oben ged.childerten Abductionsluxation die Gelenkfortsatet
einer Sicdt^, ßich verhaken. Die forcirte Streckbewe^ns der Wir-
bel l^ann £U einem ähnlichen Reßultat, zu einer Lnxa^ion^ nieh.
fähren, denn diese Bewegung wird niqht allein di^rch (}]e Spac-
nuQg der Z^isohen,wirbelb^p4«cbeibQ, sonder^i. aqcb, be^oiidArsas
den Halswirbeln, di^rch d^n Con^ct der W,irbe}bpg(Bp frü|ier ge-
hemmt, ehe die Geleqkfläphei^ sjch ^erlassen Icönpen. SoIIk
durch UeberjstreQkung der, Wirbel eine Luxatiort bewirbt werdec,
so n^/issten zuvor die Wirbelbpgi^ a^rtrümmerti wj^rden, Dnreb
die forcirte. Bewegung um qi^ere. Axen kann somit no^ eine eis-
zige Lufafiionsform ent^telie^, es k,apn npr durch Deb^rbei)gi)nf
der obere 19(irbel nach vorn, vom unteren luxir^n.
Dii^se Luxationsform bezeichiie ich, io^^ Gegensatz siir Ab-
ductionslu^atipn, als Beugung^uxation, weil mir, die Bez^eichnöD*
gen als. „vollständige^ oder „doppelseitige^ Luution nipht s&-
treffen4 erscheinen. Die Symptomatologie. 4f^®r Beoe^ngslaia-
tion ist einfach aus dpm Gesagten zu entwickeln. Der oberhalb
der luiirtei^ Wirbel gelegene Körpertheil, ist vornüber gebeog;
zeigt aber keine seitliche Abweichung. Der Proc. -"pinosus dei
unteren Wirbels pfominirt stark nach hinten, indem vom luxir-
ten oberen Wirbel an die Linie der^ Domfortsätze plötzlich oact
vorq weicht. Bei Luxationen dieser Art an den Halswirbeln ist
die entsprechende Knickung an d^r vorderen Linie der Wirbei-
körper deutlich vom Pharynx aus zu fahlen. Die hintere Pbä-
rynxwand weicht von dem luxirten unteren Wirbel ab, pl5tz1icii
nach hinten. Die Verletzung des Rückenmarks muss immer sehr
e,rheblich sein, weil der gaqze W^i^belcanal beträchtlich vereogi
wird. Es mögen auch Fälle vorkommen^ in wichen bei der
Notizen ans der Praxis der chirorgischeo Poliklinik. 949
Luxatien die MeduUa ganz durchrissen wird^ und dann bei Luxa-
tionen der Halswirbel wohl augenblicklich der To^ eintritt Doch
ist die Verletzung nicht immer so bedeuteixd, dass, wie Mar-
tini (!• ^0 glaubt, das Leben nicht mehr bestehen kann. Jeden-
falls sind Fälle*) beschrieben , in welchen der l|Od erst nach
Wochen erfolgte, und ich habe ein von Dr. G oho beim im pa-
tholojgischen Institut gewonnenes Präparat genauer unjbersncbt,
w^elches einer, erst qi^hrere Woc^hen nach der. Verletzung der
consecutiTen Mylitis erleg^nen, ungefähr 16)äbrigen Patientin an-
gehörte. Ob freilich bei bestehender Luxation das Leben der
Patientin dauernd erhalten werden kann, ist frap^Iich.
Man bat wohl behauptet, dass die Reposition dieser Luxa-
tionen ausserhalb des Machtbereichs des Chirurgen liege, theils
weil der Tod a.uch nach der Reposition durch die Verletzung des
Rückenmarks erfolgen mässe, theils weil bei der Reposition augen-
blicl^ch der Tod durch Zerreissung di^r Medulla eintreten^ könne.
Die letztere Gefahr wäre auch dann unzweifelhaft, wenn auch die
unglflcklichen Fälle von Petit-Radel und Brodie (vgl. Wern-
her a. ^ 0.) nicht bekannt geworden wären; aber di|dse Ge-
fahr kajin uns doch nur aufforderif , Verfahren f&r die^ Reposition
zu ersinnen, welche diese Gefahr möglichst ans^chliessen. Das
erstere Bedenken erscheint; theoretisch nicht gerechtfertigt^ denn
die Vei;engerung des Wirbelcanals ist keineswegs so bedeutend,
dass das ^anze Rückenmark iipmer durchrissen sein müsste, und
es ist mindestens möglich, da»s nach der Repostipn durch den
erhalten gebliebenen Theil des Rückenmarks die Reppsitions-
bewegungen u. s. w. fortdauern können, oder dass selbst eiqe
partielle Wiedervereinigung der durchrissenen Stränge eintritt.
Jedenfalls ist die absolute TödÜichkeit der Verletzung für den Fall,
dass die Reposition zeitig bewirkt wird, nicht erwiesen, und
Einrichtungsversuche sind dann am Platz, wenn sie ohne viel
Gefalir f&r das Leben ausgeführt werden können.
*) Vgl. die genauen Angaben Wernher*B in seinem Handbnch der
Chirurgie. Bd. III. 1857. S. 27 n. f.
950 t>r. C. H neter,
Es ist immer misslich, therapeutische Vorschläge zu machrt
ohne ihren Werth thatsächlieh geprüft zu haben; doch berer:
tigt mich ein sorgfältiges Studium der vorliegenden mechanisch'''
Verbältnisse zu dem Vorschlag folgender Repositionsmetho«i-
welcher es vielleicht gelingen mag, in den verzweiflangSToIl.:
Fällen completer Halswirbel! uxationen das Leben zu erluilte:
Man fasse den Kopf zwischen beide Hände und neige ihn gegf :
eine, z. B. die rechte Schulter. Dann bildet sich an den ver-
hakten rechten Gelenkfortsätzen ein Hypomochlion , nm welchr^
sich die linken verhakten Gelenkfortsätze von einander abhebe}^.
Sobald dieselben von einander gewichen sind, drehe man dei
Kopf, wie in dem oben erwähnten Fall von einseitiger Lusation.
von rechts nach links. Es wird dann der untere linke Gelenk-
fortsatz des oberen Wirbels zwar nicht in seine normale Stellnnf
zurückkehren, aber seine Gelenkfläche wird der entsprechendem
Gelenkfläche des unteren Wirbels entgegentreten, und die Beu-
gnngi::luxation wird in eine Abductionsluxation übergefShrt sein*
oder, um mich der alten Bezeichnungen zu bedienen: die doppel-
seitige Luxation ist zu einer einseitigen geworden. Nun neigt
man den Kopf gegen die linke Schulter, degagirt so die ver-
hakton rechten Gelenkfortsätze, dreht dann den Kopf von links
nach rechts, und reponirt so die künstlich producirte Äbdactioo^-
luxation auf dem oben beschriebenen Wege. Diese Methode,
gegen deren Aut^führlichkeit auf Grund mechanischer Betrach-
tungen keine Einwände erhoben werden können, hat den grosses
Vorzug vor der vorgeschlagenen und ausgeführten gewaltsamen
Extension, dass eine Zerrung des Ruckenmarks nur im gering-
sten Grade stattfinden kann. Die Hypomocblien, um welche die
Bewegungen ausgeführt werden, liegen dem Rückenmark so nab#,
dass ein Einriss desselben gewiss weniger leicht geschehen kann,
als wenn man den Kopf noch stärker vornüberbeugen oder io
der Richtung der Lägnsaxe des Körpers anziehen würde. Nacii
bester üeberzeugung glaube ich die beschriebene Methode zum
Versuche einer Lebensrettung bei Beugungsluxationen der Wirbel
empfehlen zu können.
Notizen aus der Prazig der chirorgiftchen Poliklinik 95 X
Ich kann an dieser Slelle nicht unerwähnt lassen, dass JuL
Roux*) den Vorschlag gemacht hat, bei diesen Luxationen auf
der einen Seite der verrenkten Wirbel einen Einschnitt zu machen,
den Gelenkfortsatz zu reseciren und dann durch Drehung des
Kopfes die Luxation in eine einseitige überzufQhren, welche das
Rückenmark weniger belästigen würde. Begreiflicher Weise ist
dieser Vorschlag, wie es scheint, von keinem Chirurgen ausge-
führt worden, doch hat er insofern einiges Interesse, als Roux
denselben Plan auf operativem Wege zu verfolgen empfiehlt, wel-
chen ich auf mechanischem Wege unter besseren Aussichten
durch meine Methode zu realisiren hoffe.
Bei der Seltenheit der Zehenluxationen darf vielleicht
der nachfolgende Fall einige Beachtung beanspruchen, zumal da
derselbe den Mechanismus der Luxation recht gut charakterisirt.
Der ISjäbrige Patient trat mi dem Fusb gegen einen Holzklotz, auf
welchem er Holz mit einem Handbeil spaltete. Bin schlecht geführter Hieb
traf den Klotz allein, trieb ihn gegen die Plantarflftche der grossen Zehe
und das Resultat war eine Luxation der Bndphalange der grossen Zehe auf
die Dorsalflfiche der Grnndphalange. Offenbar war diese Luxation ans einer
Uyperextension der grossen Zehe, wie die entsprechenden Fingerluxationen,
hervorgegangen, und wurde von mir duith Hypereitensiou auch ohne MQhe
reponirt.
Von den Luxationen des Fusses im Sprunggelenk
habe ich 3 Fälle behandelt In sämmtlichen Fällen war der
Fuss im Talo • Tibialgelenk nach vorn luxirt. Wie Henke*)
nachgewiesen hat, kann diese Luxation durch forcirte Dorsal-
flexion entstehen, indem um das Hypomochlion des vorderen
Tibiarands die .Gelenkflächen sich abhebein, die Tibia dann
über die Fläche der Talusrolle nach hinten gleitet und endlich
durch die secundäre Bewegung der Fuss in einen leichten Grad
von Flantarflexion gebracht wird. Dieser Mechanismus würde
die relative Häufigkeit der Luxationen des Fusses nach vorne
gegenüber den Luxationen des Fusses nach hinten, welche durch
*) Vgl. Bardeleben, Lehrbuch der Obir. 8. Ausg. 2. Bd S. 651
^^j Luxationum et contracturarum tarsi dedcriptio pathol - anatomiea.
Dissertatio inaug Marburg Ibo?.
954 ^r* C Haeter,
So se raschen Methode zumeist den Oberschenkel in starke Br.
guDg, wobei der Kopf sich von der Inclsora ischiadiea ^.
unten bewegte, und daon in Abduction, welche den Kopf in i
Nähe des Acetabulum brachte. In dem ersteren Fall glitt 1-
der Abductionsbewegung der Kopf immer am unteren Pfanne:
rand vorbei auf das Foramen ovale und, wenn ich dann k
Schenkel adducirte, wieder zurück gegen die Incisura ifichiadi/^
so dass ich mehrmals die Lu&atio iöchiadica in eine LuXiUf.i
auf das Foramen ovale und diei^e wieder in eine Luxatio it^cb^
dica überführte. Schlieslich gelang es mir, bei stark gebengt«^
aber massig abducirtem Oberschenkel denselben durch Anzielte
nach oben über den unteren Pfannenrand za heben and so i
Reposition zu vollenden. Roser*) hat einen solchen Uebergarj
der Luxatio ischiadiea in die Luxation auf das Foramen o^i
gesehen und beschriebeu; dasselbe sah Wutzer**) und vor ihn
Cooper in umgekehrter Richtung eintreten. Mir ist es te
Lt'ichen versuchen gelungen, diesen Uebergang zu sehen und i*
demonstrireu. Es ist nicht unwichtig, dieses Phänomen zu keimee.
denn einem wenig orientirten Chirurgen könnte es vorkoDUDei
dass er in dem guten Glauben, die Luxatio ischiadiea repor
zu haben, dieselbe uur in eine Luxation auf das Foramen ovi
überführte.
Hl. üeber eine neue Methode zur Fixirnng der Extre
mitäten bei Anlegung der Goatentivverbände.
Wer viel Contentiv verbände anzulegen hat, wird, ohoe?^
zu wollen, allmälig neue Modificationen an deubclben anbringt^
und da ich jährlich mehrere Hundert solcher Verbände am.
legen habe, 90 bin ich eben auch zu solchen Modificationen f^
lan^t. Ich bin nun zwar überzeugt, dass auf solche kleine Ver
besserungen nicht viel zu geben ist; aber eine derselben t:
*) Handbuch der auatom. Chirurgie. 2. Auflage. 1&Ö4. S. 61(<
•) ?. Langeubeck'8 Archiv. Bd. VL S. 671.
Kotizeo auB der Praxis der chirurgiBchen PoIil^IiDik 943
so hakt sich bei dem Zurückgehen der untere Rande des erste-
ren vor den oberen Rand der oberen Gelenkfläche des nächst
unteren Wirbels fest, und die sogenannte einseitige Luxation
der Wirbel ist dann durch die forcirte Abductions- und Dreh-
bewegung der Wirbel definitiv zu Stande gekommen.
Man pflegt diese Form der Luxation wohl die ^einseitige
Luxation^ zu nennen, indessen ist diese Bezeichnung gar nicht
zutreffend, denn beide Gelenke befinden sich in dem Zustand
der Laxation. Der Unterschied auf beiden Seiten ist nur der,
dass auf der einen Seite die Gelenkfortäätze übereinanderstehen
und mit einander verhakt sind, während auf der anderen Seite
die Gelenkfläche des unteren Proc. obliquus des oberen Wirbels
iiich nach hinten von der entsprechenden Gelenkfläche des unteren
Wirbels entfernt hat. Auf der letzteren Seite stehen die Gelenk-
flächen nicht, wie auf der ersteren übereinander, sondern sie
stehen sich gegenüber, aber durch einen Zwischenraum von eini-
gen Millim. von einander getrennt. Auch die Ausdrücke „late-
rale** oder „unvollkommene^ Luxation sind nicht bezeichnend,
und ich möchte deshalb vorschlagen, diese Luxationsform als
„Luxation durch Rotation^ oder „durch Abduction^ zu bezeich-
nen. Die letztere Bezeichnug wäre deshalb vielleicht der erste-
ren vorzuziehen, weil nur für die Halswirbel die luxirende Ge-
walt in erheblichem Grade rotirend wirkt, während für die übri-
gen Wirbel der Rotationsantheil bei der phyi^iologischen Ab-
ductionsbewegung, wie auch bei dem pathologischen Extrem dieser
Bewegung, welches zur Luxation führt, nur gering kt. Freilich
kommen diese Luxationen wegen der freieren Bewegung der
Halswirbelsäule besonders häufig an dieser war und deshalb würde
sich auch gegen die Bezeichnung „ Rotationsluxation "^ nichts
Wesentliches einwenden lassen.
Die Symptomatologie der Abductionsluxation ist nach dem,
was ich oben über ihre Mechanik sagte, sehr einfach zu con-
struiren. Der Kopf*) ist nach der einen Schulter geneigt, das
*) Ich nehme auch hier den gewöhnlichen Fall einer solchen Luxation
an der üalswirbeleftule an.
956 Dr. 0. Hiieter,
Übungen beginnen, so weit gediehen ist, dass das Körpergewi
bei dem Gehacte in der Umformung der FnsBwnnelknochen ds5
jenige leistet, was die Verbände su leisten übrig gelassen habes
Sobald man durch die Verbände soviel enielt bat, dass bei de^
Auftreten das dem äusseren Fussrande zunächst liegende Stüd
der Planta den Boden berührt, kann man getrost dem Körpd
gewicht die übrige Arbeit überlassen, welche dasselbe ja aod
bei dem physiologischen Gehacte vollbringt, wie ich ia diese^
Archiv (Bd. IV. S. 125. n. f.) nachgewiesen habe. Der Yorricbl
halber lasse ich im Anfang die Kinder ein Stiefelcb^i mit äussert
federnder Seitenschiene tragen, welche den Fnss beim Gehd
etwas nach aussen hält
Wenn man nun schon im ersten Lebensjahr die Behandlm^
von Klumpfüssen dnrchi&hrcn will, so erscheint mir der Gebranä
von Haschinen aus verschiedenen Gründen verwerflich. SelbrI
dem geschicktesten Bandagisten wird es kaum gelingen, Maschi-
nen anzufertigen, welche sich so genau an die kleinen Ffisscbec
anschliessen, dass man sich auf die Wirkung der Maschinen ver-
lassen könnte. Schliesst nun die Maschine nicht genan denFosf
an, so fällt entweder die Wirkung derselben weg oder sie coo-
centrirt sich auf einen kleinen Theil des Fusses und die tsjie
Haut des Säuglings excoriirt oder vrird gar gangränOs, so dass mafi
die Behandlung auf längere Zeit unterbrechen muss. Jedenfalls i^t
eine genaue üeberwachung des Kranken und seiner Maschine vo3
Seiten des Arztes nothwendig, und man darf bei zarten Kindern
die Anlegung der Maschinen nicht für Wochen den Angehörige»
überlassen. In der poliklinischen Praxis ist eine solche Üeber-
wachung gar nicht möglich, und in dieser Praxis wird die An*
Wendung der Maschinen schon durch den Preis derselben unmög-
lich. Rechnet man dazu die Zerbrechlichkeit der Maschinen, die
Noth wendigkeit ihrer Erneuerung bei schnellem Wachsthum des
Kindes, die Unmöglichkeit, an allen Orten, besonders auf dem
Lande gute Maschinen zu bekommen, so wird man, vrenigsten'
bei zarten Kindern, und bei diesen um so mehr, den Gebrancb
der Maschinen verwerfen, weil man bei ihnen dnrch Gontentiv-
Notizen ans der Praxis der chimrgiBclfen Poliklinik. 957
erbände ebenso schnell, viel bequemer und billiger zum Ziel
ommt. Diese und vielleicht noch andere Gründe sind für die
rosse Verbreitung, welche die Gontentiv verbände fast überall
Ir die Behandlung der Elumpfusse gefunden haben, maassgebend
:ewesen, und auch ich bin immer mit ihren Erfolgen sehr zufrieden
lewesen, besonders aber, seitdem ich in folgender Weise verfahre.
Ich umfasse bei einem linken Klumpfuss mit meiner rechten
land das obere Ende des Unterschenkels und fixire dasselbe,
während dfe linke Hand einen um den Metatarsus des Kindes,
licht hinter den Zehen über die Planta angelegten Binden- oder
Eleftpflasterzügel ergreift. Die Enden dieses Zügels stehen nach
oben und aussen, und durch eine Beugebewegung des kleinen
und vierten Fingers bin ich im Stande, besonders den über den
äusseren Fussrand verlaufenden Theil des Zügels stark anzuzie-
hen. Der Fuss kann so in das Eistrem der Pronation gestellt
Virerden, gerade wie eine Gontraction des M. peroneus longus ihn
stellen würde, dessen Wirkung in der Wirkung des Zügels genau
nachgeahmt wird. Während ich auf diese Weise den Fuss im
Extrem der Pronation (Abduction) fixire, legt ein Gehülfe den
A A sind die Hände des haltenden, ß B die Iländc des den Verband an-
legenden Chirurgen.
61*
968 ^ Dr. C. Hueter,
Gypsverband in der gewöhnlichen Weise an. Der nebenstehende
Holzschnitt wird die beschriebene Methode der Fixirong noiL
deutlicher erklären. Ich erziele durch diese Methode folgende
Vorttieile: 1) stören die Hände des Haltenden in keiner Weise
die Hände dessen, welcher den Verband anlegt, welcher natar-
licb über den Zügel hingeführt wird, während früher bei dem
Halten des Fusses an Ferse und Zehen das Anlegen wegen de5
kleinen Raumes am Kinderfuss sehr schwierig war — 2) wiru
der Fuss viel gleichmässiger und kräftiger in die Pronation ge-
stellt und erhalten, als dieses bei dem Halten an den glattes
Zehen möglich war — 3) ermüdet der Haltende sehr wenig, weil
er an einem langen Hebelarm zieht, und ist so im Stande, den
Widerstand der Muskeln des Fusses viel besser zu überwinden, —
4) wird deshalb die Narcose, welche ohne diese Methode früher
wegen der bedeutenden Muskelwiderstände und des schlechteo
Angriffspunktes für die haltende Hand ganz unumgänglich war
ziemlich überflüssig. Wenigstens habe ich früher die Chloroform-
narcose nie entbehren können, um einen wirksamen Verband
an kleinen Füssen zu erzielen; jetzt arbeite ich immer ohoe
Narcose und komme doch ebenso schnell, vielleicht noch schnel-
ler als früher zum erwünschten Ziel. — Tenotomien der Achiilefr-
sehne mache ich nie mehr, seitdem ich gesehen habe, dass ein
Kind nach der Tenotomie der Achillessehne durch eine Phleg-
mone, ein anderes durch eine Blutung £Ast getodtet worden
wäre. Solche Erfahrungen sind gewiss schon an allen Orten
gemacht, aber nicht veröffentlicht worden. Mag nun auch in
hundert Fällen die Operation harmlos sein, und erst im 101.
gefährlich, so fragt sich jedenfalls, wie viel Nutzen die Opera-
tion schafft. Ich halte denselben für gering, vielleicht für Null,
weil ja nicht die Verkürzung der Achillessehne und jedenfalls
nicht diese allein, sondern die Vorbildung der Fusswurzelknochen
die Difformität bedingt. Wenn noch heute Orthopäden behaap-
ten, dass man ohne Tenotomie der Achillessehne keine Klump-
fusse heilen kann, so beweist das nur, dass diese Orthopäden
es nicht mit richtigen Mitteln versucht haben, und wenn die
Notizen ans der Praxis der chirurgischen PoIikUnik. 959
üeiluDg der Klumpfüsse erst seit der Erfindung der Tenotomie
|2^elungen ist, so beweist dieses nur, dass Stromeyer und seine
tenotomisehen Nachfolger ausser ihrer tenotomischen Kunstfertig-
keit auch hinlängliche Kenntnisse der Mechanik besassen, um
nach, nicht durch die Tenotomie, mittelst der nachfolgenden
mechanischen Behandlung Klumpfüsse zu heilen.
Wenn die Behandlung des Pes yalgus die Anlegung eines
Gypsverbandes erfordert, so kann man wiederum den Binden-
zügel zur Fixation benutzen ; nur wird derselbe natürlich auf die
Dorsalfläche des Mittelfusses angelegt und die Bindenenden kom-
men nach innen und unten zu stehen, so dass der äussere Fuss-
rand, über welchen man das äussere Ende des Bindenzügels
besonders kräftig einwirken lassen muss, erheblich nach unten
gesenkt wird. Handelt es sich um einen Pes equinus, so ver-
läuft der Bindenzugel, wie bei dem Pes varus, über die Planta,
aber die beiden Enden werden direct nach oben gestellt, und
die Einwirkung des kleinen Fingers, welche ich oben für die
Behandlung des Pes varus als besonders wichtig hervorhob, fällt
natürlich weg. Auch hier ist es wunschenswerth, dass der Zügel
auf das vorderste Ende des Mittelfusses einwirkt, damit man an
möglichst langem Hebelarm das Sprunggelenk bewegt.
In der Regel bediene ich mich für die Bindenzügel wollener
Binden, weil sie sich weniger leicht auf der Haut verschieben,
als leinene Binden. Häufig habe ich auch bei kleinen Klump-
füssen 1 — 2 fingerbreite Heftpflasterstreifen benutzt, welche sehr
fest der Haut anliegen. Man hat eine venöse Gonstriction nicht
zu besorgen, weil die Dorsalfläche des Fusses frei bleibt und
nach Vollendung des Verbandes die Zusammenschnürung der
Planta ziemlich aufhört.
Sehr bequem ist die Anwendung ^^s Bindenzügels iur die
Anlegung des Gypsverbandes nach der Streckung der Kniege-
leukscontracturen in der Narcose durch die Methode v.Langen-
beck's. Sobald die manuelle Streckung vollendet ist, legt man
einen breiten Bindenzügel über die Patellargegend, dessen Enden
zu beiden Seiten des Kniees nach unten laufen. Die Hand des
960 Dr. 0. Hueter,
fixirenden Gebülfen steht der Kniekehle gegenüber nad zieht fr
ZügeleDdeo kräftig nach unten an. In keiner anderen Web-
kann man so vollkommen das durch die mannelle Action ei |
reichte Extrem der Streckung bis nach Erhärtung des VerbsE
des sichern, ohne dass die Anlegung des Verbandes ii^nd b^
hindert wfirde. Bekanntlich wird in der Regel, am das Zurück-
federn des Gelenkes in die gebeugte Stellung zu verhüten, währen:
der Anlegung des Gypsverbandes die Hand auf die Vorderfläefir
des Eniees gedrückt, dann kann aber der Verband, welcher ge-
rade am Knie sehr fest sein muss, nur unvollkommea angel^
werden, während der Bindenzügel ohne Störung von dem Gype
verband bedeckt wird. — Bei der Therapie des Greno Talgni:
pflege ich ebenfalls den Bindenzügel zu verwenden, doch v^-
weise ich in dieser Beziehung auf die nachfolgenden Bemerkuo-
gen zur Therapie des Genu valgum.
An der oberen Extremität habe ich ebenfalls h&ofig die
Bindenzügel zur Fixation bei Anlegung der Gypsverbände beautst
Besonders waren es Fracturen mit grosser Neigung zur Disloca-
tion, welche durch einfache Extension während der Anleguif
des Gypsverbandes nicht erfolgreich genug bekämpft werdea
konnte. Hierhin gehören besonders Infractionen in der ICue
beider Vorderarmknochen, deren Knickung dem manuellen Es-
tensionszug an der Hand des Patienten häufig weniger leieht
nachgiebt, als die Dislocation der Fracturen am unteren Driu-
theile des Radius zu thun pflegt; ferner bieten die Fractaren m
unteren Ende des Humerus, welche ich als Fractnra condylici
humeri*) bezeichnet habe, zuweilen Gelegenheit, sich des Bin-
denzügels mit Vortheil zu bedienen, wenn nämlich der Vorder-
arm mit dem kleinen unteren Fragment des Humerus nach hin-
ten dislocirt ist. Um in einem solchen Fall die Repositiou zu
bewirken und bis zur Vollendung des Verbandes zu erhalten,
muss der Vorderarm nach vom, zugleich aber der Oberarm etwas
nach hinten gezogen wurden« Das letztere bewirkte ich früher
durch die Finger eines Gehül^n, welche hakenförmig dieBeugeseite
*) T. Langenbeck's Archiv. Bd. YIU. S. 160 u. f.
Notiiev &V8 der Praxis der chirargiBchen Poliklinik. 961
des uateren Absehnittes des Oberarmes umfassen; jetet gebrauche
ich einen Bindenzfigel, welcher ebenfaUs die Bengeseite des Ober-
armes amfassty nach hinten angezogen erhalten wird, und die An-
legung des Gypsverbandes gar nicht behindert, w&hrend die Fin-
ger des Assistenten immer für die Anlegung des Verbandes sehr
störend einwirkten.
Es versteht sich von selbst, dass ich noch f&r verschiedene
andere, als die im vorhergehenden specialisirten Zwecke die
Bindenzügel gebraucht habe; ich habe nur kurz diejenigen Ge-
legenheiten bezeichnet, wo dieselben besonders gute Dienste bie-
ten, nnd wenn die Herren Gollegen die Bindenzfigel in ihre Praxis
einfahren werden, so bin ich überzeugt, dass sie denselben all-
m&lig einen noch grösseren Wirkungskreis einräumen werden,
als ich ihnen durch die vorstehenden Bemerkungen zun&chst zu-*
zuweisen versucht habe.
JV. Zur Theorie und Therapie des Genu valgum.
Seitdem ich in 2 verschiedenen Arbeiten (s. dieses Archiv.
Bd. IL S. 622 und Virchow's Archiv f. path. Anatomie. Bd. 26)
die anatomischen und entwickelungsgeschichtlichen Verhältnisse
des Genu valgum dargelegt habe, habe ich drei weitere Präpa-
rate von dem gewöhnlichen Genu valgum untersuchen können,
und sowohl durch das Studium dieser Präparate, wie auch durch
eine sehr reichhaltige klinische Erfahrung in Betreff dieser Krank-
heit ist die Richtigkeit der von mir über dieselbe aufgestellten
Lehren über jeden Zweifel erhoben worden. Ich recapitulire
diese Lehren hier in kurzen Sätzen, deren Begründung in den
erwähnten Aufsätzen zu finden ist.
Das gewöhnliche Genu valgum *J ist begründet in einem
Excesse der normalen Umbildung des Kniegelenkes 'aus seinen
foetalen zu seinen erwachsenen Formen. Diejenige physiolo-
gische Umbildung, durch welche die Entstehung des Genu val-
*) Ich verstehe unter dem »gewöhnlichen Genu valgam* alle diejeni-
gen Fälle von Abductionsetellang des Kniegelenkes, welche sich ohne eine
Spnr von entzündlichen Symptomen entwickeln, und nur selten, dann aber
erst in dei/ späteren Stadien, mit Brscheinnngen der Arthritis deformans
sich complieiren.
:
962 !>'• C. Hneter,
gus vorgezeichnet wird, besteht vorzugsweise: 1) in der Bild
einer kleinen Grube am Gondylus ext. femoris, an der Stei
wo die für die Articulation mit der Patella bestimmte Geled
fläche sich abgrenzt von dem mit der äusseren Gelenkfläcbe di
Tibia articulirenden Abschnitt; 2) in dem Zurückbleiben «li
Höheuwachsthums am vorderen Rand der äusseren GelenkdIdJ
der Tibia, während der entsprechende vordere Rand der inner«!
Gelenkfläche durch ein hier relativ bedeutenderes Höhenwaek»
thum der Tibia höher zu stehen kommt Beide physiologi^lHl
Ereignisse sind abhängig von der Belastung des EniQgeleflkeii
durch das Körpergewicht bei dem Stehen und Gehen. Das G^
wicht lastet auf gestrecktem Kniegelenk, und weil am Schloss der
Streckung wegen der eigenthümlichen Krümmung des Condylm
int. femoris eine Rotation der Tibia nach aussen entstehen mmsi
so wird der Meniscus ext. viel starker, als der Meniscos in:
zwischen Tibia und Femur eingeklemmt. Durch diese Ein-
klemmung drückt das Körpergewicht die erwähnte Grube in den
Gondylus ext. femoris, und hemmt das Wachsthum am vorderoo
Rande der äusseren Tibiagelenkfläche. Beide Effecte können ab-
norm gestiert werden: 1) durch abnorme Weichheit der Knor-
pelsubstanz; 2) durch abnorm starke Belastung, und dann ent-
steht das gewöhnliche Genu valgum mit seinen 4 Cardinalsym-
ptomen. Das erste Symptom, welches klinisch inmier in deD
Vordergrund tritt, ist die Äbduction des Unterschenkels, bedingt
dadurch, dass bei dem Schluss der Streckung am Gondylus exu
femoris und der äusseren Gelenkfläche der Tibia Punkte mit ein-
ander in Gontact kommen, welche viel niedriger liegen, als die
correspondirenden Punkte an dem Gondylus int. femoris. Als
zweites Gardinalsymptom ist zu bezeichnen die Ueberstreckung
des Kniegelenkes; sie ist abhängig von der Tiefe der erwähnten
Grube am Gondylus ext. femoris, welche als hemmende Barriere
für die Streckung dient, und von He nie ganz passend als Hem-
mungsfacette bezeichnet wird. Je tiefer diese Grube durch die
Streckbewegungen eingedrückt wird, desto später wird bei der
Streckung der Meniscus gegen diese Grube angedrückt. Von
Notizen aas der Präzis der chirargischen Poliklinik. 963
der üeberstreckung des Kniegelenkes bei Genn valgnm ist direct
abhängig die starke Rotation nach aussen, das 3. Gardinalsym-
ptom des Genu valgnm; denn, wenn die Hemmung der Streckung
erst spät erfolgt, so kommt der eigenthümlich gekrümmte obere
Abschnitt des Gondylus int. femoris, welcher die Rotation der
Tibia nach aussen, am Schlüsse der Streckung, bedingt, inmier
mehr and mehr zur Wirkung. Endlich ist als 4. Symptom des
Genu valgum zu bezeichnen das Verschwinden der Abduction
des Unterschenkels und seiner Rotation nach aussen, d. h. der
unter 1 und 3 motivirten Symptome, sobald der Unterschenkel
gebeugt wird. Dieses Symptom ist in therapeutischer Beziehung
von einigem Interesse, wie ich gleich zeigen will; es ist sehr
frappant, indem schon bei massiger Beugung das ganze Krank»
heitsbild sich vollkommen verwischt und so unkennbar wird,
dass bei gebeugtem Knie Niemand sagen kann, ob das betreffende
Individuum an Genu valgum leidet oder nicht Dieses sehr über-
raschende Symptom, welches durch keine der früher über diese
Krankheit aufgestellten Theorieen genügend erklärt werden konnte,
findet in dem pathologisch-anatomischen Befund seine einfachste
Aufklärung; sobald bei beginnender Beugung die zu niedrigen
Partieen des Condylus ext femoris und der äusseren Gelenk-
fläche der Tibia ausser Gontact kommen, fehlt jedes Motiv für
eine Difformität an dem sonst völlig gesunden Gelenke.
Es mag kaum irgend eine Erkrankung geben, welche in so
klarer, zweifelloser Weise aus den physiologisch- und patholo-
gisch-anatomischen Befunden ihre vollkommene Aufklärung findet,
als das Genu valgum. Für diejenigen CoUegen, welche nicht in
der Lage sind, an einem Präparat sich von der Existenz der
berührten Veränderungen an den Gelenkflächen überzeugen zu
können, bemerke ich noch, dass man bei ausgepiägten Fällen
f on Genu valgum auch am Lebenden die kleine Grube am Gon-
dylus ext femoris fahlen kann. Folgt man bei spitzwinkelig ge-
beugtem Knie, in welcher Stellung die Gontouren der oberen
Abschnitte an den Femnrcondylen scharf hervortreten, mit dem
Finger dem äusseren Rande des Condylus ext. femoris, so gleitet
964 Dr. C. Haeier,
der Finger in die kleine Grube , nnd dieselbe erscheint für is.-
Gefühl ungefähr so, als ob man mit dem Finger einen Eindrad
in die Gelenkfläche gemacht h&tte. Am normalen Kniegelenk k
die Grube so flach, dass man mit dem Finger nar eine And«-
tong derselben, bei Kindern auch nicht einmal diese fShtL
Wenn schon theoretisch in aetiologischer Besiehnng, wie id
oben bemerkte, die Möglichkeit einer zu geringen Widerstands^
l&higkeit der Gelenkfl&chen und die Möglichkeit einer sn staiieo
Belastung derselben für die Aetiologie des Genn ralgon ans-
einander gehalten werden müssen, so ergiebt sieh in praxi, dsss
sich nach diesen beiden Möglichkeiten zwei Reihen von Erkran-
kungen sehr scharf von einander scheiden, deren eine ieh antei
dem Namen „Genn valgum rachiticum^, deren andere ieb
unter dem Namen „Genu valgum statioam^ begreifen möchte.
Das rachitische Genu valgum entsteht durch nornude Belastimg
der krankhaft erweichten Gelenkfiächen vom 2.-6. Lebenajahm
d. h. in der Periode, in welcher die Rachitis noch florid existirt;
das statische Genu valgum entsteht durch abnorme Belastnng
der gesunden Gelenkflächen vom 14. Jahr an bis zur YoUendung
des Wachsthums bei den jungen Leuten, welche durch den g^
w&hlten Beruf während der noch fortschreitenden Entwiekelang
des Kniegelenkes gezwungen sind, viel zu gehen, zu stehen, oder
noch dazu schwere Lasten zu tragen, also bei BäekerlehrlingeiL
Schmiedelehrlingen, jungen Eaufleuten, Kellnern u. s. w. Mao
muss freilich die Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit zugeben,
dass eine in früher Jugend abgelaufene Rachitis für die £nt-
wickelung des statischen Genu valgum eine gewisse Prädisposi-
tion zurücklässt; immerhin aber glaube ich, die beiden Fonneo,
wenn ich die zahlreichen nun von mir beobachteten Fälle über-
sehe, streng auseinander halten zu müssen, zwar nicht in Bezog
auf die klinischen Erscheinungen und den pathologisch-anatomi«
sehen Befund — denn diese sind in beiden Formen ganz ideo-
tiseh — wohl aber in chronologischer, aetiologischer, und, wie ieh
gleich «1 zeigen versuchen werde, in therapeutischer Beiiebimg.
Nachdem das oben bezeichnete 4. Gardinalsymptom des
Notizen ms der Praxis der chirurgischen Poliklinik. 965
Gena valgum, das Verschwinden der Difformität la gebeugter
StelluDg des Kniees, meine Aufmerksamkeit bei der klinisohen
Beobachtung immer mehr gefesselt hatte, wurde ich bald dazu
bestimmt, diese Eigenthümlichkeit des Genu yalgum für seine
Therapie zu Terwerthen. Waren meine Anschauungen über das
Wesen des Genu valgum richtig, so musste es möglich sein, durch
längere Fixation des Kniegelenkes in gebeugter Stellung die Dif-
formität auch für die Dauer zum Verschwinden zu bringen. Ich
rechnete hierbei auf die Neigung des Enorpelgewebes zu Wuche-
rungen bei rachitischer Erkrankung, und stellte mir vor, dass bei
rachitischen Kindern mit Genu valgum die beschriebenen Ein-
drücke der Gelenkflächen durch Knorpelwucherung sich schnell
ausfüllen mflssten, sobald für einige Zeit der bei dem Gehen und
Stehen auf denselben lastende Druck aufgehoben würde. Ob
gerade dieser Galcül richtig war, kann ich nicht bestimmt sagen;
das aber kann ich versichern, dass die Wirksamkeit der auf densel-
ben basirten therapeutischen Methode meine Erwartungen weit über-
troffen hat. Ich stellte das rachitische Genu valgum so weit in
Beugung, dass die Difformität nicht mehr zu sehen war, und
iixirte in dieser leicht gebeugten Stellung das Gelenk durch einen
Gypsverband. Nachdem ich den Gebraudi der Bindenzügel bei
anderen Gelegenheiten, wie ich im vorigen Kapitel beschrieb,
kennen gelernt hatte, legte ich, um di^ Wirkung noch zu ver-
mehren, einen Bindenzügel um die Innenfläche des Kniegelenkes
und liess denselbe^n, während der Gypsverband angriegt wurde,
kräftig nach aussen anziehen. Durch den Zug, welchen dann
der Zügel bewirkt, werden die inneren Abschnitte des Gelenkes
fest aufeinander gedrückt, die äusseren dagegen etwas von ein-
ander gezogen und von jedem Druck möglichst entlastet. So gelingt
es, das Genu valgum in ein Genu varum zeitweilig überzuführen, in-
dem nach Vollendung des Gypsverbandes Oberschenkel und Cnter-
schenkel ei^en nach innen offenen Winkel bilden. Nach Dnrchbär-
tung des Verbandes, d. h. nach 24 Stunden, lasse ich die Kinder
herumgehen, wobei sie freilich wegen der Verkürzung 4iVGh die
gebeugte Stellung etwas hinken. Nach 14 Tagen wir4 der Ver-
966 ^^- 0* Haeter, Notizen aus der Praxis etc.
band, wenn er nicht schon vorher zerbrochen war, emeaen.
weil er dann in der Regel etwas za locker geworden ist Ab-
weichangnn von 10^ Abduction verschwinden nnter dem Ver-
band in 2— 3 Wochen, so dass hier häufig ein einziger Verbanu
genügt. Abweichungen von 20^ erfordern eine Behandlung von
4—6 Wochen, und bedeutende Abweichungen von 30— 40' habe
ich durch eine mehrere Monate fortgesetzte Behandlung beseitigt
Bei den letzteren darf man hoffen, durch jeden Verband eine
Gorrection von 5^ zu erhalten; zuweilen freilich ist die Ciorrecticm
noch geringfQgiger.
Ob die Behandlung des rachitischen Genu valgum durcL
orthopädische Apparate schneller zum Ziele fährt, vermag icb
nicht zu bestimmen; denn fär die rachitischen Kinder der poliklini-
schen Praxis standen mir keine Mittel zur Anschafiung solch*
theurer Maschinen zu Gebote. Gegen den Gebrauch der Ma-
schinen bei dem rachitischen Genu valgum lassen sich viele too
den Grfinden geltend machen, welche ich oben gegen den Ge-
brauch der Maschinen bei dem angeborenen Pes varus anfähm
Immer ist es angenehm, für die poliklinische, sowie für die
Armen- und fElr die ländliche Praxis sich möglichst von den
Bandagisten unabhängig zu machen, welchen man in dem einen
Fall nicht bezahlen, im anderen gar nicht haben kann. Solche
therapeutische Methoden, wie die eben beschriebene, haben end-
lich den grossen Yortheil, die Behandlung der orthopädischeo
Krankheiten allmälig den nicht immer rationell geleiteten ortho-
pädischen Instituten zu entziehen und dem wieder zurfickzugeben,
dem dieselbe eigentlich gehören soll, dem praktischen Arzt und
dem praktischen Chirurgen.
Bei dem statischen Genu valgum habe ich Versuche mit der
eben beschriebenen Methode noch nicht angestellt, weil hier die
Anwendung der Maschinen viel weniger gegen sich hat, und
weil vielleicht der Mangel eines Reizes, wie er durch die Rachi-
tis gegeben ist, den Erfolg verhindern kann.' Doch bleiben Ver-
suche in dieser Richtung wünschenswerth.
Berlin, im December 1867.
xvm.
Mittheilungen aus der chirurgischen
Casuistik und kleinere Mittheilungen.
Fall von ArterienimterbiiidnDg bei Elephantiasis.
Professor Dr. C. Hueter in Rostock.
(Vorläufige Mittheilnng.)
Minna Eggers, 23 Jahre alt, aas Gnoyen, von gesundem
kräftigen Aussehen, litt seit 8 Jahren an einer Elephantiasis der
linken unteren Extremität, welche ohne deutliche erysipela-
tose lymphangoi tische Zufalle allm&lig eine enorme Ausdehnung
angenommen hatte. Die Affection begann hinter den Zehen, liess
am Fuss die Haut der Planta frei, nahm aber am Unterschenkel
die Hautdecken in der ganzen Peripherie ein, ebenso am Knie
und Oberschenkel. Die Hyperplasie der Haut ist eine sehr gleich-
förmige, so diass die A£fection in ausgezeichneter Weise eine Ele-
phantiasis laevis darstellt. Abweichungen von der glatten Be-
schaffenheit der Hautoberfläche wurden nur durch eine tiefe, quere
Furche in der Kniekehle und eine ähnliche Furche in der Grenze
zwischen unterem und mittlerem Dritttheil des Unterschenkels,
sowie durch eine Ichthyosisartige Beschaffenheit der Epidermis
an einzelnen Stellen des Unterschenkels veranlasst. Die Con-
sistenz des hyperplastischen Hautkörpers am Fasse und Unter-
schenkel war sehr fest, fast bretthart; am Knie wurde die Gon-
sistenz etwas weicher und ging am Oberschenkel allmälig in eine
968 I>r- C. Hneter,
weniger feste, oedematÖHe Schwellung, und am Ligam. Poupartü
in ein weiches Oedem der Haut über. Drüsen waren unter de:
oedematösen Haut nicht zu fühlen; auch war das Oedem dicht
unterhalb des Poupart'schen'^andes immer noch so bedeutend
dass die Pulsation der Art. femoralis kaum f&hlbar war. Ober-
halb des Ligam. Poupartii waren die Hautdecken der Uaterbaocb-
gegend noch etwas dicker, als auf der gesunden Seite, dock
nicht m^ deutlich erkrankt. Das Labium majus sin. etwa^
oedematOs.
Die Circumferens betrug:
auf der linken auf derraeb-
(kranken) Seite ten Seite
Oberhalb der Malleolen i6 Gtm. 19 Cts.
In der Mitte des Unterschenkels 52 - 30 -
In der Falte der Kniekehle 50 - 31 -
Grösste GircnmferenK des Oberschenkels 70 - 44 -
Am 9. Mai 1868, um 11 ühr Morgens, führte ich in der
Klinik, im Beisein der Herren Praktikanten und einiger Aeme.
mit ünterstfltzung, besonders von Herrn Prof. Ackermann ud
Henke und meiner beiden Assistenten, Herrn Dr. üterbart
und Moser die Unterbindung der Arteria iliaca ext
untM* Schonung des Peritoneums nach der gewöhnlichen Meäiode
1 ZoU oberhalb des Ligam. Poupartii aus. Die Operation wurde
etwas erschwert durch das nicht unbeträchtliche Fettpolster der
Haut und durch eine relativ (vielleicht krankhafte) derbe Ent-
wiekelung der Pascia transversa, üebrigens gelang die Iso-
limüg der Arterie ohne Blosslegung der Vene auf der Länge
von 4 Linien sehr gut; ich legte 2 Ligaturen von Seide in der
Entfernung von S Linien von einander ah und schnitt die Arte-
rie zwischen beiden ILigaturen durch. Die Wunde wurde durch
6 Suturen mit Ausnahme der Mitte, wo ich die Ligaturen herans-
leitete, geschlossen. Die Operation war nach etwa 30 Minuten
vollendet, und die Patientin war, obgleich sie wegen der photo-
graphischen Aufnahme viel langer in der Ghloroformnarcose ge-
blieben war, gar nicht angegriiTen. Schon am Abend, 8 Stnndeo
nach der Operation, war die Haut des Unterschenkels sehr weich,
FftU Ton ArterieniiDtarbiBdaflg bei Blephantiasis. 90^
fallbar und gerunzelt und diese Beschaffenheit nahm noch in den
nächsten Tagen aufMig eu. Ehe ich in der nachfolgenden Ta-
belle die Yerhütnisse der Abscbwellnng constatire, will ich nur
über den Verlauf der Wunden kurz noch folgendes bemerken.
Die Erscheinungen der Peritonitis waren sehr mftssig. In den
ersten Tagen war das Abdomen etwas aufgetrieben und in der
Umgebung der Wunde empfindlich, auch erfolgte einige Mal Er-
brechen, vielleicht vom Chloroform abh&ngig; diese Erscheinun-
gen verschwanden vom 5. Tage ab vollst&ndig. Das Fieber stieg
nie über 39,4^ C. und hielt sich die Temperatur auch in den
ersten 14 Tagen gewöhnlich nur einige Zehntelgrade fiber 38^.
Yom 18. Tage ab war die Temperatur normal. Eine Ligatur
loste sich am 10., die andere am 12. Tage (19. und 21. Mai).
Die Heilung der Wunde wurde durch eine Necrose der Sehne
des M. obliquus ext, von übrigens nur geringer Ausdehnung, etwas
vorzSgert, und die reichliche Eiterung in Folge derselben i&hrte
wieder zu einer partiellen Trennung der in grosser Ausdehnung
primär verklebten Wundfl&chen. Doch ist heute, 3 Wochen nach
der Operation, nur noch ein Streif von gutem Granulationsge-
webe an der Stelle der Incision. Die Patientin befindet sich den
grössten Theil des Tages schon seit einiger Zeit im Garten.
Tabelle aber den Gang der Abschwellung.
9. Mai. 10. Mai. 15. Mai. 30. Mai.
(Tag dtr 0p«rat.)
Oberhalb der Malleolen 46 Ctm. 87 Gtm. 38 Gtm. 36 Ctm.
In der Mitte des Unterschenkela 52 - 47 - 42 - 85 -
In der Falte der Kniekehle ... 50 - 47 - 41 - 86 -
Grösster Dmfang d. Oberschenkels 71 - 66 - 68 - 56 -
Vergleicht man die Resultate der Messung vom 30. Mai
(3 Wochen nach der Operation) mit den Maassen der gesunden
Extremität (s. o.), so ergiebt sich, dass schon jetzt ein Zustand
erzielt ist, welcher einer vollkommenen Heilung nicht fem steht.
Die fortgesetzte Beobachtung, deren Ergebnisse einer weiteren
Mittbeilung vorbehalten bleiben, wird lehren, ob iin Verlauf der
nächsten Wochen und Monate die Heilung weiter fortschreiten
und sich vollenden wird. Bis jetzt kann man noch fast töglich
eine messbare Abnahme der Schwellung constatiren.
970 Dr. A. Walther»
Analoge Operationen sind (vgl Gentralbl. f* <L med. Wisse»
Schäften. 1868. No. L S. 10) schon ISmal nntemommeD wordenU
zuerst, wenn ich nicht irre, 1853, und am h&ufigBten von CaN
nochan (Nord- Amerika.) Die Carotis wurde Imal beido^eiK
von Garnochan bei Elephantiasis des Gesichts nnteituiden;
9mal die Art femoralis (5mal von Carnochan, je Imal votf
Butcher, Payrer, Alcock, Watson); die Art tibialis ast,
(Statham); die Art iliaca früher 2mal (Bryant, Bachanan>'
Einmal erfolgte der Tod durch Pyaemie, in keinem Fall Gao-
gr&n, in 9 F&Uen Heilung, in 3 F&llen erhebliche Bessenug.
Somit ist die von mir ausgeführte Operation schon die 14.
dieser Art, aber so viel ich weiss, die erste, welche in Deutscb-
land und dem europäischen Gontinent ausgeführt wnrde. '
XIX.
Julius V. Szymanowsky,
Nekrolog
▼on
Professor Jk. l¥aUher in Kiew.
Am 13./25. April 1868, verschied nach l&ngerem Kranken-
lager in Kiew der Professor der operativen und Militairchimrgie,
sowie Consultant des Kiewschen Militairhospitales, Dr. med. Ju-
lius V. Szymanowsky, im Alter von 39 Jahren. Si. ist ge-
boren zu Riga 1829, am 27. Januar. Er stammt ursprünglich
aus einer Polnischen Adelsfamilie. Einer seiner Vorfahren, noch
J. V. Siyaanawßky. Nekrolog. 971
zur Zeit, als die Polnischen KOnige über Garland herrsohten,
warde in diese Provinz mit einem offieiellen Auftrage geschickt.
Er blieb in Corland; die Familie verheirathete sich mit deutschen
Frauen; der verstorbene College war schon protestantischer Re-
ligion und verstand kein Wort Polnisch. Er war in dem Grade
germanisirt, dass er, ausser deutscher Wissenschaft, Leben und
Kunst, so ziemlich nichts in der Welt gelten liess. Dennoch
konnte er, in seiner Lebhaftigkeit und einigen anderen Eigen«
Schäften das sarmatische Blut nicht gans verleugnen.
Seine Schulbildung genoss er auf dem Gymnasium zu Reval.
Sein Vater, Anfangs ziemlich begütert, verlor fast sein ganzes
Yermfigen, als sein Sohn etwa 12 Jahre alt war. Voll edelen
Mitgefühles für den von ihm stets z&rtlich geliebten und hoch-
geachteten Mann, erklärte der Knabe, er werde sich selbst durch
die Welt helfen und bedürfe von seinem Vater nichts mehr.
Damals erwachte in ihm die Energie, welche später einen so
hervorragenden Zug in seinem Charakter bildete. Er hielt Wort.
Mit Unterricht, Zeichnungen und mit Hülfe eines ihm vom Re-
valer Gymnasium gewährten Stipendiums von 90 Rubel Silber
jährlich, durchschritt Sz. als erster Schuler das nach deutschem
Muster ziemlich gut organisirte Gymnasium. Einen besonderen
EinflusB übte auf den Knaben ein Lehrer der deutschen Sprache
und Literatur, Dr. Meyer aus Hamburg, eine begabte und ori-
ginelle Natur, welcher sich viel mit seinen Schülern abgab, auch
ausBer den Lehrstunden. Meyer flösste ihm die Liebe zur deut-
schen Lit^atnr und Poesie ein, welche Sz. auszeichnete, und
welche auch dazu beitrug, ihm zu einer staunenswerthen Leich-
tigkeit im schriftlichen Ausdrucke zu verhelfen. Diese Feder-
fertigkeit hat nicht wenig dazu beigetragen, aus ihm einen so
frachtbaren Schriftsteller und guten Stylisten zu machen, als er
war. Merkwürdiger Weise concentrirte sich bei ihm die ganze
Fähigkeit des Ausdruckes auf die deutsche Sprache. Alle an-
deren handhabte er unvollkommen, und liebte überhaupt das
Sprachstudium nicht Am schlechtesten gelang ihm die Bewäl-
tigung der russischen Sprache, was ihm in seiner Professoren-
62
972 !>«'• A- Walther,
Garrifere viel schadete. Es ist ein starker Beweis TOn des
Wissensdnrste der russischen Jugend, dass sie ihn mit solcbee
Eifer hörte und als Lehrer liebte, obgleich er eigentlich nie eis
russisches Wort mit richtiger Endigung brauchen konnte. Die
Wissenschaft imponirte, sonst wäre er lächerlich geworden, wi:
mancher Andere es geworden ist. Schon auf dem Gymnasioc
entwickelte sich bei Sz. die Gabe, anregend auf seine Umgebosr
zu wirken, zeigte sich seine ünerschrockenheit, Geradheit uk!
Stärke. Er gründete unter Anderem in Reval eine freiwiUic?
Feuerwehr unter den Gymnasiasten, und war der kühnste FüL-
rer dieser jungen Schaar bei Feuersbrfinsten.
Im Jahre 1850 bezog er die Universität Dorpat, die Mei*
ein mehr aus Zufall, als aus Neigung zu seinem Berufe w&hleai
In Dorpat sprach sich seine Neigung zur Chirurgie sehr baU
aus und wurde durch Adelmann, den Nachfolger Pirogoff?.
einen sehr fleissigen Lehrer, unterstützt. Sz. sprach immer»
den Ausdrücken der grössten Pietät und Hochachtung von mei-
nem alten Lehrer, welcher noch im Jahre 1867, trotz seines Al-
ters, mitten im Winter sich von Dorpat nach Kiew auf den Vei
machte, um seinem berühmten Schüler eine Hodengesehwolst z^
operiren, aber in Riga erkrankt, zurückkehren mnsste.
Noch als Student begann Sz. seine Erfindungsgabe in me-
chanischen Dingen zu äussern. Seine erste Erfindung in diese:
Richtung war seine Resectionssäge, welche er, allmälig sie Ter-
bessernd, bis zuletzt gebraucht hat, und welche, wie bekaont.
allgemeinen Eingang gefunden hat Noch als Student verleto
er während des orientalischen Krieges einen Sommer mit Adel*
mann in Reval, wo man eine Landung der verbündeten Fran-
zosen und Engländer, und Arbeit für Chirurgen erwartete, h
Jahre 1856 vertheidigte er eine Dissertation über Rhinoplastik.
und war nach russischem Gesetze Dr. med. und practisdier Ärxt
zu gleicher Zeit. Gleich darauf wurde er Assistent bei Adel-
mann und Privatdocent für Chirurgie. Schon im Jahre 185^
wurde er als Prof. extraord. nach Helsingfors versetzt, wo er
alsbald auch als Consultant des Kriegshospitales angestellt wurde
'J. T. SzjmanowBkj. Nekrolog. 973
Es macht dem Kriegs -Medicinal- Departement Ehre, den Eifer
und die Kenntnisse des jungen Chirurgen, so frfih wie aueh spä-
ter, stets richtig gewürdigt zu haben. Seine literarische Thätig-
keit dauerte in vergrössertem Maassstabe dort fort, ebenso sein
Feuereifer f&r gemeinsames Wirken, ärztliche Gesellschaften. Alle
Aerzte des Helsingfors - Sweaborger Spitales wurden Chirurgen.
Die medicinischen Journale füllten sich mit Arbeiten S z.'s, seiner
Schüler und CoUegen. Dennoch glaube ich nicht, dass Sz/s
SteUang in Finnland ihm besonders angenehm gewesen sei. Es
soll Vieles faul sein — in jener nordischen Universität. Sz.
sehnte sich fort; seine Blicke richteten sich auf die eigentlich
russischen Universitäten, deren wissenschaftliches und sociales
Leben, nach Allem zu urtheilen, dem der Finnländisehen Uni-
versität bei Weitem überlegen ist. Er trat als Concurrent in
einem chirurgischen Concurs auf, und obgleich er ohne Zweifel
der bekannteste und tüchtigste der Concurrenten war, so waren
die Richter so wenig ihrer Aufgabe gewachsen, dass Sz. nicht
den Sieg davontrug. Das bewog mich, ihn der Kiewer Uni-
yersität als Extraordinarius vorzuschlagen, und durch glückliche
umstände begünstigt, gelang es mir, seine Wahl durchzusetzen.
Im Jahre 1861 siedelte Sz. nach Kiew über.
Im Ganzen ist die gegenwärtige Zeit in Russland der Chi-
rnrgie wenig günstig. Früher gab es dort einige vorzüglich gute
Chirurgen. Diese ältere Schule gipfelte in Pirogoff, welcher
als Repräsentant einer klassischen klinisch-anatomischen Richtung
gelten konnte. Seine glänzenden Geistesgaben, sein Feuereifer,
sein immenses anatomisches Wissen zog seine Schüler mächtig
an. Alle jungen Aerzte trieben damals mit Vorliebe Chirurgie.
Dennoch hat Pirogoff sehr wenig Chirurgen von Fach gebildet.
Die Ursachen davon sind mannichfaltig. Vor Allem die veralte-
ten Einrichtungen der beinahe 600 betragenden russischen Hospi-
täler^), in welchen der Oberarzt, immer ein Therapeut, eine des-
*) Diese EinrichtiiDg föogt jetzt allerdings an, einer zeltgemSsseren,
▼ernDnftigeren Platz zo machen, doch hält eich das Alte hartnackig.
62*
974 Dr. A. WaUher,
potiscbe Gewalt ausfibte, and die Chirurgen theils dadurch pa-
ralysirte, dasB er sie in Allem genirte, theils dadurch, dags d^
Gesetz selbst gewissermaassen die Entstehung von Hospit^-Spe^
cialit&ten yerbot Die Secundär&rzte, biess es, sollen die Spitai-I
Abtheilungen wechseln, damit sie nicht einseitig würden (! ,.
Ein zweites Hinderniss war die wenig dichte Bevölkerung in de£
Provinzstädten, wodurch ein ausschliesslicher Gfaimrg riskirtrj
vor Hunger zu sterben. Der dritte Cebelstand sind die kleioe:
Kliniken in den Provinzial-Cniversitäten , die Machtlosigkeit d?
Universitäten, ihre klinischen Anstalten zu vergrössern, der Mar-
gel an Leichnamen in den anatomischen Sälen, und geg^iwänk
die Bevormundung der medicinischen Facultäten durch die nier
medicinischen. Die russischen Universitäten sind jetzt democn-
tisch selbstherrlich, d. h. das suffrage universel, die Hehrzit
der Stimmen, regiert die bei uns, sowie überall, nicht häufigen aE5-
gezeichneten Männer — die Mittelmässigkeit triumphirt häufig, b
giebt eine ayopa, aber keinen Senat in den Universitäten. Ifk
Zeit wird lehren, ob das der Wissenschaft frommt. Es kommt
das von der Bauernemancipation ! ! Unter solchen Umständet
kann ein tüchtiger Chirurg sich nur ausbilden, wenn er viel Ta-
lent, Energie und Gluck hat. Fast alle russischen Universitätec
haben jetzt Mangel an tüchtigen Chirurgen.
Sz. war unzweifelhaft ein Mann von Talent für das opera-
tive Fach in der Chirurgie. Diese war seine Glanzseite. &m
Energie, seine Arbeitskraft, seine Arbeitslust waren enorm. Da:
Alles riss seine Schüler fort. Er hatte leider keine Klinik, woii:
aber eine grosse Privatpraxis und war Consultant an 2 Hospitä-
lern. Alles das brachte es mit sich, dass er weniger auf die
Masse der Schüler, als auf einzelne Liebhaber der Ghiruipe
wirkte. Sein wissenschaftliches Streben fand grosse Anerkennoog
bei seinen Schülern. Er hätte ohne Zweifel Specialitäten gebil-
det, wenn er länger gelebt hätte.
Seinem Leben machte ein Ende eine fibröse Krebsgeschwulst
welche ursprünglich sich in einem Leistenhoden entwickelte, und
dort von Piro g off im Jahre 1867 exstirpirt wurde. Im Früh-
J. V. Siymanowsky. Nekrolog. 976
ieses Jahres erschienen Recidive in der Haut der Schulter,
ungen , im Hagen , und plötzlich (per emboliam ?) im 6e-
Seine Leiden waren verhältnissmässig nicht lang. Sz.
lücklich (mit einer deutschen Finnländerin) verheirathet,
ässt Weib nnd Kinder in beschränkten umständen. Er hat
z gelebt.
Is ich 1860 ihn der Universität zur Wahl vorschlug, konnte
hon 25 Titel seiner Aufsätze nnd Werke als Beleg meines
ilages vorlegen. Seitdem sind diese gewachsen, und be-
in russischer und deutscher Sprache (Sz. hat last alle
Schriften in beiden Sprachen gedruckt, in der letzten Zeit
zuerst russisch) zusammen 53. Die wichtigsten sind:* Die
Bearbeitung von Pirogo^'s chirurgischer Anatomie der
enstämme, die Schriften über den Gipsverband, über die
nente Irrigation und Wasserbad, über die partiellen Am-
)nen des Fusses, über die Technik der Resectionen, über
astische Chirurgie, und endlich sein grosses Werk über die
ive Chirurgie, welches gegenwärtig in 3 Bänden, unter
kung des Professor ühde in Braunschweig, in deutscher
le gedruckt wird. Im Russischen ist nur der 3. Band noch
ucke, die beiden anderen sind erschienen. Mögen compe-
Federn beurtheilen, was ihm die Wissenschaft überhaupt
3kt. Mir scheint es, dass er viel für die conservative Chi-
, sowie für die plastische Chirurgie gethan hat, dass seine
ten in diesem Zweige der Chirurgie einen nicht geringen
abritt bezeichnen. Namentlich seine Dermatoplastik fand
Anerkennung, und wurde durch die Prämie Busch 's (in
sburg) gekrönt. Seine operative Chirurgie ist für Russland
«nichtig, und wird wohUauch in Deutschland gut aufgenom-
sverden.
d^an hat Sz. häufig eine gewisse Verschwendung des ge-
ten Wortes vorgeworfen, und gar nicht ohne einen gewissen
1. Er sprach sich darüber so aus, dass für ihn die medi-
he periodische Presse ein Mittel sei, seine Ideen anszutau-
i. Er wusste sehr wohl, dass Vieles unfertig gedruckt wurde.
976 ^r, A. Walther, J. t. Ssjmanowskj. Nekrolog.
*
Mögen Andere es verbessern, pflegte er zn sagen. Sein GedfteLI
niss^ seine Kenntniss der Literatur , waren sehr bedeutrad. I
kannte nur eine Erholung, den Schlaf. Alle Zeichnungen zu sd
nen Werken machte er selbst.
Sz. genoss in Russland eines grossen Rufes. Seitdem P
rogoff sich vom officiellen und literarischen Leben zurüekg^r
gen hatte, nahm er so ziemlich die erste Stelle unter anserr^
Chirurgen ein, und gewiss h&tte der nächste Krieg ihn an d^i
Spitze der russischen Eriegschirurgen gesehen, wosn er sehr bs^
iähigt war.
Soweit ich die Sache beurtheilen kann, gehört Sz. weder df^
pathologischen, noch der anatomischen Schule in der Cbirarpr
an. Er war vor Allem Operateur, glAcklicher Erfinder in i^T
Mechanik und in Kleinigkeiten, die ja aber so häufig eine gri»
Wichtigkeit haben. In seiner Vorliebe fdr plastische Ghimrp
sowie in manchen anderen Eigenschaften hatte S z. Aehnlichkeii
mit Dieffenbach. ^z. war der Mann der Gegenwart, der2et
des Fortschrittes. Solche Leute bleiben nicht ohne Feinde u^«
Neider. Ein russisches Spruch wort, welches der versterbe
College zu citiren pflegte, lautet: die Hunde bellen den an. i^
schnell reitet.
Kiew, den 13./25. Mai 1868.
Druckfehler:
(Bd. IX. Heft 1.)
Statt Dr. F. Petechin. lies Dr. F. PelechiD.
Auf Seite 253 soll die letzte oder 33. Zeile auf derselben Seite die
ente sein.
Inhalt
\ Die Wanden des Herzens and des Herzbeutels. Von Dr.
Georg Fischer 571
CasniBtik 800
Nachtrag zn den Beobachtangen an Thieren 895
Literatar 906
Namen -Register fQr die Casaistik der Yerletznngen bei
Menschen 908
r. Zar Regeneration der Knochen nach sobperiostaler Gelenks-
Resection. (Hierzu Tafel VI.) Von Dr. Dontrelepont. .. 911
'L Ein Beitrag zur organischen Plastik behufs Heilung von Un-
terschenkelgeschwfiren. Von Dr. R. Schneider. . . . 919
I. Notizen ans der Praxis der chirurgischen Poliklinik. (Mit
1 Abbildung in Holzschnitt) Von Prof.. Dr. C. H neter. . 926
1. Zur Extraction fremder Körper 926
2. Zur Lehre von den Luxationen ' . 988
8. Ueber eine neue Methode zur Fixirnng der Extremi-
täten bei Anlegung der OontentiTverbftnde. • • . 954
1. Mittheilungen aus der chirurgischen Casuistik und kleinere
Mittheilungen.
Fall von Arterienunterbiudung bei Elephantiasis. (Vor-
läufige Mittheilung.) Von Professor Dr. C. Hueter. 967
[X- Julius T. Szymanowskj. Nekrolog. Von Professor Dr.
A. Walther 970
Taft.
Fiif. Ib.
t4. e<-^>\c(j< iif^
Taft,
Fiq, U.
«^^- c^r^i:t</<' **^^
f
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